THEOLOGISCHES
UNIVERSAL-
LEXION: ZTUuUM
HANDGEBRAUCHE
FÜR GEISTLICHE...
THE LIBRARY
OF
THE UNIVERSITY
OF CALIFORNIA
PRESENTED BY
PROF. CHARLES A. KOFOID AND
MRS. PRUDENCE W. KOFOID
—
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Theologifches
Univerſal-Lexikon
zum Handgebrauche für
Geiſtliche und gebildete Nichttheologen.
— — —
Erfter Band.
A-M.
Elberfeld 1874.
Berlag von R. 2. Friderichs.
Abarbanel
Abarbanel. S. Abrabanel.
Abarim. 4. Moſ. 27, 12; 21, 11; Gebirgszug
iſchen Hesbon und dem Südende des Todten
— Der nördliche Theil iſt der Pisga mit dem
Nebo.
Abanzit, Firmin. + 1767. Ein geiftreicher, frei⸗
finniger, auch theologiſcher Schriftiteller, größten:
theils in Genf lebend. Schrieb mehrere bogmatifche,
eregetifche, polemifche Schriften, entdedte manches
Neue, 3.8. ftellte er zuerſt die Anficht auf, die
Dffenbarung, unter Nero geichrieben, beziehe
I den Untergang des jüdischen Staates.
bba. Chaldäiſches Wort, gleich Bater. Marc.
14, 36. Röm. 8, 15.
Abbadie, Jakob. Franzöftfcher Prediger zu Ber⸗
fin und zu Zondon 1689. + 1727. Verf. von La
verite de la religion chretienne, einer berühm:
ten Apologie des Chriftenthums.
Abbe. Hat zwar eine Abtei als Beneficium,
aber felbft nur eine niedere Weihe. S. Abt.
Abbitie. Oeffentliche Abbitte als Zeichen ber
Buhgefinnung war ein Theil der Kivchenzucht in
den erſten chriftlihen Jahrhunderten. ©. Bußdis⸗
eiplin.
Abbo, Abt von Fleury und Borfteher der bor:
dom Schule. Ermarb fich große VBerdienfte um die
iffenjhaften. Wurde von einem aufjägigen
Möndı erftochen 1004.
Abbot. Erzbiihofvon Canterbury 1611. + 1638.
Durch Gelehrjamteit, Kanzelberedſamleit, fittlichen
Wandel und tolerante Gefinnung ausgezeichnet.
Als Borkämpfer proteftantifcher Grundjäge und
unerfchrodener Vertheidiger der Vollsrechte, war
er ein Gegenftand des Hafjes der katholifirenden
und abfolutiftifchen Stuarts, jo daß ihn Karl I.
fuspenbirte.
Abbreviatoren. Die Secretäre der päpftlichen
Kanztei, welche die Bullen auöfertigen ; wegen Be:
fted.cchteit von Paul IL. aufgehoben.
Abbuna oder genauer Abuna. Titel des Patri:
en in ber abefiynijchen Kirche.
8.6.-tuorium. Cine Ceremonie bei Ein:
weihung der Kirchen nach Gregor dem Gr. Der
Biſchof ſchrieb mit dem Stabe die Buchftaben des
Alphabets auf die Erde, um anzubeuten, daß die
Gemeinde Alles, was fie dort höre, ins Herz jchrei-
ben jolle.
Abdas, auch Audes. Märtyrer. Bifhof zu Sufa.
Zerjtörte einen Feuertempel (16. Mai) nad) 400.
Abdias. — erſter Biſchof von Baby—
Ion. Erdichteter Verfaſſer einer Geſchichte der Apo:
bet in welcher Refte früherer Ueberlieferungen mit
ährchen und Legenden ——— ſind, und
welche bei der —9
nutzt iſt.
Abdias. ©. Obadja.
Abdon. 1) Einer der Richter Iſraels. Richt.
12,13. — 2) Zevitenftadt in Affer. Jef. 21,13. —
3) Ein Perſer, der 250 unter Diocletian ald Mär:
tyrer in Rom ftarb (30. Juli).
Abed-Nego. Chaldäifcher Name des Afarja, des
Genofien Daniels (Dan. 1, 6.7; 2, 49).
Abel. 577 Der zweite Sohn Adams, von fei-
nem Bruder Kain erjejlagen (1. Moj. 4). — In
ben ‚Zufammenjegungen der Stäbtenamen heißt
Abel (Nde) nach dem iſchen Aue. Vgl. 1. Sam.
6,18. Abel: Mehola 1. Kön. 19,16; Richt.
affung der Legenda aurea be:
Abendmahl
7, 22. Tanzplatz. Geburtsort de3 Elifa. Abels
Sittim, Ncacien:Aue. 4.Mof. 25,1; Joſua 2, 1.
Jericho gegenüber im Gefild Moab. Abel:
Keramim, Weinbergs-Aue, Richt. 11, 33, jen-
ſeits des Jordan, wo Joſua die Ammoniter jchlug.
Abeliten, Eine hriftliche Secte in Afrika, perfi-
ſchen oder manichäiſchen Urfprungs, nur bei Augu⸗
ftin De haeresibus erwähnt. Enthielten ſich der ehe:
lichen Gemeinſchaft, obgleich fte nicht ohne Weib leb⸗
ten, und pflanzten ihr Gejchlecht durch Adoption fort.
Abely. Biſchof von Rhoder in Süd-Frankreich.
reund und Biograph des Bincent v. Paula.
egner der Janjeniften. Er jchrieb: Medulla
theologica. + 1691.
Abend, Der Ausdrud „zwiſchen den Abenden“,
bie Beitbeftimmung für die Schlachtung des Paf-
ah (2.Moj. 12, 6), wird verjchieden erklärt: „wi⸗
hen Sonnenuntergang und Dunkelwerden;“ oder:
„vom Anfang des Untergangs bis zum wirklichen
Untergang;” oder (Hikig): „Die Stunden vor und
nah Sonnenuntergang;” ein Grenzpunft zweier
Sabbathe, an denen nicht geſchlachtet werben
durfte, melder als eine gemwifje neutrale Zeit für
diejen Zwed beftimmt wurde.
Abendläuten. Dur Urban IL al3 allgemeine
Aufforderung zum Gebet, urfprünglich zur Ueber:
windung ber Zürlengefahr, eingeführt. Gebetet
werden drei Ave Maria. Später fam dad Morgen:
und Mittagläuten hinzu. Als Sitte ift das Abend»
läuten vielfach in der luth. beibehalten.
Abendmahl. Das Mahl Jeſu mit feinen Jün—
ern am legten Abend vor feinem Leiden, durd
id Sinnbildlichkeit bedeutjam. Erzählt Matth.
26, 26—29; Marc. 14, 22—25; Luc. 22, 19 fj.;
1. Kor. 11,23 ff. Im vierten Evangelium über:
angen, würde es ba feine Stelle finden, wo bie
— erzählt iſt, 13, Uff. Das gewöhn—
liche Mahl ver Paſſahfeier \ Paſſah) wird in
feierlihem Augenblid von Jeju dazu benugt, den
Jüngern feinen bevorftehenden Tod und deſſen Be—
deutung zum Bemwußtfein Ju bringen. Indem er
ber Sitte gemäß in der Rolle des Hausvaters das
gebrochene Brod und den Kelch umherreicht, deutet
er in jenem den zu brechenden Leib, in diefem das
zu vergießende Blut an, Die fürzefte Faſſung der
begleitenden Worte ift: Nehmet, das ijt mein Leib
— das ift das Blut des Bundes, weldyes um Vie—
ler willen vergofien wird. In der ausführlichiten
ift hinzugefügt: dieſes thut zu meinem Gedächtniß
(Zue. und 1. Kor.). Ein Blut „bed Bundes” wird
Jeſu Blut nad 2. Moj. 24, 8 als Sinnbild und
Mittel einer neuen Einheit zwijchen Gott und Men—
fen. Dadurch, daß die Jünger Brod und Wein
genoffen, follten fie den Tod auffaſſen als einen
Tod hingebender Liebe, deffen Frucht fie geniehen
follten. Eine große Streitfrage ift das Datum des
legten Mahles. Nad) den Synoptitern fand es ald
Paſſahmahl am Abend des 14. Nijan ftatt (Mare.
14, 12; Luc. 22, 7). Nah Johannes jcheint dafs
ſelbe nicht al Paffahmahl, fondern einen Tag frit:
ber ftattgefunden zu haben, aljo am 13. Nijan;
denn Joh. 18, 28 jest das Paſſahmahl erjt als bes
vorftehend. Die Mehrzahl der Ausleger ftimmt
für die Unausgleichbarkeit diefer Angaben. Gemäß
dem Satze 1. Kor. 11,26: „ſo oft ihr“ ift diejes legte
Mahl als kirchliche Einrichtung aufgenommen wor:
ben ; zuerft, indem bei jedem Mahle deſſelben gedacht
wurde, fpäter als abgejonderte Feier, und zwar bald
mit ber Bedeutung eines Sacraments, wie noch jegt
Abendmahlsbrod 3
Nachtmahl, Communion, Eudariftie, Sacrament
des Altar).
Abendmahlsbrod. Im Morgenlande gebrauchte
man gemöhnliches, gejäuertes Brod, im Abendlande
lam die Sitte des ungefäuerten Brodes auf. Die:
fer Unterjhied wurde Gegenftand bes Gtreites
1053, als da3 Schiöma vorbereitete. Der
Vatriarch Michael Gerularius nannte die Lateiner
deshalb Azymiten (j. d. Art.). Die Brode waren
fuhenförmig, gingen aber feit dem 12. ——
in die oblatenförmigen Hoftien über. Die lutheriſche
Kirche 2 die Hoſtie beibehalten, die reformirte
nicht. Gebrocdhen wird das Brod bei ver Austheis
lung überall mit Ausnahme der lutheriſchen Kirche.
Abendmahlsfeier. Communion. In der apojto:
liſchen Zeit bejtand bie eier des heiligen Abend»
mahls in einem vollftändigen gemeinfamen Mahle
der Ehriftengemeinde, Liebesmahl oder Agape ge:
nannt, an deren Schluß nad) ber Dankſagung das
Brod gebrochen und der Kelch herumgereicht wurbe.
Bald aber, als dieſes Mahl durch die Natur der
Sade und durch Verbot feltener wurde, löſte fich,
an verichiedenen Orten zu verjchiedenen Zeiten,
das heilige Abendmahl davon los und vereinigte
fih mit dem Gotteädienft. Yuftin z. B. kennt ſchon
die Trennung, während fie fi) an einzelnen Orten
bis ins 4. und 5. Jahrhundert noch nicht findet. Im
8. Jahrhundert bildete die Abenbmahlöfeier den
pweiten Theil des Gotteädienftes, als Geheimfeier,
bei deren Beginn alle noch nicht Getauften entlafjen
wurden (missa fidelium). Naderfolgtem Bruder: | Drdal
bu wurde das Belenntniß des Glaubens geipro:
ben. Nah Formeln wie „Herr, erbarme dich”,
„Seiner jei wider den Andern” erfolgten die Dar:
bringungen der Stoffe (oblationes, rgospop«
auf den Tiich ; hierauf das Dankgebet (Eudjarijtie),
welches mit sursum corda (erhebet die Herzen)
eröffnet und mit Refponjorien ausgeſchmückt wurde;
dann Austheilung, Dank, Segnung. Aus dieſem
zweiten Theile des Gottesdienftes bildete fih bis zum
6. Jahrhundert allmählich die Meffe heraus fh d.
Art.). —— der Abendmahlsfeier blieben im
Ganzen dieſelben auch in den Kirchen der Neforma:
toren. Luther reformirte die römische Meſſe zu einer
Feier im evangeliſchen Sinne (1526 „die deutſche
Reſſe“), wobei er zu immer größerer Einfachheit
fortſchritt. Die Einleitung ‚beitehend aus Bermah:
nung und Baterunjer, die Segnung ber Elemente
dur Abjingen der Einfegungsmorte und das Kreu⸗
zeszeichen, Austheilung der Hoftie und des Kelches
an die Einzelnen mit bejtimmten Distributionsfor:
meln, waren Die Hauptbejtandtheile der lutheriſchen
Feier. In der reformirten Kirche war der Geficht3:
punkt des Erinnerungämahles einerjeits und des
—— Liebesmahles andererſeits maßgebend.
ide verlangen eine nur aus würdigen Gliedern
beſtehende Gemeinde, weshalb ein Hauptgewicht
auf eine ernſte und ſtrenge Vorbereitung gelegt
wird. Bei der Austheilung wird der Gefichtspunft
ber Gemeindejfeier im Gegenfag zu einer facramen:
talen Handlung bes Einzelnen dadurch hervorge:
Abendmahlslehre
ber Geſichtspunkt überall derfelbe. Die unirte Feier
combinirt beide, die lutheriſche und die reformirte.
Die Austheilung geſchieht an den Einzelnen mit
dem unparteiiihen Ausdruck: Chriftus fpricht: das
ift mein Leib 2c. — In der griechiſchen Kirche bil:
det die Abendmahläfeier einen myftifch:theatrali«
ihen Vorgang: das Leiden und Sterben Ghrifti
wird an dem Abendmahläbrode wiederholt, 4. B.
der Zanzenftich mit der „heiligen Lanze”, die Grab:
legung. Der Gang mit dem Sacrament durch die
Cole verfinnbildlicht den fr 775 Nach der
Conſecration communicirt der Biſchof mit den
Geiftlichen Hinter einem Vorhang ; der Wegzug ded
legtern ift der feierlichfte Augenblid;; dann erfolgt
die Austheilung bes in Wein eingetauchten Brodes
löffelweije an die Gemeinde.
Abendmahlsgemeinihaft. Die von einer Kirche
der andern gewährte bedingungsloſe Zulaffung
ihrer Glieder zur Theilnahme an der Feier des
Abendmahls findet zwifchen den evangeliſchen Kir:
hen Deutichlands herkömmlich ftatt, und hat in
ber preußijchen Landeskirche ihren rechtlichen Aus:
drud gewonnen. Rhein. Kirchenordn. $3. Der
neulutferifche Eonfefjionalismus fträubt ſich da⸗
gegen, weil Abendmahlsgemeinſchaft Kirchen:
gemeinſchaft jei, und will fi nur zur gaftweifen
Spendung des Abendmahls an Einzelne verjtehen,
deren perjönlihe Stellung zum lutherifchen Sa:
eramentäbegriff dies ermögliche.
Abendmahlsgerichte (Abendmahlsprobe). ©.
tdalien.
Abennmahlsichre. Sobald das heilige Abend:
mahl den Charakter eined Sacraments annahm,
wurde es auch Gegenjtand ber bogmatifchen Unter:
d)|fuchung. Jede der chriſtlichen Hauptlirchen hat
ihre eigene Abendmahlslehre, indem jede Sinn und
Wirkung de3 Sacramenis anderd audlegt, und
bejonders das Verhältnig von Brod und Wein zu
Leib und Blut Ehrijti. Die katholische zig nimmt
eine vollftindige Einerleiheit beider an. Durch die
Weihe des Prieſters wird Brod und Wein wirklich
und eigentlich in Leib und Blut verwandelt (Trans:
fubftantiation) auf dem Wege eined Wunders.
Zwar der äußere Schein (Accidenz) des Brodes
und Weines bleibt, aber das Weſen (Subitanz) ift
verändert. Aus diefer Lehre entjtand die Meſſe
(f.d. Art.). Die Wirkung des heiligen Abendmahls
ijt eine magiſche, jchon als äußerlich gethanes Wert
übt der Genuß eine Gnadenwirkung aus. Unter
ben evangelijchen Lehren ift diejenige Luthers der
römischen am nädjten. Luther leugnet die Ber:
wandlung (ſowohl jubjtantiell als accidentell);
allein „in, mit und unter“ dem Brode und dem
Weine genießen wir wahrhaftig Leib und Blut
Ehrifti: indem wir mündlic jenes effen, genießen
wir zugleich auch legteres. Darum nehmen Un:
gläubige wie Gläubige den Leib Chrifti in ſich auf,
nur mit dem Unterſchiede: die Einen zum Heile,
die Andern zum Gerichte. Diefe Lehre wurde ge:
ſtützt durch die Lehre von der Ubiquität des Leibes
Ehrifti (Größ. Kat. Luthers, 5. Hauptit.). Den
hoben, daß eine Auätheilung im Großen ftattfin: | fhärfften Gegenſatz gegen Luther fpricht die
det, jo daß 3. B. die fiende Gemeinde bantweife
Schuſſeln und Keldye in Empfang nimmt und unter
fi) austheilt, ohne Distribution des Geiſtlichen an
jeden Einzelnen und aljo auch ohne Distributions:
formel. Zwiſchen ber Zwingli ſchen und Calvin ſchen
Beier finden ſich einige Unterſchiede, ebenſo zwiſchen
den reformirten Landeskirchen; im Ganzen iſt aber
Zwingli’sche Auffaſſung aus. Brod und Wein find
und bleiben nur „Zeichen” des Leibes und Blutes
Ehrifti, und zwar (geſchichtlich) des gekreuzigten
Chriſtus, nicht des in Himmel verklärten.
Nachtmahl ift ein Erinnerungsmahl, und bildet
äußerlich ab, was im innern Leben des Chriften
unabhängig vom heiligen — —— (vgl.
Abendmahlsftreitigfeiten 4
Baſel'ſches Belenntniß darüber). Calvins Auf:
fafjung trat in die Mitte zwiſchen Luther und
mingli. Der Leib Chrifti ift nicht gegenmär:
tig, Chriftus ift und bleibt im Himmel, aber bei
bem Genuß des Brodes und Weines findet durd
die Vermittlung des heiligen Geiftes gleichwohl ein
eiftiges Genießen des im Himmel verklärten Herrn
tatt, nämlich durch den Mund des Glaubens. Die
Gnade ift alfo nicht ſchlechthin an das heilige Abend:
mahl gebunden, aber die Gnadenmwirkung findet
bier in größerem Maße ftatt (Testis. IV, 17). Die
neueren Auffaffungen des heiligen Abendmahls
find ſehr verjchieden. Theils fließen fie fih an
die alten confeffionellen Faflungen an, theils nä⸗
kn fie fih der Vermittlung der Ealvin’ihen My:
tif in Bariationen, theils ſprechen fie rationaliftifch
von einem Mahle der Humanität und Bruderliebe,
theils denten fie fich ein einfadhes Erinnerungs:
mahl an das Abendmahl Ehrifti. Die griechifche
Kirche hat ebenfalld die Transfubftantiationslehre
angenommen (uerovaliwaıg).
ndmahlöfireitigfeiten. Schon im 2. Jahr:
undert gehen die Meinungen über das heilige
ahl aus einander: die jinnbilolihe Faſſung
(Jgnatius), die Annahme einer Art Verwandlung
( ftin), und die Annahıne einer Bereinigung des
Irdiſchen und Himmliſchen im heiligen Mahle
—— In der alexandriniſchen Schule von
igenes an wird das Abendmahl aufgefaßt als
— des im Gläubigen ſtattfindenden Vor:
anges ftetiger berg Darm Logos, d. h. das
Beniehen von Brod und Wein heißt ſich nähren
mit der fittlihen Wahrheit und Kraft Chrifti. Der
Uebergang von dieſer ſymboliſchen Auffaffung zur
realiftifchen vollzog fi) in der zmweiten Hälfte des
4. Jahrhunderts, hauptſächlich durch die über:
ſchwengliche Liturgifhe Sprachweiſe veranlaßt.
Durch Eyrill von Serufalem, den Syrer Ephräm
und Gregor von Nyffa wird ſchon die Borftellung
einer Art Umbildung und Berflärung der Stoffe
durch Einheit mit dem Logos in beftimmter Weiſe
angebahnt; es findet noch feine Verwandlung in
den geichichtlichen Leib Chrifti ftatt, aber durch An:
eignung der Stoffe von Seiten des Logos bilden
die legtern eine parallele Erſcheinung zum Leibe
Ehrifti. Aus Gregorsl. Leben wird die erfte ſicht⸗
bare Berwandlung berichtet. Ueber den Begriff des
Opfers im Abendmahl vgl. den Art. Meile. Der
erjte Abendmahläftreit entftand im 9. ———
dert. Paſchaſius Radbertus, Mönch zu Corbie,
ſprach den beſtimmten Satz aus, daß die Subſtanz
der Abendmahlsſtoffe ſich in die Subſtanz des von
Maria geborenen Leibes umwandle, wobei er ſich
auf Wunderjagen ftügte. Dagegen erhob ſich aber
eine zahlreiche Gegnerſchaft, bejonders der Mönch
Ratramnus, fefthaltend an dem Begriffe des gei-
tigen Genufjes. Die Lehrbeftimmung blieb nod
dwantend. Da trat Berengar von Tours (um
1050) mit der Lehre auf, daß im Abendmahl feine
Mefensummandlung der Elemente ftattfinde, fon»
dern durch die Weihe des Priejterd nur die Wir:
kungsfähigteit der Elemente verändert werde, be:
dingt durch den Glauben des —— Aber
er * heftigen Widerſpruch (Lanfranc), wurde
vielfach verfolgt und widerrief mehrmals. Die
Transſubſtantiationslehre war jetzt eine im Be:
wußtjein der Zeit allgemein anerfannte. Hildebert
von Tours erfindet für den Begriff den Ausdrud,
und Snnocenz IIL janctionirt 1215 feierlich das
Aberglaube
Dogma. Bon jet an ift Alles nur Entwidfung
biejes Dogma's. (Vgl. Concomitanz, Frohnleid):
nam, Anbetung.) Bereinzelte Widerjprüche, wie non
—5* von Paris, waren ohne Bedeutung. Der
Huſſitenſtreit über Kelchentziehung (f. d. Art.) war
nicht eigentlich dogmatijcher Art. — Die Reforma-
tion erwedte die Streitfrage wieder. Im Bermer:
fen ber Trandfubitantiation waren alle Reforma:
toren einig. Luther, anfangs ſchwankend, wurde
durch den Gegenſatz des verneinun Sluftigen Karl:
ftabt zu feiner pofitiveren Confubftantiationslehre
eführt („Wider die himmlischen Propheten“).
— entſchied ſich in einem Streite zweier
ſchwäbiſcher Pfarrer für die Erklärung der Ein—
ſetzungsworte: „das bedeutet meinen Leib.“ („Ueber
wahre und falſche Religion.”) Oecolampad gleich—
falls: „das iſt das Zeichen meines Leibes.“ Au
greift die Schweizer 1526 heftig an, ſchilt fie „Sa:
cramentirer” und bleibt am Buchſtaben: „das ift
mein Leib.” Noch zwei Brofchüren folgen. Die
Schweizer antworten ruhiger als Luther, fie ſuchen
zu beweiſen, daß Luthers Lehre zur Transjubftan:
tiation führe, und halten feit, daß nicht der ver:
Härte, fondern der gekreuzigte Chriſtus Gegenſtand
des Abendmahles Hei, wogegen Luther die Lehre
von der Ubiquität (j. Allgegenmart) aufftellt. Das
Marburger Colloquium bringt feinen Frieden
(1529); ebenfomenig der Friedensbrief Luthers
(1537). Auch die Bermittlungen Melanchthons und
Bucers bringen nur momentane Annäherungen zu
Stande, wie die fog. Wittenberger Concordie(1536).
Die vermittelnde Abendmahlslehre Calvin gab
neue Hoffnung zur Verſöhnung, Melandthon
ſuchte daran anzufnüpfen;; die Augsburger Confeſ⸗
fion wurde im Artikel vom Abendmahl 1540 im ver:
jöhnlien Sinne verändert. Die Anhänger Me:
lanchthons, Bhilippiften genannt, geriethen allent:
halben in heftigen Streit mit den ftrengen Luthe⸗
tanern; jo in Hamburg durch den Lutheraner
Joachim Weftphal 1552; in Bremen, Heidelberg,
Wittenberg (ſ. Philippiften). Die Abendmahls⸗
lehre, bis ins verfloffene Jahrhundert Gegenftand
bigiger Kämpfe, blieb die Urſache der Trennung
der proteftantijchen Kirche, bis die Union bie
Sceidewand aufhob
Abendmahläwein. Im Abendlande wurde ge:
wöhnlic rother Wein gebraucht. Ueberall war er
mit Wafjer gemifcht mit myſtiſcher Beziehung auf
Joh. 19, 34. Im Mittelalter fiel der Wein als
Abendmahlselement für die Laien weg. ©. Kelch—
entziehung.
Abendopfer. Beitand aus einem Lamm als
Brandopfer und Rauchwerk; wurde dargebracht
„wiſchen den Abenden“. (2. Moſ. 29, 39; 30, 7;
4. Moſ. 28, 4.
Aben⸗Eſra. +1168. Bedeutender jüdifcher Ge:
fehrter aus Toledo, als Commentator der Bibel,
Grammatifer der hebräifhen Sprache, als Philo—
fopb, felbft Dichter berühmt.
Aberglaube, —— = Zuvielglaube (afar =
zuviel), bezeichnet eine Weltanfchauung, welche von
religiöjer Grundlage ausgeht, allein durch mangel:
hafte Naturerfenntniß außer Stand ift, das Ueber:
natürliche vom Natürlichen zu unterjcheiden, daher
in allen unerflärten Erfceinungen des Natur:
lebens übernatürliche Wirkungen Seht und fich zu
diejem Behufe mit einer Welt neuer, der Phanta-
fie angehöriger —* umgiebt. Dahin gehören
mythologiſche Vorſtellungen, Gejpenfter:, Heren⸗,
Abefigmen 5
Bunberglaube, Glaube an Borbedeutungen, Sym:
—*** w. Der Aberglaube kann auch auf
Grund feiner Vorſtellungen zu einem praltiſchen
Handeln übergehen, indem er Doc) auch wieder auf
jeine phantaftische Welt eine Gejegmähigfeit über:
trägt und auf Grund der legteren gewifje Wirkun⸗
zu unver im Stande zu fein glaubt, 3. B.
her {che Heilungen, Geiftercitattonen, Teufel:
beſchwörung, Scha i
—*5— u. ſ. w.
Abefiynien und abeſſyniſche Ktirche. Dieſe ſteht
mit derägyptifchen ſkoptiſchen) Kirche in Verbindung.
Der ——— wird dadurch gewahrt, daß
ber Abbuna der abeſſyniſchen Kirche von dem Pa:
triarchen zu Alerandrien geweiht wird. Die Lehre
ift monophyſitiſch. Das Lehrinterefje bewegt ſich
um bie Lehre von der Gelbitjalbu er und
von den drei Geburten (1. vorzeitlih, 2. leiblich,
3. durch Empfangen des heiligen Geiftes). Der Zu:
8 der Kirche iſt in jeder Hinſicht verlommen.
hneidung, Sabbath, Speiſeverbot, Faſten, Bun:
deslade zc. ijt aus dem Jubenthum entnommen,
Aberglaube aller Art und die herrichende Sitten:
Infigfeit zeigen den Einfluß des Muhamedanismus
und des Heidenthums. Die Verfafjung der Kirche
if — Re an = sr ns —*
e erhaupt önche), die
Bir öfe, Priejter, Diakonen.
iſſionsverſuche unter ven Abefiyniern durch bie
ejuiten endigten mit deren Bertreibung, m
fieren Erfolg in neuefter Zeit. Proteftanti ge
Riljionsarbeit durch Gobat, Iſenberg, Krapfu. A,
bejonders durch die Chriichona:Brüder.
Abfall (Apoſtaſie). Die offene Losfagung von
dem bisherigen Kirhenglauben und Austritt aus
der Gemeinschaft. Das Wort wird in der Regel
fian die Forterhebung der Steuer nnd ihre Ber:
wendung für das Gapitolium in Rom.
Staatlihe Abgaben treten erft mit ber Einfüh:
rung des Königthums auf, theils Naturallieferun:
en, theils Abgaben an Geld und Zölle (1. Sam.
‚11—17); eine gewifje geordnete Erhebung fin:
det fich ſchon unter Salomo (1. Kön. 4, 27; 10,
14 ff.) Nach dem Untergang des Reiches zahlen
die Juden dem Nebulabnezar Tribut, nad) ber
Rüdfehr an ihre Dberherren Schoß, Zoll und
Begegeld (Eöra 4, 13. 20; 7,24; 1. Mafk. 10,
29 u. d.), wovon Priefter und Leviten jedoch befreit
blieben. Die Maktabäer Löften diefe Steuern ge:
gen einen feften Tribut ab. Unter den Römern
erhoben die einheimijhen Fürften ihre Abgaben
fort, endlich aber wurden die römiſchen Abgaben
eingeführt und nad) der Gewohnheit der Römer
duch Zollpächter eingetrieben.
Abgötterei
aben, kirchliche. In ber römifchen Kirche
des Mittelalterd wurde nad altteftamentlihem
Vorbild der Zehnte erhoben, ſchon im 6. Jahrhuns
dert als heiliges Recht beanſprucht und durch Karl
d. Gr. 779 feierlich anerkannt. Dazu fommen im 8.
Jahrhundert Beiträge zur kirchlichen Baulaft, Dis⸗
B.|pensgelder, ungefähr im 14. Jahrh. die Stolges
bühren; nad) der bee ber ——— des
Papſtes Abgaben ber Fürſten (census) an denſel⸗
ben und der PBeteröpfennig, eine Abgabe jedes
zu (f. d. Art.). Der Klerus ift von biejen
gaben befreit. Diefem liegen dagegen befondere
Abgaben ob: 1) eine (urjprüngli ——
Gebühr des Ordinirten an den Ordinirenden, obla-
tio; 2) Procurationen, die Verpflihtung der Be:
—— des vifitirenden Biſchofs; 8) eine jähr-
iche Kathedralſteuer. Aus der lehensrechtlichen An⸗
chauung ber Kirche entwickeln ſich das subsidium
charitatis, eine Steuer, die der Biſchof in jedem
Nothfall von feiner Geiftlichkeit einziehen darf;
ferner das jus deportuum, annalia, annatae: ber
Biſchof z0g bie Einkünfte des erjten Jahres einer
neu — Pfründe für ſich ein (ſ. Annas
ten). Wie dann für Dispenfen Gebühren von Kle⸗
rifern und Laien gezahlt wurden, erhoben die Bis
ſchöfe audh Abjentgelder für die Entbindung
von der Refidenzpflicht. Als die ————— päpfts
liches Reſervatsrecht geworden, wurde die obla-
tio unter dem Namen Servitien auf bie Höhe eines
Yahreseintommens feitgefegt. Zudem beanfpruch-
ten die Päpſte von allen rejervirten Pfründen die
Annaten, welche aber das Eoncil von Koftnig nur
für diejenigen bemilligte, welche über 24 Goldguls
den eintrügen, mwodurd alle deutichen Bisthümer
befreit blieben. Der Name der Annaten ift auf
die Servitien übertragen, fo daß, wenn jpäter von
Annaten geredet wird, immer nur bie Servitien
verftanden werben müſſen. Die Erzbiſchöfe zahl:
ten außerdem Balliengelver. Dieje päpftlichen
Abgaben bilden einen dauernden Streit: und Bes
fchwerdepuntt. Das Tridentinum geftattete ben
Biſchöfen ihre Diöcefangeiftlichleit zu beiteuern,
behufs Errichtung ee Lebranftalten. Für
den frühern Heimfall des Nachlaffes eines Geift-
fihen an den Biſchof gelten auch heute noch parti⸗
cularrechtlich Erbſchaftsabgaben.
Die evangelische Kirche kennt feine beſondere Be:
fteuerung der Geiftlihen. Die Aufbringung der
Kosten ber Gemeindebedürfniffe ift particularrecht⸗
pel. | lid) geordnet. Die Koften der allgemeinen Kirchen:
verwaltung beftreitet faft überall der Staat, nur
in Rheinland und Weitphalen werden bie Gyno»
dalkoſten matritelmäßig auf die einzelnen Gemein:
ben umgelegt.
Abgar Bar Manu, Der erfte hriftlihe Fürft
in Edeſſa, um 170.
Abgar Uchomo. Fürft von Edeffa. Soll an Chri⸗
ſtus gefchrieben und ihn gebeten haben, zu ihm zu
fommen, und ihn von einer ſchweren Krankheit zu
heilen; worauf ihm die Antwort von Jejus gewor⸗
den, er Lönne zwar nicht felbft tommen, werde aber
einen Jünger fenden. Der von Eufebius zuerft
erwähnte Briefmechfel ift jedoch nachweislich uns
echt. Dem Briefe beigefügt war nach ber Legende
ein Bild Chrifti, welches jegt in Genua und in
Rom gezeigt wird.
Abgötterei. Jede religiöfe Berchrung, welche nicht
den wahren Gott zum Gegenitand hat. In der Bis
bel wird Abgötterei bezeichnet durch Lüge, aid
Abraham a Sancta Clara 7
berte von Mejopotamien, wohin ſchon fein Bater
ben Mohnfig von Ur in Chaldäa verlegt hatte,
nad) Kanaan aus, ald Nomadenfürft (1. Mo.
12, 4 fi.). Im Hain Mamre bei Hebron erſcheint
ihm Javeh und verheift ihm und feinem Samen
das Land zum Eigenthum. Nach manchen Wander:
zügen läßt er ſich bleibend daſelbſt nieder. Zur Bes
freiung Lots madjt er den berühmten Kriegszu
gegen Kebor:Laomer (1. Mof. 14), wo ihm =
ver fiegreihen Heimkehr Melchiſedek fegnend ent:
gegentritt und den Zehnten von ber Beute em:
pfängt. Es folgt die Verheifung, daß Abrahams
Same zahlreich wie die Sterne fein und Kanaan be-
fißen werde, und ein Opfer vermittelt die erfte förm⸗
liche Bundesſchließung zwiſchen Gott und Abraham.
Da Sarai finderlod ift, erzeugt Abraham mit
der * ben Iſmael, erhält aber bei der zwei:
ten feierlichen Bundesſchließung, bei welcher bie
Beichneidung eingeſetzt wird, die Verheißung, baf
Sarai's Nachkomme Erbe der Verheißung fein
werbe. Der Name Abram wird in Abraham, der
Name Sarai in Sarah umgewandelt. In bejtimm:
ter Weife wird die Verheißung erneuert bei dem Be:
fud) der drei Engel, und Iſaak wird geboren. Die
Eiferfucht zwiſchen Hagar und Sarah nöthigt Abra⸗
ham, die Erftere mitihrem Knaben zu entlajjen. So
durch manderlei Glaubensproben geübt, erhält er
enblich ven Befehlder Opferung Iſaaks; jein williger
Gehorjam bejteht die Probe und er empfängt den
Sohn mit neuer Berheifung zurüd. (1. Moj. 22.)
Abrahams religionsgeihichtliche Bedeutung wird
im Neuen Tejtamente hervorgehoben. Er iſt ber
Bater der Gläubigen, das Urbild des Glaubens.
Er ift die erfte gejchichtliche Perjönlichkeit, die ſich
zum Glauben an einen lebendigen Gott, an eine
lie Weltordnung erhebt, deren religiöfed Leben
darum einen fittlihen Charalter erhält. Das
Wandle vor mir und ſei fromm“ ift die Signatur
feines Lebens. In der inneren Stimme feines Gei:
jtes und Gewifjens vernimmt er die Stimme Got-
tes, der zu folgen ei im Gegenfaß gegen alle Ue⸗
berlieferung das höchſte Gefet feines Xebens wird;
bie ſich Veihtt verleugnende Hingabe an jeinen Gott
ift jein Gotteödienft. Das Symbol diejes lau:
bens iſt die Beichneidung, die den Untergang des
natürlichen Lebens im yore die Weihe des
natürlichen Kindeslebens an Gott ſchon durch die
Eltern ausdrüdt. Die Opferung Iſaals bezeichnet
den Höhepunkt biefer Frömmigfet des Gehor:
ſams und der Selbftverleugnung. Abrahams Leben
wird theils als geſchichtlich, theils als fagenhaft ge:
ſchmückt, theils als philofophiih erdachtes Ideal
aufgefaßt, in welchem das Volk Iſrael und ſeine
Geſchichte ein Vorbild finden. Auf Abraham füh—
ren auch die Muhamedaner ihren Glauben zurück.
Sein Ehrenname bei ihnen iſt Chalil Allah ꝛc.
(vgl. Jak. 2, > Freund Gottes. Vgl. Bunjen,
Gott in der Geſchichte.
Abraham a Sanıta Clara. Kloftername des
Augufiiner Barfüßers Ulrid) Megerle, geb. 1642
zu Krähenheimftetten in Baden, gejt. 1709 als
— in Wien. Beliebter Voltksprediger und
riftfteller. In feinen Predigten einigt er wahr:
aft redneriſchen Schwung mit der allervollsthüm⸗
ften Sprache, den tiefjten Ernſt mit jprudeln:
dem Wit und beißender Satyre; er ift unübertreff:
lid als Sittenjhilderer feiner Zeit. Adhtunggebie:
tend ift der unerſchrockene Muth, mit dem ber Hof:
prediger die Sünden von Hoch und Niedrig ftraft,
Abſetzung
das ernſte Streben, das ſittliche Bewußtſein ſeiner
* zu fördern, das auch in dem burleslen Gewande
einer Predigten unverkennbar iſt. In Abraham
a Sancta Clara ſtellt ſich uns der Katholicismus
ſeiner Zeit dar. Unbefangen predigt er in den
ſinnlichſten Anſchauungen den troffeften Aber:
glauben des Heiligen: und Mariendienſtes. Sonſt
mild, wird er Zelot —— den Proteſtanten
und Juden. ©. fein Leben und Verzeichniß feiner
Schriften von Th. G. von Karagan (Wien, Herold).
Abrahamiten. 1) Vgl. Art. Baulicianer. — 2)
Eine neue Secte in Böhmen, welche den Glauben
Abrahams erneuern wollte. Sie befannten ſich
zur Lehre von Einem Gott, nahmen aber aus der
Schrift nur das Vaterunjer und die zehn Gebote.
Die Secte ift erlofchen.
Abrahams Schooß. Bildliche Bezeihnung des
Glüdes im ewigen Leben. Das Bild ift hergenom:
men von der Sitte des zu Tiſche Liegens. Luc. 16,
22. Bol. Luc. 13, 22.
Abrayas. Abrafar. 1) Ein Geheimmort der Ba-
filidianer (Gnoftifer), welches den großen Archon
der 365 Himmel bedeutet (j. d. Art. Bajilidianer).
Die Erklärung ift zwiefadh. Entweder, die Bud:
jtaben als Zahlzeihen genommen, Abraras = 365,
der Zahl der Geijterreiche, in denen fich Gott ent:
faltete. Oder Abraxas wird abgeleitet vom ägyp:
tiſchen abrak (A738 1.M. 41,43) und sax, heilig.
2) Heiliger Name.
Abrarasgemmen tragen bie Bafılidianer ala
Amulette, fie zeigen den Namen oder fymbolifche
Darftellungen Gottes eingefchnitten.
Abrenunciation. Entjagung. Da bie ältefte
fitt: Kirche die Welt als das Reich des Satans anfah,
jo betheuerte der Täufling mit Handſchlag, daß er
entjage dem Teufel, feinem Gepränge und feinen
Engeln. Man betrachtete dieſe Verpflichtung als
den chriſtlichen Soldateneid.
Abſalom. Dritter Sohn Davids. Aus Rache
ermordete er feinen Bruder Amon, der feine
Schweſter Thamar entehrt hatte. Nah 5 Jahren
mit dem Vater wieder ausgeföhnt, ftiftete er mit
Hülfe der ifraelitiihen Stämme eine Verſchwö—
rung an, um fi des Thrones zu bemächtigen;
fam aber in der Schlacht im Walde Ephraim ums
Leben. (Vgl. 2. Sam. 13 ff.)
Abfalon, eigentlich Arel. Biſchof von Röskilde,
Erzbiichof von Lund. + 1201. Bedeutend ala Red:
ner, Politiker, Krieger und Kirchenmann. Einen
großen pofitiichen Einfluß übte er in Dänemarf
aus. Aber auch kirchlich hervorragend durch die
von ihm geleitete —— * Rügens, als
Verfaſſer des feeländijchen Kirchenrechts und durch
ſeine Betheiligung an dem von Schonen. Ein
eifriger Beförderer der Klöſter, ſetzte er mit Strenge
das Gölibatögefeg durch, dem das Volk widerſtrebte.
Sein Schreiber und Begleiter war Saro Gram:
maticus.
Abſentgelder. S. Abgaben, kirchliche.
Abſetzung. Depositio. Entfernung aus dem
geiftlichen Amte, feinen Rechten und Würden, ohne
den Verluſt des Standes ſelbſt; kann nur auf
Grund eines fürmlichen Prozeſſes wegen ſchwerer
Bergehungen in Lehre und Wandel — Die
Vorſtufen find die suspensio, die Enthebung von
geiftlichen Functionen auf Zeit und die unfreimil:
lige Emeritirung, bie völlige Enthebung mit einem
Verluft am Einfommen.
Acceß 9
Bedeutung: Verſicherung, daß mar vom Schulbner
nichts mehr zu fordern habe) ftatt. Die Thomiften
waren die Bertheidiger der erjten, die Scotijten
ir jmeiten Anficht. Die erfte wurde von der Kirche
Ku, 1) Eine Sammlung von et anche:
Briefter auf die Feier der Meſſe;
— —2 ki Baterunfer und fieben Gebete
den heiligen Geift. — 2) Wenn bei Wahlen zu
* höhern Kirchenamt, z. B. bei der —
damit die geforderte Stimmenmehrheit erſcheine,
>. ihren biäherigen Gandidaten verlaflen und
einen Andern ftimmen, jo ift Diejer durch
Hoch gewählt.
Kceidentarier. —— 2 ber Partei Diete Upren:
ebener Name, dem Dieje ihrer:
* a)
tantialiften entgegenftellten.
Stolgebühren
—— Eine Fat ober Biſchofswahl
duch Acclamation wird als Wirkung einer Quaſi⸗
Anfpiration betrachtet.
Kcommodation. Die Lehre (der Rationaliften),
daß manche biblische Vorftellungen als bloße An:
g an damals berri e Denkweiſe auf:
une jeten. Man 3* durch dies Jugeftändniß,
die Autorität der heiligen Schrift anzutajten,
den —— zu entgehen, welche dem Zeitbewußt⸗
heit unvereinbar erſchienen,
»ihrend die Gegner darin die Untergrabung der
Autorität Je u und ber Hpoftel, ja einen Xngriff auf
rer ſittliche Aufrichtigkeit erblidten. — Formelle
der negative Accommodationen, ein Anſchließen
an vorhandene Ausdrüde oder Bezeichnungen im
Lollöieben ohne weitere Berücfichtigung damit zu: | ma
— rethümer, werden nicht mehr
in Abrede
geftellt.
Krefins, viſchof der Rovatianer zur Zeit bes
Concils von Nicäa (325), von Eonftantin, der alle
Parteien dort zu einigen fuchte, ebenfalls hinbe⸗
tuſen, erflärt fich mit den Entſcheidungen in der
Cheiftologie und über das Oſterfeſt einverstanden,
bält aber die Anſchauung feiner Partei über die
** keit der Wiederaufnahme der in Tod:
allenen aufrecht. Conſtantin foll hierauf
ug ar Bericht des Sokrates und Sozomenos
ihn ſpöttiſch aufgefordert haben, für fich allein eine
Seiter in den Himmel zu errichten, erleichterte aber
de Rüdlehr der Novatianer zur katholiſchen Kirche
durch ein möglichft mildes Kirchengeſetz.
Adaja. Die Benennung Griehenlands als rö-
müder —— Apſtg. 18, 12; 19, 21.
—— Fa — geſteinigt, Joſ 7, nörd:
üh von Jerich
F ‘Do Adern.
. Ein König der Philifter zu Gath, bei
David Zuflucht fand. 1. Sam. 21 u. 27.
Tochter Ralebs. of. 15, 16.
h. Ehe Stadt der Kananiter, Sof. 11,1,
ü der Kähe des Leontes.
erg 1) Eine Seeftabt im Gebiete Affer,
ze t erobert war (Ecdibba; Zib). Hof.
— — Eine Stadt i * — "Jude (She:
. gr 15, 44; Mida 1,
‚ Ahterfeld, 3. Heinr., Beofeffor der latholiſ em
ologie zu —— —— Braunsberg.
— ſche D
en Tode die —ã— de ogmatif heraus,
som römischen Stuhle als Irrlehre verworfen
de. Als Anhänger de3 Hermejianismus (j.
“
Acta martyrum
d. 9.) von feiner Profeſſur fuspenbirt (1843), rebi-
irte er bie Zeitſchrift für Philofophie und fatholi-
fe Theologie
Aderbau bei den Hebräern. Die mofaiiche Ges
feßgebung trachtet mit Fleiß darnach, das Volt in
ein jeßhaftes, Aderbau treibendes umzuwandeln,
welches des Verkehrs mit den Umwohnern möglichit
entrathen könne. Daber bie Gejege, welche nicht
bloß das gewonnene Eigenthum jhüfen, jondern
auch verhüten follen, daß durch Mangel an Befik
die Einzelnen zu anderem Erwerb „greifen müßten
(Yubeljahr). Auch mit dem religiöjen Leben wird
der Aderbau in engjte Verbindung gebracht, die
geſchichtlichen —— ſind zugleich Feſte
der Saat und der Erndte. So fruchtbar Paläſtina
war, nahm es doc) den Fleiß feiner Bewohner in
Anfpruc (Anlagen von Terrafjen, Bewäfjerungen).
Man pflügte mit einfachen Pflügen, die von Ochfen
gezogen wurden; zum Drejchen bediente man ſich
meiſt der Drefchwag en. Gejäet wurde die Winter:
er im Detober und November, die Sommer:
cht im Januar und Februar, — im April.
Man baute Weizen, Dinkel, Gerſte, Moorhirſe,
Linfen und Bohnen, Lauch, Gurken, Melonen,
Baummolle und Flachs.
Kcofta, Uriel. Gabriel, ein Bortugiefe, trat, durch
die Ablaßlehre gegen das Chriftenthum eingenom⸗
men, unter obigem Namen in Amfterdam zum Ju:
denthum über ; gab aber bald feinen neuen Glau⸗
uf | benägenoffen Anftoß durch feine Zehre, nur um des
Guten willen dürfe man Gutes thun, nicht in der
—— Hoffnung einer jenſeitigen Beloh⸗
mung, da ohnehin die heiligen Schriften zu dieſer Er:
ung nicht berechtigten; nicht irgend einem poft:
tiven Gefege, jondern nur dem Naturgejege müfje
man folgen. In einer Selbitbiographie ſchildert er
den graujamen Act, wieer von dem auf ihn gelegten
Banne wieder befreit wurbe. + ungefähr 1647.
Acta martyrum. Aufzeichnungen über bie
Kicchenheiligen. Die älteften derartigen Schriften,
bie wir befigen (aus dem 4. Jahrhundert), find
einfache Berzeichnifie der Namen mit Angabe der
Gedächtniftage, wie fie in den einzelnen Gemein:
den zu deren Gebrauch angejertigt wurden. (Cufe:
bius IV, V, VI) Gemiß ift freilich, daß fchon in den
erſten Genieinden ſich Aufzeichnungen fanden über
die erlittenen Drangſale und die Bewährung ihrer
Glieder, aber dieſe Sepriften find in der diocletia-
niſchen Berfolgung untergegangen. Neben jenen
Kalendarien entftanden dann Martyrologien, welche
die Gefammtlirche umfaßten, auch Ort und Zeit
der Paffion bemerkten, und deren Urfprung auf
Hieronymus zurüdgeführt wird. An dieje Schloff en
ſich freie Bearbeitungen an, welde dem erbaulichen
und —— en Intereſſe dienten, ſodann
wiſſenſchaftlichere Lebensbe — en der im Lei⸗
in = die Bei großen Beitgenofien. Die Mar:
en diefer Art find * enhaft. Zu nennen
Abbe ejonbers die Heiligenbefchreibung des Simeon
Metaphraftes 901, der auf Glaubwürdigkeit feinen
Anſpruch machen fann. Im Abendlande verfahten
Martyrologien Ado von Vienne und Florus zu
Lyon, und im 13. Jahrhundert erſcheint Die
Legenda aurea des Jatob a Voragine, eine umfaf:
— Pond "arten ind eu heleaag ride Darnach
aben der Märtyrer Acten heraus Sannius 16.
abrh.) und Ruinart 1689 ; Beide ſchon im wiſſen⸗
——— Intereſſe. — Die fämmtlicyen Heiligen»
acten, verjehen mit ben gründlichjten Commentaren
Acta Pilati
und fritifhen Unterfuchungen, herauszugeben, be:
Be im Auftrag feines Ordens der Yejuit Job.
olland in Berbindung mit ©. Henſchen und Dr.
Pagebroch, denen immer neue Kräfte beigefellt
wurden (Bollandiften), fo daß der Tod der Urheber
den Fortgang des Wertes nicht hinderte. Bei der
Aufhebung des Ordens waren 49 Bände erjchienen.
Das Bollandifteninftitut dauerte indeſſen bis 1788
fort und bradte es bis zum 6. October-⸗Band. Nach
der Miederbelebung des Ordens ift auch die Her:
ausgabe der Acta sanctorum wieder aufgenommen
und bereit3 der 10. October:Band erjchienen. Der
Stoff ift nach dem Kalender vertheilt, die acta der
einzelnen Heiligen folgen in der Reihe der Gedächt⸗
nißtage. — A. apostolorum = Apoftelgeihichte. —
A.apocrypha, wunderliche Machwerke mit fatholi-
fchen und häretifchen Tendenzen, die fich auf die Ge:
ſchichte der Apoftel beziehen, erdichteten Inhalts, von
der Tradition zurücgeführt auf einen Lucias Chari:
nusim2. Jahh. So? a.Petri; verſchiedene a.Pauli;
a. Petri et Pauli; a. Pauli et Theclae; a. An-
dreae; a. Andreas et Matthiae; a. Thaddaei;
a. Philippi; a. Thomae; a. Bartholomaei; a.
Barnabae. Bon Tifchendorf herausgegeben 1851.
Acta Pilati. Verlorenes Buch des 2. Jahr:
Bundert3, ein untergefhobener Bericht des Pilatus
an den Kaifer Tibertus über das Leiden Chrifti.
Actus forensis. Das göttliche Urtheil, welches
den Sünder, abgejehen von feiner fittlihen Be:
ſchaffenheit, um Chrifti willen für gerecht erklärt,
von den altproteftantifhen Dogmatifern im Unter:
fchied von der Heiligung und im Gegenfag zur fa:
tholifhen Lehre betont.
Actus formalis sacramenti nennt bie Dog:
matif die Confecration, die Darreihung und die
Annahme her Abenbmahläelemente.
Actus paedagogiei. Die freien Handlungen
des Menjchen, durch welde er dem Evangelium
einen Eingang bei fich vorbereiten Tann.
Actus personales. Die Thätigfeiten im tri-
nitariſchen Gott, durch weldye die Beziehungen der
brei Perſonen unter einander beftimmt werden:
Zeugung (des Sohnes aus dem Vater) und Spi—
ration (Hauchung des heiligen Geifte au dem
Bater und dem ——
Actus poenitentialis. ©. Buße.
Actus providentiae. Hiervon redet die Dog:
matif bei der logifchen Sergliederung des Begriffs
der Borfehung und untericheidet das VBorhermifien,
den Willendact und die Ausführung.
Ada. 1) Weib Lamechs. 1.Mof. 36,2. — 2) Weib
Efau’s, Tochter Elons. 1. Mof. 36, 2.
Adad. 1) König von Edom. 1. Mof. 36,35. —
2) Ein m... Salomo’3. 1. Kön. 11, 14.
Mdaja. Der Name tommt öfter vor: 2. Kön.
22,1; 1. Chr. 6,41; 9,12; 2. Chr. 25, 1; Esra
10, 29; Neh. 11, 5.
Adalbert, der Heilige. Bon Geburt (950) ein
Czeche; zweiter Erzbifchof von Prag (983). Um den
Schwierigkeiten feiner Stellung zu entgehen, bie
daher ftammten, dab das Erzbisthum gegründet
mar, um bie politiſche Abhängigkeit Böhmens von
Deutſchland zu bejejtigen, faßte er den Entſchluß,
fi allein der Belehrung der flavifchen Völker zu wid:
men und unter ihnen eine nur von Rom abhängige
Kirche aufzurichten. Er verließ 997 Prag und ging
unter dem Schute Boleslaws von Polen nad
Samland, wo er von den heibnifchen Preußen er:
ſchlagen wurde. Er ift in Gnefen begraben.
10
Adam
Adalbert, Erzbiſchof von Bremen und
(1045), Sohn eines Pfalggrafen von Sachſen, ge:
dachte mit Unterftügung des Kaiſers das Erzbis⸗
tum in ein Patrierchat zu verwandeln, dem bie
nordiſchen Biſchöfe unteritehen follten. Während
Clemens II. dem Plane nachgab, verlangte Leo IX.
die Bedingung der Treue, ehe er ihm ald apojto:
lichen Stellvertreter im Norden anerlenne. Nach
Heinrich IIL. Tode mußte Adalbert wiberftrebend
ſich fügen. Als er den minderjährigen Heinrih IV.
in jeine Gewalt befommen, war er mehrere Jahre
Regent Deutjchlands, bis er, Durch eine Verſchwö—
rung der Billunge geftürzt, ſich in fein Erzbistpum
zurüdziehen mußte, wo er 1072 ftarb. Grün—
hagen: Adalbert, Erzbiſchof von Hamburg und die
Idee eines nordiſchen Patriarchats, 1854.
Adalgar. Erzbiſchof von Bremen, 888. Zu
feiner Zeit gelang es dem Erzbiſchof Herimann von
Köln durch den Einfluß des Hatto von Mainz bei
dem Papite Formojus und der Reichsſynode zu
Tribur die Anſprüche Kölns als Metropole über
Bremen durchzufegen; jo daß Adalgar feinen Platz
unter den * einnehmen mußte. Beim Wech⸗
jel der politiihen Lage erwirkte Adalgar jedoch bei
Sergius 111. 905 die Vernichtung der Beſchlüſſe
von Tribur. Er ftarb zwar ohne feine Anſprüche
befviebigt zu fehen, aber die Selbſtändigkeit des
Erzbisthums blieb fir die Folge anerkannt.
Adalhard und Wala. Brüder und Vettern
Karls des Großen. Beide Aebte von Corbie, ge:
wannen fie unter Karl dem Großen und Ludwig
dem Frommen großen politiihen Einfluß und wa-
ten eifrige Beförberer der auf die Einheit des
Reiches gerichteten Bejtrebungen bei ber ung
der Erbfolge. Für die kirchliche Entwickelung ift
namentlih Wala dadurd wichtig geworben, daß er
mit Paſchaſius Rabbertus e8 war, der den Papft
Gregor IV. durch Borlage von unechten Auszügen
aus Eoneilienbeichlüflen und alten päpftlihen Ver⸗
orbnungen über die Vorrechte des Stuhles Petri
(erfte Spur der pſeudoiſidoriſchen Decretalien)
bewog, auf feinen Erklärungen zu beftehen, als bie
deutichen Bischöfe auf der Synode zu Worms ihm
unter Drohung des Banns die Berechtigung ab:
jprachen, fich in die Angelegenheiten des fränfifchen
Reiches zu miſchen; weil Gregor für Lothar gegen
Ludwig den Frommen und die beabfichtigte Aen—
derung der Erbfolge aufgetreten war. Wala ftarb,
nachdem er fid) von allen Gefchäften zurüdgezogen
hatte, in der Abtei Bobbio 836. ©. Funk, Ludwig
der Fromme.
Adam (dev Röthliche). 1) Der erfte Menſch nad)
der Bibel. Die Erzählung giebt weder eine geſchicht⸗
liche noch er ing ea jondern eine religiöje
Auffaffung von dem Urfprung des Menſchen und
feinem Berhältnif zu Gott. Der Menfch, erft aın
ſechſten Tage geihaffen, bildet die Krone der Schö:
pfung. Er tritt ins Leben durch unmittelbaren
— Lebenshauch. Seine Würde iſt die Eben:
ildlichleit mit Gott. Adam lebt in urſprünglich
finblicher Unſchuld, in mit Gott und der Welt ver:
föhntem Dafein. Aber die Sünde (ſ. Sündenfall)
bringt ihn zum Fall. Er verliert die Unſchuld und
muß im Schweihe feines Angefichts fein Brod effen.
Die Erzählung wird theils in dogmatiſchem Inter:
efie für Geſchichte gehalten, theils als philofophifche
Sage betrachtet, in welcher das innere Menfchen:
leben überhaupt im Sinnbild dargeftellt ift. ©.
1. Mof. 1—8. Ueber den doppelten Bericht der
Adam
11
Adoption
Menihenihöpfung |. Art. Schöpfung. — 2) Stadt | im Staate zuläffig. Denn das ——— nehme
am Jordan (Joſ. 19, 36).
Adam, Meichior. Conrector und Profeſſor zu
— —— geb. zu Grotkau in Schleſien, 7 1622.
erfaffer einer jhätbaren Sammlung von 136
Lebenäbefchreibungen deutſcher und jchweizerifcher
Tpeslogen: Vitae theologorum Germanorum,
1620.
Adam von Bremen. Ein Domberr zu Bremen
um 1068, Verfafier ver Gesta Hammenburgensis
ecelesiae pontificum, der Hauptquelle für die
Kirchengeſchichte des Nordens vom 8. bis 11. Jahr:
— herausgegeben von Lappenberg und von
r$
Adama. Gen. 10, 19; 14, 2. Eine Stabt ber
Kananiter, lag wo jest das Todte Meer ift und
ging mit Sobom unter.
“ —— Stadt im Stamme Naphtali (Joſ.
38).
Adamiten werben zunächſt antinomiſtiſche Gno⸗
ſtiler des 2. und 8. Jahrhunderts in Nordafrika
genannt, welche die urſpruüngliche Unſchuld durch
völlige Nacktheit wiederherſtellen wollen; ferner
eine zur Zeit ber Huffitenbewegungen nach Böhmen
geflüchtete Secte von Picarden (corrumpirt aus
Segharben), der Aehnliches von Aeneas Syloius
u %. vorgeworfen wird, und die Ziska mit Gewalt
ichtet haben foll (val. über fie die genauere
Unterju bei Schroeth,R.:. 34, S. 689-695) ;
verfehiebene fanatiſche Rotten der Wieder:
mehrfach auftaudhten. Daß bei weitgetriebener asle⸗
iſcher Schwärmerei fich auch dieſer extreme Um:
Ihlag mehrfach eingeftellt hat, ift leider nicht zu
bezweifeln, wenn auch den zunächſt fo genannten
Parteien falfche Vorwürfe gemacht werden.
Mar. 1) Name des 12. Monats im jüdischen
Jahre; ſ. Monate. — 2) Hagar: Adar, 4. Mof.
4,34, —— zukünftige ſüdliche Grenzſtadt Iſraels
an
iar. Ort bei Beth:Horon, wo fih Jubas
Maklabäus gegen Nicanor lagerte. 1. Maft.7,40.
Adda, ein Habbi, der 358 den jüdischen Kalender
tftellte
ellte.
Übelbert. Ein Zeitgenoffe und mer des
Bonifacius. Während er bei dem Bolte in großer
Achtung ftand, fo daß es ihn den Heiligen nannte,
verflagte ihn Bonifacius als Jrrlehrer auf der Sy:
node zu Soiſſons 744, und dem römijchen Eoncil
745, und feste feine Berurtheilung durch. Aber
erft nad) Karlmanns Tod gelang es, die Einfper:
rung Adelbert in Mainz zu bewirlen. Da Bonifa:
aus Schilderungen von Adelbertö * und Per⸗
* mit andern Documenten im Widerſpruch ſtehen,
o iſt eine Unklarheit nicht aufzuhellen. Es ſcheint,
Adelbert habe ſich dem durch Bonifacius ſo ſehr
—— römiſchen Syſtem und dem ſich ver:
ãu römiſchen Kirchenweſen widerſetzt;
womit ſich erflärt, daß er erſt fallen gelaſſen wurde,
als Pipin des Papſtes beburfte.
Aden. Eine Handelsſtadt im ſüdlichen Arabien.
Adeodatus. 1) Sohndes Auguſtin. S. Auguftin.
— 2) Papſt 672—676. Vertheidiger ber Lehre von
zwei Willen in Chriftus.
Adiaphora (= Gleichgültiges) nannte man die
Handlungen, welche durch das Sittengejeg weder
ten noch verboten jeien, und darum erlaubt.
on Schleiermacher ift gezeigt, daß der Begriff un:
haltbar jei auf dem Gebiet chriftlicher Ethik und nur
—— die beſonders in Amfterbam | aber
den ganzen Menſchen in Anjpruch und rn in
feinem Thun nicht3 zu finden, was außerhalb der
Beziehung zur fittlihen Aufgabe ftände und fomit
gleichgültig wäre.
Adiaphoriftiiide Streitigkeiten. Als das Leip-
ziger Interim (1548), um bie proteftantiichen
Grundjäge feithalten zu können, in den äußern
Dingen des Eultus und der Kirchenverfaſſung nach⸗
geben wollte, weil dieſe doch adiaphora (Gleichgül⸗
tiges) ſeien, erhuben ſich Flacius und ſeine Freunde
mit Heftigfeit dagegen, um der Gefahr willen, die für
da3 unwiſſende Volk darin liege und weildie Nach—
iebigfeit in unreiner Abficht begründet fei. Die
oncordienformel beendigte den Streit durch den
Satz, daß man in Mitteldingen, um der Schwachen
willen, etwas nachlaſſen bürfe (1577). — Der zweite
abiaphoriftiiche Streit ſchwebt zwiſchen Pietiften
und Orthodoren. Weil Jene bei allen Dingen eine
ausbrüdliche Beziehung auf die Seligkeit forder:
ten, verwarfen he Bieles, 3. B. Tanz, Theater,
al3 unbedingt fündlih, die Gegner aber ſahen
dieſe Dinge als fittlic) gleichgültig an.
Adida. 1.Maff. 12,38. Vulg. u. Luther Modus,
1. Maff. 13, 13. Stadt auf einem Hügel in der
Ebene Juda gegen Joppe hin, nach Ewald, Geſch.
Sir. IV, 382 dafjelbe mit
— Joſ. 15, 36, Stadt in der Ebene
Adler. Häufig in der Bibel erwähnt. Es iſt
nicht immer der Adler zu verſtehen, fon:
bern aud der Geier (Mich. 1, 16; Hiob 39, 27),
der auch Aas frißt und von den Alten zu ben
Adlern gerechnet wurde.
Adminifirator. Verwalter. War ber Titel der
proteftantiihen Inhaber von Bisthümern und
geiitlihen Stiftern.
Ado. Erzbifchof von Bienne, 800 — 875. Ber:
fafjer eines Martyrologiums und einer Lebens:
bejchreibung der Heiligen.
Adonai. Eigentlic mein Herr (oder meine Her:
ven als pluralis majestaticus), ald Anrebe, aber
allgemein als Bezeichnung Gottes, wie die Juden
es überall ausfprechen ftatt Javeh oder Jehova.
Das Wort findet fi) in der Zufammenjegung vie:
ler jübifchen Eigennamen wieder: Adonia (Gott
mein Herr), 1) der Sohn Davids, weldyer ftatt
Salomo’3 die Nachfolge zu erlangen fuchte und von
Diejem bingerichtet wurde; 2) ein Levite; 3) ein
Volkshäuptling zur Zeit Esra's. Adoni edel,
Herr der © igkeit. Ein König ber Kananiter
zu — Joſ. 9,1.
donibefel. Grauſamer Kananiterkönig. Bon
Juda und Simeon überwältigt. Richt. 1, 5.
Mdoniram. 1. Kön. 4, 6. Ein Rentmeiſter
Salomo’s.
Adoptianismus, Die Lehre des Elipandus von
Toledo und Felix von Urgel, daß Chriftus zwar
—— göttlichen Natur nach ein wirklicher, aber
einer menſchlichen Natur nach nur ein adoptirter
Sohn Gottes ſei, womit ſie den Einwürfen der
Muhamedaner gegen die orthodoxe Lehre zu be—
gegnen ſuchten. Der Adoptianismus wurde auf
den Synoden zu Narbonne 788, zu Regensburg
792 und Frankfurt 794, namentlich durch Alkuins
—— verworfen, und erloſch im 9. Jahr⸗
undert.
Adoption. Aus der Adoption entſteht das
firchenrechtlihe Ehehinderniß der Verwandtſchaft.
>
Adoraim 12
Adoraim oder Adora. Stabtim Stamme Juda,
vielleicht = Adora (1. Mall. 13,20 und bei Jo—
ſephus), mwahricheinlih das jekige Dura, wurde
von Rehabeam befeftigt. 2. Chr. 11,9.
Adoram. Schagmeifter Davids, 2. Sam. 20,24;
Rebabeams, 2. Chr. 10, 18.
Adoration. ©. —
Adramelech und Anamelech. 2. Kön. 17, 31.
Gottheiten der aus Sepharvaim nah Paläftina
verpflanzten Eoloniften; Die Verehrung ift die des
Moloch, und fie find vielleicht mit dieſem eins.
Adrampitium. Seeftabt in Myfien, an dem nad)
ihr benannten Meerbujen. Apftg. 27, 2.
Adrian I. Bapit, 772—79. Erhielt von Karl
dem Großen die Schentung Pipins betätigt, und
beichidte das zweite nicänifche Concil. Während jei-
ner Regierung hatte der adoptianiſche Streit ftatt.
— 4. II. +872, erlangte im Streit mit Photius
von Eonftantinopel (ſ. d. Art.) die Anerkennung
der päpftlichen Oberhoheit auf dem römischen Eon:
cil. — A. III. Hatte den Kampf mit Photius fort:
aufegen, + 885 nad) einjä tiger Regierung. — A. IV.
Der Gegner Barbarofjas und Arnolds von
Brescia, + 1159. — 9. V, regierte nur 38 Tage.
— 4. VI, 1522 — 1523, früher ———
Karls V. in Spanien, ſuchte durch Abſtellung man-
cher Mißbräuche der Reformation Einhalt zu thun.
Adrianiften, Name einer Kekerpartei, bie
nicht beftanden Hat, und nur durch ein Mifver:
ftändniß Theodoret3 angenommen wurbe.
Mdrianifiinnen. Der Verein frommer Frauen
mit dem Entjchluffeder Ehelofigfeit, welchen Bruder
Adrian (+ 1580) in Holland mit unfittlihen Ten:
benzen ftiftete.
Adriel von Mehola. Der Mann ber Merab,
Tochter Sauls, die zuerft bem Davib verheißen
war. 1. Sam. 18, 19.
Adullam. 1) Rananiterftabt. 1. Mof. 38, 1.
12.20; of. 12,15; 15, 35; Mid. 1, 15; Neb.
11, 30. — 2) Die Höhle Adullam, 2 Stunden von
Bethlehem, in der fi) David verbarg.
Advent (= Ankunft). Das erfte Were Zeichen
für die kirchliche Feier der Adventszeit iſt der Be:
ſchluß des Concils zu Serida 524, daß der Advent
wie die Faftenzeit vor Oſtern ald tempus clausum
efeiert werde und in ihm feine Hodyzeiten ftatt-
inden jollten. Im Gottesdienft wurde die Zeit
des Alten Teftamentes, der noch nicht gefchehenen
Erlöfung, durd) die Berfchleierung der Bilder und
bie violette (Trauer:) Farbe der Kirchengemwänder
verſinnbildlicht. Die alte Kirche ließ, wie nod) jest
die griehiiche, die Adventäzeit 6 Wochen dauern,
die fatholifche Kirche, der die Lutherifche folgte, zählt
4 Abventsjonntage, dem jeboch dort noch ein fünf:
ter al3 praeparatio adventus vorangeht. Zur
ier des Advent gehören die Rorate: Meflen zu
bren der Jungfrau Maria, die vom 18. Decem:
ber an Morgens in ber Frühe gehalten werben.
Die lutheriſche Kirche behandelt auch Heute nod) | j
die Adventäzeit, ähnlich wie bie Faſtenzeit, als eine
in erniterer Stimmung zu verlebende Bußzeit, wo
aud) der Gottesdienft alles feftlihen Charakters
entbehren joll. Das gebotene Falten findet fich
nur noch in der anglicanifhen Kirche. Mit dem
eriten Adventsjonntage beginnt jegt allgemein das
Kirchenjahr, die Reihenfolge der Betrachtungen des
Lebens und des Wertes Chrifti.
Advocatus Dei et Diaboli (Advocat Gottes
und des Teufels). Beim förmlichen Prozeſſe, der
Aegypten
bei Heiligfprechungen geführt wird, die beiden Be:
amten, benen obliegt, bie Tugenden des zu creiren:
ben ‚Heiligen, reſp. jeine Mängel ins rechte Licht
zu ftellen.
dvocatus ecclesiae, Kirchen⸗ oder Kaften:
vögte, vertreten bie geiftlichen Stiftungen vor Ge:
richt, leiſten in ihrem Namen ben Eid, führen Gottes:
urtheile aus, jorgen für die Bewahrung und Wie:
bererlangung bes Vermögens, und führen ben
Heerbann, ben ein er zu ftellen hat. Da nad
germaniſchem Rechte das kirchliche Perſonal, als
nicht wa entänig, aud vor Gericht ſich nicht ver:
treten oder volles Eigenthum beſitzen fonnte, aljo
in fremder Munt fich befinden mußte, jo übern
men die Gründer eines Klofters in der Regel dieſe
Schutzpflicht, fonft fiel fie dem Könige zu. Weil
aber dadurch eine gewiſſe Abhängigfeit entjtand,
jo jchloffen ſpäter die Klöfter lieber mit benachbar⸗
ten Mächtigen einen Vertrag, jo daß fie die Vog—
teirechte behielten, fie aber durch jene ald Bertre:
ter ausliben ließen. Damit den Bogteien durch ihren
Einfluß auf das Vermögen der Klöfter bald ber
beutende Vortheile verbunden waren, jo wurden
fie verkauft, verfchenkt und zu Lehen genommen.
Die Kirchen fuchten ſich dem fühlbar werden:
den Drud auf jede Weife wieder zu entziehen; je:
doc) erjt Urban III. und Innocenz ILL gelang e3,
den Schuß der Kaiſermacht mit Erfolg gegen ben
Drud der Vögte zu erlangen.
‚ Medefius und Frumenlius. Als Jünglinge an
die Küfte Nethiopiens verſchlagen um 330, gelang:
ten fie dort zu hohen Aemtern, die fie zur Ein:
führung des Chriftenthums ten.
Aegldius, der Heilige. Einfiedler zu St. Gilles,
um 700. + 1. Sept. Sein Grab wurbe ein bes
rühmter Wallfahrtsort.
gidius von Rom. Doctor fundatissimus.
Erzieher Philipps des Schönen, Profefior ber
Theologie zu Paris und Erzbifchof von Bourges.
+ 1316. — Schriftfteller und
Anhänger des Thomas von Aquino.
Aegypten (toptiſch Keme, griechiſch Aigyptos,
hebräiſch Mizrajim, wobei die Dualform auf das
Doppelreih Ober: und Unter: Aegypten hinmweift),
bad Nilthal von 24° 6’ bis 31%36’ n.B. und von
27° 30° bis 30° 40° ö. 2. umfaffend, durd bie
jährliche Austretung des Nil von Juni bis Sep;
tember zu der fruchtbaren Korntammer aller Nach⸗
barjtaaten geworben, ift nicht bloß durch das außer⸗
ordentlich milde Klima, den Reichthum an Baus:
materialien und bie oajenartige Abgeſchloſſenheit
u dem erften Denktmallande präbdeftinirt worden,
ondern vor Allem in der Geſchichte der Religionen
nächſt Paläftina das bedeutendite Land. Schon
die alte Götterreligion, auf die fo Bieled in ber
griechiſchen Mythologie zurückweiſt, macht die frü⸗
heſte Bergangenheit des Landes auch für die Res
ligionsgejchichte außerordentlich bedeutfam; zumal
eitvem bie neueren Erpeditionen die überreichen
Denkmäler mit den bei Joſephus, Julius Africa:
nu3 und Eufebius aufbewahrten Fragmenten aus
bem großen chronologiſchen Werk Manetho’3 in
Berbindung gebracht haben, ift auf bie ältefte uns
überhaupt befannte Götterlehre ein ganz neues
Licht geworfen worden; und man fann, wie bie
langen Reihen der königlichen Dynaftien, fo auch
bie allmähliche Entfaltung und Mobdificirung bes
Eultus in dem (durch bie Hyffosherrichaft geſchiede⸗
nen) alten und neuen Reiche (jenes nad) Bunſen
Aegypten
3648, Lepſius 3892, Böckh 5702 v. Chr., dieſes im
16. Jahrh. v. Chr. beginnend) verfolgen. Wichtig find
befonders die 3. und 4. Dynaftie der Pyramiden⸗
Erbauer, die 12. der Dfortafiden, und nad) der Bes
freiumg von den Hykſos die 18. und 19. Dynaftie,
wie für die äußere Geſchichte, jo für Religion,
Kunft und Eultur. — Noch wichtiger für Die Theo:
logie ift aber Aegypten durch die auf feinem Bo:
den fptelende Jugendgeſchichie des jüdiſchen Vol-
ted. Das Verhältniß der Juden zu den Hylſos ift
allerdings heute noch eben fo ftreitig, wie zur Zeit
des Apion und Joſephus, und fiber die Chrono:
logie von Ein= und Auszug exiſtiren noch bie ver:
chiedenſten Meinungen, weil die Eroberung des
erufalemer Tempels unter Rehabeam durch Sche:
Ihont (Sifat) die erfte feft beftimmbare Gleichzei-
tigfeit iſt (970); um jo wichtiger aber und von ber
neueren Forſchung eifrig gel dert ift die Frage
nach dem Berhältni des Mofaismus zu der ein:
beimifchen Religion. — Kaum weniger bedeutjam
ift dann hernach zur Ptolemäcrzeit und unter der
Kömerherrichaft die allgemeine ſynkretiſtiſche Strö⸗
mung, aus der neben einander die Allegorifirung
der alten Götterreligion, die helleniftiige Philo:
logie und Grammatik, der Neuplatonismus und
Philo's alerandrinifch » jüdische Religionsphilofo:
phie hervorgehen. — Die bedeutjamfte Rolle fpielt
} Aegypten als die zweite Geburtäftätte bes
ner Mr Schon in ber apoftolifhen Zeit
von ber neuen Religion intenfiv berührt, ſieht
Aegypten Die erbittertften Kämpfe zwijchen dem
Neuen und Alten auf feinem Boden burchge:
lümpft (Zucian, Celſus, Borphyrius); Hier haben
die wichtigften gnoſtiſchen Syiteme ihren Aus:
gangapuntt (Bafılid, Valentin, Karpofrates u. A.);
bier bildet fich aber aud die innerlich bedeutendſte
aller lirchlichen Schulen aus in der Alerandriner
Ratechetenfchule —— Clemens, Origenes,
Herallas, Diony — und wird der Anſtoß zur
eigentlichen Dogmenbildung gegeben (Sabellianis⸗
mus, Arianismus). So hat die ſchönſte Periode
des jugendlichen Chriſtenthums hier ihren Mittel:
puntt; eben fo aber auch die mit dem 4. Jahr:
hundert beginnende innere Fäulniß, die ſchließlich
das Ehriftenthum felbft zu Grunde gehen läßt; ein:
ſeitig —— Ausbildung: Athanaſius, Theo⸗
philus, Cyrill, Dioskur; Mönchthum: Antonius;
Pobelfanatismus: Ermordung der Hypatia; in:
nere Spaltung jeit dem monophyſitiſchen Streite,
duch deſſen ſtets fteigende Erbitterung zwischen
Kopien und Melhiten das Land fchliehlich fait
wehrloß dem Islam anheimfällt. Seitdem haben
die Kopten als äußerlich bedrängte, innerlic) zer:
Secte immer mehr abgenommen, find ge:
genwärtig auf etwa 200,000 — unter
denen * 1825 die engliſch-kirchliche Miſſionsge⸗
ah thätig ift. — Um fo blühenber hat fich in
der Zwiſchenzeit der Islam in Aegypten entfaltet,
bejonders in Wiſſenſchaft und Kunft Hier feine
reichſten Blüthen getrieben, um ſich freilich ſchließ⸗
lich auch in Aegypten als das Meteor zu erweifen,
das, nachdem das anfängliche Feuer ausgebrannt,
nur Schladen zurüdläßt. — Für die Gegenwart
ift Negypten einer der erften Zielpuntte für Wif:
jenfhaft, Handel und Induſtrie; auch arbeiten
neben der engliſch⸗koptiſchen Miffion noch eine Reihe
anderer Miſſionsgeſellſchaften auf den verſchiede⸗
nen Feldern, Die eingeborene und eingewanberte
Chriſten, Zuden und Muhamedaner darbieten.
13
Hera
Aelfrit. Ein englifcher Benedictiner, + ald Erz«
bifchof von Canterbury 1005, war ein Gehülfe
Dunftans und Aethelwolds bei der Einführung des
römiſchen Kirchenweſens in England. Sein Haupt⸗
verdient find feine Bemühungen um die Verbreis
tung der heiligen Schrift und die Unterweijung des
geijtlichen Standes. Er verfaßte u. a. Homilien
und eine Liturgie.
Aclia Capitolina. Name von Serufalem, als
ed um 136 von Hadrian wieder aufgebaut und von
Heiden bevölfert wurde .Der Tempel wurde zum
Tempel des Jupiter Capitolinus.
Heltefle, Val. Presbyterialverfaffung.
Aelteſte bei Den Juden. Mit diejem Gefammt-
namen werden die Häupter der Gemteinfchaften be:
zeichnet, in welche das Volk Iſrael ſich gliederte:
Haus, Geſchlecht, Stamm. Zunädjt waren fie
die Anführer im Kriege, dann aber die Vertreter
des Volkes in ber Berathung und Ordnung ber
Angelegenheiten, von denen anjcheinend allein bie
Beſchlußfaſſung ausging. Aus der Gefammtheit
der Xelteften wurde Durch Mofes ein Ausſchuß von
70 gebildet, der unter Jojua und in der Richterzeit
fortbeftand. Aud unter den Königen und den
Maktabäern finden ſich noch Spuren de3 Xelteften-
rathes, aus dem ſich fpäter der hohe Rath, das Sy—
nedrium entwicelte. Vgl. Ewald, Aiterthümer.
Aemilia Johanna, Gräfin von Schwarzburg:
Rudolſtadt. a gen evangelischer Kirchenlieber.
Aeneas, Biſchof von Paris um 870, verthei-
digte in einer Schrift adversus Graecos die katho⸗
liche Lehre vom Ausgang bes Heil. Geiftes gegen
Photius.
Aeneas Sylbius. Der Papft Pius IL
Henon oder Enon (Alvor), nad Joh. 3, 23
ein Ort, wo Johannes taufte, ift unbelannt.
Meonen, ©. unter Gnoſticismus.
Aepinus (eigentlih Hoch). Ein Brandenburger,
geb. 1499. Wegen * reformatoriſchen Beſtre⸗
bungen gefangen geſetzt, kam er nach ſeiner Befrei⸗
ung nach Stralſund und arbeitete dort die neue
Kirchen⸗ und Schulordnung aus. Als Paſtor und
Superintendent in Hamburg ſetzte er die neue Kir:
chenordnung durch. Er unterſchrieb die ſchmalkal⸗
diſchen Artikel und war auf den Conventen zu
Frankfurt und Naumburg. Aepinus erklärte ſich
gegen das Interim, und gerieth auch ſonſt in theolo-
Sifpen Streit Durch feine Meinung, daß die Theil:
nahme Chrifti an den Leiden der Bejtraften in der
Höllenfahrt zum Stand der Erniebrigung gehöre
und mejentlich feizur Vollendung der Erlöfung.
Hera. Mit dem Worte bezeichnet man eine jede
Zeitrehnung, die von einem beftimmten Termin
anhebend die Jahre fortzählt. Die erjte Aera, die
fi in der Bibel findet, ift die feleucidifche, nad
welcher die Bücher der Malkkabäer die Jahre zäh:
len; fie nimmt gewöhnlich) ihren Anfang mit dem
Tiſchri 312. Die Incongruenz der Rechnung zwi⸗
ſchen dem 1. und 2. Buch der Mallabäer löst Wie:
jelee dadurch, daß er annimmt, das 1. Buch be—
ginne das Epochenjahr nicht mit dem Tiſchri
(Herbft), ſondern wie die Römer mit dem Januar
(Thebet). Vor dem Gebraud der ſeleucidiſchen
Hera findet fich bei den Juben feine Jahreszählung
von einem allgemein feftftchenden Termine an.
Im Pentateuch dienen die —— iſchen Reihen
zur Beſtimmung ber Chronologie. Nach dem Aus:
ug aus Aegypten wird etliche Mal gerechnet, wie
* nad dem Anfang des Exils. Unter ben
Aergerniß
eigenen und fremden Königen rechnen die Juden
nach den — — ihrer Herrſcher. Da-
neben war fpäter bei den Juden, 3. B. Sofephus,
eine Weltära im Gebraud, fo bat te die Jahre
von Erfchaffung ber Welt zählten. Der Weltären
bedienten ſich auch viele Kirchenhiftorifer, jelbft bis
nach der Reformation. Dai bei denjelben aber in
den verſchiedenen Texten jehr abweichende Anga:
ben der Bibel zu Grunde gelegt werben, fo find fie
unter einander jehr verſchieden und ihr Gebraud)
ſchwierig. Die antiochenifche oder alerandrinifche
Meltära des Mönchs Pandorus, bie lange zur
Berehnung des Dfterfeftes benußt wurde, jet
Chrifti Geburt ind Jahr 5493; die Nera bes
Anianus, deren fi) noch die äthiopifchen Chrijten
bedienen, ins Jahr 5501. In byzantiniſchen
oder conſtantinopolitaniſchen Aera entſpricht das
5509. Jahr unſerem erſten, beginnt aber mit dem
1. September; bie byzantiniſchen Kaifer, ſowie
bie Ruſſen bis auf Peter den Großen bedienten
fi ihrer. Bemerkenswerth ift noch die diocle—
tianifche oder Märtyrer » Xera, in Alerandrien
erfunden, von ben ägyptifchen und äthiopiichen
Ehriften gebraucht ; fie hat ihre Epoche 284 n. Chr.
oder auch 276. Die biocletianifche Aera ift bei
ben hriftlichen Völlern überall verdrängt durch
die bionyjianifche (Abt Dionyfius), . die
Sabre von der Geburt (ab incarnatione) Ch
ählt; ihr erftes Jahr ift 1. Januar bis 31.
December 754 nad der Erbauung Roms. Die
Sahresangaben bei den Schriftftellern ftimmen
troß ber gleichen Aera häufig deshalb nicht über:
ein, weil als Jahresanfang neben dem 1. Januar
auch der 25. December, ber 25. März und Dftern
geieht! wurde. Erjt Bapft Innocenz IX. feste 1691
1. Januar als Jahresanfang feft. Der Erwäh⸗
nung werth ift noch die julianijche Periode von
Scaliger, aus ber Multiplication ber cyflifchen
—* 28, 19,15 berechnet; ihr 4714. Jahr ent:
pricht unferem erften. Endlich werben zur Zeitbe⸗
immung bie Indictionen (Römerzinszahl) be:
nutzt; ———— ein 16jähriger Steuerkreis. Die
beigeſetzte Zahl bezeichnet, das wievielſte Jahr des
Steuerkreiſes das betreffende ift. Um die Indiction
eines Jahres n. Chr. zu finden, addirt man 3 und
bividirt durch 15. Der Neft giebt bie Indiction an;
ift fein Reft, fo ift 15 die Indiction. Bgl. Ideler,
Handbuch der Ehronol.; Piper, Kirchenrechnung.
Hergerniß, axivdador, eigentl. Falljtrid. Alles
bas, wodurd ein Anjtoß erregt wird, im biblifchen
Spradgebraud immer mit dent Nebenbegriff des
Verleitens. In der Kirchenſprache öffentliches Aer⸗
——— Worte oder Handlungen, welche das ſitt⸗
iche oder religiöfe Gemeingefühl verlegen, aljo
rüdfichtslofe Uebertretung der Grundgebote, oder
Widerſpruch gegen die Grundanjhauungen der
Gemeinschaft.
Aërius, Stifter der Secte der Nörianer und
Presbyter in Sebafte (gegen 360), früher jelbft Asket,
betämpfte den Werth der —— gebotenen Faſten,
der Fürbitte für die Todten, die judaiſirende Beibe:
haltung der Baffahmahlzeit beim Abendmahl und
die hierarchiſche Ueberordnung der Biſchöfe über
bie dreöbpten Der Name Aerianismus wurde auch
als Kegerbezeichnung für ben Proteftantismus ge:
audt.
Aerſe. Beulen oder Feigwarzen, 1. Sam. 5, 6;
6,4. 11. Welche Krankheit gemeint fei, läßt fid)
mit Sicherheit nicht mehr angeben.
14
Affect
Ueſthetiſche Auffafſung der Religion iſt dieje⸗
nige, welche neben dem Verſtande dem Gefühle und
der Phantaſie in der Religion noch eine ſelbſtän—
dige Thätigfeit zuerfennt, und das Geſchichtliche
in ber Religion der letzteren zumeift, infofern die—
jes eine Berförperung religiöfer Ideen barftellt.
Das Geſchichtliche erhält damit ſymboliſche Bedeu
tung und gehört daher ber äfthetiichen Betrachtung
an. Nachdem Kant durch feine Auffafjung des
Religiös⸗Geſchichtlichen ald Verkleidung moralifcher
Neen einen Weg gebahnt, hat der Philoſoph Fries
den Gedanken weiter ausgeführt, und de Wette
ihn zu einem dogmatiſchen Syfteme verarbeitet
(Zehrbuch der hriftlihen Dogmatik).
Aethiopien. Großes Land im öftlihen Afrika,
das heutige Nubien, Korbofan und Habeih um:
Sr im U. T. Kuſch genannt (Pi. 68, 32;
Sej. 11,11; 20,4; 43,3; 45, 14. Jer. 46, 9 u.
d.); iſt bald von Aeappten abhängig (2. Chr. 12,
2), bald beherrſcht es pten, fo dab vor Pſam⸗
metich Toger eine äthiopiice Dynaftie in Aegypten
regiert. Unter diefem gründet eine ägyptijche Aus:
mwanderung aus der Kriegerlafte einen eigenen
Staat in Nethiopien, der fpäter der herrſchende
wurde. Die Berfer und Btolemäer hatten nur vor⸗
übergehenden Einfluß. Zur Zeit des Neuen Tefta:
ments haben fie eigene Füriten (Kandace, Apitg.
rifti | 8, 27)
, 27).
Aethiopiſche Bibelüberjegung. Zeit und Urhe⸗
ber der Ueberſetzung find ungemwiß, —3z3*8
entſtand fie im 4.—5. Jahrh. Zu Grunde liegt der
griechische Tert der alegandrinijchen Kirche, an den
die urjprüngliche Ueberſetzung fich ſehr treu an-
ſchließt; diejelbe hat jedocd manche Umarbeitung er:
fahren. Da die äthiopifche Bibel außer den fanoni:
jhen und apofryphifchen Büchern noch einige
pjeudepigraphifche (Henod), 4 Esra,3 Maftabäer zc.)
enthält, jo zählt fieim A. T.46, imN.T. 35 Bücher.
Obgleich die äthiopijche (Geez:) Sprache längft aus:
geftorben, jo i dieſe Ueberſetzung doch bei allen
abeſſyniſchen * im alleinigen kirchlichen
Gebrauch. Kritiſche Ausgabe von A. Dillmann.
Aethiopiſche Kirche. ©. Abeſſyniſche Kirche.
Aötius. Ein Haupt der ftrengen Arianer, der
Anomöer, welche die Mejenseinheit de3 Sohnes
mit dem Vater befämpften und [ehrten, der Sohn
fei duch den Willen des Vaters aus Nichts her:
vorgerufen und ihm baher in Allem unähnlich
(dvouoog), nur in Bezug auf Wirkfamteit fei er
ihm allerdings ähnlich. Aetius war Diakon in
Antiochien, er juchte dort die Kirdengemeinihaft
der Arianer und Katholiken zu jprengen und mußte
deshalb weichen. Als Vertreter des Arianismus
nahm er Theil an der erjten Synode zu Sirmium
(351). In den Wechfelfällen des arianiſchen Strei:
tes erfuhr auch Adtius manche Verfolgung, ald er
ſich aber fpäter der Gunft bes Cäfar Gallus und
des Julian erfreute, ſammelten fih um ihn und
feinen Freund Eunomius die Arianer. Aätius wird
jogar zum Biſchof geweiht und weiht Biſchöfe für
feine Partei. Er ftarb zu Eonftantinopel.
Affeet heißen lebhafte, vorübergehende Gefühls:
erregungen, entweder aufregenber Art (Zorn), oder
deprimirender (Schmerz). Der Afjert an und für
ich iſt nichts fittlich Vermerfliches. Aud bei Chri-
s zeigen fich jehr lebhafte Aſſecte: Traurigkeit,
ehmuth, Entrüftung. Der Affect kann aber ver:
werflic werben, wenn er die Fähigkeit der Selbſt⸗
beherrihung aufhebt (Jähzorn) durch das Ueber:
Affectiones
—— Heftigfeit, ober qualitativ, wenn er das
Aufwallen vorhandener jelbitfüchtiger oder finn-
licher Leidenſchaften bedeutet.
Affeotiones der h. Schrift wurden in ber alten
lutheriſchen Dogmatik die Eigenihaften der h.
Schrift genannt, welde fie ald göttlihe® Buch
harakterifiren. Dahin werben gezählt: 1) ihre
Nothwendigkeit zum Heile und ihre vollftändige
Fähigkeit, das letztere zu bewirken; 2) ihre Ber:
ftändlichleit in Beziehung auf das, was zum Heile
nothwendig ift, und die Möglichkeit, die Schrift
durch die Schrift zu erflären; 8) ihre unbedingte
Autorität in Glaubensſachen und ihre Wirkungs⸗
Nähinleit auf das Menjchenherz.
Mnität, Berwandtihaft durch Verſchwäge⸗
iſt ein Ehehinderniß.
J— Denis Auguſte, Erzbiſchof von Paris.
Ward in dem Straßenkampfe des 25. Juni 1848,
ala er fich, um Frieden zu ftiften, in erzbiſchöflicher
Tracht auf die Straße wagte und die Barricaden
beftieg, von einer Flintenkugel getöbtet.
Aira, die Heilige, in der diocletianifchen Berfol:
zu Augsburg verbrannt, ſoll vor ihrer Be
in öffentlicher Unzucht gelebt haben. Aſch⸗
ba, Kirchenleriton. Dagegen Rettberg.
Agabus. Der Prophet, welcher nad Apftg-
11, 28 die große Hungersnoth des Jahres 44 vor:
berjagte, auch Apoftel Paulus feine Gefangen:
mung weiſſagte, Apftg. 21, 10. 11.
Name, vielleicht ftehende Bezeichnung der
Amaleliterfönige; einen diejes Namens hieb Sa:
muel zu Gilgal in Stüden (1. Sam. 15).
Agape (zum erjten Mal Brief Zub. 12) ift der
Ausdrud für Die Liebesmähler der erften Chrijten:
gemeinde, welche anfangs täglich (Apftg. 2,42) gegen
Abend anden und zu melden Leder feinen
Beitrag brachte. Das Mahl ſchloß mit der Aus-
tbeilung des h. Abendmahls und dem Bruderkuß.
US die Agapen ſeltener und oft politiſch
tig wurden em jun. in dem befannten Briefe
an Trajan X, 96), trennte fid) das h. Abendmahl
allmählich davon. Dft kamen Unordnungen bei den
Agapen vor, vgl. 1. Kor. 11,20 ff.; Tertullian De
jejunüis 17, Unmäßigkeit, Egoismus. Synoden
verbieten die Abhaltung in Kirchen (ſchon zu Laodi⸗
ea 363). Allmählich verſchwinden fie ganz.
hießen in der alten Kirche Männer,
welde bei den Dialonifien, Agapetae Wittwen
oder Jungfrauen, die bei den Geijtlichen wohnten.
Begen Sittenlofigkeit ward Beides verboten.
Agapetus I. Bapft. Auf einer Reife zu Jufti-
nian L, um denjelben zur Verſchonung Staliend
und der Dftgothen zu beftimmen, gelang es ihm,
die Abfegung des monophyſitiſchen Patriarchen
Anthimus und die Einfegung des Rom geneigten
Rennas zu erwirten. In der Weihe defielben übte
er einen Act kirchlicher Oberherrlichteit über das
morgenländifche Batriarchat aus. Er ftarb 536. —
Agapetus IL. 946—955. Um an dem deutſchen
König Otto einen Halt gegen das noch mächtige
Yaus der Marozia zu haben, entichied er fich ge:
—— erſten Ausſpruch in dem Streit zwis
‚Artold und Hugo von Bermanbois über das
Erzbisthum Rheims für den — Otto's,
, und beſtätigte die Abſetzung Hugo's
durch die Synode zu Ingelheim. Agapetus ſiand
auch auf Seiten Adelheids, der Witiwe Beren⸗
Bi durch welche Dito nad Italien gerufen
e.
15
Agende
Agathe, die Heilige, erlitt den Märtyrertod
unter Decius. Gedächtnißtag b. Febr.
Agatho, Biſchof von Rom, 678—681, bat den
Bertheidigern der päpftlichen Unfehlbarkeit dadurch
viel Mühe gemacht, daß er durch jeine Legaten auf
dem den Monotheletiömus verdammenden Eoncil
von Conftantinopel (680) feinen Vorgänger Hono⸗
rius namentlich mit verdammte. Im Uebrigen er:
ob er alle mit feiner Stellung verbundenen An:
prüche, erklärte 3. B. die von dem König von
Northumberland vollzogene Entjegung eines Bi:
ſchofs von York für ungültig, legte fich den Titel
eines ölumenijchen Bifaofs bei und —* vom
Kaiſer den Erlaß der ſonſt bei der römiſchen Bi⸗
ſchofswahl üblichen Steuer zu erlangen.
Agenda. S. Rituale.
Agende. Das Wort, welches nur in der lutheri⸗
ſchen und von bort in der unirten Kirche üblich ge:
worben, bezeichnet eine Sanımlung von ——
ren der Gottesdienſtordnung. In der reformirten
Kirche iſt ver Ausdruck üblich: Ordnung oder Form
zu ae ꝛc. Den Reformatoren trat jehr bald das
Bedürfniß nah, den Gotteödienft nad) dem Prin-
eip der neuen Lehre umzugeftalten. So erfchien Zus
lhers Ordnung des Gottesdienftes in der Gemeinde
1523, feine deutjche Meſſe 1526 und fein Tauf:
und Traubücjlein, in denen er ſich möglichſt an
bie römischen Ziturgien anſchloß. ——
Leo Judae erſchienen von 1523 ab Form der Taufe,
Braud) des Nachtmahls ꝛc. und 1525 Ordnung der
riftlichen Kirche zu Zürich. Diefen nachgebildet tra⸗
ten zahlreiche Agenden oder Kirchenordnungen and
Licht. Dieälteften find diedes Herzogthums ——
1525, die von Schwäbiſch-Hall und Bugenhagens
ſtirchenordnung der Stadt Braunſchweig, die vie⸗
len andern zum Muſter diente. Geht auch durch
alle Agenden Gemeinſames hindurch, ſo ſpricht
ſich doch in ihnen auch der verſchiedene Charakter
der einzelnen Kirchen beſtimmt aus. Während die
Agende Joachims IL. am meiſten fatholifirt, haben
die Iutherifhen Agenden von Würtemberg, im
und Baden große Berwandtihaft mit den refor:
mirten deutſchen Agenben, die ſich wieder nicht un⸗
wejentlih von den Calviniſchen unb ——
unterſcheiden. Den Zwingliſchen iſt der lituͤrgiſche
Eharalter der Sacramenisfeier, der ſich von dem
boetrinellen Charakter in den Liturgien des Calvi:
nifchen Typus vortheilhaft unterjcheidet, die Sitte,
die Verjtorbenen abzufündigen, und das Vorhan:
denſein von Gebeten für die Feſtlage eigenthümlich.
Die —— ließ die alten Agenden viel⸗
fach in Vergeſſenheit gerathen und ſetzte ungenü:
ge Productionen an ihre Stelle. Bon bedeuten:
Einfluß ift bie neue preußifche Agende geme:
fen. Ein tieferes religiöjes Gefühl und ein Ver:
langen nad) Uniformität ber Kirche feines Landes
veranlaßte Friedrih Wilhelm III., die Abfafſung
einer Agende eifrigft zu betreiben und, nachdem er
eine Arbeit Eylerts zurüdgemiejen, ſich ae.
daran zu betheiligen. Die Liturgie für die Hof:
und Garnifongemeinde zu Potsdam 1816 fand
ihren Kritifer an Schleiermader. Die Kirchen:
agende für die Hof und Domtirche in Berlin 1822
ging noch mehr auf die Liturgien des 16. Jahr).
urüd, und obwohl fie nicht minder heftigen Wider:
seien erregte, fand fie doc, da mancher Einfluß
dafür verwendet wurde, in dem größten Theile
ber Landeskirche allmählich Eingang. Nachdem mit
Bunjen und Borovsky die Agende von Neuem
Agendenftreit
revibirt war, wurde fie 1824 mit dem Befehl, fi
tiber die Annahme zu erklären, den Geijtlichen zu:
geſchickt; wo fie nit angenommen würde, jollten
nur erweislich früher im Gebrauch geweſene
Agenden ohne Abweihung ferner benußt werden.
Eine von Schleiermacher verfahte Borftellung der
Berliner Geiſtlichen wahrte gegen fie die Freiheit
ber Geiftlihen. Endlid wurde durch bejondere
Commiſſionen das in den einzelnen Provinzen
Herlömmliche und Paſſende aufgefuht und bie
Agende erichien für die einzelnen Provinzen mit
diejen Nachträgen. Ein nur ſcheinbares Weiter:
eben auf diefem Wege find die Rarallelformulare,
* Benutzung der Oberkirchenrath freigegeben,
denn dieſelben Find gegen die Haupttendenz ber
Agende, gegen die Union, gerichtet. Die Einfüh-
tung der Agenbe erfolgte nicht ohne große Schwie⸗
rigfeiten und harte Kämpfe ıf. Union). Die rhei:
nie Eynode nahm fie bedingungsweije erjt 1835
gegen die Gewährung der Kirdenordnung an; hier
allein wurden die Gemeinden durch ihre Vertreter ge:
hört, und bier allein ıft fie, wenn auch nicht immer
ſehr glüdlid), fortgebildet und vermehrt wor“ n. In
naher Verwandtſchaft mitder preußiſchen Agenbe fte:
hen die badische und die von Bunjen verfahte, in der
Gejandtichaftstapelle Roms gebrauchte capitolinis
u Bei aller Anerkennung des vielen Guten in
er Agende und ihres Zufammenhanges mit ältern
zeformatorifchen ift doch dem Borwurf der Katho:
lilen nicht aller Grund abzuſprechen, die Agende,
die ſich oft jo ängjtlidy an den Ritus der römischen
Kirche hält, habe eine Schale ohne den Kern
entlehnt. Denn der Zufammenhang des Ganzen
in der Orbnung des Gotteödienftes mweift auf eine
dramatiſche Darftellung der Erlöfung hin, wie fie
bie Meſſe mit dem Meßopfer zwar giebt, die aber
der Idee des proteftantifchen Eultus fern ift.
Agendenftreit. Ueber den preußifchen f. vorigen
und Art. Unon.— Der badifche Agendenftreit wurde
durch die im J. 1858 von dem Obertirchenrath
Ulmann:Bähr erlaffene, zu alterthümlihen und
theilmeije Zatholifirenden Formen zurückkehrende
Agende hervorgerufen. Der Oberlirchenrath hatte
zwar die Zuftimmung der Generalſynode von 1855
zur Einführung derjelben zu erwirken gewußt,
aber die Einführung fcheiterte an dem lebhaften
Widerjtand, den die Gemeinden entgegenjegten,
und der den Großherzog am 20. December 1858
zur Zurüdnahme der Bwangsverordnung veran:
laßte. Der Streit war der erjte Anftoß zur neuen
badiſchen Kirchenverfaffung von 1861 und zu ber
—— Entwickelung der kirchlichen Zuſtände in
aden.
— die Heilige, wurde in der Verfolgung
des Diocletian in ein öffentliches Haus gebracht,
wo Symphronius, ber fie zu berühren wagte, er:
blindete. (Gemälde des Tintoretto.) Als die Flam⸗
men des Scheiterhaufens fie nicht verlegten, ward
fie enthauptet. Ihr Sinnbild ift ein Lamm; ihr
Gedächtnißtag der 28. Januar. Der Orden ber
Trinitarier verehrt fie als Hauptpatronin.
Agnoeten, d.h. Nichtwifjende. Spottname einer
Partei der Monophyfiten, die mit dem Diakon
Themiftius im 6. Jahrh. lehrten, Chriftus habe
Manches nicht gewußt.
Agnus Dei. Die Lammbilder, welche aus dem
übrig gebliebenen Wachfe der Oſterkerzen verfertigt,
von glapfte im 1. und 7. Jahre feiner Regierung
geweiht und an Bornehme verſchenkt werben. — In
16
Aguirre
der griechiſchen Kirche heißt ſo das Tuch, welches den
Kelch bedeitt.— Der alte Morgengeſang der griechi⸗
hen Kirche: Lamm Gottes, das du trägjt die Sün-
den ber Welt, erbarme did) unfer, wurde von Gregor
dem Großen in die lateiniſche Liturgieaufgenommen.
Er wird in der Meſſe vom Kg geſprochen und
vom Chor gefungen. Die Worte werden brei Mal
wiederholt, zum legten Male mit ber Aenderung am
Schlufje: giebunsdeinen Frieden. Auch in die evan:
geliihen Gejangbücher ift Diefes Lied aufgenommen
als das befannte: D Lamm Gottes unſchuldig.
Agobard oder Agobert, Erzbiſchof von Lyon feit
816. Belämpfte die Adoptianer, die Öottesurtheile,
die Juden, die Bilderverehrung und folgte einer
freieren Auffafjung der Infpiration.
Mponiflifer. Streiter Chrijti. Eine fanatifche
Secte ver Donatiften im 4. Jahrh.
Agreda, Maria Jejus, Superiorin des Kloſters
zu Agreda in Spanien, berühmt als Berfaflerin
bed Buches Mistica Ciudad de Dios etc. 1670,
welches in anſtößig ſchwärmeriſcher und phantafti:
cher Weife Maria und die unbefledte Empfängniß
verherrlichte. Da die Inquifition und die Sorbonne
das Bud) verboten, die Franciscaner aber es eifrig
vertheidigten, entſpann ſich ein langer Streit.
Agricola, Rudolph (1443—1485), einer der er:
en deutjchen Humaniften, ftudirte in Zwolle unter
homas von Kempen, ging 1471 auf 8 Jahre nad)
Italien, und lebte jeit 1483 bejonders in Worms und
Heidelberg, wo er auch Hebräiſch lernte. Sein Ber:
dienft um die Philologie rühmen Erasmus und Me:
lanchthon, die durch jein Buch von der dialektiſchen
Erfindung begründete Reformation der Logik wird
von Petrus Ramus fehr anerkannt; den Scholafti:
fern war auch er troß feiner Vorſicht in Streitfragen
(mie 3. B. über die Autorität bes Evangeliums und
der Kirchenverfammlungen) persona ingrata,
Agricola von Eisleben (Johann), (1492-1666),
bejonders befannt durch den jogen. antinomiftifcyen
Streit, in welchem (1527 und 1537) er Luther und
Melanchthon gegenüber behauptete, daß das Geſetz
im neuen Bunde nicht mehr gelehrt werden müfle;
hernach als Generalfuperintendent der Mark Bran:
denburg bei der Abfaffung des Augsburger In:
terims (1548) mit betheiligt; eifriger Schriftiteller,
der u. X. auch eine Sammlung von Spruͤchwörtern
herausgegeben hat, defjen Hauptbedeutung aber in
der Kirchenregierung gelegen zu haben ſcheint.
Agrippa, S. Herodes.
45* Caſtor. Ein chriſtlicher Schriftſteller
bes 2. Jahrh. und bekannt durch Erwähnung bei
Eufebius und Hieronymus als Betämpfer des
Gnoftifers Bafilides.
Agrippa von Nettesheim, geb. 1487 in Köln,
geit. 1555; ein Mann vom bewegteften Leben; be:
rühmt durd) feine Kenntniffe in der Magie, ein
Spiegel jeiner nad) Klarheit ringenden, gährenden
Zeit. Durch feine Schrift De incertitudine et va-
nitate scientiarum, in welcher er die fittlichen und
intellectuellen Zuftände feiner Zeit der Kritik unter
wirft, auch die römische Hierarchie und Tradition
betämpft und auf die Schrift Hinweifet, gehört er zu
den Männern, die der Reformation den Eingang
bereiten halfen, ohne jelbft zur Klarheit gelangen zu
können. Seine Werte deutih,5 Bde. Stuttgart 1865.
Aguirre, Zojeph Saenz de, 1630—1699, ein
ſpaniſcher Benedictiner und Abt zu Salamanca,
erhielt den Earbinalshut für feine Schrift gegen
bie quatuor propositioncs cleri Gallicani.
Agur
Agur. Sprüche 30, 1. Ein ſonſt unbelannter
ifraelitiicher Meifer, deſſen Sprüche a. a. D. gefam:
melt find. Nad Hitigs Fühner Bermuthung ein
Sohn der Königin von Maſſa.
Ahab. 1) Sohn Omri’s, König von Iſrael,
918—897 v. Chr. Bon feiner Gemahlin, der Si:
donierin Sfebel, geleitet, führte er in Jirael den
phöniziſchen Baal: und Nitarte-Dienft ein, und ver:
folgte Die Propheten des Jahvedienftes, wie Elias.
Auch fonftige Frevel und Ungeredtigfeiten werben
von a Er führte 3 Kriege green
Ben:Habad IL. von Syrien, den dritten im Bunde
mit Joſaphat von Juda. In der Schlacht zu Ra:
moth in Gilead wurde er tödtlih verwundet.
(1.Kön. 16—22.) — 2) Ein falſcher Prophet unter
den Erulanten in Babel. (Jerem. 29, 21.)
Aha. Sohn Jothams, König von Juda, 741-725.
Bei jeiner Thronbefteigung 25 Jahre alt (2.Kön.
16,2, LXX). Als Betah von Iſrael und Rezin von
Syrien in Jubaeinfielen, Jerufalem belagerten und
das Gebiet verheerten (Jeſ. 7,1 ff.), auch die Edomi⸗
ter und Philiſter fich befreiten, wandte er ſich, ben
Rath des Propheten Jejaja verfhmähend, um
Hülfe an Tiglath-Pilefar, den König der Aſſyrer,
der dann Syrien zwar überwand, aber auch Juda
tributpflichtig machte. Ahas war ein eifriger
Begünftiger des Moloch und alles ausländiichen
Gögendienftes. 2. Kön. 16, 10 ff.; 23, 11. 12;
2. en 28.
4 rg 1) König von Jirael, Sohn und Nachfol⸗
ger Ahabs, 897—896 ; ftarb nach ——— Re⸗
gierun; an einem Sturze aus dem Obergemache.
1. Kön. 22, 52; 2. Kön. 1. — 2) Sohn —
König von Juda, 886. In dem unglücklich mit
Joram von Iſrael unternommenen Feldzuge ggen
Hafael von Damaskus erregte Senn einen Auf:
fand und töbtete Ahasja. 2. Kön. 8, 25 ff.
Ahabverus. Ascovngos, perjifcher Name, gleich
dem Kerres der Griechen, der offenbar im B
Eftger zu verftehen ift. Viele Ausleger finden in
Esra 4, 6 den Kambyſes, des Cyrus Sohn, in
Daniel9, 1 den Aftpages von Medien, und in Tob.
14, 15 ben Kyaxares 1.
Ahasverus, der ewige Jube, war nad) ber Le:
gende ein Schufter zu Serufalem, der den mit dem
Kreuze belafteten Ehriftuß, der ſich an feine Thür
Iehnte, mit harten Worten und Schlägen wegtrieb,
und zur Strafe umberirren muß, bis an den jüng⸗
ften Tag, ohne fterben zu können. Nach einer ande:
sen Sage war der ewige Jube ein Pförtner Carta⸗
Bilus im Palaſte des Pilatus, der Jeſu einen
—— gab. Er ſoll jpäter von Ananias getauft
ein und als Chriſt in der Hoffnung bereinftiger
Begnadigung ein frommes Büßerleben führen. Vgl.
Gräke, Die Sage vom ewigen Juden.
Ahaba, auch Ahera. Ort und Fluß in der Nähe
Babels, an dem Göra (8, 21.31) die wiederfehren:
den Epulanten verfammelte. Rach Ewald ift ge-
meint ber Pallakopas ber Griechen, ber fübli von
Babolon flieht.
Ahia, Sohn Ahitobs. Hohepriefter unter Saul.
l. Sam. 14, 3. Urentel Eii’s.
Ahia von Silo. Ein Prophet, der dem Sero:
beam J jein Königtfum verfündigte, aber auch den
u g feines Haufes. 1. Kön. 11; 14.
m. = * alja. ahi —
ater der Ahinoam, emahlin
Sauis — —8* Zadoks, 2. Sam. 15, 27. 35.
36; 17, 1522.
17
Ain
Ahiman, Ein Enalsſohn zu Hebron, Joſ. 16, 14.
Ahimelech. 1) Priefter zu Nob, welcher David auf
ber Flucht die Schaubrode gab (1. Sam. 21) und
von Saul mit feiner Familie getöbtet wurde. —
2) Ahimelech der Hethiter, ein Gefährte Davids
in der Müfte. 1. Sam. 26, 6.
Abinadab. Einer von den Amtleuten Salomo’s.
1. Kön. 4, 14.
Ahitob. Name verfhiedener Berfonen. 1. Sam.
14, 3; 22,9; 2. Sam. 8, 17 ıc.
Apitophel von Gile. Stand bei David in großem
Anjehen, zeigte ſich aber bei Abſaloms Aufftand
als der erbittertfte Feind und erhängte fich, als er
den unglüdlichen Ausgang bed Unternehmens vor:
ausfah. 2. Sam. 17,
Ahlwardt, Theologiſcher Schriftſteller
des 18. Jahrh., der das Werk Joh. Guft. Reinbech's
über bie in der Augäburger Eonfeffion enthaltenen
göttlichen Wahrheiten fortgejept hat.
Ahmetha. Cära 6, 2; Su 1,1. = Echatana,
die ee: Mediens.
—* Das unmittelbare Wa
—— inge in Form eines unbeſtimmten Vor⸗
geiüß 8. Das Ahnungsvermögen wirb vielfach ala
zunblage ber Prophetie angejehen. U. bezeichnet
auch die Richtung des Geiſtes auf diejenigen
Dinge, deren begrifflihe Erkenntniß nicht mehr
möglich, deren Dafein aber dem Bemußtjein eine
ſelbſtgewiſſe Sache ift.
Platanus. Ein in Syrien und Paläſtina
einheimischer Baum. Der Stamm ift gerabe und
„ bas Holz fein, weiß und hart. Ahornftäbe
egte Jakob in die Tränkrinnen (1. Moſ. 30, 37).
Luther lberjegte Kaftanie.
Ai. Stadt der Kanaaniter, öftlih von Bethel;
* Tell Hadſchar. Wurde von Jofua verbrannt,
päter aber wieder aufgebaut. Sof. 7, 2; 8,1 ff.;
Esra 2, 28.
Aichſpalt, ober Aſpelt, Beter, von feinem Ge:
burtsorte Afpelt bei Trier, ſchwang fi durch
ärztliche Kunft und ſtaatsmänniſche Tüchtigfeit
empor, wurde durch päpftlihen Willen Domprobft
zu Trier, dann Biſchof zu Bafel, zuletzt Erzbifchof
von Mainz. Ein treuer Anhänger bes Papites,
wirkte er gegen die Haböburger für die Lurem:
burger und 1314 für Lubwig von Bayern.
D’Ailly, Petrus, de Alliaco, geb. 1350 zu Com:
piegne, wurbe 1880 Doctor der Sorbonne, dann
Vorſteher eined Collegiums zu Paris, mo Gerfon
und Nicol. de Elömanges feine Schüler waren.
1395 Biſchof von Puy, 1396 von Gambrai.
+ 1419. Seine —————— — ſich auf
die Hebung des Schismas und bie Reformation
der Kirche. Er war Haupturheber des Concils
von Piſa und zu Conſtanz Hauptvertheidiger des
Sapes, daß ein allgemeines Goncil über dem
Bapite ftehe; zeigte überhaupt eine bewunberungs:
mwürdige Gelbftändigleit dem Papſte gegenüber.
Sonft orthobor, war er ein heftiger Gegner Huf:
his für deffen Berurtheilung er ftinmte. Unzu⸗
ehmen zus
ieben mit dem Mißerfolg des Concils Tehrte er
n fein Bisthum zurüd und ftarb auf einer Reife
alö päpftlicher Legat. Hinterließ zahlreiche theolo⸗
ei Portojonhiige und aſtrologiſche Schriften. -
Aimoin oder Ahmoin. Mönd in St. Germain
bes Proͤs bei Paris im 9. Jahrh., ſchrieb Heiligen»
eeigiäten, die einigen biftorijchen Werth haben.
in. 1) 4. Moſ. 34, 11, nad) Robinjon bie
Duelle Neba Andſchar am Fuße des ————
Ajalon
— 2) Die Stadt Ain bei Rimmon, anfangs dem
Stamme Juda, dann Simeon zugetheilt, jegt ver:
muthiich EI Ghuwein. Joſ. 15, 32; 19, 7; 21, 16.
Ajalon. Ardcır. 1) Im Stammgebiet Dan, eine
Zevitenjtadt. Joſ. 21, 24; 1. Chr. 6, 69. Schau:
platz des fiegreihen Kampfes Joſua's gegen die 5
————— Joſ. 10. Wird von den Phili—
ftern erobert. 2. Chr. 28, 18. — 2) Stadt in
Sebulon. Richt. 12, 12. j
Alad, genauer Akkad. Stadt in Babylonien.
1. Mof. 10, 10.
Akathiftos, Bezeichnung eines Lobgeſanges auf
bie Jungfrau Maria in der griechiſchen Kirche.
Akatholiſch, nicht katholiſch. In Defterreich früt-
here öffentliche Benennung der Protejtanten.
Alephaloi, Hauptlofe, wurden die Monophyſi⸗
ten genannt, welche fi von ihrem biäherigen
Haupte, dem Patriarchen Mongos, losfagten, als
derjelbe Zeno's Henotifon (482) unterjchrieb.
Atıba, Rabbi. Einer der berühmteften jüdifchen
Gelehrten, um 100 n. Chr. ; ein Hauptbegründer ber
talmudiftiichen und kabbaliſtiſchen Literatur. Afiba
ſchloß fih an Bar⸗Kochba an, wurde mit demſelben
gefangen und 135 graufam getöbtet.
Alto, aud Ale. Richt. 1, 31. Eine von
ben Siraeliten nicht eroberte fanaanitifche Stabt,
wurde zu Phönizien gerechnet und jpäter Ptole⸗
mais genannt. Apftg. 21,7; 1. Maft. 5, 15 u. ſ.
Beſonders wichtig in den Kreuzzügen, wo fie den
Landungsplag der Pilger bildete. Seit 638 in den
Händen der Kalifen, wurde fie von Balduin 1104
erobert, und blieb dann abwechſelnd im Beſitz der
verſchiedenen u Parteien oder der Muha⸗
mebaner, bis fie zulegt 1291 vom Sultan Aſchraf
von Aegypten erftürmt und völlig Be murbe.
Der Name St. Jean d’Acre, den bie Stabt noch
führt, ftammt von der ſchönen Kirche der Johanni⸗
ter. Später ift die Stadt wieder aufgebaut und in
den Befig der Türken gelommen. Dur Napo:
feon I. wurde fie vergeblich belagert. Das heutige
Acre ift Meiner, bat 20,000 Einwohner; ber
Hafen ift verfandet.
Aloimeten, d. h. Niht-Schlafende. Name von
Mönden im 5. Jahrh., welche den Gotteädienft
Tag und Nacht fortjegten, indem eine Abtheilung
die andere ablöjte. Ihr berühmteftes Klofter war
Studion in Eonftantinopel. Als neftorianifirend
beleate Johann II. die Afoimeten mit dem Bann.
Atoluthen. Urjprünglic jüngere Kleriter, Be:
leiter des Biſchofs, welchen niederer Kirchendienſt
ibertragen wurde, den ſpäter Zaien verrichteten.
Der Aloluthat ift jegt nur noch von Bedeutung
als die höchfte von den vier niederen Weihen, der
Durchgang zum römifch-tatholiichen Prieiter.
Akra. Einer der Hügel, auf denen Serufalem
faq, die fogenannte Unterftadt tragend. ©. Je:
ruſalem.
Akrabattine. Landſtrich im Edomiterlande,
1. Malt. 5, 3, vgl. 4. Moſ. 34, 4.
Alrabim, d. h. Storpionen. Darna ißt
4. Moſ. 34, 4 eine Gebirgskette an ber ſüdöſtlichen
Grenze Juda's, die das Sumpfthal EI Chor von
der Arabah ſcheidet. Es finden ſich dort viele
Storpionen.
Alamelech. Stadt Aſſers. Jof. 19, 26.
Alanud von * (ab Insulis). Ein Ciſter⸗
ienjermönd aus Ryſſel in Flandern, Biſchof von
urerre, + zu Elairvaug 1203. fuchte in der
Theologie eine mathematiſche Demonftration, ba
18
Alberti
man bie Reber u mit Autoritätäbemweifen, fon:
bern durch unftgründe überführen müfje. Es
werben ihm viele Schriften en bie aber
zum Theil von gleichnamigen Berfaffern herrühren
en Er fchrieb 5. 8. De fide catholica contra
Waldenses, Albigenses, Judaeos et Paganos
s. Muhametanos.
an — $ fpanif
0, inand Alvarez, Herzog von, ſpaniſcher
General unter Karl V. und Sfilpp IL., hat ſich in
den Religionsfämpfen des Neformationszeitalters
eine furdtbare Berühmtheit erworben. Der Sieg
von et, 547) iſt ihm Hauptfächlich zuzuerken⸗
nen. Treuloß ijt die Öefangennahme des ng
Philipp von Heffen nah der Schlacht von *
berg, als dieſer in Halle den Fußfall vor dem Kaiſer
thun mußte und ſich dann arglos mit dem gefan:
— Kurfürſten von Sachſen zu Alba einladen
eß. Seit 1567 Statthalter in den Niederlanden,
fuchte Alba den Aufitand mit blutiger Strenge zu
übermwältigen, wobei er 18,000 Menihen dem
u berantwortet haben foll. + 1582.
Ibanus. 1) Der Heilige, Protomartyr Eng:
lands, geb. zu Berulam, römiſcher Soldat, der,
Chriſt geworben, in der diocletianifchen Berfol
ung umlam. — 2) Heiliger von Mainz, im 4.
ahrh. Die St. Albanskirche fteht an feiner To—
desſtätte; Ruheplatz der Faſtrade, Gemahlin Karla
d. Gr.; ſpäter Klofter und Nitterftift mit bem
Rechte, Münzen zu prägen (Albanusgulden).
Alber, Mattyäus, geb. 4. Dechr. 1495, einer
ber Reformatoren baren" par wurde Bre:
diger in feiner Baterftadt Reutlingen und ver:
timdigte bie evangelifche Wahrheit. Der Magiftrat
gab ihm die höchſte geiftliche Würde und Bollmacht
zu reformiren, troß der Proteftation des Abtes
von Königäbronn, des Patron der Stadtlirchen,
des Magiftrat3 von Mm und der öfterreihiichen
Statthalterei in Stuttgart. Bor das Neihäfam:
mergericht zu Eßlingen gefordert, berief er ſich auf
die Schrift und durfte ungefährdet heimziehen.
Alber hielt feft an der lutherifchen Lehre, auch ala
[9 Zwingli brieflid an ihn wanbte. An dem Ges
präd in Urach nahm er ze unb forderte die
Megihaffung der Bilder. gen des Interim
verließ er Reutlingen und ging nad) Stuttgart,
wo er Xeltefter der Stiftäfirdhe wurde. +1570 als
Abt von Blaubeuren. J. Hartmann, M. Alber.
Tüb. 1863.
Albert der Große, aus dem ſchwäbiſchen Ge:
ſchlecht der von Bollftädt, geb. um 1200, ftubirte
zu Padua, trat in den Dominicanerorden, lehrte
zu Paris und darauf ald DOrdensprovinzial für
Deutſchland zu Köln, refignirte als Biſchof von
Regensburg und fehrte nad Köln zurüd, um nur
den Studien zu leben. Die Maffe feines Wiffens
erſchien den Zeitgenofien jo wunderbar, daß die
en. ein Leben ausgeſchmückt hat. Sein Haunt:
wert ift die Zumma theologiae. Die völlige Ber:
air re rg bes Kirchenglaubens fucht er mit
ariftoteliicher Methode zu erweijen, wobei er auch
fein reiches phyfifalifches und mathematifches Wil:
fen zur Begründung de Dogmas anwendet.
Alberti, Johann, Leydener Profeſſor der Theo:
fogie feit 1740, + 1762; wegen feiner Berdienfte
um die philologiich-Fritifche Ge eje öfter alö der
holländifche Ernefti bezeichnet. Antritts-Diſſerta—
tion De theologiae et critices connubio. Fer:
ner: Obss. philol. in sacr. N. T. libros.
Albertini
Albertini, J. B. von, geb. 1769 zu Neuwied,
iſchof der Brüdergemeine, vorher Prediger und
or zu Riesky. + 1831.
Alberus, Erasmus, ein Anhänger Luthers.
felvollen Zeben führt er in mehreren
—— chlands die Reformation ein.
in heftiger Gegner des Interims und Verfaſſer
von „Der Barfüßer Mönd Eulenfpiegel und
Acoran“. Berfafjer des —— Nun freut
euch Gotteskinder all“. + ald Generalſuperinten⸗
dent zu Neubrandenburg 1568.
igenfer wurden bie im 13. Jahrh. in Süb-
frankreich weit auägebreiteten antipäpftlichen Sec:
ten (Ratharer, Waldenfer) genannt, als diefe fich
um den mächtigen Grafen Raymund VI. von Tou:
louſe organifirten. Der Bapft Innocenz III. gab
dem Legaten Beter von Caſtelnau Vollmacht, gegen
die Keger in jeder Weife einzufchreiten. Die Er:
mordung des Letzteren bot die Beranlaffung zu
einem Kreuzzuge, welchen Arnold, Abt von Eiteaur,
und Simon von Montfort ins Werk fegten. Ray:
mund von Touloufe unterwarf ſich ſchimpflich und
der Hauptangriff war nun gegen ben Bicomte Ray:
mund Roger von Bezierd, den Führer ber Albi-
gie, erichtet. Da ſich der Hauptlampf um die
e Besiers und Albi drehte, wurden die An:
gegriffenen Albigenfer genannt. Troß der Unter:
werfung wurde das Gebiet ded Grafen von Tou:
loufe von ber Synode zu Montpellier und vom
Bapfte Simon von Montrort zugetheilt. Der Kampf
müthete von 1209—29. Die Albigenfer wurden
fo fgitematifch auögerottet, daß der Name im fol:
Jahrhundert verſchwindet. Hahn, Gejgichte
Ketzer im Mittelalter, 1845.
Alto, Rabbi Zofeph, aus Spanien, + 1430.
Benedict III. veranftaltete ein Religionsgeſpräch
zwiſchen dem Proſelyten Hieronymus a Santa Fide
und & rten Rabbinen, unter benen Albo war.
Mit Rüdfiht auf diefen Congreß verfaßte er zur
Bertheidigung des Judenthums feine Schrift sepher
Ikarım, in ber er bie 13 Artikel des jüdiſchen
Glaubenäbelenntnifjed auf 3 rebucirt: Einheit
Gottes, Offenbarung, Vergeltung.
Albrecht von Apeldern, Domherr in Bremen,
Apoftel von Liefland. Er verlegte den Biſchofsſitz
nad Riaa und ftiftete zum —* der Miſſion den
den der Schwertbrüder (1202).
Albrecht, ſeit 1514 Kurfürft von Mainz, Sohn
des Kurfürjten von Brandenburg, Erzbiihof von
Magdeburg und Adminifttator von Halberftabt.
Da er, um feine Palliengelder zu bezahlen, den
Ablaß von Leo X. pachtete und Tetzel ausfendete,
ift er die mittelbare Beranlaffung der lutherifchen
Reformation. Albrecht bezeigte eine gewiſſe Liebe
u den Wiffenichaften und ftiftete die Univerfität
a.d.D. Er un nr als der Erfte, den
efuiten Aufnahme in Deutſchland; bemilligte aber
auch feinen proteftantiichen Unterthanen 1544 Frei:
beit gegen Bezahlung jeiner Schulden. + 1545.
Albrecht von Brandenburg, eriter Herzog in
en Als Hochmeifter von Preußen wünſchte er
der polnischen Lehnsherrſchaft zu entziehen; und
Hülfe in Deutfchland ſuchend, wurde er durch Dfi:
ander dem Evangelium gewonnen. Er befolgte
Luthers Rath, den Orden aufzuheben und Preu:
ben in ein weltliches Herzogthum zu verwandeln,
1525 nad dem Kralauer Frieden. Die Neforma:
tion wurte in Preußen eingeführt durch Georg v.
Polenz, Eperatus, Dfiander u. A. Albrecht trat
In einem w
19
d'Alembert
dem ſchmalkaldiſchen Bunde und dem Fürſtenbund
von 1550 als eifriges Mitglied bei. Der Verbefie:
rung be3 Kirchenweſens wandte er alle Sorgfalt
u. 1543 ftiftete er bie Univerfität zu Königsberg.
ie Zerwürfniſſe in der Landeskirche, welche fich
an bie Dfianderijhen Streitigfeiten anfchlofien,
fonnten weder durch die neue Kirchenorbnung 1558
noch durch bie titio corporis doctrinae Pru-
tenicae gänzlich bejeitigt werden, da fich politifche
Intereffen hineinmifchten. + 1568.
Albrehtölente. Name der „Evangelifchen Ge:
meinſchaft“ innerhalb des amerifanijhen Metho:
dismus, die getiftet ift durch einen eifrigen aber
ungebilbeten Laien Albrecht. Die Angſtbank fpielt
eine große Rolle, Belehrungen find nur anerkannt,
wenn fie an der Angftbant mit Geichrei, Stöhnen,
Augenverdrehen geſchehen. Die zehn Gebote gelten
nur für die Unbekehrten.
AlcantarasOrden. Geiftliher Nitterorden zu
Alcantara in Spanien feit dem 13. Jahrh., zur
Bertheidigung der unbefledten Empfängnik Maria.
Die Ritter durften fich jeit 1540 verheirathen. Der
Orden ift aufgehoben 1835.
Aleimus. ©. Altimus.
Aleuin, Borfteher der Domfchule zu York, folgte
ber Einladung Karls d. Gr., ihn bei der Grüns
dung von Unterridhtsanftalten im fränliſchen Reiche
zu unterjtüßen, wurde VBorfteher der schola pala-
tina und erhob als Abt von Tours dieſes Klofter
= einer berühmten Schule der Wiſſenſchaften.
a3 Vertrauen Karl gewährte ihm großen Eins
fluß, mit bem er fi am adiaphoriſtiſchen Streite,
wie an ben Mafregeln zur Hebung des geiftlichen
Standes betheiligte, durch den er aber auch die
angelſächſiſche Ehrerbietung vor Rom auf bie frän-
fiiche Geiftlichfeit übertrug. Seine zahlreichen
Schriften find meift Gompilationen, dem Bebürf:
— fränkiſchen Volkes angemeſſen bearbeitet.
Aldus, Herausgeber einer der erſten Ausgaben
des guys Neuen Teftamentd (Venedig 1518),
nad) ben Mufter der des Erasmus (1516); ver:
mittelt auch die Belanntichaft zwiſchen Erasmus
und dem jpäteren Carbinal Aleander.
Aleander, Cardinal, befannt ala päpftlicher
Nuntius auf dem Reichätage in Worms (1521)
ee fein heftige Auftreten gegen Luther, auch
bie Hauptveranlaffung des Todes ber beiden erften
evangeliihen Märtyrer Voes und van Ei in
Brüflel (1523).
Alegambe aus Brüffel, Jefuit, Berfaffer der
Bibliotheca scriptorum societatis Jesu, + 1652.
Alemannen. Germanijche Stämme, zerftören
die chriftlihen Anpflanzungen der Römer in
Schwaben und ber Schweiz im 3. Jahrh. Erft
nad) ber Schlacht bei Zülpich bahnt die Verbins
dung mit dem Frankenreich dem Chriftenthum
Ein eng: Schottiſche Miffionare befehren das Volk.
Auf: Fridolin (6. Jahrh.) folgte Eolumban und ©.
Gallus, Trutpert, Zandolin und PBirminius. Im
8. Jahrh. ift die Chriftianifirung vollendet. ©.
Hefele, Geſchichte der —— des Chriſten⸗
thums im ſüdweſtlichen Deutſchland. Tüb. 1837.
d'Alembert (+ 1783), mit Diderot der Haupt:
verfaffer der berühmten Encyflopädie, auf die 19
der franzöfifche Unglaube des 18. Jahrh. in erjter
Reihe zurückführt; jharffinniger Mathematiker,
aber flacher Philofoph, aud an dem Kampf gegen
ben Jefuitenorben in ich —
Alengon
Alencon. Hier fand 1657 eine reformirte
Eynode ftatt, auf welcher der Streit über bie
— noch friedlich beigelegt wurde.
rander der Große. Iſt gemeint Dan. 7,7 und
8, 21; 1. Maff. 1, 1; nad) Jojeph benahm er fich
gegen bie Juden fehr freundlich und gewährte ihnen
mande Erleichterung.
Alerander I, Bapft 109—119, fol unter Ha⸗
drian 119 den er erlitten haben; angeb-
liher Erfinder des Meihwaflers.
— II. 1061—73, ohne kaiferliche Genehmigung
efrönt, Eiferer gegen Simonie und Briefterehe,
* unter dem Einfluſſe Hildebrands. Forderte
einrich IV. zur Verantwortung nach Rom. Sein
Gegenpapſt Honorius II. wurde durch Hanno von
— Mantua 1067 abgeſetzt.
I. 1169 81. Kräftiger Vertreter der päpſt⸗
lichen Anſprüche gegen Friedrich Barbaroſſa, gegen
den er ſich mit den Lombarden verbündete. Nach
der er bei Legnano gab Friedrich ben Gegen:
papſt Victor IV. auf. a erlangte Aleranber
nad) Bedet3 Ermordung (j. Bedet), daß Hein:
ri III. von England alle drei iten ber Kirche
zugeftand. Alerander berief die dritte Zateraniy:
node, die ben Garbinälen das —— Recht der
apſtwahl gab, die Freiheit der Geiftlichen von
gaben und weltlichen Gerichten becretirte, auch
die Mafregeln der Inquifition gegen die Ketzer in
Südfrankreich beſchloß. Reuter, Geſchichte A. III.
— IV. 1254—1261, führte fortvauernbe un:
glüdliche Kämpfe mit den Hohenftaufen und mußte
aus Rom fliehen.
— V. 1409—20. Bom Concil zu Pifa nad) der
Abfegung Gregor XI. und Benedict XIII. auf
den päpjtlichen Stuhl erhoben, Löfte er baldmög—
lihft das unbequeme Concil auf. Er wurde von
dem Cardinal Eofja (Johann XXIL.) vergiftet.
— VI. (Borgia) 1492—1503, berühmt durch
unübertroffene Lafterhaftigkeit. Er hatte fich zur
Hauptaufgabe ſeines Berufes die —— einer
5 Kinder von der Roſa Vanozza geſetzt, wobei er
weder — noch Gewalt Moe Mit feiner
Tochter Lucrezia foll er Blutfchande getrieben ha⸗
ben. Gegen italienische Fürften und Adelige fcheute
er nicht Gift, nit Schwert. Mit den Türken ſchloß
er ein Bündniß gegen Frankreich. Unter ihm wurde
Savonarola verbrannt, die Büchercenſur einge:
führt. Er ftarb an Gift, das er für einen Garbi:
nal beſtimmt hatte.
. 1655—67. Hänbel mit * XIV.
elen zu bed Papſtes Demüthigung aus. Während
einer Regierung trat Chriftine von Schweden
zum Ratholiciömus über. In den janfeniftijchen
Streitigleiten ließ er den Sat verfechten, baf der
Bapft in —— unfehlbar ſei.
— VIII 1689—91. Beendigt glücklich den
Streit über das — Verdammie bie 4 Säge
ber gallicanifhen Kirchenfreiheiten, aber auch die
Zehre ber Jejuiten von ber philoſophiſchen Sünde,
melde, ohne Gedanken an Gott und das Geſetz
begangen, den Berluft ber Gnade nicht nach ſich
jiehen follte.
Alerander, ——— von Alexandrien ſeit 812.
Als Heiliger gefeiert am 26. Februar. Gegner des
unter ihm ah Ast Artus.
Alerander Balad, angeblicher Sohn des Antio-
us Epiphaned. Gemann mit Hülfe u. A. des
affabäers Jonathan, dem er die hohepriefterliche
Würde ertheilte, feines Baterö Neid) von Deme:
—
20
Alexandriniſche Bibelüberſetzung
trius Soter wieder. 1. Malk. 10, 48. Als aber
be3 Demetrius Sohn den Kampf erneuerte, mußte
er troß eines neuen Sieges des Jonathan (1. Mat.
10,69 ff.) fliehen, da aud) fein Schwiegervater Ptole⸗
mäus Philometor fich gegen ihn wandte, und wurde
FH 17 dt ermordet, 146 v. Chr. (1. Mall.
Alexander, Patriarch von Conjtantinopel. Ent:
——* Gegner des Arius, Vertheidiger des
nicäniſchen Belenntnifjes.
Alexauder von Hales, doctor irrefragabilis
( 1245), Mitglied des Franciscanerordens, lehrte
an ber Univerfität zu Paris, ſchrieb die Summa
theologiae universae, einen Kommentar zu ben
Sentenzen bed Lombarden, * durch
feine dialeltiſche Methode, nach der jeder Sat
nad Bejahung und Verneinung und unter Anzie⸗
hung aller möglichen Autoritäten beſprochen wurde,
und welche der ſpätern Scholaſtik zum Muſter
diente. ——
Alexauder von Hierapolis. Stand auf dem
Concil zu Epheſus (431) auf Seiten des Neſtorius;
appellirte an den Bapft Sirtus IL. und wurde
vom Kaijer ins Eril & didt.
Alerander NRatalis (Nosl), Dominicaner,
+1724, neben Tillemont ber bedeutendfte der gro:
Ben katholiſchen Kirhenbiftorifer aus der Blüthe:
zeit der franzöſiſchen Theologie vor der Unter:
drüdung des Galvinismus und Janfjenismus,
Seine 24bändige, 1677—1686 erfchienene Kirchen⸗
geſchichte Hat trog ihrer eifrigen Vertheidigung des
Katholicismus gegen die Reformirten (Blondel
und Dalläus) und ihrer Die Baronius’jchen Annas
len noch überbietenden riefenhaften Gelehrjamteit
30 Jahre lang auf dem Inder geitanden unb wurde
erft Durch einen Dominicaner: Bapft freigegeben.
Auch feine 10bändige Theologia dogmatica et
moralis (Paris 1693), die fih eng au bie Be:
ftimmungen der Tridentiner Synode anſchloß,
nimmt unter ben damaligen Werten einen hohen
ein.
Ran
ander Newsli, ber Heilige, Er von
a rad 1218—1263. Hat ſich ſowohl
um Rußland die größten Verbienfte erworben, als
auh dur die Ausbreitung des Chriſtenthums
unter den Mongolen. Den Lodungen des Bapjtes,
ihn zur römischen Kirche durch Ausficht auf Unter:
ung des Abendlandes berüberzuführen, wider:
tand er beharrlid).
Alerander von Parma, Farneſe, 1592. Spas
niſcher Statthalter in den Niederlanden. Gemann
dur ben Vertrag von Arras bie ſüdlichen Pro⸗
vinzen für Spanien und den Katholicismus zurück
und ließ den Nichtlatholifen die Wahl zwiſchen
Auswanderung und Converfion.
Aleyander 8, römischer Kaifer, 222-235.
Seine Mutter Julia Mammäa verehrte den Dri-
genes. Gewährte den Ehriften Nachſicht und Ber
ünftigung, da er, obwohl Heide, bie chriftliche
ittenlehre hochachtete.
Alerandrien, ©. Aegypten.
Alerandriniie Bibelüberfegung, auch Sep:
tuaginta genannt, iſt die ältefte und wichtigjte grie⸗
chiſche Ueberjegung bes Alten Tejtaments. Nach
der Sage, weldhe in einem unechten Briefe des
Arifteas, eines Dfficierö des Königs Ptolemäus
iladelphus von Aegypten, berichtet iſt, joll ber
Bibliothefar des Legtern, Demetrius Phalereus,
ben König veranlaßt haben, fich eine Ueberjegung
Alerandrinifcher Dialekt
des Bentateuch® zu verſchaffen. Diefer habe hier:
auf 72 jüdijche Gelehrte (aus jedem Stamme 6,
daher uaginta LXX) fommen laflen, welche
in 72 Tagen das Werk vollendeten, und zwar, wie
jpäter erzählt wird, jeder getrennt, in einzelnen
Bellen, und doch wieder alle bis auf das Wort
übereinftimmend. Die jpätere Tradition dehnt das
Verl über das ganze Alte Teftament aus. Die
wirflihe Entftehung kann jedoch nur eine allmäh:
e jein, von hiedenen Ueberfegern, zu ver:
ſchiedenen Zeiten. Wahrfcheinlich ift, daß die Arbeit
unter Ptolemäus Philadelphus (285—247) begon:
nen worden und zur Zeit, alö die Heberjegung des
Budes Jeſus Sirach entftand (gegen 131), in deſſen
Borrede fie erwähnt ift, beendigt war. Auf Aegyp-
ten, ald Drt des Urſprungs, deutet Ausdrucksweiſe,
iſche Anſchauung, die geſchichtlichen Ber:
ee mw. Die a daniaee
nverftändlich,
eremia) mit vielen
iſcher Dialelt. S. Helleniftifch.
Alerandriniſche Haudſchrift. S. Bibelh
Aleraudriniſche Juden. Durch die Begünſti⸗
ungen, welche Alexander d. Gr. und feine Nad:
olger den Juden zu Theil werben ließen, mehrte
fh ihre Zahl in Aegypten erftaunlih. Sie ftan-
den unter einem eigenen Ethnarchen und bilbeten
ein Viertel der Bevölkerung zu Alerandrien. Sie
batten Religionsfreiheit; ja Btolemäus Philometor
erlaubte ihnen fogar den Bau eines Tempels bei
Seontopolis, in dem mit Prieftern und Leviten ein
vollitändiger Tempeldienſt eingerichtet wurde, fo
daß die Aleranbriner, von Jerufalem unabhängig,
nur im freundfchaftlichen Verhältniß zu der dorti⸗
gen Hierarchie ftanden. Dadurch gewann bas
derandrinifche Judenthum eine ganz hervorra=
—— eſchichtliche Bedeutung. Alexandrien
i den Mittelpunkt eines weit verbreiteten
griechiſch redenden Judenthums, welches mit Ele⸗
menten helleniſcher Bildung zerſetzt war, und mel:
Ge3 daher den MEERE der alten Welt zum Chri-
ftentfum vermittelte. Mit dem Auftreten des Ar
tern und durch ſchwere Verfolgungen unter Cali:
zula, Rero, Vespaſian, verlor das alexandriniſche
dJudenthum allmählich feine Bedeutung.
Alerandriniſche Katechetenſchule. Aus einer
uriprüngfich nur für die Unterweifung übertreten:
iden bejtimmten firchlichen Lehranſtalt ent:
Ba Banane ua de ehen Gadhfhule, Die
i e. Die
kebeutenbften Behver Verteiben .
antänus
21
Alexandriniſche Theologie
(7 202), Elemens von Alerandrien (+ 220), befon:
ders aber Drigenes (+ n i i
von Alexandrien (4 265), fpä
Dibymus (+ 395) und viele Andere. Der Einfluß
der Schule auf die Entwidelung bed driftlichen
Dogmas war ein ſehr bedeutender.
lexandriniſche Religionsphilofophie. In Ale:
gandria entwidelte fi unter den Ptolemäern eine
reihe Blüthe geiftigen Lebens, in welches die zahl:
reihen Juden daſelbſt ebenfalls Hineingezogen wur:
den. Dadurch Famen zwei fich völlig fremde Ideen⸗
freife, der jüdifche und der griechifche, in eine felt-
fameBerührung,unddie Folge war eine Vermiſchung
beider zu einem eigenthlimlichen neuen Gedanken⸗
igiteme, weldes man alexandriniſch⸗judiſche Neli-
gionsphilofophie benennt. Als Gründer berfelben
iſt Ariftobulus (um 175), ala der orragendfte
ertreter —* "1 gegen 60 n. Ehr.) zu nennen.
Das Charakteriftiiche diefer Philoſophie befteht
darin, dab griechiſche Ideen, bejonders ber plato:
niſchen Philoſophie, in die ———— Offen⸗
barung hineinverſetzt werden. Die Erzeugniſſe des
griechiſchen Denkens erſcheinen derſelben nicht ori⸗
ginal, ſondern als eine auf dunkeln Wegen den Grie⸗
hen aus der moſaiſchen Religion zugeſloſſene Weis⸗
heit. Um das Alte Teſtament mit der griechischen Phi⸗
lojophie in Einflang zu bringen, wurde die alles
—— ————— eingeführt, welche mit
Leichtigkeit oft das Gegentheil von dem aus der
Bibel herausbrachte, was darin ftand. Als Ge:
heimlehre, dem Bolfe verborgen, ift jener tiefe
Sinn Dffenbarung überliefert worden. Die
—— ſind folgende: Gott wird in abſtracte⸗
ter Weiſe als das reine, teuer verbor:
ene Sein, wenn auch als perſönliche urjprüngliche
hätigkeit, aufgefaßt, als der unverföhnbare Ge-
genjag gegen alles Endliche. Um daher eine Be:
ziehung herzuftellen zwiſchen Gott und der Welt,
and» | werden zwiſchen beide Mittelwejen eingejchoben, in
denen fich die hebräiſche —— von den En⸗
gein mit der platonifchen von ben Jbeen vereinigt.
ieſe ſchafft Gott als geiftige, ſchaffende Weſen,
welche die —— Goͤttes in der Welt vermit⸗
teln. Als das hoͤchſte dieſer Mittelweſen wird der
Logos (Vernunft, Wort), die im Chriſtenthum ſo
berühmt gewordene Idee, gedacht. Die Welt und
der Zeib, ald das gerade Gegentheil Gottes, find
für den Menſchengeiſt ein Kerter, deſſen Ucbermwin:
bung das höchſte ftttliche Ziel bildet, d.h. die Unter:
drüdung der Sinnlichkeit, deren großartigfte Er:
cheinung bie Efitaje iſt. Diefe religionsphilofo:
gpilgen Ideen fanden eine nachhaltige und weite
erbreitung. Unter den Apokryphen des Alten
Teitamentes gehört die „Weisheit Salomo’s” in
dieſe Richtung. Bereinzelt finden ſich aud) Ideen
der Art in den johanneiihen und paulinifchen
Schriften. Bol. Dähne, Geſchichtliche Darftellung
der ba ar rag che Religionsphilofophie.
Alerandrinifche Theologie. (S. den Art. AL.
Katechetenichule.) Die alerandrinifche Schule bil:
bete durch die Bedeutung ihrer Lehrer bald eine
beftimmte theologifhe Richtung aus. Beſonders
Drigenes hat ber Schule eine aufs Trandcendente
erichtete, ibealiftiiche ſpeculative Richtung, die ur:
prünglich der gnoftiichen nicht fremd war, aufge:
prägt. (5. Drigene3.) Eine Vernachläſſigung des
Wörtlichen, —— fine war bie *
liche Folge; allegoriſche Schriftauslegung und kühne
——— Aber das Heberfinnliche charalteri⸗
—
Alerianer
firten die Schule. Ihr Charakter trat erft fcharf
ervor im Gegenfag zur antiocheniſchen Schule.
brend jene Vertreterin der allegoriſchen Schrift:
auslegung, Schöpferin der Lehre von der Wejens:
gleichheit Chriſti mit dem Vater, von der Trinität
war, juchte die antiocheniſche Schule möglichft klare,
nüchterne Begriffe, mit einer entjchiedenen Ric:
tung zum Realen, Menſchlichen, Natürlihen. Sie
vertrat die hiſtoriſche Schriftauslegung in ber Lehre
von Ehriftus, vergaß nie den Begriff des Menſch⸗
lien und kam daher nie zu der Vermiſchung
beiden Naturen, wie bie Kirchenlehre. Die Haupt:
vertreter der jpätern alerandrinifhen Schule find:
Athanafius, —— Gregor von Nazianz, Gre⸗
or von Nyſſa, Didymus der Blinde; in einſeitiger
cheinung: Cyrill. Zur antiocheniſchen Schule
ählen: Diodor von Tarſus, Theodor von Mop:
ei, Johannes Chryfoftomus, Theodoret. Die
eiden Schulen traten in den arianiſchen Streitig:
feiten in heftigen Gegenfag.
Alerianer (Lollyarden, Eelliten). Eine Laien:
brüderſchaft zur Krankenpflege und Todtenbeftat:
tung, welche in der Zeit der Peſt um 1300 in
Antwerpen fi bildete und den heiligen Alexius
—— Schutzheiligen hat. Oft verwechſelt mit
sg
erins I. Gomnenus, 1081—1118, Kaifer zu
Byzanz, hatte viel mit den Türfen zu lämpfen,
bie er 1115 und 17 befiegte, nicht minder mit ben
Kreugfahrern, die er übrigens ng Se ungen Er
em die Baulicianer 1115 zu bekehren und ver⸗
F treulos und grauſam die Bogumilen.
lexius der Heilige, Sohn eines römischen Se:
nators im 5. Jahrh., jchied aus ber Ehe und wählte
das Cölibat und Eremitenleben. Später lehrte er ald
Bettler unerfannt von den Seinigen zurüd. Auf
bem aventinifchen Berge zu Rom liegt feine Kirche.
Alfons Toftatus, + 1455. Biſchof von Aquila,
»qui scibile discutit omne,« ſchrieb 24 Folianten
biblifher Gommentare.
Alfons 1., König von Portugal, 1139—1185.
Nahm das Königreih vom Papft zu Lehen und
erlannte fo deſſen weltliche Oberherrlichkeit an.
Alfred der Große, 871—%01, König von Eng:
land, ſuchte durch gelehrte Männer, die er an feinen
Hof zog, das geiftige Leben jeines Volkes neu zu
beleben. Er jelbft überjegte und bearbeitete mehrere
philofophifche undtheologifche Werke, z. B. Boethius,
vom Trofte der Philofophie ; des Oroſius Geſchichts⸗
buch; Gregor I. Liber ——
Alger von Lüttich, Kanonikus, trat ſpäter ins
Kloſter Clugny; ein kir —— Schriftſteller des 12.
Jahrh., der mit umfaſſender —— über
das Abendmahl gegen Berengar und viele kirchen⸗
vechtlihe Schriften jchrieb. Bon Bedeutung: Trac-
tatus de misericordia et justitia. De sacra-
mentis corporis et sanguinis Domini. Bgl.
Hüffer, A. v. Lüttich (Beiträge sc. Münfter).
Algier. Als Seeljorger für die Chriftenjclaven
functionirten in Algier ſtets franzöſiſche Priefter.
ur Leitung ber Mifjion hatte die Propaganda dort
einen apoftolifchen Vicar. Sept ift Algier zum Bis:
thum erhoben unter dem Erzbistum Air. Die
22
&: | liche H
Aller-Seelen
Eigenjgeft der Engel, vermöge deren biefe zwar
nicht wie Bott überall find, aber auch nicht wie die
Menſchen einen beftimmten Raum einnehmen, ver:
möge deſſen fie alſo an einem beftimmten Orte find,
aber bajelbjt feinen Raum brauden. Sie fünnen
fofort fein wo fie wollen, ohne irgend welche räumt:
inbernifje.
Alima. Eine Stabt in Gilead. 1. Malk. 5, 26.
Altimus (Eljagim), ein den Syrern ergebener
jübifcher Priefter, wurde von Demetrius Soter
zum Hohepri ernannt (1. Malk. 7) gegen Zus
das Maktabäus und fuchte durch den Verrath des
Batchides und fpäter Durch bie Hülfe des Feldherrn
Nikanor fi zu behaupten, mußte aber nad des
Zehtern Niederlage fliehen. 2. Malk. 14, 3 ff.
Ada Dah) der Anbetungswürdige. Der
ab (al ilah), würbige.
arabiſche Name Gottes.
Allatius, Leo (geb. 1586, geft. 1669), der be⸗
rühmtefte unter allen latinifirenden Griechen,
welcher ald Profefjor und Bibliothetar in Rom
(im welcher Stellung er u. A. die berühmte Heidel«
berger Bibliothef in Empfang nahm) ſowohl
durch fein Hauptwert De ecclesiae occidentalis
atque orientalis perpetua consensione (1646 ıc.),
als in vielen kleineren Schriften die Vereinigung
der griechiſchen und römiſchen Kirche, d. h. die
Unterordnung jener unter dieſe anflrebte. — Bal.
außer ben älteren Biographien in Jöchers Ge—
lehrtenlegifon u. f. m. und der neueren Charaf-
teriftif bei Bichler, beſonders Schroekh, Kirchen⸗
sehen 45 = ——— 9,2 —
oriſche außlegung. S. Auslegung.
Ale nfeligmagend nennt fih die katholiſche
Kirche nad dem Sage: Der kann Gott nit zum
Bater haben, der die Kirche nicht zur Mutter hat.
d'Allemand. Der energiiche Cardinal, der trog
der Auflöjung des Bajeler Concils 1433 durch den
Bapit, dafjelbe doch noch fortführte und präfidirte.
Allen (Alan, Allyn). Ein eifriger Beförberer der
Gegenreformation unter Maria, verließ er mit
Giifabethe Thronbefteigung fein Vaterland, wid⸗
mete jein Leben bem einzigen Zwed, England wies
ber fatholijch zu machen, gründete ein Collegium
für englifche Priefter, ließ iq ſelbſt mit den Fein⸗
ben feines Baterlandes rar II. von Spanien
in Berbindung ein. Er behauptete den Sag, da
im Fall ber Ketzerei der Souverän die Herrſchaft
über fein Bolt und Reich verliere. Wurde 1687
Cardinal.
Allerchriſtlichſter * Ehrentitel der Könige
Frankreichs ſeit Ludwig AL
Allerglãubigſter König, rex fidelissimus, auch
allergetreuejter überfegt. Chrentitel der Könige von
Portugal, durch Benedict XIV. beigelegt.
Aller-Heiligen. Neben den Gedädhtnistagen eins
zelner Märtyrer feierte ſchon im 4. Jahrh. bie
orientalifche Kirche ein allgemeines Feſt aller Hei:
ligen und Märtyrer. (Bon Chryfoftomus eine
erg auf diejen .) In der abendländifchen
irche führte es Bonifacius IV. ein; allgemein
wurde es im 9. Jahrh. Die Drientalen feiern es
am —— nach Pfingſten, die Occidentalen am
. Rovember.
evangelifhe Kirche hat durch die Thätigkeit des 1. N
Pfarrerd Dürr und unter VBeihülfe des Guſtav⸗
Adolph: Vereins bereitö eine Anzahl Gemeinden
begründet
Alicubitas = die Gigenfchaft des Irgendwo:
feins, nad der Lehre der alten Dogmatiler eine | Elugny
Allerbeiligfled. S. Tempel.
Aller: Seelen. Am Tage nad) Aller:Heiligen zum
Gedächtniß aller Verſtorbenen in der katholiſchen
Kirche gefeiert; zuerſt eingeführt durch Odilo von
998, bald allgemein, mit feierlihem Tod⸗
ur
Algegenwart
tenamt unb ber Sequenz Dies irae. In der evan-
ei en Kirche theilwei
Allgegenwart. S. Eigenſchaften Gottes. — All⸗
gegenwart Ehrifti. ©. Ubiquität.
Allgenugjamfeit. ©. Eigenidaften Gottes.
Allıanz, evangeliihe. Um ben Uebergriffen
des Bujeyismus und des Papismus eine dem We:
fen der evangelifchen Kirche entiprechende Einheit
entgegenfegen zu fönnen, wurde die Allianz ober
der evangelifhe Bund 1845 von Schottland aus
iftet und zu Liverpool am 10. Auguft d.%. con:
ituirt, als eine freie Bereinigung von Ynbivi:
aller evangeliſchen Genoſſenſchaften. Als
Grundlage ber Vereinigung wurden 9 Säge auf:
geitellt, zu deren Belenntniß Jeden ber Zutritt
= Allianz verpflichtete: 1) Die Infpiration und
utorität der Bibel. 2) Das freie Forſchungsrecht
ber Ehriften. 3) Dreieinigfeit.4) Die Verderbniß der
menſchlichen Natur. 5) Die Menjchwerbung bes
Sohnes Gottes und fein Erlöſungswerk. 6) Recht:
fertigung allein durch den Glauben. 7) Das Wert
bes heiligen Geijtes bei ber Belehrung bes Men:
8) Unfterblichleit der Seele und Yufer-
ung zum icht. 9) Göttliche Einfegung des
digtamtes und der Sacramente. Die erfte Ge:
neralverfjammlung fand ftatt zu London 1846. Eine
—* ber Thätigfeit des Bundes iſt u. A. die Be⸗
iung des Madiaiſchen Ehepaares in Florenz.
Den Höohepunklt erreichte die Allianz auf der Ber:
ſammlung zu Berlin 1857 ; allein ſchon dort machte
ſich eine engere Auslegung der Grundfäße geltend
aeg und Bunfen), und ala in Genf ber
influß des englifch methobiftifchen Geiftes über:
wiegend wurbe, zogen fich bie einer freien Theo:
logie Hulbigenden noch mehr zurüd, jo daß bie
Alan in —— Er ftatt eine Bereinigung
aller lebendigen Ehrijten nur eine Verbindung ber
Drthodoren in ben verſchiedenen evangelijchen De:
nominationen zu werben. Val. bie Protofolle der
Verhandlungen zu Liverpool, London, Berlin,
Genf und Amſterdam.
Allioli. Verfaſſer der einzigen vom Papfte ges
billigten und zum Gebraud) freigegebenen deutſchen
Bibelüberfegung (in 6 Bänden 1830—32). Seiner
Arbeit zu Grunde liegt bie ee ber Bul:
er von Braun, Augsburg 1788 ff., und beren
befferung durch Feder, Nürnberg 1803.
Alliy, Peter, geb. 1641, + 1717. Ein gelehrter
Bolemiter der franzöſiſchen reformirten Kirche.
Almadt. S. Eigenſchaften Gottes.
Alloentionen find Anſprachen des Papftes an
die Gardinäle, fie werden duch Anſchlag an bie
Porten der Peterskirche veröffentlicht.
Allõoſis, ein griechiſches Wort = Umärtderung,
im Streite zwiſchen Luther und Zmwingli eine
deutung gewonnen. Der Lehre Luthers von ber
communicatio idiomatum, d. h. der Lehre gegen:
über, daß die beiden Naturen in Chriftus, die gött-
und menfhlide, einander ihre Eigenschaften
mitgetheilt — ſo daß alſo auch die menſchliche
Ratur Chriſti göttliche Eigenſchaften hatte, hielt
ingli, wenn man von der menſchlichen Natur
hriſti göttliche Eigenſchaften ausſagte, dies für
eine bloße Redefigur, eine gear ir Sprach⸗
gebrauch, welche er Alldoſis nannte. Luther pole⸗
miſirte heftig gegen dieſe Anſicht.
Almeisheit. S. Eigenſchaflen Gottes.
Allwiſſenheit. S. Eigenihaften Gottes.
23
e noch als Gedächtnißtag—“ Almon. Stabt im Stamme
ebenen, als jogenanntes Todtenfeft. 21,1
Altar
Almodad. 1.Moj. 10,26. Arabiſche Völterfchaft.
enjamin. Jof.
8.
Almon Diblathaim. Station der Iſraeliten
zwiſchen Dibon » Gab und dem Berge Attarus.
4. Moſ. 33, 46.
Almofenier. In ber franzöfiihen Hofgeiftlich-
feit urjprünglich diejenigen, welche das Tönigliche
Almojen vertheilten. Das Amt erweiterte fich. Der
Großalmojenier (Joh. de Bely 15. Jahrh.) hatte die
Aufjiht Über den gefammten Hofllerus und alle
öffentlihen Wohlthätigkeitsanftalten, und machte
die Vorſchläge zur Belegung der Bisthümer und
Beneficien. Die Revolution bob das Amt auf.
Almofenprediger. Bezeihnung ber Ablaßpre⸗
biger oder Quäjtoren. Das Tridentinum bob
fie auf.
Aloe, vgl. 4. Mof. 24,6; Hobel. 4, 14, das
geihä tefte Räucherwerk bei den Drientalen, ift
as onenartig riehende Holz eines Baumes,
ber in früherer Zeit auch in Baläftina wuchs,
jeft nicht u |
Aloger. Eine noch dunkle von Epiphanius an:
eführte Secte bes 2. Yahrh., die das Evangelium
ohannis * ſeiner Logoslehre verwarf, und
ebenſo den Chiliasmus und die Fortdauer der
Gnadengaben.
Aloyſius von Gonzaga. Ein Jeſuit (4 1591),
der wegen ſeiner aufopfernden Barmherzigleit ge⸗
gen Kranke iu geſprochen ift (21. Juni).
bon Alpen. Einer der Borlämpfer der Union
vor der wirklichen Einführung berfelben, durch
feinen „Batriotifhen Aufruf“ ıc. Frankfurt 1801.
Alphaus, por, wahrſcheinlich derſelbe Name,
wie Klopas ober Kleophas. — 1) Vater bes jlinge:
ren Jakobus, Matth. 10, 8 und des Joſes, Mare.
15, 40, Mann der Maria, welche nad) unrichtiger
Auslegung von Joh. 19, 25 für die Schweſter
Maria’s, der Mutter Jefu, gehalten worden iſt. —
2) Bater des Levi, Marc. 2, 14.
Alraunflaude, 1. Mof.30, 14 (Dubaim), atropa
mandragora. Aus ihren Früchten, den Liebes:
üpfeln, bereitete man Liebestränfe.
Alfled, 3. H., + 1588. Reformirter Theolog,
Verfaſſer einer allgemeinen Encyklopädia, Pro:
fefior u Herborn und zu Weißenburg (Siebenbür:
gen), Mitglied der Dorbrechter Synode.
Alter. yayy- Drt des Schlachtens. Die Opfer:
ftätte wurde in den älteften Zeiten aus Erbe ober
Steinen erbaut. Gefeglich war bei den Hebräern
nur der Altar ber Stiftähütte (f. d. Art.), aber e3
werben auch fonft mehrfach Altäre erwähnt, “|
denen yahoe geopfert wurde, 5. Mof. 27,5; Joſ.
8,30; Richt. 6,24; 1. Sam.7,17; 14,35; 2. Sam.
24,18 f.; 1. Kön. 18, 80. Der Altar war zugleich
Aſyl (2. Mof. 21,14). ©. d. Art. Branbopfer:
altar, Räuderaltar.
In der chriſtlichen Kirche verwandelt fidh ber
Abendmahlstiſch durch die Opferidee des Abend»
mahls allmählich in den Altar, der zum Gebraud)
beſonders eingemeiht fein muß. Der Altar, von
Holz oder Stein, muß erbaut fein über dem
Grabe eines Märtyrerd ober en Reliquien.
(In der griechifchen Kirche f. Antimenfium.) Er
and gegen Dften gewendet. Der Haupt, Hoch⸗
vei-Altar, bem Heiligen der Kirche gemeibt, fteht
in der Chornifche um mehrere Stufen erhöht; die
Neben, Seiten, Meß⸗, Botiv:Altäre an ben Wän⸗
Altenburger Religionsgeſpräch 24 Altranftäbter Convention
Dialonat 22, der Priefterweihe 24, Biſchofsweihe
30 Jahre; bie evangelijche Kirche (nicht allgemein)
ür die Ordination 35 —— und
inden fönnen mit dem 14. Jahre erteilt wer:
ben. Für Ordensgelübde ift der Termin durd die
Staatögejeggebung mindeſtens auf die Boljährig-
keit gerüdt. Confeſſionswechſel fordert das 14.
Jahr als annus discretionis d. h. als bas Jahr,
in weldem die Fähigkeit, den Unterſchied zu beur-
theilen, eintritt. Die Confirmation bedingt in ber
nam Kirche allgemein das 14. Jahr, wä
rend
ulä
den und Pfeileen; ber Laienaltar zwifchen Chor
und Schiff in ben Kirchen, mo den Laien durch den
Zettner (f. d. Art.) der Anblid des Hochaltars ent:
en iſt. Als muck des Altars dienen die
—Se— das Tabernalel und kojtbare Decken
(retabulum). — Zu den Altargeräthen rechnet man
bie Dur, d. 5. das Gefäß zur Aufbewahrung der
ftie, Kelch und Patena, das Kreuz, La: und
chter. Für die Feier der Mefje wurden foigenbe
Altartücher vorgeichrieben: die Unterdecke tobale,
ro xara gapxe, das corporale b. h. die Bebedung
ber Hoftie, palla d. 5. Die Bededung des Kelches.
In der griechiſchen Kirche iſt das eiborium, ber
Altarbaldadin, beibehalten, zwifchen deifen Säulen
verjhiebbare Vorhänge aufgehängt find; in ber
römiſchen Kirche wurden fie nah Schluß der Ka:
tehumenen:Mefje fortgezogen.
wäh:
— Firmung ſchon mit 7 Jahren
zulälitg
Alter Styl. Die Zeitrechnung nad) dem alten
julianifchen Kalender; es hinter der Gregoriani⸗
ſchen um 12 Tage zurü
ia aaa bildet ein Ehehinberniß, von
it der Reformation wurden auch in ber luthe: | dem jedody Dispens möglich ift.
riihen Kirche alle Nebenaltäre eichafft, die] Wlthamer, Andreas, von feinem Geburtdorte
reformirte Kirche hat nur einen Abendmahlstifch. | Brentiud genannt. + 1564. Als Dekan zu Ans:
Auch die [utherifche Kirche feierte am Altar nur | bach reformirte er dort das Kirchenweſen, jomie
die Communion, während nad) den Theorien ber | jpäter als Generalfuperintenvent zu Jägerndorf
neueren Liturgif der Altar der Ort des Gebets | inden jchlefiichen Fürftenthümern, Er nahm Antheil
und ber Gesraipenbung ift. Die damit in Berbin: | an den Schwabager Artikeln und dem Religions»
bung ftehende Forderung, der Altar müffe in der | gejpräd zu Bern. Berjaffer eines Katechismus.
Chorniſche ftehen und bürfe —— nicht hinter) Alting, 3. Heinr., geb. 1618, reformirter
und über ſich Haben (Regulativ der Eifenacher Eon: | Theolog, Pro all zu Heidelberg und Gröningen.
ferenz), findet ihren Widerſpruch (Bunfen) und ift | Bon feinen Schriften ift am befanntejien bie Bears
ganz gewiß.reformirten Anſchauungen fremd. beitung bed Heidelberger Katehismus. Sein Sohn
Altenburger Religionsgeipräd, 1568, nad) hef⸗ Jakob war Drientalift und Nachfolger des Goma⸗
tigen Streitigteiten zwiſchen den flacianiſch gefinn: | rus in Gröningen, geftorben 1679; feine Werte
ten herzoglid) fächfilgen Theologen und ben Me: | wurden bis 1687 in 4 Folianten durch jeinen
lanchthonianiſchen furfürftlihen, durd die beider: | Schüler B. Beder (f. d. Art.) Herausgegeben.
feitigen Fürften Kurfürft Auguſt und Herzog Jo:
bann Wilhelm veranlaßt. Der Hauptvertreter der
— Partei war Paul Eber, der der andern
igand.
Altenſtein (Karl Freiherr vom Stein zu) über
nahm, nachdem er [don mehrere bo Aemter ber
Eivilverwaltung verfehen hatte, 1817 das Minifte-
rium ber geiftlichen ag und erwarb
fid) namentlich um Univerfitäten, Gymnafien und
Bollsunterricht omg *8* n ber
tung der evangelifchen Kirche er fich zwar o
an. sense dem Willen Frdr. Wilhelm’s IIL,
ſuchte dann aber durch Zögern und Ausweichen bie
Härten zu mildern und die gegenüberftehenden An:
fichten zu vermitteln, fo in der Agendenſache, und
mit weniger Erfolg in den Kölner Wirren. Die
Freiheit der theologifchen Forſchung fand bei ihm
ſiets einen Schuß gegen die zornigen Angriffe einer
neu erwachenden Orthobogie.
Alter. Für gewiſſe Handlungen und Stänbe
Altkirglihe Dogmatik bezeichnet diejenige Pe⸗
riode in ber Geſchichte Hauptfächlich der Iutherifche
Dogmatik, in welcher dieſe lediglich eine wiſſen⸗
—8 Ausführung der Bekenntnißlehren dar⸗
ſtellte. Sie dauerte, der wifjenfchaftlihen Form
nad) eine zweite Scholaftit, nad Aufftelung der
reformatoriſchen Belenntniffe faft zwei —5 —
derte lang. In der lutheriſchen Kirche find Ehen:
nitz, Gerard, Hutten, Galov, Duenftedt, Hollaz,
Buddeus die hervorragendften altkirchlichen Dog:
matifer. Die reformirte hatte eine ähnliche Theo:
logie nicht aufzumeifen; einzelnen Erjcheinungen,
mie Alfted, Gisbert Bostius, gegenüber hatte
Dogmatik immer eine der Scholaftil mehr abhoide
Richtung. Seit der Mitte des 18. Jahrh. nimmt
die altfirchliche Dogmatif durch den Einfluß der
Abiofophie und Kritik (Leſſing, Semler) ein Ende.
Geſchichte der Dogmattif.
Altmann, 1065, —* von Paſſau. Von Hein⸗
rich IV. wegen gewaltſamer Einführung des Cöli—
batgeſetzes —2 wurde er päpftlicher Legat.
ingen, 3.®. Altorf ober Altdorf. Kleine nürnbergiſche Uni⸗
wechſei. Das lanoniſche Recht enthält daher über | verfität, an der noch Semler Brofeffor mar, gleich.
zeitig mit Helmftädt und Rinteln; gegen Ende
die aber in ben Fällen, wo das Staatsinterefje |ded 18. Jahrh. aufgehoben; bejonders befannt
durch die bort von Ernſt Soner (Profeſſor der
»| Raturwiffenigaft), fowie feinen Freunden und
Schülern vertretenen ſocinianiſchen Grundfäge.
Die Sade wurde, nachdem fie lange verborgen
geblieben war, 1615 entdedt und gewaltſam
unterdbrüdt.
Altranflädter Gonvention, von Karl XII. von
Schweden dem Kaiſer abgenöthigt, 1707 ; ſollte den
Evangelifhen in Schleſien das durch den meft-
phäliihen Frieden verheifene Religionsexercitium
Minderjährigkeit bis zum 25. Jahre dauerte, nicht
mehr feftgehalten werben fann. Aus ihr ergeben
fi jedoch die noch feftgehaltenen Normen bes fa-
noniſchen Alters. Für lirchliche Weihen und Aem—⸗
ter forbert die Fatholifche Kirche bei der Tonfur und
der niebern Weihe 7 Jahre, dem Subdialonat 21,
Alumnat
—— Die Convention wurde ausgeführt
durch Executionsreceß 1709.
Alumnat. Der Stand eines Schülers in
einem biſchöflichen oder päpftlihen Seminar. Die
Alumnen haben bie Borrechte des geiſtlichen
Standes, s
Alypius. Freund bes Auguftin und in beffen
erfter Beriode faft fein beftändiger Begleiter, jo
ihon bei jeinen Borlefungen über Rhetorik in
Zagafte und Karthago, ebenfo in Mailand, mo er
ihm von der Ehe abrieth, und bei dem Land:
aufentbalt, während deſſen Auguftin feine Selbſt⸗
geipräche verfaßte, endlich mit ihm zufammen
(387) getauft.
Amadeus VII, Herzog von Savoyen, ent:
fagte 1434 dem Thron und ftiftete die Einfiebelei
zu Ripaille für 6 Ritter des heil. Morig. Bom
Bajeler Eoneil (f. d. A.) zum Gegenpapft Eu:
gens IV. gewählt (ala Felix V.), refignirte er
1448 zu Gunften Nikolaus V.
Amalarius, Briefter in Mey, jpäter Abt von
Hornbach, Liturgifer, ſchrieb De officio eccle-
siastico libri IV, worin er die Bebeutung der
Eultushandlungen darlegt, und u. A. zur ſym⸗
boliihen Auffaffung des Abendmahls Neigung
bat. Im Auftrage Ludwigs d. Fr. revidirte er die
Regel Ehrodegangs für das gemeinfame Leben
ber Kleriler. + 837.
Amalefiter. Ein räuberifches Beduinenvolf im
peträifchen Arabien; nad 1. Moſ. 86,12 Nachlom⸗
men Eſau's. Da aber jhon zu Abrahams Zeiten
Amaleliter genannt werden, 1. Moj. 14,7, jo er:
[einen fie als urarabijhes Volk, von dem aber
nah Emalds Bermuthung ein Zweig in ben Ber:
band ber Idumäer getreten war. Als Feinde
raels geichlagen bei Raphibim (2. Mof. 17, 8
.), fiegreich an der Südgrenze Paläftina’s (4.
Mof. 14, 39 ff.), befiegt durh Saul (1. Sam.
14, 48 ff.), unter David (l. Sam. 27, 8f.),
ausgerottet unter Hislia (1. Chr. 5, 43).
‚Amalie, die Heilige, aus dem fränkiſchen Kö—
nigöhaufe, ging un wie ihr Gemahl Pfalzgraf
Witger von Lothringen ins Klofter. — Eine an:
dere Amalie, die wie jene ben 10. Yuli zum Ge:
dachtnißtag hat, war Braut von Pipins Sohn
Karl undentzog fich ber Heirath; inder St. Peter⸗
Abtei bei Gent find ihre Ueberreſte.
Amalrid) von Bena. Sein Syſtem gründet
fi auf Ariftoteles und mehr noch auf Scotus
Erigena ; er war entſchieden pantheijtifch, indem er
den Unterjchied zwiſchen Geſchöpf und Schöpfer
aufhob, die Dffenbarung als einen Prozeß der
Öttlihen Selbitbewegung in der Welt in drei
Perioden theilend. Iſt die erfte Offenbarung
eine Menfhwerbung Gottes in Abraham, bie
zweite eine Menſchwerdung in Chriftus geweſen, jo
tritt die vollendete Incarnation, die Erfüllun
Aller mit dem heil. Geift eben mit ihm (Amalrich
ein. Das Abendmahl jymbolifirt nur die Wahr:
beit, daß mit dem Creatürlichen das Göttliche
jubftantiell Eins fei. Im Folge dieſer Lehren zeig:
ten ſich unter den Schülern fittlihe Verirrungen
(f. Secte vom freien —— Amalrich ſtarb 1209
aus Kummer darüber, daß feine Lehre vom
Bapfte verworfen wurde.
Amama. Reformirter Ezeget, Schüler des Job.
Drufius und Brofeflor der hebräijhen Sprache
in Franeker. Beftritt u. U. in feinem Antibar-
barus biblicus (1628. 1656) die der gründlichen
25
Ambrojius
————— hinderlichen Vorurtheile (in
Bezug auf LXX, Bulgata ꝛe.).
Amana. 1) 2. Kön. 5, 12 (der immer Strö-
mende), der Chryſorrhoas, jegt Barady, welcher
vom Antilibanon fommt und Damaskus burd:
ftrömt. — 2) H05.4,8, ein Bergrüden des Anti-
libanon.
Amandus, der Apoftel Belgiens, 7675. Gedächt⸗
nißtag: 6. yebr. Nachdem er unter den Slaven
an der Donau und den Baälen das Evangelium
geprebigt, wandte er feine ganze Thätigfeit auf
die Ausbreitung und Befeftigung des Ehriftens
thums an der untern Scheide. Das ihm über:
tragene Bisthum — legte er wegen der
Unſittlichkeit ſeines Klerus nieder und widmete
ſich ganz ſeiner Miſſionsthätigkeit.
Amaſa, Abigails Sohn, ſtand zu Abſalom;
von David begnadigt, wurde er von Joab er—
mordet. 2. Sam. 17, 26; 19,13; 20,9 ff.
Amazia. 1) Sohn und Nachfolger bes Joas in
Juda, —809. Nah glücklichem Kriege mit
Edom unterlag er in dem jelbft veranlakten
Kriege mit Joas von Iſrael. Ierufalem wurde
‚geplündert, Amazia jelbjt gefangen. Später nahm
er jenen Thron zwar wieder ein, wurde aber in
einer Empörung zu Lachis ermordet. 2.Rön.14f.;
2. Chr. 25. — 2) Der BPriefter zu Beihel, der
Amos (Am. 7, 10) dad Weifjagen verbot.
ober ‚ suggestus, pulpitum, hieß
das im Schiff der Kirche angebrachte um einige
Stufen erhöhte Gerüjt für die Sänger. Da von
dort aus in großen Kirchen der Bilchof zu pre
digen pflegte, wurde ber Ambo zur Slanzel.
Amboife. Stadt in ranfreih, die in den
Hugenottentriegen eine Rolle jpielt, jo durch die
jog. Verſchwörung von 4. (1560), gegen bie
Guiſen gerichtet, und durch die Berorbnung von
A. (1563) zur VBerföhnung der Parteien.
Ambrofianijger Kirchengeſaug. S. Kirchen:
gefang.
Ambrofianifcher Lobgefang. Das Te Deum lau-
damus, der ftehende Feſtgeſang der abendländi—
ſchen Kirche, von Luther verdeutſcht: Herr Gott,
dich loben wir, wird dem Ambrofius zugejchries
ben; von Andern dem Athanaſius zu Alexandrien
oder dem Nicetius zu Trier. Andere finden darin
beffer einen uralten griechiſchen Morgengejang.
Ambrosianum offleium. Die in Mailand
gebräuchliche Liturgie, die von der römiſchen ab»
weicht und auf Ambrofius zurüdgeführt wird.
Ambrofiafter. Pieudo:Ambrofius. Bezeihnung
bes unbelannten Berfaflerd eines Commentars
zu ben Briefen Pauli, den man früher dem Am—
brofius zuſchrieb. Nach Angaben in der Schrift
ſelbſt ift fie verfaßt zur Zeit des Bapftes Dama—
us (366—384).
Ambroſius. Biſchof von Mailand, geb. 340, wohl
zu Trier. 7397. Wurde als Präfect von Mailand
und noch Katehumen durch bie einftimmige Wahl
be3 Volkes zum Biſchof erhoben. Die Energie
feiner Berfönlicteit, die er beim Antritt feines
Amtes in dem Eifer bewies, mit welchem er ſich
den theologiſchen Studien hingab, ji feiner Gü⸗
ter entäußerte und ben täglichen Pflichten des
Amtes oblag, bethätigte ſich noch viel mehr in den
Kämpfen für das Necht der Kirche gegen Arianer,
eiden und gegen bie Staatögewalt und in dem
tlihen Ernte, mit weldhem er felbft dem Kaiſer
Theodofius ſich gegenüberftellte, dem er das Abend:
Ambrofius
mahl verweigerte, bis er für eine Frevelthat bie
Kirchenbuße auf ih genommen. Seine Berjön:
lichkeit findet fich wieder in feinem, Cicero nadjge:
bildeten Buche über bie Pflichten; indem er aber
bort die allgemeinen Pflichten und die volllomme:
neren, die nur wenigen Auserwählten zufommen,
unterſchied, 3.2. — Faſten ꝛc., ging
von ſeinem Einfluß eine mächtige Beförderung der
falſchen Askeſe aus. Für die Entwickelung des
Cultus iſt Ambroſius höchſt wichtig geworben.
Er führte in der abendländiſchen Kirche die Re—
ſponſorien ein und die griechiſche Tonweiſe und
begründete durch ſeine Hymnen den Kirchenge—
ſang. Die Ausgabe ſeiner Schriften durch die
Benedictiner, Paris 1686 und 1690.
Ambroſius. Ein Freund des Origenes, durch
ihn von der valentinianiſchen Gnoſis bekehrt,
ſpäter ihn zu mehreren feiner Schriften veran—
laflend. Drigenes hat ihm u. 9. feine Schrift
gegen ben Geljus und die über das Gebet gewid⸗
met, und feine Ermahnung zum Märtyrerftande
an ihn gerichtet.
Ambrofius Gamaldulenfid, 1431 Generalabt
bes Ordens von Gamaldoli, ſuchte burd eine
ftrenge Bifitation die Genofjenjhajt zu verbeſſern.
Eugen IV. eifrig ergeben, wurde er von demſel⸗
ben 1435 ala Bevollmädtigter zum Concil nad
Bajel gefandt. Ein gründlicher Kenner des Grie:
chiſchen, betrieb er zu Ferrara Die Unionsverhand:
lungen mit der griedifchen Kirche und entwarf
ein Unionsformular. Außer Ueberjegungen lie:
ferte er u. N. eine Gefhichte von Monte Eaffino
und eine Schrift über dad Sacrament.
Amen, Ein hebräiſches Wort = wahrlid. In
der Synagoge wurde der Segen des Prieſters
mit dem Amen der Gemeinde befräftigt, auch die
Pialmen mit dem Amen gefhloffen. Die hrift:
lihe Gemeinde übernahm den Gebraud. Das
Amen ift am Schluffe eines Belenntnifjes oder
Grlübdes Belräftigungs-, am Schluffe eines Ge:
betes Wunſchformel.
Amefius, Wilhelm. F 1633. Reformirter Theo:
log. Nachdem er bei der Dordredter Synode
thätig gewejen, warb er Profefjor zu Franeder.
Schrieb gegen die Remonftranten exegetiſche,
philofophiihe und ethiihe Schriften (Medulla
theol.). In ber Ethik bejaß er ftreng puritanifche
und rigoriftiihe Anfihten. Vgl. A. Schweizer, |6
1860.
Stud. u. fr.
Amittus (humerale ephod), das Linnentuch,
welches der Prieſter vor dem Celebriren unter
Gebet um Hals und Schulter fchlingt.
Ammianns Marcellinus. + 390. Unbefange:
ner heidniſcher Diftoriter des 4. Jahrh., neben
Zoſimus wichtig zur Gontrole des Eufebius und
feiner Nachfolger in der Geſchichte der nachcon—
ftantinifhen Zeit. Bon feiner Gefchichte der
römiſchen Kaifer von Nerva bis Valens find bie
eriten 13 Bücher verloren, die 18 folgenden über
bie Jahre 353 —378 erhalten.
Ammon oder Amon. Ein ägyptifher Gott,
befien Verehrung vornehmlich ihren Sig in The:
ben hatte, Jupiter Ammon, wahrſcheinlich eine
Perjonification der Sonne, entjpredr ıd dem
Baal der Phönizier. Ser. 46, 25.
Ammon, Chriſtoph Friedrich, geb. 1766 in
Baireuth, jeit 1789 Brofeffor der Philofophie und
Theologie in Erlangen, 1794 in Göttingen, ſpä—
ter Oberhofprediger in Dresden, 1849. Rationa:
26
Amortifation
liſtiſcher —— von außerordentlicher Gelehr⸗
ſamkeit, ebenſo als Philolog und Drientalift. wie
als Theolog. Er hilft an der Gründung der Wiſ⸗
ſenſchaft „bibliihe Theologie” (1792). Berfafler
einer Dogmatit »Summa theologica«e (1808);
„Sittenlehre” (nah Kant'ſchem Syftem); „Die
Geſchichte des Lebens Jeſu mit fteter Rüdficht
auf die vorhandenen Quellen“ (2 8. 1842), in
welhem er dad Glaubensbebürfnif ebenfo mie
das wiſſenſchaftliche berüdfichtigen will, das Ne:
bernatürliche vorfihtig behandelt, jedoch von ra:
tionaliftiihen Grundjägen beherrſcht ift. Auch
als Kanzelrebner und Landtagsabgeorbneter
hatte Ammon einen Namen. Im Alter neigte er
ur Drtbodorie ; ſchon 1817 den Harms'ſchen The:
= uftimmend, erhält er von Scleiermader
eine jharfe Rüge; fein legtes Buch, „Fortbildung
des Chriſtenthums zur Weltreligion,* kehrt wie:
der mehr zum frühern Standpunkte zurüd. Die
Gegner haben Ammon viel geihmäht ; der Baron
von Udermann meinte: „Die frechſten Spötter
haben ihren Meifter gefunden !"
Ammoniter, Bolt im Oſten Paläſtina's. Der
bleibende Grund der Feindfeligteiten der Ammo:
niter gegen Iſrael war bas Verlangen, das Land
zwiſchen Arnon. und Jabok wieder zu gewinnen,
welches fie an bie Amoriter verloren hatten und
welches nad) deren re Sirael bejegt Hatte.
&.5. Moj. 2, 19—21; Ridt. 11, 13 f. Jephta,
Saul, David befiegten fie, Ufia und Jotham
machten fie tributpflihtig. Bei dem Zerfall des
Reiches und nad dem Eril ftehen fie immer auf
Seiten ber Gegner Iſraels. Zulegt erwähnt
ihrer als eines zahlveihen Volles Juſtinus
Martyr.
Ammoniud, 1) A. Saccas, Stifter der neu:
platoniſchen Philoſophie, Zeitgenoffe des Cle—
mens v. Al., Lehrer des Origenes und Porphy—
rius. — 2)Ein qriſtlicher Lehrer des 3. Jahrh.,
von Euſebius und Hieronymus fälſchlich mit dem
Erſteren identificirt, —— einer verlorenen
Schrift über die Webereinftimmung Mofis und
Jeju. — 3) Ein ägyptiſcher Mönd im 4. Jahrh.,
unter den nitriſchen Mönden (den Freunden des
Drigenes) hervorragend, aber ein echt jonder:
iiher Heiliger. — 4) Titel eines philojophifchen
Geiprähes von Zacharias von Mitylene im
ahrh.
molo, Biſchof vonLyon ſeit 8340, 862, ſprach
ſich gegen den Reliquienaberglauben aus; den
Wundern läge Betrug und Gewinnſucht zu
Grunde. Im Streit mit Gottfchalt deſſen Gegner.
Amon. Der Sohn Manaſſe's, König in Juda,
641—39. Begünftigte den Gögendienft und bes
förderte dadurch den Berfall, Zn einer Verſchwö—
rung der Großen wurde er ermordet. Das Bolt
rächte feinen Tod. 2. Kön.21,19; 2. Chr. 33, 21.
Amoriter, auch Emoriter (Bergbemohner), wa⸗
ren der mächtigſte Stamm der Kanaaniter und
wohnten im Gebirge Juda, theilmeife aber auch
jenfeit des Jordan, wo Mojes zwei amoritifche
Königreiche (5. Moſ. 4, 46. 47) eroberte. Außer
den Bürgern Gibeons entgingen Refte der Amos
riter ber Ausrottung und wurden Frohnarbeiter.
1. Kön. 9, 20; 2. Chr. 8, 7.
Amortifation. Da der Kirche todte Hand zu:
geichrieben wird, weil ihre Güter fich dem öffent»
lihen Berfehr entziehen, fo heißt die Anſamm—
lung von Bermögen von Seiten der Kirche Amors
Amos
tifation. Es liegt im Intereſſe bes Staates, ben
äßigen Befig der Kirche nicht zu geftatten,
während das kanoniſche Recht den Erwerb na:
mentlih durch Erbſchaft jehr erleichtert. Die
Amortijationögejege beſchränlen daher das Recht,
Grundftüde zu erwerben und Erbichaften anzu:
nehmen. In der neueren Zeit hat die fat olile
Kirche und der Jeſuitenorden vielfahe Milde:
zungen derjelben zu erlangen gewußt.
mod (ray), Prophet, beffen Weiſſagungen
wir im Kanon beſitzen. Er trat auf unter Uſia,
König von Juda, und Jerobeam II., König von
rael, aljo ums Jahr 800. Er war Hirte in
oa, ſüdlich von falem. Seine Weiſſagung
iſt hauptſächlich gegen das abgättifche Zehnftämme:
reich gerichtet. In ben eriten 6 Kapiteln hält er
eine Umfhau auf die umliegenden Bölfer und
droht ihnen allen das Gericht an, inäbefondere
dem übermüthigen Ifrael (Kap. 1—6). Amos ging
felbft von feinen Heerden weg nad) Bethel, dem
Eige des Gößendienftes, dort zu predigen, mußte
aber, durch die Intrigue des Prieſters Amazia
nöthigt, wieder zurückkehren. Kapitel 7—9 ent:
drei ſymboliſche Bilder, in denen Amos die
mende Vergeltung darſtellt: das Geſicht von
den verwüſteten Feldern und dem Senkblei, das
Geſicht vom reifen Obſt, das Geſicht vom zerftör:
ten Gögentempel. Am Schluffe (9, 1115) taucht
die Ausſicht auf eine zufünftige Rettung auf.
Amos, pioy- Bater des Jeſaja.
Amofins. + 1634. Einer der älteften reformirs
ten Ethiler, befonders durch feine Schrift über
das Gemiffen. In Calvins und Beza's Geift
— auch er noch die Lebensſtrafen der
eher.
Kuuphitogins, der Heilige, 7 nad) 392. Erft
Rhetor, dann Einfiebler, endlih Biſchof von
nium, nahm Theil an ber zweiten Synode von
ftantinopel 381 und war ein eifriger Gegner
der Arianer. Seine Schriften find unedt.
Amphipolis, Apftg. 17,1. Zn Macedonien am
Strymon. Atbenienfice Eolonie.
Amraphel. Ein König in Babylonien zur Zeit
Lots. 1. Moſ. 14.
Amri. S. Dmti.
Amddorf, Nitolaus von. Derältefte und treufte
Sreund Luthers und von 1517—24 faft immer
an Luthers Seite. Als Superintendent in Mag»
deburg führte er dort die Reformation durch;
wurde zum Bifchof von Naumburg eingejegt und
verwaltete das Bisthum im evangeliihen Seite,
bis er 1646 im ſchmalkaldiſchen Kriege flüchten
mußte; 1552 ald Superintendent nad Eiſenach
berufen, ftarb er bort 1565. Sein glühender Haß
* Rom, ſein Eifer für die Reinheit der luthe⸗
riſchen Lehre, bie er mit ſcholaſtiſchem Berftande
auffaßte, jeine Berehrung für Luther und die Härte
feines Weſens verwidelten ihn lebenslang in eine
Menge von Streitigkeiten. In den theologischen
Kampfen vertrat er faft immer mit ſchroffer Ent:
ſchiedenheit das Äußerjte Extrem. Er Ir ſich zu
der Behauptung binreißen: gute Werte jeien
ſchadlich zur Seligteit. So gerieth er in Streit
mit Bucer, tabelte die Wittenberger Concordie,
vertheidigte die Lehre vom Genuß ber Ungläus
digen, verhinderte einen Erfolg des Regens:
burger Gejprächs, eröffnetedie Heftigfte Oppofition
gegen das Interim und gegen die Wittenberger im
27
Anachoreten
adiaphoriſtiſchen Streite und hielt zu den Flacia⸗
nern im ſynergiſtiſchen Streite. Immer ein Mann
des Buchſtabens, ſelbſt nicht frei von hierarchiſchem
Geiſte, den er bei Rom bekämpfte, ift er von ſei⸗
nen Freunden über Gebühr gefeiert, von jeinen
Gegnern mehr als billig geläftert worden.
mit (munus). Das Werk Chriſti wirb von
ber Dogmatik unter dem Gefidhtspunfte eines
dreifachen Amtes aufgefaßt: 1) als prophetifches
Amt, injofern Chriftus der Berfündiger bes gött-
lihen Willens und Rathichluffes ift, feine Lehr:
thätigfeit; 2) als Hohepriefterlihes, injofern er
ein Opfer dargebracht zur Verföhnung zwiſchen
Gott und den Menſchen; 3) als föniglihes Amt,
infofern er ala ſchützender und fördernder Herr
feine Kirche regiert. Auch in neueren Dogmatifen
wurden biefe Nemter als Geſichtspunkte noch feſt⸗
gehalten. Auch dem heiligen Geifte wurben Aem—⸗
ter zugejhrieben: 1) Strafamt; 2) Lehramt;
3) Bußamt; 4) Troftamt.
Amt der Schlüſſel. S. Schlüffelgewalt.
Amtsgnade. Zn den pietiftiichen Streitigfeiten
viel gebrauchter Ausdrud, indem die Orthodoxen
diefelbe behaupten, als eine von dem Leben und
Wandel des Predigerd unabhängige von Gott
ertheilte Kraft des Lehramtes.
Amulet. Die Bedeutung des Amulets ift bie
eines Schußmittel3 gegen Zauberei und Gefahr
undBeförberungsmittels bei Unternehmungen. Der
Amuletglaube war über den gangen Orient verbrei«
tet, auch bei den Hebräern Ez. 13,16, fo daß felbft
die von Mofes verordneten Zeichen 5. Moj. 6, 8;
11, 18 alö Amulete betrachtet, und Amulete alö
er getragen wurden.
mun, ber Grube, Ein Einſiedler in der ni⸗
triſchen Wüfte, Zeitgenoffe des Antonius, + 356.
myraut, Moyfe, Amyraldus, Moſes. Mildge:
finnter, weitherziger reformirter Theologe zu Sau:
mur. + 1664. Erregte Aufjehen und heftigen Streit
in der Kirche durch feinen Universalismus hypo-
theticus, mit bem er jedoch die Dordrechter Lehre
ftügen wollte. (Traité de la pr&destination.)
Darnach giebt’3 in Gott einen Gnadenmwillen, daß
alle Menfchen felig werben, unter der Bedingung
bes Glaubens; da fie bei dem allgemeinen Berber:
ben dieſe Bedingung Berg verjhmähen, wird
eigentlich fein Menſch jelig. Daneben giebt e3 einen
particularen Willen in Gott, mit welchem er ewig
feftgefegt hat, eine beftimmte Anzahl Menſchen zu
retten. Jene Erwählten, aber aud) nur bieje, wer:
den unfehlbar jelig. Ueber die Union der Refors
mirten und LZutheraner fchrieb er vortrefflih: fie
werde nicht Dur Synoden mit Stimmenmehrheit
oder zweideutige vermittelnde Formeln herbeiges
führt. Da man inder Wurzel beide Kirchen immer
einig finden werde, folle man von den Controvers⸗
punkten auch die Wurzeln auffuhen. Dann folle
man gegenfeitig den Gottesdienft bejuchen, bie
Geiftlihen einander aushelfen; würden die Letz—
teren einander freundlich behandeln, jo wäre das
Bolt bald ausgeföhnt. Ueber ihn Dr. A. Schwei:
ger in Baur und Zeller's Jahrbüdern, 1852.
Anabaptiflen. S. Wiedertäufer.
Anabaton, In der griechiſchen Kirche der erhöhte
Drt vor dem Altar, auf dem der Diakon fteht.
Anachoreten. Einfiedler, die fi aus Melt
ganz zurüdzogen, um in der Einſamkeit ungejtör:
ter Gott dienen zu können; befonderen Anlaß dazu
gaben die Berfolgungen, Da fie bei dem Bolte
Anagnoft
erflärlich großes Anfehen genoffen, gewannen fie in
lirchlich⸗politiſchen Kämpfen manchmal großen Ein-
fluß. Indem ſich an einzelne Anachoreten andere
anſchloſſen, bildeten fi Heine Gemeinfchaften
(jo durch Chariton 340 am Todten Meer,
mus bei Jerufalem), aus denen ſich das Cöno—
biten: oder Klofterleben der Mönche entmidelte.
Anagnoft. Lector, Vorlefer. Hatte in der alten
Kirche die heilige Schrift und die Acta martyrum
vorzulefen. Das Amt gehört zu den ordincs mi-
nores, da es nur mechanifche Fertigkeit fordert;
doch geſchah die Weihe feierlich mit Handauflegung.
Das Amt ift in der römischen Kirche verſchwunden,
und bie betreffende Function auf den Diakonus
übergegangen.
Anagogiſche Schrifterflärung. S. Auslegung.
Unallet I., einer der erften Bischöfe von Rom,
jo von Petrus zum Presbyter geweiht fein. Starb
al3 Märtyrer. Die Jahre feines Bisthums wer-
den verſchieden berechnet, 103 — 112 oder von 84
an. — Anaflet II, 1130— 1138. Gegenpapit
de3 Innocenz II. Obgleich auf den Eoneilien zu
Piſa und Rheims ercommunicirt, behauptete er
fi dennoch gegen Innocenz und den Kaiſer 2o:
thar II. in Rom. Außerhalb Roms war er wenig
anerkannt.
Analogie des Glaubens. S. Auslegung.
Analogion. Das tragtare Lejepult in der grie:
chiſchen Kirche, welches nad Beendigung der Lection
wieder weggenommen wird.
Anelytiſch ift eine Methobe, welche ihren Aus:
gangspunkt bei dem Erfahrungsmäßigen, Einzel:
nen nimmt und won da aus auf die allgemeinen
Principien zurüdgeht. Synthetiſch ift der umge:
fehrte Meg, welcher von allgemeinen Principien
bad Verftändniß des Erfahrungsmäßigen gewin-
nen will. In der Dogmatik der Scholaftifer und
alten lutherifchen Theologen bedeutet analytifch die
Methode für die Anor —* des dogmatiſchen
Stoffes, welche vom Ziele der Theologie rückwärts
geht auf die Mittel, alſo z. B. von dem Begriffe
der Seligfeit in Gott aus die geſammte Theologie
entwidelt. Calixt ift der Bertreter diefer Methode.
Bor ihm ift die ſynthetiſche gewöhnlich, d. 5. ber
Gang von der Urſache zur Wirkung, alſo 5. B. von
Gott zu feinen Heildmitteln, feiner Gnade, ihrem
Bollzuge in Chriftus, dem Glauben, bis endlich
zum ewigen Heile. In der Homiletif bezeichnen
beide Ausdrücke entgegengeje Ten mung
des Tertes für Predigten. Man kann einen Tert
in feinen einzelnen Theilen ag wa und an je:
ben einzelnen Theil eine freie Betrachtung anknü—
pfen, ohne daß die Rede eine fünftlerifche Einheit
bildet. Oder man fann bie einzelnen Tertgedanfen
zu einer Einheit, einem Thema, zuſammenfaſſen
und darauf nad) logischer Dispofition einen ſym—
metrifh auögeführten Redebau aufrichten. Das
erftere (eine Gonadiie) nennt man das anatytijche,
das letztere das fynthetifche —— Man braucht
dafür auch die Ausdrücke: progreſſiv und regreſſiv,
oder textual und thematiſch.
Anamelech. Eine Gottheit der nah Samarien
verjegten Eoloniften, der Kinder geopfert wurden.
S. Adramelech.
Ananias, 1) Ein Chriſt zu Jeruſalem, welcher
mit feinem Weibe Sapphira die Gemeinde durch
Zurüdbehalten eines Theiles feined Vermögens
beim Vollzug der Gütergemeinſchaft täufchte und
von jähem Tobe überrafcht wurde. Apſtg. 5,1. —
28
2) Der Ehrift zu Damaskus, durch befien Handauf⸗
— Paulus wieder ſehend wurde; ſoll ſpäter
I
: | Paulus mit na
ſcheinlich derjelbe, den Joſephus auch Ananus
nennt, ber den Jakobus binrichten ließ, ſpäter ab-
Anatolius
of von Damaskus geworben fein. — 3). Ein
Hohepriefter unter Felix, zog als Ankläger des
Cãſarea. Apftg.23u.24. Wahr:
ejegt und während bes legten Krieges als der
Führer der Gemäßigten von den Zeloten über-
mältigt und getödtet wurde.
Ananja, Stadt in Benjamin. Neh. 11,31. 32.
Anaphora. In der griechiſchen Liturgie daffelbe,
was in ber lateinijchen canon missae, d. h. ber
Theil der Handlung, welder die Eonjecration ber
Elemente umfaßt. Auch das Bud, worin die
Abendmahläliturgie enthalten.
Anaftafia, die Heilige, verwandte ihr Bermögen
zur —— der Chriſten, und wurde in der
diocletianischen Berfolgung 304 (25. December)
verbrannt.
AnaftafinsI., Bapft, 398— 402. Verdammte des
Drigenes Bud „Bon den Anfängen“. Außerbem
verbot er gebrechlichen Perjonen den Eintritt in
einen Orden und verorbnete, dab das Evangelium
in ber Meſſe ftehend angehört werde. — A. I.
496— 498. Stellte fid) freundlicher zum Henoti⸗
fon als feine Borgänger, aber ftarb, ehe die Inter:
andlungen zu Ende geführt waren. ·A. II. 911-
13. Hob die Unabhängigkeit Bremens von Köln
wieder auf. — A. IV. 1153 — 1154. Renovirte
das Pantheon und ertheilte dem Johanniter:Orden
feine Vorrechte. — Ein 5. X. war Gegenpapjt Bene:
dicts III. 855 und refignirte freiwillig,
Anaftafius der Sinaite, Es find drei dieſes Na—
mens zu untericheiden: 1) Patriarch zu Antiochien,
widerjprad) ber Xehre von der Unvermweslichkeit des
Leibes Chrifti und wurde verbannt. + 599. Die
ihm zugeſchriebenen Werke: der Hodego3 und Ana-
gogiſche Betrachtungen über die Schöpfung, find
von einem Einftedler, dem 2) Anajtafius gefchrie-
ben. 3) A. der Jüngere, Nachfolger des Erften.
Anaftafins, Priejter zu Conftantinopel, Freund
bes Nejtorius, gab den Anlaß zu den neitoriani-
[hen Streitigkeiten, weil er die Bezeichnung der
Maria ald Ieoröxog, Mutter Gottes, verwarf.
Anaftafius, Abt eines römiſchen Klofters, über:
fete die Canones des Concils zu Conftantinopel
869, verfaßte die Lebenäbejchreibungen der Päpſte
bis Nicolaus I. (Liber pontificalis).
Anaflafius, der Kaiſer. S. Monophyſitiſche
Streitigkeiten.
Anaflafins, der Apoftel der Ungarn, ein Bene:
dictiner aus Rom. + 1010 ala Biſchof von Rolocza.
Anathema, on Im Neuen Tejtament ein
Ausdrud der Ausihliefung von den göttlichen
Segnungen. Gal.1,8; Röm.9,3. In der Kirchen:
fprahe der Ausdrud für bie nöllige, feierlich
audgeiprochene Ausftoßung, bie excommunicatio
major. Bol. d. X. Bann.
Anathoth. Priefterftadt in Benjamin. Geburts»
ort deö Jeremia. Ser. 1,1; 11,21. Bgl.2. Sam.
23, 27; 1. Kön. 2,26. Das heutige Anatä.
Anatolia. Heilige (9. Juli), in Rom hingerich⸗
tet unter Decius.
Anatolius aus Alerandrien. Lehrer der ariftote:
liſchen Philoſophie, wurde 270 Biſchof von Laodicea.
Bon feinem Hauptwerke Kavores nıepi Tod ndaoye,
worin er den 19jährigen Cyklus einführte, ein
Anatolius
—— bei Euſebius. Die angebliche lateiniſche
ſetzung des —— anon paschalis
ift unecht. "Bat. Ideler, Chronologie. ,
Anatolius. Patriarch von Eonftantinopel feit
449. Auf dem Concil gu Chalcedon war er für Die
orthodoge Lehre und erlangte bie Gleichſetzung
feines Patriarhats mit Rom, die Jurisdiction über
den ganzen Drient.
Anbetung der Eudariftie. Aus ber Lehre von
ber Transjubftantiation folgte conjequent die Bor:
ſchrift, vor dem Sanctiffimum, möge es im Taber:
nafel aufbewahrt fein, ober zum Kranten getragen
werben, ober zur Verehrung ausgeſtellt fein, an:
betend das Knie zu beugen. Aus dem Anftoß ber
Evangeliſchen an biefer Sitte gs das Epottwort
or: „Deus in pyxide.“ — —— etu n
ie —— manchen Bisthuũmern und Klo⸗
ſtern, daß zu jeder Zeit nad) beſtimmter Ordnung
eine Perſon in ſtiller Andacht in der Kirche ſei.
Autillon. Eine berühmte franzöſiſch reformirte
Familie, deren Stammmwater im 16. Jahrhundert
als Präfident bes oberften Gerichtähofes Glaubens
u refignirte. — David Ancillon, emigrirt
639, Brediger in Hanau und Berlin. — Karl,
juriftifcher und hiſtoriſcher Schriftfteller, + 1715.—
riedrich, Prediger in Berlin, 1832 Staats:
mini
Ancyra. Synode, 314, über die Behandlung der
Gefallenen, ftellte 24 Canones über Kirchenzucht
auf. — 358, Synode ber Scmiarianer in den aria-
niſchen Streitigkeiten.
Andadt. Ein neuerer Begriff, der in der Bibel
noch nicht in unferm Sinne vorfommt (Hof. 7, 6),
bedeutet einen Zuftand religiöjer Ergriffenheit, in
welhem die Gedanten bes Menſchen fich abjchließen
und rabienmäßig um ein religiöfeß Object concen⸗
kriren. — Anbaht3sübungen, Mittel, diejen
Zuftand zu erweden, verwerflich, fofern fie auf
ame Gemüthserregung ausgehen. — An:
ahtbüher. ©. Erbauungsbücher.
—— Lorenz, geb. 1480. Als Verwalter des
Yisthums Strengnäs, beichügte er die erften refor⸗
matorifchen —— der Brüder Peterſon und
führte ais Reichskanzler unter Guſtav Waſa bie
Reformation in Schweden durch, wozu er felbft Die
Bibel in die Landesſprache üb Später uns
zufrieden mit den Einmifhungen des Königs in
bie Kirchenverwaltung, wurde er als Teilnehmer
an einer Berjchwörung EA den König ange
und zum Tobe verurtheilt. Als ihm Guftav gwar
das Leben jchenkte, aber ihn feiner Aemter entjegte,
farb er aus Kummer 1552.
Andreä, Jakob, geb. 1528, +1590. Prediger In
—— Superintendent gu Göppingen, VProbſt
und Profeffor gu Tübingen. Seine reihen Gaben
and Kenntnifje verfchafften ihm eine weit auäge:
breitete firchliche Thätigkeit. Er nahm an den mei:
ſten Eonventen, Synoden der Seit tbeil und —*
viele —*—* Der ——— ſeiner *
tigfeit war die Einheit und Reinheit ber lutheriſchen
Lehre. Mit Schrift und Wort tHätig 9 en bie
Uniondverjuche mit den Calviniften, in den ———
ſchen Streitigkeiten, an ben Reichätagen zu Regens⸗
burg und Frankfurt, den ——7* zu
Vorms und Maulbronn, rüſtete er ſich zu dem
e feines Lebens, der Eoncordienformel
.d. A), an deren Abfaffung er den bebeutendften
Antheil hat, dba nicht nur der Gedanke dazu von
Um ausgegangen, n auch ihre Grundlage,
29
Angelophanie
bie ſchwäbiſch⸗ ſächſiſche Concorbienformel, weſent⸗
lich fein Wert ift.
era Sy nn Balentin. Enkel bes Borigen,
+1654. Ein Mann lebendigfter Frömmigkeit und
von dem vieljeitigjten Interefje für alles Gute aud)
außerhalb der Kirche. In den ſittlichen Verhee⸗
zungen des jährigen Krieges, von dem er jelbit
viel & leiden Hatte, entwidelte ex als Hofprediger
in Stuttgart eine bewunderungdwürdige Wirk⸗
ſamkeit durch Beſchaffung von Predigern, durch
ein S er cht u. ſ. w. Mit
ſeinem Freunde Herzog —— Braunſchweig
unterhielt er einen lebhaften Briefwechſel. Er hat
viel, aber fein größeres Wer? gefchrieben.
Andrend, der Apoftel, Bruder des Petrus.
a 18, 10,2; o5.1,41; 12, 22. In
der Apoſtelgeſchichte tritt er ſchon zurüd, von
am fpätern Leben Haben ſich nur Sagen er:
en.
Andreas, Erzbiſchof von Krain, juchte 1482 in
Bajel ein neues allgemeines Eoncil zu verfammeln
* Sirtus IV. Mit der Stadt Baſel, die ihn
chützte, ercommunicirt, wurde er endlich gefangen
g * und im Kerker erdrofſelt gefunden, 1484.
‚ Andronicus, 2. Maft.4, 31. Statthalter des An-
—— Epiph., ließ den alten Hoheprieſter Onias
en.
e
—* ariae, An faften, Q
gariae, Angarienfaſten, Quatemberfaſten,
ſind die in der katholiſchen .. —— jähr-
lich wieberlehrenden 8 Saftage ittwoch, Frei:
tag und Samftag in ben Wo nad) bem 18.
December (Lucia), nad) dem Aſchermitiwoch, nad;
Pfingften, nad) Kr —— Die reformirte
Kirche führte der en bie vierteljährlichen Bet:
tage ein. Der Name Angariens(Frohnden:)Fajten
rührt davon her, daß an dem Tage die Frohn-
ben Dunn — werden pflegten.
‚Angelici, Engelsverehrer. Eine von Epipha⸗
nius erwähnte, ihm jelbft unbefannte Secte ; wahr:
Baier 8 — mihverſtandene Bezeichnung
gnoſtiſcher eien.
—— Drben. Geſtiftet 1530 für Jung:
frauen von der Gräfin von Guaſtalla. Anfangs
der Glaufur nit unterworfen, hält er die Regel
re Auguftin und fteßt unter Leitung der Barna:
iten.
Angelolatrie, Die Synode zu Laodicea 363
verbot die Verehrung und Anbetung (veneratio et
adoratio) der Engel; zu Nicäa 787 und Trient
wurde bie Berehrung geftattet. Das Michaelis:
in N; in ber datholiſchen Kirche das Feſt aller
nael.
Ungelologie. Der Theil der Dogmatif, welder
von den Engeln handelt. ©. Engel.
Ungelophanie. Erſcheinung von Engeln, um
die Verbindung des Unſichtbaren mit dem Sicht:
baren herzuftellen in mädtigen Momenten (Ge:
burt, Auferftehung Ehrijti), zur Tröjtung und
Erretiung bedrängter Gerechten. Sie erſcheinen
in menſchlicher @eftalt, im Lichtglange (2. Mof.
3, 2). Am bäufigften find Engelerfheinungen in
ber Genefis, werden dann feltener, Bilionen
u. f. m. folgen dafür. Häufig werden fie wieder
nad dem Eril (1. Chr. 21, 16.30; Dan. 10,5;
12, 6; 2. Watt.3,25; 11, 8; Tob. 5, 5; 11, 14).
Im Neuen Teitanıent hat Engeleriheinungen bes
ſonders die Apoialypfe, das Lucas:Gvangelium
und bie Apoftelgeihichte (Matth.1,20; 2,13; Luc.
22,43; 16,22; Apoc. 5,11; 8, 3; Jud. 14u. 6).
Angelſachſen
ſachſen ging mit der altbrittiſchen Cultur auch die
altbrittiſche Kirche unter. Die neuen Anköõmmlinge
waren Heiden, und der erbitterte Nationalhaß
binderte auch ben Verſuch einer milfionirenden
Einwirkung der übriggebliebenen Chriſten auf
ihre Herren. Erſt Gregor der Große, jeit 590
Papſt, jandte den Benedictiner Auguftin mit 40
Mönden nah England, dem dann die Belehrung
Aethelbert3 von Kent gelang. Nicht ohne Schuld
der Miffionare, welche in religiöfer Bejchränttheit
das Hauptgewidht auf die römifhen Sagungen
und Gebräude legten und die einheimiſchen Chri«
ften dur das Berlangen ärgerten, ihre ab»
weichenden Lehr: und Eultusformen aufzugeben,
madte das ChriftentHum nur langfame Fort—
fchritte, fo daß erſt um 650 auch Mercien, als
der legte angelſächſiſche Staat, gewonnen wurbe.
Die Annahme der riftlichen Lehre geſchah meift
nad Beihluß der Landesverſammlung, daher die
Taufe bei Taufenden zugleich; doch finden ſich
keine Spuren von Gewaltmaßregeln. Zur Eini⸗
ung ber altbrittijchen Kirche mit der neuen wurde
4 die Synode zu Streaneshald; gehalten, welche
die römiſche Glaubenälehre, die firchlihe Unis
formität und die Suprematie des Papſtes ans»
nahm. Doch blieb die angeljähfiihe Sprade die
Kirchenſprache; erft fpät gelang es Rom, das
Eölibatögejeg, und nur unvolllommen das fano:
nifhe Gejeg zur Anerkennung zu bringen. Dieje
Romanifirung Englands ift auf Deutjchland, das
von dorther durch Bonffacius riftianifirt wor:
den, von größtem Einfluß gemweien.
Angelus Domini, Darunter verfteht man
das Gebet des englifhen Grufies (Ave Maria),
welches täglid dreimal beim Ave-Maria-Läuten
gebetet werben ſoll.
Angelus Silesius. ©. Scheffler.
Anger, Rudolf, Profefior der Theologie in
Zeipzig, Herausgeber der Synopſe (1852) und
bes Hermas, tüchtiger Exeget, F 1866.
Angers (Departem. Maine⸗et⸗Loire). Hat Sy:
noden: 1) 455, 2) gegen Berengar von Tours,
3) 1269, 4) 1279, 5) 1365, 6) 1448, fämmtlid
ohne größere Bedeutung, meiſt mit Kirchendiss
eiplin fich beſchäftigend.
Ungilram von Meg, + 791. Ihm werben
von Hinkmar von Rheims die mit den faljchen
Decretalien eng aufammenhängenden Capitula
Angilramni zugefchrieben, eine Sammlung von
Decretalien, welche die Bifchöfe dem Gericht des
Landes und den Provinzialjynoden enthoben.
Allein die Sammlung ift jünger ald Angilram
und rührt wahrjgeinlich von dem Verfaſſer der
pſeudo⸗iſidoriſchen Decretalien her. ©. Rettberg.
ür die Echtheit Waſſerſchleben, Beiträge zur
eich. d. falfchen Decret., 1842.
Anglikaniſche ſtirche. S. England.
Anglofatholicismusoder Anglifanismusnennt
man die in der engliihen Staatskirche aufge:
lommene, dem Natholicismus ſich zuneigende
Richtung, fonft Puſeyismus oder Tracturianis»
mus genannt.
Anhalt. An der Saale und in Berbft führte
Fürft Wolfgang, der perjönliche Freund Luthers,
die Reformation ein, deren erſte Anfänge in Ans
halt auf die Aebtiſſin Elifabetd von Weyda im
Etift Gernrode und auf Stephan Molitor zurüd:
zuführen find. An der Mulde folgten bie 3 Fürs
30
Angelſachſen. Durch die Invafion ber Angel: |ften Johann,
Anno
vahim und Georg (der Biſchof
von Merjeburg) dem Vorbild ihres Vetters Molf:
ang, und beriefen Nikolaus Hausmann aus
widau, den ihnen Luther dringend empfohlen
hatte. Durch ihn wurde das ganze Sand bald
dem Evangeliumgemwonnen. Unter Johann Georg,
welcher als Bormund der Kinder jeiner Brüder
bie Regentfhaft über ganz Anhalt führte, ging
Anhalt durch das anhaltinische Belenntnik 157
zur reformirten Kirche über, jo daß fpäter aud)
ber Heidelberger Katechismus eingeführt wurde.
1644 kehrte Johann von Anhalt: Zerbft zum Lu⸗
therthum zurüd. In unſerm Jahrhundert ift
ne eu 1818 — 1880, mit feiner
emablin 1825 zur katholiſchen Kirche überge:
treten; in Folge beffen ift in Köthen eine katholi⸗
ſche Gemeinde — Eine Union beſteht in
Bernburg ſeit 1820, in Deſſau ſeit 1827.
Anicet. Biſchof von Rom. Als ihn 160 Polykarp
von Smyrna beſuchte, am die Berfchiedenheit
der orientalifchen und oceidentalifhen Kirche be»
treffend die feier des Dfterfeftes zum erftenmal
zur Sprade.
Anna, die Heilige. Nach ber Meberlieferun
die Mutter der Maria, der Mutter Jeſu; mi
Joachim verheirathet, fol fie 20 Jahre kinderlos
eblieben fein, bis ihr ein Engel die Geburt der
aria verhieß. Andere berichten, daß fie nach
oachims Tode noch zweimal verheirathet,
leopha3 und Salomo, Mutter der 2 Marien,
ber Frau des Alphäus und der des Zebebäuß,
geworben jei. —* Evang. de nativitate Mariae
und Protevangelium Jacobi, Die Verehrung ber
gain Anna findet * in der griechiſchen Kirche
jeit dem 4. Jahrh. In der römiſchen beftimmte
Gregor XIIl. 1584 die allgemeine Feier ihres
Gedädtniktages, 26. Juli. Weber die Empfjängniß
Mariae f. Maria.
Annas, bei Zofephus”Avewog. War unter dem
ſyriſchen Legalen Duirinius zum Hoheprieſter
ernannt, aber bereits durch den jüdiſchen Procu⸗
rator Valerius Gratus aus dem Amt entfernt,
welches bald nachher jein Schwiegerjohn Kaiphas
überfam. Wenn Annas dennod in der h. Schrift
immer ber Hohepriefter genannt wirb, jo joll er
damit nur ald früherer Hohepriefter bezeichnet
werden (Luc. 3,2). Nach Wiefeler war er der
Borfigende ded Synedriums, von dem der Hohes
priejter, das Oberhaupt der Priefter, unterjyi.s
den werben müffe.
Annaten. S. Kirchliche Abgaben.
Annege. Droit d'annexe. Das jrühere Necht ber
feanzöftiden Parlamente, nach welchem in ihrem
Sprengel die päpftlihen Ausfertigungen nicht
eher vollftredt werden durften, bevor fie nicht
eine förmlide Ermächtigung hierzu ertheilt hatten.
Anni cleri. Die zum Bau einer Kirche oder
Pfarrwohnung aufgenommenen Kapitalien müſ⸗
jen von den folgenden Pfarrern aus ihrem Pfründe⸗
eintommen in Friften (anni cleri) allmählich abs
getragen werben. Das evangelifche Kirchenrecht
legt durchgehends die Baulajt dem Kirchenärar
oder ben Gemeinden auf.
Anniverjarien, von anniversarius dies, d. h.
Jahrestag, find die für Verftorbene am Jahres»
tag ihres Todes gehaltenen Meffen. Da diejelben
bejonders geftiftet jein müfjen, bilden fie eine
Duelle des Eintommens für den Klerus.
Anno, &. Hanno.
Annulus piscatorius
Annulus piscatorius, d. h. Fiſcherring, mit
bem Bilde von Petri Fiſchzug. Wie jeder Biichof,
trägt auch der Papft einen Ring ald Sinnbild der
Bermählung mit der Kirche. Da mit demfelben
in Wachs gebrüdt die päpftlihen Breven ver:
ihlofien wurben, beißen fie sub annulo pisca-
torio erlaffen.
Aunnnciaten. 1) Ein weiblicher Orden, geftif-
tet 1501 durch Johanna von Balois, ift Durch die
Revolution aufgehoben. — 2) Die Himmlifchen,
genannt von der blauen Farbe ihrer Kleidung,
ein Drben gefiftet durd die Wittwe ge
aus Genua 1604, leben in firenger Elaujur, be:
ſchäftigt mit der Anfertigung von Kirchentüchern
und Kleidung für Arme.
Annus carentiae, Die Zeit, während welcher
bie Kleriler zu Gunften eines geiftlihen Obern
ober einer Stiftung auf einen Theil bes Ein:
lommens verzihten müffen.
Annus claustralis. Das erfte zu ftrenger
Reſidenz (Aufenthalt im Stifte) verpflichtende
r der Stiftäherren.
nus deeretorius, In ben weftphälifchen
Friebenäbeftimmungen das Jahr 1624.
Annus deservitus et gratiae, Den Erben
eines Geiftlichen fallen Einkünfte des legten Jah:
tes zu, die der Verftorbene verdient, aber nod)
nit bezogen hat. Außerdem wird ihnen gemöhn:
ih nod das Einfommen eines Monats oder
eines? Quartals bemilligt; die Particulargefeg:
gebungen regeln dies näher.
Annus diseretionis. Unterſcheidungsjahr,
beim Religionswechſel. ©. Alter.
Unomöer. Die Anhänger des Nrianers Adtius
(1. d. A.) behaupteten die weſentliche Verſchieden⸗
heit bes Vaters und bes Sohnes.
Ansbach. Bon Nürnberg aus verbreitete ſich
die Reformation im Ansbach'ſchen. Als 1524 der
größte Theil der Landftände die Erflärung gab,
daß fie bei ber evangeliihen Wahrheit beharren
wolt:n und daß man das Kirchenweſen refor:
miren folle, ließ Markgraf —— der zugleich
Chriſti und bes Kaiſers Freund fein wollte, zwar
bie Predigt Des Evangeliums zu, ging aber nit
weiter, verlangte vielmehr nad) dem Reichätag zu
Speyer, daß neben ber Brebigt die Tatholifchen
Geremonien, Meſſe, Klöjter ıc. geduldet werden
follten. Als nach einem Tode 1527 fein Bruder und
Mitregent Georg, der bisher im Ausland gelebt
tte, die Herrihaft allein übernahm, berief er
ofort die Prediger Althamar und Nürer, verbot
den fatholifchen Gottesdienft und ließ auf dem
eriten Eonvent zu Schwabad; die 23 Artifel auf:
fefen und annehmen, aus welchen die branden⸗
birgiſch- nürnbergiſche Kirchenordnung hervor:
ging, die 1638 von Oſiander bearbeitet erſchien
und die Einrichtung des evangeliſchen Kirchen:
weſens vollftändig durchführte.
Auſegis. Rachdem er Karl dem Großen als
Brumeifter und Diplomat gedient hatte, zog er
ſich in das Klofter Fontanella, defien Abt er war,
jurüd, und vollendete dort feine Libri III capi-
tularium,eine Sammlung der Reichsgeſetze, welche
Rarl d. Gr. und Ludwig der Fromme von 789—
817 in Bezug auf Kirche und Reich erlafjen hat:
ten. Diejelbe erlangte officielle Geltung und bis
ins 13. Jahrhundert leistete jeder deutiche König
darauf den Eid. — 2) Anſegis, einflußreicher
Rirhenfürft unter Karl dem Kahlen, vertritt die
31
Anſelm
Partei des Papſtes dem fränkiſchen Klerus (Hint:
mar von Rheims) gegenüber; iſt eine Zeitlang
Primas von Franken, muß aber wieder reſigniren,
als fein Gönner Karl der Kahle ftirbt. fF 832.
Anjelm von Canterbury. Geboren 1033 zu
Aoita, trat er unter Lanfranc in das Klofter Bec
in der Normandie ein, dort den Studien obzu:
liegen, wurde bald Prior und 1078 Abt. Bei
Erledigung des Erzbisthums Canterbury benugte
ber engliſche Klerus die Krankheit des gegen die
Kirche mit viel Willfür verfahrenden Wilhelm IL.,
denjelben zur Wahl Anjelms zu beftimmen, weil
fie in ihm einen kräftigen Vertreter erwarteten.
* ſeinen Willen wurde Anſelm ernannt
(1093). Aber bald entſtanden Zerwürfniſſe zwi:
ſchen ihm und dem Könige, da Anfelm mit größ:
ter Entfchiedenheit die päpftlihen Anſprüche ver:
theidigte. Mährend einer Reife nad) Rom (1097)
wurde fein Erzbistum mit Beſchlag belegt und
bis zu Wilhelms Tode verweilte er auf einem
Kloftergute in Gampanien, wo er feine Muße zur
Abfafjung der berühmten Schrift Cur Deushomo?
benugte. Nach Wilhelms Tod konnte er nur auf
furze Zeit nad England zurüdfehren (1103), da
er den Zehenseid dem König Heinrich —
Nach einem Compromiß jedoch, in dem der König
bei der Belehnung mit Ring und Stab, der Papit
beim Lehnseid nachgab u. A., —— er für immer
zurück (1106), ſetzte für fein Erzbisthum das Pri:
mat ber Landeskirche durch, und benugte die
ihm gewordene Macht zur durchgreifenden Reform
der Klöfter und der gefunfenen kirhlihen Dis—
eiplin. Groß in diefer Thätigkeit als Kirchenfürft,
erlangte Anfelm body no größern Ruhm als
theologifcher Schriftfteller. Er ift eine ber groß:
artigften Erſcheinungen der Scholaftif. In ihm
ift noch Glauben und Erkennen in voller Harmos
nie. Sein Grundfag ift Fides praccedit intel-
lectum (ber Glaube ꝛc.), credo ut intelligam
(id) glaube, damit ich erfenne). Der Glaube jieht
als das a priori Unanfechtbare feft, allein die
Wiſſenſchaft Hat nun die Aufgabe, den Inhalt des
Glaubens aud) ala den abfolut nothwendigen In—
halt ber Vernunft nachzuweiſen. Diejer Aufgabe
ift Anjelm in einzelnen Buntten mit nicht mehr
erreihtem Scharffinn nadjgegangen. So in der
Lehre von Gott durch feinen berühmten ontologi:
fhen Beweis für das Dafein Gottes, da Gott,
da man ihn aus Nothmwendigfeit denle, aud in
Wirklichkeit egiftiren müſſe (in feinem Proslo-
gium). Eingreifender in ber Entmwidelung der
Theologie ift er durch feine Berföhnungstheorie
geworben, welche er in Cur Deus homo ? aufftellt
und welche ala Satisfactionstheorie ſeitdem von
der Kirche feflgehalten if. Anfelm + 1109,
21. April. — Val. Haffe, Anfelm von Canterbury,
1843—1852. 2 Bände.
Anſelm, Bifhofvon Havelberg. Als Lothars II.
Geſandter zu Eonftantinopel 1135 hat er mit
Nicetas, Erzbifchof von Nitomedien, ein Geipräd
über die Gontroveräpunfte der lateiniihen und
griechischen Kirche, welches er nachher niederſchrieb
und en als eine der bedeutendſten Streitſchrif⸗
ten gilt.
Anfelm, der Heilige. Biſchof von Lucca. Gin
derart auf die Grundfäge Gregors VII. ein, dab
er zur Sühne dafür, daß er ſich vom Kaijer hatte
mit Ring und Stab belehnen lafjen, fein Amt
nieberlegte und nad) Elugny ging. Auf Befehl
Anfelm
Gregors zurüdgelehrt, wurde er vertrieben. + als
äpfilicer Legat 1086 (18. März). — 2) Der
Dbeim des Vorigen, jpäter Alerander II.
Anfelm von Laon. Schüler des Anjelm von
Canterbury. Lehrer der Theologie zu Paris,
dann Borfteher der Schule zu Laon. F 1117.
Ansgar. Der Apoftel des Nordens. Geboren
801 in der Picardie, trat er ins Klofter Corbie
und wurde von bort 822 nah Neu⸗Corbie (Cor⸗
vey bei Hörter) gefandt. Seine erfte Miſſions—
reife (826) machte er im Gefolge des neubelehrten
Königs Harald nad Dänemark. Bon bort ver:
drängt, ſandte ihn Ludwig der Fromme nad
Schweden (BD); unterwegs von Seeräubern ge-
plünbert, fam er nad Birfa am Mälarjee und
erlangte die Taufe einiger Eingebornen und die
Gründung einer Kirche. Nad) 1'/, Narr über:
trug ihm der Kaiſer das für bie nord⸗albingiſchen
Lande neugeftiftete Erzbisthpum Hamburg und
der Bapft den Legatenberuf für Dänen, we:
den und Slaven. Unter vielen Mühen forgte er
nun eifrig für die Fortfegung der Miffion in
Schweden, welche er Gautbert als freilich kurzen
Wirkungskreis übergab. Inzwiſchen war Hamburg
von den Normannen zerftört (337). Ansgar jelbft
atte nur das nadte Leben gerettet. Nad) einigen
hren großer Noth vereinigte Ludwig der Deut:
je das Erzbistfum mit Bremen, wohin Ans:
gar feinen Sig verlegte. Außer auf Dänemarf,
wo e3 ihm gelang in Schleswig eine Kirche zu
ründen, richtete er fein Augenmerk auch auf die
laven und vergaß Schweden nicht; feine zweite
Reife dahin, 848—850, hatte das Nefultat, daß
der Thing (die Volksverſammlung) die Predigt
de3 Evangeliums erlaubte. Doc dauerte es noch
fange, bis das Heidenthum überwunden wurde;
erft 1001 ließ fi König Dlaf taufen. Ansgars
Charakter fhildert die Empfehlung des Dänen:
lönigs nah Schweden: er habe nie einen fo mil:
den, guten Mann gefannt. Ansgar + 865, 3. Feb.
Anſo. Mönch und Abt zu Lobbes (um 800),
dem jpäter zu Lüttich gehörigen Klofter, Verfafler
von Lebenäbefhreibungen jeiner Borgänger, des
heiligen Urdmar und des heiligen Ermino.
Anterus. Bifchof von Rom 235, nad) einem
Monat Hingerichtet, weil er die Märtyreracte zu
ſammeln befahl.
Anthimus. 1) Patriarch von Eonftantinopel,
welcher, ein Freund ber Monophyfiten, auf Ans
dringen Agapetus I. von Juftinian wieder ab»
gejegt wurde 536. 2) Ein Bifhof von Tyana, ein
Gegner Bafilius d. Gr. 372.
Anthologium beißt in ber griechiſchen Kirche
das Meßbuch. ,
Anthropolatrie (Menjhendienft). Wurde ber
Kirche von den Apollinariften und A. zum Bor:
wurf gemacht wegen der Anbetung Ehrifti.
Anthropologie ift die Lehre vom Menſchen, zu:
nächſt im allgemeinften und weiteften Sinne. In
der Pe ewöhnlicd im Sinne von Pſycho⸗
logie, dann utfsmiffenfcaft der Ethik. In der
Dogmatik bezeichnet Anthropologie denjenigen
Theil derſelben, welcher fi mit dem Zuftand des
Menihen, ſoweit diefer für das dogmatiſche Den:
ten in Betracht fommt, beſchäftigt. Sie betrad):
tet in der Regel ben Menſchen nach zwei Seiten
bin, 1) nad feinen urfprüngliden Anlagen (sta-
tus integritatis), 2) nad) jeiner erfahrungsmäßis
gen Beichaffenheit in feinem Abfall von der urs
32
Antichrift
——— Beſtimmung (status corruptionis).
Der Reihenfolge ber Theile nach folgt die Anthro⸗
pologie gewöhnlich der Theologie. In der neuern
Dogmatik ift fie Häufig au der Ausgangspunft.
nibropomorphismus heißt diejenige Borftel:
lungsweiſe von Gott, welche Gott vermenſchlicht
und ihn dadurch aufhören macht, das Abfolute zu
fein. Der anthropomorphiftifche Ausdruck fann
entweber mit dem Bewußtſein feiner Ungenügend-
heit bloß zur Verdeutlichung des Gedankens ge:
wählt werben (ſymboliſcher Anthropomorphis:
mus), oder er fann als wirklicher Begriff aus
Beſchränktheit bes Dentens hervorgehen, aus Un:
fähigkeit, die Begriffe Raum und Zeit von Gott
zu abftrahiren (dogmatiſcher A.) ; fo der heidniſche
BVolytheismus gänzlich. Aber auch der hebräiſche
Monotheismus ift davon nicht frei, indem er Gott
Hände, Füße, Stimme u. f. w. beilegt, was nidt
immer als bewußte Verſinnbildlichung gefaßt
werden fann. Das Chriftentbum verwirft grund:
fäglidh den Anthropomorphismus, wenn aud) in
ber geſchichtlichen Erſcheinung feiner Lehren der:
jelbe nicht immer ausgeſchloſſen iſt. Kant nennt
Antbropomorphismus die Berfinnbilblihung mo⸗
—3 Ideen. Einzelne Philoſophen haben den
theiſtiſchen Gottesbegriff überhaupt anthropo⸗
a Hk at er
Authropopathismus (von avspwno - nass)
ift die Borftellungsweife von Gott, welche dieſem
menſchliche Gefühle und Leidenjchaften beilegt,
wie z. B. Zorn, Liebe. Die heidnijchen Religionen
find oft im ſchlimmſten Sinne anthropopathiich,
aud das Alte Teftament ift voll anthropopathi:
her Ausbrüde. In der praktiſchen Religions»
lehre ift wegen der Unvorftellbarleit Gottes der
anthropopathiſche Ausdrud unumgänglich, um die
Beziehungen Gottes zur Welt barzuftellen,
Antigrift. Dachte man im apoftoliichen Zeit:
alter die Wiederkunft Chrifti fi) nah, jo war die
Aufrichtung feines Neiches nicht gedacht, ohne daß
die herrſchende Weltmacht noch einen legten Bers
fuh macht, ihr Reid zu behaupten; die Perſön⸗
lichfeit, in weldder man bie babei ſich entwickelnde
Gottlofigteit und Bosheit erfüllt und gleichſam
incarnirt Ion bieß der Antichrift. Er fteht an der
Spige des Kampfes gegen bas Reich Gottes. So
bejonders 2. Zee .2; Offb.305.11,7u.13. Als
diejer erfcheint dem Apolalyptiler ber wiederleh⸗
rende Nero, wobei bie Bilder, unterbenen bie Ber:
fon des Antichriſts gejhildert und Nero verhüllt
wird, Daniel3 Schilderung des Epiphanesentlehnt
find. In den Evangelien, auch den johanneiſchen
Briefen, erjheint der Antichrift meift ala Pieubos
Hrift, d. 5. Irrlehrer, der fi für den Meſſias
ausgiebt, ift auch nicht beftimmt an eine einzelne
Berjon gelnüpft (Matth. 24, 6.23 ff.; 1. Jah.
2,18; 4,3; 2.305.7). In der Folgezeit, ala bAr
Antichrift in der gedachten Weije nicht erjchien, \
jah gewöhnlich jede Partei den Antichrift in ihren N
Gegnern. So fahen die erjten Shriften den Anti:
chriſt in Nero, die Protejtanten im Bapft, und
umgelehrt, während der Fremdherrſchaft das
deutſche Volk in Napoleon u.f.m. Die Annahme
eines perjönlihen Antichrift3, ſonſt faft als
Dogma betrachtet, ift heute immer mehr zurück⸗
getreten. Der Antidrift wirb gefaßt als die
Perjonification des widerchriſtlichen MWeltgeiftes,
der fi im Gegenjag gegen das chriſtlich Gute
ebenjalld immer fteigere und fein inneres Wejen
Antidifomarianiten
entihiebener offenbare, bis endlich der vollfom:
- Abfall von Gott und allem Guten zu Tage
e.
Antidikomarianiten, Gegner der Maria, wer:
den Alle genannt, welche die Birginität der Ma—
tia leugnen, alfo fowohl die Ebioniten, welche
Jeſus ald den wahren Sohn Joſephs und ber
Raria bezeichneten, als auch die, weiche annahmen,
Maria Habe noch andere Kinder geboren. Epipha-
nius, 78. Härefe. Das Gegentheil der Antidifo:
marianiten find die Kollyridianer in Nrabien,
welhe Maria göttliche Ehre erwiefen und ihr Ku-
hen (zoAlvpis) opferten. 4. Jahrh.
Antilegomena nennt Euſebius Diejenigen
Bücher des Kanon (f. d. A.), welche zwar in den
mei Kirchen —— wurden, hinſichtlich
deren Echtheit aber keine allgemeine Ueberein:
fimmung herrſchte; er unterjcheidet fie von
den geradezu für unecht (vö905) gehaltenen.
Antilibanon, Die öftlihe durch Cöleſyrien
vom Libanon getrennte Gebirgäfette im Norben
Baläftina’s (f. Libanon).
Antimensium, Das geweihte Tuch, welches in
der griehifchen Kirche vor der Meſſe über den
Altar gebreitet wird, um denfelben dadurch zum
Dpferaltar zu machen. In daſſelbe find ſteis Re-
liquien eingenäht.
Antinomismus wird, bei mancher Verſchieden⸗
heit im fpeciellen Gebrauche des Wortes, im All:
gemeinen jede Richtung genannt, welde die Gül⸗
tigteit bes Gefeges aufheben will, baher ſowohl
eigenthümliche Theorien als auch praltiſch liberti⸗
niſtiſche Richtungen (nad Nitzſch St. u. Kr. 1846,
1.2. als philoſophirende Sünde befinirt). In
der Regel gründen fich bie legteren als der natür:
liche Rückſchlag auf unnatürlihe Asleje, daher
wir fie zuerft und in größtem Umfang faft in
allen gnoftifchen Kreifen finden, ſowohl denen ber
befieren Art, wie Bafılidianern und Ba:
Ientinianern, als aud) beſonders bei den auf
der äußerfien Grenze bes Chriſtenthums ftehenden
Rainiten, Rarpofratianern und Mani:
Häern. Gleichzeitig tritt uns auch jhon im 2.
Jahrhundert in Marcion baserfteausgebilbete
Syſtem eines theoretifhen Antinomismus ent»
gegen. — Im Mittelalter wird felbftredend allen
bäretiihen Parteien die [hlimmfte Sittenverberb:
niß nachgeſagt, felbjt ſolchen praktiih frommen
Rihtungen wie derjenigender Waldenjer und ſogar
nur gegenden Drud der Hierarchie gewandten Be:
ftrebungen wie denen der Stedinger. Doch es ift
zweifellos, daß unter ben asketiſch-dualiſtiſch ger
färbten Secten (Bogomilen, Albigenjern)
fih manche Neigung nicht bloß zu einem theoreti-
IhenAntinomismus,fondernjelbft zumLibertinis⸗
mus findet; die Brüder und Schwejtern
des freien Geiftes bilden in dieſer Hinficht
peciell den Mebergang auf die folgende Epoche. —
In der gewaltigen Bewegung der Reformationd:
jeit treten mit Einem Schlage die verſchiedenſten,
früher im Geheimen wudernden Tendenzen ans
Tageslicht, und vor Allenı der Anabaptismus
mit den verwandten antitrinitarifhen Tendenzen
zeigt ſich uns faft überall rg als Antino⸗
mismus. Selbftein Job. Denk, ein Sebaftian
Frank und ein Joh. Gampanus fallen in
die Kategorie de3 theoretijhen Antinomismus,
Dem eg Grad des Libertinimus zeigen
nicht Bloß die wilften Beftrebungen des Bauern:
33
Antiochien
friegöd und des Münfterfhen Aufruhrs,
ſondern vor Allem die holländifhen und
Genfer Libertiner, welde Ealvin fo viel zu
ihaffen machten. Am lehrreichiten für die Ent:
ftehung der antinomiftiichen Geiftesart find je:
doch die Syiteme des David Joris und bes
Heinrich Niklaos und ihrer weitverbreiteten
Secten. (Bgl. die Monographie über ven Legteren
in der Beitjchr. f. Hift. Th. 1862, 3 u. 4 und über
ben Erjteren 1863, 1; 1864, 4.) — Aber aud) bie
von der Heberjpannung ber anabaptiftiichen Ten:
benz ſich freihaltende firchliche Reformation mußte
erft die Neigung zum Antinomismus von ſich ab:
ftoßen, um fi normaler entfalten zu lönnen. Dieſe
Bedeutung bat ber fpecifiich fogenannte antino:
miſtiſche Streit in der lutheriſchen Kirche, durch
Joh. Agricola’s faljhe Theorie fiber das Ber:
hältniß des Gejeges zum Evangelium (daß das
Geſetz nicht mehr gepredigt werden bürfe) veran⸗
laßt; und ebenfo in der reformirten Kirche die
Ueberjpannung der Prädeftinationslehre, die be:
jonders in England und Holland von ber
Kirche überwunden werben mußte; vgl. die eng:
liihen Antinomer und Libertiner der Revolu:
tionszeit, wie die Levellers, Stanters,
a Fünfmonardijten; und
die holländiſchen Secten der Hattomiften und
Janfeniften. — Nod eine Blütheperiobe er:
lebt endlich der Antinomismus der verjchieben:
En Art durch bie pietiftifche —— mit ——
eparatiſtiſchen und chiliaſtiſchen Anhängſeln.
Selbſt der eigentliche Pietismus hat mannigfad
eine faljche Tree unb ®raris über die Stel:
lung zum Gejege veranlaßt, wie bie Secte der
Pregizerianer in Würtemberg darthut; und
alle ihr verwandten Richtungen, bie Herrn-
buter, bie Methodiften, bie infpirirten
Gemeinden ber Wetterau, die Haugianer
in Norwegen, mußten ſämmilich eine Art „Sid:
tungsperiode” durchmaden. Am furdtbarften
aber tritt bie Gefahr des Umſchlags einer faljch
asketiſch⸗chiliaſtiſchen Lebensanſchauung in boden:
loſen Libertinismus zu Tage in ben jogen. cars
naliſtiſchen Rotten, der Buttlarſchen in Welt:
pbalen, ber Borbelumer in Holftein, ber
Bruggler und ber Antonianer in ber
Schweiz, ber Ronsdorfer Zioniten (Eller:
ſchen Rotte) im Rheinland. Und daß aud in ber
Gegenwart ähnlihen Ueberjpannungen ähnliche
Eonjequenzen nur zu ſehr drohen, hat die Ge⸗
ihicdhte der Königsberger Muder, der Wup⸗
perthaler Brädeftinatianer und zumal ber
Burn ne im Uebermaß dargethan.
Antinomiſtiſcher Streit imengeren Sinne wirb
ber Conflict zwijchen Agricola einerfeits und Zus
ther und Melandthon andererfeits genannt, in
ber boppelten Bhaje von 1527 nad) der kurſäch⸗
ſiſchen Kirchenvifitation, und von 1537 bei der
Veranlaffung der Thejen (Bofitionen) Agricola's
über die Buße und ihr Verhältnig zum Glauben.
(S.d.vor.Art.) Nah heftiger gegenfeitiger Polemil
muß Agricola 1540 revociren. — Aud in Ams⸗
dorfs Behauptung von der Schäblichkeit der
guten Werke mußte abermals die antinomiftifche
Ueberjpannung der evangeliihen Grundlehre von
der Glaubensgerechtigleit abgewieſen werden.
Untiodien, fo genannt nad Antiohus, dem
Vater ihres Erbauers Seleucus Nitator, am
Drontes, die Hauptftadt Sn mwurbe ber
. Antiohus II.
zweite
11, 19u.26; 13; 14; 15) nicht bloß durch bie
Größe und Lage der Stadt, ſondern auch
darum, weil hier in der helleniſtiſchen Gemeinde
ein Gegengewicht gegen die judaiſtiſchen Gemeins
den Paläſtina's fich bildete. Sie hatte bedeutende
Biihöfe, die im Geifte eines Paulus wirkten:
Barnabas, Jgnatius, Chryſoſtomus; jo gemann
bei der Ausbildung der Hierardhie Antiochien bald
die Mürde des Patriarhats neben Rom, Eon:
ftantinopel und Jerufalem (Synode zu Chalcevon
451). Synoden find häufig in Antiochien gehals
ten, mehrere gegen bie Novatianer 252, gegen
Paul v. Samojata 269; in dem arianifchen Streite
841, 361, 363, 376, 379, 383. Im Jahre 637 fiel
Antiodien in die Hände der Muhamedaner,
aus denen ed rur für die kurze Zeit der Kreuz:
züge befreit wurde; damit erloſch feine Bedeu⸗
tung für die riftlihe Kirche. — Antiodien
in Bifidien wird Apftg. 13, 14 erwähnt.
tiochus Il., König von Syrien (Heög) feit
962. Bol. Dan.11,6. Befiegt von Ptolemäus II.
Philadelphus von Aegypten, mußte er feine Ge:
mahlin Laodice verftoßen und die Berenice hei«
rathen, die Tochter jeines Siegers, welche er nad
BPhiladelphus’ Tod wieder verftieß. Dieſe zu
rähen, zog Ptolemäus III. Euergetes heran
und plünbderte Syrien, 246.
Antiochus ILL, der Große. Eine Niederlage
egen Negypten bei Raphia 217 rächte er durch
* Sieg über Ptolemäus Epiphanes bei Paneas
198, wodurch ganz Paläſtina in feine * lam.
Sein ſiegreiches Vorſchreiten in Kleinaſien rief die
Einmiſchung der Römer herbei, von denen er 190
bei Magneſia geſchlagen wurde. Antiochus wurde
bei der Plünderung des Belustempels in Ely—
mais getödtet. Die Juden begünftigte er.
Antiohus IV. Epiphanes, König feit 176.
Dan. 11, 21-45; vgl. 7,8; 1. Makk. 1,10 als
der Böfewicht bezeichnet (das Vorbild des Anti:
rifts im Neuen Teftament), auch nach heidniſchen
Säriftftellern ausgezeichnet durch glänzende Ga:
ben, berüchtigt durch feine Graufamleit.
Seine Regierung war ſehr unruhig, indem er
drei Kriegszlige nach Aegypten unternahm, 171
v. Chr. (Dan. 11,22), 170 (1. Malt. 1,17 ff.;
Dan. 11,25; 2. Matl.5,1), und 168 (Dan. 11,
29 ff.), bald da, bald bort Empörungen zu
dämpfen hatte oder reihe Tempel zu plündern
uchte. 1. Malk. 1, 20; 2. Malt. 5,11. In Yu:
äa fand bie Partei, welche dem heibnifch:griechi:
[hen Weſen ergeben war, naturgemäß eine Stüße
an ihm und begünftigte den Jafon, welder feinen
frommen Bruder Dnias ftürzte, dann aber wieder
von Menelaos verdrängt wurde, der bas Hoheprie:
fterthum durch Geld an ſich brachte und den Onias
ermorden ließ. 2. Maft.4,23.50. Als er aber (167)
jämmtligen Unterthanen jeines Reichs gebot,
ihren Gultus zu verlaffen und bem von ihm
eingeführten olympifhen Zeus, mit dem er fi
identificirte, zu dienen, und diefen Befehl auf
der Rüdfehr vom letzten ägyptifhen Zuge, als
er von der Burg und dem Tempel in Serujalem
Befig genommen und dieſen geplündert hatte,
auf die graufamfte Weife zur Ausführung brachte;
erhob fich der große religiöfe Freiheitskrieg unter
ber Anführung der Maktabäer, welche den Yyfias,
den Feldherrn des Antiohus, ſchlugen und 8
Jahre nad) der Verunreinigung des Tempels ben:
34
Hauptpunkt des Chriſtenthums (Apſtg. |; jelben von Neuem weihen tonnten. Antiochus ftark
Antitrinitarier
auf der Rüdtehr von einem vergeblihen Beute:
zuge nad) Elymais, 164.
ntiohus V., 164—162, unter ber Vormund⸗
haft des Lyfiad. Nah einem Scheinfrieden,
1. Matt. 4, 35, zogen Lyſias und Antiochus mit
furdtbarem Heere gegen Judas Maklabäus,
1. Malt. 6, 47. Betbzura ergab fih, Jerujalem
murde belagert, 1. Maft. 6, 49. 50. Doch ſchloß
Antiohus mit dem Judas Frieden und gewährte
die Religionsfreiheit, um Raum gegen andere
inde zu gewinnen, wurbe aber im folgenden
ahre, 162 v. Ehr., von Demetrius Seleucus’
ohn überwunden und hingerichtet.
Antiohus VI., bei Joſephus Theos genannt,
145—144, Sohn bes Balas, wurde von Tryphon
dem Demetrius IL, entgegengeftellt, gewann für
fi den Hohepriefter Jonathan und defjen Bruder
Simon, wurde aber von Tryphon ermordet.
1. Malt. 11, 57 f ‚12, 24 ff.
Antiochus VII. Sibetes, 139— 130, gewann
fein Königreih von Tryphon; En mit Simon
dem Hohepriefter, verbündet, erkannte er nad
kurzer Fehde mit Johannes Hyrlan benfelben an,
fowie die freie Religionsübung der Juden. Er
war einer der beiten Seleucidenfürften.
Antipad (Herodes, Matth. 14, 1 u. fonft).
Herodes bed Gr. Sohn, Tetrarch von Galiläa und
Peräg feit 4 v. Chr. Entließ feine Gemahlin, die
Tochter des Aretas (ſ. d. A.), und nahm die Hero-
bias zu fi, jeines Bruders Philippus Frau.
Ließ Johannes enthaupten. Chriftus wurde vor
ihn als feinen Landesfürften geführt. Bon
Agrippa I. in Rom verklagt, wurde Antipas 39
n. Chr. nad Gallien verbannt; feine Tetrarchie
fiel an Agrippa.
Antipafha. Im der griehifhen Kirche ber
Sonntag nach Dftern.
Antipatrid. An der Straße zwiſchen Jeruſa⸗
lem und Gäjarea, Dei bob Dorf K’far:Saba.
Antipfon. Die Weiſe des Pfalmengejangs,
mobei die Chöre ſich in denfelben theilen; ſoll
in der Kirche von Jgnatius eingeführt fein. Dann
der Spruch oder Berd, ben der Vorſänger an
ftimmt, um der Gemeinde die Dielodie des zu ſin—
enden Liedes, auch den Geſichtspunkt der Auf:
affung, anzugeben. Zu unterjheiden von Reſpon⸗
forium (ſ. d. A.).
Antiphonarius (nämlich liber, Bud). Eine in
firhlihem Gebraud befindlihe Sammlung von
Antiphonen, berrührend von Ambrofius und Gre⸗
gor dem Großen.
Antitalten. Gefammtbezeihnung aller ber
Antinomiften, welche das Geſetz durch wifjentliche
Uebertretung (dvrırdosesIu, d. h. widerftreben)
als überwunden und ungültig darjtellen wollten,
und fo Wolluſt und Völlerei nicht mieden.
Antitrinitarier oder Monarchianer find im
weiteren Sinne noch alle Kirchenlehrer der vor:
nicänifchen Periode gewefen, indem felbft Driges
nes (auf deſſen Lehre von der ewigen Zeugung
des Logos bie jpätere Entwidelung weiterbaute)
noch entihiedener Suborbinatianer war. Im
engeren Sinne nennt man verjchiedene kleinere
Richtungen fo, die ſich am weiteften von ber ſpäte⸗
ren Rircheniebre entfernen, als 1) die eblonifirens
den Monardianer, die Aloger, die Anhänger des
Theobotus und Artemon ſowie Paulus von Sa—
mojata, 2) die fogen. Patripaffianer, Prareas in
Anton
Kleinafien, Nostus, Kleomenos und Kalliftus
in Rom, 3) die Bertreter des fogen. Modaliämus,
Sabellius und Beryll von Boftra. — Im Mit⸗
telalter fehlt e8 der ganzen Natur feiner Ent-
widelung nad) an neuen Speculationen über dad
kinitariche ogma; um R mehr bringt deren,
obgleich die Reformatoren jelbft die trinitariſchen
und hriftologifhen Dogmen unberührt Laffen,
die Reformationgzeit, und vor Allem fließen die
drei großen Strömungen des Anabaptismus, An
titrinitarismus und Antinomismus fo fehr in ein-
ander, daß faft immer die Vertreter der einen
Tendenz auch die der andern find, wie 3. B. Dent
mit feinen Freunden Heßer und Kautz, Sebaftian
* und Joh. Campanus, David Joris und
ine. Nillaos beweiſen. — Die ſpeculativ am
meiftendurchgebilbeten monarchianiſchen Syfteme
gehen von Italien aus: Camillo Renato, Ber:
nardino Dcchino und befonders Ontel und Neffe
(£elio und Fauftus) Sozini. Die Märtyrer des
Antitrinitarismus find Servet in Genfund Gen:
tilis in Bern geworden. Eine Freiftätte fand bie
jonft überall verftoßene Richtung, in ber fpeciellen
Ausbildung als Socinianismus, längere Zeit in
Eiebenbürgen und Polen. Bon dort vertrieben,
wandten fi) viele Socinianer nad Holland, wo
fie ih zum Theil an Arminianer und Mennoni:
ten anſchloſſen. Kirchenbildend hat fi) in Europa
ſchon durch die immer neu gewedten Berfolgungen
der Antitrinitarismus nicht le Önnen,
während in England und Amerika jeit Ende des
vorigen Jahrhunderts eine größere unitarifche
Gemeinſchaft entftanden ift, der u. A. Channing
und Theodor Barker angehören. Doc hat bie
neuere deutſche Theologie, ſoweit fie Schleier:
mader folgt, meift die alte Form des trinitari»
Ihen Dogma’3 aufgegeben, und fi) entweder wie
Schleiermacher jelbft dem Mobalismus (Sabel:
lianismus) zugewandt, oder doch (mie Rothe
8.) auf bie manderlei Wahrheitäelemente in
den früher mit Gewalt unterdrüdten Anſchau⸗
ungen hingewieſen.
9, Baul, Einer ber Begründer ber pietiſti⸗
ſchen Richtung, neben Franke Profeſſor in Halle;
bielt u. U. nach Speners Entwurfe Borlefungen
über das Neue Teftament. + 1730.
Anton Ulrich, Herzog von Braunſchweig. 1710
zum Katholicismus ——— nachdem er
eine Entelin Eliſabeth Chriſtine behufs en
Berbeirathung mit dem jpäteren Kaiſer Karl VI.
hatte vorangehen laffen. Doch blieb feine Eon-
verfion ohne weitere Folgen, außer einem Schrift:
wecjel über das den Schritt begünftigende Gut⸗
achten des Helmftäbter theol. Prof. Fabricius.
Untonianer. Eine Secte in der Schweiz, deren
Stifter Anton Unternährer war, geftorben im Ge:
fängniß zu Luzern, 1824. Aus willtürlich zu:
jammengeftellten Vibelſprüchen begründete er
fine Lehre, die darauf Hinauslief, daß Alles,
was Gott geichaffen, alfo natürlich jei, auch gut
ki, und das Böſe darin beftehe, daß man einen
Unterſchied madt. Die dur) Chriftus begonnene
Erlöfung müſſe jegt vollendet werden dur Auf:
bebung alles Geſetzes; der einzige Gottesdienſt
beſtehe in der Pflege der (geichlechtlichen) Liebe
ohne Zwang und Unterfhied. Es follen noch
Spuren der Secte vortommen.
Antoninus. Dominicaner, Erzbichof von Flo:
sen. Ein ausgezeichneter Briefter und Biſchof,
35
Anwartſchaften
der ſich bei der Peſt (1448) und einem Erdbeben
(1453) ın Florenz bewährte. Bemerkenswerth iſt
ſein Zweifel an der Echtheit der conſtantiniſchen
—— und ſeine freie Stellung zur ſtreitigen
Pe: Er ſchrieb: Summa theologica und
umma historialis. Er wurde 1523 heilig ge:
fprodhen.
Antoninus Pins, Römifher Kaifer, 138—161.
Schützte die Chriften gegen die Volkswuth, ald man
öffentliche Unglücksfälle der Race ber beleidigten
Götter zuſchrieb. Dennoch ift das bei Eujebius
ihm zugeichriebene Edict (mpos ro xowwör) unedt.
Antonius de Dominis. Erzbifhof von Spas
latro, Primas von Dalmatien. Unzufrieben mit
ber römischen Politik, wurde er ber Jnquifition
verdächtig, verließ dann Stalien und trat in
London zur reformirten Kirche Über, welchen
Schritt er in einer oft aufgelegten Schrift ver:
theidigte. Als er jeinen Wunſch, Erzbiihof von
Hort zu werben, nicht erfüllt fah, feiner Umkehr
aber ber Eardinalshut als Lohn verheißen wurde,
belannte er fich in Brüffel wieder m latholiſchen
Kirche und that in Rom Kirchenbuße. Hier ſoll
er von Neuem von der Inquiſition eingezogen
und im Gefängniß geſtorben ſein, 1624
Antonius, der Heilige, geb. 261 zu Koma in
Ober⸗Aegypten, gab ſich früh einem Zuge zum
beihaulichen Leben hin. Dem Worte Chriſti nad)»
zulommen, entäußerte er fi feines ganzen Ber:
mögens, unb lebte als Asket, zuerft allein, dann
mit Gleichgefinnten. Den Berjuhungen der Dä-
monen zu wiberftehen, legte er ſich noch größere
Entbehrungen auf und lebte 10 Jahre allein in
einer Felögrotte. Um ihn ſammellen ſich als um
ihren geiftigen ı: viele Aöleten, denen er in
einem Leben bes ftrengften Faftens, der Arbeit
und des Gebet3 voranging. In der Berfolgung
des Marimin erfchien er in Alerandrien, um bie
Ehriften zur are zu ermahnen, und
noch einmal 14 Jahre jpäter, um dem Arianid«
mus entgegenzuwirlen. Er ift ber Bater bed
Möndthums. Er ftarb am 17. Januar 356, im
Alter von 105 Jahren.
Antonius von Padun, der Heilige. Geboren
1195 in Lifjabon, trat er zuerft in den Orden ber
regulirten Chorherren des 5. Auguftin, fpäter in
ben Franciscanerorden. Nachdem er 1221eine Mil:
fionsreife zu den Mauren gemacht hatte, ftubirte
er auf Befehl des Ordens Theologie und wirkte
nun als Lehrer und Prediger. Der Milderung
der Ordensregeln wiberjegte er fi und bewirkte
beim Papfte die Abjegung des Ordensgenerals
Elias. Er ftarb zu Padua, wo er begraben liegt,
1231. Seine Legende ift vol Mährchen. Er ift
ber Schugheilige von Padua und ber ber Haus⸗
thiere.
Antonius, Orden des heiligen. Antonierherrn
im 11. Jahrhundert. Ein franzöfifher Edelmann
Gafton gründete aus Dankbarkeit für die Heilung
feines Sohnes vom Antoniusfeuer (einer Krank⸗
heit, genannt nad dem heiligen Antonius) ein
Hofpital, in dem er mit feinem Sohne und 8 Ges
fährten den Krankendienſt ve Diefe Laien:
verbrüberung erhob Bonifaz . zum Orden
nad) den Chorberrnregeln be3 heiligen Auguſtin
in ſchwarzem Kleid und halbem Kreuz in Blau.
Anwartihaften. Urſprünglich gab es feine
Weihe ohne Amt; fpäter galt die Regel, Teine
Weihe ohne Tiſchtitel. Je mehr aber bie abjoluten
3
Apelles
Weihen zunahmen, deſto häufiger ſuchte man ber
entſtehenden Verlegenheit zu entgehen durch das
Verſprechen, eine demnächſt frei werdende Stelle
zu übertragen, das find gratiae exspectantiae,
Exſpectanzen. Eolde Anwartfdaften fanden zu:
meijt bei den Ka u ftatt, wo fie weder
das Berbot Bonifaz’ VIII. noch des Concils von
Trient hat abjtellen fönnen. Andere Anwartichaf:
ten gingen aus von ben päpfllihen Empfehlungen
an die Gollatoren der Pfrlinden für einzelne ver:
diente Männer, bie anfangs bittweife geftellt wur:
den, dann Mandate — mandata de providendo —
mwurben, denen — —— und Befehle folgten.
Bald wurden ſolche mandata nicht mehr einzelnen
verdienten Männern gegeben, ſondern nach Gunſt,
Politik und für Geld; und der Unfug wurde ſo
arg, daß das Tridentinum die mandata ganz
aufhob. Endlich entſtanden Anwartſchaften durch
das jus primae precis, das Recht des Königs,
in jedem Stift die erſte nach der Thronbeſteigung
erledigte Pfründe zu beſetzen.
In der evangelilyen Kirche giebt e3 feine offe:
nen Anwartihajten, wenn man nicht bie spes
succedendi des Adjuncten dazu rechnen will. In
der Sache felbft unmöglicd werben fie durch die
Pfarrwahl der Gemeinden.
Apelled. Ein Chrift, Röm. 16, 10. Der Sage
nah Biihof von Smyrna.
Apelles. Schüler des Gnoftifers Marcion, der
nad) des Meifterd Tode das Syſtem deifelben
umbildet und den übrigen, befonders den aleran:
drinifchen Gnoftilern, annähert ; durch die Offen:
—— der Philumene belehrt, über die er
auch eine beſondere Schrift herausgiebt. Eine
andere Schrift von ihm behandelt die Wider:
fprüche im Alten Teftament.
haerema, 1. Naff.11,34. Stadtin Ephraim,
welche Demetrius Soter dem Jonathan gab.
Apharfäer, Apharfehäer. Sara 4, 9; 5, 6.
Einige jener Boltsftämme, die von den Aflyrern
in das entvölferte Iſrael verpflangt wurden.
Ewald vermuthet Perſer.
hek. Name mehrerer Städte in Sfrael.
1) Im Stamme Aſſer (30. 19 ‚30), Kanaaniter:
ftabt, jegt Afta; 2) 1. Kön. 20, 26; im Diten
von Genezareth; 3) ohnmweit Zisreel, 1. Sam.
29, 1; 4) ohnweit Ebenezer, 1. Sam. 4,1.
Aphthartodoketen oder Phantaſiaſten; durch Zus
lius von Halicarnaß gegründet. Secte der Mono—
phyſiten. Lehrten, der Leib Chriſti ſei unverwes—
lich; gegen den Widerſpruch ſtärlte ſie ein ſie be—
günftigendes Ediet Juſtinians, mit deſſen Wider:
ruf durch Julian IL. ſpäter die Secte erloſch.
Apion. Ein ägyptiſcher, den Juden feindlich
gefinnter Schriftſteller, der u. Man der Spitze
der Geſandtſchaft an den Kaiſer Caligula ſtand,
welche die alexandriniſchen Juden verklagen ſollte,
und gegen den Joſephus feine durch ihre Auszüge
aus Manetho wichtige Echrift contra Apionem
ſchrieb, worin er Juden und Hylſos identificirte.
Apotalypſe. Die Offenbarung des Johannes.
Tie einzige neuteftamentliche Schrift apofalypti:
ſcher Art. 1) Verfaſſer. Als folden r die
Tradition den Apoftel Johannes an nah 1,1.4.9
und 22,8, wo der Name Johannes genannt wird.
Schon frühe wird die Schrift als 5 ren be:
zeugt. So haben ſchon Papias und Melito (135)
nad) den Berichten bes Eujebius die D nn
für infpirirt gefalten. Irenäus beruft ſich au
36
Apofalypfı
Leute, die Johannes noch gelannt. Dann noch:
Yuftin, das Schreiben von Lyon und Bienne
(177). Erſt Dionyfius von Alerandrien a
den apoftolifhen ""rfprung, Gajus von Kom
cheint fie Cerinth , ızuweifen, die jyrifche Ueber⸗
egung hat fie nicht. Eufebius und viele berühmte
Morgenländer erfennen fie niht an. Die Ber:
werfung gejhah jedoch meift aus dogmatiſchen
Gründen gegen den Chiliasmus. Allmählich mit
dem Zurüdtreten des legtern wird auch die Apo—
Talypfe als apoftolifch anerfannt. In neuerer Beit
ift die Frage (befonders jeit Semler) nad) der apo⸗
ſtoliſchen Abfaſſung wieder aufgetaucht ; es wurbe
gefragt : kann derjelbe Berfajjerdas 4. Evangelium
und die Apolalypſe geſchrieben haben ? beide find
ſprachlich und in Beziehung auf Vorftellungsfreis
jo verfchieden, daß eine Verſöhnung ſchwerlich
möglich ift (de Wette, Ewald, Lüde, Baur u. ſ. w.).
Hengftenberg und Baur halten von entgegengejeß:
ten Standpunkten an bem —— Urſprung
feſt. Andere, wie Ewald, Lücke, Bleek, beſtreiten ihn.
2) Inhalt. Das Buch beginnt mit einer Viſion,
in ber ber sen dem Seher 7 Briefe an
7 Heinafiatifche Gemeinden bictirt zur Warnung
und zum Troft. Hierauf enthüllt ji bie Offen:
barung. Gott ſelbſt ericheint und bringt das
Bud mit 7 Siegeln. Das Lamm tritt zu Gott
und die Siegel werden eröffnet. Die 4 erjten
fündigen Krieg, Hunger, Tod, Hölle an (4 Rei-
ter), im 5. fchreien die Märtyrer nad Recht; das
6. bringt Erdbeben u. f. w. — jegt fol das 7.
geöffnet werden. Die Frommen werben mit Dem
Zeichen verjehen, und ein Blid wird auf die Se:
ligkeit der Märtyrer im Himmel eröffnet. Die
Spannung ift indefjen geftiegen. — Da wird bas
7. Siegel erbrochen. Aber aus dem fiebenten Sie:
get entwideln fi die 7 Poſaunen. Die 4 erjten
eſchreiben wieder neue furdtbare Plagen. Die
5. und 6. bringen Heujchreden und parthiſche
den Die 7. follte erfolgen — aber wieder wird
ie verzögert. Johannes muß ein Buch verſchlin⸗
gen, dann erfolgt die Drohung an Jerujalem
wegen ber Tödtung der beiden Zeugen. Der 7.
Bofaunenfhall erfolgt, aberaud) er zerlegt ſich wie⸗
der in 7 Geſichte. Es erfcheint der Satan und das
falfche Brophetenthum, das Weib (Iſrael) gebiert
den Meſſias und wird indie Wüſte gejagt. Das erſte
Thier neigt aus dem Meer auf, dann lommt das
zweite, Hierauf wird in ben 3 legten Geſichten
noch einmal das Lamm und die Zurüftung zum
Gerichte gezeigt. Aber noch ehe das Gericht wirt:
lich beginnt — bie Gerichtsengel erjcheinen be:
reits — entfaltet fi) das Gemälde in die 7 Zorn:
ſchalen, hauptjächlid) gegen Babel (Rom), die Hure,
erschtet, mit deren Wehe die Vorbereitungen
—— Nun kommt der Meſſias, überwindend
die Feinde und den Satan; es kommt das tau—
fendjährige Reich, zu dem die Todten auferſtehen.
Darnad beginnt noch einmal ein Kampf des mit
Sog und Magog verbundenen Satans, dann das
Gericht, und das neue Jeruſalem erſcheint. 3)
Auslegung. Diejes dramatiſch-künſtleriſch an—
gelegte Buch (nad) der Siebenzahl georbnet) hat
die verfhiedenften Auslegungen —— Wir
unterſcheiden beſonders zwei Arten: a) bie firchen:
geihichtlide, faft von der ganzen älteren Kirche
teftgehaltene. Darnach wäre die Apolalypfe eine
Darftellung der geſammten Kirchen: und Melt:
geſchichte durch die Jahrhunderte hindurch. Vieles
Apokalyptik
wurde hineingetragen; die Nölferwanberung,
die Reformation, der Papſt, die franzöſiſche Re:
volution, Napoleon u. |. w. glaubte man in ben
opolalgptifhen Bildern entdeden zu können.
Bengel berechnete, dab das Jahr bes 212
dad —* 1836 ſei. Seit Herder, Eichhorn u. ſ. w.
bahnte fi allmählich eine wiſſenſchaftliche Ertlä-
rung an. b) bie zeitgefchichtliche, wonach in der
Apolalypſe lediglih Vorgänge und Erwartungen
der Zeit befchrieben find, in welder der Verfaſſer
lebte. Der Kampf der Ehriftengemeinde gegen
die römische Weltmacht bildet dad Drama des
Zuches. Die römische Staatsmacht erfcheint 3. B.
in bem Thiere (12, 18 ff.), Babel (16) ift Rom,
ebenfo die Buhlerin (Kap. 17). Die 7 Häupter
find 7 Kaiſer. Da als der ſechſte Galba zu berech—
nen iſt, fo ift das Buch unter ihm (68) gejchrieben.
Der fünfte, der als achter wiederfommt (13, 3;
17,10) ift Nero, von dem damals das Gerücht
sing, er, der Todte, habe 1a nur nad Parthien
surüdgezogen und werde bald wiederflommen
(Zueton: Nero 14, 57; Tacitus, Hist. 12, 28).
Die Zahl 666 (13, 18) beftätigt die Beziehung
suf Nero; denn 666 mit hebräiſchen Bud:
faben (die zugleih Zahlen find) geſchrieben
giebt: Neron Kaisar. Andere entdecken darin
„Lateinos“. Die Apolalypſe hat den praltichen
Zweck, den Muth ber Ehriftengemeinde unter
dem Drude zu erheben. Für die erftere Art ber
Auslegung vgl. Auberlen, der Prophet Daniel
und die Offenbarung Johannis, 1854. Außerdem:
Bengel, Hengftenderg (2. Ausg. 1861). , bie
andere: Ewald, Commentar zur Apolalypfe, 1528;
die johanneifhen Schriften, Bd. 2, ——
1862. Außerdem: Lüde, Verſuch einer Einl. n
die Offenb. Joh., Bonn, 2. Aufl., 1852. Bleel,
ie 4 von Sobsad,. Volkmar, 1862.
ofalyptif, Ein eigenthümlicher Zweig ver
jübiihen Literatur fpäterer Zeit. Diejelbe trat
auf in verhängnißvollen Zeiten, in denen bie
Geifter ahnten, daß eine große Kataftrophe ber
Beihichte bevorſtehen müſſe. Die Zeitgeſchichte
wurde dann in einem ſymboliſchen Gewande bar:
geſtellt, ein räthſelhaftes dramatifches Bild von
Figuren, Thier⸗ und Menſchengeſtalten, Ratur:
ereignifjfen, Zahlenverhältniffen u. ſ. w. bradte
den Lauf der Ereigniffe zur Anſchauung und
zeigte zugleich, wie Alles nach einer Krije, nad
einem Gerichte hindränge, welches bie Verwid:
lungen der Zeitläufte dem Glauben Iſraels ge:
mäß zur Löſung bringe. Die hervorragendjten
€ Olersturgweiged find: 1)
heinungen dieſes
das Buch —e 2) das Buch Henoch, 8) das
vierte Buch Esra, 4) die Sibyllinen, 5) die Apo:
talgpfe des Sohannes (andere f. Pjeudepigra:
phen). Nur bie erfte und legte find Fanonijd.
Apotalyptifer. ©. Chiliaſten.
Apofataftafis. Wiederherftellung aller Dinge,
lommt zuerft Apftg. 3, 21 vor, wo von der Wie:
derberftellung der urfprüngliden —
des Reiches Gottes auf wunderbarem We in
ede iſt.
bad MWiedererfcheinen bes hr bie
In der kirchlichen Dogmatik bildet die Lehre
son der Mpokataftafis den Gegenfag zu der
Lehre von den ewigen Höllenftrafen. Die
alerandrinifchen Theologen (Elemens u. Driges
nes), auch einige aus der antiocheniſchen Schule
(Diobor, Theodor v. M.) hatten, die Strafe als
Zuchtmittel betradgtend, no an dem Glauben
37
Apofryphen
an bie endliche Rücklehr auch der Verdammten
zur Seligfeit feftgehalten. Aber feit diefer Zeit
wurde bie Emigleit ber Höllenftrafen ala im In⸗
terefle des Glaubens immer nothwenbiger erad):
tet, höchſtens, daß eine mögliche Milberung ber:
arg (Auguftin)angenommenmurbe. Die ortho:
ore lutherifche Theologie verwirft mit der Augs⸗
burger Confeſſion den Anabaptiften gegenüber die
Lehre von ber Wiederbringung; die Prädeſtina—
tionslehre Calvins natürlich nicht minder. Die
Rationaliften und Supernaturaliften fonnten ſich
dagegen nicht mehr mit der Emigteit der Höllen:
ftrafe befreunden und die meiften modernen Dog»
matifer fprechen fich dagegen aus, gewöhnlich für
eine Möglichkeit ber Beſſerung, von pantbeifti«
ſchem Standpuntte aber für eine Nothwendigkeit
ber Rücklehr. Eine britte Anficht ift in der erften
und neueften Beit nicht felten gewefen, bie Lehre
von ber endlichen Gelbftaufreibung der Böjen in
ber Strafe.
Apokrifiarius. Der ſtehende geiftliche Gefanbte
der Patriarchen am oftrömifchen Kaiferhafe, heute
Nuntius. — Am fräntifchen Hofe aber ift U. ber
Titel bed Archicapellans, ber den Kaifer in kirch—
—* Fragen zu berathen und für ihn zu antwor⸗
en bat.
Apokryphen, d. i. verborgen, wurben in ber
alten Kirche die an das Alte und Neue Teftament
fih anſchließenden Schriften genannt, welche nicht
das lanoniſche Anjehen befaßen und daher von
dem öffentlihen Gebraud; im Gotteödienfte zu:
rüdgehalten wurden (f. Kanon). Apokryphen
des Alten Teſtaments find Schriften, welche mit
ber alerandriniihen Bibelüberjegung verbreitet
worden find, theild aus dem Hebräifchen. über:
fegt, theils urfprünglich griechifch gefchrieben, zum
Theil Schriften von ausgezeichnetem literarischen
und religiöfen Werth. Unter den Apokryphen ges
ſchichtlichen Inhalts find folgende hervorzuheben.
1) Das Bud Esra (RKodocc, ö kepevg), eine Be:
ſchichte des Tempels von feiner Wieberherftellung
unter Jofia an bis zur zweiten Wiederheritellung
durch Serubabel und Edra. Der Stoff ift aus
ber griechifchen Ueberſetzung ber Bücher Chronif,
Esra u. Nehemia und aus einer fremden Duelle
(3, 1—5, 6 über Serubabel)entnommen. 2) Die
Bücher ber Makkabäer, melde — nichts
gemein haben, als den Gegenſtand. Das erſte
Bud, ſchlicht, wahr, des großen Gegenſtandes
würdig in der Darſtellung, erzählt die Frevel⸗
thaten Antiohus IV. Epiphanes, die glorreiche
—— des Prieſters Mattathias mit ſeinen
Söhnen, dann bie Kämpfe des Judas Maklabäus,
des Jonathan und Simon, bis zur Befreiung
von den Syrern und dem Hoheprieftertfum des
Johannes Hyrlanus (175—135), urſprünglich
hebräiſch geichrieben. Das zweite, bedeutend ges
ringer an Werth, enthält zwei Schreiben der pa-
läſtiniſchen Juden an die ägyptifchen wegen des
Feſtes der Tempelweihe, bann einen Auszug aus
einem von Jaſon von Eyrene berrührenden
Mallabäerbuche voll Legenden und Unwahrjceins
lichleiten über die Jahre 176—161. Das dritte
Bud) nimmt feinen Stoff aus ber Zeit bes Pto⸗
lemäus Philopator, der auf wunderbare Weiſe
aus einem graufamen Berfolger ein Freund der
Juden wird, wahrjcheinlich reine Legende, oder
„typiihe Darftellung der Verhältniffe der Juden
unter Caligula” ; das vierte Buch ftellt die Mars
Apollonius von Tyana
39
Apoftel
Apollonius von Thana. Eine ſeltſame Geftalt | Kifhen Deiften: Robert Boyle(t1691), welcher eine
bes 1. Jahrhunderts, ein Mann, ber durch feine
magiihen Künfte und Wunder feine Mitwelt
in abergläubijhes Staunen fegte. Kirchenge:
ſchichtlich hat derfelbe nur dadurch eine Bedeu:
tung, daß er Gegenjtand eines Buches aus dem
Anfang des 3. Jahrhunderts wurde, in welchem
er als Ideal eines heidniſchen Weiſen, als das
größte geiftige und fittliche Erzeugniß bes Heiben-
tyums erjcheint, dabei aber, was Merk und Lehre
betrifft, Chriftus außerordentlich ähnlich ift.
Baur bat diefe von einem Sophiften Flavius
Bhloftratus berrührende Schrift ala heidniſche
Tendenzichrift gegen das Chriſtenthum erkannt
(züb. Zeitſchr. 1832); Avollonius fol dad Gegen:
bild Chrifti jein, es jol bewiefen werden, daß das
Heidentbum bdaffelbe Ideal, wie das Chriften:
thum, zu erzeugen im Stande fei.
Apollod (Ayollonius). Apftg. 18, 24. Ein
alerandrinifcher Jude, hervorragend durch Ge:
lehrſamleit und Beredfamteit; lernte das Chri—
ſtenthum bei den Sohannesjüngern kennen.
Apftg. 18, 25. Durd Aquila und Priscilla mit
dem paulinifchen Evangelium befannt geworben,
ging er nach Korinth als Lehrer der Gemeinde.
1. Kor. 16, 12. In ihm vermuthen die Meiften
ben Berfafler des Hebräerbriefes (f. d. A.).
Apologeten. Theologen vorzüglid der erften
Ghriftenheit, welche es übernahmen, den Angrif:
fen des Juden» und Heidenthums gegenüber
ihren chriftlichen Glauben zu vertheidigen. Den
Juden gegenüber, wo man ben gemeinjamen Bo:
den der altteftamentlihen Offenbarung hatte,
war bie Aufgabe, in dem A. T. den Typus ber
neuteftamentlichen Erfüllungen aufzuzeigen und
den Borwurf zu begründen, daß nur Derzens:
bärtigfeit und Bosheit fie verhindere, dies einzu:
jehen. Den Heiden gegenüber mußte aber, ſobald
der thatfächliche Beweis der Reinheit von den
vorgeworfenen Laftern nicht mehr audreichte, bie
heidniſche Philojophie als Bertheidigungsmittel
zur Hand genommen werden; theild indem man
fie, ähnlich wie das Zudenthum, als Vorftufe des
EhriftenthHums behandelte und die Erfüllung des
son ihr Gefuchten im Chriſtenthum nachwies,
teil indem man mit ihrer Hülfe die hriftlichen
Brincipien als wahr und gut zu entwideln und
darzuftellen tradhtete. Der erfte Apologet, defien
Werte uns erhalten find, ift Zuftinus Martyr;
an ihn ſchloſſen fih Tatian, Athenagoras, Theo:
»hilus von Antiodien, Hermias, Tertullian, Mi:
nucius Felix, Eyprian, Arnobius und Lactan:
tiusan, ferner Drigenes, Methodius und Eufebius
von Cäfarea (f. d. Art.). Spätere Apologeten
find Agobard von Lyon gegen die zen Ray:
mund Martini gegen die Mubamedaner. Im
ausgehenden Mittelalter fonnten gegen den Step:
ticismus an ber Kirchenlehre Savonarola und
Ludwig Vives (De veritate rel. christ.) ſchreiben.
In der Reformationsperiode trat das Bedürfniß
der Apologetik Hinter die confejfionelle Bolemit
jurüd;indefjen erwachte auch bald dieſes Bedürfniß
wieder. Apologeten ſind zu nennen latholiſcher
Seits: Blaiſe Pascal (Pensées 1646), Le Vaſſor
(De la vérité rel), Lamy (Preuves évid.); res
formirter Seits: Du Bleifis-Mornay (+ 1623),
J. A. Zurretin (F 1687); in Holland Grotius
(1627) (De veritate rel. christ.); Limborch: (De
veritate rel. etc.) gegen Juben. Gegen bie eng:
Prämie für Predigten gegen den Deiömus aus:
fegt, Riharb Barter (+ 1691), Ralph Cudworth
(+ 1688) (Systema intellectuale), Samuel Elarte,
Thomas Sherlod, Nath. Lardner (Credibility
of the gospel-history), Will. Warburton. Als
Apologeten gegen die burd die Wolfenbüttler
Be (1777) hervorgerufene Strömung in
eutihland find zu erwähnen: Leonh. Euler
(Mathematiler, + 1783) (Rettung der Dffenba-
rung gegen die Einwürfe der geeigeilten), Albr.
Haller (1777) (Briefe über die wichtigſten Wahrs
heiten ꝛc.), Theod. Ehrift. Lilienthal (die gute
Sache der göttlichen Dffenb.), Joh. Friedr. Kleuler
(Neue Prüfung und Erklärung der vorzüglichſten
Beweije für die Mahrheit des Chriftenthums).
Epodhemadend für die Apologetit gegen die Res
ligionälofigfeit find Schleiermahers Reden über
Religion. Neuere Apologien: Stein, Apologetif
des Ehriftenthums. Stirm, Apologiedes Chriſten⸗
thums. led, Bertheidigung des Chriſtenthums
Bruch, Betrachtungen über ChriftenthHum und
hriftlihen Glauben. Etudes philos. sur le
christ., 1839. Tholud, Geſpräche über die vor:
nehmften Glaubensfragen der Zeit, 1846. Hanne,
Borhöfe zum Glauben zc., 1850. ar Borträge
von Auberlen, Geb, Riggenbach zc., 1861.
Guizot, Möditations sur l'essence de la rel.
chröt., 1864. Schenkel, Chriſtenthum u. Kirche,
1867.
Apologetif ift die ſyſtematiſche Darftellung
derjenigen Grunbfäße, auf melde eine Berthei:
digung des Ehriftenthums fi zu gründen hat.
Als wiſſenſchaftliche Disciplin von Manchen (Nöſ⸗
felt, Tholud) bezweifelt, von Andern (Schleier:
macher, Lechler, Hagenbach) anerlannt. Bol.
Lechler, Stud. u. Krit., 1839. — Apologetiken:
Wolf; Sad, Entwurf einer riftlichen Apologetif
(Begründer der Wiſſenſchaft); fatholiicher Seits:
Drey, Apologetit als wiflenihaftlide Nachwei⸗
jung der Göttlichfeit des Chriſtenthums, 1847.
Apologie der Augsburgiſchen Confeſſion. S.
Auasbura. Confeſſion.
Apoſtaſie. S. Abfall.
Apoftel. Geſandte. So wird zwar Apftg.14,4.14;
13,2 aud) Barnabas mit genannt, als der von ber
Gemeinde zur zur. des Evangeliums ausge⸗
endet wurde, ſonſt aber ftetö nur die 12 Jünger
Jeſu und Paulus. Einige waren ſchon vorher durch
Johannis Predigt angeregt, andere erft durch ihn
erwedt; ſämmtlich waren fie Männer ohne Gelehr:
famteit, Fiſcher und Gewerbsleute, aber theilweife
nicht ohne Bildung. Ihre Namen find: Gi:
mon, mit dem Zunamen Petrus, und Andreas,
Söhne des Jona, Jakobus und Johannes, Söhne
des Zebedäus; Philippus, Bartholomäus (Na:
thanael), Thomas, Matthäus (Levi), Jakobus,
Sohn des Alphäus, Judas Zalobi, wohl derjelbe
mit Lebbäus oder Thaddäus, Simon und Jubas
Iſcharioth. Nach des Leyteren Tode meinten bie
Elf die Zwölfzahl ergänzen zu müſſen durd die
Wahl des Matthias. Beſſer füllte deffen Stelle
Paulus aus, der fich immer einen Apojtel nennt,
nad) innerer Berufung, aber eben deshalb in fei-
nem Anſehen in der Kirche auch lange beftritten
wurde. Ueber die Nachrichten der Apoftelgeihichte
und bie neuteftamentlichen Briefe hinaus, find die
ferneren Lebensſchickſale der Apoftel unbefannt;
nur von Johannes iftgewiß, ba er ber @emeinde
Apoftelbrüber
in Ephefus vorgeftanden babe. Die Legende und
die firchliche Sage weiß von einer Theilung ber
Apoftel in die Länder der Erbe und weitgehenber
Wirffamteit der Einzelnen, befonbers des Petrus,
den fie zum erften Bifchof von Rom macht. —
Neander, Geſchichte der Apoftel.
Apoflelbrüder. Gerhard Segarelli fuchte das
Leben des Heren in feiner Einfachheit nachzu—
ahmen, durchzog feit 1260 ald Bußprediger Italien
und bildete, ohne von der Kirche fich loszuſagen,
eine freie Gemeinſchaft. Das gegen fie gerichtete
päpftliche Verbot aller nicht vom Papſt erlaubten
Gemeinfhaften reiste ben Eifer gegen die Ber:
weltlihung der Hierardjie. Segarelli, mehrmals
gefänglich als Irrlehrer eingezogen, wurde 1300
verbrannt. Unter der Führung Dolcino's (j. d.
4.) bildete die Gemeinfchaft ihre myjtifch « aöfeti-
fche Lehre von der Nothwendigkeit, allem irdiſchen
Befige zu entjagen, von dem religiöien Leben
ohne Formen und Gebräuche und der Einheit ber
Brüder in der Liebe in ſchwärmeriſcher Weife wei:
ter aus. Gegen die Verfolgung vertheidigte die
Secte fi * mit den Waffen, wurde geſchlagen,
aber nicht vernichtet, denn noch bis ins 16. Jahr⸗
hundert werden Synoden erwähnt, die fie ver:
dammen. Die Apoftelbrüder verbanden ſich oft
mit den fFratricellen und Begharden.
Apofteleonvent nennt man bie Apftg. 15 ge:
ſchilderte Berfammlung ber ige und Aelte⸗
ften, welche über die Stellung der Heidendriften
zum Gefet berieth und endlich ben Bermittlungs:
vorfchlag des Jalobus annahm, daß die Heiden:
chriſten ſich enthalten follten des Genufjes ber
Gögenopfer, des Blutes und des Erftidten, jo:
wie der Hurerei. Ueber die Geſchichtlichkeit des
Berichtes find mit Unrecht Zweifel laut geworben.
Man muf anerkennen, daß Gal. 2, 1—10 dafjelbe
Ereigniß geſchichtlich treu beichreibt.
ofielgeſchichte. Das einzige geſchichtliche Buch
des Kanons, welches ſich mit der Zeit nach Jeſu
Abſcheiden beſchäftigt. 1) Der 2 halt zerfällt in
2 Hälften: die erfte (1—12) beichreibt die Ent:
ftehung der erften Gemeinden in Paläftina und
Syrien, erzählt nämlich, nad) eg Ra
Himmelfahrt, die Ergänzung der Apoftel, Aus:
gießung des heiligen Geiftes, zwei Verfolgungen
der Apoftel, Wahsthum und Charakter der Ge:
meinbe in Jerufalem, die Hinrihtung des Stepha-
nus, die Ausbreitung des Ehriftenthums über Ju⸗
dia und Samaria (Philippus), die erften Heiden:
befehrungen, die Belehrung Pauli, zwei Heilungen
des Betrus, eine weitere Berfolgung in Jerufalem.
Der zweite Theil beſchäftigt id faft ausſchließlich
mit Baulus, feiner erften Miffionsreife mit Barna⸗
bas nad) Kleinafien, ven Apoftelconvent, der zwei:
ten Reife mit Silad und Timotheus, endlidy der
dritten, feiner —— und Verbringung
nah Rom. 2) Die Auffaſſung der Apoſtel—⸗
geſchichte mit Beziehung auf ihren Zwed ift ftreis
tig. Die Einen laffen diefelbe aus einem rein
hiſtoriſchen Bedürfniß entjtanden fein. Dabei
nimmt man theils an, daß die Apoſtelgeſchichte
den Zwed habe, eine Kirchengeſchichte der apofto:
lichen Zeit zu fein, wobei die Beſchaffenheit der
Leſer für Hinmweglaffungen und Hervorhebun:
gen einzelner Stojfe ah he gewejen fei; die
Andern ‚meinen, die Apoftelgefhichte wolle eine
ihren des Petrus und Paulus fein, oder eine
Geſchichte der Miffionen von den Mittelpunlten
40
Apoſtoliſche Conftitutionen
Jerufalem und Antiodien; Andere fuchten dog:
matijche Gründe, die Mpoftelgefchichte fei eine
Rechtfertigung der Lehre des Apoftela Paulus
Am weiteften geht die Anfiht der fogenannten
Tendenzkritif, wie fie von Schn. burger begon:
nen, von den Tübingern (Baur, Ter) vollendet
worden '* Diefe behauptet, bay ın der Dar:
ftelung Mooſtelgeſchichte zwiſchen Petrus und
Paulus eine Parallele gezogen fei, daf die her:
vorgehobenen Handlungen des Einen regelmäßig
bie entiprehenden Gegenhandlungen im Andern
finden, daß aljo alles das wegfalle, was nicht in
diefe Parallele paſſe. Nah Schnedenburger ift
dies zum Zwed ber Reditfertigung des Apojtels,
nah Baur u. A. hat die Apoftelgefhichte den
Zweck, beide Parteien, die juben: und heidenchrift:
lie, zu verjöhnen, weshalb Petrus möglichft
pauliniſch, und Paulus möglichſt petriniſch dar
geftellt jei. 3) Ebenfo verfhieden find die Anſich⸗
ten über die Quellen. Belannt find die foge:
nannten „Wirftüde“, d. h. die Stüde der Erzäh-
lungen, in denen in ber 1. Perſon geredet wird
(16, 10—17; 20,5—15; 21, 1—18; 27, 1—28,
16). Sie find offenbar der Quelle eines Augen:
zeugen entnommen, was auch durch die Vollſtän—
digkeit und Anfchaulichkeit der Berichte im Gegen:
fag p. Uebrigen beftätigt wird. Die Einen
(Schleiermacher) halten nun Timotheus für das
Subject, der eingeleitet fei 16, 1; wogegen aber
außer andern Grlinden die Stelle 20, 4 u. 5 zu
ſprechen ſcheint, wo Timotheus vom Wir ausge—
ſchloſſen iſt; Andere nennen den Silas (Schwan:
bed), aber er ift fiher 15, 22.40; 16, 19. 25 aus
dem „Wir" ausgeſchloſſen; Andere (die Meiften)
denlen an Zucas, was zujammenftimmt mit der
Erzählung; in Philippi Hört das Wir auf, dort
fängt es jpäter wieder an (16, 17; 20, 5. 6). An:
dere Quellen find jedenfalls durch mandjerlei Wie:
derholungen und Widerfprüce angedeutet, aber
verwiſcht. Dererfte Theil läßt auch einen (hebrai⸗
firenden) Sprachunterſchied bemerken. Volkmar
nennt ald Quelle eine „Predigt Petri”, welche
—— gegen Paulus polemiſirte. Der
Verarbeiter des ganzen Buches iſt jedenfalls der
Verfaſſer des 3. Evangeliums; ebenſo iſt zwiſchen
den Wirftüden und dem Anderen kein jpradhlicher
Unterjhied. Daher wird meiftens Lucas aud
als Verfaſſer des ganzen Buches betrachtet. Die
eit der Entftehung iſt höchſt wahrſcheinlich zwi⸗
chen 70 und 80 n. Chr. zu jegen. Vgl. Kritiſche
Unterfuhungen über bie Nhoftelgeidiähte von
Schnedenburger (1841), Schwanbed (1847), Lele⸗
buſch (1854), Zeller (1854).
poftolifer. 1) Epiphanius set ge eine gno⸗
ſtiſche Secte diefes Namens, die auf allen Beſitz
verzichten wollte. — 2) Eine Secte am Nieder:
rhein.im 12. Jahrh., welche Alles in der Kirche
verwarf, was nicht von den Apoſteln eingejegt war,
und dem hierardhifhen Weſen des Klerus diente,
und die in der Kirchewie im Leben der Einzelnen
ug Einfachheit verlangte. Neander, 8.:G.
h — — 242. — 3) Die Apoſtelbrüder
(
. db, Art.).
Apofiolifde Gonflitutionen. Eine Samntlung
lirchlicher Vorſchriften in Büchern über Liturgie,
Disciplin und Dogma, wahrſcheinlich judenchrift:
lien Urfprungs (3. - 4. Jahrh.), zu hierarchiſchem
Zwede erfunden, von dem Goncilium Trulla-
‚num ald unecht verworfen, die dennoch auf bie
Apoftolifche Evangelien
wätere Entwidelung, namentlich der en
Kirhe, Einfluß gewonnen hat.
Baur u. 9. find es urfyrünglich 3 Büher, u;
7,8 Das 1. Buch hat zur Quelle die lange
Recen des Ignatius und ftammt aus dem
Ende bes 3. Yahıh, Das 2., vor 325, ftimmt mit
dem 18. —* Kapitel des Barnabas md handelt
von dem Lebenswandel und der Vorbereitung auf
Chriſtus. Das 3. Bud enthält einzelne litur:
ifhe Formulare und ie aus dem 4. Jahrh. Ein
zueil des Buches wird in Handſchriften dem Hip:
yolyt zugeſchrieben: Verordnungen der heiligen
Anoftel über Orbinationen.
Apoftolifche Evangelien. In der griechiſchen
Kirche die Sammlung der an den Feſten vorzu⸗
lejenden Evangelien.
Apoſtoliſche Ranones, alte. Gewöhnlich ver:
Reht man unter Apoftol. Kanones eine Samm:
lung von 85 Regeln, eine Diöciplinarordnung bes
Kierus enthaltend, welche in der ——— Kirche
recipirt ift (Gone. Trull. 692). Eine Ueberſetzung
der 50 erften durch Dionyfius Exiguus fam um 500
in den Decibent und wurde hier allmählid aner:
fannt. Mehr ald diefe fonnten aber nit Ein-
ang finden. Die alten katholiſchen ——
ehaupteten den apoſtoliſchen Urſprung, die älte⸗
ren proteſtantiſchen ſetzten fie in das 5. Jahrh.
Die Neuern nehmen den allmähliden Urfprung
aus den Synobdalbeihlüffen und andern Acten:
2 an; au den Abſchluß der eg I
fang des 5. Jahrh., da Br Goncilien zu Ephe⸗
Ir und Ehalcedon nicht mebr berüdfichtigt zu
in feinen
No olifäe Kirhenordnung. Eine Samm:
fung aus dem 3. Jahrh., verwandt mit dem 7.
und 8. Bud) ber onftitutionen ; enthält in 35
—— moraliſche Vorſchriften der —— und
luß eine Ermahnung des Petrus
life Majeftät. Ehrentitel der Könige
— in Symbolum. Nach der Sage bei
anden, daß von ben Apofteln, um
er Une fefte Glaubenönorm jede jpätere Ab:
mweihung der Lehre zu verhliten, jeder einen Sat
dıefes Belenntniffes aufftellte. Das Thatſächliche
der Entftehung ift Folgendes. Das apoftolifde
Symbolum kommt zuerit Ende deö 6. Jahrh. in
ber Eambridger ang hrift eines Pjalters in der
iegigen Geftalt vor feiner früheren Entwid:
—— e findet es ſich bei Turranius Rufinus
ee (+410), welcher in feiner Expositio
oliei drei verſchiedene Formeln
Iegteen auführt: die römiſche, aquilejenfische
* — In dieſen älteren Formeln
fehlt: „Schöpfer Himmels und der Erbe,“ „ein:
pfangen,“ „gelitten, geftorben,” „allgemeine,“
„Gemeinde; ber Heiligen, “ „erviged Leben.”
Schon früher finden fi Andeutungen für den
Gebrauch einer Ähnlichen Formel bei der Taufe
bei Eyprian (Epist. ad Magn.), Tertullian (De
cor. mil.), Ignatius (Ep. ad Traj.). Vgl. das
Belenntniß in den Const. ap. 7. ®., worin nur
die Empfängniß vom Biden Geift, Höllenfahrt
und Gemeinfchaft der Helligen fehlen. Dffenbar
bat fi dad Symbolum allmählich Herausgebildet
aus ber Formel Matth. 28, 19, und zwar durch
388 mie durch entgegenftehende bäre:
Anfihten. In der apoftolijchen Zeit ſcheint
aber die Formel Matth. 28 noch nicht gebraudt
41
Appellationen an den Papft
worden zu fein, fondern die Taufformel auf den
Namen Chrifti (Apftg. 2, 38; Röm. 6,3 u. f.).
Ueber das Berbäftnik des apoftolifchen Symbo⸗
lum zur regula fidei ſ. d. A.
Apoſtoliſche Väter beißen bie älteften Firdh:
lihen Schriftjteller, die für Schüler ber Apoftel
gelten, deren Schriften aber zum größeren Theile
von der neueren Kritik beanftandet find. Man
rechnet zu ihnen Clemens von Rom, Barnabas,
Hermas, Ignatius, Polyfarp, Papias, gemwöhns
lih auch noch den Verfaffer des Brief an den
Diognet. Unter ben älteren Ausgaben zeihnen
fi) die von Eotelier (1672) und Elericus (1724)
aus; die beften neueren find von Jacobſon und
Dreffel, während die Schulausgabe von Hefele
fehr mangelhaft tft.
Apoftolifches Zeitalter wird der Zeitraum ges
nannt zwiihen dem erjten Pfingftfefte und ber Bil
dung der alten Kirche im 2. Jahrh., in welchem
der Einfluß der Apoftel und ihrer erften Schüler
in den Gemeinden noch wirkſam war. Durd bie
fog. Tübinger Schule hat die Unterfuhung des
apoftoliihen Zeitalter eine erhöhte Bedeutung
erlangt. Nach Baurs Darftellung bildete ber
ſchroffe Jegenſatz des Ebionitiämus und Pauli:
nismus die Phyfiognomie bes Zeitalters. Die älte:
fienSchriftenjeien Tendenzichriften der einen(Apo»
kalypſe und fpäter die Pſeudoclementinen) ober der
andern (Briefe Pauli, Lucas) Partei. Spätertrat
m | nad) Baur eine Bermittlung ein (die jpätern Briefe,
und bejonderä Apoſtelgeſchichte, ſ. d. A.), aus wel:
her allmählich das fatholifche Chriſtenthum ſich
herausentmwidelt hat. Bol. Schwegler, Nachapoſto⸗
liſches Zeitalter. Baur, Kirchengeſchichte, 1.8.
Dagegen: Ritſchl, die Entftehung der ältkatholi⸗
ſchen Kirche, 2. mx 1857. Lechler, das apofto:
He und nahapojtolifche Zeitalter, 1851, u. U.
Apoftool, Samuel. Ein Lehrer ber bollän:
diſchen Taufgefinnten, Gegner bes freier gefinn-
ten Galenus Abrahams, Stifter der Amſter—
damer Gemeinde hut „Sonne“ (1664, 1683),
welder die Gemeinde zum „Lamm“ gegenüber:
ftand. Beide Namen waren ben Abzeihen der
Verſammlungshäuſer entnommen.
Apotelesmata nennt die lutherifche Dogmatit
die Säge, welde von Handlungen, die zum Mitt:
leramte Chriſti gehören, jo reden, ald gingen fie
von ihm nur nah Einer Natur aus. Indem
folche Redeweife der Bibel hervorhob, re
fie damit der Anwendung von Bibeljprüden, die
Dfiander und Stancarus (f 1574) je für ihre Auf⸗
faffung beibraditen, da Iener Ehriftum nur nad
feiner güttlihen, Diejer nur nad) feiner menſch—
lihen Nutur für den Erlöfer erlannte.
MApotheofe ift der Act, dur melden ein
Menſch für eisen Gott erflärt wird ober ſich ſelbſt
erklärt, wie bei den römischen Kaiſern geſchah.
Appellanten. Diejenigen Janfeniften, welche
die Bulle Unigenitus nicht anerfannten und vom
Bapft an ein allgemeines Eoncil appellirten. ©.
Acceptanten.
Uppellationen an den Papfl. Sobald der
päpftlide Stuhl als den andern Biſchöfen über:
geordnet anerkannt wurde, mußte nothwendig
auch von dem Sprud) der Biſchöfe an ihn appel:
lirt werden können. Das Goncil zu Sardica 347
ſprach daher den Say aus, dab aud ein von
der Synode verurtheilter viſcho an den Papſt
apvelliren könne, Die pſeudoiſidoriſchen Decre:
Approbation von Büchern
42
Arabien
talien behnten dies noch weiter bahin aus, daß | ben fie eifrige Ehriften und bie treuften Freunde
causae majores fofort an das päpftliche Gericht
gezogen werben, Bilchöfe aber nur dort gerichtet
werben bürften, bann daß Jeder und in allen
Saden an den Bapft appelliren dürfe. Der Miß:
brauch diefer Appellationen gehört mit zu den
zahlreichen Beſchwerden über Rom, und das Baje-
ler Eoncil verbot mwenigftens die Appellationen
” saltum unb vor dem befinitiven Urtheil.
as Tridentinum beſchränkt fie noch mehr, nur
causae majores dürfen nad) Rom gezogen wer:
den, die andern jollen durch Delegaten, Synodal⸗
richter, erledigt werben. Die meiften Staaten
verboten aber die Appellationen an ben Papft
ſchlechthin.
Vom Papſte an ein allgemeines Concil zu ap⸗
pelliren, hat Pius II. 1459 für ketzeriſch erflärt, —
natürlid, denn das Berlangen nad) einem ſolchen
ift der Unglaube an pärftlihe Unfehlbarkeit;
Zuther appellirte nad) der Formel a papa male
informato ad papam melius informandum.
Approbation von Büchern. Nach dem Beſchluß
des Tridentinums darf bei Strafe fein theolo:
giſches Buch gebrudt werben ohne Approbation
(Billigung) des Biſchofs. — In der proteftan-
tiihen Kirche beftand ſolches Gebot zwar nicht,
aber es wurde bie Approbation der Synoden oder
Facultäten manchmal freiwillig nachgeſucht.
Apfis. Die halbrunde Nifhe an der alten Ba:
filita, aus der ſich ſpäter die Chornifche entmwidelte.
Apſychoi. Die Anhänger des Apollinaris, wel:
‚her annahm, daß Chriftus nur ein auue dıpvyor
(einen Leib ohne menſchliche Seele, an beren
Stelle der Logos war) gehabt habe. ©. Apollis
naris.
Aquabiba, Claudius, 1581 — 1615. Drdens⸗
general der Sefuiten, unter deſſen Leitung ber
Orden feine größten Reftaurationserfolge er:
langte. Die innern Streitigfeiten be3 Ordens,
welche die Schrift bes ſpaniſchen Zefuiten Mariana
über das Inftitut bes Ordens und die Tyrannei
feiner Obern hervorrief, fowie die Angriffe der
Dominicaner befiegte er durch Intriguen und Ka⸗
balen und durch die unbeugjame Feſtigkeit feines
Charakters. Bon ihm ftammt die Ratio studio-
rum, 1586.
Aquila. Ein Profelyt aus Pontus, fol Chrift
— und zum Judenthum wieder abgefallen
ein; überſetzte das Alte Teſtament ins Griechiſche
mit buchſtäblicher Treue, um die oft ungenaue
LXX zu — 130. i
Aguila, M. Caspar (Adler). Daerals Pfarrer
in Jenga bei Augsburg fich verheirathet hatte und
dies mit feiner Zuftimmung zu Luther öffentlich be:
kannte, wurbe er zum Tode verurtheilt, jedoch be:
gnadigt. Verbannt fam er nah Wittenberg und
hörte Luthers und Melanchthons Borlefungen ;
nach kurzem Aufenthalt bei Sidingen halfer Luther
bei der Bibelüberjegung und wurde Prediger und
Reformator in Saalfeld. Noch einmal mußte er
flühten, als wegen feiner heftigen Schriften
gegen bas Interim und feiner Treue gegen ben
J—— Kurfürſten ein Preis auf ſeinen
Kopf geſetzt war. fJ 12. Nov. 1560.
Aquila und Priscilla. Ein jüdifches Ehepaar
aus Bontus, in Rom anjälfig, verlieh die Stadt in
der Verfolgung unter Claudius und traf in Ko:
rinth mit Paulus zufammen. Die nächſte Veran:
lafjung war das gleiche Gewerbe. Belehrt, wur:
des Paulus, den fie auch nad) Epheſus beglei-
teten, wo fie den Apollos mit dem paulinifchen
Evangelium befannt madten. Später wohnten
fie wieder eine Zeitlang in Rom (Röm. 16, 3. 4;
vgl. 2. Tim. 4, 19).
uileja. Die Kirche Aquileja’3 hat ein eige:
nes Ölaubenäbelenntniß, in dem fi der Zuſatz
findet: (in Gott) „den unſichtbaren und leidens—
unfähigen“, mit welchem den Ratripaffianern ent:
gegen getreten wurde. Im Uebrigen ift es nur
eine anbere Rebaction des Apostolicum, beren
Beibehaltung fih daraus erklärt, daß Aquileja
bis 1751 ein eigenes Patriarchat bildete. In
Aquileja find 3 Synoden gehalten: 1) 381 wegen
des Nrianerd Palladius (Ambrofius von Mais
land); 2) 698 im Dreifapitelftreit (f. d. Art.);
3) 1409 von Gregor XII.
Ar. Ar:Moab. Hauptftadt der Moabiter (5.
Moſ. 2, 9; Jeſ. 15, 1), am Arnon, das jpätere
Areopolis.
Arab, Stadt im Gebirge Juda, Joſ. 15, 52.
Araba. 1) Stabt im Stamme Benjamin, Joſ.
18, 18, aud) Betharaba. — 2) Die Schludt vom
Ghor im ©. des tobten Meeres bis zur Norboft:
fpige des arabiſchen Meerbuſens im W.des Gebir⸗
ges Seit, durch welde der Zug ber Jiraeliten
ging.
Krabath (vulg. Arabathane, Afrabattine).
Zandftrih in Idumäa. 1. Mall. 5, 3. Gtor:
—
Arabici. Eine arabiſche Secte, welche glaubte,
daß die Seele mit dem Leibe ſterbe und wieder
auferſtehe; von Drigenes widerlegt.
Arabien. Zerfällt nach der gewöhnlichen Ein»
theilung in brei Theile: 1) Das glüdliche Ara:
bien. Zwiſchen dem arabiihen und perfischen
Meerbujen, an ben Hüften eben und fandig, ift,
namentlich das fübmweftlihe Binnenland, reich
und fruhtbar. Das berühmte Sabäa war ein
Diftriet defjelben. 2) Das peträifche Arabien. Es
umfaßt die Sinai-Halbinfel mit dem nördlich an⸗
grenzenden Landſtrich zwiſchen Aegypten, bem
Mittelmeer, Baläftina und dem glüdliden und
wüften Arabien. Eine von tiefen Thälern und
Schluchten durchzogene Gebirgslandihaft, in der
einzelne bewäfjerte fruchtbare Ebenen ſich finden,
und welche im Norden in die Wüfte übergeht.
Bewohnt ift dieſer Theil jet, wie auch fonft, von
Bebuinenflämmen. Meiftens werden hierzu aud
die im Norden und Dften wohnenden Nabatäer
erechnet, die bibliſchen Stämme der Edomiter,
malefiter und Moabiter. 3) Das wüſte Ara-
bien. Im Weften und Norden begrenzt von
Syrien, im Dften vom Euphrat und den baby:
loniſchen Gebirgen, im Süden mit ungemifjer
Grenze vom glüdlichen Arabien. Eine hügelige
Steppe, welche Beduinen burdjftreifen.
Die Bewohner Arabiens werben in ber Bibel
abgeleitet von Kufch, dem Sohne Hama, einzelne
Stämme aber von Abraham, b ba eine Ver⸗
einigung ber verſchiedenen Völferftämme anzus
nehmen ift. Die Sprache ift jemitifh. Die Jirae:
liten famen mit den arabiſchen Völkern vielfach
in feindliche Berührung, mit den Midianitern
ihon während bes Zuges, 4. Mof. 22, 25. 31;
ihrer Einfälle hatten fie Ip aud während ber
Richterzeit zu erwehren, Ridht.6;7;8. Die letzte
Fehde ift ber firieg des Herobes Antipas mit dem
Arad
Könige Aretas. Die Ausbreitung des Chriften-
thums in Arabien Mmüpft fih fagenhaft an den
Apoftel Paulus; ganz hrifttanifirt ift es niemals
geweſen. Seitbem der Islam Arabien gewonnen,
Br bie meiften Miffionsbemühungen ganz er-
olglos geblieben,
rad. SKanaaniterfladt im Stamme Juda.
4. Mof. 21, 1; 33, 40.
Aradus. Inſelſtadt an der phönizifchen Küfte,
1. Matt. 15, 23; ihre Bewohner bie Arvaditer
(LXX Agadıo), 1.Mof. 10, 18; 1. Ehr. 1, 16;
&;. 27, 8.11.
Arafna. Eine Perfon mit Drnan 1. Chron. 21,
24; 2. Chr. 3, 1; vgl. 2. Sam. 24,16 ff. Ein
Sebufiter, der David den Tempelberg überließ.
Aram. Im Alten Teftament das Land zwi—
jchen Phönizien, Baläftina, Arabien, dem Tigris
und Taurus, aljo Syrien und Mejopotamien;
fpeciell wird unter Aram Syrien verftanden und
Mefopotamien heißt Paddan-Aram oder Aram:
Naharaim. Bemohnt wurde ed von femitifchen
Stämmen ber Aramäer, welde (Amos 9, 7) aus
Kir in Armenien eingewanbert waren. Bal. die
Böllertafel 1.Mof. 10. Das bebeutendfte aramäi:
fche Rei war Damaskus, von den Afiyrern un-
ter Tiglath⸗Pileſar erobert. Die Religion der Ara⸗
mäer war fymbolifcher Raturdienft. Die Sprache
ift ein Zweig des femitifhen Sprachſtammes, nahe
verwandt ‚e Hebräifhen und Arabifchen ;
durch Schrift und Ausſprache unterfchied fich
das Syriſche vom Babyloniigen (Chalbäifchen),
Mo welches legtere von ben Gebilbeten in Ba:
läfiina, aber nit vom Volke verftanden wurde,
2. Kön. 18, 26, und uns durch einzelne chaldäiſch
gejchriebene Stüde bes Alten Teftaments, Dan.
2,4—1, 28; Eöra 4, 8-6, 18; 7, 12—26, und
die Targumim belannt geworben ift. Nach dem
Eril wurde dad Aramäiſche, oder beſſer eine ſtark
aramaifirende Mundart, die Bollsiprade in Pa:
läjtina, die im Neuen Teftament und bei Jojephus
fortwährend hebräiſch heißt, von den Neuern
fyrodaldäiih genannt wird. In der ſyriſchen
Mundart ift die Peſchito geichrieben.
Aranda. 1765 Bräfident von Caftilien, Geg:
ner der Imquifition und ber Sefuiten, wurde
1773 aus feiner Stellung verdrängt.
Ararat. Eine Landihaft in Armenien, ef.
37, 38; 2. Kön. 19, 37, in welcher der Berg Ara»
rat liegt, auf welhem nad 1. Moj. 8, 4 Noah
nad) der Fluth landete. Der Ararat rehtö vom
Arares ift ein hoher, auf feinem Gipfel mit ewi⸗
gem Schnee bedeckter Berg, dem zur Seite die
Kuppe des Heinen Ararat liegt. .
Arator. Ein Geiftliher, Geheimfchreiber Athal⸗
richs, + um 556. Bearbeitete die Apoftelgejhichte
in lateinifchen Verſen. Ed. Hübner, 1350.
Arbues, Pedro de Epila. Der erfte Inquifitor
von Aragonien, durch feine Grauſamkeit berüch⸗
tigt; wurde Ende des 15. Jahrhundertö von Ju:
den erichlagen und dafür am Gentenarium Petri
1867 vom Bapfte Pius IX. fanonifirt.
Arcan » Disciplin ift die Praxis der drift-
lichen Kirche von Tertulliand Zeiten Bis ins 3.
Yahrhundert, wonach die Taufhandlung und die
Abendmabläfeier und als mit denfelben eng ver:
bunden das Salböl, dad Taufiymbol und das
Gebet des Herrn als chriſtliche Myfterien behan:
delt wurden, derart, daß nicht nur die Nichtge⸗
43
Archäologie, Kirchliche
tauften von biejen Feiern gänzlich ausgeſchloſſen
waren, fondern man aud) vermiedb, in ihrer Ge-
genwart davon anders als nur andeutungsweiſe
zu reden. Der Urfprung liegt im Dunleln, er
wird theild auf das Judenthum zurüdgeführt,
theils in den Berfolgungen geſucht, theils aus
dem Inftitut des Katehumenats abgeleitet. Ein
Heide oder Jude, der fi zum Uebertritt melbete,
fonnte noch nicht fofort aufgenommen werben;
er mußte eine Zeitlang beauffichtigt und belehrt
werben, was in ben Zeiten ber Drangfal unb
Spionage doppelt nothwendig war. Es entftanb
dadurch eine zweifache Claſſe von Chriften: ge:
taufte und ungetaufte. Erjtere ericheinen ala
die Eingeweihten in die Lehre, inäbefondere in
die Geheimniffe von der Taufe und dem heiligen
Abendmahl, und mas zuerft nur dogmatiſches
Geheimniß, wurde allmählih aud ein liturgie
fches. Beide nahmen im Gottesdienft allmählich
die Stellung ein wie die Myfterien im heidnifchen
Eultus. Die Katehumenen wurden beim Bes
inn bes heiligen Abendmahls entlafjen und dies
es dadurch zur Geheimfeier. Die Arcan-Disci⸗
plin bat in der römifhen Dogmatik eine große
Bedeutung. Sie bildet nämlich die Aushülfe für
ben Beweis, daß bie katholiſchen Dogmen ſchon
apoftolifchen Uriprungs find, auch wenn die Ge:
ſchichte augeniheinlid dagegen fpridt. Die
Scriftfteller vom 2.—6. Jahrhundert follen des⸗
halb nicht von Engelanrufung, Heiligenverehrung,
Transjubftantiation fprechen, weil dieſes in jener
zeit Geheimlehren gewejen feien. Vgl. Rothe,
e disciplina arcanı 1841 unb bie Gegenbe»
merkungen Credners, Jen. A. 2.:3. 1846.
Arhäologie. Die Kunde von den Zuftänden
und Berhältniffen eines Volles in alter Zeit, bie
Geographie und Gefchichte entweder einbegrif-
fen oder nit. Die biblifche Archäologie hat aljo
bie politiihen, öfonomifchen, jocialen und reli-
giöfen Einritungen und Verhältniſſe der in ber
Bibel auftretenden Böller, inäbefondere und
hauptſächlich des Volkes Iſrael, dDarzuftellen. Die
Quellen der Archäologie find vor Allem die bibli-
ſchen Schriftfteller ſelbſt, ſodann Joſephus und mit
Vorſicht gebraucht Bhilo und der Talmud. Auch
erodot, Strabo, Diodor, Plutarch, Plinius u. A.
nd wichtig für die Kenntniß der babyloniſchen,
perfiichen und anderer Alterthümer, die ihr Licht
aud auf das Verſtändniß der jüdifchen werfen.
Weiter die vielen Neifebefhreibungen (vgl. dar:
über Ritters Erdfunde und T. Tobler's Bibliogra-
phie). Eine äußerft bedeutende Quelle hat der Ar:
häologie fi in derjüngften Zeit aufgethan durch
die begonnene und fortichreitende Erforſchung der
ägyptiſchen und afiyrijhen Denkmäler und Rui—
nen. Arhäologifhe Handbücher: de Wette, Lehr:
buch ber hebr.:jüdifchen Archäologie. Winer, Al:
terthümer. Ewald, Bibl. Realwörterbud des
Volkes Iſrael. Keil, Bibl. Archäologie.
Arhäologie, kirchliche. Leichäftigt fich mit
der äußern Erſcheinung des kirchlichen Lebens, aljo
mit Berfaffung und Cultus und der firdhlichen
Sitte, auch wo fie in das bürgerliche Leben ſich
hineinerftredt. In der Berbindung mit der Dog-
men: und Kirchengeſchichte giebt fie uns das volle
Bild der firdlichen Bergangenheit und damit die
Bedingung des Beritändniffes der Gegenwart.
Abgezweigt von der kirchlichen Archäologie zu einer
bejondern Exiſtenz hat ſich die chriftlihe Kunſt—
Archelaus
geſchichte. Anguſti, gg er aus ber ri
lichen Archäologie, 12 Bbe., 1816—31 ; ferner: Die
chriſtlichen Alterthlimer, ein Lehrbuch für akademi⸗
ſche Borlefungen, 1819. Gueride, Lehrbud der
chriftfich = Firchlicden Archäologie, 1859.
Ardelaus (3 v. Chr. bis 6 n. Chr.), Sohn He:
rodes deö Gr. von der Samaritanerin Malthafe,
war mit Antipas in Rom erzogen. Bei ber —F
lung des väterlichen Reiches erhielt er als Eth—
narch Youmäa, Judäa, Samaria und die Küſten—
ftädte. Nach 9 Jahren wurde er feiner tyranni:
{hen Graufamfeit wegen von feinem Bruder und
feinen Unterthanen in Rom verklagt, entfegt und
nad) Vienne verbannt, 6 n. Chr.
Ardeväer. Cära4,9, NNIW- Eine von Dönap:
par nad Samarien verſetzte Völlerſchaft, bie
frühern Einwohner von Ereh, mworunter nad)
Tuch, Gefenius, Bochart nicht Edeſſa, ſondern
Arakka am Tigris zu verſtehen ſein ſoll.
Archiatharoth. Joſ. 16,2 LXX Ataroth = Ah:
roth Adar, Joſ. 16, 5; jet Dorf Atara.
—— — Der oberſte Wür⸗
benträger ber fränfifchen Kirche. Als Vorfteher der
90 eiftlicen erhielt er politifchen Einfluß und
wurde allmählich der Chef der Kanzlei, archican-
cellarius. Bei der Theilung des Reichs wurde das
Amt mit beftimmten erzbifchöflichen Sigen feft ver:
bunden, für Germanien mit Mainz, für Italien
mit Köln, für Gallien mit Trier.
Ardieuflos. In größeren Benedictinerklöftern
der Gacriftan.
Ardidialonus. Urſprünglich Gehülfe und Ver:
treter bes Bifchofs in ber Regierung des Bisthums.
Als DVorfteher der Rriefterichoft und neben dem
Archipresbyter, hatte er die Aufficht über die Dia-
fonen und jungen Geiftlichen, ihre Erziehung und
Studien, fodann Über dad Armenmwejen und die
Vermögendvermwaltung zu führen, und F da⸗
durch bedeutenden Antheil an der Strafgewalt;
ſeine Unterbeamten zur Beaufſichtigung waren die
Archipresbyter auf dem Lande. — Da ſie immer
felbftändiger wurden und ſich Uebergriffe in die
Macht des Biſchofs erlaubten, wurden ihre Befug:
niffe durch mehrere Synoden beſchränkt. Die Bi:
ſchöfe richteten Generalvicariate und Generalvica:
riatögerichte ein, und das Tridentinum nahm ihnen
endlich die eigene Gerichtöbarfeit ganz. In Deutſch⸗
land find ihre Befugniffe rg De das Generalvi:
cariat übergegangen und die Stellen eingezogen.
In der engliſchen Kirche befteht der Arcidiafon
noch mit Gerichtsbarleit. In der deutfch:evangeli-
fchen Kirche findet fich der Name nur ald Titel des
erften Nebengeiftlichen.
Ardierend (Hohepriefter) ift in ber griechifchen
Kirche ald Bezeihnung der höhern Geiftlichkeit
üblich geworben.
Ardimandrit oder Erzabt heißt in ber griedhi-
fchen Kirche der Vorfteher mehrerer Klöfter; aud)
als Titel auf die Prälaten übertragen.
Archippob. Rol.4,17; Philem.2. Ein Chrift in
Colofjä, Borfteher oder Lehrer der Gemeinde. Die
Legende macht ihn zu einem ber 70 Jünger und
jäft ihn als Märtyrer fterben.
Archipresbyter. Der Gchülfe und Vertreter beö
Biſchofs in geiftlichen Geihäften. Der Ruralardi-
preöbyter war urfprlinglich der eigentliche Pfarrer
feines Sprengels (Defanatö), der allein das Recht
der Taufe Hatte. Später wurden bie einzelnen Kir: |
44
ft: | hen felbftändig, über welche er nun im Namen
Arianer
des Biſchofs die Aufſicht führte, = Dechant.
Archontiker. Eine gnoſtiſche, beſonders dem
Judenthum feindliche Secte. Der Judengott iſt
ber Teufel, Kain und Abel waren Söhne bes Teu:
feld. Taufe und Thei.nahme an den Myſterien
verwarfen fie. Baur, noſis, S. 192, 201.
Arcimboldi, Joh. Angelus. Als päpftlicher
Nuntius und Ablakhändler nah Dänemark und
Schweden gejendet 1617, ftellte er fid) in den poli:
tifhen Wirren, die aus der Calmarif Union
entiprangen, erft auf Ghriftians II., die dänijche
Seite, dann ebenfo von Sture durch Verſprechun⸗
en gelodt auf bie ſchwediſch mationale und beftäs
igte das Abjegungsurtheil über den Dänisch gefinn-
ten Erzbifchof Trolle von Upſala. König Chriſtian
nahm ihm dafür das Schiff mit den Ablafgeldern
weg, und der Papft z0g ihn vor Gericht. Nach
einigen Jahren ber Ungnade ward er Erzbiſchof
von Mailand.
Arelate, S. Arles.
Areopag. Apftg. 17,19. Der Maröhligel in
Athen, nordweſtlich von der Akropolis, auf dem
fich der athenienfifche Gerichtähof verjammelte. Auf
diefem Hügel hielt Paulus die berühmte Rede,
Apitg. 17, 22 ff.
Aretas. Arabifche Könige bed Namens erwähnt
die Bibel zwei. 1) Aretas, 2. Matt. 5, 8, Zeitge⸗
nofle des Antiohus Epiphanes. — 2) Schwieger:
vater des Herobes Antipas. Leiteren für die Ber:
eg feiner Tochter zu züchtigen, begann Ares
as Krieg und ſchlug ihn. römiſche Statt:
ge; Bitelliud rüdte dem Antipas zur Hülfe ber:
ei, ließ aber fein Heer Halt maden, ala bie
Nahricht vom Tode des Kaiſers Tiberius eintraf,
und begab fich felbft nad Rom. Während biefer
Beit set Aretas Damaskus, 2. Kor. 11, 82.
Aretius Benedictus, aus dem Canton Bern,
wurde Profefior der Philoſophie in Marburg, der
Theologie in Bern 1563, + 1574, ſchrieb Theolo-
giae problemata, außerdem dbogmatifche und exe:
getiſche Schriften.
Areus oder Arius. 1, Maft. 12,7. 18. 19. (A.
Darius). Der König der Spartaner, welcher bem
ohepriefter Anas den Brief, 1. Mat. 12, 20,
chrieb, in dem eine gemeinfame Abftammung der
Juden und Spartaner vorausgefegt wird.
Argob. Diftrict von 60 Städten in Bafan,
die nad) der Befiegung Dgs dem Stamme Ma:
naffe und dem Haufe Jairs zufielen, ein Theil des
fpätern Gaulonitis.
Arianer. Arius, von Geburt ein Libyer, war
als Diafonus ſchon wegen Beglinftigung ded Me:
letius von der Kirchengemeinſchaft ausgeichloffen
gewefen, aber wieder aufgenommen und als Pres—
byter Vorfteher einer eigenen Kirche in Aleran:
drien geworden. Zwiſchen ihm und dem Bilhof
Alerander entipann fi ein theologifcher Streit
über das Verhältnik des Sohnes zum Bater, der
in feiner Ausbreitung die ganze Kirche ergriff und
für lange Zeit aufs heftigfte erregte. A. beftritt
die Ewigleit des Sohnes, der ein Mittelmefen jei
zwifchen Gott und ber Welt, ein zeitlich geworde:
nes Geſchöpf, aus dem Willen, nicht aus dem We:
fen Gottes, freilidy das erjte und vollfommenjte
Geſchöpf. („Es gab eine Zeit, wo er nicht war.“)
Eine Synode zu Alegandrien ſetzte den Arius ab,
und eine zweite that ihn in den Bann. 9. gin
zu Eufebius von Rilomedien, beffen Standpunli
Arianer
von dem ſeinigen nicht allzuverſchieden war, da
auch er die Idee der Gottheit im Vater vollendet
ſah, der ſein Weſen, das Sein von Ewigkeit, nicht
mittheilen kann. Derfelbe machte Bermittlungs:
verfuche zwiſchen Arius und Alerander und bemo
den Kaifer, den Bifchof Hofius von Corduba n
Alexandrien zu jhiden, um die Einigkeit wieder
berjuftellen. In Alerandrien hatte aber der Streit
größeren Umfang gewonnen, und bie Darftellung
des Hoſius veranlaßte den Raifer, das erjte ökume⸗
niſche Concil eg Nicäa zu berufen, 325. Die
arianiſche Lehre konnte nicht durchdringen. Ein
von Eufebius von Cäſarea vorgelegtes Glaubens:
befenntniß wurde durch Einfügung des Wortes
Suoovcrog (gleiches Wejens) den Alerandrinern
näher gebradt, von ber Synode angenommen und
Artus nebft ven Bischöfen Theonas von Marmarica
und Secundus von Ptolemais ercommunicirt
und verbannt. Weltliche Einflüffe erwarben dem
Artus die Gunft des Kaifers wieder, und ed wurde
Une Wiederaufnahme in die Kirche betrieben.
anafius, der Führer des nicänifhen Concils,
— Biſchof von Alexandrien geworden,
widerſetzte ſich entſchieden. Es wurden gegen ihn
i Anklagen erhoben; auf eine Synode zu
Cäjarea vorgefordert, erſchien er nicht; eine zweite
Eynode zu Tyrus entjegte ihn und hob die Abend:
mahlsgemeinthaft mit ihm auf, der Kaifer ver:
dannte ihn nah Trier. Arius überreichte dem
Kaijer ein in biblifhen Worten abgefahtes Glaus
bensbefenntniß und jollte zu Conjtantinopel wie:
der in die Hirchengemeinjchaft aufgenommen wer:
den, als er plötzlich jtarb, 336.
As nad) Conſtantins Tode 337 alle verbann-
ten Biſchöfe, auch Athanafius, zurüdberufen waren,
handelte es ſich in der nächſten Periode des Strei-
tes hauptjählih um die Perfon des Athanafius.
Beide Parteien juchten den Bijhof von Rom und
den Kaifer für fich zu gewinnen. Die Abendländer
ſprachen fid) für das Nicänum aus. Die Antinis
täner fammelten ſich zu Antiochien 341, wo fie
ein möglichjt wenig ſchroffes Belenntniß aufftell-
ten (die zeitliche Schöpfung verwarf man, —* das
öuoovcnog zu lehren). Conſtans und Conſtantius
juchten die drohende Spaltung zwifchen Orient und
Deeident durch eine Synode zu vermitteln; aber mit
feinem andern Refultat, alö daß die Nicäner zu Sar-
dica 347 das Öuoovarog fejthielten und bie Anti:
nicäner ercommunicirten, während dieſe zu Philip:
popolis das ouoovaos nicht annahmen und die
Häupter ber Nicäner bannten. Mit Hülfe der welt-
lichen Macht wurde Athanaſius nad) Alerandrien
jurüdgeführt. Als aber Kaifer Conftans ermordet
mar, fiegten die Antinicäner wieder durch den Bei:
ftand des Conftantius. Auf den Synoden zu Arles
353 und Mailand 355 wurde Athanafius abgejegt,
und gleiches Schidjal traf feine Freunde Hofius von
Eorduba und Liberius von Rom. Athanafius floh
zu den Anadoreten, feinen Stuhl nahm Georg
aus Kappabocien ein. Das nicänifhe Symbol
war befiegt. Unter ven bis jegt verbunden geme:
fenen Antinicänern trat num aber die Spaltung
—— Die ſtrengen Arianer unter Aëtius (f. d.
) und Eunomius bildeten ihre Lehre von ber
Weſensverſchiedenheit des Sohnes und des Vaters
immer conjequenter aus; der Sohn ift zwar über
die Gejhöpfe erhaben, aber dem Bater nur nad
der Wirffamteit ähnlich. Dahin konnten die An:
tiochener nicht folgen, denen hauptfächlich daran
45
Ariel
lag, nicht durch die Gleichheit den Unterſchied
zwifchen Bater und Sohn zu verlieren. Sie
behaupteten daher fortan die Wejensähnlichkeit
(öuowvoros). Auf den vier Synoden zu Sirmiun
351, 357, 358, erhielten die Semiarianer die
Ueberhand. Die zweite firmiiche Formel fprad)
bie Unterordnung des Sohnes und die Zeugung
aus dem Vater aus, diedritte, gegen die Aötianer,
die Weſensähnlichkeit, die vierte die Aehnlichkeit in
allen Stüden. Ein allgemeines Concil follte den
Streit beendigen und die Einigungsformel aus:
ſprechen; doch fam es nicht dazu. Die abendländi:
ſchen Biſchöfe verfanmelten fich zu Rimini. Ob—
glei) die größte Mehrzahl nicänisch gefinnt war,
auch die Arianer entjete, ließen ſich dennoch ihre
Abgeſandten an den Kaifer zur Unterjchrift einer
andern Formel, bie ber dritten ſirmiſchen ähnlid)
war, bewegen, der dann auch die Synode beitrat.
Die Drientalen verfammelten fihnoc 359 zu Seleu:
cia in Iſaurien und wiederholten eine frühere For:
mel von Antiodien 341, in welcher die Weſensgleich⸗
heit nicht —— und eine Zeugung des u
aus dem Bater vor aller Zeit gelehrt war. Dem
faijerlichen Befehl folgjam, nahmen aber auch fie
die Formel von Rimini an. Sowohl Aötius und
10 jeiner Anhänger ald aud die Häupter der
Semiarianer wurden abgefegt und verbannt, an
ihre Stelle traten Arianer.
Nach des Conftantius Tode erlaubte Julian allen
vertriebenen Biſchöfen, ihre Stellen wieder einzu:
nehmen. Athanajius kehrte zurüd. Die ftrengen
Arianer wurden von den kirchlichen Aemtern aus:
geſchloſſen. Das Abendland bekannte ſich auf der
Synode zu Paris von Neuem zum Nicänum. Da:
gegen ſuchte Kaifer Valens, ein entjchiedener
Ürianer, durch Berfolgungen und Verbannung
Aller, die ſich von der Kirchengemeinſchaft mit den
Arianern ge diejen die Alleinherrichaft zu
verſchaffen; nur Rüdficht auf die Stimmung bes
Boltes ließ ihn mit Athanafius u. A. eine Aus:
nahme machen. Viele der Semiarianer wurden
chen geneigt, fih an das Abendland anzu:
lieben, und der Einfluß der Gregore von Nazianz
und Nyffa und des Bafilius von por gr wirkte
erfolgreich nach diefer Richtung, fo daß der Boden
bereitet war, als 380 Theodofius die Arianer nicht
mehr als Mitglieder der Staatskirche anerfannte
und ihren Gotteödienft in den Städten verbot.
Das zweite allgemeine Coneil zu Conftantinopel
fonnte denn das Nicänum beftätigen 381. Als auf
einer fpätern Synode 383 das Belenntniß des
Eunomius verworfen wurde, folgten Unterbrü:
Aungsmaßregeln gegen ben Arianismus. Nur un:
ter den —— Völkern fand er längere
Dauer. Die Weſtgothen traten erſt 5889 zu Toledo
dem katholiſchen Glauben bei, Die Sueven 558, die
Burgunder um 517, die Longobarden erft um 700.
Bol. Baur, bie hriftliche —* von der Drei:
einigfeit, 3 Bände, 1841-43 ; Möhler, Athanafius
d. Gr. und feine Zeit, 1827; Dorner, Entwid:
lungsgeſchichte der Lehre von der Perjon Chrifti,
n. Aufl. 1853-57; Ritter, Geſchichte der chriſt⸗
lihen Philofophie, zweiter Theil.
Ariarathed (complut. Aräthes, Luth. Aretas),
1. Daft. 15,22. Ein König von Kappabocien, 139
v. Chr., es ift X. VI. Bhilopator, der den Alexan⸗
ber Balas gegen Demetrius unterftüßte.
Ariel, d. 5. Löme Gottes oder Feuerherd Got:
tes. Den Namen führt: 1) Ein Gabiter, 4. Mof.
Arimathia
3) Ezech. 43, 15 der Brandopferaltar.
Arimathia. S. Rama, womit es identisch.
Arioch. 1) 1.Mof. 14, 1, König von Elaffar.
2) Dan. 2, 14, ber Dberft ber Leibwache Nebukad⸗
nezars.
Ariſtarchus. Ein Begleiter des Paulus auf
deſſen dritter Stiffionsreite, Apftg. 19, 29, gerieth
beim Aufftand zu Ephejus in Gefahr, Apitg.20,4,
theilte die Gefangenſchaft des Paulus und wurde
der Sage na el zu Apamea.
Ariflen. Gern er einer fchon zur Seit bes
Dictators Sulla befannten Schrift über die Zus
ben. Verſchieden von dieſem echten Arifteas ift der
Pjeubo:Arifteas, angeblih Dfficier der Leibwache
des Philadelphus von Aegypten, unter deſſen Na-
men eine jagenhafte Schrift über die Entjtehung
ber Septuaginta —— ift (f. Alex. Bibelüberf.).
Ariſtides. Philojoph aus Athen, verfaßte eine
Schusichrift für das en an Hadrian.
riſtobulus. 1) 2. Maff. 1,10. Ein alerandrini:
{cher Jude am Hofe eines Ptolemäus, wahrſchein⸗
lic) des Philometor. 2) Ein Römer (Röm. 16,10),
von defjen Angehörigen etliche gräubig waren.
Arifion von Pella. Ein Apologet des Chriften-
thums, Verfaſſer eines Dialogs zwifchen dem Ju:
den Bapisfus und dem Chriften Salon.
Ariftotelifhe Philofophie. S. Scholaftik.
Arius. ©. Arianer.
Artiter. 1. Mof. 10, 17. Kanaanitifche Bölfer:
ſchaft am nörblichen Abhang des Libanon, von der
Stadt Arte, jpäter Cäfarea Libani, heute Arka.
Arles. Synoden zu Arles find gehalten 314
gegen die Donatiften, 353 gegen Athanafius, 452
gegen die Arianer, 475 für die Semipelagianer.
rmband, Ringe aus Elfenbein, Horn ober
edlen Metallen; auch Ketten und Schnüre trugen
die Hebräerinnen als Schmud, 1. Mof. 24, 22;
Ez. 16, 11; 23, 42, an einem ober an beiden
Armen. Auch 5 vornehme Männer, 2. Sam.
1, 10; vgl. 4. Mof. 31, 50.
Arme der Mutter Gotteß, S. Piariften.
Armenien. Hochland im weſtlichen Afien, weft:
lich an Kleinafien, öftlih an Medien angrenzend,
durh den Taurus und die moschifchen Berge
im Süden und Norden abgefhlofien. Bon den
hohen Gebirgen, deren höchſter Gipfel, der Ararat
1.Mof. 8,4), 17000 3. hoch ift, entftrömen bie gro:
ei Flüffe Euphrat und ag Im nad Süben, Ara:
zes nach Norden. In der Bibel wird Armenien
bald mit dem Namen Ararat (Gen. 8, 4; 2. Kön.
19, 37; Jeſ. 37, 38; Ser. 51, 27), bald mit Tho-
garma (Gen. 10,3, 1. Ehron. 1,6; Ey. 27, 14;
38, 6), bald mit Aſchkenas (Gen. 10, 3; er. 51,
27), bald mit Mini (er. 51, 27), welches bier
neben Aſchkenas fteht, alſo nur einen Theil von
Armenien bildet, bezeichnet. Ueberhaupt ſcheinen
dieſe Bezeichnungen verjchiedene Theile Armeniens
im Auge zu haben, nicht das ganze. Der erfte ge:
ſchichtliche König ift Tigranes I. (6. Jahrh.), wel⸗
cher im Bunde mit Cyrus die mediſche Herrſchaft
abwarf. Alerander d. Gr. eroberte 328 Das
Land, aus dejjen Hand es fiberging in diejenige
der Seleuciden. Ihre Herrihaft dauerte Über hun:
dert Jahre, dann wurde Armenien wieder jelb:
ftändig, bis die parthifche Arfacidendynaftie (um
150. Ehr.) fich des Landes bemächtigte, welche unter
fortwährenden Kämpfen und mit — |
bis 428 n. Chr. regierte. Nun war das Land ein
46
26,17; 2) Jeſ. 29, 1.7 heißt fo Jerufalem, und; ftetiges Streitobject
Armenien
wiſchen den perfiihen Saffa-
niben, den pzantinitihen Kaifern und endlich den
Kalifen. Unter den Bagratiden (385—1079) ent:
ftand im 9. und 10. Jahrh. eine kurze Blüthezeit.
Unter wechjelnder Abhängigkeit von Byzanz und
ben Kalifen und unter verheerenden Kämpfen hielt
diefe Dynaftie, die ſich durch ihren driftlichen
Glaubenseifer auszeichnete, aus big in die Mitte
des 11. Jahrh., in welchem das Land theild den
Seldſchucken, theils den Griechen unterworfen
wurde. Später theil3 perſiſch, theils türkiſch, hatte
Armenien einen fo furdtbaren Drud zu erf
daß jeine Bewohner mafjenweije ausmanderten. —
Das Ehriftentfum fand ſchon frühe in Armenien
Eingang. Nach ber *— ſoll Thaddäus, einer der
70 Junger, dort das Evangelium verfündet und
den Märtyrertod erlitten haben; fein Werf aber
fol von einem Vereine von Männern, Däfier
enannt, fortgeführt worden fein — Sichere
puren bes Chriftenthums lafjen 0 ſchon im
2. Jahrh. entdecken. Im 4. Jahrh. iſt Gregor der
Erleuchter (ſ. d. Art.), deſſen Leben ſagenhaft
ausgefhmüdt iſt, durch die Belehrung bes
Königs Tiridates der Apoftel Armeniens gewor:
den. Ein Nachkomme —— Nerſes, wurde
366 von der Synode zu Walarſchapat zum Patri⸗
archen oder, olitos“ (dies iſt der Titel der
armenijchen Patriarchen) ernannt, wodurch r
leich die Lodtrennung von dem Patriarhat Cä-
—* dem Armenien bisher angehörte, ausge:
proden war. Defien Sohn Sahaf arbeitete ge:
meinam mit Miesrob an der Ueberfegung der
Bibel ind Armeniſche, und hielt 432 eine Synode,
auf welcher die den Nejtorianiamus verbammen:
den Beichlüffe von Ephefus (431) aboptirt wur:
den. Die Herrichaft der —— Saſſaniden
ſeit 428 brachte um 450 eine lutige Chriften:
verfolgung, deren Opfer der Katholifos Joſeph
wurde, 454. 491 verwarf die Synode zu Walar:
chapat das chalcedonenſiſche Eoncil und befannte
ih zum Monophyfitismus. Da ſich in der Folge:
zeit durch griechiſche Einflüffe mande antimono:
phyfitiihe Richtung bemerklich machte, fogar der
Katholitos Jezr fih zur Annahme des Chalce:
donenje bewegen ließ, jo entitanden vielfache
Streitigleiten, welde aber eine Synode 645
wieder zu Gunjten bes Monophyfitismus entjchied.
Uebrigens hörten die Verſuche der Union mit
ber Fatholifhen Kirche niemals auf: 1179 auf
der Synode zu Hromglai, 1307 zu Sis, 1316 zu
Atan wurden die Propofitionen der katholiſchen
Kirche angenommen; 1439 auf dem Unionsconcile
m Florenz die Einigung anerkannt. Jm Anfang
es 18. Jahrh. entjtand die Congregation der
Mechitariſten, deren ausgeſprochener Zweck die
Vereinigung mit der katholiſchen Kirche war, und
deren Klofter St. Lazaro bei Venedig (jeit 1717)
mit feiner Druderei beſonders berühmt geworben
ift. Jetzt gehören etwa 100,000 von 3 Millionen
Armeniern zur den Kirche. Die armenis
ſche Kirche ſelbſt ift einer gänzlihen Veräußer-
lihung verfallen; in der Lehre unterjcheidet fie ſich
von dem Katholiciömus kaum durch ihre mono«
—I — en und den Sa, daß der heilige
Geift nur vom Bater ausgehe. An der Spike der
Kirche fteht der im Kloſter Etſchmiazin bei Erivan
refidirende Katholifus, der vom ruffiihen Kaifer
die Bejtätigung erhält. Eine gebildetere Klafje von
Geiſtlichen bilden die Wartabeds, die Lehrer. Die
’ ’
Armenpflege
Priefter find vereheliht. Seit 1830 hat fich bie
proteftantiiche Miffion Armeniens bemächtigt. In
Bebel bei Eonftantinopel befteht zu diefem Zwecke
ein armeniſches Seminar. Man zählt bis jegt
gegen 10,000 evangelische Armenier. — Die armen
ſche Literatur, welche fich ſeit Miesrobs Einfüh—
rung der armeniſchen Schrift datirt, iſt eine ziem⸗
lich reiche und meiſt theologiſche. Das bedeutendſte
Werk iſt die Bibelüberfegung, von Miesrob und
feinen Schülern 411 begonnen, 1805 herausgege:
ben zu Venedig, der aud) ein neuer Korintherbrief
igefügt ift (von Rink irrig für echt gehalten).
Außerdem enthält die Literatur Ueberjegungen
von Ignatius' Briefen, Eufebius’ Chronik, ein:
—— riften Philo's und Baſilius des Gr. u. A.
ie armeniſchen Schriftſteller David, Ueberſetzer
des Ariftoteles, Esnik polemiſche Schriften), Fo:
hannes Oznienſis (8. Jahrh., polemifhe Reben,
Kanones), Gregorius Rarelenfis te Shrh.,
Gedichte, Reden), Nerjes Klajenfis, Nerjes Lam:
bronenfis, Ignatius (12. Jahrh.) u. A. find für
die Theologie von Bedeutung geweſen. Eine große
Zahl hiſtoriſcher Schriftfteller, wie Moſes Chore:
nenfis, Elifäus, Lazarus u. A., übergehen wir hier.
Armenpflege. Faft unmittelbar zugleich mit der
chriſtlichen Gemeinde tritt die chriſtliche Armen:
pflege auf, alö die Aeußerung der brüberlichen Liebe,
weldye die Gemeindegliever unter einander ver:
band, und die Einrichtung des Diafonats befeftigte
bie —— als die gemeinſame That der Ge:
meinbe. tritt die Mare Idee auf, daß die
A e weſentlich Aufgabe der Gemeinde iſt
und fein ſoll, nicht des Einzelnen, daß dieſer nur
giebt an die Gemeinde und der Arme nur empfängt
von der Gemeinde. Die milden Gaben ber
Einzelnen find ein Dpfer, Chriftus dargebradt,
welhes von der Gemeinde durch bie Bijchöfe
und Diafonen angenommen und auf den Opfer:
altar, da3 find die Armen, niebergelegt wird.
Es gilt als ndjag, das Wohlthun der Einzel:
nen fei ein unnüges und zu verwerfen. Damit
übereinftimmenb wird das Bermögen ber Kirche
urfprünglic als den Armen gehörig angejehen, die
Biſchöfe find die Verwalter defjelben. Dies Klingt
nah in einer Menge kirchlicher Beitimmungen,
in Aeuferungen der Kirchenväter und Eoncilienbe:
ſchlüſſen bis zum Eoncil von Trient, 3. B. daf
der Bifchof die Gewalt über dad Armenvermögen
befige, daß er es aber jämmtlich für die Armen zu
verwenden habe. — Wenn Jemand jagt: ich
will der Kirche etwas widmen, ſo befehlen ihm die
Priefter, e8 den Armen zu geben. Die Kirche ift
verpflichtet, die Armen zu ernähren. Die Geijt:
lichen jollen Tafeln halten, an melde die Armen
aufgenommen werden. Die Zehnten jollen zwi:
ſchen den Geiftlihen und den Armen getheilt wer:
den. — Kirchengut ift Armengut. — Die Geift:
fihen follen den Ueberjhuß ihrer Pfründen den
Armen geben. — Das Erbe ber —— fällt
der Kirche, d. h. den Armen zu. Conc. Trid. cl
act. Conc. Mediol. Es war nicht bloß die Ber:
weltlichung des Klerus, wodurch dieje ideale Armen:
pflege zu Grunde ging. Die altkirchliche Armen:
or lediglich auf der Borausjegung Heiner,
in Einheit des Geiftes und lebendiger Liebe eng
an einander gejchlofjener Gemeinden ; fie wurde un:
möglich, fobald die Gemeinde ſich weiter entwidelte,
und gar ala das Chriftentfum Staatäreligion
warb, und ber innere Verband ber Gemeinde
47
Armenpflege
durch die bloß locale Zugehörigkeit erfekt wurde.
Es überfam aber der Staat von der Kirche ein
Bemwußtfein feiner Verpflichtung der Armenpflege,
das ſich ſchon zur Zeit des römischen Neiches in
mehreren Gejegen Gratians, Balentiniand und
Theobofius, ausſprach, und unter Karl d. Gr.heißt es
imcapitul.vom Sage 806 : Jede Gemeinde * ihre
Armen in odie Mittel der Geiftlichen nicht
ausreichen, Joll die Gemeinde zutreten. Die Armen
pflege der Kirche veräußerlichte fich immer mehr;
fie wurde in den Klöſtern ein planlojes Almofen=
Ipenden, bei den Biſchöfen ein Vertheilen beftimm:
ter Einfünfte unter beftimmte Perfonen. Dabei
wuchs die Armennoth des Mittelalters. Mit dem
Loderwerden des Lehnäverbandes und der Hörig-
feit gerieth die Berpflichtung des Herrn, für feine
Hinterjafjen zu forgen, immer mehr außer Uebung ;
das Beifpiel der Bettelorden nahm die Scheu vor
dem Bettel, Noth und Trägheit riefen die Bettler:
banben hervor, die in Deutſchland und ander»
wärts zur Zandplage wurden.
Die Reformation ſuchte auch hier auf das Alt:
firhlihe zurüdzugehen. Die Bugenhagenſchen
Kirhenordnungen trennen Armenfonds und fir:
chenfonds, und ftellen Armendiakonen an, die jene
verwalten und verwenden follen. Das Snftitut
ne fi nit Halten können. In der reformirten
irche ift freilich überall die Diakonie ald Ge:
meindeamt und mit ihr kirchliche Armenpflege an:
eordnet; allein will man hier die Fortdauer einer
irchlichen Armenpflege im Gegenjag einer bürger:
lichen fehen, jo iſt Eins zu beachten. Calvins
Kirchenordnung umfaßt die Gemeinde ala bürger:
liche und Firchliche zugleich, die Armenpflege der
Diafonen ift daher ebenſowohl eine bürgerliche als
kirchliche; nur da hat ſich die Diafonie als gemeind⸗
lihe lirchliche Armenpflege erhalten können, wo
die reformirten Gemeinden unter anberägläubiger
Bevölkerung enger auf einander angewiejen waren
und ihre Armen an den jonftigen Armenmitteln,
die durch Fatholifche Klerifer verwaltet wurben,
feinen Antheil hatten. Wie nahe auch die refor-
mirte Diakonie der bürgerlichen Armenpflege fteht,
zeigen manche Gemeinden des Niederrheing mit
iſchter —— wo zu dem Collegium der
iatonen katholiſche Beiſitzer hinzutraten zur Ver⸗
waltung des Armenvermögens, und umgefehrt,
lange bevor die franzöfijche Geſetzgebung das kirch⸗
liche Armenvermögen den Eivilgemeinden übergab
und die Wohlthätigkeitäbureaus organifirte.
Mit dem Sinken der firhlihen Armenpflege
mußte der Staat es fich immer mehr angelegen
fein laffen, eine bürgerliche Armenpflege zu orga:
nifiren. Die Anfänge im römischen und fraͤnkiſchen
Reiche find bereits erwähnt. ausgebildetſten
wurde die Rechtspflicht der Gemeinden zur Unter⸗
ſtützung ihrer Armen in Frankreich und England
ausgeſprochen; es entſtand eine förmliche Armen⸗
geſetzgebung, und bekannt ſind die Klagen über
Ueberbürdung der Gemeinden mit Armenſteuern,
die dennoch das Wachſsthum ber Armuth nicht hin⸗
derten; und gleiche Erfahrung von der Unzuläng⸗
lichkeit der angewenbeten Mittel machte man über
all. Gegen diefe Not juchte man von vielen Seis
ten die Hülfe in einer Rücklehr zur kirchlichen
Armenpflege, die aud) Heute noch von Manden
erjirebt wird. .cjuche dazu find an mehreren
Orten gemadt: in Evinburg von Chalmers, der die
erſte Fräftige Anregung zur Umgeftaltung ber
Armeipflege
Armenpflege gab, in Erlangen, Gütersloh u. ſonſt;
an andern Orten hat man fie wieder aufgeben und
den bürgerlichen Behörden, wie früher, überlafien
müffen. Als das Uebel der öffentlichen en
NArmenpflege kann man nun aud) leinenfallä er:
fennen, dab die bürgerliche Gemeinfhaft das Sub:
ject derjelben ift; vielmehr ift hier ein chriftlicher
Gedanke in aller Energie als Princip aufgenom:
men, die öffentliche gemeinfame Pflicht des Bei:
jtandes und ber Unterſtützung der Nothleidenden.
Das Hauptübel bleibt, 1) daß diefer Pjlicht gegen:
über geftellt ift ein Recht des Armen auf Unter:
jtügung, welches er fogar im Wege einer Klage er:
langen fann, jo ba ihm das Bewußtjein, Wohl:
that zu empfangen, ihwindet; 2) der burcaufra:
tische Schematismus, der fi aud) diejes Verwal:
tungszweiges bemädtigt hat. Die Armenpflege
ift bloßes Almofengeben geworden. Weder das
Eine noch das Andere ift aber bei der kirchlichen
Armenpflege vermieden worden noch zu vermeiden,
am wenigjten bei dem Staatskirchenthume, daher
aud) feine Abhilfe des Uebels zu erwarten. Da
nun außerdem die firchliche Armenpflege die bür:
gerlicye niemals ganz aufheben Tann (denn fie muß
fich auf die Gemeindeglieder beſchränken, und fett
eine freimillige Unterordnung und eine gemifje
kirchliche Disciplin voraus), jo ſcheint in der That
bie firhliche Armenpflege nur da noch das innere
Recht einer eigenen Criftenz zu haben, wo das
bürgerlihe Gemeinwejen an dem Zwieſpalt der
Gonfeffionen noch derart krank ift, daf Die Confeſ⸗
fionen fih als Barteien in allen Beziehungen
gegenüber ftehen und die Minorität eine —
nahme auf ihre Armen nicht erwarten darf. In
olchen Fällen entſteht von ſelbſt ein concentrirteres
irchliches Gemeindegefühl, aus welchem denn auch
die größere Sorge für die Armen hervorgeht. Die
Beſtrebungen der Neuzeit auf dieſem Gebiete laſſen
[ dahin harakterifiren, daß fie die Armenpflege
affen als Sache weder des Staates noch der
Kirche, jondern als Angelegenheit der Geſellſchaft.
Auf der einen Seite ftehen hier die Vereine für die
innere Mifftion und ihr verwandte Bejtrebungen.
Das Eharafteriftiiche derjelben ift, dab die Armen:
pflege einen religiöfen Charakter tragen fol, ihr
eigentliches Ziel die Seelenrettung it. Kirchlich,
d. h. von der Inſtitution der Kirche ausgehend, iſt
fie nicht, fie benutzt das ſich ihr unterorbnende
Kirchenamt als willlommenes Organ. Auf der an:
dern Seite ftehen die weitverzweigten Bemühungen
für die Hebung des Proletariats und feiner öfonomi:
ſchen Lage, die fi an die Namen einzelner Män:
ner knüpfen: Liedfe, Schulze: Deligih, und ſich
gipfeln in dem internationalen Verein für Wohl:
thätigkeit. Das Gemeinfame auf beiden Seiten ift,
daß die freimillige Hülfsbereitichaft der Einzelnen
fih in den freien Vereinen fammelt zu der Mög:
lichfeit einer energifhen und burchgreifenden Thä-
tigkeit und auch die Armen nicht bloß als Almojen-
empfänger eine unterjhiedslofe Menge bilden,
jondern dem individuellen Verhältnifje die volljte
Anertennung und Berüdfichtigung zugeftanden
wird. Wir erbliden in dieſem Allen die Entfaltung
des Keims der brüberlichen Liebe, der in der erjten
chriſtlichen Gemeinde die erften Wurzeln ſchlug.
Die Armenpflege unferer freien Vereine fteht höher
als die der erften Gemeinden, nicht nur meil fie
weiter gehend und umfafjender ift, fondern weil
in der Form ber freien Vereine bie Perjönlichkeit
48
‚ auch der Wohlhabenden zu ihrem Rechte kommt.
Arminius
Ebenſowenig läßt unſere Zeit dasjenige vermiſſen,
wodurch die apoſtoliſche Zeit vor der Folgezeit her:
vorragte. Der Grundjat ber fränkifchen und jpä:
tern Geſetzgebung: suos pauperes quaeque civi-
tas alito, ift der volllommene Gegenjag zu ber
auliniſchen Collecte, die die — in Korinth
Kir die Nothleidenden in Jerujalem in Anſpruch
nimmt. Kaum wird heute an irgend einem Theile
der Erde ein Nothftand fühlbar, welcher die Kräfte
ber Nächſten zu überfteigen droht, fo werden durd)
freiwillige Gaben und Sammlungen von allen
Seiten Die Mittel ber Abhülfe herbeigetragen, ohne
daß die Grenzen ber Kirche, der Confejlion, d
Nationalität hindernd dazwiſchen träten. So viel
des Unzureigenden und Mangelhaften daher aud)
ein Blid auf das heutige Armenmwefen uns immer
nod) darbietet, fo läßt auch er uns dennod nidt
verfennen, daß die fittlihen Jdeen des ——
thums in immer reiherem Maße das L ber
Geſellſchaft erfüllen. ,
Arminins, Jalob. Gründer ber reformirten
Religionsgemeinfchaft der Arminianer, geboren zu
Dudewater in Südholland 1560. Durd) vielfeitige
theologifche (unter Danäus in Leyden, Th. Beza ın
Genf) und philofophifche Bildung ift er zu einer
geiftesfreien Richtung gelangt, die an vielen Här:
ten bes reformirten Dogmas Anſtoß nehmen
mußte. Nad vollendeten Studien und Reifen,
worunter auch nad) Stalien, wurde er Prediger in
Amfterdam (1588), fpäter (1603) Profefjor in
Leyden. Schon vielfach verdächtigt, gerieth er ie
in offenen Streit mit feinem Collegen Franz ©o:
marus wegen der Prädeftinationsiehre, die er nicht
in allzuſchroffer manichäiſcher Weiſe aufgefabt
wiſſen wollte. Mitten in den Streitigkeiten ſtarb
er, 19. Oct. 1609.
Er gab die Anregung zu einer lebhaften Bewe
ung in ber reformirten Kirche. Es entjtand eine
reiere Richtung, welche nicht bloß gegen die ſchroffe
Barren a fondern auch gegen jede enge
tirchliche Beſchränkung überhaupt auftrat, wie aud)
ſchon Arminius gegen den übertriebenen Belennt:
niß zwang von Seiten der holländiſchen Stände ſich
Der Tin ze Die jortgejegten Streitigleiten
auch nad dem Tode des Arminius, an befjen Stelle
Simon Epistopius(f. den Art. Epistopius) trat, be:
wirkten, daß die Arminianer 1610 den Ständen eine
fogen. „Remonftranz” (gegen die Vorwürfe des Pr
lagianisınus) überreichten, in welder eine vermit⸗
telnde Lehre ſchlechthinige Wirkſamleit der Gnade,
aber Möglichkeit der Nejiftibilität, der Widerſet
lichkeit gegen diefelbe) in fünf Artikeln Ausdrud
findet. Daher ihr Name Remonftranten. Cine
Gegenremonftranz fteigerte den Kaınpf, in welchen
fid) auch politifhe Beweggründe einmifchten, da
die Häupter der Arminianer, wie Hugo Grotius—
ber Landſyndikus Oldenbarnevelt, — — hervor:
ragende Mitglieder der republifanijhen Parte!
waren, zu einer immer tieferen Scheidung. “
Synode von Dordrecht (1618 und 19), welche *
Sireit endlich beilegen ſollte, verdammte die =
nianer und ftellte die jirengjte Prädeftinationslehrt
auf. Zugleid wurden die Befiegten in Ku
Weiſe —* t, Oldenbarnevelt wurde hingerichte
Grotius —— genommen, die era
dentenden Prediger abgejegt. Nach Morik en
(1625) erhielten die Arminianer endlich, Dune
und volle bürgerliche Freiheit (1630). Seitdem fäll
Arnauld
bad Schwergewicht ihrer Bedeutung in ihre theo-
logiſche Wiſſenſchaft. Außer den Ken genannten
Simon Episfopius (+ 1643), Berfaffer der Insti-
tutionum theol. libri IV (unvollendet), Hugo
Grotius (} 1645), der fich beſonders durch feine
exegetiſchen Schriften ausgezeichnet hat, find noch
zu nennen: Bhilipp von Limborch (7 1714), beffen
Theologia christiana die —— Theologie
zuſammenfaßt, Adrian von Cattenburgh, der
Herausgeber der Bibliotheca scriptorum re-
monstrantium, Sean le Elerc (Klerifus, + 1736),
als Ereget auögezeichnet. Als Kirchengemeinſchaft
bat der Arminianismus, feitdem die reformirte
Kirche ihre alte Starrheit verloren hat, aufgehört,
bedeutend zu fein. In Holland bejteht eine Anzahl
von Gemeinden, die Durch eine jgnodale Berfafjung
mit einander verbunden find. Als Belenntnih der
Arminianer ift vorzüglich die Confessio, von ©.
Episfopius, in 25 Kapiteln, anzufehen.
Arnauld, Anton. Der Verfechter des —
nismus gegen die Jeſuiten, geb. 1612; früher
Juriſt, wurde er 1641 Prieſter und 1643 Mitglied
der Sorbonne. Sein berühmtefte® Buch De la
frequente communion, in welchem er der laren
Jeſuitenlehre entgegentrat, nad) welcher der Ge:
nuß des Sacraments in der Furcht vor ber Ber:
dammniß jchon Hinreiche, den Segen deffelben zu
erlangen, und er ernftlihe Bußwerke verlangte,
wurde von ben Sejuiten verfolgt, in Rom ver:
dammt, und Arnauld mußte ſich in ftrenger Ver:
borgenheit halten. Bon Reuem verfiel er dem
Vorwurf der Gegner, ald er in dem „Brief an eine
ri vom Stande” die ftrenge auguftinifche
ehre von Gnade und Prädejtination wiederholte,
in Beziehung auf die päpftlihe Verwerfung
der aus Janjens Schriften aufgejtellten fegerifchen
Säge die Unterfheidung des du fait und du
droit machte. Arnauld wurde aus der Sorbonne
ausgeftoßen,aber hierdurch wurden Pascals Lettres
à un provincial hervorgerufen, die den Jefuiten-
orben empfindlicher angrifien, ala bisher geſchehen
war. Um fich von dem Verdachte des Calvinis:
mus zu reinigen, wandte fid) Arnauld aud gegen
die reformirte Abendmahlälehre (gegen Claude
und Jurieu); dem Papfte bot er die Materialien
zu den 65 jejuitifchen Sägen, die verworfen wur:
den, und ftritt gegen bie Anjprüche des Königs im
Regalienftreit. Wegen feiner Angriffe gegen Wil:
beim von Dranien mußte er fi in Brüffel in
ftrenger Berborgenheit aufhalten, die angebotene
Nüdtehr nah Frankreich lehnte er ab, da feiner
Schriften wegen Mande noch im Gefängniß
——— Er ſtarb 1694, bis zuletzt getreu
einen Grundſätzen, ein Vertheidiger der Freiheit
der Kirche und der janſeniſtiſchen Grundſätze
gegen Jejuiten (La morale pratique des Jesui-
tes; La theologie morale des J.) und Refor—
mirte, Bapft und König.
Arndt, Ernjt Morig. Geb. 1769 zu Rügen, geft.
1860 zu Bonn. Obgleich Arndt Berdienjte auf
andern Gebieten liegen, jo fann er doch aud) in
einer kirchlichen Encyklopädie nicht Übergangen
werden, da er zu Denjenigen gehört, von welchen
die religiöfe Begeifterung gewedt wurde, welche die
eiheitöfriege begleitete und den religiöfen Auf:
chwung des Proteftantismus bedingte. Aber nicht
wenig hat er auch durd) jeine Schriften dazu bei-
Be in den Zeiten firchlicher und politischer
eaction in ber Gemeinde das Bewußtſein von
49
Arnold
dem wachzuhalten, worin das Wefen beö Proteftan:
tiömus zu juchen und was für die Kirche zu erftres
ben jei. Bon feinen religiöfen Liedern, der Frucht
ſchwer ermorbener Lebenserfahrungen, werden
manche ben Weg in bie Geſangbücher der Gemeinde
nod finden. — Vgl. Schenkel, E. M. Arndt, 1866.
Arndt, Johann. Geb. 1555 zu Ballenftedt, geft.
1621 zu Celle al3 Lüneburgifcher Generalfuperin:
tendent; ftudirte feit 1576 zu Helmjtädt, Witten:
berg, Straßburg, Bafel Medicin und Theologie,
1583 Bajtor zu Babeborn in Anhalt, verlor die
Stelle, weil er fi der Abſchaffung des Erorcismus
nicht fügen fonnte, 1590 Paſtor zu Quedlinburg,
1599 zu Braunfchweig, 1609 zu Eisleben, 1611 in
Celle. Der Berfafjer des „Wahren Chriſtenthums“,
des verbreitetiten und beiten Erbauungsbuches der
lutheriſchen Kirche. Entjtanden aus Wocenpre:
digten, ift daſſelbe eine erbaulihe Glaubenslehre,
aber durchaus myſtiſch gehalten, mit beftändiger
tieferer Deutung und Anwendung auf ein inwen⸗
biges Chriſtenthum. Bei dem Volte fand das Bud)
die danfbarjte Aufnahme, zog aber von Seiten der
Theologen dem Verfaſſer die bitterften Verbäd:
tigungen zu al einem Srrlehrer; Angriffe, die
auch nah Arndts Tode fich erneuten, ald durch
Spener bie Schriften Arndts wieder verbreitet
wurden. Das bleibende Verdienft des Buches be:
fteht darin, daß es die lutherifhe Lehre aus ber
Dürre der ſcholaſtiſchen Lehrbeitimmungen wieder
in die Wärme des religiöfen Lebens zurüdjührte.
Vielfach benutzt hat —* die Schriften älterer
deutſcher Myſtiker, mit denen er ſich mit Vorliebe
beſchäftigt hatte (1617 beſorgte er die Her:
ausgabe der Deutſchen Theologie), Kempis, Tau:
ler, Staupig. Mit dem Wahren —— iſt
in den Ausgaben das Paradiesgärtlein verbunden.
Arndts Anregung führte in die lutheriſche Kirche
die Myſtik wieder ein und bahnte dadurch Spener
und dem Pietismus den Weg, die rechtgläubige
Lehre in chriſtliches Leben wieder umzujegen.
Arno, Erzbiſchof von Salzburg. + 821. Xei:
tete die Mifjion unter den von Karl d. Gr. ſeit
791 unterworjenen Waren und Slaven und
jegte die Erhebung Salzburgs zur Metropole von
Bayern burd). Dh von Karl zu Staatsgejhäften
ebraucht, ftand er an der zn. der Gejanbdt:
Paft, die den vertriebenen Zeo III. wieder nad)
Rom zurüdführte. Aleuin ſchätzte ihn hoch. Bon
Arno rührt her das Congestum Arnonis, ein
Güterverzeihniß der ſalzburgiſchen Kirche, welches
durch hiſtoriſche Notizen wichtig iſt.
Arnobius. Ein Rhetor, ſchried um 300 n. Ch. nach
ſeiner Belehrung ein apologetiſch-⸗polemiſches Buch
über die chriſtliche Religion, Disput. adv. gentes,
an welchem die polemiſche Darjtellung des Heiden:
thums befjer it, als die noch Unkenntnis und Un:
klarheit verrathende des Chrijtentyums.
Arnobiud, der Jüngere. Ein Semipelagianer
in Gallien im 5. Jahrh., Verfajjer eines Commen:
tars zu den Palmen. Oft als Verf. der Schrift
„Prädeſtinatus“ vermuthet.
Arnold, Gottfried, der Verfaſſer der Kirchen:
und Kegerhiftorie, geb. 1666 zu Annaberg in
Sadjen, feiner zahlreichen — — und
geiſtlichen Lieder wegen von den Myſtikern und
Pietiſten überall hochgeſchätzt, iſt der hauptſäch—
lichfte Vertreter der ſeparatiſtiſchen Bewegung in
der lutherifchen Kirche im Anfang des vorigen
Jahrh. Bon Spener pietiftiich angeregt, gab er
Arnold
fi ganz einer myftifchen Richtung hin in Verbin:
‚ dung mit verwandten Gemüthern zu Frankfurt
und Quedlinburg und legte diefelbe in mehreren
Schriften (die erfte
göttlichen Sophia, das eheliche und unverehelichte
2eben u. |. w.) dar. Ein Lieblingsgedanfe war
darin, ben ehelojen Zuftand als den volllommenen
bejchreiben. Arnold legte jein Amt ald Pro:
Feklor zu Gießen nieder und enthielt fich aller
Theilnahme an Kirche und äußerm Gottesdienſt.
Später jedoch gab er diejen fireng myſtiſch jepa-
ratiftifchen Standpunft wieder auf, verheirathete
ich und wurde Prediger zu Allftädt 1700 und zu
erleberg, wo er 1714 ftarb. In der „Unpartei:
iſchen Kirchen: und Kegerhiftorie” ift jein durch—
gehendes Bejtreben, die Berechtigung der verjchie:
denen Ketzereien nachzuweiſen, und daß fie mei:
ftend hervorgegangen jeien aus dem Berlangen
nad) wahrem inwendigen Ehriftenthume, dem fi
die herrfchende Kirche entfrembet habe.
Arnold, Thomas. Nector der Schule zu Rugby.
Bertraut mit den Anjchauungen der deutſchen
Theologie und fich anſchließend an Schleiermader
und Rothe, war er eins ber würdigften und ein:
flußreichiten Häupter der breitfirchlichen Partei in
der englifchen Kirche. F 1842. — ©. Thomas
Arnold, von Karl Heing. Brot. Monatsbl., 1867.
Arnold von Brescia. Ein Schüler Abälards.
Ausgezeichnet durch Keinheit der Sitten und feu:
rige Beredjamfeit, fand er Anklang und Anhang,
ala er feine Stimme gegen das Berderben der
Kirche erhob, eine Reform des Lebens ber Geift:
lihen und Rüdfehr zu apoftoliiher Einfachheit
verlangte. Als Schismatifer auf der Lateran:
ſynode 1139 verurtheilt, begab er fich zu Abälard
und erregte durch deffen Vertheidigung den heitig:
ten Zorn Bernhards von Elairvaug, der eine neue
rurtheilung erlangte. Arnold hielt ſich nun län:
gere Zeit in der Schweiz auf. Als aber Eugen III.
vor den aufjtändiihen Römern geflohen war, be:
ab fich Arnold gegen 1146 nad) Rom, wo die po:
Atifchen Verhältniſſe feinen reformatorifchen Ideen
günftig jhienen. Um die Kirche zu reinigen, lehrte
er nun, müffe fie der weltlichen Gewalt entkleidet
werden, daher dürfe der Papſt nicht der Fürft in
Nom bleiben; die alte Republik, von Volk und Se:
nat regiert, fei wieder herzuftellen. Arnold trat
an die Er der politifchen-Bewegung. Aber als
Hadrian IV. das Interdict über die Stadt ver:
hängte, verlichen ihn die Römer und ſchwuren
ihn zu verbannen, wenn das Interdict aufgehoben
würde. Arnold flüchtete fih in ein feſtes Schloß
in Campanien. Da Barbaroffa auf feinem Krö:
nungszug nad Rom ſich gegen ihn erflärte, wurde
Arnold dem Papjte ausgeliefert und auf beffen
Befehl gehängt, der Leihnam verbrannt, bie Aſche
ind Meer gemorten (1155).
Arnoldi, Wild. 1842 Bifchof von Trier. Ver:
weigerte beim Antritt jeines Amtes den bifchöf-
lihen Staatöeid. Veranlaßte 1844 bie feierliche
Ausjtellung des heiligen Rockes in Trier, die den
Brief Ronge's und die Bildung der deutich «Tatho:
liſchen Gemeinden hervorrief. Erwies fih auch
ſonſt als ein eifriger Vertreter der ultramontanen
und hierarchiſchen Grundfäge, + 1864.
Arnoldi, Bartholomäus, (Ufing), Auguftiner
und als Profefjor der Theologie Lehrer Luthers;
gehörte aber fpäter zu feinen Gegnern, und mußte
deshalb 1526 Erfurt verlaffen, + 1532,
50
Liebe, das Geheimniß der fi
Artemon
Arnoldiſten. Der Name, in dem Verdammungẽ⸗
decrete des Papſtes Lucius III. 1184 und im
—*5 Friedrichs II., umfaßt alle die Secten
in Ober⸗Italien und Deutſchland, welche in grö:
Berm oder geringerm Anſchluß an Arnold von
Brescia gegen die weltliche Macht des Papſtes und
gegen bie Hierarchie auftraten.
ruoldus, Nilolaus. Ein Pole, reformirter
Theologe, Brofefjor in Franeder, der Nachfolger
bes Coccefus; jchrieb gegen Socinianer und Ka:
tholifen, + 1680.
Arnon, Der nördliche Grenzfluß bes Moabiter:
landes gegen die Amoriter, fpäter gegen Iſrael
(Ruben); heute Mudjcheb, entjpringt bei Katrane
auf den arabifchen Gebirgen und fließt ins Todte
Meer. — Die Höhen Arnon (4. Mof. 21, 28) find
feine feljigen Ufer.
Arnulph, der Heilige, war Biſchof von Mek.
Damit er Kleriker werden könne, nahm jeine Ge:
mablin den Schleier; auch Arnulph ftarb als
Mönch 641,
Arpad. Königäftabt in Syrien, die Sanherib
eroberte. 2. Kön. 18, 34; 19, 13; gef. 10, 9;
Jer. 49, 23.
Arpachſchad. 1. Mof. 10, 22. Das Volt von
Arrapagitis nördlich von Afigrien. Die Nach—
tommen Arpachſchads, d. 5. die Abzweigungen die:
ſes Volksſtammes, drangen über den Euphrat
nad Kanaan und nad) Arabien. — Knobel, Bölter:
tafel. 1850. Fürft in Merx' Archiv, 1867, ©. 16 f.
Arpharad. König von Medien, zu Echatana
nach Jud. 1, 1 von Nebufadnezar befiegt. Die
Angaben lafjen fich mit den fonftigen biftorifchen
Daten nicht einigen; die Geſchichte ſcheint auch in
diefem Bunte im Buche Judith romanbaft zu fein.
Arfaced. Name der Könige von Barthien und
Medien. Der 1. Maft. 14, 1—3 Ermähnte ift
Mithridates I.
Arfenius, Römifcher Diakon. Erzieher von
Theodofius deö Großen Sohne Arcadius, der ihm
nad dem Leben trachtete, iiber die Ehrenbezeu⸗
gung erbittert, die er ihm bezeigen ſollte. Arſenius
floh in die ägyptifche Wüſte und lebte dort als
Einfiedler. Er gehört zu den Belennern (19, Juli).
Arſenius. Patriarch zu Conjtantinopel. Bor:
mund des oh. Laskaris, fprady den Bann aus
über Michael Paläologus, der jenen blendete und
fi zum Kaiſer machte. Da Michael, zu anderer
Buße bereit, dem Throne nicht entjagen, Arſenius
aber den Bann nur unter biefer Bedingung löfen
wollte, jo ließ der Kaiſer den Patriarchen durch eine
Synode in Eonftantinopel abjegen und verbannen.
+ 1267. Seine Anhänger, die Arjeniten, hoben
die Kirchengemeinſchaft mit feinem Nachfolger auf,
bis 1312 das Verfahren des Arfenius für recht:
mäßig, er ſelbſt für heilig erllärt wurde.
Ariachſchaſchta ift der hebräifche Ausdruck für
ben perſiſchen Königsnamen Artahfchatra, der im
Griechiſchen Artarerres lautet. Die Meinung ift
unfiher, dab Esra 4, 7.8 der Pjeubo:Sınerbis
zu verftehen fei, oder gar Esra 7, 1. 11 Xerxes.
Wahrſcheinlich ift überall Artarerres Longimanus
gemeint, von welchem ficher die Stellen Neh. 2, 1;
5, 14; 13, 6 handeln.
Artemon. Hauptvertreter ber ebionitiſchen
Monargianer in Rom, von Biſchof Zephyrinus
(nad) 200) egcommunicirt, von den Theodotia-
nern einigermaßen abweichend, da dieſe jhon 190
von Victor verdammt waren. Seinen Anhän:
Artikel
gern wird außer ihrer Belämpfung ber Logosidee
vorgeworfen, fie bejchäftigten fich mit Geometrie,
hielten fih an Ariftoteles und Theophraft und
veritümmelten bie biblifchen Bücher.
‚Artikel, die neununddreißig. S. Englijde
Kirche.
ä gie Drt von unbelannter Lage. 1. Kön.
Aruma. Stadt bei Sihem, Richt. 9, 41.
Arvaditer. 1. Mof. 10, 18; 1. Chr. 1, 16; E.
27,8. 11; 1. Maft. 15,23. Die fanaanitifchen Be:
mohner der Inſel Aradus, gegenüber der Stadt
—— in Phönizien, trieben Handel und
eefahrt.
rzueikunde bei den Hebräern. Spuren von
Aerzten find früh, 2. Moſ. 21, 19; die Heilfunde
betraf vornehmlih äußere Schäden; Heilmittel
waren Salben, Baumblätter und Bäder. Nach
bem Eril erweiterten ſich auch die ärztlichen Kennt⸗
niffe. Wohl Hape far aber nicht die Priejter tra-
ten als Nerzte auf; dieje hatten nur die (polizei:
liche) Aufjiht über mande Krankheiten, 3. B.
Ausſatz. — Heilende Kraft erwartete man aud
von Amuleten, Beſchwörungen und Zauberbän—
dern, 2. Kön. 5, 11.
Alahel. Sohn der Beruja. Einer ber Helden
Davids, 2. Sam. 2,18; 25, 24, feiner Schnell:
füßigfeit wegen gerühmt.
amonäer. ©. Haömonäer.
“ion. 1. Sam. 30, 30; 1. Ehron. 6, 44; Joſ.
15, 42, Levitenftadt im Stamme Juba, fam jpä-
ter an den Stamm Simeon, Jof. 19, 7; 1. Ehr.
4, 32.
Aſarhaddon. S. Ejarhabbon.
Aſarja. Name ge ih im Alten Tefta-
ment, der öfters mit Ufia wechjelt. Ueber den Kö:
nig diefes Namens ſ. den Art. Uſia.
fafel. ©. Azazel.
Ale. Mit Ale fich beftreuen ober fi in gr
fegen, ift ein Zeichen ber Trauer. Hiob 42, 6;
Matth. 11,21. Die Aſche der rothen Kuh, 4. Moſ.
19, wurde in das Sprengwafjer gethan.
Hide, Rabbi. Oberhaupt ber Schule zu Sura
am Guphrat, der 427 n. Chr. ftarb. Er jammelte
mit Sorgfalt die vollftändigften Nachrichten über
die Tradition in den verfchiedenen jüdischen Schu:
fen und ftellte, nachdem er ſich durch Hülfe feiner
Schüler und Zuhörer über die Anfichten, welche
die meifte Wahrfcheinlichteit für fich hatten, unter:
richtet und Alles mit Afribie verzeichnet hatte, die
babylonifche Gentara oder den Talmud Babli zu:
fanmen, einen Gommentar zur Miſchnah, der viel
ausführlicher ift als die jerufalemijhe Gemara,
In 30 Jahren beenbigte er fo die Durdjarbeitung
der 63 Tractate der Miſchnah und die Revifion des
Ganzen, des babyloniſchen Talmuds. Einen Heinen
Reit vollendete fein Gehülfe R. Abina nad Aſche's
Tod (427).
Aſcher ober Affer. Stamm Iſraels von A.,
dem Sohn der Silpa. Das Stammgebiet am Mit:
telmeere war ein jchmaler, fruchtbarer Landſtrich
an der Nordküſte, begränzt von Manaſſe, Iſaſchar,
Sebulon und Raphthali, der füblich bis zum Kar:
mel reichte; wurde nicht ganz von Iſrael erobert.
Tyrus und Eidon 3. B. blieben frei.
Aldera und Aftarte find im Wefentlichen eins
und bezeichnen die mit obfcönem Cultus ausge:
ete ſyriſche Göttin. Noch unerflärt ift die
—— des Sprachgebrauches im Alten Teſta⸗
61
Asmodi
ment. Movers macht den Unterſchied, daß er die
erſte als Phallusſäule (S die ——
die zweite als ſideriſche Göttin. Aber ber Unter:
ſchied ift nicht ftreng durchzuführen, obgleich bie
Bedeutung einer Bildſäule bei der erften vorzu-
wiegen — Der Aſtartedienſt, in Verbindung
— 58 To aus Phönizien 2 Ba:
na, Richt. 3, 7; 6, 25, vorzüglich durch Iſebel,
— ERS
ermittwoch. Der erfte Tag ber Faſten,
eaput jejunii, Mittwoch nad hr Bor ber
Meffe wird an diefem Tage ein Gefäß mit der
Aſche von ben im vorigen Jahre gefegneten Palm:
zweigen auf den Altar gejtellt, geweiht und mit
berjelben den Gläubigen das Kreuzeszeichen an die
Stirn gemacht, nad dem Beichluß der Synode
von Benevent 1091, als ein Zeichen der buffer:
tigen Gefinnung und Erinnerung an den Ernft
des Gerichtes, denn die Aſche ift Bild des Todes.
Asdod, Azotus, jet Esdud. Eine der Fürften:
ftädte der Philifter und Sig des Dagoncultus.
Dem Stamme 2 eigentlich zugetheilt, aber erft
von den Maffabäern erobert. 1. Sam. 5, 5;
6,17; Joſ. 13,3; 2. Chron. 26,6; Neb. 4, 7;
pftg. 8, 40.
eleität (aseitas) m ſcholaſtiſche Ausdruck
zur Bezeichnung der Abſolutheit Gottes, von a se
= von ſich aus.
Aſiarchen. Apfig. 19, 31. Die —— Be:
vollmädhtigten der Stäbte im proconfularifchen
Afien, welche bie öffentlichen Spiele zu Ehren der
Götter anorbneten. Gie waren aus ben Bürgern
ber Städte genommen, vielleicht in Mehrzahl als
Collegium.
Aſien. Im Neuen Teftament die römifche Pro⸗
vin; Asia propria, d. 5. Myfien, Lydien, Phry⸗
ien, Carien; einmal, Apftg.2,9, fteht Afien neben
Sry ien, was fonft dazu gehört. Als Herr
m leinafien heißt Antiochus d. Gr. König von
ien.
Afıma. Göttin der Ginwohner von Hamath,
2. Kön. 17, 30; nad den Juden angebetet unter
dem Bilde eines Affen, Ejels oder fahlen Bodes.
Afinerii, — Ein Spottname der Ju⸗
den, ſpäter auf die Chriſten übertragen, weil man
ihnen nachſagte, fie beteten einen Eſel an.
Astalon. Eine Seeftadt in Phönizien und
Sig eined Philifterfürften, zwifhen Gaza und
Jamnia, vom Stamme Juda nicht erobert; gehörte
jpäter bald zu Aegypten, bald zu Phönizien oder
Syrien, 1. Matt. 10,86; 11,60; wurde 1191 von
den Sarazenen zerjtört.
Asketen. Entweder um durch Entfagung irdis
ſchen Genuffes eine höhere Stufe der Gerechtigfeit
zu erlangen, oder aus irgend einer Hinneigung zu
gnojtifcher und manichäiſcher Lehre, daß die Ma-
terie böje fei, weihten ſich von den erften Zeiten des
EhriftentHums an immer Viele dem enthaltfanıen
Leben, deſſen gefegliche Ordnung fi im Mönchs:
feben daritellt. Solche Leute hießen Asketen, von
doxeiv üben (in der Gottfeligkeit). Als die Haupt:
ſache ver Askeſe erfchien ſchon früh die Birginität,
die Enthaltung vom ehelichen Leben.
Astetit. ©. Ethit.
Astidas, Theodorus. Biſchof von Cäfarea in
Kappadocien, ein Schüler des Drigenes, veran-
laßte den Dreifapiteljtreit N d. A.).
Asmodi. Der böſe Geiſt in der Gefchichte des
Tobias, Nach der Ableitung aus dem Hebräifchen
4*
Aana
würde Asmodi der Berderber fein (nr), nach Ab:
leitung aus dem Perſiſchen der Berjuger. Das
Erfte tft vorzuziehen.
Adna. Zwei Städte im Stamme Juba. of.
15, 33. 43.
Asnoth: Thabor. Grenzort des Stammes
Narhthali. Joſ. 19, 34.
Aior. Ebene in Galiläa nahe beim See Geneza:
reth, 1. Malk. 11, 67. In der Bulgata aber ift
Aſor = Hazor, Jof. 11, 10 u. ſonſt.
Aspar. 1. Matt. 9, 33. Ein See im ©.:D.
Paläſtina's, mo Jonathan ein Lager hatte; nad)
der LXX (Aaxxos) iſt an eine große Cifterne zu
denfen.
Affe. Nah Emald 965—917, ee. von Juda,
Sohn Abia's ſchaffte den Gögendienft abund richtete
DE ein, zu deſſen Feithaltener
das Volk nad) dem Siege über den ägyptiihen Kö:
nig Sera bei Mareja eidlich verpflichtete. Als
Baeja von Iſrael ſich mit Benhadad verband und
Rama befejtigte, trennte er durch Geſchenle an
diejen das Bundniß und zerftörte Rama durch
forifche Hülfötruppen; mas der Prophet Hanani
bitter tadelte. Daß Aſſa ihn dafür ins Gefängnik
werfen ließ, iſt das erjte Beijpiel einer Vergewal⸗
tigung der Propheten. Aſſa jtarb am Podagra.
1. Kön. 15; 2. Chron. 14; 15; 16.
Aſſaph. Der Sohn Berechja, der ———
Davıds, deſſen Nachlommen lange ein Sänger:
geistent bildeten. 1. Chr. 7, 39-43; 2. Chr.
, 14; 29, 80 ıc. Bon den 12 ihm zugejchriebenen
Pſalmen 50, 73—83, gehört ſchwerlich einer der
davidiihen Zeit an.
Affeburg, Rofamunde Juliane von. Eine Vi:
fionärın, welde Ende des 17. Jahrh. viel Auf:
ſehen madte. Bon adeliger Abkunft im Magde—
burgiſchen geboren, hatte ſie ſchon in früher Jugend
Vifionen aller Art. Sie wurde indeß erft Dur
den ſchwärmeriſchen Superintendenten Beterjen
von Lüneburg, der fie in fein Haus z0g, über fie
eine Schrift jchrieb (die species facti von dem
abeligen Fräulein R. 3. v. U.) und ihre Dffen:
barungen im Snterefje feiner chiliaſtiſchen An:
fhauungen vermwerthete. Auf eine Anklage der
Lüneburger Geiftlichteit Hin wurde Peterjen mit
dem vifionären Fräulein, das indefjen eine große
Beruhmtheit geworden war, ausgemwiejen 1692,
von welcher Zeit an die Nachrichten über bie Vi—
fionärin verjhwinden. Der Charalter derjelben
war ein durchaus unbeſcholtener, wie das auch
Leibnig, der fie fannte, bezeugt (Brief an Ludolf
vom Jahre 1692). Bol. Shrödh, Kirchengeſch.
VIII, ©. 302,
Aflemani. Eine durch Gelehrfamteit berühmte
Maronıtenfamilie im 18. Jahrh., melde nad) Rom
ausmwanderte und deren Glieder bort eine einfluß—
reiche Stellung einnahmen. Der berühmtejfte ift
Joſeph Simon, Cuſtos der vaticanishen Bi:
bliothel. Derjelbe reifte in päpftiichem Auftrage
1715 nad Aegypten und Syrien, um hier Hand:
fhriften für die vaticanifhe Bibliothek zu ſam—
meln. Cine zweite Reije 1735 hatte den Zwed,
die Maroniten von türfifchen Berfolgungen zu
beireien. Als Gelehrter hat er das Hauptverdienit,
die ſyriſche Literatur und Geſchichte zur Kenntniß
der Abendländer gebracht zu haben. Seine Haupt:
werte jind: Bibliotheca orientalis (unvollendet),
1719ff.; Ephraemi Syri opera, 1732 ff.; Kalen- | 2. Kön. 15, 19,
52
Afiyrien
nibus, 1776; Historia orientalis; Syria vetus et
nova; Euchologia eccl. orientalis, u. A. + 1768.
— Joſeph Aloys, Bruder des Vorigen, ifteben:
falls durch orientalifhe Studien befannt. Er
Ichrieb einen Codex liturgicus, ein Wert de Pa-
triarchis Chaldaeorum et Nestorianorum. —
Stephan Evodius, Better der Borigen, ift
gleihfalls Drientalift. Er gab einen Katalog der
orientalifhen Handſchriften in der Bibliotheca
Medicea, Laurentiana et Palatina heraus, ferner
Acta ss. martyrum orientalium 1748.
Aſſer. ©. Aſcher.
Aſſiſtenten. Bei der Feier der Meſſe und an—
dern Acten bedarf der Celebrirende der Gehülfen.
Dem Biſchofe aſſiſtiren die Kanonici. In der Meſſe
verſehen den Dienſt jetzt gewöhnlich Laien und
Knaben. — Im evangelifchen Gottesdienſt treten
Aſſiſtenten nur auf bei der Ordination und der
Einweihung von Kirchen ohne nothwendige und
weſentliche Betheiligung.
Assistentia (activa, passiva). Bei der Che:
ſchließung leiftet der Prieſter assistentia passiva,
wenn er ohne eigene Betheiligung nur die Erflä:
rung der Brautleute anhört; iſt bei gemijchten
Ehen ohne katholiſche Kindererziehung vorgejchrie:
ben. Bei der assistentia activa befragt der Prie-
fter im Ornate da3 Brautpaar um feinen Entſchluß
und ſpricht die eheſchließende Formel aus.
Afluri. 2. Sam. 2,9. Neben Gilead und es:
reel der Diftrict, in welchem Isboſeth herrichte.
Nach richtiger Lesart find wohl die zwifchen dem
Berge — und dem See Genezareth wohnen:
den Geſſuriter gemeint.
Affus. Seeſtadt in Myfien, mo ſich Paulus
nah Milet einfchiffte, Apftg. 20, 13, neun Meilen
von Troas, der Inſel Lesbos gegenüber.
Affyrien im engern Sinne iſt die Provinz zwi:
ſchen dem Tigris und dem Zagros:Gebirge, be:
grenzt im Süden von Babylonien, im Norden von
Armenien, mit der Hauptitabt Ninive. Im meitern
Sinne umfaht das aſſyriſche Reich aber außerdem
Medien und Babylonien. Bemwohnt war es von
einem ſemitiſchen Stamme, der hergeleitet wird
von Affur, dem Sohne Sems; hierzu jtimmt, daß
die Sprache jemitifch gemwejen ift. Die Eigennamen
auf ben Denlmälern weifen aber darauf hin, daß
ein fremder Stamm in die Ureinwohner fid) einge:
drängt oder die Herrſchaft über fie errungen habe.
Handel und Gewerbfleig muß unter dem Volke ge:
blüht haben, am meiſten tritt aber jeine friegerifche
Tapferkeit und Tüchtigkeit hervor. Meber die Re:
ligion der Aſſyrer fehlen die genauern Kenntniffe,
gewiß ift nur, daß der Geftirndienft bei ihnen
ge da er durch fie bei den Hebräern Eingang
and. Dunkel ift auch noch die Gefchichte des afjy:
riihen Neihes. Die Nachrichten der Profanicri:
benten Kteſias, Herodot und Diodor laſſen ſich mit
den bibliſchen nur durch die Conjectur vereinigen,
daß die im Alten Teftament genannten aſſyriſchen
Könige der Periode eines neuafiyriichen Reiches
angehörten, welches fi aus dem Sturze unter
ZTonosfonfoleros (8. Jahrh.) wieder erhoben hatte.
Uebrigens jtehen die Nachrichten, welche die neuen
Unterjuhungen Rawlinſons, Layards u.N. aus
ben Ruinen von Ninive entziffert haben, auf Sei:
ten der bibliihen Angaben. Genannt werden in
der Bibel folgende affgrifche Könige. 1) Phul,
der Sraeı unter Menahem zins:
daria eccl. universae, 1755; De sacris imagi- bar machte. 2) Tiglath:Pilejar, 2. Kön. 15; 16,
Aftaroth
Bundesgenoſſe von Ahas, überwand ben
von Iſrael und Rezin von Damaskus (741 v. Chr.
und deportirte viele ihrer Unterthanen. 3) Sal:
manafjar, 2. Kön. 17; 18, zerftörte das Reich
Iſtael völlig und führte den Neft der Einwohner
in die Gefangenschaft ; —* auch Juda tribut⸗
pflichtig. Unter ſeiner Herrſchaft ſtanden Babylon,
Medien, Mejopotamien. 4) Sanherib. Belagerte
712 auf den Zuge nad) Negypten Jerufalem unter
Hisfta, 2. Kön. 18, 13 ff.; Jeſ. 29 ff., und mußte
eilends umkehren. 5) Ejarhaddon, der Sohn deſſel⸗
ben, 2. Kön. 19, 37. Außerdem wird ef. 20, 1
Sargon erwähnt, der zwijchen Salmanafjar und
Sanherib regiert zu haben jcheint. Die Blüthezeit
des Reichs fällt unter Salmanaffar; unter Eſar—
haddon juchten die Babylonier ſich wieder frei zu
machen, und 597 wurde Afiyrien von den Mebern
erobert.
Aſtaroth. Stadt der Rephaiten in Bafan,
1. Moſ. 14, 5, dem Stamm Manaffe zugetheilt,
301.13,31, den Zeviten überlafjen, 1. Chr. 6, 71.
Alarte. ©. Achern.
Aſterius. 1) + 330. Der bedeutendite Schrift:
fteller, der bei Lebzeiten des Arius den Arianis mus
zu vertheidigen fuchte. 2) Bifchof von Amajea in
Pontus, deſſen Predigten die 2. Synode zu Nicäa
erwähnt.
Aftrologie und Aftronomie, |. Sternfunbe.
Aſtrut. 1684— 1766. Ein franzöfifcher Arzt,
Sohn eines zum Katholicismus übergetretenen
Proteftanten, gab 1753 anonym feine Bermuthun:
gen über den Urfprung der Genefis heraus,
mit welchen eine Epoche in der Kritif des Penta:
teuds beginnt. Ausgehend von dem verſchiedenen
Gebrauch der Namen Jahve und Elohim, nimmt
er zwei Hauptquellen der Genefis an, deren jede
den einen ber beiden Namen conftant gebraucht
babe. Da einzelne Dinge wiederholt erzählt wer:
den und das Fehlen des Gotteönamens feinen
Grund abgiebt, diefe Stüde dem einen oder an:
dern Hauptbericht zuzumeifen, fo jchreibt er fie
einer dritten Quelle C zu. Sn eine vierte Ab-
tbeilung vermweift er alle die Erzählungen, bie
ihm der Geſchichte Iſraels fremd zu fein fchienen,
ohne auzugeftehen, dab dieſe ſämmtlich aus Einer
Schrift entnommen feien, vielmehr unterfcheidet er
auch hier neun verfchiedene Quellen. Die alttefta:
mentliche Kritif hat in wichtigen Punkten Ajtrucs
Anfihten beftätigt.
Aſyl. Aſylrecht. Um ben zerftörenden Wir:
tungen der au unter den Hebräern inne
Blutrache entgegenzumirten, wurden 6 Aſylſtädte
beftimmt, Sof. ‚7.8, jo daß dahin Keiner von
dem Bluträcher verfolgt werden durfte, jondern
der Richter unterfuchte, ob der Todtſchlag mit Ab-
fit gejhehen jei. War dies der Fall, jo wurde ber
Mörder ausgeliefert, andernfalls fügte ihn das
Aſyl, wenn er eö bis zum Tode des Hohepriefters
nicht verließ. Das Aſylrecht beitand aud in der
Hriftlihen Kirche und wurde durch faiferliche Ge:
fee geregelt ; es erſtreckte fich nicht auf abfichtliche
er, Mörder, Ehebreher und Nunafern:
täuber, jollte aud die richterlihe Entſcheidung
nit verhindern, und wie es auf die Umgebung der
Kirchen, ihre Borhöfe und Hallen auf 30 Schritt im
Umtreis ausgedehnt wurde, mußte der Schutz deſſel⸗
ben waffenlos erbeten werden. Während die Kirche
ihr Aſylrecht immer beſchützte, erließen die Päpſte
aber auch Verordnungen gegen den Mißbrauch,
53
Athanafius der Große
damit nicht Verbrecher ſich der Strafe entzögen.
Als die Blutrache durch die Milderung der Sitten
ſchwand, auch das Strafrecht menschlicher wurde,
verlor das Aiylrecht feine Bedeutung und ift von
fast allen Gejeggebungen aufgehoben, zuletzt auch
in Italien, 1850.
Atad. Jenſeits des Jordans, Ort der legten
Leichenklage um Jakob, 1. Moſ. 50, 10.
Atargatid. Eine Göttin der Syrer. 2. Mafl.
12, 26. Beſaß ein Heiligthum zu Aſtaroth—
Karnaim. Atargatis ift die Derfeto, Dea Syria,
vorzüglich verehrt zu Hierapolis. In einen im
Tempel befindlichen Schlund ſchütteten die Wall:
fahrer Waffer. Dies und daß ihr die Fifche heilig
waren, läßt fie ala weibliche Perjonification der
—— Naturkraft erkennen, als Seitenſtück zu
aal. Verwandt iſt daher die Aſtarte und baby—
loniſche Mylitta.
Ataroth. 1) Stadt der Gaditen, 4. Moſ. 32, 8,
beim Berge Attarus. 2) Stadt auf der Grenze von
Ephraim und Benjamin, Joſ. 16, 7, nach Robin:
fon das Dorf Atara, auf der Straße von Jeru:
falem nad Bethel.
Athalja. Tochter Ahabs, Gemahlin Jorams
von Juda, Mutter des Ahasja. Sie führte in
Juda den Baalsdienſt ein und verleitete ihren
Sohn zu dem unglücklichen Bündniß mit Sfrael,
2. Chron. 22, 4. Rach feinem Tode bemädtigte
fie fih des Reiches, wurde aber nad 6 Jahren
vom Hohepriefter Yojada, ber den Thronerben
Joas jo lange im Tempel vor ihr verborgen hatte,
vom Thron geftoßen und ermordet, 878 v. Chr.
2. Rön. 11,2.
Athanaſianiſches Symbol, Nad) den Anfangs»
morten auch Symbolam Quicungue (vult salvus
esse) geheißen; jpricht in beftimmter Weife die abend»
ländiſche Lehrentwidlung von der Dreieinigkeit
aus, wie fie in den Streitigfeiten, deren Mittel
punft Athanafius geweſen, ſich ausgebildet hatte,
mit ſcharfer Abmweifung aller Härefien. Der lateis
niſche Text ift der urſprüngliche. Es ift jet allge:
mein anerfannt, daß das Symbol nicht von Atha-
naſius herrührt. Giefeler läßt es im 7.—8. Jahrh.
in Spanien entftehen.
Athanafius der Große. Die Lebensgeſchichte
des Athanafius fällt zufammen mit der Kirchen»
geichichte feiner Zeit. Athanafius, dur Alerander
von Alerandrien zum Presbyter geweiht, hatte feine
theologiſche Begabung durch eine apologetiiche
Schrift gegen das Heidenthum bereitö bewährt,
al3 ihn Alerander als feinen Gehülfen nad) Nicäa
mitnahm. Seine Hauptthätigleit entfaltete er von
da an in den arianifchen Streitigleiten, in denen
er als der wichtigfte Vertreter des orthodoren nich»
niſchen Glaubens erſcheint (S. Arianer.) In Nicäa
trug er, ber Diakon ohne Stimme, ben Sieg über
Arius davon. 328 zum Biſchof von Alerandrien
geweiht, weigerte Athanafius fi, den von Conſtan⸗
tin zurüdgerufenen Arius in die Kirchengemein—
ſchaft wieder aufzunehmen. Arius’ Lehre von bem
Erlöfer als einem Geſchöpfe Gottes war für Atha⸗
nafius gleichbedeutend mit Aufhebung der Erlös
fung. Als N. auch gegen des Kaijers Willen zähen
Widerjtand leiftete, verurteilte ihn die Synode zu
Tyrus (335), und erging nad) Trier in die Verban⸗
nung. Nach Gonjtantins Tode (337) zurüdgeru>
fen, verurtheilte ıhn die Synode von Antiohien
(339) aufs Neue, weil er, noch nidt von einer
Synode losgejproden, den biſchöflichen Sig mie:
Atheismus
ber eingenommen habe. In Rom fand er Schuß
und gewann das Wbenbland für bie nicänifche
Lehre; die Synode zu Sardica (343) ſetzte ihn
wieber ein. Als aber ber faiferlihe Einfluß ſich
bemühte, dem Arianismus zum Siege zu verhelfen,
verurtheilten ihn wieder bie Synoben zu Arles und
Mailand 353, 355; an feine Stelle als Bifchof
trat Gregor der Kappadocier. Unter Zulian (361)
durften alle vertriebenen Biſchöfe zurückkehren,
auch Athanafius (Gregor war in einem Bollsauf-
ftande ermorbet), der nun mit Sanftmuth die Ein⸗
= ber Kirche wieber herzuftellen fuchte; unbeug⸗
am aber gegenüber den Zumuthungen Julian,
mwurbe er zum vierten Male verbannt, bi8 ihn Jovian | t
(364) zurückrief. Noch einmal mußte er fliehen,
als Valens mit Gewalt im Drient den Arianis:
mus durchführen mwollte, allein bie Haltung ber
alerandrinifchen Gemeinde nöthigte ben Kaiſer, den
Betehl zurüdzunehmen, und Athanafius durfte bie
legten Lebensjahre in Frieden zubringen. + 373.
Seine Schriften > eologifch:apofogetifch-poles
mifch in bogmatifcher Auseinanderfegung oder ge:
ſchichtlicher Darlegung, theologifcheregetiih und
homeletiih. Sein Leben befchrieben von Möhler
(fath.), und Böhringer, Kirchengeſch. in Biogr.
Atheismus, Leugnung des Dafeind Gottes,
wurde im Altertum und in ber ältern chriftlichen
Kirche aud) im relativen Sinn ald Leugnung der
Itenden (polytheiftiichen, trinitarifchen, theifti-
den) ellung von Gott gebraucht, injofern
man ſich das Dafein Gottes nur unter ik te
als wirklich denfen konnte. Unberechtigt ift ber
Bormurf des („Steptifchen”) Atheismus gegen bie:
jenige philofophifhe Anſchauungsweiſe (4. B. die
Kant’sche), welche den Beweis für das Dafein Got:
tes für unmöglich erflärt. Atheismus kann nur
basjenige philofophijche Syitem genannt werden,
welches in bejtimmter Weife die Unmöglichkeit bes
Daſeins Gottes ausfpricht („dogmatiſcher“ Atheis
mus). Er leugnet die Mirklichleit des Gottes:
bewußtfeind und erflärt die Gottesidee für ein
Truabild der Phantaſie. Bon diefem theoretifchen
Atheismus ift zu unterfcheiden der prattiiche (Pi.
14, 1), welcher ein eben bedeutet, deſſen Grunbfäge | baru
bewußt oder unbewußt vom Dafein eines gered:
ten Gottes abfehen.
Athen. 2. Makt. 9, 15; Apfta. 17,15; 18,1;
1. Thefi. 3, 1. Die Hauptftabt Attika's, gehörte
fpäter zur römischen Provinz Achaja. Paulus be:
fuchte Athen auf der zweiten Mifftonsreife und
fand dort den Altar des unbelannten Gottes.
Athenagoras. Der vieljeitigite und gewandtefte
der chriſtlichen Apologeten des 2. Jahrh., ſowohl
Auftin wie Tatian und Theophilus an Bildung,
Takt und philoſophiſcher Schulung übertreffend.
Hauptwerk: Hocogeice (gew. Legatio, befjer Sup-
plieatio überjegt) an M. Aurel und Commodus
177 gerichtet. Außerdem rührt nod) eine Schrift
über die Auferftehung von ihm her. Bon feinem
Leben ift nichts Genaueres befannt.
Athinganer. Eine Secte des 10. Jahrh., welche
außer der Bejchneidung das ganze jüdiſche Gejek
mit ins Chriftentbum herübernahm.
Athoßd» Berg, äyıov öpos. Monte santo. Ein
Vorgebirge der macebonijchen Halbinjel Chalcidice,
auf dem fich ein eigenthümliches Mönchsinſtitut
findet. Nachdem früher Einfiedler auf dem Berge
fich niedergelafjen, entjtand um 880 das erfte Klo⸗
fter bei Hieriffus. Begünſtigt von den byzantinis
54
Audianer
[chen Raifern, folgten mehrere, fo daß ınan heute
22 zählt, bavon das jüngfte um 1375 gegründet
ift. Diefelben bilden unter fi einen Berband, der
früher durch ein monarchiſches Oberhaupt, ben
Protos, regiert wurde; Mr durch einen jährlich
erneuerten Regierungdausfhuß in Karyäs. Beim
Berfall des griechifchen Reiches und der türfifchen
Invaſion retteten die Klöfter ihre Exiſtenz, fie
bildeten eine Art Republif; fie zahlen einen jähr:
lihen bedeutenden Tribut, die Mittel dazu ver:
Ihaffen ihnen Handeläunternehmungen. Die Klö-
fter find entweder ſlaviſch oder griechiſch. Alle
er find ber heiligen Jungfrau geweiht und
—— ch fo in deren Verehrung, daß jedes Sta⸗
dium ihres Lebens an einem Orte beſonders ge:
feiert wird. War ber Athos früher ein Sitz fird:
licher Wiſſenſchaft, fo ift Heute davon nichts geblie⸗
ben, als noch eine Reihe von zum Theil werthuollen
Manufcripten.
Atrium. S. Kirchhof.
Atroth. 1) Name einer Stabt in Gab, 4. Mof.
32, 35, und 2) einer in Juba, 1. Chron. 2, 54.
Attalus. König von Pergamus, 1. Maff.
15, 22; entweder Attalus IL, + 138, ober IIL.,
beifen Nachfolger, ift gemeint.
tto. Bischof von Bercelli, 945-960, hat mehrere
Schriften hinterlaffen, die von feinem Talent, ſei⸗
ner Gelehrfamleit und feinem reinen u.
Streben zeugen; herauägegeben find fie von Bu-
ronti del Si 1768.
Attritio nennen die katholiſchen Dogmatiker
die (unvollfommene) Reue, welche die Sünde ala
Urfache der Berdammniß betrachtet und aus Furcht
vor der Hölle verabjcheut, welche alfo ohne allen
fittlihen Werth ift, und unterfcheiden fie von ber
contritio, welche die Sünde ald Beleidigung Got:
tes aus Liebe zu ihm verabſcheut. Die proteftan-
tiſchen Dogmatiker nach ihrer Definition von
Reue (contritio) für die attritio gar feine Stelle.
Auberlen, K. A. Geb. 1824 zu Fellbach, geſt.
1864 zu Bajel ala Profefior ber Theologie. Ber:
faffer der Theofophie F. A. Detinger’3 nad) ihren
Grundzügen. Der Prophet Daniel und die Offen:
ng Johannis. Die göttliche DIE, 1861.
Die bibliſch⸗theoſophiſche Richtung der Bengel:
Detinger’ihen Schule ſuchte er darin zu erneuern.
Aubigne, Theod. Agrippa d'. Geb. 1550 bei
Pons, Vertrauter Heinrichs IV. Verließ ben Hof
nad) des Königs Tode und veröffentlichte die All:
gemeine Weltgeichichte. In politifche Unmtriebe ver:
widelt, floh er nad) Genf, wo er 1630 ftarb.
Soldat, Staatsmann und Schriftiteller, bat er
feine Kräfte in allen biefen Beziehungen der refor:
mirten Kirche mit Erfolg gewidmet. Sein religiöfer
und fittliher Charakter iſt zwar nicht ohne Sat:
ten, aber feine energifche, ftramme, feine menjd):
lihe Rüdficht kennende, unermüdlich fchaffende,
fernig religiöfe Natur macht ihn zu einer charal:
teriſtiſchen Geftalt eines caloiniftifchen, fübfrangö-
ſiſchen Edelmannes. Bon ihm ſtammt der als Ge—
re — ————— berühmte Merle
a
ae ne in ®
Audianer oder Anthropomorphiten. Aubius
eiferte im 4. Jahrh. gegen dieGeiftlichen, trat aus der
Kirche aus und ließ jich zum Bifchof weihen. Nach
Scythien verbannt, verbreitete er unter den Gothen
das Chriftentfum. An die Ausdrüde der Schrift
ſich anſchließend, lehrte er einen Körper und
menjhenähnliche Geftalt Gottes,
Audientes
Audientes, d. h. Hörende. In der alten Kirche
die Katechumenen, welche nur der Predigt beiwoh⸗
nen durften.
Audientia episcopalis. Die ſchiedsrichter⸗
liche Gewalt der in Rechtsſtreitigkeiten
ber Chriſten. Eine Conſtitution Conſtantins be
mmt, daß ihr Spruch inappellabel und ſchon
Eine ei verlangt werben fünne. Später
wurde jedoch die Uebereinftimmung beider Par:
teien erfordert, bis das Inſtitut ganz erlofch.
Auferſtehung. Wie die altheidniſchen Völfer,
jo lannte aud) das jübifche Bolt urfprünglich Feine
Auferftehung. Aus dem Grabe, in dem bie Ge:
beine der Väter verfanmelt find, entfteht in ver:
ſchwimmender Borjtellung allmählich das Todten⸗
reich, der Scheol, der Hades ber Heiden. Dem
althebräifchen Denten lag die Herrlichkeit des Le:
bens im Diesſeits. Aber je größer der Ernft ber
Lage wurde und je weniger die Wirklichkeit dem
Ideal hebräiſcher Glückſeligkeit entſprach, deſto
mehr entwickelte ſich der Gedanke an eine zukünf⸗
tige meſſianiſche Herrlichkeit auf Grund einer wun⸗
berbaren Wiederbelebung ber Tobten, Jeſ. 25 f.;
Ez. 37. War dies bis dahin eine mehr nationale
bee, fo wurde fie in dem Maße immer mehr eine
hre vom einzelnen Berfonleben, je mehr über:
haupt bas individuelle Leben bei den Juben her:
vortrat. In ſpäten Büchern, wie Dan. 12,2 ff.;
2. Maff.7, 14, wird deutlich von einer perfönlicdhen
Auferftehung geredet. Die Pharifäer bildeten die
Lehre dogmatiſch aus (gegen die Sabbucäer) und
führten fie ins Vollsbewußtſein ein (Apftg. 23, 6).
In ber Lehre Jeſu wird eine —— gezeich⸗
nete perſönliche Fortdauer ohne Andeutung einer
diesſeitigen leiblichen Auferſtehung gelehrt, Matth.
22, 30; Luc. 28, 43; Matth. 10, 28, mit Bergel:
tung, £uc. 16, 19 ff.; Matth. 25, 31. Das phari:
jäifhe Dogma findet ſich mieder bei Paulus
1. Kor. 15: der Leib vermweft wie bad Samenforn,
aber aus bem verweſenden entmwicdelt ſich eine neue
Zeiblichleit (ein „geiftiger Leib"). ulus und
der Apolalypje —— iſt die Idee der dop⸗
pelten Auferſtehung, der erſten bei der Wieder⸗
tunft Chriſti, der Auferſtehung ber Gläubigen,
dann nach Verfluß des tauſendjährigen Reiches,
der zweiten, in welcher alle Todten ihre Gräber
verlafien Gerichte (Apof. 20). In ber fpätern
Sen wurde bie finnliche Auffaffung ber Aufer:
bung nur noch finnlicher, nur bie Alerandriner
fuchten eine Bergeiftigung ber Lehre —— ren.
Die Scholaſtiler erhoben Fragen über Geſtalt
Stoff, Alter deö wiederbelebten Stoffes. In der
proteftantifchen Dogmatik wurde die alte Lehre im
Weſentlichen beibehalten. Schon bei dem Tode des
Einzelnen tritt ein Gericht ein, es erfolgt ein gei:
ftiges Fortleben entweder im Himmel ober in der
Hölle, weldes aber noch nicht abjolut ift. Das
abjolute Gericht erfolgt beider Wiederfunft Ehrifti,
wo die Leiber erwedt werden. In neuerer Beit tft
vielfach die leibliche Auferftehung als Ausprud
eines höhern Lebensproceſſes betrachtet, und darauf
befchränft worben, daß die Seele im Fortleben ſich
ein neues Drgan bilden müfje. Die allgemeine Idee
der Unfterblichteit der Seele (ſ. d. A.) ift vor ber
ipeciellen der Auferftehung hervorgetreten.
Auferfle
16; Zuc. 24;
55
Aufgebot
ge bef. 1. Kor. 15, 5 ff). Paulus führt als
eugen bafür auf: die zwölf wer fünfhuns
dert Brüder, Jalobus und ſich jeldft; er nimmt
diefe Thatſache als die Grundlage des Chriften:
thums an (1. Kor. 15, 14). Sie bildet ven Haupt»
gegenftanb apoftolifcher Predigt (Mpftg. 1, 22;
3,15; 10,41). Die verjchiedenen Berichte über
das Thatſächliche gehen theilweiſe jehr weit aus
einander. Nach Marcus und —— finden die
Erſcheinungen Jeſu nicht in Jeruſalem, ſondern in
Galiläa ſtatt, wohin die Jünger verwieſen werden;
nach Lucas und Johannes erſcheint Jeſus den in
Jeruſalem verweilenden Jüngern. Auch die Reihen⸗
folge der Erſcheinungen wird von den verſchiedenen
Berichterſtattern verſchieden erzählt. Die Erſchei⸗
nungen ſelbſt werben theils fo dargeſtellt, daß Je:
ſus körperlich vorzuſtelien, theils ſo, daß dies aus⸗
drücklich ausgeſchloſſen iſt. Nichtsdeſtoweniger
kan bie Kirche im Glauben an bie leibliche Aufer:
tehung feft. an find im vorigen Jahrhundert
entjtanden. Die Wolfenbüttler Fragmente erklär:
ten die — ——————— Betrug ber Jünger, die
den Leichnam aus dem Grabe entwandten, eine
Ueberfpanntheit, bie bald ihre Wirkung verlor.
Die —— llten die Hypotheſe vom
Scheintode Jeſu auf, die kurze Zeit des Leidens
am Kreuze, die Leere des Grabes waren die unter⸗
ſtützenden Gründe. Aber die Frage, wie ſich
dann das Leben nach ber Wiedererwachung ge:
ftaltet Habe und ferner wie eine ſolche mit ven Bes
richten in Einklang zu bringen ift, hat bie Hypotheſe
jo ierig gemacht, daß fie aufgegeben ift. Strauß
hat bie „ HRomappothefe“ aufgeftellt, welche jet
eine weitverbreitete Anficht iſt (beſonders auch
durch Renan und Schenfel). Darnad) ift das Ereig«
niß nicht ein Äußeres, fondern ein inneres pſychd⸗
logisches. Die Erſcheinungen find Bifionen ; 1. Kor.
15, 1 ff. ftellt Paulus die —* mit ſeiner
Chriſtusviſion zuſammen; die Art der erzählten
Erſcheinung ſtimme mit dem Charafter der Viſio⸗
näre überein, wobei auch darauf Werth gelegt
wurde, daß Frauen die erjten Trägerinnen bes
Auferftehungsglaubens waren. In neuefter Zeit
ift noch bie Hypotheſe aufgeftellt, daß ber Aufer-
ftehungäglaube erft allmählich und zwar in Galiläa
entitanben jei, daß der Leichnam verſcharrt wor:
ben, und alle Erzählungen über Begräbniß u. | m.
freie Ausſchmückung, daß der „dritte Tag“ nad) Sof.
6, 2 entjtanden fei. Die Frage ift ohne Zweifel eine
noch lange nicht vollftändig erörterte; auch die bei:
‚|den legten Hypotheſen bieten offenbar viele Schwie:
rigteiten. Die Auferftehung Jeſu — die eminente
Bedeutung eines —— reigniſſes, auf
dem ſich die chriſtliche Kirche fundamentirt; ſie be⸗
eichnet dad Erwachen des chriſtlichen Gemein-
\aftögeiftes, ben Uebergang der gejammten gei:
ftigen Perſönlichkeit Jeju in — — Gemeinde.
Worin nun aber die geſchichtlichen Vorgänge eigent⸗
lich beſtanden, welche dieſen Umſchwung hervor:
riefen, das wird der geſchichtlichen Kritik auch
—— noch ein Gegenſtand der Unterſuchung
bleiben.
—*** Ausrufung, Proclamation, Bannum
nuptiale. Seit der 4 Lateranſynode 1215 iſt die
Proclamation eines Brautpaares vor ber verjant:
hung Jeſu erzählt Matth. 28; Marc. | melten Gemeinde üblih und durd das Triden—
oh. 20 als eine durch ein Wunder |tinum und bie een Aid rn firirt wor»
erfolgte leibliche Wiederbelebung Jelu. Dies war den als fir
olizeiliche Einrichtung zur Verhli⸗
ber einftimmige Glaube ber apoftolijchen Zeit tung ungültiger und unerlaubter Chen. Regel ift
Aufklärung
breimalige Proclamation an 3 Sonntagen. Dis:
penfation hiervon ıft zuläffig. Bon wem und wo
proclamirt werden müffe, beftimmen die Special:
ejeggebungen. Wenn die Broclamation ſich auf die
— Seite der Che bezieht, ein actus foren-
sis ift, jo fann ihre Vermeigerung bei Braut:
leuten, deren Ehe wohl das Staats-, aber nicht
das Kirchengeſetz gejtattet, nicht geduldet werden,
—— =: von den Beiftlichenerzmungen werden.
o mit der Giviltrauung aud eine Proclamation
durch die bürgerlichen Behörden eingeführt ift, hat
das Aufgebot wieder feine urjprünglide Bedeu:
tung, die einer Aufforderung an die Gemeinde
zur Fürbitte für die Nupturienten, erhalten.
Aufklärung. Vorbereitet durch die Wolffiſche
Philoſophie, bildete ſich Durch ben Einfluß der eng:
liſchen Deiften und Freidenler gegen die Mitte des
vorigen Jahrhunderts eine Denkweiſe aus, welche
auch die Theologie lange beherrichte und mit dem
Namen der Aufklärung bezeichnet wird. Ihr Prin-
eip ift, frei von aller Autorität mit eigenen Augen
zu fehen, bie Beurtheilung der teligiöfen Wahrheit
liegt bei dem gefunden Menfchenverjtand. Der
Bater der Aufflärung ift Chrijtian Thomafius, die
bedeutendften und einflußreichften Werle die Wol:
fenbüttler Fragmente und Nicolai's Allgemeine
deutſche Bibliothef. Aus- diefer Denlweiſe ent:
widelte fich der Rationaliämus (f. d. Art.).
Augsburg. Den Anfang des Chriſtenthums in
Augsburg leitet Die Legende von ber heiligen Afra
ab im 4. Jahrh. Als a a bie Stabt
in ber Mitte deö 8, Jahrh. In der K.G. ift Augs:
burg berühmt wegen 3 dort gehaltener Reichätage :
1530 wurde die Confelfion übergeben, 1547 das
Interim betannt gemadt, 1555 der Religions:
Augsburgiſche Gonfeifion, Als Kaifer Karl V.
ben Reichstag auf den April 1550 nad) Augsburg
ausſchrieb und dabei verſprach, daß die ftreitigen
Religionsmeinungen angehört und erwogen, aud)
ein gütlicher Vergleich über das getroffen werden
folle, was von beiden Seiten ala nicht recht abzu⸗
ihaffen fei, jo Beauftragte Kurfürft Johann von
dien Luther, Jonas, Bugenhagen und Me-
landthon, die wichtigſten Glaubensartifel aufzu-
fegen, um bem Raifer einen Inbegriff der evan-
geliihen Lehre übergeben zu können. Zu Grunde
m t wurden * Arbeit die 17 Artikel, welche
525 für den Convent zu Schwabach entwor:
fen waren, und die 15 Artikel, welde von Zu:
ther u. A. zu Marburg 1529 ald Grundlage eines
Schutzbündniſſes unter den Evangeliſchen aufge:
jegt und dem Kurfürften in Torgau übergeben
waren (Torgauifche Artikel). Die Redaction des
Ganzen übernahm Melandıthon, ber mit Spala—
tin und den Andern den Hurfürften auf den Reichs:
begleitete, während 3* in —— zurück⸗
blieb. Am 11. Mai hatte Melanchthon die Apo—
logie (den Titel führte das Bekenntniß) vollendet
und ſandte fie an Luther, der am 15. feine Zuſtim—
mung gab. Fortdauernde Verhandlungen mit
Brüd, den andern Theologen, dem Biſchof Stadion
von Augsburg und bem kaiſerlichen Gecretär Val:
bez ließen aber nod immer neue kleine Aende—
rungen entftehen. Nachdem nun aud) die übrigen
anwejenden evangelilchen .. das Wert ge:
prüft hatten, wurde auf einer Berfammlung der
Evangelifh:Gefinnten die Confeifion von den an:
wejenden Fürften und den Magiſtraten von Nürn:
56
Augsburgifches Interim
berg und Reutlingen unterſchrieben. ——
einleitenden Anrede an den Kaiſer wird die it⸗
willigkeit ausgeſprochen, dies Glaubensbekenntniß
deutſch und lateiniſch öffentlich zu übergeben, da⸗
mit auch die Andern Gleiches thun und eine Unter:
redung und Bergleich ftattfinden möge ; im andern
Falle appellive man an ein allgemeines freies Con:
cil. Hierauf wird in 21 Artikeln der evangelifche
Glaube erörtert. Bon Gott. Bon ber Erbfünde.
Vom Sohne Gottes. Bon der Rechtfertigung.
Bom Predigt: Amt. Bom neuen Gehorfam. Bon
der Kirche. Was die Kirche fei. Bon der Taufe.
Bom heiligen Abendmahl. Bon der Beichte. Bon
der Buße. Bom Gebraud) ber Sacramente. Bom
Kirchenregiment. Bon irhenorbnungen. Dom
meltlihen Regiment. Bon Chrifti Wiederkunft.
Dom freien Willen. Bon der Urſache der Sünden.
Bom Glauben und guten Werken. Bom Dienft
ber Heiligen. Hieran fchließen fih 7 Artikel, in
denen die Mißbräuche befprochen werben, die abge:
ftellt worden. Bon beiberlei Geftalt bed Sacra:
mentd. Bom Eheftande ber Priefter. Bon ber
Meſſe. Bon der Beichte. Vom Unterfchied ber
Stände. Bon Kloftergelübden. Bon der Bifchöfe
Gewalt. In der Reihstagfigung des 25. Zuni im
Biſchofshofe wurde dann die Confeſſion durch den
Dr. Baier lateinijch und deutfch mit lauter Stimme
verlefen und beide Exemplare dem Kaifer über:
geben. ( Dieſe Eremplare find verloren, aber noch
in bemjelben Jahre ift von Melanchthon eine Aus:
gabe in beiden Sprachen beforgt.) Einige Tage
—— ul die römischen Theologen die
Confeſſion zur Widerlegung ; und ließen ihre Eon:
futation, ein ſeichtes Machwerk, am 3. Auguft vers
lejen. Dem Befehl des Kaifers, die Evangelifchen
jollten ſich hiermit für widerlegt erfennen und dar:
nad) richten, konnten fich diejelben natürlich nicht
unterwerfen. Die Confutation war von Manchen
während ber Berlefung nen, und Me-
lanchthon übernahm den Auftrag der evangelifchen
Stände, dagegen ihr Bekenntniß zu vertheidigen.
Diefe Apologie der Augsburgiſchen Confeifion er:
ſchien lateiniſch und deutſch in Wittenberg 1531.
mwingli hatte dem Kaiſer eine eigene Te
einer Lehre eingereicht und ine hatten die
Dig ne de Städte, welche wegen des Artifels
vom Abendmahl die Confeſſion nicht mit unter:
fchrieben, durch Bucer, Hedio und Capito die Con-
fessio tetrapolitana überreichen lafien.
Die Augsburgifhe Confeſſion ift von großer
ftaatörechtlicher Bedeutung, durch fie erfchienen Die
Evangeliſchen als eine berkminte und geſchloſſene
Religionspartei, die Rechte in Anſpruch nahm und
mit man verhandeln mußte; ſie iſt die Voraus⸗
ſetzung der Religionsfrieden von Augsburg und
Münſter. Gut gemeint, aber vielleicht Unvorfichtig
war ed, wenn Melanchthon in der Ausgabe der
Augustana von 1540 den Art. 10 vom Abend»
mahl zu Gunften der Reformirten umgejftaltete.
Es erhob ſich der Streit, ob die Variata oder In-
variata bie Geltung eines Symboles habe. Die
tage wird dadurch vermicelter, weil, wo in der
olgezeit die Eonfelfion angenommen wurde, mei:
tens die Variata von 1540 vorlaa. In das Con:
cordienbuch wurde die Invariata aufgenommen.
Augsburgiſches Interim. Nach dem fiegreichen
Ausgange des ſchmallaldiſchen Krieges, als Karl V.
die Hoffnung ſchon hatte fahren laſſen müffen, daß
dad 1545 eröffnete Concil zu Trient ohne eine
Augsburger Religiongfrieden
ſtarle Röthigung von außen einen Weg zum Frie:
den einjchlagen werde, beſchloß er unter Zuſtim—
mung der proteftantifchen Stände eine Ordnung
zu geben, wie mittlerweile die Religionsſache chriſt⸗
lich einzuftellen und zu richten ſei. Die Bijchöfe
Julius Plug von Naumburg und Michael Helding
(Sibonius) mit dem brandenburgiichen Hofprediger
Johann Agricola entwarfen dieſe interimiftische
Ordnung in 26 Artifeln. Im Grunde genommen,
wurde den Proteftanten nichts nachgegeben, als
Duldung der Priefterehe und des Abendmahls
unter beiden Geftalten und bie Beibehaltung ber
geiftlihen Güter, genug um den Katholifen und
dem Papſte das Interim verhaßt zu machen.
Obgleich auf dem Reichstage die Stände das In—
terim annahnten, & tonnte e3 bei dem Wibermwillen
des Bolfes, den jeine Prediger nährten, an ben
meiften Stellen nur mit Waffengewalt eingeführt
wer Der Unmwille des Bolfes machte fih in
Spott und Pasquillen Luft, und die Streitigkeiten
über das — Interim zeigten die tiefgehende
Erbitterung. Völlig zur Ausführung ift es nie
gelommen. Der Paffauer Bertrag 1552 machte
auch diefer Halbheit ein Ende.
Augöburger Religiondirieden. 1555 auf dem
von Köni erbinand im Namen Karls V. abge:
haltenen Reichätag zu Augsburg, als Frucht des
lüdlichen Feldzugs von Morig von Sachſen, ge:
Pehloffen. Nach langem Kampfe wurde endlich der
unbedingte Religionsfriede zugeftanden. Kein
Stanb des Reiches joll Fe . ber Pe
halber vergemwaltigen, ftreitige Religion fol nur
auf friedlichen Wege zur Vergleihung gebracht
werben. Die eingezogenen Kirchengüter bleiben
den Proteftanten. Einbegriffen in diefen Frieden
find nur Katholifen und Augsburgiiche Confeſ—
fiond:Berwandte. Die von den Proteftanten ver:
langte Religiondfreiheit der Unterthanen ihren
Fürften —— wurde nicht gewährt, vielmehr
nur das Recht der freien Auswanderung zugeitan:
den. Der mit dem Frieden publicirte geiftliche
Vorbehalt, gegen den aber bie Proteftanten pro:
teftirten, beitimmt : Geiftliche, welche von der alten
Religion abtreten, werden ihrer Stellen und ihres
Einkommens verluftig ; die dem geiftlichen Fürften:
thume x. gehörenden Städte, welche fi bisher
zur Augsburgiſchen Confejfion befannt haben,
follen dabei unvergewaltigt gelaffen werben. Am
25. September erfolgte die Promulgation.
Augufti, Joh. Ehr. Wilh. Geb. 1772 zu Eichen:
berga, Enkel eines jüdifchen Proſelyten, Docent der
Philologie und orient. Sprachen in Jena, Profeflor
der Theologie in Breslau und Bonn, + 1841.
Ein äußerft fruchtbarer theologiſcher Schriftfteller;
Hauptwerk: Denkwürdigleiten aus der chriftlichen
Archäologie, 12 Bde., im Auszug als Handbud 3
Boe.,und Lehrbuch 1 Bd.,und die Dogmengeſchichte.
Obgleich in der Behandlung der Bibel nicht immer
orthodox, leitet ihn bei der Bertheidigung des
Dogmas und der landeöherrlihen Rechte über Ber:
fafjung und Liturgie ein kirchlich conjervatives
Interefie.
Angufliner. Papft Alerander IV. vereinigte
1256 verſchiedene Congregationen von Eremiten,
die fich in Italien gebildet hatten, unter dem Na:
men der Auguftiner-Eremiten und unter der Regel
des heiligen Auguftin und gab ihnen das jchwarze
Kleid mit Kapuze und ledernem Gürtel ala Dr:
benstracht. 1567 wurde der Orden unter bie
57
Auguftinus
Bettelorden aufgenommen, obgleich er Eigenthum
und liegende Gründe behalten durfte. Ohne den
Bettelorden gleichzulommen, dehnte er fich weit
aus; aber zugleich verfiel die Zucht, und es bildeten
fi) im Drden wieder eigene Congregationen mit
einem General:Bicar, die aber jämmtlid dem
Drdens:General unterworfen blieben, fo die Au:
uftiner:Barfüßer. Unhiftorifch juchte der Orden
‚eh Urjprung auf Auguftin zurücdzuführen und
die aöfetiiche Gemeinfchaft, die derfelbe in Tagafte
und Hippo um fich ſammelte. Auch die fog. Regel
des heiligen Auguftin rührt nicht von ihm her;
nur ihre Grundzüge finden ſich in feinen Reden
über die Sitten der Geiftlihen und in den Büchern
an die Nonnen von Hippo. Mit der Reformation
verfiel der Orden. Luthers Vorgang fand Nach—
folge, und in ber Kirche wurbe der Orden anrlichig.
— Dem Drden zur Seite ſteht der Frauenorden
ber Auguftinerinnen. Seit dem 15. Jahrh. findet
ſich aud) ein ordo tertius der Auguftiner wie beiden
Dominicanern. — Verſchieden von den Auguftiner:
Eremiten find die vegulirten Auguftiner:Chorherren,
die aber ebenjomwenig ihre Regel auf Augujtin zus
rüdführen können.
Auguflinud, Aurelius. Geb. 354 zu Tagafte in
Numidien, der Sohn eines Heiden Patricius und
der Ehriftin Monica. Seine Jugend war ein be:
ftänbiges —— zwiſchen den chriſtlichen Ein⸗
flüſſen und den Lockungen des Heidenthums, die
eine leicht erregbare Sinnlichkeit trafen. Dies und
fein brennender Wiſſensdurſt führte ihn zu den
Manichäern, deren Lehre, daf die Materie böje fei
und burd eine ftrenge Askeſe getödtet werden
müffe, jeiner unter der Sinnlihleit gebundenen
religiöfen Stimmung zufagte, während das phan—
tafiereihe Gewand und die Geheimlehre der Weis:
heit, die ihm Aufſchluß über die göttlichen Dinge
verhieß, ihn reiste. Bald enttäufft, riß er fi
wieder los und ergab ſich als Lehrer der Rhetorik
zu Rom und Mailand dem Studium ber neu:
platonifchen Philofophie. Hier —— Ambroſius
Einfluß auf ihn, der ihm das Verſtändniß der Bi—
bel erſchloß. In der ee bes Land⸗
lebens auf einer Billa bei Mailand bereitete fich
im Stubium ber Schrift und unter philoſophiſchen
und religiöjen Unterredungen mit gleidgefinnten
Freunden der religiöje un Fol in ihm vor, fo
daß er nad) fchweren innern Kämpfen endlich im
Jahre 387 zur latholiſchen Kirche zurüdtrat und
die Taufe empfing, mit ihm fein Freund A ypius
und fein natürliher Sohn Adeodatus. Nach Ta:
afte zurüdgefehrt, führte er dort mit feinen
Freunden ein gemeinfames astetifch : befchauliches
Leben, welches fortgeführt wurde auch als ihn die
Gemeinde zu Hippo:-NRegius als Presbyter berief.
Die Confeſſionen (Selbjtbefenntnifje) geben ein
Spiegelbild feiner jegigen Betrachtungen über fein
früheres Leben. Seine bedeutenden und hervor:
ftechenden Gaben ließen ihn 395 zum Mitbiichof
des alternden Balerius, dann nad deſſen Tode
um Biſchof gemählt werben. Aus diefer Periode
eines Lebens ftammen die philofophiichen Schrif:
ten: Contra Academicos; De beata vita;
De ordine; Soliloquia de immortalitate. Seine
nun folgende bedeutende literariihe Thätig-
feit war theild eregetiichen, theils dogmatiſchen
(De doctrina christiana, Enchiridion ad Lau-
rentium, De fide et symbolo, De catechizan-
dis rudibus) Inhalts, theils bejonders wandte er
Auguftinus 58 Auslegung der heiligen Schrift
ſich gegen das Heidenthum, bie Manichäer, Bela: |ten zwei Theologen diefed Namens auf. 1) Yo:
gianer und Donatiften. Das Hauptwerk ift De hann Vinarienfis, der treuefte Anhänger Luthers,
civitate Dei, gegen den Vorwurf gerichtet, daß | der deſſen Iateinifche und jpäter auch Die deutichen
durch den Abfall von den vaterländifchen Göttern | Schriften herausgab, ſowie auch die Tifchreden.
und das Eindringen bed Chriftentfums das Reich | Zweimal war er Feldprediger. Als Hofprebiger
in Verfall geratben fei. Während er im Kampfe |in Weimar ftand er beftänbig auf Seiten ber One»
mit den Manichäern die fittlihe Selbftbeftim: | fiolutheraner gegen Dfiander und für Flacius, mit
mung des Menſchen zu vertheidigen hatte, ſchien welhem zufammen er die letzte Cenſur des Con»
ihm Belagius, der diefelbe gegen eine unbedingte | futationsbuches beforgte. Als die flacianifche Par:
Gnabenlehre verfechten wollte, die Wahrheit der |tei am Hofe unterlag, verlor auch er feine Stelle
göttlihen Gnade zu verlegen, und gegen ihn | und wurbe jpäter Prediger zu Erfurt, wo er 1575
wandte fi Auguftin mit feiner Lehre von dem | ftarb. — 2) Johannes Bratislavienfis, d. h. Joh.
völligen Berberben des Menſchen und ber unbe: | Goldfhmib aus Breslau. Innig befreundet mit
dingten Gnadenwahl Gottes; fo daß aud der | Melandhthon, wirkte er zuerft an ber Univerfität
Glaube auf die ſchlechthin wirkende Gnabe Gottes | Wittenberg, bis er nad) Roftod als Profeffor und
zurüdgeführt werden millſſe. Hieraus erklärt zo fen wurde, wo er die Medlenburger
e3 fich, dat Auguftinus der Ausgangspunkt für | Kirchenorbnung verfaßte. Bon bort wurde er nad
verfhiedene Enlwicklungsreihen geworden tft. | Preußen berufen, um die Oſiandriſchen Streitig-
Hatte er in fich religiös den Manihäismus über: |Teiten zu ſchlichten, als Präſident des ſamländiſchen
munben, fo war er, ohne es zu wollen, von dem | Bisthums. Obwohl er den Führer ber Djiandriften
Einfluß deſſelben nicht völlig frei in der Lehre von | Funk zum Widerruf —— er doch die Ab⸗
ber völligen Unfähigkeit des Menſchen gu einigem | neigung der Partei nicht ü inden und fand auch
Guten („Die Tugenden ber Heiden find glänzende | bei ber Einführung der von ihm verfahten preu-
Lafter”). Endlich den Donatiften gegenüber hatte ßiſchen Kirchenordnung fo viel Schwierigfeiten, daß
er die Berechtigung einer Alled umfalfenden Kirche |er nach dem Tode feined Bruberd nah Breslau
zu begründen. Meil er aber ebenfalls den Grund: | zurüdtehrte, wo er als Prediger an St. Elifabeth
gedanten, bie Kirche ift das Reich Gottes, nur | 1568 ftarb. — Der Bruber des vorigen, Andreas,
nad anderer Seite hin gemenbet, fefthält, verleitet | mar Leibarzt des Herzogs Albrecht von Preußen,
ihn der Gegenfah gran das ſchwärmeriſche Weſen, Schwiegerjohn Dfianderd. Da er den ſchwa
das unhbeilvolle Wort coge intrare (nöthige fie ea engine bildete er den Rüdhalt
bereinzulommen) in Bezug auf bie Kirche auszu: | Dfiandriften, zu deren Gunften er feinen Einfluß
fprehen und damit den weltlihen Bmangsmaß: | vielfach geltend machte.
regeln fpäterer Zeit ein Vorbild zu geben. Bon| Wusbreitung des Chriſtenthums. S.Chriften»
Auguſtin entlehnten bie Scholaftifer durch den |thum und die Namen der Länder oder Völfer.
Lombarben bie Form, Auffaffung und Einthei:] Ausgießung des heiligen Geiles. Ein von
Iung, bie Reformatoren ben Geift und das Prin: | Joel (3, 1 ff.) in —— geſtelltes, Apſtg. 2 in
eip ihrer Dogmatik; wie die Mönche ihre Regel | Erfüllung gegangenes igniß auf dem Gebiete
aus feinen Schriften zogen, hat auch die proteftan: | bes religiös: geifigen Lebens, bas fi in einer
tifche Myſtik an feinen Confeſſionen ſich genäht. | fittlich «veligiöfen Erhebung des Gemeindelebens
So ift er der eigentliche Kirchenvater bed Abend: | tundthat. In der Ungeduld diliaftiicher Erwar:
landes geworden, deſſen Theologie von ihm ben | tungen find aber von jeher Secten entitanden, die
Ausgang genommen hat. Auguftinus ftarb den [eine erneute Auögießung des heiligen Geiftes,
28. Auguft 430. Die Gebeine des Heiligen liegen | durch welche die Welt umgeftaltet werben würbe,
feit 1842 in dem bei Hippo errichteten Denkmal. | entweder ald noch bevorftehend erwarteten, oder
— Bol. Böhringer, Kirchengeſch. in Biogr, Aug. | als ihnen zu Theil geworden rühmten, 3. B. bie
Seine Schriften Herausg. zu Paris, 11 Bände, | Montaniften, die Secte des heiligen Geiftes. Aus
1835 ff. ber neueften Zeit die Irvingianer. ©. Pfingitfeft.
Anguflinus, der Heilige. Erfter Erzbiihof von] Wuslegung der Heiligen Schrift bat zur Auf:
Canterbury, der Apojtel der Angelfachjen (ſ. d.W.), | gabe, das von einem bibliihen Schriftfteller Bor:
wurde ald Abt des Benedictinerklofterd in Ron | getragene in feinem geſchichtlichen Sinne, d. b. jo
von Gregor d. Gr. zur Miffionsarbeit nad) Eng: | wie es von jenem gemeint ift, aufzufaffen und dar:
land (596) geſchickt und führte mit dem Chriſten- | zulegen. Auch Eregefe oder Schrifterflärung ge:
thum auch das römische Kirchenweſen mit Unter: |nannt, letztere häufig noch mit dem Nebenbegriff
drüdung altbrittiihen Kirche ein. Der Ein: | weiterer Ausführung zu praltiichen Sweden. Die
fluß der Gemahlin des Königs Aethelbert von Kent, |einzig richtige Methode der Auslegung ift die
der fränfifchen katholiſchen Prinzeſſin Bertha, frönte | grammatisch:hiftorifche, d. h. die, welche von allen
Er Thätigkeit in fürzefter Zeit mit dem glänzend: jeigenen Anfichten abjehend, nur auf dem formalen
en Erfolge. Zum Erzbiſchof von Canterbury (598) | Wege der Grammatik und ber gefhichtlihen For:
ernannt, ſtarb er 610. jThung den Sinn einer Stelle entwidelt. Dieje
Aurelion. Römijher Kaifer, 270—275, unter | Auslegung ift erft feit Erneiti (+ 1781) zur grö—
dem eine allgemeine (die neunte) Ehrijtenverfol: | Beren Geltung gefommen. In der früheren Zeit
gms ftattgefunden haben joll. Diefelbe wird von | verhinderte die dogmatiſche Befangenheit die Durch:
jebius und Andern gar nicht erwähnt und nur | führung diefer Methode: eö lag eine von der Bibel
gefagt, daß in den Gefinnungen des Kaiſers ein | unabhängige dogmatiſche leberzeugung vor, wel
den Chriften nadıtheiliger Umjchwung eingetreten | aber vermöge der Einheit der Wahrheit nothiwendig
fei. Vielleicht ift der Irrtum dadurch entjtanden, | mit jener in Uebereinftimmung gebracht werben
daß man ein Edict des Aurelius in Folge eines | mußte. Died war der Hauptgejichtäpunft der
Schreibfehlerd dem Aurelian zufchrieb. Eregeje; um ihn durchzuführen, bedurfte es einer
Aurifaber. In der Reformationsgefchichte tre: | bejondern Methode. Die Alegandriner führten die
Auslegung der Heiligen Schrift 59 Austritt aus der Kirchengemeinjchaft
allegorifhe Auslegung, bie in ber aleran:
driniſch⸗ judiſchen Religionsphilofophie ——
war, in die chriſtliche Theologie ein. Auch in
einfachſten ung der Bibel iſt eine tiefere
ſche Weisheit (Gnoſis) verborgen, wobei
ich die buchſtäbliche Auffafſung auch noch als
Wahrheit ftehen bleibt. Drigenes unterſcheidet
emäß einen breifahen Sinn: den budftäb: | erfcheinen
lichen, ven moralifchen, ben geiftigen; ber erfte nur,
wo es einen Gottes würdigen Sinn giebt, der zweite
moralifche Anwendungen, ber britte dogmatifche
Wahrheiten —— Durch Auguſtin und
Gregor d. Gr. fand die myſtiſche A. auch in ber
latholiſchen Kirche Eingang, jedoch nur ald Mittel
ser Erbauung. Man unterjhieb: 1) sensus litte-
ralis, 2) tropologicus (= moralijher Sinn),
3) allegorieus (Anwendung auf bie Kirche), 4) ana-
jous (auf das Jenfeitige). Neben diefer allego»
riſchen Auslegungsweiſe geht aber immer auch eine
biftorifche Her: bie Antiochener Diodor
von Tarfus, Theodor von Mopfvefte, Johannes
Chryſoſtomus, Ephräm der Syrer, Theodoret ver:
treten gefunde Principien. Im Mittelalter wurde
das Scriftftubtum überhaupt vernachläſſigt, man
begnügte fi mit Sammlung des bereits Borhan-
benen. Dagegen erwachte im 14. und 15. Jahrh. eine
neue Luft gu philologiichen Studien, was ber
Bibelausle zu Statten fam. Antnüpfenb an
die großen Rabbinen des 11. und 12. Jahrh., Rafchi,
Aben Era, Kimchi, Maimonides, pflegten Männer,
wie Nikolaus Lyra (+ 1340), Laurentius Balla
(+ 1457), Reuchlin 6 1622), das Studium der
i Sprache. Die gleiche Beſchäftigung mit
der griechiſchen Sprache war Folge der Einwan⸗
ng gelehrter Griechen nad) ber Eroberung von
Eonftantinopel (1453). Unter den gelehrten Er:
Härern de3 Neuen Teftaments ie vor Allen
Defiverius Erasmus (+ 1536) genannt werden;
für Frantreich: Jalob Faber Stapulenfis (+ 1537).
Die Reformation Fehrte grundfäglich zum Schrift:
finn wieder zurüd; es gelang ihr aber nicht ganz,
weil ja auch wieder eine bogmatifche Lehre ent:
ftand, welche in Webereinftimmung gebracht wer:
den mußte. Die reformirte Kirche hat fich immer
mehr an eine nüchterne, hiſtoriſche Auslegung
gehalten, als die lutherifhe. Calvin und Theo:
bor Beza find Mufter gewiffenhaft genauer Ere:
— Gegen ſpätere Verirrungen (Coccejus u. A.)
ifbeten bie Arminianer ſtets die Vertreter einer
gefunden Eregeje, vorzüglich Grotius. In ber
lutheriſchen Kirche ſpricht ſchon Gerhard wieder
von einem s. spiritualis und Baier von einem
s. oceultus. Eigenthümlich ift, mie auch Kant
eine moralifhe Auslegung der Bibel, natürlich
nicht al3 wirklihen Sinn, fondern als praftifche
Anwendung für das Volk, verlangte. Seitdem
man durch dad Erwachen der Kritik (Semler)
eine objectivere Stellung ber Bibel gegenüber
—— gelernt hat, ſeitdem Männer wie
de Wette, Geſenius u. A. ſich mit philologiſchen
Unterſuchungen an die Bibel gemacht haben, iſt
auch die hiſtoriſch⸗ grammatiſche Schriftauslegung
Hide und mehr zur Geltung gelommen. Als erege:
tifche Werke über die ganze Bibel find bemerlens:
werth: Bunfen, vollft. Bibelwerk für bie Gemeinde;
Zange, Theologifch:homiletifches Bibelwerk (praf:
tiih). Für das Alte Teftament: Kurzgef. erege:
tiſches Handbuch zum Alten Teftam., Leipz. 1838-62
(von Higig, Knobel, Hirzel, Thenius, Dlshaufen,
Bertheau). Für das Neue: de Wette, Kurzgef.
. Handbuch ; Meyer, das Neue Teftament, grie:
56 u. ſ. mw. Ueber einzelne Bücher, ſ. dieſe.
Ausſatz. War in Aegypten einheimiſch und wird
in ber Bibel oft erwähnt. Es iſt ein Ausſchlag,
ber zuerſt in Heinen weißen Fleden im Geficht er:
ſcheint, die um fich frefien; ſchmerzhafte Geſchwlire
inen, die Sinne werben ftumpf, die Nägel an
Händen und Füßen fallen ab; und endlich erfolgt
der Tod an Abzehrung, wenn nicht eine feltene
glückliche Krife die Krankheit bricht. In einer Per
tiode ber Krankheit ift die Haut gefpannt und weiß
> wie Schnee. 3. Mof. 13. Eine andere
rt des Ausfages ift die Elephantiaſis, der knol⸗
lige Ausjag. Knoten und Knollen erſcheinen an
den Gliedern, daraus entwideln ſich Geſchwüre,
bie eine übelriechende Jauche ausfondern. Die
Extremitäten fterben ab, ja trennen fi vom Kör⸗
per. Wirft fich die Krankheit auf die Füße, fo
ſchwellen fie —9* werden prall und hart und be:
fommen eine jchuppenartige Haut. In Hiobs
Krankheit meint man die Elephantiafis zu erkennen.
Der Ausſatz läßt ſich nicht heilen; ob er anſteckend
fei, ift nicht entſchieden, jedenfalld nur bei ber
nädjften Berührung. Dem Ausſätzigen verbietet
das Gefek die Gemeinfhaft mit Andern, er ift
unrein, muß fich außerhalb der bewohnten Orte
aufhalten. Die Aufficht über die Ausfägigen füh:
ven bie Briefter. Wer geheilt ift, bat fich ihnen
vorzuftellen, und das Geſetz giebt genau bie Kenn⸗
zeihen an, nach welchen das Borhandenfein der
Krankheit beurtheilt werben fol. An eine ärzt:
liche Behandlung durch die Priefter ift hierbei ent:
fernt nicht zu denen. Wer vom Ausſatz genefen
war, wurbe unter bejtimmten Reinigungsfeierlich»
keiten, 3. Mof. 14, wieder in die Bollsgemeinde
aufgenommen. Auf Befprengungen und Waſchun⸗
gen folgte nad 7 Tagen, bie der Genefende noch
nicht in feiner Wohnung zubringen durfte, die
Darbringung verſchiedener Schuld:, Sünd: umd
Dantopfer (3. Mof. 14). Außer dem Ausfag an
Menſchen redet das Geſetz noch von Ausfag an
Kleidern und an —— mas damit gemeint jei,
ift von Sommer (Bibl. Abhandlungen I, 220 ff.)
wohl richtig erflärt. E3 wurde aber ähnlich ver-
fahren; gelang es durch Entfernung ber infieirten
Stelle, oder burd; Wajchen, das Umſichgreifen des
Verderbens zu verhüten, jo wurde unter Anwen:
—— Symbole wie bei der Reinigung
der Menſchen das Haus wieder für rein erklärt,
im andern Falle da3 Haus zerftört, dad Kleid
verbrannt.
Ausfeguung der Wöhnerinnen. In der fatho:
fischen Kirche üblich, fi anlehnend an das mos
ſaiſche Geſetz. Da fich aber darin der Mangel an
einer richtigen Auffafjung der fittliden Berechti-
gung der Ehe ausfpricht, fo ift fie meift von ber
evangelifchen Kirche mit Recht fallen gelaffen. In
ber lutherifchen Kirche ift der Kirchgang der Wöch⸗
nerinnen eine öffentlihe Dankſagung.
Ausftelung des Sarramentd, in ber katho—
liſchen Kirche jeit der Einführung des Frohnleid:
namfeftes ald befondere Kirchenfeierlichkeit zur Er:
wirkung bejonderer Gnaben üblich, darf nur mit
biſchöflicher Genehmigung an hohen Feittagen un⸗
ter vorgeie tiebener Geremonie und wegen einer
causa publica et gravis ftattfinden.
Austritt aus der Kirchengemeinſchaft geihieht
durch eine ausdrückliche Erflärung oder durch die
Autbert
Theilnahme an einer fremblirchlichen Handlung, an |
ber nur die Glaubendgenoffen Theil zu nehmen be:
rechtigt find. Bei dem gegenwärtigen Berhältnifje
des Staates zur Kirche, wonach er von jedem Bürger
ein beftimmtes Religionäbelenntniß erwartet, er:
fennt er einen Auätritt aus ber bisherigen Reli:
ionsgemeinſchaft nur in dem Falle an, daß damit
er Zutritt zu einer andern anerfannten verbun:
den iſt. Diejer Grundſatz ift im Preußifchen aud)
durch die Gerichtshöfe anerkannt, und als nicht im
Widerſpruch mit ber religiöjen Freiheit ftehend
erachtet. — ui Rn = Ar OP
Autbert. Der Freund und Gefährte Ansgars
auf der erften Miffionäsreife zu den Dänen. Grün:
der der Schule zu Hadeby (Schleswig). + 829.
Authenticität der Schrift beſagt, daß das
biblifche Buch oder die ganze heilige Schrift wirk:
fi von dem Verfaſſer und aus der Zeit herrühre,
welche in dem Buche oder in ber Meberfchrift ange:
eben werden. Die Ergebniffe der fritifchen For:
—— haben für viele Bücher der heiligen *
die Behauptung der Authenticität aufgeben laſſen.
ge unteriäeiken von ber oe gig ift die
anonicität, d. 5. daß ein Buch von aee und
mit Recht zum Kanon gezählt worden ſei.
Autohthonen. Durch Urzeugung —
Menſchen. S. Abſtammung des Menſchengeſchlechts.
Auto-dasf6. Spaniſches Wort, welches bedeutet:
Glaubenshandlung. Die öffentliche, mit kirchlicher
Feierlichkeit verbundene Verkündigung eines Urs
theils der Inquifition und die Ausführung deffelben
durd) die weltliche Obrigkeit. ©. Smauifition.
Autofephalen (d. i. Selbfthäupter), oder Ale⸗
phalen (d. i. Hauptlofe) heißen die Biſchöfe, welche
eine ee vom Papſte oder einem Patriar⸗
den unabhängige Stellung einnehmen; 3. B. früher
die Erzbiihöfe von Ravenna, Mailand, Aquileja
ober von Enpern.
Autoritätöglaube heißt der Glaube, welcher
nur auf dem Zeugniffe Anderer, ohne eigene
Ueberzeugung und Erfahrung beruht, wie ihn die fa:
ang irche fordert. Die evangelische Kirche kann
ihn nur im Widerfpruch mit fich felbit verlangen.
Auxentius. Arianer, trat als Biſchof von Mai:
land an die Stelle des orthoboren Dionyfius. Be:
bauptete bei der Gunft des Kaifers feinen Sig
auch dann, ald in Rom 369 der Arianiämus ver:
dammt worden war. + 374. Einen anderen Auxen⸗
tius verfuchte vergebens Juftina, die Wittwe Ba:
lentinians, als Arianer an die Stelle bes Ambro:
fius zu jegen.
Ave Maria. S. Angelus Domini.
ven. Amos 1,5, in Syrien, nad) Hitzig das
ſyr. Heliopolis, :
60
Baader
Averrods, Arabiiher Philoſoph, + 1206, Durch
feine Gommentare zum Nriftoteles von ungemeis-
nem Einfluß auf die riftlihe Scholaftil, Seine
eigenthlimlihen Meinungen wurden aud von
einer eigenen Secte der Averroiften fortgepflanzt.
R Avicenna. Arabifcher Philofoph und Arzt,
1036,
Avignon. Stadt und Graffchaft in der Pro:
vence, fam durch Kauf an den päpftlihen Stuhl,
war von 1305—1377 die Nefidenz det Päpſte in
Folge der Streitigkeiten mit Franlreich (babylos
nifhe Gefangenschaft); ſpäter nod der Sitz der
Gegenpäpfte während bes Schismas. 1791 ward
Avignon mit Frankreich —
Avbisorden. Ein geiſtlicher Ritterorden in Bor:
tugal, von Alfons J. gegen die Mauren gegründet,
erhielt feine geiftlihe Drganifation von Inno—
cenz III. 1204 beftätigt, hieß früher „Brüder der
heiligen Maria von Evora“. Der Orden ift feit
1789 ir einen militärijchen Orden ohne Gelübbe
umgewandelt.
vith. 1. Mof. 36, 35; vgl. 1. Chr. 1, 46:
My · ein Dri in Ebom.
vituß, + 523. Bifhof von PVienne, gewann
den Burgunder-König Sigiömund für den Fatho:
liſchen Glauben. Mit feiner Belämpfung des Aria»
nismus hängt zufammen, baß er in feinen Schriften
die Prärogative des Papſtes jehr betont.
Aova. 2. Kön. 18, 34; Jeſ. 37,13; eine wahr:
| einlich jyrifche oder meſopotamiſche Stabt, welche
Aſſyrer zu Hiskia's Zeit unterjochten und deren
on Salmanafjar nah Samarien fanbte.
Avbim. of. 18, 23; fonft unbelannte Stabt
in Benjamin.
“on
. Die Ureinwohner der Gegend von
Gaza, welche die Philifter bis auf einen Heinen
Reit, Jof. 13, 8, vertilgten.
Azazel, Hazazel, Aſaſel (3. Mof. 16, 8 fi.). Der
eine Bod am Berföhnungdtag wird „zu Azazel“
gejagt. Wird verſchieden erklärt; theils als Ort
wohin der Bod gejagt wird, theild ald Name des
Bodes, jo daß der Ausdruck bezeichnete einen „zum
Azazel beitimmten Bock“, theil3 ala liturgiſche
ormel „zur Sinwestbeteng” (Winer), theils ala
ämon (Emald u. A.). Die legte Erklärung ift
richtig.
Azem trat der Stamm Juba an den Stamm
Simeon ab. Sof. 15, 29; 19, 3.
Amon (LXX Zeiuwve). Stabt an ber füblichen
Grenze Baläftina’s. 4. Mof. 34, 4; Jof. 15, 4.
Ayymiten nannten bie Griechen die Abend»
länder vom Gebrauch bed ungefäuerten Brobes,
ben fie ihnen als Ketzerei vorhalten jeit Michael
Gerularius 1051.
B.
Baader, Franz von. Berühmter theoſophiſcher
Denter. Geb. zu Münden den 27. März 1765, ſtu—
dirte er zuerſt Medicin, ging dann zum Stubiumder
Raturwiſſenſchaften und zum Bergwejen über, dem
jein Aufenthalt in Freiburg diente. Nachdem er
die Jahre 1792—96 in England zugebracht hatte,
wurde er 1797 furfürftliher Münz: und Bergrath,
1807 Oberft:Bergrath in München, alö welcher er
1820 mit vollem Gehalte zur Ruhe gejegt wurbe.
1822, welche durch
Eine Berufung nad) ——
onarchen gerichtete
eine 1814 an die drei alliirten
Denkſchrift, in der die Nothwendigkeit einer engern
Verbindung von Religion und
war, veranlaßt wurde, fcheiterte an einem
1826 begann er an ber Univerfität München
Vhilofophie zu lefen, wurde aber 1838 wegen anti«
hierarchifcher Aeuferungen vom Katheder entfernt.
Am 25. März 1841 farb er, im Alter von 75
olitif dargeſtelli
ufall.
über
Baal
Jahren. — Baader Philojophie ift eine myſtiſch⸗
theoſophiſche Natur: und Neligionsphilofophie. Er
will weder auf jpeculativem noch auf rein empiri:
fhem Wege zur Wahrheit gelangen, ſondern durch
ein unmittelbares geniales Erfaffen der Dinge,
welches nur möglich ift durch ein eigenthümliches
Denken durch und in Gott. Der Menidpift an und
für ſich nicht fähig die Wahrheit zu erfennen, er
bedarf erft einer göttlichen Erleuchtung, um in das
Innere des Seins einzudringen, aber dann erfennt
er auch das Wejen der Dinge voll und ganz. Baa—
der ſteht darin in beitimmtem Gegenjag gegen
Kant, gegenden er 1809eine Schrift fchrieb: „Ueber
Kants Deduction der praftifchen Vernunft und die
abjolute Blindheit der letzteren.“ Materiell ift
feine Bhilofophie eine jchlechthin theojophiiche, d. h.
er denkt ſich Alles nur in ungertrennbarem Zufam:
menhang mit Gott; feine Piychologie, feine Onto:
logie, feine Ethik find daher im Grunde immer
mieder Theologie. In Gott jelbft erfennt er innere
Unterjchiede, aus deren a die Welt her:
vorgeht ; in der Melt ſelbſt ift alle relative Boll:
fommenheit bedingt durch die Beziehung zu Gott
and dem mehr oder weniger — der
göttlichen Idee und der Materie. Sämmtliche
Werfe Baaders find herausg. von Franz Hoff:
mann, 16 Boe., Leipzig, 1851— 1860. Bal. Hoff:
mann: Borhalle zur jpeculativen Lehre Franz
Baaders, 1836. ae Des Gardinalpunlte der
Baaderſchen Philofophie 1355.
Baal, babyi. Bel, d.h. Herr. DerName der Gott:
heit, welche faſt von allen-femitifchen Bölterjtäm:
men, bejonderd von den Phöniziern, Karthagern
und Babyloniern verehrt wurde und deren Eultus
auch die Juden jo oft fich hingaben. Richter 2, 11;
3,7; 6,25. 1.Rön. 16,23; 2. Kön. 3,2; 10, 21ff.;
17, 16 ff.; 21, 3; Ser. 2, 8; 7, 9; 32,29 u. õ Zu
verjtehen ift die Sonne als das Princip alles phy:
fiihen und animalifchen Lebens, daher tritt ihm zur
Seite jo häufig die Aſchera, die fruchttragende
Raturtraft. Als der oberfte Gott oder einzige
Himmelsgott wird Baal von den Alten Zeus oder
Jupiter überſetzt, als Sonnengott Herafles. Schon
beim äfteften Dienfte Baals geihah das Menſchen—
opfer (Jer. 19, 5), welches wohl jpäter durch Selbft:
verftümmlung erjegt wurde (1. Kön. 18, 28). Die
Kanaaniter nannten den fo verehrten Baal Moloch
(König), oder Baal-Molod, Jer. 32, 35; Mich. 6,7.
Die Stätten der Anbetung find Höhen und Altäre;
Säulen (1. Kön. 14, 23; 2. Kön.3,2; 10,26 u. 6)
find al3 Dentfteine errichtet; jpäter erft in Chal:
däa finden fih Bildſäulen Baald. Der Strah:
lenkranz derjelben weiſt auf die Sonne, die Stier:
börner jind Symbol der ſtarken zeugenden Kraft,
wiedem Baal Stiere geheiligt waren oder er unter
dem Stierbild verehrt wurde. Als der Eultus ſich
ausbildete, erbaute man aud dem Baal prächtige
Tempel und richtete eine zahlreiche Prieſterſchaft
ein; in dieſer Geftalt brachte Iſebel den Baals-
Cultus nad Iſrael (1. Kön. 18). De nad den
Functionen oder Thätigfeiten, die in ihm angejchaut
wurden, führt Baal verfchiedene Beinamen, ähnlich
wie Zeus bei den Griechen: 1) Baal:Berith als der
Bundeögott, der Wächter über dem Bünbdnifje der
Phönizier, Richt. 8,33; 9,4. 2) Baal-Sebubzu Efron
2.Rön.1,2.8. 16, Fliegengott, Zeig anouvıog, der
bie Fliegen und Mücden, die ſchlimmſte Yandplage,
abmehrende Bott. 3) Baal:PBeor, entweder von dem
Berge Beor, dem Sig des Dienftes, oder von dem
61
Babel
unzüchtigen Cultus durch en junger Mäd⸗
ar — IR Wovers, Phönizier; Creuzer, Sym⸗
olit 11.
Baal. Auf der Grenze Simeons, 1. Chr. 4, 33.
Baala, ©. Kirjath-Jearim.
Baalath in Dan, of. 19, 44, wurbe von Sa:
lomo befeitigt, 1. Kön. 9, 18.
Baalath: Beer, 1. Chr.4,33, Stadt im Süden
des Stammes Simeon, Joj. 19, 8.
Baal-Gad. Joſ. 11, 17; 12, 7; 18, 5; als der
äußerfte Punkt des Nordens genannt, wohin Joſua
gedrungen, am Fuß des Hermon im Thal des Li—
banon; irrig hielt man es für Heliopolis in Sy:
rien, das jegige Balbef. B. de Velde findet es in
Kalat:Boitra, 1/s Stunden nördlich von Banjas.
Baal⸗Hamon. Hohel. 8,11, mo Salomon einen:
Weinberg hatte; d. LXX haben Beelamon, mas auf
Belamon Judith 8, 8 hinwies.
Baal: Hazor. Landgut Abſaloms, 2. Sam.
13, 23, vielleicht daffelbe mit Hazor Neh. 11, 33
im Stamm Benjamin an ber Gränze Ephraims.
BaalsHermon, dafjelbe wie Baal:Gad, Richt.
8,3; vgl. Joſ. 13, 6.
Baalis. Jer. 40, 14; König der Ammoniter,
ließ den jüd. Statthalter Gedalja ermorden.
Baal⸗Meon. 4. Mof. 32,38; 50.13, 17, Stadt
im Stamme Ruben, fiel jpäter wieder in die Hände
der Moabiter, 9 römische Meilen von Hesbon.
Baal-Perazim. In Juda 2.Sam. 5,20; 1. Chr.
14, 11; bier ſchlug David die Philifter.
Baal-Salifa,wohlgleihBeth:Salifa, 15 Millten
nördlid von Lydda, 2. Kön. 4, 42, im Gebiet
Salija, 1. Sam. 9, 4.
Baal⸗Thamar. Ort eines Kampfes ber Jirae:
liten gegen Benjamin, Richt. 20, 33.
Baal:Zcphon. 2.Mof. 14, 2.9; 4. Mof. 33, 7;
Stadt in Argypten, fonft nicht erwähnt, lag hart
am Rothen Meere, in der ®egend des heutigen Suez.
Baanes. ©. Paulicianer.
Bab. Ein perſiſcher Reformatordes Islam, wel:
her eine eigenthümliche Bereinigung von Islam,
Chriſtenthum und dem alten Barfismus anitrebte.
1843 trat er auf, ausgezeichnet Durch Rednertalent
und feurige Hingabe an jeine Sadye, ın Berbindung
mit 18 Apofteln. Durch feine Schüler wurden in
die religiöfen Beftrebungen auch politifche gemengt,
mas die Verfolgung Babs herbeiführte, Sein groß:
artiger Märtyrertod 1852 ift bereitö Gegenitand
des Mythus geworden. Die religiöfe Gährung des
Babismus dauert noch fort. Bgl. Gobineau, Les
religions et les philosophies dans l’Asie centrale,
Paris, 1866.
Babel. Babylon. Die alte berühmte Hauptftadt
des babylonischen Weltreichs am Euphrat, deren
Urſprung die Bibell.Mof. 11 in die Urzeit zurüd-
führt, und von wo aus Nimrod fein Neid aus:
dehnte (1. Moſ. 10, 10). Zur Zeit der hödjiten
Blüthe hatte Babel einen Umfang von 12 Meilen,
war mit einer 200 Ellen breiten und 50 Ellen ho-
ben Mauer umgeben und außerdem durd) einen
breiten Graben geſchützt. Ueber den Euphrat, der
die Stadt durchfloß und eigentlich in zıwei Städte
theilte, führte eine ftehende Brüde. Bon den be:
rühmten Baumerfen, die erwähnt werden, dem Ve:
lustempel, dem Balaft des Nebufadnezar mit dein
hängenden Gärten, der alten Königsburg findet jid)
noch ein Eolofjaler Trümmerhaufen des Birs Nim:
rud, nad} der Tradition der arabiſchen Stämme ber
Thurm von1. Moſ. 11, in dem aber neuere Unter-
Baboeuf
—— die Ruinen bes Belustempels erkannt
haben. Beftand diefer aus 8 verjüngten Stodwer:
ten, bie fich auf quabratifchem Unterbau erhoben,
jo ift aber die Hälfte des Baus eingeftürzt und hat
mit ihrem Schutt dad Andere bebedt. Der mit
Asphalt bereitete Badjtein trogt der Bermitte:
rung, und man hat begonnen, bie he zu
entziffern, aus denen hervorgeht, dab Nebuladne⸗
zar den Bau wenigitend renovirt hat. In dem
oberften Stockwerk ſtand ein goldener Altar und
ein Ruhebett für den Gott, in dem unterjten die gol:
bene Bildfäule figend auf goldenem Siuhle vor
dem Altar. Der Reichthum der Stadt, als Haupt:
ftadt des großen Reiches und Mittelpunkt bes
Handels, beförderte die Entwidelung der Bildung
mit aller Kunftfertigfeit und Wifjenichaft, rief aber
auch einen übermüthigen Luxus und eine Sitten:
verberbniß hervor, von welcher die Propheten (Jeſ.
14, 11; 47, 1; Ser. 51,39; Dan. 5, 1) wie bie
Brofanfchriftfteller die ärgſten Schilderungen ma⸗
chen. Cyrus eroberte die Stadt 538 v. Chr. (Jeſ. 21;
Jer. 50; Dan. 5), jpäter ließ Darius, ber nad) einem
Aufftandsverfuche fie noch einmalerobert hatte, die
Mauer ſtark abtragen und bie Einwohner zum Theil
mwegführen. Terxes plünberte ben Tempel. Alexan⸗
ders Vorhaben, die alte Größe derfelben wieder
berzuftellen, vereitelte fein Tod. Die Trümmer der
Stadt gaben das Material ber zum Bau von
Seleucia und Ktefiphon. So find die Weifjagungen
der Propheten über Babel längft erfüllt, die ganze
Gegend ift wüfte und öde, obgleich noch in den erften
Sahrhunderten nad) Chr. Babylon beitand und be:
rühmt war.
Baboenf, Prediger des Communismuß in Frant:
reich, 1797 hingerichtet.
Babylad, Biſchof von Antiodhien, Märtyrer
unter Decius, deſſen Geſchichte die Sage auge:
mr bat. Chryjoftomus widmet ihm eine
milie.
Babylon in Aegypten am Nil, im ©. von He:
liopolis, ift eine Colonie von Babylonien. Ohne
Grund, nur nad Trabition der koptiſchen Chriften,
bezieht man auf diefen Ort 1. Pet. 5, 13.
Babylonien. Im A. T. Sinear, ift die Ebene
zwiſchen a und Tigris, in welcher bie
Hauptjtabt Babel lag, im Norden begränzt von
Mefopotamien und Afiyrien, im Süden vom
iſchen Meerbufen, im Dften vom Tigris, im
Weſten von Arabien. Die ungemeine Fruchtbarkeit
bes Bodens war bedingt durd die Ueberſchwem—
mungen bed Euphrat, die gewaltige und kunftreiche
Bauten hervorgerufen hatten, jo daß ein förm—
liches Kanalſyſtem das Land durchzog. Das Volt
der Chaldäer (f. d. A.) gehört zum ſemitiſchen
Stamme, die Sprache zum aramäiſchen Dialelte.
Die Keilinfchriften auf den Dentmalen geben über
die Geſchichte des Volls und feine Sitten Aufſchluß
und lafjen erkennen, eine wiehohe Stufe der Bildung
es erlangt hatte (0j. 7,21; er. 50,16; E. 17,4).
Belannt find die aftronomijchen Kenntniffe der
Chaldäer, die den Thierfreis, ſowie die Eintheilung
in Moden fanden, die Mittagähöhe und Mondfin:
fterniffe berechneten. Die Religion war Naturdienft,
ber Eultus des Bel und der Mpylitta, der allmähli
fi zu einem Geftirndienft entwidelte. Das a
loniſche Reich nennt die Schrift ſtets Babel (Bi.
137, 1), oder Land der Chaldäer (Fer. 24, 5; &.
12, 13). Deſſen Gefchichte |. unter A. Chaldäer.
Babyloniihe Gefangenihaft. Wie bas Zehn:
62
ih | dem Papfte zu gehorden, und
Paccanariften
ftämmereich durch die Affgrer zerftört und die
Einwohner weggeführt waren, fo ereille da’jeibe
Geſchick das Reich Juba unter Jojadıin 597 v.
Chr. Nebulabnezar ließ 10,000 Mann, ben Kern
des Boltes, hinwegführen (2. Kön. 24,25; Jer.52),
und als unter dem von dem Sieger eingejegten
Bebelia (596—586) ſich ein Aufftand erhub, wurde
nad) ber vollen Zerftörung Jerufaleıns wieder eine
Anzahl deportirt, denen noch einmal der legte Reſt
der im Lande Zurüdgebliebenen folgen mußte, jo
daß nur Pöbel und ungefährliches Volt in Iſtael
verblieb (586). Bon diejen Deportirten waren nur
einzelne eingeferfert und mißhandelt (ei. 42; 43;
51; 52, und die oben angeführten Stellen), vielmehr
waren fie al3 Coloniften in Babylon verteilt, mit
der freien Bewegung in Handel und Wandel, aud)
ohne Beläftigung ihrer Neligionsübung. Wo ihrer
Biele zufammenwohnten, hielten fie ihren Gottes:
dienft und ihre Berfammlungen zum Leſen der
Schrift und zum Gebet. Die ununterbrochene Arbeit
der Propheten (vgl. den fog. zweiten Jeſaia 40—66,
Ezechiel) und Priefter hielt unter vielen Berbannten
den Glauben des Ya es aufrecht, derjelbe
ward fogar während des Exils fefter und reiner.
ALS Cyrus die Erlaubniß der Rücklehr gab (558),
machten von berfelben nur Diejenigen Gebrauch,
welche in fefter Anhänglichleit an ihre Religion
und ihr VBolfden Muth fanden, alle neugewonnenen
Verhältniffe wieder preiszugeben; während Alle,
denen es an fold lebendiger religiöfer Ueberzeu⸗
ung fehlte, zurüdblieben (536). So ift die legte
Öefangenfgjaft bie große Sichtungäzeit Jiraels,
aus der eö mit einem feiten und unerigüitterliden
Monotheismus ——
Die Dauer der Geſangenſchaft war nur als
runde Zahl auf 70 Jahre angegeben; je nad) dem
Anfang der Berechnung erhellen 50—60 Jahre.
— Babyloniſche Gefangenſchaft der Päpſte. S.
vignon.
actalaureus, vielleicht von Bacca Laurea —
Lorbeer abzuleiten, bezeichnet unter ben alabe:
mifhen Würden den niedrigften Grad. Baccalau⸗
reus, Licentiat, Doctor ift die Stufenreihe ber
theologiſchen Würden, von weldyen aber das Bacca⸗
laureat in Deutſchland verſchwunden ift.
Baccanariften. Nach ver Aufhebung des Jeſuiten⸗
orben3(1773)wurden verjchiedene Verſuche gemacht,
denfelben unter anderen Formen wieder aufleben zu
laffen. Mit Erfolg griff diefen Gedanlen auf Nik.
Baccanari, der Sohn armer Eltern aus der Gegend
von Trient. Anfänglich Handelömann, dann Ser:
geant bei der Bejagung der Engeläburg, dann wie:
der Kaufmann, aber durch den Betrug feines Affo-
cie’3 in ſehr bebrängte Lage gebracht, traf er in
Rom den Jefuiten Caravita, der aus verſchiedenen
Ständen eine Bruderſchaft gebildet hatte, die den
Orden Jeſu wieberherftellen wollte. 8. ftellte ſich
an deren Spike, bezog mit 12 Gefährten ein Land»
haus bei Spoleto, das nad) den Regeln des ejuis
tenordendeingerichtet wurde, worauf er von Pius VI.
die Genehmigung und manche Privilegien erhielt;
1799 wurde aber B. mit mehreren Gefährten ein:
jperrt. Freigelafjen, legten fie das Gelübde ab, nur
gin en nad) Obers
Stalien. B. aber überlam den rag, in Wien
bie Klerifer vom Herzen Jeſu mit feiner Gejell-
ſchaft zu vereinigen, was aud gelang. Mehrere
Collegien und Benfionate, die ererrichtete, wurden
auf Befehl der franzöfiihen Regierung aufgelöft.
Bacchides
Mit der Erneuerung des Jeſuitenordens (1814)
hörte die Vereinigung auf.
Bacchides. Statthalter und Feldherr des De:
metrius von Syrien (1. Mall. 7, 8), in den frie:
nen mit Judas Makkabäus, überließ dem Hohe:
—* Altimus (161) zu feinem Schutze zuerſt ein
iſches Heer (1. Makk. 7,20), kehrte nach Nikanors
iederlage (1. Malk. 7, 26 ff.) zurück und ſchlug
Sudas 160 bei Laiſa (1. Makt.9,5-18), wobei Letz⸗
terer fiel, befeftigte Jeruſalem, hielt nad) des Al:
fimus Tode (159 v. Chr.) mit Jonathan Frieden,
belagerte ihn aber, als der Krieg wieder entbrannte,
eblich in Bethbafi (1. Mait.9, 62 ff.), worauf
er ee mit ihmvertrug. Bol. Holgmann,
ch. Sfr. II, ©. 114—116.
ad. In der Bibel nicht nur die eigentlichen
aus Quellen entjpringenden, immer fließenden
Bäche wie der Arnon und Kifon, fondern auch die
Gemwäfler, welche in der Regenzeit die Schluchten
ber Gebirge ausfüllen (Hiob 6, 15), dann auch die
Schlucht oder das Gebirgäthal ſelbſt (Wadi). Ge:
nannt werben im Dftjorbanland: der Yabof, jegt
abi Serfa 1. Moj. 23, 22. Der Crith, wahr:
ſcheinlich Wadi Adjlau. Das Bad-Thal Sittum
4.Mof. 25, 1. Der Arnon, jegt Mudſcheb 4. Mof.
21,13. Der Sered 5.Mof.2,13, und ber Weiden:
bach, jet Wabi el Ahſa. Diesjeit des Jorbans der
Bad) Aegyptens oder Sihor , wahrjcheinlich der Re:
ch bei Rhinocolura 4. Mof. 34,5; Joſ. 15,4.
47. Bach Befor im gr Gerar fließt ind Mittel:
meer 1. Moj. 26, 17. Bad) Eskol ins Todte Meer
4.Mof.13, 23; 5.M. 1,24; Soref ind Mittelmeer
zwiſchen Aslalon und Gaza Richt. 16, 4. Kidron,
r hen Jerufalem und dem Delberg, fließt ins
dte Meer 2. Chr. 15, 16; 29, 16; Joh. 18, 1.
Der Rohrbach Jof. 16, 8. Kifon Richt. 5, 21.
Bad, Johann Sebaftian, geb. 21. März 1685
in Eiſenach, 1723 Mufikdirector an ber Thomas:
ſchule in Zeipgig, + 1750, einer der größten Com-
poniften für kirchliche Mufif. Ein Meijter auf der
Drgel, hat er einen bemunderungswürbigen Ge:
dantenreihthum auf dieſe übertragen. Eine Menge
Motetten und Cantaten für fonntäglihe Kirchen:
mufit von Bach find Eigenthum der Kirche ge:
worden. Sein herrlichites Werk ift die Paſſion
nach Matthäus.
Baden. Das Baden ift in ben älteften Zeiten
nur das Gejchäft der Frauen, erjt fpäter unter
Hoſea erjcheint es als ftehendes Gewerbe der Nän-
ner Hoſ. 7,4. 6; da gab es eine Bäderftraße in
alem, Ser. 37, 21, wie ſchon am ägyptiichen
Hofe ein Bäder genannt wird 1. M. 40, 1. Das
gewöhnliche Mehl war Weizen- oder Gerftenmehl,
der Teig wurde in hölgernen Trögen oder Schüj:
feln angemengt und in der Regel gejäuert. Meiſt
but man das Brod in dünnen, runden Kuchen, die
—58 geſchnitten wurden, und bereitete den
darf täglich, obwohl die Schaubrode zeigen, daß
man auch Brod hatte, was nad) 8 Tagen nod) ge:
niehbar war. Die ältejte und Sn Form des
Badens war in heißer Ajche oder in Sand, 1.Mof.
18, 6; 1. Kön. 17, 13; oder man erhigte in einer
Grube Steine, auf die man den Teig legte, oder
bediente fich endlich der Defen, d. h. ca. 3° hoher
ge, die man duch Feuer von innen erhigte,
worauf der bünn gerollte Teigvon innen oder außen
angellebt und ber Krug oben verfcploffen wurde.
Auch fannte man, 8. Moj. 2, 5; 6, 14, eiferne
Piannen.
63
Baden
Baron, Roger. Geb. 1214, geft. 1294. Doctor
mirabilis, Nachdem er in Orford und Paris ftus
dirt, trat er 1240 in den Frranciscaner » Orden.
Ausgezeichnet durch) jeine vieljeitigen Kenntniffe in
der lateinijchen, griechifchen, hebrätfchen, arabiichen
Sprache und in den mathematijen, phyfilaliihen
und aſtronomiſchen Wiſſenſchaften, die ihn durch
manche Entdedung feinem Jahrhundert vorgreifen
ließen, drang er aufeineallgemeine und vielfeitigere
Geiftesbildung. Scharf tadelte er das Mechanſſche
der damaligen Scholaftil mit ihren leeren Spitzfin⸗
digfeiten und griff fie auf das entjchiedenfte an,
indem er da3Sich-Stügen aufdieNutorität verwarf,
daher auch die Laien zum fleißigen Bibellefen und
zwar in der Urſprache aufforberte. Sein Tadel gab
Anlaß zu der verbejjerten Ausgabe der Bulgata
dur Hugo a. ©. Caro. Da er durd feine Kriti—
fen bei den Ordensobern Anjtoß erregte, gerieth er
10 Jahre in ftrenge Haft, aus der er erjt nad) dem
Tode Nifolaus IV. befreit wurde. Die Reforma-
tion hat viele Gedanken Bacons verwirklicht. Er
ſchrieb: Fratris Roegri Bacon Ordinis minorum
opus majus ad Clem. IV. Lond. 1738.
Baden. Als religiöje a bei Berunreiniguns
en mehrfach geboten, 3. Moſ. 14,8; 15, 5; 17,16;
22,6; 4. Moj. 19, 19, aud) jonft im Morgenland un:
entbehrlich. Man badete wo möglich in fließendem
Waffer, die Häufer der Bornehmen enthielten aber
in ber Regel ein Bad, 2. Sam. 11, 2; Suf. 15, und
in jpätern Zeiten gab es auch öffentliche Bäder.
Warme Duellen werben erwähnt 1. Mof. 36, 24.
Baden. Nachdem die wenigen Spuren des durch
die Römer an den Rhein gebrachten Chriſtenthums
durch die Alemannen wieder ausgetilzt waren,
ſind es hauptſächlich brittiiche Miffionäre, deren
Zeben fagenhaft umhült ift, wie Fridolin, der
Grünber des Klofters Sädingen, Columban und
Gallus am Bodenfee, Trutbert in der Gegend von
Freiburg, welche die erfte fpärliche Ausjaat unter
die Alemannen ausjtreuten. Erjt die Unterwerfung
der Alemannen durch die Franken bradite im 6.
und 7. Jahrh. allmählich eine Chriftianifirung des
Volles im Großen zu Stande. Die Biſchofsſitze
Straßburg und Gonjtanz greifen ſchon bis in dieje
Zeit zurüd. Da das jegige Baden erſt allmählich
durch Zufammenjegung der verſchiedenſten Länder:
theile, der Markgrafihaft Baden, der Pfalz, öfter:
reichiſcherGebiete, der GrafſchaftFürſtenberg, einiger
Bisthümer u. ſ. w. entſtanden iſt, fo iſt tie Ge:
ſchichte der ſpäteren Zeit eine ſehr verſchiedene in
den verſchiedenen Gebieten. Die Univerfität Hei⸗
delberg (jeit 1386) hat jchon früh reformatorischen
Beitrebungen gerne ihre Thüren geöffnet und Vlän-
ner, wie Johann Wefjel, Jalob Wimpfeling, Jo:
hann Reudlin, Agricola, hatten hier in entſchiede⸗
nem Geijte gewirkt. Auch aus Freiburg (1457)
gingen Männer hervor, die jpäter unter die Refor—
matoren bes Landes zählen, wie Cajpar Hedio,
Urban Regius, Wolfgang Capito u. A. Nad Lu:
thers Auftreten, der 1518 in Heidelberg erſchienen
war, traten bald eine Reihe begeifterter Anhänger
—— die ſich die Predigt des Evangeliums zur
ufgabe ſetzten. In Pforzheim wirkte Johann
Scwebel, am Nedar Erhard Schnepf, Jakob Dt:
ter, von Heidelberg aus ber jpätere ſchwäbiſche Re:
formator Johannes Brenz, im ſüdlichen öſterreichi⸗
= Theil Dtto Brunfels, in Waldshut der jpätere
jiedertäufer Bathajar Hubmaier, in Conftanz
Ambrofius Blarer. Mannigfache Verfolgungen tra⸗
*
Baden
ten ein, beſonders in den öſterreichiſchen Theilen,
und die evangeliſchen Prediger wurden zum großen
Theil vertrieben, einzelne wie Johann Heuglin 1627
zu Meersburg, Peter Spengler in Freiburg getöd⸗
tet; dagegen hlop fi ſchon 1523 der Graf Geo
von Wertheim der evangelifchen Lehre an; 15
brachte eö die Energie der Bürger von Heidelberg,
welche in der dortigen Heiliggeijtlirche während ber
Be ein lutheriſches Lied anftimmten, dahin, daß
Kurfürft Friedrid) Il. nachgab u. das h. Abendmahl
evangeliich feierte. In Conftanz mußte 1526 der
Biſchof mit dem Domtfapitel die Stadt verlaffen.
Auf den Speyrer Reichstag 1526 brachte Mark:
graf Philipp einen evangelisch gefinnten Prediger
mit; und auf dem Reihätage 1529 ermahnte
er zur Nachgiebigkeit gegen die Evangelijchen.
Als fi 1535 die Marfgrafihaft Baden in zwei
Hälften theilte, wurde die Baden-Baden'ſche unter
baieriihem Einfluß überwiegend fatholiich, die
Baden⸗Durlach'ſche evangelifh, Hanau⸗Lichtenberg
trat 1545 der Reformation bei. Auch Graf Wil:
beim von Fürſtenberg verjchaffte derjelben, wenn
auch nurauf einige Jahre, günjtige Umftände. Eine
unglinftige Wendung trat jedoch mit der Schlacht
von Mühlberg 1547 ein, welche befonders die Stadt
Eonftanz, die mit ſpaniſchen Truppen gewaltſam
katholiſch gemacht wurde, hart betraf. Der Reli:
gionsfriede von 1555 — aber das Verlorene
theilweiſe wieder. Markgraf Karl II., der Fromme,
führte 1556 die evangeliſche Kirchenordnung feier:
lig ein, ebenfo der Kurfürft Otto Heinrich von
der Pfalz, wobei ns Brenz einen großen
Einfluß ausübte. In der Folgezeit, während die
Markgrafſchaft dem lutherifchen Glauben treu blieb,
wandte fid) Kurfürſt Friedrich III., der Nachfol—
er Otto Heinrich's, der reformirten Kirche zu, und
ieß 1563 durch feine Profeſſoren Zacharias Ur:
ſinus und Caſpar Olevianus den berühmten Hei-
delberger Katechismus ausarbeiten, ja der refor:
mirte Confeffionalismus entwidelte fi in ber
Pfalı in folher Schroffheit,, daf 1572 der Predi-
er Sylvan wegen geringer Abweihung vom Lehr:
griff enthauptet wurde. Als unter Großherzog
Karl Friedrich die badischen Landestheile vereinigt
murden, traten auch die Eonfeffionen einander naͤ—⸗
er. 1807 vereinigte Karl Friedrich die kirchlichen
hörden, die reformirte der Pfalz und die [uthe:
rijhe von Baden, zu einer einzigen, um bie Union
ber beiben Confejftonen anzubahnen. Dieje wurde
unter feinem Nachfolger Karl durch die erfte badiſche
Generaliynode 1821 Eirchengefeglich eingeführt und
= ſich bald vollftändig eingelebt. Einige lutherifche
eparationen traten erſt in den 50erfahren ein. In:
befieniftaber das Großherzogthum ein Boden viel:
facher firhlicher Kämpfe geworden. Nachdem 1834
durch eine Synode in gemäßigt rationaliftiichem
Sinne abgefahte Bücher, Agende, Katechismus,
Geſangbuch, bibliiche Geſchichte (von Hebel) einge:
führt worden waren, veranlahte der Oberficchen:
rath Ullmann:Bähr die Synode 1855 zu einer Re-
vifion derjelben ım orthodoren Sinne. Die Ein:
ührung eines neuen Katehismus und einer bibli-
hen Geſchichte gelang; aber als auch eine neue
Agende eingeführt werden follte, welche zu alten
Hinoaikien Formen zurüdgriff, erhob fich eine eb:
afte Oppofition unter der Bevölferung, welde die
urüdnahme bes Einführungserlaffes durch den
64
Badener Artikel
gegen das Eoncorbat, welches bie Regierung mit
der römischen Eurie 1855 abgejhlofien hatte. In
den ſog. Durlacher Gonferenzen, an deren Spike
Männer, wie Brofeffor Schenkel, Pfarrer Zittel in
Heidelberg, ber befannte Hiftorifer Häußer, fpäter
ber Staatsrechtälehrer Bluntſchli ftanden, wurde
die Oppoſition organifirt. Das Concorbat fiel und
am 7. April 1860 erließ Großherzog Friedrich eine
Proclamation an fein Volk, von welder fich die
liberale Aera in Baden datirt. Das Princip der
Trennung von Staat und Kirche wurde maßgebend
und der Kirche ihre Selbftändigkeit zurüdgegeben.
In Folge davon wurde durch die Synode von
1861 eine neue Slirchenverfaffung eingeführt, ge:
gründet auf das jog. Gemeindeprincip, d. 5. auf
den Grundſatz der Selbtregierung und Selbft:
verwaltung der Gemeinde, welche auch bie freie
Pfarrwahl —— und einen dem politiſchen
ähnlichen Conſtitutionalismus. Seitdem hat die
orthodore Partei einen u Kampf gegen
die beftehenden Berhältniffe geführt. Am heftigften
fam berjelbe zum Ausbruch bei Gelegenheit bes
Erſcheinens eines Buches, welches Profeſſor Schen-
kel unter dem Titel „Charafterbild Jeſu“ heraus:
ab (1863). 119 Geiftliche proteftirten gegen die
in dem Bucheenthaltenen Anfichten und verlangten
die Abſetzung des Berfafjerd von feiner Stelle als
Director des evangeliichen Predigerfeminars. Der
Oberkirchenrath ſchritt * ein und veriheidigte
fein Verfahren in einem Erlaffe vom 17. Auguft
1864, worin er den Grundjaß der Lehrfreiheit in
rei Meife zur Geltung bringt. Da der Kampf
ortdauerte, jo brachte die Synode von 1867 ben
Streit dadurd zum Auätrag, daß fie jenen Erlaß an»
erfannte und die Gleichberechtigung der beiden Rich⸗
tungen, ber liberalen und orthoboren, inder Landes:
lirche ausſprach. Mit faft noch größerer Lebhaftig:
feit werden in Baden bie Kämpfe mit der fatholi-
chen Kirche geführt. Nachdem in den 50er Jahren
ein erbitterter Conflict zwiſchen ber Curie in Frei:
burg und der Regierung über die Rechte der Kirche
im Staat ausgefodhten war, nahm feit 1860 haupt:
— der ſogenannte Schulſtreit die Gemüther
in Anſpruch, welcher dadurch entſtand, daß durch
die Geſetzgebung von 1860 die Leitung der Schule
in die Hände des Staates aus denen der Kirche
überging. — Die Einwohner des Landes find */s
evangelisch, */s katholiſch. — Bierordt, Geſchichte
der Reformation in Baden, 1847.
Baden im Aargau, Religionsgeſprüch zu. Am
21. Mai 1526, zwijgen Ed und Delolampadius
über die 7 ftreitigen Punkte von Abendmahl, Meß—
opfer, Marien: und Heiligendienft, Fegefeuer, Erb:
fünde und Taufe. Da es darauf abgejehen war,
der fatholiichen Partei einen Triumph zu bereiten,
fo wurden, obgleich Defolampadius ſich nicht über:
wunden erklärte, in Folge des Geſprächs die
ftrengften Maßregeln gegen Zwingli's Anhänger
von der Tagſatzung beſchloſſen.
Badener Artikel, Die Kantone Quzern, Solo:
thurn, Bajel, Bern, Aargau, Thurgau, St. Gallen
jegten 1834 in einer Conferenz zu Baden eine Reihe
von Beitimmungen feft, welche die Uebergriffe der
fatholifchen Kirche in den Staat beichränfen joll:
ten: die Schweiz jollte ein eigenes Erzbisthum bil:
den, das ftaatliche Placet, die Aufiicht über die
Spnoden, die ftaatliche Autorität in En Ichließungs:
roßherzog zur on hatte. Mit diefer Bewes | fahen, die Aufficht über die Klöfter, n thigenfalls
D
gung verband ſich alsba
eine andere, dev Kampf | der Gid der Treue von den Geijtlichen jollten der
Bader
Kirche gegenüber behauptet werben. Es ent
vielfache ** in Folge der Artilel.
Gallen wurde das Gejeg verworfen. Im Aargau
mußte militärifche Gewalt gebraucht werden. In
Bern lam es zum Aufruhr und fogar zur Andro:
franzöfilcher Intervention 1836.
ader, Auguftin. Gin Kürfchner von Augäburg.
1529 als Wiedertäufer verwiejen, gab er ſich für
den König des 1000jährigen Reiches aus und
wurde 1530 in Stuttgart ze tet.
Bader, Johannes. Seit 1518 Pfarrer und Re:
formator der Reihäftabt Landau, ein — Bu⸗
cers, deſſen Abendmahlslehre er nahe fteht. Gegen
die Anfeindungen des Biſchofs und der latholiſchen
Geiftlichteit ſchützte ihn die Anhänglichleit feiner
Gemeinde. Nod vor Luther gab er einen Katechis⸗
mus heraus: „Geſpräch⸗ Büchlein vom Anfang
riftlihen Lebens mit dem Jungen Bolt zu Lan:
dau.” Den Ernft feiner ſittlichen Auffaffung bewies
er, als er jahre lang das Abendmahl auszutheilen
fi) weigerte, weil feine heilige Gemeinde fei. Am
Ende feines Lebens (1545) erwuchſen ihm mande
Anfehtungen aus freundlichem Verkehr mit
endfeld.
“Backtilaöth. Judith 2,21. Luth. Bethulia.
Eine Fläde, 3 Tagereifen von Ninive gegen Eili-
cien bin.
Bar. War in Paläftina einheimifh, 1. Sam.
17,34; 2.Sam. 17, 8; 2. Kön. 2, 24; Sprücdm.
17,12; Hof. 13, 8; es ift der braune Bär, der ge:
u KH im Fr auch den Menſchen anfällt.
&fa. LXX Baaoa. Feldherr Nadabs, und
nach defien Ermordung König von Iſrael, 1. Kön.
15, 16 fi. Er —— in antitheokratiſchen Grund:
= ir in ndiger Fehde nit Juba,953—930.
der Rama, 2 Stunden von Jerujalem, befeftigte,
rief Aſſa die Syrer zu Hülfe, die durch Eroberung
— Baeſa nöthigten, Rama aufzu⸗
geben.
Baffomet, oder Baphomet (Mahomed). Ein
ötzenbild, deſſen Verehrung man ben Tempel:
dort eine Schentwirthfchaft, a er zugleich
65
nben | Gaben auögerüftet, aber —— grundliche Kennt:
n Et. niſſe, ohne allen innern ſitt
Balde
ichen Halt, iſt Bahrdt
die Carricatur des Theologen der Aufllärungs:-
periode, dem alles tiefere Berftändni für Relig
abgeht. Bon feinen vielen Schriften einige: Briefe
über die Bibel im Volkstone. Neuejte Offenbarung
Gottes. Syſtem der Moraltheologie. Die Heine
Bibel. Syftem der Dogmatik. Selbftbiographie.
Bahrgericht. Bahrrecht. Der eines Mordes
Beihuldigte mußte die auf der Bahre ruhende
Leiche des Erſchlagenen berühren, damit das Got»
tesurtheil, wenn ſie blutete oder fi) bewegte, ihn
als ſchuldig ——
Bahurim. Ort im Stamme Benjamin unweit
Jeruſalem, 2. Sam. 3, 16; 16, 5; 17, 18.
Baier. 1) Dr. Ehriftian, der Furfäcpfiche Kanzler,
welcher 1530 das deutſche Eremplar uguftana
verlad. — 2) Johann na altlutherijcher
Dogmatiler, der 1686 ein Compendium theol.
sitivae erfcheinen ließ, herausgegeben von J. P-
eufch, 1757 .
Baiern. ©. —*—
rg eig Ralmzmweigtragen, heist eine Gere:
monie beim fübifgen Zaubhüttenfeft, wenn bie
Gemeinde den Umzug in ber Symagoge bält unter
Schütteln der Zulab, db. 5. ein en⸗, ein
Palm⸗, ein Weidenzweig zu einem Zweige ver-
einigt. 2. Maft. 10,7. — In der fatholifchen Kirche
die Balmenproceffion am Palmfonntage, welche
das Mittelalter durch den Aufzug des Palmefeld
ſchmückte.
Bajus, Michael. Der Grundleger des Janſenis⸗
mus. ©. de Bay.
Bala, Stadt im Stamme Simeon. %of.19,8;
vol.15, 29.
Balaam. S. Bileam.
Baladan, König zu Babylon zur Zeit Hiskia's,
Vater des Merodad) : Baladan (f. d. A); 2. Kön.
20, 12; Jeſ. 39,1.
Balat, gr Zipors, König von Moab, ber
den Bileam rief, um Sfrael zu fluchen, 4. Mof.22,
und den Rachelrieg wider die Midianiter, 4. Moſ.
31, verurſachte.
Balad, S. Alerander Balas.
Baldachin (umbella coelum). War in den
ich | älteren lateinifhen Kirchen, wie noch heute in ben
griechifchen, über dem Altar angebradt. Wenn
das Sacrament bei Proceffionen öffentlich getra-
gen wird, muß e3 unter dem Baldachin geichehen;
eigentlich me ed auch nur in diefer Art öffentlich
den Kranken aebradht werben. Das Tragen bes
Baldachin durch vornehme Perſonen ift ein Act ber
Devotion.
Balde, Johann Jakob. Geh. 1603 zu Enſis⸗
beim im Eljaß. Als Stubent der Rechte trieb ihn
unglüdliche Liebe in den Jeſuitenorden; er lehrte
dann zu Ingolſtadt und wurde Hofprediger in
Münden. 1654 wurde er Prediger in Amberg,
und ftarb als Hofprediger des Herzogs von Bayern
zu Neuburg an der Donau, 8. Aug. 1668. Balde
ehört durch ſcharfe Beobachtung des Lebens und
roßartigkeit des Gedankens zu den erjten Did:
tern Deutihlands; mit glühender Begerfterung ver:
errlichte er die Helden der Liga. Seine katholiſche
ihtung, wie der Umftand, daß er in lateinis
ſcher ur die er mit Gewandtheit handhabte,
dichtete, ließ ihn bald in Bergefienheit gerathen.
Zuftipiel „das Religionsedict“ ver: | dich
j ihm ein Jahr Feſtungshaft in Magdeburg. | Herder hat ihn durch feine Terpfihore wieder be:
Er ſiarb an häßlicher Krankheit 1792. Mit manchen ! dannt gemadt. Seine Gedichte, epiſche auf Tilly,
5
Balduin
Marimilian I. u. A., lyriſche (Oden), auch ein
dramatifches „vie Tochter Jephta's“, find 1729 ge:
fammelt erfchienen, in Auswahl von Drelli (1818)
und Elesca (1829). Ueberjegt ſind fie von Neubig
(1830) und Nigner (1881). Das Wenige, was
er in deutfcher ** herausgab, leidet an uns
gelenfer Form.
Dalduin. König von Jeruſalem nad feines
Bruders Gottfried von Bonillon Tod (1100-18).
Noch eig a Balduin, ber II., Stifter ber
Templer, der III. IV., V., folgten nad).
Balduin von Flandern gründete 1204 das la—
teinifche Kaiſerthum in Eonftantinopel.
Balleien. Behufs leichterer Verwaltung wurde
der Grundbeſitz der geiftlichen Ritterorben, nad)
Nationen und Provinzen, in Bezirke getheilt,
„Balleien” genannt.
Ballenftedt, Verfaſſer eines rationaliftischen
Buches über die „Urmelt”, 1819, ein Paftor.
Ballerini, Pietro (geb. 1698) und Giro:
lamo (geb. 1702). Ein gelehrted geiftliches
Vrüderpaar aus Verona, die in engfter Stubien-
gemeinschaft mehrere verdienſtvolle theologifche
Werfe herausgaben, wobei der theologiiche over
fanoniftifche Stoff mehr dem Pietro, der geſchicht—
liche fritiihe dem Girolamo zufällt. Ser-
mones 8. Zenonis (1739), Samma $. Antonini
— 8. Raimundi de Pennaforte (1749,
pera Ratherii episcopi Veronensis (1756), 8.
Leonis M. pout. opera (1757) mit den Kanonen
bi auf Gratian. Pietro —— in zwei Wer—
ten bad Primat des Papſfles im papaliſtiſchem
Sinne (De potestate eccl. 8. pontificum ete. 1765
imd Liber de vi ac ratione primatus etc. 1766).
Balfam ift das koſtbare, mwohlriechende Harz
der BYaljamftaude (Hobel. 5, 1 u. 13), welches da:
durch gewonnen wird, daß man in bie Rinde feine
Einſchnitte macht und den Saft auffängt, der von
Plinius 12, 54 als hervorragendes Product Pa:
läftina’S hervorgehoben wird. Das Balfambarz,
welches wahrſcheinlich unter ’I3 (f. d. angeführ:
ten Stellen) zu verftehen ijt, bildete früher einen
koftbaren Handeläartifel(1. Moſ. 37,25; G3. 27, 17).
Die Staude, welche der Geſtalt nach dem Weinſftoch
ähnelt, nicht über 2 Fuß hoch wird und beſtändig
grüne, der Raute ähnliche Blätter trägt, findet ſich
nur noch im glüdliden Arabien; in Paläſtina
wuchs fie ſonſt in Gilead (1. Mof. 37, 25; Ser.
46, 11) und bei Jericho (Strabo 16, 763). Die
Alten gebrauchten den Balfam ald Heilmittel bei
äußeren Wunden (Ser. 8, 22; 46, 11; öl, 8).
Baljamon, Theodor. Seit 1193 Patriarch von
Antiochia, ein angejehener kanoniſtiſcher Schrift:
fteller des 12. Jahrh. Sein berühnteftes Wert ift
ber Commentar zum Nomofanon und Syntaama
des Photius, ’Efnynaıs row lepwv zui Deiuw
xevorww, heraudg. Paris 1615 und 1620.
Balthafar, 1) S. Belfazar. 2) Der mythifche
Name eines der heiligen drei Könige.
Balter. Katholischer Theologe in Breslau, Her:
mejianer und Berfaffer der „Beiträge zur Ver:
mittlung eines richtigen Urtheils über Katholicis:
mus und Protejtantismus”, 1840.
Balnze, Stephan. Geb. 24. Novemker 1630 in
Tulle, wurde von den Jefuiten erzogen und folgte
bald feiner Neigung zu geſchichtlichem Quellen:
ftubium, worin er Außergewöhnliches, wie für die
Projan- jo für die Kirchengeſchichte feiitete. Nach—
66
Bann
dem er ſich durch feinen Anti-Frizonins (1652),
worin er die Jrrthlimer in Frizons Gallia purpu-
rata (Gefchichte der franzöſiſchen Cardinäle) auf:
dedte, einen Namen gemacht, begab er ſich zu dem
Erzbiichof de Marca von Toulouje, ben er bei fei:
nen gelehrten Arbeiten unterftügte. Nach defien
Tode (1662) übertrug ihm Colbert bie Stelle als
Bibliothefar (1667 — 1700) feiner werthuollen
Bibliothek, die jpäter an Ludwig XIV. fam. 1707
wurde Baluze Director des f. Collegiums. Eine
genealogifche Geſchichte des Haufes von Auvergne,
auf Betreiben des Cardinals von Bouillon gejchrie:
ben, erregte aber den Zorn des Hofes; er verlor
Aemter und Einfonmen, bis er nach dem Frieden
von Utrecht reftituirt wurde. Er ftarb, faft 88 Jahre
alt, 1718, ie bi des Drudseiner Auögabe des
Eyprian. Außer der Herausgabe der Werke von
Salvian, Bincenz von Lerius, Lupus von Fer:
rieres, Agobard, Amulo, Leidrad, Florus Diako:
nus, Säjarius von Arles, find als bedeutende Werte
von Baluze zu nennen: Capitularia regum
Francorum, Epistol, Innoc. 1m. libri XI, eine
Sammlung von GConcilienbefchlüffen, Vitae pa-
parum Avenionensium,eine Sammlung fleinerer
Schriften.
Bamberg. Reichöunmittelbares Bisthum feit
1007, 1801 fäcularifirt, feit 1817 Erzbisthum.
Bampfield, Franz. Stifter der baptiftifchen
Secte der Sabbatharier, welche den Sabbath
ftatt des Sonntags feiern (Ende des 18. Yahrh.).
Banez, Domijnicus. Ein Dominicaner, welcher
den Jejuiten gegenüber 1593 den Auguftinismus
vertheidigte.
Dann, Bei den Hebräern DAN. Alt ift in
girael das Bannopfer, d. h. bad Gelübbe, ein
ing, oder eine Perſon der Gottheit zu übergeben
und zu vertilgen; erjcheint zugleich als theofratifche
Strafe. Durch Mojes wurde ver Bann zur furdt:
baren Waffe der Theofratie (3. Mof. 27). Was
dem Bejtehen der Religion gefährlich erfchien, oder
den Abſcheu erregte, ward mn jo Altäre,
Götzenbilder, Götzendiener (2. Mof. 22,20), Kriegs
zeichen ber Feinde, ganze Städte (5. Moſ. 13, 16)
und die gefangenen Feinde (Jof. 10, 28 ff.). In
dieſer Art trifft der Bann dielanaanitijchen Städte,
Richt. 20, 48; 5. Mof. 2, 34; 3,6; of. 6, 17;
10, 28; und ähnlich ift die Verbannung (Esra
10, 8) der Habe Derer, die fi von heidniſchen
MWeibern nicht trennen wollen. Der Bann wird
dann zur Strafe und in der Ausführung natur:
gemäß allmählich immer milder, fo Daßer zur Aus:
ſchliehung aus der Gemeinde wird; fo erjcheint er
zur Zeit Eſsra's und im Neuen Teftament. Die
Nabbinen unterſcheiden 3 Stufen: eine Bejchrän:
fung bes Verkehrs, ferner Ausſchließung vom Hei:
ligthum, endlich völlige — des Nationalver⸗
bandes und Hingabe an alles Verderben. die⸗
ſer Art iſt das dradeum, welches dem cherem
entſpricht, im Neuen Teſtamente aufzufaſſen; Luc.
6, 22; Joh. 9, 22; 12, 42; 16,2; vgl. Röm. 9,3;
ald Ausschließen von der Lebensgemeinſchaft der
Gemeinde und allem Segen, der nur an die Ber:
bindung mit ihr gefmüpft, und durd) fie vermittelt
ift. Aehnliches 1. Kor. 5, 5; 1. Tim. 1, 20.
Bann, Kirchenbann. Gehört zu den Genfuren,
den Bellerungsmitteln der Kirche und ift Deren
letztes. Man unterjcheivet bie excommunicatio
minor, die Ausſchließung eine? Mitgliedes ber
Bannherrent
Kirche vom Empfang der Sarramente und ber
Erlangung der Kirchenämter, und major, bie
Ausfhließung von aller Gemeinfhaft und ber
Theilnahme an den in der liche hinterlegten Gna-
den. Die feierliche excom. ma). ift das Anathema
(.d. 9). Wer mit dem Gebannten in Berlehr
trat, verfiel jelbft dem Bann. Berbunden wurde
mit dem Bann die Acht, das bürgerlich rechtlos
gemacht werden, weil der Staat das ale: der
Kirhe auszuführen übernommen. Unterjdieden
wird bie excom. ferendae sententiae, wenn fie
duch — ———— erfolgt, oder latae sententiae,
wenn fie ipso facto z. B. durch Angriff auf einen
Priefter eintritt. Bei Prieftern fließt der große
Bann von allen Rechten, aud vom Genuß der
Beneficien aus, der Heine Bann vom Genuß, nicht
von der Verwaltung der Sacramente. Das Recht
des Bannes für dic ganze Kirche hat nur der Bapft,
der Biſchof für feine Diöceje, doch fol ein Biſchof
ven Bann des andern anerlennen. Dem Banne
müffen zwei Ermahnungen vorhergehen. Die
bürgerliche Gejeggebung hat das Recht des Bannes
überall noch bejchränft. — Die Reformatoren er:
hielten den Dann nur als Ausfchluß vom Sacra:
ment aufrecht. Luther, Bermahnung von dev Er-
communication, 1539; Calvin, Inſt. 4, 11. Spä-
ter wurden Kirchenbann und Kirchenbuße oft wie:
der zum förmlichen Eriminalverfahren, find bes:
* faſt überall abgeſchafft, und der Bann be-
chränkt ſich jegt Höchftens auf Ausfhluß von
Kirhenämtern und dem heiligen Abendmahl. ©.
ben A. Kirchenzucht.
‚ Bannherren, Bannbrüber. Das aus den Geift:
lichen, zwei Mitgliedern des Raths und Einem aus
der Gemeinde beftehende Collegium nad) der Baje-
ier Kirchenordnung, weldem die Handhabung der
Kirhenzucht übertragen war.
Baptifien, Der gemeinfame Name aller Der:
jenigen, welche nicht nur die Kindertaufe verwer:
fen und dafür halten, daß die Taufe erft bem
ernſtlich Bekehrten zu ertheilen fei, fondern aud)
die Wirkung derjelben dadurch bedingt glauben,
daß fie in der urjprünglichen Weife durch vollftän:
diges Untertauchen geſchehen müſſe; weshalb fie
die zu ihnen Uebertretenden noch einmal taufen.
Das Baterland des Baptismus ift England, mo
man den Urjprung bis in die Zeiten der älteften
brittifchen Kirche hinaufzuführen jucht; Hein:
rich VIII. ließ mehrere Wiedertäufer Hinrichten
und 1618 werden Baptiflen als bejonbere engliſche
Kirchengemeinſchaft —— Hervorgegangen
iſt der Baptismus aus dem Gegenſatz gegen das
Staatskirchenthum und aus einem ſtarren Biblicis⸗
mus, der eine nothwendige geſchichtliche Entwide:
lung der chriſtlichen Kirche nicht begreifen kann;
daher auch die urſprüngliche Abneigung des Bap⸗
tismus gegen theologische Wiſſenſchaft und wifjen:
ſchaftliche Ausbildung der Prediger, weil fie der
allein nothiwendigen Frömmigkeit für gefährlich
erachtet wurde. Erjt ſpaͤter kam man davon zurüd,
jo daß auch die Baptijten Seminare oder Gollegia
zur Ausbildung ihrer Prediger gründeten. Da die
Baptiſten nach der ganzen Grundlage ihrer Auf:
fafiung dem Independentismus huldigen müffen,
fo bildet jede Gemeinde für ſich ein vollftändiges
Gemeinmejen, das alle jeine Angelegenheiten jelb:
ftändig und ohne Rüdficht auf Andere orbnet und
mit ihnen nur zu beftimmten Zwecken in eine freie
Verbindung eintritt. In Bezug auf die Lehre
67
Barckhauſen
ſtehen bie Baptiſten im Allgemeinen der reformir-
ten Kirche nah, zerfallen aber in eine Menge von
Secten und Ridhtungen nah dem Vorherrſchen
irgend einer Anficht oder Lehre. In England ijt
es vornehmlich die Lehre von der Gnadenwahi,
welche feit 1691 die calviniftischen Particular-Bap:
tiften und die arminianifchen General : Baptiften
von einander ſcheidet. 1689 erhielten fie in Eng:
land unter Wilhelm IIL. Duldung. In Amerika
wurde bie erjte Baptiftengemeinfhaft gegründet
1639 Durch Roger Willtams, der als puritanifcher
Geiftlicher zu ihnen übertrat; jetzt bilden die ver:
ſchie denen Gemeinſchaften einen bedeutenden Teil
(gegen 4 Millionen Seelen) der evangelifchen
Kirchen in Amerifa; fie jpalten ſich ebenfalls in
calviniftiiche und arminianifche (Z’ree-Will-Bap-
tists). Die Christian Baptists oder Campbelliten
ehören der unitarifchen Lehrweife an. In Deutid:
and find namentlich durch die Bemühungen des
Baptiften Onten (jeit 1834) in Hamburg baptifti:
ſche Gemeinden in verjchiedenen Gegenden begrün:
det (ſchon gegen 50), im Wupperthal, in der
Weichſelniederung, in Würtemberg u.a.a.D. 1843
geitand ihnen Preußen bedingte Duldung zu,
ebenfo die andern beutfchen Staaten mit Aus:
nahme Medlenburgs. Nach langen Kampfe in
Dänemark gelang ihnen 1842 die Gründung ber
Gemeinde Fribericia. Für Miffion, Bibel: und
Tractatverbreitung zeigen ſich allerorten die Bap-
tiften thätig; die amerifaniichen und engliſchen
Geſellſchaften unterftügen die Bemühungen auf
dem Continente.
Baptifterien. In der alten Kirche hatte nur
der Biſchof dad Net der Taufe und fie geſchah
nur in der Dfler: und Pfingft:Vigilie mit dem
Ritus des Untertaucdhens. Dazu waren eigene
Localitäten nöthig, die ein großes Taufbaffin und
Raum für die Tauflinge und die Zuſchauer ent:
halten mußten. Die gewöhnliche Form war eine
Rotunde oder ein Achteck. Das Vorbild für viele
der Baptijterien war das Baptijterium ©. Johan:
nis im Lateran. Als die allgemeine Taufe um
Dftern nit mehr durchzuflihren war, auch bie
Parochialverfaſſung ausgebildet wurde, jo daß jeder
Pfarrer das Recht der Taufe erhielt, verſchwanden
die Baptifterien, der Ritus der Beiprengung ließ
die Tauffteine oder Taufbeden auffommen, deren
ältefte Form noch zumeilen an die Baptifterien
erinnert,
Barabbas, d. h. Sohn des Abba. Der Mörder,
beffen Freilafjung ftatt Jefu die Juden verlangten,
Matth. 27,16, hieß nad) Drigenes und der arme:
wider Ueberfegung Jejus Barabbas,
aradai. Beiname des monophyfitiichen Mön:
ches Jakob Zanzalus, Biihofs von Edefja, von
welchem die Jakobiten (f.d. A.) den Namen führen.
Baraf, Sohn des Abinoam, der auf Auffor:
derung der Deborah fih an die Spige Iſraels
ftellte und Siffera Zug Richt. 4.
Barafla. 1. Malk. 5, 26, Bocooge, eine be:
feftigte Stadt jenjeit3 bes Jordans; das alte
Beitradh, of. 21, 27.
Barbara, die Heilige. Wird zu den 14 Nothhel:
fern gerechnet (4. Dec.); ſoll unter Marimin um
236 zu Nitomedien in Bithynien von ihrem heid-
nifhen Bater, gegen deffen Willen fie Chriſtin
geworden, enthauptet worden jein.
Bardhaufen. Der Nector am Joachimsthaler
Gymnafium zu Berlin, Volckmann, gab 1712 unter
5
Barclay
bem Titel Theses theologicae eine Dogmatif her:
aus, in welcher er unter Berufung auf Erocius in
Bremen u. U. den in ber deutſchen reformirten
Kirche allgemein angenommenen Univerfalismus
ber Gnade lehrte. Dagegen erhob ſich Bardhaufen,
25 an demſelben Gymnaſium, als Verfechter
des Particularismus. Hatte Volckmann ſich auf
die Confessio Sigismundi bezogen, fo ſuchte er
nun darzuthun, einmal, daß die Säge Voldmanns
fid) fo, wie Voldmann fie lehre, in derjelben gar
nicht fänden, daß die Dordrechter Beichlüffe ihnen
entgegen ftänden und Calvin für fie nicht ange:
zogen werben könne, daher Volckmann keinenfalls
behaupten dürfe, dab feine Lehre die genauere
reformirte ſei. Friedrih Wilhelm I. verbot aber
bie Fortſetzung bes literarifchen Streiteö, als der:
felbe größere Dimenfionen anzunehmen drohte,
weil er ebenfomwenig geneigt war, den Unterjchied
der reformirten Kirche feined Landes vor den an:
bern zum Karen Ausdrud zu bringen, ala ihm
damit gedient fein konnte, eine Lehre von ber
Gnadenwahl verbreitet zu fehen, die jeven Unions⸗
verſuch mit der lutherifchen Kirche, welden die
Hohenzollern nie aus dem Auge verloren haben,
nur erſchweren mußte.
Barclay, Robert. Geb. 1648 zu Gorbondtomn,
aus einer alten fchottifchen Familie. Rad vollendeter
Erziehung wurde er in Paris dur den Bruder
fein:r Mutter dem Katholicismus zugeführt, aber,
von feinem Bater fchleunig nad) Haufe gerufen,
0b er fid) mit demfelben den Quälern an. Er
ft der Theologe der Quäler gemorden. Außer
einem Katechismus jchrieb er (1676) die „Apologie
ber wahren Religion“, worin er das quälerifche
Eyftem von ber Erleuchtung des heiligen Geijtes,
als der einzigen Quelle aller Religionsmwahrheit,
aus der auch die Echrift allein eftoffen fei, ent:
widelte. Er ar 1690. &. Duäfer
Bar⸗Cochba. Sohn des Sterns. Als im Jahre
132 unter Hadrian ein jübifcher Aufftand aus:
brach, gab I ein bis dahin unbefannter Menſch
für den Meſſias aus, nannte fid) Sohn des Sterns
(nad) 4. Mof. 24, 17) und ftellte fi an die Spige
einer großen fanatifhen Bewegung. Sein Unter:
nehmen hatte um jo größeren Fortgang, als ſich R.
Aliba, der größte er feiner Zeit, für
ihn erflärte. Drei Jahre währte der Kampf,
580,000 Zuben follen nad römifchen Berichten
—— ſein. Bar⸗Cochba errang große Erfolge
ber bie Römer, fand aber endlich, als feine legte
Beftung, Bether in Samarien, fiel, fein Ende durch
ie Hände der Seinigen, bie nun zu jpät erfann:
ten, daß fie getäufcht jeien (185). Seinen Namen
verwandelte das Volk in Bar:-Eofiba, Sohn der
Züge. Münter, der jübifche Krieg unter Trajan
und Hadrian, 1821.
Bardefanes. Gnoftifer aus Edeſſa um 170,
trennte ſich nit von ber Fatholiichen Kirche,
verbreitete aber Durch feine Hymnen, die ihn zum
eriten ſyriſchen Hymnendichter machen, gnoſtiſche
deen. Sein Sohn Harmonius war ebenfalls
ichter.
Barfüßer. Bei Auguſtinern, Franciscanern,
Kapuzinern und Karmelitern haben einzelne Con:
—— reſp. ber ganze Orden ben Gebrauch
es Barfußgehens als große Asleſe angenommen.
Much weibliche Orden, wie die Elariffinnen, find
beim gefolat.
Bar⸗Hebräubs. &. Abulfaradic.
68
Barnabas
‚ Bari in Apulien war ber Verſammlungsort
einer Synode 1098 unter Urban II., auf welcher
mit den Griechen über das filioque verhandelt
wurde und Anjelm von Canterbury (ſ. d. A.) gegen
die ——** Lehre auftrat.
ar⸗ Jeſus. Ein jüdischer Magier in ber Um:
gebung des Proconfuls S. Paulus, Apftg. 13,6 ff.;
—— ſich ſelbſt den Namen Elymas, der Weiſe,
eigelegt und wurde von Paulus mit Blindheit
beſtraft.
Barkers. Eine Secte. S. Jumpers.
Barlaam. Ein gelehrter Baſilianermönch aus
Unteritalien, wurde Abt in Conftantinopel und
von Andronicus III. an Benedict XII. nad
Avignon (1339) gefendet, um eine mögliche Union
der Griehen und Lateiner, vor Allem aber die
Hülfe des Abendlandes gegen die Türten für das
bebrängte Griechenreich zu vermitteln. Wie fich
Barlaam ſchon früher durch feine offene Kritik der
Unmifjenheit der griehifhen Mönde viele Feinde
emadt hatte, fo griff er die Heiychaften bes
erges Athos (ſ. d. A.), die in ſchwärmeriſ
Contemplation vom unerſchaffenen Lichte umflofjen
fein wollten und bie er fpottend Nabeljchauer
nannte, an. Als aber eine Synobe 1341 feine
Klage abwies, verließ er Griechenland und trat in
Italien zur römiſchen Kirche über, die er fortan
gegen die Griechen in mehreren Schriften fehr
eifrig vertheidigte. Er wurde Biſchof zu Gerace
im Neapolitanijchen. } 1348.
Barletta, Gabriel. Ein berühmter Vollspre⸗
biger aus B. im Neapolitanifhen, am Ende bes
15. Jahrh. Seine Predigten 1497 zu Brescia
gedrudt. — Die Stabt Barletta ift in neuejter Zeit
befannt geworden durch bie am 19. März 1866
daſelbſt erfolgte Proteftantenmegelei.
Barmen. Miſſionsgeſellſchaft, geftiftet 1818.
Als ein eigenes Seminar zur Ausbildung von
Miffionaren in Barmen errichtet war 1827, betrieb
man bie Bereinigung mit dem Elberfelder und den
übrigen Miffionsvereinen im Rheinland zu ber
Rheinischen Miſſionsgeſellſchaft 1828, melde von
da an eigene Miffionen unternahm. Das Miſſions⸗
gebiet der Rheinischen Gefellichaft ift ba Capland
unter Hottentotten und Namaquas, Borneo und
China.
Barmherzigkeit wird die Gefinnung ber Liebe
genannt, infofern ſich die letztere auf die Entbeh-
rungen des Nächften bezieht, und äußert fih in
bejtimmter Weife ald innerer Drang, jenen Entbeh⸗
rungen abzuhelfen. Die Barmherzigkeit ift eine
Haupttugend des Alten Teftaments(OrPIIT. IQI)-
Bi. 37,26; 112,5; Hof. 12, 6; Bad. 7, 9; Hiob
6, 14, jedoch nah dem Standpunfte des Alten
Teftaments nicht ganz ohne den Nebenbegriff eines
Gott sag Hure Werkdienſtes. Großartig und
in voller Reinheit erſcheint die ge feit in
ber Auffaffung Ehrifti Luc. 10, 86; cl, 6, 7.
46. 48; 9, 18. 86; 12,7; 14, 14; 20, 84; 28, 23;
Luc. 6,36 u. d. Vgl. auch Jak. 2,18; 5,11; 1. Betr.
‚8; Röm. 1, 14; 12, 8. Sn ber Tatholiichen
Kirche wurde die Barmherzigkeit wieder verdienſt⸗
liche Tugend.
. Barmherzigkeit Gott. S. Eigenichaften
ottes.
Barnabas. Ein Levit von der Inſel Cypern.
ze frühzeitig zum Chriftentfum über, Apſtg. 4,
87. Gr führte Paulus bei den Wpofteln ein,
Barnabiten
9,27, und rief ihn von Tarjus nad) Antiochien.
11,25. Seitdem er wegen bed Marcus von
Paulus trennte, fchweigen die Nachrichten der
Kpoftelgefhichte über ihn. Die Sage läßt ihn
entweder Bifhof von Mailand werden, oder nad)
einem Aufenthalt in Rom unter ben cyprifchen
Juden ben Märtyrertob finden. Ein Brief des
Barnabas wurbe in der alten Kirche viel gelejen,
findet fih aud im Codex Sinaiticus; die Echt:
beit deſſelben hat bis in die neuefte Zeit ihre
Vertreter gefunden. Der Brief ſucht 1—17 nad:
zuweiſen, daß das Alte Tejtament felbft das
Chriſtenthum als feine geiftige Erfüllung anzeige;
die typiſch⸗ allegoriſche Deutung ift wenig geihmad:
voll; der zweite Theil 18—21 giebt paränetifche
Borfhriften. Als die Empfänger des Briefes find
Heidenchriften zu denken, unter denen eine Hins
ung zum Judaismus herrſchte. Die Abfaf:
fungägeit ift nad) 70 und vor 150. n. Chr. Gegen
die Berfon des Barnabas ald Verfaſſer ſprechen
manche Verſtöße in Betreff der jüdiſchen Ceremo—
nien, die ein Levit vermieden hätte. Bam. ep. ed.
Hilgenfelb 1866. Zur Literatur: Henke (für ge
beit) 1827. Rörbam, De auth. * B. 1828.
mann, Stud. und Krit. (für Unechtheit) 1828.
Den van Ryſewyk (für Echtheit) 1835. Her
ele, Sendſchr. des Ap. B. unterfucht, überjegt,
erflärt 1840. Meizjäder, Zur Kritik bes Barn.
1863. Boltmar, Monum. vetust. ined. 1864.
Barnabiten. Bon ihrer Kirche des heiligen
Barnabad in Mailand fo genannt, fonft ——
gation ber regulären Kleriler des heiligen Paulus,
geftiftet von einigen Klerikern zu Mailand, beftä-
figt Durch Glemens VII. 1533 und Paul III. 1543,
um die Ziebe — Gottesdienſt durch häufiges
Predigen und Ausſpenden bes Heiligen Sacramen⸗
ted wieder herzuftellen.. Sie nahmen gerne
Gymnafialunt t in ihre Hände und befaßten
hd neibig mit Krankenpflege und Predigt. Die Con:
gerget n bat zur Zeit außer dem Haupthaus in
om 20 Collegien. Die Mitglieder legen außer
den brei Mönchsgelübden das vierte ab, nicht nad)
—— Würden außerhalb des Ordens zu
e
Barnes, Robert. Als er lutheriſche Ideen in
England verbreitete, ließ ihn Heinrich VIII. ver:
n. Nach feiner Entlafjung trat er in Witten:
berg zur Lutherifchen a über. Bei dem Um:
f der Dinge in England wurde er des
igs Hofeapellan, vermittelte die Heirath mit
Anna von Cleve und büßte den Aerger des Königs
über biefelbe mit der Entdedung von Ketzereien in
feinen Schriften, wofür er ben Feuertod erlitt
1540. Er bat eine —————— ber Päpſte
von Petrus bis Alexander III. geſchrieben, die
mehr —— gemeint, als geſchichtiich begrün⸗
det i
Barnevelt. S. Arminius.
Baronius, Cäfar. Geb. zu Sora, 30. October
1538, ftubirte zu Neapel und Rom bie Rechte und
trat in Verbindung mit Bhilipp Neri, dem Stifter
der gelehrten und freien Dratorianer-Congregation,
ourbe in dieſer Congregation 1598 Superior, von
welher Zeit an ſich feine wiſſenſchaftliche Lauf:
batirt. 1596 wurbe er zum Garbinal und
BihliotHefar der vaticanishen Bibliothek —*
und lenkte ſelbſt bie —— Papſtwahl von
ih ab. Die lirchengeſchichtl Vorträge im
Oratorium, wobei ihm die ungedrudten Urkunden
69
Bartholomäus
des Vaticans und ſämmtliche Goncilienacten zu
Gebote ftanden, führten ihn zu einem Stubium
ber Quellen und bie Magbeburger Genturien wur⸗
ben die Beranlaffung zur Herausgabe feines bedeu⸗
tendften Werkes: Annales ecclesigstici a Chr.
nato ad ann. 1198 (12 Bde., Rom 1588).
Mit dem Jahre der Geburt Chriſti beginnend,
erzählt er chronifenmäßig alle Begebenheiten je
eines Jahres, die auf Firchliche Verhältniffe Bezug
haben. Außer der Jahreszahl find immer die he
gierungsjahre des Papſtes und des Kaiferd voran⸗
—— Die Tendenz iſt, im Gegenſatz gegen die
urien nachzuweiſen, daß die römiſche Kirche
ſich zu allen Zeiten gleich geblieben iſt. Die vielen
chronologiſchen Fehler des Werkes hat ſpäter Pagi
eorrigirt. Baronius ſelbſt konnte nur bie erften
12 Bände bis 1193 vollenden, eine Fortſetzun
ab Raynald in 9 Bänden bis 1677. Baroniu
tarb infolge übermäßiger Arbeit, 80. Mai 1607.
Barriöre, Jean de la. Abt des Klofterd Feuil-
lans, Stifter der Feuillanten 1586, einer Congre-
gation der Eiftercienfer. Er ift durch die furcht⸗
bare Strenge feiner Ordensregel, an ber viele
Mönde erlagen, berühmt geworden. Aus Bers
dacht gegen feine Rechtgläubigleit wurbe er 1592
aus dem Kloſter vertrieben.
Barfabas. Sohn bes Saba. 1) Joſeph Bars
ſabas, wurde mit Matthias in re gebracht
bei der Ergänzung der Zmölfzahl ber Apoſtel; war
nad) Eufebius einer der 70 Juͤn En ;
1, 23 in einigen Codd. Barnaban gelefen wird, ſo
en Manche irrig feine Identität mit Barnabas
hauptet. — 2) Judas Barſabas, wurde vom
Apoftelconvent mit Baulus nad Antiochien gefandt.
Apftg. 15, 22.
Barfillai. Gileaditer aus — Da ·
den vid gaſtfrei auf, 2. Sam. 17,2 42, und
lehnte die angebotene Belohnung zu Gunſten fei-
nes Sohnes ab.
‚ Barfumas. Bifhof von Nifibid. ©. Nefto
rianer.
Barſumas. Archimandrit in Syrien, mitthätig
auf der Räuberignode 449. Haupt ber Eutychianer
in Syrien, + 458.
Bart. Die Bartwinkel an Ohren und Schläfen
u ftugen, ift ben Siraeliten verboten, weil dies
ei ben Arabern — Bedeutung hatte, 3. Moſ.
19,27; 21,5. In ber Trauer läßt man ihn uns
orbentlih, 2. Sam. 19, 24; vol. 8. Moſ. 21, 5,
oder ſchneidet ihn ab, Jeſ. 15, 2. Den Bart
——— — iſt aͤrgfte Beſchimpfung, 2.
am. 10, 4.
Bartholomäus. (24. Huguft.) Die ——
ber verſchiedenen Apoſtelverzeichniſſe läßt in ihm
den Nathanael erkennen, ob. 1,45; nad ber
Legende foll er in Indien das Evangelium verkün-
digt haben. Die Armenier nehmen ihn für fi in
Anſpruch, bei ihnen fei er lebendig geſchunden und
in verfehrter Stellung gefreugigt worden.
Bartholomäus von Brescia. Schrieb kirchen⸗
rechtliche Werte, namentlich Gloffen zu Gratiand
Decret. 1236.
Bartholomäus, de martyribus genannt von
der Kirche zu Lifjabon, in welder er getauft ift
(1514). Eine durch Frömmigleit und Edeljinn bes
fannte PVerfönlichkeit. Nahm ald Erzbiſchof von
Braga Theil am Concil zu Trient, ſchrieb einige
Erbauungsbücder (Compendium vitae spiritua-
lis), ftiftete dad erfte Priefterjeminar in Portugal.
Bartholomäusnacht
Zog fi in die Einſamleit eines Klofters zurüd
und lebte ven Stubien und Werlen der Barmher-
zigleit. + 1590.
Bartholomäusnadt. In der Bartholomäus:
nacht, 24. Auguft 1572, begann auf Befehl
Karls IX. und unter Führung der Guifen die
Niedermegelung der Hugenotten in Frankreich, die
der Bapft als freudiges Ereigniß feierte.
Bartholomiten. 1) Clemens V. erlaubte 1307
flüchtigen armeniſchen Mönden des heiligen Baſi⸗
lius, den Gottesdienft nad) ihrem Ritus in ber
Kirche des heiligen Bartholomäus zu Genua zu
feiern. Sie gründeten mehrere Klöfter und wur:
den 1560 aufgehoben. — 2) In Gemeinihaft
lebende Weltpriefter, nach den Satzungen bes Bar:
tholomäus Holzbaujer (Generalvicar von Chiem:
fee, + 1658 als Dechant in Bingen). Die Glieder
haben außer der Seelforge fi allen Werken hrift:
licher Liebe zu widmen, leben in einem Haufe zu:
fammen, übergeben daher auch ihr Einkommen,
nad) Abzug eines Heinen Theils für nothleidende
Berwandte, zu gemeinfamem Gebrauch. Mit je:
dem derartigen Haufe ift ein Snabenfeminar und
ein Emeriicnhaus verbunden. Die Stiftung fand
ſchnelle Ausbreitung, ihre Briefter Häufige Verwen⸗
dung, bis gegen Ende des 17. Jahrhunderts der
Eifer nachließ und das Inftitut zerfiel.
arton, Eliſabeth. Das Mädchen von Kent.
Eine Hellfeherinin England zur Zeit Heinrichs VIII.
Ihre in epileptifchem Zuftande ausgeſtoßenen Ne:
den, von Denen einige eintrafen, wurden für MWeif:
fagungen gehalten, und der Zulauf zu ihr mehrte
fi, als fie, vor dem Muttergotteöbi in Alding:
ton geheilt, als Nonne eingelleidet, in ihren Pro:
hezeiungen fortfuhr, und einen in — Bud)
haben geichriebenen Brief der Maria, nebit
mandjerlei Gefichten, empfangen zu haben vorgab.
Es ſcheint, dab die fatholifche Geiftlichkeit fie ge:
brauchte, um Heinrich VILI. von feiner Oppofition
gegen Rom zurüdzufchreden. Elijabeth verfündigte
dem Könige feinen Tod nad) 7 Monaten, wenn er
fid) von Katharina werde ſcheiden laſſen. Wegen
Hodverraths vor . geftellt, wurbe fie ver:
urtheilt, ihren Betrug öffentlich zu befennen, und
mit mehreren Berbreitern und Beglinftigern ihrer
Dffenbarungen enthauptet, 1534.
Barud. Der Sohn bes Nerija, war ber
Freund und Gehülfe des Propheten Jeremia
(Jer. 32, 12), theilte deſſen Gefängniß und bes
— ihn nad) Aegypten (Jer. 42, 1—6). Ihm
efahl Jeremia feine Weifjagungen aufzuſchrei—
ben und im Tempel öffentlich zu verlefen, und an
den durd den Mißerfolg, er. 36, 16. 26, Ges
beugten richtete ex das Troftwort, Kay. 45, 1—5.
In Barud) erblidt Bunfen den Berfafler des zwei:
ten Theils des Jeſaja (Gott in der Geſch. I, 207
ff. — Unter Baruchs Namen findet fich ein deutero⸗
lanoniſches Bud) paränetifhen Inhalts, welches
Baruch zu Babel geſchrieben und dem König Je
chonja und dem ganzen Volle vorgelefen haben ſoll.
Daß dies Buch uneht, ergeben die hiſtoriſchen
Berjtöße in der Einleitung. Ueber das Zeitalter
und die Grundſprache des Buchs ſchwanken noch
die Annahmen. Mebereinftimmend wird für den
erfien Theil 1,1; 3, 8 ein hebräiſches Driginal
vorausgefegt, welches, durch den alerandrintichen
Ueberſehzer des Jere mia (Higig, Ewald) ins Gries
chiſche überiegt ſei. Der zweite Theil ſoll dann von
einem Andern griehiid verfaßt jein. Frithſche,
10
Bafeler Eoncil
Kurzgef. exeg. Handbuch zu den Apolr. bes A. T.
1851. Die Ent hung est Ewald (Bei. Iſr.
III) zwifchen 360 und 350.
Baſan. Jenſeits des Jordans, bildete früher
ein eigenes Königreich, K Mof. 21, 33; 32, 33,
mit den Hauptſtaͤdten Aftaroth und Edrei, 5.Mof.
1, 4; Joſ. 9,10, und fam an den halben Stamm
Manaffe. Begrenzt wurde esimNorben von Sy:
rien, Joſ. 12,5. Das Land mar ebirgig (Hau:
ran), aber umſchloß auch fette Triften und große
Waldungen. Jer. 50,19; 5. Mof. 32, 14; Jef. 2,
15; Ez. 39, 18. Die jpätere Provinz Batanäa
umfaßt nicht das ganze Bafan, zu dem aud
ri Trahonitis, Auranitis und Jturäa
gehörten.
Baſedow, Yohann Bernh. Geb. zu Hamburg
1723, ftudirte in Leipzig Philofophie und Theo-
logie, 1753 Lehrer der NRitterafademie zu Soröe,
1761 wegen Heterobogie nad) Altona verfegt.
Bon Noufjeau’s Emile angeregt, wandte er feine
Thätigkeit der her, bes Erziehungsmwes
ſens zu, gab ben Orbis pictus heraus (Altona,
1774) und ftiftete das Philanthropin bei Deffau ;
verließ daffelbe und ftarb zu Magdeburg 25. Juli
179%. Durch feine vielen Schriften, die was ihnen
an Gründlichfeit und Gelehrfamleit abgeht durch
Popularität erjegen, ift er der beveutendfte Be:
förderer der Aufllärung geworden.
Baſel. Die Reformation fand in Baſel früd
Eingang. Wolfgang Eapito, Caſpar Hedie, Wils
helm Räublin wirkten gleich bei ihrem Beginn.
1523 fam Johannes Decolampabius nad) Bajel.
1524 wurde den Mönchen und Nonnen erlaubt,
das Klofter zu verlafien. Wilhelm Farel bispu:
tirte in eier Jahre daſelbſt. Die [hwan:
fende Haltung bes Rathes rief mehrere Bilder:
eisen hervor 1528 und 1529, bis die reformirte
ajorität entſchieden fiegte. In neuerer Zeit ift
Bajel der Sig einer sh Thätigkett für
innere und äußere Miffion. —— De
bann Urljperger gründete bort 1780 die Deutjche
Chriſtenthumsgeſellſchaft; daraus haben ſich ein⸗
zelne Zweige beſonders ausgebildet; ſo 1804
die Baſeler Bibelgeſellſchaft, 1816 die Miffions:
geſellſchaft. Diejelbe hat das weftliche Afrika,
China, vorzliglih Dftindien in ben Bereich ihrer
ütigkeit gezogen. Sie hat ungefähr eine halbe
Million Franken Einkünfte. (S. Miffton.)
Bafeler SGomparctaten. S. den folgenden Artikel.
Bofeler Concil. Das Concil zu Conftanz hatte
beichloffen, daß alle 5 Jahre ein allgemeines Con⸗
cil gehalten werben folle. Das Concil zu Siena
mar aber ſchon 1423 aufgelöft; jo konnte die Eu:
rie dem allgemeinen Andringen auf Ausjhreiben
eines Concils nicht widerftehen, um fo weniger,
als die Huffitennoth und die eg Lage Roms
gemeinjfames Handeln der ganzen Kirche forder:-
ten. Martin V. berief das Concil auf 1431 nach
Bafel ein und ernannte Giuliano Gefarini zum
Zegaten. Kaum aber hatte die Verſammlung ihre
Thätigleit begonnen, ald Eugen IV., der inzwi—⸗
ſchen den päpftlihen Stuhl beftiegen hatte, das
Decretder Aufhebung erließ und damit den Kampf
gegen bad Concil eröffnete. In der 2. und 3.
Sitzung nahm man die Sähe fiber die Macht ber
on pair Eoncilien wieder auf, und ging als:
bald in confequenter Anwendung bis zur Einlei⸗
tung eines Prozefles gegen Eugen vor. Den Be-
nühungen des Kaiſers gelang es, 1433 dent Papſte
Bajeler Eonfeifion 7
bie Anerkennung abzunöthigen. Cefarini betrieb
jobann bie Aus ang Be ben Hufliten, die er
zur Abordnung einer Geſandtſchaft nad Baſel,
an deren Spitze Procop, vermocht hatte. In den
ſogenannten Compactaten, die jedoch Eugen nicht
beſtätigte, geftand man ihnen die 4 Artikel ber
Galigtiner zu, wodurch die Bereinigung ange»
babnt wurde. In den Reformangelegenheiten ber
Kirche fahte das Concil ernfte Beihlüffe, hob
Amofen: und Balliengelder auf, beſchränkte bie
ppellation nad) Nom und die geiftlihen Vorbe—
halte, rief aber damit die Eurie zum entſchloſſen⸗
ten Widerftand auf, indem fie an der Minori-
tät des Concils Unterftügung fand. Der Zwie⸗
ſpalt in der Berfammlung brach in offenen Kampf
aus, jo daß man bis zum Handgemenge fam, als das
Concil behufs ber beabfichtigten Unionsverhand:
lung mit den Griechen nad) Italien verlegt wer:
ben follte. Die Minorität verlas ihr Decret ald
techtägültig und verließ Bafel, Unter Führung
des Cardinals d’Allemand ging die zurüdgeblie:
bene Majorität ihren Weg weiter, eröffnete den
Brogeh gegen Eugen, fegte ihn ab und wählte an
feine Stelle den Herzog Amadeus von Savoyen
als Felix V. Eugen hingegen berief fein Concil
Ferrara und verlegte es nad —
& handelte ſich nun darum, welches Concil
son den Völkern anerlannt werde. Den Bemil:
bungen des Legaten Nikolaus von Cuſa war
ed auf den Reihätagen zu Mainz und Frank:
jurt 1442 gelungen, bie deutſchen Kurfürften
für Eugen zu gewinnen, als diefer fie wieder
durch die unbefonnene Abjegung des Erzbiſchofs
von Trier und Kölnerbitterte, jo daß fie drohten,
fi auf die Seite der Bafeler zu ftellen, bie ihre
Sigungen feit 1443 vertagt hatten. Den Unter:
banblungen bes Aeneas Sylvius gelang ed Eugen
zu beftimmen, noch auf dem Tobbette das ſoge—
nannte Fürftenconcordat zu beftätigen, wodurch
ihm die Anerkennung ber Deutſchen wurbe, ba
er in demſelben dad Bafeler Concil und feine Be:
ſchlüſſe bis zur Verlegung nad) Ferrara geneh—
migte. Als auch Franfreih und alle weltlichen
Nähte ſich Rom geneigt zeigten, entjagte Felix V.
feinee Würde; die in Bafel Zurüdgebliebenen
wählten aber an jeine Stelle den Nachfolger Eu—
gens, Rilolaus V., durch welche Wahl 1449 Eoncil
und Shisma beendigt wurden. Die Frucht des
Concils war, dab durch ſchlecht gehaltene Zuge:
fändnifje zwar einige der ſchreiendſten Uebolſtände
der päpftlichen Kirchenhertſchaft abgeftellt wurden,
jonft aber nur auf das ungmeibeutigfte an den
Tag geſtellt blieb, daß auf dem bisherigen Wege
eine Reform der Kirche an Haupt und Gliedern
nicht zu erlangen fei.
Bajeler Confeſſion. Wurde ala Abjchluß des
Reiormationswerfes in Bafelam21. Januar 1534
som Rathe aufgeftellt und von ben Zünften be:
Khworen. Zu Grunde liegt ihr das Belenntniß
Derolampabs in feiner Synodalrede 1531, ver:
ſaßt ift fie von Myfonius. In 11 Artikeln: Bon
Gott. Bon den Menſchen. Sorge Gottes für uns.
Bon Ehrifto wahrem Gott und wahrem Menfchen.
Bon der Kirche. Bom Nachtmahl unfered Herrn.
Som Braud) des Bannes. Bon der Obrigteit.
Ton Glauben und Werfen. Vom jüngften Gay.
Son Gebot und Nidht:Gebot. — Wider den Jır:
thum der Wiedertäufer entwidelt fie kurz und
bünbigdie reformirte Lehre. Die Kirche bannet um
.—
Bafilides
ber Befferung willen. Obrigfeit ift dann erft rechte
Dbrigfeit, wenn fie recht hriftli ift. Die Con—
feffion ift Grundgefeg der Bafeler Kirche geblies
ben und wurde jährlih am grünen Donnerftage
in der Gemeinde verlefen, ein Antrag auf Abän:
derung 1826 wurde zurlidgewiefen. Da außer
Bafel aud Mühlhauſen die Eonfeifion annahm,
führt fie aud) den Namen Confessio Mühlhusana.
Hagenbah, Kritiihe Gefhichte der Entftehung
der Bafeler Eonfeffion, 1858.
Bafeler Confeſſion, zweite. S. Helvetifche Eon:
feſſion, erfte.
Bafilianer. Nach dem Vorbilde bes von Baſi—
liusd. Gr. geftifteten Kloſters bilbeten ſich mehrere,
welche aud) die von Bafilius aufgeftellten Ordnun⸗
gen, die große und rung annahmen und fie
allınählid in allen Klöſtern der griech. Kirche ver:
breiteten, Daher deren Mönche fi allgemein Bafi:
lianer nennen. Eigentlich kommt dieſer Name aber
nur ben griehifhen Mönden in Neapel und Unter:
italien zu, welche die Regel des Bafilius befolgten
und von Gregor XIII. 1573 vereinigt und *
mirt wurden. Der weibliche Orden der Baſilianer⸗
innen führt ſeinen Urſprung auf die Schweſter des
Baſilius, die Macrina, als Stifterin zurück.
Baſilides. Lehrer in Alexandrien zur Zeit Ha—
brians, Begründer eines ber widtigiten ana
fhen Syfteme. Seine Hauptideen find folgende.
Alle Entftehung ift ein Prozeß von unten nad
oben, vom Unvolllommenen zum Volllommenen.
Das Abfolute, der Anfang aller Dinge, ift das
ihledthinige Nichts. Diefes jegt aus fich heraus
die Welt in embryonifger Weife, ald Same
(onegue Tod xöauov) aus dem die Melt fich ent⸗
widelt. Die in diefem onedoua zur Entfaltung
fommenden Dafeinsformen nennt Baſilides
„Sohnſchaften“ (vidınres), deren es 3 giebt. Die
erjte fteigt zum höchſten feligen Nichtein leicht
empor, die zweite gelangt nur halbwegs, fie bleibt
noch am Weltjanen kleben. Eine Fe trennt
dieje beiden. Da erhebt fich der erfte Archon, der
Herr ber Welt, und gründet die ätherijche Wert,
die fogenannte Ogdoas; ebenfo ein zweiter Ars
con, welder die jogenannte Hebdomas grünet.
Beide MWeltbildner dünken fi ala die volltoms
menften und höchſten. Da wird der Sohn bes
erften Archon erleuchtet von ber höchſten Sohn:
ſchaſt, und ein Licht geht von diefem aus, das
aud den Archon zum Bewußtfein feiner jelbjt
zurüdführt. Yon der Ogdoas geht bie Erleuch—
tung in derſelben Weife in die Hebdomas, und
von da durch die ganze Stufenreihe der 365 Him:
mel, deren Arhon Abraxas heißt, Hindurd,
bi8 in die Tiefe, wo die dritte Sohnfdait,
d. 5. das Menſchengeſchlecht, noch nach Erlöjung
feufzt. Die Marıa wird von der Kraft des Höch—
ſten überjchattet und gebiert Jefus. In ihm geht
die Kriſis und die Scheidung des Geiftigen und
Materiellen vor ſich (Leiden, Sterben) und theilt
fi von ihm aus feiner Mitwelt mit. Dadurd)
erhält dieje dritte Sohnſchaft allmählich die äthe—
riſche Feinheit der andern und fie fteigt durch alle
Himmel hindurch raſch in die höchſte Seligfeit em—
por, das ijt das Endziel der Welt (Aroxaruoraaıg).
Eine allgemeine Unwiffenheit wird über alle Melt:
ftufen ausgegofjen, damit feine aus ihrer Lage
und Ruhe gejtört werde. — Erin Sohn Ylidorus
hat das Syſtem jeines Vaters meitergebildet.
Die Bafılivianer verfielen in corrumpırte, antis
Bafilidianer
nomiftifche uns. Sie gingen im 4. Jahrh.
unter. Die Darftellung des B.'ſchen Syſtems
findet fi) in Hippolyts Philosophumena, bei Ire⸗
näus und Epiphanius, bei Erfterem und den Letz⸗
teren mit Differenzen, bie —— ausgleichen
laſſen. Literatur darüber: Baur, Chriſtl. Gnoſis,
1835. Jacobi, Bas. philosophi gnostici senten-
tiae etc. 1852. Bunfen, Hippol. u. . 31.,1852. Uhl:
born, das B. ſche Syftem ıc., 1855. Hilgenfelb, das
Syſtem des Gnoftifers B., Theol. Jahrbb., 1856.
Baur, das Syftem bes Gnoftifers B, und die neue⸗
ften Auffaffungen deffelben, Theol. Jahrbb., 1856.
Bofilidianer, Anhänger des Baſilides. ©. d.
vor. Art.
Bafiliken. Die von Kaiſer Yuftinian promuls
girte Sammlung des römiihen Rechtes war las
teinifch geſchrieben und es bedurfte zu ihrer An:
wendung im Drient ber Uebertragung ins Gries
chiſche. Nah manden Vorarbeiten, veranlaßt
durch Baſilius Macedo 878, publicirte daher Leo
der Weiſe 886 die Bafılilen (Basıkıxa vouue),
eine griechiſche Bearbeitung des römischen Rechts⸗
buches aus alten Ueberjegungen und Gommenta:
ren. Ausgabe von Heimbach, 1833.
Bafilifen. Die öffentlihen zum Hanbel unb
zur Gerichtspflege bejtimmten Gebäude der Grie⸗
hen und Römer, welde jpäter die Grundform
ber hriftlihen Kirchen abgaben. Sie bejtanden
aus 2 Haupträumen, ber halbrunden Niſche dem
Eingang gegenüber, in welchem ber Gerichtähof
feinen Sig hatte, und bem vieredigen —A
welches durch Säulenreihen in drei Schiffe ges
theilt wurde und dem Publicum den Ort des
Verkehrs gewährte. Aus der Thüre der Lang—
ſchiffe trat man in eine Vorhalle hinaus, die in
den Borhof (atrium) führte. Die Seitenſchiffe
waren von ber Höhe der Säulen, das Mittelſchiff
war höher durch bie auf den Säulen ſich erheben»
den, iiber das ſchräge Dach der Seitenſchiffe em:
porragenden Mauerwände, von weldhen aus das
zu. fi in einem ftumpfen Wintel aufpihte.
as Licht enıpfing das Gebäude durch die Fen—
er in ben Seitenwänden, das erhöhtere Mittel:
hiff durd) die höheren Seitenwände von oben.
Die ganze Eonjtruction empfahl diefe Gebäude
für den Gottesdienft der Chriften, während die
heibnifchen Tempel ſich in Stätten des chriftlichen
Eultus nit umwandeln ließen. Der Gemeinde
blieb nun das Langhaus (vaos); die Niſche (xoyxn,
äyıs), im Mittelalter Chor, welde durch Schran:
ten (cancelli) von dem Langhauſe geſchieden wa⸗
ren, bildete den erhöhten Sif des Klerus (Baua).
Allmahlich (5. Jahrh.) ſchob ſich zwiſchen die Apfis
und das Langhaus noch ein Querſchiff hinein, ſo
daß die Kirche die Form eines Kreuzes darbot.
Gewöhnlich war das Querſchiff erhöht wie die
Apſis und bildete einen Theil der Klerusſitze.
Der Raum unter der Apſis, ſonſt Kerker für die
Angeſchuldigten, wurde Begräbnißſtätte der Mär»
tyrer, oder fpäter die Krypta, die Grablirde.
Die Vorhalle (an ber ganzen Breite der Kirche)
war zur Aufnahme ber Pönitenten bejtimmt,
ALS die älteften jolher Baſililen befchreibt Eufe-
bius die zu Tyrus und die von Conjtantin über
dem heil. Grabe 325 erbaute.
Bafiliskus, der Uſurpator. Erließ 476lein Edict,
burd) welches der Monophyſitismus zur Staats»
religion erhoben werden follte; Bafilisfus wurde
jedoch in Folge davon geftürzt, 477.
12
Badnage
Bafllins von Auchra. Durch die Eufebianer
zum Biſchof erhoben, war das t ber Semis
arianer, wurde bei dem Siege der Arianer 360
auf der Synobe zu Eonftantinopel abgej
Baſilius, der Bogomile. War Arzt und breitete
unter dem Gewand des Mönchs die Irrlehre ber
Bogomilen aus, als deren Haupt er galt. Alerius
ber gromme ließ ihn ergreifen und, da er jeine
Lehre nicht abſchwören wollte, verbrennen, 1115.
Bafilius Der Große. Der Bruder Gregors
von Nyfia, Freund des Gregor von Nazianz, ges
boren 330 in Gäfarea in Kappabocien. Der Reis
gung zum asfetifhen Leben folgend, —— er
nad Vollendung ſeiner Ausbildung bie berühm⸗
teſten Asketen und gründete in einer Einöde bei
dem Dorfe Anefi in Bontus ein Klofter, wohin er
ſich zurüdzog. 364 aber von Eufebius von Cäſa⸗
tea zum Presbyter berufen, ſtand er bemfelben
ur Seite bei dem Widerſtande gegen bie Verſuche
ed Arianiömus, bort einzubringen, und wurde
370 an feiner Stelle zum Biſchof gewählt, nicht
ohne Widerfprud einer Partei, bie ererſt allmählich
Überwand. Uriprünglid dem Semiarianismus
geneigt, trieb ihn der Kampf gegen bie ftrengen
Arianer immer entidiebener auf die Geite des
nicänifhen Belenntniffes, zu deſſen ftandhafteften
Vertheidigern er fortan gehörte. Bor dem Exil,
mit dem ihn Balens bedrohte, bewahrte ihn nur
bie geläbrlicpe Erkrankung des kaiferlihen Soh⸗
nes, die ala göttliches Mahnzeichen gedeutet wurbe.
In ber Meletianiihen Spaltung bemühte er I?
freilich vergebens, bei Athanafius und in Rom die
Anerkennung bes Meletius zu erlangen und zwi⸗
hen dem Drient und Dreibent die Wieder L
a bes kirchlichen Friedens zu vermitteln. Er
ftarb 379. Außer feinen dogmatifchen (3. B. Vom
heiligen Geift), polemiſchen (3. B. gegen Euno«
mius) und bomiletifhen (Homilien und Predig⸗
ten) Schriften find feine entre von Wichtig»
feit, von denen behauptet wird, fie enthielten d
vom Apoftel Jalobus ber mündlich forigepflanz⸗
ten Liturgien, und bie neben benen des Chryſo⸗
ftomus noch heute in ber —— Kirche
braucht werden. Manches Unechte hat ſich *
in dieſelben eingeſchlichen. Beſte Ausgabe ſeiner
Schriften von Garnier, Paris, 1721—1730, 3
Boe., Fol. Bgl. Kloſe, Baſilius der Gr., nach ſei⸗
nem Leben und feiner Zehre, 1835.
Bofilius von Seleneia. Erklärte fi zu Con⸗
ſtantinopel 448 und zu Epheſus 449 gegen Euty⸗
des, behauptete aber, als er 451 zu Chalcedon
abgefegt werden follte, er habe nur gezwungen
gegen jeine eigentliche Meberzeugung geftimmt.
adlama. Stabt, vielleiht in Gilead, wo Jo⸗
nathan Maflabäus getöbtet und begraben wurde,
1. Matt. 13, 28,
Baönage, Benjamin. Geb. 1580, geft. 1652.
Pfarrer inCarentan,nahın Theilanallen Synoden
und Berjammlungen ber franz. Proteftanten und
präfidirte die Nationaljynobe zu Alengon 1637.
Bon feinen Enteln find zwei berühmt: 1) Jakob
Basnage, geb. 1653, beliebter Prediger in
Rouen, Rotterdam und Haag, befien diploma«
tiiche Fähigkeiten mehrfach benugt wurden. Seine
Hauptwerke find die Allgemeine Kirchengeichichte
und die Geſchichte der franzöſiſchen Kirche, in
denen er aber fortwährend apologetiihe Zwecke
im Hinblid auf Bofjuets Darftellungen vers
folgt. Ebenfo ſchrieb er die Geſchichte der Juden
Bafora
1706. — 2) Samuel Basnage. Ein Better
bes Borigen, geb. zu Bayeur 1633 und Predis
dort, flüchtete 1685 nad Zütphen, + 1721.
Sörieh eine Kritik der Annalen des Baronius;
Exereitationes hist. crit.; eine Kirchengeſchichte
von Auguftus bis Pholas und Moralethöologique
et politique, in der er zuerft den Verſuch machte,
ati? und Moral von einander zu irennen.
fora. ©. Baraffa.
Bafiholm. Geb. 1740, anfangs Prediger der
deutihen Gemeinde in Smyrna, 1779 Hofprediger
in Kopenhagen und Fönigl. Confeffionarius. Eine
Ueberjegung der Bibel mit Anmerkungen und der
Verſuch einer verbefierten Einrichtung des Gottes:
dienſtes vermwidelte ihn in mehrfache theologi:
ſche Streitigkeiten. Bon Gelehrfamteit zeugen
die Jüdiſche Geichichte” und die „Unterjudungen
über die religiöfen und philoſophiſchen Meinun:
gen der älteften Bölter“.
Bath. S. Maß und Gewidt. i
Rol, d. h. Tochter der Stimme oder wie:
derhallende Stimme. Nach dem Talmud ber vierte
und ni e Grad der Offenbarung, der an bie
Stelle des Urim und Thummim getreten ift; alfo
eine Stimme vom Himmel, die in zweifelhaften
Uen dem Menſchen eine Entſcheidung giebt.
Maimonibes wird fie innerlich, nicht Äußer:
li vernommen. Das heißt alfo, durch innere
Geiftesregung vernimmt der Menjd) in einem zu
i nenden Worte bie Antwort auf eine
in bmertich beichäftigende frage. Manche Stel:
len des Talmub reden von ber Bath-Kol jehr
geringihägig- *
Baih ſeba. Das Weib Uria's des Hethiters, nad)
deſſen Rord Davids Gemahlin, Mutter des Salo:
mo und Nathan, mußte in Verbindung mit dem
Propheten Nathan für ihren Sohn Salomo die
Thronfolge von David zu erlangen.
Bauer, Aurel Reinhard Egin. Ein deutſchla⸗
tholiſcher Prediger in Dresden, welcher 1849 in
die proteftantifche Kirche zurücklehrte. Populäre
Schriften von ihm find: Die Galerie der Refor⸗
matoren, das Urchriſtenthum, Vollserzählungen
A
u. A.
en —— An ——* —
iſenberg im Herzogthum Altenburg. rivats
docent J Theologie zu Berlin, dann 1839—42
zu Bonn, wo ihmbie veniadocendi en ehe mwurbe,
nachdem er feine „Kritif der evang. Geſchichte des
Johannes” und die „Kritilderevang. Synoptifer“
(1840) veröffentliht. Ihm find die biblischen Er»
zählungen entftanden aus ber Willfür und boden»
Iojen Reflerion des Einzelnen, darum aud voll
Viderſpruche und Gedantenlofigkeiten. Seit 1842
in Berlin, ließ er 1850 nad) längerem Schweigen
fiber theologiſche Stoffe feine „Kritik der pauli⸗
niſchen Briefe” erfcheinen,, in denen er noch über
die Tübinger Schule Hinausfprang und auch die
yaulinifchen Hauptbriefe für unecht erflärte. Inder
Energie feines Dentens, der Schärfe und Leiden»
ſchaft des Geiftes ftellt B. Bauer nad) dem Aus:
drud von Schwarz die tollgewordene Logik vor.
Sein Bruder Edgar trat mit derjelben Tendenz
auf ; er vertheibigte feinen Bruber in der Schrift
„Bruno Bauer und feine Gegner”.
Bauer, Georg Lorenz. Profeſſor der Theologie
zu Altdorf und Heidelberg, Rationalift, Berfafer
73
Baumgarten
Teftaments, ber Hebräifchen Alterthümer, Moral
des Alten Teftaments u. U, + 1806.
Bauernkrieg. ©. Reformation.
‚Baufunft bei den Hebräern. Bon einer
eigentlih hebräiſchen Baufunft läßt -fih nad
ben wenigen vorhandenen Daten nicht reden,
weil bie großen Prachtbauten Davids und Salo:
mo's durch phönizische Künftler ausgeführt wur:
den. In der mallabäiſchen Periode verbreitete
ih griechiſcher Geihmad, vornehmlich herrſchte
diefer in den Bauten der Herodianer, bei den
Theatern, Schlöffern zc., bie auch in ihrer Beftims
mung nit dem althebräiihen Sinne, jondern
griehiihen Sitten dienen ſollten. Vgl. im Ein:
zelmen bie Art. Häufer, Tempel.
Baufunft, chriſtliche. Ueber die Entwidelung
des Kirchenbau er vgl. die Art. Baſililen, Byzan⸗
tinifcher, Romanifcher, Gothiſcher Styl.
Banlafl. Unter der firhlihen Baulaft verfteht
man bie Berpflitung, für die Errichtung und
Unterhaltung der firdlichen Gebäube bie nöthi-
gen Mittel herzugeben., Naturgemäß ruht dieſe
zunächſt auf bem SKirchenvermögen, in zweiter
Linie auf der Gemeinde, welche in Fällen der Ar:
muth von ber ganzen Kirche oder der Nachbar:
haft unterftügt werden muß. Als das Kirchen»
gut als Pfründe in bie Hände der Geiſtlichen kam,
häufig fogar an Laien, wurden genauere Beftims
mungen nöthig, die das Tridentinum dahin zus
fammenfaßt, daß die Bauloften zunächſt aus den
Einkünften der Kirche genommen werben follen,
darnach treten Die ein, welde Einkünfte von der
Kirche beziehen, Patrone und Geiftlidhe, u
die Parochianen. In der evangeliſchen Kirche fi
diefe Grundfäge geltend geblieben, nur find bie
Geiftlichen der Pflicht enthoben, mit Recht, da fie
felten bie frühern Pfründen genießen. Die Spe-
eialgefeggebungen regeln bie Vertheilung der Baus
laſt im Einzelnen. Als Nachwirkung der frangös
ſiſchen Gejeggebung liegt in einem großen Theile
der preußischen Rheinprovinz die Baulaft, in Ans
fehung der Kirchen bedingungsmeife, in Anfehung
der Piarrhäufer unbedingt ben Eivilgemeinden
ob; eine Anomalie, die fih nur aus der Geſchichte
er ri Kirche während der Revolution
tt.
Baumgärtner, Auguftin. Als Gefanbter bes
Herzogs Albrecht zu Bayern an bas Goncil zu
Trient 1562, hielt er dort eine Rebe, in welcher
er das in ber katholiſchen Kirche herrſchende Ber:
derben ber Geiftlichkeit jchilderte, welches die Ge:
meinben erbittere und der Reformation in bie
Arme treibe; er forderte verbeflerte Schulen,
Aufhebung des Eölibats, Aben [unter beider:
lei Geftalt. Die Synode nahm feine Rebe höchſt
beifällig auf, erfüllte aber keins feiner Begehren,
und fein Herzog verfuchte mit Erfolg, durch Auf:
nahme der SJejuiten, der befürdhteten Zuwendung
des Volles zum Broteftantismus zu wehren.
Baumgärtner ftarb 1599 als Kanzler der Uni⸗
verfität Landshut.
Baumgarten, Siegmund Jakob. Profeſſor der
Theologie in le. Geboren zu MWollmir-
ftäbt 1706, ftudirte er in Halle, wurbe Adjunct
des jüingern Franke, 1728 Adjunct der theologi⸗
ſchen yacultät, 1743 orb. Mitglied; ein äußerſt
beliebter alabemifcher Lehrer und fruchtbarer
einer Einleitung ins A.T., einer Altteftamentlien | Schriftfteller (Augemeine Weltgeſchichte u. 4.).
Theologie, einer Mythologie bes Alten und Neuen Mit dem Pietismus noch eng verbunden und
Baumgarten⸗Cruſius
ebenfo mit der Orthodoxie, ift er Wolfiſcher Sus
pranaturalift (Evang. Glaubenälehre und Theolos
gifhe Moral), der Theologie und Philoſophie zu
vereinigen ſuchte. So ift er die Weberleitung in
den Rationaliämus; diejer Stellung entfpricht e3
auch, dab Semler (1758) fein Leben beſchrieben 1866
und feine Werke herausgegeben hat.
Baumgarten » Grufind. Geboren zu Merfe:
burg 1788, Docent zu Leipzig 1809, Profeſſor
ber Theologie zu Jena 1812, + 1343. Las
und ſchrieb vorgüglih über Dogmengeſchichte,
neuteſtamentliche Exegeſe, bibliſche Theologie,
Dogmatik und a 1817 vertheidigte er gegen
die Harmsſchen Thefen bie Teligiöte Freiheit,
Theses theol. contra superstitionem et pro-
fanitatem. 1820 erſchien feine Einleitung in
dad Studium der Dogmatik; 1827 Handbud der
chriſtlichen Sittenlehre; 1828 Grundzüge der bib-
liſchen Theologie; 1832 feine Dogmengeſchichte.
„Milde und zartfühlend, allem leidenſchaftlichen
Parteitreiben von Grund der Seele abgeneigt,
hat er alö Exeget, mit allen dazu nöthigen Mit;
teln ausgerüftet, ben Sinn der Schriftmit feltener
Unbefangenheit und Schärfe erforicht, ala Dog:
menhiftorifer bie Urbildung und Entwidlung der
religiöjen Denkarten in einem Umfang und mit
einer Feinheit wie nur Wenige erfannt und
verfolgt, ais Syftematiter nicht jowohl in durch⸗
greifender Drganifation der von ihm vertretenen
Disciplinen, aber defto mehr durch tiefes Ein:
bringen in ihr zarteres Gewebe Ausgezeichnetes
geleitet und immer an dem Grund des Evange:
liums gehalten, welches ihm Kraft und Sade
Gottes zur Seligkeit war.” (E. Schwarz bei Her:
309.) — Sein Bruder, Karl Wilhelm, ein befann:
ter Philolog, gab einige religiöje Schriften (3. B.
bie unfihtbare Kirche) heraus,
Baumgartend Berfolgung. Michael Baumgar:
ten, geb. 1812 in Schleswig, wurde 1850 ala Pro:
feſſor der Theologie nad) Roftor berufen, gerade
in ber Zeit als dort die politifche und Firchliche
Reaction, letztere unter der Leitung Kliefoths und
Krabbe's, ihren Anfang nahm. Baumgarten, ein
Mann, ber rüdfihtslos dem zu folgen pflegt, was
er als recht erfannt hat, fand ſich troß feiner or:
thodoren, an die Meife von Klaus Harms erin-
nernden Richtung bald in Widerfprud mit dem
herrſchenden Syſtem. In feiner Schrift „Nacht:
gefihte Sacharja's“ 1854 wollte man dogmatiſche
und politiiche Heterodogie finden, und der Land:
rath von Maltzahn ftellte, wenn auch vergeblich, bei
ben Landftänden den Antrag auf Yaumgartens
Entlafjung aus der Prüfungscommiffton. Dies
und fein freimüthiges Auftreten auf einer Pfarr:
ſynode zu Parchim 1856 gegen Einführung jüdi-
fer Grundfäge in der Sabbathjeier erregte die
Leidenfhaften gegen ibn. Eine Brüfungsfrage,
die Baumgarten aus Anlaß von 2, Kön. 11, 4—
16 über die Berechtigung der Revolution in arg:
lofer, aber unvorfichtiger Weife ftellte, gab bie
Veranlaffung, ihn aus der Prüfungscommilfton
1856 zu verweifen. Am 6. Januar 1858 wurde
er auf einen durchaus ungerechten Bericht bes
Oberlirchenraths hin, der ihn als einen gefähr:
lihen Menſchen Tennzeichnet, feines Amtes ent:
fegt, jedoch unter Belafiung jeines Gehalts. Bol.
Baumgartens Schrift „Eine firlide Krifis in
Mecklenburg“. Auf die Entjegung folgte eine
ganze Reihe gerichtlicher VBerfolgungen wegen au:
74
Baur
geblicher Preßvergehen; ſechs Mal wurde Baum:
arten gerichtlich belangt, mit Gelb oder mit Ge:
Fängni beftraft; fogar für die Herausgabe von
amtlihen Actenftüden. Bal. H. 9. Studt, ber
treue wadere Zeuge Brof. Baumgarten, Altona,
Baur, Ferdinand Chriſtian. Geboren zu
Cannftadt, den 21. Juni 1792. Profeſſor am
Seminarzu Blaubeuren 1817, nad Tübingen als
Profeſſor der Theologie berufen 1826, Geftorben
den 2. December 1860. Durch großen kritiſchen
Scharfſinn, ſowie umfangreihe Gelehrjamteit
und zahlreiche literarijche Arbeiten einer der ber:
vorragendften Theologen unferes Jahrhunderts.
Nach einigen früheren Schriften über Symbolik
und Motdologie, fowie einer Gegenſchrift gegen
Möhler, wandte fih Baur mit Vorliebe ber Er-
forschung und Unterfuchung des Urchriſtenthums
zu, wodurd) er von bleibender Bedeutung für die
Entwidelung der Theologie und Stifter einer
theologischen, der jogenannten Tübinger Schule,
geworden ift. Seine Gombinationen auf dem Ge—
biete der neuteftamentlichen Kritik find oft glän-
zend, doch vermißt man nicht felten einen unge:
trübten gefhichtlihen Blick; und auch feine treue:
ften Anhänger haben nicht leugnen fönnen, daß
er fih von feinen philojophiichen Borausjegungen
aus zumeilen gewaltfam mit entgegenftehenden
gefhichtlihen Thatfahen abzufinden wußte. Der
Grundgedanle, der jeine Arbeiten durchzieht, ift,
daß das Chriſtenthum nicht einheitlich in die Welt
getreten, fondern daß dem Urchriſtenthum, weis
es darin aufgegangen jei, in Jejus den verhei-
benen Meffias der Juden zu erlennen, in Baulus
ji) eine andere Richtung entgegengeftellt habe,
welche im Ghriftenthum eine Univerjalreligion
verfündigte, die dann innerlich die Geredhtigteit
aus dem Glauben erfaßte und die freiheit vom
Geſetz zum Schibboleth hatte. Dieje Richtungen,
welche anfangs fich entjchieden belämpjten, wur:
den im Abendlande wie in Kleinafien durch
mande Einflüfje genöthigt, ji einander zu nä-
—— und Compromiſſe einzugehen, bis ſie in der
atholiſchen Kirche ſich zuſammenſchloßen. Einen
ſolchen Entwicklungsgang rückwärts zu verfolgen,
war die Aufgabe der kritiſchen Forſchungen Baurs
und ſeiner Schüler; die von früheren ſich weſentlich
dadurch unterſcheiden, daß fie auf den Gejammt:
gedanteninhalt und die daraus zu erſchließende
Tendenz der Schriften des N. T. ein befonderes
Gewicht legen (daher der Ausdruck Tendeuzfritik),
menn die Frage nad) dem Berfafjer und der Ent:
ftehungägeit beantwortet werden ſoll. So wurden
die meiften der fanonifhen Bücher zu Tendenz:
ſchriften gemacht, die den Widerjprud zwiſchen
dem Judenchriſtenthum der Urapoftel und dem
Paulinismus theils darjtelen theils verjöhnen und
verwijchen follten. Hat auch Baur jelbji mand)e
von feinen früheren Behauptungen gemildert
und aurüdgenommen, haben namentlih aud) die
Arbeiten feiner Schüler und Anhänger in ber
Evangelienfrage ein höheres Alter der heiligen
Schriften anerfennen müfjen, jo daß im Ganzen
die Anſichten der Schule eine erheblide Modifi-
cation erlitten, jo hat fie doch das Verdienſt,
wichtige 7* angeregt und den Blick der For⸗
ſcher, mehr als früher der Fall war, auf den
theologiſchen Gehalt der einzelnen neuteftament-
lichen Schriften hingerichtet zu haben. Die
Bautain
perſönliche und wifjeniaitliche Bedeutung Baurs
und die aufrichtige Wahrheitäliebe, mit der er
feine Forihungen, unbelümmert um den Ausfall
ihrer Ergebnifje, muthig durdführte, wird aud)
von folden feiner kirchlichen Gegner anerkannt
werden, die nicht nur feine wirklichen Uebertrei«
bungen und fehler belämpften, ſondern aud) die
Wahrbeitselemtente, die in manden feiner Auf:
ftellungen liegen, fid) nicht anzueignen wußten.
Die Haupticriften Baurs find folgende: Ueber
das manichäiſche Religionsiyften, 1831. Chriſt⸗
liche Gnoſis, 1835. Die ſogenannten Paſtoral⸗
briefe des Apoſtels Paulus, 1835. Der Gegenſatz
des Katholicismus und Proteftantismus, 1836.
Die Lehre von der Verſöhnung, 1838. Die Lehre
von der Dreieinigfeit, 1841—43. Paulus, der
Apoftel Jeſu Ehrijti, 1845. Lehrbud) der Dogmen:
geſchichte, 1347. Kritifche Unterfugungen über bie
lanoniſchen Evangelien, 1847. Das Chriſtenthum
und bie Kirche der erften 3 Jahrhunderte, 1
3. Aufl. 1863. Fortfegung dieſes Wertes bis
zum 6. Jahrhundert, 1859. Nad) des Verfaflers
Tod von Zeller herausgegeben: Kirchengeſchichte
des Mittelalters, 1861. Kirchengeih. des 19,
Jahrhunderts, 1862. Borlefungen über neuteft.
Theologie, 1864. Borlefungen über Dogmenge:
ihichte, 1865. Vgl. Zeller, Vorträge und Abhand:
lungen, Leipzig, 1865.
tein, AbbE in Straßburg, ber wegen ber
Behauptung, daß die Dogmen nur geglaubt wer:
den müßten, nicht begriffen werben könnten, zum
Widerruf gezwungen wurde, 1834.
Bazrter, Richard. Geb. 1615. Als Vicar zu Kid:
ichnete er fich ſchon durch eifrige praf: | theilte
berminfter zeich
tiſche Thätigfeit aus, verließ bie Stelle, um als
Feldprediger 1642 das Parlamentäheer zu beglei-
ten, und trat dann in Hibderminfter wieber ein,
bis er, ein ftrenger PBuritaner und Nonconformift,
in golgeder Uniformitäfß-Mete eine Stelleverlaffen
mußte. Seine Muße verwandte er zu ſchriftſtelleri⸗
ihen Arbeiten, deren eine ihm unter Jakob eine
längere Gefängnißitrafe zuzog. Barter, jelbft aus:
gezeichnet als praftifcher Gei —— bat ſein Ideal
eines ſolchen in dem Reformed Pastor gezeichnet.
Belannter noch ift feine „ewige Ruhe Heili⸗
gen“ (the Saints’ everlasting rest). Er ſtarb 1691.
Barterianismms ift der milde Calvinismus, ben
Barter vertritt, der eine Präbdeftination des Einen
zur Seligteit befennt, aber für den Andern feine
göttliche Berwerfung annimmt.
de Bay oder Bajus, Michael. Geb. 1513 in
Relin, wurde nah Bollendung feiner Studien
Auffeher im Collegium Standent zu Löwen und
Profefior (1551), wo er mit feinem Collegen Heſſels
die Auguſtiniſchen Lehren von ber Unfähigkeit des
Menihen zu allem Guten, der Nichtverdienftlich-
feit der Werte und der ausfchließlichen Wirkſamke
der göttlichen Gnade vortrug. Ihre Gegner,* die
Franciscaner, ftellten 18 Sätze zufammen und
erwirkten eine formell fehr verbäcdtige Berwer:
[ung durch die Sorbonne. Beide, geſchiltzt durch
Cardinal Granvella, blieben jedod) in ihren
Aemtern, und murben fogar zum Goneil nad
Trient geſandt, 1563. Als de B. von Neuem über
den freien Willen und das Verdienft der Werte
ihrieb, verwarf 1567 Pius V. 76 Säte als irrig
und —— legte den Parteien ——
auf. Die Bulle wurde erſt fpäter publicirt, als
de B. in feinen Vorlefungen die Süße zwar ver:
75
Bayern
warf, aber nicht als bie jeinigen anerfannte und
auch die Echtheit der Bulle ſelbſt bezweifelte. Gre—
gor XIII. publicirte fie aufs Neue, wie er fie in
den Negiftern Pius’ V. gefunden hatte. Doch fand
de B. Schuß bei der Facultät und blieb in a
und Anjehen; wurde jogar 1577 Großinquifitor
der Niederlande. B. ift der —— des Janſe⸗
nismus. Er ſchrieb u. X. De libero hominis arbi-
trio, De charitate, justitia et justificatione, De
peccato originis. Seine Schriften find heraus:
gegeben von Gerberon 1596. Bal. F. 9. Linſe⸗
mann, Michael Bajus, Tüb. 1867.
Bayern. Die Einführung und Ordnung der Tas
tholiſchen Kirche muß auf Bonifarius zurüdgeführt
werden. Allerdings gehen die Zeugnifle für den
Beſtand des Chrijtentfums im heutigen Bayern
in bie Römerzeit hinauf, wie die Legenden von
er heil. Afra und dem heil. Fabian und die Ge:
ſchichte des heil. Severin zeigen, zu deſſen Zeit die
. | katholijche Kirche als die herrichende ericheint. Aber
mit dem Rüdzug der Römer 448 und der Einwans
derung ber Bojaren zerfielen bie Gemeinden unter
ber Uebermacht des Heidenthums und des Aria:
nismus. Neuen Eingang fand das Chriftenthum
theild durch die brittiſchen Miffionare von der
Schweiz aus, theild duch fränkiſche (Emmeran,
‚Corbinian), und in der Mitte des 7. Jahr:
hunderis ift es bereitö ſehr verbreitet; aber in der
verichiedenen Heimath ber Miffionare, in dem Ver:
fehr mit den Longobarden und anderen Einflüffen
ift e8 begründet, daß zu Bonifacius’ Zeiten
Land als von Häretifern, Schiämatifern und aller:
lei Unordnung beläftigt gefchildert wird. Bonifacius
da3 Land in 4 Bisthlimer, Salzburg, Re:
gensburg, Freifing, Paſſau, und beförderte die Er:
richtung von Klöjtern, durch deren Anzahl Bayern
fic) ſeitdem ausgeichnete. Die Reformation fand an
den bayerifchen Fürften von jeher den entſchieden⸗
ften Widerftand, fie beriefen zuerft die Jejuiten
nad Deutſchland und übergaben ihnen die Univer-
fität Ingolftadt; jelbft die Inquiſition wurde tr
des Proteftes der —— ae ‚und bei
Strafe die Ablegu es tridentiniihen Glau:
bensbelenntniffes und der Beſuch der Meſſe ver:
langt. Nach dem dreißigjährigen Kriege Pie
Marimilian dad Borbild Defterreihs, in Be:
Ihränfung der den BProteftanten zugeficherten
Rechte. Bon bejonderer Bedeutung für bie Herr:
fchaft bes päpftlihen Syſtems in Deutichland
wurde außerdem Bayern dadurch, Daß ber erzbi *
liche Stuhl zu Köln eine Reihe von Jahren hin:
durd nur mit bayerijchen Prinzen bejegt ward.
Die evangeliiche Kirche Bayerns findet fich daher
nur in den frühern freien Nei —— und un⸗
mittelbaren Gebieten, ſowie in Anſpach, Bayreuth
und der Pfalz. Sie zerfällt in die proteſtantiſche
Kirche diesſeits und jenſeits bes Rheins (Pfalz).
Jene ift — mit einzelnen reformirten Ge:
meinben, dieſe jeit 1819 umirt und hat eine ſynodale
Berfaffung nach der Revifion von 1849. Als die
Beichlüffe der Generalfynode von 1853 und Edicte
be3 Kirchenregimentes die frühere Befreiung vom
Symbolzwang beſchränkten und 1856 ein neues
orthodores Geſangbuch einführten, ohne auf ent:
gegenjtehende Wünfche der Gemeinden Rüdjicht zu
nehmen, bildete fi der Taufende von Mitglievern
zählende Proteftantiiche Verein, und in Folge der
Aaitationen in den Gemeinden ſah ſich das Kirchen:
regiment genöthigt, einen Berfonenwechjel eintreten
Bayle
zu laſſen und den Beichlüffen ber neuen Sy:
nobe, welche die Titurgifche Freiheit ber Gemein:
den wahrten, beizutreten, ohne jedoch die rg
Aenderung der Verfaſſung ron zu bewilligen. Be:
fannt ift, daß die bayeriſchen Proteftanten fich
lange Zeit über das Kniebeugungsgeſetz und über
das Verbot bed Guftav:Adolf:Bereins zu beflagen
hatten.
Bayle, Peter. Sohn eines reformirten Geift:
lichen, geb. 1647, ftubirte bei den Sefuiten zu
Taulaufe Philofophie. In der Ueberzeugung von
der Unhaltbarkeit mancher reformirten Lehren trat
er zum Katholiciömus über; fein Scharfjinn und
feine Wahrheitöliebe fanden ſich jedoch noch wenis
ger bei der jeſuitiſ Dogmatik befriedigt und
nad) 17 Monaten kehrte er wieder um und ftudirte
in Genf Eartefiihe Philofophie. Darnach war er
au ber Vhilojophie zu Sedan 1681 und zu
Rotterdam, bis er 1693 feined Amtes entjekt
wurde, als ihn fein College Jurieu beichulbigte,
burd) die ihm zugefchriebene Schrift Avis impor-
tant aux röfugies fih an die Spike einer Ber:
ſchwörung zu Gunften Ludwigs XIV. gejtellt zu
rei Seine Muße benugte er nun zur Herausgabe
eined® Dictionnaire historique et eritique. In
biefer wie in feinen übrigen Schriften ſieht feine
große Gelehrjamkeit im Dienfte der Stepfis und
der Kritif. Da er Gewißheit der Wahrheit haben
wollte, jo betrachtete er fie von allen Seiten und
tellte die möglihen Einwände und Zweifel auf,
urch mußte er dem fejtgewurzelten Dogmatis:
mus jeiner Zeit als Feind des Chri 8 er:
—— Sein Commentaire philos. sur ces paro-
es de l’Evangile: contrains-les d’entrer ijt eine
Vertheidigung ber Toleranz. + 1706.
Bazra. S. Bozra.
Bdellium. 573 1.Mof. 2,12, 4.Mof.11,7;
BIAN«, wird meiftnad) Borgang ber Alten für das
durchſichtige, wohlriehende Harz einer in Arabien
= wachſenden Palmenart gehalten. Nicht zu
illigen ift die Erklärung durch Perlen. Laſſen er:
lennt barin ben Moſchus.
Bealoth. Stadt im füdlichen Theil ded Stam:
mes Juda, Sof. 15, 24.
Beaten hießen in Spanien bie Tertiarierinnen,
weldye freiwillig bie drei Kloftergelübde beobad):
et
teten.
Bentification, Die Borftufe ber Kanonifation
(. d. A.), ift die nad vorhergegangenem Prozeß
erfolgte feierliche Erflärung des Papftes, daß Je:
mand um feiner heroifchen Tugenden und der von
ihm ausgegangenen Wunder willen für felig zu
erachten ſei und als folder in einem beftimmten
Diftrict in befchriebener Weiſe angerufen und ver:
ehrt werden bürfe.
Beatus. Presbyter und Abt von Lipana,
Hauptgegner der Adoptianer (785).
Beaumont. Erzbifhofvon Paris, verweigerte im
janfeniftiichen Streit allen Denen die Sterbefacre-
mente, welche die päpftliche Bulle „Eonftitution“
nicht auädrüdlich anerfannten (1752).
Beaufobre. Geb. zu Niort 1659. Nach der Auf:
bebung des Edicts von Nantes mußte er fliehen,
wurde franz. Prediger zu Deſſau, 1694 zu Berlin,
geft. 1738 ala —— Kabinetsprediger
und Director des franz. Hauſes und Inſpector der
franz. Kirchen. Einer der ausgezeichnetſten Predi⸗
ger der franz. reformirten Kirche. Ueberſetzte das
76
Becket
Neue Teſtament, um die alte fehlerhafte Marotſche
Ueberſetzung zu verbeffern, bearbeitete, um eine
umfafjende Geſchichte der Reformation zu gewin⸗
nen, bie Geſchichte der Secten des Mittelalters
— — den Unterſchied darzuſtellen, die der Ma»
nichäer.
ebel, Heinrih. Geb. 1472 zu Juſtingen in
Schwaben, geft. 1516. Profeffor der Beredfamteit
in Bafel. Gehört zu dem Kreife der Humaniften,
welde die Reformation vorbereiten halfen, wozu
Bebel durch feine ſcharfen und wigigen Sittenfchil:
derungen und die Ermahnungen, bas Neue Ihe s
ment in der Grundiprache zu lejen, viel beitrug.
—— Leopold von. Geſt. 1363, ſeit 1352
Biſchof von Bamberg. Bertheidigte den ——
den der Kurverein zu Renſe 1338 adoptirte, daß
der römifche König feine Würde nicht vom römi-
Ken Stuble, fondern von der Wahl der Kurs
en berleite.
8. As Johannes X. Patriarch von Con⸗
ftantinopel. Als Großfanzler der Patriarchallirche
widerſetzte er ſich den Verſuchen bed Kaiſers Michael
Paläologus zur —— mit ber abendländt:»
ſchen Kirche durch das Concil zu Lyon 1274. Des:
en ins Gefängniß geworfen, änderte er feine Ans
ichten und wurde zur Belohnung zum Patriarchen
ernannt. Dem hierdurch erregten Aergerniß aus⸗
zumeichen, legte er feine Würde nieder und ging
ins Klofter, ohne feine Unionsbemühungen aufzu⸗
eben. Bei dem Umſchwung der Stimmung am
Ste, nad) dem Tode des Michael, wurde er nach
Bithynien verbannt und ftarb im Elend 1298.
eder. ©. Belter.
Bedet, Thomas. Erzbiſchof von Canterbury. Der
Borfechter der Rechte und Freiheiten ber Kirche in
England, 308 als Züngling die Aufmerkfamteit des
Erzbiſchofs Theobald von Ganterbury auf fidh, der
ihn zur Belohnung für die Ausführung wichtiger
Aufträge zum Archidiafonus madte und ihn dem:
nächſt bem König Heinrich II. empfahl, als das Amt
des Kanzlerd erledigt war. Den Anforderungen
auch dieſes Amtes gab fi) Bedet ungetheilt hin
und richtete fich völlig nach den Wunſchen bed Kö—
nigs, ohne jedoch jemals den Rechten der Kirche
etwas zu vergeben. In ber —— ein ee
Werkzeug an ihm zu haben, —— er König ſeine
Wahl zum iſchof von Ganterbury und Primas
bes Reiches. Mit der Annahme des Amtes än-
derte er feine Lebensweiſe und ſcheinbar auch feine
Grundſätze; ur ein Höfling, der des Königs
Wuünſche ausführte, wurde er nun ein Aälet, der
dem Könige widerſtand und bie Rechte des Bapftes
und der Kirche vertheibigte. Der Conflict brad) bald
aus. Bon einer Verſammlung der Geiftlihen 1163
verlangte der König die Berzichtleiftung auf die Ere-
cution der Gerichtäbarkeit. Alle fügten ſich, nur
Becket wiberftand; die Anerlennung ber von ben
Vorfahren ererbten Rechte ded Königs (consue-
tudines avitae) fnüpfte er an den Vorbehalt: unbe:
ſchadet der Rechte der Kirche. Zwar verſprach er
enblid die Gonftitutionen von Clarendon (1164)
anzunehmen, d. h. 16 Artikel, welche die Freiheiten
der Geiftlichen beſchränkten, bie —— Gewalt
erweiterten; aber nachdem er die Urkunde noch
einmal geprüft, weigerte er ſich entſchieden. Vor
ein Concil zu Northampton vorgefordert, weigerte
Becket ſich, zu erſcheinen, und floh nad Frankreich
um Papſte Alexander III. nad Send. Bis zum
Fahre 1170 währte der Kampf zwifchen dem Könige
Beda
und bem flüchtigen Primas, der von ber einen
Seite mit Gewaltmaßregeln, ſelbſt gegen Beckets
Freunde und Verwandte, von der andern mit Bann
und Interdict geführt wurde. Selbft verſchiedenen
päpftlihen Vermittlungsverſuchen fette Becket
feine Unbeugſamkeit entgegen, bis Heinrich die Con⸗
ftitutionen fallen ließ. Als aber die Rüdgabe der
Kirchengüter verweigert wurde, erklärte der nad)
Canterbury bereits zurückgekehrte Bedet, er habe
nur dem Wunfche des Papftes nachgegeben, werde
aber fein Recht der Kirche aufgeben und die Biichöfe,
die auf Seiten des Königs in den Bann get
feien, * nicht löſen, bis Alles erflillt ſei. Der
König ließ im Zorn ein Wort der Hoffnung fallen,
von Becket erlöjet zu werben, auf das hin 4 Rit—
ter denjelben in feiner Kathedrale erichlugen, 29.
December 1170. Der Bapft erflärte ihn für einen
Märtyrer, der König pilgerte ald Büßender zu
feinem Grabe und räumte ber Kirche Alles das
ein, wofür Bedet fein Leben eingefegt hatte. Buß,
der h. Thomas 1856. Brijchar, Tüb. Quartalſchr.
1852. Morris, Life and martyrdom ofS. Th.1859.
Beda. Venerabilis (der Ehrwürdige). Wurde
eboren 674 auf dem Gebiete bes Klofters zu
Besrmouth und in feinem 7. Jahre dem Abte
Denedict zur Erziehung eben; von hier in dad
Kiofter Jarrow übergefiedelt, hat er daſſelbe nie
wieder verlaflen; in demjelben zum Briefter ge:
weiht, fand er feinen Beruf ald Lehrer der Kloſter⸗
ſchule und ala Schriftfteller. Sein Beiname be:
ku, welchen Eindrud jeine tiefe ————
ine anſpruchsloſe Demuth, fein ſittlicher ſt
bei feinem ausgebreiteten Wiſſen auf die Beitge
nofjen gemacht hat. Außer feinen vielen exegetiſchen
i find bejonders feine firchenhiftoriichen
(Historia eccles. gentis Anglorum) zu bemerfen,
in denen er bie Zeitberechnung des Dionyfius
weiterführte und zu deren allgemeiner Annahme
mitwirfte (De sex aetatibus mundi). In der Aus:
der Schrift folgt er faft immer der alle:
geriſchen Auffaffung. Ein Berzeichniß feiner Schrif:
ten (fte erfchienen 1544 in Paris, 1563 in Bafel,
Fe in Köln), ha das ganze est ——
iſſenſchaft umfaſſen, hat Beda ſelbſt im Anhang
———— gegeben. Vgl. Gehle, De
Ven. vita 1838.
Bedan. 1. Sam. 12, 11. Zwiſchen den Rich⸗
tern Jerubbaal und Jephta genannt, im Buche ber
Richter wird aber Niemand diejed Namens aufge:
führt. Schwerlich ift mit den LXX zu leſen Barat,
der in die Ders nicht paßt; noch mit den Rab:
binen Bendan = Simfon; eher mit Gefenius und
u. an Corrumpirung bed Namens Abdon zu
en.
Beeljebub. 2. Kön. 1, 2. 3. 16. Eine phöni:
de Gottheit (f. d. Art. Baal), im Neuen Tefta-
mente, Matth. 12, 24, der Oberfte der Dämonen.
Entweder ift anzunehmen, daß der alte heibnifche
Bott den Juden ohne Weiteres zum Teufel wurde,
wie in den Teufelsfagen unſers Bolfes bie alten
heidniſchen —— ſpulen, oder wenn die Les:
art ber meiften Codd. richtig ift und gelejen wer:
den muß Beelzebul, zu unterjcheiden ng der
„Miftgott”, die einen jüdiſchen Wortwik
ennimmt, und der Deutung „Herr ber Wohnung”.
Der Herr der Wohnung joll nad) Jahn u. U. der
dert der Lichtregion fein, nach Movers ber Saturn
er babylonifche Bel. Bunfen nimmt Wohnung
glei Abgrund, Hölle.
77
Begräbniß
Beer. 1) Nicht. 9, 21 floh dahin Jotham vor
Abimeleh. — 2) Eine Station der Siraeliten,
4. Mof. 21, 16—18, wo die Freude über den ge:
mwonnenen Brunnen im Lieb fi ausfprict.
Beeroth. Heimath der Mörder des Isboſeth,
2. Sam. 4, 2. Heute El Bireh, nördlich von Jeru:
falem. Der Ort gehörte zu Gibeon, wurbe aber
ju Benjamin gerechnet, 2. Sam. 4, 3.
Beerſeba. Siebenbrunnen, 1. Mof. 26, 33 ge:
deutet Bundesbrunnen. Stadt im Stamme (Juba,
of. 15, 28, fpäter) Simeon, of. 19, 2. War die
enzſtadt Jirael3 und daher häufig genannt, um
die äußerfte Ausdehnung von Norden nad) Süden
zu bezeichnen: von Dan bis Beerjeba.
Beeſterah. Levitenftadt in Manaffe, jenfeits bes
YJordans, of. 21, 17; 1. Chr. 6, 56 Aſtaroth
genannt. Bulg. Bosra, LXX Booop«, heute
Boftra.
Beghinen. Begharden. Genofienihaften von
—— die ohne ein Gelübde abzulegen einem
ommen Leben ſich weihten, bildeten ſich, angeregt
durch ben Prieſter Lambert Le Boͤgue, gegen das
Ende des zwölften —— und verbreiteten
fi namentlich in den Niederlanden und am Rhein.
Sie lebten in einem Beghinenhofe, einem Compler
Heiner Häufer, von denen jedes 1 ober 2 Beahinen
bewohnten, in einer gewiſſen Gemeinſchaft bes
Bermögens, in Gehorfam unter einer ſelbſtgewähl⸗
ten Borfteherin; meiftens hatten fie eine eigene
Kirche mit einem Pfarrer. Bald bildeten fich ähn-
lihe Männergejellichaften, Begharden. Später
famen die Begharden in vielfahe Berührungen
mit ben Brüdern des freien Geiſtes, auch verbargen
fi unter ihnen Ketzer und Schismatiler, fo daf
fi die Verfolgung der Kirche gegen fie richtete
und Clemens V. auf dem Eoncil zu Bienne ihre
Unterdrüdung befahl; fie retteten fi durch den
Anſchluß an die Tertiarier bes Dominicaner: und
Franciscaner:Orbend. Die Reformationszeit hob
mn. die Begharbenhöfe auf, an einzelnen Or:
ten, 3. B. Bremen, ließ man fie unter veränderter
Geitalt ald proteftantifhe Stiftung fortbeftehen.
Eigentliche Beghinenhöfe giebt es nur noch in Bel:
gien. Bon ihrer frühern Verbreitung zeugt, daß
am Niederrhein noch heute Beghine die Voltäbe:
zeichnung für alle Religiöfen ift.
erde. Die Erregtheit von Empfindung unb
Trieb im Menſchen nad) einer beftimmten Richtung
bin (Efien, Trinken, Geldu. ſ. w.). Diejelbe ftammt
aus der jinnlich:felbjtjüchtigen Natur des Men:
en und ift ein Zeichen, daß letztere in unrichtiger
ife überwiegt. Die hriitlihe Moral fordert da⸗
er ihre Ueberwindung. Gal.5,24; Röm. 6, 12;
01. 3, 5; Matth. 18, 9.
Begiertaufe. Da die Kirche die Seligleit an
bie Taufe bindet und ſich doch nicht zu der An:
nahme verftehen konnte, daß Jemand der zwar
ohne die Taufe zu erlangen, aber mit dem Wunfche
etauft zu fein ftürbe, der Seligteit verluftig geben
ollte, jo jegte fie den Wunſch der wirklichen Taufe
gleich und nannte dies Begiertaufe, Baptismus
aminis.
Begrüäbniß. Bei den Hebräern beftand die Be:
ftattung zu allen Zeiten im Begraben. 1. Moſ.
23, 19; Apftg. 5,6. Das Verbrennen der Leichen
gehörte entweder p ben fchimpflichen Todesſtrafen,
3. Mof. 20, 14; 21,9, oder wurde durch bejondere
Umftänbe geboten, Amos 6, 10. 1. Sam. 31, 12.13
folgt dem nen bad Begräbniß der Gebeine.
Begräbniß
Unbegraben zu bleiben, jo daß bie Leiche ein Fraß der
Raubthiere wurde, galt für den größten 4
daher es eine Mebung der Frömmigleit ift, verlaſ⸗
fene Todte zu begraben. Cigentlihes Einbal:
fantiren it felten, 1.Moj. 50,2, gewöhnlich wurden
aber zwiſchen die Binden, mit denen man ben
Leichnam ummwidelte, wohlriechende Spezereien ge:
legt oder aud) auı (Grabe verbrannt. Die Leiche
wurde auf einer offenen Bahre hinausgetragen,
die Verwandten begleiteten fie, Klageweiber folg-
ten. Die Gräber waren künſtliche oder natürliche
Höhlen, mit einem Stein verſchloſſen; nicht jelten
zur Seite und am Ende mit Begräbnißiammern
umgeben. Die Sitte der Erbbegräbnifje iſt uralt,
da fon Abraham fich ein ſolches kaufte.
Bon der driftlihen Kirche wurde bie jü-
diſche Sitte des Begrabens im Anſchluß an die
Hoffnung der Auferftehung übernommen; das
römijche Verbrennen wurde bald als heidniſcher
Brauch förmlich verboten. Als Drt des Begräb-
niſſes ift eigentlich der Pla rings um die Kirche
üblid) ; ald Auszeichnung galt immer das Begräb:
niß in der Kirche, bis es von der bürgerlichen Ge—
ſetzgebung unterfagt worden. Jedenfalls muß nad
lanoniſchem Rechte der Ort ein geweihter fein.
Der Regel nach wird ein Jeder in —— Parochie
oder an dem Orte ſeines Todes beſtattet; die Wahl
eines andern Ortes unterliegt Beſchränkungen mit
Rückſicht auf die der Kirche des Ortes zu entrich—
tenden Gebühren. Die kirchliche Begräbnißfeier bei
den Katholifen zerfällt in 3 Theile: die noeturna
pervigilatio, das Ausftellen der Leiche im Sarge,
wobei Pjalmen gebetet werden und Freunde und
Nachbaren Antheil nehmen; die Beerdigung, wo:
bei Crucifix und Lichter vorgetragen und Palmen
—— werden, Sarg und Grab mit Weihwaſſer
eſprengt und die erſte Scholle auf den Sarg vom
Prieſter geworfen wird; und die Seelenmeſſe. Bei
den Proteftanten gelten im Allgemeinen biejelben
Grundfäge über ben Drt des Begrabens, doch fen:
nen fie natürlich nicht die Bedingung des gemeih:
ten Ortes; die eier befchräntt ſich auf Gejang,
Gebet und Rede am Grabe, häufig in der Kirche
(Leichenpredigt), nicht felten Beides verbunden, aud)
wird noch eine Anſprache an die Leidtragenden
(Parentation) hinzugefügt. Die Feierlichleit des
Begräbnifjes gilt als Ehrenrecht, welches nur den
Gliedern der Kirche zulommt, daher bei den Ha:
tholifchen ausgeſchloſſen find ungetaufte Kinder
und Ercommunicirie de jure und de facto, Das
proteftantifche Kirchenrecht verweigert die eier
ebenfalls den Ercommunicirten, d. 5. den vitandis.
Die neuere Zeit hat auch hier die ältern Gewohn—
heiten zu erneuern geſucht und namentlich) den
Selbftmördern das kirchliche Begräbnik verwehrt.
Wenn man fich dabei auf den Sak bezieht, den
Nitzſch, Pralt. Theol. I, 299, ausfpridht, daß man
ben Tod unerbaulicher Berjonen nicht feiern könne,
jo follte man nicht überfehen, was eben dort folgt,
und den unbedingten Ausſpruch corrigiren, daß
die Gemeinde in der Theilnahme an diejen Ge:
ſchick die theilnehmende Liebe an den Hinterlafjenen
jeiert, und fie nur zu häufig die Verfchlingung des
Unbeils mit ihren eigenen unvollfommenen Zus
ftänden leidtragend anerfennen mul. Das Ve:
gräbnig auf dem Kirchhof einer fremden Confeſſion
bat in den legten Decennien oft Gelegenheit zur
Heußerung des Fanatismus gegeben. Das Grab
müßte nie verweigert werben; freilich ift einer ka⸗
718
Beichtgebot
tholifchen Gemeinde ebenjomwenig zuzumuthen, au;
ihrem kirchlichen Cigenthum die Ausübung eines
fremden Ritus zu dulden.
Behemoth. S. Nilpferd.
Beichtbücher hatten den Zweck, den Prieſtern
einen Maßſtab für die den Beichtenden aufzulegen:
ben Buhübungen an bie > zu geben, enthalten
aljo die Sünden und bie je nad) der Perſönlichkeit
aufzulegenden Bußwerte, wie das Herkommen oder
ber Vorgang einer Autorität fie beftimmt hat. Die
Grundlage der Beichtbücher oder Pönitentialbücher
bildete das Regifter des Theodor von Ganterburp,
das in demſelben enthaltene Bußrecht wird unter
dem Poenitentiale Romanum verjtanden.
Beichte, d. h. Bejahung, Bekenntniß. Nach ka—
tholiſcher Lehre iſt die Beichte, d. h. das geheime
Belenntniß aller nad) der Taufe begangenen Tod⸗
jünben, deren fi der Sünder bewußt wird, eine
von Gott angeordnete Bedingung zur Vergebung
der Sünden. Dies Bekenntniß fann gültig nur
einem geweihten und approbirten Priefter abge-
legt werben, es muß reumüthig, vollftändig und
mündlich fein. Der Mangel macht die Abjolution
ungültig. Der Strenge diejer Bejtimmungen fteht
der Sa gegenüber, daß bie formale Bolljtän-
digfeit hinreicdhe, wenn die materiale unmöglich
oder unzuläffig ſei; fie ift dies aber fchon, wenn
durch das Belenntniß ein großer Schaden zu be-
fürdten ift. Dem Beichtenden ertheilt ber Priefter
die Abjolution nad) erfolgter Uebernahme ber Bu:
ben frajt der ihm übergebenen Gewalt. Das Beicht:
ſyſtem Hat fich in der Kirche nur allmählich ent:
widelt. In der alten Kirche forderte die Bußdis—
eiplin bei öffentlichen Vergehen das Belenntnig vor
der Gemeinde. Als mit der Annahme befielben ein
bejonderer Klerifer beauftragt war, ſchaffte dies
Nektarius von Conftantinopel 390 der Mißbräuche
wegen ab und überließ es Jedem, jeinen Beichtiger
zu wählen. Nach Leo’s I. Weifung joll das öffent:
liche Bekenntniß nicht mehr gefordert werben, es
genügt das geheime an den Priefter; aber noch
wird dies nicht ald Bedingung hingeftellt, dad Be;
fenntniß an Gott wird noch für genügend erachtet,
bis das Lateranconcil 1215 bei Strafe des Bannes
jedem Katholifen gebietet, einmal im Jahre, um
bie Dfterzeit, feinem Pjarrer alle feine Sünden zu
beichten.
Die Reformatoren erklärten ſich unbebingt gegen
die Obrenbeichte als eine Beſch ber Gemij:
jen. Ganz verſchieden von ihr ift bie auch von
Zuther empfohlene Privatbeihte, Die weit weniger
ein allerdings freigelaſſenes Belenntniß der Sün-
den fein foll, alö eine feeljorgerifche Belehrung
und Beiprehung, auf deren Grund dann die Gna—
denzuſicherung (Abjolution) ausgeiprochen wird.
In der Sitte iſt die Brivatbeichte allerdings in der
lutheriſchen Kirche meist zu einem formellen Sün:
denbefenntnig geworden. Luther felbft proteftirt
aber dagegen, auch nur dieſe Beichte zur Bedin—
gung der Zulafjung zum Abendmahl zu machen.
In der reformirten Kirche ift an die Stelle der
Beichte ein Vorbereitungsgottesdienft getreten mit
dem allgemeinen Sündenbelenntniß. Die Wieder:
einführung der Privatbeichte in der Iutherifchen
Kirche ift von vielen Seiten ernſtlich verjucht, aber
mit wenig 510: Kirchentag zu Bremen 1852.
Beichtgebot. War auch die Beichte vor dem Ge:
nuß bes Sacraments längft allgemeine kirchliche
Sitte, fo bejtiminte doch erft das Lateranconcil
Beichtgeld 79
1215 in dem Canon omnis utriusque sexus, daß
Jeder jährlicdy einmal und zwar in der Dfterzeit |B
jenem Pfarrer beichten müſſe bei Strafe des Ban:
ned; es gilt died Gebot für Jeden von der Zeit
an, daß er zum erjten Mal zur Communion zuge:
laſſen ıft. Eine Beſchränkung der öftern Beichte
liegt aber keineswegs darin. Klerifer und Nonnen
find verpflichtet häufiger zu beichten, und in ber
Regel haben aud) die Brüderjchajten und jonftigen
Vereine für ihre Glieder ein ſpecielleres Beicht:
gebot.
Beichtgeld. Beichtpfennig. Beichtopfer. Eine
Gabe an Geld, welche an den Beichtiger gegeben
zu werben pflegte und zu ben Accidentien gehört;
da fie allmählich zu einer feften drüdenden Abgabe
wurde, ift fie zu Trient abgefchafft, der freimillige
Far aber geftattet. In der [utherifchen
ift das Beichtgeld trof des Anſtoßes, den
Geiftlihe und Laien daran nehmen, noch nicht
überall abgefchafft.
Bei —— S. Beichtvater.
Beichttind. S. Beichtvater.
Beichtopfer. S. Beichtgeld.
Beichtfiegel. Die Stellung des Beichtenden
yum Beichtiger beſchreibt Luther gut mit den Wor⸗
ten: es iſt nicht mir, ſondern Chriſtus gebeichtet;
der Beichtiger darf alſo das, was er gehört hat,
ſelbſt gar nicht wiſſen, als in ſeiner Eigenſchaft
des Beichtigers. Daraus ergiebt ſich die unbedingte
Pflicht der Geheimhaltung des in der Beichte An:
vertrauten, das Beichtjiegel. Die Kirche bejtraft
die Verletzung defielben mit Amtsentjegung. Es
Ion manchmal der Staat bie Forderung aufgeftellt,
eit die Offenbarung eines Beichtgeheimniffes
nothwendig, um eine dem Staate drohende Gefahr
abzuwenden, ober ein Verbrechen zu verhüten, oder
den ſchãdlichen Folgen eines Verbrechens abzuhel:
fen oder vorzubeugen, müſſe ver Geiitliche dafjelbe
der Obrigkeit anzeigen. Preuß. Land-Recht II,
81, 8.82. Aber nicht mit Unrecht Hat jich die Kirche
dem immer wiberfekt.
Beihtfpiegel. Ein georbnetes Verzeichniß der
möhnlidyeren Sünden, als ein Erfenntnißmittel
Kir den Beichtenden.
Beichtſtuhl. Ein nad beftimmten Vorſchriften
ingerichteter Si zur Abhaltung der Beichte. Er
muß in der Kirche an einer Stelle ftehen, wo er
von Allen geſehen werden lann; ber Beichtende
fol von dem Beichtiger durd eine Wand getrennt
fein, In der ein Gitter, jo daß er wohl gehört, aber
nicht gefehen werben kann. In jeder Kirche
müflen fo viel confessionalia ftehen, als fie con-
fkssores hat.
Veichtvater. Beichtlind. Der Beichtiger heißt
Veichtdater, weil durch feinen Dienſt der gefallene
Sünder gewiſſermaßen immer aufs Neue geiſtlich
erzeugt wird als Kind Gottes reſp. der Kirche,
Nur ein ordinirter Priefter kann Beichtvater jein.
Urjprünglich gehört das Recht der Abfolution nur
dem Bischof, der es auf feine Presbyter überträgt ;
daher hat jeder aud) jeinen Beichtiprengel und die
Varochianen find auf ihre Pfarrer als Beichtväter
angewieſen, jedoch find Ausnahmen gejtattet und
unbedingt in articulo mortis, wo felbjt ein nicht
approbirter Prieſter abfolviren fann. Das Ber:
haltniß des VBeichtvaters gilt als geiftliche Ber:
wandiſ (ſ. d. X). Der Ausdruck Beichtvater
iſt wm ber lutheriſchen Kirche übernommen.
Belgien
Beichtzetiel. Beichtſchein. Ein Zeugniß des
rieſters, daß man in der öſterlichen Zeit zur
Beichte geweſen ſei, zu dem Zweck der Berechtigung
zum Genuß des Abendmahls und um die Erfüllung
der kirchlichen Pflicht nachzuweiſen. Verwandt den
Beichtzetteln find Die Kirchenzeugniffe in der refor:
mirten Kirche.
Bekehrung beſchreiben die reformirten Dog—
matifer am richtigſten als das Abſterben des alten
und das Auferftehen deö neuen Menſchen. So:
bald nämlich durch die — Gnade das Perſon—
leben Chriſti auf den Menſchen wirket, ſo daß er
im beginnenden Glauben ſich demſelben zuwendet,
ſo wird ihm auf der einen Seite die bisherige
Gottwidrigkeit feiner geſammten Lebensſtellung
als einer von Chriſtus völlig verſchiedenen offen—
bar, ſo daß er mit aller Energie der vom Gewiſſen
angeregten Willenskraft ſich von ihr abwenden
muß; zugleich aber empfindet er in der neuen gött:
lichen Lebensmittheilung das Princip einer neuen
Alles beherrihenden Lebenärichtung. Die Beleh:
rung geht ſomit aus von der göttlichen That der
Dfienbarung feiner Gnade und der Möglichkeit
einer Lebensgemeinſchaft mit ihm, fie vollzieht fid)
lediglich durch den Glauben. Wenn die lutheri:
Ihen Dogmatifer die Belehrung in Buße und
Slauben ſetzen, fo ift dies nicht jo zu verftehen,
daß fie in dieſe zwei Momente audeinandergche,
fondern es ijt die Buße eine Seite der Verwirk—
lichung und Selbftoffenbarung des Glaubens. In
dent biblifhen Ausdrude: Aendert euern Sinn
(Luther: Thut Buße), liegt ebenjowohl der Glaube
als bie Sg im engern Sinne beſchloſſen. Die
Mittel der Belehrung find alfo auch feine andere,
al3 die den Glauben hervorrufen, das Wort und
die Sacramente, dur welde dem Menſchen bie
Offenbarung der Gnade Gottes in dem Leben
Jeſu Ehrifti nahe gebracht wird.
Belenner, confessores, find urſprünglich bie
jenigen, welche in den Verfolgungen ihren Glau—
ben vor dem Richter befannten, ohne wie die Mär:
iyrer deshalb Mifhandlungen oder Tod zu erbul:
den. In der Hircheniprache ift das Wort für alle
Heilige üblich geworden, die nicht Märtyrer find.
Befenntnißlriiten. ©. Symboliſche Bücher.
Belker, Balthaſar. Geb. 1634 in Weftfriesland,
Prediger in Franeker und Amfterdam, wurde von
jeinem Confijtorium abgeſetzt wegen feines Buches
„Die bezauberte Welt”, in dem er die Möglichkeit
eines Beſeſſenſeins durch den Teufel oder Dämonen
belämpfte. Bon ben betreffenden bibliichen Stellen
jagt er, daß die Schrift nicht vorhabe uns über
natlirlicge Dinge zu belehren, fondern fie accom:
mobire ji den Meinungen der Menſchen. Bor
dem ftrengen Urtheil fonnte ihn die Verſicherung
nicht jchügen, daß er durch feine Behauptungen
die Weisheit und Kraft des Heilandes allein ver
mehren wolle. 7 1698.
Belümmerte. Ein Zweig der Mennoniten.
Del. ©. Baal.
Bela, ©. Zoar.
Belgien. Als der Apofiel der Belgier wirb ber
RUE Maternus genannt (der Jüngling zu Rain).
ie lirchliche Geſchichte der älteſten Zeit ift aber
dunkel, erſt zu Conftantins Zeit findet das Land
ſich in Bisthümer eingetheilt. Belgien theilt dann
die Echidfale des fränfiihen Reiches. Im Mittel:
alter hältdie reg Selbjtändigfeit der Städte,
geflügt durch ihren Reichthum, dem Einfluß der
Belgiſche Conſeſſion
N die Wage. So bilden ſich ee
die freien hriftlichen Gemeinfchaften der eghinen,
Zollharden, ber Brüder des gemeinſamen Lebens,
und Erasmus mit den Humaniften fand hier feine
Heimath. Das Eindringen der Reformation be:
gegnete freilich dem erbittertiten Widerftand, in
Brüffel ftarben die erften Märtyrer der Reforma—
tion, und Philipp II. wollte mit Gewalt dem Ka—
tholicismus die Herrſchaft bewahren. Berlor er
darüber aud) die 7 vereinigten Provinzen, fo er:
reichte er in dem eigentlihen Belgien vollftändig
fein Ziel. Seitdem ift Belgien die allergetveuefte
Provinz des päpftlihen Stuhls. Nur einmal, durch
Bajus (f.d. A. de Bay), dien die Univerfität Löwen
ſich freier ftellen zu wollen. Kaifer Joſeph IL. erregte
dur das Toleranzedict, die Aufhebung der be:
ſchaulichen Möndsorden und der biſchöflichen Se:
minarien ben beftigften Widerftand, jo daf fein
Nachfolger Alles zurüdnehmen mußte. Der Ein:
fluß der ultramontanen Geiftlichleit Belgiens
wuchs, als fie den nationalen Gegenfah gegen das
erg Holland zu jhüren wußte und im
unde mit ben 2iberalen die Zoätrennung von
demſelben und die Aufrichtung des Königreichs er«
langte. Die Zahl der Klöfter wuchs auferorbent-
lic, und vor Allem gewannen die Jefuiten an Zahl
und Vermögen. Wie aber auch bier ein Umſchwung
fi) vorbereitet, darüber vgl. Nippold, Neuefte
Kirchengeſchichte. Die evangelifche Kirche Belgiens
bejteht ın wenigen Gemeinden meift jüngern Ur:
Innen von benen einige fid) in einer Union zu:
zuerſt
ammengeſchloſſen haben. Die Evangeliſche Ge—
ellſchaft in Brüſſel iſt für die Ausbreitung des
Proteſtantismus thätig, und der deutſche Guſtav⸗
Adolf:Berein intereſſirt ſich lebhaft dafür.
Belgiſche Confeſſion. Urfprünglid) eine Privat:
fohrift des Guido de Bres, welche er dem König
Philipp einjandte, ift fie von der Dordrechter Sy: | fi
node geprl und gebilligt; diefer Tert weicht von
em der frühern lateinischen, franzöfifhen und
niederdeutſchen Ausgaben nicht unerheblich ab.
Belial. S. Teufel,
Bellarmin, Robert Franz. Der Haupttheologe
des tridentiniihen Katholicismus, fpeciell des
Ultramontanismus. Geboren den 4. Dct. 1542 zu
Monte Pulciano bei Florenz, zeichnete er fich ſchon
als Knabe aus und trat mit 18 Jahren in den es
fuitenorden. Nachdem er mehrere Jahre ein Lehr:
amt befleidet hatte, ftubirte er Theologie zu Padua
und Löwen, wo er, der erfte Jeſuit, auch ein Lehr:
amt überlam und fih an dem Streite mit Bajus
betheiligte. Nach Rom berufen, hielt er dort die
Vorlejungen, aus denen fein berühmteftes Wert
hervorging: Disputationes de eontroversiis
ehrist. id. adv. huj. temp. haereticos, 8 Bbe.,
1581. In größter Ausführlichleit, mit großem
Aufwand von Gelehrfamteit werden alle Streit:
puntte beſprochen; wie er die katholiſchen Lehren
anz ungelhmtidt vorträgt, jo ift auch die Dar:
Hellun bes Protejtantismus jo treu, ald man von
einem Manne, ver die evangelifche Lehre nad} fei-
nem Standpunlte verfennen mußte, nur erwarten
fann, dabei ohne Bitterfeit und Schmähung. Nad)
Bollendung diefes Werks wurde er in Firchenregi-
mentlihe ZThätigfeit durch feine Ernennung zum
Cardinal und Erzbijchof von Capua hineingezogen ;
nur jeine Ordens:Angehörigteit verhinderte zwei⸗
mal jeine Wahl zum ee Da ihn feine Stellun
an Rom feffelte, gab er
80
Benedict von Ariane
feinem oft fonft vertheidigten Grundſatz, man dürfe
fein Amt haben, das man nicht verwalten könne.
Dan bedurfte jeiner aber in Rom in dem Kampfe
gegen die Republif Venedig, melde die Macht des
Staates über die Geiftlihen ausbehnte und an Paul
Sarpi einen gewandten VBorjechter Hatte. Hier ver:
a Bellarmin zum großen Unmwillen Boffuets
die abjolute Macht bes Papftes (De potestate
pontificis in temporalibus). Ebenfo hatte er die
ultramontanen Anjprüce bes päpſtlichen Stuhles
egen Jakob I. von England zu vertheidigen ge:
Baht. n höherem Alter zog Bellarmin fi, nad:
dem er noch einige Jahre ein Bisthum verwaltet,
in das Sefuitencollegium zurüd, verfaßte nod
mehrere etbauliche Schriften und ftarb 1621. Mebr:
fach iſt feine —— beantragt, aber wohl
mehr aus kirchenpolitiſchen Gründen, als
einer Stelle in der Vorrede zur Glementinifcen
Ausgabe der Bulgata unterblieben.
Belliten. Unter den verſchiedenen Ketzereien,
welche Philaftrius vor den Zeiten Chrifti findet,
nennt er auch die Belliten, die den König Belus
abgöttijch verehrten.
elfazar. LXX Bairusap. Der lekte
König in Babylon, ein ſchweigeriſcher, übermüthi-
ger Tyrann, wurde bei der Gchürmung ber Stabt
dur Cyrus während eines nädtlihen Gelages
etöbtet, Dan. 5, 10, nad) ber Weiffagung durch
ie Schrift des Mene Mene. Der Name — ſich
außer der Bibel nirgends, der letzte König heißt
ſonſt Nabonnedus (Beroſus u. A.) oder ——
bei Herodot. Die Erzählung aber von der Erobe⸗
rung der Stabt ftimmt mit der Schilderung bes
Zenophon, weicht jebody von ber des Beroſus bei
Joſephus ab; mit dem auch die Angabe, daß Bel:
jazar ein Sohn bes Nebulabnezar gewefen, ſowie
die a nicht in Einklang zu bringen
n
ind.
Belufligung, freiwillige, am Böfen, unterfchei-
bet die katholiſche Moral von der Begierde und ver:
ſteht unter ihr das freimillige Wohlgefallen an
einer fittli unerlaubten Sage, noch ohne Wunſch
und Streben nad) wirklicher That, delectatio mo-
rosa; von der fie dann. unterjucht, ob fie immer
Slinde Ki und wie man ihr zu widerftehen habe.
Die Cajuiften waren hierbei zu dem von Papft
Innocenz XI. allerdings verdammten Safe fort:
— Licitum est filio gaudere de par-
ricidio parentis a se in ebrietate perpetrato,
propter ingentes divitias inde ex hereditate
consecutas. Auf dem Boden evangelijcher Ethik
ift Schon die caſuiſtiſche Er gr unmöglic.
enaja, Sohn des Jojada. Wegen feiner Hel:
denthaten, die 2. Sam. 23, 20 f. erzählt werben,
machte ihn David zum Commandanten feiner Leib:
mache und einer Heeredabtheilung. Mit unwandel⸗
barer Treue hing er an David und feinem Haufe.
Die Vollftredung der Urtheile an Joab, Adonia
und Simei wurde ihm übertragen und trat er an
bes Erſtern Stelle, 1. Kön. 2, 28—85.46; 4, 4.
Andere des Namens find: Ein Ritter aus Pirea-
thon in Ephraim, 2. Sam. 23, 30. Ein Briefter,
1. Chr. 15, 18. Ein Levit, Auffeher über Zehnten
und Opfergaben, 2. Chr. 81, 13. Ein Bornehmer,
Ez. 11, 1. 18, und zmwei fonft ganz Unbelannte,
Göra 10, 25. 43,
Benedict von Aniaue. Die Mißbräuche, die er
im Klofter des h. Sequanus antraf, veranlaßten
ein Erzbiäthum auf, nach ihn, fich zurückzuziehen und bas Klofter Aniane zu
Benediet der Levite
gründen, in dem er Benedicts Regel firenge durch⸗
führte. Der Ruhm, den er erlangte, verfchaffte Hm
| Ludwig den Frommen die Oberaufficht
alle Klöjter, Die er unter der Regel Benedict3, welche
er revidirt und vermehrt einer Synode ber Aebte
zu Machen 817 vorgelegt hatte, vereinigen wollte.
Ludwig baute für In das Kloſter Gornelismünfter
bei Aachen, wo er ftarb 821.
Benediet der Lebite. Diafonus in Mainz in
ber Mitte des 9. Jahrhunderts, Berfafjer einer
Sammlung von Gapitularien, in welcher zuerft
die pfeuboifiborifhen Decretalien benust wur⸗
den. Knuſt (De fontibus et consilio Ps. Isid.
1832) hielt ihn daher für ben Berfafler ber
teren.
“Benedici von Nurfia. Der Gründer des abend:
länbifhen Mönchsweſens. Angemwibert von dem
lafterhaften Leben feiner Genoſſen, entfloh er, in
Begleitung feiner Amme, dem elterlichen Haufe in
Rom, um ein einfieblerifched Leben zu führen, und
überließ fih unter Zeitung eines Mönches Ro-
manus in tieffter Verborgenheit der allerhärteften
Askeſe. Wegen des Nufes feiner Heiligfeit von den
Münden zu Bicovaro bei Subiago zu ihrem Vor:
her erwählt, verließ er das Klofter wieder, weil
ie Mönche feinen Anforderungen nicht nachgeben
mollten, und gründete bei Subiago Kleinere Ge:
meinfhaften von Mönchen, beren jede er einem
Abte unterorbnete. Conflicte mit der Weltgeiftlich:
keit, namentlich dem Briefter Florentinus, ließen
ihn aud) bier weichen; er ging mit einigen Ge:
treuen nah Campanien, wo er auf dem Monte
Caſſino ein Klojter erbaute, welches er nad) feinen
Grundjägen organifirte, wie er diefelben in feiner
Regel ausführlich entwidelt (629). Benedicts
—* iſt —— han m —— —
als das irgend eines Heiligen ausgeſchmückt
Beuediet L Bei den Griechen Bonofus, Papſt
von 573—578. In feine Regierung fällt die große
| in Folge der Berwüjtungen durch bie
infälle der Longobarden.
— II. 684— 685. 7. Mal, ber Heilige. Be:
mühte fich bei den fpanifchen Biſchöfen Veh um
die Annahme der al zu der 6. bkumeniſchen
Synode. Bom Kaiſer — Pogonatus, bei
dem er in * Anſehen ſtand, erlangte er den
Verzicht auf das Beſtätigungsrecht der Papſtwahl
vor der Orbiyation.
— III. 856— 858. Smwifchen ihn und feinen
Borgänger ſetzt die Sage die Päpftin Johanna
(1.d. 9); er Üüberwand bald einen Gegenpapft
Anaftafiusund erlangte von Ethelmolf die Zufiche:
rung gewifjer, ſchon früher entrichteter Abgaben
aus nd.
— IV. 900— 903. Krönte Ludwig III. von
Burgund zum römijchen Kaifer.
— V. 964 zum Bapft —— gegen den Willen
Otto's, der ſchon bei Lebzeiten —83 XII.
einen Laien als Leo VIII. hatte zu deſſen Nach—
folger wählen laſſen; wurde von den Römern
dem erzürnten Kaiſer, der bie Stadt belagerte,
ausgeliefert und nad) — exilirt. + 966.
— VI. Noch unter Otto 972 erwählt, wurde
nach deſſen Tode von Creſcentius gefangen ge—
nommen und im Gefängniß erdroſſelt.
— VI 975—983. Regierte ruhig und beglin-
ftigte die Klöfter.
— VIII 1012—1024. Der Beiftanb des Kai⸗
fer Heinrich II. befreite ihn von dem Gegen:
81
Benedictiner
papfte Gregor ; und von der Frömmigkeit beffelben
erlangte er die Veftätigung der frühern Schenlun⸗
gen und neue Privilegien. Die betreffende Urkunde
ift freilich unecht, mindeftens jüngeren Datums.
IX. Durch Simonie erhoben 1033, beflect
mit allen Laftern, blieb er 11 Jahre dennody un:
angefochten, erft 1044 verjagten ihn die Römer
und wählten ben Gegenpapit Sylveſter ILI. Bene:
dict vertrieb diefen und verfaufte fein Bapftthum
an Gregor VI. (oh. Gratianus). Die Synode zu
Sutri te Beide ab und wählte Zuidger von
Bamberg ald Clemens II., nad deſſen Tode fi
Benedict noch einmal, 1047—1048, des päpftlien
Stuhls bemädhtigte. + 1056.
— X. Gewählt im Widerfprud mit einem dem
Kaifer und dem Vorgänger geleifteten Eide, wid)
er bem von ber Hilbebrandichen Partei gewählten
Nifolaus IL. + 1059.
— XI. 1305—1304. Nahm bie kirchlichen Cen«
furen feines ——— onifaz VIII. gegen
Philipp IV. von Frankreich zurück.
— XI. 1334— 1342. Ein Franzoſe, Peter
von Luna, refidirte zu Avignon und hand unter
dem Einfluß hilippß, daher durfte er Ludwig
von —— nicht vom Bann und Interdict
löſen und bewirkte dadurch den Kurverein zu Renſe,
der dem päpſtlichen Regimente hätte gefährlich wer⸗
den lönnen, wenn bie deutſche Uneinigkeit um ein
Weniges geringer geweſen wäre.
— XIIL (a). 1894 in Noignon, der ſchidmati⸗
che Papſt; feinem vor der Wohl gegebenen Bers
preden, zur Beendigung des Schismas abzu—
danfen, wenn ber Gegenpapft in Rom Gleiches
thäte, —* ſich unter allerlei Winkelzügen, hielt
fogar eine Belagerung in Avignon aus, bis ihn
die Coneilien zu Piſa und au Conſtanz abjegten.
Da er ftatt fich zu fügen eine Bannbulle erließ,
wurbe er für einen Schismatifer und Heer erklärt,
flüchtete nach Spanien, wo er zulegt feine Here
Ichaft auf das Dorf Peniscola befhränft ſah, und
von dort aus fortfuhr bis an feinen Tod, 1424, bie
Welt als Papft in den Bann zu thun.
— XII. (b). 1724—1730. Ein ſchwacher, gut⸗
mlütbhiger Dominicanermönd, der am Kanonifiren
viele Freube fand, 5. B. des h. Nepomul, aber mes
der mit feinen Reformen in Rom noch in feinen
Streitigfeiten mit Portugal und Luzern große Er⸗
folge hatte. Sein Anſehn litt noch mehr durch die
Erprefiungen feines Günftlings Coscia. Nur bie
* nigenitus hielt er als Papſt entſchieden
aufrecht.
t
a 1740 — 1758. Einer ber gelehrteften
Päpſte. Verfaffer mehrerer Werte über Heiligen:
cultus und Kirchendisciplin. Als ft juchte er
bie Würbe der Eurie Durch verftändiges Nachgeben
gegen bie Fürften zu erhalten, damit fie nicht müde
mwürben zu bitten. Seine Politik der Vorſicht be:
folgte er auch in Frankreich in dem Streite des
Parlaments und der Geifilichleit über die Con-
stitutio Unigenitus; und gegen die Jefuiten, denen
er zwar jchon früher die Accommodation an das
—— in ihrer Miſſionsarbeit unterſagte, aber
erſt auf dem Todbette das Beichtſitzer und die
Handelſchaft verbot und damit in einem Breve an
den Patriarhen von Liffabon die bevorftehende
Aufhebung des Ordens andeutete.
Benebictiner. In feinem Gremitenicben hatte
Benedict die fittlihen Gefahren kennen gelernt,
welche die ftrenge Askeſe mit fich führt h zu Vicovaro
Benedictiner
ben zuchtlofen Geift, der in einer Gemeinſchaft von
Mönchen herrſchend werden kann. Die Organi:
fation, die er Durch feine Regel gab, jollte beiden
Gefahren begegnen. Die ee ir des
klöſterlichen Lebens ſind: das Gelübde der stabilitas,
das Beharren in dem gewählten Stand, am ge—
wählten Ort; die conversio morum, die Ablehr
vom Weltleben, die obedientia, der Gehorſam
gegen den Vorgeſetzten; und das Letzte iſt das
Wichtigſte. Der Abt, den die Mönche wählen, iſt
der Leiter des Ganzen, ſeine Stellung zu dem Ein—
zelnen ſoll ſeinem Titel (Vater) pin Kai find
der Mönche zu viel, jo vermitteln ber Prior oder
die Dekane die Verbindung mit dem Abte. Das
Zeben ber Mönche iſt getheilt zwiſchen 7maligem
Gotteöbienft und Arbeit, die Askeſe ift beſchränkt.
Das Klofter ſoll eine Welt für fich bilden, das zum
Zebenäunterhalt Nöthige wo möglich im Klofter
jelbft gewonnen und bereitet werden, die Entja:
gung alles Eigenthums allen Verband des Ein:
einen mit der Außenwelt löjen; dies wird noch ge:
Törhert durch Die Sitte, jchon Kinder aufzunehmen
und in Kloſter zu Mönchen zu erziehen. Die eige:
nen Briefter und die Kirche machen das Klofter auch
vom Klerus unabhängig. Die Regel Benedict3 hat
nur jehr allmählich die Alleinherrfchaft errungen,
die fie Jahrhunderte eh obwohl nad) dem
Borbild von Monte Caſſind bald viele Klöfter ent:
ftanden. E3 war vor Allem Gregor II., der ihr
zum Siege verhalf, und der Umftand, daß zu ben
Sadjen und Angeln das Mönchsweſen nur durch
Benedictiner gebracht wurde und allein in dieſer
Form ſich dort ausbreitete. Der Orden — bald
wieder durch den Einfluß, den er erwarb. Der
Reichthum der Klöſter machte die Stellung des
Abtes zu einer einträglichen Pfründe, die häufig
an Solche, die dem Kloſterleben fremd waren, ver:
eben wurde. Die Mönche felbft, die nur aus den
eien Familien fein durften, ergaben fic) dem Wohl⸗
leben; meift Priefter, ftellten fie ſich den Collegial:
Prieftern gleich, ohne deren Einfluß erlangen zu
fönnen, bie in enger Verbindung mit dem Bifchof
jtanden. Den erſten vorübergehenden Reforma:
tionsverjuch machte Benedict von Aniane (f. d. A.)
durch die Aachener Regel. Wirkfamer war bie
Stiftung der Eongregationen von Elugny, Gamal:
doli, Ballombroja u. a. Während nämlich bis da:
hin ein jedes Klofter völlig unabhängig für ſich
dageftanden hatte, vereinigten fi jest mehrere
unter einem Abt als Leiter des Vereins und ge:
wannen dadurch an Kraft nach innen und aufen.
Die Bettelorden wirkten infofern auf die Benedic-
tiner ein, daß durch Annahme bejonderer Regeln
und Neuferlichkeiten ſich aus ihnen neue, jelbftän-
dige Orden entwidelten, 3. B. die Eiftercienjer,
und daß fie ihre eigentliche Aufgabe immer mehr
in der Pflege ihrer Klofterjchulen und der Wiſſen—
Ichaften überhaupt erfannten, woburd fie bleiben:
des Verdienſt fi erwurben haben. Am berühm:
teften ift die Congregation bes heiligen Maurus
geworden, 1618 in Paris geftiftet. In feiner Blüthe:
zeit zählte der Orden an 37,000 Häufer, jet
möchte er 2000 Mitglieder haben.
Die Benedictinerinnen leiten ihren Urfprung
mit Unrecht von der Scholaftica, der Schweiter des
Benedict, her. Rafcher noch als in den Mönchs—
Aöftern machte hier der Verfall fich offenbar. Viele
Klöfter gingen in adlige Frauenftifte über, die
kaum noch ein Gelübde verlangten; andere erfuhren
82
Beneficium
Reformationen, die von einzelnen Träftigen Web-
tiffinnen ausgingen und bildeten Congregationen
mit bejonderen Namen und Regeln.
Benedictionale. In der römiihen Kirche das
Buch, welches den Ritus der verſchiedenen Seg-
nungen enthält.
Benedictionen, Segnungen, heißen in ber fa-
tholiſchen Kirche die firhlihen Handlungen, Durch
welche für Perfonen und Saden Gottes Gnade
vermitteltwird. Die Benedictionen werben unter:
fhieden von den Gonfecrationen, durch welche
Perſonen und Sadhendem gewöhnlichen weltlichen
Berfehr entzogen werben. Beide gehören zu den
Sacramentalien. Sie werben ertheilt im Namen
der Kirche durch den Klerus in ber durch das Ri—
tuale beftimmten bierardifchen Ordnung. Dem
Papſte vorbehalten ift die ag ber Rofe und
des ganzen Erbkreifes; den Biſchöfen die Bene:
biction von Fürften und Aebten und von Eultus:
geräthen. Diefe bifchöflihen Rechte fünnen auf
PVriefter delegirt werden. Benebdicirt, gefegnet,
werben auch Feldfrüchte, Häufer, Thiere, Geräthe
2c. Der Ritus ift je nach der Perſon des Segnen—
den und nad dem Object verjchieden ; es fommen
dabei vor das Kreuzidhlagen, der Exorcismus,
Weihwaſſer, Räudern, Salbung mit Del, die Jn-
vocation (da3 Segnungägebet). Auch in der evan:
geliſchen Kirche find Benedictionen gebräuchlich,
Segnung der Eonfirmanden, der Geiftlidhen, der
MWöcnerinnen, der Eultuögeräthe. Ein Unter:
ſchied von Eonfecrationen ift hier aber nicht auf:
recht zu halten. Nur als Ehrenvorrechte pflegen
manche Benedictionen ben Superintendenten oder
Generaljuperintendenten vorbehalten zu werden.
S.d. 4. Weihe, Ordination, Eonfirmation. —
Benediction der Aebte. Da der Abt eines
Klofters nicht Priefter zu fein braucht, häufig fo-
gar Laien Aebte waren, jo fünnen fie nicht ordi—⸗
nirt,d. 5. geweiht, fondern nur eingefegnet werden.
Durch die Einfegnung, wobei ihm die Inſignien
des Amts dur den Biſchof überreicht werben,
erhält der Abt die Jurisdiction und das Redt,
im Kloſter die niedern Weihen zu ertheilen.
Benedictnd. S. Mefie.
Beneficium, Pfründe, nennt man den Inbegriff
alles mit einem Kirchenamte verbundenen Ein-
fommens, im weitern Sinne aud) das Amt felbit.
Urfprünglich bezog der Biſchof allein alles Kirch:
lihe Einfommen und gewährte daraus den Geift:
lihen feines Sprengels den Unterhalt. Seit dem
9. Jahrhundert ift aber fefte Negel, daß jedes
ftändige Kirchenant mit befonderem Eintommen
dotirt fein muß. Die frühere Gewohnheit liegt
noch der ah des fanonifchen Rechtes zu
Grunde, daf die Erjparnii aus dem Beneficium
nicht Brivateigenthbum des Geiftlichen wird, fon:
dern nad) jeinem Tode an die Kirche zurüdfallen
ſoll. Das Beneficium wird ertheilt von der Kir:
hengewalt an die zum Amte befähigten Perſonen
und geht nurmit dem Amte felbft wieder verloren.
Der Inhaber des Beneficiums (Beneficiat,
en hat daher von Antritt des Amtes an
den Genuß aller mit jenem verbundenen Ein:
fünfte, wie er aud) die darauf haftenden Laften,
3. B. die Unterhaltung der Gebäude nad der
Particulargefeggebung, zu tragen hat. Die Er:
rihtung der Beneficien, die von Privatperfonen
durd Schenkung von Gütern ausgehen fann, an
welche Bedingungen gefnüpft werden dürfen, ift
Beneficium competentiae
eine gemeinjame Angelegenheit ber Kirche und bes
Staates, welche zu prüfen haben, ob das beabſich⸗
tigte Kirchenamt nöthig ober rd und ob das
gewährte Einfommen hinlänglich ſei; ebenfo wen—
den beide gleichmäßig ihre Sorge der Erhaltung
ber beftehenden Beneficien zu, melde durch einge-
bende Gefegebung geihügt find. — Kirchliche
Beneficien, die ohne das urfprünglid damit ver:
bundene Amt vergeben werden, z. B. an Laien,
beißen Eommenden, Präbenden.
Benefleium competentiae. Die Rechtswohl
that der Competenz ift das den Geiftlihen wie
allen öffentlichen Beamten gewährte Privilegium,
daß die Beſchlagnahme ihrer Güter und Einkünfte
ſchuldenhalber ſoweit beſchränkt wird, daß ihnen
das zum Lebensunterhalt Nothwendige, Congrua,
daraus verbleiben muß. Die Höhe der Congrua
ift verfchieden beftimmt, nach preußifhem Rechte
kann nur die Hälfte des 400 Thaler überfteigenden
Betrages des Einkommens vom Gläubiger in
Anſpruch genommen werben. ‚Schulden, bie aus
unerlaubten —— hervorgegangen, genie⸗
ben dieſe Wohlthat nicht.
Bengel, Johann Albrecht. Geboren zu Winnen⸗
den am 24. Juni 1687. 1713 Kloſterpräceptor zu
Denlendorf, Prälat zu Herbrechtingen 1741, Prä⸗
lat von Alpirsbad) und Eonfiftorialrath in Stutt:
gart 1749, + 1751. Ein Theologe von nachhal⸗
ligem Einfluß. Durd die kritiſche Ausgabe des
Neuen Teftaments (1734) und die Darlegung ber
dabei befolgten Grundfähe hat er große Bedeu⸗
tung für die Geſchichte der Terikritit. In ber
Auslegung der Schrift im Gnomon (1742) bietet
er eine Probe feiner, tieffinniger Auffaffung in
einem präcifen, gebrängten Ausdrud. So gejund
der hiſtoriſch⸗ kritiſche Sinn ift, mit dem er Stelle
für Stelle ins Auge faßt, und fo wohlgelungen
manche Auslegung in der Beziehung iſt, hält er
doch feft an einer volllommenen Infpiration ber
heiligen Schrift und fühlt fi häufig verjucht,
zur typifchen Auslegung zu greifen. Am befann:
teften ift Bengel ala der Bater bed modernen
Chiliasmus durch feine Schriften über die Dffen-
barung en und feinen Verſuch, die apofa:
Igptifchen Zahlen und den Eintritt des taufend-
jährigen Reiches zu berechnen, den er auf das Jahr
1836 beftimmte. Bergleihe: Die erklärte Difen-
barung Johannes, 1740. Ordo temporum a prin-
eipio per periodos oeconomiae div. historicas
atque proph. etc. 1741. Sechzig erbauliche Reden
über die Offenbarung Johannes, 1747. Die apofa:
lyptiſche Richtung Bengels hat ſich namentlich in ſei⸗
nem befannten Schüler und Anhänger Dettinger
fortgepflanzt. Im Piarramt und in feiner Stel:
lung im Eonfiftorium war feine Thätigfeit eine
jehr jegenäreiche, von einem milden, echt ———
Geiſte beſeelt. Seine Predigten erſchienen 1839,
von Burk herausgegeben. Einzelne Lieder haben
ihren Weg ins würtembergiſche Geſangbuch ge-
funden. Bengeld Leben und Wirken von Burf,1831.
Benhadad. (Sohn des Adad, einer ſyriſchen
Gottheit, entweder Saturn ober Sonne.) Ben:
hadad I., König von Damaskus, ſchlug mit Aſſa
um Bunde den Baeſa von Iſrael, 1. Kön. 15,17. —
Benhadad II, Sohn des Borigen. Bon Ahab
zweimal gefchlagen, 1. Kön. 20, 1. Einen zweiten
23 endigt Ahabs Tod. — Benhadad III. der
Rachfolger Haſaels, verlor deſſen Croberungen an
Joas, TKön. 18, 26.
83
Bentley
Ben-Hinnom. S. Hinnom.
Benignus. (1.November.) Angeblich ein Schüler
Polyfarps, der im Anfange des zweiten Jahrhun-
bert3 das Evangelium in Burgund verfündigt
haben und eines qualvollen Märtyrertodes gejtor:
ben jein fol.
Benjamin, d. h. Sohn des Glüdes. Yüngfier
Sohn Jatobs von der Rahel, 1. Mof. 35, 17.
Der von ihm hergeleitete Stamm war der Heinfte,
daher auch jein Gebiet Hein. Es grenzte im Nor-
den an Ephraim, im Süden an Juda, im Weiten
an Dan, im Often an den Jordan, war gebirgig,
aber gut angebaut. In Folge einer Greuelthat
der Benjaminiten zu Gibea wurde durch einen
Rachekrieg der Stamm fajt vertilgt, Richt. 20, 46.
Aus ifm war der erfte König Saul; nad) Isbo—
ſeths Tode hing er treu an Davids Haufe, fo daß
er mit beim Königreiche Juda blieb. 1. Kön. 12,21.
Rur einige Städte gehörten zu Jirael.
Benno, der Heilige. Biichof von Meißen. Seine
Kanoniſation 1523 gab die Veranlafjung zu Zu:
thers Buch wider den neuen Abgott und alten
Teufel, der zu Meißen fol erhoben werden. Erjt
Mönd zu Hildesheim, dann Kanonikus zu Gos-
lar, von Heinrich IV. zum Biſchof von Meißen
erhoben, zeichnete Benno ſich in dem Streit des
Kaifers mit dem Papfte durch fein ſchwankendes
Berhalten aus. Da er das dem Kaifer gegebene
Gelübde der Treue nicht hielt, war er mehrere
Zahre jeines Amtes entjegt. Als er durch Demüz
thigung vor Heinrih IV. und durch die Fürſprache
des Papſtes fein Bisthum wiedererhalten hatte,
widmete er fi ganz der Sorge für feine Kirche
und der Belehrung ber Slaven. + 1107. Seitdem
feine Gebeine 1576 nad Münden gebradt find,
gilt er ald Schugpatron der Stadt und des Bayer:
landes; ein Theil feiner Reliquien beſchirmt
Dresden.
Benoit, Elias. Geboren zu Paris 1640, Pfar:
rer zu Alengon, zog durd feine feine Vertheibi-
gung des Proteftantismus den Haß der Jefuiten
auf fih. Nach der Aufhebung des Edicts von
Nantes vertrieben, wurde er Prediger zu Delft.
+ 1728. Seine Histoire de l’edit de Nantes ift
gründlich und dur die Documente, bie fie ent⸗
hält, von Werth.
Benoit, Rene. Ein katholiſcher Priefter und
Mitglied der Sorbonne, gab 1566 eine franzöſiſche
Ueberjegung der Bibel mit Anmerkungen heraus,
bei welcher er die Genfer Bibel jebt ſtark benugt
hatte. Da mehrere Stellen in derfelben Anſtoß
erregten, fam fie auf ben Index und wurbe durch
fönigliche Edicte verboten, der Verfaſſer aber aus
der Sorbonne auögeftoßen, bis er nad) 20 Jah:
ren widerrief und rehabilitirt wurde.
Bentley, Richard. Geboren 1662 zu Dulton in
Yorijhire. 1700 Borfteher des Dreieinigkeits—
Collegiums (Master of Trinity) in Cambridge,
1716 Brofeffor der Theologie. Das kritiſche Tas
lent, welches ihm als Philologen fo großen Ruhm
verſchafft, fuchte er auch der Theologie fruchtbar
zu madhen durch eine genaue Bergleihung der
beften Handicpriften und muftergiltige Ueberſetzun⸗
gen des Neuen Teftaments. Eine beabjichtinte
und ſchon angekündigte Ausgabe deflelben unter:
blieb jedoch in Folge der heftigen Angriffe jeiner
Gegner. Auch Predigten und eine a, vıowetiiche
Er gegen Eollins find von ihm vorhanden.
6*
Ber
Ber. ©. Beer.
Berachah. 2. Chr. 20, 26. Bei Engebi; viel:
leicht das heutige Bereikuth.
erea. 1. Malk. 9, 4. Nicht zu verwechfeln mit
Berda, 2. Matt. 13, 4, welches in der Vulgata
auch Berea heißt.
Bered. 1.M. 16,14. Im S. von Kadesbarnea.
Beredfamkeit ift die natürliche oder dur Stu:
dium und Hebung angeeignete Fähigkeit, feine Ge:
danlen nit nur Mar und verftändlid auszufpre:
en, fondern aud) in einer ihnen fo entſprechenden
orm ber Rede, daß die ihnen innewohnende Wahr:
eit zur vollen Macht des Eindbruds auf das Gei-
tesleben de3 Zuhörers gelangen fann. Sie wird
daher mit Recht nad) Theremind Vorgang eine
Tugend genannt, bie der Prediger fi aneignen
er da fie die Form barbietet, in ber der Inhalt
des Evangeliums allein als Berfündigung für
Andere wirkſam gemadt werden lann. Der Wider:
ſpruch, der ſich nicht jelten gegen bie Beredſam—
keit erhoben hat, beruht in der Auffaffung, als jei
fie nur die Kunft, durch gewandte Form ben
Willen zu überreden, oder den Hörer gleichſam zu
bezaubern. (Bgl. aud) Kant, Analytil des Erha:
benen $ 53.) Wie bei jeder Kunſt giebt e8 auch bei
ber Beredſamkeit einen Mißbrauch der Aunftmit:
tel beim Mangel des bejeelenden Gedanlens, Die
wirtenden Träger der religiöjfen Idee in ber
Schrift find ale von hinreißender Beredfamleit,
von den Propheten an bis zu Etephanus und
Paulus, am meiften Chriftus felbft; dem ftam:
melnden Moſes aber fteht zur Seite der berebte
Yaron. &o kann ebenjomwenig der Mijfionar als
ber Prediger in der Gemeinde die Beredfamteit
entbehren. (Bol. d. U. Homiletif, Predigt.)
Berengar von Tourd. Als Vorfteher der Dom:
** zu Tours um 1040 ftand er durch Gelehr:
amteit und Frömmigkeit in großem Anjeben;
um jo größeres Nergerniß erregte daher Ab:
mweihung von ber geltenden Abendmahlslehre. Er
unterſchled zwiſchen den geheiligten Zeichen (sacra-
mentum) und dem dadurch Bedeuteten (res sa-
eramenti); von jenen behauptete er, daß fie nicht
in den Leib und das Blut Chrifti verwandelt
würden, wie die Kirche mit Paſchaſius Radbert
annahm. Da aber der Glaube vermittelft derjel:
ben den Genuß des bimmlijchen Leibes Ehrifti
babe, jo könnten fie nur in diejem Sinne Leib
und Blut des Herrn genannt werden. Yanfranc,
bener für jeine Anficht zu gewinnen geſucht hatte,
trat auf dem Eoneil zu Rom 1050 als fein Antläger
auf. Die Lehre wurde verworfen, ebenjo auf den
Synoden zu Bercelli und Paris, wo Berengar
aber nicht erjchien. Bon der Vermittlung des ihm
befreundeten Hildebrand (Gregor VII.) hoffte
Berengar einen günitigeren Erfolg. Auf der Sy:
node zu Ron 1059 fiegten indeſſen feine Gegner
Lanfrane und Humbert und zwangen ihn, feine
Vertheidigungsihrift zu verbrennen und am Bo:
den liegend ein Bekenntniß zu verlefen, daß Brod
und Wein nad) der Eonjecration nicht bloß Zei:
hen feien, fondern der wahre Leib Chriſti, der in
—— Weiſe (sensualiter) von dem Prieſter ge:
rohen werde. Erbittert über das ——
ſeiner Gegner, verbreitete Berengar ſeine Lehre
trotz ſeines Widerrufs und unter heftigen Anz
griffen auf den Papſt und die Kirche. Bier frans
gönige Synoden 1062—76 verbammten ihn wie-
erholt, bis Gregor VII. (Hildebrand) ihn vor
84
Berleburger Bibel
ein neues Eoncil zu Nom ftellte, 1078. Die For:
mel, die er bier mit Zuftimmung des Rapftes
befannte, genligte feinen Gegnern noch nicht, und
auf der Synode 1079 mußte er, erfchredt durch
den Zorn des Papftes, geſtehen, geirrt zu haben,
und eine neue Formel —— die nur durch
Sophiſterei gedeutet werden konnte, als ſpreche ſie
nicht ganz und völlig das kirchliche Dogma aus.
Unter dem Schutz des ihm dennoch gewogenen
Papſtes zog er ſich nach St. Göme bei Tours zu:
rüd und ftarb 1088. Leſſing, Ber. Tur. oder An:
fündigung u. f. w. 1770.
Berengarianer. Die Anhängerber Abendmahlö:
lehre deö Berengar von Tours. Uebereinftimmend
in ber Berwerfung der Brobverwandlungälehre,
gingen fie in der Art auseinander, wie fie den
Inhalt des Sacramentes mit den Elementen fid
verbunden dadten. Einige erllärten Brod und
Wein für Schatten und Figur des Leibes Chriſti,
Andere fagten, der Leib Chriſti fei in dem Brod,
mwelches Brod bleibe, verborgen (impanirt); An-
dere, es werde Brob theitmweite verwandelt, theil⸗
weife bleibe es; noch Andere, eö werde bloß für
die Gläubigen verwandelt. Es blieb der Nefor:
mation vorbehalten, den Widerſpruch Berengars
mit Erfolg zu erneuern.
Berenice. S. Bernice.
Berg. S. Gebirge.
Berg. S. Jülich.
Berg des Stiftd überjegt Luther Jeſ. 14, 13.
Es ift aber in der Stelle gemeint ber Berg im
Norden, auf dem nad heidniſcher Vorftellung die
Bötter tagen, der Albordſch der Iranier, welchem
der Meru der Inder ꝛc. entipricht. E3 ift zu über:
fegen: Berg der Götterverfammlung.
Bergbau. Davon, daß die Jiraeliten ſelbſt
Bergbau betrieben hätten, findet fih im Alten
Tejtamente feine Spur, Hiob 28 fpricht nicht da⸗
gegen. Wenn 5.Mo].8,9 der Metallreihthum des
gelobten Landes gerühmt wird, fo fann man bie
Stelle nad) unjerer jegigen Kenntniß nur auf das
Eifen beziehen, das der Libanon liefert und bie
Rupfergruben, weldje früher bei Aleppo waren.
Bergiihes Bud. S. Concordienformel.
Bergius, Johann. Geboren 1587 zu Stettin,
feit 1624 Hofprediger, 1637 Oberhofprediger und
Conjiftorialrath zu Berlin, + 1658, genoß das
Vertrauen Sigismunds und betheitigte ſich in
beffen Auftrage am Leipziger Religionsgeſpräch
1631 und am Thorner Colloguium 1642. Nah
feiner unioniftiihen Richtung hatte er den Kur—
fürften von der Beſchickung der Dordrechter Sy:
node abgehalten. — Sein Bruder Konrad war
ber NReligionslehrer des großen Kurfürften und
wurde 1629 Lehrer am Gymnafium zu Bremen.
Berleburger Bibel. Eine Bibelüberjegung mit
Anmerlungen, ift in dem philadelphiſchen Kreije
entjtanden, den Graf Gafimir zu Berleburg um
fi) gefammelt Hatte, und 1726 in 8 Bde. Fol.
herausgegeben. Am meiften betheiligt an der Ab—
faffung waren Joh. Fr. Haug und Joh. Chr.
Edelmann. Die Ueberjegung ftrebt die pünktlichite
Genauigfeit an, aber die feparatiftifche und my:
ſtiſche Denkweife der Verfaſſer giebt dem Werte
den Charakter. Die Anmerkungen bezweden vor
Allem den myſtiſchen oder geiftlichen Sinn aufzu:
meijen, und enthalten beshalb Auszüge aus allen
möglichen Schriften, namentlid; der Myſtiker, wie
eines Thomas a Kempis, Böhme, Dippel,Beterfen,
Derner Disputation
der Frau von Guyon u. A. Da bad Werk
aus einem feparatiftifchen Kreife hervorgegangen
ift, fo geht eine Polemik gegen die Drthodorie
und bie vermeltfichte Kirche burch baffelbe hindurch.
den myſtiſchen Kreijen früher viel gebraucht,
ift es jegt jelten geworden. In ber Hirſchberger
Bibel ift es ſtark benugt.
Berner Disputation. Zange hatte der Berner
Rath eine ziemlich neutrale Stellung zwiſchen der
alten Kirche und den reformatorifchen Bewegun—
gen einzuhalten gewußt und ſich begnügt, die
Ausbrüche des Parteigeiftes niederzubalten. Als
auf der einen Seite die Katholiken durch den Aus-
gang bes Geſprächs zu Baden fich berechtigt glaub:
ten, von Bern die Vertreibung der Evangelifch:
Gefinnten zu verlangen, auf der andern Seite
aber immer mehr Gemeinden Befreiung von der
Mefie forderten, beſchloß der Rath) 1527 die ganze
Ungelegenbeit durd ein Religionsgefpräd) zu be:
endigen, zu dem alle Biihöfe und Stände der
Eidgenoffenihaft eingeladen wurden, um mo mög:
lich die Einigfeit des Glaubens unter einander
wieder — Die Disputation fand ſtatt
7.—26. Januar 1528. Reformirter Seits waren bie
Säupter Zwingli, Decolampad, Bucer, Capito,
Blauter u. U. zugegen; katholiſcher Seits war bie
Betheiligung bedeutend ſchwächer, e3 fehlten alle
Diihöfe. Den Verhandlungen zu Grunde gelegt
wurden 10 Schlußreben ober Thejen, welche Snder
und Kolb verfaßt und Zwingli revidirt hatte; über
die Kirche, das Berbienft Chrifti, dad Abendmahl,
Meſſe, Heiligenverehrung und Cölibat. Die Folge
der Disputation war das Neligionsedict vom 7.
Februar 15283, wodurd den Schlufreden Gejeges:
ertheilt, die Gewalt der Biſchöfe aufgehoben,
die Reform des Gottesdienfted angeordnet wurde
und Bern in die Reihe der reformirten Städte
— Fiſcher, Geſchichte der Disputation u. ſ. w.
1328.
Berner Synodus. Zur Vollendung bes durch
das Reformationsedict von 1525 begonnenen Re:
formationäwerles wurben ſämmtliche 230 Geift:
fiche deö Cantons 9. Jan. 1532 nad) Bern beru:
fen, um über die fruchtbare und heilfame Führung
de3 Amtes mit einander zu berathen. Die Be:
ſchlüſſe diefer Verfammlung, welche der Rath be:
igte und Capito zufammenftellte und ordnete,
führen den Namen „ber Berner Synodus". Sie
enthalten eine vollftändige Kirchen: und Lehrord⸗
‚ die auch durd die jpätern Symbole nicht
abgeihafft ift. Die neuefte Ausgabe des Synodus
ift von 1830. In Richters Kirchenordnungen wird
er vermißt.
Bernhard, Claude. Ein durd) feine Frömmig-
Zeit berühmter Prieſter; ftubirte anfänglich die
Rechte, bis eine Bifion ihn bewog Priefter zu wer:
den. Er gab ſich völlig der Predigt, der Armen:
und Kranfenpflege hin. Das Volk gab ihm ben
Ehren:Beinamen „der arme Priefter”. + 1641.
rd von Botono. Geboren um 1200 zu
Parma, war Lehrer des kanoniſchen Rechtes zu
Bologna und bearbeitete die Decretalienfammlung
Gregors IX. mit Benußung der frühern Commen:
tare. Das Werk ift in ber Regel der Sammlung
beiaefügt und heit daher Glossa ordinaria.
Bernhard von Glairnaug. Geboren 1091 zu
Fontaines bei Dijon aus ritterlihem Geſchlechte,
trat zugleich mit 30 durch ihn angeregten Gefähr:
ten 1113 in bas Klofter Citeaux des neu geftifteten
85
Bernhard von Menthon
Eifiercienfer-Drben ein und wurbe ſchon 1115 als
Abt des neu —— Kloſters im Thale von
Clairvaux entſendet. Die Strenge feiner Aäfefe,
burch welche er ſich eine von finnlihen Eindrüden
ungeftörte Contemplation zu verfchaffen fuchte, un:
tergrub zwar feine a fo daß feine Ordens:
obern fie durch Verbote be — aber erhöhten
ringsum ſein und ſeines Kloſters Anſehen. Als
Innocenz II. 1130 nad) Frankreich kam, um wider
den Gegenpapft Anaklet II. Anhang zu gewinnen,
entjchied fid) Bernhard für ihn und wandte nun
feine ganze Kraft und feine Beredſamkeit auf,
Deutfhland und Frankreich zur Anerkennung des
Innocenz zu bewegen. Dem Beifpiel der Synode
von Ejtampes folgte Ludwig VL, Heinrid I. und
Lothar von Deutichland. Bernhard blieb in Inno:
cenz' Nähe, auf der Synode zu Rheims 1131, dem
zuge nad) Jtalien 1133, dem Eoncil zu Piſa 1134.
aum nad Clairvaux zurüdgelehrt, bewog er
Lothar zu einem zweiten Hülfezug nad Stalien,
da Innocenz von Roger von Sicilien arg bedrängt
war; jein Zureben gewann aud Roger felbft und
nad) Anaklets Tobe dankte man ihm den kirchlichen
Frieden. Weniger mit Erfolg gekrönt war Bern»
hards Wirken für den 2. Kreuzzug. Seine eindring-
lihe Beredfamkeit brachte freilich ein anfehnliches
Kreuzheer zufammen, aber der unglüdlihe Aus:
gm wurde ihm auch vorgehalten. Das kirchli
nterefje, welches ihn beherrichte, läßt fein Beneh⸗
men gegen Abälard a den er burd) die von
ihm verbreiteten Ideen für mitfhuldig an bem
Treiben de3 Arnold von Brescia hielt. Die Denk:
art der beiden Männer, bie fleptifche Dialektik des
Einen, die kirchliche und myſtiſche Eontemplation
des Andern ftand fi ohnehin fo fern, daß das
uni faft unvermeiblih war. Gleicher:
maßen thätig war Bernhard gegen Häretiler vers
—— Art am Niederrhein und im ſüdlich
rankreich, wobei er ſich aber allen Gewaltmaß:
vegeln abgeneigt zeigte. Die Befchlüffe der Synode
von Rheims 1148 gegen die Häretifer find unter
feinem Einfluß gefaßt ; ebenbort gelang es ihm aber
nicht, die Berwerfung der Lehre feines Gegners
Gilbert von Poitiers zu erlangen. Bon feinen Ab»
ger iſt Die berühmtefte De consideratione
ibri V; außerdem Predigten und 86 Reben über
dad Hohelied. E3 werden ihm zugeſchrieben
lateinische Hymnen, von denen zwei in beut
Bearbeitung: D Haupt voll Blut und Wunben,
und D Jefu füß, wer dein gedenkt, aud) in unfere
Geſangbücher aufgenommen find. Sie finden
in den gef. Werfen Bernhards, ed. Joh. Mabiffon
1690. Bernhard ftarb am 20. Auguft 1153, und
murbe 1174 von Alerander III. Heilig geſprochen.
Sein Leben von Zeitgenofjen Guilelmus von St.
Thiern, Gaufridus u. Alanus ſ. Ed. von Mabellon
Iu. VI. Neander, ber h. Bernhard und fein Zeit
alter. 3. Morifon, The life and times of S. Bern-
hard, Lond. 186
en
4.
Deruhard von Gompoftelle. Archidiakonus zu
Compoſtella; —— Rom eine Sammlung der
Decrete Innocenz’ III, die Compilatio Romana,
an, welche unterdrückt wurde, ba fie einige ber Eurie
unbequeme Stüde enthielt. — Ein anderer Berns
hard von Compoftella trägt au ben Zunamen
de Montemirato und commentirte Die Decretalen
Sinnocenz’ VL. und zu. IX.
Bernhard von Menthon (bei Amely in Gas
voyen), 923—1008. Der Sohn eines Ritters, riß
Bernhard von Pavia
ſich nad) beendigten Studien von dem elterlichen
Haufe 103, wurde Priefter zu Aofta und Archidia⸗
fonus. Durch die Verwendung feines eigenen Ber:
mögens und bie Beiträge, die feine begeifternden
Predigten jammelten, gelang es ihm, das Hofpiz
auf dem ©. Bernhard zu begründen und mit einer
Chorherrengemeinſchaft zu befegen, die fi bis zum
heutigen Tage der Rettung verunglüdter Wan:
derer widmet.
Bernhard von Pabia. Mar Präpofitus, fpäter
Biſchof zu Pavia 1190; verfahte das Breviarium
extravagantium, d. i. eine Sammlung der von
Gratian erlaffenen und von ihm in feine Samm—
lung nicht aufgenommenen und der ſpäteren päpft:
lihen Decrete. Dies Werk ftand auf der Rechts:
ſchule zu Bologna in hohem Anjehen und wurde
oft commentirt.
Bernhard von Pommern. Ein fpanifcher Prie—
fter, der 1122 die Weihe zum Biſchof von Pont:
mern erhielt und einen mißlungenen Verſuch
machte, das Land zu befehren. Da er die Schuld
des Mißgeſchicks in feinem demüthigen Auftreten
fuchte, bewog er Dtto von Bamberg zu einem
prunfvoll ———— Miſſionszuge.
Bernhard, Erzbiſchof von Toledo, + 1125. Ein
Benedictinermönd, den Gregor VII. zum Abt von
Sahaguna in Gaftilien wählen ließ, 1080, und
fpäter zum Erzbifchof von Toledo beförderte, aud)
mit dem Range eined Primas von Spanien be:
gabte. Ein sr Anhänger des Papftes, war
er bemüht, mit Hülfe der Benebictiner das römi:-
ſche 5— in Spanien durchzuführen und die
rn Liturgie an die Stelle der mozarabifchen
u ſetzen.
Bernhardi, Bartholomäus, von Feldlirch,
Probſt in ga
von Albrecht von Mainz zur Berantwortun
gogen werden, wurde aber vom Rurfürften %
rich dem Weiſen beſchützt.
Bernhardin von Ochino. ©. Ochino.
Bernhardiner. ©. Eiftercienfer.
Bernice. Apftg. 25, 13.23; 26,30. Mar bie
ältefte Tochter Herodes Agrippa’s I. und Entelin des
Ariſtobulus, des Sohnes Herobes des Gr. Nach—
dem ihr erfter Gemahl, Herodes von Chalcis, der
Bruder ihres Vaters, geftorben war, lebte fie mit
ihrem Bruder Agrippa II. in blutſchänderiſchem
Umgang, und fehrte auch zu ihm zurüd, als fie
ihren zweiten Mann Bolemon, König von Cilicien,
wieder verlaffen hatte. Apſtg. 25 u. 26.
Bernis, Frangois Joahim, Graf von Lyon.
Seine anmuthigen aber leichtfertigen Gedichte ge:
wannen ihm als Abbe die Gunft der Bompadour;
von ihr dem Könige empfohlen, ging er 1751 als
Gejandter nad) Venedig, vermittelte 1756 zwifchen
bem Hofe und dem Parlament wegen des lit de
justice, 1757 mit Oeſterreich das Bündniß gegen
Preußen, wurde Minifter des Ausmärtigen 1758-
1759 und Carbdinal. Nach einer 5jährigen Un:
gnabe zum en von Albe ernannt, jandte
ihn Ludwig XV. 1769 ins Conclave nad) Rom,
wo er die Wahl eines jejuitenfeindlihen Bapites
burchfegte und dann von Clemens XIV. die Auf:
hebung des Yejuitenordend erlangte. + 1794.
Berno. Bon Wilhelm dem Frommen 910 als
Abt des neubegründeten Klofters Clugny berufen,
führte er bie Regel des Heiligen Benedict in der
alten Strenge wieder ein und ftiftete bie Congre—
gation von Clugny (f. d. A.).
€:
rie⸗
86
verehelichte ſich 1521, ſollie K
Berthold
Berno. Bernard. Gelehrter Venedickinermönch
zu Prüm bei Trier. Als Abt des Kloſlers Neichenau
am Bodenſee 1008 hob er die unter feinem Bor:
änger fehr verfallene Kloſterſchule und machte
co um die Berbefferung des deutſchen Kirchen:
gejanges verdient.
Bernward, Aus einem vornehmen ſächſiſchen
Geſchlechte, wurde 987 Hofcaplan und Erzieher
Otto's III. Seit 993 Biſchof von Hildesheim, be:
fejtigte er die Stadt und ficherte die Grenzen des
—— begründete die Münſterſchule und die
Benedictiner-Abtei zu Hildesheim. Die Kunſtwerke
in ber dortigen Domfiche find zum Theil Werke
feiner eigenen Hand. Er ftarb am 20. November
1022 und wurbe 1193 Fanonifirt.
Beröa. 1) Stadt in Macedonien am Fuße bes
Bermius, Apftg. 17, 10. 13; 20, 4; fpäter hieß fie
Irenopolis, jetzt Kara⸗Feria oder Verria. — 2)
Stabt in Syrien, 2. Maff. 13, 14, an ber Stelle
bes heutigen Aleppo, von Seleucus erbaut. Hiero⸗
nymus fand bort bei ben Nazaräern das hebräi-
—— welches er dem Matthäus zus
tried.
Berothai. 2. Sam. 8, 8. Nah den Meiften
einerlei mit Berotha, Ey. 47,16, dem heutigen
Beyrut. Nach Ewald, Geſch. Sf. ILL, 195, ift je⸗
bod) das Barathema des Ptolemäus 73° 20°, 33° 0*
zu verftehen. —
Berquin, Ludwig von. Geb. 1490, wurde, weil
er Schriften von Erasmus und Luther überſetzte,
wiederholt vor dem Parlamente angeflagt, aber
durch die Gunft des Königs Franz I. geſchützt.
ALS er aber aus Beda's Schriften zwölf Säge ala
gottlos bezeichnete, 1527, wurde im von Neuem
der Prozeh gemacht und er ald unverbefferlicher
er 1529 verbrannt.
Berruher, Jojeph Iſaac. Ein franzöſiſcher Je:
fuit, geb. am 1. Nov. 1681. Um die Vibel mehr
befannt zu machen, bearbeitete er fie in der Art
eined Romans, 1728. Das Merk fand, weil es
lebendig und interefjant gefhrieben mar, vielen
Beifall, wurbe aud) ins Spanifche und Stalienifche
überjegt, aber erregte auch großen Anfioi durch
viele leichtfertige und fchlüpfrige Schilderungen.
1738—1758 erjdienen noh 3 Vände, die Zeit
nah Ehrifti Geburt umfafjend, und erſt 1753
wurbe es von Benebict XIV. verbamınt.
Berfabe. S. Beerjeba.
Berthelier, Philibert. Aus einem allen Genfer
Patriciergefchlecht, ftand er mit Bonivard an ber
an ber Partei, welche bie alten Freiheiten
Genfs gegen ben Bifchof und ben Herzog von Sa:
voyen — zu erhalten ſuchte und das Vünd⸗
niß der Stadt mit den Eidgenoſſen vermittelie.
Seine auf Befehl des Biſchoſs ohne Urtheil und
Recht * inrichtung, 1621, gab mit Beran:
lafjung zu der Befreiung der Stadt, wod dei
Reformation der Weg gm wurde. Bgl. Merle
v’Aubigne, Geſch. der Ref. Bd. J.
Berthier, Wild. Franz. Geb. 1704, ein gelehr
ter Sejuit, der die Geſchichle der franzöſiſchen
Kirche von Longueval in G Büchern bis 1529 fort-
jegte und das von ben Jeſuilen zur Belämpfung
der Encyklopäbiften gegründete Journal de Tre-
voux leitete. Nach Auflöfung des Ordens wurde
er Erzieher Ludwigs XVL, 309 ſich dann nad)
Bourges zurüd und lebte dort den Wiſſenſchaften
bis an feinen Tod 1782.
Berthold. Der Apoftel der Liefländer. Aus
&
Berthold
Abt des Klofters Zoccum weihte ihn Hartwid IL
von Bremen zum Bifchof der noch heidniſchen Lief:
länder. Als Fine erjte Mifftonsreije feinen Erfolg
hatte, predigte er einen Kreuzzug und fiel in der
erften Schlacht, die er mit jeinem Heere den Hei—
den lieferte, 1198.
Berthold. Erzbifhof von Mainz, 1485—1504.
Graf von Henneberg. War nit nur Fr bie Ber:
waltung des Reiches von großem Einfluß (Rante,
8b. I), fondern bemühte fid) auch für die Nefor:
mation der Klöſter und die kirchliche Zudt und
ftellte die Beſchwerden der deutſchen Nation für
die Curie zufammen.
Berthold, der Franciscaner. Der berühmte
Voltsprediger des Mittelalters, wurde geboren zu
Regensburg um 1220 und erhielt feine Bildung
* igen Franciscanerkloſter durch Bruder Da:
vid von Augsburg. Seine Wirkſamteit als Reiſe—
prediger begann er 1250 in Niederbayern und
durch °g predigend Süddeutſchland und Thürin-
gen. 3 272. Seine Predigten find herausgegeben
von Kling 1824 und Beifter 1862.
Berthold. Biihof von Chiemjee. Geb. 1465,
Biſchof jeit 1508, refignirte 1525, + 1543. Im
Onus ecclesiae (1524) ſchildert er das Verderben
der Kirche und fordert eine nöthige Verbeſſerung.
In der Teutfchen Theologie (1531) entwidelt er
manches dort Gejagte und ſucht das römische Lehr:
foftem zu rechtfertigen. Die Teutſch. Theol., her:
ausgegeben von Reithmeier 1852.
hold von Rohrbach. Cin Laie, der 1356
zu Würzburg gegen firhlihe Mißbräuche predigte
und zu Speier verbrannt wurde.
Berthold. Stifter des Karmeliterordend. ©.
Karmeliter.
Bertholdt, Leonhard. Bekannter Bibelkritifer
der rationaliftiihen Schule. Geb. 8. Mai 1774
zu Emälirchen im Bayreuthiſchen, ftudirte er zu
Erlangen, ward 1802 Adjunct der philologiichen
Facultãt, 1805 außerordentlicher Profefior, 1806
ordentlicher Profeſſor der Theologie. F 1822,
Seine befanntefte Schrift iſt die Hiftorifch = Fritifche
Einleitung in die kanoniſchen Schriften des Alten
und Neuen Teitaments, Erlangen 1812 — 1819.
Außerdem ſchrieb er eine Dogmengeſchichte und
einen Commentar zum Daniel.
Berti, Giovanni Lorenzo. Geb. 1696 in Sara:
vezzo bei Toscana, trat in den Orden der Augu:
ftiner-Eremiten, und ward Brofefjor der Theologie
zu Pifa. Ausgezeichnet ald Dogmatifer, jchrieb er
Libri de theol. disciplinis, ein Syftem der fatho:
liſchen Dogmatik auf auguftinifcher Grundlage.
erufung nennt der bogmatiihe Spracdge:
brauch, fich anlehnend an den bibliſchen Ausdrud,
die göttliche Einladung durd Wort und Sacra—
ment zur Anregung des in Chrifto dargebotenen
Heiles. Man unterſcheidet die allgemeine Beru:
fung (universalis), die durch die Verkündigung
de3 Evangeliums auf Erden und unter einem Bolle
ee von ber bejondern (specialis), wenn
durch beſondere Wirkung des heiligen Geiftes ber
Renſch inne wird, daß aud) ihm das Heil beftimmt
fi. Im Kampfe mit der Prädeftinationslehre
wurde die Lehre von der Allgemeinheit der Beru:
—*2* in dem Sinne, * die Einladung zum
Heile an jeden Menſchen komme, und von der Wirk:
jamteit derjelben, d. h. daß fie für Jeden ernftlich
gemeint hinreichend fet, vielfad) erörtert, y
daß es gelungen wäre, Mifverjtändniffe und Wis
87
Beſeſſene
—— zu vermeiden, ſo lange man ſich nicht
entſchließen konnte, auch auf Seiten des Menſchen
und in feinem Glauben eine freie ſittliche Willens:
beftimmung anzuerkennen: eine Anerkennung,
melde in tieferen religiöfen Gemüthern die Danl:
barfeit gegen Gottes Alles durchwaltende Gnade
und das Gefühl, aud in unfern Willensregungen
nur von ihm getragen zu werden, nicht ausſchließt,
jondern nur erhöht.
Berulle, Pierre de, Carbinal. Geb. 1575 aus
einer vornehmen franzöfifhen Familie, widmete er
fi) dem geiftlihen Stande und der Belehrung der
Calviniften. Zur Hebung des verwilderten geift:
lihen Standes ftiftete er nad) dem Vorbilde des
Philipp von Neri ein Dratortum, d. h. eine Ge:
meinſchaft von Prieftern, die ohne Gellibde ein
gemeinſames Leben führten und ſich mit wifjen-
Khaftlichen Studien beihäftigten. S. Dratorianer.
Die Sorietät erhielt die päpftliche Betätigung
1613 und breitete fi ge in Frankreich aus.
Beryll v. Boſtra. ©. Antitrinitarier.
Beihaulikeit (Contemplation). Der Zuftand
der Seele, wenn ber Geijt fi von der Außen:
welt abzieht und ſich ausſchließlich auf die Betradh:
tung des eigenen Seelenlebens, infofern diejes ein
religiöfes ift, concentrirt und darin einen inneren
Genuß findet. Vielfach hat man in der Beſchau⸗
lichkeit daS wahre chriſtliche Leben zu finden ge:
meint.
Beihneidung. Die Sitte, die Vorhaut deö
männlichen Gliedes abzujchneiden, ift von Abra-
ham bei feinem Stamme eingeführt, von Mofes
gejeglich geboten, 3. Mof. 12, 3, und von Joſua
durchgeführt, Joſ. 5, 5. Die Befchneidung war
das Bundeszeichen der Weihe zum Eintritt in die
Gemeinde Gottes, mußte daher an jedem Ziraeli:
ten und an Jedem gejchehen, der ſich in die Ge:
meinihaft des Volkes aufnehmen ließ. 1. Mof.
34, 15 f. ©ie findet ftatt am achten Tage nad) der
Geburt, mit ihr verbunden ift die Namengebung,
Luc. 1,59; 2,21. Die Beſchneidung ift bei den
Aegyptern älter alö bei den Juden, und findet ſich,
hart 4 beiden RNachlommen Abrahams, auch bei Phö—
niziern und Syrern. Unbejchnitten heißen die Phi:
lifter. Als Grund der Sitte kann auch bei biejen
Völkern nur ein religiöjer angenommen werden.
Das Zeugungsglied gilt ala * iſt Symbol des
Lebens, die Beſchneidung jumbolifirt daher die
Weihe des Lebens an die Gottheit. Da in Aegyp⸗
ten nur die Priefter: und Kriegerfafte bejchnitten
war, jo ift die —— ein äußeres Zeichen
des Adels des Volles Afrael.
Beihneidung Chriſti, Fefl der, ift die Dctave
des —— wurde aber, um bie Colli—
fion mit der römiſchen Neujahröfeier zu vermeiden,
erjt ſpäter unter Gregor d. Gr. gefeiert und erft
nad) dem 10. Jahrhundert in die Reihe der allge:
meinen kirchlichen Fefte aufgenommen. Zum Neu:
jahröfefte wurde es, ald aud die Kirche den
Sahresanfang auf den 1. Januar fette, was in
Frankreich um 1564, in Schottland um 1600, in
England 1756 geſchah.
eſchwörung Des Teufels, S. Erorciömus und
Teufelsbanner.
Beſek. Richt. 1, 3.7. Muß zum Stanme Juda
5* haben, daher verſchieden von Beſek (Luther
aſek) 1. Sam. 11, 8, welches nad) Hieronymus
11 Millien von Sichem liegt am obern Jordan.
Beſeſſene. S. Dämoniſche.
Beſold 88
Beſold, Chriſtoph. Belannter Convertit zum Ka⸗
tholicismus. Geb. zu Tübingen 1577, trat er als
Profeſſor der Rechte 1630 heimlich zu Heilbronn
zur fatholifchen Kirche über, und öffentlich nad) der
Schlacht bei Nördlingen 1634, zum größten Schmerz
bes ihm befreundeten Bal. Andrei. Mit Benupung
ber Urkunden des age Archivs juchte
er in zwei Werfen zu beweifen, daß die meiften der
von Würtemberg fäcularifirten und zu Sirchen:
und Schulzweden verwendeten Klöfter reichsun⸗
mittelbar gewejen feien und daher reftituirt wer:
den müßten. Da das Intereffe des Haufes Deiter:
reich entgegenftand, blieb fein Bemühen erfolglos.
1687 wurde er Profeflor in Ingolftabt und ftarb
1638, ehe er einem glänzenden Rufe des Papſtes
nad) Belgien folgen fonnte.
Befor. 1. Sam. 30, 9. 10. 21. Iſt wahrfcein:
= der Wabi el Scheriah, weldyer unterhalb Gaza
mündet.
Beiprengung mit Meihwafler — liturgiſche
Handlung in der katholiſchen Kirche, welche theils
als jelbftändiger liturgifcher Act, vor dem Hochamt,
theils in Verbindung mit andern, namentlich den
Sacramentalien, erſcheint und fymbolifch die Rei:
nigung von Sünden darftellen joll.
Beflarion. Earbinal, der Vermittler zwiſchen
Drient und Deeibent. Geb. 1395 zu Trapezunt,
trat er in ben Orden des heiligen Bafılius be:
leitete 1437 Johann VI aläologus auf das
&oncit zu Een Wer unter per *
ei — nigung mit der römiſchen
Ai e und bie Annahme des Belenntnifjes, daß
der heilige Geift er hr Sohne ausgehe, wirkte.
um Cardinal und Borfteher des Ordens ber Ba:
tlianer ernannt, blieb er in Italien und beförberte
dad Studium der griehifhen Sprade und ber
Miffenfhaften überhaupt. Seine Bibliothek ver:
machte er der Republik Venedig. Mehrfach zu
diplomatifhen Gejhäften verwendet, verjäumte er
feine Gelegenheit, das Abendland zur Hülfe in
ie des griechischen Reiches aufzu:
orbern.
Beſſel. Geb. zu Buchheim bei Mainz 1662.
Benedictinerabt zu Gottweid bei Wien And Zur:
mainzifcher Official. In feine Hände legte 1710
ber Convertit Anton Ulrich von Braunfchweig das
Glaubensbelenntniß ab, und Beſſel ſchrieb die Fünfgig
Motive, in denen er den Uebertritt des Herzogs
rechtfertigte. Ruhmvoller ift für ihn die Chronif
be3 Klofterd Gottweich, von welcher der erſte Theil
(2 Foliobände) 1732 erfhien und welche für die
mittelalterliche Geographie von großem Werthe ift.
Beftätigung. S. Confirmation.
Beladh. Stadt in Syrien, welche David er:
oberte, 2.Sam.8,8; nad) 1. Chr. 18, 8 ift Tebach
zu leſen, welches nicht weit von Maakha log.
Betane. Stadt bei Hebron. Judith 1,9.
Beten. S. Gebet.
Bethabara ift die gemöhnliche aber unrichtige
Lesart, Joh. 1,9, ftatt Bethanien, durch Drigenes
eingeführt, der am Jordan fein Bethanien, wohl
aber ein Bethabara fand.
Bethanath. Kanaaniterftabt, Nicht. 1, 33, im
Stamme Naphthali, Joſ. 19, 38; nad) Eufebius
der Ort Batanda, 15 Meilen öftlih von Cäfarea.
Bethania. Ein Ort in der Nähe Jerufalems
am Delberge, Marc. 11,1; Luc. 19, 29, Matth.
21, 17; befannt aus der Leidensgeſchichte und als
Wohnort von Maria und Martha. Jet ein
Bethel
unbedeutendes Dorf, mo man das Haus bed Si-
mon und dad Grab bes Lazarus, Joh. 11, zeigt.
Ein zweites Bethania muß Tenfeit bes Jordan ge:
legen haben. ©. Bethabara.
Bethanoth. Zof. 15, 59. Stadt im Stamıne
Juda, vielleicht das Dorf Bethanin nach Eufebius.
Belharaba. Joſ. 15, 6. 61; 18, 22. Auf der
Grenze zwiſchen Juda und Benjantin.
Betharbeel wirb Hof. 10, 14 ald von Salınan
zerftört erwähnt, ſoll Arbela in Galiläa fein.
Higig liest aber den Namen de3 Orts Salman:
betharbeel und verweifet auf Arbela in Peräa.
Bethaſsmabeth. Neh.7,28; 12,29; Esra2, 24.
Drt im Stamme Juba ober Benjamin.
Bethaus. Es gehört zu ben Ehrenrechten ber
im Staate anerkannten Confeffionen, daß ihre
ottesdienftlihen Gebäube durch Thurm und
loden und bie ganze Bauart als ſolche zu erken⸗
nen find und ben Namen Kirchen ober Kapellen
führen. Die Verfammlungähäujer der nicht aner-
fannten Gemeinſchaften heißen Bethäufer, jo in
Defterreich bis 1848 Die evang. Kirchen. Ebenfo ge:
braucht man bie Bezeichnung für ſolche gotteöbienft:
—* ebäube, bie beſcheidener und dürftiger aus-
geſtattet find. Bgl. db. Art. Kapelle und Oratorium
Beihaven. Joſ. 7,2; 18, 12; 2. Sam. 13,5;
14, 23; öftli von Bethel.
Bethbarah. Nicht. 7, 24. Auf dem diesfeitigen
Ufer deö Jordan; hierauf verweilen die Berthei«
biger der Lesart Bethabara (f. d. A.).
Bethbafl. 1. Malt. 9, 62. 64. Bulg. Beth:
fezia, Joſephus Bethalaga. Ort in der Wüfte, den
Jonathan befeftigte.
Beth: Birei,. 1. Chr. 4, 21. Stabt Simeons,
heißt Joſ. 19, 6 Bethlebaoth.
ethtar. 1.Sam.7,11. Lag in Süb:Paläftina
ohnweit Mizpa.
Bethcherem. Jer. 6, 1; Neh. 3, 14. Stabt im
Stamme Juda, lag nad Hieronymus auf einer
Anhöhe zwiſchen Jerufalem und Theloah, welche
Bocode im Frankenberge erkannt haben will.
Bethdagon. J0j.15,41. Stadt in Juba, in ber
Niederung; ber von Eufebius hierfür bezeichnete
Drt liegt aber im Stamme Dan. Ein anderes
Bethdagon im Stamme Affer wird erwähnt of.
19, 27. Seins von beiden ift gemeint 1. Malt.
10, 83; vielmehr ift Hier das Wort getrennt zu
lefen: Haus (Tempel) des Dagon.
Beth⸗Diblathaim. S. Almon:Diblathaint.
Betheden. Amos 1,5. Ort in Syrien, ſoll das
eutige Dorf Eden auf dem Libanon fein. Andere:
eit⸗el⸗Dſchanne bei Damaskus auf dem Hermon.
Luther überjegt Luſthaus.
Bethefed. 2. Kön. 10,12. Lag in ber Ebene
Samaria's; nad) Ewald das Don! Beth⸗Kad.
Bethel. Hieß urſprünglich Zus, 1.Mof.28,19;
Richt. 1,23.26; Joſ. 18, 13, und lag ander Straße
nad Sichem, nicht weit von Silo; nad) of. 18,22
ben Stamme Benjamin zugetheilt, wurde ed von
Ephraim erobert, Richt. 1,23, und verblieb bein:
jelben. Bethel war ein Ort von uralter Heiligkeit,
wahrſcheinlich ftand dort ſchon ein fanaanittjches
Heiligtum. Später war es eine Zeitlang der Ort
der Bundeslade, Richt. 20, 18; 1. Sam. 7, 16.
Jerobeam jtellte dort das goldene Kalb auf, 1Kön.
12, 18 jf.; 13, 1. 32, Amos 7,13; und nad) ber
negführun wurde ein levitifcher Priefter hinge⸗
ſchickt, den Ze: Eultus einzurichten. Erſt Jofia
machte dem falſchen Cultus ein Ende, 2. Slön.
Bethemef
2, F Nach dem Exil iſt es im Beſithz der Benja⸗
iten, Neh. 11, 31; ed wurde von Bacchides be⸗
—* 1. Malk. g, 50, und von Beäpaftan erobert.
Robinfon bat den dri im —— Beitin vermuthet;
Thenius erkennt es in Sindſchi
Stamme Aſſer
Bethemel. Joſ. 19, 27.
nahe bei Jep hta.
Bethesda. Job. 5,2. Ein Teich mit heilfräf:
tigem Waſſer ug ufalem, der mit Säulen für
die Kranlen umge
es ber tiefe Gr Birlet:Jjrail an der nördlichen
—— —* nic — — tr en,
daß er zur Burg Antonia ge e. Ra
nn Biel s der Keich, die Duelle der Jungfrau”, an
beö Thales Joſaphat, identiſch mit
= ——— (Neh. 2, 14). Da dieſe Quelle
intermittirend ſprudelt
bei Johannes paſſen, fie hat jedoch feine Heilfräfte.
Bethezel. Micha 1, 11. Ort ohnweit Samaria.
Beibgader. 1. Chr. 2, 51. Jm Stamme Juda.
Bethgamul. er. 48, 23. stadt i in Moabitis,
nach Robinfon Om-el-Dfchemal.
Bethhanau. 1. Kön. 4,9. Wahrſcheinlich in Dan.
Beihharam. LXX Baithara. 4. Moj. 32, 36;
Joſ. 13, 27. Stadt im Stamme Gab. Der ipä:
tere Name ift Bethramtha Herobes nannte fie
Da Ehren der Gemahlin Auguftus’ Liviad oder
as.
— ober Bethagla, Joſ. 15, 6; 18, 19.
laubt Robinfon an die Duelle Hagla im im SD.
u Nerven legen zu müſſen.
hhoron. So 16,3. Lag im Thale an einer
Mir auf der Grenze von Ephraim und
Benjamin, jo daß von einer niedern (of. 16, 3;
18, 13) und einer obern Stabt (Joſ. 16,5) gerebet
wird. Da bie Höhe, die den Engpaß te,
erfteigen war (of. 10, 11; 1. Mall. 3,
3—24), jo bi der Drt eine: ” tige ——
ſche Poſition und es wurde dort öfter gefä
Joſ. 10, 10; 1. Mall. 7, 39; 2. Malk. 15, 25.
jüdifchen ‚Kriege wurben nad) der Niederlage des
Geftius in den Engpäffen viele Römer auf ber
Fucht nad) Beisoeon erſchlagen. Die Angaben
der Bibel und des Eufebius treffen in der Lage ber
—— Beit⸗ ur⸗el⸗Fola und Beit⸗ ur⸗et⸗Tachta zu⸗
——— Ein Vorläufer des Pietismus, Pfarrer
im Dorfe Linnen bei Fehrbellin bis 1663, der in
feinen Schriften die Berwilberung ber (utheriichen
Kirche und die Berlommenheit ihrer Prediger ſchil⸗
dert und ftatt der Orthobogie ein lebendiges Chri—
ftenthum fordert. Spener belennt, von ihm mande
Anregung erhalten zu haben.
Beihjefimoth. Ort jenfeit des Jordan, 4. Moſ.
33,39; Joſ. 12, 8, war dem Stamme Ruben zu:
getheilt, of. 18, 20, fpäter aber wieder im Befit
der Moabiter, €. 25, 9
Bethleaphra ift nad), Micha 1,10 wohl in Juda
zu ſuchen.
" Beihlebaot. 19, 6. Stabt im Stamme
Eimeon, wird Joſ. 15, 32 bloß Lebaoth ge
Bethlehem. Der Geburtsort Davids, 1. Sam.
16,1; 17,12, und Jefu, Matth. 2,5; Luc. 2, 4.7;
tag im Stamme Yuda, Richt. 17, 7.9; Nicha
5,2, ſechs Millien von Serufalem, warein unbebeu:
tender Ort —* einer felſigen Anhöhe in fruchtbarer
Gegend, den Rehabeam befeſtigte. Nach 1. Mo
35,19; 48, 7; Mal. 5,2 war der ältere Name
89
war. Nach der Trabition ift | Si
‚0 würbe das zur Angabe Iſaſchar
Bethtapuah
8 bewohntes Dorf; in der Kirche zeigt man die
öhlengrotte, in welcher Chriſtus geboren ſein ſoll.
—— eres Bethlehem lag in Sebulon. Joſ.
Beiömande, 2. Sam. 20, 14. In ber Nähe
von Ab
Beihmarkabotf. of. 19, 5; 1, Chr. 4, 81,
Stadt im Stamme Simeon.
Beihmille, Richt. 9, 6. 20. Ein Caftell bei
32, 3. 86; Jof. 18, 27.
Stadt im Stamme Gab; — der Nähe waren
Quellen, Jef. 15, 6, weiche man im Wadi⸗Schaib
oder Rimrin erfannt hat, woburd) der Ort Nimrin
beftimmt wird.
Bethpazzez. Joſ. 19,21. Stabt im Stamme
Beißnime, 4. u
afchar.
Bethpelet ober Bethpalet. Joſ. 15, 27; Neh.
11, 26. Im Süden Juda's, wurbe nad) dem Exil
wieder von Juden bejegt.
Belhpeor. 5. Mof. 4, 46. Moabiterftabt ohn⸗
weit bes Jorban, Fericho gegenüber, in der Nähe
des Berges Peor, fiel dem Stamme Ruben zu.
Beihphage. Ein Flecken in der —* von Je⸗
ruſalem und Bethanien. Matth. 21, 1; Marc.
11, 1; 2uc. 19,20. Seine Stelle wird albwegs
Betpanien und bem Delberg * da es aber
immer vor Bethanien genannt wird, ſo ſcheint es
— u von Bethanien nad Jericho gelegen zu
"Beihredo, Stadt in Dan, nicht weit von
Lais, Richt. 18, 28. Das dort —— Thal iſt
die Ardsel-Huleh am Fuß des Antilibanon. Val.
4. Mof. 13, 22.
Bethſaida. 1) Eine Stabt am weitlichen Ufer des
Sees Genezareth, Joh. 1,45; Marc. 8, 23; 6, 45,
nicht weit von Kapernaum ; war ber Wohnfit des
Petrus, Andreas und Philippus und ber —*
‚| Aufenthaltsort Jeſu, Joh. 1, 45; 12,
m | 2) gr Stadt im untern aulonitig, öftlich vom
See, welche der Tetrarch Philippus ausbaute und
Juliad nannte. Luc. 9, 10 wird diefer Ort ge:
meint fein. —* —* 14, 18.
Betbican. in ber Ebene Esdrelon diesfeit
des Jordan, 2. Maft.12,29, wurde von Stamme
Manafje erobert, Yof. 17, 11; 1. Sam. 31, 10.
Später hieß die Stabt Scythopolis und war eine
befeftigte Grenzftabt Galiläa’s, in der viele Heiden
wohnten, und welche zu ber Defapolis (j.d. A.) ge:
—— Im 4. Jahrhundert wird ſie als Sitz eines
iſchofs erwähnt, iſt jetzt ein Meiner Ort, Beifan.
Bethſemes. 1. Sam 6, 12; Joſ. 21, 16; 1. Kön.
4,19; 1. Chr. 6,60. Eine Brieiterftadt i im Stamme
Yuda, lag in einer Niederung zwiſchen Cheſſalon
und himna, nahe bei der Philiſtergrenze. Hierher
wurde die Bunbeslade von den Philiftern zurüd-
gefchidt, 1. Cam. 10. Unter Ahas wurde fie von
den Bhiliftern erobert. Nach 1.Sam. 6,19 ſcheint
der Ort nicht unbedeutend geweſen zu fin, wenn
auch in der Zahlenangabe Tertverberbniß ange:
nommen werben muß. — Andere Städte des
mens find: 1) im Stamme Naphthalt, of. 1, a;
Richt. 1, 33; 2) im Stamme Iſaſchar, Jo]. 19
J in Xegypten, die fonft Helioporis ——
tadt.
Rheſia. In Nord-Paläſtina, Richt. 7, 22,
j. | war ſchon gg nicht mehr befannt.
Bethtapuah. Joſ. 15, 53. Auf dem Gebirge
Ephrata. Bethlehem ift jegt ein großes, von Chri: ! Juda, ift das Dorf Te fiuß.
Bethul
Bethul. Beihuel, Stadt im Stamıne Simeon,
an PR S 80 —* 50. Kata ne wie
u, vgl. Joſ. 15, 30; das ige a.
Beipulia, Jud. 7,13; me 11. 13; 7,8;
15,3. Wird nur im Bud Judith erwähnt als
ein fefter Ort auf einem Berge in der Nähe der
Ebene Eödrelon. Daf der Name erdichtet fei, ift
unwahrſcheinlich; es jollen die biblifhen Angaben
auf ben Ort Sanur paffen, der zwiſchen Dicheba
und an auf einer Felſenhöhe Liegt.
Bethzacharia. 1. Matk. 6,32. Lag nach Jofephus
60 Stadien von Bethzur, ift das heutige Beit:
Salarieh.
Bethzur. Bulg. Beffur. Auf dem Gebirge Juda,
If. 15, 58. Bon Maon gegründet, 1. Chr. 2, 45,
von Rehabeam befeftigt, 2. Chr. 11, 7, ift fie in
ber jpätern Zeit als Ka gegen Jdumäa
von Wichtigkeit. 1. Mall. 4, 61; 6, 7. 26; 14,
33; 2. Matt. 13, 19. Nach der alten Sage hat
F ef tu den Kämmerer getauft, Apitg. 8,
Betomefhaim. Zub. 4, 6; 15, 4. Lag in ber
Ebene Esdrelon.
Betonim. Joſ. 18, 26. Grenzftabt im Stamme
Gad, die zu Eufebius’ Zeit noch vorhanden war.
Betrachtung nennt man das finnende Eingehen
in einen gegebenen Stoff (Text oder Concept) und
die formloje freie Darlegung der gewonnenen Ge:
banken. Im Unterſchied von der Predigt ift die
ee ar die objective, ungezwungene, form:
freie Entwidlung des religiöfen Gefammtinhalts
eines Tertes, während die Predigt denfelben fünft:
leriſch verarbeitet, reproducirt mit der beftimmten
Abſicht der Wirkung auf Andere. Die Schrift:
auslegung deö Predigers geht über in Betrachtung
und aus dieſer wird die Predigt geboren.
Bettelmönde, Die Orden der Dominicaner und
ranciscaner (ſ. d. A.) waren nad den Ordens:
tatuten verpflichtet, den nöthigen Unterhalt fich zu
erbetteln, da die Mönche kein Eigenthum befiten
und in der Demuth geübt werden follten. Den
Bettelmönchen beigezählt werben die Karmeliter,
die Auguftiner-Eremiten und die Serviten. Der
Reihthum der Klöfter bildete Häufig einen wunder:
lien Gegenfag gegen ihren Vettel. Durd den
Einfluß auf die niedern Vollsklaſſen find fie von
größter Bedeutung geweſen.
Beute. Was der einzelne Mann im Kriege er:
beutete, blieb fein Eigentum. Die allgemeine
Beute an Menſchen und Bieh wurde zwiſchen den
Soldaten und dem Bolt getheilt; jene gaben ben
500. Theil an bie Briefter, diejes den 60. an bie
Zeviten ab. 4. Mof. 31, 26,1. Sam. 30, 24; 2.
Maft. 8, 28.30. Nicht jelten wurde die ganze Beute
Jehova geweiht und dann entweder verbrannt
(j. d. A. Bann) oder dem Heiligtum überwie:
jen. Joſ. 6, 24.
Beveridge (Beveregius, Guilielmus). + 1708
als Biſchof zu St. Aſaph in England, ſchrieb über
Kirchengeſchichte und griechiſches Kirchenrecht.
rund. Motiv. Jeder Handlung liegt
eine Setbftentiheidung des Willens zu Grunde;
dasjenige nun, was auf dem Wege eines Gedanken:
prozeſſes die Selbſtentſcheidung beftimmt, heißt
Beweggrund. Der Beweggrund kann ein quter oder
ein Ichlechter fein und unterjcheidet ſich von Trieb:
feber dadurch, daß letztere einen beitimmenden
(innlichen oder geiftigen) Trieb bezeichnet, welcher
unmittelbar das HandelnaesBenfchen leitet, ohne
90
Beza
daß eine Thätigleit des Denkens dazwiſchen liegt.
Man kann nicht ſagen, daß das Eine oder das An—
dere ausſchließlich ſittlich berechtigt ſei, wie Kant
es vom Beweggrund meint, da der Zuſammenhang
zwiſchen dem menſchlichen Wollen und feinem ſul⸗
lihen Weſen aud beim volllommenften Menſchen
theils ein bewußter, theils ein unbemußter bleiben
wird. Iſt die Triebfeder gut, dann ift aud) das
Handeln nad) ihr gut, ebenfo beim ** rund
Vgl. Bruch, Theorie des Bewußtſeins, ©. 210.
Rothe, Ethik, 2. Aufl., 2. B. ©. 102.
Beweije für das Dafein Gottes. S. Gott.
Beza, Theodor, eigentlich de Böze. Geb. 24.
Juli 1549 zu Bezelay in Burgund, empfing feine
erfte Bildung und —— geläuterter Reli-
giofttät durch Wolmar in Orleans, ftubirte darauf
in Baris die Rechte und bejchäftigte ſich mit Litera:
tur und Dichtkunſt. Durch das Studium ber be:
bräiſchen Bibel und der Schriften ber Reformatoren
von Neuem angeregt, gab er 1548 feine Pfründen
auf und begab fich mit feiner Braut nad Genf,
wo er zur reformirten Kirche übertrat. 1549 ward
er Lehrer ber griechiſchen Sprache zu Laufanne,
erklärte bier den Römerbrief und die Briefe Petri,
überjegte auch metrifh einen I der Pſalmen
und betheiligte fi an dem Schriftwechſel über die
Hinrichtung Servets, bie er, vom Strome der Um:
ftände bewegt, ebenfallä rechtfertigt. 1556 madhte
er eine Reije in bie Schweizer Cantone, um eine
Gejandtihaft nach Paris im Intereſſe der bedroh⸗
ten Waldenfer zu —— was ihm auch gelang;
1667 eine zweite Reiſe bis nach Deutſchland we—
en der —— der Pariſer Gemeinde; und
Pebelte in einem Conflict mit ber Berner Regie:
rung 1558 nach Genf über, mo er die Zeitung ber
dort begründeten Schule und Akademie übernahm
und ſich Calvin in der Zeitung ber Kirche als treuer
Gehülfe zur Seite ftellte. Um feinen Webertritt
vor feinen Verwandten zu rechtfertigen, gab er
1560 fein Glaubenäbetenntniß (confessio) heraus,
eine Hare wohlgeorbnete Darftellung der caldiniſch⸗
teformirten Grundjäße, weldye auch in franzöfifcher
und italienifcher Sprache verbreitet wurde. An den
Geſchicken der franzöſiſchen Reformation nahm
Beza perjönlich den lebhafteften Antheil, er verthei:
bigte feine Partei auf dem Religionsgeſpräch zu
Poiſſy 1561 und St. Germain 1562, leitete die
Synoden zu Nodjelle 1571 und Nismes 1572 und
hatte Einfluß auf Heinrich IV. Obgleich Beza im
Sacramentsjtreite fich zu heftigen Gegenichriften
gegen Heshuſius verleiten ließ, blieb er jederzeit
Unionsverſuchen zugänglich, wofür jeine dem Pfalz:
grafen Dtto Heinrich übergebene —— 1556
und ſeine Theilnahme am Religionsgeſpräch zu
Mömpelgard zeugt, worüber er, durch Andreä ber:
ausgefordert, 1587 Bericht erjtattete. Rach Calvins
Tode 1564 trat Beza an die Spite des Genfer
Eonfiftoriums und galt ald das Haupt der Refor:
mirten, welches wieder zu gewinnen die Jefuiten
und Franz von Sales vergeblihe Mühe anmwen:
beten 1597. Bon feinen Schriften find noch zu nen:
nen, außer feinen kritiſchen und exegetiſchen Arbei:
ten über das Neue Tejtament, feine Ausgabe des:
felben und feine Ueberjegung mit Anmerlungen
1556 und öfter. | für die Geſchichte feiner
eit ift feine franzöfiiche Kirhengejchichte von 1521
is 1563, deren legte Bücher nur unter feiner Auf:
ficht geichrieben find. Biographien Beza's aus neue:
ver Zeit find: Baum, Theodor Beza, Straßburg,
Bezaleel 91 Bibelchriſten
1843, 1851; und H. Heppe, Theodor Beza, Elber⸗
feld, 1561.
aleel. Der kunſtfertige Baumeifter ber
Ai ütte, 2. Moſ. 28, Eh 1, der auch das
Salböl bereitete.
Bezel. S. Beiel.
Bejer. LXX und Luther Bezor. Jof. 20, 8, ge:
wöhnlich mit dem Zufage in der Ebene, 5. Mof. 4
43; 30).20,8; 1. Chr. 7, 78, jenjeit des Jordan,
Jeriho gegenliber ; ift irrig mit Boftra in Hauran
von Hieronymus verwechjelt. Es war eine Leviten⸗
und Freiſtadt.
Bezetha. Der vierte, nörblid vom Tempel ge:
legene —— welchen Jeruſalem bedeckte und der
von der Burg Antonia durch einen tiefen Gra-
ben geſchieden war. Agrippa zog ihn durch die
dritte Mauer zur Stabt.
Bibel, ra Bıßlia Ile, biblia sacra, bie gött:
lihen Bücher, auch heilige Schrift genannt, ift das
Religionäbuch des ChriftenthHums. Sie befteht aus
einer Anzahl von Schriften, welche zu verſchiede⸗
nen Zeiten und in verſchiedenen Berhältnifjen ge:
ihrieben worden find, welche aber nichtäbeftome:
niger ein fittlich-veligiöfes Ziel im Auge haben,
und im Ganzen aus einem Geifte hervorgegangen
find, fo daß Ir ein mohlabgerundetes Ganzes
bilden. Dieje Schriften piren fich in zwei be:
deutungsvoll geichiedene Hälften, in das fogenannte
Ate und dad Neue Teftament. Jenes bildet die
Sammlung der Schriften, welche aus dem a
Sehen des hebräifchen Boltes hervorgegangen finb
und den reinen Abdrud des heiligen seiten Sei:
ſtes darftellen, welcher dieſes Volt erfüllte; dieſes
—— der —— —* 17 unmittel:
e der großen weltgeſchichtlichen That:
—— & 7 — Ye
*
löſung durch Chriſtus entſtanden
Geiſt, der in Chriſtus lebte und von ihm
ausging, in ſeiner reinen Urſprünglichkeit bar:
ſtellen. Inſo fern die Geſchichte Iſraels und bie Er:
ſcheinung —* die höchſten Offenbarungen Got⸗
tes in der Menſchheit bezeichnen, iſt der Inhalt der
ibel die Dffenbarung zu nennen. Die Bibel hat
von Anfang ihres Dafeins an (f. Kanon) die
Bedeutung eines heiligen Buches gehabt, mit der
böchften Autorität in chriftlicher Lehre und chrift:
lichem Leben —— Aber als in der katho—
lichen Kirche die Entwidlung zum Aeußerlichen,
PBriefterlichen, Gefeglichen im Widerſpruch mit der
älteften Kirche immer mehr zur Erjcheinung fam,
da trat auch das Anfehen der Bibel mehr und
mehr hinter der Ueberlieferung, welche dem Be:
dürfniß der Entwidlung diente, in den Hinter:
grund. Die Bibel wurde bad Buch der Ketzer, und
daher mit den letztern verbächtig und unbeliebt.
Die Reformation war es, welche mit dem Zwede,
das urfprüngliche Chriftenthum wiederherzujtellen,
gegenüber der Tradition die ausfchliehliche Auto:
sität der Bibel zum Grundſatz erhob. Die Autori:
tät erſchien als göttliche, die Bibel als Gotteswort.
In dieſem Gegenſatz erte ſich nun aber im
Laufe der Entwicklung nicht ſelten die Vorſtellung
von der Bibel auf eine Höhe, die ihren gejchicht:
—— allmählich ganz überſehen ließ.
Obgleich man in der lutheriſchen Dogmatik nie
unterlafjen hat, Beides hervorzuheben, die menfch:
liche bie göttliche Seite ber Schrift (bie fides
humana und divina), fo hatte doch eigentlich nur
die letztere eine Bedeutung, während die eritere
ind Verſchwindende zurücktrat (j. Affectiones, In⸗
fpiration). Herber und Leſſing waren e3, welche
dagegen wieder auf die in ber Göttlichleit unter:
gegangene Menfchlichkeit der Bibel aufmerkfam
machten; fie ſuchten nachzuweiſen, wie gerade in
der menſchlichen Mannigfaltigkeit der Bibel ihre
Größe und Schönheit Hauptjächlich erfichtlich werde.
Bon da aus hat die neuere Fritifche Theologie den
Ausgangspunft für ihre Forſchungen genom:
men. Es entftanden hieraus die Wiſſenſchaften
der biblifchen Kritik und bibliihen Theologie,
deren immer mehr ſich erweiternde Ergebniffe ſich
bereitö bis ind Außerorbentliche ausdehnen. Vgl.
darüber befonders Rothe, Zur Dogmatif, 3. Art.
Fe Kanon und Tradition, 1859. Tholud,
eitſchrift für chriſtliche Wiffenfhaft und chriſt⸗
—— Leben, 1850. Scentel, Dogmatik, Bd. I,
346
©. 346.
Bibelanflalten. S. Bibelgeſellſchaften.
Bibelatlas Haben herausgegeben: Adermann ;
und Weiland 1832, Kiepert 1847. 3. Ausgabe
1857; von Lionnet bearbeitet 1859. B. Hughes,
Bible maps or a historical and descript. Atlas
of Script. geogr. Ban be Velde, Map of the
—X land. 8 Bl. Gotha 1858. ©. auch Palä-
ina.
Bibelandgaben. Die —— und beſten
Bibelausgaben find folgende. Ausgaben bes Al:
ten Teftaments: Biblia hebraica manualia etc.
a Joh. Simonis, Hal. 1752, 1828 (aud) einzelne
Büder). Biblia hebraica etc. J. Jabn, Vienn.
1806, 1839. Die Bafeler Ausgabe 1837. Die Bi-
blia hebr. rec. U. Hahn, 1831, 1839. Die Aus:
gabe von Theile (Lip. 1849). Auch einzelne
Bücher von demielben. Beide Teftamente von
Theile und Tifhendorf, 1850. Polyglottenbibel,
‚zum praltifhen Handgebrauch von Dr. Rud
Stier und Dr. 8. G. W. Theile. Bielefeld, 5 Vde.
4. Aufl. 1563, in Lieferungen. Die Septuaginta
ift ————— von Breitinger, Reineccius
1730, van Eß 1824; die neueſte Ausgabe iſt
von Tiſchendorf 1850; 3. Aufl. 1860. Ausgaben
des Neuen Xeftament3: Novum Test. Gracce etc.
C. Chr. Knapp. Hal. 1797. 5. Aufl.1840. 9. 4.
Scott, Lips. 1805. 4. Aufl. 1839. 3.9.9. Titt:
mann, ed. stereot. Lips. 1820 ; von Hahn herausg.
1861. 3. ©. Bater 1824. E. Lachmann, Bero
1831. 4. Göfchen, Lips. 1832. 8. G. W. Theile
1841. Beſonders empfehlenäwerth: C. Tiſchen⸗
dorf, N. T. Graece, textum ad fidem auth.
testium rec. etc. Lips. 1841. 7. Aufl. 1859.
Editio stereotypa. Lips. 1850, 1863. Rad) dem
Cod. Vatic, hauptſächlich: Ph. Buttmann, Lips.
1856. Nah Lahmann und Tiihendorf: Aug.
Hahn. Bon großer Wichtigkeit find die Ausgaben
des Codex Sinaiticus durch Tiſchendorf. Bibli-
orum Codex Sinaiticus Petropolitanus; 4. voll.
1862 (230 Thaler). Testamentum Nor. Sinait.
s. Nov. Test. cum ep. Barnabae et fragm.
Pastoris 1863. Ein Triglottenteftament ift von
Tifchendorf herausg. 1854 (griechiſch, lateinisch,
deutſch); ein Tetraglottentejtament von Theile
und Stier 1855 (auch englijch).
Bibelauslegung. ©. Auslegung ber h. Schrift.
Bibeldriften nennt fi ein Zweig der Methos
diften in England, geftiftet von dem Prediger
William D’Bryan, nad dem fie au Bryaniiten
genannt werben. Sie wollen aud) in ben Einrich⸗
tungen des Gemeinbelebens, der Anftellung und
dem Unterhalt der Prediger, wie im Cultus nichts
Bibelgefellichaften
gelten laffen, was nicht mit ausdrücklichen Worten
und Vorbildern der Bibel Üübereinftimmt.
Bibelgefelligaften und Bibelanflalten. Damit
die Bibel für einen möglichft geringen Preis dar:
eboten und aucd den Armen der Befig und bie
enutzung derfelben ermöglicht werde, ftiftete Dr.
Freiherr von Kanftein (+ 1719) die erfte Bibel:
anftalt, die er mit dem Waijenhaus zu Halle für
immer verband. Grundſatz ift, die Bibel für den
Selbftkoftenpreis zu verkaufen und Luthers Ueber:
ſetzung zu verbreiten. (S. die Vorreden zu ben
Bibeln.) Die größte und berühmtefte unferer Bibel:
eſellſchaften iſt die brittifche und ausländijche ; ge—
Niftet auf Anregung des Geiftlihen Thomas Char:
led zu Bala in Merionethſhire, Durch Joſeph Hughes,
den Baptiftenprediger, und den deutſchen Brediger
Steinlopf in London am 17. März 1504. Die Ge:
ſellſchaft hat ihre Thätigfeit über den ganzen Con—
tinent ausgedehnt und überall eigene Bibelgefell-
ſchaften hervorgerufen oder ſich mit beftehenden in
Verbindung gejegt, zufanımen etwa 7000 Agen:
turen und Niederlagen — Große Thätig:
keit entwickelt fie für die Ueberſetzung der Bibel in
alle lebenden Sprachen; bei dem Jubelfeite 1854
tonnte fie Exemplare der Bibel in 166 Spraden
aufftellen, in fie die Bibel drudt, und
tte fiber 46 Millionen Bibeln oder Theile der
ibel in Umlauf gefett. Die bedeutenden dazu
nöthigen Mittel
teben gr ben Beiträgen
ihver Mitglieder und von Hülfsgefellfchaften,
bie fie —— hat, zu. In Deutſchland entſtand,
als die älteſte Bibelgeſellſchaft, die Nürnberger
am 20. Mai 1804 durch den Kaufmann Sties-
ling, fie verlegte ihren Sig 1806 nad) Bajel. In
Preußen gründete der Prediger Jänicke 1806 die
Berliner Gefellihaft, aus welcher 1814 die preu-
Bifhe Hauptbibelgefellichaft hervorging. Andere
Geſellſchaften find: die ſächſiſche jeit 1828, die
Bibelgejellichaften zu Fra ‚ Stuttgart, Bre:
men, Lübeck und viele andere. In O eich ift
jede Bibelgejellichaft feit 1817 verboten gemejen.
Der Unterſchied diefer Geſellſchaften unter einan-
der, ſoweit er nicht rein local ift, befteht lediglich
darin, daß die einen ihre Bibeln nur verlaufen,
andere auch verſchenken, die einen die Apokryphen
mitverbreiten, die andern nicht. Als die brittifche
und ausländifche Bibelgeſellſchaft 1826, auf An:
dringen der Schotten, das Princip feftftellte, weder
Bibeln mit Apokryphen jelbft zu verbreiten, noch
irgend eine Geſellſchaft zu unterftügen, die das
thue, trennten ſich alle continentalen Geſellſchaften
und mander ſchottiſche und engliſche Hülfsverein
von ihr. Diejelbe Srage hat die bergiſche Bibel:
gieniäen gejpalten. Die fämmtlichen deutfchen
ibelgeſellſchaften verbreiten nur die Zutherbibel,
einzelne —— die Verbreitung der Stierſchen
verbeſſerten Lutherbibel; eine bindung der
deutſchen Geſellſchaften unter einander zur Her:
ftellung eines gemeinfamen Tertes ift angebahnt. —
Die von der proteftantifchen englischen Bibelgefell:
ſchaft ausgehende Anregung erftredte ſich auch
auf die fatholifhe Kirche. In Regensburg bildete
der Borfteher de Briefterfeminars, Wittmann, eine
Dibelgejelligaft, die erjt 1817 durch päpftliche
Bulle aufgehoben wurde, als fie !/. Million Neue
Tejtamente gedrudt hatte, Leander van Eh er:
hielt Unterftügungen zur Herauögabe feiner Leber:
ſetzung, bis der Apokryphenbeſchluß feine Berbin:
dung mit der brittifchen Geſellſchaft löfte.
92
Bibelhandſchriften
Bibelhandſchriften. 1. Codices bes Alten Te:
ftaments. Die Handihriften des Alten Teftaments
reihen ihrem Alter nad nicht über die maforeti-
ide Textfeſtſtellung zurüd, weil die mit biefem
authentiſchen nicht übereinftimmenden Terte ver⸗
tilgt wurden. Man . die Handſchriften des
Alten Teftaments ein in; 1) amtlide Synagogen»
rollen, welche falligraphifch und genau in chaldäi«
iher Quadratſchrift auf Bergamentrollen geſchrie⸗
ben beim Gottesdienfte gebraudt wurden, ge-
wöhnlih nur den Bentateuch enthalten und nicht
jehr alt find. 2) Privathandigriften, ls mit
chaldäiſcher Quadratſchrift, theils mit rabbinifcher
Curſivſchrift geichrieben. Jene, auf Pergament
oder Baummollenpapier gewöhnlih columnen=
und ſtichenweiſe geſchrieben, häufig mit Beifü-
gung einer Meberjegung (gem. eines Targum) und
von Scholien, Barianten u. f. w. begleitet, reichen
felten bis ins 12. Jahrhundert zurüd; bie letz—
tern find nod jünger. — 2. Des Neuen Tefta-
ments. Die nennenswertheften Handſchriften des
Neuen Teftaments find folgende: 1) Codex Si-
naiticus, 1844 und 1859 von Tiſchendorf entdeckt,
enthält einen Theil des Alten und das Neue
Teftament, den Barnabasbrief und einen Theil
bes Hermas, nad) Tiſchendorf aus dem 4. Jahr:
hundert, typographiih herausg. 1862, Hand⸗
audg. 1863 und 1864. 2) Codex Alexandrinus
(Cod. A), ungefähr aus dem Ende des 5. Jahr:
nos befindet fih im brittiihen Muſeum
eit 1628, enthält das Alte und Reue Teita-
ment, — von Woide 1786. 3) Cod. Vati-
canus (Cod. B) aus dem 4. Jahrhundert, enthält
das Alte faſt ganz und dad Neue Teftament bis
Hebr.9, 14. Bon Mehreren (Hug 1810) oberfläd-
lich verglichen, iſt eben jet erft eine Ausgabe des
R.T. durch Tif — erſchienen. 4) Cod. Eph-
raemi (C), ein Balimpfeft mit Schriften Ephräms
beſchrieben, von Pierre Allix (um 1700) herge⸗
ſtellt, nach Tiſchendorf Älter ald Cod. A, enthält
Evangelien und Apoſtelgeſchichte und befindet fich
auf der kaiſ. Bibliothel in Paris, herausg. von
Tiſchendorf 1843. Während dieſe vier faft das
ganze Neue Tejtament begreifen, enthalten fpes
ciell die Evangelien folgende: Cod. Cantabrigien-
sis s, Bezae (D) in Cambridge, alö Gejchent Be—
za's (1581), enthält Evangelien und Apoftelgeich.,
etwa aus der Mitte des 6. Jahrhunderts, her:
auög. von Kipling 1793. E (Bajeler Cod., etwa
8, Jh), F (Cod. Boreeli mu Utredt, 9. Jahrh.),
G, H (aus dem 10. Jahrh. in London und Ham-
burg), J (Fragmente, Balimpfeit, aus dem 5. bis
T. Jahrh., in Petersburg), K (Cod. Eyprius), L
(Paris), N (6. Jahrh. Fragm.), P, Q (in Wolfen
büttel, 6. Jahrh., Fragm.) R (London, 6. Jahr).
ragm.), S (949, ım Batican), U (Benebig, 10.
Jahrh.), V (in Mostau vom Athos, 9. Jahrh.),
(Münden, 9. Jahrh., Fragm.), Z (Dublin, 6.
Jahrh.), I (Oxford 844), A (Drford, 9. Jahrh.
ragm.), II (Petersburg, 9. Sr. & (2ondon,
9. Zahrh., Fragm.), außerdem noch Heinere rag:
mente, Die Apoftelgeihichteenthalten: D, E(Cod.
Laudianus, Oxford, 6. Zahr.), G, H,J, L(Rom,
9. Zahrh.), P. Die paulinifchen Briefe: D (Cla-
romontanus in Paris aus dem 6. Jahrb., ber:
ausg. von Tiſchendorf 1352), E (Cod. Sanger-
manensis, 9. Jahrh.), F (Augiensis, 9. Jahrh.).
G& (Boernerianus in Dresden, 9. Jahrh.), H
(Fragm. aus dem 6. Jahrh. zu Paris); K(Mosfau,
Bibelfalender
9% Jabrh.), L, M (Britt. Mufeum, Fragın.,)
N (Beteröburg, Fragm.), 0, Q
latholiſchen Briefe enthalten: K,L,P. Man theilt
diefe Codd. ein in: 1) Uncialyandichriften (mit
großen) und 2) Minustelhandigriften (mit Heinen
Budftaben). Jene find die älteren (bis ing 10,
Jahrhundert) und brauchbareren. Sie find wieder
entweder vorftihometrifch (f. Bibeltert), dahin ge:
hört. B. Cod. A,B, C, Z, der Cod. Sin. ; oder
fihometrifh, beide D, zwei E, G, F, 4, H; oder
nacftihometrifch, K, E (Bafeler), L, V, K. —
Unjere Angaben für die Entftehungszeit der Codd.
iind Tifhendorf entnommen. S. Bibeltert.
Bibelfalender. Zur Beförderung eines regel:
mäßigen und fruchtbaren Bibellefens ift mehrfach
der Inhalt der Bibel in Lectionen auf jeden Tag
des Jahres getheilt. Am ältejten und weitverbrei:
tet find die täglichen Lojungen und Lehrterte der
Brüdergemeine, bie aber mehr der unmittelbaren
Erbauung dienen follen und in ihrer .. ben
Urſprung nie verleugnen. Ein wirkliches Belannt:
nerden mit dem Bibelinhalt haben die Bunfenfchen
&eletafeln im Andachtsbuche und im Bibelwerk im
Auge. Außerdem ift zu nennen der Filder Bibel:
| von Zahn, die Werderichen Bibelzettel,
Dieffenbachs Hausagende.
Bibeltert Des Alten Teflamenis. Geſchichte
deſſelben. Daß der jegige Bibeltert bei Weitem
nicht mehr derjenige ift, weldher aus ben Händen
der h. Schriftsteller hervorgegangen ift,geht hervor
aus der Unterfuchung der Gejchichte des Textes, in
meldher wir verſchiedene Perioden unterſcheiden
Üönnen. 1) Der größten Veränderung mußte der
Zegt vor — des Kanon ausgeſeht ſein, als
die Bücher ſelbſt noch nicht als heilige galten. Das
Eigenthümliche des Tertes in diejer vorlanoni:
Ihen Zeit ift der Schriftcharalter, welcher nicht
die jegige Duadratichrift, ſondern bie althebräi-
ide, der phönizifchen ähnliche, aus dem Samari:
tanifhen und aus den malfabäifhen Münzen noch
eriennbare Schrift war. Der Tert war noch ohne
Socale, ohne Vers⸗ und Wortabtheilung, gewöhn⸗
ii auf Thierfelle (4. Mof. 5, 23) gejchrieben. 2)
Schon beftändiger mußte der Tert werden, fobald,
nie nad dem Eril geſchah, ein Schriftgelehrten:
tum auflam, welches fi das Studium der alten
Schriften und naturgemäß immer mehr auch ihres
Textes zur Aufgabe machte. Die widtigfte Ver:
änderung in dieſer Zeit ift die Umwandlung der
altbebrätichen in die ſyriſche Quadratſchrift, un:
gewiß zu welcher Zeit, aber fiher allmählich,
su Ehrifti Zeit der Bollendung nahe (Matth. 5,
18). Auch hat fi allmählich ein allgemein als
autbentiih anerlannter Bibeltert (Mikra) herge—
felt; mit der minutiöjeften Genauigkeit wurde
der Text behandelt, wenn auch ohne Fritifches
derftändniß lediglih nah äußerlihen Regeln,
weähalb diefer Text leineswegs als der 5*
richtige angeſehen werden darf und oft hinter den
ütern Neberjegungen zurüdfteht. Vocale hat die
Schrift immer noch nit, dagegen ſcheint ſich
eine beftimmte Art zu lejen, die Worte und Verſe
abzutheilen, wenigſtens in mündlicher Tradition
Ihon vor der Zeit des Talmud ausgebildet zu
haben. Die ftrophenweife Schreibart poetijcher
Stüde ift ſchon früher. Die Eintheilung in Ab-
IHnitte (Barafhen, Hapbtharen) ar auch ſchon
bald aus dem praftiihen Bedürfniß erwachſen
kin, 3) Im 6. Jahrhundert nad) Chriſto beginnt
93
(Kragm.). Die J
Bibeltert des Neuen Teſtaments
eine eigenthümliche wiſſenſchaftliche Bewegung im
udenthum, welche ſich ausſchließlich dem Tert-
ſtudium zuwendet. Man ſammelt den gefammten
kritiſchen Apparat der früheren Jahrhunderte und
fixirt Alles das ſchriftlich, was bisher mündliche
Tradition war. Die wichtigſte Arbeit der Zeit war
bie Anwendung des Vocalfyftems im Bibeltert;
ein complicirtes Zeichenfyften, das fih an das
ſyriſche und arabiiche anſchließt als das Mittel,
die traditionelle Ausſprache feitzuftellen. Zur
Feſtſtellung der Betonung in ber Ausſprache wur:
ben ebenfo die Accente hinzugefügt. Die Haupt:
ſchule für diefe Thätigfeit befand ſich in Tiberias
(vom 6. bis 11. Jahrhundert), und das Nefultat
diefer Arbeit wird Majora genannt. Bon jet an
war ber maforetijche Tert der mafigebende, und
alle Tertunterfuchungen der folgenden Zeit ziel:
ten dahin ab, durch Collationirung (namentlich
aud) der fog. ———— den maſore⸗
tiſchen Text herzuſtellen. Arbeiten der Art ſind
die des Aharon ben Aſcher und des Jak. ben NRaph⸗
thali (11. Jahrhundert), ebenſo dad Wert des
Meyer Hallevi aus Toledo über den Pentateuch
(13. Jahrhundert). Aus diejer nahmajoretiihen
Zeit jind die meiften unjererjegigen Handſchriften.
4) Einen neuen Fortigritt in der Sicherung des
Tertes bildet die Buchdruckerlunſt. Gedrudt wur:
den zuerjt einzelne Theile, Die Pjalmen 1477, der
Pentateuch 1482, die Propheten 1486, die Hagio-
graphen 1487, bie ganze hebräiſche Bibel 1488 zu
Soncino, 1494 die Gerſomſche zu Brescia, 1514
bi3 1517 nad Handſchriften die complutenfildhe
Polyglottenbibel, 1525 Biblia Bombergiana, der
maforetijche Text Herausg. von Jalob ben Ehajim;
1569 die Antwerpener Bolyglottenbibel, 1587 von
Elias Hutter nad) älteren Ausgaben, nad) der Ma:
jora 1611 Ausgabe von Buztorf, 1661 und 1667
eine aus — eg andſchriften entſprun⸗
gene Ausgabe von Joſ. Athias (Amſt.) u. ſ. w.
Ueber die neueren Ausgaben ſ. Bibelausgaben.
Die Aufgabe der altteſt. Textkritik ift bis heute noch
ſehr groß. Kritifche Arbeiten auf Grund fiherer
Grundjäge müſſen erft u erwartet werden.
Bibeltert des Neuen Teſtaments. 1) Die Dri:
ginale der neuteft. Schriften find jämmtlid ver:
loren. Sie waren auf Papyrus oder dünnes Per:
gament gefchrieben (2. Joh. 12), welches bald ab:
genugt war. Die Schrift bejtand in großen Un:
cialen und lief ohne Ynterpunction und Wort:
abtheilung ununterbroden. Natürlich bildeten
fih ſchon in diefer erjten Zeit viele Varianten.
Unfere älteften Handſchriften find vielleicht aus
dem 4. Jahrhundert; nur wenige umfafjen das
anze Neue Teftament (j. Bibelhandicriften). Die
Dann der einzelnen Bücher ift nicht immer die
gleiche. Das Evangelium Johannis jolgt zuwei—
len unmittelbar dem Matthäus. Die katholiſchen
Briefe ftehen den paulinijchen Häufig voran. Bon
11. Jahrhundert wird Baummollenpapier filr die
Handſchriften ge ftatt des PBergaments; ſchon
früher tritt ftatt der Rolle das Buch ein. Alte Per:
gamente wurden oft noch einmal überjchrieben, jo
daß jett der urfprüngliche Tert auf mechanischen
und chemiſchem Wege wiederhergeftelt werden
muß (Balimpfefte). Im 5. Jahrhundert führte
der aler. Dialon Euthalius die ſtichometriſche
Schreibmweije (in Stichen, kurzen Abjägen) ein.
Eine Kapiteleintheilung ift ſchon älter, wenn auch
nicht viel und in verſchiedener Weiſe. Schon die
Bibeltert de3 Neuen Teftaments
GEvangelien:Harmonie des Ammonius theilt den
Evangelientert in kurze Abfchnitte ein, melde
weitere Berbreitung fanden; daneben beftanden
r bie Evangelien nod) andere (3. B.Cod. A und
). Außer den Gapiteln wurden auch Berifopen
für die fichlihen Lectionen abgetheilt. Eine all:
gemein gültige Gapiteleintheilung führte erſt Hugo
a&t. Caro (13. Jahrhundert) ein. Die Beſchaffen⸗
heit bes Textes zeigt fi ſchon in den älteften Ei«
tatenalsjehr verdsrben. Grammatifche, ftiliftische,
dogmatifche Beweggründe, Mißverftändnifie, Ver:
fehen der Abjchreiber führten eine Menge Varian:
ten herbei, meshalb auch ſchon frühe Verſuche
gemadt wurden, den Tert zu rectificiren. Es
treten beſonders 3 Tertautoritäten hervor: Ori⸗
genes, Heſychius aus Aegypten, Lucian aus Antio⸗
dien. Durch Eufebius fanden die Driginal:Hand:
ſchriften ihren Weg nah Byzanz. Kritifch verfuhr
auch Hieronymus, welcher den Tert der Itala mit
dem des Drigenes verglich. Im Ganzen unter:
fcheidet man zwei Hauptrichtungen der Lesarten:
die orientalifipe und occidentaliſche. 2) Der ge:
druckte Tert beginnt im Jahr 1514, in weldem
der Cardinal Zimenes das N. T. in ber fogenannten | Epiph
Gomplutenfer —— zu Complutum (Alcala)
drucken ließ; das Werk wurde jedoch erſt 1520
aaa wege und zeigt eine große Abhängigfeit
von der Bulgata. 1516 erſchien die Ausgabe des
Erasmus bei
zweier Bafeler Handihriften ohne großen Werth;
mehrmals aufgelegt, 1535 4. Ausgabe. Luther
überfegte nad; Erasmus. Bebeutender find ſchon
die Ausgaben bes Buchhändlers Robert Stepha:
nus in Paris 1546, 1549, 1550, 1551 nad) Eras⸗
mud ehr ar — — Er
führte zuerſt auch die Verseintheilung ein,
—* au Fo D. Nach ihm beforgte Theodor
Beza nach Codd. C, D, E und den alten Weber:
fegungen 1565 eine Ausgabe. Ihm folgen die Aus:
gaben des Buchhändlers Elzevir in Leyden (1624,
1638). Diejer Text wird textus receptus genannt,
und wird lange allgemein —— Nur Brian
Walton in feiner Biblia polyglotta 1657 und John
Fell 1675 (Oxford) leiften etwas Bejonderes. Eine
tritifchere Periode beginnt mit John Mill, welcher
1707 zu Orford ein Neues Teitament mit einem
anz bedeutenden kritiſchen Apparat erfcheinen ließ.
In Deutfchland verfährt Albrecht Bengel zuerft
nad Hareren kritiſchen Grundfägen, er theilt bie
Handſchriften nad Familien ab und läßt das Alter
entfcheiden. Ausgabe 1734. Mill legt er zu Grunde.
Etwas fpäter, 1751 und 1752, erſcheint J. F.
Wetjtein mit feiner Ausgabe, bietet einen gro:
gen fritifhen Apparat, benugt Cod. A, ift aber
viel von individuellem Gejchmad geleitet. Ein
eigentliches kritiſches Syſtem begründet zuerft
3.3. Griesbach, indem er 3 Clafjen von Lesarten
aufftellt, die oceidentalifche, die orientalifche und
byzantinische, und nad) dem Zufammenftimmen bie:
kt Bariantenfamilien entſcheidet. 1774 Libri Novi
estamenti (Synoptifer). 1796. 1806. Den textus
rec. legte er zu Grunde. Zu nennen find noch die
Ausgaben von Alter 1786, A. Birch 1798 u. o.,
Matthäi 1782 bis 1788. Die Griesbachſche Hypo⸗
thefe wurde vereinfacht von X. Scholz, welder nur
2 Recenfionen annahm, die alegandriniige und
byzantiniſche. 1830 bis 1836. Karl Lachmann läßt
ben text. rec. ganz fallen und ſtellt als Grundſatz
auf: die orientaliihen Codd, und bie Eitate der
94
roben in Bafel mit Benukung
Bibelüberfegungen
Kirchenväler find zunächft zu vergleichen ; nur wo
diefe differiren, ift der occidentalifhe Tert zur
Hülfe zu rufen. Ausgabe 1842 und 1850. Auf eine
jehr bedeutende Höhe find die kritiſchen Arbeiten
in neuefter Zeit durch Conftantin Tiſchendorf ge:
fördert worden. Nicht nur hat Tifchendorf eine
ganze Reihe von Codd. auf verſchiedenen Reifen
neu entbedt, worunter beſonders der koftbare Fund
des Cod. Sinaiticus, nicht nur hat er die Mehrzahl
der bebeutenderen Codd. auch genau verglichen,
mehrere biplomatif genau zum Abdrud gebracht,
fondern er hat fich per die Erforderniſſe einer er:
giebigen Tertkritif wiſſenſchaftlich dargelegt: Die
Grundbedingungen find eine genaue Erforfchung
der Unciafcodd., der Ueberſetzüngen, der Kirchen:
väter, eine erweiterte paläogra. Bihe Kenntniß der
Handſchriften, ſprachliche och ungen, beftimmte
rationelle Grundfäge für die Wahl einer Lesart.
Bibelüberfegungen. Altes Teftament. 1)
Griechiſche Ueberfegungen. Die bedtutendfte ift Die
alerandrinifche — d. Art.), Septuaginta (LXX)
genannt. Da dieſe bei den Juden vielfach verdächtigt
ward ſo verfaßte im 2. Jahrhundert Aquila, nach
anius ein Proſelyt aus Pontus, eine bis zur
Unverftändlichfeit buchftäblich genaue Ueberſetzung.
Nach diefem —— age on aud tag eine
Berbefferung der LXX, von welcher die Weber:
—* des Daniel in die griechiſche Bibel Eingang
gefunden hat. Auf ihn folgte der Ebionit Symma⸗
Aus, gras eine freiere, vom Mortlaut unabhän-
gigere Ueberjegung ſchuf. Alle drei find nur noch
in Bruchftüden, welche in der Herapla des Drige:
nes gejammelt find, erhalten. Drigenes benutte
dieſe Heberfegungen, ſowie noch drei andere ano:
nyme, die mit Quinta, Serta, Septima bezeichnet
werden, um ben Tert ber LÄX gegen die bald ein:
reißende Textverderbniß zu retten, in dem großen
Bibelwerle der Herapla. Diejelbe enthält: a) den
hebräifchen Text mit hebrätfchen, b) benjelben mit
—— Buchſtaben, c) bie —— des
quila, d) bes Symmachus, e) der L —8
Theodotion, und an einigen Stellen die vorhin ge:
nannten drei Ueberſetzungen. Aus der Vergleichung
wurbe die LXX corrigirt. Außer Origenes machten
fih um Tertesrecenfionen noch verdient Lucian,
Presbyter in Antiochien, und Heſychius, ein ägyp—
tiſcher Biſchof * Jahrhunderth. Eine weitere Ueber:
ſetzung, die ſog. Versio Veneta (zu Venedig),
aus dem 10. Sabrhundert, ift ohne kritiſchen,
aber keineswegs ohne eregetifchen Werth. 2) La:
teinifche Ueberſetzungen. Die ältefte ift die Itala,
aus den erjten Zeiten des Chriftenthunns, eine treue
Ueberfegung der LXX, aber nur nod in Frag:
menten vorhanden. (Gejammelt in P. Sabatier’s
Bibliorum 8, Lat. verss. antiquae u. ſ. w. Rem.
1743.) Als dieſe Ueberſetzung fehr corrumepirt
wurde, unternahm Hieronymus 882 eine Fritifche
Bearbeitung derjelben; nad Vollendung des
Neuen Teitaments bearbeitete er noch Pſalmen,
Sprüdwörter, Hiob, Prediger, Hohelied, Chronit,
wovon jedod nur noch die Pjalmen und Hiob übrig
find. Während noch Hieronymus mit der Verbefie:
rung ber Jtala beichäftigt war, faßte er auch den
Plan, eine unmittelbar aus dem Grunbdterte flie—
bende Ueberjegung des Alten Teftaments zu lie:
fern. 405 war biete 09. Bulgata vollendet, welche
die anerkannte Ueberjegung der kath. Kirche wurde.
(S. Hieronymus und Bulgata.) Die angelfächfifche
Ueberjegung von Xelfric (1O. Jahrhundert) ift aus
-
Bibelüberjegungen
der Bulgata gefloffen. 3) Syrijche Ueberfekungen.
Eine der älteften Ueberjegungen ift die Beichito
aus ber Mitte des 2. Jahrhunderts, wahrſcheinlich
von einem Chriften. Sie ift unmittelbar aus dem
bebräifchen Terte überjegt, dem fie treu folgt; die
LXX berüdfichtigt fie nicht, wenn auch Anflänge
an Lesarten derjelben vorfommen. Verſchiedene
Recenfionen der Peſchito machten ſich die neftoria:
niſche und monophyfitifche Partei, übrigens ohne
wejentliche Unterſchiede. Ausder LX X veranftaltete
617 der Bifchof Baulvon Tela in Mefopotamien ine
forijche Ueberjegung nach dem heraplarifchen Terte.
Ein großer Theil ift in Codd. zu Mailand und
Baris noch vorhanden, herausgegeben von Middel⸗
dorpf 1835, von Thomas Stat Rordam und von
Geriani. Die jog. Versio figurata bei den weft:
fihen Syrern iſt mit der vorigen identifch. Eine
Ueberfegung von Patriarch Mar Abba (+ 552) ift
verloren. Cine neue Recenfion der beraplarifchen
Ueberjegung hat Jakob von Edeſſa im 8. Jahrhun:
dert veranjtaltet. 4) Aethiopiſche Ueberjegung,
vieleicht aus dem 5. Jahrhundert in der Gerz:
ſprache nad) der LXX, erhalten, theilmeife heraus:
gegeben von Dillmann 1853. 5) Aegyptiſcher Ueber:
vegungen erijtirten drei, eine in dem niederägypti:
Ihen, foptijchen, eine andere im oberägyptiſchen,
ſahidiſchen, eine dritte im basmurifchen oder Delta:
Dialekt, aus der LXX, in Bruchftüden gedrudt (der
Pentateuch der koptiſchen von Wilkins 1731, Pjal-
menvon Schwarze 1843). 6) Arabifcher Heberjegun:
gen giebt eö jehr viele. Aus dem Urterte: Von R.
Saadia Gaon (} 942), mit rabbinifchen Erflärun:
gen ; einzelne Bücher (Pentateuch, Jeſaja, Hiob) find
‚davon erfterer gebrudt. Ferner eine lleber:
legung des Joſua, der Könige (theilmeife, 11. Jahr:
hundert), eine Ueberſetzung des Pentateuch (13.
Jahr ) von Erpenius herausgegeben. Aus
der LXX überfegt find die in der Pariſer und Lon—
doner Polyglotte enthaltenen Ueberjegungen ber
a ei der jalomonifchen Bücher, des Esra,
der Bjalmen u. A. Aus demfamaritanifchen Penta⸗
teuch überſetzte Abu Said 1070, ein Samaritaner,
den Pentateuch ind Arabiſche. 7) Vom famaritani:
ſchen Bentateuch giebt es eine famaritanijche Ueber:
ſetzung aus ungewifjer Zeit, im Ganzen treu dem
bebräuichen Grundtert (gedrudt in der Pariſer Boly:
alotte). 8) Eine perfische unmittelbare Ueberſetzung,
buchftäblich genau, von Jakob Sohn des Jofeph Ta:
mus aus bem 13. Jahrhundert. 9) Eine armenifche
wurde von Miesrob im 5. Jahrhundert nad der
LXX verfaßt, gebrudt Ben. 1733 u. d. In arme:
niſcher Sprache ift die georgifche oder —
Ueberſetzung (6. Jahrhundert) nach der LXX verfaßt.
10) Ebenfalls nad) der LXX hat Ulfilas ſeine go:
thiſche Meberjegung abgefaft, vorhanden find noch
Pentateuch, Csra, Nehemia,Hiob, Pſalmen, Sprüd):
er, Jefaja, Jeremia, Daniel, Joel, Hofea, Ha:
bahıt, Maleadhi, ed. 1843 Gabeleng und Löbe. 11)
Die jlavifche, im 9. Jahrhundert durch Methodius
und Eyrillus, ift aus der LXX. Val. auch den Artitel
um. — Neues Teftament. Die Ueber:
fefungen bes Neuen Teſtaments werben eingetheilt
m orientalifche und oceidentalifche. 1) Syrifche:
a) Beidito, ſyriſche Ueberſetzung 1; 0. Im Neuen
Zeftament allem 4 tatholifche Briefe und die Apota-
. b) Bhilorenianijche Ue ung, we
bilogenus durch feinen Presbyter Poly:
lary in Mabug bejorgen ließ (508), wörtli eu.
616 wurde dieje Ueberſetzung kritiſch revibirt von
e ber
95
Bibelverbot
Thomas von Heraflea (heraflenfiihe Ausgabe);
ed. Jose White, Oxon. 1778, ck
ftein, das h. Ev. des
Baticanifche Ueberſetzung (hierofolymitanifche), in
einer dem Talmud fi nähernden Sprache, wahr:
ſcheinlich im füblihen Syrien entftanden (5. oder
6. Jahrhundert). Vgl. Adler (der Entdeder) N. T.
verss,. Syrr. pag. 135 ff. 2) Negyptifcher Ueber:
ſetzungen giebt ed drei: die Foptifche, fahidifche, bas⸗
murifche,nurnod fragmentarifch, . o. Altes Tefta:
ment. 3) Die ätbiopifche Ueberjegung f. o. 4) Die
armeniſche ſ. o. 5) Arabifche Ueberjeungen find
theil8 aus dem Grundterte: die Evangelien, Rom,
typogr. Medic. 1590, Apoftelgefhichte, Briefe und
Apokalypſe in den Polyglotten; theils aus der
Peſchito. Die römische Bibel von 1671 enthält eine
arabijche Ueberfegung. 6) Perſiſche Ueberſetzung aus
der Peſchito (Lond. Polyglotte). 7) Gothifche und
ſlaviſche Weberfegungen ſ. o. 8) Lateiniſche, ſ. o.
Itala. Die Bulgata ift im Neuen Teſtament eine
Revifion der Itala, während das Alte Teftarnent
neu bearbeitet ift.
Bibelverbot wird die Beſchränkung bes Leſens
der Bibelüberjegungen in der katholiſchen Kirche
genannt. Verboten tft zwar, ftreng genommen, nur
ber u ae und nicht von der Kirche
approbirter Ueberſetzungen; aber da die Kirche jo
wenig Ueberjegungen billigt und bie Benugung
derſelben erjchwert, fo ift die Beſchrünkung einem
Verbot der Bibel an die Laien gleichzujegen; um
fo mehr als, wenngleich die Kirche das a
Berbot vermeidet, ber einzelne Bifchof oder Geift:
liche feiner Gemeinde e3 zu ertheilen durch nichts
gehindert wird. Das Bibelverbot begleitet in
er Schritte die Be bes pr
irchenſyſtems. Gregor VII. findet es unzuläflig,
die Bibel in der Vollsſprache zu gebrauden und
nennt es göttliche —— daß —* Sprache
den Laien unverſtändlich ſei. Als die Kirche dann
an den Albigenſern und Katharern die Erfahrung
machte, daß aus der Bibel-Säfe geſchöpft wurden
die dem Lehrfyftem der Kirche widerſprachen und
die Hierarchie bedrohten, verbot das Concil zu
Drouf 1229 die Bibeln in den Landesſprachen.
Die Huffitendbewegung ſchärfte Die Antipathie gegen
das Bibellefen der Laien. Die erneuten Berbote
zeigen, daß die Meberjegungen fich dennoch mehr:
ten und Eingang fanden. Dem Drängen der Ne:
formatoren auf die Bejchäftigung mit der Bibel
wagte man fein Verbot derfelben entgegenzufegen.
Luthers Ueberjegung wurde jogar in der Emſerſchen
Ausgabe dem Tatholifchen Bolfe angeboten. Das
Concil zu Trient erft erinnerte fi an das Mort
des Cardinals Hoftus: den Laien die Bibel geben,
jei die Perlen vor die Säue werfen, und geftattete
das Lejen der Bibel in der Landesſprache in appro:
birten Ueberfegungen nur auf einen Erlaubnif-
ſchein des Beichtigers am kirchlich unverbächtige
Laien. Dennoch hat es auch in katholiſchen
Kirche nie an Vertheidigern und Befördern des
Bibelleſens gefehlt. Die Janſeniſten, aus deren
Kreis die Ueberſetzung bed Pater Quesnel 1699
hervorging, nannten ed den Mund Chriſti ver:
ichließen, wenn man dem Volle die Bibel entzöge ;
und die Biſchöfe Sailer und Wefjenberg beförber:
ten jogar die Regensburger Bibelgefellihaft zur .
Verbreitung ber Ueberſetzung ded‘L. van Ch. Wie
9 aber die Kirche dazu verhielt, bewies die
ille Unigenitus (f. d. A) und die Auflöfung ber
Sohannes, forifch 1853. ce) -
Bibelwerfe
Vibelgeſellſchaft durch püpftliches Gebot, jowie die
immer wiederholten Berbammungen der proteftan: | di
tiſchen Bibelgeſellſchaften. Die Entſchuldigung fol:
ches Verhaltens damit, daß —32* Bibel * ct
und verjtümmelt jei, ijt nachgerade albern geworben.
Die evangeliſche Kirche hat dem Bibelverbot ber
römiſchen Kirche gegenüber fich immer gern auf die
Ermahnungen aller Kirchenväter zum fleifigen Ge:
braud) der heiligen Schrift berufen und die Beſchäf⸗
tigung mit der Schrift nicht nur für ein Recht,
” ondern für eine Pflicht aller Chriften ohne Unter:
chied erllärt, und, wie Ye es ihr damit fei, am
beſten dadurch geze aeigt, daß fie die Bibel in bie
Schulen einführte. Dennoch find auch in der evan:
glfden Kirche vorübergehend Stimmen gegen das
ibellefen laut geworden (Semler, Leſſing und
Delbrüd), um dem Unheil zu fteuern, welches
Unvernunft und Aberglaube H häufig anrichteten.
Jedenfalls ift es zmedmäßig, wenn neben der Bi:
bei dem Bolfe auch Bibelmerfe und Bibelauszlige
geboten werben.
Bibelwerfe find Merle, welche alles basjenige
Material enthalten, welches zum vollftändigen Ver:
ftändniß ber bibliſ en Schriften nothwendig ift,
aljo Ueberjegung, Erflärung, Einleitung, gefchicht:
liche, geograp ie u. ſ. w. Notizen. Wir heben als
bedeutende e ber Art hervor: das engliſche
— über wo —— rg —
ru Leipzig 1 Lange, ologiſch⸗
—— Bibelwerk, 2. Aufl. ſeit 1861, Neues
eſtament in 14 Bon. —— Joſias Bunfen m
1860), Bolljtändiges Bibelwerf für die G
—— von Ad. Kamphauſen und En J
olgmann
iberach, Nikolaus von. Lebte im 13. Jahr:
hundert und wird von Flacius, der Auszlige aus
feinen Briefen über das Berderben ber Bifchöfe
und ber Eurie bringt, ald Wahrheitszeuge aufge:
Bibiana, bie Heilige. Tochter bes römischen
Nitterd Flavianus, wurde unter Julian, ald der
BPräfeet Apropianus die Ehriften wegen Zauberei
verfolgte, zu Tode geichlagen.
Bi Iiander, —— Geb. zu gg in
Thurgau, Gehülfe Zwingli'3 und bes D3
Mykonius zu Zürich, nah Zwingli's Tode Profeſ⸗
for des Alten Tejtaments. Er widerſprach 1556
der Präbeftinationsiehre des Martyr Bermilius,
ward 1560 emeritirt, + 1564 an der Peſt.
ang Uebertreibung in ber Geltend-
ung der Autorität der Bibel.
Bibt logie. Lehre von der Bibel, bildet ge:
wöhnlich den eriten Theil der Dog matit.
ibliothet, Allgemeine Ber, be Beitfchrift
für Aufllärung jeıt 1765. S. N
Biblifge Ardäslogie. ©. * Act gie
Bibliide Chronologie. ©. ker e,biblifche.
Bibliſche Geographie. ©. Geograppie.
Biblifhe Hermenentif, S. Sermeneutif.
Biblifger Kanon. S. Kanon.
Bibliige Kritil,. ©. Einleitung.
Bibliſche Philologie. Beſchäftigt fi mit dem
Studium ber Spraden, in weldyen das Alte und
Reue Teftament geichrieben ift, unb der ihnen ver:
—— alſo mit den ſemitiſchen Sprachen, mit
riechif en und ben alerandriniihen und bel:
—56 en Dialekten.
ihr ſche Theologie iſt diejenige teologifähe
Disciplin, welde ven Lehrinhalt der einzelnen
96
Bickel
Bine Bücher geſchichtlich erforſcht. Sie hat aljo
e Aufgabe, den 3* der relig Keen
Ideen ben bibliſchen Schriften, ihre Ber
rungen, ihre verjchiedenen —— en in objec⸗
tiv geſchichtlicher Weiſe darzulegen, ohne daß ſich
irgend ein d iſches Intereſſe von vornherein
in die Unterfuchung einmifht. Diefe Wifjenf it
bejteht noch nicht lange. In ber Zeit der Refor
mation unb im 17. Saschunbert bie biblifce
Theologie mit ber Dogmatik zufammen ; höchſtens
fammelte man Bibelftellen zu dogmatifchen we:
den: id, Collegium biblicum 1671. Hulſe⸗
mann, indiciae etc, 1679. Majus, Theol. pro-
phetica 1710. Baier, Analysis et vind. illustr.
dietorum 1719. Die Nationaliften juchten die
biblijche Theologie geltend zu machen in fritijchenn
Sinne der Kirchenlehre gegenüber (Bahrdt, Teller,
auch Semler), jevod noch ohne Berftänbniß für
ke Auffaffung. Das befte Werk der Art ift:
ahariä, Biblische Tipotaie ie 1772; dann: Huf:
nagel, Handbuch der bibL Theol. 1785; Ammon,
Entwurf einer reinen bibl. Theol. 1792, Bibl.
Theol. 1801; Storr, Doctrinae c para
theol. esacrislitteris repetita 1793. Der Stand-
punft dieſer Werte ift jedoch immer noch ber, daß
die bibliſche Theologie eine Vorarbeit, eine Ma—
—— für Die Dogmatik darſtellen ſoll.
biftorifchen Charakter der biblijchen ze.
—2 zuerſt ſchärfer Gabler in einer al
Rede 1787 (Kl. theol. Schr. 1831). Rad) Bien
Grundjägen erſcheinen: Lor. Bauer, Bibl. Theol.
bed Neuen Teftaments 1800. Kaifer, BibL. RX*
De Wette, Bibliſche Dogmatik des ten und Neuen
Teſtaments 1813. D. G. C. von Cölln, Bibl. TH.,
— von Schulz 1836, 2 Bde. Während in
diefen Bearbeitungen die Trennung zwijchen fub:
jectiver Heberzeugung und der objectiven Lehre der
bibliſchen ——— nicht ganz vollzogen tft und
darum die bibliſche Theologie hier noch mehr den
Charakter einer Dogmatik, z. B. auch in der Ein-
theilung, trägt, hat dagegen die Tübinger Säule
den Gegenfap 4 am ſchä te ften gezogen und bie
ſchichtliche Auffa Ari bewußt in ben grö t
möglicyen Gegenjat gegen bie dogmatiſche geftelt.
wald | Ch. Baur, Borlejungen über neuteftantentl. Theo:
logie, Zeipzig 1864. Bon einem ber Kirchenlehre
näheren Standpunkt find: Hävernif, Vorl. Über
bie Theol. des Alten Teftaments, herausg. von
er 1848, neuerdings von Herm. Schulz. Luk,
ibl. Dogmatik, herausg. von Rüetſchi 1347.
Schmid, Bibtl. * des Neuen Teitaments,
en von Weizjäder 1853. Hahn, die Theol.
des Neuen Teftaments 1854. Debler, Proless-
zur — des Alten Teſtaments, 1845. Ein:
zelne Xehrbegriffe find dargeftellt: der pauliniſche
von Ufteri, 6. Aufl. 1850, der johanneifche von
Köftlin 1845, ber Hebrüerbrief von Riehm 1858,
der petrinifche von Weiß 1855
Wie die biblijche Theologie in die Dogmen:
geſchichte ausläuft, fo ift fie aufs innigjte verbun:
den mit dem Kiffen um bie Bibel in der Kanonif,
Kritik und Hermeneutik (f. die A.)), ohne daß man,
nad Peltö Vorgang, den Namen bibfifcpen
Theologie ald Gefammtbezeihnung aller diejer
— wählen ſollte.
Bickel, Johann Wilhelm. Geb. 2. Nov. 1799
zu Marburg, ftudirte zu ne und Göttingen,
ward 1820 Docent zu Marburg, 1826 orbent»
sh licher Profeſſor der Nechte, 1834 Mitglied bes
Biddle
Oberappellationägerichtes zu Caſſel, 1841 Director
des Obergericht3 zu Marburg, 1845 Bicepräfident zu
Cafiel, 1846 Staatärath und Juftigminifter, } 1848.
Er ift von großem Einfluß auf die evangeliſche
Kirche in Heffen gewejen. Im confervativen Sinne,
mit entjchtedener Abneigung gegen allen Rationa-
lismus, vertrat er bejonnen und mäßig die For:
derungen ber Zeit. So war er 3. B. Vertreter
der Presbpterial: und Synodalverfafjung. Seine
Yauptwerfe find: Weber bie Entftehung und den
heutigen Gebraud der beiden Ertravaganten:
lammlungen des Corpus juris canonici 1825, und
die Geſchichte des Kirchenrecht 1841; ferner:
Ueber die Reform der proteftantifchen Kirchenver:
faffung, 1839. Die Presbyterial- und Synodal⸗
verfafjung. Ueber die Verpflichtung der proteftan:
tiſchen Geiftlichen, 1839.
Biddle. Bidellus. Der Stifter der engliſchen
Unitarier, geb. 1615, wurde Lehrer an ber Frei—
Thule zu Gloucefter. Wegen jeiner antitrinitarijchen
Meinungen wiederholt mit Gefängniß und Ber:
bannung bejtraft, gründete er dennod in London
1651 eine Gemeinthaft, welche die Dreieinigleit
vrwarf und vom heiligen Geifte — er
zwar eine Perſon, aber nicht Gott ſei. Er ſtarb
1662 im Gefängniß.
Biel, Gabriel. Geb. zu Speier, ſtudirte und
lehrte jeit 1442 in Erfurt, ward Prediger zu Mainz,
Brobft zu Urach. Begleitete Reuchlin 1447 nad)
Rom und lehrte dann Bhilofophie und Theologie
ju Tübingen. Als der letzte Scholaſtiker hat
er beſonders die Lehre vom opus operatum ent:
widelt. Wir befigen von ihm mehrere Predigt:
fammlungen.
Bienen. Paläftina war reich an wilden Bienen,
wie der häufige Ausdruck: dad Land, wo Mil
und Honig fließt, bezeugt. Vgl. 1. Sam. 14, 25;
Richt. 14, 8. Von den Efjenern jagt Philo, daß
fie jich mit der Bienenzucht beſchäftigt hätten. Auf
de Schwärme der wilden Bienen —* ſich die
Vergleichung mit Kriegsheeren, 5. Mof. 1, 44;
7. 118, 18; Jef. 7, 12. gl. d. A. Honig.
Diennium canonicum, Bezeicynet die Zeit,
melde früher die Stiftäherren dem Studium ber
Theologie oder des kanoniſchen Rechtes widmen
jollten. Kirchen: und Staatögefeggebung haben
jegt ein breijähriges akademiſches Stubtum ber
Theologie zur Borbedingung jedes geiftlihen Am:
tes gemacht.
igamie. Die Doppelehe widerjpricht dem Me:
fen und Begriff der chriſtlichen Ehe; eine bereitä
beſtehende Che ift deshalb auch allgemein als ug:
bedingtes Chehinderniß anerlannt. Dem ug
Ihmähten Gutachten der Reformatoren über bie
Bigamie Philipps von Selten fteht als eben ſolche
Ausnahme die päpftliche Dispenfation des Grafen
von Gleichen gegenüber, jo daß fid) in biefem
Buntte beide Kirchen nichts vorzumerfen haben.
Bilder bei den Hebräern. Das Gefek verbot
u er ſtrengſte jede bildliche Darftellung Jahve's
feine Anbetung unter irgend einem Bilbe.
Dennoch finden ſich bis zum Untergang des Zehn:
Rämmereichs zahlreiche Spuren davon, dab Jahve
unter bildlihen Darjtellungen angebetet wurde.
Bir erfennen darin die Refte frühern mefopotami:
ſchen Gotteöbienftes. a. 19.20. Daß aber
auch der Bilderbienft nur Anbetung Jahve's fein
wollte, Richt. 18, zeigt die ehaltene Unterjchei-
bung beffelben auch in den Strafreden ber Pro:
97
Bilderjtreit
pheten von bem Götzendienſt. Als ſolche Sinnbil:
ber finden fich aber die Theraphim, 1. Sam. 19,13;
die Kälber, 1. Kön. 12, 28; 2. Mof. 32,5; G;.
21, 16, und bie Steindenfmäler. Ferner gehört
ierher die eherne Schlange, 4. Moſ. 21, 8 ff.
ildwerk als Schmud oder Symbolit war jon
vom Cultus keineswegs ausgeſchloſſen, wie die
Cherubsgeftalten auf dem Dedel der Bunbeslade,
in den Teppichen der Stiftshütte und dem Getäfel
bes ſalomoniſchen Tempels beweifen. 2.Moj. 25,18;
36, 35; 1. Kön. 6, 85.
Bilderbibeln. Die Sitte, ben Tert der heiligen
Schriften mit bildlihen Darftellungen bibliſcher
Scenen zu ſchmücken und zu illuftriven, ift jo alt
al3 die Freude an der Bibel und an der Kunft.
Bon den ältern beutichen Bibelausgaben ift kaum
Eine ohne Holzihnitte. Nur die reformirte Kirche
verhielt fich jpröder dagegen, weil fie an der Ab—
bildung Gottes in Menjchengeftalt Anftoß nahm.
In neuefter Zeit find als —— Leiſtungen an
Bilderbibeln hervorgetreten: Die Bibel mit Holz—
ſchnitten nach Zeichnungen der erſten Künſtler
Deutſchlands, 175 Bilder, bei Cotta 1850. Bilder⸗
bibel mit 327 Bildern von Huber, feit 1855. Bilder:
bibel von Dlivier, bei Perthes, Gotha 1834. Das
Neue Teftament von Dverbed, Düffelborf 1841.
Die Bibel in Bildern von Jul. Schnorr. Die
Volksbibel von Guft. König. Die Bibel ober die
h. Schrift des Alten und Neuen Teftaments (jo:
wohl nad) lutheriſchem als katholiſchem Texte) von
Guſtave Dore.
ilderfireit. Weil Muhamedaner und Juden
Bilder in Kirhen und Tempeln aufs höchfte verab:
ſcheuen, waren bie orientalifgen Chriſten unter der
Herrſchaft der Sarazenen um jo mehr geneigt, die
Verehrung der Bilder als etwas ſpecifiſch Chriſt⸗
liches anzufehen. Kaifer Leo IIL, der Saurier,
aber, welcher aus politifchen Gründen den Ueber:
tritt der Juden und Muhamedaner zur hriftlichen
Staatsfirhe im Auge hatte, mußte fie als ein
Hinderniß feines Zieles zu ira ci trachten. Aus
diefem Gegenjage entiprangen die Bilderftreitig:
keiten, 720 842. Rallerliche Edicte 726 und 730
verboten die Verehrung der Bilder und befahlen,
fie aus den Kirchen zu entfernen. Bergeblid traten
Johannes Damascenus zu Jerufalem und Papft
zw. U. für die Bilderverehrung auf; Conftan:
tin V. Kopronymus, dem fein Schwager, mit si
der Bilderfreunde, den Thron ftreitig gemacht
hatte, ging noch entſchiedener vor. Eine Synode
zu Sonftantinopel 754 mußte alle Bilderverehrung
verdammen, und mit rüdfichtslojer Strenge wurde
der Beichluß durchgeführt. Erſt die Kaiſerin Irene
gewährte den Bilderfreunden anfänglid Schuß,
dann alleinige Berechtigung, um dad Schisma mit
dem Abendlande auözugleihen, wo die Synode zu
Gentilly 767 die Bilderftürmerei nicht gebilligt,
die Lateranfynode 759 fie verdammt hatte. Ein
allgemeines Concil in Nicäa 787 annullirte und
verdammte das Concil von 754 und Billigte in
ftarfen Ausdrüden die Verehrung der Bilder. Das
Abendland, ſonſt den Bildern günftig, verwarf auf
der Synode zu Frankfurt 794 bieje weitgehenden
Beihlüffe, die im Drient durch den Einfluß des
Theodor von Stubium (f. d. A.) aufrecht gehalten
wurben, bis das Heer Leo V. auf den Thron feste
814. Die Synode von 815 zu Eonftantinopel vers
nichtete die Beſchlüſſe des zweiten nicäniſchen Con⸗
cils, und aud) das Abendland N zu Paris
Bilderftürmerei
auf Betreiben Michaels II. den Bilderdienft. Die
Bilderfreunde, namentlich die Mönche und Theo: | dafü
dor von Studium, wurden graufam verfolgt, ohne
daß ed gelungen wäre fie zu brechen oder ausju:
rotten. Und als nach Michaels II. Tode feine
Wittwe Theobora bie Regeniſchaft führte, brachte
eine neue Synode zu Sonftantinopel die Beſchlüſſe
von 787 wieder zur Geltung; am 19. Febr. 842,
„dem Giegesfeft der Rechtgläubigkeit,“ wurden
die Bilder in die Kirchen zurüdgebradht. Die Bil:
derfeinde waren befiegt. Vgl. Schloffer, Geſch. der
bilderftürmenden Kaijer, Frif. 1812. J. Marz,
ber Bilderftreit, Trier 1839,
Bilderflürmerei ift die gemwaltfame und fu:
multuariſche Entfernung und Berftörung der Bil:
der in den Slirchen, wie fie durch erregte Vollks—
mafjen in dem Bilberftreit deö Orients und in der
Reformationszeit fich oft wiederholte.
Bilderberehrung in der Fatholifhen Kirche.
Das Tridentinum gebietet die Verehrung der Bilder,
fo da die Ehre denen gezollt werbe, welche durch die
Bilder dargeftellt werden. Es ift ihr aber noch
nicht gelungen, praftiic ebenfo wie theoretifch da⸗
von die Anbetung der Bilder zu trennen. Da dad
meite nicänifche Concil, worauf dad Tribentinum
ich bezieht, zu Frankfurt 794 und zu Paris ver:
worfen worden, jo fucht man bem zu entgehen, in⸗
dem man fagt (Weber und Welte), es feien dort
nur die mikverftandenen Beichlüffe verworfen.
Eine Vergleihung der '4 karoliniſchen Bücher,
welche der Frankfurter Synode voraufgingen, zeigt
das Leere der Behauptung.
Bilderwand, $ den griechiſchen Kirchen trennt
eine Gitterwand den für die Geiftlichkeit beftimm:
ten Altarraum von dem Schiffe der Kirche; die an
diefer Wand befindlichen, verſchiebbaren Vorhänge
tragen ſtets die Bilder Chrifti und Maria’s und
geben der Wand den Namen. Die Wand ift durch—
brochen von den Thüren, durch deren mittelfte mur
der celebrivenbe Bifchof und der communicirende
Raifer geht.
Bildung bezeichnet einen beftimmten intellectuell:
fittlihen Zuftand des Menjchen. Befteht die fittliche
Arbeit darin, daf die menjchliche Perjönlichkeit ſich
die Außenwelt factiſch dienſtbar madje als ein Organ
des Beiftes, fo ist Bildung die diefer vorausgehende
geiftige, ideelle Beherrichung der finnlichen Welt,
indem der Menſch die Welt zu feinem geiftigen
Eigentum madt. Es gehört hierzu zweierlei:
1) die Aufnahme der Welt in ihrer Mannigfaltig-
feit, d. h. Kenntnifle, 2) die —— der Welt
als Einheit, d. h. Verarbeitung dieſer Kenntniſfſe
zu einer höhern, von der Perſönlichkeit frei be:
errichten Einheit, zu einer einheitlichen fittlichen
eltanfhauung, welche, ſobald fie wirklich vor:
anden ift, Denlen und Handeln des Menſchen er:
ült. Daher fällt in der richtigen Verwirklichung
Geiftesbildung mit Charakter: und Gemüthsbil:
=; zufanmen. Vgl. Rothe, Ethik, 2. Aufl. 1867,
8.11. ©. 121.
Bileam, Der Prophet aus Aram, 4.Moj.22,5,
welchen Balak, der Moabiterlünig, rufen ließ, da:
mit er Sfrael verfluche, und ber dann ſegnete,
4. Moj. 22 ff., fpäter aber den Rath ertheilte, die
Siraeliten zum Gößendienft und zur Hurerei zu
verleiten, um fie zu verderben, 4. Moj. 31, 16, und
zulegt mit den Midianitern erichlagen wurde.
%05.13,22. Die Perſon Bileams iſt unzweifelhaft
echt geſchichtlich; da er als Anbeter bes Einen Gottes
— — —
98 Biſchöfliche Gewalt des Landesherrn
geſchildert wird, iſt er mit Melchiſedek ein Zeuge
r, daß in Aram und Paläſtina der Glaube
Abrahams nicht ganz ifolirt ftand. re be:
fundet er bad Alter und das frühe it Anjehen
des Prophetenthums. Die Charakteriftik ift pfycho-
logiſch richtig und ergreifend. Die vorliegende Ge:
jtalt des Segens ift jedenfalls jünger, 4. Mof.
24, 20 —24 weift in bie Zeit des Jeſaja. Bunfen
Pr die drei erften Sprüche, 4. Mof. 23, 7—24, 9,
r alt, aus der Zeit unmittelbar nad; Mofes her:
rührend und für Bruchftüde eines epifchen Bileams⸗
buches, die beiden Pur Sprüche für jünger.
Bileamiten. ©. Nitolaiten.
Bilde. 1) Die Magd der Rahel, 1.Mof.29,29,
und Mutter von Dan und Naphihali, 1. Mof.
30, 6. 7. 8, wurde von Ruben entehrt, 1. Mo}.
85, 22, — 2) Eine Stadt im Stamme Simeon,
1. Chr. 4, 29, welche Jof. 19, 3 Bala genannt
wird (j. d. 9.).
Billican, Theobald, eigentlich) Gerlach. Geb. zu
Billigheim in der Unterpfalz gegen Ende des 15.
Jahrh., wurde er ald Baccalaureus zu Heidelberg
von Luther bei dem Auguftiner-Eongrefie 1518 ge:
wonnen, mußte in Folge befien Heidelberg verloffen
und führte als Prediger in Nördlingen 1522-1585
dort die Reformation durch, betheiligte fi auch
in diefer Zeit an den Abendmahläftreitigkeiten.
Nach Heidelberg zurüdgelehrt, Tonnte er nur als
Docent des kanoniſchen Rechtes eine Anſtellung an
der Univerfität erlangen, die ihm 1544 durch Frie⸗
drich V. wieder genommen wurbe. Er ftarb als
Profeſſor der Geſchichte zu Marburg. Rach katho:
liſcher Ueberlieferung wäre er 1530 zu Augsburg
wieder katholiſch geworben.
Billigkeit. Alles menſchliche Recht ift unvoll⸗
fommen, nicht nur durch jeinen formellen Charak⸗
ter, jondern weil ed das von der Gemeinfchaft noch
unvollkommen erfannte göttliche Geſetz den menſch⸗
lichen Verhältniſſen anzupaſſen ſuchen muß; es i
daher unvermeidlich, daß häufig, mas menſchlich
Recht ift, in Wahrheit Une: til. Diefen Eonflict
gleicht die Billigfeit aus. Ihre bedingende Vor:
ausfegung ift Daher ein Mares Gefühl für das dem
—— Rechte Entſprechende und die aus der
iebe entſprungene Kraft, auf das vom menſchlichen
Rechte Verſtattete zu verzichten. Im Weſen
Billigkeit, deren Eniſcheidung fubjectiv ift, liegt es,
daß fie diefelke nie zum Gejeggebot für Andere
machen fan. Die Gejelljhaft hat in ihrer Nechts:
iphäre ber Billigfeit einen Raum gewährt in der
— Freiheit des richterlichen Ermeſſens.
ingham, Joſeph. Geb. in Watefield, ſtudirte
in Drford, wurde Prediger in Headbourn Worthy
bei Windefter und in Havart bei Portsmouth,
1712—1723. Er ſchrieb in episfopalem Geifte ein
ſchätzbares Werk über kirchliche Archäologie.
Birret oder Barret. Die Tirchliche Kopfbe:
dedung des Priejters, ift fpätern Urfprungs, da
früher das Humerale über den Kopf gefchlagen
wurbe. Seine Farbe richtet fi) nad) der des Ta—
lars. Das Birret, defjen Form verſchieden, ift
"2 in der evangelifchen Kirche üblich.
iihöflige Gewalt des Landesherrn. Die bi:
ſchöſliche Gewalt des Kirchenregiments fiel in ben
[utheriichen Gemeinden und in der reformirten
Schweiz an die weltlihe Obrigkeit, in den refor-
mirten Kirchen unter dem Kreuz in Frankreich und
am Rhein an die kirchliche Gemeinde, bis fie der
Landesherr an ſich z0g. Beide Kirchen ſetzen, wenn
Biſchof
fie die Kirchengewalt (jus in sacra) dem Landes:
deren, beziehungsweiſe der bürgerlichen Obrigkeit
zugeftehen, die Glaubenseinheit eines Landes vor:
aus, wobei von felbit, ſobald die päpftlihe Gewalt
aufgegeben, und als Inhaber der Kirchengewalt
bie Gemeinde gedacht wird, Kirchenobrigleit und
Zandesobrigfeit zufammenfällt. Dies Recht an die
Perſon des Fürſten zu binden, wie durch die Lehre
Dom summus episcopus, bem oberften Bilchof,
oder dem membrum praecipuum, dem vornehm:
ften Gliede ber ——— oder gar dem Ober:
Aelteften geſchehen, ift firchenrechtliche — um
hiſtoriſch geworbene Zuftände zu vertheidigen, auch
wohl um das Recht der Kirchengemeinde zu hindern,
ſich ebenſo am Kirchenregimenle zu betheiligen, wie
die Vollsgemeinde in geſehlich geordneter Weiſe Theil
nimmt an ber Regierung des Staates. Der Obrig:
feit gebührt immer auch im confejjionell gemifchten
Staate ein Antheil am Kirchenregimente, welches
ſich nicht auf das (jus circa sacra) Äußere Kirchen:
weſen zu bejchränfen braucht, ba fie weder einen
Staat im Staate dulden, noch die Rechte anderer
Confeffionen beeinträchtigen laſſen darf; allein fie
lann und darf das Recht nur ausüben im organi:
fen Zufammenhang mit der Gemeinde.
Biſchof (episcopus) heißt in der kath. Kirche
ber Hirbenebree, welcher in verfaffungämäßiger
Unterordnung unter die Einheit alle Theile der
Kirhengewalt in einem befchräntten Gebiete
(Sprengel, Diöcefe) der Kirche ausübt. Man er:
blickt im Biſchof einen Nachfolger der Apoftel in
ihrem Amte, forbert daher für ihn eine befondere
Weihe (f. d. A. Biſchofsweihe) und Schreibt ihm be:
fondere Rechte der Macht und der Ehre zu. Sn
Sole feiner Weihe hat der Biſchof die Befugniß
der ers rag ser. ang rg ei:
figer Geräthe, ber Benediction der Kirchen, der
Aebte und der Könige. Außer dem Rechte der Re:
rung und der Disciplin in feiner Diöcefe fönnen
Um die päpftlihen Refervatrechte auf Zeit über:
tragen werden. (5. d. A. Duinquennalfacultäten.)
Die kath, Kirche tet ben Episkopat als apo⸗
ſtoliſche Einrichtung ( fe: 20, 28; 1. Tim. 3, 2;
Unie{gite yoiihen Büldof (Rufe) und Bas
iſchen Bischof (Aufjeher) und Pres:
byter (Xeiteker) nicht die (vgl. Apftg. 20,
28 mit 17 und Tit. 1, 5 und 8, wo die Namen
gleihbebeutend) ; ein folder tritt zuerft in ben
ignatianiſchen Briefen auf. Da indefien unter den
He der Gemeinde Einer der Leiter fein
mußte, und, ald aus den Stäbten das Chriftenthum
* auch auf das platte Land verpflanzte, die Um:
ng ber Stadt Firchlich mit ihr verbunden und
von ihr abhängig blieb, fo ift das Uebergewicht des
igenden der Presbyter der Stadtgemeinde | der S
aud über die Landgemeinden von felbjt entftanden
und jpäter rechtlich firirt. Dies ift die gewöhnliche
Anſicht nach Neander. Rothe (Anfänge der hrift:
lichen Kirche) hat die Meinung, daf der Episkopat
= — ya Rn * zung *
othbehelf eing worden ſei. Dagegen Ritſchl
Altlath. Kirche) und Baur (Kirchengeſchichte). =
terer führt ben Epislopat hauptfächlich auf die praf:
tifche —— der Einheit gegenüber den Jrr:
iehrern zurüd, Die epislopale Verfaſſung ift um
150 nach Chr. völlig ausgebildet. Bon den evange:
Kirchen hat nur die anglicanifche den Biſchof
in —— Auffaffung feſt
99
Bithynien
emeinde; bie übrigen haben zuweilen den Titel
eibehalten für die Generalfuperintendeuten, mir
in Naflau und eine Zeitlang in Preußen.
Bilhofswahl. In den erſten Zeiten der Kirche
wählte natürlich nur die Gemeinde ihren Bifchof
und zog dabei als Berather nicht ſelten benachbarte
Biihöfe zu. Im germanishen und fräntijchen
Reiche, wo die Kirche erft begründet wurde, war
dies unmöglich und die Kaiſer ernannten um fo
mehr die Biichöfe, als dieſelben ein Lehen des Rei:
ches trugen. Der Inveftiturftreit befreite Die Kirche
—— und gab ihr die kanoniſche Wahl frei.
as Recht derſelben ſteht bei den Domcapiteln;
dieſelben ſind aber jetzt gehalten, eine persona
grata zu wählen, d. h. ihre Auswahl iſt auf ſolche
Männer beſchränkt, die der Staatsregierung ges
nehm find. Dennod; hat die Curie mandmal ein⸗
zelnen katholiſchen Fürſten das Necht der Ernen-
nung zugejtanden. Der Erwählte bedarf der näpft-
lichen Beitätigung, welche nad) aenauer Prufun
feiner Qualification und der Zegalität der Wah
—— ertheilt wird. Durch dieſelbe erhält er
ie Rechte der Jurisdiction.
Biſchofsweihe. Die weientlichen Theile der Bi:
ſchofsweihe, die nur an einem Sonn« oder Feſt⸗
tage während der Meſſe in der Kathedrale des
Bisthums durch einen Bifchof, dem zwei andere,
im Nothfall aud) hohe Kleriker, aſſiſtiren, ftattfin«
den fann, find: die Verlefung der päpftlichen Eon»
firmation, ber Eid des Biſchofs und das Examen,
die Bekleidung mit den bifhöflihen Gewändern,
bie Auflegung des Enangelienbuchsaufden Naden,
und darnach folgende Ueberreichung defjelben, die
Handauflegung, die Salbung deö Hauptes und
ber Hände, die Ueberreihung der Infignien und
die Inthronifation, d. h. das Hinführen zu dem
Biihofsthron. Zum Schluß der Feier ertheilt der
neue Bifhof den Segen. Die Grundzüge der gan⸗
zen Handlung, jedoch ohne Handauflegung und
Salbung, die aud) in der griechiſchen Kirche fehlt,
finden fi ſchon in den apoftolifchen Gonftitutios
nen. Die allmählih ausgebildete Feier ift im
Pontificale Romanum feftgeftellt. Der durd die
Biihofsweihe ertheilte ordo ift unauslöſchlich
und geht au durch Abjegung und Bann nicht
verloren.
Bisjothjah. Joſ. 15, 28. Stabt im Stamme
Juda an der füdöftlihen Grenze.
Bisthum heißt der Diftrict, auf welchen ſich
bie Gewalt eines Bijhofs erſtreckt. Der Umftand,
daß urfprünglich nur der Bischof das Taufrecht
bat, zeigt, daß eigentlih Bisthum und Parodie
eins und baffelbe ift, und erklärt damit die Ent:
ftehung des bifhöflihen Amtes als des Pfarrers
tammgemeinde, bie im Lauf ber Zeit in
viele Heine fich theilte. Daher auch die vielen und
Heinen Bisthümer in Stalien und im Oriente,
bie aus ber Zeit ftammen, als das Amt nod nicht
vorzugsmeije ein Firhenregimentlihes war. In
Frankenland und Germanien wurden bie Bis—
thümer von vornherein als kirchliche Verwal—⸗
tungsbezirfe, Daher in größerm Umfang gegründet.
Die Erridtung eines Bisthums ift zwar ein Re:
ſervatrecht des PBapftes, aber zur Beitimmung
feiner Umgrenzung (Eircumicription) ift die Zu:
ftimmung des Staates erforderlich.
Bithron. 2. Sam. 2, 29. Ein Diftrict am
gehalten, und nad) | Jordan. Die Bulgata liejt an der Stelle Bethoron.
der innerlich⸗ irchlichen Seite Fin die Brüber-| Vithynien. Eine Provinz in BIETEN: welde
Bitten, erfte
im Norden vom Schwarzen Meer, im Weften vom
Bosporus, Propontis und Myfien, im Dften von
blagonien, im Süden von Phrygien und My:
begrenzt wurde. Es lagen dort die Städte
ilomedia, Chaicedon, Herallea, Nicka, Pruſa.
Der Apoftel Paulus wurde gehindert, Bithynien
zu durchwandern, Apftg. 16, 7, doch fanden ſich
dort Ehriftengemeinden, 1. Bet. 1, 1.
Bitten, erfie. S. Anwartihaften.
Bittgänge find Progeffionen, zu dem Zweck
veranftaltet, um von Gott Gaben zu erflehen, und
werben darum in Zeiten öffentliher Noth ge:
halten. Außerdem find regelmäßige Bittgänge
eingeführt, namentlid am Tage des 5. Marcus,
25. April, und 3 Tage vor Himmelfahrt, jowie zur
Segnung der Feldfrüchte; zuerjt vom h. Mamer:
tus, Biſchof von Vienne, 452 angeordnet. Die
Bittgänge heißen auch Litaneien, von den Gebe:
ten, die dabei geſprochen werben, ober Kreuz:
ginge, weil das Kreuz vorangetragen wird. Die
age heißen Bitttage, die Woche Bittwoche.
Blzochen find bei den Fratricellen — was
bei den Franeciscanern die Tertiarier, fie wurden
mit den Fratricellen verfolgt.
Blair, Hugh. Berühmter Prediger. Geb. 1718,
ward er Landprebiger zu Eolefjie, dann Pfarrer
an verſchiedenen Kirchen in der Stadt Edinburg,
zulegt an ber hohen Kirche und von 1757 bis 1783
Brofefjor der Beredfamtleit dafelbft. Seine Pre:
digten (1777; 5 Bde.), ausgezeichnet durch ihren
praftifch » fittlihen Gehalt, find von Sad und
eg überjegt.
landina, Eine Märtyrerin, welche in ber Vers
folgung ber Gemeinde zu Lyon 177 unter aus:
erlejenen Martern mit großer Stanbhaftigfeit den
Tod erlitt (2. zei). „Ih bin eine Chriftin und
unter und wird nichts Böfes gethan,” war ihre
legte Erflärung.
Blandrata, Georg. Unitarier. Geb. zu Sa:
luzzo in Biemont 1515. Der Des verdäch⸗
tig geworben, flüchtete er nach Genf 1556. Seine
Zweifel an ber Trinitätslehre, die er gegen Calvin
und öffentlich ausgeſprochen hatte, ließen ihm aud)
ben Aufenthalt in der Schweiz nicht filher erfchei:
nen ; er wanbte ſich nad) Polen, wo er in jüngern
Jahren ala Leibarzt ber Königin gelebt Hatte.
Unter ber Beglinftigung des Fürften Nabzimil,
wurde er Vorſteher der Gemeinden in Kleinpolen.
Cabvins Antlagen gegenüber beſchwichtigte er noch
1561 bie ee zu Pinczow durch ein vor ihr
abgelegtes Glaubensbelenntniß; aber 1563 ging
er als Zeibarzt bes Fürften Joh. Sigismund nad
Siebenbürgen und wirkte hier offen als Antitrini-
tarier gegen die Reformirten. Angefeindet auch
von feiner Partei, weil er ihren radicalen Beftre-
bungen nicht folgteund das göttliche Wefen Ehrifti,
beshalb auch feine Anbetung fefthielt, zog er 49
gegen das Ende feines Lebens, als Stephan Ba:
thory die Jejuiten nad Siebenbürgen rief, von
ben firhlihen und theologischen Kämpfen völlig
—— und ſtarb nach 1585, ermordet von ſeinem
atholiſchen Neffen, der von ihm enterbt zu wer⸗
den fürchtete.
Blafien, Sanct. Ehemals eine —— Bene⸗
bictinerabtei im Schwarzwald im Breisgau. Eine
Eremiten:Eolonie an der Alb (die Brüder an der
Alb) nahm im 8. Jahrhundert die Benedictiner-
zegel an und wurde ald Priorei mit dem Klofter
Rheinau verbunden, woher ihr die Gebeine des
100
Bleek
h. Blaſius gejchentt wurden, bie freilich ſpäter bis
auf den Arm zurückgegeben werben mußten. Die
reihe Stiftung Reginbert3 von Selbenburen
madte St. Blafien jelbftändig. Der erfte Abt
wurde 945 eingeweiht und 948 da3 Klofter erbaut.
Neue Stiftungen und zweckmäßige Anfäufe ver:
rößerten ben Reichthum derart, daß der Abt
itglied bes Grafenbundes, 1405 infulirter Abt,
1746 Reichsfürft wurde und viele Klöfter von ihın
—— In Folge des Reichsdeputationshaupt⸗
ſchluſſes und bes Preßburger Friedens wurde die
Abtei jäcularifirt und fam an Baden. St. Blafien
de den Ruf behalten, daß dort allezeit die Wifjen-
haften gepflegt feien, weniger Theologie als Ge:
ſchichte. Unter den Mönden haben ſich mande
einen Namen gemacht, ala Herrgott, Chuno, Eid)»
horn, Neutgart.
Blaſius, der Heilige. Biſchof von — Mär:
tyrer unter Diocletian. Da fein Gebet einen
Knaben errettet haben ſoll, den eine Gräte zu er⸗
ftiden drohte, wird an feinem Gebädtnißtage (3.
ebr.) die Halsweihe vorgenommen. Der Priefter
ält 2 brennende Kerzen unter den Hals des Gläu-
igen und betet, daß die Fürbitte des Heiligen ihn
vor —— bewahre.
Blasphemie. S. Gotiesläſterung.
Blaſtares, Matthäus. Prieſter und Mönch, ver:
faßte 1335 eine alphabetiſch geordnete Sammlung
der lirchlichen und weltlichen Geſetze, welche als
juriſtiſches Compendium vielfach gebraucht iſt.
Blattern. 2. an 9,9. Nach der Analogie der
andern Plagen muß eine in Aegypten endemiſche,
mit den Nilüberfdwenmungen in Zufammen:
bang ftehende Krankheit gemeint fein, entweder
aljo die vom September bis December vorkom⸗
menden Eitergeſchwüre ober eine ſchmerzhafte Art
— die um die Zeit des Nilanwuchſes vor⸗
ommt.
Blaurer (auch Blarer, Vlaarer), Ambroſius.
Geb. zu Conſtanz 12. April 1492. Als Prior des
Klofters Alpirsbad) 1521 wurde er durch Luthers
Schriften gewonnen, trat aus dem Klofter aus
und begab ſich nad) Conſtanz, wo er feit 1524 als
Prediger wirkte. Seine Talente und feine in ber
Abendmahlölehre zwiſchen Luther und Zwingli
vermittelnde Stellung eigneten ihn zur Organi:
firung des evang. Kirchenweſens. In dieſer Art
wirkte er 1528 zu Memmingen, 1531 in Ulm und
Ehlingen, ſeit 1534 unter Herzog Ulrich neben
Schnepf und Grynäus in Würtemberg. In der
Stuttgarter Concordie ſprach er 1534 feinen zwi:
hen Luther und Zwingli vermittelnden Stand:
punft in der Abendmahlslehre aus, —* Theil
am Schmallalder Geſpräch 1537 und ſetzte auf
bem Gößentag zu Urad 1537 die Entfernung
aller Bilder durch. Nach Conſtanz zurüdgelehrt
1538, half er die Reformation in yon. Lindau,
Augsburg befeftigen, ließ fich 1548 in Winterthur
nieder, wo er 1564 ftarb, nachdem er noch in Biel
ala Prediger wirlſam gemejen und einen Ruf nad
Bajel abgelehnt hatte. Nah Luthers Vorgang
war Blaurer feit 1533 mit einer früheren Nonne
verheirathet gemejen.
Bleek, Friedrich. Geb. 4. Zuli 1793 zu Ahrens:
böd, bejudte das Gymnafium zu Lübed, ftudirte
Theologie und Bhilofophie zu Kiel 1812 und Ber:
lin 1814 bis 1817, ward bort Repetent 1818 und
erjt 1823 a. 0. Profefjor, da das Ernennungs-
becret aus irrigem Verdacht des Demagogenthums
—
Blenmybes
eit 1821 zurückgehalten war. Seit 1829 bis zu
einem Tode 18569 Iehrte er an ber Univerfität
Bonn. Ausgezeichnet durch feine firenge Wahr:
heitöliebe, feine Gelehrjamteit und feinen Fleiß,
bat fi) Bleel in feinen Arbeiten auf biblijche
Kritit und Exegeſe befhräntt. Die Früchte ſei—
ner Studien liegen vor in zwei großen Werken:
Ueber den Hebräerbrief, Berlin 1828—1840, das
klaſſiſche Werk der Eregefe, und den Beiträgen
zur Evangelienkfritif 1846; ſowie in ben Vorle—
jungen, bie nad) feinem Tode herausgegeben find.
Einleitung ins Alte Teftament, herausgegeben
von %. 5 Bleel und A. Ramphaufen, Berlin 1860,
2. Aufl. 1865, Einleitung ins Neue Teftament,
Berlin 1862, 2. Aufl. 1866; Synoptiſche Erklä⸗
rung ber drei erften Evangelien, herausgegeben
von 9. Holmann, geiräig 1862; Borlefungen
über die Briefe an bie Koloſſer, Philemon und
Ephejer 1865; Vorleſungen Über die Apolalypfe,
Berlin 1862. Außerdem viele Heinere Auffäge in
den Studien und Kritifen und ben Jahrblihern
für deutſche Theologie.
Blemmydes oder Blemmida. Ein gelehrter
Prieſter und Mönd im griehifhen Kaiſerthum
im 13. Jahrhundert, der ſich jehr für die Union
mit der lateinischen Kirche bemühte. Die Concu⸗
bine des Kaiſers Vatazes wies er ala Ehebredherin
aus der Kirche und rechtfertigte dies öffentlich.
Die ihm von Theodor Laslaris angebotene Pa:
triarchenwürde lehnte er ab.
Blondel, Geb. 1591 zu Chalonssfur- Marne,
war Prediger zu Houdan bei Paris, feit 1650
Brofefjor der Gefchichte zu Amfterdam. Alsgründ:
licher Geſchichtsforſcher ſchrieb er mehrere — —
polemiſche Schriften, unter denen ſein Nachweis
der Unechtheit der iſidoriſchen Decretalien, die
Widerlegung der — von der Päpſtin Johanna
und das große Werk gegen das Supremat des
Bapftes die berühmteſten find. In ben letzten
ahren erblindet, fegte er dennoch feine jchrift:
lieriſche Thätigkeit fort. Er ftarb 1655, nachdem
er troß jeiner Verdienſte um die reformirte Kirche
von firhlichen und politiihen Gegnern Manches
zu erbulden gehabt hatte.
Blount, Charles. + 1693. Ein — Deiſt.
Blumhardt, Ehriftian Gottlieb. Bekannt durch
ſeine Thätigkeit in der Miſſion. Geb. 1779 zu
Stuttgart, trat, nachdem er unter ſchwierigen
nn er bie theologifhen Studien zu
übingen abjolvirt hatte, 1303 als Secretär ber
deutihen Chriſtenthums-⸗Geſellſchaft in Bafelein,
und nahm Theil an der Gründung der Bafeler
Bibelgefeliaft 1804. 1807 in fein Vaterland zu:
rüdberufen, warb er Pfarrer in Burg 1807 bis
1816, und —* dann nad) Baſel zurück als Inſpee⸗
tor der dort begründeten Miſſionsſchule. In dieſer
Stellung gab er die Anregung zur Bildung meh:
rerer deutſcher Miffionsgefellihaften, fchloß die
Verbindung feiner Anftalt mit der engliſchen fir:
lihen Mifjionsgejellichaft, welche die in Bajel
ausgebildeten Zöglinge ——* und erreichte
endlich, daß die Baſeler Geſellſchaft eigene Miſſions⸗
ſtationen begründete, zuerſt in Rußland, bis 1836
alle Miifionare von dort verbannt wurden, dann
in Weft-Airika und in Oftindien. Literariſch thä-
tig war Blumhardt durd feinen Verſuch einer
allgemeinen Miffionsgefchichte 1828 bis 1837 und
die Redaction des Evang. Miffions-Magazins.
+19. December 1838.
101
Bochart
Blut. Aus der Anſchauung, daß das Leben
im Blute ift,3.Mof. 17,11; 6. Moſ. i2, 28, folgt,
daß bei jedem Opfer das Verfahren mit deni Ylute
als Hauptſache gilt, 3. Mof. 16, 14. 15. 18, denn
ohne Blutver hen ift feine Verföhnung, Hebr.
9, 22, und daß der Genuß alles Blutes unbedingt
verboten ift,3.Mof.17,14. Auch die Heidendriften
ſollten fich deſſelben enthalten, Apftg. 15, 20. 29.
Blutoder. ©. Haleldama.
Bluthochzeit heißt die Ermordung der Hugenot:
ten bei der — Karls IX. von —
24. Auguſt 1672.
Blutrache. Die uralte Sitte der Blutrache, 1.
Moj. 4, 14, ift durch das mofaifche Recht im ge:
*7 Grenzen geduldet, 2. Moſ. 21, 12 — 14;
4. — 9—34; 5. Moſ. 19,1—13. Der vorſätz⸗
lie Mörder verfällt derſelben unbedingt, 2. Mof.
21, 14, den en Todtſchläger ſchützt das
—— Freiſtadt, 5. j 4, Al ff., wo erbis zum
Tode beö Hohepriejters ——— muß d b.
A. Aſyh. Zur Vollziehung der Blutrache berechtigt
ift jedes Familienglied, 2. Sam. 14, 7, aber die
Unterlaffung derſelben wird nicht —— Die
Blutrache war noch unter David in Geltung, 2.
Sam. 14, 7; ſpäter finden ſich aber keine Spuren.
Blutſchande. Inceſt. Die eheliche oder außerehe⸗
liche Geſchlechtsgemeinſchaft zwiſchen Verwandten,
unter welchen die Ehe nicht ſtatthaft ift,3. Moſ. 18,
6—18, wurde nad) dem moſaiſchen Rechte mit dem
Tode beftraft, 3. Mof. 18,29. Das fpätere römische
Recht, in Uebereinftimmung mit dem fanonifchen,
dehnte den Begriff der Blutſchande auch auf die
Berhältniffe aus, melde durch Adoption und geift-
liche erg gr wurden. Die Strafe
bes Inceſtes war der Tod, bis die jüngere Gejeg-
gebung aud) hier Milderungen eingeführt e
Bluttag, der Prager. Am 16. Juni 1621 ließ
—— II. die Blüthe des böhmiſchen evangel.
els, zum Beginn ber Gegenreformation nad) der
u am weißen Berge, hinrichten.
Iuttaufe. Der Märtyrertod wurde ala voll:
gültige, alle Sünden tilgende und die kirchliche
Zaufe mit Wafjer erjeende Bluttaufe angefehen.
Bluttheologie nennt man die Lehrart von ber
Verſöhnung dur den Tod Chrifti, welche befon:
der in herrnhutiſchen Kreifen einheimiſch, in
finnlidher, oft phantaſtiſch fpielender Weife derart
von dem Blute er alö dem Quelle ber Selig:
feit redet, daß aller Übrige Lehrinhalt des Chriften:
thums dahinter völlig zurüdtritt.
BneBaraf. of. 19, 45. Stabt in Dan. Eufe:
bius fannte den Ort nod) als Barba bei Asdod.
Boas. 1) Der Gatte der Ruth und durch fie
Stammmvater des Geſchlechtes David. Ruth 4, 22.
— 2) Eine der beiden Säulen am Tempel. ©.
d. A. Jachin.
Bobola, Andr. Geb. 1690. Ein Jeſuit, der unter
den Schismatikern in Plusk als Miſſionar wirkte
und von den Koſalen auf qualvolle Weife ermordet
wurbe 1657. —— bat ihn b. Mai 1853 ſelig ge:
jprochen, weil Die Sage ging, nad) feiner Seli en
dung werde das Königreich Polen wieder aufleben.
Bohart, Samuel. Geb. 1599 zu Rouen, ein jehr
gelehrter reformirter Geiſtlicher zu Seban, der über
biblifche Geographie und Naturgefchichte jchrieb.
Namentlich fein Hierozoikon, welches alle in der
Bibel genannten wirllichen und fabelhaften Thiere
behandelt, wird als Sammelwert älterer Quellen
oft eitirt. F 1667.
Bochim
Bochim. Nicht. 2, 1—5. Drt bei Gilgal, deſſen
Zage unbefannt ift, der aber ein ne er Ber:
fammfungsort des Volkes geweſen zu jein ſcheint.
Bodhold, Johann. Botel, Bokelſohn, Johann
von Leyden. Geb. 1510. Ein Schneider zu Leyden,
wo er eine lüderliche Schenke hielt, fam durch Mat:
tbiefen nad) Münfter 1534 und fchloß fich als deſſen
Gehülfe der wiebertäuferijchen Bewegung an. Nach
deſſen Tode übernahm er Fraft einer Offenbarung
bie Führerſchaft und richtete das wiedertäuferiſche
Köntgthum auf 1534, deſſen Unthaten fein marter:
voller Tod 1536 büßte. Mehr Heuchler als ana:
tifer, ftrebte er mit der troßigen Kraft eines unter:
nehmenden Geiftes faft nur nad) der Befriedigung
einer ungebändigten ausſchweifenden Sinnlichkeit.
Bodsdienft. Nach 3.Mof. 17, 7 und 2. Chr. 11,
15 (von Luther Felbteufel überjegt) nimmt man
an, die Juden hätten aus Aegypten den Bodädienft
entlehnt. Nach Bunfen aber wäre die es
des gefürchteten phönizifchen Gottes Uſoos, ber
Haube, Bottige, von den Juden auf alle gefürchteten
böfen Geifter übertragen. Ein derartiger heidnifcher
Eultus ift auch 2. Chr. 11, 15 unwahrſcheinlich.
Bodenflein. ©. Carlftabt.
Böhme, Zatob. Größter Theofoph. Geb. zu Alt:
Seidenberg bei Görlit in der Lauſitz 1575, Sohn
armer Landleute. Nachdem er faum einen Schul:
unterricht genofjen, fam er in die Lehre nad) Gör:
fig, wo er 1594 Schuhmadhermeifter wurde. Ob:
gleich fein — Studium auf die Bibel und einige
myſtiſche Schriften a ac blieb, fühlte er einen
ungemein ftarfen * telleriſchen Trieb in ſich.
Als er im Jahr 1612 die „Aurora“ herausgab,
og ihm das den lebhaften Zorn ſeines lutheriſchen
sſpfarrers Gregor Richter zu, und der Magiſtrat
unterfagte ihm fogar die Herausgabe neuer Bücher,
was Böhme einige Jahre befolgte. 1624 reifte er
nad) Dresden, um fic dort vor dem Eonfiftorium
zu rechtfertigen, mas ihm gelang. Am 27. Rovem:
ber 1624 ftarber. Wie faft alle Myftifer ging Böhme
von Gott als der abfoluten Weite, der undefinir:
baren Grenzenlofigteit aus, aber weil als folcher
Gott fein ofjenbarer Gott fein fünnte, weil er ein
unerfennbares Nichts wäre, barum dürfe man nicht
bei diefem Begriff von Gott ftehen bleiben. Gott
fee in fich felbft ſich jelbft einen Unterſchied. Gott
feige fich ſelbſt als jein Anderes, daraus erft werde
Gott lebendiger Geift. „Kein Ding ohne Wider:
wärtigfeit mag ihm ſelber offenbar werden.” Die
abfolute Einheit ſchlöſſe alles Leben, alle Mannig-
faltigfeit, allen Geift aus. Alle Dinge beftehen in
Ja und Nein. Der Gegenfaß ift die Grundbebin:
ung jebeö Begriffes. Durd) diefen Grundgedanken
In Philoſophie ift Böhme der Vater der jpäteren
peculativen Artder Entwicklung des Gottesbegriffs,
überhaupt der fpätern Speculation geworden
(Schelling, Hegel). Die Erlenntnißweiſe * die un⸗
mittelbare, intuitive, auf „Erleuchtung“ gegrün:
det; viermal befand ſich Ey fogar in Efitafen.
Eeine Schriften, welche von Andern herausgegeben
wurden, find zahlreich. Die widhtigiten find außer
der (bedeutendften) Aurora: Befchreibung der 3
Principien des göttlichen Weſens, Vom dreifachen
Leben des Menichen, Psychologia vera, Bon der
Menſchwerdung Jeſu Chrifti, Yon ſechs theofophi:
ſchen Punkten, Bon ſechs myſtiſchen Punkten u. |. m.
Dal. außer der Geſchichte der Philofophie und
Baurs riftlicher Gnoſis: Fr. de la Motte-Fou-
que, 3. Böhme, Greiz 1831. J. Hamberger, die
102
Böſe, das
Lehre des deutſchen Philofophen J. Böhmen einem
ſyſtem. Auszug aus deffen Schriften, Münden
1844. Beip, J. Böhme, der deutiche Philoſoph,
der Vorläufer hrijtlicher Wiffenichaft, Leipz. 1860.
Böhmen, Das Chrijtentyum fam nad) Böhmen
von Mähren aus durch Cyrillus und Methodius,
363-886, die in Unterordnung unter ben Papſt
ein ſloveniſches Kirchenweſen aufriteten, welches
aber dem lateinifchen weichen mußte, alö nad) dem
Zerfall des mährifhen Reiches Böhmen wieder
unter deutfchen Einfluß gerieth. Aber erſt Bretis:
law 1092—1100 unterbrüdte die letzten Rejte bes
Heidenthums und zugleih die lbriggebliebenen
Spuren bes flovenifhen Gultus. In der Seller
Mann einigten fid) nationale und religiöfe Frei⸗
heitäbeftrebungen, welche durch waldenſiſche und
willifitiſche Schriften angeregt waren; nad) Huffens
Berbrennung 1415 dauerte der een und
der Krieg mit den Deutichen, bis 1433 die Bafeler
Compactaten den firhlichen Frieden dadurch her:
ftellten, daßfiedie Communion sub utraque, unter
beiberlei Gejtalt, den Caliztinern geftatteten. Aus
ben Taboriten, die mehr auf Bereinfadung des Eul:
tus und Sittenreinheit gedrungen en, und fi
der Kirche nicht anf te, entwidelten ie
böhmiſchen Brüder. Luthers Neformation fand in
Böhmen vorbereiteten Boden ; aud) die Neformir:
ten fanden Eingang und im Anfang bes 17. Jahr:
hunderts war fajt ganz Böhmen evangelifch, trotz
der Jeſuiten, die ebenalts ihre Gollegien und in
Prag eine eigene Univerfität neben der utraquitis
jchen gründeten. Die politifchen Streitigleiten mit
dem Haufe Defterreid; über den Majeftätsbrief, die
immer an lirchlich⸗ religiöſe Borgänge ſich anlehnten,
der Aufitand 1618 und die pet engen
von der Pfalz endigten mit dem Untergang ber
evangelifchen Kirche in Böhmen, deren gewaltjame
Vertilgung der Prager Bluttag inaugurirte. Das
Zoleranzedict 1781 offenbarte aber dennod das
Vorhandenfein vieler Taufend Evangelifher. Der
Guftav: Adolf» Berein hat feit dem Proteftanten:
Patent ſich die Unterftügung der böhmischen Kirche
fräftig angelegen fein laffen. Vgl. Böhmiſche Brü-
der und Huſſiten.
Böhmer, Juft. Henning. Berühmter Kirchen:
redhtälehrer. Geb. 29. Januar 1674, + 1749 als
Regierungsfanzler des HerzogthHums Magdeburg
und Drbdinarius der Yuriftenfacultät zu Halle.
Bearbeitete das kanoniſche Recht in feiner Anwend⸗
barfeit auf die proteftantifche Kirche und gilt als
Autorität für das Kirchenrecht. Jus ecclesiasti-
cum Protestantium ete., 1756—1789. — Sein
Sohn Georg Lubwig, 1715— 1797, und fein Entel
Georg Wilhelm, + 1839, haben ſich gleichfalls als
Schriftſteller über ——— befannt gemacht.
Böhmiſche Brüder. S. Brüder.
Böſe, das. Das ſittlich Böſe (mownoor), ein
Begriff der Ethik, entgegengeſetzt dem ſittlich Gu—
ten, zu unterſcheiden von dem ſittlich Schlechten
(xaxov). Beſteht die ſittliche Aufgabe des Men:
ſchen darin, daß er zu ſeiner Beſtimmung einer
von der ſinnlichen Natur unabhängigen, nur gei⸗
1 beftimmten Perjönlichkeit reife, jo heißt der
rozeß der Entwidlung und jeder Moment eines
ſolchen Prozefles, der zu diefer Beftimmung führt,
ttlih gut. Das Gegentheil davon heißt fittlich
chlecht oder fittlich böfe; erfteres, wenn der fitts
liche Prozeß nur unvollkommen und ſchwerfällig
fih vollzieht; legtered, wenn eine Entwitlung
Bosthius
vorhanben ift, diefelbe aber in bewußtem Gegenjat
zu ber des Menſchen verläuft. Man
rebet von einer „Ichlechten” Erziehung, von einem
„Ihlechten" Menſchen, wenn bei den betreffenden
Berfonen ein Bewußtſein einer — Beſtim⸗
mung fehlt. Das Böſe aber iſt das ſchlechthin
eg das Princip, weldyes die Auflöfung
deö Guten in ſich ſchließt. Je bemußter und beab:
igter bie böfe Handlung ift, defto mehr nimmt
den Charakter des Diabolifhen und Satani:
ben an. Die Begriffe Sünde und Böſes fallen
materiell zuſammen, unterideiben fich aber ba:
durch, daß die Sünde das Böſe bezeichnet, injofern
man diefed unter dem Gefichtäpunft als perjön-
* alſo auch verſchuldete und zu ſühnende That
eht. Vgl. Rothe, Chriſtl. Ethik, I, 8. 108.
Boẽthius. Ein vornehmer Römer, geb. 470.
Er bekleidete hohe Ehrenftellen und hatte EL
auf Theodorich, den Dftgothen. Durch eine Hof:
intrigue geftürzt, wurde er beö Hoc) ange:
u 525 hingerichtet. Im Gefängniß ſchrieb
er dad Buch De consolatione philosophiae (ed
Dbbarius 1843, überj. Freytag 1794). Nach der
latholiſchen Sage ſoll er als Katholit dem Hab der
Arianer gefallen fein. Er war vielleicht nicht ein-
mal Ehrift. Guſt. Baur, De Botthio 1841. Fr.
Nisich, das Syftem d. Boethius, Brl. 1860.
tius, M. Sebaftian. Geb. 1515 zu Guben,
Rector in Eiſenach und Superintendent in Mühl:
haufen, legte wegen des Interims fein Amt nie:
der; 1547 Diakonus in Halle, nahm er fich des
Schulweſens an und ftiftete die Marienbibliothet.
Wegen Streitigleiten legte er da8 Amt nieder und
1568.
Begakib, Karl Heinrich von. Erbauungsigrift:
fteller und Liederdichter aus der 3 Schule.
1690 in Niederſchleſien geboren, ſtudirte er in
ena und Halle, wo ihn —— erweckte. Lange
it in mühſeligen Verhältniſſen lebend, nahm er
feit 1740 am Hofe zu Saalfeld die —— eines
Gewiſſensrathes ein, wo er ſich nebenbei lebhaft
mit erbaulicher Schriftſtellerei beſchäftigte. 1774.
„Das güldene Schagkäftlein der Kinder Gottes.”
„Tägliches Hausbuch der Kinder Gottes.” „Der
vertraute ——— Seele mit Gott.“ Be—
trachtungen ü 3 Neue Teſtament.“ „Uebung
ber Gottjeligleit in geiftlichen Liedern.“
Bogomilen. Gehören zu den Katharern. Der
Name ftammt her von einem flavijchen Popen
Bogomil um 950 oder ber Gebetäformel Bogo:
milui (Gott, erbarme Dich). Sie waren verbreitet
in Thracien ; Alerius Comnenus verfolgte fie grau:
fam und fieß das Haupt der Secte, Bafilius, 1118
verbrennen. Nach ihrer Lehre find Satan und
Chriſtus Söhne Gottes, ber Erftere hat, von Gott
abgefallen, die Welt geſchaffen, des Menjchen Seele
aber ift von Gott. Mojes ift von ihm verführt.
iftuö kam in einem Engellörper, die Welt zu
erlöjen. Sie verwarfen die Gebräuche der Kirche,
firebten in ftrenger Asleſe nad heiligem Leben
und ließen vom Teftament nur die Pjalmen
und Prop gelten, ftatt ded Neuen Teitaments
he apolryphiſche Schriften. Ueberrefte
der Secte gab es noch im 15. Jahrh. ©. Katharer.
Bolivia. Gehörte früher unter dem Namen
Charcas zudem ſpaniſchen Bicelönigthum La Plata;
jeit der Unabhängigleits:Erflärung, 6. Aug. 1824,
iſt es felbftändig. Die Religion bes Landes ijt Ta:
tholiſch, andere Religionen werben gebulbet. In
103
Bonifacius
der Art des Katholicismus zu Bolivia offenbart
fi) die Frucht jeſuitiſcher Miſſionsmethode. Der
mit Feten überladene Eultus zeigt jehr nadtes
Heidenthum, welches noch weniger in ben Sitten
des Volkes überwunden ift.
Bollandiflen, S. Acta martyrum.
Bologna, Berühmt durch das ganze Mittelalter
ift die Rechtsſchule zu Bologna, geftiftet durch
Irnerius 1140, auf welcher namentlich ſeit Gra—
tian 1151 das Stubium des kanoniſchen Rechtes
gepflegt wurde. Das Bisthum Vologna wurde
nad) der Erhebung Ravenna's exempt, und jpäter
jelbjt zum Erzbistyum erhoben, 1553, worüber bis
1604 ein heftiger Streit mit Navenna ſchwebte,
den Clemens VII. ſchlichtete.
Bolfer, Hieronymus. Ein ehemaliger Karmeliters
mönd aus Paris, lebte zu Genf und Vevey 1551.
Als er öffentlich die Prüdeftinationslehre Calvins
als falſch und goitlos angriff, und derfelben eine
der jpätern tridentiniſchen ähnliche Lehre entgegen:
fegte, wurde er unter Androhung der Prügelftrafe
.[von Genf verbannt. Auch aus Bern vertrieben,
fehrte er nad) Franfreich und in den Schooß der
tatholiſchen Kirche zurüd, 1555.
Bona. Gardinal. Geb. 1609, trat er 1624 in
ben Eiftercienjerorden, dejien General er 1651
wurde, + 1674. Er beſchäftigte ſich mit ardhäolo:
giſch⸗ liturgiſchen Studien und war Mitarbeiter
an dem Werk der Bollandiften, verfaßte außerdem
asfetifche und —— Schriften.
Bonaventura. Doctor seraphicus. Johann
Fidenza, geb. 1221, wurde Mitglied des Francis:
canerordens und deſſen General 1256. Berthei:
digte den Orden gegen die Angriffe der Univerfität
Paris; wurbe Bilder von Albano und nahm Theil
am UniondsConeilzu Lyon 1273. + 1274, 15. Juli,
fanonifirt 1482, Mit der Scholaſtik verband er
die myftiihe Contemplation, deren Syitem er im
Itinerarium mentis in Deum zeichnet. Das Brevi-
loquium ift eine der beiten Dogmatiten des Mittel:
alters. Seine Schriften, unter denen, außer ben
dogmatiſchen und ntyftifchen, viele exegetiſche und
adtetiiche, ließ Sixtus V. jammeln 1555. In den
Liedern ſpricht fi ſchwärmeriſche Verehrung der
Maria aus.
Bonifacius. Der Apoſtel der Deutſchen; eigent:
lich Winfried, war geboren in Kirton bei Devonſhire
um 680. Nach einem Miſſionsverſuche unter den Frie⸗
ſen 716 ließ er 718 ſich vom Papſte, dem er den Hul—
digungseid leiſtete, zu ſeinem Miſſionswerk autori-
* ward 723 paͤpſtlicher Legat und ſuchte als
olcher nicht bloß die Deutjchen Stämme der Bayern,
Thüringer und Heflen dem Ehrijtenthum zu ge:
winnen, jondern aud) die zerfallene fränfijche Kirche
in ber Unterordnung unter Rom neu zu organi:
firen. Auf dem Concil 742 verpflichtete er Die
auftrafischen Biichöfe, auf der Synode zu Soiffons
744 die Geifilihen Reuftriens zum Gehorjan un:
ter ben püäpftlichen act überwand aber bort
und auf ber Synode zu Leſtines 745 feinen Haupt:
gegner, den ſchwärmeriſchen Adalbert, zugleich mit
bein Gegner des römijchen Kirchenweſens Clemens,
und vollendete die Organifirung der Kirche durch
die Uebernahme des Erzbisthums von Mainz als
Metropolitan von Deutſchland. Wie er zur Be:
feftigung der Kirche bie Bistbümer Negensburg,
Salzburg, Paffau, Freifingen, Würzburg, Bura:
burg, Erfurt und Cichftäbt gründete und mit
ergebenen Männern bejegte, jo jlütele ev on
Bonifacius I.
paſſenden Stellen viele Klöfter, unter benen fein Lieb:
lingäftofter Fulda hervorragt. Auf einem im —*
Alter unternommenen Miffiondzuge zu den riefen,
unter denen feine Arbeit begonnen hatte, wurde er
bei Dodumerjchlagen755. „ nfeinen Borftellungen
abergläubifch, in Tips Sitten ftreng, in Aeußer⸗
lichkeiten engherzig, gegen Untergebene herriſch, vor
den Päpften demüthig, außer wo er Mißbräuche in
Rom geſchützt ſah, hat er Hug und begeiftert ein
langed Leben an jeinen Plan gejegt und ihn une
eführt. Er hat, feinem Eide freu, die deutſche
— von den Päpſten abhängig gemacht, von
denen er ſich ſelbſt abhängig fühlte.” Nicht nur
das Gute, aud) das Böfe, mas Deutſchland durch
die römische Hierarchie erfahren hat, verdankt es
Bonifacius. Für die evangelifche Kirche war er
ein zwei 25 Heiliger.
onifarins 1. apt 418—422. Wurde durch
ben Schiedſpruch des Kaiſers Honorius auf den
päpftlichen Stuhl geiekt. In —— befeſtigte
er die Suprematie Roms dur Einſetzung des
Biſchofs von Theſſalonich ald Vicar. ALS Heiliger
verehrt 25. Dctober.
— Il. 530-532. Die von ihn erlaffene Bulle,
daß jeder Bapft feinen Nachfolger jelbjt ernennen
könne, mußteer, durch Athalarich gezwungen, jelbft
verbrennen.
— III. 606, 15. Febr. — 12. Rov. Erlangte
duch Schmeidheleien gegen Kaifer Phokas, daß
derjelbe Rom ald das Haupt aller Kirchen aner:
Tannte.
— IV. 608-615. Er weihte dad Pantheon,
welches ihm Photas fchenkte, zu einer riftlichen
Kirche. ALS Heiliger verehrt 25. Mai.
— ng Wandte —* Sorgfalt vor:
züglich der jungen Kirche Englands zu.
er 847. War nur 15 Tage Papſt.
— VII. 974. Von der Partei des Crescentius
nad) der Ermordung Benedicts VI. erhoben, flüch⸗
tete er, vom Boll vertrieben, mit den Schäßen bes.
Baticans nad) Eonftantinopel, Tehrte aber in Dem:
felben Jahre zurüd, belagerte und tödtete feinen
—— Johann XIV. und beſtieg von Neuem
den päpft chen Stuhl, ftarb aber bald darauf.
— VIII. As Cardinal Benedict Cajetanus
bewog er —* Vorgänger Cöleſtin zur Abdan—
fung und kerkerte ihn nach feiner Erhebung 1294
zeitlebens ein. Wie fein Papſt vor ihm, verjuchte
er die Anfprliche des päpftlichen Stuhles auf die
Oberherrlichkeit auch über Gehen geltend zu |’
maden. Wenn Noolph von Naffau ihm Folge
leiftete und vom Bündniß mit England zurüdtrat, jo
fligten fich doch weder Genueſer 1296, nochSicilianer
1295, no Eric von Dänemark 1295 — 1299;
aber in Rom felbft gelang es ihm, die feindjelige
Familie Colonna zu überwinden und ihre Stadt
Pränefte zu zerftören. Am unheilvollſten war fein
Streit mit Kilipp von Frankreih. Der Bapft
verlangte von ihm in en Händeln mit lan:
dern und England, daß er ſich feinem Schieds-
ſpruch unterwerfe, und verbot der Geiftlichleit die
Entridtung einer Steuer an den König; mußte
aber dadurch, daß Genua alle Ausfuhr von Gel:
bern inhibirte, milbere Saiten aufziehen. Indem
er dann aber einen Schiedöfprud, der ihm als
Privatmann überlaffen wurde, in Form einer Bulle
publicirte, erbitterte er ben König, der den Krieg
jofort erneute und des Papſtes Todfeinbe, die Co:
lonnas, bei fi) aufnahm. Gegen die päpftliche Bulle
104
Bonnet
1301 erklärten bie Stände des Reichs in Meberein-
ftimmung mit der furzen, groben Antwort Philipps,
daß ihr König in weltlihen Dingen Niemand
unterworfen fei. Als dagegen Bonifacius durch
die Bulle Unam sanctam die Unterord
unter den Bapft für zur Geligfeit —— er:
Härte, fo wurde durch Philipp von Nogaret im
Staatsrath die Anklage gegen den Bapit erhoben
1303. Bonifacius antwortete durch die Bann:
bulle. Wieder erklärte fich die Reichsverſammlung
gegen ben Papſt. Nogaret und Sciarra Eolonna
überbradten ihm bie Beihlüffe nah Anagni und
nahmen ihn dabei unter Mißhandlungen gefangen,
7. Sept. 1303. Bon den Einwohnern der Stabt
befreit, floh Bonifacius nad) Rom, fiel aber in
Folge der Aufregung in Raferei und ftarb 11. Dct.
1303. Die Früuͤcht feines Regimentes war: das
Geheimniß, die Anmaßungen der Päpſte zurüd:
umeifen, war ben Königen offenbar gemorben; die
Itherrihaft der Hierarchie war gebrochen. Die:
je Niederlage gegenüber erfand Vonifacius aber
ber Einführung bes Jubiläums 1300 einen ein:
träglihen Triumph ber Herrichaft der Kirche über
die Gemüther beö Volles. Vgl. Drumann, Geſch.
Bonif. VIII. 2 Bde. 1852.
— IX. 1389 — 1404. Ritter Gegenpapft
gegen den Avignoner Clemens V. Seine Regie:
rung verläuft in den Bemühungen, Feinde und
rebelliſche Unterthanen zu beruhigen, dem Gegen:
papjte die Anhänger zu entziehen und Ro...
viel Geld zufammenzubringen, wozu ihm 3.2.
er zu der Annaten von jeder Pfründe
ente.
Bonifariusverein. Ein Berein in ber kathol.
Kirche, entfprechend dem evangel. Guftav:Adolfa:
Berein, welcher die Unterftügung der unter
oteftanten zerftreut lebenden Katholifen zum
med bat. ©. Piusverein.
Boni homines. So hießen 1) die Mönde von
Grummont ; 2) die Minimen; 3) Chorherren im
Klofter S. Salvador in Portugal im 15. Jahrh.;
4) die englijhen Sadbrüder; 5) die Katharer.
Bonivard, Franz. Berühmter Abt der Priorei
von St. Victor, nahe bei Genf (jeit 1510); er bes
günftigte die Bartei in Genf, welche auf Befreiung
von Savoyen fann. Auf der Flucht vor dem Her:
zog von —— 1519 nöthigten ihn zwei faiſche
Freunde auf die Priorei zu verzichten und lieferten
ihn bem Herzog aus, der + 20 Monate gefangen
Kine Nach 1527 fette er fich wieder in ben Beſitz
einer- Priorei und betheiligte fih an dem Heinen
Kriege zwifchen Genf und dem umliegenden Abel,
trotz mander Bitte dennoch immer auf Seiten der
Gegner des Herzogs. 1530 von demjelben gefan:
gen genommen, wurbe er im Schlofje Chillon ein:
gejperrt gehalten und erft 1536 durch die Erftür:
mung bes Schloffeß befreit. Sein unftätes Leben
ift ein Spiegel der Zeit, ohne fittlihe Würde
und Reinheit des Charakters. Literariich war er
fehr thätig, beſonders verfaßte er auf Veranlaj:
fung des Magiftratd eine Geſchichte der Stadt
Genf. Er war viermal verheirathet. Seine le
Frau wurde wegen Ehebruchs mit einem =
maligen Möndhe hingerichtet.
Bonnet, Charles. Naturforfherund Philoſoph,
geb. den 13. März 1720 in Genf, wandte ſich vom
Studium des Rechtes zur Naturmifjenfchaft. Nach⸗
dem er ſich zuerft dem Sperialftubium der In—
feftenlehre gemwibmet hatte, erweiterte fi fein
Bonofus
Studium allmählich zu den größten Problemen
des Raturs und Seelenlebens. In feinen pſycho⸗
logiſchen Ausgangspuntten Senfualift, entwidelt
er trogdem eine tieffinnige Philofophie über ben
Zufammenhang des Seelenlebend mit dem Natur:
leben, erfüllt von einem ernften religiöfen Geifte.
mar zeigt fih hauptjählih in dem Werke
Palingenesie philosophique (1764), in dem die
volllommene Organijation des zufünftigen Zu:
fandes auf Grund naturwiſſenſchaftlicher Prin:
dipien gergliebert ift. Bedeutende Schriften außer
biefer Ans: Essai de psychologie 1754. Essai
analytique 1760. Considerations sur les corps
organises 1761. Contemplation de la nature
1764. Seit 1768 lebte er einfam in Genthod am
Genfer See, wo er den 20. Mai 1793 ftarb.
Bonofus, Biſchof von Sardica, lehrte, daß Ma:
ria noch andere Kinder außer Jeſu gehabt habe.
Die Synode von Capua 391 und Biſchof Siricius
von Rom verwarfen die Lehre. Seine Anhänger
elften fi nad) 445 ſchroffer zur kath. Kirche.
Bood, Martin. Kaiholiſcher Theologe, geb. 1762
zu Huttenried in Bayern. Caplan in ve iedenen
Gemeinden Bayerns, dann Pfarrer in Gallneu:
firhen, hatte er bei reich gejegneter Wirkſamkeit
fortwährende Berfolgungen und wiederholte Unter:
fuhung zu beftehen, weil er, ein Schüler Sailers,
die —— che Lehre von der Gerechtigkeit aus
dem Glauben predigte und auf ein frommes Leben
auf die lirchlichen Werle drang. 1814 gab er
in Pfarramt nothgedrungen auf, wurde aber
1817 als Profeſſor und Religionslehrer in Düſſel⸗
dorf und 1819 ald Pfarrer zu —— bei Neuwied
tellt, wo er den 29. Auguſt 1825 ſtarb.
quin. Doctor der Theologie und Prior des
Karmeliterflofterd zu Bourges, verließ er 1541
feiner evangelifchen —— en wegen ſein
Vaterland und wurde Calvins Nachfolger zu Straß:
burg. Bald aber unter dem Schuße der Königin
von Navarra als Prediger in Bourges angeftellt,
mußte er 1555 zum zweiten Mal nad) Straßburg
fliehen. Als Profeſſor der Theologie zu Heibel:
berg ſeit 1557 nahm er Theil an den Bewegungen
in der pfälzifchen Kirche, auch an den Religions:
geiprächen zu Maulbronn und Poiſſy. 1574, bei
der Lutheranifirung Heibelbergs, ging er nad)
Zaufanne. + 1582,
Bora, Katharina von. Luthers Gemahlin. Geb.
1499, Nonne im Klofter Nimpiſch bei Grimma, ent:
floh fie unter Luthers Mitwifjen mit 8 Gefährtinnen
aus dem Klofter, lebte dann im Haufe des Ph. Rei:
chenbach zu Wittenberg und heirathete Luther am
13. an. 1525, dem fie 6 Kinder gebar, wovon 4 fie
überlebten. Nad) Luthers Tode lebte fie meiftens
in Wittenberg und ftarb auf der Reife nad) Tor:
gau, um der Peſt zu entgehen, in folge eines un:
glüdliden Sturzes aus dem Wagen 1552. Sie
wird geſchildert als eine einfache, verſtändige Haus:
frau, in welcher Feftigleit des Charakters mit find:
li lauben verbunden war.
borianer. Eine gnoſtiſch- antinomiſtiſche
Secte, die zur Zeit des Epiphanius noch beſtand.
Dafie wer daß die Seele göttliche Subftanz
fei und durch die Berührung der Materie nicht be:
Hedt werde, verfielen fiein grobe Unfittlichkeit.
Bordelumſche Rotte. Eine pietiftiihe Schwär:
— unter Leitung der Candidaten Bähr
und Borſenius in dem holſteiniſchen Orte Borbe:
lum um 1739. Da fie die äußere Kirche verachteten,
105
Borromeo
Alles auf bie innere Belehrung fehten, und
in einer Liebeögemeinfchaft leben wollten, war
ihr Ausgang allerlei Unzucht. In Folge eines
loͤnigl. Edicis kam Bähr einige Jahre ind Zucht⸗
haus, und ftarb 1743 im Elend.
Borel und die Boreliften. Adam Borel, geb.
1603, gab fein Amt als reformirter Prediger auf,
weil die Bibel ohne Auslegung hinreiche den Glau⸗
ben zu bewirlen, und ftiftete eine Privatgeſellſchaft
mit religiöfen Zufammentünften. + 1667.
Borgia. Ein ſpaniſches Geſchlecht, das nad
Italien auswanderte und durch feine Beziehungen
zum päpftlihen Stuhle berühmt, beziehungsweife
berüchtigt wurde. Alfonjo B. wurde 1455 Papſt
al3 Calixt III. ; Rodrigo B. 1492 als Alexander VI.
Cäfar B., der Sohn des Vorigen, mar ein burd)
moraliſche Scheußlichleiten berüchtigter Menſch, der
1607 bei der Belagerung von Biano fiel; Lucrezia
B., deſſen — durch ihre Ausſchweifungen
nicht minder berüchtigt ais Vater und Bruder,
verheirathet mit dein Fürſten Giov. Sforza, dem
Herzog von Biscaglia und Alfons von Eſte, die ſie
immer wieder verließ, + 1520.
Borgia, Franz. War Jefuitengeneral von 1564
bis 1572. ©. Sejuiten.
Borgia, Stephano. Ein Carbinal, der 1797
von Bin? VI. mit der Dictatur im Kirchenftante
— = ig * —— vertrieben —5*
1804. ift auch durch feine Beftrebungen
denigatt und Kunft von ——
orhaſira. 2. Sam. 8, 26. Wurde als Stabt
in Südpaläſtina bei Hebron angenommen, von
Joſephus Beſira genannt. Es iſt aber zu über:
ſetzen: der Brunnen Haſira.
— - ©. —
orri, Borro, Borhus, Burrhi, Franz Joſeph.
Ein Alchymiſt, Schwärmer und Abenteurer des 17.
Jahrhunderts. Unter dem Vorgeben von Erſchei⸗
nungen, bie ihn zum Propheten für bie Wieder:
vereinigung der Kirche unter dem Papſte beftimmt
hätten, und aldymiftifcher Geheimfünfte, bildete er
in Mailand eine Partei und trieb ſich, verfolgt von
der nquifition, an den Höfen umber. In Wien
ergriffen, wurde er von der Inquifition zu Rom
—— gehalten, bis er 1695 ſtarb.
Borromäudberein. Wurde 1844 zu Coblenz
von einigen katholiſchen Adligen zur Verbreitung
guter Schriften gegründet. x
Borromeo, Karl von. Der Heilige. Geb. 1538
zu Arona. Als Nepote des Papſtes, aber ausge⸗
zeichnet durch Gaben und Frömmigkeit, ward er
mit 22 Jahren Cardinal und Erzbifchof von Mai:
land. Hier wirkte er für die Reform des Firchlichen
Lebens dur Sebung der Prieftererziehung, Wies
derherftellung der Bußzucht, Berichönerung des
Sotteödienftes, vor Alleın aber durch viele eis
fungen von Barmherzigkeit und Liebe, beſonders
durch feine bewunderungswürdige Selbftaufopie:
rung während der Peit 1576. Dem römifchen
Softem völligergeben, warf er fein Augenmerk auf
die Schweiz. Er ftiftete dort den goldenen Bund
der katholiſchen Cantone, ftellte die Nuntiatur
bet, beförderte die Einführung der Jejuiten und
emühte ji um Verwirklihung des Plans, die
Schweiz wieder fatholifch zu machen, um ben Zugang
nad Deutjchland zu behalten. Erftarb1584,3.Nov.,
und ward 1616 Fanonifirt. — Seinen Namen trägt
eine Congregation der barmberzigen Schweftern
(.d. 4).
Bosheit
Bosheit ift der höchſte Grad der wiberfittlichen
Gefinnung 9 8 zum Nächſten. ie
Pflicht der Liebe Tann verlegt werden durch einen
Mangel an fittlicher Energie gegenüber dem natür:
lihen Hange zur Selbftlußt; ift aber nicht dieſe
fittlide Schwachheit, jondern bewußte und bered):
nete Abficht der Beweggrund des felbftfüchtigen
Handelns, fo ift died Bosheit. Man hat daher
Diufig unterſchieden zwiſchen Echwachheitö: und
—— welche Unterſcheidung aber unge⸗
nau iſt, ſobald man damit den Begriff der Sünde
überhaupt zerlegen will, ohne die beſtimmte Beyie:
hung auf die Nächftenliebe. In der Bibel fteht,
nad) luth. Ueberfegung, Bosheit ee
mein für das Böfe oder für die Sünde, 3. B. Jel.
13, 11 (Ueberf. von MX). Im Griechifchen ift
Bosheit = nrevnpia (4.3. Luc. 11,39), ein grund»
ſätzliches Widerftreben gegen dad Gute, wie das
Jeſus den Pharifäern vormirft (f. dad Böfe), im
chſten Grade die Sünde wider den heiligen Geift.
uch xaxie wird gewöhnlich, aber ungenau, mit
Bosheit überjegt (Röm. 1, 29).
Bofiuet, Jacques Benigne. Berühmter fran:
Öfifcher Kanzelredner unb Theologe. Geb. zu Dis
E 1627, wurde er 1652 Prieſter und Doctor der
Sorbonne, Kanonikus in Metz, 1669 Bfichof von
Eondom, 1670 Erzieher des Dauphin, 1681 Biſchof
von Meaur, 1697 Staatörath, 1698 Almofenier der
Herzogin von Burgund. + 1704. Bon * Ver⸗
ehrern der letzte Kirchenvater genannt, iſt er eigent⸗
lich nur der größte Hoftheologe. Seine zahlreichen
Schriften, die ſeinen Ruhm begründeten, zeichnen
ſich mehr durch die Schönheit und Eleganz der
orm, als die Tiefe des u ag dag Inhalts aus.
ömiſch orthodor, hat er nur das Beſtreben, eine
einige franzöſiſche Staatslirche zu ſchaffen, deren
Regiment durch die Staatspolitik beftimmt werde.
Er belämpfte die Proteftanten und zeigte ihnen
ben Katholicismus alö bie bequemfte Religion,
Exposition de la doctrine de I’ Eglise catho-
lique sur les matieres de controverse, Paris
1671; Iobte bie Aufhebung des Edicts von Nan—
tes und befämpfte enblih Madame Guyon und
ihren Quietiömus, deffen Verwerfung er vom
apfte erlangte. In dieſem Sinne leitete er 1682
die Berfammlung des franzöfifchen Klerus, welche
die 4 Sätze der gallicanifchen Kirchenfreiheit auf:
ftellte, und belämpfte er zu deren Bertheidigung
den Ultramontanismus. Seine Lchrbücher über
Philoſophie und Gefchichte, die er für den Dauphin
jchrieb, werben nod) heute in Frankreich gebraudit.
Den größten Ruhm bat er fid) als Kanzelredner
erworben, an rhetoriicher Kunft ift er faum über: | y
troffen (Discours funebres). Seine fämmtlichen
Werke, 46 Bbe., find von Cardinal Baufjet heraus:
gegeben 1819.
Boftra. Stabt in Arabien, wo Beryllus Biſchof
war und 244 durch eine Synode überführt wurde.
Bouhourd, Dominique. Ein Jeſuit zu Paris,
* das Neue Teſtament ins Franzöſiſche.
1702.
Bourdaloue, Ludwig. Geb. 1632 zu Bourges.
Ein berühmter Prediger des Jeſuitenordens, durch
feine dialektiſche, fpigfindige Beweisführung her:
vorragend, der aud) zu Gontroveräprebigten gegen
bie Reformirten benugt wurde. + 1704. © e
106
Brandenburg
Bonrignon, Antoinette. Geb. 1616 zu Lille.
Die Tochter eined Kaufmanns, häßlich aber geift-
reich, gab fie fih_ früh phantaſtiſch- religtöfer
Schwärmerei hin. Einer Heirath zu entgehen, floh
fie aus dem elterlichen Haufe 1636 und 1640 und
führte eine Zeitlang ein asketiſches Leben mit eini«
en Genofjen. Später war fie Borfteherin eines
Spitals zu Lille; aber von einem Hange zum
abentenerlihen Leben Hingerifien, begab fie fich
1667 nad Amjterbam, mo * Offenbarungen
und Teufelsbeſchwörungen Aufſehen erregten. Von
dort vertrieben, nahm ſie ihren Sitz auf einer
(Hallig:) Inſel Nordſtrand, ſpäter in Huſum, wo
eine eigene Preſſe der Verbreitung ihrer Schriften
biente. 1676 war fie in Hamburg, 1677 in Oſt⸗
friesland, + 1680 ın Franeler. Ihre Schriften,
mit hinreißender Beredfamteit verfaßt, enthalten
einen myftiihen Chiliasmus. Gejammelt find fie
von dem reformirten Theologen Poiret, Amſter⸗
dam 1679, 21 Bbe.
Bouthillier de Nanck, Armand Sean le. Der
Stifter des Trappiftenordens (j. d. A.).
Bower, Archibald. Geb. 1686 zu Dunden in
Schottland. Mitglied der Gejellihaft Jeſu und
Rath der Inquifition, floh er 1726 aus Italien
nad England und trat zur anglicanijchen Kirche
über. Literariſch war erjehrthätig. Seine Geſchichte
der Päpfte hatte er ald Katholil begonnen. Da er
in feinen jpäteren Jahren mit den Jejuiten wieder
in Verbindung ftand, jo wurde die Aufrichtigkeit
feines Wejens vielfady angezweifelt.
Boyle, Robert. Geb. 1627 zu Lisborn in Jr:
land. Er veranlafte —— und Verbreitung
der Bibel, namentlich des N. T., in verſchiedenen
Spraden, war Borfteher der 1647 geftifteten Ge:
feufchaft zur Verbreitung des Chriftenthums und
verwandte einen Theil jeines Vermögens zu einer
Stiftung von Predigten gegen den Unglauben,
Boyle'ſche Stiftung.
ozra. Eine feſte Stadt in Edom, Jer.49,18.22;
Jeſ. 34, 6; 63, 1; 1. Moſ. 86, 88; lag auf einem
Berge ; das >. Dorf Bozaireh. Es ift nicht zu
verwechſeln mit dem jpätern Boftra, welches in
einer Ebene in Hauran lag.
Bradwardina, Thomas von. Doctor profun-
dus. Geb. 1290 zu Hartfield in Suffolf. Ein ge:
lehrter Mathematifer und Theologe, wurde Kanzler
der Kathedrale in London, Beichtvater Eduards III.,
ben er auf feinen Feldzügen begleitete, ſtarb 1349
als erwählter Erzbiihof von Canterbury. Erft
1618 ift fein theologijches Wert De causa Dei ge:
brudt, in welchem er gegen ven PBelagianismus die
auguftinifche Lehre von der Prädeſtination verihet:
igte.
Brahma ift die höchſte religiöje Idee ber Be:
mwohner Indiens. Als Höchftes Weſen bildet 3.
mit Viſchnu und Giva eine Art Trinität (Tri:
murti). Die Brahmanen find feine Priefter und
ftellen die höchfte Kaſte im indiichen Staatsfyfteme
dar. Bol. barüber d. A. Indien.
Brainerd, David. + 1747. Der Mifftionar der
Indianer zu Neu⸗Jerſey.
Brand ober Brant, Sebaftian. Geb. zu Straf:
burg 1457, Syndicus bafelbft 15053, + 1521, ift
der Berfafler des Narrenidiffs, in dem er ſatyriſch
die Sünde und die Thorheit feiner Zeit ſchildert.
Das Bud ward jo berühmt, daß Geiler e8 feinen
herausgegeben v. Bretonneau, 14 Bde., Baris 1707. | Predigten ald Tert zu Grunde legte.
Bourged. S. Pragmatiſche Sanction.
Brandenburg. Die Beſiegung der wendiſchen
Brandopfer
Ureinwohner und bie Einführung bed Chriften-
thums ging au bier Hand in Hand. Wie die
Grafen zur Beſchutzung der Marten eingejegt wur:
den, fo ftiftete Dtto I. die Biäthümer Havelberg
46 und Brandenburg 948, aber erſt Albrecht der
Bär, 1123— 1170, gründete das Chriſtenthum
feiter, welches bls dahin noch immer mit dem
heidenthum zu fämpfen gehabt hatte. Niemals
aber gelangte die Kirche hier zu ſolcher Macht der
serrichaft, wie im Welten und Süden des deut:
Reiches. Waldenſiſche und huſſitiſche Anſich—
ten fanden leichten Eingang und wurden lange
teftgebalten. So verbreiteten ſich auch Luthers
Sgriften und Meinungen raſch durd die Mart;
aber Kurfürjt Joachim hielt zeitlebens jede refor:
matorifhe Bewegung mit Strenge nieder, wie in
Stendal 1530, wo e8 bis zur reformatorifchen Em:
porung fam. Zwar forderte auch er eine Nefor:
mation der wg aber nur durch Papſt und Con:
alim. Seinen Zorn gegen Luther übertrug er auf
alle feine Anhänger, und feine Heftigfeit verfchul:
iete viel an dem Ausgang des Reichstags von
1590. Dennoch fonnte er bie Verbreitung der
reformatoriſchen Anfichten weder im Lande noch
im eigenen Hauſe hindern. Bon feinen beiden
Söhnen, unter welde das Land nad) feinem Tode
getheilt wurde, trat Markgraf Johann glei nad)
dm Regierungdantritt der Yngeburgifhen Eon:
keffion und dem Schmaltaldifchen Bündniffe bei,
lie aus Sachſen und Ansbach evangelifche Pre:
diger lommen, erlaubte 1536 in Kottbus evange:
liſchen Gottesdienft und brachte durch die Küftriner
Abendmahläfeier 1538 die Neformation im ganzen
Sande zur Geltung. Behutfamer verfuhr der Kur:
fürft Joachim II., ist von dem Biſchof von
Brandenburg, Matthiad von Jagow. Das Verbot
der eigen Bibelüberfegung wurde aufgeho:
ben, die Klöfter allmählich eingezogen, evangelifche
Prediger berufen, aber überall die tatholifchen For:
men bes Gottesdienftes möglichſt geſchont, erit
1539 am Alerbeiligentage Teierte ber Kurfünit
mit feinem Hofe das heilige Abendmahl in evan:
licher Weife. Auf Grund der ——
trat Kurfürſt Sigismund zu ihnen
über durch die Confessio marchica. Die katholiſche
Kirde etloſch in der Mark faft völlig. Die Neuzeit
in Berlin und andern Städten große fatholi:
Gemeinden entftehen jehen, welde zur Diöceje
Breslau gehören.
Brandopfer war das allgemeinfte Opfer der
Fraeliten, ohne Beziehung auf beftimmte Verſchul⸗
dungen, mit allgemeinen Zwede, die göttliche
Gnade zu gewinnen, es wurde täglid) Morgens
und Abends (4. Mof. 28, 3), auferdem bejonders
an Sabbathen, Feiten und den erſten Monatätagen
bergebracht, 4. Mof. 28, 10; 3. Mof. 23, 37;
4. Mof. 28, 11; auch in Verbindung mit Dank:
opfern, 2. Mof. 24, 5; Jof. 8, 31; Richt. 20, 26;
1. Sam. 10,8, und Sühnopfern, 3. Moj. 5, 7;
8, 14. 18; 16, 3. Es beftand aus einem oder
mehreren männlihen Thieren (das tägliche Opfer
war je ein jähriges Lamm) ber Heerde, oder bei hagens Kirchenordnung von 1528. Eriter eva
Armen auß Tauben. 4. Mof. 15. Rach der Hand: |
107
Braunſchweig
auflegung wurde das Opferthier am Altar ge⸗
ſchlachtet und das Blut an denſelben geſprengt,
das Fleiſch zerſtückt und Alles auf dem Altar ver:
brannt. Bgl. 3. Mof. 1, 6 ff. In fpäterer Zeit
durften auch Heiden, 5. B. die Kaiſer, im Borhofe
der Heiden ein Branbopfer für fid) darbringen
en.
Dash: Der Branbopferaltar ber
Stiftshütte wird beſchrieben 2. Mof. 27, 1°ff.;
38, 1 ffj., er war hohl und wurde mit Erbe gefüllt,
da er transportabel fein mußte. Größer war der
aus Erz gefertigte Altar des ſalomoniſchen Tem:
pels, 2. Chr. 4,1, 7,7. Aſſa erneute ihn, 2, Chr.
15, 8, Ahas entfernte ihn, 2. Kön. 16, 14; Mas
naſſe ftellte ihn wieder her, 2. Chr. 33, 16; wahr:
ſcheinlich vorher auch ſchon Hislia. Bei der Nüd:-
fehr aus der Gefangenſchaft wurbe ber Brand:
opferaltar jofort, nod vor Erbauung des Tempels,
aufgerichtet, Esra 3, 2.6. Antiohus Epiphanes
entweihte ihn, 1.Malf.1,62; 4, 44, deshalb wurde
ein neuer gebaut, 1. Malt. 4, 45. 47. Bei der He:
novirung des Tempels burch Herodes muß aud
ein neuer Altar erbaut jein, der aber im Neuen
Teftament nicht beſchrieben wird. Er fol einen
Opferherd von 24 Eileen Quadrat gehabt haben,
um welden der Umgang für den Priejter eine Elle
breit ging. Das Feuer auf dem Altar follte ununs
terbrochen brennen, 3. Moj. 6,12, nachdem e8 durch
Feuer von Himmel —— war, 3. Moſ.9, 24;
vgl. 2. Chr. 7, 1. Die Sage, wie daſſelbe bewahrt
mworben, findet fi 2. Matt. 1,19; 2,1.
Brafilien. Die latholiſche Kirche hat in Bra:
filien denjelben äußerlichen, paganiſtiſchen Charat:
ter wie in ganz Südamerila, eine Frucht der
Jefuitenmiffion. Die frühere Macht der Kirche ift
vom Staate befchräntt. Unter dem Erzbisthum
Bahia ftehen 7 Bisthümer, die Zahl der Klöſter ift
auf 20 rebucirt, und zu ber Aufnahme in einen
Orden bedarf es jedeömal einer kaiferlichen Erlaub:
niß. Die Beſoldung der Geiftlichen ift gering, fie
find noch auf die Zehnten angemwiefen. Ebenſo ge:
ring ift aber ihre theologijhye Bildung. Der Bro:
teftantismus ijt verhaft. Eine evangeliiche Ehe
lonnte ein braſilianiſcher Bischof als gar nicht vor:
handen behandeln. Evangeliihe Gemeinden giebt
es jet unter dem Schuge des preußiichen Ober:
firchenrath3 in Rio Janeiro und mehrere neu ge:
ftiftete unter den deutſchen Einwanderern der Pro:
vinz Santa Catharina.
aun, J. W. 5. Dr. und Prof. der katho—
lifchen —— zu Bonn ſeit 1829. Weil er Her:
mejianer, verhinderte der Erzbifchof von Köln feine
Ausgabe von Muratori De ingeniorum etc. und
entzog ihm 1843 das Recht der Vorlefungen, worauf
er # bis zu feinem Tode vorzugsweiſe archäolo⸗
gifhen Forſchungen hingab.
Braunſchweig. Das in der Zeit des Vonifacius
in bieje Gegend verpflanzte Chriſtenthum murde
durch die Errichtung ber Bisthümer Hildesheim 818
und Halberjtadt 853 und vieler bedeutender Klö⸗
fter, Neu⸗Corbie erg 822, Ganderäheim 806,
und anderer befeftigt. Die Reformation fand zu:
erjt Eingang in die Stadt Braunfchweig, deren
Verhältniſſe günftig lagen, weil fie nicht nur ihre
ftäbtiiche Unabhängigkeit behauptete, ſondern aud)
von ber biihöflichen Gewalt erempt war. Der Nath
jelbft leitete die Kirchenverbefjerung durch Bugen⸗
eli⸗
ſcher Prediger war G. Lampe 1526. Im Herz m
Braut
mar unter bem dergog Heinrich, 1514— 1568,
bem erbitterten Gegner Yuthers, nur die Zeit von
1542—1547 der Reformation günftig, als Heſſen
und Sachſen das Land bejegt hielten. Herzog Ju:
lius dagegen erließ 1569 die Kirchenordnnung, durch
Martin —— und Joh. Andrei u. U. verfaßt;
er verwandelte die Klöjter in Bildungsanftalten
und ftiftete 1576 die Univerfität Helmftäbt; durch
bad Corpus Julium 1573, feinen Theologen Mar:
tin Chemnig und den Generalfuperintendenten
Sceder machte er das Herzogthum eine Zeitlang
zur Burg bes reinen Lutherthums, obwohl er bie
von ihm zuerft begünftigte Concordienformel nicht
einführte. Der Uebertritt des Herzogs Anton Ul:
rich zur Fatholifchen Kirche 1710 brachte den Evans
gelifchen nit nur feine Nachtheile den Katholiken
gegenüber, ſondern jogar eine erneute Kirchenord:
nung mit einer ftrengen Verpflichtungsformel der
Geiftlihen auf die ſymboliſchen Bücher und eine
größere Beſchränkung der Katholifen und Ueber:
wachung derjelben durch die evangeliichen Geift:
lihen. Die evangelifche Kirche wird verwaltet durch
das Eonfiftorium zu Wolfenbüttel, unter welchem
6 Generalfuperintendenten und 29 Guperinten:
denten ben 35 einzelnen Diöcefen vorftehen. Der
Landeskirche eigenthümlich ift die Beftimmung, daß
bie Confirmanden von dem Superintenbenten ger
prüft werden. Die wenigen reformirten Gemein:
den bilden eine Conföderation mit den Gemeinden
in Hannover. Der unlösliche Gegenfag der Glau-
bensftellung ber Gemeinde Braunſchweig zu der
orthodoren Lehrauffaffung des Paftor Geibel 1835
ab Beranlafjung zur Entfernung deſſelben aus
einem Amte mit Belaffung feines Gehaltes. Ein
bemerfensmwerther Vorgang, wie Conflicte dieſer
Art zu löſen find.
Braut. ©. Ehe.
Brauteramen. Nach katholiſchen lirchengeſetz
ai Beftimmungen foll vor der Eheſchließung der
Pfarrer fich nicht nur überzeugen, ob fein fanoni:
ſches Hinderniß vorhanden, fondern auch, ob die
Brautleute eine genügende Kenntniß der Neligions:
wahrheiten bejigen, um demnächſt ihre Kinder
darin unterweiſen zu fönnen. In der evangelifchen
Kirche ift in Heflen 1657 und 1854 und in Schme:
den eine Prüfung der Brautleute im Katechismus
vorgeichrieben.
Brautführer, paranymphus. Durd) die Volta:
fitte auch in die firchliche eingeführt, ift der Braut:
führer der Ehrenwädhter der Braut und der Zeuge
der Freiwilligkeit ihrer Zuftimmung. Der Braut:
führer tritt, wie der Taufpathe, in eine geiftliche
Verwandtichaft mit den Brautleuten. Da die Nonne
bei der Einfleidung ald Braut Chrifti gilt, fo Heißt
auch die Matrone, die fie zu dem Acte und den
einzelnen Handlungen deffelben begleitet und Hin:
führt, Brautführerin, Paranymphe.
— In der griediichen Kirche ift die
Krönung der Braut mit dem Kranze ein wejent-
licher Ritus bei der Trauung einer Jungfrau. In
der abendländifchen Kirche ift der Brautkranz nur
ein Schmud, den jedoch Häufig Kirchen: und Staats⸗
gejete der unkeuſchen Braut verfagen.
Brautring. Der Gebrauch des Ringes ala
Beichen der Verlobung ift von den Römern liber:
tommen. In der sriechthhen Kirche, wo ein golbe:
ner und ein filberner Ring angewandt wird, wie
in ber römischen, wo beide gleich find, werben bie
108
Breitinger
gemwechfelt. In der proteftantifchen Kirche befteht
größtentheils die Sitte fort.
Bredling, Friedrich. Ein vielverfolgter Myſtiker.
Geb. zu Handevith in Schleömwig 1629, ftubirte in
Deutichland Theologie und lad in Hamburg die
Schriften der Myititer, 1656 — 1657; vicarirte
bann für ben Generaljuperintendenten Klotz und
war freiwilliger däniſcher Felbprediger. 1659 in
jeiner Baterjtadt Paſtor, fjchrieb er gegen bas
ſchlechte Leben der Geiftlichen. We —2 Schrift
ſuspendirt und eingeſperrt, entfloh er. In Zwoll
1660 angeſtellt, verkehrte er mit ben Separati
und Myitilern, die damals in Holland eine Zu-
flucht fuchten, und da er feine mit ihnen überein:
ftimmenden chiliaſtiſchen Anſichten veröffentlichte,
auch fortfuhr das ungeiftlihe Leben der Pfarrer
zu rügen, fo ward er abermals entſetzt, m jei-
nen Aufenthalt in Hamburg und lebte ala ec⸗
tor und Schriftſteller, aus von Unterftügungen
feiner Gönner, + 1711. Seine Schriften Enb ohne
bleibenden Werth.
Breithaupt, Joahim Juſtus. Bietiftifch gefinn:
ter Theologe in Halle. Geb. 1658 zu Nordheim in
Braunihweig. Nach Beendigung der Studien zu
Helmftädt ward er Eonrector der Schule zu Wol:
fenbüttel 1680 und begab fich bei Auflöjung Der
Schule im folgenden Jahre zu Kortholt nach Kiel,
wo er an ber Facultät fich habilitirte und nad
einem Aufenthalt bei Spener ald Profeſſor der
Homiletif angeftellt wurde. In Spenerjcher Weife,
durch Predigt, Hatechifationen, private Erbauung:
ftunden, wirkte er für lebendiges Chriſtenthum ſeit
1685 als Hofprediger und Eonfiftorialvath in Mei:
ningen, 1687 als Pfarrer und Senior zu Erfurt
und als Profeſſor der evangelifchen Farultät. Den
Anfeindungen der Gegner wid) er 1691 bu
nahme eines Rufes nach Halle, wo er mit jeinen
Gefinnungsgenofjen Anton und Frande ſich —
ſammenfand und in Einem Geiſte mit ihnen wirkte.
Neben der theologiſchen Profeſſur verwaltete er
feit 1705 das Amt des Generalſuperintendenten
des Herzogthums ragen 1714 wurbe er Mit:
lied des Conſiſtoriums zu Magdeburg. Er ward
Bros des Klofterd und Pädagogiums gu U. 2.
rauen zuMagdeburg, 1715 Abt zu Klofter Bergen,
+ 1732. Sn feinen theologischen Schriften fucht er
ftetö die Glaubendlehren auf das Leben anzumen:
den und praftijch fruchtbar zu maden. Bal. In-
stitutiones theologicae 1694, 2 Bde. Er ift auch
Berfafjer von Kirchenliedern: Poemata miscel-
lanea, 1720.
Breitinger, gohann Jakob. Geb. in Zürich am
19. April 1575. Rad Vollendung feiner Studien
ward er Pfarrer zu Zumilon 1597, dann zu Albis⸗
rieden; daneben Lehrer an ber Lateinſchule und
1605 Profeſſor der Lpgif am Gymnaſium zu Zü⸗
ri. 1609 als Pfarrprediger am Großmüniter er⸗
nannt, erwarb feine hingebende Treue während der
Peſtzeit 1611 ihm die allgemeinfte Anerkennung,
die fih in der Wahl zum Pfarrer an St. Peter
1612 und 1613 zum Pfarrer am Großmünfter und
damit zum Borfteher der zürcheriſchen Kirche aus:
ſprach. Indem er vollen Gebrauch madte von
dem Rechte feines Amtes, auch die mit Gottes Wort
ftreitenden Mißbräuche der Obrigleit zu rügen,
wirkte er, wie einft Zwingli, gegen die fremden
Bündniſſe und die Beitechlichkeit der Rathäherren;
und drang nicht ohne Erfolg auf Hebung der öffent:
Ringe bei der Trauung vom Priefter gejegnet und | lichen Sittlichfeit im Geifte reformirter Kirchenzucht
Bremen
Für den weitern Kreis der Kirche ift er beſonders
durch ſeine Theilnahme an ber Dordrechter Synode
son Bedeutung geworben, auf ber er, ein ausge⸗
ipochener Gegner der Remonftranten, an dem
dogmatiſchen Bermwerfungsurtheil ihrer Lehre den
mtihiedeniten Antheil nahm, aber als Ausländer
des weitern Urtheilö gegen fie, als der Obrigfeit
Ungehorjame, fich enthtelt. ftarb 1645.
Bremen. Das Bistum Bremen wurde von
Karl dem Gr. 788 geftiftet und fpäter, nad) der
Jerftörung Hamburgs, unter Ansgar mit Ham:
burg zu einem Erzbistfum vereinigt, wodurch
manhe Streitigkeiten mit Köln entjtanden,, dem
Bremen bisher unterworfen gewejen war. Als im
11. Jahrhundert der Sit des Erzbifchofs nad) Bre-
men verlegt war, fuchte Adalbert (}. d. U.), mit
vrübergehenbem Erfolg, ein —— Patri⸗
ardat des Nordens in Bremen zu begründen. Die
Kformation fand ihren Eingang zur Zeit des
Ebiſchofs Ehriftoph von Braunfchweig, und es
Im ihr als günftiger Umftand entgegen, daß ber-
kibe, im Streit mit Rath und Bürgerfchaft, feinen
Sig in das Stift Verden hatte verlegen müſſen.
So konnte Heinrich v. Zütphen ſich nach feiner
ertten Predigt (10. Nov. 1522) zmei Jahre als
iger der Ansgarifirche behaupten, und ald er
1524 nah Dittmarjchen berufen murbe, waren
son an feine Stelle ala Prediger der Reformation
Johann Tiemann und Jalob Probit getreten, fo
dab ſchon 1526 in vier Pfarrlicchen evangelifcher
otteödienft eingeführt war. Der Streit mit dem
Erbifhof wegen der gewaltjamen Neformirung
des Doms 1532 wurde durch den Vergleich 1534
deendigt, der der Stadt die Freiheit des evange:
den Glaubensbelenntniffes ficherte, welches dann
durch die ftreng lutherifche Kirchenorbnung von
1534 befeftigt wurde. Der Harbenbergfche Streit
(.d. 9), 1555—1568, diente auch hier nur dazu,
das Gegentheil von dem herbeizuführen, was die
Ciferer erftrebt hatten, die melanchthoniſche Rich⸗
tung erhielt in Bremen das Uebergewicht. Die An:
nahme der Concordienformel wurde 1580 vermwei:
gert, und 1618 nehmen Bremer Deputirte an ber
Derdrechter Synode Antheil. Der Dom blieb je:
dech lutheriſch und auch die Übrigen reformirten
Rirhfpiele führten die reformirte Kirchenverfaflung
möt dur. Die Bremer Kirche hat unter ihren
Fredigern immer viele gehabt, deren Namen weit:
bin einen quten Klang hatten: Untereyk, + 1693;
——— 1680; Zampe, + 1729; Menten, +1831;
Dräfede, + 1832; Arummacher, + 1845; Mallet,
71865. Auch der Kampf der or Richtung
mit einer freifinnigen ift mehrmals bort zum Aus:
brud; gelommen, do bei ber —— Naͤgels und
in dem Krummacher-Paniel'ſchen Strrite. Eine
Vefonderheit des bremiſchen Kirchenweſens befteht
darin, daß, obgleich die Union nicht eingeführt iſt,
einige Gemeinden combinirt reformirt und lutheriich
und mit jeeinem Pfarrer der beiden Confeffionen be:
Iept fin, — aß bie Localbegrenzung der Ra:
tohien aufgehoben und die —— zu Perſonal⸗
gemeinden geworben find. Vgl. Walte, Ztichr. für
bift. Theologie, 1864, I.
Brenz, zen Geb. zu Weil in Schwaben
1499. Der Reformator Süddeutſchlands. Studirte
zu Weg 1514 Baccalaureus, 1520 Kanoni—
tus. Durch Luthers Auftreten in Heidelberg 1518
gasnen, lehrte erinev. Sinne; einer eingeleiteten
nierfuchung entzog ihn ber Ruf nach Schwäbiſch
109
Bretfchneider
Hall 1522. Hier führte er allmäpli
mation ein, las yo noch die Mefje 1528,
aber 1525 wird das Abenbmahl unter beiberlei
Geftalt gefeiert, 1526 erfcheint feine Kirchenord⸗
—* und 1527 ſein Heiner Katechismus. Allein
erft die Viſitation von 1543, der er als Superin⸗
tendent beiwohnte, entfernte die legten Nefte des
römischen Kirchenwefens, wodurch feine zweite
Kirhenordnung 1543 ins Leben trat. In dem
Abendmahläftreit mit den Schweigern ftand Brenz
entſchieden auf der Seite Luthers, er betheiligte
fih an der erg | deö Syngramma Suevicum
1525, wie an den Geſprächen zu Bern 1528 und
Marburg 1529, ſprach ſich 1530 gegen die Ber:
einigung mit den Smwinglianern aus und fchrieb
nod in jpätern Jahren gegen diejelben zur Ber:
theidigung feiner Ubiquitätslchre (f. Bullinger).
uswärts thätig für die Ordnung des Kirchen:
weſens war Brenz in Nürnberg, wo er mit Ofian-
der 1533 die Brandenburgifche Kirchenordnung
revibirte, und in Würtemberg, wohin ihn Herzog
Ulrich 1535 berief, um unter Schnepf die Kirchen:
ordnung feftzuftellen und 1537 die Univerfttät
Tübingen zu reformiren. Als Karl V. 1546 nach
Hall fam, mußte Brenz flüchten, und wiederum
nad) Einführung des Interims, gegen welches er
2 ſtark ausgeſprochen hatte. Unter vielen Ge:
ahren durch Herzog Ulrich verborgen, in Bajel,
Stuttgart und der Burg Hornberg, wurde er von
Ser3og Ehriftoph zu ben Berathungen wegen des
ridentiner Concils berufen 1550 und machte
felbft 1551 als Gefandter eine vergebliche Reife
dahin; 1553 zum Probft an der Stiftälirche in
Stuttgart berufen, verfaßte er die große Kirchen:
ordnung von 1559 und ließ feinen großen Ka—
tehismus erfcheinen. Aufer den Belenntniß: und
ie en gab Brenz mehrere exegetifche und
erbaulide Schriften heraus; die projectirte Ge:
jammtausgabe feiner Werte 1576 ift unvollendet
eblieben. Er ftarb 1569. Vgl. Hartmann und
— Brenz, nach gedrugften und ungedruckten
uellen, 1840. Hartmann, Lienz (in den „Väter
d. luth. 8.” 6 Th.).
Breslau. Seit 1052 Viſchofsſitz für Schlefien,
früher in Pitſchen. Das Bisthum ftand unter dem
Erzbistfum Gneſen, wurde aber wegen feines
Reichthums * das goldene genannt) und ſei—
ner weltlihen Macht 1245 unmittelbar unter die
DOberhoheit des Bapjtes gejtellt. Wie im Politiichen,
fo ift aud) im Kirchlichen feine Geſchichte mit der
böhmifchen verbunden. In den Huffitenfriegen
wurde das Bisthum ſchwer chen na der Bi:
bie Refor:
hof feldft mußte flüchten. Schlefien nahm Theil
an den Nechten bes Majeftätäbriefes. Die Refor:
mation fand in Breslau früh Eingang. Es wirt:
ten hier u. A. Dfiander und Urfinus eine Zeitlang.
Die freie Stellung der Stabt verhinderte den voll:
ftändigen Sieg der Gegenreformation. In neuefter
* it Breslau der Hauptort der altlutherifchen
irhe und Sig ihres Oberconfiftoriums gewor:
den. Die Univerfität hat eine fatholifche und evan⸗
gelüiche theologi * Facultãt. — Die Diöceſe des
Fürſtbiſchofs umfaßt Schlefien, Pommern, Bran:
denburg; die öſterreichiſchen Bezirke find durch ben
Frieden von 1865 davon getrenht. ,
Bretigneider, Karl Gottlieb. Bekannter ratio:
naliftifcher Theologe. Geb. am 11. Febr. 1776 zu
Gersdorf. Studirte nah dem Wunſche feines früh
verftorbenen Vaters Theologie zu Leipzig,beichäftigte
Breve
fi) aber in den Candidatenjahren mit belletriftis
ſchen Studien, da er den innern Zwiejpalt mit der
firhlihen Orthodorie nicht überwinden konnte.
Gr beſchloß nad) abgelegtem Examen ſich der alade⸗
miſchen Laufbahn zu wibmen und eröffnete feine
philoſophiſchen und theologischen Vorlefungen 1804
zu Wittenberg. 1807 jedoch als Oberpfarrer in
Schneeberg, 1808 als Superintendent in Anna:
berg gewählt, folgte er dem Rufe, ſowie er auch
1816 die Generaljuperintendentur in Gotha über:
nahm, die er bis an feinen Tod (22. Jan. 1848)
verwaltete. B. vertritt den rationalen Suprana:
turalismus. Seine zahlreihen Schriften find theils
dogmatiſchen Inhalts, wie: Syftematiihe Ent:
widlung aller in der Dogmatit vorflommenden
Begriffe u. j. m., 4. Aufl. 1838; Handbuch der
Dogmatif der ev.luth. Kirche 1838; theild philo:
—— fritifche, wie fein MWörterbuh über das
Neue Teftament (3. Aufl. 1840), das Wörter:
buch über die Apofryphen und die LXX (1805)
und fonftige Arbeiten über die Apofryphen, dann
feine Probabilia de evangelii et epistolarum
Joannis Ap. indole et origine etc. 1820, worin
8. den erjten bedeutenden Verſuch macht, bie
Echtheit des Evangeliums und der Briefe Jo—
ie zu bezweifeln. Auch feine populär:literari:
che Thätigleit, ebenfo ſehr gegen lirchliche Engher:
doleit wie gegen Unkirchlichleit gerichtet, ift von
edeutung. Cr ift Verfafler einer populären reli:
giöfen Glaubenälehre (3. Aufl. 1846), ftreitet in
zahlreihen Schriften gegen Pietiften, für das Recht
des Rationaliömus gegen Symbolzwang, zum
ak der Deutihlatholifen, für die Union der
Confeffionen. Einige religiöfe Romane: Heinrich
und Antonio, der Freiherr von Sandau, Elemen:
tine, verfolgen das gleiche Ziel. Vgl. feine Selbit:
biographie: „Aus meinem Leben.“ Dal. über ihn
Aug. Kirchenztg. 1848, deren Nebaction er eine
Beitlang bejorgte.
Breve heißt jeder ber vollen folennen Form ber
Bulle (j. d. A.) entbehrender päpftlicher Erlaß.
Die Breven werben geichrieben in moderner Schrift
auf weißem Papier und a nie verfiegelt mit
bem Fiſcherring und dem Namen und ber Orb:
nungszahl des Bapftes: und tragen dann die Be:
zeichnung sub annulo piscatorio (f. d. A.). Offen
ergehen die Breven, welche zur allgemeinen Kennt:
J oder für Juden beſtimmt ſind. Ausgefertigt
werden ſie im Secretariat oder der Dataria und
unterzeichnet vom Secretär der Breven.
Brevier, Breviarium heißt die Sammlung der
Gebete, weldye an den 7 kanoniſchen Stunden des
Tages von den dazu Berpflichteten gebetet werden
müjjen. Es zerfällt nad) den vier Jahreszeiten in
vier Theile, und jeder Theil hat 4 Abtheilungen:
Pialterium, proprium de tempore, proprium
de sanctis, commune sanctorum, und Anhänge.
Der Stoff ift genommen aus den Pjalmen, Bibel:
abſchnitten und Lebensbejchreibungen der Hei:
ligen. Die Anfänge des Breviers werben auf
Gregor. (+ 604) und fein Antiphonarium zurüdae:
führt; Gregor VII. jchrieb eine Zufammenftellung
vor, die öfter überarbeitet durch Pius V. 1568 in der
gegenwärtigen Form fejtgeftellt und allgemein ein:
geführt ift. Auch die griechiſche Kirche hat als Bre:
vier ein Horologium;, die evangelifche Kirche aber
lann ihren Geiftlihen Fein Brevierlejen vorſchrei—
ben, fie jegt bei ihnen tägliche Schriftbetradgtung
voraus,
110
Brocarda
Bricenarl, Milhelm. Biſchof von Meaur. Iſt
in der Rejormationsgeihichte Franlreihs dadurch
befannt, daß er an feinem Hofe Farel, Rouffel, Le:
fevre u. A eine Zufluchtsftätte gewährte und ihnen
das Predigen und die Verbreitung der reforma:
torischen Ideen geftattete, bis er jelbjt in den Ver:
dacht der Ketzerei gerieth, deshalb feit 1523 ſich
egen Luther ausſprach und die Verbindung mit
einen frühern Freunden löfte. Seine myitifche
Theologie half ihm über den Widerjprud hinweg,
das Evangelium zu wollen und die römische Kirche
nicht anzutaften.
Brigham⸗-Young. Eeit 1844 der Seher, Offen:
barer und Präfident der Mormonen; früher ein
Zimmermann, feit 1850 auch Gouverneur von
Utah fi d. A. Mormonen).
Brigitta. Die Heilige. Die Schugpatronin von
— Trat als 1l4jährige — ſchon ins
loſter und ftiftete jpäter das Kloſter Kill:Dara,
von dem viele andere ausgingen. + 523. Ihr Le:
bein ift mit Wundern überreich ausgeihmüdt, in
denen ihre Wohlthätigleit verherrliht wird. Da
fie namentlih um ihre Fürbitte für den Ernbte:
jegen angerufen wird, und ihr zu Ehren bis 1220
von den Nonnen ein ewiges Feuer, das Brigitten:
feuer, unterhalten wurde, an welches ſich jo viel
——— tnüpfte, daß der Biſchof es exlöſchen
ließ, ſo vermuthet man nicht ohne Grund, in ihrer
Verehrung habe ſich der Culius der Göttin Ce—
ridwen, der celtiſchen Ceres, chriſtianiſirt.
Brigitta. Die Heilige von Schweden. Geb.
1302. Berheirathet an einen vornehmen Schwe:
den, führte fie mit ihrem Manne, als Tertiarier
ber Franciscaner, ein asletiſches Leben; nad) dei:
jen Tode legte fie fich die härteften Bühungen auf,
machte Wallfahrten nah Rom und Jerufalem und
ftiftete außer iprem Orden mehrere Wobhlthätigfeits-
Anftalten. Sie ftarb 1373, nachdem fie ihre ver:
ſchiedenen Gefichte und Offenbarungen bictirt hatte,
die ihr von Maria und Chriftus geworden fein
jollten. Troß des Widerſpruchs von Vielen, bat
das Concil zu Bafel das Buch approbirt, wie man
jeht erflärt, in dem Sinne, dab fie nichts dem
Glauben Widerfprechendes enthielten. Brigitta ift
fanonifirt den 7. Oct. 1391,
Brigittenorden. Ordo Salvatoris. Chriftus
jelbft ſoll Brigitta die Safungen ihre Ordens
offenbart haben, nad) weldem in einem Doppel:
Hofter 60 Nonnen mit 12 Orbenöpriejtern und
Diatonen leben unter Leitung einer Webtiffin.
Troß bes göttlichen Urjprungs Find die Sagungen
mehrfach modificirt. Der Orden breitete ſich u
ſächlich im Norden aus. In dem Klofter zu Augs:
burg war Decolampadius 1522— 1524 Mönd.
Brill, Jatob. Ein niederländifger Myſtiker,
r 1700 zu Leyden. Er gab gegen 40 Schriften
heraus, welche viel gelefen wurden (gefammelt 1705
in Amjterdant, aud ins Deutſche überjegt). Er
vertrat die myſtiſche Frömmigkeit, welche bis zur
Verachtung alles Aeußerlichen, et (Chri:
tus, Bibel) fortichreitet, und die ausfchliegliche
Innerlichkeit (Chriftus in uns) als wahrhaft real
gelten läßt. Die Selbitverleugnung bis zur Selbft:
auflöfung feines Ichs iſt darnach das Ziel unferer
Religiofität.
Brittinianer, Cine Congregation der Augufti:
ner:Eremiten zu Brittini in der Marl Ancona, von
Gregor IX. beftätigt.
rda heißen kurze, allgemeine Rechtsſätze,
Brod bei den Hebräern
melhe von den Gloffatoren ber Rechtäblicher aus
den bejprochenen Stellen abjtrahirt und an ben
Rand gejchrieben wurden. Die Herleitung des Wor:
te8 liegt im Dunfeln.
Brod bei den Hebräern. ©. Baden.
Brodbrechen im Abenpmahl. Mit Ausnahme
der Lutheraner brechen alle Eonfeffionen das Brob
kim Abendmahl und zwar vor der Gonfecration.
Die vömische Kirche bricht die Hoftie in drei Theile,
son denen der Heinjte in ben Kelch gethan wird,
um die Einheit des zweigeftaltigen Sarraments
darzuftellen, die beiden an genießt der Prie:
ker. Die Griechen theilen das Brod mit der Loncha
(Lanze) in vier Theile und legen fie kreuzförmig
jur Darftellung des Tobes. Die reformirte und
unirte Kirche bricht das Brod nad) dem Vorgang
der Einjegung behufs der Austheilung.
Brodverwandlung. ©. Transfubftantiation.
Bromley, Thomas. Engliſcher Myſtiker. Geb.
am 1. Febr. 1629 in Worcejter. Ein Mitglied der
philadeiphifchen Societät (1698—1708) des Por:
dage in London, verfündigt B. in feinen zahl:
reichen Schriften die myjtifchen Grundſätze, welche
in 3. Böhme wurzeln, von dem Umgang mit ber
himmliihen Jungfrau Sophia (Weisheit), ber
Enthaltung von der Ehe und von dem vollendeten
Ehriftentgum. Die chiliaftiihe Erwartung von
der —— Wiederkunft Chriſti ſpricht fh in
keinen Gefichten und Dffenbarungen in finnlich
r Weife aud. Da B. ald Ronconformift
ine Pfründe, die er in Oxford genof, verloren
hatte, jo begab er sh zu Pordage nad) London
und widmete fich lebendlang der Berbreitung ber
muftiichen Anfichten durch Schriftftellerei und Pre:
digt nach dem oft betonten Grundjag, daß bie
Gabe der ‚Prophezeiung nicht auf die Paſtoren be:
khräntt fei. + 18. April 1691.
Brouffen, Claude. Hugenottiſcher Märtyrer.
Seh. zu Nismes. Als Advocat zu Toulouje ließ
er fi nash der Aufhebung des Edictö von Nantes
und der Zerfprengung der Hugenottengemeinden
ın Genf ordiniren, und war als Prediger in der
Kirche der Wüfte wirkjam, den evangelifchen Glau:
ben zu erhalten. 1693 wurde auf feinen Kopf ein
Preis von 10,000 Livres gejegt, und als man ihn
1698 ergriffen yon ftarb er zu Montpellier, wo
u erbroffelt auf das Nad geflochten wurde.
Browne, Browniſten. Robert B. wurde geb. zu
Rorthampton 1550. Als Prediger der holländiichen
Viedertäufergemeinde in Norwich, griff er die Ver:
faffung und Eultusform der anglicaniichen Kirche
an; wiederholte Beitrafungen mehrten jeinen Eifer
und verſchafften ihm Anhang. Eine Gemeinde, die
er in Middelburg auf Zeeland nad) feinen Grund:
lägen einrichtete, verließ er wieder und fehrte nad)
England zurüd, wo er feine Agitationen gegen die
dochlirche und die Preäbyterianer wieder ——
Er verwirft jede organifirte Kirche: jede Gemeinde
toll nad) ihm im ſich völlig felbftändig fein und zu
endern nur in dem Verhältniß brüderlicher Ge:
meinſchaft ftehen. Seine Umtriebe zogen ihm 1590
die Ercommunication durch den Bijchof von Peter:
borough zu, worauf er ſich mit der Staatskirche
ausföhnte und eine Pfarrei erhielt. Dennoch er:
regte er von Neuem Unruhe, wurde zum 32. Male
verhaftet und ftarb im Gefängniß 1626. Seine
Anhänger murden ebenjo wie er verfolgt und be:
ri ich meift nad) Holland, wo fie, durch Ro:
on veformirt, fich ald die Gemeinden der In:
111
Brüder, böhmifche oder mährifche
bepenbenten conftituirten, bie dann auch in England
Duldung und großen Einfluß erlangten (f. In⸗
bependenten).
Brüder, barmderzige. Johann Ciudad, ge
1495, faßte nach manden Verirrungen den Ent-
ihluß, Gott in den Kranken zu dienen. In einem
gemietheten Haufe eröffnete er mit einigen Freun⸗
den 1540 in Granada ein Spital, und —28* eine
weltliche Verbrüderung zur Krankenpflege. 1572
gab Pius V. derſelben die Regel Auguſtins. Auf
dem erſten Generalcapitel 1586 wurden die Con:
ftitutionen des Ordens entworfen und 1611 beftä«
Der Orden theilt fi in zwei Zweige, bie
feine Verbindung unter einander haben. Der
ipanifche fteht unter dem Generale zu Granada,
der andere unter dem gu Rom. In Deutichland
wurde der Orden 1605 eingeführt, fein erites Klo:
jter war Felsberg in Defterreih. Der Stifter, der
ben Beinamen Johannes von Gott (Dio) erhielt,
ift 1600 kanoniſirt.
Brüder, böhmiſche oder mähriſche (ſ. Huffiten).
Angeregt durd den utraquiftiichen Erzbiichof No:
kyczana und unzufrieden mit feiner Halbheit,
vereinigte deſſen Neffe Gregor um 1450 die ftren:
gern Galirtiner mit den Ueberreften der Taboriten
und ber Secte des Peter von Chelczig und bildete
zu Liticz in Böhmen eine neue Gemeinfchaft mit
der Tendenz, ein Gemeindeleben nach Chrifti Geift
in apoftolifcher Einfalt aufzurichten. Von hervor:
ragender Bedeutung in ihrer Organijation ift ihr
Pfarrer Michael Bradacz. Unter Berfolgungen
(die ihnen den Namen Grubenheiner, wegen ihres
Aufenthaltes in Bergen und Wäldern, einbracdhten),
die aus der Furcht vor dem Wiederaufleben tabort-
tifher Empörungen entiprangen und die erfte Ge:
meinde zerjprengten, breitete ſich die Gemeinſchaft
in Böhmen und en weiter aus. Dur Sy:
noden befeftigte fie ihre erfte Organifation, die fih
conjolidirte, als ſich 1494 eine ftrengere Partei der
Amofiten ausfchied. Neue Berfolgungen, 1503—
1516, wurden ſchon gemilbert durch das gemein:
fame Interefje aller Nichtfatholifden, und volle
Freiheit gewährte auch den Brüdern der Beſchluß
der Stände 1524, Allen die Predigt des Evange:
liums zu geftatten. Die hiermit beginnende Blüthe-
zeit der Unität wurde nur unterbrochen durd) die
Berfolgung 1548. Weil fie Ferdinand II. den Zu:
zug im (ümatatbifchen Kriege verweigert hatte,
trieb er alle Brüder in die Verbannung. Viele 30:
gen nad) Polen, noch mehr nad Preußen, wo fie
gaftlihe Aufnahme fanden, ſpäter aber wieder
größtentheils abzogen, als man von ihnen die An:
nahme des Corpus doctrinae Prutenicum ver:
langte. Um 1570 war faft ganz ze. lutheriſch
oder unitariſch. Die gemeinſame Confessio Bo-
hemica von 1575 verband die Unität mit den
Evangeliſchen, und der Majeſtätsbrief gewährte das
gemeinſame Conſiſtorium zu Prag. Mit den Evan:
geliſchen wurde auch die Brüderkirche bis auf einen
Heinen Reft nad) der Niederlage am weißen Berge
auögerottet. Nur in Polen hielten ſich die Gemein
den, welche jeit 1548 ſich dort gebildet und 1570
den Kg I Sendomir mit eingegangen waren;
allein ihre Eigenthümlichkeit konnten aud) fie nicht
länger bewahren, und fe vereinigten ſich 1627 zu
Dftrog mit den Reformirten. Das Unterjcheidende
der Brüder liegt nicht in der Lehre. Wieviel das
von auf walbenfiichen Urfprung zurlidzuführen, ift
noch mehr ober weniger zweifelhaft. Im Abends
Brüder des freien Geiftes
mahl nahmen ſie eine geijtige Gegenwart an und
traten damit zwifchen Luther und Calvin. Die
Lehre bildete fi aus in den Verhandlungen mit
Zutheranern und Reformirten, von 1467—1671
erſchienen 34 Confeſſionen. Kirchenordnung und
Kirchenzucht iſt das Weſentliche und Eigenthüm—
liche. Die Gemeinde iſt nad) dem Stand des chriſt⸗
lichen Zebens in drei Klafien, Katechumenen, auf:
genommene und ftreitende Glieder getheilt; Ael—
tejte und Nelteftinnen, aus diefen gewählt, üben mit
ben Geiftlichen die Zucht und verwalten die Ge:
meinde. Auch das häusliche Leben jteht unter der
Aufſicht der Kirche. Die Priefter, mit den Dia:
Imen als Gehülfen und ben Aloluthen, üben die
Seelforge. Sie bewahrten das Cölibat und follten
vom Betrieb des Handwerfs leben. An ihrer Spige
ftanden bie vier Biſchöfe (Senioren), deren erfter,
Mathias von Kummald, die Weihe durch den Wal:
denferbijchof Stephan erhalten hatte. Dieje Haben
mit dem engern Rath die Leitung bed Ganzen und
fordern Gehorjam ihrer Anordnungen in allen
Beziehungen. Unterjcheidend im Gultus ift bie
Wiedertaufe der Uebertretenden und der Erwach⸗
jenen an der Stelle unferer Confirmation. Der
hymnologische Reichthum der böhmischen Brüder:
unität ift befannt, nicht minder aud ihre fateche:
tiihe Literatur. Als bedeutend wird gerühmt das
Kralcezer Bibelwerk in böhmifcher Sprade. Bal.
Comenii Hist. frat. Boh. 1702. Lochner, Ent:
ftehung und erjte Schidjale der Brüdergemeinde
1832. Gindely, Geſchichte der B. 8.1857. Zezſch⸗
wig, die Katehismen der Waldenjer und B. B.
18653. Köppen, Kirchenorbnung und Disciplin ber
alten h. Brüderfirche 1845.
Brüder des freien Geiſtes. Aus den Schü:
lern Amalrichs von Bena hervorgegangen, bie ſich
nad) feinem Tode zerftreuten, findet ſich die Secte
im 15. und 14. Jahrhundert in Italien und längs
bes Rheines; beftändig verfolgt, aber nie auöge:
rottet. Pantheiſtiſch lehrten fie die Einheit des
Menſchen mit Gott; fobald der Geift berfelben
bewußt geworden, ſei er frei und es gebe für ihn
leine Sünde mehr; die praktiſ unfittlichen
Folgerungen konnten nicht ausbleiben. Bol. Hahn,
Studien und Kritifen 1846. Krönlein, Am. v.
B. und David v. Dinant 1847.
Brüder, die langen. Bier Mönche der nitrifchen
Wüfte, ob ihrer Leibeslänge jo genannt, weldye in
dem antbropomorphitijchen Streite vom Patriar:
hen Theophilus verfolgt und die Veranlaffung
wurden, daß Chryjoftomus in den Streit ver:
widelt ward.
Brüder Jefu kommen Matth. 12, 46 und an den
Parallelſt. vor, ebenjo Joh. 2, 12; 7, 3. 5. 10;
Apftg. 1, 14; Gal. 1,19. Sie werden Matth.
13, 55 Jakobus, Yojes, Simon, Judas benannt.
Leibliche Brüder Jeſu anzunehmen, konnte fich die
fatholiiche*Kirhe aus dogmatiſchen Gründen nicht
entichließen, die Angabe der Schrift von den Brü:
dern Jeſu wurde daher fo umgedeutet, daß bar:
unter Bettern(Gefchwifterkinder) zu verftchen feien,
nämlich die theilweife gleichnamigen Söhne des
Alphäus (Matth. 27, 56); man begründete die Ver:
wandtihaft dadurch, daß man Klopas gleich Al:
phäus jegte und aus Joh. 19, 25 die Mutter der
Alphaiden als Schwefter der Maria nachwies. Die
ganze Aufftellung jcheitert aber daran, daß adeAgpos
(Brüder) feine Bettern find, und daß biefe „Brü—
der" faft immer in Berbindung mit ber Mutter
112 -
Brüderverein
Jefu genannt werben, daf bie Söhne Alphäus ber
reits Apoftel waren, ‚als bie Brüder no nicht
glaubten (oh. 7,5), und daß ſich aus ber Ber:
gleihung der Synoptifer mit Joh. 19, 25 ergiebt,
daß es noch fehr fraglich ift, ob Die Schwefter ber
Mutter Jeſu Maria gg und die Frau bes
Alphäus geweſen ift Ri ie Commentare zu Joh.
19, 25). ©. Maria und Jakobus.
Brüder vom ——— Leben. Fratres
communis vitae. Brüder des Geſetzes Chrifti oder
vom guten Willen. Eine von Gerhard Groot ge
1340, + 1384) und Florentius Rademin (geb. 1850,
r 1400) 1376 zu Deventer geftiftete Genoffenfchaft,
welche in den Niederlanden fich auöbreitete und
durch die Pflege einer edeln Myſtik, der Wifien-
ſchaften und des Volksunterrichtes die Reformation
der Kirche vorbereitete. Das Centrum des Ber:
eins bildete das Kloſter der regulirten Kanoniler
zu Windeſem, an welches ſich die Brüder: (Frater-)
Häuſer anfhlofien, in denen die Glieder des Ber:
eins ohne Gelübde in Gemeinſchaft des Befites,
der Arbeit und der Erbauung unter jelbftgewähl:
tem Borftand zufammienlebten; Ein berühmt ge:
wordenes Brüderhaus biefer Art war die Anftalt
auf dem St. Agnesberg bei Zwoll. Belannte Män—
ner biefer Gemeinfchaft find die durch ihre evange:
liſche Fömmigleit auögezeichneten Thomas a
Kempis und Joh. Weifel. Auch die Pflege der Bil:
dung fand in den Brüderhäufern eine Stätte, und
Männer wie Hermann Buͤſch, Agricola, Erasmus
haben hier ihre wiffenjhaftliche Anregung empfan-
gen. Ganz ähnlich eingerichtet waren frauen:
vereine, deren zen ebenfalld Groot anregte.
Bol. Delprat, Over de Broederschaft van G.
a. 1856. Ullmann, Ref. vor der Reformation,
Br. II.
Brüderanflalten heißen diejenigen Inſtitute,
welche Jünglinge zu den verjchiedenen Arbeiten der
innern iffion ausbilden; ihre Zöglinge wer:
den Brüder genannt. 9. Diafonen und Innere
Miffion. R
Brüdergemeine, Brüderunität. S. Herrnhuter.
Brüderihaften find religiöfe Vereine, melde
zu einem bejondern arg ober religiöfen
Zweck zujammengetreten find und befonbere reli:
giöfe Uebungen unter ſich pflegen. Von den Orden
unterfcheiden fie ſich dadurch, daß fie feine Gelübde
ablegen und die Gemeinjchaft fi lediglich auf den
Brüderſchaftszweck bezieht. Sie find hervorgegan:
en aus dem Genoſſenſchaftstrieb des Mittelalters.
18 die ältefte gilt die Brüderihaft der Gonfa:
lonieri, beftätigt pon Clemens IV. (1265— 1271).
Waren früher die Zwecke manchmal ſehr äußerlich,
z. B. der Brückenbrüder, fo find es heute entweder
rein religiöje, bie beſondere Berehrung eines u
figen, oder Miſſionszwecke. Da die Brüderfchaften
bejonbere Gottesdienſte feierten, fo ftifteten fie nicht
felten eigene Altäre, oder hielten eigene Capläne
und Vicarien. Wenn dann das Streben erwachte,
fi vom Pfarrverbande loszumachen, hatten bie
BPäpfte manche Differenzen mit der Diöcefangeift:
lichkeit zu — Die verbreitetſten Brüder:
{haften find die von den Jejuiten gepflegte maria:
nische Eongregation und die Franz Zaverins: ober
Miffionsbrüderfchaft.
Brüderverein, Eine religiöfe Vereinigung inner:
halb der evangeliihen Kirche Rheinlands, metho:
Frege ga Tendenz, bie in Elberfeld ihren
Sig hat, und ihre Senbbrüber zur Belehrung in
Brunnen bei den Hebräern
113
Bucer
En Unglauben verfallenen Gemeinden aus: | willig ober gezwungen, weil er die katholiſche Lehre
i
Brunnen bei den Hebräern waren zum Theil,
aber felten, eigentlihe Brunnen (lebendigen Waſ⸗
jers), 1. Mof. 26, 19. In der Regel war man auf
fünftlich ausgemauerte Eifternen angewieſen, um
dad Regenmwafler aufzuſammeln, die mit einem
Stein verfchloffen und als werthuoller Beſitz be:
bütet wurden. 1. Mof. 16, 18; 26, 15; 29, 2;
2. Sam. 17, 19; 2. Kön. 3, 25.
Bruns. Erzbifchof von Köln. Geb. 925. Der
Bruder Dtto’3]., von — zum Abt von Lorſch
und Archicapellan des Reiches gemacht, ſpäter 953
zum Erzbiſchof von Köln und Herzog von Lothrin⸗
gen, war als Staatsmann die fräftigfte Stütze des
een Negimentes in Deutjchland. Gebilbet
in athedralfchule zu Utrecht, fpäter durch die
Griechen am Kai nich unb den Britten Slaac,
beförberte Bruno aud) als Kirchenfürft die mifjen:
Ihaftlihe Bildung der Klerifer. Für Kirchen und
Köfter thätig, führte er die Regel Benedicts in
feinem Sprengel durd. + 965, 11. Det. Er ift
lanoniſirt. Seine Biographie, Vita Brunonis,
von Rütger findet ſich in den Scriptores rerum
Brunsvicensium ed. Leibnitz. Vgl. Pieler, Erzb.
Br. 1851. Maurenbrecher, Hift. Stichr. 1861.
Bruns. Apofiel der Preußen, auch Bonifacius
enannt. Geb. 970 zu Querfurt, begleitete er als
omberr zu Magdeburg Dtto III. 996 nad) Sta:
fien und 33 ih dort 1001 an Romuald von
Gamalboli und deſſen asketiſche —— an. Auf⸗
gefordert von Boleslaw von Polen, erbat er ſich
vom Papfte die Erlaubniß eines Miſſionszuges
nad Preußen, und ſetzte denjelben als Erzbiſchof
ins ‚nachdem er vorher die Stätten der Wirt:
jamteit des 5. Adalbert befucht und deſſen Leben
rieben hatte 1004. Nach kurzer Wirlkſamkeit
in Breußen wurde er 1008 oder 9 mit feinen 18
Gefährten erfchlagen.
Bruns. Der Stifter des Karthäuferorbens.
Geb. zu Köln 1085 und auf den dortigen Schulen
vo wurde er Rector ber Domjchule zu Rheims.
ie Verderbtheit der Kirche trat ihm im Leben des
—— anafjes entgegen. Als Ankläger deſ⸗
klben auf der Synode zu Autun 1077, mußte er
fliehen und mwurbe feiner Pfründen beraybt. Die
auf Befehl des Papftes ihm angebotene Reftitui:
rung ſchlug er aus und begab fih, um ber Welt
anz zu entfliehen, nad; Südfrankreich zum Bifchof
o von Grenoble 1086, der ihm und feinen jedyö
ährten die Einöde Chartreufe — Karthauſe —
anwies. Hier bauten fie Zellen für je Zwei und
lebten in ftrengfter Askeſe, im fteten Stillſchweigen
mit Arbeit und Bücherabſchreiben beichäftigt. Nach
6 Jahren, als die Colonte ſich ſchon vergrößert
hatte, wurde Bruno von Urban II. nad) Rom be:
rufen. Bruno blieb in Jtalien und erbaute in der
Einöde della Torre, im ——— Squillace, ein
neues Einſiedlerlloſter, in welchem er am 6. Oct.
1101 ſtarb, nachdem er das Erzbisthum Rheggio,
we ihm angeboten worden, ausgeſchlagen
hatte. Bgl. d. A. Karthäuſer.
Bruns. Biſchof von Olmiitz. Bon ihm ift eine
Schilderung ber deutſchen politifchen und Kird:
fihen Zuftände vorhanden, welche er dem Concil
zu Lyon 1278 vorgelegt hat.
Bruns, Giordano. Der Philofoph. Geb. zu
Rola bei Neapel um 1550, verließ er das Domini:
fter, in welches er eingetreten war, frei:
ber Trandfubltantiation und der unbefledten Em:
pfängniß beftritt, und lebte als Lehrer der Philo:
jopb e in der Schweiz 1580, in Frankreich 1582,
n England 1583, in Wittenberg 1586 — 1588,
und andern deutſchen Stäbten, bis er nad) Stalien
zurüdfehrte 1592. Bon der Inquifition 1598 er:
iffen, wurbe er 1600 zu Rom verbrannt. Seine
.ehre befteht in einer poetifch = pantheiftifchen
Beltanfhauung, in einem Naturenthufiasmus,
der das Leben der Natur und das Leben Gottes
ür Eins fegt. Beide, Gott und die Welt, unter:
cheiden fich wie —— und Stoff. Bal. Barthel⸗
mes, Jordano Bruno de Nola, 2 Bde. 1846;
Clemens, Giord. Bruno u. Nic. von Eufa, 1847.
Bruno Saxonictus. Ein Geiftliher im Erzbis:
u. Magdeburg, der 1082 eine Geſchichte des
ampfes Heinrichs IV. mit den fächftfchen Fürften,
von Standpunft ber Legtern aus, fchrieb.
— Germaniae historica, im 6.
1844.
Brufiflopfen. Die beim katholiſchen Gebete
vorgejchriebene Ceremonie, ald Zeichen des Schuld:
betenntniffes.
Bruſtkreuz. ©. Pectorale.
a ſchilblein des Hoheprieſters. S. Hohe:
priefter.
Bucer, Martin. Geb. 1491 zu Schlettftabt im
Elſaß. Mit 15 Jahren trat er in den Dominicaner:
Drben ein und wurbe zur Fortfegung feiner Stu:
dien nad) Heidelberg gefendet. Hier gewann ihn
Luthers Auftreten 1518 für die Reformation; von
feinen Orbensbrübern verfolgt, ließ er fi 1521
des Gelübdes entbinden und wurde 1521—1522
Feldcaplan beim Pfalzgrafen Friebrih. Von feis
ner Pfarrei in Landftuhl 1522 und Weißenburg
1523 durch Krieg und Bann vertrieben, fand er
Aufnahme in Straßburg bei dem Pfarrer Zell zu
St. Lorenz, der ihm Bibelftunden und Predigten zu
alten geftattete, in fyolge beren ihm bie Pfarre zu
t. Yurelien 1524 übertragen wurde. Als im
Jahre 1548 das Augäburgifche Interim in dem
proteftantiihen Straßburg eingeführt werben
follte, widerſetzte ſich Bucer demjelben auf das
entjchiedenfte; er wurde 1549 feines Amtes ent:
hoben und folgte dem Rufe des Erzbiſchofs Cran-
mer nad) England, wo er für die Sache der Nefor:
mation unermüdlich thätig war und als Profeſſor
der Theologie zu Cambridge am 28. Februar 1551
ftarb. Bucers kirchliche Thätigfeit geht faft ganz
in feinen Unionsbeftrebungen auf und den Be:
mühungen, eine formel des Belenntnifjes vom
Abendmahl zu finden, welche jede der ftreitenden
Parteien in ber evangelifdyen Kirche annehmen
fönnte, woburd er aber den Schein eines bedenk⸗
lichen Schwankens auf fi ud. Beide Theile zur
Friedfertigkeit ermahnend, fteht er auf der Dis:
putation zu Bern 1528, zu Marburg 1529 in
Uebereinftimmung mit feiner Erflärung von 1524
auf dem Boden —— Anſchauung, ſo daß
ihm die Unterzeichnung der Schwabacher Artikel
1529 und der Augsburger Confeſſion unmöglich
wird und er die Confessio tetrapolitana 1530
und deren Vertheidigung 1531 verfafjen und dem
Kaifer einreihen muß. Dagegen unterzeichnete
er die Auguftana und bie ge werke Ar:
tifel nad dem Gefpräd mit Luther zu Coburg
1530 und beftrebte fih unermüdlich, die Formel
berjelben als verträglih mit den —
—
Monu-
„Hannover
Buchanan
der Schweizer darzuſtellen. Noch weiter ging er
im Vergleichsgeſpräch zu Caſſel 1535 mit Luther
und Melanchthon und in der Wittenberger Con:
tordia 1536, wo er den Ausdrud Zugegenfein
(adesse) vom Leibe Chrifti zugeftand und ben
Genuß der Unwürdigen mit einer Unterjcheidung
von den Ungläubigen. Wenn dieje Concordia auch
in Straßburg angenommen wurde und von ben
Schweizer Cantonen ſich Bern 1557 am geneig-
tejten zur Annahme zeigte, ja fogar feinen Kate:
ismus von B. revidiren ließ, jo war doch ber
folg feiner Unionsbemühungen im Ganzen kein
roßer. Bucers Friedensliebe und kirchenpolitiſcher
(id jah in der Einigung der Kirchen das höchſte
iel und fonnte die dogmatiſchen Unterjchiede nicht
o body anjchlagen, wie feine Zeit; feiner indivi-
duellen Stellung gang: eine Einigungdformel.
Bon gleich wenig € Totg find Bucers Bemühungen
zum Yusgleid mit den Katholifen in feinen pfeudo:
nymen Schriften und den —— mit Car⸗
dinal Sadolet und Georg Wizel geweſen, ſowie
auf den Religionsgeſprächen zu Hagenau 1540,
Regensburg 1541,1546, mo man von ſeiner Theil:
nahme fich große Erfolge verſprochen hatte. Ein
ſchwerer Schlag war es für Bucer, als er 1543
vor dem kaiſerlichen Heere Bonn verlaffen mußte,
wo er jeit 1542 dem Aurfürften Hermann bei der
begonnenen Reformation bed Erzbisthums als
Rathgeber zur Seite geftanden hatte. — Geine
reformatorijche Bedeutung erfannte bie katholi—
Ihe Maria an, als fie feine Gebeine auögraben und
verbrennen ließ. Bon Elifabeth ward Fein Grab:
mal mwieberhergeftellt. Vgl. Baum, Capito und B.
(Väter der ref. 8.).
Budanan, Claudius. Vorkämpfer der Miſſion
in Indien. Geb. 1766 zu Cambuslang bei Glas:
gow; ftudirte zuerft eh Sur und bann,
nad) einigen Jahren jugendlicher Berirrungen, aus
denen er durch den Prediger Newton zurüdgeführt
wurde, Theologie. Ging 1796 als Gapellan der
oftindifchen Compagnie nad) Indien und begann
1800 zu Galcutta jeine Thätigfeit für die Miffio-
nirung Oſtindiens unter Uinterftügung des Lord
Wellesley. In einer Dentichrift über die Nützlich—
feit einer firhlichen Berfafjung für das brittifche
Indien kämpfte er gegen den Widerftand, den die
Compagniealler Nifionsarbeit entgegenjette, und
forderte die Eintheilung Indiens in —88 und
die Anſtellung von (3) Biſchöfen und Predigern.
Nach einer längeren Miffionsreife 1806 Tehrte er
nad) Europa zurüd, um hier für Dftindien zu
wirfen, und jtarb 1815, nachdem das Parlament
die erſten Beſchlüſſe gefaßt hatte, die ſeine Pläne
ur Ausführung bringen follten, und der erfte
iſchof in Calcutta an feine Beſtimmung abge:
gangen war. Val. über ihn Bajeler Magazin 1829.
Buchſsbaum, Buxus, deſſen feites und leichtes
Holz zum Bauen verwendet wurde, wird verftan:
den ef. 41, 19; 60, 13, wo die LXX einmal
Bappeln, das andere Mal Cedern überjegen.
Buddeus, Joh. Franz. Bekannter Theologe.
Geb. 1667 zu Anclam, war bereits mit 20 Jahren
Magifter und Adjunct der philofophifchen Facultät
u Wittenberg, 1689 zu Jena. 1692 als Profej-
Ir der griechischen Sprache nad) Coburg berufen,
olgte er 1693 dem Rufe nad) Halle als Brofefjor
der Moralphilofophie und ging 1705 als Profeſſor
der Theologie nad) Jena, mo er 1729 ftarb. Zwi⸗
fhen Drthodorie und Pietismus vermittelnd,
114
Bude
at er feine enorme Gelehrjamleit in mehr ala
undert Schriften niedergelegt, auch war er ein
liebter afademijcher Lehrer. Unter jeinen Schrif⸗
ten waren die Institutiones philos, eclecticae,
Inst. theol. moralis, Hist. eccles. Veteris Test.,
Inst. theol. dogmaticae, Isagoge historica ad
theologiam univ., Ecclesia apostolica etc. bie
gelejeniten.
Buddha. Sivdharta, genannt Buddha, d. 5.
ber Erleuchtete, al Sakſamuni (Waldeinfiedler)
aud) Sautama gehannt, Sohn des Königs Suddho⸗
dana von nr re + vielleidht 543 v. Chr., ift der
Stifter des Buddhismus, ber jegt in Oſte und
Mittelafien verbreiteten Religion. Aehnlich wie
der Brahmanidmus, aus dem er Desnorgegengen,
oe er dad menſchliche Elend in dem bleibenden
echjel aller Dinge. Das Elend wird mit dem
Menſchen geboren, und ift mit beffen Leben um:
zertrennlich. Während aber der Brahmanismus
durch Selbftquälerei und Selbjtertödtung zur Ber
freiung vom Leiden fommen will, hält Buddha
diefen Weg für eine Täufhung. Er fieht viel:
mehr die Löſung des Näthjeld darin, daß der
Menſch diefes irdifhe Sein erfennen lerne als
das Nichts, daß er fich darüber erhebe in vollftän
diger Gleihgültigkeit und ſich verjente in jenen
Zuftand, der von allem Irdiſchen, überhaupt von
allem Wirklihen und Eriftirenden abftrahirt und
ben —* Nirvana nennt. In dieſem Nirväna,
diefem abfoluten Nichts, findet Alles fein Ziel,
felbft Brahma muß endli in dieſer abjoluten
Ruhe „verweien“. Die Weltflucht ift daher der
natürliche ee der buddhiſtiſchen Religion.
Die —* der Volllommenheit iſt das eheloſe
Bettlerleben der Mönche; ihre Aufgabe iſt, die
Menſchen mit völliger Aufopferung des eigenen
Lebens zur Weisheit und Tugend zu führen. Die
Tugend führt zur Reinigung in den Himmel der
Götter und endlidy ins Nirvana, dad Böſe da—
gegen immer tiefer hinab und in der Seelenwan=
derung in immer qualvollere Eriftenz. Einen
eigentlihen Eultus hat Buddha nicht vorgeſchrie⸗
ben, fondern nur Moralgejege. Nach re ode
wurde dagegen Buddha ſelbſt göttlid verehrt.
Seine Religionsgemeinfhaft organifirte ſich hier—
archiſch. Das geiftliche Oberhaupt bildet der in
Tibet refidirende Dalai:Lama,. In Indien tonnte
fi der Buddhismus dem Brahmanismus gegen»
über nicht behaupten, dugegen fand er bei ber
mongolijh:malayifhen Race weite Verbreitung.
Er zählt über 300 Millionen Anhänger. — Nach
Buddha's Tode wurden von feinen Schülern feine
Ausfprüche — Urſprünglich im Sans⸗
frit abgefaßt, find fie ins Pali, Tibetaniſche,
Shinefifche und Kalmüdifche überjegt, und ihre
Erklärung und Auslegung ift der Gegenftand
Er Commentare. Die katholiſchen Miffio-
nare jahen mit Verwunderung die Aehnlichkeit
des Mönchsweſens, ja aud) die Hierarchie bei den
Buddhiften, und bauten darauf die Hoffnung
raſcher Belehrung; aber wenn die Tugendlehre
des Buddhismus und die Abwejenheit eines äußer-
lihen finnlihen Eultus den Vuddhismus dem
Ehriftentfum nähert, fo hindert ihn feine pan=
theiftiiche Speculation dejto eg ich die chriſt⸗
lihen Jdeen anzueignen. Vgl. Weber, die neues
ften Gegen auf bem Gebiete des Buddhis—
mus, Berl, 1853.
Bude, Wilhelm. Berühmter Philolog, geb. zu
Büchercenfur
Paris 1467, geft. als Bibliothelar von Franz I.
1540. In archäologiſchen und hiſtoriſchen Werfen
fprad) er feine Mikbilligung des römiſch-katho⸗
kidhen Kirchenweſens aus und pried das Evan:
elium als die eigentlihe wahre Weisheit, ohne
8 zur Reformation zu befennen. Erft feine
ittwe ging mit ben Söhnen nad) Genf und trat
emirten Kirche über, der die Söhne
durch Herausgabe eines Theild von Calvins Wer:
ien und Ueberjegung einiger biblifhen Bücher
dienten.
Büdhercenfur. Büderverbot. Um die Verbrei:
tung von Meinungen, die der Kirche ſchädlich oder
feindlih, zu hindern, befahl ſchon Alexander VI.
1501, daß fein Buch ohne ausdrüdliche Licenz des
Biihofs gedruckt werben folle. Das Tridentinum
beftätigte dieſe —— Bezug auf alle Bit:
Ger, die von religiöfen Dingen hanbelten. Da
aber die Kirche nicht hindern Tonnte, dab auch
Schriften der Evangelifhen_gelefen wurden, jo
wurde im Anſchluß an die Eoncilbefchlüffe durch
verſchie dene päpftliche Eonftitutionen, zulegt durch
die Bulle Sollicita ac provida 1753 die Gongre:
gation des Index librorum prohibitorum ange:
ordnet, welche die Titel ſämmtlicher Bücher (den
Inder) —— die ihres ſchuͤdlichen Inhalts
wegen von den Gläubigen —*— geleſen werden
dürfen, ohne eine in Ausnahmefällen vom Biſchof
zu ertheilende Erlaubniß. Der Index expurgan-
dorum enthält die Schriften, in welchen nur eim-
jelne Stellen auszumerzen ir In der — ⸗
lichen Kirche ging die Tenſur an die Kirchenbe—
örden fiber, an welche eine Schrift vor ihrem
zumeilen eingeliefert werden mußte. Nur
in ber Blüthezeit der Orthodoxie und der Kirchen⸗
iplin konnte dies aufrecht gehalten werben.
Die Cenſur ift darnach vom Staate übernommen
und feit 1848, als mit evängelifcher Bildung
unverträglich, aufgehoben. Die proteftantifche
Kirche follte nur das — unbedingter Freiheit
be der Beröffentlihung wiſſenſchaftlicher Schriften
en.
Büffel. S. Einhorn.
Bürgerreht war bei den Hebräern unzer—⸗
trennlic an die Abftammung von Ifrael gefnüpft,
außgeichlofjen waren nur Bajtarde und Verſchnit⸗
tene (5. Mof. 28, 1 ff.). Einzelne Fremde, die
unter Jjrael wohnten und als Proſelyten das Geſetz
annahmen, fonnten im dritten Gliede in das Bolt
aufgenommen werden, wenn fie nicht zu einem ber
am meiften verfeindeten Völker gehörten (ſ. d.
angef. Stelle).
nbagen, oh. Dr. Pomeranus. Einer
der hervorragendſten Mitarbeiter an der Refor:
mation. Geb. 1485 zu Wollin. Humaniftijch ge:
bildet, wurde er ald Rector der Schule zu Treptow
(1505) und Lector am Klofter Belbud dur Lu:
thers Schrift von der babylonifhen Gefangen:
Ihaft der Reformation zugeführt. Er ging 1521
nah Wittenberg, wurde zur Uebernahme von Vor:
lefungen veranlaft, erhielt 1523 das Pfarr:
amt dort und war jeitdem der getreuejte Freund
und Mitarbeiter Luther. Er betheiligte ſich an
dem Abendmahläftreit gegen die Schweizer, an
den Borbereitungen für die Augujtana 1530, an
der Concordia 1536, der Neformationsformel 1545
und den Eonventen zu Schmaltalden 1537 und
1540. Die lutheriſche Bibel übertrug er ind Nie:
berjächfijche 1525. Sein Hauptverdienft liegt aber
dort zur
115
Bullarien
Ei bem Gebiete der Kirchenleitung, durch de
Bifitation von 1528, die von ihm verfaßten
Kirhenorbnungen und die Drganiftrung des en.
Kirchenweſens in Norbdeutfchhland. So in Braun:
jhmeig 1528, in Hamburg 1529, in Lübeck 1530,
in Bommern 1535, in Dänemark 1537 — 1542.
Die Bugenhagenfhen Kirchenordnungen fliehen
fi fämmtlich an die Grundſätze des „Unterricht
der Kirchenvifitatoren” 1528 an, fie tragen viel
Sorge für Einrihtung des Schul: und Armen:
weſens, wenig für die Conftituirung der Gemeinde,
es wirft in ihnen die Tatholifche Anſchauung nad,
dab das Kirchenregiment der bifchöflichen Gewalt
darum dem Landesherrn) zuftehe. Jede Beru:
ung nad) außen lehnte Bugenhagen ab, nachdem
er 1536 die Generalfuperintendentur des Kur:
freifes übernommen hatte. Auch während bes
ſchmalkaldiſchen Krieges und unter dem Interim
bielt er in Wittenberg aus; vielen deshalb erlitte:
nen Anfeindungen der „echten“ Lutheraner ſetzte
er fein chriftlihes und pajtoraled Gemiffen ent:
egen. + 20 April 1558. Bol. Vogt, Bugen:
“ en, 1867.
ulgaren, Nach ihrer Einwanderung in bie
Donaugegend empfingen fie das Ehriftentfum
durch Griehen; Eyrill und Methodius follen auch
= thätig geweſen fein, aber erft 861 ließ ſich
önig Bogovis taufen, und zwang fein Bolt, ihm
zu I re Um mit dem Chriftenthbum nicht zu—
gleich die politifche Abhängigkeit von den Griechen
u übernehmen, erbat er oA 863 Iateinifche Prie:
fe von Nikolaus I. Doc gelang es dem Nach—
olger des Patriarchen Photius, nach dem Beſchluß
des Concils zu Conftantinopel 870, die Anerfen:
nung feiner Batriarchalrechte, die Vertreibung der
römischen Geiftlihen und die Aufnahme feines
Erzbiſchofs Theophylaft ni
ulgari wurden die Albigenjer und Katharer
genannt, nad) der Ableitung ihres Urfprungs aus
der Bulgarei.
Bull, Georg. Geb. 1634, Dr. theol. 1686, Bi:
* zu St. David 1705, +1710. — in
einen Schriften den Anglicanismus gegen Katho⸗
liten und PBresbyterianer. Sein berühmteftes Wert
aber, wofür ihm jelbft Bofjuet dankte, ift die
Defensio fidei Nicaenae, worin er nachweift, daß
die Trinitätälehre ſchon von den älteften Vätern
gelehrt fei.
Bulla ineoenaDomini. Die Nachtmahlsbulle,
welche ſonſt alljährlich am Gründonnerſtage inRom
verlefen wurde, verdammt alle Häretifer und Keger,
und in ausführlichfter Meife Alle, welche fi an der
Macht des päpftlichen Stuhles vergreifen. Die Ge:
een an diejem Tage, ber eigentlid) zur Wie:
deraufnahme der Ercommunicirten beftimmt war,
die Beitrafung aller Derer zu verlündigen, die fich
der Buße entzogen, ift ſehr alt; die Ercommunica-
tionsbulle daher allmählich entjtanden und erftvon
Urban II. 1627 in die jegige Form gebracht. Die
in der Bulle — nd Prätenſionen des
römiſchen Stuhles veranlaßten die Fürſten, die
—— derſelben zu verbieten, und Clemens
IV. unterließ 1770, die Verleſung derſelben an:
zuordnen. Aufgehoben ift diefelbe jedoch nicht und
fie wird daher für das Gemiffen des Katholiken noch
infoweit für bindend angejehen, al3 die darin bes
—— Rechtsverhältniſſe nicht von der Kirche in
anderer Weiſe Zee find.
Bullarien iind Sammlungen * nach dem
Bulle
Abſchluß des kanoniſchen Rechtsbuches erlafienen
päpſilichen Verordnungen, z. B. das Bullarium
magnum Romanum (von Leo J. bis Benedict XIII.,
1727), —— 1835 ff. Außerdem giebt es auch
Bullenfammlungen für einzelne Orden.
Bulle, Die offenen Briefe und Verordnungen
ber Päpſte, die in feierlichfter Form erlafjen wer:
den, haben diejen Namen von der Kapſel des Siegels
erhalten. Die Bulle wird in der Kanzlei ausge:
fertigt, in lateiniſcher Sprache auf Pergament mit
othiſchen Zügen geichrieben, am Schluß das Da:
um nach römifcher Weiſe und das Regierungsjahr
bes Papftes angegeben. Unterzeichnet werben Con:
ſiſlorial⸗ Bullen von den Earbinälen und dem Papſte,
die übrigen von Beamten der Kanzlei. Das Siegel
zeigt die Köpfe der Apoftel Petrus und Baulus mit
der Ueberſchrift S.P. E.S. P. A. und den Namen
des Papſtes. Gewöhnlich werden die Bullen nad)
ihren Anfangsworten bezeichnet. Da namentlich
im Mittelalter vielefalfche Bullen fabricirt wurden,
um badurd Rechte zu erſchleichen, jo find die Merk:
male ber echten Bulle in den verjchiedenen Jahr:
hunderten jegt genau bezeichnet.
Bulle, die goldene. 1) Das von Karl IV. 1856er:
laſſene Reichsgeſetz. Der päpftlichen Forderung, daß
die Wahl des deutichen Königs der Beftätigung des
Papftes unterliegen müffe, weldye no) Johann AXll.
in einer Bulle von 1317 ausgejprochen hatte, wird
bier auf Grund des Kurvereins zu Renſe 1338
bie — des Königs durch die Kurfürften ent:
egengejeßt. Auch jonft bezieht die Bulle ſich viel-
ad) auf die Berhältnifje der geiftlihen und welt:
lihen Madt. — :) Denjelben Namen, von ber
— Siegelkapſel genommen, führt eine Bulle
igtus’ V. 1479, die zwei Bullen vom Jahre 1474
bejtätigte, welche bie Privilegien der Franciscaner
und Dominicaner inthielten, das fogenannte Mare
magnum.
ullinger, Joh. Heinr. Schweizerifcher Reforma-
tor, geb. 1504 u Bremgarten im Canton Yargau
als der Sohn eines fatholifchen Priefters, der jpäter
zur Reformation übertrat und die Mutter Bul:
lingers heirathete. Bullinger, auf den Schulen zu
Enmerich und Köln gebildet und dort ſchon mit
teformatorifchen Ideen erfüllt, ward 1523 Lehrer
an ber Klofterjchule zu Gappel und nachdem er
wingli näher getreten, aud) 1528 in das geiftliche
—— zu Zürich aufgenommen war, 1529
Pfarrer zu Bremgarten. Dur die Folgen der
Schlacht bei Eappel von hier vertrieben, 21. Nov.
1551, wurde er am 9. Dec. d. J. zu Zwingli's Nach⸗
folger als erjter Pfarrer und Antiftes in Zürich
berufen. Eine der bedeutendften Größen unter den
Neformatoren, fteht er an der Spitze der Schweizer
in den Abendmahlsftreitigkeiten mit den Luthera—⸗
nern, immer bereit zum Frieden, jo weit es ohne
Verlegung der Wahrheit möglich; aber abgeneigt
ben auf jormale Einigung gerichteten Bemühungen
Bucers. Hatte er bei der Unterfchrift der von ihm
ſelbſt hauptſächlich verfaßten erften helvetifchen Con:
feſſion 1536 in einem ausdrüdlichen Anhange die
Gewiſſensfreiheit gewahrt, jo widerrieth er eben
deshalb entjchieden die Unterfchrift der Wittenberger
Eoncordia; und als Luther nad) der Züricher Con-
ferenz 1538, in welcher die Schweizer den Genuf
des Leibes Chriftials geiſtlichen Glaubensgenuß an⸗
erlannten, Zwingli des Neſtorianismus bezüchtigte,
über die Züricher Bibelüberſetzung ſich ungünſtig
äußerte und im Belenntni vom Nachtmahl 1514
116
Buͤndeslade
bitter gegen die Schweizer ausfiel, verfaßte er 1345
„das wahrhafte Bekenntniß der Diener der Kirche
zu Zürich 2c.” gegen Luther, worauf derfelbe nicht
mehr antworten fonnte. Ein nicht minder heftiger
Conflict erhob fich jpäter zwiſchen Bullinger und
Brenz, in weldhem ſich, wie Bullinger durch Nude,
———— eidenſchaftlichkeit hervorthat (1564).
ie Einigung zwiſchen Calvin und den Schweizer⸗
firhen im Consensus Tigurinus 1549 war haupt⸗
a Bullingers Werf. Auch in den Streit über
ie Prädeftination wurde er hineingezogen, indem
fih Bolſec (j. d. A.) ohne Grund auf ihn berief
1551 und er in dem Streite ber Straßburger Pfars
rer Marnad und Zandius über die Erwählung
fi) gutachtli zu äußern hatte; auch hier bildete
er die Bermittlung zwiſchen der Schroffheit Calvins
und den Zwin Wien Kirchen, die ihm dadurch
möglich wurde, daß er das praftijche Moment der
Prädeftinationslehre am meiften betonte, daß die
von Ewigkeit her gejchehene Erwählung eine unver:
diente Gabe, das Heil ein Gefchent Gottes fei, die
BVerantwortlichleit der Sünde aber immer auf den
Menden falle. Dankbare Anerkennung erwarb
fi Bullinger von den fremden Kirchen durch feine
Bemühungen um die Flüchtlinge aus England und
Italien, denen er Aufnahme in Zürich vermittelte.
Dft hatte er mit feinem Rathe die auslänbifchen
Reformirten zu unterftügen. Johannes a Lasky
wandte fich an ihn, Eduard VI. von England bes
diente ſich feiner, und die frangöfiiche Kirche ver
pflichtete er fich durch Theilnahme an .. Synoben
1571 und 1572. Er ftarb den 16. — 1575.
eß, Leben Bullingers, 1828. Franz, Nertwürbige
e aus dem Leben Bullingers, 1828, Beftaloszi,
ullinger, 1858.
Bund. S. Offenbarung.
Bundeslade. Die Bundeslade war bad grökte
Heiligthum Iſraels; in ihr lagen die beiden Geſetzes⸗
tafeln, gewijlermaßen die Bunbesacte zwifchen Gott
und dem Volf. Daher wurde auch der Dedel der
Bundeslade als der Ort ber Gegenwart Gottes
angejehen und aufihn, den Gnadenſtuhl, das Sühn:
— ſprengte der Hoheprieſter das Blut des
erſöhnungsopfers. —— ihrer Bedeutung
war die Bundeslade von Acacienholz angefertigt, 2,
Moſ. 26, 10, mitGold überzogen lernt.
Wie fie durch ihren Standort im Allferheiligften
des Tempelö den Bliden des Volkes entzogen war,
jo wurde fie auch auf dem Zuge verhüllt und nurvon
Zeviten getragen. Als das Fräftige Zeichen der
Gegenwart Gotteö wurde fie zuweilen mit ins Felb
genommen, um dem Heere den Sieg zu verichaffen,
l Sam. 4, 4, und dabei einmal von den Bhiliftern
erbeutet. Seitdem ward fie nicht wieder in die Stifts⸗
hütte zurüdgebracht, ſondern blieb in einem Pri:
vathaufe zu Kirjath-Jearim, bis David fie nad
Serufalem führte, 2.Sam.6,3, wo fie in derneuen
Stiftshütte ihren Drt fand und darnach Mr dem
Tempel aufgeftellt wurde, 1. Kön. 8, 1 ff. val.
1, Chr. 14,3. Wahrſcheinlich ift die Bundeslade
bei der Zerftörung des erjten Tempels mit ver:
brannt; im zweiten Tempel war das Allferheili
leer, da in heiliger Scheu die Gejepeötafeln nicht
erneuert werden konnten, ein Behälter für diefelben
alſo gegenftandälos gewejen wäre. Die Volksſage
erklärte died damit, daß die Bundeslade nod) vor:
— aber auf göttlichen Befehl verborgen ſei,
. Malt. 2, 4 ff., bis ber Meſſias fie wieder and
Licht bringen werde.
Bungener
Bungener, Laurence Louis Felix, geb. zu Mar:
feille 1814, ftudirte Theologie in Genf und war
bis 1848 Director des dortigen Gymnafiums, gab
bann feine Stelle auf und lebt literarifh thätig.
Bon feinen Schriften ift hervorzuheben Rome et
la bible (deutſch Berlin 1860), das Leben Calvins,
Geihihte des Tridentiniſchen Concils ſdeutſch
Stuttgart 1861).
Bunſen, ng Karl Joſias, Nitter von. Geb.
25. Aug. 1791 zu Corbach in Waldeck. Bezog als
iuviohus ber Philologie und Theologie 1808 die
Univerfität Marburg, 1809 Göttingen, und trat,
nachdem er dort begonnene umfafjende Studien,
bei denen ihm die Erforfchung des Gotteöbewußt:
ſeins im Alterthume als Ziel vorſchwebte, in Ko:
penhagen, Berlin und Baris fortgefegt Hatte, Durch
eigenthümliche Verfettung der Umjtände 1818 als
Geſandtſchaftsſecretär zu Rom in die Diplomatifche
Laufbahn ein. 1834 zum außerorbentlichen Ge:
jandten ernannt, gelang es ihm nicht, in der Ange:
legenheit de3 Erzbiſchofs von Köln mit den gemijch-
ten Ehen das von ihm Erftrebte zu erreichen, er bat
um feine Abberufung und lebte in England, der
—— feiner Frau, bis ev 1839 als preußiſcher
ejandternad) Bernging. 1841 fandte ihn Friedrich
Wilhelm IV. nad) London, um die Einrichtung des
Bistums zu Jerufalem zu vermitteln, er blieb dort
als preußischer Gejandter, bis er 1854 wegen ber
damaligen preußiſchen Politik feinen Pe erbat.
Bon dem Könige, dem er perfönlich naheftand, mehr:
fad) geehrt und ausgezeichnet, verbrachte er den Reft
feines Lebens in Heidelberg und Bonn, +28. Novbr.
1860. Bunſens Berdienfteum dieevangelifche Kirche
beruhen nur zum geringen Theile in dem, was er in
feiner amtlichen Stellung that, 3. B. zur Gründung
der evangelijhen Gejandtichaft3 - Kapelle in Rom,
ber evangelifhen Krankenhäufer in Rom und Lon:
don; ber Einfluß, den er durch feine zahlreichen
Werke ausgeübt, wird erft ſpäter gewürdigt werben.
Als Frucht feiner Hymnologifchen und liturgiſchen
Studien erſchien die jogenannte capitolinifche Li—
turgie 1827; der Verfucd) eines allgemeinen deut:
ſchen Gefang: und Gebetbuchs, 1833; das allge:
meine evangelifhe Gejmig: und Gebetbud, 1846;
die Leidensgeſchichte und die ftille Woche, 1842;
in Berbindung damit: die Bafılilen des hriftlichen
Roms, 1843. Das bedeutende Wert „Aegyptens
Stellung in der Weltgefhichte” erſchien 1844—45
und 1854. Daran fhlofjen ſich die Arbeiten über
Ignatius von Antiodien, 1847, und Hippolyt und
feine Zeit, 1852, in deutfcher Ueberjegung 1852
und 1853. Nach feiner Rüdtcehr nach Deuticland
ariff Bunfen in den „Zeichen der Zeit”, 1855, die
herrfchende Reaction in der evangelifchen wiein der
latholiſchen Kirche mit Schärfe an; feit der Zeit galt
er der gläubigen Partei als ein Apoftat; während
doch feine dogmatiſch allerdings geänderte Stellung
nur der conjequenten Entwi . der Brineipien
zuzufchreiben ift, die er immer befolgt, und die
ihren Ausdrud nicht weniger in der „Berfafjung
der Kirche der Zukunft”, Hamburg 1845, gefunden
katten. Ohne fih an dem heftigen literarischen
Streite zu betheiligen, den Stahlö und Hengiten:
bergs Beantwortungen der „Zeichen der Zeit” her:
vorriefen, — theologiſche Auffafſung in dem
1857 und 1858 erſchienenen Werke „Gott in ber
Geſchichte“ vor, in welchem er den Glauben an eine
fittlihe Weltordnung dadurch zu wecken und zu
ttärfen ſuchte, daß er den Berfuch machte, den Fort»
117
Buridanus
ſchritt der Offenbarung Gottes in der Geſchichte
ber Welt der Gemeinde darzulegen. Sein letztes
Merl, in welchem er die Frucht feiner Studien zu:
fammenfafjen wollte, das Bibelwerk, fonnte er nicht
vollenden und mußte die Ausführung des Planes
feinen Mitarbeitern überlajjen. Bet feinen Leb—
zeiten erſchien nur Bd. 1, 2 und 5.
Bunyan. Baptijtifcher Volksprediger, geb. um
1628 zu Elfton bei Bedford. Seines Gewerbes ein
Keffelflider, wurde er aus einem wüften Leben er:
weckt und hielt fich zu den Baptiften 1655. An der
Bibel gebildet, entwidelte ſich jet feine Gabe der
Beredſamkeit, die ihn zu einem der größten Vollks—
prediger gemacht hat. Als einflußreichen Noncon:
formijten verfolgte ihn Karl II; nachdem er
1660—1672 in Haft gewejen war, erlangte er Die
— des Predigens erſt durch die Indulgenzacte
alobs II. 1687. + 1688. Berühmt ift fein asketi⸗
{ches Werk „des Chriften Pilgerreiſe“, welches er im
Gefängniffe ſchrieb. In durdgeführter Allegorie
ſchildert es das Chriftenleben mit feinen Berjucyun:
gen und Kämpfen bis zum endlichen Siege. Bielfad)
in deutſchen Ueberjegungen verbreitet.
Buraburg, Bistum, wurde von Bonifacius für
Heſſen auf dem Burberge bei Friglar gejtiftet, aber
—* — dem erſten Bilhot Wilta nad Friglar
verlegt.
Burgunder. Ein germanifher Stamm, ber
aus feiner urfprünglichen Heimath zwiſchen Oder
und Weichjel in der Völkerwanderung aufbrad) und
um 350 als Nadıbar der Mlemannen am oberen
Main fi tefigefegt hatte. Unter Balentinian 373
nahmen IE das Land zwiſchen Main und Nedar
ein, Üüberjchritten dann den Rhein und ließen fi
bei Worms nieder. Zn dieje Zeit fällt ihre Be—
tehrung zum Ehriftenthum (Anfang des 5. Jahrh.),
welches fie, abweichend von allen Germanen, in der
fatholifchen Form annahmen. Beliegt von Aätius,
erhielten fie von Balentinian III. die Erlaubniß
zur Niederlaffung an der oberen er et wo fie
neue Reiche gründeten mit ben Hauptjtädten Genf,
Zaufanne, Vienne und Lyon. Hier müffen fie von
den Weftgothen den Arianismus empfangen haben,
ben fie erſt im 6. Jahrhundert wieder aufgaben.
Ein Religionsgefpräd zwifhen der burgundiſchen
Geiſtlichkeit und dem fatholifchen Biſchof Avitus
von Bienne unter König Gundobad, 499, hatte
zwar feinen Erfolg, allein 517 ließ der fatholifche
König Sigismund, Gundobads Sohn, im Reichs:
coneil zu Epaon die Einführung der latholiſchen
Kirche beſchließen, wofür ihn die römische Kirche
als Heiligen verehrt. Bereits jeit Chlodwig, deſſen
Gemahlin Chlothilde aus dem burgundiſchen Rönigs⸗
hauſe war, hatten die Burgunder ſich nur mit
Mühe der Angriffe der Franken erwehren können,
Gundobad war eine Zeitlang tributpflichtig geweſen.
Sigismund wurde von ihnen gefangen und er—
mordet, und endlich 534 ſein Bruder Godemar ge:
ſchlagen und das Land erobert.
Buridanus, Johannes, Geb. zu Bethune in Ar:
tois, ein Schüler Occams, lehrte an der Univerfität
zu Paris in der erſten Hälfte des 14. Jahrhunderts.
Seine Lebensunftände find genauer nicht bekannt.
Be Philoſoph als Theolog, fühlt er ſich dennoch
bei ſeinen Unterſuchungen als Scholaſtiker durch die
Autorität gebunden, was auch bei ſeinen berlihm—
ten Unterjuchungen über das Vroblem der Willens:
freiheit hervortritt. ©. über ihn bei Tennemann
und bei Ritter in der Geſchichte der Philoſophie.
Burmann
Burmann, Franz. Niederländbifher Theologe,
geb. zu Leyden 1632, der Sohneinesgeflüchteten pfäl-
ziſchen Predigers, war Subrector in Leyden jeit
1662, Brofefjor um 1664, auch Prediger zu Utrecht.
+ 12.Nov. 1679. Ein fharfbentender Kopf, feiner
Jade sa nad Eoccejaner, führte er in feiner Syn-
opsis theologiae et spectatim oeconomiae foe-
derum Dei (1651) die Eoccejanifhe Bundestheo⸗
[ogie näher in neuerer Form durch. Er bildete
damit eine gewiſſe Bermittelung mit ber Orthoborie.
Außerdem hinterließ er exegetiſche Schriften über
das Alte Tejtament.
Burnet, Gilbert. Hervorragender englifcher Theo:
Loge, geb. 1643 zu Edinburg. Seine theologifheh
Studien vollendete er in Km und Franfreich
und übernahm 1669 eine Profeffur zu Glasgow,
nachdem er eine Zeitlang eine Pfarrftelle verwaltet
tte. 3. den dantaligen PBarteiungen der jchot:
tiſchen Ye vertrat er die Toleranz und tadelte
ebenſo die Berfolgungen der Nonconformiften, wie
er dem Epistopalfgftem das Wort redete. Nachdem
er bei Hof lange Zeit in hohem Anfehen geftanden,
and 1674 eine entjdiedene Wendung in feinem
erhältnig zum Hofe ftatt. Den dort herrſchenden
tatholifirenden Tendenzen trat er offen im feiner
Reformationsgejhichte Englands 1559 ———
Deshalb und wegen ſeiner Verbindung mit
Whigs von Karl II. bedroht, flüchtete er nach Hol:
land. Als Rathgeber Wilhelms I. kehrte er nad)
England zurüd, wurde Biſchof von Salisbury und
führte in der Ordnung des Kirchenweſens die von
ihm ſtets vertretenen Grundjäge der wahren Tole:
vanz dur. Nach jeinem Tode (1715) gab fein
Sojm die von ihm verfaßte Geſchichte feiner Zeit
u
Bursfelder Gongregation. Die Benebictiners
Abtei Bursfeld bei Minden, geftiftet 1093, war
1430 fo verfallen, daß nur noch ein Mönd und eine
Kuh vorhanden war. Durch Johann von Minden
1453—39 reformirt, wurde fie nod) mehr gehoben
durch Johann von Sagen 14389—69, der in Ber:
bindung mit 2 uſch die Klöſter Bernhauſen,
Huisburg, St. Petri bei Erfurt und Bergen mit
Bursfeld zu einer Congregation der ſtrengen Be:
nebictinerregel vereinigte; welche bald weit aus:
gedehnt, durch das Concilium zuBaſel 1440 beftätigt,
aber durch die Reformation zerftört wurde, die die
meiften Klöfter fäcularifirte. Bursfeld erhielt einen
lutheriſchen Abt, deſſen Würde noch heute befteht.
zus, Caeſar von. Geb. 1544 zu Cacaillon. Ka:
nonilus zu Salon und Domberr, ftiftete er 1593
die Congregation der Priefter der chriftlichen Lehre
(Doctrinarter) in frankreich. Er ftarb 1607.
Buſch, Johannes, Geb. 1339 zu Zwolle, trat trotz
ber Bitten feiner Eltern ins Klofter Windesheim
und wurde dort 1419 Kanonikus. Als dem Convent
des Klofterö durch das Baſeler Concil 1435 die
Reformation der Klöfter in Norddeutichland über:
tragen war, überfam das Geſchäft Buſch ald Sub:
rior zu Wittenburg, jpäter Prior zu Sulta, da er
* früher ſich bei der Bifitation der Klöſter in
Holland ausgezeichnet hatte. Buſch führte jeinen
Auftrag aus in Verbindung mit der Bursfelder
Eongregation und gegen den häufigen gewaltjamen
Widerftand der Mönde und Nonnen, mit Unter:
ftügung der welfiſchen Herzöge. Er jchrieb di
Chronik des Kloſters Windesheim 1464. + 1479.
Buſche, 9. von dem. ©. d. Art. Hermann.
Buiendaum, Hermann. ZejuitundMoraltheolog,
118
Bußgrade
geb. 1600 zu Nottelen in Weftphalen. Mitglieb
des Sejuitenordens, Lehrer ber Moraltheologie
zu Köln, Rector der Sjejuiten-Collegien zu Hildes⸗
eim unb Münfter, + 1688 als Beichtvater bes
iſchofs Bernhard von Galen. Berühmt ift fein
Handbuch der Moral geworden: Medulla theolo-
giae moralis, 7 Bände, 1645, weil bafjelbe von
den Parlamenten zu Paris und Zouloufe ver:
dammt wurde. Die Bufenbaum ſchuldgegebene
Bertheidigung des Königsmordes und Aehnliches
liegt nicht direct in dem Buche ausgeſprochen und
ift erft Durch feine Commentatoren, unter ihnen
Lacroix, beftimmter entwidelt worden, aber die
Auslegung wäre nicht möglich, wenn nicht diefe
Frage wie die fittlihen Verhältniffe alle in höchſt
zweideutiger Weiſe behandelt wären.
Bußbank. Angftbank im amerifanifh:methodi-
ftifhen Gottesdienft; wird von denen eingenom=
men, in welchen das Bußgefühl jo lebendig erregt
wird, bab fie meinen, e8 werde unter der Ein:
wirkung der Predigt und dem Gebet der Gemeinde
jet derart gejteigert werden können, dab es in
der höchſten Krifis in das Gefühl der Erlöſung
umjchlage.
Bußbüder,libripoenitentiales. S. Beichtbucher.
en ©. Bußgrade.
Buße. An der fatholifhen Lehre von der Buße
hat fich die Reformation entzlindet; jo tritt auch
in ihr der Unterjchied ber Kirchen ſehr Har zu
Tage. Da die katholifche Kirche das ganze Heils-
leben als ausschließlich an Die Kirche —— be⸗
trachtet, fo iſt ihr die Buße eigentlid nur die
Wiederherftellung des durch die Sünde geftörten
Berhältnifjes ee Kirche. Sie rechnet zur Buße:
1) Die Reue. Sie unterfcheidet attritio und con-
tritio, indem fie unter der erjteren bie Reue, welche
aus Furcht vor den Strafen entfteht, unter ber
legteren die aus Liebe zum Guten entſtehende
Reue begreift. Sie hält die erftere ſchon für Hin-
teihend. 2) Die Beichte (f. d. A.), in welcher der
Prieſter als richterliher Stellvertreter Gottes die
bereute Schuld vergiebt, davon abfolvirt. 3) Die
Genugthuung, weldedarin befteht, daß der Sünder
durch gewifje Bußleiftungen die Kirche er
Der ganze Bußprozeß ift alfolediglich ein äußer:
lider. Er hat aber in der tatholiihen Kirche die
Bedeutung einedSacramentederlangt(Sacrament
der Buße). Nach evangelifcher Aufla ung ift bie
Buße ein rein perfönlicher ethiſcher Prozeß. Die
proteftantiihe Dogmatik hat zur Buße zweierlei
gerechnet: 1) das durch den Widerjpruch mit dem
ewigen Geſetze erwedte Bemußtjein der Sünde,
den durd die Erfenntniß der Sünde erwadten
Schmerz über die eigene Schuld, in welchem die
Luft der Sünde erftirbt (contritio); 2) den Glaus
ben, das Bewußtjein der Rettung durch Chriftus,
das — Ergreifen eines neuen Lebensprincips.
Die Grundzüge der Differenz zwiſchen dieſen
Begriffen der Buße finden ſich im Alten Teſtamente
in dem Gegenſatz der prophetiſchen Ermahnungen
zu den Meinungen des Volks, die der Phariſäismus
ausbildete. Bgl. Jeſ. 1, 16; Jer. 18,31; Pſ. 61, 19.
Bußgrade. Nah der Bußdisciplin der alten
Kirche traten die Ercommunicirten, welche Wieder:
aufnahme begehrten, nur allmählich in beſtimmten
Stufen wieder in den Schooß der Gemeinde. Die
Bußgrade entfprechen genau den Graben, welche
beim Katechumenat = Tree irn um
die Büßer flehentlich bittend in der Borhalle der
Bußkampf
age —— is), in der zweiten Stufe hören
A ebend die Predigt in (dxeoaaıs), auf der
itten empfangen fie knieend nad) ber Entlaffung
ee firbitte ber
Gemeinde (Unonrrwors), endlich blirfen fie der Feier
des Abendmahls beimohnen, ohne noch Antheil
zu nehmen (ovoraaıs). nach Ablauf diejer
Prüfungsperiode wurden fie wieder feierlich in
die Gemeinſchaft aufgenommen. Die ſyſtematiſche
Ausbildung diefer Ordnung findet fih in Den
— des Concils von Ancyra 314, und Nicäa
Bublampf. Die —— des Pietis⸗
mus und des Methodismus ſtellte Die Forderung,
dab das Hin» und Hergezogenwerben des Unbe:
tehrten zwifchen Fleifh und Geift (Röm. 7) im
Gefühle befonders tief und lebendig empfunden
werden müſſe, ehe es in ihm zu einem Bruche
mit feiner Bergangenheit fommen könne. Sie
forderte als nothwendig das Bewußtjein eines
Momentes, in dem der Geift den Sieg liber die
ur enftehenden Kräfte der Sünde erlangt habe.
uhpfalmen beißen die 7 Pjalmen 6, 31, 37,
50, 101, 129, 142, von denen liturgifch in der
fatholif Kirche ein häufiger Gebrauch; gemacht
wird, befonders von dem Miserere Bj. 50 (51) und
De profundis 129 (130).
ſtationen. S. Bußgrabe.
ng. In der evangeliſchen Kirche wurben
bie Angarienfaften (ſ. d. A. Angariae) in Buß:
und Bettage umgewandelt, außerdem öfterd das
Senat Schwerer LZandescalamitäten durch Buß:
tage Firhlich lebendig erhalten. Zur Ausgleichung
der Berfchiebenheit der kirchlichen Sitte in den ein:
zelnen Provinzen ift in Preußen und an anderen
Orten ein einziger Landes⸗Buß⸗ und Bettag füralle
Eonfeffionen auf den Mittwoch nad Jubilate ange:
ordnet. Der Bußtag ift zum Theil als politiſch⸗
erliher Feittag zu betrachten.
werke, Die Tatholifche Lehre bezieht die
göttliche Vergebung nur auf die ewigen Strafen
der Sünde, die der Sünde der Oläubigen zulom:
mende zeitliche See kann burd freiwillige
Usbernahme von Strafen, welche durd) das richter-
lihe Urtheil des Priefters auferlegt find, aus:
geglihen werden. Die als Strafe auferlegten
Berle heißen Bußwerke. Val. d. A. Ablaß.
Butterbriefe heißen die päpftlihen Dispen—
fationen von der Strenge des Faftenverbotes,
welches auch den Genuß von Eiern, Butter zc., als
von Thieren herrührend, verwehrt.
Butilar, Eva, und die Buttlarfde Rotte, Eva
de Vefias, geb. von Buttlar, geb. 1670 zu Eid:
wege in —2* trennte ſich nach ihrer pietiſtiſchen
ug Brad von ihrem Manne und bildete
1702 in Allendorf eine philadelphiſche Societät,
in welher die Lehren von eiftlihen Ehe und
bie Erwartung des taufendjährigen Reiches in eine
grenzenlofe Lafterhaftigkeit umjchlugen; da die
aus 20—40 Perſonen beftehende Societät in wil⸗
Ber Hurerei lebte und in Eva bie ewige Weiöheit,
in ihren Zuhältern Winter und Leander Appen:
feller aber den Vater und den Sohn verehrte.
In Allendorf 1702 ausgewiefen, in Sadmanns:
haufen 1704 entlarut, floh die Rotte nad) Köln,
dann nach Lübe bei Pyrmont; gefänglich eingezogen
1706 und zur Verbannung verurtheilt, zerftreute
fie fih, Eva entfloh und ftarb nach einigen ehrbar
verlebten Jahren in Altona. Vgl. Keller, die Butt:
119
Byzantinifcher Bauftyl
an erg, kr — — hiſtoriſche
eologie, . Göbel, Gejchichte des chriſtlichen
Sehens. 1852.
Buxtorff, Johannes. Geb. 1564 zu Camen in
Weſtphalen, der Sohn eines Predigers, ftudirte
zu Marburg, Herborn, Heidelberg und Bafel, pro:
movirte hier und wurbe Profeffor der hebräiſchen
Sprade. Seine gründliche Kenntnif der rabbi:
nifhen Ziteratur verwendete er zu dem Zwecke,
die unverfälfchte Erhaltung des hebrätfchen Terteö
von den älteften Zeiten her zu beweifen und gegen
früher erhobene Zweifel fiher zu ftellen. urch
—* grammatiſchen und lexikaliſchen Arbeiten,
anuale hebraicum 1602, Lexicon hebr. et
chald. 1607, Biblia hebraica 1618, Tiberias
(Gefchichte des maſoretiſchen Tertes) und Anderes,
leiftete er Bedeutendes für die Erlernung der he:
bräifhen Sprade. Eine Concordanz und ein
chaldaiſch⸗ talmudiſches Lexikon konnten erſt nad)
ri Tode 1629 herausgegeben werben von jeinent
Sohne.
Burtorff, Johannes. Geb. 1599, Sohn und Nach⸗
folger deö Vorigen in der Brofeffur und Erbe
jeiner Gelehrſamkeit. Schon im 16. Jahre Magi:
fter, bejuchte er noch Heidelberg und Dordredt
1619, Genf 1623 und wurde Diafonus in Bafel
1624 bis ri Tode jeines Vaters 1629, an deſſen
Stelle er trat als Profefjor der Theologie bis an
jeinen Tod 1664. Die Ueberzeugungen feines
Vaters von der Unverjehrtheit des maforetifchen
Textes, der — ————— der Quadratſchrift
und dem moſaiſchen Alter der Punctation, verfocht
er in vielen Schriften, namentlich gegen Ludovicus
Cappellus (Tractatus de punetorum origine, an-
tiquitate et autoritate, 1648). Da Burtorfis
Anfiht dem damaligen dogmatiſchen Intereſſe ver
proteitantifchen Theologie diente, jo wurde fie troß
der Einfprüde, die Cappellus dagegen erhoben
—— fogar im 2. Kanon der Formula consensus
elvetica al3 fymbolifche Lehre firirt 1675.
Burtorff, Johann Jakob. Sohn des Vorigen,
geb. 1645. Gleihfall3 ausgezeichnet durch bie
Kenntniß des Hebräifhen, wurde er 1664 Adjunc-
tus feined Vaters. Die Profeffur feines Vaters
beffeivete er bis an feinen Tod 1704. Er gab
mehrere Werke feines Orofvaters aufs Neue
heraus,
Burtorfi, Johann. Neffe des Borigen, geb. 1663.
War Prediger in der Grafſchaft Mark, dann bei
Bajel und wurde feines Onkels Nachfolger ala
Profeſſor der hebräiſchen Sprade. Er fchrieb
Catalecta philologico-theologica etc. 1707.
Byblos. Eine uralte Stadt in Phönizien, heift
in der Bibel Gebal, Joſ. 13, 5; 1. Kön. 5, 18;
Ezech. 27, 9; jetzt Dſchiblath, liegt nicht weit vom
Meere, 24 Meilen von Beirut.
Byflus. Das griechiſche Wort und ebenfalls das
dafür gebraudte hebräiſche Schesch bezeichnete
fowohl ein feines glänzendes Gewebe aus Leinen,
als ein gleiches aus Baummolle. Wo aber von
Kleidern ber Priefter oder Vorhängen und Tep:
pichen der Stiftähütte die Rede ijt, 2, Moſ. 28, 42;
39, 28; 3. Mof. 6, 3; 16, 4. 23, ift immer Leinen
gemeint.
Byzantiniſcher Bauſtyl iſt der aus derrömifchen
Bafilitenform ſich herausgeftaltende, im byzanti-
nifhen Reid zur allgemeinen Geltung gelangte
Kirchenbauſtyl, der unter Jujtinians Regierung
feine höchſte Blüthe erreichte und durch die 538
Byzantinismus
erbaute Sophienkirche in Eonftantinopel muſter |
filtig repräfentirt ift. Der Grunddaralter dieſes
tyles iſt die lateiniſche oder
form, welche in der über der
benden Kuppel ihren Abſ Wr findet. Außer ber
—— entſtanden bald noch eine Anzahl
ebentuppeln auf den vier Armen bed Kreuzes
oder über dem Haupteingang oder den Aus:
ſchnitten der Extremitäten. In ber ruffiichen
und griehifhen Kirche befteht dieſer Styl noch in
ben verjhiedenften Variationen. &. Baſiliken.
— Kreuzed:
reuzung fid) wöl:
120
Cäfarius von Nazianz
l. Beftermann, die antifen und chriſtl. Bafilifen,
vi Se die altchriftl. Kirchen 1862.
Byzantinismus nennt man die geſchmeidige
Unterwerfung der Kirche, der religiöjen und theo:
logifhen UWeberzeugung unter den Willen des
Monarden. In Byzanz war bie Unterorbni
der Kirche unter die Staatögewalt Syftem un
Gefeß: daher der Name. Im Abenblande ift ber
Byzantinismus nie Syftem gewejen, aber, abge:
fehen vom. Cäfareopapiämus (f. d. Art.), leider
nur zu häufig die Lebensregel vieler Theologen.
€.
Cabal. Sof. 19, 27, ift wohl das von Sa Fir |
erwähnte Chabolo. Damit ift nicht zu verwechſeln
ber gleihnamige Diſtrict in Galiläa an ber tyri:
{hen Grenze. ‚Der Name (wie Nidts) wird
jpottend gedeutet 1. Kön. 9, 13.
Gaetilia, die Heilige. Das Gelübde ber Jung:
fraujchaft hielt fie troß der Che mit Valerian und
ewann aud diejen und feinen Bruder für das
&priftentbum. Beide ftarben als Märtyrer. Cäci:
lia foll nad) der Legende vor der Abführung zum
Tode (230) noch einmal das Lob Gottes zur Drgel
ejungen, dann das Inſtrument zerbrochen haben,
are iſt ſie die Schußpatronin der Muſit geworben.
Caecilianus. S. Donatiſten.
Caedmon (ſprich Kädmon). Ein engliſcher Dich»
ter aus dem 7. Jahrhundert, der die Geſchichten
der zwei erften Bücher Mofis und des Daniel in
freier dichterijher Paraphraſe bearbeitete, ſowie
die Höllenfahrt Chrifti. Er fol Mönd im Klofter
Streaneshalch gewejen fein und die Dichtergabe
fpät und auf wunderbare Weije erhalten n.
Die ihm zugeſchriebenen Werte feinen jedoch
nicht alle Einem Berfafjer angugehören. Ausgabe
von Bouterwek, Elberfeld 1849— 1854 ; Oreverus,
Dldenburg 1852—1855,
‘ Gaerularius, Michael. Patriarch von Conſtan⸗
tinopel 104559. Urheber der Spaltung zwiſchen
Gonftantinopel und Rom. Erftellte 1053 den latei⸗
nifhen Eultus in den Klöftern Bulgariens ab
und erhob feine Anklageı gegen Rom befonders
wegen des Gebrauchs des Ingejäuerten im Abend:
mahl. Eine päpftlide Geſandtſchaft vermochte
zwar den freund Michaels, den Abt Nicetas Per:
toratus, jeine Schrift gegen Rom zu verbrennen,
er felbft aber blieb unbeweglich, und fo legte fie
1054 die Bannbulle gegen ihn und feine Anhän-
ger in der Sophienkirche nieder, in der die griech.
Kirche als ketzeriſch gebrandmarkt wurde. Unter
dem Kaifer Jſaak Comnenus wurde Cärularius
1059 wegen einiger Anmaßungen in die Verban—
nung geichidt, wo er bald ftarb.
Gaejaraugufla, Seragofie. Synode um 380 |
gegen Priscillian. DieCollectio Caesaraugustana |
iſt eine Kanonenjammlung.
Caeſarea. 1) Baläftinä. Sebafte. Apftg.9,30;
10,1; 12, 19; 23, 33; 25, 1. Am Meer zwijchen
Joppe und Dora, früher Stratonsthurm, erhielt |
den Namen zu Ehren des Nuguftus, nachdem Heros
— — — — nn nn
nahm hier in den Streitigkeiten zwiſchen Griechen
und Juden ſeinen Ausgang. In den Kreuzzügen
wurde Caeſarea wiederholt erobert von Balduin
1101, von Saladin 1187 und endlich zerſtört von
Baibars 1265. Als chriſtlicher Biſchofſitz iſt die
Stadt befannt durch Euſebius den Kirchenhiſto—
riler. —2) Caeſarea Philippi, Matth. 16,33;
Marc. 8, 27, jrüher Paneas, ſpäter von Agrippa
II. Neronias geheißen, lag in Gaulonitis am Fuß
des Libanon, jegt das Dorf Banjas. Der Sage
nah der Wohnort des blutflüjfigen Weibes.
Matth. 9, 22.
Caeſareopapismus beißt das Syſtem der Un:
terwerfung bes Episfopats unter die kaiſerliche
Macht, wie es in Byzanz ſtaatsrechtliche Gültig:
feit hatte; in der proteftantifchen Kirche die Ent:
artung des Summepistopats.
Gaefariner. Die ftrenge Partei der Francis⸗
caner. ©. d. Art.
Caeſarius von Arled, Als Abt eines Klofters
502 zum Bifhof von Arelate gewählt. Ordnete
auf mehreren Synoden, zu Ayde 506, Arles 524,
Carpentras 527, die kirchliche Disciplin, erwarb
fi) VBerdienfte durch feine Pflege der Predigt und
des Klofterweiens, und wurde befonders belannt
im pelagianiſchen Streite zu Drange 529 alö An:
hänger des Auguftinismus, den er gegen den Se:
mipelagianismus vertheidiate. Bei Alarich fälfch-
lich angeflagt, ward er nach Bordeaur verwiejen,
aber bald zurüdberufen. Auch 509 und 512 war
erauf furze Zeit in Ungnade. } 543, Ald Wunder:
thäter verehrt.
Caeſarius von Heiflerbad. Seit 1199 Mönd
bes Eiftercienjer:Klofters Heifterbad im Sieben:
gebirge bei Bonn, wo er Prior und Novizen:
meifter wurde, F nad 1227. Seine hiſtoriſchen
Werte: Ortaet miraculaS, Engelberti; Libri XII
(lialogorum demiraculis; Vita Elisabethae, find
für die Sittengejhichte feiner Zeit von größtem
Werthe. Zn feinen Homilien, die von hiſtoriſchen
Belegen durchzogen And, waltet gejunde moralijche
Betrachtung, aber übermäßiges Allegorienipiel,
Seine Werte find noch nit ſämmtlich heraus:
' gegeben.
Caeſarius von Nazianz. Bruder des Gregor von
‚ Nazianz, durch deſſen Leichenrede er befannt ift.
Er war Leibarzt bei Julian, legte die Stelle feines
Glaubens wegen nieder, trat wieder ein unter Jo—
des die Stadt ausgebaut hatte. Meift von Griechen | vian und wurde Statthalter in Bithynien. Seine
tors, nad) Jeruſalems
der Provinz Judäa.
bewohnt, war fie ver Sif des römifchyen Procuras | fajt wunderbare Errettung bei dem Erbbebem von
——— die Hauptſtadt Nicäa 368 beſtimmte ihn, der Welt zu a
er legte jüdiſche Krieg ı
jagen.
+ 369. Ihm zugeſchriebene Werte find upiccht,
Gaefarius von Prüm
Caeſariuß von Prüm z0g fi ala Abt von
Brüm 1222 nad Heiſterbach zurück; befaßte fich
mit eiymologiihen Studien, Exrplicatio rer. et
verborum, verfaßte das Registrum eccl. Prum. ;
iR zuweilen mit dem Caeſarius von Heifterbad)
verwechfelt (f. d. Art.).
Gajaner. 1) Kainiten. — 2) Gegner ber Waffer:
taufe bei Tertullian, beren Lehre von einer Mon:
taniftin Duintilla herrührte.
Gajetan, Thomas (eigentlih Jakob de Bio).
Geb. 1469 zu Gaöta, trat in den Dominicaner:
orden 1484, ward Profeſſor der Philofophie und
reger gr der Sapienza 1500. 1507 Ge:
neralvicar, 1 Drdenägeneral, vertrat er bie
pärftlihen —— auf dem Concil zu Piſa 1511.
Cardinal und Erzbiſchof 1518 von Palermo, 1519
von Gaẽta. Als päpftlihem Legaten in Deutſch⸗
land wurden ihm die Verhandlungen mit Luther
übertragen. Obgleich fein Berhalten in Rom kei-
nen unbebingten Beifall fand, behielt er das Ver⸗
trauen ber Curie, ging 1523 ala Legat nad) Un:
garn und wurbe 15 iber Eroberung Roms ge:
fangen. + 1534. Seine erften Schriften find phi⸗
loſophiſchen Inhalts, nach dem Auftreten der
Reformation vorherrihend Bibeleregefen, in denen
er den buchftäbliden Sinn —— Auch eine
Bibelüberfegung verſuchte er. Aus feinen Schrif:
ten ift Die Meinung, daß ungetaufte Kinder durch
Gebet und ftellvertretende Taufbegierbe ber Eltern
ber a damni entzogen würden, als häretifch
(zu Trient 1547) auögemerzt.
Gajetaner. S. Theatiner.
Gajus tommen imMeuen Teftamente vor Apftg.
19, * 20, 4; Röm. 16, 28; 1. Kor. 1, 14 un
3. Joh. 1.
jus, der Heilige, Römiſcher Biſchof 283 bis
2%. Die ihm zugeichriebenen Decretalien find
uneht. Gewiſſes über ihn ift nicht befannt. Sein
Gedaͤchtnißtag der 22. April.
Gajus. Belannter römifher Presbyter um
217. Bertheibiger ber riftlichen Lehre gegen Hä⸗
retifer, namentlih ein en Gegner
des Ehiliadmus, verwarf er die Apolalypfje und
ſchrieb fie dem Ketzer Cerinth zu. Gegen ben Mon:
tanismus ſchrieb er ben Auddoyog gög Ilgoxkov,
von dem jedoch nur Fragmente bei Eufebius,
Hieronymus, Theodoret auf uns gekommen find.
Galas, Jean. Ein hugenottiſcher Kaufmann zu
Toulouſe. Als fein ältefter gr aus Melandolie
fich erhängt hatte, ward er beſchuldigt, denfelben
ermordet zu haben, um feinen Uebertritt zur röm.
Kirche zu verhüten, nad) einer regellofen Unter:
fugung verurtheilt und ——— 1762. Bol:
taire veranlaßte eine Revifion des Prozeſſes, deren
Folge nit nur die Rehabilitirung der unglüd:
lichen lie, fondern auch eine größere Duldung
ormirten war. Bgl. Coquerel, Histoire
des &glises du dösert.
fanza. + 1648. Der Stifter des Calafan-
jier oder des Piariſten⸗Ordens (f. d. Art.).
Calattaba. Ein geiftliher Ritterorden zum
Kampf gegen die Mauren, 1164 beftätigt. Die
Großmeifterwürbe ift jeit 1457 mit ber Krone
serbunden und feit 1805 der Orden ein Verdienſt⸗
orden — Die Comthurinnen von €. (1219)
find jäcularifirt.
— rg ren re
durch die Gemahlin Erida, Elifabeth (Tochter
Yyoadims von Brandenburg), reformirt, die den
121
Galirtus
Eorvinus zum Superintenbenten berief. 1540
nahmen die Stände die Reformation an. 1542
exſchien die Kirchenordnung, 1543 fand die Kir⸗
chenviſitation durch Corvinus ftatt. Als das Land
1588 an Braunſchweig fam, wurde die Braun:
ſchweigiſche Kirhenorbnung von 1569 mit einigen
Aenderungen troß ber Ceremonien als Galen:
bergiſche Kirhenorbnung eingeführt. Nach der
Trennung von Braunfhweig 1635 wurde 1636
das Eon cum zu Hannover eingejet.
Galizt J. Papft 220—226. Ihm wird die Ers
bauung einer Kirche an der Stelle von S. Maria
Traftevere zugeſchrieben. Sein angeblider Mär:
tyrertod iſt ungewiß.
— U. 1119—1124, Beſiegte feinen kaiſerlichen
Gegenpapft Burdinus (Gregor VIIL) und ſchioß
mit Heinrid) V. das Wormſer Concordat 1122,
weldes den Jnveftiturftreit jo beendigte, daß die
Biſchöfe und Aebte kanoniſch frei gewählt werben
und die firhliche Inveftitur mit Ring und Stab
ſowie nachher die Faiferliche Belehnung mit dem
Scepter empfangen follten. Die Bemühungen, in
Frankreich Gleiches zu erringen, mißlangen. Er
eröffnete das Lateranconcil 1124.
— III. 1455—1458. Aus dem Haufe Borgia.
Da er unter bem Vorwand eines beabfidhtigten
Türkenfrieges auch die Geiftlichkeit befteuerte und,
um Geld zu jammeln, auch die Wiener Goncors
bate von 1448 nicht hielt, appellitten der Erz:
biſchof von eg und die Pariſer Univerfität an
ein allgemeines Goncil. Durch die unkanoniſche
Erhebung feines Nepoten Roderigo Borgia zum
Gardinal bahnte er demfelben (Alexander VL)
den Weg zum päpftlichen Stuhle.
Galizt, ai mitgezählt in der Reihe der Päpfte
wird Calixt III., der 1168 ala Gegenpapft gegen
Alerander III. von Barbarofja aufgeftellt, aber
1177 nad) der Schlacht bei Legnano im Vertrag
zu Venedig fallen gelaffen wurde.
Galirtiner. Die gemäßigte Partei unter den
Huffiten, welde unter dem Einfluß der Univer:
fität Prag ftand und die Forderung der freien
Predigt des Evangeliums, der Briefterehe und des
Kelches (calix) machte. Ihre Grundfäge wurden
auf der Synode von Prag 1421 feftgeftellt. Der
Kreuzzug des Bafeler Concil3 wurde von den vers
einten Barteien abgeſchlagen und das Eoncil jah
fi) genöthigt, um Aergeres zu verhüten, die Baſe—
ler Gompactaten zuzugeftehen, welche die Brager
Artikel jo modificirten, daß das Abendmahl unter
einer und unter beiden Geftalten ausgetheilt wer:
den, nur verordnete Prediger predigen, bie
Geiſtlichkeit Güter verwalten und nur die Obrig-
feit Sünder beftrafen dürfe. Die Taboriten wur-
den geichlagen bei Böhmiſchbrod 1434, und ala
der Erzbiſchdf Rokyczana von Sigismund aner:
fannt war, unterwarfen ſich ihm die Calixtiner.
(Bal. d. Art. Huffiten.)
Galirtus, Georg. Bebeutender Vertreter einer
verjöhnlichen theologifhen Richtung in der Iuthe-
riſchen Kirche. Geb. 1586 zu Medelbye in Schles-
wig. Studirte Theologie und Philologie zu Helm:
ftädt, wo er nad) Vollendung einer wiſſenſchaſt⸗
lihen Reife 1609—1613 Profeffor der Theologie
wurde, welche Stelle er bis zu feinem Ende 1656
behielt. Humaniftijche und philofophifche Bildung,
namentlich aber auch feine geſchichtlichen Studien
hatten ihn über die lutheriſche Engherzigfeit ſei—
ner Zeit erhoben und lafjen ihn im Iroffen
Gallenberg
Widerſpruch mit feiner Zeit erſcheinen, ur ir.
aber ala einen Propheten der Zulunft. Dur
feine geſchichtlichen Studien gelohnt, aus der
Berfhiedenheit das Gemeinfame und Fundamen⸗
tale hervorzuheben, war er feit Melanchthon der
erfte friedfertige lutheriſche Theologe, gerade des⸗
halb aber der viel verfolgte. In feinen Schriften
De praecipuis religionis Christianae capitibus
und feiner Epitome theologiae fand man bie
Ubiquitätslehre und Anderes nicht correct luthe⸗
riſch; der Drud feiner Schrift Deimmortalitate
animae et resurrectione mortuorum wurde ver:
boten, weil die Beweisführung zu philofophiich
war. Obgleich einer der (auch geſchichtlich) gründ⸗
lichften Polemiler gegen den Katholicismus, wurde
er als Kryptopapiit angellagt. Calov und Hülfe:
mann hoben fürmlid) die Gemeinjchaft mit €. auf,
als er fih am Thorner Religionsgeipräche 1645
betheiligt hatte; die Wittenberger aber fegten ihm
den Consensus repetitus fidei verae Lutheranae
1655 entgegen. Diefer Streit, der fid) aud) nad)
feinem Tode zwifchen feinen Anhängern und ben
Orthodoxen iſt unter dem Namen des
ſynkretiſtiſchen (j.d. Art.) befannt. Um das eigent⸗
lich Fundamentale zu finden, gebt E. auf bie
erften 5 Jahrhunderte zurüd, wobei er von man-
hen katholiſchen Einrichtungen zeigte, daß fie
jüngern Urfprungs feien. Dabei et er aber
mehr die Zahl der Fundamental:Artifel zu bes
ſchränken und die Einigung in unbeftimmtem Aus-
drud berzuftellen, als unter Anerkennung einer
nothwendigen geſchichtlichen Entwidelung die
Principien ded Evangeliums zu erörtern. Ber:
dienftvoll find die Epitome der Dogmatik ynd feine
Theologia moralis, worin er zuerft die letztere
jelbftändig und getrennt von der Dogmatik bear:
beitete, und in dem.erjtern Werk die analytische
Methode einführte, indem er von dem Ziel ber
Theologie, dem ewigen Leben, ausging, darnad)
als Subject den Denthen und die Brincipien ober
Mittel zu dem Zwede behandelte. Bon feinen
Schriften ift die Gefammtausgabe, die fein Sohn
Friedrich Ulrich vorbereitete, nicht zu Stande ge:
tommen. Bol. Gaß, G. Galirt und der Synkre⸗
tismus, 1846. Sente, Calirt, Halle 1853, 1856,
1860, und Calixts Briefwechlel, Halle 1833,
Callenberg. Profefior der Theologie in Halle.
+ 1760. Begründete 1728 zur Beförderung der
Miſſion unter den Juden ein Miffionäfeminar,
welches feinen Namen trägt und feine Miſſionare
je zwei und zwei durch Europa und in den Orient
ausjendete; jeit 1791 ift es mit den Frandifchen
Stiftungen verbunden.
Gallenberg, Sidonie. Eine Gefährtin der Eva
von Buttlar (f. d. Art.).
Galmet, Auguftin. Benebictinermönd. Geb.
1672. Lehrer der Theologie zu Moyen:-Moutier
und zu Münfter 1704. Abt zu Nancy 1718, zu
Senones 1728, + 1757. In feinen eregetifchen
Schriften La S. Bible, 1707, Dictionnaire histo-
122
|
|
Calvin
berg, warb er 1643 an das Danziger Gymnaſium
berufen, 1650 nad) Wittenberg, wo er Primarius
und Generalfuperintendent wurbe. 6 Mal verhei⸗
rathet, jah er 5 Gattinnen und 13 Kinder zu
Grabe tragen. Er felbft ftarb 1656. Seine Natur,
ohne jede tiefere Gemüthsanlage, fchien für die
theologifche Polemik befonders geſchaffen und bot
das ſcharfe Gegentheil zu dem mildegefinnten
Galirt dar. Das ntereffe feines Lebens concen:
trirte fich auf die Einheit und Reinheit der luthe⸗
rischen Lehre. Gegen die Papiſten jchrieb er feine
Mataeologia papistica, feine Theologia ap. Ro-
mana, gegen bie Reformirten feine Consideratio-
nes Arminiasmi, feinen Socinianismus ei. ei
tus u. ſ. wm. Sein Hauptlampf war aber gegen
Calixt und feinen Anhang gerichtet: Digressio de
nova theologia Helmstadio-Regiomontanorum
Syneretistarum, Harmonia Calixtino-haeretica
u.a. Gegen Ealirt verfaßte C. jogar ein neues
ſymboliſches Bud) 1665: den Consensus repetitus
fidei verae Lutheranae, Nad dem Tode feines
Gönners Georg II. ſank der Einfluß Calovs, feine
Historia syncretistica wurde fogar mit Beſchla
belegt. Außer feinen polemifchen Schriften ift no
fein Systema locorum theologorum 1655—77,
feine Apodisis articulorum fidei 1684, feine
Theologia naturalis et revelata juxta Aug. conf.
1646, ſowie fein eregetifches Wert Biblia illus-
trata hervorzuheben. Vgl. Tholud, die Witten:
beraer Theologen 1852.
Galvarienberg. Nah der Bulgata die Meber:
feßung von Golgatha. Daher heißen fo Anhöhen,
welche den Kreuzesweg Chrifti dadurch verfinn:
lihen follen, dab an den Seiten die Haupt:
momente des Leidens in Bildern und Statuen
(14 Stationen) dargeftellt find. Solche Ealvarien:
berge find meift mit Abläffen begabte Wallfahrts:
orte, welche eine Pilgerreife nah Zerufalem er:
ſetzen fönnen.
Galvariften. Priefter des Calvarienberges.
Eine Eongregation geitiftet 1653 zu Betheram in
Bearn, von Hubert Charpentier, zur Berehrung
des Leidens Chriſti und zur Belehrung der Pro:
teftanten. Ihr Sit ift jet auf den Mont Bale-
rien zu Paris,
Galvin, Johann (Caulvin oder Cauvin). Geb.
den 10. Juli 1509 zu Noyon in der Picardie, der
Sohn eines unbemittelten yiscalprocurators, ge:
noß eine forgfältige Erziehung und erhielt ſchon
als Knabe eine geiftlie Pfründe, welche ihm die
Mittel zur weitern Ausbildung verfhaffte. Der
Vater, von den Gaben feines ——— überzeugt,
beftimmte ihn jedoch bald, hier eine glänzenbere
Laufbahn für en hoffend als im geiftlichen
Stande, zum juriftifhen Studium, welchem dieſer
in Orleans und Bourges mit großen Fleiße ob:
lag. In Bourges führte ihn der gelehrte Deutfche
Wolmar in das Studium der griechifchen Bibel,
was in ihm den Anfang zu jeinem Entwidlungs-
proceffe hervorrief. In Paris, wohin er fih nad
—* et critique, ehronologique, géographique | dem Tode feines Vaters begab, famen feine refor:
€
ittöral de la Bible, 1722, giebt er den gram:
matiſchen Sinn nad) tridentiniihem ——
werthvoll find bie archäologiſchen Excurſe, ebenfo
die Histoire ecelésiastique et civile de Lorraine,
1728.
Galovn, Abraham. Der größte Streittheologe | lang zur
ber lutherifchen Kirche. Geb. 1612 zu Mohrungen
in Oſtpreußen. 1634 in Roftod, 1637 in Königs:
matoriſchen Ueberzeugungen zur Reife; er ſchloß
fi der evangelijden Gemeinde an, mußte aber
wegen einer von ihm verfaßten Rede, die der
Univerfitätsrector Cop öffentlid) hielt, 1583 die
Flucht — Gr begab ſich ſodann eine Zeit⸗
önigin von Navarra. Um wiederholten
Verfolgungen zu entgehen, floh der nad Paris
Zurücgetehrte 1534 nad Bajel, wo er jeine
Galvin
Institutio ſᷣrieb. Urfprünglid an Franz I. gerich⸗
tet, ſollte ba8 Buch eine einfache Darftellung des
evangelifhen Glaubens jein, wurde aber in ben
fpätern Ausgaben 1539 und 1559 zu einer ſorg⸗
fältig ausgearbeiteten Dogmatif. Auf der Durd)-
reife zur Herzogin von Ferrara wurde Calvin
von Farel in Genf feftgehalten 1536 und fand
damit den Schauplag feiner jpätern Wirffamteit.
Sein Auftreten in Genf war rigoriftijch und Hart,
und bald erwedte er gegen fich eine ftarfe oppo:
fittonelle Stimmung. Aud) der Rath, mißtrauiſch
egen bie wachſende Macht Calvins, gab den Ein-
Höfen Berns nad, und rief dadurch jenen Bruch
bervor, der 1538 die Vertreibung Calvins zur
Folge hatte. In Straßburg, wohin er ſich wandte,
Brebiger ber —— Gemeinde, kam er mit
der deutſchen Reformation in nähere Verbindung
und fchrieb 1540 fein Buch vom heil. Abendmahl.
Aber jhon 1541 wieder nah Genf zurüdberufen,
trat er an die Spitze ber Gemeinde und der gan:
sen reformirten Kirche. Belang bie Organifirung
der Kirche bald durch Aufrichtung bes Conſiſto—
riums, jo fand das theofratijche Gepräge, welches
jein Einfluß dem Staate aufdrüdte, und die
Durhführung der ftrengen Kirchenzucht befto
ihärfere Oppofition an den Libertinern, denen
Calvin unbeugjam, nit ohne eigene Gefährdung,
entgegentrat. Iſt man gewohnt, ihren Widerſpruch
als im fittlihen Libertinismus beruhend anzu:
jehen, jo weijen neuere Forſchungen der Brüder
Galiffe darauf hin, das vielmehr die politifche
Partei fich durch Ealvin das Ziel ihres Strebens
entwu ſah und ihr Batriotisnus in der Herr⸗
daft der Fremden eine Gefahr erblidte, denn
f wurde der Zufluchtsort aller um ber Reli:
gion willen Berbannter, und viele gelangten zu
großem Einfluß. Die von Calvin eingenommen
Stellung forderte Die Strenge, die er gegen Boljec
und namentlid gegen Servet bewies (j. d. Art.),
defien Tod ihm in gewiſſem Maße zur Laft fällt,
um beöwillener vielfach getabelt und jorgfältig
vertheidigt ift. Er glaubte, Gottes Ehre fei durch
Servet in hartnädıger Bosheit angegriffen; da—
von durchdrungen, —* Calvins harte Perſön⸗
lichleit das Furchtbare der That nicht, die belannt⸗
lid) auch der ſanfte Melanchthon billigte. Calvins
Einwirlung auf die Kirche Frankreichs und Eng:
lands mit Schottland, in defien Reformator Anor
er feinen treueften Schüler hatte, war bedeutend
durch die jortwährende Verbindung, in welcher er
zu ihnen ftand, und mittelbar durch bie Stiftung
der emie zu Genf 1559, welde der franzöfi:
hen Kirche die zen lieferte. In der Schweiz
dloß fi jeit dem Consensus Tigurinus 1549
die Zwingli'je Kirche immer mehr an ihn an, wo:
hingegen in Deutihland, obgleich er in früherer
Zeit Die Augustana variata unterjhrieben hatte
und Melanchthon befreundet war, aud) in manchen
Anfhauungen Luther näher ftand, die Abend:
mahlslehre zu einer tieferen Scheidung führte,
nachdem Weitphal ben Consensus angegriffen und
Calvin ihm und Heßhus 1554 und 1561 geantwor:
tet hatte. Der Calvinismus als Lehre, defjen
Spige ber Präbdeftinationäglaube bildete, ver:
breitete fih nun längs bes Rheins bis zu den
Niederlanden, hauptſächlich dur die zwiſchen
Luther und Zwingli vermittelnde Abendmahls⸗
lehre (f. d. Art.) fih Eingang verihafiend. Bon
Calvins Werten find außer der Institutio reli-
123
Gamerarius
gionis christianae 1559 (von Tholuck herausg.
1834 und 1835) und feinem Catöchisme del’öglise
de Genöve von 1536 namentlich) zu erwähnen feine
Commentare, welche beinahe die ganze Bibel um:
faflen, und ſich auszeichnen durch eine gründliche,
unbefangene hiſtoriſche Auslegung. Biel von
Krankheit heimgeſucht, aber in eiferner Selbft:
beherrſchung thätig bis and Ende, ftarb er 1564
am 27. Mai, nachdem er dem Rath der Stabt noch
einmal für jeine Treue gedankt und ihn zur Be-
wahrung berfelben ermahnt hatte. Sein Leben
haben beichrieben Henry, das Leben 3. Calvins,
Hamburg 1835— 38; GStähelin, Johannes Cal:
vin's Leben und ausgew. Schriften, 1863; Buns
gener, Calvin, fein Leben, fein Wirken und feine
Schriften, 1863; Viguet et Tissot, C. d’apres
C. 1864. Galiffe, Quelques pages d’hist. exacte
sur les procös intentes a Gen. en 1547 à 1559.
Vaney 1862, Die befte Gefammtausgabe feiner
Werte Amjterdbam 1671. Neue Ausgabe der Straß:
burger Theologen, Braunſchweig 1863 ff.
antaldulenjer. Gejtiftet durch Romuald, geb.
950 in Ravenna. Als Benedictiner-Mönch zu Ra:
venna ftrebte er nad) großer Heiligkeit und ſchloß
fi an einen Anadoreten Marinus an. Zn einem
unftäten Anachoretenleben fammelte erimmer aufs
Neue Berehrer um fich, die er zu klöſterlichen Ge:
meinfhaften unter harten Regeln organifirte ;
einen Miffionszug nah Ungarn mußte er auf:
geben und ftarb 1027 im Kloſter Val de Castro.
1018 hatte er die Heine Eremitenniederlaffung zu
Campus Maldoli in den Apeninnen geſtiftet, die
nad feinem Tode durch Petrus Damiani auf:
blühte und den ** ihres Stifters am treueſten
bewahrte. Filiale ſchloſſen ſich an und durch die
päpſtliche Beſtätigung 1072 wurde die Congrega—
tion als befonderer Orden anerkannt, ber durch
feine ftrenge Regel, ifolirte Xebensweife, Faſten,
Schweigen, Geißelung und Aehnliches ein Bild eiſer⸗
ner Zucht bot. Mit dem zunehmenden Reichthum
von Tamaldoli verfiel die Strenge. Aus verſchie—
benen Reformverfuden gingen neue Congregatio⸗
nen hervor, jo 1476 die Congregation von Murano
duch Juftiniani, die Congregation des heil. Ro:
muald mit ftrenger Regel oder vom Kronenberge,
die von Turin und die Eongregationll.2, Frauen
vom Troſte 1633. Nach der Aufhebung des Ordens
1782 ift er in Neapel 1822 wieberhergeftellt; ein
Glied deſſelben war Gregor XVI.
Camera Romana, ©. Curie.
Camerarius, Joachim. Reformatoriſch thätiger
Humaniſt. Geb. 1600 zu Bamberg, ſtudirte er zu
Leipzig, Erfurt und Wittenberg, wo er mit Mes
lanchthon Freundſchaft ſchloß. Veſuchte den Eras:
mus in Baſel 1524 und ward Lehrer der griech.
Sprache am neuerridhteten Oymnafium zu Nürns
berg, Toigie 1535 einem Ruf nad) Tübingen, um die
Univerfität neu zu organifiren. 1541 ging er nad
Zeipzig. Auf dem Reihätag zu Augsburg 1530
als Abgeordneter von Nürnberg anweſend, ſchrieb
er die Confutation nad. Auch fpäter betheiligte
er ſich an reformatoriſchen Verhandlungen, 1554
am Geſpräch zu Naumburg, 1555 am gr
Augsburg, zu Nürnberg 1556 wegen der ofiandri
ſtiſchen Streitigleiten, 1560 berieth Narimilian 11.
mit ihm zu Wien über die Religiondvereinigung.
+ 1574. Unter feinen Schriften ift außer zahl:
reihen Ausgaben der Elaffifer und philologijchen
Arbeiten hervorzuheben die Lebensbeſchreibung
Gamero
Melanchthons (Herausgegeben von Strobel, Halle
1777).
Gamero, Johann. NReformirter Theologe aus
Schottland. Stubdirte in — Vaterland Huma:
niora, ward Profeſſor der —* ophie in Bordeaux,
ſtudirte dann Theologie und wurde 1608 Prediger
au Bordeaux, 1618 an Gomarus' Stelle ghrofeflor
in Saumur, 1624 in Montauban, ftarb 1625 in
Folge einer Mißhandlung. Antiarminianer, ſuchte
er die Präbeftinationslehre zu mildern. Seine
bedeutenderen Schüler waren Amyraldus und
Gappellus, durch welche er von Einfluß auf die
franz. Kirche geweſen ift.
Gameronianer, Als Karl II. das Prälatenthum
in Schottland wieder einführte, über 400 Geift:
liche ihrer Stellen beraubte, die Feldgotteädienfte,
welche fie mit ihren treuen Gemeinden abhielten,
verbot, erhoben fich die Preöbyterianer zum Wider:
ftand. Die Indulgenz:Acte von 1669 konnte am
wenigften die ftrengen Covenanter befriedigen, da
ge önigl. ikea air eng) re
nter denfeiben nahm Richard Camero eine her:
vorragende Stelle ein, der in Rotterdam von dem
Presbyterium ber vertriebenen Paſtoren zum Feld:
paftor ordinirt war, und dur glühenden Eifer
wieber auszulöfhen fuchte, daß er früher ſich hatte
bie Zufage entlocken lafjen, ſich folder Predigten
zu enthalten. Er nahm Theil an der Erklärung
vom 22. Januar 1680, die Karl II. des Thrones für
verluftig erklärte, und fiel als Anführer feiner
Partei in einem Gefecht gegen bie lönigl. Trup-
pen; fein College Eargill wurde gefangen und hin:
— Die Cameronianer erlitten die härteſte
erfolgung, ohne fich zu beugen. Die von Ja:
lob II. gewährten Indulgenzen, durch welde er
dem Bapismus wieder den Weg zu bahnen fuchte,
lamen auch ihnen zu gut; allein erft die Vertreis
bung ber Stuart3 und die Parlamentdacte von
6
Sat, daf die Presbyterial:Berfaflung Die einzig
von derScrift gebotene und die Kirche völlig vom
GStaate —— ſei, nit anerlannt wurde, fo
blieben fie getrennt, 1709 au neue Unru⸗
ben und erft 1743 wurden fie als felbftändige
Kirhengemeinfhaft anerlannt. Sie zählen jegt
nod etwa 40 Gemeinden.
mifarden. Die Reformirten in den Seven:
nen, welche nad) der Aufhebung des Edictö von
Nantes im bewaffneten Aufftand 1702—1704 die
—— —* ſich erkämpfen wollten. Nachdem
Claude Brouſſon eine religiöſe Ermuthigung her:
vorgerufen, trieb die Grauſamkeit des Inſpee—⸗
tors der Miſſionen François de Langlade du
Chaila und die fiegverheißende Viſion der Bro:
pheten einen Bauernhaufen, die Burg von Pont
de Montvert zur Befreiung der Gefangenen anzu:
greifen und zu zerjtören. Der Aufftand wuchs
unter den Führern Laporte, Roland, Jean Cava—
lier; nach augenblicklichen Niederlagen folgten
größere Siege über Montrevel 1703—1704, bis es
illars gelang, nachdem auf den erften Enthufias:
mus bie beginnende Demoralifation gefolgt war,
den Führer Cavalier zu gewinnen und zu unter:
werfen, Roland, der den Krieg fortjegte, gefangen
zu nehmen und zu tödten. Erft 1710 endeten die
legten Kämpfe und die Scenen des Fanatismus
und unmenſchlicher Barbarei. Eine auffallende Er:
ſcheinung bilden die Inſpirirten und Propheten
ber Camiſarden, die in krampfhaften Zudungen |
124
endigte völlig die Verfolgung. Da jedoch der | TH
Ganus
Dffenbarungen und Geſichte hatten. Auf das voll:
fommenfte überzeugt, daß ihre Sache bie Sache
der Wahrheit und Gottes fei und darum die Ber:
heißung des Sieges habe, jehen B ben Untergan
vor Augen ohne Ausficht auf Rettung. Es find
die Erjheinungen, fo lange nicht Willfür, Trug
und Fanatismus fi Hineinmengt, ber äußere
Ausdrud des Verzmeifelnd am Heid Gottes auf
Erden, ohne irre zu werben an Gott jelbft. Der
Name E. kommt von den von ihnen getragenen
Bauernhemden (camises). Dgl. Hofmann, Ge:
ſchichte des Aufruhrs in den Sevennen, 1837,
Gampanus, Johannes. Ein Antitrinitarier aus
den Niederlanden, der 1529 dem Religionsgeſpräch
in Caſſel beimohnte, 1530 in Torgau zurlickgewie⸗
fen, darauf in Jülich, wo er das Bolf aufregte,
eingeferfert wurde und geifteöverwirrt 1574 ftarb.
Seine Schrift „Wider alle Welt nad) den Apo:
fteln“ enthält feine Anfichten.
Gampegius. Lorenzo Campeggi. Cardinal. Als
päpftliher Legat zum Nürnberger Reihötag 1524
und nad) Augsburg 1530 gejendet, gab er zwar
durch Geiz und Unredlichkeit mandes Aergernif,
mußte indeß durch feine ſchlaue Politik die Auf:
rechthaltung des Wormſer Edicts durchzuſetzen
und die fpätere Reftauration durd) die Vereinigum
ver lath. Fürkten mit Defterreich anzubahnen. Ad
in England 1519 und 1528 ai er als Legat,
um bie Ehefache Heinrich VIII. zu orbnen, deren
Ausgang ihm perfönlide Kränkung zuzog. Sein
Bruder Thomas war auf dem Gefpräd zu Worms
anmejend 1540,
Ganifius, Beter, eigentlich de Hondt. Geb. 1524
zu Nymwegen. Der erite deutjche Jefuit. Wirkte
am Collegium zu Ingolitadt ald Rector ber Uni:
verfität und feit 1551 als Hofprediger in Wien für
die Unterbrüdung der Reformation in Bayern und
Deiterreih. Auch am Tridentiner Concil nahm er
eil. + 1597. Bon feinen Schriften ift die bedeu⸗
tendfte fein Katechismus 1554 und 1566, ber weit:
verbreitet ift. Pius IX. ſprach ihn kürzlich felig.
Eanflein, Karl Hildebrand. Gründer der Bibel:
anftalt in Halle. Geb. 1667. + 19. Auguft 1719.
Studirte die Rechte, wurde Kammerjunker in Ber:
lin 1689, ging darauf 1690 zur Armee nad) Flan-
bern, wo er in einer töbtlihen Krankheit das Ge:
lübde that, feine Zukunft dem Dienfte Gottes zu
weihen. Mit Frande und —— befreundet, ſtif⸗
tete er 1710 die mit dem Waiſenhaus zu Halle
verbundene Canſteinſche Bibelanſtalt. Die erſten
Ausgaben des Neuen Teſtaments in 12° 1712
wurden zu 2 Grofchen, bie ganze Bibel in 8° 1713
zu 9 Grofchen verlauft. Die Anftalt hat fih nad
feinem Tode fortwährend vergrößert, jo daß fie
jest gegen 50,000 Eremplare jährlich abfeßt. 1867
hat fie ein nad dem Grundtert revidirtes N. T.
ausgegeben. ©. verfaßte auch eine Harmonie der
Evangelien mit praftiiher Erflärung 1718— 25
und fchrieb ein Leben Speners, Halle 1729,
Ganterbury. ©. England.
Canus, Melchior. Katholifher Dogmatiter.
Geb. zu Taracon bei Toledo. Dominicaner, Pro:
feffor der Theologie zu Salamanca und Ordens:
provinzial. F 1560. In feinem Hauptwerte Loci
4
i
theologici, Salamanca 1563, verfolgt er eine |
ftreng Iholaftifche Methode ; dem römischen Syſtem
ift er völlig ergeben, iſt aber ein ſchroffer Gegner
des Yefuitenordens. In der Unterfuhung über die
Grundlage der Dogmatik wies er der h. Schrift
Ganut der Große
die erfte Stelle an. Es fehlt bei ihm nicht an ein=
zelnen freimlithigen Neußerungen. C. wohnte aud)
dem Tridentiner Concil bei.
Ganut der Große. S. Dänemarf.
Gapadofe, Abraham. Gleichzeitig mit da Cofta
(f. d. Art.) getauft gl aber ohne defien
gi ige Gaben, bemeift er feine Belehrung zum
vinismus durch eine Schrift gegen die Baccine
und eine andere fiber feine eigene Converfion.
Eapharfalem. 1. Matt, 7, 31. Ort des Sieges
über Nifanor 161 v. Chr. Die Lage ift unficher.
Gaphira. Gideonitenſiadt, Joſ. 9, 17, im Stamme
Benjamin, 18, 26; Esra 2, 25; Neh. 7, 29; jet |,
Kefir.
% htor. Die alte Heimath der Philifter. Am.
9,7; Ser. 47,4; val. 1. Mof. 10, 14; 5. Mof. 2,
23, Nach ben LXX märe es Kappadocien, wozu
er. 47,4 nicht ftimmt. Jet wird allgemein Ereta
darunter verftanden.
Capiſtranus, Johannes. Berühmter Francis:
taner. Geb. 1386 zu Capiſtrano, trat mit 30 Jah:
ren in den Franciscaner:Orben, defien General:
vicar er murbe. Ausgezeichnet durch asketiſchen
und antihäretifchen Eifer, den er in den Partei:
en des Ordens bemwiefen, wurde er 1450 von
Rifolaus V. nach Deutihland geſchickt, um gegen
die Huffiten und für einen Kreuzzug gegen bie
Türfen zu wirlen. Er fammelte bei dem Wider:
ftreben der Fürften durch feine erfchlitternden Pre-
digten ſelbſt ein Kreuzheer, mit welchem er Bel:
ab entjeten half. Er ftarb bald darauf; feine
eiligſprechung (f. ©. Voigt's Aufjag in Sybels
r. Zeitſchrift 1864), die er fchon bei feinen
bzeiten im Auge hatte, wurde 1690 nad) vielen
Bemühungen —* Ordens endlich durchgeſetzt.
Capitel heißt das mit corporativer Verfaſſung
organiſirte Collegium von Klerilern an einer Ka:
thedrallirche, welches das ftändige Rathscollegium
des Biſchofs zu bilden beftimmt ift. Zur Verwal:
tung des Vermögens und ber andern Angelegen:
heiten hat es eigene Beamte. An der Spitze ftehen
der Domprobft und Domdechant. Das widhtigite
Recht ift die Biſchofswahl und die Verwaltung der
Didcefe in der Sedisvacanz durch einen Bicar.
Der Bifchof ift in der Verwaltung der Diöceje
zuweilen an den Conſens, — an den Rath
des Capitels oder einiger Capitularen gebunden.
her waren die Rechte und der Einfluß der
itel bedeutender, ſie ſtanden ſelbſtändig, nicht
ſelten feindlich, den Biſchöfen gegenüber; die ge—
genwärtige Ordnung iſt durch das Tridentinum
und die Landesgeſetzgebungen eingeführt. Der
Urſprung der Capitel liegt in der Regel Chrode—
gangs von Met, welche die Kleriker der bifchöflihen
irche in ein Münſter (monasterium oder domus
episcopi) Nöfterlich vereinigte. Die urfprüngliche
Gnrihtung zerfiel, die Einkünfte des Stiftes blie-
ben nur noch zum Kleinen Theil gemeinfam und
wurden auf bie einzelnen Stellen als Pfründen
(canonica)vertheilt. Die Kanonikate wurden fortan
efucht, unbefümmert um bie damit verfnüpften
tlihten, fie wurden ein Vorrecht des Adels, fielen
der Bewilligung der Fürften anheim oder den
päpftlihen Expectanzen, und nirgends fant im Ale:
zus die Zucht mehr als in den Capiteln, deren
Stellen endlich großentheil3 von Laien bejegt
waren, bie faum die nievern Meihen erhalten hat:
ten. Verſchiedene Verfuche zur Reorgantfirung ber
Eapitel find gemadt, indem man entweder zur
125
Gapitular
Auguftinerregel zurüdtehrte oder die Mönchsregel
annahm (regulirte Chorherren), aber immer waren
die Berhältniffe mächtiger, die Gapitel hatten eine
Stellung zwiſchen dem Landesherrn und demBifchof
befommen, bie fie mit immer größern Rechten ala
Corporation ausftattete, wobei die Pflichten des
Einzelnen um jo mehr zurüdtreten mußten, als
beiden Theilen am meiften daran lag, die Stifts—
en mit ihren Anhängern zu —— Das Tri⸗
entinum vollführte die Reorganiſation, es erneu⸗
erte das alte Verbot der Häufung incompatibler
fründen, verpflichtete zur Reſidenz, d. h. daß der
apitular am Orte des Capitel3 feinen Wohnfig
habe, daß die Dignitäten (die Aemter) des Gapi-
teld nur an Theologen verliehen werben dürfen,
und orbnete fie dem Bifchof unter. Namentlich
entz3og es den Capiteln die jelbftändige Admini—
ation während der Sedisvacanz und gebot die
nitellung eine Bicard. Die Autonomie der Ca⸗
pitel ift daher jegt auf rein geiftliche Dinge be:
rn t. Der Biſchof verleiht den Capitularen
emter und beichäftigt fie in feinem Dienfte oder
an den Seminarien. Das Ernennungsrecht ift ver:
—— geordnet, aber überall Vorſorge getroffen,
ß nur dem Landesherrn genehme Perſönlich-
keiten eintreten können. Außer den Capiteln an
ben Metropolitanlirchen gab es früher auch Land⸗
capitel, Collegiateapitel in den Landſtädten des
Bisthums, wo früher eis lihe Reſidenzen ge:
mejen waren oder eine jelbjtändige Verwaltung
dur einen Erzpriefter Kr hatte. Vollftändig
von der urjprüngliden Beftimmung entfernten
fi die Capitel, welche in der Reformation trof
des Uebertrittö der Säcularifation entgingen. Die
biſchöflichen Rechte fielen an die Landesherren, die
den Stiften ald Borfteher Adminiſtratoren jegten,
die Stifter felbft wurden bloße Verforgungsanftal:
ten des Adels, die Pfründen von den Gliedern
berechtigter Familien vergeben; die alten Digni-
täten blieben aber ohne Inhalt. In Preußen er:
hielten ſich 3 Stifter, die nad) einer Cabineisordre
von 1846 zum Beſten von Kirche und Schule or:
ganifirt werben follten, allein die Ordre ift nicht
ausgeführt. Verhdl.d. Landtags 1865. Bloße Ver:
jforgungsanftalten find die den Gapiteln nachge⸗
bildeten Frauenftifte, die fich auch in evangelifchen
Ländern erhalten haben.
Capito, Wolfgang Fabricius (Köpflin). Geb.
zu Hagenau 1478. Promovirte ald Arzt 1498, als
Theologe 1506 und als Juriſt, lehrte dann zu
Freiburg, war 1512—15 Pfarrer zu Bruchfal, wo
er mit Decolampad befannt wurde, und trug dann
reformatorifche Grundfäße ald Dr. der Theologie
zu Baſel in Predigten und Vorlefungen vor. 15
zog ihn Albrecht von Mainz an feinen Hof. Seine
Ermahnungen an Zuther 1522, fich größerer Mä-
Bigung zu befleißigen, und ähnliche an Zell in
Straßburg 1523 hatten den Erfolg, ihn ſelbſt zu
größerer Entfchiedenheit zu treiben, und feit 1523
trat er in Straßburg beftimmt als Mitarbeiter
von Bucer und Hedio auf; 1524 verheirathete er
fi und führte die Reformation in feiner Vater:
ftadt ein. Das Berner Synodat ift fein Werk. An
der Confessio tetrapolitana hat er ſich beteiligt.
Außerdem jchrieb er exegetijche Werke und Deco:
lampads Leben.
" Gapitular Heißt jedes inveftirte Capitelmitglied,
weldeseinen bejtimmten Sig im Chor und Stimme
in den Verſammlungen bat, Es muß bie Weihe
Gapitularien
bes Subdiakonus haben, das Tridentinum beſchwö⸗
ren, Reſidenz und Chordienjt halten. Andere Be-
dingungen wechjeln.
Gapiinfarien find die von den fräntifhen Kö:
nigen meift unter bem Beirath der geiftlichen und
weltlichen Großen erlaffenen Berordnungen, jonft
auch constitutiones, edieta, decretiones, ordina-
tiones genannt. Obgleich feit Karl d. Gr. über Die
firhlihen Angelegenheiten auf dem Reichötage
von den us und Nebten abgefondert be:
ſchloſſen wurde (leges ecclesiasticae), jo verblieben
auch nad) diejer Zeit manche kirchliche Gegenftände
der Beſchlußfaſſung des ganzen Reihätags. Die
Capitularien find daher eine wichtige Duelle kirch⸗
lihen Rechtes. Die Sammlung des Anfegis 827
wurbe officiell anerkannt. Die neuefte Sammlung
der Capitularien findet fich bei Perg in den Monu-
menta (fermaniae. j
Gapitularvicar heißt der vom Capitel für bie
Zeitder Sedisvacanz ernannte Bisthumsverweſer;
feine Wahl muß binnen 8 Tagen nad) der Erledi-
gung des Sitzes ftattfinden, bis dahin führt das
apitel die Verwaltung. Der Bicar hat die Rechte
der jurisdietio, nicht des ordo.
apitulation hieß der Vertrag, den bie Capitel
mit dem erwählten Biſchof über die gegenjeitigen
Rechte abſchloſſen. Da diefe Wahlcapitulationen
zu einer Schmälerung der biſchöflichen Gerechtſame
benußt wurden, traten Kaifer und Bapft häufig da-
gegen auf; jeitvem bie neuere Kirchen: und Staats:
etzgebung die gegenfeitige Stellung feft beftimmt,
And te außer Anwendung gelommen.
Gaplan (eapellanus). ũrſprünglich der Geift-
lie an einer Kapelle, d. 5. einer Kirche ohne Tauf:
recht. So haben Klöfter und Hofpitäler Capläne,
da ftatt befonderer Kapellen in den Kirchen Neben:
tapellen undAltäre geftiftet und mit befonderemEin:
fommen dotirt wurden. Die Inhaber eines ſolchen
Deneficiums heißen Mekpfründner, Frühmehner.
Endlich find Capläne auch Geiftliche zur Aushilfe
und Unterftügung der Pfarrer an größeren Ge:
meinden, auch des Biſchofs. Die Stellung ift ver:
ſchieden nad) der Kirdye, der Caplan kann als Hof:
caplan fogar von ber biſchöflichen Gewalt getrennt
und wieder dem Pfarrer unterworfen fein, oder,
wenn die Kapelle Parochie — ihm gleichſtehen.
Genießt er ein eigenes Beneficium, jo iſt er feſt an:
geitellt, der bloße Gehülfe aber fann jederzeit ent⸗
laffen werben (ad nutum amovibilis). In der
evangelifhen Kirche, wo der Titel noch befteht,
z. B. in England, auch Naffau, find die Caplaneien
Hülfspredigerftellen geworden.
appel, Eine hervorragende proteftantifche Fa-
milie Frankreichs im 16. Jahrhundert, die viele
Berfolgungen zu erbulden hatte. Der Eine, Louis,
geb. 1534 zu Paris, trat ald Lehrer ber griechiſchen
Sprade in Bordeaur zur reformirten Kirche über.
Ein Mann von hohem Anfehen, erwirkte er das
Edict von 1561, weldhes den Reformirten freie
Religionsübung verjhaffte, und wurde von ihnen
fpäter nad Deutſchland gefhidt, um dort die Hülfe
der proteſtantiſchen Fürften zu erwirien. Nad)
manchem duch die Verfolgung hervorgerufenen
Wechſel der Stellungen Prediger zu Meaug 1561,
u Antwerpen 1569, Profefjor in Leyden 1575,
[dprediger der Hugenotten 1576, ward er Pre:
Diger und Profefjor der Theologie in Sedan. 7
1686. — Ein Bruber diefed, Jacques, ein hoch:
geftellter Richter in Rennes, mußte 1585 die Flucht
126
Capuziner
ergreifen. — Der bedeutendſte von ihnen, Louis,
(der jüngere) Sohn des Vorigen, wurde 1585 auf
der Flucht feiner Eltern nad) Sedan geboren, Die
Mutter ftarb aus Reue, weil fie nach dem Tod des
Mannes, um den lindern den Befig zu ——
die Meſſe beſucht hatte. Erzogen unter der Aufſicht
feines älteſten Bruders Jacques, Prof. der Theo:
logie in Sedan, fiudirte Louis Theologie, wurde
1613,naddemer England, Deutſchland und Belgien
bejucht hatte, Lehrer der hebräiihen Sprache zu
Saumur,1615 auch Brediger, 1633 Profefjor ander
Univerfität, als College von Amyraut und de la
— * 1658, In feinen Forſchuͤngen trat er als
egner der Burtorffe auf. Im Arcanum puncta-
tionis revelatum 1624 wies er ben fpätern Ur:
Iprung der hebräifchen Punctation durch geſchicht⸗
lihe Zeugniſſe nad. In der Critica sacra unter:
Ba er den Text des Alten Teftaments. Aus den
arallelftellen, den Citaten im Neuen Teftament,
dem Keri und Ktib, den Heberfegungen und bem Tal:
mud zeigte er, wie dem Texte die Integrität man-
gele, ohne Me; eine Berfälfhung anzunehmen fei,
oder das Anjehen der Schrift erichüttert werde.
ee erregte bei protejtantifchen Theologen
großes Bedenken, wurde erft 1650 durch feinen fa:
tholif$ gewordenen Sohn, Priefter des Drato:
riums, —— und von Buxtorff dem Sohn
heftig bekämpft. Gegen dieſen zeigte er endlich 1645
das —* Alter der ſamaritaniſchen Schrift vor
der Quadratſchrift. Die Anfihten Cappels find in
ber Formula consensus Helv. 1675 geradezu ver:
morfen, von der heutigen Theologie aber ganz all:
9° Gaprara, Johann Baptift. Einflußreigerpäpk
oprara, Johann Baptift. Einflußreicher päpft:
licher Diplomat, Geb. zu Bologna 1733. Pr
Vicelegat zu Ravenna, darnach Nuntius zu Köln
und zu Luzern, wurde er päpftlicher Geſandter zu
Wien, um bie Reformen Joſephs II. zu mäßigen
und zu Bintertreiben. Für feine geleifteten Dienite
um Cardinal erhoben, erhielt er das Bisthum
ejt 1792. Als Legatusa latereging er 1801 nad
Paris mit Vollmacht zum Abflug bes Concor:
dats. Gegen die demſelben beigefügten organischen
Artikel legte er Verwahrung ein. & ſchloß gleid:
fall das italienifche Concordat, ward Grybifchef
von Mailand, jegnete bei Napoleons Krönung dort
die eijerne Krone und blieb am kaiferlichen Hoie.
Mit der Gefangennehmung des Papftes, den er
vergebens am 20. Juli 1809 zur Berge er:
* hatte, endigten ſeine Functionen. Er ſtarb
aris den 21. Juli 1810,
aputiati. Eine nad) angeblihen Offenbarun—
gen der Maria von einem Zimmermann Durand
1182 geftiftete Partei in der Auvergne, deren
Kennzeihen die weiße Capuze war, mit politifd:
revolutionärer Tendenz.
Gapuziner. Congregation der Franciscaner.
Matthäus von Ba ru Zubwig von Foſſom⸗
brone, Glieder der Obſervanten (der ftrengeren
Franciscanerpartei), hielten die Wiederherftellung
der urjprüngli vom 5. Franciscus getragenen
fpigen Capuze und das Tragen des langen Bartes
für weſentlich, erhielten trog mander Verfolgung
der Drbensobern vom Papſte die Erlaubniß, ſich
ſo zu tragen und zu predigen; als Congregation
beſtätigt durch eine Bulle von 1628, jedoch mit
Unterordnung unter die Conventualen (die laxeren
—— Das erſte Kloſter war Colmenzono.
ie Satzungen von 15355— 75 bildeten den Orden
zu
Caraccioli
aus, fie verlangen in Allem die größte Aermlich—
tet und Dürftigkeit. Der angeordnete Wechſel der
Gmeralvicare, Provinziale, Euftoden und Guar⸗
diane fol allem Streben nah Macht und Reich:
thum vorbeugen. Als Bernhard von Ochino unter
den —— zu großem Anſehen gekommen,
zoeimal Generalvicar geweſen war und dann ſich
für die Reformation entſchied und nad) Genf ent:
Hob, wollte der Bapft den Orden aufheben; esrettete
ihn nur die bemüthigfte Unterwerfung. Seitdem
versichteten die Capuziner auf geiftige Bildung, er:
Iangten aber gerade dadurch den größten Einfluß
auf dad Volk, 1573 wurde ihre Beſchränkung auf
alien aufgehoben, 1592 kamen fie nach Deutſch—
land und betheiligten fich felbft an der Miſſion.
re Zahl ift in neuerer Zeit wieder gewachſen.
Ein weiblicher Orden ber Capuzinerinnen ift 1538
von Maria Laurentia Longa nad) ber Regel ber
kil. Clara zu Neapel geftiftet und von Borro—
nius nah Mailand verpflanzt.
Garaccioli, Galeazzo, Graf, Marquis von Vico,
rg Proteftant. Geb. 1517. Als Zuhörer
des P. Martyr Vermigli wurde er von der evan:
geliihen Wahrheit ergriffen, und zog fich deshalb
von feinen früheren Verbindungen zurüd. Als er
auf einer Reife im Faiferlihen Dienfte Rom und
in Deutihland die Reformation hatte näher fen:
nen lernen und feine Ueberzeugung dadurch befe-
fügt hatte, verließ er 1551 Neapel und die Sei—
nigen und sing nad Genf zu Calvin. Meder die
dringendften Bitten feiner Frau und feiner 6 Kin:
der, noch der Zorn feines Vaters konnten ihn bei
niederholtem Zufammentreffen 1553 und 1555
jur Umlehr bewegen. Da feine Frau ſich von ihm
lesgeſagt hatte, verheirathete er ſich mit Bewilli—
gung des Magiftrats und unter Zuftimmung Cal-
vind 1560 zum zweiten Mal. Er war ein hochgeach⸗
teted Glied und Aeltefter der Gemeinde. Calvin
nidmete ihm den Commentar zum 1. Korinther:
wo 1586,
Carchemiſch. Jeſ. 10,9; 2. Chr. 35, 20. Das
Sirtefium der Griehen am Einfluß des Chaboras
inden Euphrat, eine große und befeftigte Stadt,
wo Pharao Necho 606 v. Chr. von Nebufadnezar
geihlagen wurde. Jer. 46, 2; 2. Chr. 35, 20.
Kardinal ift der Titel für die an den Haupt:
firhen Roms angeftellten Prälaten, melde den
findigen Senat der Kirche und Beirath des Pap-
fies Bilden. Urfprünglich hieß jeder an einer Haupt:
firche angeftellte Geiftliche Cardinalis (von cardo
Zhürangel, aljo das Fefte, von den: Anderes ab:
bängt). Pius IV. beſchränkte 1567 den Titel auf
die römischen Cardinäle. Die Zahl derfelben F
ad Marimum auf 70 feſtgeſetzt durch Sixtus V.
1586, wird aber jelten erreicht. Darunter find 6
Cardinalbifhöfe nad; der Zahl der Pfarrkirchen in
Rom, 50 Sardinalpresbyter, 14 Carbinaldiafonen.
Die Ernennung derfelben fteht ausfchlieklich dem
Bapfte zu, der die Wünfche kath. Monarchen be:
rüdjihtigt (Aroncardinäle). Bei der Inveftitur
wird ihnen der Hut übergeben, der Mund geichlof:
fen und geöffnet, ihr Titel angemiefen und der
Ring eingehändigt. Ihre Auszeichnung beftcht in
eng a rothen Hute und dem Titel
Eminenz. Sie befigen die höchſte geiftliche Würde
nähft dem Papſte. Sie allein können zu Päpften
gewählt werben, und fie allein haben das Recht,
den Bapft zu wählen (conclave). Sie bilden den
fändigen Rath bed Papſtes und im Kirchenſtaat
127
Carmel
die höchſten Verwaltungsbeamten. Zn legterer Hin-
fit giebt e8 einen Cardinal:Kämmerer (Finanz:
minitter), Cardinal-Staatsjecretär (Minifter des
Auswärtigen und des Innern); außerdem nod)
Gardinäle für das Pönitenz-, für das Dispens-
wejen, für bie Breven u. ſ. w. Die Gardinäle bil:
den die Congregationen und das Conſiſtorium.
Die Eongregationen find Ausſchüſſe für beftimmte
Verwaltungszweige, beftehend aus Garbdinälen,
Secretären und Conjultoren mit genau geregeltem
Geſchäftsgang; fie bearbeiten die Angelegenheiten
ihres Neffortg theils felbftändig, theils vorberei-
tend für das Confiftorium, wie die Congregatio
consistorialis. Diswichtigſten Congregationen find
außer diefer die Congr. sacri oflieii s. inquisi-
tionis, das höchſte Glaubenstribunal; Congr.
indicis, zur Ueberwachung ber Literatur; Congr.
interpretum conc. Trid., zur Interpretation der
Concilienbeſchlüſſe; Congr. sae. rituum, für litur-
giide Gegenftände, aud) Heiligſprechungen; Congr.
e propaganda fide, Zeitung der Yriffiondanftal:
ten; Congr. immunitatis eccles., für Wahrung
ber Rechte der Kirche; Congr. super negotiis
episcoporum entſcheidet in Gtreitigfeiten der
Bifchöte und Orden; Congr. indulgentiaram
prüft Reliquien und ertheilt Abläſſe. Das er.
jtorium, d. h. das Plenum des Cardinal-Colle⸗
giums, verfammelt fich unter Vorſitz des Cardinal-
decans oder des Papftes; zu den öffentlichen Con⸗
fiftorien Haben Prälaten und Gefandte Zutritt, in
diejen werden die Beichlüffe der geheimen Gonfi-
tien mit einer Anjprache, Allocution, des Pap—
e8 befannt gemacht. Immer haben die Conſiſto—
rien nur ein berathendes Votum.
Carey, William. Baptiftifcher —— Geb.
1761 zu Paulersbury in Northampion. Wandte
ſich früh erweckt zu den Baptiften und wurde Pre:
diger an mehreren Gemeinden, trieb dabei, um
feinen Unterhalt zu gewinnen, fein Schuhmacher—
Handwerk fort und ftubirte die Anfangsgründe der
bibliſchen Spraden. Durch die Theilnahme an
einem Miffionsverein zu Nottingham erwachte in
ihm ſelbſt der a race er rief 1792 die Bap-
tiſten⸗Miſſionsge — 78 ins Leben und ging 1793
als deren erjter Miffionar nach Bengalen. Dort
wirkte er zuerft ald Auffeher auf einer Indigo—
Plantage unter den Hindus, fpäter 1799 kaufte
er jelbjt eine Jndigo:Pflanzung, die er aber bald
wieder aufgab. Er lich ſich mit andern Miffionaren
in dem däniſchen Serampore bei Calcutta nieder,
von wo aus er auch ben Unterricht bes Bengalifchen
am College zu Calcutta übernahm. Unmittelbare
Erfolge für die Bekehrung der Hindus hat er nicht
gehabt, aber feine Ueberſetzung der Bibel ins Ben:
galifche und die Anfertigung von Epradlehren
und Wörterbüchern ift verdienftuoll gemejen. Da
er in Serampore ein Eigenthum für Miffions:
zwede gefauft hatte, zerfiel er mit feiner englifchen
Geſellſchaft, von der die Miffionsanftalt zu Seram:
pore 1827 ſich trennte. Carey hinterließ der legteren
bei feinem Tode 1834 fein ganzes nicht unbedeu:
tendes Vermögen.
Garlfladt. S. Karlſtadt.
Carmel. 1) Das Vorgebirge Paläſtina's,
welches durch die Hügel Galiläa's mit dem Liba—
non zuſammenhängt und nach der Bucht von Acco
(Ptolemais) hinſtreicht; wird feiner Fruchtbarkeit
und feiner üppigen Wälder wegen gerühmt, Jeſ.
33, 9; 35,2; Jer. 4, 26. Es bildete die Grenze
Carmefin
ade Aſcher und Iſaſchar, a 19, 26; fpäter
zwiſchen Galiläa und Tyrus, Die vielen Grotten
und Höhlen des Gebirges wurden oft als Zuflucht3:
ftätten benutzt, 1.Kön. 18, 19; 2. Kön. 2, 25. Au
ihm opferte Eliad die Baaläpfaffen. Jetzt ift au
dem Berge ein Klofter. — 2) Stabt im gebirgigen
Theile des Stammes Juda, of. 15, 55; 1.
Sam. 15, 12; 25, 5, wo Nabal fein Gut hatte,
jegt Kermel, 8 Millien füdlih von Hebron.
Garmefin oder Scharlah. 1. Mof. 38, 28; 2.
Mof. 28, 5 ff.; Jer. 4, 30; Jeſ. 1,18. Eine body:
länzende rothe Farbe, bie im Alterthum fehr ge:
fyäkt mar und gewonnen wurde aus den todten
Körpern und Eierneftern der Schildlaus (arab.
Kermed), den fogen. Kermeöbeeren, die in Border:
afien auf den Blättern der Stecheiche fih häufig
finden. Die Farbe wurde zu Pradhtgewändern
verwandt und eu I den Deden oder Teppichen
ber Stiftshütte. Bähr (Symbolik) findet in der
Farbe das Symbol des Lebens.
Carpzov. Ein berühmtes Juriften- und Theo:
logengeſchlecht, mweldes von dem Bürgermeifter
Sımon Carpzov in Brandenburg um 1550 ab:
ftammt und ungefähr 15 hervorragende Juriften
und rag gi zählt. Für und von Bedeu—
tung find: Benedict, berühmter Kirchenrechts—
lehrer und Criminalift zu Leipzig. Geb. 1595,
+ 1666. Der Begründer des Episkopalſyſtems
durd feine Jurisprudentia ecclesiastica 1645. —
Johann Benedict I Geb. 22. Juni 1607 zu
Rochlitz, geft. 22. October 1657 ala Profefjor der
Theologie zu Leipzig und a an der Thomas:
fire feit 1633, Burh feine Isagoge in libros
eccles. luther. symbolicos, nad) feinem Tode her:
ausgegeben 1665, ift er der Vater der Symbolilk
eworden. Berühmter ift feine Homiletik Hodege-
icum etc. 1656, in welcher er 100 Dispofitions:
methoden aufführt und die Iutherifche Predigt zu
einer funftvollen aber inhaltölofen Rednerei ver:
führte. — Sein Sohn Johann Benedict IL,
geb. 1639, wurde 1665 Profefjor der Moralund Po:
lemit in 2eipzig, 1668 Subdiafon an der Thomas:
Fire und Profeffor der hebr. Sprache, jpäter Pa:
und o. Prof. der Theologie. + 1699. Schrift:
ellerifch nur thätig als Herausgeber exegetiſcher
und anderer Schriften, madte er fi befannt
durch feine Anfeindung Speners und der Collegia
biblica, war Mitglied der Leipziger Unterfuchungs:
Eommiffion 1689 und veranlafte 1692 das Be:
denlen der Facultät an die Landftände; griff auch
in Programmen ben Bietismus an, wofür er aber
von Thomafius mit bitterm Spott gegeißelt wurde.
— Sein Bruder war Samuel Benedict, der
1671 ®rof. poes. zu Wittenberg, 1674 alö Hof:
prebiger nad Dresden berufen, 1680 Paſtor an
der Kreuzfirhe und Superintendent wurde und
als Mitglied des Oberconfiftoriumd an Spenerd
Berufung mitwirkte,. Durch feinen Leipziger Bru:
der ließ er fich indeß umftimmen und trat als Spe:
ners Rachfolger gegen ihn auf. Seine Kanzelbered:
famfeit wird Ar — Sein Sohn Johann
Gottlob, geb. zu Dresden 1679, wurde 1702
Diafonus in Dresden, nahdem er als Geſandt—
na England und Frankreich befucht
hatte, 1708 Diafonus in Leipzig und 1713 0. Brof.
der Theologie. Seine Werke über altteftamentliche
Einleitung und Kritik machten Epoche: Introductio
in libros V. T. 1721, auch 1731, 1757. Criticasacra
1728, Apparatus historico-criticus 1748. Ihm
128
Carteſius
—* die Verbal⸗Inſpiration des Textes noch feſt
ennoch iſt ſeine Kritik der entgegenſtehenden
Meinungen Simons, Glericus’ und Eine s aus⸗
gegeichnet. 1730 ging er als Superintendent nad)
Lübeck und bethätigte dort den angeerbten Eifer für
orthodores Lutherthum durch die Befehdung der
Herrnhuter. (Religionsunterfudhung der böhmischen
Brüder 1742.) Geft. ald Jubilarius 1767. —
. Benebict III, Sohn des Leipziger
3. B. II. Geb. zu Leipzig 21. November 1670.
Beſuchte die vorzüglichften Univerfitäten Deutfch-
lands, aud Straßburg, wurde Prediger an ber
Nicolailirhe, 1703 Profeffor der orientalifchen
Spraden und bewies feine gründliche Kenntniß
der hebräifchen und rabbinifchen Literatur durch
— ——— —— Schriften und des Collegium
abbinico biblicum in libr. Ruth. feines Vaters,
— Erin Sohn Johann Benedict IV., geb. in
Leipzig 20. Mai 1720. 1747 a. o. Brofeffor in
Leipzig, 1748 in Helmftäbt, 1749 0. Profefior der
Theologie, 1759 Abt zu KHönigslutter. + 1803.
Seine Kenntniß der claſſiſchen Literatur erregte
—— in ſeinem 22. Jahre durch eine Schrift über
Leo —— — Segen Als
ve er Teller gegenüber die chloſ⸗
ſene Orthodoxie in ſeinem Fiber ———
purioris 1768. In ſeinen exegetiſchen Schriften
at er ſich um die grammatiſche Auslegung große
erdienſte erworben.
Carranza, Bartholomäus. Erzbiſchof von To:
ledo. Geb. 1503 zu Miranda de Arga. Trat 1520
in den Dominicaner-Drden und wurde ſchon 1530
bei der Inquifition wegen feiner Anfichten über
die Macht des Papftes verflagt, indeß freigegeben.
ALS Profeffor der Theologie zu Valladolid erlangte
er folhen Ruf, daß ihn Karl V. mit Dominicus
be Soto auf das Tridentiner Goncil ſchickte. Mit
Philipp II. ging er nad) England, ward Beicht:
vater der Maria und arbeitete eifrigft am Sturze
Cranmers und der Wiederaufrichtung des Katho:
licismus. Zum Lohn ward er Erzbifchof von Tor
ledo und gr von Spanien; als ſolcher reichte
er Karl V. die Sterbejacramente. Bald nachher
wurde er des Lutherthums angellagt, da8 man in
feinem Katechismus gefunden haben wollte und
mit dem er ben Kaifer angeftedt haben follte. Da
ber Anklage k. Ungnade zu Grunde lag, mußte
auch das Concil feine Approbation des Katedhis-
mus widerrufen. Rad) Bjähriger Haft wurde Gar:
zanza nach Rom ausgeliefert und dort von Neuem
9 Jahre gefangen gehalten. Er ſchwur die ihm
ur Laft gelegten Irrthümer ab und ftarb im Klo-
her bella Minerva, wo er 5 Jahre Erereitien durd):
.. jollte. Nach feinem Tode ward er fehr
geehrt.
Gartaphilus. Der ewige Jude nad) der Sage
des Orients. Pförtner im Palaſt des Pilatus,
fchlug er Jeſus, als er weggeführt wurde, mit den
orten: Geh zu, was zögerſt du, morauf Jeſus ſich
ummendend erwiederte: Ich gehe, du ſollſt warten,
bis ich wiederlomme. Immer wenn er das hun
dertite Jahr erreicht, fommt er wieder in das
Alter, das er damals hatte, Cartaphilus ward in
der Folge von Ananias getauft und führte ein
frommes Leben in der Hoffnung, bereinft begna=
digt zu werden. (©. Ahasverus,)
Gartefind (Rene Descartes). Geb. 1596 zu La⸗
baye in der Touraine. Lebte in Holland ganz ben
philofophifhen Studien. + 1650 in Schweden,
Cajas
wohin ihnChriftina berufen hatte. Seine Philoſophie
fängt anmit dem ſchlechthinigen Zweifel an Allem,
feibi den logijchen Geſetzen; als das einzig Ge:
wiſſe findet er die Thatjache de Denkens und
ihließt daraus die Eriftenz des denfenden Sub:
jects (cogito, ergo sum). Bon diefem feſten Punkte
geht der Schluß weiter zum Begriffe des Geijtes
und der Zergliederung feines Inhalts. Die Ideen
find dem Geifte eingeboren, und unter dieſen ijt
die höchſte die Idee Gottes. Dieſe Ideen Tönnen
nun nicht anders gedacht werden denn als wirk—
lid eriftirende Objecte, und mie dies von allen
gut, jo gilt e8 in eminentem Sinne von Gott. E.
entwidelt aljo den —— Beweis des An—
felmus weiter. Bon dem 3 ee Gottes aus leitet
alsdann E. den Begriff der beiden Subjtanzen ab,
des Geifted und der Materie, welche im cart.
Syfteme unverbunden neben einander a en wes⸗
halb das Syſtem einen dualiſtiſchen Charakter
annimmt. Da dieſe Philoſophie als den Weg zum
wahren Wiſſen den Zweifel hinſtellt, wurde ſie von
den orthodoxen Theologen als höchſt verdächtig
angeſehen; in Holland wurde das Studium der:
jelben auf Betreiben der Boetianer 1675 verbeten,
ebenfo in der Schweiz, 1680 * in Marburg und
born. Am freieſten durfte ſie ſich bewegen in
uisburg. Großen Einfluß hat fie Daher auf die
evangel. Kirche unmittelbar nicht ausgeübt. In
neuerer Zeit aber find in der röm. Kirche Hermes
und Günther auf cartefianifhe Principien bei
iprentheologijchen Unterfuhungenzurüdgegangen.
Gajas, Bartholomäus de las. Geb. 1474 zu
Sevilla in Spanien. Ging mit feinem Vater 1498
nad) Amerika und war ber erfte Priefter, der dort
die Weihen empfing. Sein Lebenszweck war, bie
Indianer dem Chrijtenthum zu gewinnen und fie
vor der Bedrüdung und der Bernichtung durch bie
Spanier zu —— Zu dieſem Behuf machte
er 7 Reifen nad) Spanien, und führte die Sache
der Indianer vor Karl V. und Paul IIL, der die
Befähigung der Indianer zum Chriftenthum ans
ertannte, verfocht fie auch in mehreren Schriften.
Erft in feinem 70. Jahre nahm er das Bisthum
von Chiapa an. Fäljchlich Schreibt man Las Caſas
bie Einführung der —— in Amerika zu.
Ohne fein Zuthun waren jchon Neger eingeführt,
deren gab! fih aber mehrte, alö jeine Berwen:
dung ein Berbot erwirkt hatte, die Indianer zur
Arbeit in den Bergwerken anzuftellen. Er jtarb
zu Madrid 1566 im 92. Jahre jeines Lebens.
Gafel. Caſula. Das Mefgewand der Tatholi-
ſchen Priefter, das mit einem Kreuz bezeichnet ift.
Anfangs hatte ed nur eine Deffnung, um den
Kopf durchzuſtecken, und mußte über die Arme zu:
tückgeſchlagen werden, jpäter wurde es offen und
bequemer gemacht.
Caſelius, Johann. Ein ausgezeichneter Huma⸗
nift, der um feiner Gefinnung willen viel zu dul:
ben — Aus einer holländischen Familie v. Keſſel
zu Göttingen jan 1533, ein Schüler von Vie:
lanchthon und
torius in Florenz und Sigonius in Bologna, ftu:
dirte er, um feine philologifche und ——“
dildung zu ergänzen, die Rechte, wurde in Piſa
Dr. juris 1566, ging als Erzieher der Söhne des
Herzogs Albrecht nah Nojtod 1575, und von
dort an die Univerfität Helmftädt. Hier wurde er |
von dem Theologen Hofınann angegriffen, der mit
andern Orihodoxen an den humaniftiihen und
129
amerarius, ſowie des Peter Vic: |
Gaffianus
philologifchen Studien, als ver Orthodoxie gefähr:
ih, Anſtoß nahm. Obgleich die Yacultät die Sache
aufnahm und Hofmann Abbitte leiten mußte,
wurden Gafelius’ legte Lebensjahre dadurch ſehr
verbittert; er jah ein Hereinbrechen der Barbarei
herbeigeführt durch die Engherzigfeit ber Theologen.
Gaslugim. Gen. 10, 14. Nach Borchardt And
die Colchier — die aus Aegypten ſtammen
ſollen, nach Andern die Anwohner von Mons Ca—
ſius bei Peluſium. 1. Moſ. 10, 14 werden von
ihnen die Philiſter abgeleitet, wenn der Zuſatz nicht
zum folgenden Verstheile gehört. Vgl. Amos 9, 7.
Gaffander, Georg. Ein durch feine milde Ge:
finnung ausgezeichneter fatholijcher Theologe. Geb.
am 24, Aug. 1513 zu Be g9e, agifter der freien
Künfte und Lehrer der jhönen Wilfenfchaften das
jelbit, lebte von 1549 zu Köln dem Studium
der heil. Schrift und der unter den Eonfeffionen
fteeitigen Lehrpunkte. Seine Gelehrfamfeit und
jeine Milde, fowie fein perjönlicher Verkehr mit
Häuptern der Reformation ließen ihn geeignet er⸗
ſcheinen zum Werkzeug einer Wiedervereinigung.
u dem Ende rief ihn Wilhelm von Cleve nad)
uisburg, und der Kaifer Ferdinand I. forderte
von ihm ein Gutachten über die confefftonellen
Differenzen. Diefer Aufforderung entiprad feine
Consultatio de articulis inter Cath. et Pro-
test. controv. Er hält eine Bereinigung durch
Zurüdgehen auf die alte Kirche für mög, und
will in Laienkelch und Priefterehe eier ‚moge:
gen er im Uebrigen die römische Lehre fefthält. Sein
atholicismus ıft jedoch mehr ein ideeller ald der hi⸗
ftorifche. Die Schrift kam daher auch auf den Inder.
Gaffel. 1) Religionsgefpräch 1534, 28. und 29.
Der., zwischen Bucer und Melandithon. Troß der
er en Inftruction Luthers gelang ed Bucer, im
njhluß an die Gonftanzer Berathung, die Eini-
—— zu erlangen: Brod und Leib ſind
eide eins als Sacrament. Dieſem Geſpräch folgte
dann die Wittenberger Concordia. — 2) Landgraf
Wilhelm VI. veranlaßte 1661 ein Gefpräcd ber
reformirten Theologen Eurtius und Hein von
Marburg und der lutberifchen Mujäus und Hen—
nichen von Rinteln über die Lehrdifferenzen. Man
andelte vom Abendmahl, der Taufe, Bräbeftina-
ion und den beiden Naturen in Ehrifto, und es
mwurbe anerfannt, daß die Lehrdifferengen das We:
fen des Glaubens nidht berührten. Der beabfich:
* Friedenscongreß ging mit Herzog Wilhelm
1663 zu Grabe.
Gaffianus, Johannes. Mönd) im Klofter Beth:
(ehem, befuchte er mit feinem Abte Germanus 390
die ägyptifhen Anachoreten und hielt ſich fieben
Jahre unter ihnen auf. Bon Ehryfoftomus em:
pfing er die Weihe und ging 405 nad) deſſen Sturz
nad) Rom, um bei Jnnocentius für ihn zu wirlen.
Eingeladen, in der Provence asketiſches Leben zu
organifiren, richtete er Klöfter zu Maſſilia ein und
fchrieb De coenobiorum institutis libri XII, bie
Vorſchriften des Mönchslebens enthaltend, und
Collationes Patrum, die Gejpräche, die er mit den
Anahoreten Aegyptens geführt. In denjelben
herrſcht noch die — Anſicht, daß das
asletiſche Leben nur ein Mittel zur Heiligung ſei,
und für ſchon Geförderte heilfam; daneben zeigen
ſich auch Die Schattenfeiten. In den neftorianifden
Streitigfeiten trat Cafjianus tem Neftorius ent:
egen, De incarnatione 1, VIL In den pelagiani«
| * ging er nicht mit Auguſtin, weshalb ſeinem
Caſſiodor 3
Kloſter Pelagianismus vorgeworfen wurde (von
Auguftin: De praedestinatione Sanctorum); pe=
lagianiſche Säge finden ſich mehrfach in feinen
Schriften. Vgl. Wiggerd, Darftellung des Au:
guftinismus und Pelagianiamus, 1833.
Gajflodor, Magnus Aurelius. Der berühmte
Staatömann Theodorichs d. Gr. Geb. 468 zu
Scyllacium in Bruttien, + 563. Zog fi in hö-
herem Alter in das Klofter Vivareſe zurüd, unter
defien Mönden er wiſſenſchaftliche Beihäftigun:
gen einführte. Gr ſelbſt ſchrieb mehrere Werte theo:
logischen und hiſtoriſchen Inhalts, in denen er „die
Trümmer der Wifjenfchaiten zu retten ſuchte“,
Compilationen aus ältern Werten. Seine Institu-
tionesdivinarum litterarum, die eine Art biblifcher
Einleitung enthalten, und jeine Kirchengeihichte,
Historia ecclesiae tripartita, wurden im Mittel:
alter viel — Seine Werke, ed. Garet, 2 Bde.,
Rouen 1670. Vol. Archiv für Kirchengeſch. 1825.
Gaftellio, Sebaftian, eigentlich Chateillon, geb.
1515 in Sauoyen. Ein fein gebildeter Philologe,
erhielt dur Calvin Anftellung in Genf, das er
aber wieder verlafien mußte, als er fich nicht in
allen dogmatifchen und kritifch-eregetiichen Fragen
Galvin unterordnen konnte. Von 1544 — 1553
führte er in Bafel ein fümmerliches Leben, bis er
1553 die Profefjur der griechiſchen Sprade er:
langte. Doch erſchien 1551 die fhon in Genf vor:
bereitete Bibelüberjegung, die bei Calvin und
Beza wenig Anflang fand, weil die Eleganz der
Sprache die Originalität und bie Einfachheit des
göttlichen Wortes beeinträdhtige. In Genf hatte
man ihm feiner Meinungen wegen den Eintritt
ind Minifterium verweigert, in Bafel befahl man
ihm 1563 bei jeinem Lehrfad zu bleiben und fich
der Theologie zu enthalten. Bal. Schweizer, Tüb,
Jahrb. 1851. Mähly, ©. €. 1868
funlisnmud nennt man bie religionsphilo:
mach Theorie, welche in der Welt nur eine Ges
ammtheit von en erblidt und einen
einheitlihen Gebanfen ber Borfehung nicht aner:
lennt.
Caſualreden und «Predigten find ſolche geiſt⸗
liche Reden, welche hervorgerufen werden durch
irgend einen Vorfall im Leben des Einzelnen oder
der Gemeinde, und den Zweck haben, denſelben
von ſeiner religiöſen Seite zu betrachten. Die ſpe⸗
cielle Beziehung auf eine oder mehrere Perſönlich⸗
teiten oder auf einen Vorfall, der die Rede durch⸗
ziehen muß, unterjcheidet die Gafualrede von der
Gelegenheitörede. Nur zu oft wird thatjächlich
eine Taſualrede (3. B. Leichen: oder Traurede) zur
bloßen Gelegenheitärede über ein allgemeines
chriſtliches Thema, wenn der Prediger den betref-
fenden Berjonen zu ferne fteht.
Caſuiſtit. Die Ausbildung der Bußdisciplin,
welche bie jittlihen Bergehungen nach ihrer äu—
Bern Erfcheinung elaffificırte, und der Einfluß des
lanoniſchen Rechtes, welches liberhaupt das Sitt-
liche nur in Bezug auf die äußern Verhältniſſe
betrachtete, führten zur Entwidlung der Caſuiſtik,
welche die Beurtheilung der Sünden leiten und
fchwierige Gemiflensfälle enticheiden follte. Sie
beruht auf der Borausjegung einer möglichen Col:
Iifion der Pflichten, weil fie in der ethiſchen Beur:
theilung nicht vom Gemifjensprincipe ausgeht.
Seitdem Raimund de Bennaforti die Summa de
casibus poenitentialibus fchrieb, folgte eine Menge
ähnliher Werke, meiftend gleichfall3 Summae!N
0 Cataldus
genannt, von denen die berühmteſten find die Pisa-
nella von Barthol. a S. Concordia, die Angelica
von Angelus (die Luther verbrannte), die Pacifica
von Pacificus und die Summa casuum conscien-
tiae von Prieriad. Die Meifter der Cafuiftif find
die Jeſuiten geworben; durch den Probabilismus
wurde die Gahuifit zu einer Auflöfung riftlicher
Moral. Allerdings bildet ihre Methode einen
Fortfchritt, infofern fie den Buchftaben bes Ge—
ſetzes wieder flüfftg machen, aber nur um ihn nad)
untergeordneten Rüdjihten ſchwankend irgend
einer menjhlichen Meinung zu unterwerfen. In
der evangelifchen Kirche, die das hriftliche Leben
aus der Heiligkeit der Gefinnung aufbaut, findet
daher die Gajuiftit feine Stelle. Luther verwarf
fie, wie er die Summa des Angelus mit der Bulle
verbrannte. Anfäge in der reformirten Kirche
durh Alfted und Berlins, die Caſuiſtik als
Pflichtenlehre und zu asketiſchen Zwecken weiter
zu bilden, wichen befjerer Bearbeitung der Ethik.
Dennod erzeugte die lutherifche Kirche nad) Bal—
duin (1575—1627), Tractatus de casibus con-
seientine, wieder eine Neihe von Cafuiften; die
einjeitige Ausbildung der Glaubenslehre hatte fie
die Einheit des Glaubens und Lebens wohl vor:
ausfegen, aber nicht begreifen gelehrt. Das Auf:
treten der Bietiften rief einen neuen Geift in der
Theologie überhaupt wach, deffen Vertreter Bud—
deus in der Moraltheologie 1711 nachweiſt, daß
es bei richtiger Behandlung der Pflihtenlehre einer
Caſuiſtik niemals bedürfe. Ihre Vorgänger fan:
den —— die Caſuiſten in den Bharifäern und
den Rabbinen des Talmud, die mit großem Auf:
wand von Scarffinn alle möglichen Fälle der
Sünde ausklügelten und beſprachen.
Gafula. ©. Cajel,
Casus reservati.Refervatfälle. Nicht jeder lath.
Geiſtliche kann von jeder Sünde abfolviren, fon:
dern e3 bedarf bei Todjünden und ihnen gleich-
ee der Abjolution des Papſtes oder der
iſchöfe. Das Abfolutionsreht wird überhaupt
angejehen als von Ehriftus nnd den Apojteln, und
durch fie dem Papfte und den Bifchöfen verliehen;
dieje übertragen dafjelbe, jo weit e8 ihnen nützlich
ſcheint, an die Priefter. a auch durch die
Quinquennalfacultäten ber Papſt ſeine Reſerve—
rechte den Biſchöfen auf Widerruf era er lann
und dieſe wieder F Rechte an einzelne Geiſtliche.
Die päpſtlichen Reſervatrechte ſind feſtgeſtellt durch
einzelne Bullen (De coena Domini) und Conſtitu⸗
tionen, die bifhöflichen beftimmen die Synoden
für jedes Bisthum befonders. Das Tridentinum
verdammt ausdrücklich Alle, welche das Rejervate
recht und damit einen Unterſchied in der Dignität
der Geiſtlichen beftreiten.
Gataldus, der Heilige. Bischof von Tarent. In
Unteritalien, mo das * gepflanzte Chriſten⸗
thum durch Einfälle der Barbaren wieder zerſtört
worden oder doch ſtarke Reſte des Heidenthums noch
vorhanden waren, predigte ein iriſcher Geiſtlicher
Cataldus das Evangelium und begründete das
Bisthum Tarent. Er wird ſeit 1071 als Heiliger
verehrt. Seine Geſchichte iſt dunkel, durch die
Sage mit Wundern geſchmückt. Die Legende ſetzt
ihn ins 2. Jahrhundert; weil er aber aus dem
chriſtlichen Itland gekommen, und eine Pilgerfahrt
nad) Jeruſalem berichtet wird, hält ihn Zöckler bei
Sei für einen Zeitgenoſſen Benedicts von
urfia.
Catechismus Romanus
Catechismus Romanus. Das Coneil zu
Trient befhloß die Herauögabe eines Katechismus
ald einer allgemeinen Grundlage des Religions
unterrihtes. Das Claborat der nieder elehten
Commiſſion fand aber 1562 feinen Beifall und in
der legten Seſſion wurde die Ausführung des Be:
ihluffes dem Papſte übergeben. Diefer Fette eine
Commiffion von 4 Dominicanern, deren jeder
einen Theil bearbeitete, nieder, Mutius Calinus,
Erzbiſchof von Zara, Egidio Foscarari, ia Is
Modena, Leonardo Marino, Erzbifchof von Yan-
ciano,und Francesco Fureiro, ein Bortugiefe,denen
einige Philologen beigegeben wurden. Eine andere
Gommiffton unter dem Präſidium bes Cardinals
Eirletius prüfte dad Werl. Der h. Borromäus,
Cardinalund Erzbifchof von Mailand, hatte großen
Einfluß auf das Ganze. 1566 wurde der Katechis⸗
mus unter päpftlicher Autorität herausgegeben.
Seine Geltung als ſymboliſche Schrift beftreiten
bie Jejuiten, da fie einmal feiner Lehre von der
Gnade und Freiheit widerſprochen haben.
Gatenen (d. 5. Ketten) find eregetifche Sammel:
werke, in denen zu den einzelnen Ctellen der heili-
gen Schrift bie verfchiedenen Audlegungen der
früheren Exegeten in kurzem Auszuge zugefügt und
diejelben wie eine Kette aneinander gereiht worden
find. Der Name de3 Eregeten wurde jedesmal zus
gefügt ; eigene Auslegung u vermieden. Die
äleften Handſchriften folder Catenen find aus
dem 9. Jahrhundert, das
der Vervielfältigung und Bermehrung berjelben
iehr thätig. Sie bilden jet noch ein werthuolles
literatiſches Material, da fie viele Bruchftüde aus
den verlorengegangenen Schriften deralten Schrift:
ler enthalten ; am bedeutendſten find Die griechi⸗
ſchen Gatenen, die lateinifchen enthalten meift auch
anderweit Bekanntes. Die neuefte Ausgabe von
Catenen ift die von 9. Cramer, Catenae etc.
Oronii 1838, 43, 44.
Cave, Wilhelm. Englifcher Theologe, geb.30. Dec.
1697,+1718, Hofcaplan Karls II. und Domherr zu
Rindfor, befchäftigte fih vorncehmlih mit dem
Studium der Kirchenväter. Die reichfte Frucht def:
jelben ift die Scriptorumeccles. historia litteraria
1688, eine umfafjendefirchliche Literaturgeſchichte,
in der aufammen über 2000 Schriftfteller befpro-
hen werden. Das Werk ift aber reines Sammel:
merk, ohne auf den Geift und Anhalt der be:
ſprochenen Schriften näher einzugehen.
Cazalla, Auauftin. Evangeliicher Märtyrer in
Spanien, geb. 1510 zu Valladolid. Wurde durch
feine Predigergabe Hofcaplan Karla V., den er nad)
Deutichland begleitete. Die Controverspredigten
gegen die Lutheraner nöthigten ihn zum Studium
Ihrer Schriften und er kehrte 1552 innerlid) evan-
— in feine Vaterſtadt zurüd, Obgleich er feine
tellung zu Karl V. beibehielt, wurde fein Haus
der Verſammlungsort einer Heinen evangeliichen
Gemeinde; bis er 1558 mit derfelben und 4 Ge:
Ihmiftern von der Inquifition ergriffen und am
21. Mai 1559 im Autodafe ald das erfte Opfer
er Art verbrannt wurde.
der. Der berühmtefte Baum im Alten Te:
famente, defien Holz zu Prachtbauten verwen:
wurde, wie es wegen feiner Dauerhaftigfeit
auch als Bild der Lebenskraft diente, 3. Mof. 14,
4.6; 4. Mof. 19, 6. Der Baum gehört zu den
Radelhölzern, wächft langſam, wird ſehr hoch und! Matthäus Juder und Baſ
131
ittelalter war aber in.
Genturien, Magdeburger
ofterwähnten Cedern des Libanon find fehr zu:
fammengefchmolzen.
Gellarius (Kellner), Martin. Geb. 1499 zu
Stuttgart, ein Schüler Reuchlins, wurde in Witten:
berg 1522 von den Wiedertäufern gewonnen, wen⸗
dete ſich aber 1527 wieder zur Kirche zurüd. Er
lebte dann feit 1536 in Bafel ald Fenftermader
unter dem Namen Martin Borrhaus und erhielt
1544 wieder eine Profeffur, erft der Rhetorik,
dann ber Theologie. + 1564. Von ſeinen Schriften
ift die bedeutendfte De operibus Dei electionis et
reprobationis 1527.
Gelle’fches Interim, oder Abſchied, ift Die von
den Räthen bes Kurfürften Morig mit den Theo:
logen, auf Grund der Torgauer Artikel, zu Klofter
Celfe 16—18. Novbr. 1548 zu Stande gebrachte
Vereinigung, welde von den Ständen mobificirt
wurde und in ber letzten Form als Leipziger In⸗
terim befannt ift.
Gelliten. Name der Alerianer, fo genannt weil
fie für das Begräbniß Verftorbener (cella, Grab)
befondere Sorge trugen.
Gelfus. Heidnifcher Polemiler gegen das Chriſten⸗
thum im 2. Jahrhundert. In feiner Schrift Aoyos
Ansns läßt er zuerft einen Juden dad Chriften-
tum widerlegen, dann beides, Judenthum
und Ehriftenthum, durch einen heidniſchen Phi:
loſophen. Er ift dur die Widerlegung bes
—— bekannt geworden (ſ. Origenes). Nach
der Vermuthung des Letztern war Celſus ein unter
Hadrian lebender Epifuräer, nur erſcheint er im
‚Buche felbft eher als Neuplatoniker denn als Epi-
kuräer. Gein Beftreben ift, das —
möglichſt als reine Unvernunft erſcheinen zulaſſen,
und Chriſtus ſelbſt iſt ihm ein Betrüger. Vgl.
Bindemann in Jllgens Zeitſchrift 1842. Baur,
— eſchichte der drei erſten Jahrhunderte,
Genfuren find bie von der Kirche mit dem
— der Beſſerung angewendeten Zuchtmittel.
m engeren Sinne werben darunter begriffen Ex⸗
communication, Interdict und Suspenjion.
Genfuß. S. Abgaben.
Gentral:Amerifa,. Das frühere Generalcapita-
nat von Guatemala erflärte fi 15. Dechr. 1821
unabhängig von Spanien und bildete Die Republif
der vereinigten Staaten Central: Amerita’s, be:
ftehend aus den Staaten Guatemala, San Sal-
vabor, Honduras, Nicaragua und Eoftarica. Die:
felbe Löfte fih auf, und diefe Staaten beftehen
unabhängig neben einander. Zur Zeit ber Ber:
einigung verfuhr man ziemlich radical mit der
Kirche, päpftliche Bullen und Ablaßbriefe wurden
verboten, die Klöjter (und in Honduras das Cöli-
bat) aufgehoben, Religiondfreiheit ah
Durch die Stellung der Geiftlichen in den India—
nerbörfern ift aber der Einfluß der Kirche nicht
minder groß geblieben. Der Charakter des kirch⸗
lichen Lebens ift der allgemeine des fpanifchen
Amerila, Heiligencultus mit fließendem Ueber:
ang zum Heidenthum. Unter dem Erzbisthum
vatemalaftehen 4Bisthümer: Leon, Ciudad Neal,
Comayagua, San Salvador, 243 Pfarreien mit
716 Kirchen.
Genturien, Magdeburger. Das große kirchen⸗
geichichtliche Werk, welches Flacius in Verbindung
mit den Magdeburger — Joh. Wigand,
ilius Faber heraus—
did; das Holz iſt knotenfrei und rothſtreifig. Die gab, führt dieſen Namen, weil die Darſiellung,
9*
Geraft
nach (16) beftimmten Rubriken georbnet, je Ein
Jahrhundert (centuria) umfaft. Das Wert Ec-
clesiastica historica erſchien von 1560—74, neu
herausgegeben 1624. Es ift fortgeführt bis zur
14. Genturie, und bildet die erfte vollftäudige all:
gemeine Kirchengeſchichte, trog mander Mängel
durch die wachjende Menge des Stoffs, die ſcharfe
Kritik, die gelehrte Erörterung höchſt bedeutend.
Es verfolgte die Tendenz, auf hiſtoriſch-⸗wiſſenſchaft⸗
lihem Wege, die lutherifche Kirche als die wahrhaft
riftlihe Kirche nachzuweiſen. Die tatholiiche
irche hat erft jpäter verfucht, in den Annalen des
Baronius ihm ein ebenbürtiges entgegenzujegen.
Geraft, coluber cerastes. Eine fingerdide, 14
ZoU lange, mit 2 Fühlhörnern verjehene Schlunge,
welche in Aegypten und Baläftina häufig vorlommt
und vielleicht 1. Mof. 49, 17; el. 11, 8; 14, 29
und fonft gemeint ift.
Cerdon, der Gnoftiker, ſyriſcher Abkunft, um 150,
verbreitete die Lehre, daf; der Gott Moſis, der De:
miurgos, ein anderer jei, als ©ott, der Bater Jeſu
Ehrifti; jener fei lediglich gerecht (nad) Epiph. An—
gabe böfe), biefer aber gut. Sein Schüler war Mar:
cion, der das Syſtem ng | entwidelte.
Geremoniale, Eigentlich ein Buch, welches den
vorgeſchriebenen Rıtus enthält, joviel wie Agende,
Rituale; indbefondere aber dasjenige, welches die
Pontifical:Berrihtungen ber 2 beſchreibt.
Ceremonie. Die Form der religiöſen Handlung,
in der zugleich ihr Inhalt ſich für Gefühl und
Bhantatie ſymboliſirt. Die Geremonie ift daher
nieetwas Wejentliches, fondern dem Wechfel unter:
worfen, ihre Form hat fich überlebt, jobald fie als
Symbol nicht mehr verjtanden wird, und Daher
nur noch den Eindrud beabſichtigter Feierlichleit
macht und zum leeren Schaufpiel wird. Je leben:
diger und wahrer das religiöfe Leben, deſto einfacher
und innerlicher wird der Gottesdienft; der Man:
el des inneren Lebens zeigt ſich in dem Bejtreben,
bie Geremonie zu etwas Nothwendigem, göttlich
Geordneten zu machen; der Sat, die Cerentonie
bewirte das, was fie bedeuten jolle, ſtoht auf der
Grenze des Chriſtenthums. Die latholiſche Kirche
unterjcheidet univerfale und particulare Ceremo—
nien, jene ſind die durchaus nothivendigen, mit dem
Gedanken der Handlung untrennbar verbundenen,
diefe die nach Zeit und Ort wandelbaren Formen.
Mit dem Abendmahl ift 3. B. untrennbar ver:
bunden dad Austheilen, aber daß das Brod dabei
gebrochen werde, Be nicht im Begriffe felbit. Die
römische Kirche Hataber den Beftreben nadygegeben,
die particularen Ceremonien möglichft zu univer⸗
jalen zu machen. Daber findet fih in ihr ein
caeremoniarius, ein Geiftliher, der bei großen
Feiern die Vornahme der Functionen überwacht
und im Gottesdienſt den einzelnen Prieſter erinnert,
welche Geremonie ihm nun obliege. Der Inbegriff
ufammengehöriger Ceremonien heißt Ritus, 5. B.
aufritus, die Geſammtheit aller Ritus bildet den
Cultus einer Religion.
Gerinth, deſſen Zeitgenoffe der Apoftel Johen:
nes noch gemwejen, bildet den Uebergang des Ju—
daismus zum Gnofticismus. Die Welt ift nad)
der Lehre des Cerinth nicht vom höchſten Gott ge:
fhaffen, mit den Menſchen Jeſus hal ſich der
Aeon Chriftus vereinigt bis zur Kreuzigung.
Gerinth war Chiliaſt und lehrte ein finnliches Me}:
fiasreih. Ihm wurde von Manchen die Offen:
barung Johannis zugejchrieben.
132
Chalonitis
Chalcedon. Stadt in Bithynien, Gonftantino-
pel gegenüber, wo jegt Scutari, hieß früher Pro-
cerajtis. Hier wurde 451 das 4 ölumeniſche
Concil gehalten, weldhed die Lehre von zwei Na:
turen Chrifti in Einer Perſon feftjtellte. In der
Vorstadt zur Eiche (ad quercum, &is deu») hielten
die Gegner des Chryfoftomus 403 ihre Synode,
die das Abjegungsurtheil ausſprach.
GChaldäa. Chaldäer. Ein jemitifher Stamm,
derurjprünglic) jeinen Wohnfit in den gordyäiſchen
Bergen Süd-Armeniens gehabt haben muß, wohin
ihn wenigſtens Zenophon und Strabo verjegen,
der fi dann im untern Mejopotamien niederlief
und bort unter afigrifcher Herrfchaft ftand. Diefe
oder jpätere Einwanderungen find indeß nicht in
Jeſ. 23, 13 angedeutet. Bon der aſſyriſchen Herr-
ſchaft befreite jich, nad) einem mißlungenen Verſuch
des Merodach-Baladan, Jef. 39, 1; 2. Kön. 20,12;
2. Chron. 32, 31, Nabopolaffar, 625. Chr. Sein
Sohn Nebukadnezar befejtigte Das Reich durch den
Sieg von Carchemiſch 605 über Pharao Necho und
dehnte e8 durch große Eroberungen aus, Evil:
Merodad) wurde 559 ermordet von jeinem Schwager
Neriglofior (559—556), deiien Sohn Labojoarchad
555 durch Nabonad (Beljazar), unter dem 538
Cyrus Babylon eroberte und mit dem perjifchen
Reiche —— Als höchſten Gott verehrten die
Chaldäer den Bel, den Herrn des Himmels, d. 5.
die Kraft der Sonne; ihm zur Seite ftand die My—
litta (vgl. Meni Jef. 65, 11), die Göttin der Frucht:
barkeit. Diejer Cultus wandelte ſich in Gejtirn:
dienft, der bas Leben der Erde ald ein Abbild des
am Himmel Borgezeichneten betrachtete, und end⸗
lid in einen Bolytheismus, unter dem die Priefter
einen eisen Geheimdienft weiter pflegten.
S. auch VBabylonien.
Cha Bade Chriſten. S. Neftorianer,
Chaldũiſcher Dialekt. S. Semitiſch.
. &halmers, Dr. Thomas. Geb. 17. März 1780
in Oft: Anftruther. Prediger zu Kilvany 1803,
1815 zu Glasgow, machte er dort den Verſuch, das
Armenweſen alöein Gemeindewerk der brüderlichen
Hülfe und Handreihung zu reformiren und bie
Armen der perfönlihen Pflege von 25 Diafonen
zu übergeben. Vgl. Gerlad, die lirchliche Armen—
pflege des Dr. Chalmers, Berlin 1842. Seine
Grundfäge ſprach er in mehreren Schriften aus,
3. B. On the Christian and economic Polity.
Profeffor zu St. Andrews in Edinburg 1823, feit
1834 Mitglied der General Assembly, brachte er
jeinen Plan zur Ausführung, daß die Kirche Dem
Mangel an gottesdienftlihen Gebäuden aus den
Mitteln der freiwilligen Liebe abhelfen müffe.
Und al31834 der Staat in Bezug auf die Pfarrei:
bejegung dur die Patrone den Gemeinden Das
Vetorecht verjagte, war er der Führer bei der
Trennung der freien ſchottiſchen Kirche vom
Staate und Borfigender ihrer Aljembly. +31. Mai
1847. Vgl. Köftlin, die fchottifche Kirche, 1852.
Ghalne, 1. Mof. 10, 10. Am, 6, 2. Jeſ. 10, 9.
Ktefiphon, Stadt am öjtlihen Ufer des Tigris,
Seleuciagegenüber, Winterrefidenz der parthijchen
Könige, wahrſcheinlich Hauptjtadt der aſſyriſchen
Provinz Chalonitis,
Chalonitis. Landſchaft in Afiyrien, ſ. den Art.
Chalne. Damit ift nicht zu verwechſeln Kalachene
(hebr. Chaladı, 2. Kön. 17,6), eine afiyrifche Bro:
vinz an der Grenze von Armenien, wohin bie
Jiraeliten deportirt wurden,
Chalons
Chalons. Yon den in Chalons gehaltenen =
noden 470, 579, 594, 603, 649, 650, 818, 839,
873, 886, 915, 1056, 1072, 1073, 1115, 1129 find
bemerfenäwerth die von 650 wegen 20, und bie
von 813 wegen 60 Kanones über die Kirchenzucht.
Cham (Ham), Chamiten. Der Sohn Noahs,
1. Dof. 5,32; 7,13; 9,18; 10,1. Inder Völter:
tafel 1. Mof. 10, 6 ff. werben von ihm abgeleitet
4 Bolfaftämme, nämlich die Kuſchiten (Methiopier),
die fih in Süd:Arabien und nad) Mefopotamien
auäbreiteten, die Aegypter (Mizraim), Phut (die
Rauretanier) und die Kanaaniter. Die Sprache
einzelner dieſer Völler wird herkömmlich die femi-
tiſche genannt, weil die jemitifchen Stämme der
Chaldäer und Iſraeliten die chamitiſchen Urein:
wohner Mefopotamiend und Paläſtina's fiber:
wanden und ihre Sprache annahmen. Die Religion
war Naturbienjt der — und gebärenden
Raturfraft, Baal und Mylitte, in verfchiedener
Ausprägung und Ausbildung. Die Stammesab-
neigung zwischen Iſrael und den Kanaanitern ſ.
1.0of. 9,20—27, Vielleicht liegt in der Stelleeine
Anjpielung darauf, - in Kanaan die hamitifche
—— der zeugenden Kraft in Unzucht aus:
Chambres ardentes. Der in Frankreich 1535
zur Ausrottung der Hugenotten errichtete außer:
ordentliche Gerichtshof.
Chamier, Daniel. Reformirter Geiftlicher zu
Rontclimar, geb. 1564, fehr einflußreiche Perfön:
lichleit unter den Protejtanten Frankreichs. Er
wer Mitglied der Nationaljynode von Saumur
1597, und feine Feſtigkeit ſoll weſentlich dazu
igetragen haben, daß das Edict von Nantes er:
laſſen wurde. Bon nun an war er eines der her:
vorragendften Mitglieder der franzöfiihen Natio:
naljimoden. Im Fahre 1612 Pfarrer und Brofeffor
mu Wontauban, ficl er bei der Belagerung deffelben
1621 durch eine feindliche Kugel, tief betrauert.
Son feinen polemiſchen Werken ıft das bebeutendite
Panstratiae catholicae corpus, von feinem Sohn
1626 herausgegeben; im Auszuge von Spanheim
1643, Chamierus contractus.
Chamos. Hauptgott der Moabiter und Ammo⸗
niter, 4. Hof. 21, 29; Richt. 11, 24; Ser, 48, 7;
defien Cultus Salomo in Iſrael einführte, 1. Kön.
11,7. Wahrſcheinlich urjvrünglich daſſelbe wie
Baal und Moloch. Nach jüdischer Sage in jpäterer
Zeit —— dem Symbol eines ſchwarzen Steins
verehrt.
mpeauy, Wilhelm von (de Campellis). Be:
rühmter Lehrer der Scholaftik in Paris, und eigent:
liher Gründer der Pariſer Univerfität. Nachdem
er zuerft Dialektif und Rhetorik in Paris gelehrt,
befuchte er die Schule zu Zaon, deren berühmter
Lehrer Anſelm von Laon ihn begeifterte. Als Leh:
ter der Theologie kehrte er 1108 nad) Paris zu:
räd, wo ihm Übrigens durd) das glänzende Auf:
treten feines Lehrers Abälard das Leben verbit:
tert wurde. Er ftarb 1113 als Bischof von Chalons.
133
Charenton
blieb er bi zur Convention von Amboife 1563,
mannigfad für die Kirche thätig, feiner Gemeinde
ern, 1571 gab er in Folge einer Erbichaft fein
mt auf, widmete fich auf feinem gone dergeifts
lihen Pflege der Neformirten in Lyonnais und
nahm Theil an den Synoden von Rodelle 1571
und Niämes 1572. Infolge der Bartholomäus:
nacht flüchtete er nad) Genf, wo er, nachdem er
eine Zeitlang Theologie gelehrt Hatte, Paftor
und fpäter aud) Profefjor der Dane Sprade
wurde. yortwährend in enger Verbindung mit der
king el wurde er erwählt, die Einigung mit
en Deutichen zu betreiben, begleitete aud) 1587
Heinrich IV. als Feldprediger und hielt das Gebet
vor der Schlacht bei Goutrad. + 23. Febr. 1591.
Seine 23 Schriften een fih auf Kirchenver:
fafjung, Kirchenrecht, Geſchichte und Dogmatik;
ihr Verzeichnif; France protest. IIL 320—332.
Ehanning, Wild. Ellory. Geb. zu Newport in
Rhode-Island am 7. April 1780. Ward 1803
ze einer congregationaliftifchen Gemeinde in
ojton, wurde bald ein berühmter Prediger und
Schriftſteller, und eine Autorität nicht bloß für
religiöfe, ſondern fürdie mannigfachften humanen,
focialen, pädagogischen Befirebungen. Eine impo:
nirende eletfiche Berfönlichkeit, ift feine Wirkjam:
feit von er Arte Segen begleitet ge:
wefen. Sn religiöfer Beziehung vertrat er eine
fittlich « praftifche Richtung, im Gegenſatz zur
theoretiſch- dogmatifchen, und hat darin für bie
Entwidelung des kirchlichen Lebens einen großen
Einfluß erreiht, indem er für diefe Richtung ein
Vorbild geworden ift. Er ftarb als das Haupt ber
Unitarier 1842. Eine Auswahl feiner Werke in
beutfcher Ueberſetzung von Sydow und Schulze,
1850—1855. Val. Bunfen, Gott in der Geſchichte.
Zaboulaye, Oeuvres sociales etc. 1854. Nippold,
Prot. Monatsbl, 1866,
Chantal, Johanna Francidca Fremiot, Baros
nin von. Geb. 28. Januar 1572 zu Dijon. Früh
verwittwet, erwählte fie 1604 Franz von Sales
zu ihrem Beichtvater, auf deſſen Anregung fie ald
die Erfte dem Orden von der —— ariä
oder den Salefianerinnen beitrat, den tie nad
feinem Tode allein leitete. Sie ftarb 1641 und
wurbe 1751 heilig gefprochen.
Chaos. Der Urzuftand’der Dinge, das ununter:
ſchiedene und ununterfheidbare Nichtetwas, aus
dem die Welt durd die Schöpfung ſich herauss
bildet, das potenzielle Sein, das erſt zum wirk⸗
lihen Sein gejtaltet werden muß. Das Chaos ift
nad den meilten Kosmogonien ber Alten die
Grundlage der Schöpfung; fo bei Hefiod. Nach
manden Auslegern ift au das Tohu Vabohu
der Bibel ein .. Chaos.
Character hypostaticus nennt bie Dogmatit
den nbegriff Alles deflen, —— drei tri⸗
nitariſchen Perſonen bei völliger Weſenseinheit
ſich als ſelbſtändig von einander unterſcheiden.
Character indelebilis, unauslöſchliches Ge:
Champion, Pierre de. Stifter des Ordens ber |präge, geben nad) kath. Lehre die drei Sacra-
Auguftinerinnen von Tournay 1424.
handieu, Anton de. Geb. 1534. Trat in Paris
ber reformirten Gemeinde bei und wurde, nad) | Yebensbeziehungen. Daher können dieje
| mente der Taufe, Firmung und Briefterweihe; der
Menſch tritt durch fie in unmwiderrufliche geiftige
acra⸗
ZSollendung feiner theologiſchen Studien unter | mente weder aufgehoben noch wiederholt werben.
Calvin, Baftor an derſelben 1554. Wegen einer
Vertpeidigungsichrift ver Neformirten gefänglich befaunt durch ve
ingezogen, befreite ihn Anton von Navarra mit
Roffengemalt 1558. In den folgenden Unruhen
Charenton. Ein Fleden in der Nähe von Paris,
iedene Synoden im amyral⸗
bifchen Streite. Die von 1645 ſprach Amyraut
von der Anklage auf Heterodoxie frei.
Charfreitag
ehren ©. Charwode.
Gharpentier, Hubert. Licentiat der Theologie
1633, der Stifter des Ealvariften:Drdens.
GEharpentier, Peter. Ein proteftantifcher Rechts⸗
134
Chemnik
jübifcheSecte der gen geftiftet durch Iſrael
Saat Schem (Beiht) um 1740 in Medziboze in
Rodolien, der ald Prophet und Wunderthäter auf:
trat. Er und feine Nadfommen ftehen als Zadif,
elehrter, der fid) zum Spion bes franzöfifchen | Gerechter, mit Gott in Verbindung, und daher neh:
ofes unter den Hugenotten in Genf und Fran:
reich Kr ließ und 1572 eine Vertheidigung
der Bartholomäusnadt herausgab. Zur Beloh:
nung wurde er Mitglied bed Staatsraths 1573
ra — der Rechtsſchule von Pont a Mouſſon.
1612.
Gharron, Peter. Geb. zu Paris 1541. Ein fran:
öfifcher Geiftlicher, der, früher Advocat, fid) einen
amen als Prediger und als Polemiler gegen die
Reformirten erwarb. 1594 Generalvicar zu Ca:
hors. + 1603 zu Paris. Sein Traite des trois ve-
rites 1594 ift gerichtet gegen Atheiften, Heiden,
— Muhamedaner und Häretiker. In dem
raite de la sagesse 1601 fpricht fid) ein Sfepti-
cismus aus, der auf den Einfluß des Philofophen
Montaigne, mit dem er befannt war, zurüdzu:
führen ift, und der dem Berfaffer Anfeindungen
zuzog.
Wartophylar. In der griechiſchen Kirche einer
der — Geiſtlichen, mit dem Berufe, die kirch—
lihen Documente zu verwahren.: Bei fteigendem
Einfluß nahm er jpäter die Stelle ein, Die der
Generalvicar in der lat. Kirche hat; er befigt ge:
wifle Ehrenvorrechte und Rang vor den Biſchöfen.
arwode, Stille Woche. Das Wort ift nicht
abzuleiten von zapıs, Gnade, jondern von caren,
Hagen, trauern. St die eigentliche Gedächtniß⸗
feier des Leidens Chrifti; die freier der einzelnen
Tage ift der Erinnerung an die Borgänge in den
entjprehenden Tagen gewidmet; es treten daher
hervor: 1) Der Sonntag der feier des Einzugs
in Serufalem, ber Balmfonntag; er ijt ausge:
zeichnet Durch die Balmenweihe und die Palmen:
progeffion. Den Namen Dominica indulgen-
tiae führt er, weil in ber alten Kirche an ihm die
bevorjtehende Abfjolution angekündigt wurde. 2)
Der Gründonnerjtag. Der Name wird verſchieden
* eleitet; vielleicht verband ſich mit ihm eine
ymboliſch gedeutete Frühlingsfeier Als Stiftungs:
tag des Abendmahls ſchon zu Auguſtins Zeiten
ſolenner Abendmahlstag. In Rom beſondere Feier:
die Fußwaſchung, die Verkündigung der Nacht—
mahlsbulle, die Weihe des Salböls u, * 3) Der
Charfreitag wird in der römiſchen Kirche als
Trauertag ohne alle Feſtlichkeiten des Gottes—
dienſtes, ohne Glockengeläute und ohne Eonjecra:
tion der Abendmahlselemente gefeiert, und iſt
ftrengfter Fafttag. 4) Der Samftag als Dftervigilie.
In der evang. Kirche ift der m vorherr:
hend der Eonfirmationstag geworden. Der Grün:
onnerjtag wird nicht allgemein ald Communions⸗
tag firhlid) begangen. Dagegen wird in der deut:
fhen Kirche, welcher feit 1862 die Schweiz fi an-
gefatofen hat, der Charfreitag ald der Höhepynit
er firhlichen Feiern des Jahres angeſehen, hinter
ben ſelbſt die Ofterfeier zurüdzutreten ſcheint.
Chaſiphja. Esra 8, 17; ift vielleicht im nord⸗
öftlihen Medien am kaspiſchen Gebirge zu ſuchen.
Chaſſidim. Fromme. 1) Ein geheimer Bund
unter den Juden zur Zeit der Seleuciden, ber un:
ter den Berfolgungen den nationalen und religiö:
fen Geiſt zu erweden und zu fräftigen ſuchte. Nach
Einigen follen aus ihnen unter veränderten Heit:
umftänden die Eſſäer geworden jein. — 2) Eine
men an berjelben alle Diejenigen Theil, welche dem
Zadil ſich anſchließen. Strenge Unterwerfung um:
ter denfelben in allen Lebensbeziehungen ift die
erfte Bedingung, daneben große (Freiheit des finn-
lihen Lebens, Sie beobadhten den Talmud und
abbaliftifche Gebräude. Bon der herrſchenden
Synagoge find fie ercommunicirt. Die Secte ift
verbreitet in Polen und den Donauländern.
Chatel, Abbe Ferdinand Francois, Ein fran-
zöſiſcher Freiheitsſchwärmer. Geb. 1795 zu Gan:
nat:en»Bourbonnais, 1818 Pfarrverwejer zu
Moulins, Pfarrer in Monetay, 1823 Aumonier bei
ber Garde, ftiftete er in der Aufregung der Juli:
revolution eine neue Kirche, Erlise catholique
frangaise ober unitaire frangaise, die, von allen
Hrijtlihen Wahrheiten entlleidet, nur das natür—⸗
liche Gejeg zur Geltung ige u follte. Er verfün-
digte feine Lehre in einer Reihe von Schriften:
Profession de foi de l'égçlise cathol. frang. Par.
1833; Catöchisme à l’usage de l'église cath.
frang. 1833; Le code de l'humanite 1838. Vom
Großmeiſter der Templer Fabre Palaprat lieh er
fi zum Primas von Gallien weihen. 1842 ſchloß
die Polizei feine Capellen, er befam eine Anftel:
lung im Poftdienfte. Ein Verſuch nach der Revo:
[ution von 1848, feine Reformation zu wieders
holen, hatte kein befferes Ergebniß. Er jtarb 1857.
Ghavila. 1.Mof. 2,11; wird gedeutet als Ara-
bien (Neltere), weil das Paradied am Zufammen=
jluß des Euphrat und Tigris zu ſuchen ſei; oder
Sufiana, wenn dafjelbe in Babylonien (Hopkin>
fons), oder Paläftina (Clericus nad) 1. Sam. 15,
7), oder Kolchis (die Meiften, auch Bunfen), oder
Ava (Indien, fo Buttmann) u.a. — ©. Eden. —
u unterſcheiden davon ift die femitifche Landſchaft
haulan in Nordjemen. 1. Moſ. 10, 29; 25, 18;
1. Sam. 15, 7.
Ghazaren. Das Reich derjelben dehnte fi vom
faspiihen Meere bis in die Krim aus, und wurde
1016 von den Ruffen zerjtört. Geſchichtlich merk:
würdig dadurch, dab Jahrhunderte lang feine Kö:
nige Shen waren, aber Heiden, Chrijten und
Muhamedaner Religionsfreiheit genofien. Wenn
der Brief des Rabbi Chasdai, jüdiſchen Minifters
am Maurenhofe in Spanien, an den König Joſeph
der Chazaren 958 (in der Vorrede zu Burtorffs
Ausgabe des Buches Kosri) echt ift, fo ijt jeden:
falls die Antwort des Königs, in weldier er die
Fragen beantwortet und über das jüdiſch⸗-chaza—
tische Reich Auskunft ertheilt, apoltyphiſch. Auf
Anfuchen der Chazaren wurde von Michael III.
von Byzanz 960 der Mönd Conſtantin (Eyrill)
zu ihnen gejendet, um ihnen das Evangelium zu
verfündigen. Da das jüdiſche Reich nad) ihm fort:
beftand, tft fein Erfolg jedenſalls nicht umfaſſend
gemejen. Man hat auch in den Chazaren die 10
Stämme Sfraeld wiederfinden wollen.
Chemnitz, Martin. Geb. 1522 am 10. November.
Studirte 1539 —47 Mathematif und Humaniora
zu Frankfurt und Wittenberg, inzwifchen war er
einige Mal um des Unterhalts willen Schullehrer.
Als Hofmeister fam er nad) Königsberg, erlangte
die Gunft des Herzogs Albrecht, wurde 1549 fein
Kalendermaher und Bibliothelar und ftudirte nun
Cherbury
Theologie. Aber als Gegner des nad) Königsberg
berufenen Dfiander nahm er dort feinen Abichied, | F
trat 1553 in Wittenberg als theol. Lehrer auf,
übernahm 1554 eine Nredi erjtelle zu Brauns
(dmeig und ward bort —— 1567.
71586. Einer der bedeutendften Theologen ber Re:
formationgzeit, begründete er feinen Ruf burd)
fein Examen Concilii Tridentini 1565—73, eine
Iharffinnige, aud) von Katholifen anerlannie Fri:
ti der Tribentiner Concilienbeſchlüſſe, die Fort:
fegung einer vernidytenden Polemik gegen den
Jeſuitenorden, welche er mit feiner Schrift Jesui-
tarumtheologiae praecipua capita eröffnet hatte.
In den Innerconieifionehen Streitigkeiten feiner
Zeit nimmt Ch. ebenfalls eine hervorragende Stel:
lung ein. Er vertrat bier den Standpunlt der
„reinen“ Iutherifchen Lehre, ohne jedod) den Fa:
natiömus fo vieler Mitftreiter zu teilen. In den
adiaphoriftifchen Streitigkeiten war er mit Mörlin
auf dem Wittenberger Eonvent und dem Wormſer
135
Chiliaſten
heiligſten auf der Bundeslade mit ausgebreiteten
lügeln und mit zum Deckel der Bundeslade
geſenltem Angeſicht. Nach Ezechiel iſt ihre Geſtalt
viel verwidelter: die Cherubim haben vier Geſich—
ter (das Gefiht eines Menſchen, eines Stiers,
eines Löwen, eines Adlers), vier Flügel, den
ganzen Leib mit Augen bededt, und find mit einer
außergewöhnlichen Schnelligleit ausgerüſtet. Le:
ber ven ſymboliſchen Sinn der Cherubim giebt e3
verſchiedene erg Keil hält die Cherubim
für Engel; de Wette für Symbole von Natur:
fräften,; Emald, Knobel u. N. ſehen fie als Wejen an,
auf denen thronend Gott San: Riehm hält
fie außerdem für Wejen, deren Beftimmung ift,
die Heiligthümer zu behüten, befonders aber die
für die Menſchen unerträgliche glanzvolle Erſchei—
nung Gottes zu bededen. Die Analogie ber Che:
rubim mit den Greifen, welche in den indischen
Bergen das Gold bewachen, und den griechiſchen
und ägyptifhen Sphinxen liegt nahe; über ben
Eolloquium 1557. Im Hardenbergifhen Abend: | gefchi — Age erg mg eecrigrn da
mahläftreite ſchrieb er 1560 De coena Domini, die iſt man aber nod) nicht Mar. Ebenſowenig ift der
enwart ha aus dem Schriftwort bewei: | Urfprung deö Namens feftgeftellt. Außer den exe:
ſend. Die Dfiandrifhen Streitigkeiten wurden
rag durch das von Chemnik und Mörlin ver:
faßte Corpus doctrinae Prutenicum 1567. Im
majoriftiihen Streite fhrieb er fein Bedenken
1568, und das durch die fryptocalviniftifchen Strei:
tigfeiten zur Unterbrüdung der Melancdhthonia:
ner veranlafte Corpus doctrinae Julium 1559
wurde unter jeiner Mitwirfung verfaßt. Mit Hef:
tigkeit trat er ald Vertreter des reinen Luther:
thums dem Wittenberger Katechismus 1572 ſchroff
entgegen. Großen Antheil hat Ch. an der Eoncor:
dienſormel; wie er fich für die ſchwäbiſch-ſächſiſche
Formel intereffirt hatte, jo war er Mitverfafler
des Torgauifchen Buches 1576 und revibirte daſ—
felbe mit Andreä und Selneder zu Klofter Ber:
en 1577, bemühte ſich perſönlich bei den Fürften
x Annahme defjelben und fchrich die Apologie
1581. Die ungünftige Aufnahme des Eoncordien:
werles in Braunſchweig beugte ihn jehr, er alterte
vor der Zeit und legte 1584 fein Amt nieder.
Eherbury, Edward Herbert, Lord. Geb. 1581 zu
Nontgomery in Wales. Gefandter Jakobs I. nad)
Paris 1616. + 1648. Einer der Begründer des
engliihen Deidmus durch feine philofophifhen
Sthriften De veritate 1624, De causis errorum
1645 und Liber de religione gentilium 1645, in
denen er den Deismus zuerft ſyſtematiſch dar:
ftellte und die Behauptung zu begründen juchte,
das Ehriftenthum jei nicht Die allgemeine Religion,
weil fie die göttliche Vorſehung nicht genug erfen:
nen laſſe.
C . ©. Bann.
Gherubim. Symbolifche Figuren in ben reli:
giöjen Vorftellungen der Hebräer, welche 1. Moſ.
3, 24 das Paradies bewachen; Pf. 18, 11; 99, 1
ger Werfen über bie angeführten Stellen vgl.
iehm, De natura et notione symbolica Cheru-
borum, Bafel u. Ludwigsburg 1864.
Cheſil. Stadt im Stamme Juda. Joſ. 15, 30;
nad) 19, 4 und 1. Chr. 4, 30 daſſelbe wie —
Cheſſalon. Joſ. 15, 10; jetzt Kesla, zwei Mei⸗
len weſtlich von Jerufalem.
Cheſuloth. Stadt im Stamme Iſaſchar, Zof.
19, 15; jegt ein Dorf Namens Ikſal, weitlih vom
Thabor.
Chierſy. Ort im Erzbisthum Rheims. Auf der
Synode zu 38 im Jahre 849 wurde Gottſchall
wegen feiner Prädeſtinationslehre verurtheilt, und
die von 853 billigte die entgegengefegte Lehre
Hincmars. In den Acten der Synode von 857
über den Streit zwifchen Bincmar und er
von Soifjond wurden zum erften Mal die pjeudo»
iſidoriſchen Decretalen angezogen.
Ehili. Freiftant in Südamerika zwiſchen bem
großen Ocean und den Eordilleren, feit 1817 ſelb⸗
ftändig, wird vermaltet nach der Gonftitution von
1833. Die katholiſche Religion ift die Staats—
religion; doch herrſcht Neligionsfreiheit, und das
Staatsgeſetz Hält die Kirche in großer Abhängig:
feit, Sämmtlihe Kirhengüter find eingezogen,
die Geiftlichen werden vom Staate bejoldet. Die
Zahl der Klöſter ift beſchränkt und den Religiofen
der Austritt geftattet. Unter dem Erzbiſchof von
Lima ftehen die Suffraganbijchöfe von ©. Jago,
Conception und Coquimbo.
Chiliaflen. Chiliasmus ift der Glaube an ein
bevorjtehendes 1000jähriges Neid) Chrifti, welches,
durch feine fichtbare Wiederkunft begründet, eine
Zeit des Friedens und des volllommenen Genufjed
darbieten werde, ohne Trübung durch Sünde
——A—— tragen; 2. Moſ. 25, 18ff.; und Uebel. Der Chiliasmus iſt Die Uebernahme
7ff.
die Bundeslade in der Stiſtshütte be:
wachen, ebenso ı. Aön. 6,23 ff. im ſalomoniſchen
Tempel, deren Bildnifie in die Teppiche der Stifts:
hütte gewebt 2. Moj. 26, 1 und in die Wände des
Tempels gefchnigt waren, 1. Kön. 6, 32. In Bezug
auf die Geftalt der Eherubim fann bie piöterifähe
Beihreibung Ey. 1 nicht maßgebend fein. Nach
2, Mof. 25, 18— 20; 37, 7—9; 1. Kön.6, 23—23;
8,6.7; 2. Ehr. 3, 10—183 hatten fie die Geitalt
don geflügelten Menſchen; zwei jtanden im Aller:
der jüdiſch-meſſianiſchen Ideen in das Ehriften:
thum; feinen bibliſchen Ausdrud findet er in der
Offenbarung Johannis, zu der alle hiliaftifchen
Syſteme zurüdtehren. In der alten Kirche jehr
verbreitet, namentlih unter den Judendriften
(vgl. Brief des Barnabas, Papiad, Irenäus
u. a.), wurde er von dem Presbyter Cajus, Ori⸗
genes und feiner Schule befänpft und ſchwand
mit der zunehmenden Nadt und Ausbreitung der
Kirche, die das Reich Gottes auf Erden darzuftellen
Chilmad
fih volllommen bewußt war. In der Reformations:
eit erwachte der Chiliasmus von Neuem, zuerjt
in jehr finnlidyer Geftaltung bei den Wiedertäu:
fern, darnad) bei vielen Shwärmern und Secten,
denen die unfichtbare Kirche zu geftaltloswar, und
die in der Örgenwart nur die Herrſchaft der Sünde
und des Weltgeiftes fahen. So namentlich im 17.
Sahrhunderte die Camifarden und die böhmifchen
und Ir ie Brüder (vgl. Comenius, Lux in
tenebris), die der Untergang ihrer Gemeinden nö:
thigte, ihre Hoffnungen auf die Wiederkunft Chrifti
zu vertagen. So die Labadiſten, die Antoinette
Bourignon mit ihrem Anhänger Peter Poiret
Economie divine 1687), in England die Jane
eade (+ 1704), in Deutjchland die Weigelianer,
Wilhelm Joahim er In der Berleburger
Bibel fand diefer Chiliasmus feinen Ausdruck, bis
Bengel benfelben (1740) biblifch zu begründen
fuchte, und Detingersd Theofophie ihn aufnahm.
Seitdem ift er die Lieblingälehre vieler Kreiſe ge:
blieben. Da der Mittelpunft des Gottesreiches
Serufalem fein muß, bereiteten Manche ſchon den
Auszug nad) dem gelobten Lande vor. Stark er:
fünt mit chiliaſtiſchen Ideen ift die heutige Juden:
miffion, welche die Belehrung Iſraels und die neue
Sammlung des Volkes als die biblifche Vorbedin:
gung für dad Kommen des Reichs aufjtellt. Durch⸗
aus auf hiliaftifhen Vorausſetzungen ftehen die
Svedenborgianer, Jrvingianerund Darbyften, und
ald Garricatur haben die Heiligen der legten Tage
(Mormonen) ihr Reid am Salzjee gegründet als
die Verwirklihung eines Gottesreihes. Der Chi:
liasmus verfennt das Gefe der Entwidelung in
136
Chor
150,000 Befehrte zählte. Die Feindſchaft wer
Mandarinen benugte einen Regierungswechjel;
da3 Chriftenthum wurde bei Todesftrafe verboten,
der Jeſuit Schall (1684) mit feinen Genofjen vor
Gericht gezogen, einige von ihnen getöbtet, die
andern verbannt. Noch einmal erhielten fie einen
Freibrief, bis die Streitigkeiten zwifchen den Do:
minicanern und Jefuiten über die bei den Letztern
gewohnte Accommodationan das Heidenthum, wo:
bei der Bapft ſich auf die Seite der Kläger ftellte,
dad Anfehen der Ehriften ſchwächte. Die Verfol:
gungen begannen wieder 1747 und das Chriften:
thum blieb durch ſcharfe Edicte verboten, bis es
1845 für unſchädlich und zuläſſig erflärt wurde.
Die römische Kirche hat durd) Errichtung von vier
Bisthümern die Mifjion fofort aufgenommen.
Proteftantifcher Seits Hatte Gützlaff ſelbſtändig
feit 1826 in Ehina gewirkt; feine Bemühungen
gingen dahin, befehrte Chineſen zu Evangeliften
Im Innern zu bilden. Früher hoch erhoben, ift
die Frucht feiner Arbeit fpäter um fo bitterer ge:
tabelt worden. China ift der Zielpunft aller prote:
ftantifchen Niffionsarbeitengemworden. In Deutſch⸗
land bildeten ſich drei verſchiedene Gejellichaften
* China, bie ſich 1856 zu dem Geſammtverein
ür chineſiſche Miffion vereinigten; außerdem ha:
ben Barmen und Bajel dort Stationen erridtet.
Die Hoffnung, daß die Revolution der Taipings
dem Chriftentyum den Weg öffnen werde, bat
ſich als — — erwieſen.
Ghinnereih. Cinnereth. Joſ. 11, 2; 19, 85;
5. Woj. 3, 17; ift Genezareth (f. d. 9.).
Chios. Inſel im Archipelagus, jegt Scio. Apftg.
dem geiftigenZeben der Welt, und in dbogmatijcher | 20, 15
und ethiſcher Befangenheit dad zwar langjame,
aber trog ſcheinbarer Unterbredungen und Rüd:
fhritte dennoch ftetig fortichreitende Einwirken
des de Geiſtes auf die Gefammtentwide:
lung der Menjhheit. Zum Chiliagmus können
ebendeähalb nicht gerechnet werden Syſteme,
welche, wie dad Rothe'3, eben diefe Zuverficht nur
zum concreten Ausdrud der Hoffnung der Vol:
endun eg Bol. Eorrodi, Geihichte des
Ehiliadmus, 1783,
Ehilmad, Ey. 27, 23; ift vielleicht die Stabt
Eharınande in Mefopotamien.
China. Ueber die alten inefiihen Religions:
formen ſ. Confuciud. Seit dem 7. Jahrhundert
hatten Neftorianer das Chriſtenthum hier verfün:
digt und beim Eintritt der mongolifhen Herrſchaft
beitand eine organifirte neftorianifhe Kirche. Der
Großlhan Kubilai ſoll dann um 1270 den Papft
um Miffionare haben erfuchen lafjen. Ausgejen:
dete Dominicaner und Minoriten erreichten ihren
Beftimmungsort nicht, bis Johannes von Monte
Eorrino in China eintraf, und bald eine fatholi:
he Kirche begründete, der er ala Erzbiſchof von
ing vorftand. + 1328, Dem ſich ausbreiten:
den Ehriftentfum trat aber der Bubbhismus mit
fiegreiher Concurrenz entgegen; und als bie
Mongolendynaftie 18370 in China unterging, wurde
auch das von ihr beſchützte Chriftenthum wieder
ausgerottet. Die Bortugiejen, die 1522 zuerft
wieder mit China in nähere Berbindung traten,
fanden keine Spur mehr. Die Jefuiten übernah:
men die Miffion 1583, und da fie ed verftanden,
fih zugleich durch andere Kenntniſſe nüslih und
beliebt zu machen (Matthäus Ricci, Adam Schall),
jo breitete fich bie Kirche fo aus, daß fie um 1651
Ghisloth-Tabor. of. 19, 12.22; 1.Chr.6, 62,
Stadt im Stamme Sebulon.
Chittim. 1. Mof. 10, 4. Der Name eines von
Javan abftammenden Volkes. Es find gemeint
die Bewohner der Inſel Eypern, Zef. 23, 1. 12;
Ez. 27, 6; Jer. 2, 10; jo auch Jofephus und Hie:
ronymus. In den Stellen Dan. 11, 30; 1. Maft.
1, 1; 8, 5 wollen Manche die Macedonier ver:
ftanden wiffen. Entweder ift der Name jelbftändig
von dem Ortsnamen Eitium auf Cypern abgeleitet,
ober, was fid) übrigens Damit verbinden läßt, der
Name der Eyprioten ift einige Male im weiteren
Sinne gefaßt.
Ehiun. Amos 5, 26. Wird von manchen Aus:
legern als die Gottheit Saturn aufgefaßt; Ewald,
Hitzig und Bunfen überfegen in der betr. Stelle:
das „Geſtell“ eurer Gögenbilder.
Chlodwig. Fürft der faliihen Franken, der
Stifter des fränfifhen Reiches. Sein Uebertritt
zum Chriſtenthum 496, nad) dem Gelübde, das er
in ber Schlacht bei Zülpich geleiftet, ift zum Theil
dem Einfluß feiner katholi den Gemahlin, ber
burgundiſchen Königstochter Chlotilde, zuzufchrei:
ben; zumeift aber waren eö Gründe der politijchen
Zweckmäßigkeit, dieihn bejtimmten. Sein Chriften:
thum ließ ihn eher befähigt erjcheinen, über die
Hriftlihen Stämme zu herrſchen, die er vereinigen
wollte, und fein Katholicismus gab ihm den Vor:
wand, bie arianiſchen Fürften zu befriegen. Wie
dem auch jei, fein Uebertritt bildet in der kirch⸗
lichen Geſchichte Deutfchlands eine wichtige Epoche.
Er ftarb, da er eben 511 das erfte Concilium
fräntifcher Biſchöfe verjammelt Hatte.
Ghor. Der Theil der hriftlichen Kirchen, der
für die Geiftlichleit beſtimmt ift und in dem ber
Choral 137 Chriftenverfolgungen
Hochaltar ſteht; Daher aud) der Name für den ge: | zur Aushülfe in der Seelforge. Sie heißen auch
meinfamen Gebetädienft der Geiftlichen (officium
publicum), befonders der Chorherren, Kanoniler
und der Mönche. — Die "ix endorfſche Gemeinde
it, nad) den Lebensverhältniſſen ihrer Mitglieder,
in Ehöre eingetheilt.
1. Der langſame, feierliche lirchliche
Gemeinde ent: —— gebraucht von den
gregorianiſchen Prieſtergeſaͤngen und ſpäter von
der Grundmelodie in dem figurirten Geſange, hat
dad Wort in der evangelifhen Kirche die oben an:
argebene Bedeutung erhalten, ald man anfing,
Sammlungen von Gemeindegefängen für den
med der Orgel (Choralbücher) zu veranftalten.
Der rhythmiſche Choral, d. h. ein mit größerem,
ausdrucks vollerem Wechfel des Rhythmus gejunge:
ner Gemeindegejang, ift bie urjprüngliche Sing:
meije, findet aud) in unjerer * wieder viele An⸗
hänger und iſt von der Eiſenacher Kirchencon—
ferenz 1853 empfohlen worden. Andere dagegen
baben Bedenken, ſowohl äfihetifche, als praktische,
da nur mit ber äußerjten Anftrengung eine Ge:
meinde für den rhythmiſchen Choral eingeſchult
werden kann. ©. auch Kirchengeſang.
Der Ort des Geſangunterrichts für
Die Chorknaben in den Domtirchen; in den Klö—
fern der zum Chorbienft bejtimmte Ort hinter
dem Hochaltar. Dann die Chorfingfnaben, die
aus den erfchulen ausgewählt wurden.
Chorbiſchof. So heifen die Bifchöfe eines Sand:
iſtrictes in der griechiſchen Kirche, die allmählich
im Rang unter die Biſchöfe der Städte herabge:
drüdt wurden und als ihre Gehülfen erjchienen.
Ym Abendland kommen jie nur vereinzelt im ran:
tenreiche vor, ald von den Biſchöfen angeordnete
Gehülfen und Vertreter. Die Ruraldialonen mad):
ten fie völlig überflüffig.
Ghorenten. Nebenname der Meflalianer. ©.
d. Art.
ya Bezeihnet im Canton Bern bie
mit der Ehegerichtöbarkeit und der Sittenpolizei
betraute Behörde; wurde eingerichtet, als die bi:
ihöflihe Gewalt aufgehoben war 1528, beftand
aus 2 Mitgliedern des fleinen, 2 des großen Ra:
thes und 2 Predigern und hielt feine Sigungen
in dem Ehorherrenftift zum Münſter, daher der
Name. Chorgerichte wurden aud) in den Gemein:
den deö Waadtlandes, wo die bernijche Kirchen:
erdnung galt, eingeführt. Sie erhielten die Sitten:
glei, als 1561 Birets und der andern Prediger
en nad) Einführung calvinifcher Kirchen:
zucht abgelehnt worden war. Als wejentlich bür—
erlihe Gerichte ftanden fie von 1704 ab unter
ath und Bürgerſchaft als höherer Inſtanz. Erjt
1852 wurden die Chorgerichte zu Kirchenvorftän:
den, die auch zu der Theilnahme an den Synoden
berechtigt en
Ghorgejang bildet den Gegenjat zum Gemeinde:
gelang, tft in der katholiſchen Kirche jaft ausſchließ⸗
id an die Stelle des legteren getreten, in ber
proteftantifchen Kirche aufein Minimum bejchräntt,
oder ganz weggefallen. S. Kirchengeſang.
Ghorherren. S. Auguftiner und Kanoniter.
Ghorsicar. In der uftäfung des kanoniſchen
een im 10. Zahrh. eitellten die Kanoni⸗
ier fi Stellvertreter für den regelmäßigen Chor:
dienft; allmählich wurden ſolche Stellen ftändig
und fundirt und daher auch nad dem Triden:
unum beibehalten zur Verjtärfung des Ehors und
ebendati,
Chridma. S. Salböl.
ade — S. aus Chriſtus.
Chriſtenthums⸗Geſellſchaft. Geſtiftet durch J.
Johann Urlsperger, Senior zu Augsburg, 1780
zu Baſel, als eine Verbindung aufrichtiger Chri—
ſten zur Beförderung wahrer Gottſeligleit, die
ihren Sit erjt in Nürnberg, dann 1784 in Bajel
hatte und fih durch Zweigvereine über Süd:
deutſchland verbreitete. Da fie die Beftrebungen
der innern und äußern Miſſion zufammenfakte,
bildeten fih aus ihr neue Vereine mit beſtimmtem
Zweck: die Bafeler Bibelgejellichaft 1804, die Miſ—
jionsgejellichaft 1816, die Beuggener Anjtalt 1820
unb mehrere andere, woburd der Hauptverein
immer mehr in Schatten getreten ift. An feiner
Spite ftanden als Leiter und Geichäftsführer
Schmidt, Steinlopff, Blumhard und Spittler;
fein Organ war jeit 1784 die Monatsſchrift:
Samnılungen für Liebhaber driftliher Wahr:
heiten.
Ghriftenverfolgungen gingen zuerft von ben
Juden aus, als durd) den Delenikten Stephanus
der Gegenſatz des Chriftenthums gegen den Tem:
efbientt hervorgehoben wurde. Die ftrenger juden⸗
iftliche Partei ſcheint nie verfolgt zu * die
inrichtung des Jakobus war ein einzel ng ei
Act, der in der Politik des Agrippa, den Phari:
jäern zu fchmeicheln, fich begründet. Unter Elau-
dius 53 erlitten die Chriften die erfte Verfolgung
von den Römern, aber auch nicht wegen ihrer be»
fondern Religion, fondern weil fie no von den
Juden nicht unterfchieden wurden. Die erjte eigent⸗
lie Chrijtenverfolgung brach unter Nero aus, der
auf die Chriften die Schuld des von ihm verur-
ſachten Brandes der Stadt job, 64 n. Ehr. Un»
ter den folgenden Kaiſern A fi) der Gegen:
fat des der römischen Herrſchaft zu Grunde lie
genden nationalen und religiöfen Geiftes zu dem
der hriftlichen Gemeinde und brady von Zeit zu
Zeit in heftigen Verfolgungen aus. Gemöhnlid)
werden 10 derſelben angenommen, unter Nero 64,
Domitian 95, Trajan 105, Marc Aurel 177, Sep:
timius Severus 202, Marimin 235, Decius 249,
Balerian 257, Aurelian 275, Diocletian 303-311.
Zwiſchen dieje fallen Verfolgungen in einzelnen
Provinzen, da die den Chriften feindlichen Gejege
nie aulachaben waren. Toleranzedicte gab erit
Gonftantin 312 und 313, und als er felbft über:
trat, hatte das Chriftenthum die Herrſchaft ge:
wonnen. Andere größere Verfolgungen fanden
ftatt in Berfien 343 und 414, auch hier vorwiegend
aus politiihem Intereſſe; jpätere Bedrüdungen
fallen immer in die Zeit des Krieges mit den
Griechen, für deren natürliche Verbündete die Chri:
iten galten. Schwer traf dienordafrifanijche Kirche,
die unter den römifchen VBerfolgungen am meijten
gelitten hatte, die Verfolgung , weldye der Van—
dalenfürjt Geiferich 439 über fie verhängte und
Hunnerih 483 mit verfchärfter Graujamleit er:
neuerte, um den Arianismus an bie Stelle des
Katholicismus zu jegen. Die Muhamedaner dul:
deten in der Regel die Ehriften in den eroberten
Ländern. Verfolgungen, bie zeitweilig auftraten,
haben jpecielle, nicht in der Religion liegende Ber:
anlaffungen und blieben local beihräntt, jo unter
Harun al Rafid, bem fatimidischen Kalifen Halin,
und in Spanien unter Abderrahman II. 850-852.
Chriſtfeſt
Die Ausbreitung des Chriſtenthums unter den
ermaniſchen und nordiſchen Völkern iſt gleich
falls überall durch Perioden der Verfolgung und
verfuchten Ausrottung der eben begründeten Kirche
unterbrochen worden; fo unter den Gothen durd)
Athanarid 350, als Ulfilas auswanderte; bei
den riefen unter Nabbod 714—719; in Däne:
mark um 870; in Preußen 1207, 1225, 1231.
In der neuern Zeit fanden größere Chriftenver:
folgungen ftatt in China 1750, 1815, 1839 und
Sapan 1597 u. öft.
Sitten ©. Weihnadten.
Chriſtian. Biſchof —— Geb. zu Freiim:
welde. Giftercienfermönd zu Klofter Kolbag und
zu Oliva. Ererbat ſich 1210 mit mehreren Ordens:
brüdern von Innocenz IIL. die Erlaubniß zu einer
Miffion nad) Preußen. Nach den erjten Erfolgen
zum Biſchof geweiht als Suffragan von Gneſen,
ließen ihn die Rachezüge der Preußen die Noth:
wendigkeit eines ftarfen militäriſchen Schußes er:
fennen. Er ftiftete 1225 den Orden ber Ritter
Ehrifti, und rief, als faft die ſämmtlichen Ordens:
lieder in einer Schladht gefallen waren, 1228
beutichen Orden nad) Preußen, der das Land
für das Chriftentfum und für ſich eroberte. In
den legten Lebensjahren (F 1241) hatte Chriftian
vielfahe Verwidlungen mit dem Orden, der bie
Herrſchaft des Biſchofs nicht anerkennen wollte,
und mußte wiederholt den Schuß des Papjtes in
An ih nehmen. .
briflian II. von Dänemarf. König ber ver:
einigten Reihe Schweden, Rorwegen und Däne:
marf. Geb. 1481. Seine Abficht, die Reformation
in feinem Lande einzuführen, ſcheiterte durch die
ruckſichtsloſe Grauſamkeit feiner jonjtigen Regie:
rung. Er hatte wiederholt Luther um einen Theo:
logen gebeten ; verbot aud) der Univerfität Kopen⸗
Bogen, Luthers Lehre zu verdammen. Allein die
edrängniß, in bie er en durch das Stodholmer
Blutbad 1520 verjegte, nöthigte ihn, um des Kai:
fer8 und des Papftes willen, ſchon vorbereitete,
der Reformation günftige Geſetze zurüdzuziehen.
Der Aufftand der Prälaten gegen ihn 1523 trieb
ihn der Reformation noch mehr entgegen. Luther
ewann ihn völlig, fo daß er 1524 die Bibelüber:
etung nad Dänemark endete. Um die Hülfe
Karls V. zu gewinnen, ſchwor er 1530 den evan:
gelifhen Ölauben wieder ab; als aber fein Unter:
nehmen mißlang und er jelbft 1552 gefangen ge:
nonmen wurbe, fehrte er in feiner Ketterhatt 1532
— 1546 zu dem Belenntniß feiner Ueberzeugung
zurüd. Nachdem er 1546 dem Thron entjagt hatte,
ftarb er 1559 auf dem ihm überlafjenen Schlofje
Kallundborg.
Ehriflian gr Herzog von Sachfen : Zeit.
Der Convertit. Biſchof von Naab. Geb. 9. Oct.
1666. Diente unter Karl von Lothringen gegen
die Türken; trat heimlich 1689 zur römiſchenKirche
über, 1691 öffentlid und wurde Biſchof und Gar:
dinal von Sachſen. Er war das Hauptwertzeug
bei der Gonvertirung Friedrich Auguft's I., feines
Betters, der ihm 1. Jan. 1697 die Generalbeichte
ablegte, und über den geſchehenen Uebertritt eine
Urkunde ohne Datum zu beliebiger Ausfüllung
beffelben empfing, damit er ſich um den polniſchen
Königäthron bewerben könne.
Ghriflfatholifd nennen fi die Deutſchkatho⸗
liten. ©. d. Art.
Chriſtologie. Der Abſchnitt in der riftliden
138
Chriftologie
Dogmatif, ae von ber Perfon Chrifti han⸗
deit, heißt Chriftologie. Sobald fih um Chriftus
ein größerer Kreis von Erfolg feiner Wirkſamkeit
og und je mehr dur fein Hinſcheiden der per=
— Eindruck von ihm ſchwand, deſto mehr er:
wachte die Neflerion über jeine Berfon. Im Gans
jen findet fich in den ee Evangelien noch
er unmittelbare Eindrud jeiner Perjönlichkeit,
ohne daß ſchon ein beftimmter dogmatifcher Be:
griff die Darſtellung beherrſchte. Jeſus felbit
nennt fih Menfchenfohn (f.d. A.), duldet aber ven
Ausdruck Gottesjohn (Matth. 16, 16) im Sinne
des Meſſias, der in den ſynoptiſchen Evangelien als
eine von Gott gejalbte, prophetenartige Erjchei:
nung (Matth. 3, 16; Luc. 24, 19) aufgefaßt wird.
Erft die Vorgejhichten bei Matthäus und Lucas
führen durd) den Bericht einer Zeugung aus dem
h. Geift eine zur weitern Begriffdentwidlung ge:
eignete bogmatifche Vorftellung in die Evangelien
ein. Die Kpolalypfe eht von jüdiſchen Borftel:
lungen aus, erhebt aber die menſchliche Perſön—
lichleit Jeſu zu ſolcher Höhe, * ie Prädicate
Jahve's auch auf Chriſtus überfließen (1, 17 f.;
2,8; 22, 13). Paulus geht vom Begriff des zwei⸗
ten Adam aus (Röm. 5, 12 ff.) und fließt als:
dann, daß Chriftus dem Fleiſche nad Sohn
Davids, dem „Geifte der Heuligfeit” nah So
Gottes (Röm. 1, 3) fei; er ift ber „himmlische
Menſch“ (1.Kor. 15, 47), infofern der Geift, nicht
das Fieiſch, das ſchlechthin regierende Princip in
feiner Berjönlichkeit Hu In den jpätern Briefen,
bejondersan die Kolofjer, Bhilipper und in den Pa-
ftoralbriefen, ift [yon eine jpeculativere Faffung an
die Stelle der bezeichneten getreten. Indem Bhil.
2,6 ff. eine unperfennbare Vräerifienz lehrt, Kol.
1,15. 16; 2,9 Chriftus als das Princip der Welts
ſchöpfung anfhaut, 1.Tim. 3, i6 die Offenbarung
eines ſchon exiſtenten Göttlichen vorftellt, fo ft
dieſe Vorſtellungsweiſe ſchon auf derjelben Linie
mit der johanneifchen Lehre vom Logos. Der nad)
verbreiteter, aber nicht unbeftrittener Anfiht aus
der philoniſchen Philofophie herübergenommene
Begriff vom Logos gab endlich im vierten Evan:
geltum die philoſophiſche Unterlage für das ſchon
lange nad einem Begriffe ſuchende Bedürfniß,
zwiſchen Chriſtus und Gott einen tieferen Zu
fammenhan nachzumeifen. Bon der im Prolog
oh. 1, 1 ff.) ausgeſprochenen Lehre ift die ganze
arftellung des Evangeliums erfüllt, Chriftus er:
fcheint mit vorweltlidem Bewußtfein (17, 5) und
mit der Macht eines in irdifche Hüllen gelleideten
öttlichen Weſens. — In der Folgezeit ſpinnen
Fi bie beiden Richtungen, welde ſich jhon im
Neuen Teitament geltend machen, conjequent wei:
ter fort, die heidendriftliche am johanneifchen Lo⸗
908 anfnüpfend, den Gedanken der Gottheit im:
mer weiter entwidelnd, im Onofticismus bis zum
Dofetismus, d. h. der Vorftellung, daß das leib:
liche Leben Ehrifti ein bloß ſcheinbares geweſen iſt,
fortfchreitend; . die judendpriftliche, indem fie fi
mehr an das Prophetenbild der Synoptifer ans
ſchloß und im Ebionitismus bis zur BVorftellung
vom „bloßen Menſchen“ gegenüber der Logoslehre
fortging. Je mehr das Sudengriftentfum ein
überwundener Standpunkt wurde, defto mehr fam
die Logoälehre zur unbeftrittenen Geltung (Juftin,
Tatian, Theophilus), indem nur nod) die Antwort
auf die Frage, ob der Logos perjönlid oder un:
perjönlich zudenken ſei, eine Zeitlang(Athenagoras,
Chriftologie
Itenãus) ſchwankt. Nähere Beftimmung über
das Verhältnii des Logos zu Gott finden wir
zuerjt bei Tertullian, welcher den Logos jubitanz:
artig aus Gott emaniren läßt und ihn Gott un:
terordnnet, und zweitens bei Origenes. Letzterer
ftellt zwei Pofiulate zur Beitimmung des Logos:
begrifieß auf: 1) die Ewigkeit des Logos und
2) feine Unterordnung unter den Vater. Dadurch,
daß diefe Prädicate gegenfeitige Beſchränkungen
enthielten, wurde Origenes der Anlaß für zwei
auseinandergehende Rıdıtungen und den ganzen
dogmatifchen Kampf, welder im 4. Jahrh. jeinen
Anfang nahm. Nachdem der Streit des Diony-
ſius von Alerandrien, welcher behauptete, da der
Sohn ein vom Vater verſchiedenes Geſchöpf jet,
und des Dionyfius von Nom, welder die Einheit
beider fefthielt, ein Vorjpiel gebildet hatte, brach
in dem arianifchen Streit endlich der ganze Wider⸗
fpruch hervor. Arius behauptete, daß der Sohn
ein zeitlich gewordenes, vom Bater verſchiedenes
Geſchöpf jei, wenn aud) das erfte unter allen, wo:
egen Athanafius und das Concil zu Nicäa (325)
n Begriff der Weſensgleichheit (ouoovaıos) zur
firhlihen Geltung bradıte und ihn aud) gegen:
über dem Auakunftömittel der Wefensähnlichkeit
u Gonftantinopel (381) fefthielt. Als damit bie
h e über das Jenſeitige in ber Ehriftologie ent:
hieden war, erhob fich fofort eine neue Frage
über die Art der Verbindung der beiden, des Gött⸗
lihen und Menſchlichen, in der geſchichtlichen Per:
ion Chrifti. dem zuerft Apolinaris durch
feine Theorie, daß der Yogos in een die Stelle
eingenommen habe, die ſonſt der Geiſt (vovs) ein:
nehme, den Wiberfpruch der Kirche (381) heraus:
gefordert hatte, war es vorzüglich Neftorius, wel:
der die beiden Naturen in Chriftus fo jehr trennte,
daß er eö für unlogifch erflären mußte, die Maria
Gottesgebärerin zu nennen, aber er wurde daflir
erdammt auf dem Concil zu Ephejus 431. Das
Princip der Einheit der Perſon Chrifti war damit
ausgejprochen, und es ſchien nur conjequent, wenn
der Kr pimanbrit Eutyches den Say ausſprach, es
* nur Eine Natur in Chriſtus und ſelbſt fein
ib habe eine dem unfrigen — Beſchaffen⸗
beit. Aber Rom (Brief Leo's d. Gr.) und das Con⸗
cil zu Ehalcedon 451 F en dieſe Conſequenz nicht,
fie verdammten ben clan und den Eu:
tyhianismus und definierten einen zwiſchen beiden
fiegenden Begriff, der ausſprach, daß eine Einheit
der Raturen beftehe ungetheilt und ungejchieden
(ddimperws, dywgiorws), aber auch unvermiſcht
und unverändert (dovyyvrws, drgenrws). Die
Anhänger des Eutychianismus eriftirten als Tee:
tif tei fort, vielfach — und durch
Compromiſſe herbeigelockt, bis der Verſuch des
Kaiſers Herallius, die Monophyſiten durch das
eſtändniß des einen Willens (638 Mono—
theletiämus) zu verſöhnen, bewies, daß man Com:
promifje für fernere — unterlaſſen müſſe.
Das 6. öf. Concil zu Conſtantinopel 680 ſchloß
die chriſtologiſche Lehrbildung ab. Die dogmati⸗
che Windſtille, welche hiermit eintrat, wurde nur
durch den fog. Adoptianismus unterbrochen, d. h.
bie Lehre zweier ſpaniſcher Biſchöfe, — ———
von Toledo und Felix von Urgella, daß Chriſtus
feiner menſchlichen Ratur nad) nicht in demſelben
139
Chriftologie
nach diefer Unterbredung auf der Synode in
Frankfurt a. M. 794 wiederhergeitellt. Die Ne:
formation hat grundjäglich dad Dogma von Chri:
tus unverändert gelaſſen; nichtädeitomeniger hat
ih aus dem Gegenfahe der lutheriſchen und ve:
ormirten Abendmahlslehre hervor aud) ein Gegen:
fag der chriſtologiſchen Borftellungen in beiden
Kirchen herausgebildet. Die Lutherifche Abend:
mahlslehre verlangte als Stütze Die Lehre von der
Ubiquität (Allgegenwart) des Leibes Chrifti, dieje
aber wieder eine bejtimmte Theorie über das Ber:
hältniß der beiden Naturen in Chriftus. Da trat
nun die Lehre von der communicatio idiomatum
hülfreich in die Iutherifche Dogmatik herein, d. 5.
die Lehre, daß die Eigenſchaften jeder der beiden
Naturen auf die andere übergegangen feien, oder
vielmehr, da nur die eine Seite der Sade eine
praftiihe Bedeutung hatte, dab die Eigenjchaften
der göttlihen Natur fi) au der menſchlichen
mitgetheilt Haben. Dem gegenüber erllärte die
teformirte Kirche dieſe Uebertragung von gött:
lien Eigenſchaften auf den Menſchen Jeſus für
eine bloße Redefigur, hielt an der Trandcendenz
des Logos feft und ließ Chriftus nur durch ben
— Geift mit dem Logos verfnüpft fein. Der Unter:
chied beider —— eht in dieſem Buntte fo:
weit, daß im lutheriihen die Menjchwerbung
durdans nicht Eins mit feiner Empfängniß tft,
vielmehr dem Stande der Erhöhung angehört und
ſchon vor der Empfängnif als die Aufnahme
der Menfchennatur in die Unendlichkeit der Trini⸗
tät vollzogen ift, im reformirten Dagegen bie relas
tive Menſchwerdung zugleich den der Ernies
drigung bildet. Iſt damit im reformirten Syitem
die Menjchlichkeit Jeſu als das Wefentliche betont,
jo bilden die arminianiſche Lehre von der vorwelt⸗
lichen, aber geſchöpflichen Eriftenz des Sohnes, und
die rein menſchliche Auffaſſung der Socinianer
mit ihrem Zuſatz einer Apotheoje nur Folgerungen
aus der reformirten Lehre. Die theologijche Ent:
widlung in ber proteftantifhen Kirche hat in der
golgegeit eine Reihe von neuen chriftologifhen
uchen hervorgebracht. Der Nationalismus
nahm feinen Ausgangspunkt in dem Kantſchen
Beprill eines notwendigen Tugendideals, indem
er in Chriſtus die Verwirklichung bes letztern er:
fannte. Hatte den Rationaliömus der Begriff
eines Borbildes geleitet, fo bedurfte dagegen
Scleiermader eines vollendeten Urbildes Der
Menichheit, da feine religiöfe Heilsgemeinſchaft
nothwendig den Ausgangspunkt in einer ſchlechthin
volltommenen, alle na —— die Menſchheit
irn und befeligende Wirkung in fidh ſchlie—
enden Perſönlichkeit forderte. Andere Verfuche
ſchließen ſich meift in den bunteften Schattirungen
an den Begriff des Urbildes an; der Bantheismus
hat in Chriftus den höchſten Punkt der in der
Menſchheit ſich ſelbſt erfaſſenden Gottheit erfannt;
die a durch die Ziteraturdes „Leben Jeju”
hindurchgegangene Theologie hat ſich dagegen von
ben dogmatifchen Begriff gänzlich —“ und
verweiſt die Frage nach Chriſtus ausſchließlich auf
das Gebiet der geſchichtlichen Unterſuchung. Die
Forderung der vollen Menſchlichkeit iſt mit den
meiften diefer legtern Nerfuche verbunden und
der Begriff der religiöfen Genialität vielfad
Einne Gott fei, wie feiner göttlichen nad, daß als erflärende Grundlage gewählt worden. So
vielmehr erftere nur eine Adoptivfohnfchaft bean: verſchieden diefe Methode auch von der dogmatis
yruchen Lönne; aber die dogmatifche Ruhe wurde ſchen fein mag, das erkennt ſelbſt die radicalite
Ehriftoph 1
Unterſuchung diefer Methode mit ber dogmatiſch⸗
confervativen an, daß in ber Perſon Chrijti eine
efhichtliche Einzigartigkeit vorliegt und daß die
iffenfchaft, jei ed auf dem Wege der Philofophie,
fei es auf dem Wege der Geſchichte, dieſes Räthſel
zu löfen hat. — Literatur: f. Dogmatit, Dogmen:
geihichte, biblifche Theologie, Symbolik. Außer:
dem Specialwerke; dogmengeſchichtliche: Dorner,
die Lehre von ber on Ehrifti, n. Aufl. 1853-
1857,2 Bode. Baur, die chriftl. Lehre von der Drei:
einigleit und Menſchwerdung Gottes in ihrer ge:
ſchichtlichen Entw., Tüb. 1841 — 1843, 3 Bde.
Dogmatiſche: Herder, von Gottes Sohn. Sar:
torius, die Lehre von Chrifti Perfon und Wert,
7. Aufl. 1857. Nägelsbach, der Gottmenich, die
Grundidee u. ſ. w. 1853. Thomafius, Ehrifti Per:
fon und Werf, Erl. 1858 — 1855. Schnedenbur:
ger, Vom doppelten Stande Chrifti, 1548. Geh,
die Lehre von der Perſon Chriſti u. ſ. w. 1556.
Ath. Coquerel, Chriftologie, deutſch von Althaus,
1860. ©. ferner „Leben Jeju“.
Ehrifleph, Herzog von Würtemberg. Geb. am
12. Mai 1515. Der Sohn des Herzogs Ulrich,
der durch den ſchwäbiſchen Bund aus feinem Lande
vertrieben wurde. Am bayeriſchen Hofe erzogen,
erlangte er die Gunft Karls V., wodurch es ihm
möglich wurde, feinem Vater die Herrſchaft wieder
u verſchaffen. Rad deſſen Tode ergriff er 1550
Fofort die Regierung, obwohl das Yand in Folge
des ſchmalkaldiſchen Krieges für ein öfterreichifches
—* erllärt war. Nach dem Vertrag von Paſſau
und dem Vergleich mit Ferdinand 1552 hob er
das Interim auf, berief Brenz zu ſich und organi:
firte die Iutherifche Kirche durch die Kaftenord:
nung 1552, die Kleine Kirhenordnung 1553, die
be 1559; 1553 wurbe der Hlirchenrath (das
2 eingefett, 1556 die Klojterorbnung
erlaſſen. Bereitwillig zeigte er fich zur Beſchickung
des Tridentiner Concild, wofür er die Confessio
Würtembergica ausarbeiten ließ, die freilich nicht
einmal zum Borlefen kam. Ebenjo bemithte er
ch um die Einigung der evangelifchen Kirche
eutſchlands. Er veranlaßte das Wormſer Ge:
fpräd) 1557, auf dem freilich Brenz und mit ihm
die würtembergifche Kirche durd das ſchärfere
Betonen der Ubiquitätälehre ſich noch mehr von
den andern trennte. 1561 brachte er ven Raum—
burger Fürftentag zufammen, und als Friedrich
von der Pfalz fi) von den Lutheranern getrennt
—* verſuchte er durch das Maulbronner Ge—
präch 1564 noch einmal die Differenzen auszu—
gleihen. Er ftarb am 28. Dec. 1568, als einer
der edelften und frömmiten deutichen Fürften.
GChriflophorus, der Papft. Ein Römer, Das
Schickſal, das er feinem Vorgänger Leo 503 be:
reitete, widerfuhr ihm nad) 6 Monaten 904 durch
feinen Nachfolger Sergius III. er wurde entthront
und in den Kerker geworfen.
Chriſtophorus, der Heilige. Von diejem Heiligen
ift nur gewiß, daß erim Morgen: und Abendlande
feit langer Beit verehrt wird. Die alten Martyro:
logien, die auf einen Märtyrertod unter Decius
hinweifen, jagen nichts von feiner riefenhaften
Größe, nod) davon, daß er den Heiland durd das
Meer oder den Rhein getragen habe, welches Ver:
dienft ihm doch allein einen Blaß unter den Noth:
helfern verſchafft hat. Die erften Spuren der Sage
finden ſich im mozarabifhen Miffale. Sie muß
hren Urjprung haben in altgermanifcher Mytho:
40 Chriſtusbild
logie oder in ſymboliſchen Charakterdarſtellun—
en.
— Chriſt⸗Orden. Geftiftet von Dionyſius von Por,
tugal 1317 als Ritterorden zum Kampf gegen bi
Mauren, mitden Satzungen der Eiftercienfer, erhielt
er die Güter des aufgehobenen Templer-Ordens.
Nach feinen Erfolgen wurde ihm das Gelübdeder Ar:
muth und der Keufchheit von Alerander VI. erlaf:
fen. 1550 vereinigte Johann IIL die Großmeifter:
würde mit der Krone. Der Orden ift fäcularifirt
und zum Verdbienftorben geworden. Uebereinftim:
mend mit dem portugiefiihen hatte Johann XXIL
einen Orden in Jtalien geftiftet; auch diefer befteht
nod) als päpftlicher Berdienftorden. Beide Orden
haben Großkreuz, Comthure und Ritter, das Or⸗
— ift ein weißes Kreuz mit rother Ein-
aflung.
/hristo saerum. Eine religiöfe Genoffenfhaft
in den Niederlanden, geftiftet 1797 dur Onder
van Byngaard:Geanzius, Bürgermeifter von Delit,
in der auf Grund des Glaubens an die Gottheit
Chrifti und fein verfühnendes Leiden der Unter:
ſchied der Confeffionen überwunden fein follte.
Der Gottesdienft zerfiel in Ehrdienſt (liturgiſcher
Gottesdienſt) und Lehrdienft. Religionsfreiheit
erhielt die Gejellichaft 1802, Die en der Mit:
glieder betrug anfangs mehrere Taujend, nament⸗
lih Mennoniten, war aber ſchon 1822 bedeutend
ejunfen und ift jeßt jehr gering. Ihre Grundſätze
And dargelegt 1801 in der Schrift Het genoot-
schap Christo sacrum binnen Delft
Chriſtus. Daſſelbe Wort wie das hebräiſche
Meifias, der Gefalbte, ift der ftehend gewordene
Beiname Jeſu von Nazareth, aus dem eriten Für:
zeiten Belenntniß der Gemeinde: Jeſils ift der
Chriftus, d. 5. der erwartete König und Heiland
feines Bolles. Val. d. A. Meſſias und Jeſus
Chriftus. Bon diefem Belenntniß erhielten zu
Antiochien feine Anhänger den Namen Chriften.
Die Form des griehifchen und lateinifchen Wors
tes weift auf den Urfprung des Namens unter
den Heiden hin, die das Wort Chriftus für einen
Berfonennamen hielten. So fheint ihn auch Sue—
ton in der befannten Stelle Judacos impulsore
Chresto assidue tumultuantes aufzufafien.
Ghriftusbild. Die ältefte Kirche benugte zur
Darftellung Ehrifti eines der Monogramme jei:
nes Namens, das A und D, oder das Bild des
Lammes und bejonders gern des Fiſches, weil die
Buchftaben des griechiſchen Wortes 2yIrs die An:
fangsbuchſtaben des Bekenntnißſatzes Thoooc Xor-
org HEov viic durijo enthielten. Später ſchon
2 Daritellungen Chrifti nad) den Gleichnißreden,
o das beliebte Bild des Hirten mit dem Yamme
auf den Achſeln. Eigentliche Chriftusbilder fin:
den fich erjt unter Gonftantin, als die Freiheit
der Religionsübung das Verberaende des Sym—
bold unnöthig erfheinen ließ. Die Darftellung
ſchwankt zwischen dem Bilde eines idealen Jüng-
lings und des bärtigen Mannes. Im 4. Jahr:
hundert tritt die Sage von dem Bilde Jeſu auf,
welches abaedrüdt auf dem Schweißtuche der 5.
Beronica König Abgarusvon Edefſa bejefien Haben
follte, und von demjenigen, welches dem Cvange:
liften Lucas zugeichrieben wurde, Darnach ent-
widelte fich für die Chriftusbilver des Mittelalters
ein fefter Typus. Chriftuserjcheint mit ovalem Ants
39 grader Naſe, gewölbten Augenbrauen, hoher
Stirn, geſcheiteltem, wallendem Haupthaar und
Chrodesang
lurzem, aeipaltenem Barte, Ald Typen aller ſpä—
teren Daritellungen find anzujchen die berühmten
Ehrifiusbilder von Raphael, Guido Reni, Garacci
und Titian. Die Kunſt wird immer wieder als
ihre Höchfte Aufgabe die Ausprägung eines Chri:
fiusbildes verjuchen, indem ihr bei dem Fehlen
eines jeden Portraits die vollite Fehlen gelafjen
ift, das Bild nach der geiftigen Auffafjung von der
Berjon Chriſti zu entwerfen; jo wird das Chriftus:
bild immer ein Spiegel jein für die religiöfe Auf:
faflımg einer Zeitperiode. Die nächſte Aufgabe
wird dahin gehen, zugleich mit dem Ausdrud der
unbedingteften vefigiöfen Hingabe und der tiefiten,
geweihteften Sammlung den der energifchiten ſitt⸗
lihen Thatfraft E vereinigen.
Ghrodegang. Geboren aus vornehmem Geſchlecht
im Haspengau zu Anfang des achten Jahrhunderts,
trat in den geiſtlichen Stand und wurde von Karl
Nartell zum Referendar und Kanzler erhoben,
erhielt 742 das Bisthum Met und ging 753 als
Sefandter zum Longobarden:König Aiftulph, um
zwiſchen ihm und Bapit Stephan zuvermitteln. Bei
der Reform feines Klerus folgte er dem Borbild
Auguftins und verordnete ein gemeinfames Leben
der Geijtlichen, aud) eine Gemeinschaft der Stu:
dien und Des Gebets, welches zu den beftimmten
Stunden, horae canonicae, in der Kirche gehalten
werben follte, nach Art der Mönchsregel, nur daß
der Klerifer im Befit feines Vermögens blieb.
Diefe Regel Chrodegangs wurde von Karl dem
Großen im ganzen Reiche eingeführt und erwei-
tert, vonder Aachener Synode 816 beftätigt. Seine
Regel findet ſich pe bei Manfi, Collectio
eonciliorum, und bei Holften, Codex regularum.
+ 766. Bol. die Acta sanct. März 1, 458.
Chromatius. Biſchof von Aquileja ſeit 388, ge:
hörte zuden gelehrten Freunden des Hieronymus;
er vertheidigte den Chryfoftomus und fuchte ver:
gebens Hieronymus und Rufinus zu verjühnen.
Sein literarifcher Nachlaß ift großentheils ver:
loten gegangen. Manches ihn Bugeiähriebene ift
ie ? 406.
Chronicon paschale. Eine ältere hriftliche
Chronik, welche die Zeit von der Schöpfung bis
6 n. Chr. umfaßt und aus vielen alten Schrift:
Rellern catenenartig zufammengeftellt ift. Den Ra:
men Chronicon paschale erhielt es von feinem
Herausgeber Ducange 1688, weil es immer die
Canones paschales einfdiebt und die Regeln der
Dfterberehnung damit giebt. Es jcheint die zweite
Hälfte von 354— 630 von einem anderen Ber:
ale berzurühren, als die erfte. Die Zeit der Ab:
afjung ift unſicher; Photius erwähnt das Buch
no nicht,
Chronik, Bücher der, heißen nad) Hieronymus
2 Geſchichtsbücher des Alten Teftaments, welche
von der Vulgata und den LXX Paralipomena
d. h. Ergänzungsbücher genannt werben, bei den
Hebräern Buch der Zeitgeſchichte heißen. Die bei-
den im Kanon voranftehenden Bücher Esra und
Rehemia rühren von demfelben Verfaſſer a und
bildeten urjprünglich mit der Chronik ein Ganzes.
Der Schluß der Chronik wird im Anfange des
Eära wiederholt, Das Buch kündigt fih an als
eine Geſchichte des Volkes Iſrael. Da esnun den
teuch und Jofua als kanoniſche und befannte
ücher vorausjegt, geht es über den Zeitraum
bis David fchneller hinweg, beſchränkt ſich aber
Im Fortgang aufdie Erzählung der Geſchichte Jerus
141
Chryſoſtomus
ſalems und zwar inſofern, als ſich in derſelben
die Herrlichteit des Volkes Gottes zeigt. Die Dar:
ftellung vermeilt daher bei David, Salomo, Afja
und Joſias und ſchildert ausführlicher die Tempel:
bauten und den Gultus, und die Verdienfte der
hervorragenden Männer um die Religion. Der
Standpunkt des Buches ift ein entſchieden Teviti-
ſcher, wie j don aus der Inhaltsangabe hervorgeht,
indem es mit Vorliebe die levitiihen glanzvollen
Zeiten ſchildert. Oft ift die Geſchichte ſtark im
levitiichen Sinne gefärbt, wenngleich der dem
Berfafier oft gemadte Vorwurf bewußter Ent:
ftellung der — durchaus ungerecht iſt. Die
Quelle des Buches war vornehmlich ein älteres
Geſchichtsbuch der Könige Juda und Iſrael, wel:
ches auch der Berfaffer des Buches der Könige be-
nutzt hatte oder welches mit diefem eins ift. Die
eitirten Prophetenfchriften waren Theile jenes
Werkes. Die Zeit der Abfafjung ergiebt ſich aus
1. Chr. 3, 16—24; Neb. 12, 10 ff.; 12, 22 und
aus der Bezeichnung der „Könige von Berfien“,
aus ber Rechnung nad) perjifchen Dariten (1. Chr.
29, 7); e8 muß die griechiiche Herrſchaft eben be-
gonnen haben. Damit ftimmt auch die Sprache,
die den Einfluß der aramäifchen Vollksſprache er:
fennen läßt. Der jüdiſche Kanon ftellt das Bud
in bie dritte Klafje der fanonijchen Bücher, der
Hagiographen, und bezeichnet e8 Damit als eines
der jüngeren. Commentar von Bertheau 1854,
im eregetiihen Handbuch.
Chrouologie, biblifche und riftliche. ©. Zeit:
rechnung.
Shrylantkus. Patriarch von Jeruſalem um
1710, der Nachfolger feines Vetters Dofitheus ;
hatte Ruf durch Kenntniß Haffifher Sprachen und
ald Prediger. Veranlaßte die Herausgabe der
Ilevonkia des Euthymius Bigabenus dur den
Metropolitan Athanafius und jchrieb Ilepi rwr
Exrinsaorızüv Ogyyırluy tig dvarokumns &x-
xAnvies.
Ghryfippus. Vorfteher des Klofters Laura und
der Auferftehungstirche in Jeruſalem, Hüter des
heiligen Kreuzes, hatte ſich nad) Baläftina begeben,
um den Unterricht des Abtes hymius zu ge:
nießen. Vgl. Euthymii vita. Vorhanden ijt von
ihm eine reis und ungebrudt Encomium 8.
Theodori Martyris.
Chryſologus. Der Beiname des Petrus von
Ravenna, geb. 406 zu Timola im Kirchenftaate,
433 Bifhof von Navenna. Eutyches wandte ſich
an ihn 448, um ihn für feine Lehre zu gewinnen.
In dem Antwortichreiben ermahnte ihn Chryſo—
logus, ohne auf die vorgelegten Fragen zu ant—
worten, dem Papjte in allen Stüden Folge zu
leiften. Seinen Ruhm und feinen Beinamen er:
hielt Betrus durch feine Predigten, deren 170 vor:
handen find, ein Theil derjelben allerdings unedht.
Es find kurze Baränejen, Erklärungen der Para—
beln und des Glaubensbekenntniſſes in gedrungener,
ſchwungvoller Sprache; intereſſant dadurch, daß
ſich in ihnen eine andere Redaction des Apoſto—
licums findet.
Chryſoſtomus (Goldmund), Johannes, der Kir:
chenvater. Geb. 347 in Antiodien. Ein Schüler
des RhetorsLibanius, war er eine Zeitlang Sad:
walter, 30g ſich dann in die Wüfte zurlick und ſtu—
dirte dort die h. Schrift. Nach Antiochien zurück—
nelehrt, empfing er 370 die Taufe. Der Wahl zum
Biſchof entzog er fich durch eine zweite Flucht in
Chub
die Wüfte, Nach feiner yrg 3 empfing er 380 die
Weihe als Diafon, 386 ald Presbyter, 387 hielt
er die berühmten 21 Reden über die Bildjäulen,
ernfte Strafreden, als in einem Aufftand die Bild:
fäulen des Kaiſers umgemworfen und beſchimpft
waren. Durch Verwendung ded Eutropius ward
er gegen feinen Willen 897 Bifhof und Patriard)
von Conftantinopel. Hierzeichnete er fih aus durch
treuen Eifer der Seeljorge, durch Beförderung der
Ausbreitung des Chriftenthums, durch feine Be:
mühungen um Hebung und Schmud des Gottes:
dienftes und feine Freimüthigkeit in der Rüge der
Sittenverderbniß bei Hod) und Niedrig. Da fi
Chryſoſtomus in den origeniftiihen Streitigfeiten
der langen Brüder (ſ. d. A.) gegen den Patriarchen
Theophilus von Antiodien annahm, berief diejer
403 eine Synode feiner Anhänger und der Geg:
ner des re: nad) Chalcedon (f. d. A.) ad
quercum (eis deür), welche über den nicht erſchei⸗
nenden Chryjoftomus das Abſetzungsurtheil aus:
ſprach. Ariadnus verbannte ihn. Die Furt vor
dem Unmwillen des Volkes nöthigte den Kaifer, ihn
zurüdzurufen. Alsaber Chryſoſtomus unerſchrocken
fortfuhr, die Sittenlofigfeit der Gemeinde zu ta=
deln und die Kaijerin Felbft fid) getroffen fühlte,
erneuerte eine Synode das Abfegungsurtheil, jeht
weil Chryfoftomus, von einer Synode verurtheilt,
ein Amt wieder aufgenommen, ehe ihm eine an:
Synode es verwilligt. Er ging ın die Ver:
bannung nad) Bithynien und ftarb407, 14. Sept.,
als er von Eucufus nad Pityus am Schwarzen
Meere gebracht werben follte. Durd Reinheit des
Charakters in ſchlimmer Zeit hervorleuchtend, ift
er für immer bedeutend geworden als driftlicher
Prediger, wenngleich er fa nach dem Geſchmacke
der Zeit nicht von prunfender Rhetorik frei hielt;
und durch tiefe Schrifterklärung, in der er im Ge:
genſatz gegen die Allegorijten ſich hiſtoriſch -gram—
matiſcher Interpretation befleißigte. Seine e
usgegeben von Dübner, Paris 1861. Die
Klier und dad Bud vom Prieftertfum oft
überjegt. Sein Leben beſchr. von Neander, 3.
Aufl. 1858.
hub. Ez. 80, 5. Ein Bolläname, der fonft nicht
wieder vorlommt; wenn nicht Chnab (Nubien)
oder Zub (Lybien) zu lejen ift, muß an ein nord»
afrifanifches Volk gedadyt werden.
Chur. Hauptftadt des Schweizer Cantons Grau:
bündten. Bifhofsfig. Nach der Ueberlieferung fol
der heil. Lucius, ein Schüler des Petrus, das
Evangelium in Rhätien verlündigt haben. Der
erfte ficher befannte Bijchof ift Ajimo um 452;
aus der Folgezeit wird genannt der heil. Ba:
Ientinian, der Erbauer des Luciuäflojters in
Ehur. + 548. Das Bisthum ftand unter Mailand
ala Metropole, bis es der Vertrag von Berdun
843 Mainz unterorbnete. Die geographiicdhe Yage,
die den Eingang nad) Italien beherrichte, madıte
das Bisthum politiſch wichtig; eine Zeitlang fun:
girten die Bischöfe als Taiferliche Statthalter; |pä-
ter reichöunmittelbar, wurden fie in den Streit
der Kaiſer mit den Bäpften vermidelt, und hatten
19 der Verſuche Dejterreichö zu erwehren, welches
as Bisthum dem Neich entfremden wollte. In
Folge der franzöſiſchen Revolution verlor Chur
alle außerjchweizerischen Landſchaften, e8 wurde
1823 mit St. Gallen vereinigt, aber 1845 wieder
als Bisthum —— gemacht. Die Refor-
mation fand zeitigihren Eingang, es wirkten bafür
142
Eilicien
der Schulleiter Jalob Salzmann (Aleander) und
der Pfarrer an St. Martin, Johann Komanber.
BVorbereitet war fie durch bie grenzenloje Verfun:
fenheit des Klerus: die Priefter führten Waffen,
und die Mönde hatten Weiber und Kinder im
Klofter. Der Artifelbrief des Bundestages vom 4.
April 1524 ftellte die ärgften Mißbräuche ab, die
evangelifche Lehre fand indeß durd Komanders
Predigt Eingang. Der Disputation zu Jlanz am
7. Januar 1526 folgte die Erklärung der Freiheit
des —— Bekenntniſſes 1526, der Feier bes
evangel. Abendmahles und der 20 Reformations:
artifel. Die Gegenanſchläge der Katholiten endig:
ten mit der Flucht des Biſchofs 1541 und der Ent:
hauptung des Abtes Schlegel wegen Lanbesverrath.
1557 wurden die Synoden eingerichtet. Wieder:
täuferifche Beftrebungen hatten ſich früh einge:
mifcht, waren aber ſchon 1526 zurückgewieſen. In
den italienischen Bezirken fanden antitrinitarifhe
Meinungen Anklang dur Francesco Galabreie,
Camillo Renati, P. Vergerius und Stancarus,
deretwegen die Confessio Rhaetica 1552 bear:
beitet wurde. Mar hierdurd die evang. Kirche in
Graubündten befeftigt, fo famen für einen Theil
derjelben ſchwere Tage, als dort die Proteftanten
im ®Beltlin gemordet wurben 1620, und 1621
Defterreih Engadin und Prättigau eroberte und
mit Dragonern zu reformiren begann. In
—* Freiheitslampfe, der erſt 1657 beendigt
5 fündigten beide Theile durch Barbarei.
©. 7 idelis.
Chyträus, David. Geb. am 26. Februar 1530
zu Ingelfingen. Lieblingsſchüler Melanchthons,
wurde er Profeſſor in Roſtock 1551, wo er am 25.
Januar 1600 ftarb. Er betheiligte ſich an mehre
ren Eonventen in den flacianifchen Händeln, an
der Abfafjung der Eoncordienformel und der Ord⸗
nung der öfterreihifchen Kirchenverhältniffe 1569,
wozu ihn Marimilian II. berief. Er ſchrieb u. A.
Onomasticon theologicum ; Regulae vitae 1555;
Historia Confessionis Augustanae 1578 und
Chronicon Saxoniae, Seine — Schrif⸗
ten erſchienen Leipzig 1599. Biographie von
Schütz 1720, von Preſſel 1862. Bol. Stud. und
Krit. 1853,
Ciborium. zıBwgiov. Urſprünglich die auf Säu:
len ruhende Ueberdachung des Altars, wie fie
in der griechiſchen Kirche fich noch findet, dann
das Schränkchen, worin die Hoftien u. dal.
aufbewahrt werden, auch Tabernatel genannt, und
der zur Bewahrung der Hoftien dienende Kelch
pyxis).
Cilitien. Die füdöftlihe Provinz Kleinaſiens,
begrenzt im Süden vom Mittelländifchen Meere,
im Norden und Weften vom Taurus:, im Dften
vom Amanus:Gebirge, mit der Hauptftabt Ta us,
dem Geburtsorte des Paulus. Zerfiel in das raube
Eilicien im Weften und das ebene, eigentliche,
obere Gilicien. Es war eine Provinz des Seleuct-
denreiches, 1. Makk. 11, 14; 2, Maft, 4, 36, und
wurde von Pompejus mit dem römischen Reiche
vereinigt 63 v. Chr. Unter den Einwohnern, dir
ſyriſch⸗phrygiſchen Urfprungs waren, befanden
jich viele Juden, Apftg. 6,9. Das Chriſtenthum
fand frühzeitig feine Anhänger, Apftg. 15, 23.41;
Gal. 1,21. Durch wen e8 dort gepflanzt wurde,
ift unbelannt, wahrfheinlih von Paulus wäh:
o“ Aufentyalts zu Tarfus, Apftg. 9, 30;
—
Gilicium
Cilicium. xudlxıov. Ein aus ciliciichen Ziegen:
143
Civilehe
Reformverſuche Einzelner rufen verſchiedene Ob⸗
haaren gefertigter Stoff, der zu groben Kleidern | ſervanzen hervor, Streitigkeiten im Orden ſelbſt
md Deden gebraucht wurde; daher das grobe
härene Gewand der Mönde und Aslketen. In
neuerer Zeit wird nur ein ſolcher Gürtel um die
Senden getragen, der in Klöftern ftrenger Objer:
varz aus Draht geflochten und mit Spigen nad)
innen bejeßt i
Gingulum. Der weißjeidene Gürtel des Tatho-
liſchen Geiftlichen, mit dem er die Alba gürtet.
Das Eingulum der Sutane und bed Ordens:
Heids ift von ſchwarzer Seide.
Gircada, Gircadura und Giremitio hieß die
freie Berpflegung, welche die Eircuitores, Vifita-
toren der Zandgemeinden, von ben Priejtern der:
jelben beanſpruchen fonnten.
Girenmecellionen. Der Name jener norbafti-
laniſchen Aöteten, welche den Donatiften fi an—
chloſſen, und im Gegenfat gegen die der Kirche
zu Theil gewordenen Begünftigungen von dem
diſchen Beſitz alles Elend der Kirche ableiteten,
in Haufen im Lande bettelnd umberzogen, aber
im wilden yanatiömus unter ihren Führern Fafir
und Arid einen Krieg gegen alle Befitenden
führten. Als Gewalt angewendet wurde, ihr Weſen
zu dämpfen, ſuchten fie häufig freimillig den Tod,
da fie das Leben veracdhteten. Der Name Circum⸗
tellionen ift ihnen von den Gegnern gegeben, fie
ſelbſt nannten fi Agonistici, Kämpfer Chrifti.
Bol. Reander, Kirchen-Geſch. IL, 517 ff. ©. aud)
Donatiſten.
Circumeisi,d. 5. Beſchnittene. Andere Bezeich⸗
nung der Bafagier. Eine Secte in Italien im 12.
Jahrhundert, die das moſaiſche Geſetz buchſtäblich
hielten und den Subordinationismus lehrten;
vielleicht ftanden fie in Berbindungmit einer alten
Bartei von Judendriften im Driente.
Gireumferiptionsbulle,. Eine päpftlihe Con:
fitution, in welcher die Abgrenzung (circum-
seriptio) einer Diöceje feftgejtellt und zugleich
Anordnungen über die Bisthumäverwaltung ge:
troffen werden. Die Abänderung der Grenzen
einer Diöcefe Tann ebenfowenig wie die Aufrich-
eines neuen Bisthums ohne Zuftimmung der
Landesgewalt geſchehen.
flertienſer⸗Orden. Wurde geſtiftet von dem
Benedictiner:Brior Robert zu Montier la Celle,
der mit Eremiten aus dem Walde von Molesme
en dem Orte Citeaux bei Chalons ein Kloſter nach
der firengen Benedictinerregel gründete. Als Ro:
bert 1098 Abt von Molesme geworden, folgte ihm
in Eiteaur Alberich, der die Statuta Cistertien-
sium aufitellte. Die Strenge der Askeſe unter
Stephan Harding brachte den jungen Orden dem
Untergang nah, als ihm Bernhard von Clairvaur
beitrat. Der Orden hob ſich rafch und zählte nach 100
Jahren ſchon 500 Abteien; 1119 hatte ihm Stephan
das Grundgefeg, die charta caritatis, gegeben
nebit einer Organifation, durch welche der Orden
dem Einfluß der Biſchöfe entzogen wurde. Die
Regierung lag bei dem Collegium der 25 Defini-
toren, die aus den Aebten ernannt wurben, unter
dem Präfidium des Abtes von Citeaur. Die aske—
tijch⸗· ſchwärmeriſche Begeifterung des Ordens, fein
ledhaftes Intereſſe an den Kreuzzligen, verſchaffte
ihm nicht nur Einfluß im Volk, auch die Ritter:
oden in Spanien und ni ——
ihm. Im 13, Jahrhundert beginnt der Verfall
dur, das Nachlaſſen der asketiſchen Strenge.
verurjachen die Trennung neuer Congregationen,
von denen die Feuillanten und die Trappiften die
befannteften gemorden find. Gegenwärtig beftehen
nur noch wenige Klöfter des Ordens in Spanien,
Polen, Dejterreih, Sachſen und jeit 1844 in Eng-
land. Die Ordenstracht ift weiß mit ſchwarzem
Gürtel. — Der weibliche Orden der Giftercien-
ferinnen oder Bernhardinerinnen ift aller Wahr:
ſcheinlichkeit nad) von Stephan gegründet, fie folg-
ten benjelben Safungen mie die Mönde. Das
ältefte Klofter war zu Tart. Auch fie fpalteten fi
in verfchiedene Congregationen. Am berühmteften
— ihr Inſtitut zu Port⸗Royal bei Paris
(f. d. Art.).
Gifternen. S. Brummen.
Gitate des Alten fommen im Neuen Teftamente
häufig vor. Sie find faft Durchgängig der Ueber:
Be der LXX entnommen. In der Frage ber
noptiihen Evangelien hat die Citationsweiſe
eine große Bedeutung erlangt. Bleek, de Wette
u. A. haben nämlich gezeigt, daß Matthäus an den
Stellen, die er gemeinjam mit den andern Evan-
elien hat, gewöhnlich die LXX citirt, da, wo er
Felbftändig ift, ven hebräifchen Urtert, wenn aud)
nicht immer rein. Marcus citirt mit Ausnahme
von 1,2 nad) der LXX, ebenfo Lucas mit derjel-
ben Ausnahme 7, 27. Aus der Citirweiſe des
Matthäus wurde feine Abhängigkeit von Marcus
oder einem in Marcus am getreueften wieder:
—— Original geſchloſſen. Vgl. Holtzmann,
yn. Evangelien, ©. 259 ff. Die Art, wie die Citate
im Neuen Tejtamente angewandt werben, grlndet
fih nicht auf die Grundſätze der heute gemöhnlich
maßgebenden geſchichtlichen Auslegungsweiſe. Sie
werben, —*8 von ihrem Arge Sinne,
in praktiſchem Intereſſe ausgelegt, meift mit Be-
ziehung auf die mefftanifchen Derhältniffe, Die
allegoriſche Auslegung findet fich befonders in den
pauliniihen Schriften. — Citate des Neuen Teſta⸗
ments in den Kirchenjchriftftellern dererften Jahr:
hunderte I für die Beftimmung der Abfaſſungs⸗
verhältnifje der neuteftamentlihen Schriften von
Wichtigkeit. Kirchhofer, Duellenfammlung zur
Geſchichte des N. T. 1842. Scolten, die älteften
Zeugniffe betreffend die Schriften ded Neuen
— überſetzt von C. Manchot, Bremen
1
Civilehe ift die Ehe, welche durch bürgerliche
Formen geſchloſſen wird und zu ihrer Gültigkeit
keinerlei kirchlicher Formen bedarf. Die Eivilehe ift
die urfprüingliche. Auch beider kirchlichen Ehe liegt
nad der Gedichte und dem Tridentinum das
Hauptgewicht nicht in den kirchlichen Ceremonien,
jondern in der Erklärung vor dem Geiftlichen als
einem Beamten, der öffentlichen Glauben hat. Die
Civilehe ift gefeglich eingeführt durch den Code
Napoleon, in England als facultative, d. h. als
mögliche undim Belieben der Betreffenden ag
1856 zu Gunften der Diffidenten, ebenfalld für
Diifidenten in Preußen am 30. März 1847. In
Nordamerika ift fie allgemein. Wenn den Bertre:
tern ber Eivilehe vorgemorfen wird, fie zerftörten
die religiöfe Grundlage der Che und des Familien⸗
lebens, jo wird dabet überfehen, daß eine religiöfe
Einfegnung oder Weihe der Ehe nicht verworfen,
fondern vielmehr als Forderung des religidfen
Lebens aufrecht erhalten wird; biefelbe kann aber
Glarendon
nicht Gegenftand des Zwanges fein, und die Gül—
tigfeit der Ehe foll nicht von ihr abhängig gemacht
werben. Die Bedingung der priefterlichen Einfeg:
nung zur Gültigkeit der Ehe fegt Kirche und Staat
in fortwährenden unauflösliden Conflict, und
führt im Staate mit gemiſchten Confeffionen zu
Härten. Wie der Staat im Intereſſe der Religions—
freiheit feiner Bürger, muß die Kirche im Inlereſſe
der eigenen Freiheit auf Trennung der bürger:
lihen Cheſchließung von der firdlichen Ehefegnung
dringen. Bortrefjlid hat fid) für die unbedingte
Nothwendigkeit der Civilehe eine evangelifche kirch⸗
liche Behörde ausgeſprochen, die,durch langjährige
Erfahrung mit der Sade vertraut, nicht Erdlie
Theorien zu entwideln, fondern praliiihem Be:
bürfniß zu entiprechen fuchte, nämlich das Confi-
ftorium zu Coblenz in feiner Begutachtung ber
Provinzialfynode von 1844. Wir verweifen nad):
träglic) auf das, dieje Frage hiftorifch erſchöpfende
Werk: Das Recht der Eheſchließung in feiner ge:
ſchichtlichen Entwidelung, von E. Friedberg. Lpz.
1865. Boll interefjanter, ſchlagender Thattachen.
Vgl. Brot. K.:Zeit. 1867, Nr. 9.
Glarendon, Die Conftitutionen von Clarendon
vom an. 1164 enthalten in 16 Eapiteln die Reichs:
tagsbejhlüffe von Weſtminſter 1163 über die
geiftliche Gerichtäbarkeit und die Rechte des Königs
über Biſchöfe und Prälaten, welde in der Ber:
fammlung der Biſchöfe und Stände zu Clarendon
vereinbart und proclamirt wurden. Auch der Erz:
biſchof Becket unterfchrieb fie, widerrief aber feine
ftimmung, was die Beranlafjung des großen
treites abgab, der mit feinem Tode endiate. Nad)
feiner Ermordung 1170 mußte Heinrich IL. 1172
einwilligen, daß die dem Papſte anſtößigen Stellen
ausgemerzt würden.
larifjerinnen oder Glariffinnen. Geftiftet
durch Clara von Aſſiſi. Geb. 1193. Fioh auf den
Rath des h. Franciscus aus dem elterlichen Haufe
1212, leiftete da8 Gelübde der Keufchheit und bas
des Gehorſams gegen Franz und unierwarf fid)
mit ihren Gefährtinnen, die die ftrenge Regel Be:
nedicts annahmen, feiner Aufficht; ihre eigene
Regel 1224 wurde vom Papſte bejtätigt. Eigent:
lich ein nur beihaulider Ecden, widmen fie ſich
jegt auch der Erziehung der Jugend. Sie heißen
auch Damianiftinnen, von der Rirche, in welder
Clara zuerst ihren Aufenthalt nahm.
Glarfe, Dr. Samuel. Hervorragender englifcher
Beltefope und Theolog. Geb. zu Norwid am 11.
ctober 1675, Vfarrer zu St. Bennet in London
1706, feit 1709 zu St. James. Anhänger der
Newtonſchen Philoſophie, correjpondirte er über
verſchiedene Probleme mit Leibnitz. In derDemon-
stration of tlıe being and attributes of God
entwidelt er Gott, Tugend und Unfterblichfeit als
Poftulate der praktiſchen Vernunft und begründet
daraus die Nothiwendigkeit der Offenbarung. Er
ift dadurch der Begründer des rationaliftischen
Supranaturalismus. Weber feine Dreieinigteitö:
lebte, die eine immanente Trinität nicht anerfennt,
mußte er fihhvor der Convocation, des Arianismus
bejcyuldigt, verantworten. Außer Predigten und
verjhiedenen theologiſchen Schriften veröffent:
lichte er auch philologiſche und phyſikaliſche Arbei:
ten. — Andere Theologen des Namens find: Sa:
muel Glarte 1599 — 1652, ald Nonconjormift feines
Amtes entfegt, nach Fox der fleifinite Martyro-
foge, Samuel Clarke, ſein Sohn, ſchrieb Anmer-
144
Claudius
tungen zur Bibel. Dr. John, Clarke, Dedant von
Weftminfter, gab feines Bruders Samuel Werke
heraus. Samuel Clarfe 1623—69, ein Drientalift.
William Clarke, geb. 1696, Alterthumsforjder.
Adam Clarke 1760— 1832, Wesleyanifcher Geift-
licher, jchrieb einen Bibelcommentar 1810—1825
und leugnete bie ewige Sohnſchaft Chrifti, der
nur nad) der menſchlichen Natur ald Gottes Sohn
anzufehen jet.
Classes, Entfprechen in der reform. Kirchenver⸗
faſſung den heutigen Kreisfynoden. Die Glaffical-
verjammlung wird bejchidt durch den Pfarrer und
einen Aelteſten aus jeder Gemeinde; fie übt die
Disciplin und beauffichtigt die Verwaltung der
Gemeinden. An ber Spike fteht das jährlich er-
neuerte Moderamen, beftehend aus Präjes, Aſſeſſor
und Scriba. Die Verbindung mehrerer Elafjen
bildet die Provinzialfynode.
Glaube. Apftg. 27, 16; ein Inſelchen an der
Südweſtſeite Ereta’3, jett Gozzo.
Claude, Johann. Reformirter Theologe. Geb.
1619 zu La Sauvetat in Süd: Franfreid, berühmt
ald Prediger und Polemiker. Bekleidete mehrere
Pfarrftellen, 1654 zu Nismes, 1666 zu Charenton
bei Paris, mußte 1685 beim Widerruf des Edicts
von Nantes das Land verlajjen, ging nad dem
Haag, befchäftigte fi dort mit literarifchen Ar-
beiten und ftarb 1687. Sein Hauptwerk ift die
Defense de la reformation 1673, eine Gegenfdrift
gegen den Janfeniften Nicole. Außerdem Plaintes
es protestants, die Hauptquelle für die Leidens:
geihhichte des franz. Proteſtantismus; Oeuvres
posthumes, Amfterdam 1688, von feinem Sohn
herauägegeben.
Glaudianus, Presbyter in der Diöceje Vienne.
7 470. Verfaſſer des ins Breviarium aufgenom=
menen Hymnus Pange lingua gloriosi. Ihm wer:
den noch andere Gedichte zugejchrieben, Carmen
contra poetas vanos, Carmen paschale, Laus
Christi, deren Echtheit nicht unzweifelhaft ift.
Claudius. Römifcher Kaifer 41—54. Begün-
ftigte den Herodes Agrippa, dem er das ganze
Reich feines Großvaters zurüdgab; auch den Juden
zu Alerandrien ſchenkte er ihre Privilegien wieder.
Unter ihm wurden aber auch die Juden aus Rom
verwieſen, Apftg. 18, 2, nad) der Notiz des Sue:
ton: Judaeos impulsore Chresto assidue tumul-
tuantes Roma expulit (als die Juden unter dem
Aufrührer Ehreftus fortwährende Unruhen mad:
ten, vertrieb er fie aus Nom).
Claudius, Matthiad. Der MWandöbeder Bote
genannt. Bekannter Volksſchriftſteller, der auch in
religiöjer Beziehung eine bedeutende Wirkung aus:
übte. Er wurde geboren den 15. Auguft 1740 zu
Rheinfeld im Holfteinfchen, ftudirte in Jena und
brachte dann den größten Theil feines Lebens in
Wandsbed zu. Er ftarb am 21. Januar 1815 in
Hamburg. Er ift eine religiöfe Natur, die ſich in
fernig volfsthümlicher Art ergieht, voll Humor
und Spott und doch voll Ernft und Religion. In
ſpäterer Zeit nahm feine ſchriftſtelleriſche Thätig⸗
feit eine dogmatiſch härtere Richtung an mit oft
heftiger Polemik gegen den Rationalismus. „Der
Wandsbeder Bote” (1770—75) ift eine von ihm
herausgegebene Zeitichrift. Seine Schriften find
von ihm bit in dem Asmus omnia sua secum
portans, 8 Bde., neuefte Aufl. 1344, gefammelt.
ae Leben von W. Herbit, Gotha, 2, Aufl,
1862,
Claudius von Turin
Glaudind von Zurin. Yon Geburt ein Spanier,
Schüler des Adoptianers Felix von Urgel, lebte er
als Lehrer deö jüngern Klerus am Hofe Ludwigs
des Frommen und verfaßte eine Reihe von Cate:
nen, die nur zum — gedruckt ſind. Er war
ein kühner rückſichtsloſer Charakter, der ſich auch
nicht ſcheute, das apoſtoliſche Recht des römiſchen
brimats anzugreifen. Biſchof von Turin
ernannt 820, rottete er dort den Bilderdienft nicht
ohne Gewaltmaßregeln aus. Seine Anfichten über
Bilderverehrung ſprach er auß im Apologeticus
de eultu imaginum adv. Theutmirum Abbatem.
Gegen ihn ſchrieben Theutmir und der Schotte
Dungal, ſowie Jonas von Orleans. Zu feiner
—* vor einer Verſammlung von Bi:
ihöfen zu ericheinen, weigerte er fi in wenig
böflicher Form, blieb aber biß zu feinem Tode 839
in Amt und Würde. Unbiftorifh wollte man auf
ihn die Waldenfer zurüdführen.
Glemanges, Nilolaus von. Geb. um 1360 im
Dorfe Elemanges in der Champagne. Studirte
1386 Thrologie unter d'Ailly und Gerjon. 1391
Baccalaureus, war er ſchon 1393 Rector der Uni:
verjität und als folcher ihr Organ bei ihren Be:
mähungen, das päpftlide Schisma zu beendigen.
Lem Andringen der —— auf Abdication
der — *2 — e ſetzten die Avignoner die Wahl
denedicts entgegen; Clemanges wurde fein
Serretär, und hielt, ohne ſich von der Univerſität zu
trennen, bei ihm aus, biß derjelbe 1407 den König
son Frankreich und dad Volk ercommunicirte, da
fie ipın den Gehorfam aufgefündigt hatten. Wegen
dr Beihuldigung, die Ercommunicationsbulle
verfaßt zu haben, mußte fi) Elemanges bei den
Karthäufern von Balprofond und von Fontaine
du Bofc verbergen. Erft fpäter hat er diefe Ein»
ſamleit verlaffen und 1425 in Navarra wieder
Lorlefungen begonnen. Seine Schriften De fructu
eremi, De fructu rerum adversarum, De novis
festivitatibus non instituendis, Destudiotheolo-
giae, Disputatio de concilio generali zeigen ihn
der Kirche unterworfen, aber tief getroffen durch
iten Berfall. Das Wort Gottes ſtellt er als die
war. 4.
egeben von Muralt 1848); die apofto:
(den Ranones und Eonftitutionen; die Elemen:
145
Clemens II.
tinen (f. d. Art); zwei Briefe an die fyrifchen
Jungfrauen. Wahrſcheinlich echt ift hiervon nur
der erfte Brief an die Korinther, der, veranlaft
durd einen Streit und dur Unordnungen in der
Gemeinde, die Einheit paulinifcher Glaubensgerech⸗
tigkeit mit praftifher Sittlichfeit darzuthun fich
bemüht, auch über Gemeindeverfafjung jpricht,
wobei die Stellung des Biſchofs noch gar nicht
erwähnt wird. Der zweite ift entſchieden unecht,
fennt den Gnoſticismus ſchon in fehr auögebil-
deter Geftalt, gehört alfo jedenfalls erft and Ende
des 2, Jahrhunderts. In dogmatiſchem, ebioniti:
ſchem Interefje ift die Perſon des Clemens benugt
in den Elementinen; hättediefe Schilderung vollen
biftorifhen Grund, fo könnte um ber verſchiede—
nen Geiftesrichtung willen aud) der ——
nicht von Clemens Romanus herrühren. Dur
die Clementinen iſt der Irrthum entftanden, als
fei Clemens ein Repräfentant des ftarren Juben:
chriſtenthums. Der Brief an die Korinther ift
vielmehr in paulinifcher Richtung, obgleich in ſchon
— Form, geſchrieben.
einens, Titus Flavius, mit dem Beinamen
Alerandrinus, Ein heidniſcher Philoſoph. Trat in
jpätern Lebensjahren zum Chriſtenthum über;
auf ausgedehnten Reifen lernte er die bedeutend:
ften Lehrer kennen, wurde der Nachfolger des
Pantänus als Vorfteher ber Katechetenſchule zu
Alexandrien und gab ihr eine philoſophiſche frei-
finnige Richtung. In der Verfolgung unter Seve-
rus verließ er 202 Alerandrien; ob er dahin zu:
rüdgefehrt, ift ungewiß. Seinen Tod jegt man um
220. Seine hilofophifche Erlenntniß wandte er
auf das Chriftentbum an — denn das Chriften-
thum ift ihm nichts Anderes, als die Vollendung
der Erfenntniß, die ſchon im Heidenthum zerftreut
(ald Aoyog anepuerixös) vorhanden war — und
fieht in der philofophifchen Erkenntniß die noth:
wendige Vollendung bed Glaubens, Glaube und
Erkenntniß widerſprechen nad) feiner Anficht ſich
nicht, „Die Erfenntniß ift gläubig, aber auch der
Glaube ifterfenntnigmäßig vermöge einer gewiſſen,
von Gott an gegenfeitigen Uebereinftim:
mung.” Dabei fommt er aber zu der Annahme
einer efoterifhen Tradition, welde in dem Bud:
ftaben der Schrift und den Heilsthatſachen durch
Anwendung ber allegoriihen Interpretation die
tiefere fpeculative dee findet und entwidelt, wäh:
rend der Eroterifer bei jenen ftehen bleibt. Den
Logos ordnet er, obwohl er von Ewigkeit her ift,
dem Bater unter; feine riftologifche lg ie
bat eine bofetif —— Sein wichtigſtes Wer
bilden die drei Bücher Protrepticus, Paedagogus
(38.), Stromata (7 B., das ächte ift unedht). Bon
den Adumbrationes, die Rufinus überjette, ift
das Meifte verloren. Vortrefflich ift eine asketiſche
Schrift ris 6 awLöuevog nAovoros. Die beſte Aus:
abe jeiner Schriften 1715, Oxford, durd) Potter.
euere in ver Bibliotheca sacra, pars Ill
von Klog. Den Hymnus in Christum gab heraus
Piper, Ööttingen 1835; ris 6 awfouerog DIS:
haufen, —— 1831.
Glemend II. Als auf der Synode zu Sutri
Gregor VI. abgedanft hatte, und Glocefter ab:
gejegt war, fegte Heinrich ILL. den Biſchof Suid—
ger von Bamberg auf den päpftlihen Stuhl, der
ald Clemens II. 1046—47 regierte und 1047
eine Synode gegen die Simonie hielt. Er ftarb
an Gift.
10
Glemens IIT.
Glemens III. 1187—91. Vorher Baolo Eäcolati,
Biihof von Perugia. Schloß Frieden mit Rom,
von dem ſich die Häpfte Streitigleiten halber ent:
fernt hatten, und ſchlug dort den päpftliden Sig
wieder auf. Wirfte eifrigft für den (3.) Kreuzzug,
als Saladin Zerufalem erobert hatte (1187). Gab
ber ſchottiſchen Kirche 1189 ihr Brivilegium der
Befreiung von der Unterordnung unter die eng:
liſche, belehnte ala reale von Sicilien nad)
dem Tode Wilhelms (1189) den Baftard Tancred
und rief dadurch den neuen Streit zwijchen ben
Bäpften und ben —— hervor.
— (III) Guibert, neilaoi von Ravenna. Nach
der Abjegung Gregors VII. durch die Synoden von
Mainz und Briren 1080 ald —— Fr
fand er im deutfhen Reihe und in Stalien faft
allgemeine Anerkennung, obmohler 1088 aus Rom
vertrielen wurde. + 1100.
— IV, 1265-68. Vorher Gui Fulcodi, le Gros,
Erft Soldat, dann Juriſt, dann Geiftlicher. Hielt das
Bundniß feines Vorgängers mit Karl von Anjou
gegen die Hohenftaufen aufrecht. Daß er aber Kon:
radins Hinrichtung gewünſcht, ift nicht erwiefen.
. Vorher Bertrand d’Agouft, 1305—14.
Erzbiihof von Bordeaug, hatte er fi vor feiner
Dahl Philipp dem Schönen gegen Geld verpflichtet.
Er et 1309 den Sig der Eurie nah Avignon,
—
wiberrief die Bullen feines Vorgängers Bonifa:
cius' VIIL und ließ einen förmlichen Eonfiftorial:
Beet gegen benjelben auf Philipps Verlangen
zu, deſſen Enburtheil er jedoch fi und einem Con»
eil vorbehielt und welches nie geſprochen iſt. Auf
Philipps Drängen mußte er aud) die Aufhebung
bed Templerordens durch das Eoncil zu Bienne
gelöehen lafien 1312, Er ftarb mit Philipp dem
hönen und ben Grofmeifter Jak. Molay in
demjelben Jahre 1314, nad der Verwünſchung
beö Letztern. Er trägt den Vorwurf des Geizes,
ber Simonie, des Nepotiämus und der MWolluft.
Nach ihm heift das 7. Buch der Decretalen, wel:
ches er nad) der Synode von Bienne publicirte,
die Glementinen (f. d. Art.).
— VI. 13143—52. ®eter Roger. Benebictiner,
Erzbifchof von Send und Kanzler von Frankreich.
Berfchmenderifh und prachtliebend, verkündigte
er ein zweites Jubiläum, obgleich erft 50 Jahre
verfloffen waren. Ludwigs deö Bayern erbittertiter
Feind, ſprach er über = ben grauenvollen Bann
aus und beförderte Die Wahl Karls IV. ald Gegen:
tönig 1316. In Rom bemältigte er Cola di Rienzi
1347. Avignon erfaufte er von der Königin Jo—
banna von Sicilien 154*, die er von dem Verdacht,
ihren Gemahl ermordet zu haben, freifprad. Be:
trarca rühmt feine Gelehrfamteit; aber kirchliches
Interefje läßt feine Regierung nit erkennen,
zus wäre ein joldhes in Aare erfolgloſen
emühungen zur Wiedervereinigung mit den Grie⸗
hen zu finden,
— (VL) Gegenpapft gegen Urban VI. und
Bonifacius IX., eigentlich Robert von Genf, Sohn
bed Grafen Amadeus, Biſchof von Cambray,
murde er zu Anagni von den Gardinälen gewählt
1378, refidirte zu Avignon und war von Frank—
reich und Neapel, Spanien und Schottland aner:
fannt. Urban ließ gegen ihn den Kreuzzug pre:
digen. Als die Sorbonne ſich für freiwillige Ent:
[egung — äpſte ausſprach, rührte ihn der
chlag. Sein ſchismatiſcher Nachfolger war Peter
be Luna, Benedict XIII. * ve
146
Clemens XI.
Glemens VII. 1523— 34. Giulio Medici. Ein
Verwandter und Günftling Leo's X., der ihn zum
Cardinal erhoben hatte, aud) wie er ein Freund der
Wiſſenſchaften. Schon Mitbewerber Adrians VI.
um bie päpftliche Krone, jehte er nad) deflen Tode
feine Wahl durch. Seine Regierung bezeichnen die
vergeblichen Berjuche, ven Fortgang bes Proteftan:
tismus in Deutjchland zu hemmen; das Leber:
gewicht Karls V. in Italien zu brechen, veranlafte
er die 2 Ligue 1526, erlebte 1527 die Erftür:
mung Roms, verföhnte ſich mit Karl im Vertrag
von Boulogne und Frönte ihn 1530. Der Auf-
forberung zu einem allgemeinen Concil wid er
aus, Seine falfche, kurzſichtige Politik verurjachte
auch fein ſchwankendes Berhalten in der ——
dungsfrage Heinrichs VIII; feiner endlichen Wei:
erung berjelben 1535 folgte bie Losſagung Eng:
ande von der römischen Kirche.
— VIII 1592— 1605. Borher Eardinal Hippolgt
Adobrandini. Geb. 1536, Stand auf Seiten der
Ligue gegen Heinrich IV., verföhnte ſich aber mit
ihm nad) feiner Krönung 1597 und bemilligte die
Scheidung von Margaretha von Balois, das
Herzogthum Ferrara 1598 als erledigtes Lehen
ein. In dem Streit der Jejuiten und Dominica-
ner über die göttliche Gnade vermied er eine Ent:
ſcheidung und fegte dazu 1597 die Congregatio
de divinae auxiliis gratiae ein. Im Jahre 1600
feierte er das Jubiläum und ließ eine neue Aus:
gabe der Bulgata bejorgen.
— (VIII) Negidius Munoz, Kanonikus zu Bar-
celona. Wurde ald Nachfolger Benedicts XIII.
ger de Luna) von Alfons von Arragonien als
egenpapft 1423—29 aufgeftellt gegen Martin V.
Er entjagte 1429 und erhielt das Bisthum Va:
lencia.
— IX. Julius Rospigliofi. 1697—99. Geb.
1660. Juriſt und Dichter, Aroncardinal von Spa:
nien. Er ordnete die gerrütteten Finanzen des
Kirchenftaates, vermittelte den Frieden zu Aachen
1668, legte durch die pax Clementina den janfe-
niftifhen Streit für eine Weile bei und ftarb aus
Schrecken bei der Nachricht von der Eroberung
Candia's durch die Türken.
X. 1670-76. Emilio Altieri. Geb. 15%
zu Rom, Nachfolger des Vorigen, überließ er die
Gewalt faft ganz dem Gardinal Proluzzi. Unter
ihm begann der Streit mit Ludwig XIV, über
das a *
— XI. 1700—21. Vorher Giovanni Franc.
Albani aus Urbino. In dem Streit der Domini:
caner und Jejuiten über Anbequemung an heid:
nifhe Sitten in den Milfionen entſchied er mie
Innocenz X, für die Dominicaner gegen Uleran:
der VII. und die Jeſuiten. Deſto nachgiebiger
zeigte er fich diejen gegenüber in der Behandlung
der Janjeniften durch die Bulle Vineam Domini
1705, welche ftrenge Unterwerfung unter die Bul:
len feiner Borgänger forderte, und durch die Bulle
Unigenitus, welde das Neue Teftament Ques—
nelö verdammte. E3 entſtand der Appellantenftreit
und die Berfolgungen der Janfeniften. Clemens
operirte in der Bolitif mit wenig Glüd; im fpa-
nischen Erbfolgeftreit auf Seiten der Bourbonen,
fonnte er die ſcheinbare Bermittlerrolle nicht durch:
übhren und mußte 1709 ungünftigen Frieden mit
efterreih ſchließen. Vergebens protejtirte er
| gegen die Annahme der preußifchen Königskrone.
m Utrechter Frieden blieben feine Anſprüche
Clemens XI.
unbeachtet. Im Privilegienftreit mit Sardinien
wurden 3000 Geiftlihe verjagt, bis ber Papft
nachgab.
Siemens XI. 1730—40. Lorenzo Corfini.
Beitieg den päpftlihen Stuhl im Alter von 78
Jahren. Berbammte 1738 die Freimaurer. Der
verſuch, San Marino und Piacenza zu erwerben,
miklang. Größer find feine Verdienſte um Rom
jelbft und die vaticanijche Bibliothek (Affemani).
. Carlo Rezzonico. 1758—69. Bradte
durch feine Begünftigung des Jefuitenordend den
päpftlichen Stuhl in die größte Bebrängniß. Dem
Sturm gegen die Jeſuiten fegte er die Bulle
Apostolicum pascendi munus 1765 entgegen,
morauf Frankreich, Portugal, Spanien, Neapel
die Jejutten vertrieben; vergeblich ſprach er durch
die Bulle Animarum saluti das Interdict über
die Zänder aus. Ein Breve an ben Herzog von
Parma, worin er fi auf die Nachtmahlsbulle
int, veranlaßte das Verbot der Bulle durch die
Könige von Frankreich, Neapel und Spanien, in
Deutihland erſchien das Werk von Juftinus Fe:
bronius; und als der Bapft nit nachgeben und
den Jejuitenorden nicht aufheben wollte, bejegten
die Franzojen Avignon und der König von Sici-
fien Benevent. Während der Berathungen, was
zu ** ſtarb Clemens plötzlich am Schlagfluß.
— XIV. 1769—74. Lorenzo Ganganelli. Geb,
13. October 1705 zu Arcangelo bei Rimini, Sohn
eines Arztes. Gewählt nach dreimonatlihem Con⸗
clave durch franzöfiihen Einfluß. Nach Tangem
ern und allmäblichen Vorbereitungen hob er
1773 durch die Bulle Dominus ac redemptor
noster den Jeſuitenorden aus —— Macht⸗
solllommenheit auf, weil er den beabſichtigten
Bortheil der Kirche nicht mehr bringe. Die Aus:
ſohnung mit den Nächten folgte leicht und fchnell,
aber des * Todesahnung bei Unterzeichnung
der Bulle erfüllte fih jhon am 22. September
1774, Bon feinem Eifer fir Kunft und Wifjen:
Ihaft zeugt daS Museo Pio Clementino,
fementinen. Schriften, welche, aus demſelben
Gedanlenkreis entiprungen und unter einander
nahe verwandt, dem römifhen Biſchof Clemens
(j.d. A.) zugefchrieben werden. In der Mitte des
2. Jahrhunderts in Rom entftanden, bilden fie eine
Auseinanderfegung des Juden: mit dem Heiden:
criſtenthums vom Standpunft des erfteren. Beide
dauptſchriften, um die es fich dabei handelt: 1)
die Homilien, eine 2 Briefe und 20 Homilien an
Yalobus umfafiende Schrift, 2) die Recognitionen
(dvayyuasıs, Wiedererfennungen), liberjegt von
Rufin, eine weitere Ausführung der erfteren, je:
vi mit Abſchwächung der dogmatiſchen Schärfen
derjelben, gründen fich auf Erzählungen, die ſchon
nf verlorenen Schriften: „Predigt (xov-
yua) des Petrus“, „Wanderungen des Petrus“,
enthalten waren und die nun zu einer Art Ten:
denzroman verflochten find. Clemens, jo erzählen
bie Elementinen, welcher in den heidniſchen hie
ſophenſchulen vergeblich Befriedigung fucht, findet
diefelbe durch Petrus. Diefer ift gerade im Be:
griffe, mit dem Zauberer Simon in einen Kampf
einzutreten, der, in einer dreitägigen Disputation
beitebend, endlich mit der Flucht des Magiers
endigt. Petrus verfolgt feinen Geaner gemeinjam
mit Clemens, welcher unterwegs feine längft ver:
en Eitern und Brüder wiederfindet, um fie
ebenfalls zum Chriftentgum zu befehren. In Lao⸗
147
Cletus
dicea erfolgt eine zweite Disputation mit Simon,
die mit einer zweiten Niederlage des Letztern ab:
—— In dieſen Disputationen erſcheint Petrus
als Vertreter eines ebionitiſchen Chriſtenthums im
Gegenſatz gegen das pauliniſche Heidendriftens
thum, weldyes in Simon, dem Magier, zur Er:
et fonımt, deſſen Bild Manche für das ent:
tellte Bild des Apofteld halten wollen. Die Lehre
der Glementinen ift monotheiſtiſch, läßt aber die
Entmwidlung von Gott aus in dem Widerſpiel von
Gegenfägen (Syzygien) ſich vollziehen, von denen
die —— Seite das gute, die weibliche das
verderbenbringende Princip repräſentirt. Der
Adam⸗Chriſtus, d. h. das ſtets ſich gleichbleibende
Princip der Wahrheit, das in m und Chriſtus
und in allen gleichartigen Erfcheinungen in ber
Mitte zwifchen beiden zum Vorſchein gelommen,
ift die concrete Darftellung des männlichen Prin⸗
cips in feiner ftetigen Verwirklichung. Chriftus
wird demnach aud) nicht m gedacht, als unter
dem Bilde eines prophetifch infpirirten Menſchen;
und fein Wert ift wefentlic fein anderes, als das:
jenige Moſis, das unter menſchlichen Verfälihun:
je 15 hat als Geheimlehre, die nun
rch Chriſtus offenkundige Lehre wurde. Die
Ethik der Clementinen beſteht weſentlich aus As:
keſe. Die Tendenz derſelben geht dahin, einem
theofophifhen Judenchriſtenthum dem fiegreihen
Heidengrijtenthum gegenüber noch ein legtes Wort
zu reden. Ueber die Priorität des einen oder an—
dern ber beiden Bücher wird noch geftritten; für
diejenige der Homilien find die meiſten Aelteren
und einige Neuere (Uhlhorn, Wifeler), dagegen
ilgenfeld u. A. Ausga en: Ta Kinufvra ed.
chalegler 1847. Homilien ed. Dreffel 1858. Re:
eognitionened. Gersborf 1838. Ein fpäterer Aus:
zug, Epitome, ed. Drefiel 1859. Vgl. Schlie⸗
mann, die Elem. u. d. Ebionitiömus 1844. Hil⸗
genfeld, die clem. Rec. u. Hom. 1848. Uhlhorn,
bie Hom. u. Rec. 1854. Wiſeler, Exercit. crit.
in Clem. Hom. 1857.
Glerieus (Jean le Elerc). Geb. zu Genf am 19,
März 1657. Trat nad) Vollendung feiner Studien
zu den Arminianern über. Ward ei der
ebräifchen Sprade am Remonftranten:Öymna-
tum zu Amſterdam 1684 und Nachfolger Lim:
borchs als Brofeffor der Kirchengefhichte 1712.
Starb 1736, nachdem er ſchon 1728 durd) einen
Schlaganfall die Sprache theilweife und 1732 völlig
verloren hatte. Clericus ift ein ungemein frucht:
barer Schriftiteller, der Vieles unter fremdem
Namen, und auch viele Werke Anderer von Neuem
berausgab. Sein Hauptwerk ift der Commentar
ir Alten Teftamente. In der Ars critica gegen
ihard Simon äußert er fich freifinnig über *
ſpiration; ſeine dogmatiſchen Schriften zogen ihm
wiederholt den Vorwurf des Socinianismus zu;
gegen Bayle hatte er den Vorwurf des Atheismus
zu widerlegen. Das Verzeichniß ſeiner Schriften
bei Niceron, M&moires, tome XL, p. 294,
Glermont. Auf der Synode zu Gl. ad Clarum-
Montem 1095 wurde auf bie Anrede Urbans hin
der — beſchloſſen.
Cletus. Die römiſche Kirche nennt die erſten 5
PVäpfte Linus, Glemens, Cletus, Anacletus, Ever
reſtes. Hegefipp u. A. fennen aber weder Cletus
noch Anacletus, fondern nur einen Annencletus
80—95 als Nachfolger des Linus; es ſcheint Daher
Cletus nur eine Abkurzung des Namens zu ſein,
10*
Cleve
woraus der Irrthum einen beſondern Papſt ge⸗
macht hat.
Gleve. S. Jullich⸗Cleve⸗Berg.
Cliniei, Cliniſche Tauſe. Da in der alten
Kirche die Taufe * verſchoben zu werden
pflegte, ſo empfingen Viele dieſelbe erſt auf dem
Krankenbette in Todesgefahr; ſie heißen Clinici,
ſolche Taufe cliniſche Taufe. Obwohl die Wirkſam—
keit ſolcher Taufe unbezweifelt blieb, verbot dennoch
das Concil zu Neocäfarea und die Pariſer Synode
von 689, ſolche Berfonen zu Presbytern zu weihen.
Glugny. Eines der berühmteften Klöfter. Ge:
ftiftet 910 von Wilhelm von Aquitanien und
Berno, dem Abt des Kloſters Beaume, ald Bene:
Dictiner: Abtei der firengen Regel, die nur dem Abt
und dem Papfte unterworfen fein follte. Unter
Berno's Nachfolger Odo breiteten ſich die Clunia—
cenfer durch Anlage neuer Klöfter aus, und träf:
tige Aebte hoben das Anfehen. Unter ihnen ift der
—— Petrus Venerabilis 1122—1156, der
Gönner Abälards und Gegner Bernhards von
Clairvaux, bedeutend als theologiſcher Schrift:
ſteller. Er er auch die Consuetudines Clu-
niacenses auf, jo daß die bisherigen Gewohnheiten
fefte Sagungen wurden und die Gefammtheit der
eluniacenfifhen Klöfter ſich zu einer Eluniacenfer:
Eongregation entwidelte. Das Klofter erhob ſich
im 12. Sahrhundert zu einer ungemeinen Blüthe.
Unter Clugny entitanden in diejer Zeit mehr als
2000 Klöfter und Stifter. Aber der zunehmende
Reihthum und die Macht des Abtes, die durch die
Privilegien des Ordens gemehrt worden, loderte
die Strenge der Asleſe und der Disciplin. Schon
Petrus Benerabilis hatte Ordnung und Eintracht
mwiederherzuftellen. Als die Aebte fih, um ihren
Beſitz gegen die Habgier der Großen zu fichern,
unter den Schuß des Königs von Frankreich ftell-
ten, wurde die Beſetzung —3 eine Commende
der Krone und kam in den Beſitz der Guiſen 1528.
Die Verſuche, den Orden zu reformiren, mißlan:
gen, dur) die Gründung des Eollegiums zu Paris
1269 fowohl, als jpäter durch den Verſuch einer
Einigung mit den Maurinern unter Richelieu
1634—44. Die Barteiungen nahmen zu, als die
Reformaten ſich abzweigten; und als die Revolu:
tion 1790 das Kloſter jäcularifirte, nahm fie dem
legten Abte von Larodhefoucauld, Erzbifhof von
Rouen, nur eine gute Bfründe. Die Gebäude und
auch die ſchöne Kirche der Abtei wurden von den
Bürgern auf den Abbruch verfauft.
Goadjutor, Der Gehülfe eines ſolchen —
Geiſtlichen, der vorübergehend oder bleibend an der
Führung feines Amtes verhindert ift; es gebührt
ihm ein ausreichender Unterhalt aus den Einfünf:
ten der Stelle und zuweilen der Anſpruch der Nad):
folge. Einen folden Coadjutor erhält nad dem
Tridentinum der Pfarrer oder ein Benefiziat durd)
den Biſchof. Ein Bischof ſoll eigentlich feinen Coad:
jutor haben, da bei einer Verhinderung der Weib:
bifhof und der Provinzialbifchof ihn vertreten
follen. Die neue Praxis a ihn jedoch (Wei:
jenberg in Conftanz, Geiffel in Köln); die Be:
ftellung gefchieht unter Einwilligung des Landes:
fürften und des Gapiteld durch den Bapft.
Coctejus. — Koch. Bedeutender reformir⸗
ter Theologe. Geb. 1603 in Bremen, ſtudirte er
in Franeler unter Amefius und Amama, wurde
1629 Profeſſor der bibliſchen Philologie in Bre:
men, 1636 in Franeler, 1650 Profeſſor der Dog:
148
Coeleſtin IIT.
matik in Leyden. + 1669. Coccejus begründete die
fogenannte Föderaltheologie. Statt von dem
Rathſchluß des Heils wie die bisherige reformirte
Dogmatik auszugehen, faht er die Geſchichte des
Heild ins Auge, und das Verhältniß (foedus,
Bund), in welches der Menſch in den verjdiede:
nen Entwidlungsjtufen des Reiches Gottes zu
Gott geftellt ift. Er unterfcheidet drei folder Stu:
Fr „Dekonomien;“ die Stufe des bloßen Gemif:
en3, die Stufe bes Geſetzes, und die hödhite, die
Stufe ded Evangeliums in Chriftus, in welcher
erſt der wahre Gnadenbund mit Gott erreicht wird.
Bon den orthodoren Theologen angefeindet, ge:
wann feine Theologie die Herrſchaft in der nieder:
ländifchen Kirche und wurde einflußreich für leben—
diges Chriſtenthum. Sein Syftem wurde auöge:
bildet durd feine Schüler Burmann, Heidanus,
Momma, van Til, und dadurch der Prädeftina-
tionälehre der Boden entzogen. Der Streit mit
den Gegnern, unter denen Giäbert Vostius und
die Boötianer ſich hervorthaten, drohte jeit 1672,
nicht bloß ein theologifcher zu bleiben, als die nie:
derrheiniſchen Synoden vermittelten, fo daß die
Synode zu Amjterdam 1677 fürmlid) die Duldung
und Anerkennung des Coccejanismus als einer
Lehrmeinung —— Das Hauptwerk des
Coccejus iſt Summa doctrinae de focdere et
testamento Dei, 1648. Außerdem Lexicon et
Commentar.serm.hebraici etchaldaici, 1669 und
1639. Seine eregetifhen Werte nehmen die 5
erften Bände der durch jeinen Sohn beforgten
Sefammtausgabe, 8 und 2 Bde. Fol. ein.
Cochlãus. Johann Dobened. Katholischer Theo:
loge der Neformationgzeit. Geb. zu Wendelftein
bet Nürnberg 1503. Decan der Stiftöficche zu
Frankfurt, feit 1525 zu Mainz, 1529—39 am Hofe
Georgs von Sachſen, + 1552 ald Kanonikus zu
Breslau. Wie er vorzüglich die perfönliche und
gehäffige Polemik gegen die Neformatoren zu füh—
ren hatte, fand er aud) bei den öffentlichen Ver-
bandlungen mehrfach eine Stelle. Bon Frankfurt
aus erhielt er Zutritt bei Aleander in Worms 1521.
An der Confutation der Auguftana arbeitete er
mit 1530. Auf dem Hagenauer Gonvent 1540 und
beim Regensburger Kolloquium 1546 war er an:
wejend. Seine Schriften find weder nah Form
noch Inhalt bedeutend; er begreift die Reforma—
tion nur ald aus niederm Intereſſe hervorge:
gangen. Von Werth ift nur feine Gefdichte der
Sullte, Mainz 1549.
oelefin. Es werden 5 Päpfte des Namens
gezählt:
— 1, Der Heilige 42—432. Die neftorianifchen
Streitigfeiten benutte er, die Superiorität des
römifhen Stuhles auszudehnen. Eine nordafti-
fanifche Synode wies feine Anfprüche bei andere:
Beranlafiung ab. Für die Miffion thätig, ernannte
er Balledius zum Bischof von Jrland. Er ift fano:
nifirt. Gedenktag 6. April.
— II. 1143—44. Vorher Guido Caſtelli;
päpftliher Legat in Frankreich 1140, hob er das
Interdict über Frankreich auf.
— III. 1191—98. Vorher Jacinto Bobo. Ward
85 Jahre alt erwählt. Cardinal feit 1143. Krönte
nothgedrungen Heinrich VI., ftand aber auf Sei:
ten jeiner Gegner. Für Richard Löwenherz trat er
erſt ein, al3 derfelbe ſich losgekauft hatte. Philipp
von Frankreich löfte trof des päpftlichen Verbots
feine Ehe und reizte die engliſchen Vafallen, den
Goeleftin IV.
päpftlihen Zegaten zu verjagen. Dagegen beftä:
tigte Cöleftin deutſchen Ritterorden.
Eoeleftin IV. Gewählt 23. Sept.'1241, ftarb vor
feiner Krönung, wenige Tage nad) der Wahl.
— V. 1294. 5. Juli — 13. Dec. Der Heilige.
Border Peter von Morrone, ein Einfiedler, der die
yäpftliche Würde mit Unluſt trug, unter dem Einfluß
Karlö II. von Anjou ftand, die Curie nad) Neapel
verlegte, die Cardinäle durch die Beftätigung der
Constitutio Gregord X. fiber das Eonclave erbit:
terte, und ee ih ur Amtsentſagung von Gar:
dinal Ganfani ( onilacius VIII) beftimmen ließ,
der ihn dann, um ihn unfhädlich zu machen, auf
dem Schloffe bei Anagni bis an feinen Tod 1296
gefangen hielt. Er ift durch Clemens V. Tanoni:-
hirt. Gedächtnißtag 19. Mai.
Gorleftinerorden. Geftiftet von Peter von Mor:
tone (f. d. vor. Art.). Derjelbe lebte ald Einſiedler
und fammelte feine Gefährten 1254 in einem Klo: | ft
fter, wo er ihnen die Regel Benebicts mit ftrenger
Asleſe auflegte. Nad) der Erhebung ihred Grün:
ders änderten fie den bisherigen Namen Einfiedler
des h. Damian oder von Morrone in den Namen
Eoeleftiner. Durch die Gunft des Papftes dehnte
der Orden ſich aus; das Hauptflofter zu Majella
war allein Abtei, die andern Private. Die Kleis
dung ift weißer Rod mit ſchwarzer Capuze und
fünwarzem Scapulier. Der Orden hat nur noch in
alien einige Glieder.
Goclefind. Freund und Mitlämpfer des Pe:
lagius. Bon vornehmer Geburt und früher Ad-
pocat. Als er fich in un um ein Preöbyter:
amt bewarb, vertlagte ihn der Diakon Paulinus
bei der Synode 412 wegen feiner Leugnung der
völligen Berderbniß der menjhlichen Natur. An:
fang bes pelagianijhen Streites. S. d. Akt.
tus,
Gorleiyrien. 2. Malk. 10, 11; Luther Nieder:
fgrien: 1. Makl. 10,69; 2. Makk. 8,8. Der frucht:
bare Theil Syriens zwiſchen Libanon und Anti:
libenon; im weitern und politifhen Sinne das
ganze innere Syrien zwifchen dem Libanon und
dem Caſius; war der Bantapfel wiſchen den Se:
leuciden und Ptolemäern, mei im Befig der
Erfteren. Unter ihnen hatte e8 einen eigenen He:
gemon, 1. Maff. 10, 69; mit Phönizien zufam-
men einen Strategos. Luther beivemal: Haupt:
manıt.
Goelibat. Der Mangel an Erlenntniß der fitt-
lihen Bedeutung der Ehe, die erjt dem entwidel:
ten Ehriftenthum möglich wurde, lich früh die
Ehelofigteit ald etwas Höheres, dem geiftlichen
Renihen Geziemendes erſcheinen, und nachdem
fie von Einzelnen, 3. B. dem Apoftel Paulus,
1. Kor. 7,7, freiwillig übernommen worden, ftellte
die Kirche gegen die Uebung und Borfchrift ber
apoftolifchen Kirche, 1. Tim. 3, 1; Matth, 8, 14;
1. Kor. 9, 5, Regel und Gebote auf (Concil zu
Reocäfarea 314). Schon verheirathete Priefter
durften ſich Übrigens nicht von ihren Frauen
trennen (Goncil zu Nicäa 325). Unterfagt war die
Che mit einer Wittwe und die überhaupt hie
jmeite Ehe; Berheirathete jollten nicht zu Biſcho—
fen genommen werden, —* Kleriker überhaupt
nicht mehr heirathen. Das Concil von Trullanum
692 hat dieſe Beftimmungen aufrecht erhalten; in
der zuffifchen Kirche ift die Erlaubniß, daß der nie⸗
dere Kleriker verheirathet jein dürfe, fogar zu
einer Bedingung, daß er verheirathet fein müfle,
149
Coligny
geworden. In der abendländiſchen Kirche forderte
die ——— Hierarchie das Cölibat nad
Hildebrands Worten: non liberari potest eccle-
sia a servitute laicorum nisi liberentur cleriei
ab uxoribus. (Die Kirche fann von der Knecht:
ſchaft der Laien nicht frei werden, wenn bie Geift:
lichen nicht von den Weibern befreit werden.) Mit
der größten Strenge wurde daher feit Hildebrand
(1074) das Cölibat durchgeführt; an manden
Drten empörten fich bie Geiftlichen gegen die Zu—
muthung, bie Weiber zu entlafjen; nachdem aber
die Bulle von 1074 den Laien, der von einem be»
weibten Priefter dad Sacrament empfinge, in den
Bann gethan, ftellte fi das Volk auf die Seite
der Hierardhie. Das Concil zu Rheims 1119 und
das Lateranconcil 1139 trennten die Ehen ber
Priefter. Zwar geftattete das Interim die Priefter:
ehe, aber das Tridentinum ftellte die ältern Be—
immungen wieder her, bejchränfte fie aber auf
die höhern Weihen. Reactionen gegen das Cölibat
auch in der Fatholifhen Kirche find nicht felten.
Die neuere Zeit fieht eine Wiederaufnahme des
Kampfes gegen das Eölibat in dem Borgehen der
Geiſtlichen in Jtalien; dejto fefter aber hält die Curie
an ifren Grundſätzen. 1832 bedurfte es einer
päpftlihen Encyelifa, das Cölibat neu zu befräf:
tigen. Die evangelifche Kirche hat von Anbeginn
ben Zwang bes Gölibatgejeges verworfen, Luther
1520. Die erſten Briefter, die in die Ehe traten,
waren Jakob Knade 1518 und Bartholomäus von
Er ige 1521. Der neueften —* blieb es vor⸗
ehalten, auch in der evangeliſchen Kirche das
Gölibat zu —— Bal. Haſe, Handbuch der
prot. Polemit, 1862, ©. 125 ff.
Coelicolae, ©. Himmels:Anbeter.
Goelln, Dan. Georg Konr.von. Geb.am21. Dec,
1788 zu Derlinghaufen in Lippe:Detmold. Sohn
eined Predigerd. Studirte in Marburg, wo er
1816 a. o. Krofeffor der Theologie wurde, 1817
Dr. theol., 1818 Brofeffor der Theologie zu Bres⸗
lau. Gemäßigter Rationalift, fchrieb er im Inter:
effe der Union 1822 und 1830 gegen Hengften:
— über alademiſche Lehrfreiheit. Sein vs
werk Biblifhe Theologie, ed. Schulz, Leipz. 1836,
und die Bearbeitung der erften Hälfte von Mün—
ſchers — — 2. Auflage 1832 und 34.
+ 17. Febr. 1833.
Eoenobiten. Die gemeinschaftlich Lebenden. Die
Vereine der Asketen, welche Pahomius zuerft auf
der Nilinfel Tabennä 304 organifirte. Die An:
fünge des Mönchthums.
Goligny, Gaspard de. Herr von Chatillon. Geb.
am 16. Febr. 1518 zu Ehatillon fur Loing. Zeich:
nete ſich früh, feit 1542, als tapfrer Feldherr aus,
wurde 1551 Statthalter der Champagne und 1552
Admiral von Frankreich. Nach dem Feldzug 1552
—55, indem Frankreich Met, Toul, Berdun ge:
wann, vertheidigte er 1556 St. Duentin ruhmvoll
gegen die Spanier. Bei der Capitulation gefangen
genommen, lebte er 2 Jahre in Gent, lernte dort
den Proteftantismus fennen und trat zu ihm über
1558, öffentlid) mit feinem Haufe 1559. Bon nunan
ward er immer mehr ald das Haupt und der Führer
der Hugenotten anerfannt. Nach der Verſchwörung
von Amboife 1560 an den Hof berufen, beftrebte
er fi, auf gefeglihem Wege jeinem Glauben die
Anerkennung zu verſchaffen, in Gemeinſchaft mit
dem Kanzler 2’Höpital, mit bem er aud) das ver:
gebliche Geſpräch zu Poiſſy zu Stande bradte.
Gollecten
Der Bürgerkrieg nad) dem Blutbad bei Vaſſy
1562 ftellte ihn neben Eonde an die Spike der
— — Armee; er verhinderte die völlige
iederlage bei Dreux und eroberte die Normandie.
Der gegen ihn erhobene Vorwurf, mitſchuldig am
Meuchelmord des Herzogs von Guiſe zu fein,
wurde durch den Geheimrathsbeſchluß von 1566
widerlegt. Der Friede von —— 1563 dauerte
nicht lange ; 1567 brach der Bürgerkrieg von Neuem
aus; eine völlige Niederlage bei St. Denis vers
—— wiederum Coligny, und es erfolgte ber
feine Frieden von Longjumeau 1568. Der Ein-
fluß der Guifen am ——“ Hofe verurſachte
neue en der Qugenotten, ber Krieg
brach noch in demfelben Jahre wieder aus; Co:
ligny befeftigte La Rochelle und trat nad) Conde'd
Tode bei Jarnac 1569 an die Spige des Heers. Bei
Montcontour gefhlagen, wußte er die Berlufte
— und befiegte den Marſchall Briſſac
bei Arnay le Duc am 27. Juni 1570, fo daß der
Frieden von St. Bermain (Auguſt 1570), ber ben
teformirten Gultusfreiheit gewährte und ver:
bürgte, bewilligt werden mußte. Coligny folgte
jegt jogar einer Einladung an ben 501 & lois
1571, wo er fortan verblieb, von Karl IX! hoch:
eehrt. Die Furcht vor feinem wachſenden Einfluß
teigerte aber den Haß der Guiſen, ein Mordan—
aa am 22. Auguſt mißlang, beſchleunigte aber
en Entihluß der Bartholomäusnadht 24. Auguft
1572, als deren erfted Opfer Goligny fiel. Der
Leihnam wurde — mißhandelt, an den
Galgen von Montfaucon gehängt, und erft 1599
miliengruft zu Chatillon beigefegt. Stä⸗
> rot. Monatsbi. 1858. X. Meylan, Vie de
aspard de Culigny, Baris 1862.
Gollecten. Sammlungen für milde Zwecke.
Kommen fhon im Neuen Teftamente vor, Röm.
15, 25; 1. Kor. 16, 2; 2. Kor. 8, 1 ff.; Apfig.
24, 17. Als die naturgemäße Form ber Vereini—
ng ber Mildthätigfeit der Einzelnen zu Einem
Bipeite in ber br beibehalten. Die Gollecte
durd) den Klingelbeutel ift der Ueberreft der alten
Oblationen im Gottesdienft. Die Beranftaltung
einer Gollecte innerhalb der Gemeinde zu Ge:
meindezweden liegt in den Befugnifjen der Ge:
meinde felbft, Gollecten außerhalb der Gemeinde
und nicht fpeciell zu Gemeindezweden bebürfen
ber Genehmigung de3 Staates und der firdlichen
Behörde. —— ige Beſtimmungen hatte bie
reformirte Kirche. Die Bewilligung einer Collecte
ftand bei der Clafji3, die das Bedürfniß prüfte
und Empfehlungsjhreiben gab; Collecten für
firhlihen Lurus, Thürme, Gloden, Orgeln waren
unbedingt verboten. Das Collectenweſen, welches
in ae Theilen der Kirche zum Unmefen ge:
worden ift, follte nach dem Gircular:Erlaß des
preußifchen Ober:Kirchenrathä von 1851 reformirt
werden.
Gollecten heißen die kurzen Gebete, welche am
Altar vor der Berlefung der Epiftel vom Geiſt—
lihen gejproden oder gefungen werden; vorher
geht die jogenannte Jutonatıon, worauf der Chor
antwortet.
Collegia nationalia ober pontifleia. Jana-
tius von Loyola ftiftete 1552 das Collegium Ger-
manicum, eine Höfterlihe Bildungsanftalt für
Beute Geiftliche, die fpäter in ihrem Baterlande
ald Niffionspriefter ——— finden ſollten.
Das Inſtitut war geſunken, als Gregor XIII.
in der
150
Collegium Germanicum
1573 daſſelbe nicht nur aufs Neue einrichtete, ſon⸗
dern auch ein griechiſches 1677, engliſches 1579, ma⸗
ronitiſches 1584, illyriſches und ungariſches grün:
dete, welches letztere übrigens 1584 mit Dem deut⸗
{chen vereinigt wurde, Die Alumnen werden unter
Zeitung der Jeſuiten ausgebildet, verpflichten ſich
eidlich, lebenslang unter ihrer Nation im ftrengen
Gehorfam gegen bie Obern ald Miffionare da zu
arbeiten, wohin man fie fendet. Das Inſtitut
fteht unter dem Protectorat ber Congregatio de
propaganda fide. Die Collegia nationalia find
alfo beftimmt, in den nicht Fatholifchen Ländern
ben Kern einer Geiftlichteit zu bilden, welche,
Rom unbedingt ergeben, mit dem ganzen Lebens:
intereffe daran gebunden, von dem Mittelpuntt
aus leicht regiert werde und den übrigen Klerus
des Landes theild überwache, theild tonangebend
mit —— Bis 1843 war ber Beſuch des Colle-
gium Germanicum in Preufjen verboten.
Collegia pietatis hieß Spener bie von ihm
eit 1670 eingerichteten Erbauungäftunden; feine
nhänger a davon ben Namen Bietiften.
Gollegialiyflem. Zur Begründung der beſtehen⸗
ben landeöyerrlihen Gewalt in der evang. Kirche
und zur Berubigung bed wiſſenſchaftlichen Ges
wiſſens find drei Syſteme aufgeftellt: das Epis-
fopaliyftem, wonach die Rechte der Biſchöfe auf
den Landesherrn bevolvirt find; das Territorial«
ſyſtem, wonach fie ihm zuftehen ald Zandedobrigs
feit; das Collegialſyſtem, wonad) fie ald von Sei:
ten der Kirhengejellihaft übertragen anzuſehen
find. Der Vater dieſes Syſtems ift Sam. Bufen:
dorf, De habitu rel. christianae ad vitam civilem
1657. Ihm ſchloß fih an Chr. Matth. Pfaff. Die
Rechte der Obrigkeit gebühren ihr theils als ſolcher,
jura circa sacra, theild find fie die Gollegtal-
rechte, jura in sacra, der Kirche, und ihr übertra—
gen. Die biftorifch nit nachweisbare Uebertra—
gung durch die Gemeinden wird im Syftem damit
nr daß die Gemeinden fich gefreut, ald bie
üriten die jurasacrorum an ſich zogen. Troß des
rrthums der Bertragstheorie bringt dies Syſtem
doch das Urrecht der Gemeinden zum Ausdruck:
Grund genug. dat es Stahl ald ein Ergebniß
ne ; rationaliftifhen Rihtung zu brandmarlen
ucte,
Gollegianten oder ger Eine $raction
ber Arminianer, welde, ald in der Unterdrüdung
nad) 1619 ihnen bie Prediger verwehrt wurden,
in Eonventifeln zur Schriftausfegung zuſammen⸗
famen. Die Stifter find die drei Brüder van der
Codde zu Leyden. Die unter ihnen auftretenden
Redner hießen Propheten. Schwärmerijche Ideen
anden Eingang; mit den Arminianern behielten
ie nur ben —— gegen Prädeſtination ge—
mein; mit Wiedertäufern und Quäkern vermeng:
ten fie fich öfter. Die Secte erlofch um 1800.
Gollegiatftift und Gollegiatlirhen. Die Ber:
einigung des Klerus einer Pfarrliche zum ge:
meinfamen Leben nad) Art der Domcapitel heißt
—— oder Collegiatſtift. Die Mitglieder hei⸗
ben Stiftäherren, die Kirche Collegiatlirche. Das
Stift hat einen Decan oder Probft und jteht unter
Aurisdiction des Bifhofs. Beitanden die Dom:
capitel meift aus Abeligen, fo trug das Collegiat:
ftift einen bürgerlichen Charafter. Berühmte Col:
legiatlirhen find 3. B. zu Nahen und Zanten.
Collegium Germanicum. &.d. Art. Collegia
nationalia,
Collifion der Pflichten
Colliſion der Pflihten. Das Zufammentreffen
meier oder mehrerer Pflichten, die einander wider»
— und von denen daher nur die eine auf
Koften der andern erfüllt werden kann. Die Ur:
jahe der Collifion liegt nicht im Begriffe ber
Bricht ſelbſt, fondern in ber zufälligen Berfettung
der äußern Lebendumftände. Gemöhnlid) find die
Golifionen nur ſcheinbar und bejteht der Wider:
ſpruch, der mit gutem Willen fehr leicht zu entfer:
nen ift, nur mit unjerer Neigung. Wo aber in ber
That eine Collifion eintritt, da entfcheidet natur:
emäß die nach dem Urtheil des Gewiſſens größere
fight, die widerfprechende kleinere Pflicht hört
dann fofort auf, Pflicht zu fein, und ed entiteht
keine ——— wenn dieſelbe zu Gunſten
einer höhern Pflicht übertreten wird. Die Löſung
einer Pflihtencolfifion wird — nur da⸗
durch chwierig, daß nach hebräiſcher Weiſe die
Gebote in ihrem formalen Ausdruck als göttliche,
und ſchon als ſolche ohne Beziehung aufs Subject
ilige Gefege betrachtet werben, von denen im
e ber Collifion nothwendig eines verlegt wird.
efteht aber bad Sittlihe nicht bloß in einer ar
malen Erfüllung von Gefegen, fondern giebt bad
Rotiv einer Handlung den fittlihen Werth, fo
tritt bei der angegebenen Löſung aud) feine Ge:
—— ein, oder die ſcheinbare
egeöverlekung iſt eine ſittlich gebotene. Vgl.
d. Art. Caſuiſtik.
Colloquium. Wiſſenſchaftliches Gefpräd. Tritt
juweilen an die Stelle ber Prüfung in der Form
einer Unterrebung mit ben geiftlichen Borgejegten.
für proteftantifhe Geiftlihe mancherorts die Be:
dingung für Beförderung zu einem andern Amte,
des —— in eine andere Landeslirche oder
in Disciplinarfällen.
Eollyridianer. S. Antidilomarianiten.
Col⸗Nidre. Der Anfang eines tibel berüchtigten
fübiichen Gebetes in halbäifcher Sprache, welches
am Berföhnungs: Abende in der Synagoge gebetet
wird und im Boraus alle Gelübde und Schwüre
bed lommenden Jahres annullirt. Darauf ift gegen
die Juden BREUER EN fie gejtatteten den
Meineid. Nach den jüdischen Erklärungen bezieht
ſich dieſe Annullirung aber nicht auf Gelübde, die
von Andern abgenommen feien, aud die reser-
vatio mentalis, die Iſaak Abuhab im alle eined
Itthums oder Zwanges zuläßt, ſoll nicht geftat»
tet fein, um eine Schuldgegen Andere abzuleugnen.
Sal. Bodenſchatz, Ueber den —
Golobarfus, gegen 200, deſſen Lebensumſtände
unbelannt find, war Stifter einer gnoftifhen
Secte, die mit den Balentinianern zufammenbing.
Golonie wird Apftg. 16, 12 Philippi genannt,
Julius Cäſar hatte dahin einen Theil der itali-
den Gemeinden verpflanzt, die auf Seiten des
ntonius geftanden hatten; daher war die Stabt
zum Range einer römischen Colonie erhoben, und
hatte als foldhe das jus Italicum —— Recht),
d. 5. eine freie Communalverfa Jung, Befreiung
von Ropfiteuer und Freiheit des Grundbeſitzes.
. Kolouna, Der Name einervornehmen römischen,
in der Kirchen: und Profangefchichte oft genannten
Familie, welche unter ihren Gliedern einen PBapft
und zwölf Cardinäle zählt. Durchgängig ftanden
die Colonnas auf Seiten der Gegner der Päpſte
und ihrer weltlichen Herrſchaft; in ihre zahlreigen
firglichen und politiſchen Kämpfe mifchten ſich die
Gamilienfehden mit den Orſinis. Wegen ihrer
151
Comenius
een Gefinnung follen fie non Alexander
Il. für alle Zutunft zu einem kirchlichen Amte
für unfähig erklärt fein; Bonifacius VIII. erklärte
die Nachkommen feiner Gegner Otto und Johann
Golonna bis ind 4. Glied für irregulär.
Coloſſer und Gorinther f. unter K.
Eolumba, aud) Golumban — urſprnglich
Crimthan, der Apoſtel der Norbpikten. Geb. um
520 in Irland, zog er 563 mit 12 Mönchen nad)
Schottland, mo er auf der Inſel Hy (Jona), bie
ihm der Scotenfönig Conall gab, ein Klofter grün:
dete, welhes dad Stammtllofter vieler andern
und ber Ausgangspunft ber ——— Ca⸗
ledoniens wurde. Columba's Weisheit und chriſt⸗
liche Milde wird gerühmt. Sein Leben iſt mit un⸗
ähligen Wundern ausgeſchmückt. + 597 am 9.
Fund Vgl. Acta sanct. 9. Juni.
Golumban, der Heilige. Der Apoſtel der Ale:
mannen. Geb. um 550 ın England, begab er be
590 mit 12 Gefährten auf eine Miffionsreije na
Gallien. Dort ftiftete er die Klöjter Anegray, Zu:
geuil u. a. Später von bort vertrieben, wen⸗
dete er fich nad) der Schweiz und Oberitalien, mo
er das Hlofter Bobbio jtiftete und 615 ftarb. Den
von ihm erbauten Klöftern gab er eine eigene Re:
gel nad) ber heimiſchen Tradition, die fi durch
ihre harte Strenge von ber Regel Venedictd, der
fie fpäter weichen mußte, unterſchled. Auch in an:
dern Dingen behielt Columban die Berjchiedenheit
ber engliichen Kirche von der römiſchen bei, und
beeinträchtigte dadurch feine Wirtfamfeit. Sein
Gedächtnißtag ift der 15. Nov. Vgl. Acta sanct.
ord. S. Ben, von Mabillon, 2 Bde.
Golumna, Aegidius de, Genannt Negidius von
Rom. ©. d. Art.
Gombe, la. S. Lacombe und Guyon,
Gombefis, Franz. Ein gelehrter frangdfifcher
Dominicaner, + 1679, der zu Baris lebte und mit
Unterftügung des franzöftihen Episkopates ſich
ber kritiſchen Herausgabe der griech. Kirchenväter
widmete. Hauptwerle: Auctuarium novum bi-
bliothecae Patrum 16148; darin Historia Mono-
thelitarum ; Auctuarium novissimum 1672; Bibl.
Patr. concionatoria 1662; Maximus confessor.
a ET" feiner Schriften bei Nicoron Bd.
. 185.
Comenius, ob. Amos. Berühmter Pädagoge.
Geb. 1592 zu Comnia in Mähren, feit 1616 Pre
diger der böhmifchen Brüder in Fulned, vorher
1614 Rector zu Prerau. 1624 mit ſämmtlichen
evangelifchen — ausgewieſen, lebte er zuerſt
in Liſſa, wo er 1632 die biſchöfliche Ordination
empfing, damit ſich die biſchöfliche Succeſſion trotz
der zeitweiligen Zerſtörung der Brübderfirche fort:
pflanzen könnte. InLiſſa gab er feine Janua lin-
guarum roserata 1631 heraus, die feinen Ruhm
al3 Pädagoge begründete, den andere pädagogiſche
Werte: Novissima methodus 1648, Orbis sensua-
lium pietus 1650, en Zur Einrihtun
des Schulweſens nad) jeinen Brincipien 1641 *
England, 1642 nad) Schweden, 1650 nach Sieben⸗
bürgen berufen, nahm er 1657 feinen dauernden
Aufenthalt zu Amfterdam. + 15. November 1671
zu Naarden. Er hat 2 theologische Werte heraus:
gegeben, die Kirchengeſchichte der böhmischen Brüs
der lateinifcdy und deutſch 1648 und Lux in tene-
bris 1657, Offenbarungen und Weifjagungen 3
böhmifcher Brüder fiber das auf 1672 angeflin:
digte taufendjährige Reich und das bevorftehende
Commemoration der Heiligen
Gericht über Defterreidh und Nom. Da vie Zeit:
ereigniffe zu diefen Weiffagungen nie ftimmten,
änderte Comenius unbefangen Faffung und Deu:
tung, ohne felbft daran irre zu werden.
ommemoration der Heiligen. Wenn auf einen
Tag mehrere Fefte oder Gedächtnißtage fallen und
das geringere, wie 3. B. ein Sonntag, weder ver:
legt noch ausfallen fann, fo wird es in der Litur:
ie und der Meſſe erwähnt (commemorirt), und fo
in untergeorbneter Meife mitgefeiert. — Das
Wort bezeichnet au) das fürbittende Gedächtniß,
I fommt die Commemoratio vivis et defunctis,
ie Fürbitte für die Lebendigen und die Verftor:
benen, vor.
Gommendatur:Abt. ©. Abt.
Commende ift Die lebertragung einer firchlichen
Pfründe an einen Klerifer, ohne die Verpflichtung,
das damit verbundene Amt felbft zu verwalten;
urfprünglid; aber die zeitweilige Uebergabe eines
erledigten Amtes ohne die dazu gehörige Pfründe.
Am häufigften wurden Abteien als — —————
— — gegeben. Man umging damit
das Verbot der Cumulirung der Benefizien. Der
Mifbraud der Commenden, den die avignonifchen
Päpſte am ärgſten trieben, fo daß Clemens V.
feldft alle Commenden renovirte, hat durch die Be:
ftimmungen des Tridentinums einEnbe gefunden.
Commensalitium. Tiſchgenoſſenſchaft. Daf:
felbe was familiaritas. Einer der Tanonifchen
Gründe, aus denen dem Biſchof die Competenz er:
wüchſt, einen Geiftlichen, der nicht zu feiner Diöceſe
gehört, zu ordiniren. Wenn der Ordinand auch
nicht eigentliher Hausgenoffe des Biſchofs war, jo
muß er doch 3 Jahre lang in einem fo engen Dienit:
verhältniffe zu ihm geftanden haben, daß derfelbe
feinen Charakter genau fennen lernen konnte. Dem
auf Grund des Commtenfalitiums Gemweihten muß
binnen Monatöfrift ein Benefizium verliehen
werben.
Gommentare find fortlaufende Auslegungen
zum Verſtändniß des bibliſchen Tertes, die ſich von
Gloffen und Scholien (f. d. Art.) daburd unter:
jcheiden, daß fie fortlaufend und zufammenhängend
den ganzen Tert und nicht bloß einzelne ſchwierige
Stellen erllären. Der Gebraudy des Wortes wird
auf die Auslegungen beſchränkt, die den eregetijch:
hiſtoriſchen Sinn erörtern, ohne Rüdficht au praf:
tiihe und erbauliche Anwendung. Die Literatur
der Gommentare iſt fehr reich; neben vielen an:
dern zu einzelnen Büchern der Schrift nennen wir
von vollftändigen Commentaren außer Calvin und
Luther: Ch. und %. ©. Starke, Synopsis bibl.
exeg. V.et N.T. 3 Th. 1733, und V. T. 6 Th.
1741; H. Grotius, Annotationes ad V. T. 1644;
Calov, Annott. ad N. T. &41—46, 1672 und
1676; ſ. ferner Bibelwerk und Auslegung. Com—
mentare zu den einzelnen Büchern ſ. diefe.
Gommenthurei. Soviel als Commende bei den
Ritterorden, der Grundbefit, der einem Ordens:
ritter zur Benugung und Berwaltung zugemiefen ift.
Commissi, Die Laienbrüder der Auguſtiner—
Barfüher ohne Capuze. Val. Conversi.
Gommodian. Ein chriftlicher Dichter des 3.
z.. in Afrifa, der felbft Heide geweſen.
ein Gedicht Instructiones adv. gentium deos,
eines der älteften Denkmale chriſtlicher Dichtkunft,
polemifirt gegen das Heidenthum und enthält chi⸗
liaftifhe Erwartungen. Ausgaben von Rigaltus
1650 und Schurzfleiich 1704,
152
Communio laica und peregrina
Commodus. Römiſcher Kaiſer 180—192, Sohn
des Marc Aurel. Setzte die Chriſtenverfolgungen
feines Vaters nicht fort; man fagt, durch feine Con⸗
cubine Marcia dazu bewogen.
Common prayer book, Das allgemeine Ge:
betbuch der anglifanifchen Kirche, welches die ganze
liturgiſche Form der Gottesdienfte enthält und auch
als das Andachtsbuch der häuslichen Erbauung
gebraudt wird. Von Erasmus mit zu Grunde:
legung der alten Liturgie 1548 entworfen, ift es
nad) manden Nevifionen (1549, 1552, 1559) in
ber — Geſtalt 1662 vom Parlament
eftätigt.
Communicatio idiomatum. Die Lehre von
Ehriftus ift an der Definition des Chalcedonenje
mejentlich ftehen geblieben, daß in Chriftus zwei
unvermiſchte Naturen beftehen, daß diefelben
aber in ungetrennter Einheit zu denfen feien. Es
versteht fih, daß diefe Formel auf die Dauer
nicht genügte, daß das Bedürfniß erwachen mußte,
das Berhältniß der beiden Naturen in Chriftus
näher zu beftinmen. Die Frage darnach erhob fich
mit der Reformation, deren Gegenſätze in der
ech auch immer mehr auf eine be-
ftimmtere Faſſung des chriſtologiſchen Dogmas
hindrängten. Die lutheriſche Faſſung des Genufjes
vom Leib und Blut Chriſti verlangte aud) eine nä-
here Begründung in der Auffafiung Ehrifti ſelbſt,
verlangte inäbejondere eine vollftändige Einheit
feiner Berfon. Um diefem Bedürfniß zu genügen,
entftand die Lehre von der Communicatio idio-
matum der beiden Naturen, d. b; von der gegen:
feitigen Mittheilung ihrer Eigenjchaften. Darnach
tft die Einigung der beiden Naturen in Ebhriftus
derart, daf die göttliche ihre ſämmtlichen Eigen:
ſchaften aud) “ die menſchliche überträgt, und
dieje die ihrigen wieder auf die göttliche, wobei
aber ſowohl die Natur des Berhältnifjes an fich
ſchon als da3 dogmatiſche Intereſſe der Zeit das
Borwiegen des erjtgenannten Berhältnifjes natur⸗
gemäß veranlaßt. Indem man damit drei Factoren
in Chriftus feßte, feine Perſon und feine beiden
Naturen, folgerte man daraus dreierlei Arten von
Berhältniffen und Eigenfchaftsbildungen: 1) genus
idiomaticum, d. h. jede Eigenſchaft, die einer ber
beiden Naturen zulommt, muß man aud) der gan:
zen Perſon zuerfennen; 3. B. die Allmacht von
Seiten der göttlichen, das Leiden von Seiten ber
menſchlichen; nit nur bie göttlide Natur ift all:
mächtig, nicht nur die menschliche leidet, fondern
die ganze Perſon Ehrifti. 2) genus apotelesmati-
cum, Alles, was von der Perfon Chrifti ausgeht,
feine ganze Erlöferthätigfeit (droreiesuarea) voll:
zieht fi nicht, ohne daß beide Naturen gleihmäßig
dabei betheiligt find; jo ift das Leiden ohne beide
Naturen undenkbar: die göttlide Natur muß dem
menſchlichen Leiden erft feinen Werth verleihen.
3) genus majestaticum, bie —— atur über⸗
trägt ihre Eigenſchaften an die menſchliche. Letzte⸗
red ei die Grundlage der Lehre von der Ubiqtutät
des Leibes Chrifti und Demzufolge auch der lutheri-
ihen Abendmahlölehre. Vgl. Concordienformel
VIII. Ehemnit, De duabus in Christo naturis.
Schröder, Tractatus de reali comm. id., außer:
dem bie —— und Schriften über das dhri:
ftologifhe Dogma.
Communio laica und peregrina. Com-
munio laica bezeichnet den Kreis in der kirch—
lien Gemeinschaft, welder die große Mafje der
u
Communionbücher
——— umfaßt im Gegenſatz zum geiſtlichen
Stande. In dieſeibe kann der Geiſtliche zurüuͤck—
treten, entweder freiwillig durch Dispens des Pap⸗
ſtes (bei niedern Weihen), oder zur Strafe in Folge
der Depofition, Abjegung freductio in communio-
nem laicam). Verwandt Mt die communio pere-
grina, die Berfegung in die Familiengemeinſchaft,
eine Art der Suspenfion; der Beftrafte wird einem
fremden Geiftlichen gleichgeftektt, der feine Beglau:
bigungs⸗ und Empfehlungsichreiben, litterae for-
matae ober commendatitiae, vorzeigen kann; er
darf alfo feine lirchlichen Verrichtungen vorneh:
men, behält aber den Fortbezug der Pfrlinde.
Gommunionbüder. Die Borbereitungs: und
Andahtsbücher zum heil. Abendmahl bilden einen
befonderen Zweig der Erbauungäliteratur. Sie
pflegen Belehrungen und Betrachtungen Über das
Abendmahl, Gebete und Lieder zu enthalten. Aus
der vorreformatorifchen Zeit geh hierher, außer
den Beicht: und Bußipiegen, der Tractat Bonaven⸗
tura’3, De praeparationead missam, und Thomas
a Kempis, das 4. Bud der Nachfolge Eprifti. Seit:
dem Suter 1527 feinen Sermon von der Beidhte
ind Betbücdhlein aufnahm, ift die Anzahl der Com:
munionbücher mit jedem Jahr gewachſen. In fei:
nem Geifte find noch Melifander, Beicht: und Bet:
büdlein für hriftl. Communicanten, 1581, Oſian⸗
der, das würtembergifche Communicantenbüdjlein,
1590, gehalten. Dann folgt die Zeit evangelifcher
Scholaſtik, welche auf diefem Gebiete wenig pro:
ductid üft, und nur einzelne wohlthuende Ausnah:
men hervorgebracht hat, wie Arndis Wahres Chri:
ſtenthum, 1605, Scrivers Buß⸗, Beicht und Com:
mumionbuch, 1708. Eine neue Anregung erhält die
Communionliteratur Durch den Pietismus; mit den
Katehiämen werden Stüde verbunden über bie
Vorbereitung zum heil. Abendmahl. Communion:
bücher im Spenerſchen Geifte find die der Wür:
temberger Hoffmann, 1702, Storr, 1755, Hiller,
1160, Roos, 1791, Schmolte, Freſenius, 1746.
Im —— und rationafiftifchen Ge-
ſchmacke find ge ten die Communionbücher von
Lübke, 1772, Rojenmüller, 1776 u. ö., Ries, 1781
u. ö., Cramer, 1794, 15. Aufl., yörfter, 1794, 13.
Aufl., Spieler, 1824, u. a. Die neuere gläubige
Richtung Hat viele alte Schriften wieder neu *
gelegt, theils neue verfaßt, wie die von Kapff,
184, Wichern, 1850, Delitzſch, 1854, Sudhoff,
2. Aufl. 1859 u. a. Bgl. zur Literatur: Winer,
Literatur, II. ©. 366.
Gommunidmnd und aliſsmus erfireben
beide Die Aufhebung der Ripftände im öffentlichen
Leben, welche aus ungleihen Bertheilung Des
Eigenthums re fie unterſcheiden ſich fo
von einander, daß erfte alles PBrivateigenthum
in einer allgemeinen Gütergemeinjhaft aufheben,
der andere die Privatwirt = mit Unterord⸗
nung des privaten Rechtes und Willens durch den
Staat geregelt haben will. Der Communismus
iſt die eomcretere, rabicaleze Form ber forialifti-
ſchen Beftrebungen. Beide aber widerftreiten einem
der erften fittlichen Grundfäße. Alle natürliche und
ſonlichen Arbeit * und läͤhmen die Spann:
8* i ——— ** ——
nomiſches lend i nothwendi von,
wnöbeiondere wenn der Eomununmsmus feine
153
Compaternität
äußerfte Confequenz zieht und bis zur Aufhebung
—— Grundlagen des Lebens, felbft bis
zur Aufhebung der Ehe und Familie und zur Ge:
meinfchaft der Weiber und Kinder fortfchreitet,
und enblid der ungebändigten Befriedigung der
fleifhlichen Lüfte verfällt. Der Socialismus in
feiner befleren Form irrt, infomweit er durch das
Geſetz des Staates hervorrufen will, was nur die
Frucht freiefter chriſtlicher Sittlihleit in der Ges
meinſchaft des Handelns fein kann; er verwechfelt
das Pflihtgebot der chriſtlichen Bruderliebe mit
dem Rechtsanfprud. Die connmuniftifhen Gedan=
fen haben ihre Ausbildung erhalten theils in ab-
ftracten — tigen —* wie in der pla⸗
toniſchen Lehre vom Staat, theils in einer einſei⸗
tigen religiö ichtung, der ſchon die erſte jeru⸗
lemiſche Ehriſtengemeinde mit ihrer relativen
ütergemeinjchaft nicht ganz entging, der aber
die aöfetifchen Bereinigungen ſchon der Effäer und
Therapeuten, und dann der chriſtlichen Klöſter
verfielen, die den Privatbefig des Einzelnen gleich:
falls aufhoben, und die ſchon Hier nicht felten mit
der nothwendigen Eonjequenz endbigte, mit der
Genußfucht und Arbeitsſcheu der Vielen, welche
freiwillige Armuth wählten, um dem Mißbrauch
des Reichthums zu fröhnen. Eine Richtung zum
Communismus bat and jederzeit der Chiliasmus
genommen, dem communiftifche Gedanken als
Traum und Hoffnung vorfhmweben, die er dann
B- Boraus zu realiſiren felten unterlaflen fann.
ie Geſchichte der chriſtlichen Kirche weiſet in
Secten und Härefien eine fortlaufende Kette von
dem Communismus verwandten Beltrebungen,
von den Eircumcellionen an duch die Paftorellen,
Katharer, Fratricellen, Begharden und Brü
bes freien Getftes bis zu den Wiedertäufern. Von
ihnen entlehnte Ideen fpielen mit bei den zunächſt
aus der Schwere des auf dem Volle laſtenden
Drudes entfprungenen Bauernaufftänden im Thur⸗
gau 992, Yütland 1086, Schonen 1180, dem Krie
der Stedinger 1200, der Jacquerie in Srantreich
1358, dem Aufftand Watt Thler's in England
1381, der Käfebrödter in Holland 1491, des Georg
Dofa in U 1514, dem beutfchen Bauern:
frieg 1525. In furchtbarfter Weife lamen die com:
muniftiihen S$deen in dem revolutionirenden
Vena zum Ausbruh. Die bebeutendften
ertreter des franzöfifhen Communismus find:
Baboeuf (J 1797), Darth& (+ 1797), Fourier
(+ 1837), Zamennais (+ 1854), Blanc (Orga-
nisation du travail, 1840), Proudhon (F 1866,
Systeme des contradietions &conomiques) und
Gabet (Journal populaire). Dem humaniftifchen
Sorialismus — Tage, in welchem gleichfalls
die verſchiedenen Syſteme ſich entgegenſtehen,
unter denen das Laſalle'ſche das bedeutendſte iſt,
ſtellt ſich zur Seite ein chriſtlicher Socialismus
in den Beſtrebungen der innern Miſſion. Stein,
der Sociglismus und Communismus des heutis
gen Frantreichs, 2. Aufl., 2 Bde., 1847.
Gompactaten, Baſeler, he ber Vergleich des
Baſeler Concils mit den Hufftten 1433, in welchem
—8 die Forderungen der —— Artilel modi⸗
cirt zugeftanden wurden: 1) Duldung bes Abend⸗
mahls unter beiberlei Geftalt. 2) Freie Predigt
durch orbimirte Geiftliche. 3) Verwaltung der Güter
Sur die Geiſtlichteit ohne Befig. 4) Ausübung
der Kirchenzucht durch die Obrigkeit.
Gompeternttät, Mitvaterjchaft. Der Tauf⸗ und
Gompatronat
Firmpathe wird ald der geiftliche Erzeuger bes in
ber Taufe Wiebergeborenen angejehen; find daher
mehrere Bathen, ſo waltet unter ihnen Gompater:
nität und damit nad) früherer, jegt aufgegebener
Anjhauung ein Ehehinderniß, weldes ſich aud
auf die Kinder erftredt.
mpatronat ift das Patronatrecht, welches
an —— Gütern mit gleichen Rechten haftet;
ei ed, daß — Stifter einer Kirche gemein:
348 das Recht erworben, oder daß das Pa—
tronatgut in die Hände mehrerer Beſitzer überge:
angen ift. Die Inhaber eines Compatronats üben
Die Rechte gemeinfhaftlih aus und tragen ebenfo
die Laften; die Ehrenrechte kann jeder für jeine
Perſon fordern.
Gompetenz. Zuftändigteit. Bezeichnet das Recht,
bie dem Amt zuftändigen Befugniffe auszuüben;
im engern Sinne meint man damit die Pfründen-
competenz, die Nachweije bes Jahreseinklommens
einer Stelle,
Compilationes decretallum heißen fünf
Sammlungen ber jpätern päpftlihen Decretalen
er gsi welde in die Sammlung Gre⸗
td IX, 1230 aufgenommen in ; und zwar
T grins) von Bernhard von Pavia 1190, hat
5 * unter dem Titel judex, judicium, clerus,
oonnubia, crimen; 2 ——— von Johannes
Galenſis 1215, umfaßt bie Zeit von 1159—93;
8 (tertia), von Petrus von Benevent 1210, um:
je 1198—1210; 4 (quarta), ein Nadjtrag zum
origen 1218; die 5. (quinta) enthält die Decres
talen Honorius’ V. biö 1220.
Gompletorium ijt dad Breviergebet vor bem
& ——
ompluienſiſche Polygloite. S. Polyglotte.
Tompofielia, San Jago de. (Früher Giacomo
alem der berühmteſte Wallfahrtsort. Soll vom
oſtel Jakobus gegründet fein, ee Gebeine
man bort zeigt. Der Ritterorden von Gompoftella,
geflftet 1161 zur Beſchlitzung der Pilgrime, ijt
1835 aufgehoben. Die Grogmeijterwürde war jeit
1439 mit der Krone verbunden.
Gonclave. Sowohl ber Drt der ————
der Cardinäle zur Papſtwahl, als die Verſammlung
elbſt. Conclaviſt heißt derjenige aus der Diener:
ht ber Gardinäle, der dieje ind Conclave be-
gleitet. S. d. X. Papſtwahl.
Goncomitanz. Den Ausdruck hat Thomas von
Aquin für diedamit bezeichnete Lehre des Lombar:
den aufgebracht. Die Lehre von der Concomitanz
(d. h. Begleitung) ift ein Theilder Abendmahlslehre
und ſpricht aus, daß im Leibe Chrifti, d. h. in der
ie immer zugleich aud) das Blut Chriftigegeben
(im Stadt in Spanien, nad) Rom und Jeru:
ei, fo daß aljo der Kelch mehr oder weniger über:
iffig wird. Die Lehre ift die Gonjequenz der
Transjubftantiation, und es gründet ſich auf fie
bie ehe (1415).
Goncordanz. Uebereinftimmung. Die Venen:
nung eines lexitaliſchen Wertes, in welchem jämmt:
liche in einem Schriftwerfe (der Bibel) vorfommen:
den Wörter mit Angabe der Stelle (Capitel und
Vers) aufgeführt werden (Berbal:Concordanz), oder
ie die Gegenjtände und Begriffe mit Angabe der
bezüglicden Stellen (Real:Concordanz). Die älteſte
Concordanz ift die des Hugo de St. Caro über die
Bulgata 1244. Neuere find: Lankiſch, Deutjche,
ebr. und griech. Concordanz: Bibel, 1677, in der
gabe von Reineccius (Leipzig 1718), weitaus
154
Goncorbat
bie befte Concordanz; ferner Büchner, Neal» u,
BerbalsHand-Eoncordanz, 1740, 11. Aufl. 1859;
Bed, 1770, Wichmann, 1782, n. Aufl. 1806;
Scott, 1827; Hauff, 1828; Bernhard, 2. Aufl.
1860; Zung, 1853 (fath.); für Cafualfälle u. f. w.
von Wagnig, Haupt u. A. Hebräifche Eoncordanzen:
Mordechai Nathan, 1523 u. ö.; Buxtorff, 1632; bie
neuefte: Yürft, Concord. librorum V. T. sacr.
hebr. atque chald. etc., Zeipg. 1840. Griechiſche:
C. H. Bruder, Tamieion, 2. Aufl, 1853, das befte
Werk über dad N. T.; Betulejus, 1546, Stepha-
nus, 1594, Schmid, 1638, William, 1767,
Eoncordat und Gireumferiptiondbullen. Con⸗
cordat ijt der Vertrag zwiſchen dem Papfte ald
dem Oberhaupt ber Kirche und einem Staate, in
welchem die —— der Kirche in demſelben,
die ihr zugeſtandenen Rechte, aufgelegten Pflichten
und die übernommenen Leiſtungen des Staates
feftgejtellt werden. Beſtimmungen biefer Art fin-
den ſich aud in den Eircumfcriptionöbullen, welche
bie Bisthüwer abgrenzen und einrichten, in Bezug
auf diejenigen Staaten, welde ſich zur Abſchlie⸗
Bung eines förmlichen Goncordates nicht verſtehen,
wie 4. B. Breußen 16. Juli 1821, Indem bie Cir:
eumjeriptionöbullen vom Stacte genehmigt und
publicirt werden, leiften ſie thatfägich der Kirche
dafjelbe wie ein Concordat. Der Abſchluß von
Goncordaten bezeichnet ein von der Nothwendig-
feit erzwungenes Ablafjen ber Kirche von ihren
theoretifch feftgehaltenen Macdhtanfprüden; es ift
daher auch die Anficht ausgeſprochen (Ueber ben
Charakter der Concordate, 1853), bie ——
vie der Kirche jeien nur Privilegien und fönnten
daher vom Papfte ug widerrufen werben.
Die lange fejtgehaltene Anficht, Concorbate (in
völlerrechtliche Verträge, die aljo nit einjeitig
geändert werben könnten, 2 die neuere Zeit
Baden, Würtemberg, auch Defterreih) ebenfalls
jtritten und will ben Inhalt der Concordate mit
Recht in die Landeögefeggebung siehen, welche die
Bedingungen aufzujtellen habe, unter welchen fie
der Kirche gewiſſe Privilegien gewähren will, Nach⸗
dem von den jüngften Concordaten das eine mit
Baden vom 28. Juni 1859 an dem Widerjtande
der Landesvertretung gejcheitert ift, und das an-
dere mit Defterreich von 1855 jo unheilvolle Früchte
getragen hat, daß jelbit die Katholiken deffen Auf:
hebung begehren, jcheint die Periode der Concor⸗
date ihrem Ende nahe zu fein. Das älteite Eon:
cordat ift das Calirtinijche oder Wormfer vom 23.
September 1122, in welchem der Inveſtiturſtreit
beendigt wurde. Der Kaiſer geftand freie kanoniſche
Wahl der Biſchöfe zu, der Bapft, daß die Negalien
zu Lehen genommen würden. Ym olgten die
Concordate des Papſtes Martin V. auf dem Con:
cil zu Conſtanz mit den Deutſchen, ag nn und
Engländern 1418 über eine gr von diejen Na⸗
tionen erhobener Beſchwerden. Die Fürſten⸗Con⸗
cordate von 1447 find 5 Bullen, welche bie Frank⸗
furter —— der deutſchen Kurfürſten im
Sinne des Episkopalismus vom 21. März 1446,
und die in Mainz von den Fürſten angenomme:
nen Bajeler Reformationspecrete 1447 proviſoriſch
concediren; ihr wejentlicher Inhalt wurde in dem
ar aeg Concordate vom 17. Febr, 1448,
welches der Kaijer im Namen der Nation mit dem
Papſfte ſchloß, beftätigt. (Vgl. Spittler, Fundas
mentalge). der deutſchkath. 8. 1790.) Das ber
rühntelte Concordat der Neuzeitift das franzöjifche,
Coneordia oanonum diseordantium 155
am 15. Juli 1801 durch ben päpftlihen Minifter
Sonfaloi abgeſchloſſen, und am 8. April 1802 mit
ben organiſchen Artifeln promulgirt. Außerdem
mit Bayern 5. Juni 1817, mit Hannover 1824,
mit den Staaten ber oberrheiniſchen Kirchenpro:
vinz 11. April 1827, mit den Niederlanden 1827,
mit Spanien 1845, mit Rußland 15. Nuguft 1847,
nit Defterreich 25. September 1855, mit Würtem:
berg 8. April 1867.
oncordia canonum discordantium ift
ber Titel, den jet die Ausgaben des Decretum
Gratiani führen, weil es in biefer Decretalen:
fammlung darum zu thun tft, die Widerſprüche
und Unebenheiten auszugleichen.
Goncordienbug — te Geſammlausgabe
ber lutheriſchen Belenntnißſchriften, welche am 26.
Juni 1580 in Dresden deutſch erſchienen iſt mit
einer Vorrede und der Unterſchrift der damit ein⸗
veritandenen Neichäftände. Sie enthält: die ölu:
menishen Symbole, die unveränderte Augsburger
Eonfeifion, die Apologie, die Schmaltatifjen Ar:
titel, Luthers Katechismen und die Goncorbien:
formel und wurde dadurch bie „Magna charta
deö deutſchen Lutherthums“.
Contordieuforiuel. Von der Mitte des Nefor:
mationsjahrhunderts an erhoben ſich in der luthe⸗
rigen Kirche eine Reihe heftiger dogmatiſcher
Gtreitigteiten. Es wurde geftritten, ob in der evan:
geliihen Kirche nur noch das Evangelium (Agri:
cola), oder aud noch das Geſetz zu predigen jei.
Durch) die formal juriftifche Auf ns der Recht:
fertigung wurde der Dfiandrifche Streit hervor:
** da Oſiander den Prozeß der Rechtſerti—
gung als einen mehr materialen auffaßte und da:
durd eine Annäherung an den Ratholicidmus an:
zubahnen ſchien. Diejen Gegenfägen ganz entjpre:
hend erhob fich zu gleicher Zeit ein Streit über
bie Frage, ob die guten Werte nothwendig jeien
zur Sehgteit oder nicht. Gegen ©. Major be:
bauptete Amsdorf fogar die Schädlichfeit ber
„og Werke. Bon ng tößerer Bedeutung war
fogenannte ſynergi —* Streit über das Ber:
haltniß des göttlichen Willens zum menſchlichen.
Nahdem Luther zuerft, wie Calvin, ſtreng präde:
ftinatianifch gedacht, mifderte er fpäter feine Mei-
nung, ald an bie Stelle der erften Gefühlsfülle
das dogmatifche Reflectiren trat; Melanchthon
aber ging vor bis zur Lehre eines gewiſſen Syner:
giämus. Bon feinem Schüler Pfeffinger verthei:
digt, erwedkte er einen heftigen dogmatiſchen Han:
bel, in welchem der eifrige Flacius ſelbſt ſoweit
ging, daß er die Sünde ir etwas Subftantielles
erlärte. Endlich waren die Abendimahls: und die
griſtologiſchen
treitigkeiten von Neuem erwacht.
ö —— Luther⸗
thum allen dieſen Kämpfen ſiegreichen Widerſtand
34 geltend, dieſes
aus den Kämpfen gejtählt —* angene, neu
hum Ten # und firden:
gejeglich zu beitimmen. Träger diejer Idee
war der Tübinger Profefjor Jalob Andreä, der bei
Kurfürft Auguft von Sachſen Unterftügung fand.
Stpodbiihen Goncarbie (og. Safe für Bft hen
i ncorbie (vgl. x. für hiſt. Theol.
1866), der Schwäbiſch⸗ſächſiſchen
t lirchli Rechtes nicht zu re
ncorbie, der Mißbrauch. Vgl. Ehe, 3 e,
Coneubinat
Maulbronner Formel, dem Torgiſchen ed.
Semler, 1760), traten eine Anzahl der eu
enditen Theologen: Andreä, Chemnitz, Selneder,
Shyträus, Musculus, Körner, im Klofter Bergen
bei Magdeburg zufammen und verfaßten unter
F Reviſion der drei Erſten eine in wiſſenſchaft⸗
licher Darſtellung ausgeführte Bekenntnißſchrift,
welche am 28. Mai 1577 vollendet war, — das
Bergiihe Buch oder Concordienformel genannt.
Daffeibe zerfällt in 12 Artifel: 1) de peccato ori-
Er (Erbfünde); 2) de libero arbitrio (frei
ilfe); 8) de justitia fidei coram deo (Glau—
benögerechtigfeit); 4) de bonis operibus (gute
Merte) ; 5) deloge et —— (Beleg un Evan:
elium); 6) de tertio usu legis (dritter Gebrauch
Geſetzes); 7) de coena Domini (Abendmahl);
8) de persona Christi; 9) de descensu Christi a
inferos (Höllenfahrt); 10) de caeremoniis ecele-
siasticis, quae vulgo adiaphora vocantur (Adia⸗
phora); 11) de aeterna praedestinatione et elec-
tione Dei; 12) de aliis haeresibuset sectis. Neben
ber Predigt des Evangeliumd wurde auch die des
Gejeges anerlannt. Rechtfertigung und Heiligung
wurden als zwei verſchiedene Krojeffe gegen Oſian⸗
ber getrennt. Gute Werke gehen nothwendig aus
bem Glauben hervor. Bei der Belehrung wirft ber
Menſch nicht mit, die Erbfünde macht ihn gleich
einem Kloß. Der Synergismus ift alfo verworfen,
aber auch der Flacianismus. Die Abendmahlälehre
Calvins und die Präbeftinationdlehre werden ver:
bamınt, Die communicatio idiomatum anerfannt.
Die neue Bekenntnißſchrift wurde von 86 Reichs⸗
ftänden, worunter auch Sachſen, Brandenburg,
Mecklenburg, Würtemberg, die Pfalz, Baden, un:
terjchrieben, verworfen von Heflen, Nafjau, Anhalt,
Pommern, Holftein, Bremen, Nürnberg u. a.
Diele Stände fielen jpäter von der Concordien⸗
formel ab, eigentlih nur Kurſachſen blieb treu,
wo ber Kanzler Erell im e 1601 den Kampf
dagegen auf dem Schajfot büßte. Vgl. Heppe, Ge:
ſchichte der luth. Goncorbienformel und Eoncorbie,
1858, 2 Bde. Göſchel, die Eoncordienformel nad
Geſchichte, Lehre und kirchl. Bedeutung, 1858.
Franf, die Theologie der Concordienformel, 1858,
8 Bode. Heppe, der Tert der Bergijchen Concor:
dienformel, verglichen mit dem Texte der Schwäb.
Concordie, der wãbiſch⸗ ſächſiſchen Concordie
und des Torg. Buches, 1857.
Gonenbinat, Die gefchlechtlihe dauernde Ver:
bindung zweier Berjonen ohne die Formen —32*
ſchließung. Sie galt dem älteren römiſchen Rechte
als zuläſſig, wenn die Frau niedern Standes war,
und unterſchied ſich, wenn lebenslänglich, wenig
oder gar nicht von der formlofen Ehe (matrimo-
nium tantummodo). Daflelbe fand ſich in
Deutichland namentlich beim Adel. Das Gebot der
feierlichen Eheſchlieung und damit das Verbot
des Eoncubinates erließ im Orient Leo der Philo⸗
joph 873, im Dccident Die Staatsgeſetzgebung erſt
im 16. Jahrhundert und das Tridentinum. Seit:
bem ift durch Staats⸗ und Kirchengejeßgebung jede
Verbindung eined Mannes mit einer Frau ohne
bie Form der Eheſchließung für ftrafbar erflärt.
Wenn feitens der katholiſchen Kirche die Bezeich⸗
nung Goncubinat auch für die allein durch bürger:
liche Trauung geſchloſſenen Verbindungen anges
wandt worden, “ iſt das ein jelbjt auf dem Stand»
——
ibat.
Concu rsus divinus
Coneursus dirinus, Die Lehre vom concursus
divinus, d. h. der göttlichen Mitwirkung bei dem
freien Handeln der Menſchen, entipringt aus dem
Beitreben, eine Formel zu finden, in der ſich das
Verhältnif der relativen sang Br der Welt zu
ihrer abjoluten Abhängigkeit von Gott auäfprede.
Als Ertreme weift diefe Lehre die pantheiftifchen Lö:
jungen des Problems ab, wonad) das Endfiche nur
null Fo nei des Unendlichen ift; den Carte:
fianifchen Occafionalimus, nach welhem Gott im
Körper wie im Geifte wirfet und dieſe enge ar
nur zufammentreffen; bie Tpeosie, wonach Gott
allein und die kreatürli aft nur fcheinbar
wirft und den in allen dieſen Syftemen liegenden
Determinismus, der die Realität der Slinde ge:
fährbet. Weber die Schwierigkeiten, die bei bieten
Theorien hervortreten, ſ. Müller, Lehre von der
Sünde, 3 Aufl. 1, S.310 ff. Rothe jagt über dieſes
Verhältnib Folgendes: „Die Weltregierung Gottes
ift feine ſchlechthin allwiſſende, allweiſe und afl-
mächtige Wirkfamfeit, vermöge welcher er in ber
Entwidlung der Welt aus fich felbft heraus das
Spiel der relativ jelbjtändigen natürlichen nz,
inöbefondere der perföntichen, jo leitet, daß eben
mittelft deffelben ſein ewiger Weltplan fi voll:
zieht, oder feine ewige Weltidee ſich in tätiger An-
näherung ſchlechthin unfehkbar reafifirt.“ „Dem
wie jehr auch die einzelnen Erfolge jeder für fü
Wirkungen der Freatürlihen Selbitbefiimmung
find, ihr Totalergebniß ift Die Wirkung ihrer Ber:
müpfung und Berfettung unter einander, und dieſe,
die wir den Zufall zu nennen ——— iſt allein
Gottes Werk, das einer Weltregierung.“
Rothe, Ethit,2. Aufl. 1,8. 54; Scheulel, Dogm. II,
©. 251; Martenjen, Dogm. ©. 191.
Eonferenz. Evangeliſche Kirchenconferenz. Ein
periodiſcher Zufammentritt von Abgeordneten der
deutfchen evangel. Kirchenregimente, um wichtigere
Fragen des kirchlichen Zebens zu ge Nah
mannigfachen Borverhandlungen erlin 1846,
Frankfurt 1851, feit 1852 jährlich, ſpäter zweijähr:
lih in Eifenad. Ihr * ift das Allgemeine
Kirchenblatt von Mofer, Stuttgart 1852 ff. Die
Auswahl fogenannter Kernlieder für die kirchl. Ge:
ſangbücher, eine Kirchliche Statiftik für das evangel.
Deutſchland von Zeller 1865 und die Anbahnung
(f. d. Art. Canſtein) einer Verbeſſerung der luthe:
riſchen Bibelüberfegung find Früchte diefer Con:
ferenzen.
Confessio, Eonfeffion. Belenntniß. Daher das
Geftändnik der Sünden in der Beichte, wonach der
Beichtvater auch confessionarius heißt. Meiſtens
aber wird das Wort gebraudt von dem ſchriftlich
niebergelegten Glaubensbelenntniß, und weiter als
Brreihnung der Religionsparteien, die ſich Durch
Zuftimmung zu einem ſolchen von andern unter:
fcheiden. Der Ausdruck Confessio für das öffent:
liche Glaubenäbelenntniß einer Refigionspartet ift
erit jeit der Reformation üblih. Die widtigiten
derjelben find: die Conf. Anglicana, das Befennt:
nif der engliſchen Kirche, 1552 in 42 Artikeln von
Eranmer verfaßt, Weglaſſung der legten 3
Artikel 1563 von Deftätigt und publiciet
1571 als das Blaubenäbelenntniß ber 39 Artilel;
Conf. Anhaltina 1579, das pe. refor:
mirte Betenntniß in Anhalt; Conf, Argentina oder
Tetrapolitana, 1530 zu g von ben 4
Städten übergeben ; Conf. Augustana 1530, das
Augsburgiſche Bekenntniß, durch Melanchthon ver:
156
verfaßt;
Confirmation
faßt; Conf. Basileensis in Baſel 1534, auch Conf.
Mühlhusana genannt; Conf. Belgica, 1562 von
den Reformirten in Niederland Philipp IL über:
ben; Conf. Bohemica 1575, das gemeinfame
efenntniß der 4 evangel. Parteien Böhmens ;
Conf. Gallicana ober de la Rochelle 1559 in
Frankreich; Conf. Genevensis, 1558 von Farel
onf. Helvetica, I. 1536, II. 1564, und
Conf. Rhaetica 1552, mit der genannten Bafeler
Confeſſion die Belenntniffe der Schweiz; Conf.
Saxonica, 1551 von Melandthon zur Borlage an
das Tridentinum; zu demjelben Zmede die Conf.
Würtembergica 1552; Conf. Sigismundi oder
eworben. Es gilt a
eiungen von bürgerlichen Laſten, weldye die Bor:
zeit einer Eonfeffion zugeftanden, wie 3. 8. den
Mennoniten die Befreiung vom Militärdienſt, dem
GConvertiten erg bewilligt werden. Außerdem for:
dert der Staat die Freiheit der Weberzeugung, und
macht daher die Erklärung des Hebertrittö von einer
beftiminten Alteröreife abhängig, annus discre-
tionis. Da mit der Zugehörigleit zu einer Gon-
effion beftimmte Rechte und Pflichten verbunden
lg jo hat der Staat beim Confeſſionswechſel eine
beitimmte Austritis:Erflärung vorgejchrieben, an
welche erft die rechtlichen Folgen des Uebertritts
gebunden find; Firchlich wird der Uebertritt als
vollzogen angefehen durch active Theilnahme an
einer unterjheidenden kirchlichen Feier. Die katho⸗
fische Kirche hat für den Uebergang zu ihr befon-
dere liturgifhe Formen (über die wiederholte
Taufe vgl. d. Art. Kepertaufe). Ueber den Con:
feſſionswechſel der Neuzeit, ſ. Proteſt. Monatsbl,
1866 p. 341
GEonfirmation (Beftätigung) ift bie feierliche
Aufnahme des Katehumenen in die Abendmahls⸗
gemeinjchaft nach Ablegung des Glaubensbekennt⸗
niffes. Sie kann weder als Erjag der Firmung
nod) ald aus derjelben hervorgegangen angejehen
werden, denn es findet feine andere Aehnlich—
feit ftatt, ald daß die Zeit für beide Handlungen
das fpätere Kindesalter ijt, feine andere Ber:
wandtichaft, als daß beide eine Folge der Kin:
dertaufe find. Die Firmung (f. d. Art.), in der
das frühere Taufmonopol der Bifchöfe fich geltend
macht, will den Kirchengliedern durch No ig:
leit des Sacramentes ihre Gebundenheit an die
Hierarchie ausdrüden ; die Confirmation der evan-
gelifchen Kirche ift die Forderung und Anerfennung
der Nothwenbdigkeit des perſönlichen Glaubens zum
Heilsbeftg. Die Confirmation entwidelte fich in ber
evangelifchen Kirche erft allmählih. Nur in ver:
einzelten Kirchenorbnungen (Straßburg, Bommern)
tritt ein den fatechetiihen Unterricht abſchließender
Confirmation
Act ein. Je dogmatiſch ſtrenger die Richtung der
Kirde wurde, deſto mehr trat die Confirmation in
den Hintergrund, weil bie Objectivität der Taufe
gefäßrbet ſchien durch werte Hy Inſtituts,
das die Taufe ergänzen ſollte. Erſt durch Spener
iſt fie in die evangeliſche Kirche vollſtändig einge:
fuhrt. Die Confirmation bildet den Abſchluß des
Katehumenenunterrichtes, der zur Abendmahlsfeier
vorbereitet. Wejentlich ihr gehörig ift aber die Prü:
fung von der Gemeinde oder ihrem Vorſtand, als
ein Bezeugen bes Vertrautjeins mit der Heildwahr:
beit. Die Handlung jeldft zerfällt in das Bekenntniß
des Confirmanden und Das a era bt
legung verbundene Fürbittegebet. Unevangelifch ift
die Gonfirmation zuweilen dem Superintendenten
vorbehalten, in der englijchen Kirche dem Bifchof.
Eine überjpannte Borftellung von der Wirkung der
Gonfirmation, die der magijchen fich nähert, tft in
neuerer Zeit zum Borjchein getreten. Ueber ⸗
firmation — Höfling, Sacrament der Taufe,
2 Bbe., 1846 48; Bachmann, die Confirmation
des Katechumenen, 1. Abth., Berlin 1852.
Gonfirmation im kirchenrechtlichen Sinne ift die
Beitätigung der Wahl oder Präfentation eines
Geiftlihen durch die kirchlichen Borgejegten ober
die StaatSbehörden.
Gonföderation. Diefer Name ift dur ben
wang. Kirhentag in Anwendung gelommen zur
Bezeichnung einer erjtrebten Verbindung der Con:
dag bie unter Bewahrung der confeffio:
nellen Bejonderheiten die Erreihung praftijcher
und firchenregimentlicher Zwecke ermoͤglichen fol.
Die E. bildet den Gegenjag zur vollen Union.
Bol. Fabri, die politische Lage und die Zukunft der
evangeliichen Kirche in Deutichland, 1867.
Gonformiften. S. Nonconformiften.
Gonjucins, Religionälehrer China’s, eigentlich
Konzfustfü, d. 5. Gelehrter, wurde geb. im Für:
Be Su 551 v. Chr. aus einem vornehmen
andarinenhaus. In den Staatsdienft eintretend,
übernahm er zunächſt ein unbebeutendes Verwal:
Samt, in weldem er fich aber bald als ein
wirtschaftliches Talent hervorthat. Nach dem Tode
feiner Mutter, die er innig verehrte, zog er ſich
von feinem Amte zurüd, und widmete fi einer
tiefgehenden a und fittlihen Arbeit an ſich
und in fich jelbit. Im dreißigſten Jahre trat er
als Tugendlehrer öffentlih auf und fammelte
Jünger um fich. Eine Zeitlang an den Hof des
Königreihs Tſi berufen, kehrte er fpäter in feine
Heimath zurüd, wo er raſch auf der Stufenleiter der
Ehre bis zu dem Range eines Minifters emporftieg.
Aber ald er nad dem Tode des Königs Ting:
Kung von feiner Stellung weichen mußte, ging er
wieder zu ber früheren Ailferen Thätigkeit über
und ftarb hoch verehrt 479 0. Chr. Seine 2 ver:
breitete ſich allmählich durch bedeutende üler
wie Meng:tfü über ganz China und wurde zur
Staatsreligion erhoben. Sie ift mehr Sittenlehre
ala Heligion, wenigjtens von allen theologischen
Speculationen weit entfernt. Man joll wohl der
Gottheit Ehrfurcht erweiſen, aber mit Gefühl und
Denten nie in zu nahe Berührung mit ihr fommen.
Der Himmel als der Vater, die Erde ald die Mut:
ter aller Lebendigen, beide aus einem höhern Brin:
tip, dem Y, hervorgegangen, werden verehrt, aber
ein eigentlicher religiöjer Eultus bejteht nicht. Das
teligiöfe Gefühl der Chineſen ift weſentlich Pietät
gegen die Eltern, die Ahnen und befonders den
2
—— —ñ —ñ —ñ — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — —
Conſalvi
Kaiſer, den Sohn der Gottheit. Die Nächſtenliebe,
die Vervollkommnung, den Weg der Mitte im
Leben fern von allen Extremen, die Harmonie der
Seele, gewifjenhafte Pflichterfüllung ſtellt die
Lehre des C. als ihre Ziele Hin. Indem „Schufing“
bat E. die Sprüde älterer Weiſen —
Spütere Schriften, wie vorzugsweiſe dad „Ta Hio“,
ftellen feine eigene Lehre dar.
Eonfutation Der Augsburger Gonfeffion. ©.
—— Confeſſion.
ongregation. Eine geiſtliche Verbindung zu
beftimmtem chriſtlichen Zwede. Bon den Orden un:
terſcheidet fie fih dadurch, daß ihre Glieder die
Ordensgelübde gar nicht ober nicht alle able:
gen. Sole Eongr. find die Laienhoäpitalbrü-
der 1297, die Brüder der hriftlichen Liebe 1545,
die Angelifen 1530, die Piariften 1640 u. a.; im
mweitern Sinne heißen Gongregation auch Brüder:
Ihaften und andere Bereine. — Drdens:Congre:
ation or Complex von Klöftern unter gemein:
* gel und einem gemeinſamen Vorſtand;
te bildeten ſich innerhalb der Orden durch Refor:
men und ein —— auf größere Strenge
der Regel. S. au rdinal.
Gongregationalißen. S. Independenten.
Congrua ift das ald Minimum zum ftandes-
mäßigen Unterhalt eines Geiftlichen erforderliche
und fejtgejegte Einfommen. Die Klagen über un:
ng ofbung ber niedern Geiftlichkeit find
* alt; das Tridentinum traf Beſtimmungen, die
* erbeneficien vor ber Habgier der geiſtlichen
bern zu ſchützen. In den Eoncordaten ift meift
bie Congrua der Pfarrer feitgefegt; für die evan⸗
eliſche Kirche Badens durch die Negulirung des
—— nach beſtimmten Klafſen, fo daß für
jedes Dienſtalter ein Maximum und ein Minimum
beſtimmt iſt. Anderwärts, wie z. B. im preußiſchen
Rheinland, hat man wohl das Minimum des Er—
forderlichen berechnet, aber noch nicht die Möglich—
feit gefunden, e8 zu befchaffen.
Gonring, Hermann. Einer der vielfeitigften
Gelehrten des 17. Jahrhunderts. Geb. zu Noorden
am 9. Nov. 1606, ftudirte er zu Helmftädt und
Leyden, wurde 1632 Profeffor der Naturphilofophie
zu Helmftädt, 1637 auch der Medicin, beſchäftigte
ſich daneben eingehend mit Staats: und zn.
und war einer der einflußreichjten Männer der Zeit.
Er jchrieb eine große Anzahl medicinifcher, juriſti⸗
jcher und theologiſcher Schriften. In feinen die
firhligen Fragen betreffenden Werten zeigt er
fid) ald Schüler und Verehrer Calixts, den er auch
in einer bejonderen Schrift gegen deſſen Feinde
vertheidigt hat. Bedeutend find eine Anzapl jtaats-
und firchenrechtlicher Arbeiten, in denen er das
Recht des Staates in Bezug el die Kirche betonte,
unb bie a — Confeſſionen zu einander
behandelte, z. B. De constitutione episcoporum
(iermaniae, und De coneiliis et circa ca summae
potestatis auotoritate. Bortrefflich find auch feine
polemiſchen Schriften gegen die katholiſche Kirche:
Defensio ecclesiae protestantium adv. duo pon-
tificiorum argumenta; Fundamentorum fidei
pontificiae concussio u. a. Auch die ſchwachen
Stellen in der Gefchichte und Dogmatik der römi:
chen Kirche deckte er auf. + 12. Dec. 1681. Eine
unvollſtändige Gefammtausgabe feiner Schriften
in 6 Bbn. Fol. von Göbel, 1730.
Conſalvi, Ercole. Römifcher Diplomat. Geb, zu
Rom am 8. Juni 1757. Seit 1786 in der römtfchen
Conscientiarii
Prälatur angeftellt, war er beim Ausbruch der Rer
volution feit 1792 Auditor der Rota (oberften
Gerichtshofes) und wurde 1797 Affefjor im Kriegs:
minifterium. Bon den Demolraten und Franzoſen
verfolgt, mehrfad) verhaftet, verließ er Rom, war
Gecretär des Conclave bei der Wahl Pius’ VIL.;
15
8 Conftantin der Große
= Torgau und „der —— Bedenken“ 1538,
er Kurfürft zu Sachſen 1539 in Wittenber
einrichtete und 1542 zum Gonfiftorium, au
ur Handhabung der Disciplin erweiterte. Sie
nd dann in allen lutherifchen Ländern eingerich-
mworben. In Preußen 1808 aufgehoben, wur:
von diejem 1800 zum Earbinal und Staatsjerretär | den fie 1817 wieder angeordnet, und ihre Com:
ernannt, jchloß er als folder das Eoncorbat mit | petenz 1845 erweitert.
Frankreih. Auf Napoleons Begehren 1806 ent:
lafjen und nad) Beziers verbannt, rieth er zur Ab:
lehnung bes Eoncorbates von Fontainebleau 1813.
Vertrat die Curie 1814 in Wien, führte unter hef⸗
tiger DOppofition Reformen im Kirchenftaate im
abſolutiſtiſchen Sinne dur, ſchloß dann die Eon:
eordate mit den deutihen Fürften ab und ftarb
1821 alö Präfect der Propaganda.
Conseientiarii. Die Anhänger des M. Knut⸗
fen 1674 (f. d. 9.).
Eonfecration. Die Weihe des Brobes und Wei:
nes im Abendmahl. Der Ritus ift das
ober Singen der Einfegungsworte und das Bezeich:
nen mit dem Kreuz. Ebenfalls die Weihe kirchlicher
Saden und Geräte. Vgl Benedictionen.
Consensus een) ift der Titel
mehrerer Befenntnihfchriften der Reformationszeit,
welche in den Lehrdifferengen Unionsformeln jein
wollten, oder einer abweichenden Lehre gegenüber
die einhellige Meinung der Kirche aus —
behaupteten. Zu den e gehören ber Cons. von
Sendomir 1570 (f. Brüder, böhmifche), Tigu-
rinus 1549, Genevensis 1554 (f. Calvin, Bullin»
ger), Cons. von Dresden 1562 (f. Drespener €.),
die Conſenſusformel 1567, Cons. Helveticus 1675,
Cons. repetitus fidei vere Lutheranae 1655
(f. Calixtus).
Consiliaevangelica, evangelifheRathichläge,
unterfcheidet die katholiſche Kirche vom Sittengejeg
(praecepta), als fittlihe Vorſchriften, zu denen
Piemand verbunden fei, deren Befolgung aber eine
—— Stufe der Volltommenheit mit ſich führe.
olche consilia find Armuth, Keujchheit, Gehor:
fam. Die Reformatoren wendeten ſich ernftlich gegen
diefe Theorie, auf welcher der Sa von den über:
Ihüffigen Verdienſten aufgebaut ift, und ftellten ihr
die Schriftlehre entgegen, daß in Folge ber Sünde
Niemand den göttlichen Willen ganz zu erfüllen im
Stande fei. Die kath. Lehre ift die richtige Conſe—
quenz der fath. Ethik, die weſentlich nur Pflichten:
lehre ift, ihr Princip ift Gehorjam dem Gebot,
während die evang. ausgeht von der dee des Gu:
ten, die das chriftliche Leben zu verwirklichen hat.
Was die kath. Kirche ald allgemeinen Rath aufitellt,
wird in der evang. dem Einzelnen unter beitimmten
Borausfegungen zur Pflicht, die Unterlafjung zur
Sünde
Consistentes, Stehende, hießen bie Büßer
nad) der Ausbildung der Bußdisciplin, wenn fie
nad) Ueberwindung der erften Bußgrade, ohne noch
am Abendmahl Theil zu nehmen, dem Gottes:
dienfte wieder ftehend unter der Gemeinde anwoh⸗
nen durften.
Conſiſtorialverfaſſung. Confiftorien find in
der evangeliſchen Kirche Deutſchlands die aus
geiftlichen und weltlichen Mitgliedern zufammen:
gejegten Rathöcollegien, melde die ſog. biſchöfliche
Gewalt des Landesheren ausüben und das fir:
henregiment verwalten. Hervorgegangen find fie
aus den Ehegerichten, welche nad) den Schmalfal-
diſchen Artitein 1537, dem Antrag der Landſchaft
\ * Geſchäftskreis umfaßt
bie fog. jura episcopalia (biſchöfliche Rechte):
bie oberfte Regierung und Verwaltung, die Auf:
ficht, die Verleihung der Aemter, die Kirchliche
Gerichtäbarkeit, die obere Vermögensverwaltung
(fteht in Preußen bei den Regierungen). Die Con»
ftorien I lanbeöherrliche ftaatliche Behörden,
ie mit kirchlichen Geſchäften betraut find, ihre
Mitglieder werden vom Landesherrn berufen und
angeftellt ald Staatödiener. Daß die Landesherrn
von ber Kirche mit der Kirchenregierung be:
traut, die Eonfiftorien daher ald Behörden der
Sprechen | Kirche anzujehen feien, ift eine Firchenrechtliche
Fietion. Eine wirklich Firchliche Behörde wirb das
Confiftorium erjt da, wo eine Verantwortlichkeit
ber Kirche, d. h. einer Synode gegenüber vorhan⸗
den ift, unabhängig von den Drganen bed Staates.
(S. Biſchöfl. Gewalt des Landesheren.) Die Wir:
fung ber Eonfiftorialverfaffung tft vielfach Unter:
gang eines jelbftthätigen Gemeindelebens unter
üreaufratifher Schablone gewejen. Den ch,
die Conſiſtorialverfaſſung mit der Presbyterialver⸗
faffung zu vereinigen, machte die rheiniſche Synode
1844 und 1850. Verſchiedene Berfuche, mit der Eon-
fiftorialverfaffung eine Synodalverfaffung zu ver:
binden, find bis jegt noch nirgend geglüdt. In
den Kirchenverfafiungen von —— und
Baden iſt das Conſiſtorium Organ einer Reprä⸗
ſentativverfaſſung, daſſelbe wird dadurch Aufſichts⸗
und Verwaltungsbehörde und der Synode ver:
antwortlid. S. Richter, Kirchenordnungen. Dove,
Sammlung der widtigften neuen Kirchenordnun⸗
gen, 1867. Die Gentralbehörbe für die Eonfiftorien
eines Staates ift ein Dber:Eonfiftorium (in Preu⸗
Ben ie oder das Cultus⸗Miniſterium.
Mediat⸗Conſiſtorien find die mit beſchränkten Con:
ſiſtorialrechten verſehenen Conſiſtorien der Stan⸗
desherrn oder einzelner Städte.
Conſiſtorium (Consistoire). Der früher übliche
Name der Presbyterien in der reformirten Kirche.
E. beißt ferner die Berfammlung der GCardinäle,
in welcher die päpftlihden Breven und Allocu:
tionen verfündigt werden. Auch die bifchöflichen
Behörden des Drdinariats oder Generalvicariats
(f. d. 9.) führen den Namen Eonfiftorien.
Consolamentum (Troft). Der Einweihungs:
Ritus der Handauflegung bei den Katharern, die
Geiftestaufe nach Joh. 14, 16 u. 26.
Gonftans 1., Kaifer. Yon 337 — 350. Verbot
in Gemeinfchaft mit feinem Bruder und Mitfaifer
Gonftantius 346 den heidnifchen Eultus, I
die Donatiften durch Ueberredung und mit Ge:
walt zu unterbrüden, begünftigte Athanaftus,
und ward von Magnentius ermordet 350.
Gonftantin der Große, Geb. 274. Sohn bes
Conſtantinus Chlorus und der Helena. Nach fei:
nes Vaterd Tod zum Kaifer ausgerufen 306, be:
fiegte er feine Mitfaifer Maxentius 312 im Weften,
Marimus 320, Licinius 314, 323. Seit 311 dem
Chriſtenthum zugemendet, theils aus Politik, theils
aus Aberglauben (mie vielleicht das bekannte
Geficht des Kreuzes mit der Inſchrift: In hoc
Conftantin
signo vinces beweift), theils aus philofophifcher
Ueberzeugung von den dhriftlihen Ideen, denen
fein Vater nicht abgeneigt und feine Mutter
lebhaft zugeneigt war, ohne in feinem Leben
den chriſtlichen Grundfägen viel Nechnung zu
tragen, wie die graufame Hinrichtung feines Soh—⸗
ned Erispus zeigt, erließ er 311 das erſte Dul-
dungsgeſetz, gab 312 dem Chriſtenthum ftaatliche
Anerfennung und ließ 315 —323 die ferneren
Gejege folgen, melde das Chriſtenthum zur
Etaatöreligion erhoben. 330 verlegte Eonftantin
die Refidenz von Rom nad) Byzanz. Um bie Ein:
heit der Kirche zu wahren, griff die Staatögewalt
beftimmenb in die arianiſchen Streitigleiten ein,
wurden bie jhismatischen Parteien verworfen und
831 ihre Zufammenkunft unterjagt. Er ftarb 897,
nachdem er auf dem Todtenbette von dem Biſchof
Eujebius von Nifomedien die Taufe empfangen.
Sein Zeben ift bejhrieben von Eufebius, De vita
Const. libri IV. De laudibus Constantini.
W. Heinichen 1830. Vgl. Manfo, das Leben Cons
ſtantins des Gr. 1817. (Hug), Denkichr. zur Ehren:
rettung Conft. Ztſchr. für d. Erzd. Freiburg 1829.
Arendt, Tüb. Quartalſchr. 1834. Befonders aber:
I. Burdhardt, die Zeit Conft. d. Gr., Bafel 1853,
und Th. Keim, der Lebertritt Gonit., Zürich 1862.
Gonftantin, Papſt, 708—715. Bemühte fich, die
Dberherrlichkeit des römischen Stuhles über die
Erzbisthimer Ravenna und Mailand zu behaup-
ten. Juftinian, auf deſſen Befehl er nad) Niko:
medien reifen mußte, ſoll begrüßend ihm die Füße
elüßt und damit dieſe Sitte eingeführt haben.
in anderer Gonftantin wurde nah Pauls 1.
Tode 768 durch feinen Bruder y.. zur
Bapftwürde erhoben, aber vertrieben. Da er nicht
lanoniſch ermwählt worden, wird er in die Reihe
der Bäpfte nicht gezählt.
Gonftantinopel. Die alte Colonie Byzanz, von
Eonftantin dem Gr. 326 als zweite Hauptftabt
des Reichö neu gegründet; die erfte Stadt, die als
Hriftlihe entitand und in der feine heidnifchen
Tempel (außer vorübergehend zu Julians Zeiten)
eduldet wurden. Bon Bedeutung nicht nur für
ie politiſche Geſchichte, jondern auch für die Ent:
wickelungsgeſchichte der Kirche wurde Conſtan⸗
tinopel als der Mittelpunkt, um den ein eigen:
thümliches Kirchenweſen, abweichend vom römi:
ſchen Ratholicismus, fich bildete, welches die Auf:
gabe, das bürgerliche Leben mit dem Geifte Chrifti
und der Kirche zu erfüllen, in der Unterordnung
der Kirche unter den Staat zu löjen verfuchen
tonntd; welches, ſelbſt nicht originell ſchöpferifch,
die eberlieferungen der Vorzeit und der griechi:
hen Eultur treu bewahrte, die Kunft und die
Wiſſenſchaft zuerft mit dem Chriſtenthum verband
und das Öerettete zur rechten Zeit dem Abend—
lande wieder überlieferte zur Erneuerung der er:
n Kirche. Die Bedeutung Conftantinopels
ür die Gulturentwidelung Europa's und als der
ächter gegen den Einbruch des aſiatiſchen Gei—
ftes, ſpricht ſich in feiner wechjelvollen Geſchichte
aus; 29 Mal ift Eonftantinopel belagert und 7
Mal erobert gewejen, ehe es 1453 zum 8. Mal
eritürmt bleibend in die Hände der Türfen fiel,
Die Folgen der Eroberung find fo weittragend
geweſen, dab man faft jagen könnte, die Periode
der neuern Geſchichte habe mit dem Falle Con:
ftantinopelö begonnen. — Synoden find zu Con»
ftantinopel gehalten: 1) Das 2. otumeniſche Gon:
159
Gonftanz
cil 381, gegen Arianer und Apolloniften und
wegen des antiochijchen Streited. 2) 553 im Drei:
capiteljtreit. 3) Das 6. ötumenifhe Concil 680
gegen die Monotheleten. 4) Das 8. öfumenifche
ncil 869 reſp. 879 (das erfte von den Römern,
das zweite von den Griechen allein anerkannt),
wegen bes Patriarchen Photius. 5) Das trullani:
ſche Eoncil, Synod. Quinisexta, 691. 6) Die Sy:
noden gegen Eyrill Lularis 1638 und 1642. —
Patriarchat. Die Reihe der Biſchöfe wird bis auf
den Apoftel Andreas hinaufgeführt. Bis zur Neu-
gründung der Stadt ftand das Bisthum unter
dem Metropolitan von Heraflea. Als durd die
Verlegung der faiferlichen Reſidenz der politische
Einfluß wuchs, —— das zweite ötumeniſche Con⸗
cil 381 ihm den Rang unmittelbar nach Rom und
den Patriarchentitel zu. Das Concil von Chalce⸗
don theilte ihm u. Ehren mit Rom und bie
Jurisdiction im Drient zu. Immer ftrebten nun
unter Begünftigung der Kaijer die Patriarchen
von Eonftantinopel dahin, ald das Oberhaupt der
orientaliichen Kirche anertannt zu werden. Seit
587 nahmen fie den Titel blumeniſche Patriarchen
an, nur vorübergehend in jynodalen Kämpfen
wurde zum Schiedsſpruche Roms die Zuflucht ge:
nommen (691). Im Bilderftreit vereinigte Yeo der
Iſaurier Jlyrien mit dem Patriarchat von Eon:
ftantinopel, und endlich reifte durch die gegen:
jeitige Rivalität die Spannung zwiſchen Rom und
Sonftantinopel bis zum Schiöma unter Photius.
Die Eroberung dur die Türken beeinträchtigte
vorerft nicht die kirchliche Macht des Patriarchats,
bob fie eher, weil der Geiftlichkeit allerlei bürger:
liche obrigteitliche Rechte übertragen werden muß:
ten. Im 16. Jahrhundert trennte ſich aber die
ruſſiſche Kirche von Eonftantinopel durch Aufrich:
tung eines eigenen Patriarhats in Moskau, an
deſſen Stelle Später die heil. Synode trat. Auch
ein eigenes ferbifches Patriarchat entitand im 14.
Jahrhundert, wurde aber 1765 wieder aufgehoben.
In Folge der Selbftändigfeit Griechenlands löfte
fih aud diefe Kirche, 4. Auguft 1833, von dem
Berbande mit Conftantinopel. Die Eroberung Eon:
ftantinopels durch die Lateiner 1204 veranlafte
ein lateinifches Patriarchat bis 1261 in Unterord:
nung unter den römischen Stuhl; dafjelbe dauert
nod im Batriarchat:Picariat fort, welches die
Metropolitanrechte über die —— in der
europäiſchen Türkei und in Kleinaſien ausübt.
Gonflantind. Sohn Conſtantins des Großen,
Bruder des Conftans, Kaifer des oftrömischen
Reiches von 337 — 361, ein Freund der Arianer,
befonders offen feit dem Tode feines Bruders Con:
ftans (350). Das unumjchräntte Regiment in der
Kirche juchte er mit leidenschaftlichem Eifer herzu:
ftelen; wie er bie. heidniſchen Opfer 356 bei
Todesitrafe verbot, verfolgte und verbannte er die
nicäniſchen Bischöfe, die den von ihm perſönlich
erzwungenen Beihlüffen der Synoden zu Arles
und Mailand 356 nicht beitraten. Gr jtarb 361.
Gonftanz. Stadt am Bodenjee, erbaut durch
Eonftantius Ehlorus, den Vater Eonftantins des
Großen. Das Bisthum foll hierher von dem zer:
ftörten Bindoniffa 640 oder 511 verlegt und der
erſte Biſchof von Conſtanz Marimus geweſen fein.
Doc ſ. Rettberg 11, 99 ff. Das Bistyum war
das größte in Deutichland und umfaßte Würtem:
berg, Baden und einen Theil der Schweiz. Der
legte Biſchof war Dalberg und fein Generalvicar,
Conſtanzer Eoncil
ber die Verwaltung führte, Weflenberg, bis 1821
bei der Einrihtung der oberrheinifchen Kirchen:
provinz das Bisthum aufgelöft wurde. Die Stadt
war freie Reichöftadt ; jo fand auch die Reformation
rafhen und ungehinderten Eingang durch Blaarer
und Zwick. Biſchof und Domcapitel mußten die
Stadt verlafien. Als Reichsſtand ſchloß Conftanz
ſich der Proteftation von Speyer 1529 an, unter:
zeichnete bie Confessio Tetrapolitana, trat 1530
in den ſchmalkaldiſchen Bund, und verlor feine
reihsftändischen Rechte, ald e8 dem Interim fi
widerſetzte und von Ferdinand erobert wurde 1548.
Gonflanzer Goncil. 5. Nov. 1414—22. April
1418. Berufen von König Sigismund und Jo:
ann XXI. zur Beendigung des Schiämas, der
eform der Kirche an Haupt und Gliedern, und
der Prüfung ber Lehren Wicleffs und Huß', Hat
eö den traurigen Ruhm, Huß (f. d. U.) verurtheilt
und verbrannt und die Dargebotene Gelegenheit
zur Abftellung der Schäden der Kirche der Lift der
Eurie und der Uneinigfeit der Nationen geopfert zu
haben. Die Abftimmung geſchah nad Nationen,
der deutſchen, franzöſiſchen, engliſchen, italieni:
ſchen, ſpaniſchen. Zwar wurde der Grundſatz auf⸗
eſtellt, ein allgemeines Concil ſtehe über dem
Bapfte ; bie regelmäßige Wiederkehr ber Verſamm⸗
lung in je 10 Jahren beſchloſſen; aud die drei
Eoneurrenzpäpfte (Johann floh, von einem großen
Sündenregifter verfolgt, Gregor entjagte und
Benedict wurde aufgegeben) 26. Mai 1415 ab:
efegt ; aber als trog Sigiämunds, fiberhaupt der
Deutichen Vorftellungen, zuerft die Reform an
Haupt und Gliedern vorzunehmen, dennoch vor
der Befhtußfaffun über die Reformen Odo Co:
lonna als Martin V. zum PBapft gewählt war (11.
Nov. 1417), gelang eö demjelben, in Einzelcon:
eordaten mit den Deutichen, Franzofen und Eng:
ländern, — durch halbe und zweideutige
Zugeftändniffe zu beſchwichtigen, auf ein lünftiges
Eoneil zu Pavia zu vertröften und am 18. März
1418 das Concil zu fchließen. v. Weflenberg, die
** Kirchenverſ. 1840, v. Raumer, die Kirchen:
verſ., im hiſt. Taſchenbuch 1840. 2. Toſti, Storia
del conc. di Constanza Nap. 1843. Steinhauſen,
Annal. ad Hist. Conc. Const. 1862.
Gonftitution. Die aus der Rechtsſprache her:
genommene allgemeine Bezeihnung kirchlicher,
virkide Verordnungen.
nflitutionalismuß, firdliger. Der Aus:
drud, früher nur von einem Syftem politifcher
Berfaffung gebraucht, ift in neuerer Zeit auch auf
die Organijation deö Kirchenweſens übertragen,
infofern auch bier ein dem politifchen ähnliches
Repräjentativfgitem fih in einzelnen Ländern
(Divenburg, Baden) entmwidelt hat. Es ift das
Synodalfyjtem mit der Conjequenz des politifchen
Eonftitutionalismus durchgeführt. Die Formen
der Gemeindeverfaffung, die der kirchliche Conſti—
tutionalismus für das Berfaffungsleben der Kirche
im Auge bat, find dem Presbyterialigftem ver:
wandt. Der innere Unterſchied aber ift, daß hier
die Bresbyterien als ein über der Gemeinde fte:
hendes, vornehmlich zur Disciplin und zum Regi:
ment beftimmtes Amt erfcheinen, nad) dem Gonfti
tutionalismus aber die Bertretung der Gemeinde
bilden. Vgl. die Rede Rothe's hierüber in den
Verhandlungen der badiſchen Generaljynode von
1561; ferner: Schentels Allg. kirchliche Zeitſchrift
m Jahr 1861 an.
160
Conventifel
Gonftitutionifien oder Acceptanten hießen in
denjanjeniftifchen Streitigkeiten Diejenigen, welche
die Bulle Unigenitus 1713 ohne Vorbehalt ans
—
onsubstantialis. Der lateiniſche Ausdruck für
das im arianiſchen Streite ſo viel gebrauchte griech.
ouoovᷣoioc, gleichen Weſens, mitwefenhaft, vom
Sohne Gottes und ſeinem Verhältniß zum Vater.
onsubstantiatio. Nach der Confubftantia:
—— Luthers bleibt das Brod im Sacra-
mente Brod, doch ſo, daß in ſeiner Subſtanz der
Leib Chriſti wahrhaftig enthalten iſt. ©. Abend:
mahlslehre und Abenbmablsftreitigkeiten.
Gontari, Cyrill. Biſchof von Beröa 1636.
Gegner und Nachfolger des Patriarhen Eyrillus
Lukaris von Eonftantinopel.
Gontarini, —— — Pal Geb.
16. Oct. 1483 zu Venedig. Nachdem er im ſtaats⸗
männifhen Dienfte feiner Vaterftadt ald Gefand:
ter an Karl V. fi ausgezeichnet hatte, ward er
1535, noch Laie, Cardinal. Bearbeitete als ſolcher
mit Caraffa, Sabolet und Polus 1537 das Refor-
mationsgutachten, welches darauf ausging, das
fittlich eig und die päpftlihe Wi aus
der römifchen Kirche zu entfernen. 1541 als Le:
gat nad) Regenäburg gefandt, billigte er bie bort
verglihenen Formeln, welche evangelifhe Lehren
unter Tathol. Ausdrüden enthielten, tonnte aber
dad Scheitern der Verhandlungen nicht verhin-
dern. Selbft in tiefer innerer religiöfen Ueberzeu:
gung ftehend, dur Wahrheitäliebe und keuſche
ittlichkeit ausgezeichnet, ſprach er in einem Trac:
tat iiber die Rechtfertigung, Contareni De justi-
ficatione 1571, fo jo aus, daß feine Aeu-
Berungen fpäter im römiſchen Sinne geändert
wurden. Obgleich fein Berhalten in Regensburg
in Italien ſcharfen Tadel fand, ernannte ihn der
Bapft zum Gardinallegaten von Bologna, wo er
24. Aug. 1542 ftarb. Beccatello, Vita del Card.
Cont. in den Epist. Reg. Poli ed. Quirini, t. III
nebft j. Briefen abgedrudt.
Gontemplation. S. Betrachtung.
Gontraremonfiranten. Die prädeftinatianifti:
[hen Galviniften (Dordredter) in Holland, bie
* der Remonſtranten.
'ontritio. ©. Reue.
Eontroveröpredigten find folhe Predigten,
deren Haupttendenz die Bejtreitung der ar rei
Lehre einer andern Religionspartei ift. Wenn:
gleich die Behandlung der Scheidelehren von ber
Kanzel nicht auszuſchließen ift, jo ift die pofitive
Begründung um jo mehr vorzuziehen, als es über:
aus jchwer Bält, im Kanzelvortrag der Gegenpar:
tei die volle Gerechtigkeit angebeihen zu Iaflen, die
verlangt, daß auch die Stellung, welche die Lehre
im ganzen Syftem einnimmt, zur Sprache gebracht
werde. Gefchichtlich bietet die reiche Literatur ber
Controverspredigten eine ſchlimme Blumenlefe der
Leidenihaft und des blinden fanatiſchen Eifers
auf der Kanzel. Hier und da hat die katholiſche
Kirche noch regelmäßige Controverspredigten zur
Belehrung der Proteftanten beibehalten.
Gonvenant, richtiger Covenant (f. d. A).
Eonvent. In Klöftern und Ordens:Eongrega-
tionen bie Berfammlung der ftimmberedtigten
Mitglieder.
Gonventifel, Die religiöfen Privatverfanm:
lungen der Bietiften, zu denen Speners Collegia
pietatis den Anſtoß gaben. Weil nicht jelten von
Conventualen
antilirchlicher Richtung, wurden fie vielfadh ver:
boten, jofern fie ohne re eines Geift-
fihen gehalten wurden. In Würtemberg gab
ihnen ſchon 1743 das Conventifelgefeg die Frei:
heit, anderwärts fielen die Befchränfungen erft mit
der Gewährung der allgemeinen Freiheit des Ver:
fammlungsredt3.
Gonventualen. Die Franciscaner, welche fd
den Reformationen des Ordens entzogen; der
Gegenfag zu den Objervanten ſeit dem Conjtanzer
Goncil. Bei den Karmelitern diejenigen, melde
der milden Regel Eugens IV. folgen.
Conversi (Befehrte). Die Laien, welche fi
an die Klöfter anſchloſſen, ohne wirkliche Mönde
und —2* zu werden; ſie gelobten Gehorſam
und Keuſchheit. Laienbrüder.
Gonvertit Heißt vorzugsweiſe der aus einer
nichtlatholiſchen Eonfeifton in die katholiſche Kirche
Zurüdtehrende. Convertiten:Eid ift der Eid, in dem
die Härejie förmlich abgeichworen und das Tri-
dentiner Glaubenäbelenntnig angenommen wird.
Vgl. Nippold, der Confeſſionswechſel in unſerm
Jahrhundert, Brot. Monatäbl. 1867.
Gonvict. Auf den katholiſchen Univerfitäten die
nah Möfterlihen Grundſätzen eingerichtete und
unter biſchöflicher Aufficht ftehende Anftalt des
Zufammenlebens der katholiſchen Theologie:-Stu:
direnden. Auf andern Univerjitäten der gemein:
Ihaftlihe, armen Studirenden umfonjt oder gegen
ein Geringes bewilligte Tiſch.
Gonvocation, In der anglicanifhen Kirche die
Berjammlung der Geiftlichfeit, melde aus dem
Oberhaufe (den Biihöfen) und dem Unterhaufe
(dem niedern Klerus) bejteht, auf königlichen Be:
jehl zufammenberufen wird und das Recht ber
firhlihen Gejeggebung hat. Die Convocation be:
kit jeit 1717 nur nod) formell, das Regiment ber
irhe wird durch das Parlament ausgeübt.
Gooperator. Ein auf Zeit angejtellter Gehülfe
des Pfarrers, der in gan von demielben
an den Filialen thätig ift. Er ift zu unterjcheiden
von dem Bicarius, und ift ad nutum ordinarii
amovibel, d. h. er kann nach dem Willen des Bi:
ſchofs verjegt werben. ‚
Gopiaten, von zonıerai Arbeiter oder xanerog
Grube. In der alten Kirche die zum Klerus ge:
sechneten Todtengräber, welche in Eonftantinopel
eine eigene Gilde bildeten.
Gopulation, Der Act der lirchlichen Eheſchlie—
fung. ©. Trauung.
Goquerel, Athanaſe. Berlihmter freifinniger
ftanzöſiſcher Kanzelredner und Theologe. Geb. 1795
in Paris, Baftor daſelbſt, + 1868. Viele feiner Re-
den find gebrudt. Unter feinen Schriften find her:
vorzuheben: Biographiesacre6e, deutich 1338. His-
toire sainte et analyse de la Bible, 1850. 1841
beteiligte er fich an dem Kampfe, der durch Strauß
über Yon Leben —— erufen war, durch eine
Legenchrift gegen Strauß. — Sein Sohn Athanaſe
el, der Jüngere, ift jet eines der Häupter
der durch bie Tübinger Schule in Frankreich er:
wahten antifupranaturaliftiihen Richtung. Sein
Drgan ift das in Paris erſcheinende Lien. Dur)
die Agitation der gegneriihen Partei aus feinem
amt entlafien (1862) und alö Redacteur
deö Lien, ift U. ©. das Haupt der liberalen Agi⸗
*
tationäpartei im reformirten frankreich geworben.
Bel. U. C. Profession de foi chretienne 1864;
Predigten 1866.
161
Sept. 730. Der Gründer des
nift des Neformationdzeitalterd. Geb. zu
Corpus doctrinae
Gorbinian. Geb. um 680 zu Chartres, + 8.
isthums Freifing
in Bayern. ©. Bolland zu 8. Sept.
Gorderiuß, Balthajar. Geb. zu Antwerpen
1592, + zu Nom 1650. Schrieb Catenen zu Hiob,
den Palmen, Lucas und Johannes und edirte
griechiſche Väter.
Cordova hatte feine Blüthezeit unter den
maurifchen Kalifen, von denen Hakim II. um 980
bier die berühmte Gelehrtenſchule gründete, an
welcher Abulkaris, + 1106, Averro&s (f. d. A.),
+ 1206, Maimonides, + 1208, und Andere lehr:
ten, und die mit ber Eroberung der Stadt 1236
ein Ende nahm. In Eorbova wurde 852 eine
Synode gehalten, welche ſich gegen das Sichdrän⸗
en zum Martyrium in ben Berfolgungen der
uhamedaner ausfprad).
Gordus, Euricius. Vielfeitig gebildeter Huma-
etter
1486. Begleitete Luther 1521 nach Worms, wurde
in Ferrara Doctor der Medicin, lebte ald Arzt in
Braunfchmweig 1524, als Profeffor in Marburg
1527 und Bremen 1534, + 1535. Er gehörte zu
dem Kreife der Erfurter Humaniften, mie fein
eund Eobanus Hefjus, und ift befannt durch
eine in elegantem Latein gejchriebenen Satyren
und Epigramme auf die Bettelmönde und bie
fittlihen Schäden ber Zeit. Kahler, Vita Euricii
Cordi, 1744
Cornelius. Der römifhe Hauptmann, Apfte.
10 ff.; nad) der Legende ward er Biſchof von Eä-
farea und ftarb ald Märtyrer; fein Gedächtnißtag
ift der 2. Febr.
Gornelius, Bifhof von Rom, 251—252. Un:
ter ihm erhob ſich der novatianiſche Streit (ſ. d. A.
Novatianus). Cornelius war der Vertreter ber
mildern Praxis in der Wiederaufnahme von Ge:
fallenen; weshalb Novatian und feine Partei fich
von ihm trennte.
Gornelins a Lapide (var den Steen). Sefuit,
berühmter Exeget, der noch heute bei den fatho-
lichen Theologen Autorität ift. Geb. 1598 zu
Boehaff bei Lüttich, wurde er Lehrer der h. Schrift
zu Löwen und Rom und ftarb am 12. März 1637.
Seine Commentare find weitſchweifig, enthalten
aberreiche Nuszügeaus den Kirchenvätern. Neuefte
Auflage, Lyon 1838, 11 Bde. 4.
Gornelius, Beter von. Berühmter Maler. Geb.
1787, + 1867. Director der Münchener Alade-
mie, jeit 1841 in. Berlin. Großartig und fühn in
der Auffafjung, wird Cornelius auch für bie firch:
lihe Malerei, befonderd durch feine Gemälde für
die Ludwigskirche in München (das Weltgericht),
und durch * Berliner Cartons für das Campo:
Santo einen großen Namen bewahren.
Coronati, Getrönte, heißen 4 Brüder, Seve:
rus, Severianus, Karpophorus, Victorinus, welche
304 den Märtyrertod ftarben. Es wurden ihnen
Kronen mit jharfen Nägeln ind Haupt gebrüdt.
Gorporale, Ein Tud von Leinwand, auf dem
bie Hoitie niedergelegt wird; früher jo groß, daß
man Keld und Hoftie damit bededen fonnte (da:
ber palla), jegt von Heinerm Umfang.
Corpus doetrinae, Diefen Titel führen ver:
ſchiedene Sammlungen kirchlich anerkannter —*
ſchriften aus dem 16. Jahrhundert, welche außer
ber Augsburgiſchen Confeſſion, der Apologie, Zu:
thers Katehismen und den Schmalfaldifchen Arti-
keln, bie felten fehlen, eine und bie andere fpecielle
11
Corpus evangelicorum
Bekenntnißſchrift enihalten. 1) Corp. doct, Phr
lippicum oder Misnicam 1559 enthielt Melanch⸗
thons Belenntnißſchriften; wurde in Sachjen lirch⸗
lich autorifirt und häufig anfgelegt. — 2) Das
Hamburger 1560, enthielt 5 Declarationen des
hamburgiſchen Miniſteriums in ftreng lutheriſchem
Sinne in Bezug auf Adiaphorismus, Oſiandrismus,
Majorismus und Die Abendmahlslehre. — 3) Das
Braunſchweigiſche 1563 enthielt u. A. Die Braun:
ſchweiger Kirchenordnung uud die Lüneburger Ar:
tifel. — 4) Pommeranicum enthielt das nieder:
deutſch bearbeitete Corpus Misnicum, Luthers
Katehismen nebft den Bedenken auf Augsburg
1530, Schmaltalden 1540 und das Glaubensbe:
Ienntniß von 1529. — 5) Prutenicum ober
Repetitio Corp. doct., durch Mörlin bearbei:
tet 1567. — 6) Thuringicum enthält als jpecielle
Schriften das Thüringijche Belenntniß von 1549
und das Confutationsbucd, 1558. — 7) Branden-
burgicum, aufer der Augäburgifchen Eonjeffion
und dem Keinen Katehismus eine Zufammen:
ftellung von Yeußerungen Luthers über die contro-
verien Lehren, redigirt von Musculus. — 8)
Wilhelminum in Braunjchweig:Züneburg enthält
die allgemeinen lutheriſchen Belenntniffe und an—
gebunden das Heine Corp. doct. von 1575, ent:
baltend einen Tractat von Urbanus Rhegius
Formula quaedam und Bericht von der hriftlichen
Lehre des Chemnit. — 9) Julicum 1576 in
Braunfhweig: Wolfenbüttel, mit dem vorigen we:
ſentlich übereinjtimmend. 10) Hessiacum
1626, umfaßte die Confeffion mit der Apologie, die
Katehismen Luthers, die Schmalfaldiichen Artitel
und die Wittenberger Concordia. — Vgl. Heppe,
die Entftehung und Fortbildung des Luther—
thums.
Corpus evangelicorum nannte ſich die zu
einem ftändigen Collegium am NReichätag ver:
einigte Vertretung der evangeliihen Stände,
welche ſich 1653, 22. Juli, zu Regensburg un:
ter dem Vorige von Kurſachſen conftituirte auf
Grund des jus eundi in partes, welches der weit:
phälifche Frieden garantirt hatte, um die evan-
geliihen Intereſſen fortan gemeinfam zu ver:
treten, und vom Kaijer anerfannt wurde. Dem
gegenüber hielten ſich jhon früher die Katholiken
ebenjo unter der Führung von Kurmainz ver:
einigt, und obgleid) nie förmlich conftituirt, beſtand
das Collegium factifh und führte den Namen
Corp. cath. ſelbſt in officiellen Schriften. Beide
Corpora löjten fi) 1806 mit dem Reichstage auf.
Die oft entbehrte Gemeinihaft in der Wahrung
der confejfionellen Intereſſen haben Kirchentag
und Eiſenacher Eonferenz zu erjegen gefucht.
Corpus juris eanoniei. Das kanoniſche
Rechtsbuch — das Decretum Gratiani 1151,
die Decretalenfammlung Gregors IX. 1234, den
Liber sextus 1298, die Clementinen 1313 und die
Ertravagantenfammlung Johanns XXII. 1340,
nebit ven Extravagantes communes. Da die nad):
clementinifchen Ertravaganten feine gemeinvecht-
liche Anerkennung gefunden haben, 1 heißt die
Sammlung ohne dieje: Corpus jur. can. clau-
sum. Der Name Corpus jur. can. fommt erjt
ſeit dem 15. Jahrhundert vor und ift Dem Corp.
jur. eivilis nachgebildet. Die befte neuere Aus:
"gabe von Ricpter 1333 — 1839. Das Corp. jur.
can. erlangte früh allgemeine Anerkennung, jo
dab man bejondere Lehrjtühle zu feiner Erklärung
162
Gorvey
gründete; vielfach wurde es auch zur Duelle
des gemeinen deutſchen Rechtes, weil eine Menge
von bürgerlichen Berhältniffen, 3. B. die Ehe, als
causae ecclesiasticae betrachtet wurden. Die
fatholifche Kirche ficht das Corpus clausum jort-
während als Quelle ihres Rechtes an; es find
aber die Beziehungen des Staates durd) die ftaat-
liche fpätere Geſetzgebung geändert und nur die
rein inneren kirchlichen Angelegenheiten können
noch nach dem kanoniſchen Rechte beurtheilt wer:
den. Für die evangelijche Kirche ift freilich Luthers _
Verbrennung (1521) des Rechtsbuches von ihm
ſelbſt nicht aufrecht gehalten, er hielt 1524 wieder
Vorlefungen darüber, und es ift von Proteftanten,
3. B. Böhmer, bearbeitet; indeffen wird auch heute
nicht mit Unrecht feine Anwendbarkeit in evanges
liſch lirchlichen —— beſtritten, wenn es
zu Weiterm dienen ſoll, als das kirchliche Gewohn⸗
heitsrecht zu erkennen.
Corpus juris civilis iſt das Rechtsbuch des
bürgerlichen römifchen Rechtes, welches die Inſti—
tutionen (533), —50333 (533) Juſtinians, die 12
Bücher des Juftinianifhen Coder, die Conftitu:
tionen (534) und die Novellen (573—582) um:
faßt. Das bürgerliche Recht ift um fo mehr vie
Grundlage des fanonijchen geworden, als es über
viele firchliche Berhältniffe bereits Feftitellungen
enthielt. Wie alles neuere Recht, jo ift aud) das
evangelifche Kirchenrecht vielfah vom römiſchen
beeinflußt geblieben. Wie der Bapft ſich veranlaßt
ſah, den Geiftlihen das Studium des bürgerlichen
Rechtes zu verbieten, jo zog man in der Reforma—
tionszeit das jus civile vor, und widerrieth oder
verbot (Heffiihe K.:DO. 1526) das Studium des
fanonijchen Rechtes.
Correctionsanſtalten, geiftlidge, find Häufer,
in welche Geifilihe wegen gröberer Disciplinar:
vergehen el gewiffe Zeit zur Strafe und Befjer
rung verwiejen werden. Auch Klöſter vertraten
die Stelle. Sind es Anftalten, die mehr den Zwed
al einen mihrathenen Klerifer den Bliden der
selt zu entziehen um der Firchlichen Ehre willen,
jo nennt man jie Demeritenhäufer. Die Concor:
oate haben die Einrichtung der Anftalten in allen
Diöcefen gefihert und die Staatsgejeggebung der
Strafbeitimmung des Biſchofs Schranfen gejegt.
Die evangelifche Kirche entbehrt ſolcher Anftalten.
Die Nothwendigkeit der Verweiſung in ein Eorrecs
tionshaus würde die fernere Verwaltung eines
evangelifchen Bredigtamtes, welches Integrität des
Charakters fordert, unbedingt unmöglid maden.
Correetores Romani, Ein Gollegium, welches
Pius IV. 1563 auf Veranlafjung des Tridentinums
einfeste zu einer Revifion und neuen Ausgabe des
gratianischen Decrets (f. Corp. jur. can.), welche
Arbeit durch die Editio Ronıana 1582 beendigt
wurde.
Gorrodi, Heinrich. Geb. am 31. Juli 1752 zu
Züri. Sohn eines Predigers. Schloß fih in
Halle an Semler an und wirkte in deſſen Geiſt in
Zürich als Profeffor des Naturrechts und der Mo:
ral jeit 1786, + 1795. Sein Hauptwerk ift die Ges
ihichte des Chiliasmus 1781, Beleuchtung der
Geſch. des Kanons 1792, 2 Bor.
Gorvey. Benedictiner: Abtei bei Hörter an der
Weſer. Tochterflofter des berühmten Klofters
Corbie in der PBicardie, wurde 822 von dem Abte
Adalhard gegründet zur Befeitigung und Ausbrei—
tung des Chriſtenthums unter den Sachfen, nachdem
Corvinus
ſchon 816 eine Miſſions⸗Colonie an ungünſti⸗
ger Stelle im Sollinger Walde ſich niedergelaſſen
hatte. Nach Adalhards Tode 826 erhielt Neu:
Corbie an Warinus jeinen eigenen Abt, und nad):
dem bie Gebeine des 5. Vitus dorthin von St. De:
nis übertragen waren, wurde es mit Gütern reich
dotirt. Seine Bebeutung erlangte Eorvey burd)
die gleich nad) der Gründung gt tiftete Schule und
die Niffionsarbeit unter den Sadjfen, bie ſich über
den ganzen Norden ausdehnte. Viele berühmte
Männer der Kirche verdankten Corvey ihre Bil-
dung (f. Ansgar). Dem Verfall der Sitten im
Ipätern Mittelalter entging auch Corvey nicht. Im
dreifigjährigen Kriege erlitt es beträchtliche Ein:
buhen. Dennoch wurde die gefürftete Abtei 1794
zu einem Bisthum erhoben, welches 1803 die welt:
lihe Herrſchaft an Raſſau⸗Oranien verlor, 1821
bei der ircumfeription der preußifchen Bisthümer
aber gänzlich aufgelöfet wurde. Der Beſitz der Abtei
wurde in eine Standesherrichaft 1822 umgemwan:
np — Wigand's Geſch. v. Corvey geht nur
is 1146.
Corbinus, Anton (Räbener). Theologe der Re:
formationsgeit. Geb. am 27. ge 1501 zu War:
burg; 1523 aus dem Kloſter Loccum evangelischer
Anfıhten wegen verjagt, ging er nad) Witten:
berg, warb Prediger zu Goslar 1528, zu Witen-
bauen 1531, nahm Theil an den Geſprächen zu
iegenhain 1532, Gaffel 1585, Schmalfalden 1537,
ging im Auftrag Philipps v. Heflen zu den gefan-
genen Wiedertäufern nad) Münfter 1536, und
machte mehrere Bifitationdreifen im ———
1541 und 1542. Bon der Herzogin Eliſabeth,
Wittwe Erichs I. von Göttingen und Calenberg,
zum Vormund von ErichLI. berufen,verfaßteer 1542
die Galenbergifche Kirchenordnung und führte fie
durch eine Bifitation im Lande ein, wie er auch an
der Reformation des Molfenbütteler Landes ſich
betheiligte. Als Erich II., wieder katholiſch gewor:
den, das Interim einführen wollte, widerjeite fich
Corvinus mit den andern Predigern, wurde ge:
fangen genommen und 3 Jahre auf dem Ealenberg
in Haft gehalten. Erft 1552 befreit, ftarb er 1553.
Bal. Havemann, Elifabeth von Braunjchweig, 1839.
Uhlhorn, ein Sendbrief, 1853.
Gosmas und Damianud, Zwei Heilige, die
al5 Patrone der Aerzte und Apotheler verehrt
werden. Die Lebensbeſchreibungen find fabelhaft
und widerſprechend. Sie jollen als Aerzte zu Ae⸗
gina gelebt, für das Evangelium gewirkt und in
der diocletianifchen Verfolgung den Märtyrertod
erlitten haben. Gedäcdhtniftag, der 27. Sept.
Gotelerius, Jean Baptifte. Geb. zu Nismes im
December 1627, ward 1648 Doctor der Sorbonne
und erhielt 1667 den Auftrag, die griechiſchen
Handihriften der königlichen Bibliothek zu ordnen.
719. Auguft 1686 als Brofefjor der griechiſchen
Sprade. Bon ihm rührt eine Auögabe der apo—
ſtoliſchen Väter her 1642, die Elericus von Neuem
herausgab 1698. Außerdem Ecel. Graecae monu-
menta, 1677 u. 1688. Homiliae IV. Paris 1661.
Gourt, Anton. Eigentlider Gründer der Kirche
der Wüjte in Frankreich. Geb. 1696. Nach dem
Widerruf des Edictö von Nantes und dem Cami—
ſarden⸗ Krieg beitand feine reformirte Kirche mehr,
nur noch heimlidye Broteftanten. Da brachte Court
1716 eine Synode von 5 Baftoren zufammen, und
1717 eine zweite in Languedoc, welche eine neue
Kirhenverfaffung und Kirchenzucht aufftellte und
163
Granmer
auf Grund derfelben die „Kirche in der Wüſte“
organifirte. Court ließ fich 1718 ordiniren, ftiftete
1729 zu Zaufanne ein Seminar, um Prediger zu
erziehen, und ließ fich ſelbſt dort nieder, um von
da aus die franzöfifche Kirche und ihre Wieder:
belebung zu leiten und ihr Unterftüßung zu ver:
Ichaffen. Gedrudt find von ihm: Histoire des
troubles des Cevennes, Villefranche 1760. Le
Patriote frangois 1751. Lettre d'un patriote1756.
Sein handſchriftlicher Nachlaß in der Genfer Bib—
liothefumfapt 116 Bände. — Sein Sohn Court be
Gebelin, geb. 1725, + 1780, Iebte in Paris als
zen des Mufeums in großer Achtung ala
lehrter, nicht minder wie fein Bater ftetö für die
Proteftanten thätig; von ihm ift Les Toulon-
naises 1763, und das berühmte Monde primitif
analyse et compare, Paris 1773—1784.
Govenant oder Gonvenant heißen bie beiden
Bertragsbündniffe, welche die Schotten unter ein:
ander und mit ihrem Fürften zur Aufrehthaltung
ihrer Kirche gegen Katholicismus und Episfopalis:
mus fchloffen. Der erfte Covenant wurde gejchlof:
fen 1580 mit König Jakob auf Grund des Glau—
benäbelenntniffes von 1560. Der zweite ift von
1638, al3 Karl I. die Fatholifirende Liturgie ein-
führen und das Episkopalſyſtem aufrecht halten
wollte. Es enthielt neben dem Covenant von 1589
das eidliche Gelübde, die Freiheit de3 Evangelium
zu wahren, und wurde von allen Schotten unter:
ſchrieben. Der Covenant in feiner ganzen Strenge
wurde vertreten von den Covenanters oder Came⸗
ronianern (f. d. A.). — Aehnliche Bündniffe hatten
ſchon 1537 und 1539 die proteftantifchen Lords
unter einander gefchlofjen. Ebenfo führt aud) der
Bund der Schotten mit dem englijchen Parlament
zur Bertheidigung der Religion vom Jahre 1642,
der durch den Sieg der engliſchen Jndependenten
zu Ende ging, den Namen Covenant.
Gramer, Sofann Andreas. Dichter und Theo:
loge. Geb. 23. an. 1723, ward 1754 Hofprediger
in Kopenhagen, vorher 1748 Prediger zu Crellwitz
bei Merjeburg und 1750 zu Quedlinburg. 1765
auch Profeffor der Theologie, 1771 durch Struen:
fee entjegt, ging er als Superintendent nad) Lü—
beck, bis er 1774 nad) Struenfee's Sturz ald Pro:
fanzler und Profeffor nach Kiel berufen wurde.
+ 12. Juni 1788. Mehr als durch feine kirchliche
Wirkjamteit ift er als Dichter befannt geworden.
In Leipzig hatte er im Gegenſatz zu Gottſcheds
Schule den Dichterbund der Bremer Beiträger
gegründet 1744 und blieb in enger freundſchaft⸗
licher Verbindung mit Klopftod. Seine gejanı-
melten Werte 1782 und 1783 enthalten 250 geift-
liche Lieder, von denen viele in die Gejangbücher
aufgenommen find.
Granmer, Thomas. Erzbiſchof von Canter:
bury. Der Reformator Englands. Geb. 2. Juli
1489 zu Aslacton in der Graffhaft Nottingham,
1523 Brofeffor der Theologie und Univerjitäts:
prediger zu Cambridge. Die Ehe Heinrichs VIII.
mit Katharina hielt er für ungültig, wurde Des:
halb als Gefandter des Königs 1530 nad) Rom,
1531 nad) Deutſchland gejendet, wo er ſich heims
lic) mit einer Nichte Ofianders verheirathete. Troß
des noch bejtehenden Cölibatgefeges war er ſchon
1519 zum erjten Mal verheirathet gewefen. 15°2 —
zum Erzbiſchof von Canterbury ernannt, ſprach cr
am 23. Mai die Auflöfung der Che des Königs
aus, und beftätigte die Ehe niit Anna Boleyn, die
11*
Crato von Erafftheim
er am 1. Juni traute, Auf feinen Rath hob Hein-
rich die päpftlihe Gewalt über England auf, erließ
die Suprematsacte vom 3. Nov. 1534 und begann
die Reformation. Die Synode 1536 berieth 10
Religionsartikel, 1537 wurde die Ueberſetzung ber
Bibel geftattet. Kräftig widerftand er 1538 ber
— Reactionspartei, und führte um ſo
entſchiedener unter Eduard VI. die Reformation
durch unter Beihülfe Bucers, Lasky's, Ochino's,
Martyrs, Jonas’ u. A.; 1542 wurden die 42 Ar-
tifel (die Grundlage der 39) vom König genehmigt
und die revidirte Liturgie eingeführt. Unter Ma-
ria, ber katholiſchen, des Hochverraths angeflagt,
und nad) unregelmäßigem Brozeffe verurtheilt, ließ
er fi zu einem fchriftlichen Widerruf bewegen, den
er aber öffentlich vor feiner Verbrennung zurüds
nahm, und ftarb muthig und getroft am 21. Mai
1556. Granmers öfters ſchwanklende Handlungs:
weife wird bejtimmt durch feinen Glauben an bie
unbedingte Autorität des Königs und der Schrift;
fügfam dem königlichen Willen, hat er dennod) feine
evangelijche Ueberzeugung nicht geopfert.
Grato von Crafftheim. Cigentlih Johannes
Krafit. Ein um die Keformation verdienter Arzt.
Geb. am 22. Nov. 1519 zu Breslau, bezog er bie
Univerfität Wittenberg, wo er 6 Jahre Luthers
Tiihgenofje war, wandte fid) auf deſſen Anrathen
dem Studium ber Medicin zu, lebte 1550—1560
in Breslau, dann am Faijerlichen Hofe als Leibarzt.
Ein verdienftvoller Arzt (vgl. Henfchel, Crato,
Bredlau 1853), war er bei Marimilian eine Stüte
des Proteftantismus gegen die jefuitiichen Machi—
nationen; abgeneigt den Iutheranifchen extremen
Parteien, bemühte er fich für die Union der Böh:
men mit den Evangeliſchen, und in Verbindung
mit Beza, Urfinus u. U. für die Bewahrung der
milden melanchthoniſchen Richtung. Starb zu
Breslau 1585 am 19. October.
Creatianismus. Die Theorie, nad) welcher bei
der durch Zeugung bewirkten Entftehung des
menfchlichen Zeibes die Seele und der Geijt von
Gott geſchaffen (nicht auch durch die Zeugung fort:
gepflanzt) und dem entjtandenen Leibe eingehaudht
wird.
Gredenz, Eredenztifh. Bei feierlihen Hochäm⸗
tern werden auf einem Credenztiſche an der Epiftel-
feite des Altars der Kelch und die übrigen zum
Gebrauch lommenden Geräthe niedergelegt.
Gredner, C. Auguft. Geb. anı 10. Jan. 1797 zu
Maltershaufen. Bildete fich jeit 1817 in Breslau
unter Schulz und v. Coeln. Seit 1821 Hauslehrer
in Göttingen und Hannover, habilitirte er fich 1828
in Jena, 1830 a. o. Prof., 1832 Prof. der Eregeje
und Kirchengeihichte in Gießen. F 1857. Außer
manchen Difjertationen und Brogrammen find von
feinen Schriften zu nennen: Beiträge zur Einleis
tung in bie bibl. Schriften 1832; Einleitung ins
Neue Teftament 1836; Zur Geſchichte des Kanons
1847; Gejchichte des Kanons 1860, ed. Vollmer.
An der Erörterung kirchlicher Zeitfragen bethei:
ligte er fi in lebhafter Weife zur Vertheidigung
der freien Forſchung und des Kirchlichen Fort:
ſchritts. Crörterungen 1846; Heſſiſche Kirchen:
zeformationd:Drdnung 1852; bie fittlihen Ber:
irrungen 1853,
Erell, Nitolaus. Geb. zu Leipzig 1551. Erzogen
auf der Schule zu Orimma (1568—72), ftubirte er
zu Leipzig und ward Prof. der Rechte 1575. Als
Erzieher des Kronpringen Chriftian von biefem
164
Crethi und Plethi
1585 zum Kanzler ernannt, erhielt er die Leitung
der Staatögejchäfte. Den theologiihen Zäntereien
trat er durch ftrenge Befehle entgegen und begün:
ftigte die von Auguft unterbrüdt gemejenen Phi:
lippiften. Die Abſchaffung des Exorcismus bei der
Taufe 1591 erregte den Unmillen der Theologen,
mit ihnen verband fich nach des Kurfürften Tode
1591 unter ber Regentichaft bed Herzogs Friedrich
Wilhelm von Weimar der gegen ihn erbitterte
Adel, deffen Privilegien gejhmälert waren. Erell
wurde verhaftet und die Eryptocalviniften ober
BPhilippiften des Landes verwitſen. Nach längerer
Haft wurde er in einem unregelmäßigen Prozeß:
verfahren durch das Appellationägericht zu Prag
zum Tode verurtheilt und hingerichtet am 9. Det.
1601, unter lebhafter Betheuerung feiner Unſchuld
an den ihm fchuld gegebenen Verbrechen des Mein:
eids und des Hochverraths. Haffe, Die Bedeutung des
Erellihen le (Ztichr. für Hift. Theol. 1848).
Grell, Baul. Brof. der Theologie in Wittenberg.
College von PB. Eber und Major. Gab 1566 das
Monotessar. hist. evang. heraus, ebenfo 1574
die zweite Auflage der Wittenberger lat. Bibel
von 1565.
Grell, Samuel. Geb. 1660. Stubirte bei ben
Arminianern in Amfterdam 1630 und wurde
Geiftlicher der Unitarier zu Königswalde bei Frank⸗
furt a. d. D., verließ feine Gemeinde und ftarb 1747
zu Amfterdam. Er ſchrieb unter dem Namen Arte:
monius über den Prolog des Johannes; verfaßte
das Slaubenöbelenntnif der Unitarier in der Mart
1716 und Cogitationesnovae de primo etsecundo
Adamo.
Crescens. Begleiter bed Paulus, 2. Tim. 4, 10,
fol in Galatien (Apoft. Conft. VII, 46) und in
Gallien das Evangelium verfündigt haben.
Crescens, ber Cpniter, lebte zu Rom zur Zeit
Juftins und Tatiand. Er fuchte das Volk gegen
das Chriftenthum aufzureizen; ald Juſtin feine
Unmifjenheit und Sittenlofigkeit aufbedte, gelobte
er ihm Rache und wurde die wahrfcheinliche Urjache
feines Märtyrertobes,
Gredeentind. Aus einer römischen Patrizier-
familie, Entel der Theodbora. Bemächtigte fih mäh-
rend der Minderjährigleit Olto's III. der Herrſchaft
in Rom unter dem Titel eines Patricius, als jol-
her anerkannt 989. Nach Johanns XV, Tode unter:
warf er fich Otto III. und dem Bapfte Gregor V.,
brad) aber nach dem Abzug des Heeres die gelobte
Treue; von der Synode in Pavia in den Bann
gi an, feste er den Griechen Philagathus Byrne
I.) zum Gegenpapjte ein und bemühte fih, Rom
unter die Oberherrfchaft von Byzanz ——
Von dem rücklehrenden Kaiſer in der Engelsburg
belagert, ward er nad) der Erſtürmung auf ihren
Zinnen enthauptet, Johann XVI. aber verjtüm:
melt rüdlings auf einem Ejel duch die Stabt
geführt und in den Kerker — 998.
Gredconius, Bifchof in Afrita um 690, bearbei-
tete die Kanonenfammlung des Dionyfius unter
dem Titel Concordia canonum; der Inder dazu
ift bad Breviarium Cresconii.
Greöpin, Johann. Advocat am Parifer Parla-
ment, trat zum Proteſtantismus über und errich-
tete in Genf eine Buchdruderei, aus der auch feine
eigenen Werfe Histoire des martyrs 1560 und
L'etat de l’&glise 1562 hervorgingen. + 1572.
Grethi und Plethi. 2. Sam. 15, 18; 20, 7.28;
1. Kön. 88, 44. Die Leibwache Davids, worüber
- 41
Crethim
Benaja ald Oberſter geſetzt wurde. Die Namen |
werden verſchieden gedeutet. Die ältere Anſicht faßt
die Endung i als Pluralform oder adjectiviſch und
überiept Scharfrichter und Läufer, bez. Scharf:
rihter: und Yäuferjchaft, da dieſe Leibwache Todes:
urtheile vollftredte, 1. Kön. 2, 25. 34. 46. Die
neuere Anficht verfteht richtiger die Namen als
Eigennamen: Creter und Philiſter, vgl. 1. Sam.
9,14; Amos 9, 7. Eine Garde aus Philiftern
begründete fih in dem Aufenthalte Davids zu
Ailag.
Crethim. Nach Zeph. 2, 5; Ez. 25, 16 eine Nöl:
lerſchafi am Mitteländifchen Meere und im füdli-
Baläftina, 1. Sam. 30, 14. Man denlt an
er, da die PVhilifter aus Creta (j. Caphtor)
ſtammten. Zuth. überfegt an den erjten Stellen
nad) der Bulgata Krieger.
Griminalverbredgen der Kleriker jollte nad
älterem Recht der bürgerliche Richter beurtheilen,
der Biſchof aber die Amtsentjegung bewirken; pä:
ter erlangte die Kirche dad Vorrecht, daß immer
zur geiftliche Richter die Kleriker beurtheilen ſoll⸗
ten, nicht ohne Widerſpruch und manche Ausnahme,
5 endlich die bürgerliche Juſtiz in der neuen Ge:
jepgebung ſich auch die Geijtlihen wieder völlig
interwarf.
Erispinns und Crispiniauus. Zwei Vrüder
aus Rom, die in Gallien das Evangelium verfün-
digten und in Soiſſons durch Scufterarbeit ihren
Unterhalt erwarben ; fie ftarben ald Märtyrer 237.
Die —. haben fie zu ihrem Patron er:
wählt. Dan jagt ihnen nad), daß fie armen Leu:
ten die Schuhe ſchenkten und reihen Gerbern das
Leder ftahlen.
Crispus. — ——— in Korinth. Apſtg.
18,8; 1. Kor. 1, 14. Bekehrie ſich durch die Pre⸗
digt des Apoſtels Paulus, und ſoll Biſchof von
Lügina geweſen fein.
rocius, Johann. Hervorragender Theologe
des 17. Jahrhunderts. Geb. 28. Juli 1550 zu
Laesphe. Nach Vollendung der Stubien zu Her:
born und Marburg, ward er ſchon 1612 Hofpre:
diger zu Eafjel. 1616 und 1617 dem Kurfürften
Sigismund zur Reformirung der Landeskirche
überlafien, ſchrieb er die Conversatio Prutenica,
Berlin 1618, warb 1617 Profeſſor ver Theologie
iu Marburg, 1624 fiedelte er mit ber reformirten
gecultät nach Cafſel über bis 1653, in welchem
Jahre er wieder in jeine frühere Stellung in Mar:
burg zurüdberufen wurde, wo er 1659 ftarb. Seine
Berte find theiis Streitfchriften gegen Katholiken,
theils begründen fie das gute Recht der reformirten
—* in Deutſchland, und die Thatſache, daß ſie
im Religions frieden einbegriffen worden. Sein Ba:
ter Baul Erocius, 1551—1607, war ber Bearbei-
ker des großen Martyrbuchs; fein Bruder Lud—
wis, 1586— 1655, Baitor an St. Martinin Bremen
und Profefſor der Theologie; fein Sohn J. Georg
—— 1629 - 1674, Profeſſor der Theologie in
tg.
Erommell, Oliver. Protector von England. Geb.
am 25. April 1599 zu Huntingdon. Weber die
Daten jeines yo en Lebens giebt jedes Ge:
diätöcompendium Auskunft. Wir können bier
nur die Firchlichschriftliche Seite in der Geſchichte
dieſes Feldherrn und Staatsmannes ins Auge
aflen, der neben Guftan Adolf als der größte,
gemaltiafte, bemußtefte politifche Vorlämpfer des
165
Grommell
einem angejehenen Gefchlechte, jelbft in angefe-
wre 2ebenäftellung ald Landevelmann, war
eine große, mit aller Gewalt ruhiger fefter Lei:
denſchaft ausgeftattete Natur [en lange durd)
das Feuer jener geiftigen Kämpfe hindurd) gegan:
en, *86 in der Atmoſphäre des calvini—
Prifchen Chriſtenthums auch jegt noch erzeugen,
und welche überall, wo fie eine eblere Natur
ergreifen, fo jehr den Grund ber Seele aufmwühlen,
den tiefften Zebensernft heraufrufen und läuternd
und ſtärkend wirken, welde aber damals, bei der
— und kirchlichen Lage Englands, unter
en auf einander treffenden Gegenſätzen eines
katholiſirenden Königthums und eines puritaniſch
und ſelbſt ſchwärmeriſch aufgeregten Proteftantiös
mus eine jet faum noch vorjtellbare Schärfung
erhielten. So findet ihn die beginnende Revolution.
Bald wird er ein angejehener Führer, allmählic)
ihr Haupt, ihr Staatdmann und ihr Held. Die
efiegung bed Königthums, die Verurtheilung
und Hinrichtung des Königs find vor Allem fein
Werk. Rüdfichtslos fchreitet er auf feinem Wege
voran. Man kann Zweifel hegen, ob nicht oft
Berehnung an bie Stelle der Meberzeugung trat,
ja ob nicht ein ganzes Leben von dem — einer
großen herrſchdurſtigen Naturgeleitetund beſtimmt
worden iſt. Wirklich war dies auch bis vor noch
nicht ir langer Zeit die herrichende Auffafjung
in der Geſchichtsſchreibung. Der — ————
Mann galt ziemlich allgemein als ein großer
Heuchler oder als ein in Selbſttäuſchung befan—
gener Huger Fanatiker. Guizot und Macaulay,
mehr noch und tiefer prüfend Carlyle und Ranke,
haben eine ganz andere, eine entgegengeſetzte Auf⸗
faſſung zur Geltung gebracht, und Merle d’Aubigne
hat ihn Ian zu einem proteftantifchen Heiligen ma—
hen wollen. Unter den fürzeren Darjtellungen ift
dievon. Pauli inn. Spbel’s Hiftorifcher Beitfärift,
Bd. 8,S. 2809 ff. wohl die bedeutendfte, in ähnlichen
Sinne wie Ranke. Kein Saale: dag Erommell im
Weſentlichen von tiefen unerjchütterlihen Grund:
ſätzen getragen wurde. Er hielt fid) für ein Werl:
zeug in Gottes Hand, und ftärkte fid) an den fidht:
baren, oft fo wunderbaren Erfolgen in diejer Zu:
verſicht. Mit —— Ahnung und mit hellem
Geiſte fühlte und erkannte er — gewaltiger wohl
als irgend einer der Zeitgenoſſen — die Lage der
europaͤiſchen Verhältniſſe und die große Strö—
mung der Geſchichte. Er fühlte in ſich die Aufgabe
und die Kraft, unter Gottes Beiſtand dem Strome
des Lebens und der Wahrheit, dem Strome bed
Evangeliumd und der driftlihen Freiheit und
römmigfeit zum Siege zu verhelfen. Mit dieſen
tuarts, neben diefem, alle feindlihen Mächte
zufammenfaffenden und leitenden Papſtthum, ne:
ben bem fen en Frankreich, Spanien, Defter:
reich, in diefem jo edeln und doch jo gebundenen,
traditionsfüchtigen und gejeglihen England wäre
das Volk unaufhaltiam dem großen Katholifirenden
Zuge der Zeit anheim gefallen. Cromwell jah die
Gefahr und fühlte deren Größe. So ſetzte er Alles
daran, um das zu retten, zu guy und zu jtär:
fen, was England groß und frei und chriſtlich—
evangelifch gemacht hat; und was die chriſtlich—
evangeliihye Welt dem protejtantifhen Groß:
britannien verdantt, das verdankt fie auch Crom—
well. In demjelben Sinne hat er als Herricher
das Banner des Vroteftantismus über Europa
evongeliihen Proteftantismus gelten muß. Aus; emporgehalten. Er hat die Waldenjer geihüt!
Gromwell
und ift fiir die fran;öfischen Neformirten einge: |
treten. Mehr noch: die Siege und die Herrichaft
Cromwells haben auch in Deutichland und den
Niederlanden wieder die ermattende Welt geſtärlt.
Wilhelm III. war nur möglid nad und durch
Gromwell. Nachdem er feine Kraft in inneren und
äußeren Kämpfen mit den feudalen und katholi:
firenden Tendenzen in feinem Baterlande, wie
Ipäter immer von Neuem mit den puritankid):
politiihen Schwärmereien friner eigenen Partei
verzehrt, jelbft im Schoofe ver eigenen Jamilie
wegen feiner politifchen und kirchlichen Maßnah—
men, zulett noch von einer geliebten fterbenden
Tochter mit Stillen Anklagen gedrüdt, ftarb er nad)
einer zeitweiligen innern aus körperlichen Urfa-
en auffteigenden Aufregung am 3. September
1658, eine jener gewaltigen räthjelhaften Ber:
fönlichfeiten, die jo tiefe Abgründe des Seelen:
lebens ahnen laffen und die neben den hellen Lich—
tern einer höheren Gotteswelt auch dunkle Schat:
ten zugemifcht zeigen. Der Grund aber dieſes
Genius ift, wie wunderbar auch Manches in ihm
neben einander zu ftehen jchien, und wie wider:
ſpruchsvoll ſein Thun zumeilen auch fein mochte:
der Grund dieſes Seelenlebens ift doch das Gebet
zu dem heiligen Gotte gewefen.
Grommel, Thomas. Geb. gegen Ende bes 15.
Sahrhunderts, Secvetür des mächtigen Lordkanz—
lers Heinrichs VIII. Woljey, und von ihm bei der
Aufhebung einiger Hlöfter benugt. Nach Woljeys
Sturz 1529 trat er in die Dienfte des Königs,
ward Mitglied des geheimen Raths und leitete
mit Granmer die Reformation der englifchen Kirche;
wandte ſich aber in der Reactionsperiode den Ka:
tholiten wieder zu; water jenem Zuthun nahm
das Parlament 1539 die 6 Fatholifchen Artikel (die
Blutbill) an. €. fiel dann in Ungnade und ward
den 10. Juni 1540 enthauptet.
Groius Rubianus (Joſeph Jäger). Geb. um
1480 in Dornheim in Thüringen. Einer der geift:
reichjten Humaniften, Profeſſor in Erfurt jeit
1515, Freund des Hutten, Heß und Cordus. Von
ihm ift die Jdee der Epist. obscur. viror. (1516
1. Theil) ausgegangen, an deren Abjaffung er aud)
den größten Antheil hat.
Grucifig, d. h. ans Kreuz Gehefteter. Das Kreuz
mit dem Bilde des Gekreuzigten, findet ſich im
firglichen Gebraud) nicht vor dem 7. Jahrhundert.
Seit dem 4. Jahrhundert ift das einfache Kreuzes—
zeichen häufig, wicht felten nrit dem Bild des Lam—
mes am Fuß, bis die trull. Synode 692 ſich gegen
die fymbolische Darftellung Chrifti ausſprach. Die
älteften Erucifire haben bloß das Bruftbild, dann
den ganzen Körper bekleidet, bis die jet herrichende
Gewohnheit der Darftellung allgemein ward. Im
fpätern Mittelalter erft bildete ſich die Gruppe
unterm Kreuz. Während die Iutherifche Kirche die
Aufftellung eines Crucifires auf dem Altar duldet,
bat ſich die reformirte Kirche ſtets abwehrend da:
gegen verhalten, und diefe Abneigung haben aud)
die Unions:Agenden nicht zu überwinden vermocht.
Erueiger. Hervorragendes Theologengeichlecht
der Reformationäzeit. Caspar. Geb. am 1. Jan.
1504 zu Leipzig. Studirte feit 1521 in Wittenberg
Theologie, Botanifund Mathematik, und ward bort,
nachdem er 1524—28 das Nectorat der Schule zu
Magdeburg verwaltet, Profefjor und Prediger an
der Schloßfirche. Luthers Gehülfe bei der Bibel:
überfegung, von ihm und Andreä hoch geſchätzt,
166
Cummean
nahm er Theil am Marburger Geſpräch 1529, der
Wittenberger Eoncordie 1536, dem Schmaltaldener
Eonvent 1537 und dem Wormfer Convent 1540.
Während des ſchmallkaldiſchen Krieges war er Nector
der Univerfität. + 16. Nov. 1548. — Sein Sohn
Caspar €. H., geb. am 19. März 1525, Brofeffor
der Theologie in Wittenberg, ward als Philippiſt
1574, da er die antimelandthonifhen Artikel der
Torgauer Synode zu unterjchreiben ſich weigerte,
verhaftet, jeines Amtes entfegt und des Landes ver:
wiejen. Bon Landgraf Wilhelm aufgenommen, ftarb
er 7597 als Prediger in Eafjel. — Deſſen Sohn
Georg, geb. am 24. Sept. 1575, war er des
Landgrafen Morik, der ihn zum Profefjor der
Theologie in Marburg ernannte 1605. Er nahm
Theil an der Dordredjter Synode. + 1637.
Crufius, CHriftian Augujt. Geb. am 10. Jan.
1715 zu Xeuna bei Merjeburg. 1744 Profefjor der
Bhilojophie in Leipzig, 3750 0. Brofefjor der Theo:
logie. Sein phitofophiiches Syſiem ftellt ſich Wolf
entgegen und ift abhängig von Norausjegungen
orthodorer Theologie. Er jchrieb u. a. Hypomne-
mata ad theol. prophet. 1764, auf weldye Detigich
und Gaspari wieder hingewieſen haben (Stubien,
1. Bd., Berl. 1845); Entwurf der nothwendigften
Bernunftwahrheiten 1745; Logik 1747, Begriff
der Moraltheologie, 2 Bdr., 1772.
Cruſius (Krauß), Martin. Geb, zu Grabern bei
Gräfenberg. Stwdirte in Ulm, Straßburg und
Tübingen Philologie und Theologie, übernahn
1554 das Nectorat zu Memmingen, 1559 die Bro:
feffur der lateinifchen und griechiſchen Sprache zu
Tübingen. In Berbindung mit Andreä begann er
1575 einen Briefwechſel mit dem Patriarchen Je:
remias 11. von Konjtantinopel, um die Griechen
dem PBroteftantismus zu befreunden (f. denſ. Mor—
genblatt 1553, Nr. 61 ff.), überſetzte auch zu dein
Ende Heerbrands Compend. theol. 1582 ins Grie:
hifche, jowie eine Sammlung lutherifcher Predig:
ten, Corona anni, 4 Bde. Fol, Witt. 1609. An:
dere Werle find philol. Inhalts. + 1607.
Cucullus, Cutulla. Die Capuze der Mönche,
auch Caſula over Cappa genannt, daher Eucullati,
Mönche,
Cudworth, Ralph. Geb. 1617 zu Aller in Som:
merjet. Dr. theol. und Borjtand des Chrift Col:
lege. Von großer Gelehrfamteit, hewandert in
Philoſophie, Alterthumslunde und Literatur, ftellte
er fi) die Belämpfung des Deismus zur Lebens:
aufgabe. Sein Sir aa The true intellectual
system of the Universe, Part I. 1678, wurde
1733 von Mosheim überjegt und mit Anmerkun—
gen verjehen.
Culdeer. Ein Wort keltischen Urfprungs, bedeu-
tet Diener Gottes und kommt ſeit dem 12. Jahr:
hundert zur Bezeichnung der keltiſchen Mönche und
Weltpriefter vor.
Cultur ift die fortfchreitende Vergeiftigung der
Welt, das umfafjendfte fittliche Product. Chriſt—
liche Cultur befteht da, wo der ſchaffende und
ſich verbreitende Geijt der chriſtliche ift.
Cultus ift die äußere Forın der Hottesverehrung
einer nn Gemeinſchaft, das Ganze des Got:
tesdienftes (j. d. A.).
Cultus latriae, duliae, hyperduliae finb
die im Mittelalter geichaffenen Ausdrudsmweifen
für die Anbetung Gottes, die Verehrung der Heiz
ligen, die befondere Verehrung der Marta.
Eummcan, Cumean, Comean. Der im Uebrigen
Cumulirung der Beneficien
völlig unbefannte Berfaffer eines Pönitentialbu:
es, welches von Spätern als Judicia Cumeani
ctirt wird. Wie Wafferjchleben (Bußordnungen)
vermuthet, ift das Werk in Stalien gejchrieben
nad) 668.
Gummlirung Der Beneficien, d. h. die Anhäu:
fung mehrerer Pfründen in Einer Hand, war ftets
durch die Kirchengeſetze verboten, fand aber zu jeder
Zeit unter allerlei Borwänden ftatt und war An:
lab zu ununterbrochenen Sllagen.
Cunibert. Biſchof von Köln 623, war am Hofe
der Merovinger von politifhem Einfluß und tritt
bei manchen Reichsgeſchäften auf. 656 foll er ſich
auf einige Zeit in fein Bisthum zurüdgezogen ha:
ben. Als Heiliger wird er am 12. Nov. verehrt.
Die ihm geweihte Kirche zu Köln ftammt aus dem
13. Jahrhundert.
Curatus. Der Inhaber eines mit Seelforge ver:
bundenen Amtes (beneficium curatum). Später
wurde die Bezeichnung namentlich für die Geift:
lihen gebraudyt, welche das Amt folder Stellen
verwalteten, deren Pfründen an Klöfter und Stif:
ter gefallen waren. Dieje ftanden, unabhängig vom
eigentlichen Inhaber der Stelle, unmittelbar unter
dem Biſchof.
Gurcellaeus, Stephan. Geb. am 2. Mai 1586
zu Genf. Wurde, nahdem er zu Fontainebleau und
Amiens Predigerjtellen bekleidet hatte, als Pro:
effor an das Remonftranten:Öymnafium zu Am:
dam berufen und zeichnete ſich als Ereget und
Dogmatiter aus. F 22. Mai 1659. Bon feinen
Werken ift zu erwähnen feine Ausgabe des Neuen
Teftaments, Amſterd. 1658, 12., 4. Ausg. 1698,
8.; ferner von Blondels De Johanna papissa
1658. Seine Jnftitutionen, die unvollendet blie:
ben, in der Gejanumntausgabe feiner Werke, Amft.
1675, Fol.
Cureus, Joachim. Ein Arzt in Glogau, der,
geb. 1532 zu Freiftabt, in Wittenberg Theologie
und Philologie ftudirt hatte und der melandhtho:
nischen Richtung zugethan war. Er ift der Berfafler
des Werts Exegesis perspicua, Genevae 1574,
defien Erſcheinen das derfahren gegen die Philip:
piften oder Eryptocalvinijten hervorrief; e8 war
thatfähhlich von Bögelin in Xeipzig gedrudt. Neu
berauägegeben 1855 von W. Schefier. Vgl. Heppe,
zus. des deutſchen Proteftantismus, 1853,
. 422
Eurie. —135 eine Volksabtheilung im
alten Rom, ſpäter der Verſammlungsort eines
Senats oder Rathes und dieſer Rath ſelbſt. Daher
bedeutet biſchöfliche Curie den Inbegriff der bi—
ſchöflichen Adminiſtrativbehörden, römiſche Curie
d. A.) den Inbegriff aller in Rom concentrirten
Behörden. Auch die Amtswohnungen kirchlicher
Vürdenträger beißen Gurien.
Gurie, roͤmiſche. In der Verwaltung derjelben
fliegen zufammen die bifhöflihe über Rom, die
erzbiichöfliche über die römiſchen Bifchöfe, das Pri-
mal über die Kirche und die ftaatliche des Kirchen:
ftaates. Jede derjelben hatte urſprünglich die allge:
meinen überall wiederlehrenden Organe, Archi—
dialonus, Cameriengo, Arhipresbyter, Cardinal:
vicar, Pönitentiar, Cardinal:Bönitentiar, die hier
nur eigenthümlich aber erfennbar modificirt find.
Die Curie zerfällt in folgende Behörden: 1) die
Rota Romana, der höchſte Gerichtähof der Kirche
(. d. X. Rota); 2) die Signatura justitiae, er:
fennt über Zuläffigfeit der Appellationen, Compe:
167
Cuſanus
tenz⸗Nichtigkeit 2c. ; 3) die Signatura gratiae, unter
bem önlichen Borfit des Papſtes, entjcheidet in
Gnadenſachen; 4) die Dataria, urjprünglic Er:
peditionsbehörde, entfcheidet jekt über Dispenfe
und bie Berleihung der rejervirten Pfründen;
5) die Pönitentiaria, erledigt Gefuche um Abfolu:
tionen und Dispenfationen, und 6) das Cardinal:
Collegium. Hierzu tritt das Secretariat in 3 Abthei:
lungen: a) das Staatöfecretariat des Auswärti—
gen zur Verhandlung mit den Mächten über kirch—
lihe Angelegenheiten; b) das Gecretariat ber
Breven, mit dem vorigen verbunden, und der Me:
morialen; c) die apoftolifche Kanzlei und die apo:
ftoliihe Kammer (Camera Romana), welde die
Einfünfte verwaltet. Außerdem wird ein großer
Theil der Gejchäfte durch die Eardinal:Congrega:
tionen erledigt (f.d. A. Cardinal). Der Gejchäfts:
gang der Curie ift ſchon durch die in einander
—— Befugniſſe ſehr verwickelt. Da die Be—
hörden meiſtens ſelbſtändig, ohne den Papſt, zu
entſcheiden die Berechtigung beſitzen und jeder Be—
ſcheid perſönlich abgefordert werden muß, jo beſteht
zur Vermittlung Bloc ber Curie und dem Bu:
blicum, jelbft den Bilchöfen, das Inſtitut der Pro:
euratoren, Agenten und Spedizionere (sollecita-
tori dilettere pontificie). Bgl. Mejer, die römische
Curie, in Jacobjon u. Richter's Zeitſchrift für Recht
und Politik der Kirche 1847, Hft. I und IL.
Gurio, Coelius Secundus. Geb. am 1. Mai
1503 zu St. Chirico bei Turin. Unter humanifti:
[hen Studien mit den Schriften der Reformatoren
vertraut geworden und für die evang. Ucberzeugung
gewonnen, wurde er in ein Kloſter geiperrt, aus dem
er ſich durch die Flucht befreite, und mehrere Jahre
in Mailand, Pavia, Ferrara und Lucca troß man:
cher Verfolgung als Lehrer für die Verbreitung
deö Evangeliums thätig war, bis ihn die zuneh:
mende Gefahr nöthigte, nad) der Schweiz auszu:
wandern, wo er in Yaufanne 1542 eine Anftellung
fand und 1547 zu Bajel die Profeffur der Eloquenz
übernahm Nicht Theologe von Fach, betheiligte er
fi) durch viele Schriften fortwährend an den theo:
logiſchen Zeitfragen, feiner freien Richtung wegen
bei Calvin und deſſen freunden eben nicht beliebt ;
von andern Seiten aber, aud) von Marimilian Il,
und Papft Paul IV., durch glänzende Anerbietun:
gen, die er jedoch ablehnte, ausgezeichnet. Sein
Hauptwerk ift eine Spottichrift gegen das Papft:
thum, Pasquillus eestaticus, 2, Aufl. Genf 1544,
jpäter öfter auch überſetzt. Außerdem Christ. rel.
institutio brevis, Bajel 1549; De amplitudine
beati regni Dei 1554; Opuscula 1544.
Gurtins, Valentin. Geb. am 6. San. 1493 zu
Lebus in Brandenburg. Als eifriger Franciscaner:
mönch im Katharinenflofter zu Roſtock durch Stü-
ter für die Neformation gewonnen, ward er 1528
Prediger an der heil. Geiſtlirche dafelbft, verhei:
rathete fich 1532, ging 1534 nad) Lübeck; jeit 1545
dort Hauptpaftor, wurde er 1554 Superintendent
der Lübedifchen Kirchen. + 1573 am 27. Nov. Ein
Gnefio-Lutheraner und Anhänger des Flacius, be:
theiligte er fih an den Eonventen zu Braunfchweig
1557 und 1561 und Lüneburg 1563, und ficherte
die Rechtgläubigkeit Lübecks durd die Formula
consensus 1560, welche bis 1685 von jedem Geift:
lihen unterjchrieben worden ift.
Cuſanus, Nikolaus (Chrypfis, Krebs). Geb.
1401. Der Sohn eines Sciffers zu Cues an der
Mofel. Früher Nechtsgelehrter, trat er in den
Cuſch
geiſtlichen Stand, ward 1430 Decan zu Koblenz und
wohnle ald Archidiakonus von Lüttich dem Baſeler
Concil bei, auf welchem er zuerſt die Sätze von der
Gewalt des Concils über die Päpſte und die Un—
abhängigleit der Fürſten vom römiſchen Stuhle
vertheidigte (De catholiea concordantia 1433,
De auctoritate praesidendi 1434), aber jpäter
auf die Seite des Papftes trat, ala defjen Geſand—
ter er auf dem Neichätag zu Frankfurt 1446 er:
ſcheint. 1448 Carbinal, 1450 Biſchof von Briren,
teformirte er 1451 als Legat die Klöfter; feine Un:
terhandlumgen mit den Böhmen blieben ohne Er:
folg. Während eines Streites mit dem Erzherzog
Sigismund, der ihn zwei Jahre gefangen gehalten
hatte, ftarb er 1464 zu Todi an der Peſt. Seine
Merle find gedrudt Paris 1514, Bajel 1565, 3
Bode. fol. Giordano Bruno entlehnte von ihm die
Lehre von Gott ala dem abfoluten Marimum und
Minimum.
Cuſch, Aethiopien, bezeichnet im Allgemeinen
alle dunfelfarbigen Stämme ſüdlich von Aegypten,
1. Mof. 10, 6, dann das Reich, das aufer Aethio-
pien auch Nubien und Kordofan umfaßte. Die von
Eufc abgeleiteten Stämme, 1. Moſ. 10, 7, finden
fi ſämmtlich in Südarabien. Ueber den Zuſam—
menhang mit Nimrod f. d. A.
Eufhan:Riigathaim. Richt. 3, 8.10. König
der Mejopotamier, der Iſrael unterwarf, bis es
durch Dthniel befreit wurde. Willkürlich hat man
ihn mit Nimrod identificirt.
Euflod. An den Domftiftern der Kanonikus,
dem bie Seeljorge der Dompfarrei oblag, die aber
in der Regel einem Subcuſtos oder Chorpfarrer
übergeben wurde. Meift war der Euftos zugleich
al3 sacrista und thesaurarius mit der Sorge für
die firhlihen Geräthe und Bebürfniffe betraut.
Bon custos, d. h. Wächter, ſtammt das Wort
ai > (ſ. d. 9.).
uth, Cutha. 2. Kön. 17,24. 80. Ein Diftrict,
aus dem Coloniften nad Iſrael verſetzt wurden,
aus beren Vermiſchung mit den Eingeborenen bie
Samaritaner erwuchſen, daher auch die nicht jemi-
tiſchen Worte des Samaritaniſchen Cuthäiſch ge:
nannt werben. Die Lage von Eutha ift ungewiß,
wahrſcheinlich jedoch ift Chufiftan zwifchen dem
De und Choaspes mit der Hauptitadt Sufa zu
tehen.
uthbert, der Heilige. Biſchof von Lindisfarne,
der Schutzpatron von Nord:England. Geb. um 635
bei Melroje. Durch Frömmigleit und Miffionseifer
auögezeichnet, wurde er als praepositus nad) Lin:
disfarne verjegt, um das Klofter römiſch zu refor-
miren. Aus einem Einfiedlerleben, in das er ſich
zurüdgezogen, ward er auf den Biſchofsſtuhl beru:
fen 684. + 637. Er ward jpäter unter die Heiligen
verjegt, da man nach 400 Jahren feinen Leichnam
noch unverweſt fand. Sein Grab wurde ein bejuch-
ter Gnadenort. Der Leichnam wurde beim Unter:
gang von Lindisfarne vor den Normannen geflüch:
tet 876, jpäter 999 in Dunholm (Durham) von
Neuem beigefegt und eine prächtige Kathedrale
darüber erbaut. Am 17. Mai 1827 wurde der Sarg
eröffnet. Vgl. James Raine, Sanct Guthbert, Dur:
ham 1828.
Eyklus ift eine Periode von Jahren, nad) deren
Ablauf beſtimmte Verhältnifje in derjelben Orb:
nung wieberfehren. Man bedurfte ver Cyklen zur
Berechnung des Diterfeftes. Der Mondcyklus des
Meton umlapt 19 Jahre, nach deren Berlauf bie
168
Cypriamus
Neumonde wieder auf denjelben Monatätag fallen.
Melde Stelle ein Jahr im Cyflus einnimmt, wird
durch die Goldene Zahl bezeichnet. Der Sonnen:
cytlus umfaßt 28 Jahre, nad deren Berlauf die
Sonn: und Fefttage wieder auf denfelben Wochen:
tag fallen.
Cyniler. Bei den Schlilern des Antifthenes 380
v. Chr. artete das Streben nad) Bebürfniglofigfeit,
die als die Hauptaufgabe des Philoſophen erſchien,
in die Vernadläffigung aller äußern Form und
alles Anftandes aus; damit eg Fe
offenbarte fich bei den Spätern fittlihe Rohheit.
Daber der Name (Cynismus — hündiſches Wefen).
Cyperblume. Hobel. 1, 14 (Luth. Copher); 4,
13. Ein in Baläftina wachſender Straud, bei den
Arabern Alhenna genannt, deſſen weiße, ..
riehende Blüthen zu einem Pulver, Archenda,
verarbeitet werden, mit welchem die Weiber Nägel,
Haare und Lippen orangegelb färben.
Cypern. 1. Matt. 15, 23; Apftg. 11,19; 18,
4;21,3;27,4. Fruchtbare und reiche Infel im
Mitteländiihen Meere (Eyprefien und aes Cy-
prium, Kupfer) ; die Bewohner heißen Eittim, Jef.
23,1; 1. Maff. 10,4, von der Stadt Eitium. Phöni:
ziſche Coloniften hatten die Inſel bevölfert ; fpäter
unter die Herrſchaft der Aegypter gerathen 550,
unterwarf fie fi) den Perjern und Alerander bem
Großen 333, kam dann an die Ptolemäer, bis fie
dem römijchen Reiche einverleibt wurde 58 v. Chr.
Zur Zeit der Kreugzlige en Cypern einer Seiten:
linie der Comnenen. Richard Löwenherz eroberte
die Inſel und bilbete eine englijche Lehnsherrſchaft
des Haufes Lufignan 1192. 1473 gewannen Die
Venetianer die Jnfel, die fie 1571 an die Türfen
verloren.
Cypreſſe, deren Holz auch fonft als leicht und
dennod) bauerhaft zum Schiffbau verwendet wurde,
versteht man 1. Mof. 6, 14; Luth. Tannenholz.
Gyprian, Ernft Salomon. Geb. 1673 zu Dft:
heim in Franken. Studirte in Jena und Helmftädt.
1699 dort a. o. Profeſſor der —* 1700 zu Co⸗
burg Director des Gymnas. academ., 1713 na
Gotha ins Dberconiiftorium berufen, feit 17
BVicepräfident defjelben. + 1745. Seinen Eifer für
reine lutheriſche Lehre bewährte cr durch feinen
MWiderftand gegen die 1717 auf Preußens Antrieb
vom Corpus evang. beichlofjene Union der Evan:
elifchen. „Abgedrungener Unterricht von lirchlicher
ereinigung der Proteftanten,” 1722; „Authen:
tiſche Rechtfertigung,” 1722. Außerdem fchrieb er:
„Weberzeugende Belehrung vom Wachsthum bes
Bapittyums,” 1719, „Bertheidigung der evang.
Kirche gegen Arnolds Kekerhiftor.,“ 1746, durch
Groſch vollendet; „Urtheile der engliſchen Theo:
logen über die Synode zu Dordredht,” 1723.
Cyprianus, Thascius Cäcilius, der Heilige.
Lateiniſcher Kirchenvater. Geb. zu Carthago 200.
Heidnifcher Rhetor, befehrt 245, getauft 246, ward
er von der Gemeinde 248 zum Bifchof erwählt, troß
einer Fraction der Geiftlichkeit, Die den Marimus
zum Gegenbifchof aufftellte. Seine Strenge in
der Handhabung der Kirchenzucht gegen weltliche
Pracht und gegen die lapsi (in der Berfolgung
Gefallenen) erregte ihm ſchwere Kämpfe, nament-
lich als er gegen Stephan von Rom die Kegertaufe
(ſ. d. A) ald ungültig betritt (Synode zu Car:
thago 261), und weil er zur Zeit der beciichen
erfolgung Carthago verlajfen hatte; ebenjo fein
Felbftbemubtes Auftreten als Biſchof gegen den
Cyran, St.
Jeliciſſimus (f. d. A.), in Folge deffen ein —
Gegenbiſchof Fortunatus gewählt wurde. Er ftarb
den Märtyrertod am 14. Sept. 258. Bon feinen
Berten ift das —— De unitate eccl., Aus:
gabe von Krabinger, Münfter 345. Kleinere find:
Ad Donatum, De habitu, De dominica oratione,
859. Gefjammtausgabe von Baluzzi, Paris 1726
und Goldhorn in der Bibliotheca patr. Zeipz.
1838— 39. Eine deutſche Ueberjegung von Feier:
abend, München 1818—20; Ausgewählte Schrif⸗
ten von Krabinger, Augsburg 1848.
n, St. Beiname des Johann de Hauranne
Du Bergier, des Janjeniften (ſ. d. A.).
Cyrene. Große Stadt inLibyen, wo viele Juden
wohnten, 1. Mall. 15, 23, fo daß fie in Jerufalem
eine eigene Synagoge hatten, Apitg. 2, 10; 6,9.
Cyriacus, der Heilige, deſſen Gebeine das Col:
— St. Cyriaci zu Neuhauſen bei Worms
t, ſoll Bapft gerelen, ben römiſchen Stuhl
verlafjen und mit der heil. Urjula den Märtyrer:
tod bei Köln erlitten haben. In den Papftlatalo:
gen findet ſich aber feine Stelle für ihn.
Cyriatus. Patriarch von Conftantinopel 595.
Rußte auf Befehl des Kaiſers Phofas und Betrei-
ben des Papſtes Gregor den Titel ökumeniſcher
Patriarch, den ihm wie feinen Vorgängern die
Synode gewährt hatte, wieder ablegen und ftarb
aus —* 606.
Cyrillus Lutaris. Patriarch von Eonftantinopel.
. Zularis.
Cyrillus und Methodius. Die Apoftel der
Slaven. Geb. zu alonich, traten die beiden
Brüder Conftantinus und Methobius mit Auf:
gebung bisheriger Stellen zu Eonftantinopel in ben
geiftlihen Stand und ließen fid) von Michael III.
ald Miffionare zu den Ehazaren fenden 860; bes:
gleihen als Raſtislaw oder Rajtices um Lehrer
und Prediger bat 863. Conftantinus erfand das
laviſche Alp ‚ liberfegte die heil. Schriften,
ein inar für Prediger, und es entftand
eine flavifch chriſtliche Kirche. Den Berhältniffen
nachgebend, ſchloſſen die Beiden fi an Rom an,
nachdem bie ſlaviſche Sprache und Liturgie gemähr:
leiftet worden, gingen auch jelbft dorthin zu Ha-
drian Il. 868. Methodius ward Erzbifchof der
pannoniſchen art Eonitantinus begab jich unter
dem Namen Eyrill in ein Kloſter und ſtarb am 14.
Febr. 869. Der Haß der Deutſchen gegen bie ſla⸗
169
ung Kirche richtete fich aber gegen Methobius, ber
Dach
zur Verantwortung nad) Rom zurücklehren
mußte. Der Papſt trat auf feine Seite 881, aber
nad) deflen Tode 882 ftieg die Macht der Gegner
unter dem Bischof Wiching, welche nad) Methodius’
Tode 885 die ſlaviſchen Ürifer verjagten, die zu
den Bulgaren flüchteten. Bgl. Philaret, Eyrill und
Methodius, Mitau 1847; Ginzel, Geſchichte der
Slaven:Apoftel, 1857.
Eyrillus von Alerandrien, Patriard) jeit 412,
vorher Mönd in der nitrifchen Wüfte. Ein Eiferer
gegen Juden und Heiden, ſchrieb er gegen Julian
eine Vertheidigung des Chriſtenthums Seine Ma:
riolatrie veranlaßte ihn zur Verfolgung des Ne-
ftorius (j. d. 9). Wegen feines eigenmächtigen
Verfahrens zu Ephefus 431 ward er vom Kaiſer
abgejegt, aber jpäter reftituirt und befehrte ſich zur
Lehre von zwei Naturen. + 444. Oper. gr. et lat.
ed. J. Aukert, Paris 1688, 7 Bde. Commentarii
in Luc. ed. Parker, Oxon. 1858. 4.
Cyrillus von Jeruſalem. Seit 350 ein Semi:
arianer, verlor er deshalb zwei Mal fein Bisthum
360 und 367 und gehörte zu Eonftantinopel 381
zur —— Bartei. + 386. Von ihm find 23
Katecheien, eigentlih Predigten vorhanden, von
denen die in mancher Beziehung intereffanten letz
ten 5, die myftagogifchen Reben, welche die Myſte⸗
rien erflären, für unecht gehalten werben. Ausgabe
von Lentner, Münden 1848.
Eyrus, hebr. Koreſch. Aus den widerſprechen⸗
den Angaben des Herobot, Ktefiad und Zenophon
geht ſoviel hervor, daß Cyrus, ein Berfer, dem me:
diſchen Herrjchergefchledhte angehörte, durch einen
* ſein Vaterland befreite
der Gefangenſchaft entließ. + 529.
Ezersli, Johann, Geb. am 12. Mai 1813 zu
Werlubenbei Neuenburgin Weftpreußen. Seit 1842
Priefter, 1844 Vicar in Schneidemühl, fagte er ſich
in Folge von Ronge's Brief von der römiſchen
Kirche los, erklärte fi jedoch für das apoftolifche
Glaubensbelenntnig 1845 und trennte fi auch
fonft von der ertremen Richtung der Deutſch—
fatholifen. Schrieb Rechtfertigung ſeines Abfalls,
Bromb. 1845; Sendichreiben an hriftlich-apofto-
liche Gemeinden, 1845 und 1846. ©. d. Art.
Deutſchkatholilen.
D.
Dabaſeth, Dabbeſeih. (Kamelshöder.) Stadt
in Eebulon, Joſ. 19, 11, lag auf dem Carmel.
Dabraih. Joſ. 19, 12; 21, 28. Levitenftabt in
Iſaſchar, jet das Dorf — wo ſich Ueber⸗
reſte Aa alten Straße finden. ®. d. Velde, Mem.
Dad, Simon. Geb. 29. Juli 1605 zu Memel.
Evangelifcher Liederdichter. Als Famulus eines in
ittenberg ftudirenden Theologen bejuchte er die
dortige Stadtichule, fpäter das Gymnafium zu
Magdeburg, ftudirte in Königäberg Theologie und
Philologie, wurde 1633 Collaborator, 1636 Con:
tector der Stabtichule dort, 1639 Prof. der Roefie
m der Univerfität. + 15. April 1659. Wir befigen
von ihm eine große Zahl religiöfer Lieder, die ihren
— eg ad ang rg er
ober in dem feiner Freunde haben, baher vielfach
den Tod und die Hoffnung in der Trübjal behan—
dein. Es fpricht I in ihnen warme Empfindung
und lebendiger Glauben aus. An poetifhem Werthe
überragen fie feine weltlihen Dichtungen, deren
befte das befannte „Aennchen von Tharau“ ift. In
die Gefangbücher find verhältnißmäßig nicht viele
feiner Lieder übergegangen. Dad) war cin hervor:
ragendes Glied des ——— Dichterbundes,
zu dem Roberthin, + 1648, —— + 1640, B.
Thilo, + 1662, H. Albert, + 1668, gehörten. Eine
Gefanmtausgabe jeiner Lieder ift noch nicht er-
Ichienen. Die meiften finden fid bei W. Müller,
Bibliothek deutſcher Dichter, Bd. 5.
DAchery
D'Achery, Johannes Lucas. Geb, 1609 zu St.
Quentin, trat er in den Benedictinerorden und
1632 in die Congaregation St. Maur. Als Biblio:
thefar in der Abtei St. Germain des Pr&s in Paris
war er ein unermüdlicher Sammler von Hands
Schriften, durch deren Ordnung und Derausgabe er
ſich anerkannte Verdienfte um die Wiſſenſchaft er:
warb. + 1685. Er gab heraus: Spicilegium vete-
rum scriptorum, Paris 1655, 14 Bde.; Epist.
St. Barnabae, 1645; Lanfranei Opera, 1651; Re-
gula solitariorum, 1653; Asceticorum v. —
tualium opusculorum indieulas, 1648, ed. 2
1671. Bon ihm war das Material geſammelt zu
Mabillons Acta Sanctorum.
Da Coſta, Saat (1798—1860). Einer der be:
rühmteſten holländifchen Dichter, Nachfolger Bil:
derdyls, aber nicht bloß auf dem poetijchen, ſon—
dern auch auf dem religiös-kirchlichen Gebiete.
Kaum vom Judenthum zum Chrijtenthum über:
gegangen (1822), fchreibt er die „Beſchwerden gegen
den Geift der Zeit“ (1823), eine Parallele zu den
Harmſiſchen Thefen, nur jhärfer und geiſtvoller,
und ift bis zu jeinem Tode eines der Häupter Der
firengiten orthodoren Richtung in der holländischen
Landeskirche geblieben. Seine theologiſchen Schrif:
ten find etwa mit Ausnahme der über „Iſrael und
die Völker“ ohne Werth; feine Poeſien aber werden
begeiftern, folange überhaupt die niederländijche
a lebt. Val. über ihn Brot. Mon. October
1861.
Daehne, A. Fried. Geb. in Leipzig am 26. Octo:
ber 1507, Profeſſor der Theologie in Halle, wo er
fi 1831 Habilitirte. Schrieb: Geſchichtl. Darftellung
der jüdijch:alerand. Netigionsphilo)., Halle 1854;
De praescientiae divinae eum lib. hum. con-
cordia, 1830 ; Entwidelung des paul. Yehrbegrifis,
1835; die Ehriftuspartei zu Korinth, 18-41.
Daemonifde, Bejeffene, werden im Neuen Te:
ftamente häufig als von Chriſtus geheilt erwähnt.
Auch bei Profanſchriftſtellern, Joſephus, Plutarch,
Lucian, werden bejtimmte Krankheiten der Einwir—
tung böfer Geifter zugejchrieben. Dan hat zu den:
Ion an Geiftestrante, welche zugleich an Epitepfie,
Mondſucht, Taubheit, Blindheit und andern Krank—
heiten litten. Wenn ein folder Kranker in feinen
lihten Augenbliden das Herannahen des Paroxys—
mus fühlt, jo fann es ihn (wie auch dem Zu—
fchauer) fein, als gewänne eine fremde Macıt
Gewalt über ihn, er weiß noch, daß er jpricht und
thut was er nicht will, ohne doch es unterlaflen
zu können. Bei dem Unvermögen damaliger Heil:
tunft, jolchen Kranken zu helfen, nahm man jeine
Zuflucht zu Beihwörungen und Zaubermitteln.
Jeſus heitt ftets durch die unmittelbare Einmwir:
lung feiner religiös: fittlichen Perfönlichkeit auf
das Gemüthsleben der Kranfen. Um die Wahr:
haftigkeit Jeju und feine Jrrthumslofigteit nicht
bloßjuftellen, hat man bis in die neuejte Zeit für
ung gehalten, ein wirkliches Bejefienjein von
öjen Geiftern zu vertheidigen, und hat darüber
gejtritien, ob die Dämonen gefallene Engel oder
Seelen abgefhiedener Menfchen oder gar die See:
len der inder Gintfluth umgelommenen Giganten
gewesen jeien, auch fich Dabei nicht jrei gehalten von
ven Nadywirkungen des germaniſchen Hexen: und
Teufelglaubens, während dod nicht zu verfennen
ift, daß es niemals weder in der Abſicht noch in
der Aufgabe Jeſu liegen konnte, Belehrungen über
da3 Weſen einer Krankheit zu ertheilen. nennt
170
Dünemarf
fie, damit er verjtanden werde, übereinftinmend
mit der Ausdrucksweiſe des ganzen Volkes, und
heilt fie in Uebereinftimmung mit feinem eigenen
Wejen. Die gerühmte tiefere Einficht in das Gei-
fterreich bei den Vertheidigern wirklicher dämoni—
cher Bejefienheit it im Grunde nichts Anderes als
eine Verlennung des Wejens der Sünde und des
geiftigen Xebens überhaupt, die fi) von manichäi—
ſchen und magischen Ideen noch beherrjchen läßt.
Bal. die Commentare zu den Evangelien und die
Literatur über das Leben Jefu. Befondere Behand:
[ung findet der Gegenftand in Semler, Umftänd:
lihe Unterfuhung der dämoniſchen Leute, 1762;
Delitzſch, Bibl. Pſychologie, ©. 293 ff.
Daenemarf, Die Beranlaffung zu den erfien
nachhaltigen Verſuchen, das Ehrittenthum in Dä-
nemark einzuführen, boten, da ein früherer Mif:
fionszug des heil. Willibrord 699 ganz erfolglos
geblieben war, die Thronftreitigkeiten zwifchen den
Söhnen Göttrids und Harald Klaf. Diefer wandte
fih an Yudwig den Frommen um Hilfe, und deſſen
Gefandter, Erzbiſchof Ebbo von Rheims, benutzte
feinen Einfluß und gründete die Cella Wellang,
um eingeborne Dänen für die Miffion auszubilden.
ALS Harald fi in Ingelheim mit vielen feiner
Yeute hatte taufen laſſen 826, überlam Ansgar die
Leitung der däniſchen Wiffionsarbeit, die nun batv
durd) die Gründung der Kirchen in Schleswig und
Nipen einen Fräftigen Auffhwung nahm, bis eine
Erhebung der Heiden unter dem Sohne des getaufz
ten Königs Horich das Meifte wieder zerftörte.
Auch Gorm der Aıte (F 941), der eigentliche Stif:
ter des dänischen Staates, blieb dem Chriſtenthum
jeindlich, bis er, von Heinrich 1. bezwungen, dem
Erzbifchof Unni von Bremen (F 936) geftatten
mußte, die Kirchen wieder aufzurichten und Miffio:
nare zu fenden. Sein Sohn Harald Blaatand
(941— 996) begünftigte das Chriſtenthum; die 3
alten Kirchen zu Schleswig, Ripen und Arhuus
wurden zu Bisthümern erhoben und ein neues
Bisthum Ddenfee errichtet. Aber erjt im Alter lieh
fid) der König jelbjt taufen, und fein Geſetz führte
das Chriftenthbum als Staatöreligion ein. Zu
mächtig war nod die heidnifche Partei, an ihrer
Spite der Thronfolger Sven, der ſich ſiegreich ge⸗
gen den Vater erhob und nun die Chriſten grauſam
verfolgte. Erjt die Eroberung Englands änderte
fein Verhalten; fterbend empfahl er feinem Sohne
Kanut Dem Großen (1019— 35), die Einführung des
Ehriftenthums in Dänemark zu vollenden. Diejer
folgte dem Rathe, Biſchöfe und Priefter wurden
aus England herübergefandt, die Kirchen wieder
hergeftellt, Ktöjter begründet, und um 1060 wurde
als der letzte heidniſche Landſtrich die Inſel Born:
holm dem Chriftentgum gewonnen. Obgleich lange
Zeit hindurch die Geiftlichen nur aus England ka—
men, blieb doch die Kirche unter der Suprematie
des Erzbiichofs von Bremen; erft die Errichtung
des Erzbisthums Lund 1104 (Erzbiſchof Ascer)
machte die dänische Kirche von Deutjchland unab:
hängig. Das Berdienft, die erfte Ordnung ber kirch—
lichen und ftaatlihen Berhältniffe, auf denen alles
Spätere fich aufbaute, abgejchlofjen zu haben, ge:
bührt dem Erzbischof Abjalon von Lund unter Aal:
demar I., dem Berfaffer des Schonenfchen (1162)
und des Finnifchen (1171) Kirchenrecht. Den
Grund zu der weltlihen Macht der Kirche legte
Knud der Heilige 108086, als er den Biſchö
die Würde der Jarle oder Herzöge ertheilte, den
Danemarf
— einführte und die geiſtlichen Gerichte beſtä—
tigte. Die letztern zogen durch die an fie geſtatteten
Appellationen mit der Zeit faft die ganze bürger:
liche Rechtspflege an ih. Durch die politiſche Stel:
Img, welde ihnen eingeräumt war, wurde das
Interefle der Geijtlichen mit dein der Krone und
des Adels enge verknüpft, und da von Anfang die
Wahl der Bischöfe beim Volte geftanden hatte, wo-
von fie auf die Stifter überging, diefe aber den
Wünſchen der Könige Rechnung zu tragen pflegten,
jo ruhte der Streit zwiſchen der Geijtlichfeit und
der Krone, an dem es auch hier nicht fehlte, auf
anderer Grundlage als in Deutichland. 1320
wurde von dem König Chriftopher den Prälaten
eine verfafjungsmäßige Theilnahme an der Ber:
waltung des Reiches zugeftanden; die Calmariſche
Union nahm alle Bijchöfe und eine Anzahl Prä—
laten in den Reichsrath auf, und ficherte damit
ſowohl den Frieden zwiſchen Kirche und Staat, als
auch eine relative Unabhängigleit der dänischen
Kirche von der römischen Curie; förderte aber um
jo mehr die Verweltlihung der Geiſtlichleit. Die
geiftlihen Beneficien wurden Borredjte des Adels.
Die Reformation fand Dänemark in mancher Reife
vorbereitet und wurde von Chriftian 11. jo begün:
ftigt, daß er Luther felbft oder Karlftabt 1521 nad)
Kopenhagen zu ziehen verfuchte, eine Ueberſetzung
der Bibel vorbereitete und ein Gefeg iiber die Ilm:
geftaltung des Gottesdienftes entwarf 1522. Rach
jeiner Thronentfegung 1523 wurde daher vielfad)
die Sache des vertriebenen Königs mit der Refor:
mation identificirt, jo daß die Stände Friedrich I.
durch jeine Handfeſte verpflichteten, die Ketzerei zu
beftrafen. Inzwiſchen lernten einzelne Gelehrte das
Evangelium in Deutſchland und in ben Herzog:
thümern fennen; der Karmeliter: Provinzial Bau:
lus Eliae hatte ſchon früher als Vertrauter Ehri:
flians, von dem er fpäter ſich losſagte, der Refor—
mation im Erasmifchen Sinne fid) geneiat gezeigt,
jest überjegte er mehrere Schriften Luthers, und
betbeiligte fich an einer Meberjegung der Palmen;
in den Schulen feines Ordens wurde das Neue
Teftament gelejen und beſprochen, weldes, von
Hans Michelfen überjegt, König Ehriftian 1524 in
Leipzig hatte druden und in Dänemark verbreiten
lafien. So begann aufs Neue eine reformatorifche
Bewequna, feitden der König 1525 die Bibel freigab.
Hans Tauſen und Jürgen Sadolin traten unter
dem Schuße des Königs als Prediger auf. Der
Adel erzeigte fich auf dem Tage in Wiburg geneigt;
auf dem Neichstag zu Odenſee 1527 wurde den
Bihöfen die geiftlihe Jurisdiction entzogen, und
bis zum allgemeinen Concil Religions = ge:
währt, die Ehe der Geiftlihen geſtattet. In Wi-
burg, Malmoe und Kopenhagen gewann das Evan:
gelium fefte Mittelpunfte. Noch günftiger wirkte
der Reichstag zu Kopenhagen, wo die ‘Prediger ein
Glaubensbefenntnif in 43 Artikeln vorlegten, da
der König gewonnen wurde. In dem Interregnum
nad jeinem Tode 1533 gebrauchten die Biſchöfe
als Glieder des Neichsrathes ihre Gewalt, um
der Bewegung Einhalt zu thun; jedoch der Bürger:
Irieg, die Grafenfehde und ein Bauernaufjtand
flärkten nur die Evangelifchen und vermehrten den
Haß gegen die Biſchöfe. Chriftian III. (1534) be:
ftätigte die Religionsfreibeit ; Die neue Gonftitution
nahm den Biſchöfen alle weltlihe Gewalt und zog
die firhlichen Güter zu Gunſten des Adels und
ber Krone ein. Abgeſchloſſen ward die Reformation
17
1 Dänemark
durch die Kirchenverſammlung 1537, den Her:
rentag 1539 zu Dbenfee und die Annahme der
Kirchenordnung, welde, von Bugenhagen revidirt
und vollendet, auch Luthers Billigung gefunden
8 Das Kirchenregiment lam von Anfang voll:
tändig an den König ; den Bilchöfen (Superinten-
denten), obgleich fie ordinirt wurden, blieb nur die
Disciplin in ihren Stiftern und das Necht der
Kirchenvifitation ; unter ihnen find die Pröbſte die
unmittelbaren Borgefegten der Pfarrer, fie haben
die Schulvifitationen und die Aufficht über die lirch—
lichen Gebäude. Jährlich wird eine Diöcefanfynode
gehalten, beftehend aus dem Biſchofe, den Pröbſten
und dem Stiftsamtınann, die aber, feitvem die
Kichhendisciplin völlig untergegangen, fid) nur mit
den materiellen Angelegenheiten der Gemeinden
befchäftigt. Der Territorialismus der dänischen
Kirhenverfaflung erreichte feinen Gipfel durch das
Königsgeſetz vom 14. Nov. 1660, welches dem Könige
mit unzweideutigen Worten die volle und abjolute
Kicchengewalt zufprach. Die lutheriſche Kirche mit
den beiden Katedyismen Luthers undder Augustana
invariata als ſymboliſchen Schriften war damit
in Dänemarf allein geftattet, allen Anders:
gläubigen der Aufenthalt im Lande verſchloſſen.
Durch befonderes Privilegium wurden einzelne
Städte, wie Friedericia, Freiftätten für verſchiede—
nen Eultus. Bejchränlte Neligionsfreiheit erhielten
die Reformirten 1747, die Katholiten in Kopen:
hagen und die Juden 1814, die Baptiften unter
der Bedingung der Kindertaufe 1842. Das däniſche
Grundgejeg von 1848 erflärt die lutheriſche Kirche
für Die Kirche des Volles, proclamirt aber unbe:
dingte Neligionsfreiheit. Das Kirchenregiment, da
es zu der in Ausficht geftellten Kirchenverfaſſung
noch nicht gelommen tft, liegt beim Eultusminifter
und beim Reichsrathe, und die Berhältniffe find
aus der Berworrenheit noch nicht gelöft; einzelne
Geſetze, wie über die Einführung der facultativen
Eivilehe und die Aufhebung der Kirchſpielverbände,
zielen auf eine Loslöſung der Voltsfirhe von
Staate. Im Innern herrſcht eine freie Bewegung.
Eine hochkirchliche Richtung hat wenig Einfluß ge:
wonnen, dejto mehr die Grundtvigfche national:
firhliche Richtung, die, aus dem Grgenfaß gegen
ben Nationalismus hervorgegangen, volle Freiheit
vom Staate verlangt und den Grundjat verficht,
daß nicht die Bibel, fondern das apoftolijche Glau—
bensbelenntniß, weldes von dem Herrn den Apo—
fteln jelbft mitgetheilt worden, als Grundlage des
riftlihen Glaubens anzufehen fei. Die Miſſion
ift in Dänemark frühzeitig gepflegt, das noch vor:
handene Miffionscollegium für die Miffion auf
Srönland, Tranfebar, der Küfte von Guinea und
den weftindifchen Beſitzungen befteht feit 1710. Die
Wirkſamkeit deffelben Hat dadurch gelitten, daß auch
die Miffion in ſtaatskirchlichem Sinne geleitet
wurde, Neben ihm ift die Miſſionsgeſellſchaft zu
Kopenhagen als freier Verein durch den Prediger
Rönne zu Lingby geftiftet, und feit 1850 ein Ber:
ein für die Evangelijation China's. Die Bibelgeſell—
[doll 1811 durch Dr. Henderfon ins Leben geru:
en, hat eine jehr qute verbefjerte Ueberjegung des
Neuen Teftanents (1819) herausgegeben und jorgt
für die fremden Befigungen. Werke und Bereine der
innern Miffion find zahlreich entjtanden und finden
lebhafte Betheiligung. In Folge der Religions:
freiheit haben nicht nur die Baptiften Zuwachs
erhalten, ſondern aud die Methodiften Eingang
Dagon 1
zen und die Katholiken in —*Xc—— eine
irche erbaut. Bemerkenswerth iſt, da
monen Viele an ſich ziehen. — Der ſtandina—
viſche Kirchentag erſtrebt eine Vereinigung der
Kirchen Dänemarks, Schwedens und Norwegens.
Dal. Münter, Kirchengeichichte von Dänemark und
Norwegen, 1823; Dahlmann, Geſchichte von Dä⸗
nemarf, 1840. Lüttke, Kirchl. Zuftände, 1864.
Dagon. Eine philiftäifche Gottheit. Wurde ab-
gebildet ald Fiſchrumpf mit Menſchen-Geſicht und
:Händen, und hauptſächlich verehrt zu Gaza und
Asdod. Richt. 16, 23 ff.; 1. Sam. 5, 1; 1. Makk.
10, 83. Man verehrte unter jeinem Bilde die be:
lebende und jchaffende Fruchtbarleit. Wahrſcheinlich
ift die Ableitung von Dog, Sic, feitzubalten, ob:
wohl Philo Byblius das Wort von Dagan, Ge:
treide, herleiten will. — Dagon nennt Joſephus
B. J. I, 2. 3 die Feſte bei Jericho, welche 1. Malt,
16, 14. 15 Doch genannt wird,
Dajaffen oder Dayals find die Urbewohner der
Snjel Borneo, malaiihen Stammes. Die Miffion
unter ihnen begann 1835 die Rheinische Geſellſchaft
durch den Biltonar Barnftein. Das mühevolle
Werk wurde 1859 durch den Aufftand faft völlig
zeritört. Aucd amerikanische Gejellfchaften haben
unter den Dajakken Stationen errichtet.
Dalberg, Karl Theodor Anton Maria, Reich:
freiherr von. Geb. am 8. Febr. 1744 zu Hernäheim
bei Worms, Sohn des Freiheren Franz Heinrich
von Dalberg. Domicellar zu Mainz, 1772 Statt:
halter in rt, erwarb er ſich als ſolcher Berdienfte
um das Schulweſen; mit feiner ganzen Richtung
damals der Aufklärung zugethan, wirkte er anre:
gend und belebend in weitern Kreifen. 1787 Coab:
jutor von Mainz, 1788 aud) für Conftanz gewählt,
ward er zum Erzbiſchof von Tarjus geweiht. Er
hatte die Errichtung einer beutichen Nationalkirche
im Auge und veranlafte literarijche Erörterungen
biefes Gedankens. 1789 überließ er Eonftanz dem
Coadjutor von Weflenberg. 1802 Kurfürft von
Mainz, erhielt er als Reichserzfanzler das Erzbis—
thum Regendburg und Aſchaffenburg. Dann trat
er in nähere Verbindung mit Napoleon, deſſen Arö:
nung er beimohnte und dem er die dee des
Rheinbundes eingab. 1806 als Fürſt-Primas
des Rheinbundes ward er von Napoleon mit
Frankfurt a. M. beſchenkt und nahm 1810 von
demjelben Hanau und Fulda mit dem Titel und der
Dlacht eines Großherzogs an. Nach der Schladht
bei Leipzig legte er feine Regierung nieder und zog
fi in fein Erzbisthum Regensburg zurüd, wo er
1817 ftarb. So herben Tadel feine Politik mit
Recht erfahren hat, dennoch ift fein edler Charak—
ter, feine Wohlthätigkeit und Uneigennüsigfeit
anzuerfennen, und die Sorgfalt, mit der er überall
für Voltsbildung wirkte. Bgl. Krämer, K. Th.
Dalb. 1821. 9. M. E, die legten Lebenstage eines
beutichen Bifchofs, 1846.
D’Alembert. ©. unter A.
Dallaeus, eigentl. Daille, Sohannes. Geb. am
6. Januar 1594 zu Chatellerault. + 1670. Berühm:
ter frangöfifcher Theologe. 1623 Schlofprediger
des Duplejfis:Mornay, deſſen Enkel er erzogen
hatte, 1625 Pfarrer in Saumur, 1626 zu Paris,
präfidirte der letzten Nationaljynode zu Loudun
1659. Bon — zahlreichen Werfen find die be—
rühmtejten: De l’emploi des peres 1631, lateiniſch
1656, in welchem er das Anjehen der Kirchenväter
12
die Mor: | A
Damaſus T.
des Amyraultſchen Univerfalismus —
pologie des Synodes d’Alencon et de Charen-
ton. Sein Leben fchrieb fein Sahn Horace, Paſtor
zu Rochelle, der nachher als is in Zürich ftarb.
Dalmanutha. Marc. 8, 10. Ort nahe bei Mag:
dala am See Tiberiad; —* nirgend erwähnt.
Dalmatica. Das Feſtgewand der Dialonen in
der römiſchen Kirche ſeit dem 4. Jahrhundert; ein
Obergewand aus koſtbarem Stoffe mit Aermeln,
wird über Alba und Stola ——
Dalmatien. Landſtrich an der Oſtküſte des Adria⸗
tiſchen Meeres. Das Chriſtenthum fand dort früß-
zeitig Eingang durd Titus, 2. Tim. 4,10. Die
Bewohner gehören heute der röm. Kirche an, es
finden fich vereinzelt griech. katholiſche Gemeinden.
Damaris oder Damalid, (Dem Anjcheine nach)
eine vornehme Frau, welche in Athen dem Apoſtel
Paulus anhing, Apſtg. 17, 34. Manche bielten fie
für die Gattin des Dionyfius Areopagita. Ihr
Gedächtnißtag ift der 4. October.
Damasdcenud. S. Johannes Damascenus.
Damaskus. Stadt am Fuße des Antilibanon,
in einer fruchtbaren, von den Bächen Amana und
Pharphar, 2. Kön. 5, 12 (Barady und Awadſch
bewäfferten Ebene. Hat gegenwärtig über 200,
Einwohner, viele Moſcheen und mehrere hriftliche
Kirchen. D. wird bereit? erwähnt in der Ge
ſchichte Abrahams, 1. Mof. 14, 15; 15, 2. In
nähere Verbindung mit der Geſchichte Iſraels trat
die Stadt feit David, ber fie eroberte und mit
einer Bejakung belegte, 2. Sam. 8, 5. 6; 1. Chr.
18 (19), 5. 6. Unter Salomo gründete Rejon das
Reich der bamascenifhen Syrer, 1. Kön. 11, 28.
Obwohl er Salomo’s Widerſacher geweſen, hielten
feine Nachfolger ein Bundniß mit den Königen
Juda's feft, 1. Kön. 15, 19, welches Beranlaffung
ab zu den Fehden mit Jfrael, die mit wechſelndem
Süd unter Ben Hadad I. und II. fortvauerten.
Mit Glüd kämpfte Hafael, 2. Kön. 8, 28. 29; 9,
14—16; 10, 32. 83; 12, 17. 18; 18, 8. 7;
2. Chron. 24, 23. 24, gegen Iſrael und Juda, bis
unter Joas und Jerobeam II., 2. Kön. 13, 22 ff.;
14, 25, die Eroberungen wieder verloren gingen.
ALS darnad) Rezin von D., verbiindet mit Pelah
von Iſrael, Juda überfiel, 2. Rön. 15,37; 16,5 ff.,
rief diefes die Aſſyrer zu Hülfe, welche D. erober:
ten und die Einwohner in die Gefangenihaft an
den Fluß Kyrus führten, 2. Kön. 16,9; Amos 1,5;
Jeſ. 8, 4; 10, 9; 17,1 ff. D. theilte das Schickſal
des affyrifchen Reiches. Später gehörte es zum
feleucidifch:jgrifchen Reiche und fam mit dieſem 64
v. Chr. unter römische Herrſchaft. Eine Zeit:
lang bejaß es der König Aretas, 2. Kor. 11, 28
(ſ. d. 9). Biele Juden waren in D. anjäffig, unter
ihnen fand das Evangelium Annahme, Apita. 9.
Auf der DVerfolgungsreife nad) D. wurde Pau—
lus befehrt und hielt dort feine erſte Predigt.
Später war D. Sit eines Biſchofs. Dem ojtrö-
mifchen Reiche einverleibt, ward es 632 vom Kalifen
Omar erobert und zur Refidenz gemadt. Während
der Kreuzzüge ſchwankte der Beſitz. 1401 eroberten
die Mongolen die Stadt, und 1516 kam fie an das
osmaniſche Reich, bei dem fie geblieben ift, abge:
rechnet die Zeit von 1833—1840, in ber fie unter
änyptiicer Hoheit ftand. Biel genannt ift D. durch
3 — Niedermetzelung der Chriſten, 9. bis 16.
uli 1860.
Damaſus I. Geb. 306. Papſt 366—384, nach⸗
ber Kritik unterwarf; und bie zur VBertheidigung | dem die Gegenpartei, die Urfieinus erwählt hatte, in
Damafus II.
Blutigem Kampfe befiegt war. Valentinian gab
367 ihm ala Bifchof von Rom das Recht, die Strei-
tigteiten der andern Biſchöfe zu unterjuchen und
zu ſchlichten. Gegen die Arianer hielt Damaſus die
Eynoden zu Rom 368 gegen Urjacius und Balens
und 870 geeen Aurentiu von Mailand, und
wohnte jelbit der Kirchenverfammlung von Con:
ftantinopel 381 bei. Hieronymus, der ihm befreun-
bet war, wurde von ihm zur Verbefferung der Bi:
belüberjegung aufgefordert. Seine Schriften find
herausgegeben durch Ubaldini, Rom 1638; Me:
senda, Rom 1754 und zu Paris 1840.
Damafus II. Bifchof Poppo von Briren, 1048
gegen Benedict IX. zum Papſte erwählt, ftarb
23 Tagen.
amiani, Petrus. Geb. 1007 zu Ravenna. In
niedern ugs aufgewachien, erwarb er ald
Lehrer fich Ehre und Bermögen, trat dann in die
Eremitengemeinichaft von Fra Avellana, deren Abt
er wurde. Durch die Strenge feiner Asleſe und die
rüdfihtslofe Schroffheit feines Auftretens erlangte
er bald das Anjehen eines Bolköheiligen. Eine
Schrift über die Sittenlofigleit des Klerus (Liber
Gomorrhianus) 1051 verband ihn mit Hildebrand,
dem fpätern Gregor VII. Stephan X. machte ihn
1057 zum Cardinal und benugte ihn, das Bolt
und die Mönchäorden für die päpftlichen Ziele gegen
den dem Kaifer und den weltlichen Intereſſen zu:
gewendeten Klerus zu gewinnen. Damiani hatte
großen Antheil an den Beichlüffen des Lateran:
concils von 1059, welches das Anhören der Mefie
bei beweibten Prieftern verbot. Nachdem er als
—** Geſandter die Unruhen zwiſchen der
ia zu Mailand und dem Erzbiſchof Wido, wie
er meinte, nicht conſequent genug beigelegt, verließ
er ſein Cardinalat und kehrte —* inöde zurüd.
Bei der Wahl Aleranders II. (Anfelm von Zucca)
gegen Cadolaus von Parma (Honorius II.) bewies
er ſich als der gejchidteite und gefährlichfte Gegner
deö Zektern, der auch 1064 in Mantua förmlich
entjegt wurde. Als Beichtvater der Königin Agnes
wurde er zu Heinrich IV. gefendet 1069 und ver:
mochte ihn, jeine Gemahlin Bertha wieder zu fi
zunehmen. Damians Wirffamteit war eine Vor:
bereitung für den Sieg der Hierarchie im Kampfe
Gregord mit Heinrih IV. Seine Werke find ges
jammelt von Eajetanus in 4 Fol.Bänden, Rom
1606; Paris 1610, 1642, 1663; Venedig 1743.
na Leben bejchrieb fein Schüler, der Moönch Jo:
es
Damianiſtinuen. S. Franciscaner.
Damianus. Patriarch von Alexandrien. + 601.
Lehrte, daß die Hypoſtaſen der Trinität nicht für
fi Gott ſeien, fondern in ihrer Bereinigung das
Eine göttliche Weſen ausmachten. Seine a
hießen Damianiten, auch Angeliten, vom Verſamm⸗
lungsort, Angelium, oder Tetraditen (4 Götter).
Damianus und Cosmas. S. Cosmas und Da:
mianus.
Dan. Der Stamm leitet ſeinen Urſprung ab von
dem Sohne der Bilha, 1. Moſ. 30, 3 ff.; 35, 25.
Obgleich einer der kühnſten und ftreitbarften
Stämme, konnte er das ihm angemiejene Gebiet
wiſchen Ephraim, Benjamin und dem Philifter:
land weder ganz gewinnen, Richt. 1,34, noch gegen
Juda be en, 30[.21,16; 1. Chr. 6,44. Daher
309 ein Theil nach Rorden, Richt. 18,1 ff., eroberte
dort die ſidoniſche Stadt Laiſch und fi in
ihe feft; da die Stadt den Namen Dan erhielt,
173
Daniel
erklärt fi) ber häufige Ausdruck „von Dan bis
Berjaba”. Unter Jerobeam wurde Dan eine ber
Hauptcultuftätten. Nach dem Eril ift der Stamm
nicht mehr vertreten und wird daher auch bei der
Aufzählung, Offenb. 7, 6, nicht mit erwähnt.
Danueus. Lambert Daneau. Geb. zu Orleans
1530. Studirte Jura, dann feit 1560 Theologie zu
Genf. Lehrte 1582 zu Gent, fpäter an der Afademie
in Navarra. + 1596. War der Erjte, der die Ethit
(1577) von der Dogmatif getrennt behandelte.
Strenger Calvinift. Ethices christ. libri III,
1577. Loci communes. Politica christiana.
Examen libri de duabus in Christo naturis a
Chemnitio conscripti, 1581.
Daniel, der —— Nach der Einleitung des
apokalyptiſchen Buches des Alten Teſtaments, wel:
che3 Danield Namen trägt, war derjelbe ein He:
bräer aus vornehmem Geſchlechte, welcher ald Jüng:
ling nach Babel fortgefchleppt und dafelbft am Hofe
Nebukadnezars erzogen wurde. Obgleich in aller
Wiſſenſchaft der neuen Heimath gebildet, blieb Da:
niel doch bejtändig feinem heimathlichen Glauben
treu. Durch die Deutung zweier Träume Nebulad:
nezars zu hoher Würde berufen, behielt er dieje
auch unter den nachfolgenden Königen bei; ja un:
ter der mediſchen Herrſchaft nach dem Falle Baby:
lons erhielt er jogar die Würde eines der drei
Statthalter des Reiches und verharrte darin bis
in die Zeit des Cyrus. Erwähnt ift der Name noch
Ez. 14, 14. 20; 28, 3. — Inhalt bes Buches
Daniel. Nah den biographifchen Einleitungs:
Notizen (Cap. 1) über Daniel wird der Traum Ne:
bufabnezars von dem Kolofje mit dem goldenen
Haupte, der filbernen Bruft, dem ehernen Bauche,
den eifernen Schenteln und theilmeife thönernen
Füßen, der durch einen an die Füße ftoßenden und
dann die Welt erfüllenden Stein zerftört wird, bes
richtet, woran fich unmittelbar die Deutung Da:
niels anſchließt (2); dann folgen die a
von der wunderbaren Rettung der drei Freunde
Danield aus dem Dfen (3), von Nebukadnezars
Traum vom großen Baume und feinem Wahnſinn
(4), von der räthjelhaften Schrift „Mene mene iekel
upharſin“, welche dem König Belfazar durch Da:
niels Mund den Untergang meihjagt (5), und von
dem Wunder in ber Lömwengrube (6). Es folgen
bie garten ange Vifionen Danield von den
vier aus dem Meere auffteigenden, aber untergehen:
ben Thiergeftalten, an beren Stelle endlich bie
—— des — tritt, nebſt der
Deutung Daniels auf die 4 Weltreiche und das
meſſianiſche Reich (7); ferner von dem Widder mit
feinen zwei ungleihen Hörnern und dem Biegen:
bod mit dem großen Horn, das aber zerbricht und
durch vier neue erjeßt wird, von deren einem wie:
der ein Heines, ſchrecklich verwüſtendes, aber zum
Untergang beftimmted Horn auswächſt (8). Das
9. Cap. giebt alödann die Auskunft über die 70
Yahre Jeremia’s, in denen Jerujalem wüſte liegen
joll, indem die 70 Jahre als ebenjoviele Jahrwochen
(7% 70 Jahre) aufgefaßt werden und für das Ende
— der Anbruch des meſſianiſchen Reiches ver⸗
heißen wird (9). Das Buch ſchließt mit einer noch ge⸗
naueren Beichreibung des letzten Weltreiches in ei
nem Kampfegegen das meffianifche Reich, das endlich
mit der Auferftehung der Todten fiegreich aus dem
Streite hervorgehen wird (10—12). — Auffaj:
ung. Diejelbe ift von den entgegengefegten wiſſen⸗
chaftlichen Standpunften aus eine ſehr verjchiedene,
Daniel
Die kirchlich confervativen Forſcher (Lüderwald,
Stäudlin, Hengſtenberg. Hävernick, Jahn, Herbſt,
Scholz, Auberlen, Delitzſch) betrachten, von ber
Se tlichfeit der erzählten Thatſachen ausge:
hend, Daniel als den Berfaffer bes gefammten
Buches, wobei fie fih auf das Selbftzeugnik bes
Buches (12, 4), die Einftimmigfeit der jüdiſchen
und hrijtlihen Tradition, auf das Zeugniß des
Joſephus (Ant. 11, 8), die Belanntſchaft des Bu:
des Baruch mit Daniel u. a. berufen. Das Buch
enthält demgemäß eine Weiffagung von den vier
von jeiner Zeit an auf einander folgenden Weltrei:
chen, deren drittes (perfifches) befonders genau
beichrieben wird, deren letztes das römiſche ift und
an deſſen Stelle das Neich Gottes tritt. Zweifel
an der Echtheit wenigftens von Cap. 3—6 erhob
J. D. Michaelis; dann am ganzen Buche Eor:
rodi, Eichhorn, Bertholdt, denen die Neueren
wie Dleek, von Lengerle, Hitzig, Knobel, Ewald
u. 2. folgten. Der wunderbare Inhalt, die Stel:
lung unter den Hagiographen, welde die Trabi:
tion dem Buche angewiejen hat, die Nichterwäh—
nung befjelben in dem Schriftenverzeihnig des
Sefus Sirach, geſchichtliche Unrichtigkeiten, 11, 1,
vgl. Jer. 25, 1; 1, 21, vgl. 2,1; 6, 18; Suja €.
Bu.a., griechifche Wörter (Cap. 3), fpätere dogma⸗
tifche Vorftellungen (Engellehre, Astetik u. |. w.),
die Lobeserhebungen Daniels und andere Dinge
bilden für, fie die Gründe, die Abfaffung des Buches
in die malfabäifche Zeit zu verjegen. In der Zeit
der drüdendften Unterjohung Iſraels durch die
ſyriſche Herrichaft Hätte demgemäß ein Jude mit
dem Zwede, feine unterbrüdten Landsleute zu
tröften, dem Daniel eine Weiffagung in ben
Mund gelegt, welche die Erlöfung Jiraels als dem:
nächſt bevorftehend verfündigte. Das legte Welt:
rei) wäre demgemäß nicht das römijche, ſondern
nad) dem babylonijchen, mebifchen, perjischen) das
eich Aleranders des Großen (ber —— mit
dem großen Horn, das ſich dann durch kleinere er:
fegt), und das fchredliche Tleine Horn, das aus die:
fen auswächſt, ift der graufame Unterbrüder
Iſraels, Antiohus Epiphanes, unter dem das
Bud) geſchrieben und das Kommen des Reiches
Gottes erwartet wurde. Die erzählten Begeben-
beiten jener babylonifhen Könige find Vorbil—
der für das Treiben und das drohende Schidjal
bes Antiohus Epiphanes. Alle Träume und Bifio:
nen deuten auf diejen Zeitpunkt. Die Rechnung,
Cap. 9, gäbe demgemäh genauen Aufſchluß tiber
die Asofungapeit Da die 9, 26 erwähnte Ein:
ftellung des Opfers in Jeruſalem 163 geihah, und
von da noch ein halbes Siebend bis zum Ende (aljo
164) ift, da ferner die letzte Woche der Welt
die Gegenwart des BVerfafjers, jo wird 167 als
oiaflungdjaht mit Bejtimmtheit ——
Die Einheit des ganzen Buches iſt, obgleich von
Bertholdt u. A. beitritten, jetzt allgemein anerlannt.
Eigenthümlich ift, daß der Abſchnitt 2, 4— Cap. 7
aramäiſch gejchrieben ift, während die fibrigen
Theile hebräijd) find. — Commtentare zu Daniel:
Bertholdt 1806; Hävernid 1832; Gaufjen, Daniel
le prophete, 2. Aufl. 1850; v. Zengerfe 1835;
Hitzig 1850; Auberlen, der Prophet Daniel und
die Offenbarung Joh. 1854, 2. Aufl. 1857. Bur
Kritik vgl. die Einleitungen ins Alte Teftament;
ferner Corrodi, Freimüth Berjuche 20.1783; Stäud-
lin, Neue Beitr. 1781; Griefinger, Reue Anficht der
Aufjäge im Buche Daniel 1812; Gefenius, Allg. Juda.
174
Danna
2. 3. 1816; Kirmß, Comm. hist. crit. ete. 1828;
Hengftenberg, Beitr. ; Hilgenfeld, die jüdifche Apo-
—— 1857; Bleek, Jahrb. für deutſche Theol.
860
Daniel. Biſchof von Wincheſter 705, v
2 zu Malmesbury. Sandte den Bonifacrius
nad) Deutſchland; fein ar Sage ig y'
jelben an alle Chriften, Könige und Biſchöfe i
noch vorhanden. Bon einer ne 721 nad
Ron zurüdgelehrt, gab er dem Beda die Materia:
lien zu feiner Geſchichte von Beier, und 309 ſich
erblindet in ſein Klofter zurüd. + 745. Sein Brief
bei Würtwein, Epist. Bonif.
Daniel, Hermann Adelbert. Geb. am 18. Nov.
1812 zu Köthen. Inſpeetor des Pädagogiums und
tele zu Halle. Namentlich befannt durd feine
liturgiihen Arbeiten: Thesaurus hymnologicus,
Halle 1841—46; Codex liturg., Lips. 1847—55;
außerdem durch feine geographiichen Lehrbücher.
Dankopfer, OHAW (Andere: Heils- oder Frie⸗
bensopfer), find freimillige Darbringungen für er-
fahrene göttliche Gaben und Gnaden, zuweilen aud)
für noch zu Empfangenbes, welches den Gläubigen
aber in der betenden Erwartung gemiß ift. Das
Bejondere ift, daß nur die Fettjtüde verbrannt,
das Bruftftüd und die Schulter mit dem liturgiſchen
Ritus des Webens den Prieftern übergeben, der
Reft von dem Dpfernden mit den Seinigen verzehrt
wurde. Bei den öffentlihen Dantopfern fiel jedoch
das ganze Fleiſch den Prieftern zu. Speisopfer
waren ftet3 Damit verbunden. ©. Lev. 7, 11 ff. und
bie Ausleger. — Die fath. Kirche nennt die bei
Gelegenheiten gehaltene Meſſe Dank⸗
opfer.
Dankpredigt, —— erren wird gehalten
bei dem Eintreten von Greigniffen, die für das
Allgemeine ſegensreich find oder bei der Abwen⸗
bung drohender Uebel. Die Predigt hat in ber
Schilderung der Beranlafjung die offenbar gemor:
bene göttlihe Fügung hervorzuheben und bie Auf:
gaben und Bflihten nachzuweiſen, die der Gemeinde
und dem Einzelnen dadurch nahegelegt find, und
in beren Erfüllung die rechte Dankbarkeit ſich be
thätigt. Die Beranftaltung von Dankgottesdienſten
zu fordern, ift ein aus feinem Begriff und dem jus
circa sacra fließendes Hecht des Staates.
Dankjagungs:Gottesdienfte heißen in der ref.
Kirche die Nachmittags: Gottesdienfte an den Com:
muniontagen, welche der fortdauernden Andacht
der Abendmahlsgenoſſen dienen follen.
Dann, Ehrijtian Adam. Geb. am 24. Dec. 1758
in Tübingen. Ein würtembergifcher Geiftlicher,
Schüler Storrd und feinem biblischen Supra-
naturalißmus zugewandt; gehörte zu den Män-
nern, die alö Bectoraltheologen durch die Art ihrer
praftijchen Amtsführung dazu dienten, die Berbin-
dung des würtembergiſchen Pietiämus und feiner
Eonventifel mit der Kirche aufrecht zu erhalten.
Als Diafonus in Stuttgart gab er in hohen Kreis
jen durch die einem Schaufpieler gehaltene Leichen
rede 1812 Anftoß und wurde deshalb auf einen
entlegenen Alb⸗Ort Defchingen, jpäter nach Möſ—
fingen verjegt, bis er auf den Wunfch der Stutt-
garter Gemeinde 1824 ihr wiedergegeben wurde,
erſt als Archidiafonus der Stiftäfirhe, dann als
Stadtpfarrer. + 1837.
Danna, Joſ. 15, 49. Stabt auf dem Gebirge
Dannhauer
Daunhauer, Konrad. Geb. zu Kundringen im
Breisgau 1603. Brof. der Theologie und Pfarrer
am Nünfter zu Straßburg. F 7. Nov. 1666. Ein
orthodog lutherijcher Zelot, gründlicher Gelehrter,
war ein Lehrer Speners, dem er die Abneigung
gegen die Galviniften einimpfte. Außer feinen
Streitichriften find zu erwähnen feine Dogmatik
Hodosophia und Liber conscientiae, ed. 2, 1679;
Theol. casualis, ed. Mayer 1706, und feine Kate:
diömusmild in zehn ftarfen Quartbänden; val.
Tholud, Atad. Leben des 17. Jahrhunderts, Bd. II.
Danovius, Ernſt Jakob. Geb. zu Redlau bei
Danzig am 12. März 1741, wurde Profefior der
Theologie zu Jena 1768, ertränkte ſich in einem
Anfalle von Melancholie 1782, Da er Semler und
Erneſti verehrte, jo entfernte er ſich in vielen
Stüden vom hergebradhten ee Er wünjdte
eine Bereinigung mit den Reformirten, deren Doc:
trin von der Prädeftination er zuneigte, jo fern er
auch ihrer Ehriftologie ftand. Seine theologijche
Barteiftellung erregte ihm mandjerlei Widerwärtig:
feiten. Er fchrieb außer Heinen Schriften: Theo.
dogmat. institutio, Jenae 1772—76, 2 Bbe., und
überjette A. J. Rouſtan's Predigten. Seine Lebens:
— von Schütz. Vgl. Frank, Jenaiſche
ologie.
‚Daute Alighieri. Geb. 1263 zu Florenz. Stu:
dirte in Bologna Philoſophie, in Paris Theologie,
trat dann in Kriegsdienjte, jpäter in den Staats:
dienft jeines Vaterlandes. Als Ghibelline wurde er
von der welfiichen Partei unter der falſchen Anklage
der Untreue in der Berwaltung feines Privatamtes
1302 verbannt, fein Vermögen confiöcirt. Heimath:
los, wandte er ſich zuerft nad) Verona, und nad)
manden Wanderungen und wechſelndem Aufent:
halte, unter den fortgefegten Bemühungen, eine
ehrenvolle Rüdberufung zu erlangen, ftarb er am
14. Sept. 1321 zu Ravenna. Er erlebte die ereig:
nißreichſte Zeit des Mittelalters, den Fall der Ho:
henſtaufen, den legten Kreuzzug und den Beginn
des Avignoniſchen Erils, die Periode, wo in der
oröhten Berweltlihung der Kirche der Umjchrwung
li vorbereitete. In —* Hauptwerk, der Di-
vina Commedia, jpricht der Dichter die großars
tige, in bewegtem, thatenreichem Leben gewonnene
Weltanſchauung des tiefen Theologen und jcharf:
blidenden Staatömannes aus. Die Allegorie jil:
dert den eignen Lebensgang des Dichters, wie er,
durch die Bosheit alles irdischen Glüdes beraubt,
in der innerlichen Richtung feines Lebens, in der
Wiſſenſchaft Heil ſucht und in der göttlichen Liebe
die Rettung findet. Die Ideen und Richtungen fei-
ner Zeit ſchildert und beurtheilt er in ven Perſön—
lihleiten, welche fie vertraten. Weil er über die
Gebrechen der Kirche an Haupt und Öliedern zürnt,
bat man ihn als Vorläufer der Reformation be:
trachtet (zuerft Flacius 1556), und es ift literari-
Ider Streit, ob er als römiſcher Katholif oder als
Häretifer anzufehen jei. Seine übrigen Werte, die
Vita nuova (1300), das Convito, Canzoniere und
De vulgari eloquio, wozu nod) feine Briefe und
die Ueberſetzung der Bußpſalmen fommen, berei:
teten die Divina Commelia vor. Berühmt ift die
Schrift De monarchia von dem Verhältniß der
geiſtlichen und weltlihen Gewalten, die ſich gegen-
ſeitig unterjtügen jollen, ftatt eine die andere zu
beberrichen. — Als Ausgaben von Dante find her:
vorzuheben die von Lombardi 1791, und Biviani
1520. Ueber die zahllofen Gommentare (5. B. von
175
Darby. Darbysmus
Dionifi, Lombardi) ſ. Bibliographia Dantesca
von Colomb de Batines 1845, Deutfche Ueber:
jegungen der Commedia find von Kannegießer, 3.
Aufl. 1843 ; Stredfuß, 3. Aufl. 1840; Vhilalethes
(König —— von Sachſen) 1839. Als Hülfs⸗
mittel: Vocabolario Dantesco von Blanc 1852,
Biographien: von Balbo 1839; Wegele, Dante's Le⸗
ben und Werte — 1852; Schloſſer, Dante⸗
Studien, 1855. Ueber die religiöſe Bedeutung
Dante’3 vgl. Baumgarten-Erufius, De Dantis
doctrina theol. Ozanam, Dante et la phil.
cath. 1339; Hegel, Dante über Staat und Kirche,
1842; Aroux, Dante heretique, rövolutionnaire
et socialiste, 1854; Vicchioni, Del senso allego-
rico e dei vaticinj della Div. Comm. 1857.
Danz, Johann Andreas. Geb. zu Sundgaufen
im Gothaiſchen am 1. Febr. 1654. Doctor und o.
Profefior der Theologie zu Jena feit 1713, jeit
1685 Profeſſor der orientalifhen Spraden. Ein
berühmter Hebraift, Begründer der philoſophiſch⸗
demonftrativen Drientaliftenfchule. Sein Haupt:
wert Literator Ebraeo-Ch us, Sjena 1696.
Die erjte Ausgabe 1686 hat den Titel Nucifran-
gibulum.
Danz, Johann —— Lebrecht. Geb. am 31.
Mai 1769 zu Weimar. Studirte zu Jena und Göt⸗
tingen. 1798 Rector der Bürgerſchule zu Jena,
wurde er Dialonus und Privatdocent, 1807 Brof.
ber Theologie, ward 1837 emeritirt und ftarb 1851
am 15. Mai. Als Kirchenhiftorifer gaber heraus: das
Lehrbuch der Kirchengeihhichte 1818— 26 ; ein Aus:
zug daraus, Kurzgefaßte Zufammenjtellung, 1824 ;
were Tabellen 1838; ſodann Walchs
Bibliotheca patristica und die Libri symboliei
eccl. Rom. cathol. Bon feinen übrigen zahlreichen
Schriften ift zu nennen die Theol. Encyflopädie
1832 und ein Univerfalwörterbud) der theol. Lite
ratur 1542. Seine Richtung war die eines bibli-
ſchen Rationalismus, der Religion und Theologie
zu unterjcheiden verftand.
Danzig wird jeit dem 10. Jahrhundert genannt
(Gedanum Dantiscum); der - Adalbert pre:
digte hier zuerft das Evangelium. Zum Hanfe:
bunde 1245 gehörig, fiel die Stabt 1310 unter den
deutichen Drden, und ftellte ſich, als fie fich deſſen
Herrichaft entzogen, unter polnischen Schutz. Bon
1772—1793 freie Stadt, fiel fie dann an Preu-
fen und war nad dem Tiljiter Frieden bis 1813
wieder dem Namen nad) frei, aber mit franz:
fijcher Bejagung. Die Reformation, deren Grund:
hide zuerſt durch Jakob Knade 1518 und den Fran—
eiscaner Alerander gepredigt wurden, ward durch
die Sturmprediger in eine politiiche Bewegung
hineingerifjen, daher ging aud die evangelifche
DOrganifirung des Artifelbriefes nad) dem Danziger
Aufruhr 1525 in der gemwaltjamen Reftauration
nad) dem Siege des Königs Sigismund 1526 wie:
der unter, bis 1529 Bancratius Klemme, vom
Rathe unter günftigeren Verhältniffen Träftig un-
terftügt, eine Umgejtaltung des Kirchenweſens be:
wirfen konnte. Bgl. Schnaaſe, Geſch. der evangel.
Kirche Danzigs, 1963. a
Daphne, Die Vorjtadt Antiochiend mit einem
berühmten Apollotempel. Hier ermordete Andro:
nicus auf Anjtiften des Menelaus den Hoheprie:
fter Onias, 2. Makl. 4, 34.
Darby. Darbysmus. John Darby entjtammt
einer angejehenen englüihen Familie, war Ad—
vocat, ftudirte dann gegen den Willen feines Vaters
Darike
Theologie und wurde Geiſtlicher. In ihm trieb
die Lehre der anglicaniſchen Kirche von der apoſto⸗
liſchen Succeſſion ihre negativen Conſequenzen.
Als er ſich überzeugte, daß die Succeſſion geſchicht⸗
lich unhaltbar, und thatſächlich nicht vorhanden
ſei, fiel ihm zugleich der Begriff von Kirche und
‚Amt völlig dahin. Wie bie Heilsökonomie des Alten
Teftaments durch den Abfall des Bolfs, die Apo:
ftafie, gerbrochen worden, fo hält er auch bie beab»
fihtigte Heilsanftalt des Neuen Teftaments durch
die Hooftafie ber Chriften für zerftört, die ganze
Kirche daher für unrehtmäßig. Es ſchien ihm, es
bleibe nichts übrig, ald daß die Gläubigen ſich in
Heine freiwillige Häuflein fammelten, in denen der
Einzelne feine Gaben ohne einen officiellen Beruf
” Nuten bed Ganzen verwende. Die Aemter, die
i feinen Genoffentipaften vorkommen, betreffen
daher auch nur das Aeußere, Genofjenichaftliche,
niemals das ur Auf Grund jeiner Anſich⸗
ten jammelten a zuerft in Irland „Brüder“,
bie erjte grober: ahl in Plymouth (daher Ply⸗
mouthbrübder). Darby verließ England und fam
1838 nad) Genf. Eingeladen nach LZaufanne, um
den Methodismus der Dijjidentengemeinde zu be:
fämpfen, verjchaffte er dort 1840 feinen Ideen
Eingang, bie alsdann durch literarische Agitation
und durch Sendlinge in den —— Kreiſen
mehr Anhänger gewannen, ſo daß ſich in vielen
Orten der Schweiz darbyſtiſche Häuflein bildeten.
Bei dem Mangel einer chriſtlichen Entwickelung
wird D's. Blid auf die eſchatologiſchen Erwartun⸗
gen — (Vues sur l'attente actuelle de l'eglise
et des prophöties qui l’etablissent); bie in
nächſter Nähe erwartete Wiederkunft Chrifti und
bie benorftehende Berherrlihung find der Lieblings:
gegenjtand der religtöjen Betrachtung feiner Ans
bänger. Auch unter ihnen hat es bereitö Spaltun-
en wegen Zehrmeinungen gegeben. Vgl. die Zeit:
chrift Christian witness und Darbys Tractate
Sur la formation de l'église, Le ministere u. a.
Gobet, Examen des vues Darbystes 1846; Her:
zog, Les Freres de Plymouth et John Darby
1845; Darby, die Kirche nad) dem Worte Gottes,
Tüb. 1850
Darife. 1. Chron. 29,7; Esra 8, 27; 2, 69;
Neh. 7, 70—72. Eine perfiihe Goldmünze im
Werthe von 2 attiſchen Golddrachmen (5 Thlr. Pr.),
bie nach dem Eril bei den Juden in Geltung war.
Darius, der Meder. Dan. 6,1.29; 9, 1; 11,1.
Da er als unmittelbarer Vorgänger des Cyrus und
Eroberer beö ——— Reiches bezeichnet wird,
fo kann nur Kyaxares II. gemeint ſein, der Sohn
und Nachfolger des Ajtyages. — Der Darius des
Buches Era, 4, 5. 7. 2455, 5; 6, 1, 10, welchem
die Juden die Erlaubniß des Tempelbaues ver:
dankten, ift Darius Hyftaspes, ber den Krieg gegen
Griechenland u. Neh. 12, 12 und 1. Matt.
1, 6 iſt Darius III. Codomannus zu verftehen, der
von Alerander dem Großen befiegt wurde.
Darlehen. Nach dem Vorgang des mofaifchen
Gefeges, welches nur von Fremdlingen Zins zu
nehmen Arge und fi anſchließender Beftim:
nungen bes römifchen Rechtes über den Leihver:
trag, welches denſelben als unentgeltlihen betrach⸗
tet, erflärt auch das kanoniſche Recht den Zins:
gewinn ala a Benedict XIV. lehrte aber in
der Encyllifa Vix pervenit, daß es Nechtätitel
eben Zönne, die zum Zinänehmen berechtigten.
ine eigentliche cheidung hat ber römiſche
176
Daut
Stuhl nicht getroffen, aber die milbere Praris, bie
fih nad) der Landesgefeggebung richtet, ftets
empfohlen. j
Darftellung Jeſu im Tempel. Die Kirche feiert
biefelbe am 2. Februar, dem 40. Tage nad Weib:
nadten, nad 3. Mof. 12, 2—7. Das Fejt führt
aud) den Namen Lichtmeh (f. d. A.), Luc. 2, 22—
32, over Festum Simeonis und ift 542 von Jufti-
nian als das Feft der Begegnung (ünenawrn) in
der orientalifchen Kirche eingeführt.
Datarius. Der Vorſteher der Datarie, b. 5. ber
Abtheilung in der römischen Eurie, welche urjprüng:
lich den Bullen und Breven das Datum ber Aus:
fertigung beizufügen hatte, und der jetzt die Erthei-
lung von Dispenjationen zufteht. ©. d. A. Römi:
ſche Eurie. Iſt der Datarius ein Cardinal, jo führt
er den Titel Prodatarius.
Dathema oder Dameda (Dhami) war eine
Feitung in Gilead, 1. Matt. 5, 9; Judas Makla—
bäus —— fie bei ber Belagerung, 1. Makl.
5, 29.8
Dathenus, Petrus. Bon der holländiſchen Emi-
grantengemeinde zu Frankfurt 1555 zum tr
berufen, wurde er fpäter Hofprebiger Friedrichs
zu Heidelberg, in deſſen Begleitung er 1564 An:
theil am Gelpräh zu Maulbronn nahm. 1566
überjegte er den Heidelberger Katechismus ins
Hollündifche, folgte einem Rufe in fein Vaterland
und präfidirte der zweiten Dordrechter Synode
1578,
Dattelpalme, Richt. 4, 5; Joel 1, 12, war ehe:
mals in Paläftina häufig, dort namentlich am
Todten Meere und bei der Palmenſtadt“ Jericho,
jegt jelten und nur vereinzelt. Die Früchte, welche
im Auguft und September reifen, waren ein ge:
wöhnlicyes Nahrungsmittel, aus denjelben wurde
ſchon im Altertum Wein bereitet. Die Balmen:
weige waren Zeichen der Freude, 1. Makk. 13,51;
ob. 12, 13, und wurben beim Laubhüttenfeſt be-
nutzt, 3. Mof. 23, 40; Neh. 8, 15.
aub, Karl. Geb. am 20. März 1765 zu Caffel.
Studirte in Marburg, und hielt darnach dort Bor:
lejungen; feines freien Standpunftes wegen ver:
dächtigt, fam er an die Landesichule zu Hanau als
Prof. der Philoſophie und wurde 1795 als Prof. ber
Theologie nach Heidelberg berufen, wo er 1836 auf
dem Katheder vom Schlage gerührt ftarb. Zuerſt
Kantianer, wandte er fi) Schelling un) darnach
Hegel zu, bei diefen Wandlungen nur danad) ftre-
bend, der religiöfen Ueberzeugung eine immer aus:
reichendere mwifjenihaftliche Begründung zu gewin⸗
nen. Indem er die Unzulänglichkeit jomohl des
Supranaturaliömus al3 des Nationalismus erör⸗
terte, juchte er die Nothwendigkeit einer objectiven
Dffenbarung Gottes außerhalb der menſchlichen
Vernunft darzuthun, die Wunder ald die Einheit
des Idealen mit dem Gejchichtlichen zu begreifen.
„Judas Fichariot" (1816) iſt ein Berjud, das Pro⸗
blem des Böfen zu löfen. Theologumena, Heidel⸗
berg 1806; Prolegom. zur Dogmatit; Borlefun-
gen über Dogmatik; die dogmatiſche Theologie
jegiger Zeit, 1833 ; Lehrbuch der Katechetif, 1801 ;
—— nach Kantſchen Grundſätzen, 1794 und
noch Anderes. Seine Vorleſungen find herausgege⸗
ben von Marheineke und Dittenberger, Berlin
1839—44.
Daut, Joh. Marimilian. Geb. zu Riederroden
am Ende des 17. Jahrhunderts. Kam als Schu
ftergejele nad) Frankfurt und gab dort feine „Helle
David
Donnerſtimme“ heraus, in der er neben Schmä:
bungen auf Kirche und Geiftlichteit myſtiſche und
ciliaſtiſche Ideen ausſprach. Bertrieben, hielt er
jih eine Zeitlang zu Schwarzenau auf und fand
dann in der Umgegend von Um Anhang unter
den Yandleuten. gen ihn erſchien „J. M. Daut’s
und C. A. Römeling's Weiffagungen aus dem gött-
lichen Wort beurtheilt”. Er joll jpäter in die Landes:
litche zurüdgetreten jein. Vgl. Unjchuldige Nach—
—— 1710; Wald), Rel. Streitigk, Thl. V, ©.
1061.
David. Der König Jiraels. Nicht bloß die Macht
und der Glanz feiner Herrſchaft, die in gleichem
Mafe nie wiederfehrten, ließ zu allen Zeiten in
David den eigentlichen wahren König Iſraels, das
grundlegende Bild aller idealen Zukunftshoffnuns
gen erbliden, jondern die Erfenntniß, daß der
Grund diefer Herrlichkeit allein in feiner Perſön—
\ihleit lag, die mit wahrer Frömmigleit die um:
ſichtige Klugheit des Regenten, und mit der Kraft
des rain Kriegers die zarte Tiefe eines gott:
begeifterten Dichters verband, und die Durch ihre gei:
ſtige Macht, fajt ohne es zu wollen, die Herrſchaft
zum Segen des Volfes erwarb. Daher hebt die
bebräiiche Geſchichtsanſchauung die unmittelbare
göttliche Sügung eines Lebens hervor und jpricht
dies in der Erzählung feiner Salbung durch Sa:
muel aus. David bildet infofern den Mittelpunft
der hebräifchen Geſchichte, als alles Frühere in der-
jelben als Vorbereitung diefer Zeit fich in der Be:
jeitigung des Davidifchen Reiches und der Aufrich:
tung des Nationalheiligthumes zu Jerufalem ab:
chließt; zugleich aber zeigen fich in Davids Leben
elbſt die Keime des folgenden raſchen Berfalles. Cs
laſſen fi drei Perioden in feinem Xeben unter:
ſcheiden. Die erjte reicht bis zum Tode Sauls, die
jmeite bis zur Aufrihtung der Stiftshütte, die
dritte bis zu jeinem Tode.
An den Hof Sauls fam David durch feine Fertig:
feit im Saitenjpielund in der — mit der ſich
triegerifche Gewandtheit und Tapferkeit verband,
die ihn bald jo auszeichnete, daß er des Königs
Schwiegerfohn und Oberfter der Yeibwache wurde.
Der Kampf mit Goliath, 1. Sam. 17, ift unzwei:
ſelhaft geichichtlich, fann aber (val. 2. Sam. 21,
19; 1. Chr. 20, 5) doch nur unter der Annahme
ſagenhafter Ausſchmückung der Einzelheiten in den
ganzen Zufammenhang der Lebensgeſchichte aufge:
nommen werden. Das fteigende Anjehen, weldes
David durch tapfere Thaten gewann, erregte den
Argwohn und die Eiferſucht Saul, der in tiefer
Berftimmung unter den ihn bedrängenden Sorgen
und unter ven Gefahren, die aus dem Zwiejpalt
mischen ihm und Samuel vor feinen Augen er:
wuchſen, jich des gefürchteten Nebenbuhlers durch
Mord zu entledigen juchte, 1. Sam. 15, 25. 29;
19, 10 ff. Die innige Freundſchaft, welde David
mit Jonathan geſchloſſen hatte, wurde ihm zur
Rettung. Nach einem kurzen Aufenthalt bei Sa:
muel und bei der Prophetenfchule zu Rama, er:
fennt er die Notwendigkeit der Flucht. Beim
ng I von Gath fühlt er fid) nicht ſicher; mit
den Getreuen, die ihm begleiten, beqiebt er ſich in
die öftliche Wüfte Juda's (Höhle Adullam), mit
ihnen macht er Kriegszüge gegen die Philifter und
zum Schutze befreundeter Städte, 1. Sam. 30,
%—31, ohne ſich gegen Saul irgendwie aufzu: |
lehnen, auch als diejer ihn verfolgte. Als bieje |
Lage unhaltbar geworden, begab er Jich mit jeinem |
177
David
Heere zum König Adis, der ihm die Stadt Zilla
einräumte, in welcher David eine Lehnsherrſchaft
aufrichtete. Sein Tribut an Achis war ein Antheil
ander Beute, die ev auf Zügen gegen die Bhilifter ge:
wann, und welchen jener nahm in dem Glauben, er
befehde Sauls Unterthanen. Das Mißtrauen der
BVhilifterfürften bemahrte ihn vor der Gefahr, aud)
im Kriege gegen Saul Heeresfolge leiften zu müſ—
fen. — Sauls und Jonathans Tod, den David jo
aufrichtig beflagt, 2. Sam. 1,19 ff., ruft ihn in
die Heimath zurüd, der Stamm Juda Übergiebt
ihm die Herrichaft, er jchlägt feine Reſidenz zu
Hebron auf, wahrſcheinlich in einem Tribut: oder
Zehnsverhältniß zu den ee die das übrige
Iſrael bejegt hielten, jo dab Abner, Isboſeths
Feldherr, von Mahanaim aus erft in 5 Jahren
allmählich das Land wieder erobern kann, 2. Sam.
2,9. 10. 11. Nach diefer Zeit kommt es zu Feind:
feligteiten zwifchen den beiden ifraelitiichen Reichen
und zur Niederlage Abners, 2. Sam. 2, 12—3, 1.
Gekränkt von Isboſeth und auch in der richtigen
politifhen Erwägung, daß nicht der ſchwache 35:
bofeth, jondern nur eine fräftigere Hand im Stande
jet, Jirael gegen die Philifter zu ſchützen, will
Abner ſich David unterwerfen, wird aber von
Joab verrätherifch ermordet; und wie damit Is—
bojeths bevorjtehender Untergang gewiß geworben,
ermorden ihn zwei jeiner Oberften, um zeitig Da—
vids Gunft zu gewinnen. In ihrer Strafe zeigt
er, wie wenig er gejonnen, durch Mittel des Ver:
raths jeine Macht zu vermehren. Da Saul
Stamm aber bis auf den Krüppel Mephibofeth
erlojchen war, jo blieb den Neltejten der Stänme
nichts übrig, als das Neid) David anzutragen, auf
den Viele mit Abner längft ihre Hoffnung geſetzt
haben mochten. Dem neuen Reiche gewann David
die feite Hauptjtadt Jerujalem, von der aus der
unvermeidliche Kampf gegen die Philifter geführt
wurde, um die nationale Selbitändigteit und Un:
abhängigkeit zu fihern. Dahin wurde aud die
Bundeslade gebracht, 2. San. 6, 1 ff., und eine
neue Stiftöhütte errichtet, um dem Innern Yeben
des Bolfes den fejten Halt zu geben und jtaatlicye
undreligiöfe Jntereffen zu vereinigen, 2.Sam.8, 17;
20,25; 15,24 ff. Din tiefgehenden Unterſchied
zwifchen der Stellung, die das Haus Sauls zu der
alten Religion und ihren Vertretern, der Prieſter—
ſchaft, eingenommen und derjenigen Davids, jpricht
Michals Spott und Davids Antwort aus, 2. Sam.
6, 20 —23. An den Sieg Über die Bhilifter,
2, Sam. 5, 17—25; 1. Chr. 14, 8—17, reiht ſich
der Zug gegen die Amaleliter, 2. Sam. 8, 12,
Moabiter, 5, 2, Ammoniter und gegen Hadadejer,
2. Sam. 10,1 ff.; 1. Chr. 19, 1—15, jo dafs bis
zum Orontes hin, mit Ausnahme Phöniziens,
alles Land David unterworfen, jelbjt Damasfıs
tributpflichtig war. Auf diefer Höhe des Glüds
und der Macht jpricht ſich Davids Inneres Leben
in Licht und Schatten aus im Pſalm 15. Zwei
Verſuchungen thun fich ihm nun auf, beiden unter
liegt er, F nicht ohne bußfertig ſeinen Fall zu
erlennen. Die eine iſt, das theotratiſche König—
thum in die Form des aſiatiſchen Despotismus
umzuwandeln und zu einer erobernden Welt
macht Iſrael zu machen. Der Anfang hierzu lag
in der Zählung des Volfes; die folgende Pe
ift die Strafe Jahve's, der fih David unterwirft,
in williger Seldjtbeihräntung theokratiſcher Kö:
nig zu bleiben. Die andere ift ——— des
David
Mißbrauchs der königliden Gewalt zur Befriebi:
gung der eigenen Begierden, und der Anfang der
Ipäter jo verhängnifvollen Harems-Wirthſchaft.
Die Geſchichte mit Bathjeba erſcheint als der
tragische Punkt in Davids Leben, von dem das
Unheil ausgeht. Die fittlihe Blöße, die er ſich
hier gegeben, und die Zerftörung des Familien:
lebens, ruft Amnons Schandthat und in weiterer
Folge Abjaloms Empörung und den Aufitand
Seba's hervor. An Joab, dem Mitſchuldigen feines
Frevels, fann David den Mord jeines Sohnes
nit rädhen und muß aud den Meuchelmord
Amaja's von ihm ertragen. Erſt als der Tod ihn
irdifcher Nüdfichten entbindet, darf er dem Erben
die Uebung verjpäteter Gerechtigteit befehlen. Am
Ende der Frienlichen Periode, die auf jene Wirren
folgte, mußte David nod) das Drohen eines Bru—
derfrieges um die Erbfolge jehen und von den
Wünſchen feines Weibes und jeiner Umgebung bei
der — derſelben ſich leiten laſſen. Trotz
der vielen Gebrechen, welche in Davids Leben
hervortreten, ziert ihn doch der Name eines Man—
nes nach dem Herzen Gottes; ein Zug tiefer
Frömmigkeit geht durch ſein ganzes Leben. Am
größeſten iſt er int Unglück, in Demuth und Selbſt—
verleugnung hält ihn jein Gottesglaube fittlid)
rein, daß er nie zu ſchlechten Mitteln der Net:
tung greift; auf der Höhe des Glüds haben ſtarke
Leidenſchaften in unbewadten Augenbliden ihn
bezwungen, aber nur momentan, nie ohne auf:
richtige Buße. Seine Herrſchaft ruhte auf feiner
BVerjönlichkeit, die die religiöfe und nationale Idee
- jeines Volkes begeijtert a hatte; eine ihm un:
ähnliche Nachkommenſchaft vermochte fie nicht zu
erhalten. Dennoch irrte er nicht, als er in feinen
legten Worten (2. Sam. 23) in prophetijcher Ge:
wißheit von dem ewigen Bund redete, den Gott
ibm als Berricher gefeht habe, denn er hatte in
Iſrael einen Geift wadıgerufen, der in aller Noth
und Trübjal fommender Zeiten dafjelbe aufrecht:
hielt und es dem Davidjohne entgegenführte. Ueber
David als Dichter j. Pialmen.
David, Chriftian. Geb. 1690 zu Senftleben bei
Reu⸗Titſchein in Mähren ; ein Zimmermann. Das
Erwachen jeines religiöjen Lebens entfremdete ihn
der fatholijchen Kirche, vor den Berfolgungen der
Geiftlicden verlieh er die Heimath, trat in Berlin
zur lutheriſchen Kirche über, und in Görlig 1717
in eine Gemeinſchaft von Erwedten. Er erregte
in den mährijchen Evangelifchen den Gedanten der
Auswanderung, verhandelte mit ZJinzendorf und
führte die erften Coloniften nad) Herrnhut 1721,
wo er den eriten Baum zur Anfiedelung fällte.
Er hat unter der Brüdergemeine einen hervor:
ragenden Einfluß behalten. Nach der durch Krü—
er veranlaßten feparatiftiihen Bewegung ver:
Fate er mit Zinzendorf die Statuten von 1727
und ging jpäter als Sendbote der Gemeine in die
Djtfeeprovinzen. Nach vielen Miſſionsreiſen ſtarb
er 1751 zu ——— Er iſt Verfaſſer vieler Lieder
des herrnhuter Geſangbuches und der „Beſchrei—
bung und zuverläſſige Nachricht von Herrnhut“,
Leipzig 1755.
David Joris. ©. Joris.
David von Augsburg. Novizenmeiſter und
178
Decius
Bertholds von Regensburg und als aslketiſcher
lateiniſcher Schriftſteller. Fee Deutſche My:
ſtiler 1845) hat auch 7 deutſche, an Form und In—
halt ausgezeichnete (vgl. Gervinus) Tractate von
ihm nachgewieſen. Ausgabe der Werke Davids,
Augsburg 1596, und Biblioth. magna, Köln 1618,
Bd. 13. Manches noch unedirt.
David von Dinant. Die Synode von Paris
1209 verdammte eine Schrift: Quaternuli des Ma:
gifters D. Ueber feine Lebensverhältniſſe ift weiter
nichts befannt ; feine Yehre nur aus Andeutungen
bei Albertus Magnus und Thomas von Aquino.
Er nannte Gott die erfte Materie, aus welder
Alles fei.
Davidiß, Franz. Nector, jpäter Hofprediger zu
Klaufenburg. Trat von den Zutheranern zu den
Galviniften über und wurde Unitarier. Er ftellte die
Behauptung auf, Chriftus dürfe, da er nur ein
Menſch geweien, nicht angebetet werben. Gegen
ihn erklärte fich aber die Synode zu Torda 1568,
und um jeinen Einfluß zu brechen, rief Blandrata
den Socinus nad Siebenbürgen.
Debora. 1) Die Amme der Rebekka, die unter
einer Eiche bei Bethel begraben wurde, 1. Moi.
24, 59; 35, 8. — 2) Die Prophetin, Richt. 4,
welde den Barak aufforderte, ſich an der Spitze
Iſraels gegen Jabin und Siffera zu erheben,
und welche ihn als Prophetin begleitete. Ihr
Siegeslied, Richt. 5, ift als echt anerkannt; in
funjtvollen Strophen ift eö eins der ſchönſten Er:
zeugnifje hebräifcher Poefie. Commentare dazu:
ältere von Yette, Observ. philol. crit. in august.
Deborae et Mosis cantıca 1745; Schnurrer,
Dissert. in Deb. cant. 1775; Herder, Geift der
hebräifchen Poeſie; jüngere von Hollmann, Com-
ment. phil. crit. in carmen D. 1818; Kemint,
Com. de c. D. 1840; Kalfar, Quaestionum bibl.
specim. 1835; Böttger, Com. exeg. erit. in D.
e.; Böttcher, die älteften Bühnendichtungen. Dal.
as die Commentare zum Bud; der Richter
(j. d.)
Debrerzin. Stadt an der Theiß. Die Synode
1567 ftellte wider die Antitrinitarier ein Belennt:
nif auf, Brevis confessio ete. und die Articuli
ex verbo Dei ete., welche das Geſetzbuch der un:
gariichen Kirche bildeten und in welchen aud) die
2. helvetifche Confejfion ald Bekenntnißſchrift Un:
garns anerlannt wurde.
Deran. Der Vorſteher des Capitels. Daber
präfidirt auch dem —————— der Gar
dinaldecan. Ueber die Landdecane, decani rurales,
R Archipresbyter. Unter den evangelifchen Kirchen
indet fid) jo der Decan in der anglicanifchen, jonit
ift es der Titel des Superintendenten : Amtes ge
worden.
Decanica, deeaneta, ungewiffer Ableitung.
In früherer Zeit Die Bezeihnung für ein geiftlides
Corrections⸗ oder Strafhaus.
Decanie. 5. Archipresbyter.
Detaniſſa. In Nonnenklöſtern die von der
Aebtiſſin beſtellten age über je 10 Non:
nen; entiprechen dem Decan in Mönchsklöſtern
Deeimae Saladini. Um die Koften des drit-
ten Kreuzzugs zu beftreiten, legte Clemens II.
1188 jedem bepfründeten Geiftlichen, der nicht an
Brofefior der Theologie im Barfüher:stlofter zu | dem Zuge Theil nähme, eine Steuer zum Betragt
Regensburg und jeit 1243 zu Augsburg. Geb. | des zehnten — ſeines Jahreseinkommens auf,
zwiſchen 1210und 1220, ſtarb er zu Augsburg am 15. welche obigen Namen führte.
November 1271. Bekannt als der geliebte Lehrer: Decius. Cajus Quintus Mefftus Trajanıs.
Decius
Bon Rhilippus Arabs 249 als römischer Senator
an die empörten Zegionen in Bannonien gejendet,
wurde er gezwungen, bie faiferlihe Würde anzu:
nehmen. Um die Einheit und die Kraft des Rei—
des wieder uftellen, machte er den Berjud,
das Chriſtenthum, die Urſache des Untergangs des
altrömijchen Reiches, wieder auszurotten. Die von
ihm befohlene Verfolgung 250 ift die erfte allge:
meine. Biele Märtyrer erlitten den Tob oder Lei:
den und Berfolgungen, 3. B. Eyprian, Drigenes,
die fieben ephefinif ünglinge. Vgl. Eufeb. VI,
0 Eyprian De Y Decius fiel 251 gegen
die Gothen.
Deeins, Nikolaus. Angebliher Verfaſſer der
Lieder „Allein Gott in der Höh' fei Ehr'“ und
„Do Lamm Gottes, unſchuldig“, jol Mönch und
Probit zu Stetterburg, darnach Zehrer an der Ae:
—— zu Braunſchweig und evangeliſcher
farrer in Stettin geweſen ſein. Allein unter den
Stettiner Predigern et ſich kein Decius und
während er 1529 geſtorben fein ſoll, iſt Die Melo:
die” „Allein Gott in der Höh' jei Chr’ 1540 von
Hans Kugelmann gejegt.
Deeins, Philipp. Italieniſcher Kanoniſt. Geb.
1454 zu Mailand. Lehrte zu Siena, Padua und
Bifa. War anditor rotae, Auf fein Gutachten
berief König Ludwig XII. das Concil zu Piſa
1511 ohne den PBapft, weil derjelbe ungeachtet der
dringenden Nothwendigfeit die Reform der Kirche
verjäumt habe. Rach ber Niederlage der Franzo—
ien ging er nad) Frankreich, lehrte zu Bourges,
wurde Barlamentörath zu Grenoble und erhielt
1515 feine frühere Stellung zu Piſa wieder. +
1535 zu Siena. Er war ber 2 Leo's X.
Deelaratio cleri Gallicani, Die Lehren der
wer Kirche, welche Bithou 1594 in den
‚bertes in 83 Artikeln aufgeftellt hatte, faßte die
Sorbonne in 6 Thejen zufammen, welche fie Zub:
wig XIV. am 8. Mai 1663 überreichte. 1. Der
Bapft hat feine Gewalt über das Zeitliche des Kö»
nigs. 2. Der König fteht nur unter Gott. 3. Die
Unterthanen können vom Papfte ihres Gehorſams
nicht entbunden werden. 4. Gegen bie Eoncil:
beſchlüſſe kann der Papſt nicht Biſchöfe abjegen.
5. Er iſt den Beſchlüſſen unterworfen. 6. Nicht
— ohne den Conſenſus der Kirche.
eclaratio Thorunensis iſt das Bekennt—
nik der Reformirten, welches diejelben auf dem
Ihorner Gefpräh am 16. Sept. 1645 durch den
Superintendenten Buthner verlefen ließen. Die
Jefuiten fegten eö durch, daf es wegen mander
Iharfen Stellen aus den Acten der Verhandlung
megblieb. 1664 nahm Kurfürft Sigismund die
Deel. unter die ſymboliſchen Bücher der Mark
auf. Vgl. Seripta facientia ad coll. Thor. 1645.
Acta Conv. Thor. 1646. Reimann, der Kampf
Roms gegen die religiöfe Freiheit Polens, Hiſt.
Zeitichr. 1864.
Declarationes Congregationis, Cardina-
lia Conc. Trid., aud) Resolutiones genannt, find
die in authentifcher Form in Specialfällen gege:
benen Erflärungen über den Sinn und die Aus:
führung der Beſchlüfſe des Concils dur die zu
dem Zwecke 1564 und 1587 eingeſetzte u
tion. Eine Sammlung derfelben Thesaurus Reso-
lutionum, 1745—1826, 85 Bde. 4 Ein rt
daraus Collectio Declarationum, 1812 — 181
dur mern
Derlarativformel ift die bei der allgemeinen
179
Deismus
gr übliche Ankündigung, dab den Bußfertigen
die Sünden vergeben feien; bei der Brivatbeichte,
wo die Borausjegung gilt, daß der nn. bie
gewifje Neberzeugung von der bußfertigen Geſin—
nung des Communicanten gewonnen habe, pflegt
durch die Indicativ: Formel (die Vergebung be:
ftimmt zugefihert) die Abjolution ertheilt zu
werben.
Derretalen und Derretalfammlungen j. Com-
pilationes und Corpus juris can.
Deeretiften beißen die Lehrer und Bearbeiter
des Fanonifchen Rechtes (decretum Grat.) im
Unterſchied von den Zegiften, den Glofjatoren bes
römiſchen Rechtes.
Deceretum #ratiani, ©. Gratian.
Defensor. Bertheidiger. — ecclesiae Schirm:
vogt der Kirche, d. i. advocatus eccl. — Def. ma-
trimonii Bertheidiger der Ehe. Beiden biſchöflichen
Ehegerichten wird in Klagen auf Ungültigkeit und
Nullität das Intereſſe der Ehe jelbjt durch einen
befondern Beamten vertreten, jo Daß er jelbft gegen
den Willen der Parteien die ferneren Rechtsmittel
von einem die Ehe vernichtenden Urtheil ——
muß. Das Inſtitut ähnelt der Staatsanwaltſcha
bei den bürgerlichen Gerichten.
Definition bei den geiftlihen Orden, ift ein
Bezirk, der mehrere Klöfter umfaßt; an ihrer
Spitze ftehen die Definitoren.
ion ift die Ausftoßung aus dem
geiftlichen Stande, welche bei ſchweren Verbrechen
der u an den weltlichen Richter vorher:
ing. In Wefenund Wirkung der Abfegung gleich):
feine, fonnte fie nur durch einen conjecrirten
iſchof unter Aſſiſtenz von drei andern geichehen.
Sie kann jeßt durch bloßen Beſchluß des Capitels
ohne feierlihe Form ftattfinden. Bei der Gere:
monie wurde dem Berurtheilten der ——
Ornat Stüd vor Stück ausgezogen, die ung
ſymboliſch wieder weggenommen und die Tonſur
verwiſcht.
Dei gratia. Als Ausdruck der Demuth, aber
aud um die Autorität ihres Amtes anzuzeigen,
fügten die — 5* dies Prädicat ihrem Titel bei;
zuerſt Felix IL. 356, von den deutſchen Cunibert
von Köln 623. Als die weltlichen Fürſten ſeit
Pipin den Zuſatz annahmen, um ihre Souveräni:
tät auszuſprechen, wurde er bei den Geiftlichen
jeltener und ſchon vor 1250 durch die noch jegt
üblihe Formel: divina et apostolicae sedis gra-
tia und ähnliche erjegt.
Deidmus, eigentlich — Theismus, jedoch nad)
dem Sprachgebrauch der Kantſchen Schule ein be:
ftimmter Gegenjat zu dem legtern. Indem beide
zufammen den Gegenfag gegen Atheismus und
Pantheismus ausfprehen und die Annahme eines
transcendenten (jenfeitigen) Gottes feithalten, bil:
den fieunter fih wieder Gegenfägein der Auffaffung
des Verhältnifies des transcendenten Gottes zur
Welt. Während der Theismus eine lebendige Be-
iehung Gottes zur Welt verlangt, alſo z. B. eine
5 enbarung, in weiterer Fortbildung Wunder,
—— u. ſ. w., löft der Deismus dieſe Ber:
bindung ab, leugnet eine lebendige Einwirkung
Gottes auf die Welt und macht Gott zu einem
leeren abftracten Begriff. Die natürliche Welt:
auffafjung und der religiöfe Glaube jtehen in ihm
noch gänzlich unvermittelt neben einander. Bei der
Unfäbhigteit, beive Forderungen zu einer neuen
Weltanſchauung zu vermitteln, blieb der Deismus
12*
Dekalog
eine philoſophiſch unvollkommene Anſchauungs—
weiſe ohne dauernden Werth. Seine geſchichtliche
Bedeutung liegt aber hauptſächlich in ſeinem Ein:
fluß auf die vogmengejchichtliche Entwidlung. Der
Deismus bildet eine bedeutungsvolle Entwick—
lungsphaſe des religiöjen Denkens in England im
17. und 18. Jahrhundert, diefelbe geiftige Rich:
tung, welde in Deutjchland unter dem Namen
„Rationalismus” aufgetreten ift. Angebahnt von
dem Gmpirismus Bacons und Lode’s bildete ſich
eine praktiſch verftändige Auffafiungsweije des
Chriſtenthums, welche allem Uebernatürlichen ab:
hold die I Katur: und Bernunftreligion wieder
herjtellen wollte, und dieſe zurüdführte aufdie Be:
griffe Gott, Tugend und Vergeltung, welche allen
Religionen gemeinſam als unerjchütterliche Ariome
galten. Was über dieje hinausreichte, die pofitive
Religion, Offenbarung, Wunder, Weifjagung,
wurde alö überflüjfige Zuthat der Prieſter ver:
worfen, mit Vorliebe aud als Allegorien aufge:
faßt und das Chriſtenthum als Wiederherjtellung
der Vernunftreligion verftanden. Die Hauptver—
treter Ddiefer Richtung waren Edward Herbert
(r 1648), Verfaſſer der Schriften De veritate und
Je religione gentilium; Charles Blount (+
1693); John Toland (F 1722), Verf. der Chris-
tianity not mysterious. Anthony Collins (+
1729), Berf. von Discourse on —
und Disc. of the grounds and reasons of the
christ, rel. 1724; Datth. Tindal (+ 1733), Chris-
tianity as old as the creation. Der Einfluß
der Hobbes⸗Hume'ſchen ſteptiſchen Richtung gab
dem Deismus einen fritifcheren, ſteptiſcheren Cha:
vafter, als ihn der deutjche Nationalismus beſaß.
Eine Reaction gegen ihn erhob ſich daher aus dem
religiöjen Bewußtſein des Volkes. Die Entftehung
bes Methodismus bezeichnet zugleic) das Ende des
engliſchen Deismus. Bal. Lechler, Seid). des engl.
Deismus, 1841.
Dekalog. Das Zehntafelgebot. 2. Moſ. 34, 28;
5. Moſ. 4,13. Der Dekalog kommt im Pentateuch
zweimal vor, 2. Moj. 20, 2—14 und 5. Mof. 5,
6—18, an der legtern Stelle mit einigen Abwei:
dungen und der Umſtellung der beiden Glieder
des legten Gebotes. Die Eintheilung ift bei Philo
und Joſephus in 2 Fünfgebote, jo dat; das erſte
der zweiten Tafel das Gebot ift: du folljt nicht
tödten. In der chriſtlichen Kirche faßte man bald
das Verbot der Abgötterei, 5. Mof. 5, 6.7, und
daS Des Bildervienftes als eins (dagegen Drige:
nes). Um die Zehnzahl herzuftellen, nahm Hiero—
nymus Vs. 6 als Gebot. Auguftin trennte das
Berbot des Gelüftenlafiens in zwei Gebote; ihm
folgt die katholiſche Kirche und Luther. Vgl. Geff:
ten: Ueber die Eintheilung des Dekalog, 1838.
Stier, die zehn Gebote, 1858.
Dekapolis. Zehn Städte öjtlih vom Jordan,
vorzugsweije von Heiden bewohnt, welche, in einem
Bundesverhältnik zu einander ftehend, von Augu:
ftus dem Statthalter von Syrien unmittelbar
untergeordnet waren. Joſephus nennt als die grö—
Befte von ihnen Scythopolis, Plinius aber Da:
masfus, welches Jener gar nicht nennt. Gadara,
Geraja, Bella werden dazu gerechnet.
Delbrüd, J. Fr. Ferd. Geb. 1772 zu Magde:
180
Demetrius II. Nikanor
in Scleiermaders Slaubenslehre, 1837. Chriſten⸗
thum, Betrachtungen und Unterjuchungen, 1823—
1527; ber 1. Theil auch unter dem Titel: Bhilipp
Melanchthon, der Glaubenslehrer, 1826. Als Norm
der Schriftauslegung jtellt er darin die Tradition
des apoftolifchen Glaubenäbefenntnifjes auf, wo:
gegen die drei Sendſchreiben von Sad, Ritzſch
und Lücke 1827 entjtanden find. Der verewigte
Scleiermader, 1837.
legat. Delegirte Gerichtöbarteit. Die Juris:
bietion, welde den Biihöfen nad ihrem Amte zu:
fteht, wird als ein ihnen übertragenes (delegirtes)
Recht von den Generalvicaren und Officialen in
eigenem Namen ausgeübt. Ebenſo kann päpftliche
„Jurisdietion an Biihöfe und Andere übertragen
werden. Die Delegation ift entweder eine jtäu:
dige, mit einem Amte untrennbar verbundene,
oder eine durch Vollmacht ertheilte perjönlice.
Der Delegat bildet aljo im Unterſchied vom Man:
datar oder Commiffar eine eigene Gerichtsinſtanz,
von der an den Deleganten appellirt werben fann.
Delegation. Der Name der Provinzen im
Kirchenſtaat und ihrer Regierungäbehörde.
Delisid, Franz. Geb. zu Leipzig 1813, Profeſſor
der Theologie in Roſtock, 1850 Profeſſor in Er-
langen, jeit 1867 in Leipäig, ſchrieb: Jesurun, isa-
goge in grammat. et lexic. ling. hebr. contra
Gesen. et Ewald 1838. Zur Gejdichte der jüdi:
ihen Poeſie vom Abſchluß der h. Schrift bis auf
die neuejte Zeit 1836. Neue Unterfuhungen über
—— und Anlage der fan. Ev. 1853. (Mit
Keil) Bibliſcher Commentar über dad A. T., bis
jest: Bud) Job 1864; Prophet Jejaja 1865 ; Pſal
men, neue Ausarbeitung 1867. — Ueber die Ge:
nejis, 3. Aufl. 1860. Das Hohelied 1851. Habakul
1854., Bibliſche Pſychologie, 2. Aufl. 1861. Com:
mentar zum Brief an die Hebräer 1857. Pſalter,
eriter Theil 1859, zweiter Theil 1860.
Demad. Benleiter des Apoftel Paulus, Kol.
4, 14; Phil. 24, den er aber jpäter verließ, 2. Tim.
4, 10. Falſche Deutung diejer Stelle läßt ihn
vom Chriftenthum wieder abfallen.
Demeritenhänfer. S. Correctionsanftalten.
Demetrius I. Soter. König in Syrien, 162—
151, Sohn des Seleucus Philopator. Bon jeinem
Bater als Geifel nah Rom geſchickt, blieb er dort
während der Negierung feines Oheims Antiohus
Epiphanes. Nach deſſen Tode entfloh er, und er:
langte, nachdem der junge König Ant. Eupator
und Lyſias getödtet waren, die Herrſchaft. Beſon
ders die Intriguen des Alfimus verurjachten vier
Kriegszüge gegen die Juden, 1. Matk. 7, LT;
9, 17.3 2Matf. 14,3 f.; 15, 1, bis fein Feldherr
Bacchides mit Jonathan Frieden jhloß. Gegen
ihn verbanden fic die Juden mit Alerander Ba:
las 154. Demetrius fiel in der Shlagt 151.
Demetrins II. Nifanor. Der Sohn des Bor
gen. Groberte das väterlihe Heid wieder von
Alerander Balas 147, und bejtätigte den Hoheprie—
fter Jonathan. Als er aber demjelben die Beripre:
chungen nicht hielt, und diefer fich mit Antiochus
Theos und Tryphon verbündete, mußte er trot Des
Sieges bei Ajor nad) der Einnahme von Damaskus
durch Jonathan nach Eilicien fliehen. Auf einem
Kriegszug gegen die Perjer, 1. Mat. 14, 14, wurde
burg, jeit 1818 Profeſſor der Literatur in Bonn. | ergefangen genommen; von dort entlafien, gelangte
Borher 1797 Lehrer in Berlin, 1309 Regierungs: | er zwar wieder zur Herrſchaft 131, wurde aber von
und Schulrath in Königsberg, 1816 in Düffeldorf.
71345. Schrieb Erörterungen einiger Hauptſtücke
Alerander Zebinas von Neuen vertrieben umd
ſtarb zu Tyrus 126.
Demetrius
181
De salute animarım
Demetrius, der Goldſchmied in Ephejus, er: | Innocenz III. machte dies 1204 in dem Streite
regte ven Aufitand gegen Paulus, Apftg. 19, 24 ff.
Demetrind. Biichof von Alerandrien 189. Nach
der Eage ein ungebildeter Winzer, den Biſchof Jo—
bann in Folge einer Engelerfcheinung zu feinem
ler ernannte, nachdem Demetrius feine
und feiner Frau Jungfräulichfeit durch die Feuer:
probe ermielen hatte. Demetrius berief Origenes
an die Katechetenfchule und jandte ihn auf eine
Rifftonsreife durch Arabien. Als aber derjelbe auf
einer Reife nach Paläſtina ſich von den dortigen
Biihöfen hatte zum Presbyter weihen laffen und
damit die Gewohnheit der Kirche verlegte, nahm er
das jo übel, daß er ihn ercommunicirte 232.
Deminutio benefleii. Die Belaftung einer
pfrunde mit einer neuen Zeitung (Amtsobliegen-
beit) ift eine Verminderung ihres Werthes. Die
Belaftung darf nur eintreten in der Bacanz vor
der Neubejegung aus gerechter und nüßlicher Ur:
lache unter Zuftimmung der Betheiligten, der Ge:
meinde und ber geiftlichen Obern.
Demiurg, Weltihöpfer. S. Gnoſticismus.
Demuth. Die chriftlihe Demuth mwurzelt in
dem Gefühl der umbedingten Abhängigkeit von
Gott ; auch in Bezug auf andere Menjchen hat fie
darin ihren Grund, ſofern A die willige Anerfen:
nung der benjelben von Gott gegebenen Gaben
und ihres Berufes in fich ſchließt und diejelbe auch
dem anfcheinend Geringiten zu Theil werden läßt.
Die Demuth ift deshalb mit der Selbjtachtung und
dem Aufrechthalten der Berjönlichkeit nicht nur
nicht unvereinbar, fondern vielmehr deren tiefite
Weihe ſowie nothwendige Stüte und Reinigung.
Denar. Eine römische Silbermünze im Werthe
von 16 AS — 5 Sar. Die jpätern Golddbenare
waren gleich 10 Silberdenaren.
Denk, Johann, der Antitrinitarier. Geb. in
Bayern, befuchte er 1521 in Baſel als Gorrector
einer dortigen Druderei Defolampads Vorleſun—
gen, und war 1523 Rector der Sebalde-Schule
in Nürnberg, wo er mit Minzer zuſammenkam.
Seiner reformirten und anabaptiftiichen Anſichten
wegen von dort verbannt, war er 1525 Mitalied
der Täufergemeinde in Augsburg und betheiligte
hd 1526 in Straßburg an der von Hetzer edirten
Ueberjegung der Propheten (Wormjer Bropheten
1527). In Folge einer Disputation über fein
„Büchlein von Geſetz“ mit Bucer, der ihm vor:
warf, die Sünde zu einem Wahne zu machen,
auch von hier verbannt, wirkte er mit Hetzer, Kautz
und Hilarius für jeine Anfichten in der Pfalz und
ging 1527 nad Bafel, wo ihm fein „Widerruf,
Proteftation und Belenntniß“ von Neuem den
Schutz Defolampads erwarb. Er ſtarb an ber
Veit 1528. Nach feiner Lehre vom innern Worte,
mußte er Bibel, Taufe und Sacrament gering
achten, und den täuferifhen Lehren von ber Ge:
meinde der Heiligen und der Wiederbringung hul-
digen. Die Präexiſtenz Chrifti verwarf er. Bal.
Zrechfel, die prot. Antitrinitarier, 1839 — 1844.
Heberle, Dend, Stub. und Kritik, 1851 u. 1855,
— La vie et les écrits de J. D., Strasb.
_ Denuneiatio evangelica, Die Weifung des
Deren Matth. 18, 15—17 wurde benust, um die
lirchliche und päpftliche Jurisdiction auch auf alle
weltlichen Rechtshändel auszjudehnen, wo die Dem
Kläger angeblih anaethane Nechtsverlegung als
Verjündigung an ihm aufgefaßt werden könnte.
Philipps von Frankreich mit Johann von Eng:
land geltend. Obgleid) die Decretalen den Grund:
fat ausfprechen, ift er doch heute felbft von Kanoni:
ften als unzuläffige Vermiſchung der kirchlichen
Zucht mit der Rechtspflege verworfen.
Deportuum jus. Das Recht des Bifchofs, die
Einkünfte des erften Jahres von jeder neu verlie—
henen Pfründe einauziehen.
Depofition. Die Amtsentſetzung eines Geift:
lihen. ©. Degradation.
Depreratinformel, Die Abfolution wurde bis
auf Thomas von Aquino fürbittend ausgeſprochen:
Absolutionem et remissionem tibi tribuat Deus,
Dann erft begann man im Prieſter den los:
ſprechenden Richter zu erbliden, und wählte bie
Indicativformel.
Depntaten find niedere Kirchenbeamte der grie:
chiſchen Kirche, deren Dienft darin befteht, den
Vriefter bei feierlichen Gottesdienften auf dem
Gange zum Altare mit brennenden Lichtern zu
begleiten, auch fonft bei Aufzügen ihm voranzu-
gehen und ihm Bahn zu machen. In der römi:
ſchen Kirche find es die Vorgeſetzten Heinerer Be:
zirfe in größeren Landdecanaten, welche den Ber:
tehr des Decans mit den Pfarrern vermitteln. In
der reformirten Kirche findet ſich der Titel bei den
weltlihen Mitgliedern des Kirchenvorjtands zu
Bafel (Ref. Ord. 1529), welche auf die Prediger
und die Schulen Acht zu geben haben.
Derbe. Stadt in Lykaonien, füdlid von lo:
nien. Waterftadt des Timotheus, Apftg. 16, 1,
und des Cajus, 20,4. Hierhin fam Paulus, Apſtg.
14, 6. 20 und 16, 1.
Derefer, Thaddäus Anton. Geb. 1757 zu Fahr
in Franken. 1783 Brofefior der Theologie zu
Bonn, 1791 in Straßburg zugleich Prediger und
Superior des Seminars; weil er den Eid ver:
weigerte, 1793 zum Tode verurtheilt. Durch Robes⸗
pierre'3 Sturz befreit, wurde er in Heidelberg und
Freiburg Profeſſor und geiftliher Rath, 1810
Pfarrer in Karlsruhe, verließ jedoh das Amt
ſchon 1811 wieder und nahm eine Profefiur am
Seminar zu Luzern an, bis er hier feiner freien
Richtung wegen entlafjen wurde. 1814 nad Bres—
lau berufen, hatte er aud) dort manche Conflicte.
Er jtarb 1827. Bon feinen Schriften fam „Tu es
Petrus“ 1790 auf den Inder. Außerdem fchrieb
er eine hebrätiche Grammatik, Leipzig 1817; die
Fortietsung der Bibelüberfetung von Brentano ;
Kathol. Gebetbuh, 5. Aufl. 1837; Erbauungs:
buch, 8. Aufl. 1520.
erwifd, Das Inſtitut der Derwiſche bei den
Muhamedanern ift ähnlich den Mönchsorden der
Katholiten, doch legen die Dermwifche weder das
Gelübde der Keufchheit, noch irgend ein bindendes
ab. Sie leben theils in Klöftern, theils einzeln, der
Beichaulichkeit und religiöjen Uebungen mancherlei
Art hingegeben. Der Urſprung des nftituts wird
in die eriten Zeiten des Islam hinaufgeführt. Wie
die Mönche, zerfallen auch die Derwiſche in viele
verschiedene Orden.
De salute animarum, Die päpjtliche Bulle
vom 16, Juli 1821, melde die Verhältniffe der
fatholiichen Kirche in Preußen, nad) den durd Nie:
buhr und Eonjalvi 1820 geichloffenen Berein-
barungen, ordnete; ift durch Cabinetsordre vom
23. Augquft defielben Jahres unter Vorbehalt aller
Majeftätsrecdhte genehmigt und publicirt,
Descartes
Descartes. S. Cartefius
Descensus Christi. ©. Höllenfahrt.
Defertion. > Verlaffung
Defiderius. König der — In dem
Streben, ſeine H aft über ganz Italien aus⸗
zubehnen, mifchte er ſich in die Streitigfeiten we:
gen der Bapftwahl 767 und bejegte Theile des Pa:
imoniums Petri. Von Stephan III. zu Hülfe
rien befiegte ihn Karl der Große 774. 7 als
Pier ener im Klofter Corvey
aü, Aecocov, in — 2. Makk. 14, 16.
Den Albrecht von Mainz, Joahim von Bran-
denburg und Heinrid von Braunſchweig ſchloſſen
* 1525 ben katholiſchen Bund, dem entgegen
ohann Friebrid) und Philipp von Heſſen u Frie⸗
denwalde am 7. Nov. ſich verbündeten.
Anhalt.
efſervauten ober Sutturſaliſten. Die Articles
organiques vom 8. April 1802 zur Ausführung
des franzöfifchen Concordates von 1801 beſtim⸗
men, daß in jedem Canton ein Pfarrer beftellt
werbe, ben der Staat befolde. Da die Sprengel
berfelben 7 groß waren, fo wurde geſtattet, daß
Biſchof außerdem fo viele Deſſerbanten, Suc⸗
eh en anſtelle, als das Bebürfniß erheifche.
Diefelben können vom Bifchof abgejegt und ver:
fegt werben (r&vocables) und find von den Ge:
meinben zu bejolden. Hierin beftand der einzige
Unterſchied von den Pfarrern (cures). Dem Ueber:
maß ber bifchöflihen Macht ift ein germaßen be:
— durch die fpätern Provinzgialſynodalbe⸗
üſſe, > auch der —— —— —— Zuzie⸗
bung des Offizialats abgeſetzt werben dürf
Determinismus und In — Die
Schwierigkeit, den Begriff des freien Willens, ſpeciell
in ſeinem Verhältniß zum göttlichen Willen, zu de⸗
finiren, hat von jeher auf zwei en sgegenge‘ te Ge:
dantenfyfteme hrt. Wird der Wille fo beftimmt,
daß alle jeine Seuche ihren legten Grund in der
unabhängigen Selbftentiheidung des Individuums
ner fo ıft dies Indeterminiämus. Iſt die De:
nition aber fo, daß die Willendentf eidungen
felbft nur Producte von außer dem Willen liegen:
den Urſachen find, fo daß der Wille gleihjam nur
den Brennpunkt bildet, in dem fich die ftreitenden
Urſachen vereinigen, fo ift Died Determinismus.
Der endlich et. bezieht fich ausſchließlich auf
das Berhältnif des menſchlichen Willens zu Gott,
indem Letzterer als der Verurfacher aller men:
lichen Willensbewegungen gedacht wird, und geht
aus einem frommen, iter [Do ec Gefühle, wie es fi
3. B. auch bei Lut e servo arbitrio gegen
Eraömus) und — ——— (Abhäng se —*
gefühl) fand, hervor und hat als religiöſes efühl
auch reg Berechtigung. Dieſes kann aber eine dog:
matiijhe Form anne hmen, wie in den Syftemen
Auguftins und Glos deren Brädeftinations:
lehre den jchärfften Ausdrud des determiniftifchen
Gefühls ausfpricht. Je mechanischer dieſes beftim:
mende Berhältnik Gottes zum Individuum im
Einzelnen gedacht wird, * mehr nähert ſich der
en iöfe Determinismus dem Fatalismus. Der
medaniſche Fatalismus, der als Volksaber⸗
alaube auch im Chriftentgum niemals gefehlt hat,
iſt die Vollendun — deter miniſtiſchen Mechanis⸗
mus, dem der Menſch nur Ari! als millenlofe
Mafgine erfcheint. > philoſophiſche Det.
t feinen Ausgangspımft in philoſophiſchen
182
Deuteronomium
im — und ER Syftem, welche
aus der Harmonie bed Ganzen eine geſetzmäßig
geregelte Willensbewe des Einzelnen verlan:
gen, oder wie in pantheiftif Spyitemen, melde
a3 Individuum nur ala Erſcheinung des Ganzen,
das Leben der Individuen nur als naturgemäßen
Entwicklungsprozeß ded Ganzen anjehen (Hegel:
Ihe Schule), oder wie im Materialiämus, der die
—— en nur als nach dem Natur:
eſetz fich vollziehende Veränderungen des organi-
Arten Stoffes kennt; jeien es piy — Ber
von den Erfahrungen einer Äakır
feit der —— Handlungen (3. B. ne En
rungen der Criminalftatiftit) ausgehen oder von
einer nähern Analyfirung der menſchlichen Willens:
aud) | Äußerungen nad) ihren legten Gründen, als welche
Temperament, Naturell, Erziehung u. f. mw. ange:
nommen werden (Scholten). Vgl. Herbart, Zur
Lehre von der Freiheit deö men — Willens,
Gött. 1836; Romang, Ueber Willensfreiheit und
Det.; L. Ph. iſcher —8 für Philoſ. ne
Theologie ; Zeller, Theol. Jahrbücher 1846;
Scolten, De vrije wil; kritisch ondersoek, 1859.
etrusio in monasterium, ©. Klofterver:
weifung.
Deurbofl, Wilhelm. Geb. zu Amfterbam 1650,
+ 1717. Ein Korbmacher, der theologifche und phi⸗
loſophiſche Studien trieb, und d * ſeine Schrif⸗
ten wie durch öffentliche ðvorieſungen, die Manches
in der ref. Lehre tadelten, Streitigkeiten in der
holländiſ en ref. Kirche erregte.
Deusdedit, der Se e. Bapft 615618. Da
der Name —— mit Adeodatus, wird er
zuweilen A. J. genannt. Er war der Sohn eines
Subdiakonen. Die Legende ſchreibt ihm wunder:
bare Heilungen von Ausfägigen zu. Zwei Decre:
talen unter feinem Namen über die Che zwijchen
Gevattern und bie Den find unedt.
Deuterojefaja. ©. —*
Deuterokanoniſch heißen bei den Katholiken zu:
weilen die Bücher, welche nicht im hebräiſchen Ka:
non, fondern nur im alerandrinifchen fich finden,
und jonft Apofryphen (f. d. A.) genannt werden.
BProteftantifche Kritifer nennen fo auch Bücher des
Neuen Teftaments, welche nicht unmittelbar apo:
ftolifcher Abfaffung find, wie der Hebräerbrief.
Deuteronomium. Das 5. Bud) Mofis. Jft nad
Emwald und Riehm unter Manafle, nah Bunjen
unter Hiskia, jedenfalls vor Jofias, nad de Wette
und —— unter dem Letzteren geſchrieben, ſei
ed nach Ewalds Vermuthung durch einen Flücht—
ling in Aegypten, oder daß nach Andern Jeremias
und ber Hoheprieſter Hilkia daran betheiligt ge:
weſen. ir die Beftimmung der Abfaffungszeit
fommen in Betracht die Stellen 2, 12; 4, 58;
19, 14; 14, 22—27; 15, 19—23; 16, 117:
17,3.16; 28,68. Das Buch enthält eine geiftigere
Zufammenfaffun des Geſetzes, in welcher das
Religiöſe und Sittliche das nur Rituelle mehr zu—
rückdrängt und das moſaiſche Recht, den ver:
änderten Zuftänden des Volks und feines Staats:
lebens entiprechend, fortgebildet ift. Bgl. das
Königägejeß 17, 14—20; das Prophetengejeß 18,
9—22; die Gerichtsordnung 19,12;21,2—6; 22,
15 f.; 25, 7 f.; das Verbot des Dp erns außer:
halb des Tempels 14, 22 ff.; 15, 19 ff.; 16, 1 ff.;
die Beftimmungen über die Leviten; die Strenge
en den Götzendienſt u. X. m. Der Bericht über
geg
rundanichauungen, feien es metaphyſiſche, wie den Tod des Moſes, der in Styl und Sprade
Deutjchfatholifen
mit dem Ganzen übereinftimmt, bildet nur einen
ſehr untergeordneten Beweggrund, weshalb die
neueren kritiſchen Forſcher gegen die moſaiſche
Abfaffung ftimmen, welche von andern, wie Delitich
und Keil, noch feitgehalten wird. Zur Literatur vgl.
die unter Einleitung in das Alte Teftament und
Pentateuch angeführten Schriften ; Ed. Riehm, die
Geſetzgebung Mofts im Lande Moab, 1854 ; Com:
mentar von 1859.
Dentihkatholiten nennen fichdieMitgliedereiner
jelbftändigen, von der römischen Kirche getrennten
Religionspartei. Den äußern Anlaß zu diejer
Trennung gab ein offener Brief eines juspendirten
Caplans, Joh. Ronge, zu Yaurabüitte in Oberfchle:
fien vom 1. Dct. 1844 an den Biſchof Arnoldi zu
Trier, der im Auguſt defelben Jahres eine Ausftel:
lung des heil. Rodes zu Trier veranlaft hatte. In
aut gewählten Worten verglich der Brief den Bijchof
mit Tegel und mahnte ihn an die wahren Biſchofs⸗
vflihten. Dem Briefe folgten Flugichriften, die
direct zur Trennung von der römischen Kirche auf:
forderten, da der röm. Biſchof die Religion zum
Nittel der Herrſchſucht herabgewürdigt habe, die
Gemüther in geiftiger Knechtſchaft halte und na:
mentlich die Einheit der deutichen Nation verhin:
dere. Die Agitation, welche einem in weiten Krei:
jen verbreiteten Gefühle entgegentam, wurbe auf
Reifen Ronge's, bie fi zu Triumphzügen geital:
teten, fortgefett und es bildeten ſich deutichlatho:
lüche Gemeinden zu Breslau, Berlin, Elberfeld,
Yeipzig, Offenbach, Worms u. a. a. D. Schon frü:
ber hatte eine ähnliche Seceffion in der kath. Ge:
meinde Schneibemühl ftattgefunden durch den Bi:
tar Czerski, der in heimlicher Ehe gelebt hatte und
deshalb juspendirt wurde. Im Gegenjak zu dem
Probfte der Gemeinde, der in den gemijchten Ehen
den ultramontanen Grundſätzen folgte, hatte ſich
ein Theil der Gemeinde enger an den Vicar an:
geihloflen, und folgte ihm bei feinem Austritt aus
der Kirche. Die „hriftfatholiiche” Gemeinde zu
Schneidemühl veröffentlichte ihr Glaubensbekennt⸗
niß, welches fich gegen neue römische Irrthümer
ausiprach, die Kelchentziehung verwarf, aber das
woſtoliſche Glaubenäbelenntnig und die fieben
Sacramente beibehielt, am 19. October 1844. Die
von Ronge geleitete Breslauer Gemeinde ftellte
ebenfalls ein Betenntnif auf, welches das Apo-
stolicum modernifirte und alles Wunderbare ſtrich.
Anfänglich gingen beide Richtungen zufammen.
Auf dem Concil zu Leipzig drang der Ronge'ſche
Typus am 23.—26. März 1845 mit folgendem
Belenntni dur: „Sch glaube an Gott den
Vater, der durch fein allmächtiges Wort die
Welt geſchaffen und fie in Weisheit, Liebe und
Gerechtigkeit regiert. Ich glaube an Jeſum Chri-
um, unfern Heiland. ch glaube an den heiligen
Geiſt, eine heilige allgemeine chriſtliche Kirche,
Vergebung der Sünden und ein ewiges Leben.“
Die Verſchiedenheit der Glaubenslehre ſoll feinen
rund zur Trennung geben. Nichtsdeftomeniger
wurde die Spaltung zwiſchen Ezersti und Ronge,
trotz einer Vereinbarung von 1846, immer mehr
offenbar, auch Theiner, der 1845 zugetreten
Dar, verlieh die neue Kirche bald wieder. Diejelbe
hatte indeffen an Umfang gewonnen, begün—
— den politiſchen Liberalismus, dem ſie
je länger je mehr ergab (auf dem Concil zu
Berlin 1847 waren 151 Gemeinden vertreten);
bendeshalb aber ftellten fich die Regierungen ihr
183
Deutſchorden
immer mißtrauiſcher gegenüber und erſchwerten
den Zutritt. Die Blüthezeit des Deutſchkatholicis—
mus waren die Jahre 1848 und 1849; die Hemm—
niffe der Gemeindebildungen waren überall gefal—
len, aber um jo unverhohlener trat die politifche
Seite der Bewegung in den Vordergrund. Der
Prediger Dowiat erklärte offen, das Religiöſe fei
nur Dednantel des Politiſchen gewejen, und jo
wendete fich auch die Reaction gegen die Gemein:
den. Das Concil in Leipzig 1850 wurde polizeilich
verhindert und ſuchte Zuflucht in Köthen; in Ge:
meinjchaft mit den freien Gemeinden conftituirte
es „eine Religionsgemeinfchaft freier Gemeinden”.
Der öfterreihifche Landtag hatte 1849 die Auf:
löfung der Gemeinden beantragt. Der Wiener Ge:
meinde wurde die Anerkennung 1850 verjagt, 1851
die Münchener aufgelöft. Durch die Oppofition
wuchs in den Gemeinden immer mehr die Nega—
tion alles Neligiöfen. Auch Ezersty hatte fich bin:
reißen laffen; auf der Synode 1865 wurde fogar
der Antrag der Kölner Gemeinde, den Glauben
an einen perfönlichen Gott feſtzuhalten, abgewieſen.
Von vornherein hat es der Bewegung an einer
wirflich religiöjen Begeifterung und an bedeuten:
den Perjönlichkeiten als Führern gefehlt, und fo
mußte fie die Hoffnungen (Gervinus, Miffion der
Deutichfatholiten) täufchen und die Befürchtungen
rechtfertigen. Man muß aber Hafe zuftimmen, der
den Deutſchkatholicismus die vorzeitige Fehlgeburt
nennt und die Garricatur deſſen, mas im Schooße
der Zukunft ruht. Seinen Ausgang hat der Deutſch⸗
fatholicismus in dem religiöfen Reformverein ge:
funden, der, von Ronge geftiftet, feine erfte Gene:
ralverfanmlung 1863 zu Frankfurt hielt. Val.
Materialien zur Geſch. der deutſchkath. Kirche von
Behuſch; Kampe, Geſch. der relig. Bewegung (1852
—60), 4 Bde.; Brugger, der Deutſchkatholicis—
mus 2c. 1852—54; das Wejen des Deutichfatho:
licismus 1850.
Deutihmann, oh. Geb. 1625. Seit 1657 a. o.,
5 1662 o. Profeffor in Wittenberg, Schwieger:
ohn Galovs. + 12, Auguſt 1706. BVerjuchte die
Uebereinftimmung der Theologia paradisiaca (der
Glaubenslehre Adams und der Patriarchen) mit
der Concordienformel nachzuweiſen, und war der
erbitterte Gegner Calixts 1I. und Speners, dem
er 263 Ketzereien nachwies.
Deutihorden. Deutſche Ritter oder Herren.
(Heftiftet 1190 bei der Belagerung von Acco, be:
ftätiat am 6. Febr. 1191, follte der Orden ritter:
liche Thätigkeit mit der Pflege der Leidenden und
Pilger vereinigen. Er zerfiel daher in die 2 Klafjen
der Ritter und der Pfleger. Das Ordensfleid war
weißes Gewand mit ſchwarzem Kreuz, der erfte
Hochmeiſter Heinrich Walpott von Baflenheim, der
jeinen Sit zu Acco nahm. Inter Hermann von
Salza riefen Konrad von Mafovien und Biſchof
Ehriftian in Preußen 1226 den Orden zu Hülfe
gegen die heidnifchen Preußen. Unter dem Deutich:
meijter Hermann Balf und mit Hülfe eines deut:
{chen Kreuzheeres unterwarf ſich der Orden, der
gleich Anfangs den Dobriner Ritterorden, 1237
auch die Schwertbrüder in Liefland in fi) aufge:
nommen hatte, ganz Breußen, und richtete dort
jeine Herrichaft auf. 1283 war die Unterwerfung
nad langem Kampfe vollendet. Das Gebiet des
Ordens dehnte fich fiber gang Pommern aus.
Kulm, Thorn, Marienwerder wurden gegründet,
deutiche Coloniften ins Land gezogen und 1309
Devay
der Sit des Ordens jelbft nad) Preußen (Marien:
burg) verlegt. In der Blüthezeit des 14. Jahrhun:
derts wendete der Orden jeine friegerifche Thätig-
feit auf die Eroberung Litthauens, welches zum gro:
Ben Theil gewonnen wurde, dann aber mit Bolen
verbunden gegen den Orden fidh erhob und demſelben
1410 in der Schlacht bei Tannenberg den eriten
großen Schlag beibradhte, von dem er I nie wies
der ganz erholt hat; doch ließ ihm der Frieden von
Thorn 1411 noch fein Gebiet. Kriege mit Polen
und innere Spaltungen führten den Berfall herbei,
den auch fräftige Hochmeifter, wie Heinrich von
Plauen und Ludwig von Erlihaufen, nicht ver:
hindern fonnten. Der „preußifche Bund“ des Land:
adels und der Städte 1440 mußte anerfannt wer:
den; Elbing, Thorn, Danzig, Königsberg ftellten
ſich unter Polens Schutz; nad 13jährigem Kriege
mußte im Frieden von Thorn 1460 der Drden fein
Land von Polen zu Lehen nehmen. Die Bemühun:
en um eine Reformation des Ordens im Innern
cheiterten (1479), ebenfo die Bemühungen, der
Lehnähoheit ſich wieder zu entziehen. Der Arie
brach von Neuem aus 1519. Während eines Hat.
jenftillftandes fuchte der Hochmeiſter Albrecht von
Brandenburg (j.d. A.) Hülfe in Deutichland, lernte
Dfiander in Nürnberg kennen, durch ihn Luther
1523, und folgte dem Rathe, den Ordensſtaat in
ein weltlihes Herzogthbum zu verwandeln, mit
weldem er am 10. April 1525 in Krakau belehnt
wurde. Auch Liefland ging verloren, trogdem daß
Walter von Plettenberg die Rufen bei Maholm
(1501) und bei Pleskow (1502) ſchlug und als
Herr des Landes anerkannt wurde. Sein Nadıfol:
ger jah fich genöthigt, da die Reformation Ein:
gang gefunden hatte, Albrechts Beispiel zu folgen,
und als Herzog von Kurland und Semgallen das
frühere Ordensgebiet 1561 zu Wilna von Polen
zu Zehen zu nehmen. Nach dem Berlufte Preußens
hatte der Orden jeit 1527 feinen Sitz zu Mergent:
beim, bis 1809 ein Napoleonifches Decret den
Orden auflöfte. Die Güter fielen an Baden, Bayern
und Würtemberg. Ein Heiner Theil wurde nad)
dem Frieden dem Orden zurüdgegeben. In Oeſter⸗
reich wurde er als geiſtlich militärifches Inſtitut
unter den Schuß des Kaiſers geftellt, ein Erzher:
zog ift beftändig Hochmeifter. Bal. Kurd v. Schlö—
zer, die Hanſa und der deutjche Hitterorden, 1851;
Verfall :c., Berlin 1853; Joh. Boigt, Geſchichte
Preußens 1827—29; Watterich, die Gründung
des deutfchen Ordensſtaates in Breußen, 1857.
— Matthias Birö. Der ungariſche Luther.
Geb. zu Deva in Siebenbürgen am Anfang des
16. Jahrhunderts. Studirte zu Kralau 1523, trat
in einen Möndsorden und ward Priefter. Von
den Ideen der Heformation ergriffen, ging er 1529
nad) Wittenberg, wo er Luthers Haus: und Tiich-
enofje war. Als Prediger zu Ofen 1531 und Ka—
hau wirkte er mit Erfolg (fein Büchlein De san-
etorum dormitione), jo daß ergefangen nad) Wien
zur Unterfuhung vor den Biſchof Faber geführt
wurde, 6. November 1531, und, faum entlafien,
neue Gefangenſchaft 1532—34 erdulden mußte,
Unter dem Schuge des Grafen Nadasdy entfaltete
er dann feine Wirkſamkeit zu Sarvar und fpäter
zu Debreczin als Baftor und Senior. Schon 1537
hatte er auf einer Reife Orynäus in Bajel fennen
gelernt; als er vor dem Einfall der Türken 1541
in die Schweiz flüchtete, wandte er fich von feiner
184
Diafon
dem zwinglifchen Lehrbegriff zu, und es ift ihm
bejonders zuzuichreiben, daß diefe Richtung in Un—
garn das Uebergewicht erlangte. Bon feinen Wer:
ten ift am bedeutenbditen die Heberjegung des Neuen
Teftaments 1531 und ein Handbuch der Religion
(Kurze Erflärung der zehn Gebote, des Glaubens,
des Baterunfers und des Siegels des Glaubens).
D.s Todesjahr ift ungewiß, jedenfalls vor 1547,
Devolutiondredt. Wenn die zur Berleihung
einer firchlichen Pfründe berechtigte önlichkeit
aus eigenem Berjchulden die geſetzliche Friſt nicht
einhält, jo geht für den einzelnen Fall diefe Befug—
niß ex jure devoluto auf den nädjfthöhern Kir-
chenobern fiber, nad) den Beftimmungen der Yate:
ranconcile von 1179 und 1215. Nad den Wiener
Concordaten von 1418 geht das Bejegungsrecht
eines Bisthums bei unfanoniiher Wahl immer
auf den Papſt, nicht auf den Erzbifchof. Läßt auch
der kirchliche Obere eine Friſt von 3 Monaten um:
genützt verftreihen, jo tritt das Recht des eriten
Verleihers wieder ein (Recht des Nüdfalles, jus
postliminii). Einzelne regeln Specialgejegebun:
gen, in Preußen 9. 2. II. 11, $. 391 — Im
weitern Sinne ift Devolutionsredht überhaupt die
Befugniß der Obern zum Einſchreiten, wenn noth:
wendige Jurisdictionshandlungen von den Berech⸗
tigten unterlaflen werden.
De Wette, S. Wette, de.
Derter, Flavius Lucius, Sohn des Biſchofs
Pacian von Barcellona, wird von Hieronymus
unter feinen Freunden und als Verfafler eines
Geſchichtswerkes Omnimodum historia genannt.
Der Jeſuit de la Higuera wollte daffelbe zu Fulda
gefunden haben und edirte es; es hat ſich aber der
Betrug herausgeftellt. Dal. Mondejas, Kirchl. Ab:
bandlungen ; d'Aguirol, Concilienjammlung.
Diagramm. Bei den Ophiten die Zeichnung der
3 Weltreiche des Syftems, verjehen mit magiſchen
Beihwörungsformeln, durd welche die Geijter
oder Yichttheile aus der Finſterniß herausgeführt
werden Jollten.
Diakon. Das kirchliche Amt der Diakonen be-
jchreibt zuerft Juſtin, Apol. I, 65, als ein unter:
georbnetes, dem die Hülfsleiſtung beim Abend:
mahl und die Aufrechthaltung der Dronung im
Gottesdienft obliege. Die jpätere * legt ihnen
auch die Sorge für die Armen auf, und zieht ſie
zum Klerus; immer aber ſollen ſie nur nach An—
ordnung des Biſchofs handeln. Nach der Auffaſ—
jung der römischen Kirche gehört der Diakon zu
den ordines majores, verpflichtet daher zum Cö—
libat. Der Diakon ift Gehülfe des Priefters; öfters
ward ihm die Predigt übertragen. Geweiht wird
er buch Handauflegung des Biſchofs ohne Sal—
bung. Der unmittelbare Zufammenbang des alt»
firhlichen Diafonats mit der Einrichtung Apfta.
6, 2 (Bitringa, Böhmer) ift Ber zweifelhaft; im
diefer hat man weit eher die erjte Geftalt des Bres-
byteramts, der Verwaltung und Borfteherichaft
der Gemeinde zu erbliden. In der luther. Kirche
ift der Titel Dialon für die Nebengeiftlihen bei—
behalten, daher auch Subdiakon und Ardidiaton.
Die ref. Kirche hat fi) mehr an die Stelle Apita.
6, 2 nad ihrer Auslegung angeichloflen, und
nennt Diafonen die —— der Gemeinde,
die durchgängig als Mitglieder des Confiftoriums
(Bresbyteriums) in daffelbe aufgenommen wurden.
Val. Ritſchl, Altkath. Kirche, 2. Aufl., 354 ff. ; Ewald,
frühern lutheriſch-melanchthoniſchen Anſchauung! Geſch. Jir. VIL und die ref. Kirchenordnungen.
Diafonicum
Dialonicum. Ein Anbau an der Kirche zur Auf:
bemabrung der Geräthe und zu ähnlichen Zweiten.
— In der griechiſchen Kirche ein Handbuch für die
Aunctionen des Dialons. .
Diakoniffa. Auf dies Amt kann im Neuen Te:
ftamente nur Röm. 16, 2 bezogen werden. Es be:
ftand nur bis zu ben Synoden von Drange 441
und Epaon 507. Die Berrichtungen waren Pflege
der Armen, Kranken und Gefangenen und Hülfe:
leiftung bei der Taufe der Frauen. Die D. find zu
unteriheiden von den Presbyterinnen, welche bis
sur Synode von Laodicea beftanden und den frauen
kin follten, was die Preöbyter den Männern. Bei
den Jakobiten und ausnahmsweiſe bis ins 12.
Yahrhundert in der ariehiihen Kirche haben D.
ih erhalten. Sonst führten den Titel aud die
Boriteherinnen in den Klöftern.
Diakoniffen-Anflalten. Dialonen-Häufer. Die
erite diefer Anftalten aründete 1836 der Pfarrer
Fliedner (+ 1864) zu Kaiſerswerth am Nhein, in der
Abficht, die jegensreihe Wirkſamkeit mancher kath.
weiblicher Orden auf evangeliichen Boden zu ver:
pflanzen und das altkirchliche Amt der Diakoniffen
zu erneuern. Die Schweitern (aufgenommen wer:
den Jungfrauen bis zum 30. Jahr) werben nad
einer theoretifhen und praftifchen Uebungszeit
(Brobejchweitern) feierlich eingefegnet und an Stel-
len, wo man ihrer bedarf, entiendet. Sie verpflich⸗
ten jich auf je 5 Jahre und bleiben im engften
Berbande mit der Anftalt, die auch die Beſtim—
mung über ihre Stellung behält. Hauptſächlich zur 1%
Krankenpflege beftimmt, hat die Anftalt die Kin:
dererziehuung und die Pflege der Gemüthskranken
und die Rettung der Gefallenen in den Bereich ihrer
Virffamteit gezogen, und vereiniat daher mit dem
Kranfenhaufe ein Waifenftift, ein Seminar für
Yehrerinnen, eine Seilsanftalt für Gemüthskranke
und ein Maadalenenitift. Außer den in Privat:
tranfenpflene Thätigen arbeiten an 300 Schweitern
auf 110 Stationen, von denen 13 eigentliche Töch—
teranftalten find. In Eonftantinopel, Smyrna,
Jeruſalem und Alerandrien find Kranken⸗ und
Raifenhäujer von Kaiferswerth aus gegründet.
1864 verpfleaten die Schweftern auf den verjchie:
denen Arbeitsfeldern 27,000 Berionen. Angeregt
von Kaifersmerth find in und außerhalb Deutſch⸗
land andere Diakoniffen:Anftalten entitanden, die
in gleicher Weiſe eine zu hülfreicher Yiebesthätig-
leit verbundene Genofjenihaft beabfichtigen, oder
auch nur die Ausbildung zur Kranken-, Armen:
und Kinderpflege, 3. B. in Straßburg 1842, Ber:
Im 1847, Neudettelsau 1854, Dresden 1842, Ut—
vecht 1844, Yondon 1848. Val. Armen: und Kran:
!enfteund, Kaiſerswerth, und die Berichte der An:
ftaften. — Als Seitenitüid zur Dieloniffen:Anftalt
gründete Pfarrer Fliedner 1846 die Diakonen-
Anftaltin Duisburg zur Ausbildung junger Män-
ner für Kranken: und Armenpflege in dem Gedan:
fen, diefelben in den Gemeinden den Diatonen des
Presbyteriunms als Helfer beizugeben (Gemeinde:
diafonen). Bei der Organijation wurde eine Hin:
&errettungsanftalt nach Wichernichen Grundfägen
und ein Aranlenhaus damit verbunden. Bal. die
Berichte. — Ueber den Gedanken, den Diakonat in
der Kirche als Gemeindeamt und als befondern Ordo
wieder aufzurichten, und an feiner Spige ein Archi⸗
dialonat, val.die Berhandlungen der kirchlichen Con⸗
ferenz zu Berlin 1856 ; Actenftücte des ev. Oberfir-
Genraths, 4. Heft, 1857. ©. auch Innere Miffion.
185
Didymus
Diana von Ephefus. Apſtg. 19, 24. Iſt ur:
ſprünglich von der griechifhen Artemis ganz ver:
Ichieden, deren Name auf die aftatifche Naturgott:
heit der Aſchera, welcher aleichfalld der Mond ge:
heiligt war, übertragen wurde, jo daß die Auf:
fafjungen in einander übergingen. Ihr Bild ift ein
mit vielen Brüften verjehener, mit Thiergeftalten
verzierter Blod. Yhr Tempel wurde zu den Wun:
dermwerfen der Welt gezählt. Plinius befchreibt ihn
Hist. 24,21. Val. Hirt, der Tempel der Diana zu
Ephejus, 1809. Als er durch Heroftrat verbrannt
worden war, wurde er noch prächtiger wieder auf:
gebaut und endlich durch die Gothen zerjtört. Bon
dem Tempel wurden Kleine filberne Modelle an:
gefertigt und verkauft, Apſtg. 19, 24.
Diafpora, Zerftreuung. Wie der Ausdrud Joh.
7,35; at. 1, 1; 1. Bet. 1, 1 von den Juden ge:
braucht wurde, welhe außerhalb Paläftina’s im
römiſchen Reiche gerftreut lebten, jo wandte ihn die
Brüdergemeinde auf diejenigen Glieder an, bie
außerhalb der Gemeinden wohnten. Neuerdings
wird aud) von evangelifcher Diafpora, vereinzelten
—— unter katholiſcher Bevölkerung, ge:
redet.
Diblathaim. S. Almon Diblathaim.
Dibon, auch Dibon-Gad, 4. Moſ. 33, 48. 45,
auch Dimon, Jeſ. 15, 9, jetzt Diban, Stadt im
Sand der Ammoniter, 4. Moſ. 32, 3. Bon den Gabi:
tern wieber hergeftellt, 4. Mof. 52, 34, fam fie an
—* — Ruben, Joſ. 13, 7; ſpäter moabitiſch,
eſ. 15, 2.
Dichtkunft. S. Poeſie.
Dietatus Gregorii, Ein Gregor VII. mit
Unrecht zugefchriebenes Werk über Kirchenregie:
rung und Kirchenrecht.
Diderot, Denis. Geb. zu Yangres 1713, + 1763.
Der Hauptrepräfentant der franzöſiſchen Auftlä—
rung und geiftreiher Polemiker gegen Glauben
und Chriſtenthum. Zum geiftlichen Stand beftimmt
und in einem Jejuitencollegium erzogen, wollte er
die Rechte ftudiren, nal er ſich aber nur mit
Literatur, Belletriftit und Mathematit. Nachdem
er feinen Ruhm durch die Pensees philosophiques
(Bar. 1746) und das Dictionnaire universel
de medeecine (6 Bbde., Bar. 1746) begründet hatte,
aab er mit d’Alembert u. U. die Encytlopädie
(ſ. d. 9.) 1751 heraus. Zur Beurtheilung feiner
religiöfen und philof. Anfichten wichtig die
nad) feinem Tode herausgegebenen Memoires, cor-
respondances et ouvrages inedits (Par. 1830—
32). Außerdem jchrieb er Romane und philojoph.
Abhandlungen (Veuvres, 15 Bde., Bar. 1798).
Didymus, der Blinde. Geb. 308 in Alerandrien,
+ 395. War troß jeiner Blindheit einer der gröf:
ten Gelehrten feiner Zeit und 50 Jabre lang Vor:
fteher der Katechetenſchule. Ein Gegner der Aria:
ner, ward er wegen jeiner Begünitigung des Ori—
genes auf dem 2. Concil von Nicäa als Keter ver:
urtheilt. Die meiſten feiner Schriften find verloren
gegangen. Borhanden find noch De spiritu sancto
in der Ueberjegung des Hieronymus; 3 Bücher
über Dreieinigfeit, ed. Mingarelli, Nom 1764;
Contra Manichaeos, Bar. 1600; Enarratio in
epist. canon. et in I. epist. Joannis in der Max.
bib. Patrum Lugd. 1677.
Didymus (Zwilling), Gabriel. Geb. 1487 zu
Joachimsthal, 1502 Auguftiner:Eremit, 1518 Prie:
fter, ftellte er fich aleich auf Seite der Reformation
und predigte in Zwickau. In Wittenberg wirkte er
Diebitahl
für Aufhören der Privatmeflen, war auf dem Au-
— 1521, der den Austritt aus dem
loſter freigab, trat ſelbſt aus, verband ſich mit
Karlſtadt und More im Geiſte der Zwickauer; die
Pfarrſtelle zu Altenburg, wohin ihn Luther empfoh⸗
len hatte 1522, mußte er wegen des Widerſpruchs
der Chorherren aufgeben. Darauf Baftor in Tor:
gau 1523, erregte er einen Angriff auf dad Fran-
ciscanerflofter. 1549 von Morig von Sachſen ent-
fest, weil er das Interim anzunehmen ſich wei:
gerte, ftarb er in Dürftigfeit 1558.
Diebftahl. Das moſaiſche Gefek ftraft Diebftahl
er Betrug und Unterjchlagung, 2. Moſ. 23, 4 ff.,
uch mehrfachen Erfat des geraubten Werthes je
nad dem Gegenftande; der Zahlungsunfähige
wurde im Lande als Sclave verkauft. Erft Herodes
gebot den Verkauf in ausländifche Sclaverei. Dem
reumüthigen Diebe war der 1'/sfache Erjat des
Werthes — und geboten, ein Schuldopfer
zu bringen. 3. Moſ. 5, 21 ff.; 4. Moſ. 5, 8.
Diedhoff, Auguft Wilhelm. Brofeffor in Roſtock.
©. Waldenfer.
Dienftunfähigkeit. S. Emeritirung.
Diepenbrod, Melchior, Freiherr von. Geb. zu
Bocholt am 6. Jan. 1798. Als Zögling des mili-
täriihen Eyceums zu Bonn entlafjen, machte er
den Feldzug 1814 mit, mußte wegen eines Sub:
ordinationsfehlers den Abſchied nehmen und lebte
zu Bocholt, bis er 1817 mit Sailer zufammentraf.
Bon ihm angeregt, ftubirte er zu Landshut Came:
ralia, trat dann ins Klerifaljeminar zu Mainz,
und ging 1821 zu Sailer nad) Regenäburg. 1823
erhielt er bei dieſem die Priefterweihe, wurde deffen
Hausgenoffe, 1830 Domcapitular, 1835 Capitel3:
decan, 1842 Generalvicar, 1845 biſchof von
Breslau, 1850 Cardinal, +1853. Ein Theologe der
Sailerihen Schule, der Myſtik ſehr zugemeigt, er:
warb er fi um feine Diöcefen große un
Aus Rückſicht auf den Anſtoß der Proteftanten
ftimmt er gegen das Dogma von der immaculata
conceptio. Bon feinen Schriften: Geiftlicher Blu:
menftrauß, 1826 ; Sufo 1826 und 1837 ; Predigten,
Regenäb. 1841. Val. fein Leben von Förfter, 1859.
dies Aixa. Wenn auf den Tag eines unbemweg:
lien, an beftimmtem Datum zu feiernden Feites
zum Gebächtnii eines Heiligen ftetö eine höhere
Feier fällt, jo wird dem erfteren Fefte durch die
mutatio ein anderer Tag angemwiefen, der dann
dies fixa heißt.
Dies irae, Die Sequenz des Allerjeelentages
und der Seelenmefjen, jtammt aus dem 13, Jahr:
hundert und ift jeit dem 14. im kirchlichen Gebraud).
Nach ziemlich allgemeiner Annahme ift ihr Berfaffer
der Minorit Thomas von Celano um 1230. Einige
ichreiben fie dem Cardinal Urfinus, dem Bonaven:
tura, dem heil. Bernhard oder Gregor dem Großen
zu. Der Hymnus ift jehr häufig überfegt und poe—
tiſch und metrifch bearbeitet. Vgl. Lisco, Dies
irae, Berlin 1840; Daniel, Thesaurus hymnolo-
gicus, II. Halle 1844.
Diether von Jienburg. Erzbiihof von Mainz.
©. Mainz.
Dietrih von Apolda ober von Thüringen. Ein
Dominicaner zu Erfurt, geb. um 1230. Schrieb
Vita S. Dominiei und 1289 die Vita S. Eli-
sabethae.
zn. bon Niem oder Neheim. Secretär
Gregors AT. zu Avignon 1378—1410, unter meh;
teren Bäpften Abbreviatore. 1395— 99 Bifchof von
186
Dimissoriale
Berden, ging er wieder nah Rom und wurde zum
Concil nad Koſtnitz 1414 geſchickt, + 1417. Im
Bude De schismate libri III. befpridt er jehr
freimiüthig die Gebrechen der Kirche. Daſſelbe ift,
obwohl auf den Inder gefegt, unter Zufügung
eines 4. Theiled Nemus unionis unter dem Titel
Historia sui temporis öfter gedrudt.
Dietrich, Beit. Geb, 1506 zu Nürnberg, bezog
er 1523 die Univerfität Wittenberg und war 1527
—35 Lutherd Amanuenfis, den er aud) nach Co:
burg 1529 und Augsburg 1530 begleitete. 1535
mit Zuther zerfallen, ward er Prediger an der Se⸗
balbusfirche in Nürnberg. Mit feinem Collegen
Dfiander hatte er manche Conflicte, da er die all-
gemeine Abjolution fefthalten, die Hanbauflegung
abſchaffen wollte und die Elevation beim Abend:
mahl wirklich unterließ. Obgleich) er fi) gegen das
Augsburger Interim erklärte, nahm der Rath es
dennoch gezwungen 1549 an. D. wollte jeine Stelle
aufgeben, ftarb aber im felben Jahre. Er hat
mande Erklärungen Luthers zur Bibel heraus:
gegeben, auch die Hauspoftille 1544 und die Sum:
marien zur Bibelüberjegung. Sein „Agendbüchlein
für die Pfarrheren auf dem Lande”, auf Beranlaj:
jung des Raths 1543 verfaßt, blieb bis Ende bes
vorigen Jahrhunderts in Gebrauch und ift bei der
neuen bayriſchen Agende vielfach benukt worden.
Dignität, gleichbedeutend mit Prälatur, ift ein
Kirchenamt, mit welchem eine eigene Jurisbiction
oder eine bauernde Berwaltung verbunden ift, und
dem befondere kirchliche Ehren, auch bitrgerliche
Vorrechte zujtehen. Dignitates pontificales haben
VBapft und Biſchöfe, d. secundarias Cardinäle,
Nuntien und infulirte Aebte, d. honorarias bie
Dechanten in den Gapiteln, denen feine Jurisdic—
tion zuiteht.
Dilean. Stadt Juda's, Joſ. 15, 38.
Diller, Joh. Michael. War Probſt im Barfüher:
kloſter zu Speyer und predigte dort feit 1529 evan:
gelifche Wahrheit, ohne fein Klofter zu verlafien,
aber vom Rath ermuntert und gegen den Bifchoi
geihügt. Als 1548 der Kaijer nad Speyer kam,
entflob D. nad) der Schweiz, wo er bei Bajel eine
Anftellung gefunden haben muß. 1552 ward er
Hofprediger bei Otto Heinrih von Neuburg und
reformirte mit Brenz das Fürftenthum, ging dann
mit dem Pfalggrafen nach Heidelberg, wo er unter
Friedrich III. an der Kirchenleitung thätigen An-
theil nahm und mit wichtigen Aufträgen (Worms
1557,. Boiffy 1561, Maulbronn 1564) betraut
wurde. + 1570.
Dillingen, an der Donau. Die 1554 durch den
Biihof von Augsburg Dito von Waldberg geftif:
tete Univerfität kam 1563 in die Hände der Jefui—
ten und war lange Hauptort der Polemik gegen
den Proteftantismus. Im vorigen Jahrhundert
bürgerte fih aber dort eine neue Schule ein, bie,
durch Sailer, Zimmer und Weber vertreten, fich
an Fenelon anſchloß und in freundliche Beziehung
um evangelischen Chriftenthum trat. Die Univer:
re wurde 1804 in ein Lyceum verwandelt.
Dimissoriale ift der dem Pfarrfinde von fei:
nem Pfarrer auögeftellte Erlaubnißſchein, eine
demjelben zuftehende Amtöhandlung von einem
andern Geittichen verrichten zu laffen. Gegen die
Entrichtung der Stolgebühren darf ein joldher nicht
verweigert und daher auch von den geiftlichen
Obern ertheilt werden. Auch Geiftliche bedürfen
des dimissoriale, um in einer fremden Diöceje
Dimna
amtiren, namentlich aber um fich dort ordiniren
Iaffen zu dürfen. Das Tridentinum bat darüber
eingehende Beitimmungen.
Limna. Levitenftadt in Sebulon, Joſ. 21, 35,
jekt el-Dümün.
Dimseriten. VBezeihnung der Npollinariften,
weil fie von der menfhlihen Natur Ehrifti nur
wei Dritttheile annahmen, da der Logos in ihm
an die Stelle der menſchlichen Vernunft getreten
Dinge, wi legten. ©. Eſchatologi
‚ ie ⸗ * gie.
Dinter, Guſtav Friedrich. Geb. am 29. Febr.
1760 zu Borna. Vorgebildet auf dem Gymnaſium
ju Grimma, bezog er 1779 die Univerfität Leip-
sig, wurde 1787 Pfarrer in Kitjcher, 1797 Direc-
tor des Schullehrerfeminard zu Dresden, 1807
wieder Pfarrer zu Gornitz bei Borna. Sein Inter:
efle war überall dem Schulweſen und der Heran-
bildung von Lehrern nach den rineipien von Be:
Halozzi und Lancafter zugemendet. 1816 ward er
als Confiftorial: und Schulrath nad) Königäberg
berufen, 1817 auch Prof. der Theolögie. + 1831.
Seiner theologiſchen Richtung nad) Rationalift, ift
die Methode feines Unterrichts auch vorzugsweiſe
an den Berftand gerichtet, doch nicht ohne ernite
fittlich«religiöfe Anforderungen. In der Methode
begeifflicher Entwiclung nach ſokratiſcher Art ift
Dinter lange ein Mufter geweſen, ift aber eben die:
fer Einjeitigleit wegen wieder in Bergefienheit ge:
rathen. Am meiften befannt geworden ift er durch
feine Schullehrerbibel, die als rationaliftiich hef⸗
tige Angrifie bervorrief, das Alte Teft., 5 Bbe.,
3. Aufl. 1833— 387, das Neue Teft., 4 Bde., 4. Aufl.
1841—43. Seine fänmtlichen Werle erichienen in
4 Abteilungen, herausgegeben von W. Müller,
Reuftadt a. d.D. 1841—5l.
Diocletian, C. Aurelius Valerius. Der Sohn
eines Freigelaffenen, ſchwang er fich im Kriegs:
dienft empor und wurde nad) der Ermordung des
Carus 284 vom Heere zum Kaifer erhoben. Sur
die Ernennung bes Marimian aum Auguftus neben
ihm, des Galerius und Conſtantius Chlorus zu Eä-
jaren, die ihm und Marimian nad) ihrem freimilli-
gen Rücktritt nachfolgen jollten, fuchte er die Thron:
tolge kräftigen Händen zu fihern und das wan-
lende Reich zu ftüßen. Ueberzeugt von feiner gött⸗
lichen Sendung, wollte er die Stellung des Ober:
laiſers als mit göttlicher Vollmacht ausgerüftet,
der daher göttliche Ehre gebühre, angejehen wiflen,
sur Stütze der unbedingten Macht und Einheit des
Regiments. Dieje Ideen führten die legte große
Ehriftenverfolgung herbei 303—811. Schon 298
hatten alle Chriften im Heere an den Opfern Theil
nehmen jollen. Immer ſchärfere Edicte folgten von
Jahr zu Jahr, nach feinem Rüdtritt 305 eigerten
lerius und Marimian die entichieden graufame
Berfolgung, führten aber eben dadurd den völli:
gen Untergang bes Heidenthums herbei, da Con:
Kantinus im Kampfe gegen fie die Chriften um fo
mehr begünitigen mußte. Im Abendland beendigte
311 das Edict des Galerius die Verfolgung, in
Halten dauerte fie bis zur Niederlage des Maren:
uus 312, im Oriente bis zum Frieden des Lici-
nius mit Gonftantinus 314. Diocletian vergiftete
ih 318 in feiner Zurücgezogenheit aus Furcht
vor Eonftantinus und Licinius. Bol. Theod. Bern:
hardt, Diocletian in feinem Berhältniffe zu den
Chriften, Bonn 1862.
. Bilhof von Tarjus. Geb. zu Antio-
187
Dionyfius Areopagita
chien. In Athen klaſſiſch vorgebildet, zeichnete er
fich alö Presbyter feiner Baterftabt in den Käm—
pfen gegen die Arianer unter dem Biſchof Meletius
aus und leitete die Gemeinde während defien Ber:
bannung, bis er ſelbſt 372 fliehen mußte. 378 zum
Biſchof von Tarfus geweiht, nahm er Theil an der
Synode von Eonftantinopel 381. + 394. Dur
ftrenge Askeſe und bedeutende polemijche Werte
gewann er bie Berehrung feiner Zeitgenoffen. Bon
feinen Gegnern wurde ihm Betheiligung an dem
Wortbruc des Flavianus nach dem Tode des Me:
letius vorgeworfen. Ebenfo ift durch Eyrill feine
DOrthoborie verdächtigt. Er wurde als eigentlicher
Urheber des Neftorianiämus bezeichnet, da er das
Menschliche in der Berjon Jeſu zur ——
gen und eine moraliſche, nicht ſubſtantielle Einheit
Naturen anerkannt wiſſen wollte. Seine zahl:
reihen Schriften find faſt nur in Auszügen ber
Gatenen vorbanden; ihr Verzeichniß bei Aſſemani,
Bibl. or. II, 1. Seine Schüler waren die 2 bedeu⸗
tendften Männer der antiochenifchen Schule, Theo:
dor von Mopfvefte und Chryſoſtomus.
Diverefe. S. Bisthum. — Didcefanrecht wird
vom Recht der Jurisdiction unterfchieden, ohne daß
die Grenze jcharf beftimmt würde. Es wird gefaßt
als das Recht des Biſchofs, Abgaben zu erheben.
Bol. Walter, Kirchenrecht; Richter, 8. 119; Böh-
mer, Prim. jus can. 138. — Diöcefanftatuten
oder »Conftitutionen, die in den einzelnen Diöcefen
geltenden Normen und Borjchriften, jollen ei. ug
(ih von den Diöcefanfynoden feitgeftellt werben ;
da aber diejelben außer Uebung gekommen, erläht
fie der Biſchof Durch Hirtenbriefe und Berorbnun:
gen; fie bebürfen feiner päpftlihen Genehmigung.
Diognet. Als eines der ſchönſten Denkmäler
des hriftlichen Alterthums gilt der Brief an D.,
einen angejehenen Heiden, der Belehrung über das
Chriftenthum gewünſcht hatte; jein chriftlicher
Freund giebt ihm nad furzer Charatteriftit des
Heiden: und Judenthums einen Abriß der chrift:
lichen Lehre und Sitte. Früher wurde der Brief
Juſtin dem Märtyrer zugefchrieben. Aus der Ber:
Ichiebenheit der Sprache, der Auffafiung des Yu
denthums, dem Schweigen über Grundideen des
Juftin hat Semiſch, De Just. Martyr. I, 172,
nach dem Vorgang von Tillemont u. A, den Jrr:
tum nachgewieſen. Dagegen Dtto, De ep. ad
Diogn. commentatio, Jena 1845. Verfaßt muß
der Brief 120— 150 fein. Die beiden legten Capitel
find unecht (Bunjen, Hippolyt). Ausgaben: Ste:
phanus 1592; Otto in Opp. Just. ed. 2, 1849;
Hollenberg, Berl. 1858; Hoffmann, gr. u. deutſch
1851; Krenkel 1860.
Dionyfianifhe Aera. S. Aera.
Dionyfius Areopagita. Nach Apfta. 17, 34 ein
von Paulus befehrtes Mitglied des Areopags in
Athen, welches nach der Tradition fpäter als Bi:
ſchof von Athen den Märtyrertod erlitten haben
joll. Er ift berühmt, weil er einer Reihe von Schrif:
ten den Namen geben mußte, weldye um 532 im
Intereſſe einer philofophiichen, zu Athen haupt:
fächlich vertretenen Schule mit der Tendenz einer
Verſchmelzung des Chriftenthums mit dem Plato:
niämus gefchrieben wurden und bald einen außer:
ordentlichen Ruf erlangten. Im Anſchluſſe an die
Fortentwidlung des Platonismus durch die Neu:
platoniter jucht der Pjeudodionyfius den Stand
der damaligen Kirche ald das nach den platonijchen
Grundbegriffen a priori nothwendig Gegebene
Dionyfius von Korinth
bdarzuftellen. Indem er ausgeht von dem ganz ab»
ftract gedachten Gottesbegrift des Platonismus,wel:
er Gott als den eigenſchaftsloſen, jchlechthin trans:
cendenten begreift, der feinem ganzen Wefen nad)
nicht im Stande tft, fich mit der Welt in unmittel:
bare Beziehung zu jegen, nimmt er zwifchen beiden
und in beiden eine eigenthlimliche Ordnung von
geiftigen Stufen an, die zufammen einen Drganis-
mus bilden, und durch welche hindurch eine Mit-
theilung ftattfindet vom Abjoluten bis zum Nie:
drigften. Diefer Organismus ift nun wefentlich
eins mit dem Firchlichen Begriff der Hierarchie. Die
himmliſche Hierarchie bilden die drei Ordnungen:
1) der Throne, Eherubim und Seraphim; 2) der
Gewalten, Herrihaften und Mächte; 3) der Für:
ftenthümer, —— und Engel. Die irdiſche bil⸗
den: 1) die geſetzliche Hierarchie; 2) die chriſtliche
der Hierarchen, Prieſter und Liturgen, von denen
drei der erſten die vollkommenſten Träger des
göttlichen Lebens im Diesſeits ſind, die erleuchtet:
ſten Befiser der Wahrheit. Unklar ift die Stellung,
die Chriftus in diefem Syfteme einnimmt. Da er
eigentlich darin feine Stelle mehr findet, fo tft auch
die Chriftologie des Areopagiten, obgleich jie ſich
in den Ausdrücken an die kirchliche anſchließt, be-
beutungslos geworben. Bgl. Baur, Geſch. der Lehre
von der Dreieinigfeit II, S. 207. Die pfeubodio:
nyfiihen Schriften fanden bald einen ſolchen Ein»
gang in ber orientalifhen Theologie, daß ſchon
Marimus Confeſſor Scholien dazu jchrieb; aber
auch im Abendland, wohin 827 das erfte Eremplar
verjelben gelangte, wurbe die Autorität und die Echt:
heit der Schriften bald zur vollen Geltung gebracht,
befonders ſeitdem man den Berfafjer mit dem heil.
Dionys des Frantenlandes verwechjelte. Der be:
rühmte Johannes Scotus Erigena überjegte Die
Schriften ins Lateiniſche. Seit dem 16. Jahrhun-
dert ift jedoch Die Echtheit bezweifelt und jeitdem die
Unechtheit zur vollen, auch katholiſcherſeits aner:
fannten Gemwißheit erhoben. Die Schriften, die in
Betradht fommen, find: Ilepi rns lepapyiag, ITepi
ins Exxinowmorizis legapyiac, Ilepi Feiwr dvo-
udärew, Iegi uvorıxns Heokoyies. 12 Briefe. Her:
ausgegeben find die Werke von Eorderius 1644,
Conftantini 1755, überjegt von Engelhardt 1823.
Bal. Dallaeus, Descriptis, quae sub Ign.et Dion.
Ar. nom. circumferuntur, 1666 ; Engelhardt, De
Dion. Plotinizante, 1820; De origine script.
Areop. 1822; Baumgarten:E., De Dion. A. 1823;
Montel, Livres du Pseudo-Denys, 1848; Hipler,
Dion. d. X. 1861.
Dionyfiuß von Korinth, um 170. Bei Eufebius
finden fih Inhaltsangaben und Auszüge von 8
jogenannten katholiſchen Briefen, die er an ver:
jchiedene Gemeinden gerichtet hatte.
Dionyfius der Große von Alerandrien war
233 Borftand der Katechetenichule, jeit 245 Biichof.
Der Berfolgung unter Decius entzog er jich durch
die Flucht 250251, unter Balerian ward er
verbannt 257—260. + 264. Ein Schüler des Dri-
genes, vertrat er die alerandrinische Schule in den
tirhlichen Streitigkeiten bes Novatian und Paul
von Samofata und jchrieb gegen den Ehiliasmus.
Wegen eines Sendichreibens gegen die Sabellianer
der Heterodorie bezüchtigt, trat er im Racyxoc und
der Anokoyie der römischen Anficht bei. Er er:
Härte fi mit Anführung kritiſcher Gründe für die
Verichiedenheit der Berfafler des Evangeliums
Johannis und der Offenbarung (Eufeb. Kircheng.
188
Diptychen
VII, 25). Bon feinen Schriften find nur Bruch—
ſtücke bewahrt, meift bei Eufebius, welche Gallandi,
Bibl. vet. patr. III, 481 f. geſammelt hat. Bat.
Förſter, De doctrina Dionysii Magni 1865.
Dionyfins, Biſchof von Nom 259—269. Es
werden 3 Briefe von ihm erwähnt, über die eher:
taufe im Sinne feines Borgängers Stephanus an
Dionyfius von Alerandrien, gegen denjelben eine
Encyklika an die ägyptijchen Biſchöfe über die
Trinität (ewiges Sein des Sohnes im Vater), und
ein Troftichreiben an die Gemeinde Gäfarea in
Kappabocien.
Dionyfins Eriguns, d. i. der Kleine, ein Scythe,
Abt eines Klofters in Rom, + 556, berechnete das
Geburtsjahr Chrifti auf 754 nad) Erbauung Roms
(aera Dionysiana), verfaßte eine —5
lung und überjegte mehrere griechi riften.
Dionyfius —— — auch D. Rickel oder
D. von Leuwis. Geb. in Rickel bei Li ſtu⸗
dirte in Köln und trat in das Karthäuſerkloſter zu
Roermonde 1424. 4 1471. Uebermaß der Asleſe
und der Studien verurſachten bisweilen ekſtatiſche
Zuftände, daher ſein Zuname Doctor ecstaticus,
verichafften ihm aber weitgehenden Ruf und Ein:
uß. 1451 begleitete er den Cardinal von Cuſa auf
einer Miffionsreife und ſchrieb De munere et
regimine legati. Er jchrieb über 100 Schriften,
von denen De quatuor novissimis in den Inder
fam. Das Hauptwerk ift der Commentar zum N.
und N. T., 7 Bbe,, Köln 153036, ohne Werth.
Sein Zeben Act. ss. II, 245, 12. März.
Diosfur. Patriarch von Alerandrien, Nadjiol:
aer des Cyrill 444. Berlichtigt ald Leiter der Räu:
berignode zu Ephefus 449, welche den Eutyches
freifprad), Flavian von Gonftantinopel, Eufebius
von Doryläum und Leo von Rom als Anhänger
der Zweinaturenlehre verdammte. Wegen jeiner
Häreſie und rohen Gemwaltthätigteiten (er hatte näm:
lich zu Ephefus Flavian jo mifjhandelt, daß derſelbe
an den Folgen jtarb) wurde er von der Synode zu
Chalcedon abgefegt und nad Gangrä in Baphla:
gonien verbannt. + 454.
Dippel, Joh. Konrad. Geb. zu Frantenftein
1673, ftudirte er zu Giehen, ward Magifter der
Philoſophie und hielt in Straßburg Borlefungen
über Aſtrologie, befämpfte dort den Spenerſchen
Pietismus und focht, tanzte und jpielte, um ſich
als orthodor zu bewähren. 1698 durd Hochmann
erweckt, wurde er myitiicher Separatift und trat
in Verbindung mit Arnoldy und Merter. Seine
Heterodorie und feine in der Eitelkeit wurzelnde
Heftigfeit gegen jeine Gegner ließen ihn weder in
Berlin, nod) in Holland, noch Altona eine bleibende
Stätte finden. Nach fiebenjähriger Haft auf ber
Infel Bornholm in Stodholm ehrenvoll aufgenom:
men, wurde er auch von dort weaen einer hetero:
doren Schrift verwiefen und mußte ſich in das
Aſyl der Schwärmer nach Berleburg flüchten, wo
er 1734 ſtarb. Hauptſchriften: Orthodoxia ortho-
doxorum; Papismus protestantium vapulans
1698; Wein und Del in die Wunden des geſtäup—
ten Papſtthums 1699. Val. Hoffmann, Leben und
Meinungen J. K. Dippel’s, 1783. Schrödh, Kgſch.
VIII, ©. 305.
Diptychen. Die Namensregifter der lebenden
und verftorbenen Berfonen, welche bei der Meſſe
der Priefter nennen fol, und die der Diakon in
der griehifhen und armeniichen Kirche laut vor:
lieft. In der römischen Kirche hat der Gebrauch
Directorium
aufgehört, uno ver Celebrant macht bei der eier
nur eine kleine Pauſe, während welder er im
Stillen die Perſonen nennt, denen feine Fürbitte
gilt.
Direetorium ift der römische Kirchenkalender ;
die Anmweifung des Biſchofs, wie für jeden Tag
mit Beziehung auf die einfallenden Feſte und Ge:
>idhtniffe der Heiligen das Brevier zu beten und
die Meſſe zu feiern jei.
Discalceati, S. Barfüßer.
Disciplin, kirchliche. S. Kirchenzucht.
Diseiplina Arcani. ©. Arcan-Disciplin.
Disciplinarvergehen jind die Amts: und Stan:
desvergehen der Geiftlichen (excessus), entweder
Unterlafjungen der Amtspflichten oder Ueberſchrei⸗
tungen der Amtögewalt ; fie unterftehen der Dis:
ciplin der geiftlihen Obern, bei den Katholiken
dem Ordinariat, bei den Evangelifchen den Gon-
fitorien. Wo Synodalverfafjung herrſcht, bildet
in der Regel das Directorium der Kreisſynode die
erfte Inftanz. Die Strafen unterfcheidet man in
censurae und poenae; zu diefen gehören Geld:
buken, törperliche Züchtigungen (abgeſchafft), Ge:
fängniß, die Suspenfion, Irregularität, Priva:
tion, Depofition, Degradation (f. d. AA). In der
evangelifchen Kirche find als Strafen beibehalten
Suspenfion, Strafemeritirung, Abſetzung; die
Strafverfegung ift außer Anwendung getommen.
Bährend früher die Kirche jämmtliche Bergehen
der Beiftlichen vor ihr Forum zu ziehen fich berech⸗
tigt hielt, hat jet faft überall der Staat die blirger:
lihen Vergehen der Geiftlichen den ordentlichen
Werihten übermwiejen.
Disciplinbu der jchottiihen Kirche heißt die
von Anor und andern Geiftlichen im Auftrage des
Parlaments 1560 entworfene Kirchenordnung,
welche 1561 angenommen und eingeführt wurde.
Das zweite Disciplinbuch wurde von der Afjembly
1578 angenommen; es geht von der völligen
Selbftändigkeit der Kirche in Bezug auf Lehre und
Juris diction aus.
Difibod, der Heilige. Ein iriſcher Biſchof, der
um 545 oder 670—W an der Nahe das nge:
lium predigte umd ein Klofter erbaute. Es ift un:
gewiß, ob Dies das Kloſter auf dem Difiboden:
berg bei Kreuznach ift, oder ob 1108 ein älteres
entvöltertes Klofter den Benedictinern übergeben
ward, 1259 erhielten es Eiftercienfer; in der Refor:
mation wurde es jäcularifirt. ©. Bad, die alten
Kirchen, und Acta ss. 8. Juli.
Dispenfation ift die Aufhebung eines kirchlichen
Gebots oder Verbots für einen einzelnen Fall oder
eine beftimmte Perſon; als Nachlaffung der be:
ſtimmten Strafe gleich der Abfolution. Sie kann
nur ftattfinden in Bezua auf Disciplinargefeße
und ift das Borredht der hödjiten Gewalt, des
Papftes jeit Innocenz III.; pro foro conscientiae
wird es geübt durch die Pönitentiaria, pro foro
externo durch die Dataria. Bifchöfe dispenfiren
in den durch Hanones und Duinquennalfacultäten
zugewiejenen und in Nothfällen. Die vielfach ge:
rügten Mißbräuche des Mittelalters zu vermeiden,
ſetzte das Tridentinum feit, dab Dispenfationen
nur aus genügenden, gerechten Gründen und um:
ſonſt zu erteilen jeien, wobei aber Gebühren nicht
ausgeſchloſſen wurden. Man unterſcheidet disp.
gratine et justitiae, legis, hominis und mixtae,
In der evang. Kirche können Diöpenfationen
nur vorlommen in den gemifchten Gebieten,
189
Dithmarjchen
wo die Kirche Beitimmungen der Staatögejek:
—— zu handhaben hat, alſo bei Ehe und
ufgebot und in Bezug auf das bei Confirmation
und Ordination geforderte Alter. Meiſt ſind ſie
den Conſiſtorien überlaſſen, in höherer Inſtanz
den Cultusminiſterien.
Diſſenters. Der engliſche Geſammtname für
Alle, die von der Landeskirche getrennt ſind; daher
in England alle Richt:Epistopalen, in Schottland
alle Nicht: Presbyterianer.
Diffidenten. Gejammtbezeihnung der Nicht:
Katholifen im Königreih Polen. Sie erhielten
Rechte durch das Rationalconcil zu Petrikau 1555
und die Gleichberechtigung mit den Katholiken
durch die pax dissidentium 1573, die 1632 be:
ſchränkt, 1660 wieder hergeftellt, 1717 und 1738
von Neuem beſchränkt wurde. Die Verfolgung der
Diffidenten rief die Einmiſchung Rußlands und
Preußens herbei, die 1767 die Wiederherftellung
ihrer Rechte erzwangen und endlich zur Theilung
Polens ſchritten. Diefelbe Bezeichnung ift ange:
wandt auf alle fih von den Landeötichen Tren:
nende, jo in der Schweiz und in Breußen.
Distributiondformel beim Abendmahl. Aus
ver kurzen ältejten Formel: adue 2. ei
Xgıorov norgowr Guns wurden ſpüter ausführ:
lihere in Form des Gegend: „Der Leib Jeſu
Chriſti bewahre deine Seele," und ähnliche. Die
von Yuther gewählte Formel: „Das ift der Leib
Jeſu Chrifti, der ftärke und bewahre deine Seele
zum ewigen Xeben,“ erjchien nicht mehr ausrei—
hend, als der Gegenſatz gegen die Reformirten
geihärft wurde, e8 wurde das Wörtlein „wahre“
eingeihoben oder nur die Einſetzungsworte ge:
braudt. Die deutfch:reformirte Kirche bediente ſich
der Worte 1. Kor. 10, 16. Bei der Union wurde
in Preußen der Gebraud der Einjegungsmworte
allgemein angenommen und in ber Xandesagende
vorgejchrieben ; die Bewegungen gegen die Union
erzwangen mit der Freigebung von Parallelfor:
mularen auch wieder conteffioneil unterjcheidende
Distributionsformeln.
Dithmar. Dietmar. Thitmar. Geb. am 25. Juli
976, Sohn des Grafen D. zu Wallbeck. 989 Dom:
herr des Morigitifts, 1002 Probit zu Wallbed,
1009 Biſchof des von Heinrich LI. wieder herge:
ein Bistyums Merfeburg. + 1. Dec. 1018.
erühmt ift feine Chronik (ed. Yappenberg in
Berg, Monumenta Germ. Bd. 5, deutſch von Lau—
rent, Berl. 1845), welche die Jahre 908—1018
umfaßt, namentlich für die Zeit Heinrichs II. be-
deutend, und die Hauptquelle für die Geſchichte
der ſlaviſchen Gegenden jenjeit der Elbe ift.
Dithmarſchen, die weitlihite Landichaft Hol:
jteins, ftand als Republit unter dem Grzbisthum
Bremen, in kirchlicher Beziehung unter dem Dom:
capitel Hamburg. Durch Friedrich III. 1474 als
Lehen mit Holftein vereinigt, vertheidigten die D.
ihre Freiheit bis 1559, machten aud) 1523 ber
Jurisdiction des Domprobftes ein Ende. Die Re:
formation fand bei den durch den Dominicaner-
prior Auguftin Forneborch aufgeregten Bauern
den heftigiten Widerſpruch; Heinrich von Zütphen,
den der Baftor von Meldorf, Nikolaus Boje, be:
rufen hatte, wurde 1524 graufam ermordet, aber
eben dadurch auch ein Umſchlag vorbereitet, jo daf;
1532 die [utherifche Lehre für die Yandesreligion
erflärt wurde. Seitdem nimmt D. Theil an ver
! holfteinifchen Kirche,
Dlugoffus
Dlugoſſus. Geb. 1415 zu Breceznica, geſt. als
Erzbiſchof von Lemberg, vorher Pfarrer zu Klo:
buzko, Kanonifus zu Krakau. Der Hiftoriter Po:
lens durch die Historia Polon. usque ad a. 1480,
Zeipzig 1711—12; neu herausgegeben von Graf
Plater. Andere Werke nur handſchriftlich.
Doch, Sox, bei Joſeph. Jeywr, 1. Malk. 16,15,
fefte Burg bei Jericho, wo Simon mit jeinen Söh—
nen getödtet wurde; an der Stelle fand Robinjon
die Quelle Düt.
Doctor theologiae, Der höchſte akademiſche
Grad der theologischen Facultät, ftand in früherer
Zeit in höhern Ehren, gab auch bürgerliche Vor:
züge und mußte rite erworben werben. Sept wird
er meift honoris causa für wiſſenſchaftliche Lei:
ftungen oder hervorragende kirchliche Berdienite
ertheilt und ift in der Regel Bedingung einer
ordentlichen ln der Facultät. Die Promo:
tion, d. h. die Erhebung zum Doctor, geſchieht un:
ter hergebrachten Feierlichkeiten durch den Decan.
Das äußere Abzeichen war das Birret. Als Ehren:
titel führen den Titel D. die ausgezeichneten
Scholaſtiker: D. angelicus Thomas von Aquino,
christianissimus ®erfon, controversiarum Weſ—
jel, ecstaticus Dionys Garthufianus, evangelicus
Ruysbroet, fundatissimus Argidius von Rom,
illuminatus Tauler, invincibilis Occam, irrefra-
gabilis A. v. Hales, mellifluus Bernhard von
Clairvaur, mirabilis Baco, perspicuus Burley,
planus et utilis Nikol. v. Lyra, profundus Brad-
wardein, resolutissimus Durandus, seraphicus
Bonaventura, singularis Occam, solennis Hein:
rich v. Gent, solidus Richard von Mibdleton,
sublimis Albrecht der Gr., subtilis Duns Scotus.
Doctrinarier. Zwei Congregationen zum Unter:
richt des Volkes im Katechismus. 1) In Franf:
reich peres de la doctrine chretienne, geftiftet
als eine —— von Geiſtlichen durch
Cäfar von Bus in Cavaillon 1592, beſtätigt 1597.
Die Verbindung mit den Somastern 1616,
welche ihr Vorſteher Bigier ins Wert gejegt
hatte, gab Anlaß zu bleibenden NReibungen und
wurde 1647 und 1659 wieder gelöft. 2) In Ita:
lien, gejtiftet 1562 durch Markus de Sadis Cu:
fano zu Rom, eine Brüderjchaft, die Laien und
GSeiftlihe umfaßt. Bellarmin ſchrieb für fie einen
Katechismus, und Benedict XIII. übergab ihr die
Elementarjchulen.
Dodanim. 1. Mof. 10, 4. Die Dardaner oder
Trojaner find gejegt für den ganzen illyrifchen
Stamm. Die LXX lieft ftatt DIT3 DIT die
Rhodier, was zu den Kittim nicht übel ſtimmt.
Doddridge, Philipp. Dr. theol. Geb. 26. Juni
1702, der Sohn eines noncorformiftiichen Geift:
lichen, wurde in Diſſenterſchulen erzogen, 1722
Prediger der Difjentergemeinde zu Market Har
borougb, 1729 zu Northampton, wohin er ein von
ihm am eriten Orte gegründetes theologiſches Se:
minar verlegte, welches das bedeutendfte der Inde—
pendenten wurde. + 1751 zu Liſſabon. Rise and
Progress of Religion in the Soul, deutſch:
New: Hort (Bremen) 1860. Family Expositor,
6 Bode. Eorrejpondenzen, 1829—1831. Bgl. Ben:
net, Geſch. der Diffenter.
Dodwell, Heinrich. Geb. zu Dublin 1641, eng:
liſcher Philologe und Chronologe; Iegte 1691 die
erjt 1688 übernommene Profetfur der Literatur:
geſchichte nieder, weil er Wilhelm III. den Eid nicht
1%
Dogma
leiten wollte, und lebte zu Shotterbroofte, wo er
1711 jtarb. Hinter feinen jonftigen Zeiftungen ftehen
die theologiihen Schriften zurüd; fie enthalten
bei viel Gelehrjamteit paradore Anfichten fiber Un:
fterblichkeit und Sündenvergebung. Unter andern:
Dissertationes Cyprianicae, Lond. 1684. De
en laicorum, 1685. De successione, 1687.
pistolary discourse, Lond. 1706.
Doederlein, Johann Chriftoph. Geb. 20. Jan.
1745 zu Windsheim in Franken, 1767 ebendort
Diakon, 1772 Profeſſor der Theologie in Altdorf,
1782 in Jena. Geh. Kirchenrath. + 1792. Ere:
get (Fejaias, 3. Ausg. 1789; Sprüde Salom.
1778) und Dogmatifer (Institutio theol. christ.
ed. 6. Nürnb. 1797), ſuchte er die Lehren der
Orthodoxie den Zeitbebürfnifjen entſprechend und
mit ſtrenger Eregeje der Beweisftellen zu begrün:
ben. Bon 1780 an gab er die „Theologiſche Biblio:
thek“ heraus.
Ein Idumäer. Dberaufieher über die
Heerden Sauls, 1. Sam. 9, 18, war beim Hobe:
priefter Ahimeleh zu Nob und verflagte ihn als
Mitverihwornen Davids. Dieſer kannte ihn,
1. Sam. 22, 22; vgl. den 52. Pſalm.
Doellinger, Job. Joſeph ygna- Kathol. Theo-
loge, geb. zu Bamberg am 28. Febr. 1799. Bro:
feljor der ren zu Münden. Auf
Grund jeiner hiſtoriſchen Forſchungen eg er
fich gegen die weltlihe Macht des Papftes aus,
retractirte jedoch die angeblichen Mißdeutungen;
den Proteſtantismus macht er verantmwortlid für
den Berfall Deutjchlands unter fürftlihen Abſo—
lutismus, gehört aber, wie zu den tüchtigften, fo
zu den verhältnigmäßig freifinnigen Tatholifchen
Gelehrten der Gegenwart. Ueber gemijchte Ehen,
Regensburg 1838. Die Reformation, 1846—48.
Luther, Freiburg 1851. Hippolyt und Kalliftus,
1853. Chriſtenthum und Kirche, 1860. Kirche und
Kirchen, 1861. Beiträge zur politiſchen, kirchlichen
und Gulturgeihichte, Regensburg 1862. Heiden:
thum und Judenthum als Borhalle des Chriften:
thums, 1868. j
Dogma, griehiih doyue, heit urjprünglich
Meinung, wurde 4. B. aud von philofophijchen
Meinungen (Cicero, Quaest. acad.4,9) gebraucht
mit dem Nebenbegriff des Feſtgeſetzten und inner:
halb eines Kreiſes Gültigen. Mit Hervortritt des
legtern, Kol. 2, 14 und Eph. 2, 15, von den
Satungen bes jüdiihen Geſetzes, Apftg. 16, 4
von den Beichlüffen des Apojtelconvents; dann
mit ausfchließlicher Geltung des genannten Mert:
mals auch von den Verordnungen und Befehlen
des Kaiſers. Dogma ijt aljo nicht eine Glaubens:
wahrheit jhlehthin, jondern eine jolde mit dem
Nebenbegriff einer innerhalb einer gewiſſen Ge—
meinfchaft gültigen, einer wenigjtens relativ end-
gültig formulirten und als jolde anerkannten
und maßgebenden Zehrwahrheit. Der Begriff des
religiöjen Dogma’s ſetzt aljo den Begriff der Kirche
voraus als einer Lehrgemeinſchaft, in weicher ein
gemeinjames Ölaubensbewußtjein vorherricht, wel-
es formulirt werden kann; ferner jegt es Das
orhandenfein einer nn Wiſſenſchaft vor:
aus, weil diefer die Aufgabe obliegt, das gemein-
ſame Glaubensbewußtjein auf einen wiflenihaft-
liden Ausdrud zu bringen. Demgemäß verlief
auch die geſchichtliche Entwicklung. In der apojto-
liihen Zeit hat es wohl © slehren, aber
feine Dogmen gegeben. Die biblischen Lehren find
Dogmatik
noch unmittelbarer Ausdrud des chriſtlichen Ber
wußtſeins. Erft in der Nachfolgezeit begann die
eigentlich theologiiche Arbeit, und was urjprüng:
id nur unmittelbarer Ausdrud des chriſtlichen
Bewußtſeins war, wurde zu theologijhen Lehr:
jägen zugeſpitzt, welde, da die ihnen zu Grund
liegende wiſſenſchaftliche Arbeit nicht die eines
Einzelnen, jondern einer firhlichen Theologie war,
alfobald auch Anjpruc erhoben sig Mer. Tuner
Anertennung. Je unbejtimmter, in Beziehung auf
wiſſenſchaftliche Formulirung, der erſte unmittel-
bare Ausdruck des chriſtlichen Bewußtſeins war,
deſto mehr rief er Gegenſätze der Lehrentwicklung
hervor, welche die Kirche als gemeinſchaftſtörend
vermöge eines inneren Triebes zu überwinden
ſtrebte. Das chriſtliche Gemeinſchaftsbewußtſein
entſchied ſich für einen beſtimmten Weg ber Lehr:
entwidlung, woher es fam, daß die Ergebnifle der:
jelben einen allgemein gültigen, ftatutarifchen Cha:
takter und den entiprechenden Namen „Dogmen“
annahmen. Auch in der evangeliihen Kirche hat
fih wieder neue Dogmenbildung aus der theolo:
giſchen Arbeit ergeben; da jedoch der Begriff des
Glaubens“ in der evangelifchen Kirche nicht wie
in der fatholifchen einen Glauben an die unfehl:
bare Lehre der Kirche in ſich fließt, ift in ber-
ielben die Stellung des Einzelnen zum Dogma nie
als eine folche betrachtet worden, von welcher Die
Seligleit ausfchließlid) abhängt. Dadurd) iſt das
Dogma im BProteftantismus entwicklungsfähiger
geworden als im Katholicismus. Vgl. die Dogma:
titen. Ausführlich: Rothe, Zur Dogmatik.
Dogmatik ift, allgemein gefaßt, die ſyſtematiſche
Darftellung des riftlichen Glaubens; in der be-
itimmteren Faſſung gehen die Definitionen in jehr
verihiedenen Richtungen aus einander. Dem Aus:
drucke jelbft gemäß ift der Inhalt der Dogmatik das
firhlihe Dogma; jo wird fie durchgängig gefaßt
in der katholiſchen Kirche und von den alten luthe:
riſchen und reformirten und einigen neuern Dog:
matilern, indem dabei eine vollftändige Ueberein-
ftimmung des von der Kirche aufgeftellten Dogma’s
mit der perjönlichen Ueberzeugung des’ derer
vorausgejegt wird. Die Dogmatik hat von diejem
Standpunkte aus zwei Aufgaben zu erfüllen: ein:
mal eine präcije Darftellung des kirchlichen Lehr:
begriffö aus den anerlannten Belenntniflen, zwei:
tens eine Begründung derjelben aus der Tradition
oder h. Schrift, je nad) dem Lehrprincip der be:
trefienden Kirche. Anders ift die Begrifjsbeftim:
mung Schleiermadyers von Dogmatik, „als der
Biffenihaft von dem Zujammenhang der in einer
chriſtlichen Kirchengemeinſchaft zu einer gegebenen
Zeit geltenden Lehre,“ indem damit nicht Das
befenntnigmäßige Dogma, jondern der gerabe
gegenwärtige Stand des kirchlichen Bewußtſeins,
wenn auch als directe Fortſetzung des erfteren,
zum Inhalte der Dogmatik gemacht wird. An die
Stelle des betenntnikmäßiig firirten Zehrbegriffs
tritt alfo hier der unbeitimmtere Begriff des gegen:
wärtigen frommen Bewußtſeins; dagegen bleibt
beiden Auffaffungen von der Dogmatik das Merk:
mal gemeinjam, daß das Objective und Subjeetive
zu feiner Scheidung gelangt, daß die Darſtellung
demnach einen mehr beichreibenden, als fpeculativ
entwidelnden oder kritifchen Charakter trägt, wes⸗
Ib auch Schleiermadjer die Dogmatik zu den ge:
Gichtlichen Disciplinen der Theologie rechnet.
Die Darjtellung des gegenwärtigen Standes der
191
Dogmatik
Lehrentwicklung innerhalb der evangeliſchen Kirche
ift von den meiſten neuern Dogmatikern als die
Aufgabe der proteftantiichen Dogmatik betrachtet
worden und dafür (von Schweizer) der Ausdrud
„Glaubenslehre“ im Gegenjaß zu der auf der vor:
hin angegebenen Grundlage ruhenden Dogmatif
beliebt worden. Eine ebenfalls über das kirchliche
Dogma hinausgreifende, aber auch ebenjomenig
Dbjectives und Subjectives von einander jdei:
dende Methode befolgt die bibliſche Dogmatit
(Hofmann, Bed), welche darin bejteht, daß die
biblifchen Lehren zu einem fyftematiichen Ganzen
verarbeitet werden, und welde ſich dadurch von
ber biblifhen Theologie unterjcheidet, daß eben
nicht, wie in diefer, eine Trennung des Objectiven
und Subjectiven volljogen wird. Endlich ijt die:
jenige Methode zu erwähnen, welche in principieller
Ace DObjectives und Subjectives in der Dogma:
tif jcheidet, welde den dogmatiſchen Lehrgehalt
geichichtlich treu darjtellt, die Dogmatik daher auch
zur geihichtlichen Theologie rechnet ; dabei hat aber
die Darlegung des kirchlichen Lehrbegriffs den
Zwed, einer Kritif von Seiten des bogmatijiren-
den Subjects unterworfen zu werden. So am
reinften durchgeführt von Rothe, welcher eine drei:
fache Kritik anlegt, die biblifche Lehre, die wiſſen—
ſchaftliche Kritik und die Kritik des religiöjen Be—
wußtſeins; auch bei vielen Neuern findet ſich dieſe
kritische Methode aufgenommen. —
Geihichte der Dogmatik. Ebenfowenig als
eine der neuteftamentlihen Schriften ſchon eine 4
ftematifche Darjtellung der —— umfaßt,
* auch die unmittelbar nachfolgende Zeit in der
aſchheit ihrer gährenden Entwicklung Muße ge:
funden, ein dogmatiſches Lehrgebäude aufzurichten.
Erſt die engere Berührung der chriſtlichen Theo—
logie mit der platoniſchen Philoſophie hat zunächſt
im Orient Verſuche hervorgerufen, den Chriſten—
glauben in eine ſpeculative Faſſung zu bringen
— — Gregor von Nyſſa), von denen das
erf des Drigenes, Ilegi deywr, das bedeutendfte
ift; dann bald aud) im Abendlande, jedoch hier mit
; [einer mehr auf die praftiichen Räthſel des chrift-
lichen Lebens, auf Sünde und Erlöfung, gerichteten
Tendenz —* Gennadius Maſſ), in welcher
Richtung Auguſtins Enchiridion ad Laurentium
das hervorragendſte Erzeugniß geworden iſt. Erſt
als die dogmatiſchen Kämpfe zur Ruhe gefommen
waren und fi ein firchliches Lehrgebäude aus
ihnen entwidelt hatte, fand dieſes auch jeinen theo:
retifhen Baumeiſter in dem umfafjenden Werte
des Johannes Damascenus: "Erdocws «xgußns
räs ogdodösns nioreos. Auf diefem Stadium ber
firhlihen Entwidlung konnte die Dogmatik na:
türlich den einzigen Zwed haben, bie kirchlich aner:
kannten Dogmen darzuftellen und verftandesmäßig
zu begründen; daraus entwidelte ſich dann in der
Theologie des Mittelalter die jog. Scholaftif,
deren Hauptaufgabe eö war, mit Hülfe der arifto:
teliſchen Philofophie die vollfommene Weberein:
ftimmung der Bernunft mit dem kirchlichen Dogma
darzuthun. Die kühnfte Geftaltung nahm dieje
icholaftiiche Dogmatik in Anjelm von Canterbury
ſ. d. 9.) an, der vom Glauben auäging, aber
auch zuverſichtlich die Höchfte Entfaltung der Ber:
nunft juchte, um auf ihrer höchſten Stufe die Ein:
= mit dem Glauben zu finden. Nachdem in
älard dies philojophifhe Denten dem Glauben
gefährlich zu werben gedroht, kehrte in Petrus
—
Dogmatif
dem Lombarden durd feine Sentenzentheologie,
welche auf eigene Speeulation verzichtete, der ſcho—
laſtiſche Verftand zum Gehorjam zurüd (Senten-
tiarum libri IV). Alerander von Hales (Bumma),
Albert der Gr. (Summa theol.), Thomas von
Aquino (Summa theol.), Duns Scotus (Com:
mentar über die Sentenzen), in weldhen beiden
Letzten ſich bereits ein Unterjchied materieller Brin:
cipien geltend machte, indem der Eine die Erkennt:
niß, der Andere den Willen als das Brincip des
Glaubens nahm, jehritten lediglich in den Bahnen
des Lombarden, während in Hugo (Tractatus
theol.) und Richard von St. Victor (De trinitate)
dem entleerten Berftande gegenüber ſich Die Myſtit
des religiöfen Gefühls hervorzudrängen juchte.
Die Scholaftil_endigte mit dem Stepticismus
eines Wilhelm Decam (Commentar über die Sen-
tenzen).. Der Reformation gelang es endlich,
fi von dem Zwange des katholiſchen Dogma’s zu
befreien und dadurd die Einheit des Glaubens
und Grlennens ſchon in der urfprünglicden Ber:
bindung ded Gemüthes wieder zu erlangen. In
der lutherifhen Kirche hat Melanchthon (Loci
communes rerum theol.) dem neuen Glaubens:
bewußtjein eine humaniftifch are und feine Dar:
itellung verliehen, in der reformirten Calvin mit
—— Logik den Lehrbegriff feiner Kirche ent—
wickelt (Institutio). Als fi) aber aud) eine pro:
teſtantiſche Kirchenlehre feitgeftaltet hatte, er:
neuerte fich bald wieder die alte Frage nad) dem
Berhältniffe des jubjectiven Dentens zur objecti-
ven Kirchenlehre. Auch jetzt fand wieder eine der
Scholaſtik ähnlihe dogmatiſche Richtung den Be:
griff der Dogmatik darin, daß der lirchliche Yehr:
begriff mit allen Mitteln des Berftandes darge:
ftellt und entwidelt werde. In die eig diejer
Dogmatiter gehört Chemnitz (Loei theol.), noch
im ——— an die Weiſe Melanchthons, Ger—
hard (Loci theol.), Sutter (Comp. locorum
theol.), Calov (Systema loc. theol.), Quen-
ſtedt (Theol. did. polem.). Die reformirte Dog:
matif, welche derjelben ſcholaſtiſchen Richtung
nicht entgangen war, in Aljted (Theol. didactica),
Gisbert Voetius (Disput. rel.), hat bald gegen
diefelbe angelämpft durch Einführung von Metho—
den, welche der jubjectiven Arbeit einen freieren
Spielraum gewähren jollten; jo die jog. Föderal—
dogmatit des Goccejus (Summa doctrina de foe-
dere et testamentis Dei), welde die Religion
unter dem Gefichtspuntte eines Bundes mit Gott
auffaßt und diejes Bild zur Grundlage einer
dogmatischen Methode macht, und die ökonomiſche
Methode Xeydeders (De oeconomia trium pers.),
weldye den trinitarifchen Gefichtöpunft zu Grunde
legt. Einen ähnligen Verſuch machte Calirt (Epi-
tome theol.) in der lutheriichen Kirche mut jeiner
fog. Final: oder analytiiden (j. d. A.) Methode,
dem Danhbauer (Hodosophia christiana) folgte.
Mit dem Anfange des 18. Jahrhunderts nahm die
Dogmatif eine beveutjame Wendung vom objectiv
Gebundenen zum jubjectiv Freien, als Reaction
gegen die Lebertreibung der ſcholaſtiſchen Methode.
Zunächſt brachte ver Pietismus die Subjectivität
der Frömmigkeit zur Geltung (Spener, Ev. Glau—
bensiehre), und wirkte mildernd auch auf die
tarre Form der orthodoren Dogmatif (Hollaz,
xamen theol.; Pfaff, Institut. theol.; Bud—
deus, Instit. theol. dogm.). Zugleich begann
an dieſem Zeitpuntt der Subjectiviömus der Auf: '
192
Dogmatik
Härung; Semler verfucht eine „freiere theologi-
ſche Lehrart“ zu begründen (Instit. ad doctrinam
chr. liberaliter discendam); die Vernunft ftrebt
fih immer mehr ald die Duelle der Dogmatik
> zu maden, indem fih auf Grundlage
Bolfiher Philojophie der Offenbarung gegenüber
eine „natürliche Theologie” au ftellen Puch (Wolf,
Theol. naturalis), welche fich J. häufig mit
Bibel und Dogma in Einklang zu ſetzen beſtrebt
iſt (Baumgarten, Ev. Glaubenslehre; Reuſch, In-
troductio in theol. revelatam), aber doch immer
mehr einer Entwidlung anheimfällt, welde dem
jubjectiven Bedürfniß folgt und ſich nad zwei
Seiten hin jcheidet, je nahdem das Bernunit:
oder Olaubensbedürfniß im Dogmatifirenden Sub-
ject überwiegt. Der einen fupranaturaliftifchen
Richtung gehören Dogmatiter an, der Aufllärung
fi nähernd, wie Michaelis (Comp. theol. dogm.),
Döderlein (Instit. theol. christ.), Morus (Epit.
theol.), Gruner (Instit. theol. dogm.); in grö-
Berer Annäherung an Bibel und Dogma, wie
Storr (Doctr. christ. pars theol.), Reinhard
(Borlefungen), Schwarz (Grundrif d. kirchl. prot.
Dogm), Knapp (Borlefungen), Hahn (Xehrb. des
chriſtl. Glaubens), Steudel (Glaubensl.). Auf Sei:
ten des Kationalismus dagegen jtehen: Hente (Li-
neamenta instit. fidei christ. hist. eriticarum),
Edermann (Comp. theol. christ.), Teller (Reli:
gion der Vollkommenen), Wegfcheider (Instit.
theol. chr. dogm.). Eine Vermittlung beider
Spfteme ſuchen Bretichneider (Dandb. der Dogm.
u. j. w.), Schott (Epitome theol.), Tzſchirner
(Borlefungen). Mehr oder weniger von der Kant:
ſchen Kritif berührt, welche gegen den Dogmatis-
mus anfämpft, die Unmöglichkeit bejtimmter Aus:
jagen über die Objecte des Glaubens behauptet
und die Dogmen als Symbole fittliher Wahrhei—
ten auffaßt, find Tieftrunf (Genjur des riftlich-
prot. Yehrbegrifis), Stäublin (Neligionslehre) und
Ammon (Summa theol. christ.). Als der Katio:
nalismus nicht mehr genügen wollte, führte der
Einfluß der Schellingſchen und Hegelſchen Philo:
jophie an die Stelle des in bejchränttem Ideen—
freis ſich bewegenden, rejlectirenden Beritandes
das rer Denten in die Dogmatik ein, zu:
nächſt in einem dem firdliden Dogma freund:
liden (Daub, Theologumena. Eint. in die chriftl.
Dogmatik, Brolegomena zur D. Syſtem d. hriftl.
D.), ja fogar entjchieden gläubigen Sinn (Mar:
heinefe, die Grundlehren der heit. Dogmatil als
Wiſſenſchaft. Syſtem der hriftl. Dogmatik), jpäter
dagegen in ebenjo entſchieden feindjeligem Sinne
(Strauß, die hriftl. Glaubensl. in ihrer geſch.
Entw. und im Hampfe mit der mod. Wiffenjd.).
Eine neue Epoche rief in der dogmatifchen Ent:
widlung Schleiermader (der chriſtl. Glaube nach
den Grundj. der ev. Kirhe im Zuſammenh. dar:
geitellt) hervor, welcher dem Nationalismus ent
egentrat, indem er das religiöfe Gefühl zum We
Fentlichen der Religion erhob, aber auch der altkirch⸗
lihen Dogmatif, indem er das fromme Gemeinde:
bewußtjein der Gegenwart zum dogmatiſchen Aus:
drud bradte. Yus dem unmittelbaren jrommen
Gefühl entwidelte Schleiermadyer auf dialektifchen
Wege die Wahrheiten des riftliden Glaubens und
ſuchte Dadurch ebenjofehr das philoſophiſche Bedürj:
niß wie das Bedürfniß des Glaubens zu befriedigen.
Die Schleiermacherſche Theologie war dadurch von
jo weittragender Bedeutung, daß die gefammte
Dogmengeſchichte
nachherige Entwicklung der Dogmatik ihren Aus—
angspunkt in ihr nahm. Einen ähnlichen Weg
Pen neben Schleiermadjer de Wette ein, welcher,
im Anſchluß an die Friesihe Theologie, dad Ge:
biet der Religion ald dad Gebiet des ahnenden
Gefühld abgrenzte gegen das Gebiet des mifjen:
ihaftlihen Ertenneng, dagegen durch die fymboli:
— Auffaſſung der dogmatiſchen Wahrheiten
einer Dogmatik einen mehr äſthetiſchen Charakter
verlieh (Lehrb. der chriſtl Dogmatik in ihrer hijt.
Entw., 2 Th.). Mit der Nichtung zur Kirchenlehre
bin gingen von Schleiermacher aus: Nitzſch Sy—
ſtem ver chriftl. Lehre) und Tweſten (Borlefungen
über d. Dogm.). Auf reformirtem Boden und im
Geifte dieſer Kirche ſtehen: Aler. Schweizer (die
Glaubensl. der ev. ref. Kirche. Die prot. Central:
dogmen), auf dem Boden der Schleiermacherſchen
Theologie in mehr kritiſchem Sinne; Schentel
(Chrifil. Dogmatik» von dem Princip des Gewiſſens
aus; Ebrard (Chriftl. Dogmatik) mit dem Streben
ber Terjöhnung mit der Kirchenlchre. Auf jpecu:
lativem Standpuntte Steht Weiße (Philoſ. Dogma-
th, in pofitiv-firhlichem Geiſte Martenjen (die
Hrijil. Dogmatik), Liebner (die hrifil. Dogmatif
aus den chriſtol Principien dargeftellt), und den
fpeculativen Standrunit mit dem Schleiermacher—
ſchen zur Einheit bildend: Rothe (Theol. Ethit —
die zugleich Dogmatit). Einen veredelten Katio:
nalısmus vertreten: Rüdert (Theologie) und Haſe
(Co, prot. Dogmatik. Auf den bibliſchen Stand:
punlt Beben 3 gejtellt: Bed (Lehrwiſſenſchaft)
und Hofmann (Scriftbeweis), Letzterer mit der
Richtung zur lutheriſchen Kirchenlehre. Zu diefer
im ftrengen Sinne zurüdgefehrt find: Thomafius
(Chrifii Perſon und Wert) und Philippi (Kirchliche
Glaubenslehre). — Bon katholifchen Dogmatitern
find hervorzuheben: Bellarmin, Disputat. de
eontroversils chr. fidei adv. hujus temp. hae-
reticos. Brenner, freie Darfiellung der Theologie
in der Idee des Himmelreichs, 1815 — 1818. J.
Ihanner, Wiſſenſch. Aphorismen der fath. Dogma:
tif, 1816. lee, Syftem der kath. Dogmatif, 1831.
Hermes, C hrift:fath. Dogmatit,1831— 1834. Stau:
denmaier, Chriftl. Dogmatif, 1844, Dieringer,
Lehrbuch der kath. Dogmatik, 4. Aufl. 1808,
Goufiet, Theol. dogm., 1850. Ecdmid, Kath.
Dogmatik, 1855. — Darjtellungen der lutheriſchen
Kirhenlchre wurden geliefert, außer von einer
großen Zahl ſchon genannter Dogmatifer «bei.
de Wette), von Augujti (Eyftem der hriftl. Dogm
nah dem Lehrbegr. der luth. Kirche, 1809), Klein
(Tarft. Led dogm. Syfiems der en.:prot. Kirche,
1822), Grimm (Inst. theol. dogm. ev. hist.-
erit. 1848), Schmidt (die Dogmatıf der ev.:luth.
Kirche), Hafe (Hutterus redivivus, 10. Aufl. 1862).
©. ferner Symbolif. — Ueber die Dogmatik im
Algemeinen vgl. Reuter, Abhandlungen zur jyite:
matifhen Theologie, 1855. Nothe, Zur Dogmatik,
1863. — Zur Gedichte der Dogmatik vgl. Hein:
rich, Verſuch einer Geſchichte der verjdiedenen
Lehrarten u. ſ. w., 17:0. Schickedanz, Verſuch
einer Geſchichte der chriſtl. Glaubenslehre, 1827.
Herrmann, Geſch. der prot Dogmatik von Melanch⸗
thon bis Schleiermacher, 1842. Gaf, Geſch. der
prot. Dogmatit, 4 Bde, 1854—1857. Müde, die
Dogmatik des 19. Jahrhunderts, 1867.
‚ Dogmengeidicte it diejenige theologifche Dis:
ciplin, welche ſich Die —— der Entwicklung
des tirchlichen Dogma's (ſ. d. A.) zur Aufgabe
193
Dogmengeſchichte
ſetzt. Sie unterſcheidet ſich dadurch von der Dog:
matik, daß ſie die Bewegung des dogmatiſchen
Denkens in der Vergangenheit darftellt, während
die legtere die Ergebuiffe diefer Bewegung im
Momente ber Gegenwart zu ihrem Inhalte macht,
daß alfo die Degmatif ihre Arbeit da einjegt, wo
die Dogmengeihichte ausmündet. Bon der bibli«
ſchen Theologie unterjcheidet fie ſich dagegen da:
dur, daß ſie da anfängt, wo dieſe aufhört, d. 5.
daß fie die Fortſetzung der letzteren bildet von der
Grenze der Lehrentwidiung an, fomweit dieje fich
innerhalb der fanonijhen Schriften de Neuen
Tejtamentes bewegt. Bon der Kirchengeſchichte
bildet fie einen Zweig, infofern diefe den Grfammt«
umfang des chriſtlichen Lebens behandelt, neben
der Lehre auch die äußeren Schidjale nebſt Ver:
faffung und Cultus der priftlichen Firche; fie bes
hauptet aber mit Recht ihre Selbftändigfeit, weil
der Gang des chriſtlichen Denkens nicht überall
mit dem Gange der äußern Gejhichte zuſammen—
fällt und weil fie daher durch eine Unterordnung
unter dieje bei der auferordentlihen Bedeutung
ihres Stoffes mis Unrecht einen Zwang erleiden
müßte, der ihre Bolljtändigkeit und Klarheit beein»
trächtigen würde, Mit der Symbolik hat bie
Dogmengefcichte einen großen Theil des Stoffes
gemeinjam; während aber diefe das Intereſſe der
Entwidlung des dogmatifchen Dentens als ſolcher
zuwendet, widmet die erjtere ihr Intereſſe der
Vergleihung der Lehrſyſteme der verſchiedenen
Kirchen unter einander; fie faßt aljo die Lehrents
widlung innerhalb einer Kirche in dem Punkt an,
wo die Lehreigenthümlichkeiten derfelben am ges
ſchloſſenſten und greifbarjten hervortreten, wäh:
rend die Dogmengeſchichte denſelben Punlt nur
als ein Moment der Entwidlung in ſich aufnimmt.
Die Dogmengeſchichte teilt fi) in die allgemeine,
welche die Charafteriftit der Entwidlung des dog»
matijchen Dentens im Großen, die Einflüfie, von
denen dajjelbe beherrſcht iſt, die geiftigen Erſchei—
nungen, die dafjelbe repräfentiren, befchreibt; und
die jpecielle, welche ſich die Gefchichte der einzelnen
Dogmen zum Vorwurf madt. Die Dogmens
gei@ichte ijt eine euere Wiffenichaft. Der von ihr
earbeitete Stoff iſt in der älteren Zeit theils ohne
ſyſtematiſche Bearbeitung geblieben, theils ans
dern Wiljenfchaften, wie der Kirchengeſchichte und
Dogmatit, zugefallen. In der Periode des fathos
liſchen Dogma’s war eine objective Stellung dems
jeiben gegenüber als einem Dbject der Geſchichts⸗
forſchung nicht möglih; darum tritt auch der
älteite dogmengeſchichtliche Stoff in Form ber
Ketzergeſchichte und Bolemit auf, in weldye Katego-
rie Schriften wie Jrenäus, "Eieyyog xai evargonn
ts weudwruuov vrWaews; Hippolyt, O xuru
naouy algeaewv EAeyyog; Tertullian, De praescr.
haereiicorum, Epiphanias, Adv. haereses, Theo»
boret u. a, gehören, da nur feßerifhe Meinungen
einer geſchichtlichen Betradhtung und Kritif ans
heimfallen fonnten. Schwache Verfuche in der mit:
telalterlıchen Zeit, Unterjchiede und Widerſprüche
in der Gejtaltung des Dogma’s aufzudeden, wie
die von Bobarus (PBhotius, Bib!. cod.) und Abäs
lard, Sic et non, fonnten nur vorubergeheude
Wagniſſe fein, fo lange die Einerleiheit und Uns
veränderlichteit Des Dogma’s einen Glaubensſat
bildete. Anders wurde dies mit der Neformation.
Mit ihrer Loslöfung vom fatholifden Dogma
war aud eine gejchichtliche TREE und
1
Dofeten
Darftellung deffelben ermöglicht, obgleich auch die
erſte Zeit der Reformation eine ruhige objective
Geſchichtsbetrachtung nicht zuließ. Die Polemik
oder wenigftend eine vom polemifchen Intereſſe
beherrichte Behandlung war auch jegt der Charat:
ter der Darftellung dogmengeſchichtlicher Stoffe;
dahin gehören die Magdeburger Genturien auf lu—
therijcher Seite, Dionyfius Petavius (De theologi-
eis dogmaticis) auf katholiſcher Seite, und Sp.
eg a Corſe (Instructiones hist. theol. de
octrina chr., 1645) auf reformirter Seite, und
endlich ge, nod Arnolo, Kirchen: und Ketzer—
biftorien. ogmengejhichtlicher Stoff ift dagegen
vielfach aud in die Dogmatiken diefer Zeit von
—— Hutter, Menden u. A. aufgenommen.
Als jelbjtändige Wiſſenſchaft befteht die Dogmen⸗
geſchichte erft Peit Semler, der in der Einleitung
zu Baumgartens Glaubenälehre, 1759, zuerſt Har
diejelbe in ihrem Begriffe erfaßt hat, und welchem
Ernefti, Prol. de theologiae hist. et dogm.
conjungendae necessitate, 1757, zur Seite zu
ftellen ift. Eine kritifche Betrachtungsweife, die
aber keineswegs von hiftorifchen Geſichtspunkten,
fondern lediglich vom Standpunft der jubjectiven
ag er | hen Meinung ausging, kam durch Semler
in ufſchwung und wurde die Methode des Ra:
tionalismus, zeichnete ſich aber durch — *
leit und Oberflächlichkeit der Geſchichtsauffafſung
aus; hierher gehören: Rößler (Lehrbegr. der
riſtl. Kirche in den erſten drei See. 1777),
fand (Geſch. des prot. Lehrbegriffs, 1791-1800),
nſcher (Handbuch der chriſtl. Dogmengeſch.,
1797). Hat weniger ein eigentlich geſchichtliches,
als ein kritiſch-⸗dogmatiſches un die ratio:
naliftifhe Dogmengeſchichte geleitet, jo weicht bie:
jer Geſichtspunkt allmählich dem erwachenden ge:
ſchichtlichen Sinn einer wiſſenſchaftlicher denten:
den Periode. Die moderne Dogmengejchichte geht
nit mehr von einem polemifdhen oder dogmati-
(dia Intereſſe ans, jondern von einem rein ge:
—— Fa ee ar welches iebe
o iſche Erſcheinung der Geſchichte aus der
— der Entwicklung heraus auffaßt und be-
urtheilt. Die befannteften Werke der neueren Zeit
find folgende: Augufti, Lehrb. der priftl. Dogmen⸗
80 4. Aufl. 1835. Bertholdt, Handbuch der
ogmengejd., 1822. Ruperti, Geſch. der Dogmen,
1831. Baumgarten:Crufius, Lehrbuch der priftl.
Dogmengeſchichte, 1832. Compendium, 1840.
. Zeng, Geſch. der riftl. Dogmen in pragmati:
{her Entwidlung, 1834. —— Dogmen:
rg 1839. Hagenbach, Lehrbuch der Dogmen:
x &., 5. Aufl. 1867. Baur, Lehrbuch der Behr
—— 2. Aufl. 1858, Marheineke, Chriſtl.
Dogmengeſch. 1849, ed. Matthies und Vatte.
Noad, die hriftl. Dogmengefch., 1853. Giefeler,
Dogmengeih. ed. Re ning, 1855. Neander,
Epriftl. Dogmengeſch., ed. Jakobi, 1857. Schmid,
Lehrbuch der Dogmengeſch. 1859.
Doleten. Unter diefem Namen werben alle
Syfteme zufammengefaßt, welche, indem fie das
Göttlihe in Chriftus fefthalten wollten, das
Menſchliche in ihm mehr oder minder bejchräntten
und bis auf eine Scheingeftalt verflüchtigten. Der
Doletismus bildet den fchroffen Gegenjag zum
Ebionitismus, und wie er philoniſche Specula-
tion zur Unterlage hat, geht er auch in den no:
icismus über. ch find die Syfteme der
imonianer, des Baſilides, Bardejanes und
194
Dominicus. Dontinicaner.
Balentinian; hier ift er zugleich bedingt durch den
Dualismus. So beftimmt auch die Kirche den
Doketismus verworfen hat, jo gelang e8 ihr troß
des Symbol. Athan. doch nicht vollftändig, ihn
wirklich in der Lehrentwidlung zu überwinden ; er
wurde nur verbedt, und trat in den mittelalter:
lihen Secten der Paulicianer und Albigenjer
wieber hervor.
Doleins. Sohn eines Priefters im Mailändi:
chen, war ng 3 Segarelli'3 Verbrennung 1300
das Haupt der Apoftelbrüder (j. d. A.), denen er
ſeit 1291 angehörte. Nach der Niederlage feiner
Scaar auf Zebello bei Vericelli 1309, wurve er
gefangen und verbrannt. In prophetiihen Schrif:
ten hatte er feine Meinung, daß das Zeitalter des
b. ige (die 4. Epoche der Kirche) mit den
Apofteln gelommen, ausgeſprochen, und den Be:
ginn defjelben auf 1308, dann 1304 gefeßt.
Dolet. Ein franzöfifher Humanift, der wegen
feiner antifatholifchen —— 1546 in
Paris erwürgt wurde, den aber die Heformatoren
als Atheiften und Lehrer der Unſittlichkeit auch
nicht al3 den ihrigen anerkannten.
omcapitel. S. Capitel.
Domberr und Domitellar ſ. Kanoniter.
Dominica, ©. Sonntag.
Dominicum, 1) Gr. xupiaxöv deinvor, das
Mahl deö Herren, das Abendmahl. 2) Weil D.
fonft Beſitzthum, den Fiskus der Herrſchaft be-
zeichnet, jo wird das Wort gebraucht für: Kirche,
Kirchengebäude.
Dominicus. Der Stifter der Dominicaner. Geb.
zu Calervoga in Altkaſtilien 1170, aus guter Familie
(aber nicht de Guzman), zeichnete er ſich früh durch
asketiſche Frömmigkeit und theologifhe Bildung
aus, und ald Domherr zu Osma durd) den Eifer
der Miffionspredigt unter Muhamedanern und
Kepern. In Begleitung des Biſchofs Diego kam
er 1204 nad) Südfrankreich und widmete ſich dort
dem Miffionswerk unter den Albigenjern. Dafür
ftiftete er 1206 das Jungfrauen:Aiyl zu PBrouille
bei Touloufe, mit dem ſich eine Predigergenoffen:
ichaft verband. Dem Kreuzheere des Simon von
Montfort folgte er als Prediger und betheiligte
ſich als folder an der Inquifition. Auf dem La—
teranconcil 1215 gelang es mit Mühe, von Inno—
cenz III. die Beftätigung feiner Genoſſenſchaft als
einer Geſellſchaft requlirter Kanoniker zu erlan—
gen; erft Honorius Ill. 1216 gab ihr die Beftä-
tigung als eines neuen Predigerordens. In Rom
als Oberhofprediger (magister sacri palatii) feſt⸗
gehalten, betrieb Dominicus 1220 auf dem erjten
Seneralcapitel die Ummwandlung in einen Bettel-
orden nad dem Borgang des h. Franciscus.
Nachdem auc die Berfafjung des Ordens unter
einem General: PBrovinzialen, Definitoren und
Prioren feftgeftellt war, ftarb Dominicus 1221
und wurde 1233 fanonifirt. Der Dominicaner:
Orden ſetzte fich die Ausbildung und Vertheidi-
ng der Kirchenlehre zur Aufgabe; er eröffnete
19 die Univerfität von Paris und zählt unter
einen Gliedern eine Reihe der bedeutenditen
Scholaftiter. Mit dem rivalifirenden Orden der
Franciscaner herrichte beftändiger Lehrſtreit, der
jich zulegt in der Frage nad) der unbefledten Em:
pfängniß zufpigte. Die enge Verbindung mit dem
päpftlihen Stuhl übergab ihnen die Jnquifition
1232 und den Ablaf gleich traurigen Angeden:
tens. Der früher jo bedeutende Orden, aus dent
Dominicus Loricatus
800 Biihöfe, 150 Erzbifhöfe, 60 Earbinäle, 4
Päpfte hervorgingen, erijtirt nur nod in ber
Schweiz, Ungarn und Amerika. In vieler Beziehung
baben die Jefuiten feine Aufgabe mit Erfolg und
Geigid übernommen. Die Ordenstradht der Domi-
nicaner iſt weiß mit ſchwarzer Gapuze und fchwar-
gem Mantel. — Dominicanerinnen find hervor:
egangen aus dem Afyl zu Prouille und waren
ehr verbreitet. Die Tertiarier der Dominicaner
beiderlei Geſchlechts, oder Orden von der Buße bes
. Dominicus, gingen hervor aus einem ritter-
ihen Berein zur ng tb ver Ketzer. La-
— Vie de Saint Dominique, Bruxelles
1848.
Dominieus Loricatus. Schüler des Büßers
Damiani (f.d. A.). Trug ald Verfhärfung ftatt
des härenen Bußgewandes ein eifernes auf dem
bloßen Leib, und vervolllommnete die Geißelaskeſe
des Damiani dadurd, daß er den Pialter dabei
nicht mehr ausſprach, fondern nur in Gedanten
betete, um die Diebe rafcher folgen laſſen zu
lönnen.
Domitian. Römifcher Kaifer, 831 — 9%. Da
unter feiner Regierung zum Judenthum Ueberge-
tretene der „Gottlofigfeit“ angellagt wurden, fo
traf dies auch viele Chriften, die von den Juden
ei nit unterjchieden wurden und deren nad
Eujebius viele den Märtyrertod ftarben. Aus po:
litiſcher Beforgniß ließ er die Nachtommen Davids
aufipüren, entließ aber zwei, die ihm vorgeführt
wurden, al3 durchaus ungefährlid).
Dompelacrd — Untertaucher.
Wiedertäufer in Holland.
Domprobft. S. Capitel.
Donaten hießen ſolche Perfonen, die ohne Ge:
lübde fi und ihr Bermögen einem Klofter über:
gaben, darin Wohnung nahmen und den Berfehr
mit der Außenwelt vermittelten. Die Einrichtung
wird auf Abt Wilhelm, den Seligen, 1069—1091,
zurüdgeführt.
Donatio Constantini. Nah ber römiſchen
Sage ſoll bereitö Conftantin dem Papſte Sylvefter
die Umgebung Roms als Anfang des Kirchenftaates
are aben. Die angeblide Schenkungsur—
ndeindef bei Pfeuboifidoriftein untergefchobenes
Mahmert. Die Ungefchichtlichkeit der Sage wies
ſchon nad) Laurentius Valla, De falso credita et
ementita Const. donatione declamatio (herausg.
von Ulrich von Hutten 1518). Richtig iſt nur, daß
321 Conftantin der römifhen Gemeinde ver:
Pre; Geſchenke und Bermädtniffe von liegen:
en Gründen anzunehmen. Als Karl d. Gr. die
Schenkung Pipins an den päpftlihen Stuhl be:
ftätigte und vergrößerte, nannte ihn Hadrian
novum christianissimum Constantinum. ©.
et Er €. m Döllinger,
ein, 8.52 ff. Dagegen: Die Schenkun
€., Mainz 1866. * ——
Donatiſten. Der donatiſtiſche Streit brachte
der Kirche die Entſcheidung der zwei Fragen, ob
die Kirche die Todſünden in ſich dulden dürfe und
ob die von einem unwürdigen Prieſter vollzogene
Weihe gültig ſei oder nicht. Es bildete ſich ein
Gegenſatz in der Faſſung des Begriffes Kirche
aus, oder vielmehr des Prädicates Heiligkeit, das
ihr zufam, indem die Einen dafjelbe in ftrengerem
Einne faßten als eine (wenigſtens relativ) wirt:
liche Heiligkeit der Glieder ber Kirche, die Andern
bloß in dem idealen Sinne, daß die Kirche nur
Beiname der
t
195
Donnerftag, grüner
al3 Gemeinschaft Anfprud auf Heiligkeit mache,
nicht aber auch auf eine ihre einzelnen Glieder
umfaſſende heilige Befchaffenheit. Die Grundfäge
machten fi an den einzelnen Fragen über fir:
henzucht, Wiederaufnahme Gefallener, Berehrun
der Eonfefjoren u. ſ. w. geltend. Es bildete je
im Donatismus der Gegenſatz einer rigoriftifchen
Richtung gegenüber der praftijc milden Anſchau—
ungsweiſe der fatholifchen Kirche aus. Den erften
Anſtoß gab das Benehmen des Biſchofs Menſu—
rius von Karthago, der in der diocletianiſchen
Verfolgung ftatt der heiligen Schriften nur fee:
riſche ausgeliefert und gegen die übertriebene Ver:
ehrung der Eonfefloren Ki ausgejprochen hatte,
indem dieſer den Eifer der rigoriftifch Gefinnten
bervorrief (Synode zu Cyrta 305), Menfurius
mußte fi) in Rom verantworten und ftarb auf der
Rüdreife 311. Seine Partei wählte den Cäcilia-
nus, welchem Felix von Aptunga, ber ald Traditor
verdächtigt war, die Weihe ertheilte. Die rigos
riftiiche Partei unter Secundus von Tigifis er-
Härte die Wahl für ungültig und wählte ben
Majorinus, nad) deffen Tode Donatus 313. Ihre
Klagen gegen Cäcilianus wies die Commilfton
unter Melhiades von Rom zurüd und jegte Dos
natus ab, Neue Verhandlungen, aud die ber
Synode zu Arles (314), beftätigten das Urtheil,
Die Donatiften beriefen fi nun auf Entfcheidung
des heidnifchen Kaifers, diefe fiel gegen fie aus
316, F jetziger Proteſt galt als Ungehorſam, die
Biſchöfe wurden verbannt, bis fie 321 Duldung
erlangten. Bei jhärferen Maßnahmen des Eon:
ftans verbanden ſich die ftrengern Donatiften mit
den ſchwärmeriſch asketiſchen Circumcellionen
Landſtreichern); ein Aufftand derjelben wurde 345
gedämpft, brach aber 348 um fo heftiger aus; ftren-
gen Mafregeln (Donatus wurde verbannt, An-
dere hingerichtet) folgte Begünftigung durch Julian
und nun Gemwaltthätigfeiten der Donatiften gegen
die Katholiken, denen 373 und 375 ſcharfe kaiſer⸗
liche Edicte entgegentraten. Die Secte fand ten
allmählihen Untergang durch Auguftin Seine
Reden und Schriften und fein Coge intrare rie⸗
fen 405—409 neue Strafedicte hervor; und ald
auf der Collatio cum Donatistis, einer Dispu⸗
tation zu Karthago 411, die Donatiften überwun⸗
den wurden, bereiteten ihnen bie SBärften Maß⸗
regeln (ihre Verſammlungen wurden bei Todes⸗
ftrafe verboten) den Untergang. Doch beitand die
Secte bis zur Vernichtung der Kirche in Nord⸗
afrifa durch Bandalen und Saracenen. Unter ben
Donatiften zeichneten ſich aus der Biſchof Dona⸗
tus der Gr. von Karthago, D. von Caſae Nigrae,
Parmenianus von Karthago und der Gramma:
tifer Tychonius. Gegen fie jchrieb, vor Auguftin,
Optatus von Mileve. Vgl. Dptatus Milevitanus,
De schismate Donatistarım. Wald, Ketzerge⸗
ſchichte, Bd. 4. Ribbed, Donatus und Auguftin,
1857
Donnerlegion,. ©. Legio fulminatrix.
Donnerflag, grüner, heißt der Donnerftag in
der Charwodhe, der Stiftungstag des h. Abend:
mahls. Der Name wird in zweifacher Weiſe er:
Härt, entweder von den grünen Kräutern, welche
jan diefem Tage gegeljen zu werben pflegten, ober,
wie auch viele Sonntage ihre Namen von dem
Anfangswort des dem Sonntag gewibmeten Bi:
belabſchnittes erhielten, jo der grüne Donnerftag
von Bf. 23, 2. m
Donum supernaturale
Donum supernaturale, ©. Urzuftand bes
Menfchen.
Donus I., Papft 676 — 678. — Donuß IL,
974 Bapit, ſtarb nad) einigen Monaten.
Doppelklöfler. Der Brigitten-Orden und ber
Drden von Fontövraud verbanden je ein Dlänner:
und ein Frauenklofter unter Einer Leitung und in
Einer Anftelt. Das Zufammenleben der Reli:
töfen beiderlei Geſchlechts in einem Gebäude
Batte ſchon Nifolaus II. verboten.
Sor. of. 17,11; Richt. 1,27; of. 12, 23;
1. Kön. 4, 11; Sof. 11,2; Königsſtadt der Ka:
naaniter, lag im Stamme Affer, ward aber Ma-
naffe zugetheilt, nachdem fie erft ſpät erobert wor:
den, Richt. 1, 17. In der Makkabäerzeit ward Dor
belagert, 1. Maf. 15, 11; 14, 25. Von Gabinius
zur Snfenftadt gemacht, Jofeph. Ant. XIV, 5,3. In
der erften hriftlichen Zeit und in den Kreuzzügen
wird der Biſchof von Dor erwähnt. Zu der von
Pinius und Hieronymus angegebenen Lage ftimmt
der Ort Tantura, Dandora, nördlid von Cäfarea,
Dordredt, Synode zu. 13. Nov. 1618 bis 9.
Mai 1619, Wurde von den holländifhen General:
Staaten veranftaltet, um den Arminianidmus zu
unterdrücen. Auswärtige Theologen aus Deutſch⸗
(and, der Schweiz und England waren eingeladen,
und nahmen Theil, um mit ihrem die hol:
Ländifchen Theologen zu unterjtügen. Die Remon:
ftranten, zur Verantwortung vorgelaben, verthei⸗
digten durd) Episkopius eine Apologie ihrer Lehre,
wurden aber am 14. Jan. 1619 als überwieſene
Lügner aus der Synode gemwiefen und kirchlich
— Die Synode ſtellte unter Viderſxruch
der deutſchen und engliſchen Theologen die Lehre
von der Gnadenwahl in determiniſtiſchen Formeln
auf, nahm den Heidelberger Katechismus als Iym-
boliſches Buch an und beſchloß eine neue Meber-
fegung der heil. Schrift und andere innerlirchliche
Anordnungen. Ihre Beſchlüſſe, welche in Deutſch⸗
fand nur anerfannt wurden, ſoweit fie den Armi:
nianismus betrafen, bezeichnen den Anfang con:
feffioneller Verfteifung des reformirten Proteftan:
tiömu3. Die Acten der Synode, Dordrecht 1620,
dagegen der remonftrantiihe Beriht Acta et
scripta, Harderwy 1620. Vgl. Heppe, Historia
Syn. nat. Dordracen. bei Niedner, Zeitſchr. 1853.
Dormitorium. Der allgemeine Schlafjaal der
Eltern Klöfter, die feine Zellen hatten.
Dorner, Iſaak er Geb. am 20. Juni 1809
zu Neubaufen ob Ed dei Tuttlingen in Würtem:
berg, Cberconfiftorialrath und Profeſſor der Theo:
logie in Berlin, vorher Repetent in Tübingen,
Profeſſor in Kiel und Königsberg, 1847—53 in
Bonn, dann in Göttingen, bis der Eultusminifter
von Bet;mann-Hollweg ihn nad) Preußens Haupt:
ftadt berief, Schrieb: Entwicklungsgeſchichte der
Lehre von der Perfon Chrifti, Stuttgart 1339,
2. Aufl. Berlin 1853—56; der Pietismus in Wür:
temberg i840; das Princip unierer Kirche 1840;
Ueber Lei fündloje Vollklommenheit 1862; Ge:
ſchichte der prot. Theologie, Münden 1867,
Dorothea, die Volläheilige Preußens, lebte nad)
ihrer Verheirathung ſeit 1394 in einer Zelle zu
Viarienwerder. Der Kanonifationspro;ep 1404
wurde unterbrochen, weil fie gegen ven deutſchen
Orden Vorwürfe erhoben hatte, — Die Kalender:
heilige war eine Märtyrerin aus Kappadocien.
Dofitheus. I) Ein rabbinifd gebilveter Jude
am die Seit Chrifti, der durch den Gegenfaß feiner
196
Draconites
—— Schriftauslegung ſich von den Pharis
dern abwanbte und unter den Samaritanern eine
Secte ftiftete, der er eine ftrengere Befolgung des
Gefeges zur Pflicht machte. Von feinen Gegnern
wurde ihm Berfälfhung des Bentateuchs zur Laft
elegt. Verdrängt und verfolgt, joll er ineiner Höhle
ei Serufalem durch Uebermaß des Faftens geitor:
ben fein. Ueber ihn die Chronik des Abulfaradſch
und Hegefipp. — 2) Derjelbe Name wird dem
Vriefter 2. Kön. 17, 27. 28 beigelegt, den Sans
herib nad) Samaria fandte, — 3) Ein Levit, der
eine griehifche Bearbeitung des Buches Ejther von
Seruialen nad) Aegypten bradte. — 4) Ein jü-
difcher Feldherr unter Philometor.
Dothan. 1. Mof. 37, 17; 2. Kön. 6, 13. Der
Drt, wo Joſeph vertauft ward und Elifa die Syrer
mit Blindheit ſchlug, lag nördlid von Samarien,
an der Straße von Aegypten nach Gilead; jet
Tell Dothan.
Doyologie. Lobpreifung Gottes. Die große D.,
der Lobgejang der Engel, Luc. 2, 14, wurde früh
in den (hurgikgen Gebraud) der Gemeinde genom:
men, häufig in einer durch mannigfache Zufäge
erweiterten Geftalt. Es wird zwiſchen Kyrie und
der Bibellection an allen Sonn: und Feittagen
gefungen. Die ug >. behielt anfangs
den Gebzaud der lateinischen D. bei, ſpäter trat
an ihre Stelle das Lied: Allein Gott in der Höh’
6 Ehr'. Die Heine D. bildete den Schluß des
ſalmengeſangs und hatte die urſprüngliche For—
mel: Gloria Patri et Filio et Spiritui sancto in
saecula saeculorum, Amen, welche wegen des
Arianismus den Zufa erhielt: sicut erat In prin-
cipio et nunc et semper et in saecula saeculo-
rum. Die D. am Schluß des Herrngebets ift ent:
ſchieden unecht und aus dem liturgiſchen Gebrauch
der Kirche hinzugeſetzt.
Drabieius, Nikol, Ein Prediger der böhmifchen
Brüder feit 1616. Geb. 1585 zu Strabteiß in
Mähren, wurde er 1629 verbannt und lebte zu
Lednig in Ungarn ald Tuhhändler. Da er feit
1638 göttliche Offenbarungen empfangen haben
wollte, gab Comenius feine Weiffaguugen heraus,
Lux in tenebris 1657. Diefelben verlündeten ben
Untergang Defterreihs 1657; deshalb ward D.
1671 zu Preßburg als Hochverräther hingerichtet.
Drache überſetzt Luther }?3D, womit ein großes
Waſſerthier oder eine ar ıc. bezeichnet wird.
In der Offenbarung ift der Drache die dichteriſche
Schilderung des Satans, die potenzirte Schlange
der Genefis,
Drache zu Babel. Da die Babylonier Teinen
Schlangencultus hatten,und fonft erwähnteSchlan-
genbilver nur Embleme waren, jo ijt Winers Ver—
muthung berechtigt, der Verfafjer habe das ver:
ſiſche Symbol der Schlange, weldes den Ahriman
bedeutete, im Sinne gehabt.
Drachme. Luc. 15, 8.9. Die gemöhnlide grie-
chiſche Silbermünze, war feit dem Exil in Jůdäa
im Umlduf und ftand dem römischen Denar gleich,
ungefähr im Werthe von 6 Gutegroſchen. Bier
Drachmen galten einen Sedel.
Draconiteß, Johannes, eig. Drad. Bon feinem
Geburtsorte Johann Karlitadt genannt. Geb.
1494, betheiligte er * an Luthers Empfang als
Domherr und Magiſter zu Erfurt 1521, verlor
deshalb feine Stelle und wurde nad einem Auf:
enthalt zu Wittenberg 1523 Pfarrer zu Nilenberg,
Draefefe
Inden Bann een mußteer wieder wandern, war
3 Jahre lang Pfarrer zu Waltershauſen und feit
1534 Prediger und Brofefjor der Theologie zu Mar:
burg. 1547 gab er auch dies Amt auf, lebte in Lübech
und wurde 1551 Profeflor der Theologie in Roftod ;
feine Superintendentur 1557 mußte er 1560 auf
Andringen der orihodoren Lutheraner nieder:
legen; auf die Bräfidentenftelle des pomeſaniſchen
Bisthums zu Marienwerder verzichtete er gleichfalls
und kehrte nah Wittenberg zurüd, wo er 1566
ftarb. Sein Hauptwert ift die nur theilweife erſchie⸗
nene Biblia pentapla, hebräiſch, chaldäiſch, grie:
gig, Inteinifd, deutſch, Wittenberg 1563—65.
aneben Commentare zu der Geneſis 1537, Obadja
1538, den Pſalmen 1543, Daniel 1544.
Draejele, Job. Heinr. Bernh. Geb. zu Braun:
ſchweig 1774. Stubirte zu Helmftäbt, ward 1795
Dialonus, 1798 Lauptpaftor zu Mölln, 1804 zu
Rapeburg, 1814 an St. Andgar zu Bremen, 1832
Generalfuperintendent und Biſchof zu Magde:
burg und nahm 1843 feinen Abſchied. + 1849. D.
gehört zu den hervorragendjten geiftlihen Rebnern
der deutfchen Kirche, deſſen Wirlſamkeit dadurd)
efördert wurde, daß er, bemüht von jeder Partei:
* ſich fern zu halten, den Inhalt des Evan—
eliums in ſeiner ſittlichen Wirkung auf das Leben
Einzelnen und der Geſammtheit hervorhob.
Den Rationalismus des Pafto: Sintenis (f.d. A.)
erllärte er für unguläffig in der Kirche, und wurde
dafür, da er jelbft niht orthodor, von den Lid:
freunden fcharf angegriffen (König, ber Biſchof
Draefete 1840). 1845 betheiligte er fih an dem
Rroteft der Schleiermadperianer gegen die Evan:
gelifhe Kirchenzeitung.
Dragonaben nennt man bie gemaltfame Beleh:
ans der Heformirten in Frankreich unter Ludwig
XIV,, weil ald Mittel derjelber. Dragoner benugt
murden, bie, bei den Reformirten einquartirt, ihre
Wirthe fo lange quälten, vis fie ein katholifches
Glaubensbelenntniß unterzeichneten.
Drama bei den Hebraern. Die dramatifche
efie ift bei den Hebräern nicht ausgebildet; erit
ojephus erwähnt einen J als Dichter von
amen, und als Herodes in Jeruſalem ein Thea:
ter haute (weniger für Dramenvorſtellungen als für
Spiele), fand dies den ſchärfſten Tadel bei der
nationalen Partei. Indeß kann das Hohelied und
dad Buch Hiob recht wohl zur dramatiſchen Poeſie
Ang werden, fo wenig auch namentlich das
egtere jemals für die Darjtellung Feftimmt ge:
> iſt.
rama, das geiſtliche. Abgeſehen davon, daß
chriſtliche Stoffe und Ideen vorhandener drama:
tiſcher Kunſt ald Gegenftand dienten, 3. B. in den
Romödien der Roswitha, entmwidelte fi aus dem
—— Cultus ein eigentliches geiſtliches
ama. Der römiſche Cultus iſt an ſich eine dra-
matiſche rer bei Erlöfung. An den Feſt⸗
tagen wurde dieſe Änſchaulichkeit bes Cultus er:
weitert durch —— Antiphonien, bildliche und
endlich ſceniſche ee Ca der heil. Geſchichte
in den Kirchen durch die Geiftlihen. Allmählich
fam das geijtlihe Spiel in die Hände der Laien.
Innocenz III verbot 1210 den Geiftlichen (wenig⸗
org in den Kirchen, denn nod im 15. Jahrhun:
führten Geiftlihe mit ihren Schülern und
Koftergenoffenfhaften ſolche Schaufpiele auf) die
Theilnahme. Auch der Stoff wurde freier behan:
beit, der Humor und der Spott über die Geift-
197
Dreifönigsfeft
lihen —— feinen Eingang; die Faſtnachtsſpiele
bilden den Uebergang zum weltlichen Drama. In
ber Reformationäzeit verbreiteten ſich die biblifchen
Schaufpiele, melde Schüler und Studenten auf:
führten, und verbrängten die Nachbildungen der
lateiniſchen und griechiſchen Komödien. Ein Ueber⸗
bleibjeldes früheren geiftlihen Dramas ift das alle
10 Jahre wiederkehrende Paſſionsſpiel zu Ober:
ammergau in Bayern. Vgl. Marriott, Col. of
English miracle ‚lays, 1833; Monmerque et
Michel, Theätre frangais au moyen äge, 1839;
Du Meril, Theatri lit. quae latina superstant
monumenta, 1849; Done, Schaufpiele des Mittel:
alters, 1846; Hafe, Geijtlihe Schauſpiele, 1858;
Weller, da3 alte Volkstheater der Schweiz, 1863.
Dreicapitelftreit. Auf Untrieb des Theodorus
Ascidas von Cäfarea, eines Drigeniften, der fi
für eine durch den byzantinischen Patriarchen
Mennas bewirkte Verdammung des Drigenes rä:
den wollte, verdammte ein Edict Nuftinians J.
544 die Schriften der Antiochener Theodor von
Mopfveite, —— von Cyrus und des Jbı 3
von Edefja als neftorianifch, indem es ihre Irr—
thümer in 3 Capitel zufammenfaßte. Da diefe
Maßregel als eine zu Gunften der Monophyfiten
ergriffene erſchien, erhob ſich der allgemeine Uns
wille der Katholiken und eine heftige Rolemil bes
fonders von Seiten der Nordafrilancr Fucundus
von Hermiane (Defensio trium capitt.), Fulgens
tius von Ruspe (Pro tribus capp.), Yiberatus von
Karthago (Breviarium causae Nest. et Eus.). De“
Biſchof Bigilius von Rom gab bald dem Kaiſer
nad, und verdammte die 3 Capitel in dem jogen.
Judicatum, bald widerfegte er fich, wie im fogen.
Constitutum, und madte durd, jein Schwanten
den Streit nur immer erbitterter, Der Kampf
wurde erſt durch das Concil zu Conftantinopel
553 beenbigt, welches unbeſchadet ber chalcedo:
nenfifhen Beſchlüſſe das Edict beftätigte. Vigilius
mwurde mit dem Bann belegt und gefänglich einge:
zogen, was ihn bewog, die Beſchlüſſe anzuertens
nen. Die Nordafrifaner aber (Reparatus von Hars
tage) hoben auf lange Zeit die Gemeinſchaft mit
om auf. Vgl. Bunker, Papſt Vigilius und ber
Dreicapitelftreit, 1864.
Dreieinigkeit. ©. Trinität.
Dreieinigkeit, Congregation bon der, Eine
Brüderfhaft, gejtiftet durh Philipp von Neri
1548 zur Bflege hülfäbedürftiger Pilger in Rom;
beiteht noch und befigt ein großes Hospitium mit
einer Kirche.
Dreieinigfeitsfeh. S. Trinitatiäfeft.
Dreitönigsfef. Epiphanien:, Theophanienfeft.
Urfprünglid das Feſt der Erſcheinung Chriftt,
ward es im Orient als Geburtsfejt Chriſti begans
gen, jpäter als das Feſt der —— ſeines
öttlichen Weſens bei der Taufe oder in der An—
—— der Weiſen. Seitdem auch das Morgenland
Weihnachten mit dem Abendland feiert (4. Sabıh)),
wurde die Feier des Epiphanien- als Dreitönigs:
eſtes vorherrſchend. Die Sage hat nad) den Ge:
chenlen (vgl. Bi. 72, 10) die Werfen in 3 Könige
umgewandelt, deren Namen Caspar, Melchior,
Balthafar, oder Ator, Sator, Peratoras und deren
Grabftätte in Mailand und Köln fie kennt. Das
D. ift durch mandjerlei Gebraud, Wafferweihe
in Rußland, Spradenfeft der Propaganda, und
Vollsfeier (Sternfänger, Bohnenkönig) ausge:
zeichnet.
Dreißigjähriger Krieg
Dreißigjähriger Krieg. 1618—1648. Eigent⸗
lich nur ein Theil jenes großen Geifter: und
Waffenkampfes, melden dad germanifche und
romanifche Europa von der Mitte des 16. bis zu
der des 17. Jahrh. geführt hat, defien Schauplatz
befonders Stalien, Frankreich, die Niederlande,
England und Deutſchland waren, und in weldem
um bie af ur Güter der erwachten Menjchheit
und deren Entwidlung gerungen murbe. Es war
wirflih ein Religionskrieg, infofern es fich hier
um Beftand und Rettung er Reformation gegen:
über dem Katholicismus — und im Be—
wußtſein des Volkes waltete dieſe Auffaſſung
überall vor. Dies hindert aber nicht anzuerkennen,
daß dieſe Kriege für die Cabinette zunächſt eminent
olitiſche waren, daß e3 ſich für fie um die Macht⸗
Koss andelte, und die Religion ihnen erft in
zweiter Linie ftand. Dies gilt denn auch von dem
gm deutſchen Kriege. Auch er kann nur nad)
iner Seite hin ald Religionäfrieg bezeichnet wer:
den, da politiſche Motive bei allen Parteien fi in
bebeutendem Maße einmifchten. Auf der faijerlichen
Seite wurde zwar der Sieg jedesmal zur Unter:
brüdung des Proteftantismus benußt, und nad)
dem R ionsedict 1629 fämpfte der Broteftan:
tismus unter Guſtav Adolf's Beiftand eine Zeit:
lang um feine Ertftenz. Dagegen trat in der letz⸗
ten Periode 1632 — 48 das religiöfe Moment
immer mehr zurüd, nachdem Richelieu als Bun:
beögenofie der Broteftanten aufgetreten war. Der
Friedensſchluß hat daher das rechtliche Verhältniß
der Eonfefjionen gegen die Zeit vor dem Kriege,
abgejehen von der Anerkennung der Reformirten,
nicht weſentlich verändert, aber er trug viel
bazu bei, die Kirche ohne felbftändiges Leben der
Gewalt des Staatöregimentes zu überantworten.
Die allgemeine Lähmung des geifi en Lebens,
welche die nothwendige Folge des Tenclähkigen
Krieges war, hat auch die Theologie ſchwer em:
zn en. Am meiften gemonnen hat ” Schaf an
ze und Teoftliedern, in denen fromme Ge:
müther fich jelbft aufrichteten (Roofen, das geiftt.
Lied im 3Ojährigen Kriege, 1865). Bol. Schiller,
Gef. des breifigj. Kriegs, 1791; Menzel, besgl.
1835—39; Müller, Fünt Bücher vom böhmifchen
Krieg, 1840; Richter, des dreißigj. Kriegs Ürſachen
und Ban 1844; Söltl, der Religionäfrieg in
Deutſchland, 1840 ; Barthold, Geſch. Des beten
Kriegs vom Tode Guftav Adolf's an, 1842;
Mebold, der breigigjährige Krieg, 1840; Gfrörer,
Guſtav Adolf und jeine Zeit, 1845. — Zum Ber:
—— dieſes Krieges und feiner Folgen find
nit bloß die angegebenen Monographien, jon:
bern weit mehr die betreffenden Abſchnitte in
Ranke's Gejhichte der Päpfte und franzöfifcher
Geſchichte und in Droyfens Geſchichte der preu—
iſchen Bolitit von Werih. Auch Freytags Bil:
aus der deutſchen Vergangenheit (da auch über
das ehrenhafte Berhalten der evangelifchen Geift:
lichkeit). Vgl. auch den letten Band von Bene:
dey'& deutſcher Gejchichte, ſowie eine Abhandlung
befeibe in Sybels Hift. Ztichr.
reichen bei den Hebräern, Das Getreide wurde
5 der Tenne im freien Felde entweder von
dien ausgetreten, Hof. 10,11; Mich. 4, 13; vgl.
5.Mof. 25,4, oder durch Dreſchmaſchinen, Schlit:
ten oder Wagen, deren Walzen und Räder mit
Schneiden und Feilen aus Stein und Eifen befegt
waren, auögequeticht, Jef. 41, 15. Nad) 2. Sam.
198
Drojte-Vifchering
12, 31; Am. 1, 3 bediente man ſich diefer Wert:
euge zu einer graufamen Hinrichtung gefangener
— Seltener wurde Getreide mit Stöden
ausgefchlagen, Ruth 2,17; Richt. 6, 11.
Dresdener Conſenſus. Auf den Dresdener
Conventen 1562 und 1571 ftellten die kurſäch—
ſiſchen Theologen den Consensus Dresdensis auf
in philippiftiihem Sinne, jedoch ohne den Gegen:
fat gegen das Lutherthum, der bald darauf ſchroff
wurde, zum Vorſchein treten zu laſſen. Die Ubiqui:
tätslehre ift darın ausgeſchloſſen.
Dreyelins, Jeremias. Geb. 1581 zu Augsburg.
Jeſuit und —— Maximilians J. ſeit 1615,
7 1638. Gewann beim Bolt den Namen eines
Heiligen. Seine erbaulichen Schriften fanden auch
bei Proteftanten Eingang. Gefammtausgaben
Münden 1628, Köln 1715 und öfter.
Drogo. Bifhofvon Met. FüinfterSohn Karls des
Großen. Mit Zwang ins Klofter gebracht, wählte
er freiwillig den geiftlichen Beruf, und wurde Erz:
biſchof und Legat diesjeit der Alpen, als welcher
er jih um den in Metz eingeführten gregoriani-
—* Geſang verdient gemacht hat. Er ertrank in
einer Abtei Zureuil 835 beim Fiſchen.
Drofie-Bifhering, Clemens Auguft, Freiherr
von, Erzbiſchof zu Köln, ift dur den Ausgang
der von ihm erregten Kölner Wirren der fräftigfte
Beförberer des Ultramontanismus in Preußen
und Deutſchland geworden. Geb. zu Vorhelm bei
Münfter am 22. jan. 1773, war er ald Priefter
jeit 1797 in feelforgerifcher Thätigkeit und ein Glied
des Galitzinſchen Rreifes, 1805 zum Generalvicar
von Münfter erwählt, übernahm er 1807 ald Coad⸗
jutor die Derwaltung der Diöcefe, überließ fie aber
1813 dem von Napoleon zum Bifchof ernannten
Grafen Spiegel, den beider Weigerung der Beftäti-
gung Seitens des Papftes das Münfterfche Capitel
als zweiten Bicar beftellt hatte, um 1815 auf Befehl
des Papſtes fie wieder in die Hand zu nehmen. Als
Generalvicar handelte er völlig ausgehend von der
römiſchen Anſicht der Unabhängigfeitderftirche auch
auf den gemiſchten Gebieten, und verbotu.a.den Be:
ſuch der Univerfität Bonn, die Einfegnung und Pro:
clamation gemischter Ehen, wo nicht Das geforderte
Verſprechen ertheilt würde. Seine Anſichten fprach
er 1817 in feiner Schrift „Ueber die Religionäfrei:
heit der Katholiken“ jehr offen aus. Conflicte mit
den Staatöregierungen ließen ihn 1820 jein Amt
—— 1827 weihteihn fein Bruder, der Biſchof
Caspar Maximiliau von Münſter, zum Weihbiſchof
ſeiner Muße intereſſirte er ſich beſonders für die
Einführung der barmherzigen Schweſtern. 1835
ward er zum Erzbiſchof von Köln erwählt unter
Einwirkung der —— der er zugeſagt hatte,
eine Convention mit den Biſchöfen und eine In—
ſtruction über die Behandlung der gemiſchten Ehen
u befolgen, welche in Bezug auf ein päpſtliches
reve vom 25. März 1830 von feinem Vorgänger
mit der Regierung geſchloſſen worden war. Sein
Auftreten gegen die Hermefianer, deren Borlefun:
en zu hören er verbot, und fein Rüdtritt von der
Snftruction, da er fi nur an dad Breve halten zu
wollen erklärte, hatte feine polizeiliche Abführun
nad Minden 1837 am 20. Nov. zur Folge. 18
wurde ihm gejtattet, in Münfter zu leben. Unbe-
ründet ihm gemadte Vorwürfe nahm zwar ein
Sabinetsfchrei en 1841 zurüd, aber er mußte fich
dazu veritehen, den Erzbifchof von Speyer, Job.
von Geifjel, ald Coadjutor arzunehmen, und ihm
Druiden
1844 madte er eine Reife nad) Rom. + 1845
199
Dubith
.|war er im Auftrag der Generalftaaten mit der
die Bermaltung feines Erzbiäthums zu überlaſſen. | Franeler, mo er am 12. Febr. 1616 hau Seit 1600
©. Rheinwald, Acta histor. ecel. II, III. Ueber
die Kölnische Angelegenheit v. Jrenäus ———
1838; 8. Haſe, die beiden Erzbiſchöfe, 1839; Per:
fonen und Zuftände aus den fir ——————
Wirren in Preußen, 1840. ©. d. A. Hermes und
Gemifchte Ehen.
Druiden. Die Priefter der Kelten in Gallien
und Brittannien, welche die Opfer beforgten, ge:
heime Wiſſenſchaften Fannten, Streitigkeiten ſchlich⸗
teten und einen großen politiſchen gr bis auf
die Zeit der Zn Groberung be
Gäjar, De bell. Gall. I, 31. VI, 12—16; Frid,
De Druidis, 1744; Mone, Geſch. des Heidenthums
im nördl. Eur., 1822.
Drufen. Ein Vollöftamm, welcher den Libanon
und Antilibanon zum Theil mit den Maroniten
bewohnt; wahrſcheinlich gleich diefen von denalten
Syrern entiproffen, nur durd) feine Religion ver:
ſchieden, die fih äußerlich ald Muhamedanismus
* Die Zahl der Druſen beträgt ca. 80,000.
Ihr Hauptort iſt Deir el Kammar. her unter
einem eigenen Großemir, ſtehen jetzt F Scheichs
und Emire unter einem türkiſchen Gouverneur.
Ihre Religion, die als Geheimlehre noch nicht
völlig bekannt iſt, iſt eng verwandt dem ſchiitiſchen
Muhamedanismus, in den heidniſche, auch jüdiſche
und chriſtliche Ideen hineingetragen find. Durch
allegoriſche Auslegung verſtehen ſie aber Pr Mei:
nungen fchon im Koran zu lefen. Den fatimidi-
hen Kalifen Hafim ——— (995 1020) ver:
ehren fie als die perſönliche Erſcheinung der Gott:
eit und zwar die letzte; da er von feiner Schwe:
heimlich ermordet worden, fo gilt er als nicht
Kom In Hamfa ben Ahmed, dem eigentlichen
heber Der Lehre (vor ihm Mohamed Darafi,
von dem Die Drujen wohl ihren Namen erhalten
haben), jehen fie den erjten Mittler, die Intelli-
genz Gottes, der allein die Wahrheit mittheilt;
unter ihm find andere Mittler. Es ift nur Ein
Gott, Wahrhaftigkeit und Unterwerfung führt zu
ihm, die Seelenwanderung leitet auf höhere Stu:
fen. Der Eultus ift einfach, wird aber geheim ge:
balten. Unklar ift no die Bedeutung eines gol:
denen Kalbes, welches angeblich im Heiligtum
wird. Aus den Religionsſchriften der D.
ilv. de Sacy Nittheilungen gemacht, Expose
e la religion des Druses, 1828. Vgl. Bh. Wolff,
die Drujen und ihre Vorläufer, Lpz. 1845.
Drufilla, Apftg. 24, 24, die Gemahlin des Felir.
war eine Tochter Herodes Agrippa 5 I. und ber
Eypra, Da ein Verlöbniß mit Epiphanes, Sohn
des Antiochus von Commagene, rüdgängig gewor:
den war, weil jener nidht Jude werden wollte,
wurde fie die Gemahlin des Königs Arirus von
Emeja, den fie aber — verließ, um den
Landpfleger 4 zu heirathen.
Drufius, Johannes, eig. van den Driefche. Ge:
lehrter Exeget und Drientalift, war geb. am 28.
Juni 1550 zu Oudenarde in Flandern. Seinem
Bater, der um des Glaubens willen 1564 nad
London entflohen war, folgte er, indem er bie ka—
tholiſch gebliebene Mutter verlieh, ftudirte in Cam:
— (unter Chevalier Hebräifh), und warb
1572 Brofeffor der — Sprache zu Oxford.
1676 nach der Pacification von Gent nd er in
fein Baterland zurüd, warb 1577 Brofeflor der
orientalifchen Sprachen zu Leyden und 1585 zu
aßen. Bol. |?
Abfaffung der Anmerkungen zum Alten Teftament
bej&äftigt, welche größtentheild nad) feinem Tode
von Amama herausgegeben und in die Critici
sacri, Zond. 1662, nterb, 1698, aufgenommen
nn Ein Berzeichniß feiner Schriften bei Nicöron,
@moires pour servir ä l'histoire des hommes
illustres. Sein Leben ſchrieb fein Schwiegerjohn
Abel Euriander 1616.
Druthmar, ——— Grammaticus. Gelehrter
en Corvey und in Stablo bei .. um840.
Verfaßte einen Commentar über den Matthäus,
ber vorzugäweife durch grammatifch = hiftorifche
Eregefe ſich auszeichnet. Berühmt ift er geworden,
weil in der Stelle über dad Abendmahl nad) der
Ausgabe Secerö, Hagenau 1530, Proteftanten
ihre Anficht fanden, die Katholiken aber in einer
Handigrift eine katholiſche Variante entdeckten.
Dualismus ift diejenige Weltanfhauung, welche
auch im legten Grunde der Dinge zwei entgegen»
ftehende Brincipien annimmt, 5. B. das Gute und
Böfe, Geift und Materie, bad Ideale und Reale.
Der D. ift weſentlich —* durchzieht aber die
ganze Entwicklungsgeſchichte des —8 Dog⸗
ma's, obwohl das Chriſtenthum an ſich als Religion
die Ueberwindung des D. iſt. Deutlich ausgeprägt
iſt der D. der Gnoſtiker und Manichäer, verhüllter
der des Auguſtinus und Pelagius, der in der fatho:
liſchen Kirche fortwirkt und auch in ber evangeli-
ihen häufig genug zu Tage tritt. Noch offener
zeigt fi der D. der fpiritualiftifchen und anti:
nomiftiihen Secten des Mittelalters.
Dubost, Peter. Geb. 1623 zu Bayeur. Berühm:
ter franzöfiiher Prediger, Beit 1646 zu Gaen.
1685 verbannt, wurde er —337 zu Rotterdam.
+ 1692. Seine Lebensbeſchreibung mit einer
Sammlung Reben ed. Legendre, Rotterd. 1694,
Dubourg, Anna (Hannas). Geb. 1521 zu Riom
in der Auvergne, Geiftlicher Rath im Bariler Par:
lamente, aber Proteftant, vertheidigte er daſelbſt
ein milderes Verfahren gegen die Broteftanten,
für die er Duldung verlangte, beleidigte aber da:
durch Heinrid) II. und ward, als er ſich offen ald
Proteftant befannte, am 23. Dec. 1559 gehenkt
und verbrannt. Mömoires de Cond& 1743; Po:
lenz, Geſch. des franz. Calvinismus.
Sudoborzen. Eine dualiftifche, myftifche Secte
ber ruffifchen Kirche, welche Sacramente und Prie⸗
fteramt verwirft. Der irdifche Leib ift ihr nur eine
Folge des vorzeitlihen Sündenfalld der Seele,
die Erlöfung führt zum Urbild zurüd. Katharina
H. = fie verfolgen, als fie um 1780 auftauchten,
aber Alerander I, gewährte ihnen Duldung. Sie
haben ihre Colonien im Gouvernement Taurien.
Dudith, Andreas. Geb. 1533 zu Ofen. Bifchof
von Tinninien, Cjanad, Fünffirhen, geheimer
Rath und Secretär bei der Hoflanzlei in Wien.
Legte 1565 alle feine Würden nieder, um ein pol«
niſches Hoffräulein, Regina Shaß, zu heirathen.
Sein Bildnik wurde in Rom verbrannt, er felbft
in den Bann gethan. Bon Marimilian und Rubolf
zu manden politifchen Geſchäften noch verwendet,
lebte er den Wiſſenſchaften zu Smigla und ſeit 1579
zu Breslau. F 1589. Ald Abgeordneter nad) Trient
bielt er dort ‘5 Reden (Halle 1743). Statt einer
gegen das Gölibat jchrieb er eine Abhandlung De
matrimonio. Seine andern Schriften bei, Hor-
bengi, Memoria Hungarorum. Sein Leben von
Duell
Stief, Verſuch einer Gefhichte vom Leben und
Meinung Dudiths, 1756.
Duell, Den Zweikampf als Gotteögericht über:
nahm die Kirche aus dem altgermanijchen Rechte,
nicht ohne von je ſich zu bemühen, ihn abzuschaffen.
Das Tridentinum hat das Duell mit Recht unbe:
dingt verworfen und es ipso facto mit der Excom⸗
munication belegt, wovon nur der Papſt abfolviren
kann. Evangelifhe Ethit muß es ebenfalld ver:
werfen. Die obwaltenden ——— und
geſellſchaftlichen Verhältniſſe können den Duellan:
ten einigermaßen entſchuldigen, niemals aber ſein
Thun rechtfertigen.
Duerer, Albrecht. Einer der hervorragenbften
Meyer deutſcher Malerei. Geb. zu Nürnberg am
20, Mai 1471, machte er mehrere Reifen, nament:
fih nad) Jtalien (1506) und den Niederlanden
(1519), und wurde von Maximilian zum Hofmaler
ernannt. + 6. April 1528. D. zeichnet fich aus
durch reiche Farbenpracht, durch verjtändige, cha:
rafterijtifhe Auffafjung und durch die Unerſchöpf—
ligkeit feiner Erfinoung. Die Richtung nad) einer
idealeren Auffaffung Te ihm nod). Seine bedeu:
tendften Bilder finden jich meift in München und
Wien. Bgl. Weitje, A. Dürer, 1819; Heller, Leben
* Werte X. Dürer's, 1831; Stark, A. Dürer,
1851,
Dueffelthal bei Düffeldorf. In dem Gebäude des
——— Trappiſtenkloſters begründete Graf Adal:
ert von der Hede-Volmarftein im Jahre 1847 eine
Rettungsanitalt für vermahrlofte Kinder, welde
nad) der Zahl ihrer Böglinge die bedeutendjte in
Deutſchland geworden tft. Mit derjelben iſt feit
1859 ein Schullehrerfeminar verbunden. Zweig:
enftalten find Overdyf und Zoppenbrüd.
Dufreöne, Charles, seigneur du ange. *
vorragender franzöſiſcher Geſchichtſchreiber. Geb.
zu Amiens am 10. Dec. 1610, gab er ſein Amt
als Finanzdirector zu Amiens auf, um ſeinen
Studien zu leben, und ſtarb 1688 am 23. Det. zu
Paris. Er bearbeitete die Geſchichte des Mittel:
alter3, beſonders Frankreich und des byzantini:
ſchen sieiches. Seine Hauptmwerfe: Glossarium al
scriptores mediae ac infimae latinitatis, Bar.
1678, neuefte Ausgabe von Henſchel, 7 Bde., Bar.
1840—h0; Gloss. mediae et infiınae graecitatis
1688; Chronicon paschale, Bar. 1685; Histoire
de l’empire de Constantinople sous lesempereurs
frangois, 1657,
Duguet, Jakob Joſeph. Zanfeniftifher Schrift:
— Geb. am 9. Dec. 1649 zu Montbriſon. Aus
er Congregation des Oratoriums, in melde er
1667 eingetreten war, wurde er 1686, weil er die
Bulle Unigenitus nit unterſchreiben wollte, aus:
gejtoßen. In bleibender Verbindung mit Quesnel
und Arnauld, lebte er ſeitdem literarifcher Thä—
tigfeit in Holland, Troyes und Paris. + 25. Urt.
1133. Seine Schriften befhäftigen fi mit Moral,
Eregefe und Kirchengeſchichte (außerdem Institu-
tion d'un prince) und gehören zu den beiten des
Janfenismud. Vgl. L’esprit de M. Duguet von
Andre, Baris 1764.
Duisburg. Dialonenanftalt feit 1844, verbun:
ben „it einem Gonvict für Gandidaten, einer Ret:
tungsanjtalt und einem Sranfenhaufe. Organ der
Angtalt ift das Sonntagsbl. für innere Dihfion in
u. und Weitphalen. — Die 1655 dort ge:
jtittete ref. Univerfität wurde 19U4 aufgehoben.
200
Duldung
menhang bed religiöfen und nationalen Lebens
ließ weder bei Juden noch Heiden Duldung frems
ber Religion beftehen, wenngleich das Heiden:
thum metjt fremde Eulte, die feinem Principe night
widerſprachen, anerkannte. Daher wurde das Chri⸗
ſtenthum verfolgt, und, von bemjelben Grundjat
ausgehend, di: Annahme des Chrijtenthums er:
zwungen, al3 Gonftantinus dafjelbe zur Staats:
religion erklärte. Aus der Confequenz der Staats:
religion folgte dann die Beſchränkung der Aner:
fennung auf die orthodoxe Kirche. Auguſtins Ein:
fluß (coge intrare) ließ die Kirche felbjt die Theo»
rie von Jwang ber Widerftrebenden aufnehmen,
die fie unter den Verfolgungen ſtets befümpft
hatte, und je mehr fie jih zur Weltinacht ausbil:
dete, um fo weniger duldſam konnte fie gegen Häs
retifer und Ketzer jein (Inquifition). Auch Die Her
formatoren bleiben auf weſentlich römiſchem
Standpunft ftehen; fie nahmen Duldung für ſich
in Anfprud, weil fie die Wahrheit bejähen (Yus
thers freie Aeußerungen fallen in die erjte Zeit).
Daher ward fie befhränft auf die Neligionspar:
teien, die fi) mit gleichen Kräften gegenüber jtan:
den. Sn dein jus reformandi ijt die Gewalt ded
Staates aneriannt, AnderSgläubige zu zwingen.
Der Weſtphäliſche Frieden brachte feine neuen
Grundfäge; die Duldung, welche er gewährte, war
nur ein Compromiß ber Parteien. Das Territo:
rialſyſtem, welches kirchliches und ftaatliches Leben
nod mehr verauidte, war der Duldung feiner Na«
tur nad) ungüinftig. Wo in diejer Zeit Secten und
Anderögläubigen freie Religionsubung geitattet
wird, find es entweder politifhe Gründe (Däne⸗
marf) oder die Abneigung der Hegenten genen die
hertſchende Kirche (Wittgenftein). In größerem
Geiſte gewährte unter Friedrich IL. — Dul⸗
dung, dem dad Toleranzedict Joſephs LI. folgte. Von
höherer Bedeutung war die confeſſionelle Miſchung
der deutſchen Staaten ſeit 1815. Das Jahr 1848 vers
fündigte allgemeine Keligionsfreiheit. Indeß find
damit nur die Beihränfungen der perfönlichen
Rechte aufgehoben und ift nur die Freiheit gewährt,
fi mit Andern Eh privater Andacht zu verein:
gen. Anlaß zu Klagen über mangelnde Duldung
geben zumeijt die firhlihen Acte, mit melden
bürgerlihe Wirkung verbunden ift. Die Geſetz—
gebung über facultative Civilehe und Aehnliches
find Ausfluß der fteigenden ftaatlichen Toleranz.
(Geduldet heißt eine Heligionsgefellichaft, welche
Coeporationsrechte erlangı hat, aber ohne die Vor:
rechte, welche den privilegirten Kirchen zugeftanden
find.) Während die römifche Kirche, fortwährend
nur dem Zwang der Umjtände nachgebend, Dul:
dung gewähren fann, fordert das Evangelium,
daß der Staat das religiöfe Gebiet dem Gewiſſen
völlig frei gebe, und fih darauf befchrä:te, dar:
über zu waden, daß auch die religiöfen Gefels
haften fi feinen Gejegen in der Sphäre bed
bürgerlihen Lebens unterwerfen. In Nordamerifa
errſcht völlige Religionsfreiheit, in Den europäts
Pi Staaten F die frühere Unterurücdung der
abweichenden Ölaubenärihtungen meift aufgehört
(noch nit in Spanien). Beſchränkungen bejtehen
jedoch noch mannigfadh. In Rußland gehn die Dul:
dung nicht jo weit, einen andern Confeſſionswed⸗
ſel als zur griechiſchen Kirche zu gejtatten. (Vg!.
Barität, Confeſſionswechſel, Religionsfreiheit.) Tal.
Heinje in Daub und Creuzer, Studien, 1805;
Duldung oder Toleranz. Der innige Zufams | Wilda, Ztſchr. fürdeutfches Recht 1847 ; Bluntjſchli,
Duma
201
Du Pin
Geſchichte des Rechts der religiöſen Belenntnißfrei: | ftandes ihm mehr als ein idealer denn als ein realer
heit, ein Vortrag, 1867.
Duma. Sof. 15, 52. Stabt auf dem Gebirge
—* Jeſ. 21, 11 iſt Duma wohl in Idumäa zu
uchen. 1.Mof. 25, 14 wird ein ifmaelitifcher Volls⸗
ftamm jo genannt,
Dum acerbissimas ift der Anfang des pärft:
lihen Breve vom 26. Sept. 1835, worin die herme:
ſiſchen Lehren verdammt wurden, und gegen wel:
ches die Hermefianer, dem Beifpiel der Janjeniften
folgend, behaupteten, ed verwerfe Lehren, die Her:
med niemals vorgetragen habe.
Du Moulin, Peter. Bolemiker der franzöfifchen
seformirten Kirche. Geb. 1568. Ging 1588, durch die
Unrubender Ligue von Paris vertrieben, nad) Eng:
land, warb 1592 Lehrer der alten Sprachen und Bro:
feflor der Theologie in Leyden, 1599 Caplan bei der
Herzogin Katharınav. Bar, dann Predigerzu Paris
und ſeit 1626 Profefjor der Theologie zu Sedan.
+10, März 1658. Seine Lebensaufgabe war die
Lolemik gegen die katholische Kirche in öffentlichen
Disputationen und durch Schriften, deren befann:
tefte Anatomie dg la messe, Sedan 1636, Paris
1851, und Defense de la religion réformée, Cher.
1617 find. An den Lehrſtreitigleiten der ref Kirche
nahm er Theil, angegrifien von Tilenus wegen
feiner angeblichen Udiquitätslehre, durd feine
Anatomie de l’arminianisme, Leyd. 1619, für
die Dordrediter Synode beftimmt, und durch
Säriften gegen Grotius und Amyrault. Der Hef:
tigfeit diefer Polemik fegte die Synode von Alen-
gon 1637 ein Ente. Bgl. Armand, Essai sur la
vie de Du M. 1846,
Dungal, der Pan der Schrift: Responsa
contra perversas Claudii (von Turin) sententias,
mar entweder ein Schotte, der zu Karls des Gr.
** reclusus zu St. Denis war, oder mit einem
identiſch, der 823 Lehrer zu Pavia geweſen ift.
Bol. Bähr, Geſch. d. röm. Lit.
Dunin, Martinvon. ErzbiichofvonGnefen:Bofen
feit :831. Geb. am 11. Nov. 1774 zu Wal bei
Zava in Polen. Ausgebildet im Collegium Ger-
manicum, war er 1 Kanonikus in Gneſen,
vorher in Wislica und Wloczlawek, auch 1824
Schulrath in Poſen, 1829 als Weihbiſchof Ad—
miniftrator des Bisthums. In einem Hirtenbrief
vom 27. Febr. 1888 verbot er die bisher in Polen
üblich geweſene milde Praxis bei gemiſchten vor
und wurde deshalb wegen Ueberſchreitung der
Amtögemwalt zu Amtsentjegung und Feftungshaft
verurtheilt. Als er den ihm angemwiejenen Aufent:
belt in Berlin verlieh und nad Poſen zurückkehrte,
warb er in Kolberg in Feſtungshaft gehalten.
1840 wurde er reftituirt, da er Nodificirung jei-
ner Verordnungen verheißen hatte. F 1842, Wie
Drofte:Bifchering hatte er, dem Schwanfen der
Staatögewalt gegenüber, durch fein Verhalten dem
römischen Princip in der That den Sieg verſchafft.
Val. Pohl, M. von Dunin 1843.
Dun, Johannes, Scotus. Doctor subtilis, Mit:
lied des (Franciscanerordens, lehrte er in Oxford,
Kris 1301 und Köln, wo er 1308 ftarb. Seine
Philoſophie entwidelte er ſcharfſinnig und eindrin:
gend im Gegenſatz gegen Thomas von Aquino
und die Dominicaner; gegen fie verſocht er auch die
unbefledte Empfän nie Mariä, In der Lehre von
der Gnade und dem freien Willen behauptete Duns
Scotus Thomas gegenüber entfchieden die Freiheit
des Willens, wie auch die Bolllommenheit des Urzu⸗
uftand erfchien. Im Gegenfak gegen Thomas
ift dad Charakteriftiiche des Dunsſchen Syftems,
daß ed das Weſen der Religion nit wie Thomas
echt [holaftiih in das Erkennen Gottes legt, fon»
dern in ben Willen jet, daß nad) ihm der Glaube
nicht fpeculativer, jondern praktiſcher Natur ift.
Gott, der auch vorzugäweife nad) der Seite des
Willens betrachtet wird, erjcheint daher als freie
Willkür. Was Gott will, ift gut, was er nicht will,
böfe, Von der Kirche, melde die Offenbarung Got:
tes hat, hängt es daher ab, zu erflären, was Sünde
und was gut ift. Duns’ Werke, Quaestiones in L
IV sentt., Quaestiones quodlibetales XXI etc.,
gab heraus Wadding, Lyon 1639. Bol. Baum:
garten:Erufius, De Theologia Scoti, 1826.
Dunftan, der * geb. 926 bei dem Kloſter
Glaſtonbury, deſſen Abt er wurde, führte in ſei—
nem Kloſter die Benedictinerregel ein und gewann
gaben Einfluß auf die Staatögefhäfte unter
dmund (940—946) und Eadred (946—955),
Bon Eadwig (955— 957), gegen den er die römifchen
Ehegejege handhabte, verbannt, warb er wieder
der Berather feines a da Biſchof von More
cejter und London, endlich Erzbifchof von Canter«
bury 959. In diefer Stellung ſetzte er die Reform
der Klöfter nad) der Venedictinerregel fort, und
führte das Cölibat ein nicht ohne Strenge, jo daß
nad) Cadgars Tode 975 fi ein Aufftand gegen
ihn erhob, den der Reichſtag zu Calne 977 been»
digte. Was er für Kirche und Staat gethan, ging
nad) feinem Tode unter ben Solgen der dänifchen
Einfälle rafch wieder zu Orunde. Sein Gedädtniß:
tag ift der 19. Mai.
Dupanloup, Felix Antoine Philibert, Geb. am
3. Jan. 1802 zu St. Felix in Savoyen. Warb
1841 Profeffor der Sorbonne, redigirte den Ami de
la religion, und ift jeit 1849 Biſchof von Orleans.
Der eifrigfte und fähigfte Verfechter des Ultra—
montanismus in Franfreich, fämnfte er für die
ke des Unterrichts, gi den Schulzwang,
ür die Unabhängigkeit der Kirche und den Schuß
der weltlichen Macht des Papftes, eher eigentlich)
immer nur im Interefje der römischen Kirche,
Duperron, Jacques Dany. Geb. 1556 von
reformirten Eltern, trat er als Borlefer Heinrichs
III, aus äußeren Gründen zum Katholicismus
über, Seine Beredfamleit und formelle Gewandt:
heit eigneten ihn zum Polemiker und Profelyten:
macher; als folher erwarb er großen Ruhm, da
er den Webertritt Heinrichs IV. vermittelte. Zur
Belohnung ward er Biſchof von Evreur, 1604 Gar:
dinal, 1606 Großalmojenier von Frankreich und
Erzbifchof von Sens. Er ſchrieb Traite sur l'Eu-
charistie gegen Dupleffis:Nornay nad) der Con:
ferenz von — 5— 1600. Ganz im römi:
ſchen Geifte war jein Rath ald Glied der Congre-
gatio de auxiliis über die Entfcheidung in dem
moliniftifhen Streit, und auf dem Keichätage
1614, wo er dad Tridentinum verfocht und die
— Grundſätze beftritt. + 1619. Seine
riften Beris 1620, 3 Bde. Fol.
u Pin, Louis Ellies. Geb. zu Paris 1657.
Verfaſſer der Bibliotheque nouvelle des auteurs
ecclesiastiques 1686—1704, 58 Bde. Im janje:
niſtiſchen Geifte gejchrieben, wurde dad Buch 1648
unterdrüdt. Außerdem De autiqua ecclesiae dis-
ceiplina, Bar. 1707. D. wurde auf Zeit nad Cha⸗
telleroult verbannt und verlor jeine Lehrthätigkeit.
Dupleſſis⸗Mornay
Später betheiligte er ſich an Unionsverſuchen der
römischen Kirche mit der griechiſchen (1717) und
der anglicanijhen (1719). Vollſtändiges Ber-
zeichniß feiner Schriften bei Niceron II.
Dupleſſis⸗Mornah, der „hugenottiſche Papſt“,
der große Held des franzöſiſchen Proteſtantismus,
Krieger, Staatsmann, Schriftſteller, war geb.
1549 und trat nach dem Religionsgeſpräch zu
Poiſſy zur reformirten Kirche über 1561, für welche
er auch bis zum Frieden von Longjijumeau 1568
am Kampfe theilnahm. Durch Studien und Reifen
gebildet, begab er jih nad der Bartholomäus:
nacht 1572 an den Hof von Navarra, wo er im
Rathe der Reformirten eine hervorragende Stel:
lung einnahm. Bon 1576 an war er der getreuefte
Gefährte und Diener Heinrihs IV., der ihn zum
Gouverneur des hugenottiſchen Sicherheitöplages
Saumur ernannte, aus dem er erſt 1621 durch
Treulofigleit vertrieben wurde. Nach —
Uebertritt und mehr nach ſeinem Tode führte D.
die Leitung der Hugenotten und ihre Verbindung
mit den ausländiſchen Kirchen, immer bemüht,
die proteſtantiſchen Zwecke von den politiſchen In—
tereſſen rein zu erhalten und den Bürgerkrieg zu
vermeiden. Von ſeinen — theol. Schriften
Lens die bebeutendften: De l'institution, usage et
octrine du S. sacrement de l’Eucharistie 1599,
deren Bertheidigung gegen Duperron auf dem
Geſpräch zu ————— mit Dupleſſis' ſchein⸗
barer Niederlage endigte; L'histoire de la pa-
paut 1612; Traite de l’öglise 1579; Méditations
chretiennes sur quatre psaumes 1591. Sein rei:
cher literarischer “7 ift noch nicht vollftändig
herausgegeben. Vgl. M&moires et correspondance
our servir a l’'histoire de la R£f., 1624; Ambert,
M., 1848; Stähelin, Brot. Monatöbl. 1854.
Duraeus —X Dury), geb. 1596 zu Edinburg,
ift der eifrigfte Vertreter der unionijtifchen Hi
tung der ie Lade ri Kirche im 17. Jahrhundert,
Der Sohn eined preöbyterianishen Geiſtlichen,
wurde er um 1625 Brediger einer englifchen Flücht⸗
lingsgemeinde zu Elbing unter ſchwediſcher Herr-
Ihaft. Seine hier aufgeftellten Unionsentwürfe
fanden den Beifall des Erzbiſchofs Abbot von
Canterbury, und in deſſen Auftrag machte er zwei
Reifen nach Deutichland 1633 und 1634, nad)
Schweden 1638, wo er ausgewiejen, nad) Däne:
marf 1639, wo er abgewiejen wurde. Bon den
Episfopalen,denener 1634 beigetreten war, wandte
er fi) wieder zu den Presbyterianern und unter:
nahm 1654—1657 eine neue Reife auf das Feft:
land in Cromwells Auftrag; der Tod deſſelben
machte auch diefe Bemühungen rejultatlos, jo daß
D. England verlief, fih nad) Cafjel begab und
fortan mit wechjelnden Plänen eine Vereinigun
der Lutheraner und Reformirten betrieb. Er Mar
zu Caſſel 1680.
Durandus, Durantis, Wilhelm. Ein Rechtsleh—
rer zu Bologna und Modena, speculator juris nad)
jeinem Speculum judiciale 1290 genannt, erhielt
er nach Belleivung verjchiedener Aemter das
Bisthum Mende 1286. 7 zu Rom 1296. Seine
Schrift Rationale divin. offc. ift für die Geſchichte
202
Le EEE — — —— —— — — — —
Dwight
der Kirchendisciplin ſchätzbar. Sein Neſſe und
ae gab dem Papſt Clemens ein freimü-
thiges Gutachten fiber die dem Concil zu Vienne
1311 vorliegenden Gegenftände,
Durandud de St. Pourcain. Doctorresolntis-
simus. Ein Dominicaner, der zu Paris und Avignon
Theologie und Philologie — Er war der erſte
Nominaliſt, der, von dem Satze ausgehend, daß
der Menſch von Natur die göttlichen Geſetze nicht
erfennen könne, ſich unbedingt auf die Autorität
der Kirche beziehen zu müfjen glaubte. 1318 ward
er Bifchof von Annecy, 1326 von Meaur, mo er
nad einigen Jahren ftarb. Gegen eine Ladung
nad) Rom wegen einer Abhandlung über den Zu:
ftand der Seelen nad) dem Tode, welde gegen
Johann XXIL gerichtet war, ſchützte ihn der K-
nig von Frankreich. Commentar zum Lombarden
1508 und öfter.
Durlader Gonferenzen in Baden. 1) Die älte
ten, von dem Brälaten Ullmann angeregt und ge:
leitet, um den Pietismus und die Vermittlung:
theologie einander zu nähern und zu befreunben.
2) Die jüngern, burd) die Heidelberger Schenlel,
Zittel, Häußer u. A. erneuert, als das Concordat
die Evangelifhen in Baden unse ben lirch⸗
lihen Zujtänden ihre volle Aufmerkſamleit zu
chenken. Ihr Erfolg war die Menderung der ba:
diſchen Kirchenpolitik. Aus den Conferenzbeſchlüſ⸗
fen 1863 entwickelte ſich der Proteſtantenverein
im October 1863 zu Frankfurt (f. d. A. Baden).
Dufis. Ein ſamaritaniſcher Sectenftifter, von
dem die Samarit. Chronit des Abulfath berichtet.
Wahrſcheinlich identiſch mit Dofitheus (f. d. A.).
Dutoit, Jean Philippe. Geb. 1721 zu Moudon
im Canton Waadt, war er 1747 Candidat, entzog
fi) aber jeder öffentliden Anftellung und trat
1759 in Folge eines Bruftleidens aus dem geift-
lihen Stande. Durd die Schriften der Guyon
geleitet, bildete er ein myſtiſches Syſtem aus, für
welches er Anhänger gewann, die feine aufrichtige
Frömmigkeit an ihn feffelte. + 1793. Seine Haupt:
werfe: Philosophie divine par Keleph ben Na-
than 1793; Philos. chrötienne, 4 Bde. 1800.
Du Bergier, Johann de Hauranne, Abt von St.
Cyran. Geb. 1581 zu Bayonne. Mit C. Janjen
ſchloß er in Löwen einen innigen Freundſchafts⸗
bund, der Parifer Scholcftil zu widerftehen und
auguftinifche Grundfäge zu vertheidigen. Die
Sehuiten befämpfte er in der Somme des fautes
1625 gegen Garaffe und unter dem Pſeudonym
Petrus Aurelius gegen Sirmond über die Stel:
lung der Orden und der Weltgeiftlichen, Bedeuten:
der noch wurde fein Einfluß als Beichtvater von
Rort:Royal 1636. Richelieu 3 ihn 1638—43 in
Bincennes in Daft halten. Er ftarb furz nad) ſei⸗
ner Befreiung am 11. Oct. 1643. Sein ihm eben:
bürtiger Schüler war Arnauld (f. d. .).
Dwight, Timothy. Amerikaniſcher Theologe.
Geb. in Maſſachuſſets am 14. Mai 1752, + 1817.
Stupdirte auf dem Yale-Collegium, deſſen Vorfteher
er jpäter wurde, nachdem er eine Zeitlang Feld
caplan und Congregationaliftenpfarrer gemejen
war, Seine Predigten find viel verbreitet.
—“
Eadmer 203 Ebel
E.
Eadmer (Ebmer, u: Mönd in Canter: | Befriedigung unzüchtiger Lüfte ſuche (eben hierauf
burg, Begleiter und Gewiſſensrath Anſelms von | bezieht ſich die Bezeichuung Muder, die von da
6. 1120 zum N von St. Andrews in Schott: an für ſolche Tendenzen typiſch geworden ift),
land gewählt, kehrte er bald wegen Mifhellig: | unter criminelle Anklage geftellt, und im erften
feiten mit dem ſchottiſchen König Alerander in | Urtheil jchimpflich, im zmweiten milder, wegen
fein Kloſter zurüd. Er iſt der beveutendfte engliſche Pflichtverlegung caffirt. (Die Anklage auf Jrr:
Schriftſteller feiner Zeit. Historia novorum, libri | lehre bezog ſich darauf, daß Ebel ein heimlicher
VI, £ond. 1623. Xebensbeichreibungen des An: | Anhänger und Verbreiter der bedenklihen Schwär:
jelm, des Heil. Bregwin, des heil. Oswald, des | mereien deö Königsbergers J. H. Schönherr fei.
heil. Odo, des h. Wilfrid. Bol. Wartons Anglia | S. den Schluß diejes Artikels.) Durd die Art,
sacra. wie dieje Urtheile veröffentlicht wurden, mußte
Ebal, S. Garizim. die Öffentliche Meinung in ganz Deutjchland und
Ebbo. Erzbifchof von Rheims (816—835), geft. | weiter no, wohin die Kunde von jenen VBorgän:
851. Uebernahm die Miffion nad) Dänemart, welche | gen, befonders von jenen unheimlichen Gerüchten
vor ihm Ansger geführt hatte. Obwohl Mild: | gedrungen war, in dem Verdachte erhalten werden,
bruder Ludwigs des Frommen und von ihm er: | daß es wirklich eine folche Verbindung in Königs:
hoben, ftellte er fi) an die Spitze der Geiftlichen, | berg, und zwar zum Theil von PBerfonen aus den
die auf rer Wunfd 833 zu Compiegne den höchſten Kreifen der Geſellſchaft, gegeben habe und
Kaifer zur Bußjtrafe und Abfegung verurtheilten. | daß zwei namhafte Geistliche die Stifter und Leiter
Bei der Wiedererhebung Ludwigs 835 mußte er | diefer jhmählihen Berirrungen gemefen jeien.
widerrufen und wurde feines Bistums entfegt. | Ein Nachhall diefer Auffefjung ift auch jet noch
Durh Lothar reftituirt und auf der Synode zu | zumeilen zu fpüren. — Ebel ift 1861 in Hohened
—— abſolvirt 840, mußte er wieder vor bei Ludwigsburg, und Dieſtel 1854 geſtorben. —
arl dem Kahlen flüchten. Auch von Lothar ver: Jetzt wifjen wir, daß diefe Männer edle Märtyrer
ftoßen, ſah er ſich bis zu feinem Tode 851 auf das | der —E geweſen ſind. Ein Mann, welcher
Bisthum Hildesheim beſchränkt. Sein Nachfolger allen dieſen Vorgängen amtlich und perſönlich nahe
zu Rheims war Hinemar; derſelbe wollte die nad) | ſtand, Graf v. Kanitz, hat in einem mit genaueftet
0 von Ebbo geweihten Geiftlihen nicht anerfen: | Kundeder Acten, Thatſachen und Perſonen geſchrie⸗
nen. In dem darüber entftandenen Streite, in wel: | benen Werte den Thatbeftand ans Licht ——
es ſich um die Appellationen nad) Rom und die | Die Schrift: „Aufklärung nad) Actenquellen über
efugniffe der Erung. vertan handelte, haben | den 1835—1842 zu Königsberg in Pr. geführten
die pſeudoiſidoriſchen Decretalen ihren Urfprung. | Religionsprozeb von E. Grafen v. Kanitz, kgl.
d Jefn, mit dem Beinamen Bar Brida, | preuß. Tribunalsrath a. D. Bajel und Ludwigs:
Sohn des Grjegneten. Geb. auf der Tigrisinfel| burg 1862," fowie die Heinere: „Hiſtoriſcher
Gozarta um 1285, neſtorianiſcher Biſchof von Auszug“ aus dieſem Werke, ebenda 1864, giebt
Sindſchar, jpäter Metropolitan von Nifibis. | darüber zweifellofe und jonnenklare Leberzeugung.
+ 1318. Hinterlieh 20 eregetiiche, dogmatifche und | — Jene Männer find nicht bloß an Allem, was
philoſophiſche Werke, deren Verzeihni einem ges | ihnen ſchuld gegeben worden ift, völlig unſchuldig;
teimten Katalog von 200 ſyriſchen Schriftftellern | alle böjen Gerüchte find nit allein falſch und
angehängt — Bibl. or. 3, 1). Gedruckt nur Product der Klatſcherei und der Verleumdung
iſt nur das Buch des Edelſteins über die Wahrheit geweſen; ſondern der geiſtliche Führer jener
des Glaubens (lat. und fyr. ed. Mai); außerdem evangeliſchen Bewegung war ein tiefer, ſich ſelbſt
eine Gedihtfammlung „Paradies Edens“. — Ein | verleugnender Chrift, von malellofem Leben und
anderer Ebed Jeſu, auch nejtorianischer Patriarch, | evangeliihem Zeugniß und gefegnetiter Wirkfam:
trat 1582 in Rom zur fatholifhen Kirche über. | keit, die Erregung, die von ihm ausging, eine der
Ebed⸗Melech. Ein Aethiopier, Hofbeamter des | edelften Erwedungen. Orthodoxismus und ftolger
Königs Zedekia, rettete den Jeremias, Jer. 38, 7, | Moralismus, ſowie träges Gefühlschriftenthum
und empfing die Berheifung, Jer. 39, 15—18. |— fie, verjchärft durch perfönliche Berlegtbeiten,
Ebel, Joh., Dr. Geb. zu Pafjenheim in Oft: | haben jene Anklagen und Gerüchte erzggugt und
preußen, 1804 Collaborator am Gymnafium zu | verbreitet, die dann in einem rechtswidrig und
Königäberg, 1806 Prediger zu Hermsdorf, 1810 parteiiſch geleiteten Prozeßverfahren zu jener Ber:
Prediger und Gymnafial:Religionslehrer, fpäter | urtheilung führten. Die Unbeftimmtheit und Ver:
(1816) Ardidialonus in Königsberg. Um ihn, dächtigkeit der B elaftungszeugnifle, die Beftimmt:
einen ergreifenden Prediger von reinem, ftartem | heit und überzeugende Macht der — ———
Charakter und evangeliſchem Geiſt und Belennt: zeugniſſe, die noch dazu ſämmtlich mehr oder
niß, ſowie fpäter Br um feinen fich ihm anfchlie: | weniger laute Ehren: und ER:
Benden Eollegen 3. 9. Diejtel janımelte fich eine | find, ſowie die Art, mit welcher die Behörden jede
große Zahl Solcher, denen ed um ein Chriften: | öffentliche Berichtigung hemmten, dagegen der
thum deö Gewiffend und um den wahrhaftigen | Verbreitung von Schmähungen fein Hindernif in
Frieden Gottes in Chrifto zu thun war. Bald den Weg legten, mit welcher ferner diejenigen Be:
eben deswegen angefochten und verbädhtigt, wurde | jtandtheile des gerichtlichen Ausſpruchs, welche die
endlich Ebel und mit ihm aud) Dieftel, 1835-1842, | Befhuldigten von allen übeln Gerüchten, zum
wegen fectirerifher Wirffamfeit, jchlimmer Jrr: | Theil mit beigefügter Chrenerflärung ausbrüd:
lebte und Störung des Familienfriedens, ſowie | Lich ——— bei der Veröffentuchung beider
des Berdachtes, eine Vereinigung geitiftet zu ba: | Urtheile dem Rublitum verſchwiegen blieben, da:
ben, die unter dem Deckmantel religiöfer Asleſe |gegen die jchroff gefakten Verdammungen allein
Ebel *
veröffentlicht wurden —: Alles dies, ſowie die
Berichtigung der Mifverftändniffe über die angeb»
liche Irrlehre muß man in dem Werte ſelbſt leſen,
um den Gindrud der vollften Wahrheit zu befom:
men, den aud Königsberger Blätter, der Würtent:
berger Chriftenbote, Zarnde’3 Lit. Centralblatt,
Wagenerd Staatslexikon und die Prot. 8.: Zeitung
auf das beftimmtefte ausſprachen. — Zeugnifje
von Ebels und Diefteld evangelifcher Verlündigun
liegen in ihren Schriften vor, aud) jetzt noch art
— fie hingewieſen werden: z. B. Ebel, die ge:
deihliche Erziehung, Hamburg, bei Perthes, 1825;
die Treue, Predigten nah dem Bebürfniß der
Chriftengemeinde, 2. Aufl, Baſel 1863; endlich
die ſchließliche Gefammtdarftellung in feinen leg:
ten Lebensjahren: die Philoſophie der heiligen
Urkunde des Chriftenthums, — —— von J.
Ebel; I: die Berechtigung; II und III: das NRäth-
fel der Erfenntniß. 3 Hefte. Stuttgart 1854-1856.
— Zum Sclufje mag hier nod) die Bemerkung
ftehen, daß auch der — gewiffenhaft gemeinte, aber
noch unter früheren Eindrüden vor der Veröffent—
lichung der Kanitzſchen Schrift gejchriebene —
ausführliche Artitel von Prof. Erbiam in Herzogs
Neal: Encyklop., Bd. 13, ©. 620—647, durc) die
„Aufllärung”“ theils im Allgemeinen, theil3 au 3:
drüdlich (namentlich ©. 140, 141 Anm.) wejent:
liche Berichtigung erfährt. Wir halten es endlich
für angemefien, das Nöthige über Schönherr und
fein Syftem ſchon hier anzufchließen, da Beides
vorzüglid durch diefe Königäberger Ereignifie fir:
chengeſchichtliche Bedeutung befommen hat.
3.9. Schönherr, geb. 1770 zu Memel, 1792-
1794 auf verſchiebenen Univerfitäten, bejonders
in Leipzig, von 1794 an ohne Amt und in be:
ſchränkten Berhältnifjen feinen theoſophiſchen Spe:
eulationen und deren Berbreitung in Königsberg
lebend, + 1826. Früh ſchon in biblifche und kirch—
lie Frömmigfeit eingetaucht, unbefriedigt von der
damals herrſchenden Theologie und Philoſophie,
Tanı er, ein tief ſuchender origineller Geiſt, in jenen
Gedantenzug, der in unferen älteren Myftifern,
der in Männern wie %. Böhme, Detinger, Schel:
ling, Frz. v. Baaber feinen geſchichtlichen Ausdrud
gefunden und der dann die ganze neuere edlere
weliliche und religiöfe Bildung durchdrungen und
befruchtet hat. Es war das Bedürfniß, über den
abftracten Gotteöbegriff der Orthodoxie und des
Deismus hinauszufommen und den lebendigen
Gott zu finden, den die heilige Schrift überall vor:
ausjegt, andeutet und verfündigt, in diefem Gotte
die Duelle, die Fülle und die Einheit des reich:
ten Xebens zu jehen, und aus der von biejem
Gotte ausgehenden Mittheilung göttlicher Ideen
und Kräfte, die im Kampfe der Gegenfäge, in der
Mannigfaltigkeit der Erſcheinungen ſich ſelbſtthä—
entfaltende Welt und Menſchheit zu begreifen.
it dieſem Manne wurde Ebel ſchon auf der Unis
verfität befannt und fühlte fi in feinen Gedan—
fenfreiß hineingezogen. Er war ihm mie eine
lebengebende Erlenchtung, ift ihm ein Hult und
ein Segen, aber aud) ein Berhängniß geworden.
Gerade jo wie Taujende aud) noch in unjerer Zeit,
und größtentheils eben innerlihfte und jtre:
bendite Chriften, in jenen Detingerfhen uud
Baaderſchen Gedanlenkreiſen ihre legte Berftänd:
niß-Unterlage für ihr Chriftentfum ſuchen und
finden, hat eö Ebel mit der Schönherrigen Theo:
vie gemacht, ebenfo frei fie ſich angeeignet, und
204
Ebenbild Gottes
zugleich mit vollfter Klarheit und Entſchiedenhei
die praktiſch bedenllichen Seiten von ſich abge
wieſen. Aber trogdem Hat er mit dem Segen,
der Bertiefung und der Befreiung, die ihm aus
Schönherr zufloffen, auch die Folgen diefer Bezie-
bung tragen müffen. Das Bublicum war geneigt
und bereit, die Wunderlichkeiten und Tesentlic:
feiten, die ed in dem Schönherrfchen Syftem und
in der Berfönlichleit diefes Mannes fand, ohne
Weiteres auch bei Ebel vorauszufegen und feine
reine hriftliche Berfündigung durch Schönherrſche
men zu ergänzen. So konnte venn jene
erbädhtigung und Verleumdung, als fie fih nun
neu erhoben, Eingang finden, und felbft bis zu
jenen Berurtheilungen führen, wie wir fie oben
mitgetheilt haben. — Schönherrs Theoſophie, aͤhn⸗
lich derjenigen, welcher wir in J. Böhme, bei Detin:
ger, bei Schelling und bei F. v. Baader begegnen,
auch in der Bildlichkeit und zum Theil Wunder⸗
lichkeit ded Ausdrucks, ift in ihrer Wirkfamteit auf
die Kreife feiner Provinz beſchränkt geblieben und
bat wenigftend unmittelbar nicht, wie jene, in das
allgemeine Geiftesleben eingegriffen. Die Beben:
fen und Verurtheilungen, die gegen diefelbe aus—
geipruchen find, Pantheismus, Dualismus (diefer
gerade bejonders), Verwechſelung des Naturlebens
mit dem der Freiheit u. |. w., find auch jenen grö:
Beren Männern, die doch betende Chriften waren,
vorgeworfen worden. — Benaueres über Schöns
errs Syitem f.in: Ebel und Dieftel, Zeugniß der
ahrheit, Leipz. 1838, und: Ebel, Grundzüge der
Erfenntniß der erg Ta Leipz. 1852.
Ebenbild Gottes, Die riftlicye —— mit
ihrem Hauptbegriff der Erlöſuag ſetzt einen Gegen:
jag der fündigen Wirklichkeit zu einem Jdeale
voraus, das einerjeits jener vorhergeht und fi
dem Bewußtjein ald ein verlorenes Fundgiebt, ans
dererfeitö ald das Ziel der Erlöfung der Gegenwart
nachfolgt. Diefes ideale Bild vom Menſchen, das
in der Sünde untergegangen, und doch wieder
nicht jo verloren fein kann, daß ed unwiederher⸗
jtellbar wäre, ift zu allen Zeiten eines der Pros
bleme gewejen, über welche das chriſtliche Denken
ſich verbreitet hat, und zwar im Anſchluß an die
Stelle 1. Mof. 1, 2C unter dem Ausdrude „Eben:
bild Gottes". Was an diefer Stelle darunter ver⸗
ftanden ift, darüber giebt der Tert jelbft nicht dis
recte Auskunft. Im Allgemeinen wird der Menſch
damit als die höchſte Stufe der Schöpfung gelenn⸗
zeichnet, im Einzelnen die Herrſchaft über die Erde,
ein Zuftand der Unſchuld und feliger Gemeinſchaft
mit Gott, eine in feinen geiftigen und —
Eigenfhaften liegende einzige Würde angedeutet
vgl. Pſ. 8. Zwiſchen den gebraudten Ausdrüden by
und MO befteht kein mefentliher Unterjchieb.
Auch nad) dem Sündenfall erfcheint (vgl. 1. Mof.
5,3;9,6)dad Ebenbild Gottes keineswegs als —*
lich verloren. Das Neue Teſtament (Apſtg. 17, 28)
betont ebenfalls die Göttlichkeit des urſpruͤnglichen
Menſchenweſens, redet aber auch noch von dem Eben⸗
bilde Gottes im gegenwärtigen Menſchen, 1. Kor.
11,7; Jat.3,9, und ſtellt es wieder als Ziel auf für
den durch Chriftus —— Menſchen, Kol.
3, 10; Eph. 4, 24. Die Ben der erften
Zeit [hwanfen immer nod) in der Fafſung des Be:
geifies, Während bie —— die Beſchaffenheit
Ddams ziemlich En aßten, ſahen aud die
firhlihen Lehrer noch feinen außergewöhnlichen
Ebenen Paläſtina's
Zuftand im Bilde Gottes, fie bezogen den Aus:
drud theild auf die —— er des Leibes
Tertullian, Irenäus), theils auf die dem Men—
hen innewohnenden geiſtigen und ſittlichen Vor—
züge im Allgemeinen, hauptſächlich Vernunft und
Freiheit. Drigenes bezieht hierauf das DON, auf
bie noch zu erringende fittlihe Vollendung dage:
gen dad NO. Das Ebenbild galt mehr ald An,
lage, denn als vollendeter Zuftand, weähalb auch
von einem Verlufte deſſelben noch keine Rede ift.
Der Gegenjat des urjprünglichen zum verlorenen
Ebenbilde tritt in feiner Schärfe erft in der abend:
ländiihen Theologie auf, eingeleitet dur den
Auguftinismus. Während Pelagius dem erjten
Menſchen feinen wejentlihen Borzug vor den an-
dern zufchrieb, fo lag es dagegen in der Gone:
quenz der auguftiniihen Lehre von dem tiefen
Berderben der gefallenen Menjchheit, den Urzu:
ftand defto höher zu heben und Adam eine Voll:
lommenbeit zuzufchreiben, die zwar nicht Das non
posse peccare, aber doch das posse non peccare
in fi jchließt; auf der andern Geite aber den
Sündenfall ald den Verluft des Ebenbildes Got:
tes, wenn auch nicht ald einen ſchlechthin unmie:
derherftellbaren, zu befchreiben. Dem folgend wird
die Anficht, dad Ebenbild als vollendete Gerech—
tigleit anzufehen, bei den Scholaftitern (Anjelm)
gemein. Je ungenauer jedoch die Beftimmung
über dad Verhältnif des im Menſchen zurüd:
gebliebenen Reſtes zum urjprüngliden Ebenbilde
noch war, defto mehr forderte dieſe Frage noch
genauere Erörterungen heraus. Durch Thomas
von Aquin fam deöhalb die Theorie auf, welde
im Urzuftande ſchied die pura naturalia, die na—
türlihen Anlagen zum Guten, welde nicht ver:
foren wurden, und die ald donum superadditum
göttliher Gnade Hinzugefügte volllommene Ge:
rechtigkeit, welche durch den Fall gänzlich verloren
= ch das Tridentinum wurde dieſe Lehre
ehlid anerkannt. Dagegen hat die evangelische
Lehre wieder von biefer Diftinction abaejehen
und hat das Ebenbild in einem Zuſtande der
Menſchennatur erblidt (naturalis), als vollfom:
mene Heiligkeit, ohne daß jedoch diefelbe der Na:
tur als ſolcher (essentialis) innewohne, ſondern
als Eigenfdaft (accidentalis), melde verlierbar
war und wirklich verloren ift., Indeß ſuchten aud)
die altproteftantifchen Dogmatiter wieder ein noch
erhaltenes —— Ebenbild in Bernunft
und Gewiſſen zubehaupten, Die Socinianer fanden
das Ebenbild einzig in der Herrſchaft des Men:
fchen über die Erde. Neucre Dogmatifer halten
theil3 feft an der Borftellung von der urjprüng:
lichen Heiligkeit, theils fuchen fie dad Ebenbild in
der urſprünglichen Unfchuld, die nur als Anlage
um Guten, nicht ald Vollendung zu fafjen fei. Val.
ie Dogmatifen ; die Commentare zu 1. Mof. 1,
26 und bie bibliſchen Pindiologien von Delitzſch
und Bed. Außerdem: Tüb. Quartalſchr. 1830;
Stud. und Krit. 1852. Heerl, das Ebenbild Got:
tes, 1867.
Ebenen Paläftina’d werden in der Bibel ge:
nannt: 1) die Ebene zer oder Esdrelon zwi:
{hen den Gebirgen Galiläa's und Ephraims;
2) die Ebene Saron, deren ſüdlicher Theil Sephela
heißt, längs des Mittelmeered vom Carmel begin:
nend; 3) die Jordansaue an beiden Seiten des Fluſ⸗
ſes; 4) die Ebene Ruben, 5, Mof.4, 43; of. 20, 8.
205
Ebioniten
Eben⸗Ezer. Hülfsitein. Das von Samuel errich⸗
tete Denkmal des Sieges über die Philiſter, 1.
Sam. 7, 12, zwijchen Migpa und Sen. Der Name
des Orts wird proleptifch Non gebraudt 4,1; 5,1.
Eber, 1. Mof. 11, 16. 17, faßt Bunfen nad
Buttmann und Andern als eine geographiiche Be:
——— Völlerzugs: der über den Fluß (den
Tigris) Seßende; fein Cohn ift, d. h. darauf folgt,
Den Theilung. Vgl. Fürft in Merx' Archiv
Eber, Paul. Geb. 1511 zu Kitzingen in Franken.
Studirtein Wittenberg 1532,murde 1536 Magiſter,
1537 Brofeffor der Bhtlofophie und ftand mit Me:
—* on und Luther im engſten Verkehr. 1544
Profeſſor des Lateiniſchen, warder 1556 Schloß pre⸗
biget, 1557 Profeſſor der hebräifchen Sprache, 1559
Stadtpfarrer von Wittenberg und Generalfuper:
intendent des — 2 trat 1560 in die
theologische Facultät und ſetzte 1561 die Predig:
ten und Collegien Melanchthons fort. Geit der
Zeit in die tirhlihen Verhandlungen und Strei:
tigleiten tief verwidelt, wohnte er den Colloquien
zu Worms 1557 und Altenburg 1568 bei und
wandte denfelben aud) feine ſchriftſtelleriſche Thä—
tigkeit zu. „Unterricht und Bekenntniß vom heil.
Sacrament;“ Biblia latina; Expositio Evange-
liorum Dominicaliam. Aud als Verfaſſer geifts
licher Lieder ift er befannt geworden.
Eberlin, Anton. Ein Franciscanermönd und
Vrediger, früher zu Tübingen, 1519 in Ulm, wo-
jelbft er Luthers Lehre vortrug, die er aus deſſen
Schriften gewonnen Hatte, 1521 vertrieben, fand
er Zuflucht bei Sidingen und ſchrieb Manches in
der Weife Huttens. 1522 in Wittenberg, retrac-
tirte er frühere Uebertreibungen: Bom Mißbrauch
hriftlicher freiheit 1522; der Pfaffen Troft. 1624
hielt er fid) ohne Amt in Erfurt auf, wirkte ber
ſchwichtigend Im Bauernaufftand 1525 und ward
1526 Prediger zu Wertheim. Er verfaßte eine
Baftoraltheologie „Wie ſich ein Diener Gottes in
all’ feinem Thun halten jol”, Wittenb. 1525,
Ebioniten. Der Name bezeichnet bei Drigenes
alle Judenchriſten, ift aber richtiger von den Nas
zaräern (f. d. Art.) zu unterfcheiden, und zu be⸗
ſchränken auf die —r Judenchriſten,
welche das jüdifche Geſetz von allen Chriſten ge
alten wiffen wollten und in Jefus nur den Men:
(ben, den Bay. des Joſeph und der Maria er
blidten. Ihre Lehre und ihr Wefen in der weitern
Entwidlung erhellt aus den Clementinen und aus
Epiphanius. Die Anfichten der Partei jollen nad
der Flucht nad Pella durd) einen Ebjon zuſam—
mengefaßt und auögebildet fein, der deshalb ala
Stifter der Secte bezeichnet wird. Dies tft aber
höchſt wahrfcheinlich eine zur Erflärung des Nas
mens entjtandene Sage, welder übrigend von
WIN arm, abzuleiten ift, da die Armuth ald
Zuſtand höherer Vollendung galt. Als ſich mit der
Secteviele Effenerverbanben,erhieltdieebionitijche
Lehre neue Fortbildung mit wejentlich effenifchen
Ideen, unter welden hervorzuheben ijt die Iden—
tität Adams mit Chriftus, die Veraditung bes
Prophetenthums, die Geringſchätzung der Che.
Den Uebergang zum Gnofticismus vermitteln die
Eltefaiten (f. d. Art.). — serien mit dem
alten Judendriftentgum bewahrte aud der ſpä—
tere Ebionitismus die Feindſchaft gegen paulis
niſches Heidenchriſtenthum. S. d. Art. Elementinen
Eblend
und die Literatur dort. Vgl. Giefeler, Tzſchir—
nerd Archiv für Kirchengeſch. 1820; Eredner,
Ueber Efjäer und Ebioniten, 1829; Baur, De Eb,
— et doctrina, 1831; Ritſchl, Entſtehung der
altfath. Kirche, Bonn 1857, ©. 204 ff.; dagegen
Schliemann, dieGlementinen nebft den verwandten
Schriften und der Ebionitismus, 1841,
Eblend oder Ebland follte nad einer von
Schröckh — an 34, 72) aufgeſtellten, aber
jegt mwiderlegten Anfıcht der Berfafjer der Deut:
ſchen Theologie geweſen fein.
Ebrard, Joh. Heinr. Aug. Geb. am 18. Jan.
1818 zu Erlangen, Profeffor der Theologie dort,
dann 1853 Eonfiftorialrath in Speyer, wo feine
Geichäftsleitung die Spannung zwiſchen den Or:
thodoren und Liberalen hervorrief (Predigt am
10. Febr. 1861 über das Maalzeichen des Thieres),
nahm feinen Abſchied 1861 und privatifirt in Er:
langen. Schrieb u. a.: Kritik der ev. Geſchichte,
ek 1842, 2. Aufl. 1850; das Dogma vom
bendmahl, 1845 46; Chriftliche Dogmatit, Kö:
nigsb. 1851—52, 2. Aufl. 1862—63 ; Verſuch einer
Liturgik, 1843; Handbuch der Kirchen- und Dog:
mengeſchichte für Prediger und Studirende, 1865,
2 Bde .
Ebrard von Bethune. Ein Schriftfteller des
13. Jahrhunderts, defjen gegen die Katharer ge:
richtetes Buch Liber antihaeresis eine Quelle der
Kenntniß für ihre Lehre iſt. In den Schulen des
Mittelalters wurde fein Graeeismus gebraudt, ein
Gedicht, welches Rhetorik, Logik, Syntar und
Grammatif abhandelte.
Ebzan. Richter Iſraels, der nad Jephta fieben
Jahre lang regierte, aus Bethlehem (ob aus dem:
jenigen im Stamme Sebulon oder in Juda, ift
zweifelhaft), deſſen reicher Kinderjegen bemerkt iſt
(Richt. 12, 8—10).
Eece homo, d. h. Sieh, welch ein Menſch, Joh.
19,5. Bezeichnung der Darftellungen des leiden:
den Erlöfers. ©. Chriftusbild.
Echellenfis, Abraham. Geb. im Dorfe Edel im
16. — Gebildet im Colleg der Maro—
niten zu Rom, Profeſſor des Syriſchen und Ara—
biſchen an der Propaganda. Ein zwar fleißiger,
aber oberflächlicher Schriftſteller. Am bedeutend⸗
ba ift feine Mitarbeit an Le Jai's Polyglotte in
aris 1640— 1653, und den mit Allatius heraus:
egebenen Concordantiae nation. christ. orient.
in fid. cath. dogmata, Mainz 1655.
Eeelesia Christi. Die päpftlihe Bulle vom
13. Auguft 1801, welde das franzöfifche Goncor:
dat publicitt.
Eeclesias quae antiquitate. Die päpftliche
Bulle, weldye 1823 das Concordat mit der Schweiz
publicirte.
Eeclesiastes. ©. Prediger Salomo.
Ecelesiasticus. ©. Jeſus Siradı.
Ereten (Ixdra). Heilige Tänzer. Eine aöfetifche
Mönchsfecte im 12. Jahrhundert, deren gottjelig:
fter Eultus die Gejtalt des Tanzes mit gleich—
geftimmten Nonnen annahın. Sie wurden als Hä:
—— Vgl. Ullmann, Stud. 1833, III,
. 694.
Echternach im Großherzogthum Luremburg ift
befannt durch die Springprozefjion, welche dort
jährlich in der Pfingftwoche abgehalten wird. 1777
war fie abgejchafft, 1784 beſchränlt. Die Abtei ijt
geftiftet vom heil. Willibrord.
EA, Johann, eigentl. Johann Maier, Der be:
205
Eckart
rüchtigtſte und bedeutendſte Gegner der luth. Re:
formation, der ſie aber durch ſeine Angriffe am
len befördert hat, war geb. am 13. Nov. 1486
im ſchwäbiſchen Dorfe Ed. Schon im 12, Jahre
bezog er die Univerfität Heidelberg, dann Tübin:
en und ftudirte 1500 als magister phil. Theo:
ogie in Tübingen, Köln und Freiburg. Weniger
—— als gewandt in der Dispulirkunſt, er⸗
angte er Anſehen, ward zu Ingolſtadt Dr. der
Theologie und Profeſſor, 1510 Kanonikus zu Eid;
ftädt, Prokanzler der Univerfität und Ketzerinqui—
fitor, fchrieb manche Bücher und hielt hie und da
öffentlide Disputationen. Den Streit mit Luther
begann er 1518 durch die Obelisei, gegen welde
Karlitadt zur Bertheidigung der Wittenberger
Rechtgläubigkeit 308 Thelen aufftellte. Die Dis-
putation zu Yeipzig am 27. Juni 1519 zog Luthet
in den Streit und erreichte Ecks Ziwed, dieſen als
Keber und Gegner des Papſtes erjcheinen zu laflen,
wurde aber faſt mehr als etwas Anderes Veran:
laffung zu Luthers innerer Befreiung. Erbittert
über den Spott, der in dem folgenden Schrift:
ftreit über ihn ausgegofien wurde, betrieb er in
Rom Luthers Verurtheilung und brachte 15%
die Bannbulle nad) Deutfchland. In fteigender
Erbitterung gegen die Proteftanten nahm er
Theil an dem Regensburger Convent 1524, den
Religionsgefprähen zu Baden 1526, Worms 1540,
Regensburg 1541 und auf dem Reichstag zu Augs—
burg an der Berfertigung der Gonfutation. 7
1543. Bon feinen Schriften, wovon er felbft 1530
—35 eine Sammlung veranftaltete, ift zu ermäb-
nen die mißlungene ———— des A. T. in der
Emſerſchen Bibelüberjegung und De sacrificio
missae 1526. — Bon ihm zu unterſcheiden find
der kurtrierſche Dfficial Johann von Ed und der
bayeriſche Kanzler Leonhard von Ed, der auf dem
Reihstag zu Speyer gegen eine Auögleihung
wirkte. Vgl. Ztichr. für hiſt. Theol. 1845.
Edart. Der tieffinnigjte deutfche Myſtiler, aus
dem die fpätern Myſtiker und Philoſophen geſchöpft
aben, war Dominicanermönd und Lehrer in
— Ordens: Provinzial für Sachſen, 1307 Gr
neralvicar für Böhmen, dann lehrte er in Straf;
burg, Frankfurt und Köln. Die Predigt in der
Volisſprache und die Berbindung mit den Brüdern
des freien Geiſtes erregte den kirchlichen Argwohn,
der gegen den ganzen Orden fid) wendete. Der
Erzbifhof von Köln zog Edart vor das Inquiſi—
tionsgeriht ; als dies mut jeinem bedingten Wider:
ruf (bei Pfeiffer) am 13. Febr. 1327: si quid erro-
rum repertum fuerit scriptum per me (feine Itt⸗
thümer im Allgemeinen ohne namentliche Bezeich⸗
nung) nicht zufrieden war, appellirte er an den
Papſi. Eine Bulle vom 27. März 1329 tadelte ihn
nad) jeinem Tode und verwarf und verdammte
23 Sätze aus jeinen Predigten, welche im folgen:
den Jahre auch als Lehre der Brüder vom freien
Geifte verurtheilt wurden. Dennoch erhielt ſich dir
Verehrung des Meifterd Edart; feine Schriften
waren in ben Klöjtern verbreitet, und nicht bloß
Heinrih Sufo, aud Nikolaus von Cufa pries ſie
als Quellen ver Weisheit. Ein religiöfer zer,
mus, dem alle Gegenjäge zwiſchen Gott und
Menſch, Ehriftus und dem Ehriften in dem Al
gefühl feiner myftifchen Frömmigteit verfchwinden,
iſt das Bezeichnende der Lehre Edarts. Dagegen
juchen ihn die Unterfuhungen Hambergers u. 9.
von dem Borwurfe des Pantheismus zu befreien,
Ecuador
Das —— gr von gr. Pfeiffer,
Deutiche Myftiter, Bd. 2, vu . 1857 ; in der Vor:
rede ein Verzeichniß der Han — —— Vgl. Stud.
Krit. 1839; Martenſen, Meiſter Eckart, 1842;
Bach, Eckart, 1664; Ztſchft. für hiſt. Th. 1864.
Ecuador, Republik in Südamerika, hat am 26.
Sept. 1862 ein Concordat mit dem heil. Stuhle
eſchloſſen, wonach demjelben die weitgehendften
nfprüche gewährt find. Die katholiſche Kirche ift
Staatäreligion, jede Beſchränkung der Kirche durch
den Staat tft aufgehoben und jeder fremde Eultus
unterjagt.
Edda. Das mythologifche Bud) Skandinavien.
Die ältere, von Sämund Seen auf Island
efammelt, aus dem 7. und 8. — ent⸗
ält Epen aus der ſtandinaviſchen Götterſage. Die
jüngere, von Snorri Sturlufon (13. Jahrhundert
efammelt, giebt in Profa die altjlandinavifche
ythologie und Poetik. Ueber den Inhalt ſ. d. A.
Mythologie.
Edelmann, Joh. Chrift. Geb. am 9. Juli 1698,
Etudirte in Jena et ag fand fi aber von
Drthodoren und Pietiſten gleich abgeftoßen, knüpfte
eine Zeitlang mit Zinzendorf und den Herrnhutern
an, dann mit Gichtelianern und Separatiften und
betheiligte fid) 1735 an der Berleburger Bibelüber:
jegung, trennte ſich aber von Haug, dem Xeiter des
Unternehmens. Auch bei den Inſpirirten unter dem
Propheten Rod konnte er nicht ausdauern. Unter
mandperlei Beläftigungen, Folgen feiner maßlofen
Angriffe auf Kirche und Bibel, die eine Fluth von
Gegenichriften hervorriefen, lebte er dann mit
Ihriftftellerifchen Arbeiten beſchäftigt zu Neuwied,
Altona, Hamburg und Berlin, wo er 1767 ftarb,
Shriften: Unſchuldige Wahrheiten, 1735; der un:
befannte Gott Moſes mit aufgededtem Angeficht.
Eine Auswahl feiner Schriften Bern 1847. Seine
Selbftbiographie gab heraus Kloje, Berl. 1849.
Vol. Pratje, Nahrichten von Ed. 1755; Elfter,
— an Ed. 1839; Ztſchft. für hiſt. Theol.
46
Edelfleine waren bei den Hebräern früh befannt
und geihägt, 2. Sam. 12,30; 2. Mof. 28, 17; fie
erhielten fie aus Arabien und Indien, Ey. 27, 22,
durch die Phönizier und aus Ophir, 1.Kön. 10,10.
Auch die Kunft des Schneidens und Faflens der
Edelfteine war befannt, 2. Mof. 35, 33. Erwähnt
werben: DIN 2. Mof. 28, 17; 39, 10, der Sar:
dius, Karneol; IP Ez. 28, 13; Hiob 28, 19,
Topas; NPII Dff.4,3,der Smaragd; FD) dvdond
2. Moſ. 39, 11; Ez. 27,16; 28, 13, Karbuntel;
SEO 2. Mof. 24, 10; €. 28, 13, Saphir; Sm
2. Mof. 39,11, Dnyr, zeAxndwr, Luth. Diamant :
Dub 2. Moſ. 8, 19; 39, 12, Ayxiguov, Hyacinth
IF 2. Moſ. 28,19, Achat; IHYMN 2.Mof.28, 19,
Amethyſt; WIYN 2. Mof. 28, 20; 39, 13; €. 1,
16, Chryſolith; DIV 1.Mof. 2,12; 2. Mof. 28,9;
€. 28, 13, Beryll; MAW) 2. Moſ. 28, 20; 39,13,
Jaspis; 1377 Ey. 27, 16; Jeſ. 54, 12, Rubin;
MRS Jeſ. 54, 12, Granat; WOW gef. 17, 1;
&. 3, 9, der Diamant, Außerdem der Chryfo:
praß Dff. 21, 20; Ehalcebonier Dff. 21, 19; Sar:
donyg Diff. 21, 20,
—
207
Edeſſa
Eden. Ju Wonne. Der Garten Eden, das Pa—
radies, deſſen Lage 1. Moſ. 2, 10 ff. beſchrieben wird.
Die exegetiſche und geographiſche Schwierigkeit
der Stelle hat eine wer Erflärungsverjuche her:
vorgerufen; vgl. Ernft Bertheau, die der Bejchrei-
bung der Lage des Paradiejes zu Grunde lie:
genden geographiihen Anjchauungen, Göttingen
1848, Gänzlich abzuweifen find die allegorifchen
Auslegungen von Philo, Ambrofius, Drigenes,
oder ſolche, die das Paradies des Neuen Tefta:
ments mit Eden zufammenmwarfen, wie eö die
meiften Kirchenväter thaten; ferner die ne
Luthers u. A., durch die Sintfluth ſei die Geſtalt
der Erde jo verändert, daß die richtigen Angaben
der Schrift für uns nicht mehr verftändlidy jeien.
Hiergegen und gegen die mythiſch-geographiſche
Anficht,welche von vielen Reuern (Gefenius, Ewald)
vertreten wird, fpricht Die Stelle jelbit, welche nicht
nur geographiſch er betannte Namen nennt,
jondern ſich auch Vs. 12 auf ebenfo befannte that-
ſächliche Umftände bezieht, fo daß man ſieht, fie will
eine beftimmte Localität für die Zeitgenofjen deut:
lich bezeichnen. Die geographiſche Erklärung muß
daher von der Deutung des Piſchon auf Ganges, des
Gihon auf Nil, Cuſch auf Aegypten ganz abjehen,
weil fich dieje niemald mit Euphrat und Tigris
und Chibdelel) zu einem Bilde vereinen
lafien. Während Calvin die 4 Ströme Vs. 10 von
Mündungen des Schat:el-Arab deutete, faſſen die
meiften der Neuern den „Strom“ des Vs. 10 wei—
ter als Fluß: oder Duellengebiet (Bunfen) und
legen Eden in das Duellgebiet des Cuphrat und
Tigris, nad) Armenien, auf weldes als Stamm:
land des Menichengejchlechtes aud) andere Spuren
binwiejen. Dann wird der Piſchon zum Phafis,
Ehavila zu Kolchis, der Gihon zum Arares und
Cuſch zum Land der Kofjäer. Intereſſant ift die
Auslegung, welche Brefjel bei Herzog entwidelt.
Er läßt VS. 10 gejagt jein vom Standpunkt der
den Fluß Hinaufmwandernden. Indem er Euphrat
und Tigris fefthält, erfennt er den Piſchon im
Kuranfluß, den Gihon im Kerfha, die fich beide
in den Schatsel-Arab, die Vereinigung des Euphrat
und Tigris, ergiehen, Cuſch Curiſtan und Cha⸗
vila das alte Elymais, das ſpätere Suſiana; die
fruchtbare, von der arabijchen Hochebene im Weften
und dem —— im Oſten begrenzte Thal⸗
ebene des Schat⸗el⸗Arab wird ihm damit zum Gar:
ten Eden. Eden iſt Mejopotamien in feiner Ausdeb:
nung zwifchen dem ſyriſchen Gebirge und der ara-
biſchen Wüfte im Weiten und dem Zagros im Dften.
Eine Nahmeifung aller Deutungsverfude ſ. bei
Winer, Real:ter. und bei Herzog, Bd. 20. — Ein
anderes Eden 71%, Am. 1, 5, lag bei Damaskus,
vielleiht das Dorf Ehden auf dem Libanon. —
Dagegen €.2.Rön. 19,12; Jef. 37,12; €3.27,28,
lag in Rord:Mejopotamien bei Haran; die Gegend
Maadon. Die Söhne E. waren alſo ein alter ara:
mätfher Stamm.
der. Stadt im Süben — Sof. 15, 21.
Edeſſa am Seirtus in Mejopotamien, 10 Meilen
vom linken Ufer des Euphrat. Die Geſchichte der
Stadt fannı nicht Über die Zeit der macedoniſchen
Herrſchaft verfolgt werden ; von Seleucus Nikator
gegründet, hieß fie Antiohia Mirobarbara, aud)
Kalirrhod. Nach der Seleucidenzeit beitand ein
unabh —— der osrhoeniſche, unter deſſen
Königen Abgar Uchomo (ſ. d. A.) genannt wird
Edict von Hamptoncourt
8—45 n. Chr.), der nad) der Legende das Chris !
enthum einführte. 217 verwandelte Caracalla E.
in eine römifhe Provinz. Die Araber eroberten
e3 zwijchen 637—641. 1097 gründete Balduin in
E. eine hriftlihe Herrſchaft, aber 1144 eroberte
Imadeddin, 1146 zerftörte Nureddin die Stabt
(Orfa), die heute 50,000 Einwohner zählt. Da
das Chriftenthum früh eingeführt Dei vu bezeugt
der Einfluß des Gnoſtikers Bardefanes am Königs:
bofe. Eine Zeitlang herrſchten die Arianer, darnad)
wurde E. der Hauptfig der Neftorianer bis zu
ihrer Vertreibung aus dem oftrömifchen Reiche.
Das jafobitifche Bısthum zu E,, welches noch im
16. Jahrhundert erwähnt wird, beſteht nicht mehr.
Berühmt waren die Schulen Es, die Ephräm
der Sprer ftiftete, und die fpätere perfifche zur
Ausbildung neſtorianiſcher Geiftlihen.
Edict von Hamptoncourt, am 28. Zuli 1561 von
Karl II. von England erlafjen, nimmt die fran-
ſiſchen Refugies in England auf und bewilligt
ihnen mehrere Privilegien.
Edict von Mailand. Conftantin und Licinius
gewährten durch dafjelbe 313 den Chriften freie
Religiongübung und die Rüdgabe der eingezo:
genen Kirchengüter.
Editt von Nantes, 1598 durch Heinrich IV. von
Frankreich zu Gunften der Hugenotten gegeben, | 3
erflärte zwar die Fatholifche Kirche für die herr:
ſchende, bewilligte aber den Reformirten die Ge:
wiſſensfreiheit und alle bürgerlichen Nechte, die
Eultusfreiheit unter einfchränfenden Peftimmun:
gen; dic politifche Selbftändigfeit und die Sicher:
en läge, melde e3 den Hugenotten gleichfalls
elieh, entzog ihnen wieder das Edict von Nismes
1629. Die Regierung Ludwigs XIV. hielt anfangs
das Edict jheinbar formell aufrecht, während alle
Mittel aufgeboten wurden, die evang. Kirche zu
zerſtören, bis endlich 1685 das Aufhebungädecret
erihien, welches mit Härte und Graufamteit aus:
geführt wurde.
Edict von Potsdam, 29. October 1685, öffnete
den durch die Aufhebung des Edictd von Nantes
vertriebenen Proteftanten die engen Staaten
und gewährte ihnen bedeutende Begünftigungen.
Edict von Versailles, November 1787, gab den
Reformirten alte bürgerliden Rechte zurüd und
bob alle Gewaltmaßregeln als dem wahren Geijt
bes Chriftenthbums widerſprechend auf.
Edict von Worms, vom 26. Mai 1521, erklärt
nach dem Reihstage von Worms, ausgefertigt
(che nachdem viele Stände Worms bereits ver:
latjen hatten, und zurüddatirt auf den 6. Mai,
verhängt über Luther und feine Anhänger die
Reichsacht. Vgl. Wald, Kirchengeſch, Bo. XV,
©. 2264 ff.
Edilthryda, dic Heilige. Bewahrte in 2
in Folge eines Gelübdes ihre jungfräuliche Keuſch—
heit und jtiftete, als fie 671 ihren Gatten verlajjen
durfte, auf der Infel Ely ein Doppelklofter, als
vn Nebtiffin fie 679 ftarb,
Ddmund, König von Oftangeln, jtarb bei dem
Einfall der Dänen ald Märtyrer STO und wurde
als Patron der engliſchen Könige verehrt.
Edmund, der Heilige. Lehrte 1219—25 Philo—
fophie in Orford und wurde 1234 Erzbifchof von
Canterbury. Seine Constitutiones erregten den
Unwillen Heinrichs III. jo daß er nad Frank—
reich floh und dort am 16. November 1242 zu
Soiſſy ſtarb. Er ward 1247 fanonifirt,
208
—Ö_oV,7,7,7,7,7,7,1 ee — | [nn — — — nn —
a
Egbert
Edom. Edomiter. Das Land Edom, fräter
Idumäa, im Alten Teitamente Seir, erjiredte ſich
von dem Nelanitifchen Meerbujen bis zum Todten
Meere, im Norden vom Moabiterlande, im Diten
von der fyrifhen Steppe und im Weften von der
Arabah begrenzt, war ein Gebirgäland, deſſen
höchfte Spite der Hor. In der jpätern Zeit wer:
den die Städte Petra und Bozra als bedeutend
erwähnt. Die biblifhe Ceſchichte bezeichnet Eſau,
Edom, ald den Stammvater des Volks. Die Ber
richte laffen erfennen, daß ein den Hebräern vers
wandter, mit ihnen rivalifirender aber doch ver»
bundener Stamm die Ureinwohner von Seir, Chos
riter, 1. Mof. 23, 6, überwand und mit fich ver»
einigte. Die Verfaffung der E. unter Stamm
fürften ähnelt der Iſraels; früher aber gelangte
* das Königthum zur Macht, 1. Moſ. 36, 31.
ie erjte feindliche Berührung mit Ifrael ift unter
Saul, 1. Sam. 14, 47. David unterjodte Edom,
2. Sam. 8, 14, und Salomo brfaß die Hafenpläge,
1. Kön. 9, 26. Unter Joſaphat hatte E. wieder
eigene Bajallenfürjten, 1. Kön. 22, 48; 2. Kön.
3, 9, die unter Joram ſich frei madten, 2, Kön.
8, 20. Bon da an bleibender Krieg, E. gilt ald
der Erbfeind Iſraels, der ftete Verbündete feiner
Feinde, Joel 5, 24; Amos 1, 11; Jeſ. 11, 14;
er. 9, 25; 1. Malt. 5, 3. 65; 2. Malt. 10,
15; 12,32 f. Unter Johannes Hyrkanus wurden
aber die Edomiter vollftändig unterworfen und
ur Befchneidung gezwungen, und jo fonnte die
idumäiſche Familie der Herodianer die Herridaft
über Jjrael erlangen. Nach der Zerftörung Jerw
falems verfchwindet der Rame Joumäa. Die Land⸗
ſchaft gehört zu Arabien.
Edrei, LXX 'Edogeeiv. 1) Hauptſtadt des König:
reichs Baſan, 4. Moſ. 21, 33—35, lag im gebir-
gigen Theile, ift das jpätere Adara, Aoratum,
— Draa. — 2) Stadt im Stamme Naphthali,
of. 19, 37,
Edwards, Jonathan. Amerikanischer Theologe.
Geb, am 5. Det. 1703 zu Eaft-Windfor in Con:
necticut, Sohn eines Predigers, ftudirteer in Yale
College, war Baftor im Staate New-Yerk, dann
1727 in Maſſachuſetts, 1724— 27 Lehrer am Yale
College, Die Strenge jeiner Kirchenzucht verurs
ſachte 1750 feine Entlafjung. 1751—58 lebte er
als Miffionar unter den houjatonifchen India—
nern. + 1758. Bon ihm leitet ſich eine theologiſche
Sdule, die Neu-England: Theologie, ab, die na—
mentlich die Freiheit des Menſchen und feine un-
bedingte Berantwortlichfeit hervorhebt und die
Rechtfertigung in ihrer wejentlihen Einheit mit
der fittlihen Erneuerung zu faſſen jucht. Zu diejer
Schule gehören fein Sohn 3. Edwards IL, t
1801, Sam. Hopkins, + 1803, 3. Bellamy, 7
1790, Nathaniel Emmong, Tim. Dwight, + 1317.
Edwards hinterließ 1400 Manufcripte. Die Aus—
aben feiner Werte, Maſſ. 1803, Nem:Yort 1862,
And daher nicht vollſtändig.
Eflicaciu, d. i. Wirkungsfähigkeit, ſ. Affec-
tivnes,
Egbert, der Heilige. Ein Friefe im 7. Jahrhun⸗
dert. Zufolge eines Gelübdes wollte er als Nif-
jionar nad) Deutjchland gehen. Durch einen Sturm
verhindert, jandte er von feinem Aufenthalt, bem
Klojter HH, den Mönd Wilbert und darnach 12
andere Angelſachſen nad) Friesland. + 729.
Egbert. Ein Schüler und Freund Beda's, war
Lehrer an der Kathedralfchule zu York, wo Alcuin
Egede
und Aelbert ſeine Zöglinge waren. Als Biſchof
von York 731 erlangte er die Erhebung des Bis»
thums zum Erzbisthum 735. Seine Gelehrjam:
leit wurde bewundert; er hieß armarium omnium
liberalium artium, + 767. Ihm zugejchriebene
Bußbücher haben andere Verfaſſer.
Egede, Hand. Der Miffionar der Eslimos. Geb.
am 31. Jan, 1686. Seit 1707 Pfarrer zu Baagen
im Nordland, legte er 1717 fein Amt nieder, um
ala ee zu ben Örönländern, unter denen
er fih Ablömmlinge der Normannen dachte, zu
gehen. Nach reg Sara in) Sinbernifle,
unterjtügt von Friedrich IV., landete er 1721 in
Grönland. Unter den Eskimos arbeitete er mit
mufterhafter Treue; aud als 1730 bie Unter:
ng des Staates wegfiel, hielt er aus. Zwi⸗
igleiten mit den Herrnhutern veranlaßten feine
Rüdtehr 1734. Er leitete dann bis 1747 das grön-
ländifhe Miffionsinftitut, nahm feinen Abihieb
und ftarb 1758,
Eginhard. ©. ——
Eglaim, Stadt im Moabiterland. LXX Ayal-
isiu. Dies —* aber im Binnenland, während
Jeſ. 15, & auf Die Grenze hinweiſt.
Eglinus, auch Jconius, eigentl. Raphael-Göf.
Geb, am 28. Dec. 1559 zu y. var im Canton
Zurich, ftudirte er zu Züri, Genf und Bafel,
ward Lehrer zu Sonders im Beltlin, von bort
dur die katholiſche Geiſtlichkeit vertrieben, zu
Binterfcheid, 1588 am Collegium zu Züri, 1592
Brofeffor des Neuen Teftaments und Diakonus,
1596 idialonus, 1606 Brofeflor der Theologie
zu Marburg und 1614 Schloßprediger. T 1622.
Die Gunft des Landgrafen Morig verdantte er
feiner Liebhaberei für Aldhymie, der er ſchon in
Züri allzuviel nachgegeben hatte und die ihn
1615 der Roſenkranz⸗Brüderſchaft zuführte. Als
oe ift er von Einfluß geweſen, die calvi⸗
niſche Theologie in föberafiftifiher Auffafjung in
en einzuführen. i
Ion. 1) Refivenz eines Amoriterkönigs dies⸗
feit des Jordans, Sof. 10, 8, von Jolua erobert
und dem Stamme Juda zugetheilt, nad) Robinſon
Alan. — 2) Der Moabiterlönig, den Chud ermor:
dete, Richt. 3, 12—20.
Egoismus, Selbftfucht, ift das Sich: Beziehen ded
individuellen Lebens auf fich felbft als auf feinen
einzigen Zwed, der rüdfichtslofe Drang nad) Da:
fein und Wohlſein. E. tft zwar der Beginn alles
perfönlichen Lebens; da aber ber Menſch fein
Weſen nur in der Gemeinfhaft entfalten kann
und damit bie Forderung geſetzt ift, fich in Ueber:
einftimmung mit den Uebrigen zu bejtimmen, und
das eigene opt nur in der freien re
des Wohles ber Andern zu fuchen, fo ift die Auf: |34, 16; 5
gabe für alles fittlide Handeln, den E, zu übermin:
den durch fein Gegentheil, die Liebe. Daher jagt
man mit Recht, der E. fei die Wurzel aller Sünde,
Ehe iſt die auf Geſchlechtsliebe gegründete völ⸗
(ige und dauernde Lebensgemrinfchaft zweier In—
bividuen. Auf den natürlihen Grundlagen bereits
entwidelt fand das Chriſtenthum fie vor; es hat
daher nichts abjolut Neues hineingebradht, aber
indem es die volle Perjönlichkeit auch des Weibes
anertennen lehrte, mußte die im Begriff der Ehe
liegende Monogamie und Unlöslichkeit des Ban:
des die allgemeinjte Geltung von jelbjt finden;
und je höher das Evangelium die fittlihe Aufgabe
des Menichen ftellt, um jo mehr mußte die Bedeu:
209
Che bei den Hebräern
— ber Ehe als der Grundlage alles Gemein⸗
ſchaftslebens ber Familie und des Staates und
ihre veligiöfe Beziehung —— ür den ſitt⸗
lichen und religiöſen Charalter der Ehe ſuchte die
Kirche den höchſten Ausdrud, als fie lehrte, die Che
ei ein Sacrament. Daneben gehtaber eine niedere
uffafjung derfelben, die an der leiblich⸗geſchlecht⸗
lien Vereinigung haften bleibt und im Cöltbatd«
gejeg ihren Ausdrud findet, welches die Che für
des Priejterd unwürdig erllärt. Das Neue Teftas
ment räth nur in den Yällen, wo das eheliche
Zeben in Eonflict geräth mit der entfchiedenen Er-
füllung der Aufgabe für dad Reich Gottes, von
der Ehe ab (Matth.19, 12; 1.Ror. 7,1), befonders
auch in Verbindung mit der Erwartung des nahen
Weltendes. Sogar bei Luther wirkt die mittelalters
liche Auffafjung der Ehe nach. Ein gefundes Gefühl
ließ ihn gegen das Eölibat auftreten ; aberobwohl er
den Werth der Ehe empfindet, redet er doch von ge
als jei fie nur eine Schrante der fleifhlichen Be:
E e. Bei ber Löfung des kirchlichen Lebens vom
taate ift die Forderung aufgetreten, Die Eheſchlie⸗
Bung von dem kirchlichen Acte unabhängig zu mas
chen — und für die Diffidenten in
Preußen und a.D. durch Pa — ebung der faculs
tativen Eivilehe befriedigt. Der Streit, ob dieſelbe
obligatorifch zu ee ſchwebt nod. Da die
Ehe ein natürlich fittlihes Verhältniß, fo fann
ihre Anerkennung nicht an eine kirchliche Feierlich«
feit gefnüpft werben, wenngleich jede Kirchen»
gemeinfhaft an ihre Glieder die Forderung zu
ttellen berechtigt ift, daß fie in der Ehe aud) eine
religiöje Injtitution erbliden follen. Die kirchliche
Trauung iſt baher eine innerfirchliche Angelegens
heit; als Bedingung der bürgerlihen Gültigkeit
der Ehe Pr und fällt fie mit dem Staatskirchen⸗
thum. ©. Eivilehe.
Ehe bei den Hebräern. In Bezug auf die Ehe
unterſcheiden ſich die Sitten des alten Iſrael nicht
von denen der Etammverwandten. Die Poly»
gamie befteht noch, ein Verhältniß zu Kebsweibern
neben den frauen gilt nicht für unfittlih, Die
Frau ift zwar nicht mehr Sclavin des Mannes,
aber wird doch noch von den Eltern durch Ger
fchent erfauft, 1. Mef. 31, 15; 34, 12; 1. Chr.
18, 23; 2. Mof. 22,15 f. Die Monogamie ift nie
geboten, dringt aber mıt dem Einfldß fteigender
Geſittung von felbft durd. Spr. 12,4; 18, 22;
19,14. Ein Abfall vom ifraelitihhen Weſen ift das
her die Haremswirthſchaft der — Die Ehever⸗
bote der moſaiſchen Geſetzgebung, 5. Moſ. 27, 20;
3. Mof. 18, 7; 20, 11, ſoweit fie die Verwandten⸗
ehe betreffen, gründen fi auf Naturgefege, im
Uebrigen find fie national:religiöfer Art. 2. Mof.
‚16; 5. Moſ. 7,3. Das abgefchloffene Juden»
tum nach dem Eril verbot die Che mit Fremden
überhaupt. Esra 9, 1 ff.; 10, 3; Neh. 13, 22;
Mal. 2, 11. Die Leviratsehe, 5. Moj. 25, 5;
Ruth 4, 1 f., war eine gefeglih eingeſchränkte
alte Sitte. Eheſcheidung war noch aratt und
wurde nur, 5. Mof. 22, 19; 24, 1 ff., formell er:
ſchwert, Jef. 50, 1; Jer. 3, 8; Matth. 19, 7; uns
zuläffig war Air nur bei den vom Geſetz ald ge
geforderten Ehen. Später ift der Unterſchied zu
beachten zwifchen Hillel, der nur fittliche ——
und Schammai, der jede dem Manne mißfällige
Sache als berechtigten Scheidegrund anſah. Der
Ehebruch ward an der Frau mit dem Tode be—
ftraft, 5. Mof. 22, 20; Joh. 8,5; va 3. Mor.
Ehe, gemifchte
19, 20 (f.d. X. Eiferopfer), beim Manne nur fofern
er eine freinde Ehe verlegte. Ueber die Eheſchlie—
ung ſ. d. A. Hochzeit.
Ede, gemiſchte. Daß bei der innigen Lebens:
emeinjhajt der Ehegatten der linglaube des
Einen eine Gefahr für das religiöfe Xeben des
Andern in fich jchließt, ift offenbar; wenn aber
nicht Mangel an Frömmigkeit überhaupt, fondern
nur Religionsverſchiedenheit obwaltet, jo trifjt
jene Gefahr mehr nur die nationale und kirchliche
Form der Frönimigkeit als diefe jelbft, und bei
vorhandenem und voraugzufegendem gemeinjamen
Grunde follte die gemifchte Ehe nur die Wirkung
haben lönnen, die Bere zwiſchen ben verjchie:
denen Neligionsgemeinden aufzuheben und den
wahren Kern des gemeinſchaftlichen Glaubens mwei-
ter zu entwideln, führt aber thatſächlich häufig
genug zu Abfall, Öleihgültigkeit oder zu bittern Zer:
würfniffen. Die gemijchte Che wird daher überall
verboten oder gemißbilligt, wo das religiöfe Leben
die Tendenz hat oder haben muß, in der Abgeſchloſ⸗
enheit feiner Form zu beharren. Died war der
Kat im jpäteren Judenthum und in der römiſchen
Kirche. Aus dem fanonifhen Rechte hat das
deutiche Eherecht noch das Berbot der Ehen mit
Ungläubigen, Türten und Juden beibehalten. Ein
abjolutes Verbot der Ehe mit Proteftanten ift
auch in der katholischen Kirche nicht aufrecht zu
alten gewejen; die Bedingungen aber, weldye ke
ir ihre Zulafjung jtellt, die in jedem Falle nö:
thige päpftliche Dispenfation und die Erziehung
der Kinder im katholiſchen Glauben, haben zu viel:
achen Streitigfeiten Anlaß gegeben. Die preu:
* Geſetzgebung hat allgemein angeordnet, daß
alle Kinder der Confeſſion des Vaters folgen ſoll—
ten, übrigens der andern Uebereinkunft der Eltern
nichts im Wege ftehe. Der Verſuch, diefe Beſtim—
mung 1825 auf die 1815 erworbenen Provinzen
auszudehnen, ſcheiterte am Widerftand der Bis
Höfe. Ein päpſtliches Breve von 1850 hielt die
nihauungen Roms Ki Eine Convention der
Regierung mit den Bilhöfen von Köln, Trier,
Münfter und Paderborn ftellte eine milde Aus:
legung feſt, wonad nur, wern im Brauteramen
die Braut ſich gleichgültig zeige, die kirchliche Ein:
fegnung zwar unterbleiben, aber Proclamation
und Annahme der Chezujtimmung, assistentia
passiva, gewährt werden —* 5 Folge des Wider⸗
ſtandes der Erzbiſchöfe v. Viſchering und Dunin
hat jedoch ſeitdem die katholiſche Kirche immer
das Verſprechen gefordert, ſämmtliche Kinder ka—
tholiſch zu erziehen, und in ſchroffſter Form hat
dieſe Forderungen Biſchof Arnoldi von Trier am
15. März 1853 in einem Hirtenbrief ausgeſpro—
en, der auch die ass. passiva unterjagt, wenn
jenes eidliche Verſprechen mangele.
Eherecht. Die katholiſche Kirche bildete ihr
Eherecht, indem fie das römische Eherecht durch
die altteftamentlichen Eheverbote und den Sacra—
mentöbegriff, ſoweit als nöthig, modificirte; jo
wurde die bürgerliche Ehegeſetzgebung zugleich eine
firhlide und fam die Behandlung der Ehefragen
an die geiftlichen Cerichte. Am meijten auägebil:
det wurden die Beitimmungen über die Ehehin—
dernifje. Die Kirche dehnte das Cheverbot aus
bis zum 14. Grade römijcher Berechnung, behielt |
210
Eheſcheidung
ſionsfälle unendlich vermehrt wurden. Durch die
Betrachtung der Ehe als Sacrament wurde der
ethiſche Grundſatz der Unlöslichkeit kirchengeſetzlich
fixirt, als nothwendige Beſchränkung aber die
Fälle der Nichtigkeit der Ehe (bei Irrthum, Be—
trug, Bedingung und geheimen Hinderniſſen in
foro eonscientiae) erweitert und die kirchliche
Macht weiter ausgedehnt (Heinrich VIII. und
Katharina). Die freie Form der Eheſchließung im
römischen Rechte blieb auch in der Kirche gültig,
obgleich eine kirchliche Einjegnung der geſchloſſe—
nen Ehe und eine fürbittende — der Ge⸗
meinde naturgemäß ſehr alt iſt und ſich an die
ſpütere jüdiſche Hochzeitsfeier angeſchloſſen haben
wird. Erſt das Tridentinum verordnete, um die
heimlichen Ehen unmöglich zu machen, daß die
Cheeinwilligung vor dem Parochus erklärt werden
müfje (assistentia activa und passiva), ohne
damit eine heimliche Che für nichtig zu erflären.
Bei dem ftrengen Verbot der Eheſcheidung mußte,
wo die Ehe nicht für nichtig erklärt werden fonnte,
zu dem Austunftsmittel der Trennung von Tiſch
und Bett gegriffen werden.
Die evangelijche Kirche bildete, ftreng genoms
men, fein neues Eherecht, fie erklärte grundfäglich
die Ehegejeggebung für eine Angelegenheit der
weltlichen Obrigfeit. Da aber das kanoniſche Recht
bürgerlic) reeipirt war, wurden in den [utherifchen
Ländern als Chegerichte an die Stelle der biſchöf—
lichen die Eonfijtorien eingerichtet, während in der
reformirten die bez. Fragen von den Synoden
erörtert wurden. Erſt allmählih ift dann die
Chegefeggebung völlig in die bürgerliche hinein»
ezogen. Dadurh find die Ehehinderniffe be—
—* und durch die geſetzliche Bedingung einer
vorgeſchriebenen Form der Eheſchließung heim—
liche Ehen überhaupt unmöglich gemacht. In den
deutſchen Staaten wurde durch die Geſetzgebung
die prieſterliche Trauung als einzige Form der
Eheſchließung hingeſtellt, während in Schottland
und Holland die ältere Form rechtsbeſtändig ge—
blieben iſt. Vgl. d. Art. Civilehe.
Verſchieden von der Scheidung iſt die Annul⸗
lirung "iner Ehe sententia divortii, wenn diefelbe
förmlich gefchlofjen worden ift, obgleih ihr ein
trennendes Hindernis entgegenjtand, matrimo-
nium putativum. Bei der Arnullirung wird aber
die Che bis zum Urtheil in Bezug auf die Rechte
der Gatten und der Kinder ald eine rechtmäßige
angenommen.
Eheicheidung. Das fatholifche Kirchenrecht fennt
eigentlid) feine andere Scheidung der Ehe als durch
den Tod; dagegen kann in beftimmten Fällen, wo
ein Gatte e8 an den Borausjegungen der ehelichen
Lebensgemeinſchaft fehlen läßt, richterlicyes Ur—
theil das Zufammenleben aufheben: Trennung
von Tiſch und Bett. Das evangelifhe Eherecht
fennt die legtere nicht, wohl aber eine temporäre
Trennung, der die Scheidung oder die Verjühnung
folgt. Die evangelifche Kirche, nicht gebunden durch
einen Sacramentsbegriff, hat ber bürgerlichen Ge»
feggebung die Aufftellung von Scheidungsgründen
überlaffen müſſen; fie fann fid) nur darauf be:
ſchränken, die Unlöslichkeit des Chebundes als fitt:
lie und religiöfe Forderung binzuftellen. Sie
verjchließt jich aber nicht der Anerfennung, dag
fi) aber das Hecht der Dispenjationen vor, wel: durch Ehebruch, — — und dem Gleich⸗
ches um jo nothwendiger war, als durch die Auf: |
Gaͤtten feine Freiheit wiedergegeben wird, d. h.
ſiellung der geiftlichen Verwandtſchaft die Colli⸗
jtehendes die Ehe wirtlich gelöft und dem andern
. Ehre
natürlich nicht nad) eigenem Exrmeflen, fondern
durch richterliches Urtheil. In der Frage, ob Ge:
ſchiedenen eine neue Che zu gejtatten be, ift von
einem Standpunft, der in.der Che mehr das reli-
iöfe und firliche, ald das natürlichefittliche In—
itut fah, eine GStreitfrage erhoben, die durch
achſicht gegen individuelle —— Anſicht und
durch Ueberzeugung von den Mängeln der bürger:
lihen Gefeggebung noch mehr vermwidelt ift, und
in Preußen dadurch eine vorläufige Töfung erhal:
ten hat, daß in jedem einzelnen Fall die Erlaub:
niß der Wiederverheirathung vom Oberlirhenrath
nachgeſucht werden ſoll. So hat es aud) in der
evangeliſchen Kirche aus falfchen asketiſchen Grün:
den an offenem und verdedtem Widerjprud) gegen
die Raturfeite der Ehe niemals gefehlt (Hoch, Ar:
nold, Zinzendorf, der Pietismus).
Ehre ift die Anerkennung der individuellen
Berjönlichkeit jeitend der Gemeinfhaft. Da die
Erfüllung der moralifhen Aufgabe an und in der
Gemeinschaft durch die Ehre bedingt wird, jo er:
weiſt ſich dieje als ein Gut, defjen —— eine
criſtliche Pflicht iſt. Zu unterſcheiden iſt die bür⸗
gerliche Ehre, die am bürgerlichen Stand und Be—
ruf hängt. In Collifionäfällen ift dieje zu opfern,
um die wahre Ehre zu bewahren.
Ehud. Der Rupie Richt. 3, 12 f. Erfchlug den
Rocbiterfürften Eglon, der Iſrael 18 Jahre tri-
butpflichtig gemacht hatte, in feinem Balajte und
beſegte dann die des Führers beraubten Moabiter
u der Spike ded Stammes Ephraim.
Eige. Die Eiche war in Paläjtina nicht felten.
Die Eihenwälder Baſans werden erwähnt Jeſ.
2,13, €. 27, 6; Zach. 11, 2; außerdem einzelne
Eiden, denen bejondere Namen beigelegt waren,
Riht. 9,6; 1. Sam. 10,3. Unter Eichen wurde
— Hoſ. 4, 13; auch wurde Eichenholz mehr:
ad benugt, Jeſ. 44, 14; Ey. 27,6. Die Stein:
tihe wird genannt Je. 44, 14; ihr hartes Holz
eignete ſich zu geſchnitzten Götzenbildern.
Eichgrund. 1. Sam. 17,2.19; 21, 9. Ein Thal
im Stamme Juda unweit Sodo und Nijela, be-
ruhmt durch den Kampf Davids mit Goliath. Der
von der Tradition bezeichnete Drt bei Beit:Hanina
kimmt nicht zu den biblijchen Angaben ; Robinfon
meint, jiewiejen aufdas Afazienthalbei Shuweikeh.
Eichhorn, Johann Gottfried. Geb. am 16. Det.
1752 zu Dörrenzimmern in Hohenlohe:Dehringen.
Eohn eines Predigers, ftudirte er in Göttingen
1770—74, ward Nector zu Ohrdruff, 1775 Pro:
feffor der orientaliihen Sprachen zu Jena, 1788
Brofefior der Philojophie in Göttingen. + 27. Juni
1327. Außer vielen völfergefhichtlichen und !ite:
tarbiftorischen Arbeiten wandte er fid) vorzugs:
»ene der bibliſchen Wiſſenſchaft zu. Repertorium
für bibliſche und morgenländifde Literatur, 18
Öde., Leipzig 1777—&6; Allgemeine Bibliothet
der bibliſchen Literatur, 1787—1803, und gab
nad) manchen Borarbeitenjeine Einleitung ins Alte
Zeftament, 1781—83, 4. Auög. 1825, heraus, ins
Reue Teftament 1804—14, 2. Ausg. 1327. Da er
die Bibel weniger alö Urkunde einer göttlichen
Offenbarung, denn als eineliterarifche Schheining
behandelt, ß ftrebt er darnad), fie aus den Ans
hauungen und der Dentart der alten Welt zu
erlären. Seine Refultate find von jpätern For:
ISungen nicht immer aufrecht gehalten, aber die
son ihm eröfinete Bahn Hat zu befjerer Erkennt:
aiß leiten helfen,
211
Eid
Eichhorn, Karl Friedrich. Sohn des Vorigen.
Geb.am 20. Nov. 1781 zu Jena, ſtudirte er ſeit 1797
in Göttingen Rechte und habilitirte ſich dort 1803.
1805 o. Profeſſor zu Frankfurt, 1811 zu Berlin,
machte er die zreiheitöfriege mit und kehrte als Ritt⸗
meiſter zurück. 1817 Profeſſor in Göttingen, gab
er das Amt 1829 aus Gejundheitsrüdjichten auf,
mar 1831—47 geh. Obertribunalärath, Mitglied
der Gejeggebungs:Commiffion in Berlin und zog
fi 1847 aurüd. + 1854. Seinen Ruf hat er durd)
bahnbrechende Forſchungen auf dem Gebiete des
Rechts: und Staatslebend gewonnen. Für die
Theologie ift er wichtig durch fein Werf „Grunds»
füge des Kirchenrechts der Evang. und Kath. in
Deutſchland“, 1831—33,
Eichhorn, Johann Albrecht Friedrich. Preußi:
ſcher Eultusminifter. Geb. zu Wertheim am 2.
März 1779, ftudirte er in Göttingen 1795—98,
ward 1801 Auditeur im preußifchen Dienft, 1806
Afjeffor am Kammergericht. Offizier während der
Befreiungsfriege, dann unter Stein Mitglied der
Gentralregierung der eroberten Länder, ward er
Ipäter im Ninifterium des Auswärtigen angeftellt,
wo er wirlſam die deutjchen Snteceilen (Stiftung
bes Zollvereins ac.) förderte, bis ihn 1840 Friedrich
Wilhelm IV. zum Minifter berief. Die Beſtrebun—
gen des edeln, mit Stein und Schleiermadjer enge
verbundenen Mannes, die da3 Ziel im Auge hatten,
die kirchliche Verwaltung aus den polizeilichen
Banden des Staaied zu befreien und eine eigent:
ih kirchliche Verfaſſung herzuſtellen, ſcheiterten
indeß ſtets an der Halbheit der ergriffenen Maß—
regeln, da das Miniſterium an wirklich liberaler
Entſchiedenheit ſtets durch die Furcht gehindert
war, die Kirche werde, der ſorglichen Pflege des
chriſtlichen Staates entnommen, rettungslos einem
antichriſtlichen Geiſte verfallen. Von allen Par—
teien mißtrauiſch angeſehen, verlor Eichhorn 1848
durch den Märzaufſtand ſein Miniſterium. 7 16.
Januar 1856.
Eichſtädt. Bisthum in Bayern. Den Grund
und Boden des Ortes Eichſtädt erhielt Bonifacius
zum Geſchenk von einem bayriſchen Edeln und er:
richtete dort ein Kloſter, dem fein Neffe Willibald
als Abt vorftand. Ihn weihte er 741 zum Biſchof
und 745 wurde das Bisthum durd) Karlmann be=
ftätigt. Bei erweitertem Befig wurden die Bijchöfe
Reichsfürften. In der Reformation verlor das
Bisthum die Hälfte feines Sprengels, der erjt
durch die Gegenreformation von Neuburg wieder
erweitert wurde. Der Reihsdeputationshaupt:
ſchluß jäcularifirte das Bisthum, und wies es zur
Hälfte dem Großherzeg von Toskana als Entſchä—
digung zu. Die Circumjeriptionsbulle von 1821
hat jene Grenzen ziemlidy im alten Umfange ber:
geteilt,
Eid. Der Eid ift eine feierliche Anrufung Got:
tes als Zeugen der Wahrheit, bei welcher die Ge:
meinfchaft des Schwörenden mit Gott als Bürg—
ſchaft der Wahrheit eingefegt wird. Die gewöhn—
lihe Formel ift: „So wahr mir Gott helfe und
jein heilige Evangelium,“ oder bei Katholiken:
„Durch Jeſum Ehriftum, Amen.” Dem Eide wie
vor Alters eine Verwünſchungsformel beizufügen,
entipricht nicht dem chriſtlichen Geifte. Die Bedin:
gungen, unter welchen der Eid zuläfjig jei (gegen
Diennoniten u. A.), faßt man nach Hieronymus in
die Worte zufammen: in judicio, iu justitia,
in veritate; nämlich die nr a a des
Eid bei den Hebräern
Schmwörenden, die Bedeutung und Eideswürdigkeit
der Sache und die Wahrheit And die Borausfegun:
en des Eides, der daher auch nur von der Obrig—
eit gefordert werden kann. Dem Eide vorher gebt
in der Regel die Eidesvermahnung, melde die Be:
deutung deffelben und die Folgen des Meineides
dem Schwörenden vorzuhalten hat. Der Eid ift
entweder afjertorifch, durch welchen etwas ald wahr
verfichert wird, oder promifjorifch, welcher ſich auf
zufünftige Treue und Wahrheit bezieht, z. B.
ber Amtseid.
Eid bei den Hebrüern. Obmohl De in ber
Patriarchenzeitund fpäter der Eid im Verkehr öfter
vorlam, 1. Mof. 24, 37; Joſ. 9, 15; 2. Sam. 15,
21; 2. Kön. 11,4; 1. Malt. 7,15; Mid. 14, 7,
ß verordnet doch das Geſetz die Anwendung dei:
elben in nur ſehr wenigen Fällen, 2. Moſ. 22, 6.
11; 3. Mof. 5, 28; 4. Moſ. 5, 19 f. Bei andern
Göttern zu ſchwören ala bei Jahoe, war natürlic)
offenbarer Gögendienft und verboten, Jer.5,7; 12,
16; Am.8,14. UmdieRennung und den Mißbrauch
des Namens Gottes zu vermeiden, ſchwur man oft
bei irgend etwas Ehrwürdigem oder Furchtbarem,
dem Xeben deö Königs, beim Himmel oder Jeru:
Ben 1.Sam.20,3; 25,26; Matth.5,34; 23,16,
em Eide, namentlich dem feierlichen, fügte man
Verwünfhungsformeln bei, die bei den jpätern
Juden zu fhredlihen Formeln wurden. Der Eid
wurde dem Schwörenden vorgefagt und von ihm
mit dem Amen, 4. Mof.5,19, oder ähnlich, Datth.
26, 63. 64, angenommen, babei pflegte man noch
die Hände gen Himmel zu heben. Der Gebraud
1. Mof. 24, 2; 47, 24 erflärt fich, —— von
ber religiöfen Bedeutung der Beſchneidung, durch
den Werth, den die Nachkommenſchaft hat, viel:
leicht mit der Nebenbeziehung, ſich der Rache der:
felben zu unterwerfen. Der Leichtfertigkeit der Ju:
den beim Gebraud) des Eides gegenüber enthielten
bie Eſſener ſich deſſelben gänzlich.
Eideshelfer. Das altdeutt e Recht verlangte,
daß beim gerichtlichen Eide er und Vers
wanbte, deren Zahlmit der Bedeutung des Streit:
an wer wuchs, injofern an dem Eide deö
chwörenden ſich betheiligten, ald fie jchwören
mußten, die Ueberzeugung zu haben, daß jeine
Betheuerung ee fei. Es iſt ungemwiß, ob dieſe
Eideöhelfer ein Reft des vordriftlihen Berichts:
verfahreng waren, ober ob das Ghriftenthum die
Sitte hervorgerufen hatte.
Eifer. Wenn das Streben des Menfchen nad
einem Ziele hin begleitet ift von einer gemüthlichen
—— ſo entſteht der Eifer. Er iſt alſo Pa—
thos, Leidenſchaft im guten und im ſchlimmen
Sinne. Iſt das Streben ein gutes, ſo iſt auch der
Eifer, welcher ſich an den Widerſtänden, die der
Erreihung des Zieles entgegenſtehen, entzundet,
ein fittlich gerechtfertigter, ja gebotener. Joh. 2,
17 (Pf. 69, 10); 2. Kor. 11,2; ®f. 119, 139; 1.
Kön. 19, 10; 20, 16; 1. Matt. 2, 24. 25. In die:
jem Sinne wird im Alten Teftament der Eifer
auch auf Gott übertragen, Bi. 79, 5; Jef. 9, 7;
63, 15; Ez. 16, 38; Zeph. 1, 18. Eifer wird zum
—— wenn er ſich blindlings auf ſein Ziel
sſtürzt und alle anderen nicht minder berechtig«
ten, aber die unmittelbare Erreichung jenes Zieles
verzögernden fittlichen Pflichten unterdrüdt. J
dagegen das Streben ein ſittlich verkehrtes, jo iſt
auch der Eifer als Entzündung einer ſinnlichen
oder ſelbſtſüchtigen Leidenſchaft ung verwerflich,
212
Eigenſchaften Gottes
Röm. 10, 2; Gal. 4, 17; Apftg. 5,17; Phil. 8,6;
1. Kor. 5, 3; Hiob 5, 2.
Eiferopfer, 4. Mof. 5, 11—31, war jeinem gan:
zen Wejen nad) ein Ordal oder Öotteäurtheil, die
einzige Spur, die davon in der Schrift ſich findet.
Es bildete ven Schuß des Familienlebeng, indem
es nicht nur dem Weibe- die Strafe Gottes vor:
> fondern auch zwifchen den Verdacht und den
orn ded Mannes zum Schuß der Frau vor un:
verdienter leivenfchaftliher Rache trat. Die Frau,
welche im Verdacht des Ehebruchs ftand, wurde
vom Manne in den Vorhof geführt und mußte
nad) —— Opfer einen Becher Waſſer
mit Staub der Stiftshütte trinken, welches nad)
dem dabei geſprochenen Fluche die Wirkung haben
ſollte, „ven Bauch ſchwellen und die Hüfte verfal
len zu machen.“ Da naturgemäß die vorauägejeßte
Wirkung immer feltener eintrat, fo fanden die
Rabbinen auch Gründe, melde > aufhoben oder
verzögerten (gieige Schuld des Mannes oder ver:
dienftvolle Werke des Weibes). Der Gebraud
hörte vor ber aa, Jeruſalems auf.
Eiferſucht iſt die ſelbſtſüchtige Erregtpeit bes
Gemüthes, die entfteht, wenn ein Anderer in Befig
eines Gegenftanded getreten oder zu treten im
Begriffe iſt oder auch nur fcheint, auf den wir ge:
rechten Anjpruc erheben zu dürfen glauben. Das
Letztere fällt beim Neide weg, wodurch diefer fidh
von der Eiferſucht unterfcheidet. Die Eiferfucht um
den ehelichen Befigitand, welche gewöhnlich Eifer:
jucht ſchlechthin genannt wird, kann ein wirklich
berechtigtes Gefühl verlegter Liebe fein, ift aber
jelten rein von finnlidfelbitjüchtiger Erregtheit.
Eigenihaften Gottes bezeichnen die Merkmale,
deren Einheit den Begriff „Gott“ darftellen, Aus:
fagen über Gott nad den verjchiedenen Seiten
bin, welche ung von demfelben zum Bewußtfein
treten. Die Lehre ift immer eine wichtige gemejen,
ſowohl als ein Bebürfniß des zergliedernden Ber:
ftande3, als auch als ein Bedürfniß praftifcher
Frömmigkeit. Hat ſchon die Scholaſtik dieſe Lehre
einer ſcharfſinnigen Prüfung unterworfen, ſo
brachte die proteſtantiſche Dogmatik die Eigen:
jhaften Gottes in ein Syitem, das durd Voll
ftändigfeit und Ausbildung des Einzelnen fid
auszeichnet. Ueber die begrifflihe Faſſung der
Eigenfhaften Gottes war jhon frühe Streit. Es
handelte ſich darum, ob diejelben als wir!liche Un:
terjiede in der göttlihen Subſtanz zu denfen
jeien, oder ob als bloß logische Unterfcheidungen
einer und derfelben ununterfchiedenen Subftan;.
Letzteres ſchien auf einen Gottesbegriff zu führen,
dent das perjönlic Lebendige des chriſtlichen Got:
tesbegriffes ermangelte; durch Erſteres jchien die
fubftanzielle Einheit Gottes aufgehoben und da:
mit der Letztere verendlicht. Die Shelaftifcen Sy:
fteme des Thomas von Aquin und des Duns
Scotus bildeten auch in der Frage nach der reellen
oder bloß begrifflichen Eriftenz der Eigenfchaften
Gottes einen principiellen Gegenſatz, indem Tho—
mas die letztere, Scotus die erftere Anficht ver:
trat. Thomas ſah in jeder Eigenihaft immer mie,
der die ganze Subftanz Gottes, die Eigenschaften
waren ihm nur verſchiedene je nach ver verjchiedenen
| Betrachtungsweife Gotted. In der Dogmatik der
evangeliichen Kirche entſchied man fich ebenfalls für
die Annahme eines bloß begrifflichen Unterſchiedes
in Gott; der Unterſchied jolite fein „realer“, aber
| auch fein bloß „nominaler“, ſondern ein „formaler“
Eigenſchaften Gottes 218 Eigenſchaften Gottes
fein, d. 5. eine Unterfheibungdform ber fubjec- geleitet find; d. 5. 1) die Allgegenmwart, melde
tiven Erfenntni Gottes, welche jedod nicht |auöfpricht, daß von der Sübſtanz Gottes Feine
Zäuſchung oder Willtür des Denkens ift, ſendern ng deö Raumes ausgefagt werden darf,
Rothwendigfeit, begründet in der Subftanz Gottes | ferner daß fein Punkt des unendlichen Raumes
felbft, fo daß ohne fie Gott überhaupt nicht richtig | von der göttlihen Thätigfeit ausgeſchloſſen fei.
erlannt werden Tann und daß fie in Gott felbtt ‚ Abgeleitet von diefer allgemeinen Eigenſchaft find
einen objectiv realen Grund hat. Die fubjective | die Eigenfchaften der Unfichtbarkeit, der Untheils
Betrahtungsmeife der Eigenfhaften Gottes Hat | barkeit, der Einfachheit, welche mit Beziehung auf
ihre Spitze in Schleiermacher erreicht, welcher die | einzelne Eigenfchaften bes Endlichen aus der „Alls
bjectivität derjelben ſchlechthin leugnet und die
öttlihen Eigenschaften nur betrachtet als die ver:
Ühiebenen rten, dad religiöſe Abhängigkeits:
gefühl auf Gott zu beziehen; die Unterjchiede lie:
gen alfo nicht in Gott, fondern in den verſchiede⸗
nen Zuftänden, welde die Richtung des Abhän—
egenwart” Folgerungen ziehen. Bal. Pi. 139, 7;
er. 23, 23; 1. Tim. 6,16. 2) Eh Ewigkeit,
welche ausſagt, daß von Gott keine Beſtimmtheit
der Zeit (zu welcher z. B. die Veränderlichkeit ge—
— daher nach Diefer Seite hin die abgeleitete
igenjchaft der Unveränderlichkeit) gilt, ferner, daß
\
i
gigleitögefühls beftimmen. Da diefe mwefentli | Fein Moment der Zeit ausgeſchloſſen gedacht wer:
dreierlei de folcde, in welchen fih das legtere
nur in allgemeiner Beziehung zu Gott überhaupt,
oder in der Beziehung ber Sünde, oder in ber ber
Erlöfung befindet, jo haben fi auch die Eigen»
Keen jelbft nach dieſen Geſichtspunkten claffi-
irt. — In Betreff der Methode, auf welcher man
zur Conftruction der Eigenfhaften gelangt, wur:
den feit Dionyfius Nreopagita immer die drei
Wege ber Verneinung (via negationis), der Ent-
ſchränkung (v. eminentiae) und ber Caufalität (v.
eausalitatis) —— Alle drei gehen vom
Endllichen aus und ſuchen das Unendliche zu ges
winnen, theils dadurch, daß vom Endlichen alle
diejenigen Merkmale, welche endliche Unvollkom—
menheit in ſich ſchließen, entfernt, theils diejenigen
Rerlkmale, welche eine relative Volllommenheit in
1 fließen, ins Abfolute erweitert werden, theila
es das von Gott auägefagt wird, was zum
Begriff einer abfoluten Ürſache alles Endlichen
nothwendig ift. Dagegen wurde vielfach einge:
wandt (Schleiermader, Glaubensl. I. $. 50, 3),
daß die Negation niemals pofitive Eigenschaften
eben könne, die via eminentiae aber in der
That nicht8 Anderes als wiederum ug are fei,
da fie auf einem Prozeß fortgefegter Entſchraͤn⸗
fung berube. Indeß wurde der lekte Weg von
Schleiermacher als berechtigt anerfannt. — Die
Eintheilung der Eigenfchaften Gottes ift jehr ver:
ſchieden: 1) Eineauf logiſchem Eintheilungsgrund
A we in: urſprüngliche und abgeleitete. 2) Eine
fpeculativem Fundamente: immanente sder
rubende, d. h. Eigenſchaften, welche Gott an fih
bat, abgejehen von der Beziehung zur Welt, und
trandcendente oder wirfende, d. h. Eigenidjaften,
welche das Verhältnif Gottes zur Welt vermitteln.
3) Auf pſychologiſchem Grunde: z. B. Eigenſchaf⸗
ten des Seins, des Wiſſens und Willens, oder
natürliche (metaphyſiſche) und fittlihe. 4) Bon
dem Gefichtspunft bes religiöfen Vewußtſeins,
wie bie oben erwähnte Schleiermacherſche. — Sind
die —— Gottes Ausſagen, welche aus
einer Vergleichung des Unendlichen mit dem End:
den barf von der Wirlfamfeit Gottes, Pf. 90,2F.;
102, 27, Röm. 1, 23, Bgl. Dorner, Abhandlung
über die eg Gottes, Jahrb. für
deutſche Theol., Bd. I, II, II. 3) Die Alimadt,
welche die Unabhängigkeit Gottes von jeder Urſache
ausſpricht und Gott ald die Urſache aller Dinge,
als die abfolute Urfache bezeichnet, 1.Mof.18, 14;
Zuc. 1,37; Eph. 3, 20 f. Eine Frage, welde ſchon
von den Scholaftilern beſprochen wurde, ift die,
ob die Allmacht darin beftehe, daß Gott alles
Mögliche vollbringen fann, auch das, was er nicht
wirklich thut, oder ob Wirklichteit und Möglichkeit
in Gott Eins find. Dem Lehtern, welches Abälard
behauptete, wurde entgegnet, daß dann bie All:
madt bejchränft werde; dem Andern, dem der
Lombarde, Duns Scotus u. A. beiftimmten, baf
dann die Allmadt als Willkür gefaßt werde. In
neuerer Zeit hat auch Schleiermader wieder die
Einheit des Wirklichen und Möglihen behauptet.
Im entgegengejegtenSinnemwurde von benaltlirchl.
Dogmatisern auch die Eigenſchaft der Freiheit
aufgeführt, ald das Vermögen, etwas zu thun oder
auch nicht zu thun. Ueber das ag ber Als
macht zum menſchlichen Willen ſ. d. A. Determi⸗
nismus, Prädeftination. Bon allen den brei ges
nannten, fie aufammenfaffend, abgeleitet find die
Eigenfhaften ver Unendlichkeit und Unermeßlich—
keit. Als Abftraction aus den intellectuellen Bes
ftimmtheiten der Creatur Ye folgende Eigens
fhaften hervor: 1) Allmifjenheit, d. 5. die
Vedingungen bed menſchlichen Erkennens (j. B.
Raum, Zeit) finden auf Gott feine Anwendung;
ferner: die Thätigfeit Gottes ift als eine fchlechts
bin geiftige zu betrachten (Schleiermader). Als
eine ſchwierige Aufgabe wurde jhon in der erften
Hriftlihen Zeit das Berhältniß der Allwiſſenheit
u der freien Thätigleit des Menſchen betrachtet,
Indem eine unbeſchränkte Allwiffenheit mit diefer
Freiheit nicht vereinbar jdien. Schon Juſtin
und Drigenes beftimmten das Vorauswiſſen freier
Handlungen als ein Vorausmwiffen derjelben ala
freier Handlungen und verwahrten fid) gegen bie
lien, Gottes mit der Welt ſich ergeben, wie das | Sonfequenz, als müßte das Vorauswiſſen auch ein
in bem angegebenen dreifadhen Wege angedeutet
fit, fo wird auch der ſicherſte Theilungsgrund in
Ser DVerfchiedenheit der Beftimmiheiten liegen,
melde den endlihen Dingen anhaften. Daraus
ergeben Ki} da die Welt theils die Beftimmtheiten
des Phyſiſchen, theils die des Intellectuellen,
theils die des Moralifchen an Bi trägt, drei Claſ⸗
fen göttliher Eigenſchaften. Die erfte Glafje ent:
bält diejenigen, welde von den Beftimmtheiten
Borausbejtimmen in ſich ſchließen. Gegen den
Calvinismus, der die Frage zu Ungunjten ber
menfchlichen freiheit entiheiden mußie, nahm der
Socinianidmus umgelehrt zu Gunften der legtern
eine Beſchränkung des göttlichen Wiſſens an. Eine
ähnliche Annahme — ſich, wenn auch aus ganz
anderem Grunde, jchon bei Origenes als Folge:
rung aus dem Begriff des Bewußtſeins, welder
als folder das Unbefhräntte ausſchließe. Die
der phyſiſchen Welt, Raum, Zeit, Caufalität, ab: |Intherifche Kirchenlehre hat im Gegenfag zum
Einbalfamiren
Calvinismus unterfhieden zwiſchen einem noth:
wendigen Wiffen, einem freien und einem mittleren,
welches ein Wiffen des Nothwendigen, des Wirk:
lihen und des Wöglichen bezeichnet, und die Frei:
heit neben der Allwiſſenheit retten follte. Bf. 139,
1f.; Matth. 6, 32; Apftg. 15, 8; 1. Kor. 2, 11.
at. Dähne, De pracscientiae div. cum libertate
concordia 1830. 2) Allmweisheit, d. h. die be:
fchräntenden Bedingungen des menſchlichen Denkens
finden auf Gott keine Anwendung, und ferner:
die göttliche Thätigkeit in der Welt iſt die höchſte
Vernunft, Gott erreicht die volllommenſten Ziele
mit den einfachiten Mitteln. Röm. 11,33 f. — Als
Nbitraction aus den Beitimmtheiten der morali:
ihen Welt ergeben ſich als Eigenſchaften Gottes:
1) Heiligkeit, d. h. Die Ausfage, daß die Bedin-
gungen der moralifchen Entwidlung auf Gott nicht
übertragen werden dürfen, ferner aber, daß bie
göttliche Thätigkeit ausſchließlich auf die Verwirk—
lichung des höchſten Guten gerichtet ift. Dieſe all«
gemeine Eigenjhaft fann nun die Mobdification
annehmen: 2) der Liebe (Güte, Barmherzigkeit
u. a.), injofern der genannte Zmwed der göttlichen
Thätigleit vorwiegend ins Auge gefaßt wird und
jedes einzelne Moment derjelben cl3 aus diefem
Zwecke geflofjen gevadyt werden muß; 3) der Ge:
rechtigteit, infofern man die Thätigfeit ſelbſt
betradjtet, welche dasjenige, was dem hödjiten
Guten widerspricht, vernicytet (Strafe), was daf-
felbe fördert, dagegen entwidelt (Lohn); 4) der
Wahrhaftigkeit und Treue mit Veziehung
auf Verheißung und Offenbarung und ihre Erfüls
lung. Zwifchen den Eigenſchaften der Gerechtigkeit
und Liebe kann eine Collifion gedadht werden ; aus
biefer Collifion hat Anjelm von Canterbury als
nothwendige Zöjung die Genugthuung Chriſti ver:
langt und die kirchliche Erlöfungälehre begründet.
Eigenjhaften wie Allvollkommenheit, Seligteit,
Allgenügjamfeit, Majeftät bilden eine Zufammen:
faſſung Finmtlicher Eigenschaften entweder an I,
Allvollkommenheit), oder in ihrer Zujammenfaj-
* im Selbſtbewußtſein Gottes (Seligkeit, Selbft:
genügjamteit), oder in ihrer Zufammenfaffung im j
menschlichen Bewußtſein als Totaleındrud (Maje—⸗
ftät). Dal. Böhme, die Lehre von den göttlichen
Eigenſchaften, 1842; Bruch, Lehre 2c., 1842; Moll,
De justo attributorum Dei discrimine, 1855.
Bon Wichtigkeit für die ganze Lehre ift auch die
oben angeführte Schrift Dorners,
Einbalfamiren wird in der Bibel nur bei Jalob
und Zojeph erwähnt; e8 war ägyptifche, nicht jü—
diſche Sitte, Der Körper wurde 70 Tage in Nitrum
elegt. Die drei verjchiedenen Weifen der Einbal:
—— welche Herodot erwähnt, bezogen ſich
nur auf die Art, die Eingeweide zu entfernen, und
den Schmuck der Leiche.
Einfalt als chriſtliche Tugend iſt die Frucht der
habituellen Richtung des Gemüthes auf Gott,
weldye die Verſchiedenheit der Lebensthätigkeiten
ſich unterwirft und fih im Erkennen und Wollen
jo fundgiebt, daß Beides unbewußt und unabfidt:
li und unbeirrt dem Göttlicyen folgt.
Eingebung. 9. Inſpiration.
Einhard (Eginhard). Geb. um 755, wurde er am
Hofe Karls des Großen erzogen und der Familie
deſſelben nicht bloß durch die Nemter alö Auffeher
der Bauten und Geheimfchreiber verbunden. Zub:
wig übertrug ihm 814 die Berathung jeines zum
Yıitregenien erhobenen Sohnes Lothar. Später
214 Einleisung in das Alte Teftament
trat E. als Vermittler zwifchen Vater und Sohn
auf (Reichſtag zu Nymmegen 830). Daß feine
Gemahlin Karls Tochter geweſen, gehört zur Sage
Mit mehreren Pfründen begabt, zog er ſich 515
nad Wündelheim im Odenwald zurüd, wo er dad
Klojter Seligenftadt gründete, def en Abt er wurde.
Er fette die Lorſcher Jahrbücher (741—88) fort
bis 824 und fchrieb das Leben Karls des Großen
(herausgegeben von Bert, Mon. hist. g. tom. I
und II); ferner De translatione ss. Marcellini et
Petri. Er leitete den Bau des Aachener Doms.
et Gotted. S. Gott.
Einheit der Kirche. S. Kirche.
Einhorn überfegt Luther nad der LXX ON
4. No). 23, 22,5. Mof. 33, 17; Pf. 92, 11 u. 3.
Es ijt aber nit das fabelhafte Einhorn gemeint,
fondern mit den Meiften an den Büffel zu denken.
In der chriſtlichen Thierſymbolik ift das Einhorn
Sinnbild der Menſchwerdung Chrifti, auch der
jungfräulihen Keufchheit.
— in die Bibel iſt diejenige theolo—
giſche Wiſſenſchaft, welche ſich mit der Entftehung
des Kanons im Einzelnen und Ganzen beſchäftigt
und die über dieſen Gegenſtand geſammeiten Ers
tenntniffe ſyſtematiſch ordnet. Der Name findet
fi zuerft bei Adrianus (5. Jahrh.), dann, bei
Gaffiodor u. ö., ftatt defjelben wird auch Iſagogik
gebraudt. Eine andere Bezeichnung ift "deihidte
der heiligen Schriften” (Reuß) ; eine ältere critica
sacra. Die Wiffenfchaft theilt fi in eine allge:
meine Einleitung, welche die Bildung des Kanons,
die Geſchichte des Textes, die Ueberjegungen und
andere allgemeine Borfragen behandelt, und die
fpecielle, melde die Entftehung der einzelnen
Schriften erörtert. Der allgemeine Theil geht
bald voraus, bald folgt er nach, je nahdem der
Geſichtspunlt ein mehr ſachlicher oder geſchicht⸗
licher ift. Die Frage, ob die Einleitung eine wirk—
liche Wiſſenſchaft ik, welche ve Wette verneinthat,
ift jeßt allgemein bejaht (Erebner, Reuß). Der
Charalter ver Wiſſenſchaft iſt ein hiftorifch = Iritis
her. Naturgemäß zerfällt fie in eine Einfeitun
ind Alte und eine ind Neue Teftament. Bal.
Hupfeld, Ueber Begriff und Methode der og. *
Einl., 1844. Rudelbach, Ueber den Begriff ber
neut. Theologie und der neut. Iſagogik, in ſ.
Ztſchr., 1848. Baur, Theol. Jahrb., 1850. De:
lͤtzſch, Zeitſchr. für Prot., 1854. Holtzmann, Stud.
u. Krit., 1860,
Einleitung in das Alte Teftament. In ber älte:
ren Zeit findet fid) der Stoff der Wiſſenſchaft zer:
ftreut bei Kirchenvätern wie Drigenes, Dierony>
mus, Auguftin (De doctrina christiana), Caifio:
dorus (Institutiones divinarum literarum), wel:
cher Letztere für dad Mittelalter als Duelle galt.
Grit die Reformationgzeit wedte ein größeres
Intereffe an diefen Fragen. Ihre Behandlung
von fatholifcher Seite, 3. B. von Santes PBagni:
nus Zucenfis(F 1541), rief die proteftantifche Thä—
tigkeit hervor. Neben den von den Buztorffen und
Gappel (f. diefe Art.) behandelten tertiritiichen
Fragen find hervorzuheben Brian Walton’s (+
1661) Prolegomena zu der Bolyglottenbibel, 1057,
In diefelbe Zeit gehören die Werle von Mic.
Walther (Officina biblica 1636), J. Heinr.
Heidegger (Enchiridion biblicum 1681) und 5.
Heinr. Hottinger (Thesaurus philologicus 1649).
Die Entfiehung der Wiſſenſchäft als ſolcher datirt
Einleitung in bas Neue Teftament 215
ih von dem Katholiten Richard Simon, deſſen
Histoire critique du V. Test. 1678 Bahn brad),
tem Carpzov in einer Introductio ad libros can.
1721 entgegentrat, defjen Kritik jedoch Semler
auf deutichen Boden verpflangte (Abh. von freier
Unterj. des Kanons, 1771. Apparatus ad libera-
lem V. T. interpret. 1773). Die eigentliche
Ausbildung der Wiffenfhaft gehört Joh. Gottfr.
Eichhorn an, der, von Herderſchen Ideen getragen,
ſeine Einleitung in das X. T. 1780—83 gen
gab. Es folgten: ©. 2. Bauer, Entwurf einer
trit. Einl. in die Schriften des A. T., 1794.
Leonh. Bertholdt, Hift. krit. une pe fänmt:
ide fanon. u. apokr. Schriften des A. u. NR. T.,
1812—19. De Wette, Lehrbud der hift. krit.
Einl. in die Bibel A. und N. T., erſter Theil, die
Einleitung in das A. T. enthaltend, 1817, 7. Aufl.
1852; zweiter Theil, die Ein. in das N. T. ent:
haltend, 1826, 5. Aufl. 1848, 6. Aufl. durch Me:
ner 1860, Beiträge zur Einl. ins X. T., 2 Bbe,,
1806, 1807. Gegen die Fritifche Richtung mit apos
logetiiger Tendenz: Hengjtenberg, Beiträge zur
Ein. ins A. T.,1831—1839. Hävernid, Handbud
der hiſt. krit. Einl. 1837 ff. oe dritten ober
legten Theil (Erlangen 1849) €. F. Keil ausarbei:
tete, Keil, Lehrbuch der hiſt. krit. Einl., 1853.
Aus neuefter Zeit find zu nennen: Bleet, Einl. ind
A. T., herausg. von J. F. Bleel und N. Kamp—
haufen 1860, 2. Aufl. 1865, — Specielle
Eini. in die kanon. Bücher des A. T., 1862. Bon
en Arbeiten find zu nennen: Jahn, Binl.
in die göttl. Bücher des A. T., 1793. Scholz,
Einl. in die heil. Schriften, 1845. Haneberg, Ber:
ſuch einer Geſch. der bibl. Offenbarung, 1850.
Ze Zehrb. der Einl. in das A. T., 1859. Bal.
Tieftel, Ueber den gegenw. Stand ber Einl. ins
A. T. in der Deutſchen Ztſchr. für griftl. Wiſſenſch.
u, Leben, 1861.
Einleitung in dad Neue Teſtament. Ueber die
Geſchichte der neuteftamentlichen Einleitung val.
dasjenige, was über die Einleitung in das x
gejagt iſt bis auf den Beginn der kritifchen Rich:
tung in Richard Simon, deſſen Histoire critigue
du texte du N. Test. 1689 hierher gehört; unb
Semler, Ueber die Textkritik ſ. d. Art. Bibeltert.
Sender folgten auf pofitiverem Standpunlt 9.
D. Michaelis, Einl. ins N. T. 1750, auf gleich
kitiihem Eichhorn, Einl. ins N. T. 1504. Hier:
auf entjtehen raſch nad) einander einige den gan:
en iſagogiſchen Stoff umfafjende Arbeiten: von
Sinn (Handb, der Einl. ins N. T. 1794),
chmidt (Hiſt.⸗krit. Einl. ind N. T. 1804), dem
Katholiten Hug (Einl. u. ſ. w. 1806), Bertholdt
(j. d. vor. Art.). Am ausgeprägteften tritt der kri⸗
tiſche Zmweifel in de Wette auf (ſ. d. vor. Art.),
gegen welchen fid) Guerifc wendet in feinen Beiträ-
en zur hijt.sfrit. Einl;, 1828. Auf vermittelndem
Standpunkt ſtehen Schott (Isagoge 1830), Neu:
beder (Lehrb. 1840), Gredner (Einl. 1836. Ge:
ſchichte des neut. Kanons 1860), von denen Legte:
ter der wiſſenſchaftlich hervorragendfte ift. Im
tonfervativen Intereſſe Schreibt Olshauſen feinen
Rachweis der Echtheit ſämmtlicher Schriften des N.
T. 1832; im Geiſte de Wette's, Reuß, die Geſchichte
der h. Schriften N. T. 1842, 4. Ausg. 1864. Eine
—* rg auf kritiſchem Gebiete rief die
08: Tübinger Schule (Baur, Schwegler, Seiler,
Köitlin, Hilgenfeld u. A.) mit ihrer jog. Tendenz:
Iritif hervor, welde die Schriften des N. T. als
Eiteharb
Auaflüffe des Parteilebend der zwei erften chriſt⸗
lihen Jahrhunderte betrachtete, die meiften der»
felben für unecht erllärte und ihre Abfaffung
in jpäte Zeit herabrüdte. Der grobe literarische
Kampf, der in Folge davon entftand, hat zwar
feine hier zu erwähnende allgemeine ifagogifce
Arbeit hervorgebradt, aber zahlreih find bie
Schriften und Örgenjchriften, melde die einzelnen,
bejonders die Evangelien betreffenden Fragen an:
langen (f. die Artifel über die einzelnen —
mentlichen Schriften; ferner Baur, Tübinger
Schule, Apoftolifches —— Neuere Werke
über die Einl. ſind: Guerile, u
des N. T. 1854; Bleek, Einl. ind N. T. 1862.
2. Aufl. 1866. Katholifhe: Maier, Einl, 1862;
Reithmayr, Einl. 1852,
Einfegnung. ©. Trauung.
Einfiedeln. Mariae E. Benedictinerftift im
Canton Do. Erbaut durch den Domprobft
Eberhard von Straßburg 946, nad ber frühern
Anfiedlung Benno’s von Straßburg. Da die Abtei
das wunderthätige Marienbild des h. Meinrab, bei
deſſen Zelle fie erbaut ift, bewahrte, ward E. ein ſehr
bejuchter Wallfahrtöort, der in der Zahl der Pipe
auf Zoretto und San ago di Compoftella folgt
Hauptfefttag (Engelmweihe) ift, wenn der 14. Sept.
auf einen Sonntag fällt. Daß gegenwärtig auf:
eftellte Marienbild ift aber unecht, das echte ent:
übrten bie Franzoſen nach Baris. Einfiedeln war
fehr rei), und 1274 hatte der Abt die Reichs:
fürftenwürde erhalten. Noch jegt iſt das Stift
erempt, der Abt wird präconifirt. Zwingli war
Leutpriefter zu E. und begann bier feine Predig-
ten gegen den Ablaß. ©. ift der Geburtsort des
Paracelfus. Vgl. Landolt, Urfprung und erfte Ge:
"taltung des Stifts M. E. 1845.
Einfiedler. Das Möndsthum, welches aus
dem Einfieblerwejen (ſ. d. A. Anachoreten) ent:
ftanden ift, wandte ſich wiederholt und in mander:
lei Abftufungen behufs Verſchärfung feiner Askeſe
u demfelben zurüd. So gab es völlige Einftedler:
rden, oder auch innerhalb des Ordens Eremiten:
Vereine. Häufig blieb aber nur der Name der E.
und einige Gebräuche (Auguftiner: Eremiten),
mandmal wurde nur zum Bau des Kloſters ein
—— Ort erwählt.
iſenach. Dem deutſchen Proteſtantismus iſt
die Stadt für immer durch Luthers Aufenthalt
auf der nahen Wartburg von Wichtigkeit geworden.
Dieſer hiſtoriſchen Beziehung wegen ift’he neuer:
dings der Sig der evangeliſchen Kirchenconferenz
ſowie anderer kirchlicher eg geworden.
Eijenmenger, Joh. Andread. Geb. 1654 zu
Mannheim, war Regiftrator der kurfürſtlichen
Kanzlei zu Mannheim, feit 1700 Brofeflor der
orientalifhen Sprachen zu Heidelberg. Er ift der
Verfaſſer des berühmten Buches: Entdedted Jus
benthun, deſſen Herausgabe nad beendigtem
Drude vom Kaiſer auf Betreiben der Juden
— wurde, bis Friedrich J. eine neue
uflage, Königsberg 1711, veranftaltete. Das
Wert ift zwar nicht unbefangen, aber mit viel
Gelehrjamtleit gefchrieben und ift noch immer eine
Duelle für die Kenntniß der Verirrungen des
mittelalterlihen Judenthums.
Eisleben. Der Geburts: und Sterbeort Lu:
thers. Gab dem Agricola feinen Zunamen.
Ellchard. Diefen Namen führen 5 Mönde
von St.Gallen. Etlehard I. + 973, Vorfteher der
Efron
Schule und fpäter Decan des Klofterd. Hinterließ
Hymnen und Sequenzen, ſchrieb Vita Waltharüi
und erwarb ſich Berdienfte um die deutſche Sage.
— €. II, des Borigen Neffe. Gleihfalld Bor:
Er ber Schule. War längere Zeit Lehrer und
erather der Herzogin — von Schwaben auf
De ea Dtto'sl.und Erzieher Dtto’s
I. + 990 als Domprobft von Mainz. — E. II.
ftand gleichfalls im Rufe großer Gelehrſamkeit; von
Hohentwiel, wohin er E. IL begleitet hatte, kehrte
er nah St. allen zurück und ftarb dort ald Decan.
— €. IV. oder jun. Geb. 980 und in St. Gallen
erzogen, überlam er die Leitung der Rlofterjchule
zu Mainz. Er verbeflerte die Werte E. J., ſam—
melte im Liber benedictionum geiftliche Gedichte
und führte die von Ratpertus begonnene Chronik
des Klofterd St. Gallen von 883 — 971 fort. +
1036. (Casus 8. Galli; ®er&, Mon. hist. II.) —
€. V. Schrieb um 1210 ein Leben bes 5. Notfer,
welches aber ohne Werth ift.
Efron, jegt Dorf Atir bei Jamnia. Eine Haupt:
er der Philiſter, of. 13, 3, mit einem Orafel
28 Baal Sebub, 2. Kön. 1, 2 f., war nur vorüber:
gehend von den Iſraeliten erobert, Richt. 1, 18 f.
Später jhenfte Alerander Balad die Stabt an
Sonathan. 1. Matt. 10, 89.
Elftafe. S. Verzüdung.
Ein. LZuth.: Ella. Der Sohn Baëſa's, ward
im zweiten Jahre feiner Regierung zu Thirza von
Simri erjdlagen, der das Haus Buefa’s gänzlich
außsrottete. 1. Kön. 16, 8—14,
Elam ift Elymais jenſelts des Tigris, durch
ben Fluß Eulaeus von Sufiana getrennt. Beide
Zandidaften find einander fo nahe verbunden,
daß nicht felten die eine unter der andern mitbe:
griffen wird. Dan. 8,2. Eine Stedt Elymais,
. Mafl. 6, 1. 2, gab es nicht, wahrſcheinlich Liegt
ein Mißverſtändniß vor, da nad) den Brofan-
ſchriftſtellern Antiochus im Lande Elymais einen
Tempel zerftörte. Rad) Jerem. 25, 25; ef. 21, 2
muß Elam aud) in fpäterer Zeit eine gewiſſe Selb:
ftändigfeit behauptet haben. Bon den Afiyrern
unterworfen, wurde ein Theil des Volkes nad
Samarien verpfianzt, Esra 4, 9, und an deren
Stelle Juden nad) Elam, Apftg. 2, 9, deportirt.
Elath. 5. Moj. 2, 8; Eloth 1. Kön. 9, 26;
2. Kön. 16, 6. Alla» Terebinthenhain. Am Aela⸗
nitiihen Meerbujen am ſüdlichen Ausgang der
Arabah (El:Ghor) in der Nähe von Ezeon:Geber.
Urjprünglid eine Stadt der Edomiter, fiel fie
durch David an Sirael, 2. Sam. 8, 14, und wurde
ae der indischen Handels, 1. Kön. 9, 26;
2, 49. Nach dem Abfall der Edomiter unter
Joram blieb die Stadt anfdeinend in der Hand
ber Siraeliten, 2. Kön. 14, 7. 22, bis fie unter
Ahas durch Rezin von Syrien verloren ging,
2. Kön. 16,6. Zur Römerzeit war €. befejtigt
und zu Paläftina gerechnet; für den Handel wid):
tig. Es wird erwähnt als Sig eines Bifchofs.
zer ift ein Kaſtell Alaba der einzige Ueberreſt der
tadt.
Elberfeld-Varmen. S. d. Art. Wupperthal.
Elbodugus, Biſchof von Guenedotia, führte die
römiſche Oſterfeier bei den Britten ein um 768.
Eidad uiid Medad. Die zwei Nelteften, 4. Moſ.
11, 26, welche im Lager weifjagten. Ein apo:
kryphiſches Bud) Eldad und Medad wird im
irt
bes permas I. 2, 3, unter den heiligen Sören |
citirt, ijt aber ſonſt nicht bekannt,
216
Elevation
Eleale, Moabiterftadt, Jeſ. 15, 4; 16, 9; Ser.
18, 34, gehörte eine Zeitlang dem Stamme Ruben,
4. Moſ. 32, 37. Lag unmeit Hesbon und ift bad
heutige El⸗Al.
Eleaſa. Hier fiel Judas Makkabäus, 1. Makt.
9,5; der Drt ift jonjt unbelannt, lag aber im
N. von Jeruſalem.
Eleafar. 1) Aarons dritter Sohn, 4.Mof. 3, 32;
4, 16; 19, 3, und fein Nachfolger im Hohepriefter»
amt, welches bei feinem Gejchlechte big auf Onias
blieb, 1. Malk. 14, 85. — 2) Sohn bes Abinadab,
1. Sam. 7,1, Hüter der Bundeslade in Kirjath:
Jearim. — 3) Sohn des Dodai. Einer der drei
Helden Davids, der 16 im Kampf $ en bie — *
liſter auszeichnete, 2. Sam. 23, + 1. Chr.
11, 12. — 4) Der Sohn des Mattathias, 1. Mafk.
2,5, mit dem Beinamen Auran, defjen Helden:
that 1. Maft. 6, 43 ff. erzählt wird. — 5) Ein
Schriftgelehrter, der unter Antiochus Epiphanes
den Märtyrertod erlitt, 2. Maff. 6, 18—31. Ans
bere Männer diefed Namens 1. Chr. 24, 21. 22;
25, 28; Matth. 1, 15 und bei Jofephus als Füh—⸗
ter im jübifchen Kriege.
Elerti. S. Katehumenen,
Element nennt die dogmatifhe Sprache ben
—— Stoff des Sacramentes nad) zu.
ort: „das Sacrament entjteht, wenn dad Wort
zum Element herzutritt.” Das Element der Taufe
ift dad Waffer, des Abendmahls Brod und Wein,
Elendtit. S. Polemik.
Elendsgilden. Die Geſammtbezeichnung der
Brüderſchaften, welche ſich die Pflege der Armen
und Fremden zur Aufgabe geſtellt hatten.
Eleph. Stadt in Benjamin, Joſ. 18, 28.
Elephant. Die Seleuciden bedienten fi in
den Kämpfen mit den Juden der Glephanten,
1. Malt. 1,17; 6, 34 ff.; 2. Mall. 11,4; 13, 2;
15, 20; nad) der Gewohnheit, die feit Alexander
d. Gr, von den Berjern übernommen war. Elfen:
bein war früher befonnt, da e8 aus Ophir unb
duch die Tyrer den Jiraeliten zugeführt wurde.
Man benugte es zur Berzierung der, Wände (Pf.
45, 9) und koſtbarer Mobilien und verfertinte
Gefäße und Götenbilder daraus. Hobel, 5, 14;
Offenb. 18, 12.
Elephantiafid. S. Ausfag.
Eleutjeropolis, Eine in der Schrift nicht er»
wähnte, aber zur Zeit des Eufebius bedeutende
Stadt in Paläftina an der Straße von Jerufalem
nad) Gaza, deren Identität mit dem ältern Baito:
gabra und dem heutigen Beit-Dſchibrin Robinfon
nachgewieſen hat. El. war ein beruͤhmter Biſchofs⸗
ſitz, 796 ward es von den Sarazenen zerſtört; in
den Kreuzzügen baute König Fulco 1184 dort eine
Feſte, die den en übergeben wurde,
Eleutherus. Bapit 177—193, früher Diakon
de3 Anicet, ein geborner Grieche, Ihm überfand:
ten, nach Eufebius, die Kirchen zu Vienne und
Lyon durd) den Presbyter Jrenäus ihre Märtyrer:
Ucten. Daß der englifche König Lucius in einem
Briefe an E. zur Annahme des Chriftenthums iS
bereit erflärt habe, ift eine Gage, um das römische
Chriſtenthum in England als das ältere hinzu:
ftellen. — E. Grenzfluß zwiſchen Phönizien und
Syrien.
Elevation. Der Ritus in der Mefle, nad
welchein, wenn die Hoftie confecrirt ift, der Prie:
iter Diefelbe erhebt, um fie dem Bolfe zu zeigen,
welches dann mit Aniebeugung anbetet. Bei den
Eli
217
Eliot
Griechen ſchon im 8. Jahrh. üblich, follte dies ur⸗ er 1239 von Neuem abgefegt und befeitigt, 1244
fprüngli ein Symbol der Erhöhung Chrifti fein.
In der luth. Kirche blieb anfangs aud) die Eleva-
tion (Luther, Ordnung der Weite von 1523) und
wurde erft allmählich, nicht ohne Widerſpruch, ab:
bafft durch Veit Dietrich) in Nürnberg.
Eli. Der Richter in — 1. Sam. 4, 18, war
Hobeprieiter an der Stiftöhütte in Silo. Er erzog
den jungen Samuel, durch den ihm das gr
Gericht verfündigt wurde, welches die Sünden
feiner Söhne Hophni und Pinehas, die das Prie—
fieramt mißbrauchten, ftrafen werde. 1. Sam.
1, 4-38; 2, 11; 3; 4. Seinen Tod erzählt 1.
Sam. 4, 13—18.
Elias. Der Thiäbiter. Als Ahab (919—897) | felben bei der Einrichtun
phöniziihen Gottesdienft nad) Iſrael verpflangte,
erhob fih im Volke ein Widerſtand gegen bies
fremde Religionöwefen, welches vom Hofe begin»
figt unter den Bornehmen feinen Anhang fand,
und die alte Sitte und den väterlichen Glauben zu
verdrängen drohte. Diefer Widerſtand, der fi
wugleih gegen das Königthum wendete, ging aus
von den in Iſrael zahlreihen Propheten, in wel:
den dad Jahvethum feinen Halt hatte. Als der
öbefte unter ihnen tritt Elias auf. Flüchtig vor
‚ welche die Propheten ermordete und den
inderte, juchte er das Bolt zur Treue
em Geſez und zum Aufftand gegen Ahab zu er:
teen. Als eine lange Dürre wie ein Gotteögericht
über den Abfall erſchien, gehorchte ihm das Bolt
un ihlachtete die Baalspfaffen, womit der Sie
des Jahvethums über phöniziihen Gögendienit
entihieden war. In diefem Eifer für das Geſetz,
‚den er ungebrochen in allem Kampfe bewahrt hat,
it feine großartige Geftalt für Jfrael ein Symbol
der Zukunft geworden, das deal des fpätern ge:
fegedeifrigen (vgl. Mal. 3, 23; Luc. 9, 54) Ju:
dentgumd. Die Erzählung vonder Gottesſchau
aber zeigt, wie er —* in dieſen Kämpfen eine
böbere Stufe ber Religiofität gewann, indem er
elannte, daß der Gotteöfrieden nicht im Eifer,
in der Liebe berube und daß die ſiegreiche
Naht über Sünde und Verkehrtheit nicht die Ge:
‚malt, fondern bie — wirkende Macht des
Geiſtes ſei. So ift er der Vorläufer der ſpätern
Kropheten, eines Jeſaias und Jeremias. Sein
£eben ift durch die Legende wunderbar ausge:
müdt; die Erzählungen befunden den Eindrud
feiner einzigen Perſönlichkeit. Nachdem er fein
Bert vollendet hatte, zog er fi zurüd, und über:
gab jeinem Schüler Elifa die Fortfegung; nur hin
und wieder trat er aus feiner Verborgenheit her:
vor, urı Ahas das unausbleibliche Öerigt und
Hasja jeinen Tod zu verfündigen. Daß er Ha:
kel und Jehu als Rächer der Sünden des Ahab
zu Aönigen gejalbt habe, ſcheint aus der Geſchichte
Eifa’3 auf ihn übertragen zu fein. Vgl. 1. Kön.
11-19; 2. Kön.1; 2,
Elias von Cortona, Franciscanermönd, er:
segte durch jein Beftreben, die Strenge der Regel
zu mildern, heftige Streitigfeiten innerhalb des
Ordens 1219. Bon Franz von Affifi zum General:
car ernannt, wurde er 1220 wieder abgefett,
weil er die Disciplin gemilbert; 1227 zum Gene:
tal gewählt, ward er 1230 vom Bapfte wegen Ver:
lefung der Regel abgejegt. Seine Neuwahl 1236
wurde dennoch beftätigt, aber die jtrengere Partei
unter Johann Parent wollte ihn als General
nicht anerlennen. Bei dem Siege derjelben wurde
aus dem Orden geftoßen. Ein Anhänger Friedrichs
Li., diente er diejem ald Gefandter nad) Conftans
tinopel, zog ſich 1250 nad) Gortona zurüd und
ftarb dort 1253.
Elias Levita. Ein jüdiſcher Gelehrter, geb. zu
Neuftadt an der Aid 1472, verließ feine Vater:
ſtadt bei einer Judenverfol ung und fanı nad
Padua 1504, wo er bis urn erung ber Stabt
1509 blieb. Durch einen Commentar zur Gram:
matif des Kimchi befannt geworden, fand er jeit
1512 Aufnahme in Rom beim Cardinal Aegidius
von Viterbo. 1527 ging er nach Benebig, 1540
nach Jöny zu dem Druder Paul Fagius, um dem:
Fe Druderei und ber
Herauögabe auge Bücher u helfen. Er ftarb
zu Benedig 1547. Gegen den Verdacht, den fein
Umgang und Titerarifper Verkehr mit den Chri:
ſten erregte, als habe er feine Religion verlafjen,
verwahrte er ſich in der Borrede Masoreth Ham-
masoreth (über Kritifdes X. T. 1538); in derfelben
betritt er ** das angebliche Alter der Vocal⸗
zeichen. Außer Anderem gab er ein rabbiniſch⸗chal⸗
däiſches Wörterbuch (Jany 1541) heraus.
Eliefer (Gotthilf). 1) Aus Damaskus. 1. Mof.
15, 2. War ber treue Knecht Abrahamd un
ng rg der Brautwerber für Iſaak. — 2)
Ein Sohn
oſes von der Zippora. 3. Mof. 18,
4; 1. Chr. 23, 15; 26, 25. —
Eligibilitat. Die paſſive Wahlfähigkeit erfors
dert die eg der fanonifhen Bedingungen
zum Kirchenamt (dignus et idoneus).! Der zu Er»
wählende muß ſittlich unbeſcholten, förperli ohne
Gebrechen und wiffenfchaftlich "gebildet fein; darf
unter feiner Cenſur ftehen und nicht durch ein ans
deres kirchliches Beneficium gebunden fein. Außer:
dent muß er den ftaatlichen Anforderungen genü—
gen. Bon den Mängeln der Eligibilität vermag
ein Breve de eligibilitate fogar ja on im Voraus
zu dispenſiren; ohne ein joldes kann, wer nicht
eligibilis ift, nur poftulirt, d. h. feine Anftellung
erbeten werden. Auch bei den Proteftanten fteht
dem Kirchenregimente zu, von ben geringern Er:
fordernifjen der Wahlfähigleit, z. B. Alter, Jndis
genat, zu dispenfiren. ME:
Eligius, der Heilige. Geb. um 588 zu Chatelat
bei Zimoges. Erwarb ſich durd) feine Geſchicklichkeit
als Goldſchmied die Gunft Ehlotars II. und Dago:
bert3 und behauptete am Hofe großen Einfluß,
den er für die Kirche und die Armen benugte,
Durch asketiſche Frömmigkeit beim Volle ange:
jehen, wurde er fait wider Willen zum Bifchof von
Noyon in Flandern gemacht 639, und wandte nun
jeine Thätigfeit auf die Bekehrung der heidniſchen
Flandern und die Wieverherfiellung der kirchlichen
Suche fowie auf die Gründung neuer Kirchen und
löiter. + 659.
Eliot, John, ober Elliot. Der Apoftel der In⸗
dianer. Geb. 1603. Ging als Seelforger einer
Independenten:Colonie Rorbury 1631 nad Neu—⸗
England, und begann feit 1646 neben jeinem
Pfarrdienſt die Miffion unter den Indianern mit
ſolchem Erfolg, daß ſich bis 1674 14 Niederlafjun-
gen derjelben gebildet und feiner geiftlihen Pflege
unterftellt hatten. Durch den Angriff eines unbe»
tehrten Häuptlingd wurden biejelben zwar zers
ftört, allein e8 gelang E., nachdem er von feinem
Pfarramt die Enttaffung erhalten hatte, das Ber»
lorne wieder zu gewinnen. + 1690.- 9. Brauer,
Elipandus
Kohn Elliot, in den Beiträgen zur Geſchichte ber
Heidenbefehrung, 1847.
Elipandus, Biſchof von Toledo, Iehrte den
Adoptianismus (f. d. A.) des Felix von Urgel.
Elifa. Der Sohn Saphats aus Abelmedola,
der Schüler und Nachfolger des Propheten Elias,
1. Kön. 19; 2. Kön. 2, jegte ald Führer der Pro—
pheten den theofratifhen Kampf gegen das Hei:
denthum und für die Geltung des Geſetzes fort.
Beim Volle durch feine asketiſche felbfiverleug:
nende Lebensweise angejehen, übte er einen nicht
geringen Einfluß auf Joram aus, der von ihm Rath
und Hülfe oft beanſpruchte, ohne von einer feind-
feligen Erbitterung zu laffen. Da von dem Haufe
Omri ein Wechſel J Regierungsmaximen nicht
zu erwarten ftand, verließ E., vielleicht verfolgt,
Samarien und ging nad) Damaskus, wo er mit
Thränen dem Hafael feine fünftige Thronbeitei-
gung, die für Iſrael fo verderblic wurde, ankün—
digte, und durch einen Prophetenfchüler den Jehu
zum Aufftand gegen Joram auffordern und Darauf
um König jalben ließ. Sein Xeben, weldhes wahr:
Fheintich nad) einer ältern Aufzeihnung in dem
Bud der Könige geſchildert iſt, findet ſich noch
mehr als das des Elias mit Wundern ausgejftattet;
auch in ihnen ftellt ſich aber bie — * von
Rlias heraus, bei Helm der brennende Eifer und
di: gewaltige Kraft, bei jenem die große Milde,
das Helfen und Heilen.
Elifabeth. 1) Die Gattin des Hohepriefters
Aaron. 2, Mof. 6, 23. — 2) Die Gattin des Prie:
fterd Zadharias, die Mutter Johannis des Täu-
fers. Luc. 1, 6. 7. 13 f. Die Verwandtſchaft mit
der Maria, Luc. 1,36, muß von den Müttern her:
"geleitet werden, da Elifabeth, nad Luc. 1,5, aus
levitiſchem Geſchlecht war.
Eliſabeth, die Heilige. Geb. 1207 zu Preßburg,
Tochter des Königs Andreas II. von Ungarn, Ge:
mahlin des LZandgrafen Ludwig von Thüringen, mit
dem jieauf der Wartburg zufammen erzogen worden
war. In ihrer unverdrofjenen und erfinderijchen
Sorge für die Armen, der demüthigen Liebe zu
ihrem Gemahl und der ftrengen Aalete, welcher m
fi unter der Leitung ihres Beichtvaters Konrad
von Marburg hingab, ftellt fie cin ſchönes Mufter
weiblicher Frömmigkeit des Mittelalters dar. Das
Volk ehrte ihre Wohlthätigkeit durch die Legende
von den Rojen unter ihrem Mantel, die Kirche ihre
Frömmigkeit durch die Kanonijation 1235 (19.
Kov.). Nach den: Tode ihres Gemahls 1227 von
ihrem Schwager Heinrich Naspe vertrieben, fand
fie eine Zuflucht zu Kigingen, bis ihr das Schloß
Marburg eingeräumt wurte. + 1231 in dem von
ihr dort eingerichteten Hofpital. Ihr Grabmal,
dem Philipp der Großmüthige, um dem Aberglaus
ben zu fteuern, die Gebeine entnahm, die eben da—
durch als Reliquien verftreut find, fteht in der
ihönen Elifabethlirche zu Marburg, welche Kon:
rad von Thüringen zu ihrem Gedächtniß erbaute.
gl, Montalembert, Hist. de St. Elis. 1838. Si:
nıon, Ludwig d. 9. und die h. Elif. 1854. Hift.
Ztſchr. 1861, Hausraths und Henke's Schriften
über Honred von Marburg.
Elifabeih, Königin von England. ©. England.
Elifabeth Albertine. Pfalzgräfin. Die ältejte
Tochter Friedrichs V. Geb. 16. Dec. 1618. Nach
einer durch das Mißgeſchick ihrer Eltern trübe ver:
lebten Jugend hielt fie fih an den Höfen zu Ber:
lin, Heidelberg 1650 und Caſſel 1662 auf, bis fie
218
Elohim
1667 Aebtiſſin des reihäunmittelbaren Stiftes
Herford wurde. Durch forgfältige Erziehung und
den Unterricht des Carteſius auch philoſophiſch
gebildet, hatte ſie den Ruhm, die geiſtvollſte und
gebildetſte Fürftin ihrer Zeit zu fein. Den ver:
triebenen Zabadiften gewährte fie den Aufenthalt
in Herford, bis das Reichskammergericht diefelben
1672 auswies. Durd) diefelben aber religiös tief
angeregt, trat fie in Verbindung mit Penn und
Barclay und eröffnete den Quäfern eine rei:
ftatt in ihrem Gebiete, welches dadurch für län:
gere Zeit der Herd eines tiefern religiöfen Lebens
wurde. + 1680. ©. Göbel, Geſch. des chriſtlichen
Lebens, Bd. II. $. 12.
Elijabeth Barton. S. Barton.
Elijabeth von Schönau. Bereits im zwölften
Jahre trat fie in das Benedictinerinnen:fllo
u Schönau im Erzbisthum Trier, —* Aebtiſſin
ſpäter wurde. Unter körperlichen Leiden hatte
ie Viſionen und Offenbarungen, die ihr Bruder
Egbert, Abt des Moͤnchskloſters Schönau, 1185
aufſchrieb. + 1165. Verſchiedene ihr zugeſchriebene
Werke im Liber trium virorum et trium spiri-
tualium virginum, Paris 1513. Eine Ausgabe
ihrer Revelationen, Köln 1628
Eliſaeus. Berühmter armenifcher Theologe und
Hiftorifer. Als Bifhof von Amatunik wohnte er
der Synode von 449 zu Artaſchat an, welche die
Stellung des Chriſtenthums zu Dem drohenden
Parfismus berieth. Sein Hauptwerk ift die Ge
ſchichte des Wartaniſchen Religionskrieges (arme:
niſch zu Conſtantinopel 1764, 1323; Mostau 1787,
Venedig 1828; engliſch London 1830; franz. Pa-
ris 1844), deſſen Begebenheiten ihm ala Secretär
bed armenijhen Oberbefehlähabers des Mami:
funir-Fürften Wartan genau befannt geworden
waren. Die theologifhen Schriften, Commentare
und Reden (Benedig 1838), haben weniger Werth.
Elkefaiten. Eine Fraction des theofophiichen,
zum Gnojticismus fich hinwendenden Ebionitis:
mus, die aber feine abgefchloffene Secte gebildet
zu haben ſcheint. Der Name führt fich zurüd auf
das Elxai⸗Buch (dev Name des angeblichen Ber:
faſſers wird verfchieden gedeutet; jo als verborgene
Kraft, d. 5. heil. Geift), welches um 101 aus gött
liher Offenbarung empfangen oder vom Himmel
berabgefallen fein ſoll. Entftanden ift es in Bar:
thien vor 150, aber judiſch-eſſeniſchen Urfprungs.
Es verwirft den Apoftel Paulus, lehrt eine fort:
laufende öftere Jncarnation Chrifti, fett Die wie
derholbare Taufe als das höchſte Heilmittel und
fordert, abweichend von ber efjenifchen Aäteje, die
Ehe; verwirft aber alles Opferwejen. In den
Glementinen ift diefe Richtung weiter ausgebildet.
Vgl. Redepenning, Ueber den Urfprung der Ell.
in ſ. Origenes 1841. Ritſchl, Ztſchr. für hiſt. Theol.
1853.
Elkoſch. Geburtsort des Propheten Nahum.
Nah. 1,1. Der Ort ift nicht genau zu beftimmen.
Zr Tradition mweifet auf Altuſch, 2 Meilen von
Moſul.
Eller, Elias. + 1750. Der Stifter ber Rons—
dorfer Secte (ſ. d. 4.).
Elohim. DYTDN. Hebräifher Gottesname. Ein
Plural, dejjen Singular Cloah nur poetiſch ge:
braucht wird. Nach Ewalds Erklärung ift das Mort
eins und daſſelbe mit EI, d. i. der Starfe, welches
ebenfalls von Gott gebraucht wird, und beveutet ſo
Elohiſt
viel als der Mächtige im Gegenſatz zum Menſchen,
219
Emanuel
Emantipation. Die Befreiung aus einem Zur
TÜR d. h. dem Schwachen. Rach einer andern Ab: | ftande der Abhängigteit.
leitung fol dad Wort foviel ald Schauer und
Schauer:erregender Gegenftand bedeuten Fleiſch).
Die Pluralform wird verjchieden erklärt, entweder
als Majeftätäplural, um gleihfam die Wahrhaf:
tigfeit des göttlichen Wefens, die Fülle feines In—
halls, zu bezeichnen, oder als eigentlicher Bielheit3:
ylural, entweder, wie Aeltere meinten, um die Tri:
nität zu bezeichnen, oder, wie Andere der Meinun
find, weil der hebräifhe Monotheismus fid) ertt
er dem Polytheismus herausgearbeitet
habe. 1. Mof. 85, 7; 3, 22; 2. Mof. 22, 8. Dal.
Ewald, Jahrb. der bibl. Wifjenfhaft X; Delitzſch,
Comm. zur Genejis.
Elohift. ©. Pentateud).
Elon. Sef. 19, 43, Eine Etabt in Dan. Sof.
19, 33 ift zu überfegen „Eiche“,
Elon. 1) Richter in Iſrael, ein Sebulonite, be:
graben in Ajalon, Richt. 12, 11. — 2) Ein Hethi:
ter, 1. Mof. 26, 34, Vater einer Frau Eſau's. —
3) Ein Sohn Sehulons, 1. Mof. 46, 14.
— auf chriſtlichem Standpunkt. ©. Fe:
milie.
Eltern bei den Hebräern. Eltern: und Kindes:
fiebe ift ein Grundzug des ifraelitiichen National:
geifted. Das Geſetz hat ebenjomwenig eine Beftim:
mung über den Elternmord wie über das Ausfegen
der Kinder, Beides gilt als glei) undenkbar. Die
Abhängigkeit der Kinder von den Eltern ift eine
unbedingte, 2. Moſ. 21,7; 3.Mof. 15, 12; 4. Mof.
%,6. Mifhandlung der Eltern wird mit dem
Tode beftraft, 2.Mof. 21, 15;.3.Mof. 20, 9; Epr.
20, 20, aber ald Verbrechen gegen göttliches Geſetz
dur die Volksgemeinde, nicht durch die Eltern
felbft. Kinder follen zwar nicht die Verbrechen der
Eitern büfen, aber können für deren Schuld zu
Leibeigenen gemacht werben, 3.Moj.25,29;,2. Kön.
4,1, und find ihnen überhaupt die volle Dantbar:
leit ſchuldig, Spr. 23, 20; Sir. 3,1.
Elttefa. of. 19, 44. Levitenftadt in Dan.
Elthekon. %01.15,59. Stadt in Jude, ſchwerlich
nad der alegandrinifhen Tegterweiterung gleid)
Thefoa.
El⸗Tholad. Deffelbe wie Tholad, von Juda
an Simeon gegeben. of. 15, 30; 19, 4.
Elvira. Die Synode zu Elvira (Jliberis), nahe
bei dem fpätern Granabe, wurde als die erſte ſpa—
nie Synode gehalten um 303— 509. Der Bijchof
Hoſus von Eordova nahm an ihr Theil. Ihre Be:
ihlüffe dienen zur Charaiteriftrung desjtreng fitt:
lien, aber ſchroffen und gereizten Geiftes in der
damaligen ſpaniſchen Kirche. Sie verbieten die Ehe
der Beiftlihhen jowie den Dienfi der Bilder und
ordnen in vielen Fällen abjolute Ausſchließung
aus der Kirche an.
Elzevir. ©. Bibeltert.
Gmanation, Ausſtrömung, bezeichnet diejenige
Lorjielung, die die Welt aus Gott hervorgehen
äft nicht durd) das freie Wort aus Nichts, jon:
dern durch einen jubitanziellen Prozeß, vermöge
einer gew.fjen phyſiſchen Nothwendigfeit. Außer
den ——— indiſchen und perſiſchen Syſte—
men war es beſonders der Gnoſticismus, den die
Emanationsvorſtellung beherrſchte; dann aber
war ſie auch in einigen älteren Vorſtellungen der
Trinitat (Tertullian u. A., ſ. d. A. Trinität) nicht
eusgeſchlofſen.
Emantipatiou der Juden. Die Unterdrückung
und Beſchränkung der Juden, welche ſich im Mittel:
alter bis zum Verbot des Aufenthaltes in vielen
Staoten und Städten ausdehnte, war fchon feit dem
Anfang des vorigen Jahrhunderts überall durch Die
Geſetzgebung gemildert, aber immer noch blieben
die Juden von dem vollen Staatsbürgerrecht und
den Staatsämtern ausgeſchloſſen. In der Gewäh—
rung dieſer Rechte vollzieht fi) die Emancipation.
Bollftändige Gleichheit der Juden mit den Ehriften
gewährte zuerjt Amerifa 1783; darnad) die Napo—
leoniſche Gejehgebung in Frankreich, in diefer Bes
ziehung vorbereitet durch Xudwig XVI. 1784. In
olland und Belgien blieben dieje Grundfäge in
eltung, nicht join Italien; beſchränltwurden ſie in
der Rheinprovinz. In Preußen gewährte das Edict
von 1812 die bürgerlichen Rechte, verwehrte jedoch
ben Eintritt in die Eivilämter. Defterreich bahnte
1797 und 1820 die Gleichftellung der Juden zwar
an, ließ aber die drückendſten Beläſtigungen noch
beftehen, und im Allgemeinen war die Tendenz
jeit 1818 überall in Deutjchland auf Befhränfung
der Juden gerichtet. 1848 wurden freilich die ſtaats⸗
bürgerlihen Rechte allgemein von dem religiöfen
Belenntniß für unabhängig erklärt, indeß iſt noch
nicht gleichmäßig von den Hemmnifjen beim Ein:
tritt in Staatsämter Abftand genommen. Die
Emancipation ift nicht nur eine Forderung der Ge:
techtigkeit, jondern aud die Vorbedinaung einer
Hoffnung der ——— — zumChriſtenthum.
Emancipation der ſtatholiken in England.
Seit Heinrih VIII. waren befchräntende Geſetze
egen den Katholicismus in England gegeben.
Der von Glijabeth eingeführte Supremateid, ſowie
der jpätere Abjurationseid, die durch die Prüfungs—
acte 1673 von jedem Beamten gefordert wurden,
ſchloſſen thatſächlich die Katholiken von allen Aem—
tern aus. Seit der Union Irlands begann die Agi⸗
tation hiergegen, und ſchließlich wurde 1829 die
Katholiken-⸗Emancipation durch Aufftellung eines
allgemeinen Staatsbürgereides ausgeſ prochen.
Emantipation der Schule iſt die Forderung,
die Volksſchule von der Aufficht und Yeitung der
Kirche oder vielmehr der Geiftlichkeit zu entbinden,
unter welcher fie fih nad) dem hiftoriichen Gange
ihrer Entwidelung befindet. Der €. ſtellt fich mit
Grund der Ultramontanismus entgegen, dem das
Biel der ge au ift, die Gemüther in Ab:
hängigleit vom Klerus zu bringen; die evangelifche
Kirche, weiche ihre Grundſätze als die Örundlagen
gefunder Bildung erkennt, kann wenigftens feine
ernftliche Gefahr darin erfennen. Böllig emanci-
pirtift die Schule in Holland; einen Anfang hat die
badiſche Schulgefeggebung gemacht. In Preußen
ſteht thatſächlich die evangeliihe Schule gar nicht
unter kirchlicher Leitung (}. die nd rl der
rheiniſchen Synode über die Einführung der Re:
ulative), die Pfarrer befleiden aber das Amt ber
taatlihen Schulinipeetoren; wohingegen die fath.
Schule unter dem wachſenden Einfluß der Kirche
d. h. des Klerus geblieben ift.
Emanuel oder Immanuel. ef. 7, 14; vgl.
Matth. 1,23. Der Name des Kindes, welches
Sfrael ein Zeichen fein follte. Daß das Kind ein
Sohn des Propheten Jefaja geweſen, iſt im höch—
ke Grade wahrſcheinlich. Die meſſianiſche Auf:
afſung regtfertigt fich in jo weit, als bie religiöje
“
Emben
Grmißheit der Gottgemeinfchaft Iſraels beim Pro:
pheten auch bie bejtimmte Zuverfiht in * trug,
daß dieſelbe dermaleinſt zu ihrem reinſten und
vollſten Ausdrucke kommen müſſe, was in Chriſtus
erfüllt ift,
Emden. Da Oſtfriesland durch große Freihei⸗
ten auch vor der Macht der Kirche geihüst war,
fo konnte die Reformation hier zuerſt in Deutſch—
land in erasmiſch⸗zwingliſcher Form durch Georg
Aportanus 1528 eingeführt und auch Wiedertäu:
fern 1528 und Lutheranern Religiongfreiheit zu:
geitanden werben; die Berfuche aber, durch die lu—
therifche Kirchen-Drdnung das reformirte Wejen
zu verdrängen, 1536—1540, fanden heftigen Wi:
derjtand. Die Fremdengemeinde übernahm 1540
Lasky ald Prediger und Superintendent und or:
gan“ fie durch jeine Kirchenordnung, die das
eltefteninjtitut in die deutſche Kirche einführte.
1549 legte er das Amt nieder, ald 1548 das In—
terim angenommen war. Berühmt ift die Embener
Synode von 1571, welde die niederländifch:beut:
ſche reformirte Kirche organifirte nad den Be:
ſchlüſſen der Wejeler Vorſynode von 1568.
Emeritenanflalten find Inftitute zur Ber:
forgung alter und durch Krankheit dienftunfähig
er Geiftlider. Bei der Redotation der
isthümer ift auch auf die Wiedereinrichtung diefer
Anstalten Bedacht genommen. Zu unterſcheiden find
die domus demeritorum, bie mit den Gorrections:
bäujern verbunden zu fein pflegen. Beim Mangel
der Anftalten empfängt der Emeritirte eine Pen:
fion, die entweder aus ben Früdten der Pfarrei
enommen wird oder aus einem Fonds, der durch
iträge der Geiftlihen und andere ihnen über:
wiejene Mittel, Collecten, Intercalarfrüchte ıc,
gebildet ift. zn ber evangelifchen Kirche findet fe:
wöhnlich dieſe legte Art der Unterhaltung der
Emeritirten ftatt.
Emeritirung. Der ehrenvolle motivirte Aus-
triti aus dem Amte unterjcheidet fich von der Amts:
niederlegung, mit weldyer fein Penſionsanſpruch
und ber Verzicht auf die Standesrechte verbunden
it. Letztere kann freiwillig erfolgen oder durch
Amtöentfegung, melde durch Dienftunfähigkeit
und Dienftunmürdigteit bedingt und gefordert ift.
Misbräudlid wird von Strafemeritirung geredet
und darunter eine Amtsentſetzung in milder Form
mit Belafjung einer Benfion verjtanden.
Eminenz. Der durch Urban VIII. 1630 ben
Cardinälen und den geiftlichen Aurfürften verlie:
bene, eigenthümliche Titel, der ihnen den Rang
unmittelbar nad) den Königen anmweifet.
Emmaus. Es giebt zwei Orte dieſes Namend:
1) Ein Sleden, 60 Stadien von Serufalem ent:
fernt, Luc. 24, 13, wo der Auferftandene den bei:
den Jüngern exſchien; ebenfalls genannt bei Jo:
ephus,
chwerlich richtig, im jegigen Kubeibeh wiedergefun:
den. —2) Eine Stadt in der Ebene Judäa’s, min:
deſtens 160 Stadien von Jerufalem, 1. Matt. 9,
50 und Joſ. 14, 11 erwähnt, fpäter Rilopolis ge:
nannt. Beide wurden oft verwechſelt.
Emmeram. Biihof von Poitierd. Wollte zu
ben Avaren ald Miffionar ziehen, ward aber zu
Radaspona vom Herzog Theodo der Bayern zum
Bleiben bewogen, und war dort zur Befejti ung
bes Chrifientbums thätig. Nah 3 Jahren von
Theodor Zambert erſchlagen (6. Sept. 652), wurde
er ein Gegenjtand der Verehrung. Das Klofter
220
üd. Krieg 7, 6,6; von der Tradition, d
Emfer
St. Emmeram in Regenäburg war anfang3 fo mit
dem Bisthum (793) verbunden, daß der Biſchof
ugleich Abt war. Es entſtanden indeß daraus
freitigkeiten ſeit Wolfgang (+ 994), bis durch den
Papſt das Kloſter egempt und ber Abt infulirt
wurde 1325. Das Klofter wurde reichsunmittel⸗
bar und fiel bei der Säcularifation dem Fürjten
Thurn und Taris zu.
Emmerid, Anna Katharina. Die Tochter armer
frommer Baueröleute bei Coesfeld, war geboren
1774 und trat 1803 in das Kloſter Agnatenberg
bei Dülmen, welches 1811 er wurde. Gie
war von Jugend auf religiös gejinnt, dabei demü⸗
thig und a aber Part beftändig krank.
Bald nah der Aufhebung des Klofterd war fie
ftigmatifirt, d. 5. es — ſich an ihrem Leibe
die Wundenmale Jeſu. Der große Zulauf zu dem
Wunder rief wiederholte ärztliche Unterſuchungen
hervor, die feinen Betrug entdeden konnten. Auf
ihr Gebet ſchloſſen fi die Wunden 1819 und rö:
theteh fi dann nur nod an den Freitagen. Mas
bier auf Rechnung pfychiſch-phyſiologiſcher Geſetze,
was auf Rechnung der Selbſttäuſchung oder Täu⸗
[hung zu fegen, if unllar. S. Tholud, Bermifchte
S * I, 97—133.
mpfängniß Mariae. Dad Dogma von ber
unbefledten Empfängniß, weldes Pius IX. (vgl.
Matthes’ Allgem. kirchl. Chronik 1860, S.143. 144)
am 8. Dec, 1854 verfündigt hat, ift die Eonfequenz
der auguſtiniſchen Lehre von der Erbfünde bei dem
ejteigerten Mariencultus der römijhen Kirche.
[8 theologijhe Meinung ift die Behauptung des
Dogmas jeit dem 8. Jahrh. aufgetreten; als fie
im 12. Jahrh. in Frankreich volfäbeliebt wurde,
ſprach fih Bernhard von Glairvaur entichieden
gegen die Neuerung aus; und erft die Francis
caner, Duns Scotus folgend, madten gegen bie
Dominicaner die Lehre zuihrem Schibboleth. Sir:
tus IV. feet freilich das Feſt der unbefledten
Empfängniß ein, bebrohte aber zugleich Alle mit
Strafe, welde die entgegenftchende Anficht Ketze—
rei zu nennen wagen würden. In demjelben Sinne
verbot Pius V. die Verhandlung des Gegenstandes
auf der Kanzel, ba porn dad Tridentinum fich nicht
für eine Meinung entjhieden hatte. Die Jefuiten
aber nahmen von Anfang die Lehre der Francis»
caner mit Lebhaftigteit auf. Bei der päpftlichen
Rundfrage äußerten ſich die meiften Biſchöfe im
Sinne des Dogmas. Vgl. deutfche Zeitſch. für hr.
Wiſſenſchaft, 1855. Preuß, die röm. Lehr: von der
unbefledten Empfängniß, 1855.
Empfängniß Mariae, Orden von der. Geftiftet
1484 von Beatrir de Silva in Folge eines Keufch-
heitögelübdes, welches fie gethan, als die Giferfucht
der Königin Jfabella fie 3 age ohne Rahrung
eingefchloffen gehalten hatte. 1489 beftätigt, nahm
er Orden Kal die Regel ber Eiftercienjerinnen,
dann der Glarijfinnen an.
Emfer, Hieronymus. Geb. 4. Mai 1477 zu
Um, jtudirte in Tübingen und Baſel die Rechte
und Theologie, begleitete den Gardinal von Gurt
als Secretär, und lehrie 1502 — 1504 in Erfurt,
darnach in Leipzig. Im Auftrag Georgs von
Sadjen befuchte er Rom, um die Heiligfprehung
Benno’s von Meißen zu erwirlen, deſſen Leben er
bejchrieb. Das früher freundliche Verhältniß au
Luther endigte mit dem Leipziger Geſpräch, von
dem Emſer ſchiefe Berichte in Drudgab. Luthers hef⸗
tige Gegenſchrift eröffnete cinen langen literariſchen
Emſer Congreß und Punctation 221 Endor
Streit, worin Emſer auch die übrigen Reforma- lers Institutio brevior ad liberalem eruditionem
toren oft hämiſch und boshaft angriff; fo daß theol., Halle 1765; Nöffelts Anweiſung zur Bil:
Luther auch feine Schriften mit der Bannbulle vers | dung angehender Theologen, 1818, und den Ency:
brannte. Als Herzog Georg Luthers Bibelüber: | Hopädien von Wadler, Plant, Thym, Tittmann,
fefung verdrängen wollte, gab Emfer eine neue Schmidt, Kleufer, vor allen Herders Briefe über
heraus : das neue Teftament, Dresden 1529; es iſt das Studium der Theologie, 2. Aufl. 1785, zu er:
aber Luthers veränderte Ueberfegung nad der mwähnen. Schleiermaher (Darftellung des theolo:
Bulgata. + 3. Nov. 1527. giſchen Studiums, Berlin 1811, 2 Aufl. 1830)
fer Gongreß und Punctation. Ueber bie conjtruirte in kunftvoller und fcharffinniger Weiſe
zöpftlihen Nuntien und die geiftlihe Jurisdic | den formalen Organismus der Theologie, während
tion, welche fie fich zueigneten, hatten die deutſchen die Werke von Bertholdt, Stäudlin, Danz mehr
Erzbiihöfe und jelbit der Kaifer fortwährend Klage | Stöffiammlungen find als eine ftreng wifjenfhaft:
* und es war der Gedanke angeregt, die | liche Gliederung des theologischen Stoffes. Hagen:
deutihe katholifche Kirche von Rom zu emancis bachs Encyklopädie, 1833, 7. Aufl. 1864, hat den
piren Febronius, De statu ecclesiae). Aufgeregs praktiſchen Zwed einer Einleitung in das theolo-
ter wurde die Stimmung der Kirchenfürften, als | giige Studium. DenHegelfhen Standpunkt vertritt
1783 der Bapft den Nuntius Zoglio mit großen | oſenkranz, Encyflopädie, 1831, auf ſtreng luthes
Bollmahten nad München fandte und derjelbe in | rifchem fteht Harleß, Theol. Encyllopädie und Me:
die Metropolitanrechte des Erzbiſchofs eingriff. | thodologie, 1837, auf rationaliftiihem Leb. Lange,
Auf Betreiben von Mainz famen im Auguft 1786 | Anleitung zum Stud, der er: 1841, auf ver:
Abgeordnete von Mainz, Trier, Köln und Salz: | mittelndem Belt, Theol.Encykl.,1843. Als Encyllos
burg im Bade Ems zufammen und jchloffen am | pädien aus der fatholifhen Kirche find hervorzus
9. Auguft die Emfer Bunctation in 23 Capiteln | heben die Werke von Oberthür 1828, Drey 1819,
ab, welche theils die Uebergriffe der Nuntien ab: | Staudenmaier 1840, Buchner 1837. Bon der
neilen, iheils die erzbifchöfliche Macht dem Papſte | Encyklopädie als theologifcher Disciplin zu unter:
gegenüber erhöhen Toten. Den Gegenwirkungen | [heiden find die Realencyllopädien, melde einen
der Nuntien Gaprara, Pacca und Zoglio gelang | rein ftofflihen Zweck und metitens die Form von
8, den Kaiſer gleihgültiger gegen das Streben | Wörterbüchern haben. Die bedeutendften Werte
vr erzbifchöfe zumachen, die Biſchöfe aber das | der Art find: Herzog, Realencyklopädie, 18 Bde,
gegen einzunehmen, als jei es auf Beſchränkung 1854—64, außerdem 3 Supplementbände, 1365
der Biihöfe durch die Erzbifchöfe abgejehen. Als | —66 und 1 Regifterband;; Aſchbach, Allg. Kirchen:
Bayern gänzlich in das römiſche Interefle gezogen, | legiton, 1846—50; Weber und Welte, Kirchen»
ver Kaiſer geftorben und die Erzbijhöfe gar | leriton, 1846—60 (beide legtere katholiſch).
unter ſich uneins geworden waren, endigte die] EncyFlopädiften find die Herausgeber und Mits
gene Sache mit einem Verweiſe Roms an bie | arbeiter des berühmten Buches Encyclopedie ou
iſchöfe. Dictionnaire raisonne des sciences, des arts et
fiter. Ein Stamm ber Ureinwohner Ka: | des metiers, par une société de gens de lettres, °
naans, dem gigantifche Größe zugefchrieben wurde. | Paris 1751—77; im weitern Sinne Alle, welde
Sie wohnten auf dem Gebirge Juda, ihre Haupt: | die dort ausgeſprochenen Anfichten theilen. Die
fadt mar Hebron, welches der Stammvater des | Herausgeber waren Diderot und d’Alembert, uns
berridenden Hauſes Arba gegründet hatte. In |ter den Mitarbeitern ragen hervor Rouffeau, Mars
drei Geſchlechter getheilt, Ahiman, Sefai, Thalmai, | montel, Condorcet, Boltaise, Haller, Bernouilli,
weren fie, als die Firaeliten eindrangen, bereits | Sulzer u. A. Die theologischen Artikel bearbeitete
ſeht geihmächt. 4. Mof. 13, 23; Joſ. 11, 21; |der Abbe Bergier. Das Werk ſpricht die damals
14,15; 15, 18, 21, 11. herrſchende Anfichtömweife vollftändig und unums
Encyflifche Briefe, Rundichreiben, pflegten fonft | wunden aus, und ift von Einfluß geweſen, diejelbe
häufiger die Biſchöfe zu erlaffen, jegt wird die |dauernd zu befeftigen, weil vor derfelben Grund:
bezeihnung gebraudt für die Ausjchreiben des |anjhauung ausgehend dad ganze Gebiet des
Bapites. menſchlichen Wiſſens bearbeitet wurde. Unbegrün—⸗
Enchtlopãdie. Als theologische Disciplin Hat | det iſt der Vorwurf des Atheismus und Materia:
fie die Aufgabe, den Organismus der gejammten lismus; die geoffenbarte Religion und das Chris
ologie ın feinen äußeren und inneren Berhält: |ftentHum werden ſogar vertheidigt, aber freilich
niffen darzuftellen. Sie hat jede einzelne theolo: | gefchieht dies von einem eubämoniftifhen Stand»
gie Disciplin nad) ihrer Aufgabe zu unterfuchen | punkte aus, der, in feinen Confequenzen verfolgt,
and Alles das zu behandeln, was zur Einführung | Religion und Moral geradezu aufhebt. So hat die
in diejelbe nothwendig iſt, ferner die einzelnen | Encyflopädie die Eriheinungen der Revolution
Disciplinen ihrer Verwandtſchaft nach zu gruppi⸗ | wejentlich mit vorbereitet. Der Sturm, welcher fich
ten und diefelben zu einer höhern Einheit zufam: | gegen das Werk erhob und fein Erſcheinen zeit:
menzufaffen. Die älteren Werte, welche dahin zu | mweilig hinderte, war weit mehr verurſacht durch
sehnen find, beſchränken ſich darauf, eine Ueber: | die freilinnige und oppofitionelle Haltung in der
fit deſſen zu geben, was der Geiftlige zu feinem | Befprehung der Berfaffung und Verwaltung der
praftiihen Dienjte können und wiſſen müſſe. Erft | Kirche, und die unverhüllten Angriffe auf den Je:
Erasmus deutete durch jeine Ratio s. methodus | fuitismus, als durch ausgejprochene ungläubige
compendio perveniendi ad veram theologiam | und irreligiöfe Anfichten.
die wiſſenſchaftliche Eonftruction der E. an; mehbr| Ende der Welt und Endgeridt ſ. Eschatologie,
Be Melandthon, Brevis ratio disc. theol.,| Gericht, Jüngjter Tag.
Bafel 1541. Die Facheintheilung der Theologie | Endor. Stadt im Gebiete Iſaſchar, aber Ma:
tritt zuerft auf bei X. ©. van Ypern, Theologus, | naffe zugetheilt, Joſ. 17, 11, war zu Eujebius’
1572. Aus dem 18. Jahrhundert find außer Sem: | Zeiten nod ein großer Fleden, jett das Dorf
Endura
Endur. Der Drt ift befannt durch die Niederlage
Siffera’s, Richt. 4, 6 f., und als Wohnort der Tod:
tenbefchwörerin, welche dem Saul Samuels Geift
ericheinen ließ, 1. Sam. 28,1 f. Die Erzählung
läßt den Betrug des Weibes wohl erlennen, zeigt
aber, daß die Wirklichkeit jolcher Erjcheinungen
als möglich geglaubt, jedod) das Hervorrufen der:
felben alö unfromm, 1. Sam. 28, 3. 9, verworfen
wurde. ©. Zeitjchrift für Prot. 1851, S. 22—38.
Endura. Sih in Endura fegen nannten die
Katharer das Verſchmähen von Nahrung nad Em:
pfang des consolamentum, um jo Schnell als
möglıd) ein gutes Ende zu erlangen.
Önergumenen. Ein anderer Name für die Be-
feffenen, für welche die alte Kirche eine eigene
Energumenendisciplin hatte, welde fih an bie
Buhdisciplin anſchloß. Diejelben jtanden daher
unter der Aufficht der Exorciſten.
Enfantin, Barthelemy Prosper. Geb. am 8.
Febr. 1796 zu Paris, war er 1325 Director der
Hypothekenkaſſe, ſchloß fih an St. Simon an und
wurde Priefter im St. Simoniftifhen Staate. Er
ftellte aber den Grundfag der Weibergemeinſchaft
auf und erklärte ſich zum pere supräme, fo daß
die Beffern ſich losfagten, als die Schwärmerei in
Liderlichleit umjchlagen wollte, und die Obrigfeit
das Verfammlungshaus ſchloß. Eine Zeitlang er:
regte E. durch feine Behauptungen und feine auf:
fallende Tracht Aufjehen. Nachdem er eine Furze
Freiheitsſtrafe überjtanden, ging er 2 Jahre nad)
Aegypten, fehrte aber, ald er auch dort feinen An:
Hang fand, 1839 nach Paris zurüd, ward Pojt-
meijter bei Lyon und 1845 Eijenbahndirector. "
Engadin. Ein Thal des Cantons Graubündten,
wurde reformirt 1537 in Folge der Disputation
zu Süs. Der romaniſche Katehismus ift eine
Ueberjegung des komandriſchen von Jekob Bive:
toni 1552,
Engannim. 1) Joſ. 19, 21; 21,29. Eine Levi:
tenjtadt im Stamme JIſaſchar, ift vielleicht das
Ginaia des Joſephus, das heutige Dichenin, wo
fi) Ueberrefte einer alten gepflajterten Straße
finden, am Südrande der Ebene Esdrelon. — 2)
Joſ. 15, 34. Stadt in der Ebene Juda.
GEngedi. Stadt und Quelle am weftlichen Ufer
des Todten Meeres, in einer gebirgigen, tlüftereis
den Gegend, 1. Sam. 24, 1. Wird in der Bibel
oft genannt. Salomo hatte dort jeine Balfamgär:
ten, David verbarg ſich in den Höhlen der Gegend
vor Saul, dort auch fielen die Moabiter und Ym-
moniter vor Jojaphat, 2. Chr. 20. Im jüdischen
Kriege wurde die Stadt von den Sicariern über:
fallen und geplündert.
Engel. Das Alte Tejtament denkt ſich Gott mit
der Welt durch höhere Wejen vermittelt, welche es
„Geſandte Jahve's“ nennt. In den älteren Bü:
ern ift die Verbindung der Engel mit Gott jelbft
eine jo innige, daß die Erfcheinungen Beider oft in
einander überfliefen und der Sprachgebraud) Beide
in unbefangener Weije ad por 1. Moj. 31, 11.
13; 2. Moſ. 3, 2—7; 15, 21 vgl. mit 14, 19;
Richt. 6,11 ff.; 15, 20. 22. Weſentlich find fie für
dieje Vorjtellung mit Gott Eins und nur als
concrete Erſcheinungen Gottes in der Welt dem Ye:
teren jelbjt entgegengejegt. Uebrigens zeigt fich
ihre Geftalt anderwärts viel beftimmter und jelb:
ftändiger. Sie heifen „Söhne Gottes" und „Hei:
lige“, zeichnen ſich aus durch Gerechtigleit und
Intelligenz, 1. Sam. 29, 9; 2. Sam, 14, 17, 20;
222
Engel
19, 27; fie umgeben den Thron Gottes ald Scha
ren, 30. 5, 14; 1. Kön. 22, 19; Hiob 1,6; $i.
103, 21; erfheinen daher zumeilen als Heer, 1.
Moj. 32,1; fie beforgen die Befehle Gottes bei den
Menden, Richt. 6, 12 ff.; 13, 3 ff.; 2. Sam. 4,
16; 2. Kön. 1, 3; 19, 35; Je. 37, 36, wobei eine
erg ar im Schutze der Auserwählten be:
teht, 1.Mof. 22,11; 2.Mof. 14,19; 23, 20; Right.
‚1; Bi. 34,8 u. ſ. m. Ueber ihre Erjcheinungsform
ſ. Angelophanie. Dichteriſch ala Berfonifcatio
nen von Naturfräften erfcheinen Engel Pf. 104, 4
Von einem aud der Sünde zugänglichen Engel:
geſchlechte berichtet 1. Moſ. 6, 2. Böfe Engel tre:
ten in der älteren Zeit nur infofern zum Vorſchein,
als Engel genannt werden, welden der Vellzug
bes Uebels unter den Menſchen alö einer Strafe
Gottes obliegt, 2, Mof. 12; 1. Sam. 16, 14; 2.
Sam. 24, 16; 2. Kön. 19, 35; Jeſ. 37, 36; Pi.
35, 5. Allein fie handeln darin als gute Diener
Gottes. Selbftändiger ſchon, obgleich immer noch
im Dienfte Gottes, gleichfam in der Stellung eines
göttlihen Staatsanwaltes im Rathe Gottes, han
delt der „Satan“ Hiob 1, und noch beftimmter
Sad. 3, 1—3. Vgl. aud) 1. Chron. 21, 1 mit 2.
Sam. 24,1. In der fpätern, bejonders naderilis
chen Zeit nehmen dagegen die Engel eine immer
concretere Geftalt in der Vorſtellung des Alten
Teſtaments an, indem fie von Gott als Mittelper:
fönlichleiten zwifchen diefem „und den Meniden
Iharf getrennt gedacht, und über Gejtalt, Natur
(1. Chron. 21, 16. 30; Dan. 10, 5; 2. Wafl. 3,
25; 11, 8; Tob. 5, 5; 11, 14; 12, 19), Rang,
Namen (e3 werden „Engelfürften” oder „Erzengel“
erwähnt; ferner die Namen Michael, Gabriel, Ra
phael, vgl. Dan. 8, 16; 9,21; 10,13; Tob. 3, 25;
12,15) genauere Angaben gemachtwerden. Dan. 10,
12 ff. werden auch Schußengel einzelner Bölter er:
wähnt. Obgleich aud) in der apofryphifchen Zeit ein
eigentlicher böjer Engelnod nicht genau auszufger
den iſt, jo erſcheinen Dagegen dämonijche Maͤchte in
großer Anzahl, Tob. 6,7 ff.; Bar. 4,7 ff. Bgl.
aud) die Art. Seraphim und Cherubim. — Im
Neuen Tejtamente jind Engelerfcheinungen, und
zwar mit ähnlicher Natur wie im Alten Teita:
mente, häufig (ſ. Angelophanie). Matth. 18, 10
werden Schußengel erwähnt. Rangordnungen un:
ter den Engeln jind Eph. 3, 10 und Kol. 1, 16 mit
Namen benannt. Bon einer über finnlide Schwä:
chen erhabenen Geiftigfeit erjcheinen fie Matth. 22,
30; 24, 36; Luc. 9,26; 20,36 u. ö., unſer zufünf:
tiger Zuftand wird als ihnen ähnlich Matth. 22,
30 gedacht. Ihre Verehrung wird verworfen Kol.
2, 18; Dffenb. 19, 10; 22,8. Beſtimmter als im
Alten Teftamente tritt der Glaube an ein ſatani—
ſches Neich hervor, deſſen Herrſcher, der Satan
(Teufel, Beelzebub, der „Böſe“, der „Verſu—
cher“, der „Feind“, der „Herrſcher dieſer Welt”),
den Kampf wider das Gottesreic führt, Mattb-
12, 26—25; oh. 12, 31; 14, 30; 1. Joh. 3,8.
Er ig Matth. 4, 1; Eph. 6, 10; al. 4, 7;
die böjen Menjchen find in feiner Gewalt und
feine Organe, Matth. 13, 38; Joh. 8, 44; er
fann aber und muß endlich aud als Feind des
Gotteöreiches gänzlich befiegt werden, 1. Kor. 15,
26, Offenb. 20. Was den Urſprung der böjen Engel
betrifft, jo weifen einzelne Andeutungen auf einen
Fall aus einem urſprünglich volltommenen Zu:
ftande hin, Tob. 8, 44; 2, Betr. 2,4. — Die
chriſtliche Theologie hat an dieſer Lehre nicht⸗
Engel
Beſentliches verändert. Die areopagitiſche Theofo: |
phie hat die Lehre von einer dreifachen Engel: |
bierarchie in die Kirche eingeführt. Auguftin ſchreibt
den Engeln ein unmittelbares Anſchauen der Dinge |
ohne die Bedingungen des menſchlichen erfah-
rungämäßigen Erfennens zu. Nach den Schola:
ſtilern (Thomas) find fie rein geiſtige Weſen, die
nur zuweilen Körper annehmen; ihre Beichaffen:
beit tft derart, daß fie in einem beftimmten Naume
find, ohne dieſen zu erfüllen ; fie bewegen ſich durch
den bloßen Willen von einem Orte zum andern;
ſprechen mit einander, ohne durch Raum und
eit beichränft zu fein. Die Engel wurden als
ſchöpfe gedacht, alle urfprünalich gut, die einen,
zweifelhaft ob durd eigene Willensentjcheidung
oder durch einen zn ct Gottes, im uriprüng:
lihen Zujtand verharrend, die andern durch Seibjt:
überhebung ins Böſe verfallend. Nach 1. Kor. 10,
20 wurden bie heidniſchen Götter als Dämonen
vorgeftellt. — Die proteftantifche Dogmatik hatte
zunächſt das praftifche Jnterefje reiner Frömmig—
keit, der Engelverebrung (f. Angelolatrie), ald einer
Schmälerung der Ehre Gottes entgegenzutreten.
m Uebrigen jchloß fie fich an die fcholajtifchen
Definitionen an. Den Dämonen wurden alle öffent:
lichen und privaten Schäden, inäbefondere die Miß—
bräuche in der Kirche, zugefchrieben. Der Nationa:
lismus fuchte den Engelglauben im Neuen Tefta-
mente durch Eregeje und durch Annahme von
Accommodation zuumgehen. Inneuerer Jeitwurde
tbeild die Eriftenz der Engel ald der Allmacht
Gottes wiberitreitend ganz geleugnei und auf das
poetiiche Gebiet verwiejen (Schleiermader, Haſe,
Schenfel u. N.), theils fpeculativ neu begründet
(Wartenjen, Rothe), theils in der Geftalt der Bibel:
oder Kirchenlehre (Tweſten, Ebrard, Philippi u. A.)
einfach feftgehalten. Val. die Dogmatifen.
Engel heiten bei den Jrvingianern nad) Dffenb.
2,1.8.12 die Bijchöfe oder Vorfteher der einzelnen
Gemeinden; fie bilden mit den jechs Aeltejten das
Vrieſterthum oder Hirtenamt, und mit diefen und
den Diakonen den Kicchenvorftand.
Engelamt. 1) Die erfte, um Mitternadht ge:
feierte Meſſe des Weihnachtstages. — 2) Ein jeden
Donnerſtag mit Ausfegung des Sanctissimum zu
Ehren des Altarfacramentes gefeiertes Amt in der
latholiſchen Kirche.
Engelbert, der Heilige. Geb. 1185. Graf von
Berg, Erzbifchof von Köln, 1215—1225, nachdem
er vorher —— der Kirche zu Köln geweſen
war. Wie als Erzbiſchof, ſo auch als Reichsregent,
wandte er eine große Thatkraft gegen die Eingriffe
der Fürſten in das Recht der Kirche, nicht bloß um
das Aeußerliche, ſondern auch um die geiſtige Pflege
feiner Diöceſe beſorgt. Er wurde aus Rache von
dem Örafen Iſenburg ermordet. Sein Leben ſchrieb
Cäfarius von Heifterbad).
Engelbert. Abt des Klofterö Admont in Steyer:
mart jeit 1297. Geb. um 1250, Bhilofoph und
Theolog. Seine Schriften gab heraus der Bene:
dietiner B. Per von Melt in Thesaurus anecdot.
Dov., Augsb. 1726, und in der Bibliotheca asce-
tica, Negenäb. 1723.
Engelbredt. Ein Tuchmachergeſelle aus Braun:
ſchweig, geb. 1599, der nad) langjährigen körper:
lichen und geiftigen Leiden jeit 1622 Offenbarungen
zu haben währte, und vorzüglich gegen die Gebre:
Gen des geijtlichen Standes predigte. Seine Ber:
ungen wurben verboten, er jelbit mehrfach
223
England. Engliſche Kirche
vertrieben, in Hamburg jogar ind Zuchthaus ge:
iperrt. Seine Erlebnifje und feine Offenbarungen
ſind holländijch gedrudt 1697. + 1644.
Engeljardt, Johann Georg Veit. Brofeffor der
Theologie und Univerfitätsprediger zu Erlangen.
Geb. 12. Nov. 1791, wurde er 1817 zu Erlangen
Diafonus und Brofeffor am Gymnafium, jeit 1820
Docent an der Univerfität, und 1822 o. Pro—
feffor der Theologie. Ein gelehrter Kenner der
Kirchengeſchichte, den namentlich die Erforſchung
der Geſchichte der Myſtik interejfirte. + 1855.
Engelsbrüder nannte man die Anhänger Gich—
telS, weil fie ein engelgleidyes Leben führen
wollten.
Engelöburg. Das Grabmal Hadrians vor den
Mauern Roms wurde mit denjelben verbunden
und allmählich die Hauptfeftung der Stadt. Der
Namen rührt her von einer brorzenen Statue des
b. Michael auf der Spihe des Thurmes. Von dem
Beſitz der Burg war die Herrichaft der Stabt ab-
hängig. Der erjte Papft, der fie beſaß, war Jo:
hann XIL., fpäter bemächtigten fid) ihrer die res:
centier, und in den folgenden Zeiten diente fie oft
den Päpſten zum Aſyl, die daher ihre Befeftigun:
gen vermehrten. Berühmt ift ihre Belagerung
unter Cleinens VII. dur‘ die Schaaren Bour—
bons. Die Päpſte benugten außerdem die Engelö-
burg häufig als Kerker für politische und kirchliche
Verbrecher und bewahrten dort die wichtigſten
gr
ngland. Engliſche Kirge. Die Reformation
wurde in England durch den Willen des Kö—
nigs Heinrich VIII. eingeführt, den dazu nicht
religiöjes Bedürfniß, fondern lediglid der Haß
gegen den Papſt trieb. Die religiöfen Bewegungen
um Volle wurden anfänglich ebenjo wie früher
Wiclifiten und Lollharden verfolgt und unterdrückt,
und als 1556 Tindals englifches Neues Teftas
ment erſchien, ward die Berbreitung mit allen Mit:
teln gehemmt. — Der Widerftand des Papftes
gegen die Scheidung des Königs von feiner Ge:
mahlin Katharina von Spanien 1529 führte zuerft
den Sturz. Woljeys herbei, der die Reformation
betämpft hatte, An feine Stelle trat Cranmer, der
dem Könige den Weg zu unumfchräntter Herrſchaft
in geiſtlichen und weltlichen Dingen zeigte. Er
vermochte 1531 die Gonvocation (Vertretung des
Klerus) zur Anerkennung, dab der König einziges
Oberhaupt der Kirche des Landes fei; 1582 verlor
fie das Recht, ohne königliche Genehmigung kirch—
liche Gejege zu erlaffen. In denfelben Jahre ver:
bot ein Reichsgeſetz alle Appellationen nad) Rom.
Ars Erwiderung Toigte die Bannbulle 1584, der
die Suprematöacte am 3. Nov. 1534 entgegen:
gelegt wurde, die eine von Rom unabhängige,
allein den Könige unterworfene katholifche Landes⸗
kirche begründete. Der nächſte Schritt wandte ſich
gegen die Stützen der Hierarchie Roms im Volt.
1536 murden die tleinern Klöjter aufgehoben,
15537 —1539 die größern; Klöſter- und Diöcefan:
vifitationen fanden ftatt, um das Volt und die
Geiftlichkeit mit den Neuerungen auszuſöhnen oder
einzufhüchtern. Um das neue ——— zu
halten, mußte nothwendig auf die reformatoriſchen
Ideen eingegangen werden, die ohnehin immer
mehr Eingang im Lande gefunden hatten; 1536
wurden die von Cranmer aufgejegten 10 Artitel
genehmigt, melde der Lehre der Reformation
von ber Schrift ald Grund des Glaubens, von
England. Englifhe Kirche
drei Sacramenten, ber Rechtfertigung durch Got:
teö Gnade fih zumandten, aber Fatholifirend Bil:
der ald der Andadıt förderlich, Heiligenverehrung
und Meſſen für Verjtiorbene ohne Ablaß fejthielten.
Die Bibelüberſetzung Coverdale's wurde zugelafien.
Unruhen der fatholiihen Partei wurden mit Ge:
walt unterbrüdt, nicht minder hart gegen Abwei-
Hungen vom feitgeftellten Xehrbegriff nach ber
andern Seite hin verfahren. (Der Zwinglianer
Lambert wurde verbrannt.) Das „Biſchofsbuch oder
der Unterricht eines Chriften” 1537 ſollte die 10
Artitel befjernd ausführen; deutſche Theologen,
die berufen waren (Mylonius, Burdhardt), gingen
wieder zurüd, und 1539 ftellte das Parlament in
den 6 (Blut:) Artikeln als Glaubenägefeg bie
Brobverwandlungdlehre und die Communion un:
ter Einer Geftalt, das Cölibat der Priejter, bie
Unauflöslichleit des Keufchheitsgelübdes, die Bei-
behaltung der Seelenmefjen und die Obrenbeichte
auf. Die Widerftrebenden wurden graufam ver:
folgt. Der Einfluß der katholiſchen Partei ftieg,
ald Erommell, der biäherige Günftling, und mit
Eranmer der Führer der Reformationsbejtrebun:
gen, wegen Anna von Cleve in Ungnabe fiel, und
am 28. Juli 1540 enthauptet wurde, Das ftärfere
Borwiegen bed Katholicismus zeigte ſich 1542 in
dem Geſetz, welches den Verordnungen des Königs
in firhlichen Dingen, auch ohne Zuftimmung bes
eig Geſetzeskraft verlieh, in der Beſchrän⸗
ng bes Bibellejens und der religiöjen Schriften,
in der neuen Redaction des Biſchofsbuches 1543,
jegt Königsbuch genannt, und dem Gebetbude
Heinrichs (Primer) 1546. Unter Heinrichs Sohn
und Nadjjolger Eduard VI. (1647— 1553) und
dem Protector Somerjet erlangten die Evangeli:
ſchen ein entſchiedenes Uebergewicht. Das Parla:
ment 1547 führte das Abendmahl unter beiden
Geftalten ein und ſchaffte die noch übrigen geiftlichen
Stiftungen ab; die Fatholifchen Gebräuche verbot
Eranmer 1548, bie Bilder wurden aus den Kirchen
entjernt, 1549 durch die erfte Uniformitätsacte
das von Cranmer mit den Biſchöfen Goodrich,
Ridley u. A. entworfene Allgemeine Gebetbudy an:
—— und das Eölibat aufgehoben; 1550 das
rdinationsformular der engliſchen Kirche feftge:
ftellt. In den Verordnungen der legten Regie:
rungsjahre Eduards machte ſich der Einfluß der
Ausländer geltend, welche theils als Früchtlinge
Caski, Ochino), theils von Eranıner berufen (Bu:
cer) in England wirkten und von den Rüdfehren:
den, unter Heinrich verbannt Gewejenen, unter:
ftügt wurden. Das Allgemeine Gebeibucy wurde
revidirt und, von vielem allzu Katholiſchen gerei:
nigt durch die zweite Uniformitätäacte, 1552 ein-
geführt, Cranmer entwarf die 42 Glaubensartifel
(die jpäteren 39), biefelben wurden zugleich mit
einem neuen, durch Boinet verfahten Katechismus,
der an die Stelle des biäher benugten Nürnberger
treten jollte, durch königliche Verordnung einge:
führt. Damit war der englifchen Kirche, die bis:
ber eine von manden Mikftänden gereinigte ta:
tholifche geblieben war, ein wejentlidy reformirter
und zwar calvinifcher Typus aufgedrüdt. — Es
folgte die Sichtungäzeit ver jungen Kirche unter
Maria der Katholijchen (1553— 1558). Nach ihrer
Vermählung mit Philipp II. von Spanien, betrieb
fie eifrig und rückſichtslos die Reſtauration des
ner enge 1554 hielt Cardinal Pole als
päpjtlier Legat feinen Einzug in London, die
224
England. Englische Kirche
Ausländer murben verbannt, die Häupter ber Evanı
—— flohen, Andere ſtarben ſan 300) auf dem
lutgerüft. Im Gegenſatz zu dieſem Schreckens
regiment ſtürzte Eliſabeth ſofort das römiſche
Kirchenweſen. Die Acte vom 1. Febr, 1559 ftellte
die föniglihe Suprematie in ausgedehnter Weiſe
wieder her; die neue Uniformitätsacte führte das
revidirte Allgemeine Gebetbuch ein; eine Kirchen:
vifitation forderte von allen Geiftlichen den Eid
auf jene zweite Acte, und bei der Weigerung ver:
loren alle Bifchöfe, bis auf einen, ihre Stelle und
mußten zum Theil durch rüctehrende Flüchtlinge
erjegt werben. 1571 beftätigte das Parlament eine
neue Redaction der 42 Cranmerfchen Artitel, welche
fie auf 39 reducirt hatle, und genehmigte eine neue
Bearbeitung des Katechismus, ſowie eine verbeſ⸗
jerte Bibelüberjegung 1572. Damit war der Bau
der engliihen Staatsfirche vollendet, deren Eigen:
thümlichkeit darin befteht, daß fie die Einheit von
Staat und Kicche vorausfegt: das Oberhaupt des
Staates ift dad Oberhaupt (supremum caput) der
Kirche, die Diener der Kirche find Diener des
Staates. In der Berfafjung und dem Gottes:
dient möglichft das Alte beibehalten, ift fie in ber
Lehre faft völlig evangeliſch. Zwiſchen den 39 Ar
tileln und den deutſchen Betenntnißfchriften herrſcht
ſtellenweiſe eine faſt wörtliche Uebereinſtimmung,
die fi aus den Verhandlungen erklärt, die Gran:
mer mit den deutſchen Theologen zur Herbeifüh
rung einer Kircheneinigung gepflogen hatte. Das
Unterjdeidendfte von andern evangelifden Kirchen
ift die Beibehaltung der Hierarchie (daher biſchöf⸗
lihe Kirche). Die Geiftlichkeit bildet einen bejon»
deren Stand, die Ordination verleiht einen
rafter indelebilis. Durch die Dialonatd» und
Priefterweihe wird der Eintritt in die niedere,
durd die Biſchofsweihe in die höhere Geiftlichkeit
eröffnet. Zu der letzteren gehören bie Erzbifhöfe
von Canterbury, der Primas des Reiches, und
von York, ſodann die zwei irifchen Erzbiſchöfe von
Armagh und Dublin; Erftere zugleich mit hoher
weltlier Würde befleivet. Sie haben bie Ober:
aufjicht über ihre Provinz, nehmen Appellation
von den bifchöflichen Gerichten an und haben das
Recht der Ordination der Biſchöfe. Zu den 26
Biihöfen in England und Wales (10 in Irland),
treten noch die Golonialbijchöfe rg bie von ben
Erzbifhöfen ernannt werden. Sie ordiniren und
ftellen die Geiftlihen an und führen die Aufſicht
und Diseiplin über fie und die äußeren Angelegen:
heiten der Kirche durch ihre Archidiakonen und
Kanzler. Sie werben, der Form nad), durd bie
Capitel erwählt, in der That aber durch die Krone
frei ernannt. Die niedere Geiftlichkeit zerfällt in
Capitel: und Pfurrgeiftlichkeit. Die erftere hat den
Kathedraldienft zu beforgen und bildet, mo bie
Stellen nicht blope Pfründen find, die bijhöflichen
Gerichtähöfe und Verwaltungs-Collegien, an ihrer
Spige fteht der Decan und der Arcidialonus. In
der Pfarrgeiftlichteit unterfcheiden fich die Pfarrer,
incumbents (rector, vicar, perpetual curate), bie
Hülfsgeiftlien, curates, und Capläne, chaplains.
Die eigentlihen Hülfsgeiftlichen, Pfarrgebülfen,
werden auf eine widerrufliche Licenz des Biſchofs
vom Pfarrer oder Biſchof angeftellt, der Pfar:
rer iſt der wirkliche Snhaber der Kirche. Zur
Seeljorge und zu einzelnen Verrichtungen befähigt
die Diafonenweihe; eine ftändige Hülfäpfarte be:
dingt bie Priefterorbination. Auf den Vorſchlag
England. Englifche Kirche
des Batrond ober der Gemeinde ertheilt der Bi:
{hof nad) einer Prüfung des Candidaten die
Zulaffung (admission) ‚find dann die verſchiedenen
durch die Gejege geforderten Eide geleiftet, fo
olgt die Ordination (institution) und bie Ein:
hrung (introduction). Der Unterſchied unter
den Pfarrern bezieht ſich bloß auf das Verhält—
nik ber Kirche zum Patron und auf den Beſih
der Pfründe. Biele Mißbräuche find durd das
Recht der Pfarrer entjtanden, mehr als eine Stelle
zu befigen und biejelben durch ſchlechtbeſoldete
Bicare verwalten zu laſſen. Die Gemeinde ver:
waltet ihre Angelegenheiten jelbjtändig durch die
Gemeindeverfamm: er (vestry) und ihre Beam:
ten, Rirchenvorfteher(churchwardens) und Armen:
pfleger (overseers) ; der lebernahme dieſer Aemter
Önnen fich ſelbſt Diſſenters nicht entziehen. Die
Seldftverwaltung der Kirche ift dagegen völlig ge:
fdıe.inden, jeitdem die Gonvocation, das firdyliche
Borlament, aus Geiftlihen —— nicht mehr
oder nur ber Form nad berufen wird. Der
Gottesdienst ift dur das Allgemeine Gebetbud
geordnet, dafjelbe läßt aber. dem Geiftlihen im
Geremoniellen jo viel Freiheit, daß die Pufeyiten
die fatholifhen Riten wieder einzuführen nicht
—— waren. Abweichend von dem deutſchen
irchenbrauch iſt die Confirmation ein Vorrecht der
Biſchöfe. Die kirchliche Gerichtsbarkeit, welche auf
Grund des kanoniſchen Rechtes und mancher
tlamentsacten außer der kirchlichen Disciplin
auf Ehe:, Teftaments: und Legitimitätsfragen
tet, hat den Inftanzenzug von dem Hofe deö
Arhidialonus an den bif‘pöftichen, von da an den
erzbiihöflichen und zulegt an die Krone, d. h. den
Gerihtsausihuß des Geheimen Nathes (früher
an den Delegatenhof, bis 1832). Die Verhand—
lungen werben ähnlich wie bei den weltlichen Ge:
sihten geführt, das Verfahren ift aber ſchleppend
und verwidelt und einer Reform bebürftig.
Die Gefchichte Englands und feiner biſchöflichen
ze hängt an der gedachten Einheit von
irhe und Staat. Noch unter Elifabeth wurde
1561 eine Verſchwörung der Katholiten entdedt
und 1569 eine zweite zu Gunften der Iottifggen
Maria; der deshalb von Neuem eingeihärfte Su:
premateid erleichterte die fpäteren Verſuche ber
Stuarts, den Katholicismus wieder einzuführen,
tief aber auch den Widerftand der Buritaner und
aller Ronconformijten hervor. Die Teſtacte von
1673, die Jeden von öffentlihen Aemtern aus:
ſchloß, der nicht Glied der Staatätirche war
und jomit den vorgefchriebenen Eid nicht leiften
fonnte, ficherte freilich den äußern Beſtand
der Hochlirche, trieb aber um fo mehr alles
erregtere religiöje Leben zu den Difienters, jo
daß die Hochtitche im Befig der Macht und
eines ‚großen Kirhenvermögend in ihren For:
men erjtarrte.- Durch die firchlichen und relis
töjen Bewegungen der Neuzeit haben ſich in der
chlitche drei Parteien Pe high church,
low church, broad church party. Die erfte, vor:
züglih unter den Biſchöfen vertreten, hält die
hierarchiſch⸗kirchlichen Tendenzen vor Allem feſt
und hegt die katholiſchen Elemente, die der Angli:
canismus in fich bewahrt hatte, aus ihrer Mitte
find der Tractarianismus und Puſeyismus hervor:
gegangen, die für Viele die Brüde nad) Rom bil:
225
Engliſche Bibelüberjegung
id einer ftrengen Inſpirationstheorie, ift aber
praftifh aus der kirchlichen Abgejchlofienheit her:
ausgetreten, indem fie in Mifftonsangelegen«
—— und verwandten Beſtrebungen in freien
ereinen praltiſcher —— mit den Diſſenters
ſich verbindet. Die broad church p., durch Tho—
mas Arnold, Whateley, Hare, Maurice u. A. vers
treten, pflegt eine freiere, der deutfchen Theologie
verwandte Richtung. Die Angelegenheit der Es-
says and Reviews und des Biſchoſs Colenfo von
Natal haralterifiren die dogmatiſche Stellung der
englifchen Kirche. Ihr Einfluß ift durch die Aufhe—
bung der Teftacte 1828, wie Durch die Emancipation
der Katholifen bedeutend geſchwächt, undihre Stel»
lung in Irland, wo fie bei wenig Anhängern die
Dotationen genießt und die Kirdhenfteuer einzieht,
beihäftigt gegenwärtig die Geſetzgebung. Vgl.
d. A. Buritaner, Tractarianer. Das Zahlenver:
hältniß der Kirchen ift, daß während früher die
große Majorität der Staatskirche angehörte, dieſe
jest nur noh 52%, der Bevölkerung umfaßt.
Große Fortjchritte hat die katholiſche Kirche in
England gemadt. Der Emancipationsacte 1829
folgten weitere ſtaatliche Zugeſtändniſſe, die Ver:
mächtnigbill geftattete legtwillige Zuwendungen
zu katholiſchen Kircheninftituten, ein fatholifches
Seminar zu Monmouth wurde 1845 dotirt. 1850
jtellte der Bapft durch eine feierlihe Bulle die
fatholifhe Hierarchie wieder her und ernannte
den Gardinal Wifeman zum Erzbifhof. Zwar
verbot die Titel: Bill den Bildöten den örfent:
(ihen Gebraud ihrer Titel, allein Nom vers
folgte den einmal gewonnenen Sieg; und Wijes
mand Nachfolger, ein anglicanifcher Brojelyt,
Manning, ſchmeichelt ſich mit der goffaung. Eng:
(end unter Roms Herrſchaft zurückzuführen. Die In⸗
dependenten, Baptiſten und Methodiſten und das
rege Leben auf dem Gebiet der innern und äußern
Miſſion laſſen einſtweilen dieſe Hoffnung noch nicht
zu einer Furcht für den Proteſtantismus werden.
EnglifheBibelgefellihait.S-Bibelgejellichaften.
Engliſche Bibelüberjegung. Die erjte vollftän:
dige Ueberjegung ift die Wicliffs (+ 1384) nad)
der Bulgata. Ihm folgte 1526 William Tyndal mit
| der Ueberjegung des N. T., welche in England
zwar verboten, aber meit verbreitet wurde, und
die Grundlage aller fpäteren geworden ift. Cover:
dale gab 1535 das A. T. heraus, an dem zum
Theil Tyndal mitgearbeitet hatte. Eine neue Aus:
gabe der Tyndalſchen Bibel mit Noten und Ans
—— ift die Matthew's-Bibel 1537. Covers
dale gab 1539 eine revidirte Ausgabe feiner Ueber:
ſetzung ohne Noten heraus, da er 1538 aud) das
N.T. hatte erfcheinen laffen, Cranmers Bibel oder
Große Bibel genannt, die unter Eouard VI. ald
autorijirte Heberjegung galt. Die Genfer Bibel,
1560 durd Goverdale und Wittingham heraudı
gegeben, ſchließt fich dicke als jene an den Urtert
an. Mit Benugung dieſer wurde durch Barker
und mehrere Biſchöfe die Bifhofäbibel 1568
veranftaltet, eigentlich eine Revifion der Großen
Bibel, daher mit näherem Anſchluß an die Vul—
gata. Endlich ließ König Jokob die Biſchofsbibel
durch mehrere Commijfionen revidiren und durch
das Zufammenarbeiten vieler Gelehrten feitjtellen ;
das Rejultat, die jegt gebrauchte Ueberjegung,
erſchien 1611 und zeichnet fi) durch Nichtigkeit
deten. Die low church p. fteht eben fo feſt wie der Uebertragung und Schönheit der Sprade
die vorige auf dem orthodoren Dogma, nament: | unter allen Bibelüberjegungen aus.
15
Englifche Fräulein 226 Enthaltung
Engliſche Fräulein, Geftiftet von Maria Ward | Stand Ehrifii unterfchieden: den Stand ber Ent:
zu Anfang des 17. Jahrhunderts ” Erziehung | Äußerung (dev Erniebrigung; status exinanitio-
ber Jugend. 1630 505 Urban VIII. ben Berein | nis), in welhem Ehriftu2 jeiner göttlichen Herr:
wieder anf, doc genehmigte ihn von Neuem Gle: | lichkeit ferne auf Erben wandelte, und den Stand
mens XI. 1703. Der Verein hat drei Klafien, | ber Erhöhung (exaltationis), in welchem er all:
abelige und bürgerliche Jungfrauen und dienende | Schwachheiten der irdiihen Natur abgelegt und
Schmweftern, befaft fi «Fr aud mit Aranfen:| den Vollbefig ferner göttlichen Herrlichkeit behaup⸗
flege und hat weder Claufur noch bindende Ge: |tete. Ueber die Frage, wie die Entäußerung zu
bbe. denken jei, erhob fi im Aahre 1816 ein Streit
——— Gruß oder Ave Maria. Beſteht aus | zwiſchen den ſchwäbiſchen Theologen Dfiander,
dem Gruße Luc. 1, 28, in durch 1,42 mit | Nicolai, Thummius und ben beffiihen Mengr
dem Zufage (duch Urban IV.): Jefus Chriftus, | und Feuerborn. Die Erftern behaupteten, die Ent:
Amen, und dein fpätern: Heilige Maria, Mutter | äußerung fei jo zu verftehen, daß Chriftus zwar
Gottes, bitte für und jegt und in der Stunde un: | aud) noch ald Menſch im Gebrauch (Yefaıg) feiner
ered Todes. Der Gebrauch biefer Gebetäformel| göttlichen Eigenihaften, 3. B. ald Weltregent ge
ommt erft jeit P. Damiani vor, angeordnet ward | wejen fei, daß diefelben aber vor den Menſchen
er durch Ddo von Paris 1196 und ift verbreitet | nicht zur Erfcheinung gefommen, daß fie verbor:
er dem 13. Jahrhundert. Das Breviarium Pii} gen geblieben feien. Sie wurden daher Kryptiler
at ihn allgemein eingeführt. Der engliſche Gruß | genannt. Die Heflen dagegen nahmen eine wirt:
ift die Grundlage der Noſenkranz-Andacht. ©.| liche Entäußerung an, b. h. jo, daß der ernieurigte
ngelus Domini. Ehriftus wohl im Befige, aber nicht im Gebrauche
Engliſche Polyglotte. S. Polyglotte. feiner göttlichen Eigenſchaften war, weshalb fie
Enhadvn, %of. 19, 21. Nach van de Velde: Ain| den Namen Kenotiter erhielten. Die ſächſiſchen
Haud. Eufebius kennt noch ein anderes E. zwi⸗ Theologen entſchieden den Streit (Decisio und
ſchen Eleutheropolis und Jerufalem. Apologia 1625) au Gunften der heſſiſchen Anſicht,
Euhazor. S. Hazor. wobei fie nur zum Vortheil der Andern hervor:
Enkratiten. Rah Irenäus u. A. eine ano«| hoben, daß zur Bollbringung der Wunder Ehri:
ifche Partei, aber anſcheinend nicht ſowohl eine —8 allerdings ſich feiner göttlichen Allmacht be:
artei als eine Richtung innerhalb des Gnofti: | dient habe.
cismus, welche, von bualiftiihen Theorien aud:| Entbindung von Gelübden. S. Diäpenfation.
5* — ben Gebrauch des Materiellen möglihft] Entblößung der Altäre gehört zu der Auszeich—
eſchränkte. Weil die E. auch im Abendmahl nicht | nung des Charfreitags als des Trauertaged. Den
Dein, jondern nur Wafjer gebrauden wollten, | Altären werden die Hetieidungen, die Decken und
ießen fie aud vdponapasraraı, aquarii. Ald|der Schmud genommen und das Kreuz wird ver:
ervorragend unter ihnen werden genannt Ta: | hüllt.
lan, Saffıan, Severud. Der Name kommt alö]| Enterbung. Nah dem gemeinen Rechte war
Kegername der Bogomilen im 12. Jahrh. von | der Confeſſionswechſel, d. h. der Rüdtritt von der
Neuem vor. fatholifchen Kirche, als eine Berlegung der Pietät,
Ennodins, Magnus Felix. Geb. 473 zu Arles ein rechtlicher nd zur Enterbung aud der
oder Mailand. Bon armen Eltern herftammend, | Pflichterben; die jüngeren Landesgeſetzgebungen
durch Heirat begütert, trat er in ben geiftlichen | haben diefen Grundjag aufgehoben, welder ver
Stand und begleitete alö Dialon 494 den Bijchof | Religionsfreiheit widerſprach.
Epiphanius von Paris auf einen Miffionszuge | Entführung war nad) römischen Rechte und
nd Burgund. Als Biſchof von Pavia (feit 510) | geraume Zeit im Mittelalter ein abjolutes Ehe—
machte er im Auftrage des Bapftes zwei Neifen nad) | hinderniß und wurde außerdem mit den jchärfiten
Eonitantinopel behufs Vereinigung der Kirchen, | Kirchenftrafen belegt. Später wurde die Ehe für
doch ohne Erfolg. + 521. Er war ein frucdhtbarer | zuläffig erfannt, wenn der Entführten vorher ihre
Schriftſteller, deſſen Werke in einer Gefammtaus: Freiheit wiedergegeben worben. Eine Entführung
gabe (Bafel 156%, Paris 1611) zur Geſchichte jei- | mit Einftimmung der entführten Berfon fällt nicht
ner Zeit und ber germaniſchen Stämme wichtige | unter jenen Beſtimmungen. Die bürgerlichen
Beiträge liefern. Er war der Erite, welcher den | Ehegefeßgebungen fordern aber meiftens unbe
Bifhor von Rom in einem Briefe al3 papa an: dingt nicht nur die Freiheit der Nupturienten,
redete und bamit diefe Titulatur einführte, fondern aud) die Einwilligung der Eitern.
Enos, Der Sohn Sethö, 1. Mof. 4, 26; 5, 6.| Enthaltſamkeitsvereine. S. Mäpigleitövereine.
Der Name bedeutet Menſch. Aus der Angabe| Enthaltung, ald Tugend Enthaltjamteit, d. b.
4,26: damals habe man vegonnen den Namen | die Verzichtleiftung * an ſich nicht unerlaudt:
Jahve's anzurufen, fchloffen die Rabbinen auf| Befriedigung des finnlihen Begehrens, ift info
ben Beginn der Abgötterei. fern eine chriſtliche Tugend, als ſich in ihr die
Enrimmon. Stadt in Juda; Neh. 11, 29; Freiheit des Geijtes und die Herrſchaft deſſelben
Joſ. 19, 21; vgl. Rimmon. über den Leib bewährt, und wird zur chriſilichen
nſoph. Im Syitem der Kabbala das Abfolute, | Pflicht, wenn der Gebrauch des an fich Erlaubten
d. h. das Schranfenlofe, Unendliche. die Erfüllung der befonderen Lebensaufgaben bin;
Entäußerung ift der aus Bhil.2,5—9 ent-|dern würde. Bol. z. B. den Apoftel Paulus
lehnte Ausdrud (xXcyvwoic), um die Menjchwerdung | Über die Ehelofigkeit, 1. Kor. 9, 24 ff. Sie hir!
Chriſti als einen durch freie That der Selbftver: | auf eine Tugend zu fein, fobald auf das Entha': |
—— vollzogenen Uebergang aus dem höhern ten vom Genuſſe ſelbſt ſchon ein Werth gelegt
Zuſtand, den er innerhalb der Trinität behaup: | und außer Acht gelaſſen wird, daß fie immer nur
tete, in den niedern der Menſchheit zu bezeichnen. | ein Mittel fein foll, die geiftige Richtung der Serit
Die Kirchenlehre hat demzufolge einen doppelten ! von allen Hemmungen zu befreien. Eine beſonder: |
Enthuſiasmus
227
Eparchie
Art von Enthaltung bilden die von der Kirche als dieſe aber wirlte die Verfolgung feiner Anhäns
auferlegten Abftinenzen, welche als gute Werte
ein Berdienft im fich fchließen. S. Faften. Vgl.
Aöleten, Keuſchheit.
Enthufiadmus unterjcheidet fi) von ver Be:
eiiterung, * 5. ber gefteigertiten und erregtejten
hingabe des Gemüthes und des ganzen Lebens
an ein Ideal, und an deſſen Darftellung in con-
wreter Geftaltung, dadurch, dap der E. vorzugs:
meife nur eine Erregung des Gefühles it, ohne
gleichzeitigen nachhaltigen Willensentſchluß. Wie
er ſchon deshalb flüchtig und vorübergehend zu
fein pflegt, jo faßt er aud) nur das Ziel ins Auge,
ohne den Weg zu überjchauen, und überfnringt die
Bedingungen, von denen die Erringung defjelben
abhängt, daher finkt er dei erniten Hinderniſſen
jujanmen. Während man von Begeifterung nur
bei wirklich idealen Streben redet, jpriht man
von einen unreinen Enthuſiasmus, wenn entwe—
der dad Ziel fein wahrhaft fittliches und allgemei-
nes ift, oder hinter demjelben ſich noch Nbfichten
des Egoismus verbergen.
Enthuſiaſten. S. Meffalianer.
Entiagung des Amtes. S. Reſignation.
Entweihung. Die sum gottesdienſtlichen Ge:
brauch geweihten Kirchen und Altäre erhalten da:
burh einen heiligen, unverlierbaren Typus, der
auch duch Profanation nicht verloren geht, aber
night mebr bleibt, wenn Haupttheile irgendwie
jerftört find; 3. B. wenn die Wände der Kirche
demolirt oder im Innern von Feuer ausgebrannt
find. Solche Fälle fordern daher eine neue Weihe.
Uneigentlich redet man von Entmweihung, richtiger
von Befledung (pollutio ecel.), wenn durch gewiſſe
beftimmt Dezeichnete Verbrechen und Vorgänge die
innere Heiligkeit des Orts befleikt ift, wodurch eine
som Biſchof vorzunehmende Reconciliation noth:
wendig wird. Dies ift der Fall namentlich bei
Nord, Unzucht und dem Begräbniß eines Ercom:
minieieten, jobald fie öffentlich geſchehen.
Entyditen nennt Clemens Aler. Strom. 7,17 die
Anhänger des Kleobios, eines Schülers des Si:
mon Nagus; wahrſcheinlich weil fie auf die Art
und Gewalt der öffentlihen Fürbitte ein bejon:
deres Gewicht legten.
Eobanud, Helius, gen. Heſſus. Geb. 6. Jan.
1483 zu Bodendorf in Kurheſſen. Einer der Dän:
ner, welche außerhalb des Kreifes der Thrologen
bie fräftigiten Stügen der Reformation bildeten.
gehörte zu dem Erfurter Kreife der Humaniſten,
mo er mit Cordus, Camerarius, Drakonites, Heß
u, 9. befreundet war, und fi an den Briefen der
Dunkelmünner betheiligte. An das neugeftiftete
Oymnafium zu Nürnberg berufen, ging er fpäter
als Brofefjor der Geſchichte uad Didtkunft nad
Marburg, wo er 1540 jtarb. Unter feinen Gedich:
ten ift hier Die Paraphraſe der Pjalmen zu erwäh:
nen, zu welcher Beit Dietrich Anmerkungen ſchrieb.
Sein Leben von Her, Berlin 1860.
Eon oder Eudo von Stella. Ein Edelmann aus
der Bretagne, der die Worte: per eum qui ventarus
est judicare etc. (der lommen wird zu richten)
auf ſich bezog, und in Shwärmer:fher Weife, ans
geſteckt von fathariftifchen Jdeen, gegen Kirche und
Hierarchie predigte, die Geiftestaufe durch Auf:
legung der Hände lehrte, Auferftehung und bie
Ehe ald Sacrament Icugnete. Gegen ihn und fei:
nen Anhang predigte der Legat Albericus von
Dftie 1145 und ſchrieb Hugo von Rheims. Mehr
ger .. Truppen und die errichteten Scheiters
haufen. Eon felbjt wurde 1148 für wahnfinnig er⸗
Härt ind eingejperrt.
Epaften bedeuten ben Unterfchied der Tace
im Vondjahre (354) und im Sonnenjahre (365),
der im erjten Jahr: Il, im zweiten 22 u. ſ. f. be=
trägt. Gie geben aljo das Alter des Mondes cm
erften Jahrestage ‚an, d. h. die Anzahl der Tage,
die jeit dem legten Neumond verfloflen find; und
dienten früher zur Beſtimmung des Dfterfeftes.
Man unterſcheidet die kirchlichen Spalten, die nur
mit ganzen Tagen rechnen, von den genauen ajtros
nomiſchen.
Epaon. Unter dem katholiſch gewordenen König
Sigismund von Burgund beriefen die Erzbiſchöfe
Avıtus von Bienne und Biventiolus von Xyon 517
eine Synode nad) Epaon, weldhe „unter göttlicher
Inſpiration“ 40 Kanoned für die burgundiſche
Kirche aufftellte Über Kirchendiscivlin und das
Verhalten gegen Keger und Nrianer, Da in einem
derjeiben gegen einen dem Könige naheftehenden
Hofbedienten das Verbot der Ehe mit Ser Schwes
jter der verjtorbenen Frau wiederholt war, jo vers
pflichtete ich ein Theil der Biſchöfe in der Nach—
ſynode zu Lyon zu gemeinfanen Maßnahmen bes
hufs Aufrethaltung der Beichlüffe, wenn der
König einfchreiten follte. Da das burgundiſche
Reich bald zerfiel, hätte die Synode feine uns
mittelbare Folgen gehabt, wenn nicht 13 ihrer
Kanoned in die Sammlung over (47) Beſchlüſſe
der Synode zu Agde, welde unter Cäfarius 506
gehalten worden, jpäter aufgenommen und fo in
Geltung getreten wären. Die Lage von Epaon,
Be Tortilianum genannt, ift unicher, ed wird
zwilhen Vienne und Lyon gelegen haben und im
Dorfe Ponas zu ſuchen fein. Andere vermuthen
die ſavoyiſche Stadt Yenne (Etanna).
Epaphras. Aus Kolojjä gebürtig (Kol. 4, 12),
war er dort Gemeindediafon und wahrſcheinlich
verdient um die Gemeindegründung in den Nachs
barjtädtın. Er befuchte den Apoitel Paulus in fess
ner Gefangenſchaft in Rom (Sol. 1, 8), um ihm
Nachrichten über die Gemeinden Kleinafiens zu
bringen, und mußte eine Zeitlang deſſen Gefans
genſchaft teilen (Bhilem. 23). Rach den Liärtyrers
acten war er ver erſte Bischof von Kolofjä und ers
fitt dort aud) den Märtyrertoo (19. Juli).
Epaphrodituß. 1) Vorjteher der Gemeinde in
Philippi (Phil. 4,18), wurde von derjelben mit Lies
besgaben für Baulus nah Rom gejdidt und er«
frantte dort. Paulus jandte durd) ihn feinen Brief
an die Gemeinde zu Philippi (2, 25-0). Daß er
und Epaphras diejelbe Perfon gewejen, ift eine
durch nichts erwieſene Vermuthung von Grotius,
— 2) Ein ——— Mann in Rom, Gönner des
Joſephus, der dieſen veranlaßte, die Archäologie und
die Geſchichte des jüdiſchen Volkes zu ſchreiben. War
mer ein griechiſcher Freigelaffener, aın
Hofe Nero's und Domitians von Einfluß, der cber
von Domitian verbannt und Späte: zum Tode vers
urtbeilt wurde.
Eparchie. Bei den Griechen eine Provinz, Abs
theilung einer Diöcefe. Da die kirchliche Organis
fation A ber bürgerlien anſchloß, jo wurden die
5 der Eparchien als Metropoliten von den
Biſchöfen der einzelnen Orte und den Patriarchen
der Diöcefe unterſchieden. Jetzt beze.chnet das
Wort in der ruſſiſchen und Ben Kirche die
ö
Epla
Diöcefe eines Biſchofs überhaupt, da der Unter:
ſchied zwifchen Bifchof, Erzbifchof und Metropolit
fließend geworden ift.
Epha. Ein hebräiſches Hohlmaß, gleih dem
Bath und dem zehnten Theil desChomer. Thenius
beitimmt es auf 1014,39 Barifer Kubifzoll.
(ephes Dammim, Der Lagerplag der Bhilifter
mwährend des Kampfes —— David und Go—
liath, 1.Sam. 17, 1; vgl. 1. Ehr. 12 (11), 13, wo
der Ort Pad Dammim heißt. Beide Male über:
ſetzt Luther anders. j
Ephefer, Brief an die. 1) Inhalt des Brie—
fes. Er zerfällt in einen didaktiſchen (1—3, 21)
und einen praftifchen Haupttheil. Der erfte ent:
ält eine Lobpreifung Gottes für den herrlichen
eruf der Leſer als Ehriften, für ihre hriftliche
Einfiht und Lebenäbethätigung (1, 1—23), eine
—— ihres aus reiner Gnade hervorge⸗
angenen Chriſtenberufes, ihres Zuſtandes ein:
ens und jetzt (2, 1—22) und die Bekräftigung
biefer Beſchreibung durch die Hinmeifung auf Den,
der ihnen das Evangelium gebradht hat und jet
in Gefangenihaft —* (3, 1—21). Der
zweite Theil ermahnt zur Einigkeit im Geifte, zu
einer reinen Gefinnung und riftlihem Wandel
4, 1—5, 20), zur Heilighaltung der häuslichen
erbältniffe (5, 21—6,9), zum Kampf und Gebet
(6, 10—24). — 2) Abfafjungsperhältniffe.
Der Brief ift in der Gefangenſchaft gejchrieben
8, 1m. f.), alfo entweder 3 Rom oder, wie ſeit J
chulz (Stud. u. Kr. 1829) häufig angenommen
wird, zu Cäſarea. Mit dem Kolofjerbrief (j. d.)
a er die auffallendfte Aehnlichleit, jelbft wörtliche
ebereinftimmung (vgl. 3.8. Eph.4, 17 — 6,9 mit
Kol. 3). Beide werden daher gewöhnlich als glei:
zeitig (au mit dem Philemonbrief) —*
Eine große Streitfrage war von jeher die Adreſſe
des Briefes. Da im Cod. Vatic. und im Sinait.
das Wort Ev 'Eydow in der Adreffe fehlt und aud)
Marcion und Bafilius es nicht gelefen zu haben
feinen, fo wird jetzt vielfach der Briet als ein
nicht an eine beftimmte Gemeinde gerichtet geme:
ſenes Circularſchreiben aufgefaßt. Die Vermu—
thung, daß er ber Kol. 4, 16 erwähnte Brief an
die Laodicener fei, wird weder durd die dahin:
gehende Anficht Marciond, nod durch die Aehn—
lichfeit des Inhalts der beiden Briefe geftügt.
Der Brief ift offendar an Heidendriften gerich—
tet; er hebt, wie es in feinem andern paulinifchen
Briefe in der Art geſchieht, die Einheit der Kirche,
des Leibes Chrifti, ald die Einheit alles zuvor
Getrennten hervor, und läßt auch die Ermahnun:
gen dahin gerichtet fein. Weil die Sprache ihnen
nicht eg Ar fein fchien, bezmeifelten zuerft
Ufteri und de Wette die Echtheit des Briefes, die
über unbeftritten geblieben war. Die Krititer
er jog. Tübinger Schule haben mehr Gewicht auf
den Inhalt gelegt und hervorgehoben, daß hier
von einer Einheit der Kirche geredet werde, wäh:
rend Paulus immer nur von Gemeinden ſpreche;
es weiſe dies auf die Entwidlung einer jpätern
Seit hin, zu welcher die ea Fri Anklänge,
3. B. des Einganges, ſtimmten. Sie ſetzen die
Entjtehungszeit des Briefes in das 2, Jahrhun—
dert. Für die kritifhen Fragen vgl. die Einlei-
tungen ind N. T. und die Einleitungen der Com:
mentare in den Brief; ferner Zünemann, De
ep. ad Eph. authentia, 1812; Anger, Ueber den
Laobicenerbrief, 1843; Wiggers, BVeitr. zur Einl.
228
Ephefus
in die Briefe an die Eph., Kol. u. Bhilemon ;
Schwegler, Zellers theol. Jahrb. 1844; Klöpper,
De origine ep. ad Eph. et Col. 1853, — Com:
mentare außer den Geſammtwerken von be Wette,
Lange, Diöhaufen, Meyer (Eph.4. Aufl. 1807), von
Holzhaufen 1833, Nüdert 1834, Matthies 1834,
— 1834, Baumgarten-Cruſius 1847, Bleet
5
Ephefus, am Kayftrus, unmeit des Aegkiſchen
Meeres, eine berühmte und reihe Handelsftadt.
Angeblid von den Amazonen gegründet, wurde
fie von den einmandernden Joniern erweitert und
zur Hauptſtadt Joniens gemacht. Des prachtvollen
Tempels der Diana wird Apftg. 19, 24 fi. Er:
wähnung gethan. Bon Kröjus erobert, ftand die
Stadt fpäter unter perfifcher und griechiſcher Herr-
ihaft und war unter den Römern die Hauptjtabt
von Asia proconsularis. Paulus fam zum ——
Mal hierhin auf der Reiſe von Korinth nach Sy—
rien, Apftg. 18, 19 — 22, mit Aquila und Pris-
cilla, die dort blieben und den Apollos bekehrten.
Auf der dritten Reife hielt fid) der Apoftel 2 Jahre
und 3 Monate dort auf, und lehrte, als ihm die
Synagoge verwehrt war, in der Schule eines Ty—
rannos, Er fand dort Johannesjünger vor. Durch
den Aufftand des Demetrius vertrieben, ließ Bau:
lus den Timotheus zurück, welchen die Tradition den
erſten Biſchof von Epheſus nennt. In der Offen:
barung wird die Gemeinde lobend erwähnt (1,11).
Johannes foll nad) der Rüdlehr aus dem Eril in
Epheſus gelebt haben und bort geftorben fein,
ebenfo Maria, die Mutter Jefu. Synoden find in
Ephefus gehalten: 1) Dritte öfumenifhe Synode
gegen den Neftorius, Patriarchen von Gonftan:
tinopel, und feine Zwei⸗Raturen-Lehre 431, aus:
eſchrieben von den Kaifern —— U. und
alentinian III. Päpſtliche Gejandte waren zu:
egen, aber mit dem Auftrag, nicht ſowohl an den
erathungen Theil zu nehmen, als über die An»
jihten zu richten. Ehe die neftorianifch gefinnten
antiohenifhen Biihöfe eintrafen, fältte die Ey:
node bereits unter Zeitung des Cyrill von Alexan⸗
drien über Neftorius dad VBerdammungsurtheil
und fprad) den Glauben an bie — Eini⸗
ung des Göttlichen mit dem Menſchlichen aus.
ie Antiochener hielten, als fie erſchienen, eine
Gegenfynode, und verdammten ihrerfeits Cyrill
und Memnon von Ephefus. Es entftand daraus
eine Spaltung zwiſchen Antiocdyenern und Nleran:
brinern, die mehrere Jahre lang wührte, bis die
Erfteren dem Synodalbeſchlufſſe allmählich beitraten
in dem Vergleiche von 433. 2) Die Räuberſynode
449. Die Xehre des Eutyches von der Einen Na:
tur des fleifhgemordenen Gottes hatte die Sy—
node von Gonftantinopel 448 verworfen. Die in
ihm unterlegene alerandriniiche Partei, an deren
Spige der Patriarch Dioskur von Alerandrien
ftand, erlangte durch Hofintriguen das Ausſchrei—
ben einer ölumenifhen Synode nad) Ephejus 449,
unter dem Vorfit des Dioskur. Nach fehr tumul:
tuariſchen Verhandlungen, bei denen ein Brief
des Biſchofs Leo von Rom nicht zur Berlejung
fam, Euſebius von Doryläum, der Anlläger des
Eutyches, gar nit angehört, aber die andersden—
enden Biſchöfe bedroht und infultirt wurden, fegte
die Synode Eutyches in jeine Würden wieder ein
und anathematifirte Flavian von Conftantinopel,
Eufebiud3 von Doryläum nebft Theodoret und
Domnus von Antiochien. Vergebens proteftirte
Ephob
ber römische Diakon Hilarius und appellirte Fla⸗
vian; Dioslur rief Soldaten und fanatifirie Bo:
beirotten in die Verſammlung, welche die den Be:
ihlüffen MWiderftrebenden mißhandelten. Flavian
wurde von Dioskur jelbit jo gefchlagen, dab er an
den Ba ftarb. Theodofius beftätigte die Be:
ſchlüſſe mit feinem Tod, aber 450 war die Wirk:
famteit derjelben beendigt, und das Goncil zu
Ehalcedon 451 annullirte fie förmlich. Bol. Le:
an fog. Räuberfynobe, Ziſchr. für hiſt. Th.
ß bod. Das Amtskleid bed Hohepriefters.
2. Mof. 28, 9—11; 36, 2—5. Aus Byffus ange:
fertigt, mit Goldfäden, Hyacinth:, Burpur: und
Coccusgarn durchwirkt, bejtand es aus zwei Stü:
den, die den Oberleib dedten und auf der Adıfel
durch einen Onyx zufammengehalten wurden; der
ähnlich gearbeitete Gürtel uümſchloß ed. Auf den
Ephod mit 2 goldenen Ketten und 2 byacinth:
farbenen Bändern befeftigt war dad Amtsſchild,
befegt mit 12 Evelfteinen, deren jeder einen Na:
men der Stämme Iſraels trug. Im diefes Bruft:
IhUd wurden die Urim und Thummim gelegt,
aus melden ber Hohepriejter weiſſagte. Dem
Ephod legte ber — — magiſche Wiehingen
bei, Richt. 8, 27; 17,5. Kleidungsſtücke ähnlicher
em fommen aud) fonft vor, 1. Sam. 2, 18;
2,18; 2. Sam. 6, 14.
Ephoren wurden in Sachſen die Guperinten:
Kar der luth. Kirche genannt. Ephorus heift
ſſeher.
Ephraem, der Syrer. Der größte Kirchenvater
ſeines Landes. Wahrſcheinlich von heidniſchen El:
tern vor 300 geboren zu Niſibis in Meſopotamien,
wurde er von dem bortigen Biſchof erzogen und
als Lehrer an der Schule verwendet, aud) foll er
denfelben nad) Nicäa begleitet haben. Seine theo:
logiſche Gelehrjamieit zeichnete ihn bald aus. Als
Rıfibis an die Perſer gefallen war, zog er fi
längere Zeit in eine Einöde zurüd, wurde felbit
Mönd und lebte jpäter in der Nähe von Edeſſa,
umgeben von einem Kreife jeiner Schüler, als
Diafon der Kirche. Ob er eine Schule zu Edeſſa
begründet, ift ungewiß, ebenfo wie eine angebliche
Reife zu den ägyptiſchen Einfiedlern und nad)
Coſarea zu Bafılius. + 375 oder 378. Nicht bloß
durch feine Commentare und dogmatifchen Schrif⸗
ten, fondern auch als geiftlicher Dichter und Volls—
tebner hat er eine große Bedeutung gewonnen ; die
ſyriſche Kirche bewahrt nod) viele Lieder und Gebete,
die auf ihn zurüdgeführt werden. Biele feiner
Schriften find in Berjen (Ephraemſches Versmaß)
geihrieben, d. h. in Zeilen mit gleiher Silbenzahl
und einem gewiſſen Rythmus. Seine Commen:
tare haben einen bejondern Werth dadurd, daf
fie auch auf die Ueberfegung der Peſchito Nückficht
nehmen. Seine Schriften, —*— — ſind
gtoßentheils nur in griechiſcher Ueberſetzung auf
uns —— Die ger berjelben ift
von Affemani 1732 — 1746, 3 Bände griechischen
und 3 Bünde fyrifhen Tertes mit lateinischer
Ueberjegung. Einzelne Hymnen und Reden find
überjegt von Zingerle, Innsbruck 1830-58. 6 Bde.
Dal. Zengerfe, De Ephraemo Syro S. interprete
1828, Aisteben, Leben des h. Ephräm, 1853.
Ephraim, der Sohn Joſephs. Die Stellung,
welche der ihm entfprofjene Stamm in Sfrael ein:
nahm, jpriht der Segen Jalobs 1. Mof. 48, 1-19
aus, vgl. 49, 22 ff. Wie bei der Eroberung des
229
Epigraphif
Landes der Führer Jofua ein Epyraimite war, fo
war aud fein Stamm der wichtigſte, dem der
Mittelpunkt des eroberten Reiches zum Wohnſitz
angemiefen wurde, Innerhalb feines Gebietes lag
Silo, die Stätte der Bundeslade, und Siem,
ber Ort der Landögemeinde. In der Richterzeit
tritt das Fräftige Selbftgefühl des Stammes her:
vor, Richt. 8, 1.2; 12, 1—3, welches ſchon an
Aufrihtung einer Monarchie denkt, Nicht. 9, 1 ff.
Unter Samuel ber herrſchende Stamm, ſchloß er
fid in alter Eiferfucht gegen Juba an Sauls Sohn
Isboſeth, aus dem ihm eng verbundenen Stamme
Benjamin, an und rif ſich bei erfter dargebotener
Gelegenheit von Juda für immer los, 1. Kön. 12.
Ephraim bildete bleibend den Hauptbeitandtheil
des Zehnftämmereihs, dad zuerſt von einer
ephraimitifchen Dynaftie beherricht wurde.
Ephraim, das Gebirge, aud) Ephron Joſ. 15,9,
Gebirge Iſrael Joſ. 17,15f.; 19,50; 20,7; Richt.
7,24; 17,1; 1 Sam. %, 4, erftredte fid) von der
Ebene Esdrelon bei Ginea bid gen Jerufalem und
ftand mit den Bergen Juda's in Verbindung; reich
an fruchtbaren Thälern, gehörte es zu den beit:
angebauten Diftricten Palaͤſtina's. Einzelne Berge
werden genannt: Ebal, Garizim, Zalmon, Schom:
ron, Saas, Gilboa, Zemarim. — Ein "Wald
Ephraim wir) erwähnt 2. Sam. 18, 6 f., vgl. Jof
17,15, der nach Thenius und Ewald, denen An:
dere widerfprechen, im Dftjordanland zu fuchen
wäre. — Eine Stadt Ephraim, oh. 11, 54;
2. Chr. 13, 19, in der Nähe der Wüjte Bethaven,
nicht fern von Bethel.
Ephrata. Alter Name von Bethlehem (ſ. d. A.),
1. Mof. 35, 19; Mid. 5, 1.
Ephron, Al3 Gebirge of. 15,9 und als Stadt
2. Chr. 13, 19 einerlei mit Ephraim (f. d. A.). Ein
anderes Ephron in Gilead am Einfluß des Yabof
in den Jordan eroberte Judas Mallabäus, 1, Matt,
5, 46. 52.
Epigonatifon. Ein befonderer Ehrenſchmud vor:
nehmer Priejter in der orientaliſchen Kirche, be:
jtehend in einem vom Gürtel auf das Knie herab»
reihenden Schilde, welches den Sieg über die
Sünde und den Tod anzeigen fol, nad Simeon
Metaphraftes. i j
Epigraphif, die Lehre von den Inichriften, ift
eine Hülfädisciplin der —38 Theologie. In—
ſchriften aus der altchriſtlichen Zeit finden ſich an
Cömeterien, in ben Katalomben, an alten Kirchen,
auf Münzen; am häufigften in Jtalien (Rom,
Verona, Mailand), in Südfrankreich (Lyon), ſel⸗
tener in Deutichland (Trier) und im Orient. Gie
dienen dem Kirchenhiſtoriker nicht bloß als Hülfs:
mittel zur Feftftellung der geſchichtlichen Begeben-
beiten, fondern lafjen aud) einen Blid in die reli-
iöſe Auffaffung und in den Stand des riftlichen
Zebens ihrer Urſprungszeit thun. Auch die heid—
niſchen Inſchriften ſind von Belang zur Feſt—
ſtellung der Beer Mehr nod) die Inſchrif⸗
ten ei | den aſſyriſchen Dentmälern, die zur Klar:
ftellung der altteftamentlien Gejhichte wichtig zu
werden verfprechen. Die Epigraphif, namentlich als
tirchliche, ift eine jüngere Wiſſenſchaft; denn wenn
auch ſchon im Mittelalter und feitdem immer häu:
figer und vollftändiger die Inſchriften einzelner
Orte und Gegenden gefammelt und herausgegeben
waren, fo ijt erjt in der legten Zeit Die ——
derſelben im theologiſchen Intereffe Gegenfiand
des wifenfchaftlihen Studiums geworden, al.
Epituräer
Vallarsi e Pi..demonti, Sacre antiche iscri-
zioni, Ver. 1772. Cancellieri, Diss. sopra due
iscıizioni delle sante martiri Simplicia e Orse, | 1738
Roina 1519. Cardinali, Intorno un antico
marmo cristiano, Bologna 1819. Litronne,
Materiaux Br l'histoire du christianisme en
Egypte, en Nubie et en Abyssinie. Par. 1833.
Raoul Rochette, M&moires sur les antiquites
chretiennes des catacombes, Par. 1836 — 38.
Texier, Manuel d’epigraphie, Poitiers 1851.
De Rossi, Inscriptiones christ. urbis Romae,
Rom. 1857. Bol. Rettberg, Kirchengeſch. I, $ 24.
Piper, Evang. Kalender, 1855.
Epikuräer. Diefelben werben ala Gegner des
Paulus Apjtg. 17, 18 erwähnt. Ihr Eudämonis:
mus, der dem Sinnengenuß huldigte, ter Gottheit
wenig Einfluß auf die durch Zufal entftandene
Welt zuſchrieb, und eine Fortdauer nad) dem Tode
L:ugnete, mußte von dem Evangelium des Paulus
fih abgeſtoßen fühlen.
Epiphanienfeft. Feſt der Erfcheinung Ehrifti.
Bol. Tit. 2, 11; 3,4; ftammt aus ber orientali:
{hen Kirhe und war urfprünglid die Feier der
Taufe Ehrifti, durch ar eine Herrlichkeit offen:
bar geworden fei 'pohou&). Die Geburt Chrifti
wurde dort nicht beſonders gefeiert, und das
Weihnachtsfeſt erft im 4. Jahrhundert eingeführt.
ALS dagegen das Abendland das Epiphanienfeft
annahm, troß des Wider tandes der Donatiften,
wurde feine Bedeutung eine etwas andere. Als
Feit der Offenbarung Chriſti bezog man es auf die
Offenbarung an die Heiden, ald deren Nertreter
die Weiſen aus dem Morgenlande galten (Drei:
königsfeſt), oder dur) das erjte Wunder zu Kana
(Bethpfania) oder die Speifung der 5000 (Phagi—
phania). Wegen der Bezichung auf die Taufe
Ehrifti, auf welche noch die Wafferweihe in der
giehilgen Kirche hinweift, ward das Feſt im
dent auch zum Tauftag, und diefe Sitte ver:
flanzte ſich ebenfalls in die abendländifche und
ränkiſche Kicche ohne durchzudringen. — Die Sonn:
tage nad) dem Epiphanienfeft (6. Januar) bis zu
Eſtomihi werden als Sonntage nad Epiphanien
gezählt.
Epiphanius. Geb. zu Befandus bei Eleuthero:
polis in PBaläftina im Anfang des 4. Nahrhun:
derts; wurde von ägyptiſchen Mönchen er:ogen,
die feinem Leben die charakteriftifhe Richtung
aben. Lange Zeit Vorjteher eines von ihm ge:
Rifteten Kloſters in feiner Heimath, wurde er 367
Riſchof von Conitantia, dem alten Salamis auf
Cyoern. Sein Gifer für rg Wahrheit und
Bolltommenheit, dem er nicht jelten mit wenig
Veſonnenheit fich hingab, bewies ſich in der Pflege
des Mönchsweſens und jeinem Haß gegen die
Ketzer, für deren größeften er den Drigenes hielt.
Sein Auftreten in Paläſtina gegen den Bijchof
Johannes von Jerufalem 394 veranlafßte die ori-
geniftiihen Streitig’c’ten. Er ftarb 403, eben
zurüdgelehrt von Tonjtantinopel, wo cr vergeblich
den Chryſoſtomus zu zwingen verjucht halte, der
Terdammung des Drigenes (401) beizutreten. Das
Hauptwerk des Epiphanius iſt fein Banarion, eine
Aufzählung und Wiverlegung aller Häreftien von
Anfang bis auf feine Zeit, unter denen auch die
heidnifche Philojophie ihre Stelle findet. Das
Buch gel;,ört zu den wichtigiten Quellenſchriften für
die Kenntniß der altchrijtlihen Kirchengeſchichte.
Sejammtausgabe feiner Werfe non Betau, Baris
23)
Episcopus in partibus
1859—62, Gervais,
t. Epiphane, Paris
38,
Epiphanius, Bifhof von Pavia. Geb. 439 aus
vornehmer Familie, wurde mit 18 Jahren Diakon
und —— ſich in der Amtsführung ſo aus, daß
er mit 27 Jahren die Biſchofswahl anzunehmen
genöthigt wurde. Das Anjehen, welches er genok,
wurde in der unrubigen Seit, ald das weſtrömiſche
Reid) vlamnenten, oft beugt, um unter den
jtreitenden Fürften Frieden zu vermitteln (474
Nepos und Eurich), oder Schi gegen Bebrüdun:
en (Odoaler, Theoderich) für A Diöceje zu er:
angen, wie er aud) von dem Burgunderlönig
Gundobald die in der gefangenen Ligu⸗
97,
1622, und Dindborf, Seipaig.
L’histoire et la vie de
tier erbitten mußte. +4
Epiphanins Sqolaſticus. Ueberſetzte die Werke
der griechiſchen Kirchenhiſtoriker Sokrates, Gozo:
menus und Theodoret auf Beranlaffung des Caſ⸗
fiodor,, der das su. überarbeitete und heraus:
gab. Es ift dies die Historia tripartita, das im
Mittelalter gemöhnlihe Handbud) der Kirchenge—
ſchichte. Ausgabe von Garet, Rouen 1679. Auch
andere Werfe hat Epiphanius überjegt von min
derer Bedeutung: Codex encyclicus, eine Samm-
(ung von Synodalbriefen an Leo I. und einige
ältere Commentare.
Episcopind, Eig. Simon Biscop. Remonftran
tiſcher Theologe. Geb. 1583 zu Rotterdam, ftudirte
er jeit 1600 zu Leyden unter Arminius und Go:
marus, ging 1609 nad) Franeker und nahm 1610
die Pfarritelle zu Bleyswich an. Als auf der Con:
Kr im Haag 1611 feine theologifche Bedeutung
ic) zeigte, ward er an Gomarus Stelle nad) ey:
den berufen. Auf der Dordrechter Synode verthei⸗
digte er den remonftrantifchen Lehrbegriff, wurde
aber dur den Synodalbefchluß des Landes ver
wiejen und lebte in Belgien, feit 1621 in Franl⸗
reich, bis er 1626 Prediger der Gemeinde zu Rot
terdam wurde und endlich 1634 ala Profeſſor des
arminianifhen Collegiumd nad) Amfterbam ging,
wo er 1643 ftarb. Außer feinen bedeutenden eregeti-
chen Schriften find anzuführen: Confessio s. de-
claratio, 1622; ein Arminianifches Glaubenäbe:
tenntniß Antidotum s. genuina declaratio sen-
tentiae syn. Dord. 1622; Apologia pro confes-
sione; Verus theologusremonstrans. Seine Dog:
matif: Institutiones theologicae ift nicht ganz
vollendet, fie wird ergänzt durd) feine Responsio
ad quaest. theol. Gefammtausg. Durch Gurceläud
1650 und Pölenbrugh 1651. Vgl. Limbord, His-
toria vitae S. Episcop., Amjterd. 1701.
Episcopus in partibus, Titularbifhof.
Weihbiſchof. Bon den Saracenen vertriebene Bi:
Shöfe fanden Aufnahme in Dviedo und dienten
dem dortigen Biſchof als Gehülfen. Da man in
der Hofinung, die verlorenen Diöcejen wieder zu
ns thnen Nachfolger ordinirte, jo bildete
—
ich der Gebrauch, ſolche auf den Titel eines in der
Gewalt der Ungläubigen (in partibns infidelium)
gelegenen Bisthums confecrirten Biſchöfe andern
als Gehülfen im Amte beizugeben, vice-episcopus,
benen —— die Weihe der Kleriler und der
Kirche übergeben wurde (Weihbiſchöfe). Sie find
wirkliche Bilhdfe mit allen Rechten und Ehren,
aber ohne eigene Jurisdiction, dürfen auch nur im
Namen ihre! Drdinariuß Priefterweihe eriheilen.
Das Tridentinum wehrte durch zahlreiche Beſtim⸗
mungen mandem Unfug, welcher durch die vielen
Episkopalkirche
Titularbiſchöfe verurſacht war. Die päpftlichen
Runtien find ſtets Biſchöfe in partibus.
Episkopaltirche, d. i. die anglikaniſche Hoc:
fire. Außerhalb Englands, Irlands und ber
engliihen Golonien befieht fie noch in Schottland
und Norbamerifa. In Schottland (f. d. A.) hat
fie fi aus ber et der Stuarts erhalten, ihre
Anhänger haben jeit 1792 den vollen Genuß der
bürgerlichen Rechte. Die höchſte Gewalt in ber:
jelben übt die Generaljynode aus, in welcher außer
den (8) Biſchöfen auch die Dedanten und bie
Geiftlichkeit vertreten find. Gegen eine ſtarke Hin:
neigung zum Bufeyismus hat innerhalb der Kirche
jelbft eine Reaction ftattgefunden. In Norbamerila
datirt die kiſchöfliche Kirche aus den Zeiten ber
engliſchen Einwanderungen und zählt jegt an 1300
er mit 1700 Geiftliche::.
isfopaliyflem in ver römiſchen Kirche ift
bie kirchenrechtliche Doctrin, nad) welcher die höchite
Gewalt der Kirche bei der Gejammtheit der Bi:
ihöfe jteht, welcher der Papſt unterworfen ift.
Im kommen demnad zwar Rechte der Aufficht,
der Jurisdiction, der Regierung ald wejentliche,
essentialia, vom Primat nicht zu trennende zu,
andere Rechte aber, accidentialia, find nur im
Kaufe der Zeit ihm zugefallen. Es ftügt fi) das
Syftem darauf, dab Matth. 18, 18 der Geſammt—
heit der Apoftel gelte. Ausgebildet wurde es in
ben Kämpfen Bonifacius’ VIII. mit Philipp Mar:
filius (defensor pacis), mehr noch während des
großen Schiömas, und von der Univerfität Paris
Ally, Gerjon) verfochten. Der Gallicanigmus
hielt die Theorie feft, ſowie die janfeniftiiche Kirche
in den Niederlanden. Durch Juſtinus Febronius,
De statu eccles., ward der Verſuch vorbereitet,
den das deutſche Epiäfopat madıte, in der Emſer
—— 1786 die Theorie in Praxis umzuſetzen.
ie römiſche Curie hat von je zähe an dem ent:
gegenjtehenden Papalſyſtem feftgehalten, welches,
Papit und Kirche als Eins betrachtend, alle Gewalt
in ihr allein von Jenem auägehen läßt, wenngleich
fie den Umftänden immer Hüglich Rechnung getra⸗
n —— Seitdem in der Reſtauration die fatholi:
(he iche dem Ultramontanismus fich hingegeben
‚find die Vertheidiger ded E. immer mehr ver:
tummt. Dajjelbe iſt mit der ee a anerkann⸗
ten Lehre von der Unfehlbarleit des Papſtes uns
verträglich, und ebenjo mit der Behauptung von
der Rothwendigkeit feiner mweltlihen Macht. —
In der evangelifchen Kirche ift das Epislopal⸗
igften der erfte Verſuch einer theoretifchen Degrün:
dung der Kirchengewalt des Landesherrn. Es geht
aus von der Verjchiedenheit der Kirche wid des
Staates. Indem es die Epislopalrechte als kirch⸗
liche anſieht, nimmt es an, dieſelben ſeien dem
Lanteöheren entweder durch kaiſerliche Devolution
im Paſſauer Vertrage (ad interim, instar depo-
siti), oder ſeitens der Kirche felbft übertragen. Stahl,
Kirchenverfaſſung nad) Lehre und Recht der Brote:
ftanten, Vgl. Biſchöfliche Gewalt des Landesherrn.
Epiflelbuch, Epistolare over Epistolarium, hieß
ein in der alten Kirche eingeführtes gotteödienft:
liches Buch, welches die zum Vorleſen beftimm-
ten Abjchnitte aus den Evifteln des Neuen Tefta:
ments enthielt. Ihm entſprach das Evangeliariumt.
Epifteln. S. Berikopen, ferner Baulus und die
Raınen der Gemeinden, an bie fie gerichtet find.
Epiftelfeite des Altars oder seichfeite ift die
techte (ſüdliche) Seite deſſelben.
281
Erasmus
iſtemonarch. In der griechiſchen Kirche
A He eines Geiftlichen, dem die a
der Reinheit ter Lehre obliegt und der in Klofter:
ftreitigfeiten als Schiedsrichter fungirt.
Epistolae formatae, ©. Litterae formatae.
Kirchliche Schreihen, in der durch die Ranones vo:
u ee Form verfaßt.
pistolae obscurorum virorum ift ber Tis
tel der berühmten Satyre gegen Dominicaner und
Mönde, als diefe in Reudlin den Humanismus
angegeifien hatten. In geihidter Nachahmung des
rg ge und Ser Mönchsſprache ſchildern
diefe Briefe, die an Ortuinus Gratius in Köln,
den Gehülfen Pfefferlorns und Führer der Finfter:
linge, gerichtet fein wollen, das leere, unjittliche
und unmifjende Treiben der Mönche. Der geift:
reihe Wig der Briefe überfchritt zwar zumeilen
die Grenzen ber Urbanität und dei Wahrheit, aber
der Erfolg war ungeheuer und verjekte dem Mönch—
thum einen unheilbaren Schlag. Nad dem Titel;
blatt erjchienen die Epist., deren Drud die ſchlech—
ten Kölner Xettern nahahmte, in Venedig bei
Adus Manutius, in bei Wolfgang —8
in Hagenau 1515; ein 2. Bud) 1517, dem ſpäter
noch ein in jeder Beziehung ſchwächerer 3. Theil
folgte. Als Verfaſſer gelten nei und Erotus us
bianus. Der zweite Theil ift auf der Ebernburg in
dem Sickingenſchen Kreife entjtanden. Aeltere Yuss
aben: Frankfurt 1643, London 1710; neuere:
totermund, Hann. 1827, Böding, Lpz. 18068.
Eppflein, Die Herren von. ©. Mainz.
Equitivd, Abt mehrerer Klöfter in Baleria im
6. Jahrhundert, führte ein heiliges Leben und pre:
digte viel in Städten und Dürjern, hatte aber nie:
mals die Weihen empfangen.
Eradmuß, der Heilige. Einer der 14 Nothhelfer,
Patron ver Kolilfvanten und Fürbitter bei Vieh—
ſeuchen, war nad) den Bollandiſten Biſchof im an:
tiochenischen Patriarchat unter Diocletian, mußte
zu Antiohien und Sirmium viel leiden und ftarb
zu Formiä in Campanien. Seine Gebeine find in
Badia und andern Städten. In Italien Heißt er
St. Elmo.
Erasmus, Defiderius. Geb. zu Notterdam am
28. October 1467, die Frucht einer ungejeylichen
Verbindung. Wurde Sei den Brübern des gemein-
famen Lebens in Deventer unterrichtet, jpäter in
Herzogenbuſch, trat in Gouda ins Klofter Emmaus
1486, empfing 1492 die Prieſterweihe und ging
nach Paris, dort ſeine Studien fortzuſetzen; von
da 1497 nad) England und Stalien. Nach einem
neuen Aufenthalte in England, mo an Heinrich
VII, ehrte und ihm ſowohl eine Profeſſur in Cam:
bridge, als eine Pfarre in Aldington übertragen
atte, nahın er 1521 feinen Aufenthalt in Bajel,
— literariſchen Beſtrebungen allein ſich hin»
gebend; dort ſtarb er 1536, nachdem er ſeit 1529
einige Jahre in Freiburg im Breisgau gelebt hatte,
unzufrieden mıt den reformalorischen Bewegungen.
Der Reformation jelbit hielt fig E. fern, er ER
tete von ihr eine Schädigung der Wiffenjchaft;
mehr noch entfreimdete ihn derjelben ein perjüns
liher Streit mit Hutten und fpäter mit Luther.
Aus diefem ging feine Schrift vom freien Willen,
De libero arbitrio diatribe hervor, vgl. aud)
Hyperaspistes diatribe adv. seryum arbitriun
Lutheri. &o lange cr honnte, ſuchte er eine
vernittelnde Stellung zwiſchen den Parteien eins
zunehmen und machte daher jelbft dem Bapite
Graftianismus
Neformationsvorſchläge 1521. Die Verbienfte des
Eradınud um die Reformation, mwenngleid) er zu
ihren Gegnern gezählt werden muß, find dennod)
nicht gering. Man verbantt ihm die erſte griechiſche
Audgabe des Neuen Teftaments, Bafel 1516, 1519,
1522, 1527, 1535, nad) welcher auch Quther über:
fegte. Seine Paraphrajen des Neuen Teſtaments,
ſowie viele Tractate find geihä t und athmen
hriftliche Frömmigfeit. Zu bemerken ift fein Ber:
ſuch einer theologiſchen Encgllopädie: Ratio s.
inethodus compendio perveniendi ad veram
theologiam, 1522, und einer Homiletit Ecclesia-
stes. Öro find endlich feine Berdienfte um die
Batriftik, die er fi) durch Herausgabe vieler Kir«
henväter und beren — in elegantes
Latein erwarb. Die älteſte Ausgabe ſeiner Werke
Baſel 1540,9 Bde., die beſte von Clericus, Leyden
1703—1706. Sein Leben ſchrieben Burigny, Par.
1757 (liberjegt von Reich, Helmſt. 1782), Heß, Zü:
rich 1790, 2 Boe., Müller, Hamb. 1828.
Eraſtianismus. Craft Oppofition gegen cal:
viniſche Presbyterialverfaffung und Kirchenzucht
wurde durch eine nachgelafjene Schrift: Explicatio
gravissimae quaestionis, utrum ercommunicatio
mandato nitatur divino, an etc., melde Beza be:
ftritt, in England befannt und fand vielen An:
Hang. Daher ift E. dort die Anſicht, welche die
Kirche der Staatdgewalt unterworfen wiſſen will.
Eraflus, Thomas. Eigentl. Liebler oder Lieber.
Geb. 1524 au Baden in der Schweiz, nad) Andern
u Augen bei Badenweiler, ftudirte er in Bafel
Eheofogie, dann in Bologna Philofophie und Me:
bicin, ward 1558 Brofeflor der Medicin in Heidel:
berg und Leibarzt bei Kurfürft Dito Heinrid. Als
Mitglied des Kirchenraths unter Friedrich III.
vertrat er die zminglifche Anficht vom Abendmahl
und von der Kirhenzucht, ohne damit durdhzu:
bringen. Er fiel foger der Ercommunication
anhem wegen jeines mem mit ketzeriſchen
Unitariern. 1560 nad Baſel ald Profefjor der
Moral berufen, ftarb er dort 1583.
Erbarmen ift die Gemüthäbewegung, welche
burch den Anblid des Unglüds erregt wird und
zur thätigen Hülfe Hindrängt. Sie wird Gott zu:
ejchrieben 5. Moſ. 30,3; a 103, 13; Jef. 14,1;
ds, 13; Röm. 9,15; 11, 32 u. ö. Sie ift Pflicht
des Chriften, Kol. 3,12. Die habituelle Eigenſchaft,
aus der fie hervorgeht, ift die ————
Erbauung. Der bildliche Ausdruck hat bibliſchen
Urſprung, 1. Tim. 3, 15; 1..Betr. 2, 9; 4, 17; 1.
Kor. 3,9; Eph. 2, 21, und bezeichnet die Förde—
zung des chriſtlichen Lebens nad) dem voraefted:
ten Ziele. Mit Unrecht pflegt man dabei nur ange:
müthliche Erregung zu denten. Ein wirklicher Fort:
Schritt ift nicht anzunehmen, wenn die Förderung
des Gemüthslebens nicht mit einem Wachsthum
des Verftändnifjes und einer Kräftigung der fitt:
lihen Willenskraft verbunden ift, daher Erbauung
nur zu finden, wo dies Alles vereint wird, Das
Hauptmittel der E. ijt der Gottesdienft, indem er
dad chriſtliche Leben des Einzelnen in Beziehung
zu dem Gemeinfchaftsleben der Gemeinde * in
melden: allein es ſich richtig und vollftändig ent:
wideln lann.
Erbauungsbüder. Hat auch ſchon jedes gedie:
gene Buch, indem es eine tiefere Welt: und Gottes:
erienntniß vermittelt, eine erbauliche Seite, jo be:
ſchränkt fid) der obige Name doch auf die Schriften,
die eine förderung des geiftlichen Yebens durch
232
Erbauungsbücher
vorherrſchende —— des Gemüthslebens be⸗
zwecken. Das älteſte Erbauungsbuch iſt der Pſal—⸗
ter, wie das Bedürfniß der Erbauung zuerſt nach
dem Hymnus und dem Liebe greift, und noch jetzt
das Gefangbud das eigentlichite und verbreitetite
Erbauungsbuch des Volkes ik. Ald Erbauungs:
buch der chriſtl ichen Gemeinde war dann viel be:
nußt der Hirt des Hermas. In den folgenden Zei⸗
ten find die verbreitetiten und ein Pr ten
Auguftind Bekenntniffe, die myftifhen Schriften,
wie die des Bernhard von Clairvaux und ber
eigentlichen Myſtiker, dann in zahllofen Auflagen
das Muftererbauungsbud, die Nachfolge Chrifti,
von Thomas a Kempis. Mit ber Reformation be:
gann in beiden Kirchen eine neue fruchtbare Pe:
tiode der Erbauungsliteratur. In großartigem
Maße erbaulic wirkten die vielfahen Schriften
Luthers, welche das innere perfönliche Leben zu
ihrem Gegenftand maden (vgl. Krummacher, Her:
zensmeide aus Luthers Werten, 1835). Beſonders
aber hat das 17. Jahrhundert, die Zeit des Arie:
ges und bed Elendes, viel für Erbauung geleiftet,
mie bie Schriften von Jaf. Böhme (Weg zu Chrifto,
neu 1865), J. Arndt (Bücher vom wahren Chriften:
thum, neu 1859, von Arummadher herausg., Bara:
diedgärtlein, zulekt 1857 und 1859), 9. Müller
(Himml —A Geiſtliche Erquickungsſtunden,
1664, neu 1861) und Eh. Scriver (Geiftl. Seelen:
ſchatz, 1737, neu 1858). An Erbaulihem reich war
die pietiftiihe Schule: Spener (f. Schriften geſam⸗
melt Magdeb. i742), Frande (Gef. erbaul. Schrif:
ten, 1702), Schmolte (Sottaeheiligte Morgen: und
Abendandaditen, neu 1828), 3. F. Star! (Mor:
gen: und Abendandaditen, neu 1862), Storr
(Epriftl. Hausbud), neu 1846), Terfteegen (Geiftl.
Brofamen, Von der wahren Gottjeligleit, Weg
der Pocher Briefe). Aus England: Bunyan
(des Chriften Pilgerreife), Barter (der fichere
ührer zum Himmel) u. A. Aus der allgemeinen
efühldgährung des 18. Jahrhunderts entſproſſen
— Lavater Vermiſchte Schriften, 1774—81),
ung Stilling (Theobald oder die Schwärmer,
Sendſchr. geprüfter Chriſten, 1233) u. A. Aus
dem Rationaliömud und dem ihn: gleichgefinnten
Supranaturaliämus entiprang die moralifirende
Erbauungäliteratur mit Hinneigung zur Senti«
mentalität. Unter den —— bauungs⸗
ſchriften dieſer Richtung, wie diejenigen von Tob—
ler, Sander, Rojenmüller, Zollilofer, Förſter,
Emald, Reinhold, Hahn, Delbtüd, Sintenis, Cas⸗
pari, Spieler, Geßner, Rebs, Winkler, Ammon,
Hüffell u. A, bat Zſchokke's Werk: die Stunden der
Andacht, Aarau 1809— 15 u. ö. die größte Verbrei⸗
tung gefunden. Die Reaction gegen den Rationa:
lismus im 19. Jahrhundert griff entweder wieder
auf Xeltere zurüd, oder producirte im Geiſte der
Aeltern Neues. Die Schriften von J. Arndt, J.
Gerhard,H. Müller, Ch. Scriver, Storr, Schmolle,
Stark und Andern mwurven wieder neu herausgege:
ben; während Werke, wie Stier Reden des Herrn
Sefu, 3. Aufl. 1866, Kapffs Gebetbud, 1839, Lan:
en Grundzüge der urdriftlichen frohen Botichaft,
839, Tholud8 Stunden der Andadıt, 1839, ver:
ſchiedene Schattirungen der neueren Gläubigkeit
haralterifiren. Aus der dem kirchlich traditionellen
Beifte abgewandten Richtung der Theologie find
entftanden: 9. Lang's Stunden ber Andacht,
1863—65, als Zeitſchrift: Zitteld Sonntagabend
(bis 1865). Von fatholijigen Andachtsbüchern find
Crbfähigfeit der Klöfter
hervorzuheben: Franz von Sales’ Philothea, Fe:
nelons geiftlihe Schriften, Molino's Geiftlicher
me er, Sailer, Vollſt. Lehr: und Gebetbud,
1840, Darup, Unterhaltungen mit Gott, 1839,
Nad, Gebetbuch, 1888, Brand, der Chrift, 1840,
Hauber, Bollit. chriſt. lath. Gebetbuch, 1841, Hirs
iger, Betrachtungen über die fonnt. Evangelien,
1841 u. a. ©. aud) d. Art. Communionbüder.
Erbfähigfeit der Klöſter. S. Klöfter.
Erbguade, Erbfegen. Die Lehre von der Erb:
gnabe, welche zuerſt Lasco aufgeftellt hat, unter den
Reueren 3. P. Lange, ift Die richtige Ergänzung ber
Lehre von ber Erbfünde. Wie diefe aus dem Natur:
fammenhange jedes age er mit ber Gefammt:
beit hervorgeht und ald Mangel an ihm offenbar
wird, jo erſtrecken ſich aud die in den Beſitz der
Gefammtheit ala —— Sitte, Ordnung ꝛc.
übergegangenen Wirkungen des chriſtlichen Geiſtes
auf den Einzelnen mit ihren helfenden und heilen:
den Einflüffen, die ihn der gläubigen Hingabe an
Ehriftus entgegenführen.
Erbredt bei den Hebräern. Als die Erben tre⸗
ten bei den Hebräern die Söhne auf, welche den
väterlichen Nachlaß fo theilen, daß ber Erftgeborne
einen Doppelantheil erhält, 5. Mof. 21, 17, da er
dad Haupt der Familie wird. Töchter erben nur,
wenn es an Söhnen fehlt, müffen aber einen Mann
aus ihrem Stamme heirathen, wenn fie den Erb:
ader nicht verlieren wollen, 4. Mof. 27, 1 ff.; 36,
1ff.; Joſ. 17,8 f.; 1. Chr. 23, 22, da dieſer zu»
naͤchſt als Eigenthum bed Stammes angejehen
wurde. In weiterer Folge erbten die Berwandten
des Vaters. Darauf, daß legtwillige erg
ftatthaft ge feien, fcheinen 2. Sam. 17, 23;
Jeſ. 38, 1 Hinzudeuten; von Tejtamenten findet
fih aber feine Spur. ,
Erbrecht der Kirche. Das Geſetz Conftantind
erlaubte der Kirche, felbjt lienende Gründe als
Lermächtniß zu empfangen, und fie war das Mit:
telalter hindurch darin völlig unbeſchränkt. Die
neuere Zeit machte durch Specialgejeggebung in
jedem einzelnen Falle die Annahme von der Staats:
exlaubniß abhängig, oder doch bei einem gemifien
Betrage des Legates, oder fie bejchränkte den Erb:
ng der Kirche durch Abzüge zum Beften der
chulen und des Fislus. Das fan. Recht ſetzt die
Kishe oder den Biihof zum Erben Alles deſſen
ein, was aus den kirchlichen Beneficien erjpart
und gewonnen ift; mehrfach aber entmwidelte ſich
daraus das Gemohnheitärecht, daß die Fürften die
98 und Aebte beerbten (jus spolii s. exuvia-
rum). Daher wurde den Geiftlihen die Freiheit zu
teftiren gegeben, anfänglich unter Beſchränkungen
u Gunjten der Kirche, allmählich aber fiel das
echt der Kirche auf den Nachlaß der Geiftlihen
ganz hinweg. Stifter und Klöfter erben das Ber:
en ber Religiojen, wenn diejelben nicht wäh:
tend des Noviziates ein gültigeö Teftament errid):
tet haben,
Erbſünde. S. Sünbe.
Erdbeben werden in ber Bibel erwähnt unter
Ahas, 1. Kön. 19, 11, unter Ufia, Am.1, 1; Zad).
14, 5 und Matth. 27, 51 ff. Die Natur des Lan-
und Erfahrungen der neuern Zeit lafjen vor:
aus feken, daß fie häufiger gemwejen jeien.
Erde, Welche Anfichten die Hebräer über Geftalt
und Beſchaffenheit der Erde hatten, ift nicht Mar,
nur, ſcheint es, dachten auch fie fich diejelbe als
eine Scheibe. Aus den dichteriſchen Stellen der
233
Erleuchtung
Plalnten, des Hiob und der Propheten läßt fid)
auf die eigentliche Vollsmeinung Tein Schluß ma:
hen. Die geographifhe Kenntniß erweitert jich
erft allmählich.
Erech. 1. Mof. 10, 10. Aracca zwiſchen Sufiana
und Babylon am Tigrid. Manche wollten Edeffa
— —— deſſen Gründung aber ſpäterer Zeil
angehört.
rectio benefleii. S. Beneficium.
Eremit, S. Anachoreten und Einfiebler,
Erfurt hat in der Reſormationsgeſchichte einen
dauernden Namen dadurch erhalten, daß Luther
im Auguftinerflofter (1505—1 ) zu der entfchei:
benden Wendung feines innern Lebens fam. Seine
Lehre fand jo viel Anklang (Predigt 1521), daß
bereitö 1525 Erfurt ganz evangelifch war tro% der
Serrichaft bes Mainzer Erzbifchof3, und ſelbſt im
ertrag von Hammelburg 1530 den Katholifen
nur der Dom und zwei Kirchen wieder eingeräumt
wurden. Borgearbeitet war durch die Humaniften
ber Univerfität (von 1392 bis 1810), welche aud
die Bublication der Edihen Bannbulle nicht zu⸗
ließen. Das Auguftinerflofter ift jept durch Rein:
thaler zu einer Rettungsanftalt (Martinzftift) ein:
gerichtet.
Erfurtices Bud ift eine 1581 in Erfurt durch
die Theologen Kirchner, Chemnig und Selneder
auf Befehl der Fürften von ber Pfalz, Branden«
burg und Sachſen verfaßte Apologie der Eoncor:
dienformel,
Ergebung. Die chriſtliche Ergebung unterſchei⸗
det fi von dem Fatalismus und der Refignation
dadurch, Wei fie ſich zwar in ber Hand der Allmacht
Gottes weiß, der fie nicht entrinnen fann, aber
das Vertrauen zu der Weisheit und Liebe Gottes
in fi jchließt, daß das In feiner Zeitung das
Heil in fd faffe, und daß fie deshalb bereit ift,
auch die Leiden bed Lebens ger zu übernehmen.
u der Welt. S. Thätigkeiten Gottes.
Erhard, Biſchof zu Regenäburg im 7. ober 8.
Jahrhundert, der das Klofter Niedermünfter grün:
dete und ald Heiliger verehrt wurde. Er joll nad
der Legende ein Bruder des Biſchofs Hildulf von
Trier gemwefen fein (f. d. 9.).
Erhard, Thomas Aquinas. Katholiſcher Bibel:
überjeger, ng 1722, 2 Bbe., 6. Aufl. 1748.
Erhöhung Ehrifli. S. Stände Chriſti.
Erhörung des Gebets. S. Gebet.
Erigena. S. Scotus Erigena.
Erlennbarleit Gottes. ©. Gott.
Erlkenntniß. S. Glaube.
Erklärungs-Urkunde iſt die von Wesley am
28. Febr. 1784 beim ——— ein⸗
regiſtrirte Urkunde, durch welche er die Conferenz
der Methodiſten als Corporation ſtiftete, und ihr
das Eigenthum ber Capellen übergab. Sie ift bie
Derfaffungsurtunde der methodiftifhen Kirche.
S. Methodismus.
Erlaßjahr. S. Yubeljahr.
Erlaubt. S. Adiaphora.
Erleuchtung (illuminatio) J nach der Dogma⸗
tif der Kirchenlehre einer der Grade in der fubjec-
tiven Aneignung des Heild von Seiten bed Men:
ichen, und bebeutet die durch den heil. Geift be:
wirkte, vem natürlichen Menſchen nicht zulommende
höhere Einficht in die göttliche Wahrheit. Iſt Gott
der Urheber alles Lichtes (Jak. 1, 17), Chriftus
das Licht der Welt (Joh. 9, 5), fo iſt der heil. Geift
die erleuchtende Kraft, welche in alle Wahrheit
Erlöfchen einer Pfarrei
führt (Joh. 14; val. Eph. 1, 17; 2. Kor. 2, 12).
Die Kirchenlehre hat eine vermittelte und eine un:
vermittelte Erleuchtung unterjchieden, jene durch
die heil. Schrift, diefe durch Jnfpiration, ließ aber
die lehtere, der Inipiration ter Hierarchie in der
latholiſchen Kirche und dem innern Licht der My:
jtifer gegenüber, mit dem apoftolifchen Heil abge:
Ihtoffen fein,
Erlöſchen einer Pfarrei findet nur ftatt durch
Pereinigung mit einer andern, wenn fie zu Kein
oder zu arm ift. Das Concil zu Toledo beftimmte
10 Familien als Minimum einer felbftändigen
Parochie. Bon dem Erlöfchen durch Einverleibung
ift zu unterfheiden die Bereinigung, bei der zwei
ober mehrere felbftändige Pfarreien von einem
Pfarrer bedient werben, unio per acqualitatem
oder per subjectionem, wenn die erlojchene Pfarrei
durd einen jtändigen Gehülfen oder als Filiale
verwaltet wird. Das Erlöfchen der Pfarreien wird
von der Kirchengemwalt ausgeſprochen nad Anhö:
rung der Betheiligten, die * privaten Rechte gel:
tend maden, und unter Zujtimmung bes Staates.
Erlöfer. S. Jeſus Ehriftus,
Erlöferorden. In Italien geftiftet von Vincenz
von Mantua zur Beihüsung des latholiichen Glau⸗
bens, ift im 18. Jahrhundert aufgehoben. Der
griechiſche E. ift ein welt!icher Orden.
Erlöfung. Das Chriftentgum Tennzeichnet ſich
— unter dem Begrifſe der Erlöſung.
Der große ſittlich-⸗religiöſe Vorgang innerhalb der
Menſchheit, den wir jeiner Außenjeite nad) Chri:
ſtenthum nennen, ift feiner Innenfeite nad) eine
Befreiung der Menfhheit von Sünde und Uebel.
Diefe beiden Mächte des menſchlichen Lebens bilden
den Inbegriff feiner Unfeligteit, und die Befreiung
von ihnen ift das eigentlihe Räthſel der Menſch—
heit. Daher finden wir ebenfofehr in der vordhrijt:
lichen Zeit ein ftetiges Streben nad) diefer Löſung,
als in der nachchriſtlichen Zeit ein Bemwußtfein,
daß das große Ereigniß der Geifteswelt, nad) dem
bie Zeiten gefucht haben, nunmehr eingetreten ift.
I der hriflichen Theologie bildet der Besriff der
rlöſung den Mittelpunkt; feine Entwicklung hat
aber immer, je qrößer der Gegenftand war, defto
mehr Schwierigleiten dargeboten, Indem die hei:
lige Schrift vorwiegend nur die prattifchen Biel:
reg ber Lehre ins Auge faßt, tritt das Beariff:
iche derfelben nod) fehr in den Hintergrund. Im
Alten Teftamente, das mit dem tiefen Gefühl der
Sündhajtigleit und der aus der Sünde machjenden
Schuld aud) dad Bebürfniß einer Erlöſung lebhaft
ausjpricht, bilden Opfer und hierarchiſche Bermitt:
fung die beiden bedeutungsvollften Einrichtungen,
weldje eine Berföhnung des durch die Schuld von
Bott getrennten Herzens für den Einzelnen wie
für das ganze Volt bezweden follen. Da aber trotz—
dem fortwährend die Gegenwart nie der Berufung
bes auserwählten Volles entiprad), und das na:
tionale Unglüd immer größer wurde, trat auch
der Gedanke einer Erlöfung im Großen immer
Harer nor das prophetiiche Auge, aber noch in
ſchwanlende Borftelungen und in irdiſche Bilder
gekleidet, mit erft allmählicher Deutlichkeit der
meſſianiſchen Perfönlichkeit, durch welche die natio:
nale Grlöfung Jiraels ſich vollzichen follte (f. d. 4.
Meſſias). ug Sad eine Erlöjung, welche durch
Leiden ihren Durchgang nimmt, bleibt dem alt:
teitamentlihen Bewußtſein nicht gänzlid) fremd,
obgleich dis Stelle Jeſ. 53 nicht direct auj den
234
Erlöfung
Meſſias zu beziehen ift, ſondern auf das leidende
wahre Srael (vgl. auch Luc. 2, 34 ff.). Im Reuen
Teitament tritt nun die Jdee der Erlöfung in den
Mittelpunft des Denkens als das eigentliche Wefen
des Werkes Chrifti. Während aber Urſache und
Ziele der Erlöfung deutlich gezeichnet werden, findet
ſich der eigentliche Borgang, das Wieder Erlöfung,
gemöhnlid nur im Allgemeinen und in Ausdrüden,
von denen es ungemiß ift, wie meit fie eine be:
ftinnmte Theorie ausfprechen und wie weit fie bild:
lich find, bejchrieben. Als die Urjache der Erlöfung
wird allenthalben die fich erbarmende Liebe Gottes
betrachtet, welche in der Sendung Chrifti und ganz
bejonders in jeinem Tode eine ihr enifprechende,
unendlich wirkſame That vollbracht Hat (oh. 3,16;
1. Joh. 4, 8.9; Röm. 5, 18). Ebenſo wird als das
Ziel derjelben mit gleicher Deutlichleit die Erret:
tung des Menjchen aus feinem Elende von Chriftus
ſelbſt unter verjchiedenen Bildern, am liebften un:
ter dem Bild des Wiederfindens eines Verlorenen
(Zue. 19, 10}, bezeichnet, ferner die Bergebung der
Sünden (Matth. 26,28) und die Herbeiführungeines
vollfommenen BZuftandes der Einheit mit Gott,
des Lebens (oh. 6,54), des Friedens (Nöm. 5,1),
des Heils (Apitg. 4, 12); als das Ziel im Großen die
— des Reiches Gottes auf Erden betrachtet.
agegen —* ſich die Auffaſſung des erlöſenden
Mittels als eine ſehr verfchiedenartige dar. Häufig,
beſonders bei Johannes (8,31; 14,6 u. ö.) ift die
von Chriftus ausgehende Wahrheit das Mittel, wel:
ches den Menſchen frei macht und ihm Leben jchentt.
Allein, je mehr im Tode Jeju die Bedeutung feines
Lebens gipfelte, defto mehr concentrirte fid) aud) die
Erlöſungslehre um dieſe Thatfache. Der Tod Jeſu
wird betrachtet ala eine Verſühnung des jündigen
Menſchen vor Gott, als ein Sühnopfer (Röm. 3,
25° 1, Betr. 1,18), oder als ein Xöjegeld, mit dem
Biele aus dem Sündenverderben losgelauft werden
(Matth. 20, 28). Der Tod Jeſu wirkt Vergebung
der Sünden (Matth. 26,28) und errettet den Sün:
der vom Zorne Gottes (Röm. 5, 9; Eph. 2, 3).
Woher dieje Wirlung fommt, darüber ift die Ant:
wort nicht beftimmt; im Allgemeinen daher, daf
der Tod Jeſu der höchſte Erweis göttlicher Liebe
ift, daß er als folder die Feindſchaft des Men:
ſchengeſchlechtes aufhebt und diejes legtere in jeine
Gemeinihaft zieht (Röm. 5, 10; Kot. 1, 21).
Ueberhaupt wird als das erlöfende Subject Gott
gedacht, der die Welt mit ſich ſelbſt verjöhnt (2.
Kor.5, 19); weniger gewöhnlich ift die Borjtellung,
nad) welcher Chriſtus durch fein fühnendes Opfer
die Umwandlung des Zornes Gottes in vergebende
Liebe ermöglicht. Ber Johannes wird das Leiden
als ein Kampf Chriſti mit der Finſterniß betrachtet,
indem der Tod als ein Werk des Fürften dieler
Welt, aber aud) zugleic) ald defjen Veſiegung (12,
31) erfcheint. Der Tod ift die Verklärung Chrifti
ın Gott und fein Eingang in die Gemeinde, mo:
durd) dieje letztere eins ift mit Gott. Paulus vers
tnüpft die Eriöjung mit feiner Lehre vom Geiet.
Hat das Geſetz vermöge feines Begriffes über Die,
die unter ihm ſtanden, ven Fluch herbeigeführt, jo
hat Chriſtus diefen Fluch freiwillig auf fid) Fe
nommen und ihn am Kreuze getragen (Gat. 3, 1 ).
Es hat dadurd eine gewille Vertauſchung der
Eigenſchaften ftattgefunden (2. Kor. 5, 15), mo:
durd), wie Chriftus unfere Sünde, fo uns feine
Gerechtigkeit eigenthümlich wurde. Damit jtreift
die neuteftamentliche Dentmeife ſchon an dei
Erlöfung
Gedanken der Stellvertretung, obgleich das ge:
wöhnlihe „für uns” Sterben noch ſchwankt zwi—
fhen dieſem Begriffe und dem „zum Beften, zur
Segnung für Andere”, Allgemein ift dann mie:
der die Lorftellung, daß das Merk des Todes
fortgefegt wird derch den erhöhten Chriftus,
indem er und vertritt ald emwiger Hoheprieſter
Ve 7,25 ff.) und für und betet (Röm. 8, 34).
n ber nadhapoftolifhen Zeit hat die Lehre von
der Erlöfung weniger al3 andere Lehren eine theo:
logische Ausbildung gefunden. Indem man fich
vorzugämeife an bie Idee ded Todes Jeſu als
eines Kampfes zwifchen dem Logos und dem Teu⸗
fel anf 108, legte man die Bedeutung deſſelben
darin, daß ber Teufel, jei es, daß er in Chrifti
Seele eine Art Löſegeld empfing, jei es ald Ge:
täufchter, dadurch das Anrecht auf die Menſchen
verlor, daß er jih am Heiligen vergriff (Gregor
von Nyffa, Auguftin, Leo, Origenes u. V.). Dod)
febten daneben alle biblischen Ausdrucksweiſen fort,
ohne daß fich eine auögebildete Theorie Daraus ent:
mwidelt hütte. Bald air die Borftellung einen
mehr myſtiſchen Charalter an, indem man ber
Menſchwerdung überhaupt eine ſchon in ihrem Be:
griff liegende verföhnende Kraft zufchrieb, in fpe:
cieller Weife aber auch dem Leiden Chrifti, das man
übrigens noch in Parallele jegte mit den Leiden
anderer, feibft auch heionifcher Märtyrer von ähn:
licher Wirkung; bald einen mehr moralifirenden
Charakter durch Hervorhebung des Vorbildes und
durch das im Tode Chrifti hervortretende Princip
der Heiligkeit (Jrenäus, Arius u. A.). Eine abjo:
Iute Nothwendigkeit des Opfertodes Chrifti murde
nod nicht angenommen. Eine feſte Geftalt erhielt
die lirchliche Erlöfungsiehre erjt durch die von
Anjelm von Canterbury in feiner Schrift: Cur
Deus homo? unter. aommene apriorifche Gonftruc:
tion des Begriffes Erlöjung. Ausgehend von den
Begriffen der Sünde und der göttlichen Gerechtig—
leit, conftatirt Anjelm die Thatjache, daß der Menſch
ald Sünder der Strafe der Gerechtigkeit verfallen
fei, daß er fraft der letztern nur durch eine hinrei:
chende Genugthuung ſich die Bergebung der Schuld
erwerben könne. Da aher die Sünde eine unend:
fi) große iſt und dem entſprechend die Genug:
thuung aud) eine unendliche fein muß, kann fie der
Menſch nicht leiften; e3 kann F überhaupt nur
ein Weſen leiſten, das ſeiner Natur nad) uncnd:
liche Wirkungen hervorzubringen vermag. Ein fol:
8* Weſen iſt aber nur Gott —** und doch kann
Gott ſelbſt die Genugthuung nicht leiſten, da es
ja in der Natur der letztern liegt, daß ſie von Dem
* werde, auf welchem bie Verſchuldung ruht.
Um nun dieſen beiden Forderungen zu genügen,
it Gott Menſch geworden; ald Menſch hat er die
enugthuung, welche durch da3 göttliche Recht ge:
fordert ift, geleijtet, und zwar als jelbft fündlos,
bat er fie lediglich anftatt der Andern geleiftet;
als Gott aber hat er die Genugthuung fo geleiftet,
dafs fie unendlich groß ift und das Maß ber Sünde
noch weit überfchreitet. Diefe die Erlöfung ald einen
sein objectiven juribiihen Prozeß betrachtende
Theorie Hat in der Scholaftit ſelbſt noch nicht zur
vollen Anerkennung —— en können; die Theorie
von einer durch den Tod Thriſti erweckten, beſeli—
genden Liebe (Abälard), die alte Vorftllung vom
Kampf mit dem Teufel (Bernhard von Clairdaux),
die Opferidee und andere Vorftellungen beftehen
noch zum Theil unklar neben einander Thomas
235
Erlöfung
von Aquin fchliekt fi enger an Anfelm an, ob:
wohl auch er nicht ausſchließlich an der juridiſchen
—— feſthält und die abſolute Nothwendig:
feit dieſes Prozeſſes leugnet. Dadurch, daß Tho—
mas ein überfließendes Verdienſt Chriſti annahm,
trat er in Gegenſatz mit Duns Scotus, welcher
das letztere, ais nur vom Menſchen Chriſtus geleis
ſtet, nur als Endliches in feiner Wirkung betrachtet,
welches aber Gott als vollgenügend gnadenvoll
annimmt (ſ. d. Art. Acceptatio). Das Triden—
tinum hat (Sess. VI, 3) die Lehre von einer Ge:
nugthuung durch Chriftus jomeit anerkannt, ala
dadurch das Intereſſe, der Kirche ihre erlöfende
Wirkſamkeit zu fichern, n’cht gefährdet war. Die
Schuld der Erbfünde wird demnach als durch die
Satisfaction Chrifti verfühnt erachtet, aber für die
Sünden nad) der Taufe noch befondere Genug:
thuungen nöthig gebaen, bie allerdings nurin Ber:
bindung mit der Satisfacticn Chrifti geleiftet wers
den können. Indem die Reformation in ihrem Ans
fange weniger das theoretiiche al3 das praftifche
Intereſſe betonte, war ihr in diefem Stabium auch
nur daran gelegen, mit der vollen Energie de3 neu»
erwachten Glaubens dad Verdienſt Chrifti gegen
das Verdienft a Merte hervorzuheben, was
meift im engften Anſchluß an die 2** bibliſche
——— geſchah. Je mehr aber das dogma⸗
tiſche Intereſſe erwachte, deſto mehr wurde auch
die Anſelmſche Lehre der Ausgangspunkt ihres
dogmatiſchen Denkens. Eine weitere ve
* dieſelbe dadurch erfahren, daß der Begriff de
ehorſams zum Mittelpunkt der Satisſfactions⸗
lehre wurde, daß man einen doppelten Gehorſam
unterſchied, einen thätigen, welcher darin befand,
daß Chriſtus die Forderungen des Geſetzes volls
fommen und ftellvertretend für uns erfüllte, und
einen leidenben, durch melden Chriſtus die Ge:
fammtheit der an der Sünde haftenden Strafe auf
fid) genommen hat. Aus beiden leitet ſich das ein»
zige und univerfale Berdienft Chrifti als das ſchlecht⸗
hin nothmwendige und unverlierbare Gut der
Menichheit ab. Indem zu diefer Verföhnung am
Kreuze noch die Fürbitte Chrifti (intercessio) bei
Gott als erlöfendes Mittel — und dieſe zu⸗
ſammen wieder einen logiſchen Gegenſatz bilden
zu der erlöfenden Thätigkeit Chriſti als des Offen:
barers göttliher Geheimniffe und als des bie
Kirche und feine Gläubigen ſchützenden und för:
dernden MWeltregenten, hat ſich aus dieſer Dreiheit
die ſchon bei den Hirchenvätern angedetitete, in der
lutheriſchen Kirche ſcharf entwidelte Lehre von ben
drei Aemtern Chrifti (f. d. Art. Amt) herausgebil:
det: dem prophetifchen, hohepriefterlichen und kö—
niglihen. Die reformirte Lehre ftellte feinen
principiellen Gegenſatz gegen die lutherifche auf:
nur hat das Prädeftinationsdogma eine univerfale
Erlöfung nicht gerne gelten laſſen, und, indem es
diefe auf die Ermwählten befchränlte, der erlös
fenden Thätigkert Chrifti einen mehr den Rath:
ſchluß Gottes vollziehenden, als ſelbſtändig urſäch—
lichen Charakter verliehen. In der nachfolgenden
Entwidlung der proteftantiichen Theologie wurbe
die Lehre der Symbole vielfach abgeſchwächt, und
vom Rationalismus des 18. Jahrhunderts auf den
Begriff des Vorbildes oder auf eine rein allegorifche
Bedeutung (Kant) beſchränkt. Erſt Schleiermacher
iſt auch in dieſer Frage wieder oorerng auf⸗
getreten. Indem er bie Lebendigkeit des religiöſen
Bewußtjeind als Ziel der Erlöfung betrachtete,
Ermenricus
war ihm bie für den Erlöfer geftellte Aufgabe die,
daß in ihm ein religiöfes Bemwußtjein von jchledht:
biniger Kräftigkeit in die Geſchichte eintrat. Da:
Be daß der Chrift durch die hriftliche Gemein:
ſchaft mit dem ſchlechthin Fräftigen religiöjen Be:
wußtjein des Erlöfers in Gemeinjchaft tritt, wird
jein eigenes ——— Bewußtſein in ſtets wach—
ſendem Maße lebendig. Demgemäß hat auch der
Tod Chrifti, welcher ein unverjchuldetes Eintreten
Chriſti in den Zufammenhang des menjchlichen
Uebelä bedeutet, den Zwed, die Gemeinſchaft zwi:
ihen Erlöfer und Erlöften als eine immer leben:
digere Herzuftellen. Die neueren Darftellungen
find mehr oder minder mit diefer Schleiermader:
ſchen verwandt; ie gehen meift von bem Gedanken
aus, daß in Chriſtus ein volllommenes Menſchen⸗
leben in die Erſcheinung getreten ift, daß in der
Bollendung defjelben durch Leiden und Sterben die
Macht der Sünde principiellgebrodhen worden und
daburd) ein neues Leben der Erlöjung ſich ange:
bahnt hat. Theilweife find diefe Ideen aud) wieder
der Genugthuungslehre der alten Kirche ie ge:
führt worden, fo ift 3. B. aus diefer Vermiſchung
bie Lehre v. Hofmann’s entjtanden, daß in dem
Leiden Jeſu ein Kampf zu jehen fei mit der Macht
bed Teufels, dejjen Ende die Gründung einer neuen
Lebensgemeinſchaft geweſen, eineLehre, welche einen
lebhaften literariſchen Streit verurſachte über die
Frage, ob dieſelbe noch mit der Satisfactionslehre
der luth. Kirche zu vereinbaren fei oder nicht. Val.
Schriftbeweis ©. 115; Ertl. Ztihr. 1856; Schuß:
ſchriften 1856 und 1857; Philippi, Vorwort zum
Hömerbrief, 2. Aufl. 1855; Thomafius, das Be:
lenntniß der luth. Kirche von der Berjöhnung und die
Lehre v. Hofmann's, 1857. — Ueber die Geſchichte
ber Verfühnungälehre vgl. Baur, die hriftl. Lehre
von der Verjöhnung, Tub. 1838; ©. Thomafius,
Hist. dogm. de obedientia Chr. activa, 1845.
Zur Bibellehre: de Wette, De worte J. Chr. ex-
iatoria, 1813; Klaiber, die neuteft. Lehre von der
ünde und Erlöfung, 1836; Tollin, Entwidlung
der Lehre von J. Ehr. ald dem Erlöfer aus der
heil. Schrift, 1834; Ficker, die Bedeutung des To:
bed %., 1836; Slienlen, De justificatione, 1839.
—— Perioden der Lehre geſchichtlich: Bähr,
die Lehre der Kirche vom Tode Yefu in ben erften
3 Jahrh., 1831; Höfling, die Lehre der ältelten
Kirche vom Dpfer, 1857; Schnedenburger, Vom
boppelten Stande Chrifti, 1848; C. Schwarz, De
satisfactione Chr. ab Anselmo exposita, 1841;
Weiffe, Luther quid de consilio ınortis et res.
J. Chr, senserit, 1845, befonders aber die jpätere
beutijhe Bearbeitung: die Chrijtologie Luthers,
Leipzig, 2. Aufl. 1855; Tholud, die Lehre von der
Sünde und vom Erlöfer, 1838; Schneemann, die
Verſöhnungslehre der prot. K. hift. und Frit., 1844.
Auffäge: Ev. Krchztg. 1834 ; Fronmüller, Studien
der Geijtl. Würtemb., 1846; Schöberlein, Stud.
undfrit. 1845, und Grundlehren des Heils, 1848 ;
Weizſäckers und Ritſchls Aufläge über die Verſöh—
nungslehre in Dorners Yahrbb. der deutſchen
Theologie; nad einer andern Seite hin Stier (in
feinen Beiträgen und Eregefen) und Menken; auch
die Haffifhe Abhandlung von U. Schweizer in
Etub. und Krit. 1858. ©. endlich die Werte über
Doqmatif, Dogmengeldichte, Symbolif.
Ermenricus. Mönd von Reichenau, fpäter Bi:
ſchof zu Paſſau (866), fchrieb eine Biographie des
heil. Gallus, bei Perg, 1, 2, p. 31.
236
Erpenius
Ermiland, Ein preußiſches Bisthum, welches
nad) der Bulle De salute anim, unmittelbar unter
dem Papſte ſteht; urfprünglich eines der vier Bis:
thümer des Deutfchen Ordensgebietes. Der Biſchof
hatte anfangs aud die weltlihe Gewalt als Zehen
und wurde deutſcher Reichsfürſt. 1464 fam das
Bisthum unter Polens Oberhoheit und konnte da⸗
ber der Reformation den Eingang vermehren. Bei
der erften Theilung Polens fiel ed an die Krone
Preußen. Der Biſchofsſitz ift Frauenburg, ein
BPriefterfeminar zu Braunsberg.
Ermoldus oder Ermanrieud, Abt von Ellman:
en im 9. Jahrhundert, ein Schüler des Rabanus
aurus, ijt der Berjaffer einer Biographie des,
heil. Sola, und überarbeitete die Biographie des
heil. Mang, des Apoftels des Allgau, welche Theo:
dor von Kempten gejchrieben hatte.
Ernefli, Johann Auguft. Geb. am 4. Auguft
1707 zu Zennftädt in Thüringen, als Sohn eines
Predigers. Er ftudirte in Wittenberg und Leipzig,
wurde 1731 bier Conrector, 1734 Rector an der
Thomasfchule, 1742 a. o. Brofefjor der alten Lite:
ratur, 1756 Profeſſor der Beredfamteit, 1758 Dr.
und Profefjor der Theologie und Domberr zu
Meiffen. + 1781. Als ausgezeichneter Bhilologe
jtellte er für die biblifche Eregeje den Grundfag
auf, daß der Sinn der Worte in der heil. Schrift
auf feine andere Weife ermittelt werden dürfe, als
in andern menſchlichen Büchern, und wurde damit
der Vater der grammatifch:hiftorifhen Interpre-
tation. In den Prolusiones de theol, hist, et
dogm. conjungendae necessitate legte er ben
Grund zu jelbftändiger Bearbeitung der Dogmen⸗
geſchichte. Opuscula philol. critica 1764—77 ; In-
stitutio interpretis N. T. 1761, 5. Aufl. dur v.
Ammon 1809; Initia doctrinae solidioris, Leipg.
1736; — theol. Bibliothel 1760—71; Neuefte
1773 -79.
Erneſtiniſche Bibel. Auch Weimariſche, Go»
thaiſche, Jenaiſche oder —— Bibel ge⸗
nannt. Ein von Herzog Ernſt J. von Sachſen
1636 unternommenes Bibelwerk, welches von 29
—— Theologen bearbeitet, von den jenai«
ſchen Theologen Major, Gerhard, Himmel, Dil:
herr und Olaf revidirt wurde und, mit Anmerfuns
gen und Kupferftihen verfehen, ein ſehr werth:
volles, im Jahre 1640 vollendetes Werk darjtellte,
Erneuerung. S. Wiebergeburt.
Erniedrigung Ghrifli. ©. ——
Ernte bei den Hebrüern. Die religiöſe Auffaſ—
fung Iſraels, wonach ed auch den Lohn feiner Ars
beit al$ von Gott ihm geſchenkt anerkennt, ſpricht
fi) bei der Ernte in den gejeglichen Beitimmungen
aus, daß diefelbe eröjfnet_wird burd die Dar:
bringung der Erſtlingsgarbe am zweiten Tage des
Paſſah, d. 5. am 16. Abib, Aehrenmonat, Nifan
3. Moſ. 23, 10, und gefchloffen mit dem Feſte der
Einfammlung, Zaubhütten, 3. Mof. 23, 15; 5.
Moſ. 16, 1; ſowie in den Vorfchriften, daß die
Enden der Aeder nicht geſchnitten werden und
wie die Nachlefe den Armen gehören follten. Das
Treiben ber Ernte ſchildert Ruth Cap. 2 und 3.
Erntedankfeſt. S. Feſte.
Erpenius. Thomas van Erpe. Holländiſcher
Orientaliſt. Geb, 1584 zu Gorkum, ſtudirte er un:
ter Scaliger zu Leyden und bildete ſich auf ausge:
dehnten Reifen. 1613 wurde er Brofeflor der orient.
Spradenin Leyden, 1619 des Hebräijchen. + 1624.
Seine Verdienſte beziehen ſich auf die arabiſche
Errichtung einer Pfründ:
Grammatik und die Herausgabe einer arabiſchen
Bentateuchüberjegung, Leyden 1622. Grammatica
arab., end. 1613; Locmani fabulae, 1615; No-
vum T. arabice, 1616,
Erridtung einer Piründe. S. Beneficium.
Erſchaffung. S. Schöpfung.
Erfte Bitte. S. Eripectanzen.
Erfigeburt. Ale männlihe Erftgeburt war
Jahve heilig und wurde von reinen Thieren inner:
halb eines Jahres geopfert, 4. Mof.18, 17; hatte fie
aber einen Fehler, “ wurde diejelbe vom Eigner zu
rivatmablzeiten verwendet, 5. Mof. 15, 21. Die
geburt der unreinen Thiere wurde eingelöft mit
Sulegung des fünften Theild des Werths, 4. Mof.
18,15. Die erftgeborenen Söhne, die urjprünglich
m Dienite des Heiligthums beftimmt gemejen
ein mochten, wurden jeit der Abfonderung des
Stammes Levi, 4. Mof. 3, 12, im Tempel darge:
ftelt und losgekauft, 2. Mof. 13, 13.
Erfilinge. Da alle Erftgeburt dem Herrn ge:
bört, jo fielen auch die Erftlinge der Bodencultur
* zu und wurden Eigenthum der Prieſter, 5.
of. 18, 8; Ey. 44, 30. Wie viel aber Jeder von
ber el ran geben wollte, blieb ihm über:
lafjen. Die Miſchna e ıthält genaue Beftimmungen,
die zum Theil durch die Berftreuung des Volkes
bedingt und hervorgerufen worben waren, was
an das HeiligthHum, was an die Priefterftabt ab:
geliefert werben jollte, zu welcher Zeit und in
welchem ge
Erthal, Franz Ludwig von, Fürftbifhof von
Bürzburg. Einer der beften und edeliten geift:
ligen Fürften, der die Schulbildung und Aufklä—
rung jeined Boltes fich angelegen jein ließ, die
Grundjäge der Emfer Punctation fefthielt und
egen Proteftanten duldſame Anerkennung bemies,.
boren den 16. September 1730, trat er 1763 in
das Würzburger Domcapitel und wurde 1779 zum
gürfnifchof von Würzburg und Bamberg erwählt.
ftarb am 14. Syebr. 1745.
Erwählung. S. Prädeftination.
Erweckung ift die pſychologiſche Erſcheinung,
welche ſich bei einem bisher wenig intereſſirten
Gemüth durch ein außerordentliches Intereſſe
jeigt, jo daß der Vorgang einem plötzlichen Er:
wahen aus einem Schlafe gleiht. Auf dem
religiöfen Gebiete (Eph. 5, 14) tritt dieſe Erfchei-
nung am bäufigjten und oft am auffallenditen
ſowohl bei einzelnen Perſonen, als in ganzen Ge-
meinjchaften auf. Defters erfcheint die Erweckung
ald mächtige Reaction gegen ein fündhaftes und
irteligiöjes Leben, indem in Folge irgend eines
äußern oder innern Anlaffes die Gewifienstpätig:
feit oder auch die Furcht vor dem dunkeln drohen:
den Jenſeits mächtig wach gerufen wird. Die Er:
medung fann auch einen gleihjam epidemifchen
Charakter annehmen, wie in der in England durch
Wesley und Whitefield hervorgerufenen großarti:
gen Bewegung; in diefem Falle wird ihr freilich
wohl immer auch viel Krankhaftes beigemijcht fein,
und gar mande Erſchutterung fid hinterher mehr
als eine nervöſe, denn fittliche ermweijen.
Erwin. Berühmter Baumeifter, zu Steinbach
in Baden geb., daher E. von Steinbad) genannt,
baute die weitlihe Fagade ded Münfters in dem
benachbarten Straßburg, deſſen Grundfteinlegung
am 25. Mai 1277 jtattfand. Er erlebte die
Vollendung des Baues nicht, fondern ftarb
den 17. Januar 1318, Sein Sohn Johannes
237
Escobar y Mendoza
ſehte ben Bau fort bis zu feinem Tode im Jahr
1399
Erzbifhef. Der Name dozunisxono; lommi
zuerjt als Bezeichnung der durch das Anfehen ihres
Bisthums bevorzugten Metropoliten vor; und ſpä—
ter der Metropoliten, welchen Andere untergeben
find. Im Abendlande aber wurde der Titel jedem
Metropoliten, der andere Biſchöfe unter fich hat,
egeben. Mit der Ausdehnung des päpftlichen
Peimate find die erzbiſchöflichen Privatrechte ver:
Hleinert ; außer den Ehrenrechten, dem Range und
dem Pallium, beftehen fie in der allgemeinen Auf:
ſicht über die Suffraganbijchöfe der Brovinz, in dem
Rechte, Provinzialjynoden zu berufen, und in der
höheren Gerichtöbarteit als Appellinjtanz ber bi:
ſchöflichen Gerichte.
Erzbrüderſchaften. S. Brüderichaft.
Erzengel. ©. Engel.
5332 ©. Padagogik.
Erziehung bei Den Hebräern. In Iſrael lag
die Erziehung der jungen Generation durchaus in
der gejchloffenen Familie, und da fie das bewußte
Ziel hatte, das Kind ald Glied des religidjen und
nationalen Gemeinweſens heranzubilden, jo war
fie durch und durch religiös, auf ihrer Eigenart
ruht der ausgeprägte Nationaldaralter. Die hei:
lige Gefhichte und das Gejeg wurden dem finde
von frühfter Jugend an eingeprägt, 2. Mof.
12, 26. 27, durch Gemwöhnung und Belehrung.
Mit dem zwölften Jahre wurde der Knabe geſetzes⸗
pflitig und nahm Theil am Gottesdienft und den
Feſtzügen. Eigentlihe Schulen gab es erft in
jpäterer Zeit. Jeſus ben Gamala fol die erite
Kinderfchule furz vor der Zeritörung Jeruſalems
eingerichtet haben. Für ältere Knaben waren durch
Simon ben Schetach in den größeren Städten Schus
(en eingerichtet, in denen die Schrift und das Ge»
je gelehrt wurden.
Erzpriefler. ©. Archipresbyter.
Grjvater. ©. Patriarch.
Ejarhaddon. König von Afiyrien, Sohn und
wahrſcheinlicher Nachfolger Sanheribs, 2, Kön.
19, 37; Jef. 37, 38; Tob. 1, 21. Er ließ Eoloni:
ften in die entvölferten Stätten Iſraels verpflan:
zen, Eira 4, 2,
Eſau. S. Edom.
Eid, Johann, oder von Eſſen. Auguftinermönd
in Antwerpen. Er und der Priefter Heinrich Voes
wurden als erfte Blutzeugen der Reformation am
1. Zuli 1523 zu Antwerpen verbrannt. Belannt iſt
Luthers Lied von den zwei Märtyrern.
Eschatologie Heißt die Lehre von den legten
Dingen und bildet gewöhnlich den Schluftheil der
Dogmatik. Ueber den eschatologiſchen Stoff f. die
Art. Apokataftafis, Auferftehung, Gericht, Hölle,
Tod, Unfterblichleit der Seele u. j. w. Ueber bie
Lehre des Alten ——— vgl. Friſch in Eich—
orns Allg. Bibl. IV, Ziegler in Henke's Mag.
. V; über die des Neuen: * l, Quid doetr.
de animorum immortalitate rel. chr. debeat;
Meizel in Stud. u. Krit. 1836, Georgii in Zellers
Jahrb. 1845, Zeller, ebenda 1847. Neuere dogma-
tifche Abhandlungen ſ. unter Unfterblichkeit.
Escobar y Mendoza, Antonio. Geb. 1589 zu
Balladolid. + 1. Juli 1669. Als Jefuit it er be:
rühmt geworden durch fein Liber theologicus
moralis 1662, in meldem er vorzüglih ben
Probabilismus entmwidelt. Ihm erſcheint die
Verſchiedenheit der Meinungen al3 eine göttliche
Escurial
ar weil dadurch das Joch Chrifti jo leicht
würde.
Escurial. Ein Hierongmitenflofter, zu Ehren des
heiligen Laurentius durch Bhilipp Il. von Spa:
nien 1563 — 1584 erbaut. Herbftaufenthalt und
Grabftätte der jpanifhen Königsfamilie. Bon Be:
deutung ift die Bibliothek, welche durch die Ver:
mächtniſſe des Gonzales Perez, Secretair Karls,
Mendoza (} 1575) und des Erzbijhofs Antonius
Auguftinus (+ 1586) einen Neihthum an Hand:
en befist, darunter den Codex aureus. Ca-
ogue des manuscrits Grecs de la biblio-
thèque de l’Escurial par E. Miller 1848.
ddrad. ©. Esra.
Esdrelon. Jud. 1,8; 4,6. Die große Ebene
wiihen dem Gebirge Ephraim und den galilät-
fen Bergen, vom Kionbach durchfloffen, 8 Stun:
den lang, 4—5 Gtunden breit, welche zur Zeit
Siraeld gut angebaut und äußerſt fruchtbar war,
jegt öde und wüſte ift. In der Ebene lagen
die Städte Megiddo und Jesreel, nach denen fie
auch genannt wird; im Mittelalter das Caſtell
Saba, daher planum Sabae; auch heißt fie cam-
pus legionalis von dem Drte Legio Marimiano-
polis zur Römerzeit. Häufig war dieje Ebene zum
Schlachtfeld gemählt: von Sideon, Richt. 6, 33;
7,17f.; von Saul, 1. Sam. 29, 1; von Ahab,
1. Kön. 20,26; Jojia gegen Nedho, 2. Kön. 23,29;
2. Chr. 35, 22; von Bespafian.
Eſean. Stadt im Gebirge Juda, Jof. 15, 52,
Ejel. Der Ejel wird in der Bibel als ein nütz⸗
liches und geihägtes Hausthier, von dem ganze
Heerden gehalten wurden, 1. Moſ. 32, 15; 1. Chr.
28, 80, oft erwähnt. Man bediente fid) deſſelben
um Reiten, 2. Moj. 4, 20; 4. Mof. 22, 21, zum
afttragen, Joſ. 9, 4; 1. Sam. 16, 20; 4. Moj.
13, 15, und zum Pflügen, 5. Mof. 22, 10. Im
Kriege wurde er, außer in der ältejten Zeit, 1.
Mof. 49, 11, nit benugt, Sad. 9, 9. Ber:
fiide Truppen aber waren mit Efeln beritten ge:
macht. ALS unreines Thier durfte der Eſel weder
gegeflen noch geopfert werden. — Der wilde Ejel,
onager, ber in der Wüſte heerdenweiſe lebt, tft bei
den Propheten ein häufiges Bild unbändiger und,
trotsiger Freiheitsliebe.
Ejelorden. ©. Trinitarier,
Gijelsbrüder. Beiname der Trinitarier (ſ. d. A.),
bie anfänglich nur auf Eſeln reiten durften.
Eſelsfeſt. Bei den dramatiſchen Darftellungen
der bibliihen Gefhichten in den Kirchen im frü:
er Mittelalter, die mit der Zeit mehr zur Be:
uftigung als zur Erbauung des Volkes gefeiert
wurden, jpielte ber Ejel eine große Rolle, jo daß
in Rouen die Feier der Weihnacht, wegen der Auf:
führung von Bileams —— Eſel und in
Beauvais die Feier der Flucht nach Aegypten am
14. Januar den Namen des Eſelsfeſtes führte, und
das Thier wihrend der Meſſe aufgepugt in der
Kirche ftand. In Deutichland fanden fi ähn—
liche, aber weniger anftößig aufgepußte Gebräuche.
Das Concil zu Bafel verbot folh Poſſenſpiel. In
der Symbolik der mittelalterlichen Künjtler ift der
Eſel das Bild der Dummheit und groben Sinn:
ee aud wo er die Meſſe lieft oder die Harfe
pielt.
Eskol (Traubenthal). Ein Bad) Baläftina’s,
4. Moſ. 13,23. 24; durchfloß das Thal bei Hebron
238
Edra, das Bud
Esnit. Eznik. Ednag. Biſchof von Bagrewand.
Ein ausgezeichneter armenifher Theologe, war
geboren zu Koghb Gochp) im 5. Jahrhundert und
war ein Schüler Sahals und Mesrops. Seine
Kenntniß der griechiſchen Sprache machte er für
Armenien us Sammlung und Ueberfegung der
griechiſchen Kirchenväter fruchtbar, und ald Mit:
arbeiter an der Bibelüberjegung. Sein Hauptmwert
iſt aber „die Zerftörung der Jrrlehren” in 4 Thei-
len, wovon der erite die Heiden, der zweite die Bar:
fen, der dritte die griehifchen Philofophen, der
vierte die Marcioniten bekämpft. Ausg. Smyrna
1762, Benedig 1826, franz. rer, durch Le
Vaillant de * Paris 1858, Died Wert
ftellt duch Inhalt, Spradhe und Darftellung
Esnik unter die armenifchen Klaſſiker.
Espen, Zeger Bernhard van. Geb. zu Löwen
9. Juli 1646, ftudirte er Theologie und kanoni—
ſches Recht, ward 1673 Priejter, 1675 aber Doc:
tor und Profeſſor des fanonifchen Rechtes. Sein
Jus ecclesiasticum universum, Zömwen 1700, ver:
trat das Epislopalfyfien und den Janſenismus,
fam daher auf den Inder 1704. Die Beröffent:
— ſeines Gutachtens, in dem er die Wahl
und Weihe des janſeniſtiſchen Erzbiſchofs von
Utrecht vertheidigte, nöthigte ihn, Löwen zu ver:
laſſen; er ftarb zu Amersfort 1782. Seine Bio:
raphie ift von Gabriel du Bac de Bellegarde. Ge
Fermmttoußgobe der Merle, Löwen 1758 ff, Jus
ecelesiast., Köln 1777, Mainz 1791,
G3peroniflen. ©. Speronistae.
Esra. Der en lebte am Hofe des
Perſerlönigs Artarerges Longimanus, zog aber,
mit einem Schuß: und Freibrief deſſelben ver
fehen, an der Spike eineö neuen Zuges Jfraeliten
nad) Serufalem, um daffelbe aus dem neuen Ber
fall, in den Serubabeld Eolonie gerathen war, zu
befreien. Er nahm eine fcharfe Reinigung bed
Volkslebens nad) jtreng gejeglihen Anſchauungen
vor, vertrieb die ie Weiber mit igren Kin
dern und ſchied die Fremden aus der Gemeinde
aus. Der Gottesdienft mit feinen Opfern und
Feſten wurde eingerichtet und die Neuerung ein
geführt, daß das Geſetz vorgeiefen und erflärt
wurde, Neh. S, 1 ff. Er joll ven Kanon zufammen:
gejtellt und auch die legte Bearbeitung des Benta:
teuch® vorgenommen haben. Die Gründung des
Synedriumd wird ihm gleichfalls zugefchrieben.
Sein Werk ergänzte Nehemia, der Mundſchenk
des Artarerres, der fih zum Landpfleger in Ju:
däa ernennen ließ und mit umfichtigem Eifer den
dur die Störungen und Intriguen der Sama:
riter und Ammoniter gehinderten Aufbau ber
Mauern betrieb, und damit die Wiederherſtellung
des Voltes und eines in ſich geſchloſſenen Staats:
lebens begründete.
Esra, Dad Bud, gehört unter die fog. Hagio—
graphen, und erzählt die wichtigften Begebenheiten
aus der Gefchichte des jüdifchen Volkes jeit ber
Rückkehr deffelben aus dem Eril unter Serubabel
und Joſua, einfchließlich der Inſtitutionen, welde
Esra unter dem zurüdgelehrten Volke geſchaffen
bat. Die ſechs erften Capitel ſchildern die Rüd:
tehr der Juden unter Cyrus, die neuen gotted:
dienftlien Einridtungen, den Bau de3 Tempels,
feine Fear his in bad zweite Jahr des
Königs Darius Hyftafpis, feine Weiterführung un:
und ergoß fich ind todte Meer. — 2) Ein Amoris | ter dem Einfluffe der Propheten Haggai und Sa:
terfürfs, mit dem fi Abraham verbündete,
charja, die Vollendung und Einweihung. Cap. 7 - 10
Era, 3. Buch
239
Either, das Buch
berichten das Auftreten Esra's, feinen Zug nach Jer | Ben. Die Stadt Hatte ihre Freiheit dem Stifte
rufalem, die durch ihn bewirkte Ausſcheidung der
‘gemben Weiber und jonftige Mafregeln zur Her:
ftellung der theofratifchen Reinheit. Zu bemerten
ut, daß die Abſchnitte 4, 8—6, 18 und 7, 12—26
chaldäiſch nefchrieben jind, das Uebrige hebräiſch.
* tücke ſind offenbar faſt unverändert vom
aſſer aufgenommene Urkunden. Ebenfoift Cap.
2 eine Urkunde (vgl. Neh.7, 5). Im zweiten Theile
ft 7,26—9, 15 von Esra felbft vcrfaßt, wie der
rauch der erften Perſon erweiſt. Dagegen ift es
itig, ob Edra der Berfafler des Ganzen ift, da
in den übrigen Theilen von ihm in der britten
Berfon geredet wird und ihm ſehr ehrende Präbi-
cate (7, 1—11) verliehen werden. Die Einheit ber
Berfafferfhaft beider Theile (1—6 und 7—10) hat
man wegen einzelner Verſchiedenheiten der Aus:
drucksweiſe mit Unrecht bezweifelt. Eine ziemlich)
allgemeine Annahme ift die Einheit der legten
Redaction für die drei Bücher a Esra und
Rehemia, welche (f. d. A. Chronik) nur zu der An:
nahme ausgedehnt werden muß, daß dieſe drei
Schriften urſprünglich ein Buch mit einander bil:
beten (dagegen Keil). Bal. Kleinert, Beitr. zu den
theol. Wiſſenſchaften von den Brof. d. Theol. in
Dorpat, a 1832; ferner die eg
über die Chronik, die Einleitungen ind U. T. bef.
son Berthold, de Watte, Hävernif, Keil. Exegetiſch:
Bertheau in dem furzgef. ereg. Handbud) 1854.
&ira, 3. Bud. S. Apofryphen. Vgl. Volk:
mar, Handb. der Einl, in die Apofryphen 1862,
Era, 4. Bud. S. Pjeudepigraphen.
€, van, Joh. Heinr. Leander. Der katho—
liſche Bibelüberfeger. Das neue Teftament über:
fegte er in Genoflenichaft mit feinem Better Karl
van Eß 1807. Das Alte Teftament, von ihm allein
bearbeitet, erjchien 18.2—1836; die ganze Bibel,
von ihm und Meter beforgt, 1840. Der Bibel:
verbreitung diente er nicht nur durch diefe Ueber:
fegung und die Ausgaben der Bulgata 1822, der
LXX 1824, des gr. R. T. 1827, fondern auch
durch verjhiedene Schriften zur Empfehlung und
Beriheidigung des Bibelleſens, ſowie ald Mit:
= der Negenäburger und Agent ber brittifchen
ibelgefelljchaft. Er war geboren am 15. Febr.
1772 zu Warburg. trat in die Benedictinerabtei
Neumänfter bei Air ward 179€ Briefter,
1799 Pfarrer im Klofter. Nach der Aufhebura
der Abtei ftudirte er orienialifche Sprachen, ward
1812 als Bfarrer und a. o. Brofefior nad) Mar:
burg berufen, legte aber 1822 feine Aemter nie:
der, um fich allein feinen Bibelftudien zu widmen.
+ 1847 zu Affolderbach im Odenwald,
€, van, Karl. Geh. 1770 zu Warburg, trat
1788 in die Benebictinerabtei Huysburg bei Hal:
dt, deren Vrior er 1801 wurde, Bei der
Aufhebung herfelben 1804 wurde er erſter Pfar:
ter der Gemeinde und bifchöfliher Commiffar für
Magdeburg. + 1824. Er betheiligte fid) an der
Bibelüberjegung feines Vetter, trat aber, einge:
ſchüchtert dur die Erhebung des Romanismus,
urüd und machte 1517 durch bittere Ausfälle auj
ie Evangelijchen in einer Geſchichte der Nefor:
mation einiges Auffehen.
‚Ehen. Das reihsunmittelbare adelige Vene:
dietinerftift an der Grenze von Gleve und Mart
wurde 577 gegründet und ftand unter der Schirm:
Dogtei der Graſen von der Mark; kam 1803
durch den Reichsdeputationshauptſchluß an Preu:
gegenüber oe und führte 1561 die Refor:
mation durch Annahme der Augsburgiſchen
Confeifion (1563) ein, gab fih aud 1664 eine
eigene Kirchenordnung, die i691 vermehrt wurde
(bei Jakobſon). Das Eſſendiſche Gefangbuch 1614
ift dad von Pfalz: Neuburg in Berg und Mart
eingeführte. Der efjeudifche Streit wurde herbei:
eführt durch den pietiftiihen Separatiömus des
N redigers Merker (1659-—1728).
Eſſener. Ein jüdifcher religiöfer Orden, ber
um 150 v. Ehr. zuerjt auftritt und nad Philo
und Kofephus zu Ehrifti Zeit, an 4000 Glieder
—* am Todten Meere in feſtgeſchloſſenen Gemein⸗
haften in Enthaltſamkeit und Arbeitfamieit und
ftrenger Unterwerfung unter ihre Obern lebte. Nur
nad) längerem Noviztat wurde der Eintritt in Die
Gemeinſchaft gejtattet. Sie enthielten fi) ber
een Vergnügungen und mieben die Che.
u ihrem Eultus gehörten Wafhungen und ſym⸗
bol:jhe Opfermahlzeiten, den eigentlichen Opfern
und dem jüdiſchen Tempeldienjt waren fie feind.
Ihre Lehre war Geheimlehre. Die praftifch:cäte:
tiihe:contemplative Richtung überwog jevenfalld
das LZehrintereffe. Der Efjäismus fteht in Ver:
bindung mit den ägyptiſchen Therapeuten; der
jüdiſche Grundgedanke von levitifcher Heiligung
des Lebens ift durch alerandrinifche Ideen weſent⸗
lich modificirt. Andere haben in den Eſſenern die
Ausläufer der Chafidäer gejehen, fo daß fie dem
Vharifäismus nehe ftänden, während Andere fie
mit dem Prophetenthum und perfifcher Magie in
Verbindung bringen; noch Andere (Bauru, Zeller)
finden in ihnen die Aufnahme der heidnifchen
Philofophie in das Judenthum und die Grund:
lage des Chriftenthums. Ein anderer Zuſammen—
hang der Ehafidäer mit dem Ehriftenthum ift aber
nit nachzuweiſen, als daß der Ebionit:ämus
eſſeniſche Anfichten in fih aufnahm, als die Refte
der Efjener nad dem —— bes jüdijchen
Volles fih an die hriftlihe Gemeinde angeſchloſ⸗
fen Hatten, Bol. Beer, Gefchichte, Lehren und
Dleinungen aller rel. Secten der Juden, 1322,
Eifig wurde, mit Del vermischt, alö erfrifchen:
bes Getränf von geringen Leuten (Ruth 2, 14)
getrunken. Mit bitteren Stoffen (Galle) vermiſcht,
wurde er Chriſtus am Kreuz gereicht, um ihn zu
betäuben.
Ethanol, Aftaol, Stadt in der Ebene Juda's,
Joſ. 15,33, von der keine Spin mehr zu fin:
den ift.
Eſthemo. 30f.15,50; 21,14. Eine Priejterftabt
im Gebirge Juda, vielleicht dad Hrutige Semua.
Eder, das Buch, erzählt, wie durch die Huge
Vermittlung der Ejther, einer jüdifchen Jungfrau,
welche wegen ihrer Schönheit zur königlichen Ge:
mahlin des Xerged erheben ward, ein Anfchlag
auf das Leben der Juden glücklich abgewender und
denſelben vielmehr Gelegenheit zur Nache und zur
Vergeltung an ihren Feinden geworden fei. Die
Erzählung Hat ben Zived, die Feier des weniger
——— als volksthümlichen erg an welches
bei der Abfaſſung des Vuches ſchon länger beftan-
den haben muß, zu begrinden. Das Bud In
allen Büchern des Kanon in Bezug auf religiöfe
Lebensauffaſſung nad) ; der Name Gottes kommt
gar nicht vor; zwar ſpricht fi das Nationalgefühl
aus, aber als racjgieriger Fremdenhaß. Das Bud
hat mehrjacge Bearbeitungen erfahren, auch Zuſätze
Eithland
erhalten, die Luther als Stüde in Efther wieder
ausgeichieden hat. Die griehifhe Bearbeitung
eines gewiſſen Lyſimachus brachte der Levit Doſi⸗
theos und jein Sohn Ptolemäus nad Aegypten.
Eſthland. ©. Liefland.
Eftomihi. ©. Feite.
Etam, Aitam. Eine Stadt in Juba, von Re:
habeam befeftigt, 2. Chr. 11, 6; von dort führt:
eine Wafferleitung, deren Ueberrefte ſich noch fin-
den, nad) Jerufalem.
Ethan. Einer der drei Sangmeifter Davibs,
1. Chr. 15, 17. 19; 1. Kön. 5, 11; vgl. jedoch
1. Chr. 25, 1; 2. Chr. 35, 15 und Ewald, Boet.
BB. J1, 213. Dem Ethan wird durch die Ueber-
jchrift der 89. Pſalm zugetheilt, eine Fürbitte für
das herabgefommene Gejchleht Davids.
Eihbaal. König von Sidon und Tyrus, der
Schwiegervater des Ahab von Jfrael; regierte 32
Sahre und ftarb 68 Jahre alt.
Ether. Stadt im Stamme Juba, %of. 15, 42.
Später zu Simeon gehörig.
Ethik, Sittenlehre. Moral. Alle drei Namen
bezeichnen die Lehre vom fittlichen Leben, der erjte
dem griechiſchen 7905, Gewohnheit, Sitte, Charat:
ter, der dritte dem lateinijchen mores, Sitten, Cha:
rakter, ben Begriff entnehmend ; das deutſche „fitt:
lich“ deutet wie der griechiſche Ausdrud zugleich an,
daß es fich dabei um einen Zuftand des Menſchen
handelt, defjen Entjtehung nur in der Gemeinſchaft
möglich ift. Die Ethit (Moral ift häufig der popu⸗
lärere Ausdrud für Tugend: und ——
jet das geſammte fittlihe Leben nad) feinen Zie—
en, wie nad) den dahin führenden Wegen, die ewi:
gen Gejete des innern Lebens, wie die daraus fol:
genden Eonfequenzen für bie Geftaltung des äußern,
u ergründen und darzuftellen. Da nun aber zum
* Leben, und zwar als ſein nothwendigſtes
undament, das religiöſe gehört, der Glaube alſo
auch in das Gebiet der Ethik zu ziehen iſt, jo find
feit fange die Örenzftreitigleiten mit der Dogmatif
unvermeidlich gewejen. Jedenfalls ift die Unter:
ſcheidung unrichtig, welche die Ethik als praktiſche
Disciplin betrachtet im Gegenjat zur theoretischen,
der Dogmatik, und fie ſogar in den Kreis der praf:
tijch-theologischen Disciplinen verweist, und welde
nur aus der falſchen Anficht entipringen konnte,
daß die Ethik nichts mehr fei, ald eine Sammlung
praktiſcher Borjchriften. Aber ebenfo muß eine
Einverleibung des einen von Seiten des andern
eine Verkürzung des einen oder des andern Theils
mit fi führen: ſowohl die in der älteren Zeit bis
Calixt übliche Methode, die Sittenlehre ala ein
Anhängjel der Dogmatik zu behandeln, ald das
Streben be3 Nationalismus, den dogmatifchen
Stoff möglichſt in die Moral aufgehen zu lajjen,
mußte die volle Entfaltung des ethiſch⸗ dogmatiſchen
Stoffes hindern. Beide Disciplinen gehen immer:
in von zwei verjchiedenen Geſichtspunkten aus,
indem die Dogmatik das Verhältniß des Menjchen
zu Gott ald den grundlegenden Gejichtöpunft auf:
— die Ethik dagegen das Verhältniß des Men—
hen zur Außenwelt, als der wollenden und han:
delnden, in Betracht zieht, und dürfen auf dieſe Ge—
ſichtspunkte ihr Recht der Selbſtändigkeit gründen.
Aber ebenſo deutlich wird es auch ſein, daß man
niemals das religiöſe Verhältniß des Menſchen
betrachten kann ohne die nothwendige Ausgeſtal—
tung —— im Leben, und ebenſo wenig das
ſittliche Leben ohne ſeinen Grund im religiöſen
240
Ethik
Verhältniß, daß ſomit beide Disciplinen ſich er—
gänzen müſſen und auch ſtofflich ſich wenigſtens
im Großen und Ganzen deden. Trotzdem aber
werden beide Durch die verſchiedenen Geſichtspunkte
bie Stoffe ganz verjdieden gruppiren, die eine
wird als Hauptfache behandeln, was die andere
als Nebenjache behandelt und umgefehrt. Dem mag
auch —* die Begriffsbeſtimmung Schleier:
machers entiprechen, die Dogmatik beſchreibe das
chriſtliche GSelbjtbemußtjein in feiner relativen
Ruhe, die Ethik dafjelbe in feiner relativen Bewe:
gung. Bon der philoſophiſchen Ethik ift die chriſt⸗
liche (theologijche) dadurch unterſchieden, daß die
legtere die in der von Chrijtus ausgehenden Ge:
meinſchaft liegenden fittlihen Grundjäge zur Dar:
ftelung bringt, die erftere dagegen davon abfieht
und lediglid auf dem Wege des philofophifchen
Dentens ihre Grundſätze conjtruirt. Beide Glen
in ihren Ergebnifjen nicht auscinandergehen, gleich:
wohl bringt eö die Entwidlung mit fi, daß fie
nk in Widerjpruch getreten find. Cine voll:
tändige Trennung der Ausgangspunkte beider ift
wenigſtens in neuerer Zeit ebenſowenig möglid
al3 wünſchenswerth. Vgl. de Wette in der theol.
Ztihr. von Schleiermader, de Wette und Lüde
1819 u. 20; Scöberlein in den Stud. u, Krit.
1851; Dorner in ergogs Realencyllopädie; Gel:
zers Monatöbl. XXIII; außerdem die Encyklo:
päbien und Ethilen. — Was den Inhalt ber Ethik
betrifft, jo wird er gewöhnlich in einen allgemei:
nen Theil, welcher den Begriff des Sittlichen über:
haupt, ein oberjtes Moralprincip unterfucht, und
einen jpeciellen, welcher daraus die Folgerungen
für die einzelnen Erſcheinungen des fittlichen Le—
bens zieht, vertheilt. Beftimmter ift Die Ausdrucks⸗
mweife der Eintheilung in die 3 Theile: 1) Güter:
lehre, 2) Tugendlehre, 3) Pflichtenlehre, melde
von Schleiermacher eingeführt, von Nothe in ftreng
igftematifcher Form durchgeführt worden ift. Die
Asketik, d. 5. die Lehre von denjenigen Mitteln,
welche der Menſch am fich jelbft anzumenden hat,
um ji zur Tugend zu erziehen, ift feine befondere
Wiſſenſchaft mehr, jondern iſt ftofflich von der
Ethit abjorbirt. Ebenjo hört die Gafuiftit (f.d. A)
u der Grundlage der neueren Moral auf, eine
bejondere Disciplin zu fein. — Geſchichte ber
Ethik. Als ſyſtematiſch ausgebildete Wiſfenſchaft
beſtand die Ethik im Alterthum nicht. Ethiſche
Lehrausführungen finden ſich zerſtreut in den all:
gemeinen und dogmatiſchen Schriften der Kirchen:
väter, Clemens von Alerandrien behandelt in
feinen Stromata und feinem Paedagogus ethiſche
Fragen jehr eingehend, und Tertullian hat eine
große Anzahl ethifher Monographien verfaßt. Wie
bei ihm, jo ge t auch bei Aınbrofius (De ofü-
ciis), Auquftin (De moribus ecclesise), Gregor
d. Gr. (Moralia) das asletiſche Bedürfniß vor.
Die Scholaftit betrachtet auch hier das Spitema:
tifiren nach ariftotelifhen Kategorien als ihre
Hauptaufgabe; zu den vier arıjtoteliihen Car:
dinaltugenden (Gerechtigkeit, Tapferkeit, Mäßig
feit, Weisheit) fügt der Lombarde noch die drei
theologiihen (Glaube, Liebe, Hoffnung). Neben
einer myitifchen Richtung (die Bictoriner, Bern:
hard v. Clairvaug, Thomas a Kempis), welche
das innere Leben befchrieb, ging in Verbindung
mit dem Pönitentialmejen die Cafuiftif her, deren
nor san Raimund a Pennaforte (Summa
'de poenitentia) ift, Die Neformation nut ihrem
Ethnarch
Georg Calixt (Epitome theol. moralis 1654),
dem ſeine Schüler Dürr, Meyer, Rixner, Schomer
folgten. Einerſeits die verinnerlichende Richtung
des Pietismus, andererſeits das Erwachen bes
philoſophiſchen Triebes brachten im 18. Jahrhun⸗
dert die Ethik zu einer reicheren wiſſenſchaftlichen
Entfaltung; die Vertreter einer dogmatiſch freie:
ten, evangelifchen Sittenlehre find: Bubdeus (In-
stit. theol. moralis 1711), 3. 2. Mosheim (Sit:
tenlehre 1735—53, 9 Bde), ©. 3. Baumgarten
(1764), Chr. A. Erufius (1772) u. A. Dem durd)
die Wolfihe Schule einziehenden Eubämonismus
in der Ethik tritt Kant entgegen, indem er in dem
tategorifhen Imperativ des fittlihen Bewußtſeins
der Ethik eine feite Bafis, zugleich aber aud) durch
den Rigorismus ſeines Princips eine gemiffe
Härte und Einfeitigkeit verlieh. Auf feinen Bah—
nen folgten auf dem Boden des Nationalismus
Schmid (Theol. Moral 1793), des Supranatura:
lismus Stäubdlin (Neues Lehrb. d. Moral 1813),
Am:non (die hriftl. Sittenlehre 1823) ; einen mehr
praltiſch⸗ empiriſchen Weg geht Reinhard (Syſtem
d. hriftl. Moral 1788 44 Auf bibliſch⸗ſuprana⸗
turaliſtiſchem Standpunkt ſtehen: Schwarz (Ev.
har Ethik 1821) und Flatt (Vorlej. 1813). Dem
igorißmus der Kantſchen Moral gegenüber ver:
ſchafft die Friesfche Richtung dem fittlihen Lujt:
gefühl wieder eine Berechtigung und haucht der Ethik
wieder religiöfe Wärme ein durd de Wette, chrift:
lihe Sittenlehre, (4 Bde. 1819—23), und Baum:
ee ehrbuch der chriſtl. Sittenlehre
826. Schöpferiſch ift auch in der Ethif Schleier:
macher (Grundlinien einer Kritik ber bish. Sitten:
jofteme 1803, Philoj. Ethik 1835, die chriſtl.
Sitte 1843 ed. Jonas) aufgetreten, indem er nicht
nur der Ethik ihre architektoniſche Form verlieh,
fondern auch den Begriff des Sittlihen in Haffi:
ſcher Weife neu entwidelte. Auf Hegelihem Stand:
punkt ſtehen Marheinele (Syitem ber theol. Moral
1847) und Merz (das Syftem der riftl. Sitten:
lehrte 1841). Eine Entwidlung über Schleiermader
und Hegel hinaus bezeichnen: Rothe (Theol. Ethik,
Wittenb. 1845, 2. Aufl. 1867), und vom philofophi:
ſchen Standpunft: Chalybäus (Syftem der jpecu:
lativen Ethik 1850). Eine ftreng kirchliche Richtung
vertreten: Sartoriu (die Lehre von der heil, Liebe
1840), Harleß (Chriftl.Ethit 1842,1860) und Wuttfe
(Handb. der hriftl. Sittenlehre 1861). Einen mehr
praftiihen Charakter trägt das Bud von Balmer
(die Moral des Chriſtenthums 1863). Zur Geſchichte
dgl. Feuerlein, die Sittenlehre des Chriftenthums
in ihren gefchichtlichen Hauptformen, 1855.
thnarch, Luther überfegt: Landpfleger, Statt:
halter; den Titel führte der Hoheprieiter Simon
als fgrifcher Bafall, ebenfo Archelaus d. Gr., der
Sohn Herodis. Denfelben Titel trugen die Bor:
fteher der judiſchen Diſtricte in der Diaſpora.
241
Eudorius
Etſchege. Der Vorfteher der abeſſyniſchen Klo⸗
ftergeiftlichleit. Prior des Klofterd Debra Libanos
in Schoa. Er folgt im Range unmittelbar auf
den Abuna.
Eudariflie. Urſprünglich das Dank» und Lobs
gebet bei der feier des h. Abendmahls, dann die
ange Feier jeldft. In der katholiſchen Kirche da»
ber weiter die Monſtranz mit der Hoftie. ©.
——
Eucharius. Nach der Legende Biſchof von Trier,
der zu den 70 Jüngern gehört haben und von
Petrus mit feinen Gefährten Valerius und Mar
ternu3 an den Rhein gefandt worden fein jo, um
dort das Evangelium zu verfündigen.
Euchelaon. Gebetäölung, welche in der griechi⸗
ſchen Kirche, nad) Jaf. 5, 14, den Kranken ertheilt
wird und in fiebenmaliger Salbung an Stirn,
Bruft, Händen und Füßen beſteht.
Euderiuß, der Heilige. Biſchof von Lyon. Trat
in reiferem Alter 422 in das Klofter Lerinum und
wurde, da er mehrere Jahre ald Einfiedler auf der
Inſel Zero gelebt hatte, 434 zum Bischof ermählt.
7 450. Er gehörte zu den beften Kirchenſchrift⸗
——— des 5. Eh Seine Schriften:
nstitutionum II., Liber form. spirit. intelligen-
tiae u. a. adfetiihen Inhalts find herausgegeben
von Braffianus, Bafel 1531, und in der Bibl.
Maxim. Patr. t. VI, p. 822 ff. £
Euditen. Ein Nebenname ber enthuſiaſtiſchen
Meflalianer.
ologium ift bei den Griechen das Ritual»
oder Kirchenbuch; umfaßt gewöhnlich die Meß—
liturgien des Chryfoftomus und Bafilius, das
Mekformular ber Faftenfonntage zur Einjegnung
der Abendmahldelemente, Formulare der übrigen
Sacramente und Gebete. Bgl. Daniel, Codex
liturg. ecel. orientalis 1853. Eine Ausgabe von
Goar, Paris 1647.
Eudoemonismud. Die Theorie, nad welcher
die Glückſeligkeit im Genuß, fei ed dem finnlihen, fei
es bem geiftigen, das legte Ziel des menſchlichen
Strebens fein joll. Der Eudämonismuß liegt den
philofophiihen Syitemen des Arijtipp und Epikur
und dem Materialismus und Encyflopädismus
des vorigen Jahrhunderts zu Grunde; ihm ſetzte
Kant entgegen, daß das Gute um fein jelbft willen
gethan werben müfje, und die chriftliche EtHit lehrt
in ber Liebe zu Gott den Antrieb zu allem Guten
und die Seligkeit ion finden.
Eudiften. Miffionsprieiter, geftiftet von os
bannes Eubes, geb. 1601 zu Mezeray, feit 1623
Dratorianer ; 1639 Vorfteher des Haufes zu Caen.
Er ftiftete feine Congregation 1644 zur Miſſion
unter den Geiftlichen und zur Erziehung von Geiſt⸗
lichen. 1826 ift der Orden rejtaurirt, ohne einige
Bedeutung zu gelangen.
Eudo, ©. Eon.
Eudoyius. Ein arianifcher Bifchof, der zwiſchen
Semiarianern und firengen Arianern auf bevenks
lie Weife ſchwankte. 841 Biſchof von Germa-
nicia in Syrien, riß er 357 das erledigte Bisthum
von Antiochien en ſich und verband fich mit Aötius
und Eunomius; auf Betreiben der Synode von
Ancyra 353 verbannt, durfte er bald E36 lie
Die jemiarianishe Synode von Seleucia 359 jegte
ihn wiederum ab; aber der Kaifer ſchützte ihn
egen den Beſchluß, als er von Aetius fich los⸗
Ari Bei dem Giege des ftrenaen Arianismus
auf der Synode zu Eonftantinope — er den
6
Eugendus
Patriarchenſtuhl zu Conſtantinopel 360. Er taufte
und unterrichtete den Kaiſer Valens im Arianis—
mus.
Eugendus, auch Augendus. Abt des Kloſters
Condat im Jura gegen Ende des 4. Jahrhunderts.
Es wird feine Einfachheit gerühmt und ſeine Klo:
fterzucht, Durch welche er die Stiftung der Brüder
Roman und Yupicin (430) nad der Regel des
Pachomius förderte. Er empfing nie die Priefter:
weihe und ftarb zwiſchen 510 und 517. ©. fein Les
ben bei d.n Bollandiften.
Eugenia, die Heilige. Sie foll unter Valerian
258 in Rom gelitten haben. Ihr Gedenktag ift der
25. December, in ber griedhifchen Kirche der 21.
December.
Eugenius. Derfelbe wurde 480 Biſchof von Kar:
thago, nachdem der Biſchofsſitz 24 Jahre erledigt
geblieben war. Bon dem arianiihen VBandalen:
fönig Hunnerich wurde er 484 wegen feines Feſt—
haltens an ber fatholifchen Lehre verbannt, von
Gundamund zurüchberufen, aber 498 von Neuem
erilirt. + 505 zu Albi.
Eugenius I, Papjt. Ward an die Stelle be3
vom Kaifer entfegten Martin. ermählt 654. Aus
feiner kurzen Regierungszeit ift der eigenthümliche
Verſuch zu einer Vereinigung des byotheletifchen
Rom mit dem monotheletiihen Conftantinopel
durch die formel: Unam super duas, alfo die
Annahme von drei Willen — + 657.
— 11. 824—827. Im Bilderftreite verfammelte
er das Eoncil zu Paris 825, welches fi im Sinne
der Frankfurter Synode gegen die Bilder aus:
a Ein Eoneil zu Rom 826 erließ gute Be:
—— über Kirchendisciplin.
— III. Ein Ciſtercienſer-Mönch, gebürtig aus
Piſa. Schon vor feiner Weihe durch die auf:
rübrerifchen Römer vertrieben, jo daß er im Klo:
fter Farfa die Weihe empfing, gelang es ihm zwar
durch einen Vertrag mit ihnen Tine weltliche Herr:
ſchaft anerkannt zu jehen, doch mußte er bald wie:
der vor Arnold von Brescia weichen. Mit Bern:
hard von Clairvaux durchzog er 1147 Deutjchland
und Frankreich und hielt mannigfache Synoden,
auf denen vor Allem der Kreuzzug (nach dem Fall
Edeſſa's 1146) betrieben wurde. Für eine kurze
Zeit ergwang er 1149 durch Roger von Sicilien
wieder den Gehorjam der Römer, mußte aber 1150
die Stadt zum andbernmal verlafjen, bis 1152 ein
neuer Vertrag gefchlofien wurde. + 1153.
IV. 1431—1447, Berief bei feinem Regie:
rungsantritt das Vaſeler Concil, weldjes ihn ſpä—
ter abſetzte und deſſen Beſchlüſſe er anerlennen
mußte (ſ. d. A.), obgleich er ihm das Concil zu
ara, Florenz (j. d. A.), entgegengeſetzt hatte.
hden mit den Colonnas und eine Empörung der
ömer nöthigten ihn 1443 feinen Aufenthalt in
Florenz zu nehmen. Eine trügeriſche Freude ge:
währte ihm die Bereinigung mit der griechiſchen
Kirche, weldye in Ferrara bemerkftelligt wurde.
Auf dem Todbette erklärte er durch die Bulle
Salvatoria, daß er durd) die in Folge des Bajeler
Coneils den Deutichen gemachten Augeftändniffe
dem römischen Stuhle nichts habe vergeben wollen.
Eugenind, Erzbifhof von Toledo (647—658).
As Mönd, gegen jeinen Willen durd) den König
Ehindafmwinth erhoben, befeftigte er die Disciplin,
und war als Schriftfteller thätig, indem er im
Auftrag des Königs das Gedicht des Dracontius
von den 6 Schöpfungstagen überarbeitete und ein
242
Eunomius
Werk über die Dreieinigkeit ſchrieb. Herausg. von
Sirmondi, Paris 1619.
Eugippius oder Eugypius. Schüler und Bio:
raph des 5. Severin, war bei deſſen Tode im
lofter Denn 482 — v.nd begleitete
feine Gebeine nad) Jtalien, wo über ihnen ım Ga:
ſtrum Lucullanum ein Klofter gebaut wurde, defien
Abt fpäter nad) des eriten, des Martian Tode,
Eugippius geworben jein fol. Bon ihm ging eine
Mönchsregel aus, welche eine Zeitlang der des
Benedict zur Seite ftand. Außer dem Heben Se:
verins jchrieb er den Thesaurus, welcher, der Jung:
Verlage zu Ron gewidmet, den Auguftinismus
ehrte.
Eulalia, die Heilige, von Merida. In der bio:
cletianiſchen Chriftenverfolgung ſuchte und fand fie
den Märtyrertod, als fie freimillig fich Dem Geridit
ftellte und ein Götterbild dort anjpie. Die heilige
Eulalia von Barcellona jcheint dieſelbe Perjon
zu fein.
Eulalius. Bischof, wurde 418 nad) dem Tode
des Bofimus von einer Bartei, an deren Spitze ber
römische Stadtpräfeet Symmachus ftand, zum
Papft erwählt gegen Bonifacius 1. Da er fid den
vorläufigen Beſtimmungen des Honorius, der ald
Schiedsrichter angerufen war, nicht fügen wollte,
ward er ald Eindringling aus der Stadt vermie-
fen. Er ftarb als Bild von Nepe.
Eulenfpiegel. „Der Barfüßermönche Eulenipie:
gel und Alkoran“ ift der Titel des von Erasmus
Aber 1553 herausgegebenen Buches, zu dem Lu:
ther die Vorrede gerieben bat. Es ift ein Aus:
zug aus dem Liber conformitatum des Bartho:
lomäus von Pifa (Albizzi) 1401, in welchem die
abergläubijche Verehrung des h. Franciscus unter
Zuftimmung des Ordenscapitels den höchſten Aus:
drud gefunden hr
Eulogia. Urjprünglich der Segen, die Lobprei:
jung, daher der kirchliche Segen, den der Pres—
buter oder der Bischof über die Gemeinde oder
auch über Einzelne ausfpridt. Nah 1. Kor.
10, 16 wurde der Ausdruck gleihbedeutend mit
euvyapıoria, Abendmahl, aber beſchränkt auf das
zur Oblation dargebrachte Brod, von welchem die
Hoftie genommen war, und welches den nicht Comt:
municirenden am Schluß der Mefje ald Surrogat
audgetheilt wurde. Ein Gebraud, der in der la:
teiniſchen Kirche noch hie und da üblich, in der
giechiſchen —— iſt, aurıdwgor, Die frühere
Sitte, daß die Biſchöfe Culogien, geſegnetes Brod,
an die Tochterlirchen oder an andere Biſchöfe als
Zeichen der Gemeinſchaft fendeten, wurde von der
Synode zu Laodicea unterfagt. Die Eulogien
wurden auch Solchen gereicht, die an der Commu—
nion ſelbſt noch nicht Theil nehmen durften.
Eulogius I. Presbyter und 581—608 Patri:
arch von Alerandrien; Gregor I. rühmt ihn als
einen gelehrten Bertheidiger der Kirchenlehre.
Eulogius von Gorduba, Erzbifchof von Toledo,
wurde von den Mauren 859 hingerichtet. Bon
jeinen Schriften in Schotts Hispania illustrata
t. IV., ift die bedeutendfte das Memoriale
Sanctorum.
Eunomiud. Neben und nad) Netius das Haupt
der ftrengen Arianer, war in Dacora in Kappa:
bocien geboren, wurde Schüler und Gehülfe des
Astius in Alegandrien, dann Biſchof in Eyeicum.
360 feiner Lehre wegen verbannt, nahm er unter
Julian feinen Aufenthalt in Conjtantinopel nis
Euphemia
243
Eufebius von Nifomedien
ber Führer der NAötianer. Wiederum verbannt |ein Gegner des Homoouſion und darum ein
und wieder aurüdberufen unter Balens, verbannte | Gegner der ftrengen Nicäner, ohne Arianer zu
. Theodofius 383 von Neuen bei der völligen
iederlage des Arianismus; ftarb 396 in feiner
Heimath. Seine Apologien 365 und 379 find aus
den Gegenfhriften des Baſilius uub Gregor be:
lannt geworden, ebenfo feine ExJeais rs niorewg.
Seine Anhänger, vom 2. öfumenifchen Concil ala
Reger verdammt, trennten fi von der Kirchen:
gemeinichaft; fie tauften auf den Tod Ehrifti,
nicht auf die Dreieinigfeit.
Euphemia, die Heilige, erlitt den Märtyrertod
305 zu Chalcedon unter Diocletian. In der ihr
geweihten Kirche zu Chalcedon wurde das Concil
—— Paulinus von Nola und V. Fortunatus
eſangen ſie.
Euphemiten. S. Meſſalianer.
Euphrat. Entipringt auf den armeniſchen Ge:
birgen aus zwei Quellen, fein Zauf bildet dann
die Grenze Mejopotamiend gegen Syrien, bis er
fih mit dem Tigris vereinigt und als Schat:el:
Arab in den perſiſchen Meerbujen ergießt. Sein
Rebenfluß ift der Ehaboras. Unter David bildete
der Euphrat die Grenze der jüdiſchen Herrichaft.
* berühmtefte Stadt an feinem Ufer iſt Ba:
on.
Eupbrofyna, eine Heilige im 5. Jahrhundert.
Um einer verhaßten Heirath zu entgehen, legte fie
Männerkleidung an und trat unter dem Namen
Smaragda® in ein Klofter.
Eufebins, der Bapit, jeit 310. Nach dem Ins
balt eines Epitaphiums, deffen Bezug auf ihn aber
——— hatten ſich unter ihm die Händel
das Verfahren gegen die lapsi erneut und
Naxentius deshalb ihn nad) Sicilien verbannt.
Er wird zu den Märtyrern gezählt, weil er im
Eril geſtorben ift.
Enfebiud, mit dem Beinamen Bruno. Seit
1047 Bifchof von Anjou, + 1081. Er war der haupt:
ſächlichſte Gönner und Vertheidiger des Berengar
von Tours im Epiäfopate bis 1062. Später ent:
zog er demfelben feinen Schuß, vielleicht einge:
ſchüchtert durch den Widerſpruch der ganzen Kirche
oder gereizt durch Berengars Verhalten. Seine
Anfiht, welche er in einem Briefe an B. (1068 —
1066) entmwidelte, ging endlich dahin, daß er ver:
langte, man jolle ohne Grübeln über das Wie
nah den Einfegungsmworten einfad) das Abend:
mabl für Leib und Blut Ehrifti annehmen. ©.
Leſſing, Berengar von Tours.
Eufebius von Alerandrien. Den -Namen tra:
gen eine Anzahl (21) Homilien aus dem 5. oder
b. Jahrhundert, weldhe von Thilo und von Mai
herausgegeben find. In einigen derjelben wechjelt
der Bortrag mit Antworten an Einzelne (öfters
an einen Alerander). Die Biographie des Autors
bei Mai ift ein Fabelwerk. Thilo läßt die Wahl
zwiſchen einem ber langen Brüder (ſ. d. A.) und
einem Presbyter und Hofgeiftlihen Juftinians I.
Euſebius von Caeſarea. Geb. 260-270 in
Paläftina. Er bildete fich in Jerufalem, Antiodien
und Cäjarea in Studiengemeinfhaft mit dem
resbyter Pamphilus (daher Pamppili) an den
riften des Drigenes. In der diocletianifchen
Verfolgung flüchtete er nad) Tyrus und Aegypten
und wurde Confejjor. Als Biſchof von Cäfaren
vor 315 nahm er am arianiſchen Streite Theil.
Dem nicänifhen Glaubensbekenntniß liegt ein von
ihm eingereichter Entwurf zu Grunde. Er blieb
jein. Das ihm angebotene Patriardat von An—
tiochien ſchlug er 331 aus. Seine bleibende Be:
deutung liegt in feinen ſchriftſtelleriſchen Werten:
1) Die Weltgeſchichte: Xgorızwr xavorw» mavro-
denn korogie, eine alumfaffende Chronik, zu der
ald Vorarbeit die Chronik des Julius Africanus
benutzt ift. Das Driginal ift verloren, die lateini⸗
ſche Ueberjegung des Hieronymus ed. Scaliger
1605. 2) Zehn Bücher der Kirchengeichichte, um:
fafjend die Zeit bis 314. Die einzige Duelle der
älteften Kirchengeſchichte, unfhägbar durch Die
reichlich mitgetheulten Urkunden. Hauptausgaben
von du Balo!s, Paris 1659; —— 1827
— 1840, Handausgabe von Schwegler, Tübingen
1852, 3) Das Leben Eonftantins, herausg. von Hei:
—* 1830. 4) Die Lobrede auf Conſtantin, 86.
5) Ueber die a Paläſtina's. 6) Ueber die
Chriſtusbilder. 7) Die Apologie für Origenes. Von
ihren 6 Büchern ift nur das erſte übrig. 8) Die beiden
apologetijchen Werke: Hosnapaaxeun edayyekızı
in 15 Büchern und Anödedıs evdayyekırn in 20
Büchern, von denen 10 erhalten jind. 9) "Exkoyal
nreopnrixad, und 10) eine apologetijche Abhand-
lung gegen Sierofles. 11) Kar« Mapx&ikov legte
den Sabellianismus des M. dar. Ieoi rijg Exrie-
aaorızjs Beokoyias entwicelt die Trinitätslehre
gegen Marcellus. 12) Das Onomasticon (ed. Ele:
ricus, Amft. 1707; Larſow und Parthey, Berlin
1862). 13) Die zehn evang. flanoned. Harmoni—
ftiiche Tafeln. 14) Zurnuare zai Avasıs, in Frag⸗
menten erhalten. Bon feinen eregetijchen Werten
ift nur der Gommentar zu den Pjalmen und zum
Sefaias (10 Bücher) volljtändig. In den Catenen
aber find viele Fragmente derjelben gerettet. Vgl.
Jachmann, Ztſchr. Hr it. Theol. 1839.
Eufebius von Doryläum. S. Eutyches.
Eunjebius von Emeſa. Gegen Ende des 3. Jahr:
hunderts zu Edeſſa geboren, trieb feine Studien
unter Eujebius von Cäſarea und Patrovhilus von
Seythopolis, dann in Alexandrien und Antiochien.
Das ihm nad) der Verbannung des ——
angebotene Patriarchat zu Aexandrien ſchlug er
aus und ward Biſchof von Emeſa. Als Günſtling
des Kaiſers Conſtantius begleitete er denſelben
auch auf Kriegszügen uud ſtarb 359. Bon feinen
zahlreichen, vielgerühmten Schriften find außer
drei Neden nur Bruchftüde in den Catenen auf
uns gelommen. Er war Semiarianer. Der ori:
geniftiihen allegoriihen Erklärung trat er als
Ereget entgegen und lenkte in die hiſtoriſche Er—
Hörungsweije der jpätern antiocheniſchen Schule
ein.
Euſebius, Biſchof von Laoditea in Syrien. Schon
als Dialon in Alexandrien hat er ſich durch große
Liebesthätigleit und Selbſtaufopferung während
der Valerianiſchen Verfolgung (257), während der
unter Gallus ausgebrochenen Seude und in dem
Bürgerfriege, der 263 Alerandrien heimfuchte, aus:
gezeichnet. 264 vertrat er jeinen Bifchof Dionyiius
auf der Synode zu Antiochien. Der mächtige Ein:
drud ſeiner Perſönlichkeit daſelbſt bewirkte, daß
man ihn zum Biſchof von Laodicea berief, wo er
269 ſtarb.
Eufebins von Nilomedien. Aus vornehmen
Geſchlecht und in der Gunſt des faiferlihen Hofes,
erreichte er das Ziel jeines Ehrgeizes, den Biſchofs—
fig von Berytus mit dem von — und
Eufebius von Santofata
bem von Conftantinopel zu vertaufchen. Ein In—⸗
gendfreund des Arius, theilte er deſſen Anfichten
und verfocht fie aufs eifrigfte. Zu Nicka, wo man
das von ihm eingereichte Glaubensbelenntniß zer:
riß, unterjchrieb er zwar die Formel des Concils,
aber ohne die Verdammung des Arius. Bald da:
nad) verbannt, aber nad) einigen Monaten wieder
ge wandte er alle Kraft auf den Sieg
ed Arianismus. Er betrieb den Sturz des Atha:
Sehen die Wiedereinjegung des Arius und die
Feitftellung de Semiarianismus auf der Synobe
zu Antiochien 341. Nach feinem Tode verjuchte
der vertriebene orthodoxe Biſchof Paulus fich des
Stuhles von Conſtantinopel zu bemächtigen, bie
Eufebianer aber jegten mit Gewalt und Blutver:
gieken den Macedonius ein 341.
Eufebiuß. Biſchof von Samofata am Euphrat.
* Den Gewaltmaßregeln der arianiſch ge:
innten Kaifer Eonftantius und Valens ftellte er
unerjhütterlihen Muth als wei der ortho:
doxen Kirche entgegen. Verkleidet als Soldat durch⸗
zog er Syrien, um rechtgläubige Geiſtliche zu wei—
m Er bemühte fich für die Wahl des Bafılius zu
jarea und betheiligte fi) 372 und 373 lebhaft
an bem Verſuch, durch die Hülfe des Abendlandes
dem Nicänismus im Orient den Sieg zu verfchaffen.
373—378 mußte er in der Verbannung leben. Bom
Concil zu Antiodhien 378 beauftragt, die Diöcejen
Syriens zu reorganifiren, jtarber am 21. Juni deſſ.
J. zu Doliche durch den Steinwurf eines wüthen:
den arianiſchen Weibes.
Euſebius. Erzbischof von Theffalcnih um 600.
Belämpfte die Irrlehre der Monophyfiten in ſei—
ner Diöcefe und ſchrieb 10 Bücher gegen den Jrr:
a — Aphthartodoleten, die Photius rühmend
hut.
Euſebius, Biſchof von Vercelli. Nach der Le:
ende wurde er in Sardinien geboren und vom
Say Eugenius 311 getauft. Als Lector in Rom,
wählte man ihn zum Bifchof von Bercelli. Mit
Zucifer von Cagliari wandte er ſich auf Antrieb
beö Liberius von Rom an Conftantius um Bei:
legung der arianiſchen Streitigkeiten; fo konnte er
fih nicht weigern, an der Synode von Mailand
355 Theil zu nehmen. Da er den Beſchlüſſen nicht
beitrat, ward er nach Scythopolis in die Verban-
nung geihidt und anfänglidy mild, fpäter ſehr
art behandelt. Durch Julian befreit, begab er
ch nad) Alerandrien zum Athanafius, Seine Ab:
ht, in der antiocheniſchen Kirche die meletiani-
he Spaltung beizulegen, ward durch den unbe:
onnenen Eifer des Zucifer vereitelt. In fein Bis:
thum zurüdgelehrt, wirkte er fort gegen ben
Arianismus, bis ihm kaiſerliche Befehle Schran-
ten jegten. Er führte als der Erfte unter den
Prieftern dad Cönobitenleben ein, und gilt daher
neben — als Gründer der regulirten Chor:
herren. Die Ueberrefte feiner Schriften, die theils
vom Arianismus, theild von feinen erfahrenen
Zeiden handeln, bei Galland. Ein Evangelien:
coder im Dom von Bercelli ſoll von ihm gejchrie:
ben jein. Die Sage läßt ihn als Märtyrer von
Arianern getödiet werden. (16. Der.)
Euflahiuß, der Heilige. Einer der 14 Noth:
—— hieß vor ſeiner Taufe Placidus. Nach der
egende verlor er, ein römiſcher Feldhert und
durch eine Wundererſcheinung befehrt, feine Frau
und feine Kinder, fand fie jpäter auf wunderbare |
244
nad) der Verlegung ber Taiferlichen Refidenz mit, Weife wieder und
Eutharius
= unter Habrian den Mär:
tyrertod (26. Sept.), weil er beim Siegesfeit den
Göttern nicht opfern wollte.
Euſtaſius, Abt von Lureuil, und Virgil ober
Agil, Schüler des 5. Columban, werden als Wii:
fionäre Bayerns genannt. Die ihnen zugeſchrie⸗
benen kirchlichen Einrichtungen find aber ungmei:
felhaft jpäteren Urfprungs.
Euftathius, Biſchof von Antiochia 323, früher
Biſchof von Beröa, ein eifriger Nicäner, wurde
auf der Synode von Antiochien 331 des Sabellia:
nismus angellagt, entjegt und nad) Thracien ver:
wiejen. Seine Anhänger widerſetzten fih den
arianifhen Bifhöfen und bildeten bis ins 5. Jahr:
hundert eine eigene Kirchengemeinfcaft.
Euſtathius, Bijhof von Sebafte in Armenien
feit 350, + 380, ein Kappabocier. Er ſuchte in
feiner Diöcefe, wo er dad Mönchthum einführte,
das chriftliche Leben liberhaupt nach der Mönchs
askeſe zu geftalten. Seine hierarchiſche Richt
ließ ihn mit feinem früheren Freunde Aörius (}.
d. U.) zerfallen. In den arianiſchen Streitigkeiten
fe er wegen feines Schwankens übel beleumundet.
uftathianer beißen feine Anhänger, die in Heinen
Gemeinſchaften feine asletiſchen Grundſätze aus:
bildeten.
Euflathius von Theffalonih. Er trat, geboren
in Gonftantinopelim Anfang des 12. Jahrhunderts,
ins Klofter St. Florus, und ftieg, durch Gelehr:
ſamkeit ausgezeichnet, zu höheren kirchlichen und
ftaatlihen Würden. 1174 zum Bifchof von Mora
in Lycien gewählt, ernannte ihn der Kaijer zum
Biihof von Theſſalonich. Bei dem Einfall der
Rormannen 1185 unter Wilhelm von Eicilien
verwandte er fich mit Erfolg bei dem Feinde für
die Stadt. Als Biſchof wahrte er die Würde des
Amtes gegen Manuel 1180, der bie übliche, gegen
die Muhamedaner (es öAoapupos) gerichtete
Abihwörungsformel ändern wollte, und durch fein
Auftreten gegen das verderbte Mönchsweſen. Er
ſchrieb gegen die Heugyelei (Mepi Urroxglaews) und
Betrachtungen über den Mönchsſtand ("Enioxeuws
Biov uovayıxod). Wie er ald ausgezeichnete fitt:
liche Berjönlichkeit hetvortritt, fo find feine Werl:
eine Hauptquelle für die Kenntniß ber kirchlichen
und politifchen Gejchichte der Comnenenzeit. Als
GCommentator deö Homer war er längjt berühmt,
bis Tafel durch Herausgabe eined Theils feiner
Schriften 1832—39 feine theologiſche Bedeutung
aufdedte.
Euſtochium. Die Tochter der 5. Paula und
eines vornehmen Römers. Mit ihrer Mutter be:
leitete fie Hieronymus, der in Rom in ihrem
Banie gewohnt hatte, nad) Paläjtina und Aegypten,
und beide fiedelten ſich mit ihm in Bethlehem an,
wo Paula aus ihrem Bermögen 4 Klöfter jtiftete,
denen die beiden Frauen vorftanden. E. 7 419.
Bei der Zerftörung des Klofterd durch die Pela-
gianer war fie faum dem Tode entgangen. In
den Briefen des Hieronymus wird ihrer meðrfach
rühmende Srwähnung gethan.
uthalius, Biſchof don Sulca um 450. Er theilte
die paulinifhen Briefe und die Apoſtelgeſchichte
in er und fegte Die Accente bei (j. Stihome:
trie). Seine Stideintheilung findet fich im Cod.
von Clairmont. j
Eutharius ober Eutherius. Ein fonft unbe
kannter Biihof von Laureacum um 286, ber in
Fabiana (Wien) das Evangelium verkündigt
Cuthymius
haben ſoll. Ein anderer Eutharius aus Pannonien
war auf der Synode von Sardica 347 anweſend.
Noch ein anderer E. war kaiſerlicher Kämmerer
und wird als Erzieher Julians genannt.
Euthymius, der Heilige. Der Lehrer des hei—
en Sabas. Er baute im 5. Jahrhundert die erfte
Einfiedelei bei Jerufalem.
Euthymius. Einer der vier langen Brüber.
©. Brüder, die langen.
Euthymius Zigadenuß (oder Zigabenus). War
Mönd in einem Klofter bei Conftantinopel. Im
ur, a Tee Pre
Navonkia doyuarızn tig ögdodöfou niarews, in
welhem er von Simon Magus an bis auf bie
Muhamedaner alle Ketzereien aufführt und aus den | fi
Rirhenvätern in le oborer Weiſe
widerlegt. Eine nicht volljtändige Ausgabe 1711
—— in der Wallachei. Bedeutender iſt der
mmentar zu den vier Evangelien, herausgegeben
von Matthäi 1792, von weniger Werth der Pſal⸗
mencommentar, da er ben Urtert außer Acht läßt,
berauögegeben in der Lyoner Ausgabe des Theo:
phylait, IV.,1763. Anderes ift noch ungedrudt.
Bgl. den betr. Abſchu. in Ullmann’ Werk: Nik. von
Methone, a Big. und Nic. Choniates.
Eutyches. Ein Presbyter und Arhimandrit
eines Klofterö bei Conftantinopel, ber unter den
Mönden großes Anfehen genoß. Lehrte, gegen die
—— Schule gewendet, die Eine Natur
des fleiſchgewordenen Gottes und ſtellte die Weſens⸗
leichheit des Leibes Chriſti mit dem anderer Men:
* in Abrede. Ihn verklagte Euſebius von
Doryläum, und die Synode zu Conſtantinopel
unter dem Vorſitz des Patriarchen Flavian excom⸗
municirte ihn. Seine hochgeſtellten Gönner und
bie aleranbrinifche Partei erlangten eine Revifion
bes Prozeſſes auf der Räuberſynode zu Epheſus
449, deren Bejchlüffe der Kaifer Theodofius auf:
seht hielt. Nach deſſen Tode wurde das 4. öfu:
meniſche Eoneil zu Chalcedon 451 berufen nd
verwarf ben Eutychianismus. Auf Grund des
Lehrſchreibens des Bischofs Leo von Rom an Fla:
vian ftellte es die Einheit der beiden Naturen in
Ehrifto feft. Eutyches wurde verbannt, feine An:
bänger ſeit 452 durch Strafgejege verfolgt.
utychianus. 1) Der Heilige. Römiſcher Bifchof
274— 283; ſtarb ald Märtyrer oder Confefjor.
* ihm zugeſchriebene Decretalen find unecht. —
) Ein novattanisher Mönd, von welhem Wunder
berichtet werden.
Eutychius, ze. von Alerandrien (Said
Ibn Batrif). b. 876 zu Foftat in ——
93 Patriarch der Melchiten, geft. 940. Schrieb
in arabifcher Sprache eine Chronik von Erfhaffung
der Welt, 937. Herauägegeben von Pococke 1658,
ein Auszug von Gelben, London 1642.
Eva. Vol. Adam. -
Evagrius Ponticus, aus Iberis am Schwarzen
Meere; war Archidiakonus zu Conftantinopel unter
Gregor von Nazianz, den er 385 nad Sjerufalem
begleitete. Bon dort begab er ſich in die Einfam:
feit der nitrijchen Wüfte. Da er ein Anhänger bes
Drigene3 war, fo fanden jeine Schriften nur ge:
theilte ehe N te find gefammelt in Gal-
lands Bibl. Patr. VII. 551—581.
Evagrius Scholafticus, der Kirchenhiftorifer.
Geb. 537 zu Epiphania. Als Rechtägelehrter zu
Antiohien war er dem Biſchof Gregorius nahe
verbunden, ben er zu Conſtantinopel verthe'digte.
245
Evariftus
Seine Fan au 431—594, ift die Haupt:
quelle über dieje Periode und mit hiftorifcher Sorg⸗
falt geſchrieben. Sein Urtheil über die Ketzer ift
bei aller Strenge feiner Rechtgläubigkeit billig und
milde. Unbejangen nimmt er aber aud alle
Mönchswunder ald unbezweifelte Wirklichkeit auf.
Herausgegeben von Robert Stephan, Paris 1544,
von Vateftus 1659%—73, lat. von Musculus 1557.
Evangeliariam und Evangelifiarium heißt
das Kirchenbuch, welches die zum öffentlichen Bor:
leſen bejtimmten Abſchnitte der Evangelien (Beri:
fopen) enthält. In ber griechiſchen Kirche ift
Evangeliftarium das Verzeichniß diefer Abſchnitte,
dem die nöthigen liturgiſchen Notizen beigefügt
n
ind.
Evangelien, apokryphiſche. S. Pieudepigra:
en
phen.
Evangelien, kanoniſche. S. Synoptifer und
bie einzelnen Namen derjelben.
—————— S. Harmonie der Evan⸗
elien.
Evangeliſche Allianz. S. Allianz, evang.
3 —— S. Conferenz.
Evangeliſche Kirche. ©. Proteſtantismus und
Reformation.
Evangeliſche Räthe. ©. Consilia evangelica.
Evangeliften werden als bejondere Gemeinde:
beamte erwähnt Apftg. 8, 12; 21,8; Eph. 4, Il;
2. Tim. 4, 5; es find diejenigen, welche die Ver:
kündigung zu den Heiden bringen. Die Jroingianer
aben dies Gemeindeamt in ihrer Weije erneuert:
ewöhnlich werden aber unter dem Worte die Ver:
fafier unferer vier Evangelien verftanden.
Evangeliftenbilder. In der früheften Zeit wer:
den die Evangeliften vorgeftellt durch vier Schrift:
rollen, in deren Mitte Chriftus, oder ald vier
Ströme, die von einem Hügel auögehen, welcher
mit dem Monogramme Chrifti bezeichnet ift. Spä-
ter wurden mit Beziehung auf Off. 4, 7; E; 1,
5 f. die vier Thiergeftalten des Cherub als ihre
Symbole gewählt. Die Vertheilung unter ihnen
ſchwankte. Die jegige Sitte folgt dem Hieronymus
und giebt Matthäus den Menſchen (Beginn mit
der — ie), Marcus den Löwen (Stimme in
der Müfte), Lucas den Stier (Opfer) und Johan:
nes den Adler.
Evangelium Abdaeetc, S. Pjeubepigraphen.
Evangelium aeternum, emiges Evang,, tft die
Lehre des Abtes Joachim von Floris, weldye fich die
ſchwärmeriſchen Franciscaner aneigneten, daß die
Delonomie des Neuen Bundes mit der bed Alten
eine Reihe von drei Perioden bilde, der bed Baters
im Alten Bunde, bes Sohnes im Neuen und bed
—— Geiſtes, welche mit dem Jahre 1260 an⸗
echen werde. An die Stelle des Petrus und
Paulus trete Johannes, an die Stelle des Buch—
ftaben das geiftige Verſtändniß, an bie Stelle
der Priefter die Religiofen als Diener des Geiftes.
Auszüge aus Joahims Schriften durch den Franz
eiscaner Gerhard erfchienen ald Liber introducto-
rius in Evangelium aeternum, 1254. Obglei
oaffelbe durch eine päpftlihe Commiffion 12
verdammt und ber Berfaffer beftraft wurbe, fo
erhielten fi doch nicht nur Fragmente, fondern
auch die Ideen jelbft noch lange Zeit.
Evariftuß, der Heilige, aus Antiochien. Biſchof
von Rom, nad) Eufebius 101—109, nach Baronius
112—121. Er wird ald Märtyrer verehrt, obwohl
von feinem Leben und feinem Tode nichts Näheres
Evilmerodad
befannt ift. Er foll ein Grieche, Sohn eines Juden
ewejen fein und Rom in Parochien (?) eingetheilt
En Pieudaifidor Schreibt ihm zwei Briefe zu.
Evilmerodad, Sohn und Nachfolger Nebutad:
nezars, wurde nad) zwei Jahren feiner Regierung
von feinem Schwager Nerigliffar ermordet. Den
——— König Jojachin befreite er aus dem
erker und zog ihn an feinen Hof, 2. Kön. 25, 27
— 30; Jerem. 52, 31—34.
Ewald. Zwei Brüder aus England, genannt
ber Weihe und der Schwarze, welche unter den
Weſtphalen ald Miſſionare wirkten, dort erfchlagen
wurden und ald Landespatrone verehrt werden,
ie Gebeine liegen in Köln in der Euniberts:
fire.
Ewald, Georg Heinrich Auguft. Als Drientalift
und Bibelforfcher einer der bedeutendften Männer
unferer Zeit, Geb. am 16. Nov. 1803 zu Göttin:
gen, ſeit 1831 ord. Profeſſor der Bhilofophie. 1837
mit 6 Collegen vertrieben, ging er nad Tübingen,
bis er 1848 nad) Göttingen zurüdtehrte. Bahn:
bredend war jeine frit. Grammatif ber hebr.
Sprade, 1827; kürzer ald Grammatik der hebr.
Sprade, 7. Aufl. 1863; für Anfänger, 3. Aufl.
1862; ebenfo für das Studium des Nrabifchen
wichtig ijt feine Grammatica critica linguae Ara-
bicae, 1831. 33, und fein De metris carminum
Arabicorum, 1825. Für die Eregefe des Alien
Teitamentes bedeutend find: „das Hohelied Salo-
mo's,“ Gött. 1826, die „Poetifchen Bücher des
Alten Bundes” ,4 Bde., Gött. 1835—37, neu bear:
beitet als „die Dichter des A. B.“, 1866. 67; „die
Propheten des U. B., 2 Boe., 1840. Ein großes
Werk bildet die Gejchichte des Volkes Iſräel bis
Bar-⸗Kochba, 7 Bde., oder mit den dazu gehörigen
Alterthümern des Bolles Zirael 8 Bde., 1843—
47, neue Aufl. 1851—68. Sein Commentar zur
Apofalypfe, 1828, und „bie 3 erften Evangelien”,
1850; „Die Sendichreiben des Apoftels Paulus,“
1856, ferner viele Aufjäße in den+zwölf „Jahr:
büchern der bibliſchen Wiſſenſchaft“ (Gött. 1849
ff.) haben auch für das Neue Teitament Bedeu:
tendes geleistet.
Ewiger Jude, S. Ahasverus,
Ewiges Leben, ©. Leben.
Gwiges Lit. Nach der Berorbnung ber Con-
gregatio rituum vom 12, Auguſt 1699 foll vor
dem Tabernafel Tag und Nacht ein Licht brennen.
Die Sitte ift aber viel älter.
Ewigkeit Gottes. S. Eigenschaften Gottes,
Ewigkeit der Höllenfirafen. S. Auferjtehung.
Eractionen find außerordentliche Steuern und
Abgaben, die, an ſich nicht erlaubt, nad) dem Concil
zu Toledo 659 zu gewiflen kirchlichen Zwecken, alfo
bei triftigem Grunde und bei Beſchränkung auf
das Nothiwendigfte dennoch erhoben werden dürfen,
gegenwärtig nur mit Genehmigung der Staats:
tegierung.
Gramen. Bon je haben die Bifchöfe die Pflicht
gehabt, jid) vor der Anjtellung der Geiftlihen zu
überzeugen, daß fie die nöthigen Kenntnifje bejä-
ben, und eine Dispenjation war beim defeetus
scientiae unftatthaft. Die Reformation ftellte ſtren⸗
ere Anforderungen an die Bilvung bes Klerus.
Die Vifitatoren hatten ihr Augenmerk auf eine
Unterfuchung derielben zu richten, und ein beſtan—
denes Eramen ward VBorbedingung der Anftellung
im geiftlichen Amte. »Daſſelbe wurde entweder vor
ben Gonfijtorien gehalten oder bei den Univerfi-
246
Eremption
täten oder durch die Klaffen und Synoden. Zuerft
in der reformirten Kirche wurde ein boppeltes
Examen eingeführt, ex. praeparatorium, welches
bie allgemeine Zulafjung zur Kanzel bedingte und
dad ex. peremptorium oder pro ministerio, wel:
ches, nad) der Wahl oder Ernennung gehalten, der
Ordination vorherging und jegt allgemein die Bor:
ausfegung der Wahl: oder Anjtellungsfähigteit
bildet. Da der Staat gleich interejfirt ift bei der
Bildung des geiftlichen Standes, jo nehmen feine
—— auch da Antheil an dem Examen,
wo daſſelbe gänzlich bei kirchlichen Organen ſteht.
Dagegen proteſtirt freilih der Ultramontanismus
in Baden. In Kirchen mit ſynodalen Inftitutionen
betheiligt fich ftet3 auch die Synode an dem Examen
der Candidaten. — Eramen der Biſchöfe.
Nad) dem Pontificale Romanum hat der ermählte
Biſchof vor der Conſecration 18 Fragen zu beant»
worten, bie ſich Sr auf die päpftliche Autorität,
(6—9) auf die fittlichen Bedingungen bes Amtes,
(10—18) auf den Glauben und die Irrlehren be:
ziehen, auf welche er mit volo und credo zu ant⸗
mworten hat.
Erarden hießen die Biſchöfe, melde in ben
Hauptitädten der Provinzen ihren Sit hatten und
eine Jurisbiction über die Metropoliten unter den
Patriarchen ſich erwarben. = bem Concil von
Chalcedon blieb der Name bloß Ehrentitel.
Eraubi. ©. Feſte. r
Exrteſſe der Geiftlichen find die Verlegungen ber
eigentlichen Amtspflichten, die vom Biete e oder
den geiftlichen Obern zu beftrafen find. Bei man:
chen Exceſſen ftellen auch die Kanones die Strafen
der Suöpenfion, Depofition und bes Kerkers feft.
Die evangelische Kirche kennt außer der Rüge keine
andern Strafen als die Amtsentlaffung.
Erelufiva ift das objervanzmäßige Necht des
Kaiſers und der Könige von Spanien und Frank—
reih, von dem Cardinalcollegium zu verlangen,
daß es keine mißliebige Berjönlichkeit zum Papfte
wähle. Es widerjpricht dies Herkommen ben ge:
ſchriebenen Rirchengejegen, aud) hat e8 feinen un-
mittelbaren Zufammenhang mit dem frühern Rechte
der Kaifer, die Bapftwahl zu beftätigen. Es kann
das jus excelusivae nur al$ bie Folge der politis
ſchen Intereſſen angejehen werben, welche bei der
Papſtwahl berüdfichtigt fein wollen, und im Colle:
ium felbft durch die verjchiedene Nationalität der
Sardinäte vertreten find. Daſſelbe Recht der Er:
clufiva üben die Landesherren bei der Wahl der
Domcapitel und der Bifhöfe; ausdrücklich beftätigt
in den Concordaten mit Frankreich und mit Bayern;
auch für Breußen in einem Breve von 1821,
Ercommmunication. S. Bann und Anathema.
@Erecration. ©. Gntweihung.
Erecution päpflliger Erlafle wirh den Bifchd:
fen und Generalvicaren entweder fraft ihres Am:
tes oder perjönlic aufgetragen. Da diejelben zu-
weilen erſt die materielle Borausjegung des durch
motivirte Eingaben hervorgerufenen Reſcripts zu
prüfen haben, jo unterfheivet ınan exec. qualifi-
cata, pura und mixta.
Eredra. Eigentlich ein außen angebraditer Sig;
daher die Kanzel und der Biſchofsſtuhl. Der Blu:
ralis bezeichnet Die Nebengebäude größerer Kirchen.
Exegeſe. S. Auslegung.
Eremption iſt die Befreiung einer Verſon oder
| eines Inſtitutes von der Jurisdiction des ordent⸗
‚lichen Pirchenobern und bie directe Unterordnung
Erequien
unter einen höhern Obern. Es find alfo Ausnah:
men von der Regel und Privilegien. Solche Eremp:
tion erlangten zuerjt einzelne Klöfter und ganze
Drden, wie die Gluniacenjer von der biſchöflichen
Aufficht, jo daß die Ordensobern direct unter dem
Bapft jtanden, die freie Wahl des Abtes und die
jelbftändige Bermögendverwaltung inne hatten.
Beichränft wurden diefe Eremptionen zu Conftanz
1418 und auf dem Eoncil zu Trient. Die meiften
erempten Klöfter find fäcularifirt. Auch für ein:
eine Bischöfe, z. B. von Breslau, Ermland, beftehen
emptionen, infofern fie feinem Erzbiäthum zu:
getheilt find. Ebenfo ift alles Militär von der or:
dentlichen Pfarrgeiftlichteit eximirt. Seitdem allge:
mein die Barochtalverbindlichkeit zwiſchen den ver:
ſchiedenen Eonfeffionen el wa hat, fennt das
evangelifche Kirchenrecht Die Eremption richt mehr,
mit der Auänahme, daß das preußiiche Landrecht
alle Beamte vom Pfarrverbande erimirt und ihnen
freiftellt, fich jeder beliebigen Kirchenanftalt zu be:
dienen. Ein Ausfluß des reinften Territorial:
ſyſtems, iſt ſolche Eremption mit jeder auf der Ge:
meindeorganifation ruhenden Kirchenverfaffung
unverträglid.
Exequien find die Ceremonien, welche das lirch⸗
lihe Begräbniß 1) d. A.) bilden. Als das Wejent:
liche derſelben erſcheint die Bejprengung der Leiche
mit dem Meihmwafjer, die Einfegnung des Grabes,
Beiprengung und Beräuderung des Sarges und
bes Grabes, das Fürbittegebet Hr den Verſtorbe⸗
nen und bie Seelenmeſſe, welche am 3., 7., 40. und
365. Tage wiederholt zu werben pflegt.
Eprercitien find die namentlich durch Jgnatius
von Yoyola in ein Syitem gebraten asketiſchen
Uebungen, welche in Klöftern oder Ordenshäuſern
ehalten werden und in Meditationen, Confidera:
onen, Zojungen, Gebeten, Gewiſſenserforſchungen
und dem Genuß der Sacramente beftehen. Nament:
ic) vor dem Empfang der Weihen find jolde Erer:
eitien jet vorgejchrieben.
Eril, babylonifges. S. Babyloniſche Gefan:
*
genſchaft.
Eril, Der Bäpfe, babylonifhed. S. Avignon.
Erodus. S. Bentateud.
Erofatacoelen. Am Hofe des griechiſchen Pa⸗
triarchen die Inhaber der höchſten geiſtlichen Wür:
den, nämlich: 1) der Großölonom (6 ueyas olxo-
vouos); 2) der Auffeher über die Mönchsklöſter
(6 ueyag aaxeAkigıos); 3) der Auffeher über die
Kirhengeräthe (6 ueyas oxevopviaf);, 4) der
Großlan zler (6 ueyas yapropviaf); 5) der Auf:
jeher über die Kirchen und Frauenklöſter (0 aaxeA-
kor). Sie ftanden im Range vor den Biſchöfen.
Eroreismus. Die Macht, welche Matth. 10, 8;
Zuc. 9, 1; 10, 17. 19 den Jüngern verliehen
wurbe, Dämonen auözutreiben, galt anfangs für
ein Charisma, welches an ſich jeder gläubige Chriſt
befige; ed wurde aber danach diefe Vollmacht als
dem Klerus se angejehen. Die römiſche Kirche
bewahrt in der Groreiftenmeibe noch den früheren
Gebraud und hat ein befonderes Ritual für die
Austreibung des Teufeld. Da der Teufel als der
Fürſt diefer Welt Gemalt über Jeden haben mußte,
der Chriſtus nicht alö Herrn angehört, fo ſchien der
E. bei Allen nöthig, die aus der Melt in die Ge:
meinde eintraten, und aud) bei den Kindern, ehe fie
getauft werden fonnten. Der E., die Ausireibung
des Teufels durch Beſchwörung defielben, wurde
ein Theil des Taufritus, zuerft in der nordafrifa:
247
Ezechiel
niſchen Kirche im 8. —— der jedoch im
Drient feine allgemeine Verbreitung erlangte. Der
Ritus ift gebildet nah Marc. 7, 33, Anhauchen
und Berühren mit Speidjel, oder Erde mit Spei—
I. In Verbindung damit fieht die Abrenuntia:
tion, welche bei der Kindertaufe ftellvertretend die
Pathen ausſprechen. Dem E. wurde nicht bloß eine
ſymboliſche, fondern eine effective Bedeutung zu:
geichrieben. Die Reformirten verwarfen ben €.
von Anfang an, während Luther zuerft im Tauf:
büchlein das ganze römijche Formular beibehielt,
jpäter dafjelbe nur abkürzte und zufammenzng.
Der. wurbe dann ben Ealviniften gegenüber zum
Schibboleth (in den kryptocalviniſtiſchen Bewegun—
gen und öfter), jo daß er feitgehalten und mit
ifer —— wurde, obgleich man ihm nur eine
ſymboliſche Bedeutung zuſchrieb. In der Folgezeit
iſt der E. überall abgelommen, nur die Äbrenun—
tiation iſt hie und da ——
Erpofitur ift eine ſolche Kirche, welche, urforüng:
lich nur Tochterkirche, allmählich die Rechte einer
Kirchengemeinde erlangt hat, ohne jedoch ihrem
Geiitlichen die volle Congrua eines Pfarrers geben
zu können. Ein folder Geiftliher, expositus, hat
die vollen Nechte des Pfarrerd. Expositi heißen
auch die Hülfägeiftlichen zur Bedienung einer Filial:
firche, weldhe am Filialorte ihren Wohnfig haben.
Erſpectanzen. S. Anwartſchaften.
Erſuperius. Ein Biſchof von Toulouſe, den Hie—
ronymus feiner Wohlthätigkeit wegen rühmt und
dem er feinen Commentar über den Sadarja
widmete.
Ertradition des ſtirchenvermögens. ©. Refti:
tutionsedict.
Extravagante. S. Kanoniſches Rechtsbuch.
Exukontianer. Beiname der ſtrengen Arianer
wegen des Satzes, ber Sohn ſei geſchaffen aus
Nichts (EE oux Övrwr).
Eylert, Ruhlemann Friedrich. Geb. amd. April
1770 zu Hamm. 1794 Nachfolger feines Vaters
ald Prediger dort, 1806 Hof: und Garnifonpre-
diger zu Seisten, der Bertraute und geiſtliche
Berather Friedrich Wilhelm's III. pei ei lirch⸗
lichen Reformen, der Unions- und Agendenſache,
zu deren Vertheidigung er „Ueber den Werth u. f. mw.
der Liturgie”, 1830, und „das gute Werk der
Union“, 1846, fchrieb. Außer andern eignen Pre—
digtfammlungen gab er mit Dräjele das Magazin
von Feſt⸗ und Gelegenheitäpredigten heraus, 1816
— 1820. + 1852,
Eymeritus, Nifolaus. Geb. zu Gironna in Eu:
talonien. 1320 Dominicaner, warb er 1856 Gene:
ralinquifitor ded Königreichs Arragonien. + 1399.
Schrieb außer vielen andern Schriften Directo-
rium inquisitorum, eine ausführlihe Anweiſung
der Inquifitoren zu ihrem Geſchäfte, Barcelona
1503, Rom 1578. Begna jchrieb dazu einen Com—
mentar, Benedig 1607.
Ezechias. S. Hiskias.
Ejechiel, der Prophet. Aus prieſterlichem Ge:
ſchlechte, war er mit König Jojachin in die Gefan-
genſchaft geführt.und hatte feinen Wohnfig am
Chaboras angemwiejen befommen. Um ihn fammel:
ten fich dort die Frommen zur Andacht und Biele
te bei ihm Troft und Rath. Seine prophetijche
irkſamken begann er im 5. Jahre ber Gefangen:
ſchaft und fie läßt fich bis in ihr 27. verfolgen. Im
Unterfhiede von den ‚früheren Propheten ift er
nicht jowohl ein begeifterter Vollsredner ald ein
Eziongeber
Schriftfteller, deſſen Werke Stubium und Schrift:
gelehrſamleit verrathen. Auch darin offenbart ſich
248
Faber
gen gegen bie fremben Bölfer, bie ebenfalls
die Ehefdäer zu Grunde gehen würben, den *
eine Verſchiedenheit, daß er bei allem Drängen auf gang von Tyrus und Aegypten. Der dritte Theil
wahrhafte Herzensbelehrung dennod) großen Werth
auf das levitifche Gefeg, auf Opfer und Tempeldienſt
legt, jo daß ſich auf mehrfache Weife die ſpätere
Periode des Esraismus in ihm anfündigt. Das
Bud) ift, wie ed vorliegt, unzweifelhaft von ihm
elbft zufammengejftellt und abgejchlofjen. Es zer:
ällt in 3 Theile. Cap. 1—24, vor der Zerftörung
Jeruſalems geſchrieben, verlündigt der Prophet,
warnend vor Denen, welche durch täufchende Reben
die Erulanten zu verführen fuchten, den bevorfte:
enden völligen Untergang des jüdifchen Reiches,
£ jedoch, daß ein Reis hervorgehen und zu einem
herrlichen Baume emporwadjen werde, unter wel:
chem die Gerechten in Frieden leben würden. Der
weite Theil, Gap. 25—32, umfaßt die Weiſſagun⸗
ang Cap. 33—48, enthält die Weiffagung von
der Auferftehung Iſraels und dem neuen Heide
nad) dem Untergange Gogs und Magog3 und bie
Beichreibung des neuen 13. Bol. Umbreit,
Prakt. Commentar, 1843; Hävernid, Gommentar,
1843 ; Hitzig, Kurzgef. er. Hendbuch, 1847.
Eziongeber (121 T’yY Mannes Rüdgrat). 4
Mof. 33, 35; 5. Mof. 2, 8. Eine Station der
Jiraeliten in der Wüſte, in der Nähe von Elath
am Aelanitiſchen Meerbufen, mar ein Sr von
dem aus Salomo’3 Schiffe nad) Ophir fuhren, 1.
Kön. 3, 26; 2. Chr. 8, 17, und wo Sofaphats
Schiffe, 1. Kön. 22, 48, fcheiterten. Nach Ewalds
Bermuthung einerlei mit Alabah (Rüden).
®.
Babel, Fabeln, d. 5. kurze aus dem Naturichen
genommene Erzählungen zur Veranſchaulichung
einer moralifchen Regel, dadurch unterſchieden von
der Parabel oder dem Gleichniß, daf in der Fabel
das poetiſche Bedürfniß dramatiſcher Ausführung
das die Darſtellung beherrſchende Moment iſt, ſo
daß z. B. Thiere und lebloſe Gegenſtände als ſpre⸗
chende Perſonen eingeführt werden, was im Gleich:
niß nit vorlommt, finden fid) zwei in der heil.
Schrift, Richt. 9, 8—10 und 2. Kön. 14,9. 10;
vgl. 2. Chr. 25, 18. 19, von denen die erjtere bie
ältefte aller befannten Fabeln ift.
Faber, Baſilius. Lutheriſcher Theologe und
Schulmann. Geb. 1520 zu Sorau, war er Rector
der Schule in Norbhaufen 1550—55, Tennftäbt
und Quedlinburg 1563—70. Als Antiphilippift
abgefegt, ging er als Rector nad) Erfurt, wo er
1575 ftarb. Er betheiligte fid) an den Magdeburger
Genturien und ſchrieb außer einigen Heinern Wer:
ten den Thesaurus eruditionis scholasticae, Leip⸗
zig 1571, lekte Ausgabe 1749,
aber, Felig, auch Fabri. Ein Dominicaner.
Geb. 1441—42 zu Zürich, Lector und Prediger
im Klojter zu Ulm. + 1502. Er machte zwei Reiſen
nad) Jeruſalem 1540, und nad dem Sinai und
Aegypten 1543—44, die er deutſch und lateiniſch
beichrieb. Fel. Fabri Evagatorium in terrae
Sanctae, Arabiae et Aegypti peregrinationem,
Stuttgart 1843—49.
Faber, Guido (eure de la Boberie). Geb. zu
Boderie 1541. Gecretär des Herzogs von Alengon.
+ 1598. Ein bedeutender Spradfenner, war er
Mitarbeiter an der Antwerpener Polyglotte, und
verfaßte eine chaldäiſche und eine ſyriſche Gram:
matıf, fomwie ein ſyro⸗chaldäiſches Wörterbuch.
aber, Jacques de. Großvicar des Erzbistums
von Bourges. + 1716. erg mehrerer Streit:
Hriften gegen Proteftanten, Janfeniften und Se:
uiten.
aber, Jakob. Stapulensis (Leſevre d'Etaples).
Geb. 1460 zu Etaples. Als Lehrer am Collegium
Lemoine zu Paris war er durch Kenntniſſe, Talent
und Frömmigkeit angeſehen. Als ihm W. Brigon:
net eine Wohnung in der Benedictinerabtei St.
Germain eingeräumt hatte, begann er in der dor:
tigen Bibliothek feine Bibelftubien, die ihn für die
Grundfäge der Reformation völlig gewannen, denen
er aud treu blieb, ohne jemald aus der latholi⸗
ſchen Kirche audzutreten. Als Biſchof von Meaur
berief ihn Brigonnet zum Generalvicar 1523 und
veranlaßte ihn zu der Meberfegung des Neuen Te:
ftament3, welche 1523 erfchien, und zu dem Coms
mentar von 1525. Vor der Commiffion, melde bie
Ketzereien im Bisthum Meaur unterſuchen jollte,
—— er nach Straßburg. Franz J. rief ihn zu⸗
rück und machte ihn zum zu Blois,
wo er das Alte Teſtament überſetzie 1528. Seine
legten Lebensjahre verbrachte er bei Margaretha von
NavarrazuNerac. + 1536. Außer dem Angeführten:
Psalterium quintuplex 1508; Commentar zu den
pauliniichen Briefen 1512, zu den Evangelien 1522,
zu den katholiſchen Briefen 1525. 3*
Faber, Johannes, von Heilbronn. Domini
caner. Geb. 1504 zu Heilbronn. Mönd zu Wim
pfen, feit 1534 Domprediger zu Augäburg. + 1557.
Ein Gegner der Reformation, die er in vielen po:
lemiſchen Schriften befämpfte: „Was bie evang.
Mefje ſei.“ Fructus quibus dignoscuntur haere-
tiei, Ingolſt. 1551.
Faber, Johannes, Bifchof von Wien. Eigentl.
Heigerlin. Geb. zu Leutkirch 1478, ftieg er raſch
dur Talent und Kenntniffe, und war 1518 Ge:
neralvicar zu Conſtanz und päpftlicder Brotonotar.
Als Humanift begünltigte er anfangs die Refor:
mation, mit deren Häuptern er ſogar in näherem
und freundſchaftlichem Verlehre ftard, bis eine Reife
nad) Rom 1521 einen Umſchwung in ihm bewirte
und ihn zum unermübdlidien Gegner der Kirchen:
verbefierung machte. Schon in Rom 1522 erjdien
feine öfter aufgelegte Schrift gegen Zuther: Mal-
leus haereticorum, und 1523 nahm er als
—X Gegner Theil an der Disputation zu
Zürich. Als Nath und Beichtvater Ferdinands war
er 1526 und 1529 auf den Reichstagen zu Speyer
und 1530 zu Augsburg anmwefend, einer der Theo:
(ogen, welchen die Confutation der Eonfefjion über:
tragen wurde. Bei den Verfolgungen der Evan:
geitihen in Oeſterreich ſehr thätig, 1528 als Coad⸗
jutor von Neuſtadt, Probſt von Ofen 1529, Bi:
{hof von Wien feit 1530 und Mominiftrator von
\
Faber
Neuſtadt 1531— 38, fuchte er dem Umfichgreifen ber
Reformation auch durch Anftellung non beſſern
Seelforgern und Predigern zu wehren, zu welchem
Imede er ein theologiiches Eonvict in Wien be:
ründete. Daneben war er reich an liftigen und
chlauen Borfchlägen an den Papſt und an ben
Kaiſer zur Zurüdführung der Lutheraner und Wie:
dervereinigung der Kirche. + 21. Mai 1561. Eine
Sammlung feiner polemiſchen Schriften, Leipzig
1537 ; eine Gefammtauäg. der homiletiſchen, Köln
1537 —41.
aber, Johannes Auguftanus. Zu unterfheiden
von den beiden Borigen, war Dominicanerprior
in Augsburg, aus Freiburg gebürtig, 1516 Lehrer
in Bologna, Hofprediger und Beichtvater Mari:
miliand I. und Karls V. Er war anfänglid
mit Eradmus befreundet und machte in befien
Sinne Bermittlungsvorfhläge in Luthers Sadıe,
trat aber — gänzlich auf Seite der Curie.
Faber, Nikolaus. Geb. 1644 in Paris. Lehrer
des Prinzen Condoͤ und Erzieher ra XIIL,
lieferte Beiträge zur Kirchengeſchichte des Baronius.
aber (Favre), Peter. Geb. 1506 zu Villarette
in Savoyen. War ber erfte Genofje des Jgnatius
von Zoyola, den er 1537 nad) Rom begleitete. Im
Intereſſe des Ordens in Deutjchland und Portu⸗
gal thätig, war er zum Eoneil von Trient bejohlen,
als er 1546 ftarb.
aber, Peter Joſeph. Geb. im Anfang bes 18.
abrhunderts zu St. Barthelemi im Canton
t. Briefter zu Laudun, begleitete er Franz be
la Baume, Biihof, von Halicarnaß, auf feiner
nipectionsreife nad Codindina, Die er in den
edifiantes, Biel 1746, befhrieb. Die In:
triguen der Jefuiten, welche den eigentlichen Zweck
der Reife vereitelt hatten, deckte er aud) in Rom
auf. Sein obengenanntes Werk wurde in Freiburg
vom Scharfrichter verbrannt, von den Jeſuiten
aufgefauft und vernichtet.
Faber, Bitus. Geb. 1528 zu Touloufe. Parla:
mentsrath und franzöfifher Abgeordneter zum
Concil von Trient, ift er durch eine Apologie der
Parifer Bluthochzeit berlihtigt geworben. + 1584.
Fabian, Papft 236—250. Die Nahrichten über
kin Leben find ungewiß, unter Decius ſoll er ala
Rärtyrer geftorben fein. Ihm wird zugejchrieben
die Beftellung von 7 Dialonen zur Armenpflege
und von 7 Subdialonen zur Abjaffung der Mär:
tyreracten.
Fabrica ecclesiae, Kirchenfabrik, Kirchen:
ärar, ift das gerne im engern Sinne,
welches für die Bedürfniſſe des Eultus und bie
Unterhaltung der kirchlichen Gebäude beftimmt ift.
©. Kirchenvermögen und Baulaft.
Fabricius, Johann. Geb. am 11. Februar 1644
m Altorf aus einem alten Theologengeſchlechte,
ftudirte er in Heimftädt und bildete fich auf Reifen
durch Deutfchland und Stalien 1670—77, war
Brediger einer evangelifhen Gemeinde in Venedig,
danag rg he in Altorf und in Helmftädt
1697:— 1709. Aus feiner ireniſchen Gefinnung ging
beroor Consideratio variarım controversiarum
ete., ein Verſuch einer — Symbolik.
Größeren Anſtoß als dies Wert gab fein Gutach⸗
ten 1704 fiber den Mebertritt der Prinzeſſin Eli:
ſabeth Chriſtine zur katholiſchen Kirche bei ihrer
Deirath mit Starl VI. von Spanien, „da ſolche
Vermählung nicht allein dem Herzogthum, fondern
auf der proteftantiichen Religion und dem hoch⸗
249
Fälle, vorbehaltene
gewünſchten Kirchenfrieden zuträglich fein könne.“
Auf Betreiben des an Helmftädt mit betheiligten
Hofes wurde er beöhalb 1709 ala Profeſſor eme:
ritirt, murbe aber Generalinfpector der Schulen
und lebte in literarifher Muße bis 1729.
Fabricius, Johann Albert. Geb. zu Leipzig am
11. Nov. 1668, ftubirte er zu ——— ogie
und Theologie, auch Philoſophie und Geſchichte. +
1736 zu Hamburg als Profefjor der Beredſamkeit.
Für bie —— Literaturgeſchichte wichtig
durch die Bibliotheca ecclesiastica, Hamb. 1718.
Außerdem: Codex — N. T., 1703 - 19;
Codex —— . T., 1713; 8. Phi-
liastri episcopi Brixensis de haeresibus, 1721.
Bol. Reimarus.
Fabricius, Johann Jalob. Geb. 1620 zu Lens
nep. Er predigte, ald Student in Roftod ermedt, in
feiner Gemeinde Schwelm Arndtihe Myſtik und
egen äußere lirhliche Frömmigkeit. Wegen einer
Shrift: „das jegigeabtrünnige Maulchriſtenthum“,
1650, in der man Weigelianifhe Irrthumer ents
bedite, mußte er feine einde verlaffen, warb
Pfarrer zu Zwolle und 1660 Stabtprebiger in
Sulzbach, mußte aber auch auf biefer Stelle trog
des guten Zeugnifjes des Magiftrats und der Ges
meinde vor den Angriffen der Orthoborie weichen
1667 und lebte dann Ir Amſterdam bei Gichtel, +
ee Bol. Göbel, Geſchichte des riftlihen Les
ens 11.
Fabricius, Theodor. Geb. am 2. Febr. 1501 zu
Anhalt, ftudirte er zu Wittenberg und wurbe ber
Reformation — In Köln hielt er ſeit 1526
vielbefuchte Vorlefungen. Wegen feines eifrigen
Wirkens für die neue Lehre und für Klarenbach
und Klopreiß wurde er gleichjall3 eine Zeitlang
gefänglich eingezogen, aber wieder freigelafjen. Geft.
al3 Superintendent zu Zerbft. Institutionesgram-
maticae in linguam sanctam, Köln 1531; Ar-
tieuli pro evangelica doctrina, 1531.
Herr ©. Univerfität.
acultäten find Vollmachten, wodurch bee Kir⸗
chenobere Gerechtfame, die ihm allein zuftehen, auf
Andere überträgt. Die wichtigften find die Quin⸗
quennalfacultäten ber Bijchöfe, feit dem 17. Jahr:
hundert ne wodurch benjelben eine Anzahl
päpftlicher Rejervatrechte in Bezug auf Dispenfa-
tionen übertragen werben. Urjprünglich ertheilt,
um die Bifchöfe vor den Eingriffen der Nuntien in
ihre Zurisdiction zu Shügen, werden dieje Facul⸗
täten immer nur auf 5 Jahre gewährt. Auch der
Biſchof überträgt einen Theil jeiner biſchöflichen
. im Intereffe der Auffiht und des Eultus
an Dechanten und an den Generalvicar. Da bie
Prieſterweihe nur die Fähigkeit —— giebt,
die Sacramente zu verwalten, die facultas (Befug⸗
niß) aber erft durch die biſchöfliche Approbation
eintritt, jo bedarf der Geiftliche ver Beichtfacultät,
welche ebenfalls nur auf 5 Jahre ertheilt zu wers
den pflegt.
Facundus, Bifchof von Hermiane in Nordafrila,
hielt fi in Conſtantinopel auf und fchrieb im
Dreicapitelftreit Pro defensione trium capitulo-
rum. Bei aller Orthodoxie tabelt er entfchieden das
dogmatiſche Streiten feiner Zeitgenoffen. Außer
der genannten fchrieb er noch folgende zwei Schrif:
ten: Liber contra Mucianum scholasticum und
—— fidei catholicae, Vgl. Gallandi, Bibi.
2
p. 665.
Fülle, vorbehaltene, S. Casus reservati.
Fälſchung der päpftlichen Bullen
Fülſchung der N ſtlichen Bullen und Decrete
war fo häufig, daß Innocenz III. in einem Breve
1198 neun verjchiedene Arten berjelben anzeigte.
Die Kirche ftrafte die Urkundenfälfhung mit der
excommunicatio ipso facto.
Fagius, Paul. Geb. zu Rheinzabern, ftubirte er
zu Heidelberg und feit 1522 in Straßburg, wo er
Knabenlehrer war, unter Capito die hebräiſche
Spracde. 1527 Rector in Isny, ftubirte er 1535
—37 in Straßburg Theologie, wurde Pfarrer
in Jöny 1537—43. An Gapito'3 Stelle nad
Straßburg berufen, ordnete er erft das Kirchen:
wejen in Conftanz, 1546 aud) in Heidelberg. Nach
der Einführung des Interims ging er mit Bucer
auf Cranmers Einladung nad) England und ftarb
1549 al3 Brofeffor in Cambridge. Seine Schriften
beihäftigen ſich mit hebräifhen Studien und Er-
Härungen des Alten Teitaments.
Fagnani, Prosper. Ein bedeutender Kanonift.
Geb. 1598, war er in Rom Advocat und Secretär
ber Congr. Conc. Trid. interp., zulegt Brofeffor
bes kanoniſchen Rechtes. Schon erblindet, verfaßte
er jeinen Gommentar über die Decretalen, Rom
1691, 3 Bbe., Köln. 1696.
‚Bahnen, die der katholische Eultus Broceffionen
und Leichenzugen vorantragen läßt, dürfen nicht
mie Kriegäfahnen an die Fahnenftange angenagelt
fein, fondern müfjenvon einem Querbalfen flattern.
Aud die Juden auf dem Zuge dur die Wüfte
hatten Fahnen, 4. Mof. 1, 52; 2, 2; 10, 14, und
zwar je brei Stämme eine. Auf den ahnen ber
Mallabäer fanden fi die Anfangsbuchſtaben der
Worte 2. Mof. 15, 11 geftidt.
un gen Für diefelbe Hat das römifche
Bontificale ein eigenes Ritual. Evangeliſch wird
ſich der traditionell fejtgehaltene Gotteödienft bei
—* rein militäriſchen Feier kaum rechtfertigen
laſſen.
Falckenſtein, Joh. Heinr. von, Convertit und
iftorifer. Geb. 1682 in Schleſien, ſtudirte er in
utſchland und Holland. 1715 Prodirector der
Erlanger Ritterafademie, trat er in Neuburg an
ber Donau zum Katholicismus über. Er jtand
dann in Dienjten des Biſchofs von Eichſtädt, da—
nad) des Markgrafen von Brandenburg, als defjen
Refident er in Erfurt lebte. + 1760 zu Schwabad.
Bon feinen hiftorischen Schriften find zu bemerfen:
Antiquitates Noidgavienses, 1733; Thüringifche
Shronif, 1737—39; Geſchichte des Herzogthums
und —*— en Königreichs Bayern, 1768.
Faldiſtorium. Ein einfacher Tragſeſſel, der ſich
zuſammenlegen läßt und deſſen ſich der Biſchof be—
dient, wenn er ſich nicht auf dem Throne der
Kathedra im Gottesdienſte niederlaſſen will.
Falk, Johannes Daniel. Legationsrath. Geb.
zu Danzig am 28. October 1763 und mit Unter:
jtügung des Rathes jeiner Baterjtabt erzogen, lebte
er jeit 1793 in Weimar als Privatgelehrter, und
ehörte auch ald Dichter zu dem um Göthe und
Schiller u. ſ. m. fi) jcharenden Kreiſe. 1813 ftif:
tete er, tief ergriffen von der Roth und Verlafien:
eit der vielen in Folge der Kriegäverwüftung in
achſen verwaiiten Kinder, eine Rettungsanitalt
für verwahrlojte Knaben, die fpäter in ein öffent:
liches Inſtitut verwandelt wurde. Falk hat die
Gründung der Rettungsanſtalten in Deutſchland
durch feinen Vorgang eröffnet.
alle, S. Weihe.
all der Engel. S. Engel,
250
Familiften
Fall der Mengen. S. Sündenfall.
k'amiliares in den Klöftern find die Handwer⸗
fer und das Geſinde. Manche Klöfter, z. B. Eluguy,
durften feine familiares halten.
Familiaritas. S. Commensalitium.
Familie ift die Gemeinſchaft der Eltern und der
von ihnen erzeugten Kinder, die Entfaltung be3 in
ber angelegten natürlichen Berhältnifies. Die
ihr geitellte Aufgabe ift einerjeitö als Bervolltomm:
nung ber ehelihen Gemeinjchaft, die Geſchlechts⸗
liebe durch dad Hinzutreten der elterlichen Liebe
immer mehr von jedem jinnlichen Elemente zu be»
freien und in rein perjönliche Liebe zu verwandeln,
andererſeits vermittelft ber elterlichen und finds
lichen Liebe die Kinder und die Eltern gegenfeitig zu
erziehen. Die Aufgabe derjelben gehört daher zu den
—— ſittlichen, und kann in gewiſſer Bollftändig:
eit nur erreicht werden auf dem Grunde der Fröm⸗
migkeit. Da ferner alles Gemeinſchaftsleben durch
die Verbindung der Familien unter einander, durch
Verwandtſchaft entſteht, ſo iſt die Familie die Grund⸗
lage für alles Gemeinſchaftsleben und das Gebiet,
auf welchem die in jenem wirffamen moraliſchen
Kräfte fich zuerft entwideln und bewähren. Das
Familienleben hat zu jeiner Borausfegung die Ans
erkennung ber vollen Berfönlichkeit des Weibes und
damit bie Monogamie; ed konnte daher erft im
Chriſtenthum feinen vollen ethifchen Inhalt ent:
falten. Indeß zeichnet ſchon das Judenthum fich
vor allen Völkern Durch die Würdigung ber Bedeus
tung der Familie aus. Vgl. Rothe, ar (2. Ausg.),
II, N 305—329; ferner (1. Ausg.) III, ©. 605 ff.;
er Spies Predigten über den hriftl. Hauss
tand.
Familiengräber waren ſchon im Urſprung des
jüdiſchen Volles üblich, 1. Mof. 23, 17—20; 50,
13, und ftanden in hohen Ehren, 1.Kön. 3, 13.22.
Da die römifche Sitte fie begünftigte, jo wurden
ſie auch bei den chriſtlichen germanifchen Bölfern
häufig, entweder in den Kirchen felbft oder auf
dem allgemeinen Gottesader oder auf eigenen
Grundftüden. Kirchenrechtlich erlifcht da3 Eigen:
tum an dem Familiengrabe, wenn die Familie
ausftirbt oder den Drt für immer verläßt; eö gebt
in ſolchem Falle bei einem Grabe auf dem Kirch—
En an bie Kirche, bei einen auf andern Grund:
tüden an den jedesmaligen Eigner über.
Familiſten. Die Anhänger des Heinrih Niklas,
eine Secte des 16. Jahrhunderts in Holland und
England, auch Haus der Liebe genannt. Heinrich
Niklas war 1501 oder 1502 in Münfter geboren,
und lebte jpäter in Amfterdbam und Emden. Der
Reformation abgeneigt, aber angeregt von ana»
baptiftifhen und anomiſtiſchen Ideen, verbreitete
er jeit feinem 39. Jahrein zahlveihen Schriften feine
moftifch=chiliaftifche Lehre von der Vergötterung
des Menſchen und der Aufrichtung des neuer Got:
teöreicheS der Gerechten. Er jelbit war der Brophet
diejes Reiches, der durch mannigfache Offenbarun
gen und Viſionen in ein inniges Verhältnik zu
ott und Chriftus geſetzt ſei. Die Organtifation
des Haujes der Liebe umfahte eine priejterliche
Hierarchie und regelte auch die irdiichen Berhälts
niffe bis ins Kleinfte. Die Secte verpflanzte füch
nach England, wo fie unter Maria und Elifabeth
aud) Berfolgungen erlitt; in Holland tft fie mit
dem 17. Jahrhundert verfhwunden. Innere Strei—
tigfeiten hatten ſchon unter Niklas und feinen
eriter, Anhängern begonnen. Vgl. Nippold, Ztſch.
Fanatismus
für hiſt. Theol., 1862, 3, 4. Prot. Monatsbl.
1864, 1
Fauatismus (fanum, Dffenbarungsftätte) ift
das leidenjhaftlich erregte Gefühl der Frömmig-
keit, welche, haftenb an einer äußern, vereingelten
Dffenbarungsthatfahe und dieſelbe phantaſtiſch
ausbilbend, gegen gemwiflenhafte Befinnung und
Prüfun elihen, und gegen andere Auffaf-
fungen Feind elig und verfolgungsfüchtig fi ver:
hält. Die Kirchen: und Religionsgeſchichte bietet
zu jeder Zeit Beifpiele bed Fanatismus, ſowohl
in ber herrſchenden Kirche als namentlich bei ver:
ten Secten.
annius, aus Faenza, der erfte Märtyrer ber
italienijchen Reformation, wurde 1550 zu Ferrara
nad) zwerjähriger harter Gefangenſchaft im Kerler
der Inquifition erdroffelt.
Farben. Die Farben der Stiftshütte, welche
auch an der jüdiſchen Briefterkleivung wiederkeh⸗
ten, find: Weiß, Dunkelblau, Burpurrotd, Blut:
zoth. Bähr und Andere haben in benjelben ſymbo⸗
liſche Bedeutungen geſucht, ohne Beitimmtes mit
fihern Gründen ftügen zu können. Die römiſche
Kirche hat für die firhlichen Gewänder fünf Far:
ben, deren Gebrauch nad) der Bedeutung der Feier
fi richtet: Weiß, die allgemeine Farbe, als Sym:
bol der Heiligkeit und Freude, an den Fettagen;
Roth, die Freude des Sieges, an Pfingiten und
beim Gedächtniß des Leidens des Herrn und der
Märtyrer; Grün, Farbe der Hoffnung; Violett,
der Trauer und der Buße; Schwarz, der höchſten
Trauer.
Farel, Wilhelm. Geb. 1489 zu Gap in ber Dau—
pbins, ſtudirte er in Paris und ward jeiner evan⸗
eliiyen Anfichten wegen von Brigonnet nad
berufen. Die ausbrechende Berfolgung trieb
ihn nad) Bajel zu Vefolampad, wo er 13 Thejen
anfhlug, über welche 1524 am 15. Februar eine
öffentliche Disputation ftattfand, welche die Refor:
mation förberte. Nad) einem Aufenthalte in Straß:
burg diente er der evangelischen Gemeinde in Möm—
ard ald Prediger. 1525 vertrieben, erhielt er
1526 von Bern eine Anftellung in Aigle als Pre:
diger und den Auftrag, in den Untergebieten das
Evangelium zu verfündigen ; jo fam er nad) Neuen:
burg zu den Waldenfjern und nad Genf. Unter
vielen Angriffen und Gefahren gelang es feiner
Thätigleit, das Religionsgejpräh vom 26. Jan.
1534 durchzufegen und das Neligionsedict vom
27. Auguft 1535 zu erlangen, welchem die allge:
meine Einrichtung des evangelifchen Gottesdienſtes
folgte. Zu dieſer Zeit fefjelte er Calvin in Genf
und überließ ihm die Führerfchaft des Reforma:
tionswerles. Zugleid mit demjelben aus Anlaß der
Kirchenzucht 1538 verwiejen, wandte er fid) wieder
nad Neuenburg und hielt dort troß libertinijcher
Anfeindungen und troß der Peit aus. Bon dort
aus befuchte er wiederholt Genf, um an ber Be:
gründung der reformirten Kirche ſich zu betheiligen,
wangelifirte Metz und griff überhaupt als eines
Häupter der Reformation in die Zeitung und
ründung der jungen Kirche Fräftig ein. Weniger
als Schriftiteller thätig, lag die Bedeutung feiner
Wirkſamkeit vor Allem in dem — oft fat leiden:
chaftlichen — Feuereifer, der ihn bejeelte, und dem
unerjhütterlichen Muthe, den er allen Angriffen
entgegenfegte. Dogmatiſch mild und unioniſtiſch
gefinnt, forderte er die ftrengfte Sittengucht inner:
halb der Gemeinde. Er jtarb auf einer Bejuchsreife
251
Faften in der chriftlichen Kirche
nah Me am 13. Sept. 1565. Bol. Kirchhofer,
Leben W. Farel's, 1831; Schmidt, Etudes sur
Farel, 1834; Cheneviere, Farel, Froment, Viret,
1835; Schmidt, Farel und Viret, 1860.
Farfa. Ein am Fluffe gleichen Namens im Sa:
binerlande gelegenes Klofter, früher mit Monte:
cajfino und Ronantula das —— in Italien.
Schon früh gegründet und beim Longobarden—
Einfall zerſtört, ward e8 681 durch den Priefter
Thomas — ——— und erlangte hohes An-
jehen mit großer Macht und anfehnlihem Reich:
thum. Gegen die Saracenen konnte es fi 7 Jahre
lang — Es folgte dann eine Periode des
innern Verfalles, bis Odilo von Clugny die Re—
form von Clugny einführte. Unter abwechſelnden
Schickſalen hat ſich das Kloſter bis heute erhalten.
Farnovius —— Farnowäli). Farneſius.
Das Haupt einer arianifirenden Secte der pol:
nifhen Unitarier, die ſich fpäter unter die Sci:
nianer verloren hat. Er war ein Schüler des Go:
neſius, hatte zu Heidelberg ftubirt und ftarb 1614
in feiner Gemeinde Sandelk.
en S. Dänemarf.
affionen der Pfründen find fpecificirte Ver:
zeichniffe der Einfünfte und Laften eines Kirchen:
amtes,
Faſten bei den Hebräern (DIS auch WDJ 3y
feine Seele demüthigen) fommt ald Zeichen der
Trauer und bes ſehnſüchtigen Gebetes nicht felten
vor, theil3 ald freiwillig übernommenes, 4. Mof.
30, 14, theils als öffentlich) angeorbnetes bei gro⸗
Ben Landesunfällen, Richt. 20, 26; 1. Sam. 7, 6;
31, 13; 2. Sam. 1, 12; Joel 1, 14 ff. Das Geſetz
verordnet nur Einen Fafttag am Verjöhnungstage,
4.Mof.29,7, fpätere Sitte ordnete mehrere, Zach.
8, 19. Als man das Falten an fi), trotz des Wis
derſpruchs der Propheten, Zach. 7, 5; ef. 58, 4,
für verdienftlich anjah, wurde es in der nachkano⸗
nifhen Zeit von den Phariſäern ſyſtematiſch aus:
ebildet; e8 beziehen fich hierauf mehrfache Aus⸗
Porliche des Herren, vgl. Matth. 9, 14; Luc. 18, 12.
Der Talmud geht in die 556 Specialitäten
ein. Das häufige und durchgeführte Faſten der
Eſſener ging aus ihrer Grundrichtung hervor. Da
während des Faſtens die ſchwarzen Trauerkleider
den heutigen Juden vorgeſchrieben ſind, am Ver—
ſöhnungstage aber die weißen Sterbehemden ge—
tragen werben, jo erklären ſich die Ausdrücke ſchwar⸗
zes und weißes Faſten.
Faſten bei den Muhamedanern. S. Ramadan.
Faſten in der chriſtlichen ſtirche. Durch ſeinen
naturgemäßen Zuſammenhang mit der Stimmung
des Schmerzes und der Buße behielt das Faſten
auch in der chriſtlichen Gemeinde ſeine Bedeutung.
Durch die Einflüſſe des Montanismus und des
Kloſterlebens überſchätzt, galt es bald als beſon—
ders geeignetes Mittel, göttliche Vergebung zu er:
langen. Die römische Kirche nahm es als ſolches
auf und ordnete es gejeglih. Man unterjcheidet
jejunium naturale, die gänzliche Nüchternheit,
welche bei der Vorbereitung auf die Sacramente
und aljo von dem Meſſe telenden Prieſter gefor:
dert wird, und jejunium eccl>siasticum, die tirch⸗
lic) gebotene Beſchränkung im Speifegenufie, ab-
stinentia a cibis. Diefe ift entweder jej. perfec-
tum, weldes bejtimmte Speijen ausjwließt und
nur Eine volle Mahlzeit am Tage geitattet, oder
jej. particulare, semijejunium, wo bei Einer
Faften-Gottesbienfte und Predigten 252
Mahlzeit am TageFleiſchſpeiſen genofjenwerden und
nur eine collatio vespertina dazu genommen wird,
oder man ſich der Fletfchipeifen enthält (Abftinenz).
Als vollkommenes Falten iſt vorgejhrieben das
Duadragefimalfaften vom Aſchermittwoch bis Chor:
famftag und an den Vigilien der hohen Feſte, die
Abftinenz an allen Mittmwoden (oder Samſtagen)
und Freitagen. Die Dispenfation vom Saften:
gebot iſt ein Recht der Jurisdiction, fie Tann er-
theilt werden in den Fällen der Unmöglichkeit, der
Noth, der Arbeit und der geiftlihen Wohlthätig-
teit. Die neuere Zeit hat in den jährlichen Faften:
ausſchreiben bie Strenge des Gebotes derart ge:
mildert, daß jelbjt dad Duabragefimalfaften 1
laum über die —— erhebt. Die griechiſche
Kirche hat abweichende Beſtimmungen, hält aber
ihr Faſten mit großer Strenge, an den Mittwochen
und fFreitagen, und an ben vier großen Zeiten,
d. 5. 40 Tage vor Ditern und vor Weihnachten,
vom 1.—15. Auguft (Marienfaften) und 14—40
Tage nad) Pfingjten (Apoftelfaften), Apftg. 13, 3.
Die evangelifhe Kirche hat kein Faften- Gebot,
Die reformirte Kirche pflegte früher mit den Bet:
tagen bei Zandescalamitäten aud) ein allgemeines
Faften anzuordnen. Val. Augufti, Denkwürdigkei⸗
ten ; Binterim, die vorzüglichiten Denfwüzdigleiten
ber chriſtkath. Kirche; Alt, der chriſtliche Cultus,
©. 518 ff.
ff
Faflen-Gottesdienfte und »Predigten. In ber
römischen Kirche werden in der Faſtenzeit neben
den gewöhnliden Gotteädienften befondere Pre:
bigtdienfte gehalten, um die Gläubigen zur Buße
anzuregen. Wo ed möglid) ift, werben dazu befon:
dere und begabte Brediger angejtellt. Die evangel.
Kirche pflegt ebenfalls in der Zeit vor Dftern be»
fondere Wochen-Gottesdienſte zu halten, welche
ber Betrachtung des Leidens Chriſti gewidmet find.
Faflen- Mandate oder «Patente. Auf Grund der
Duinquennalfacultäten erlafjen die Bilchöfe jähr:
lich vor dem Quadrageſimalfaſten ein öffentliches
Ausfchreiben, in weldem die Milderungen bes
volltommenen Faltengebotes ausgeſprochen find,
welche fie den Gläubigen geftatten wollen. -
Faflidius, Priscus. Ein altbrittifcher Biſchof,
vielleicht von London, im 5. Jahrhundert. Unter
den Werken Auguſtins findet fih von ihm eine
Schrift: Ad Fatalem devita christiana et vidui-
tate colenda, mit Hinneigung zum Belagianis-
mus. Herausgegeben 1663 von 2. Holjten.
Fafinacht. Faſching. Carneval. Eigentlich die
drei Tage vor Aſchermittwoch. Die Bezeichnung
wird aber ausgedehnt auf die Zeit vom 8. Februar
bis Aſchermittwoch. Um fih im Boraus für die
Entbehrung der Faftenzeit ſchadlos zu halten, pflegte
man dieſe Tage mit finnlichen Ergögungen aus:
gr die nicht ſelten das Ma Übericritten.
ie Bedeutung jcheint im Worte Garneval (caro
vale, eis lebe wohl) hervorzutreten, obgleid) fie
etymologijh nicht darin begründet ijt. Carneval
kommt vielmehr wohl ficher von car navale (Schiffs:
— * das als altgermaniſches Heiligthum am
Niederrhein zu Zeiten umhergefahren wurde. Die
römiſche Kirche hat die Faſtnachtsluſtbarkeiten wohl
nie ausdrücklich gebilligt, aber ſie ſtets geduldet.
Gere; Faflenipeifen. ©. Fajten.
atalien jind die Nothfriften im Firchlichen
Prozeß, bei welchen das Gejeg den Nadhtheil, wel:
en die Berjäumniß mit ſich führt, beftimmt.
Fatalismus (fatum; die Moipa ſchon bei Ho:
Fegfeuer
mer als die noch über den Göttern waltende Nacht
des unabänderlichen Schickſals). Der Glaube an
das unwiderrufliche Verhängniß, wie ihn vor Al⸗
ters die Stoifer, jetzt die Muhamedaner feſthalten.
Von dem Determinismus der Deiſten und dem
Raturgeſetz der Materialiſten unterſcheidet er ſich
durch die Annahme einer über Allem ſtehenden
bewußtloſen blinden Allmacht, des Schickſals. Von
der chriſtlichen Lehre trennt ihn vor Allem der
mangelnde Glaube an die ſittliche Weltordnun
und an die Liebe eines perſönlichen Gottes. Auf
dem Gebiete des chriſtlichen Denkens ftreift aber
die ſchrofſe Prädeftinationstheorie an ben Fataliss
mus an. ©. Determiniämus,
Fatima, die Tochter Muhamebs, bie Gattin
Ali's, die Mutter des Huffein und Hafen, wird
bei den Schiiten befonders hoch verehrt.
atum. Das Schidjal, S. Fatalismus.
'atuorum festum. ©. Narrenfeft.
Faulfiſch. S. Hieronymus von Prag.
Fauſtinus. Ein Presbyter zu Rom, ber nad
Liberius’ Tode (352—366) ſich an die Partei des
Urfieinus anfhloß und ihr Schickſal theilte. Bon
—* find 3 Schriften vorhanden: 1) eine ber Flac—
cilla, der Gattin des Theodofius, gemidmete Schrift
gegen die Arianer, zuerjt gedruckt Baſel 1555, frü⸗
er bein Gregorius Baticus zugefchrieben ; 2) ein
laubensbekenntniß Fides, und zur Bertheidigung
bes Lucifer von Eagliari,dem er ſich angeſchloſſen;
3) Libellus precum, eine von Erfolg begleitete
Bittſchrift um Einhalt der Berfolgungen.
Foufluß, der Manichäer. Geb. zu Mileve in Nu:
midien, Auguftin fuchte in feiner manichäijchen
Jugendperiode bei ihm Belehrung, wurde aber
durch deſſen Oberflählichteit dem Manichäismus
ſo gründlich entfremdet, daß er ihn ſpäter in der
Schrift Contra Faustum betämpfte.
Fauſtus, Biſchof von Rhegium (Reji, Rhiez, daher
Rejensis), jeit 454. Vorher Abt im Kloſter Lerinum
jeit 434. +493. Bon ſeinen verſchiedenen Schriften
wider Monophyfiten und Arianer und über dog:
matijche Fragen ift am berühmteften geworben bie
Epistola ad Lucidum, in welcher er diefen An:
zer der auguftinifchen Präbeftinationslehre ald
mipelagianer überwand, aber eben daburd) die
Angriffe der ſeythiſchen Mönche hervorrief, welde
die Berdbammung des Semipelagianiämus auf den
Synoden zu Drange und Valence erwirkten.
Faufluß Sorini. ©. Socini.
Feder, Johann Michael. Ein fruchtbarer katho—
licher Schriftfteller, defien Werke im Thesaurus
libr. rei cath., Würzburg 1848, ©. 332 ff., vers
— find. Geb. 1753 zu Oellingen, 1777
icent. theol. und Briejter, 1784 Brojefjor zu
Würzburg, 1794 Präjes der marianiſchen Soda
lität, 1798 geiftlicher zen 1304 Oberbibliothefar
der Univerfität, 1811 penjionirt, ftarb 1824.
Fegfeuer, purgatorium. Nach der fathol. Lehre
der Ort der Reinigung, an welchem die abgejdie:
dene aber gläubige Seele zur sig Ten ihrer auf
Erden nicht hinreichend gebüßten Sünden Qualen
erbuldet, welche durch die Gebete und guten Werte
der Ueberlebenden verkürzt werden Lönnen. Die
Lehre jucht = biblische Begründung 2. Malt. 12,
40 ff. Die Reinigung wird vorgeftellt als durch
Feuer geſchehend, im neuern Katholicismus aber
vergeiftigt aufgefaßt. DieengeVerbindung derLehre
vom mit den Inſtituten der Seelenmeſſen
und des Ablafjes rich Die Reformatoren gegen fie
Feierkleider
auf. Indem aber das Fegfeuer verworfen ward,
wurde augleih eine fortjchreitende und ſich ent-
widelnde Reinigung und Heiligung ber Seele über:
haupt beftritten und ein unmittelbares Eingehen
entweder zur Seligleit oder zur Verdammniß ge
lehrt. Die — der römiſchen Lehre finden ſich
erſt bei Auguſtin (Enchir. c. 68) und Gregor dem
Großen (Dial. IV, 39 ff.), melde bie Möglichkeit
jenfeitiger zeitlicher Strafen annahmen; kirchlich
janctionirt wurde fie zu Florenz 1439 und Trient
(Sess. XXV). Die griehijche Kirche hat fich meiſt
gegen das Dogma vom Fegfeuer verwahrt und an
der einfacheren Borftellung vom Hades feftgehal-
ten (Conf. orthod. 1, 64). Bgl. Quenjtebt, De
Eecl. or. et lat. in dogmate de purgat. dis-
sensu, 1671; Calirtus, De igne purgatorio, 1643;
Bellarmin, De igne purgatorio ; Zoch, dad Dogma
der griechifchen Kirche vom Purgatorium, 1842.
Feierkleider. Pracht: oder Wechſellleider, die bei
feftlihen Gelegenheiten getragen wurden, dienten
oft zu Gefchenten, 1. Mof. 45, 22; Richt. 14, 12.
19; 1. Sam. 18, 4; 1. Kön. 10, 25.
iertage. ©. Feite.
indesliebe. ©. Liebe. z
Feine. So bezeihnet man in ben teformirten
Gegenden Diejenigen, welche lutheriſcherſeits Pie:
tiften genannt werben.
Feldtapellen haben die Beftimmung, der Pri⸗
vatandacht der Borübergehenden zu bienen, fie find
nicht benedicirt und es wird Daher fein Gottesbienft
in ihnen gehalten; jobald dies aber der Fal iſt,
nehmen fie die volle Eigenfchaft der Nebenkirchen an.
Feldkreuze ald Erinnerung zur Andacht an ben
Degen aufzurichten, ift eine romiſch-kirchliche Sitte,
am häufigjten an den Stätten eines bedeutenden
Unglüds. Solche Kreuze werden meift geweiht.
ldprediger, Feldcaplan, Feldpater, ift ber
Titel der Geiftlihen, welche das Heer ins Feld be:
gleiten, um namentlid den Berwundeten auf bem
Schlachtfelde und in den Lazarethen mit geiftlichem
Teofte beizuftehen. Da die fatholiichen F. ihre ya:
eultäten vom Bapfte oder vom Biſchof der Diöcefe
de3 jebesmaligen Aufenthalts haben mußten, fo
hat man entweder einen Feldbiſchof, oder das Heer
einer bejtimmten Diöcefe gleichjam incorporirt. Die
—— F. ſtehen in Preußen unter dem Feld⸗
probſte.
Felgenhauer, Paul. Ein Theoſoph, Myſtiker
und Chiliaſt. Geb. zu Puſchwitz in Böhmen, wandte
er ſich exilirt nach Amſterdam und verbreitete von
dort jeine myſtiſch⸗ alchymiſtiſchen Schriften, in de⸗
nen er auch gegen die ge Kirche und
Geiftlicpkeit eiferte. Mehrfach verfolgt, ausgewieſen
(Bremen), gefangen rm (Syle in Hannover),
Ihrieb er in Hamburg feine legten Werte und ftarb
nach 1660. Verzeichniß feiner Schriften bei Adelung,
Geſch. d. menjchl. Narrheit, Bd. IV, S. 400.
licianer. S. Adoptianiämus,
Feliciffimus, Schisma des. F. war gegen ben
Willen Cyprians von dem Presbyter Novatus zum
Diakonus in Karthago ernanntund befolgtediemil:
dere Praxis gegen die lapsi, er widerfegte ſich den
—— Anordnungen einer von Cyprian
aus ſeinem Aſyl geſendeten Commiſſion, und wurde
mit den Presbytern, die ſich an ihn angeſchloſſen,
don der Synode zu Karthago 251 unter Cyprians
Borfig ercommunicirt. Die Partei, verftärft durch
einige afritanische Biſchöfe, wählte dann ben For:
tunatus zum Biſchof. Ueber den Ausgang des
253
Felix von Aptunga
Schisma's fehlen die Nachrichten. — Ein F. erlitt
unter Decius zu Rom ben ——
Selictitas. 1) Eine römische Wittwe, welche mit
ihren fieben Söhnen unter Antonin 150 (oder Narc
Aurel 170) als Märtyrerin hingerichtet wurde (23.
November). — 2) Eine Dienerin zu Rarthago,
welche mit Berpetua den Märtyrertod erlitt. Si
wurde, faum entbunden, einer wilden Kuh vorge:
worfen.
Selig, der LZandpfleger. Ein Freigelaffener des
Kaiſers Claudius, war er eine Zeitlang Verwalter
von Samarien und an Cumanus’ Stelle Procurator
von Gefammtpaläftine. Mit eiferner Strenge
ſchlug er die Sicarier nieder, welche ſich gegen die
Römer und die gemäßigten Juden erhoben Gatten,
und die Anhänger ber faljhen Propheten. Bor ihm
und jeiner Gemahlin Drufilfa, früher Frau des
Königs Aziz von Emeja,.hatte ſich der Apoftel Pau⸗
[us zu verantworten, Apftg. 23, 24.25. Nach feinem
Abgange verklagten ihn die Juden bei Nero, doc)
blieb er ftraflos. Sein Charakter erſcheint in der
—— auch, abgeſehen von ſeiner Härte, in
üblem Lichte.
Selig, der Nanichäer. Ein Zeitgenoſſe Auguftins,
fam nad Hippo, um dort die manichäiſche Lehre
zu verbreiten. In einer öffentlichen Disputation,
welche zwei Tage währte, überwand ihn Auguftin
derart, daß F. fich feierlich von Mani und feinen
Irrlehren losſagte.
Felix, der Maͤrtyrer, und ſeine Gefährtin Regula
wurden als Verkündiger des Evangeliums in Ste:
rus und am Züricherjee durch Decius hingerichtet
(11. September). Sie find mit Erjuperantius die
Schugpatrone von Züri. Ihre Gefchichte ift von
der Legende jehr geſchmückt und mit der thebaifchen
Legion in Verbindung gebradt.
Selir I. Bifchof von Rom 269— 274. Während
der Berfolgungen unter Aurelian erlitt auch er den
Märtyrertod (30. September). Ein ihm zugefchries,
benes Gejeg über Die Weihe der Kirchen und ihm in
der pfeuboifiborifhen Sammlung zugeſchriebene
Briefe find unecht.
— U. Wurde ohne Zuthun des Klerus zum
apft erhoben, als Liberius 355 vom Kaifer Con⸗
antin verbannt mar. Bei deſſen Rücklehr mußte er
weichen 358; feine fpäteren Schidfale find unbe:
fannt. Zwar jegen ihn die Acta martyr. unter die
Blutzeugen und es ift deshalb fein Name nicht un:
ter den Päpften gelöfcht, aber diefe Angaben find
mehr als unzuverläfftg.
— III. 483—492. Sein Widerfprud gegen das
Henotiton des Kaijerd Zeno und die Ercommuni:
cetion des Patriarchen Acacius von Conſtantinopel
waren bie Urſache des erjten 34jährigen Schisma's.
— IV., der Heilige, 526—530, war vom Dft:
gothen Theoborich dem Großen, dem Arianer, ein:
gejegt. Bon ihm findet ſich ein Brief De laicis ad
sacerdotium ante probationem non promovendis
an Cäfarius von Arles.
— V. Sonannte fid) Amabeusvon Savoyen, den
1439 das Eoneil zu Bajel zum Papſte wählte. Er
hatte 1430 die Einftedelei zu Ripaille geftiftet und
dort bereitö mehrere Jahre in religiöfen Uebungen
gelebt. Ebendahin zog er ſich auch mit der Würde
eines Eordinallegaten und Generalvicars von Sa:
voyen zurüd, als er 1449, um das Schiöma zu
beendigen, zu Gunften Rifolaus’ V., des Nachfol⸗
gers von Eugen 1V., abbanfte,
Felix von Aptunga. S. Donatiften,
Felir von Gantaliciv
Selig von Gantalicio. Geb. 1518 im Kirchen: |
ftaat, früher Hirt, wurde er 1545 Capuciner⸗Laien⸗ |
bruder und genoß die Freundſchaft des h. Philippus
Neri. Wegen feiner mönchiſchen Tugenden ward er
1612 fanonijirt.
Selig von Nola, Als Presbyter und Freund des
Biſchofs Marimus hatte er in der deciſchen Ber:
folgung Vieles zu leiden, was die Legende wunder:
bar ausfhmüdt. Später lebte er, verzichtend auf
die Biihofswürde, vom Ertrage jeines Gärtchens.
Sein Grab ward frühe ein Wallfahrtsort.
Se von lirgel. S. Adoptianismus.
eller, Franz Xaver. Ein äußerſt fruchtbarer
datholiſcher Schriftfteller. Geb. zu Brüfjel am 18.
Auguft 1735, trat er in den Jejuitenorden. Nach
einem längeren Aufenthalte in Ungarn ward er
1771 geiftlicher Redner der Jefuiten in Nivelle und
1772 in Züttich. Nach der Aufhebung des Ordens
lebte er auf Reifen, ri literariihen Thätig-
teit, da er gegen die Reformen Jojephs II. und
die Emjer Bunctationen ſchrieb. Seit 1796 am bi:
ſchöflichen Hofe zu Freifing, ftarb er zu Regens:
burg 1802. Dictionnaire historique und Journal
historique et litt&rare, 1774—94, 60 Bde. Manche
— erſchienen unter dem Pſeudonym Flexier de
eval.
Fellows find die im Cölibat lebenden Mitglie⸗
der der englifhen UniverfitätssCollegien, welche
die inneren und äußeren Angelegenheitenvermwalten.
Foͤnelon, Franz von Salignac de la Motte.
Geb. amb. Auguft 1651 auf Fenelon, ward er 1675
Prieſter und Vorjteher einer Anitalt zur fathol. Er:
ziehung protejtantiicher Mädchen, —— Ca-
tholiques, und übernahm eine Miffion unter den
‚Reformirten in Poitou. Ludwig XIV. übertrug
ihm 1689 die Erziehung feiner Entel und ertheilte
ihm 1694 da3 Erzbistyum Gambray. Wichtig wurde
der Streit mit dem ihm früher befreundeten Boſ⸗
‚ fuet, als F. die Anfichten der Guyon nit unbedingt
verwerfen wollte und in ber Schrift Les maximes
des saints einem Quietismus fich zumeigte, ber
ihn aber nit an der tiefiten einſichtsvollſten
Theilnahme und pflichttreueften Hingabe für das
politiiche Wohl feines Volles und für fein Amt
binderte. In diefem Streite zog er ſich die kdönig—
lie Ungnade zu, worauf er ganz den Pflichten
feines Amtes in feiner Diöceje lebte, und als
nah längerem Schriftjtreit zwiſchen ihm und
Bofjuet 1699 vom Papſte feine Schrift verdammt
wurde, durch die eigene Verkündigung des Breve
ein Beijpiel demüthiger ——— gab. Sein
edler Charakter trat in ſeinem Verhalten zu den
Protejtanten und Janſeniſten hervor und fein|+
Wirlen in feinem Sprengel während bes jpa-
niſchen Grbfolgelrieges erwarb ihm allgemeine
Verehrung. Les Aventures de Tel&maque, welche
ex für jeinen früheren Zögling, den Herzog von
Burgund, jchrieb und melde ohne fein Zuthun
burd Untreue gedrudt wurden, erregten ihm zwar
den Zorn des Königs, begründeten aber feinen
dauernden Ruhm. Auch von jeinen übrigen Schrif:
ten find mehrere lediglih zum Gebraud feines
Zöglings gejchrieben und erjt jpäter befannt ge-
worden. Selbjt Meifter der Darftellung und aus:
gexei neter Redner, jchrieb er die werthvollen
riften über Beredfamteit: Dialogue sur l'clo-
uence und Lettre à l'Académie frangaise. Seine
erfe gab kn einer Biographie) unvolljtändig
heraus Baujjet, Paris 1511. F. ftarb tief und all» |
254
Ferdinand der Standhafte
emein betrauert am 7. Jan. 1715. Bal. Ra
Yie de Fönelon, 1725; de Bauſſet, Reg
F., 1808; E. Gandar, F. et son temps, 1864; de
Zamartine, F., 1864.
Senfter waren bei den Juden nur durch beweg
liche Gitter oder Jaloufien, nicht durch Glasſchel
ben gejchlofjen. Die im Talmud erwähnten tyri-
ſchen Fenſter jcheinen bis aufden Fußboden gereicht
zu haben, während die gewöhnlichen die ägyptiſchen
genannt wurden.
Ferdinand 1. Römiſch-deutſcher Kaifer, 1556-
1564. Geb. 1503 zu Alcala in Spanien. Zu ben
— — Erblanden erwarb er Böhmen und
Ungarn. — fein Bruder Karl V. vorherr⸗
ihend bie Reformation aus politiſchen Gründen
befämpfte, waltete bei Ferdinand, einem nicht
minder entichiedenen Gegner, ein religiöfes Inter:
ejie ob, welches auf Beflerung der eigenen Kirche
drang. Daher begünftigte er das Concil zu Trient,
Mild und tolerant gegen feine evangelifchen Unter:
anen, regte er aber 1524 den eriten Yund ber
fatholifchen Fürften zu Regensburg an, den erjten
Anfang der politiihen Gegenreformation, ohne
welche ganz Deutjchland dem Evangelium wahr:
ſcheinlich zugefallen jein würde.
Ferdinand II. Römiſch-deutſcher Kaifer, 1619-
1637. Geb. 4. Juli 1573. Sohn des Erzherzogs
Karl von Steiermark und Kärnthen. 1617 König
von Böhmen, 1618 von lingarn, 1619 Kaifer.
Ein gösling der Jejuiten zu Ingolftabt, hatte er
die Vernichtung des Proteftantismus in feinen
Zanden gelobt; und als der Ausgang des böhmi-
ſchen Krieges ihm die Macht gewährte, fuchte er
durch das Neftitutignsedict fein Gelübde zur Aus:
führung zu bringen, woran ihn nur das Einfchrei-
ten Gujtau Adolf's hinderte.
Ferdinand Der Heilige. König von Leon und
Gajtilien. Sohn Alfons’ IX. Geb. 1198. Die
Ehe jeiner Eltern wurde wegen zu naher Ber:
wandtjchaft getrennt, jo fiel auf ihn 1217 von jei-
ner Wutter die Krone von Caſtilien. Als er da:
mit 1230 aud das Erbe des Vaters vereinigt,
wandte er fich gegen die Mauren, bie er nad) ber
Groberung Sevilla’s 1248 tributpflichtig machte.
Milde gegen Juden und Moslim, um fie zu ge:
winnen, verjolgte er die Keger. Rom treu ergeben,
bedurfte er auch deſſen Unterftügung bei ——
Kämpfen. Für das Innere ſeines Reiches erwarb
er ſich Verdienfte durch das Geſetzbuch Codex de
las Partidas und die Ueberjegung des mauriſchen
Geſetzbuchs von Cordova. Der pradtvolle Dom
von Toledo war das Dankopfer für feine Siege.
1252, wurde 1671 Tanonifirt.
Ferdinand der ſtatholiſche, von Spanien. Geb.
1452. Als König von Aragonien vereinigte er
damit das Erbland feiner Gemahlin Yjabella von
Caſtilien nad) deren Tode 1504 und als ihre Tod>
ter Johanna irrfinnig geworben war. Er vertrieb
den legten Maurenfönig Boabdil 1492 aus Spa:
nien. Seinem politiihen Ziele eines ftarfen Kö—
nigthums war jeine kirchliche Stellung dienjtbar;
die Inquifition, die er vom Papite erſchlich, ‚diente
politiihen Zweden; er verbot die Beröffent-
lihung der dagegen gerichteten päpſtlichen Breven.
Den größten Einfluß unter ihm übte der Primas
von Toledo, Cardinal Zimenes. ,
Ferdinand der Standhajte, von Portugal. Ein
Sohn Johann I. Geb. 1402. Cr hat ſich feinen Bel:
namen und die Heiligſprechung durch die ſtandhaſte
Fergujon
Frömmigkeit erworben, mit welder er die Mar:
tern der Gefangenjchaft bei den Mauren von
Fez ertrug, denen er als Geijel für die Uebergabe
Ceuta's, welche jeitens der Spanier dennoch nicht
erfolgte, übergeben war 1437. Er ftarb in ber
Gefangenichaft 1443.
Ferguſon, Adam. Geb. 1724 zu Logierait in
Perth, + 1816. War 1764—1784 Brofeffor ber
Moralphilofopbie zu Edinburg. Wie er die Er:
fenntniß auf die — —— der Thatſachen und
die Auffindung der ihnen zu Grunde liegenden Ge⸗
ſetze beſchränkte, jo zeigte ſich ſein Senſualismus
auch darin, daß er als Moralprincip den allge:
meinen Trieb nad Glüdjeligkeit auftellte.
Feriae, Ruhetag, Feſttag. Dies feriati, Tage,
an welchen Gottesdienſt gehalten wird. Daher
dient F. im römifhen Kalender zur Bezeichnung
der Wochentage, f. secunda Montag u. j. w. Vgl.
te
ialmefie. ©. Mefie.
ermentarii nannten die Zateiner die Grie:
hen, welche ſich des gejäuerten Brodes beim Abend»
mahl bedienten.
Ferrara. Die Hauptjtadt des früheren Herzog:
thums und Refidenz der Efte, ift Sit eines Erz:
biſchofs. Im der Reformationsgeidichte ift F.
befannt durch den Kreis evangelifch Gefinnter, der
fih um Renata von Ejte jammelte und in dem
auch Calvin fi einige Monate aufhielt.
rrara » Florenz, Synode von. Eugen IV.
verlegte gegen den Beſchluß der Majorität das
Concil von Bajel nad) Ferrara (18. Sept. 1437),
um mit den Griechen über die Glaubengeinigung
verhandeln zu können. Bebrängt von den Türken,
hatte Johannes Paläologus ſich an den Papſt ge:
wendet. Es verfammelten ſich in F. der bem
Bapfte anhängende Theil der Bajeler Berfamm:
lung, eine rohe Anzahl griechiſcher Geiftlichen mit
dem Kaifer jelbft und der ruſſiſche Metropolit Iſi⸗
dor, in beſchränkter Vollmacht des Großfürften.
Die erfte Sigung wurde gehalten am 8. October
1438. Nach den eriten Verhandlungen verlegte
aber der Vapft die Synode nad) Florenz, troß des
Unwillens der Griechen, und vom 26. Februar big
8. Juni wurde denn die bogmatifche Bereinigung
über den biäherigen trennenden Sat des Bekennt⸗
nifles: filioque, geichloffen, unter befonderer Be:
theitigung des Dominicaners Schwarzenberg und
der Griechen Beſſarion und Marcus. Auch in Be:
jiehung auf Sacramente, Fegfeuer und Primat
des Papſtes fam die Einigung zu Stande in ber
Art, das die Griechen die römische Lehre in zwei:
deutigen Formeln und unter allerlei Vorbehalten
anerfannten. Die Einigungsurfunde wurde am
6. Juli 1439 von allen Synodalgliedern, bis auf
Marcus von Ephejus, unterzeichnet. Der Erfolg
der Synode täujhte die Erwartungen. Iſidor
wurde vom Großfürften feiner Metropolitanwürde
entjegt und ins Klofter gejperrt; als er entflob,
gab ihm der Papft die Titel des Patriarchen von
Conjtantinopel und die Cardinalswürde. In Grie:
cheniand gewann die Partei des Marcus die Ober:
nd, und als ber Kaijer mit dem Patriarchen
—3 gegen ſie einſchreiten wollte, ſetzten
die anderen Vatriarchen die latiniſirenden Geiſt—
lichen ab. Der politiſche Zweck, die Rettung des
Reiches vor den Türken, wurde vollends nicht er—
reicht. Auch mit den Armeniern und Jalobiten
255
Feßler
einigung geſchloſſen. Die Synode währte nach
dem Abzug der Griechen noch 6 Jahre und hielt
darin 7 Sitzungen, die beiden letzten in Rom ſeit
1442. Die Acten ſind * iſch und lateiniſch ge⸗
ſammelt. Vgl. Squropulos, Vera historia unionis
non verae inter Gr. et Lat. ed. Creyghton 1660,
Popoff, Hist. of the council of Flor., Lond. 1861.
Ferrer, Vincentius. Geb. 23. Jan. 1357 zu
Balencia von hriftlihen Eltern, trat in den Do:
minicanerorden zu Valencia 1374, bejudte bie
Univerfitäten zu Barcelona und Lerida, und er:
warb fi durch mehrere Schriften die Würde eines
Dr. theol. Benedict XIII. (Beter von Luna) be:
rief ihn 1395 nad Avignon, nachdem er Beicdht-
vater der Königin Yolanda gewejen war, und bot
ihm das Cardinalat an. Bis jeht ausgezeichnet
durch den Eifer feiner Frömmigkeit und jeine phi⸗
loſophiſchen und theologiſchen Werke, gab ſich F.,
trotz der Gegenrede ſeiner Gönner, der Idee hin,
die Welt als Apoſtel der Buße zu durchwandern.
Ausgerüftet mit der Gewalt eines Speciallegaten,
führte er diejen nt von 1397 bis an ——
Tod 1419 aus. Bald ſammelte ſich um ihn eine
Menge, die ihn begleitete, und welche ſich durch
beſtimmte Einrichtungen und Bußübungen orga—
5* und vielleicht den Anſtoß gab zu den Buß⸗
fahrten der Geißler in Jtalien, 1397-1400. Seine
frei gehaltenen Reden, deren große Wirkung ge:
rühmt wird, find nachgeſchrieben und herausgege:
ben. Im Leben wie ein Heiliger gehalten, wurde
er nach feinem Tode von Calixt III. fanonifirt
1455. Bol. Heller, Vince. Ferrer, Berlin 1830.
Ferto oder fertum pro autore. Die Ab:
abe, weldye der Kleriker dem Biſchofe von feinem
Nachlaſſe hinterlaffen mußte; der Net des alten
Spolienrechtes.
Serula, »igdne. Die ſchmale Borhalle der
griechiſchen Kuppellirchen.
rus. ©. Wild.
eſch. Der Sohn eines ſchweizeriſchen Conver⸗
titen, Stiefonfel Napoleons J. Geb. 1763 zu Ajae⸗
cio. Aus dem geiftlihen Seminar trat er beim
Ausbrud der Revolution in Kriegädienite, wurde
aber nad) dem Eoncordate wieder u. und
bald zum rn en 2yon 1802 und Cardinal
erhoben. Bis 1806 war er dann Gejandter in
Rom; ald Großalmofenier von Frankreich fegnete
er die Ehe Napoleons ein und affiftirte bei ber
Krönung. Seine Ernennung zum Primas von
Deutſchland, ald Eoadjutor Dalbergs, nahm er
nit an 1806 (fie wurde 1809 widerrufen), lehnte
aud das Erzbiäthum von Paris ab. Da er die
Interefjen der Kirche in feinen Stellungen mehr
wahrte, als Napoleons Herricherideen zuließen,
und jogar ald Präfident des National-Eonciliums
1810 die Oppoſition leitete, jo fiel er in völlige
Ungnade und zog ſich nach Lyon zurüd. 1814 floh
er nach Rom, wo er aud) feinen bleibenden Auf:
enthalt nahm, als er vor den Bourbonen fein Erz:
bisthum meiden mußte. 7 1839.
Fehler, Ignaz Aurelius. Geb. 18. Mai 1756
zu Ezörendorf in Ungarn. Als Jefuitenzögling trat
er in den Orden; im ei zu Mödling wurde
ihm durch die Erfenntniß der Sittenverderbniß
und das Studium der ——— das Ge⸗
lübde unerträglich; Joſeph IL. verſetzte ihn, frei
vom Kloſterzwang, an die Univerſität Lemberg
als Profeſſor der orientaliſchen Sprachen und der
wurde auf der Synode eine ebenſo vergebliche Ber: ' Eregefe. Ein fiskaliſcher Prozeß, veranlaßt durch
Feſte, veligiöfe
fein Trauerfpiel „Sidney“, nöthigte ihn zur Flucht
nah Schlefien, wo er lutherifch wurde, und mit
der Brüdergemeine in Verbindung trat. 1809 war
er Profefjor der orientalifhen Spraden zu Gt.
Petersburg. Bon dort aber verdrängt, lebte er
in Sarepta, wurde dann Superintendent in Sa-
ratow, 1819 Biſchof von Neufinnland. + 1839.
Zange Zeit entjchiedener Kantianer, hatte er ſich
alödann einer jpeculativen Myſtik zugeneigt, bie
jpäter einer Belehrung zur befenntnißmäßigen
Anihauung wid. (Sein Glaubenöbelenntnik in
Kar Selbitbiographie.) Seine meiften Schriften
ind vergeflen. Bon Werth ift.nur feine Geſchichte
Ungarns, 10 Bde. Außerdem hat er eine Reihe
von Werken über die verjchiedenen Gebiete der
Theologie, beſonders aber viele belletriftiiche Schrif:
ten (Romane wie: Abälard und Heloije, Marc
Aurel, Alonſo u. ſ. w.) verfaßt. Seine „Rüdblide auf
eine fiebenzigjährige Pilgerreife” enthalten feine
Selbitbiographie.
Sehe, religiöfe, find folde Tage, an welchen
das Bolf ſich feiner Abhängigkeit von Gott in er-
hebender Weife bewußt wird und biefer Stimmun
einen entiprehenden Ausdrud giebt. Bunägft
Inüpfen fie fih an die Erfahrungen des Natur:
lebens, dann an geſchichtliche Erfahrungen der
göttlichen Leitung, gewöhnlich erhalten aber all:
mählich auch die natürlichen Feſte eine Beziehung
auf die religiöjen Geſchichtsſhatſachen. Rein ber
erjten Art gehören an bie Feſte der Neumonde
und Pfingften, als Erndtefeit; die Vermiſchung
eigt ſich im Sabbath als göttliher Jnftitution,
Daffa und Laubhütten. Das Verjöhnungsfeft
feiert die Durch Die Offenbarungsgefchichte beftimmte
religiöfe Stellung des Volks zu Gott. Die drei
Feſte des bag a der Wochen oder Pfingften und der
Zaubhütten find Mallfahrtöfefte, weil an ihnen die
anze Gemeinde ſich ums Heiligthum verfammeln
ol. Da von den Neumonden der bes 7. Monates
ald der Anfang des neuen Jahres, Tag des Po:
aunenhallg, blonden ausgezeichnet war, während
ie Feier der übrigen zurücktrat; da ferner Pafſah
und Laubhütten ſieben Tage gefeiert wurden, an
bad Laubhüttenfeft ji) der Tag der Feftverfamm:
lung MSV anfdloß und bei dieſen Feſten ber
erfte und legte Tag befonderd heilig gehalten
wurde, jo kehrt auch im Fyeftcyllus des Moſes die
eilige Siebenzahl wieder: 1) der 1. Tag bes
fiah * Niſan); 2) der 7. (21. Nifan); 3) das
Wochenfeſt oder Pfingjten, fieben Woden nad)
dem Paſſah; 4) der Neumondjabbath ; 5) der Ber:
föhnungstag; 6) der erite Tag der Laubhütten;
7) der Tag der Feltverfammlung. Die Feſtfeier
beftand in der Enthaltung von der Arbeit, am
erg wg wie am Sabbath von aller
Arbeit (3. Moſ. 23, 2. 31), an den andern von der
Dienftarbeit (3. Mof.23,7. 8; vgl. 4. Mof. 28, 18),
und in bejondern Opfern und Feftgaben. Da die
Beitbeftimmung der Feier von der Berechnung des
Neumondes abhing, jo erklärt ſich aus der Unficher:
heit der Berechnung die Sitte der jpätern Juden,
um nicht fehlzugreifen, die betreffenden Tage dop—
pelt zu feiern. Aus den hiſtoriſchen Büchern des
Alten Teitaments läßt fich Die ununterbrochene Feier
aller diejer Feſie weder bemeifen noch bejtreiten,
ba fie nur hie und da erwähnt werden. Im Ban
ftänmereih verlegte Jerobeam das Hüttenfeſt
(1. Kün. 12, 52); auch da wird eine Mehrzahl der
256
Feſte, religiöſe
Feſte erwähnt. Aus dem Umſtand, daß von Jo:
jua bis Rehabeam ſich fein Zeitpunkt findet, in
den bie Einführung eines ber nur gelegt
werden könnte, erweift fi) das hohe Alter des
er — Sin der fpäteren Zeit wurde der
tebente Neumond zum Neujahröfeft, es ift unge:
wiß warn dies gejchehen. Zu den Fefttagen tıa-
ten dann hinzu die Trauer» Gebenttage: 1) beö
Eindringens der Chaldäer in Jerufalem am 9. des
4, Monats, 2. Kön. 25, 3; Ser. 52, 6.7; 2) der
Zerſtörung Jerujalems, Jer. 52, 12; vgl. 2. Kön.
25,8; 8) ber —— Gedalja's, 2. Kön.
25, 25, im 7. Monat; 4) bes Beginns der Bes
lagerung von Jerufalem, 2. Kön. 25, 1, am 10.
Tage des 10. Monats. Mit den Gevenktagen der
Berjtörung Jerufalemd verband ſich fpäter die
Erinnerung an die Eroberung und Verbrennung
des Tempels durch die Römer, weldye in diejelben
Monate gefallen war. Stiftungen der jpätern
Zeit find das Burimfeft, Efther 9, 24. 26 ; 2. Mall.
15, 36, defjen Beranlaffung dad Bud Ejther er:
zählt; das Feſt der Tempelweihe, Enlänien, von
Judas Maktabäus angeordnet, als er 164 v. Chr.
den Tempel dem Sn wieder gewonnen
hatte (ſ. d. A.). Außer diefen werden nod er:
wähnt: bie Erinnerungsfeier an den Sieg des
Nilanor, 1. Maft. 7, 49; 2. Malt, 15, 36; an
die Reinigung der Burg durd Simon, 1. Walt.
13, 52; an die Ermordung des Holofernes durch
Judith (nur in der Bulgata, Zub. 16, 81). Das
olzfeft, Neh. 10, 35, wird von Joſephus und dad
orbfeft, 5. Moſ. 26,1 ff., nur von Philo erwähnt.
Unbelannt ift die Zeit der Einführung des Feſtes
ber Gejegeöfreude am 9. Tage ber Yaubhütten;
e3 hängt zufammen mit der Einführung der Pa:
rajhen, deren Jahresvorlefung an bem Tage ge
ſchloſſen wird. Die heutigen Juden feiern im Do:
nat Rijan den Sabbath vor dem Paſſah, und das
Paſſah den 14. — 22, Am 18. Jjar oder am Lag
b'omer endigt bie Trauerzeit vom 16. Nijan bis
17. Jjar zur Erinnerung an die Epidemie unter den
Schülern Rabbi Atiba’s. Am 6. und 7. Sivan Pfing-
ften. Am 17. Thammus die Eroberung Jerufa-
leınd, an ben fid) die Trauerzeit ſchließt bis zum 9.
Ab, Tag der Zerftörung Jerufalems. 1.und2.Tijri
Neujahrsfeit, 3. Falten Gedalja, 10. Verfühnungs:
feſt, 15.—22. Laubhüttenfeft, 23. Gejegesfreude,
25. Kislev Tempelweihe, 10. Tebeth Belagerung
Serufalems durch die Chaldäer, 13. Adar Faſten
Eſther, 14. und 15. Burim.
Die hriftlihe Gemeinde, welche nur die Ent:
wiclelungsmomente in der Heilögejchichte und im
Leben Chrifti feiern konnte, behielt eben deshalb
aus dem jüdifchen Feſtcyklus nur die beiden Tage
des Paſcha und der Pfingften bei, gab ihnen aber
einen andern Inhalt. Hierzu trat das Felt der
Erſcheinung Eprifti und jeirfer Himmelfahrt, fpä
ter Weihnachten, nachdem das Paſcha ſchon in das
NEOyYa GTaVpWTEwWS Und dvastisewg, Charfreitag
und Dftern, zerfallen war. Indem nun die Haupt:
fefttage in der Octave eine Nachfeier und Weib:
nacht und Dftern eine mehrwöchentliche Vorberei
tungszeit erhielten, bildeten ſich die Feſtlreiſe der
Weihnadhts:, Dfter: und Pfingitzeit; die Octaven
wurden als Feſt der Beihneivung oder Neujahr
und ald Dreifaltigkeitöfeft jelbftändige Feiern, die
Adventd: und Faltenjonntage hoben fi aus an:
deren hervor und namentlich gipfelten die Fajten in
der Feier der großen (Dfter:) Woche. Die römiſche
Feftungen bei den Hebräern 257 Feuer
wie bie evangelifche laſſen ald Vorbereitung; daß eigentliche Feftungen entftanden ſchon durch
— — en te Sonntage: ee Salomo, meh nod nach dem Dide Mauern
mihi (nad) Pf. 31, 2), Invocavit (Pf. 91, 18), | (2. Chr. 32,5; Ser. 51, 58), welche mit Binnen
minifcere (Bj. 25, 6), Dculi (Pf. 25, 15), Zätare | (2. Chr. 26, 15), Brufimehren (Je. 54, 12) und
(Jef.54,1), Judica (Bi. 43,1), Palmarum (Matth. | Thürmen (2. Chr. 14, 7) verjehen waren, umgas
21), und folgen bie Sonntage: Dominica in albis | ben die Stabt; über den mit Eifen befchlagenen
(Bi. 98, 1), Rogate (Jeſ. 48, 20), Eraudi (Bi.
27, 7), welhen das Himmelfahrtöfeft, Pfingiten
und Trinitatis folgen. Dagegen jchlic 5t die römische
Kirche ben cytlus, und bamit bad semestre
Domini nicht mit Trinitatis, fonbern mit demFrohn⸗
leihnamfeft am — er ler
ieſen ging aus dem Gedächtniß der Märtyrer
und ber heiligen Perſonen noch eine große Anzahl
verein e hervor : die Marien, Johan:
niös, Apoftel:, Evangeliftens und Märtyrertage,
Michaelis und Aller a Sa nad ber
ſchauung der Kirche fol je m (feria) ein Feſt⸗
tag fein, der durch dad Gedächtniß eines Heiligen
geziert wird. Die ie Unmoͤglichleit hat Die
Unterfhiede hervorgerufen zwiſchen festa chori
und fori, d. 5. welde nur ber Klerus im Gottes»
dienft und melde aud das Voll feiert. Ganze
und halbe Feſte (ferise integrae et intercisae),
je nahdem nur Vormittags: oder auch Nachmit-
gottesdienft ift, und festa simplicia, du-
plieia und semiduplicia ee ber Solenni⸗
en
figentage, doch b in der luth —X
e, l n e irche
Tage der Maria, bed Johannes u. a., mi
der firchlichen Feſte
rch den Staat macht dieſe zu öffentlichen, deren
* durch Enthaltung von der Arbeit vom Geſetze
— wird. Vgl. Auguſti, Denlwürdigkeiten.
gen bei den Hebräern. Jede Stadt war
in der Regel einigermaßen befeſtigt; die Nothwen⸗
gleit der Friegerifchen Zeiten gebot aber die
- —— der Nachfolger des
(Jeſ. 45, 2) feften Thoren erhoben fih Wacht⸗
tbürme (2. Sam. 13, 34), außerdem war ein Gras»
ben mit Wall gezogen. Bei der Belagerung wurbe
bie Stadt war dur einen Wall eingeichloffen
(2. Sam. 20, 15), man ſuchte dann durch Anwen⸗
dung von Velagerungsmajchinen (1. Maft.11,20;
Ez. 4, 2) oder Miniren eine Brefche zu gewin⸗
nen, oder (Richt. 9, 49) durch angezündete Holz
ftöße den Play zu zerftören. Wie die Belage-
rungskunſt fi ausbildete, erwuchſen auch neue
Mittel des Widerftandes; in Jerujalem entjtans
den hinter den erftürmten Werfen neue Mauern
und Wälle. Siebendes Del auf die Stürmend:n
zu gießen, war eine häufigere Vertheidigung, auch
Steine und Balken zu jhleubern. Da die Pılas
gerungen oft jehr lange währten, fonnte der Feind
auf bie entftehende Hungerdnoth rechnen. Die Ber
banblung ber mit Sturm genommenen Stäbte
war graufam, fie wurden zerftört und bie Ein»
mohner erſchlagen ober in bie Sklaverei verfauft.
Die ftärkfte Feitung in PBaläftina war Jeruſalem,
an befien Be efigung fhon David arbeitete;
außerdem Machärus, Maſada. Die Burg Antonia
ftellt die Citadelle Jerufalems vor.
ſtus, M. Porcius, Als Procuratnr von Pas
I Gegen die Sicarier hatte er, wie Felix, zu
fämpfen.
Fetiſchismus. Diejenige niebrigfte Form ber
Religion, welche in der Anbetung eines „Fetish“
teht, d. 5. irgend eines durch Kunft oder Natur
i —— — Gegenſtandes, dem man Zau⸗
erkraft beilegt und abgöltiſche Verehrung widmet.
Er entſteht auf der Culturſtufe, auf welcher der gei⸗
ſtige Horizont noch nicht über die Einzelheiten der
unmittelbar umgebenden Sinnenwelt hinausreiht;
da3 angeborene Gottesbewußtſein kann Daher noch
nicht zum Gedanken des Ueberfinnlichen oder Ab:
foluten gelangen, jonbern bleibt gleichſam von der
Sinnenmwelt in ber Art gefeflelt, daß der Menſch
in gewiſſen Theilen der Sinnenwelt den Gegen:
ſtand feiner Gottesahnung zu erfennen glaubt und
dieje verehrt. Diejen hölgernen und fteinernen es
tiſchen (Bögen), die gewöhnlich fich durch Häßlich
feit auszeichnen, werden Zauberfräfte zugefchries
ben, ganz in ber Art, wie ber Aberglaube über:
paupt gewiflen irdifhen Dingen Zauberkräfte
eilegt, nur daß der getif ismus barin die Relis
gion aufgehen läßt. Die des Natür:
cheidun
lichen und Uebernatürlichen iſt aber to wenig llar,
daß derjelbe Menſch, der den Fetifch anbetet, dens
jelben um getäuſchter Erwartungen willen auch
itrafen Tann.
Feuer darf am Sabbath nicht engezüindet wer:
ben, 2. Mof. 35,3, muß aber auf dem Brand:
opferaltar ohne Unterlaß brennen, 3. Moj. 6, 13.
Den Schaden, welden ein auf dem Felde unvor:
dte und Grenzörter beſſer zu-fichern, fo'fichtig.bemachtes Feuer anrichtet muß — Anſtifter
7
Feuerbach
erfegen. 2. Moj. 22, 5. Durch Yeuerfignale wurde
der Eintritt ded Neumondes im Lande befannt
gemacht.
Feuerbach, Ludwig Audreas. Ein durch ſeinen
Radicalismus belannter Religionsphiloſoph, Enkel
des berühmten Eriminaliften Paul Anſelm F. und
Sohn von Friedrich Heinrich F., einem Philologen,
wurde geb. den 28. Juli 1804 zu Ansbad. Seit
1828 Privatdocent in Erlangen, zog er fi
bald ins Privatleben zurüd, indem er fih aus:
Frage der Schriftjtellerei widmete, Feuerbach
übhrte den mit Strauß „Leben Jeſu“ und „Olau:
denslehre” begonnenen zerjegenden Prozeß bes phi⸗
Iofophijchen Dentens auf feiner Bahn zum Nihilis⸗
mus meiter. Wie Strauß, jo a auch F. an die
Hegelſche ne an. Die Religion beftimmte
er ald „das Verhalten des Menſchen zu fich felbft,
oder zu feinem Wefen, aber ald zu einem andern
Weſen,“ d. 5. als eine aus der Phantafie und aus
der jelbfijüchtigen Sehnſucht nad) einem Lohn im
Jenſeits entfprungene Selbfitäufhung. Als bie
ga Aufgabe feiner Zeit betrachtet F. daher bie
efreiung von der Knechtſchaft diefer Selbfitäu:
fung und bie riesige Da Idee Gottes
auf ihre rein pinotogifche deutung, als ein
Berhältniß des einzelnen Menſchen zum Menfchen
als Gattung. Seine Hauptigriften find: Geſchichte
ber neuern Philoſophie von Bacon bis Spinoza,
1833. Darftellung, Entwidlung und Kritif ber
Leibnitzſchen Philoſophie, 1837. Pierre Bayle, 1838.
ad Wejen des Chriftentbums, 2. Aufl, 1843.
Grundfäge der Philofophie der Zufunft, 1843.
Gedanken über Tod und Unfterblichteit, 1847. Das
Weſen der Religion, 2. Aufl. 1849. Theogonie
nad ben Quellen des Haffifchen, hebräiſchen und
chriſtlichen Alterthums, 1857. Sämmtliche Werte,
Y Boe., Leip ro 1546-1857,
Feuerpfuhl (Adusn roö nrupös) ift nad) Dffenb.
19, 2) der Ort, wohin beim Gerichte das Thier
und die fatichen Propheten verftoßen werden.
Feuerprobe. S. Ordalien.
Feuertauſe. S. Märtyrer.
Feuertod war die von einem firchlichen Ge:
richte verhängte Todesitrafe und wurde durd) Ver:
brennen auögeführt nad) dem Grundſatz: ecclesia
non sitit sanguinem.
Feuer: und Wolkenſäule. Den Sfraeliten ging
auf dem Zuge in der Wüfte bei Tag eine Wolten:,
bei Nacht eine Feuerjäule vorher, 2. Moſ. 13, 21;
40, 34—37; 4. Mof. 9, 15—23; diente auch dem
Bolke zum Schuß, 2. Mof. 14, 20. 24. Wäre die
Angabe wörtlich aufzufaffen, fo bliebe 4. Mo.
10, 249—32 unerklärbar. Ebenfomenig hat man
nur an bad Karawanenfeuer zu denken; die Erzäh:
lung ift die mythiſche Einkleidung der religiöfen
Erfahrung, dab der Wüſtenzug von göttlicher Vor:
feyung fo geleitet gewejen ıjt, daß er der religid:
yen ae Jiraeld diente, und daß Iſrael die
stvaft feiner Ausdauer in feinen Glauben an die
göttliche Leitung gefunden habe.
‚ Senillanten. Cine Congregation der Gifter:
<tenjer in der Abtei von Feuillans bei Touloufe.
Wejtiftet von dem Abte Jean de la Barriere (geb.
1544), welcher die Abtei als Commende erhalten
hatte, als 1562 der Abt Erafjol zum Protejtantis:
muß übergetreien war. Seine Neform begann
1674 unter großem Widerſpruch feines Drdens,
dod) bejtütigte der Papſt diefeibe 1586 und 1587,
und Clemens VIIL gib der Gongregation die
205
Fichte
Rechte eines eigenen Drbend. Als 1595 bie ftren-
gen Regeln etwas gemildert waren, wuchs bie
vr ihrer Klöfter noch mehr, jo daß Urban VIII.
te in zwei Congregationen, die franzöſiſche und
die italienifche, jede mit eigenem Generale, theilte.
Auch Schweitern ſchloſſen fih den Feuillanten an,
diefe hatten Klöfter zu Montesquiou, Touloufe
und Paris,
epre. ©. Faber Stapulenſis
ichte, Johann Sottlieb. Berühmter Bhilofoph,
eb. den 15. Mai 1762 zu Rammenau in ber
berlaufig, ſtudirte feit 1780 zu Jena Theologie,
bie er jedoch bald mit der Philoſophie vertaufchte,
friftete dann feine ginge vers Hauslebrer in Sad:
jen, in der Schweiz, in Warſchau, in Königsberg,
wo er Kant kennen lernte und jeine Schrift „Kritik
aller Offenbarung“ veröffentlichte, in welcher er bie
Möglichkeit einer Offenbarung als Forderung der
praftiihen Vernunft nachwies. In Folge diefer
Schrift erhielt ee 1794 einen Ruf als Profeffor nad
Sena, mo er feine Philoſophie weiter durchbildete
und bereit8 über Kant, von dem er ausgegangen
war, binausfchritt. In die Jenaer Zeit fallen feine
„Wiſſenſchaftslehre“ 1794, jein „NRaturrecht” 1796,
feine „Sittenlehre" 1798. Eine ald Atheismus ınip-
verftandene Erörterung liber Gott in einem Auf
fa „Ueber den Grund unferes Glaubens an eine
öttliche Weltregierung” in feinem „Philoſophiſchen
Souenaf“ 308 —* Unlerſuchungen zu, die ihn ver:
anlaften, von Jena mwegzugehen, worauf er fi
Ku 9— Berlin wandte. Nachdem er mehrere
ahre in Berlin privatifirt hatte, wurde er 1805
Brofefjor in (dem damals noch preußifchen) Erlan⸗
en, von wo aus er übrigens häufig noch Vorträge
in Berlin hielt, befonders 1807 die berühmten „Re:
den an die beutfche Nation“. 1809 an bie neu er:
öffnete Univerfität Berlin berufen, wirkte er da—
ſelbſt bis an fein Lebensende, 28. Jan. 1814.
Fichte’? philofophifches Syftem war ein confequent
durchgeführter Idealismus. Indem Kants Kritik
den Sag aufftellte, daß der Menfch dad Ding immer
nur unter den im Menfchen felbjt liegenden Er:
fenntnigformen von Raum und Zeit erkennen
fünne (transcendentaler Jdealismus), ließ Fichte
da3 „Ding an fich” überhaupt fallen und faßie die
Außenwelt als ein Erzeugniß des Ich auf, welches
nicht bloß die allgemeinen Kategorien von Raum
und Zeit in ſich ſelbſt trägt, fondern aud die ein:
zelnen Gegenftände der —— durch eine ge⸗
wiſſe nothwendige Selbſtbeſchränkung aus ſich er-
zeugt. Für und fommt hier beſonders feine ſittliche
und religiöfe Stellung in Betracht. H. Ritter hat
ihn mit Recht „den großen Ethiter“ unter den Phi-
lojophen genannt, das Religiöje war ihm immer
damit enge verbunden, wurde aber fjpater völlig
der Mittelpunkt auch der fittlihen Betrachtung.
Nod) immer werden feine mehr populären Schrif:
ten jittlich ftärfend und heiligend auf die empfäng:
lihen Gemüther wirken. Nicht genug fann dafür
z. B. feine „Bejtimmung des Menſchen,“ die zu:
gleich in feine Weltbetrachtung einleitet, empfohlen
werden; ebenjo feine „Anweiſung zum feligen
Leben.“ Zu leichterer Drientirung wird Trendelen:
burgs Rede über Fichte 1862 (ſowie die von Schel⸗
fenberg 1862 und Weiffe 1862 und viele andere
deſſ. Jahres) befonderd dienen. Ebenfo: J. ©.
ini Lichtftrahlen aus feinen Werfen und Brie-
en nebft einem Lebensabriß, Leipz. 1863, und J.
G. Fichte's Leben von jeinem Sohne, LZeipz., 2
Fichte
Boe., 2. Aufl. Leipz. 1862. Die fümmtlichen Werte
fomwie jpäter fein Nachlaß find von feinem Sohne
——
Fichte, Immanuel Herme.ın. Sohn des Vori⸗
gen, geb. 18. Juli 1797 zu Jena, ſeit 1842 Pro⸗
feſſor der Philoſophie in Tübingen, jetzt in Pen-
ſionsſtand. Einer derjenigen beutfchen Bhilofophen,
die am meiften dazu beigetragen Specu⸗
lation und echtes Chriſtenthum einander näher
zu führen. Von ſeinen Schriften ſind zu nennen:
Beitrag zur Charakteriſtik der neuern Philoſophie,
2. Aufl. 1841. Das Erkennen als Selbſterlennen,
1839, Die Ontologie, 1836. Die fpeculative a
logie, 1846. Syftem der Ethik, 1850-1853. Ans
thropologie, 1858. Die Idee der Perfönlichkeit,
3
; 2. 1867.
icinus, Marfiliuß. Geb. ben 19. Dct. 1433
zu Florenz. 18 Jahre alt fam er in bad Haus des
Tosmus von Medici, defjen Söhne jeine Zög-
linge wurden. Nach mehrjährigem Stubium ber
Platoniſchen Philojophie trat er als deren öffent:
licher Lehrer zu Florenz auf, um den fich bald eine
Menge begeifterter Schüler fammelte. Er erhielt
die Priefterweihe, wurde Kanonikus und Delle
mit vielem Beifall. 71499. Er ſuchte Philoſo⸗
bie und Religion zu durchdringen und bejtrebte
ich, die Vereinbarkeit der Platonifhen und Neu:
platonifchen Philoſophie, die er nicht unterſchied,
mitſdem Chriftentyume zu zeigen. Seine Haupt:
f&riften find: Institutiones ad Platonicam dis-
eiplinam, Theologia Platonica und De relig.
christiana, nebft vielen Ueberjegungen und Com:
mentaren platoniſcher Schriftei. Seine Geſammt⸗
— erſchienen: Venedig 1516, Baſel 1561, Paris
41.
idelis non Sigmaringen (Marcus Roy). Geb. | und
1577, ftudirte er Jura, trat aber, um nicht gehins
dert zu fein, Gott zu dienen, in den Gapuciner:
orben 1612, ftudirte dann Theologie und ward
Guardian zu Feldkirch in Vorarlberg, wo er ſich
durch Treue ber Seelforge auszeichnete. Als Defter:
rei 1621 Engadin und Prättigau erobert hatte
und gewaltfam zum Katholicismus zurüdführen
wollte, ward F. als Miffionäprediger dorthin ge:
jandt 1621 und 1622, wurde aber am 24. April
1622 mit den ihm zum Schuß beigegebenen Solda⸗
ten von ben aufftändifchen Prättigauern erfchlagen.
Fid2les compagnes de J6sus, treue Gefähr:
tinnen Jeju, En eine noch beſtehende Frauencon⸗
— in Frankreich.
idelissimus rox. ©. Allergläubigfter König.
Flojſchi · Inſeln. Unter ben wilden, dem Ganni:
balismus ergebenen — haben die Metho⸗
diſtenmiſſionen ſeit 1822 ſolchen Erfolg gehabt, daß
das —— allgemein angenommen iſt.
igural Belang, Ruf ef
gural-Gefang, » . S. Gefäng, Muſil.
igurata. ©. Bibeliberjefungen.
Filiale (Tochterkicche) bebeutet eine ſolche Kirche,
welche, von einer andern Pfarrei "ubhängig, von
dort aus, fer ed durch Excurſionen bes *
ſei es durch ——* iche, ehen wird. Die
Filialiſten gelten als Glieder der Parochie und tra⸗
en nach katholiſchem Kirchenrechte zu den Bau:
often der Muttergemeinde bei. Filialparochien im
eigentlichen Sinne find nicht annehmbac.
Filioque. ©. Zrinität.
_ Findelhäufer, worin Findel, d. h. ausgeſetzte
Sinder, aufgenommen und erzogen werben, find
259
Firmung
unterfchieben von den Waifenhäufern, bie frei-
lid mandmal demjelben Zwede dienen müljen.
Schon in einem Gejege Jujtiniand werden eigent-
lihe 5. erwähnt, body blieben fie jelten. Das groß:
artige F. zu Venedig wurde 1426 geftiftet. Grohe
Berdienfte um die Gründung folder Anftalten er:
warb fi) Bincenz von Paula, der feinc erfte in
Marfeille erbaute und den Orden der soeurs de la
charit& et de l’asile des enfants trouv6s ftiftete.
5: find eine fprechende Anklage gegen die Sittlich-
eit des Volles, aber ein redendes Zeugniß von
dem barmherzigen Geifte bed Chriſtenthums. —
indelfinder werden getauft, wenn nidt ein be—
—— Beweis der bereits geſchehenen Taufe
vorliegt.
— S. Ringe.
innen. Ansgars Wasthauigkeit hatte Finn⸗
land nicht erreicht, und die fpätere Miſſionsarbeit
ber Deutſchen gs nicht über Efthland und Finn:
land hinaus. Wie lb follte die Eroberung bed
Landes durch die Chriftianifirung befeftigt und be⸗
ſchützt werden. König Erid) IX. von Schweden un-
ternahm, begleitet von dem kriegeriſchen Bischof
Heinrich, einen erften *3 — Finnen,
ließ nad) einem Siem Blutbade die Mebriggeblie:
benen durch den Bifchof taufen (bei Zupifala) und
ründete den Bifchofsfig zu Rendamedi, der fpäter
360 —* Abo verlegt wurde. Heinrich wurde von
einem beleidigten Edelmanne erſchlagen 1158; hei⸗
lig geſprochen, wird er ald Schutzpatron Finnlands
verehrt. Die wirkliche Belehrung des Volles ging
jehr langfam, auch troß der ruſſiſchen Niederlaftung
in F. um 1174, und fand hartnädigen Wiberjtand
namentlich bei den Huren und Tamaften. 1249
machte Jarl Birger gegen bieje einen -Kriegözug
g die Annahme des Chriftenthums,
jedoch wurde eine dritte Unternehmung noth⸗
wenbig, zu welcher der Papſt den Beiftand der
Kreuzzugsprivilegien gab und melde der Reichs⸗
marjhall Torkel ausführte. Das —— og
ſich in den höchſten Norden zurück. Mehrere —
wurden erbaut, das Capitei und bie Domſchule zu
Abo gelangten zu großem Anfehen. Die Reforma-
tion fam von Schweden nad) Finnland. Die Kirche
ift lutheriſch und fteht unter den Bischöfen zu Abo,
* und Kuopio.
uſterniß. S. Erdbeben, Sonnenfinfterniß.
intan. Stifter des*Klofters Rheinau. Aus
Schottland ftammend, wurde er.von Normannen
efangen, aber auf wunderbare Weife befreit. Auf
feinen Reifen fam er auf die Rheininfel, auf wel⸗
her eben der Welfe Wolfen dad Kloſter baute,
deffen Seele er nun wurde. In ftrengjter Askeſe
lebte er hier ald Klaufner von 856—878 und wurde
noch lebend als Heiliger *
Firmilian, Biſchof von Cäſarea in Kappadocien,
war ein Freund des Origenes und ſtand in gro:
Bem Anfehen bei den Zeitaenofien. Es ift in den
Werfen Cyprians ein Brie) vor. ihm in lateinifcher
| Ueberjegung erhalten, in welchem er fich gegen die
Gültigkeit der Kegertaufe und gegen die römifche
* und Anmaßung ausſpricht. F. ſtarb 269 zu
arſus.
Firmung iſt dad Sacrament der katholiſchen
| Rice, in welchem ben Getauften der heil. Geift
—X* wird. Die Spendung geſchieht durch
den Biſchoſ mit dem Ritus der Handaufleguug, der
Salbung mit —— und eines leichten Backen⸗
ſtreiches. Ob die Materie des — in der
Fiſch
Handauflegung, oder in den: geweihten Del, ober
in beidem beſtehe, ift zweifelhaft. Begrlindet wird
die F. auf Apftg. 8, 14—17; 19, 1—6; 2. Kor. 1,
21. Ay dei lmernge Daß fie yon Chriſtus
eingefegt jet, wird banad) ald gewiß angenommen.
In der griechiſchen Kirche tft die Handauflegun
der F., die durch den Prieſter gefchieht, unmittel:
bar mit ber Taufe verbunden. Die evang. Kirche
verwirft die Firmung. Nach der ihr in Beziehung
auf die Kindertaufe innewohnenden Bedeutung
wird fie durch die Eonfirmation erfegt. — Aud) bei
ber Firmung finden zwei Pathen Anwendung und
dies Verhäliniß begründet geiftlihe Verwandt:
ſchaft. S. Compaternität.
Fiſch. Der Fiſch war eine en Speife,
fhon in Aegypten, 4. Mof. 11, 5; Matth. 7, 10;
14, 17. Das et verbot nur die Fiſche ohne
Schuppen und Floßfebern, 8. Mof. 11,9—12, zum
Opfer wurden fie aber nicht verwendet. Bei den
iliftern erfcheinen in den Gottheiten Dagon,
erceto, Atergatis Fifchgeftalten. Den Yuben
werden Theile des Filches zu Zaubermitteln, Tob.
6, 6. 175 8,2; 11, 11—13. Fiſcchreich war der See
Genezareth, dagegen hat das Tobte Meer nur an
ber Jordanmündung File. Zum „Selen, be:
diente man fi ber Netze, Reufen, Hafen’ und
a Jefus die Apoftel Menſchenfiſcher
nennt, ift ber Fiſch das Symbol ber Chriften ge:
worden, auch Chrifti felbit, da die Buch des
iechiſchen Wortes dysus die Jnitialen zu ber
ormel ’Insoös Xpıorög HEod vlog awrne, Jejus
hriſtus Sohn Gottes Erlöfer, geben.
iſcherring. S. Annulus piscatorius.
ifher, Johann. Biſchof von Rocheſter. Geb. zu
ey in Berti 1455 oder 1459, ward er
Kanzler der Univerfität Cambridge, Beichtvater
der Mutter — VII., Bilhof von Rocheſter,
und ſtand Heinrich VIII. der ihn ſehr ſchätzie, bei
ber Abfaſſung des Buches De septem sacramentis
bei. Da er aber die Scheibiing des Königs von
Katharina nicht billigte, fiel er in Ungnade. Der
Berbindung mit der angebliden 2 een Eliſa⸗
beth Barton, die den König durch Weiſſagungen
von ſeinem Vorhaben abzubringen ſuchte, und des
Hochverraths angeklagt, wurde er eingelerkert. In
ne Ernennung zum Gardinal fand Heinrich
III. ven Beweis, daß er bie geiftliche Oberherr:
haft des Königs nicht anerfenne, ließ ihm den
rozeß machen und ihn enthaupten 1535. Er ftarb
mit chriſtlichem Heldenmuth. Seine Schriften ge-
gen die Reformation find 1597 zu Würzburg ber:
u Bol. Kerker, J. Fiſher, Tüb. 1860.
Fiflula. Die Saugröhre, deren ſich die römische
Kirche vor der Keldyent * bei der Commu—
nion bediente, um ein Verſchütten des geſegneten
Weines zu verhüten.
Flachs wurde nicht bloß in Aegypten, ſondern
auch in Paläſtina (of. 2,6; Hof. 2, 7) gebaut,
und von den Weibern zu Kleidern * Sam 6, 14;
Ez. 44, 17), Seilen (Richt. 15, 13) und Dochten
(Jeſ. 42, 3) verarbeitet. Das feinfte Leinen bezog
man aus Aegypten (Byffus) ; Arme trugen Kleider
aus ungeröftetem Flachs (Sir. 40, 4).
Flacıus, Matthias, Jlyricus. Der befannte un:
ermüdliche, aber leidenfchaftliche Eiferer für reine
evangeliihe Wahrheit, die er in Luthers Lehre
fand, welche er gegen Dfiander, Major, Striegel
und Schwentjeld mit bemjelben Eifer vertheidigte,
mit dem er Melanchthon und das Interim be:
Harpunen.
260
Flatt
kämpft hatte. Seine Behauptung, in der erL
Lehre von der Erbfünde auf die Spike trieb, daß
bieje nicht etwas Mecidentielles, ſondern etwas
Subftantielles im Dienfchen fei, ließ ihn das Leid
ats daß er, der Vorkämpfer der Orthodogie,
felbft als manichäifcher Ketzer angefeindet und fo:
gar von früheren nben gemieben wurbe. Geb.
zu Albona in Illyrien 1620, wollte er aus Liebe
zur Religion und zur heil. Schrift in ein Klofter
faldifchen Kriege begann die Unruhe feines fpätern
Lebend. Bon der Flucht nach Braunfchweig 1547
nad Wittenberg mit den andern Lehrern zurüd
gelehrt, verließ er jeine Stellung wegen bed Leip:
ziger Interims und ermahnte in —— zum
treuen Aushalten gegen den Kurfürſten
1557 Profeſſor in Jena, ward er 1561 entfegt, w
er fih der Beichränfung der alabemifchen Freihei
durch die Genfur eined Conſiſtoriums widerjete.
Seine übrigen Jahre brachte er in Regens
Amfterdam, Frankfurt und Straßburg zu, gequ
von immer drüdenderen häuslihen Sorgen. Er
ftarb, von Allem entblößt, 1575 zu Fra im
Hofpital. Sein Hauptverdienft ift die Herausgabe
der erg nd Eenturien. Zuerwähneniftaußer
feinen vielen Streitjchriften die Clavis scripturae
sacrae, wo in einer beigegebenen Abhandlung
er Lehre von der Erbfünde entwidelt wird. Biel:
ad) verfannt, ift F. richtig gewürdigt von Twe⸗
jten, „M. Flacius Illyricus,“ eine Borlefung,
Berlin 1844.
©. Tanne.
laddernholz.
Siaehante, ©. Geißler.
laminius, M. Antonius. Geb. 1536 zu Bo:
logna. Ein Geiftlicher, angefehener Gelehrter und
lateinifher Dichter feiner Seit, lebte er zu Viterbo
und Ferrara. Er gehörte zu dem Kreife der evan:
geliich Gefinnten am Hofe zu Ferrara und bewahrte
diefe Gefinnungen, ſchlug bie ihm angebotene
Stelle eines Secretärd beim Concil von Trient
aus, und vermieb in feinem Glaubenäbefenntnik
aufdem Sterbebette das Wort transsubstantiatio.
Auf Anregen des Cardinald Polus Hatte er die
Palmen frei ins a gap
Slatt, Joh. Friedrih, Dr. Geb. am 20. Fehr.
1759 in Tübingen, ward er 1785 Profeſſor der
Philoſophie dafelbft, 1792 der Theologie. + am
24. Nov. 1821. Ein Schüler Storrs, gehört er der
fupranaturaliftifhen Richtung an, welche eklektiſch
die Refultate der Philoſophie mit dem pofitiven
Glauben zu vermitteln ſuchte. Als Profeſſor der
Philofoph.e führte er die Kantſche Philoſophie in
Tübingen ein. Sein jpäteres Hauptfach war bie
riftliche Sittenlehre. Seine —— über dies
jelbe gab heraus Steubel 1823. — Karl Chri—
ftian $., der Bruder des Vorigen, geb. 1772 in
Stuttgart, war gleichfalls Profeſſor der Theologie
in Tübingen und Anhänger Storts, deſſen doc-
trina christ. ev überfegte und herausgab. Wurde
1812 Stiftöprebiger und Oberconfiftorialrath, 1829
Director des Oberftudienrathes und Generalfuper:
intendent von Ulm. + 1843.
Flattich
ZFilattich, M. Joh. Friedr. Geb. am 3. October
Be nen en 1742 Garnifonprediger
auf An, 1747 Pfarrer zu Metterzimmern,
1 ündhingen. 7 1797. In feiner Perjön:
hat fic) der Würtemberger Pietismus nad)
praftiichen Seite in origineller Weije abge:
Ueber Flattih3 püdagogijche zu
vgl. Schmidt, Encyflopädie II, 382; ar
Lebderhofe, Leben und Schriften des M. J. x
‚ Heidelberg 1856, 3. Aufl.
avianus, Clemens, consularis, war ein Bru:
ohn Bespafians,‘der, mit feiner Gemahlin
dem Chriſtenthum zugeneigt, unter der
Anklage der Gottlofigkeit von Domitian hingerich⸗
tef wurbe 96. Seinen Tod rächte durch Ermor:
dung des Domitian Stephanus; ein Freigelaffener
und Güterverwalter der Domitilla.
Flavianus, Patriard) von — Ein Geg⸗
ner der Arianer, wurde er 881 der Nachfolger des
Biſchofs Meletius, den er auf das Concil nach
Conſtantinopel begleitet hatte. Da dieſe Wahl der
———— zwiſchen den Euſtathianern und
Meletianern widerſprach, nach welcher der Biſchof
der Erſteren, Paulinus, hätte allgemein anerlannt
werden müſſen, ſo widerſetzten dieſelben ſich, un—
von den abendländiſchen Biſchöfen. F.,
für den ſich die Drientalen zu Conftantinopel 382
erflärten, wußte fich zu behaupten und erlangte
dem Tode des Evagrius 392, des Nachfolgers
bes Baulinus (4 388), die Anerlennung 398. Mit
Strenge verfolgte er die Mefjalianer ober re
nachdem er duch Berftellung ihrem Vorjteher
Adelphius das Geſtändniß ihrer Lehren entlodt
Flavianus. Patriarch von Conftantinopel 447.
Da unter feinem Vorſitz auf ter Synode zu Con:
flantinopel 448 Eutyches wegen feiner Irrlehre
riet wurde, und fomwohl der Hof als auch Leo
von Rom fich jenem geneigt zeigten, jo entwidelte
ex biefem feine Zweinaturenlehre 449, welche der:
in dem Schreiben von 449 billigte. Troß die:
Buftimmung des römijchen Bilhofs fegte die
ynode von Ephejus auf Betreiben Dios:
Zurs von ANlerandrien %. als Unrubejtifter ab und
zeftituirte.den Eutyches. F. wurde, als er gegen
den Beſchluß er Hr von Dioskur derart miß:
ft, daß er an den Folgen farb.
Flaviniacum, Flavigny. Eine Benedictiner⸗
abtei bei der gleichnamigen Stadt, hervorgegan-
aus der Vereinigung ziveier Klöfter des h.
und bes h. Widrad 722. Der Abt Hugo
cenfis, ein Neffe Otto's III. (1098), ift der
aſſer des Chronicon Virdunense; er ward
von ri Mönden vertrieben.
Flechier, Göprit. Geb. zu Pernes in Avignon am
10. Juni 1632 von armen Eltern, Er verließ den
efuitenorden, widmete ſich in Paris der Dicht:
ft, war dann Lehrer, trat al3 Kanzelredner auf
und erwarb ſich als foldyer befonders durch feine
Trauerreden großen Ruhm. Ludwig XIV. machte
nps Biſchof von Lavaur 1685, von Nismes
1687. + 1710 zu Montpellier, wegen jeiner Fröm:
migleit nd Herzensgüte felbft von Protejtanten
betrauert. Eine vollftändige Ausgabe jeiner Reden
1760, Augsburg.
Fleetamusgenua,b. 5. Laßtuns die Kniee beu:
Der feierliche Zurufdes Celebranten an einigen
en im 7* vor dem Aufruf zum Gebete, wo:
bei er das Knie beugt, bis der Miniftrant mit dem
261
Fleiſch
Worte levate ihn auffordert, ſich wieder zu er«
heben.
Fledermaus, S. Schwalbe.
Sleetheirathen find Heirathen, welche von dem
im Sculdgefängniffe Fleet befindlihen Geift:
lichen volljogen wurden. Nach dem älteren fanoni:
Then Rechte wird nur die Publicität der Ehe, ihre
Schließung vor dem Geiftlihen gefordert. Die
Fleetheira de umgingen das Aufgebot und damit
den Widerfprud von Eltern und Vormündern.
Der Mißbrauch rief die Hartwidesacte von 1753
hervor, welde für England und Wales die Form
der Eheſchließung regulirte.
Fleiſch, YY, ek, bezeichnet im biblifchen
Sprachgebrauch die finnlihe Natur des an en
und Thieres im Allgemeinen, indem die weichen
Beitandtheile des Leibes, welche im eigentlichen
Sinne im Gegenfat gegen Haut (Hiob 10, 11) und
Knochen (1. Moſ. 2, 21) Fleisch genannt werden,
ga die organisch finnlide Natur des Ge:
höpfes ausmachen. Die verfchiedenen Beziehun:
gen, in die nun die finnlice Natur eintritt, geben
aud dem Begriffe „Bei verschiedene Bedeu⸗
tungen im Einzelnen. Da das Sinnlidhe im Men»
hen zugleich auch dad Schwache, Hinfällige, Sterb⸗
liche ift, jo bedeutet F. den jterbliden, vergäng:
lihen Menſchen (1. Mof. 6,3; Jef.40, 6; 1. Betr.
1, 24), der ohnmächtig ift und auf den man ſich
nicht verlaffen follte (Ser. 17,5; Pf. 56, 5). Da
die finnlihe Natur das Erzeugniß des finnlichen
Lebens ift, jo “ F auch foviel ald Leben („im
— ſein“). Da der Zuſammenhang der
he und age weſentlich durch bie Ben:
liche Natur bedingt ift, jo wird häufig gleich
jam ald dad Princip dieſes Zufammenhangs, a
dad Gemeinjame in Ehe und Berwandtichaft,
das F. genannt (J. Moſ. 2, 24; 37,27; ef. 58,7),
fo aud) von Christus, der „nad dem Fleiſche“ Da
vids Sohn ift (Röm. 1,3). Als das allen Men:
ſchen Gemeinfame erhält 5. ferner die Bedeutung
ded Menfchen überhaupt (gemerell gemeint), des
Menſchengeſchlechts (Je. 66,16; Jer.25, 31; Jof.
17, 2), der Menjchen (Bj. 65, 3; 145, 21; Joel 2,
28; Luc. 8, 6); infufern jchließt ed naturgemäß
auch den Gegenſatz zu Gott und dem Göttlichen
ein, fo namentlich, wenn von dem „Fleiſchwerden“
Chriſti die Nede ıft (Joh. 1, 14; 1. Tim. 3, 16; 1.
Joh. 4, 2. 3). In feinem naturgemüfeften Gegen:
ja gegen den Geift nimmt %. den Begriff des
Körperlichen, Leibligen an (Luc. 24, 39; fig, 5;
26. 31); dann in weiterer Beziehung des Aeußer⸗
lihen, bloß $ormalen, Ntebentädlichen, worauf ed
nicht anfommt (1. Kor. 1, 26, 2. Kor. 11, 18;
Phil. 3, 4; Joh. 6, 63; 8, 15). Die größte Wide
tigteit hat der Begriff F. in ethifcher Beziehung.
Das F. ift die Urlache der Sünde (Sir. 17, 307.
es vertritt das Element fittliher Schwachheit in
uns (Matth. 26, 41), ift das Princip der Sinnlich⸗
feit und Selbſtſucht (Matth. 16, 17; Gal. 1, 16;
1. Joh. 2, 16; 1. Betr. 2, 10), aus welchem ſelbſt⸗
jüchtige Gedanten, weltliche Rückſichten, Erwägun:
gen unbeiliger Klugheit entipringen. Bei Johan:
nes bildet das F. ein durch bie u. fi hin⸗
ern. Brincip, wonad) fi die aus dem
5. geborenen Menſchen in ftrengen Gegenfaß ftellen
zu aus dem Geift geborenen (Job. 3, 6). Am
entwideltiten findet ſich die Lehre vom Gegenjat
des Geiſſtes und Fleiſches bei Paulus. Im $. oder
Fleiſchgenuß der Hebräer
eb Blbet eine Dad im Benfgen, be feinen Wi gegation deö heil. Maurus an. Sie find zu unter:
es bildet eine Macht im Menſchen, die feinen Wil:
len leitet und die Werke der Sünde hervorbringt
(Sal. 5, 16 ff.; „nad) dem ie leben," Röm.
8, 12; Eph. 2, 3; „auf Fleiih ſäen,“ Gal. 6, 8),
dem gegenüber aber die Macht des Geiftes oder
ber Vernunft (vous) Reit, fo daß im Bewußtſein
fi ein Kampf entipinnt, der den Menſchen inner:
lich gerreißt, elend und erlöfungsbedürftig macht
(Röm. 7,4 ff.; Cal. 5, 17). Die Erlöfung befteht
eben darin, daß die Macht des Fleifches principiell
überwunden ift (Röm. 8, 1 ff.) und die Macht bes
Geiftes den Menſchen unbedingt beherrſcht, wes⸗
halb es bie Pflicht des Erlöften ift, auch im Ein:
zelnen bie Werte des Fleiſches zu unterlaffen
(Gal. 3, 3; Röm. 13, 10). Eine „fleiſchliche“
Gefinnung führt zum Tode, während umgefehrt
ber Geift das Princip des Lebens ift (Röm. 8,
6). Je nahdem das eine ober andere Prin—
cip im Menjchen herrſcht, ift er ein „geiftlicher"
(nvevuarıxög), oder ein „fleifchlicher” (aupxıxos),
ober „feeliicher" (Wuyıxds) Menfch (1. Kor. 3, 1;
Röm. 8, 5). Bol. Tholud, Theol. Stud. und Arit.,
1855; die Lehrbücher der biblifchen Theologie und
Seelenlehre; Müller, Lehre von der Sünde, Bd.
1 und Rothe, Ethik, Bd. II.
Fleiſchgenuß Der Hebräer. Fleiſch bildete bei
ben Hebräern ein Hauptnahrungsmittel, ed unterlag
aber der .. gewiſſen Beichränfungen durd) das
Geſetz. Verboten waren alle unreinen Thiere, 3.
Mof. 11, 1—31, alles Aas und erſtickte Fleiſch, 2.
—* 22, 30; 3. Moſ. 17, 15, ſowie Blut und Fett,
8. Mof. 3, 14—17; 7, 25. 26; ferner’alles heid⸗
niſche Opferfleifh, 2. Sof. 34, 15. Wegen 1. Mof.
82, 33 eflen die Juden nicht von der Hüfte, und
wegen 2. Mof. 23, 19 meiden fie den gleichzeitigen
Genuß von Nilh und Fleiſch.
letuß. Der erfte Bußgrad (noocxdccuoic). ©.
Bu —
Fleury, Claude. Geb. am 6. Dec. 1640 zu Ba:
rid, war er mit 18 Jahren Parlament3advocat,
trat 1667 in den geiftlichen Stand, ward 1672 Er:
ieher des Prinzen Conti, danach des Grafen
ermandois, Abt von Locdieu und sous-pröcepteur
ber Enkel Ludwigs XIV. Die Stelle als Beicht:
vater Ludwigs XV. legte er 1722 nieder und ftarb
1723. Gelehrt, wahr und demüthig, war er weoer
Molinift, noch Janſeniſt, noch Ultramontaner, ver:
trat aber die echte der Kirche und der Biſchöfe
auch gegen die Anjprüche der Päpſte. Sein Haupt:
wert iſt die Histoire ecelösiastique, 1691—1720,
melche bis 1414 yortgeführt iftund freie Anſchauun⸗
gen enthält. Die Fortjegungen von Claude und la
roir haben wenig Werth.
Fleury. Stabt und Aftei im Bisthum Orleans.
Diejelbe ift geftiftet um 640 vom Abt Leodebod und
erlangte durch den Befit der Reliquien des heil.
Benedict —* Anſehen, welches durch ein hos-
itale nobilium und pauperum vermehrt wurde.
ie Normannen verbrannten 865 bie Abtei, 878
wurden fie von den Mönchen zurüdgejhlagen und
ein drittes Mal ſchreckte ihren Herzog eine when
nung bes h. Benebict. In dem —— all
ſank aud die Zucht in Fleury, bis Ddo von Eluany
durch feine Unerjchrodenheit die anfangs wider:
jtrebenden Mönde überwand und das Kloſter re: |
formirte, Seitvem hob fich befonders die Schule, |
die gegen 5000 Schüler zählte, Die reihe Biblio: |
thef ging in den Hugenottenkrieaen unter. Die '
262
Florentius
Fleurenſer fchloffen ſich an die Benedictiner⸗Con⸗
cheiden von den Floriacenſern, den Anhängern
des Abtes Joachim von Floris.
liedner, Theodor. Geb. am 21. Jan. 1800 zu
Epftein, wo jein Bater Pfarrer war, ftubirte er in
Sieben 1817 und im Seminar zu Herborn, wurbe
1820 Haußlehrer in Köln und 1821 Pfarrer zu
Kaiſerswerth a. Rh. Eine Collectenreije nad) Hol:
land und England für feine arme und Heine Ge:
meinde machte ihn zuerft befannt. Die Anregun⸗
en, bie fie ihm vor Allem in England gegeben
hatte (€. u. f. mw.) hatten feine für Nuge
iebesthätigleit fo wunderbar angelegte Seele ent⸗
zündet. Bald entfaltete er eine außerordentliche,
aber ftetä befonnene, fich felbft opfernde Thätigkeit,
bie gläubige Frauenwelt zur unmittelbaren Arbeit
an den Armen und Elenden u gewinnen. Den
Anfang machte ein Aſyl für Magdalenen. 1836
ndete er das In unermuͤdlicher
hätigkeit dehnte er dieſe Anftalt aus, indem er
mit ihr Krankenhaus, Waifenhaus und Lehrer:
feminar verband und in Deutfchland, Amerika und
dem Driente Töchteranftalten gründete, bie mit:
telbar oder unmittelbar von ihm geleitet iwurden.
Auch die Diafonenanftalt in Duisburg ift von ihm
geftiftet. +4. Dct. 1864. ©. fein Lesen im Raifers:
mweriher Kalender 1866.
gl * Aegypten und Egal giebt es
jehr Täjtige Fliegen, moher e8 ſich erflärt, daß die
PVhiliftereinen Fliegengott, Baal:Sebub, —
Flodoard. Geb. in Sparnäum (Epernay) 894.
Ein Benedictiner. Wegen feiner Anhänglicteit an
den Erzbiſchof Artold verlor er feine Pfarrftelle
durch Hugo von Vermandois, der feinen Sohn
Hugo zum —** erhoben hatte. Ebenſo ver:
wehrte ihm Ludwig IV. die Bisthümer Noyon und
Zournay, zu denen er berufen war. Er ift einer
der bedeutendften — Seine Papſtgeſchichte
in Verſen geht bis 936. Seine Chronik: Aunales
s. chronicon geht von 817— 966. Außerbem ſchrieb
er eine Geſchichte von Rheims.
löte. S. Mufil.
loh. 1. Sam. 24,15; 26, 10; als etwas ganz
Geringes in einer Bergleihung genannt,
Florentius. Den Namen führen mehrere Mär:
tyrer und Heilige. 1) Ein Biſchof von Bienne, +
3. Jan. 258. — 2).Ein‘Nümibier, + 30. April
259. — 3) Der, Heilige von’Perügia, +.1. Juni.
— 4) Der Heilige von Sevilla, + 23.\Febr. 485.
— 5) Ein afrifanifher Bifhof, den als Gegner
der Arianer Hunnerich nad) Corfica verbannte. —
6) Ein Biſchof —— 633—675, Rachfol⸗
ger des heil. Arbogaft. — 7) Ein engliſcher Abt,
der das Leben des Märtyrers Jodocus; schrieb. —
8) Ein Preöbpter zu Aofta, jchrieb das Leben der
heil. Rufticula, hr 632.
Florentius, Mönd zu een in England,
gen. Bavonius, + 1118, ift durch feine Ehronit, in
welche er die Univerfalhronit des Marianus Sco⸗
tus, Theile von Afferd Biographie Alfreds und
andere wichtige Urkunden aufnahm und die er bis
1118 fortführte, nach Beda die bedeutendfte Duelle
ber älteren Geſchichte Englands. Sein Wert führt
auch den Namen: Chronicon Mariani. Weiter:
geführt bis 1141 ift es von einem Mönche beffelben
loſters.
Florentins, Radewin. S. Brüder vom gemein:
ſamen Leben.
Florenz, Kirchenverfammlung zu
orenz, ſtirchenberſammlung zu. ©. Ferrara.
lorez, Henriquez. Ein — ſpaniſcher
Prieſter und Auguftiner, geb. zu Valladolid 1701,
7 1773, ift der Berfafjer von Espana sagrada,
einer gefhichtlich-ftatiftifchen Darftellung der ſpa⸗ | Barteien
263
Fontevraud, Orden von
feine tiefe Srömmigfeit und fein weifer Rath ihm
verichafften, benugte er in ben Händeln ber Eid⸗
enoſſenſchaft zu mander Vermittlung, zuletzt auf
er Kegfipung zu Stang, wo er bie ftreitenben
urd feinen Rath und feinen Einflu
niſchen Bisthlmer mit angehängten Deiailunters plötzlich verföhnte. Er jtarb 1485 und wurbe 16%
fuhungen.
Slorincenfer. Die Congregation ber F. ift ges | Kalender 1851. Bufinger,
heilig gefproden. Pal. . in
iperö Evang.
ruber di 8
aus und fein
— vom Abt Joachim von Celico (von Floris). Zeitalter, 1827. Ming, Der ſelige N. v. d. F.,
b. 1111, + 1202. Er legte das Priorat |
Gijtereienferlofterd Corazzo nieder und [lebte ein:
fiedlerifch in einer Einöde, bis fich einige Schüler
an ihn anſchloſſen, mit denen er das Klofter Flora
in Calabrien gründete, Seine Satzungen beft ligte
Göleftin III. 1196. Der Orden hob ſich, ſank aber
feit 1470 unter weltlichen Aebten d& daß die unter: |
gebenen Klöſter ſich wieder den Giftercienfern an:
cloſſen. Joachim rühmte fih fr erhaltener
Dffenbarungen, jedod wurde eine feiner Schriften
1215 von der Kirchenverfanmlung verdammt. Auf
feinem Grabe aber gefhahen angeblid) Wunder.
Blorian, der Heilige. Ein römiſcher Sols
bat, weicher in ber diocletianifchen Berfolgung
ih ſelbſt als Chriften angab und in der Enn
ertränft wurde (4. Mai), Un feinem Grabe
erftand ein Klofier, welches zu einem Stifte der
ulirten Ehorherren wurde.
lorinus. 1) Cin Schüler des Polylarp, warb
Balentinianer. Gegen ihn i rieb Srenäuß be
Dctonario. — 2) Ein Heinri rinus gab eine
finnifche Neberjegung der Bibel heraus 1685.
lorus, Drepanius, Ein Dialon zu Lyon im
9. Jahrhundert, fchrieb gegen die Brodverwand—
lungslehre des Paſchaſius und für bie Prädefti-
nationdlchre des Gottichaft 852. Aus Auguflinus
comnilirte er fein größtes Wert, Comm. in omnes
ep. Paul., welches ge dem Beda zugefchrie:
ben wurde, Seine anderen Schriften in ber
Bibl. univ. XV.
Flut. Das Gegentheil von Segen, ift bie
beberiweifung einer Perfon oder Sade an bie
Mächte des Böfen und des VBerberbend. Wird im
LT. als eine Handlung Gottes bezeichnet, mit
welder ex ber Sünde ihren Er Lohn zu
Theil werben läßt (5. Mof. 28,15; Jer. 24, 9;
25,18; 26,6.10; Zach. 8, 18; Sprüchw. 3,33).
Da der Fluch die ſchrecklichſte Seite in der Wir:
fung der Sünde berührt, das Losfein von Gott
und dad Preiögegebenfein an bie widergöttlichen
Kräfte, jo wird der Ausdrud beſonders aud von
der Wirkung der Sünde in der Menfchheit im
Allgemeinen gebraudt. Das Fluchen von Seiten
der Menſchen ift Mißbrauch des Namens Gottes,
ein Mittel der Selbftfucht, und beruht auf dem
bemußten oder unbemußten Aberglauben, daß den
Fludformeln eine ang wre innewohne,
welche das Verberben des Verfluchten herbeiführe |
(1, Noſ. 27, 29; 2. Moſ. 21, 17; 4. Moſ. 23,8;
}eisp. 1, 11; Röm. 12, 14). |
Sing, firhliger. S. Anathema.
Iue, Nikolaus von der. Berühmter Einftedler.
Geb. 21. März 1417 in Flüeli in Unterwalben.
Nachdem er als Soldat und in blirgerlihen Aems
1861. Deux visites ä Nic. de Flue. Relations
de Waldheim et do Bonstetten 1864.
Blügelaltäre. Klappen:, Wandelaltäre, Bezeich ⸗
nung der den Altären in der Fatholifchen Kirche
feit dem 14. Jahrhundert —* efügten Altarauf⸗
fäge. Sie ſtehen auf dem Altarliſche und beſtehen
aus einem Unterfage (Petrella) und dem auf die:
ſem auffigenden Kaften mit ylügelthüren, welche
beſonders burd die Gothif oft mit prädtigem
Schnitzwerk verziert und fpäter bemalt wurben und
beren None allerlei Heiligenfiguren enthält.
füfle. S. die betr, einzelnen Art.
odrum. Die Geldabgube der Geiftlihen an
ben — . Die Abfindung ihrer Verpflichtung,
ihn bei Vifitationsrei’en zu bewirthen.
Höderalismus, Föderal heologie, heißt bie
von Coccejus (f. d. 9.) aufgebrachte Richtung,
welche das Heil nit in offenvarten Lehren, fon:
dern in geſchichtlichen Thaten Gottes ſieht und,
ausgehend vom Begriff des Bundes, den Entwid»
Tungögang bed Reiches Gotteß zu erkennen ber
ginnt,
öhre. ©. Xcacie.,
ob. Der chineſiſche Name für Bubbha (f.d. I).
ter oder Tortur ift dad Mittel, durch Er⸗
regen fürperliher Dual ein Geftänpniß zu ers
mwingen. Das Gerichtsverfahren ber Juden fannte
e nicht. Aus Italien ging fie in bie Praxis der
geiftlichen Gerichte, darnach der bürgerlichen über;
ihre größte Anwendung fand fie im Berfahren der
Inquifition und bei den Hexenprozeſſen. Obglei
Ihon Geiler und fpäter die wre en ſ.
gegen bie Folter ala unſiltlich ausſprachen, *
i8 in bie neueſte Zeit gedauert, ehe ihre legten
Refte verſchwunden find.
Fonſeca, Peter von. Geb. 1528 in Cortizada.
Der portugiefiihe Ariftoteles. Mitglied des Je—
fuitenorbens 1548, ftudirte zu Evora 1561, unb
erlangte bald bie höchſten Ordenswürden. Er ift
der Erfinder der Theorie der fog. scientia media
Dei, der Kenntniß des —— welche ſpäter
Molina ausbildete. Er ſchrieb außer Anderm: De
concordantia providentiae, Lifiabon 1558, un
Institutiones dialecticae, 1564.
Fontainebleau, Geſpräch zu. S. Dupleffis
Mornay.
Fontanella. Bonebictinerabtei bei Rouen, ger
gründet 648 vom h. Wando. Berühmt war die
mit ihr verbundene Schule. Unter ihren Aebten
find zu nennen: Wulfram, der Apoftel der Frie⸗
fer Eginhard und Anjegid. Bon den Rormannen
erjtört, ward bie Abter 950 neu begründet und
—** ſich ſpäter an die Mauriner an.
Fonteuraud, Orden von, ober bie Armen
tern feinem Baterlande gedient, und fich als treues Ehrifti. Der Stifter ift Robert von Arbriffel,
Haupt einer Familie von 10 Kindern bemiefen | geb. 1047, + 1125. Als Coadjutor des Biſchofs
hatte, nahm er, 50 Jahre alt, von den Seinigen | von Rennes bemühte er fi, den Laftern der Zeit
Abſchied, und zog ſich auf eine einſame Alp zu: | entgegenzuwirklen. Nach dem Tode des Biſchofs
rüd, auf welcher er 21 Jahre zubrachte, nichts ge: lehrte er zu Angers Theologie und lebte danad)
aiekend ala das Abendmahl. Den Einfluß, den als Einfiebler im Wald von Eraon, Beine
Foreiro
Bußprebiagten feffelten Viele an ihn, namentlich
Frauen; für diefe baute er mehrere Klöfter, das
hauptſächlichſte gu Ebralbäbrunnen, fons Ebraldi,
Fonteyraux. Es war ein Doppelflofter mit einem
Magdalenum; jede Annäherung der Geſchlechter
mar ftreng verpönt. An der Spige ftand die Aeb⸗
tiffin, die fichtbare Stellvertreterin der 5. ⸗
au, unter deren 334* Orden ſich ſtellte.
ie Diſciplin war äu ftreng, dad Sch
Yurfte nicht gebrochen werben. Weftätigt warb
Orden 1100 und 1113, verbreitete ſich aber außer»
alb Frankreich wenig; gerieth auch fpäter in tie
en Verfall, Die legte Hebtiffin ftarb 1799 in gro⸗
ee F— —
oreiro (Forer), Franz. Ein gele portus
Ee Dominicaner, dert 1540 Hofprebiger und
enfor. Vom König Johann zum Concil von
Trient beorbert, wurde er in die Commiſſion zur |!
Abfaffung des Katehismus gewählt und Secre: | T 1556,
tär der Commiſſion des Inder. 1566 Prior und
Provinzial feined Ordens, Iebte er jeit 1571 in
literariſcher Zurüdgezogenheit, + 1581. Bon fei:
nen Werfen ift Isaiae proph. vetus et nova ex
hebr. versio, Venet. 1563, gebrudt; ungebrudt
blieben ein hebräiſchecs Lexikon, Commentar zu
den Propheten und Lucubrationes in evangelia.
Forenfen find Perſonen, welche Grundftüde in
—— befigen, ohne ſelbſt darin ig
Die Beitragdpflichtigkeit derjelben zu den Paro:
ya —* ſie nicht lediglich Reallaſten ſind,
nach den Particulargeſetzgebungen geregelt.
Forerius, Petrus; Fourier. Geb. zu Mirecour
1565, war Pfarrer von Matincour und r ber
Stifter der Eongregation der armen Schulſchwe⸗
ftern U. 2. Fr, welche aus einer Vereinigung
von Sungfrauen in feiner zn entftand. Die
een gab Baul V. 1615 und 1616.
ormelbüder find Sammlungen von Urkun⸗
denmuftern. Sie find von Snterefe, weil fie einen
Einblid in die Verhältnifje ihrer Zeit gewähren.
Das ältefte F. ift: 1) Das Formelbuch des Mar:
culf um 660. Dann folgen 2) die Formulae An-
Jegarenses aud dem An ig ei 8. Jahrhunderts,
—— Theil älter. 3) Die Formulae Alsaticae;
tziegen fih nur auf geiftlihes Geſchäftsweſen,
aus dem 9. Jahrh. Baluz, Bignon und Goldaft
haben aus Handfdriften Formeln gefammelt und
zulammengelragen.
F.rmojuß, Bapfl, Selber Bischof von Porto,
und als Miffionär zu den Bulgaren geſchickt. Er
ift der erfte, der ald Biſchof den päpftlihen Stuhl
erhielt 891. Vielfach verwidelt in die Parteiungen
ber Zeit, war er von Johann VIII. excommuni:
eirt, von Marinus (882—884) reftituirt geweſen.
Als Gegenpapft ftand ihn Sergius gegenüber.
Genöthigt Larıberi, den Sohn Guido's von Spo—
leto2c., zum Mitregenten feines Vaters zu Irbnen,
rief er mit Berengar von Friaul Arnulph von
Kärnthen gisen Jene zu Hülfe und krönte ihn 986.
Stephan VL (VIL.) ließ über die Leiche des Frı:
264
Foscarari
Forſter, Bartholomäus, Geb. 12, Aug. 1788.
Er wurde al Priefter in Altendttingen ein hefti:
—— des an ae Er ſchrieb: Ent:
ter Aberglauben bei Reliquien, München 1803;
Bom | e ber Curie an Abläfien,
1803, und wurbe in Landshut Profeflor der Rhe:
torif und griechiſchen Literatur.
Forſter, Johann. Luthers Gehülfe bei ber Bi:
belüberjegung. Geb. 1495 zu Augsburg.
ber — nee bergen x zu Swidau, 1585 Pfarrer
in Augsburg, verlor dieſe Stelle 1538 und eine
in Tübi 1541 ——
kei ingtif ‚gefinnten Pferresn, führte die Re:
formation in Regendburg und .— ein,
und warb Eruciger8 Nachfolger ittenberg.
—— ——
eiten. Er ſchrieb ein hebräiſches Fan
ier, Geb. 1576 1
N re nk
Er ſchrieb Systema problemat. theol
nn — Geb. zu Hirf
Forſter, Joha
den 6. Febr. 1759. SProfeffor und Regens an
Seminarien zu Regendburg 1787, Pfa fen
1801, * als icher wirklicher Geh.
und Pfarrer zu Oberhauſen bei Landau. Er gab
„die Pflichten des Seelſorgers“ heraus.
Forſter, Valentin. Geb. 1530 zu Wittenberg.
Schüler Luthers und Eber3; warb feflor ber
Rechte zu Heidelberg, verließ aber die Stadt me;
en ber Begünftigung ber Reformirten, 1595 Pro:
* Juris zu Helmſtädt. + ben 28. Oct. 1608.
Fortunatus, Venantius. Honorius Clementia⸗
nu3. Geb. in Ceneda bei Trevifo, erwarb ſich als
Rebner und Dichter den Beinamen Scholasticissi-
mus. In Frankreid; gewann er die Gunſt Königs
Sigbertö von Aufttafien und ber frommen Köni⸗
gin Radegunda in Poitiers, deren Beichtiger et
wurde; jet 599 Biſchof au Poitierd, ftarb er am
14, Dec. 609. Seine Werke (elf Bücher Poeſien,
darunter Hymnen, ein Epos über den h. Martin,
on Lebensbeſchreibungen u. a.) find heraus:
gest en von Bromer, Fulda 1603, von Lufdi,
om 1785. Mehrere Hymnen find mit Berände
rungen in Das Brevier aufgenommen,
ortunatus. Patriarch zu Grado in Sftrien.
Da er für Karl den Ör., dem fein Sprengel unter:
than war, Partei ergriffen gegen bie Griechen,
denen Venedig ** ſo brachte er den größten
Theil des Lebens bei Karl zu. Später bei *
dem Fr. verdächtigt 821, floh er zu Michael;
ward er nad) feiner Rückkehr von Ludwig zur
Unterfuhung dem Papſte zugeſchickt, und ftarb
nicht lange danach.
Forum Appii. Ein Ort in ben pontiniſ
Sümpfen, von Appius Claudius
Drt war übel berücdhtigt (Horaz, Sat. I, 5, 4) und
man übernachtete lieber in den tres tabernae. Hier
wurde Paulus von ben Gläubigen Romd em:
mofus von einer Synode ein Gericht halten, die: | pfangen.
felbe verſtümmelt in die Tiber werfen und erklärte |
alle von ihm volljogenen Weihen für ee 1
weil er unrechtmßig Papft geweſen wäre.
Foscarari. Geb. 27. Jan. 1512 zu Bologna
Seit 1550 Bifchof von Modena, wurde er zum
Tridentiner Eoncil geſchickt 1651 —1552, Unter
erfolgte aber durch Johann IX, eine feierliche | Paul IV, wegen Jrrgläubigfeit verbädhtigt, 22
Ehrenrettung des F.; die Acten jener Synode |ihn die Inquifition
wurden verbrannt.
Monate gefangen.
feiner Freifprehung 1560 fandte ihn Pius IV.
Formrla consensus Klelvetica. S. Helve: ;von Neuem nad Trient, wo ihm bie Rebaction
tiſche Eonfeffion.
| der Kanone übertragen wurde. Er ftimmte bort
Fossarii
für Gewährung bed Kelches und für Berminde:
rung der Baht ber Geiftlihen. 1568 trat er in die
Commiffion zur Abfaffung des Katehismus und
bed Brevierd. +15
Fossarii, Eopiaten.
Fonrnet, Andreas Huber Viggeri. Geb. am 6.
Dec. 1752 zu Maille in Boitou, früher Jurift,
warb er Geiftliher und Pfarrer daſelbſt. Da er
ben Eonftitutionseib verweigerte, mußte er nad)
Spanien auöwandern, Tehrte aber nad) Robes—
pierre’3 Tod zurlid und ftand feiner Gemeinde vor,
obgleich ein Preis auf feinen Kopf geſetzt war.
1806 ftiftete er die Gongregation der Töchter vom
b. Kreuze, zur Unterftügung der Armen und zum
Unterricht der Kinder.
or. ©. Quäter.
ragepflicht des Beichtvaters. Da der Beicht:
vater eine riditende Gewalt im Namen ber Kirche
ausübt und die unvolljtändige Beichte feine gül:
tige Abfolution erlangt, jo ijt es die Pflicht des
Beichtvaterd, durch Fragen auf die Vervollftän:
digung der Beichte pen und ſich die Kennt:
ni 35 zur Beurtheilung nöthigen Momente zu
affen.
Fragmente, Wolfenbüttler, ſind die Abhand—
lungen eines Ungenannten, ber ſpäter als der Pro:
feffor Hermann Samuel Reimerus (+ 1768) in
Hamburg ſich herausftellte, welche Leſſing 1774 und
1778 veröffentlichte. Sie entwideln den Gedan:
fen, daß ber vernünftige Kern des — 7
von dem Stifter ſelbſt und den Apoſteln myſtiſch
umkleidet ſei und aus den Myſterien und Formen
des Glaubens wieder herausgeſchält werden müſſe.
Durch Die Bewegung, welche fie hervorriefen, find
fie biftorifch wichtig geworden; fte bilden den Aus:
angspunft einer noch nicht ganz abgeſchloſſenen
Entroisttung. Ihre nächte Folge war der Streit
Leſſings mit dem Hamburger — — Göge.
den von Leſſing herausgegebenen Fragmen⸗
ten ift ein großer Theil der „Apologie oder Schuß:
— a die vernünftigen Verehrer Gottes"
dur . Klofe in der Btfehr. für Hift. Theologie
1850 gebrudt. Vgl. D. Strauß, Reimarus, 1862.
Francisca Romana, ®eb. zu Rom 1384, +
1440. Die Stifterin der Oblaten, einer Eongre:
ation von rauen, die nad) ber Regel der Olive:
ner:Mönde leben, aber iein Gelübde ablegen,
fondern nur das Verſprechen, ber Präfidentin zu
—— (Oblation). Die Mitglieder behalten
öhalb auch ihr Vermögen und find nicht an
Klaufen — Die Bollandiſten erzählen
von den Viſionen der F. und ihrem Verkehr mit
den Engeln.
Fraude, Auguft Hermann. Geb. am 23. März
1663 in Zübed „ ſtudirte feit 1679 in Erfurt, Kiel
und Leipzig hebräifche und griehifhe Sprade
und Theologie. Während feines Aufenthalts bei
dem Superintendenten Sandhagen in Lüneburg
erwedt, hatte er in Hamburg 1688 eine Schule,
und er 1689—90 theologische Borlefungen in
Lei it, wo er bejonderö die bei feinem erjten
Aufenthalt begründeten Collegia philobiblica
fortfegte, für deren Befucher der Name „Pietiften“
auffam. Seine Borlefungen
1690—91 Diafonus in Eu
ieffor der griechiſchen und orientalifchen Sprachen
265
Frank
an die neugeſtiftete Univerfität Halle berufen,
fand er 1691 den Schauplag mweitgehender Wirt:
famteit. In Verbindung mit ber ————
Gliedern der Facultät Anton Breithaupt, ichae⸗
lis Lange und Herrenſchmidt, wirkte er hier im
Geiſte Speners, bemüht, die Studirenden, ftatt
ihnen die orthodoxe Schuldogmatik einzuimpfen,
zu einer wahrhaft —— ommen Auffa ung
des Chriftenthums und praftifcher Frömmigkeit an:
zuleiten. Dazu dienten ihm feine Lectiones pa-
raeneticae (erfte Sammlung 1726), die Vorträge
über die Methodus studii theologiei. Die Stre
tigleiten, welde die orthobore Geiſtlichkeit gegen
ihn erhob, endigte eine kurfürſtliche ——
und ſeine Ernennung zum Pfarrer von St. Ulrich
1715. Aus ſeiner Sorge für die Gemeinde ging
fein Waiſenhaus hervor, fiber deſſen Gründun
er in ſeiner Schrift „Segensvolle Fußftapfen d
noch lebenden und waltenden Gottes“ 1709 berich⸗
tete. Aus einer Sammlung zur Beftreitung bes
Schulgeldes für arme Kinder, entmwidelte ſich eine
Armenſchule, ein Waifenhaus, ein Freitiih für
Studirende und ein Lehrerfeminar, und nad) und
nach jeit 1698 bie fämmtlichen Gebäude ber Gtif:
tung, die eine 860° lange Straße bilden. Die
Mittel gewährte ihm, ohne einen Staatszufhuß,
die Sriftfice Liebe. Unterftügt wurde fein Wert
durch Die Einrichtung der Buchhandlung, an melde
fih die Canſteinſche Bibelanftalt anſchloß, und
der Apotheke, zu welcher eine Sammlung von
Arcanrecepten, bie F. von einem Kranken erhielt,
den Anlaß gab. Nach feinem Tode (8. Juni 1727)
übernahm jein Sohn Gotthelf F. und fein Schwies
gerjohn Freylinghaufen die Leitung der Stiftungen,
melche jegt 9 Schulen und die Waifenanftalt ums
faffen und 3380 Kinder unterrichten. Bgl. die
Biographien von Niemeyer 1794, von Guerike
1827, von Kramer 1861, von Edftein 1863, „die
Stiftungen A. H. Francke's“ 1863.
Franto. 973—985 als Bonifacius’ VII. Gegen:
papft. Ermordete wahrſcheinlich feinen Vorgänger
Benedict VI. (974), wie auch ie Nachfolger
Johann XIV. (984), wurde aber jelbft 985 grau:
fam getötet.
Franeler. Univerfität in niederländifch Fries⸗
land, gegründet 1533, aufgelöft 1811. Berühmte
reformirte Theologen, wie Amefius, Amama, Eoc:
cejus, wirkten hier,
Fran, Sebaftian. Ein greigeift ber Reforma⸗
tionszeit, um 1500 zu Donaumerth geboren.
Lebte in verſchiedenen Städten Süddeutſchlands,
Nürnberg, Straßburg, Eßlingen, Um, Bafel, bald
als Schriftfteller, bald, wenn ihm die Berhältniffe
das aujerlegten, als Geifenfieber und Buchdruder;
feiner Anfihten wegen felten lange geduldet, bis
er 1545 zu Bafel ſtarb. Anfänglih mit Luther
verbunden, trennte ihn fein Jdealismus und Pan⸗
theismus von der Reformation. Seine Lehre vom
innern Licht machte ihn gleichgliltig gegen äußere
Kirche und Sacrament, auch gegen ben ——
Chriſtus, da er lehrte, es Tönne einer das leben⸗
dige Mort Gottes haben, felbft wenn er die Schrift
nicht befige. Er ift ald Gefchichtichreiber von
wurden unterjagt. intereſſanter Darftellung und in beutfcher Sprache
tt, entjegte ihn ein | (Chronika, Zeitbud und Geſchichtsbibel bis 1531;
furfürftliches Reſeript, auf Betreiben feiner Colle: | üb
en und der Katholiten, als Stifter einer neuen | der Türkei, aus der Hand eines 22 Jahre in tür—
Secte. Als Prediger der Vorjtadt Glaucha und Pro⸗
erjegt von ihm: Ehronifa und Beihreibung
tiſcher Gefangenſchaft geweſenen Siebenbürgers)
hervorragend, Seine philoſophiſchen Anſichten
Franken 266 Frankreich
Der legte Senior war Dr. Hufnagel, + 182,
1857 ift eine neue Gemeindeordnung durch Se—
natsbejchluß eingeführt, die den Gemeinden eine
Vertretung im »Preöbyterium und Confiftorium
ewährt. — Die Synode zu Frankfurt 794 er:
ärte fi) gegen den Adoptianismus und die
Bilderverehrung. Die von 1007 beſchloß die Er:
richtung des Bisthums Bamberg. — Frankfurter
Concordat oder Fürftenconcordat ift die Verein;
barung des Kurfürften mit dem päpſtlichen —*
ten auf dem Convente am 5. Oct. 1446 über die
Reformdecrete des Bafeler Eoncils,
Sranffurt an Der Oder. Die Univerfität warb
gegründet 1506 und wiberfegte ſich unter Wim:
pinas Leitung nad) Kräften der Reformation, janl
aber eben dadurch auch, und zu ihrer Hebung mußte
Joachim die Einkünfte des eingezogenen Karthaͤu⸗
jerflofterd verwenden. Zu rechter Bedeutung ift
F. nie wieder gelommen, im 3Ojährigen Kriege
war die theologijche Facultät nur mit einem Pro-
feffor beſetzt. 1816 wurde die Univerfität mit
Breslau vereinigt.
Frankfurter Receß ift die Uebereinkunft der Aur:
fürjten von Sachſen, Brandenburg und der Pfalz,
des Herzogs von Würtemberg, der Yandgrafen von
Hefien, der Pfalzgrafen von Zweibrüden und
Simmern und des Markgrafen von Baden zur
Herftellung einer Einigfeit in der deutſchen evan-
geliichen Kirche vom 18. März 1558. Es werden
in demjelben die früheren Beftimmungen in ben
ofiandriftifchen, majoriftifhen, adiaphoriſtiſchen
und Abendmahlöftreitigleiten wiederholt, und feft-
geftellt, daß neue Streitfragen von den Gonfifto:
rien unterfucht, theologifche Bücher einer Genfur
unterworfen werden follen. Durch den Wider:
ſpruch, der ſich namentlich von Andreä und ben
niederſächſiſchen Theologen erhob, erreichte ber
Receß feinen Zweck nicht,
Sranfreig. Reformation. Als die Wiege
der Reformation in Frankreich ift Meaug anzu:
fehen, und der Kreis, den Brigonnet (ſ. d. &
dort um fi fammelte, auch die Verfolgung,
welche die junge Kirche & reichlich erfahren mußte,
fand dort ihre erften Dpfer. Die Brüder Leclerc
ae und 1546), Pavannes (1525), Wolmar,
oufjel und Lefebre waren die erjten Träger ber
Bewegung, der Calvin und Beza noch ſtaͤrleren
Anfloh gaben. Die Strafgefege ae . fanden
während der Verbindung Heinrichs II. mit den
deutſchen Proteftanten Milderung, aber durch den
Einfluß der Guifen, welde den proteftantiihen
Bourbons von Navarra fich entgegenftellten, ward
das Ketzeredict von 1655 erwirkt, dem bie cham-
bres ardentes folgten. Der Widerftand gegen die
Guifen rief die Verſchwörung von Amboife 1560
ervor; die verftärkte Verfolgung milderte das
dict von Romorantin (Mai 1560), und das von
den Guifen gefchlofjene Triumvirat nöthigte Ka—
tharine von Medici zur Nachgiebigleit gegen die
immer zahlreicheren Hugenotten; das Geipräd zu
Poiſſy (Sept. 1561), obgleidy refultatlos, hatte
dieſelben zu größerer Kühnheit ermutbigt, und das
find befonder in feinen Paradoxa 1535 nie:
dergelegt. Zu erwähnen find nod feine „Sprüd:
wörter”, 1541. Bgl. Hagen, Geift der Reforma-
tion, 2. Bd. 1844. Wald, de vita Franci, 1793.
K. am Ende, Nachlefe zu d. unvollit. Nachrichten
von ©. F. 1796. Keim, Ref. der Reichsſtadt Ulm,
1851. Biſchof, ©. F. und die deutſche Geſchicht⸗
ſchreibung, 1857.
her ©. Chlodwi
ranfenberg, Johann Geintic), Graf von. Geb.
am 18. Sept. 1726 zu Groß-Glogau, vollendete
feine theologifhen Studien im deutſch⸗ungariſchen
Collegium zu Rom, ward Coadjutor von Görz
1749, Erzbifhof von Mecheln 1759 und Cardinal
1778. Er wiberjegte fi der Aufhebung ber bi:
[höflihen Seminare und der Errichtung eines
unter Staatdauffiht ftehenden Generalfeminars
u Löwen, welde Jofeph Il. befohlen Hatte. Die
Agitation gab Anlaß zur belgifhen Revolution.
Als Belgien mit Frankreich vereinigt war, wurde
8. 1797 vom National:Eonvent zur Deportation
verurtbeilt und ftarb zu Breda 1802,
ranfiurt am Main. Der Reformation war
in F. durch den Humanismus vorgearbeitet. Unter
den angejehenften Männern der Stadt hatte ſich
ein Kreis gebildet, in dem Luther 1521 auf feiner
Durchreiſe ep, begrüßt wurde, und deſſen
Einfluß ſchon 1522 dem erften ev. Prediger Hart:
mann Ibach die Kirche des Katharinenklofters
öffnete. Konnte ſich diefer fo wenig wie Dr. Gar:
torius halten, fo vertrieben doc) die Bürger 1524
den Fatholifchen Pfarrer und erzwangen 1525 die
Zulaffung der Prädicanten. Nicht ohne Spuren der
Leidenſchaft —— air der Mugen Zurüdhal:
tung des er ie Fortſchritte der evangelifchen
Kirche; auf Verlangen der Zünfte wurde 1533 der
fatholifche Gottesdienſt eingeftellt (1535 wieder
freigegeben), und die Stabt trat 1536 in ben
‚hmalkaldifhen Bund. Während die Frankfurter
Keformation urfprüngli dem oberbeutfhen und
zwingliſchen Charakter zuneigte, gewann das Lu:
therthbum durch die Prediger Beyer (1545) und
%eftphal (1552) Eingang und befeftigte fi durch
ben Gegenjag gegen die Fremdengemeinde. Aus
England vertriebene calviniftiihe Wallonen fan:
den 1553 mit dem Prediger Balerianus Polanus
Aufnahme und erhielten eine Kirche überwiejen,
in der franzöfifcher Gotteödienft gehalten wurde;
ihnen folgten Engländer unter Bilingham und
nor; $lamänder 1555 unter Dalhen und Lasky.
Unter diejen Fremden herrfchten bleibende Ber:
würfniſſe über die Einführung der Genfer ober
ber englifchen Liturgie, während die Prädicanten
ihnen die Augsburgifche Confeffion aufbringen
wollten. 1561 wanderte ein großer Theil Ser
Fremden wieder aus, auch die Wallonen mußten
1596 ihren Gotteödienft einftellen; die Flamän—
der, denen Gomarus predigte, hatte das Verbot
1594 getroffen. Beide Gemeinden verlegten ihren
Gottesdienft in das nahe Bodenheim; erft 1786
wurbe ihnen als deutſcher und frangöfifcher refor:
mirter Gemeinde der Bau zweier Bethäufer be: .
willigt und 1816 durch die Conjtitutionsacte mei: | Januaredict (17. Jan. nel gab ihnen Gemii:
tere Rechte gewährt. Eine franzöfijd; : utherifche | ſensfreiheit und dem Adel auf feinen Gütern freie
Gemeinde bildete ſich durd die Flüchtlinge aus | Neligionsübung. Die Wuth der Guifen zeigte ſich
Antwerpen 1576. Zu erwähnen als Frantfurter im Blutbad von Vaſſy (1. März 1562), weldes
Eigenthümlichkeit ift das Seniorat, der Borfig den erften Religionskrieg eröffnete, den der Friede
im Predigerminifterium, welches ftet3 durch Aus: | von Amboife beendigte am 19. rn 1563
wärtige befegt wurde. Spener bekleidete das Amt, (Schlacht bei Dreug den 19. Dec. 1562.) Die
Frankreich
Befhränkungen der gewährten Freiheiten durch das
Edici von Rouſſillon 1564 und das drohende Bünd⸗d
niß mit Spanien zwangen Condé und Coligny
zum zweiten Kriege 1567—68, Der Frieden von
Longjumeau (27. März 1568) beftätigte den Ber:
trag von Amboife. Der dritte Krieg 156970
(Säladit beiNarnac am 13. März und bei Lugon),
nurde mit deutfhen und engliichen Hülfstruppen
unter Eoligny'8 Leitung geführt und gewann
den Broteftanten Amneftie, freie Religionsübung
ae Paris und Sicherheitäpläge, organi:
firte ſie aber eben dadurch als politiſche Partei
und Staat im Staate, worin ber verberblice
Keim des Untergangs lag. Im —— —*
lampfe, nad) der Bluthochzeit, retteten die Refor:
mirten Gemiffensfreigeit und die Religionsübung
in den Gicherheitöplägen. Der fünfte Krieg ward
im Verein mit ber Partei der Politifer gegen die
Buifen geführt (Frieden zu Beaulieu den 8. Mai
1576). Der ſechſte gegen die inzwiſchen geſchloſ⸗
jene Ligue (Frieden zu Bergerac 1577) und ber
fiebente (Frieden zu ler den 12. Sept. 1580
gewannen die alten Gerechtſame zurüd, die no
tinmal nad) dem achten Kriege Heinrich IV. durd)
dad Edict von Nantes betätigte (15. April 1598).
Der Fall von La Rochelie 1628 im neunten Reli:
> e, 1620— 1628, den die gewaltfame Be-
hrung Bearns hervorgerufen hatte, zerftörte die
yolitiihe Partei der Hugenotten, allein der Zus
fand, den das Gnadenedict von Nismes 1629
—— ab die Freiheit, daß das innere Leben
franzöftjch:reformirten Kirche ſich um jo mehr
ausgeftalten fonnte, und die Blüthezeit der fran-
— —* Theologie, der Akademien zu
Saumur und Montauban fällt in a Periode. Der
Abſolutismus und die Bigotterie Ludwigs XIV,
iheute endlich fein Mittel, den Proteftantismus
ausjurotten. Den Belehrungen folgten die Dra:
gonaden, endlic die Aufhebung des Edicts von
Rantes 1685 und die Maffenauswanderung der
Refugies. Der Cevennen: oder Camiſardenkrieg,
1702—1706, zwang wenigftend zu einer jtill:
Imeigenden Duldung der übrig gebliebenen Ne:
formirten. —
Die lutherifche Kirche hatte in Frankreich nie
Eingang gefunden, auch die Unionsverfuche waren
vergeblich geblieben und die Unterzeihnung der
—— — Confeſſion zu Boifjy entſchieden
verweigert. Den Lutheranern, die mit dem Elſaß
unter franzöſiſche Herrſchaft kamen, wurde die im
sähe ieden garantirte Religionsfrei:
heit gelafien.
Die Verfaffung der franzöftifhen Kirche war
auf der erften Nationalfynode 1559 zu Paris feft-
geitellt, Discipline eccl&siastique, zugleich mit
dem Glaubensbelenntniß (1571 zu 2a Rocdelle
betätigt). Sie hat nicht das theolratiſche Element
der Genfer. Die Gemeinde verwaltet fid dur
ihr consistoire, welches durch Cooptation fich felb
ergänzt. In weiterm Aufbau der Eolloquien (clas-
ses), Provinzial: und Nationalfynoden organifirt
h das gefanımte Kirchenwefen, welches durch die
Kirhenzuht auch innerlich zufammengehalten
wurde, In der Berfaffung der franzöfifch: refor:
mirten Gemeinden in Preußen jcheint diefe Dis-
eipline ecclösiastique fehr deutlich durch, und die
organischen Artite a d. 9.) gründen fid nicht
minder darauf. Dieje waren die Folge des Ge:
ſetes von 1795, welches die volle Religionsfrei-
267
Frankreich
heit feſtſetzte. Ihre Beftimmungen find mobificirt
urch das Döcret portant reorganisation des
eglises protestantes vom 13. Märg 1851, welches
ber reformirten Kirche, welche der Synoden nod)
immer entbehrt, ein conseil central einfegte und
die ei des lutheriſchen Oberconfiftoriums
und des Directoriums erweiterte. Zunädjft Mr
Einmirken von außen (engliſcher Methodiften) i
feit der Julirevolution das innere Leben ber Kirche
mannigfad geweckt, babei macht ſich aber vielfach
das Streben ber Trennung der Kirche vom Staat
gen In diefem Sinne wirkte feit 1833 die
ociet& Evange&lique (ihre Zeitſchrift Le Semeur);
„mit, ohne und wider” bie Confiftorien, hat fie
Ermwedungen unter Ratholifen und Proteftanten
im Auge. Ihr ähnlich war 1842—48 die Société
des inter&ts gensraux du protestantisme fran-
ais, F. Monod begründete 1848 in Paris bie
nion des öglises &vangeliques en France,
welche ſich 1849 conftituirte und die meiften, durch
die evangelifche Gefellichaft hernorgerufenen Difji-
bentengemeinden vereinigte. Bibel-, Tractat» und
Miſſionsgeſellſchaften, die Geſellſchaften zur Evan:
elifirung u. a. treiben mit Eifer und Erfolg das
re ber innern Miffion. Seit den letzten zwei
er ehnten ift in der reformirten Kirche ein ſehr
leb * Kampf ausgebrochen. Eine wiſſenſchaft⸗
liche Richtung, die aus der Tübinger Schule her:
vorgegangen ift, und zu der Männer wie Goquerel
Y üngere), Reville, Poͤcaut gehören, hat die
Harfe Oppofition der gegnerifchen rg
vorgerufen, an deren Spige Guizot fteht. Dadurch
ift in die innere Einheit ein tiefer Riß gebracht
worden, in befien Folge jo ernfte Ereigniffe ein-
traten, wie bie Abjegung des ey Coquerel ala
Gehülfen des greifen Pfarrers Martin Paſchoud
zu Paris und und endlich dieſes felbft (1867),
die —— die ſich daran inüpften, bie
Trennung ber beiden Parteien in der ———
conferenz zu Paris 1867 und noch manches An:
dere. — Vgl. Browning, Hist. of the Hugue-
nots, 1829. Capefigue, H. de la réformation
8. ed. 1843. ©. de felice, H. des protestants
en Fr. 1851. Hist. des synodes nat. 1864. Sol:
dan, Geſch. des Prot. in Fr. bis Karl IX. 1855.
Drion, H. chronol. de l'&giise prot. de Fr. 1855.
G. von Bolenz, Geſch. des franz. Calvinismus,
1864. Midelet, Hist. de France au XVI.s. 1864.
Buaur, Hist. de la réf. frang. 1864, Rante,
Franz. Gefhichte im 16. und 17. Jahrhundert,
1852—56. Für die [utherifche Kirche vgl. Röhrich,
Mittheilungen aus ber Geſch. der ev. Kirche bes
Eifafjes 1855. Für die fpätere Zeit: (Mäder), die
prot. Kirche Frankreichs von 1737—1846, herausg.
von Giefeler. Reudlin, das Chriſtenthum in fyr.,
1837. Brud), Zuftände der prot. Kirche, Stud. und
Krit. 1344.
Katholiſche Kirche. Nach ihrer Auflöfung
durch die Revolution wurde fie durd die organi⸗
fhen Artikel und. das Concordat reorganifirt.
Das Eharakteriftiiche der Drganifation iſt die Ab:
bängigfeit vom Staate, bie jedoch nicht jo mweit
geht, die Kirche unfrei zu machen und vom Bapfte
zu löfen, und bie größere Unabhängigkeit der
Bifhöfe von dem Papfte. Alle Bijchöfe werben
vom Staate dem Papfte vorgejchlagen, und wie
alle Geiftlihen auch beſoldet. Der Biſchof fteht
monarchiſch in feiner Diöcefe und fann die Pfar:
ver verjeßen, die Deffervanten jogar abjegen oder
Franz I.
ifnen bie Facultäten nehmen. Die Biſchöfe neh:
men fo eine ſehr freie Stellung zwifchen ber, Curie
und bem Staate ein.” Ihr Auftreten mechfelt da:
& mit den Interefien, die fie zu vertreten orten
ie:15 Erzbifchöfet haben über die. 69 Bifchöfe
teine anbere Gewalt, als daß von ihnen bie
noden berufen werben. Seit der Reftauration des
SJefuitenorbend'1814 .ift auch die Zahl der Orden
egen: Dominicaner, Benebictiner und ‚Trap:
piften find wieder ins ——
große Anzahl weiblicher Orden, die faſt alle einem
prattiſchen wohlthätigen Zwecke der Erziehung,
oder der Armen⸗ und Krankenpflege dienen. Der
Schulunterricht liegt faft ganz in den Händen des
Klerus, und das Beftreben des Staats, den Volfö-
unterricht zu organifiren, bildet einen Differenz:
punkt der Gegenwart mit ber Geiftlichteit. Unbe⸗
dingt a dr der Bifchof die Bildung der Theo:
logen in den Seminaren, die yacultäten in Paris,
Rouen,‘ Borbeaug, Lyon find wenig beſucht. Der
dem Gallicanismus abgewenbete Geift des Klerus,
obwohl derjelbe noch feine Vertreter hat, zeigt ſich
— — allgemeinen Einführung der römischen
egie. » ß : i
Der Miffion widmet die franzöſiſche Kirche
zoßen Eifer. Die Prötres de la mission, das
S6minairo des missions 6trangeres, die Congre:
ee nn und
Franz I. König von — Durch das
Concordat mit dem Bapie von 1516 ——
er auf die pragmatiſche Sanction Karls IX. Dem
Papſte wurden die Annaten zugeſtanden, aber das
Berbot der Refervationen und Anwartſchaften
aufrecht gehalten. Dagegen erhielt der König das
Recht, ſaͤmmtliche Erzbisthlimer, Bisthümer und
Abteien zu befegen. Das Parlament und bie
Univerfität nahmen dad Eoncordat nur in Folge
von Drohungen an. Das Verhalten des Königs
binfichtlih" der Reformation war lediglich durch
politijche Erwägungen beftimmt ; daher begünjtigte
er bie Proteftanten in Deutfchland, die er in
Frankreich unterdrüdte.
Franz von Aififi und bie Francißcaner, Fran:
cedco Bernarbone, geb. zu Aififi 1182, begann
nad aufrichtiger Beleyrung aus einem luftigen
weltlichen ; Treiben ein möndifhes, nur dem
Dienfte Gottes gemweihtes Leben, mit dem Stre—
ben‘ durch bie Predigt der Buße der Verberbtheit
ber>Beitgenofjen, zu fteuern. Seinen Gefährten,
die zu biefem Zwede ſich ihm *5— gab er
a. e Lebensvorſchriften; im Gegenſatz zu ber
ppigfeit, bie in den Klöſtern eingerifjen war,
machte er die unbebingtefte Armuth ihnen zur
Pflicht; ald>Zeichen der Demuth, die Alle durd:
dringen follte, nannte er fie Minoriten" (fratres
minores). Innocenz ILL, vem er feine Gedanken
entwidelte, genehmigte 1212 mündlich die Stif:
tung,ebenfo Die Lateranfynode 1215. Honorius III.
ab dem Orden bie feierliche —— 1223.
IE TE LeN mit reißender Schnelle.
Franz machte eine Wallfahrt nach Paläftina, juchte,
gefangen, den Sultan zu bekehren, und wurde
freigelaſſen. Er ftarb 1224 in ber Portiuncula⸗
kirche zu Affifi, in welcher er einft feine Belehrum
gefunden, und welche jpäter mit reihem Abla
außgeftattet wurde. Vor feinem Tode foll er wäh:
ven eined AOtägigen Faſtens die Stigmatifirung
(Wundenmale Ehrifti) empfangen haben. Schon
268
y: |t
erufen und’eine | für
Franz von Paris
1228 wurde er feierlich fanonifirt und feine Ber:
ehrung wuchs derart, daf ein Verbot des Amber
das Uebermaß der Wunderjage einfchränten mußte.
Schon um 1212 hatte fic) Clara von “in an
Franz angeſchloſſen und den von Ir ifte:
en Orden der Clariffinnen oder Damianijtinnen
(f. d. 9.) ihm,unterftellt, welchem er eine eigene
Regel gab 1224. beutenderen Einfluß hatte
bie Stiftung ber Tertiarier, einer Drbenällafie
Weltliche 1221. Bon den frühern Orden
unterfhieden fih die Franciscaner nicht blok
durch die Armuth (Bettelmönde) und ihre nicht
auf das Kloſter befchräntte, vielmehr auf die Welt
gerichtete Wirffamteit, jondern auch durch die de:
mokratiſche Verfaſſung. Der Guardian, ber Bor:
fteher eines Haufes, wird durch die Provinzial
verjammlung auf.nur 2 Jahre gewählt, der Pro:
vinzial durch die Vorjteher, an der Spige fteht der
| General. Rach der förmlihen Beftätigung des
Ordens 1228 erweiterten päpftliche Begünſti gungen
die Borredhte defielben immer mehr, und erlaubten
feinen Gliedern überall, .felbft ohne Zuftimmung
der Pfarrer und Bifchöfe, zu predigen und Beichte
zu hören; fo daß dem Volke gegenüber die Bedeu⸗
tung ber Pfarrgeiftlichleit gegen die der Mönde
ſank. Die fernere Geſchichte des Ordens zeigt ben
bleibenden Kampf einer ftrengern Richtung und
einer mildern, der jchon zu Lebzeiten bed jranz
durd) ‘den eriten General Elias feinen Anfang
nahm, ben: fi) Antonius von Padua widerſette.
63 handelte ſich um die frage, ob bie Francis:
caner Häufer und liegende, Gründe erwerben und
befigen und prächtige Kirchen erbauen dürften.
Der Streit fpigte fich fpäter zu der Streitfrage,
ob Ehriftus und die Apojtel etwas —9* Seien
hätten, welden Sa der Bapft 1322 für ketzeriſch
ertlärte. Die Spannung im Orden Löfte ſich aber
nur durch die Bildung von" Eongregationen und
die Scheidung in Objervanten und Conventualen.
Jene, urfprünglich eine Eongregation bed Paolucci
von Foligno 1368, vereinigte jpäter in ſich alle
Strengeren. Der Name Conventualen gehörte
urfprünglich allen in Gemeinfchaft lebenden Fran:
eidcanern im Unterſchied von Eremiten; ald 1517
jede Fraction des Ordens einen eigenen General
erhielt, wurde er der Gefammtname der mildern
Richtung. Eine vom Stifter nicht beabfigtiate
Wirkfamkeit gewann der Orden burch Beſetzung
ber theologifhen Lehrftühle; er mußte aber dies
Recht in einem längeren Streite mit ber Univer:
ität Paris feit 1244 Schritt vor Schritt, unter:
tügt von den Päpften, fih erfämpfen. Eine bes
ondere Pflege hat im Orden die Myſtik ei
deren Entwicllung in den Fratricelien in Oppofi-
tion —— ervortritt. Auf dem Ge
biete der Miffion find fie durch die Jeſuiten er
löſt. Bol. Thomas de Celand, Vita 8. F. 1229.
Luc. Wadding, Annales minorum, 1625; Fort].
von J. de Luca. Vogt, d. h. Franz v. Afj. 1840.
Morin, St. Fr. 1853, Hafe, Fr. von Aſſ. 1856.
Demore, Leben der h. Clara, 1857. J. Görres, d.
h. Franz von Aff., ein Troubabour 1828.
ranz bon Paris. Ein Janfenift und Appel:
lant, der in Folge feiner Asiefe ftarb 1727, die
Appellation in der Hand. uf feinem Grabe
kamen Berzüdungen unter den Janſeniſten vor.
©. Janfenismus. Dal. Vie de M. Frangois de
Paris, 1729. Recueil des miracles sur le tom-
beau de Fr. de Paris, 1734.
Franz von Paula
$ranz von Paula, Geb. 1416 zu Paula in
Als Eremit lebte er feit dem 20. Jahre
in einer Grotte in ftrengfter Askeſe. Es wurde
ein Rlofter —— und die Corporation erhielt den
Ramen ber Minimen (noch geringer als bie Gerin⸗
Rinoriten) des 5. n3; fie follte eine
igerung ber Franciscanerſtrenge fein. Der
Genuß aller thieriſchen Speife und der Gebraud)
des Linnenzeugs war ihr unterfagt. Den Orden
beftätigte Sixtus IV. 1474.
Klofter Bleifis des Tours in Frankreich, welches
Karl VI. für ihn erbaut hatte. Ludwig XI.
hatte ihn in Gefahr des Todes ald Wunderthäter
y Aug, gerufen. Vgl. Acta Sanct. Apr.
Franz von Sales. Geb. 21. Aug. 1567 bei
Annecy in Savoyen. Er wurde Domprobft von
Genf, 1590 Weihbiſchof und Eoadjutor. Perjön:
liche Liebenswürdigkeit, Bildung und Klugheit
eigneten ihn zur Thätigkeit für die Rüdgeminnung
der tanten. 1594 begann er dieſe Arbeit in
i8 am Genfer See, wobei er gegen bie
ber Reformation —— und
anrieth und ben Widerruf des Edicts
won Ryon irtte. Seinen Faftenpredigten in
Paris und Lyon rühmte man 72000 Belehrungen
nd. 1602 zum Biſchof erhoben, drang er mit
Elrenge auf wifſenſ ag ber Geift:
Seine au ige Frömmigkeit befunbete
im Ber iß zu Bort:Royal. Auf feine Ein:
{ iftete Francisca von Chantal den Orden
der anerinnen. Er ftarb am 28. Dec. 1622
1818, * Tüb.
Stan; Xavier. aus vornehmer Sa:
milie bei Bampelona. In Paris ein Stubien-
des Ignatius von Loyola, gehörte er zu
dem Bunde der 6 Freunde, aus dem der Jeſuiten⸗
orben erwuchd. In Benebig beftand er im Hoſpi⸗
tal der Unheilbaren die Probe der jelbftverleug:
nenden Hingabe. Nach Eonftituirung des Ordens
ward er mit zwei Drdenöbrübern nad) Dftindien
— Seine — erftredte ſich auf die
ng ber gelen und die Miffton unter
Heiden, Zuben und Muhamedanern. Der große
we da ganze;Dörfer fich befehrten, war Wir⸗
tung jeiner Bertönfichteit Das Werk zu befefti:
5 überjegte er einen Katechismus und ftellte
er an ; leider hielt er auch ——— für
ig. 1547 machte er eine Miſſionsreiſe
Japan und von da, troß des Berbotes, nad)
Sina. Auf der Infel Santhian ward er ergriffen
amd getöbtet, 2. Dec. 1552, und 1622 heilig ge:
rohen. Bgl. Turfelini, De vita Xav. Rom
1594, Briefe des h. Fr. von Zav., überſetzt und
llärt von Burg, 1836.
Franzaſiſche Bibelüberfegung. Die älteſte aus
ser Reformationäzeit ift die jogen. Antwerpener
von Faber Stapulenfis, welche durch Löwenſche
en revidirt und von den Katholiten be:
nugt wurde. Im kirchlichen Gebrauch der Pro:
sitanten ift die Genfer Bibel, die Ueberſehung
3 Dfivetan, 1535 zu Serriöred auf Koſten der
Daldenſer gedruckt, und 1588 von der Genfer
beiſtlichleit durchgearbeitet; fie ift veraltet und
269
nz ftarb 1507 im| G
Freiburg
ungenügend. Eine Ueberarbeitung berfelben nahm
1744 Oftermald, Prediger in Neufchatel, vor, und
dieje verbreiten meift die Bibelgejellichaften. Eine
neue, auf ben Ergebnifien der neuern Wiſſenſchaft
ruhende Meberjegung ift eben durch eine Geſell⸗
ſchaft von meift reformirten Theologen zu ent⸗
rain Begriffe. Vgl. aud) Romanische Bibel⸗
etzung.
ronzöfifäes Glaubensbelenntnig. Confessio
'allicana, confession de la Rochelle, im calvis
niſchen Geifte, ift wahrſcheinlich von Chandieu
verfaßt, von ber erften Generalſynode 1559 geneh⸗
migt, und zu La Rocelle 1571 unterfchrieben;
vorher ſchon war eö Heinrich IL und zu Poifiy
Karl IX. übergeben gemwefen.
Sraterhänfer find die Häufer der Brüder vom
emeinfamen Zeben; weil die letztern auch Frater:
ana hießen.
Sratricellen. Gingen aus den ftrengen Fran⸗
eiscanern (Spiritualen) unter Führung des Peter
von Dliva hervor, denen Eöleftin V. die Bildung
einer beſonderen Con en geftattet hatte,
welche Erlaubnif Sonitaz III. zurüdnabm. Sie
wiberfegten fich, vertrieben ſogar mit Gemalt
———— aus ihren Klöſtern. 1317 wurde die
nquifition gegen fie aufgeboten und erbittert
aben fie fi apofalyptiihen Weiffagungen In
fo daß fie mit den Begharden fich berührten. Die
Berfolgung währte von 1318— 1352, jeitdem ver-
ſchwanden fie.
Srauen bei den Hebräern. Die Unterorbnung
der Frauen tritt hervor im Erbrecht und in der
Ehejheidung ; wie begrenzt dieſelbe aber geweſen,
eigen Mirjam, Debora und Athalja. Lebten die
auen auch in abgefonderten Zelten (1. Mof.
24, 67; 31, 33) beſchäftigt mit häuslichen Arb
ten, Spinnen, Weben, Baden, aud) betheiligt an
der Wartung ber Heerben (1. Mof. 29, 9; 2. Mof.
2,16), jo waren fie doch von ber en
mit Männern (1. Sam. 9, 11; Richt. 4, 17) felbft
bei Gaftmählern (Joh. 2, 3) nicht ausgeſchloſſen,
und erjchienen fogar bei Feften öffentlich im Rei:
gen (1. Sam. 18, 6). Einen Harem zu halten, ift
ausländifche übernommene Sitte. Die Achtung
vor Frauenmürde Spr. 11,16; 14,1; 12, 4.
Frauenvereine. Die weiblihen Kräfte in den
elferdienft der innern Miſſion (im weiteſten
inne) zu ziehen, bieten ſich in der katholiſchen
Kirche die Frauenklöfter und Eongregationen dar,
in der evangelischen, außer den Dialoniffenanftal«
ten, die Frauenvereine. Ihrer Natur nad) ift ihr
Wirkungskreis unmittelbare Pflege in der eigenen
Gemeinde; durch Anfertigung von Handarbeiten,
Bazare und Sammlungen dienen viele ber Mifs
fion und dem Guftav:-Abolf-Berein,
Frayffinous, Denis, Graf von. Geb. 9. Mai
1765 zu Euvieres in der —— fath. Prieſter
unter Napoleon, Kanonikus an Notre Dame. 1815
Mitglied der Commiffion für den öffentlichen Un
terricht, ein Vorkämpfer der kirchlichen Reftaura-
tion im Sinne des Jeſuitismus, Pair und Minis
fter der geiftlichen Angelegenheiten 1824—28. Er
—— Louis Philippe den Eid, leitete bei
Karl X. die Erziehung des Herzogs von Bourbon,
+1841. Schriften : Les vrais principes de l’&glise
gallicane und Defense du christianisme.
Freechurch. ©. Schottland.
Freiburg. Das Erzbisthum ift 1821 durch die
Bulle Provida sollersque für die oberrheinifche
Freidenker
Kirchenprovinz (Rottenburg, Mainz, Fulda, Lim:
burg) errichtet. Der Diöcefanfprengel ift gebildet
aus Theilen der Bisthümer Eonftanz, Straßburg,
Speyer, Wormö, Würzburg, Bafel und Regens:
burg. Die Dotalion ijt vom (badifhen) Staate
ewährt, der dad Recht hat, bei der Wahl des Erz:
Bifhofa personas minus gratas von der Wahllifte
zu ſtreichen. — Die Univerfität zu F. ift geftiftet
1456 vom Erzherzog Albrecht VI. von Defterreidh.
reidenter. ©. Deiömus und Rationalismus.
reie Gemeinden nennen fi die von der
Staatskirche fich getrennt haltenden ——
in Waadt, Frankreich und Schottland, die den kirch⸗
lihen LZehrbegriff feithalten. In Deutſchland be:
deutet freie Gemeinden zugleich den Gegenſatz
egen jede Gebundenheit durch Symbol und
ogma. Bgl. Lichtfreunde.
Freiheit. Bon der Freiheit giebt es eine bop:
elte Begriffsbeftimmung. Einmal kann fie bie
öglichteit fein, in einem gegebenen Fall jo oder
anders zu handeln ; fie bildet demnach ven Gegenſatz
zu dem phyfiihen Zwang, welchen die Raturgejege
in der materiellen Welt ausüben, und ftellt die
Grundlage des Willensvermögens vor; fie wird in
diefen Sinne beffer Wahlfreiheit genannt und ift
ihrem Weſen nad) Willfür. Im Gegenſatz zu bie:
fer formalen Freiheit fteht die reale. Sie ift nicht
Urfprung des Willens, fondern das Ergebniß der
ſittlichen Entwidlung des legtern, d. 5. derjenige
Moment der fittlihen —— wo das Ich
rein aus ſich ſelbſt heraus, ſich ſelbſt beſtimmend
ig wo nicht mehr die Zufälligkeit finnlicher
riebe im Menfchen die beftimmende Macht bildet,
fondern die zwedfegende, dentende Vernunft. In
biefem Sinne wird die Freiheit Eins mit Bingen
Nothwendigkeit, die — des göttlichen
wie des vollendet menſchlichen Willens, womit
aud der bibliſche Sprachgebrauch übereinftimmt ;
vgl. Joh. 8, 32. 36; Röm. 6, 18; 8, 2; 2. Kor.
8, 17. — Bol. die Abhandlungen von Scel«
ling, Ueber bie menſchliche Freiheit; Bocks—
hammer, die Freiheit des menſchlichen Willens,
1821; J. Müller, Lehre von der Sünde II; Rothe,
Ethik, 2. Aufl. $. 86 und 200. Batle, die menſch—
liche Freiheit in ihrem —— zur Sünde und
zur göttlichen Gnade wiſſenſchaftlich dargeſtellt,
1841. Ferner ſ. Determinismus und Prädeſtina⸗
tion und die Literatur dazu. — Chriſtliche
ze beit, ift die freiheit von der Herrſchaft des
Geſetzes. Der ethifhe Grundſatz des Chriftenthums
ift der, daß der Menſch fi von innen entwickle,
und daß von außen gebietend eintretende Mächte
eine wahre Sittlichfeit wohl vermitteln helfen, nicht
aber erzeugen können; jenes Recht nun, feine res
figiöfe und Fe Entmwidlung aus fidy ſelbſt zu
ge alten, aljo bie Kehrſeite der hriftlihen Inner:
feit, heißt hriftlihe Freiheit. Sie kann ſich
auch verirren und ber Herrfchaft finnlicher Inter:
eſſen den Namen leihen, d. h. zum Libertinismus
werben, wie die Geſchichte zu allen Zeiten lehrt.
Bgl. 1. Kor. 10, 29; 2. Kor, 3, 17; Gal. 5, 1 und
1. Kor. 8, 9. Gal. 5, 13; 1. Petr. 2, 16. —
Evangelifche ober proteſtantiſche Frei:
heit if die Erneuerung der chriſtlichen Freiheit
mit dem bejondern Gegenſatz gegen die Autorität
einer gewifjenbeftimmenden — — Macht.
— ————— Freiheit ſ. Religionsfreiheit.
ee töfirafen, S. Gefängnif; und Demeriten:
ufer.
270
Freimaurer
reijahr. S. Sabbathjahr.
reimaurer. Eine geheime Geſellſchaft, deren
Zweck Erziehung zur Sumanität und deren Ber:
breitung tft. Inſofern diefer Grundfag ein von
allen durch bie —— gezogenen poſitiven
nationalen, religiöſen, geſellſchaftlichen Schranten
abſehender, rein menſchlicher Grundſatz ift, gehört
der Freimaurerorden als ſolcher keinem dieſer
Kreiſe, keiner vorhandenen Religion oder Nation
oder keinem beſtimmten Stande an, —— ſucht,
obgleich er keine ſofortige Aufhebung bieſer Schran:
fen verlangt und jedem Mitgliede die Zugehörig:
feit zu denjelben beläßt, doch in bewußter cite
einen über denfelben erhabenen Standpunft zu
betreten und bie ſonſt durch diefe Grenzen von
einander getrennten Menſchen ald Brüder in
—— menſchlichen Sinne zu vereinigen. Die:
er Zweck wird durch einen Bund erjtrebt, welcher,
um ungeftört wirfen zu können, möglichſt abge:
ſchloſſen und geheim bleibt, und welcher bieten
geheimen Charakter durch eine geheimnißvolle,
das Myſtiſche ftreifende, gewöhnlich dem Maurer:
—— entnommene Symbolik und Mythologie
efördert. — Ihren Urſprung führt die Mytho—
logie der Freimaurer zurüd bis in die graueſte
Vorzeit in den fabelhafteften Verbindungen mit
den ägyptiichen und griechiſchen Myfterien, bem
Baumeifter Salomo’3, den Kuldeern u. ſ. w. Da:
gegen findet fich der erfte geſchichtliche Antni-
pfungspunft in den mittelalterlichen Gilden der
Steinmegen, denen die großartige kirchliche Bau
funft der Zeit eine große Bedeutung und ein ho:
bes Bewußtſein der Selbjtändigkeit verlieh. Die
ältefte der vorhandenen Steinmehenordnungen, die
Straßburger, datirt vom Jahr 1459 und be:
gründete einen geheimen Bund mit eigener Geſetz⸗
gebung und Gerichtsbarkeit, deffen Hütten zu
traßburg, Wien, Bern und Köln an der Spige
ftanden. In religiöfer Beziehung bilden bie Gil:
den grundjäglich keineswegs einen Gegenfat dr
der Kirche, obgleich fi allerdings ein gewiſſer
freierer Geift auch in ihnen hie und da entfaltet
haben mag. Wie in Deutfchland thaten fid au
in England die Steinmegen in Verbindung mit
ähnlihen Handwerken zu einem Bereine zuſam⸗
men, defien Zweck hauptfächlich materielle Ber
befferung ihrer Lage war. Sie nannten fi fre—
masons (Freimefler) im —— zu den nie
drigeren Handwerfen und führten ihre Conftitw
tionen bereit3 zurüd auf Edwin von York 926,
welcher den Bund zur Den der noachiſchen
Gebote, Gehorſam gegen die Obrigkeit und Men-
fchenliebe ohne Anfehen der Religion verpflichtet
haben fol. Ihre ältefte Conftitution ift aus ber
gu zwifchen 1429—1445. Nach einem langen
erfalle im Reformationsjahrhundert hat das 17.
und 18. Jahrhundert die alte Bereinigung wieder
—— ſedoch jetzt allmählich als eine freie Ver⸗
rüderung nicht mehr einer Handwerlsgilde, fon:
bern von Menſchen aus allen Ständen, welde
durd das Band der Nächſtenliebe und derjenigen
Religion, welde allen Renſchen gemeinjam tft,
zufammengehalten wird, Die alten Statuten aber
blieben fortbeftehen. Am Johannistage 1717 con:
ftituirte fi) die große Loge zu London, melde
bald das Haupt einer großen Verbindung von
Menſchen von den niedrigiten bis zu den hoͤchſten
Ständen wurde. Bon England breitete fid bie
Gemeinschaft aus über Frankreich, wo 1725 bie
Freitag
erfte große Loge eröffnet wurde, in Irland
1731, in Schottland und Schweden 1736. In
Frankreich fuchte man die geſchichtliche Berbin-
dung mit dem Johanniter: und Templerorden ber:
uftellen, wodurch dem Bereine der Stempel eines
dens aufgeprägt wurde. 1773 wurbe der Grand
Orient de France gegründet und von der Zeit an
erieth der Drden immer mehr im den wunder:
ihften Myfticismus. In Deutichland wurde bie
erite Loge 1733 zu Hamburg, 1738 in Braunfchmweig,
1739 in Dresden, 1740 in Berlin die große könig⸗
fihe Mutterloge zu den drei Weltkugeln, —
durch Friedrich d. Gr. gehoben wurde, 1742 die
Loge zu Frankfurt u. a. m. gegründet. Das fran:
oſiſche Ordensſyſtem fand durch Freiheren von
undt u. 9. aud in Deutfchland Einfluß (Maurer
von ftrieter Obfervanz) und zwar mit feinem ganzen
myftifhen Unweſen, und brachte durch das Eindrin-
en vieler Betrüger mehrfache Unordnung in das
een Dazu entftanden eine Reihe
neuer Orben, wie die aſiatiſchen Brüder, die Roſen⸗
kreuzer, bie Kreuzbrüder, welche ſich zum Theil feind⸗
ih befämpften. Reformen verfudhten die „große
Landesloge von Deutſchland“ (1770) in Berlin
und der „elleftiihe Bund“ (1783), welcher legtere
immer mehr das Princip der reinen Qumanität
im Bunde zur ausſchließlichen Geltung zu bringen
ſuchte und endlich aud durch Aufnahme von Ju:
den bie Schranfen der Religion durchbrach. Als
politifch und religiös gefährlic wurde der Orden
öfterd verfolgt; fo in Frankreih 1737, in
Schweden 1738, in Spanien und Portugal durch
die Inquifition. 1738 belegte Clemens XI. den
Drden mit dem Bann; 1865 erneuerte Pius IX.
die Verdammung. Aud Deren Wings
—— für die Geiſtlichen ein bot der
Theilnahme („die Freimaurerei und das evange⸗
liſche Pfarramt“ 1851). Der Orden hat eine ziem:
id weite Verbreitung. Man zählt über 3000
Logen, die hauptſächlich auf Deutfchland, Frank:
reih, England und Rordamerifa vertheilt find.
Vgl. Leffing, Ernſt und Fall, 1778. Kraufe, die
drei ältejten Urkunden der Freimaurerbrüderjchaft,
1810 u. ö. Kloß, die Freimaurerei in ihrer wah—
ten Bedeutung, 1845. Gefchichte der Fr. in Eng:
land, Irland und Schottland, 1847. Gedichte
der Fr. in Frankreich, 1852—53. Allg. Handbud)
der Freimaurerei, 1863—67. Beſonders aud) der
Artikel „Freimaurer“ von Steig in ber Herzog:
Iden Realencyklopäbdie.
greifädte,. S. Aſyl.
reitag. ©. Falten. Er ift der geheiligte Tag
der Muhamedaner (Dſchuma).
271
Friebe
1742 wieder in Gießen, 'jeit 1743 bg ae 1743
Senior in Frankfurt. In praktiſcher Rechtgläu-
bigleit widerftand er dennoch den Herrnhutern
und Reformirten. Sein Beidht: und Communion:
buch wird noch gebraudt. Vgl. Zappenberg, Re:
liquien, 1847.
reunde. ©. Quäker.
reundſchaft ift die von aller Beimifchung der
geſchlechtlichen freie, perfönliche Liebe, welde in
natürlicher Gemüthäverwandtidhaft oder in zur
Gemeinichaft führenden jocialen Berbättniffen
murzelt. Ihr nähert 19 bie auf natürlicher Bafis
ruhenbe Liebe, Geſchlechts- und Berwandtenliebe,
um fo mehr, je mehr fie ſich heiligt und vollendet.
Freundſchaftsinſeln. Die Miſſion wurde dort
1797 von der Londoner Geſellſchaft begonnen,
aber 1799 aufgegeben. Seit 1822 wirken auf
Tonga mit Erfolg die Methopiften.
Freya. In der nordiſchen Mythologie die Göt:
tin der Liebe, oft verwedhjelt, auch in den Mythen
wird damit bie Gemahlin Odins, Frigg, die Göt-
tin der Ehe.
Freylinghaufen, Johann Anaftafius. Einer der
bedeutenditen Närner aus der Barden Schule,
wurde geb. am 2. Dec. 1760 in Gan —— im
Wolfenbüttelſchen, als Sohn eines Kaufmanns.
Ein Beſuch bei Francke in Erfurt von Jena aus,
wo er ſtudirte, beſtimmte ihn, ſich dem Letzteren
anzuſchließen und mit ihm 1691 nad Halle über:
ir Er trat mit yrande in die innigfte Ver-
bindung, zuerft als Schüler, dann als Mitarbeiter
und jeit 1715 ald Schwiegerfohn, wurde nad) deffen
Tode (1727) fein Nachfolger im Pfarramte zu Et.
Ulrich und ftarb als Director der Francke'ſchen An-
ftalten am 12, Febr. 1739, Seine Hervorragendite
Begabung war fein Dichtertalent; eine Menge
Lieder von ihm, wie „Wer ift wohl wie du“, „Je:
ah ift mein Hirt und Hüter,” find in die Gefang:
licher ee ge Außer ben eigenen Liedern
P er auch 1704 und 1713 das Haller Gejang:
ch heraus, verbunden mit einem mufitalifchen
Theile, von dem Fr. felbft Manches bearbeitet
hatte. In der „Srundlegung der Theologie“ 1703
hat Fr. das erſte Lehrbuch für höhere Lehranftal:
ten geihaffen (kürzer ald: Kurzer Begriff der
anzen chriftlihen Lehre”). Außerdem find nod
ußpredigten (1734) und Cajualreden von ihm
erjhienen. Bol. Freylinghaufens Ehrengedächtniß
1740; Wetel, Lebensbejchr. der berühmteften Lie:
derdichter, II; Koch, Gejhichte des Kirchenliedes.
Fridolin, der Heilige, aus Schottland, kam un⸗
ter Chlodwig nad) Gallien und nad) der Schweiz
und gründete auf einer Rheininjel dad dem heil.
Fremde, die unter den Jiraeliten ſich aufgiel: | Hilarius gewidmete Klofter Sädingen. Sein Leben
ten, wurden als der Hülfe bebürftig angejehen,
| föprieb nach älteren Quellen ein Mönd Walter
2, u 22, 21; 3. Moj. 19, 10. 33; er. 7,6; /um 1000. Nettberg hält bie —— ältere
5. Mo}. 14, 28; fie hatten vor Gericht gleiches
Recht, 2. Mof. 12, 49; 4. Mof. 35, 15, ——
dagegen auch feinen Anſtoß geben, 3. Moſ. 17, 15
und 5. Moſ. 14, 21. Zins von ihnen zu nehmen,
war erlaubt. Ließen fie fich beſchneiden, jo konn:
ten ihre Nachkommen das Bürgerrecht befommen,
5. Mof. 23, 1. 7. Der Fremdenhaß ift Refultat
der jpäteren Gejchichte,
Srefenins, der Oberhofprediger in den „Be:
tenntniffen einer jhönen Seele“, war geb. 22. Oct.
1705 zu Obermwiejen bei Kreuznach, wurde dort
1717 Nachfolger feines Vaters, 1784 Yurapre:
diger in Gießen, 1736 Hofdiafonus in Darmitadt,
Quelle für Erdichtung; dagegen ift Gerbert, Hist.
Silvae nigrae, und Hefele, Geſchichte der Einfüh:
rung des Chriſtenthums im ſüdweſtlichen Deutſch⸗
fand, 1837.
Friede iſt ver Zuftand der Einheit mit fich ſelbſt.
Da die Urſache des Unfriedens die Nichtüberein:
ftimmung des Lebens mit dem fittlihen Bewußt⸗
jein, deö von der Sinnlichkeit regierten Handelns
mit dem Gewiſſen, d. h. die Sünde, ift, jo entfteht
der Friede nur aus dem Bewußtſein eines fittlich
volllommenen Lebens (aus der „Gerechtigfeit“).
Da diejes leptere aber für und Menjchen erfah:
rungsmäßigeinunerreichbares Ziel bleibt, jo ſcheint
Friedensluß
auch der Friede ein unerreichbarer Zuſtand. Die
Löoſung der Frage, wie der Friede zu erringen ſei,
ift eigentlich das Räthjel, welches zu Löfen die Auf: | CH
dar aller Religionen und Bhilofophien war. Das | an
riftentHum hat diefe Frage gelöft vom Berhält:
e des Menjchen zu Gott aud. Dadurch, daß der
Menfch mit — = wird, fteht er zugleich auch
in Ueberei mit ſich ſelbſt. Denn ein
lebendiges —* zu Gott, ſofern dieſes ein
richtiges ift, ift zugleich ein Mebergreifen bes fit:
lichen Bewußtjeins über den gefammten Umkreis
der menſchlichen Lebenäthätigteit, und wenn dieſe
auch noch nit in allen Einzelheiten fittlih voll:
ft, ſo iſt ſie w grundſätzlich bereits
in Uebereinſtimmung mit jenem, und wird ſich, je
inniger das Verhältniß zu Gott wird, defto mehr
auch wirklich vollziehen. Jeber Moment der Ein
bei mit Gott ift ein Moment der Einheit mit fi | dä
elbft, ein Moment ber inneren Befriedigung.
—* nun aber die Einheit mit Gott — iu
deſto volllommener wird auch der Friede fein.
aber eine wirkliche a nur durch bie Bermitt-
Fr Chriſti vollzieht, ift der Friede auch ein Werk| des
Ehrifti. Bon diefem —3 — aus erflären
ch bie Stellen bed Neuen Teſtaments über ben
L. 2uc. 2, 11; num. 61.3; 3a: | Det
14, 27; 5 Mare. 5, 34;
Friedenstuß. Als Zei * 4 en Liebe
und ber volllommenen wurde er bei
ber —— im m Dein v o * im Abendlande
nad ber Eon eilt, auch bei anbern
ficchlichen en. Seitdem 13. * rhundert
iſt er nur noch bei
ae Sen el. In
Eonventiteln hat er mit und ohne Grund zu ben-
felben Vorwürfen Anlaß gegeben wie in ber Urzeit
der — airch
ch
Shake
IL Tender von Heffen:Kafiel 1760
— a. 1720 er fürftlihen Convertiten
* Sc hunderts. Seinen Uebertritt 1749
ahre vor ſeinem Vater und
te u. es ie von bemfelben erri
—— — die Religionsverfafſun
Landes ſicherte. Seine Gemahlin trennte
— in Folg
e der nei sera ern
Er ift bekannt durch feinen Solbatenhandel mit
land zum norbamerifanijchen Kriege.
4 IIL, der Weiſe. Kurfürft von Sadjen | w
u 169. Geb. 1463, machte er 1493 eine Wall:
fahrt nad) Baläftina, führte 1496 das Reichävica-
riat, 1500 bad ran wg und lehnte nach
Maximilians I, Tode bie Aa Fe up eab. Er
befhügte Luther anfangs nicht dus ger Ueber:
‚ Jonbern aus Politik, aus Rüd —
tät, dann aus Gerechtigkeit un
furdht vor der heil. Schrift. = an nicht ein
geneigt, ließ er ” gefchehen. Vor ſeinem Tode aber
anpfing er noch das Abendmahl unter beiberlei
riedrich III. Geb. 1515. Pfalzgraf von Sim⸗
mern 1557, Kurfürft von ber Pfalz 1559—1576.
—— erzogen, erklärte er ſich 1537 für bie
Evangeliichen, trat 1560 nad) dem Religions:
geipräd) zu Heidelberg der reformirten Kirche (nad)
dem Gutachten Melandithons) bei. Durch Dievia-
nus und Urfinus ließ er zur Befeftigung feiner
Reformen den Heibelberger Katechismus ausarbei:
ten und vertheidigte — auf dem Geſpräch
zu Maulbronn 1564 und auf dem Reichstage zu
272
Friesland
Augsburg 1566. Den Hugenotten fanbte er 1567
feinen Sohn ons Caftmir, den Rieberländern
b(+1 Ife. + 26. Dct. 1576, ein
annt frommer a Sein Sohn und Rad:
fol — —X war lutherifch geblieben.
Au uf, ehe von Sachſen 1694
— trat 1697 bei ſeinem Vetter, Bi⸗
ſchof Chriſtoph von Raab, zur ra Ar
‚um König von Bolen zu werben (A
1697 und 1699 garantirte er den Sachſen bie *
rechthaltung der lutheriſchen Religion. Der Kur⸗
— ms, enge ——— —— zu Bo⸗
a um heimlichen
ber 1717 veröffentlicht murbe. en
ries, Jakob Friedrich. Pens. Geb. am 23.
Auguft 1778 zu Barby, Profefior zu Jena, mo er
or der philoſophiſchen Brofeffur, weil politiſch ver⸗
Hin, — wurde, dann in Heidelberg an sie:
* 10 843. Er hat die Be de der art
mit Das * * bie ce F Bm
e giond ophie eine e
ewonnen. Das ni e Her Gegenftand
iffens, das Weberimnfihe -. bed
Glaubens, die Ahnung ift das Organ es
mit dem er bad Ueberfinnliche erlennt. — *
e * die Friesſchen Ideen für die theologiſche
atik verwerthet. Von ſeinen Schriften
mg nennen: Philoſ. Rechtslehre, 1803; Neue oder
ropol. Kritif der Bernunft, 1807; Syftem der
hyfit, 1824 ; Geſchichte der Hilofophie, 1837
—40. ulär find: ulius und Evagoras oder ,
bie Schönheit ber Seele; die Lehren der Liebe, des
Glaubens und der Hoffnung, 1823. Bgl. Hente,
Jak. Fr. Fries, 1867, eine Diogenpiir, bie das
reiche edle Geiftesleben und bie große Wirkſamkeit
bes ka wor in anregendfter Weife zur An:
——
and. Die Belehrun a F.s ging Hand in
F mit der Eroberung des Landes durch die
anken. Den erſten Fränfifchen Mifftonären Aman:
dus 626 und Eligius Wul 641 folgten bie
elſachſen Wilfrid 677, —— Willibrord (7
7 eftigt wurden die kirchlichen Einrichtun:
gen durch Gregor von eg ne dh und Liud⸗
der. Die freie bi erlihe Berfaffung Außerte auch
ihren —* auf das kirchliche Leben; Cölibat
air: Be nten find niemals in durchgeführt “
en reformatorijchen Bew Er ind
— ließ Graf Edzard freien La Php
Brun prebigte zu Aurich, Joh. Stevens zu Norden,
Jörgen von der Düre zu Emden; erft Enno ſchritt
gen den ftand ber Katholiten thätlich ein.
Dia auch Karlſtadt ſich nach F. gewendet hatte,
Wiedertaͤufer, Zwinglianer und Lutheraner neben
«| und gegen einander ftanden, fuchte er 1529 durch
eine Meßensrbnung, welche die Bremer Prediger
Tilemann und Belt nad) den Marburger Artifeln
verfaßt hatten, die Einigkeit ber Kirche herzu ellen,
und die zeitweilige Unterordnung unter ben Herzog
von Geldern —* * —— * 5 der her
bur n Confeſſion und dem Lut um feitz
ob reformirte unterbrüdie —2
erhob ſich um ſo mehr, als Joh. a Laſco 1540 vonder
Gräfin Anna zum General uperintendenteiernannt
wurde und feine Kirchenordnung einführte. Auch
defien Verbannung und das D tiriefifche Interim
fonnten um fo weniger den Aufjchwung bes refor:
mirten Weſens hindern, als dafjelbe an ben eng:
lichen und franzöfifhen Flüchtlingen immer neue
Frith
Stützen fand. Die Synode 1571 iſt für die refor-
mirte Kirche Deutjchlands entjcheidend gemejen.
Frith, Johann. Der Mitarbeiter Tyndals an
der englifchen Bibelüberfegung, mar er ald Mit:
ied des Chrift:Churd):Eollege jeiner evangelijchen
finnung wegen gefangen gehalten, hatte ſich
darauf nad Antwerpen zu Tyndal begeben, wurde
bei feiner Rücklehr verhaftet und 1533 in London
verbrannt.
Sritigern (Fridigern). Der König ber Gothen,
unter welchen dDiefelbendenArianismusannahınen.
Sritigild. Eine Königin der Marfomannen,
welche auf ihre Bitten von Ambrofius einen für fie
le Katechismus erhielt.
Fritzlar. Kloſter und Schule (Abt Sturm) grün:
dete Bonifacius 732. Das Bisthum Buraburg
murde 786 hierher verlegt und Abts⸗ und Biſchofs⸗
würde verbunden. Nach der Gründung von Pa:
berborn wurbe der Sprengel von F. mit Mainz
vereinigt.
Fritzſche, D. Chriftian. Geb. 1776 zu Nauen:
dorf. 1799 Pfarrer in Steinbach, 1809 Super:
intendent in Halle, 1827 Brofefjor der Theologie,
emeritirt 1848. + 1850.
Fritzſche, Karl Friedrich Auguft, Sohn des
Borigen. Geb. am 16. December 1801 zu Stein:
habilitirte ſich 1823 in Leipzig. Vespertiner:
pr iger und a. o. Brofeffor dajelbft jeit 1825, ging
er 1826 al3 o. Profefjor der Theologie nad) Rojtod
und in Folge von Zerwürfniffen in der Facultät
1841 nad) Gießen. 1846. Da er feiner Richtung
nad) Rationalift war, fo forderte feine Eregeje als
Grundlage der Auslegung die Anerkennung ber
Grammatik und förberten feine Commentare
beionders das ſprachliche Berftändniß: Er fchrieb
GCommentare über Matthäus, Marcud und den
Römerbrief (gegen Tholud), außerdem viele Streit:
Ihriften und Programme.
Frömmigkeit. Die im Menfchen ald Anlage lie⸗
gende Religion (im fubjectiven Sinne), zur Tugend
entwickelt, ift Frömmigkeit. Religiös im weiteften
Einne ift jeder Menſch, infofern als die Religion ald
Anlage angeboren ift; wennnun aber dieſe Anlage
— einer gewiſſen Feſtigkeit ausgebildet wird,
ß fie zu einem habituellen, lebendigen Zuſtand
wird, und alle Lebensäußerungen des Menſchen
die Beftimmtheit dieſes Zuftandes an ſich tragen,
ſo ift daraus die Frömmigkeit geworben. Sie ver:
hält fi) zum religiöfen Bemwußtjein wie etwa bie
Tugend der Gerechtigkeit zum Rechtsbewußtſein.
Sie ift nicht ausſchließliche Angelegenheit deö Ge:
fühl3 oder des Verftandes oder der äußerlichen
Angewöhnung, vielmehr ift, wenn eine derartige
Ausfchließlichleitauftritt, eine krankhafte Verirrung
der Frömmigleit eingetreten. Im erſten Falle ent:
ſteht ein myſtiſch⸗quietiſtiſcher Zuſtand, im zweiten
die Abirrung jenes Orthodorismus, deſſen Religion
in dogmatiſchen Formeln aufgeht, und im dritten
iene äußerlihe Frömmigkeit, weldhe mit frommen
Uebungen die nit vorhandene fromme Gefinnung
tu erfegen glaubt. Die Frömmigkeit ift vielmehr
ein Zuftand des gefammten inneren Lebens und
erhält nur in einem richtigen Gleichgewicht ber
Kräfte ihren wahrhaft gefunden Zuftand. Webri-
gend wird fie immer eine individuelle Geftaltung
annehmen, da fie ein Werd der Perſönlichkeit ift,
e wird nicht nur durch Nationalität, Gejchlecht,
ter, Bildung verfchieden aefärbt fein, fondern
auch durch die indivivuelle Art jedes Einzelnen.
213
Fructuoſus
Beſonders hat auch jede Religion ihre eigene Fröm⸗
migleit; ſie iſt verſchieden theils durch den Grad
der Intenſität, theils durch die Qualität. Die
reinſte und zugleich lebendigſte Frömmigkeit hat
das Chriſtenthum erzeugt, obgleich auch hier eine
unendlihe Verſchiedenheit in der Geſchichte zu
Tage getreten ift. Die priftliche Frömmigkeit hat
zu ihrem wejentlihen Gehalte die Beziehung zu
ChHriftus. In der luth. Vibelüberfegung kommt
der Ausdrud in einem weiteren Sinne vor, als in
unferem heutigen Sprachgebrauch. Das Wort
En dort milde, gütig, gerecht, aufrichtig und wirb
ogar auch von Gott — (1. Moſ. 4, 7;
Hiob 8, 20; Pf. 82, 11; 36, 11; Sprchw. 2, 7;
Matth. 9, 13; 23, 28; 28, 21; Job. 7,1; 5. Mof.
32,4; Pj.92,16. Die Ueberfegung von II OH
dixauog u.a.) Das Wort evocdea (1. Tim. 2, 2;
en , en Tim. 3, 12; 11, 10) überjegt Luther Gott:
eligfeit.
Fropnaltar. Der Hauptaltar der Katholischen
Kirchen, weil in ihm der Leib des Herrn, Frohn⸗
leihnam, aufbewahrt wird,
Frohnfaſten. ©. Angariae.
Frohnleichnamsfeſt (Frohn = Herr; Leichnam
— Leib) wird am Donnerftag nad) Trinitatis be:
gangen als das glänzendjte Feſt der Fatholifchen
Rirde. Das Feitritual ift pomphaft und rührt von
Thomas von Aquino her. Zur Feier gehört eine
ir ya außerhalb der Kirche mit dem Benerabile.
ies wird an vier Stationen auf einem Altartifch
niedergefegt, die Anfangsworte der vier Evangelien
und Gebete gelefen und ber Segen ertheilt. Das
Feſt ift —— durch die Bulle Urbans IV.
1264, von Tlemens V. zu Vienne 1311 beſtätigt.
Es gründet ſich auf die Brodverwandlungslehre
und ward zuerſt in der Lütticher Diöceſe durch den
Biſchof Robert und den Legaten Hugo 1247 ge—
—— Eine Viſion der Priorin Juliana ſoll den
nlaß gegeben haben.
Fromm, Andreas. Brobft zu St. Petri in Ber:
(in, wurde er in den ſymboliſchen Streitigkeiten
wegen eined Ausfalls gegen die Regierung ent:
lafjen 1616 und trat zur fatholifchen Kirche über.
Er foll die Lehninſchen Weifjagungen verfaßt
haben. + 1655.
Fromment, Anton, Geb. 1509 oder 10 bei Gre⸗
noble, war er der Gefährte Farels bei deffen Evan:
elifationszügen in der Schweiz. In Genf 1532
ehrte er das Evangelium duch eine franzöſiſche
Schule und mußte nad) einem öffentlichen Auftre:
ten fliehen. Nach ber Flucht des Biſchofs zurüds
efehrt und noch einmal —— er dauernd
eine Predigten unter dem Schute der Berner
Sefandtfchaft 1534 und wurde Pfarrer zu St.
Gervais 1535. Er legte feine Stelle nieder, half
Boniward an feiner Chronik, wurde 1552 Notar
und Mitglied des Raths. 1562 wegen a ua ab»
gejegt, erhielt er 1574 nad) langjährigem Wander:
leben feine Stelle wieder. Sein Hauptwert ift die
on der Reformationsjahre 1532—36 (jehr
elten).
Sronton Te Due (Ducacus). Ein gelehrter Je:
ſuit. Geb. zu Bordeaux 1558. Lehrer der Theolo:
gie und Bibliothelar zu Paris, Hinterließ er brei
ände Gontroverfen gegen Dupleffis über das
Abendmahl. + 1624,
Fructuofus. Bifhof von Tarragona, wurbe
(21. Jan.) 259 unter Valerianus und Gallinus
18
Fructuoſus
= Märtyrer mit feinen beiden Diafonen ver:
rannt.
Fructuoſus. Erzbifchof von Braga um 647, ift
ber Stifter einer ſehr ſtrengen Mönchsregel, welche
ſich durch die unbebingtefte Unterwerfung unter
ben Willen der Obern und ftrengite Yatele aus:
zeichnet,
rühmeßner. Die an manchen Orten übliche
Bezeichnung für Caplan, weil er die der Haupt: oder
Plarrmeffe vorhergehende Meſſe zu leſen hat.
rumentius, ©. Aedeſius.
ty, Elijabeth. Geb. am 21. Mai 1780. + 1865.
Tochter des Gutäbefigerd John Gurney, eines
Duäfers, und verheirathet mit dem Kaufmanne
3D 1810, Ihre werlthätige Armenliebe und ihre
egabung verſchaffte ihr in der Quäfergemeinde die
Stelle ald „Zeuge ded Worts“ und dies gab den
Anlaß zu fpäterm öftern öffentlichen Auftreten
mit Anfprade und Gebet. Als ein Beſuch 1816
im Gefängniß zu Nemgate fie die fchredliche Lage
ber weiblihen Gefangenen hatte erkennen laffen,
wandte fie ſich ganz der Befferung des Gefängniß:
weſens zu, indem fie auf —— Reiſen ſich
an einflußreiche Perſonen und Fürſten wandte,
durch öffentliche Anſprachen Gefängnißvereine
ri dafür Sorge trug, daß die Gefangenen
redigt und Bibel nicht entbehrten und durch Be:
uche in den Gefängniffen unmittelbar auf die
müther zu wirfen Nude Ihre Wirkfamteit er:
—— ſich aber nicht minder auf andere Claſſen
es armen und verwahrloſten Volks. Ihre ſegens⸗
reiche Thätigkeit, die für Viele ein mächtiger An—
trieb geweſen iſt, ſchildert, Leben und Denkwürdig⸗
keiten der Eliſabeth Fry“, Hamb., 2. Ausg. 1851.
Füchſe waren in Paläſtina häufig und werden
ald Verderber der Weinberge genannt Hobel. 2,
15, Als Bild der verfchlagenen liftigen Menfchen
erwähnt fie Luc. 9, 58,
Fünfmeilenacte (1665) war gegen die noncon:
formijtifchen Geiftlichen gerichtet und verbot denen,
welche nicht die nk unterzeichneten,
ſich ihrer früheren Pfarrei oder irgend einer Stadt
auf fünf Meilen zu nahen.
ürbitte, Da in derjelben die reinfte Frömmig-
feit des Glaubens die wahre Liebe zu dem Nädı-
ften aufnimmt, jo ift fie die vollendetfte Darftel:
fung des innern Lebens und die Krone des Gebe:
tes. Ihr höchſtes Beispiel findet fie im hohepriefter:
lihen Gebet Joh. 17. Die Mahnung zur F. durch:
zieht das Baterınfer; fie ift Die Vorausfegung des
chriſtlichen Gemeinſchaftslebens und wejentliches
Moment eines jeden Gemeindegottesdienftes. Die
tatholiihe Lehre von der Fürbitte der Heiligen
und für die Scelen im Fegfeuer wird wegen ihres
Yufammenhanges mit der Lehre vom Ablaß und
deshalb wegen ihrer Unvereinbarkeit mit der
Nechtſertigungslehre verworfen,
Fürſibiſchof. Ein Ehrenrang, den einige Bifchöfe
(Breslau, Sedau, Gurf, Lavant, Laibach, Brixen
und Trient) haben, Im deutſchen Reiche hatie jeder
Biſchof Fürjtenrang.
Bürflenberg, Wilhelm Egon. Biſchof von Straß:
burg, befannt wegen jeiner franzöſiſchen Gejin:
nung. Zum Goabjutor und hierauf zum Er;bifchof
von Köln erwählt, jtarb ex, noch che er das Amt
antrat, 1688.
Fürflenberg, Theodor von, Biſchof von Pader:
Lorn 1585— 1618. Durch feine jeſuitiſchen Bemü—
ungen in der Zeit der Gegenreformation belannt.
274
Fulgentius von Rufpe
Füßli, Johann Konrad. Kirchenhiſtoriker. Geb,
1707 zu Züri, Pfarrer in Veltheim, Canton Zü:
rich. + in Winterthur 1775. Er — Neue un:
parieliihe Kirchen: und Kegerhiftorie (11. bis 13.
Jahrh.), 1770; Beiträge zur Kirchenreformations:
geihichte der Schweiz, 1741,
Sulbert von Ghartred, „Der Sofrates der
Franken.“ Ein berühmter Lehrer an der von ihm
990 geftifteten Schule von Chartres, der er aud
als Biſchof 1007 feine Lehrthätigkeit nicht ent:
zog. Er ftarb 1029 und ift heilig gefproden,
Einer feiner Schüler war Berengar von Tours,
Ihm wird das Gebet: Sancta Maria succurre
miseris zugeſchrieben. Seine Werke, Predigten,
Hymnen, Briefe, Barid 1565. Die Ausgabe von
1608 ift nicht immer zuverläffig.
Fulcher von Chartred, Caplan bei Balduin von
Jeruſalem, ſchrieb er eine Geſchichte der Kreuzzüge
bis 1127,
Fulto. Einer der ausgezeichnetſten geiftfigen
Volksredner des Mittelalters, Caplan zu Neuilly,
2 er in reiferem Alter früher Verfäumtes
nachholen, indem er den gelehrten Borlefungen in
Baris beimohnte. Als 1192 feine Rednergabe durch
die Wirkung einer Predigt in Paris ſich bewährt
hatte, durchzog er zwei Jahre ald Voll3: und Buß:
prediger Frantreich. 1198 übernahm er den Auf:
trag von Innocenz III, das Kreuz zu prebigen,
und bewog nad) feiner eigenen Angabe 200,000
Menſchen, unter ihnen die Grafen Montfort und
Balduin von Flandern, das Kreuz zu nehmen.
Nah Neuilly zurückgekehrt, ftarb er 1202,
Fulda. Das Klojter wurde von Bonifarius durch
feinen Schüler Sturm geftiftet 744, der auch zuerft
die Abtswürde bekleidete (+ 779). Den Grund und
Boden hat Karlmann geſchenlt, Schenkungen fei:
ner Nachfolger vermehrten den Befig. Der Papft
erimirte 1751 die Abtei. F. wurde der Ausgangs:
punft der Gultur für das mittlere Deutſchland,
aud) der wiffenfchaftlihen Bildung durch die Klo⸗
ſterſchule, welche ihre größte Blüthe unter Rhaba—
nus Maurus hatte. Die Abtei bewahrte ihren
Reihthum und blieb ftark genug, 1331 einen Ans
griff der Bürger von Fulda gg ln ie 1513
wurde Hersfeld mit F. vereinigt. Die Reformation
bedrängte 1542 den Abt Johannes, aber defio
energijcher trat eine Gegenreformation auf unter
Balthafar 1573. Im dreißigjährigen Kriege hatte
Hefjen eine Zeitlang 5 als ſchwediſches Lehen.
1732 erhub Benedict XIV, die Abtei zum Bisthum;
als ſolches gehört es jet zur oberrheinifchen Kir:
denprovinz. Der weltliche Befig fiel 1803 an den
Prinzen von Oranien, 1809 an Frankfurt, 1815
an Helfen und mit diefem 1566 an Preußen.
Fulgentius Ferrandus, Ein Diakonus zu Kar:
thago, der, mit Fulgentius von Ruſpe verbannt,
in Cagliari im Kloſter des heil. Saturninus lebte,
bis er 523 nad) Karthago zurüdtehrte, Im Drei:
capiteljtreit ſprach er fi) in einem Gutachten 546
jehr entfchieden gegen die Annahme des Zaiferlichen
Erictes aus, Außerdem ift feine Breviatio canon.
eccles., eine Bufanmenftelung von Synodal:
beſchlüfſen, wichtig und eine ethiſche Schrift: De
septem innocentiae regulis. 5
Fulgentius von Ruſpe. Geb, 478 zu Telepte.
Ein berühmter firhliger Scriftfteller des b. Jalt-
hunderts und u des Augufiinismus,
Schrieb De veritate praedestinationis gegen Jan
ituß und verfaßte andere meift nur in Ftagmenteß
Fullo 275 Gabler
erhaltene Schriften gegen Sentipelagianer und |ner 1555, lud auch troß eines MWiderrujs früherer
Arianer. In den Stürmen der damaligen nords | Zehrmeife den Vorwurf des Philippismus auf ſich.
afrikaniſchen Kirche unter den Vandalen brachte er | Zum herzoglichen Rath und Schagmeifter der Her:
den größten Theil feines Lebens auf Reifen und | zogin neben feinem Pfarramt erhoben, wurde er
in der Verbannung zu. Auf Sardinien gründete | 1566 bei einer polniſch-oberlehnsherrlichen Com:
er nach Auguftins fe el ein Klofter. Seit 504 | miffion des Landesverrathes und der Ketzerei ans
Bifchof von Rufpe, Fern yet im bortigen Klojter 533. | geflagt, zum Tode verurtheilt und enthauptet,
ullo, Petrus. Der Walter (fullo) von feinem * Gottes. S. Gottesfurcht.
Gewerbe im Kloſter genannt. Ein Anhänger des urſeus, aus Irland, ſtiftete dort ein Kloſter,
Eutyches, als Unruheſtifter aus mehreren Klöftern | danach in Oſtangeln die Abtei Knobbersburg um
verbannt, ſchwang er fid) durch die Gunft Zeno's, 630, die er feinem Bruder überließ, um ſich in bie
bes Schwiegerjohnes des Kaiferd Leo, auf den | Einöde zurüdzuziehen. Während der Berfolgungen
Batriarpenftul zu Alerandrien 471. Er erffärte | Penda's, des Königs von Mercien, 109 er
fih für den Monophyjitismus und führte das Frankreich und gründete das Klofter Lagny.
Schibboleth deſſelben: Beds 6 araupweis di’ yuäg, | 6hv oder 54. Don ihm werden Bifionen bei ben
„Gott für uns gekreuzigt,“ in die Liturgie ein. | Bollandiften erzählt.
Bon einer Synode abgejegt und verbannt, wurde | Fußluß. Eine vom Papfte in Anſpruch genom:
mene Ehrenbezeugung, welde als Adoration bei
der Huldigungsfeier von den Cardinälen dreimal
wiederholt wird und fonft bei feierlihen Audienzen
ftattfindet. Das auf dem Pantoffel eingeftidte
Kreuz am rechten Fuße des figenden Papſtes wirb
gefüßt ald Zeichen der Unterwürfigkeit. Die ver:
änderte Zeit hat die Forderung diejer Ehrenbezeu:
— durch ſouveräne Fürſten hinfällig
gemacht.
Fußringe aus Metall und Horn trugen die He⸗
bräerinnen als Schmud, zuweilen mit Kettchen
verbunden, Jeſ. 3, 18. 19. Beim Gehen mußien
ſie ein Geklingel erregen.
Fußwaſchen gehört bei dem Gebrauch der San:
balen zur nothiwendigen Reinlichfeit und war daher
erſte Bu der Gajtlichleit, Luc. 7, 44.
Fußwaſcher. Eine Partei der Mennoniten, welche
die Fußwaſchung, Joh. 13, 14; 1. Tim. 5, 10,
als ein von Chriſtus befohlene® Sacrament bei:
behielten.
Fußwaſchung am grünen Donnerflag. Bon ber
buchjtäblihen Anwendung des Gebotes Joh. 18,
14 in der alten Kirche finden fich deutliche Spuren
bei Auguftin und der Synode von Toledo 694,
In ber römischen und griehifchen Kirche, mo die
F. früher als Sacrament galt, findet fih am Hofe
des Papſtes, einiger Fürften und Bifhöfe und in
den griechiſchen Klöftern die Sitte, dag am grünen
Donnerftag der Popſt, der Fürſt oder der Abt zwölf
armen Greifen unter beitimmtem Geremoniel die
Füße wäſcht. Bei den Herrnhutern ift die F. als
„teine Taufe“ ein nicht gebotener Gebraud).
er nad) den Schwankungen am Kaiferhofe zurüd:
berufen, wieder verbannt und ftarb 486 im Bejig
des Patriarchats.
Yundamentalartifel des Glaubens find biejeni-
en Süße der chriſtlichen Lehre, durch deren Feſt—
an oder Leugnen das Ergreifen bes Heiles be:
dingt ift; weiter in Beziehung auf andere Religio:
nen und Gonfeffionen die wejentlihen Unterſchei—
dungslehren des Chriſtenthums oder der Confeſſion,
welche, wenn fie nicht als zur Seligkeit nöthig er:
ſchienen, feine Trennung verurſacht haben würden.
An der Leugnung bes Sundamentaien entſcheidet
fih das Häretiſche. Der Begriff ift im polemiſchen
Interefje von Hunnius im die Theologie eingeführt
und von Duenftäbt ausgebildet. In der neuern
eit ift er lebhaft erörtert in Beranlaffung der
liner Generalfynode und beö von derjelben
vorgefhlagenen Drdinationdformulared. An ber
Deftitellung beffen, was für fundamental zu achten,
—— die Erledigung aller unſerer kirchlichen Zeit:
agen über Union und Lehrfreiheit. Die Einigung
ift aber noch nicht bis zu dem allgemeinen Zuge:
ftändnifje vorgefhritten, daß fundamentale und
u fundamentale Glaubensartifel zu unterfcheis
eien.
Fundatio beneſflell. Gründung eines Bene⸗
ficiums (f. d. A.).
gun, Johann. Der Schwiegerfohn Oftanders,
war wegen des Interims in Nürnberg entlaffen
und Hofprediger bei Albrecht von Preußen gewor⸗
den. Als das Haupt der Oſiandriſten betrieb er bei
dem Herzogdie Gewaltthätigfeit gegen die Luthera⸗
6.
Se S. übrigens Geiftesgabe und Ebenbild
ottes.
Gabinius. NRömifcher Feldherr unter Pompejus,
Goa, Berg in Paläftina unmeit Thimnath:
u 0. 24, 30; Richt. 2, 9; vgl. 2. Sam.
Gabaa. S. Gibea. * nach der Eroberung Jeruſalems als Bros
Gabaon, ©. Gibeon. eurator Paläftina verwaltete, die neue politiiche
Gabathon. S. Gibbethon. Eintheilung des Landes einridtete, 53 Alerander,
Gabe, übernatürlidye, (donum)ift nad) der fa: | den Sohn des Ariſtobulus, am Tabor bejiegte
tholiſchen Dogmatif die Auszeihnung, welcher fich | und die Städte Samaria (Gabiniopolis) und Asdod
Adam vor dem Falle erfreute und wodurd) er ſich wieder erbaute,
von andern Menſchen unterjcheidet, da er nam-⸗ Gabler, Johann Philipp. Bebeutender Gelehrs
lich volllommen Gott wohlgefällig, in die Theil | ter — Richtung. Ebe. am 4. Juni
nahme an ber göttlichen Natur verſetzt war. In | 1753 zu Frankfurt a. Vi., ftudirte er in Jena un:
diejer Auffaffung begründet fi der tiefgehende | ter Griesbach. 1785 Profeffor der Theologie au
Unterſchied der protejtantijhen und fatholifchen | Altdorf, vorher zu Frankfurt a. * 1778, in
Gabriel
Göttingen 1780, am Gymnafium zu Dortmund
1783, 1804 nah Jena berufen, + 1826. Er
bearbeitete Eihhorns Urgeſchichte, gab nadeinan:
ber mehrere Zeitichriften heraus: „Neueites theol.
Journal,” 1798—1800; „Journal für theol, Lite:
ratur,“ 1801—1804; „Zournal für auserlejene
theol. Literatur,” 1805—1811, deren Inhalt na=
mentlih die exegetiſche und Fritifhe Theologie
betrifft. Eine Ausmahl — Abhandlungen iſt zu
Ulm 1831 erſchienen. Vgl. Schröter, Erinnerun⸗
gen an Gabler, 1827.
Gabriel, der Erzengel ð&r — Mann Got:
tes). Nach Dan. 8, 16; 9, 21 legt er dem Daniel
das Gefiht vom Widder aus und theilt ihrı die
MWeiffagung von den 70 Wochen mit. Luc. 1, 19
verfündigt er die Geburt Jeſu. Sn der ausgebil-
betern Engellehre der Rabbinen und Apofryphen
nimmt er ftetS unter den Engeln eine hervor:
ragende Stelle ein. Vgl. ©. 2. Hahn, Theol. des
N. T., Leipzig 1854, I, ©. 286 ff.
Gad. 1) Stamm Iſraels, der —— ea erg ei
den ten Sohn Jalob3 von der Silpah (1. Mof
30, 9 ff.) zurüdführte und, als ftreitbar gerühmt,
fi unter Jephtha gegen Ammoniter und Ephrai-
miter, jpäter auch gegen andere Nachbarn be:
See Nach 1. Mo). 46, 16 zerfiel er in fieben
Geſchlechter, während 1. Chron. 5, 11 deren vier
und zwar unter ganz verfchiedenem Namen auf:
eführt werden. Sein Wohnfig war längs des
ordan an deſſen Dftfeite. Unter Phul wurden
die Gaditer nad) Aſſyrien geführt, 2. Kön. 15, 29.
— 2) Ein Prophet zur Zeit Davids, 1. Sam. 22,
5; 2. Sam. 24,11. — 3) Eine haldäifche Gott:
Kir — identiſch mit dem Planeten Jupiter,
e 11
Gadara. Hauptſtadt von Peräa ſüdlich vom
Hieromaz, an der Strafe nad) Damaskus, gehörte
zur Delapolis. Bon PBonipejus wiederhergeftellt,
von Auguftus dem Herodes gejhentt, am fie nad)
deſſen Tode zu Syrien. Später war es ein dhrift:
licher — Die Lesart bei Mare. 5, 1; Zur.
8, 26; Diatth. 8, 23 ift nicht ficher.
Gadda. ©. Hazar:Gabba.
Gärten waren bei den Sraeliten fehr beliebt
und wurden auch von Bürgern bei ihren Häufern
angelegt; innerhalb Jerufalems waren fie fpäter
unterfagt und fanden ſich nur vor den Thoren.
Erwähnt werden Parke und große Luftgärten mit
Balfins — Baden Suſ. 15, mit Familiengrüf—⸗
ten 2. Kön. 21, 18; Matth. 27, 60, auch mit
Stätten heidniſchen Cultus Jeſ. 1, 29; 57,5.
Gajaner, Julianiſten, apdaprodoräjrea, eine
monophyſitiſche Partei, lehrten die Unvergänglich—
keit des Leibes Chriſti vor der Auferſtehung.
Gajus. S. Cajus.
Galaterbrief. Wahrſcheinlich von dem längern
Aufenthalte des Apoſtels Paulus zu Epheſus aus,
etwa 56, an die galatiſchen Gemeinden (ſ. d. folg.
Art.)gejchrieben. Judaiſtiſcherehrerwaren nach dem
erjten Weggange des Apoſtels in die galatifchen Ge:
meinden eingedrungen ; fielehrten die Nothwendig:
feit der Beichneidung (Cap.5—6, 12 ff.) und rich⸗
teten ihre Angriffe namentlid) gegen die apoftolifcye
Autorität des Paulus (Cap. 1). Dies veranlafte
P. zu dem Briefe, defjen Inhalt in zwei Theile
zerfällt: 1) den dogmatifchen, die Vertheidigung
jeiner apoftolifhen Autorität (1 und 2), die Lehre
von der riftlichen Freiheit, von dem Geſetze, na:
276
| Balens in Galatia prima und secunda ge
Salilei
mentlich aber von der Befhneidung, und 2) den
ermahnenden, der zur Bewahrung der hriftlichen
Freiheit ermuntert und vor ihrem Mißbrauche
warnt (5), dann einige allgemeine Ermahnungen
beifügt und ſchließlich noch einmal die perſönliche
Angelegenheit berührt (6). Der Schriftbeweis für
feine Lehre ift zum Theil nach rabbinijcher Theologie
geformt. Die Bereinbarkeit der geſchichtlichen Roti-
zen aus jeinem Leben mit denen der Apoftelgefchichte
e ein noch nicht einftimmig gelöftes Problem. Die
chtheit des Briefes ſelbſt ift unbejtritten. Bal.
bie Commentare ym N.T., ferner die befonderen
von Winer, ed. IV 1859, Flatt (mit dem Epheſer⸗
brief) 1828, Ufteri 1833, Matthiad 1833, Rüdert
1833, Schott 1834, Hilgenfeld 1851, Müller 1853,
Jatho 1856, Wiejeler 1859.
alatien. Eine Landſchaft des mittleren Klein:
afiens, welche von einem eingemanderten germa:
niſchen Stamme bewohnt war, der fogar jeine
eigene Sprache lange beibehalten hatte (Gallo-
gräci). Nach bem Tode des legten Fürften wurde
die Landigaft römifhe Provinz (26) und =
Paulus * ſich hier zweimal aufgehalten, Apſtg.
16, 6; 18, 23, und die Gemeinden geſtiftet, welche
vorherrſchend heidenchriſtlichen Charakter trugen.
Galba, Servius Sulpicius, Römiſcher Kaijer
vom Juni 68 bis Januar 69 n. Chr. ©. Apola-
lypſe.
Vewanum, 2. Moſ. 30, 34; Sir. 24, 11, iſt
das Harz einer in Arabien und Syrien wadjen:
den Staude, welches durch Einfchnitte in die Rinde
erlangt wurde. Mit Balfam, Myrrhengummi und
Weihrauch gemifcht, bildete es das hochheilige
Rauchwerk der Stiftshütte.
Galea. S. Kleider.
Galerius. Mitregent und Schwiegerjohn des
Diocletian. Haupturheber der Chriftenverfolgung
303, nöthigte er ſchon 298 die chriftlichen Soldaten
jeines Heeres zum Opfern, vermochte den Kaifer
bei einer Zufammentunft zu Nitomedien 303 zum
blutigen Einjgreiten und foll nad) Zactant, De
mortibus persecutorum, an derjelben Krankheit
wie Antiochus Epiphanes und Herodes Agrippa
I. 311 geftorben jein.
Galfried von Monmouth war 1152 Bijchof zu
Ajaph. Als er bürgerlicher Unruhen wegen Wales
verlaffen und bei Heinrich II. Aufnahme gefunden
hatte, mußte er auf fein Bisthum verzichten 1175.
Er fhrieb eine Geſchichte der Britten, mehrer:
dogmatifche, eregetifche Schriften, Gedichte u. ſ. w
Galgala. S. Gilgal. j
Galıläa. In vorerilifher Zeit Heißt jo nur ein
Diftrict in Norbpaläjtina, 1. Kön. 9, 11, fpäter
ganz Nordpaläftina diesfeit des Jordan. Es war
getheilt in Ober: und Untergaliläa; jenes wurde
zum Theil von Heiden bewohnt. Die Provinz war
überall gut angebaut und ſtark bevölfert. Ihre
Einwohner wurden aber bei den übrigen Juden
als weniger rein und orthodor veradhtet, Job. 1,
46; 7,52. Galiläa ift vorherrſchend der Schauplaf
des Lebens Jefu. Da die Galiläer freier von
dem jüdischen Satzungsweſen und alfo unbefan-
Eee waren, lonnte er bei ihnen leichtern Zugang
nden.
Galilei. Geb. am 18. Febr. 1564 zu Piſa. 1589
— 91 Profeffor der Mathematik, dann bis 1609
zu Padua und wieder in Pifa, Wegen feiner Ber:
theidigung des kopernilanijchen Syſiems: Dialogo
Galigin
sopra i due massimi si:tcmi del monde Ptole-
maico e Copernicano, 1632 wurde er von der In⸗
quifition verklagt und mußte unter Urban VIII
—— daß die Erbe ſtille ſtehe (E pur si muove).
4
Galitzin, Fürſtin (Amalie von Schmettau).
Geb. 1748. Verheirathete ſich mit dem ruſſiſchen
Geſandten Fürften G. im Haag 1768. Um ſich
ganz der Erziehung ihrer Kinder und der dazu
nöthigen Selbftbildung widmen zu Tönnen, lebte
k getrennt von ihrem Gemahl feit 1779 in Müns
er. Eine Schülerin Diverots und Hemfterhuys’,
wurde fie von Fürſtenberg ber Kirche wieder ge:
wonnen, durch Hamann Schriften völlig umge:
wandelt und war feitdem der Mittelpunlt eines
fein gebildeten, tief hriftlichen Kreifes in Münfter,
von welchem mannigfache Anregung ausgegangen
ift. + 27. April 1806.
Gall, Nikolaus, eigentl. Hahn. Geb. in Köthen
1516. Prediger in Mansfeld und Regensburg,
verwaltete er nach dem fchmalfaldifchen Kriege
Crucigers Amt in Wittenberg, trat da im Streite
egen das Interim auf die Seite des Flacius und
leitete ihn nad) Magdeburg, wo er Prediger
1550 und Superintendent 1552 wurde. Danad)
wieder a in Regenäburg, bewährte er ſich in
den ofiandrifhen und majoriftiichen Händeln
und auf dem Convent zu Frankfurt 1557 als un:
ermüblicher lutheranifder Streittheologe. + 1570.
Gallandi, Andreas. Abt der Congregation bes
Dratoriums in Venedig. + 1779. De vetustis ca-
nonum collectionibussyllage, 1778; Bibliotheca
vett. patrum antiquorum que scriptorum eccl,
1765—88.
Gallen, Sanct. Die Stiftung des heil, Gallus
(f. d. A.) erhob fich unter den Nachfolgern des
erften Abtes Othmar (720— 760) zu großer Blüthe
und zu einem bedeutenden Site der Wiſſenſchaf—
ten. Die Klofterfchule, an der hervorragende Lehrer
wirkten, war viel beſucht und die Klofterbibliothel
fanmelte reiche literarifhe Schäge. Mit dem 11.
Jahrhundert beginnt eine Reihe ftreitbarer, immer
mehr verweltliter Nebte, namentlid) feit der Er:
bebung des Stiftö zur Fürftabtei 1204; es verfiel
nicht Bob das innere Leben, fondern aud) die
äußere Madıt. Das Anwachſen der Stadt St.
Gallen, welche, ſeit 1413 Reichsſtadt, der Eidge:
nofjenfchaft fid, zumandte und 1468 Toggenburg
erwarb, hatte für die Abtei fchwere Folgen. In der
Reformationgzeittraten viele Conventsbrüder aus,
die Treugebliebenen begaben fi) nad Einfiedeln
und erhielten nad) der Schlacht bei Cappel 1531
Klofter und Regierung zurüd. Schon Abt Ulrich
Röſch (+ 1491) hatte die Schule und die Studien
wieder gepfirgt; mehr geſchah dies noch unter
Diethelm Blaarer (+ 1564), Pius Reber (7 1654)
und Göleftin (+ 1696). Aus dem Verhältniß der
reformirten Unterthanen (Toggenburger) zu der
datholiſchen geiftlichen Herrfchait entwidelte ſich
die Toggenburger Fehde, welche mit dem Siege
Berns und Zürichs, d. h. der Toggenburger, en:
digte. In der Revolutionszeit — der letzte Abt
Pancraz Vorſter das Stift trotz feiner Proteſte
und daſſelbe wurde gemäß eines Geſetzes vom 17.
September 1798 aufgehoben. 1823 wurde Et.
Gallen al8 eigenes Bisthum mit Chur vereinigt,
Diefe Verbindung löſte aber 1833 die Regierung,
der Papſt ftimmte zu und 1847 fam die Reorga:
nifation des Bisthums als eines jelbftändigen zu
277
Gallus
Stande, deſſen erfter Bijchof der biöherige apoft.
Vicar J. P. Mirer ward,
Gallitaniſche Liturgie iſt die in der alten frän⸗
liſchen Kirche üblicd) gewefene Liturgie, welche ſchon
unter den Karolingern durch die römifche verdrängt
morben ift. Auf de machte zuerft wieder M. la:
eins aufmerlfam. Sie ift verwandt mit der moza⸗
rabiſchen, wahrſcheinlich einerlei mit dev altbritti-
hen, und foll von Hilarius von Pictavium redigirt
worben fin.
Gallicanismus nennt man das in ber franzd«
Fran Kirche geltende Syftem von Grundfägen
in Bezug aufBerfaffung und das Berhältniß zum
Site Es hat ſich geihicptfig unter Karl dem
Großen und feinen Nachſolgern entwidelt, die in
dem einigen Reiche die Hierarchie nicht ſolche Ans
ſprüche wie in Deutfchland erheben ließen. Aus:
gejproipen in ber pragmatifchen Sanction Ludwigs
1269 und der von Bourges 1438, wenig ge:
mildert Durch das Concordat Franz' I. 1616, find
feine Säße in den vier Propofitionen des franzö—
ſiſchen Klerus 1682 zu Reichsgeſetzen erhoben.
1) Der Papſt hat in weltlihen Dingen fein Recht
über Fürften und Könige ; 2) er ift den Befcplüffen
eined allgemeinen Concils unterworfen; 3) feine
Macht wird beftimmt durch die in Frankreich gel:
tenden Satzungen und Gejege; 4) aud im Glau—⸗
ben ift fein Urtheil nicht unabänderlich. Die orga:
nischen Artikel halten den G. aufrecht, und nad)
dem Eoncordate von 1817 forderte die Regierung
vom Klerus und von den Bifchöfen die Anerken—
nung der Propofitionen von 1682, Unter den lite:
rariſchen Bertheidigern des G. ragen hervor Boſſuet
und Pithou, unter den Belämpfern die Jeſuiten
und Bellarmin. Bol. Franz. fath. Kirche.
Gallien. Blühende Gemeinden in Lyon (Zug:
dunum) und Bienne, die mit Kleinafien in regem
177 ftanden, find durch die Verfolgung von
177 (Srenäus) befannt geworden. Unbekannt ift
der fernere Verlauf der Chriftianifirung ; nad) der
Legende bei Gregor von Tours gründeten um 250
fieben Miffionare fieben Bisthümer (Dionyfius
zu Paris). Die einwandernden germaniſchen Volts:
ftämme wurden durch die chriftlichen Bewohner
gewonnen, fo die Burgunder im 5. Jahrhundert,
welche aber durch die arianischen Weitgothen dem
Arianismus zufielen, bis fie unter Sigismund den
Katholicismus annahmen und venfeiien durd)
Chlodwig auf die Franken übertrugen, welde
am längſten dem Chriftenthum mwiderftanden
hatten.
Gallienus, Sohn und Nachfolger des Balerian,
259— 268 römifcher Kaifer, ift durch fein Toleranz:
edict 261 von Wichtigkeit, welches den driftlicden
Gemeinden nicht nur freie Religionsübung, fon:
dern auch den Befik von Immobilien zugeftand
und damit dad Chriftensgum als religio licita
anerfannte,
Gallim (Quellen oder Nuinen). 1. Sam. 25,
44 ; Jeſ. 10, 30. Ein Ort auf der Straße nad) Je:
rujalem im Stamme Benjamin. Nach Eufebius
lag ein gleichnamiger Ort bei Efron.
Gallion, Jun. Annäus, Apftg. 18, 12, Pro:
conful von Ahaja53—54, wurde auf Befehl Nero’s
wie jein Bruder Seneca hingerichtet.
Gallionismus. Gleihgültigleit gegen die Lehre
von göttlichen Dingen.
Gallus. Römiſcher Kaifer 251—53. Der Volks:
wuth bei einer Belt zu genligen, ließ er die Christen
Gallus
verfolgen, welche von einem angeſagten Opfer ſich
zurüchielten.
Gallus, Gallun oder Gilian. Geb. um 560 aus
vornehmer iriſcher Familie. Er fam mit Columban
aus dem Kloſter Bangor nad) Frankreich 590 und
Alemannien 610. Als Columban 613 nad) Italien
ing, blieb ©, in Helvetien zurüd und gründete
dort das Klofter St. Gallen. + 655 (16. October).
Sein Leben ift mit Wunderjagen geſchmückt. Da
ihm Golumban verboten er jo lange er felbjt
lebe, eine Meffe zu lefen, jo joll er das ihm ange:
botene Bisthum Conſtanz ausgeſchlagen haben.
Gamaliel, Ein Pharifäer und Mitglied des ho:
hen Hathes, der Lehrer des Apoftels Baulus, ai
22,3. Bon feiner Milde und Weisheit zeugt Apitg.
5, 34—39. Nad dem Talmud war er der Entel
Hillels, ein —* Geſetzeslehrer („Herr⸗
lichteit des Geſetzes“), der den Borfig im Syne:
drium führte und der Partei der Zeloten wider:
ftand. + 88. — Der jüngere, Entel des Borigen,
wurde durch Jochanan ben Zacchai, einen Schü:
ler Hillels, nach der Zerftörung Jerufalems an die
Spite des in Jamnia neugebildeten Synedriums
ejtellt und nahm den Titel Naji an. Er wurde
11 feiner Würde entjegt. Durch ihn erlangte das
Synedrialftatut jeine Ausbildung, wie er aud)
das eigentliche Rabbinentyum begründete. — ©.
Il, Sohn % uda’s, Naji, verlegte das Syne:
drium nad Tiberias. — G. V. wurde 425 von
Theodofius entjegt wegen Ueberſchreitung feiner
Amtsbefugniffe. Er war der legte Nafi( Patriarch),
weil ein kaiſerliches Edict 429 die Würde aufhod.
Gambacorti, Peter, oder Petrus de Pisis, grün:
dete 1377 in einer Einöde bei Montebello den
Orden der Eremiten des Leil. Hieronymus.
Gandersheim, Berühmtes Nonnentlofter in
Braunſchweig, vom Herzog Ludolf von Sadjen
856 gejtiftet. ©. Roswitha.
Ganganelli. S. Clemens XIV,
Ganges. S. Even.
Bangra. Die frühere Hauptftabt von Paphla—
gonien. Die Synode zu ©., weidye zwischen 362—
370 gehalten wurde, verwarf in 20 Kanones die
übertrieben astetiihen Grund ätze des Euftathius
von Sebafte, und Iprad ſich überhaupt gıgen die
Verachtung der Ehe und andere Ausſchreitungen
au
8.
Garaſſe, Franz. Geb. zu Angouldme. Ein Je:
fuitenprediger, welcher durch die Perjönlichleisen
und Injurien in feinen Predigten und Schriften
übel berüchtigt ift. In die Provinz verjegt, jtarb
er 1631 zu Poitiers an einer anſteckenden Kranl:
beit, die er fi durch aufopfernde Pflege während
einer Epidemie zugezogen hatte,
Garcia de Ronyja. General der Dominicaner,
Beichtvater und Kath Karls V., wurde er durch
2 zum Biſchof von Osma 1524, Cardinal 1530,
rzbiſchof von Seguenga, von Sevilla und Gene:
ralcommiffar der Inquifition befördert. Seine
Briefe an Karl V., für die Reformationsgejhichte
wichtig, find herausgegeben Verlin 1848.
ardiner. Geb. 1483. Mit bedeutenden Kennt:
nifjen außgeftattet, ward er Secretär beim Gardi:
nal Woljey, erwarb die Gunft Heinrichs VIII.
durch jeinen Eifer für die Eheſcheidung des Königs,
wurde Mitglied des Staatsraths 1529 und Biſchof
von Windefter 1533. Obwohl er die königliche
Euprematie eifrigft vertheidigte, ſuchte er doch den
rejormatorifhen Neuerungen überall zu wider⸗
278
Gaßner
ftehen, dem Anſchein nad) weniger aus Meberzeu:
er ald aus Herrſchſucht und Intrigue. Schon
einrich VIIL. entfremdet, wurde er unter Eduard
abgejegt und verhaftet 1551. Unter Maria erhielt
er Tein Bisthum wieder und betrieb eifrig die Ver⸗
Tolgung der Proteftanten. + 1555.
arel. 1) Ser. 31, 39. Der Hügel bei Jeruſa⸗
lem, auf dem die Ausfägigen ihre Wohnung nehe
men nn — 2) Einer der Helden Davids, 2,
Sam. 25, 38,
Garizim, Der höchſte Gipfel des Gebirges
Ephraim (2398 % durch das Thal von Sihem vom
Ebal getrennt. Auf diefen beiven Bergen wurde
der Segen und der Fluch des Gejekes ausgefpro:
hen, 5. Mof. 27, 11—13; of. 8, 33 ff. Auf dem
Garizim erbauten die Samaritaner ihren Tempel,
den Hyrlanus 129 v. Chr. zerftörte. Der Berg,
welcher die Ueberrefte der Tempelruinen noch zeigt,
ift ihnen ein heiliger Ort der Anbetung geblieben.
Garnier, Johann. Geb. zu Baris 1612, Gelehr:
ter Jeſuit, der mehrere dogmenhiſtoriſche Werte
lieferte. Am bedeutendften find feine Unterfudguns
gen über den Pelagianismus in feiner Ausgabe
des Marius Mercator. Außerdem gab er herauß:
Liberatus, Breviarium s, historia controversia-
rum Nestorianae et Eutychianae,
Garnier, Julien. Geb. 1670. Vom Orden ber
Mauriner, ven er jeit 1691 angehörte, wurde ihm
die Herausgabe der Werke des Bafilius übertras
en; er fonnte jedoch nur den 2, Band vollenden.
5 1725. Den 3. Band beforgte Prudent Maran.
Garve, Karl Bernhard. Geb. am 4. Jan. 1763
bei Hannover, erzogen bei den Herrnhutern zu
Zeyft und Neuwied, war er Lehrer am Seminar
zu Niesky, bekeidete dann mehrere Predigerftellen
in der Brüdergemeinde,von 1810— 1816 in Bers
lin, 1816—1835 in Neufal a. d. D., emeritirt,
geft. 1841 zu Herrnhut. ©. ift einer der hervors
ragendſten und fruchtbarften geiftlichen Liederdichs
ter der neueren Zeit. In Knapps Liederſchatz fins
den fich 51 Lieder vonihm, Erſchienen * Chriſt⸗
liche Geſänge, Görlig 1825; Brüdergeſänge, Gna⸗
dau 1827.
Gaß, Joachim Cqriſtian. Geb. am 26. Mai
1766 in Anklam in Pommern. 1795 Regiments:
prediger in Stettin, 1808 Diakonus in Berlin,
1810 Profeffor der Theologie in Breslau. + 19.
Febr. 1831. Schrieb: Beiträge zur ———
eines religiöſen Sinnes in Predigten, 2. Au
1804; Ueber den chriſtl. Cultus, 1815; An meine
ev. Mitbürger (für Union), 1823; Ueber den Relis
gionsunterridt in den Öymnafien, 1828; Ueber
ven Reichstag zu Speyer, 1829. Intereſſant ift:
Schleiermachers ——— mit Gaß, 1852.
Gaß, Wilhelm. Deſſen Sohn, Profeſſor der
Theologie in Gießen, ſeit 1868 in Heidelberg.
Schrieb: De utroque Jesu Christi nomine in N.
T. obvio Dei filii et hominis, 1840; Gennadius
und Pletho, Ariftoteliamus und Platonismus in
der griech. Kirche, 1844; die Myftit des Nikolaus
Gabafilas vom Leben in Chrifto, 1849; Geo
Galirt, 1846; Geſchichte der prot. Dogmatif,
Boe., 1854—b7.
Gaßner, Johann Joſeph. Geb. am 20. Auguft
1727 im Dorfe Branz bei Bludenz. 1758 Pfarrer
zu Klöſterle in Char, trat er 1773 als Teufeläban:
ner und Wunderthäter auf. Bom Fürſtbiſchof nad)
Regensburg berufen, erregte er eine Zeitlang viel
Aufichen, bis ihm ein kaiſerlicher Befehl die Stadt
Gaftfreiheit
verbot und alles Erorcifiren unterfagte. Als De:
chant in Bonndorf geft. 1779. vn zwei Schriften
hat er feine Theorie, den Teufel zu bekämpfen,
eingehend entwidelt, ,
Gaflfreiheit. Die nationale Tugend des Orients,
Die —— ward bei den Hebräern hoch ge:
ten. Der Fremdling wurde ind Belt geladen,
afler zum Fußwaſchen gebracht, Luc. 7, 44, und
eine Mahlzeit angerichtet. Auch auf die Diener und
das ——— erſtreckte ſich die Sorge, 1. Moſ. 18,
‚19, 1; 24, 25. Auch Rabbinen und Eſſener
empfehlen die Gaftfreundichaft und nicht minder
dringend dad Neue Teftament, Matth. 25, 25;
Hebr. 13, 2. Die gebotene Gajtfreiheit fällt unter
den Begriff der Barnıherzigleit im —— Sinne.
Handels: und Vergnügungsreiſende haben darauf
feinen Anfpruch, und ihre Zunahme mußte -
öffentliche ——* hervorrufen. Daß aber
auch die edle Tugend der Gaſtfreiheit nicht in der
Chriſtenheit — zeigen die immer wiederkeh⸗
renden ir Bern. bei größeren kirchlichen und
nationalen Berfammlungen und Feſten.
Gaftmähler bei den Hebräern wurden meift des
Abends een Schilderungen des Sergange 1.
Sam. 25, 36; 2. Saın. 13, 28; Efth. 1,7.8;1.
Matt. 16, 16; Dan. 5, 1; Jeſ. 5, 12. 22, Amos
6,6. Den Gäften wurden Haupt und Kleider mit
wohlriechendem Dele gefalbt, Pf. 23, 5; Amos 6,
6, auch Kränze überreicht, Die Anordnung über:
wachte der Speifemeifter (architriclinus, Joh.
2,8), meift ein Freund des Hauſes. Die Pläge
wurden genau nad) dem Rang vertheilt, Doppelte
und fün face Portionen galten als Ehrenbezeu:
gung. Häufig behnten die Schmaufereien ſich über
mehrere Tage aus, Richt. 14, 12; Tob. 8, 19.
en waren von der Theilnahme nicht ausge:
loffen, Luc. 12,3; dagegen Ejth.1, 9. Die Röm.
13,13; Gal.5, 21; 1. Betr. 4, 3 erwähnten xwuoı
waren Zufammenlünfte junger Leute nad) römi:
her Sitte, die oft in Völlerei und Unfug aus:
arteten. ,
Gafton. S. Antoniuäorben.
Gaih. 1) Eine der fünf Phitifterftäbte, Heimath
bes Goliath, 1. Sam. 17, 4, und Refidenz des
Achis, 1. Sam. 21, 10—15, Bon David erobert,
1. Chron. 18, 1, ging fie an die Syrer verloren,
2. Kön. 12, 17, denen jie Joas wieder entrif, 2.
Kön. 13, 25. Bon den Bhilijtern, welche fie wieder
gem hatten, gewann Uſia die Stadt von
teuem und riß ihre Mauern nieder, 2. Chr. 26, 2.
Geſucht werden muß ed nad) 1. Sam. 5, 8—10
zwiſchen Asdod und der jüdifchen Grenze. — 2)
Gath⸗Rimmon. Nad) Joſ. 21,25 eine Levitenftabt
in Manaſſe, vielleicht aber ift ein Schreibfehler im
Text. Die LXX lefen Bus av. — 3) Gath-Rimmon.
Levitenftadt im Stamme Dan, Joſ. 21,4, zwifchen
Antipatris und Jamnia. — 4) Gath:Chepher. Joſ.
19, 13. Eine Grenzjtadt ded Stanımes Sehulon,
Geburtäort des Propheten Jona.
Gaudentius von Brescia Brixia) war der Nach:
folger des Biſchofs Philaftrius, deſſen Leben er
beihrieben hat. Ein Freund des Ambrofius, gin
er mit andern Bifchöfen 404 nad) Eonftantinopel,
um für Chryfojtomus Fürbitte einzulegen. + 427.
Es jind von ihm zehn Reden erhalten, über welche
der neuefte Herausgeber Galeardi, Brir. 1738,
weniger eringferätig urtheilte als früher Dupin,
Gaudiorum Mariae festum. Feſt der Freus
den Maria. Ehemals gefeiert am 24, Sept.
279
Gebet
Gaulonitis. Der norbweftlichite Theil des alten
Baſan, hat jeinen Namen von der Stadt Gaulon,
%of. 20, 8; 21, 27.
‚Gauffen, Ludwig. Geb. am 25. Auguſt 1790,
Pfarrer in Satigny bei Genf 1816—31. Ein Ber:
treter der ftrengiten altproteftantifchen Dogmatik,
welcher an ber zweiten helvetifchen Pr Hl feſt⸗
ielt, gerieth er mit der Genfer Geiſtlichkeit in
treit, wurde vom Consistoire abgeſetzt, ſtiftete
mit Merle d'Aubignoͤ die eangeide Geſellſchaft
und bie theologiſche Schule zu Genf zur Aufrechi⸗
haltung der alten Lehre. An dieſer Schule feit
1834 ſelbſt thätig, ſchrieb er Mehreres über feine
Lieblingslehren, „die Theopneuſtie, Gottheit
Ehrijti" und die „Weiffa ungen,” welche Werte
ae und Franlreid viel Anklang fanden.
Gauzbert. Der Neffe des Ebbo von Nheims,
murde von Anägar nad) Schweden geſchickt, um
die begonnene reger: fortzufegen, aber
840 aus feinen Bisthum wieder vertrieben, Er
wurde Bifhof von Dsnabrüd und fol noch 858
durch Abordnung eined Presbyters biſchöfliche
Rechte in Schweden neben Ansgar ausgeübt Haben.
aza. Eine Stadt im Philifterlande, 1. Mof.
10, 19; 5. Mof. 2, 3, melde zwar dem Stamme
Juda zugemwiefen war, aber in den Händen der
Philiſter blieb, Richt. 16, 1—3. 21-1, bis Hiö«
fia 728 e8 unterwarf, 2. Kön. 18, 8. Bon Pharao
Necho erobert, ya ed nad) ber zen bei
Carchemiſch Nebufadnezar, Jer. 25, 20. Wieder
eroberte es Alerander der Große 322. Dana)
ſchwanlte ber Beſitz zwifchen Aegypten und Syrien,
bis es 200 dauernd durch Antiohus an Syrien
fam. In der Malfabärrzeit ward ed von Jonathan
belagert, 1. Matt. 11,60, und von Alexander Jan:
näus zerjtört. 58 v. Chr. baute Gabinius es wie:
der auf, nicht ganz an der Stelle der alten Ruinen,
vgl. Apftg. 8, 26. Diefe Stadt wurde im großen
jüdifhen Kriege von den Juden zerftört, doch hob
te fid) wieder ald Handelsjtadt und wurde von den
uhamedanern erobert, Die Kreuzfahrer errich-
teten hier 1152 eine Feſtung, die Saladin 1170
zerjtörte, Der erfte Biſchof iſt nach der Sage Phi:
lemon gewejen. Hiſtoriſch ift ein B:fchof Silvanus,
1285. Im Hafenorte gründete um 540 Gonftantin
einen neuen Bifhoffig. Bei Gaza errichtet: Hila—
rion die erſte Einfiedelet,
Gazelle. Luth.: Reh. Das zierliche Thier ift ein
Bild ver Anmuth,Hohel.2,7.9; 3,5. Sein Fleiſch
ift wohlſchmeckend und war beliebt, 1. Kön. 4, 23,
Geba. Das heutige Djeba. Nach Joſ. 21, 17
eine Zevitenftadt im Stamme Benjamin, nahe bei
Rama, war die nördlichſte Grenzftabt des Neiches
Yuda, 2. Kön. 23, 8, welche Aſa befejtigen ließ,
1. Kön. 15, 22. Sieg Davids über die Philifter
bei Geba, 2. Sam. 5, 25.
Gebäude, kirchliche. S. Baulaft.
Gebal, 1) Eine Landſchaft in Arabia Peträa,
2. Kön. 14, 7; 2. Ehron. 25, 11. — 2) Eine phö:
niziſche Seeftabt, Byblos (f. d. Art), *
Gebet. Das Gebet, die allgemeinfte und noth:
wendigfte Form aller Frömmigkeit, ift ein Gefpräd
des Herzens mit Gott, welches hervorgeht aus dem
Triebe nach religiöfer Gemeinſchaft mit Gott und
mit dem Ziele, daß das er innere Leben durch
Gott heilig beſtimmt werde. Die Vorausſetzung
des Gebetes iſt der Glaube an die Erhörbarkeit,
ohne welche es zu einem Reden des Menſchen mit
Gebei bei den Hebräern
280
Gebhard II.
ſich felbft würde, daher ein lebendiger Gotteöbegriff. vier die perfönlihen menſchlichen Bebürfniffe in
Sofern das Gebet felbit, wenn eö ein auf be
ftimmte Dinge gerichtete Begehren ausſpricht,
zugleich die Bereitwilligkeit in ſich trägt, den eige⸗
nen Willen Gott unterzuordnen, ift es der tiefite
Ausdrud der Selbftüberwindung und der Erge: | f
bung in den göttlihen Willen. Erforberniß des
Gebete ift die Andacht. Die an dafjelbe geftellte
Bedingung a Joh. 14, 13, 16, 26 aus: „im
Ramen Jefu.” Die praltiihe Auslegung bier:
von ift: dad Gebet fol jo beſchaffen fein, wie es
Jeſus unter den zufälligen Beftimmtheiten bes
betenden Individuums ausfprehenmürbe ; ed wird
nad) Job. 16, 23 auch erfüllt im Namen Jefu,
weil jede göttliche Gebetserhörung fein anderes
Biel hat, ald die Durchdringung des Menſchlichen
vom Göttlichen, die in der Perfon und dem Werte
Ehrifti offenbar geworden ift. Der thatjächliche
Ausdrud des Gebetes ift das Opfer (f. d. Art).
Aus dem Begriffe des Gebetes folgt, daß es nur
an Gott gerichtet ſein kann; mit Nothwendigkeit
mußte daher die latholiſche Kirche den theoretiſchen,
—— kaum feſtzuhaltenden Unterſchied zwiſchen
dem Gebete und der Anrufung der Heiligen auf—
ſtellen. Vgl. Cramer, Lehre vom ©., 1786; Stäub:
lin, Gef&hichte der Borft. vom G., 1824; Tauberth,
die chriftl. Lehre vom ©., 1655; ferner die ge:
Sammten dogmatifhen Werte,
Gebet bei den ä
das Gebet ein freier Wi:
migfeit. Der Pharifäismus
Satungen und verfnöcherte ed, was die Straf:
reden Jeſu rügen. Der Jude betet nicht ohne den
Gebetömantel und die Gebetöriemen (f. d. 4.),
dreimal täglid, um Sonnenaufgang, zur Zeit des
Abendopfers 5 Uhr und des uf angs der Sterne
oder von 9—12 Uhr. Das Gebet Tor eigentlid)
jedeömal in der Synagoge & alten werben und
He aus einer Reihe von Öebeten und Pjalmen,
die theild von Allen gelefen, theild mit dem Amen
bejcloffen werben. Das Ritual beftimmt genau
die Stellung und Haltung des Körpers bis ins
Kleinfte. Ebenjo genau geordnet ift dad häusliche
Tiihgebet und das eigentliche Nachtgebet. Die
vorgeltpriebene Sprade des Gebets ift die hebräi-
jche, verboten ift mit Ausnahme Eines Gebetes
um Pfingften und Dftern die chaldäiſche und fy:
riſche Sprache. Die neuere Zeit hat das Gebet in
der Mutterſprache als erlaubt hingeſtellt.
Gebetbüder. S. Erbauungsbücher.
Gebet des Herrn, Vaterunjer, ift die Gebets—
indivibueller Fröm—
Betracht ziehen. Nach der, wenigſtens wahrſchein
lich urjprünglichen ee bei Zucas (11,24)
würde Dagegen das „unjer in dem Himmel” in
“ Anrede, die dritte und die fiebente Bitte weg:
allen,
Gebetöformel,. S. Brevier und Liturgie,
Gebetsimantel der Juden. Der Heine G. (Arba
Kanphot) ift ein vierediges, jegt weißes, fonft
blaues, Mäntelden von Tuch oder Seide, an den
Eden mit Franſen, Zizis, von weißer Wolle, deffen
beide Hälften auf den Achſeln zufammengebunden
ind. Es wird beim Gebet über das Oberlleid ge:
+% fonft verborgen getragen. Die Sitte beruft
fid) auf 4. Moſ. 15, 397—41; 5. Mof. 22, 12. Der
roße ©. oder Schulmantel ift ein vieredigeö wei:
ben Tud von Lammwolle mit Franfen an den vier
Eden, mit welhem der Jude in der Synagoge
Stirn und Hinterhaupt verhüllt,
Gebetöriemen, Thephillim, entftanden aus der
Ermahnung 5. Mof. 6, 6—8; 11, 18. Beim Gebet
ummidelt der Jude beide Arme mit einem Riemen,
beögleihen die Stirn. Dieſe Riemen find nad) be:
fonderer Vorſchrift aus Kalbleder angefertigt. Die
Armthephilim enthalten vier Zettel mit den Sprü—⸗
hen 5. Moſ. 6, 4—9; 11, 13— 21; 2. Mof. 13,
1—10. 11—16, auf beiden Sagen die Bud:
ftaben des Wortes uw. Die Thephillim gel:
ebräern. Bis zum Exil bleibt |ten für heilig, fie werden nur von den (reinen)
Männern getragen, und wer fie einmal angelegt
tellte e8 unter genaue | hat, darf unter feiner Bedingung fein Gebet un:
terbrechen.
Gebetverhör. Eine Einrichtung ber lutheriſ
Kirche in Dftpreußen, Schweden und den 4J ee:
rovinzen, wonad) der Pfarrer die einzelnen Dör:
Ir der ausgedehnten Kirchipiele alle Bierteljahre
est einmal jährlih) beſuchen, alle Werfonen
derjelben über ihre Kenntniß der Gebete und des
Katechismus befragen (vgl. Jacobfon, Urkunden,
Allgem. Kirchenblatt 1853) und die Unmiffenden
vom Abendmahl ausschließen fol. Eine verwandte
Einrichtung der en Kirche find die vier:
teljährlihen Hausbefuche, die ſich aber dadurch
unterjcheiden, daß bei ihnen das eigentliche Inter:
effe in der kirchlichen Zucht, bei jenen in der Un:
terweifung oder der Lehre liegt.
Gebhard, der Heilige. Silhof von Conſtanz,
erbaute Beteröhaufen bei Conifanz, + 995, wurde
1134 fanonifirt und wird von gebärenden Frauen
angerufen.
— U. Truchſeß von Waldburg, Erzbiſchof
formel, welche Jeſus ſeinen Jüngern auf ihre Bitte und Kurfürſt von Köln. Geb. am 10. November
ab, um ihnen im
eigen. Es iſt ebenſo wenig eine Alles erſetzende
genſatz gegen phariſäiſche 1647, war er 1562 Domherr zu Augsburg, 1567
ortmacherei die Art eines wahrhaften Gebets zu | zu Straßburg, 1570 zu Köln, 1576
; Domprobft zu
Augsburg und wurde 1577 in Köln zum Erz:
ormel als ein bloßes Schema. Die Dorologie am | bifhof gewählt gegen den Willen der ſpaniſchen
Schluſſe ift entihieden unecht und aus dem litur- | Partei, welche Ent von Bayern wünſchte. Frü—
giſchen Gebrauche (jeit dem 3. Jahrhundert) in die
Codd, übergegangen. Beranntlich haben fid iin
lirchlichen ebrauche der deutſchen Lutheriſchen
und Reformirten die feſten Verſchiedenheiten ge—
bildet, daß jene ſprechen „Vater unſer“ und „vom
Uebel”, diefe „Unfer Bater” und „vom Böfen”. Val.
Tholud, Commentar zur Bergpredigt, 4. Aufl.
1856 ; namentlih: Kamphaufen, das Gebet des
ge 1867. Eine praktische wer enthält
ertsbuſch' Baterunjer, 1861. Nah Matthäus
(6, 9—13) begreift dafjelbe fieben Bitten nebſt ber
Anrede, von denen drei die Verherrlichung Gottes,
ere Hinneigung zum Broteftantismus und die
iebe zu Agnes von Mansfeld, mit der er ſich
1583 öffentlich vermäblte, beftimmten feinen ileber:
tritt 1582, dem Bemühungen zur Verbreitung der
evangelifchen Kirche im Erzftifte folgten. Kraft des
Reititutionsedictes wurde G. vom Domcapitelund
Kaifer feiner Würde für verluftig erflärt, 1555
Herzog Ernft zu feinem Nachfolger gewählt und
er, von ben evangeliichen Ständen wenig oder gar
nicht unterftügt, mit Waffengewalt aus dem Beſitz
gejegt. ©. floh 1584 nad) Holland, verſuchte 1559
noch einmal englische Hülfe zu erlangen und ftarb
Gebim
1601 zu Straßburg, wo er als Domdechant die
legten Jahre zugebracht Hatte.
Gebim. Zei. 10,31. Drt in Paläftina unweit
Jerufalem, jüdlid von Rama.
Gebirge Paläftina’d, Paläftina ift größten:
theild Gebirgsland, das auf engem Raume Hoc:
gebirge, welliges Hügelland, —— und Tief⸗
ebene umfaßt. Durch das bis tief unter den Mee—
reöfpiegel ſich herabjentende Jordanthal, das
hör, wird es in zwei natürliche Hälften getheilt,
die in der weitgedbehnten Gebirgäfette des Libanon
zuſammenſchließen. Diefe, aus dem Libanon, dem
Antilibanon und Hermon bejtehend, bildet die ge:
ſchützte Nordgrenze des Landes; ihre Schneehöhen
peifen den nie verfiegenden Jordan und find die
ade der Fruchtbarkeit im Lande. Der Hermon
ift ein füdliher Ausläufer des Antilibanon, von
bedeutendem Umfange, einer Höhe von etwa 7000‘
und beftändig von Schnee bededt. Jetzt heißt er
Dſchebel⸗es⸗Scheilh oder Dic.et:Teltih (Schnee:
berg). Südöſtlich entjendet er einen niedrigeren
Höhenzug, den Dichebel:Heiih, der bis an das
Rordufer des Sees Genezareth fich hinzieht und
bier fteil gegen den See abfällt. Da, wo der Her:
mon im N. mit dem Antilibanon zufammenhängt,
hebt ein ebenfalld niedrigeres Gebirge an, die
rechte Thalwand der weftlihen Jordanquelle (das
Quellthal heißt Wabizet:Teim) und die linke Wand
des Leonteöthales. Bon der Biegung des Leontes
gegen W. an ſenkt fich diefer Gebirgszug und brei-
tet fi bis nach Nordgaliläa hinein aus, jegt ſich
dann in ben höheren Bergen (3000°) von Napb:
thali (Dſch⸗Safed) fort, um, in der gleichen Linie
mit dem Sübdufer des Sees Genezareth, die jchrofi
abfallende Nordwand der Ebene Jesreel zu bilden.
Hier erhebt fi), beinahe allein jtehend, der kegel⸗
förmige Berg Tabor. (Südlich von diefem verlegt
man herlömmlicherweile den jogenannten Heinen
Hermon, aus Mifverftändniß von Pi. 133; 42,7;
89, 13.) Einige Stunden weiter jüdlich erheben
fih die Berge Gilboa, die öftliche Grenze der
‚großen Ebene“, Das galiläifche Bergland ijt jehr
fruchtbar und lieblid. Yhm gegenüber, im 5. der
Ebene, von S.:D. nah N.:W. läuft, gegen das
Meer anfteigend, der Gebirgszug, deffen nordweft:
lihe Enden Carmel heißen, und mit dem Vor:
gebirge gleihen Namens faft jenfrecht in das Meer
abfallen. Diefer einft ſehr frudtbare Höhenzug
begrenzt im R. die gehängt Südmwärts
von Bethiean, beim Flecken Ginea (Engannim?),
die ganze Breite zwiſchen Jordan und der Ebene
Saron ausffillend, zieht das Gebirge Ephraim;
anfangs in mäßiger Höhe (bis 2400), fruchtbar
und lieblih (Stadt Samaria, Berge Ebal und
Garizim), gewinnt eö gegen Jerujalem hin einen
wilderen Charakter, der den Uebergang zum Ge:
birge Juda bezeichnet. Diejes reicht von der phi:
tiftäifhen Grenze bis Jericho und füdlich bis He:
bron und bildet im D. die wilde, höhlen- und
Müftereihe Wüfte Juda, die in fchroffem Abhange
zum Todten Meere hinabjteigt. Bejonders im | Furcht, Nebufadnezar werde den Mord
W. und S.:W, endet es in äußerſt ſchroffem Ab—
281
Geddes
Kar und langgeftredten Bergrüden, in feiner Ge:
alt vielfach dem Jura ähnlid. Südöſtlich endet
es mit dem Amoritergebirge und fällt hier
fteil in die Arabah ab. Die Gebirgäzüge des Djt:
jordanlandes nehmen am Südende des Todten
Meeres mit dem Gebirge Abarim ihren Anfang,
jegen fih (Jericho gegenüber) im Pisgagebirge
mit dem ge Nebo und bem Die -Nofchlun)
ort und enden ald Did. Dichelaad (Gebirge Gi:
lead im engern Sinne; im mweitern Sinne heißen
die —— e von Hesbon bis an den Hieromar
Gebirge Gilead) am Jarmuf oder Hieromar, ſüd—
lid vom Galilätjhen Meere. Die Höhe dieſer Berge
beträgt etwa 2500°; die Thalmand des Ghör, die
von zerrifjenen wilden Felöthälern durchbrochen
ift, erhebt ſich fteil und ſchroff biß zu der Höhe von
2000°. Jenſeit der weitlih vom Dſch.Heiſch,
füdlih von den Bergen Gileads begrenzten Hod):
ebene Bafan dehnt fich das Gebirge Hauran aus,
das bis zu der Höhe von 6000 anfteigt. Das Ge:
ftein der paläftinenfifchen Berge ift meift Kalt,
nur im N.:D, findet ſich ein breites Bajaltlager.
* find arm an Metallen und brauchbaren Bau:
teinen.
Gebote, die gehn. ©. gang
Gebote Der Kirde, Die fünf. Die aus der Pra—
xis der katholiſchen Kirche im Laufe der Zeit her:
vorgegangenen Satzungen, welche fie den göttlichen
Geboten gleichftellt, werden feit dem Katechismus
bes Jeſuiten Ganifius als ein Fünfgebot formu:
lirt: 1) du follft die gebotenen Feiertage halten;
2) du jollft an Sonn: und Feiertagen die Meſſe
hören; 3) du jollft die gebotenen Fajttage und den
Unterſchied der Speijen halten; 4) du Toll jähr:
lid) wenigjtens einmal um Dftern deinem verord>
neten Priefter deine Sünden beichten; 5) du follft
das Sacrament des Altars wenigſtens jährlich
einmal um die öfterliche Zeit halten. Manche zie-
ben das 4. und 5. in eins zufammen und fügen
hinzu: du ſollſt zu verbotener Zeit feine Hochzeit
halten. Bellarmin hat ald 6. das Gebot über den
Zehnten. Der Katehismus Romanus thut einer
jolden Formulirung ebenfo wenig als das Triden:
tinum Erwähnung. Die Begründung diefer Gebote
aus der Schlüfjelgewalt der Kirche widerſteht den
evangeliichen Principien.
Gebräude. S. Ceremonien.
Geburt Chriſti. S. Jeſus.
Geburtstage der Heiligen. S. Acta marty-
rum.
Gedächtnißmahl. S. Abendmahl.
Gedalja. Der Sohn Ahitams (2. Kön. 22, 12),
wurde von Nebufadnezar als Statthalter über den
Ueberrejt der Juden in Baläftina nach der Wegfüh—
rung Zedekia's gejegt. Mit einer haldäifchen Be:
fayungrefidirte er zu Mizpa bei Jerufalem. Jeremia
begab ſich zu ihm. Auf Anftiften des Ammoniter-
königs Baalis erſchlug ihn eine Schaar fanatifir-
ter Suden unter Anführung des Ismael mit jei:
ner chaloäifhen Umgebung beim Mahle. Ans
edalja’s
an ihnen rächen, wanderte der Reft der Juden
falle und bildet eine natürliche Feitung. Weiter nach Aegypten aus. Daher ift der Todestag Ge:
im R. eröffnet das judäiſche Hügelland leich- dalja’s, der die Verbannung vollftändig madte,
tere Eingänge gegen Jerufalem. Im 5. geht es ein Trauergedenttag geworden. Vgl. Jer. 39—41.
in die breigeitufte Abdahung von Südjudäa | Geddes, Alerander. Ein katholifcher ſchottiſcher
und Nordidumäa über. Die Oberfläche des Ge: | Briefter. Geb. 1737 zu Arradowl. Seiner freiern
birges Juda (did 3000° 900) erſcheint als ein | Anfichten wegen gab er feine Pfarrſtelle auf 1779
Wechfel von flach gewölbten Ebenen, fteilen Kup: und lebte in London feinen literarischen Arbeiten,
Geber
— als Hausprediger des kaiſerlichen Geſandten,
ann privatiſirend. Bon ihm erſchien 1792—97
eine Bibelüberjegung, bei weldher er Eichhorn,
Michaelis und Baulus folgte, und in-deren Vor:
vede er die Inſpiration leugnet.
Geber. Inf. 12,13. Gedera, Jof. 15, 86; 1. Chr.
12, 4, jegt Ghederah, zwifchen Namleh und Gaza.
Gederoth, Sof. 15, 41, wurde unter Ahas von
den Philiſtern erobert, 2. Chr. 28, 20.
Gebor, Stadt im Stamine Juda, Joſ. 15, 58;
1. Chron. 4, 39; 12, 7, heute Dichedur.
Geduld. Wenn fih die Lebensthätigleit des
Menſchen gehemmt fühlt, und diefe Hemmung fid)
nicht entfernen laffen will, fo entjteht in dem na-
türlihen Menſchen eine Reaction in Form von
hejtigen Gefühlen, d. h. die Ungeduld. Die fittliche
ufgabe in diejem alle ift daher die Geduld, d. 5.
durch Selbjtverläugnung das Gleichgewicht des in:
nern Lebens zu bemahren. Sie fann erreicht werden
entweder durch die Erkenntniß der Fructlofig:
feit jeder Reaction gegen die eiferne Gewalt
des Schickſals und durch Erreidjung eines apathi:
hen Zuftandes, wie im Stoicismus, in welchem
Falle wir aber — nicht den Ausdruck Ge:
duld, ſondern eſignation gebrauchen, oder durch
die Auffaſſung des Schickſals als des Werkes eines
allweiſen und allgütigen Gottes und durch die auf
dieſer Erkenntniß beruhende Ergebung, in wel⸗
em Falle die Geduld im chriſtlichen Sinne gefaßt
iſt. Dieſelbe iſt alſo ohne Religion nicht denk:
bar, ſie iſt am leichteſten möglich da, wo die klarſte
und —32 Vorſtellung von Gott und das leben⸗
digſte Gotteögefühlvorhanden ift. In diefem Sinne
fennt ſchon das Alte Teſtament die Geduld (val. be:
— die Geſtalt Hiobs), Jeſ. 30, 15; Hiob2, 10;
ſ. 94, 13; aber erſt im Neuen Bunde konnte fie
zu ihrem vollen Begriffe gelangen, ja hier ift fie
zu einem Hauptbegriff im ethischen Gedankenſyſtem
geworden. Der leidende Chrijlus ift das ewig mu:
jtergültige Bild wahrer Geduld, Difenb. 1,9; 3,
10; 1, Betr. 2,21; 2. Theſſ. 3,5; Hebr. 12, 2, und
die leidende Chriftengemeinde fennt als ſolche keine
höhere Tugend, Röm. 5, 3; 2, Kor. 1,6; 6,4;
al. 5, 22; Eph. 4, 2; Hebr. 6, 12; 10, 36; 12,
1; Jac. 1, 3; Offenb. 13, 10. Auf diefer Höhe ift
Geduld foviel als ein aeläuterter und geprüfter
Hriftlicher Charalter. Bon diefer Geduld ift zu un:
terjcheiden die Geduld, welche eine befondere Seite
der Nächitenliebe darjtellt. Wenn die Ausübung
der Liebe durch fortgeſetzte Verlegung derfelben
von der Seite, der die Liebe gewidmet wird, er:
ichwert wird, fo iſt die ſchwierige fittlihe Aufgabe
egeben, die Liebe trotzdem zu bewahren und ihre
Brlicten unangejehen des Widerftandes, den fie
—— zu erfüllen. Dieſer ethiſche Zuſtand hat
ehnlichkeit mit dem oben beſchriebenen und wird
daher mit demſelben Namen bezeichnet, Eph. 4, 2;
Kol. 3, 12; 1. Tim. 6, 11; Tit. 2,2, In dieſer Be:
deutung wird die Geduld aud) als Eigenſchaft von
Gott ausgejagt, Dan. 4, 24; Sir. 18, 9; Luc. 18,
7; Röm, 2, 4; 9,22; 15,5.
Geführde⸗Eid ift im kanoniſchen Prozeß das
Verſprechen der Parteien, in ihren Ausfagen ohne
u und Betrug die Wahrheit feftzuhalten.
fängniß. Freiheitöftrafen kennt das Moſaiſche
Geſetz nicht; 3. Moſ. 24,12; 4. Mof. 15, 34; 2. Chr.
18,26 werbennurvorläufigeBerhaftungen erwähnt.
Unter den Königen jedody wurde Gefängniß als
282
Gefühl
hängt, 4. B. gegen Propheten, 2. Chr. 16, 10; Jer.
32, 2 F 33, 1; 37,15. Schuldhaft kann nicht
felten gemefen fein, Matth. 18, 30; Quc. 12,58,
bei Aegyptern, 1. Mof. 39, 19; 40, 3; 2. Mof. 12,
29, ebenjo bei den Römern. Der Apoftel Paulus
erfuhr die custodia militaris, d. h. an einen Sol:
daten gefeffelt, hatte er im Uebrigen die Freiheit
ber Bewegung und feiner Handlungen. Als Ge:
fäneniffe ienten Eijternen, 1. Mof. 37, 20; Jer.
‚6, die Wohnungen der Hofbeamten, Ser. 37,
15, die Thore ded Tempeld und Wachthöfe der
Paläfte, oder es waren unterirdijche Kerker, Jer.
17,16. Die Gefangenen wurden gefefielt, Richt.
16,21, auch mit Armen und Beinen in einen Blod
eipannt, wie es noch jeßt bei den Aradern und
* eit auch bei uns Gebrauch war.
Gefängnißaufſicht Der Kirche. Ein Geſetz des
Honorius übergiebt den * die Wachſamkeit
darüber, daß die Richter ſich die Gefangenen wö—
chentlich vorführen laſſen. Juſtinians Geſetz von
529 befiehlt geradezu den Biſchöfen eine Mitauf—
ſicht über die Gefängniſſe und die Behandlung ber
Sefangenen. Zur zei ift in der römischen wie in
ber evangelifchen Kirche der religiöfen Pflege der
Ge — *— große Thätigleit zugewendet.
efungnißſtrafe, kirchliche, wird jetzt nur noch
nach den kanoniſchen Beſtimmungen gegen Kleri⸗
fer in Anwendung gebracht. Früher wurde fie in
Klöftern verbüßt, jegt in Demeritenhäufern.
Gefäße, Heilige, werden diejenigen Behältniffe
genannt, welche bei ver Spendung der Sacramente
und zur Aufbewahrung ber Elemente gebraudt
und in ber fatholiihen Kirche benedicirt werden.
In der römischen Kirche find jett üblich: der Kelch
‚nit Batene, Löffelhen, Kännchen, das Ciborium,
die Vyris (ein doppeltes Gefäh, in welchem fid
oben die Euchariſtie, unten das Krankenoͤl befin:
det), Monftranz, Rauchfaß, Salarien oder Saly
gefäße und der Weihwaſſerkeſſel. Frühere Zeiten
gebrauchten auperdem das Röhrchen, fistula, beim
Rehmen des Kelches, die capsa, in welcher dad
unconfecrirte Brod zum Altar, die arca, in det
das Uebrige der Communion nad) Haufe er
wurde, Berifterien zum Bewahren der Euchariſtie,
Baftophorien zum Bewahren des Webriggebliebe:
nen und Ohme (amae), int denen der Wein bewahrt
wurde. Die Monftranz endlich ift feit Einführung
des Frohnleihnamöfeftes üblich. Die Proteftanten
zählen zu den heiligen Gefäßen die Abendmahl:
becher und Kanne mit Patene oder Schüffel für
Oblaten oder Brod, Taufbeden und Tauffanne.
Entwendung oder Mißbrauch der Heiligen Gefäße
iſt Sacrilegium.
—E S. d. A. Lapsi und Magdalenum.
Geſangeuſchaſt, aſſyriſche. S. Aſſyrien.
Gefangenjchaft, babyloniſche. S. Vabyloniſche
Gefangenſchaft und Avignon.
Gefilde Mond. Eine Ebene jenſeit des Jordan
in der Nähe des Nebo, zwiihen dem Wabi Mod:
ſcheb und dem Wadi Male. Früher von den Moa-
bitern beſeſſen, hatten die Amoriter fie inne, 4.
Mof. 21, ais die Iſraeliten auf dem Zuge nad)
Kanaan fic) ihrer bemächtigten, 4.Mof. 22,1, und
dort längere Raft hielten. Sie wurde zwiſchen
Ruben und Gad getheilt, Jof. 13, 32.
Gefühl bezeichnet das unmittelbare Iebhafte
Innewerden eines gewöhnlich durch von außen
fommende Ginflüffe hervorgerufenen feelifhen
willkürliche Strafe und Sicherheitömaßregel ver: Zuftandes. Iſt der Zujtand einer Förderung des
Gefühl
perfönlichen Lebens gleich, jo ift das Gefühl Luft;
im entgegengefegten Falle Unluft. Das religiöfe
Gefühl ift das unmitteldare Innewerden in
Gemeinfhaftsverhältuiffes zu Gott; es ift daher
die urfprünglichfte Form des religiöfen Lebens,
welche weder reflectirt über die Gegenftände der
Religion, noch ſich auf die Verpflihtungen befinnt,
welche das religiöfe Berhältnig nad) fid) zieht, ſon⸗
beri; fih unmittelbar an den Ge de der bie
Seele berührt hat, (Gott) Hingiebt. Da aber das
Gefühl nur die erfte Thätigkeitsform des piydi:
Ihen Lebens ift und noch nicht feine Gefammtheit
umfaßt, jo würde aud) eine — als Ge⸗
fühl auftretende Religicjität einen einſeitigen Cha—
ralter an fich tragen, eö würden bie Abarten des
Duietismus, Myſticismus, Pietismus u. Aehnl.
entftehen, ebenſo wie eine einfeitig im Denken ein:
geſchloſſene Neligiofität — der religiöfe Intellec:
tualismus, Orthodoxismus, Jlluminatismus —,
oder eine ausſchließlich im fittlihen Wollen fid)
darftellende NReligiofität — Moralismus —, un:
vollfoinmene, wenn auch geſchichtlich zumeilen zu
rechtfertigende Geſtaltungen des religiöjen Lebens
bilden. Nur eine das ganze geiftige Leben umfaj:
ſende ng in welcher die einzelnen piy:
chologiſchen Richtungen einander durchdringen,
ergänzen, corrigiren, Tann dem Begriffe der Res
figion genügen. Ein befonderes Hevvortreten des
efühls bezeichnet in der Entwidlung der rift:
lien Theologie zuerft namentlid der Myjfticis:
mus des Mittelalters, wie ja der Myfticismus ald
pladolsgiiche Erjheinung eine Einheit des relis
Die efuͤhls und der Phantafie und ein über:
chwengliches —— dieſer geiſtigen Rich—
tung darſtellt (f. Edart, Tauler, Böhme u. A.); in
der Zeit nach der Reformation dann wieder der
Vietismus, welcher eine Reaction des religiöſen
Gefühls gegen das überwiegende Verſtandesinter—
elle des ethoborismus bildete, weniger in feiner
eriten Periode als in feiner jpätern (f. Spener,
Stande, Freylinghaufen, Zinzendorf n. A.). In
einer neuen Form trat dag religiöfe Gefühl durch
die Kantſche Philofophie in die Theologie ein.
Schon der von Kant berinflußte Nationalismus
hatte die ... auf dad Gefühl zurüdgeführt
Wegſcheider, Gabler). Es war aber hauptſächlich
die Friesſche Vhilofophie, welche das äſthetiſche
Gefühl, d. H. ein ahnungsmäßiges Erkennen der
Bernunftideen in der Erſcheinungswelt, zur Orund:
lage der Religion machte. Ebenſo nannte fpäter
Yacobi nad) Fries das Organ feines unmitte!baren
Ertennens Gefühl. In die Theologie wurde die
Friesſche Anſchauung durch de Wette eingeführt,
Indem ihm die Gegenftände des Glaubens als
äfthetifhe Sinnbilder der ewigen Ideen Wahrheit
und Bedeutung befamen. Die ſcharfſinnigſte Ent»
wiflung des Gefühlsftandpunttes iſt die Glau—
benslehte Schleiermachers. Indem diefer die Reli—
sion als Gefühl, beſtimmter als Abhängigleits—
Koh auffaßte, beftand feine Dogmatik wefzut:
id) in einer dialektiſchen Entwidlung des Inhaltes
des religiöfen Gefühles, wie ed als Gemeinſchafts-
ya in der hriftlichen Kirche lebt. Bon ihm aus
at die Entwidlung der Dogmatik allmählich auf
die richtige Stellung des Gefühls innerhalb der
Religion hingeleitet. Vgl. Nigih, Syſtem der
Hriftl. Lehre, Ellmert, das Wefen der Religion, in
der Tüb. Ztjch. 1835; Stod, ebenda 1840; Reich,
das Schleiermacnerjche Religionsgefühl, Stud. und
283
Gehorfam
Krit. 1840; Lechler, Zum Begriff der rel. .
Fragen, Stud. und Arit. 1851. u vr
Gegenrejormation. Unter diefem Worte verfteht
man die im Großen angejtellten und mit viel Er:
| folg gefrönten Bemühungen, den Vroteſtantismus
aud) da wieder auszurotten, wo er bereits eine fefte
Stätte im Volke gefunden er Die Gegenrefor:
mation ging aus von den Fürften, die Werkzeuge
und Triebfedern waren die Jefuiten. Das Het
‚der Fürften wurde aus dem von den Proteftanten
durdgefegten und im Speyerſchen Religionsfries
den 1555 anertannten jus reforınandi hergeleitet,
| wonach die einzelnen Reichsſtände die Gewalt hat⸗
ten, die —*— zu beſtimmen, welche in ihren
Territorien Geltung haben ſolle. Die Mittel der
G. waren allerdings auch Predigt und Lehre (Franz
von Sales), aber weit mehr Gewaltthätigkeit und
Zwang jeder Art. So ward bie Gegenreformation
1570— 71 in Niederbayern, 1584—87 im Würz⸗
Burgifchen, 1588 im Salzburgiſchen und den an:
dern geiftlihen Yürftentgümern, feit 1578 in
Defterreih, nad) 1618 in Böhmen und Schleſien
ind Werf geſetzt. In England und Schweden miß:
langen gleid,e Verſuche, um in Polen im 17, Jahr:
undert dejto mehr zu erringen. Der Weftphälifche
Seleben 1648 und die deutſche Bundesacte 1815
haben durch die Anerkennung der Religionsfreiheit
ewaltjamer Gegenzeformation ein Ende gemacht.
eberall, wo fie ihr Ziel erreicht hat, läßt ber in:
tellectuelle und fittlihe Zuftand des Landes erlen:
nen, daß fie ohne eine gewaltjame Hemmung einer
ſchon begonnenen Eulturentwidelung «nicht mög:
lich iſt.
genwart Chrifti im Abendmahl. S. die Art.
vom Abendmahl,
Geheimlehre. ©. Arcan:Disciplin.
Gehenna,. Der neuteftamentliche Ausdrus für
Hölle ift entjtanden aus 537 4 g& hinnom. Im
Thale Hinnom (f.d. Art.) hatte das Molochbild ge:
ftanden, das erftere war dadurch den ſpätern Ju:
den ein Gegenftand des Abſcheus geworden und
fein Name der Rame der Hölle.
Gehorſam ift die Unterorbnung des eigenen
Willens unter eine entgegenftehende Autorität,
Er findet feine natürlide Stelle im Verhältniß
des Kindes zu den Eltern, wo der noch nicht ent:
widelten Individualität des Kindes in dem erzie:
henden Vater eine entiwidelte Berjönlichkeit gegen:
überjteht. Mangelt dem Gehorfam das Element
der Ehrfurcht, welches hier Durch die natürliche
Bafis gegeben wird, fo finkt er zum inechtifchen
herab, während, jobald der freie Wille mit Be:
wußtjein fi) den fittlihen Inhalt der gegenüber:
ftehenden Autorität aneignet, der Gehorjam fich
in die Hingebung der Liebe verwandelt. Der evan:
gelifhe Gehorfam des Ehriften gilt aljo niemals
dem Individuum, jondern nur dem fittlichen Ge:
alte, welchen dafielbe vertritt. Daher ift Gehor:
* unſtatthaft, wo das Gebot vom göttlichen
Willen ſich entſernt. Dem Geſetz des Staates
ſchuldet der Chriſt Gehorſam, nicht bloß als Rechts⸗
pflicht, ſondern weil daſſelbe ein Ausdruck der big:
herigen Entwickelung der dem Staatsleben zu
Grunde liegenden fittlihen Idee iſt. Den h es
nannten freiwilligen Gehorfam der katholiſchen
Ethik (ber a 2c.), weil er ein Aufgebeñ
Fe Freiheit, d. i. eines der wichtigſten fittlichen
Güter ift, verwirft bie evangeliſche Kirche,
Gehorjam Chriſti
Gehorfam Ehrifti. S. Gendgthuung.
Gehorjam, neuer, wird von der Augsburger
Eonjeifion das legte Stabium der Belehrung ges
nannt, nachdem diefe durch Neue und Glauben
bindurchgegangen ift.
Geibel, Johann. Paftor der reformirten Ge:
meinde in Lübeck feit 1797. Geb. zu Hanau am 1.
April 1776, ift er in weitern Kreifen befannt ge:
worden als Bertheidiger der Rechtgläubigkeit gegen
Neologie und Rationalismus und durch feine Lite:
rariſche Betheiligung an dem Streite feines Soh—
nes, des Paſtors EC. Geibel zu Braunſchweig, feit
1830, mit feiner rationaliftifchen Gemeinde und
ber niederfähfiih:reformirten Synode 1832 zu
Braunſchweig, welcher damit endigte, daß ein her:
zogliches —2* Geibel jun. mit Beibehaltung
feines Gehaltes aus dem Dienfte entließ. + 1853,
— — Schriften zu Lübeck 1832 und
Geier wird im Alten Teftamente unter dem
allgemeinen Namen des Adlers (f. d. Art.) inbe:
griffen. 3. Mof. 11, 14; 5. Mof. 14, 13; Jef. 34,
15 wird aber ber gemeine eier, vultur cinereus,
fpeciell erwähnt.
Geiger, Franz Tiburtius. Geb. 1755 zu Har:
ting bei Regensburg. Erzogen von ben Sefuiten
und Benedictinern, trat er 1772 in den Francis—
canerorden, ftudirte dann in Würzburg und ver:
fah Profeffuren an mehreren Schulen jeines Dr:
dene, bis er 1792 eine theologische Profeſſur in
Luzern erhielt und theologus nuntiaturae wurde.
In diefer Stellung arbeitete er mit Erfolg für die
Belebung des Ultramontanismus, auch durch viele
populäre Gontroversichriften gegen den Broteftan:
tismus, den er nicht einmal wiſſenſchaftlich ver:
ftand. + 1843.
Geiler von Kaiferdberg. Berühmter Prediger
und Volksredner. Geb. 1445 zu Scafihaufen,
wurde er erzogen zu Kaijeröberg bei jeinem Groß—
vater, bezog 1460 die Univerfität Freiburg, ward
bort 1463 doctor artium und hielt Vorlefungen
(1469 decanus facultatis artium). 1471 wandte
er fid) in Bafel zum Studium der Theologie und
ward bafelbft 1476 Dr. und Brofeffor der Theo:
logie. Einen Ruf als Prediger nad) Würzburg
ſchlug er aus, um die durch Peter Schott begrün:
dete ——— am Münſter zu Straßburg an:
zunehmen. + 1510. In feinen Predigten, die er in
deutſcher Sprade und echt voltsthümliher Weiſe
hielt, ſpricht ſich ein ernfter kirchlicher Sinn aus,
der zur Myſtik wohl hinneigt, doch von der Schola-
ftit noch völlig eingenommen ift, wohl das einge:
riffene Berderben in der Kirche beffern möchte,
aber weit entfernt iſt von reformatoriichen Gedan:
fen. Seine Predigten find nicht immer über bibli:
iche Texte, ſondern mehrfach Auslegungen profa=
ner und neuerer Schriften, 3. B. die Predigten
über Sebaftian Brand's Narrenfhiff (Weltfpiegel,
db. i. Predigten über Seb. Brand's Narrenſchiff,
1574) und über Gerfond De monte contempla-
tionis. Ausgewählte Schriften I. Heft herausgege:
ben von Braun, Trier 1858; Seelenparadies, her:
ausgegeben von Biejenthal, 2 Bde., 1842. Bal.
Ammon, ©. v. K., Leben, Lehren und Predigten,
1826.
Geiffel, Johann von. Bi of von Speyer, 1841
Coadjutor des Erzbifchofs Drofte:Bijchering, 1845
ee von Köln, als des letztern Nachfolger. |
1064.
284
Geiſt
—8 S. Leibesſtrafen.
Geißelung war zuerſt eine Disciplinarſtrafe in
den Klöſtern, wurde dann in Nachahmung dei
Leidens Chrifti für uns ein Bußwerk und hurd
Damianus Hauptbeftandtheil der Mönchsaskeſe
ber auch Laien fi unterwarfen.
Geißler, Geißelbrüber, Kreuzbrüder, Loißlen
Brüder, weiße Flagellanten. Die Geißlerfahrten
des Mittelalters, organifirte Gefelfchaften, die
von Ort zu Ort jagen und unter dem Gefange geift:
licher Lieder in Kirchen und auf öffentlichen Plägen
eine wechjelfeitige Geißelung ihrer Glieder veran.
—— find eine Ausgeburt des ſchwärmeriſchen
ufeifers, der durch einzelne Bußprediger, Anto:
nius von Padua, Vincent Ferrer u. U. entzünbet,
gemehrt durch die Noth der Zeit oder die Erwar:
tung deö nahen Weltendes, cpidemienartig daö
ganze Bolt ergriff und nur durch ernfte Maftegeln
der Kirche und des Staates in feine Grenzen zu:
rüdgewiefen werden konnte. Die bedeutenditen
diejer Geiflerfahrten, die ſich auch auf ausorüd:
liche Befehle und Viſionen beriefen, waren 1261
zu Perugia und in Süddeutſchland, 1398—99 im
genueſiſchen Küftengebiete (Bianchi von den lan:
gen weißen Gewändern). Die bebeutendften aber
traten nad) der großen Peſt 1317—49 in Deutid;
land auf, zuerft in Magdeburg und im Elſaß, bis
ige fie verbot und der Papft durd eine
ulle fie unterbrüdte, fo daß fie allmählich ver:
ſchwanden; doch tauchten immer neue Spuren auf.
Nach 1454 murden zu Sangerhaufen mehrer:
Geißler verbranntund die legten 1481 vor Gericht
Hr ©. Förftsmann, die Hriftlihen Geifler:
gejellichaften, Halle 1828; Mohnike, Ueber Geif:
lergeſellſchaften, Ziſchr. für Hift. Theol., 1835;
Heller, Vincent Ferreri, 1830; Schmidt, Lied und
Predigt der Geiler, Stud, und Krit., 1837.
Geift im biblifhen Sinne bedeutet das innere
Lebensprincip des Menfchen im weiteften Sinne,
das, was in uns denft (Ey. 11,5; Jeſ. 29, 24),
aljo was wir im engern Sinne Geift, Verſtand
nennen, was in uns fühlt, trauert, ſich freut,
zürnt, begehrt, was wir Gemüth, Herz nennen (1.
Mof. 41, 8; 45, 27; Pi. 51, 19; 142, 4; ef. 66,
6; Zuc. 1,47; 10,21; 11, 33), ferner mas gut,
Ichlecht, ftolz, demüthig u. ſ. w. ift, d. 5. der Sit
des Moraliihen, des Charakters (Bf. 32, 2; Jet.
25,4; Eʒ. 3,14; Pf. 143, 7; 2. Mof. 6, 9; Spr.
16, 18; ef. 57, 15; Eʒ. 20, 32; Hagg. 7, 14),
felbft da3 finnliche Leben ift davon nicht ausge
Ihloffen, jo daf der „Geiſt“ auch Thieren zuge
Ihrieben wird (1. Mof. 6,7; 7, 15). Alles dad:
jenige gehärt im weiteften Sinne zum Geift, mas
die Subſtanz des Lebens ausmacht, was übrig
bleibt, wenn man das bloß Materielle, den körper:
lichen Stoff vom Begriffe des Menſchen abaieht,
Der Geift fteht alfo im Gegenfat zum Körper,
d.h. genau genommen, nicht zum befeelten Körper,
fondern zum nicht bejeelt gedachten. Wenn der
Geift entweicht, ift der Menfch todt (Zac. 2, 26).
Der Tod ift derjenige Prozeß, durch melden der
Geift den Körper verläßt, wodurch diefer wieder
zur Erde wird, aus der er genommen ift (Pf. 3],
6; 146, 4; Pred. 12, 7; Luc. 23,46; Apjtg.7, 59).
Der Geift ift eine jelbftändige Einheit, ſowie der
Körper ein materielle Conglomerat für fid bil:
det, das freilich zerfällt, wenn der Geift datau⸗
entflieht; er exiftirt auch ohne den Leib und lebt
| fort nach dem Tode (Luc. 8, 55; 24, 37; 1. Bett.
Geiſt
8,19; Hebr. 12, 28). Den Urſprung des Geiſtes
leitet 1, Moſ. 2, 7 von Gott ſelbſt ab, und zwar
ald eine Selbjtmittheilung Gottes, jo daß ber
Menden: und Gotteögeift Ein Wejen mit einan-
der bilden (Apftg. 17,28), jedoch immerhin fo, daß
ber Menfegeng-if als verjelbftändigte Eriftenz zu
nehmen ift, die ſich zu Gott jo oder ander3 zu jtel-
len vermag. Der Pantheismus ift von der bibli⸗
ſchen —e— gänzlich ausgeſchloſſen. Das
Verhältniß des Begrifſes Geiſt zu dem der Seele
(W9J way) beſtimmt ſich fo, daß Geiſt die Tota⸗
lität de3 innern Lebens, namentlich die höhern
Lebenäfunctionen des Denkens, Ahnens, Fühlens,
Wollens umfaßt, Seele dagegen das Princip des
an Lebens, das Snhtem der finnlihen
findungen und Triebe in fich begreift. Da die
Grenze zwiſchen den niedern und höhern Functio—
nen bed Lebens erfahrungömäßig eine di: ſchwan⸗
lende iſt, ſo iſt auch der vollsthümliche Ausdruck
ein ſehr wechſelnder, weshalb im Sprachgebrauche
die Begriffe oft in einander überfließen. S. übri—
—— darüber d. Art. Seele. Eine Dreitheilun
Menſchen in Geiſt, Seele, Leib tritt klar erſt
beim Apoftel Paulus auf, namentlich 1. Theſſ. 5,
23, vgl. aud Hebr. 4, 12. Die Unterjheidung
yroiichen Geift und Seele ift dabei biefelbe, wie fie
eben bezeichnet worden ift, die Unterfcheidung ber
böhern vernünftigen Functionen (voös) von den
niedrigeren finnliden. Daher lommt es, daf ber
Hpoftel die wuzıxod (feeliichen Menſchen) ben
avevuarıxoi (geijtigen) gegenüberjtellen und die
erfteren mit ben sapxıxoi (fleifchlichen) auf dieſelbe
Linie ftellen kann (}. d. Art. Fleifh). In der pau:
liniſchen Anthropologie erhält nun auch der Be:
griff nweuue eine noch fpeciellere Bedeutung. Da-
durch, daß von I ein neues Geiſtleben aus:
ging, daß ein chriſtliches Gemeindeleben entjtand,
defien erfüllendes Element der heil. Geift it mußte
auch für das einzelne Chriftenleben der ‚Geiſt“ ein
neues bedeutungsvolles Princip werden. Der Apo⸗
ftel redet darum von dem Gegenfab der Princi:
pien des Geifteö und des Fleiſches; er meint mit
dem erjten ein Princip der Heiligung im Men:
ichen, welches die ganze Natur des Menſchen durch:
dringen muß und jo in ihm eine neue „pneumas
tiſche“ Natur ſchafft, weldhes einen Kampf führt
gegen die Mächte des Fleiſches, defjen Sieg aber
in Chriſtus verbürgt ift, Röm.8,1 ff.; 1. Kor. 15,
41—46; Gal. 5, 17 ff. In diefem Sinne ift Geift
nicht ganz gleihbebeutend mit Dem oben entwidel:
ten Begriffe, welcher leßtere übrigens auch bei
Paulus (= voog) nicht — er iſt eigentlich der
heilige Geiſt, der in der Gemeinde lebt, und nun
auch ins Perſonenleben übergeht und hier eine
perſönliche Macht bildet. Allerdings iſt der Sitz
diefes Princips mweuue, der menſchliche Geiſt,
ohne daß beide mit einander im Sprachgebrauche
verwechſelt werden können; aber ſtreng genommen
iſt der Geiſt im pauliniſchen Sinne eine objective
Macht, die über die menſchliche Einzelperſon hin—
ausgeht. — Der modernen Wiſſenſchaft iſt na:
mentlid) dad Weſen des Beiftes zu beſtimmen ein
wichtiges Problem. Wir heben unter den Verſuchen Gott oder auch nur eine
namentlich den am ſchärfſten entwidelten von |
Note (Ethit J, $. 29) hervor, welcher den Geift |
285
Geift Gottes
Begriffsbeftimmung definirt den Geift ala Selbſt⸗
bewußtfein, als die Jchheit. Dal. die biblischen
Seelenlehren von Bed und Delitzſch und die Lehr⸗
bücher der biblifchen Theologie. Adermann, Stud.
a Or
eiſt, Orden des heiligen. Ein franzöſiſcher
Drden, von Heinrich) ira gie 31. Der. ul
ftiftet zur Erinnerung an feine Thronbefteigung
zu Afingften (feinem Geburtätage) des Jahrs.
Die Ritter waren zum —— Beſuch der Meſſe,
zu jährlich zweimaliger Communion verpflichtet
und genofjen große Vorrehte. Der König war
Großmeifter, fämmtlihe Prinzen Mitglieder. Die
Revolution hob den Orden auf. Aehnliche welt:
lihe Orden in Neapel Gag und Spanien (1360)
find ebenfalls aufgehoben. — Die NMiffionspriefter
des heil. Geiftes jtiftete 1701 der Abbe Desplaces
für die pain Mr Indien, China und
Afrika. Sie erhielten 1805 die ſtaatliche er
von Neuem, auch 1818—30 einen Staatszuſchu
zu ihren Zweden. — Die Kanoniler des heil. Gei-
jtes find eine 1588 beftätigte Congregation für
den Unterricht, bie zu Höfterlichen Uebungen ver:
pflichtet ift. — Der Orden des heil. Geiltes von
di Sajfia (von dem Hauptfige jeit 1204 eines Ho:
fpitald in Rom fo genannt), ijt urjprünglid ein
Hofpitalsiden, deffen Brüder nad) manden Ber:
änderungen 1700 Clemens XI. in regulirte Chor:
Der ummanbelte. — Den weiblihen Orden bie:
er Hofpitaliter bilden die zahlreihen „weißen
Schweſtern“, die fi) mit Armenpflege und Kin—
dererziehung beſchäftigen. Ein Zweig von ihnen
find die 1244 geftifteten Schweftern des Heil. Gei—
ſtes zu Poligny.
Geiſter. S. Engel, Dämonen.
Geifleögabe, Charisma, nennt das Neue Te:
tament die natürliche Anlage und Begabung, fo:
ern fie, vom Geifte Chrifti geheiligt und entmwidelt,
im Dienite des Reiches Gottes und der Gemeinde
er wirkſam ermeift, 1. Kor. 12,4 ff. Das Auf:
allende und Wunderbare, worin das Charisma
fid) in den erjten Gemeinden oftmals äußerte, ge:
hört nicht zu feinem Weſen, jondern ift durd die
Verhältnifje der Urfprungszeit bedingt. Indem
dies überfehen wurde, fonnte man von einem Auf:
hören der ©. reden. In der fich erft begründenden
Gemeinde erringen ji) die offenbar werdenden G.
die Anerlennung und den Raum für ihre Wirk:
famteit, welche in der geordneten Gemeinde dem
Amte überwiejen wird. Die Vorausjegung der
Amtsübertragung aber ift jedesmal das für die
Führung des Amtes erforderliche Charisma.
Geiflestaufe. Nach der Eintheilung des Tho—
mas von Aquin gibt es eine dreifache Taufe: die
Wafjertaufe, Bluttaufe und Geiftestaufe, welche
beibe legteren die erftere erjegen önnen. Die Geis
ftestaufe (baptismus flaminus) ijt die innere Re:
ung des Gewifjens, welche in Folge der Einwir—
kan des heil. Geistes entfteht.
ei otted. Im Alten Tejtamente wird vom
„Geiste Gottes“ in einer Weife geredet, dab der:
jelbe deutlich getrennt erjcheint vom Begriffe Bott
jelöft, ohne daß damit ein zweites Weſen neben
Fe im trinitarifchen
Sinne bezeichnet werden ſoll. Wie im Menſchen,
jo kann auch hier der Begriff des Geiftes nit an:
definirt als die Einheit des Ideellen und Nealen, | ders gefaßt werden, denn als das Princip aller
als den Gedanken, der zuglei $
Daſein, das zugleich Gedante ift. Die gewöhnliche
und als das | Lebensthätigkeit. Indem das abjolute Weſen Got:
ted an ſich als die unendliche Ruhe der Majeftät
Geiſt, Heil,
ebacht wird, erfheint die geſammte Lebendigkeit
ottes ald etwas von dem Wefen Gottes an fi
unterfchiedenes, ald etwas aus Gott als jelbftän-
diges Princip wirlendes Herausgetretenes, und
da diejelbe Lebendigkeit im Menſchen den Begriff
des Geifted ausmacht, jo hat das Neue Teftament,
wie aud) das Alte Tejtament, wo noch nicht der
Begriff des heiligen Geiftes aufgetreten ift, dafür
die Bezeichnung „Geift Gottes“, Derfelbe ift die
ſchaffende Kraft der Schöpfung, 1. Mof. 1,2; Bi.
38, 6; > 33, 4, der höchſte Verftand und die
höchſte Kraft, Jeſ. 11, 2, die erleuchtende Kraft
der Propheten, Se]. 32, 15; 44, 3; 48, 16; Joel
8, 1.2; nad) 1. Kor. 2, 11 gleichſam das Selbft:
bewußtjein Gottes. Ein neuer Begriff ift derjenige
bes heil. Geiftes; ſ. darüber d. Art. Trinität. Bal.
Kleinert, Zuraltt.Lehrevom Geiſte Öottes, Japrdb.
für d. Theol., 1867.
X heil. S. Geiſt Gottes und Trinität.
Geiſtliche. Das Wort, welches die Reformatoren
vermieden, ift allmählid in die evangelifhe K.r:
—— aus der katholiſchen herübergenommen
und bezeichnet diejenigen, welche der Kirche unmit-
telbar am Wort und
katholiſchen Kirche bildete fich früh, theild durch
Einwirkungen altteftamentliher und jübifcher
Ideen, theild durch die Auffaſſung der Kicche ala
eines Jnftitutes, der Begriff eines vom Bolt ge:
acramente dienen. In der
trennten priefterlichen Klerus (ſ. d. Art.) aus, der
eigentlich allein die Kirche repräfentirte und deſſen
itglieder durch die Weihe einen unauslöſchlichen
Charakter empfingen. Die Reformation verwarf
die beiden Begriffe, welche den Klerus conftituiren,
Weihe und Jurisdiction, und ging einfach auf den
Begriff des Amtes zurüd, Es tam aber nicht zu
einer dogmatifchen Begründung des Amtes, da die
Reformatoren die Stellung des Geiftlichen immer
nur negativ erörterten, d. 5. im Hinblid auf die
gegnerijchen Behauptungen, und jo jehen mir in
den evangeliichen Gemeinſchaften ein Schwanken
von dem völligen Verwerfen eines geiftlihen Am:
tes kei Wiedertäufern, Quälern und Darbyften
bis zu dem faft Fatholifchen Amtäbegriff der Jr:
vingianer und Neulutheraner. Kirchenrechtlich hat
ſich for ohl in der lutherifchen als der reformirten
Kirche in den Geiftlihen ein Lehrjtand gebildet,
in den man durch die Ordination eintritt. Sah
man urjprünglid in demjelben den berufenen
Wächter (lutheriſch) über die Lehre, (reformirt)
über das Leben und die Sitte der Gemeinde, fo
gab es aud) eine Zeit, die in demfelben nur eine
rt höherer Polizeibeamten oder Volkölehrer er:
blidte. Das geiftlihe Amt beruht zuerft auf allge:
meinen —— Geſetzen, wonach jede Gemein:
ſchaft beſtimmter Organe bedarf, durch welche und
in welchen fie wirft (Gemeindeamt); einen gött:
lihen Grund hat aber das Amt, ohne ſich auf eine
bejtimmte Einfegung Chrifti beziehen zu müffen,
darin, daß Gott die Gemeinde und ihren Zweck
und damit das unentbehrlihe Amt gewollt hat.
Wie aber jede Gemeinſchaft in ihren Organen zu:
leid die lebendigen Träger der fie bejeelenden
dee, diefe gegen verkörpert erbliden will, fo
auch hier. Der Geiftliche ift aljo, jeinem Begriffe
nad), die möglichft vollendete nad) aufen hin wir:
ende religiöje Perfönlichteit, jo zu jagen, ein mög:
lichft getreues Abbild Chrifti im Nahmen feiner
Zeit. Gefordert wird daher von ihm außer der
Gelafius IL
feit, Vgl. aber d. Art, Srregularität. Damit begrüns
den ſich die ftrengern Anforderungen, welche in fitt:
licher Beziehung an den Geiftlichen gemacht werden.
ALS der Träger der religiöfen dee ift er der Leis
ter und Führer des gottesdienftlichen Lebens; aber
es ift lediglid) eine Durch die Verhältniſſe bedingte
Frage der Zmedmäßigleit, ob er auch in den an:
dern Beziehungen des Gemeinfchaftslebens, der
Verwaltung und der Verfaffung des Gemeinde:
febens, das einzige oder auch nur das leitende
Drgan fein ſolle. Die gen re Vorrechte deö
geiftlicen Standes, welche, auf dem kanoniſchen
Rechte beruhend, auch in den evangelifchen Län—
dern vom Herlommen bewahrt waren, find mit
Recht in der Neuzeit bis auf einen Heinen Reft
geſchwunden.
Geiſtliche Dramen. An den mittelalterlichen
Gottesdienſt reihen ſich zur Zeit der hohen Feſte,
Weihnachten und Oſtern, ſceniſche Darſtellungen
der heiligen Geſchichte Ber Das er mi-
steres aus ministerium), Der Kreis der Darftel:
lungen erweiterte fid) durch die Legende, der Dri
derjelben blieb nicht die Kirche; jo kam aud) die
Aufführung ſelbſt in die Hände der Laien. Wie
die Kunſtform fich entwidelte, wurde auch die Be:
handlung des Sioffes freier, der Vollshumor dringt
ein und gewinnt in den Faſtnachtsſpielen (sotties,
entremets, interludes) ein eigenthümliches Ter:
rain, während die Moralitäten, d. 5. Stüde, die
einen mehr allegorifch lehrhaften Charakter an ſich
tragen, die urfprüngliche religiös-didaktiſche Ten:
denz beibehielten, der Geift der Zeit aber aud in
diejer Art feine Kritik an der verfallenen Kirche
übte. Wie aus diefen geijtlihen Dramen ſich das
hiſtoriſche Schauspiel und unjere ganze dramatiſche
Literatur entwidelt hat, zu zeigen, gehört meiter
nicht hieher; nur joll der Reſt des eigentligen
geiftlihen Dramas erwähnt werben, ber fid in
den Paſſionsſpielen des Oberammergau (jeit 1634)
erhalten hat. ©. d. Art. Drama. ,
Geiſtliche Sachen. Alles, was unter die geift-
liche Gerichtsbarkeit fällt; im engern und eigent:
lihen Sinne, was fid) bezieht auf Glauben, Lehre,
Sacramente und Guitus,
Geifllige Verwandtſchaft. S. Verwandtſchaft,
Compaternität,
Gelafius I. Bapft 492—496. Der Heilige (18.
Rov.). Er erweiterte die päpftlihe Macht, indem
er in Briefen an Fauftus und an die Bijhöfe von
Dardanien dem Papfte dad Hecht der oberjten
Entſcheidung in religiöfen Dingen, und ohne an
die Autorität der Synoden gebunden zu fein, zu:
jchrieb. Das Schisma mit der morgenländijchen
Kirche konnte er durd) die Synode 495 nicht been»
digen. Er ſchrieb: De duabus in Christo naturis
adv. Eutychen et Nestorium. Dagegen ift das
Decretum de libris recipiendis et non recipiendis
einer fpätern Zeit angehörig. Daffelbe zählt die
——— Schriften des Alien und Neuen Tefta:
ments und die orthoboren Kirhenväter auf, ſowie
die, welche diefen Ruhm nicht rein bewahrt hatten.
Il. 1118-19. Mönd von Montecaffino
(Johann von Gaöta), neben Paſchalis Cardinal
und Kanzler, wurde er von ber Heinrich V. feind:
lichen Partei gewählt. Mit Mühe wurde er der
Gefangenschaft dur Clemens Frangipani von
den Römern entriffen; er floh nad Gaëta, wo er
confecrirt wurde, Heinrich ließ Gregor VIII. als
—
ſpeciellen Berufsbegabung die chriſtliche Perſönlich⸗ Gegenpapſt wählen. Gelafius ſprach zwar den
Geld
Bann über ven Kaifer aus, mußte aber nach Frank⸗
reich flüchten, wo er in Clugny ftarb.
Id. Daß ſchon fehr früh Metall ald Taufch:
mittel benugt worden und daſſelbe nicht bloß ge:
wogen wurde, fondern mit irgend einem eihen
des Werthes verjehen war, zeigt 1. Mof. 23, 16.
Die Einheit des fpätern Münzſyſtems ift der Sefel
(f. d. Art.). 100 Setel gaben 1 Mine, 30 Minen
= 1 Talent = 3000 Selel. Der Setel des Hei:
ligthums hat den doppelten Werth des gemeinen
Seleld. Die älteften uns erhaltenen Münzen find
bie der Maffabäer mit althebräifchen ———
die unterdemlegtenHadmonäer mit griechiſchen ver⸗
taufcht wurden (Antigonus-Münzen). DieSiflos:
Münzen, mit der Bezeichnung der Jahre nad) der
Erlöfung Zions pyu nbnsb, werden in die Jahre
nad den zwei großen römischen Kriegen verlegt.
Enblid) rühren die Simon: Münzen, den vorigen
ähnlidh, von Simon bar Kochba her. Natürlich
galten neben den nationalen Münzen der Juden
aud die ihrer jeweiligen Herren. So werben 1.
Ehr. 29,7 die perſiſchen Darifen erwähnt. Geit
der Malfabäerzeit rechnete man mit griechiſchem
Gelde. Dramen = 6 Dbolen, 4 Dradimen = 2
Doppeldrahmen = 1 Stater = 1 Selel. Bon
römiſchen Münzen kommen vor: der Denar — 1
Drachme, Matth. 22, 19; das As — "/uo—!/ıs
Denar, Matth. 10, 29; Luc. 12,6; der Quadrans
= !/s U8, Matth. 5, 26; Marc, 12, 42. Endlich ift
der Zepton, Marc. 12, 42; Luc. 12, 59; 21, 2, die
Heinfte aller Münzen, gleid) dem halben Duadrans.
Der Werth des Geldes war natürlich wechſelnd.
Anhalt zur Werthbeftimmung geben 1. Mof. 25,
15. 16; 33, 19; 2. Mof. 21, 32; 3. Mof. 5, 15;
2. Chr. 1,17; 2. Saın. 24, 24,
Gellert, Chriftian Fürchtegott. Geb. 1715 zu
Haynichen, ftudirte er in Leipzig 1734 Theologie,
enthielt fi aus Aengftlichleit der Bewerbung um
ein geiftliche® Amt, bezog als Erzieher 1741 die
Univerfität noch einmal, habilitirte ſich ald Docent
1744, ward 1751 a. o. Profeſſor der Dichtkunſt
und Beredfamteit und hielt Borlejungen über
Moral. + 1769. In diefer Stellung hat er als Leh⸗
zer und Schrijtiteller eine außerordentlich ſegens⸗
reihe und meitgreifende Wirlfamleit entfaltet;
feine -aufrichtige Frömmigkeit, feine Anſpruchs—
lofigfeit, feine Güte und Einfiht machten ihn
—— zu einem Beichtvater in den weiteſten
reiſen. Seine geiſtlichen Lieder (wie auch ſeine
Fabeln) find Eigenthum des Volkes geworden.
Ausgabe feiner Werle Leipzig, Weidmannſche
Buchh., 1839. Vgl. Gellertbuch von Ferd. Nau:
mann, Dresden 1854. Seine Gedichte Berlin
1859, geiftl. Oden 1859, Miniaturausg. 1861.
Gelobt fei Jefus Chriſtus ift der in vielen Ge:
genden übliche fatholijhe Gruß, dem die Antwort
wird: in Emigfeit. Sirtus V. verlieh jeder Anwen:
dung befjelben einen fünfzigtägigen Ablaß. Aehn:
lich ıft die Formel bei Auguftin: Christo laudes.
Gelübde ift ein Gott abgelegtes Verſprechen,
wodurch man ſich (nad tömiicher Lehre) zu einem
——— Gute verpflichtet. Die Lehre von
ben Geluͤbden ruht auf der Vorausſetzung der
fogen. evangelifchen Rathſchläge (f. consilia ev.)
und ift daher der Tatholiihen Sittenlehre eigen:
thümlich. Die Scholaftifer und das Decretalenrecht
haben fie bis ind Einzelne ausgebildet. Die Bedin:
gungen der Gültigteit eines Gelübdes find diefelben
287
Gemeinde
wie beim Eid, judicium in vovente, veritas in
mente, justitia in re; es erlijcht durch Gefjation,
wenn der Grund und die Bedingung hinmwegjällt,
durch Irritation, Nichtigkeitserllärung, zu welcher
Derjenige berechtigt iſt, von weldyem der Gelobende
abhängt, durch Gommutation, d. 5. Umwandlung,
und durch Dispenfation, welche bei größern Ges
lübden nur vom Bapfte ausgehen fann. Bon den
Unterfheidungen der Gelübde find hervorzuheben
die Theilung in lebenälänglide und zeitweilige,
in einfache und feierliche, d. h. folche, welche eine
firchliche ——— erhalten haben. Durch die
letzteren wird eine dawider laufende Handlung auch
ro foro externo rechtöungültig und ſtraſbar, was
ei den andern nicht der Fall iſt. Als die höchften
Gelübde gelten die Kloftergelübde des Gehörſams,
der Armuth, der Keuſchheit. Die A il
kennt feine Gott geleiſteten Gelübde, weil es für fie
feine Gott wohlgefälligen Handlungen giebt, zu
denen der Menſch nicht ohnehin verpflichtet wäre,
nur uneigentlid) redet man vom Taufgelübde; fie
fann nur inſoweit ſich mit dem Gelübde beſchaͤſti⸗
gen, al darin Berbindlichleitengegen Andere über:
nommen find, deren Unterlaffung einen Treubrud)
bildet. Freiwillige Uebernahme von Beruföpflich:
ten, 3. ®. bei Diafonifjen, darf mit Gelübden nicht
verwechjelt werden, wenngleich fie in feierlicher
Form gejchähe.
Gelubde bei den Hebräern. Da fie nur vor:
fommen als Berjprehungen für den Fall, daf
SJehova ein Gebet erhöre (1. Mof. 25, 20 f.;
1. Sam. 1,11; 2. Sam. 15, 8 :c.), fo fallen fie
ganz in die Kategorie der Dankopfer. Als pofitive
Gelübde war ihr Gegenftand die Darbringung
einer Gabe (f. Schelamim); alö negative der Ent:
haltung waren es Uebernahmen von Faften oder
des Nafiräats (ſ. d. A.). Das Gelobte mußte er:
füllt werden, aber Jephta's That (Richt. 11, 30f.)
ijt nicht im Geifte des Mofaismus. Auch das Ge:
je fennt Beſchränkungen der Gültigkeit der Ges
lübde (4. Moſ. 30,4 ff.). Das fpätere Judentgum
hat caſuiſtiſch mit feinen Diftinctionen aud die
Gelübde behandelt (vgl. Matth. 15,5; Marc, 7,11).
Das Nafiräatögelübde des Apoſtels Baulus ſteht
im R.T. einzig da; es trägt den Schein einer Zn:
eonjequenz, Die, ftatt der gehofiten guten, nur
übele Folgen gehabt habe; meift aber wird es ge:
jaßt als ein Eriweis der apoſtoliſchen Weilherzig:
feit, mit welcher er den Juden ein Jude wurde,
Gemara. Die eine Terthälfte des Talmud,
der Commentar der Nijchna (j. d. A. Talmud).
Gemblourt, Eine Benedictinerabtei bei Namur,
gejtiftet durch den 5. Guibert oder Wichert,
welche durch Pflege der Wiſſenſchaft ſich auszeich⸗
nete. Ihre Chronik jchrieb Sigebert i030— 1112,
fortgejegt wurde fie von feinem Schüler Anjel:
mus; fie ift Geſchichtsquelle für die Zeit Hein-
richs IV.
Gemeinde bezeichnet im weiteren Sinne bie
Gemeinſchaft aller Derer, die Chriftum als ıhren
Herren anrufen; im engeren und firchenred,tlichen
Sinne die locale organifirte Gemeinihajt als
Glied der Kirche. Standen in der Urzeit die Ge:
meinden jelbftändig neben einander, nur durch das
Band der Yiebe verbunden, fid) jeibjt verwaltend
und regierend, jo ging die Regierung derjelben
und ihre höhere Einheit immer mehr in die Hände
der wachſenden Hierarchie über, weldhe im römi—
jhen Sinne nur alö die vom Papfte durch dein
Gemeinschaft, fittliche 288 Generalſynode
Kirche. Die Alles umfaſſende Gemeinſchaft, welche
zugleich den höchſten ſittlichen Zwed in ſich ſchließt,
it = Reich Gottes. Vgl. Rothe, Ethik, 2. Aufl.,
Gemeinſchaft der Heiligen wird ald Glaubens:
ſatz im dritten Artikel des apoftolifhen Symbols
aufgeführt und von Manchen als Erläuterung des
Wortes Kirche gefaßt. Jedenfalls enthält der Aus—
drud das, mo8 Tonft unter unfichtbarer Kirche ver:
ftanden wird. Zu einer ſcharfen und reinlidhen
Scheidung der Begriffe Kirche und Gemeinſchaft
ber Heiligen hat es aber weder Tatholijche noch
protejtantifche Dogmatif gebracht.
Gemifhte Ehe. S. Che.
Genehmigung, landesherrlide. ©. Placet.
General, ©. Orden.
Generalabfolution ift die Spendung eines
volltommenen Ablafjes, welden der Prieiter den
in Todesgefahr Befindlichen ertheilt, entweder nach
dem Empfang der Sterbefacramente, oder, wenn
dies nicht möyfid war, wenn das vorherige Leben
das Begehren danach wahrſcheinlich macht.
Generalbeichte umfaßt die Sünden des gan—
en vergangenen Lebens. Da die unvollſtändige
ichte die Abſolution unwirkſam macht, fo wie:
derholen ſorgſame Gemüther von Zeit zu Zeit
eine Generalbeichte, um etwa früher Ausgelaffe-
nes nicht länger zu verjchmweigen.
Generalcapitel. Ein Mönchsorden beftand ge-
wöhnlich aus einer geordneten Gliederung von
größeren und Heineren Kreifen. Der Orden jelbft,
defien Haupt der Drdensgeneral ift, umfaßt das
Ganze; ihm gliedern fich ein die Eongregationen
oder die —— Ordensprovinzen, die unter
einem Provinzial ſtanden; dieſen gliedern ſich wie⸗
der die Definitionen ein, an deren Spitze die De:
finitoren ftanden, und diefen wieder die Klöfter,
an deren Spike die Aebte ftanden. Die Defini:
toren und Provinziale traten zur Wahl von Bor:
ftänden oder zu Abänderungen in den Ordensregeln
regelmäßig zufammen, und eine folde Verſamm⸗
[ung wurde Generalcapitel genannt.
eneralconfiflorium, Eine Gentralbehörbe der
lutheriſchen Kirche Frankreichs nad den organi:
chen Artikeln, welche über den Inſpectionen jteht,
und aus geiftlichen und weltlichen Mitgliedern zu:
fammengejegt ift, welche die Regierung ernennt,
zu welchen aus jeder Inſpection ein lebensläng-
lich gewählter weltliher Deputirter hinzutritt. Die
neue Organifation nennt das Generalconfiftorium
Dberconjiftorium und hat den Einfluß der Ne:
gierung noch mehr erhöht.
Generalfeminarien. Um die in den bifchöf:
lichen Seminarien vernadjläffigte wiffenfchaftliche
Bildung derjelben zu fördern, hob Joſeph II. jene
jämmtlid) auf und errichtete 4 Generaljeminarien
timmte Normen, nach welchen fid) der Gemein: | als Staatsinjtitute zu Wien, Peſth, Pavia, Löwen.
ajtöverfehr vollzieht. An diefelbe werden zweier: | Der allgemeine Widerftand des Klerus gegen die
lei Anforderungen erhoben: 1) daß die Indivi— Reformen traf am meiften die Generalfeminarien
Biſchof und den Klerus regierte Heerde erfcheint.
Die evangelifche Kirche fprad im Grundſatz das
Gemeindeprincip aus, d. 5. daß die Gemeinde als
ſolche jelbitändig verfaßt im organifchen Verbande
dem Ganzen ſich einordne und die Kirchengewalt als
in ber Gemeinde beruhend erfannt werde. Allein
in ber Ausführung wirkte das frühere Syftem
nad) als Gonfiftorials und Territorialfyftem, die
Gemeinde wurde verwaltet durch Beamte der
Kirchengewalt. Nur in ber reformirten Kirche fam
ed zu einer Preöbpterialverfafjung, zur Organi:
wor. ber Gemeinde. In den kirchlichen Berfaf-
ungsfragen der Gegenwart madt fi ein Drän⸗
gen auf conjequente Ausbildung des Gemeinde:
princips beutlich erfennbar, mit Vermeidung des
inbepenbentiftifhen Extrems, bei welchem bie
organijhe Verbindung ber Gemeinden unter fi)
— ber Selbſtändigkeit der Einzelnen geopfert
wird.
Gemeinihaft, fittlige. Das wichtigſte Mittel
- ge bes fittlihen Zweckes unter der
enjchheit it ie Gemeinſchaft. Den Gegenjaß zu
berjelben bildet das Individuum. Die Individua—
lität, d. 5. die eigenthümliche Ausprägung PH
ähigleiten bei dem Einzelnen, hat zwar für ſich
chon bie mr und Aufgabe einer gemijlen Er:
llung des fittlihen Zweckes, allein dieje Erfüllung
wird nur eine einfeitige und beſchränkte fein kön:
nen, ba der Einzelne immer nur mit einzelnen
fittlihen Fähigkeiten und mit diefen verhältniß:
mäßig nur ſchwach begabt ift. Abgeſehen davon,
daß die Individualität ſelbſt fich für fih allein
nit einmal zu entfalten im Stande wäre, daß
Kon hiezu Gemeinfhaft nothwendig wird, ift der
ittlihe Aided ein fo unendlicher, dah er auch nur
von einer unendlichen Zahl von Individuen in
unendliher Annäherung erfüllt werden kann.
Darum müffen die Zndividuen ihre Jndividuali-
täten zufammentragen, jo daß daraus eine einheit:
lich arbeitende fittlihe Gefammtperfon entfteht. Sie
find dazu von der Natur ſchon befonderd angelegt
und bejtimmt, und die aus dieſem Zufammentragen
der Individualitäten entftandene Einheit ift die
fittlihe Gemeinſchaft. Der Organismus derjelben
wird jo beſchaffen fein müffen, daß Mittheilen der
Kae Begabungen und Empfangen in unge:
törter harmonifcher Wechſelwirkung zu einander
eben; jeder Einzelne wird feine Individualität
mittheilen und alle Andern werden fi empfan-
gend verhalten, wie jeder Einzelne aud) Alles mit:
empfängt, mas von den Andern allen an fittlichen
Gütern producirt wird. Je mehr Einzelne für den
Zweck der Gemeinfchaft begabt find, deito mehr
werden fie fi auch ini Verhältniß zu den Andern
mittheilend verhalten. In jeder Gemeinſchaft ift
eine Gemeinfhaftsordnung von Nöthen, d. h. be:
duen ſich jchledterdings dem Gemeinfhaftszwed | (f. Franfenberg). Nach Joſephs Tode wurden fie
unterordnen ; 2) daß die Gemeinfchaft die Indivi⸗ 1790 wieder aufgehoben und die Diöcefanfemina:
dualitäten nicht unterdrüdt, fondern fie bewahrt | rien wieber hergeitellt.
und fördert. Beides wird in einer richtigen Ge:| Generalflaaten, S. Holland.
Generalfynode ift im Organismus ber refor:
meinſchaft durch einander bedingt fein. Die wich:
nirten Kirche die ſynodale Verſammlung, welche
tigjten fittlihen Gemeinſchaften find folgende: 1)
Che und Familie; 2) Freundſchaft und gefelliges | aus den Provinzialjynoden hervorgeht und über
Leben; 3) funft: und pt an eig Leben; 4) | denjelben ſteht. Ber ihr und ihrem Ausſchuſſe
die Gemeinſchaft des öffentlichen Lebens (indu: | ftand das eigentliche Kirchenregiment. — Die preu:
itrielles Berfehrsleben u. f. w.); 5) Staat; 6)! ßiſche Generaljygnode von 1946 war eine von
Generalvicar
Friedrich Wilhelm IV. berufene Berfammlung von
bochgeitellten Kirchenbeamten und Bertrauens:»
männern zur Berathung über bie kirchlichen Ber:
faffungsfragen der Zeit. Das von ihr proponirte
rdinationsformular rief eine Menge von Streit:
ſchriften hervor; aber ihre Beſchlüſſe, die nad
feiner Seite hin befriedigten, blieben ohne eigent:
liches Refultat.
Generalvicar. Die Generalvicare find an bie
Stelle der früheren Archidiakonen (f. d. A.) getre:
ten, zur Wahrnehmung der Rechte und Pflichten
der bifchöflihen YJurisdiction, ſoweit diefelben
nicht durch Delegation oder fonft an die Perſon
des Bifchofs gefnüpft find. Der Generalvicar
wird vom Bifchof beftellt, im Unterlafjungsfalle
vom Papſte als apoftolifcher Bicar; feine Amts:
thätigfeit erlifcht zugleich mit der des Biſchofs,
von welhem er jein Mandat befommen. Seine
Jurisdiction ift aber eine jelbftändiae, jo daß von
jeinem Urtheil nicht an den Bifchof, fondern nur
an die höhere Stelle appellirt werden kann.
Generatianismud oder Traducianismus ift die
Lehre, daß die Seele wie der Leib durch die Zeu:
gung von ben Eltern ftamme. Das Entgegengejegte
behauptet der Ereatianismus, der für jedes Andi:
viduum eine Neufchöpfung Gottes jtatuirt. Beide
Anfichten finden ſich unter den Kirchenlehrern ver:
treten, Tertullianund Auguftin erflärten fich zuerft
deutlich für den Generatianismus.
Genefis. ©. Pentateud).
Geneſius. Nach der Legende ein Schaufpieler,
der ſich plötzlich und wahrhaft betehrte, alö er in
einem Bofjenfpiel auf der Bühne die Taufe em:
fing, und wegen feines Belenntnifjes 290 von
Diocletian hingerichtet wurde. Die chronologiſchen
Angaben der Legende find mit der Geſchichte un:
vereinbar.
Genezareih, Ser. Dies ift der gewöhnliche
Name, Xuc. 5, 1u.ö.; 1. Malt. 11, 67 das Waj:
fer Gennefar. Jm A. T. jam Hinnereth, 4. Mof.
34, 11; 5. Mof. 3, 17; Joſ. 18, 27, oder jam Kin:
neroth, Joſ. 12, 3; Hei. 8, 23 das Meer. Meer
von Tiberiad Joh. 21, 1; Galilätfches Meer,
Matth. 15, 29; Marc. 7,31; Job. 6, 1, jekt Bahr
Zabarijeh. Der See, ein Reinigungsbeden des
Jordan, ift nur eine tiefere Einfenfung der Erd:
ipalte, welche von Hasbeya bis an das Todte Meer
In gerader ſüdlicher Richtung hinabreicht, un,
wie die heißen Quellen im Welten, die vielen Erd—
beben, das häufig vorkommende vulfaniihe Ge:
kein, Die zahlreichen Grottenbildungen und Die
Erpharzlager im Norden andeuten, wahrjcheinlic)
auf plutonischem Wege entjtanden. Er führt fü:
bes, Mares, gejundes und kühles Wafjer und ift
ungemein fiſchreich. Seine Geſtalt ift ein etwa 6
Stunden langes und 3 Stunden breites, beinahe
ovales Beten. Rings ift er von hohen Ufern um:
tahmt, die im Weiten 4—500‘, im Dften 800—
1000° vom Wafferjpiegel auffteigen. Diejer jelbft
liegt 201, nad) And. 307, nad) And. gegen 800 ‘
unter dem Mittelländifchen Meere. Die Wafler:
tiefe beträgt 120— 156°. Die durd die Thalöff:
nung einftrömende fältere Gebirgsluft erreat oft
plögliche, jehr heftige Stürme, Matth. 8, 23 ff.;
Marc. 4, 35 ff. ; Luc. 8, 22 fi. — Die Temperatur
iſt jehr mild und gefund. Die Ufer, die einft von
volireihen Orten (Tarihäa, Tiberias, Magdala,
Cherazin, Rapernaum, Bethjaida und Bethjaida
Julias) überdedt und jorgjältig bebaut waren,
289
Genovefaer Chorherren
find jegt fandig und faft kahl, indeffen immer noch
fruchtbar. Bon der landſchaftlichen Schönheit,
welche Joſephus rühmt, ift wenig mehr zu ſehen;
die fteilen, von einzelnen Schludyten Durchbroche:
nen Uferränder jind jegt mit jpärlihem Gras:
wuchje überzogen, und an der Stelle ber alten
Glanzſtädte fieht man nur elende Dörfer mit einer
indolenten, trägen Bevölferung. Die Fifcherei, die
zu Jeſu Zeiten ſchwunghaft betrieben ward, hat
faft ganz aufgehört. Man fieht heute fein einziges
Segel mehr auf dem See, auf welchem Veöpafian
den Bewohnern von Tiberias eine Seeſchlacht
lieferte,
Genf. Eine alte Stadt, von Cäfar als die letzte
der Allobroger erwähnt, fam nad) der Römerzeit
in die Gewalt der Burgunder, 1032 mit Arelate
an das deutjche Rei. Das Chriſtenthum jcheint
im 2. Jahrhundert von Lyon dorthin verpflangt
zu fein; ald erſter Bifchof wird Diogenes 381 an-
egeben. Dem Bisthum übergab 1124 Graf
ymon von Genf feine Rechte über die Stadt,
die von Alterö her bejondere Municipalfreiheiten
bewahrt hatte. Die Herzöge von Savoyen, weldye
feit 1288 die Bicedomei des Bisthums errungen
hatten, trachteten nach der völligen Herrſchaft und
erlangten fie unter dem legten Biſchof Peter de
la Yaume (ſeit 1523); fich jeiner zu erwehren,
ſchloß fit Genf an Bern an, wodurd die Refor—
mation ihren Eingang gewann. Der Bijchof floh
1534 und ſchlug feinen Sit zu Ger, dann zu
Annecy auf, Gegenwärtig ftehen die fehr zahl:
reichen Katholiten Genfs unter dem Bisthum Frei:
burg. ©. aud) Calvin.
Genfer Eonfenfus. S. Consensus,
Gennadius. Gin Presbyter zu Marfeilte, ſchrieb
eine Fortjegung des Werkes des Hieronymus,
De viris illustribus, bis auf feine Zeit (heraus:
gegeben Bafel 1529, Hamburg 1718); von feinen
anderen Schriften ıft nur eine Epistola de fide
erhalten. 7 495.
Gennadins. Patriarch von Conftantinopel,
eigentlich Georgius Scholarius, ein bedeutender
und fruchtbarer theologifcer Schriftiteller der
griechiſchen Kirche. As Abgefandter zur Synode
von Florenz-Ferrara ſprach er für die Union der
beiden Kirchen gegen jeinen wifjenichaftlidhen Geg—
ner Georgius Gemiſtus Pletho. Nach feiner Rück⸗
fehr nach Gonftantinopel bekämpfte er, Durch die
allgemeine Ungunſt bewogen, die Union, wurde
Mönd und 1463 Patriarh. Dem Sultan über:
reichte er ein (oft gedrudtes) Glaubensbelenntnih
und jchrieb außerdem mehrere dogmatifhe Ab:
bandlungen, welche von Gaß herausgegeben find.
Val. Gap, Gennadius und Pletho, 1844.
Genoflenihaften. S. Brüderſchaften.
Genovefa, die Heilige von Paris, geb. 424 zu
Nanterre bei Paris. Durch ein ftrenges asketiſches
Leben, große Wohlthätigfeit, weifen Rath und
Vifionen erwarb fie fi, trog mancher Verleum:
dung, den Ruf der Heiligkeit, den die Legende
durch viele Wundererzählungen begrlindet hat.
Sie ıft die Schußpatronin von Paris.
Genovefaer Chorherren. In der alten Abtei
St. Genovefa führten 1148 zwölf Chorherren aus
St. Victor eine Reform dur. Der durch Franl:
reich verbreitete Orden wurde dann wieder 1614
durch Carl Faure reformirt. Dem Orden, der
fih mit Unterriht und Krankenpflege beſchäf—
tigte, jtand ein General vor. In gr evolution
Genobefan erinnen
war bie Kirche de Ordens der Sit des Jacobiner⸗
clubs.
Genovbefanerinnen oder Miramionen. Die Stif⸗
tung einer Frau Bloſſet 1636 vereinigte ſich 1663
mit einer ähnlichen ver Miramion von 1630 und
bezog 1670 ein eigenes Klofter. Der Orben legt
die einfahen Gelubde ab und ift Werten der Die:
nenden Liebe gewidmet.
Genſerich oder Geiſerich, 428 König der Van:
dalen, eroberte 429-439 Nordafrita und zerjtörte
mit fanatifcher Wuth dort die katholiſche Kirche,
die er ald Arianer haßte. Alser Rom 455 eroberte,
fonnte Leo I. nur erlangen, daß er die Stadt nicht
zerſtöre; die 14tägige Plünderung vermochte er
— + 477.
ntile, Joh. Valentin. Ein Antitrinitarier
aus Cofenza. Als Mitglied deritalienifchen Flücht:
lingögemeinde in Genf unterjchrieb er 1558 das
Glaubensbelenntniß, welches den Antitrinitaris-
mus verwarf, fprad) ji aber trogdem auf ber
Synode zu Pinczow in Polen im Sinne des letz
tern aus. In Genf deshalb verhaftet, widerrief
er, entflob, und wurde in Bern 1566 wegen Wort:
brüdigfeit und wegen feiner Angriffe auf die
Trinität enthauptet.
Gentilineum. Gentiliy bei Paris, feit 878
Eigenthum des Bisthums Paris, war der Ort der
Reihäverfamminng 767, welche mit griechiſchen
und päpftlichen Gefandten über die Fundirung
des Kirchenſtaates in Italien und bie Borenthal:
tung ber Batrimonien, den Bilderfturm und das
Bekenntniß der arianijchen Lehre von der Trini:
tät verhandelte,
Gentillet, Innocenz. Ein franzöfijcher refor-
mirter Rechtägelehrter aus Vienne, der bis 1585
PVräfident des Parlaments von Grenoble war,
ſchrieb Apologia pro christianis Galiis religionis
evangelicae 1578 und Le bureau du concile de
Trente 1586, eine gründlihe Widerlegung des
Concils.
Genügſamleit ift die chriſtliche Tugend Deſſen,
welcher im Glauben an die Liebe der göttlichen
Vorſehung und im Hinblick auf das geiſtige Ziel
des Lebens mit den äußern Berältniffen, wie fie
ihm zugetheilt find, zufrieden ift und nicht Befleres
ehrt
hrt.
Genugthuung Chriſti, die ftellvertretende. Die
Grundlage der firdhlicyen Erlöfungslehre (j. d. U.)
ift die Lehre von der Genugthuung Chrifti (satis-
factio vicaria). Darnach Defteht das Wefentliche
der Erlöfung darin, daß der durch die Sünde verleg:
ten Gerechtigkeit Gottes durch das ftellvertretende
Strafleiden Ehrifti vollfommene Genugthuung ge:
fchehen iſt. Schon das Alte Teftament hat Jeſ. 53
die Idee eines ftellvertretenden Leidens ausgeſpro—
hen, beſtimmter gefchieht dies mit Beziehung auf
das Leiden Chrifti in neuteftamentlichen Stellen,
wie 2. Kor. 5,24; Röm.8,3; 1. Tim. 2,6; 1. Betr,
1,18, In der Theologie der erften Jahrhunderte
tritt die Lehre immer noch in den Hintergrund,
verborgen in den Ausdrüden Opfer, Hohepriefter
und Löjegeld (an den Satan), welde häufig zur
Erläuterung der Erlöfung dienen, bis endlich im
Mittelalter Anſelm von Canterbury die Lehre von
der ftellvertretenden Genugthuung ſcharf und fpe:
eulativentiwidelte (ſ. Erlöfung). Nad) einem Streite
darüber, ob dad Verdienft Chrifti an ſich ſchon
eine überfließende Genugthuung(satist. abundans:
Anjelm, Thomas) begründet habe oder nicht und
290
Gcögraphie, bibliſche
nur von Gott als ſolche angenommen werde (Duns
Seotus; j. Acceptatio), wurde die Anſelmſche
Theorie allgemeine Lehre der Kirche. Nur hat die
fatholifde Kirche in ihrem Intereſſe das ge
nugthuende Verdienſt Chrijti dadurch beichräntt,
daß jie eö nur als ein auf die Erbfünde ſich bezie:
hendes betrachtete (Trid. XIV.), dagegen für die
wirflihen Sünden noch eine eigene Genugthuung
für nöthig fand. Die evangelifche Kirchenlehre
hatte den kirchlichen Satisfactionen des Katho—
licismus gegenüber wieder das alleinige Der:
dienst Chrijti zu behaupten, indem fie ſich im All:
gemeinen an die Anſelmſche Theorie anſchloß.
Ein neues Moment fügte derjelben die Eoncordien:
formel hinzu. Indem fie nämlich das Berdienft
Chriſti erſtens wie biäher auf feinen leidenden Ge—
horſam (obedientia passiva), d. 5. ein jtellver:
tretendes Abbüßen der Schuld dur Chriftus,
gründete, fügte fie dem noch als zweiten Grund
den thätigen Gehorfam (ob. activa) hinzu, d. h.
die vollftändige Erfüllung des Geſetzes durd Chri—
ftuß, welche ebenfalls ftellvertretend für und ge:
leiftet worden ift. Letztere Lehre, weldye jchon von
Töllner (der thätige Gehorfam, 1768) angegrifien
wurde, bat in Philippi (derf. Titel, 1841) einen
Bertheidiger gefunden. Bgl. außer den allgemei-
nen dogmatiſchen Werfen und den Schriften Über
Erlöfung und Berjöhnung: Neid, Ueber die
satisf. vicaria. Stud. u. Krıt.,1844. Fronmüler,
Stud. der Geiftl. Würtembergs, 1845. Ebrard,
die Zehre von der jtellvertretenden Genugthuung
in der h. Schrift begründet, 1857.
Genugthuung Des Menden. Nach der Tate:
(schen Berjöhnungstheorie hat Chriſtus zwar die
ewigen Strafen der Sünde für die Seinigen ge:
tragen, aber nicht die zeitlichen, für welche der ım
Snadenftend befindlihe Menſch ſelbſt Genug:
thuung zu leilten hat. Dieje befteht nad) dem
Tridentinum in der geduldigen Ertragung der
von Gott verhängten Leiden, in freimilligen Bub:
übungen und in Züchtigungen und Strafen, welde
die Kirche ihm auflegt. (Bol. Buße und Ablaf.)
Je tiefer die — — Lehre von der Buße und
der Verſöhnung begriffen wird, daß dieſe ausgeht
von der Liebe Gottes und jene ſich im Selbſtge—
richt und dem Abfterben des alten Menſchen vol:
zieht, um fo mehr muß erfannt werden, daß der
aus dem menſchlichen Rechtsverhältniß entnom:
mene Begriff der Genugthuung auf das Berhält:
niß des Menſchen zu Gott unanwendbar ift.
Geographie, bibliihe. Sie hat zum Gegei:
ftande alle diejenigen Xänder, welche ın der Bibel
und für das Verſtändniß derſelben in Betraät
fommen; zunächſt Baläftina, dann aber aud Me:
jopotamien mit den alten Reichen von Babylon
und Aiiyrien, ferner Berfien, Syrien, Arabien,
Aegypten, die griechiſchen Jnjeln; ferner (Reued
Teitament) Kleinafien, Griehenland, Stalien.
Vgl. Rojenmüller, Bibl. Erd: u. Länderlunde.
Nitter, Erdkunde, 15 Th. Klöden, Landeskunde
von Baläftina, 1817. Karlv. Raumer, Paläftina,
1835, 4. Aufl. 1860. Ruſſel, Baläftina. Aus dem
Engliſchen von Rüder, 1837. Arnold, Baläjtina,
1545. Knobel, die Böltertafel der Genejis, 1850,
Völter, das heilige Yand und das Land der ifrar-
litifhen Wanderung, 1855. Bräm, Iſraels Wan:
derung von Gojen bis zum Sinat, 1859. Unruh,
Zug der Iſraeliten von Aegypten nach Kanaan,
1860. Siarten in den Atlanten von Berghaus,
Geographie, kirchliche
d'Anville und Reichardt, einzelne namentlid von
Kievert, herausg. von Nitter 1842. Zımmermann
(15 Karten), 1850. Rieß 1861. Altmüller, Aegyp-
ten, Sinai, Baläftina, 1861. Adermann u. Wei:
land, Bibelatlas, 1832, 3. Aufl, 1855. SKiepert,
Bibelatlas, 3. Aufl. 1857, 1859. Kitto, Scripture
Lands, 1850. Hughes, Bible maps or a hist.
and descript. Atlas of Ser. geography, 1841.
an de Belde, Map of the holy Land, 1858,
©. ferner Baläftina.
Geographie, kirchliche. Iſt eine vom Stand:
—— eines kirchlichen Intereſſes aus gemachte
eſchreibung der geographiſchen Verhältniſſe, alſo
eine Geographie, welche ftatt der politiſchen die
Grenzen des Chriftlihen und Ni en der
Confeſſionen, der Patriarchate, Diöcelen, Spren:
gel zieht, welche kirchengeſchichtlich wichtige Orte
hervorhebt u. Aehnl. al. den Atlas antiquus
sacer, ecclesiasticus et profanus, coll. in tab.
geogr. Nic. Samsonis. Emend. Clericus 1705.
Möller, —— oder topographiſch⸗ſynchro⸗
niſtiſche Darftellung der Kircheng. in Landkarten,
1822—23. Wittig, Atlas sacer s. ecclesiasti-
cus, 1843,
Georg, Sanct. Der Patron der Ritter und Eng:
lands, joll nach der Legende ein vornehmer Kap:
pabocier gewefen fein und höherer Dffizier im
römiſchen re der bei der Berfolgung unter
Diocletian jeine Stelle niederlegte und als Chrift
den Märtyrertod ftarb 303. Seine Berehrung ift
{ehr alt, ſchon Gonftantin beförderte fie. Da die
eten feines Lebens falſch find, die hiſtoriſche
Perſon Georgs überhaupt unficher und feiı Sinn:
bild der Drache ift, den er erfticht, fo hat die Ver:
muthung viel für fi, St. Georg fei die Chriſtia—
nifirung des perfifchen Mithras, des erften Licht:
eiftes des Ormuzd, welcher den Draden der
Finfternig tödtete.
Georg der Bärtige, Herzog zu Sachſen. Der
Gegner Luthers. Geb. 1471, tam er 1500 zur Re:
gierung und veranjtaltete 1519 die Disputation zu
Leipzig zwischen Ed und Luther, woher fein Wider:
mwille gegen dieſen datirte, der durd) die heftige bei:
berjeitige —— nur gefteigert wurde. In Finem
Lande verfolgte er die Evangelifchen, tröjtete aber
feinen Sohn und fid) jelbit auf dem Sterbebette
mit dem alleinigen Verdienste Chrifti.
Georg der Befenner, oder der Fromme, Mark:
graf von Brandenburg, Ansbach, Sohn Friedrichs
des Alten. Geb. 4. März 1484 zu Duoljbadh, res
gierte 1525— 27 gemeinschaftlich mit feinem Bru—
der Fafimir, dann allein, + 17. Dec. 1545, Be: |
reits 1524 erklärte er fi für die Reformation, |
welche er durch die Vifitationsartifel von 1528, |
die der Brandenburgiichen Kirchenordnung zu
Grunde liegen, in feinem Lande durdführte, auf
Grund der jchon 1526 von feinem Bruder erlafie:
291
Gerbert
u und wurde lutheriſch. Nach ver Tode
des Biſchofs von Merfeburg 1544 übertrug ihm
Morig von Sachſen das Amt des geiftlichen Coad»
jutors, 1545 die Biſchofswürde de Stifts, von
der jedoch das weltliche und obrigkeitliche Amt ge:
trennt war. Die Mühlberger Schlacht verbrängte
ihn; Bischof Michael Helding nahın das Bisthum
an fi. Georg nahm an den Eonferenzen wegen
des Interims Theil, befürwortete das Leipziger In:
terim und ftarb zu Deffau 1553. Sein Leben fchrieb
Camerarius, neu herausg. von Schubert 1854.
Seine lateiniſchen Schriften gab ebenfalls Came:
rarius 1555 heraus, die dentſchen Melanchthon,
7. Aufl. 1741.
Georg von Polenz. Der erfte evangelifche Bi-
ſchof. Geb. 1478, war er Geheimfchreiber Zus
(ius’ II. gewejen, trat dann in den deutfchen Orden
und wurde 1518 Bifchof von Samland. 1523 ent-
ſchied er fi für die Reformation, berief den früs
hern Franciscaner Briimann nad Königäbere,
machte ihn zu feinem Gchülfen, ordnete 1524 die
Predigt in der Landesiprache in allen Kirchen an
und empfahl Luthers Vibelüberfegung ; trat dann
1525 dem Herzog Albrecht die weltliche errſchaft
des Bisthums ab und widmete ji mit Brißmann
bloß der geiftlihen Thätigkeit feines Amts, Ber:
beirathete jih auch und farb nach gejegneter
Wirkffamfeit 1550.
Georg von Trapezunt. Geb. 1396 in Greta,
fam 1420 nad) Italien und gerieth ald Anhänger
der ariftoteliihen Philofophie in einen leiden:
ſchaftlichen Streit mit Beflarion und Bletho, durch
welchen er auch die Gunft des Papftes Nikolaus
verlor. + 1486. Bei großer Gelehrfamteit ver:
tathen feine Arbeiten, namentlich die Ueberjegun:
gen, wenig a aa buche und Treue.
Georgiuß von Laodicea. Ein Kleriker zu Ale:
randrien, wurde als Arianer vom Biſchof Aleran:
der ercommunieirt; denn von feiner Bartei zum
Biſchof von Laodicea gemadt, Tonnte er deren
Conjequenzen nicht folgen und begründete mit
Baſilius von Ancyra vie Partei der Homoiou:
fiaften oder Semiarianer. Er gewann den Kaiſer
Eonftantius für die Befchlüffe der femiarianiichen
Synode von Ancyra 358, welde auf der 3, femia-
rianijchen beitätigt wurden.
Gerar. Die frühere Hauptftadt eines phönizt:
[hen Königreiches (1. Moſ. 20, 2; 26, 1. 26), lag
an der Südgrenze Kanaans in der Nähe eines
bewäfferten Thales (1. Moj. 26, 17), ift das heu-
tige Hirbet:el-Öerar. Bis dahin verfolgte Aſa
die Negypter (2, Chr. 14, 12).
Gerafa. S. Gadara.
Gerberon, Dom. Sabriel. Geb. 1628 zu Et.
Galais in Maine. Trat 1649 in die Mauriner
Congregation, als deren gelehrtes Mitglied er ſich
auszeichnete und ſeit 1675 zu Gorbie lebte. Als
nen Kirchenordnung. Er war 1529 zu Speyer, ; Vertheidiger der päpftlihen Rechte in dem Streite
1530 zu Augsburg unter den erjten evangeliſchen \
Fürſten, und durch Rath und That bei dev Ein: durch die Flucht entziehen. In
über die Negalien mußte er fid der ——
rüſſel 1690 ga
führung der Reformation in Brandenburg feinen : er die Werke des Bajus und eine Geſchichte des
Bettern, wie in Preußen feinem Bruder behülflich. | Janfenismus heraus, wie er früher ſchon 1676
Georg von Anhalt, der Gottjelige. Geb. 13. im janjeniftifd,en Geifte über Brädeftination und
Aug. 1507. Schon 1518 zum Kanonitus in Merfe: | Gnade geichrieben hatte. 1703 verhaftet, wegen
burg ernarnt, bezog er 1519 die Univerfität Leip-⸗ feiner Schriften ercommunicirt, blieb er biß 1710
ig, ward 1524 Prieſter, 1526 Domprobft in im Gefängnis. Die ihm abgejwungenen Erflä:
agdeburg. Sein Scriftitudium, um ſich gegen | rungen widerrief er noch auf dem Todbette.
die neue Lehre zu rüften, hatte unerwarteten Er: | + 1711.
folg; er folgte dem Beifpiel feines Vetters Wolf: ! Gerbert, Bapft, ©. d. Art. — I,
ı
Gerbert
Gerbert, Martin. Geb. 17.0 zu Horb, trat
1736 in den Benedictinerorden, wurde 1764 ge:
fürfteter Abt zu St. Blafien. + 1793. Ein viel:
feitig gebilveter Gelehrter, erwarb er fich einen
Namen durd feine Verle über Geſchichte und
Kirchenmuſik. Unter ihm wurde nad) dem Brande
1768 das Klofter prachtvoll wieder aufgebaut.
Historia nigrae silvae ordinis S. Benedicti,
1783. Codex epistolaris Rudolphi de cantu
‚et musica sacra, 1774.
Gerdes, Daniel. Ein gelehrter reformirter Theo:
loge. Geb. 19. April 1698 zu Bremen, 1724
Paftor zu Wageningen, 1726 Profeſſor der Theo:
logie in Duisburg, 1735 in Gröningen, + 1765.
Berühmt ift feine Historia reformationis, Grön.
1744. Specimen Italiae reformatae, Zeyd. 1765.
Origines evang. inter Salzburgenses, 1733.
Gerechtigkeit (dıxausvrn) ift zunächſt die Tu⸗
gend, welche Tediglih nad) objectivem Maßftabe
urtheilt, ganz abjehend von fubjectiven, der Selbjt:
ſucht angehörenden Triebfedern. Es ift die Tu—
end des Richters, und darum auch eine Eigen:
Schaft des göttlichen Richters (f. Eigenſch. Gottes).
2. Sam. 8, 15; Bj. 33,5; 119, 121; Se. 56,1;
Sprüchw. 16, 12; von Gott: Bi. 7, 13; 31,2;
86, 23. 23; 50,6; 71,2; 89,15; Sef. 41, 10;
45,19; Jer. 9, 24; Apſtg. 17,31; Röm. 2,6 ff.
In weiterer Bedeutung heißt aber Gerechtigkeit
nicht nur dad Beurtheilen, fondern aud) das eigene
Sichrichten nad) objectivem Maßſtabe, ein geſetz—
liches Verhalten, welches unterläßt und erfüllt,
mas das Geſetz verbietet oder will. Da in der
Theofratie das Gejeg feinem Charakter nad) gött:
liches Geſetz iſt, fo bezeichnet Gerechtigkeit zugleich
ein Verhältnik zu Gott, ein Halten feiner Gebote
aus Goͤttesfurcht und Gewiſſenhaftigkeit. Im
A. T. iſt aber dieſes Verhalten die höchſte geſtellte
Aufgabe, weshalb die Gerechtigkeit, der Bedeu:
tung nad) von Gottesfurcht und Frömmigkeit nicht
weit gefdieden, die Cardinaltugend des U. T.'s
ift, fie ift durchaus fein Lediglich moralijches, fon:
bern ein bejtimmt ausgeprägtes religiöſes Ber:
* 5. Moſ. 6,25; 24, 13; 1. Sam. 26, 23;
iob 29, 14; Pſ. 7,9; 11,7; 85, 11; Sprchw
2,9; 16, 8.81; Zeph. 2,3. Einen neuen Inhalt
erhält der Begriff der Gerechtigkeit in den Sprü:
chen Jeſu, namentlich in der Bergpredigt, wo fie
ben dem Reiche Gottes entſprechenden fittlichen
Zuftand bezeicnet. Sie fteht in ſcharfem Gegen:
ja zu der jüdischen Geſetzesgerechtigkeit (Maith.
5,20). Während diefe eine rein formale Gered-
tigleit, die auch gefhichtlich immer formaler wurde,
und darum eine lediglich äußerliche Geſetzescorrect—
heit war, verftand Jeſu dagegen unter der Gerech—
tigfeit eine volllommene ——— eine Geſin—
nung ber Liebe, Herzensreinheit u. ſ. w., Die aus
dem Innern organic fich entfaltet, die ſich vom
Gebot als ſolchem losjagt, und doch die wahre
des Geſetzes iſt. Matth. 5,6. 10; 6,33;
5, 48. An diefen Begriff flieht ſich der paulini«
Ihe an, deſſen Hauptinterefje dahin geht, die Ge:
rechtigkeit auß dem Glauben der aus Werken (dem
Gejege) gegenüberzuftellen. Dem Apoftel ift die
Geregtigleit das Biel aller religiöjen und fitt:
lien Entwidlung; fie erjheint bei ihm vorzugS-
weiſe ald derjenige Zuftand, welchen Gott ver:
langt und welder den Menſchen vor feinen For:
derungen „rechtfertigt“, alfo in er juridiſchem
Sinne. Daher kann die Gerechtigleit von Gott
292
Gerhard
auch „angerechnet werden; d. 5. es Tann ein Zu:
itand, der, wenn auch noch nicht in voller Wirk
lichkeit, Dod) wenigſtens im Princip Gerechtigkeit
ift, als volle Gerechtigkeit von Gott angeſchaut
werden. Diefer Zuftand ift der Glaube, alfo ein
Verhältni zu Chriftus und durch —— u Gott,
und wird von dem Apoſtel „Gerechtigkeit Gottes“
genannt, bei welchem Ausdrud es zweifelhaft fein
lann, ob der Genitiv Subject3- oder Objectögenitiv
ift, ein Verhältniß zu Gott oder den Urjprung von
Gott ausſpricht, weldhen aber Luther dem Sinne
nach gewiß nicht unrichtig als Gerechtigkeit, die
„vor Gott gilt“, überjegt Bat. Ueber den Inhalt
diefer Gerechtigkeit ſ. d. Art. Glauben. Rim. 1,17;
3,21ff.; 4,3.5.25; 10,3; 2. Kor.5,21; BHil.3,9.
Gerestigkeit, urfprünglide (justitia origina-
lis). Ein integrirender Beftandtheil des Begriffes
„Ebenbild Gottes" (f.d.Q.). Die Scholaftit ftellte
die Lehre auf, daß der Menſch in puris naturali-
bus, d. 5. mit natürlichen Anlagen zum Guten
erſchaffen, daß aber zu denſelben noch als fiber:
natürlide Gabe (f.d. A. Gabe) Gottes die voll:
iommene Gerechtigkeit Hinzugetreten fei, daß durch
den Sündenfall die legtere gänzlich verloren, die
erfteren geſchwächt feien. Dagegen F die evan:
gelifche Kirchenlehre die urjprüngliche Geredtig:
feit als eine natürliche, een Eigenföat
des erften Menſchen bejchrieben, welche durd den
——— änzlich verloren ſei.
Gerechtigkeit Chriſti. S. Rechtfertigung.
Gerechtigkeit Gottes. ©. Sigrnfpotien Gottes,
Vgl. aber namentlich hierüber Weiße, die Chrifto:
logie Zuthers, 1852, Anm. c,d,p, S. 111 ff., und
jonft; beſonders: Weiße, pilot, Dogmatit, 8).
1, ©.65) und 9». III; Dieftel, Abhandlung in
Dornersd Zahrblihern, 1869, Bd. V, ©. 173 ff.
Gerechtigkeit Gottes ift nit = Strafgeredhtigkeit,
nit = Justitia distributiva, jondern überall im
Alten und Neuen Teitamente — Gnade, Güte,
und Gnade nicht in dem bloßen Sinne der unver:
dienten Vergebung, jondern als göttliche Kraft,
als ziehender und tragender Strom göttlichen
Lebens,
Gergefa. S. Gadara.
Gerhard, der Heilige. Stammte aus einem
edlen Gejchlechte in der Diöcefe Namur. In Folge
eined Traumgeſichts erbaute er 918 das Kiofter
Brogne, trat danad) ald Mönd zu St. Denis in
Paris ein und führte 928 aud) in Brogne die Be:
nedictinerregel ein. Er reformirte viele Kiöjter
nach diefer Hegel. 7957, und ward von Inno—
cenz II, fanonifirt.
Gerhard, Johann. Geb. 1582 zu Quedlinburg,
erzogen unter dem Einfluffe Arndt, bejog er
1599 die Univerfität Wittenberg, ftudirte anfäng:
lich Medicin, dann Theologie in Jena und War:
burg. 24 Jahre alt ward er Dr. theol. in Jena
und Sunerintendent in Heloburg, von wo er 1615
als Brofeffor der Theologie nach Jena zurüdfehrte.
Unter den damaligen Theologen nimmt er durch
feine Frömmigkeit und Gelehrſamkeit ben eriten
Rang ein, uns im Beſitz des unbedingteften Ber:
trauens der ſächſiſchen Fürjten, hatte er auf
feine geringe Wirkjamteit auf kirchenpolitiſchem
Gebiete, 3. B. als Präfident der Zufammen:
fünfte der fächjischen Theologen. + 1637. Er bil:
det den Mebergang der Arndtfhen Frömmigkeit
zur Orthodoxie in der schola pietatis, und indem
er das Zeugnik des 5. Geiſtes lediglich auf die
Gerhard
Erlenntniß bezieht, da die Schrift Wahrheit jei,
fo daß er die 5. Schrift als einzige Erkenntnißs |
quelle Hinzufiellen beginnt. Seine Hauptwerte
ind: Loci communes theologici, 1609 —1629.
293
Gerichtsbarkeit, geiftliche
Sam. 22,16. 17,2.Sam. 4, 12; 1. Kön. 22, 26
jf. Gellagt wird häufig über parteiifche Nechts-
pflege und Beſtechlichteit der Richter, Der Rechts:
gang tft einfach; das Verfahren münolich, da beide
octrina catholica et evangelica, 1634. Me- | Barteien vor ven Richter erfcheinen, 5. Mof. 1,16;
thodus stud. theol. 1620 und Comment. in!25,8; der Beweis wird durch zwei Zeugen, 5. Mof.
Harmoniam hist. ev. de passione et resurrect.
Ch. 1617.
Gerhard, Paul. Geb. 1606 oder 1607 in Grä-
fenhainichen, 1651 Baftor in Mittenwalbe, 1657
Dialonus an St. Nilolai in Berlin, wurde 1667 ent:
laffen, weil er fih nicht entjchließen konnte zu ver:
ſprechen, in den Eontroveräpredigten gegen Nefor:
mirte bie fcheltende Polemik zu vermeiden, da er
in diefem Berlangen einen verwerfliden Synkre—
tismus fah. 1669 wurde er als Archidialonus nad)
Lübben berufen. +7. Yan. 1675. Seine Lieder,
voll Tieffinn und Ernft, voll Heiterkeit und Hoff:
nung, voll Raturfinn und Glauben, find in ale
Gefangbücder übergegangen, oft fehr verftünmelt
und verändert. Eine Gelammtausgabe veranftal:
tete 3. ©. Ebeling 1667; Wadernagel, Stuttg.
1843, 49, 55.
Gerhard Groot. S. Groot.
ä er ardianer. S. Brüder vom gemeinfamen
eben.
Gerhod oder Gerod von Reicheräberg. Ein
gelehrter Theologe, Gegner Abälards und ber
Scholaftif. DerHildebrandtichen Bartei zugethan,
war e3 fein Hauptanliegen, den Klerus nad) den
Blänen derjelben ;u reformiren und beſonders die
unter dem capitulare Ludwigs d. Fr. verweltlich—
ten u Bei feinem Rigorismus lebte er
daher in fortwährendem Streite und in häufigem
weile der Stellung. Geb. 1093 zu Bolling bei
Weilheim, ward er nach einem Aufenthalt in Hil:
desheim als Domberr und Scholaſtikus nad
Augsburg berufen, zog ſich in das Klofter der
tegulirten Chorherren nad Raitenbud) (Roten:
buch) zurüd. War dann Gehülfe des Biſchofs
Kuno von Regenöburg 1126—1132, in welchem
Jahre ihn Konrad I. zum Probft von Reichers—
vers am Inn machte. + 1169.
ericht, göttliches. S. Auferftehung.
Gerigt und Gerihtsverwaltung bei den He
bräern, In der älterten Zeit verwaltete auch in
Iſrael das Richteramt der Hausvater und Stam:
mesältefte. Bei der theofratifchen Einrichtung des
Volls ging das Gericht aufden in Namen Gottes
leitenden Bropheten Mofes, dann auf Joſua über,
danach auf die Richter und Könige. Schon Moſes
fegte, aber nad) Jethro's Nath, Richter über die
einzelnen (militärijchen) Voltöabtheilungen, 2. Mof.
18, 25 ff.; 5. Mof. 1,5. Diefen fcheinen die Scho:
terim (Schreiber, Auffeher), 5. Mof. 20,5 — 9;
4. Mof. 11,16, zugefellt gewefen zu fein, urfprüng:
ih in Aegypten als Vögte und Aufieher über das
Volt beftellt. In der fpäteren Zeit werden, 5. Moſ.
16, 18, beſondere Richter eingejekt, die aus den
Aelteften genommen find, 5. Mo}. 21, 19; 22, 15;
25, 8, oder unter Zugiehung von Leviten. Nicht
als Obergericht, fondern als dad Tribunal für
jGwierigere Fälle tritt das Gericht zu Jerufalem
ein, dad aus Laien und Brieftern beftand, indem
an der Spike der einen Abtheilung ein weltlicher
Oberrichter war, während bie Briefter unter dem
Vorfig des Hohepriefters ftanden, 5. Mof. 17,9.
12, Die Könige ſprachen daneben in eigener Per:
jon Necht, wobei Kabinetsjuftiz geübt wurde, 1.
-
19, 15, geführt. Die Vollſtreclung des Urtheils
folgt dem Spruche unmittelbar. Beiſpiele des Ver—
ig bietet die Gejhichte Naboth3 und der Su:
anna, Vgl. über die fpätere Zeit d. Art. Synedrium.
‚ Gericptöbarkeit, geiſtliche. Jurisdietio eccle-
siastica, Diefelbe iſt bervorgegangen Aus dem
Schiedögeriht der Gemeinde, 1. 7 af 6,1—7,
welches bald der Biſchof verwaltete. Diefem Ge:
richt fid) zu unterwerfen, war anfänglih Sache
der Freimilligkeit, wurde für die Kleriker bald
Pflicht und aud für die Laien bei Klagen gegen
die Klerifer. Den Klerikern gleichgeftellt wurden
die personae miserabiles, Wittwen, Waifen, Arme.
Weiter wurde bie Gerichtöbarkeit ausgedehnt mit
der wachſenden Macht der Kirche auf die fogen,
fir ae Saden, Ehe, Teftamente, Eidesſachen,
kirchliche Vermögensrechte u. Aehnl. und endlid)
durch die denunciatio evangelica: die Klage, daß
eine Sünde bes —— vorliege, das Gebiet der
lirchlichen Gerichtsbarleit ind Schranlenloſe er:
weitert. Gegen dieſe Eingriffe in die Rechtsſphäre
des Staates erhob ſich eine Reaction zuerſt in
Franfreich unter Philipp dem Schönen, danach
in Deutjchland, und zur Zeit ift diefer Gerichts:
ftand der Geiftlihen und die dinglihe Gericht3-
barkeit allenthalben bis auf die Enticheidung in
Eheſachen aufgehoben. Die evangelifhe Klrche
hat fie nie übernommen, nur die Ehefachen über:
gab fie den Eonfiftorien ald Ehegerichten. Auch
auf dem Gebiete der Strafgerichtsbarkeit machte
die Kirche ihre Macht geltend; anfangs beurtheilte
der Staat die blirgerlihen Vergehen ber Geift:
lien, dann gewährte er Die nt beö Bi:
ſchofs, endlich riß die Kirche au m das alleinige
Urtheil an fi, nicht ohne ftarfen Widerfprud und
ohne daß es ihr gelungen wäre, allenthalben durch-
zubringen. Gegen Laien befchränfte ſich die Straf:
gerichtsbarkeit aufdieeigentlihlichlichen Vergehen
der Häreſie, Apoftafie, Schisma, Blasphemie,
Zauberei, Fleiſchesverbrechen u. a., die der Staat
theild gar nicht, theils inanderer Weife beftraft. Die
erichtäbarkeit wird geiibt vom Biſchof, der einen
Vicar (Official) damit beauftragen, aud) Delegate
als niebere Inſtanz — fann; die Appella⸗
tion vom biſchöſlichen Gericht geht an den Papſt.
Den Beſchwerden wegen der Privilegien ber päpit:
lichen Appellationen half das Tridentinum durch
die Aufftellung ter Brofynodalrichter ald päpftlicher
Delegaten in jeder Diöcefe ab. Die kirchlichen
Strafen, welche Laien und Geiftliche treffen konn:
ten, communes, waren Ercommunication, Inter:
diet, Suspenfion, Gelbftrafen, Züchtigungen und
Gefängniß, dod wurden die legten drei erſt jpäter
egen Kleriker angewendet; die diefen allein be:
timmten find Suspenfion, Irregularität, Depo:
ition, Degrabation. In der evangelifhen Kirche
verliert fi) die Strafgerichtsbarkeit in die Kirchen—
sucht, und hört daher, gegen Laien gewendet, gänz:
lich auf. Die Disciplin über die Geiſtlichen fteht bei
den Conſiſtorien; wo Synodalverfaffung herrfcht,
in eriter Inftanz bei der Synode. Die vorlommen:
den Strafen find Verweis, Ordnungsſtrafen, Su3:
penfion, Amtsentlaffung mit und ohne Benfton,
Gerichtshof, geijtlicher
Gerichtshof,
palis u, d. vor.
Gerlad, Dito von. Geb. 1801 in Berlin, ftu:
dirte er zuerft Jura, 1820 Theologie, habilitirte
fi) 1828 als Privatdocent in Berlin, nahm 1834
das Baftorat an Elifabeth an, wurde Eonfiftorial:
vath, 1847 Hof: und Domprebiger, + 1849. Aus:
ezeichnet als praftifher Geiftliher und durch
Peine Bemühungen auf dem Gebiete der Armen:
pflege und.der Seelforge, wozu ihn eine Reife
nad) England 1842 noch mehr anfeuerte, auf wels
der er —— Einrichtungen kennen iernte, iſt
er durch Stellung und Richtung auf die Entwide:
fung der a pie Kirche nicht minder von Ein:
fluß geweſen. Er gab durch feine Weigerung, Ge:
ſchiedene wieder zu trauen, den Anftoß zu einer
nod) nicht abgeſchloſſenen Bewegung, und vertheir
digte damit praktiſch den aefährliden Sat, die
rivatüberzeugung des Geiftlihen jtehe über dem
eſetz. Er gab heraus Ueberjegungen von Bazter;
Auswahl aus Luthers Schriften und: die h. Schrift
mik Einleitungen und erllärenden Anmerkungen.
Germainsen-Laye, Saint, Der Friede vom 8.
Auguft 1570 beemdigte den dritten franzöſiſchen
Religionäkrieg. Er allem den Reformirten
außer Amnejtie und Gewiſſensfreiheit das Recht
des Gottesdienftes in allen Orten, wo fie es am
1. Auguſt befaßen, auf den Schlöffern deö Adels
und in zwei Städten eines jeden Souvernements;
außerdem auf zwei Jahre die Sicherheitäpläte
La Rochelle, Montauban, Cognac, La Charite.
Nach zwei Jahren folgte dem ewigen Frieden die
Bluthochzeit.
Germanuß oon Auyerre, Geb. 380, war rö⸗
mijcher Kriegsoberſter und wurde, obwohl verhei:
rathet, durd) Ueberrafhung vom Biſchof Amator
zum Briefter geweiht und zu jeinem Nachfolger
beftimmt; er trat fein Amt 418 an. Nach Eng:
land Yale überwand er die dortigen Pelcgia-
geifliger, ©. Audientia episco-
rt.
ner, Zwiſchen den wegen des Steuerbruds auf:
tändiſchen Acmorilern und Kaiſer Balentinian
uchte er, freilich vergebens, Frieden zu ftifien,
aber jein Verhalten dabei, jowie feine ftrenge As—
fefe, erwarben ihm den Namen des Heiligen. F zu
Ravenna 448.
rmanus bon Paris. Geb. 4°6 bei Autun,
war Abt dafelbft und Bifchof von Paris. Erbaute
die nad) ihm genannte Kirche St. Germain des
Proͤs, dem h. Vincentius zu Ehren. Die Nefte
des Heidenthums fuchte er durd) eigenes Vorbild
ftrenger Sittenzucht und durd) Die Synode zu Paris
657 auszurotten. In dem Streit der Königinnen
Brunhilde und Fredegunde hatte er einen harten
Stand, jo unerjhroden er aud gegen König Cha: |
— die Kirchenzucht ausgeübt hatte. + 23. Mai
76.
Gernler, Lucas, Geb. 1625 zu Baſel, 1649
dort Gemeinhelfer, 1653 zweiter, 1656 erfter
Pfarrer und Antifies; Dr. theol. und Profeſſor.
treng orthoboy reformirt, ſchrieb er mit Buxtorff
und Wettjtein den Syllabus controversiarum als
Handbuch für Studirende, und verfahte den erjten
Entwurf zu der helvetiſchen Conſenſusformel 1671.
+ 1675.
Gerod. S. Gerhoch.
Gerrener. 2. Matt. 13, 24. Ihren Wohnort
ſuchte man in Tepga am perſiſchen Meerbuſen.
Srotius und Winer haben r« Tepga zwiſchen Be:
luſium und Rhinocolura ald gemeint nachgewieſen.
|
|
294
— en — — — ———— — — —
Gertrud
Gerſchom ben Jehudah. Ein berüühmter Rab:
biner des 11. Jahrhunderts, + 1028 oder 1050,
Erflärte die Leviratsehe für unverträglicy mit der
Monogamie, fo daß fıe völlig abgeſchafft wurde,
Eeine Bearbeitungen des Talmub find verloren.
‚ Gerfon, Doctor christianissimus, Jean Char:
lier. Geb. zu Gerfon im Departement der Ar:
dennen am 14. December 1363. Daß ältefte von
12 lindern feiner Neltern. Bezog 1377 die Unis
verfität Paris; 1381 Licentiat der Künfte, ſtu—
birte er unter d'Ailly Theologie und begleitete
1387 die Geſandtſchaft der Univerfität an den
päpſtlichen Hof zu Avignon, wo ihm ein Einblid
indie Zuftände der Kirche wurde. 1392 Dr. theol,,
ward er nad) d'Ailly's Entlaffung Kanzler der Ba:
rifer Univerfität und Kirche, und Decan von
Brügge, 1408 Pfarrer zu St. Jean en Greve.
Gerſons Tirhenpolitifche Thätigfeit wurde durch
das Schisma und die Coneilien zu Pifa 1409 und
zu Baſel 1413 wadgerufen. In Schriften und
Reden unterwarf er die Gebrechen der Kirche, die
lg Mängel des Klerus, die Laſter der Bäpite
einer Kritit und begründete feine Sätze von der
Vertretung der Kirche durch das Concil, der Unter:
ordnung des Papftes unter daffelbe und ber Noth:
wendigkeit, dem Schigma ein Ende zu machen, in:
dem man beide Päpfte abfege. Seinen ftrengen
Katholicismus bewies feine Verurtheilung des
Huß, aber im Intereffe der Frömmigkeit verthei:
digte er die Brüder des gemeinfamen Lebens und
belümpfte die falfche Religiofität der Mönche wie
ber Flagellanten. Der Erfolg des Concils fonnte
ihn wenig befriedigen. Da ihm die Feindichaft
des Herzogs von Burgund die Rückkehr nad
Frankreich unmöglid machte, fo hielt er ſich Bis zu
deſſen Tod: 1414 in — auf, und zog ſich
dann in das Cöleſtinerkloſter zu Lyon zurüd, dej-
fen Brior fein Bruder war; häufig Heine finder
im Chriftenthum unterrichtend, + 1429, Ms
Theologe folgte Gerfon einer myftifchen Richtung,
bie aber fireng alles Be Be der deutſchen
Myſtik vernied, und das Weſen der Religion in
die duch Beihaulichleit genährte Liebe jeßte,
welche den Willen des Menfchen mit Gott vereine.
Bon a NE Örundlare des Nominaliämus
ausgehend, ijt die Behandlung feiner myſtiſchen
Theologie eine durchaus fcholaftifche. Unter feinen
zahlreihen Werken finden ſich viele erbaulicher
Ratur. In Franlreih jchreibt man ihm aud bie
Autorjchaft der Ei Chrifti zu. gl. Jeep,
Gerson, Wiclefus, Hussus inter se comp., 1857,
Gerjoniter. Eins der drei Gefchlechter der Le:
viten, 1. Mof. 46, 11; 2. Mof. 6, 16. Sie hatten
die Teppiche, Deden und Umhänge des Heilig:
thums auf dem Zuge zu tragen.
Gerfle wurde in Paläftına viel gebaut und
diente der geringern und ärmeren Boltstlaffe ftatt
des Weizens; als Dpfer durfte fie außer beim
Eiferopfer (4. Mof. 5, 15 ff.) nicht verwandt wer:
den. Nach rabbinijchen Andeutungen foll von den
alten Hebräern aud ein beraujchendes Getränk
(j.d. Art. —— aus Gerſte bereitet worden fein.
Geſäet wurde die Gerfte entweder im Monat Var:
chejoan (November) odererjt im Schebat und Adar,
aljo bis in den Februar. Die Erndte fiel in den
Abib oder Nijan, als die erjte von den Feldfrüchten.
Gertrud, die Heilive. Geb. 626. Tochter Pi:
pins von Landen; trat in dad Klofter Nyvel,
deſſen Aebtiſſin fie wurde. + 659.
Gertrubis
Gertrudis, die Heilige. 1222—1292. Geb. zu
Eiäleben. Schweiter der h. Mectildis, war 1294
Yebtiffin zu Rodalsdorf und zu Helvelfudt. Den
Ruf befonderer Heiligkeit erlangte fie durch efitati:
ſche Bifionen, welde der Karthäujer Lanspergius
(t 1559) berausgab.
Gervafinus und Protafius nennt Ambrofius,
der ihre Öebeine auffand 356, die erften Märtyrer
Mailands. Ihre Geſchichte ift nicht befannt und
ihr Tod in Nero’3 oder Diocletians Zeit zu ſetzen.
Gervafins. Von Geburt ein Engländer, Abt zu
Beauvais 1195, ward 1206 Prämonftratenjer:
— f 1228. Verfaßte Commentare über bie
einen Propheten und die Pſalmen.
Geſalbter. S. d. Art. Meſſias.
Geſang, kirchlicher. War im alten jüdiſchen
Gottesdienſte das Pſalmſingen ein weſentlicher
Beſtandtheil, fo konnte auch in den erſten Anfän—⸗
gen des chriſtlichen Gottesdienſtes dieſes wichtige
Element nicht fehlen (Eph. 5, 19). Die Pſalmodie
fonnte aber noch nicht als eigentlicher Gefang be:
trachtet werben, da fie ohne Zweifel den Charakter
eines melodielofen, eintönigen Recitirend an fid)
trug. Almähli mußte fi) das Bedürfniß nad)
wirklichen kirchlichen Meiodien regen, um fo mehr
als die Ketzer damit fehr wirtfam aufgetreten wa:
sen. Hatte der von Antiohien ausgehende Wed):
felgefang (Antiphonien), an meldem fid) aud) bie
Gemeinde betheiligte, ſchon etwas Lebendigeres,
fo war es im Abendlande namentlich Ambrofius,
welcher diefem Gefange eine beweglichere, melo:
diöjere Öeftalt gab. Dagegen trat aber bald im
hierarchiſchen Bemwußtfein der Zeit eine Reaction
auf, welche ſich ſchon in Hieronymus zeigt, in Gre:
gor d. Gr. aber den Sieg Davonträgt, welche den mes
lodifchen, voltäthümlichen Ambroyianifchen Gefang
als unkirchlich empfand, das Singen dem Prieſter
altein ald Recht zuerfannte und dazu das alte
Pſalmodiren, weldjed außer am Anfang und am
Schlufſe feine Hebungen und Senfungen, ebenfo:
mwenig einen feſten mathematifchen Talt fannte,
als allein würdig auserwähle. Der Gregorianifde
Gejang (Cantus Romanus, Choralgefang) wurde
ber PBrieftergefang der römischen Kirche. Für bie
Ausbildung des Gejanges wurde viel gethan;
Gregor errichtete eine Gefangichule in Rom, und
erfand eine Art Noten, die jog. Neumen, zur fchrift:
lihen Firirung der Gefänge. Aber der Gregoria-
niſche Geſang fonnte feine monotone Einfachheit
nicht fange —— Von ſelbſt nahm er einen
belebteren Charalter an, indem ſich an den Grund:
ton (cantus firmus) weitere Töne wie Berzierun:
gen (figurae; daher figurirter Gefang) anlegten;
indem ferner an gemwifien Schlußftellen, wie beim ſprliche der Bibel kamen auf; in Anbr.
295
Geſang, kirchlicher
tüchtige Meiſter gefunden. Hervorragende Com⸗
poniſten des 16. Jahrhunderts find die Rieder:
länder Wilhelm Dufay, Joh. Ockenheim, der Fran:
oje Josquin des Pr&s und der Deutfche Adam von
Fulda. Bon großer Bedeutung ift die Entftehung
des tirchlichen Vollsgeſangs. Aufden Prozefjionen
uchte fich die Sangluft des Volkes durch die häu⸗—
ge Wiederholung des ihm als Refponjorium zu:
fommenden Kyrie eleyson, dann durch zu diefem
befondern Zweck gedichtete Reime, deren regelmä-
Biger Schluß das eleyson (daher Leifen genannt)
war, zu befriedigen. Die Leifen, deren Melodien
meift Uebertragungen meltliher Volksmelodien
waren, bilden den Anfang des deutſchen Kirchen:
liedes und finden ihre Fortjegung und Ausbildung
im lutheriſchen Kirchenliede. Mit diefem tritt der
Gemeindegefang zum erften Mal in feine volle
Blüthe ein, indem fi) aud) auf dieſem Gebiete das
Princip der Reformation geltend machte. Die
Grundftimme, welche von der Gemeinde gefungen
wurde, war der Tenor, welchem fich alsdann
bie übrigen Stimmen des mehritimmigen Chores
anlegten. Obwohl ein Gegenjag zu dem ern
Choralgejang, behielt der neue Kirchengeſang troß:
dem diefen Namen bei. Ausgezeichnete Tonfeger
für das Iutherifhe Lied waren: Georg Rhaw
(Cantor in Leipzig), Hans Walther (Kapellmeifter
in Wittenberg), Ludwig Senfel, Martin Agricola,
Sirt. Dieterih, Joh. Kugelmann, Nik. Hermann,
Hans Leo Hafler, in der zweiten Hälfte bed 16,
Jahrhunderts Jalob und Hieronymus Peätorius,
David Scheidemann, Joahim Deder (alle vier in
Hamburg, gaben 1604 ein M:lodienbuch her
aus), Johann Edart (Kapellmeijter in Berlin, +
1611), welcher die Grundftimme in den Sopran
verlegte, der bedeutendſte Joachim von Burgk
—— in Mühlhaufen, + 1596); ferner im An:
chluß an diefe im 17. Jahrhundert: Melch. Buls
pius (in Weimar, + 1616), Michael Prätorius
tg Kapellmeiiter, + 1621), Joh. Sto:
bäus (in Königäberg); ferner Dichter und Com:
voniften zugleich: Nitolaus Sclneder (1592) und
Pilipp Nikolai (+ 1608); mit ſchon fließenderen
Formen: Joh. Crüger (Cantor an der Nikolais
fiche in Berlin, + 1662), der bedeutendfte im 17,
Jahrhundert; Jak. Hintze (in Berlin, + 1695),
Joh. Ebeling (in Berlin, Gomponift der Gerhardt:
ſchen Lieder), Joh. Schop (in Hamburg, + 1660).
Eine weltlic moderne Art dringt in der Mitte des
17. Jahrhunderts in die Kirchenmuſik ein ; geifts
liche Eoncerte (Heinrih Schüg, Symphoniae sa-
crae, 1629),am vollendetiten bei Job. Nojenmüller
in Wolfenbüttel + 1686), über einzelne Aus-
mmer:
Halleluja in der Meſſe, die freibildende Phantafie ſchmidt (in Zittau + 1675) fucht fich eine Renction
zu erfegen fuchte, was der eintönige Choralaefang | vom kirchlichen Standpunkte dagegen geltend zu
entbehren ließ. Anfangs nur melodiſches Aus:
fingen der Schlußiyibe, hatte Notter Balbulus
durch Einführung eigener Terte dieſes Ausfingen
zu einer befonderen Geſangesart ausgebildet (Se:
quenzen, Proſen). Zugleich hatte die theoretiſche
Fortbildung in dem flandrifhen Mönche Huchald
(t 80), welcher den jog. Gontrapunft, d. h. das
harmonische Zujammenklingen zweier oder auch
noch mehrerer Töne zu einem Accord, erfunden
haben fol, in den Cluniacenſer Odo und dem
italieniſchen Mönche Guido von Arezzo, dem Er:
finder des gegenwärtigen Noteniyftems, und |der Pietismus und namentlich
'maden. Die beliebte Gejtalt des Kirchenliedes
wird jet der Arienftyl aus der italienifhen Oper,
deſſen Einführung dem Dresdener Organijten
Heinrich Albert (F 1668) und deffen Ausbildung
Rud. Ahle (Bürgermeiiterin — 7 1678),
Peter Sohr (Lehrer in Elbing) u. X. zu;uerlennen
ift, Der Charakter der Arie (für eine Stimme)
ging bald aud wieder in den Gemeindegejang
über, aber die Blüthe des eigentlihen Kirchen:
gefanges war vorüber. Die moderne Opernſing⸗
weiſe drang immer mehr aud) in die Kirche ein,
Herrnhutismus
Franco von Köln, dem Erfinder des Taltmaßes, (Freylinghauſen, Geſangbuch 1704, „Halleſche
Gejangbücher
Melodien") fand feinen Gefhmad an tanzartigen,
tändelnden Melodien. Die beiten dieſer Richtung
find außer Freylinghaufen Anorr von Rofenroth,
Adam Dreje, Chr. Fr. Richter, Georg Reuß, Hille
u. A. Die rationaliftische Periode mit ihrer Sen:
timentalität einerfeits und poefielojen Aufklärung
anderjeit3 trug nicht dazu bei, die Kraft und den
rhythmiſchen Schwung des alten Kirchenliedes zu
erhalten. Dagegen erreichte der Kunftgefang in
Sohann Sebaftian Bad) und Georg Friedrich Hän—
dei (f. diefe Art.) in der Mitte des 18. Jahrhuns
dertö eine in der evangelifchen Kirche unerreichte
Höhe. — In der latholiſchen Kirche hatte ſchon in
der Reformationäperiode die Kunfimufil aus *
ber Verderbniß, gegen welche das Tridentiner Con—
cil lebhaft anfämpfte, durch Palefirina (F 1594)
eine großartige, durch einfadhe Würde ausgezeich:
nete Richtung angenommen, vepräjentirt außer
dem Gründer durch den Italiener Gregor Allegri
(+ 1652; ausgezeichnet durch fein Miserere) und
den Niederländer Drlandus Lafjus (+ 1594). Der
Opernſtyl aber, der bald darauf in die Kirchen:
— eindrang, verweichlichte im 18. Jahrhundert
dieſe mehr und mehr. Als neue großartigſte Schö—
pfung auf dem Gebiete der Kunſtmuſik find jedoch
zu nennen die Werfederan der Schwelle des vorigen
und in der erjten Hälfte unferes Jahrhunderts jte:
nden Meifter Mozart (+ 1791 ; Requiem) ; Haydn
1809; fieben Worte; Schöpfung); Beethoven
1827); Mendelsjohn (+ 1847; Baulus, Elias).
Sr beiden Kirchen iſt in neuerer Zeit der Sinn
für die alten Schöpfungen kirchlicher Tontunft
wieder erwacht; und man ift mit Wiedereinfüh:
rung bed Alten nur vieljad) zumweit gegangen. In
der evangelifchen Kirche wurde in den legten Jahr:
zehnten lebhaft über die Wiedereinführung der
früheren rhythmiſchen Singweije geftritten. Vgl.
orkel, Allg. Geſchichte ver Muſik, 1790. Kraußold,
andbud zum Kirchen- und Choralgejang,
rl. 1855. Häufer, Geſch. des chriſtlichen Kirchen:
gejangs, Quedlinb. 1834. C. von Winterfeld, der
ev. Kirchengefang, 3 Boe., 1847. Zur Geſchichte
heil. Tontunft, 1850. Armlnecht, die heil. Pal:
mobdie, 1855.
Geſangbücher. S. Kirchenlied.
Geſchenke jind nach allgemeiner morgenländi—
ſcher Sitte Beweiſe der Unterwürfigleit gegen
Höhere und beſtanden in Geld, Waflen, Kleidern,
Schmuck und Nahrungsmitteln. Ebenſo dienten
fie als Ehrenerweilungen gegen rap 95° 1, Mof.
45, 22, Efih. 8, 15. Gegenfeitige Geſchenle auf
Beranlaffung allgemeiner freude werden erwähnt
Eſth. 9, 19.22. Daß aber mit Gefchenlen aud
auf den Urtheilöfpruc der Richter eingewirtt
wurde, zeigen 2, Mof. 23,6; Bi. 15, 5; Jeſ.
1, 23; 5, 23; 33, 15.
Geſchichte, bibliſche. Von zufanmenhängenden
Bearbeitungen des hiftorifchen Stoffes der bibli:
ſchen Bücher ift die ältefte Jofephus, Antiquitates
Judaicae, Die neuteftamentliche Geſchichte bearbei:
teten zuerjt die Evangelienharmonien des Tatian
und Ammonius von Aleraudria, und poetifch der
Dichter Juvencus (De hist. evang. lib. ILL). Aus
dem Mittelalter jind zu nennen die Historia scho-
lastica des Petrus Comeſtor (+ 1198), und Gerſons
Monotessaron, daneben Difrieds Evangelienhar:
monie und der Heliand; endlich das Leben Chrifli
von Ludolph de Saronia. Seit der Reſormation
erſchien manche biblische Gejchichte, die meiiten jür
296
Geſellſchaftsinſeln
asletiſche Zwecke oder für die Schuljugend be—
ſtimmt. Wiſſenſchaftliche oder doch gelehrte Dar—
ſtellungen der bibliſchen Geſchichte in der Neuzeit
find: Ewald, Geſchichte des Bolfes Iſrael (f. d.
Art. Ewald), Kurz, Geſchichte d. A. B., Berlin
1853. 1855 (unvollendet), M. Dunder, Geſch. des
Alterthums, Bd. I, Weber und Holgmann, Ges
ſchichte des Volkes Iſrael, 1867.
Geſchlechtsregiſter. Die politifche und recht:
lihe Berfafjung Iſraels ruht auf der Stammes:
und Familiengliederung; deshalb und weil das
religiöje und nationale Xeben enge zufammenbhing,
erhielten die Gejchlechtöregifter eine große Bedeu:
tung. Sie bildeten den feiten Halt für die ——
fienfige und die geſchichtliche Tradition (die Bücher
ber ©. Toledot), wie auf der anderen Seite die
Ueberlieferung geichichtlicher Erinnerungen fi in
die Form von Gefchlechtäregiftern Heidete. Dies
gilt namentlih von den Gejchlechtäregiftern der
vorgeihichtlichen Zeit, der Bölfertafel, dem Ge:
ſchlechtsregiſter der Rachlommen Adams, und dem
des Abraham. Im N. T. geben Matthäus und
Lucas ein Geſchlechtsregiſter Jeſu, der Eine nad)
der Sieben: und Dreizahl die Gefchlechter ordnend
und bis auf Abraham zurüdgehend, der Andere in
paulinifchem Sinne das Regijter bis auf Adam
zurüdführend. Die Bemühungen, diejelben mit
einander in Uebereinſtimmung zu bringen, feinen
vergeblih. Die Annahme, Matthäus gebe das
Geſchlechtsregiſter Joſephs, Lucas das der Maria,
widerjpriht dem Wortlaute. Bol. Wiefeler,
Stud. u. Krit., 1845. Riggenbach, ebenda 1856.
Köftlin, Urfpr. d. fon. Ev., ©. 30. Hilgenfeld,
Evang., ©. 46.
Geidloffene Zeit. S. Tempus clausum.
Gejellenvereine. Das Latholiihe Abbild ber
evangeliichen Jünglingsvereine. Sie wurden ins
Leben gerufen durch den Kaplan Kolping 1846.
Val. Bojen, Kolpings Gefellenverein in feiner jo:
cialen Bedeutung, Frankf. 1866.
Geſellſchaft Des heiligen Herzens Jen. Eine
ortjegung der Jeſuiten, geftiftet 1794 durch
bbe Charles de Broglie und Abbe Tournelly,
der zuerit als Oberer an die Spige trat, Bon
Löwen ging die Geſellſchaft in Folge der poli:
tiihen Ereignifje nad) Augsburg, dann nad)
Wien, und vereinigte fi 1799 mit den Paccana:
riſten, einer anderen Fortſetzung des Sefuiten:
ordens. Die Synode von len erllärte ſich
gegen fie. Eine weibliche Genoſſenſchaft deſſelben
Namens ftiftete 1800 zu Paris die Denwijelte
Barat. Leo XII. beftätigte fie 1826. Die Gejel-
ſchaft befaßt fi mit der Erziehung der Jugend
und hat ihre Anjtalten in allen europäiſchen Staa:
ten, in Afrila und Amerila.
Geſellſchaftsinſeln. Die Milfion auf venjelben
ift von England geleitet und 1791 begonnen. Ab:
geihredt von den Schwierigkeiten, verließen die
meiſten Miffionare den Poſten wieder. Als Notts
Beharrlichleit anfing Erfolge zu gewinnen, wurde
er mit dem König Pomare IL. in einem Aufftand
nad) Eimeo vertrieben, bald aber zurüdberufen.
In einer Erwedung erhielt das Chriſtenthum Zus
wachs, und nad einem Siege deö Königs über
eine Verſchwörung der heidniſchen Gegner 1815
war der Beftand der chriſtlichen Kirche gefichert.
1836 begannen die Fatholifchen Miffionare ihre
Thätigfeit auf Tahiti; Wegweifung derjelben von
der Inſel rief die franzöfiihe Einmiſchung hervor.
Gejellfhaitsrecht der Kirche
Obgleich die Königin ſich unter dad Protectorat
Franfreichö jtellen und den katholiſchen Mijfiona:
ren * ung gewähren mußte, iſt das Werk der
engliſchen evangeliſchen Geſellſchaft unverſehrt ges
blieben.
Geſellſchaftsrecht der Ktirche.
ſyſtem und Conſtitutionalismus.
Geſenius, Juſtus. Geb. 6. Juli 1601 zu Esbeck
im Kalenbergifchen, ftubirte 1618—1626 zu Helm:
ſtädt; 1628 war er Hofmeifter zweier Studenten
in Sena; 1629—1636 Paſtor in Braunjcdweig ;
1636 zweiter Hofprediger und Confiftorialafjefior
u Hildesheim, 1640 Generalfuperintendent zu
ee, + 1673. Bleibende Bedeutung hat ©.
ewonnen nicht bloß als geiftliher Liederbichter,
ondern vorzüglich durch feine „Kleine Katehismuss
ſchule“ 1631; audunter dem Titel „Kleine Kinder:
lehre oder Katechismusfragen” 1655. Diejer Ka:
techismus wurde in den meiften proteftantifchen
Ländern des nördlichen Deutjchlands eingeführt
und blieb bis auf unfere Zeit in Öebraud), Aus
den Angrifien des Paſtor Statius Buſcher gegen
denfelben, wegen angeblihen Kryptopapismus,
entmwidelte fi ein langwieriger Streit zwifchen
den Univerfitäten Helmftädt und Wittenberg. Als
Herzog Johann Friedrich zur Fatholifhen Kirche
übertrat, ſchrieb ©. unter dem Pjeudonym Timo:
theus Hymer „Warum mwihft du nicht römiſch⸗
S, Eollegial:
latholiſch werden?“
efenins, Wilhelm. Geb. zu Nordhaufen den
3. Febr. 1785. Studirte zu Helmftäbt und Göt:
tingen Theologie und Philologie, Habilitirte ſich
in Göttingen al3 Privatdocent, warb Repetent,
danach 1809 Profeſſor am Gymnaſium zu Nord:
haufen, 1810 der Theologie zu Halle, erhielt 1827
den Titel als Sonttftorlatentb: + 1842. Da er
nebft Wegſcheider ald das Haupt des Nationalis:
mus auf der Univerfität Halle galt, ward er das
Ziel des von der Evang. Kirhenzeitung 1830 ge:
leiteten Angriffs. Geſenius Berdienfte um bie
Theologie liegen zumeift auf dem Gebiet der he:
bräifchen Sprachforſchung. Sein Wörterbud) er:
ihien zuerft 1810—1812, in 5. Auflage 1857;
bafjelbe lateinijch 1833 und 1847; der Thesau-
rus, beendigt von Rüdiger, 1829—1858; die
Grammatif 1813; 20. Auflage 1866, beforgt von
Hödiger; das Lehrgebäude der hebr. Spracde,
1817; der Prophet Jeſaias, 1820. 21.
Gefeß ift im Allgemeinen der normirende
Ausdrud defien, was geihehen ſoll. Abgeſehen
vom Naturgeſetz, wo das Wort nur die allgemeine,
ſich ſtets gleichbleibende Wirkung von Naturfräf:
ten unter gleichen Bedingungen bezeichnet, unter:
jheidet man Rechts- und Sittengefeß. Jenes iſt
der Ausdruf deſſen, was nach den Forderungen
des Staates und den Grundſätzen des Nechts ge:
ſchehen ſoll und muß; diefes das im Gewiſſen ſich
fundgebende Bewußtjein von dem unferem Weſen
und unjerer Beftimmung angemeffenen Wollen und
Handeln. Im mojaischen Gejege bejteht, nach dem
theofratiihen Grundgedanken, der Unterjchied
jwifhen Rechts- und ip AH grundſätzlich
nicht. — Die eigentlichen und * ten Forderun⸗
gen des Sittengeſetzes ſind erſt im Evangelium
offenbar und lebenslräftig geworden. Auf der
Identificirung des Eultus: oder Ceremonialgeſetzes
und des Gittengejeges beruht der Pharifäismus
und die fatholifche Frömmigkeit, und ebenjo der
Antinomismus, wie ihn zuletzt Agricola vertrat,
297
Geſpenſt
als er ſich gegen die Predigt des Geſetzes für die
Wiedergeborenen erklärte. Die bleibende Bedeu:
tung des Geſetzes als des Ausdrucks der fittlichen
Forderungen, und damit der 10 Gebote als der
fürzejten und präcijeften Faſſung, fprachen die alts
firhlihen Dogmatifer in der Lehrevon dem dreifa: ,
den Gebraud) des Geſetzes, civilis, paedagogicus,
normativus, al3 Norm der bürgerlihen Hecht:
Ihaffenheit und Wohlanftändigkeit, al3 Mittel der
Erziehung Izur Sittlichleit, als bleibende Norm
derjelben. Im jüdiſchen Kanon bezeichnet Gefey
die 5 Bücher Mofis, nad) ihrem Hauptinhalte fo
—— im Unterſchied von den Propheien und
chriften. In der Redeweiſe der ſpätern Juden
erhält „Geſetz“ einen noch weitern Sinn, indem
es die zur Auslegung und zum Verſtändniß des
Gejeges nöthigen Kenntniſſe mitbegreift, fo in den
nn „Geſetzeslundiger,“ „Unterweifung im
eſetz.
eſetz, lirchliches. S. Kanon.
* et moſaiſches. S.die Art. Mofes und Ben-
ateuch.
Geſetzebſeſt. In der Synagoge wird feit un:
denklichen Zeiten Pfingften als Feſt der Gefe:
gebung gefeiert; das N. T. enthält aber nichts
davon, wenn man nicht etwa die 2. Chr. 15, LO ff.
erwähnte Feier al3 foldje annehmen will.
Gefeheöfreude. Der 9. Tag des Laubhütten:
feftes; Die Feier ni ift fpäteren Urſprungs,
da der Schluß der jährlihen fynagogalen Berle:
fung der 54 Paraſchen feftlich begangen wird.
Geſetzgebungsrecht Der Kirche (potestas juris-
dietionis). Die römiſche Kirche gründet daſſelbe,
als Ausflug des königlichen Amtes Chrifti, auf
Matth. 16, 18. 19. Es umfaßt das Recht der Ge:
feggebung im engern Sinne, die Feftftellung
der Lehre, die Gewalt des Gerichts und der Stra:
fen. Die Unbefchränttheit der richterlihen und
Strafgewalt hat die Kirche bei der Ausbildun
des Staatslebens nicht aufrecht halten können ne
fie auf das rein geiftliche Gebiet beſchränken müſ—
jen; ebenfo wie fie in ihrer Gefeggebung, da wo
fie ſich auch auf bürgerliche Verhältniffe bezieht,
auf Uebereintommen mit dem Staate angewiejen
ſieht. Die evangelifche Kirche erkennt ein Geſetz—
gebungsrecht in der Lehre nicht an; den Anjas
dazu, ein jolches geltend zu machen, 3. B. in der
Symbolbildung, bef. der Eoncordienformel, im jus
reformandi, hat fte hiftorify überwunden, Sie
nimmt fein a Geſetzgebungsrecht in An:
Iprud, als im Wefen der Geſellſchaft begründet
liegt. Das Subject derjelben ift immer die Ges
meinde ſelbſt; der Kandesherr wird, wenn er das
Kichenregiment ausübt, als Organ der (idealen)
Gemeinde gedacht.
Geipenfl. Nah dem Vollsglauben die Seele
eines Verſtorbenen, melde in der Geftalt ihres
re Leibes oder in einer anderen, Schred und
urcht erregenden Weife, wiedererfcheint. 1. Sam.
28,5. Moj. 18, 11. Die h. Schrift erwähnt den
Gejpenfterglauben als Voltsglauven, ohne ihn zu
beurtheilen, Matt). 14,26 (jedoch 5. Moſ. 18,11);
Jeſ. 13,20; 34,14, Tob.8, 3; das fpätere Juden:
thum bildete ihn jehr aus. Die Kirche hat den Ge:
ipenfterglauben als Ölauben an dämoniſche Gewal:
ten ebenjomwenig als den Ölauben an Beiftererfchei:
nungenüberhaupt weder beitritten noch ausprüdlic)
gebilligt, thatfähli aber durch Beihmwörungen
und Erorcismen ſich oftmals zu ihm bekannt.
Geffius
Geſſius, Florus. Römiſcher Landpfleger in
ee (61—66), der Nachfolger des Albinus.
dach Joſephus' Charalteriftif ein Henter, der in
einer Graufamteit roh, in feinen Schandthaten
chamlos, injeinen Plünderungen erfinderifch war.
[8 ihn die Juden bei dem Statthalter Ceſtius
Gallus verklagt hatten, erforderte feine eigene
Sicherftellung, eine Empörung berjelben hervor:
zurufen, um eine Unterſuchung feiner Verwaltung
zu verhindern. Ein Straßentampf zwifhen Ju:
den und Griechen in Cäfarea, dem ein Tumult in
Serufalem folgte, gab ihm Anlaß zu einem An:
riff auf die Stadt, wobei 3600 Menfchen fielen.
inem neuen Blutbad trat bewaffneter Wider:
ftand entgegen, vor dem Florus wid. Während
die Friedensfreunde mit Agrippa unterfcheiden
wollten zwifchen Florus, dem man fi wider:
fegen, und den Römern, denen man gehorden
müffe, erregte die Revolutionspartei den Volks—
unwillen, fo dab die Steuern zurüdbehalten, die
Opfer für den Kaifer eingeftellt wurden, und ber
legte Krieg ausbrach.
Geffur. Drei Landfhaften in Paläſtina. 1) Zof.
18, 2; 1. Sam. 27,8. Im Süden Philiſtäa's ge:
fegen. — 2) 5. Mof. 3, 14; Joſ. 13, 11. Iſt Oft:
jordanland, unter den Römern Iſuräa, heute
Digedur. — 3) Ein Königreid in Syrien,2. Sam.
3,3; 13, 87; 15, 8.
Geflalt. Unter beiderlei Geftalt, sub utraque,
ift die folenne Formel für die Abendmahläfeier
dur Genuß des Brodes und des Kelches.
Geflirnfunde. ©. Sternkunde.
Gether. Eine fonft unbelannte Völlerſchaft
Arams, 1. Mof. 10, 23. Nah Knobel (Böltertafel,
&. 235) leiten die Araber davon die Theimuditen
in Hedſchas und die Dihadifiten in Jemama ab.
Gethfemane (Deitelter). Eine Meierei am Del:
berg jenjeit des Kidron, befannt aus der Leidens:
eihichte —5* Als die Stätte wird ein umzäun:
ed Yand mit r alten Delbäumen gezeigt.
Getränke, Außer Wafler und Wein wird der
Eſſig als Getränk der Geringen und Arbeiter
erwähnt, 4. Moj.6, 3; Ruth2, ı4; Matth. 27, 34,
Das oft genannte beraufhende Getränt IIW ift
nicht bloß fünftlicher Wein, fondern auch ein dem
Bier ähnlicher, aus Gerſte bereiteterSaft. AlsTrint:
gefäße benugte man Keldye, Krüge und Schalen.
Getreide. S. Aderbeu.
Geufen. Der im fpanifhen Unabhängigkeits:
frieg aufgelommene Namen der proteftantiichen
Vartei (eigentlich Bettler). Noch heute am Nieder:
rhein Die Bezeichnung der Evangelifchen im Munde
des latholiſchen Volkes.
298
Gewiſſenserforſchung
lichkeit des Subjects fein richtende3 Urtheil ans:
fpticht. Seine Grundlage bildet das Sittengeieh,
das von und al3 das innerjte Lebensgeſetz, aber
auch als der abfolut —— Gotteswille ge⸗
ir wird, Nitzſch jagt daher furz: „Das Gemil;
en ift die Offenbarung ber göttlichen Gerechtig—
feit im menſchlichen Gemüthe“ (Syſtem, 1839,
$. 97). Nur in diefer religiöfen Geftalt, als der
im Gemüth fich offenbarende Gottesgedanfe und
Gottesmwille, ald die Aeußerung des der Seele
immanenten Lebenätriebes aus Gott und zu Gott
— nur ald religiöfes Gewiſſen ift es wahrhaft
verftändlid) und te ein —— — Nicht bloß
die formellen Wahrheiten der Logik und der Ma—
thematik ſind dem Menſchen angeboren; ſondern
auch die inhaltsvolle Idee des ſiltlich Guten, aber
freilich nur als unentwickelte jedoch zur Entwidlung
treibende Anlage. Abhängig iſt dieſe Entwicklung
theils von der Bildung und Sitte um uns ber,
theils von der Energie der Selbftbeftimmung, von
der Anftrengung, womit wir das jedeömalige Nat
von Wahrheitä:, Gerechtigfeits: und Liebesgejühl,
das wir beyigen, auch wirklich zu ah en ftre:
ben. In Ach Maße wächſt mit unſerer ſittlichen
Kraft auch die ſittliche Einſicht, und mit diefer —
denn ed ift beides — unfer Gewiſſen, das ohne
jene vollfte Energie des Willens fonft dazu Tom:
men fann, und of genug gelommen ift ſowohl ald
Einzelgewifien wie al3 Boltögewiffen, fittlic Der:
werfliches zu billigen. Es bedarf fortwährender
Läuterung und Schärfuna, nicht etwa bloß um wahr
zu bleiben, ſondern auch um es immer mehr gang ju
werden. Nicht Alles, was Gewiſſen genannt wird,
verdient diefen Namen ganz. Ye mehr das Urtheil
über unjere Handlungen als bloße Angft vor der
göttlichen Strafe erfcyeint, je mehr es ſich blos
auf die Äußere Handlung, je weniger es fich auf die
innere Regung, je mehr es fich immer nur auf Dit
Einzelhandlung und Einzelregung und je wenige
es fich auf die allen einzelnen Urtheifen, Regungen
und Aeuferungen zu Grunde liegende Gefinnung®
und Auffafjungsmweife bezieht, je weniger ed als
Abſcheu und Schreden über die Sünde als jold
auftritt: defto weniger ift es wirklich Gewiſſen
defto mehr ijt die Gottesmahnung noch eingehült
in eine Schafe von Sinnlichkeit und Selbitfudt.
Bol. Baflavant, dad Gewiflen, Frantf. 1851.
Weiße, philof. Dogmatik, I. S. 444 ff. Außerdem
jede Ethik und jeve Dogmatik. Die von Schenkel
will ausdrüdlih vom Gewiſſen ihren Ausgang
nehmen. Rothe, Ethik, IL ©. 20 ff.
Gewiffener, conscientiarii. S. Anutjen.
Gewijensehe ift die durch bloßen gegenfeitigen
Conſens ohne kirdlihe und bürgerlihe Rechts—
Geweihte der Jungfrau Maria nennt fich eine | jörmlichkeiten geſchloſſene Ehe, wie fie vor dem
Mifjionsgenoffenschaft, melde 1815 in Marfeie | Triventinum gültig war. Bom Concubinate, dem
von dem Coadjutor, fpäteren Biſchof, Eugen v. | fie vor dem Geſetz gleich fteht, unterjcheidet fie ſich
Mazenod geftiftet, 1823 betätigt ift und in Fran: durch dad Verſprechen und die Abficht der lebens
rei, England und Cenada eine auögebreitete | fänglihen Dauer. Sie kommt als gewiſſermaßen
Thöligkeit entfaltet hat. Ein gleicher Verein ward |
anerkannt da vor, wo formelle Rechtsbeſtimmungen
1816 in Turin geftiftet und brachte e8 zur Errich: | Die gejegliche Che unmöglich maden, B. bei fa:
tung dreier Häufer in Jtalien und einer Miffton tholiſchen Prieſtern und zuweilen bei üriten.
Birma.
Geweihte Sachen. ©. Benedictionen.
Gewichte. S. Maße und Gewichte.
Gewiflen: das fittliche Selbjtbemußtjein des
Menſchen, injofern es über den Werth oder die
Unwürdigkeit, ſowohl der einzelnen Handlung als
auch ver Öefinnung und jelbft der eigenen Perſön⸗
in
Gewiſſenserforſchung der katholiſchen Asletil
unterſcheidet ſich von der evangeliſchen Selbfteri:
fung dadurch, daß dieſe den geſammten Seelen:
suftand in feinem Verhältni zu Gott ind Auge
faßt, jene aber vorzugsweiſe die einzelnen Aeube
rungen der Sünde betufs der folgenden Beichte
ſich zu vergegenwärtigen ſtrebt.
u
Gewiffengireiheit 299 Siegen
Gewiffensfreigeit ift die Berechtigung, in den | Theologie, dann nad dem Willen feiner Vormun⸗
individuellen, religiöfen und fittlidyen Grundjägen | der Jura und wurde Advocat in Speyer und 1664
von ben — — Anderer unabhängig zu in Regensburg. Von Jugend auf religiös ange—
fein und dieſelben in der Sphäre des individuellen | regt, führte ihn das Studium Böhme's und der
Lebens bethätigen zu dürfen. Die einer Gemein: | Verkehr mit Bredling zu einer myſüſch- ſchwärme⸗
ihaft gewährte Gewiffensfreiheit wird Glaubens: riſchen Theofophie, nad) welcher er das „Gott in
freiheit, wel he noch nicht das Recht des gemein: | uns" über alle Schrift und geichichtlihe Offenba—
ſamen Gottesdienstes in fich fließt. S. Religions: | rung ſetzte. Sein religiöfer Eifer verwideite ihn
freiheit, Toleranz. in Streitigfeiten mit der Geiftlichkeit in Nürnberg
ohnheitsrecht ift die ältefte Form des Kir: | und Regenäburg, in Folge deren er gefangen ge:
Henrechts, und man verfteht darunter die Redjtö- | halten, des Landes verwiefen und fein Vermögen
aorm, weldje fic) in der Sitte und dem langjäh: confiscirt wurde 1665. Mehrere ihm zu dieſer Seit
rigen Herfommen offenbart. Zu Grunde liegt dems | angebotene glänzende Stellungen flug er aus,
jelben der in der Gemeinfchaft ruhende unbemußte | wie er 19 aud) vielen Heicathsanträgen zu entzie⸗
Trieb und Wille, die ihrem Weſen entfprechende | ben wußte; in ſelbſtgewählter Armut) ging er nad
äußere Geftalt und Organifation zu gewinnen. | Zwoll in Holland zu Bredling 1667. Etie Bertheis
Da aber auch, dem Weſen der Gemein chaft nad), | Digung befjelben in einem Streite mit feiner Ge:
fremde Einflüffe längere oder kürzere Zeit auf die | meinde brachte ihm eine Berurtheilung zum Pran:
Zitte einwirlen können, jo bebarf es für die Gel: | ger. In Amſterdam fchloffen ſich feit 1674 mande
tung des Gemwohnheitärechtes wieder beftimmter | Anhänger (Engelöbrüder) an ihn an, die nad) feiner
schtliher Normen. Auch das kanoniſche Recht | Weife leben wollten, aber Zwietradht unter ihnen
ertennt in manchen Fällen die Geltung einer con- | entfrembdete fie ihm wieder. Die letzien Jahre ver:
suetulo contra legem an. Vgl. Puchta, Gewohn⸗ | brachte er einfam, mit Wenigen verkehrend. + 1710,
kitöregt, in v. Scheurl's und Dove’s Zeitſchrift Gichtels myftisches Syſtem gipfelt in der Lehre von
für Kirchenrecht 1862 und 1863. der Bermählung mit der göttlihen Sophia (Weis:
Gejer, Gazer, Gefer. Jof. 16, 10. Ein Heines | heit) und dem Melchiſedekſchen Prieſterthum, einer
Immsanitifches Königreich im Südweſten des Stam: | erlöjenden app der Gläubigen durch eigene
mi Ephraim, 1. Chr. 7, 28, welches eine gemiffe ze unter die Sündenfchuld Anderer. Seine
Schtändigfeit behauptete, 1. Sam. 27,8. Salomo | Schriften Theosophia practica, 83. Aufl. 1722,
hielt die Stadt ald Morgengabe jeiner ägypti: | Bgl. Harleß, Ev. Kirdenztg., 1831; Weinbed,
dm Gemahlin, 1. Kön. 9, 16, deren Bater fie | Nahriht von Gichteld Lebenslauf und Lehren,
gehert hatte, und ließ fie ſtark befeitigen. Berlin 1732; Lipfius in der Hal. Encyllopädie,
Girörer, Auguft Friebrih. Geb. am 5. März | Gideon. Nicht. 6 ff. Der Sohn des Joas auß
1908 Calv in Wirtemberg. Als Profeffor | dem Geſchlechte Manaffe. Zum Kampfe gegen die
umd dißtiothefar an der Landesbibliothek zu | Midianiter trieb ihn neben dem Schmurz über die
Stuttgart ſchrieb er: Gefchichte des Urchriften: | Noth feines Voltes die Pflicht der Blutrache, da
!tums, 1838; Guftad Adolf, 3. Aufl, 1852, und feine älteren Brüder von den Midianitern ermor:
die Allgemeine Kirhengeichichte, 1841—46, be: | dei waren, Richt. 8, 18 ff. Indem er zuerft den
freundete ſich vei der Ausarbeitung diejer Werke | Altar des Baal zerjtört (erubbaal), wert er die
mit dern Katholicismus, convertirte und ward |national:religiöje Jdee im Volle wieder auf; feis
Brofeffor der Theologie zu Freiburg, wo er das | nem Aufgebot folgen dann die nördlichen Stämme,
Bert: Gregor VII. und fein Beitalter, 8 Bde., | Mit geringer, aber auserlejener Mannſchaft über:
Sat 1859—64, herausgab. + 1861. fällt er fiegreic) die Midianiter in der Ebene Jess
Ghibellinen. ©. Welien. tel, verfolgt einen Theil derfelben über den Jordan
Gibbethon. Eine Stadt in Dan, deu Philiftern | und vernichtet ihn, während der andere von dent ins
duch, die Könige Yfraels entriffen. Joſ. 19, 44. zwiſchen Herbeigeeilten Stanıme Ephraim diesfeit
1. Län. 15, 27; 16, 15. . des Jordan aufgerieben wird. Die ihm angebotene
Gibea. Stadt in Benjamin, wurde von ben Jfrae: | Königäfrone lehnte er ab. Sein Baſtardſohn Abi:
(ten zur Rache einer Oreuelthat eingeäfchert, Richt. | melech gewann fie durch den Mord feiner Brüder
19. Gibea Sauls, der Stammort defjelben, hatte in | zu Sichem, fiel aber nad) 3 Jahren in einem Aufs
keiner Nähe eine heilige Höhe, 2. Sam. 21, 6.9. |jtand. Das — welches G. verfertigen ließ und
Gibeon. Eine Stadt der Heviter, Joſ. 9, 7, er: in feinem Haufe aufitellte, war ohne Zweifel ein
Iangte mit Lift die Verſchonung der Sfraeliten bei | Symbol des Jahveh, deffen rung aber nad)
det Eroberung Kanaans unter allerdings demüthi: | feinem Tode wieder in Baalddienjt ausartete.
genden Bedingungen, Joſ. 9; 10. In dem Kriege, | Gieſeler, —— Karl Ludwig. Geb. am 8.
delchen Joſua zu Gibeons Vertheidigung gegen | März 1793 in Petershagen bei Minden. Im Wai—
den Rachezug der Amoriterlönige —— ſenhauſe zu Halle erzogen und dort Lehrer, machte
mußte, fand die berühmie Entiheidungsfchlacht, | er die Freiheitöfriege mit, ward 1817 Conrector
Joſ. Iu, ftatt. Saul wollte die Gibeoniten aus: |am Gymnafium zu Minden, 1818 Director zu
totten, dafür freuzigten fie nad) feinem Falle fieben | Cleve, 1819 Dr. theol. re uBonn und
kiner Söhne, 2. Sam. 21, 1 ff. Endlſch fand bei , 1831 zu Göttingen. + 1854. Durch feine firdens
6. die Schlacht 2 den Heeren Davids und | biftorifchen Unterfuhungen, bejonders fein Lehr:
Pboſeths ftatt. Bei G., auch Giben, war eine heis | buch der Kirhengefhichte, Bonn 1834—53, Bd.
ige Höhe, das heilige Zelt ftand lange dort, 1.| V und VI herausgegeben 1855—57 von Redepen:
#öin. 3, 4, Der Ort ıft von Robinfon in dem Dorfe | ning, und die reihen Mittheilungen aus den Duel:
el Djib wiedergefunden, weldes auf einem Hügel | Ten in demfelben hat er fich bedeutende Vervienite
3 Stunden von erufalem liegt. um die Wiffenfchaft euworben.
Gigtel, Johann Georg. Geb. am 14. März! Giehen. Die Univerfität, 1607 von Landgraf
1538 zu Regensburg, ftudirte er in Straßburg | Ludmwiggeftiftet, 1625 vorübergehend nad) Marburg
Gifttheil
verlegt, vertrat entgegen dem reformirten Mar:
burg das reine Lutherthum und wurde in ber
Geſchichte der lutheriſchen Theologie von Wichtig:
leit durch den langen Streit der Giehener und
Tübinger Theologen über die Perſon Chrifti und
die Kenofis. Die —3** Facultät verödete
gänzlich, als der Biſchof Ketteler 1851 das theolo⸗
giſche Seminar in Mainz wieder eröffnete.
Gifttheil, Ludwig Friedrich. Ein Schwabe, der,
ein — recklings, gegen die Staats:
kirche in feparatiftiihem Sinne eiferte. Er fhr.eb
mehrere Ermahnungsfdreiben an Fürften und
Völker wegen des vielen Kriegen und Blutver:
gießens. T 1661.
ihon. 1) Der Bad mit dem Thale im Weften
von Jeruſalem, deſſen füdliher Theil Hinnom
heißt, 1. Kön. 1, 83. 38; 2. Chr. 32,30. 2) Einer
der Baradiefeöftröme. ©. Even.
Gilbert. S. Guilbert. ’
Gilbert, de la Rorree, Porretanus. Lehrer ber
Philoſophie und Theologie zu Chartres, Paris
und Poitiers, Bifchof zu Poitiers 1142, + 1154.
Um jedem Anklang an Sabellianismus zu ent:
gehen, unterjchied er die Subftanz der Gottheit
von den perjönlihen Eigenſchaften, durch melde
die einzelnen Perſonen Gott De Sein Gegner,
Dernhard von Clairvaug, beihuldigte ihn bes
Tritheismus, ohne mit der Anklage arg in
zu können. Bapıt Eugen begnügte fi mit der
Entjheidung, dab Natur und Perſon, Gott und
Gottheit nit zu trennen fei.
Gilboa. Das Gebirge ift eine Hligelfette, welche
bie Fortſetzung des —— bildet und ſich
nach S.O. bis zum Ghor erſtreckt. Hier behaupte:
ten fih die Kanaaniter, Richt. 1,27; Joſ. 17, 11ff.;
hierhin zogen ſich die Jiraeliten zurüd, 1. Sam.
31, 1; bier fiel Saul, 2. Sam. 1, 6. 21; 21, 12.
Gildas Kormar. Ein Mönd zu Bangor, geb.
516. Seine Historia de excidio Britanniae und
eine Epijtel über den Verfall des Landes, in wel:
her er die Verwüſtung durch die Angelſachſen ala
— Strafgericht betrachtet, ſind die einzigen
uellen für die Geſchichte der Zeit.
Gilead. Gebirgskeite jenſeit des Jordans.
1. Moſ. 31, 21. 25; 5. Moſ. 3, 12; Hohel. 4, 1;
6, 4; Jer. 50, 19. S. d. N. Gebirge.
Gilgel. Zwiſchen Jericho und dem Jordan,
war das erſte Hauptquartier der Iſraeliten in
Kancan; dort richtete Jofua die Tentjteine auf,
und lange Zeit blieb dort die Gtiftöhütte. Der
Ort galt als ein heiliger, Richt. 2,1; 3, 19, an
welchem geopfert wurde, 1. Sant. 10, 8; 11, 14;
15, 21, uns Gericht gehalten, 1. Sam. 7, 16. —
2) Das als Stätte des Kälberdienftes im Zehn:
jtämmereich erwähnte Oilgal, Hof. 4, 15; 9, 15;
12, 12; Amos 4, 4; 5, 5, halten Ewald und Wi:
ner für einerlei mit jenem, während die 2, Kön.
2,2 angebeutete geographiihe Lage auf ein
zweites 7 bei Bethlehem hindeutet.
Giloh, Geburts: und Todesort des Ahitophel,
2. Sam. 15, 12; 17, 23; lag im Stamme Juda.
Gimfo (Dſchimzu). In der Nachbarſchaft von
300
Glaube
Giraldus, Silvefter von Cambrien. Geb. 1146
bei Bembrod, ftudirte in Paris bis 1172 und
ward 1175 erzbifchöflicher Legat für Wales, Bi:
ſchof von Brediene. 1184 Hof eiftlicher bei Hein-
vich II, ward er Leiter und Rath des Prinzen
ohann. In Wales prebigte er das Kreuz, ließ
ich jelbft aber vom Gelübde entbinden und wurde
dem Reichskanzler als Gehülfe zur Seite geitellt.
Wiederholt zum Bischof von Denevia geil, er:
langte er niemals die königliche Beftätigung.
Seine zahlreihen Schriften beleuchten theils die
Zuftände Irlands, theils bekämpfen fie die Lafter
der Mönde ober find kirchenrechtlichen Inhalts.
@irgafiter (LXX Trepyssaicı). Ein fanaaniti-
iher Stamm, 1. Mof. 10, 16; 15, 21; Joſ. 3, 10,
defien Ueberrefte die Gergefener oder Gadarener
des N. T. fein follen.
Girfiter. Ein nur 1. Sam. 27, 8 erwähnter
Stamm, den David belämpfte.
Gislemar. Mönd in Corvey und_Begleiter
Ansgars auf der nordiſchen Miffion, Er blieb in
Dänemark zurüd, als Ansgar nach Schweben
ging.
Vitha ⸗ Debher überſetzt Luther Joſ. 19, 13 falſch
für „nach Gath Hepher,“ Geburtsort des Prophe—
ten Jonas,
Githaim oder Gethaim. Stadt in Benjamin,
die nach dem Eril wieder bewohnt wurde, 2. Sam.
4,3; Neh. 11, 38.
Glareanud, Heinrih Loriti. Geb. 1488 zu
Moilis in Glarus. Gehört zu den Humaniften,
die, wie Erasmus, anfangs der Reformation mit
Theilnabme folgten, aber weil fie ihr religiöfes
Intereſſe nicht theilten, fich ihr entfrembeten, und
a: feindlid) gegen biefelbe ſich verhielten.
Mit Zwingli, Myconius und Delolampad früher
befreundet, 30g er fi vor dem Gieg ber Refor:
mation in afet nad) Freiburg zurüd. Auch mit
Erasmus entzweite er ſich öfter. Nach Vollendung
feiner Studien zu Köln und Bafel, und ald Did:
ter gefrönt, hielt er in Paris ein Penfionat für
Studirende, denen er die Alten erflärte. In Ba:
jel lebte er ebenſo 1522—29 und ftcrb in Frei—
burg 1563, nachdem er 1560 dem äffentlichen
Lehramte entjagt hatte.
Glarus. Die Reformation wurde im Jahre
1529 dafelbft eingeführt, fo zwar, daf; jeder Ge:
meinde überlaffen wurde, die reformirte oder fatho:
liſche Confeſſion als ihr Belenntniß zu wählen.
Gegenwärtig f bie Zahl der Reformirten (30,000)
bedeutend größer als die der Katholiten (4000).
S. Schweiz.
Glaffius, Salomo. Geb. 1593 in Sonderöhau:
fen, jtudirte er 1612—19 in Jena und Wittenberg,
ward in Jena Adjunct der philofophiihen Facul⸗
tät, Brofejlor des Hebräifchen, 1625 Dr. theol. und
Superintendent in Sondershaufen, 1638 40 St:
nior in Jena, dann Generalfuperintendent in
| Gotha. + 1656. In diefer Stellung war er der
Gehülfe de3 frommen Herzogs Ernft bei befien
Berbefferungen in Kirche und Schule. Seine he
bräifhe Sprachkenntniß legte er in der Philologia
Thimna, gerieth in die Gewalt der Philifter, |sacra, 1625, nieder, welche bis in die neucre Zeit
2. Chr. 28, 18,
Binfter (Wacholder). Ein Strauch), der in den
arabiſchen Wüften häufig in Thälern wächſt und
jur Feuerung benugt wurde, Bf. 120,4. Nur in
der üufßerjten Noth Tann die Wurzel als Speife |
gegefjen werden.
Anerkennung fand. Neueſte Ausgabe 1735.
Glaube, Im ethiſchen Sinne ift Glaube dad
—— Bewußtſein von dem unbedingten
zerth und ber unbedingten Nacht ſittlicher Ideen.
In dieſer Hinſicht ſpricht man von einem Glau—
ben an die Wahrheit, an das Recht, an bie
Glaube
Tugend u.
301
Glaube
w. Dieſer Glaube iſt die Grund: | Gnade aus, welche in Chriſtus ein Werk ver Ver:
I1ge jeder —* Perſönlichkeit und Gemein: | ſöhnung vollbracht hat. Diefer Gnade gegenüber
haft. Inſofern Perfonen und Gemeinſchaften
die Träger ſittlicher Ideen find, pflegt man aud)
vom Glauben an einzelne Berfonen, an ſich jelbit,
an das Baterland u. ſ. w. zu reden. Auf der:
ſelben ethiſchen Grundlage ruht auch der Glaube
an Gott, welcher daher nicht ein Ueberzeugtſein,
daß Gott exiſtire, ſondern ein perſönliches Erfüllt:
ſein von der Macht Gottes in der Welt bedeutet,
in dieſem Sinne nahe dem Begriffe des Vertrauens
auf Gott und deſſen Weltregierung, obgleich das
Vertrauen erſt eine Folge des Glaubens iſt und
diejenige Art des Denkens und Handelns bezeich—
net, welche aus dem Glauben an Gott hervorgeht.
— Davon verjhieden ift der fogenannte religiöfe
Glaube, weldyer eine beftimmte Seite der fubjec-
tiven Religion ausdrüdt. Da jede Religion ſich ein
e.genthümliches religiöjes Denken und Borftellen
ſhafft und fi in einem beſtimmten Kreis von re:
I giöfen Borftellungen äußert, jo wird dieje intellec:
tuelle Seite der fubjectiven Religion mit dem be:
jonderen Namen „Glauben“ bezeichnet. Derjelbe
ift nad) den verjhiedenen Religionen und dann
wieder in diefen nach den Individuen verjchieden.
Der Borftellungäfreis ift dann entweder ein un:
geprüft ins Bewußtjein aufgenommener, oder ein
auf dem Wege eigenen —— ſelbſtgeſchaffe⸗
ner, in — legterem Falle Glaube ſoviel iſt als
religiöſe Ueberzeugung. In dieſem Sinne ſpricht
man vom Glauben der Muhamedaner, Juden
u. ſ. w, oder eined Einzelnen. — Eine ganz neue
Bedeutung hat ber Begriff des Glaubens im Chri-
ftenthum erhalten, da daſſelbe weſentlich auf der
Grundlage des oben entwidelten ethiichen lau:
bend ruht. Die Begriffsbeftimmung wird daher
aud an den legteren anzulnüpfen haben. In den
Evangelien bedeutet Glaube, wo der Ausdrud in
—— auf Gott gebraucht wird, eine unbedingte
ri ud zu Öottes heiligem väterlichen Willen und
Grantenlofer Kraft, jo daß es einen Berge verjegen:
den Glauben (Matth. 17, 20) gibt, daß wunderbare
Heilungen nur durch Glauben, aber dadurch gewiß
volljogen werden (Marc. 9, 19), daß ſchon die
Furcht vor dem Meeresjturme Kleinglaube genannt
wird (Matth. 8, 26). Namentlich ift der Glaube
die unbebingte Zuverfiht des Handelns, melde
mit feiner andern Zahl redjnet, ald der Madıt
Gottes, des Gottes der ee der Gerechtigkeit,
ber Liebe, auch wenn noch jo unüberwindlich —*
nende Hinderniſſe entgegentreten. In derſelben
Bedeutung iſt der Ausdruck auch mit Beziehung
auf Chriſtus gebraucht, als die ſchrankenloſe Zu—
verſicht auf ſein Vermögen zu helfen, namentlich
in den Fällen von Kranfenheilungen (Marc. 9,
23; Matth. 8, 10; 9, 22; 15, 28). Die ſpecifiſche
Begriffsbeftimmung, melde dem Begriffe jeine
Bedeutung in der chriſtlichen Dogmatik gegeben
bat, ift in der paulinifchen Theologie entjtanden,
und zwar im Gegenjak des Chriſtenthums, defjen
fünnen gejegliche, auf juridifche Anerkennung An:
ſpruch erhebende Werke nicht mehr ald Nechtfer:
tigungsmittel gelten; es fann vielmehr lediglich
eine Anerkennung der Erlöfungsthatjache und eine
ſchlechthinige Selbjthingabe an die Perjon des Er:
löjers den einzigen Weg zur Rechtfertigung bilden.
D.efe leßtere, das der Gnade entiprechende Corre:
lat, ift nun der Glaube im paulinifchen Sinne, ein
völliges Bertrauen auf die Gnade Gottes in Chri:
ſtus, namentlid in feinem Erlöſungstode, Röm.
3, 22; 3,26; 5,1; 10, 9; 14, 1. 22 fj.; 1. Kor.
15, 14; Gal. 1,23; 2, 16 ff.; 3, 22. Bei Johan:
nes hat der Glaube, wenn aud) ferne von dem
pauliniihen Gegenfage zum jüdischen Gefehesmwert,
bie ähnliche Bedeutung der Zugehörigkeit zu Chri-
Ike deö innern geiftigen Zujammenhangs mit
einer Berjon, der Liebe zu ihm, oh. 6, 28. Der
Hebräerbrief dagegen nähert fich dem Begriffe ber
Hoffnung, wenn er den Glauben als die gewiſſe
Zuverſicht auf das Unſichtbare, als die feite Uefer:
jeugung von feiner Eriftenz definirt, obgleid man
ed nod) nicht empirisch erkennt, 11,1. Jakobus (1,
22 fj., 2, 14 ff.) betont einer mißverftändlichen
Auffaffung der Glaubenägerechtigfeit gegenüber,
die auch Paulus von fi) abweiſt, Röm. 3, 31; 6,
1 ff., die Nothwendigkeit der Werke und die In:
brauchbarteit eines todten Glaubens. Paulus hatte
nicht Die Ueberflüffigkeit der fittlihen Werte be:
hauptet, fondern nur den Mangel an jedem Ber:
dienst, der ihnen als ſolchen zukommt, und hatte
den Glauben vielmehr als das eigentlich fittliche,
Gerechtigkeit erzeugende oder in fich fließende
Princip betrachtet, Nachdem die katholiſche Kirche
den guten Werlen wiederein Berdienftzugejchrieben
hatte, erneuerte die evangelijche Kirche Die npofto:
liſche Lehre vom ſeligmachenden Glauben. Indem
fie von der Sündhaftigleit des Menſchen und feiner
Unfähigkeit zum Guten ausging, verlangte fie den
Glauben als die Bedingung des Heils, die ohne
jeden Anſpruch auf Verdienſt gefchehende demuths⸗
volle Hingabe an die Gnade Gottes in Chrüto,
die vergebende und belebende, aus mwelder frei:
ih mit innerer Nothwendigkeit die Werte her:
vorgehen. Im Widerfprud mit dem eigentlichen
Sinne der evangeliihen Lehre ſtand die Amsdorf—
* Uebertreibung, daß die guten Werle zum Heile
ogar ſchädlich ſeien. In der katholiſchen Kirche
fehlt dieſer Begriff des Glaubens ganz, ausgeſchloſ⸗
ſen durch ihre Theorie vom Verdienſte und nur auf
die bloß intellectuelle Seite beſchränkt. Dagegen
hat der Glaube jelbft die Bedeutung eines guten
Werles angenommen, indem darunter lediglich die
Ueberzeugtheit von der Nichtigleit des katholiſchen
Dogma’s, die gehorſame bemußte oder unbewußte
(implieita) Unterordnung des Denkens unter bie
Autorität des legteren verftanden wird. Die evan-
eliſche Lehre hat dieſen Begriff von ſich ausge—
hlofien, indem fie den ſeligmachenden Glc "sen
Garakteriftifches Merkmal der Glaube it, zum ausdrücklich unterjchieden hat von dem allgemeinen
Judenthum. Während beide die Gerechtigkeit fich
als Ziel gefegt Hatten, hatte das Judenthum bie
Gefegeögerechtigkeit, das Chriftenthum die Glau:
bensgerechtigleit im Auge ; d. h. während das Ju:
denthum vom äußerlichen Begriffe der Geredtig:
leit Gottes ausgehend durch die Werle des Geſetzes
die Rechtfertigung vor Gott zu erlangen juchte,
geht das Shriftentgum dagegen vom Begriffe der
(generalis), der Ueberzeugtheit von der Richtig—
feit der chriftlihen Religion und von dem hiſto—
rischen, d. h. der Annahme Hiftorifcher Thatjachen,
welche ſich auch gottlofe Menſchen aneignen lönnen,
obgleich auch diejer eine gewifje allgemeine Grund:
lage für den erften bildet. Der techniſche Ausprud
für die Unterjcheidung ift fides quae (objectiver
Ofaubensinhalt) und fides qua creditur. Dennoch
Glaubensartikel 302 Gloſſen
bat jene katholiſche Auffaſſung (als Annahme der | piftie) eine weſentliche Eigenſchaft der heil. Schrift,
eltenden kirchlichen Lehre) auch in der evangeli- welche der fides humana (de3 menſchlichen Glaus
* Kirchlichkeit pralliſch ſtets einen weiten Bo- bens) wegen durch Beweiſe conftatirt wird, die
den gefunden. Die Geiſter ſind zu träge, um ſich
im Ganzen und Großen zur Aneignung eines
innern Glaubenslebens dauernd aufſchwingen zu
können und dieſes in fortwährender ſittlicher und
religiöſer, betender und treuer Anſtrengung auf:
zecht zu erhalten. Daher wird ed auch in der evan:
geliſchen Kirche immer eine latholiſche Maſſe geben,
unter Geiſtlichen nicht weniger als unter Laien,
unter Orthodogen nicht weniger als unter lirchlich
Zaren.
Glaubendartilel, Der objective Inhalt des
Glaubens ift, da er aus einem innern Brincip her:
aus fich geftaltet, ein organifches Ganze, welches
eine Öliederung des Stoffes erlaubt und fordert.
Ein ſolches Glied aus dem Lehrorganiämus der
Kirche wird Artikel des Glaubens genannt. Da
der feligmahende Glaube für die evangelijche
Dogmatık den Mittelpuntt bildet, fo wird aud) er
als der wichtigfte für den fubjectiven Glauben zu
betrachten jein, und jeder, der am unmittelbariten
aus dieſem abgeleitet ift, wird von verhältnikmä-
Big größerer Heildbedeutung fein. Man hat daher,
reg jet Hunnius (Auoxewıs de fund.
dissensu
zufolge ihres infpirirten Charakters an fich eigent—
lid) nicht nöthig find. Die nguere Wiſſenſchaft hat
an das Intereſſe der Glaubwürdigleit angefnüpft
—— die hiſtoriſche Kritik der Bibel aus—
gebildet.
Gleichniß. Wie der Morgenländer überhaupt
die bilderreiche Sprache liebt, ſo bedient ſich Jeſus
mit Vorliebe der Gleichniſſe in feinen Lehrvor:
trögen. Diefelben wollen ein allgemeines Geſetz
des geiftigen Lebens, weldyes alfo auch in der Ent:
widlung des Reiches Gottes gültig ift, dadurch
zum Bemwußtfein bringen, daf fie es als thatfächlich
wirfend in einer nievern Sphäre vorführen, wo
es von Jedem unmittelbar angejchautund begriffen
werden kann. Vorzugsweiſe haben Matthäus und
Zucas die Gleichniſſe gefammelt und zufammen:
gejtellt, während bei Johannes das Gleichniß in
die Bildrede übergeht.
Gloden. Wenngleich ſchon bei Römern, Juden
und Aegyptern fi Spuren des gottesdienjtlichen
Gebraudes von Schellen finden, fo find dennoch
die Gloden eine Erfindung der chriſtlichen Kirche.
Daß der Biſchof Paulinus von Nola in Campa—
octr. Lutheranae et Calvin., 1663) und | nien fie in den firhlihen Gebrauch zuerjt einge:
im Gegenſatz gegen die Calviniften, die Ölaubens: | führt habe, bemeift ſich wenigftens nicht durch jeine
artikel eingetheilt in fiındamentale und nicht fun: | Schriften, die ihrer bei Beichreibung der Kirchen
damentale, indem man unter jenen diejenigen | feine Erwähnung thun. Im 7. Jahrhundert wer-
begriff, welche nicht geleugnet werden können, ohne
daß das Blaubensfundanıent beſchädigt wird. Man
theilte auch die fundamentalen wieder ein in pris
märe und jecundäre, und erjtere wieder in confti:
tutive (dad Fundament des Glaubens conftitui-
rende) und conjervative (notwendige Folgerungen
ober Vorausfegungen aus jenen). Seit Semler
wurde meijtentheils diefe dem evangeliichen Glau⸗
bensbegriff fremde Eintheilung verworfen. Eine
andere Unterſcheidung, welche Auen der Scholaftit
angehört, ijt die in articuli puri (reine) und ınixti
(gemiſchte), indem man unter jenen die eigentlich
geojjenbarten, unter diefen die aud) aus der Ver:
nunjt entwidelten Glaubenslehren verſtand. Bal.
Tholud, die luth. Lehre von den Fundamental:
Tg (deutjhe Zeitſchrift für rift. Wiſſenſch.
Glanbendbelenntnig. S. Symbol.
Glaubenseid. Nad) einem Beſchluſſe des Tri:
bentinums haben Alle, welche ein höheres Kirchen:
amt oder ein Euratbeneficium antreten wollen, ein
Belenntniß der Nechtgläubigkeit und eidliches Ver:
den Gloden zu Kom und Orleans erwähnt. Ber:
breitet wurde ihr Gebrauch befonders durch Karl
den Großen. Während früher Gloden nur aus
einer Miihung von Kupfer und Zinn gegofjen
wurden, hat die neuejte Zeit die Erfindung der
billigeren Gußftahlgloden gemadt. Die Gloden
im Glockenſtuhle auf dem Glodenthurme, der ent:
weder mit der Kirche verbunden ift oder frei ſteht,
werden nad) römifcher Sitte, Die in der evangeli-
ſchen Hirdje nachwirlt, vor dem Gebrauche geweiht,
nad) dem römiſchen Ritual mit Waffer abgema:
chen, mit Del un» Ehrifam gejalbt und gejegnet.
Der Nitus heißt Glodentaufe.
Glödner. Der niedere Kirchenbediente, dem die
Aufjicht und der Dienſt des Geläutedanvertraut ifi.
‚ bloria in excelsis patri. ©. Dorologie.
Glojiatoren des römischen und kanoniſchen
Rechtes. Ebenſo wie bie Bibel und die Klaſſiker
wurde auch das römische Recht durch Marginal:
und Interlineargloſſen interpretirt, und auf die—
jelbe Art erläuterten Gratians Schüler zu Bologna
das Decretum (1. Theil des Corpus juris canon.).
een lirchlichen Gehorſams abzulegen. Hier: | Eine Sichtung und BZufammenftellung ſolcher
ür veröffentlichte Pius IV. 1564 eine Eidesformel, | Stoffen unternahm 1212 Johannes Teutonicus,
welche jenes Velenntniß in ſich flieht und das (4 1240 als Probſt zu Halberjtadt). Sein Wert,
Tridentiniſche Slaubensbelenntniß genannt wird, | verbefjert 12356 von Bartholomäus von Breäcia,
Es enthält die Eidesjormel des Nıcaniich:conjtan: | wurde als Glossa ordinaria allgemein bekannt.
tinoy olitanishen Symbols, hierauf das Gelöbnif, | Auch zu jedem der übrigen Theile des Corpus juris
die apojtoliihen Traditionen und die Berordnun: ‚canon. giebt es eine Glossa ordinaria; zur Decre:
gen der Kirche zu halten, endlid) die feierliche Anz | talenſammlung Gregors IX, die von Bernhard de
nahme der dogmatischen Beftimmungen des Tri: Botono (+ 1266), zum Liber sextus und zu den
dentiner Concils. Ueberlretenden Broteftantenwird | Elementinen die des Johannes Andrei (+ 1548).
ein ähnlicher Eid abgenommen. Gloſſen find kurze exegetifhe Bemerlungen, oft
Glaubensjreiheit. S Duldung, Toleranz. nur einzelne erflärende oder lberjegende Wörter,
Glaubensregel, ©. Kegula fidei. melde auf ven Hand der heil. Schrift gejchrieben
Glaubensjag. S. Doama. wurden, Häufig auch verunitaltend in den Tert
Glaubwürdigkeit der heil. Schrift. Neben ber | einorangen. Aud) die Sammlungen folder Srläus
Authentie und Integrität bildet nad) der Lehre |terungen erhielten den Namen, 5. D. die Glossa
ber alten Dogmatiter die Glaubwürdigkeit (Azio: |ordinarai des Walafried von Reichenau, Die
Glüchſeligkeit
fürzeren Erklärungen, die nur einzelnen Wörtern
galten, wurden zwiſchen die Zeilen geichrieben,
rg interlineares, 3. B. des Anjelm von Xaon.
ie Gloſſen waren nicht bloß ſprachlicher, jondern
auch hiftorifcher und dogmatifcher Art. Nod) fpäter
wurde in die Bibelhandjchriften die Glofje in der
Art aufgenommen, daß auf je einen Abjchnitt des
Textes die Gloſſe folgte. Bei den Grammatifern
ift glossa ein dunkles ungewöhnliches Wort, wel:
des durd) ein glossema ertlärt wird. Gloſſarien
find feritographiihe Sammlungen von Erklärun:
Ken folder Worte in einem oder mehreren Schrift⸗
ellern.
Glückſeligkeit. Das Bewußtſein, im Beſitze alles
allen (abfolute), oder wenigjtens eines Theiles
dejjelben (relative) zu jein, was zur volllommenen
Eriftenz gehört. Der®egenftand dieſes Bewußtſeins,
d. h. dasjenige, was das Bedürfniß der Grijtenz
ausfüllt, heißt Glück, und die Glückſeligkeit ift alfo
das fubjective Innewerden deöjenigen objectiven
Zuftandes, welchen man Glüd nennt. Das Glüd
lann ein äußeres oder ein inneres, ein wirkliches
ober ein fcheinbares fein; die Glüdjeligfeit ift dem:
gemäß eine jehr verichiedene, eine niedrige oder
eine hohe, eine Gtüdfeligteit der Selbſtſucht und
Sinnlichkeit oder der Tugend, eine vorübergehende
oder eine bleibende. Iſt die Glückſeligkeit aus Sinn:
lichleit oder Selbftfucht entjprungen, fo hat fie den
Charafter der Selbfttäufhung und ſchlägt bald in
Unfeligfeit um. Die wahre Glüdjeligkeit iſt bie:
jenige, welche dem Wejen des Menſchen entjpricht,
dad Bewußtjein, im dr des jenigen zu fein,
was wirklich nach den Gejehen des entalten
Weſens zu feiner Vollkommenheit gehört, d. h. die
teligiöfe und fittlihe Vollendung. Die Glüdjelig:
keit iſt gleichfam nur bie Kehrfeite diejer legtern.
In der von der Wolffhen Schule ausgehenden
tationaliftiihen Richtung im 18. Jahrhundert
wurde die Glückjeligkeit zum Ausgangspunkt ber
Ethik, indem die fittlihen Forderungen auf das
natürliche Streben nah Glüdfeligkeit als ihre
Grundlage gejtellt wurden ( Eudämonismus, ſ. d.
Art). Dem gegenüber hat Kant die Selbſtändig—
feit der fittlihen Pflicht geltend gemadt. Von
Seligfeit unterſcheidet ſich Glückſeligkeit dadurch,
daß jene ausſchließlich das Verhältniß des Men—
ſchen zu Gott im Auge hat und das Bewußtſein
der hoͤchſten Einheit mit Gott ausdrücken will,
während Glüdfeligteit in dem oben angegebenen
allgemeinen Sinne zu nehmen iſt.
Gnade, TON, zagıs, heißt die Gewährung einer
Vergünſtigung, die nad dem Maße des ftrengen
Rechtes eigentlich nicht gewährt zu werden brauchte.
Sie fann in der Aufhebung einer Strafe oder in|
der Darreichung eines Lohnes bejtehen, der eigent: |
fi nicht verdient ift. Wie zunächſt dieſe fo gear:
tete Handlung, fo heißt auch die Gejinnung Gnade,
aus welcher jolhe Handlungen hervorgehen. Sie
ift die Eigenfchaft des Mächtigern in feinem Ber:
hältniß zum Untergeordneten, wenn die Handlun—
gen des Erjteren dem Letzteren gegenüber nicht ledig:
id vom bioßen Madıtgefühl, fondern von der
Liebe geleiter find. Sie gründet ſich dann auf die!
Demuth. Die Gnade kann mit der Gereghtigfeit in |
VWiderfpruch treten, wenn fie in der Belohnung |
eines Unwürdigen oder in der Richtbeftrafung eines |
der Strafe Würdigen bejteht. Dann beruht jie auf |
Schwäche des Willens umd ift nicht zu rechtfer:
— — — — — —
303
Gnadenbild
tigen. Die wahre Gnade bildet aber keinen Gegen⸗
ſatz gegen die Gerechtigleit, ſondern gegen die ab:
jolute Nacht. Sie ift Selbftentäußerung der abfo-
Iuten Macht. In diefem Sinne tft aud) die Gnade
ald Handlungsnorm Gottes aufzufafjen. Vermöge
jeiner abjoluten Macht ijt Gott nicht verpflichtet,
dem Menſchen Wohlthaten zu erweijen, da an Gott
als den Abjoluten feine Rechtsanſprüche erhoben
werben dürfen (Matth. 20, 15); alle Wohlthaten,
dem Menden durch die Fügung Gottes zulom:
mend, jind darum als Gnade zu betrachten (gra-
tia Dei in universum), 2. Not 34,6. 7; Bj. 51,
20; 89, 2; 15, 42; 106, 4; 108, 5; 119, 41; 130,
7, 9er. 16,5 u.ö. Sowie die Gerechtigfeit (vgl.
d. Art. Gerechtigleit Gottes) der Heiligen Schrift
eine andere ijt ald die des dogmatiſchen Syſteins
und unjerer juridiſchen Anſchauung, jo ift ao aud)
die Gnade der heiligen Schrift nicht ganz biejelbe,
wie fie (dem Begriffe des deutſchen Wortes ent:
ſprechend) von uns gewöhnlich gefaßt wird. Die
Schrift fennt die Gnade nicht ſowohl als Straf:
erlaß im Gegenjag zur Gerechtigkeit, als vielmehr
im Öegenjag gegen den Rechtsanſpruch, als ſchöpfe⸗
riſche, ſich mittheilende Lebenskraft aus Bott. Den
Charalter der Gnade trägt namentlich, was von
Gott geſchieht, den Menſchen zur Seligkeit zuführen,
alle Heilsanftalten Gottes, welche die Rettung van
Sünde und Verderben bezweden (gratia saluta-
ris), weil darauf um der Sünde wıllen am aller:
wenigſten ein Rechtsanſpruch erhoben werden
dürfte, Joh. 1, 14. 16; Apſtg. 15, 11; Röm. 3,
24; 5,15. 20; 11,6; 2. Kor. 8, 4; Eph. 1,6. 7;
2,5u.ö. Die Erſcheinung Chriſti ijt lediglich ein
Werk der Gnade. Aber auch die jubjective Aıreig-
nung dieſes objectiven Heiles (der Gnadenſtand)
tft, weil ohne Gott unmöglich, ein Werk der Gnade,
1. Kor. 12, 11; Röm. 9, 16; Phil. 2, 13. An dies
ſen Puntte erhebt fi der Streit über die Frage,
in welhem Verhältniß ber freie Wille des Mens
ſchen zur Wirlſamkeit der Gnade ftehe, worüber
übrigens der Art. Präpeftination nachzuſehen ift.
Hier möge eine furze Angabe der Bertimmungen
der lutheriſchen Kirchenlehre genügen. Diejeibe
unterjgeidet nad) den Mitteln, welche Gott ans
wendet, eine natürliche und eine übernatürliche
Gnade, welche legtere nothwendig gemacht wird
durch den Verluſt jeder ſittlichen Kraft; fie unter:
ſcheidet ferner eine gerichtliche und eine heilende
Gnade, indem fie unter der erjteren die rechtfer—
tigende Gnade des richtenden Gottes, unter der
legteren die ftetige Einwirfung des heil. Geijtes
auf das Menjchenherz verjteht. Soldier Gnaden-
—— werden vier unterſchieden: 1) das Straf⸗
amt (officiuin eleneticum); 2) das Lehramt (0.
didascalicum); 3) das Buß: und Beſſerungsamt
(0. paedeuticum); 4) das Troftamt (o. paracleti-
cum). Eine weitere Unterjcheidung ijt: 1) die vor-
ausgehende; 2) die wirkende; 5) die mitwirtende
(erhaltende) Gnade, gemäß der Zeit vor, während
oder nad) der Belehrung. Endlich wird eine uni—
verjelle Gnade (d. h. die allen Menſchen das Heil
anbietende) von der mwiderjtehlihen und veriier-
baren unterjchieden,
Gnadenbild. WunderthHätiges Bild in der katho—
lichen Kirche. Ein Heiligenbild, mit deſſen Anblid
Gott in Rüdfiht auf die Fürbitte des Heiligen be:
jondere Gnaden und Gaben für die Gläubigen
verbunden hat, z. B. Heilungen,. In der Anſchauun
des latholiſchen Volles gehen die Wirkungen Freilich
Gnadenbriefe
auf magische Art von dem Bilde felbft aus und
die Praxis der Kirche fcheint oft jelbit von biefer
Anfhauung gebunden zu ſein.
Gnadenbriefe find Rejeripte des Papſtes auf
eingegangene Bittgeſuche, in welchen aus reiner
Freigebigfeit eine Pfründe, ein Privilegium u. dgl.
ertheilt wird. Ueber die Gültigkeit folder Gnaden:
briefe hat das kirchliche Hecht genaue —
en getroffen. Gnadenbrieſe mit Verheißung auf
ie Autunft, d. h. Anwartſchaften (f. d. Art.), Er:
fpectangen, find durch das Tridentinum verboten.
Gnadenbund. ©. Coccejus.
Gnadenfeld. Eine Herrnhutercolonie in Ober:
ſchleſien, geitiftet 1781, wohin jeit 1818 das theo-
iogiſche Seminar verlegt worden ift, welches frü:
ber zu Barby (1754) beitand.
Gundengaben. ©. Geiftesgaben.
Gnadenjahr. ©. Arinus deservitus.
Gnadenmittel find die kirchlichen Organe, durch
welche Gott feine Gnade an den Menſchen vermit:
telt. Es werden von der evangelifchen Kirche hierzu
gezählt: Wort Gottes und die Sacramente. Durd)
die Lehre von den Gnadenmitteln wird das Heil,
entgegen der Borftellung, daß die Aneignung des
Heild aller objectiven Bedingungen entbehre, an
die Objectivität der Kirche gebunden und dadurch
vie Nothmwendigleit der legteren zum Heile begrün:
det. ©. d. einzelnen Gnadenmittel.
Gnadenfland. S. Gnade.
Gnadenfluhl. ©. Bundeslade.
Gnadenwahl, ©. et
Gnaphäus (de Volder). Geb. 1493 im Haag.
1522 Rector der dortigen Schule. Wegen feines
evangelijhen Glaubens zweimal eingeferkert, über:
nahm er 1536—43 das Rectorat zu Elbing. Bon
dort berief ihn Herzog Albrecht nach Königsberg
als Nector des Püdagogiums. Obwohl nit Tpeo:
loge, wurde er doch von dem orthodoren Eiferer
Staphylus jo lange verfolgt, bis er 1547 als
Irrlehrer ercommunicirt und des Amtes entjett
wurde. Er ging nad) Friesland und ftarb zu Nor:
ten 1568.
Gnefen. Die ältefte Stabt Polens. Seinen
firhlihen Ruhm erlangte es zuerjt als Grabftätte
bes heil. Adalbert 987. Bei der Wallfahrt des Kai:
ſers Otto 1000 ward Gnefen zum Erzbisthum er:
ai bis dahin ftand e3 unter Magdeburg. Als
rzbifchof Heinrich um 1200 das Cölibat durch—
führte, ward er mit feinen Nachfolgern zum lega-
tus natus erhoben. Nikolaus erlangte 1416 die
Mürde des Primas, mit welcher im jpäteren Wahl:
reich Polen das Amt des Reichöverwefers verbun:
den war. Das Erzbisthum zerfiel durch die Thei-
lung Polens. Durch die Bulle De salute anim.
wurde Gnejen mit Poſen verbunden, behielt aber
ein eigenes Capitel mit einem Weihbifchof.
Gnofiß. Gnoflicismus. Schon in der vordrift:
lichen Zeit hatte ſich durd die Vermiſchung des
Griechiſchen und Drientalifchen ein eigenthümlicher
Drang der gebildeten Welt bemächtigt nad) reli:
gionsphilofophifchen Speculationen. Die aleran-
drinifche Religionsphilofophie und jpäter die neu:
platonifhe Philojophie war ein Product dieſer
Richtung. Aud) das EhriftentHum empfand bald
diejen Zug, indem feine praftifche Richtung dem
fpeculirenden Bedürfniß nicht genligte und daher
von diefem umgewandelt murbe. Seibft innerhalb
der Kirche gewohnte man fich bald daran (aleran:
driniſche Schule), an die Stelle des Glaubens,
304
Gnofis. Gnoſticismus
welcher vorzugsweiſe der großen Maffe zulommt,
ein volllommeneres Organ zur Aneignung de
Unendlihen zu fegen in dem Wiſſen (yrüazs),
Aber im Gegenfaß zu der die praftifchen Ziele mie
aus dem Auge verlierenden Kirche mwucherte im
ganzen Drient eine religionsphiloſophiſche Ric:
tung fectenbildend empor, den Anfang jhon in
ber apoftoliihen Zeit nehmend, aber jeit dem 2,
Jahrhundert zu einer ungeheuern Macht ſich ent:
faltend. Die Grundibeen, fo verjchiedenartig jonft
auch die Syfteme der Gnoftifer fein mögen, find
in den legteren überall diefelben. Die praktifchen
Sragen der Sünde und Erlöfung bilden das Thema
der Speculationen; aber fie find nicht als pral:
tifche Fragen behandelt, fondern als philoſophiſche
über metaphyfiiche Prozeſſe innerhalb des Welt:
ganzen. Allen Syitemen liegt die Frage zu Örunde:
wie ift die Sünde und das Uebel in der Welt zu
erklären? Gie gehen dabei von einem dualiſtiſchen
Gefihtäpunfte aus: Gott ift der ſchlechthin jen:
feitige, in fich gefchloffene, die Welt von Ewigleit
ber eine un, wenn nicht widergöttliche Mafe.
Zwiſchen diefe beiden Gegenſätze, die ſich ſchlechthin
nicht unmittelbar berühren können, tritt nun ein
das ganze Weltdrama von Verwicklung und Ent-
widlung, Sünde und Erlöjung —
Drittes, der Demiurg (Weltſchöpfer). Vermoge
einer inneren ac. tritt nämlich aus Gott
heraus eine Selbftobjectivirung, eine Emanatıon,
und zwar in einer fich immer mehr der Volllom
menheit entäußernden GStufenfolge nad unien
(Aeonen). Auf der unterjten Stufe diefer Emane-
tionsreihe fteht derjenige Neon, welder, von
Selbftüberhebung geblendet, die Welt bildet, aber
wegen eigener Unvolllommenheit ein Werk aus
guten und ſchlechten Elementen gemijcht ins Daſein
ruft. Dreierlei Eiemente find alto in der Welt ver
treten: ein pneumatijches, ein pſychiſches und ein
materielle3 (hyliſches), nach welchen ſich aud dir
Menſchen theilen und von denen das mittlere das
eigentliche Gebiet des Demiurgen ift (der vielfach
als der Bott der Juden betrachtet wird). Hat der
Demiurg die Harmonie des Ganzen (daS rAnpwue)
geftört, jo hat dagegen der Aeon Ehriftus die Auf:
gabe, die in der Welt verjtridten göttlichen Eile
mente aus ihrer Gebanntheit wieder zu erlöfen und
an ihren Ort zurüdzuführen. Dies geſchieht durch
die Bereinigung defjelben mit dem Menfchen Jeſus
und die Mittheilung des göttlihen Bewußtſeins,
d. h. der Gnofis. Eingetheilt werden die gnoftt
ſchen Syfteme jehr verichieden. Giefeler theilt fie
in alerandrinifche mit vorherrſchendem Platonis
mus und forifche mit vorherrſchendem Parfismus
(Dualismus). Neander theilt fie in judaifirende
(Gerinth, Bafilives, Valentin, VBardefanes) und
antijüdifche; letztere wieder in ſolche, welche zum
Heidenthum hinneigen (Ophiten, Pſeudobaſilidia
ner, Rainiten, Sethiten, Rarpofrates 2c.) und jolde,
welche fpecififch chriſtlichen Charakter tragen (Sa⸗
turnin, Tatian, Enkratiten, Marcion). Baur theilt
fie 1) in folche, welche das Chriſtenthum mil dem
——— und Judenthum zuſammenfaſſen (Be
filives, Valentinian u. Al); 2) jolche, welche jenes
den legteren entgegenjegen (Marcion u. 4); 3)
ſolche, weldde Chriſtenthum und Judenthum iden:
tificiren und dem Heibenthun: entgegenehen (Gle
mentinen). Bol. Neander, Gen. Entwidiung der
gnoft. Syfteme, 1818; Matter, Histoire erũ. du
gnostic,, 1843; Baur, die Hriftl., Gnofis, IS;
Goar
6, des Gnoſticismus Weſen, Urſprung, Ent:
widlung, 1860; Möller, Geſchichte der Kosmologie
in der griechifchen Kirche, 1860 ; Möller, Ueber den
Uriprung des Gnoft., 1831. Außerdem bie kirchen⸗
elhichtlihen Werke und Ritter, Geſch. der hriftl.
Böilofophie, 1841.
Gar, Jacques. Ein gelehrter Dominicaner.
Geb. 1601 zu Paris. Nach feinem Eintritte in den
Orden 1619 ftubirte er Theologie und wurde Leh⸗
rer der Bhilojophie zu Toul. Als Prior der Domi⸗
nicaner 1631 nad) Chios geſchickt, gewann er ge:
naue Bekanntſchaft mit der griehifchen Kirche, aus
der fein berühmtes EdyoAöyıor, sive rituale Grae-
corum hervorging. 1640 fam er ald Prior nad)
Rom, nahm dann feinen Aufenthalt in Paris und
ftarb 1653 als Generalvicar feines Ordens.
Goar, Sautt. Nach der aus dem 9. Jahrhun⸗
bert ftammenden Legende lebte St. Goar unter
bert I. ald Eremit am Rhein, den Heiden
predigend, de gaftlich beherbergend. Beim
Biſchof Rufticus in Trier — reinigte er ſich
un aten und kehrte in feine Zelle zu:
rüd. Sein Grab ift in der Arypta der Stiftälirche.
Das Klofter St. Goar ſchenkte Karl der Große der
Abtei Prüm. In der Stadt St. Goar führte Adam
Kraft 1527 die Reformation und reformirten Got:
teödienft ein; 1629-—31 war fie durch die Spanier
unterbrüdt, bis Guſtav Adolf die Stabt befreite.
Bol. NRettberg, Kirchengeſch. $. 84; Grebel, St.
—* 3 hann P Geb. zu G
‚eig ohann Pupper. Geb. zu Go
im Anfang des 15. Jahrhunderts, war er Ron
in Mecheln und feit 1451 Rector und Beichtvater
eined von ihm geftifteten Diakoni ufeö der
auen zu Tabor. + 1475. Durch fein Wirken und
ine Schriften (De quatuor erroribus und De
ibertate christiana) in ae a
— *— er dem herrſchenden römiſchen Ka⸗
ismus entgegen, und zählt zu ben Reforma⸗
toren vor ber Reformation. S. Ullmann, Refor:
matoren vor der Nef., I, 17—174,
Godeau, Anton. Geb. 1605 zu Dreux. Seine
Begengeiipent Higelinns ls Die Deberfegung deb
eng eliew’3 für eberjegung
—*— omnia dad Bisthum Grafſe.
ine —— der Pſalmen, ſeine Kirchen⸗
chichte und Aehnl. in Verſen haben wenig Werth;
er ift die Histoire de Véglise durch gewandte
Darftellung und gute Auswahl des Stoffes. Er
ftarb ala Bifchof von Vence 1672.
Godehard, ver Deinen Geb. um 960 zu Reiten:
bach in ern in der Nähe beö Klofters Rieder:
altaich, in welchem er Mönd und Abt wurde. Bon
Heinrich IL. berufen, reformirte er bie Klöfter Hers⸗
feld, Tegernfee und Kremsmünſter und wurde
Nachfolger des Biſchofs Bernwarb von Hildesheim
( d. Art.), defien Werk und Arbeit er in gleichem
nne fortjegte. + 1038. Da fchon bei feinen Leb⸗
zeiten Wunder von ihm berichtet wurden, tft er
1132 heilig gefprochen.
Gosl ift der Biuträcher, Goblspflicht die Pflicht
ber ng AU d, Art.).
Görres, nn Joſeph. Geb. zu Koblenz am
25. Januar 1776, war er in ber erften Periode
Lebens ber begeifterte Borlämpfer deutſcher
it, in ber zweiten ber bebeutenbfte und
Bertreter bed mobernen Katholicismus.
en von den been ber franzöfifchen Re:
‚gab er 1796 die Zeitfchrift „das rothe
305
Goffine
Blatt“ heraus bis 1799, wo eine politifche Sen-
Perg Ser Paris ihn deutlicher erfennen ließ, was
für Deutſchland von dorther zu erwarten ei. Als
er 1803 eine Zehrerftelle in Koblenz erhalten hatte,
lebte er —— dort und in Heidelberg philo⸗
ſophiſchen und naturwiſſenſchaftlichen Studien.
1814—16 redigirte er das pri Ai
Blatt „der Rheinifche Merkur“, defien Herausga
mit einem Preßprozeß —* und ihm die Sielle
als Director des öffentlichen Unterricht (feit 1814)
koſtete. Wegen der Schrift „Deutfchland und bie
Revolution“ (1820) mußte er nad) Straßburg flie:
en. Studien über die katholifche Myſtik (4 Bde.,
836—42), den Kölner Dom und Aehnliches wen:
deten ihn der mittelalterlih:romantifchen Reaction
des Katholicismus zu, durch welche er auch feine
politifhen Ideale ler unter Defterreich
zu verwirklichen hoffte. 1827 von Ludwig I. na
Münden berufen ald Profeſſor der Geſchichte,
ſchrieb er in den tirlichen Zeitfragen den „Atha:
nafius” (1837), „die Trtarier Leo, NMarheinele und
Bruno Bauer“ (1838), und — die Hiſtoriſch⸗
politiſchen Blätter, deren Redaction ſein Sohn
Guido Görres (+ 1852) übernahm, welche durch
viele Auffäge von feiner Hand feine Geſchichtsauf⸗
bie befunden. Er ftarb, als die Abelihe Ka:
tajtrophe in Münden feine Hoffnungen zertrüm:
merte und die Revolution von 1848 fi anfündigte,
am 27. Januar deflelben Jahres.
Göſchel, Karl Friedrich. Geb. 1784 zu Langen:
alza, ftudirte er Jura zu Leipzig 1810 und machte
ich ald Richter zu Langenſalza durch feine Chronik
er Stabt 1818 belannt. Dann Oberlandesgerichts⸗
rath zu Naumburg, ward er 1844 im Juſtizmini⸗
ftertum ald geheimer Oberregierungsrath angeftellt,
1845—48 Confiftorialprä t in Magdeburg,
privatifirte in Naumburg und ftarb am 22. Sept.
1862. Ex fuchte anfangs (Aphoriämen über Nicht:
wiſſen und abfolute8 Wiffen, 1829) die Ueberein:
ftimmung ber —— Philoſophie mit dem
Chriſtenihum darzuftellen, auch Strauß von die⸗
em Standpunkt aus zu widerlegen (Beiträge zur
pecul. Bhilofophie, 1838), trat aber immer mehr
auf die confejfionell:firchliche Seite. Er leitete das
Berfahren gegen Wislicenus, Uhlich und die Licht:
freunde und mußte 1848 vor ber Erbitterung des
Volkes Magdeburg verlaffen, nachdem er um feinen
Abſchied eingelommen war, ald ber freien Gemeinde
eine Kirche zum Mitgebraud) eingeräumt worden.
Mehrere Arbeiten tiber Dante find von Intereffe.
Öttingen. Ueber die Reformation ſ. Calen:
berg. Die Univerfität ift gejtiftet 1733 und am
17. Sept. 1757 eingeweiht.
‚ Johann Meldior. Geb. 16. Det. 1717
u Halberftabt, ftudirte in Jena und e, war
Oltföprediger in Aſchersleben, Pfarrer in Dagde:
nut, feit 1755 an St. Katharinen in Hamburg.
Er ift am befannteften durch feinen Streit mit
Leſſing, nah Herausgabe ber MWolfenbütteler
Fragmente durch benfelben, und dur befien
„Antigöge”. Ericheint er gleich da nur als Vertreter
einer jtarren Orthodorie, jo hat er fi anderwärts
als — gr Er a Gelehrten und Theo:
logen erwiejen. + 1786.
Götzendienſt. S. Abgötterei,
Gojfine, Leonard. Geb. 1648 zu Köln, + 1719.
Prämonftratenfer zu Steinfeld, ift ala Berfafier
eines oft auffelegten „Ehriftlatholifchen Unter:
richts· und auungsbuches er Auslegung
Gog und Magog 306 Goßner
ber Perlkopen, Gebeten und Erflärung der Cere- Bolen. In ber Hoffnung, an ihm, ber 1550 ben
monten belannt. unfatholifchen Lehren bed Franz Stancaru wider;
Gog und Magog. Magog, ein japhetiſcher ſprach, ein rechtes Werkzeug zu geminnen, fanbte
Stamm, 1. Moj. 10, 2 (Scothen), wird Ey. 58 u. | Ihn der Klerus zur Ausbildung nad) Deutſchland
59 unter feinem König Gog als der legte ferne | und der Schweiz. Er kehrte aber als entſchiebener
Feind des h. Volles gefchildert, den Gott über: | Antitrinitarier in Servetfcher Richtung zurüd und
wınten werde. Die Offenbarung nimmt in diefem ſchloß fih den Reformirten an. Er wollte Ghri-
Sinne die beiden Namen wieder auf 20, 8, ver: | ftus, den er auch Gott nannte, geriau vom Logos
wandelt aber aud den Namen Gog in einen
Volldnamen, um die Mehrheit oder die Gefammt:
heit der fernen Heiden zu bezeichnen.
Goldene Bulle. S. Bulle, die goldene.
Goldenes Ralb. ©. Kalb,
Goldene Zahl. ©. Zahl.
Golgatha. Schädelftätte. Der Pla, wo Jefus
gefreujigt wurde und der feinen Namen entweder
von den Schädeln ber Hingerichteten oder von
feiner Geſtalt belommen bat (Matth. 27, 33;
Marc. 15, 22; Joh. 19, 17; Hebr. 18, 12), ©.
Grab, das heilige.
Goliath. Iſt der Name bes philiftäifchen Nies
fen, weichen David (ſ. d. U.) Überwand und ba:
mit den Sieg Iſraels entihied. Die Stelle
2. Sam. 21, 19, mo die Erlegung Goliath3 dem
Elhanan zugefhrieben wird, bringen Mande
(Bıscator und die englifche Ueberfegung) nad)
1. Chr. 20, 5 durch Einfchiebung des Wortes „den
Sahmi, den Bruder“ mit dem erften Bericht,
1. Sam. 17, in Uebereinftimmung.
Golius. Geb. 1596 in Haag, war —* der
griechiſchen Sprache zu La Rochelle, 1624 Profeſſor
ber arabiſchen Sprache, 1629 auch der Mathematik
zu Leyden; + 1664. Auf zwei Reifen in den Orient
ai wer und durchforſchte er dortige Biblio:
theten. Bon feinen Werten ift das berühmtejte das
Lexicon arabico-latinum, 1653, und die vermehrte
Ausgabe von Erpenius’ arabifcher Grammatik,
Gomarus, Franz. Geb. den 30. Jan, 1563 zu
Brügge. Da die Eltern ihren ae in ber
Balz nahmen, ftudirie er in Straßburg unter
Sturn, in Neuſtadt und in Heidelberg unter
Urfinus, Zanchi und Toffanus. War dann Baftor
der niederdeutſchen Gemeinde in Frankfurt a, M.
1587 — 114; wurde Profeffor in Leyden 1611;
legte die Stelle nieder, ging 1614 ald Profeffor
der Theologie nad) Saumur, 1618 nad) Grönin:
gen; + 1641. Er ijt berühmt ald das hervor:
ragendite Glied der Dordrechter Synode 1618
und als der Örgner de3 Arminius, gegen welchen
er die reformirte Lehre über Brädeftination und
Nechtfertigung vertrat. Seine gefammelten Werte,
Amſterdam 1645 und 1664,
Comer. 1. Moſ. 10,2 3; Ez. 38,6. Iſt nad)
ber. Böltertafel der erſte Urſtamm der Japhetiden,
welcher jich in die Stämme Aslenas, Niphath und
Thogarma verzweigt, ©. wird allgemein auf die
Kimmerier bezogen, welde am Pontus Eurinus in
der Krim wohnten, und von da aus fich in ver:
ſchiedenen Zügen verbreiteten. Van will in ihnen
das Stammpolf der Cimbern, Gothen und Ger:
manen ertennen. Astenas, Ser. 51, 27, wird auf
dad Schwarze Meer, Niphath auf die Karpathen,
Thogarma auf Nordarmenien bezogen.
Gomorrha, veifen Untergang 1 Mof. 18, 20;
19, 21 erzähit wird, war eine Stadt im Thal
Siddim, deren [bon zu Abrams Zeit Erwähnung
gethan wird, ald Kedor-Laomer fie erobert hatte,
l. Moſ. 13, 10. *
Goueſiub, Peirus. Geb. 1525 zu Goniabz in’
unterfhieden wiſſen. Die Synode von Secemin
1556 fandte ihn an Melandthon, um deſſen Ur:
theil einzuholen. Als diejer feine Lehre als blad:
phemifch verwarf, ſchloß ihn eine zweite Synode
zu Secemin 1656 und zu Brezesk 1568 aus der
Gemeinigaft aus. Als Prediger zu Wengrom
ſchloß er fi der unitarifhen Kirche in Polen an,
erfiel aber auch mit ihr, theils weil er ihren Con⸗
equenzen nicht folgen wollte, theild wegen priva:
ter, den wiebertäuferifchen verwandter Anſichten.
Sein ſpäteres Leben iſt unbelannt.
Gonzaga. S. Aloyfius von Gonzaga.
Gonzalo von Berceo, Ein ſpaniſcher Weltprie:
fter zu B., 1198—1268, von welchem neun did:
terifche Werke, über das DMefopfer, das jüngfte
Gericht, die Jungfrau Maria und das Leben dei
b. Dominicus, des h. Yemilian und ber h Aurea
auf ung gelommen find. Nach Clarus iſt er ald
Dichter nicht unbedeutend, in feinen Werlen ver:
lautbaren die erſten Regungen bes Geifted, wel:
2 nachher die ſpaniſche Poefie zur Porfie des
atholicismus erhob.
Gorgias. War Unterfeldherr des Lyſias im
Kriege gegen Judas Maktabäus. Seinem Plan
des nächtlichen Ueberfalls bei Emmaus kam Ju
das zuvor und vernichtete das feindliche Heer,
1. Matt. 3, 38 ff. Als Oberfelogerr [tus er ſpã⸗
ter die Juden bei Jabun und Narchä, 1. Mall.
5, 67 und 2. Maik. 12, 86 5.
Goriun. Ein Zeitgenofje Ecnils (f. d. A.) und
mit ihm Schüler des h. Mesrop, welcher Biſchof
in Georgien war. Er gehörte zu den Gelehrten,
die zum Erwerb und zur Ueberſetzung griechiſchet
Schriften ins Armenithe nad Gonftantinopel ger
fendet wurden. Die einzige ihm felbft angehörige
Schrift ift die — — des h. Mesrop.
Bol. de Wette, Goriuns Lebensbeſchreibung des
h. Mesrop, Tüb. 1841.
Gorkum, Märtyrer von. 19 Mönche und Prie—
fter aus Dordredt, die nad) Gorkum ſich geflüchtet
hatten, dort bei der Eroberung durd) die Geufen
unter Wilhelm von der Mark 1572 gefangen ge:
nommen und gehängt wurden. Wegen der Wun⸗
der, welche geihahen, geſtattete Clemens X. 1674
ihre Verehrung als Selige für ganz Holland.
Goriyna auf Greta. Eine alte Stadt, nad
Gnofjus die bedeutendjte der Inſel. Hauptfig des
Eultus der Europa, wird erwähnt 1. Malt. 15, 28.
Gojan. 2. Kön. 17,6; 19, 12; Je. 37, 12.
Eine Landfchaft in Mejopotamien, welde ber
Chaboras duchftrömt, wohl das Favcuritis dei
Ptolemäus,
Gofen. Die ägyptifhe Provinz, welche den
Jiraeliten zum Wohnſitz angewieſen war. Nah
ven Andeutungen 1. Mof. 45, 18. 20; 47,6. 11;
2. Mof. 13,20; 14, 1 ff. muß Gofen an Arabien
gegrenzt und bis ins Nildelta ſich erſtreckt haben,
was auf die Provinz es⸗Scharkijeh pajje:: würde,
die Robinfon für Goſen erklärt.
Gofner, Johannes Evangelifta. Geb. zu Hau:
*
jen bei Augsburg, ſtudirte zu Dillingen unter
Sothaifches Bündniß
307
Gothen
immer, trat in das Collegium zu | er Verwüſtung ber heidniſchen Hunnen bewahrt
Sailer und 8
Ingoljtabt 1793 und wurde nad dem Austritt
1796 aus bemjelben 1797 Hülfscaplar. Eine tie
pe Rihtung, der er fhon früher gefolgt, wurde
ch Briefe von M. Boos und perjün X Be:
gegnen mit bemfelben befeftigt und aud durch
jefuitifche Berfolgungen nicht gebrochen. 1804 be:
fam er die Pfarre zu Dirlewang, die er 1811
nieberlegte, um in Münden auf einer Heinen
Pfründe durch Predigt und Schriftftellerei zu
wirken. 1817 wegen feiner Glaubendüberzeugung
ejeyt, war er 1819 Religiondlehrer am Gym:
na u Düffeldorf. 1820—24 an der Peters⸗
burger einde angeftellt, lebte er feitdem in
Zeipzig, wo er 1826 zur evangelifchen Kirche übers
trat, 1827 wurde er Prediger der Bethlehems:
firde in Berlin. } 20. März 1858. Seine Wirk:
famfeit ging durch die von ihm geleitete Heiden:
miffion, bie 140 Miffionare ausſandte, durch bie
Stiftung von Männer: und Frauenvereinen, wie
duch feine erbaulihen Schriften (Schagkäftlein
1824 ; Golblörner 1859 u. a.), weit über bie Gren⸗
zen feiner Gemeinde hinaus.
othaiſches Bündniß. Gegenüber bem Regens⸗
burger Bundniß ſchloſſen die evangeliſchen Für:
n, der Kurfürſt von Sachſen und ber Landgraf
bilipp von en, zu Gotha 1526 ein Schuß:
bünbuiß, weldes in demjelben Jahre zu Torgau
bejtätigt wurde und dem die meijten evangelifchen
Stände beitraten.
Gothen. Ein germanifher Stamm, der im 3.
Jahrhundert nah Chr., an der untern Donau
auftritt, wo biöher die Geten — hatten.
Wahrſcheinlich find die beiden Namen identiſch.
Sie drangen gegen das römijche Reid) vor; 251
fiel Decius im Kampfe gegen fie, und ihren Raub:
und Plünderungsdzügen, die ſich bis nad Klein:
afien ausdehnten, jegte erſt Conftantin d. Er. ein
Biel, der nad hartem Kampfe dauernden Frieden
mit ihnen ſchloß. Gefangene Klerifer verbreiteten
unter ven Gothen das Chrifientfum; es entftan-
den Gemeinden, fo dat 325 zu Nicda ein gothis
ſcher Bischof anmwejend fein fonnte. Größeren Auf:
wung nahm die Sade aber erjt durch Ulfilas
(j. d. % und ald Eutyches aus Auppaborien und
der verbannte Biſchof Audius unter den Gothen
ihre Wirtjamteit begannen; zugleid aber erwachte
ber Widerftand deö Heidenthums, jo daß Ulfilas
355 mit einer chriſtlichen Schaar ſich im römiſchen
Reiche anfiedelte; in einer neuen Berfolgung 370
durd) Athanarid) farben Viele als Märtyrer. Als
aber yrithijer, der Gegner Athanarichs, zum
Chriſtenthum übertrat, folgte ihm der größere
Theil des Volts. Durch ihn und Ulfilas gewann
aber die arianifche Form des Glaubens das all:
gemeine Uebergewidt. Gebrängt von den Djtgo-
then, die den Hunnen wichen, juchten die Weit:
gothen auf dem römischen Gebiete Zuflucht; nad)
dem Siege über Balens 378 überflutheten fie das
Reich, bis fie ald Bundeögenofien aufgenommen
wurden und Möfien und Thracien behielten. Ihr
glängender Kriegs: und Beutezug unter Mari
durd den Peloponnes, Jlyrien nah Rom und
Unteritalien diente dazu, dem Heidenthum bes
Landes den legten Stoß zu geben durch die Zer—
itörung der Tempel und Gögenbilder. Alarichs
Nachfolger, Athaulf und Wallia, gründeten dann
das weſigothiſche Reich in Gallien, das durch ben
Sieg (451) den Catalauniſchen Gefilden vor
wurde und unter Eurich (466—484) feine größte
Blüthe erlangte. Die fatholifhen Unterthanen,
bie das Reich —— hatte, beförderten feinen
Untergang. Eurich hatte den politiſchen Ueber
griffen der Bifchöfe gewehrt, fein ſchwaͤcherer Sohn
Alarich (434507) gewährte ihnen Freiheit und
in firhlihen Dingen Selbftändigfeit, trogdem
waren ihre Augen auf das fatholij ——
gerichtet. —— benutzte dieſe Sympathien,
und die Schlacht bei Vouglo 507 machte dem
weſtgothiſchen Reih in Gallien ein Ende. win
den Reit des galliihen Reiches, den Theoderi
db. Gr. noch beſchränkt hatte, verlor Amalarich au
Ehildebert 531 und Theudes verlegte den Sig
ber Regierung nad Spanien. Auch jetzt ging die
Schwächung bes —— von der Begünftis
gung ber katholiſchen Biſchöfe aus, durch welche
die Fatholifhen und romanifhen Unterthanen
gewonnen werben follten. Daher verfuchte Leovi⸗
id, gegen ben fein katholifher Sohn ſich erhoben
Batte, nach deſſen Defiegung und Hinrihtung durch
gewaltfame Unterbrüdung die Einheit der Kirche
und die Stärke des Reiches wieder zu gewinnen.
Den entgegengefegten Weg wählte fein Sohn
Reccared (+ 601), der Sohn einer katholiſchen
Butter. Er berief 507 ein ze. Concil nad)
Toledo und erflärte ſich für die fatholifche Kirche;
feinem Beifpiel folgten die meiften arianifchen
Biſchöfe und bald das ganze Voll, Auf dem 2,
Concil von Toledo 589 murbe ein katholiſches
Glaubensbelenntniß mit dem Zufag filioque ans
genommen. Damit fiel auch das frühere Verbot
des Connubiums zwifhen Gothen und Romanen,
und um die Scheidung noch mehr zu verwilchen,
vereinigte Reccared in feinem Geſetzbuche das gos
thiſche Recht mit dem romanischen, welches Alarich
im Codex Theodosianus oder Breviarium Alari-
cianum hatte zufammenfaflen laffen. Da das
Reich ein Wahlreich geworden und von innern
Unruhen fortwährend erjchüttert wurde, wuchs
die Macht des Klerus immer mehr. Das 4. Con«
cil zu Toledo (zugleich Reichdverfammlung) über:
trug den Bifhöfen und dem Adel die Königs⸗
wayl. Wegen des politiihen Einfluſſes bemach⸗
tigte fih der un le Adel der Bifchofsfige.
Vergeblich waren Reccajuintds Bemühungen um
Hebung der Kirchenzudt ; jein Nachfolger Wamba
verlor den Thron durd eine den Biſchöfen mißs
liebige Maßregel; der Ufurpator Erwich gewährte
dankbar neue Privilegien, Als daher Witiza die
Rechte der Biſchöfe einjchräntte, einen Theil bes
Kirchengutes einzog, die Judenverfolgung (feit
694 janctionirt) verbot, wiegelte der Klerus das
Bolt auf; es entftand ein Bürgerkrieg, in dem
Witiza's Söhne den arabifhen Kalifen Mufa zu
Hülfe riefen, deffen Feldherr Tarit bei Terez de
la Frontera das —— Heer ſchlug und dem
rer Reiche ein Ende madte. Dal. Aſchbach,
efhichte der Weftgothen, 1827. Heliferich, der
weſtgothiſche Arianismus, 1860. — Die Oft:
gothen — das Chriſtenthum als Arianis⸗
mus von den Weſtgothen und Vandalen empfan⸗
gen; nur unter den in ber Krim zurüdgebliebes
nen Stämmen richtete eine, durch Chryſoſtomus
geftftete Miffion ein Latholifches Bistum auf.
er Hauptftamm der Oſtgothen ſchloß ſich an die
Hunnen an und blieb nad) Aitila’8 Tode in Ban
nonien; wo fie unter ben Königen Walamir,
Gothiſche Bibelüberfegung
eodemir und Widimit Häufige Einfälle in das
treich machten, bis Theoderich b. Or. 475 unter
ber —— Oberherrlichkeit des Kaiſers Zeno
Odoakers Reich in Italien zerſtörte und das oſt⸗
othiſche Reich aufrichtete. Seine Tochter Amala—
—* (526—534) wurde nad dem Tode ihres
Sohnes von Theodat ermordet. Diefem folgte
Vitiged, den Belifar 540 gefangen nahm; au
ben legten gothifchen König Totilas befiegte Nar:
ed 556. Auch der rafche Untergang des oftgothi:
hen Reiched war durch den Arianidmus herbei:
geführt. Derſelbe Hinderte die von Theodoſius
angeftrebte Bermifchung der Gothen mit den fa:
tholifchen Römern, und machte diefe gu Verbin:
dungen mit Gonftantinopel —* heodoſius
mußte fein anfänglich fchonendes Verhalten gegen
die fatholifche Kirche Ändern, ala unter Juſtin I.
das oftrömijche Ehriftenthum fi mit Rom aus:
geföhnt hatte und die Arianer von Neuem angriff;
er entzog aber damit feinem Reiche die Unter:
ie es römifchen Klerus,
otbiige Bibel — Der Biſchof der
Weſtgothen Ulfilas (+ 383) überfehte um's Jahr
870 die griedhifche Bibel ind Gothifche mit eigener
Erfindung eines gothifchen Alphabetes. Mit Aus:
nahme der Bücher der Könige, die ihm zu kriege⸗
riſch für feine Gothen ſchienen, überfegte er die
ganze Bibel. Das Werk mar gänzlich verloren,
als im 17. Jahrhundert der fog. Codex argenteus,
=
308
Gott
geglieberten, Leicht zum Himmel fpringenden Bau⸗
maffe hervorruft. Im ie eye
Stile ift im gothifchen der Drud der Gewölbe auf
Strebepfeiler abgeleitet, welche die maffive Dide
ber Mauern überflüffig machen und das Heußere
der Kirche harmonisch —— wodurch, ebenſo
wie durch die reichere Öltederung ber Säulen zu
Säulenbünbeln im Innern der Eindrud bes
Schweren ſich völlig umwandelt in ben des Empor:
wachſenden und Freien. Die Gewölbe mit ben
Strebepfeilern,, die Portale und Fenſter bilden fo
jufammen einen gewaltigen, einheitlichen, ftreng
egliederten Organismus auf Grund des Spig-
ogen 3 2) Der Abjhluß des gefammten
Spik — — wird durch außerordentlich
hohe und ſchlanke Thürme gebildet, welche gemö
lich al8 Bierede aus dem Boben u und o
in einer achtedigen burchbrochenen, luftigen Pyra»
mide abſchließen. 3) Diefen großen Verhältnifſen
entjpricht ebenfo reiche, mannig a. und Iuftige
Verzierung in allen einzelnen en. Es gi
nirgends eine leere, durch Teine Gliederung belebte
läche. Fenfter und Portale beleben die Innen⸗
* ihres Spitzbogens durch ein reiches, luftiges
aßwerk. Die F ſind mt gewöhnlich
bemalt. Auf allen Seiten bilden 08: Phialen,
feine, ſchlanke Thürmchen, die Abſchluſſe der von
unten aufftrebenden Pfeiler. Ueber den Bortalen
fteigen häufig fog. „Wimperge" in bie Höhe, ben
bie Evangelien enthaltend, entdedt und von ben | Spigbogen gleichſam ſchützend. Ueber bem Haupt:
Schweden aus Prag nach Upfala verbracht wurde.
Bom Römerbriefe wurden in Wolfenbüttel von
Anittel Bruchftüde entdedt und 1763 Deore
ben. Die übrigen Fragmente wurden in Mailand
von Mai und Gaftiglione in Balimpfeften entdeckt
und veröffentlicht von 1819— 39. Erhalten ift
dadurch vom N. T. nur Meniges (Pf. 53, 2.3;
Eith. 2, 842; Neh 5—7 Tüdenhaft), vom N. T.
die Evangelien und bie paulinifchen Briefe. Ausg.
von Gabelentz und Löbe, 1836 ff.; Mafınann,
gothiſch, griechiſch, deutſch, 1864.
Gothiſcher Stil. Eine ſelbſtändige Abzweigung
des romanischen Stils in großartiger Entfaltung.
Der Name, ald Spottname bei den Stalienern ent:
ftanden, entſpricht geihichtlicher Wahrheit durch⸗
aus nicht. Mit den Gothen 2 ber Stil nicht3 zu
ſchaffen, weßhalb er auch den Namen „germanifcher
Stil” trägt. Obgleich von arabifhen Formen be:
einflußt und in Busch früheften Erzeugniffen na»
mentlid in Nordfrankreich vertreten, gehört doch
die eigentliche conjequente Ausbildung zum Stile
dem germanifchen Geifte an. Der Grunddaralter
des Stiles ift dad Princip des Spigbogens, mel:
ortale jteht die „Rofe“,d. h. ein en nd»
enter. Sämmtlihe Phialen und Thürme find
mit „Krabben” (kleineren Steinblumen, Knollen)
verfehen, welche die Linien beleben und gleihfam
mit der Luft zerfließen laflen. Die em ber
Thürme bilden die „Kreuzblumen”, 4) Die Grund»
form ift im Ganzen biefelbe wie im romaniſchen
Stil, d. h. die Kreuzform der alten Bafilica. Die
Krypta unter dem Chore ift übrigens meift weg—
efallen. Die älteften Dentmale des gothifchen
tiles in Deutſchland find die Liebfrauenkirche zu
Trier (1227—1244) und die Eliſabethenkirche A
Marburg (1235 begonnen). Die bedeutenditen
zeugniffe des Stils find die Dome zu Köln, von
Konrad von Yo Di 1218 begonnen, und von
Straßburg, durch Ermin von Steinbad) 1275 ent:
mworfen. Ueber Sieilien, Frantreih, England,
Spanien hat fi) die Bauart verbreitet. Im 15.
Jahrhundert fängt fie an zu ſchwinden. Vgl. Kreu:
fer, der riftliche Kirchenbau, 1851. Springer, die
— des chriſtl. Mittelalters, 1854. Lützow,
die Meiſterwerke der Kirchenbaukunſt, 1864.
Gott. Von allen Trieben, Ahnungen und
ches, im Gegenſatz zum romaniſchen Aa | Sehnjuchten, die Menſchen und Völter bewegen,
der ganzen Bauart den Charakter de3 Auf
tre: iſt von jeher ber religiöfe Trieb bei weitem ber
benden und Schlanten im Gegenfag zu dem des |tieffte und mächtigfte geweſen. Jedem geiftigen
; J mehr als Ahnu gr
Maijiven und Schweren verleihen mußie, indem | Triebe aber (mag er
damit bie Kunſt gefunden war, die colofjaliten
Maſſen in leichtefter und freiefter Weife
Höhe wachien zu lafjen. Die Hauptmerkmale des
gothiſchen Stiled find folgende: 1) indem ber
romanische Stil nur eine beichränfte Höhe zuließ
und biefe Höhe nur mit den mafjioften Mauern zu
—— im Stande war, war dagegen dem Spitz—
in bie | Tiefe und
n
als sg äußern), der fi (durch —
llgemeinheit) als dem Menſchenweſen
weſentlich bewährt, muß (ebenſo wie im Gebiete
des Naturlebens dem Naturtriebe) ein wirkliches
Sein erfüllend entſprechen. Was iſt denn nun
das Wefentliche in jenem eg wie Bedürfniß und
Triebe? Deuten wir died Bedürfniß recht, fo
ogen die Ichlanfe Höhe ermöglicht, fo daß der |haben wir damit auch bad Weſen der Gottesidee
Spigbogen zu einem völligen organisch ausgebilde:
ten Syſſem mit entiprehenden Gewölben, Strebe:
pfeilern, Säulen, Fenftern, Thürmen u. |. m. ent:
faltet, den Eindrug einer ungemein kunſtreich
|
verftanden. Denn wer Gott jagt, der meint eben
dasjenige Seiende, das feinen religiöjen Trieb,
feine Ahnung und feine Sehnſucht befriebigt, mit
dem ex jich in Gemeinſchaft jegen möchte. Lieben
Gott
unb verehren können: bad ift ber Inhalt bed reli⸗
gidfen Lebendtriebes. So aber lieben und vers
ehren zu können, daß biefe Liebe und Verehrung
zur Anbetung wird: das ift der Lebenstrieb, der
ju Gott führt: zu einem Sein und Wefen, auf das
ich mich, ald auf die allmächtige, Alles umfafjende
Liebe, Gerechtigkeit und Wahrheit ftügen, getroft
und freudig verlafien Tann, zu einer bie ganze
mit mir durchwaltenden fhöpferifhen Güte
und Weisheit. Anbeten Tann ich eben nur bie:
jenige ethiſch· volllommene Güte, bie zugleich das
Urfein und das Urleben, bie Zugrei ſchö⸗
pferiſche Träger und der ſelbſtbewußte Geſtalter
und Regierer des geſammten endlichen Daſeins
iſt. Aber auch: nicht die bloße Allmacht, nicht das
bloße Urſein und Allleben, nicht den ewigen
Lebensquell, nicht das Abſolute und Unbedingte,
oder unter welchem Namen es ſich darſtellen mag,
lann ich lieben und rn ; und wenn ed ange:
betet werden follte, fo könnte died nur dadurch
efchehen, daß in biefe Subſtanz ober in biefen
ebenäquell die fittlihe Volllommenheit mit hin:
eingedacht würde. Denn Anbetung ift ber ſpeci⸗
— religiöſe Act, und religiös iſt nur die anbes
tende Verehrung, die der weſentlich fittlihen Ma:
jeftät der Gottheit gegollt wird.
Nur in der Goltesidee, die burch Mofed im
hebräifchen Volle Erfenntniß und Geſchichte wird,
in heiligen Weihen und Ordnungen bad Leben
durchdringt, und bie dann in Chrifto vertieft, zur
Religion der Menſchheit — und kirchen⸗
bildende, lebenerzeugende Macht gewonnen hat, in
dieſer iſt der ganze Kern der Gottesidee erſchienen.
Es iſt nichts Neues, es iſt nur die Entfaltung
deſſen, was die Offenbarung in Chriſto gebracht,
nur die anfangende Entfaltung deſſen, was aus
feinem Angeſichte als Gottes Weſen herausleuch⸗
tet und aus feinem Worte herausſpricht, was er
ald Sein Gottes in fi trug und wie er den Ba:
ter kannte, wenn man ed gerabe jet wieder ftärfer | nich
betont (Dorner, Weiße): daß ber Kern des Gottes⸗
bemußtjeind nicht die Allmacht, fondern bie fitt:
liche Güte ift, und Gott überal nur in dem Maße
richtig und lebendig erfannt wird, ald man ihn
als den Heiligen fennt, den Duell und das Leben
und bie Allmacht ber Liebe. Nur von Gott felbft
lann diefe Gottesidee in bie Menſchheit hinein:
gepflanzt und — ———— ſein. Hinein⸗
oepflanzt als Anlage, als Trieb, als Ahnung und
Sehnfucht; hineinerzogen durch das, was man
Dffenbarung nennt: Offenbarung im meiteren
Sinne, in dem er ſich, fein Weſen nirgend ganz
verhüllt, gang unbezeugt gelafjen hat, am wenig:
ften den fuchenben Seiftern unter ben Gulturvöl:
fern auch ber alten Welt, aber auch in den ges
ſchichtlichen und perfönlichen Führungen, bie dem
eigentlichen Volle der Offenbarung, den Ifraeli⸗
ten, die feine Spur am tiefften und reiniten er—⸗
tannten, ald Enthüllung ſeines innerftien Weſens
u Theil geworden find, damit fie die Träger der
Künftigen ee mürben.
Ein fo ftark, jo deutlich, fo die Geſchichte und
bie Einzelherzen in ber Tiefe bewegender Lebens⸗
trieb trägt die Bürgichaft ſchon in fih, dab ihm
ein Reales, das ihn befriedigen fünne, entipreche,
daß „Gott“, der wahrhaftige Gott nicht bloß in
der menſchlichen Borftellung, fondern daß er in
Wirklichkeit eriftire, ja daß er gewiſſer und wahr:
bafter fei ald alled übrige Dafein. Und fo hat
309
Gott
er fi benn auch der Menfchheit, die ihm ſucht,
ben nad) ihm fragenden Geiftern zu A
— „Du haft und zu Dir geſchaffen, und
unjer Herz ift voll Unruhe bis es in Dir ruht”,
in biefem ——— ber Erfahrung eines Augu⸗
ftinus, in den Musrufen der Palmen: „Wie ein
Hirſch ſchreit na friſchem Waſſer, ſo — ſo bren⸗
nend, ſo durſtig, ſo heiß und tief — ſchreit meine
Seele nach Dir”, „meine Seele duͤrſtet nach Gott,
33 dem lebendigen Gott”, und „wenn ichen
Di ‚habe, p age ich nichtö nach Himmel un
Erde” —: in le eftändniffen und Ergüfien
ber Seele, in folden Erfahrungen, die ein Leben
vol Kampf und Betrachtung Hinter fid) haben und
in fih fliegen, ſpricht fi die tieffte Ueberzeu⸗
ung aus, bie ein menfchliches Herz nur erfüllen
ann. Aber nur auf Grund eines Lebens in
Gott, einer gewiffenhaften treuen Arbeit ber
Liebe, der Wahrheit, der Gerechtigkeit vor Gottes
Augen und in ihm, kann dieſe eh in fo ftart
werden. — Als Beweife für das Dafein Gottes
führt bie nr rg gewöhnlich a een auf.
1) den — chen, von Anſelm von Canterbury
entwidelt, welcher fo lautet: Die Idee des voll,
fommenften Weſens ift und angeboren. Da nur
vom Begriffe des Volllommenften dad Merkmal
ber Realität ſchlechthin untrennbar ift, fo Liegt in
ber Idee Gottes die Realität zugleich eingeſchloſ⸗
en, 2) ben moralifChen, melder von ber Thats
ade bed fittlihen Bewußtfeins, d. h. bed Bemußt-
eind eines Geſetzes von abfoluter Autorität und
von ber Eriftenz biefed auf die Eriftenz eines ab»
foluten Grundes dieſes Geſetzes zurlichſſchließt.
3) den kosmologiſchen, welcher den Begriff der
Eaufalität zu Grunde legt. Da jede Erfcheinung
in ber Welt nur ald Wirkung einer vorausgehens
ben Urſache egiftirt, und innerhalb der Ericeis
nungswelt jede Urſache immer wieder die Wir—
tn einer Pokern Urfache ift, fo muß, wenn man
eine ind Unendliche gehende, für und undenk⸗
bare Caufalitätsreihe annehmen will, eine höchſte
Urſache, welche nit mehr Wirkung ift, nothwen⸗
dig gedacht werben. 4) den phyfico:theologijchen
oder teleologifchen, welcher vom Begrifte des Zwe⸗
des, ber innerhalb der Welt ber Erfcheinung:n
überall unverfennbar ift, auf einen höchſten Zweck⸗
feger ——— läßt, da ein Zweck nur als ein
frei Geſetztes von Seiten eines ſetzenden vers
nünftigen Wejens begriffen werben fann. 5) den
geſchichtlichen Beweis aus der Mebereinftimmung
aller Zeiten und Völker, welder fein zufälliger
fein kann (consensus gentium). Dieje Bemeife
nz lange Zeit als vollftändig ausreihend. das
aſein eined perfönlichen Gottes zu begründen, uld
Kant (Kritik der reinen Vernunft) in einer ſchar⸗
oe Kritik darthat, daf der Schluß, auf dein fie
ruhen, fein Logifch nothmendiger ſei. Niemand
wird ihnen jegt noch die beweifende Kraft zutrauen,
die Kraft religiöfe Ueberzeugung zu bewirken, bie
man früher ihnen beilegte. Glauben an Gott Täfii
fi nicht andemonftriren, und er fann nicht, wie
etma mathematifche oder phyſilkaliſche Wahrheiten,
unabhängig von der Gefinnungäweife durch ein
Schlußverfahren ee werden, Dennod find
jene Bemeife werthvoll. Ihre Bedeutung liegt
barin, daß fie zeigen, wie fich Welt und Selhichte
nur unter Vorausſetzung eines lebendigen, perfön:
lihen Gottes veiftehen laſſen.
Die theiftifche Speculation ſucht den Gott des
Gott
Evangeliums, Sie befteht darauf, daß bie beiben
Seiten, aus denen die Gotteöidee zuſammen
mwädjlt, und bie einander —— ſcheinen,
nämlich) bie Forderung eines abſoluten und unbe⸗
dingten Urſeins, eines Alllebens, das die Welt
trägt und durchwaltet, und die einer ſelbſtbewuß⸗
ten Perjönlichkeit, die man verehren, lieben und
anbeten kann: daß diefe beiden Dafeinsmeifen in
Ein Subject fallen müfjen, wenn wir die Gottheit
ben wollen —* Mitrotosmus IIL ©. 558 ff.).
ad höchſte, volllommene Sein fann eben
nur Geiftigleit, Selbftbewußtfein, Perjönlichkeit
fein: ja in Gott fann d A ir ein,
während die menſchliche nur abbildlih und un:
volllommen * Und iſt denn jene nicht ohne dieſe
menſchliche Beſchränktheit zu denken? Eben weil
manche fromme Denker dieſe Veſchränltheiten für
weſentlich hielten, haben fie die göttliche Perſön⸗
lichkeit irriger oder mißverſtändlicher Weiſe nicht
gelten laſſen wollen. Ihr Gott war ihnen zu
oß dazu. So bei Fichte, bei Schelling, bei
Eopleiermadher. _ ftrengere PBantheismus
aber darf meift kaum noch als eine ———
lehre angeſehen werden. Nur mißbräuchlich und
ſich anbequemend nennt er den unbewußten, orga-
nisch fih entfaltenden Urgrund der Dinge oder
bie Subftang, bei ber er ftchen bleibt, Gott.
— Eine völlige Unertennbarfeit Gottes ift viel:
fach, aud in der chriſtlichen Zeit, gelehrt wor:
den. Der verborgene Gott, der allein wahre in
dem Sinne diejer Betrachtung, in feiner ewig *
leichen ſeligen Lebensfülle, die durch fein menſch⸗
iches Prädicat beſtimmt iſt, wird dadurch ſogar
Lu aus aller Beziehung zur Welt ——
o in der myſtiſchen Speculation des Areopa—
giten, ſo in dem Gnoſticismus, der eben deßwegen
u feiner Mythologie mittelgöttlicher Evolutionen
am, damit er darin eine Brüde zur Erfchaffung
ber Welt und zur Erflärung dieler Welt fände,
Und jo auch — aus bemtiefen Eindrud von unfag:
barer — Macht und Herrlichkeit — bei Zu:
ther (de servoarbitrio). Anders wieder bei ſchotti⸗
ſchen und englifchen Philofsphen, wo die Behaup:
tung, wir fönnten nur erlennen Daß Gott fei, aber
nicht, wa& er fei (wodurch eigentlich Doch auch das
daß unmöglic wird), die Nothmwendigleit einer
erg: übernatürlihen Offenbarung begründen
ollte. (Bgl. Dorner, Jahrb. f. Theol., Bo. VI.
1661, und Fürft von Solms-Lich, Grundzlige
Kriftl. Dogmatik für Reform, Gießen 1854). Iſt
auch das Licht der Erkenntniß — jo ungefähr fagt
Trendelenburg — über Gott und aus Gott, das uns
zufließt, dadurch ein gefärbtes, daß es in unfern
Erfenntniginedien menſchlich gebrochen erfcheint : fo
beutet doch die Erfcheinung ſelbſt nicht bloß auf
dad Daf, fondern aud) auf dad Wie und Was
des Erſcheinungsgrundes, auf das Weſen hin,
das diefe Erfcheinung bewirkt, und Alles was wir
in biefer Welt und unferm Geifte als urjprünglich
und wefentlich eingepflanzt erfennen, was darin
als nothwendig geltend und als feinen Werth be:
ftimmend auftritt, daS muß von dem Seßer und
Geber, dem Grunde des Dafeins, ſelbſt fo gemollt
und gejeßt fein, muß alfo feine Intelligenz abfpie:
geln, feinen Willen ausdrüden. So die logischen
und mathematifchen Geſetze, fo die Idee des fitt:
lid) Guten, der Wahrheit und der Schönheit, jo
310
Gottesfriede
Weiter als Trendelenburg und H. Ritter u. X
geben I. 9. Fichte —— Theol.), Chr. Weiße,
ie in ber Ebenbildlichkeit des menschlichen Weſens
eine noch tiefer in das innere Wejen der Gottheit
führende Spur erbliden, namentlich der legtere
et Dogım., Leipz. 1855, J.), welcher dem Ins
alte der h. Schrift, Yuguftinus und Luthers An«
deutungen tiefer und reicher, als fonft Einer, ge:
recht zu werben fucht. Vgl. Weiße, die Idee der
Gottheit, 1833. Ritter, über die Erkenntniß Gottes
in der Welt, 1836. Sengler, die Idee Gottes,
1848—1852. th, Gott und die Welt, 1867.
—5* allgemeineren Werken namentlich Rothe,
ottesader. ©. Kirchhof.
Gottesdieuſt. Der Gottesbienft iſt die aus dem
innern Triebe hervorgehende Selbftbarftellung des
religiöjen Xebens der Gemeinde, d. h. bie Feier
ihrer Gemeinſchaft mit Gott, welche fich theils in
fymbolifher Handlung vollzicht. n man ben
Gotteödienft bingeftellt hat als ein Wert um Gott
zu Dienen, oder eine Einrichtung, ſich . zu
ermuntern und zu belehren, oder als eine Veran⸗
ng, um von Gott Gaben zu empfangen, fo
find dieſes nur Momente, die mit der feiernden
Darftellung ald Wirkung berjelben von felbft ver:
bunden find. Das Grundelement dieſer Feier ift
dad gemeinfame Gebet; Hinzu tritt im Chriften:
thum als nothwendig das perfönliche Wort, die
Homilie; in welcher der eher ng bed Ge:
meindebewußtfeins, die Gemeinjhaft mit Gott
fi ausſpricht als perjönliches Leben; zugleich ald
DObjectivirung bed fubjectiven Zebens der Einzel:
nen. Diejelbe Verbindung des Subjectiven und
Objectiven, * des menſchlichen Empfangens und
des ge ze arbietenä, findet fich bei den ſym⸗
boliihen Cultushandlungen, wenn das Symbol,
mie dies bei ben Sacramenten ber iſt, die
ganze Thatſache des Heild dem ungetprilten Em:
pfinden des Gemüthes nahe bringt. Gebet, Pre:
digt und Sacrament find Daher die drei Theile bed
wahren riftlihen Gottesdienſtes. Er dieſer
Theile kann ſich aber nach den
Schönheit, —— und Gemeinſamleit in Frei⸗
heit weiter entfalten; in welcher Art, entwidelt
die Liturgif (f. d. Art.). j
Gotteöfreunde. Der Name eines religiöjen
Bundes im 14. Jahrhundert, den Nilolaus von
Bafel ftiftete. Der Sohn eines Kaufmanns, führte
er zuerſt ein weltförmiges 2eben, bis ihn Bifionen
zur Entfagung bewogen, und er fi nur dem
myftiihen Verlangen nad; Gemeinſchaft mit Gott
hingab. Mit der inierlihen Selbjtentäußerung
verband er aber ben Trieb, zur Verbreitung bet
ömmigfeit zu wirlen. Er gewann leitenden
influß auf Tauler und Andere. Mit vier Genof:
fen lebte er anfangs in Baſel, dann auf einem
Berge in der Schweiz, von wo aus Nikolaus 1377
Gregor XI. in Rom Borftellungen über die Lage
und die Gebrechen der Kirche machte. Nach 1383
— die Spuren der Geſellſchaft verihwunden.
itolaus ift in Vienne von der Inquiſition als
Begharde verbrannt, fein Genofje Martin von
Mainz 1393 als Ketzer zu Köln. Bol. Röhrid,
Ztſchr. für hiſt. Theologie, 1840. Bähring, Taus
ler und bie Gottesfreunde, 1053,
Gottesfriede. Treuga Dei. Um die Berheerungen
bie Idee Gottes felbit. Vgl. Trendelenburg, durch die Heinen Fehden, welche das ältere deutſche
log. Unterjudp., Leipz. 1862. Die legten Abſchnitie. Recht bis zum Yanofrieven (1495) geftattete,
Gottesfurcht
mõglichſt einzufhränten, verorbnete bie Kirche,
auerft die Bifchöfe in Aquitanien, denen bald die
—— folgten und die Synoden zu Narbonne
1054, Troyes 1093, Clermont 1045, Rouen 1096,
Nordhaufen 1105, Rheims 1136, im Lateran 1139
und 1179 zuftimmten, daß von Mittmoch Abend
bis Montag Moraen, bei Strafe des Bannes, jede
Fehde unterfagt jei und auch an den übrigen Ta:
gen Geiftlihe und Laienbrüder, Bilger, Kaufleute
und Landleute unbeläftigt bleiben müßten. Bgl.
Kluckhohn, Geſchichte des Gottesfriedens, 1857.
Gottesſurcht. Die altteſtamentliche Bezeichnung
ber Frömmigkeit (MAI MEY), dem A. T. da:
ralteriſtiſch, welches Gott überwiegend als ben
heiligen Gejeggeber, den Gerechten und Gemalti:
en 6 Peg — die
eu, die Ehrfurdt ta3 entſprechen l.
Der Begriff der Furcht im ſirengen Sinne iſt
darin nicht zu ſuchen. 1. Moſ. 20, 11; Hiob 4, 6; | des
Bf. 145, 19; Spr. 1,7. Im N. T., wo der Be:
griff ber Berjöhnung vorherrfcht, tritt der Aus:
. zurück. Apſtg. 9, 31; 2. Kor. 5, 11; Eph.
Gotteögebärerin. Der Ausbrud von Maria
(j. d. A.) gebraudt, wurbe von Neftoriuß getabelt
8 Ir nlaß zum neftorianifhen Streit und
F
Gottesgericht. S. d. Art. Gottesurtheile.
Gotteslãſterung wird in Iſrael, entſprechend
dem theofratifchen Princip der teen ‚ mit
dem Tode beitraft, 3. Mof. 24, 10 fi.; 1. Kön.
21,13; an 6, 18; die Strafe war Steinigung,
nad) 2. Mafi. 13, 6 wurden Gottesläjterer un
ſchwere Verbrecher gerädert. Wirkliche Gottes:
läfterung, db. 5. mit Bewußtſein Gott zu etmas
Böſem, zu einem Gegenftand des Hafjes machen,
iſt der Ausbruch der entfchiedenen und verftodten
Herzensbosheit und fällt unter die Sünde wider
den Kern Geift. Die nähere Beftimmung, ob
eine Rede oder Handlung ald Sottesläfterung auf:
zufafien fei, hängt von dem herrſchenden Gottes:
begriff ab. Wenn Chriſtus und die Apoftel den
Bormwurf der Gotteläfterung erfahren, jo bahnt
ſich darin ſchon die Auffaffung an, welche heute in
unfern bürgerlichen Gejegen gilt, monad) des Ber:
bredens ver Gottesläfterung jchuldig ift, wer den
Gegenjtand der Verehrung einer anerkannten Re:
ligion dem Spott und ber Verachtung preiögiebt
und damit dem religiöfen Sinne ein Aergerniß
R
ottebleugnuug. S. Atheismus.
Gottesſsraub. ©. Sacrilegium.
Gottesurtheile. Ordalien. Da wo dem menſch⸗
lichen Erkennen zur Feſtſtellung der Schuld die
gewöhnlichen Bemeismittel nicht ausreichten, juchte
man eine unmittelbare Entſcheidung Gottes herbei:
zuführen. So in Iſrael im Eiferopfer (f. d. 9.).
Ausgebildet wurde die Theorie im Mittelalter,
altgermanifcd) heidniſche Sitten pflanzten fich da:
rin gemifdert und beſchränkt durch die Kirche fort.
Als Gottesurtheil galt die Entjcheidung deö 200:
ſes und des gerichtlichen Zzweikampfes; zum
Beweis der Unſchuld diente die Feuerprobe,
die Unverfehrtheit beim Gehen - Feuer oder
beim Auflegen glühender Kohlen. Die Waffer:
probe, de3 gewöhnliche Ordal bei der Zauberei
beſchuldigten Weibern, deren Unterfinten als Zei:
en der Unſchuld galt. Die Probe bes geweihten
311
Gottſchalk
Biſſens, und bes h. Abendmahls, wo aus dem
Ausbleiben leiblicher ſchädlicher Folgen auf den
Mangel der Schuld geſchloſſen wurde. Das Bahr⸗
recht beruhte auf dem Glauben, daß die Leiche
eines Ermordeten beim Hinzutreten des Mörders
ein Zeichen geben werde. J Majer, Geſchichte
der Ordalien, 1795. Dahn, Studien zur Geſchichte
bes germ. Gottedurtheild, 1957.
Gotteöverehrung. S. Gottesdienſt.
Gottfried von Bouillon. Geb. 1061. Der Neffe
und Grbe (1076) des Herzogs Gottfried von
Lothringen, erhielt dad Herzogthum Bouillon von
Heinri IV. zur Belohnung feiner treuen Dienſie
in ber Schlacht an der Unftrut 1080 und auf dem
Zuge nah Rom. Zum Führer des erften Kreuzs
heeres gewählt, erlangte er von Alexius den Durdı
ug durch das griechifche Reich, eroberte Nicäa 1041,
egte bei Doryläum, gewann Antinhien 1098
und endlih 1009 Jerufalem. Zum Schirmjeren
h. Grabes erwählt, gemann er durch die
Schlacht bei Aslalon den Beſitz des ganzen gelob»
ten Landes. Tief ergeben der Kirche, überließ er
bie weltliche Herrfchaft Jerufalems dem Batriars
den als feinem Lehnäherren, und ftarb während
der erften Organifationsarbeiten bed neuen Staa:
tes am 18. Juli 1100,
Gottlofigkeit. Aoegeua. Das Gegentheil von
Frömmigkeit. Bezeichnet den völligen Mangel
eines innern Zuſammengangs mit Gott. Wie ſich
Frömmigleit unterfceidet von Sittlichkeit, jo Gott»
lofigkeit von Unfittlichkeit. Es ift eine Rechtſchaf⸗
fenheit denlbar verbunden mit Gottlofigteit, wie
eine Lafterhaftigkeit verbunden mit einer gemiffen
Frömmigleit. Die Oottlofigkeit äußert ſich in Mer
ligienslofigfeit, eg: ae oder Feindfhaft
gegen das Heilige, Beratung der Gemwiljend:
ſtimme ober in frivolem Sichüberlaffen an bie
Slinde. Röm. 1, 18; Tit. 2, 12; 2. Tim. 2, 16.
Gottmenſch. Bezeihnung Chriſti als des fleiſch⸗
gewordenen Worte. S. darüber Chriſtologie
und Jeſus.
Gottſchalk. Stammte aus dem Geſchlecht der
Grafen Benno. Er war Mönd) in Fulda, welches
Klofter er 329 mit Orbais bei Soifions vertaufchen
durfte. Er führte die auguftinifche Xehre von der
Prüdejtination zu ihrer legten Conſequenz fort,
indem er eine Borherbeftimmung nit nur zur
Seligkeit, fondern aud zur Berdammniß lehrte
(pracdestinatio duplex). Bon Rabanus Maurus
vor der Synode zu Mainz angellagt 848 und vers
urtheilt, wurde er feinem Erzbifhof Hincmar von
Rheims übergeben, mit welchem er bereits wegen
ber Lehre von der Trinität zerfallen war. Die
Synode zu Chierſy vermarf 849 ebenfalld Gotts
—E Sätze und Hincmar ließ ihn nad) graus
amer Geikelung in ein Gefängniß merfen, in
welchem er nad) 21 Jahren ftarb. Vgl. Mauguin,
Vett. auct. qui s. IX de praed. scripserunt,
opp. 1650. Wiferius, Gotteschalei et praed.
controv. hist., 1662. Wiggers, Zeitfchr. f. hit.
Theol., 1855. Weizfäder, Jahrb. für deutſche
Theol., 1859.
Gottihalt, der Wendenfürf. Ein Enlel
Miſtewoi's, der unter Dito II. dad Wendenreich
wieder aufrichteie 983, fpäter aber das Chrijten«
thum annahm. Im Kloſter zu Lüneburg erzogen,
jtellte ſich Gottichalt nach der Ermordung jeines
Baters Ute 1032 an die Spige feined Volles ge—
gen die Deutſchen. Veſiegt durch Bernhard ven
Gottjeligfeit
Niederfachfen, gewann er in ber Gefangenſchaft das
Chriftenthum lieb, und bemühte fih, ald er 1043
—— ich wieder erhielt, eifrig, —3*— unter den
enden auszubreiten. Er predigte ſelbſt und über:
jegte chriſtliche Schriften. In einem Aufftand der
iden 1066 wurde er ermordet. Es folgte eine
neue Zeit der Verwirrung und der Chriſtenverfol⸗
gung, bis Gottſchalls Sohn Heinrich (1105-1127)
R - obotritifche Reich feines Baterd wieder ber:
ellte.
Gottſeligkeit. Nach gen | foviel als „an
Gott reich”, bezeichnet den ftillen, genußreihen
Befig Gottes im Gemüthe, die Frömmigkeit aljo
nach einer Seite hin. Luther überfegt edodge«
mit diefem Worte.
und Heoad ewöhnlich
Apſtg. 10, x ; 35, 12; Joh. 9, 81; namentlid | LXX
in den Baftoralbriefen 1. Tim. 2, 2; 2,10; 3,16;
4,8, 6,11; 2. —im. 3, 12 u. ö. ift ber Gebraud
häufig.
ndimel, Claude. Berlihmt als ber Compo:
nift der frangöfifchen Pfalmenmelodien, die auch
für die deutſchen Pfalmgefänge angewendet wur:
den und von denen einige in ganz Deutſchland
eingeführt find. Er ftarb zu Lyon 1572, ein
Ople ber Bartholomäusnadt.
ulart, Simon. ®eb. 1543. Flüchtete nad
Genf, wo er Pjarrer wurde, und von wo aus er
mehrmuls franzöfifhe Gemeinden bediente. Er
iſt für die —— wichtig als Sammler
von Acten und Heinen Schriften über die franzö⸗
fifchen Religionskriege und durch feine Fortfegung
der Histoire des martyrs des Johann Crespin.
Grab. ©. Bezräbnip.
Grab, das heilige. .27,60; Marc. 15,46;
Luc. 23, 58; Joh. 19, 41. Die Stätte der Kreu—
zigung, Golgatha, und das Grab Jeſu lagen in
unmittelbarer Nähe. Obgleich die Stätte für die
er eine heilige Bedeutung haben mußte,
wird fie doch in ben erſten Jahrhunderten gar
nicht erwähnt. Erft Eonftantin (nad dem Beige
des Eufebius) oder nad) fpäteren Berichten feine
Mutter Helena wollten die Stätte, die in Bergej:
fenheit gerathen war, dur göttlihe Anzeichen
wieder gefunden haben und ehrten fie im SE
836 dur die Errichtung einer Kirche daſelbſt,
melde aus zwei mit einander verbundenen Tem:
ein über dem Grabe und ber Kreugesftätte de
tand. 614 wurde diefer Bau durch die Perſer
zerftört, jedoch in den folgenden Jahren wieder
bergeftellt. Im 10. Jahrhundert wurde er von
den Muhamedanern, und namentlid 1010 vom
ägyptiihen Kalifen Halim Biamrillah gänzlich
er Bald darauf wieder aufgebaut, wurde
ie Kicche, namentlih im 12. Jahrhundert, von
den Abendländern erweitert und vollendet. Troß
mancher Bermwüftungen blieb diefer Bau in feinen
Hauptbeftandtheilen bis in unfer Jahrhundert und
wurde 1810 von den Griehen zu einem Neubau |
tenovirt, ber bis heute noch bejteht. Weber die
u fuchen
hit deſſelben. Allein je nachdem die jog. Mauer
312
Gräl
Tobler, Golgatha, 1851. Raumer, Paläftina,
1838. Ritter, — XVI. Schaffter, die echte
Rage bes h. Grabes, 1849.
rabe, Johann Ernft. Geb. 10. Juli 1666
— 1711. In ber Ueberzeugung, I
ber Kirche eine ununterbrochene Folge des Prie⸗
erthums ftattfinden müffe, wollte ex in Wien zur
tholifchen Kirche übertreten, Als er aber durd
Speners Widerlegung feiner Schrift, melde er
zur ——— ſeines or dem Conſiſto⸗
rium zu Samland eingereicht hatte, auf bie apo⸗
oliſche Succeffion der englifchen Kirche hingewie⸗
en war, trat er zu biefer ilber und lebte in Eng:
land ſchriftſtelleriſchen Arbeiten, von melden außer
den firchenbiftorifchen befonders feine Ausgabe
nad) dem Cod. Alex. (Orford 1707—2%0) bes
“er — Als Theil
abreben. Als il chriſtlicher Begräbniß⸗
eier find fie erſt rg Urfprungs; in ber
atholiſchen Kirche find fie wieder verſchwunden,
von den evangelifhen Kirchenorbnnungen aber als
——— Faßt man ſie bloß als öffent⸗
liches Belenntniß des Auferſtehungsglaubens als
öffentliches Zeichen der Liebe und ein ernſtliches
memento mori (Würt. K.⸗O. 1536), fo verliert
bie Grabrede das Cafuelle, und da ber allgemeine
Inhalt jo e wieberlehrt, jo werben die Grab»
reden für eiftlihen und die Hörer ermübenb
und unerbaulih. Da die Grabrede einer cafuellen
eier der Gemeinde dient, jo erwächſt ihr die oft
—— Aufgabe, in dem Leben des Entſchlafe⸗
nen Ewige, Gottgewirkte zu zeigen; den
Kern des idealen chriſtlichen Lebens, den er oft
unter harter Schale verborgen in ſich trug. Wo
ein folder Lebensgehalt gar nicht zu finden wäre,
ER auch eine hrijtliche Feier feine Stelle, Bol.
almer, Evang. Cafualreden, Stuttgart 1843 ff.
3. Aufl. 1854—55.
Grade, alademifde, Sind wahrſcheinlich in
13. Jahrhundert entftanden. In der Theologie
beftehen drei: Baccalaureat, Licentiatur und Doc:
torat. ©. darüber die Art. Baccalaureus u. f. w.
Graduale. In der Mefje ift es eine kürzere
eig welche während der =T zwiſchen
angelium und Epiſtel, wenn der Diakon die
Stufen des Altars hinauf fteigt, vom Chor und
Vorſänger gejungen wird. Früher hieß der Ge
fang ſchlechthin Intiphonie. Während der Faften
tritt der Tractus an die Stelle deffelben.
Gradualpjalmen. S. Stufenpfalmen.
Graeber, Franz Friedrich. Geb. 1784 zu Wer:
therbruch, ftudirte 1802 in Duisburg, danach in
alle, wurde 1808 Pfarrer in Düffel, 1816 zu
aerl, 1820 zu Gemarle. Als Berfechter der
preöbyterialen Eigenthümlichfeiten ber rheinifchen
Kirche, bie er nad) Dben mit kluger Weisheit zu
vertreten wußte, wählte ihn die Synobe der Pros
vinz zu ihrem Präſes. Das Vertrauen des Königs
berief ihn 1816 zur —— nach Berlin
laſtina, II, Halle 1341. Deſſelben neue Unterſu⸗ geiommen, von Jeſus und ben Jüngern beim le:
Hungen über die Topographie Jerufalems, Halle |ten Oſtermahl, und fpäter von —8 von Ari⸗
1847. Krafft, die Topographie Jeruſalems, 1846. mathia gebraucht wurde, um darin das Waſſer
Gran
313
Oregoire
und Blut (Joh. 19, 14) aufzufangen. Es wurbe! Verluft des Amtes und zur —— ver⸗
auf dem Berge Mont Salvas durch die Templeiſen
bewahrt. In der Sage, welche im Mittelalter ſo
vielfach, in Deutſchland von Wolfram von Eſchen⸗
bach poetiſch bearbeitet wurde, liegt als Inhalt
das Geheimniß des Abendmahls und der Kirche.
Bat. Goͤſchel, die Sage von Parcival und vom
Gral, nad Wolfram von Eſchenbach, Berl. 1855.
Gran. Erzbisthum in Ungarn, ift geftiftet vom
—— 1000 und umfaßt jegt 8 Suffragan:
. —— pr eftergbildef AR 5 * ae hen
itus. erzbiſcho rimas von Ungarn.
Granak ©. Edelfteine.
Granatbaum. Der jhön geformte Baum wächſt
in Baläftina wild und wird aud in den Gärten
ezogen. Seine Frucht, von der Größe einer
ange, ift von ſchön röthliher Farbe, und ihr
Saft eine angenehme Erquidung. Die Frucht tft
wegen ihrer vielen Kerne ein Bild der Fruchtbar⸗
keit, Die Anäufe an den Säulen des Tempels
hatten die Form der Granatäpfel. j
Grandmont oder Grammont, Stephan von Ti:
— (1078 — 1083), Diafon oder Archidiakon
3 Biſchofs Milo von Benevent, der * erzogen
hatte, erhielt von Gregor VII. die Erlaubniß,
einen Orden nach den Gebräuchen der calabriſchen
Mönde ſtiften bürfen. In einer Einöde bei
Limoges fammelten fid Einige unter jeiner Lei:
tung. + 1124. Seine Stiftung und den Namen
Grandmontenfer nahmen bie Auguftiner von
Ambazoc Muret an, denn der Orden breitete ſich
nun aus, Geine rg bis zur franzöſiſchen
Revolution bietet nichts Denkwürdiges dar.
Granvella, Niklas Perrenot. Geb. 1486 zu
Ornans in Burgund, war dort Advocat, 1518
wer zu Dole, trat 1519 in bie Dienfte
arls V., wurde 1530 nad} Gattinara's Tod deſſen
Minifter, ber die faiferlichen und katholiſchen In:
terefien auf dem Religionägefpräd) zu Worms und
dem Reichstag zuRegendburg1541 vertrat und das
von ihm verfaßte Interim den Ständen vorlegte.
Nachdem er der Eröffnung des Tridentiner Con:
cils beigemohnt, ftarb er auf dem Reichsſstag zu
Augsburg 1550.
ranvella, Anton PBerrenot. Sohn des Bori-
gen, geb. den 20. Aug. 1517 zu Ornans, wurde
1540 Biſchof von Arrad. Gelehrt und gebildet,
ftolz und ehrgeizig, wurde er von feinem Bater in
die diplomatiſchen Geſchäfte eingeführt und er:
warb ſich das volle Vertrauen Karlö V., ber ihn
nad feined Baterd Tode zum Staatärath und
Reichäfiegelbemahrer erhob. Nad) Karla Abdankung
trat er in die Dienfte Philipps IL. und wurde Mar:
aretha von Parma als Minifter beigegeben. Hier
eitete er die Mafregeln zur Unterbrüdung der
Evangelifchen und der Lehre deö Bajus; bemühte
ſich für die Wiedereröffnung des Concils zu Tri:
ent und wurde Gardinal. Dennoch wurde er
1564 entlaffen. Nach einer literarischen Muße,
ſandte ihn Philipp 1570 als ginn ber Nea:
pel, und berief ihn 1575 als Präfidenten des
Staatärath3 nad) Madrid. + 1586 zu Madrid,
Grapheus, Gornelius. Geb. zu Aelft in lan:
dern 1482, war Secretär dei Stadt Antwerpen,
und gab 1520 eine Ueberjegung der Schrift des
od, De libertate christiana heraus mit einer
heftigen Polemit gegen den Zuftand der Fatholi:
ſchen Kirche als Vorrede; deshalb gefänglid ein:
gezogen 1521, mußte er widerrufen und wurde zu
urtheilt, Seitdem lebte er in Antwerpen jeiner
literariſchen Thätigleit. + 1558. S. Ullmann,
Reformatoren.
ratian, S. Ranonenfammlung.
Gratian, der Kaiſer, 375 — 383. Mit feinem
Gehülfen und Bruder Balentinianus II. richtete er
jeine Thätigleit auf die Wiederherſtellung bes
römifchen Reiches, erhob daher auch Theodoſius
zum Yuguftus, und vermittelte die 2. ölumenifche
Synode zu Conftantinopel. Vornehmlich aber
ſuchte er die Rejte des Heidenthums zu ——
und ließ, wie er den Titel pontifex ablegte,
Altar der Victoria aus der Curie des Senats ent:
fernen. Dem Biſchof von Rom ertheilte er bei
einer Kirchenſpaltung in Rom bie Befugniß ber
legten Entſcheidung
Graubündten. S. Chur.
Graul, Karl, Dr. theol. Geb, 6. Febr. 1814
zu Wörlig in Deflau, wurde 1842 Director des
Miffionsinftitutes in Dresden, welches die Mif:
fion unter den Heiden alö Sade der lutheriſchen
Kirche zu behandeln die Tendenz hatte. In dieſer
Stellung führte er die Orundfäge durch, daß nicht
nach ber iſe ber pietiftiichen ———
Einzelbelehrungen, fondern vielmehr auf Volks—
befehrung hinzuwirken ſei; daß der Miffionar
en eine genaue —— mit der Ge ag
und ber Literatur in dem Geifte des Bolfes be:
dürfe, und Deshalb unter Eulturvöllern nur wifjen:
Ihaftlih durchgebildete Männer zu wirlen ver:
mödten. —— verlegte er den Sitz des
Inſtituts nach Leipzig 1848, um die Verbindun
mit der Univerfität zu gewinnen, und machte ſelbſt
eine Reife nad Indien und Tamulien, dem Ar:
beitögebiet der Ver Den wiſſenſchaftlichen
Ertrag diejer Reife veröffentlichte er in dem Reiſe—
werte 1853—55 und den Schriften über Vedanta⸗
Philoſophie und tamulifhe Sprade und Gram:
matif. Durch eine Krankheit geſchwächt, gab er
1860 feine Stelle auf und fiedelte nad Erlangen
über. Hier ftarb er 1864.
Grabamina der deutſchen Nation. Die Ueber:
griffe der päpftlichen und Herifalen Macht im Ge:
biete des rein kirchlichen und bes bürgerlichen Le:
bens hatten immer mehr fteigende Unzufriedenheit
hervorgerufen, melde durch die Concilien zu Bajel
und Koftnig nicht gehoben wurbe. Sie fanden
unter Marimilian Ihren officiellen Ausbrud in
den hundert Beſchwerden der deutſchen Nation,
deren Abftelung auch in der Mabhlcapitulation
Karla V. begehrt wurde, und auf dem Reichstag
zu Speyer von Neuem Grundlage für einen Theil
der Verhandlungen wurbe. Die Reformation, die
Entwidlung des ftaatlihen Lebens und das Tri:
dentinum Re allmählich die Beſchwerden er:
ledigt.
Örögnire, Henri. Bifhof von Blois. Geb. am
4. Dec. 1750 zu Veho bei Zuneville, wurde von
den Jefuiten zu Nancy erzogen. Seine Schrift
über die Wiederherftellung der Juben, 1788,
verſchaffte ihm eine Wahl in die Stän amm:
fung 1789. Als Jatobiner war er für bie Eonfti:
tution ber Geiftlihen thätig, auf die er, als der
Erfte, den Eid ablegte 1791. Als Biſchof von Blois
vertheidigte er ebenfo entſchieden Religion und
Kirche, ftellte feine biſchöfliche Thätigkeit nicht ein,
hielt am 21. Dec. 1794 jeine berühmte Rebe über
die Freiheit des Gottesdienſtes und präfidirte
Gregor I.
1797 dem erften Nationalconcil zur Wiederher⸗
felung ber Kirche. Seine Reformideen, die auf
Janjenismus und ben alten gallicanijchen
Freiheiten berubten, fuchte er auf dem 2. Concil |
ind Leben zu rufen. Das Concordat nahm ihm |
jeinen Biſchofsſitz; er wurde Graf und Senator. |
5 leih er für Napoleons Abjegung geftimmt
ge e, ftellte ihn die Reftauration nicht wieder an. |
x ftarb 1831, ohne dem Berlangen der Kirche
nachzugeben, feinen Eid von 1791 zu widerrufen. |
gor I., der Große. Geb. zu Rom 540, war |
praetor urbanus in Rom, ging dann, einem reli: |
giöfen Zuge folgend, in ein von ihm ſelbſt geftif-,
tetes Klofter, warb wider feinen Willen Diakon
in Rom und Apofrifierius 578 und troß feines
Sträubens 590, ald Nachfolger des Prlagius, Bi:
ſchof von Rom. Unter den pwietigften Umftän:
den, bem innern und äußern Verfall der Kerche
(Arianer, Donatiften), gelang es ihm, durch ge:
wandte politiide Berhandlungen mit dem Railer
und ben Longobarden, einen, wenngleich oft ge:
jtörten Frieden herbeizuführen und das römische
Gebiet zu fihern. Seine Kirhenverwaltu zeigt
das Fünftige Bapftthum im Keime; fiegreich führte
er das MWiderftreben gegen den vom conftantino-
politanifhen Bifhof angenommenen Titel epi-
scopus universalis dur, behauptete im Streit
ded Batriarhen Johannes mit dem Preöbyter
Johannes zu Chalcedon das Aufſichtsrecht Roms,
erzwang die Unterwerfung des Erzbiihofs Mari:
mus in Salona, der gegen jein Verbot gewählt
war. Erfannte er dabei unummunden feine Unter:
werfung unter den Kaiſer an, fo diente dieſe zur
Förderung ber firdlihen Macht. In Afrika fa:
men ihm die fatholifchen Biſchöfe entgegen, um
den Donatismus durch feine Hülfe zu erftiden,
und ebenfo in Spanien, um den Arianismus aus:
urotten. Durch Berbindung mit Gallien und die
iffion in England, welche die altbrittifche freie
Kirche untergrub, und die Ausdehnung der päpft:
lihen Macht über Deutfhland dur Bonifactus
einleitete, erwarb er das in der Zukunft der Bapft:
macht wichtigjte Terrain. Dem Heidenthum gegen:
über nahm er auch die Zwangsmittel einer Staats:
gewalt in Anfprud. Nicht minder bedeutend war
jeine Thätigkeit auf dem innern Gebiet der Kirche.
Das Klofterleben beförberte er auf jede Weife,
ebenfo die Wahl der Mönche zu Klerikern und das
möndifche Leben ber Geiftliden; das Eölibat der
Priefter führte er, wo er es vermochte, durch. Um
die ceremonielle Ausbildung des Gottesdienftes
erwarb er ſich gleihe Berdierfte, obwohl aud)
mandes Spätere ihm zugejchrieben wird. Von
ihm 2 ber Canon missae 1 eine Sammlung
der Antiphonien und die Einführung des cantus
firmus (gregorianifher Kirchengefang). Ebenfo
be förderte er die Lehre vom Abendmahl, als einem
wieberholten Opfer Chrifti, damit die Lehre von
der Transfubftantiation, vom Fegefeuer und den
evangeliihen Rathſchlägen. Nimmt man hierzu
feinen Wunder: ud Reliquienglauben, fo liegen
in ihm, bei aller perfönlichen ernften Griftlichen |
Gefinnung, bie Irrwege der römiſchen Kirde in
deutlihen Anfängen vor. Seine Schriften find
jolgende: Expositio in Jobum s. Moralium !
1. XXXV. —— zu den Evangelien und zu
Ezechiel. Liber pastoralis. De vita et miraculis
patrum Italicorum et de aeternitate animi.
Registri epistolarum libri XIV. Auch Hymnen
314
Gregor VII.
find von ihm vorhanden. Die befte Auögabe der
Werke Gregors tft die ber Benedictiner 1705.
Tal. Maimbourg, Hist. de St. Gr&g., 1686. Lau,
Greg. d. Gr. nad) Leben u. Lehren, 1845. Pfah:
ler, Greg. d. Gr. und feine ar 1853,
— II. Römifher Biſchof (715 — 731). Ein
Benebictiner, Sergius von Monte Eaffino. Im
Bilderftreite widerſetzte er ſich nicht ohne Zelotis⸗
mus den Befehlen Leo's des Iſauriers, und wußte
durch ſtaatskluge Vermittlung das Bündniß der
Exarchen mit den Longobarden zu trennen und
deren König Liutprand noch an ber Tiber zur Um⸗
fchr zu bemegen, zugleich aber mit ben Franken
Verbindungen zum Schuß gegen ihn anzufnüpfen.
Er gewann durch Bonifacius die junge deutiche
Kirche und unterwarf Irland der Suprematie
feines Stuhles.
— II. (73i— 741). In dem Bilberftreite lieh
er durch das Concil von 732 die Gewohnheit der
abendländifchen Kirche betätigen. In Bezug auf
das Frankenreich und die beutfche Kirche ſetzte er
die Bolitif feines Vorgängers fort. Er führte das
Allerheiligenfeft ein.
— IV. (827—844). Im Kriege Ludwigs des
Fr. mit feinen Söhnen nahm er für die Letzteren
Partei; feine Reife 833, um den Streit zu jchlidh:
ten, bradte ihm wenig Ehre und beeinträdtigte
das päpftliche Anſehen. Er errichtete durch Ans:
gar das Erzbistum Hamburg.
— V. 996-999 (Dress von Kärnthen). Als
Berwandter Otto's III. von diefem zur päpftlichen
Würde erhoben, fonnte er nur mit defien Hülfe
den Gegenpapft Johann und den Crescentius be:
fiegen. In feiner kurzen Regierung hielt er drei
Concile, auf welchen er — in ber Eheſache Roberts
von Frankreich mit Bertha, der Wittwe Odo's,
Gifelherd von Magdeburg u. A. — den Klerus
die papktige Macht fühlen lief. Er ftarb an Gift.
— (VI) Gegenpapft 1012 gegen Benedict VILI.,
legte freiwillig fein Amt nieder.
— VI. 1044— 46. Der Ardipresbyter Johaun
Gratian, faufte die päpftlihe Würde von Benedict
IX. Gegen ihn rief der römifche Adel Heinrich III.
auf. Die Synode zu Sutri jegte Gregor auf das
Geſtändniß der Simonie ab, Seinrid nahm ihn
gefangen mit nad) Deutfchland und jegte Clemens
I. ein. Gregor ftarb zu Köln 1048.
— VI. 1073—85. Hildebrand. Eines Zimme::
mannes Sohn aus Siena. Geb. 1020, begleitete
er al3 Caplan Gregor VI. in die Verbannung nach
Köln; dann Mönd zu Clugny, ward er unter Leo
IX. Subdialonus in Nom und bald Gardinal, als
folder ſchon 1058 die Seele des Kirchenregiments.
Er bewirkte die Wahl Nitolaus’ II. und durd ihn
das Geſetz für die Bapftwahl 1059, welches die:
jelbe den Cardinälen übergab und bei der Wahl
Aleranders II. zuerjt zur Anwendung kam. Nach
des Legteren Tode wurde Öregor auf den päpftlichen
Stuhlerhoben. Sein Ziel war die Freiheit der Kirche
und ihre Herrichaft Über die Welt. Die weltlichen
Zürften follten wie Robert Guiscard ihre Herrfchaft
vom Papſte zu Lehen nehmen. Als Mittel führte er
uerft das Cölibat der Priefterdurdh, indem er den
ber zu Hülfe rief durch das Berbot, bei verhei«
ratheten Geiftlichen die Meffe zu hören. Das Ber:
bot der Laieninveftitur 1075 wurde ein Moment
in dem Kampfe mit Heinrid) IV., in welchem Gre:
ors jräteres Leben aufgeht. Den Anlaß zu dem:
elben gab die Einfetung des Erzbiſchofs Tebald
Gregor (VIIL)
315
Gregor von Heimburg
in Mailand durch ben König und die Klcge ber] feierte die Bartholomäusnacht mit Glodenläuten
Sachſen über Heinrich beim Papſte. Den Brief
—552* vom 8. Dec. 1075 beantwortete Heinrich
1076 durch das Abfegungsbecret Gregors, und ſah
fi) darauf genöthigt, dur die Buße in Canoſſa
1077 die Abfolution vom Banne zu erfaufen. Als
aber Gregor 1080 Heinrich nad) feinem Siege über
Rudolph von Schwaben von Neuem in den Bann
at, ließ ihn diefer von Neuem für abgejegt er:
ären und ernannte an feiner Stelle Clemens III.
um Papſte, zog auch 1081 mit dem Heere nad)
om, welches er 1084 eroberte. Gregor, von Ro:
bert Guiscard befreit, ging nad) Salerno und ftarb
dafelbft 1085, nachdem er vergebens alle Gläubigen
zu feiner Hülfe — hatte. Vgl. Gſrörer,
Gregor und fein Zeitalter, 1859—64 ; Helfenftein,
Gr.'8 Beitrebungen, 1856; Lipſius in der Ziſchr.
für hift. Theologie, 1859.
Gregor (VIIL) Mauritius Burdinus. Als
Gegenpapft gegen Paſchalis II. von Heinrich V.
1118 eingefegt, wurde er von Ecligt II. entjegt
und ftarb 1125 im Kerfer.
— VII. Albero aus Benevent. 21. October bis
17. December 1187. Er hatte nur Zeit, die Bor:
— zu einem Kreuzzug anzuordnen.
— IX. 1227- 41. Ugolino da Segni. Der
Gegner Friedrichs II. den er bannte, weil er ven
—— nicht unternahm und wiederum, als er
ihn 1228 mit Glück wirklich unternahm. Der Dee
den von San Germano 1230 gewährte hurze Ruhe.
Da das päpftliche Intereffe durch die Unterdrückung
ber Zongpbarden und die Erhebung Enzio's zum
König von Sardinien ſchwer bedroht wurde, fo
fprad) er den Bann von Neuem aus 1239. Das
auf Dftern 1241 berufene allgemeine Concil wurde
._. Enzio und die Gefangennahme der Bifchöfe
bei Meloria verhindert und Gregor in Rom einge:
ſchlofſſen. + 1241. Während feiner Regierung Lie
er durch Richard von Bennaforte die Decretalen:
fammlung veranftalten und Fanonifirte die heil.
Elifabeth, Dominicus, Franciscus und Antonius
von Padua.
— X. 1271—76. Tebalbo de’ Viöconti, wurde
nad breijähriger Sedisvacanz gewählt. Auf dem
Eoncil zu Zyon 1274 betrieb er eine Union mit der
riechiſchen Kirche und bemühte ſich um eine Ver:
— der ſtreitenden politiſchen Parteien in
Italien und Deutſchland.
— XI. Pierre Roger aus Maumont. 1370—
78. Gewählt zu Avignon, hielt ex 1377 feinen Eins
zug in Rom. Gegen Wichif trat er mit Heftigfeit
auf.
— XI. Angelo be’ Corraro. 1406—17. Tapft
zu Rom gegen Benebict XIII. zu Avignon. Das
Eoneil zu Pifa ſprach gegen ihn und Fetbft die eige:
nen Gardinäle verließen ihn. Dennoch hielt er mit
Schlauheit die Würde feit, bis er 1415 auf dem
Eoncil zu Koftnig entfaate.
— XIII. 1572—85. Ugo Buoncompagne. Geb.
1502 zu Bologna. Lehrer des römiſchen Rechts
dafelsft bis 1539, befleidete er dann höhere kirch—
lie Würden, nahm Theil am Concil zu Trient,
feit 1564 Carbinal und Legat in Spanien. Er
vollendete die Berbefferung des Kalenders (Örego:
rianiſcher Kalender), ließ Die neue verbefferte Aus
gabe des Decretum Gratiani und des Juris ca-
noniei erſcheinen 1582 und beförberte überhaupt
die Wiffenfchaften. Ein erbitterter Gegner des
Broteflantismus, begfinftigte er den Jefuitenorden,
und Tebeum und fprad) den Bann aus über Geb:
Hard von Köln. Die innere Verwaltung des fir:
= er war berart, daß daſelbſt Räuber: und
nditenbanden fi am meiften heimiſch fühlten.
— XIV. 1590—91. Nicolo Sfondreto. Eine
„jungfräulide unſchuldige Seele”, unterftügte die
Hariter egen den von ihm aufd Neue egcommu:
nisrten Seineig IV.
— XV, 1621—23, Aleffandro Ludoviſi. Selbft
——— und altersſchwach, überließ er das
egiment —— energiſchen Neffen, dem Cardinal
Ludoviſi, eine kräftige Thätigkeit entfaltete,
und wie er die Gegenreformation in Deutſchland
und Böhmen leitete, in Frankreich die Unter—⸗
brüdung der Hugenotten förderte, in England das
Be des Katholicismus betrieb und
durch bie Miffionen und bie Stiftung ber Congre-
gatio de propaganda fide für die Ausbreitung
des Chriſtenthums und der päpftlihen Macht aud
in ber Ferne Sorge trug. Aus Dankbarkeit jchentte
ihm der Kurfürft Marımilian von Bayern die Hei:
delberger Bibliothef, deren Heberführung Leo Alla:
tius ie
— XVI. 1830—46. Bartolomeo Alberto Ca:
pellari, mit dem Klofternamen Mauro. Geb. am
18. Sept. 1765 zu Belluno in der Republif Benebig,
trat er in den Gamaldulenferorden 1783. 1801
wurde er Abt, 1823 General des Ordens und 1826
Cardinal und Präfecet der Propaganda. Seine
Regierung des Kirchenftaates ift erfüllt von ver:
m Aufftandsverfugen, die weltliche Herr:
haft der Curie abzufchüitteln, Bologna 1831—32,
Rimini 1845, welde, nur durch franzöfifche und
öſterreichiſche Intervention gerämpft, vom Bapfte
mit graufamer Härte beftraft wurden, bie innern
und Finanzzuſtände des Kirchenſtaates aber heil:
(08 verwirrten. Die Brincipien feiner Kirchenregie⸗
rung ſprach die Encyllita von 1832 aus, die den
modernen Ideen den Krieg ankündigte. Die Ener:
gie aber, welche bie Curie unter a bed Car:
dinal:Secretärd Lambruschini entmidelte, ver:
ſchaffte ihr die großen Erfolge in Deutfchland im
Hermeftanifchen Streite, den Kölner Wirren, ben
Angelegenheiten des Deutfchlatholicismus und
ber —— Ehen; gleicherweiſe wurden in
Frankreich, Spanien und Portugal die politiſchen
Verhältniſſe klug benutzt, in England die Wieder:
aufrichtung der —— vorbereitet, und nur in
Rußland ſcheitertle Alles an dem feſten Syſteme
Nikolaus’ I. Vgl. über ihn und feine Regierung
Gaetano Moront, Dizionario di erudizione eccle-
siast., Bd. 32; D. Mejer, die Propaganda.
Gregor Der Erleuchter. Der Begründer ber
armeniihen Kirche, Patriarch zu Cälaren. Geb.
207, der Sohn eined parthifhen Fürften. Zu Cä⸗
faren als Chriſt erzogen, gewann er durch fein
ftandhaftes Bekenntniß den gr Tiridated von
Armenien mit feinem ganzen Volke dem Chriften:
tum und organifirte die armenifche Kirche. Zur
Synode von Nicäa fandte er alö Stellvertreter
* Sohn Ariſtax, dem er nach ſeiner Rückkehr
ein Amt übergab und ſich in eine Höhle in der
Provinz Daranalia verbarg, wo er ſtarb. Vorhan⸗
den ſind von ihm ee — von
den Mechitariſten, Venedig 1848.
Gregur von Heimburg. Ein deutſcher Rechts:
gelehrter, der ald unermüdlicher Belämpfer der
päpitliden Anmaßung fi einen Namen gemadt
Gregor von Nazianz
bat. Auf dem Eoncil zu Bafel war er Secretär
des Aeneas Sylvius (Pius II), von dem ihn
päter die Wendung deffelben zum römischen Sy:
em trennte. Als Stadtſyndicus von Nürnberg
and er an der Spitze der Geſandtſchaft der deut:
hen Kurfürften an Eugen IV. 1446, welcher ber
Fürftenconvent u Frankfurt folgte und ihm Ber:
anlaffung zur Schrift Admonitio de injustis
usurpationibus paparum gab. Im Dienfte Si:
iömunds von Defterreich wirkte er auf dem Für:
—— zu Mantua gegen Pius II., appellirte
n dem Streite Sigidmunds mit Eufanus an ein
allgemeines Concil, fam felbft in den Bann und
mußte fid, als die Fürften und Herren, denen er
gedient hatte, fich mit bem Papfte ausföhnten, zu
Georg Podiebrad von Böhmen zurüdziehen. Nach
defien Tode lebte er in Dresden und ftarb, von
Sixtus IV. 1472 abfolvirt, in demfelben Jahre.
Seine Schriften unter dem Titel Scripta ner-
vosa justitiaeque plena, Franff. 1608. Bgl. Brod:
haus, Gregor von —— eipzig 1861.
Gregor von Nazianz. Geb. 330 zu Nazianz,
wo fein Bater Bidet war, feine Mutter bie fromme
Nonna. Seine Studien vollendete er zu Gäfarea,
Alerandrien und Athen mit feinem Freunde Bafl:
lius, mit welchem er banad) in tus einige
Jahre religiöfer Zurüdgezogenheit und theologi:
ſchen Studiums verbradte. 361 Bresbyter, mußte
er dad Bistum von Sofima annehmen und bis
zum Tode jeines Vaters 374 Nayianz verwalten.
Nachdem er wieder einige Jahre in der Einfamteit
gelebt, wurde er ald Stuͤtze der nicänijchen Bartei
nah Gonftantinopel berufen, wo feine glänzenden
Heden großen Erfolg errangen. 381 dur Mele:
tius zum Biſchof von Conftantinopel geweiht, legte
er das Amt nieder, 3 fi in feine Einfamleit
zurüd und ftarb 390. Bon feinen Reden find am
berühmteften die fünf über die Trinität, in wel:
den er den nicänifchen Lehrbegriff erörterte, Unter
feinen Werten (herausgegeben von Morell, 2 Bde,,
Bar. 1630; von Elemencet, Bar. 1748; Auswahl
von Goldhorn, —* 1854) findet fich ein Drama
Xpiorös ndayov (ed.Eliffen, Zeipz. 1855), welches
bejtimmt nicht von ihm berrührt. Vgl. Ullmann,
Gregor von Nazianz, 1825.
tegor von Ayfia, Geb. 331, der Sohn des
Rhetors Bafilius und der Emmelia, Bruder Ba:
filius’ des Großen und Freund Gregord von Na:
zianz. Seine Jugendgefchichte ift unbelannt. Dem
firhlichen Amte des Anagnoftes entfagte er, um
Rhetor zu werben, lieb fich jedoch durch die Vor:
ftellungen jeines Freundes zur Umkehr bewegen
und ward 371 Bilhof von Nyffa. Als Anhänger
des Nicänismus wurde er unter Balend von dem! +
Statthalter Demetrius erilirt bis zum Tode bes
Valens 378. Seine kirchliche Bedeutung erlangte er
euf der Synode zu Eonftantinopel 381, wo er als
der bedeutendite VBertheidiger der nicänifchen Lehre
fi geltend machte und die Auszeichnung *
zu den vorſtehenden Biſchöfen der pontiſchen
Diöceſe gerechnet und mit der Ordnung der kirch—
lichen Berhbältniffe in Jerufalem betraut zu werben,
+ nad) 394. Seine dogmatifhen Schriften ent:
wideln vor Allem die Trinitätölehre gegen Aria:
nismus und Apollinarismus; die Hauptfchriften
find 12 Büder gegen Eunomius und die große
Ratecheie (od. Krabinger, München 1838). Neu:
entdedtes gegen Arianer ed. Maji, Ser. vett.
eol)., 1834. Vgl. Dehler, Ausg. 1865. Da Gregor
316
Gremiale
unter Den Rebnern der Kirche eine ———
Stelle einnimmt, ſo ſind auch viele ſeiner Reden
erhalten. Eine ältere Geſammtausgabe erſchien
1615 zu Paris. Vol. über ihn Rupp, Öregors, des
Biſchofs von Nyfia, Leben, Leipz. 1834; Heyns,
De Gr. Nys., 1835; Möller, Gregorii Ha de
trinam illustravit, Halis 1854.
Gregor der Thaumaturge (Wunderthäter),
eigentlich Theodorus, war von heidniſchen Eftern
in Reocäſarea in Pontus geboren und wurde
14jährig nad) dem Tode des Vaters Chrift. Auf
einer Reife 231 lernte er in Cäſarea den Drigene
lennen und begleitete ihn bis 239 als fein Seiler.
Dem —* in Pontus ein Einſiedlerleben zu
führen, wurde er 244 durch — Wahl zum Biſchof
von Reocäfarea entzogen. Das Heidenthum jener
Gegend wurde durd jeine Wirkfamteit ——
nichtet. Ueber die vielen ihm zugeſchriebenen Wun-
derthaten berichtet legendenartig Die Lebensbeſchrei⸗
bung des Gregor von Nyfſa (Opp. c. vita, ed.
Vossius 1604). Das unter feinen Schriften befind-
lie Glaubenäbefenntniß will Die Aufzeichnung ber
riftlichen Lehre fein, wie fie ihm in einer Bifion
dur den Apoftel Johannes offenbart ſei. Anſchei⸗
nend ift bie Schrift fpäter durch Zuſätze ——
Gregor, Biſchof von Tours, eigentlich Georg
ze Geb. 540 zu Arverna in Auvergne.
ach dem frübgeitigen Tobe des Vaters von feinem
Dntel Gallus, Bifhof in Elermont, erzogen, be:
ftimmten die wunderbare Errettung aus ſchwerer
Krankheit und die Genefung am Grabe bes heil.
Martin in Tours feine Wahl des geiftliden Stan:
des und feine Rihtung. Bon Sigibert 573 zum
Biſchof von Tours eingefegt, bewährte er ihm und
feinem Haufe die Treue, —— ——
in dem langen Zwiſte der Brunhilde und Frede⸗
gunde. + 17. November 594. Sein Hauptwerk ſind
die 10 Bücher fränkiſcher Geſchichte, Die als Duelle
uverläffig find, deutjh von Gieſebrecht, 1851.
ußerdem fchrieb er die Wunder des heil. Martin
und ähnliche Heiligengefhichten. Vgl. Löbell, Gre—
gor von Tours, Leipz. 1839.
Gregor von Utrecht. Geb. um 707. Schüler
des Bonifacius, den er ſchon ald Knabe begleitete,
nachdem er ihn im Klofter Pfalzel bei Trier, deſſen
Nebtiffin feine Großmutter Modula war, kennen
elernt und lieb gewonnen hatte. Er leitete nach
obans Tode, ohne die bifhöfliche Weihe gu em:
piengen, dad Bisthum Utrecht und bie feige
iffion. Am bedeutendften aber war feine ⸗
ſamkeit an der in Utrecht geſtifteten Schule, welche
Bildungsanſtalt für die Geiſtlichen und Miffionen
unter den riefen, Sachſen und Angeln wurbe.
781.
— — Geſang. S. Geſang und Gre⸗
0
eL
Gregoriusf-fl. Ein Schulfeft, welches in Deutſch⸗
land um die Dfterzeit gefeiert wurbe und das Anz
denten an Gregor I. bewahren follte. Die Knaben
wählten aus ihrer Mitte einen Bifchof, der auch
in der Kirche das Amt traveftirte. Verkleidet und
fingend durchzogen die Schüler mit ven 2 1
die Straßen und fammelten Gaben zu ihrer Belu«
rc t allmählich nad} der Reformation ver-
chwand bad i
Gremiale, Ein jeibenes Tuch, welches dem func:
tionirenden Biſchofe, wenn er auf dem Falbifto:
rium figt, auf den Schooß gelegt wird, urfprüng:
lich zum Schuge der Kleidung, jegt zum Schmude.
Gretier
Gretfer, ig Geb. 1650 zu Markdorf bei
—— uit ſeit 1577, war er Lehrer der Theo:
logie zu Jngolftadt. + 1625. Einer der gelehrteften | Entwidlung des
Männer feiner Zeit, der 150 Werte über Bhilolo:
ie und Theologie verfaßt haben foll, erntete er
En Hauptruhm ald Belämpfer des Proteftan:
tismus und wurbe beshalb ge nad) Regenöburg
um Religionsgeſpräch 1601 gejendet. Aufrichtige
Erömmigteit und Demuth zeichneten ihn aus.
Gribalds, Matteo. Ein Piemontefe und Rechts:
gelehrter in Badua. In der italienischen Gemeinde
u Genf bejtritt er 1554 die Trinität und hob durch
nahme eined MWefensunterihiedes die Einheit
von Bater und Sohn auf. In Folge deffen von
Padua vertrieben, erhielt er in Tübingen eine Leh⸗
terftelle, mußte von bort ns und in Bern
widerrufen, um firengerer Strafe zu entgehen.
Griegenland, Eiias, Graecia, hieß urjprüng:
lih und im engern Sinne das Land jüdlid vom
Bindus; im weiteren Sinne und ſpäter ift damit
bie ganze Halbinfel ſüdlich vom Ballan gemeint,
Macedonien und Illyrien alfo eingefchloffen, Apſtg.
10,2. Während der Blüthezeit Griechenlands wird
ed im Alten Teftamente nicht erwähnt; es findet
zwiſchen ihm und Jirael gar feine Berührung ftatt
und feine Beziehung der griechiſchen Naturreligion
zum jüdiſchen Monotheismus. Aleranders Erobe: | &
rungszüge unterwarfen aud) Baläftina griechiſch⸗
macedoniſcher Herrihaft und ftellten es unter den
Einfluß griehijcher Eultur, dem auch bas religiöfe
Leben des Boltes ii nie wieder ganz entziehen
fonnte. Diefer Einfluß zeigt fi dann nicht bloß in
dem jpäteren und dem alegandrinijdhen Juben:
tum, fondern ebenjo und noch mehr in der Auf:
faffung und Ausbildung des auf jüdiſchem Boden
geborenen Chriſtenthums, welches als Ausgleihung
des jübijch-orientalifchen und des griechiſch⸗occi⸗
dentalen Geiſtes gefaßt werden lann. In ihrer
vorherrichenden Richtung auf das Menſchlich⸗Sitt⸗
liche bildete die griedife Philoſophie die Ergän:
ung zu ber einfeitigsreligiöjen ded Jubenthums ;
beide Richtungen fanden im Hellenismus (ſ. d. A.)
Berührung und Vermiſchung, im Chriftenthum
ihre höhere Einheit und Bermittelung. Das Chri:
ftentyum wurde Weltreligion, als es von ber grie:
Hilden Bildung aufgenommen wurde. Die grie:
chiſche Sprade wurde das Mittel der Ausbreitung.
Griechiſch find die gefhichtlichen Urkunden des
EhriftentHums im Neuen Tejtamente geſchrieben
und bie theologiichen Lehrſchriften der erften Na
hunderte. Weithin laffen fich die directen Einwir⸗
kungen der griehifchen Philoſophie verfolgen. Wie
die jüdiſche und chriftlihe Schriftertlärung dem
Wege folgt, welchen die allegorifche Deutung der
Bollampihen durch die Stoifer gewiejen hatte und
die mittelalterliche Scholaftil unter dem directen
Einfluß der ariftotelifchen Philofophie ftand, fo
hat der ideale Dualismus Plato's tie Geftaltung
der mittelalterlihen Kirche und ihres religiöfen
Lebens bejtimmt. Der Reformation ging die er:
neute wiſſenſchaftliche Beihäftigung mit den grie⸗
Silsen Klaſſikern vorauf. Bol. Tholud, Weſen
fittl. Einfluß des Heidenthums (Neanders
Dentwürd.); Jakobs, Verm. Schriften, Th. III
und VI; Garove, Vorhalle des Ghriftenthums,
1851; Rägelsbach, die nachhomeriſche Theologie,
1857; Döllinger, Heidenthum und Judenthum,
1857 ; Baur, das Ehriftliche im Platonismus, 1837 ;
Adermann, Weber das Ehriftliche in Plato, 1835;
317
Griechiſche Kirche
Stein, Berh. des Platonismus zum Maff. Alter:
thum und zum Chriſtenthum, 1864; Seller, die
onotheismus bei den Griechen;
der —— Staat (Borträge und Abhandlun:
gen, h
Griechiſche Kirche, oder orthodore, hat ihr Ge:
biet im Osmanischen Reiche, in Rußland, Griechen:
land, den Joniſchen Inſeln und Illyrien. Die
Trennung von der abendländifchen Kirche ift zwar
auch durch ftaatlihe und politifche Gründe, ſowie
durch die Verfchiedenheit der Nationalitäten, Ger:
manen, Romanen und Slaven, bedingt, beruht aber
in ber That allein auf dem päpftlihen Primat und
hat i nn in der Errichtung des Bisthums
von nz 307. Schon unter dem Patriarchen
Acarius 457—89 trat eine Zeitlang eine Tren:
nung zwiſchen Eonftantinopel und Rom ein, unter
Bhotius 857—91 fiegte zwar Rom, aber dad zwie⸗
fache 8. allgemeine Eoncil von Eonftantinopel 869
und 879 öffnete den Ri, den bie römiſche Ercom:
municationsurfunde, welche unter Gärulariud am
24. Juli 1054 von dem römiſchen Legaten in ber
Sophienlirche verlefen wurde, nur offenkundig und
unbeilbar erflärte. Die Berfchiedenheiten bes
Dogma’s, der Disciplin und des Eultus find eben
fo ſehr Folgen ald Urſachen des Schisma's. Die
riehen werfen ben Lateinern vor: den So
filioque im Symbol (die Lehre, daß der heil. Gei
auch vom Sohne ausgehe wie vom Bater), den
Gebraud) des Ungefäuerten, die Communion un:
ter Einer Geftalt, dad Verbot ber Priefterehe, die
Berkürzung der 4Otägigen Faften, das Faften am
Sonnabend, das einmalige Untertauchen bei ber
Taufe, das Firmungsvorrecht der Bilchöfe, vers
kehrtes Kreuzichlagen u. f. f. Das lateiniſche Kai:
ſerthum 1204—61 und biedamit —— Union
mit Rom machte den Zwieſpalt durch Erbitterung
nur größer. Un Unionsverſuchen hat es nicht ge:
fehlt: Petrus Chryſolanus 1110—12, Concil zu
Eonftantinopel 1168, Eoncil zu Lyon 1274, zu
Florenz: Ferrara 1488. Unionserflärungen und
Bereinbarungen der Theologen find erlangt, aber
nie eine Einigung ber Kirchen. Nur die wenigen
Gemeinden der unirten Griechen haben fich unter
Beibehaltung der Priefterehe und der Communion
sub utraque Rom dauernd angeichloffen. Ebenjo
vergeblich ift das Beſtreben geblieben, auf prote:
ftantifcher Seite eine Vereinigung mit der grie:
chiſchen Kirche zu erlangen: Melandithon 1559,
Andrei und die Tübinger 1578 und endlich Eyrill
Lukaris 1621. Gemeinfam ift beiden Kirchen nur
der Gegenſatz gegen Rom. Da bie griechifche Kir
von jeher das Sittliche und Intellectuelle nic
ſcharf auseinander zu halten im Stande war,
tonnte fie das — Prineip der Gerech⸗
tigkeit aus dem Glauben allein als kirchenbilden⸗
des Princip nicht verſtehen, um jo weniger, alB
ihr zum Verſtändniß der Mißbrauch des Ablafſes
fehlte. Die Kirche legt viel Werth auf Faften und
Astefe (Mönchsweſen, zweite Che) als die natür:
lihen Neußerungen der Frümmigfeit, die dem
Irdiſchen entgegengefegt ift. Der Gotteädienft ift
nicht weniger veräußerlicht als in der römiſchen
Kirche, durch VBilderdienft und ceremonielled Ge:
pränge, an mweldem die Gemeinde feinen Theil
nimmt, aber der Eultus enthält Formen, bie bis
in bie älteften Zeiten binaufreichen. Die Predigt
tritt ganz zurüd. Cine zahlreiche Geiftlichteit
iſt hierarchiſch complicirt abgejtuft, bie niebere
Griechiſche Sprache
Geiftlichleit muß verheirathet fein, die höhere aber
ehelo8 und ergänzt id) deshalb aus den Klöſtern.
Das wiſſenſchaftliche Leben ift jeit Johannes Da:
mascenus 730 immer mehr gejunfen ; zu nennen
find Delumenius (um 1000), Theophylatt (} 1107),
Euthymius Zigabenus (F 1118), Nicetad Cho-
niates (+ 1216), Nikolaus von Methone, Eyrillus
Lukaris und Petrus Mogilad, Metropolit von
Kiew 1642, deſſen Bekenntnißſchrift Yesodokos
Suokoyia ſymboliſches Anfehen in der ganzen
Kirche erlangt hat. Die Unterordnung unter den
Staat oder vielmehr unter die Perfon des Fürften
(Byzantinismus), welche zu den charakteriftiichen
geſchichtlichen Bejonderheitender griechiſchen Kirche
gehört, ift auch die Urſache der gegenwärtigen
Sonderung in die griechifche Kirche der Türkei, die
Kirche von Hellas und die ruffisch:griechifche Kirche
geworden. Nach der Eroberung durch die Türken
ging ein Theil der bürgerlichen Rechtspflege und
der Berssaltung auf den Klerus über, deshalb
wurde dem Batriarchen ald dem Haupte und We:
präfentanten der Kirche eine ftehende Synode bei:
eis wozu die Elemente in der frühern arifto:
atiſchen Berfaffung lagen. Die Stellen waren
aber häufig genug von Beitehung und Willfür
rg Daher löfte die Kirche im neugriechi—
fhen Reihe nad der Unabhängigkeitäerklärung
1827 den Berband mit dem ölumenifchen Batriar:
—— zu Conſtantinopel 1833 und übertrug bie
irchengemwalt einer permanenten Synode, deren
Mitglieder jährlih vom König ernannt werden.
Sie folgte Dabei dem Vorbilde der ruſſiſchen Kirche,
in welder Beter der Große das Patriarchat (feit
1588) 1702 nicht wieder bejegte und die Kirchen:
verwaltung in die Hände der heiligen Synode
(patriarhalifhen) gegeben hatte, wodurch in der
That aber die Kirhengewalt völlig an den Fürften
er und ber Cäjareopapismus in ausge:
ehnter Weiſe gr ift. In der griechifchen
Kirche beftehen unter dem Patriarchen von Eon:
—— ie alten Patriarchate von Jeruſalem,
exandria und Antiochia, denen ſich die Erz—
biſchöfe und Biſchöfe unterordnen. Seit den chri—
ſtologiſchen no. haben ji, nur abge:
net die unirten Griechen, Secten von der grie:
chiſchen Kirche nicht abgetrennt; nur in Rußland
haben liturgifche und firchenregimentliche Satzun⸗
gen bie Secien ber Raskolniken oder Staromwerzen,
welche bad Prieft verwerfen, der Strigol⸗
niten, Duchoborzen, Bomoranen und Sapitonier
hervorgerufen. Die Unmifjenheit des Bolfes in
geiftlihen Dingen wird durch die Beibehaltung der
lavoniſchen Kirchenſprache, in welcher allein
die Bibel verbreitet werden darf, nur vermehrt.
Die Bildung der niebern, jehr armen und gefefjel:
ten Geiftlichkeit ift über alle Vorftellung gering,
aud im Bolte gelten die Briefter nur als heilige
Magier, und im Stillen verbreitet ſich durch die
doch hineinwirkenden Ideen der modernen Welt
ein befto ſchlimmerer a ren unter den ftre:
benderen Klerikern und Laien. Bgl. Pichler, Ges
ſchichte der kirchl. Trennung zwiſchen dem Drient
und Deeibent, Münden 1864; Schmitt, Kritifche
Geſchichte der neu ae und —— Kirche,
1840 ; Kloſe, die —* en in der Türkei, in Nied⸗
ners Zeitſchr. 1860; Strahl, Geſchichte der ruſſi⸗
ſchen Kirche, 1830 ; Wimmer, die griechiſche Kirche
in Rußland, 1848; Preußiſche Jahrbücher, 1867.
Griechiſche Sprache. S. Helleniftifches Idiom.
318
Gropper
Griesbach, Johann Jakob. Geb. am 4. Yan.
1745 in Butzbach in Hefien, befuchte er die Schulen
in Frankfurt a.M., wohin fein Vater als Prediger
verjegt war, ftudirte Theologie in Tübingen, Leip⸗
ig und Halle, habilitirte fich hier 1771, wurde
1773 Brofefior und 1775 nad) Jena berufen, mo
er als Kirchenrath am 24. März 1812 ftarb. Ein
vieljeitig begabter und gebildeter, weithin thätiger
Mann, ein verehrter Charakter; auch mit Schiller
3. B. nahe verbunden. Durch Semler angeregt,
widmete er ſich vorzugämeife der Tertkritit. Die
ht feiner Studien und wiſſenſchaftlichen Reifen
ift feine Ausgabe (feit 1774) des Neuen Tefte:
menteö mit dem von ihm hergeftellten Tezte,
Hauptausgaben Halle 1796, 1806, Leipzig 1803
—1807, 1805, 1825 und von Schulz 1827. Unter
den andern kritiſchen Schriften Griesbachs find zu
bemerten : Symbolae criticae, 1793; Commenta-
rius eriticus, 1794. ©. Bibeltert des R. T.
Gröninger Säule. S. Holland.
Grönland. Die erſte Entdedung fällt ins 9.
Jahrhundert, aber erft um 985 fiedelten fid von
Island aus unter der Führun 18 des Rothen
Ehriften im Lande an und Diaf Trygvafon ſandte
Erits Sohn Leif als —— unter Beglei⸗
tung von Prieſtern zur Belehrung der Eslimo's.
Ein eigenes Bistum wurde 1122 errichtet. Al
mählich hörte aber die Berbindung mit Norwegen
auf, wodurd das Chriftentfum daſelbſt verlam.
1721 unternahm Hans Egede, ein Norweger, die
Miffionirung des von eilig tiefgefuntenen Es⸗
timo's bewohnten Landes, welcher fich ſeitdem
namentlih herenhutifhe Miffionsbemühungen
angefchlofjen haben, fo daß jekt auch diefes Ci:
—— beſcheidene chriſtliche Cultur beſiht.
Egede.
Groot, Gerhard. Geb. zu Deventer 1340. A
Lehrer in Köln und Kanonifus zu Utrecht und
Aachen führte er ein meltliches üppiges Leben,
ing aber in fi und trat nad) dreijähriger Mö
terlicher — — als Prediger unterdem
Volke auf. In diefer Thätigkeit gehemmt, lernte
er Ruysbroof und deſſen Myſtik Tennen und ftif:
tete in Berbindung mit feinem Freunde Florentius
Radewin den Berein der Brüder vom gemeine:
men 2eben. Dem erſten Brüberhaufe au Deventer
itand er jelbft vor bis an feinen Tod 1384.
Gropper, Johann. Grb. 1502 zu Soeft. Dr.
theol. und Kanonikus zu Köln, dann Probft mu
Bonn und Köln. + 1559. Als gelehrter und an
ſcheinend freifinniger Theologe unterftügte er die
Neformationspläne Hermanns von Wied und
führte in Verbindung mit Ed und Pflug die Ber:
einigungäverhandlungen mit Bucer und Piftorius
1541 zu Regensburg, für welche er den Entwurf
des Regensburger Snterims verfaßte. Obſchon et
felbft Bucers Berufung nad Bonn veranlaßt hatte
1541, griff er denfelben bald entfchieden im Anti-
didagma an 1544, als er die Hoffnung aufgeben
mußte, die Evangelifchen wieder für die Kirche gu
ewinnen. Bon jet an war er der en
acer der PBroteftanten, verflagte 1545 den Ery
bifhof Hermann, führte 1548 die Gegentefor:
mation in Soeſt nad dem Interim 1548 ein,
nahm Theil am Triventiner Concil und ſchrieb
1550 feinen großen Katechismus. Seine Erhebung
zum Gardinal ald Lohn feiner Verdienſte um bie
Kirche ſchlug er aus und ftarb unerwartet auf einet
Geſchäftsreiſe in Rom,
Großalmojenier
Großalmojenier hieß bis zur Revolution am
franzöſiſchen Hofe der erſte — deſſen
Einfluß durch die von ihm ausgehende Vergebung
ber Bisthümer und Beneficien ſehr bedeutend war.
©. Almojenier.
; Gropaeliennlen, S. England, Irland, Schott:
and.
Großtomthur war im Deutſchen Orden ber
Nächſte nach dem Hochmeifter und dejjen Stellver:
treter in Abweſenheit.
Großmann, Chriftian Gottlob Leberecht. Dom:
‚ Dr. Geb. am 9. November 1789 zu Prießnitz
im Altenburgifchen. Seit 1629 Superintendent
und Profeſſor der Theologie zu zeipaig, früher
Generalfuperintendent und Überhofprediger in
Altenburg, ift er am meiften befannt gemorden als
ber Stifter und langjährige Leiter der Guftav:
Adolj:Stiftung. Er ſchrieb über Philo und bie
alegandrinifch-jüdifche Religionäphilofophie. Quae-
stiones Philoniae, Leipz. 1830; Philonis anec-
dota, Leipzig 1856, + 1857. Seine Lebenäftisge,
Leipzig 1857.
roßmeifter ift der Titel, ben bie erften Beam:
ten des Dominicaner:, des Johanniter: ſowie des
Zemplerorbens führten.
Grotius (Hugo de Groot). Geb. 1583 zu Delft.
Seine eminente Begabung, die er als 16jähriger
Jüngling durch die Herauögabe des Marcianus
Capella und anderer Werte bethätigte, verſchaffte
ihm frühe wichtige Staatsämter. Seit 1613 Raths⸗
penfionär von Holland, wurde er 1618 als Armi:
nianer und Republicaner in den Sturz Difbenbar:
nevelds verwidelt und zu lebenslãnglichem Gefäng⸗
niß verurtheilt. Durch Lift feiner Gattin befreit
1621, floh er nad Frankreich, ging dann, von der
reformirten Orthodogie fortwährend verfolgt, nad)
Schweden 1634 und kehrte als Geſandter dieſer
Macht bis 1645 nad Frankreich zurüd. Er ftarb
1645 zu NRoftod, wohin ihn auf der Rüdreife von
Stodholm in die Heimath ein Sturm verſchlagen
hatte. Ein ebenjo gründlicher und gelehrter Theo:
loge ald Jurift (als Begründer des Natur: und
Boͤllerrechts), Hiftorider (Geſchichte der Gothen,
Vandalen, Zongobarden, Belgiſche Geſchichte) und
Staatsmann, hat er in ſeinen Annotationes (1641)
auf dem Gebiete der grammatiſch-hiſtoriſchen Ere:
geje Bedeutendes geleiftet, durch die Schrift De
veritate religionis christianae (1627) die Apolo:
getif eingeleitet. In den Schriften Defensio fidei
catholicae, De satisfactione Christi adv. So-
einum, 1617 giebt er intereffante Beiträge zur
Lehre von der Rechtfertigung. Auch für das evan:
elifhe Kirchenrecht hat er Werthuolles geleiftet.
Seine Opp. theol. gejammelt Amft. 1679. Bat.
Luden, 9. Grotius nad jeinen Scidfalen und
Schriften, 1806.
Grubenhagen. Das Fürftenthum wurde durd)
Bhilipp I. lutherijch ſeit 1532. Die Reformations:
ordnung von 1545 überwand den langjährigen
Widerftand der Stifter, und die Kirchenorbnung
von 1551 (bei Richter, II, 452) organifirte die Iu:
therifche Kirche. Als nach dem Tode Philipps II.
da3 Land an Braunichweig:Züneburg fam, wurde
diefe Kirchenordnung durd) die Lüneburger erſetzt.
Örnbenheiner, Jamnici. Ein Beiname der böh—
miſchen Brüder, als fie, durch Rofyczana verfolgt, | war der Erfte, welcher in den
319
Gualbert
Wilhelm von Grumbach mit dem Bisthum Würz
burg führte über das Erbe ſeines Onkels, des Bi⸗
ſchofs Konrad von Bibra, 1544. Als er, der Reichs
acht verfallen und feiner Güter beraubt, den Bifchof
Hobel hatte ermorden lafien, und nad anfangs
ng Erfolge, geftügt auf feinen Anhang un:
er ber Reichsritterſchaft und feine Verbindung
mit Herzog Johann Friedrich dem Mittleren von
Sadjen, hochfliegende Pläne verfolgte, wurde er in
Gotha belagert, vom Volke ausgeliefert und gevier:
theilt, Herzog Friedrich aber verlor fein Land und
fam in lebenslängliche Gefangenſchaft des Kaiſers
1567 (+ 1595).
Gruß bei den Hebräern war entweder eine Er:
fundigung nad) dem Befinden (arayb EN? nad)
dem Befinden fragen — grüßen), Richt. 18, 15;
1. Sam. 10, 4, oder ein Segenswunfd in verſchie⸗
denen Formen, den ber VBegrüßte zurüdgab. Dazu
famen aber ſehr umftänblihe Begrüßungsformein,
fo daß —* Boten unterſagt wurde, Jemanden
= dent Wege zu grüßen, 2. Kön. 4,29. Freunde
und Gleichftehende umarmen und füffen ſich, 2.
Mof. 4,27; 2. Sam.20,9, Bor dem Höheren ver:
beugte man fi, 1. Mof. 23,7; 1. Sam. 20, 41;
2. Sam. 9, 8, fiel auf die Knie, 2. Kön. 1, 18, warf
fi) * Erde, 1. Moſ. 19, 1, ſtieg vom Reitthier
ab, 1. Mof. 24, 64; 1. Sam. 25, 23 und küßte die
Hand und die Füße, Pf. 2,12; Sir. 29, 5. Bun:
begrüßte man mit bem Wunfche langen Xebens, 1.
Kön. 1,31; Dan. 2,4; 3,9; 5, 10. Aehnlich ift
der Wunſch 1. Sam. 25, 6 als Begrüßung eines
Bornehmen.
Gruß, engliſcher. S. Engliiher Gruß.
Grynans, Simon (Öryner). Geb. zu Behringen
in Schwaben 1493. Eine Stelle ald Nector zu
Dfen verließ cr wegen feiner evangelifchen Ueber:
zeugungen, ging nad) Wittenberg zu Melandthon,
wurde dann Profeſſor der griechiſchen und latei:
niſchen Spracde zu Heidelberg 1524—29, danach
in Bajel, auch Dr. und Brofeffor der Theologie.
r 1541. Durch feine Gelehrfamteit und ausgebrei:
tete Thätigkeit nimmt er unter den Neformatoren
feine geringe Stelle ein. Er vermittelte die Gut:
achten der deutſchen Theologen in der Eheſchei—
dungsjache Heinrichs VILL., reformirte 1534 die
Univerjität Tübingen, nahm Antheil an der Ab-
faffung der helvetiihen Confefjicn und am Reli:
gionsgejpräd zu Worms 1540,
Grynäus, Johann Jakob. Geb. zu Bern 1540,
ftubirte in Bafel und Tübingen. Vicar und Pfar:
rer zu Rötelen bis 1575, wurde er Profeflor ber
Theologie an ber Univerfität zu Bafel, jpäter 1586
Antiftes der Kirche. Da er feine frühere Iutherifche
Anficht vom Abendmahl aufgab und ſich der Con
cordienformel widerſetzte, bediente fih 1534—86
Johann Cafimir feiner zur Reftauration der Uni—
verjität Heidelberg und zur Einführung bes refor:
mirten Dogma’s. 1582 erblindet, fuhr er dennoch
in feinen Borlefungen und Predigten fort. + 1587.
Gnalbert, Johannes, Stifter des Ordens von
Ballombrofa, lebte im 11. Jahrhundert. Erwar Herr
von Piſtoja, trat in das Klofter St. Miniate, ver:
ließ es aber und gründete 1088 feine neue Genoſ⸗
ſenſchaft nad) der firengen Regel Benedictd. Er
den Laienbrüder
ih in Wäldern und Gebirgen verbergen mußten. | (fratres conversi) aufnahm, welche diefelben Ge:
Gründonnerftag. S. Donnerftag, grüner.
Grumbagidge Händel heißen die
(übde, aber weniger ftrenge Askeſe ald die Mönche
hden, welche ! beobachteten und zur Bejorgung ber weltlichen
Guardian
Gefhäfte vermenbet wurden. Der Drben hat ſich
bis jegt erhalten. Di: Ordenskleidung, ——
dann braun, iſt ſeit der Vereinigung mit den Syl⸗
veſtrinern ſchwarz. Die Stifterin der Frauenklöſter
des Ordens ift die heilige Humilitas (F 1310).
Gualbert ftarb 1093 und wurde 1193 Tanonifirt.
Guardian ift bei den Franciscanern und Ka:
puzinern ber Borfteher eines Kloſters. Er wird
von den Definitoren der Eonvente auf 3 Jahre
gewählt. In England führt biefen Titel der Ber:
malter ber geijtlichen Gerichtsbarkeit während der
Erledigung eines Bifchofäfiges.
Guaftalinerinnen heißen nad ihrer Stifterin,
der Gräfin von Guaftalla, die Mitglieder des An:
gelilenorbens.
Guatemala. S. Centralamerifa.
Günther, Anton. Katholiicher Theologe und
ilofopb. Geb. 1785 zu Lindenau in Böhmen,
irte er in Prag und zu Raab in Ungarn, wurbe
1820 Briefter, danach Profeffor in Wien und ftarb
1863. Er jete fi die Gründung einer hriftlichen
ilofophie zur Aufgabe, welche er in einer my:
iſchen Speculation fand, beren höchſtes Refultat‘
er in dem katholiſchen Dogma ausgeſprochen glaubte.
Seine dualiftifhe Entgegenſetzung von Geiſt und
Ratur, feine Behauptung, daß gerabe die Bernunft
um katholiſchen —— gelangen müſſe, machten
feine Drthodorie verdbädtig. Am 8. Januar 1857
wurden Glintherd Schriften von ber Indexcom⸗
miffton verboten, und am 15. Juni erfchien ein
Breve bed Papftes, welches ihm Härefien in ben
Zehren von der Trinität, der Chriftologie und An:
thropologie und eine Ueberfhäßung der Bernunft
vorwarf. Günther unterwarf fi am 20. Februar
1857 und die meiften feiner Anhänger mit ihm.
Bon feinen Schriften find hervorzuheben: Bor:
ſchule un fpeculativen Theologie, 1828—46 ; Süd:
und Norblichter, 1831; der letzte Symboliker,
1834; Thomas a Scrupulis, 1835. Seit 1848
a der philoſophiſchen Zeitichrift „2y:
dia.” Bol. Clemens, bie jpeculative Theologie
Günthers, Cöln 1858.
Gürtel ift bei der morgenlänbifchen Tracht ein
unentbehrlicher Theil der Kleidung, um das meite
Untergewand zufammenzuhalten ober aufzuneh:
men, damit es die Bewegungen nicht —— (da:
her fi gürten = ſich rüften, zur Arbeit, zum
Krieg). bie:ıte fo ald Tafche, Matth. 10, 9; 2.
Sam. 20, 8; Ez. 9, 2. Der Stoff des Gürtels
mar nad Stand und Vermögen verfchieden, von
Leder, Leinen, Byfjus; namentlich der Frauengür:
tel oft Gegenftand eines großen Luxus, Jef.3, 24;
49, 18; Dan. 10,5. Der Brieftergürtel wurde vorn
ugelnöpft, feine Enden Gingen bis auf die Füße
tab
Güte Gotted. ©. Eigenihaften Gottes.
Gütergemeinihajt. S. Communismus.
Güslafi, Karl. Geb. 1803 zu Pyritz in Pom—
mern, bildete er fich in Berlin unter Jänele zum
Miſſionar aus, wurde von der Rotterdamer Mif:
fionsgejellihaft 1826 nad Batavia gejendet und
ing dann nad China, deſſen Ehriftianifirung er
Hi zur Lebensaufgabe machte. Er befolgte den
——— belehrte Chineſen ihren Landsleu⸗
ten das ngelium zu veriündbigen und ſtiftete
deßhalb ben Ehinefifhen Berein. Seine Stellung
ald Dolmetjcher der englifhen Behörden und als
Secretär des Gouverneurs von Hongkong benugte
er im Interefje feiner Hauptaufgabe. 1850 machte
320
Guizot
er eine Reiſe durch Deutſchland, um allenthalben
die Theilnahme für feine Miſſionsarbeit zu er:
weden. Auf der Rüdreife ftarb er 1851 zu Victoria.
Seine Arbeit ift nicht in gleicher Weife fortge:
brt, da ſich heraußftellte, daß er vielen feiner
ehrten zu viel vertraut habe und ihr Chriften:
thum ein allzu oberflächliches geweſen fei. —
bleibt er eine der bedeutenderen Erſcheinungen au
dem Miſſionsgebiete.
Guibert von Ravenna. S. Clemens III.
Guido von Arezzo, ein Benedictinermönd; im
Klofter zu Pompoſa, ift berühmt geworden als
Lehrer des Firchlichen Gefanged und ala Erfinder
ber noch jet üblichen Notation und der Noten:
fchlüffel. + 1050.
Guido de Breß,der Begründer der belgifchenevan-
geliichen Kirche, ift geboren 1540 zu Mond. Er war
erſt Glasmaler, dann Geiftlicher. Wegen feinerevan-
geliſchen Anfichten vertrieben, befeftigte er dieſelben
in ber Londoner Fremdengemeinde und durch einen
fpätern Aufenthalt zu Laufanne und Genf. Als
Reijeprediger und Evangelift durchzog er fein Ba:
terland, überall Gemeinden gründend, bis er nad)
der Eroberung von Balenciennes 1567 auf der
Flut ergriffen und durch den Strang hingerichtet
wurde. Glaubensbelenntnif hatte er 1562
Philipp II. eingereicht. Daffelbe wurde fpäter von
der Embener und Dortrechter Synode angenommen
und ift als belgifche Eonfeffion befannt.
Gnido von Joinville, Stifter eines Spitals zu
Chälond, übergab dafjelbe einer neuen religiö
Genoſſenſchaft, welche nach dem Erwerb einesHaufes
in Paris 1294 von Bonifacius VIII. beſtätigt
wurde 1300 und ben Namen ber Hofpitaliter, jo:
wie die Regel des heil. Auguftin annahm.
Guilbert, der Heilige, ift geboren 1083. Er war
ein englifcher Geiftlicher, dann der Stifter des Guil:
bertinerordens, welder in Doppelllöftern, aber un:
ter ftrengeräußerlicher Trennung, Ronnen nad) ber
ftrengen Regel Benedicts und Chorherren nad) der
Regel Auguftind vereinigt. + 1189, canonifirt 1202.
Sein Orden ift auf England beichränft geblieben.
Guizot, Frangois Pierre Guillaume, berühmter
Staatsmann Frankreichs, deſſen Einfluß auch wer
ſentlich in bie proteftantiichen Kirchenverhältniſſe
eingreift. Geb. am 4. Det. 1787 zu Niöutes, wurde
er nad) ber Reftauration 1814 eraljecretär im
Minifterium bed Innern und fpäter Staatärath.
1819 warb er unter Decazes Director der Depar:
tementöverwaltung, verlor aber 1820 feine Stelle
und trat in die Oppofition gegen bie Regierung
ein. 1832—37 ward er Mintfter des Unterrichts,
in welcher Eigenfchaft er vieles für die Hebung der
Schule that. 1840 ging er ald Gefandter nad
London, wurde aber in bemjelben Jahre nod Wi:
nifter des Auswärtigen und 1347 Chef des Mini:
rer Seit der Februarrevolution wandte er
ich auf kurze Zeit nad) England und lebte hierauf
als Privatmann in Paris. In dieſer legten Zeit
at er fi) mit großem Eifer aud der kirchlichen
agen bemächtigt;; er ift das Haupt der altkird:
lihen Partei, welche das Feithalten des „Surna-
turel‘ ald die weientliche Bedingung der Erijtenz
der Kirche anfieht, hatte als Mitglied des Barijer
Confiftoriums an der Abjegung Coquerels und
Martin Paſchouds mefentlihen Antheil und hat
eine religiöfen Ideen niedergelegt in der Schrift
editations sur l’essence de la religion chre-
tienne, 1864 (überj. v. Ostar Wendel, Leipz. 1864).
Gundulf
Guubdulf, Stifter einer häretiſchen Secte, welche
bie äußere Kirche, den Klerus und die Sacrantente
vermaif, nur nach dem Gefeg Chrifti leben wollte | det hatte, und den die Berliner General
und bie Ehe für verderblich hielt. Gundulf foll in
Nordfrantreich gelebt Haben; mehr ift von ihm
nit befannt. Den eindringlihen Gründen des
Biſchofs Gerhard, welcher auf einer Synode 1025
mit ihnen verhandelte, gaben übrigens die verhaf:
teten Ketzer folge.
Gur, eine Anhöhe bei Jiblaam. 2. Kön. 9, 27.
Dajelbit wurde Ahasja von Jehu gefchlagen.
Gurk. Ein Bisthum in Kärnthen, wurbe 1070
von dem Erzbisthum Salzburg geftiftet, welches fich
bie Ernennung des Biſchofs vorbehielt, fpäter aber
1535 immer zwei Ernennungen nacheinander dem
Haufe Defterreich überlaffen mußte, während e3
nur immer die dritte für fich behielt. Der Fürft:
tig reſidirt zu Klagenfurt.
Rad Adolf, König von Schweden 1611—82.
Geb. 1594. Glüdliche Friedensſchlüfſe Hatten frü⸗
here Kriege mit den Dänen und Ruffen beendigt und
mit Bolen war ein Waffenftillftand geſchloſſen, 20.
Sept. 1629, als ©. A. ſich gegen die habsburgiſche
Kaiſermacht und die Ligue zur Unterftügung der
in Deutfhland ſchwer bebrängten Proteftanten
manbte, denen er ſchon vorher (Stralfund 1628)
Beiftand geleiftet hatte. Nur mit Mühe und Dro:
dungen ließen rg Brandenburg und Sadjen zu
einem Bündnifje bewegen. —— ging wäh:
rend der Unterhandlungen verloren. Die Schlacht
bei Leipzig 1631, die Eroberung Frankens und
Baiernd und die — am Lech 1632 brachen
die Uebermacht des Kaiſers, welche durch Wallen:
De den Schlachten bei Nördlingen und Zügen,
Nov. 1632, nicht wieberhergeftellt werden konnte.
Nach Guſtav Adolfs Tode bei Lügen führten fein
Kanzler Orenftierna und feine Feldherrn mit fran:
zöſiſchen Subfidien mehr feine politischen Pläne,
als jeine firhlihen und religiöfen Abfichten aus.
Der deutſche Proteſtantismus erkennt in G. A. den
Retter feiner kirchlichen Eriftenz und der Glaubens:
freipeit. Vgl. Rango, Guft. Ab. der Gr., 1824;
Flathe, Guſt. Ad. und der dreißigj. Krieg, 1840;
Sfrörer, Guft. Ab., 3. Aufl. 1852; Geijers ſchwe⸗
diſche Geihichte, 3. Bd, 1836; gell, Geſch.
— A.'s, 1852. Vgl. d. Art. Dreißigjähriger
rieg.
uſtab⸗Adolf⸗Etiftung. Bei der Säcularfeier
bes Todestages Guſtav Adolfs (6. Nov. 1832) bil:
bete ſich in Leipzig und Dresden ein Berein zur
Unterjtütung bedrängter Glaubenägenofjen, an
defien Spiße der — Dr. Großmann in Leip⸗
zig trat. Mit dieſem vereinigte Ni 10 Jahre fpäter
ein anderer, den ein Aufruf des Dr. Zimmermann
in Darmftabt, welcher auf die Noth jo vieler evan⸗
geltihen Gemeinden hinwies und zur Hülfe auf:
rief, veranlaßt hatte, Die Vereinigung fand im
tember 1842 in Leipzig Statt und 1843 wurden
auf ber Berjammlung zu Frankfurt a. M. die Sta-
tuten des Vereins angenommen und als Sit des
Eentralvorftanded Leipzig beftimmt. Der Berein
gliedert fi) in die Hauptvereine (im jeder Provinz)
und die in biefem vertretenen Zweigvereine. Wan:
dernde Hauptverfammlungen regeln die gemeinfame
Thätigkeit. Der Verein entwidelte fid) nicht ohne
Schwierigkeiten. Preußen wollte anfangs einen
eigenen Gentralverein. Bayern und Oeſterreich ver:
ſchloſſen ihm lange ihre Grenzen und die Ruppſche
Angelegenheit (der Streit über bie Frage, ob Predi⸗
321
Gymnafien
ger Rupp von Königäberg, ber aus ber Landeskirche
ausgetreten war und eine „freie Gemeinde“ gebil:
verfamm:
lung deßhalb ausſchloß, nocd Mitglied fein könne
oder nicht) brachte die Gefahr des Zerfalled aus
innerem Zmwiefpalt; aber alle Hemmnifje wurden
glücklich überwunden, und die Vereinsjahe hat
einen immer erfreulicheren Aufſchwung genommen
Auf der Hauptverfammlung 1867 konnte berichtet
werden, daß ber Verein 1117 Zmweigvereine nebſt
270 Frauen: und 10 Studentenvereinen umfaffe;
800 Gemeinden wurden mit 149,930 Thalern uns
terftügt. Der Guſtav⸗Adolf⸗Verein bildet zur Zeit
die einzige wirkliche Einigung der beutfchen Kirche;
in ihm bethätigt fich ihre erbarmende Liebe ohne
Unterfchieb der ara Färbung. Bgl. die
Berichte ded Vereins; die Mittheilungen der Gu:
ſtav⸗Adolf⸗Kalender; dad Jahrbuch des Bereing,
Elberfeld.
Gut, das höchſte, ift dad objective Ziel bes fitt-
lihen Handelns, bie volllommene Realifirung des
fittlihen Zweckes. Der Begriff befjelben ift ala
Princip der Ethik zuerft von Plato rufgeftellt, der
das höchſte Gut imabfoluten Staate fand. Schleier:
macher führte ihn zuerft in bie chriftliche Theologie
ein, welche ald das höchſte Gut das Reich Gottes
bezeichnet.
Guyon, Frau von la Mothe⸗Guyon, geborne
Jeanne Marie Bouvidre, Geb. am 13. April 1643
zu Montargis in Drleand. Durch ihre Erziehung
bei den Urjulinerinnen und burd) die S eiften bes
Franz von Sales erhielt fie früh eine g reli⸗
giös⸗aſtetiſche Richtung, welche, durch eine unglürt:
liche Ehe geiteigert, fie der Myſtik entgegenführte.
Nah dem Tode ihres Gatten 1676 ergab fie fich
ber Seelenführung der Aebtiffin Granger, danach
des Myſtikers Bertot, bis fie nad) deffen Tode in
eine innige Seelengemeinfchaft mit dem Barna-
biten:Superior Lacombe in Thonon trat, welchem
als Seelenführer fie der Bifchof von Genf zumies.
Im Klofter Ger bei Genf wurde ihr der Aufent-
halt unmöglid, worauf fie, durch Ihwärmerifche
Dffenbarungen aufgeregt, 5 Jahre ein Wander:
leben te, um einem unruhigen Miffionstrieb
zu genügen, während befjen ſich ibre miyſtiſche Rich⸗
tung des Entſagens und Erſterbens zu einer völ⸗
ligen Ruhe in Gott immer mehr audbildete. Als
187 die quietiftiiche Lehre des. Molinos, der bie
ihrige nahe verwandt war, verdammt worden,
murde auch fie zur Unterjuchung gezogen und ein
Jahr lang in einem Klofter eingejperrt gehalten.
Da fie in Berbindung mit Fenelon ſtand, ward fie
während des Streites defjelben mit Bofjuet von
neuem zur Unterfuchung gezogen, mußte ihre Lehre
| widerrufen und 10 Jahre lang Haft in der Baftille
ertragen 1695—1705; ur ihrer Befreiung wurde
enad) Bloisverbannt, wo fieam 9. Juni 1717 ftarb.
hre Schriften (in deutſch. Ueberſ. 1727) haben ihr
nicht nur in Frankreich viele Anhänger gefammelt,
fondern durch Arnold, Terfteegen und die Berle:
burger Bibel einen weittragenden Einjluß aud in
der deutſchen reformirten Kirche verſchafft, der fich
in mancherlei Erſcheinungen des myſtiſchen Sepa:
ratismus äußerte. Vgl. ihre Gelbftbiographie,
1720; Berlin 1826 ; Hermes, Züge aus dem Leben
der Frau von G., Magdeb. 1845.
Gymnaſien, die Schulen der Jugend für leib-
liche Uebungen oder die Turnpläge ber Griechen,
ſuchte der gräcifirende Hoheprieſter Salon, 2. Matt.
Syrovagi 322 Hadrach
4,12.20, auch in Jeruſalem einzuführen. Herodes und vagabundirend bei den einzelnen Mönchsnie⸗
erbaute mehrere in den —— Städten für —5 — umberzogen. den Babirg ⸗
deren griechiſche Bevölkerung. den Unfuge ſuchten die Beſchlüſſe der Synoden zu
Gyrovagi (Sircumcellionen) find Mönche, welche ſteuern; es — dies aber erſt durch die völlige
fi dem Chnobitenleben nicht anſchließen wollten | Einführung el bes heil. Benedikt.
9.
Soagleitnerianer oder Manhartianer (f. d. X.) | den Calvinismus, mehr aber gegen den Katholi⸗
waren Die Anhänger des Briefters Haagleitner im | cidmus und deſſen bamals von vielem Ct beglei⸗
Salzburgiſchen. teten Converſionsbemuͤhungen, gegen welche meh⸗
Haagſche apologetiſche Geſellſchaft. Eine 1685 rere feiner Schriften gerichtet find. + 1676.
gejtiftete wiſſenſchaftliche Geſellſchaft in Holland, abert, Jiaaf, Kanonikus zu Paris 1645 und
melde den Zwed hat, wiſſenſchaftliche Arbeiten zur IR von Babres. + 1668. Er war der Erfte,
Pa ng des Chriſtenthums hervorzurufen. | welcher gegen Janjenius ſchrieb Seine Anfcyul»
Sie ſchreibt für die befte Arbeit alljährlich einen | digungen zu widerlegen, ſchrieb Arnaufd eine Äpo⸗
Preis von 400 fl. aus. logie fir die Janfeniften.
Haar. Volles reiched Haar galt natürlich au abeih. S. Abefiynien.
bei den Juben für eine Lierde männlicher un zuhe (Luth. : Sperber) gehört zu den unreinen
weiblicher Schönheit, doch hielt man langes Haar | Thieren. Die Angale Hiob 39, 26 bezeichnet ihn
= — für * —— — 1. | als Zugvogel. j
or.11, agegen2, Sam. 14,26); nur in Folge i ännli
——
18; Ficht. 12, 5. Frauen ſchmückten und friſirten zu verftehen ift. — Derſelbe tommt auch als ver⸗
das Haar, el. 3, 24; Zub. 10, 2; e8 wurde mit, —— vor: des Sohnes Ismaels, 1. Chr. 1,
woblriehendem Del gejalbt, durch Einftreuen von | 30, zweier Könige in Edom, 1. Mof. 36, 85; 1.
Goldftaub glänzend gemacht, Jofeph. Ant. 8,7.3, Chr. 1, 46, und des Edomiters, welder nad) Da:
aud font gefärbt, Hohel. 7, 5. In der Trauer dids Tode von Aegypten aus als Widerfacher Sa⸗
mwurbe dad Haupt Bien Als Ritus der Reinig: | (omo’3 aufitand, 1. Ran 11, 4—22.
feit8erflärung fonımt das Scheren des Haupthaars Hadad⸗Eſer, König von Zoba in Syrien, vers
vor bei den Ausfäpigen und bei der Weihe der Les | piindete fi) mit den Ammonitern gegen Dapid,
viten, 3. Mof. 14, 8. 9; 4. Mof. 8, 7. und wurde zuerjt von Joab, dann von David bei
abafuf,derBrophet. Bon den Lebensumftänden Helam geichlagen, 2. Sam. 10, 6—19.
dieſes Sehers giebt es nur apolryphiſche Nachrichten ° Havad-Rinımon ift die Stätte einer in [
in der Geſchichte vom Draden zu Babel und im) perühmten, uns aber unbefannten Tobtenflage,
Pleubo-Epiphanius. Das Bud Habakufs verkündet | Sach. 12, 11. Auch die Lage des Ortes ift ungemiß.
das bevorftehende Gericht Gottes, den Untergang Hadafa oder Adafa, ein Flecken im Stamme
durch die Chaldaer (Cap. 1), ftellt aber darauf in | Yuda, wo Judas den Rikanor ſchlug, Jof. 15, 87 ;
fünffachen Tehe den Sturz diefer übermüthigen, | 1. Makf. 7, 40. 45.
gögendienerifchen Feinde in Ausficht (Gap. 2), wor: Hadderffen, Johann, Baftor zu RHammelwarden,
auf ein Gebet des Propheten (Cap. 3) folgt, welches übertrug 1523—33 Luthers’ Bibelüberfegung ins
an bie wunderbaren Fügungen Gottes erinnert, die | Niederbeutiche.
an feinen Volle fihtbar gemorden find. Aus feiner —— iſt das Waſſer, welches Moſes auf
Schrift ſelbſt rechtfertigt ſich die Annahme der) göttlichen Befehl dem hadernden Volle in der Wüfte
Ss —— ber — ng daß er | aus dem Felſen gab. Val. 4. Mof. 20,1 ff.
un ojalim gelebt habe; Delik tihn unter . . @j :
Joſias. An dichteriſchem Werthe ehöct feine Weiſ⸗ dades, oidr⸗ Euth· Hölle), ift daB Im Alten
fagung zu dem Schöniten der hebräifchen Poeſie. Teſtamente noch räumlich —— ZTodtenreich.
Dal. dibig, die Heinen Rropheten, im furzgef. ereg. | Die Vorſtellung iſt noch unklar. Der Zuſtand ber
—5 Aufl. 1863; Ewald, die Propheten, Scheolsbewohner ift traumhaftes oder bemußtlofes
867 ff.; Keil, die 12 Heinen Propheten, 1866. Shattenleben; e ne önliner Hupe eine
Dann fpecielle Schriften von Bäumlein, 1840; , ahnungsvolle Hoffnung perjönliger Unfterblicteit.
Delitzſch, 1843. Ebenfo wenig ift das Wort im Neuen Tejtamente
Haberim fol nach 2. Sam. 20,14 ein Diſtriet in in einem dögmatiſch ſchärfer zu bejtimmenden
Raläftina „lin; da fich ein folder fonft nirgend er- —— —— — * os u
„ 1) i N . ° ‚ D
un et, nimmt man einen fehler des Ter als „den Schoop Abrahanıd;" 8 it al 2. ‘
Haberim, war ein Bund ber ftrengeren Juben, eig Ausdrud für den Zufland nad dem Tode.
welcher durch die Brüder Jofe ben Joezer und ben | gl. d. Art. Unfterblichleit.
Jochanan im 2. Jahrhundert v. Chr. geniftet wor) Hadoram, ein Sohn Joltans, von welchem ein
den ift und eine ae Erfüllung der Speife:, | arabifher Stamm in Hadramaut abgeleitet wird.
Reinigungs: u. f. w. Gebote anjtrebte. (1. Mof. 10, 27.)
Haberforn, Peter, geb, 1604 zu Butzbach. Seit| KHadrach, ein Rame, welcher entweder fürbeneiner
1632 Brofeffor in Marburg und 1650 an der neu: | aramäifchen Gottheit oder eines Königs Ben
eftifteten UniverſitätGießen, warereinerder legten | wird, den Vaihinger zwiſchen Benhadad und
olemiler der alten lutheriſchen Orthodogie gegen | Rezin, zur Zeit Jerobeams II. jegt. (Sad. 9, 1.)
Hadrian -
— römiſcher Kaiſer (117—138). Seine
auf Befeſtigung des Reichs und Ausgleichung der
eg innere Politik beftimmte
fein Ber n gegen Juden und Chriften. Jenen
verbot er bie Beſchneidung und erbaute auf den
Trümmern Jeruſalems die römifche Colonie Ae-
lia Capitolina, um ihre abgeſchloſſene Rationali:
tät — Der Aufſtand unter Bar Cochba
wurde mit Strenge niedergeſchlagen. Die Ber:
folgungen der Chriften befchräntte Ki Decret in
der Art, dad nur Anlagen in gejeglicher Form
angenommen werben burften.
adrian L, Bapft (772—795). Er rief gen
bie gegen 3 der Zongobarben Karl d. Gr. zu
ülfe und erhielt von biefem die Beftätigung ber
chenkungen er Die von Karl ausgeübten
oberherrlihen Rechte über die Kirche erkannte er
an und betätigte die Beſchlüſſe der Synode
von Frankfurt über den Adoptianismus und Bil:
berftreit, obmohl fie feinen Wünſchen eben nicht
entipraden.
— II. (867—872). Seinen Berfuchen, den
pfeuboifidorifhen Grundfägen in den Kriegen
Karla des Kahlen mit Lothar II, und mit feinem
Sohne Karlmann Geltung zu verichaffen, jegte
ener, eds von Hincma: von Rheims, durch⸗
chlagende Entſchiedenheit en In ſeine Re⸗
gierungszeit fällt der Bruch mit Conſtantinopel
und dem Patriarchen Photius (f. d. Art.) und der
Beihluß der * von Worms 868, daß den
Geiſtlichen die Ehe verboten ſein ſolle.
— 884886). Derſelbe hatte den Kampf
mit Conftantinopel und dem Patriarchen ar
ortzufegen. Er ftarb auf der Reife nach Deutſch⸗
nd, wohin ihn Karl der Dide beichieden hatte.
— IV. (1154—1159). Als ein Betteltnabe aus
England, begann er feine Laufbahn, dann Klofter:
knecht zu St. Rufus bei Avignon, wurbe Abt, Car:
binal, Zegat für Norwegen und endlich Bapft. Mit
— —— —— Barbaroſſa's kämpfte er
gegen Arnold von Brescia und Wilhelm von Si:
cilien. Als er aber mit diefem einfeitigen Frieden
chloß, ihm Sicilien ald Lehen gab, und nun gr
ie päpftlichen ** erhob, daß der Kaiſer ſi
als päpftliher Lehensträger anzuſehen hätte, ent:
ündete er den Streit der Hohenſtaufen mit den
Bäpften. Als er eben ben Bann über Friedrich
ausfprechen wollte, ftarb er (zu Anagni erftidt).
— V. (12. Juli bis 18. Auguft 1276). Er war
ein mn — IV. aus der Familie Fiesco.
— VI. (1522—1523). Er war der Sohn eines
Hanbmerlers in Utrecht, wurde Profeffor in Löwen
und 1507 Zebrer bed Kaifer Karl. 1517 Garbinal,
1519 Biſchof von — Die Reformation för:
derte er wider Willen durch die Art, wie er fie
belämpfte, und burch dad Auftreten feines Legaten
Ehieregati auf dem Reichätag zu Nürnber 1528,
wo er auf bie Ausführung des Wormſer —**
rn ließ. Seinen guten Willen, die äußeren
Schäden der Kirche abzuftellen, durchkreuzten die
Garbdinäle, denen fein Tod willlommen war.
Händel, nr Kaiser berühmter Gomponift,
geb. am 24. r 1685 zu Halle a. ©,,
war Schüler Attilio'3 in Berlin, Mufikdirector in
Hamburg und trat jhon im 15. Lebensjahre als
Dperncomponift auf. Nach einem Aufenthalt in
Italien wurbe er —— in Hannover,
ging dann (1710) nach England, wo er bald Di—
rector ber Königl. Alademie ber Muſik wurde, Die
323
Härefie
engen Seite feines ſchöpferiſchen Genius bil:
eten die Dratorien Meſſias, Samfon, Iſrael in
Yegypten, u. a., namentlich das erftere. ftarb
am 14. Auguft 1759 und liegt in der Weftminiter-
abtei begraben. Vgl. Chryfander, ©. F. Händel,
Leipzig 1858.
ändewafhen. In ber Mefje ift die Hand⸗
waſchung der Priefter (Lavabo) ein Symbol ber
Reinheit von der Sünde, Sie e ihre Stelle nad
ber Oblation und wird Pſalm 25, 6—12 babei re:
eitirt, im mailändiſchen Ritus nad) der Conjecra-
tion. In der griechiſchen Kirche ift fie ein Theil ber
Besen und folgt auf bad Anziehen der heil.
eiber.
Händewafden vor dem Eſſen und bem Tiſch⸗
gebet, jowie nach dem —— vor dem Morgen⸗
ebet gehört den religiöſen Obſervanzen der
— (Joh. 2,6; Marc. 7,2), auf welche ber
Talmud den’gröhten Werth legt und melde er in
einem eigenen Tractate ausführlich behandelte,
Härefie ift die von ber Gejammtheit
Kirche abweichende Auffafjung einer en.
Glaubenslehre, weldhe den Anſpruch erhebt, als
wahr und alleingültig allgemein anerlannt zu
werben. Sie unterfcheidet von der Lehrmei⸗
nung dadurd, daß fie fi) auf den Glaubensinhalt
bezieht, —— dieſe nur die begriffliche Vermitt⸗
lung deſſelben zum Gegeuftand hat, und daher
eo des rien denden Triebes entbehrt,
welcher der Häreſie niemals fehlt. In der katho⸗
liſchen Kirche iſt aber derjenige ein Ketzer oder
Häretiler, der ein von ber Kirche ſtillſchweigend
oder ausbrüdli ge Dogma wifjentlih
verwirft und belämpft. Da die evangelifche Kirche
nicht wie die katholiſche eine unfehlbare Lehrauto⸗
sität behauptet, die der Härefie aber eine unan⸗
tajtbare beit als ihr Gegentbeil zur Voraus⸗
ſetzung hat, jo hat Schleiermader den wiſſenſchaft⸗
lihen Begriff der Härefle dahin beftimmt, daß es
eine ſolche Auffaffung der Kriftlichen Lehre fei,
welche zwar ben Schein bes Chriftlihen bewahren
wolle, aber dennoch feinem Grunbtypus wider⸗
ſpreche. Die Grundformen der Härefie find daher
Doketismus und Ebjonitismus, Manichäismus
und Pelagianismus. Die wirflihe und fi) er
conſequente Härefie hebt daher aud) die Glaubens⸗
gemeinihaft auf und F ir freimilligen
oder unfreimilligen Bruch mit ber Kirche zur
Bei: Darin liegt auch der per vom
chisma, d. 5. einer Aufhebung der Kirchenge⸗
meinſchaft aus äußern Gründen, ber Liturgie, der
Verfafjung ꝛc., womit feine Auflöfung der Glau⸗
bens Ag verbunden tft. Da ber chrift:
liche Lehrinhalt ſich rg aus ber Leber:
windung ber natürlichen Härefien erſt heraus:
arbeiten mußte, jo war die alte Kirche in ber
Beurtheilung derjelben milde, in ben chriſtologi⸗
ſchen Streitigfeiten wurde nicht ſowohl die Häre⸗
ſie als die Renitenz gegen die Autorität verfolgt
und geſtraft; erſt in den — *518— Streitig⸗
keiten tritt der Grundſatz auf, daß Häretiker durch
weltliche Gewalt zur Ruckkehr in die Kirche gend»
thigt werben follten, den die römische Kirche bis
heute nicht aufgegeben hat und melden das bür:
ne. Recht erit in Folge der Reformation ver:
ieß. Da bie evan 36 Kirche nie a —
darf, daß die theologiſche Lehrentwicklung ſich
nicht anders vollziehen kann, als durch die Aus—
ſcheidung der in den dogmatiſchen —
Häufer bei den Hebräern 324 Haggai
zurlicgebliebenen Refte der natürlihen Härefien, | Wohnfigen verbrängt (1. Chr. 5, 10. 19. 20; Pf
und daß bei diefer Arbeit durch den Gegenſatz 83, 7), fpäter den Iſraeliten feindlich gefinnt er-
immer der dem Belämpften g enäßerfiehenbe | (deint; derjelbe ift in den Bebuinen am perfifchen:
Irrthum befräftigt erfdeiren muß, jo kann auf | Meerbufen wiedergefunden worden.
ihrem Gebiete nicht eher von wirklichen Härefien | Hagen, Johann von, Abt von Bursfeld (1439-
erebet werden, als bis fie fich als foldhe durch 1469), entjagte unter dem Einfluß des Yohann
dung einer Gemeinfhaft und Abfonderung | von Buſch dem weltlichen Leben, richtete in fei:
von der biäherigen erwieſen haben. Biele in der | nem Kloſter die ftrengere Benedictinerregel wieder
Kirhengefhichte erwähnte Härefien find nichts 38* ſtiftete die Bursfelder Congregation (f.
. Art
anderes, ald das Fefthalten einer von der Gejammts | b .).
heit bererts überwundenen Entwidlungsftufe. Hagenau, Religionsgefpräh zu (12. Juni bis
16. Juli 1540), wurde vom Kaifer in Folge ber
dãuſer bei den Hebräern. Diefelben waren nad
der Meife des ganzen Altertfums und des Drients | Frankfurter Verhandlungen von 1539 berufen,
o gebaut, daß fie einen vieredigen Hof 58 um eine Vereinigung zwiſchen den Evangeliſchen
er, aus dem man in bie Zimmer trat. Auf dem | und Katholiſchen zu verſuchen. Urſprünglich nad
achen Dache befand fich daß Obergemad), von dem | Worms beftimmt, wurbe es wegen einer bori
umeilen eine befondese Treppe auf die Straße —— Epidemie nach Hagenau verlegt. Da
man Luther zu ſchicken ohne beſonderes Geleite
nicht gewagt hatte, Melanchthon auf der Reife er:
frantte, fo waren die Evangelifchen durch Brenz,
Dfiander, Capito, Eruciger und Mylonius vertre-
ten; auf katholiſcher Seite ftanden Ed, Faber und
Eochläud. Das Refultat war aber nur ein Receß,
übrte, und welches ber Verwendung für auferge:
wöhnliche Zwecke vorbehalten blieb. Im hintern
Theil des Haufes befanden ſich bie Frauengemächer.
rt nr hatten Gitter und bie Thlren waren
mit Riegeln verſchloſſen. Das Baumaterial waren
Lehmziegel oder Brucjfteine, auch Quadern und
Marmor. Zum Bindemittel diente Kalk, Gips daß demmächft in Worms Bertreter beider Bars
und Asphalt. 1. Mof. 11, 3, zu Bauholz die |teien von ben bezeichneten Ständen in =
Sylomore, die Geber, der Delbaum. Der Häufer: | Anzahl gewählt zufammentommen und über die
ausjah, 3. Mof. 14, 83—57, ift ein Salpeterfraß iferenpun e eine Einigung verfuchen follten.
an Kalt und Steinen, ber nicht nur das Gebäude agenbad, Chriftoph Rudolph, geb. ben 4.
ee ‚ fondern auch der Gefundheit ſchädlich iſt. März 1801 zu Bafel, Profeflor — Er ſchrieb
äuſerweihe iſt die katholiſche Sitte, am Epi: | eine Encyklopädie und Methodologie der theologi:
phanientage geſegnetes Waſſer unter beſonderen ſchen Wiſſenſchaften, 1853, 7. Aufl. 1866; Vorle⸗
Gebeten und mit beſonderen Gebräuchen in den ſungen über Weſen und Geſchichte der Reforma—
Häufern auszuſprengen, um fie vor Gott als ge: | tion, 6 Theile, 18834 1857; Predigten, 4 Samm:
weist und feines Segens würdig darzuftellen. lungen, 1830-1856 ; Lehrbuch der Dogmengeſchichte,
Hävernick, Heinrich Andreas Ehriftoph. Früher | 1840, 5. Aufl. 1867; Leitfaben — chriſtl. Reli⸗
außerordentlicher Profeſſor zu Roftod, ſeit 1841 | gionsunterricht, 3. Aufl. 1861; Die chriſtl. Kirche
ber brei erften Seh Vorl., 1853; Borlefungen
über die Kirchengeſch. des Mittelalter, 1860.
Leben und ausgewählte Schriften der Väter und
Begründer der ref. Kirhe: Defolampad, Mylo-
nius u. A. Hagenbach giebt das jekt im 24. Jahr:
ang erſcheinende Kirchenblatt für die refomirte
634 heraus, welches in mildem Sinne die Ber:
mittlungstheologie würdig vertritt.
Haggada (Gefate) ift im Talmub und bei den
Nabbinen alles Ueberfommene, was zur Aus.
legung und Erklärung deö Geſetzes gehört, ſowohl
Krosiige und andere Erläuterungen, als aud) die
ünjte der —— durch Allegorien, Metabo⸗
lien, Wogtipiele zc. Vielfach bezieht ſich die Hag⸗
gada auf die Halacha (den Wandel oder das T Er
das mündliche Ge — Tradition, kurze Süße
durch Die Autorität des Synedriumd feitgefteltt,
in denen das Geſetz auögelegt, anf beftimmte Fälle
angewendet war, bezeichnet als „die Auffäge der
Alten.”
Haggai, ber Prophet. Seine Lebensumftände
find unbefannt. Die Sage läßt ihn als Jüngling
aus Babylon nad Ferufalem fommen, und madt
ihn im Talmud zum ——— der großen Syna⸗
goge. Er trat zur Zeit Serubab:ls und Joſua's
Ismael verjtohen (1. Mof. 21,9 ff.); in der Wüfte | in: zweiten Jahre ded Darius Hyftaspis auf.
verirrt, in der höchſten Gefahr nebft dein Anaben | Seinevier Reden ftrafendieein ———
zu verſchmachten, fand ſie mit Hülfe des Engels beim —— (Cap. 1), tröften bie Berzagtheit
einen Duell und erhielt die Berheißung ber Zukunft | mit der Verheißung, daß der neue Tempel bie
Ismaels. Nach arabifhen Sagen liegt Hagar in | Herrlichkeit des alten übertreffen werde (2, 1—9),
Mekka ald Abrahams Gattin begraben. rügen die Weußerlichleit der Frömmigfeit des
Hagariter, ein arabifher Stamm, welcher | Volks (2, 10—19) und verheißen Serubabel Ber:
von den Dftjordanftämmen unter Saul aus feinen | herrlichung (2, 20—23). Die Zeit ver Abfaffung
ordentlicher in Königsberg. + 1845. Er ſchrieb
ein Handbuch der hiftorifch-kritiichen Einleitung im
das Alte Teftament, 1836-1839; 2. Aufl. verbeffert
von Keil, 1849— 54; einen Commentar zum Buch
Daniel, 1532; Neue kritiſche Unterfuhung über
dad Buch Daniel, 1838; Commentar zum Buche
Ezechiel; die Theologie des U. T., Vorlefungen,
heraudg. von Hahn, 1848; 2. Aufl. von Schulz
umgearbeitet 1863.
afenreffer, Matthäus, geb. 24. Juni 1561
zu Kloſter Lord. Er jtubirte in Tübingen, warb
15% Confiftorialrath und Hofprediger in Stutt:
gart. + 1617. Auf den Wunſch deö Herzogs
ren, fchrieb er zum Gebrauch des Prinzen
ohann Friedrich die loci theol., als theologiſches
Lehrbuch, welches in Württemberg faft ſymboliſche
Autorität erlangte und fogar auf den ſchwediſchen
Zehranftalten eingeführt wurbe.
Hagada. ©. Haggada.
Hagar. Die ägyptiſche Magd ber Sara, welche
von diefer dem Abraham ald Kebsweib gegeben
wurde, da.ın, von der Eiferfucht derfelben gequält,
entfloh, und durch die Vifion am Brunnen Beer:
Lachai⸗Roi zur Nüdkehr bewogen wurde (1. Mof.
16, 1 ff.). Später wurde fie mit ihrem Sohne
Hagiographen
„ Bei den LXX werben ihm meh»
zugejchrieben. Vgl. die Commentare
pheten nnd die jpectellen von Scheibel
Köhler (1860).
Na
8 Alte
“ en tichlichen Rormen und der Symbole,
er denn 1845 in al die Ordinations⸗
—— auf die Auguſtana wieder einführte
und den Reolutheranismus vorbereiten half. Sein
Berhalten zu den Altlutheranern, wo er jeine Ber:
mittlerrolle dem Militair überließ, mar eine *
conſequenz im Gehorſam gegen lköniglichen Be:
f n — iſt: Lehrbuch des cheiſtlichen
G is, 1. Aufl. 1828, 2. Aufl. 1857, und die
Ausgabe des N. T. 1840 u. 1861.
eine. Aug. Der Sohn des VBorigen,
eb. zu 5 — 1821; war 1845 Privatdocent
fr Breslau, 1845 in Königäbera, 1851 a. o. Bro:
or ber sy in Greifäömald, 1860 o. Bro:
or. + 1861. Er ſchrieb Commentare über Hiob,
Soheleth und Pfeudo:Jefaiad im Sinne der tra-
ditionellen Exegeſe.
Hahn, Phil. Matthäus. Geb. den 25. Novem-
ber 1739 zu Scharnhaufen in Württemberg. Pfar:
zer zu Onftmettingen 1764, Kornevöſtheim 1770,
terdingen 1781. Sein feltenes ——
und mathematiſches Genie hat er von Kind an,
als Student und als Geiftlicher in der Anfertigung
aftronomijcher Uhren und mathematijcher Werte
betätigt. Seine theologifhen Schriften zeigen ihn
als Geifteönerwandten von Bengel und Detinger.
2. —
zu Altdorf bei Böblingen, der Sohn
eines Bauern.
Bon Kind auf religtöjen Eindrü-
ogenheit mit dem Studium bei h. Schrift, mit
Siome, Detinger. Durch die Erleuchtungen,
deren er fi rühmte, und ald Spreder in den
Berfammlungen hatte er großen Zulauf, mußte
fih vor dem Confijtorium wegen feiner Lehre
mehrfach verantwor.en, lebte aber zuletzt TER
auf einem Gute der Herzogin Francisca von Wür:
temberg. + 1819. Sein jpeculativstheojophifches
Syftem jpigt fih im —— zu Orthodoxie und
elismus In der Lehre vom Chriſtug in und und
ver Lebenögerechtigleit zu. Seine zahlreichen An:
325
I
aus. Die Reformation drang auch
Michael, der Theoſoph. Geb. den
Bbalhul.
jetzt Ruine
den ſehr zugänglich, —— er ſich in Zurüd: | von Hebron.
Ruinen von 'Alia beim
0
Halle
hänger bilden, ohne, ſich von der Kirche getrennt
zu haben, die organifirte und weitverzweigte Ber:
bindung der Michelianer.
aim, S. Haymo,
ine. Auch bei den Hebräern, mie bei allen
Gulturvöftern, ift bie ältefte Stelle des Gottes:
dienftes die Stille des Waides unter hohen Bäu—
men, heilige Haine, 1. Moſ. 18, 18; * 13; 25,27.
Bei der Yusbildung des Cultus wurde die Früf,
* allmählich nid un ttiih an:
12,2; 2. Zön, 14, 23; 2, Chr
27, 7.10 durch die Hoheprieftei von ben 30 Sil⸗
berlingen des er grau,
e
und nad) dem Tode des katholiſchen Biſchofs 1566
wurde der
von Braur
ie Katholifchen Geremonien
rieden Branden:
burg auge
Leopold de in, Befit genommen. Das Stijt
Fire noch ald eins der preußischen evangelijchen
ifter.
Hales, John. Geb. 1584 zu Bath, zeichnete ſich
'feüh durch feine gelehrten Kenntnifje aus, war
‚ Mitarbeiter an Wardend Ausgabe des Chryſoſto—
mus 1612 und Lehrer der griehifhen Sprache
‚und Fellow zu Gton. Als Begleiter des engliſchen
| GSefandten zur Dortrechter Synode, faßte er Hin:
neigung zur arianiſchen Lehre; und ſprach ſich in
feiner Schrift über Die Schismen 1636 gegen das
| biichöfliche Regiment aus. Da er aber diefe An:
ſichten, von Laud überwunden, aufgab, und deffen
getreuer Anhänger blieb, verlor er 1642 bei dem
Sturze deſſelben dur) die Puritaner alle feine
\ Bräbenden, wei‘ er den Engagementseib nicht lei
‚ften wollte. Hartnädig verweigerte er die An:
‚nahme jeder Unterjtügung von feinen Gegnern
und ftarb in Dürftigkeit 1656. Seine Schriften
find 1659 und 1673 durch Bearfon herausgegeben.
of. 15, 58. Stadt im Gebirge Juba,
alhul anderthalb Stunden nördlig
ftabt von Aſſer, in den
orfe M'alia im N.:D.
von Alla.
Halitgar. Biihof von Cambray (817830).
Berjaffer eines Pönitentialbuches bei Perg I
'p. 416. Er begleitete den Erzbiſchof Ebo von
Rheims auf deſſen Miſſionsreiſe nach Dänemark.
‘Halle, die Univerfität, wurde durch den König
Friedrich I. von Preußen geftiftet und 1694 ein:
eweiht. Den durch lutheriſche Unduldfamfeit ver⸗
—— Leipzigern, dem Juriſten Thomaſius und
dali. Joſ. 19, 25. Gren
Hallelujah
den ala Bietiften befannten Aug. Herm. Frande,
Paul Anton und Joh. Kasp. Schade bot Halle,
das fie mitgrünben halfen, ein Aſyl dar und nahm
dadurch eine bebeutende Stellung in der kirch⸗
lichen Entwicklung ein. nur 18. Jahıb- wurde
Halle der Hauptſitz des Rationalismus. Chr. Wolf
hatte, obgleich eine Zeit lang vertrieben, der Unis
verfität eine —— Richtung jegeben. Gem:
ler wirlte feit 1761, neben ihm Niemeyer, Weg:
cheider ſeit 1810. 1817 ward die frühere Univer:
ha Wittenberg mit Halle vereinigt.” Seit 1826,
olud3 dahin, hat die Richtung
ber theologiſchen Facultät eine Wendung genom⸗
men zur neueren Gläubigfeit.
Hallelujah (Lobet den Herrn), ein in den Pal:
men häufig fing Ausdrud, der —* in
bie chriſtiiche Kirche uͤbergegangen ift. Namenilich
iſt in den Pſalmen 113-118 das Hallelujah beſtän⸗
dig wiederlehrend, weßhalb dieſelben, die bei. der
Paſſahfeier geſungen wurden, das große Halle:
lujah — wurden. S. auch Meſſe.
Haller, Albrecht von. Geb. 1708 zu Bern, ſeit
1736 Brofeflor der Staturmiffenfhaften in Göt:
tingen, begründete er-bie bortige reformirie Ges
meinde und fchrieb 1772 Briele als Apologetit
über bie wichtigſten Wahrheiten der Offenbarung
vom Stand des Raturforjcherd und Phyſio⸗
logen. Seine Dichtungen bezeugen Ban feine
Hrijtliche Frömmigkeit. Er war ein Mann von
außerordentlihem Einflufje auf feine Zeitgenoffen.
Haller, Karl Lubwig von. Der Enfel des Bori:
gen. Geb. den 7. Aug. 1768 zu Bern. Sein polis
tifches Syftem, weldes er in der „Reftauration
des Staatslebend“ 1816—1820 darlegte und wel⸗
ches fih ihm, dem Berner Patricier, durch den
innerjten Abſcheu vor den auch zerftörenden Fol:
en berrevolutionären Zeitftrömung gebildet hatte,
führte ihn, weil er bort die Unterwerfung unter
die Autorität ala nothmwendig erkannte, züm Ka—
tholicismus. Er trat heimlich über 1820, um feinem
Buche das Gewicht eines proteftantifchen Urfprungs
nicht u nehmen. Da er durch feine Tree
jeine Yemter verlor, lebte er in Paris und fchrie
nod) 1836 die Geſchichte der kirchlichen Revolution
des Cantond Bern. + 1854. Bl. Tzſchirner, der
Uebertritt deö Hrn. von Haller. ;
Haller, Berthold. Der Reformator Bernd.
Geb. 1492 zu Aldingen bei Rottweil, machte er feine
Studien unterRubellus zu Rottweil und in Köln,
ging auf Empfehlung und an Stelle feines Leh—
rers Rubellus an die Schule zu Bern 1513, wurde
Caplan und Helfer des Wyttenbach, bei deffen Ab:
ang 1520 Chorherr und Leutpriefter. Durch
Sy nius mit Zwingli befannt gemorden, pre:
digte er jeitbem in deſſen Geifte und fammelte
einen Kreis bedeutender Anhänger, bie ihn gegen
offene und heinliche Nachſtellungen —
liſchen Gegner ſchützten. Auf dem Badener Ge:
prä 1526 erfocht er zwar feinen Sieg, behielt
aber jein Predigtamt, in welchem er an F. Kolb
eine fräftige a gm Are Die Ein
von Außen und bad ftille Wachſsthum des Evan:
—— im Innern veranlaßten den Rath zur
erufung ber Berner Disputation 1527, mit
welcher die Reformation entichieden war; an dem
Reformationdedict 1528 hatte Haller den größten |
per Weniger glüdlihen Erfolg hatte Haller
mit feinen ug rn die Wiederläufer zu ge:
winnen und ben Bürgerkrieg der Schweiz zu ver: |
er Berufun
326
riffe B
Hamath
hüten. Den Bucerſchen Unionsverſuchen
51, Sam, anti ni a
g ichhofer, 8. er, 1828.
lozzi, Bäter ber ref. Al 9, Theil.
ler, Johann, einer ber Reformatoren in
Bern, Er war aus Wyl in Thurgau und Pfarrer
in Ambolbungen bei Thun. Bol. Kuhn, die Res
formatoren Bernd, 1828.
Halleig, vn eb. zu Lüttih 1572. Gelehr⸗
ter Sn eſſen Seien! Iaetriam eccles.
orient. script. II tom., Donay 1633. Sein Ori-
genes defensus, 1648, wurbe vom Garbinal Noris
angegriffen. + 30. Juli 1656.
alsfetten, aus Metall, Perlen, Edelfteinen und
mit mannigfahem Zierath verjehen, waren auch
bei ben beliebter ud für Frauen, Ez.
16,11; 90f. 2,13, und für Dlänner, Spr.1,9; 3,3.
Bei Berjern, Dan. 5,7; 16, 29; Ejth.3,6, und bei
Yegyptern, 1. Mof. 41, 42 war die Halskette ein
Zeichen des Ranges und ber Macht. }
Haldkraufe (weißer Kragen) tragen bie lutheri⸗
ſchen Beiftlichen in einigen Gegenden Deutſchlands
— lſtein, Hamburg ꝛc.) als Amtstracht.
am. S. Cham.
aman. S. Eſther.
amann, Johann Georg, der Magus des Nor⸗
dens. Geb. am 27. Ku 1730 zu ——
ſtudirte er 1746—51 > fophie und Literatur
war danach in verfchiedenen Häufern Hauslehrer.
Auf einer ihm übertragenen Geſchäftsreiſe nach
London geriet er in große Noth, ‚geil zur Bibel
und wurde von der Originalität und Tiefe berſel⸗
ben, für deren Verftändniß er vielleicht mehr. als
einer _ eitgenofien dad volle Drgan ’
n. Es begann in ihm „die Höllen=
lebenbig
fahrt der ſterlenntniß.“ (ze 1759,
eröffnete er = fchriftftellerifche TH Rt
sine
1759,
erwarb ſich jeinen Unterhalt ala K ift bei ber
Kriegätammer, endlich 1777 ala Badhofävermalter.
1763 ſchloß er eine Gewiſſensehe mit der Magd
— Vaters. Durch ſeinen Freund und Adoptiv⸗
ohn Buchholz kam er 1787 nach Münfter in den
Galiginfhen Kreis, wo er am 20. Juni 1788
ftarb. Seine gefammelten Schriften erſchienen in
8 Bon. Berlin 1821—43; außerdem Auszüge
Leipzig 1819, Münfter 1826. Die Tiefe feiner Ge⸗
danken und jein enormes Wiſſen en bei man
gelnder Schulung feine Sprache oft bunfel-unb
—— Eine tiefſinnige Myſtik ſucht das We⸗
fen ber Religion, die Gegenwart Gottes in ber
Gedichte und die Einheit von Humanität und
Chriſtenthum, auszuſprechen, oft mit gewaltiger
Kritik der Orthodoxie und des empirifhen Ratios
nalismus. „Er hat Poeſie, Religion, Bhilofophie,
Geichjichte, Geift in innigfter Einheit, aber nur in
unmittelbarem geiftigen Schauen, ohne die Kraft
ufammenbängender gegliederter Darftellung dei:
en, was Hr bewegt.” (Dorner.) * H.s Leben
und Schriften von Gildemeiſter, Gotha 1857, 4
Bbe.; Herbft, Bibliothek hriftlicher Denker, 1830,
gi
Kenn ant. ©. Burinfeft.
amath, Hauptitadt eines fyrifhen Staates,
Amos 6, 2; Sad). 9, 2, follte eigentlid, 4. Mof.
13, 22, die nörbliche Grenze Jfraels fein. Unter
David Zirael befreundet, 2, Sam. 8, 9, unter
Saloıno theilmeife unterworfen, wurde fie nad
dem Zerfall der aſſyriſchen Macht unter fyrifcher
Oberherrſchaft wieder jelbitändig und hieß bei den
Hamburg
Griedhen ’Erıgaveia am Dronted. — Zu unter:
riad im Stamm: Raphthali.
Hamburg. Der Plan Karla des Großen, in
Ham ein Bisthum zu gründen, kam erſt 831
durch Ludwig den Frommen zur Ausführung und
ar wurde 833 zu —— geweiht. Weil
aber die Stadt 887 und von den Normannen
Bes und re war, vereinigte man 847
ie Bisthlümer Bremen und Hamburg. Unter dem
Erzbifchofe Adalbert (+ 1072) ftieg das Anjehen
am höchſten; derfelbe beabfichtigte ein Patriar:
hat des Nordens in Hamburg zu begründen.
Nach feinem Sturze verlegten Feine Nachfolger
den Sitz bed Erzbisthums bleibend nad Bre:
men, in Hamburg verblieb nur ein Domcapitel.
Die Reformation drang, beſchützt durch die freie
Berfaffung der Stabt, ungehindert ein; ber erfte
—— Prediger war der Paſtor der Katha:
rinentirche, Dtto Stimmel. Die Gegenbeftrebungen
der fatholifchen Partei gegen die zunehmende Rei»
gung der Bürgerichaft zur Reformation hatten nur
einen Rathsbeſchluß zur Folge, ber die evangelifche
Predigt förmlich geftattete. Nah 2 Religions:
ejprächen wurde troß bes Einfpruchs bed Reichs»
ammergerichts die Reformation entſchieden ange:
nommen und Bugenhagen berufen, um 1527 ber
Stabt eine Kirchenordnung zu geben. 1536 trat
fie dem ſchmallaldiſchen Bunde bei und ficherte ſich
damit gegen jede neue Einführung bed Katholicis⸗
mus, der 1531 ben legten Gottesdienſt gefeiert
hatte. Auf Grundlage der alten Kirchenordnung
ift die kirchliche ‚Seriailung mit der bürgerlichen
aufs engſte verbunden geblieben; die kirchlichen
Eoflegien find zugleich un Verwaltungs:
organe der Kirchfpiele, und bie bürgerlichen Die
höheren Inſta der kirchlichen. Reformirte,
Katholifen und haben erſt in neuerer zei
Duldung und Gleihberehtigung erlangt. Vgl.
— Historia ecclesiae Hamb. diploma-
tica, d. i. Hamburgische Kirchengeſchichte, 1725.
Hamel, Johann, ein Jefuit und Lehrer zu Lö⸗
wen, leugnete 1571 im Streite gegen Bajus in
Bemeinfhaft mit Leß bie — der heil.
Schrift. 34 Sätze aus ihren Schriften wurden als
legerifch verworfen.
Hamelmann, Hermann. Lic.theol., der Refor:
mator Weftphalens. Geb. zu Dänabrüd 1525. In
der fatholifhen Lehre erzogen, ve er heftig
egen Zuther, wurde aber durch Muſſäus aus
el umgeftimmt, fchrieb 1550 gegen den Cölibat
und prebigte in Camen 1552 ———
verjagt, in Bielefeld angeftellt, wurde er wie:
derum abgejegt, wirkte bann als Baftor in Lemgo
für die Reformation und alö Generalfuperinten:
dent zu Ganberöheim 1568—72 und Didenburg
1673—95 für die Durchführung der Eoncordien-
formel und der luth. Oldenburgiſchen Kirchenord⸗
nung von 1573. Außer verſchiedenen Streitſchrif⸗
ten hinterließ er mehrere er die Kirchengeſchichte
Weſiphalens wichtigen Arbeiten. Geft.am 26. Juni
1595 in Oldenburg.
merfen. ©. Thomas a Kempis.
ilten, PBatrid. Geb. 1503 aus vorne/mem
Geſchlechte, ftudirte er zu St. Andrews Theologie,
ging nad Wittenberg, um Luther zu hören, und
nad; Marburg zu Lambert. Zurüdgelehrt, um in
Schottland die Wahrheit zu verfündigen, murbe
327
Handel
eiftlihes Gericht nad; St. Andrews gelodt, ala
ech
ſcheiden iſt Hammath, Joſ. 19, 35, am See Tibe: | Häretifer verurtheilt und verbrannt 1528,
ammon. Grenzſtadt von Affer und Naphthali,
Joſ. 19, 28; 1. Chr. 7, 76; jegt Hamul.
Hamon, der Arzt. Einfiedler zu BorisRoyal feit
1648 und während der Abfperrung ber einzige
Genofje der Nonnen.
Sempismtenet, Gonfereuz zu (1504), wurbe
von akob berufen, um die Differenz zwischen ber
Staatäfirhe und den Puritanern zu erledigen,
blieb aber bei der Abneigung des Königs gegen bie
Letztern ohne allen Erfolg. Nur die Anregung zu
ber Revifion ber Bifchofebibel ging von Ihr aus.
Das Edict von Hamptoncourt 1681 bietet den
hugenottiſchen Flüchtlingen aus Frankreich ein
Alyl in England an.
anani, Ein unter König Affa, welcher
ben König um des Bünbdnifjes mit Syrien willen
tabelt, 2. Chr. 16, 7 ff.
Hananja. Der falſche Prophet, welcher ber
Deisfagung des Jeremias die Verheißung der Rüd:
lehr Jechonja's, die Befreiung ven Babel entgegen:
ſetzte, Jerem. 28,1 ff.
Hand, todte, heißen Kirchen und geiftliche Stif-
tungen in Bezug auf ihren Beſitz, weil berſelbe
bem —— und dem Wechſel des Eigen—
—— —— iſt. Die Geſetzgebungen haben dem
werb der todten Hand, namentlich an Grund»
befig, mannigfadhe Schranken geſetzt.
Handanflegung. Da die Hand dad Drgan ber
leiblichen Wirkjamfeit ift, fo wird fie ebendamit
zum natürlichen Symbol perjönlicher geiftiger Ein:
wirkung. Rituell fommt die Handauflegung im
Alten Tejtamente vor, bei Segnungen und Weihen
und bei den Opfern, wo fie verſchieden von be:
Auslegern gedeutet wird, entweder als Uebertra:
gung der menſchlichen Schulb * bad Opferthier,
oder als „Hingebung des Eigenften.” Natürlich⸗
ſymboliſch iſt die Handauflegung bei den Heilungen
der Propheten (2. Kön. 4, 34) und Jeſu. An bie
Handauflegung der Vriefterweihe fließt fich die
neutejtamentliche bei der Taufe und ber Auswahl
sum Dienft ald das Symbol der Geiftesmitthet:
lung, welche in ber Gemeinfchaft der Gemeinde er»
langt wird (Apftg. 8, 17; 9, 17; 13, 3; 1. Tim.
4, 14). Bon da tft fie in ben rituellen Gebraud
ber Kirche übergegangen bei aden Gelegenheiten,
wo dir Gabe des heil. Geiftes beſonders erjleht
oder angemänjcht wird, bei der Taufe, Firmung
und Prieſterweihe; in der evang. Kirche bei Con«
firmation und Ordination. Die evang. Kirche be:
trachtet die Handauflegung lediglih ald Symbol,
darum nicht als wejentlihen Theil der Handlung,
beffen Mangel diejelbe nichtig macht; die fathol.
Kirche aber faht fie dynamisch, als wejentlichen
Theil des Sacramentes. Aud) neuere lutheranifche
Theologen (Böhmer) ſuchen der Handauflegung
eine ſolche dynamiſche Wirkung zu vindiciren, ohne
diefe von einer magischen unterfiheiden zu können.
andaußgaben Der Bibel. S. Bibelausgaben.
andel, Des moſaiſche Gejeg iſt nach jeiner
anzen Tendenz, welche dahin geht, aus Iſrael ein
— aftes Volk mit feſter, in ſich abgeſchloſſener
Nationalität zu entwickeln, dem Handel abgeneigt,
der eine lebhafte Berührung mit ausländiſchem
Weſen unvermeidlich macht. Die Verbote, Zins zu
nehmen, Sabbath und Jubeljahr, widerſprechen
den Vorausſezungen einer Entwicklung bed Han:
er unter dem Vorwand einer Diöputation vor ein | beld, Der geringe Handelöverlehr (Tauſchhandel)
Handfaß 328 Hannover
blieb deßhalb in den Händen der Phönicier. Auch ment, Regensb. 1845 ; Verſuch einer Gefchichte der
ber Verſuch Salomo's, Seehandel hervorzurufen, | biblifchen —— Regensb. 1852.
geſchah nicht ohne — Einwirkung und blieb | Hanes. Stadt in Mittelägypten, Jeſ. 80, 4, das
ohne dauernden Erfolg. Selbſt unter den Matta: |Avvoıs des Herobot, das heutige Hnés, auf einer
bäern und Hadmonäern Üüberließen die Jfraeliten | Inſel gelegen.
den aufblühenden Handel meist den unter ihnen | Hanna. 1) Die Mutter Samuels, Gattin bes
u Griehen. Die Ausfuhrproducte wa: | Eltana, 1. Sam. 1 ff. Der ihr in den Mund ge:
ren Weizen, Lalfam, Honig und Del, Ez. 27, 17. |egte Lobgeſang paßt nicht auf die Umftände und
—555* und Märkte für die täglichen Bedürf-⸗ ſcheint ein hier verwendetes altes Loblied bei
niſſe hatten ſich mit der Zeit gebildet, Neh. 18,16; einem Siege über Feinde zu fein. — 2) Die
ob. 2, 14; Matth. 21, 12. Echt ber Drud in ber | bed Tobias aus dem Stamme Naphthali, Tob. 1,
erftreuung, das Verbot des Grunbbefiged und |9;2,1.11; 11,5. Die in der Bulgata und nad
der Handwerke wedte in den Juden den Handels: ihr von Luther 7, 2. 8. 14. 16; 8, 12 esenfalls
geift, der jegt ihren Stamm auszeichnet. Hanna genannte Frau des Reguel heißt im grie⸗
Handfah. Zum Gebrauch der Priefter bei den chiſchen Terte Edna. — 3) Die Brophetin ——
vorgeſchriebenen Waſchungen ſtand im Vorhof das Stamme Aſſer, Luc. 2, 36, welche in dem Jeſus
a Handfaß auf kupfernem Geftell, 2. Mof. | find den Heiland erfannte. — 4) Nach der Legend:
80, 17—21. 28, verfertigt aus den ba E. ege: age dm ie Mutter der Maria Hanna oder Anna.
benen Spiegeln ber Weiber, 2. Mof. 88,8. Nad) nne, J. W., Brofeffor der Theologie zu Greifs
Bähr diente da3 fogenannte Geftell als Waſch- wald. Geb. am 29. December 1813 in dem Lüne:
efäß, das Becken zum Refervoir. Nach der Tra: | burgihen Dorfe Harber, erhielt cr feine wiflen
ition war es mit zwei Hähnen am Boden verjehen. | fhaftlihe Ausbildung an den Gymnafien zu Hi
Im Salomonifchen Tempel vertrat feine Stelle das | deöheim und Braunfchweig, ſowie an den Univer:
eherne Meer, welches von jehn Beden Sr ri zu Göttingen, Halle und Berlin. In Folg:
Ben auf Geftellen) umgeben war. Dieje en |jeiner Schrift „ber moderne Nihilismus" wurde
ließ Ahas wegnehmen, 2. Kön. 16, 17. Die Chal: H. 1842 nad) Göttingen und 1843 nad Tübinaeı
bäer führten die Geftelle fort, 2. Kön. 25, 16; | auf den philofophifchen Lehrſtuhl berufen, ift abe:
Ser. 52, 17. Im zweiten Tempel war nur ein | beide Male dem Rufe nicht gefolgt. 1844 vom Her:
zog von Braunfchweig zum Hof: und Domprebiger
auserjehen, nahm H. nachdem die bündigſten Ber:
iprehungen unerfüllt blieben, 1851 bie Pfarre im
Hildesheimſchen Dorfe Betheln, 1854 eine jolde
in Salahemmenborf an, folgte von bort aus zu
Michaelis 1861 dem Rufe als Profefjor der Theo:
logie und Prediger zu St. Jacobi nad) Greifäwalb.
Erſtes Werk: Nationalismus und fpeculative
Theologie, Braunfchweig 1838. Unter den barauf
folgenden Schriften find die wichtigsten: Schleier:
macher als religiöfer Genius Deutſchlands, 1840;
der moderne Nihilismus und die Straußſche Glau:
benslehre, 1842; der ideale Proteftantiämug, 1845;
Antiorthobor, 1846 ; der freie Glaube und die theo:
logiſchen Halbheiten unferer Tage, 1846 ; Vorhöfe
um Glauben, 1850—51; Belenntniffe ober drei
Handfaß.
Handpfründe (beneficium manuale) iſt das
einem Geiftlihen vorübergehend und auf Wider:
ruf ertheilte Nutzungstecht einer Pfründe, welches
auf feinem Titel beruht.
ben en ©. — chriften.
udwerke und mechaniſche Kuͤnſte hatten die
Iſraeliten in Aegypten hinlänglich kennen zu ler⸗
nen Gelegenheit; der allgemeine Verfall der Rich:
terzeit hinderte auch ihre Ausbildung. Als Hand-
wert betrieben die Männer nur die Selhäfte, welche
eine größere Kraftanftrengung oder mehr Ausbil:
dung verlangten; die leichteren, 3. B. Anfertigung
ber Gewebe und Kleidungsſtücke, beforgten die
Frauen. Erwähnt werden: Gold: und Siiberarbei-
ter, Richt. 17,4; er. 10, 14; Steinſchneider, 2.
Mof. 28, 11; Salbenbereiter (Zuth.: Apotheler), | Bücher vom Glauben, 1860, 2. Aufl. 1863; bie
2. Mof. 30, 35 ; Steinmeten, 2. Kön. 12,13; Töp: Idee der abfoluten Berjönlichkeit, 1. Bd. 1861, 2.
fer, Jet. 29, 16; Schloffer, Jer. 29, 2; Walter, | Bd. 1362,2. Aufl. 1864 ; Geijt des Chriftenthums,
Gerber, Apftg. 9, 43; Zelttuchmacher, Apftg. 18,3. | 1867; die driftliche Kirche und ihre Stellung im
Käſemacher und Barbiere erwähnt Jojephus, der | Reiche der Sittlichkeit, 1868.
Talmud aud) die andern Handwerke. Spätere Sitte| Hanno IL, der Heilige. Er, —*p von Köln
war e3, daß auch Gelehrte ein Handwerk erlernten | 1056— 75. Unter den Kölner iſchöfen bie be:
und es übten, 3. B. Paulus. Der Unterfchied der | deutendfte Berjönlichkeit. Reichskanzler unter Hein:
Werthſchätzung der einzelnen Handwerke beftand; | rich III. Reichsverweſer während der Minderjäh
Weber, Barbiere, Walter, Salbenmadher u. U. | rigfeit Heinrichs IV. bis diefen Adalbert von Bre
fonnten nicht Hohepriefter werben. Manche Hand: | men ihm entführte, dann wieder 1066 vorwiegend
werler feinen, nad tem Namen von Straßen im Rathe defjelben, bis er 1073 ſich zurückzog. Im
und Plägen zu —— ihre Werkſtätten oder | Hildebrandſchen Geiſte eifernd gegen Cölibat und
Berfaufslocale an bejonderen Stellen vereinigt | Simorie, ſtand er an ber me ber Gegner bes
gehabt zu haben. Gegenpapfte Honorius II. Das Kölner ur
Haneberg, Daniel. Geb. zu Lenyfrieb bei Kemp: | thum verdankt ihm bedeutenden Zuwachs an Macht
ten 1516, murde er 1844 Profefio. der althebräi- | und einen höheren Aufſchwung. Er wurde 1185
chen Exegeſe zu Münden, trat 1851 in den Be: | fanonifirt. Sein Gedenktag ift der 4. December.
nedictinerorden, warb 1854 Abt in Münden und | Hannover. Der größere Theil der jegigen preu⸗
lehnte 1856 vie Mahl als Biſchof von Trier ab. | Bifchen Provinz Hannover gehörte zu dem alten
Er gehurt zu den Fatholiihen Theologen, welche | Sachſenlande und empfing dus Chriſtenthum durch
fatholijch aber nicht ultramontan, mehr den res | die Unterwerfung unter Karl den Großen. Die
ligiössjittlichen Gehalt des Chriftenthums hervor: | Bisthümer Bremen, Hamburg, Münfter, Osna
zuheben fuchen, als deſſen kirchliche an brück, Paderborn, Hildesheim, Verden, Mindei
Geltung. Schriften: Einleitung ins Alte Teſta- | entftanden fämmtli im 8. und 9. Jahrhunder!
Hanfeltabt
unb gelangten durch die Bürgerkriege unter Hein-
rich IV, und Heinrich dem Löwen zu Macht und
Selbftändigfeit. Das kirchliche Leben theilte die
Geſchicke des übrigen Deutſchlands, aber nad) ber
Eigenart des Vollscharakters finden Secten weni:
er Eingang, mehr die praftiihen Verſuche einer
329
Hardenberg
Bände, enthaltend die Geſchichte der Kirche von
Lorch und der Bisthümer Paflau, er
Regenöburg. Da ihn feine darin geübte Kritik
in mande Verdrießlichkeiten vermwidelte, zog er
fih 1754 von ber Fortfegung des Werkes zurüd,
die er den Mönden von St. Blafien überließ.
Lofterreformation, wie durch die Bursfelber Eon: | F 1766
gregation. Die Reformation wurde in Lüneburg
durch Herzog Ernft ſchon 1527 eingeführt, und die
neuen Zuftände burch den Generaljuperintenden-
ten Urbanus Rhegius 1530—41 geordnet, im Ca:
lenbergiſchen mn die Herzogin Eliſabeth 1540
und Corvinus. Ebenfo drang im Stifte Bremen:
Verden tro der Feindichaft des Biſchofs Chriſtoph
die R ation durch, nicht minder nad) ſchweren
Kämpfen bis 1552 im Stifte Dsnabrüd. Die wies | A
dertäuferifche Lehre fand allenthalben Anklang und
lonnte nur mit Mühe unterbrüdt werden. Die
allmähliche Bildung des Königreich Hannover ver:
einigte lutherifche, reformirte und katholif
zirke. Für die legteren wurde dad Bisthum Osna⸗
brüd wieder aufgerichtet, aber nur mit einem ihre
— beſetzt als ſelbſtändiger Theil der Diöceſe
Münfter, ed 1857 mit einem Bifchof befegt
wurbe. Die reformirten Gemeinden, welche im
Hannöverifchen zerftreut fich finden, gehören zum
Theil zu der reformirten Gonföberation in Nord:
beutfchland; im Bentheimfchen hatten fie ihre Ber:
fafjung behalten und in Dftfriesland waren fie mit
einem eigenen Generalfuperintendenten dem Gonfi:
ftorium zu rg erg Der confeifionelle
und orthodore Geift des Kirchenregiments, wel:
er ſchon dur die Einführung eines Katechis—
mus und Schulgefangbuhs im Osnabrückſchen
Anftoß gegeben hatte, verſuchte dann die Einfüh:
rung einer hyperorthodoren Bearbeitung bed vom
Generalfuperintendenten Walter von Celle (1642
—62) einft verfaßten Katechismus, welche an die
Stelle deö Landeskatechismus von 1790 treten
follte. Der allgemeinen Unzufriedenheit gab eine
Berfammlung zu Celle am 6. October 1862 (Baftor
Baurfhmidt zu Lüchow, + 1865) Ausdrud. Die
umfichgreifende Bewegung veranlafte einen Wed):
fel des Miniſteriums, und durch königl. Verord⸗
——— 29. April 1863 wurde eine aus gemiſch⸗
ten Wahlen bervorgegangene Borfynobe berufen
zur Berathung über den Entwurfeines Kirchenvor⸗
ftandes und einer Synodalordnung. Das Nejultat
diefer VBerfammlung (6. Oct. bis 14. Dec.) war die
einftimmige Annahme des mobdificirten Entmurfs,
der die Verfaflung der hannöverſchen Kirche in
Uebereinftiimmung mit den Prineipien der jonft in
Deutichland geltenden Spnodalverfafjungen re:
gelte. Diefelbe ift zwar er aber in folge ber
preußifchen Bejitergreifung ift es noch nicht zur
Berufung der Landesſynode gelommen. Einftwei-
len macht fich die Furcht vor Einführung der Union
eltend. Die —— Conſiſtorien zu Hannover,
Stade, Diterndorf, Dänabrüd und Aurich beftehen
noch fort. Vgl. Schlegel, Kirchen: und Reforma:-
tionsgefhichte von Norddeutſchland und den han
növerihen Staaten, 1828, 3 Bde. ; Nettberg, in
Illgens Ztichr. 1835.
anſeſtadt. S. die Art. Bremen, Hamburg,
Hanfiz, Marcus, geb. 1683 zu Völtermarkt in
Be: | Gef
———— — —— ee — — — —
Hantwill, Johannes von, aus der Normandie,
jol Lehrer an der Univerfität zu Paris geweſen
und im Anfang bes 18, Ren geftorben
fein. Er iſt der Berfafjer des Joh. Archithrenii opus
(Parid 1517), mweldyes das Elend des Menſchen⸗
eſchlechts in allen Klafjen der Geſellſchaft in für
eine Zeit eleganten Berjen ſchildert.
Hapharaim. Jof. 19, 19, Stadt in Iſaſchar.
Ypalu, Affarea, 6 Meilen von Legio.
, Saphiharen find die für die kirchliche Vorlefung
in den Synagogen auögehobenen Lefeftüde aus
den ig rg entfpeedienb ben Paraſchen bes
eged. Die Sitte der Vorlefung- auch aus den
topheten jtammt auß ber malfabäifchen Zeit. Die
Aufftellung der Haphtharen felbft ift viel jünger,
und ad 5 — die Verzeichniſſe der Leſeſtücke in
den verſchiedenen Gegenden nicht überein.
ndidhaft in
‚Sara. 1. Chr. 5, 26. Eine af:
rien, wohin Phul die Iſraeliten verſetzte. Nach Ro:
enmüller und Gejenius wäre das Gebirgdland
at in Perfien zu verftehen.
Sarar.. 1.Moj.11,31.32;12,5;27;48. 1) Eine
alte Stabt in Mefopotamien in einer weiten Ebene
ander Straße nad) Kanaan, Stammfik bed Na:
hor, vorüberge Aufenthaltsort Abrahams,
war zur Zeit Hiskia's nod) ein bedeutender Dri,
2. Kön. 19, 12, und blieb es bis zur arabifchen
Herrſchaft. — 2) Ein anderes Haran ift Ez 27,23,
welches al3 eine mit Tyrus in Verbindung ſtehende
Handelsftadt in Südarabien zu fuchen it.
Hardenberg, Dr. Albert, eigentlich Rizäus, geb.
1510 zu Hardenberg in Oberyſſel. —* im dio.
fter Adumert, zog er ſich dahin zurüd, als feine
feeifinnigen Anfichten, die er als Lehrer zu Löwen
ausſprach, ihm eine Klage auf Ketzerei bei ber Re:
gierung zu Brüffel 1540 zugezogen hatte, vor der
nur die Barteinahme der Bürger und Studenten
ihn ſchützte. Auf Andringen feines Freundes Laffi
fagte er fi 1543 von der römijchen Kirche völlig
108, ging nad) Wittenberg und wurde von Meland):
thon 1544 dem Erzbifhof Hermann von Wied
empfohlen, ber ihn ala — und als Paſtor
zu Kempen verwendete. Nach deſſen Vertreibung
mußte aud) 9. weichen. Es ift ungemiß, ob er eine
Zeitlang das Predigtamt in Einbeck verwaltet hat,
aber 1547 begleitete er Ehriftoph von Oldenburg
als Feldpretiger in die Schlacht von Dradenburg
(23. Mai 1547), lam mit ihm nad Bremen und
wurde nad) einer Bredigt zum Prediger am Dom er:
nannt. Den Dadinationeneines Tilemann Heßhus
und jeiner Bartei, welche ihn feit 1557 verfolgten,
weilerihrerlifiquitätslehre nicht beitretenund einer
zwifchen Luther und Zwingli vermittelnden Theo:
rie nicht entfagen wollte, gelang es, 1561 einen
Beihluß der niederſächſiſchen Kreisftände zu er:
wirken, wodurd 9. zur Verhütung innerer Zmie:
trat und Empörung feine Dienſtes entlaffen
wurde. Sein Freund Graf Chriftoph von Olden⸗
burg beherbergte ihn mit feiner Familie 4 Jahre im
Kärnthen. Mitglied des Ordens Jeju und Lehrer | Klo ya wa 1565 ward er Prediger zu Seng:
der Bhilofophie zu Gras, begann er die Darftellung | warden in
er Herrichaft Anyphaufer, 1567 Baftor
einer Germania sacra durch die Bollenbung breier | und Superintendent zu Emden. + 1574. Durch
Harbenbergicher Streit 330 Harmonie der Evangelien
den Einfluß feines Freundes, des Bürgermeifters | mit Thomas Arnold und Bunfen machten ihn zu
von Büzen, gewann feine Partei in ber Bürger: | einerı Kenner der deutſchen Wiſſenſchaft, die er
ſchaft ** wieder die Oberhand, die Gegner | nach England verpflanzen half. Er war das Haupt
unter den Baftoren und im Rathe mußten die Stadt der ältern, breit-kirchlichen“ Richtung, welde zwi:
verlaffen ; daher verweigerte Bremen fpäter die Un: | ſchen den PBufeyiten und den m. zu ver:
terfchrift der Concordienformel und ging vollftän: | mitteln fuchte und zugleich den Uebergrifien des
big zum reformirten Belenntniß über. Romanismus Fräftig entgegenzuarbeiten ſuchte.
Hardenbergiger Streit. Vgl. d. Art. Harden: | Harem oder Horem. of. 19, 38. Eine Stadt
berg. in Rap erg nad) vander Belde die Ruine Hurah
Barbing, Stephan, Abt von Eiteaur 1109—34. | nordw an Safed.
Ein Engländer aus vornehmem Gejchlehte, der | Harfe. Das beliebtefte Saiteninftrument ber
vorher Kriegädienfte geleifiet, eine Wallfahrt nad) | Hebräer, auf welchem Davib ein Meifter war,
Rom gemadt und ann ald Mönch durch ftrenge | wurbe entweder mit der Hand ober mit dem Plec;
Askeſe auögezeichnet hatte. Als der Orden von | trum gefpielt. Die Form und die Anzahl der Sai-
Giteaug durch den Eintritt Bernhards von Elair: | ten (8-13) waren verſchieden; entweber waren bie:
vaur feinen Aufſchwung genommen hatte, gab er —— zwiſchen einen halbkreisförmigen Bogen ge:
ihm durd) die Charta charitatis die Organijation | jpannnt, ober zwifchen zwei im Winkel zu einander
und fehrieb ihm die ftrenge Regel Benedictö ohne | befeftigteri Hölgern, oder es ähnelte dad Inſtrument
irgend eine Abweichung vor. ber 266 *
Hardouin, Jean, geb. 1646 zu Quimper in der | Harklenfiſche Bibelüberſetzung. S. Bibelüber:
Bretagne. Ein frangöfiicher Jefuit. Außer der Her: | fegungen.
auögabe einiger alten Autoren verfaßte er in’12 yes de Ghanvalon, Franz. Geb. 1625, er:
Bänden die Conciliorum collectio regia maxima;| hielt er 1650 das Erzbisthum von Rouen durch
die Geſchichte aller Eoncilien von 34 bis 1714. Er —* ſeines Onkels, 1670 das Erzbis
ging aber dabei ſo wenig —— zu Werke, daß thum Paris und zeichnete ſich als das Haupt ber
ein Barlamentöbefhluß das Merk jo lange unter: | Partei aus, welche die föniglihen Rechte gegen den
jonte, bis durch Gartons eine Menge weggelafjener | Papft vertheidigte. Durch die Gunſt Ludwigs XIV.
eichlüffe ergänzt waren. Wie er alle vor dem | erhielt er die Leitung des Regularklerus und war
Tridentinum ftattgefundenen Concilien, obwohl er | Vorfigender der Synoben. Dieje Stellung benufte
ihre Geſchichte ſchrieb, als nicht wirklich geichehen | er, um —— und Jeſuiten gleichermaßen im
betrachtete, jo jtellte er auch 1693 die fonberbare | Zaume zu halten. Er verbefierte das biäher gt:
Behauptung alles Ernfteö auf, die Elaffiter jeien | bräuchliche Varifer Brevier 1680—84. Sein fitt:
fämmtlid) erft im 13. Jahrhundert von Mönchen | liches Leben tadelte Fönelon fcharf. + 1695.
—5—— Chriſtus und die Apoſtel Hätten nur) Harleß, Gottlieb Thriſtoph Adolf von, geb. zu
ateinifch geprebigt u. dgl. Nürnberg am 21. Nov. 1806. 1833 a. o. Profeflor
Hardt, Hermann von ber. Geb. am 15. Nov. der Theologie, 1836 o. Profeſſor in Erlangen, jeht
1660 zu Melle m Dänabrüd, ftudirte er Theologie | Dberhofprediger und Oberconiiftorialrath in Mür-
und orientalifche Sprachen in Jena, dann bei Esra g- Er ſchrieb: Chriftliche Ethik, Stuttg. 1847,5.
— in Hamburg, habilitirie ſich 1681 in Jena, | Aufl. 1866; Theol. Encyflopädie, 1837; Commen:
1686 in Leipzig, wo er ſich der pietiftifchen Schule | tar zum Briefe an die Ephefer, 1834, 2. Abdrud
anſchloß und danach mit Spener und Sandhagen | 1858; die Eheſcheidungsfrage, 1861; Etliche Ge
in2üneburg in ein näheres Berhältniß trat. Durch | wiffensfragen binfichtlih der Lehre von Kirche,
Rudolf Auguft von Braunſchweig wurde er als | Kirchenamt und Kircdhenregiment, 1862. Außerdem
Bibliothelfar und Profeflor in Helmſtädt ange: | Gegenichriften in der Aniebeugungsfrage gegen
ftellt, fpäter Probft des Klofterd Marienburg. + | Döllinger (1834), in der Leben Jefu: e gegen
1746. Er hat über 300 Schriften grammatijchen, | Strauß (1836) und Predigten.
exegetiſchen und hiftoriihen Inhalts gefchrieben. Harmonia praestabilita ift die von Leibnit
Unter den legteren haben viele durch fleikige | und Wolff aufgeftellte Theorie zur Erklärung der
Duellenfammlung bleibenden Werth, z. B. Magnum | Gemeinjchaft des Leibes und der Seele, nad) wel:
oecumenicum Constantiense concilium, Francf. | her jedes von beiden individuell ſich entmidelt,
et Lips. 1697—1700,:6.®be. Fol.; Historia lite- | diefe Entwidlung aber von Gott jo geordnet ift,
raria reformationis, 1717, In feinen eregetifchen | daß fie parallel mit einander gehen und in jebem
Schriften äußerte er fo rückſichtslos feine von den | Augenblic en
hergebrachten abweichenden Meinungen, durch die armonie der Evangelien. Die Thatfache, dat
er au vom Pietismus gi völlig losſagte, daß | die vier Evangelien, namentlich die drei erften,
ihm 1713 bie egegetüichen orlefungen unterfagt | vielfach; wörtlich übereinftimmen, die legteren auch
wurden und er 1727 aller alademiſchen Verpflich: | im Allgemeinen benfe Gang der Erzählung
—— ohne Ausſcheiden aus dem Amte enthoben | befolgen, gleichwohl im Einzelnen aber mannigfad
wurde. Als er wegen ber Schrift Aenigmata | von einander abweichen, andere Reihenfolgen beob:
prisci orbis in eine Geldftrafe von 100 Thalern | er Gefhichten und Reden auälafien und hin:
verurtheilt war, ſandte er mit der Summe die Aſche zufügen, hat ſchon frühe das Bedürfniß gemedt,
von 8 noch ungebrudten Foliobänden feiner biblis | die Evangelien zu einem Evangelium zufammen:
ſchen Erklärungen ein. zuftellen oder fie wenigftens auf ber Grundlage
Hare, Charled Julius. Geb. 1795 zu Herftmon: | eines einheitlihen Planes zufammenzugliedern.
ceur, ftubirte er jeit 1812 zu Cambridge, ward Es handelte ji dabei hauptfächlich um die Auf:
1818 Fellow und Hülfslehrer es Collegiums, 1834 gebe, eine Neihenfolge (die Atoluthie) der Bear
Rector in feinem Geburtsorte, Archidiakon zu Le: | benheiten herzuftellen und mit diefer die Erzählun
wis und Gaplan ber Königin. + 1855. Vielfache gen fämmtlicher Evangelien in Harmonie zu fegen.
Reifen auf dem Eontinente und vertrauter Umgang | Die ältefte Diefer Evangelieuharmonien ift Tatiand
— Harmoniſten
331
Hartmuth von Kronberg
(2. Jahrh. —— eine freie Zufammenftel: | und gr folgte. Rapp ftarb 1817, feine Eolonie er:
e
lung des Evangı
was zum Ganzen nicht pafjend erſchien.
von irren Geſichtspunkte geht „das ähnliche
Werl des Ammoniusvon Nlerandrienimd. Jahrh.
(r6 did resodipwr Edayyekıor) aus, weldes den
Matthäus zu Örunde legte, die Evangelien in über
1000 Abſchnitte eintheilte und die entiprechenden
—— der andern Evangelien dem Matthäus
beijegte. Eine lateiniſche Evangelienharmonie
ftammt aus dem 6. Jahrh., deren Handſchrift zu
Fulda ſich befindet und von der die St. Galler Har⸗
monie eine Abſchrift iſt. Eine poetiſche Bearbei⸗
t ift bie erg et —* des
enburger Mönches, in deutſcher Sprache um
865 bearbeitet, natürlich mit gu ter poetifcher
— Chriftus als den himmliſchen König dar⸗
tellend, meiſt nach Johannes („Kri au
eniger
elienharmo
— ſich bemüht, Grundſätze aufzu⸗
uchen eine richtige Zuſammenſtellun
— In der ältern Kirche weniger. Augu⸗
ftin, L. IV, De consensn evangelistarum und
Gerjon, * evangelistarum — —
saron ge ierher. Namentlich ſeit der Re:
——— man nach beſtimmten Grund:
ägen. Calvin (Harmonia ex Matthaeo, Marco
et Luca), Chemnig (Harmoniae erang.) ſuchen
eine Kette von Begebenheiten herzuftellen und in
dieſe die Abſchnitte der. Evangelien einzugliedern,
ohne fi) an die Chronologie eines einzelnen Evan:
geliums gebunden zu On Dfiander (Harmon.
evang.) und Bengel (Richtige Auff. der Evange:
fien) gehen von einem zu fteifen Inſpirations⸗
begriffe aus, ald daß fie im Stande wären, eine
lebendige Einheit der Evangelien zu jhaffen. Nas
mentlidy der erftere hält feſt an der Unfehlbarkeit
ber Chronologie jedes einzelnen Evangeliften ; wenn
dieſelbe Geſchichte bei drei Evangeliften an verſchie⸗
denen Orten berichtet: ift, dann iſt nad) Dfiander
die Geſchichte drei Mal gejchehen, wie z. B. die
—— der Schwiegermutter, Petri. Dadurch iſt
niſtil von wiſſenſchaftlichem Standpunkte
aus vieifach ik Nißeredi gerathen An ihre Stelle
iſt in neuerer Zeit die —— Unterſu⸗
dung der Evangelien getreten, welche zu prüfen
hat, in weldem Berhältriiß die Evangelien zu ein:
anber ftehen, woher die Veränderungen fommen,
wo bie ficherfte Grundlage zu finden ift für die
Beihiäse Ich u. f. w. Darüber ſ. d. Art. Synop⸗
Harmonie der Evangelien ıft die +
Schrift für Schule und Laien: Sevin, bie drei
älteften Evangelien in Eins gearbeitet, 1867.
Sarmoniften. Die Anhänger des württember-
Sri Bauern Gans a (geb, Bad =.
riftenthum in feiner Reinheit wieberherzu »
berjelbe eine Gemeinde mit Gütergemein-
ae dieſelbe nad) Rorbamerifa 1804,
wo fie bei Pittsburg die Eolonie Harmonie grün:
dete, ver Rapp ald Patriarch, Hohepriefter und
Dberhaupt vorftand. Die Colonie wurde fpäter
verfauft und 1811 eine neue Economy geftiftet.
Dur ben Sectirer Müller, der als Prophet fo
zu ihnen — 1832, trat eine Sp er
Geſellſcha
nftöffes mit Wegla „| hielt
nftöffes m * ——— hielt ſi
Harmoniflik iſt das theologiſche Bemühen, zwi⸗
ſchen den vier Evangelien und ihren abweichenden
Berichten dennoch eine völlige Uebereinſtimmung
herbeizuführen. S. Harmonie der Evangelien.
rmonius. Sohn des Gnoſtilers Bardeſanes,
verſchaffte den Lehren ſeines Vaters durch ſeine
Lieder und Gedichte Gingang beim Bolte.
Harms, Klaus. Geb. 1778 zu Fahrftebt in Hol-
ftein. Der Sohn eines Müllers, betrieb er bis zum
19. Jahre das Gejchäft feines Vaters, bezog nad
en Tode 1797 die Schule in Meldorf, 1799 die
Univerfität Kiel, warb 1806 Diakonus in Zunden,
nachdem er burch feine Boftillen und die Predigt
1314 „der Krieg nad dem Kriege” in weitern
Kreifen belannt geworden war, 1316 Archidiako⸗
nus in Kiel, lehnte 1819 einen Ruf nad Rusland
als Bifchof der lutheriſchen Kirche, 1834 nad) Ber:
lin als Prediger an Schleiermachers Stelle ab,
* als Dr. theol. das Recht zu theolo⸗
i ‚warb 1835
iſchen Borlefungen an der Univer
Sauptpaftor und Probſt, 1841 Oberconfiftorial-
nieder. + 1. ‚Febr. 1855. Den größten Einfluß hat
er gehabt auf die kirchliche Entwicklung durch feine
95 Thejen, die er als —* zu Luthers The⸗
fen 1817 zum Reformationsjubiläum herausgab;
e griffen den Rationaliamus an, „eine bittere
rznei gegen die Glaubensſchwäche der Zeit,” und
blieben durch die fich anlnüpfenden literarischen
—— en, ben Theſenſtreit, nicht ohne nach⸗
baltige Wirkung. Aus den Borträgen über PBafto:
saltheologie, welche er in feinem Haufe vor Stu:
birenden- hielt, erwuchs feine Pajtoraltheologie,
Kiel 1830—34. Vgl. Harms Selbftbiographie,
1851; ®. Baumgarten, Denkmal für Kl. Harms,
Braunſchw. 1855.
Harms, Ludwig Detlef Theodor. Geb. am 8.
Mai 1808 zu Walesrode in der Lüneburger Haibe,
mwurbe er 1844 feinem inzwiſchen nad) Hermanns»
burg verjegten Bater abjungirt, folgte ihm 1848
im Amte, errichtete 1849 in 9. eine Miſſionsan⸗
ftalt, die fich in ber Folge erweiterte und mit ber
ein —* fuͤr verlommene Männer verbunden wurde.
Ein eigenes Miſſionsſchiff vermittelte feit 1853 den
Verkehr zwifchen der Anftalt und den Stationen
unter ben Baffutos. H. befolgte den Plan, nicht
Miffionäre allein, fondern Miffiondcolonien auss
zufenden. Eine originale und —— Perſön⸗
lichkeit, hat er feinem Werlke bald einen großen
Aufſchwung —— und das Leben feiner Ge:
meinde nad) “ nem Typus umgeftaltet, ſich aber
I J gehalten von confejfioneller Einfeitigkeit.
1
Harod. Quelle und Drt, mo Gibeon lagerte,
Richt. 7,152. Sam. 23, 25, unweit des Berges
Gilboa und der Stadt Jesreel.
Hartmuth von Kronberg, ein fränkiſcher Rit-
ter, Verwandter Sidingend und Erbtruchſeß von
Mainz, erflärte fi 1521 für Luther in feiner PR
lihen Bermahnung an bie Bettelorden und in
—— Zuſchriften an den Kaiſer, den er für die
Reformation zu gewinnen ſuchte. Da er ſich 1622
an der Sickingenſchen Fehde gegen Mainz bethei⸗
ligte, verlor er feine Burg, mußte nad) ber Schweiz
f ten, ſchloß fih dann an illrih von Würitem ⸗
erg an und ftarb 1549, nachdem ihm 1541 feine
rath und N, faft erblindet 1848 feine Aemter
ein, da Müllers Anhang ausſchied Güter reftituirt waren.
Hafael
Safael, Feldherr und Kämmerer des Königs
Benhadad von Syrien, ermordete biejen, ald ihm
ag MWeiffagung, 2. Kön. 8, 12 ff., den Thron
in Ausficht geitellt hatte. Auf mehreren Kriegs:
zügen demüthigte er Iſrael, 2. Kön. 9, 24 ff.; 10,
32.33; 13, 3.7. 22, und Juba, 2. Kön. 12, 17
fo daß nur eine Geldſumme Jerufalem vor ihm
Ihügen konnte.
Haſe wird im Geſetze, 3. Mof. 11, 6; 5. Mof.
14, 7, nad) dem ſcheinbaren Wiederfauen als Wie:
derfäuer ohne gefpaltene Klauen zu den unreinen
Thieren gerechnet.
fe, Karl Auguft, geb. am 25. Auguft 1800
zu Steinbad in Sachſen. Während der Studenten:
zeit wegen Theilnahme an burjchenfchaftlichen Ber:
bindungen eine Zeitlang gefangen gejegt, wurde er
1829 Brofeffor der Philoſophie in Leipzig und in
demfelben Jahre Profeſſor der Theologie in Jena,
wo er bis jet thätig ift. Unter feinen Schriften
find hervorzuheben: Evang. Dogmatik, 1825, .5.
Aufl. 1830; Gnofis, oder evang. Glaubenslehre
für die Gebilbeten, 3 Bde., 1828_28; Hutterus
relivivus, 1827,10. Aufl. 1862; Leben Jefu, 1829,
5. Aufl. 1866; Kirchengejchichte, 1834, 9. Aufl.
1867 ; Theologifche Streitſchriften, 1834—37 ; Die
beiben te ‚ 1839; Neue Propheten, drei
Hiftorifch-politiiche Kirchenbilder, 1861; das Reich
der Wievertäufer, 2. Aufl. 1860; die Tübinger
Schule, 1855; Franz von Aſſiſi, 1856; das geift-
lihe Schaufpiel, 1858; die evang. Kirche bes deut:
chen Reiches, 1848, 2 Aufl. 1852; Handbud) ber
prot. Polemik gegen die röm.:fath. Kirche, 1862.
—— S. Mandelbaum.
alenfamp, Johann Gerhard. Geb. zu Wechte
im Kirchipiel Lengerich am 12. Juli 1736, ſtudirte
er 1753—56 auf der Akademie zu Lingen, wurde
als Candidat wegen Jrrlehrefuspendirt, 1763 durch
her img (or, und 1766 Rector am Gym:
nafium zu Duisburg. + 1777. Er ftand in enger
Berbindung mit den niederrheinifchen Separatiften
und mit Gollenbuich, —* Syſtem er adoptirte,
demzufolge er ſtatt der Genugthuungslehre in fei:
nen Schriften die Lehre von der Heiligung und
dem Reiche Gottes betrieb. Wegen ſeiner ——
den Uebereinſtimmung mit der Verſöhnungslehre
des Heidelberger Katechismus ſuspendirte ihn 1771
die Clever Provincialſynode noch einmal, bis dies
Urtheil von der Regierung wieder a on
‘ wurde. — Gleicher theologiichreligiöfer Richtung
waren feine Brüder: Friedrich Arnold (geb.
1747, + 1795), der fein Nachfolger im Rectorate
war und feine Wittwe heirathete, um ihre Kinder
zu verforgen. In feinen gahlreihen Schriften be:
tämpfte er die Nenlogie und die Aufflärung. Er
war ein Freund Mentend. — Johann Heinrich
ge 1750, + 1814), war Paſtor zu Dahle ir ber
rafſchaft Mark, vorher 1776—79 Rector in Ein:
merih. Seine „Chriftlihen Schriften,” 2 Boe.,
find nach feinem Tode herausgegeben.
Haserensis anonymus. Der unbelannte Ver:
iaffer eines Brudftüds aus einem großen ——
iſtoriſchen Werte, De episcopis Eichstetensibus
bei Berk), muß um 1075 gelebt haben und Kano:
nikus zu Eichftädt geweſen fein.
Hasmonder. Der per ber Mafla:
väer, ſoll nad) Joſephus fich von dem Stammvater
Ajamonäus herleiten. Unter den Bebrüdungen
des Antiohus Epiphanes floh 167 ein Prieſter
Mattathias nach feiner Vaterſtadt Modin und er:
*
332
Hasmonäer
regte dort den Aufſtand der Chaſidäer, ber ftren:
gen religiöfen und nationalen Bartei. Bei feinem
Tode 166 übernahm fein Sohn Judas (Matlabi,
2P2, ber Hammer, von feinen fiegreihen Feldzu⸗
gen genannt) bie Führung des Guerillakrieges, er⸗
oberte Jerujalem, nachdem er Gorgiad und Niklas
nor bei Mizpa 165, Lyſias bei Bethzur 164 ger
Ihlagen hatte und weihte ben Tempel von neuem
(jährliches Fet). Zwar ging Jerufalem und Betz:
zur wieder verloren, aber ald Antiochus V. Eupa⸗
tor von Demetriuß überwunden war, ſchlug Judas
deſſen Feldherrn Nilanor bei Kapharjalem. Die
erbetene Hülfe der Römer war noch nicht einge»
teoffen, ald er 160 bei Eleafa fiel. Sein Bruder
Jonathan Ken mit Bachides einen Vertrag, der
ihm Rube e, benugte baum Hug den Streit
der beiden Kronprätenbenten, des Demetrius und
Alerander Balas, von benen der eine ihn zum
Hohepriefter, ver andere zum Herru von Jerufalem
machte. Dem Alerander Balas treu, ftand er ihm
bis zu befjen Niederlage gegen Demetriuß bei,
wandte ſich dann auf Seite des Tryphon, der für
Antiohus Deus jenen belämpfte, eroberte, bei
Aſor — amaslus, fiel aber dann, ein
Opfer des Verrathes des Tryphon. Ihm folgte
fein Bruder Simon 14} als jelbftändiger Fürft
(Naft) und Hohepriefter; diefer Er im Innern
die ſyriſche Partei, ei die Grenzen jeines
Staates und ftellte jeine Unabhängigkeit unter
den Schuß der Römer 140. Er ftarb dur Meu:
helmord des Ptolemäus in -Jeriho 135. Ihm
folgte fein Sohn Johannes, feit feinem Siege bei
Jamnia über den Hyrlanier Kendebäus mit bem
Beinamen Hyrlanus. Mit Antiohus Sideted mußte
er freilich einen bemüthigenden Frieden ſchließen,
Ban aber den Berfall des —— Reiches ſo
gut, daß er nicht nur die Unabhängigkelt wieder
gewann, ſondern auch Ituräa und Samaria er:
oberte, und faſt das davidiſch-ſalomoniſche Reich
wieder herſtellte, auch den Königstitel annehmen
tonnte. + 107. Sein Sohn Judas Ariſtobulus
tödtete feine Mutter und feinen Bruder und Mit:
regenten Antigonus. Gr jelbft ftarb, nachdem er
fih den Königstitel beigelegt, ſchon 106. Seine
Wittwe heirathete den jüngern Schwager Alerander
Jannäus, der in Folge deſſen den Thron beitieg.
Die Entfremdung des Königthums von ber ftren:
gen religiöfen Partei rief einen langjährigen Bür—
gerfrieg hervor, in dem Al. mit Mühe ſiegte (Rieder:
lage bei Sihem, Sturm von Betgome). In vielen
ausländischen Kriegen meift unglüdlid, hinterließ
er bennoch 79 feiner Wittwe Alerandra (7 70) das
Reid um Gaulonitis vergrößert. Bon deren beiden
Söhnen Hyrkan und Ariftobulus II. bemä ne
fich der letere der Herrichaft ala König und Hohe:
priefter; auf den Rath Antipaters, des Vaters des
Herobes, erhob ſich Hyrlan und beide Brüder rie:
en das Schiebögeriht der Römer an. Als nun
riftobul fich bei dem Zögern des Bompejus zum
Kampfe rüftete, eroberte biefer nad) Dreimonatlicher
Belagerung Jerufalem und ſchaffte das Königthum
ab, Ariftobul und feine Kinder wurden gefangen
nach Rom geführt. Für kurze Zeit erlangte Anti:
gonus, ein Sohn des Ariftobul, Die Herrſchaft wies
der, die im Namen des Hyrlan unter dem Schuße
des Cäfar Herodes geführt hatte, aber 77 erober:
ten die Römer von neuem Jerufalem. Antigonus
wurde enthauptet, Heroded erlangte den Thron,
Haß
Hyrlan wurde wegen einer angeblichen Verſchwö⸗
rung hingerichtet und der lehte Hasmonäer Ari:
ftobul, ein Enkel Ariftobuls, — Mariamne Hero:
des' Schwager, ermordet 34 v. Cha Die Geſchichte
der Hasmonäer bis auf Simon erzählen die 2
Bücher der Makkabäer, ausführlicher Joſephus.
Haß. Das leidenſchaftliche Gefühl demjenigen
Nebenmenjchen gegenüber, welcher die Befriedigung
unſeres Selbft wirklich oder ſcheinbar ftört. Der
Inhalt des Gefühles ift die Richtung der Empfin:
dung und bes Triebes auf Vernichtung bes gehaß⸗
ten Gegenftandes. Haß unterfcheidet fih vom Zorn
Dabure, da fie, während diefer eine momentane
Aufregung ıft, eine habituelle Richtung der Seele
wird. Sie ift der Gegenjah der Liebe,
Haſſe, Dr. Friedri dolf. Geb. zu Dresden
am 29. Juni 1808, ſtudirte er zu Leipzig und Ber:
fin, wo er fi 1834 habilitirte, wurde 1836 a. o.
Profefſor der Kirchengefchichte zu Greifswald, 1841
zu Bonn. + 1862.
geapbie tiber Anfelm von Canterbury 1843 und
852, welche eine neue Behandlung der Scholaftif
eröffnete. Seine kirchengeſchichtlichen Vorlefungen
bat Köhler 1864 herausgegeben.
Hatto, Haito, Biſchof von Bafel und Abt von
Reichenau feit 806. Geb. 763 und in der Kloſter⸗ den
ſchule zu Reichenau erzogen. Seine Schriften De
Visione Wettini bei Mabilfon, Acta s. Bened.
IV, I, p. 273, und 25 Capita, bei Berg, III, 439,
find für die Kirchen: und Sittengefchichte feiner Zeit
interefjant. Eine Beichreibung ſeiner Geſandtſchafts⸗
reife nach Conftantinopel ift verloren egangen.
Hatte I. Erzbiſchof von Mainz und jeit Abt
von Reichenau, zeichnete ſich unter Arnulf, Ludwig
dem Kinde und Konrad als Staatsmann aus, der
ſich um die Einigting des beutfchen Reiches große
Berbienfte erwarb, wenngleich fein Verhalten,
3. B. in der Babenberger f
war. Auch die Metropolitanrehte der Biſchöfe
mußte er zu vermehren. Zu Tribur 895 entjchieb
er in dem Streite zwiſchen Bremen und Köln gegen
Adalgar von Bremen (f. d. Art.). F 915.
Hatto II. In Fulda gebildet, Abt dafelbft 942,
begleitete 961 DttoL. auf dem Zuge nach Rom. 968
Erzbiſchof von Mainz, trat er an das neuerrichtete
Graftift Magdeburg Havelberg und Brandenburg
ab. Nach der Sage foll er, ein harter und graufa-
mer Mann, von den Mäujen gefreflen fein (Mäuſe⸗
thurm, Mauththurm bei Bingen).
Hauge und die Haugianer. Hans Nieljen 9.,
eb. den 3. April 1771 zu Hauge im Kirchſpiel
hund in Rorwegen, trat 1795 als prophetiſcher
Prediger, 1796 aud) ald Schriftfteller auf. Ohne
von der Lehre der Kirche fi zu trennen, gerieth
er durch die Gonventilel, die er veranlaßte, durch
die Beftreitung des Rechtes der Geiftlichkeit und
der Ordination und feine Ideen vom Reiche in
Eonflicte mit dem Kirchenregimente. Seine Bud):
druderei in Chriftianfund wurde 1804 geichloffen,
er jelbft gefänglich eingezogen und nad) zehnjähri:
er Unterfuchung zu einer Geldftrafe verurtheilt.
Seitdem lebte er auf feinem Bauernhofe Breddwill
bei Chriftiania. + 1824. Seine Anhänger, die
„Leſer“, bildeten innerhalb der Kirche eine Ge:
meinfchaft, in welcher bie Lehre vom Glauben und
der Wiedergeburt in ber Weife des Pietismus be:
tont wurde.
Haurau. Ein Landftrih im NO. von Palä:
ftina, füdlich von Damaskus, begrenzt von Tra⸗
333
hde nicht gewi is: unbedenklich beibehalten.
Hauspifitation
chonitis und Batanäa, welche heute unter dem
Namen mit —— werden. Ez. 47, 16. 18.
—— Hausviſitation.
ausgottesdienſt. Die Privatandacht der Fa—
milie iſt die erſte und urſprünglichſte Geftaltun
der Gemeinſchaft des Gebetes. Weil in ihm fi
da3 in der Familie vollendete religiöfe Leben aus-
Ipricht, ſchmiegt er fich in feinen —— eng an
die Verhältniſſe und die Geſtaltung des Familien:
lebens an. Er entfernt ſich von —— urſprüng⸗
lichen Begriff, je mehr er eine Nachbildung des
öffentlichen Gottesdienſtes fein will. Mit Abſicht
und Bewußtſein wird er dies aber da, wo die
öffentliche Gottesverehrung durch ſtaatliches Gebot
gehindert iſt und Freunde und Gleichgeſinnte an
ihm Theil nehmen. Zum Hausgottesdienſt rechnet
man nicht, wenn einzelne Acte des öffentlichen
Gottesdienſtes, heilige Handlungen ftatt vor ver-
fammelter Gemeinde innerhalb der Familie
Cm.
ein Hauptwerk ift die Mono: | gen werden, ald Taufen, —— und ⸗
munion. Die katholiſche Kirche verbietet eigentlich
Haustoufen, abgeſehen von den Taufen der Für—
ften und den Fällen der Noth, u aber in man:
hen Diöcejen ſehr nachſichtige Verordnungen er:
lafjen. Ebenjo bindet fie die Eheeinjegnung an
Drt der Kirche, mogegen bie Ghe hliehung
(assistentia passiva) an jedem Orte jtattfinden
lann. Die lutheriſche Kerche hat Haustaufen und
Haustrauungen von je freigelaflen, nur der Staat
Sn ben legtern zuweilen Bedingungen geftellt, im
nterefie der Notorietät der Ehe. Die Hauscom:
munion blieb alö Reft der älteften Sitte, welche
auch den Abweſenden die Euchariftie zufandte, im:
mer in ber Kirche üblich; die Ausbildung zum
Sacrament der Sünbdenvergebung und des Opfers
rief die Krantencommunion und legte Wegzehrung
hervor. Und die lutheriiche Kirche Hat die Sitte
ie reformirte Kirche ift
der Hauscommunion weniger günftig, nicht bloß
um den Fatholifirenden Borftellungen feinen Bor:
ſchub zu leiften, fondern weil fie Die Idee der Ge—
meinfchaft dev Empfangenben alö mwejentlich feft:
hält. Wenn fie daher auch den Kranken das Abend:
mahl nicht verjagt, fo findet fie doch eine richtige
Feier nurda, wo mit dem Kranken zugleich Freunde
und Familiengenofjen das Abendmahl genieken.
Hausmann, Nikolaus. Geb. in Freiberg, Pre:
biger in Schneeberg, dann 1521-1532 in Zmidau,
wo er den Schwärmern und Propheten widerftand.
In Deffau führte er 1532 die Reformation ein
und ftarb 1538, nad) Freiberg ald Superintendent
berufen, während ber erften Predigt. Er war einer
ber älteften und liebften Freunde Luthers, der jei:
nen Tod tief beflagte.
Haußverhör in — entſpricht dem Gebets⸗
verhör der preußiſchen Kirche.
Hausviſitation iſt bie Einrichtung der refor⸗
mirten Kirche, daß jedesmal vor Ausſpendung des
heiligen Abendmahls ber Prediger mit einem Ael⸗
teften die Gemeinde gr für Haus befudhe, um
ſich zu überzeugen, dab alle Glieder geeignet und
bereit jeien zur bevorftehenden Communion. Die
von den Synoben erlafjenen Inftructionen zeigen,
daß fie nicht ein feelforgerifcher, fondern ein dis»
eiplinarifher Act war. Die Sitte ift meift abge:
lommen oder praftiich unbedeutend geworden. Die
altherfömmlichen Hausbefuche in ber nieberrheini:
ſchen und weitphälifchen Kirche Haben ben discipli⸗
nariſchen Charakter aufgegeben und haben nur den
Havila
feelforgerifchen Verkehr des Pfarrerö mit ber Ge:
meinde im Auge.
—— ©. Chavila.
aydn, Joſef, — Componiſt, geb. am
ärz 1732 zu Rohrau in Defterreih. Zuerft
Drganift in Wien, bann Dirigent der Hauscapelle
bed bazy. + 31. Mai 1809. Mit Mo:
zart und Beethoven einer ber drei berühmten Wie:
ner Meifter in der Inftrumentalmufit, er ſich
namentlich durch feine Dratorien „Sieben Worte
am Kreuze” und „Schöpfung“ einen unfterblichen
Namen inder Geſchichte firhlicher Muſik erworben.
Haymo, Haimo, Aymo, Aimo. Geb. um 778,
Freund und Stubiengenoffe bes Rabanus Maurus,
war er Rector ber Schulen zu Fulda und Hirſchfeld,
endlich Bifchof von Halberſtadt. + 853. Er wirkte
nicht bloß ala Kirchenfürſt, ſondern auch durch liter
rariſche Thätigleit und burd feine Predigten,
melde 1531 in Köln durch Hittorp herausgegeben
find. Zwar find feine Commentare von geringe:
rer Bebeutung, aber fein Auszug aus der Weber:
fegung des Eufebius durch Rufinus Ne eine An:
gung und ein Hülfsmittel zum Stubium ber
chengeſchichte.
Hazar:Mbdar. 4. Moſ. 84, 4; Joſ. 15,3. Stadt
im Stamme Juda an der Südgrerize Paläſtina's.
— d.:Enon. 4. Mof. 34,9. 10; €. 47, 17. Stabt
an der Nordgrenze. — H.Gadda. Yof. 15, 27.
Stadt in Juda. — H.Schual. of. 15, 28; St
11,27. Stabt im Stamme Juda. — H.⸗Suſa. Jo].
19,5; 1.Chron.4,31. Stadt im Stamme Simeon.
Hazarmabeth. 1. Mof. 10, 26. Die Landſchaft
abramaut am arabijhen Meere, deren Haupts
t —— war, bekannt als das Vaterland des
ihrauchs.
Hazor. Namen mehrerer Städte. 1) Stabt am
— ER 19, 36; 1.Rön. 9,15; 2. Kön. 15,
azor, Joſ. 19, 36. 37. — 8) Stadt im Stamme
jamin, Neh. 11,33, — 4) Eine Landſchaft in
Arabien, Ser. 49, 28.
Heben und Weben gehört zum Ritus bes jüdi:
fen Opfers. Es ift darunter zu verftehen ein Aufs
und Ab⸗, Vorwärtd: und Rüdmwärtöbewegen des
ne En, ha Tan
an Jahveh. Bal.2. Mof. 29,24; 3.Mof.7,30; 14,
var 4. Mof. 5, 25 u. d.
Heber, Reginald, geb. 1783. Als Rector zu
obeet in Schropfhire und Univerfitätsprediger
orb wurbe er 1822 zum Biſchof bes 1816 ge:
Are Bistums Calcutta berufen. Wiffen:
chaftlich durchgebildet und voll brennenden kirch⸗
lichen Eifers nuthte er die Zeit feiner kurzen Wirk:
famteit nicht bloß, um die kirchlichen Inſtitute
überall aufzurichten, fondern bemühte fich auch,
die Miffiondarbeit in eine nähere Verbindung mit
ber Kirche zu bringen. Die anglicanifchen Grund»
fäge, welche er im Hinbli auf die fgrifchen Chri⸗
ften, mit denen er in Indien in Berührung kam,
um fo fefter hielt, nöthigten ihn, die Ordination
der lutheriſchen deutſchen Miffionäre durch feine
biſchöfliche zu ergänzen. Er ftarb plötzlich 1826.
Bol. über ihn Bajeler Magazin, 1829, 30, 43; be:
onders aber Krohn, R. Heberö Leben, 2 Bbde.,
erlin 1831.
bräer. ©. us
brüer, Brief an Die. Zweck und Inhalt def:
felben iſt, durch typologifche bes jübifchen
Gottesdienſtes den Nachweis zu liefern, daß aller
334
tabt im Stamme Juba, ebenfo Neu: | He
Hebräifche Poefie
reale Inhalt des ger ey in ber chriftlichen,
und zwar paulinifch gefaßten Lehre enthalten fei,
um Durch ſolche Darlegung einen Rü auf den
ie Auffaf:
ung und Jbeenentwidlung verräth einen alegan-
riniſch gebildeten Verfaſſer. So nahe er ſich mit
den paulinifhen Gedanken berührt, fo ift fein Be:
gif bes Glaubens dennoch ein anderer und ber
ern feiner — iſt Chriſtus als
fing un Standpunft zu verhüten.
bimmlifcher Hohepriefter gefaßt, fo daß das Haupt:
gewicht nicht auf den Tod, jondern auf die Auf:
erftehung fällt. Der Brief jert eine judenchriſtliche
Gemeinde voraus, in welcher die paulinifchen Ideen
einen noch nicht unbeftrittenen Eingang gefunden
haben. Ob biefe Gemeinde in Jerujalem, Alexan⸗
drien ober Rom zu fuchen fei, wird Bermuthung
bleiben, gegen melde man vielleicht, für melde
man nicht leicht beftimmenbe Gründe wird aufftellen
fönnen. Die erfte Schrift, welche Anklänge an den
Hebräerbrief enthält, ift der Clemenäbrief. Die
Bezugnahme im Briefe auf den Tempelbienft und
ei Timotheus machen bie Abfafjung 64—66 un:
zweifelhaft. Erft eine fpätere Periode fchrieb ihn
dem Paulus — Sprache und Darſtellung
widerſprechen dem entſchieden. Da nun der Ber:
fafler einem dem Paulus näher ftehenden Kreife
angehört haben muß, jo ſchwanken bie un:
gen befonders zwiſchen Barnabas und Apollo,
die Commentare von Bleel, 2 Abth., Berlin 182
—40; de Wette, 1844—47 ; Ebrard im Olshauſen⸗
ſchen Bibelcommentar, 1850; Stier in 36 Betrach⸗
Fe 1842; Lünemann, 1855, 8. Aufl. 1867;
Deligih, 1857; Mol im Lange' ſchen Bibelwerl,
1865; Wiefeler, Unterfu ung über ben ⸗
brief, 1861; Holtzmann, Stud. und ‚ 1859
und in Hilgenfelds ige 1867. Den Vorrang
—* ben Commentaren behauptet noch immer
ef.
Hebräers-Evangelium wird von Clemens von
Alerandrien und Drigenes erwähnt, von Eufebius
unter ben unechten Schriften aufgeführt als das
Evangelium der Ebioniten. Hieronymus
ed und vermuthete in ihm den urfprünglich ber
bräiſch gefchriebenen Matthäus. — es nur
aus den dieſer —— e zeigen
aber an vielen Stellen ſo bedeut Abweichun⸗
gen vom Matthäus, daß auch Diejenigen, welche,
wie Baur, die Hypotheſe ded Hieronymus
ten, biejelbe fallen gelaffen haben. Fran ( tud.
u. Krit. 1848) fuchte zu zeigen, daß das Hebräer:
Evangelium zumeift aus Matthäus, aber auch Lu:
cas entftanden jei und immer mehr einen apolry⸗
phiigen Charakter angenommen habe. ee
ald (Yahrb. der bibl. Wiſſenſch, 1854),
Einl., II), Boltmar u. A. Eine Ueb
ragmente f. bei —*— Zeitſchr. 1863; Bun⸗
en, Bibelurkunden, 4. Th.
Hebräifche Poefie. Wie bei allen femitifchen Vol⸗
fern, fo ift auch bei ven Hebräern jan nur bie ly⸗
riſche Poeſie ausgebildet; die poetijchen Theile ded
Alten Teftaments Haben und nur die religiöfe £y:
rik aufbewahrt, und nur durch einzelne Eitate aus
weltlichen Liedern oder Hinweifungen auf jolde,
Sef. 23, 12, gezeigt, daß auch die weltliche Lyril
-
t ber
Böller diefelbe Sprache, reden.
Hebraiſche Sprache
nicht äffigt war. Als Proben derſelben
fönnen das Hohelied und Pjalm 45 gelten, welde,
urfprünglich Hochzeitägedichte, nur durch frühe alle:
he Deutung die Stelle im Kanon gefunden
Im Allgemeinen wird unterjdieden zwiſchen
VB und Iyipr Lied und Lehrgedicht; zu den letz⸗
teren gehören Hiob, die, Sprüche: Koheleth; die
a. ift nicht. — urchzuführen, da
z. B. die Pjalmen des, didaltiſchen Elementes kei—
neswegs ganz entbehren. Fir, Bezug auf: die äu⸗
Bere der hebräiſchen Poefie ifties vergeblic)
geweſen, nad) einem metrifchen: Vers⸗ und, Stro:
phenbaue zu fuchen; die Angabe des Joſephuͤs, da
ein folder vorhanden fei, hat fi als Irrthum
uögeftellt. Die —— Dichtkunſt begnügt
ch mit dem rythmiſchen Parallelismus des Ge:
ntens, der, mehr oder weniger fünftlid ver:
ſchlungen, in zwei oder drei Gliedern bald als ge:
tader Baralleliamus, bald als Entgegenjegung
immer wiederfehrt. Der Reim fehlt gänzlich, Alli-
teration und Diffonanzen finden fi nur verein:
ee ift häufiger ein Strophenbau, deffen
ungsgeſetz aber noch nicht Mar vorliegt, am
deutlichjten da erkennbar, wo gleichbleibende Vers:
2 jede Strophe abfehlieken, oder wo beim
ang der Chor einfällt. Eine künſtlichere Form
ift die alphabetifche Anordnung der Verje Bi. 111.
112; Spr. 31; Klagl. 1—4. Vgl. Herder, € eift der
br. Poefie, 1782; Meier, die Form der hebr.
Roche, 1853; derf., Geſchichte der poet. National:
Itteratur der Hebräer, 1856 , Saalſchütz, Form und
Sie der hebräiichen Poefie, 1853; Ewald, die
Fin des Alten Bundes, erfter Theil, 2. Aufl.
1
Hebrũiſche Sprache, jüdiſche Sprade, Sprade
Kanaanıs, iſt ein Zweig des ſemitiſchen Sprach—
ftammes, * ebiet das ganze Vorderaſien
zwiſchen dem Tigris und dem Mittelmeere, Armie—
nien urıd dem Arabiſchen Meere iſt. Die Benennung
ſemitiſch iſt ungenau, da die — —
r Zuſammen⸗
iſt noch unaufgellärt, ob die ſemitiſchen Ein:
wanderer die Sprade des Landes! angenommen
en, oder ob chamitiſche Einwanderer früher
emitiſche Stämme verdrängten und ge
annahmen. Die hebräifhe Sprade jteht in ber
Sprachfamilie zwiſchen der aramätjchen als ber
ärınften und unauögebildetiten und der reihern
arabijchen in der Mitte, Sie * das allgemein
aralteriſtiſche der ſemitiſchen Sprachen, die Wur:
ildung aus drei feſten Lauten und in der Satz⸗
ildung das loſe Aneinanderfügen mit, ſeltenem
Gebrauch von Partikeln. Die Sprache der alt:
hebräifchen Bücher ift durchgehends dieſelbe, die
älteren Bücher haben nur jehr unfidere Spuren
von eigenen Wort: und yormbildungen; der Unter:
ſchied der Sprache zwiſchen den einzelnen Büchern
erklärt fich theilwerfe durd) Inhalt und Art der
335
Hedwig
der jüngeren Bücher, alfo unter dem Einfluß des
| Aramãiſchen; dagegen = das Hebräifch der Rab:
| binen aus dem Aramäifchen und andern Sprachen
‚feinen Sprachſchatz vervollftändigt. Das Verbienit,
dem Studium des Hebräifchen neue Bahn gebrochen
zu haben, gebührt Reuchlin, der die erſie hebräiiche
Grammatik ſchrieb. Bal. Gefenius, Gejhichte der
hebr. Sprache und Schrift, 1815; Ewald, Kritifche
Grammatik der hebr. Sprade, 1827, und befjel:
ben ausführliches — 7. Ausg. 1863. Die
—— behandeln Ölshauſen (1861) und
u. (herauägeg. von Mühlau 1866 ff.).
Hebron. Eine der älteften, 4. Mof. 13, 22, und
berühmteften Städte Kanaans an der Südgrenze
des Landes auf'dem — aber in fruchtbarer
waſſerreicher Gegend. Zu Abrahams Zeit in dem
Beſitz der Amoriter, entriſſen die Iſraeliten fie den
Enalitern, Joſ. 14, 13; 15, 13, die ihr den Namen
Kirjath⸗ Arba gegeben hatten; fie wurde, obwohl
zu Terre dei ieftern als Freiftadt
zugetheilt.‘ David refidirte 7 Jahre lang zu Hebron,
2. Sam. 2,1; 3, 1—5, und Abjaloın machte die
Stadt zum Sig feiner Empörung, 2. Sam. 15,7.
Seit Rehabeam befeftigt, 2. Chr. 11, 20, fam die
Stadt in den Befig der Edomiter und mußte von
Judas Maklkabäus erobert werden, 1. Malk. 5, 65.
Auch, von den Römern wurde fie erobert. Die
Kreusfahrer befeftigten eö von neuem, ba jte. die
Straße von Jerujalem nad Berjaba beherrſcht.
Ein altes Bauwerk, das Haram, gilt ald Grab⸗
mal des Patriarchen und wird von den Muham⸗
re gehalten.
Hedio, Kaspar, der Neformator. Geb. 1494 zu
Ettlingen im Badiſchen, ftudirte er in Freiburg
und Bafel, wo ihn Capito der Reformation zu:
führte. 1520 fam er als Hofprediger und geiftfier
Vicar nad) Mainz, ging aber, da er dort nicht
durchdringen fonnte, 1523 zu Capito nad) Straß:
burg, wo er, feit 1529 Profeſſor der Theologie und
Prediger am Müniter, * ernſtlich am R a⸗
tionswerfe und der Abfaſſung der Confessio tetra-
pölitana — 1541 wurde er von Gebhardt
von Köln mit Bucer nach Bonn berufen, kehrte
aber nach dem Mißlingen des Unternehmens 1543
nad) Straßburg zurüd. + 1552. Seine Werte ha:
ben feinen een Werth mehr.
Hedſchra ist die Fluht Muhammeds von Meta
nah Medina am 15. Juli 622 und der Ausgangs:
punkt der muhammedaniſchen Zeitrechnung. da
diefe nah Mondjahren rechnet, welche mit den
aftronomifchen nicht übereinftimmen und häufige
Schalttage nöthig maden, jo ift Die Reduction der
Jahre der Hedſchra in die der chriftlichen Zeitrech—
nung etwasumftändlih. Zum Gebraude empfiehlt
die Vergleihungstabelle der muhammedanis
den und hriftlichen eisen ra ba dem en
Tuge jedes muhammedaniſchen Monats von Dr.
| Ferdinand Wüftenfeld, Leipzig 1854.
Hedwig, die Heilige. Tochter des Markgrafen
Darftellung. Seit der afiyrifchen Zeit gewann aber | von Meran, Berthold von Andechs, wurde fie in
das Aramaͤiſche Einfluß, welches allmählich Volks—
ſprache wurde und auch. in der Schriftſprache, 3.
» einigen Palmen und N fich deutlich be:
merlbar machte, obgleich jeit der Rücklehr aus der
Gefangenichaft über die Reinhaltung der alten
igen gottesbieiftlihen Sprache ſorgſam gewacht
wurde, was um jo leichter war, als fie im täglichen
Verkehr zurüdtrat. Das fpätere Hebräifch der
Miſchna iſt eine ſelbſtändige Fortbildung der Sprache
ihrem zwölften Jahre an Heinrich den Bärtigen
von Liegnitz verheirathet. Ihre tiefe —
die in ſtrengſter Aſteſe und ungemeſſener Wohls
thätigfeit ſich nach außen bin seigte erwarb ihr
die Heiligfprehung durch Clemens V. 1267. hre
Stiftung des Ciſtercienſer⸗ Nonnenkloſters Trebnitz
1205—19 wurde eine Miſſionsſtätte deutſcher Cul⸗
tur, In dieſem Kloſter, deſſen Aebtiſſin ihre Toch:
ter wurde, lebte ſie ſeit dem Tode ihres Gemahls
Heerbrand
1238. hr Sohn Heinrich fiel 1241 bei Wahlſtatt
egen die Mongolen; die Todesnachricht empfing
te mit Ergebung und Dank gegen Gott, daß er
ihr fold einen =" gegeben habe. + 1243.
beerbrand, Jakob, geb. am 12. Auguſt 1521
zu Giengen, der Sohn eines Weberd. Nach Voll:
endbung feiner Studien zu Wittenberg warb er
Diakonus zu Tübingen, danach, wegen des Inte:
rims entlaffen, als Superintendent zu Herrenberg
von Herzog Ehriftoph angeftellt, der ihn auch als
Gefundten 1551 nad) Trient ſchickte. In Gemein:
ſchaft mit Anbreä in Pforzheim bei der Einführung
der Reformation thätig, erhielt er den Ruf als
Profeſſor der Theologie nah Tübingen. 1590
Probſt, Kanzler und berzoglicher Rath, legte er
1598 feine er nieber. . Mai 1600. Bon
feinen Werten ift das bebeutenbfte bad Compen-
dium theologiae, Züb. 1573, eine wiſſenſchaftliche
Darftellung ber Intherifchen Lehre im genauen Ans
ſchluß an die Eoncordienformel, welche weite Ver:
breitung fand und bei den Unionäverfuhen An:
breä’3 mit der griechifchen Kirche von Martin Eru:
ſius ins Griechiſche Üüberfet murbe.
Heermann, Johannes, geb. am 11. Det. 1585
u Rauten in Schlefien. Belannter Liederbichter,
erfafjer der Lieder „OD Gott, du frommer Gott,"
„„elu, deine tiefen Wunden” u. a., ber als Dichter
1608 zu Bri — wurde, war 1611 Prediger
zu Köben, * e aber- 1624 —* Amt krankheits⸗
alber niederlegen und ſtarb, literariſch vielfach be⸗
die 1647 zu 3— In ſeinen zahlreichen (400)
edern ſpricht ſich ſein ungebrochener Glaubens⸗
muth bei nie unterbrochener Trübſal kräftig ans.
Seine en Lieber gab Wadernagel heraus,
Stuttg. ;
fe, Karl Joſeph, feit 1837 Profeſſor ber
fathol. Theologie in Tübingen. Er = die apo⸗
rg Se Väter 1839 heraus, Das dſchreiben
es Barnabas unterſuchte er 1840. Geſchichte der
ih des Chriftenthums im ſüdweſtlichen
Deutfchland 1837. Kritiſche Beleuchtung der J. 9.
von Weflenbergihen Schrift über bie ben
Kirchenverſammlungen bes 15. und 16. Sahehun:
derts, 1841. Der Cardinal Zimenes und die kirch⸗
lihen Zuftände Spaniend am Ende bed 15. und
Anfang des 16. Jahrhunderts, 1851. Eoncilien:
geichichte, 1855—1860.
Hegariter, ©. Hagariter.
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich, einer ber
größten Philoſophen. Geb. am 27. Aug. 1770 zu
tuttgart, ward er 1805 a. o. Profeſſor der Phi:
Lofophie in Jena, 1808 Rector am Gymnaſium zu
Nürnberg, 1815 Brofeffor in Heidelberg und 1818
Profeſſor in Berlin. + 14.Nov. 1831. Der Grund:
gedante feiner Philofophie ift die Einheit (Identi⸗
tät) bes Denkens und Seins, des Subjectiven und
Dbjectiven, fein Syftem ift der Gegenſatz gegen
jeden Dualiämus, gegen jede Norftellung, welche
das Sein ald ein Gegenüber des Selbftbemußt:
feind auffaßt, Unendliches und Endliches, Gott
und Welt, Geift und Natur von einander fcheidet.
Seine Philofophie ift vielmehr die Darftellung
alles Seins als des ewigen Proceſſes der Verwirk⸗
lihung der abfoluten Idee. Welt, Natur, Menic:
er ind ihm nur Momente im Selbftvermirt:
ihungsproceffe der abfoluten Idee. Das eigen:
ſchaftsloſe Abjolute, die reine Idee an fich jcheint
ihm etwas noch Unmirkliches, welches erft aus ſich
felbft heraustreten muß zur „Natur,” um im
336
Heidanus
„Geiſte“ fich felbft wieder zu finden. So ifti
namentlich die Gefchichte der Grenfchheit eine .
verwirklichung bes Abfoluten zum abjoluten Geifte,
concret außgedrüdt: eine Menſchwerdung Gottes,
Religion ift daher das Bemußtjein von der abjo-
Iuten Idee in der Wirklichkeit, von dem Unendlichen
im Endlichen. Für die Theologie find dieſe Gedan⸗
fen von großer Bedeutung geworden, weil fie na:
mentlih im Gegenfage gegen die flache Denkweiſe
bes R ionalismus eine unftreitige Vertiefung in
bie theologische Auffafiung braten. Sie haben bie
fpeculative Dentweife, die Methode des Conſtrui⸗
rens ber Begriffe a priori in die Theologie ein-
geführt, aud eine Menge tieferer Ideen in bad
— iſche Denken verpflanzt. Beſonders hat der
34 der ſtetigen Menſchwerdung Gottes in der
Dogmatik eine —— tellung einge⸗
nommen, da derſelbe vielfach die Sruntlage für
die Auffaffung der Erlöfung und des Chriſten⸗
thums geworben ifi. Diejer Begei wurde, über:
tregen auf bie Berjon Chriſti und das Weſen Chriſti,
als die höchſte Selbfterfaffung des Abjoluten er:
Härt. Bon da aus wurden viele Begriffe der kirch⸗
lihen Dogmatik neu conftruirt, wie der Begri
der Trinität, der Stellvertretung, fogar ber ber
— Denn —— an — =
egelihe Begrifisfyftem auch ebenfo geeignet, die
irchliche Begriffswelt gän is zu zerftören, weil
es eben von der Wirklichkeit zu ſehr abjtrahirte und
fi) zu ſehr in allgemeinen logiſchen Kategorien
bewegte. Dr lam es, baß zwei völlig *
geſetzle Schulen aus ihm hervorgingen, ei
eine Firchlich pofitive, repräfentirt von Daub, Mar:
heinele, Heinrichs, Göſchel, Conradi, Rojenkranz,
andererſeits eine negative, wie fie in Strauß,
Bauer, Feuerbad u. A. ſich darftellte. Bon Hegels
Schriften find Hervorzuheben: Phänomenologie
des Geiftes, 1807 ; Encyflopäbie ber philofophifhen
Wiſſenſchaften, 1817; ——— der Religion,
1832. Vol. Rofenkranz, egelö Leben, 1844, Haym,
Hegel und feine Zeit, 1857. j
egeſippus. Der erſte chriſtliche Kirchenhiſto⸗
riler, war erim Anfang des 2. Jahrhunderts wahr⸗
ſcheinlich in Paläſtina geboren. Auf einer Reiſe
nad Rom beſuchte er mehrere Gemeinden, barun:
ter aud) Korinth. Seine Beobachtungen und Erfah
rungen fchrieb er in 5 Büchern: ae tue rör
exxinaaorıxor ngayudrov. Das Werk war jedoch
wahrſcheinlich kein eigentlich hiſtoriſches ſondernein
apologetiſches mitthatfächlicher Beweisführung. Es
iſt nur in Bruchſtücken erhalten, die Eufebius auf⸗
genommen F as bedeutendfte derſelben enthält
die Ucherlieferung vom Jacobus, der: Bruder des
Herrn. Er bezeugt eine allgemeine Nebereinftim-
mung der chriſtlichen Welt in der Glaubensüber:
jeugung und befämpft die Gnoſis, welche die Ein:
eit ftöre. Mit Unrecht hat man ihn ald Beweis
für die allgemeine Verbreitung des Ebionitismus
aufgeftellt. S. dagegen Ritſchl, Altkath. Kirche und
Dorner, Chriſtologie. {
Hegius, Nlerander, geb. im Dorfe Hed im
Muͤnſierſchen. + 27. Sept. 1498. Er mar Borfteber
der Schule und Presbyter zu Deventer und bat
eine Bedeutung durch die von ihm ausgegangene
derung der humaniftifhen Studien und als
ehrer des Erasmus, Hermann v. dem Buſche,
Mutianus u. N. ’ :
danus, Abraham. Derfelbe verlor feine theo:
|
logiſche Profeffur zu Leyden 1675, weil er bie
Heibegger
der orthodoren teformirten Theologen das
Guratorium der Iniverfität den Vortrag der Carte:
iſchen Philofophie und ihre Anwendung auf bie
gie (21 Säge) verbot. Sein Pfarramt (feit
hielt er —* an Bl a *
r, Johann Heinrich, reformirter ⸗
9 r ae ber Conſenſusformel. Geb. zu
Järentjchweil im Canton Zürich am 1. Juli 1633,
ee er in Marburg unter Crocius, lehrte in
Iberg und 1659 an der Afademie zu Stein:
— ae deren Auflöfung 1665 wurde er Pro:
or der Moral, 1667 ber Theologie zu Züri.
Die Eonjenfusformel 1673, deren Entwurf ihm
agen murbe, gab Anlaß zu jahrelangen
Verationen durch jeinen zelotifhen Collegen Mül:
ler, weil Heidegger nur die Lehren Amyraut?,
nicht aber die in Holland verpönten mie bed Coc:
cejus und Gartefius ausgeſchloſſen wiſſen mollte,
denen er jelbft zumeigte. Seine Duldjamleit be:
wies auch jein Berhalten gegen die Iutherifche Kirche
den Unioniften Duräus, ſowie die Schrift
tratio de augustanae conf. cum fide Ref,
consensu, 1644. Eine eifrige Polemik führte er da:
a egen bie römische Kirche, welche damals auf
Quntten eifiv verfuhr, Anatome Conc.
rident, 1672; Historia papatus unter dem Pjeu:
donym Nicander a Hohenegg. Der Flüchtlinge urd
ten Ölaubensbrüder und der ungarifchen
i zu Neapel nahm er fid) kräftigſt an.
+ 18. Jan. 1698.
Heidelberg. Die Univerfität wurde 1386 von
recht I. von der Pfalz gegründet und
i8 in bie Zeit des dreißigjährigen Krieges.
wurde fie von Karl Friedrich neu begründet
‚trägt daher den Ramen Ruperto-Carolina.
ber berühmten Bibliotet wurde im Jahr 1622
von Mazimiltan von Bayern der größte ge nad)
Rom gebracht, wo er jegt noch zum Theil der va:
ficanifa ibliothef angehört. Yon Heibelberg
ingen int 16. Jahrhundert bedeutende reforma:
Kräfte hervor. Bucer und Brenz ftudirten
bier, Billican war bier Baccalaureus, alle drei
wurden durch die Disputation Luthers im Augu:
fter 1518 für die Reformation gewonnen.
5 ſtudirte hier 1610, Boquin war hier
1657 74 Profeſſor ber Theologie, Grynäus 1524
—29 Profeſſor der griehifhen Sprache. Heßhus
(1557—59), der belannte Streittheolog, Dlevia:
nus und Urfinus, die Berfafler des Heidelberger
Katehismus, im 17. Jahrhundert die beiden J.
9. Keen Adam Alting, Scultetus, der Drien:
tafift Eifenmenger gehören zu den Berühmtheiten
ber Univerfität. In neuerer Zeit wirkten hier der
—— Paulus, die ſpeculativen Theologen
Daub,“* Marheinele; ferner Ullmann, Ümbreit,
Rothe u. A.
Heidelberger Katechismus. Die zum Range
einer ſymboliſchen erhobene Belenntnißfchrift der
en reformirten Kirche, ift auf Veranlaſſung
richs III, von ver Pialz 1563 nad dem latei:
nifhen Entwurf des Urfinus von diefem und Die: | Jah
vionus bearbeitet (den Schluß der 80. Frage ſetzte
in ber dritten Ausgabe der Kurfürft felbit hinzu).
dem bad Buch von einer Synode gebilligt war,
Berti — * — ar efü = Trotz ber
en iffe der lutheriſchen Theologen, gegen
welche ber En ihn Durch Urfinus und Dlevia-
nus und perſönlich auf dem Reichätage zu Augs:
337
— Lehrfreiheit verteidigte, als auf burg 1566 vertheidigte, na
Heidenthum
jm ihn bie deutſche re:
—— Kirche (Weſel 1568, Emden 1571), Hol:
and und die Schweiz fofort an, ebenfo Ungarn
und nad) dem Urtheil der Dortrechter Synode er:
langte er auch in Franfreih und England das
höchſte Anfehen. In der beutichen Kirche wurde er
in ben —— nicht bloß verleſen, ſon⸗
bern auch über i —— In drei Theilen:
von des Menſchen Elend, von der Erlöſung, von
der Dankbarkeit und in 130 Fragen behandelt er
bie ganze Glaubenälehre in populärer form mit
Uebergehung der theologifchen Fragen der Präde:
ftination und der Art der Gegenwart im Abend»
mahl. Die fchroffe Polemik der Fragen 30 und 80
egen den Katholicismus boten wiederholt bie
Sandhabe, feine Unterdrüdung im Intereſſe des
öffentlichen Friedens zu verlangen, Die in neuerer
gr ventilirte Streitfrage, ob ber Lehrbegriff des
atehiämus calvinifh oder melanchthoniſch fei,
wird durch das hHiftorifche Urtheil der außerdeut⸗
ſchen calviniſchen Kirchen entſchieden. Val. S. von
Alpen, Gefhichte des Heidelberger Katechismus,
1800; Beckhaus, Lehrbegriff 8 itſchrift für hiſt.
Theol., 1838); Ullmann, Stud. u. Hiit., 1863;
Subhoff, Olevian und Urfinus, 1857. Eine tert:
fritifh genaue Ausgabe lieferte A. Wolters in
Bonn, 1
Heidenchriſtenthum. Der Genenfat deſſelben ge:
en dad Judenchriſtenthum beruht darauf, daß
iejes einen unzerreißbaren Zufammenhang und
eine völlige Uebereinftimmung des Evangeliums
mit dem Geſetz behauptete, daher aud) die Theil:
nahme am Gottesreih an die dauernde Beobad):
tung befjelben gebunden eradjtete, während jenes
den geihichtlihen Zufammenhang zwar feft hielt,
aber dem Apoftel Paulus folgend, das jüdifche
Geſetz als nur eingejhoben Ss deſſen fernere
Beobachtung feine Bedeutung mehr habe. Der
Kampf des Judenchriſtenthumẽ gegen das Heiden:
chriſtenthum ift die Entfiehung der Alten Kirche,
welche ihre Formen aus jenem entnahm, von bie:
ſem aber die geiftige Auffafiung, welche das Chri«
ftenthum zur Weitreligion machte. Vgl. Apojto:
liſches Zeitalter.
'denmilfion, ©. d. Art. Miffion.
eidenthum (Paganismus), urjprünglich foviel
als „Bauernreligion” (Baganiämus), ala der Po:
lytheismus dem Chriſtenthum im römijchen Reiche
wich. Daher der lateinische und der deutiche Name.
Dann überhaupt Polytheismus und Fetiſchismus
als Volksreligion, wenn aud) vielleicht mit tieferer
Unterlage (Indien); befonderd die Religion aller
Böller, die nicht Chriften, Juden oder Muhammeda⸗
ner find. Im Alten Teftamente werden die außer:
ifraelitifchen Voller“ oder die Heiden (DIN) ala
bie Feinde des auserwählten Volkes betrachtet (Pi.
2,1; 33, 10); daher auch ald Feinde Gottes, ala
Gottlofe und Frevler (Pi. 9, 6), welche von Gott
gerichtet werben (Joel 3,7; 16, 15; Pf. 72,15),
welche aber aud) einft lommen werden, um jich vor
veh zu beugen und der Herrlichkeit Iſraels fich
unterzuordnien (Je. 60,12). Im Neuen Teftamente
fteht der doppelte Gegenſatz des ungläubigen Ju:
denthums und Heidenthums dem Chriftenthum
gegenüber; beide bezeichnen das Reid) der Finſter—
niß und der Gottlofigfeit, der VBerblendung und
des göttlichen Zorned. Das Heidenthum als fol:
des ift jedoch ebenſo des Heils räbig wie das
Heil
;b leichſtell 8 , dem ſie das
Judenihum; dieſe Gleichſtellung au re mar fie
dem Neuen Teftamente vorbehalten. au
der Heiden Gott (Röm. 8, 29), und obgleich ti
gefunten, behielten fie doch die Sehnſucht nach dem
wahren Gott (Apftg. 17) und die Stimme bed Ges
aifen in fih (Köm. 9, 30). In der weitern Ent»
widlung bes Chriſtenthums, namentlich in ber Zeit
ber Berfolgung, mußte naturgemäß die Borftellung
vom Heidentgum immer mehr einer Berurtheilung
gleihlommen. Selbft zu Tugenden find die Heiden
unfähig, ihre Tugenden ſindnach Auguftinnurglän:
zende —*8* Dieſe Anſicht blieb durch das Mittel⸗
alter beſtehen. Unter den Reformatoren hat wingli
bie Seligfeit ausgezeichneter —— mit Bejtimmt:
heit nt mogegen die lutheriſche Lehre über
diefen Bunte, feftyaltend an ber alleinſeligmachen⸗
ben Kraft des Glauben, immer ſchwankend blieb.
1% —— den Zweck des ———
d. 5. tie Befreiung von Sünde und Uebel. Inſo⸗
fern die Macht der Sünde und bes ums die
Menfchheit beherrichte, über fie einen Zuftand ſitt⸗
lihen Elendes verhängte, und biefelbe nicht im
Stande mar, ſich aus fich feldft zu helfen, ift da-
gegen das Wert Chrifti, welches dieſe Macht gebro:
en ber ein Werl der Errettung, d. h. des Seiten
hriſtus ift daher der Heiland, die de e Veran:
ftaltung Gottes, welche dem Werke Chrijti voran:
ging, daſſelbe bervorrief und demfelben nadhfolgte,
eine Heildölonomieoder Heildanftalt, die Geſammt⸗
heit der Mittel objectiver und fubjectiver Art,
melde den Zweck des Chriftenthums erftreben,
Heildmittel oder Heilsweg; oder ba fie in fi eine
— eg ar ellen,die Heildorbnung.
ie Heilälehre (soteriologia) bildet naturgemä
ben Mittelpunft der 5% lichen — F
umfaßt gewöhnlich: die Lehre vom göttlichen Heils—
rathſchluß, vom Vollzug deſſelben | ben Hei:
land, von der Heildaneignung und bie Heils:
Gnaden⸗) Mittel,
Kl: ©. Jeſus Chriftus,
ilige ift im Neuen Teftamente ber Titel, mit
bem in den apoftolifchen Briefen die Glieder ber
chriſtlichen Gemeinden angerebet werden; es ift
darunter nicht eine volllommene fittlihe Heiligkeit
des Einzelnen zu verſtehen, ſondern als Gemeinſchaft
tragen fie den Charalter ber Heiligkeit, und nur
ala Theilnehmende an diefer heiligen Gemeinschaft
werden aud) fie Heifige betitelt. Anders ift die Bes
beutung des Wortes in ber fpätern Zeit. Der Hei:
ligendienft ift hervorgegangen aus bem liebevollen
und ehrenden Gebädtnig der ausgezeichneten
Glieder der Gemeinde, welches vorzugämeife an
bem Orte ihres Tobes ober ihres Grades und am
Tage ihres Tobes sep wg ie wurde. Vergegenwär:
tigte man ſich dabei die durch den Tod ununter:
brochene Gemeinfhaft unter den Gliebern der tet
Kirche, fo lag ed nahe genug, bie von ben Kirchen:
ftrafen —* ende ber Fürbitte ber Märty⸗
rer und Bekenner bei der irdiſchen Gemeinde auf
338
Heiligkeit Gottes
t der Beatification und Ranoni:
fation dem Papfte vorbehielt (ber rite fano:
nifirte (973) Heilige ift Ulrich von burg (t
%3), und ben Unterfchieb zwifchen
topheten, Apofteln, Märtyrern, Belennern und
eiligen Weibern aufftellte. Die Zuftimmung ber
irhe zum Gebraud der Bilder mußte bei der
eng * Volles — — -
mehren. Den biergegen geri en
——— — das Tribentinum mit is
benem Ausbrud aus, und die Th en fuchen
ihnen zu nn wor durch den Unterſchied zwiſchen
Anbetung adoratio, die Gott und Chriſto und
invocatio, Anrufung, Verehrung, die den Heiligen
gebühre, den aber das Volt nicht macht und nicht
machen lann. ©. Acta sanctorum.
Fair Daß. ©. Tempel.
eilige der legten Tage. Der Name, mit mel:
em die Normonen (f.d. Art.) fich ſelbſt bezeichnen.
Heiligenfdein oder Glorie ift in der hriftlichen
ve —— mit —— De aan at
er heiligen Figuren umgeben. Der Heili in
at bei Gott Later die Geftait des an
hriftuß die des Kreiſes mit eingegeichnetem Kreuz,
bei den Heiligen einen Halbfreis ; bloß Seliggefpro:
chene erhalten ihn nicht. Umgiebt der un bie
ganze Figur, fo heißt er aureola, nur das Haupt,
nimbus, Ob bie Ölorie entftanden g aus bem
Strahlenktrange um das reg der Götter: und
Heroenfiatuen, oder aus dem Siegeskranze, mit
dem — zuerſt die Märtyrer gemalt wurden,
bleibt ungemiß.
Heiliger Bund ift die am 10. Juni 1538 zu
Nürnberg geſchloſſene Bereini des Raijers
Karl mit Ferdinand und ben tatbolif en Ständen,
ben Erzbiihöfen von Mainz und Salzburg, den
Herzögen von Bayern, Braunſchweig und
von Sachſen zum Schuß gegen etwaige Angriffe
feitend des Schmalfaldiihen Bundes. Die Bor:
bereitungen waren durch den Kanzler Held mit ben
Abgeoroneten ber Stänbebereitd am 2,—12, Mär;
1538 zu Speier getroffen geweſen.
Heiliger Grabesorden. Ein Orben irter
Kanoniter nad der Regel Auguftins, geftiftet zu
Serufalem entweder von Gotfied von Bouillon
1099 oder vom Patriarchen fd 1114. Die
Güter des Männerordens überwies ſchon Inno⸗
cenz VIII. den Bethlehemiten. Der weibliche Dr:
den hat fi erhalten und befchäftigt fich bei ſeht
strenger Claufur mit Mäbchenerziehung. Die Dr:
denstradt ift ein ſchwarzes Oberfleid mit gl ichem
Schleier und Mantel, auf der Bruſt ein rothes
Kreuz. — Ein Ritterorben vom or ie Grabe
geftiftet 1174, ging im 16. Jahrhundert unter;
ebenſo ein anderer, 1496 von Alexander VL geftif:
‚in bem * Jahr hundert. Eine Erneue⸗
rung deſſelben 1814 durch Ludwig XVIII. hatte
keinen Beftand.
Heiligkeit tft der conventionelle Ehrentitel dei
das Unfihtbare und Himmtlifche zu übertragen, fo | Papft
daß ihrer Fürbitte bei Gott bauernd eine Wirkung
zugeſchrieben wurbe. So findet elligen:
ch der
glaube ſchon bei Hieronymus, — — uguſtin —— des Guten iſt. Namentlich
ausgebildet, der übertriebenen Verehrung und dem
Wunderglauben müſſen fie ſchon entgegentreten.
3 der Ausbildung bes Heiligencultus (Capell:n,
eliquien, Wallfasrten, under) haben fi Er:
innerungen aus b i unleugbar ein:
em Heid
gemifcht. Die Kirche ſetzte mäßige Schranken, in:
| infofern e8 das Gegentheil jeder Sun
es.
Beiligteit Gottes bezeichnet das Wejen Gotted,
und bet
das Alte Te:
tament betont diefe Eigenfchaft (Jeſ. 6, 3), fie ift
r bie Sunde verzehrendes i
von unreinen Lippen muß in ihrem Anblide fter-
ben. Die altkirchliche Dogmatik beftimmt die Hei⸗
ligkeit weſentlich negativ ald bad fFreifein von
er und ein Menſch
jedem ſitilichen Mangel. Später hat man bie
Heiligkeit der Kirche
volllommene Webereinftiimmung bi3
delns mit dem Sittengejeg unter Heiligkeit
fien. Schleiermacher hat definirt: „Diejenige
öttfiche Urfächlichkeit, kraft deren in jebem er
en Gefammtleben mit dem Zuftande der Erlö:
f —— — das Gewiſſen geſetzt iſt.“
S. wen en Gottes,
e
Brügte
auch
erfolgt; 2) bie —— von dem
ewirkte
Des Heils, welde in ber apoftoliihen Zeit in der
Infpiration, jegt namentlih in der Erleuchtung
durch das Wort Gottes Pr 8) bie Belehrung
(conversio), bie innere factiſche Abwendung von
der Sünde und Hinwendung zu Chriſtus. Sie be:
pebt daher aus dem doppelten, ber Buße und Ser:
irſchung einerfeits, dem lebendigen Glauben an:
berjeitö ; 4) die Jelligung, bie ——— des
—— das mit dem Glauben in den Menſchen
geient das natürlich auf Erden nie zur ganzen
Nendung fommen wird, das aber fon als
neip bie volle Anerkennung Gottes findet. Die
i (sanctificatio) bildet Die Ergänzung der
ert —A— welche ſich ge jener
t, wie das Ideale zum Nealen. Während
der —— re bie Rechtfertigung ein le:
biglih formaler Act ift, eine Gerechterklärung
des Gläubigen von Seiten Gottes, ift dagegen
bie Seiligung bie reale Zunahme an göttlihem
Leben, die unmittelbare Folge ber erjtern; 5) bie
ke Einheit (unio mystica), die höchſte
—— e Vollendung, die Einwohnung Gottes in
aihmilfion. S. Innere Miffion.
imburg. S. Gregor von Heimburg.
imjuhung Maria ift das Feſt, welches zum
Andenten ihres Bejuches bei Elifabeth in der abend⸗
ländifchen Kirche 1247 sg von den Francis:
tanern 1263 als Ordensfeſt angenommen und
vom Bajeler Goncil 1441 als allgemeines fanc:
tionirt wurde.
Benzin son Gent, *5* Gothals. Doctor
solennis. Geb. 1222bei Gent. Ein Schüler Alberts
des Großen und Gegner bed Duns Scotus, war
Lehrer der Scholaftil an der Sorbonne. + 1293
ald Arhidiafon zu Tournay. Summa theologiae
und Quodlibeta theologica.
Heinrih von Gorkum lebte um 1450 ald Vice:
fanzler der Univerfität zu Köln. Er commentirte
den Ariftoteled und den Lombarbus und ſchrieb
u. 9. tractatum de superstitiosis quibusdam
tasibus seu caeremoniis ecclesiasticis. ®gl. Du
Pin nocy. XII, 101, Cave app. p. 118,
Heinrich vom Heffen, der Jüngere. Karthäuſer⸗
mönd und Prior des Marientlofters in Geldern
und 1400 Rector ber Univerfität Heibelberg, der
als fruchtbarer exegetiſcher Schriftfteller ſich bes
339
Helding
lannt gemacht bat. + 1427. Vgl. Iſelin, Lex. von
Kettenbach.
Heinrich von Hutingdon. Archidiaklon in H.
um bie Mitte des 12. Jahrhunderts, iſt ter Ders
fafier einer Historia Anglorum, welche von Julius
Cäjar bis 1154 geht. Wenngleich feine Chronolos
gie oft vermorren ift, fo ift fein Werk dennoch we:
gen ber von ihm benugten Quellen wichtig und
von Spätern oft egcerpirt.
Heinrich von Langenflein in Überheſſen war
1363 Magifter der Philofophie in Paris, 1375
Lehrer ber Theologie und Bicelanzler der Univers
fität und lehrte dann, von — II. berufen,
an der —— Univerfität Wien feit 1390
Theologie, Ajtronomie und Mathematik. + 1397.
Bei ausgebreiteter Gelehrfamteit wird namentlich
fein Berdienft um Maihematik und Aftronomie
gerühmt, Contra astrologos, 1368. Sein theolo«
giſch wichtigſtes Werk iſt Consilium pacis de
unione ac reformatione eccles. in coneil. univ.
quaerenda,1381. €3 enthält eineSchilberung des
ittlihen Verderbens ber Klöfter und des Klerus,
beine orſchläge begegnen benen Gerſons. Da er
aud Heinrich von Beffen heißt, jo iſt er als der
Aeltere zu unterfheiden von Heinrich von Hefien
dem Jüngeren.
‚Heinrih von Laufanne und die Henricianer,
Ein Eluniacenfermönd, trat er aus dem Kloſter
aus, um im Bußgewand als Vollsprediger umher⸗
zuziehen, 1116—1148, Anfangs nahm ihn aud) die
Geiſtlichteit gern auf, jo Biſchof Hildebert zu Mans,
aber al3 9. immer entfchiedener gegen den Klerus
unb die Hierardie und im Zufammenhang damit
egen das Berdienft der äußern Werke und bie
pfertheorie des Abenbmahles fih ausſprach, fo
daß das Bolf nur durch die Macht der Obrigkeit
gehindert wurde gegen die Briefter fich zu erheben,
mußte 9. die Döceſe verlaflen. Als er fi) nun
enger an Beter von Bruis anfchloß und in der Bros
vence feine Lehren auöbreitele, wurde ex zu Arelate
gefangen genommen; das Goncil zu Pifa verur—⸗
heilte ihn 1154 zu Gefängnißhaft; doch erlangte
er feine Freiheit wieder und erneuerte mit Erfolg
feine Thätigleit. Gegen ihn wirkten ber h. Bern:
hard und Sup von Kouen, und —— ſandte
den Legaten Alberich zur Unterdrückung der Ketze—
rei. Heinrich wurde gefangen genommen und ſtarb
im Gewahrſam des Biſchofs von Toulouſe.
Ks bon Sütphen. ©. Moller.
tirath. ©. d. Art. Ehe.
Kelam. 2. Chr. 10, 17. Cine Stadt, die öſtlich
vom Jordan gelegen haben muß, nad) Ewald Ala⸗
matha am Euphrat.
Helbon. Ey. 27, 18 erwähnt ben Wein von H.
Der Ort ift von Robinfon in dem gleihnamigen
Dorfe bei Damascus wiedergefunden.
Helding, Michael, genannt Sidonius. Ein in
ber Reformationdgejhichte vieigenannter katholi⸗
ſcher Theolog. Geboren von armen Eltern zu
Eslingen oder Zangendenzlingen 1506, ftubirte er
in Tübin en, war in Mainz Rector der Domſchule
und Priefter und murde 1538 ala Biſchof in par-
tibus von Sidon Suffragan be3 Erzbiſchofs. Die
Gunſt des Kaiſers erhob ihn — taiſerlichen Fo
und gegen ben Willen des GCapitels zum Biſcho
von Merjeburg 1550, endlicd zum Kammerrichter
in Speier, + 1561. Da er die römijche Lehre feit-
hielt, Catechismus Mogontinus 3. institutie
ad christianam pietatem, und I der
Helena 340 Hellenismus
Verträ lichteit zu bewahren wußte, bediente Karl fich Maus und Bifhof zu Altino, An ihn Gut ie
einer bei den Verhandlungen mit den Proteftan: —*. des Hieronymus de amore soli ‘ge:
n, fo 1547 zu Dim, 1548 beim Au —I Ins | ti
terim, 1556 zu Regensburg und 1557 beim Collo⸗ —— Ein Prieſter in Antidchien, der
quium zu Worms, wo jedoch feine Forderung, die | um 400 gegen die Manichäer De natüris refum
— eKirche als Schiedsrichterin in ber Erklä⸗ exordialium rieb.
rung hmieriger Bibelftellen — * ben! Heliogabal. Römiſcher Kai — ki
BerJandlungen ein Ziel fehte. Don proteſtan⸗ eigentlich Darius Avitus Bafftanus, der Sohn eines
tiſcher Seite ift er öfter und namentlich Re dla: | römifehen Senators, war 1 ge alt en
cius hart angegri In. Wibderiegung 2. 1650. priefter des Sonnengottes zu —— gen
Helena, die Heilige, Gemahlin bes Conftantius wurde von der dortigen Legion zum N „ers
lorus. Ihre Ser unft und Heimath find unge: Kom führte die u der Schlag t bei mm nad)
wiß, da fle nach Einigen aus England, nad Andern führte —2 Sonnencultus in
aber aus Bithynien ſtammen ſoll. Nach ſeiner Er- Rom ein ge Fası te die alten ie in
hebung zum Kaifer verftieß fie ©. ; dann lebte fie | den neuen Tempel. Wenn dadurch die
ig in Trier bis nad dem Siege Son ‚religion gebrochen war, fiel unter ſeiner R
antin d. Gr. über Magentius. Sie ließ fi tau: eine Veranlaffting der Chriftenverfol: ng
en, erbaute Kirchen und Klöfter und machte die Helkath. Joſ. 19, 25; 21,31. Stadt in Affer,
allfahrt nad dem gelobten Lande, wo fie melde ven Zeviten anheimfiel.
das Kreuz auffanb und Kirchen auf den heitigen | Hellaih-Hazurim. Ader der fteinernen Mei:
Orten baute. + 327, Ihre Reliquien behauptet |fer, jo genannt von dem 2. Sam. 2, 16
Rom zu en, und die Abtei Hautvillier bei Vorgang, daß die Wettfämpfer wiſchen
Rheims will fie ſeit 849 von dort entführt Gaben. | und — Heer I) gegenfeitig erfählugen.
Ebenfo haben die Venetianer diefelben aus dem elenismus. de enifen heißen Apftg. Ra 6, 1;9,
Grabe zu Conftantinopel erlangt. Gebächtniftag: J riechiſch redenden Juden im ahe zu
18. Auguſt. aläjtina geborenen, den Hebriern,
Helena, die Heilige, eigentlich Olga, wer bie sr e das Hebräifche, d. h. Aramätfche, war
Mittwe des Großfürften For und ließ fih 955 D ötfmenbigteit es täglichen Lebeng "Hatte
zu Conjtantinopel taufen, 'd ie Juden der Diafpora gezwungen, die
Helena bon Stöfde in Schweden, wurbe 1160 verbreitete * Vollsſprache anz
ermordet, als fie von einer Wallfahrt nach Rom | einen Dialekt, der auf Grundlage der xown
zurüdgelchrt. 1164 wurde fie von Alexander III. | Alerander dem Großen allgemeinen Sch
big gefprien, Ihre Verehrung beſchrünkt ſich hr — Beſtandtheile und
chweden und Seeland. iffe der Dialekte und Ptovinzen m
eleph. Joſ. 19, 33. Stadt an der — Er Dieſe Sprache erlitt neue Berän
von Naphthalt, als fie im Munde der Juden jübifcher'Anfd
Heliand, oder die altſächſiſche Evangelienhar- —* und jüdiſchen Gedanken ange —*
monie. Es iſt ber Name einer poetiſchen Bears den mußte. Die Ueberſetzung der L
beitung der evangeliſchen — in altfächfifcher | bleibend ein. Sie übertru nt nur —
Space aus der Zeit Ludwig Jeſus erfeint | Redewendung und Sapbil ‚ Sondern‘
in ben anmuthenden, treuherzig edeln allitteriten: | aus dem in der Vollsſprache Gochanbehen
den Verſen alö ber Voltstönig, feine Singer find rath beftimmte Worte für nur dem Juden’ geläu:
feine Mannen u. |. w. Herausg nen ift der He: | fige religiöfe Begriffe. Jm mweitern Maße war
liand von Schmeller 1830— 1840, Die befte * dies der Sal, al3 für die neuen chriſtlichen
a a von Simrock, Elberfeld, 2. | der Ausdrud gefunden werden muhte, wo
nicht weniger der Einfluß der in Paläftina' einge:
eliodorus, Der Schatzmeiſter des Seleucus III.
bürgerten aramäifchen Vollsſprache geltendbmadite.
Philopator, EG Serbien geſchickt wurde, | So entjtand das helleniſtiſche Idiom, in melden
um ben Tempeljcha‘ rt an fih zu nehmen. |ein Theil der Apolryphen des A. T. und
Berge ebend vom Hohepriefter Onias gewarnt, | liche Bücher des N. T. geichrieben ‚und mel:
wurde er bei ‚dem Verſuche auf wunderbare Weife di ſich — Hu A Srammatife von F
geſchlagen, 2. Malk. 3, 6 ff., fo daß er davon chiſchen Schriftſprache nicht wenig unt
Abftand nahm. Er vergiftete den König, ben (os! (. Winer, Gr. Einl.). Die —**
Thron aber beſtieg Antiohus E a ge neswegs gleichmäßig, 3 Ks
eliodoruß aus Emefa. Bilde von Thricca —— und ber allgemeinen
in Theſſalien, lebte zu Ende N 4. Jahrhunderts. faſſer ſchwankt fie fen großer näher;
No Heide hat er dem älteften ung au eidahrten an die ſtark hebrä —2 S
riechiſchen Roman Aethiopica geſchrieben, deſſen in der Apolaiypſe, und —* ——
Niger Charakter ſchon eine nähere Bekannt: wandteren ——— Au a bes Hebräcr-
Haft mit dem Chriftenthum zeigt. Daß eine Pro: | | briefes, Das €
vincialfgnode bie Abfaffung des Buches ihm 98 | land ift affo, —— 5 seat er
ter zum Bormwurf gemacht und defhalb zur Nie eber« — den Sprachformen dienſtbar geme
legung feines Amtes genöthigt habe, if eine nicht | Über ber griechiſche Geift —— au
4. wahrſcheinliche Angabe des —S Bon, Theil das —2 Weſen, in
Heliodorus wird berichtet, da er zuerſt von den ‚geiedigen Philofophie auf enommen =
WEHREN Prieftern Enthaktfamteit gefordert , er Fa ran arg die) gen
abe. | tung und Auslegung in d
Heliodorus. Ein Geführte des Hieronymus | hineingelegt wurden. Auch, —
auf ſeiner Reife in den Orient, fpäter Priefter in | elufivität gehrochen durch den een ge *
Hellfehen 341
Berlehr. Noch mehr wurde dies vermittelt durch
die fog. Proſeiyten des Thord und der Gerechtig-
teit, welche in die religiöfe Gemeinſchaft griechiſche
Sinnesweiſe hineintrugen und ein Verſtändniß
verielben eröffneten. Da dieſe Helleniften duch
—— von Jeruſalem das Opfer und den
lebiliſchen Gollesdienſt entbehren lernten und auf
die Predigt der Synagoge angewieſen waren,
ſich nothwendig zwiſchen ihmen und bem
Pharifäertfum ein Unterjchied heraus:
bilden, ber zur —— wurde. Indem aber
der Hellenismus Die engen Schranlen der jüdiſchen
Rationalität durchbrach und ben religiöjen Gehalt
der griechischen Joeen wigbigen lernte, war er ber
Boben, auf dem der Gedanle des Chriſtenthuris
ald Weltreligion Wurzel faſſen onnte. (Ugl. Dia:
fpora, Griechenland.)
ift dad Wahrnehmen von nach Raum
und Zeit entfernten Dingen, welche mit den natürs
lichen Organen nad) den und befannten Geſetzen
nicht wahrgenommen werden können. Es wird
ein ſolches erg beim Somnambuliämus
und in efftatiihen Zuftänden behauptet und vor:
4 x Erflärung und Begründung mancher
(den Thatſachen verwendet, obgleid) bie Sache
jelbft und ihr innerer Zufammenhang nod gänz:
lich —— iſt.
Helmbold, Ludwig. Geb. zu Mühlhauſen ben
4. Jan. 1532, ftudirte er zu Erfurt und eipain,
war 1654 zu Erfurt Magifter und Profeſſor.
an der neuerrichteten © — ort angeftellt,
—* er 1570 jeine Aemter nieber, wurde dann
1571 Diafonus, 1586 Superintendent zu Erfurt.
+1593. Ein fruchibarer Dichter, den Mazimilian
1566 au Augsburg krönte. Manche feiner deut:
ſchen Lieber („Bon Gott will ich nicht lafjen“ zc.) find
in die Gefangbücher aufgenommen. Meift aber
ichtete er Lateinische Oden.
mold. Er war Perle zu Blikow im Lür
den, «in Schiller des Biſchofs Wicelius von
Divenburg (} 1158). Er Legleitete den Biſchof
Gerold von Lübeck (1158 — 1162) auf feiner Be:
ngäreife zu den Slaven und ſchrieb Die Chro:
der Steven mit ſchätzbaren hiſtoriſchen Nach—
richten, umfaſſend die Zeit von Karl d. Gr. bis
1170, Eine ——— lieferte der Benedictiner⸗
abt Arnold in Lübeck 1209. Erſte Ausgabe des
con franc. 1656 von S. Schordel mit einer
Borrede von Melanditbon.
Helmflädt. Die Univerfität wurde 1575 von
vr von Braunſchweig geitiftet, der hierhin
ein 1569 zu Gandersheim errichteted höheres Pä—
dagogium verlegte und zur Univerfität umgeftal:
tete. Im Gegenfate zu ittenber ift Hier imme*
eine humaniftiiche und freie wiſſenſchaftliche Rich:
tung gepflegt worben, die namentlich durch den
Ginftah der Galirte dem Confeſſionalismus fremd
blieb, wodurch die Univerfität zeitweife in hohem
Anſehen ftand, zeitweife in Mifcrebit gerieth.
Hieronymus, König von Weftphalen, 8 e 1809
auf. Unter den theologifchen Lehrern find zu nen:
nen Chyträus, Garpzov, Ealirt, Sebbufius, Mar:
tinius, Mosheim, Selneccer, Hente.
fe. ©. Abälard.
vetiihe Gonfeifionen. Um ein Gejammt:
befenntni Schweiz zu gemin.ıen ald Ausbrud
ihrer Einheit, ſowohl gegen bie Lutheraner als für
das in Ausficht geitellte allgemeine Concil, wurde
von Bern eine Zujammenfunft aller ſchweizeriſchen
Helvetifhe Eonfensformel
| Rieden vorgeſchlagen, die den 30. Januar 1536
in Bafel zu Stande fam. Eine von Bucer, Gry-
näus und Judä entworfene formel wurde bei
Seite gelegt, weil fie aufs neue eine Vermittlung
mit ben Lutheranern im Auge hatten. Die For:
mel wurde neu verfaßt von Bullinger, Leo Judae,
Ken: Mylonius und Grnnäus und in 27
Willeln (die lateinifche Ausgabe in 28) aufgejent.
Das lateinische Original überfegte Leo Judä und
diefe Recenfion wurde approbirt, der lateinische
Tert danad) wieder emendirt und beide auf einer
neuen Berfammlung am 26. März 1556 im Na-
men aller Kirchen endgültig fejtgeftellt. — Die
weite helnetifche Gonteffion ift urfprüng’id) eine
rivatarbeit Bullingerd aus dem Jahre 1564,
welche derfelbe Friedrich III. überließ, alö diefer
für den Reichätag 1566 eine Darlegung des Glau—
bend zum Gebraud bei feiner VBertheidigung
wünjchte. Der Beifall, den die Schrift fand, be
ftimmte Zürich, fie den Übrigen Schweizerfirchen
als den erneuten Ausdruck der Glaubenseinheit
vorzufchlagen. Alle ſtimmten zu, zulegt Neuſcha—
tel 1568 und Bajel; und aud die übrigen refor-
mirten Kirchen erfannten dieſe Confeſſion ala
ihrem Belenntniß entfprehend an, Scholtland
1566 und 1584, Ungarn 1567, Frankreich 1571,
Polen 1571 und 1578. Nuägaben: Niemeyer,
Collectio confessionum, 1840. Bödel, die Be:
fenntnißjchriften der reformirten Kirche mit Ein-
leitungen, 1847.
Helvetiihe Eoniensformel, Bon allen Belennt:
nifjen der reformirten Kirche verleugnet dieſelbe
am meiften das Wefen eines tirdlichen Ge:
meinbebelenntnifjed und ift faft noch mehr als
die lutheriſche Goncorbienformel eine theologiſche
Lehrnorm. Sie ift hervorgegangen aus dem Be:
mühen der Genfer und ber DBafeler Theologen,
der Lehrweife der Schule von Saumur, dem
Amyrautſchen Univerſalismus und der freiern
Auflaffung ber Schriſt in der Schweiz den Ein:
gang zu vermehren. Das Begehren, aud dem
Ecken ein Birwerfungsurtheil entgegen:
zujegen, drang nicht durch. Nachdem bie Theolo:
gen mündlich und jchriftlih 1609—1674 den Ge:
| danken einer neuen Eintrahtsformel erflärt hats
ten, gab 1674 die Eonferenz ber vier StäNte ihre
Zuftimmung. Heidegger in ai (j.d. 9.) er:
Lielt den Auftrag, den Entwurf anzufertigen, und
als diefer von den Minifterien der Städte revidirt
und emenbirt, wurde bie Formel 1675 ratificirt
und zum Symbol erhoben. Ihre 26 Canc ned brin:
nun die controverd gewordenen Punkte von
er Infpiration der Bocale, der Gnadenwahl, dem
Are Gehorſam Ehrifti, der Berufung zum Heil
und dem zmwiefachen Bunde mit Marer Abmeifung
der Saumurjchen —* zum Ausdruck, j>doch unter
Anerkennung des reformirten und chri * Cha:
rakters derjelben. Die unbedingte eg a des
Conſenſus, die man anfangs von allen Theolygen
forderte, eng bald der laxen Deutung ein*3 Qua-
tenus oder der Auslegung non aliter docebo,
beſonders als die franzöftfihen Refugies in ber
Schweiz Aufnahme fanden und ald der große
Kurfürft ſich für die Aufhebung bes Berlangens
ber Unterjchrift verwendete. Als aber die Afade:
mie von Laufanne die Zulafjung von Reftrictionen
1716 als gejeglich verlangte, kam e8 zu ernſtem
wieſpalt mit Bern, in welchem dieſes bie Unter:
hrift ohne Rejernat und Erläuterung durchfegte,
Helvetius
aber doch zugeſtand, daß fie nur einer Lehrnorm
gelte, gegen die man weder öffentlich noch privatim
lehren und predigen dürſe. Dennoch iſt binnen |
342
Hengſtenberg J*
Bon feinen Schriften gıb Seb. Branbt einen Theil
es Bafel 1497, Fragmente und frühere Bear:
eitungen durch Reber. Diefelben ftehen auf dem
furzem die Conjendformel in Bergefienheit geras | Inder.
then. Die formel, officiell nie im Drud erfchienen,
findet fich bei Niemeyer, Collect. conf. P 729.
Helvetius, Claude Adrian, geb. 1715, + 1771.
Er erhielt ſchon mit 23 Jahren die Stelle eines
Dberzolleinnehmerd. Vorzüglih als Philofoph.
Vurch feine Werte De l’esprit und De I'homme
erregte er das größte Auffehen. Friedrich IL. berief
ihn 1765 an feinen Hof und zeichnete ihn fehr aus.
Sein philojophifhes Syſtem ift ein eudämoniſtiſch⸗
materaf’ftifches: ihm ift ber Egoismus das berech⸗
tinte Brincip alled menſchlichen Handelns, ber Zu:
faul regiert die Welt, aber Menjchenliebe und all:
yerreine Wohlfagrt tönnen dennoch und follen bie
höchſten Ziele fein.
Helvicus, Chriftoph. Geb. ben 26. Dec. 1581
zu Sprendlingen in Heffendarmftabt, war er ſchon
1605 Xehrer der hebräiſchen und griechiſchen
Sprade zu Gieken, 1610 Brofefior der Theologie,
Als gründlihem Kenner des Hebräiſchen, das er
fließend gefprochen haben ſoll, wurde ihm die Uns
terjuhung der Bücherfammlungen ber aus Frank⸗
furt vertriebenen Juden übertragen. Außer ram:
matifen und Wörterbüdern von orientalifchen
Sprachen, gab er heraus die viel gebrauchten
chronologiſchen Xabellen Theatrum historic. et
chronolog. s. Chronologiae systema novum 1609
und 1666.
Helvidius. Ein Antidifomarianit. Cin Schli⸗
ler des Arianerd Augentius, lebte er zu Rom,
ein Beitgenofje des Hieronymus, welch Ichterer
x enihn m. ad Helvidium, als jener in einer
hit die rg vertheidigt hatte, Maria
habe in der Ehe noch Kinder geboren; er wollte
damit der übermäßigen Werthihägung des ajfeti:
ſchen Lebens entgegentreten.
Helyot, Pierre, mit dem Kloſternamen Hippo»
lyt. Franciscanermönch zu Peipus bei Paris.
eb. 1660 Fe Paris, +5. Jan. 1716, ift er der Ber:
fafier der Histoire des ordres monastiques reli-
gieur et militaires, Paris 1714-1719. Leipzig
1753, (Deutſch) 8 Be. in 4.
Heman. Unter den Dichtern und Sängern zur
Zeit Salomo's wird 1. Kön. 4, 31 u. 1. Chr. 6,33
ein Heman genannt, an der erjten Stelle in Ber:
bindung mit Gthan, dem Gsrahiten. Bol. Pi. 39
während Pf. 33 einem Esrahiten Heman zuges
ſchrieben wird. Da H. aus der Familie Serah zum
Stamme Juda gehörte (1. Chr. 2, 6), mährend
Heman (1. Chr. 6, 33) zu den Leviten gezählt wird,
fo ftreitet man darüber, ob beide Male diejelbe
Perſon zu verftehen fei.
Hemmerlin, Felix (Malleoluß), geb. zu Zürich
1389, Shorherr am Broßmünfter 1412 und Brobft
zu Solothurn 1421. Er nahm Theil am Goncil
mu Conſtanz und wurde in Bologna zum Doctor
es lanoniſchen Rechtes promovirt. Seine Schrif:
ten laſſen die kirchlichen Zuftände der Zeit er:
lennen, er belämpfte nd) allen Seiten, ohne je
auf die Schäden des Dogmas einzugehen, ben
Berfall der Difciplin, die verweltlihien Chor:
— jo gut wie das Pöbelvolk der Beitelmönche.
da er im Kriege Oeſterreichs mit den Eidgenofien
dieſe empfindlich beleidigt hatte, überfielen ihn
diejelben und hielten ihm zu Conftanz, dann zu
*
Hemming, Nilolaus, praeceptor Daniao. Geb,
1513 zu Zaaland, bezog er, gut vorgebildet, bie
Univerfität Wittenberg, war dann Hauslehrer,
wurde Prediger an ber 5. Geiſtkirche in Kopen⸗
Zoom, rofeſſor der griechiſchen hebraiſchen
prache; 1517 Proſeſſor der Theologie und Vice⸗
lanzler ber Univerfität, dann feiner Aemter ent
Iafien, —————— Han Le
. Seine zahlreichen theolog chriften,
welche unverdient vergeffen ſind, umfaſſen außer
der nt ne alle Fächer ber logie.
Da er dem Melandthonifchen Geifte treu blieb
und durch feinen Rath die Einführung ber Con⸗
eordienformel verhinderte, war er der Orthobogie
verbächtig, deren Ubiquitätälehre er im „Syns
tagma“ entfchieven beftritten hatte. Ein heraus:
gegebenes Glaubenäbelenntniß 1576, in welchem
er etwaige Srrthlimer widorrief, wurde ald krypto⸗
calvinifh von Andreä in Marburg gedeutet und
der Berfaffer in Folge deß, auf Andrängen bed
Kurfürften Auguft von Sadjfen, bed Schwager:
le 58 — ——
uys, Franz. Der Sohn des berühmten
— ——— war geb. 1720 in Gröningen und erſter
mmis bei der Staatskanzlei der Vereinigten
Staatenvon Holland. Injeinen religidßsphilofopi-
en Schriften: Aristse ou de la divinite, 1779,
ettres de Diocles ä Diotime sur l’atheisme,
1785, fteht er zwar im Locke'ſchen Senfualiämus
und vermwirft alle pofitiven Religionen, ringt aber,
ein edler Geift, Verehrer F s und Freund J.
.Jacobi's, über jenen Naturalismus hinaus.
elannt ift fein —* Verkehr mit der Furſtin
Galitzin, deren Studien er geleitet hatte. de
feiner Schriften find aus Unterrebungen mit ihr
ervorgegangen. Seine Schriften gab heraus
anfen 1792, Sylvain van de Weyer, Zömen
engfienberg, Ernſt Wilhelm. Geb. zu Fed
ngflenberg, Ern i . zu Frön
BA in der Erafihaft Mark den 20. October
1802. Stubirte feit 1819 in Bonn und Bafel.
1824 PBrivatdocent der Theologie in Berlin, 1826
a. o. ®rof., 1828 0. Prof., 1829 Dr. theol. Seit
1827 Herauögeber der Evangeliſchen Kirchenzei⸗
tung. Seine theol. Hauptwerte find: 2.
des A. T.,2. Aufl., . 1854 — 1857. Beiträge
zur Einl. ins A. T., 3 Bde, Berl. 1831—1839.
Commentar über die Pfalmen, 2. Aufl., 1849 —
1851, über die Offenbarung, 2. Aufl., 1862. Das
Evangelium Johannis, 1861. Seine Gelehrſam⸗
feit ift anerkannt, ſehr beftritten aber feine J
tiſche Oemiffenhaftigteit; da auch Die wiſſenſchaft⸗
lichen Arbeiten vollſtändig in den Dienft der ein
mal erwählten Richtung geftellt find, deren Führer
9. ift, und welche ein auf orthodoxer Lehre ruhen:
des Kirchengebäude erftrebt, dem der Staat dienſt⸗
bar fein jol. Den Kampf um die Erreichung bie:
jes Bieles eröfnete die Denunciation gegen bie
Halie ſchen Rationaliften, und berfelbe wird in
mandjerlei Wendungen mit ftetö fchlagfertiger,
Be ſchonender Bolemit bis zur Stunde fortge-
ührt. Von Haufe aus reformirt, ward Hengſten⸗
berg fpäter ein Borkämpfer des orthodoren Luther:
Fr wie er denn auch in feiner Stellung zum
Luzern im Klojter bis an feinen Tod gefangen. | Pietiömus und zur Union ftarfe Wandlungen
Henhöfer
erlebt Hat. Nachdem «8 * bis in bie neueſte Zeit
e
war, als angeſehener Parteiführer gro⸗
—— ———— hat ihn jüngft dad Miß⸗
fien, bei ftrengen Qutheranern nicht
ohne Grund in den Verdacht der Jrrglüubigkeit zu
gerathen.
Wier, Dr. theol.Aloys. Geb. in Vollersbach
bei. Karlöruhe den 11. Juli 1789. Der Sohn von
Bauersleuten, trat er 1302 indie Schule der Piari:
fien zu Raftatt, dann ind Lyceum, bezog 1311 die
i — und empfing 1817 bie Prie—
fterweibhe. Als Pfarrer zu Muͤhlhauſen felbft er:
medt und zur Schrift getäßt, erregte feine Wirt:
—** den Verdacht der geiſtlichen Behörde; er
in Bruchſal in Haft und wurde wegen ſeines
Chriſtlichen Glaubensbelenntniſſes“ aus der Ta:
tholiſchen Kirche ausgefchloffen. Seine Gemeinde
trat, mie er jelbft, zuc evangeliichen Kirche über,
unb er wurbe 1823 Pfarrer zu Graben, 1827 zu
an mi und Stafforth. Er ftarb nad) langer und
egneter Wirkjamfeit 1862. Seine Schriften ha:
— größtentheils nur Bezug auf beftimmte Bor:
e in der fatholiihen und evangelifchen Kirche
Landes. Viele feiner Predigten erjhienen in
der von ihm redigirten Zeitſchrift „Chriftliche
Mittheilungen.”
te, Heinrich Philipp Konrad. Geb. zu Hehlen
a. d. Wejer den 3. Juli 1752, wurde in Braun:
en, trat vor dem Abgang zur Univer:
ehrer ber 2. Clafje am Martineum ein.
Er ftudirte dann zu en ward 1776 —
und 1778 a. o. Profeſſor der Philologie, 1780 o.
ofefior der Theologie, 1786 Abt des Kloſters
Iftein, 180 Re rd har von
ingen, 1804 Bicepräfibent des Gonfifto:
riumd. + 2. Mai 1809. Henfe war Rationalift,
aber feine „Allgemeine ande Fr der chriftlichen
Kirche nach ber Zeitfolge”, 4. Aufl. 1800—1806
zu ben vorzügliditen Werlen ber lirchen⸗
Literatur, wenngleich er die geſchicht⸗
heinungen nicht mit dem Maße ihrer
fondern nad) feiner Auffafiung des Chrift:
en zu mefien per der Kirchenge⸗
he, e gab er heraus: Lineamenta institutionum
Chr. histor. — criticarum, Helmftädt 1793.
fe, Ernſt Ludwig Theodor, der Sohn, bis
1 zes und a. o. Profeflor in Jena,
dann Directow des Predigerfeminard in Wolfen:
büttel, jeit 1839 Profeflor der Theologie in Mar:
burg. Hauptichriften: Theologorum Saronicorum
consensus repetitus, 1846; Consensus repetitus
fidei vere Lutheranae MDCLV, 1847 ; Georg
Galigtus und feine Zeit, 2 Bde., Halle 1853, 1856,
1860; Konrad von Marburg, 1861; Jalob Fried:
zich Fried, 1863.
. 1. Mof. 5, 18. 12. Der Sohn Jareds
und Bater Methufalahs, der lebendig zu Gott ent:
rückt ift. In der jüdiihen Sage wird er alö Er:
finder der Buchſtabenſchrift und der Ajtronomie
verherrlicht. Seinen Namen trägt ein merkmür:
diges apoirpphifches Bud, welches Jud. 15 citirt
ift und zu den Apolalypſen gehört, in Bifionen die
heimniſſe ber Natur und des göttlichen Wefens |
offenbart und in ſymboliſchen Zügen die Geſchichte
8 bis zur erwarteten mefftanifchen Vollen:
dung ſchildert. In dad Buch eingefchaltet von
einem jüngern Berfaffer jcheint der Abichnitt Cap.
87. 70, welcher in drei Barabeln vom zulünftigen
Heil der Gerechten und dem melfianifhen End:
343
Heracleon
erichte redet. Diefelbe Schrift ift wahrſcheinlich
Bebräife geichrieben, ind Griechiſche est und
herausgegeben in der äthiopiſchen Ueberfegung,
welhe 1773 nad Europa fam. Sie wurde ins
Deutſche überjegt von Dr. Hoffmann in Jena 1833
und i von Dillmann in Tübingen 1856.
Die Abfaffungszeit fegt Emald ins 2, —
vor Chr., Vollmar um 162 nad Chr. S. Lüde,
Einleitung in die Offenb. Joh. — Den Namen
Henoch (bei Luther: Hanoch) führen in der Schrift
außerdem ber en Kains, 1. Mof. 4, 17; der
Sohn Rubens, 1. Mof. 46, O und ein Sohn Mi»
diand, 1. Mof. 25, 4.
Henotifon ift das TYaiferlihe Edict Zeno’s
von 482, welches durch die kaiſerliche Autorität
die Glaubensſtreiligleiten beenden follte, das
Nicänifhe Symbol mit den Zufägen von Conſtan⸗
tinopel 381 als allein suläffig erflärte, den Nefto:
rianismus zwar ebenjo wie den Eutychianismus
verdammte, aber auf das Chalcebonifche Concil
wenig Gewicht legte und den Brief Leo's an Fla:
vian völlig mit Stillfhmeigen überging. Als Papft
Felix 484 den Urheber des Henotilond, Acacius,
excommunicirte, entitand zwiſchen ber abendlän:
difchen und eng Sean ie Kirche ein Schisma,
welches biö zur ie uftinus I. 518
währte, welcher die Autorität der Synode von
Chalcedon wieder herftellte.
enricianer. ©. Heinrich von Lauſanne.
enſchen, Gottjried. Geb. zu Venrad bei Gel:
bern den 21. Jan. 1600. Er wurde im Jefuiten»
collegium zu Herzogenbufd erzogen, trat in den
Orden und wurbe, nachdem er an mehreren Stellen
als Lehrer gewirkt hatte, Bollandus als Gehülfe
beigegeben. Er ermeiterte den Plan des Bollan:
diſchen Werkes (ſ. Acta 5.) und übernahm bie
Bearbeitung der griechiſchen, franzöfiihen und
italienifhen Heiligen, womit er bid an feinen Tob
1681 ſich er 7 eifrigfte beichäftigte.
her. Stadt in Südpaläftira; früher Sig
eines fanaanitiihen Königs, Joſ. 12, 27, war fie
fpäter Sit eines falomonıjhen Küchenamtes.
Heppe, Heinrich Ludwig Julius, Profeffor in
Marburg. Hauptiriften: Geſchichte ber elliigen
— — 1 2, 1847; Hift. Unterju-
chung über den Kaffeler Katehismus 1539, 1847;
die Einführung der Verbeſſerungspunkte in —2
1849; die Reſtauration des Katholicismus in Fulda,
- dem ar und in Würzburg, 1850; Ger
ſchichte des an Proteſtantismus 1555—81,
1852—57; bie enntnißſchriften der altprot.
Kirche Deutichlands, edirt 1855; Dogmatik des
deutſchen Proteftantismus im 16. Jahrh., 1857;
der Text der Bergifchen Eoncordienformel, 1860 ;
Philipp Melandthon, 1860; Schriften zur refor⸗
mirten Theologie, 18360, 1861; „Theodor Beza”
in dem „Leben der Bäter und Begründer der ref.
Kirche” ; Schulmeien des Mittelalters, BbO; Ge:
ſchichte der evangel. Kirche Rheinlands und Weit:
phalens, 1867.
Heraclas wurde mit feinem Bruber, dem Mär»
tyrer Blutarch, im Heidenthum erzogen, lam burd)
die Neuplatonifche PBhilofophie zum Chriſtenthum
und wurde von Origenes als Katechet in Alexan⸗
— verwandt; 232 zum Biſchof daſelbſt erwählt.
+ 274.
Heracleon, ein Gnoftifer in der erſten Hälfte
des 2. Jahrhunderts. Schüler und Anhänger des
Valentinus, welcher wahrſcheinlich in Negypten ſich
*
Seraclius
aufbielt. Er Bet Balentinus’ Syftem mit mehr
Bejonnenheit behandelt. Er jchrieb einen Commen⸗
tar zum Johannes, aus dem Drigenes Bruchſtücke
aufbewahrt hat. 9. legte jein Syftem in den Jo—
hannes — ie Fragmente des H. ſtellte
— zuſammen: Specileg. patr. et haeretic. IL
P- *
Heraclius. Dftrömifher Kaifer (610 — 641).
Der Sohn eines Statthalterd in Afrika, erlangte
er den Thron durch eine Empörung gegen Pholas.
Bedrängt von den Abaren, die 618 Conftantinopel
belagerten, und den Perjern, die 614 Jerufalem
erobert hatten, fand er fich mit den erfteren durch
Geld ab, und erzwang 628 mitdenandern den Frie:
den und die Herausgabe des Holzes vom Kreuze
Chrifti. (Das Felt der NKreugeserhöhung, 14.
Sept.) Das „Faften des Heraclius“ beim Klerus
von Jerufalem wird darauf bezogen, daß berjelbe
mit dem Patriarchen die Verantwortlichkeit dafür
übernommen, daß 9. bei der Eroberung Jerufa-
lemö gegen jeinen Eid alle Juden habe nieder:
hauen lafjen. Sein Bemühen, den Kirchenfrieden
wieder herzuftellen, fachte den monotheletiſchen
Streit an, in welchem e3 ſich um die vom Patri—
archen Sergius vorgeſchlagene und vom
Honorius gebilligte Sera uia Eariv 7) Evepyeıa
tod Xgıorod har.delie, welche das von H. 638 pu⸗
blicirte Edict, die Ex9enıs rjs niorewg beftätigen
folite (f. Monotheliten). 9. ftarb 641 an der Wafr
EN: Seine Nachkommen behielten den Thron
bis 711,
Herard, Erzbifhof von Tours (85° — 871).
Ein — Einfluß und Gelehrſamkeit hervor:
ragender Mann. Seine Capitula episcopalia von
858 enthalten eine Inftrucion für feinen Klerus,
—* er predigen und wie er Schulen errichten
olle.
Serbart, Johann Friedrih. Geb. den 4. Mai
1776 zu Oldenburg, f-udirte er 1794 in Jena, war
1797 — 1802 Crzieher, habilitirte fih dann in
Göttingen, ging 1809 nad Königsberg, kehrte
1835 nad Götiingen zurüd. + als — der
hiloſophie 1841. Sehr bedeutender philoſophiſcher
orſcher von eigenthümlicher Richtung, die jetzt
nod) in hervorragenden Denkern als eigene Schule
fortbefteht, und die aud) theologifh — bejonders
im Öegenjaß gegen bie Schellingiſch-⸗Hegelſche Spe:
eulation, auf dem Gebiete der Religionsphilofophie,
ber Ethif, der Pigihologie, der Pädagogit — beach:
tenswerthe Werle hervorgebracht hat. Drobiſch,
Hartenftein, Strümpell, Taute, Thilo, Allihn u. X.
find hier beſonders zu nennen. Seine Schriften
gab heraus Hartenftein, 12 Boe., Leipzig 1850—
52. Vgl. Hendewerf, Herbart und die Bibel, 1858;
Weiße, Brot. Kztg., 1860,
Herbergen bei Den Hebräern. Wie es Gafthöfe
in unferm Sinne im Altertfum überhaupt nit
geb fo waren auch die Karawanſereien und Menfils,
ue. 10, 34; Ser. 41,47, in der fpäteren Zeit nur
in der Wüfte und für nicht jüdische ——
beſtimmt. Man herbergte bei Gaſtfreunden (auch
Luc. 2, 7) oder unter Zelten, in Höhlen und ähn—
fihen Stätten, 1. Mof. 42, 27; 2. Mof. 4, 24; 2.
Kön. 19, 23.
Herberger, Valerius. Der Verfaffer des Liedes
„Valet will id Dir geben“ ıc, Er iſt geboren zu
Frauftabt in Groß:Polen, ben 21. April 1562, war
vort 1584 Schulmeifter, 1590 Diafonus, 1568 |
Baftor. +18. Mai 1627. Als feine Gemeinde den | 1744 zu Mohrungen in Dftpreußen,
344
apfte | 9
Herber
Katholiken die Kirche zurückgeben mußte, er
1603 die Kirche —* Pe —
Predigten und Betrachtungen, die J und
Paſſionszeiger, geiſtliche Trauerlieder find von
Bachmann in Berlin und von Ledberhofe neu
erausgegeben. Biographie von Lebberhofe 1851,
onntagsbibliothef von Specht, Frauftabt 1855,
Herbert, Lord Edward derer Stu, Ein
Deift, geb, 1581 zu Montgom
in Wales
zeigte früh große te auf
egabung und bildete
großen Reifen. 1616 war er Gefanbter in Frank:
reih, um ben Proteftanten Erleich en zu
haffen, ftand dann im Bürgerkri Sei:
ten des Parlaments, welches ihn für die Zerſtö—
rung feines Schlofjes entihädigte. +1 Er
iſt der Erſte, welcher den Deismus fyftematif
darſtellte, indem er alle Rel nt
Grundwahrheiten zurüdführte. 1) Es ift ein Gott.
2) Dem man dienen muß. 3) Tugend und Fröm⸗
migfeit ift die eigentlihe Gottesvere 9
Sünde muß man bereuen und meiden. 5) Es
= Belohrungen für das Gute, Strafen für das
dfe. Das Chriſtenthum erſcheint ihm ug als
bie befte, aber nicht al$ die reine Religion.
auptwerfe find: De veritate, 1624, und Dere-
lıgione Gentilium, 1615.
Herborn. Die Univerfität ftiftete 1584 Graf
Johann der Aeltere von Naffau- Dill: unter
Beirath und Hülfe des Olevianus, der ald Pfarrer
nad 9. berufen war, Die Mittel —— theils
die Agnaten, theils die Städte und Stände am
Niederrhein. Neben Dlevianus Iehrten Piscator
und fpäter Martinius. Die Univerfität
bald hohen Ruhm dur Piscators W
und als zeitweilig die einzige reformirte, welde
den Dortredter Le bet fefthielt und ben
Coccejanismus ausſchied. Im 3Ojährigen
1629 war fie eine Zeitlang verlaſſen, und
ihre frühere Bedeutung nie wieder, Napoleon
Sc Er nn — en
zur Begründung des naffauifhen Prediger
jeminars verwendet. Das Her —* ——
iſt Die Ucherfegung Piscators. Herb. 1602—1608.
uiöb. 1684.
Herbornihes Bibelwert. S. Herborn.
Herbornſche Kirdenorduung. Diefelbe ift von
Dlevianus verfaßt, ähnlich der niederländiſchen
und wurde auf der Synode 1586 angenommen
erbft, Joh. Georg. Geb. den 13. Jan. 1787
zu Rottweil, trat er in den Benedictinerorben 1805,
bezog nach Aufhebung deffelben 1806 die Univer:
fität Freiburg und ftubirte Phil, und Theolögie;
1812 Repetent am Priefterfeminar zu
und Profeſſor der dortigen Univerfität, wurde er
mit derfelben 1817 nad Tübingen verjegt. Er be;
tündete mit Drey und — die er
uartalſchrift und ſchrieb bie —
Einleitung ind X. T., nad) ſeinem Tode (} 1836)
von Welte in mehr kirchlichem Sinne ergänzt und
herausgegeben, freiburg 1841.
Hercules wird 2. Maft. 4, 19 ala Gott der Ty-
tier erwähnt, welchem Jafon ein Opfer
laffen wollte. Es iſt der Melicarthos,
fich derfe'be mit dem Baal, dem Sonnengott, den
die Griehen und Römer Hercules Tyrius nann-
ten, wegen mander Nehnlichfeit des Göttermy⸗
wi nn = — e Be
rder, Joh. Gottfried. . ben 25. Auguſt
ber Sohn
Heresbad
eines Eantord, ftubirte zu Königäberg, warb Leh⸗
ver am höcollegium, 1764 Eollaborator an
der Domjchule zu Riga, 1767 Rachmitta biger.
R wegen literarifcher Berbriehlichkeiten feinen
Abſchied, ging als a. eined Prinzen nad
Paris und Straßburg (Göthe, Stilling), wurde
1770 Hofprediger und Confiftorialrath zu Bücke⸗
burg, 1776 Hofprebiger, Generaljuperintendent
und Oberconfiftorialrath zu Weimar. + 18. Dec.
1803, Das Eigenthümliche feines Wejens, in wel:
chem Poeſie und Religion aufs innigfte verbunden,
unb beibe durchzogen waten von ber ihn beſeelen⸗
den Idee ber Humanität, hat auch auf dem Ges
biete ber gan höchſt anregend gewirkt und
namentlich da3 Verſtändniß für die prophetifchen
und poetiſchen Stüde bed Alten Teftamentes mehr
erſchloſſen. Durch feine Briefe über das Stubium
der Theologie hat er bie ideale Seite des geiftlichen
Berufes hervorgehoben und durch feine Ideen zur
Philoſophie der Geſchichte ber —— neuen
—— Auffaſſungen vorgearbeitet. Bol.
Der im Herderalbum, 1845. Derjelbe, Ausg.
von Herberd Werlen. Erdmann, Herder als Reli:
esbbach, Konrad von. Ein Humanift. Geb.
—— 1866.
1496 zu Heresbach im Bergifchen, ftubirteer in Köln,
Parıs, Bologna, ward in Ferrara Doctor der Rechte
und lebte 1523—1525 bei Erasmus in Baſel,
1525 warb er Erzieher des Erbprinzen Wilhelm
und Gleviicher Geheimrath, zog fi dann 1566
nach Wefel zurüd, wo er 1576 ftarb. Inter fei-
nem Ein u und wahrſcheinlich von ihm ſelbſt ift
die Glevijche Refornıationsordnung von 1562 ver:
faßt, welde erasmiſch vermittelnd ben Gotteö-
dienſt —— Neuerungen verbot, aber die Pre⸗
digt bed Glaubens einführen wollte (bös teutſch,
evangelifch). H. blieb ſelbſt nicht dabei ftehen,
er chrieb ald Gefandter die Augsburgiſche
Gonfeffion und arbeitete den neuen Reformation:
entwurf von 1567 aus, ber nicht zur Ausführung
rer ift. Vgl. Albrecht Wolters, K.v. H. und
—* u ſeiner Zeit, nach neuen Quellen
geſchildert, E ereld 1867.
erford, Die erfte Stabt Weftphalens, welche
1524 die Reformation durch den Auguftiner- Prior
Dreier in der Augöburgifchen Confeſſion annahm
und darauf 1532 die Braunfchweigifche Kirchenord⸗
nung. a en rund:
fäge in dem großen Brüberhaufe dgr Brüber vom
emeinfamen Leben und ber damit verbundenen
Eule eingeführt. Die Benebictiner = Nonnen:
Abtei (geft. 789) blieb ala evangelifches Fräulein:
ME ku Mr ae
in Herforb vorüberge ie erfte Labadiften:
Gemeinde gegründet,
er. Abt von Lobbed. Seine Herkunft ift
zur Vorder Scholafticuß bes Kloſters, warb
er t befielben. +1007. Wir haben von ihm
verſchiedene Schriften, deren bebeutendfte: Gesta
345
| über die Gefchide
Hermann von Salja
euenter und
wurde Magifter
ule
fchrieb fein berüb eö Bud: Vallum humani-
tatis. Bgl. Herm. det Salem, De H. Buschi
Hermann, Contractus. bed Grafen Wol-
ferat von Beringen. Geb. 1013. Er wurde wegen
einer Gebrechlichleit im 7. Jahre dem Klo
ichenau zur Ergiehung Üibengeben, in welchem ev
er x zn ee 1054 et Als —
r war er berühmter
Philoſoph, Philolog, Aſtronom, Dichter, Muſicus
und Mechanicus. Die wichtigſte uns erhaltene
Schrift ift die Chronik, welche biö 1054 geht und
Späteren ald Duelle diente. wäget ben 1529,
Bafel, von Sihard. Perg, monum, V. 67—133.
Eine Geſchichte Konrads 11. und Heinrichs ILL. ift
verloren gegangen.
Hermann von Friglar. Ein Myftiler um 1340,
Bon feinen Lebensumftänden ift nur befannt, daß
er größere Reifen dur Deutfchland, Italien und
Spanien unternommen babe. Wahrſcheinlich war
er ein Laie, der ſich von der Welt dog und
mit bem Stubium theologiſcher e beichäftigte.
Wir haben von ihm eine Schrift (Heiligenleben,
bei Pfeiffer I), ein Sammelwerk aus allerlei geift:
lichen Schriften, jedoch nicht ohne felbftändige
Bearbeitung. Mit der Legende find fpeculative
Erörterungen verbunden, die für bie geſchichtliche
Entwidlung der 22 von Wichtigkeit find. Ein
von ihm erwähntes Werk, die Blume ber Scyauung,
ift verloren,
Hermank von Lehnin fol um 1300 Abt des
Klofterö Lehnin im Regierungäbezirte Potsdam
— ſein. Unter ſeinem Namen erſchien im
nfang des 18. —— eine Weiſſagung
randenburgs und Lehnins von
einem nicht mit Sicherheit bekannten Verfaſſer.
Dieſelbe wird auch für den Ultramontanismus,
ber feine Soffnungen an fie lehnte, feit vem Tage
von Königägräg Ihre Bedeutung verloren haben.
Bol. Giefeler, die Lehninſche Weiffagung, 1849;
einhold, das vaticinium Lehn., überfegt, 1849;
Hefiter, die Gejchichte des Klofters Lehnin, 1851;
Hift.:pol. Blätter, 1855, Heft 8.
Hermann von Salza. Hochmeiſter des beut:
Bis Ordens (1210— 1239). Seine Jugendge:
ichte ift unbelannt. Als Ordenshochmeiſter
nahm er Theil am Sturm von Damictte 1219,
vermittelte 1229 den Frieden mit dem Sultan.
1228 ſandte er auf Einladung Konrads von Ma:
episcoporum Tungrensium, 979, bei Berg. VIL | fovien, den Heermeifter Balk mit einem Theil der
134.
boald. Mit Fragen der Mathematik und
Hugonem monachum. Enblid eine Schrift de
corpore et sanguine domini, früher bem anony-
mus Cellotianus zugeſchrieben, welcher die Lehre
bes Paſchaſius Radbertus beſpricht und vertheibdigt.
Hermann von Dem Bulde. Cin Oumanif.
Geb. 1468 aus einem alten weitphälifchen Adels:
a8 Leben bes 5. Ursmar und des 2 Lanz.
h
dendritter nach Preußen, vereinigte 1285 die
; { rono: | Schwertbrüder mit dem Orden und vollzog 1236
logie bejchäftigt fi) die epistola ad quemdam |auf dem Gonvent
* Marburg die Beſitznahme
rden mit dem Rechte eines
eihsfürftentgums. Bei dem Kaiſer wie beim
Papite in hohem Anfehen, war er wiederholt der
ac ihnen erwählte Schiedsrichter, 1225 zu
Germano und beim Frieden von Germain 1230,
Ebenfo vermittelte er die Ausſöhnung zwiſchen
reußens für den
Hermann von Wieb
—— und feinem Sohne Heinrich 1234. Bol.
hannes Boigt, Geſchichte Tem, Bd. II; v.
Raumer, Hohenſtaufen, Bd. III.
Hermann bon Wied. Kurfürſt von Köln. Der
Sohn —— J. von Wied, geb. den 14. Jan.
1477, wurde Domberr zu Köln 1492 und 1515
Erzbiſchof. Anfangsein Gegnerder Reformation, —
denn er verbot 1523 Luthers Schriften, ließ 1529
Klarenbach verbrennen, ftimmte 1530 zu Augs:
burg gegen die Broteftanten und unterbrüdte 1532
ala Abminiftrator von Paderborn und von Mün—
er die Neuerungen mit Härte, — buldigte er
eit dem Brovinctalconcil 1586 der freien Rich—
tung. Durch Mettmann trat er in Verbindung
mit Melanchthon, Iud auf dem Geſpräch zu Hage:
nau Bucer zu fi und verfammelte diefen mit
Piftorius, Hedio, Sarcerius und Melandthon um
fi 1548 und ließ den Reformationsentwurf aus:
arbeiten. Die Stände willigten ein, das Capitel
—— ſich. Die Ankunft des Kaiferd wegen
des geldriſchen Kriege ermunterte das Dom:
capitel, Diefesappellirtean Papſt und Raifer ; Her:
mann an ein Nationalconcil, und unterließ einer
Borladung nah Romzufolgen. Bom Papſt juspen:
birtben8. Jan. 1546, wurde er am 18, April ercom:
municirt. Durch den ſchmallaldiſchen ir, ohne | aber
a
—— legte er auf Betrieb des Kaiſers
1547 ſeine Würde nieder und zog ſich ins Privat:
leben zurüd, + 1552. Stein Gelehrter, aber ein
icher „ den fein Bolt liebte, der Kaiſer
achtete und nur der Klerus haßte.
ann, Nikolaus. Cantor zu Joachimsthal
in Böhmen. +5. Mai 1561. Als Componift und
eiftliher Liederdichter befannt. Er übertrug häu-
f5 die Predigten jeines Pfarrers und Freundes
atthefius in die Form von Gefängen.
a8. Hirt des Hermas, eine apolalyp: |
Herm
tiſche Schrift des 2. Jahrhundertö, welche län:
gene Zeit auch im Gottesdienft gelefen und mit
en Büchern des R. T. vereinigt wurde Ihre Ten:
denz Ay die Chriftenheit zur Buße zu ermahnen
Angeſichts der bevorftehenden Vollendung der
Kirche. Der Standpunkt ift ein äußerlich gefeg-
licher, welcher ſchon der Verdienftlichleit der guten
Werle nahe fteht, aljo der des fpätern abge:
ſchwächten Judenchriſtenthums. In einen Roman
— find Viſionen und vifionäre Engel:
erſcheinungen; die Gedantenentwidlung geht duͤrch
dieſe Bifionen, unmittelbare Vorſchriffen und jo:
346
Hermes
ie er 1537, * a — —
rbeide Teſtamente) 1709, Meyer , Ernefti,
ed. V. 1809, Bretjchneider 1806, Keil 1810, Gries;
bad; 1815, find namentlich noch zu bemerfen:
Lüde, Grundriß der neuteft. Hermeneutif und
ihrer Geſchichte, 1817. Germar, die panharmonis
de Interpretation der h. Schrift, 1821. DIE
en, ein Wort über tiefern Schriftfinn, 1
Schleiermader, Hermeneutif und Kritik,
von Lücke, 1838, Elaufen, eutit des N.T.,
aus dem Dänifchen von Schmidt, 1841. Wille,
die Hermeneutif des N. T., 1844. 9.2.28
— herausg. von A. Lutz, 1849, 1861.
Au
Hermes. eflanismuß, — F
den 22. April zu Dreyerwalde im
ſtudirte zu Münſter, wurde 1798 Lehrer am Gym:
naftum dort, 1799 BPriefter, 1807 Brofeflor der
Theologie zu Münfter, 1820 zu Bonn, . Mai
1831. In feiner Einleitung in bie —E—
Theologie, Münſter 1819, und in der Dogmatil,
herauäg. von Achterfeldt, Bonn 1834, —
von Kant'ſchen Principien ausgehend, die
einbarkeit der en und Figte’fen Philo⸗
ſophie mit dem Chri — zu erweiſen, zugleich
bemühte er ſich, auf rationale Weiſe den ka;
tholifhen Glauben zu begründen und die Ueber:
—— deſſelben mit der Vernunft
weiſen. Sein Streben fand zuerſt Anerlennung
und der Hermeſianismus fand auf faft allen Uni-
verfitäten Eingang; wurde aber ebenjo, nament:
lid von den Süddeutſchen in der Ajchaffenburger
Kirhenzeitung angegriffen. Ais der Streit nad
Rom getragen war 1833, verdammte ein liches
Breve vom 25. Sept. 1835 den Her mus,
weil er von dem Wege der kirchlichen Tradition ab»
weiche und einen Weg einichlage,
thum führe, indem er den pofitiven Zweifel zum
Ausgangspunft der — Unterſu
mache und die Vernunft als zes und
ges Mittel zur Erlangung der Erkenntniß überna⸗
türlicher Wahrheiten bezeichne. Vergebens reiften
die Hermeftaner Braun und Elvenich nad) Rom, um
eine Abänderung des Urtheils zu erlangen, da fie
bi haupteten, man habe Hermes falſch interpretirt.
Der dem Hermefianidmus von je abhold ene
Erzbiſchof von Droſte⸗Viſchering Schritt auf Grund
des päpftlichen Breves ein, und der Ausgang ber
| Kölner Wirren entſchied für das völlige Unter»
er Gleihniffe. Dorner und Ritſchl halten | liegen ber —. Die treuſten Vertreter, Braun
ie Schrift für aus dem Montanismus hervor: und Achterfeld,
7* ‚ während Andere eine Bekämpfung def:
elben darin erfannten. Der ————
zuerſt von Faber Stapulenfis 1513 heraus ege
ben, der griechische ift erit in neuerer Zeit, her
in Leipzig, theilö in der Sinaihandſchrift aufge:
funden und edirt von Anger und Dindorf 1856,
Tiſchendorf 1856,
1 1866. Bgl. Lipfius in der Hilgenf. Zeitfchrift,
ifgenfeld, Nov. Test. extra
für Rptofoph "un tote Zee ie
Zeitichrift für Philoſophie und Fatholifche
ie na mit feinem anderen se — daß
iusIX. 1847 die Anti⸗Hermeſian 2.
ultat
s if —**
[8 des Breved von 1835 für correct el
| Verdammungsurtheil beftätigte. Ygl. €. @. Nied-
ner, Philosophiae Hermesii explicatio et existi-
matio, 1838. Berrone, zur Gejch. des Hermeſia⸗
nismus, 1839.
Hermes, Joh. Auguft. Geb. ben 24. Aug. 1736,
Hermeneutit. Schleiermadher jagt: „Das volle ftudirte in Halle, ward 1760 Paftor
u
Berjtehen einer Rede oder Schrift J eine Kunſt⸗ | dorf, 1765 —*5 Frage in an
iftun iefe Technik | Früher der pietiftiichen
wird in ber Hermeneutif gegeben. Sie foll uns tr fich fpäter einer entf
leiftung und erheifcht eine Technik.“
tung zu n,
leben rationaifiihen
anleiten, ein Schriftwerf aus dem Geifte des Ber: | Auffaffung zu. Der Dienftentlaffung eines
h a
fafiers heraus, aus feinem Gedankenkreiſe, aus | in dieſem Sinne nefchriebenen eg in
Beiträgen zur Beförderung wahrer
jeiner Tendenz, aus den auf ıhn dabei einwirken:
oft
den Eindrüden und Abfichten heraus zu verftehen. | „ob Chriftus für die zeitlichen Strafen der
Zu den Schriften über Hermeneutil gehört fchon: genug —— eniging er durch eine
zu jedem Jer- -
—
Hermes Triömegiftus
alß Pred und Inſpector zu Jerichow 1777.
Danach —— in Dittfurth, in Quedlinbur
und 1780 Conſiſtorialrath daſelbſt, 1800 Oberhof:
rg und erfter Rath des Stiftcollegiums, in
iefer Eigenihaft nad) der Auflöjung des Stifts
penfionirt, blieb er Superintendent. + 1822.
Sein Handbuch ber Religion 1779, 4. Aufl. 1791,
überjekte —— Eliſabeth von Preußen ins
Sranzöfifche 1784.
Hermes Trisſsmegiſtus. Dergriehifche Name bed
hot, einer mythologifchen Figur ber Aegypter, in
welcher —— —— —— und ſym⸗
bolifirt war, als die agree ham Nenſchlichen
mit dem Göttlihen und ber nr ge aller Kunft
und Weisheit. Wie ihm die Erfindung der Hieros
—A rift zuge rieben wurbe, überha
e Künfte und Wif 78 * ſo wurden auch
alle Geheimlehren auf ihn zurückgeführt, welche
von ihm durch eine Reihe weiſer Männer (Herme⸗
tiſche Kette) auf die Nachwelt überliefert worden.
Die hermetiſchen Schriften enthalten die Lehren
em ie, Alchemie und Theofophie. Was
ehren der Mag ie und Theofophie.
von denfelben nod vorhanden, Poemander sive
de potestate ac sapientia divina; Aesculapii
definitiones; Horoscopica, ift gefammelt in bes
— Nova de universis philosophia. Ven.
Hermiab, ein griechiſcher Philoſoph. Verfaſſer
einer nicht bebeutenden apologetiſchen ey ai
diasvpuös röv Ein Yılooopwr, gegen bie heid⸗
nifche Philoſophie; früher ins 2. oder 3. Jahr:
ert gefeht, verweilen bie Neueren, Niebner,
enzel, biejelbe ind 5. Jahrhundert. Weltefte
Ausgabe von Seiler, Bafel 1553. Reuefte von
Menzel, Leyden 1840.
ad Sozomenus. S. Sozomenus.
ned. Ein Mann des apoftolifchen Zeit:
alt ers, 2. Tim. 1, 15, von dem fonft nichts be:
lannt ift.
ened. Ein afrikaniſcher Irrlehrer, ein
Deren e Tertulliand, der gegen * ſchrieb.
n ſeinen Lebensumſtänden if nur befannt, daß
er Maler geweſen. Er lehrte bie Emigfeit ber
Materie, auf welche Gott nach dem Brincip der
Schönheit und Harmonie gleichſam plaſtiſch ein-
wirft. Die biefer göttlichen Bildung wiberftreben:
den materiellen Elemente bilden das Böfe, welches
aber iR überwunden wird. Da Ang
über ihn bei Philaftrius und Auguftin zu denen
bed Tertullians nicht völlig ftimmen, Haben Manche
wohl mit Unrecht noch einen zweiten 9. ange:
nommen.
Hermon ift ber ganze füdliche Ausläufer bes
Antilibanon, des Djebel⸗eſch⸗Scharki, eine Berg:
fette mit mehreren Gipfeln, Pſ. 42, 7, bis zur
Höhe von 9500 Fuß, die zum Theil mit ewigem
Schnee bebedt fein follen. Nach unrichtiger Deu:
tung von Pf. 89, 13; 133, 3 nennt man einen
dem Tabor gegenüber liegenden Berg den „Heinen
n”, Der 9. bildete die nördliche Grenze
des Oſtjordanlandes.
Herodes, ber Große. Der Sohn des Idumäers
Antipater, des Statthalter und Alterego Hyr:
lans II. Mit 25 Jahren Statthalter von Galiläa,
bänbigte er die Räuberbanden, entging aber der
ung wegen eigenmächtiger Hinrichtung
vornehmer Juden, nur durch die Schwäche Hyr
and unb burch die Flucht, Nach feined Vaters
347
—— über dieſe Geheim: | äu
e,
Herodes Agrippa J.
Tode 43 und durch die erkaufte Gunſt bed Cafftus,
Prätor von Syrien, erhielt er von Antonius die
Verwaltung Jubäas 41; mußte aber vor Antigos
nu3, dem mächtigen Hohenpriefter, fliehen 40 ».
Chr., wurde in Rom zum König von Judäa ers
nannt und eroberte mit römiſcher Hülfe Jubäa
(Schlacht bei Jericho), Jerufalem und den Tems
pel, Juni. 37. Durch feine Gemahlin Mariamne
war er der Erbe der Hadmonäer. Nach Antigo-
nus Enthauptung zu Antiochien war er unbeſtrit⸗
ten König in a, beffen Reich bie Gunft ber
Römer biß über die alten Grenzen ausbehnte.
Seinen Schwager Ariftobulus, den er zum Hohen»
— ernannt 7 ließ er aus Eiferſucht auf
ein wachſendes Anſehen hinrichten, führte wäh—
upt rend bed Bürgerkrieges zwiſchen Antonius und
Detavian einen Krieg mit den Arabern und ſchloß
ch nad) ber Schlacht bei Actium eng an Dctaviarı
—* an, der ihm ſeine Gunſt bis zuletzt be⸗
wahrte und ſein Gebiet durch Paneas und Tracho⸗
nitis vergrößerte. Je glücklicher er aber in ſeiner
Bern Politik war, um fo mehr erbitterte er daß
judiſche Voll durch das offenkundige Beftreben,
daffelbe zu romanifiren; der Bau von Öymnaften,
Tempeln beö Auguftus, Theatern u. dgl. erregte
ben patriotifchen Haß, ben feine zeitwerli de
gebigfeit ber — Ausbau
pels 20—12, ber feine Eh t vor dem jübifchen
Gottesdienft beweifen follte, nicht zu mildern vers
mochte. Die Hinterlift und die Oraufamteit feines
Charakters offenbarten fih am jchlimmften im
eigenen Haufe; feine Gattin Mariamne, die er ſich
burd den Morb ihred Bruders und durch eigene
Lebensbedrohung entfrembdet hatte, ließ er tönten
m und bie legten Glieder des baamonälfchen
aufes. Die Eiferfucht unter feinen Söhnen Antis
unb ben beidenvon der Mariamne geborenen,
ander und Ariftobul, vermochte ihn mit ſolchem
vr. mg A — = Eee beiden
vor römi rätor a u .
ließ, dann 5 Zage vor feinem Tode auch den Ans
tipater. Er ftarb an jchredlicher Krankheit 4 v.
Chr. ; fein letzter = fennzeichnender B:fehl, bie in
der Rennbahn zu Jericho verJammelten angeſehen⸗
ften Juden nieberzuhauen, damit jein Sterbetag
nicht unbeweint jei, blieb unausgeführt. Seine
Herrſchaft hatte bem beabfichtigten Zweite
entgegengejegten Erfolg, daß daß in feinem Na⸗
tionalgefühl verlegte Bolt ſich noch mehr ald vor:
her in demfelben abſchloß und eifrig und arg:
wöhnifc feine religiöfen Heiligthümer bewachte.
des, Antipas. Der Sohn Herodes d. Gr.,
erbte nach des Vaters Teftament die Tetrardhie
von Galiläa und Peräa. Da er feine Gemahlin,
die Tochter des arabifchen Königs Aretas verftieß,
um die Herodiad zu fich zu nehmen, überzog ihn
diefer mit Krieg und brachte ihm eine empfindliche
Niederlage bei. Ant. ift der Herodes ber Evange:
lien, weldher Johannes enthaupten ließ unb vor
melden Jejus geführt wurde. Er erregte ben
Verdacht des Kaijers Caligula und wurde nad
Lyon verbannt 42 n. Chr.
Herodes Agrippal.; ein Enkel Herodes L, Sohn
des Ariftobulus und der Berenice. In Rom erzo⸗
gen, wurde er von Tiberins verwiejen und [lebte
eine Zeitlang von der Gnade feined Schwagers
Herodes Antipas und hatte ein Amt als Marft-
auffeher in Tiberiad. Er wandte fi von
neuem nad Rom und erwarb ſich die Gunft des
Herodes Agrippa IL
Thronerben Caligula, eben deßhalb aber ließ ihn
ber argwöhnifche Tiberius in Ketten werfen. Nach
beffen Tode ſchenlte ihm Galigula als König bie
Tetrardjie des Philippus, zu welcher er fpäter das
Land bed Antipas, und durch Claudius Jubäa und
— ng rung ig San
den Unterhändler zwifchen ihm und bem Senat
0 Erlangung des Kaiſerthums gemacht hatte.
ie Gunft der Juben gewann er burdh feine Ver:
wendung bei Caligula, da es ihm gelang, ben Befehl,
des Kaiſers Bild im Tempel aufzuftellen, rüdgän:
gig zu machen, unb durch ein emſiges Beglinftigen
er Pharifäer, denen zu Lieb’ er (Apftg. 12,1
Jacobus hinrichten, Petrus gefangen nehmen ließ
und fi in Jerufalem ber Strenge des moſaiſchen
Geſetzes unterwarf, obgleich er in Cäfarea Fechter⸗
fpiele und Aehnliches —— Er ſtarb 44 n. Chr.
im 54. Jahre Rage ebens zu Tiberias. en
12, 20. 24. Bol. Hausrath, H. A., in Gelzers
Monatöblättern, 1865.
Herodes Agrippa II. Sohn des Vorigen. Da
politifche Rüchhten geboten, Zubäa zur römischen
Provinz zu machen, erhielt er zuerft von Clau—
348
Herrnhuter
dem die Gemeinſchaft zum erſtenmal onbert
in Berthelöborf das Abendmahl feierte, Noch blich
bie Gemeinde innerhalb der lutherifchen Landes⸗
lirche und der früheren Parochie und hielt we
engeren Berfammlungen im eigenen Haufe, bis
fie 1731 das Abendmahl abgejondert feierte und
ihre befonderen Riten des Liebesmahles und des
Barmen Gent abgeſchafft) einrichtete. Das
edürfnig ber Miffion führte dazu, von dem
ofprebiger Jablonsky zu Berlin, Biichof ber mäh⸗
Se Kr he Dee Sr Fe
mann ald Bifchof zu erbitten; 1787 3
in⸗
)jauf den Rath des Königs von Preußen auch
zendorf, deſſen —— chaft der Gemeinde
eine neue —— Als *ð neue Gemeinden
gegründet wurden in ber Wetterau (1736),
in Schlefien und ber Laufig und bie preußifche
Generalconceffion bie iſchen Bräber von
den landeslirchlichen Gonftftorien egimirte, fo
war dies ein neuer Schritt zur Bildung einer
eigenen Brüberliche anftatt des früher beab⸗
fiptigten chriſtlichen Genieinſchaftslebens in ber
Kirche. Die Berfaffung derjelben bildete fi all-
bius das Erbe des Königs Herodes von Chalcis | mählid)
und die Aufficht über den Tempel zu Yerufalem,
fpäter den Königätitel mit der ehemaligen Tetrar:
chie des Lyſanias und Philippus und Theilen von
Peräa und Galiläa. Er war ein gefügiges Wert:
eug ber Römer, jtet3 bemüht, jeden Ausbruch des
up hen Bollsingrimmes zu verhliten. Beim Aus⸗
bruch des legten Krieges ging er gerabezu zu ben
Nömern fiber und begleitete den Titus. Mit feiner
— Berenice lebte er in Blutſchande (Apſtg.
Herodianer. Matth. 22, 16; Marc.3,6; 12, 18.
Es ſind Anhänger und Diener des Herodes, die
durch römiſche Sympathien im Gegenſatz zu den
Pharifäern ſtanden. Mit Unrecht machten Tertul:
lian und Epiphanius daraus eine religiöſe Secte,
die in Herodes den Meſſias erblickt hätte.
Herodias. Tochter des Ariſtobulus, Enkelin
Herodes J., Schweſter Agrippas. Sie war ver:
mählt mit einem Sohne des Herodes, Herodes
Philippus, der als Privatmann lebte. Ihre Tod):
ter Salome war die Gemahlin des Tetrarchen
Philippus. Die evangeliſche Geſchichte verwechjelt
biefe Berhältniffe. H. verlief ihren Mann, um
Herodes Antipas zu folgen, verjchuldete ben ara;
bifchen Krieg, die Hinrichtung ded Täuferd und
—— ihren eiferſüchtigen Ehrgeiz die Reiſe
nach Rom, deren Reſultat die Verbannung des
Antipas war. Dieſem folgte ſie und ſtarb mit
ihm in Spanien.
Herrnhuter. Brüdergemeinde, Brüderunität.
wii wage ber religiöfen Gemeinfchaft, welche
unter der Zeitung des Grafen Zinzendorf und
unter dem Einfluß des Pietismus aus den Reften
der mährifhen Brüder ſich bildete und ihren
erften Sit in dem Flecken Herrnhut in der Lauſitz
atte, der durch fie erbaut wurde. Seit 1722
ammelten ſich in Herenhut einige mähriſche Eru:
lanten —— David 1722) und Erweckte aus
anderen Gegenden, welche mit dem ——
ſchen Kreiſe in Berthelsdorf und ſeinen dortigen
Anſtalten in Verbindung traten und am 12. Mai
1727 als eine religiöſe Ortsgemeinde ſich conſti⸗
tuirten und die Grundzüge einer Gemeindeordnun
(Aelteſtenrath, Zinzendorf ae
—— der Schrift mit
lichſt einfach, das Abendmahl wird monatli
|
lic) nad) den Formen ber altmährifchen *
ALS Zinzendorf 1741 und 2. Dober dad Biſcho
und Vorſteheramt —— ging das Regi⸗
ment 1741 auf die, Generaiconferenz über („dem
Heiland wurde das, Nelteftenamt übertragen"),
ohne daß jedoch Zinzendorf thatſächlich auf fein
Directorium verzichtete, welches er mit der Pilger:
gemeinde ausgelibt hatte; und welches 1744 von
neuem anerlannt wurde, Die Synoden zu Ma:
rienborn 1741, 1764, 1769, zu Barby 1775, zu
Herrnhut 1857, den wechſelnden Bebürfniffen der
Zeit nachgebend, haben beftimmt, daß die Dber:
leitung deö Ganzen bei der Unität:Neiteften-Gon:
ferenz (12 Mitglieder) liegt; die 3 Proninzen,
Amerika, Britannien, europäifches Fejtland leitet
unter ihnen die Provincial: Nelteften : Eonferenz,
neben beiden fteht die Brovincial: und die General:
ſynode (9 Abgeorbnete aus jeder Provinz). Die
Einzelgemeinen werben geleitet durch die Nelteften:
Gonferenz (Gemeinhelfer, Prediger, Dialonen:
Chorpfleger), den Gemeinrath und das Aufſeher⸗
Collegium. Die Gemeinde ift behufs der Ser
pipe und beö Gemeinfhaftälebens in Chöre (der
Eheleute, der Ledigen, Brüder, Schweftern, Mäb:
hen, Knaben) getheilt. Von Wichtigkeit für bie
Ausbiluung der Berfafiung wurden die Befigver:
hältniſſe. Das Gemeinvermögen, beftimmt zu den
allgemeinen Unternehmungen ‚ver Miffion ıc. iſt
Eigenthum der Eingelgemeinden und der Brovin:
cialgemeinde geworden. In der Lehre hat die Brü:
bergemeinde feine Beſonderheiten, da fie in fich den
brei Tropen, ber Lutheraner, der Reformirten,
der mäbrifchen Brüder Raum laffen will; Span-
enbergs idea fratrum 1778 iſt die anerkannte Lehr⸗
rift. (Bol. Katechismus von Lieberkühn. 2. Aufl.
28, 8. Aufl. 1860). Nach der Gefühlsweiſe des
Zinzendorf'ſchen Pietismus wird der Hauptton
auf die Erlöſung durch das Leiden Chriſti gelegt
(Blut: und Wundentheologie); die Frömmigkeit
liebt den weichlichen, ins Sinnliche fpieleuden
Ausdrud, Der Ritus des Goitesdienftes ift mög:
ge
feiert, ipm geht das Liebesmahl (Thee mit Bi
werk) vorauf, tägliche Abendandadten zur Zefung
ejang und Gebet find Regel. Die
As Stiftungstag gilt der 18. Auguſt 1727, an Loſungen und Lehrterte bilden eine Verbindung
&
Hersfeld
der täglichen Andacht der Einzelnen. Groß ift die
Thätigteit der Gemeinde auf dem Gebiete ber
denmiſſion, ſchon 1733 wurde die Miſſion in
nland begonnen, danad) auf St. Thomas, und
hier namentlich das Syftem der Nationalgehülfen
ausgebildet; außerdem hat die Gemeinde ihre Sta:
tionen auf Labrador, in Weftindien, in Oftindien,
an der Mosquitoküfte, in Surinam und in Süd:
ifa, 82 Stationen mit 171 — und
000 Eingebornen. Ein anderes Verdienſt bat
ſich die Unität auf dem Gebiete der Erziehung er:
worben. Erziehungsanftalten, namentlich für den
Adel, waren die nfänge ber Gründungen, und
n e
Iten, in welchen aud Kinder von Nichtmit—
arg aufgenommen werden. Ein
feit 1750 zu Henneräborf), ſeit 1
und ein Seminarium zu Gnadenfeld find für die
eologiſche Ausbildung der Gemeindetheologen be:
— mmt, Einen Einfluß auf die evangelifche Kirche
a
t die Brüdergemeinde in directer Meife — |
e gene
durch ihr Diafpora:Werk, indem fie durch
Diafporaarbeiter nit ſowohl Profelgten für ihre
Gemeinfchaft zu machen, als vielmehr unter den
Ermwedten, mo fie diefelben fand, Gemeinſchaften
in freierer
Städten, Königäberg, Breslau, Bafel, St
u.a, find fog. Socletäten begründet, Gemein:
ſchaften bie nicht aus ihrer Landeskirche austreten,
denen aber ein von der Unität angeftellter Predi⸗
ger Gotteßdienfte in brüderiſcher Form in befon:
derem Betfaale hält. Größer noch tft der indireete
Einfluß ber Gemeinde durch vom ihr ausgegangene
Lieder und aſtetiſche Schriften geweſen, jo daß
ee Are ei ir ar einen
herrnhutiſchen gewonnen hat. Der gegen⸗
— der Gemeinde ohne das Miſſions⸗
gebiet iſt auf dem europäiſchen Feſtland 20 Ge:
meinden mit 7000 Seelen, in Britannien 36 ®e:
meinden mit 5000 Seelen, in Amerita 33 Gemein:
‘den mit 8500 Seelen. Hervorragende Glieder der
Brübergemeinde find’ gewefen: Chriftian David,
"David und Yohann Nitthmann, Zinzendorf,
‚Spangenberg, ini; unter ben Böglingen ihrer
»Erztehungsinftitute ift der berühmtelte we
macher. Val. Schulze, Entftehung und Einrich:
tung der Brüdergemeinde, 1822. »Litiz, Blicke in
"bie Bergangenheit und Gegenwart der Brüder:
lirche, 1546.
Hersfeld in Heffen, wurde zuerft von Sturm
als Einfiedelei bewohnt, ehe er vor den wieder:
Hotten Einfällen der Sa fih Fulda auser:
mählte. Lullus von Mainz gründete dann das
'Rtofter, dem er die Reliquien des h. Wigbertus
von Fritzlar ſchenkte, wodurch es zum Wallfahrts⸗
‘orte wurde. Heinrich IV. hielt ſich oft dort auf;
‘feine Gemahlin gebar hier während des Krieges
‘mit den Sahfen ihren Sohn Konrad, den Die
Mönche aus der Taufe hoben. 1114 Sunmits
telbar und erempt, konnte die Abtei zur Reforma:
tionszeit ihre Selbftändigkeit nicht mehr behaupten
und wurde Fulda einverleibt und ihr ein Mönd)
von dort als Decan vorgefegt. Von dem Verfall
der Difeiplin und der Studien macht Trithemius
traurige Schilderungen. m als lg Frie:
den fiel ber Befig ſäculariſirt an Heffen:Cafjel.
Heruler. Ein germanifher Stamm, der zuerſt
am fchwarzen Meere feinen Sig hatte und in Ver:
bindung mit den Gothen auftritt. Danach ſchloſ⸗
349
STE b
orm llen fuchte; in einzelnen | me
Form herzuſtellen fuchte; in ein Sm | xücklehrt, ift in der biblifcen Sprache zugleich eine
Hesbon
en fie fi den Hunnen an und gründeten nad)
Kilos —* ein Reich an der Donau; zogen mit
Odoacer nad) Italien, wurden dann 495 von den
ihnen früher unterworfen geweſenen Longobarden
beftegt und ließen fich zum Theil unter Anaftafius II.
im oftrömifchen Reihe an der Donau nieder.
Unter Juftinian haben fie das Chriftentfum anye:
nommen und verfchwinden jeitdem aus der Ge:
ſchichte. Das Volt wird als roh und räuberifc
— welches zähe an feinem Götzendienſt
ing, welchem Bienfärkopier nicht fremd waren.
Herväus Natalis, genannt Brito. Ein berühm:
ter Dominicancr aus der Bretagne, ftudirte zu
Paris, war 1307—1309 Brofeffor, 1309 Ordens:
rovincial, 1318 Ordensgeneral, + 1323 zu Nar:
nne. Ein eifriger Thomift, ſchrieb er Commen-
tarien über die 4 Bücher der Sentenzen des Lom—
barden 1503. Tractatus de potestate eccles. et
apali, Par. 1500. — 2) $.von Bourg-Dieu.
Era. Benedictiner: Prior bafelbft. Commen-
tariorum in Jesaiam prophetam libri 8. Augs⸗
burg 1721.
Herz. 52 Kagdie. Dasjenige Organ, weldes
ben Mittelpunkt des leiblichen Lebens bildet, aus
m das Blut ausgeht und zu welchem eö zu:
Bezeichnung geworden für den Mittelpuntt des
geiftigen Lebend. Das Herz bilbet das geiftige
rgan, in welchem fich alle Eindrüde aus der
Außenwelt vereinigen, und von welchem alle Aeu⸗
Berungen deö Lebens auägehen. Es ie daher der
Sitz der Gefühle der Freude (Pf. 13, 6; Apitg.
2, 26) und der Trauer (ef. 1,5; 61,1; er.
17, 9), der Furcht w 51, 12; Bi. 77, 4) und der
Hoffnung (Pi. 28, 7), der Liebe (5. Mof. 6, 5;
Richt. 16,15; Marc. 12,30; Apftg. 4,32), des Ge:
horſams (1.Rön. 3,9), des-Bertrauens (Spridw.
3,5). Im Herzen bildet fi die Gefinnung des
Menſchen, aus der alle Gedanken und Beftrebun:
gen hervorgehen; in ihm hat die Frömmigkeit ihren
Sig (5. Mof. 6, 5; Pf. 119,7; Apftg. 15,9; Phil.
4, 7, 2. Theſſ. 3, 5), die NRechtichaffenheit und
Tugend (1. Kön. 15, 3; Bf. 52, 12; Matth. 5, 8),
aber auch die Sünde (1. Mof. 6, 5; 8, 21; Mattı).
6, 21,9, 4; 15, 19; Apftg. 5, 3). Das Herz bildet
fomit den Inbegriff des gefammten inneren Le:
bens, welches ben Menſchen — bleibt, aber
Gott nicht (1. Sam. 16,7; Bf. M, 22; Apſtg.
1,24). Unfere Begriffe „Gemüth“ und „Charat:
ter” ei beide in dem Begriffe Herz mit einge:
ſchloſſen; aud das „Gewiſſen“ ift nicht felten
darunter begriffen (Röm. 2,15; 1. Kön. 2, 44;
Hiob 27,6; Pred. 7, 22).
Herz Jeſu, Fe, iſt von den Jeſuiten einge:
führt und von Clemens XIII. geftattet. Nicht nur
viele Theologen, auch die Synode von Piſtoja er:
Härte ſich en dasjelbe und den Eultus der
Menfchheit ‚ bis Bius VL in der Bulle Au-
etorum fidei fi) dafür ausſprach. Jedoch ift das
Feſt nicht ar Auch Es wird nad) der Dc-
tave des Frohnleichnam gefeiert.
Herz Jeſu, Orden von. S. Geſellſchaft des
Herzens Jeſu und Verein v. H. J.
Hesbon. Eine Stadt der Moabiter —
dem Jabok und dem Arnon, welche die Amoriter
erobert, um fie wieder an die Iſraeliten zu
verlieren (4. Mof. 21,24 ff.); das Triumphlied
des Sieges ijt 4. Mof. 21,27—30 bewahrt. Hesbon
Hejefiel
Ruben gerechnet wurde. Nach dem Untergang bes
Königreichs Jrael gewannen die Moabiter die
Stadt wieder. Später wird fie von Joſephus ald
von Juden bewohnt, von Eufebiuß als chriſtliche
Biſchofsſtadt erwähnt. Heute find nur Ruinen
vorhanden. Die Umgegend zeichnet fih durch
Fruchtbarkeit aus.
efiel, ©. rn
Eobanus. ©. Eobanus. ,
Johann. Geb. 1490 zu Nürnberg, ftubirte
= i ————— warb 1513 Secretär des
igele o von Breslau, vollendete 1517 feine
Studien zu Prag und trat auf Reifen in Verbin:
dung mit den bedeutendften Humanijten, 1519 auch
u Wittenberg mit Melanchthon und Luther. Als
anonifus in Neiße und Breslau wirkte er im
teformatorifchen Sinn bis er Tobe Turzo'3 1520,
wurde dann Hofprediger des Derioge von Dels,
bis ihn 1523 der Magiftrat von Breslau an die
Moria: Magdalena:Kirhe berief, um das reine
Gotteswort zu predigen. Heß, und nad) feinem
Borgang alle Prediger, befeitigten ben Meblanon,
onen ac. ohne ſich ber Sdiction bed
iſchofs zu entziehen. Er madte fih um das
Schulweſen und eine evangelifde Ordnung des
Armenweſens ber Stabt verdient. 1525 trat er
in ben Eheftand. + 1547.
Seh, Johann Jakob. Geb. den 21. Det. 1741
zu Zürid. Der Sohn eines achers; 1760
—— * * bis 1766 ren eines ale Bee
interthur, le 8 Pr
elehrter — riftftellerifchen Arbeiten, bis er
777 Dialon am Frauenmu u Zürich wurbe,
1795 Antiftes der Kirche. In diejer Stellung ver:
aßte er die Prädicanten:, Synodal: und Still:
nb3-Orbnungen 1803, und war in bebrohten
— bie Stüße ber Zuricher Kirche. Beſonders
egensreich hat er durch ſeine Schriften gewirkt
Gefammtausgade in 23 Bänden 1826). Ge:
ichte der brei legten Lebensjahre Jeju, 1767.
ugendgeichichte Jeſu, 1773. Kern der Lehre vom
Gottes, 1819. Geſchichte der Jfraeliten, 12
Bbe., 1788, u. a. Huch mehrere Sammlungen von
Predigten. Bei der Säcularfeier der Reformation
wurbe er Dr. theol. zu Tübingen, Jena und Ko:
—— Seit feiner Krankheit 1819 trat er als
Dre iger nicht mehr auf. + 1828.
Seffel, Leonhard. Er war Profeffor der Theo:
logie zu Löwen, wurde 1551 zum Concil nad
Trient geſchickt und ftarb dort. Ihn vertrat wäh:
rend feiner Abwejenheit Bajus.
18, Johann. Geb. 1522 zu Löwen ober
Arras, war Profeſſor der Theologie in ber Prä-
monftratenfer » Abtei du Parc bei Löwen, danach
Löwen. Er war Anhänger des Bajus und ver:
Ist mit ihm feine Anfihten; wurde auch mit
m 1563 zum Concil nad) Trient gejandt. Zu:
rüdgelehrt nad) Löwen ftarb er ſchon 1566. Seine
meiften Schriften find —— — Am
bedeutendſten iſt der Katechismus der Glaubens⸗
lehren, Löwen 1571 u. 72. In dem Abſchnitt über
bie Sacramente wird nur Taufe, Firmung und
Abendmahl behandelt; ungemiß ift, ob ihn der Tod
an ber Vollendung des Werkes gehindert hat.
ſſen. Der Reformation hielt fi) der Land:
graf Philipp der Großmüthige — bis 1524,
als er verfügte, alle Prediger follten das Volt im
Evangelium rein und lauter unterrichten. 1525
350
wurde Levitenftabt, die bald zu Gab, bald zu | erflä
Heflen-Darmftabt
rte er ſich beftimmt für die Reformation,
[6toß 1526 das Bundniß gu Torgau zu ihrer Ber:
heidigung und fegte auf bem Reichätag zu Speier
bie Elaufel der iondfreiheit der Süctten durch.
1626 berief er La von Avignon, und als die⸗
er auf ber Synode zu Homberg den 26. Det. 1526
eine Thejen vertheidigt hatte, wurde auf derſelben
Synode fofort eine — chloſ⸗
fen (Homberger Kirchenordnung), bie aber wegen
ihres unpraktifchen Charakters niemals völlig zur
Geltung gelommen ift. Obwohl Philipp bie
burgifche Eonfeffion unterfhrieb 1530, neigte er
doch von je zu Zwingli's Lehre, führte 1536 bie
Straßburger Concordie ein, hielt ſich feit 1540 an
die Bariata und bewahrte in den Kirchenor
1539 u. 1566 nebft dem damit verbundenen
techismus eine Stellung, die der Concordie ent
ſprach. Unter Philipps Enkel, dem Landgrafen
Morig wurde die heffifche Kirche durch bie fog.
Der Spunfte rajch eine entfchieden ⸗
mirie (1605), von welcher die Synode Dortrecht
beſchickt ward und welche neben dem heſſiſchen Ka⸗
techismus von 1607 den Heidelberger Katechismus
einführte. In neuerer Zeit —* innerhalb der
heſſiſchen Kirche verſchiedene le Bewegungen
entſtanden. Als 1888 eine fe ere Stellung
Geiftlihen zu den Belenntniffen gewährt werben
ollte, erhob bagegen eine Bewegung von con:
effioneller Seite (Biel), ber geg ebenfo
entſchieden von anderer Seite R enkel) Lehrfrei⸗
—
gefa it, ob die irche lut
ober reformirt ſei — oder melanchthoniſch (Heppe
— ift nad utachten Richterö und der Mar:
burger Facultät für das Recht reformirter Kirchen:
orbnung entſchieden. Die lutherifchen Gemeinden
in Heſſen ftammen zumeift aus der * ber befien:
darmftäbtifhen Herrſchaft. Die Kir
tung wird geführt von ben brei Gonfiftorien zu
Cafjel, Marburg und Hanau, unter
duch Superintendenten und Infpectoren, unter
welchen die Glaffen —— — ſeit der politi⸗
ſchen Veränderung von 1 ft eine neue Organi⸗
jation zu erwarten. I. Münfcder, Geſch. der
heſſiſchen ref. Kirche, 1850. Ebert, die Geſch. ber
ev. Kirche in Kurheflen, 1860.
‚ Selen» Darmfladt, welches durch ge
einer jüngeren Linie durch ben j
Philipps d. Großm. Georg I. entftand, hielt ſich
im —— Gegenſatz gegen Cafſel der luthe⸗
riſchen Kirche und der Concordienformel zugewen⸗
det. 1607 ſtiftete Ludwig V. gegenüber den refor⸗
mirten Beſtrebungen des —— Morig die
—— e Univerfität Gießen. Der ,
welchen Zand im Anfange unferes Jahrhun⸗
derts an Gebiet erhielt, brachte auch reformirte
und latholifche Elentente in das Land. Seit 1832
ift Die gefammte evangeliſche fire Hefjens unter
eine gemeinſames Kirchenregiment t. Die
Union befteht nur in einzelnen Gemeinden, nament:
lich Rheinheffens. Die Landeskirche ift in brei
Superintendenturen eingetheilt: ng Starten:
burg, Oberheſſen, Rheinhefjen. Vgl. Hoffmeifter,
Philipp des Großm. Nachfolger, 1856. — Die
Katholifche Kirche in Heſſen mit dem Bisthum in
Mainz ift feit Biſchofs Ketteler Amtdantritt (1860)
von großem Einfluß auf bie ftaatlihen Verhält⸗
niffe des Großherzogtfums. Eine Gonvention, ab:
geſchloſſen am 23. . 1854, hat der Hierarchie
Heßhuſen 351 Heumann
eine überwiegende Macht in bie Hände gegeben, | Heterodoxie iſt die Abweichung vom kirchlich
an welcher das Land noch heute zu leiden F anerkannten Lehrbegriff. Das Wort drückt alſo
Heßhuſen, Tilemann. Der lutheriſche Streit:
theolog, welcher jeden Widerſpruch gegen feine
uffaffung der Lehre ald grundftürzenden Irr⸗
den anfah, und aud wo er berechtigt gegen
äben und Sünden ftritt, feinem Eifer fein
Ma F fegen wußte. Begabt und * hat er
viele bedeutende Aemter geführt, aber in keinem
längere Ruhe finden können. Geb. zu Wejel im
Cleveſchen den 3. Nov. 1527, war er bereitö mit
25 Jahren Dr. theol., Superintendent und Baftor
——5 zu Goslar, wurde abgeſetzt 1556, weil
eine er gegen bie Sitten ded Bürgermei:
ers das Volk aufwiegelten. 1557 wurde er ald
rofeſſor der Theologte zu Roftod wegen feiner
wderungen bez. der Kirchenzucht abgelegt. Als
rofeſſor zu Heidelberg 1557—1559 madte er
ch — durch ſein ſächſiſches Lutherthum
und den Abenbmahläftreit mit dem Dialonus
Klebitz. 1559 — 1560 wirkte er ald Tiemans Nach⸗
folger in Bremen gegen Hardenberg. Bon Magde:
burg (feit 1560) vertrieb ihn der Rath, da er feine
Gontroveräpredigten nicht laflen wollte, 1562.
Aus Weſel mußte er weihen wegen einer Schrift
egen bie Bapiften. Die Hofpredigerftelle zu Neu:
g, 1565—1569, vertauſchte er mit einer Pro:
fefiur zu Jena, und befämpfte bie ſächſiſchen Theo:
logen, bafür von Kurfürften ft 1573 vertrieben,
wurde er Bifhofvon Sameland zu Rönigäberg, wo
ihn Wigand ald Irrlehrer (communicatio idio-
—* —* 1577. In —— en e⸗
Ut, kämpfte er gegen Chemnitz u. X. wacker bis
an feinen Tod 1588. Bon feinen Schriften ift die
bedeutendſte: examen theologicum, ein dogmati⸗
9 eiyhahen. Die mufifge Partei der gitos
y . Die iſche Partei 08:
Mönde im 15. Jahrhundert, welche behauptete,
daß dem von ber Welt abgezogenen Menſchen
bei rechter Berjentung in ſich Peibit und bei rechter
Körperhaltung (daher jpottweifeOmphalopsychoi,
d. h. Nabelfeelen genannt) das himmlische Licht
ber Verklärun auge und finnlid wahrnehmbar
fei. Dies Licht ſei ein göttliches, aber nicht ala
öttliches Weſen, fondern als deſſen Wirfjamteit.
hnen widerſetzte fih Barlaam (ſ. d. A) und Gre⸗
gorius Acindynus, indeß unter dem Einfluß der
ppolitiſchen Verhältniffe wurde die Lehre der 9.
auf den 4 Synoben zu Eonftantinopel 1341 — 51
für rehtgläubig befunden. Vgl. Engelhardt, die
Arjenianer und en in Illgen's Zeitihr.,
VII. S. 48, und Gaß, bie Myſtik des Nikolaus
gr .n Eufebius und Hi
vchius. e und Hieronymus er⸗
wähnen einen 3. ald Bearbeiter des Terted ber
LXX unb bed R. T., deſſen Recenfton in Aegyp⸗
ten gebraucht wurde. 2) Ein Presbyter zu Jeru:
falem um 433, von dem mehrere exegetiſche und
homiletiſche Ale herrühren; von biefen wer:
den *xx* chrieben einem 3) H., um 600 Pres⸗
byter, dann Biſchof und Patriarch von Jeruſalem,
an welchen Gregori M. lib. IX. cap. 4 gerichtet
ift. 4) Der Lerifograph gegen Ende des 4. Jahr:
hunderts zu Alerandrien. Sein Lexilon gab her:
aus M. Schmidtsen. 1854—1862. 5) Der Chro:
nift mit dem Beinamen Jluftris. Nach Suidas
ri einer Chronik, von welder ein Stüd
. * e Alterthumer von Conſtantinopel vorhan⸗
en i
nur ein Verhäliniß zu dieſem aus und enthält
fein Urtheil über die Richtigkeit der —*
Hethiter. Ein Volksſtamm ber Kanaganiter
1.Moj. 10,15), welcher zu Abrahams Zeiten um
ebron wohnte; von ben Iſraeliten nicht ausge⸗
zottet (Richt. 3, 5), fondern nur frohnpflichtig ge»
macht wurde (1. Kön. 9,20). Der Name fteht aüch
im weitern Sinne zur Bezeichnung der Fanaaniti
Ihen Bölterjchaften aupt (Sof, 1, 4), na:
mentli derer im nördliden Paläftina (1. Kön.
ar ; 2. Rön.7,6). Bgl. Bertheau zu 2. Ehron.
Geber, Ludwig. Geb. zu Bifhofszell, war er
Caplan in Wädenſchwyl am Züricher See, flug
fi auf Dogs eite, indem er namentlich den
Bilderdient befämpfte (das Büchlein: Vom Ur:
theil Gottes, 1523), ing 1524 nad Augsburg,
bis er 1525 als Unrubeftifter wegen feiner Beläm⸗
pfung der Abenbmahlälehre des Urbanus —*
weichen mußte. In Baſel bei Dekolampadius
überjegte er deſſen Schwabenſchrift und lebte da:
nad (1526) in Zürich. In Straßburg verband er
sich mit Denk zur Meberfegung der Propheten,
bildete dabei feine rabicalen m tiſchen und ſpiri⸗
tualiſtiſchen Anſichten von der Schrift, dem Geſetz
und der Leugnung der Gottheit Chriſti aus, die
er dann in der Pfalz ausbreitete, bis er beſiegt in
einer Disputation in Worms mit allen evangell⸗
Ichen Predigern ausgewieſen wurde. 1528 fam er
nad Eonitan;. Hier famen feine fittlihen Ber:
irrungen in ben Kreijen feiner Anhänger zur Ent:
dedung, er wurde zum Tode verurtheilt und ent:
hauptet; fein Tod war erbaulicher als fein Leben.
Heubner, Heinrich Leonhard. Director des Pre⸗
bigerjeminars zu Wittenberg, war geb. 1780 zu
Zauterbad) im Erzgebirge, erzogen zu Schulpforte
1793, ftudirte in Wittenberg 1799, wurde 1805
Docent, 1808 Diafonus und 1811 a. o. Profeſſor.
Bei ber Gründung des Prebigerfeminard 1817 als
dritter Director angeftellt, folgte er 1832 dem älte:
ven Nitzſch als eriter. Er gab die Büchnerjche Hand-
Concordanz neu heraus. + 1858. _ feinem
Tode erihien: Praktiihe Erklärung des NR. T.
Heuchelei ift das Streben durch das äußerliche
Gebahren die mit Bewußtjein und Willen fejtge:
— arge Geſinnung zu verbergen oder wenig⸗
ens um menſchlicher Rüdfichten willen das als
gut Ertannte äußerlich zu verläugnen (fo Gal. 2,
13). Die Pharifäismus genannte Heuchelei meint
auch im fittlihen Gerichte den innern Mangel mit
dem äußern Werk zu verhüllen.
mann, Chriftoph Auguſt „geh. zu Alftäbt
in Thüringen den 3. Aug. 1681. Nach einer müh⸗
feligen Jugend, da er Bater und Mutter früh ver:
lor, bezog er jehr gut vorgebildet 1699 bie Univer:
fität Jena, wurde 1702 Privatdocent, machte eine
litterarifche Reife, lad dann über Philoſophie und
Theologie, bis er 1709 Inſpector des Seminars
und Gollaborator am Gymnafium zu Eijenad,
1717 Rector der Gelehrtenfhule zu Göttingen
murbe. Bei der Errichtung der Univerfität über:
fam er die Profeſſur ber Literaturgefchichte zus
— als a. o. Profeſſor der Theologie, 1745 0.
Bro eſſor ber Theolog!e, legte er feine Stelle 1758
nieder, weil er der reformirten Abendmahlslehre
* zugewandt hatte. + 1768, iflen: Ueber:
egung des R. T., Hannover 1748. Erklärung
Heuſchrecken
des N. T. 1750—63. Erweis, daß bie Lehre ber
en Kirche vom Abendmahl die rechte ſei, Eis⸗
leben 1764.
Heuſchreden. Obgleich in dem A. T. verſchie⸗
dene Namen dieſes Inſectes vorlommen, ſo iſt
doch durchgehends die große Strich: ober Zug· Heu⸗
—— gemeint, welche noch jetzt eine Landplage des
ients iſt. Bekannt iſt die poetiſche Schilderung
einer Heuſchreckenverheerung im Propheten Joel.
Die die Heujchrede ald Speiſe Matth. 3,4 er:
wähnt wird, dient fie auch noch jegt in Fällen
der Noth und in verjchiedener Zubereitung zur
Nahrung.
viter. Ein fanaanitifher Bolläftamm, ber
zu ZJakobs Zeiten um Siem mohnte (1. Moſ.
34, 2), Gibeon — Zeit der jüdiſchen Einwande⸗
liche Theil des Vollsſtammes ging
(2. Sam. 21, 1), der nördliche erhielt ſich länger.
Heraemeron. Sechs-Tagewerk. Die biblijche
Schöpfungsgeſchichte.
apla. Das große Bibelwerk des Drigenes,
in welchem er ben hebräifchen Tert des A. T. mit
hebräiſchen und griechiſchen Buchſtaben, die LAX
und bie Ueberjegungen bed Aquila, Symmachos
und Theobotion In ſechs Columnen neben einander
tellte, aud) zueingelnen Büchern noch andere Leber:
esungen zufügte. Die nicht im hebräifhden Grund:
texte, wohl aber in ben LXX befindlichen Stellen
bezeichnete er mit dem Dbelos <>, die wohl im
Hebräifhen aber nicht in ben LXX gefundenen,
melde er hier aus Theobotion ergänzte, mit dem
teristos-: |:-Die Bedeutung feiner jonftigen kri⸗
tiſchen Zei ber Zemniöfen —* und Hypolem⸗
nisfen — ift nicht Har. Hieronymus fannte das
Driginal auf der Bibliothek zu Cäfarea. Vorhan⸗
ben find nur Bruchſtücke, welche gefammelt find:
Drusius Veterum int. graec. in totum V.T.
fragmenta, Arnheim 1622. B. de Montfaucon
Hexaplorum Or. quae supersunt, 2 T., Par. 1714.
Neue Ausg. v. Bahrdt, Leipz. 1769, 70. Vgl. Frid.
Field, Otium Norvicense, Orford 1864.
n und x erg Der Wahn, daß e3
dem Menjchen moͤglich wäre, übernatürliche Kräfte
und untergeordnete Geifter fich zu irdifchen Zwecken
bienftbar zu machen, rerbunden mit ber mittel:
alterlihen Ausbildung ber Lehre vom Teufel,
firirte fich in dem Glauben an Heren und bezog
die Refte heidniſcher Sitten und Gebräude auf
deren Gemeinſchaft und Dienft des Teufels. Da
5.Mof.18, 10 Zaubereials Abgöttereiverbotenwar,
zog die Kirche die Beltrafung der Hexen in ihre
Gerichtöbarteit, um fo mehr, als der Libertinis:
mus und Antinomisnus myſtiſcher und fpiritua:
liftifcher Seeten, die als Häretifer verfolgt wurden,
dem Gedanlen einer Gemeinjchaft mit einem böſen
vr Unfittlichleit verleitenden Geifte Nahrung gab.
ie Inquifition erftredte fi) daher von Anfang an
mit auf Zauberei (directorium inguisitorum des
Nilol. Eymericus). Die Bulle Jnnocenz VILL.,
Summis desiderantes affectibus, übergab das
Recht fürmlih der Jnauifition; Sprenger und
—— verfaßten den malleus maleficarum 1487.
ie bürgerliche Geſetzgebung, 3. B. die ſächſiſche
Eriminalordnung 1572, nahm dieſen Grundjag auf,
und bie Anwendung der Folter, um das Geſtändniß
äuerprefien. In Deutjchland wurden Taufende von
352
Hierardie
Heren verbrannt. en biefe Hexenproceſſe ſchrie⸗
ben: Johann u t des di 8
au Gleve, de praestigiis daemonum, 1668. Sit
mehr Erfolg die Jefuiten Tanner und Friedrich
von Spee, Cautio criminalis seu de processibus
contra sagas Rinteln, 1631. Balthafar Beder,
red. in Amfterdam, Bezauberte Welt, 1691, End:
lid Thomafius, Theses de crimine magiae, 1701,
welche den Bann ber Geſetzgebung braden, ber
auch den wibermilligen Jurijten zur Berurtheilung
ber Hexen und zur Anwendung ber Folter gezwun⸗
gen hatte. Die legten Heren, welche verurtheilt
wurden, waren 1749 bie Oberin des Kloſters zu
Unterzell, 1750 eine rau zu Dueblinburg, 1783
ein Mädchen zu Glarus.
Heynlin, Johannes de Lapide. Geb. in Bafel
um 1434, war er Lehrer in Bafel und Paris, Doc:
tor ber Sorbonne, und fiebelte 1474 mit vielen
Studenten nad) Bafel über, wo fein Auftreten
einen heftigen Streit de3 Nominalismus mit bem
von ihm vertretenen ariftoteliihen Realismus
entzünbete. 1477 warb 2% or und Stifts⸗
prediger in Tübingen, 1 ector des Chor:
berrnitiftö in Baben-Baben, 1484 Dombherr und
Prediger am Münſter zu Bafel, trat dann 1487
als Mönd in die Karthaufe, + 1496. Er ſchrieb
einen Commentar zu den logischen Schriften des
Ariftoteles und vertheidigte Die unbefledte Em:
plängniß der Maria.
iddelel, ©. Tigris.
iemanten, d. 5. Ueberminterer, ift eine Be
eichnuug für die dem erften Bußgrade Unterwor:
enen, ſonſt Weinende genannt, welche außerhalb
der Kirchthüre ftehen bleiben mußten.
Hierafas oder Hieray. Ein vielje elehrter
Aegypter, der gegen Ende bes 5. Ja Bundertö
in Xeontopolis lebte. Nicht nur in vielen Scrif:
ten, fondern auch durch Bildung eines Aſleten⸗
vereind —5 te er ſeine Auffaſſ ung bes Chriſten⸗
thums, deſſen Unterfhied vom A. T. er im Verbot
der Ehe fand. Seine Lehre f fpäter von Epi:
phanius und Arius ber Härefie befhuldigt und
auf Nanihäismus zurüdgeführt; näher ſcheint er
aber der origeniftifchene Lehrweiſe zu ftehen. Hiera⸗
fiten find die Mönche, welche 9 ihm anſchloſſen,
aber von ber Strenge dur Aſkeſe ſpäler abwichen.
Hierapolis. Stadt ib Groß⸗Phrygien, bekannt
durch den Dienſt der Cyele. Berlihmt durch Bäder
und das Blutonium, eine Höhle, welcher ein Dider,
fhwarzer, tödtlicher Dampf entftieg. Epaphras
gründete bier die Gemeinde (Kol. 4, 13), unter
Para Biihöfen Papias und Apollinaris befannt
ind.
Hierarchie, Heiligherrichaft, bezeichnet die Amts⸗
gewalt und Herrfhaft des Priejterftandes, jomie
diejen jelbft ald eine in Eiufen geordnete Kör⸗
perjchaft, welche mit Vorrechten und Gaben aus:
eftattet, vermittelnd zwiſchen Gott und dem
olte fteht, indem fie dieſes beherricht. Die Theo:
kratie Iſraels hat fich in der nacheriliſchen Zeit zu
einer Hierarchie auögebilbet. Der Idee des ie
ftentgums ift fie fremb, aber natürliche hiſtoriſche
und ya Berhältniffe Irgten den Grund zu
ihr in den Anfangszeiten des Chriftenthums und
die Gonfequenz baute das ftaunensmerthe Gebäude
ber römischen Hierarchie aus. Die Hierarchie bes
Morgenlandes ift nicht minder gegliedert als bie
— aber die Uebermacht der Staatsgewalt
hinderie Die monarchiſche Einheit und eine gleiche
Hierofles
Entwicklung wie im Abendlande. Man unterſchei⸗
bet eine Hierarchia juris divini, H. jurisdictio-
nis, H. juris ecclesiastici. Die erfte umfaßt die
8 Stufen des Bifchofs, des Presbyters, des Dia:
Ionen, mit verſchiedener Weihe unb danach mit
—— eiſtlicher Machibefähigung. Das
Diafonat hat fi nach dem jus. eccles. in 6 Stu:
en ber Dftiarien, Zectoren, Atoluthen, Erorciften,
ialonen, Dialonen geftaltet, ben fen
zum eigentlihen Presbyler, Priefter. Die H.
urisdietionis umfaßt bie große Menge ber
lichen Verwaltungs⸗Aemter und der Gerichts⸗
barteit, die Rangorbnung ber Earbinäle, Prälaten,
Erzbifhöfe, Archidiakonen ꝛc, mit dem Bapft
an ber ’ nad dem Curial: oder Epis⸗
lopalſyſtem wirb ft als Inhaber des gan:
rchenregiments jo gedacht, daß eigentlich von
{6m alle Macht und Befugniß ausgehe und im
legten Grund in ihm berube; ober ed wird nad
bem Epislopalſyſtem der Biſchof ala der eigentliche
Inhaber der priefterlihen Gewalt A t, fo daß
der Bapft fie ausübe in Gemeinjchaft der Bi:
joofr, die auf einer Kirchenverſammlung den Aus:
den kann. Die Hierarchie ift die katholi⸗
je Kirche; die dogmatiſche ng zeigt, wie
i ran, be Kirche die Ausbildung
ber zes dingt gewefen ift. Daher erträgt
bie Kirche wohl Abweichungen in Lehre und Eultug,
aber feinen Wiberftand gegen bie Hierarchie. Das
Princip des Proteftantiömus ift der ſchrofffte Ge:
Be gr alle Hierarchie Sprit man auf pro: | ft
hem Boden von Hierarchie, fo ift damit
nur bie Art der H. jurisdictionis, eine Abftufung
für die Verwaltung größerer oder Heinerer kirch⸗
lichen Diftricte gemeint, die aber eine Handhabe zur
Entfaltung bes hierarchiſchen Weſens geben lann.
kleb. Ein Gegner des Chriftenthums, war
Statthalter in Bithynien, Ben 802 die Dios
eletianifche Chriftenverfolgung. Philoſophiſch ge
bildet, ſchrieb er gegen das —* den Aöyos
gQilclndns, welder durch die Gegenjchrift des Lac:
tantius befannt geworben ift.— Ein anderer 9. ver:
mer im 5. Jahrhundert zu Alerandrien philo:
eräiide Gärten.
ymiten. Einfiebler bed h. Hieronymus,
.. nad ber Regel Auguſtins lebten, entitan:
den in verfchiebenen Zweigen; in Epanien durch
die Tertiarier Vasco und he ung 1870. Der
Drben berjelben widmete fi) den Wifjenfchaften,
gelangte zu großem Anfehen (Kiofter St. Juftus
u Ejtremebura), ift aber verfallen. Die Ordens:
eidung war ein weißer Leibrod mit lohbraunem
Scapulier, ſchwarzem Mantel. Die Schweitern die:
ſes Ordens, geftiftet durch Maria iad von
Toledo im Klofter St. Paul 1375, legen kein feier:
liches Gelübde ab. In Jtalien verbreitete fich die
Eongregation bed b. Hieronymus, 1424 durch
Zupus Dlivetus (2ope von Dimeba). Bon Mar:
tin V. beftätigt, vertaufchte diefer Zweig feine
—5* Regel bald mit der des h. Auguſtin.
—— bat die Congregation Berbrei:
sung gefunden, welche Peter Gambacorti 1380 in
Italien ftiftete. Auch dieſe Congregation milderte
1444 ihre Regel, nahm die Auguftinifche an und
befteht noch in wenigen Klöftern. Die Eongrega:
tion von Fiefole, g durch Karl von Monte
Granelli 1406, ift aufgehoben.
ymus, Sopbronius Eufebius. Diefer
Kirchenvater ift geboren zu Stribon in Bannonien
353
Hilarion
331. Er ftubirte in Rom römische Literatur und
griehiiche Vhilofophie; machte mehrere Reifen
und hatte auf einer derjelben in Antiodien ein
Traumgeficht, welches ihn bewog, alle weltlichen
Schriften wegzulegen und fich der ftrengften Aötefe
Mu ergeben. In Antiochien zum Presbyter geweiht,
ebte er in Rom in engem Verkehr mit dem an
Damafus und einem Kreife frommer Frauen. Bon
biefen begleitete ihn die h. Baula und ihre Tochter
Euftohium auf einer Wallfahrt nad dem Drient.
. 308 fi in eine Einfiedelei bei Bethlehem zu:
rüd, wo er 420 ftarb. Um dieſelbe erhob fich ein
Frauenflofter (Paula) und ein Möndätlofter. So
wenig er jelbftändig neue Ideen entwidelt hat, fo
fehr tft er doch durch feine gelehrte Thätigkeit von
größtem Einfluß auf die Kirche geweſen, und feine
aſtetiſche Richtung hat dadurch auch auf fpätere
Zeiten gewirkt. Ueber Alles hoch hielt er den Ruf
der eigenen Orthodoxie. Bon feinen vielen Werten
ift das wichtigſte feine Vibelüberfegung (N. T.
nad) dem Cod. Amiatinus —— v. Tiſchendorf
1854, nach dem Cod. Fuldensis von E. Ranke
1868), aus welder in Verbindung mit ber alt⸗
lateiniſchen Bibelüberfegung (Itala) die Bulgata
rg ift. Seine Eommentare über dad
Ite und Neue Teftament ftellen ein reichhaltiges
und jhägbared Material zufammen. Er bat den
Grund gelegt zu biblifcher Archäologie und Patri⸗
ftit. In anderen Schriften ift er der eifrige Ver:
theibiger der Jungfernſchaft der Maria, des Fa:
end, ber Märtyrer: und —————————
daß Luther ſehr I ee über ihn urteilt. Der
gehäffige Streit, durch feine Preiögebung
des Früher von ihm hochverehrten Drigenes mit
Rufin entftand, war nicht im Stande der Nachwelt
ein reines Bild von feinem Charakter zu überlie:
fern. Seine Werle gaben heraus: Erasmus, Ba:
jel 1516 — 1620. Marianus Bictorius, Nom
1566. Adam Tribbechovius, Frantf. 1684. Dor
minicus Ballarfi und Scipio Maffei 1734—1740.
Bol. Zödler, Hieronymus, Gotha 1865.
Hieronymus von Prag, eigentl. v. Faulfifch,
war zu Prag aus edlem Geſchlecht zwiſchen 1360-
1370 geboren. Nachdem er in Prag, Heidelber
Köln, Bari und Orford ftudirt hatte, verbrei
er in feiner Heimath die Lehren und Schriften
Wiclef3. Seiner Gelehrfamteit wegen berief man
ihn zur Organifirung der Univerfität Krakau 1410
und nad Ungarn; Bier entging er nur mit Mühe
der Berfolgung der Geiftlichleit. In ——
er ſich eng an u an, und er gab feiner Dppoſi⸗
tion gegen Rom jehr kräftigen und augenfälligen
Ausdrud. Er begleitete Huß nad Coſtnitz; ver:
ließ es aber nad) deſſen Verurtheilung; wurde in
Hirſchau gefangen, verftand ſich nach harter Haft
zum Widerruf den 23. Sept. 1415. Bon neuem
angellagt, nahm er biefen Widerruf zurüd, be:
zeugte fräftig vor dem Eoncil die Wahrheit, wurde
verurtheilt den 30. Mai 1416 und erduldete ſtand⸗
haft den Tod.
Higden, Ralph. Benebictinermönd zu St. Wer
berg in Chefter. + 19363. Er ift Verfaſſer des
Geſchichtswerkes Polychroniei libri 7, weldes
bis 1357 n. Chr. geht; es wird oft benugt und ift
von Carton 1482 ———
Hilarion, der Heilige. Geb. um 288 zu Tabathe
bei Gaza (21. DOct.). Ein Schüler des 5. Antos
nius, übte er die ftrengfte Aſteſe in der Wüfte
Majuma bei Gaza und erlengte ie großer
be)
Hinnom
356
Hiramı
Dntel und Metropoliten und bem König Karl dem von Manchen (Ewald, Deligich :c.), weil fie im
Kahlen. In denfelben wurden zuerjt die Echtheit Zufammenhang feing pafjende Stelle einnehmen,
und Gültigkeit der pſeudoiſidoriſchen Decretalen
behauptet und bejtritten und die Beranlaffung dazu
(ag in dem eigenmädhtigen Verfahren H., der ſich
der Aufficht des —— ofs und der Gewalt des
Königs zu entziehen juchte, und als der König
feine Einkünfte mit Beſchlag belegte, das Inter:
diet über feine Diöcefe ausſprach Hincmar von
Rheims fügte ihm gegen den König mit dem
Sage, daß nur die Provincialfynode einen Biſchof
richten dürfe. Ebenfo entjchieden trat H.v.R. gegen
Hinc. von Zaon auf, ala derjelbe fi dem Spruch
der Synode zu Verberie 369 und dem Abſetzungs⸗
urtheil derjenigen zu Duziacum 871 durch eine
Appellation an den Papſt entziehen und diefe durch
pſeudoiſidoriſche Decretalen üben mollte, welde
die Rechte der Mettopoliten und Synoden beſchränk⸗
ten. Karl der Kahle ließ H., um ihn an der Reife
nad Rom zu Bindern, einterfern und ihm die Augen
auöftehen. Der Papft mußte 876 die Abjegung
—— ihm aber 878 die Erlaubniß, Neffen
zu leſen. Die Zeit feines Todes ift ungewiß.
Hinnom, Das Thal im S.:M. von Jerufalem
vor dem Ziegelthor, in welchem der Molochädienft
gefeiert ward, und welches deßhalb bei den Juben
ein Gegenſtand bed Abſcheus, ein Gegenftüd ber
Hölle wurde. Jof. 15, 8; Matth. 5, 22,
—— bei den Hebrüern. S. Lebens:
irafen.
Dinterlage, Beim Mangel von Berfhreibungen
und Schuldjcheinen wurde bei den Hebräern das
Darlehen durd) Hinterlage gefichert. Beftand das:
—* in einem Stück Viet, jo haftete ber vo.
t Diebitahl, aber nicht für gewaltthätigen Raub
durch Menſchen oder wilde Thiere (2. Mof.
22, 10 ff.); bei beweglichen Gegenſtänden haftete
er aber auch nidjt für Diebftahl, Die betrefjende
Berfiherung fonnte durch einen Eid befräftigt
werden.
Hiob. Das Bud Hiob ift ein Lehrgebicht,
welches das Räthſel zu löfen ſucht, wie es uns
beſchadet der Gerechtigkeit Gottes geſchehen bönne,
daß auch der Fromme von Leiden und Trüb—
fal heimgeſucht werde. Das Bud begründet die
Anſchauung, daß das Uebel zwar den Scdul:
digen wie den Unjchuldigen treffe, daß aber
Gott dennoch über demfelben walte, eö be:
ſchränke und den Guten nicht untergehen laſſe,
fondern ihn, wenn er ſich bewähre, ſiegreich aus
allcın Kampf hervorgehen laffe, jo daß der unſchul⸗
dig Yeidende fi dem unergründlichen Rathſchluß
Gottes demüthig und vertrauend ergeben müſſe.
Dieſer Lehrinhalt wird an der Geſchichte des Hiob
als thatfählich vorgeführt und in Wechjelreden
Hiobs und feiner Freunde, über welche eine Rede
Jehoda's das indirecte erg fällt, erörtert.
Ueber die Zeit und den Ort der
fen noch die Meinungen. Der Dichter verlegt
zwar die Fabel ſeines Gedichtes in die fernfte Ba-
triarchenzeit, aber die religiöfe und fittliche Auf:
feffung, die Abhängigkeit von den Propheten Je:
jaja und Jeremia und ähnliche Erfcheinungen mwei-
fen auf eine jpätere Zeit, nad) Umbreit u. X. auf
die Zeit des Babyloniſchen Exils. erg ber.
iegen e3 freilich in die Salomonifhe Zeit. Daß
es in Aegypten gefchrieben jei, wird aus der pracht⸗
vollen Bejhreibung des Nilpferdes ꝛc. geſchloſſen.
Viel verhandelt ift über die Reden Elihus, welche
bjaffung jhmwan: | i
ür interpolirt, von Andern aber (Stidel, Schott:
mann, zum Theil auch Riehm in Rudelbach's Iu:
theriſcher —— 1866, ©. 807—309) als echt
vertheidigt werden. Das Verſtändniß bed zn
wurde durch bie mangelhafte Ueberſ berL
und ber Jtala ben envätern verſchloſſen; die
reformatorifche Zeit fagte den Sinn des Ganzen
beſſer, aber nicht das Einzelne. Verbienft um das
Berftändniß erwarben fi durch ihre Commen⸗
tare: Umbreit 1824; Ewald 1851, 2. Aufl. 1854;
Dirzel 1839, 2. Aufl. von Dishaufen 1852; Stidel
1842; Hahn 1850; Schlottmann 1851; —*
1864. Auf die Strophenform machte Köſter
—5 — in kirchlicher Schriftfteller des 8
‚ein fir e
Jahrhunderts, der Bifchof zu bei Rom,
wenn nit in Rom felbjt gemejen und ald Mär:
tyrer geftorben ift. Da er der Novatianiſchen
rtei ae, bie Kirche aber fein Gedächtniß
eht (22, uft), fo wird dies fo vermittelt,
da man annimmt, er habe ſich vor feinem Tode
ber Kirche wieder zugewendet. Eufebiuß und Hiero-
mus erwähnen feine Schriften, deren wa
niß Dom —— een = feiner Mär:
rcapelle ge en hat, und welches A
Hi oriiche, exegetiſche und — ——
aßt. Die vorhandenen Fragmente gab Fabricius
1716-1718 in Hamburg heraus. Nach Euſebius ift
das Alter dieſer Statue nach dem 16jährigen Paſſah⸗
cytlus berechnet. Dem Hippolyt wird nun noch eine
Schrift, Widerlegung der Härefie, zugefchrieben:
xara nacoy alpeaswv Eleyyog, weldye 1842 auf
dem Berge Athos gefunden, und von bem erften
Herauägeber, Miller, dem Drigenes zugeichrieben
worden ift. In derjelben giebt er zuerft einen
Abriß der heidnifchen Bbilolo bien und ſchildert
dann die Härefie, welche er, belonbers die Gnoſti⸗
fer, auf diefelben zurüdführen zu müffen glaubt.
Die Behandlung des Patripaffianismus, der ihm
noch entgegenftand, ift am wichtigſten für uns
durch die Schilderung der Zuftände und Vorgänge
in ber römischen Gemeinde und durch die Bolem
gegen ben Biſchof Kalliſt, den H. nad feinem
eigenen Standpuntte des Suborbinatianidmus
und Novatianismus, worin fih der Schüler des
tenäus zu erfennen giebt, befämpfte. Vgl. Bun:
en, Hippolyt und feine Zeit, 1852, Döllinger,
Hippolytus und Kalliftus, 1863,
Hippolyt, der Heilige, fol in ber Decianiſchen
Verfolgung den Märtyrertod erlitten haben. Sein
Gedächtnißtag ift der 13. Auguft.
Hippolytuß, des Heiligen, Brüder ber drift:
lichen Liebe. Aus einem freien Berein, den 1586
Bernhard Alvarez mit einem bem h. Hippolyt ge:
meihten Hospital für Armen: und Krankenpflege
in Merito gründete, bildete ſich eine ation,
die Sixtus V. beftätigte und deren Glieder bie
Gelübde der Yrmuth und der chriſtlichen Liebe,
ber 1700 auch das der Keufchheit ablegen. Die
rdenstracht ijt ein braunes Gewand.
Hiram oder Huram, König von rn Er
folgte feinem Vater Abibaal und regierte 34.5
Er war Zeitgenofje und Freund Davids und Sa⸗
lomo's, falls nicht der Hiram, der dem Davib bei
feinem Hausbau half, von dem fpäteren gleichna⸗
migen Könige, der Salomo's Bauten unterftüßte,
unterfhieden werden muß. Nad) 2. Ghron. 2,2
Hirſch
freilich Tieferte derfelbe Huram beiden ifraelitifchen
Königen Material und Werkmeiſter zu ihren
Bradtbauten, dem eg Davids (2. Sam.5,11)
und dem Tempel (1. Kön. 5, 15 ff.), wogegen
er außer einer jährlihen Lieferung Weizen, Del
und Mein, 20 Städte Galiläad als Entſchädi—
gung erwarb. Salomo verband fich mit ihm,
um durch bie Ophirfahrten in Jirael Handelöver:
kehr zu haben. Eine Tochter H. heirathete Salomo
in fpäteren Jahren und richtete ihr den Aftartes
dienft ein (1. Kön. 11,1. 5). — Ein König ge
chen Namens, der aber in der Bibel nicht erwähnt
wird, regierte 551 v. Chr. — Hiram hieß auch
der Künſtler, welcher, vom König 9. gefandt,
das eherne Meer und bie beiden Säulen u. N.
bildete.
irſch. Einheimifh in Paläftina und Borber:
often der Gbelhurig (al, Wialah) und ber
Damhirſch (Jahmur, WEM). Er gehört zu
ben reinen Thieren und war ald Wilbpret beliebt
(1. Kön. 4, 28). Den Dichtern dient der Hirſch
ala Bild ber zierlihen, beweglichen Anmuth (Hoh.
a een me)
en (Pf. 22), auch auf ſein . 42),
ec Sorge für bie Jungen (Jer. 14, 5) wird an»
geipiett as 5. mr 14, 5 erwähnte Thier foll
Bockhirſch fein. Rehe finden fih nit in Pa:
läftina, und wenn Luther dieſes Wort gebraudt,
muß bie Gazelle verftanden werben.
Hirſchau, Benebictiner- Abtei in Württemberg.
Das Klofter ift geftiftet um 830 durch den Grafen
Erlafried von Calm und Biſchof Notting von Ber:
celli. Das Mutterklofter war Fulda. Die Mönde
wurden um 1000 durch eine Peſt hingerafft. Das
Calwer Grafenhaus zog die reichen ergangen
an fih, das Klofter jtand leer, bis Adalbert II,
non Calw von feinem Onkel, dem Papſte Leo IX.
1049 zur Wiederhecftellung bes Stift angehalten
wurbe und bie verfallenen Gebäude nelı aufrich
tete 1059. Unter dem Abte Wilhelm dem Seligen
1069—1091 ftieg der Ruhm und ber Reichthum
des year aufs höchſte. Wilhelm verfaßte auf
Grund der Eluniacenfer Beftimmungen die Con-
stitutiones Hirsaugienses, — nicht bloß
eine ſtrenge Obſervanz und die Beſchäftigung der
Mönche mit den Wiſſenſchaften geſichert wurde,
ſondern auch, um dies zu ermöglichen, die Laien»
Brüder und bie Oblaten eingeführt wurden. Diefe
Eonftitutionen wurden von den meiſten Klöftern
Deutihlandd angenommen. Dem Berfall bes
Klofterlebens im 12. Jahrhundert fuchte man durch
die Bursfelder Weije 1457 entgegenzuarbeiten und
es folgte eine neue Zeit der Blüthe,; aus dem 15.
Jahrhundert ftammen die Öladgemälde des Kreuz:
am, und der Kirche, und at Soden veranlaßte
en Abt Trittenheim zur Abfafjung der Annales
Hirsangienses. Herzog Ulrich führte die Refor:
mation ein und jandte den Th. Reysmann ala
evangelifhen LZehrmeifter 1535. Das Interim
gab das Stift den Katholifen und Mönchen zurüc,
aber die Klojterordnung Chriſtophs 1556 verman:
evangelifher Geiftliher. Im 3Ojährigen Kriege
waren einige Jahre die Katholiten wieder im Be:
fig defjelben. 1692 zerftörten die Franzoſen die
Gebäude, und jo murde die —— nach Den⸗
lendorf verlegt. Bis 1815 gab es noch Titular⸗
äbte von Hirſchau.
357
Hirten
Hirſcher, Joh. Baptift von, katholiſcher Theos
log. Geb. den 20. Juni 1788 zu Alt: Ergarten in
Württemberg, ftudirte er zu Freiburg, wurde 1810
zum Briefter geweißt, 1817 Brofeflor ver Moral in
Tübingen und folgte 1837 einem Auf nach Freiburg,
wo er zum geiftlihen Rathe, Domcapitular und
Decan des Domcapiteld ernannt wurde, + 1865.
Ein ehrmürbiger Zeuge wahrhaft chriſtlicher Fröm⸗
migfeit in ber Tat len Kirche, der auch in der
evangeliihen Kirche als Kämpfer gegen kirchliche
Scholaftif Beachtung verdient. Wichtig find noch
immer: „Ueber das Berhältniß bed Evangeliums
u ber theologiſchen Scholaftif ber neuern Zeit“,
übingen 1823 und fein Hauptwerk: Chriftliche
Moral, 4. Aufl. Tüib. 1850. Außerdem: Katechetif
4. Aufl, Tüb. 1840) ; Betrachtungen über jämmt:
iche Evangelien ber Fafien (7. Aufl., Tüb. 1843);
Geſchichte Je Chriſti (2. Aufl., Tüb. 1840); Die
katholiſche Lehre vom Ablaß (6. Aufl., Tüb. 1855),
und viele eingreifende Abhandlungen in der Tüb.
fath. Quartaljchrift, namentlich: „Ueber die Pflicht
der Geiftlihen, Glauben zu predigen”, und (1820)
ide erzwungene Eheloſigkeit der fatholifchen Geiſt⸗
ichen“
Hirt. Nach ber Bildrede Joh. 10,2; 11, 12 iſt
Dirt zu einer ſtehenden Bezeichnung des Amtes der
geiftlichen Pflege ber Gemeinde gemorden und
geradezu auf den Biſchof und Presbyter übertra:
gen (1. Betr. 5, 2; Apitg. 20, 8; Eph. 4, 11) und
das lateiniſche Wort pastor aud in ben
deutſchen Firhlihen Spraudgebrauh übernom:
men. Der Unterjchied der gleichmähig dad Amt
bezeichnenden Worte Paftor und Pfarrer, deren
Gebrauch jegt nur nah Ortsſitte mechjelt, jenes
mehr in Norden, dieſes im Süden Deutſchlands
üblich, ift, daß das erite fih urfprüngli auf die
Verpflichtung der Cura animarum (Seelenpflege)
| bezieht, das zweite aber nad) der Ableitung von
| parochus ben Borfteher der Kirchgemeinde bes
zeichnet.
irt Des Hermaß, ©. Hermaä.
irten. Die Hebräer find urfprüng'h ein
Hirtenvolt; ein getreues Bild ihres Lebens geben
noch heute die nomadifirenden arabifchen Beduinen.
Abraham ift ein Scheit oder Hirtenfürft, der mit
feinen Knechten jelbft Heine Fürſten beiehden
tonnte, Die Heerben beftanden aus Schafen, Zie—
en und Rindvieh, Kameelen und Ejeln. Auch die
Söhne und Töchter der Eigenthümer hüteten die
Heerden, unter ihnen ftanden die Knechte. Die
Berantwortlichfeit trug der Oberfnecht, wie Jalob
bei Zaban (1. Mof. 31, 38). Der Lohn beftand in
einem Antheil an der Heerde. Der Hirt trug den
Krummftab (3. Mof. 27, 32), um ein Thier zu faſ—
fen, die Taſche und die Schleuder (1. Sam. 17,40);
zum Schuß und zur Bewachung der Heerde be:
dienten jie fid) der Hunde und führten wohl aud)
Waffen gegen Räuber und wilde Thiere, Seit dem
Aufenthalt in Aegypten werben Heerden von Ka—
meelen und Gjeln feltener erwähnt, der Ader:
bau wurde die Hauptbeſchäftigung. Jedoch blieb
tiojie n nicht nur in Ruben und Gad, ſondern auch auf
delte es in eine Kloſterſchule zur Heranbildung
dem Gebirge Juda, in der Ebene Saron und ſonſt
die Viehzucht ein wichtiger Erwerb und der Hirtens
—* geachtet. Das Leben der Hirten, wie ſie bei
acht Wache halten, die Heerde zählen, verirrte
Stücke ſuchen, ihre Mühen und Entbehrungen
werben oft geſchildert und als Bild für die Thätig⸗
| feit der Könige und Prieiter verwendet,
r
Hirtenbriefe
358
Hochaltar
| Hirtenbriefe (f. d. Art. Paftoralbriefe) find bie ; fhen, ober erbaulichen Zwecken. Gie lann ſich
brieflichen to und Belehrungen eines | entweder enge an den Text der biblifchen Erzäh:
Seelſorgers an jeine Gemeinde. Solche Hirten:
lung anſchließen, wie fie jeit der Reformation be:
briefe erlafien die Biſchöfe regelmäßig zur Bert der | arbeitet zu werben pflegt, ober in freier, jelbft
Fajten an den Klerus und die Gemeinde und fonft | bichtender und poetifcher Form benjelben weiter
bei wichtigen eintretenden Umftänden.
Hirtenflab ift der Krummftab, den bie ifraeliti-
{hen Hirten führten, um ein Stüd ber Heerde das
mit zu ergreifen, er dient ald Symbol des Hirten:
amts und gehört daher zu den Infignien bed Bis
fhofamtes; bei der Weihe wird er dem Bifchof
feierlich übergeben.
Histias, König von Juda (725 — 696), Sohn
und Nachfolger des Ahas, war einer ber frömms
ften und dem Jahvehdienſt am aufrichtigſten erge:
benen Könige. Gleich im Anfang feiner Regies
rung ließ er ben Tempel reinigen, bie eherne
Schlange zertrümmern (2. Kön. 18, 4) fammt allen
Sögenaltären und durch ein feierlich begangenes
Dfterfeft den Jahvehcultus wieder einrichten. Die
tiefe fittliche Zerrüttung des Vollslebens war freis
lich fo raſch nicht zu heben. Auf das Betreiben der
ariftofratiihen, am Hofe mächtigen Partei, ver:
weigerte er den Tribut an Afiyrien, welchen Ahas
ezahlt hatte, und Inüpfte gegen den Rath und
roß der Warnungen des Jefaja Unterhandluns
en mit Aegypten an zum gemeinfamen Wider:
tand gegen Sanherib. Dieler mwanbte fi 711
egen Aegypten; auf dem Zuge dahin brad) er in
uda ein und H., in ber Unmöglichkeit Wider;
ftand zu leiften, mußte den Frieden mit einer) A
Eumme von 30 Talenten Silber und 10 Talenten
Gold erfaufen. Sanherib brad) aber deu Vertrag
und ließ in der ausgeſprochenen Abſicht, das Kö—
bearbeiten, wie bie Dichtungen Caedmons, wie
* — — Er (og!
or ologie, S. Theologie.
ir Yuan Ruig. Geb. im Anfang bed 14.
Jahrhunderts, + 1350. Er war Briefterundverfaßte
während einer über ihn durch den Erzbifchof ver:
bängten Haft feine allegoriihen Dichtungen, in
benen er einen Spiegel der Künfte und Fallftride
ber weltlichen Liebe aufftellen wollte, um vor dem
Böen abzufhreden. Er verweilt aber nicht felten
mit —— bei dem, wovor er warnen will,
und fein Scherz und feine Ironie verfallen mit:
unter in rohe Ausgelafjenheit. ©. Clarus, fpan.
Literatur, Mainz 1846, I. 398—427.
Hitzig, Ferdinand, Theolog des Alten Tefte-
mentes und Kritiker, geb. den 28. Juni 1807 in
Hauingen im badifhen Oberland, Brivatdocent
in Heidelberg, Profeſſor in Zürich, feit 1861 Pro:
fefior in Heidelberg. Er jchrieb: Begriff der Kritit,
1831; bes Propheten Jonas Drakel über Moab
ef. 15. 16), 1831. Der Prophet Zejaja über:
eht und eig t, 1833. Die Pſalmen, 2 Bbe,
1835. 36, 2. uf 1863. 65. Oſtern und Pfingften.
Zur Zeitbeftimmung im A. und N. T. 1837, Im
furzgef. ereg. Handbuch: KL. Propheten, 1838, 2.
uf 1852, 3. Aufl. 1863. Jeremia 1841,83, Aufl.
1861. Prediger Salomo 1847. Ezechiel 1847. De:
niel 1850. Hoheslied 1855. Ueber Johannes Wat:
cus 1843. Zur älteften Völker⸗ und Myiben-
nigreich zu zerftören und wie Iſrael zu behandeln, | gefchichte (Urgeſchichte der Philiftäer) 1845. Die
feinen Feldherrn Tartan Jeruſalem belagern.
Die Geſahr wedte alle Kräfte der Bertheidigung,
aud Jeſaja ermunterte jet das Volk zum mus
thigen Ausharren, jo daß Tariand Verfuch, durch
lodende Worte den Abfall des Volkes hervorzu:
rufen, mißlang. Eine plöglid ausbrechende Peſt
im Lager Sanheribs (nad) der biblifhen Dar:
ftelung der Engel deö Herm, nad) Herodot 11,
Gap. 141ein Schwarm Feldmäufe,meldedie Bogen
und Köder zernagten), in Verbindung mit der
Nahriht von einem Aufftand der Meder, nöthigte
Sanherib, jtatt den Aegyptern entgegenzugeben,
zu ſchleuniger Umtehr. Bald darauf erfrantte 9.
und war dem Tode nahe; Jefaja heilte ihn,
indem er zerbrüdte Feigen auf die Beftbeulen
legte, und verhieß ihm noch 15 Jahre Leben. Diefe
15 Jahre Frieden gehören zu den fchönften, bie
bad Reid) gehabt hat, da der König dem Einfluß
der Propheten, beſonders des Jeſaja, offen ftand
und ıhm im Volle Bahn brach. Nach Spr. 25, 1
wurde wohl in diefer Zeit von Hiäfia Yo eine
Sammlung von Sprüchen veranftaltet. Die Gejah:
ren, bie nad) jeinem Tode feinem Bolt bevorftanden,
hatte ihm Jeſaja verkündigt, als H Willens war, ſich
mit Merodach-⸗Baladan, dem König von Babylon,
gegen Afjyrien zu verbinden, und die Gefandten
dejielben, um feine Macht zu zeigen, in feine
Schatzlammern geführt hatte. Aber fein Mund,
„ed möge nur Ruhe und Frieden bleiben, fo lange
ich lebe”, blieb erfüllt. Vgl. 2. Kön. 18—20; Zei.
35—39; 2. Chr. 29—82.,
Hispalis, d. h. Sevilla. ©. d. Art. Yfidor.
Liflorienbibel ift eine Zufammenftelung bibli—
her Geſchichten zu bejtimmten, meift pädagogi:
prophet. Bücher des U. T. überjegt 1854. Die
Sprüde Salomos 1858,
Hoba oder Choba. 1. Mof. 14, 15; Judith
4,4; 15,4. Ein Ort nörblid von Damascus,
bid wohin Abraham den Kebor:Laomer verfolgte.
Sn der riftlihen Zeit wird dort eine Ebionilen⸗
gemeinde erwähnt, welche die jüdifchen Religions
gebräuche feithielt.
obbes, Thomas, geboren ben 5. April 1588
zu Malmesbury in England, ftubirte 1603-1608
in Oxford —— Logik und Bänfit, machte
darauf als Erzieher größere Reifen und trat
mit ben wifienfhafttihen Größen der Zeit in
Verbindung. In fein Vaterland zurüdgelehtt,
mußte er ald Royalift fliehen und wurde in Paris
Erzieher des nachmaligen Karl II. In Ungnade
gefallen, floher wieder nad) England. Er erhielt von
arl II. eine Penſion. + 1679. Die Philoſophie,
als die durch richtiges Denken erworbene Kennt:
niß der Urſachen und Wirkungen, theilt er in eine
natürlihe und politifche. Als das Grundprincdp
des Weltiebens betrachtet er den Krieg Aller gegen
Alle; der Staat ift die freiwillig gewählte Anflalt,
den Frieden unter ben Menfen zu erhalten;
deßhalb ift eine unumſchränkt höchſte Gewalt nö:
thig. So treten bei ihm die fittlihen Gedanlen
jehr zurüd; und da er auch Gott einen Körper
nennt, weil er Körperlofes ſich nicht denfen Tann,
fo ift er öfter des Atheismus beſchuldigt. Seine
———— Elementorum philos., 1642—1655;
e natura humana et corpore politico, 1650;
Leviathan, 1651; Quaestiones de libertate,
1656,
Hodaltar. S. Altar.
Hochamt
iſt die Meſſe, welche mit Geſang,
—— Vornahme der Ceremonien und unter
ſſiſtenz der Levilen und Kleriler begangen wird.
chtirche. S. England.
ochmann, Ernſt Chriſtoph von Hochenau, ein
Separatiſt, geb. 1670 zu Lauenburg aus gemiſch⸗
ter Ehe von einer fatholifhen Mutter. Erzogen
in Nürnberg, wohin feine Eltern verjegt waren,
dirte er in Halle und wurde dort 1698 feines
ietismus wegen arretirt. Er trat in Verbin:
dung mit Arnold und Dilthey und bemühte fi
längere Zeit um Jubenbefehrung. Einer Berfol:
ung bed Pietiömud zu entgehen, lieh er fi) im
ittgenſteinſchen nieder unter dem Schutz der
Gräfin Hedwig Sophie zu Berleburg. Aber von
ihrem Bruber, bem en zur Lippe, unter Miß⸗
—— vertrieben, begann er ein Wander⸗
eben mit vornehmen und gleichgeſinnten Freun⸗
ben, um bur ammlungen und Anfpraden
Ermedungen hervorzurufen; hatte aber in Det:
molb 1702, in Hannover 1703, in Nürnberg
1708-1709, in Halle 1711 Gefängnißftrafen aus:
Imre und als er am Niederrhein feine Wirk:
mfeir begann, traten ihm allerorten bie Pred:
byterien und Synoden mit Hülfe der Magiftrate
entgegen. Endlich fand er eine bleibende Zuflucht
wieder in Schwarzenau, wo er in feiner Friedens:
hütte ein eingezogenes Leben führte, mit den er:
wedten Kreilen durch Reifen und Briefe in fort:
bauernber Berbindung, biß er 1721 ſtarb. Ter:
fteegen Kau ihm eine Grabſchrift. Seine Lehre
ergiebt fi) auß einem Glaubendbelenntniß, wel:
ches er 1712 dem Grafen zu Lippe:Detmold über:
ne Darin ſpricht er ſich ald Separatift gegen
inbertaufe und äuferes Kirchenweſen aus, ver:
langt volllommene Heiligung und will das Abend»
mahl nur für die Kinder Gottes zulaffen. Eigen»
mlich ift feine, ber Gichtelſchen vermanbte
etheorie ihren fünf Graben. In fpäteren
Sahren, als unter feinen Anhängern fi wieder:
täuferifche Anfıchten ausbildeten, wurde er gegen
das ge zeige milder, ohne jedoch fich felbft
irgend einer Kirche anzufchliefen. Seine Geg-
ner nannten ihn einen verrüdien Bietiften, feine
J einen herrlichtn Mann. Bol. Göbel,
Geſch.
ochmeiſter. S. Deutſchorden.
ſchulen. S. d. Art. Univerfitäten.
R* S. Stift.
qſtraten. S. Hoogſtraten.
ochwart, Laurentius (Tursenreutanus). Geb.
Tirſchenreut in der Pfalz 1498, ſtudirte er zu
eipzig, war Borfteher einer Schule in 03
15283—1526, hörte in Ingolſtadt 15 15
theologiſche Borlefungen, war banad) 1528 an
verjchiedenen Orten, zufeßt in Regenäburg Pre:
biger, 1531 Domprebiger in Eihftädt, 1536 Dom:
zu Regenäburg und 1546 zu Paffau; ala
bes Biihofs von Regendburg nahm er
Theil am Tridentiner Goncil. + 1570. Bon feis
nen Predigten und hiſtoriſchen Schriften ift das
Meifte ungebrudt geblieben. Defele gab in
Script. rer. boic. feinen Catalogus ratisponen-
sium episcop. heraus,
Hohmwürdigfled Gut heiken bei den Katho—
liken die conjecrirten Elemente des Abendmahls.
Nach der Transfubftantiationdlehre gebührt den:
felben die Anbetung, Cultus latriae. Der Gipfel
dieſes Eultus ift die feierliche Ausftellung bes
359
608 von Hoänegg
Allerheiligften und bie theophorifhe Proceffion
bed Frohnleichnam.
Hochzeit bei Den Juden. Der Bräutigam führte
mit feinen Begleitern (Richt. 14,11; Matth. 9, 15)
die Braut von ihren Gefpielinnen begleitet (Hohl.
3, 6 ff. ; Matth. 25, 6) Abends im feitlichen uge
in fein Haus. Hochzeitsfeierlichkeiten, Schmaus,
Tanz und Gefang ſchloſſen fih 7 Tage lang daran
an. Eine eig größere Feier fund nicht Statt,
ein Segenswunſch über da3 Brautpaar (Nuth
4,11; 205.7, 15) ift natürlicher Ausdruck ber
(religiöfen) Empfindung. Nach 5. Mof. 22, 18
gehörte die Unterjuhung bes Brautbetted nad
der Brautnacht “ den Nothwendialeiten der Ho
eitfeier. Bei den heutigen Juden ift auch die
Race nicht mehr bloß Familienact. Ueber die
rautleute wird in ber ee ber — — der
Gebetsmantel gebreitet, es folgt der Verlobungs⸗
egen, die Segnung des Brautringes, ein Becher
ein, von dem bie Neuvermählten gemeinſam
gr und das Gebot der 7 Hochzeitfenen,
piel und Tanz (Gebotätany) werden ald religiöfe
Pflicht zur Erheiterung der Brautleute angejehen.
Hochzeit in der chriſtlichen Kirde, Die außer
firdliden Gebräuche find überall verſchieden
und — in ihrem Urſprung bis in die heid—
nifche Zeit zurüd. Bon den kirchlichen Gebräuchen
ift zu erwähnen: Annahme des Chegelübdes
unb bie Einfegnung, ferner der Wechfel der Ringe,
das velamen nuptiale, mit welchem die Braut:
leute während der Fürbitte verhüllt wurden.
Die — des Brautpaars wurden während
der Trauung mit einem Ende der prieſter—⸗
lien Stola ummunben, oder es wurden bie Sleus
vermählten mit einer weißrothen Binde (vitta
nuptialis), um die ungertrennlihe Verbindung,
die Reinheit des Lebens und bie Fruchtbarkeit bes
Blutes anzubeuten, zufammengebunden. Auf die
Einfegnung folgt die Mefle und ein Opfer. Der
— iſt nicht mehr Sitte. Die frühere
ommunion ebenfalls abgekommen, haufig ift
aber aud) in brr evangelifd,en Kirche Sitte, daß
die Brautleute kurz vor der Hochzeit am Abends
ern theilnehmen. Beim Ausgang aus der Kirche
wird an vielen Stellen dem Brautpaar Brod und
Wein, oder eine gebrodyene Hoftie zum Genuß
dargeboten. Die Einfegnung des Ehebettes, die
fonft am Brautabend ftattfand, ift außer Uebung
ober geloieht am Morgen des Trauungdtages,
Roh iſt zu erwähnen, daß in früherer Beit ber
Brautführer ald in einem ähnlichen Berhältniß
u den Eheleuten wie der Pathe zu dem Täufling
Hehenb betradjtet wurde. In der evangelijchen
irche finden fich als Ortsſitten von diefem Allem
einzelne Ueberreſte, gehören aber nirgends zum
Ritus, Der Brauthimmel, der Erfa des vela-
men nuptiale ift jedod in Schweden feftftehende
Sitte.
Hodadfaſten ift das große Mtägige Faften in
ber abyffiniichen Kirche,
908 von Hoönegg, Mathias, ſächſiſcher Ober:
none: Aus einem altabligen Geſchlechte
580 in Wien geboren, ftudirte er zu Wittenberg
1597-1602, wurde 1602 Hofprediger des KHurfürs
en Ehriftian II., dann Superintendent von
lauen, Director der evangeliichen Stände des
önigreich Böhmend und 1612 Oberhofprediger
in Dresden. Leidenjchaftliher Hab gegen den
Calvinismus, hat ihn feinen großen Einfluß beim
Höfling
360
Hölenfahrt
Kurfürften dazu anmenben Laffen, fi ber Sache reich an Höhlen, die als Zufluchtöftätten häufig
Friedrichs III. von Böhmen u anzuſchließen,
erſt die höchſte Noth nach dem Reſtitutionsedict
1629 und die Landung Guſtav Adolfs konnten ihn
bewegen 1681 fogar in feinem Haufe die Unions⸗
beiprechung —— Reformirten und Lutheranern
u halten. ſtimmt nicht zu dem Haſſe gegen
eſuiten und Papismus, den evangel (des
andbüchlein mider dad per um 1618 unb
eine Apologia contra Bellarminum zur Schau
agen, daß er als politiicher Rathgeber feines
ürften immer das Intereffe des katholifchen | ber
eſterreichs vertrat, und der Berdadt, er ſei der
Beitehung nicht un ugänglic geweſen, findet vie
fen Anha Sedenla 8 ift er auf das Geſchick
Deutiälands im 3Ojährigen Kriege von großem
Einfluß geweſen. Außer feinen Streitihriften
verfaßte er einen Commentar zur ——
öfling, Joh. Wilhelm Friedrich. Geb. 1802
in roßenfeb bei Baireutb, erhielt er feine Bildung
auf dem Gymnafium zu Bair und zu Erlan:
en, ward 1823 Stabtoicar in Würzburg, 1837
farrer zu St. Jobft bei Nürnberg, 1833 o. Pro:
jefjor ber Theologie zu Erlangen und Ephorus
es theologiſchen Studiums 1833 — 1848, 1852
DOberconfiftorialrath in Münden. + 1853. Das
betanntefte Wert 9.3 ift: Grundſätze evangeliſch⸗
futherifher Kirchenverfaffung, in welchem er die
Theorien des geijtlichen Amtes im Gegenfaß gegen
bie fatholifirende Richtung entwidelte. Außerdem:
Das Sactament der Taufe, 1846 — 1848. De
symbolorum natura, 1841. Bon der Gompofition
des hriftlichen Gemeinde:Gotteädienftes, 1847.
Höhen. Bon den älteften Zeiten an find bie
Höhen Stätten des Gotteödienftes, jo opferte
Abraham au, Moriah;; feierliche Opfer wurden auf
Höhen dargebracht, Horeb, Sinai, Ebal, 5. Moj.
‚4; J 8,33. In der Richterzeit finden ſich
mehrfach Altäre an heiligen Stellen, nicht bloß als
Privat: und Familienaltäre (Richt. 2, 5; 6, 11.
24; 1.Sam.24,18; 1. Chr. 21, 26), fondern auch
Samuel (1. Sam. 9, 12), Saul (1. Sam. 15, 12),
Salomo (1.Kön.3,3 ff.) opfern noch auf Altären,
welche auf Höhen errichtet find. Diefe ältere Cul⸗
tusfitte mid) erft allmählich nad} der Aufrichtung
des Tempel3, und als das Bolt ftaatlich und religiös
Fri centralifirt worden war. Aſa fchaffte die
Höhen noch nicht ab, ebenjowenig Jofaphat 1. Kön.
15, 12. 14; 22, 44), Joas und Jotham (2. Kön.
15, 35), erjt von Hiäfia wird gejagt, daß er (2.
Kön. 18, 22) die Höhen und Altäre Jehovahs ab:
eichafft Habe. Neben diefem Dienft Jahveh's auf
en —— fand aber am meiſten der heidniſche
Gbtzendienſt feinen Ort, von welchem das Geſetz
die Iſraeliten nicht ftreng genug abhalten konnte.
Dieſer Gögencultus band fid nit nur an bie
natürlihen Höhen, fcndern errichtete Fünftliche,
ftellte auf biefen Altäre, Säulen oder Zelte auf
Ez. 16, 16; 2. Kön. 23, 7), jo daß Bamah ge:
rabezu nicht nur Höhe, fondern Gögenaltar heißt
(2. Chr. 14,2 ff.; 17,6). Diefer heidnifche Höfen:
dienft fchlich fi) unter Salomo wieder ein (1. Kön.
11,7); unter Rehabeam * Kön. 14, 23), Abia
1. Kön. 15, 3), Joram(2. Kön. 8,18) und Manaſſe
2. Kön. 21, 3). Im Reiche Jfrael dauerte er bis
n bie fpätefte Zeit, da er an dem Dienft ber
—— Kälber auf den Höhen von Dan und
ethel einen vermittelnden Uebergang hatte.
Böhlen. Die Kallſteingebirge Baläftinas find
erwähnt werben (Richt. 6, 3; 1. Sam. 13, 6), fo
bei Lot (1. Mof. 19, 30), die Höhle Mafkeda (Jof.
10, 10—29), in ber 1 bie 5 Kanaanitertönige
verbargen; bie Höhle Adullam, in welcher David
eine Zuflucht vor Saul fand (1. Sam. 22, 1 ff.);
bie Höhle in ber Wüfte Engebbi, in ber ſich Da-
vid verftedte (1. Sam. 24, 4 ff); bie Höhle des
Obadia, in der er den Propheten ver (1. Kön,
8,4); bie Höhle des Elias am b (1. Kon.
19,8. 9); die Höhle des Berges Nebo(2.Makt.2,5),in
Jeremia die Bundeslade verftedt haben fol.
Wie Abraham die Doppelhöhle Makphela zu He:
bron zum Erbbegräbniß laufte (1. Moſ. 23, 9), fo
dienten die Höhlen überhaupt ald Grabftätten.
Hölle. Der Name kommt von der Hel, ber
Göttin der Unterwelt der deutfchen Mythologie.
In der Bihelüberfegung Aut bient er var Be:
zeihnung von Hades und eol, melde nit
ganz gleichbedeutend find mit unſerem Begriffe
„Hölle”, da biefer den Drt ber ewigen Berbamm:
niß, jene nur ben Drt eines Fach eng re be
zeichnen. Aehnlicher ift die Bezeihnung Gehenna.
S. b. Art. Habes, Gehenna.
Höllenfahrt. (Descensus ad inferos.) Aus uns
beftimmten Angaben der h. Schrift von einem
inabfteigen Chriſti (Röm. 10, 7; Apftg. 2, 31;
b. 4, 8—10; 1. Betr. 3, 19) hat fi allmählich
die im 4. Jahrhundert entjtandbene Lehre von
Hinabfteigen Chrifti in die Welt der Tobten zwi:
hen jeinem Tode und feiner Auferftehung ent:
wiclelt. Uebrigens ift an ber erften und zweiten
Stelle nit von einer Habeöfahrt, jonbern nur
vom Tode überhaupt, an der zweiten höchſt wahr:
fheinlich vom Herabfteigen Jeſu auf Erden, und
nur an ber letzten von einer Predigt Chrifli
an „bie Geifter im Gefängniß” die Rebe. Im
Symbolum erfheint die Lehre vereinzelt (in der
Aquilejenfifhen Formel) im 4. Jahrhundert, erſt
im 7. allgemein. Man verftand den Borgang
meift nur von der Seele Jefu und mis dem
einer Erlöfung guter Juden und Heiden. Diefe
Vorftellung hat fih auch ſpäter die ges
Kirchenlehre angeeignet er orthod. I. 49).
Nach der Entwidlung der ſcholaſtiſchen Lehre von
dem Fegfeuer und dem limbus patrum, fam in
der römischen Kirche die Borftellung von einer
Fahrt des ganzen Chriftus in jene unteren Räume
auf, in welcher er bie frommen Bäter von ber
Macht des Teufels befreite. In der reformirten
Kirche wurde bie Höllenfahrt nur ald Bezeichnung
des Todes überhaupt, namentlich in Verbindung
mit den Nengften und Schreden des Todeslam⸗
fes betrachtet (Heidelb. Kat. 44). Dagegen if
e ber lutheriſchen Kirche zu einem Act ber Er-
böyung Chrifti geworden, in welchem Chriftus ſich
ben Berbammten als glorreihen Richter darftellt,
entgegen ber arme bersig bie Höllenfahrt
fei ein ftellvertretenbes Leiden der Höllenftrafen
gemwejen und geböre zum Stande ber Erniebrir
gung. (Vgl. die Concordienf. darüber.) Die Ra-
ionaliften faßten den Ausdruck bildlich in ver:
ſchiedener, gewöhnlich willfürlicher Weife. Schleier:
macher nahm die Erzählung als Mythus, Andere
fanden darin bie Idee ber ag a er ber Er:
löfung, wieder Andere ſuchen biblifhen Kern
der dogmatifch vielgejtalteten Lehre. Vgl. Dietel⸗
meier, Hist. dogmatis de desc. Ch. literaris,
1741; König, die Lehre von Chriſti Höllenfahrt,
Höllenitrafen
361
Hoffmann
1842; Güber, bie Lehre von der Erſcheinung Jefu | mit Amsdorf in einen Streit, ber bitterer wurbe,
ChHrifti unter den Todten, 1853.
ſchieden ift die yrage durch A. Schweizer: Hinab⸗
gefahren zur Hölle als Mythus ohne biblifche Be: Ä
ndung durch Auslegung ber Stelle 1. Betr. 8,
7—22, Zürich 1868,
öllenftrajen werben im Neuen Teftamente (vgl.
Jei.66, 24) ———
meift bildlich: ein Verſtoßenwerden in die äußerſte
Finfterniß (Matth. 22, 13; 2, Betr. 2, 17), ein
ewiges Feuer (Matth. 7, 23; 25, 41; Difenb.
19, 10. 11; 20, 15), ein Wurm, der nicht ftirbt
(Matth. 9, 46), oder we „Berbammnif;”,
„Bein“, „Berderben" (2. Set. 3,7; 2. Thefl.
1,8. 9; Röm. 2,9). Die Berftoßung in biefen
Zuftand gefchieht beim Gericht (Matth. 13, 42),
aber au ſchon gleich nad) dem Tode (Luc. 16,
22, 28). Die Emwigfeit der Höllenftrafen ift im
NR. T. nicht gerade behauptet, da ber Ausdruchk
alsivıog (ewig) nicht immer fireng. zu nehmen ift,
aber ebenfomwenig ift die Idee einer MWieberbrin:
gung klar aus dem bildlichen Ausdrud zu erken⸗
nen. ©. au u Bol. Erblam, Stud,
u. Krit,, 1838; Georgi, Zeller Jahrb. 1845;
Seller, ebenda 1847.
Hofader, Ludwig. Geb. ben 15. April 1798 zu
Wildbad, erhielt er feine Bildung auf den Semina:
rien zu Raulbronn und Schönthalund 1816 aufber
Univerfität Tübingen, war dann Bicar zu Stet-
ten, Blieningen und Stuttgart und 1826 Pfarrer
zu Rielingöhaufen, + 1 Seine Predigten (1.
ui 1827) find in Taufenden von Exemplaren
verbreitet. Durch fie hat er mehr als vielleicht ir:
genbein Anderer ber neueren Zeit auf Verbreitung
einer ernfä:pietiftifchen, bie fühnende Genugthuun
Ehrifti zum Mittelpunkt machenden Gläubigteit
in weiten Kreifen hingewirkt. — Wilhelm, ber
Bruber des Borigen, geb. 1805, war 1828 Vicar
feines Bruders, danach Repetent in ——
1836 Diaconus in Stuttgart, + 1848. Bed ⸗
ber Prediger.
fcaplan, Urjprünglid; Benennung für Haus:
gi liche des Bifhofs. Da diefelben öfters mit
ägen bes Bilchofs Bea wurben, ihn auf
Synoden vertraten, erlangte ihr Amt Wichtigkeit,
bie es jegt wieder verloren hat. Hofcapläne, welche
unter ber Juriöbiction bes oberften Hofcapları
den, waren aud an ben Hauptlirchen ber Diöcefe
—** —— en Hofſtaat des Papſtes
finden ſich noch 3 Tlaſſen von Hofcaplänen, von
denen eine nur titular ift, die zweite die bei
Bontificationen wirklich Affiftirenden, die britte
aber bie geheimen $- umfaßt, welche zu Aufträgen
benugt werben. D ftlihen an ber fürſtlichen
erg führen benjelben Titel, anibrer Spige
der Ardicapellanus, Erzcaplan, Groß :
—— welches letztere Amt in Frankreich bedeu⸗
war.
Hoffman, Melhior. Geb. zu Hall in Schwa⸗
ben, feines Standes ein Kürſchner, wurde cr in Liv:
land, als bort die Reformation geprebigt wurde,
vom Evangelium begeiftert und prebigte bie neue
Lehre jelbft ; von Dorpat und Wolmar vertrieben,
weil fein Anhang gewaltthätig g
Eultuß vorging, ging er nah Wi
war dann „der Kranken Diener” in Reval und
Prediger in Stodholm. Weil er ald nichtftudirter
Prediger das Predigtamt verrichtete und fig
apolalyptiihen Erwartungen hingab, gerieth er
den alten
g 1525,
ähnt. Der Ausdrud iftaber | 8
:
Ö
m
————
Bon | ber
—
*
egetiſch ent- als H. auch bie lutheriſche Abendmahlslehre an:
riff und um fie zu widerlegen, eine ber Schwent:
ldſchen ähnliche Meinung von ber Fleiſchwer—
ung des Wort annahm. Er war Prediger für
olftein in Kiel geworden; nad einer Disputa-
Kon 1529, wurde er aber bes
anbes verwiejen und fam über Straßburg nad
Emden, wo er ſich zu dem Wiedertäufer Rind ge:
fellte. Auch hier vertrieben, wandte er fich wieder
nad Straßburg 1530, verbreitete von bort durch
Schriften wie auf Neifen feine Lehre und feine
ſchwärmeriſch gefteigerten apofalyptifchen Erwar⸗
tungen, in denen er fi end eb für ben
Propheten Elias hielt, bis feine Angriffe auf das
Predigtamt ihm neue Haft zugogen, aus ber er
nicht befreit zu fein fcheint. en feine Lehre
—— den —— ee eine — gehalten,
auf der er ſeine vertheidigen ohne
Georg, Eine Berbindung mit den Bünferiden
Wiedertäufern ift ihm nie nachgewiefen. Er muß
um 1542 gejtorben fein,
Hoffmann, Andreas. Geb. ven 18, April 1796
u Welböleben in Mansfeld, machte er 1818 ben
eldzug nad) Frankreich mit, ftudirte in Halle,
De fid) Dort 1822 und wurde a. o. Profef:
or der Theologie in Jena, 1826 ord., dann Geh.
Kirhenrath und Senior der Facultät, + 16.
März . Bon feiner umfafjenden gelehrten
Kenntniß der orientalifchen —— — ſeine
ga twerle: Grammatica Syriaca, 1827; das
Henod mit Commentar, 1833; Pr
mit einem unvollenbeten Commentar zu
tion mit Bugen
der.
euter,
XXXIII., 1822. 43; die Ausgabe von Gefenius’
— — Lexikon, 1846, ſowie bes
i Be bebräifchen Aiterthümer von Warne-
ro8, 1832,
—— ber Ethik und D
167
Ein
aunſchweig;
hilippi u
Caſelius in Hel
er den
täbt a
eiferte er in einer ſolchen ee
ber Bhilofophie, ald dem
n ſchädlich, daß
ihn die phi
Uni
ſophiſche Facultät nach längerem
ezänt beim Herzog verklagte, und es
erwirkte, daß er vom Amte entfernt wurbe 1601.
Zwar wurde er 1603 rehabilitirt, fonnte fi aber
nicht mehr behaupten und ftarb in Wolfenbüttel
—— ern * — Tassen Ka —*
fan es zwi einer orthodoxen, mi
ER — ömmigkeit und dem wiſſen⸗
chaftlichen —— —
offmann, Gottlieb Wilhelm, der Gründer von
Ko l. Geboren zu Ofielsheim bei Calw ben
19. Dec. 1771. Er wibmete fi der Beamtens
laufbahn und wurde kaiſerli Rotar und
Amtöbürgermeifter in Leonberg ; mehrfach es
orbneter zum württembergifchen Landtag. In ſei⸗
ner Sugent pietiftifh erwedt (fein Seonberger
Brüderbüchlein 1801), —2 ſeine Sympa⸗
thie mit den Pietiſten⸗Familien, die ſich zur Aus⸗
wanderung nad) Rußland entſchloffen hatten, vom
Hoffmann ' 362 Hoheittrechte
Staate bie Erlaubniß zur Begründung religiös: 23, 6; 26, 6; Röm. 5, 12; 8, 24; Kol. 1,5; Tit.
jelbftändigen Gemeinweſens zu erbitten. Er grün: | 1,2; 2, 13; 1. Betr. 1, 3).
dete dann Kornthal (f. d. 9.) 1819 und lebte] Hofmann, Johann Chriftian Konrad von. Geb.
bort, indem er Töniglihe und Gemeinbeämter be: | am 21. Dec. 1810 zu Nürnberg, habilitirte er fi
Hleidete, ald Borfteher und Seele bes Ganzen. |in Erlangen, wurde 1842 Profeſſor der Theologie
1846. in Roftod, 1845 in Erlangen. Mit Thomaſius
Hoffmann, age | gel Wilhelm, ber und Höfling redigirt er feit 1846 die „Zeitichrift
Sohn des Borigen. Geb. den 6. Dct. 1806 zu | für Proteftantismus und Kirche“. Seine Haupt:
Leonberg, Diakonus in Winnenden, feit 1839 Ins ſchriften find: die fiebenzig Jahre des Jeremia
fpector der Miffionsanftalt zu Bafel, ſeit 1843 zu: | und die fiebenzig Jahrwochen des Daniel, 1836;
gleich Brofefjor der Theologie an der Univerfität | Weiffagung und Erfüllung, 2 Hälften 1844; ber
dafelbft, danach 1850 — 52 Ephorus des theologi: | Schriftbemeis, 2. Aufl. 1857. 59; Schutzſchri
ſchen Stifts zu Tübingen, ſeit 1852 Hof: und für eine neue Weife alte Wahrheit zu lehren, 1
Domprediger zu Berlin, Oberconfiftorialrath und | —59; bie heil. Schrift d. N. T. zufammenhängend
Mitglied des evangelifchen Oberkirchenrathes, Ge: | unterfucht, 1862—64.
neralfuperintendent der Kurmarf, Ephorus des Hofmeifter, Sebaftian, eigentl, Seb. Bagner,
Domcandidatenftiftd. Seine Schriften beſchäftigen genannt Doctor Baſchion. Geboren zu Scaff-
fi hauptſächlich mit der Miſſion. Seine Predigt: | haufen 1476, trat er in den Barfüßer-Orden und
jammlungen zeigen den geiftreihen und gewand: kam als Lefemeifter nad Züri, wo er fi an
ten Redner. Seiner theologischen Richtung nad) | Zwingli anſchloß. In Schafihaufen wirkte er
gehört er zur äußerſten Rechten der fog. Bermitt: | dann für die Reformation, bejonderd nad ben
lungstheoiogie, die bei ihm in den Dienft einer ———— von Zurich 1523; bei wach⸗
fi enpolititchen Tendenz geftellt ift, welche ſich jendem Erfolge wurde er ald Rubeftörer von ben
in feinen Predigten faft bis zum Gäfareopapismuß | Gegnern vertrieben und nad) den Religiondge:
verirrt hat. Er iſt ein Hauptbegrünber und Patron | fprächen zu Jlanz 1526 und Bern 1528 in Bofin:
ber Neuen Evang. Kirchenzeitung. gen ald Prediger amgeitgilt Seine Thätigfeit
Hoffmann, Chriftoph, der Bruder de3 Vorigen. |wurbe häufig bei ben Disputationen und Maß:
Betannt als ber Biſchof der Jerufalemäfreunde, | regeln gegen Wiebertäufer verwendet. Geftorben
e die altteftamentlihe Weiffagung Ez. 40 | 1533 am Schlagfluß.
buchſtäblich erfüllt fehen und das Volk Gottes in| Hoheitsrechte des Staats über die Kirche find
yerufalem gefammelt wiffen wollen. Sein Organ | diejenigen Rechte, welche der Staat nad) jeinem
ift bie ſüddeutſche Warte. — als die allgemeine gefeplig geordnete fitt:
Hofmann, Wilhelm. Geboren 1670, + 1746. | liche Gemeinfhaft, „gegend er den religiöfen Ge:
Der Candidat. Er war durch Hochmann erwedt | meinfhaften in Aniprud nehmen muß; be
und in eine myſtiſche und pietiftifche Richtung züglich deren er alſo feinen Unterſchied zwiſchen
—— die er durch Verſammiungen aus: | den einzelnen Kirchen machen kann. Der Um:
eitete. Die Clever Synode fuchte vergebens | fang derſelben ift geſchichtiich nicht immer ber
dem „träumerifchen“ Weſen entgegenzumirten. Es gleiche geweſen; das Mittelalter wollte bem
beftanden die Berfammlungen 1714—1750 unge: | Staate gar feine zugeftehen, das Territorialfgftem
hindert fort und wurden von Hoffmanns nd |verfannte alle jelbitändigen Rechte der Kirche.
und Schüler Zerfteegen erneuert. Seine Haupt: | Die Hoheitsrechte erftreden ſich nicht auf den In⸗
ſchriften find: Kurze eig, Be Heine pr ber Lehre ober die Art des Eultus, ſondern
Kindlein, letzte Ausg. 1816, und: feidende | beziehen ſich auf die Kirchengemeinſchaft als eine
sur — Bol. Göbel, Geſch. d. chriſtlichen mit Rechten verſehene Corporation. Die Kirchen⸗
‚9. 80, lehre kann nur infofern in Betracht fommen, als
‚Soffuung (die Kriftliche). Das Vertrauen auf | deren praltiſche Ausführung den fittlihen Grund:
bie —— welches Zufälliges im Gange des —— des Staates widerfpräde, wo ber
menſchlichen Schidfals ausſchließt und jedes Ein:
h Staat befugt wäre, eine ſolche Gemeinſchaft von
eine ald Glied einer fittlihen Weltorbnung an: | feinen Grenzen ——— Das Recht der
ht, muß die Gewißheit in ſich ſchließen, ah ein
bie F Hoheit des Staates iſt zu unterfcheiden von dem
ortdauerndes Elend oder eine Vernichtung bes | Kirchenregimente und ber Kirchenaufſicht, welde
mmen unmöglich ſei; diefes Hinaudgreifen des
legtere in evangelifchen Ländern häufig burch
eiftes Über die unvolllommene Gegenwart in ei do
aatsbehörden noch geübt werben. Die Hoheits-
eine volllommenere Zukunft ijt die Hoffnung. Sie | rechte des Staates gegen die katholiſche Kirche
beruht alſo auf dem angeborenen Trieb nad) Boll: | find in ben Concordaten und Verträgen beicrie:
lommenheit; wird aber erft durch die Frömmtig- (Placet regum). Die Reformation bradite
feit lebendig und erhält erft burch den chriftlichen | ald Ausdrud des Hoheitrecht3 das jus reformandi
Ölauben wahre Kraft und Bedeutung. Während | und das jus reprobationis, bi der Reichstag zu
bie Hoffnung im A. T. weſentlich die Zuverficht | Augsburg und der Weftphälifche Frieden dem-
auf bie Hülfe Gottes im Leiden bezeichnet (Hiob | felben eine vorläufige Umgrenzung gab. Die
19, 10; ®f. 9, 19; 40, 5; 62, 6; 119, 116; 2. | Grenzen, innerhalb deren bie Hoheit des Staates
Kön. 5, 4), hat fie dagegen imN.T. die beftimmte ſich bewegt und größere und geringere Rechte be:
Beziehung auf bie Erlöjung erhalten, deren Voll: | anfprucht, find die Gemiffensfreiheit des Einzel:
endung im Großen und im Einzelnen Gegenftand nen und die Sicherung des abfoluten Staats:
der Hoffnung ift (vgl. 1. Kor. 13,13). Die zu: zwecks, ihre Meberfchreitung Gäfareopapismus und
künftige Herrlichleit fomohl in der Entwidlung | Utramontanismus. Als einzelne Hoheitsrechte
des Reiches Gottes als die für ben Einzelnen be: | jura in sacra gelten: 1) das jus inspectionis oder
immte ift Gegenftand der Hoffnung in einem jus cavendi, das Recht der Verwahrung und Bor:
peciellen eschatologijhen Sinne (Apfig. 2, 26; | ficht, daß die Kirche nicht in die Rechtsſphäre bes
Bm — — 4 1 — — m — — — — — — —— — — — a an mm — m —— — — — —
Hohenburg
Staates —— um in ausgedehntem Maße
dies Recht zu Üben, diente der Vorbehalt des Pla-
cet, daß die Bullen und Breven des Papſtes nicht
A fanbeöherrlihe Genehmigung gültig wurden.
2) Der recursus ab abusu, das Recht eines Kir⸗
henangehörigen wegen Mißbrauch der geiftlichen
Amtsgewalt an die Staatöbehörde Recurs zu
reifen; welches am — in Frank⸗
rei ift, f. Mißbrauch. 3) Das Beitätigungsrecht
etung geiftliher Stellen, namentlich
der hohen Kirchenämter, welches auf eine Zuftim:
mung zur Br m in Preußen befchräntt ift.
4) Das Amortijationsrecht, d. h. das Recht, den
nwachs der Kirchengüter zu beichränten. Dem
heitsrecht parallel geht das Schutzrecht des
t3, jus advocatiae. Im Grunde find diefe
bei ber
Rechte und Pflichten nicht verjchieden von denen, |
welche gegen jede Corporation dem Staate zuftehen
und obliegen.
Hohenburg ober Odilienberg, Nonnenftift im
a ae von Ethico I. und feiner Tochter
Odil 720. Dieſe erbaute —— des Ber⸗
ges, auf dem das Stift liegt, das Kloſter Nieder:
münfter. Friedrich I. berief Nelindis, Aebtiffin
von Berg, 1140 dahin, um die verfallene Zucht
—— Sie führte die Regel Augu—
s ein, und unter ihren Nachfolgerinnen ſtand
Kloſter im Rufe 5 wiſſenſchaftlicher Bil⸗
ee year er Aebtiſſin Herrad1167).
1249 wurden die Aebtiſſinnen in ben Reichsfür—
ftenftand erhoben. Seit dem 16. Jahrhundert
aber find die Klöfter verfallen.
SHohenlohe-Waldenburg Schillingsfürft, Ale:
xander Leopold Franz; Emmerid) Prinz von. Ge:
boren zu Rupferzell in Württemberg den 17, Aug.
1794, war er von Geburt an für den Kirchendien
beftimmt und auf verfchiedenen geiftlihen Semi:
narien gebildet, 1816 Run Priefter geweiht, trat
er auf einer Reife in Rom in die Herz: Jeju:So:
dalität der Jejuiten und machte fi) nad feiner
363
Hoherprieiter
gr 1158. In der eier. des bereiten
annes wurde er durch den Tod verhindert (1159).
‚ Aber die von dem Kaijer nun aufgeftellten
———— ſtarben raſch nach einander, und er
ſelbſt erlitt eine ——— bei Legnano (1176),
was Te 3 nöthigte, den von den Feinden
teilten Papſt Alerander III. anzuertennen.
aufg
— ſtarb auf dem Kreuzzuge 1190. Sein
ohn Heinrich VI. (119097) be Siciliens,
pflanzte die Tradition feines Vaters fort. Seine
tellung war dem alten Cöleſtin ILI. (1191—98)
— eine günſtige, allein er ſtarb zu frühe
1197. Friedrich II. ſein Sjähriger Sohn, wurde
unter der Vormundſchaft des gewaltigen Inno—
cenz III. erzogen. In dem während der Minder:
| jährigteit entitandenen Prätendentenftreit zwis
jhen dem Welfen Dtto IV. und Philipp von
Schwaben, ftellte ſich Innocenz auf die Seite des
erjteren. Als diefer aber feine kaiſerlichen An:
fprüche auf Italien erhob, traf ihn der Bapft mit
dem Banne und frönte Friedrich II. (1215—50
um Kaifer. Nah Innocenz' Tode jhritt
Öriheig U. energiſch an die eg. der
aiferlihen Oberherrlichleit, mas einen ee
Kampf mit Gregor IX. hervorrief. ebannt
unternahm Friedrich einen verfprochenen Kreuz:
ug 1228, welder eine fiheinbare sw.
(1350) herbeiführte. Aber während des Kampfe
mit den lombardifchen Städten fuchte ſich der
| Bapft dafür zu rächen, daß Friedrich jeinen Sohn
zio zum König von Sardinien ernannt —
und that ihn zum zweiten Mal in den Bann 1239,
ihn der ottesläfterung anllagend. Dafür eroberte
der Kaiſer den ur Theil des Kirchenjtaates.
Nach Gregor IX. Tode (1241) lieh Friedrich Cö⸗
leſtin I. und nad) defien baldigem Tode feinen
| bißherigen Freund Innocenz IV. (1243—54) zum
Papſte wählen. Aber der Freund wurde zum bit
terjten Feinde und entfloh nad) Lyon, wo er durch
ein Goneil (1245) den Kaifer als Gotteäläfterer
Rüdtehr durch katholiſchen Eifer in our und | und Kirchenräuber in den Bann —* was einen
Schriften bemerklich. Als geiſtlicher Rath in Kampf hervorrief bis zu des Kaiſers Tode 1250,
Bamberg ahmte er 1821 dem Bauern Michel nach, Urban IV. erfocht den legten Sieg über das uns
burc Gebet Wundercuren zu vollbringen ; die ge: | glüdlihe Geſchlecht der Hohenftaufen. Er rief
wünjdte Anerfennung des Papftes blieb aber | Karl von Anjou aus Frankreich zur Eroberung
aus, da die Erfolge zweifelhaft waren. 1825 Siciliens. Friedrichs Sohn, Manfred, fiel in der
ward er Domherr in Großmwardein, 1829 Groß: | Schlacht bei Benevent 1266 und fein Entel, Kon—
get, 1844 Biſchof von Sarbica in partibus. | radin, wurde nad der Schlaht von Tagliacozzo
cch die Revolution wurde er aus Ungarn ver: | 1268 enthauptet.
trieben. Gejtorben zu Baden 1849. Bon feinen) Hoherprieſter. Auch der Priefter ſchlechthin
Schriften find zu nennen: Der im Geift der la: | der große Prieſter (bei den LXX und im N. £.),
tholifchen Kirche betende Chrift, 1819. Des katho⸗ | der erfte Priefter, der gejalbte (3. Mof. 4, 8.5. 16)
u“ Priefters Beruf, 1821. genannt. Wie der Priefterftand das ganze Bolf
Goheuſtaufen. Berühmtes ——— vertritt, fo repräfentirt der Hoheprieſter, ber an
im Kampfe mit dem Papitthum. ir ver: | deffen ** ſteht, die Prieſterſchaft und iſt der
weiſen auf die Artikel unter den Namen ber | eigentliche Mittler zwiſchen Gott und dem Boll.
betreffenden Päpfte; bier nur die Hauptanga: Die Bedeutung feiner Stellung tritt in den beiden
ben. Der Kampf begann ge Friedrich I. ihm eigenthümlichen Amtöfunctionen, der Dar:
(1152 — 1190) und Habrian IV. Die Idee |bringung des Opfers am Berjöhnungstage und
vom alten Karolingiſchen Kaiſerthum, melde | dem Orakel aus den Urim und Thummim her:
Friedrich zu verwirklichen ftrebte, ermedte den
—— Neid. Obgleich Friedrich auf ſeinem
erſten Römerzug Arnold von Brescia dem Papſte
ausgeliefert hatte und er dafür vom letztern ge:
frönt worden war (1155), war gleichwohl die
—— feine — Der Papſft ſuchte das
üindniß der feindlichen lombardiſchen Städte,
und wurde mit den letztern auf dem Reichstage
auf den roncaliſchen Feldern in feine Schranten
vor (f. die Art.). Die an den Priefter, als Gott
—— geſtellten Anforderungen ſind daher
ei ihm aufs höchſte Maß geſteigert. Nicht bloß
bie leibliche Beſchaffenheit (jo daß jedes, auch
tleinſte körperliche Gebrechen vom Amte ausſchließt),
auch in den perſönlichen Veziehungen zu Andern,
den Beſchränkungen bei der Wahl der Gattin
(8. Mof. 21, 10—15) wird feibft die levitiſche Rei⸗
nigteit gefichert duch das Verbot einer jeden
Hohes Lied
Gemeinſcha
Durch die Amtsweihe (2. Moſ. 29) erſcheint er
als der von Gott ſelbſt zu feinem Amte auser⸗
wählte, dor durch Waſchungen und Opfer entfühnt,
durch die Salbung und die Amtsfleidung mit ber
göttlichen Vollmacht ausgerüftet ift. — Nach der
urfprünglihen Stiftung jollte das Amt von Ya-
ron, dem es zuerjt übertragen ift, in ber Linie
feined Sohnes Gleafar ſich vererben; trogdem be:
innt mit Eli eine Reihe von Hoheprieftern aus ber
inie Jthamar, und erft unter David gelangt mit
Zadok die ältere Linie wieder in das Amt; zuerft
indem Abjathar zu Jeruſalem, Babof bei ber
Stiftähütte zu Gibeon fungirt. Es iſt nicht her-
audzuftellen, ob in ber Richterzeit zwei Hoheprie:
fter aus beiden Linien neben einander und an
verfhiedenen Heiligthümern fungirt haben, oder
ob David fich zu der Aenderung entſchloß. Seit
dem blieb das Amt bei Eleajard Nachkommen;
das Verzeichniß der Hohepriefter ift aber nicht
volllommen en 6 In ber ſyriſchen Periode
hörte die regelmäßige Succeifion auf und 160—
153 war das Hohepriefterthum ganz unterbrochen,
bid Jonathan, der Hasmonäer, ebenfalld aus
dem Geſchlecht Eleafard, es an fi riß. Mit feis
nem Hauje endigt aber Die regelmäßige Folge, ba
—— und die Römer in der Beſetzung des
mtes ganz willkürlich verfuhren. — Die Amts⸗
Heidung des Hoheprieſters beſtand außer den
ieſterlichen Unterkleidern in dem purpurblauen
—— welches am Saum mit baumwolle⸗
nen Öranatäpfeln und goldenen Glöckchen verziert
war,. dem Sculterkleide (Ephod), an dem mit
er Ketten das Bruſtſchild (Choſchen) mit
12 Edelſteinen und der Taſche der Urim und
Thummim befeſtigt war; der Mitra mit dem gol⸗
denen Stirnblatt, auf dem die Worte: Geheiligt
dem Herrn (mimb un) ftanden. Am Berföh:
nungstage aber war die Amtstracht durchaus
weiß. Unnöthig hat man (Bähr) in jedem einzel:
nen Theile der Kleidung ſymboliſche Bedeutung
gelußt, in ihrer Pracht drüdt fie die Würde des
mtes aus, In jpäterer Zeit wurde die Amts:
tracht auf der Burg Antonia aufbewahrt und nur
an ben ri efttagen herausgegeben. Mit den
—— chen Functionen war die Oberaufſicht
er den Gottesdienſt und den Tempelſchatz ver⸗
bunden und eine Theilnahme an der Rechtspflege
4. Mof. 15, 83; 27, 2; 5. Mof. 17, 9. 12), er e
ig und Stimme im Synebrium. Ihm zur Seite
ftand ber „zweite Prieſter“ (2. Kön. 25, 18), wel:
her dad Amt des Nagid, des Tempelaufjehers,
verwaltete, im Talmud wird dann nod) der Se:
gan erwähnt, von dem es ungewiß ift, ob er mit
dem Nagid zufammenfällt. Die im Gefet vorge:
fhriebene Salbung de3 Hohenpriefters ift nad) der
Tradition feit Joſia nicht mehr vollzogen, weil
das Heilige Salböl abhandengelommen war.
Hohes Lied. Diefe Dichtung, dem Salomo zu:
eſchrieben und wahrſcheinlich aus der erw eit
Sfraelö (etwa 800) ſtammend, enthält eine iby ie
Lebesgeſchichte, bie in Iyrifcher und dramatifirender
Art ausgeführt ſchildert, wie Sulamith von einem
364
ft des Todes und ber äußern Trauer, | fie wieber mit ihrem Geliebten vereint, Das Hohe:
. Holland
lied ift die Blüthe der hebräifchen Poefie, freilih
einer weltlichen Boefie, die aber von dem fittlichen
Geifte des hebräifchen Volles ganz *25
if; und in ihrer Harmonie die leidenſchaftlichſte
innlichteit mit der reinften Sittlichkeit vereinigt.
Seine Aufnahme in den Kanon verbanlt e3 nur
der allegoriſchen Deutung, welche darin eine finn-
bildlihe Meiffagung auf die endliche Erlöfung
Iſraels fand. Biete Auslegung, welche die Rab-
binen feithalten, geht auch in bie chriftliche Kirche
über unter verjhiedenen Mobificationen, indem
das Bud auf die Kirche bezogen entweder pro
phetiſch gefaßt wird (Drigenes), oder ald Schil⸗
—— gegenwärtigen Gemeinſchaft mit Chri⸗
ftus ( n.). Die Myftit bezog es dann nicht
mehr auf die Kirche, fondern auf bie einzelne
— ———
as Hohelied die irrungen
ſen 8 2* Bei Jo 36.
Auch
——
r en Ki
ige , j
Auslegung b — erh de an
jus, H ‚Keil, Hävernid, Gerlach, Hahn,
Deligich.- Der erfte, wel
irdiſches Liebeslied fand, ift
fochtene Theodor von Mopäveftia geweſen. Unter
den Protejtanten hatte Grotius die natürlide
Aus * er en. 2 A BE
bezog ben Inhalt geradezu auf bie Ehe, ?
ber entwidelte die hohe Schönheit bes Liebes (bie
Lieber der Liebe, die ältejten und | aus
dem Morgenlande, 1778). Seitdem hat fi bie
äfthetifche Auslegung immer allgemeinere Aner:
fennung erworben, und den Zuſammenhang bed
Ganzen verftehen gelehrt. Während Bertholdt,
de Wette u. A. nur eine Sammlung erotifder
Lieder darin finden, unterfheibet man jegt mehr:
fach einzelne Bilder oder Abjchnitte, in denen ſich
der Fortgang der Erzählung vollzieht. Bgl. Heng:
ftenberg, das Hohelied Sal., außgelegt 1851;
Higig (in dem ereg. Handbuch) 1855 ; Umbreit, 2.
— 1828; Ewald 1826, 2. Aufl. im 2. Theil
der Dichter ded A. B. 1867; Deliyich 1851; Hahn
‚1852; Meier 1854; Weißbach 1858.
Holbach, Paul Friedrich, Freiherr von, ber
Atheift. Geb. 1723 zu Heidesheim in der Pfalz,
eft. den 21. Jan. 1789. In feinem Haufe zu
ris verfammelten fi) die Häupter des damals
herrſchenden atheiftiihen Materialismus und viele
ihrer Schriften wurden auf feine Koſten gebrudt
und verbreitet, von denen die berüchtigtfte ift das
unter Mirabeau's Namen herausgegebene Systeme
de la nature ou des lois du monde physie et
moral. Holbad) felbft war Mitarbeiter der Ency:
Hopädie und ſchrieb: Le christianisme developp®.
Histoire critique de Jösus Christ, 1770.
Holland. Die Reformation fand in Holland,
wo die Brüder des gemeinfamen Lebens, die
Begharden und andere religiöfe Genoſſenſchaften
geblüht hatten, einen empfänglichen Boden. War
e3 doch damals, ſowie das vlaͤmiſche Belgien, mit
ganz Nicderbeutichland auf das engfte verbunden,
Hirten getrennt, den fie liebt, dem Salomo begegnet |nur ein Theil von Niederbeutfchland. Luthers
und von biefem, den ihre Schönheit entzüdt, nad) | Schriften —— daſelbſt frühzeitig Eingang,
i uſthauſe mitgenommen wird. Sie widerſteht
einen Liebesbewerbungen, ſelbſt dem Anerbieten,
fie zur Königin gu machen. Endlich entlafſen, wird
und die erften Märtyrer der Reformation maren
die beiden holländifhen Auguftinermönde Hein:
rih Voes und Johann Eid, welche 1523 zu
Holland
Antwerpen verbrannt wurden. Die lutherifchen
Einflüffe wurden bald noch ü durch die
reformirten, welche ſich namentlih von dem an
Frankreich — Süden über das Land
verbreiteten. Kaiſer Karl VI., unter deſſen Scep⸗
ter bie niederländifchen Provinzen vereinigt wa⸗
ren, führte jedoch hier mit rückſichtsloſer Strenge
das Wormſer Edict durd. Geradezu furdtbar
wurbe ber religiöfe und politiiche Drud, der auf
dem Lande laftete, unter Philipp II. jeit 1555.
Die Reformirten, welche 1562 durch Guido de Bres
ein calviniftiiched Bekenntniß ————
ſion) aufſtellten und daſſelbe durch die Antwerpe⸗
ner Synode 1566 als niederländiſches Symbol
anerkannten, fchlofjen 1566 durch ihren Abel einen
Bund gegen die jpanifche Unterbrüdung, das fog.
Compromiß. Als hierauf die Statthalterin, Mar:
garethe von Parma, die von den Geufen — jo
wurden bie Verbündeten genannt — ehende
Bewegung nicht mehr zu jügeln im Stande war,
mwurbe Herzog Alba mit einem Heere zur Unter:
brüdung bes Aufftandes nad den Niederlanden
BIS um mit einer entfegliden Graufaniteit
fegerifhen Glauben gründlid zu vertilgen
(1567). Nachdem ifm aber die Unterbrüdung
vorläufig geglüdt war, verbanden fi die fieben
nörblien Provinzen in der Utrechter Union 1579
und errangen nad) furdtbaren Kämpfen unter
Wilhelm und nad) deffen Ermordung (1584) un:
ter Morig von Oranien ihre politiihe und reli:
giöfe Unabhängigteit, während bie ſüdlichen Staa-
Spanien und bem Katholicismus verblieben.
In diefer unter dem Drude aufgewachſenen Kirche
entfaltete fi) bald ein Träftiges geiftiges Leben.
Eine Reihe von Kämpfen um ihre ey ide Selb:
ftändigteit, welche die Reformirten mit der Staats:
gemalt führten (erfte Rationaljynobe zu Dortrecht
1578) auf Grund ihrer preöbyterialen und ſynoda⸗
fen Berfafiung, auch dogmatiſche Kämpfe, nament-
lich die zwifchen den Arminanern und Gomariften
8 übrten, riefen eine mächtige geiftige, nament:
ih auch wiſſenſchaftliche Bewegung Bear, Die
Synode von Dortreht 1618—1619 begründete
unter dem Schuß Morikend von Dranien den
Sieg des ftrengen Calvinismus in Holland durch
Anertennung der calviniftiihen Prädeftinations:
lehre über die Remonftranten, welche verdammt
erft nach dem Tode Morig’ 1630 Duldung in
Holland erhielten. Unter den holländijchen Ge:
lehrten, welche auf den Univerfitäten zu Leyden,
Franeler, Gröningen, den Alademien zu Utrecht
1636) und Hardermyf (1648), den Athenäen zu
eventer (1680) und Amfterdam (1632), wirkten,
zeichneten ſich namentlih als Bibelforjder aus
Gomarus, Arminius, Grotius, Rivetus, Drufius,
Amama,Amefius,ald Dogmatiler Episcopus, Lim⸗
borch, Mareſius, Malofius, Amevius, Alting, und
namentlich Coccejus und Bo&tius, Unter den ſpäte⸗
ren waren Witfius, Burmann, van Til, Bitringe,
Leidecker Männer von größerer Bedeutung. Aud in
unferem Jahrhundert hat Hollanbeine nicht geringe
wiffenichaftlihe Bedeutung für die Entwidlung
der Theologie. Nahdem das ftreng calviniftiiche
Weſen im 18. Jahrhundert langjam immer mehr
der Abſchwächung entgegenging, trat, wie in
Deutichland, eine Doppelheit der Richtung, bie
biblifch » jupranaturalijtiihde mit Männern, wie
van der Balm, Heringa, van der Höven, und die
rationaliſtiſche mit Vertretern, wie van der Vils
365
Holon
ligen, Donter Eurtius u. 9. an feine
[ber aud) hier, wie anderwärtd
biefen ee ein anderer
—— es Jahrhunderts erwachte eine ſehr
energi orthodoxe Reſtaurationsbewegung, an
rer Spitze der Dichter Wilhelm Bilderdyk in
erbindung mit ben beiden convertirten Juden
Da Eofta und Gapabofe und dem Prediger t
Molenaar, welche, da die Regi ihrem Wi
nicht folgte, und als einer der hrer, be God,
abgejegt wurde, fogar zu einem Austritt aus ber
Staatsfirhe 1834 führte. Diefer ions⸗
Par:
partei gegenüber ftanden nun bie liberalen
teien, worunter namentlich die von Hofftebe de
Groot gegründete und durch au und van Dorbt
tüchtig vertretene ſog. Gröninger Schule ſich her⸗
Innermbe Theologie, und Dusch große praktife
inn eologie un große e
Liebeöthätigkeit, Auch die Leydener Schule, ob⸗
glei möglichſt feſthaltend an den Principien des
teformirten Dogmas, hat ber . Dr:
thodorie nit volllommen entfprodhen. Der be:
beutendfte holländiſche Theolog, Scholten, defien
Dogmatik viele Aehnlichkeit mit * Schweizer
zeigt, der altteftamentliche Theolog Kuenen find
uorragende Vertreter berjelben. In ng
eit hat aber das Eindringen ber Ergebniffe
übinger Schule und namentlich der franzöfiſchen
Einflüffe (Reville in Rotterdam) auch diefe theo⸗
logiſche Parteigruppirungen zerftört. Die moberne
liberale Richtung, der id jegt auch Scholten an-
geſchloſſen hat, hat die größte Nehnlichleit mit der⸗
jenigen in ber Schweiz und in amade durch
ihre determiniſtiſchen und. antiſupranaturaliſti⸗
ſchen Neigungen, befördert von der ——
Philoſophenſchule Opzoomers in Uetrecht. er
den 1,7500,000 Rejormirten befinden ſich in Hol⸗
(and nod) etwa 200,000 Angehörige anderer Ge-
meinſchaften; etwa 60,000 Zutheraner, 5000 Re:
monftranten, 40,000 Taufgefinnte u. U. a
Köhler, Die Niederl. Kirche, 1856; Rippoib, Prot
öhfer, die Niederl. Kirche, . k
Monatsbl., 1861. ai
Holländiſche Bibelüberjegung wurde von ber
Dortrechter Synode angeordnet und konnte 1637
erſcheinen. Siegehört zu ben beften Heberjegungen.
Hollay, David, geb. 1684 zu Wulkow bei Star:
gard, ftudirte in Wirtenberg, war 1670 Prediger
in Pützerlin bei Stargard, 1686 Eonrector in
Stargard, Rector und Prediger in Colberg,
—— und Paſtor zu Jalobshagen, + 1713. Sein
zamen theologicum acroamaticum universamm
theologiam thetico-polemicam complectens,
1707, und öfteraufgelegt, hat ihm durch die Klarheit
der Daritellung und die überſichtliche Anordnung
eine bleibende hervorragende Stelle unter den lu⸗
theriſchen Dogmatilern verſchafft. Er ift ftreng
rechtgläubig, aber nicht ohne religiöfe Innigkeit
und Ziefe. — 2) Sein Sohn, Paſtor zu Gunthers⸗
berg in Pommern, ge mehrere erbaufiche
Schriften, von denen die „Anmweifung zum rechten
Gebet” 1855 in Stuttgart neu aufgelegt ift.
Holofernes ist der fingirte Name des mediſchen
Feldherrn im Bude Judith, melden Judith er:
morbete. Ein Feldherr dieſes Namens war unter
Demetrius L berühmt und gefürchtet gewejen.
Holon. Gine der Lenitenftäbte im Gebirge
> (Joſ. 15, 51; 21, 15). Gine Stadt gleichen
amens in Moab erwähnt Jerem. 48, 21.
——— — —————————————— EEE ——— —
Holfte
Holſte oder Holfteninß, Lucas. Geb. in Ham:
burg 1596, erwarb er re feine pbilologifche und
philoſophiſche Bildung in Zegden 1617, ging 1622
nad England, 1624 nad) Bari und trat da zur
fatholifchen Kirche über, nad) feiner Angabe ohne
um bie Differenzen der Belenntniffe - zu lüm⸗
mern, weil er fi in ben Geift ber Kirchenväter,
fie ftudirend, hineingelebt hatte. Bon Urban VILI.
und deffen Neffen, dem Cardinal Barberini, be:
günftigt, lebte er feit 1627 in Rom, wurde Biblio-
thefar der Baticanifhhen Bibliothek, Auditor Ro:
tae und Mitglieb der Eongregation des Inder.
Obgleich mehrfach bei der Belehrung bedeutender
Gonvertiten benußt, behielt er Milde des UrtHeils
und Weite des firhlichen Blicks bei, was er in
den Verhandlungen mit Leo Allatius und im
Janſeniſtiſchen Streite bethätigte. Von feinen
—— Schriften, in denen er ſeine ſeltene
elehrſamkeit niedergelegt hat, ſind die bedeutend⸗
ften:Codex regularum monasticarum, Rom 1662;
un veterum critic. monumentorum, Rom
Holtzmann, Heinrich Julius. Geb. am 17. Mai
1832 in Karlörube, Sohn des Prälaten Holgmann.
Seit 1858 Privatdocent, 1865 o. Profefjor der
Theologie in —— Er gab heraus: Kanon
und Tradition, ein Beitrag zur neuern Dog—
mengeſchichte und Symbolit, 1859; die ſynop⸗
tiſchen Evangelien, 1863; Predigten, 1865; Ge:
Igigte bed Volles Iſrael (mit Weber), II. Theil,
Solzfeft. Ein fpäteres jüdifches Feſt, welches am
3. Elul begangen wurde. Jofephus jagt, an bem
Zage fei das Holz zur Unterhaltung des immer:
mwährenden Aitarfeuerd in den Tempel gebragt. |
‚ Bolzhanfer, Bartholomäus. Geb. in Langenau
in ————— ward er Kanonikus in Salz:
burg und 1 Generalvicar des Dt von
Ehiemjee in Bayern. + 1658 ald Pfarrer und
Decan zu Bingen. Er ftiftete als Kanonilus die
Eongregation der Bartholomiten zur Heranbildung
guter Priefter.
Homberger Synode, war die am 21. Dctober
1526 von Philipp dem Großmüthigen berufene Ber:
ſammlung der gelftlidhen und meltlihen Stände
zur Berathung über die Kirchenreform. Lambert
von Avignon legte feine 158 Thefen vor und ver»
—— ſie gegen den Franciscaner-Guardian
ikolaus Ferber. Als die Zuftimmung der Ver:
jammlung die Reformation beſchloſſen hatte, ver:
faßte ein Ausfchuß die Reformatio ecclesiarum
Hessiae, die Homberger Kirchenordnung, welche
in fühner Weiſe bie Kirchenverfaffung auf die frei:
willige Gemeinde baute, Breöbyterien und Syno-
den anordnete und den Eultus in er
Weife vereinfachte. Diefe Ordnung, welche Luther
bedenklich aufnahm, ift niemals publicirt und der
befftichen Kircheneinrichtung auch nicht zu Grunde
gelegt worden, hat aber das Weſen proteftontichen
Semeindelebend tief * I. Credner, Philipp
des Srofmlüthigen heffiiche Kirchenreformations:
Drdnung.
Homeriten oder Himjariten. Ald Nachkommen
beö Hamjar, eines Entels des 1. Mof. 10, 25 ge:
nannten Soltan ober Kachtan, betrachtet fich ein
arabifher Stamm, der in Yemen an der Süd—⸗
küfte ein Königreich ftiftete, welches 800 Jahre be-
ftand. In demfelben lagen die Städte Dhafar
366
Homilie
nahm ber König die jüdifche Religion an, und
unter Kaiſer Conftantius gewann Theophilus von
Din den König für das (Arianifche) Chriſtenthum.
Als um 600 der König Dunaan wieder dem Ju:
denthum anhing und die Ehriften verfolgte, be:
friegte ihn Elesbaan von Abefignien und ſetzte
wieder einen chriftlihen Fürften ein. In —*
Periode gewann der Monophyſitismus Eingang,
nachdem der Arianidmud 12 ſchon früher verio:
ren hatte. 629 wurde der Slam angenommen.
Jetzt giebt ed dort keine eingeborenen Chriften
mehr, mohl aber an 5000 jüdifie Familien.
Homiletik, Die Wiſſenſchaft von der Predigt, ge:
hört unter die Difciplinen der praktiſchen Theolo:
gie, Als die Predigt im 4. Jahrhundert zur Kunſt
wurde, begann man auch, ſich mit ber Theorie der
Beredfamteit zu befchäftigen. Die damaligen heid-
nifhen Rhetorenſchulen (Libanius, Themiftius)
bildeten auch die hriftlihen Prediger, und bie
og des Auguſtin (De doctrina christiana
1. IV), Alanus ab insulis (Summa de arte prae-
dicatoria) und Humbert de Rumanis (De erudi-
tione concionatorum 1. II) ftügten fich weſentlich
auf bie rhetorifchen Regeln der Griechen und Rö:
mer, namentlich Eicero'8, Eine größere Aufmerf:
famfeit wurde dem Gegenftand jeit der Reforma:
tion gewidmet. Hat Luther nur zerftreute praftifche
Winte gegeben (gef. bei Wald, Sammlung Meiner
Schriften von der gottgefälligen Art zu prebigen,
1746), r gab dagegen Melanchthon 1519 eine
Rhetorik heraus nebit der Schrift De officio con-
cionatorum, 1535, Erasmus ſchrieb zu demfelben
Zweck feinen Ecclesiastes, herausgegeben 1820
von Klein. Eine Menge Bearbeitungen ber Pre:
digttheorie folgten in ber er en wie refor:
mirten Kirche. Hatte Spener in feinen Piis desi-
deriis den pratifch erbaulichen Charalter der Pre:
digt wieber hervorgehoben, dadurch aber auch be:
wirkt, daß feine Nachfolger vielfach die Homiletit
in eine Kunft, erbaulich zu fein, ummandelten, jo
hatte die orthodoxe Gegnerſchaft auch auf diejen
zn ihre er gerichtet (Röfcher 1720 gegen
ange 1707). Die Wolfiſche Schule brachte au
in bie Predigt einen minutiöfen Formalismus,
eine Dispofitiond: und Definitionsſucht, melde
lange Zeit die Homiletif, namentlich die rationa-
liſtiſche, beherrſchte (Rambach 1726, Baumgarten
1752, Zeller 1763, Mosheim 1771, Bahrdt 1773,
Marezoll 1794, Schott, Theorie der Beredfamteit,
2. Aufl. 1823—47, welches leßtere eines der be:
beutendften Werte diefer Periode ift). Eine tiefer
auf den Fdeengehalt der Predigt eingehende Me:
thode bahnte Theremin an (die Beredfamtelt eine
Tugend, 1814, 1837). Neuere Werte über bie
miletif find: mer 1842, 4. Aufl. 1857,
Schweizer 1848, Guft. Baur 1848, Binet, deutſch
von Schmid, 1857, Beyer 1861, Hagenbach 1863;
Katholiſche Homiletik: Luk, Handbud) der fathol.
Kanzelberedfamteit, 1851. ©. die Art. Beredſam⸗
keit, Predigt. , j
Homiliarinm ift eine zum Vorleſen —
Sammlung von Predigten aus älteren Kirchen⸗
vätern für dad ganze Jahr. Das berüßmtefte ift
das auf Befehl Karls des Großen durch Alcuin
und Paulus Diafonus angefertigte, welches noch
dadurch von Bedeutung geworden ift, daß durch
dafjelbe die Perilopenordnung ſich feftftellte.
milie, Die ältefte Bezeichnung der riftlichen
(fonft Saphar), Aden, Hormuz. Um 100 v. Ehr. | Predigt, durch weldye ihre Ein fachheit nad Form
Homilien, Elementinijche
und Inhalt im Gegenſatz zu den Reben (Aoyos)
der Rhetoriler angezeigt wurde. Man pflegt jetzt
damit —— — zu bezeichnen, welche
nicht ſowohl ein aus dem Text entnommenes
Thema, weiches an die Spitze geſtellt worden, er:
örtern und begründen, ſondern welche den Text
auslegen und, ſich eng an en anſchließend, feinen
geiftigen Inhalt zum Bemußtjein Lringen. Meifter
der Homilien ift Menten. Ungerecht ift das Urtheil
von Harms, bie Homilie mache voll, aber nicht fatt,
denn auch fie will die Einheit des Gedankens und
jeine — Darſtellung nicht entbehren.
ien, Clementiniſche. S. Clementinen.
logumena ſind bei Euſebius diejenigen
Bücher der heil. Schrift, deren Kanonicität in der
Kirche unbezweifelt geblieben war.
Homoonfioner ‚und Homoisufianer find die
Benennungen der rehtgläubigen und ber vermit-
telnden Semiarianifhen Partei im Arianifchen
Streite, weil jene lehrten, der Sohn ift von glei-
chem, dieſe aber, von ãähnlichem Weſen wie ber Vater.
ig gehört zu den vielgerühmten Producten
Kanaans, 2, Moſ. 3, 8; 13, 5; 4. Moſ. 20, 24;
neben dem Bienenhonig wird Ez. 27, 17; 1. Mof.
43, 11 ber Traubenhonig, d. 5. eingelochter Trau⸗
benfaft, erwähnt und 1. Sam. 14, 25; Matth. 3,
4 wilder Honig, Waldhonig, wahrſcheinlich nicht
der Honig von wilden Bienen, fondern eine füße
Seuchtigkeit, die au Bäumen und Gewächſen
quilt. So beliebt der Honig ald Nahrungsmittel
war, jo durfte er doch nicht zu Speisopfern ver:
wendet werden, 3. Mof. 2, 11, wegen jeiner gäh—
renden Kraft; die Erftlingäopfer des Honig wur:
den aber für die Priefter dargebracht, 2. Chr. 31,
5. Benutzt wurde der Honig auch zur Bereitung
eines geiftigen Getränkes.
Honorins von Auguflodunum (Autun), aud
der Einfiedler (solitarius oder inclusus) genannt,
ift ein fruchtbarer und —— —— um
1145, der zu den bedeutendſten Männern feiner Zeit
ehört. In feinem Werte über die Kirchenlichter
Part 9. jelbft 22 von ihm verfaßte Werte an, un:
ter benen er eine Erklärung bes Hoheliedes alle
früheren verbunfelnd nennt. Dies Berzeihnif
umfaßt aber noch nicht alles ihm Zugefchriebene.
Seine Werte gab zuerjt Schottus heraus. Bon den
Lebendumftänden des Mannes ift nichts befannt,
als daß er Priefter und Scholafticus zu Autun
mar; eine Bermuthung madt ihn zum Lehrer zu
Angſt bei Bafel. |
Soneriub, der Kaifer, 395—423. Geb. 384,
Sohn Theodofius’ des Großen, regierte er anfäng: |
lich unter der Bormundichaft Stilihos. Den dro: |
henden Abfall der Provinzen in den Unruhen der
367
Honter
Honorind I. Papſt 625—638. Aus einem vor:
nehmen Geſchlechte Campaniend. Sergius, ber
Patriarch von Eonftantinopel, wandte I an ihn,
als Sophronius von Alerandrien den Wiberftand
egen bie monotheletifche Lehre erneuerte, und er:
angte in einem Briefe feine Zuftimmung zu den
von Heracliuß in der "Exdeoig tijc niorews (638)
danach fejtgeitellten Lehrbeitimmungen. Daher
wurde H. von dem Concil zu ge 680
mit Sergiusals Ketzer verdammt und Leo II. beftä-
tigte ausdrüdlich diefen Beſchluß. Diefer Umſtand,
welcher mit ber Unfehlbarleit des Papſtes ſchlecht
zu reimen iſt, hat katholiſche Theologen zu man⸗
cherlei Ausflüchten gendthigt. 9. führte 623 das
Feſt der Kreuzeserhöhung ein und übte ſich
um die Miffion in England.
— (II) Gegenpapit Alexanders IL, 1061—64.
Als Peter Cadolaus, Biſchof von Parma, wurde er
aufeinem Eoncil zu Bafelvon der Partei Heinrich
IV. ermählt; nachdem aber die deutſchen Bifchöfe
1062 zu Alexander übergegangen waren, zu
Mantua 1064 für abgejegt erflärt, behauptete er
jedoch —*— Anſprüche bis zu ſeinem Tode 1072.
— II. 1124—30. Lambert von Fagnano, Bi⸗
ſchof von Belletri und Dftia, wurde durch den Ein⸗
8 Robert Frangipanis von einer ion zum
ft erwählt; fein Gegenpapſt Göleftin III. legte
aber die Würde nieder. Indem er fid) auf Lothars
I. Seite gegen die Hohenftaufen ftellte, erlangte
er einige günftige Aenderungen des Wormjer Eon-
cordates. Roger von Sicilien jedoch, der daß Erbe
Wilhelms von Apulien, auf weldes H. Anſpruch
erhob, in Befig nahm, zwang Fe zu verzichten.
9. beftätigte den Orden der Prämonftratenjer
26
1126.
— III. 1216—27. Als Gencio Savelli Car:
dinal von St. Johann. Ein mildes und ver:
föhnliches Benehmen beobachtete er in den Ber-
handlungen mit Friebrih IL, dem er nachgab,
als derjelbe feinen Sohn Heinrih, König von
Sicilien, zum römiſchen Saifer wählen ließ
1220, auch 1226, als feine Vermittlung zwiſchen
dem Lombardenbund und dem Kaifer in Anſpruch
genommen wurde. Sein Hauptziel war, Friedrich
zur Erfüllung feines Gelübdes und zur Ausfüh:
rung des Kreuzzuges zu bewegen ; auf der Zufam:
mentunft zu Beroli 1222 fand eine Einigung über
alle Streitpuntte Statt, und zu St. Germain 1225
verpflichtete Friedrich fich eidlich, binnen zwei Jah:
ren den Kreuzzug anzutreten bei Strafe des Ban:
nes. 9. forderte Ludwig VIII. zum Kreuzzug ge:
en Raymund VI. von Touloufe auf, übergab
reußen dem beutiden Orden, bejtätigte 1216 die
ominicaner, 1223 die Francidcaner und 1221
Böllerwanderung verhinderte zwar fein Feldherr die Tertiarier. Er verfaßte ein Leben Cöleſtins
und Mitregent Eonftantius (} 421); aber ala
LI. Liber censualis eccL R.; Ceremoniale ro-
Alarich Jtalien und Rom eroberte, mußte H. dem | manum und Epistolae decretales.
Weſtgothen Ataulf Gallien überlaffen, und in
Spanien fiegten die Bandalen. Für die Geſchichte
des Chriftenthums ift dad Verbot der heidnifchen
Tempel 399 und das Edict von 416, welches die
Heiden von den Nemtern ausjchloß, wichtig. Gegen
die Donatiften erließ er ftrenge Gejege 405 und
411, ald auf dem Eoneil zu Karthago gegen bie:
jelben entſchieden war. Auch in die Belantanifchen
Streitigkeiten mengte er ſich mit laiſerlichen Edie⸗
ten ein und ſchuf ſo die nordafrifanifchen Zuftände,
welche bie Eroberung durch die Bandalen vorbe-
reiteten.
— IV. 1285—87. Als Jatob Savelli Kanonilus
u Chalons, Gardinal feit 1281. Die aragonijdh:
Kcilianifchen Händel bejäftigten ihn am meiften,
da die Brüder Alphons und Jalob von Arago:
nien, die Söhne Peters, ſich durch viermaligen
Bannjpruc nit fchreden ließen, Sicilien an den
von 9. begünftigten Karl von Sicilien zurüdzus
eben. 9. ließ den Orden der Apoftelbrüder ver:
olgen.
onter, Johann, der Evangelift Siebenbür:
ens. Geb. 1498 zu Kronftadt, ftudirte er in Kra:
Kan, Bajel und Wittenberg. Die Reformation
Hontheim
hatte in Siebenbürgen a 1521 Eingang gefun-
den und in Hermannftadt waren ſchon 1529 die
Katholiken vertrieben worden. 9. —* nun 1533
in Kronftabt eine Druderei an, Üüberjegte und ver:
breitete Luthers Schriften. 1542 wurde in Kron⸗
— wo er Prediger war, die Meſſe abgeſchafft.
er ————— die — er mg des
Biſchofs Martinuzzi von Großwardein auf dem
Landtage zu Klauſenburg; die meiſten Sachſen⸗
Städte wurden Penn und nahmen auf ber
Synode zu Mediaſch die Augsburger Confeifion
an. H.'s vielfeitige — erwarben ihm die
Achtung auch der Katholiken. Er — das
Gymnaſium und bie Bibliothek zu Kronftabt und
—— u. a.: Sententiae Augustini excerptae;
tentiae Nilimonachi ; Formulareformationis
eccl. Coroneusis; Rudimenta Cosmographica.
Hontheim, Johann Nikolaus von. Geb. zu
Trier am 27. Jan. 1701. Bei den Jefuiten eryo:
gen, wibmete er ſich dem geiftlihen Stande, ſtu⸗
dirte zu Löwen kanoniſches Recht, wurde 1728
55 en des geiftlihen Gericht3 in Trier, 1732—
38 Brofeffor zu Trier, Dfficial in Coblenz und
Weihbiſchof von Trier. Unter dem Namen Jujtinus
bronius ließ er 1763 in Frankfurt die berühmte
chrift De stat. ecclesiae erjcheinen, welche das
—— römiſche Curialſyſtem bekämpfte und das
piftopalfgftem
mit dem Grundfaße: bie bifhöfliche Gewalt ift von
Gott. Der Papft ift primus inter pares, er fteht
De über dem einzelnen Bifchofe, aber unter deren
ejammtheit, ift an die Ganones gebunden und
muß au deren —— enöthigt werben. Eine
ſche Folge diefer ft war bie Biſchofs⸗
verjammlung zu Coblenz 1769 und die Emjer
Punctation. Der Papſt Hatte bie Schrift zwar
1764 ſchon verworfen, aud waren Gegenſchriften
erihienen (Zaccaria und Bellerini), welde H. in
einer kurzen Bearbeitung 1774 berüdfichtigte, aber
1778 gelang e8 den Bemühungen ber Eurie
bei bem —— Trier, Hontheim zu einer
retractirenden Erflärung zu veranlaffen, welcher
ein Commentarius Febronii Just. in suam re-
tractationem folgte.
Hoogfiraten, Jakob van, der Gegner Reud:
lins. Geb. 1454 im Dorfe Hoogftraten in Flan⸗
dern, ftubirte er in Köln und wurde Dominicaner:
Be und Inquifitor in Löwen. Im zelotiſchen
denseifer griff er die Humaniften an und citirte
Reuchlin wegen feined Angriffs auf den Juden
Dfefferlorn vor fein Inquifitiondgeridt. Da er
biezu formell nicht berechtigt war, ordnete Leo X.
eine neue Unterfuhung durch den Biſchof Georg
von Speyer an, ber 1514 9. verurtheilte. Als die:
— hievon an den Papſt appellirte, erließ Leo, be⸗
ängt von den Dominicanern und geneigt ben
Sumaniften, ein Mandatum de supersedendo,
woburd bie Entſcheidung vertagt wurde. Durch
er unwiſſende Anmaßung wurde 9. bei allen
ebildeten ber Zeit ebenmäßig verhaßt; ihn traf
yirorum. Seine Sihriften, Be ihm Garakterifieen
rum. Seine a n dar en,
find 1526 zu Cöln erfchienen.
Hoofer, Richard, englifcher Theolog. Geb. 1553
m Exeter, ftarb er als Pfarrer von Bishopsbourne
n Kent 1600. Er ſchrieb: The laws of ecclesia-
stical polity, 1594.
Hooper, Lohr, Geb. in Somerjetjhire, ftubirte
er in Oxford, wandte fi ber Reformation zu,
368
Horb
mußte 1539 nad) Erlaß der VI Artikel Heinrihs
vi fliehen und lebte in der Sgec im Ber:
fehre mit Bullinger u. A. 1549 nad) England zu:
rüdgefehrt, erhielt er als bedeutender und belieb—
ter Prediger dad Bisthum Glocefter; aber erft
eine kurze Haft tonnte ihn bewegen, bie biſchöfliche
Kleidung —— und den Eid mit
Weglaſſung der
leiften. Unter ber bl
vom iger Gerichte in London verurtheilt und
in feinem Bis verbrannt.
oorubeet, Johannes, geb. zu Harlem 1617.
1644 warb er Profeſſor der ie und Geiſt
licher in Utrecht, feit 1654 in Leyden. + 1666.
Ichrieb gegen den Socinianismus (Socinianismus
confutatus, 1650; Com um Soc. conf., 1669),
— ein Compendium der reformirten Polemil
raus und ſchrieb über damalige Zeitfragen
außerdem Institutio studii theologici, ,
ar —— practica cum irenica. Kt
a, König von Yegypten. Mit
gebetle ein Bündniß bei feinem Abfall = Rebu:
fabnezar, Ey. 17, 15, ohne von ihm eine weſent
lie Hülfe zu erlangen, Jer. 37, 3 ff. Er wurde
von feinem Feldherrn Amafis, der mit ben auf:
ftändigen Einwohnern von Eyrene ſich verben),
vom Throne geftoßen und getödtet. Vgl. Jer.
Hopkins, Samuel, einer ber Führer der New
England: Theologie (f. d. Art. Edwards), ift gebo:
ren 1721 in Water in Connecticut,
atono
(den Febronianismus) aufftellte, | 44, 30
im Yale:College und ward 1743 bei
in MNaffachufetts Prediger. Wegen Mitt eit
ber Gemeinde entlaffen 1769, nahm er einen Be
zuf in Newport:Rhode:Jsland an. + 1803. Sein:
Werke gab das GCongregationaliftensGomitd in
gr = 1852 neu heraus.
. Der Sen. auf welchem Aaron ftarb, 4
Moj. 33, 38; 20, 22, auf der Grenze Edoms und
Paläftina’3, ber Dicpebel-Nabi:Harun an der Süb:
jpige des Todten Meeres. Aarons Grab zeigt mar
auf der öftlihen Spige des Sr ipfels
— Ein anderer Hor wish . Mof. 34, 7.8
im N.:D. Baläftina’8 erwähnt und ift auf dem
Ausläufer des Libanon zu fuchen.
Horae canonicae ober regulares find bie
Stunden, in wel die Kanonifer und Kloſter⸗
eiftlichen die im Brevier enthaltenen Gebete nad
een rdnung zu beten, rejp. gemeinfchaftlic zu
ingen verpflichtet find. Solder Stunden find 7
oder 8. Die Matutin mit den laudes wird früh:
morgens um 3 Uhr gebetet; es folgen bie Prim,
6 Ur, 9, Sept 12, None 3 u, danach die
Beöper, 6 Uhr, dad Completorium vor dem Säle
k ehen und endlid das —— oder die
igilie um Mitternacht. Dieſe cht wird aber
gewöhnlich) mit der Matutin verbunden. Diefe An
dachten ſelbſt heißen auch Horen;; fie beginnen mil
pater noster und Ave Maria, enthalten einen
er eine Dration und fließen mit der Für⸗
itte für die Verftorbenen und der Marianiſchen
Antiphonie.
‚Sorb, Joh. 2., geboren 1645 zu Colmar, bildete
fih aufden Univerfitäten Strakburg, Jena, Bi:
tenberg, Helmftädt, Kiel und auf weitern Reifen,
wurbe 1671 Paftor und 1673 Confiftorialrath pu
Trarbadh. Die Richtung feines Schwagers Spenet
nahm er mit Eifer auf (fein Bedenken über die
Pia desideria, 1675), mußte aber zum Theil
Horch
deßhalb ſeine Stelle aufgeben, ward 1678 Pfarrer
und Superintendent zu Windsheim in Franken
und 1685 Paſtor zu St. Nikolai in Hamburg. Als
er bier Spenerſche Eonventifel einrichtete, erregte
der orthodoxe Paſtor Mayer (fpäter in Greifd-
wald) einen langjährigen erbitterten Streit, der
durch Horbs beutiche Ausgabe der Vrais principes
de l'&ducation chrötienne von Poiret noch ge=
ſchärft wurde, H. mußte 1693 weichen und wurbe
1694 — entſetzt. } 1695 zu Steinbed bei
t
mburg.
Horch, ein Separatift. Geb. —** 1652,
ftudirte er Theologie und Medicin in Marburg
und Bremen, wo Untereyk Einfluß auf ihn ges
warn, wurde bann 1683 Diafonus in ——
1685 Hofprediger in Kreuznach, Dr. theol. in Hei⸗
7 1687 Pfarrer dort, 1689 zu Frankfurt,
16% Pfarrer und Peofeffor ber Theologie in Her:
born. Weil er fi) ben feparatiftifchen Beſtrebun⸗
Kae Zeit im Wittgenfteinifhen durch Arnold,
fer u. X. anfchloß, wurde er 1698 feiner Aem⸗
ter enthoben und führte gehn Jahre lang ein uns
tes Leben, feine feparatiftiihen Anſichten pre:
igend. 1699 verfiel er in Wahnfinn und lebte
nad feiner Genefung 1700, Literarifch befchäftigt,
von einer Benfion zu Marburg. + 1724 zu Kirch:
beim bei Marburg. Sein widtigftes Wert ift die
Es und Prophetifche Bibel, 1712.
oreb Hält man einen Vorberg des Sinai,
2. Moſ. 3, 1; 1. Kön. 19, 8. Im Deuteronomium
wird dad Wort für den Sinai felbft ald Berg ber
en gebraudt.
ter, ein in Edom anfäffiger Urftamm, ber
zur femitiihen Bölferfamilie gehörte. Bon den
Ebomitern unterjocht, 30g der Reſt des Volkes fich
auf das Gebirge Seir zurüd, in deſſen Höhlen fie
ihren MWohnfig gründeten (Horiter = Höhlenbe-
mohner), 5. Moj.2,12. 22. Die Lage der 9. unter
ihren ebomitifchen Herren ſchildert Hiob 24, 5;
30, 1 ff. Die geographifhe Beftimmung ihres
Wohnſitzes ergiebt fih aus 1. Mof. 36, 20, wo
unter den Söhnen Seirs Ortſchaften zu verftehen
find, die ſämmtlich auf Edom und das peträi,che
Arabien weijen.
Horma, eine Ranaaniterftabt im Süden Balä-
ftina’s, welche früher Zephath Dh Richt. 1, 17.
Hier wurden die Iſraeliten geſchlagen, 4. Moſ.
14, 5, fiegten aber, 4. Mof. 21, 3, ohne damals
die Stadt zu gewinnen. Bom Stamme Simeon
ewonnen, ericheint H. fpäter im Befige Juda’s,
. Sam. 30, 30.
Hormisdas, Papft 514—23. Die Bemühungen
ber oftrömifchen Kaiſer Anaftafius und Zuftin, die
Kirchenjpaltung beizulegen, die dur) das Heno⸗
tifon entjtanden war, ſcheiterten an ber ſtarrſinni
369
Hoſea
Braunſchweig, ſtudirte ſeit 1608 in Helmſtädt,
wurde 1619 Profeſſor der Logik und Ethik und
1625 der Theologie. Weil er auf die Nothwendig⸗
keit ernften fittlihen Streben? drang, wurde aud)
er wie Galigt von den Leipziger und Jenaer Theo»
logen heftig angegriffen. ’ 1649. Bon feinen
Schriften zu nennen: Compendium dialec-
ticae suceinctum, 1623—33, in 12 Aufl.; Com-
pendium theol., 1655.
Soronaim, wahrſcheinlich der Geburtsort des
perſiſchen Statthalters Sanballat, Neh. 2, 10. 19,
lag im Moabiterlande an einem Bergabhange,
Ser. 48, 3; Jef. 15, 5; nad) Eufebius 3 Stun-
den von Areopolis.
Horror naturalis ift ber in ber phyſiſchen
und fomatifchen Beſchaffenheit des Menſchen bes
gründete Abjcheu, der 3.8. die gefchlechtliche Ver:
miſchung naher Blutsverwandten verbietet. Nur
in entfernter Weiſe können aus ihm die Beftim-
mungen ber levitifchen Gefete hergeleitet werden.
Horſtius, Johann Merlo, katholifcher ——
Geb. zu Horſt bei Roermonde im Anfang des 17.
Jahrhunderts, ward er Pfarrer zu Lyskirchen in
Cöln und ift der Verfaſſer mehrerer aftetiihen
Schriften. Sein Paradisus animae christianae
wurde von —— ins Franzöſiſche überſetzt,
Heures chrötiennes. Außerdem beſorgte er bie
Herausgabe ber Werke bes heil. Bernhard und des
Thomas a Kempis,
Sofa, Grenzitadt zwiſchen Tor (Tyrus) unb
Afieb, Joſ. 19, 27.
—— S. Hoſianna.
oſea, der Prophet, der Sohn Beeris. Seine
Lebensumftände find unbelannt; nad der hrifts
lichen Sage foll er zu Belemoth in NP gebo⸗
ren und geſtorben fein, nad) der jüdischen ſtarb er
zu Babylon. Seine Weiffagungen weifen in die
Zeit Jerobeamd IL, und gehen jedenfalls bis
auf Menahem herunter, Mit hohem bichterifchen
Schwunge ſchildert er das Elend des Landes und
kämpft gegen den Bilderdienft, in dem er die Wur—⸗
zel alles Uebel3 fieht. Daher mahnt er aud) ab
von ben Bündniflen mit Aegypten und Affyrien.
Den Götzendienſt ftellt er dar unter dem Bilde des
Chebruchs, daher auch die Symbolik in der Ge:
burt feiner Söhne. Seine Weifjagung bezieht ſich
auf das nördliche Reich, jedoch nicht ohne Seiten»
blide auf Juda, „für welches die Ernte beftellt ift.“
Das Buch zerfällt in bie zwei Theile Cap. 1—3
und 4—14, ſcheint zwar nicht aus einem Guſſe
gearbeitet zu fein, wohl aber in feiner ——
üchkeit erhalten. Vgl. die Commentare zu den EI.
Propheten von Ewald, 1840, 2. Ausg. 1867 ; von
Hitzig, 3. Aufl. 1863; von Keil 1866; zu Hoſea
von Bödel 1807; Stud 1828; Simfon 1851;
feftgehaltenen Forderung des H., daß über bie Yuguft Wünſche, 1868. Vgl. de Wette in Stud.
Häupter der monophyſiliſchen Partei und über |
Hcacius von Conftantinopel dad Anathema aus:
—— würde, 517 wurde ſein Legat auf krän⸗
ende Weiſe heimgeſchickt und 519 kamen die Ver—
handlungen nicht zum Schluß. Weiſe unterſchied
er aber in dem Streit der ſyriſchen Mönche über
a wa von Rhegium zwiſchen den Lehren der
irchenväter und den aelehrten Meinungen Ein: |
zelner (Brief an Boffefior). Eine an fi wider: |
ſpruchsvolle Sage läßt Chlodwig ( 511) ihm eine |
goldene Krone jchiden. In Rom jol H. Manichäer
aufgefunden und verfolgt haben. T 523.
orney, Hornejus, Konrad, geb. 1590 zu,
und Krit, 1832; Kurg, die Ehe des Propheten
Hofea, 1859, -
Hoſea, König von Iſrael 727—19, beftieg den
Thron nad) der Ermordung Pekahs und vermwei:
— im Vertrauen auf die ägyptiſche Hülfe den
isher Aſſyrien gezahlten Tribut. Salmanafjar
rüdte gegen ihn, forderte 9. zur Verantwortung
vor ſich und legte ihn ins Gefängniß. Als ſich hier:
auf das Land erhob, fiel Samaria nad) dreijäh:
tiger Belagerung und die Bevölferung wurde von
dem durch den — en Widerſtand erbitterten
Feinde in die Gefangenſchaft geführt. Die Chro-
nologie der Regierung 9.3 i Rss weil bie
Hoftanıa
Stellen 2. Kön. 17,1; 15, 30. 27 nicht überein»
""Pofianne, „Bieb doc Seil" if aus Pe
ofianna, „Gieb doch Heil,“ ift au alm
118, 25 genommen und aus ber Geſchichte des
Einzugs in Jerufalem das Urloblied des Chriſten⸗
thums geworden. {
Hofius von Corduba (Cordova) in Spanien
war um 260 in Spanien geboren und hatte unter
Maximinian den Ruhm des Confefjors erworben.
Sein Einfluß am Hofe Conftantins trat in ben
Arinnifchen Streitigleiten hervor. Er überbrachte
ben Brief bes Raifers an Arius und Alerander
nah Alerandrien, trat dann — der ihm auf:
getragenen Bermittlerrolle partetiih gegen Arius
auf, nahrı zu Nicäa eine Finflußteige Stellung
ein und präfidirte der rm von Sarbica 347.
Den Athanafius vertheidigte er fortwährend un:
erichroden, auch ala ihn Gonftantius II. an feinen
Hof nad Meiland berief; ald er aber eine er-
neuerte Zumuthung, mit den Arianern anzuknüp⸗
fen, zurüdwies 355, wurbe er nad; Sirmium ver:
bannt. Hier ließ er fi auf der Synade 357 zur
Unterſchrift der Arianifirenden Beichlüffe bewegen,
Fe dann auf feinen Biſchofſitz zurücklehren und
tarb 359.
Hoſius, Stanidlaus. Geb. am 8. April 1504 zu
Kraleu aus einem eingewanderten ſchwäbiſchen
Geſchlechte, empfing erfeine Bildungzu Wilna, Kra⸗
fau, Padua und Bologna, trat dann in die Kanz⸗
lei des Königs und, ald er wider Willen ein Ca—⸗
nonicat zur Belohnung feiner außerordentlichen
Leiftungen erhalten hatte, 1588 auch in den geift:
lihen Stand. Als Biſchof von Kulm gr 1549
wandte er nicht bloß alle Energie auf die Beſchrän⸗
fung der Proteftanten, die er bitter haßte, und bie
Neitauration des Katholicismus (Synode zu Per
trifau 1561), mehr nod) wurde er zu diplomatiſch⸗
lirchlichen Aufträgen verwendet. Als päpftlicher
Legat (1559) und Gardinal (1561) wirkte er am
Hofe in Wien für die Wiedereröffnung des Triden⸗
tiner Concild und nahm auch auf demfelben cine
bedeutende Stelle ein, bis er e3, unzufrieden mit
dem Beichluß der geheimen Ehen, verließ. Die
Beſchlüſſe des Eoncils führte er in den Diöreſen
Kulm und Ermeland eifrig durch, übergab das neu:
geftiftete Collegium zu Braunäberg den Jefuiten
und beyriindete die gegenwärtige Stellung des
Katholiciömus im Polnifchen. 1569 wurde er als
Großpönitentiar nach Rom berufen. + 1579. In
ter Heftigkeit feiner Polemik hat I 9. ald Theo:
log — Blöße gegeben, ie feine Oegner be:
nugten. Von feinen Werfen, welche in Köln 1584
herausgegeben find, ift die Confessio catholicas
fidei christ. alö Belenntniß der Synode zu Petri:
fau zu nennen.
Hofpinian, Rud. Geb, gu Altorf bei Züriham 7.
Nov. 1547, jtudirte er in Marburg und Heidelberg,
wurde Pjarrer bei Zürich, Nector des Carolinums
in der Stadt, 1588 Archidiakon und 1594 Pfarrer
an ber Abteilirche. In den letzten Lebensjahren
erblindet und kinoifch geworden, ftarb er 1626.
Seine gelehrten ürchenhiſtoriſchen Werte hatten
einen gegen Rom gerichteten polemifchen Zweck
und enthalten hiftorifchsfritiiche Unterfuchungen
über den Cultus und die Verfaſſung der Kirche ; die
Reihe derjelben begann er mit De origine et pro-
gressu rituum, 1585, und wurde geſchloſſen durch
die Historia jesuitica, Berühmt ih bie et
Geſchichte der Concordienformel, Concordia di
370
Hospitaliter
cors, 1617 und De origine et progressu contro-
versiae sacramentariae, 1598—1602, Diefe ers
tegten ben gften Zorr der Lutheraner; Huttes
ruß fegte ihm die Concordia concors entgegen,
—— . um des Friedens willen zu beantworten
unterli
Hospital, Michael de P, Kanzler von Frank
reich. Er mar geboren 1506 zu Wigueperje in
Auvergne, karz mit feinem Bater, einem Arzte,
nad) Stalien, —— in Pavia und wurde in Rom
Auditor der Rota. Nah feiner Rücklehr nad
Frankreich ftieg er durch mehrere Aemter 1560
ra nzler auf. In dieſer Stellung beftrebte er
ih zwiſchen Katholiken und Hugenotten eine
gegenfeitige Dulbung herbeizuführen, damit in
dem innern Kriege der Staat nit ee
biefem Sinne leitete er dad Gejpräd zu Poiſſy,
wiberrieth er 1564 die Annahme der Tridentiner
Beihlüffe und ſchloß den Frieden zu Longjus
meau 1568, Die Katholiten verbäcdhtigten ihn das
her als Atheiften und bei der Bartholomäusna
foll auch fein Tod beſchloſſen geweſen fein.
gab fein Amt auf, als ber Hof den Frieden von
!ongjuneau brach 1586 und lebte auf feinem
Zandgute Bignay bei Etampes. + 1573,
Hoßpitaliter und Hospitaliterinnen find relis
giöje Genoffenfhaften mit dem Zwede der Armen:
und —— welche keine eigentlich klöſter⸗
lichen Gelübde ablegen, meiſt nach der Regel des
h. Auguſtin ober der dritten Regel des h. Fran⸗
ciscus leben, zum Theil auch mit Orden, wie mit
ben geiftlihen Ritterorden in näherer Berbins
bung ftanden. Größere Verbrüberungen ftehen
unter einem General, in ber Regel aber find fie
ber Aufficht des Bifchof3 unterworfen. Bon ben
—— find außer ben Hospitalbrüdern des
obanniter: und des beutfchen Drbend zu erwäh⸗
nen, bie 9. des Ordens vom 5. Geifte (Kreuz:
Pe durh Guido von Montpellier 1178, die
. beö Guido von Joinville zu Boucheraumont
unb zu Paris 1294, die H. des Johann von Gott
ober Brüder ber Liebe, bie Hospitaliter von
Borrged und A. Don den weiblichen Genofiens
fchaften ift die bedeutendſte die der Elifabethine:
rinnen, beren Urfprung auf bie h. Elifabeth von
Tliringen (+ ve zurüdgeführt wird. Dieſe
Eongregation hat aber durch Angelina von Cor⸗
baro (1377—1435) einen ganz Höfterlichen Cha⸗
rakter angenommen nach der dritten Regel des
— Ordenstracht iſt ein graues Kleid.
n Frankreich haben ſich viele Congregationen
der Hospitaliterinnen gebildet, die Deubeietten
durch Stephan Haudry, Geheimſchreiber Ludwig
bes Heiligen, bie H. von ber driftlihen Liebe
u.2. F. dur) Francidca vom Kreuz 1629. Die
9. U. 2. F. von der Zuflucht, zu Nancy geftiftet
1639 durch Elifabeth vom Kreuz, befhäftigen ſich
mit der Rettung Gefallener. Die H. zu Loches,
geftiftet dur; Pasquier Bouray, und die H. von
der Barmherzigkeit Jefu, 1630, befolgten die
Regel des h. Auguftin. Die 9. des h. Joſeph,
dur Maria de lEſtang 1638 zur Erziehung von
Waiſen ee ie 9. des h. Joſeph, durch
Maria de la Ferre zuLafläche 1638 geftiftet. Die
9. des h. Joſeph zu Bourg beftehen noch mit 90
Anftalten. Die H. der Gongregation bes 5.
Thomas zu Qilleneuve, gejtiftet durch Angeluß
le Prouft und Ludwig Chaboiſſeau 1660 zu Lam⸗
balle nad) der Regel Auguftind. Die H. vom h.
Hoßbach
Auguſtin U. L. F. der chriſtlichen Liebe zu Greno⸗
ble 1679. Die H. von Beſançon 1689. Die 9.
der h. Martha von Pontarlier 1681 u. a. In
dieſem Jahrhundert neu entftanden ift die Eon»
egation von der Borfehung 1820, welde in
Srantreich weit verbreitel ift.
Hoßbach, Peter Wilhelm, Dr. theol., geb. ben
20. Febr. 1784 in Wufterhaufen, der Sohn eine
Lehrers, auf dem Gymnafium zu Neuruppin vor:
gran, ftubirte er zu Halle und Rn a. O.
ge = ya und Naturwifjenichaft. Nach⸗
bem er 1806 — 1808 Haudlehrer geweſen mar,
wurde er Gonrector zu Prenzlau, dann Pfarrer zu
Plänitz a. d. Dofje, und Cadettenprediger in Ber:
lin; gab diefe Stelle, in die Angelegenheit feines
Freundes de Wette verwidelt, auf und murbe
Brediger an der NeusSerufalem: Kirche 1821.
12 Berliner Brediger in dem Agendenftreit 1825
und ald Mitunterzeichner des Proteſtes von 1845
widelung. Als Theolog von Schleiermader an:
geregt und innig mit ihm befreundet (Gedächtniß⸗
predigt 1834), hielt er fi in den kirchlichen Be:
mwegungen in der Mitte zwifchen der erwachenden
DOrthodorie und dem —— Liberalismus.
Seine bedeutendſten Werte find: Das Leben Joh.
Bal. Andreä, 1819, Spener und feine Zeit, 1828,
2. Aufl. 1853, und jeine Predigten, 8 Bde.
Hoflien. Oblaten nennt man das in der Tatho-
lichen und Iutherifchen Kirche üblihe Abend:
mahlöbrod aus ungefäuertem Teige von Mehl
und Waſſer. Der Name Dblate ftammt aus ber
älteften Gemeinde, wo die Gaben an Brod und
Mein (Oblationes) zur Communion von den Dia:
fonen in Empfang genommen wurden. Der Name
Hostia (Opfer) iſt erft mit der Transfubftantias
tionälehre aufgelommen und gehört der conſecrir⸗
ten Oblate. Den Gebraud des ungefäuerten B:o-
des führt die römische Kirche ins 2. Jahrhundert
zurüd, aber e3 finden fich feine Spuren vor dem
9. Jahrhundert. Im 11. Nr Pla macht bie
griechische Kirche der Lateinischen den Gebrauch
des Ungefäuerten zum Vorwurf (Michael Cärula:
rind). Die Einigungsformel von Florenz 1439
ab den Gebrauch des Gefäuerten wie bed Unge:
äuerten frei. Die Reformirten haben durchgaͤn—⸗
gs die Hoſtie fallen laſſen, weil fie fein eigents
iches Brod fei. Zur Elevation und zum Umper:
tragen ber er dient die Monftranz.
Gotinge, ohann Heinrich, geb. den 10. März
1620, ftubirte in feiner Naterftabt Zürich und
danad) in Gröningen und Leyden, befuchte Frank:
reich und England und wurde 1642 nah Zürich
berufen als Brofeffor der Kirchengefchichte, 1643
auch der Katechetil und der hebräifchen Sprade.
1655—61 lehrte er in Heidelberg und kehrte dann
nach Zürich zurüd. 1667 nach Leyden berufen, |
ertranf er durch einen Zufall in ber Limmat den |
5. Juni 1647. Bon feinen zahlreichen Schriften |
gab er feldft zwei Berzeichniffe heraus. Er —
u. A. eine hebräiſche und eine chaldäifche Gram⸗
matif, den Thesaurus philologicus; Lexicon
harmonicum re und die Historia
ecclesiastica N. T. 1651—57.
ottinger, Johann Jakob, geb. zu Zürich den
1. Dec. 1652, der Sohn des Vorigen, ftubirte in |
Zürih, Baſel, Marburg und Genf und wurde |
371
betheiligte er ſich an ber landeskirchlichen 3
Huber
1676 Prediger, 1680 zu Stalliton bei Zürich,
1686 Dialon am großen Münfter, 1698 Profeflor
ber — So ſtreng er an der orthodoxen
Lehre des Consensus Tig. feſthielt, fo ſuchte er
dennoch eine Union der reformatorifchen Kirchen
u erreichen (1721 Dissertatio irenica de veri-
—* et charitatis in ecclesia Protestantium
eonnubio). Dagegen erhob er ſich in mehreren
Säriften gegen ben Pielismus, der aud) in gü:
rich bei Einzelnen Anklang gefunden Batte, und
führtein feiner helvetifchen Kirchengeſchichte (1698-
1707) eine heftige Bolemit gegen die Katholiten.
Er ſtacb 1755. Fünf Jahre vorher (1729) hatte
ihn ein Schlagfluß getroffen, doc hatte er feine
Vorlefungen fortjegen können.
Honbigant, Karl Franz. Geb. zu Parid 1686,
| trat er 1704 in die Eongregation des Oratoriums,
1830 Dr. theol., Superintendent und Eonfiftorial: |
rath, + 1846. Als Sp ae der Vorftellung der
war Oberer im Convent von Benböme und 1722
wurben ihm bie Conferenzen von Magloire über:
eben. Böllig taub geworden, lebte er nur jeinen
tterarifchen Arbeiten. Sein Hauptwerk ift bie
Bibelausgabe, Paris 1753; neben dem Urtert, in
dem e: vom text. rec. ſich losfagt, aber gemagten
—— folgt, ſteht die lateiniſche Webers
etzung.
Hoher, Anna, die Tochter des Johann Owen,
geboren 1584 zu Coldenbüttel im Eiderſtädtſchen,
verheirathete fih 1599 mit Hermann Hoyer. Nach
dem Tode ihre Mannes ergab fie ſich einer
myftifhen Richtung, fie verband fih mit dem
Alchymiſten Teting und machte ihr Haus zum
Sammelplag der Sectirer, Ausgeprägt ift ihr
Haß gegen die Geiftlichkeit und äuferes Kirchen:
wejen. Ihre Gedanken vom innern Wort entlehnte
te aus andern Myſtikern ohne eigene Ideen. Als
ie 1632 verarmt nach Schweden ging, ſchenlte ihr
* — — ein Gütchen, wo fie 1656
arb.
rabanus. S. Rabanus.
roswitha. S. Roswitha.
ubald. S. Hucbald.
uber, Maria, geb. 1694 zu Genf, + 1759 zu
Lyon. Verfaſſerin der Lettres de la religion
essentielle à !’homme, distingude de ce qui n’en
est que l’accessoire. In denſelben betrachtet fie
ale Difuberaug nur al3 Mittel, die natürliche
Religion zur Entwidelung zu bringen und-Dogmen
und Außere Gebräuche als unweſentlich. Diefe
Anſicht vertheidigte fie in mehreren Schriften
gegen ben reformirten Theologen Rüchat. Ihr
eismus, ben man ihr bien f nicht der des
Berftandes, fondern wurzelt im religiöfen Gefühl.
uber, Samuel. Geb. 1547 zu Bern, fiudirte er
in Deutichland und wurde Pfarrer und Kämme:
rer in Burgoorf. Abgeftoßen von der reformirten
Prädeftination und ber [utherifchen Abendmahls—
lehre zugewandt, widerfegte er fi) mit Erfolg zu:
erit der beſchloſſenen Abſchaffung der Oblaten
beim Abendmahl, und fhrieb nad dem Mömpel:
oo Geſpräch (20. März 1586) aegen Beza's
hre von ber Gnadenwahl. Als er defhalb vor
bem Oberchorgericht zur Rede geftellt, nach einem
Religionsgefpräh auf dem Ratähaufe 1588 nicht
chwieg, wurde er bed Lande? verwieſen, trat
—— ben Lutheranern über und ward Pfar:
ter zu —— bei Tübingen. Vann als Pro:
feſſor nach Wittenberg berufen, lehrte er einen
weitgehenden Univerfaliämus, der die Iutherifchen
Theologen Leyſer und Hunnius fo — daß
7
Quberin 37
fie ihn verflagten und er nad) einer Haft aber: |
mals deö Landes verwiejen wurde. Ebenjo erging
es ihm 1595 in Tübingen. Unter vergeblidhen |
Verſuchen eine Revifion jeined Proceſſes in Dres:
den zu erlangen, lebte er zu Ofterwid unmweit Gos⸗
far bei feinem Schwiegerfohne. + 1624.
Huberin (Huber) Kaspar, war Mönd) in einem
bayriſchen Klofter, wurde 1527 Pfarrer in Augs-
burg, wo er ſchon 1525 das Evangelium geprebigt
hatte. 1528 nahm er Theil an ber Berner Di
putation und reifte in ben Abenbmahläftreitig-
feiten der Stabt 1535 nad) —— zu Luther.
Nachdem er bei der Einführung der Reformation
in der Pfalz und im Hohenloheſchen thätig, auch
ſeit 1544 Superintendent zu Dehringen geweſen
mar, verwaltete er wieder 1551 ein Nartamt in
Augsburg. Da er ald der einzige Prediger das
nterim angenommen hatte, mußte er 1552 bie
tabt verlaflen und ftarb voll Kummer zu Deb:
zingen 1553. Man hat von ihm mehrere Predig-
ten und Schriften, die 1552 zu Nürnberg heraus⸗
gegeben fin.
Hubertiner Chroniſt. Der unbekannte ſcharf⸗
finnige und gelehrte Verfaſſer der Chronik des
Klofterd St. Hubertus in Arbuenna hat in ber
Mitte des 11. Jahrhunderts gelebt. Die Chronik
ati heraus Bethmann und Mattendah bei Ber,
ript. VIII,
Hubertus, Sohn bed Peine Bertrand von,
Ouienne, war ** Hofmeiſier des fränkiſchen
Königs Theoderich. Er trat nach dem Tode feiner
Gemahlin in den geiftliden Stand und folgte ſei⸗
nem Lchrer Lamprecht ald Biihof von Lüttich.
Er gilt ald der Erbauer der dortigen Kathedrale.
Nach der Legende hatte ihn die €) einung eines
Hirfches mit dem Crucifig zwijhen den Geweihen
von feiner leidenſchaftlichen Jagdliebe zur Umkehr
—— Er gilt daher, 827 Heilig —— als
er Patron der Jäger (3. Nov.). Auch ſoll ihm
Petrus feinen Schlüffel zur Heilung Befeflener |
und von tollen Hunden Gebiſſener geliehen haben.
(Hubertusfhlüfiel). — Hubertus⸗Orden ift geftif-
tet von Gerhard V. von Jülich zum Andenten an
ben Sieg am 3. Nov. 1444 über Arnold von Gel:
dern. Der Orden ging durch Pfalz: Neuburg nad)
Baiern über, wurde 1709 und 1808 erneuert. |
Das Ordenszeichen ift ein goldenes Kreuz, auf!
dem Mittelihild das Bild bes Hubertus, getragen
an goldener Kette.
|
}
ucariud, ein englifher Dialon, verfertigte
1040 einen Auszug aus dem Bönitentiarbude
* —— Egbert von York aus dem 8. Jahr⸗
undert.
Hutbald, Hugbald, Ubald wurde von feinem
Oheim, dem Abte Milo im Kloſter St.
dus in — erzogen und folgte demſelben
871 in feiner Würde und als Lehrer. Borzüg:
liches Leiftete er in der Muſik, da er zuerft die Ge:
fege ber Harmonie erforſchte. Seine hiſtoriſchen
* en, Heiligenbiographien, find durch die ein:
geflochtenen eng ber Voltözuftände
win: +9
übmaier, Balthafar, geb. 1480 zu Friedberg
bei Augsburg, ftudirte ——— unter Eck und
u
folgte dieſem 1512 ala rich und Profeffor nad
Ingolftadt und wurde 1516 Pfarrer zu Regens:
burg. Hier veranlaßte er 1519 die Vertreibung der
Juden, wurde wegen reformatorifher Anfihten |
genöthigt bie Stadt zu verlaffen, und fam 1522 ala
mans |
2 Huetius
Pfarrer nah Waldshut, nahm 1523 Antheil am
Religiondgeipräd zu Zürich. Als durch ihn veran⸗
laßt die Bürgerfchaft die Annahme der evanvelis
[den Lehre pi floh er vor ber Berfolgung
efterreih8 nad Züri und Lehrte erft mit ber
Zuricher Freiſchaar zurüd. Offen trat er nun mit
jeinen Anfichten über Taufe und Abendmahl her⸗
vor, in denen er unter dem Einfluß von er
und Wilhelm Röubli ftand, ließ ſich ſelbſt **
und ſchrieb ſein Büchlein: Von der chriſtlichen
Taufe der Gläubigen. Inzwiſchen hatte Defter:
reih Waldshut wiedergemwonnen. 9. floh nad
Züri, mweldes ihn zwar nicht außlieferte, aber
durch ftrenge Haft einen Widerruf der täuferifchen
Anfihten erzwang. 9. ging nad Nitoldburg in
Mähren und begründete dort eine täuferifche Ges
meinde, bis 1527 Mähren an Defterreich fiel. Als
Keger und Hochverräther wurde H. in Wien vor
ı Gericht geftellt und verbrannt, fomwie fein Weib
ertränkt (10. März 1528). Den extremen Aus:
ige bes anabaptiſtiſchen Weſens hat 9. ſich
etö wiberjegt, bei ihm handelte es fi darum,
bie biblifhen Anordnungen feftzuhalten und allem
Katholiſiren im Begriff der Kirche zu entgehen.
Zwingli, mit ihm einft befreundet, wurde jein
beftigiter Gegner, weil 9. die Einheit —*—*—
dem vollsthumlichen und lirchlich religiöſen Leben
zu zerſtören ſchien. H.'s Schriften ſind zum Theil
u in Schelhorns’ Archiv, ,
üffel, Joh. Jakob Ludwig, geb. den 6. Mai
1784 zu Glabenbad) im Großherzogthbum ie
1817 Prediger in Friedberg, 1825 Director
tebiger-Seminars in Herborn, feit 1829 badi-
her Prälat, Minifteralrath und Oberfirhenrath
in Karlärube, gejt. den 26. Juli 1856. Außer
Predigten gab er heraus: Wefen und Beruf des
evangelifchen Geiftlihen, Gießen 1821, 4. Aufl.
1843; Stunden riftlicher Andacht, Gießen 1844 ;
Briefe über die Unjterblichkeit, 2. Aufl. Karls:
ruhe 1832,
Hühner werden im A. T. nicht erwähnt; im
N. T. nur Matth. 23, 37; 26, 84 und an ben
Parallelftellen. Die talmudifhe Sage, es hätten
die Einwohner von Jeruſalem keine Hühner hal»
ten bürfen, hat der beftimmten Angabe der Evan:
gelien gegenüber fein Gewicht.
Hülſemann, Johann. Profeffor zu Wittenberg
feit 1629, nahm er Theil am eipsiger Convent
1630 und am Thorner Geſpräch 1645, ging dann
‚nad; Zeipzig 1646, + 1661. In enger Berbindung
mit feinem Schwiegerfjohn Calov wirkte er hier
für lutheriſche Orthodorie. Ein heftiger Bolemiler,
\ aber ein tiefer, ſcholaſtiſch gefchulter Geift unter:
ſchied er bei feinen An ie auf den inis⸗
mus (Calv. irreconciliabilis, 1646) die Funda⸗
mentalartifel und die Voraudfegungen von den
möglichen Folgerungen. Sein berühmteftes Wert
ift: Breviarium theolog. exhibens praecipuas
dei controversias 1640, in erweiterter Form:
Extensio breviarii theologici, 1655.
Huetius, Bijchof von Avranches, Pierre Daniel
9. Der Sohn eines vom Calvinismus abgefalle:
nen Patricierd, wurde er geb. den 8. Febr. 1630
zu Gaen und von den Jejuiten erzogen. Als er
auf einer Reiſe in Stodholm 1652 eine Handſchrift
des Drigene® gejunden hatte, lebte er nur mit der
Ueberfegung und Herausgabe der Commentarien
von Drigened bejhäjtigt zu Caen. Als das Wert
1668 erjhienen war, wurde ex mit Boffuet
Hug
Erzieher des Dauphin, 1674 Mitglied der Afabemie,
empfing 1676 bie Weihe und wurde Abt von
Auray. 1685 zum Bifcof von Soiflons ernannt, |
vertaufchte er 1689 das Bisthum mit bem Spren:
—— vranches, legte aber 1699 das Amt nie⸗
und ſtarb als Abt von Fontenay im Profeß⸗
s der Jeſuiten in Paris 1721. Außer feiner
usgabe des Drigened und der Einleitung dazu,
ift bemerlenswerth feine Demonstratio evange-
lica, in der er nicht nur die volle Geſchichtlichkeit der
b. Schrift beweift, jondern aud das Alte Tefta:
ment ala Quelle aller heidnifchen Religionen nad):
zumeifen fucht. Die Carteſianſche Philofophie bes
fämpfte er: Censura philos. Cartesianae, 1690.
Lateiniſche und griechiſche Gedichte fowie Abhand⸗
lungen über manderlei Gegenftände befunden
Seit, Witz und Anmuth.
Hug, Johann Leonhard, katholiſcher Theolog.
Geb. 1765 zu Eonftanz, bezog er 1783 das General:
feminar zu Freiburg, wurde 1787 Studienpräfect
in demfelben, weil er noch nicht das kanoniſche
Alter zur Erlangung einer Profeffur hatte; 1791
wurde er aber Brofeffor der orientaliihen Spras
hen, 1793 der bibliſchen Exegeſe, 1827 Eapitular,
1843 Decan des Metropolitancapitels, jeit 1833
Ephorus des Lyceums, + 1846. Mehrfache Boca:
tionen nad) Breslau, Rom und Tübingen hatte er
abgelehnt. Seine Hauptarbeiten be — * ſich auf
bibliſche Kritik und Einleitungswiften haft. In:
bem er dieſe mit hiſtoriſch⸗ kritiſchem Sinne behan—
delte, befolgte er doch dabei eine apologetiſche
Tendenz gegen bie von Paulus und Strauß ver:
tretenen Richtungen. Seine Einleitung in die
Schriften des Neuen Teftaments, 1808, 1821,
1826, 1847, früher eines ber vielgebraudhteften
theologifchen Bücher, hat auch Heute noch mannig⸗
adhen Werth, obgleich e8 durch die neueren kriti⸗
Gen Forſchungen natürlich überholt ift.
Hugenotten ift der Name ber Reformirten in
Frantreich, wohin er von Genf gebracht ift. 9. ift
wohl corrumpirt aus Ti Fer (Eidgenofjen) und
bezeichnete in Genf bie ge dem Bifchof
gegenüberftehende politiihe Partei, die nachher
der Reformation ſich hingab. Die Geſchichte der
franzöſiſchen Hugenotten |. Frankreich.
Hugo von St.Cher, de Sancto Caro, geb. zu St.
Eher, einer Vorſtadt von Bienne in der Dauphino.
Er ftudirte zu Paris Theologie und fanonijches
Recht, trat 1224 in dad Dominicanerklofter St.
tob, wurde 1245 Gardinal, + 1263. Seine
ehrſamkeit wurde mehrfach zur Wiberlegung
der Heteroborie, 3. B. bed Wilhelm St. Amour
und des Joahim von Florus verwendet. Das
Hauptwerk ift die Eorrection der Vulgata, Cor-
rectorium Bibliae Sorbonicum. Durch feine Sa-
erorum bibliorum eoncordantiae oder Concor-
dantiae St. Jacobi (die erfte Concorbanz) wurde
die Capiteleintheilung der Bibel allgemein.
Hugo von Flabigny, der Verfaſſer eines
Chronicon Virdunense, in zwei Büchern die Zeit
von Chrifti Geburt bis 1102 umfaſſend (Perg,
Script. VIII, 280). Er war geb. 1065 au Berbun
unb im Klofter des 5. Bitonius erzogen, begleitete
den Abt Rodulph nad) Dijon und den Abt Ja—
renton auf mehrere kirchliche Gefchäftsreifen nad)
Stalien. Zum Abt von Flavigny gewählt 1096,
mußte er vor feinen Mönden das Klofter ver:
lafien 1099. Seine fpäteren Scidjale find
unbelannt. Wie es ſcheint, ift er zur faijer:
373
Humbert
lichen Partei übergegangen und Abt in Dijon ge
‚worden.
Hugo von St. Victor. Seine —— iſt un⸗
gewiß ; nad Einigen ſoll er ein Graf von Blan-
enburg, nah Andern in Dpern 1097 von
eringem Stande geweſen fein. Seine Erzie:
En erhielt er durch feinen Onkel Hugo, Ardhi:
‚biafonus von Halberftabt, im Klofter Hamers:
‚leben, und begleitete jenen nad) Paris, trat auch
mit ihm in das Auguftinerflofter in Paris, in
welchem er als Lehrer der Klofterfchule 1141
ftarb. 9. war Myſtiker, der diefelbe mit der Scho:
ne zu vereinigen, beide gegenfeitig zu durch:
Wwingen fuchte. Seine Hauptwerfe find: Auditio
didascalica, eine Encyflopädie ber empirischen
Wiffenfhaften mit Einleitung in die 5. Schrift,
und: De sacramentis fidei christianae, eine
fyftematifche Darlegung der Glaubenälehre, in
der er fi an Auguftin anſchließt. Den Sacras
mentöbegriff bildete er weiter aus, daß das Zei:
hen ald Gefäß und Träger der Gnade erfcheint;
auch ftellte er die Siebenzahl der Sacramente auf.
Das Büchlein De laude caritatis enthält die ethi:
* Grundgedanken ſeiner myſtiſchen Theologie.
gl. Liebner, Hugo von St. Victor und die theo:
logifhen Richtungen feiner Zeit, Leipzig 1832.
Hulda, die Prophetin (2. Kön. 22, 11), ift
außer Mirjam und Debora die einzige wahre (vgl.
ıNoadja Neh. 6, 14) Prophetin, welche im Alten
Teftamente ermähnt wird. Rad) Ezechiel 18,17 ff.
‚hatte das falfche Prophetenthum feine häufigen
Vertreter unter den Weibern. x
Humanismus, Humaniften, Humanität. Hu⸗
man ift dad den fittlichen und intellectuellen Ans
lagen bed Menſchen Entſprechende, Humanität
der Befit und die Heußerung einer harmoniſchen
Entwidelung diefer Anlagen mit vormaltender
Rückſicht auf die intellectuellen Eigenfchaften (Bil⸗
dung) oder auf die ethifchen (Menſchlichkeit). ALS
man um Anhalt und Mufter der Bildung zu ges
winnen, zu den griechifchen und lateinifchen Claſ⸗
fitern zurüdtehrte und ihre Gedanken aufnahm,
befand ſich diefe Bildung im ——— der ſcho⸗
laſtiſchen, welche auf der göttlichen Autorität der
Kirche und der Schrift ruhen wollte und erhielt
den Namen einer humanen. Die Bedingung, fie
zu erlangen, war bie Kenntniß der alten Spra:
hen, daher hießen Humaniftın die Männer, melde
das Studium berjelben betrieben, um aus ben
Alten den Bildungsſto E gewinnen; die ganze
Richtung, melde bur euchlin und Erasmus
'repräjentirt wird, heißt Humanismus. Aud in
der modernen Sprache wird Humanität oder Hu⸗
maritarismus in Beziehung auf ſolche Beſtrebun⸗
gen ſittlicher Art gebraucht, welche nicht ausdrück⸗
lich auf ein religi re Element ſich ftügen, bie und
da auch wohl im bemußten Gegenſatz gegen das»
jelbe fi) verhalten. Sogehen z.B. die Arbeiten ber
innern Miffion und die aus Humanität entipruns
enen bei den Beftrebungen zur Hebung unſerer
| Bollözuftände neben einander, Der Unterjchied ift
aber ein fließender, der zum Theil auf der Ber:
wechſelung des religiöjen und kirchlichen beruht,
oder in welchem, ba alle wahrhaft fittlihen Ideen
im Chriſtenihum ihre Ausbildung und Anregung
gefunden haben, das „unbemußte Chriſtenthum“
der Zeitgenoffen verfannt wird,
Humbert, der Carbinal, ftammt aus Burgund
und empfing feine Bildung unter dem Abte
Humerale
Bruno (Leo IX.) im Benebictinerklofter gu Moiens |
Montier bei Tours; er begleitete Bruno 1049 nad)
Italien und wurde Bifhof von Silva Candida
1051 und Gardinal; unter mehreren Päpften ala
Kanzler der römischen Kirche von meitreichendem
Einfluß. Er war Gefandter Roms in Eonftan:
tinopel, als das Schisma auäbrad und legte die
Bannbulle in der Sophienkirche nieder, und ebenfo
ftand er an ber —* der Gegner Berengars und
nẽ thigte dieſem auf ber Synode zu Rom 1059 fein
Olaubenäbelenntniß auf. + 1061 ober 1073,
Seine Schriften bei A. Migne, Bd. 143 (1853) p.
929—1278, in denfelben der Bericht der Conſtan⸗
tinopolitanifchen Reiſe.
Humerale iſt ein Theil der römiſchen Prieſter⸗
Hcidung, die Nachbildung bes altteſtamentlichen
Ephod, bedeckt den Hals und die Schultern, ur«
fprünglich aud) das Haupt.
Humiliatenorden. Italieniſche Adlige, bie in
Deutichland gefangen geweien waren, ftifteten
eine Genoſſenſchaft zu Bußübungen im 12. Jahr:
hundert; nahmen dann die Benebictinerregel an
und verbreiteten ſich nach der —— durch
Innocenz III. in Oberitalien. Pius V. löſte
den Orden auf 1671, als ſich in demſelben eine
Verſe wörung gegen die Reformverſuche des Car:
dinals Borromeo gebildet hatte, Der weibliche
Drben ber H., ober nad) ber Stifterin, ber Non:
nen von Blaffoni, befteht noch jetzt.
Hund. Derſelbe gehörte bei den Juden fo
wenig wie bei den heutigen Drientalen zu den
Hauäthieren, ſondern lebte dort eben wie heute
erdenweiſe auf den Straßen und Feldern in
Keit Er wurbe ald unrein angejehen und als
ild alles Gemeinen und Niedrigen. Kur zur Be-
wachung der Heerden wurde er benugt. Erft in
der fpätern Zeit (Tob. 5, 16; Metth. 15, 27) ift|
aud) der Hund Hausthier geworden. f N
Hunnius, Yegidius, aus Winnenden im Mürs |
tembergijchen, geb. 1550, ftudirte 1565— 1574 zu
Tübingen, wurde dort Diafonus 1574, und 1576
als Profeſſor der Theologie nad) Marburg berus
fen, 1592 nad) Wittenberg, + 1605. Wie er in |
Marburg fir die Concordienformel und bie Ubi:
quitätälehre gewirkt und die Spaltung ber heſſi—
fchen Kirche vorbereitet hatte, jo war es feine Auf:
gabe, in Wittenberg den Reft des Kryptocalvinis:
mus und die Bariata zu belämpfen. Sein College
Samuel Huber unterlag feiner orthodoxen Ber:
folgung wegen der Lehre von der Önadenmwahl.
Bon feinen Söhnen wurde der zweite Helfrich
Ulrich (geb. 1583, Profeſſor der Rechte feit 1613 |
in Marburg, 1623 Bicelanzler) im Jahr 1630 fa:
tholiſch und ftarb als kurtrieriſcher Kanzleidirec-
tor 1636.
Hunnius, Nilolaus, der Sohn des Aegibius, |
geb. zu Marburg 1585, ftubirte zu Wittenberg
und begann feine philofophifchen und theologiſchen
Borlefungen 1609. Schon 1612 zum Superinten:
denten in Eilenburg berufen, Tehrte er 1617 nad)
Wittenberg zurüd und übernahm die durch 2. Hut:
ters Tod erlcdigte Profeffur controversiarum,
bis er 1623 als Hauptpaftor und Superintendbent
(1624) nad Lüber ging. Seine eigene rebliche |
ömmigfeit zeigte fie in feinem praftifchen Wir: |
en für den nächften Kreis feines Amtes; feine
orthodoxe Starrheit im Literarifchen gegen
die ser... oder Schwärmer, die Neformir:
ten und Katholifen. Geyen bie erften war ber |
374
Hus
Eonvent zu Mölln — dem H. 1638 praãſi⸗
dirte und ber den Möllnſchen Abſchied erließ. Zur
— der reinen Lehre hatte er den
Plan einen beſtändigen theologiſchen Senat
(Collegium irenicum) aufzurichten entwickelt in
der Consultatio 1632. Bon feinen vielen Schrif-
ten ift das Epitome credendorum 1625 und ber
Auszug daraus 1637, feine Katehiämus:Erflä-
| rung 1627 und fein Plattdeutfches „Nedderſächſiſch
Handtboed lange in Gebraud) geblieben.
Hupjeld, Hermann, hervorrcgender Bibelfor:
her und Ortentalift, geb. den 81. zug ae zu
tarburg, wurde 1823 Profeffor in Marburg,
1843 in Halle, wo er am 25. April 1866 ftarb.
Er jchrieb: Ausführl. hebr. Grammatik (nur wer
nige Bogen ber erften Lieferung), Eafiel 1841;
Ueber den Beil und die Methode der fog. bibl.
Einleitung, ; Commentatio de ant. accen-
tuum scriptoribus, 1816. 47; Comm. de primi-
tiva et vera festorum apud Hebraeos ratione,
1851. 52. 58. 65; Quaest. in Jobeidos locos,
1853; die Quellen der Genefis, 1853; die Pfal-
men, 4 Bde, 1855—1862; bie heutige fo:
phifche und mythologiſche Theologie, 1861. Bol.
9.5 Biographie von Riehm, Halle 1867.
Sur, 2. Mof. 17, 10, 12; 24,14; war mit
Aaron der hervorragende Führer des Volls. Seine
Herkunft ift unbelannt. — 2) Ein Sohn Kalebs.
Qurerei. Gegenüber den fyrifchen und phöni⸗
ciſchen —— enden Culten, verbot das jüdifche
Gejey um fo ftrenger die Hurerei (3. Mof. 23, 17;
4. Moſ. 19, = und verhütete namentlich jede Bes
Ihönigungderjelben durch Opfer und Weihgefchente.
Die Söhne von Hurern hatten weber Erbrecht an
die Väter, noch lonnten de das Bürg t erlan⸗
en. Dennod gab es zu allen Seiten ö ——
irnen und bie Gräuel des Nitartendienftes grif⸗
fen in Ephraim weit um: ſich (Hoſea 4, 14; 1.Kön.
14, 24; 15,12). Noch ſchlimmer ftano es unter
Griechen und Römern, und die Larheit der fitt-
lihen Begriffe nöthigte die Apoftel zu fortdauern⸗
den Warnungen vor der Hurerei, weil die Ver—
fuhung die jungen Gemeinden überall umgab.
Hurter, Friedrich, geb. 1786 zu Schaffhau⸗
fen, ftudirte Theologie zu Göttingen 1804. Seit
1825 ug und Decan zu Schaffhaufen, er-
regte er Aufjehen durch feine Geſchichte Inno—
cerʒ III. 1834— 1842, in welcher ihn fein Autos
ritäts» und Stabilitätöprincip zu einer Rechtfer-
gung der Hierarchie und einer Verherrlihung
bes Miüttelalterö getrieben hatte. Er trat in im:
mer nähere Beziehungen zu den Führern des
Ultramontaniömus, und obwohl er fich gegen die
Borwürfe des Kryptokatholicismus längere Zeit
mit Leidenfchaft vertheidigte (AntiftesHurter und
feine Amtsbrüder), fo legte er doch 1840 feine
' Stelle nieder und trat 1844 zum Katholicis mus
über, Er rechtfertigte diefen Schritt in einer
Schrift: Gebi:rt und Wiebergebur:, 1845, Zum
faiferlihen Hiftoriographen in Wien ernannt,
ſchrieb er die Geſchichte Ferdinands II. + 1865.
Hus, Johannes. Geb. zu Hufinec im Pradiner:
kreis in Böhmen 1369, ftudirte er zu Prag, wurde
1393 Baccala.ıreus, 1396 Magifter, 1598 Profefs
for der Univerfität, 1401 Decan der phil. Facul:
tät, 1402 Prediger an der Bethlehemscapelle und
Beidhtvater der Königin. Dur feinen Leh—
rer Stanislaus von — und die Schriften
bed Matthias von Janow, zu denen ſpäter bie
Huſchke
375
Huffiten
Diclefs lamen, wer H. zu einer freifinnigeren | 1817 und habitilirte fich bort 1821 als Privat-
geführt
— —* als eine Reform der Sitten des
Bolles und des Klerus im Auge hatte und ſich
mit dem nationalen Streben verband, ſich bed
Uebergewichtes der Deutichen an ber Univerjität
entledigen. Der durch feine — erregte
des Klerus machte ſich zuerſt Luft in der
Berdammung von 45 Wiclef'ſchen Sägen 1403,
von denen 9. behauptete, fie jeien fo nicht in W.'s
Schriften enthalten. Trogbem behielt er dad Ber:
trauen bes Erzbiſchofs Zbynel (Sbynko), in deſſen
Auftrag er den Betrug des Wilsnacker Wunders
aufdedte, und der noch 1405 auch in Bezug auf
. bie Erflärung abgab, in feiner Diöcefe fer Tein
Als aber Wenzel nicht ohne Einmwirkun
des 9. das Stimmenverhältniß der Nationen au
ber Univerfität zu Gunften der Böhmen änderte,
bie Ausländer auswanderten und bie Reformpar:
tei dadurch im Lande mächtiger wurde, trat ber
Erzbiſchof gegen 9. auf. | gegemfeitige Klagen
beim päpftlicden Stuhl erließ Alexander V. 1409
eine Bulle, die alle Wiclef'ihen Bücher verbot
und verdammte, über H. wurde vom —*** der
Bann geſprochen; er appellirte an Johann }
ber dies Urtheil des Erzbifchofs beftätigte und 9.
nad Bologna zur Verantwortung citirte, und a
er, von Wenzel gehindert, nicht erſchien, durch den
Garbinal Eolonna von neuem ercommuniciren
und ben Drt feines Aufenthalt3 mit bem Inter⸗
diet belegen ließ. Wenzel aber fuchte den Frieden
vermitteln. 9. legte ein Glaubensbekenntniß
eb, und Zbynel follte ein Zeugniß feiner Recht:
gläubigleit nach Rom ſenden, ftarb aber, ehe dies
gisah. Ein neuer Conflict brach aus, als bie
euz: und Bannbulle gegen Ladislaus von Nea⸗
pel publicirt wurde, und 9. gegen dieſelbe ala
ottlos predigte. Die Aufregung im Volle gegen
Bapft unb Klerus wuchs, um jo mehr alä der Gar:
binal Angelo dad Interdict über Prag ausfprad
und demjelben von ben meiften Pfarrern Folge
geleiftet wurde. 9. zog fih 1412 in bie eg
beit zurüd. Kaijer Sigismund wünſchte die An:
gelegenheit auf dem Eoftniger Concil zu beendi⸗
+ und bot H. freies Geleit dahin an. Auf der
je in Begleitung dreier Edelleute, prebigte
—* allen Orten und erbot ſich zu öffentlicher
putation. In Coſtnitz wurde ihm, unter dem
Borwande, er habe einen Fluchtverſuch gemacht,
das freie Geleit entzogen, er wurde in Haft g*:
nommen, in einen fchweren Kerker gebracht und
em 5., 7. und 8. Juni 1415 vor der Congregation
des Concils verhört. Es handelte ſich nicht um
dogmatifche Beftimmungen, da H. jede Abwei—
dung in der Abendmahlslehre leugnete, fondern
um die Tirchenredjtlihen der Yurisdiction bes
Bapftes und ber
‚, bie aber weniger eine dogma⸗ | bocent des römifchen Rechts. 1824 ward er Pro⸗
fefjor der Rechte zu Roſtock, 1827 zu Breslau Geh.
—— und Senior des Spruchcollegiums.
eirchlich bedeutend wurde er, als bei der Einfüh—
rung der Union in Breslau ſich die Qutheraner
um Scheibel fammelten und 9. unter ihre Reprä-
fentanten erwählten. Seitdem verfolgte er als
Biel, feine Idee von der Eonftituirung einer von
dem Staate völlig unabhängigen lutherischen Kirche
durchzuführen. Die „Synode“ zu Breölau ber
feparirten Antiunirten ging auf diefen Gevanten
ein. Die Boligeimaßregeln in Hönigern, mit denen
eine Gchuineluntertudung egen 9. in Berbin«
bung ftard, beftärkten den Eifer und ließen alle
Bermittlungsverjuhe feitend bed Staated ab:
weiſen. Unter 9. Leitung vonftituirte bie Synode
von 1841 fi) zu einer jelbftändigen Lutherifchen
Kirhe, die vom Staate ganz unabhängia von
einem Oberlirhencollegium und einer alle 4 Jahre
zufammentretenden Synode geleitet wird. An die
Spige bed Oberlirchencollegiums trat 9. als
Director. Geine Berfaffungsideen, denen bie
bogmatifchsconfejjionelleu untergeordnet find, ha⸗
ben ihn feit 1858 in einen Kamp) mit einem Theil
feiner früheren Anhänger verwidelt, welche bie
von ihm als göttlich berechtigt in Anfpruch genom:
mene Amtsautorität des Oberkirchencollegiums
—— anzuerlennen ſich weigerten, fo daß bie von
m reg altlutherifche Kirche 1864 durch
n formliches Schisma in zwei Theile fich fpaltete,
Huifiten, Die von Hus und feinen Freunden
—— Bewegung ſtand mit ſeinem Tode nicht
ſtill, ſondern belam aus der Erbitterung über den
an ihm begangenen Treubruch neuen Zuwachs.
Der böhmiſche Landtag erließ am 2. Dec. 1415
ein brohendes Schreiben an das Eoncil, und der
Biſchof von Leitomiäl, der ald Legat nah Böhs
men gefendet worden, burfte fich faum fehen laſ⸗
fen. Das unterfceidende Sciboleth war die
Communion sub utraque, bie Goimmunion unter
beiderlei Geftalt geworden, welche Hus felbft
ebilligt, aber noch nicht eingeführ: hatte. Es
Pieden fi aber die Huffiten bald in zwei Par:
teien; bie einen, die Galirtiner, die gemäßigteren,
rer fih an die Univerfität, die anderen, die '
oriten, verfolgten die Conſequenzen der huf:
fitifchen Lehre. Der Streit blieb zuerft zwiſchen
dem Eoncil und der Univerfität, welche am 28.
Sept. 1418 auf einer Synode die Örundzlige ihrer
Lehre aufftellte. Al3 in Erwiderung darauf das
Concil, welches ſchon vorher das Interdict über
das Land ausgeſprochen hatte, der Univerfität die
Privilegien nehmen und die Wiedereinfetung der
vertriebenen katholiſchen Geiftlihen durchſetzen
wollte, begann durch den Zug der Taborit:n unter
ierardhie. Am 6. Juli wurde Ziska nad) Prag 1419 der Bürgeririeg, in bem
ein Urtheil gefprochen und er dem Scheiterhaufen | die Klöfter zerftört, Die Priefter und Mönche ge:
geben. Seine Predigten find fiberfegt von
Rowotny. Eine Sammlung feiner Schriften:
Historia et monumenta J. Hus et Hieronymus,
erihien 1558 zu Nürnberg. Bol. Helfert, Hus u.
Hieronymus, 1858; Friedrich, Joh. Hus, 1864;
töbtet und mißhandelt wurden. Taboriten und
Galirtiner einigten fi zum Widerftan) gegen die
drei Kreuszüge, welche das Concil gegen fe ver:
| anlabte und trugen den Krieg in deutiche Länder
hinüber. Der Landtag in Ezadlau 1421, der nad
Krummel, Geſch. dev böhm. Reformation, 1866. | Wenzeld Tod Sigismund die Anerkennung ver«
Katholifch: Höfler, Geſchichtſchreiber der Huffiten:
Bewegung, —— * *
— Georg Philipp Ednard,
Nunden den 26. Juni 1801, beſuchte die Gymna⸗
fien zu Gotha und Jlefeld, ftudirte zu Göttingen
weigerte, nahm die Prager Artifel als Lande:
ejey an und die Kirchenverſammlung zu Bra
ift geboren zu Beftätigte fie. Nach dem Siege der Böhmen be
Tauß am 14. Auguft 1431 mußte das Concil
nachgeben; Gejarint vermittelte, daß Procop nad)
Hutten
Baſel kam, und die Compactaten wurden abge:
ſchloſſen, in welchen den Böhmen bad Recht der Com⸗
munion unter beiderlei Geſtalt, der freien Predigt
durch angeſtellte Geiſtliche, das Recht der Obrig⸗
keit, die Sünden zu ftrafen, und bie —2
des Klerus —— wurden. Dieſen Com:
pactaten mußten auch die Taboriten ſich unter⸗
werfen, als fie von den Calixtinern bei Böhmiſch⸗
brod 1434 gejchlagen waren. Nach Ziska's Tode
chon hatte ſich von ihnen bie eigentlih huſſitiſche
rtei (die Waifen) getrennt, welche die Trans:
fubftantiation und die Verehrung der Heiligen
fefthalten wollte. Weder Sigismund, der jet
als König von Böhmen anerfannt war, nod) fein
Nachfolger Albreht und Ladislaus hielten bie
Eompactaten indeſſen aufrichtig, und ald Podie—
brad, obwohl Huffit, fi von ———
fen hatte krönen laſſen, glaubte Pius II. die Com⸗
pactaten 1462 förmlich annulliren uud ben König,
ber feinen Legaten einferfern ließ, mit Hülfe eines
Kreuzzuges abjegen zu können. Aber Podiebrad
behauptete fih und fein Nachfolger Wladislam
ſchioß 1471 den Religionsfrieden zu Kuttenberg,
in dem die Compactaten aufrecht erhalten und
Katholiken und Ealirtinern gegenjeitig gleiche Dul⸗
dung ausbedungen wurde. Tie Galirtiner erhiel-
ten —* 1497 das Recht, als ihr geiſtliches Ober:
haupt einen Adminiftrator des Erzitifts Prag zu
wählen. Als die Reformation begann, fand jo:
wohl der deutſche als der ſchweizeriſche Typus bei
den Galirtinern freudigen Anklang, wenngleid)
der Beſchluß von 1524, der über die Compactaten
—— nicht aufrecht gehalten werden konnte.
ie Taboriten hatten nach dem vergeblichen Ber:
ſuch des Erzbiſchofs Rodyczana, fie mit den Galir:
tinern zu einigen, fit) von neuem erhoben, wur:
ben aber von Georg Podiebrad bei ihrer Stabt
Tabor total gefchlagen, fo daß fie aus der Ge:
ſchichte verſchwinden. Aus ihren Ueberbleibfeln
entmwidelten ſich die böhmilchen Brüder.
Hutten, Ulrich von, ein Borlämpfer der Refor:
mation, ijt geboren den 22. April 1488 zu Stadel:
berg in Kurheffen. Er entfloh aus dem Klofter
a, dem er zur Erziehung übergeben war, jtu:
dirte dann in Erfurt, Köln und Frankfurt a/D.
Nah manchen Wanderungen hatte er in Greifs:
wald einen Streit mit dem Bürgermeifter Lög,
deſſen ſchmachvolles Verhalten gegen ihn er in
einem Gedichte an den Pranger —8 1510 hielt
er ſich in Wittenberg auf und ſtudirte nach dem
Wunſche ſeines Vaters in Pavia und Bologna
römiſches Recht, ohne ihm Geſchmack abzugewin⸗
nen. Obgleich er durch ſeine ſatiriſchen Gedichte
ſchon Ruhm erlangt hatte, mußte er, von allerlei
Mißgeſchick verfolgt, im Heere des Kaiſers als ge:
meiner Soldat Dienfte nehmen. 1517 kehrte er
nad Deutſchland zurüd und ließ eine Reihe von
Schmäh: und Spottſchriften gegen Ulrih von
Würtemberg erfcheinen, der den Bruder Huttens
hatte ermorden lafjen. Zugleich nahm er fich Reuch⸗
lins an in deſſen Streit gegen die Kölner und bes
theiligte fi an den Briefen der Dunfelmänner
(Eristolae virorum obscurorum). Seine natios
nalen und antipäpftlichen Bejtrebungen fanden
Ausdrud in Reden vor dem Reichstag und in
Schriften, die von feiner Burg Stadelberg aus:
ingen, und weil er bei dem Kaiſer und ben
Suchen feinen Anklang fand, fo jchloß er fih an
idingen an, und verfaßte den poetiichen Auf: |
376
ijchd» | Fr
Hyle
ruf an die freien Städte, um ſie zum Kampfe auf⸗
ufordern. In der Schweiz, mo er Bundesgenoſ⸗
en ſuchte, nach Sickingens Untergang all
zurückgewieſen, ſtarb er am gebrochenen Herzen
ben 29, Auguft 1523. Seine . und lateiniſch
geihriebenen Werke gab heraus Ed. Böding 1859
— 1862, Bgl. über ihn Strauß, Ulrich von
Leipzig 1858.
Qutter, Elias. Geb. zu Görlig 1554, ftubirte er
zu Jena orientalifche Sprachen, lehrte danach in
Zeipzig und gab in Hamburg 1596 den hebrätfchen
Text des Alten Teſtaments mit breifacher Ueber:
fegung heraus. Ein größeres Unternehmen, das
AT. in acht, dad N. T. in zwölf
herauszugeben, konnte er wegen Mangel an Ri
teln * durchführen. + 1605 in Augsburg oder
*
a
Hutter, Leonharb. Geb. im Jan. 1563 zu Rel:
fingen bei Ulm, bejuchte er die Schule zu Ulm, ſtu⸗
dirte feit 1581 in Straßburg Philologie und
Theologie,danneit 1591 au in Leipji
und Jena, wo er promovirt wurde 1594 und Bor:
lefungen eröffnete, 1596 nad) Wittenberg berufen,
trat er als der Orthodoxeſte in die dortige Reibe
der orthodoxen Qutheraner ein. Sein dogmati:
ſches Hauptwerk, welches ſich durch eine einf
und klare Darlegung des orthodoxen Lehrbegri
der Eoncordienformel audzeichnet und die anrüdig
gewordenen Loci Melanchthons zuerjegen beftimmt
war, find feine: Loci communes theologici, nad
feinem Tode —— 1619; es iſt die Aus:
führung de Compendium locorum tieol., wel
des er 1610 unter der Genfur der Facultäten
von Wittenberg und Leipzig im Auftrage Chri⸗
ftians Il. von Sadjen hatte erſcheinen laſſen, und
welches als officielles Lehrbuch in Sachſen einge
führt wurde. Als Polemiker bekämpfte er den
Unionsgedanken des Reformirten Pareus und
deſſen Irenicum, tadelte bitter den Confeſſions
wechſel des Kurfürſten Sigismund und verthei⸗
digte die Concordia concors 1614, ſeine geliebte
Concordienformel, gegen die Concordia —2
des Hofpinian.
Hydroparaflaten, Spottiname ber Entratiten,
melde in ihrer aftetifchen Enthaltfamteit auf
beim Abendmahl fi) den Genuß des Weins nicht
meinten verfatten zu bürfen. ,
Oyginus, Papſt (187—141). Die Chronologie
fowie jeine Zebensumftände find unficher, er joll
ein Athenienfer von Geburt gemejen fein. Von
feiner Regierung ift nichts weiter befannt, alä die
Worte des Lib. pontif.: Clerum composuit et
distribuit gradus. Ihm zugeſchriebene Gefege find
Machwerk der faljchen Decretalen. Als fein Todes
tag wird der 10. oder 11. Januar 142 angegeben.
Hykſos, ein kriegerifches Hirtenvolk jemiti
Abkunft, welches vielleicht um 2100 v.Chr. aus
bien in Aegypten einbrad, Unterägypten eroberte,
die Einwohner zum Theil vertrieb, theils tribut:
pflihtig machte und in Memphis feine Hauptjtadt
gründete. Erft nad) fünf Jahrhunderten gelang
es von Oberägypten aus das od} der —* ab⸗
zuſchütteln. Nach ber —— von Memphis
ewährte ihnen Thutmoſis III. freien 5
Welder ſemitiſche Stamm, ob Philiſter oder |
andere, unter den Hyljos zu verftehen, ift unge
wiß. Mit den Juden jie zu verwechſeln, mar eine
biftorifche Befangenheit.
Hyle. ©. Materie.
Hylozoismus 37
lozoismus ift ſprachgebräuchlich das reli⸗
— — er welches Gott ald die
eltjeele, als das die Welt belebende Princip jegt,
fo daß alle Lebensthätigleit der Weltbeftandtheile
Zebenäthätigfeit Gottes iſt. ,
Oymenäuß, der mit Alexander und Philetus
(1. Zim. 1, 20; 2, 17) als warnendes Beifpiel des
Abfalls dem Timotheus bingeftellte Jrrlehrer, der
die nftige Auferftehung leugnete.
ymno ©. Kirchenlieder.
ia, Die Tochter des Mathematilers Theon
“ anbrien, lebte im Anfang des 5. Jahrhun⸗
Sie hatte in Athen ftubirt und hielt in
ihrer Baterftabt öffentliche Borlefungen über Blato
und Nriftoteled. Den Tod fand fie als Gegnerin
des Biſchofs Cyrill dur den chriſtlichen Pöbel,
ſei es, daß derſelbe von Cyrill ſelbſt aus Eiferſucht
gegen den Ruhm der Hypatia angeſtachelt geweſen
(Suidas), oder daß Hypatia für die Urſache des
unverjöhnlihen Zorns des ker er Dreftes
gegen den Bischof gehalten wurde (Sofrates).
8, Andreas Gerhard von Dpern. Geb.
den 16. Mai 1511, bezog er 1528 die Univerfität
Baris, ftubirte dort Philofophie bis 1532 und bis
1535 Theologie, indem er fih an Sturm anſchloß,
bildete fi dann meiter auf Reifen in Frankreich,
Italien und Deutſchland und ſchloß ſich der Re:
formation an, Nad) einem kurzen Aufenthalt in
England, warb er auf der Durchreiſe nad) Straß»
burg in Marburg 1541 feftgehalten und ihm eine
theologifche Brot ur übertragen, bie er bis an
inen Tod 1564 befleibete. Durch die Schrift:
recte formando theol. studio, die erjte Metho⸗
dologie, begründete er eine neue wiſſenſchaftliche
Theologie, deren Syftem er in dem unvollende
ten Methodi Theol. lib. III meiter begründete.
Ebenſo gab er die erfte wiſſenſchaftliche Homiletif:
De formandis concionibus heraus. Der Augsbur⸗
ſchen Confeſſion zugethan, ſtand er doch in vielen
iehungen den Reformirten vermittelnd nahe.
ppoflafe. ©. d. Art. Trinität.
filarier, eine religiöfe Secte, welcher ber
Bater des Gregor von Nazianz vor feinem Ueber:
tritt zum Shritentgum angehörte und welche nur
aus den Angaben der beiden Gregore befannt ift.
Nach denjelben ſcheint ihre Lehre aus einer Ber:
mifhung des Judenthums mit dem Heidenthum
hervorgegangen zu jein.
-
7 Jablonsky
Hyrlan, Johannes, der Sohn des Hadmonäers
Simon, nahm nad) dem a = über den Öyrlanier
Kendebäus bei Jamnia 137 den Ehrennamen
Hyrfanus an. Nach der Ermordung feines Ba:
ters durch Ptolemäus 135 belagerte er biefen
ohne Erfolg, mußte fih dann in Jernſalem gegen
Intiohus Sibetes vertheibigen, erlangte aber in
einem brüdenden Frieden gegen Sablung eines
Zributes die Anerkennung durch denfelben. Er
benugte dann die Thronftreitigfeiten im fyrifchen
Reihe zur Ausdehnung feiner Macht, befiegte
Edom, zwang die J er zur Beſchneidung, zer⸗
ftörte Samarien und gewann bie Daoiden
Grenzen Jfraeld wieder. Um ber bemofratiichen
— der —— je Pi und jeine
naſtie zu jihern, gab er bie wichti Aemter
an Sadducäer. + 106. Ben
Oyrlan IL, der Sohn und Nachfolger Aleran»
bras, der Wittwe Alexanders, welche nad) deſſen
Tod die Zügel der Regierung ergriff. Er war der
legte Hasmonãiſche Hoheprieiter. —
bei Jericho 69 mußte er ſeinem Bruder Ariſtobul
die Königswürde überlaſſen, und erlangte, als er
ich gegen denſelben an die Araber und dann an
ompejus wandte, auch nur, daß er als Ethnarch
unter römiſche Oberhoheit gerieth 61. Sein Günſt⸗
ling und nn war ber Jbumäer Antipater,
ber Bater es d. Gr., der allmählich die ganze
Macht an fi zog. Bon Antigonus wurbe er bei
deſſen Verſuch fi) des Landes wieder zu bemäch⸗
en 40 gefangen genommen, nad Parthien ges
ſchleppt und ihm, damit er zum Hohenpri
entweiht jei, die Ohren abgeſchnitten. Nach dem
Siege des Herodes ließ dieſer ihn, ber der Groß:
vater der Mariamne war, wieder nad Jerufalem
fommen, mo er aud) ftarb,
Hyfladped. Der Name eined alten Weisfages
Buches, welches (äfnlih den Sibylliniſchen Büchern)
BWeisfagungen auf Ehriftus enthalten haben foll
und von den Chriften jeit dem 2, Jahrhundert
vielfadh den Heiden gegenüber gebraudt worden
ift. 9. fol nad Lactanz ein uralter alien
König geweſen fein, welcher die Gabe der Weisfa-
gung bejaß. Wir kennen den Namen des Buches
aus Citaten bei Juftin (Apol.1,20.44); Clemens
Alex. er: 6, OR Lactanz (inst. div. 7,15. 18).
2 lJ. 9* De Hystaspe in ven Comm. Societ.
tt, 1779.
J.
Jabal, 1. Mof. 4, 20 ff. als der Sohn Lamechs
angeführt und Stammopater der Nomaden, joll
— in der Rainitiihen Menſchheit — die Entite:
bung eined Nährftandes neben den Anfängen
eines Lehr: und Wehrftandes andeuten.
Jabbot, Nahr Amman und Waby Zerla. Der
* ti erg er auf — ——
aſan pringt und die Grenze zwiſchen den
Ammonitern und Siraeliten bildete. An feine
Furt wird der Kampf Jalob3 verlegt (1. Moſ.
82, 23.
zen Stadt in Gilead (Nicht. 21, 8. 10;
1. Sam. 11, 6. 3), wo Sauls Leichnam verbrannt
wurde.
Jabin, der Name zweier kanaanitiſchen Könige
u Hazor, deren erſter (Joſ. 11, 1 ff.) am See
erom mit feinen —— eſchlagen wurde,
der andere (Richt. 4, 2) eine Zeit lang eine Ober⸗
herrlihteit über Jirael ausübte, bis Debora ihn
und feinen z- Siſſera befiegte.
Jablonsky, auch Figulus, Daniel Ernft, geb.
den 26. Nov. 1660 zu ae rege bei Danzig.
Sein Bater, Prediger in Danzig, aus Jablunka
ebürtig, hatte ald Bifchof der böhmischen Brüder
Miehen müfjen. 3. wurde nad Beendi feiner
Studien in Frankfurt 1677—80 und in Holland
und England 1683 .. der reformirten Ges
meinde in Magdeburg, 1686 Rector ber Schule in
Liffa, 1690 Hofprediger in Königsberg, 1693 in
Berlin, 1718 Eonfiftorial- und 1729 Kirchenrath,
Jablonsky
1733 Präſident ber Alabemie. + 1741. Seine
Weihe zum Bifhof der böhmiſchen Brüber 1698
hatte Feine andere Bedeutung, als die Möglichkeit
der bifhöflihen Succeffion zu fihern. Bon ihm
empfingen die Herrnhuter Bifchöfe die Weihe.
Seine Bemühungen, durch Leihnig und andere
Theologen eine Union der Reformirten und Lu:
theraner zu erlangen, fcheiterten ebenfo wie fein
lan, bie englifche Liturgie und —— Ver⸗
faſſung nach Preußen zu verpflanzen. gab
exaus: Historia consensus Sendomir. 1731 und:
esideria oppressorum in Polonia;
außerdem eine Ausgabe der hebräiſchen Bibel,
und veranlaßte bie Herauägabe des Talmud 1715-
1721, fowie bie von Eifenmengers entdedtem Ju:
u th, Paul Ernft, Sohn bes V
ablonsfy, Paul Ernft, Sohn bes Borigen,
eb, zu Berlin 1693, Er war 1720 Brebiger zu
iebenberg, 1721—26 zu Frankfurt und Profefjor
daſelbſt. F 1757. Die Frucht einer gelehrten
Reife 1714—17, auf der er bie foptifchen Hand:
ſchriften in Deutſchland, Frankreich und England
unterfuchte, ift bie Exercitatio hist. theol. de
Nestorianismo; außerdem Pantheon Aegyptio-
rum und Anderes.
Er abneel (%of. 15, 11), Jamnia (LXX
Joſ. 15, 46), heute Jebna, lag zwiſchen Joppe
und Asdod unmeit des Meeres, hatte aber einen
Hafen. Es wurde zu Dan gerechnet, aber erft von
Ufia erobert, gehörte auch in der jpäteren Zeit nur
unter den Malfabäern zu Iſrael. Nach der Ber:
—— Jeruſalems war die Stadt der Sitz des
ynedriums und einer jüdiſchen Alademie. In der
chriſtlichen Zeit war es ein Biſchofsſitz und danach
ein muhammedaniſcher Wallfahrtsort, in denKreuz⸗
zügen aber eine Feſtung (Ibelin).
achin und Boas, find die zwei Erzſäulen, über
welche die Vorhalle des Tempels conſtruirt war.
Auf dem Schaſte trugen fie Capitäler 'n Form der
Lilien, verziert mit einem Netzwerk und einem
Kranz von 200 Granatäpfeln. Ueber die Erflä-
rung ber Tertftellen 1. Kön. 7, 15—22; Ser. 52,
21; — 3, 15. 17 mit Hinzunahme des Textes
der LXX von 1. Kön. 7, 19—22 f. Ewald, Geſch.
Iſraels, 2. Ausg. III. 301 ff.
Jacobi, Friedrich Heinrich, ber Bhilofoph, wurde
ben 25. San. 1743 zu Düffelborf geboren. An:
fangs zum Handelsftand beitimmt, trieb ihn ein
lebhajtes Intereffe zur Philofophie. Er ftudirte
in Genf, war dann Kaufmann in feiner Heimath,
dann ren Hoffammerrath und Zoll:
commifjär, endlid Geheimer Rath zu Diüfjelvorf.
1804 war er an die Afademie nah Münden
berufen, wurbe 1807 ihr Bräfident, und ftarb den
10. März 1819. Seine
378
g
N
p
lemik war namentlich | befreite ihn. Ein Theil der Lieder bes J. iſt gegen
Saenide
des Gefühls, bie und nicht erlaubt, das Gegen:
theil feiner Ausfage anzunehinen. Zacobi ift darin
mit Kant einverftanden, daß der Verſtand für die
Erfenntniß ber überfinnliden Dinge nicht aus
reiche, allein er ift darin von dem legtern verſchie⸗
den, daß er der theoretif Bernunft die ent:
fchiedene Fähigkeit zufchreibt, von der Realität
ihres Gegenftandeß überzeugt zu fein. Jacobi hat
fein einheitliches Syftem aufgeftellt, fondern feine
philoſophiſchen Gedanken in zeritreuten Belegen:
heitsſchriften niedergelegt, ohne zu verfuchen ihren
innern Bufammenhang zu conjiruiren. Geine
Werte Ale in 6 Bänden 1812—24 heraudgegeben.
Sein Briefwechfel, 2 Bbe., 1825 — 27 von Roth
erausg. Bol. ichtegroll, Weiller u. Thierſch,
. 9. Jacobi nad) feinem Leben, Lehre und Wir:
en 1819; Zirngibl, F. 9. Jacobi’8 Leben, Did:
ten und Denten, Wien 1867.
Jacobfon, Heinrich Friedrich. Geb. ben 8. Juni
1804 in Marienwerder, ftubirte er 1823—28 zu
Königäber ‚ Berlin und Göttingen, habilitirte ſich
u Königäberg und wurde 1831 a. o., 1836 0. Pro:
2* der Rechte. + 1868. Für die wiſſenſchaft⸗
lihe Bearbeitung des Kirchenrecht3 find bedeutend
feine: Kirchenrechtlichen Verſuche, Königsb. 1831-
33; Die Geſchichte der Quellen des Kirchenrechts,
Königsb. 183744; Ev. Kirchenrecht des Preuß.
Staates, Halle 1864. An den kirchlichen Zeit:
fragen hat er durch Schriften und Gutachten fid
vielfach betheiligt; er war ein Anhänger des ſoge⸗
nannten confiftorialspresbyterialen Syſtems, wel:
ches eine freiere Verfaſſung unter Leitung bes
Staates wünfdt.
acopo, Paffavanti, ein Dominicaner zu Flo
renz, geit. 1357, der als Prediger und Schrift:
fteller gefeiert ift. Seine berühmtefte Schrift:
specchio di vera penitenzia, verfaßte er zuerft
lateinij und überjegte fie jelbft in elegantes Ita⸗
lienifh. Neuefte Ausgabe der Akademie della
Crusca, Florenz 1681.
Jatoponi da Todi, Jakob Benebetti, ber geift:
liche Liederdichter, war Rechtögelehrter zu Todi.
Er wurde durd) den plößlihen Tod feiner Gattin
1368 fo erfchüttert, daß er der Welt entfagte und
in fehr bucdhftäblicher Auslegung von 1. Kor. 3,19
ſich abfichtlich zum Spott madte. Den Eintritt
unter den fatres minores des Franciscanerflofterd
erlangte er erft, al3 er zum Staunen ber Münde
durch zwei Hymnen Beweiſe feines Verſtandes
und feines Genies gegeben hatte. In die Geſchichte
der Kirche wurde er verwidelt, da er zu den Gar:
dinälen ftand, welche die Wahl Bonifaz VIII. an
fochten; daher ließ ihn dieſer einkerfern und erft
die Gefangennahme des Bapftes am 7. Sept. 1303
gerichtet gegen diejenige Philoſophie, welche Alles, | Bonifaz gerichtet und rügt in kräftiger Weije dad
auch dad Meberfinnlide, mit Verſtandesbeweiſen Gebrechen ber Kirche; andere find voll ho
bemonjtriren zu fönnen glaubt; diefe Art des lo:
giſchen — & (4. B. der Spinozismus) kommt,
weil ſie immer nur im Reiche des Bedingten blei—
ben kann, nothwendig, wie er meint, zum Atheis:
mus und Nihilismus. Gr betrachtete daher als
bad Drgan unmittelbarer, unbemweisbarer, eviden:
ter Erfenntniß bad unmittelbare Gefühl cder den
Glauben oder, wie er ed nad) Kant jpäter auch
nennt, bie Bernunft im Gegenfaß zum Berftande,
ber immer nur mittelbare und —— Erkennt⸗
niß ſchaffe. Dieſer Glaube iſt aber nicht etwa ein
Gluth
ber Gottes: und Jeſusliebe gewidmet. 2. Schlu—
ter u. Stord, Ausgewählte Gedichte Jacoponis ba
Tobi, Münfter 1864.
Jael, das Weib Heberd des Keniters, melde
den Siffera erſchlug und im Liede der Deborah
hoch gepriejen wird. Das Lied betrachtet die That
nad) ihrem Erfolg für das Wohl des Volkes, nicht
nad) ihrem ſittlichen Werthe.
Jaenide, Prediger an der Gemeinde ber böh⸗
milden Brüder (der Bethlehemskirche) in Berlin,
begründete 1800 jeine Miſſionsſchule, in welder
Autoritätöglaube, fondern die innere Nöthigung | er in freier Weije junge Leute zum Miffionsdienft
Sjasjer
vorbereitete, die dann meift in ben Dienft eng:
liſcher eh si traten. Nac feinem Tode
1827 machte fie dem Berliner Miffionsverein Platz.
aöfer. 1. Mof. 5,8 Tatije. Stabt in Gilead
zwiſchen Hedbon und Kabbath-Immon, Das Meer
von J. (Jer. 48, 32) lan nur ein größerer Teich,
tein Landſee gemejen fein. Bgl. gel. 16, 8.
fa = Jaffa. ©. d. Art. Joppe.
agd wurde aud) bei den Hebräern von je ge:
übt (1. Moj. 25, 28; 27, 8; 3.Mof. 17, 13; Spr.
12, 37), theils zur Zuft und aus Bebürfniß des
Wildprets, theild zur Bertilgung ber Raubthiere,
Man bediente in nicht bloß des Bogens und
Wurffpießes (1. Mof. 27,3; Pf. 57, 5), fondern
gebrauchte aud Netze (Ey. 12, 13), Schlingen
und Fallgruben. Jagbhunde werben erſt bei Jo—
fephus erwähnt, und ob man Jagdfalfen gelannt,
En ungemwiß. Rad) dem Exil wurde bie Jagd eine
eluftigung der Vornehmen.
Yagello, Großfürſt von Litthauen, erwarb
Die Krone Polens durch feine Heirat} mit Königin
Hedwig 1386 unter der Bedingung, daß er und
fein Bolt zum Chriftentfum übertrete. So ge:
waltſam er feine Unterthanen zur Taufe trieb, fo
forgte er doch mit Önliher Betheiligung für
ihren Unterricht. Auch Samogitien wurde durch
ihn Kriftianifirt. Die ihm von den Huffiten an-
ebotene Krone Böhmens ſchlug er aus, aber
ies ihnen ſchon aus politiſchen Rückſichten
ſtets günftig und bemühte ſich für eine Aus:
— wwiſchen ihnen und dem Concil zu Baſel.
1434.
w, Matthias von, Biſchof von Branden:
burg jeit 1527. Den evangelifchen been geneigt,
führte er ſchonend und mild biefelben ein, indem er
das Lejen der Bibel beförderte, allerlei Mißſtände
befeitigte und für beffere Bildung des Klerus
forgte. 1589 trat er, ald der erfte Biſchof, zur
—— Kirche über, indem er in Spandau
das Abendmahl unter beiderlei Geftalt feierte.
Die weltlichen Rechte des Bißthums überließ er
dem en n
—— .d. Art. Jahza.
. Die Juden rechneten, wie noch jekt,
nad Mondenjahren von 12 Monaten (dagegen
Erebner und Seyffarth), und [ hoben, um bie Ueber:
einftimmung mit dem Sonnenjahr zu gewinnen,
je im dritten Jahre einen breigehnten Monat (der
andere zmölfte) ein. Das Jahr begann mit dem
Nifen, der Jahresanfang mit dem Tisri rührt viel:
feiht aus der Zeit nad dem Eril und ftimmt ziemlich
mit der Rechnung der feleucidifchen Aera. Eine
beftimmte Jahreszählung kannten die alten Iſrae⸗
liten —* ſie zählten nach irgend einem bedeu⸗
tenden, Allen bekannten Ereigniß, dem Auszug
aus Aegypten, dem Regierungsantritt des Königs
u. dgl., unter der ſyriſchen Herrſchaft richteten fie
fih nad ber feleucidifchen era. Inter den
Mallabäern wurde von der Befreiung des Volks
von der —** Herrſchaft (143 v. Chr.) an
rechnet. Die heutige Zählung der Jahre von
ſchaffung der Welt an, ift jüngeren Datums.
* chriſtliches. ©. d. Art. Kirchenjahr.
Jahveh. ©. d. Art. Jehovah.
379
&
Jakob Baradäus
ct Argob in Baſan mit 60 erg Stäb-
en, welche bie ge (Joſ. 18, 30) genannt
wurben; um bieje Zahl zu — (1.Chr.2,21),
wurde ber Diftrict Kenath (4. Mof. 32,42) Hi
erechnet. Schwer vereinbar iſt aber damit bie
ngabe von den 30 Dörfern des Richters Jair
Inne 10, 3—5). S. Winer, Hengftenberg, ker
I. 227 und Bertheau’8 Commentare zu bem Buche
ber Richter und zur Chronif.
Jakob, der Patriarch, der Sohn Iſaals. Im
ber bibliſchen Darftellung feines Lebens erfcheint
er volljtändig ald Prototyp feines Volles. Durd)
göttlihe Gnadenwahl berufen, fichert er ſich dies
Erbe dur Lift und Huge Berechnung (gegen
faa?, Efau, Laban), bewahrt aber dab n
lauben an eine leitende Borfehung und einen
heiligen Willen Gottes (Traum ;u Bethel; Kampf
am Jabbok). Mit feinen zwölf Söhnen bewohnte
er den Süden Baläftinas, bis er durd die Hun:
geränoth veranlaßt wurde, ber gg Does
zu folgen und mit feinem Haufe nad Aegypten
überzufiedeln. Auch in der engern Familien⸗
eihichte, dem Zwieſpalt unter den Brüdern ıc.,
piegelt fi die Gejchichte der einzelnen Stämme
Iſraels ab. Nicht ohne Grund hat man in feiner
Lebensgefhichte die Erinnerung an eine allmäh⸗
lihe Einwanderung bes ſemitiſchen Stammes in
Kanaan, die Kämpfe mit ben Ureinwohnern, bie
Abtrennung einzelner Zweige und die Conſoli—
dirung des —* efunden; ohne daß bei
dieſer Auffaſſung die der Perſon
des Patriarchen aufzugeben wäre. In der Dar:
ftelung find verſchiedene Weberlieferungen ver:
einigt (vgl. 1. Mof. 28, 18—22 und 35, 6—8;
32, 7—9 und 35, 9—10, Die Nenderung bed
Namens Jakob in Jirael mag wohl eine der Ent:
widlungäftufen andeuten, in welchen die femiti-
2. inwanderer fich freimadhen vom älteren
aturdienft (Lähmung der Hüfte) und im bewuß:
3 —— Gegenſatz zu den Kanganitern ſich
befinden.
Jalob, Meiſter. Ein Ciſtercienſer aus Ungarn,
and an der Spitze ber Paſtorellen (f. d. A.) und
el 1251 bei Bourges.
rg Barabäus oder Zanzaluß und die Jas
tobiten. Jalob (+ 578) war Mönd und Pres—
byter im Klofter Phafilta bei ei und feit 541
Bifchof von Edeffa. Als die Verfolgung durch Zus
ftinI. die Gefahr der Auflöfung der monophyſitiſchen
Kirche nahe brachte, erwählten ihn die in Conſtan—
tinopel gefangen gehaltenen monophyfitiihen Bi:
ſchöfe zum ökumeniſchen, an feinen beftimmten
Ort gebundenen Patriarchen. In ärmlicher Klei—
dung durchwanderte er nun Vorderaſien und rich:
| tete in angeftrengter eg er feit die Gemeinden
wieder auf, jo daß diefer jyrijche Zweig der mono:
phyſitiſchen Kirche von ihm den Namen Jakobiten
angenommen hat. Mißbräuchlich wird dieſe Be:
nennung aud) *. auf den abeſſyniſchen, dopti⸗
ſchen und äthiopiſchen Zyeig angewendet, weil
dieſe mit der Zugabe von Salz und Del beim
Abendmahlsbrod in — und Cultus mit jenen
Fe ig Die Yalobiten Halten an den
Beihlüffen der Räuberſynooe von Ephejus feft
— — — — — — a — —
Jahza oder Jahaz, Stadt jenſeit des Jordan und an der Formel von Einer Natur in Chriſto
auf der Grenze des amoritiſchen und moabitiſchen
Gebiets.
Jair, ein Urenkel Manaſſes (4. Mof. 32, 41)
(ex duabus naturıs non in duabus). Mit der
griechiſchen Kirche haben fie den Bilder: und
Heiligendienft und den Gebrauch des Gefäuerten
und Jubas (1. Chr. 2, 21—23), eroberte den Dis | gemein. Das Kreuz ſchlagen fie mit einem Finger.
Jakob von Edeſſa
An der Spitze ber Jakobiten ſteht der Patriarch | die Einſetzung sub —— 3
von Antiodhien, der feinen Sit 5 Garamit d. i. | Kelchentziehung ig se iefen
Amid (Diarbefr) Hat. Ihm zur Seite fteht ber
Maphrian, das nächſte Oberhaupt für die Jako:
biten jenjeit des Tigris. Verheirathete dürfen zu
Geiftlihen genommen werben, aber geweihte Seife
liche fönnen nicht in die Ehe treten. Die zahl:
reihen Mönche gehören nicht zum Klerus. Ihre
Liturgien * enaubot, liturg. orient., 1716
irren = Die Anzahl der Jalobiten in
yrien, Mefopotamien und Babylon wird auf
60,000 angegeben. In Syrien und auf dem Li:
banon haben ſich einige Gemeinden und Klöfter
an Rom angeſchloſſen. Die Schriftiteller diejer
Kirchen, unter denen Johannes von Afta, Jakob
von Edefja, Johannes von Dara, Gregorius
Abulfarag, führt Affemani in der Bibl. Orient. an.
Jakob von Edefla. Der „Auslegrr der Bücher,“
ein ſyriſcher Gelehrter und Bibelforfcher. Geboren
im Dorfe Indäbä bei Antiohien, wurde er Mönd)
380
und betrieb als folder feine griehijchen und fyri«
fen Spradjtubien. Zum Biſchof von Edeſſa 651
ewählt, legte er das Amt 655 wieder nieder im
nmillen über die Nichtachtung der Canones.
Zebte dann 20 Jahre in Klöftern zu Eufebona und
Teleda und ftarb 708, ald er zum zweiten Mal
m Biſchof von Edeſſa gewählt war. Er über:
It viele griechiſche Schriften ins Syriſche,
chrieb Commentare und Scholien und bearbeitete
eine Kritif der ſyriſchen Bibelüberfegungen, von
welchem Werte —* tüde aufbewahrt find.
Yalob von Jüterbod, ein Vorlämpfer der Re:
formation. Geb. um 1383, trat er in das Eifter:
eienjer:Hlofter de Paradiso in Polen, ftubirte da:
nad) in Kralau und ward Doctor der Theologie
und Abt feines Kloſters. Weil fein aftetifcher | in
Drang im Drden feine Befriedigung fand, ging
er zu den Karthäufern in Erfurt über, ward Leh—
rer an deren Schule und ftarb 1465 als Prior.
Durch feine Schriften gehört er zu den Borläu:
fern ber Reformation, da er den Grund des
firhlihen Berberbens in der abfoluten Herrſchaft
des Bapftes und der Bermweltlihung des Klerus
findet, und die dringende Nothwendigkeit einer
a Reformation aufweijet.
R — ein Franciscaner, predigte
zu Oſtern 1462 zu Brescia, daß das Blut Chriſti,
‚ welches bei der Kreuzigung zur Erde fiel, bis zur
Auferftehung nicht mit der Gottheit vereinigt und
daher nicht anzubeten fei. Darüber entſpann ſich
ein Streit der Franciscaner mit den Dominica:
nern burd) ben Öroßinquifitor Jalob von Brescia,
welcher auch durch eine feierlihe Disputation vor
ius II. Weihnachten 1463 nicht gefchlichtet wurde.
er Bapft vertagte die Entſcheidung.
Jalob von Mies. Geb. zu Miſa in Böhmenin der
zweiten Hälfte des 14. Jahrh., ftubirte er mit Huf
in Brag und wurde Prediger zu Trina, dann an
der Bethlehemslirche zu —* s Huß bereits in
Coſtnitz war, begann er die Kelchentziehung zu be:
—— und die Abendmahlsfeier mit Brod und
ein einzuführen. Huß ſprach ſich von Conſtanz
aus für ihn aus. Sein Anhang mehrte ſich, da
feine Demonstratio communicationem calicis in
plebe christiana esse necessariam nicht widerlegt
werien lonnte. In natürlicher Folge mußte auch
bie Zransjubftantiation beftritten werden, und fo |
mwanbte das cil fein Decretum contra com- |
munjonem sub utraque gegen ihn, in weldyer es
Jakob I.
eftand, aber bie
chluß vertheis
digte Gerfon gegen Jakobs Schrift Apologia pro
communione plebis sub utraque specie. 1429,
88 von Rifibis, der Große, war Biſchof I
Riſibis und genoß in ber Kirche ein ſolches Anſe⸗
ben, daß es viele Wunderfagen von ihmgiebt. Seine
aſtetiſche Frömmigkeit (in der Jugend hatte er in
der Wüfte — und ſeine —— werden
erühmt. nahm Theil am Concil zu Nicäa.
ein Schüler war —— der Syrer. Erhalten
find 18 Reden und 1 Brief in aramäiſcher Sprache.
Eine lateinische Ausgabe Venedig 1756.
Jakob von Sarüg, mitdem EhrennamenDoctor
(for. Malpäna) Tibe ita{oecumenlens),eud „Biäte
des heil. Geiftes“, „Cither der gläubigen Kirche“,
war geboren in Aurtam am so. 452, wurde
Presbyter 503 und Bifchof von än im Gebiet
von Sarüg519. Ein berühmter Lehrerund Schrift:
eller der fyrifchen Kirche, wird er auch von ben
lobiten zu ihren Lehrern und Heiligen gezählt,
wiewohl feine Lehre die orthodore ift. Die 763
Homilien, welde ihm zugefchrieben werben, find
in einem eigenthümlichen —2 — nad i
jafobitifch genannten, Versmaße gehalten. Die:
ſelben werden in ber ſyriſchen Rice noch jet be⸗
nutzt und im Gottesdien —
akob von Vitry, Presbyter zu Argenteuil bei
ris, wurde Auguftinerchorherr zu Ognies und bes
chrieb das Leben der heil. Maria von Ognies. Der
apft verwandte ihn ald Kreugprebiger gegen bie
Albigenfer und Saracenen und * ihn zum
Biſchof von Ptolemais. Nach dem Verluſte von
Damiette 1225 kehrte er zurüd, warb Cardinal
und Biſchof von Frascate, jomie päpftlicher Legat
ntreid. Er lieferte in der Historia orien-
talis nit nur eine Bejchreibung und Ge —3*—
des gelobten Landes, ſondern auch eine Geſchichte
der Orden und des Oecidentes. Auch ſeine Briefe
ſind für die —* wichtig.
alob de Voragine. Geb. zu Biraggio bei
Genua 1230, trat er 1244 in den Predigerorben,
wurde 1267 Provincial der Lombardei und 1292
Erzbifhof von Genua. + 1298. Er ift der Ber:
fafler der Legenda aurea, einer Sammlung von
Zegenden, die er theils aus Büchern, theild aus
dem Boltömunde ohne Auswahl und Kritik zuſam⸗
mentrug und in ber befhalb auch dad Abenteuer:
lihfte und Abgeſchmackteſte aufgenommen: ift.
Sie ift als beliebte Volfslectüre oft gebrudt und
überjegt.
Yatob I., König von Großbritannien unb Jr:
land feit 1603, König von Schottland jeit 1567.
Er war geb. den 19. Juni 1566. Theologifches
Wiſſen, worauf er ftoly war und womit er
Anſicht von der Nothwendigleit und göttlichen
Aleinberechtigung einer ern eins
—— Nationalkirche ftügte, ſowie ſeine übers
pannten Begriffe vonder Machtvolllommenheit ber
Majeftät reisten ihn zu den Eingriffen in bie ſchot⸗
tische Kirche, deren Folgen die Jahre lang dauern⸗
den Unruhen und der Untergang fein enen
Haufes waren. Die Bejorgnig, daß der König ſich
durch feine Öünftlinge und die Schmeicheleien des
Papites zu einer Begünftigung des Katholicismus
bewegen laflen möge, rief 1581 ben n Gove:
nant (bed Königs Glaubenäbelenntniß) hervor,
weldem mit Jatob3 Zuftimmung die Einrichtung
der Bresbyterien folgte. Da gleichwohl der Hof
Jakob II.
die Bisthümer nicht aufgeben mollte, folgte durch
bie Ernennung Montgomerys zum Erzbiſchof
ber Zufammenjtoß mit der Kirche, den die Ge:
fangennahme des Königs durch das Attentat von
Authwen beendigte. Nach feiner Befreiung nah:
men die ſchwarzen Beſchiüſſe (1584) des Parla:
ments ber presbpterianifchen Kirche zwar ihre
Breiheiten, aber unter veränderten Zeitumftänden
wurden ihr diefelben durch die Ratificationd:Acte
von 1592 zurüdgegeben Die magna charta ber
Kirche von Schottland). Die Nachſicht gegen ben
Tatholifhen Adel bei feinen wieberholten Empö:
rungen, fein Wort: „Wo fein Biſchof, da ift
aud) fein König“ und ebenfo die immer erneuer:
ten Beſchränkungen der Vorrechte der preöbyte: | eine
rianiſchen Kirche, zeigten, wohin des Königs Herz | fehlbare Ausficht.
381
Jakobus
Tode den Thron. Sofort trat der katholiſche Cul⸗
tus öffentlich auf, und um bie engliſche Kirche =
ſchwächen, wurden alle Diffenters beglinftigt, in
Schottland aber nicht nur die Verfolgungen ber
Eovenanterd fortgefegt, jondern auch Fatholifche
Kirhen eröffnet und den Katholiken Aemter
verliehen. 1687 erfchien die Jndulgenzacte, melde
allen — und Diſſenters freie Religions⸗
Übung gab und alle bürgerlichen Beſchränkungen
aufhob, die Anhänger der anglicaniſchen Kirche
und die Schotten aber aufs tieffte verlegte. An
bie zweite Indulgenzerflärung 1688 ſchloß ſich der
Proceß der Bifchöfe, welcher die allgemeine Auf:
regung erhöhte. Die Geburt eines Prinzen ftellte
dauernde Herrichaft des Papſtihums in uns
em zu entgehen, vereinigten
neige. Als König von Großbritannien wandte er | fid) die bisher getrennten —— Parte
alle Mittel an, wie in England (Religionsgeſpräch
u Hamptoncourt 1605), fo auch in Schottland
ie bifhöfliche Kirche einzuführen. Die Synobe
iu Zinlitbgom 1606 mwiberjegte fi den bahin gie:
enden Parlamentöbefchlüffen ; die Einfegung des
Gerichtshofs der High:Commilfion bereitete aber
die Olasgomwer Berfammlung (den 5. Juni 1610)
vor, welche die prälatifhen Mafregeln annahm,
ohne daß ber entſchiedene Widerſtand der —* 1
lien und Gemeinden aufhörte. Die fünf Artikel
von Perth 1617, welche verhaßte liturgifche Ein:
richtungen feftfegten, vollendeten die Unterdrückung
der presbyterianiſchen Kirche. Auch die Katholiken
mußten nad der Bulververjchwörung 1605 feine
Gemaltthätigfeit empfinden; durd den Königseid
fuchte er fie vom Papſte zu löfen und feine firdh:
pe Oberherrſchaft aud über fie auszudehnen:
fpäter wurde Privatandadht —
Trotz der nahen verwandtſchaftlichen Beziehun⸗
gen und vielfachen Aufforderungen feiner Unter:
thanen, hielt er fi von jeder Unterftügung ber
beutfchen Proteftanten fern, dagegen betheiligte er
fi) nad) feiner theologischen Sicbhaberei nicht nur
am gelehrten dogmaliſchen Streit, fondern be:
chickte auch die Dortrechter Synode, ohne jedoch
e Beichlüffe einzuführen. + 1625. Seine Scrif:
ten (Jacobi opera) find 1619 zu London bur
Biſchof Montacuti herausgegeben. Vgl. Rubloff,
Geſch. der Ref. in Schottland, Bd. 1; befonders
aber 2. Ranke, Geſch. Englands.
Jalob II. König von Großbritannien, geb.
1633, der Sohn Karl I. und der Henriette von
Franfreih. Erzogen am franzöfifchen Hofe, wohin
er aus ber Selangenfaft der Aufftändifchen-ge:
flohen war 1648, nahm er bie —— zum
Katholicismus in ſich auf. Er machte die Kriegs:
güge unter Turenne in Spanien mit und kehrte
als Herzog von Dort 1670 mit feinem Bruder
Karl II. nad) u. urüd, Schon 1670 trat
er wieder in bie fatholiiche Kirche, erklärte dieß
1671 öffentlic) und legte in Folge der Teftacte 1673
feine fänmtlihen Aemter (Großabmiral ſeit 1663)
nieber, Vor bem Unmillen des Volles, welches
bie Wieberherftellung des Katholicismus fürchtete
und ihn vergeblich durd das Parlament von ber
Thronfolge auszuſchließen verfuchte, wich er in
eine Verbannung —— 1679. Nach ſeiner
Rücklehr 1680 zum Statthalter von Schottland
ernannt, hen er mit Härte die Presbyteria-
ner, fiherte ſich aber bort bie Thronfolge. Trotz
ber Teftacte an den Hof zurüdberufen und Mit:
glieb des Staatärathö, bei
tieg er 1685 nad) Karls
riefen den Schwiegerfohn Jalobs, elm von
Oranien, von Holland herbei, der am 6. Nov. 1688
landete, Jakob gefangen nahm und nad feiner
lucht den für erledigt erflärten Thron den 13.
ebr. 1689 beftieg. Jalob lebte den Reft feines
ebens am Hofe von Berfailles, getheilt zwifchen
Andahtsühungen und Verſuchen, feinen verlores
wieberzuerlangen. F 16. September
Jalobiner = Dominicaner in Frankreich, nad
ihrem Klofter in der Straße St. Jaques zu Paris,
Ebenfo erhielt von diefem Klofter, wo fie ihre Club⸗
verfjammlungen hielt, eine politifche Partei der
—— Revolutionszeit ihren Namen.
Jatobsbrunnen. Joh. 4, 6. 8. 11. 12. Ein Brun-
nen nahe bei Nablus, dem alten Sichem, wird
als derjenige angegeben, den Jakob habe graben
laſſen; jedenfalls derſelbe ſehr alt, liefert aber
nicht mehr zu allen Zeiten Waſſer.
aloböorden, ein anderer Name bed Ritter:
ordens von Compoftella,
ge Das Apoſtelverzeichniß erwähnt zwei
dieſes Namens, 1) Jalobus, den Sohn bes Zebe⸗
bäus, den Bruder des Johannes. Er wirb in den
Evangelien ftetö nur mitdiefem zufammengenannt,
gr gleich ihm zu dem engften Jüngerkreife, den
ertrauten Jeſu und erfcheint auch nach Geift und
Charakter dvemjelben ähnlih. Später ftand er an
ber Spite der Gemeinde zu Jerujalem und wurde
unter Herodes Agrippa ald Märtyrer 44 enthaup:
tet, Apftg. 12, 2. — 2) Jalobus, minor, der Jün⸗
exe, zur Unterfheidung von bem Zebebaiben
(major) — der Sohn des Alphäus und der
aria, Marc, 15,47. Nach Ricephorus ſoll er zuerſt
im ſüdweſtlichen Paläſtina, dann in Aegypten ge:
predigt haben und zulegt zu Oftracine in Unter:
ägypten gelreuzigt worden fein. Gebädtnißtag 1.
Pe Vielfach wird er fürden Bruder des Herrn ge:
(ten, Gal.1, 19, der nad) Hegefipp und Eufebius
orjtand der Gemeinde zu Jeruſalem war, den
Beinamen des Gerechten führte (meilervon Jugend
auf im Nafiräat gelebt) und deſſen Frömmigleit
aud von den Juden anerlannt wurde, den aber f
vor der Zerjtörung Jeruſalems das Volt den
gefteinigt hatte, und ber auch ald der Berfafler
des Briefed Jalobi gilt. Für die Unterfcheibun
fpricht aber, daß Judas Alphäi (Klopas) nur *
Grund der Stelle Joh. 19, 25 für einen Verwand⸗
ten des Herrn (Geichmwifterfind, aber nicht Bruder,
wehhalb dann dieſer Ausorud im meitern Sinne
enommen werben müßte) gehalten wird; daß
atth. 13, 55; Mare. 6, 3 ein Bruder des Herrn
Jakobusbrief
Ramens Jakobus erwähnt wird, der noch nicht an
ihn glaubte, und auch Apftg.1,13.14 Brüder des
eren von den Apofteln unterjchieden find. Die
ngrünbe, Daß Luk. in ber Apoftelgeihichte F
nit einführe, 15, 13; 21, 16, alfo nur ben
en Alphäiden verftehen laſſe, und ber
des Herrn nicht Apoftel geweſen fei, wäh:
send er doch Gal. 1, 19 mit den Apofteln zuſam⸗
mengeftellt wird, find nicht entjcheivend, ba aud)
Apollos z. B. 1, Kor. 4, 6. 9 im weitern Sinne
Apoſtel genannt wird, und fogar Gal. 1, 19 eine
nterjheidung von den Apofteln offen läßt. Dies
fer Bruder des Herrn fteht nad dem Tode bed
älteren Jalobus an der Spike der Jeruſalemiſchen
Gemeinde. Der Hohepriejter Feſtus fol ihn um
61 wegen Gefegeäverlegung haben hinrichten
lafien. Nach Yeaefipp ift er am Dfterfefte durch
das Bolf von ber pelzinne herabgejtürzt und
von einem Waller erjchlagen worden.
Jakobusbrief. Derjelbe ift von Jakobus, dem
Bruder bes Herrn (f. d. A. Jakobus), „an bie
zwölf Stämme, bie in ber Berjtreuung find“, wo:
mit bie Chriftenheit außerhalb Paläftinas, das
Sirael im höhern Sinne, gemeint ift. Der Inhalt
läßt ſich nicht nad) einem —— Plane gliedern,
die Ermahnung zu einem praftifch:thätigen Chris
ze. bildet die Hauptſache; außerdem enthält
Brief Ermahnungen zur Webuld in ben ſchwe⸗
ren Leiden ber Zeit, Warnung vor Parteilichkeit,
vor ber Ueberfhägung bed Glaubens gegenüber
ben Werten, vor dem Mißbrauch der Zunge, Rüge
egen die Reichen. Der Standpunkt des Berfaj:
ber ift der eines Chriften, welcher fi aus dem
Jubenthum heraus ruhig entwidelt hat, ohne, wie
das bei us der Fall war, des ſcharfen Gegen:
atzes der neuen ———— gegen die
n ber Polemik gegen
in ber Stelle 5, 12 ftreift *
——
erder, Briefe zweier Brüder Jeſu, 1734, Schar:
I zum SJalobusbriefe 1841. Ei
382
Sanfen
fie ald Jamnes und Jochabel. Sie find ber Typus
einer finftern geheimen Wunderfraft.
Janoha. Zwei verfhiedene Städte dieſes Na:
mens werben angeführt. Die eine, Jof. 16, 6, als
Grenzftabt Ephraims, jegt Janum; die andere, 2.
Kön. 15, 29, welche nördlich von Kedes lag, von
Tiglath Pilefar erobert.
Janow, Mathias von, ber Vorläufer der Buff:
tiihen Reformation, hatte in Prag ftudirt, wurde
auf päpftlihe Empfehlung Kanonifus in Prag
1381 und Beidtvater an der Domkirche. Aus dem
bein eriihen Verkehre mit dem Volke gingen
eine Ueberzeugungen hervor, welche die Aeußer:
lichkeit der lirchlichen Anftalt und Werfe und ber
kirchlichen Einheit unter die ———————
mit Chriſtus ſtellten. Da er auf die tägliche Com:
munion ber Laien brang und das Abendmahl sub
utraque reichte, mußte er 1389 öffentlich wider:
rufen, ald die Prager Provincialſynode 1388 be:
ſchloſſen hatte, daß man höchſtens einmal monat:
li communiciren dürfe. Sein Gehorfam gegen
bie Obern, dem feine Ueberzeugung widerſpräch,
ließ ihn endlich eine Reformation der Kirche nur
für möglid) halten als eine Erneuerung nad) der
Zerſtörung durch den Antichrift. Seine Scrif:
ten De regulis veteris et novi testamenti, 5
Bücher, Unterfuhungen über das Weſentliche de3
Chriſtenthums, find nur in Bruchſtücken vorhanden.
Janſen, Janjenismus. Cornelius Janfen war
eboren am 283. October 1585 im Dorfe Atoi bei
eerdam. Er ftudirte zu Löwen, lehrte dort auch
als Borftand des sein rg rer Theologie,
wurde 1630 Profeffor der heil. Schrift und 1636
Biſchof von Ypern. Fortgefehtes Studium der heil.
Schrift, viel mehr vg des Aupuftinus hatten ihn
und feinen Freund Sean de Berger (befannter
unter dem Namen Abt von St. Euren) immer
mehr zum Gegner ber jefuitifchen Lehren gemadt,
überzeugt, dap deren Semipelagianismus Augus
ftind Lehre völlig verlaffen habe und beide mit
einer Begeijterung für die Auguftinifchen Lehren
von Gnade und freiem Willen erfüllt, die ihr fol:
gendes Leben beitimmte. Erft nach Janfens Tode
(1638) erfhien 1640 fein Hauptwerk Augustinus
seu doctrina St. Augustini de humanae natu-
rae sanitate, aegritudine et medicina adversus
Pelagianos et Massilienses: „bedeutend, nicht
allein weil es fi den Jefuiten in ihren dogma—
tiſch unmoraliſchen Tendenzen fo kühn entgegen:
ftellte, fondern weil eö dies dadurch that, daß es
bie herlömmlichen Formeln von Gnade, Sünde
und Vergebung aufs neue zu lebendigen Gebanfen
durchbildete” (Hanke). Auf Betreiben der Jefuiten
wurde dad Buch ald eine Wiederholung der Lehre
des Bajus von Urban VIII. durch die Bulle In
eminenti verboten. Inzwiſchen aber hatteder Jan:
ſenismus, namentlich in Frankreich durd St. Eyran
viele Anhänger gefunden, und die Barijer Univer:
ität legte fieben Säte aus Janfens Schriften dem
fte fagend vor, welcher 1653 durch die Bulle
Cum occasione diefelben, auf 5 reducirt, ala fee:
rifh verdammte. Die Anhänger Yanfens, unter
welchen die Gelehrten Arnauld, Pascal, P. Nicole,
Berrault und die Nonnen zu Bortroyal hervorrag⸗
ten, hielten entgegen, daß die Säge, deren Unrid:
tigkeit fie anerkannten, nur durch Mifverjtändniß
in Janjens Schriften gefunden würden. Als da
egen der Papft die Verdammung der Süpe ald
ehre Janfens forderte und die Unterjchrift der
Januarius
Bulle mit Strenge verlangt wurde, erſchienen Ar⸗
naulds Brief an eine Perſon vom Stande und die
Lettres à un provincialvon Pascal, und die Dppo⸗
ition fammelte fih um Portroyal (f. d. Art.). Die
bjichtigte gewaltfame Unterdrüdung bes Jans
ſenismus dur ——— wurde gehindert, als
auch 4 Biſchöfe durch die Unterſcheidung zwiſchen
dem fait und droit und das bioße Verſprechen
eines respectueux silence auf feine Seite traten,
0 daß dur bie fogenannte Paix de Clement
X. 1668 ein zweibeutiger Bergleih unter Ber:
mittlung bed Königs gefchloffen wurde. Der Streit
ruhte um fo mehr, ald Arnauld und die janfenis
ſtiſchen Biſchöſe danach in den Regalitreitigkeiten
das Recht des Papſtes vertheidigten und damit
die Gunft beffelben gewannen, aber vor dem Un:
willen Ludwigs XIV. Frankreich verlafien hatten.
al aber, deſſen Nonnen die Bulle Vineam
omini nicht unterjchreiben wollten (1705), worin
die Berwerjung der fünf Säge ald ber Lehre Jans
ſens ohne alle Rejtrictionen gefordert war, wurde
von Ludwig XIV. aufgehoben und zerftört. Einen
neuen Aufſchwung nahm der Janjenismus und
ber Streit über ihn durch das von Quesnel unter
dem Schuße des nachmaligen Erzbiſchofs von Pa:
ris, Noailles, herauägegebene Neue Teftament mit
Anmerkungen. Dies Erbauungsbuch fa:ıd bald in
ben meitejten Streifen eine warme Aufnahme.
Die Bulle Unigenitus von 1713 verdammte nun
101 Säge aus diefem Teftamente als janfeniftifch
und ketzeriſch; darunter nicht wenige, die mit der
Ze Schrift, mit Auguftin und ſelbſt dem Triden-
inum faft wörtlich zufammenftimmten, aber jeſui⸗
tiſcher Doctrin wi —— —— weigerte ſich
ein großer Theil des franzöſiſchen Klerus, die Bulle
oder Eonftitution anzunehmen, obwohl ber König
e ald Reichsgeſetg hatte regiftriren lafjen; fie vers
ngten eine Prüfung ber Bulle durch ein Ratio»
nalconcil, und als dies durch den Widerftand der
Gegner, ber Eonftitutioniften, nicht zu Stande
fam, appellirten fie an ein fünftiges allgemeines
Concil. So ſchied ſich die —*— Geiſtlichkeit
durch die Bulle in Acceptanten und Appellanten.
Mit allen Mitteln der weltlichen und lirchlichen
Gewalt wurde gegen bie — eingeſchritten.
Viele ließen ſich zum Widerruf bewegen, wie Noailles
elbſt 1728; Andere wurden abgeſetzt, verbannt,
s Gefängniß geworfen, oder ihnen ſeitens der
Kirhe die Sacramente verweigert. Biele flohen
nad) den Niederlanden, wo der Janſenismus ſich
ruhiger hatte ausbilden können. Dort fagte
das en Utrecht mit den nung rigen Dar:
lem und Deventer vom Papfte los, der durch die
Bulle Unigenitus die Kirchenlehre verlegt habe,
und bifbeten feit 1723 eine eigene Kirche, die ſich
zwar zu der römifchen Kirche noch immer rechnet,
aber dem Papfte nicht unterordnet und folgerichtig
mit ihren Gliedern ercommunicirt ift. te eit
umfaßt dieje Kirche 27 Gemeinden mit ca. 6000
Seelen. Zeybeder, Hist. Jansenismi, 1695;
Gerberon, H. generale du J., 1700; Reudlin,
Geſchichte von Bortroyal, 183944.
annarius, der Heilige. Bon den 14 Heiligen
dieſes Namens, deren Gedächtniß die Kirche feiert,
iſt der Bornehmite der einftmalige Bifchof von Be:
nevent, der unter Diocletian den Märtyrertod er:
litt 305. Gedächtnißtag 19, September. Da er
den Göttern zu opfern ſich weigerte, warb er ver:
geblich erft in einen glühenden Ofen, dann wilden
383
Jarrow und Wearmouth
Thieren vorgeworfen und endlich enthauptet. Das
vergoffene Blut foll von einer Frau au wur en
fein und wird in 2 Phiolen mit dem Haupt
Heiligen in einer Gapelle der Kathebrale von Neas
pel bewahrt. Wenn das Haupt bem Blute genähert
wird, fo fängt dies wieder frifh zu fließen an.
Das Wunder gefchieht regelmäßig am Gedächtnis
tag bed Toded. In dem fchnelleren oder ftoden-
den Flüffigmerben erblidt man ein Dralel für
fommenbes Glück oder Unglüd,
Japan. Unter Franz Xaver etablirten die Je—
fuiten 1549 auf der Intel Kiufiu ihre Miffton, die
olhen Fortgang hatte, daß mehrere Daimios-
ürften dem Chriftenthum zutraten, die Zahl der
efehrten fih um 1 auf 200,000 berechnete
und eine japanejifche Geſandtſchaft 1580 Gregor
XIM.begrüßte. 1587 aber begann der Kaiſer Tai⸗
tofama, aufgeregt durch die japaneſiſchen Bonzen
und in mander Beziehung durch baß Chriftenthum
feiner Unterthanen gehindert und argmöhnifch ger
macht, die Berfolgung damit, daß er Kirchen ein:
reißen ließ und den Miffionären das Reich zu ver:
laffen gebot. Als diefe Berbote nur die Umwand⸗
lung des öffentlichen Gottesdienſtes in Privatan:
— zur Folge hatten, erregten Mißhelligkeiten
mit den Portugiefen den Sturm ber Besfolgung
von 1596 und 1597, in dem bie 26 japanefiidhen
Märtyrer (fanonifirt 1862) fielen. Taitofama’s
Sohn war riftenfreundlic erzogen und duldete
die Miffionen bis 1613. Die von den Holländern
* eingeflößte Furcht, die Portugieſen beabſich—⸗
tigten ihn ſeines Reiches zu berauben, ſoll den⸗
rer zu ben Berfolgungen bewogen haben, die er
eit 1614 eintreten ließ. Die Kirchen wurden nie
bergeriffen, die japaneſiſchen Ehriften follten vers
brannt, alle Miffionäre verbannt werden und
ebenfo für immer alle Portugiefen. Mit großer
Unmenfchlichleit wurde das Edict audgeführt und
unter Taitojama II. (1631—58) der Reſt ter letz⸗
ten Chriftengemeinde, ber ſich verzweifelnd hart⸗
nädig vertheidigte, zu Nangaſaki mit holländiſcher
Hülfe vernichtet. 1644 war das Chriſtenthum aus⸗
gerottet, und die Abſperrung des Landes gegen
allen fremden Verkehr feit 1638 vermehrte eine
Erneuerung der Miffionen, gegen welche das ftaats
liche Gebot ded „Jeju:mi‘ (Gebot, ein Erucifig mit
üßen zu treten) eine neue Sicherung gab. Die
nung ber Häfen feit 1854 hat auch fatholifche
und evangelifhe Miffionen zu neuen Verſuchen
gelodt, indeß bis jegt ohne nennenömwerthen en
Japhet, der Sohn Noah, 1.Mof. 5, 32; 6, 10,
der Stammpater der iranifhen und turanifchen
Völler. Das harakteriftiiche Merkmal der Unter:
ſcheidung feiner Nahfommen von den Semiten
zeigte fih darin, dat die Japhetiten ein reges
Eulturftreben an fi} trugen und darum aud von
den Grenzen ihrer Stammgebiete ſich nicht Halten
ließen; fie gewannen Wohnfige ber Semiten.
aphia, Grenzſtadt Sebulons, of. 19, 12, nad)
Jo * lap«, das heutige, eine halbe Stunde
von Nazareth liegende, Dorf Jafa.
Jargi. S. Raſchi.
Jarmuth, eine kanaanitiſche Königftadt in ber
Niederung Juda's, im Nord: Weften von Jerufa:
lem, of. 12, 11; wahrſcheinlich das heutige Jar:
muf.
—— und Wearmouth, zwei eng miteinander
verbundene und unter einen Abt gejtellte Klöfter
in Northumbrien, weiche ber Angelfachfe Bennet
Jaſon
Leitung trefflicher
R iete geboren, ihr Schüler, ſpäter Lehrer, eine
lem zu erobern. Nach vielem Blutvergießen konnte
er ſich nicht halten, mußte zurücklehren und, bei
Aretas verklagt, nad) Aegypten flüchten und end»
fi nad) Sparta, wo er im Elend ftarb, 2. Maff.
5,5 ff. — 3) Der Sohn Eleazars, einer von ben
Gefandten des Judas Maklabäus nad Rom.
atba oder Jotba, 2. Kön. 21, 19. Geburtäort
ber — —— der Mutter des Königs Amon
von
— war eine Prieſterſtadt im Stamme Juda
auf dem Gebirge gelegen, Joſ. 21, 14; 15, 48.
Eujebius nennt fie Jathire und jagt, fie fei ganz
von Ib, bewohnt gemejen.
“
Was, Presbyter und feit 435 Bifchof von Ebeffa.
Weil er die Schriften des Theodor von Mopſueſtia
überjegte, wurde er von einigen Mönchen und Kle⸗
rilern beim Patriarchen Proclus von Antiochien
und dem Kaifer Theodofius II. des Neftorianismus
— aber freigeſprochen. Zwar entſetzte ihn
die Räuberſynode zu Epheſus, doch wurde er zu
Chalcedon 451 wieder rejtituirt, nachdem er ben
Neftorianismus anathemafirt hatte. Berühmt ges
worden als eines der drei Enpitel im Dreicapitels
ftreite ift fein Brief an den perfiihen Bifchof Mari,
in welchem er, ohne Neftorius beizuftimmen,
Eyrill heftig tadelt. Die griechiſche Ueberſetzung
bei Manfi, VII, p. 241. Derfelbe wurde von Zus | die
inian und der 5. ölumeniſchen Synode zu Con:
ntinopel verdammt.
berier bewohnten das heutige Georgien und
Grufien. Sie erhielten dad Chriſtenthum durch
eine friegögefangene Nonne. ig Gebet hatte ein
kranles Kind und die Königin gefund nr
D rief der König in einer großen Noth auf
der Jagd den Ehriftengott um Hülfe an ; zum Dant
für bie Erhörung ließ er fi und fein Bolt von
jener Nonne im Chriftentfum unterrichten und
berief Geiftlihe und Lehrer aus dem römiſchen
Reihe um 320 oder nad) andern Berichten aus
Armenien.
Idacius, Biſcho
384
Idumäa
Berlkeley, Kant, welcher wohl ein objectiv Reales
annahm, allein als nicht fo eriftirend, wie es und
erſcheint, fondern ald nur nad) den im Geifte lies
enden Kategorien ertennbar (tranfcendentaler
dealiömus) und in confequentefter Ausführung
ze, welcher die Außenmelt lediglich ald das
piegelbilb bed eigenen Ich betrachtete,
Idee ift in der Sprache der Bhilofophie ein Ge:
bante, aber nit infofern derjelbe in einem den:
tenden Wefen als Vorftellung durch ein von außen
ei Gegebenes ſich bildet, nicht infofern derſelbe
(als Begriff) durch Abftraction aus Borftellungen,
bie jelbft wieder Bilder bed Gegebenen find, erzeugt
wird, alfo nicht der gleichſam bloß abbilbliche Ge:
danke, jondern ber Gedante als urbildlicher oder
als zugleich ſchaffender, — —* ern er
alſo dem Werdenden zu Grunde liegt un ſel⸗
ben vorhergeht. Als ſolcher kann er ſeine geſtal⸗
tende Macht dadurch haben, daß er dem werdenden
und ſich entfaltenden Daſein als geiſtiger Keim
immanent innewohnt, daß er — unbewußt oder
bewußt, naturnothwendig oder frei — die Geſtal⸗
tung und Entfaltung, die Verwirklichung ober Ber:
leiblihung deflelben beherrſcht und den Stoff, ven
er für feine äußere Verwirklichung bedarf und er:
greift, von innen aus in dieſe beftimmten Formen
jwingt: aljo das, was man im Bereiche des "m
nifhen XZebens auch Typus genannt o
ſpricht man von der Idee der Roſe, der Pflanze,
des Thieres, der Menſchheit, des Staates, der Fa⸗
milie, des Rechtes u. ſ. w. So ſpricht z. B. die
Hegelſche Philoſophie von der abſoluten Idee,
d. * von der geiſtig⸗geſtaltenden, die Geſa m int⸗
de t Des Daleine, ie Weltentfaltung beherr⸗
enden Macht des Weltgrundes, und dent dieſen
Urgrund alles Dajeins und diefe geftaltende Macht
aller Entwidlung, alles Werdens entweber —
wie wahrſcheinlich Hegel jelbft, und nad) ihm we
— die —— rechte Seite ſeiner —
Goͤſchel, Roſenkranz, Conradi, Erdmann u. A. —
als bewußte Macht, als Subject, oder — wie
bie linke Seite, in der durchſichtigſten Fafſung bei
Strauß u. A. — ald unbemwußte, blind wir
ende, aber ſich sriekmäßig, verwinftig entfaltende,
erſt in den einzelnen Subjecten, im Menſchen
um Bemußtjein erblüht. Ein folder beherr:
chende, geitaltende Gedanke kann aber aud von
außen ber dem Stoffe aufgeprägt oder eingebil⸗
det werben, fo daß er aljo nicht die von innen aus
ihn bildende Macht ift. So kann die Jdee in ber
Seele bed Künftlers, des Staatömannes, des Feld⸗
herrn (die in diefem Falle Künitler find) leben und
fi in der Statue, im Drama, in der Mafdine
ausbrüden. Das Kunftwert wird dann um fo voll:
lommener fein, ald es ben Schein eines Lebens
von isınen aus an ſich trägt. Idee im Sinne
jener immanenten Gedanlenmadt fest eine idea:
liftifche oder eine organijche ——
von Emerida, trat in fanati⸗ ſung voraus, eine ſolche, welche den Zweckegri
ſcher Weiſe gegen Priscillian auf und rief in Ver- in die Mitte ſtellt. Ein tieferes Verſtändniß des
bindung mit Ji
Gratian wider jenen auf.
Idealibmus heißt entweder ein philofophifches
Spitem, wie dad Platonifche, welches den Ideen
us von Sofjuba 380 den Kaiſer Chriftentyums in feinem Wejen und feiner Ge—
ſchichte ift nicht möglid, wenn man ſich nicht des
Verjtändniffes der Idee bemächtigt, wenn man
aljo einer antiidealiftifchen oder einer antıorga:
objective Eriftenz zufpricht, oder im modernen niſchen Weltauffafjung folgt.
Sinn diejenige philofophiihe Richtung, melde die |
Außenmelt, wie fie und erſcheint, mehr ober weni⸗
Idiomata. S. Communicatio idiomatum.
Idololatrie, abgöttiſcher Bilderdienſt, von Idol
ger nicht als objectiv real exiſtirend anjieht, fon: = Bild.
bern als ein Product des menschlichen Geiftes. So
IJoumän, S. Edom.
Sebleam 385 Sephtha
it | Amt ald Nafi, Vorfteher und Richter der gefamm:
abo. u EL 3 Rn — Behter bes Orfelrd ge
von Megiddo, wo Ahasja fiel, 2. Kön. me eich er Js 8 jeinen Vorträgen find die Bareitha
of. 17, 11 gehörte er zu denen, welde im Beſitze unb Xhofepbtän bes Tafmnık herporgegangen.
der Ranaaniter geblieben waren. 2 10. |veranflaltete F— erfte Sammlung der bisherigen
rl 7 — mel, —* in Lehrtradition über das — die Miſchna. Sn
28; 11,5 ſt⸗ ⸗ ten 17 ines Lebens er
und um Jeruſalem (Jebus). Von deln beſiegt, eng — ns ANA zu
ielten fie ſich in ihrer Stadt, bis David die Bur Sevphoris. Seine Würde beiteibeten aud) fein
ion eher a ee 3.1.
nod erw ra 9,1. II, der Heilige, war als Nachfolger
ce
fol auch der Rame eines namentlich über die Thiere feine Gefehrfemteis und eh Anfehen beim Kaifer
gebietenden Dämons gemefen ae r ‚hob er daS Anfehen feiner Gerichtöbarfeit, die
ren det. —— —S— der auch von allen Juden anerfannt wurde. —*
ah. So wir , bi vo
Punctation des Wortes Adonaider Name des Einen —5 Ben F = Sit ie
Gottes MN gelefen. Die richtige Ausſprache P "Sammlung der bisherigen m. Pr
eh oder . Der Name bedeutet nad) 2. | Gefey (f. Mifchna). In den leisten ahren ei:
ur 14 Sugar Seienden. Wenn diefe Be: | es ebens an mußte er io nad) Sepphoris
uns Gotteö auch vielleicht älter ift, fo 62 — be i ve 1547
e doch erft mit Mofes, 2. Mof. 3, 13—15; 6, Jena. Die Univerfität wurde im Se h
—8, ala licher unterfheibender Gottes name yon dem Kurfürften Johann Friedrich geftiftet
auf, in welchem fich die Bejonderheit des jüdischen | und 1558 eröffnet. Als Gegenfag zu dem Philippi:
Lottesglaubens und feine Geiftigfeit im Untere | ft; | eat 5
Khieb von ben umgebenden heidniſchen Völtern | ie Flacius, Amsdorf, Wigand, sie Der
ausjpricht. Der Name Jehovas verdrängt — ſtarren Lutherthums, aus welcher milder N 2*
mehr die früheren El Schaddai, Elohim und wird | pie Strigel und Schnepf, verdrängt in +
häufig in den Zufammenjegungen der Eigennamen. nad) einigen Jahren trat wieder, durch d e ſichtliche
R und Elofift. S. Bentateud. Beröbun ber Sacuftät in Jele bb Berelgenben
Jehn | Hanani's, ein Bropfet, |lutherifcen Fanatimus, eine tolerantere Strö-
Der in Zube Ice nl ae Dale Tr a een Denallund, ine | Hilippiftifeh ge:
weicher in \juda lebte und dem vadſa Mi ® | finnte Seineder berufen Wurde. Aber 1 7
— Ve; 0. Barack — 8 —2** erfolgte unter dem Herzog Johann Wi wieder
2.3; nad) 2. ie 20, 34 jehrieb er die Annalen. | ein Umfchlag zum Luthertbum und Männer, wie
ee eg Göttin Wigand, HehhuS, heberrihten Dir Unorr
Te A fität. Aus dem 17. Jahefunbert ind al8 berühmte
ven ara a Eee a Rio t eologifche Lehrer erhard, Mufäus, aus dem 18.
— Man #: 1.Rön 16 16, und zum | Buddeus, Danovius, Danz, Döderlein, Eichhorn,
Yuffland ara Jam aufgeforkent. De bie el | Bauluß, Batch zu nennen, Berüguie Poitofop >
w Fi 4 i in 4
Ben —— * 2 ee —— * ule der Philo⸗
zufielen, ſuchte er Joram zu —— 9 bot ;fophie. Gaöler, Griesdach, Baumgarten-Crufius,
peln und ln ihn auf bem Benfeltet el| Rüdert, €, Schwarz, Hafe find die bebeutenderen
aufweist Cru sum aka Se an Yen aA aan A
— m fie Derthaft m Ka ep ee
fämmtlihen Nachlommen und Verwandten Ahabs | Jena, ichttichen Entwidtung, 1858.
tödten, verfammelte unter dem Vorwande eines | ihrer geſch ei S — * vibel
Opfers die Baalsprieſter, um auch ſie auf einmal er ng rg soetifche Mdbrud für —
——— und ver hier heiten. = enfeits, Daß, 2
Hierbei wurde er jedenfalld von de “ : Richt. 11. 12. Als der
Pd ni ‚inter; luft abe no | Sohn einer Quhferin vom Orbihe jeine® Baters
erobeamd nicht abſchaffte, da ihm Athalja’s Re: — 85 —
iment die Unterwerfung Juba’3unm lich machte. Tob a fi durch Tapferkeit einen Ramen.
o wird er bei ben ichroff heruortzetenden en her Bebr iß durch die Ammoniter wand:
fen und fittlichen Mängeln dargeftellt aus ‚dem | I i * Feuer made ie
Gefihtäpuntt, daf er das Werkzeug des —— = g zu ihrem Oberhaupt und ſchlugen den
Gerichtes gewefen fei. Im —— be: | Feind am Arnon. Vor der Schlacht hatte Jephtha,
ee ⏑— ax der Dfe| Denn Air rn erde er
feite des Jordan 43 an en Söng Hajael von | aus der 1 — eines Hauſes entgegentrete, Jeho:
ei der Rückkehr ihn ſeine
Syrien verloren. Jehu ſtarb 855. vah geweiht. i Den
ter mit einem feftlihen Reigen und g N
* en OL —— Fe Gelübde, —*6 er ſie, nachdem Fa mit
i Geſpielinnen nod 2 Monate Freiheit gehabt
(.d Sy ——— Bei, ei den Bergen ihre er ag zu —
Fehudah, R., der ifige, Nafi (220—40) zu | weinen. Man hat — wenig — —
Tiberias. Wichtiger und bedeutender als durch ſein hieraus zu ſchließen, daß überhaup = op
Jephtha⸗El
bei den
buchſtäblichen Sinne abzugehen und die Tödtung
des Mädchens zu bezweifeln. Es iſt das Ge—
—* dem ſich Jephtha nicht entziehen zu dürfen
meinte.
Iepbtba-@il ift bad Thal Jotapata, das heutige
Dadi:Abilln.
Jeremia, der Prophet. Der Sohn des Prieſters
Hiltia zu Anathoth im Lande Benjamin, trat er
unter Yofias ald Prophet auf mit Strafreden ge
en Die, welche das Gejeg nicht beachten wollten.
n der trüben Zeit nach Joſias' Tode, ald unter
deſſen Nachfolger fich heidniſches Weſen wieder
ungefcheut geltend machte, ftand er „wie eine Mauer
von Erz und eine Säule von Eifen“ den Lügenpro:
pheten entgegen, aber zeigte, wie das Verderben un⸗
ausbleiblid fommen müfle. Dem Bündnig mit
Aegypten, deinnicht nuralle heidnifch Geſinnten 9
—— widerſprach er ſtets, da er erlannte, da
egypten Paläſtina wohl als eine Vormauer gegen
die Chaldäer zu behandeln wünfche,aber niemals im
Stande fein werde, daffelbe u 5* Gegen die
kecke Zuverſicht, welche, auf die Weiſſagungen ber
älteren Propheten geſtüht, ein Unterliegen Jeru:
yalecıs ſich nicht denken konnte, machte er mit Ernft
geltend, daß Rettung nur aus jittliher Erneue-
tung fommen könne und ohne dieſe eine Hoffnung
auf wunderbare göttliche Hülfe nichtig fei. Erbit: | Cap
tert über feine Weiffagung, die ihnen als anti:
national erfdeinen mußte, Tote er von dem durch
die Pricjter der Gegenpartei erbitterten Volle ge:
tödtet werden; nur die Berufung auf Micha von
Varefa, der zu Hiskias' Zeiten ebenfalls ungeftraft
görtlihes Gericht verfündigt habe, rettete ihn, doch
wurde er der Rache Jojalims, der den Propheten
Uria aus gleicher Urſache tödten ließ, nur durch
die Sorge des Ahikam, der ihn verbarg, entzogen.
Nach der Eroberung Ninive's und Necho's Nieder:
lage bei Karchemiſch ſchien die Zeit günftiger, die
Semüther für feine Reden empfänglich zu machen.
Daher lich er feine früher gehaltenen Reden d
Barud aufſchreiben und diefelben, vermehrt dur
eine Weisfagung über die Chaldäer, im Tempel
während einer größeren Foſtenʒeit vorleſen. Die
Reichsräthe brachten die Schrift zum Könige, wel:
her, nachdem er einige Seiten angehört, zornig
das Bud) zerſchnitt und Jeremia und Barud), die
fih aber verborgen hielten, zu ergreifen befahl.
Der neuen Abjhrift fügte Jecemia eine neue Drop:
rede gegen Jerujulem zu. Seine warnenden Vor:
ausjagungen trafen bald ein, als Yojafim fich bei
dem neu ausbrechenden Kriege zwiſchen Aegyptern
und Ghaldäern wieder zu den en je te, Das
Sand erohert wurde, Jojakim fiel, fein Nachfolger
Jojachin ſich den Chaldäern ergeben mußte und
mit allen Bornehmen nad) Babel abgeführt wurde.
Als der von Nebufadnezar eingejegte Zedelia ſich
ebenfalls der ägyptiſchen Partei zuneigte, die dem
druckenden Jod ſich zu entziehen fuchte, ftatt eö,
ıo\e Jeremia wollte, als ein Geriht aus Gottes
Hand demuthig hinzunehmen, und ein Bündniß
der ſyriſchen Völter gegen die Chaldäer ſich vorbe:
veitete, von dem man eine völlige Befiegung bes
Feindes erboffte, trat Jeremia (Cap. 28)demLügen:
Tropheten Hananja entgegen, mit dem Zeichen des
eiſernen Joches und der (erfüllten) Drohung feines
baidigen Todes, Seine —“ an die Ber:
baunten, fich geduldig in die neuen Berhältniffe zu
jüugen und von jedem Nufjtandverfuche abzulaffen, | Dikig,
386
fiten vorgelommen feien, ald von bem | murbe mit aleirhem Hohne wie zu —A
it, die er
Jeremia
gewieſen. Bei aller entſchie denen Gewißhe
läubig feſthielt, daß auch für Iſtael eine neue
dei des Glanzes wiederlehren und das heilige
olk der Jehovahdiener nicht untergehen werde,
beharrte er auch da bei feinen ren und
Drohungen, als Jerufalem fich bei Nebul
neuem Kriegszug mit begeiiterter Tapferkeit hielt
und das Anrüden der Negypter die Chaldäer zur
Aufhebung der Belagerung nöthigte. Als Berräs
* verdachtigt und eingekerkeri, befreite ihm erſt
ebuladnezar nach der Eroberung der Stadi Das
Anerbieten befjelben, ihn nad) Babel
durfte er ablehnen; er blieb im Lande, bis
der Ermordung Gedalja's er den Auswanderern
pr te, welche vor der zu erwartenden Rache Ne=
uladnezars nad pten flohen. Er fort
u mahnen und zu ftrafen und end zu Taphnä von
teini
einen Landsleuten
eremia, das B Da enthält ſowohl
— als *53 iche Nachrichten. Man
unterſcheidẽt wer Theile: 1) Einheimische Weisja-
gungen und Geſchichte (1—45) und zwar ſolche vor
(bis 39) und nad) der Zerftörung. Gap. 1
die Berufung des Propheten. Die folgenden Cap.
ae —— den * ——
ntergang Juda's durch bie & Macht,
. 40—45 Geſchichtliches über die —S
Jeremia's unter dem nach ber Zerſtörung Jeru⸗
ſalems zurüdgebliebenen Bolte und über die Flu
nach Aegypten, Der zweite il ift gegen
J— ſraels: Aegypten (46), — (47),
N) ), Ammon, Edom, Damascus, Kedar
und Hazor, Clam (49), Babel (50 und 35
tet und ah mit einem geſchichtlichen An
über die Ze — Jeruſalems Nr Die Zu
menftellung der Weisfagungen iſt nicht chronolo⸗
ich, jondern nad dem PBrincip äußerer Äehnlich⸗
eit släehen, fo daß ſich die Kritif vielfach
der Bu ammenftellung des Zujammengehörigen
und Ausſcheidung des Fremdartigen ya
Zunädjt wird die Integrität des Buches von Mans
hen bejtsitten; nicht nur einzelne Ueberjchriften,
fondern auch größere Stüde werden alö interpolirt
betrachtet. So werben von Einzelnen bie 84
1—16. 30. 31. 33. 50, 39—46. 51, 15—1
unecht angejehen und der auffallend ähnlichen
Schreibweife wegen dem zweiten Jefaia zugeipro-
hen. Interpolationen werben ferner gefu in
den Cap. 25.27.23. 29. Cap. 52jei aus 2, Rön, 24,
18 ff.; 25, 1 ff. entlehnt. Die Sammlung
Weisjagungen muß in verfchiedenen Zeiten geſche
gen jein; die 36, 4 ff. erwähnte Sammlung des
hilers Baruch ſcheint nicht in der unfrigen ent⸗
halten zu fein. Eine Sammlu — —
Theile unſeres Buches ſoll Moverd von
bem —— der Bucher vn i
agelieder veranftaltet jein; e
Bemia. Andere (Emald, Hävernid, deu) )
die Sammlung noch durch Jeremia
einen Schüler U vo
ierüiber ehr,
majorethifchen und alegandrinifchen
des Buches finden merklich
Anordnung und in Hinzufügun ober
von einzelnen Theilen Statt. ‚ Zur
Eregefe des Buches außer den allgemeine
leitungen: Umbreit, pralt. Commentar, :
1841, 2. Aufl. 1866; Neumann, 5
Seremia
befonberd Graf, 1862; Nägelsbach, ber Prophet
Ser., eine egegetifch-kritifche Abhandlung, 1850.
gJeremia, Rlageliever. Darunter werben fünf
Rieder verjtanden, welde mit bem Titel MI’N
echiſch Fpävor, bezeichnet werben und in elegi:
chem Tone die Zerftörung Jerufalemd und das
ser des Dichters (3) beweinen. Die Form ber
Lieder ift ſehr fünftlih, Inden: jedes 22 Strophen
enthält und die vier erjten alphabetifch find. Eine
alte Trabition (vgl. LXX zu Klagel. 1, 1) nennt
Seremia ald Berfaffer, womit mande Kritiker
übereinftimmen, während Emald, Nägeldbad) (in
Lange's Bibelmerf, 1868) u. A. an einen Schüler
des Seremia denen. Vgl. zur Eregeje Heel, 1854;
Thenius, 1855; Emald, die Palmen und bie Kla—
gelieder, 3. Ausg., ©. 321 ff.
— Brief des. S. Apokryphen.
eremias II, Patriarch von Conſtantinopel.
Geb. 1636, wurde er nach der Abdankung bed Me:
trophaned 1572 zum Patriarchen ermählt, aber
von jeinem Vorgänger, der gegen den eingegande
nen Vertrag zurüdichrte, geftürzt 1579. Nach Me:
trophanes Tode erhielt er dann feine Würde wie:
ber 1580, wurde aber, beim Sultan verleumbet,
wieder berfelben beraubt und nad Rhodus vers
bannt 1584. An feine Stelle ernannte der Sultan
den Pachomius und nad) deffen Sturz ben Theo:
liptus. Bei feiner Rückkehr fand fich Jeremias mit
feinen beiden Prätendenten dur Geld ab und
machte, weil das Kirchenvermögen total erfchöpft
war, 1589 eine Reife durch die Moldau nach Ruß:
land, um Unterftügung zu erbitten. Bei dieſer Ge:
fegenheit gab er dem Großfürften Boris Godunow
nad und übertrug dem Metropoliten von Kiew
bleibend das Patriarchat Über bie ruffifche Kirche,
wodurch er factifch die Trennung derfelben von der
— ausſprach. Bekannt iſt der Verſuch der
übinger Theologen Cruſius, Andreä, durch Briefe
und Ueberjegungen der Augsburgiſchen Confeſſion
und des dogmatifhen Compendiums von Heer:
brand eine Verbindung mit der griehifchen Kirche
anzufnüpfen. Zwar nahm Jeremias den Vermitt:
ler, Geſandtſchaftsprediger Gerlach, freundlich auf,
antwortete auch 1574 freundlich ; aber nachdem er
die Augsburgiſche Eonfeffion in der 1576 nad)
Tübingen gefandten Censura orientalis ecclesiae
in ihrer Abweichung vom griehifchen Dogma kri⸗
—— verbat er ſich die weitern Zufgriften.
io, Stadt, von Jerufalem 150 Stadien
entfernt und dur eine mwüfte, unheimliche Land:
ag getrennt, von Schöner Lage und gutem Alina.
ie ift ſchon vor der Einwanderung der Hebräer
erbaut Sr 6, 1; 12,9), wurde von dicken zer:
ört (Joſ. 6, 26), ſpäter wieder aufgebaut, gelangte
ann zu hoher Blüthe, wurde hei befeitigt
(1. Kön. 16, 34; 1. Malt. 9,50) und von Herodes
mit einem Palafie geziert. Jegt ift an ihrer Stelle
ein elende3 Dorf Erika.
Jerobeam, der Sohn des Nebat und ber Ze:
zuga, ein Ephraimit. Er war von Salomo zum
Auficher über die Frohnarbeiter beim Bau der
Feſte Millo beſtellt, 1. Kön. 16, 11 ff. Ihm verhief
der Prophet Achia das Königreich über 1O Stämme,
Er veranlaßte einen Aufitand, mußte aber, be:
fiegt von Salomo, nad) Aegypten fliehen. Als
die nördlichen Stämme fi) gegen Rehabeam *
ben, wurde er herbei gerufen und zum König über
387
Serufalem
Ifrael gemadt. Sein Erjtes war, bie alten Volls⸗
heiligthümer wieder zu Ehren zu bringen und bie
Eentralifation des Gottesdienftes zu Jerufalem,
mit melden das Davidifche Königthum jo eng zus
Jammenbing, 1% zerbrechen. Daher der Bilderdienft
u Dan und Bethel, aber aud) die bleibende Unzus
Triedenpeit bes Brophetenthuns in Iſrael; zugleich
war bamit ber Keim einer ſchnellen fittlihen und
religiöfen Entartung gegeben. Jerobeam regierte
22 Jahre. Zwar gewann er Moab wieder und
ſicherte das jüdliche Oftjordanland durch die Anles
gung der Feſtung Pnuel, aber den Rorden verlor
er an Damascus, in welchem der beftändige Gegner
Iſraels heranwuchs. + 957.
Jerobeam II.,822— 761, Sohn und Nachfolger
bes Joas (538— 822). Ein tapferer und Huger Kös
nig bed Zehnftämmereiches, der erfolgreich gegen
die Syrer fämpfte und im Norden und Diten die
Grenzen Davids wiedereroberte. Auch im Innern
belebte er durch zweckmäßige Einrichtungen den
Wohlſtand des Landes. Dem Prophetentyum war
er ungünftig gefinnt, was Amos, 7, 10. 13, und
golen, 9, 7, erfahren mußten. Damit riß aber ein
ittenverfall ein, buch welchen das Reich, inners
lich geſchwächt, bald nah ihm zufammenbreden
mußte.
Jernel, die Wüfte, 2. Chr. 20, 16, ein Theil der
Müfte Juda. —
Jerufalem, bie Stadt, hebr. Jeruschalem, Je-
ruschalajim, griech. IegovanAnu,‘leposckvuua, (at,
Hierosolyma, dichterifch Salem, Bi. 76, 3; Jeſ.
29,1, 8, Ariel (Feuerherd Gottes); früher Jebus,
%of. 15, 63; Richt. 19, 10. 11, Stabt Gottes, heis
lige Stadt, Neh. 11,1. 18; Matth. 4, 5; 2. Chron.
25, 28, Stadt Juda's, liegt wejtlih vom 53,8,
L., unter 310 45 N. B, 8 deutſche Meilen vom
Mittelländiſchen Meere, 5 vom Jordan entfernt,
auf einer vorfpringenden Erdzunge des judäiſchen
Gebirges, mit dem fie nur im R.:W. zufammens
hängt, und die im D., ©. und W. in tiefe Thäler
abjällt. Bom N.:W. der Stadt an zieht fi, ans
fangd nur eine mäßig tiefe Einſenkung, dann
immer tiefer werdend und die R.:D.: und D.:Seite
der Stadt umſchließend, das Kidronthal, das bis
zum Brunnen Rogel, wo es mit dem Gihonthale
zufammentrifft, gemöhnlih das Thal Gojaphat,
0el4,2;2.Chron. 20, 16—26, heit. Das Gihons
thal beginnt imN.:W., umfpannt die weſtliche und
füpliche Stadt und trägt im Süden den Namen
Sehinnom (gö bens Hinnom), %0].15,8; 2. Kön.
23, 10; Ier. 7, 32. Anfangs umfaßte die Stabt
nur den Berg Zion und beftand aus ber jehr feften
Burg, welche von den Jebufitern bejegt war, und
der um fie gebauten eigentlichen Stadt, in welcher
aud Benjaminiten und Judäer ſich anfiedelten;
bei der Bertheilung war fie dem Stamme Benjas
min —— Joſ. 10, 1. 23; 15, 63; 18, 28;
15, 8; Richt. 1, 21. Erft David eroberte die Burg
und machte die Stadt zu feiner Refidenz, 2. Samt.
5,5 ff.; daher der Name Stadt Davids, Er baute
das Gaftell Millo, 2. Sam, 5, 9; Salomo ließ
einen foftbaren Balaft auf Zion bauen, 1. Kön. 3,
1; 9, 15, auf Moriah errichtete er den Tempel, 1.
Kön.6, Die Stadt wurde nad) und nad) bedeutend
erweitert und befeitigt, * die eben cit. Stellen;
Uſias, Jotham, Histia, Manaſſe verſtärlten die
———— 2. Chron, 26, 9; 27, 3; 32, 5; 33,
14. Ueber ihre Bauart wiffen wir wenig; ficher iſt
aber, daß ſchon frühe Der Hügel Arc (; u.) bebaut
25
Serufalem
war unb e8 alfo eine Unterſtadt gab, 2. Kön. 22, |
14 ; Sep. 1, 10; Jer. 39, 3. Die Mauer war mit
Thürmen und Zinnen verjehen, 2. Chron. 26, 9.
15 ; 32, 5. Ser. 31, 38 wird der Thurm Hananael,
2. Sam. 5,9; 1. Kön.9,15. 24; 11,27; 2.Chron.
82, 5 das Caſtell Millo und 2. Chron. 27, 3; 33,
14 der füdliche Vorfprung des Moriah, Ophel, ge:
nannt. Die Thore find 2. Chron. 26, 9; 32, 6;
83, 14; 2. Kön. 14, 18; Bad. 14, 10; Ser. 37,
13; 31, 40; 19, 2; 39, 8 das Fiſchthor, das erfte,
das Roßthor im D., das Edthor im N.:W., das
Benjamind: (Ephraimds:) Thor im R., das Thal:
thor gegen das Thal Gihon, Töpfer: oder Ziegel:
thor gegen das Thal Hinnom, das Mittelthor zwis
ſchen Ober: und Unterftabt. Das Oberthor war
ein Tempelthor. In der Stabt gab es einen großen
——— 2. Chron. 32,6, eine Bäckerſtraße, Jer.
37,21. Außerhalb der Stabt lagen der obere und
ber untere Teich, im R.:W. und W. Obwohl die
Stadt fehr feft war, wurde fie dennoch öfters ein=
enommen, von Sifal, 1. Kön. 14, 25. 26, unter
ehabeam, von Philiftäern und Arabern unter
Joram, 2. Chron. 21, 16. 17, unter Amazia von
%oas, 2. Kön. 14, 13. 14, unter Hiöfia von San
berib belagert, 2. Kön. 18; 2. Chron. 52,1; Jef.
36 ; Nebufabnezar erftürmte und zerjtörte Stadt
und Tempelim Jahre 588. Nach der Rüdlehr aus
der Gefangenfchaft wurde die Stadt, wahrjchein:
lich auf den alten Grundlagen, fammi dem Tem:
> wieder aufgebaut (von 536 an), Esra 5,6;
eh. 3. 4; 6. 7. Bon Thoren werden außer den
obigen genannt: bad Brunnenthor und Wafler:
thor, jenes im S.:D., nahe der Duelle Siloah,
diejes im D., füdlich vom Scyafthor. Bon Thürmen
fommen 4zur Ermähnung: der genannte Hananael,
Neh. 3, 1; Mech, zwiſchen dem Fiſch- und Schaf:
thore; der Ofenthurm, Neh. 12,38 und Neh. 3, 27
ber große Thurm im D. 320 v. Chr. murbe die
Stadt von Ptolomäus Lagi von Aegypten befekt;
469 v. Chr. nahm Antiohus Epiphanes die Stabt
ein und richtete ein großes Blutbad an, 1. Makk.
1; Bompejus eroberte fie im Jahre 62; 380. Chr.
fam fie in den Befik Herobes des Großen, ber fie
verjhönerte (3. Tempel). Joſephus giebt im Bell.
Jud. ein rn Mares Bild der bamaligen Stabt.
Sie ſchloß 4 Hügel, auf denen fie gebaut war, ein,
ben Zion im &.:W., Afra nördlich von diefem, im
D. Moriah, im N. den Hügel der Neuftadt (Bes
Kr). Danad) gab es drei Stabttheile; die Ober:
tadt auf Zion, die Unterftabt auf Ara, die Neus
ſtadt. Die Oberſtadt mar vermöge ihrer natürlichen
Zage, deren Stärke durch eine hohe, mit gemalti-
gen Thürmen verfehene Mauer erhöht wurde, der
teftefte Theil der Stadt. Die ftärkften der 60
Thürme diefer Mauer waren Hippicus, Phafaslus
und Mariamne im R. Im S.:D. führte das Töp:
ferthor (gegenüber der Blutader, Hateldama) ins
Dinnomthal hinab; im S.:W., etwa dem „unteren
Teiche” F enüber, lag das Miſtthor, weiter nörd⸗
lich das —* or und nahe am Thurme Hippicus
das Eckthor. Vom Hippicus nicht weit öſtlich war
das Thor Gennath (Gartenthor), mo die zweite
Stadtmauer, welche die Unterſtadt umfchloß, ihren
Anfang nahm. Auf Zion ftand ehemals Davids
Burg, 2. Sam. 5, 9; nad 1. Kön. 7, 1 ff.; 10, 17
erbaute Salomo bier ein prächtiges „Haus.” Im
NM. fand der von Herodes erbaute glänzende
Palaft; oftwärts von dieſem lag der Plak Zyftus,
neben ihm die Fefte Milo, von wo aus eine Brücke
388
Serufalem
nad) bem Tempel führte; tr ee Zyſtus Bat:
ten die Hasmonäer einen Palaft gebaut, der von
Herodes — IL erweitert wurde. Im ©. li
das Grab Davids. An der Nordfeite der Oberſte
lief, etwa beim heutigen — (im B.) an:
fangend, oftwärt3 das Käſemacherthal (Tyro-
eum; nad) Anderen weiter nördlich anfangend),
as die Wafferabflüffe aus den höher en
Stabttheilen aufnahm, jegt aber ganz verſchüttet
ift. Am Moriah vereinigte es ſich mit einer Ein:
fenfung, die vom heutigen Damascusthore füb-
wärts, zwifhen Ara, Zion und Moriah ih —
og. Die nördliche Wand des Tyropdums bildete
er Hügel Akra mit der Unterftabt. Sie war burd)
eine bogenförmige Mauer, in beren Mitte das
„Thor der Mitte” war, HI pr Diefe Mauer be:
gann öftlich vom Hippicus, ſchloß das Heutige heis
lige Grab ein und endigte an ber norbmeitlihen
Ede des —— Sie hatte 14 Thürme. Im O.
der Unterſtadt lag die Burg der Syrer (Akra Sy-
rorum), welche Antiohus Epiphanes zur Ueber:
wachung des Tempels hatte errichten laffen. Simon
der Maklabäer gewann fie, 1. Matt. 13, 49 ff,
ließ fie fhleifen, die Höhe, auf der fie ftand, abtra-
gen und das Thal zujhlitten, jo daß nur ber Tem:
elberg über Afra hinausragte und bie Berbindung
er Stadt mit dem Tempel vervollftändigt war.
Die Neuftabt (Bezetha) legte fich ———— an
bie Unterſtadt an; fie war durch bie dritte Stadt—
mauer, eo Herodes Agrippa I. im Jahre 41
n. Chr. aufgeführt hatte und auf welcher 30 Thürme
ftanden, bejeftigt, l’ef bi8 zum Thurme Pſephinus
nörblich, 309 fih dann nordoſtwärts, of id am
Eckthurm nad S. und ſchloß beim Schafthore an
die Feite Antonia an. Unter den Thoren find zu
bemerfen das der „Frauenthürme” und das des
eroded. Mit Unrecht verlegt man in den D. der
euftabt das Walferfeld, ager Fullonis, Jel. 7,
3; es lag im W. der Stadt, wo noch der alte „obere
Teich” fich findet. Bon hier aus leitete Hislia das
Waffer in die untere Stadt, 2. Kön. 20. Den öft:
lihen und füböftlihen Theil des Stabtgebietes
nahm der Moriah ein. Im N. ftand die Feſtung
Antonia (die von den Hadmondern angelegte Ba
ris, fpäter von Herodes dem Großen erweitert und
Antonius zu Ehren benannt), deren norbmeftlider
Theil im engern Sinne Antonia heißt und bie mit
bem Tempel in unmittelbarer Verbindung ftand
(Bohpfiafter). Hier befand fi wahrſcheinlich das
ihthaus, Joh. 13, 28. Die füdliche Spige dei
Tempelbergd (mo wahrſcheinlich der Salome %
oder Königsteich ſich findet) ift das — * Chron.
27, 8; 838, 14; Neh. 5, 26. 27, 11, 21. Salomo
ließ im D., S. und W. bes Moriah drei aus unbe
auenen Werkſteinen gefügte Strebemauern auf
hren, die Spike des ug = abnehmen unb die
Zwiſchenräume zwifhen Mauern und Berg mit
dem Abraum ausfüllen. In der Mitte des jo —
neten Berges erhob ſich der von Hallen und Sau⸗
lengängen umgebene Tempel(f.d. Art.). Im Jen
70n.Chr. wurde die Stabt von Titus erobert und
völlig zerftört; von Habrian 136 wieder aufge:
baut, wurde fie zur Militärcolonie und erhielt dem
Jupiter zu Ehren den Namen Aelia Capitolina.
637 fiel fie in die Hände der Araber, nad ber
Mitte des 11. Jahrhunderts in die der Seldſchulen
1099 von den Kreuzfahrern erobert, konnte E nicht
gehalten werden. In ihrer Blüthezeit ſoll fie über
120,000 Einwohner gezählt haben ; jegt ift jie von
Serufalem
öchſtens 17,000 Menſchen bewohnt. Die heutige
tadt, von den Arabern El⸗Kuds genannt, ift eirte
bt; bie vielen Zerftörungen haben an
einzelnen Orten den Schutt bis zu 40° aufgehäuft.
Sie ift von einer etwa 40’ hohen Mauer umgeben.
Auf der Weftfeite ift das Bethlehemä: oder Yöfa:
thor, von bem eine Straße nad) D. führt und die
anfangs Davids: dann Tempelitraße heißt. Diefe
Straße wird von ber vom Damascusthor (Thor
Ephraim) anfangenden, von R. nad) S. laufenden
Damascusd: (im unteren Theile Ziond:) Straße
durchſchnitten. So entjtehen vier Stabtviertel, das
—— mit der Grabkirche (wie es ſcheint unecht)
im N.⸗W., das armeniſche mit der Jakobskirche,
einem großen Kloſter und den Königsgräbern im
S.⸗W., das Judenquartier im S. D. und das mu—
mmedaniſche im R. und N.O. Auf dem Moriah
eht die Mofchee Omars, von der Terrafje Haram-
eſch⸗Scherif Auf der Südſeite der Haram⸗
Area liegt die Moſchee el Alfa, urſprünglich eine
Darientirhe Yuftinians I. aus dem Jahre 530.
Bol. J. Bp. Villalpandi, Apparatus urbis är
templi Hierosol., Th. von H. Pradi et Vil-
lalp., In Ezech. explanat., Rom 1 Fol.;
Brocardi, Descriptio Terrae Sanctae ( nson,
Geogr. Sacra od. le Clere, Amft. 1711, Fol.);
Bh. Lamy, De tabernac. foederis, de sanctä ci-
vitate Jerus. et de templo, libri VII, Bar. 1720
er IV); Witsii, Miscell. sacr.; II, Exarc. X—
; Reland, Paläftina, p. 832 ff,; Offerhaus,
Descriptio vet. Hieros., Deventer 1714; aber,
Ardhäol., I, 273 ff.; Hamelsveld, II, 2 f; Nie
.„ 21, 202 ff. ; Erome, Hall. Encyll.,
2 Sect. XV, 273 ff.; Robinfon, Baläft., I, ©.
1 ff.; G. Williams, The holy city etc., Zondon
1845; Dr. E. ©. Schulg, Jeruſ. Berlin 1845;
Lord Nugent, Lands classical and sacred., Lon:
don 1845; E. Tifchenborf, Reife in den Orient,
Bd. II, Leipzig 1846; Tobler, 2 Bücher ———
phie von — und feinen Umgebungen, 1. Bd.,
1853; Grundriß von Jeruf., 1853; Liebetrut, Je:
rufalem, 1854; Unrub, das alte Jerufalem und
feine Baumerfe, 1861; Sepp, Jeruſalem und das
heil. Land, 1863; Braun, Jerufalem, 1866 ; Theod.
Mente, Bibelatlad, Gotha 1868,
JIerufalem, das Bisihum, wurde auf Anre⸗
ung Friedrich Wilhelms IV. von Preußen gemein:
u. von England und Preußen 1841 gegründet.
Die Dotation des Bistums von 30,000 Pfd. |
St. übernahmen beide Mächte, ebenfo fol der Bi:
ſchof von beiden abwechſelnd ernannt werben.
Uebrigens ift der Bifchof der anglicanifchen Zan-
deöfirche eingegliedert und verfährt ganz nad) den
Gejegen feiner Kirche. Ohne Genehmigung des
Primad von *8 iſt ſeine Ernennung nicht
möglich. Der erſte Biſchof war Mid. Salomo
Alerander, ein convertirter Jude, ber zweite iſt
Samuel Gobat.
Jeruſalem, Dad neue, Nach ben Ausdrücken der
Stellen Apotal. 3, 12u..; Gal. 4, 25. 26; Hebr.
12, 22 wählten Smebenborg und anbere myjtijche
Secten dieje Bezeihnung fü
hofite Vollendung der irbifchen Kirche.
Jeruſalem, Das Patriarchat. Als die erſten Bi:
ihöfe von Jerufalem werden Jakobus und Simeon,
Brüder des Herrn, angeführt. Unter ihren Nach⸗
jolgern tritt fein bedeutender Name hervor, wie bie
Gemeinde jelbft ihren Einfluß auf die Kirche bald
verlor. Die frühere j riſtliche Gemeinde ver:
389
r bie von ihnen er: | Wer
Jeſaja
Tagan mit ber Auswanderung nad Pella. In
er wieberhergeftellten Aelia ift der erſte heiden⸗
Hriftliche Biſchof Marcus. Metropolis war von je
das politifch bedeutendere Cäfarea. Erft zu Nicäa
wurde wegen ber geihichtlihen Bedeutung der
Gemeinde dem Bifchof von Jerufalem der Ehren:
vorzug eines Patriarchen zugeftanden und zu
eebon Abi ein wirkliches Patriarchat neben dem
von Antiochien begründet. Eine deuiung hat
bied Batriarchat niemals erlangt. Zwar betheiligte
es ſich an den Unionsverfuchen zu Florenz 1438,
trat aber mit Alerandbrien und Antiochien ſchon
1443 allen derartigen Beftrebungen entgegen und
befeftigte ſich ſeitdem in der Richtung, alle abend»
ländifchen il abzumweifen (Synobe 1672).
Zange Zeit haben die Batriarchen in Eonftantinos
pel gewohnt und erſt jeit 1845 wieder ihren Sitz
in Jerufalem genommen. Während der Kreuzzüge
beftand ein Fateinifches rchat 1099— 1187,
welches nad) kurzen Berjuchen, ſich ſelbſtändig zu
m ‚Rom unterworfen blieb. Nach dem Verluſt
der Stadt an Salabin und bem Untergang ber la:
teinifchen Kirche wurde der Titel des Patriarchen
noch eine Zeitlang fortgeführt (1316 Patriarch
von Teruſalem in Paris als päpftlicher
at). i
Terufalem Spynoden zu. Außer dem Apoftel:
convente, ftg. 15, unb ber Synobe von 1672,
welche die proteftantifhen Beftrebungen von Cy⸗
rillus Lucaris zurückwies, hat von den kirchlichen
Berfammlungen zu Jerufalem keine einen weiter:
gehenden Einflug auf die Kirche wusgeüibt. Er:
wähnt weiben aber im Arianiſchen Streite die Sy:
noben von 835 und 349, im Pelagianiſchen die von
415, gegen bie Severianer 536, über ben Dyothe:
letismus 634, gegen die Bilderftürmer 730.
nialemäferuube. Eine ſchwärmeriſche Secte
in Würtemberg, melde bie einzige R.ttung ber
geit in der Miedererrichtung des Jerufalemifhen
empel3 zur Sammlung bes Gottesvolled nad)
Ez. 40 ff. fieht.
Jeruſalem, ee Friedrich Wilhelm, geb. zu
Dönabrüd am 22. November 1709. Der Sohn des
dortigen Superintendenten, ftubirte er zu Leipzig
unter Gottjhed Philofopfie und dort wie in Ley:
den Theologie. Nach einer kurzen Wirffamteit als
an im Saas ging er als Hofmeifter zweier
Edelleute nah Göttingen, wurde danach 1742
Hofprediger des — von Braunſchweig, Er⸗
Fieher bes Prinzen Wilhelm Ferdinand, 1743
Probſt der Klöſter St. Crucis und Aegidi, 1749
Abt von Marienthal und Riddagshauſen und 1771
Bicepräfident des Eonfiftoriums. In weitern Kreis
fen wirkte er durch feine Betradhtungen über die
vornehmften Wa Hi der Religion, die ebenſo⸗
wohl dem irreligiöjen Unglauben entgegentreten,
als für eine finnige Auffaffung bes —52*8*
im Chriſtenthum wirlen ſollten. Seine Predigten
zeichnen ſich durch einen edlen und gebildeten Styl
aus. Die mit dem Tode ſeines Sohnes in Wetzlar
verbundenen Umſtände benutzte Göthe zu ſeinem
ther.
— der Prophet, der Sohn des Amoz. Er
wirkte ald Prophet unter den Königen Uſia, Jo—
tham, Ahas und Hiskia, deſſen Sohn Manaſſe ihn
nach nicht gem rg er Tradition gerjä-
gen ließ. Er gilt mit Recht als der größle der Pro:
' pheten ; dem innern Reihthum der Gedanten, der
‚ majeftätifchen Ruhe und der ſichern Beherrihung
Sefajas Himmelfahrt
eines Gegenſtandes entſpricht die Schönheit ber
ebe und ein Reichthum poetiſcher Anſchauung, die
dennoch niemald aufhört vollsmäßig, allgemein
treffend und verftänblich zu fein. Unter bem elen-
den König Ahas, ald das Verberben bes Hofes
daB ganze Volf zügellod gemacht hatte, und Ahas
bebrängt von Pelah und Rezin fih an Aſſyrien
um Hülfe wendete, zu Damasdcus feinem Retter
als Unterthan fih unterwarf und defien Bögen:
bienft nach Jerufalem verpflangte, verkündigte
Sejaja bie unvermeibliche und gerechte Strafe; aber
er tröftete auch wieder, indem er auch Affyriend
ankündigte und auf baldige Rettung hinmies, |
nter Hiäfia, ber ein Gegenbild feines Vaters,
den Gögendienft mit Strenge ausrottete, trat J.
an den Wendepunkten ber innern Geſchichte mit
feinem prophetifchen Worte auf. So warnend, als
Histia, um von ber brüdenden haft der Afiy:
zer ſich zu befreien, an ein Bündniß mit ben
Aegyptern dachte; ald rafch gefchlagen, Juda vor
dem Heere Sanherib3 in Jerufalem ſich vertheis
bigen mußte und burd ben plöglichen Aufbruch
Sanheribs eine unerwartete Nettung fand; als
bie eriten Spuren einer beabfichtigten engern Ber:
Bindung mit Babel ſich — Je weniger er
aber ſich mit dem Gange ber Regierungsweife His⸗
lias einverſtanden erklären konnte, und je mehr
Spott und Hohn ihn verfolgte, um fo mehr ver:
ftummte aud) feine Rede. Ein engeres Verhältniß
zu Hiskia blieb aber immer beitehen, wie dies die
Geſchichte von Hiskias Krankheit und Genefung
zeigt. — Das Bud Jefaja umfaht vier Abſchnitte.
Eine Sammlung früherer fich meift - Juda be:
siehender Weiffagungen (Cap. — ine gleiche
von Weiſſagungen gegen fremde Völler 13—23,
ferner 24—35 mit dem biftorishen Anhange 36 —
89, und endlich 40—66, Die Stüde Cap. 18 und
14; 21, 1-10; 24—27; 34—36 werden von ben
meiftes Kritifeen nicht Jeſaja felbft, fondern jün:
geren Propheten oder dem Sammler der Weiffa:
gungen Jeſaja's zugeicrieben. Auch der vierte
heil ift unbebingt das Werk eines jüngern; ber
Horigont des Ganzen ijt die Zeit der erften Regie:
ug bed Tyrus, von welchem der Prophet
die Rückſendung der Jfraeliten in ihre Heimath
mit Sicherheit ermartete, In dem Knechte Gottes,
ber concreten PRerfonification des theofratifchen
Kerned des Volkes, hat fich die meſſianiſche Er:
wartung ethiſch gewendet und vertieft. Val. zur
— und Kritit: Geſenius, 1820. 1621; Higig,
33; Anobel, 3. Aufl. 1861; Hendewerk, 1843;
Drechsler, 1844 — 57; Umbreit, praft. Comm.
1841, 2. Aufl. 1846; Ewald, die Propheten des
A. B., 1840, 2. Aug. 1867; Meier, 1850; Mayer,
1860. Kritiſch: Kleinert, über vie Echtheit ſämmt
licher in Jej. enthaltenen Weiffagungen, 1829;
Safpari, Beitr., 1848; Meier, 1850; Stier, Jeſ.
14—66, fetner die Einleitungen.
Irſajas Himmelfahrt. Cine apokryphiſche
Schrift des 3. Jahrhunderts erzählt eine Viſion
des Jeſajas, in welcher er die erſte Menfchwerbung
Eprifti ſchaute und das Hinabfahren beffelben
durch bie fieben Himmel. Das Bud) enthält gno:
ftifhe und bofetifche on an ie und wurde
nad Epiphanius von den Archonti
390
ern und Hiera: | Barcelona, Alcala und
Sefuiten
mit Tateinifcher und Te: Ueberfekung her
audgegeben von Laurence 1819.
Jebreel, eine Stadt im Stamme Jſaſchar (of.
17, 16), wurde wegen ihrer ganfügen Lage von
Ahab zur Nefidenzitadt ermählt. Bon ihr führt
den Namen (Jesreel, Esdrelom, Stradela) die
große fruchtbare Ebene, melde vom Karmel nad)
dem Jordan hin fich erftredte, im Norden von ben
galiläifchen Gebirgen mit dem Thabor, im Süden
vom Gebirge Ephraim begrenzt wurde. Diefe bil:
dete die natürliche Grenze zwiſchen Samarien und
Galiläa. Auf ihr find viele Entſcheidungsſchlach⸗
ten geſchlagen: Barak gegen Sifſera (Richt. 4,
7. 18); ®ideon gegen die Midianiler (Richt. 6, 33;
7,12); eh gi die Philifter (1. Sam. 29, 1);
ı Ahab gegen enhadad (1. Kön. 20, 26); Joſia
gegen Necho (2.Rön.23,29). — 2) Stadt im Ges
iete
ae (1. Sam. 25, 43).
Zelle oder Jfai. Das erjte bem er
das zweite dem Hebräifchen —— iſt der
Name des Vaters Davids, des Enkels des Boas
‚und der Ruth (Richt. 4, 17; 1. Sam. 16, 1.4.
11—183). 5 führt Chriftus die Bezeichnung:
Wurzel, d. 5. Sprößling Jeſſes.
Jeſuaten, eine —— — zu religiö⸗
ſem Leben und Pflege der Armen und Kranten,
welche durch die Edelleute Johann von Colombini
‚und Franz Mino zu Siena —— wurde. Ur⸗
ban V beftätigte fie 1367, gab ihnen die modificitte
Regel Benedictö, welche fpäter mit der des Auguftin
‚vertaufcht wurde, und befahl, ftatt durch das
Land zu fchweifen, fefte Niederlaflungen zu grüns
‚ben. Obgleich feit 1606 auch Priefter aufgenoms
‚men werden durften, verfiel der Orden dennod
raſch und wurde 1668 aufgehoben. Die Jeſuaten
führten auch den Namen der apoftolifhen Kleriter
oder Gongregation bes N Hieronymus.
Jeſuiten oder Geſellſchaft Jet, ber berüßmte
Orden, welcher ven Kampf gegen die Reformation
des 16. Jahrhunderts mit den fühnften Mitteln
und mit jtaunenöwerthen Iyen aufgenommen,
in der eigenen Kirche aber eine folhe Macht ent:
faltet hat, daß feitvem das Gefchid der römischen
Kirche mit dem Drben felbft fat unlöslich ver:
| bunden ift. Sein Stifter war Ignatius Lopez be
Recalde von Loyola, ein fpanifcher Ritter, gb.
1491 in ber fpanifchen Provinz Guipuzcoa. Am
Hofe Ferdinands II. erzogen, ein Edelmann nach
den Begriffen der Seit, wurde er bei der tapfern
| Bertheidigung von Bampelona 1521 am Fuße ver:
| wundet. Die Xectüre des Lebens Jefu md der Heis
'ligen entzündeten auf dem SKranfenbette feine
ı Phantafie: ein an Ritterthum, welches ſei⸗
Inen Ruhm in der Belehrung der Ungläubigen
fände und das dem himmliſchen Könige, kämpfend
und entfagend in geijtiger und leibliher Armuth,
dienen wolle, wurde daß Ziel feines Streben. Ein
treng aftetifcheö Leben im Klofter Montferrat und
in ber Höhle bei Manrefa beftärkte diefe Richtung
durch Bifionen und eg Zuftände, welde
daraus hervorgingen. Eine Pilgerreife nad Pas
läftina, mo ihm längerer Aufenthalt verfagt wurde,
zeigte ihm zu feinem Zwecke gelchrte Bildung ala
| unumgänglich nothwendig Er ftudirte 1524 zu
alamanca. An diefen
fiten benußt. Derjelbe Stoff ift in fehr verwandter | Orten megen feiner geiftlihen Wirkſamkeit von ter
Weife behandelt in der ascensio et visio Jesajae, | Ynquifition beunruhigt, zog er nad Paris 1528,
und die Sage feiner Hinrichtung beigefügt. Die | wo er von Almofen lebte, bis er in das Eollöge der
Schrift ift in älhiopifher Sprache vorhanden und | b. Barbara aufgenommen wurde. Hier gewann
EEE EEE. BE
Sefuiten
er ſechs Freunde, Peter Faber aus Savoyen und
bie 8* Franz —— Alfons Salmeron,
ob Lainez und Nikolaus Bobadilla und den
rtugieſen Simon Rodriguez, welche mit ihm am
5. Auquft 1534 dad Gelübde der Keuſchheit
und Armuth ablegten und gelobten, nach Vollen⸗
bung der Studien ſich der Krankenpflege unb ber
Miſſion zu Jerufalem zu widmen, oder jeben an:
deren Auftrag des Papſtes zu erfüllen. 1537 tra»
fen die Verbündeten in Benedig zufammen, arbei
teten dort in den Hospitälern, erhielten die Prie⸗
ſterweihe, durchwanderten die Umgegend ald Boll:
prediger, biß fie, geführt von Loyola, der durch geg
ben Stifter des Thratiner:Ördens, Garaffa, eine
Anregung erhalten hatte, nad Rom zogen 1538,
wo Paul III. 1540 die
ben beftätigte, anfänglich mit der 1543 aufgehobe-
nen Beichräntung auf 60 Mitglieder. Ignatius
wurde zum erjten General gewählt und 26 ent:
midelte ſich nun nicht bloß die Gonftitution des
Ordens, ſondern audy feine bedeutende Thätigleit
nad Innen und Außen. Die Satzungen des Dr:
dens find bahin gerichtet, aus jedem Mitglied ein
in eigener Begeifterung unbedingt ergebenes Wert:
yeug für die legten Ordenszwecke zu machen. Da:
bin zielt nicht bloß das von ihnen abgelegte vierte
Gelübde des unbedingten Gehorſams gegen bie
Drvensobern und den Papft, jondern aud bie
von Ignatius erjonnenen und eingerichteten Exer⸗
eitien. Es find dieß planmäßig und ftufenmeid
itete Meditationen, verbunden mit aftetifchen
ftlafteiungen, durch melde religiöfes Gefühl
und Phantaſie derart —— ſollen, daß der
Bitte ſich der Autorität in ihrer Glorie er
iheinenden Kirche vollftändig übergebe. Dem
Eintritt in ben Orden geht ein ynoeijähriges Novis
ciat voraus, nad demjelben tritt der Zögling,
Scholaſticus, in ein Collegium ein und beendigt
in 6—8 Jahren ein wiederum methodifh genau
vorgezeichneted Studium der Philofophie und
Theologie; nad) einem neuen Probejahr empfängt
er die Weihen und ift nun volles Ordensmitglied,
Coadjutor spiritualis. Aus diefen Ordendbrübern
gehen die Profeffen hervor, die Glieder der Gene:
talcongregation, der Kern des Ordens. Außer
diefen vier Glaffen giebt es noch Coadjutores
temporales, Zaienbrüder für Handarbeiten und
niebere Verrichtungen. An der Spite ded Gars
zen fteht der auf Lebenszeit gewählte General,
nur befhränft von den Eonftitutionen ind durch
bie Möglichkeit, von der General » Congregation
entjegt zu werben. Unter ihm die Borfteher
ber Provinzen, die Oberen ber Profehhäufer,
die Rectoren der Gollegien, die Superioren ber
Refidenzen, db. h. Filial » Collegien, ‚Alle diefe
—— drei Jahre gewählt. Zur Ueberwachung
391
Geſellſchaft Jefu als Or⸗
Jeſuiten
obwohl Frankreich und Deutſchland Ihn kaum
aufgenommen hatten. Durch Franz Tavier, der
n ohann von Portugal gejendet werden, war
ie indifche Miffion begonnen. Unter jeinen Nach:
folgern entwidelte ſich die Geſellſchaft Jeſu immer
glänyenber; zwar nicht ohne Widerſpruch und zeits
mweilige Nieberlagen. Die Republit Benedig ſchloß
ſchon 1606 bie Jefuiten für immer von ihren
Grenzen aus. In Frankreich miderfegte ſich lange
Univerfität und Parlament, wenrgleih das Bolt
fih * zuwandte; erſt als bie Politik Heins
richs IV. fie begünſtigte, um die Stütze Roms
en Spanien zu gewinnen, begann ihr mächtiger
verberbliherEinfluß. In —— öffneteitinen
rm. IT, 1550 ein Collegium in Wien, 1556
ejesten fie Köln und Ingolftadt, 1559 Münden,
und unter dem ——— ber weltlichen Gewalt
elang ihnen bie Gegenreformation in Nievers
ayern, auf dem Eichäfelte, in Baden, Mürzburg,
Salzburg und in Driterreih und Steiermark, Der
SOjährige Krieg gab Böhmen und Schleſien ihrer
Thätigkeit preis. Ebenſo gewannen fie Belgien
und Bolen, wo mit offenen Gemaltthaten bie pros
teftantifche Kirche bekämpft wurde. Nur Schwes
den wehrte die Anfänge jefuitiiher Wirtfamteit
lüdlid ab und —— ihnen, wie der römiſchen
fir 2, 1593 feine Örenze. I England verſuch⸗
ten fchon unter Elifabeth die Fefuiten Eingang zu
— bis 1585 ſaͤmmtliche Ordensglieder ver»
annt wurden. Der Grund war auch hier ein po»
fitifcher. Um die Suprematie der Krone über die
Kirche zu brechen, verbreiteten die Jejuiten das
Dogma von der Bolföfouveränetät, um ebenjo wie
1848 durch bie Souveränetät des Volfes die Allein⸗
errichaft ber Kirche im Staate zugeminnen. Un:
er deu Stuarts feierten fie eine furze Beriode der
Macht, um in dem Sturz des Königshaufes alles
Gemwonnene deſto ſchneller wieder zu verlieren. So
menig der Orden in feiner gegenreformatorifchen
Arbeit die Gemaltmafregeln fcheute, fo legte er
nicht weniger Gewicht auf die geiftigen Mittel.
Die Zejuitenihulen, befegt mit gebilveten und
elehrten Männern, bemächtigten ſich der Erzie:
ng ber Jugend, geleitet nach einer Methode,
er formale Bildung raſch entwidelte, aber bie
Willenskraft ſchlummern macte oder blindlings
an die Autorität band und Wahrheits- wie Ge:
rechtigfeitägefühl, gemwifienhafte Beſinnung und
Freiheit der Seele gleich tief begrub, rivalijirten in
iyren studia inferiora und superiora alücklich mit
den evangelifhen Gymnaften und Univerjitäten.
Jeſuitiſcher Diplomatie und höfiſcher Gewandtheit
gelangen zahlreiche Converſionen fürſtlicher und
vornehmer Perfonen. Der große Erjolg äußerte
auch feine Rüdwirkung auf den Orden. Kraftvolle
und herrſchſüchtige Generale, wie ein Claudius
neben jedent von. biefen, auch neben dem | Aquaviva, fonnten fid) nicht begnügen, mit dem
Generale, Gonfultatoren und ein Admonitor | Orden dem Papſte zu dienen, jondern trachtiten
mit der Verpflichtung, Abweihungen von den | umgelehrt danad), den päpftlihen Stuhl von dem
Drdenägrundfägen zur Anzeige zu bringen. | Orden abhängiger zu machen; der Orden trieb jeine
ie Forderung bed unbedingten Gehorfams, | eigene — die manchmoe! die Gegner des Pap⸗
mit welchem jede individuelle Willensentwidelung | fteS zu feinen Berblindeten machte. Die arogen
unvereinbar ift, nebft vem.offenen Pelagianiömus, | Reichthlimer, welche der Orden gewann und durch
welcher dem ganzen Syſtem zu Grunde lisgt, | eigene Handelögefchäfte und Factoreien vermehrte,
mußte nothwendig zu der berüchtigten Jeſuiten⸗ | verweltlichten ihn, die laxe Moral und der Proba—
moral führen, welche bad Swedmä ie und das biliömus dienten nicht mehr bloß den Ordens—
Bute verwechfelt und den legten ſchlimmen Fol: zwecken, fondern den Sünden der Einzelnen. Den
erungen die Thur Öffnet. — Als Jgnatıus 1556 erſten Stoß in der öffentlihen Meinunggaben ihnen
ar zählte ber Orden bereit? 13 Provinzen, anßer dem Streit mit dem Janfenismus, dieſer
Sefuiten
Selbftbefinnung bed Kalholicismus a Te Au:
uftiniiche Grundlage, die lettres d’un Provincial
Bafcal. Diefer Angriff drang in die Gebilde:
ten und in das Bolf, während ein früherer nur
eine Streitfrage zwiſchen Jejuiten und Domini-
canern geblieben war, — ald nämlich der Yefuit
Mariana in einer nad feinem Tode herauögege:
benen Schrift die Mängel des Inſtituts und ben
wilffürlihen Drud der Obern geſchildert hatte,
Die Eiferfuht der Kapuciner und Franciscaner
deckte beim päpftlihen Hofe die Gemiffenlofigkeit
der Accomodation ihrer Miſſionspraxis auf, wo:
nad) fie das Heidenthum mit dem Firniß ri
fiher Riten befleibet, J ungehin beſtehen
ließen; verderblich wurde ihnen aber erſt ber Con⸗
fliet mit den Regierungen. 1750 begann der
Streit mit Portugal, als die Jeſuiten ſich weiger:
ten —* Herrſchaft in dem von Spanien an Por:
tugal abgetretenen Paraguay den Portugieſen zu
überlaffen. Der Minifter Poribal erwirkte 1758
ein Decret Benedicts XIV., daß der Orden vifitirt
und reformirt werben folle. Als aber der Ber:
dacht der ch an einem Mordverſuch gegen
den König Joſeph I. auf die I fiel, wurden
ergend Mitglieder du Schiffe nad) dem Kirchen:
aat abgeführt und bie Güter vom Staate einge:
zogen. In Frankreich gab ein Procek über eine
Handeisſchuld gegen den Ordensprocurator Lava:
fette auf Martinique dem Parlamente Beranlaf:
fung, die Statuten und Eonjtitutiofien des Ordens
u prüfen und diefelben für unvereinbar mit der
Kkanzöftichen Stantögefeggebung zu erllären 1762,
o daß ein Parlamentsiprud und ein Lönigliches
dict 1764 den Orden für Frankreich aufhob. In
Spanien wurde ihnen die Schuld an einem Bolls:
aufftande gegen den wg Aranda zur Laſt ge:
legt und in einer Nacht ſämmtliche Jeſuiten im
ganzen Lande arretirt und nah Rom geſchafft;
die Rückkehr bei Todesſtrafe verboten. Aehnliches
geſchah in Neapel und Sicilien. Vergeblich hatte
man ben General Ricci um eine Neformirung des
jo anftößig gewordenen Ordens gebeten; sint ut
sunt aut noi: sint, fie follen fein wie e ind oder
ar nicht fein, war die Antwort geweſen; vergeb:
ich hatte Clemens XIII. 1765 in:der Bulle Apo-
stolicum den Drben gegen bie et Bor:
würfe vertheidigt und von neuem bejtätigt. Durch
die Unt ung faft jämmtliher europäiſchen
Staaten fiegte in dem Eonclave nad) Clemens .
Tode 1769 die jefuitenfeindliche Partei und Cle—
men® XIV. beſchränkte alsbald ihre Freiheiten
und ſchloß die Collegien; endlich den 19. Auguft
1773 erging die Bulle Dominus ac redemptor
noster, welde den Orden aufhob und die Glieder
ihres Ord nsgelübdes entband, F ſämmtlichen
fatholifhen Staaten wurde dieſe Bulle raſch
publicirt und ausgeführt, nur Rußland achtete ſie
nich: und ließ den Orden beſtehen, der dort ſogar
1801 einen neuen Drdenägenerai wählen durfte,
Friedrich II. ließ den Sejuiten ihre Freiheit und
ihre Collegien in Schlejien, um die Yrovinz ber
Unterrihtsanftalten nicht zu berauben. Dagegen
war Rußland auch das 77 Land, welches wegen
ihrer Einmiſchung in die Politif und ihrer Profes
Igtenmacherei den Orden nad) feiner Wiederher:
ftellung befchräntte und 1820 für ewige Zeiten
aus dem Reiche verbannte. Gänzlich aufgehört
zn dennoch ber Orden nicht troß der päpſtlichen
ufbebungsbulle; in den fatholiihen Ländern be:
392
ft» | regten
Sejuiten
‚Stand er unter anderen Namen und Formen, der
Andacht zum — Jeſu, der Liguorianer 1759,
ber Väter bes Glaubens 1792, ber i
in nothwendiger Beſchränkung fort, und Gon
4604 hatte ein Breve Pius’ PL. die Bitte Fer-
binands IV. von Neapel, die Wiederherſt
des Ordens flir Sicilien, gewährt. Den 7. A
1814 verfündigte Pius durch Die Bulle Sollicitudo
omnium bie Wiederaufrichtung des Ordens. Die
firhlihe und politifhe Reftauration glaubte ſich
feiner bedienen zu müffen, um die durch die fran:
zöſiſche Revolution und bie Freiheitskriege tief er:
Völker wieder beruhigen und beherrihen
8 lönnen. Die folgenden Päpſte begünſtigten den
rden nicht minder, deſſen General 1820 nach
dem Tode des Brzozowsky, der Rußland nicht
hatte verlaſſen dürfen, ſeinen Sitz wieder in Rom
— ad Collegium Romanum 1824 und
andere en, bie Propaganda 1826, wurben
von neuem den Jeſuiten zur Leitung fibergeben,
und ihr Einfluß auf die Eurie ift feitdem fo geftie:
en, daß der Orden und jeine ge die eigent:
ihe Seele und die Triebkraft der römiſchen
Kirchenpolitik geworden ift. In Italien gewannen
IF aud in Sarhinien und den Heinen Fürften:
ümern bald den größten Einfluß durd die Be:
günftigung Victor Emanuels L. bis die politifche
Ummälzung jeit 1859 auch diejes Verhältniß än⸗
derte. erwehrte ſich ihrer vollftändig;
als ſie unter Dom Miguel ſich einſchlichen, un
ten fie mit ihm us wieder weichen. Dagegen
nahm Ferdinand VII. fie fofort in Spanien anf;
die Revolution von 1820 ftürzte fie freilich, aber
bie nachfolgenden Begebenheiten ließen ihre Nadt
befto ftärfer werben. In Belgien waren fie nie:
mals ganz auägeftorben, hier gewannen fie ihren
auptſächlichſten Sig, und bie politischen Schid:
ale des Landes find nicht am menigjten dur
jefuitiichen. Einfluß beftimmt gewefen. Die dun⸗
feln Seiten ihres Wirkens find auch hier in Ge
richtshöfen und Kammerverhandlungen ans Lit
gezogen. Wie fie in Belgien faft daS ganze Unter:
richts⸗ und Erziehungsweſen an fich geriffen ha
ben, ſo öffnete ihnen dieDrbonnang Ludwig XVIL.
1814 denſelben Weg in Fraukreich; denn dieſe
entzog die klleineren Seminare der Ueberwachung
der Univerſität und ließ den Biſchöfen die
heit, ſie den Jeſuiten zu übergeben. ke
durch eine neue Ordonnanz von 1816, traten bieje
offener auf, aber als fie durch viele Gongrega:
tionen unter allen Ständen ſich verzweigten und
in gefahrbrohender Weife Reichthümer anhäuften,
beſchränlten königliche Orbonnanzen in Folge der
wachjenden Unzufriedenheit und einer Anklage
des Grafen Montlofier die errungenen Freiheiten,
die Julirevolution aber vertrieb fie völlig. Den-
noch ſchlichen fie ſich wieder ein. Dem Andrängen
der Kammer, die Uebertretung bes nicht
zu dulden, folgten Unterhandlungen mit und
einige —— zu gleicher Zeit aber bie
Begünftigung der Jeſuiten in ien und ber
Schweiz. So hat fih in Frankreich trotz der Ne
volution von 1348 der Jeſuitismus immer mehr
befeftigt, von Oben — wider Willen und mit
Willen — begünftigt, beherrjcht er immer mehr
u ng und Bolt. In der Schweiz gelangte der
Orden zuerft zu einem feften Site in Fr
erhielt dann die Berufung nad) Luzern; die wa
fende Erbitterung rief den Somberbund ber
Sefuitinnen 393 Seins Chriftus
Urcantone, diefer die Freiſchaarenzüge und ben | liche, als das allein Not —— mit überzeugen»
Sonderbundöfrieg hervor, defien Ende die ewige | der Kraft hingeſtellt was nur Er als der
Verbannung der Jefuiten aus der Schweiz war. | Sohn Gottes und des Menfchen Sohn vermochte
In Defterreih erlangten fie 1820 ihr erftes — — als das allein und immer Si —* in das
zu Tarnopol in Galizien; daS Jahr 1848 vertrieb | Leben und Weben der Menſchheit eingeführt hat,
fie aud) hier zeitweilig, die verwandten Orden ber | jo daß wir im Glauben an die Kräfte des ewigen
Redemptoriften erfegen fie. In Bayern hatte noch | Zebens auch in ausſichtslos verwirrter, verlom:
* Ludwig J. fie abgewieſen, erſt 1837 wurden mender, —— ſich abmühender Zeit mit
fie zugelaffen, und ebenfo war ihre Wirkſamleit demüthigem und ergebenem Vertrauen, ja mit
im
öffentlich unbebeutende, bis die firchliche
en Deutſchland und in Preußen eine | freudig
em e für den unausbleiblichen Sieg
Muthe
e Freiheit | dieſes Reiches wirken Können. Auch ein Denter,
ne auch für die Sefuiten Bahn jchaffte. Seit: | wie deael, F von Jeſus Chriſtus das Belennt-
dem find viele Collegien und Häuſer der Jeſuiten, niß
namentlich in Bayern, der Pfalz,
der Rheinprovinz entitanden, die Mifjionen find
eingeführt und Iehren regelmäßig wieder und de |
ben die Autorität des Ordens bei dem Volke, der |
durd die Leitung von er ge eg ſich
den dauernden Einfluß auf die Gemüther immer
fefter zu ſichern fucht, hergeſtellt. Die Zahl der
re wird angegeben Auf? 7966 Mitglieder, zu
ih 3389 Briefter, 1837 Novizenund 2325 beigeord
nete Brüder. Bei = Aufhebung zählte er 92,589
ar —— ortüm, Entſte hun es Fe.
3 as, H. 4 the J., 181
en
ur, Ba ei d
Ueber ichte un
dena, 1817; 2. Ranke, röm.
Jeſuuinnen. FJjabeua von — in Barce⸗
iona, Hm die Loyola in —— * gewirkt hatte,
erlangte ein Decret 1., weldyes fie mit
einigen Matronen, die Fr ir angeſchlofſen ie
ten, unter * gr Pflege —8 Loyola ſte
dech wußte dieſer ſich ihrer zu entledigen und
dutch eine Bulle, Licet ebitum 1549, daß Pri⸗
Dilegium zu bewirken, daß jein Orden nie mit ber
Leitung von Ronnen behelligt werben folle. Dem
Jefuiten- Orden wirklich naheftehend find nur die
nn. vom en sm —— Verbin⸗
dung von Frauen in den den Jeſuiten —
deten Formen löſte Urban =
ſend für das aiblihe Geſchlecht
Jeſus Chriſtus und das C
leine leere Form, daß wir nach Jahren der Geburt
des Heilands rechnen. Denn es beſagt, daß das Gere
€ im als Religion und als ſittliche Lebens⸗
beſtimmtheit zur —— der Menſchheit, zur inner⸗
lich treibenden gskraft der Geſchichte ge⸗
worden iſt. Die — Völker find unſtreitig
die Träger der Bildung und ziehen die übrigen in
un Lebenäftrom hinein. Was ift der innerfte | m
Kern defielben? Wie hat ſich derjelbe von feiner
——— Geſtalt an entfaltet zu einer rei⸗
Gen Fülle jeweiliger Erſcheinungsformen? Wie
verhält ſich das Chriſtenthum zu den niederen Reli⸗
— Wie iſt es als ve vollendete Darftel:
aller menſchlichen Religion in die Wit als eine
j ildende Macht —* etreten? Mit welchen
aeuen Gedanken und Antrie Den hateöbieGemüther
erobert und durch en? Wer war der Eine, der
dieje neue Leben afjung, dieje Gefühle und
en in die Herzen jo übermälti:
ine non —— — allmächtig hineinpflanzen
laube, der ſeinen einigen Troſt im
Leben und im * belennen will, nennt allein
Jeſum Chriſtum, den großen Zeugen ber fiber:
finnlihen Welt, der das Himmelreih, das Reich
des Bis ber heiligen Liebe als das allein Wirt:
—X Es iſt verflochten
t: „von ihm und zu ihm ſtrömt die
halen und Weltge * te.” Und jo mag man wohl die Ge:
ſchichte vor ihm, die Beitumgebung während ſei⸗
nes Lebens, die geſchichtliche —— nach ihm
— darauf anjehen, in welcher Bezie edung fie zu
dm ftehen. Aber mit höherem Intereſſe is das
Auge immer an der Berfon des Heilands felbft
rem dem Mittelpunkt der Zeiten, auf defien Er:
—— alle Geſchichte des Heidenthums und des
erwählten Volles, wie von innen s und von
oben herab, durch göttliche ag na e und Führun⸗
en, vorbereitet hat, der chliche J voller
und —— das 330 des unſicht⸗
en heiliges Geiſtesleben
itt | nad, jeinem Tode a Auferftehen ſich in breitem
tiefen Strome immer reiner und mächtiger durch
die ganze .. heit bin ergofien hat, tro aller
—*** und Rückſchläge, die noch bis auf den
"a Tag entgegenftehen.
Was K. J. Nitzſch in einem feiner tieffinnigen
ke die Religion als bewegende und ord⸗
nende Macht der Weltgefhichte, Berlin 1855) be⸗
PP doß zwiſchen der leibentlichen und leiden»
ftlihen Reli igion bed Naturbienfted und ber
activen wiebergeborenen . n Scharf zu ſcheiden
ift, wird aud von ſolchen Religionsphilojophen
wie Schelling und Zoe anerlannt: jener nennt
die heibnifchen Religionen die gerri
dieſer rühmt den Hebräern nad, daß fie ſich nicht
in ben Taumel eines ewigen Naturfreislaufes,
ſondern in den ae Dee ne ber Geſchichte hinein
ß fie dem einen großen
—* der i —— Welt, dem der Sünde und der
tigfeit vor Gott nahhängend, jenen Grund:
ihrer Boltsthümlichteit, ven Bund, den
—* mit == Vätern geſchloſſen, das Bewu t⸗
ſein einer weltgeſchichtlichen Beſtimmung und die
Hoffnung auf in — nie vergaßen, fon:
dern nad manden anfänglihen Schwankungen
mehr und mehr in ſich b beat haben. Es hat
einige — wenn man, um die orientaliſchen
——— kurz zu charalteriſiren, mit Brefjenje
istoire des trois premiers siecles de l’eglise
—— Paris 1858, I, p. 78) nach den An:
—— von dem höchften Uebel und dem höch—
ut jucht: dem Phönicier war jenes ber
Bann dem Aegypter die Unfruchtbarkeit und
die 3 Ei dem Perſer die Finſterniß, dem
a die Welt, die Schöpfung überhaupt, und fo
geftaltete fi aud) das höchſte Gut; Das Loſungs⸗
wort des Phönicierd heißt „Genuß“, das des
Aegypters „Ausharren”, das deö Perſers „Käm:
pfen und Leben", das des Anders „Sterben, Sid:
vernichten”. Die claſſiſchen voiter die ——
und Römer, haben in ihrer Art das Räth F elöſt,
das die Sphinx aufgab: der endliche it bie
Geftalt des Menſchen wurde ihnen zum Gott. Bon
Jeſus Chriftus
ben Göttern, jo jagten die Griechen, haben mir
das Sein; —— erwählte bten zu
dem Gott der Götter empor. In der ewigen Roma,
rabe als ber gebildete Weltkreis gefeflelt zu den
üßen bed Cinen Auguſtus lag umd goldner Frie:
denstage fi freute, kamen alle Bee en
im Pantheon zufammen. „In der That beweifen“
— fo wird man Nitzſch zugeftehen müflen — „bie
vom Urfig ausgewanderten Geheimnifie ber attis
hen Ceres, der ägyptiſchen Iſis, der phrygiſchen
Cybele oder des perſiſchen Mithras und ihre Ein⸗
wanderung in Rom, ihr Proſelytenmachen unter
ben Gebildeten, daß weder die öffentlichen Religio⸗
nen der Städte, noch auch die religionslofe Welt:
weisheit den tieferen Bedürfniflen der Römer und
Griechen auf die Dauer genügten. Zange noch bis
in die chriftliche Zeit herein wiederholen ſich ver:
geblihe Wiederbefebungsverfuche der Götterver:
ehrung ; man impft ihnen etwas von Naturphilo:
ſophie ein, aber jene Geheimnifie halten ven Wett:
ftreit mit den zwar blutig verfolgten Geheimnifien
und Offenbarungen Ehrifti nit aus. Diefe find
allerdings auch ausgewandert aus dem
Schooße eines Culturvolts, aber haben
welch eine andere Zukunft und wie ganz andere
Urfprünge in der Bergangenheit. Denn das Bolt
Jfrael ift Alles, mas es weltgeſchichtlich ift, nicht
durch Wiſſenſchaft, nit durch Kunft, nicht durch
Handel oder Ariegd- und Groberungsglüd, fon:
bernallein burd bie Religion.” Es ift hier
auf andere Artikel (f. Iſrael, Meffias) zu vermei:
en, die das Weſen dieſes erwählten Bolles als des
olkes der Religion, des Bekenntniſſes zu einem
übernatürlichen, bildlos verehrten Gott der Heili:
gung darlegen, den weltgeſchichtlichen Gegenfag
wiſchen Heiden und Juden zeichnen, ber feit den
Tagen der Berftreuung ſich nod) ganz anders als
der zwifchen Hellenen und Scythen herausgebildet
tte. In der maltabäifchen Zeit war das Bewußt⸗
ein vor allem lebendig, daß jenes Auseinander:
allen des Menſchengeſchlechtes in Nationen und
Spraden auch wieder einmal folle ausgeglichen
werden, ed werben bie —— in ihrer Folge
vorgeführt, bis daß eine große Wendung mit dem
Erſcheinen des Himmelreiches eintritt. Bon jeher
mar das als eine That Gotied, des Herrn und
Ertöferd der Welt, geſchildert, feine Herrlichkeit
follte erfcheinen. Daneben aber war aud) von Sei⸗
ten der Propheten die menſchliche, perfönliche
Spite dieſes Himmelreiches als der „andere Da:
vid“, als der „Sproß Jahveh's“ bezeichnet. Es ift
freilich ſchwer zu entſcheiden, wie viel von den Hoff:
nungen, die fich an die Herftellung der vollendeten
Theofratie Inüpften, zu der Zeit, als der eherne Fuß
der Römer das jüdische Land zertrat, im Bolte
lebte. Aber mindeftens dem Schriftgelehrten oder
wer fonft in den Urfunden des Älten Bundes
forſchte, mußte fih die Meffiasidee auf das leb—
gene einprägen. Und zugleich mußte auch der
nterſchied in der Färbung derfelben fich darſtellen.
In den Vordergrund trat vor alleın die apofa:
Igptifde —* die ſich vom Buche Daniel her
durch die PPalmen Salomo's, die Weisſa—
gungen der Sibylle, dad Bud Henoch, das
. Bud Edra bis auf die jüngft aufgefundene
Assumtio Mosis erftredte. Daneben lief auch
feit älteren Zeiten der jpeculative Gedante
von ber „Weisheit“ und von dem „Worte
Gottes" ald Symbolen für dad ganze Wefen ber
394
Jeſus Chriftus
Gottheit (Halb. NADYH, bei Philo Asyos). Unb
eine politifche Fafjung tauchte auf, feit im Jahre
6 nad Aer. De Judas von Gamala au hin
Banner die Worte fhrieb: „Reine Römerfteuer!
Gott allein fei Herr!" Zofephus fornte mit feiner
Berechnung dieſe Meifiad:Borftellung auf den
Cäfar der Welt anwenden.
Man würde nun fehr in bie Irre gehen, mollte
man mit ben angegebenen Elementen das fündlid
große Geheimniß des Glaubens, wie Jeſus ald der
Chriſtus Gottes ſich bezeichnen Tonnte und mußte,
zu enträthfeln verfuchen. Jeſu Gewißheit, derjenige
Pr fein, auf ben bie Bölfer harren, ber Welt Hei
and, hat andere Urfprünge, als eiwa der logiſche
Schluß wäre, daß er die Kennzeichen bes „Davids»
Sohnes” an ſich trage, und fo hr er am Alten
Zeftamente ſich gebildet hat, fo fehr er dem hebräi-
ſchen Vollsthum angehörte, fein Gedante von ſei⸗
nem Mittlecamt auf Erden und im Htmmel reicht
weit über ben altteftamentlihen Umkreis hinaus
und als ber Bertreter und Anfänger ber neuen
miebergebornen Menfchheit fteht er einzigartig in
ber Weltgefhichte da, feiner Zeit, keiner Nation
IF fi —— ſondern für alle Zeiten und
ür alle Nationen der Urheber eines neuen geiſt⸗
lichen Lebens. Das ift er in Kraft des heiligen
Geiſtes, der in ihm wohnte ohne Maß; das ifter
laut der erften Selbftausfage, die er ald zmölfjäh
tiger Knabe that: „Muß ich nicht fein in dem, was
meines Baters ift?“ Hier ift ber rag ref
Boden ber Dfienbarung bes lebendigen Gottes,
ber fein Herz dem Menſchenherzen aufſchließt; hier '
zeicht alled Menſchenweſen zurüd mit feinen ge:
eimnißvollften Lebenswurzeln in die Tiefen der
ottheit, und ber Beritand mit feinen endlichen
Kategorien muß ſich befcheiden, das Emige zu fafien
und zu ergreifen. Iſt auch das „Wie“ verhoblen,
wie bei allen jhöpferifchen Acten, das „Daß“ jtebt
nichtsdeſtoweniger unverrüdbar feft. Es ijt das
Chriftenthum eine originale, aus dem Weſen Got:
tes gefloffene Religionsftiftung, in hiſtoriſchen
Zeiten durch Jefum von Nazareth, für den das
eigene Sein in Gott auch ein wirkliches Sein Got:
tes in ihm war, auf alle Zeiten und für alle Böller
E Erlöfung und —— der Welt gegründet
ithin iſt es ſehr verlehrt, wenn man das Weſen
Chriſti als des religiöfen Genius der Menſchheit
entweder wie Voltaire von den Eſſenern, oder wie
Geiger von den Phariſäern, oder wie Etrauf von
einer eigenthümlichen Dilsung des griechiſchen
Schönheitsſinnes und des hebräifchen Religions⸗
geiſtes, die angeblich in Galiläa ſich vollzog, abzu⸗
leiten verſucht hat.
Die geſchichtliche Aunde vom Leben Jefu
ift nit von geftern her, fondern fo alt als bir
Chriftenheit. Paulus vergegenwärtigt und ald ber
ältefte Zeuge, der nach fritifchen Grundfägen voran:
uftellen ift, bie ucchriftliche Predigt, in feinen Brie:
fen offenbar . lehrhaft, als in der münbliden
Rebe, welche die Thaten und Schidfale Jeſu Chrifti,
auf welche er an zahlreichen Stellen hinbeutet
(Gat. 3,1; Röm. 1,2; 9,5; Gal.4, 4; 2, Kor. 8,
9; 5,21; Phil. 2, 8; 1. Thefl. 4, 15; 1. Kor. 7,
10; 9,14; 11, 28; 2, 6. 8; 15, 1), ausftihrlicher
vor Augen geftellt haben wird. Die „Evangeliften”
der apoftolifchen Zeit werden ähnlich geprebigt
haben. Auf Grund des Beugniffes von Papias
man dem Apoftel Matthäus und dem Dolmetjder
Jeſus Chriftus
des Petrus, Marcus, zwei Evangelienfchriften zu
danlen, deren Berhältniß gu dem erften und zwei⸗ |
ten Evangelium im Neuen Tejtamente ſchwer zu
beftimmen ift: nur vermag man ſchwerlich den Er: |
weis zu bringen, daß die im Kanon befindliche |
Recenfion eben die von Papias gemeintejei. Lufas,
der pusleid) die Apoſtelgeſchichte ſchrieb, bezeichnet
ja eben „Biele” ala feine Vorgänger in dem Un:
ternehmen, die Gefchichte des Heilands zu ſchreiben.
Und das ift auch entſchieden bei dem vierten Evan:
iften die Abficht geweſen, ſolche Stüde aus dem
ben des Sohnes Gottes der 8 äubigen Mit» und
Nachwelt zu erzählen, aus welchen feine Herrlich:
keit unmittelbar hervorftrahlt. Die geichichtliche
Erinnerung vom Leben Jeſu mit dein Auge bes
Glaubens feftzubalten, ift der Zweck aller vier ka⸗
nonifhen Evangelien. Wer den Wunderglanz der:
felben nicht vertragen kann, ber muß eins jo gut
wie dad andere als unglaubwürdig durch und durch
preiögeben. In diefem Stüde herrſcht gar fein
weſentlicher Unterſchied zwiſchen Marcus und etwa
Sohannes. Wer andererjeitd Harmonie bis auf den
legten Bu eniaden bettas beabſichtigt, wer es
nicht als Nebenſachen betrachten kann, daß ein
Mal zwei Blinde, ein ander Mal nur einer er:
icheine, Daß es nicht auszugleichende Differenzen in
der —— giebt, der muß zu den verkehrte⸗
en tmaßregeln ſeine Zuflucht nehmen und
itet nicht für die Wahrheit, ſondern wider die
xheit. Denen, welche die Wunderthätigkeit
Chriſti leugnen, iſt das beſtimmte Bewußtſein
Bauli und der apoſtoliſchen Kirche (1. Kor. 12, 9.
10) entgegen zu halten. Nur in ber Bereinzelung
der Wunder gelingt es leicht, fie zu zerpflüden:
man nehme aber den ganzen feitgefchlofjenen Kranz
alö einen Beweis, wi; der Gott der Erlöfung von
dem Gebiete des Geiſtes aus aud Macht über die
Ratur verleiht. Die Bergleihung der Quellen:
erzählungen im Einzelnen hat aber über den that:
fählihen Kern bes Erzählten au entfcheiden. Hin⸗
wiederum gilt gegen Solche, die ſich an die Ab:
weichungen und Widerſpruͤche in äugeren Daten
hängen, bie auf allen hiftorifhen Feldern begeg:
nende Erfahrung, daß, wo zwei oder drei von bem:
feiben Factum Bericht erftatten, faft niemals eine
volltommene Uebereinftimmung in unmefentli
Zügen anzutreffen ift. Unabfichtlich ſchleichen fich
ngen des wirllichen Ereigniffes in die Er:
innerung ein, und gerade im Gegentheil, wo Alles
und Jedes zufammenftimmt, läßt ſich auf ein ver:
abredetes, täufchendes Spiel leicht ſchließen. Nicht
der Rede werth find neben unferen Evangelien zer⸗
fireut erhaltene Worte Ehrifti, Die apofryphifchen
Evangelien, die Nachrichten des Joſephus aus
dem Sabre c. 96 oder bes Tacitus und Sueton
aus noch fpäterer Zeit. Celſus ſchon zeigt in der
bei von dem Soldaten Pantheras den ganzen
8, defien dad Judenthum gegen den Nazaräer
fähig mar, , ne
an wird ed mit Schleiermadjer als eine noch
nit genug anerfannte göttliche Zeitung zu be:
zeichnen haben, daß uns von der äußern Perſon
Ghrifti weder eine fichere Meberlieferung noch ein
authentifches Bild zugelommen ift; ja aud, daß
und eine genaue eig feiner Zebenöweije
und eine zufammenbängende —————— Be⸗
—— fehlt, gehört eben dahin. Das Provi—
ielle liegt offenbar darin, daß nun recht eigent:
ih die centrale Bedeutung ber Perfon Eprifti,
395
Jeſus Ehriftus
fein inneres, gottmenjchliches Weſen, bie Ueber⸗
lieferung feines Wortes und Geiftes an ba relis
gidß erregte Gemüth in der Mitte der Schrift:
forfhung jteht und die Entwidlung in feinem Sinn
und Seilt ungehemmt durch enge Schranten Ei
fälliger Art fih vollziehen kann. So verzweifelt
fteht es indeß nicht grade, daß man gar kein Leben
8 u nach modernen Grundſätzen zu ſchreiben im
tande wäre. Man faffe nur bie mo Ges
ſchichtsſchreibung nicht jo, daß fie alles Wunder:
bare ald Widernatürlihes aus dem: Kreife ber
Urſachen und Wirkungen ausſchließe, ſondern wie
nach L. Gieſebrecht (dad Wunder in der deutſchen
Geſchichtſchreibung unferer Zeit, Stettin 1868) zu
behaupten ift, in dem Geift, daß alle Geſchichte
auch Knotenpunkte hat, an denen ber fFinger bed
lebendigen Gottes deutlicher zu fpüren ift, ald an⸗
beröno. Was ©, — in Bezug auf Luther
ſagt, daß jedes große Menſchenleben wie die Tras
gödie breigetheilt erjcheine, wenn e# dem Helden
vergönnt war, fi) auszuleben, darf auch auf
Chriſti Lebensgeſchichte, ob er fich gleich darin nicht
an hat, angewandt werben. Die beiden bes
amen Wendepunkte liegen in jenem Bor:
ang im Tempel, ald der Knabe im Bewußtſein
einer Zugehörigkeit zu dem großen Haushalt ſei⸗
ned himmlif Baterd von dem Elternhaus
ſcheidet, und in feinem Hervortreten ungefähr im
30. Lebensjahre, ald er ſich feinem Volke, ja ber
ganzen Melt zum Heiland anhot, Bis zu dieſem
weiten Wendepunft wird man, jo wenig unjere
Berichterftatter auch davon fagen, von einer Ent:
widlung im Innern Jefu reden dürfen, von einem
ortichreiten von einer eit zur anderen über
einen Beruf, von jenen brei lan wie Keim
fie formulirt hat, dem Meffiasentichluß, der Ge:
jegeöreform und der Gemwißheit, den Weg der Leis
den gehen zu müflen, um durch bie —**
als der Gottesſohn — zu werden.
feinem Auftreten giebt es aber feine ſolche Wendun⸗
en im Bemwußtfein Jefu mehr, fondern er legt und
ebt das für Anderedar, was ihm innerlich felienfeft
—* die unmittelbare Einheit des Sohnes mit dem
ater, verftändlich für Die, welchen er es offenba⸗
ren will, unverftändlic für die Judenwelt und
Alle, die das wahrhaftige Licht haſſen. Stufenmweife
(ohne daß aber von einem Lehrplan zu reden wäre,
es war ja eine Sache des Lebend und Erfahrens)
entfaltet er feine innere Herrlichkeit, im Berlehr
mit feinen Jüngern und Freunden, mit feinem
Bolt und feinen Yeinden: und es treten zwei
5 epunkte ver Entmwidlung leicht hervor, das
elenntniß Petri, das ihm nicht Fleiſch und Blut
geoffenbart hat, und der Einzug in Jerufa:
lem, jener als Abſchluß für die Ältere galiläifche
Zeit, diefer als Anfang der 2eidend: und Auf:
eritehungsgefhichte. Somit vollendet fi), wenn
man will, da ber dritte Abfchnitt auch dreigetheilt
ift, diefe Tragödie der Tragddien in fünf Acten,
und man mag jenes vielfinnige Wort des Pilatus:
Ecce homo, oder jenes andere: Ecce Deus als
Titel dazufügen, immer bleibt der rothe Faden,
der Alles durchzieht, dad In⸗ und Miteinander
des wahrhaft Böttlichen und des wahrhaft Menſch⸗
lichen in der Perſon des Heilanbs.
legen der geheimnißvollen Bezüge, die zwiſchen
Mutter und Sohn, Familie und Familiengüed
allezeit obmwalten, hat ſchon die ältefte Tradition
der Mutter gedaht und den Stammbaum bes
Jeſus Chriſtus
Geſchlechtes entworfen. Paulus hat (Gal. 4, 4) die
Geburt vom Weibe, die Stellung unter das mo:
ſaiſche Gejeg betont. Die Berfündigung der Geburt
von ber Jungfrau ift ein heiliges Geheimnik des
Herzens der Maria : die leibliche Organifation, aus
welcher fich das geiftige Leben des Genius entfaltet,
ift allenthalben ein Gebilde der Hände Gottes;
ſchöpferiſche Anfänge, wie offenbar bei Entftehung
des Menſchengeſchlechts vorliegen, können auch
während des Beſtehens deſſelben wiederfehren.
Allerdings von den Geſchlechtsregiſtern, die bei
Matthäus 1,1 ff. und Lukas 3,23 ff. mit wichtigen
para or auftreten, gilt, daß ſie in Joſeph aus:
laufen und überRaria’3 Zugehörigfeit zumStamme
Davids grabe br a mit Abſicht hat aud)
der erfte Evangelijt von Abraham, der dritte von
Adam, dem Sohne Gottes, angehoben, jener durch
bie —— Linie des Salomon, dieſer Durch den
Nathan Stammbaum herabgeführt. Deutli
iſt auch, wie bei Lukas der Kindheitsgeſchichte des
Täufers, fo den Anfängen deö Lebens Jeſu bei
Matthäus und Marcus das ſymboliſche und poe:
tifche Element beigemifcht. Aber wenn auch bie
Lobgeſänge Maria's und des greifen Simeon fid)
wie Hymnen ber Hebräer gliebern, jo folgt daraus
noch nicht, daß fie gang und gar das Wert fpäterer
Dichtung feien und nit in wirklichen Erlebniffen
ihren Anhalt Haben fönnen. Bethlehem wird gleich:
mäßig bei Natth.2,1 und Luk. 2,1 als Geburts:
ort Jeſu genannt; die Hirten find die Erftlinge
aus den Juden, die Magier die Erftlinge aus ben
Heiden, welde dem erjehnten Meſſias huldigen.
Schwierigkeiten liegen in den Fragen, ob Jojeph
und Maria ſchon zuvor in Bethlehem oder im Ga⸗
liläiſchen Nazareth wohnten und wie die aftrofo-
giſche — mit dem Sterne (einem Kometen? oder
einer Gonftellation?) zurecht kam; defgleichen ob
Quirinius ſchon diefen Genus des Auguftus als
Statthalter Syriend sr alten hat. ebenfalls
ift das Geburtsjahr Jeſu anders zu berechnen,
als durch den Abt Dionyfius Eriguus geſchehen
4 ftatt des Jahres 754 von Erbauung Ro
i —— das range a des Herodes (Bafla
70 = 4 vor Aer, Dion.) anzufegen. Daß
Heroded' Land dem Cenſus unterworfen murbe,
begreift fich leicht aus der Thatſache, daß er für
fi und für den Cäſar Roms das Boll in Pflicht
und Eid nahm und damals 6000 Bharifäer ji
wider ihn empörten. Seine blutbefledte Bahn zeigt
fi nad) Joſephus' Erzählung noch kurz vor jei-
nem Sterben, ala er eine Maffe von ern
der Stäbte zum Tode beftimmte, damit man doch
bei feinem Abjcheiten im Lande trauere, und es
verträgt fi) damit auch ganz der Rindermord
in Bethlehem, in weldem das Motiv pen
yeh nad Aegypten lag. Als dann das jüdiſ
önigreich in Stüde ging und der revolutionäre
Kampf wider Barus, den Proconful Syriens, ver:
raucht war, ald Jubas von Gamala die nahe bei
Nazareth gelegene Stadt Sepphoris, die Reſidenz
des Herodes Antipas ftürmte, Waffen im Zeug:
haus und Geld in den Schaglammern fand (6 p.
Aer. Dion.): da wird die heilige Familie ſchon in
Nazareth wieder anfällig — ſein. Jeſus als
der Erſtgeborene ſtand im Kreiſe von 4 Brüdern
und einigen Schweſtern, die als leibliche Geſchwi⸗
fter anzufehen kein jpäter gemachtes dogmatijches
Bedenken hindern darf (ihre Namen Watth. 13,
55; Marc. 6, 3). Der Evangelifi hat auch nicht
EEE
396
ch | und gefeglihen Stimmen des Alten
ms anı
Jeſus Chriftus
' Anftand genommen, den Heiland ald den Zimmer:
mannsfohn zu bezeichnen und ihn felbft das Hand»
‚ werk üben zu lafjen. Während in Jubäa das Re:
iment des Archelaus, des älteften Sohnes von
erodes dem Großen, mit deſſen Tode im Jahre
6 n. Chr. fein Ende erreichte und das Land in die
| Verwaltung des römischen Procuratord Coponius
überging, wird Jeſus mit den Eltern nad) der Ges
wöhnung derjelben jene für ihn entſcheidende Feſt⸗
reife angetreten haben. Im Morgenlande bejagt
das 12. etwas Anderes, als im Abendlande.
Dan kann für die innere Hergensentwidlung ben
Einfiuß der Mutter, bie ganze Zeitumgebung, das
Trachten ber Bharifäer nad) Gerechtigkeit, die Lod«
fagung der Sabbucäer von fpäterem ——
weſen, das heilige Gemeinfcaftäleben der Eſſener
ingen; man fann bie Majeftät und
rmwelt, man fann die prophetifchen
amentes
I auf ben jungen Geift wirtend denken: das Ge-
heimniß feines innerften perſönlichen Lebens, ſei⸗
‚ned Berhältniffed ald bed eingeborenen Sohnes
vom Bater ift damit nur in den äußerften Spigen
erklärt, es bligt in ihm auf, urjprünglich mit ur⸗
‚eigner Kraft aus reinſtem en, wie eö allein
fähig if: Gott zu ſchauen und deſſen fich bemußt zu
werben, baß es im Schooße des Vaters ruht und
‚die Fülle —— Kräfte vom Himmel auf die
Erde herniederbringt. Seines Herzens innerſte
Tiefen, die Tiefen der Gottheit, in welche ber ver:
wandte, aus dem Geift ald Licht vom Licht aus:
' geftrömte Geift zurüdftrebte, die waren wie auf:
ge gen Bücher, in denen er in ftiller Andacht
bei Tag und Nacht lefen tonnte, forſchend und fin:
nend über dieſe Offenbarungen aus den Urjprün.
gen alles Lebens, mehr noch als über Himmel und
Erbe, fiber Gefeg und Propheten, eine unbefledte,
unentweihte Knaben: und —— die von
feinem Hauch des Böſen verunreinigend 5
wird, ſo Gertan fie auch alles Arge in Gedan⸗
fen und Worten und Werfen diefer Welt erkennt.
Dies fein Sohnesbewußtſein ift das Urfprünglice,
woran er fich immer wieber orientirt, wenn er jein
eignes Innenleben an dem Meinen und Treiben
der Welt mißt, wenn er jeines Bolt Gedanten
von der Gottesherrſchaft und deſſen Hoffnungen
auf ben Meffiad aus Iſai's Stamme fich aneignet.
So wird er ſchon ahnungsvoll ergriffen in Davids
Burg, in bie fetlich bewegte, große Hauptftabt
feines Boltes eingezogen und ſich der unendlichen
Biebeögemeinfdhaft mit dem Vater im Himmel be
mußt geworden fein. Zufas 2, 41 ff. erzählt und
von diefem Wendepunkt in aller Einfalt ohne jeben
wunderbaren gast
Jeſu zweiter Le er von bier an bis
zum 30. Jahre, in der Wirklichkeit: ficher mit be
deutjamen Ereigniffen bes inneren Lebens auge:
füllt, ift für ung wie ein leeres Blatt, wenn wir
nicht deö Regierungswechfeld gedenlen, der ſich in
Rom durch den Antritt des Tiberius, in Jerufclem
durch den Wechjel der Statthalter vollyog. Man
könnte auch fragen nad) dem äußeren Bilde Jeſu,
wie es der fpäteren Tradition in Worten oder in
ber bildenden Kumft gezeichnet ward; ed wäre auch
Raum für eine Schilderung von Jeju Tempera:
ment und Charakter mofür Keims Vorträge
treffliches Materia: bieten ; feine Jrrt hum s⸗ und
Sündlofigfeit wäre mit Ullmann, Dorner,
Längin (Jefu fittlicde Entwicklung, Elberfeld 1866),
in Anſatz
' Schöne ver N
Jeſus Chriſtus
397
Jeſus Chriſtus
Niemann (Hannover 1866) in das rechte Licht zu kam, bei ihrer mehr gruppirenden Darſtellung die
ellen. Ueberall ſteht er — in den Spuren | of Koränte Wirkſamkeit auf ein ei ein:
eines Volles, deö Volles ber Religion; überall
kündet fi in ihm an, daß das Alte vergangen ler
und ein Neues mit ihm angehoben hat. Das i
auch an dem Auftreten des Täufers Johan:
nes zu erhärten. Man mag nun die Chronologie
nen wie Wiefeler, daß dies Auftreten zwiſchen
Auguft 779 und Sommer 780 gejhah, oder wie
Aſchendorf für Herbft 780 oder wie Ewald Is
781 (= 28 n. Chr.) ftimmen, immer bewährt
Jeſu Wort iiber das innere Wefen deffelben,
— Größte der Propheten doch Heiner iſt als die | a
Kinder des Himmelreichs. Zwar giebt es eine Ein:
ee Harmonie zwiihen dem Alten und bem
Bunde, aber aud) einen Gegenſatz und eine
ſcharfe Grenglinie: jene Harmonie befundet Die
Thatjache, daß Jeſus ſich aud der Taufe Jo:
annis — ‚ diefen Gegenſatz überwand der
Bellen in ber — ee e, aus
der er als Sieger über alle falſchen asideale
ſocialiſtiſcher, politifcher und hierarchiſcher Art her:
vorging. Das Bild, welches der vierte Evangelift | S
von dem Täufer entwirft, greift tiefer, als das der
Synoptifer, fteht aber, wie auch Strauß aner-
tennt, ber Wir ichfeit näher, als Joſephus' für
* philoſophiſch rn Griechen und Römer
urechtgemachte Schilderung — Ant. XVIII,
Das öffentliche Leben Jefu als des
Weltheilandes beginnt mit ber Predigt: „ 4
Buße und glaubet dem Gvangelio, denn das H
melteich ift herbeigelommen.“ Solche Predigt 2
eg Zuf. 3, 1 im 15. Jahre des Tiberius,
us Pilatus Procurator über Jubäa war.
Man wird dafjelbe kaum von Tiberius’ Annahme
ald College des Auguftus berechnen dürfen (dann
liefe es vom Januar 780 bis Januar 781 der
en wer — —— Mar als
Ibjtherrf lief das 15. Regierungs vom
Auguft 781 bis Auguft 782. Die weitere Zeitrech⸗
nung hat indeß noch eine Schwierigfeit zu über:
— welche durch die Differenz unſerer einzigen
entſteht. Die drei Synoptifer nämlich
fen} Jeſu —— zu Anfang ganz auf Ga:
ränft jein und erzählen nur von einem
von dem legten, an welchem Jeſus die
— tee und dann bem Todes:
eich —* die Feind * der Oberſten ſeines
—* Dagegen das 4. Evangelium, das
auch nach Ewald und Weizfäder mit I Rück⸗
weis auf den Augenzeugen, den Jünger, den Jeſus
lieb hatte (19, 35), in gutem Rechte iſt, weiß min:
— von 3 Paſſafeſten (2,13; 6, 4; 13, 1), die
jo daß man auf einen Zeitraum von drei a ven
zu jchließen hat. Es ift allerdings wahr, da die]
alten Rehnungen im 2. Jahrhundert bei
tifern und Katholifen gern von der einjährigen
Wirkſamkeit reden; fie thun das aber mit Berus
fung auf die tophetenftelle (Je. 61, = von dem
angenehmen Jahre des Herrn, und unter den Sy:
fern läßt namentlich Lufas in feinem großen | drang, und — bet Tate a
febericht 9, 51 — 18, 30 ihn ſchon nahe bis | barmen, um die Mühſeligen und
Jerufalem tommen, in Bethanien vertraut verleh⸗
ren, und dad Wort Jeſu — 23, 87; Luk. 13,
34): „Yerufalem, wie oft
f n wollen,“ fpricht entich
& während feines öffentlichen Wirkens erlebte, — ſo oft get
äre:| ‚10, 87 f.
eich deine Kinder | U ade (und man hat fein R
ieden dafür, daß es weiſen außer bei einem der heiligen S
auch den drei erjten — nicht in den Sinn |
—X* Feſt, dem die nähere
—* bie Ausleger jedes der jüdiichen
egen verſuchten, Paſſa, Pfingften,
—8 Einer der bedeutendſten —
nziges Jahr
— Unſicherheit entſteht noch durch das
— —————— zu (Jo. hr ı)
e ein:
punfte zwiſchen den Synoptitern und Johannes
aber bei jenem Pafja zu fuchen, an welches fi
Beten Joh. 6, 1 die Speijung der Taufende und das
tniß Petri anfchlofien, (ungen, bie
au Matth. 14, 18 ff.; Luk. 9, 10 ff.; 6,
denswoche, innerhalb deſſen J hütten:
ER am 15. Tiöri (October) * das Enkaenien⸗
am 25. Kisley (December) in Jeruſalem ——
rl ‚te Bemanin © a ae eine
zu gewinnen, ifi
reine U ber Tob ER —* des
* Keim Hätte ihn u
——
— 34 Aer. — —*3
bee: denn ein e Fl = Ne:
muß anerlennen, ba * e über die Auf
folge und das Ineina eifen ber Wirffamteit
Täufers und der Wirkſamkeit Jeſu ein unlös-
bares od vorliegt. Matth. 4, 12, 17; Marc.
1, 14 lafjen Johannes et eterfert fein (aud) Luf.
4, 13, —— —— us nach der von
ilenen Taufe aid — igt * eils in
. Dagegen wirkten nad) Joh. 3, 24
eide noch einige Bei neben einander, und man
234 % = en —— rg —
un eßlich die tung Johannis
Heiland macht. Da hilft onen nicht, fo wenig wie
bei der — ‚Johannes bei bei
dem erften Ba
Ausgang Sr eg * de
ern wie fo häufig
eben Si
mittlungen en =
dem Gebiete ber rofangefehichte entſch
den muß, nur dem einen der entge gengefe
Berichte ift zu folgen. Man braucht nicht e zu
verzichten, eine genaue e der —
auch für die erſten Amtsja des Erlöſers auch
in einzelnen Wochen und Tagen herzuſtellen; fehr
Anerlennenswerthes ift durch eler, Tiſchen⸗
dorf, Lichtenſtein, Bunſen für bi Partie gelei:
ftet: aber ae in der Natur der Sache, daß
—
bald dieſer, Geſichtspunkt den Aus
get un un (m hiedene ————— se
Es en fich mehr — die ältere — *
ſamkeit des 5 wie ja in modernen —
t, nad) beſtimmten G
|darzuftelfen. 2 in Wirlen von dem bes
fers ſpecifiſch unterſchied, war (Job. 10, 41; Apg.
fein Wohlthun an Rranten
ee, ——— *
ruf, der a m vi ungenen nth des
vspflöen und pigdifhen Glen, bed
und oc —
ladenen an
nes wahrhaſt gefunden Le:
t man en —— —
ie
das helle Tageslicht
bens zu führen.
den Begriff vom Wunder und von der ar
Jeſus Chriftus 398 Jeſus Chriftus
fiegt die Antwort in ber Obmacht ber Heiligen | und Zöllner angenommen und die Betrübten und
Gottedorbnung des Geiftes über die Natur, der | Traurigen mit lindem Worte getröftet. Es ift ein
fittlihen Weltordnung über alle Zerrüttung der | unendlider Stoff, der am wenigften hier in dieſem
phyſiſchen Welt. Jeſus wirkte in der Klarheit fei: | Artikel zu erſchöpfen ift.
nes Gottesbewußtſeins; Schwärmerei, Uberglau: | Aber wenn man die Tempelreinigung mit Jo:
ben, Unglauben wies er ausdrücklich ab, für der:
era giebt er fein „Zeichen“. Gebetsmacht und
eifteöfraft, Mitwirkung des Glaubens der Kran:
ten, geheimnißvolle Gejege höherer Natur werden
ſammengewirkt haben zu den jo eigenartigen
Shatfachen, deren Mannigfaltigkeit und Reid:
thum, wie fehr auch an einzelnen die Hand ſpäte⸗
ser Erzähler und Ueberſeher zu gemahren ift,
erade für die Geſchichtlichleit die mwejentlichite
ürgſchaft leiftet. Man wird leicht die Einthei⸗
in vier Öruppen als zutreffend erfennen, je
1) leibliche Krankheit aller Art ober
iten ber Seele bei den Bejefjenen ge:
ch ober 3) dem Berweiungsproceh bed
boten oder 4) den elementaren Ge:
walten atur Gehorfam auferlegt wird. Die
eigentlich religiöfe und fittlide Verbindungslinie
zwiſchen dem Willen Jeſu und dem Willen des
lebentigen Gottes entzieht ſich jelbftverftändlid
jeder Betrachtu sneie die nicht religiös und
ittlich ift. Es entſprach ganz der Anſchauung, die
enan von einem Thaumaturgen bat, dab ein
Wunder wie ein phyſikaliſches Experiment etwa
wiederholt werden jollte, um von einer na—
kuemienipertiihen Eommilfion begutachtet zu
werben,
Unbebentlih hätte man unter ben Begriff des
Wunders die andere große Hälfte der Heilands:
tpätigfeit ftellen können: feine prophetiſche Wirt:
— als ein Lehrer der Armen, ſeine Predigt
es Evangeliums, die Offenbarung ſeiner
ſelbſt als des Friedefürſten, jein Wort ift es ja,
mwodurd) er die unteinen Geifter bannt, Vergebung
der Sünden fchentt, die wilden Kräfte der Natur
bändigt. Und jo reiſt und predigt er aud, in der
Geftalt eines Rabbi und doc nicht wie die gg
lehrten, mit wunderbarer Anziehungäfraft. Er
ritt in den Schulen und Synagogen auf, auf ber
Bergeähöhe, am Geſtade des Meeres, in einfamer
Wüſte. Das Wefentlihe feiner Predigt ift das
erg bas einfache grobe Princip der Liebe
otteö, des himmlischen Vaters, der Gegenſatz
wiſchen bem Reich des Lichtes und dem Reich der
Bine, das Borhandenjein des Menden:
ohnes, in weldem Gott den Erdkreis zu retten,
u heilen, zu richten beſchloſſen hat: er ftellt ſich
(gefegt auch, daß die Bergpredigt bei Mattyäus
nicht ıwie ein ftenographijcher Bericht jeiner Neben
anzujehen ift, jondern nur der gruppirenden Kunft
bed Evangeliſten ihren Urſprung verdantt, wie
aud die Bufomnsenfellung von Sleichniffen) ala
den Weltrichter, ald den theofratifchen König hin,
in welchem Geſetz und Propheten ihre Erfüllung
finden. Er weiß die Seelen jeiner Jünger fo zu
leiten, daß feine Gottesfohnfchaft ihnen aus der
en Erfahrung und Hingabe als eine
Dfienburung jeined Vaters im Himmel aufgeht,
nicht etma durch Fleiſch und Blut ihnen offenbar
wird, Mit ſcharfem —— Blick für alle Reiche
der Natur, mit aufmerkſamer, durchdringender
Beobachtung des Treibens der Menſchen hat er die
himmliſchen Wahrheiten in Gleichniffen und Bil:
dern * er hat das Otterngezücht geſcholten
und die Geißel geſchwungen, aber auch die Sünder
hannes an den Anfang der Wirkjamfeit zu fegen
uten Grund hat, wenn man das Sammeln des
üngerfreijes in allmählichem Fortſchritt von zwei
zu vier, zu amöl, zu fiebzig bejchreibt, jene Geſpräche
; mit dem furdtiamen Halbglauben des Nilodemus
und dem aufrichtigen Sehnen der Samariterin be:
trachtet, die epodyemachende ————— Naza⸗
reth (Luk. 4, 16ff.)und den feſten Sit in Rapernaum
ebührend hervorhebt: dann ſteht man eiwa an
* Höhepunkt, bei dem die vier Evangeliften
ich wieder bie Hand reichen, bei jenem Speſſungs⸗
wunder unb dem Belenntniß Petri: das letzte Jahr
der Wirlfamteit Jeju beginnt. Die Sommerzeit
bis zum Laubhüttenfeft verbringt er feltner im füd-
‚lien Galiläa, fondern lieber im Norden, an den
Ders Phöniciens, in der Delapolis am Dit:
‚ufer des Sees. Bei Cäſarea Philippi (Banias),
‚an ben Quellen des Jordan legt Petrus jein Be:
‚ Tenntniß ab, dann folgt, 6—8 Tage ſpäter, Die Ver⸗
‚ Härung auf dem Berge, den die jpätere Tradition
als Thabor bezeichnet hat, am nüchſten Tage die
— des epileptiſchen Knaben, woran ſich die
ünger vergebens verſucht hatten. on mweifjagt
er den —— bei der Reife durch Galiläa von
ſeinem Ausgang. So zog er zum Detober auf das
‚Zaubhüttenfeft (Joh. 7, 1) nach Zerufalem (im
Jahre 751 nad) Bunfen, 782 nad) Wiefeler). Wil
\tobendem Aufruhr entzog er fi noch auf einige
\ gi ohne freilich Judäa zu verlaffen. Zum
nlänien:Feit (25. Kislev = Ende December) war
ex aber wieder in Jerujalem, um noch einmal alle
| Hauptgebanten feines Berufes auszuf (Job.
10, 23 ff.). Dann ging er wieder nach Peräa, an
ben alten Schauplaf ber Taufe Johannis, wo er
auch noch Anknüpfungspunkte Haben mochte. Hier
teifft ihn, — es ift nicht gefagt, wie lange vor dem
Paffa — die Nahriht von dem Tode des Laza⸗
zus, beffen Aufermedung in Bethanien dann nad
dem vierten Evangelium zu der großen Kataſtro⸗
be führt. Die Feindſchaft der Pharifäer regte
ic gewaltig. Noch einmal ging er in bie Stadt
hraim (etwa acht römiſche Meilen nordwärts
von Zerufalem). Daran jchließt fich die legte Reife
nad) Jeruſalem. So ftellt es gen Johan⸗
nes dar. Die Synoptifer fnüpfen (Matt. 19,1;
Marc. 10, 1; Luk. 17, 11) diefe Reife an ben
Durchzug durch Peräa. Hervorragt die Blinden
beilung bei Jeriho; Marc. 10, 46 nennt nur
einen, den Battimäus, Matth. 20, 29 nennt zwei,
beide laſſen Jejum ſchon durch die Stadt gezogen
fein, nad) Luk. 18, 35 gefhah dad Wunder vor
dem Einzug. Bedeutjam find im Gegenfag zu den
wechjelnden Stimmungen der Jünger (Matth. 19,
10. 13. 25; 20, 17. 20. 24), im Gegenfag zu ber
Steigerung, die in der Feindſchaft der Widerſacher
und in der Unzuverläſſigkeit der halben Freunde
wahrzunehmen ift (Matth. 19, 3. 16; 20, 18. 25),
die Ruhe und die Klarheit des Gottesbemußtjeind
Jeſu, der die gewaltigen Entfcheidungen, die ihm
bevorjtehen, in feiner Seele ze. atth. 19,20;
20, 23) und, damit e3 zu der Wiedergeburt der
Welt, zur Herftellung feines Reiches (19, 28; 20,
21) fomme, fich mit freieftem Willen dem bangen
Augendlid des Todeskelches und der Todestaufe
Jeius Chriftns
(Matth. 20, 23) näherte. Er ift ſich deſſen Mar,
daß er fein Leben zum „Löfegeld” für die Melt
bingeben muß, bamit die neue era ori feines
———— als ein Widerſpiel der irdiſchen
Weltreiche hergeſtellt werde (Matth. 20, 25 ff.).
Der letzie Act des Lebens Jeſu, die große
Leidenswoche und bie Auferjtehungszeit,
ungmeifelhaft in ben Predigten der apoftoliichen
Zeit am haufigſten mitgetheilt, hat im Großen
und Ganzen die größte Lebereinftimmung in den
Berichten über die einzelnen Scenen aufzumeifen.
eder ber Evangeliften bat freilich Eigenthüm:
liches, worüber die Entiheidung dem Forſcher
nicht leicht wird. Gemeinjam ift Allen, daß ber
Todestag Jeſu ein Freitag war und die Aufer⸗
Rehund am dritten Tage Danach, am erſten Wochen⸗
ag, wie bie Juben datiren, erfolgte: den Sabbath
über 2 eſu Leichnam im Grabe gelegen. Ein
auptunterjchieb beruht jedoch darın, daß die
Ymoptifer am Donnerftag Abend das Paſſa—
lamm von fämmlihem Volt und aud) von Jeſu
geiehe tet und gegefien werben laffen und daran
ie Einjekung des Abenbmahls anknüpfen, jo daß
die Nacht in Gethſemane ſchon zum Freitag, dem
15. Nifan nad jüdifher Rechnuͤng, gepört, An:
ders dagegen Sobannes, Er erzählt von einem
legten Dahl am Donnerftag Abend, ſchweigt vom
Abendmahl und berichtet dafür von der Fuß:
waſchung, den Hindeutungen auf den Verrath bed
Judas und die Verleugnung Petri und den Ab:
Ichiedöreden bis zum hohenprieſterlichen Gebet: die
Juden weigern jich nad) der Nacht des Verrathed
in das Prätorium des Heiden Pilatus einzutreten,
damit fie fich nicht befledten, fondern das Paſſa⸗
lamm effen dürften (ob. 18, 28), Da erjcheint
alfo jener Tobesfreitag als der 14. Nijan, an
welchem Jeſus alö das wahrhaftige Paſſalamm
fi) am Kreuz opferte (19, 86). Dieſe Differenz läßt
fi nicht anders heben, als damit, daß man ent-
weber dem einen oder dem anderen Bericht als dem
— — folgt. Auch die vorangehenden
age, der Tag pn. bie Salbung in Betha—
nien, der für ben Einzug in Jerufalem
—5* verſchiedene Berehnungzu, Die Nachtpflegte
% us außerhalb der Stadt auzubringen, der lehte
ienötag mar noch einer der bewegteften Tage, als
er zum legten Dlale, foviel wir wiſſen, im Tempel
vermeilte, und in heftige Streitreden mit den Pha⸗
rijäern verwidelt wurde (Matth. 21, 18—26, 5;
Marc. 11,20—14, 2; Luk. 20, 1—21, 38), Große
Uebereinftimmung herrſcht dann von der Nacht
des Verrathes an: für Die Worte am Kreuz fteuern
Matthäus und Marcus das eine yon ber Gottver:
jelenpeit bei, Zufas drei andere, Johannes eben
jo viele, Alle find einig über den Antheil, den die
Natur und die überfinnlihe Welt an den letzten
Stunden Jeſu nahmen, ſowie danach an ber Aufer⸗
ſtehung. Pauli Zeugniſſe über die Einſetzungs⸗
worie bei dem legten Mahle und über die Reihen⸗
folge ber Auferftehungsfcenen find von großem
Gewicht, um bie evungelifhen Berichte zu würs
digen. Man wird mit der Untwort Baurs, daß
ber Glaube an die Auferjtehung eine Thatjache
geweſen fei, nicht im Stande jein Die weitere Frage
su erledigen, welches die äußere Thatſache, an
welcher der Glaube ſich entzündete, geweſen ei.
Dab Jeius in perfönlidem —— mit ver⸗
tlarter Leiblichleit aus dem Grabe hervorgegangen
iſt, derſelbe wie ehedem, und doch in anderer Ge⸗
399
Jeſus Chriſtus
ſtalt, unter anderen Bedingungen und ohne die
alten Schranken der Materie, iſt auf Grund des
apoſtoliſchen Zeugniſſes als die durch die Schöpfer⸗
macht Gottes gewirkte Wunderthat anzuerlennen.
Sehr natürlich mußte auch das Scheiden von der
Erde einen beſtimmten Abſchluß erhalten, wie der⸗
ſelbe mit der Himmelfahrt eintrat. Die neue Ge:
meinde au gründen, alle Bölfer der Welt in die
Jüngerichaft Jeſu einzumeihen durch das Wort
beö Lebens, Taufe und Speife zum ewigen Leben
barzureichen, war der Beruf ber von Gott zuvor
en Beugen, die ſeit dem Pfingſtfeſt aus der
Beit Zernens und Empfangens in das ord⸗
nungsmäßige Lehren und en übertraten.
Das Chriſtenthum ald eine gemeinfhaft:
bildende Macht hebt damit an: die Ehriftenheit
geht daraus hervor, von den Apoftelm mit tiefjin-
nigem Wort als der Leib Ghrifti bezeichnet, zu
dem Er dad „ bie belebende Seele ift. Wie
fie in Chriſto lebten, wie Chriſtus in ihnen lebte,
wie er in feinem geſchichtiichen Erdendaſein in
ihrer Erinnerung mit Worten und Thaten haftete
und als der u ne Herr von der Rechten Gottes
ber bei jeiner Gemeinde ſtand und fie durch den
Geift, der in alle Wahrheit leitet, regierte: daß
war der Grundgedanke, ber bie ganze apoftolifche
Zeit in voller Reinheit durchdrang, nach welchem
Zufas und bie Geſchichte der beiden Hauptapoftel
Tetrus und Paulus, die Entwidlung bed Gottes»
reiches von Jerufalem und Antiodyia bis Rom er:
zählt hat. Auf den. Wegen, welche dur das
römiſche Univerſalreich, durch Die ——— Wiſ⸗
ſenſchaft und Sprache gebahnt und vorgezeichnet
waren, geht die Miſſion des Chriſtenthums und
als die volllommene Religion wirkt es ſich in einer
ößeren Mannigfaltigleit von Nationen und Gei-
tern, die nad) Wahrheit fuchen, mehr und mehr
aus. Das —— die Geſtalt des Erlö-
ſers, fein Chriſtenthum, jeineStellung als Anfänger
und Vollender des Glaubens hat aber ſtets als Maß
und Richtſchnur des perſönlichen Chriſtenthums
gegolten, auch in ſolchen Fällen, mo es die verſchie⸗
denſten Färbungen je nad) bem Eulturftand ber
Böller und der Kirchen annehmen mußte. Ohne
Chriſtus, den eingeborenen Sohn Gottes, der in
einer Würde ohne Gleichen Über allen Geſchlech—
tern. fteht, der aber doch ganz und voll Menſch
war, giebt #8 fein Chriftenthum. Hätte und wlhte
Chriſtus Gott und das Göttliche nur fo in ſich,
mie es auch bie beften und tiefiten und frömmſten
unter feinen Jüngern nod jegt haben können,
ginge er mit der Urſprünglichteit jeines Glaubens
und Liebend und Wirkens nit über den Chor
menſchlicher Genien in Kunſt und Wiſſenſchaft
hinaus, fehlte die unmittelbare Bezeugung von
oben her, das Zeugniß bes Geifted Gottes für den
Geiſt in yo einem Zeitalter oder Geſchlecht, jo
ins ae —— ——
8 er gejorgt, daß tie me bes
Bfingf eiſtes nicht verfiegen. Ein beredtes Zeug:
niß dafür bildete in der apoftolifchen Zeit Bau:
lus, der Apoftelder Heiden, der die wejent:
lichſten Dienfte für bie Junge iftengemeinde
aeleiftet hat. Sein Ehriftuäbild ftimmt in allen
Hauptzügen mitdem eined Jalobus und Betrus
überein; Niemand wirb aber ber verjchiebene
Ausgang? punkt ihrer Ausfagen entgehen und Nie-
mand wird in feiner Empfinuung bie Differenz
verleugnen, wenn er bie Worte des Meifterd übe:
Jeſus Chrijtus
fein Wefen, über feine Einheit mit dem Bater und
mit den Seinen, ober wenn er bie Worte feiner
Jlinger vernimmt. Die Evangeliften haben
unzweifelhaft beftimmte Anfchauungen in den und
erhaltenen Schriften durchgeführt: für den erften
ift der Erfüller des Gefeges gekommen, ber lehrt
und Wunder thut, Marcus bei räntt ſich mehr
auf die Thaten und Schidfale, Lukas hat fchon
einen weiteren Ausblid auf die ganze adamitiſche
Menſchheit genommen, Johannes weiß die Geban-
ten ber Blatonifch-jübifchen Speculation mit einem
anz neuen Inhalt zu erfüllen und ſondert doch fo
hatt bie Ausf Jefu von den eigenen been,
daß er nirgend Jeſu das Wort: „ich bin ber Lo:
908” in ben Mund legt.
Eine geſchichtli nde vom Leben Jeſu — wir
wiederholen das obige Wort — hat eö immer in ber
Ehriftenheit gegeben, ſchon Darum, weil bie Bilder
ber Evangelien vom zweiten Jahrhundert an fort
unb fort von einem Gejchleht zum andern über⸗
liefert wurden. Der Gegenſatz von JZubendri:
ften und ee en trug fich aber gan
natu auch —— Anſ ng von bem
—— Weſen und Chriſti und der Apoſtel
über, Männer, bie von ber Philoſophie hergelom⸗
men waren, wie ber römiſche Clemens, Juftin,
ber Mleranbrinifhe Glemens, Drigenes fahen
in bem „großen Lehrer ber Weisheit” zugleich ben
—— Mittler zwiſchen Gott und ber ’
unb fie leifteten mit ihren Gebanfen von dem Lo⸗
908, als * ger je are *
geringen Vo welche das geſchichtliche, wahr⸗
haft menſchliche Beben Ckri ti t. Nach:
dem die PBhantafien der Gnoftiler burd bie
Bildung der altlatholifhen Kirche überwunden
waren, nachdem bie ht, Chriftum weder ala
bloßen Menſchen, wie die Ebioniten, nod als
reinen Gott, wie die Doketen, zu verehrten, von
ber Kirche kund gegeben war, nachdem ein Ire—
näus am meiften nocd in apoſtoliſchem Sinne
von Jeſus ald dem anderen Adam, dem fichtbaren
Ebenbilde des unſichtbaren Gottes, geredet hatte, | N
tauchte zu Ende bes zweiten und im Laufe bes
britten Jahrhunderts immer wieder von neuem
die Frage auf, wie das Göttliche und Menjd:
liche in Chriſto is zueinander verhielten, welches
Verhältniß das Göttliche in Chrifto zu dem einen
Gott en * geb Hebel Gehen
man bie er, die fi von ent etzten
Standpunlten aus an ve Löſung ————
men und den Monotheismus gegen alle Biel:
göt i zu verwa trachteten. Die einen, wie
beiden Theobotus, Paulus von Samo—
fatau. A. ließen den Menſchen Jeſus nur mit
öttlichen Kräften, mit Göttlichkeit ausgerüſtet
Fin, jo daß ber eine Gott bemfelben nur dyna⸗
m iſch zu Hülfe gelommen wäre, die anderen, wie
Noet, Sabellius u. A. baten fi, daß das
Weſen ber Gottheit, ihre —— ſich fort⸗
bewege und eine andere Form der Gottheit, ein
anderer Modus des göttlichen Seins ſich im Sohne
ergebe. Jedoch dieſer Gegenſatz von dynamiſchen
und hypoſtatiſchen Monarchianern ward von den
Lehrern der ge Kirche gleihmäßig zurück⸗
gewiefen; bie erweitersen bie Kluft zwiſchen
dem er und Sohne über bie Maßen, bei den
anderen war das Jneinanderfallen von Pater und
Sohn zu men. Im Anſchluß an die Tauf:
formel (Matth.28) bildete ſich das trinitarifche
400
Jeſus Chriftus
Dogma der Kirchenlehre aus, um ein reales Sein
Gottes in Chrifto mit Unterfcheibung ber verfchie:
denen Subjecte zu denken, denn offenbar mußte
das Göttliche in Ehrifto ein Perfönliches fein.
Rothe (vier Borträge, Elberfeld 1866).
Während man das fchmwierige og y g
Arius’ Verſuch zu verwahren hatte, als fei das
Göttliche in Ehrifto nur die vornehmfte, vor der
Welt und zum Zweck der Weltſchöp chaffene
Creatur geweſen, während der durch Neftorius
angefachte Zweinaturenftreit und danach ber Streit,
ob ein Wille und eine Wirkſamkeit ober zmei
Willen und zwei Wirkfamfeiten oder aud mehr
in ge anzufegen ſeien (Monotheleten:
ftreit), die Geifter in der morgenlänbifchen Kirche
lebendig erhielten, — doch manche Theologen,
wie Euſebius, der Vater der Kirchengeſchichte, und
ſchon vor ihm Clemens von Alexandrien und Dri-
enes, nad) ihm H us —— eſchichtliche
Erfheinung wieder beftimmter ind e gefaßt,
bie einzelnen Daten aus bem Leben C il, jein
Geburtsjahrund Geburtätag, fernen Todedtag und
Todesjahr zu figiren geſucht: namentlich) Eufebius
arbeitete eine Zufammenftellung ber parallelen
eg in den Evangelien aus. Das
Bild Chrifti in feiner vollen Menfchlichkeit und
chichtlichkeit lebte in den Gemeinden, melde
ellenden Züge auch durch die apokryphi—
ſchen Evangelien mithineingetragen wurben,
wie ſehr auch der Streit der Theologen, Biſchöfe
und Mönche das Auge von ber vollen Lebens:
geftalt abzog. Es konnten ja die Prediger, wie
. B. Chryjoftomus in den Auslegungen der
Goangein ar nicht anders ge gehen, als
daß fie mit Hintenanftellung abjtracten Lehr:
ormeln die Tugenden Jeſu Ehrifti, feine Liebe,
eine Menfchenfreunblichkeit, —* Hingebung in
Tod mit eindringlichen Worten ſchilderten.
Lyrik und Drama verſuchten ſich ſchon an der
Wiedergabe der wahrhaft menſchlichen Geſchichte
Chriſti (Clemens von Alexandrien, Gregor von
azianz). Und das gilt noch vielmehr von dem
abenbländifchen Chriſtenthum, das von Anbeginn
an die praktiſchen, religiöſen Motive in den Vorder⸗
nd ftellte. Ein großartiges Geſammtbild von
Ir gottmenfhlihen Herruchleit des Erlöſers,
durch bie er alle Gemüther auf der Erbe in feine
heiligen Kreife zieht, geht auch durch bie
der großen Lehrer des abendlãndiſchen Mittelalters
indurch, ja beftimmt die ganze Bildung ber Böl:
erfamilie Europas. Man braugt nur an die Völler⸗
wanderung und bie Annahme bes Arianiſchen
Chriſtenthums, an den Sieg der ——
römiſchen Form bei den Franken und den Angel:
jesien, an die Wirffamteit des Bonifacius und
nstkats im Herzen und im Norden Europa’s, an
das Eindringen griechifcher Senblinge bei den
Slaven und ben ganzen großen Siegeözug ber
Mifftion an den Ufern der Oſtſee zu erinnern, an
den on mare Riefentampf, den Papft und Kaiſer
um bie Vorherrfchaft über d.e Welt, Chri it
und Islam um ben Befig ber Ken tätten
tämpften, und man erlennt ſogleich, wie bie Völler⸗
und Staatengeſchichte von den Ideen des Chriſten⸗
thums beherrſcht und geleitet war, Die Kirche
ab den Ton an, als die Berwalterin aller Ona-
In im — und 33* *
und ihre Heiligen zwi e
und % einzelne Seele des Gläubigen. Das ift.
Jeſus Chriftus 401 Jeſus Chriftus
unleugbar die Urfache entfeglihen Aberglaubens
und Unglaubens gewejen (Dorner, Geſch. der prot.
Theol., Nünden 1867). Indeß es gab doch immer
Geifter, wie fie namentlid die germaniſche
Myſtit erzog, die fi den unmittelbaren Berkehr
und Umgang mit dem Heiland nicht rauben lafjen
wollten, und wenn fie das Bild Chrifti in ſich ein:
uprägen verfuchten, nicht ſowohl auf dem Wege
einer Gottheit, fondern mehr noch auf dem Wege
feiner Menjchheit, feines armen Lebens ihm nad):
wandelten. Die Paifionsfpiele führten das auch
dem Bolle in jeiner Sprade vor. Konnten große
fittliche Aufgaben des Chriſtenthums bei ſolchem
moftiichen Sichinſichſelbſtverſenlen zu kurz kom:
men, war überhaupt das Mittelalter nicht gerade
bloß — aus, das natürliche Leben durch die
Geifteöherrichaft zu weihen und zu verflären; jo
ift Doch jelbft im weltflüchtigen Mönchthum ein
fittliher Heroismus und ein wiſſenſchaftlicher Geift
entwidelt, der Staunen erregt, und der Francis—
caner Bonaventura u. A. haben in dem „Leben
Chrifti“ manche tief klingende Seite angeſchlagen.
Der auch myſtiſch angewehte Gerſon ſuchte nach
einer Concordanz zwiſchen den abweichenden Be:
richten der Evangelien. Man ftellte fich zumeilen
freier zu dem Buchſtaben der Schrift, weil man
innerhalb der damaligen Bildungsitufe eine Fort:
entwiclung des urjprünglicden Chriſtenthums in
dem Sinne behauptete, daß die heilige Mutter, die
Kirche, in ihren Ueberlieferungen aud) geoffenbarte
Wahtheiten bewahre uud darbiete. E3 gab daneben
eine Kunſt des Dentens in der Scholaſtik, die
nicht mehr wie die griechifche und römiſche Philo—
jophie an der Natur und am fittlihden Menſchen⸗
wejenund am Staat ſich verſuchte, jondern jelbit die
öchſten Geheimnifje des Glaubens, Gottheit und
enſchheit, ihre Einheit und ihre Differenz mit
ihren Begriffen wafjerhell und klar darzujtellen
wußte, dabei aud) öfters fich zur gehorfamen Magd
für die Rechefertigung aller kirchlichen Sacra—
ments: und Heiligenherrlichleit bergab. — Da
nun bedurfte es eines kühnen Schnittes in das
faule Fleiſch der alten Kirchenentwidlung. Mit
einem aus den Duellen urfriſch emporgetauchten
Ehriftusbild im Herzen konnten Luther und die
anderen Reformatoren die längft erjehnte und
durch die Nationen und Fürften angebahnte neue
Stufe des Chriftenthums hervorrufen. Aus dem
allerperjönlichiten Berhältniß zu Chrifto ift dieje
neue Bewegung geboren, deren religiöfe Natur
und Energie noch keineswegs erfchöpft if. Der
Broteftantismus hat Deutichland in Nord und
Süd regenerirt, die Generaljtaaten mit ihrer
Seemacht gegründet, die Pilgerväter haben durch
ihren Glauben in Nordamerifa für neue Ent:
wicllungen freien kirchlichen Lebens den Grund
gelegt, Guſtav Adolph, der große Kurfürft, die
m die Weite greifende Miffion der Erin Tor
das neuerwadte Bewußtjein, daß das driftliche
Kreuz auf dem ganzen Erdboden triumphiren ſoll,
die Union Friedrich Wilhelms ILL, find doch
wohl Beweiſe, dab das Evangelium aud in der
Reuzeit eine gefhichtbildende, fittigende Kraft aus:
übt. Gerade der Rüdgang zu den Quellen ber
evangelifhen Geſchichte ift Vet Luthers Zeiten jo
kräftig unternommen, daß nad) dem Grunbjag:
„Alles iſt euer, ihr aber jeid Chrifti”, auch bie fen
Kirche und ſocialer Gejellichaft immer wieder ge:
hoben werden fann, wo nur die Schuld beider
Seiten nafe a und gebefiert, wo nur das
naturgemäße göttliche Hecht jeder Partei einge:
räumt wird. ES war auch unleugbar nicht Im
Sinne Zuthers, daß feine Glaubenägenoffen in ber
Folgezeit bei der Zufammenftellung der Evange:
lien jo ängftlic zu Werte gingen, daß 3.8. Ofian-
der in ber Evangelienharmonie (1537) nicht weni—
er als neun Ser Petri herausbrachte.
ährend Scaliger (1583) und Kepler (1606),
Petavius (1627) und Uſſer (1654) ſich eifrigſt
um die richtige Chronologie des Lebens Jeſu =
mühten, forjchten Andere, wie Calirt und Gro:
tius, nad) dem richtigen Berftändniß der einzel⸗
nen Thatjachen. it dem Pietismus ermadhte
nad) ber lutheriſchen Scholaftif wieder ein wärmes
ces Intereſſe an ber eriten Liebe der apoftolifchen
Chriſtenheit. Zu gleicher Zeit ——— der
nackteſte Unglaube der engliſchen Freethinker und
der frangöfiiigen Encyllopädiften bis zu dem Wols
fenbüttler Sragmentiften Reimarus hin jo weit,
die heilige Gejhichte als ein Werk des gröbften
Betruges und Ihmählicher Unmwiffenheit zu brand:
marfen. Klopftods hoher Kothurn, Lefjings ſchar⸗
fes Mefjer, Kants kategorifcher Jmperativ began—
nen die Sache in befiere Bahnen zu leiten. Heß,
Hamann, Zavater, Herderführtennod tiefer hinein.
Die Rationaliften waren mit Baulus,
Röhr u. A. bei der „Accommodation Ehrifti” und
„der natürlichen Erklärung feiner Wunder“ ange:
langt. Da gab Schleiermader, der große
Zeuge für die Urſprünglichkeit des religiöfen Sin:
nes, in feiner Schrift über Lukas (1817) und in
feinen Vorlefungen über das Leben Jeju (heraus⸗
gegeben Berlin 1864) Andeutungen, daß es doch
eine gejunde Mitte zwijchen der Hyperkritik und
ber Unkritik, zwijchen dem Nationalismus und
bem einjeitigen Supranaturalismus ber Ortho-
borie geben müfje. Das von Bretichneider’s Pro:
babilien fonderlich angegriffene Evangelium So:
—* nahm er beſonders in Schutz, wie ſeine
reunde Lücke und de Wette. In der Meinung,
wie Wolf den Homer, jo die Evangelien mit „vor:
ausjegungslojer Kritik” zerfegen zu können, jchrieb
der Tübinger Repetent David Strauß fein Les
ben Jeju (1835), verhoffend, aus den mythifchen
Gebilden der urchriſtlichen Phantafie wenigitens
„die Idee“ retten zu können. Drei Hefte „Streit:
ſchriften“, „friedliche Blätter“, „das Leben Jeſu
für das deutſche Bolt” (ohne Anlehen bei dem
————— 1864, „der Chriſtus des Glau⸗
bens und der Jeſus der Geſchichte“ (gegen Schleier:
macder), „die Halben und die Ganzen” (gegen
Scentel und Hengftenberg) find die mehr oder
minder bedeutenden Schriftjtüde, in welchen der
dem Glauben abgewandte Sinn einiger deutfcher
Philoſophen ſich ſpiegelt. K. Haſe, das Leben
Jeſu (Leipzig 1829, 5. Aufl. 1865), orientirt am
beiten iiber die Literaturfluth, die fich jeit einem
Menjdenalter über den Gegenftand verbreitet hat.
Was Neander, Bleek, Ullmann, Weiße,
Ebrard, Zange ſchon ehedem gegen den mythi—
ſchen Radicalismus aufitellten, hat theilweife feine
—— behalten, auch ſeitdem durch Baur's
Literarkritil über Johannes (1844) das Auge von
den Thatſachen, die Anſtoß erregten, wieder auf
die Quellenberichte gelenkt iſt. Dak über biejer
weiſe Berfeindung zwiſchen Religion und Wiſſen⸗
regelrechten Behandlung, die ja a vor dem
ſchaft, zwiſchen Goltesdienſt und Kunft, zwiſchen
Jeſus⸗Chriſtus⸗Orden
ae der Kritik keineswegs Stand haltenben
gebniffe Baur's — verdienſtvoll zu
nennen war, die letzte * wirklich künſtleri⸗
Kin Darftellung und der Berwerthung alles ein:
lagenden area fü Materiald nicht vergeffen
werden bürfe, ift Ewald (1855) und Renan
eg zum Lobe nachzuſagen. Sonft freilid) liegt
ei jenem hinter glängendem Schmud man weiß
nicht welche Aufklärung über die wirflihen Bor:
änge, diefer aber jpricht, jo edel er den Helden
Feines Romans darzuftellen jucht, jchließlich Doch
nadt aus, daß man im Drient das Lügen nidt
lafien kann und Chrifti Yeben mit dem letzten
Seufzer zu Ende ift. Schentel (1864) proteftirte
baher aud) kn gegen die Zujanımenftellung
mit dem franzöſiſchen Katholiken; er war ſich viel:
mehr bewußt, auf Holgmann’s Kritif der fy:
noptijchen Evangelien (1863) fein Gebäude errich:
tet zu haben. gl. Zeitichr. für Brot. und Kirche,
Erlangen 1864, Aug. b- 81 ff. (Hofmann über
Renan, Strauß, Schenkel). J. J. Dofterzee,
das Bild Chrijti nad) der Schrift, Hamburg 1864;
Bunjen, Jeſus von Nazareth (im Bibelwerf);
Steinmeyer, die Wunderthaten des Herrn
(1866), die Leidensgejhicdhte (1867); E. Weiz:
äder, Trier m über die evangeliſche Ge:
chichte (1864), Keim, der eihichtlide Ehriftus
(1865); Jeſus von Nazara (Zürich 1867). Ed. de
Pressense, Jesus- Christ, son temps, sa
vie, son oeuvre (1865); Eccehomo, a sur-
vey of the life and work of Jesus Christ,
Lond. 1865; Ecce Deus, Essays on the life
and doctrine of Jesus Christ. With contro-
versial notes on Ecce homo, Edinburgh 1867.
Evangelische Alliantie. Tweede gedeelte. Dr.
erzog, der kritifche Geift in der —— Rev.
irf3, Skepticism and Theology. Dr. Rig:
enbad, Ueberblid ber Peng jeogen das Leben
Sefu betreffend. Dr. Binte, Waarop steunt het
gezag van geloofsregel, dat aan de Schriften
es N, T. voor altijd toekomt, in de Christe-
lijke kerk? Dr. Keeve, die menjchlich-fittliche
Entwidlung Jeſu Chrifti, Rotterdam 1867.
Jeſus⸗Chriſtus⸗Orden. Derjelbe wurde von
Dionys von — in Uebereinſtimmung mit
Papſt Johann XXII. 1317 geſtiftet aus den Rit-
tern bes aufgehobenen Templerordens und aud
mit deſſen Gütern botirt; er empfing die Regel
der Benedictiner, vermehrt durch ——*
Satzungen. Seit 1789 iſt der Orden ſäculariſirt
und ward von Portugal in drei, vom Papſte in
einer Claſſe vergeben. — 2) Ein in Spanien 1216
durch Dominicus geſtifteter geiſtlicher Ritterorden,
der ſpäter mit der Congregation des h. Petrus,
des Märtyrers, verſchmolzen iſt.
Jeſus⸗Kind, Congregation der Töchter vom.
So heißt eine Möfterlihe Genoſſenſchaft, welde
1673 von Anna Moroni aus Lucca in Rom be:
gründet wurde. Die Schweitern befhäftigen ſich
mit dem unentgeltlichen Unterrihte armer Mäd»
Shen. Ordenskleidung ift ein braunes Kleid mit
weißer Be
Jeſus⸗Maxria⸗Orden. Die Mijfionäprieiter der
Congregation Jefus und Maria (Eubiften, ſ. d. A.),
wurden 1643 von Jean Eubes geftiftet zur Erzie⸗
—* von Geiſtlichen und zur Abhaltung von
i
ionen.
ns Sirach, eine Sammlung von Sprüchen
in der Art ber falomonifchen, voll geſunder Lebens»
402
Iglauer Compactaten
anfichten, bie in einer faßlichen und leichtverftänd«
lien, auf die Jugend berechneten Weije ausge⸗
—— ſind. Die Ermahnung zur Gottesfurcht
und Weisheit bilden den Inhalt des Buches. Der
Verfaſſer war ein Jude in Jeruſalem, der fein
Buch hebräiſch ſchrieb; fein gleichnamiger Entel
überſetzte es in Aegypten ins Griechiſche und gab
es heraus um 235 v. Chr. Bgl. Frigiche, die Weid«
heit Jejus Sirachs, 1860.
la. Stadt in Dan. Joſ. 49, 42.
ethro. Jeter, 2. Mof. 4, 18; Jithro, ber prie:
fterlide Nomabenfürft (Emir), bei dem Mofes Zu:
flucht fand; und von dem er jpäter (2. Moj. 18)
mit gutem Rathe unterftügt wurde. Da als
Schwiegervater des Mojes (2. Mof. 2, 18) Requel
enannt wird (3, 1), aber a (und Chobab 4.
of. 10, 29) als Schwager auftritt, fo ift vieleicht
auch Jethro der Sohn Reguels, der Bruder Cho:
babs oder wie Manche meinen, eine Berjon mit
ihm und Schwager Mofis geweſen. Er ericheint
als eine bebeutende und einflußreiche Perfönlid:
feit. Nach ihm führt eine Bergſchlucht des Sinai
nod den Namen bes Jethrothales.
tur, ein Sohn Ismaels (1. Mof. 25, 15;
1, Chr. 1, 31), der Stammvater ber Jturäer.
Jetzer, Johann, ein Schneidergejelle aus Zur:
—— Laienbruder im Dominicanerkloſter in
Seine Leichtgläubigkeit wollten feine Dr-
densoberen benugen, um in dem Streite mit den
Franciscanern über die Empfängnik der Maris
einen Triumph zu gewinnen (1507). Sie erfchienen
ihm bald als Maria, bald als Heilige und eröffneten
ihm, daß Maria in der Erbjüinde empfangen fei.
Als ihm aber die Wundenmaale eingedrüdt wur:
den, um damit die Wirklichleit der Viſionen vor
dem Volke zu beglaubigen, verrieth er in Einfalt
ben B an die Obrigfeit. Der Vorfall diente
dazu, dad Mönchsweſen noch mehr um die Achtung
zu bringen.
Jewel, John, Biſchof von Salt@bury. Geb.
ben 28. Mai 1522 zu Buden in Devonfhire, er
warb er fi 1585—44 in Drforb eine ausgebrei-
tete Gelehrſamkeit. Die Resten deen,
welche er aus Luthers Schriften aufgenommen,
befeitigten fih duch die Borlefungen des Peter
Martyr jeit 1549. Nach mehrfachen Wechſel fer
ner kirchlichen Gefinnung und nad) einem Aufent:
halt in Frankfurt, Straßburg, Zürich eilte er 1568
nah England zurüd und wurde, als Elijabeth die
te Ordnung Eduards wiederheritellte, zum
Biihof von Salisbury ernannt 1560. Seine an:
fänglihen Bedenken gegen Chorherren und Ritus
gingen allmählich in beftimmte Woriiebe über.
eine Liebe zur Reformation ruhte auf der Ueber:
zeugung, ei diefelbe nur die Rücklehr zu der
alten Kirche, die katholiſche eine Neuerung
deßhalb unberechtigt. Diefen Gedanten hat er in
feinen Streitſchriften mit den Katholiken Cole und
Harding immer —*7 und in feinem be
rühmten Hauptwerfe Apologia eccl. anglicana®
ausführlid erörtert, + 1571.
us ©. Iſebel.
gel. Diefes Thier ift in Paläſtina häufig. Da
es öde und wüjte Gegenden liebt, jo ift Die Angabe
ser Borlommens eine Beftätigung der Bermis
tung, Jeſ. 34, 11.
Itzlauer Compattaten werben auch die Bajeler
E. genannt, fofern fie für Mähren ebenfalls gül-
tig in Iglau proclamirt wurden, als durch
fei und
Ignatius
Iglauer Vergleich 1436 Kaiſer Sigismund König
wurde.
Ignatius, Biſchof von Antiochien. Die ver:
ſchiedenen Sagen und Märtyreracten theilen
über ihn mit, daß er unter Trajan Biſchof zu
Antiochien in Syrien geweſen und als Chriſt zum
Tode durch wilde Thiere verurtheilt, nach Rom
eſchafft und dort im Circus zerriſſen worden
Auf der Reiſe dahin ſollen ſeine Briefe ge—
chrieben ſein. Von den 15 Briefen unter ſei—
nem Namen find die 3 nur lateiniſch vorhandenen
fowie 5 andere, die aud) in griechiicher und arme:
niſcher Ueberjegung vorliegen, als unecht allge:
mein anerfannt. Ueber die anderen 7 ad Magne-
sios, ad Trallianos, ad Philadelphenses, ad
Smyrnacos, ad Ephesios, ad Rumanos, ad Poly-
carpum ſchweben noch die Berhandlungen. zur
Briefe find vorhanden in einer längeren griedi:
hen Recenfion, welche jet als unecht und inter:
polirt gilt (Rothe, Anfänge ıc. gegen Meier), in
einer kurzen griechiſchen und einer noch abgefürz:
teren fyrifchen Ueber hung (juerft herausgegeben
von Cureton 1845—47); alle 8 Recenfionen ver:
leihend Bunfen (die Briefe des Jgnatius, 1847).
ie legtere hält Lipſius, die erftere Uhlhorn für
bie urjprüngliche. Die Frage nad) ihrer Authen:
tieitfit ift von Belang für Die Entwicklungsgeſchichte
ber alten Kirche, weil in ihnen der Biſchof ſchon
als Haupt der Gemeinde und Stellvertreter Chrifti
unterſchieden von den Preöbytern erfcheint, zwar
noch >. in einer Art wie jpäter bei Jrenäus,
aber body jo, daß ſich deſſen Stellung wejentlich
von ber im Hermas und Clemens Romanus ge:
zeichneten unterſcheidet. Baur, Hilgenfeld u. x.
melde auch in dogmatiſcher Beziehung Anklänge
an ben Gnofticiömus entdedten, wollen daher die
Abfafſungszeit in eine jpätere Periode legen, wäh:
rend Andere aus der Polemik der Briefe umge:
tehrt ſchließen, daß fie älter fein müßten, als die
Entwidlung des Gnofticiömus und daher wohl
um 108 hi chrieben fein könnten.
Ignatius, Patriarch von Conſtantinopel. Geb.
790 oder 7%. Leo der Armenier ließ ihn, da er
der Sohn bes Kaiferd Michael war, entmannen
und ins Klofter jperren. Er ftieg durch die geift:
yore Grade bis zur Würde des Patriarchen 847,
erbitterte aber durch offenen Tadel der Lafters
baftigfeit des Hofes Michael III. und wurde fei-
ner Stelle beraubt und Photius 858 an feine
Stelle gefegt. Weil hierdurch in Conjtantinopel
ein Schisma entjtand, ging Michael den Pavft
Nilolaus I. um feine Vermittlung an. Obgleich
861 die päpftlichen Legaten fich für Photius er:
Härt hatten, ſprach ſich Nikolaus auf dem Coneil
u Rom 863 für %. aus und drohte mit bem
anne. Daher das Schisma (j. Photius). Nach
der Ermordung Michaels durch Baſilius Macedo
und der Abjegung des Photius erhielt I. das
zn wieder. In Bezug auf Rom und bie
nfprücde auf die YBulgarei, befolgte er die
Grundfäge des Photius und gerieth deßhalb eben:
ig * einen lebhaften Streit mit Hadrian II.
Ipnatius von Loyola. S. d. A. Jefuiten. Bol.
Genelli, Leben des h. Jgnatius v. £., 1847.
Ignis purgatorius, ©. Fegfeuer.
Innorantind, Ignorantenbrüder. Diefe Con:
regation der priftlichen Schulen ftiftete 1724 ber
—* Baptiſte de la Salle zum unentgeltlichen
403
Nlatio
Unterricht der Jugend in einer ftreng katholiſch⸗
firhlihen Richtung. Die Stiftung ift ihrem Geifte
nad dem Sefuitenorden verwandt, von bemjelben
auch ſtets begünftigt und vertrat ihn nad) der Ver;
treibung desjelben 1764 aus Frankreich. Die
— Revolution unterbrach die ausgedehnte
Wirkſamkeit der J. in Frankreich, fie begaben fi
nad) Italien, bis Napoleon 1806 fie zurückberief.
Seitdem haben mande Begünftigungen der Res
gierungen den Orden in zen mwieber zur
Blüthe gebradht. Auch in Deutichland hat er hie
und da an Schulen Verwendung gefudt.
Igumen ift der Titel des Vorftehers, des Abts,
riechiſchen Mönchsklöſtern.
isſsta (1. Moſ. 11, 29) wird von den Rabbinen
für Sarai gehalten, entgegen 1. Moſ. 20, 12; —*
wird man glauben, daß ſie Lots Weib geweſen ſei.
Jiar, der zweite auf den Nifan folgende Monat
des ijraelitifchen Jahres, entiprechend dem Mai.
Ilonium, eine volkreiche Stadt in Kieinafien
am Fuße des Taurus, Die hriftlihe Gemeinde
wurde von Paulus jelbft begründet (Apftg. 14,
1.19; 16, 2; 2. Tim. 3, 11). Nach ber Legende
war %. ber Geburtäort der h. Thefla, die bort von
dem Apoſtel befehrt wurde. Berühmt ift 3. in
den Kreuzzügen ald Sig des Sultans der Geld»
ſchuken geworden. Es zählt jet 30,000 Einw.
Yonoflaflen Bilderftürmer. S. Bilder:
treit.
fonoftad = Bilderwand (f. d. A.).
lanz, eine der rhätifche:r Bundesſtädte. Der
auf dem Tage zu %. 1524 erlaffene Artifelbrief
ſchaffte die ärgften firchlichen Uebelftände ab und
bereitete bie Reformation vor. Auf dem Religions»
ee zu Slan; 1526 vertheidigte Komander
mit Erfolg ſich gegen die Antlagen des Biſchofs
von Chur durch den Abt Schlegel und errang bie
Freiheit der —X Predigt.
Ildefonſus, Erzbiſchof von Toledo, wurde dort
607 aus vornehmem Geſchlecht geboren, ward
Mönd im Kloſter Agli, Abt daſelbſt und 658 zum
Bischof gewählt. Die Nachrichten über ihn gab
fein Nachfolger mg (680—90) ber:
aus, der vita Ildefonsi Toletani ſchrieb, als Fort:
fegung einer Schrift bes I. de viris illustribus.
Bon J. vielen Schriften, die nicht alle vollendet
wurben, find übrig — außer ber erwahn⸗
ten: De illibata b. Virg. virginitate; de cugni-
tione baptismi und Briefe. Die Adoptianer
beriefen * öfter auf ihn als Vertreter ihrer
Anſicht.
Ilgen, Karl David, geb. im Dorfe Sehna bei
—— 1763, der Sohn eines Lehrers. Er
bezog 1783 die Univerfität Leipzig und ftubirte
Theologie und Philologie, bejonderd auch orien:
talifche Sprachen. 1759 —94 Rector zu Naum:
burg, ward er als a. o. Profeſſor der orientalis
ſchen Spraden (1799 Brofefior der Theol.) nad
Jena berufen, welches er 1801 verließ, um das
Rectorat zu Schulpforta zu übernehmen, 1831
enfionirt. + 1834. Abgefehen von den großen
Der ienjten Jlgens als Schulmann, ift feine
Schrift über die Urkunden des jerufalemijchen
Tempelardivs 1789 für die — —— über
das U. T. von Bedeutung geweſen. Außerdem
ift zu nennen: Jobi antiquissimi carminis Hebr.
natura atque virtutes, 1789.
Dllatio, ift in der Mefje na alten Ritualen
der Ausdrud für praefatio., —
in
—
—
Illgen 404 Impostoribus, de tribus
Algen, Ehriftian Friedrich. Geb. den 16. Sept. | liche Verſicherung des Glaubens an bie unbefledte
1786 zu Ehemnig, ſtudirte er zu Xeipzig, ward | Empfängniß der Jungfrau Maria. In dem heitigen
dort 1818 a. o. Prof, der Phil. 1825 o. Brof. der | Streit der Dominicaner und Franciscaner, zu be:
Theologie, gründete 1817 die hiftorifch = theologi- | nen ſich nachmals die’ Jejuiten ftellten, über die
ſche Geſellſchaft und redigirte ſeit 1822 die Zeit: | Lehre von dev unbejledten Empfängnik Mariae,
ſchrift für —— Theologie. + 1844. forderte die Sorbonne von allen ihren Gliedern,
Yunminaten, Erleuchtete. Diejen Geheimorden | und als Bedingung der Zulaffung zu einem alade—
ftiftete 1761 der Profefjor Adam Weishaupt zu | mifhen Grade die eidliche Berficherung, die Lehre
Ingolſtadt. Der ihm zu Grunde liegende Gedante | feithalten und nad Kräften vertheidigen zu wollen.
war, die Ergebniffe der religiöjen und politifhen | Die Jefuiten dehnten diejen Eid noch weiter aus.
Aufklärung in Leben umzufegen. Die Art und) Immanenz Gottes ift die philoſophiſche An:
Weife, wie dies gefchehen follte, entlehnte W. von | ſchauung, daß Gott nicht außerhalb der Welt ald
den Jejuiten, welchen er früher angehört hatte, | freies perjönliches Wejen derjelben gegenüber (ald
und von den Freimaurern, von deren Tendenzen | tranfcendent) eriftire, fondern als gleihjam in der
er fi) berührt fühlte. Das Ziel der Jlluminaten | Welt fetend, weil ohne die Welt nicht denkbar,
war demnad) eine Religion der Vernunft, und eine | als die höchfte Einheit der Welt jelbit.
republicanifhe Verfaſſung. Dies jollte erreiht| Immaterialität ift eine Eigenſchaft Gottes und
werben Durch den perjönlichen Einfluß auf die Xen: | der menſchlichen Seele. Die Jmmaterialität Got»
ter der Staatdangelegenheiten; Daher ging das |tes bedeutet jo viel als: Gott bildet den abjoluten
Streben wie beim Jejuitenorden dahin, jede ein: | Gegenjag zur Materie, er ift einfach, nicht zuſam⸗
flußreiche Stelle in Kirche und Staat mit Verbin: | mengejegt wie diefe, er ift frei von den Bejtimmt:
dungägliedern zu bejegen, welche durch das Gelübde | heiten ber Materie, d. 5. von den Schranten bes
des ſtrengſten Öehorjams an die Drdensobern ge: | Raumes und der Zeit. Sie ift Die Grundlage ber
bunden und um jo fügfamere Werkzeuge waren, | Eigenfhaften der Emigfeit, Allgegenwart und
als jie die legten Ziele des Ordens nicht fannten. | Unveränderlichkeit. Ebenſo jhließt die Imma—
Sin der Enthüllung derjelben war der Orden jehr | terialität der Seele ihre jchlehthinige Einfachheit
vorfichtig und lieh fie nur unter manderlei Bor: |ein; fie fordert darum zwar nicht die abfolute Er:
fihtsmaßregeln ftattfinden. An der Spike ftand | habenheit der Seele über Raum und Zeit, weil
neben Weishaupt der Freiherr von Knigge, unter | die Seele den Leib ald nothiwendiges Organ ihres
feinen Mitgliedern fanden fich berühmte Namen. | Lebens braucht, fie ſchließt aud nicht ihre Ent—
Den größten Umfang gewann der Bereinin Bayern. wicklungsfähigkeit aus, allein fie ſchließt ihre Un:
Innere Zwiſtigkeiten ließen bie republicanijchen, |gerftörbarfeit ein und bient daher zum Beweiſe
auf den Umſturz bed Beſtehenden gerichteten Ten: | ihrer Unfterblichkeit.
dengen verlautbaren. Das Miftrauen wurde mah,]| Immunität tft die freiheit ber Geiftlihen und
und 1784 hob Karl Theodor den Orden für Bayern | Kirchendiener von Abgaben gegen den Staat und
auf, und als die Drdenspapiere entdeckt wurden, |von perjönlichen Yeiftungen. Diefe Immunität,
ſchritt man mit bürgerlihen Strafen, Gefängniß | welche in Rom die heidnijchen Prieſter bejaßen,
und Verbannung gegen die Mitglieder ein. Auf | wurde durch das römische Reich auf die chriſtlichen
Weishaupt Kopf wurde ein Preis gejegt. E: |übertragen, uud während des Mittelalters jehr
floh nad Gotha unter den Schuß des Herzogs. | auögedehnt. Die Neuzeit hat die Steuerbefreiung
7 1830. Ein verjchärftes bayerifhes Edict von | fast überall aufgehoben und nur die Freiheit von
1785 beftätigte die bleibende Auflöjung des Or: | manden perfönlihen Leiſtungen, Gemeindedien-
dens. Denjelben Namen führt die myſtiſch ſchwär- |ften, Vorſpann, Einquartierung ꝛc. beibehalten.
merifhe Partei der Mumbrados in Spanien | Die römiſche Kirche behandelt grundſätzlich die
1575, welde ſich göttlider Erleuchtung rühmte Beſchränkung der Jmmunität ber Geiftlihen noch
und eine jolde Vereinigung des Menjhen mit | immer als Frevel, wo nicht die Macht fie zur Nach—
Gott lehrte, dab die menjhlihen Handlungen giebigkeit gezwungen hat.
geradezu göttliche würben. Bon der ira Impanatio heißt die Doctrin von der Gegen:
bart verfolgt, flohen fie nad Frankreich. wart Ghrifti im Abendmahl, welche lehrt, das
Illuminatio. ©. Erleuchtung. Wort werde dur die Gonfecration ebenfo mit
Illyrium, urjprünglich das Küftenland öftlich | dem Brod und Wein verbunden, wie bei ber
vom Adriatiichen Meere, war eine römijche Pro: | Menſchwerdung mit Fleiſch und Blut (incarnatio).
vinz und wurde in Liburnia, Japydia und Dal: | Zuerjt lehrte jo Rupreht von Deug (1115) und
matia eingetheilt. Später ift eö der Gefammt: Alger von Lüttich (1131), au Johann von Paris
name ber öftlihen Länder des römijchen Reiches. |(+ 1306) zeigte fich ihr geneigt. Da fie aber die
Der Name verjhwand in der Völferwanderung, | SchmierigteitenberZranslubftantiationslehee nicht
als das Land von Hunnen, Gothen, Longobarden | vermindert und weniger einfach ift, hat fie feinen
und Avaren nad einander bejegt wurde. Im | Boden gewonnen. Katholiten wie Bellarmin u. A.
N.T. wird es als die Grenze der Pauliniſchen | jchrieben irriger Weife die Lehre der Jmpanation
Miffionsreifen (Röm. 15, 19) genannt. Zuther ji
Imam it der Vorjteher und Vorbeter der mu: | Impluvium heißt öfters der Kirchhof, ald ber
bammedanifchen Gemeinde, aud ein berühmter | das Kirchengebäude umſchließende Pla.
were Lehrer. Das Jmamat oder Chaliphat | Impostoribus, de tribus, von den drei Be—
ift die Vorſteherſchaft über die ganze Gemeinſchaft, |trügern, ijt der Titel eines Wertes, weldes die
welches bei einigen Secten re eine Gemeinjchaft |Neligionäftifter Moſes, Chriftus, Muhammed,
mit göttlihem Weſen begründet wird, als erblich |alS drei Betrüger der Menſchheit gefchildert hat.
bei der Familie Muhammeds. Erſchienen im Mittelalter, wurde die Autorſchaft
Immaeulata conceptio. ©. ——— desſelben den verſchiedenſten Perſonen, die nit
Immactulateneid iſt bei den Katholiten die eide päpſtlich gefinnt geweſen, zugeſchrieben, ohne daß
Impotenz
Jemand die Schrift gefehen hatte, noch ihren
Inhalt näher fannte. Es wurde daher dieje my:
thiſche Schrift mit anderen unter ähnlichem Titel,
aber ganz jremden Inhalts, verwechſelt. Aud)
machte ein Jnduftrieritter den Verſuch, die Schrift
l’esprit de Spinoza unter diejem Titel zu verbrei:
ten. Endlich hat fid) doch gezeigt, daß 1598 eine
Schrift gedruckt ift, die älteren Urſprungs jein
muß. Bon den zwei vorhandenen handſchriftlichen
Recenfionen iſt die kürzere die ältere. Dies Buch
fucht die ſog. natürliche Religion zu erörtern.
Gott ift ihm ein undefinirbares und unbeftimm:
bares Weſen, eine eigentliche Gottesverehrung jei
ein Widerjprud, Offenbarung eine Unmöglichkeit,
der Glaube an biejelbe berube auf der Glaubmwür:
digfeit der Zeugen. Die Neligionsftifter hatten
einen nuglojen Wahn als Wahrheit vorgetragen
und feien daher Betrüger. Val. Rojentranz, der
Zweifel am Glauben, 1830.
Impotenz, die körperliche Unfähigkeit zur Er:
füllung der ehelihen Pilicht, ift nach katholiſchem
Kirchenrecht ein Ehehinderniß.
mputation. ©. Zurechnung.
ncantatio ift die Anrufung böſer Geiſter, um
durch deren Hülfe etwas zu bewirfen; eine Art
von Zauberei.
—— iſt die Unfähigleit zu einem geiſt—
lichen Amte ordinirt werden zu können; ſie iſt
unbedingt bei Ungetauften und Frauen, im übri—
gen aber durch die firchliche Geſetzgebung beſchrie—
ben, welche die Vorjchriften des A. T. dabei vor
Augen gehabt hat.
Incarnatio, Menjhwerbung. ©. Jeſus Chri-
ftus.
Incenfation heift das Anzünden des Weih—
rauchs und das Beräuchern mit bemjelben, wel:
ches das römische Ritual bei feierlichen Meſſen,
bei Broceifionen, Weihen u. j. w. vorjchreibt. Der
Urfprung der Sitte verliert ſich in die apoſtoli—
fchen Gonftitutionen, bat aber in der abendländi—
{chen Kirche dennoch erſt im 9. Jahrhundert Ein:
gang gefunden.
Incest, d. h. Blutſchande (j. d. 2.).
Inchofer, Melchior. In Ungarn 1584 geboren,
trat er in den Nejuitenorden 1607 zu Rom und
lehrte in Mejjina Theologie und Bhilofophie,
ward 1636 nad Rom berufen, 1646 in das Col:
legium zu Macerata verfegt. + 1648. Außer den
Schriften B. M. V. epistolae und historia sacra
latinitatis, die feine Leichtgläubigfeit beweifen,
fchrieb er zur Bertheidigung des Jeſuitenordens
gegen den Eonvertiten Schopp (Scioppius). Be:
lannt ift jein Name aber dadurch geworden, daß
er flir den —— einer gegen den Jeſuitenorden
gerichteten Satyre: Lucii Comelii Europaei
monarchia Solipsorum ad virum clarissimum
Leonem Allatium, Venedig 1645, gehalten wurde,
Jedoch hat Dudin bei Niceron nachgewieſen, daß
biefelbe von dem Grafen Scotti aus Piacenza
verfaßt tft, der 1616 in den Orden getreten war
und unzufrieden denfelben 1645 wieder verlieh.
In eoena domini, S. Nachtmahlsbulle.
Incompatibilität der Beneficien ift der Grund:
fa des Kirchenrechts, daß zwei oder mehrere Be:
neficien in einer Hand nicht vereinigt jein dürfen.
Die Jncompatibilität ift primi generis, d. b. mit
der Annahme eines zweiten Beneficium ift das
erſte jelbft verloren, 3. B. beim Pfarramt; ober
secundi generis ratione retentionis, nad ber
405
Index librorum prohibitorum
Annahme des zweiten bleibt die Möglichkeit auf
dasfelbe zu verzichten, um das erfte zu behalten.
Daß von diefem Grundſatze abgewichen ward, ift
eine der Urſachen des Berjalls der Kirche und
Grund vieler Befchwerden.
Incorporation, Cinverleibung von Kirchen»
pfründen. Um die Einkünfte der Kiöfter oder Stif-
tungen zu vermehren, wurde ihnen häufig eine
Pfründe in der Art dauernd übertragen, daf fie
die Einkünfte derjelben bezogen und die damit
verbundenen geiftlichen Verpflichtungen entweder
durch ihre Mitglieder oder durch einen ftündigen
Vicar verjehen ließen, I. quoad spiritualia et
temporalia, oder es gingen nur die Revenüen auf
die Corporation über, quoad temporalia, nad
Abzug eines beſtimmten Antheils für den Amts:
vicar, der dem Bifchof untergeordnet blieb. Das
Tridentinum bat die Incorporation der Benefits
cien verboten.
Independenten oderCongregationaliſten. Durch
Robert Bromne (ſ. d. Art.) und Robinſon bildete
ſich unter den engliſchen Flüchtlingen in Holland
die Ueberzeugung aus, daß jede einzelne Gemeinde,
weil fie für ſich die Kirche Chrifti im Kleinen dar:
jtelle, in ihren Neligionsangelegenheiten völlig un:
abhängig fein müfje, nicht bloß vom Staate, fon:
dern auch von den übrigen Gemeinden, d. h. der
Kirche. Deßhalb habe fie das unbedingte Recht über
Aufnahme und Ausfchliefung der Glieder und
über die Beſetzung der Aemter. Die Verbindung
mit andern Gemeinden jei eine durchaus freiwil⸗
lige, freundfchaftliche, aus der aber keinerlei Glau—⸗
benszwang abgeleitet werden dürfe. Da dieſe
Grundſätze dem engliſchen Epiſtopalſyſtem und
der königlichen Suprematie jo unbedingt wider:
ſprachen, jo wurde die Congregation, ald man fie,
welche 1616 durd) Henry Jacob nad) London ver:
pflanzt war, 1640 en.bedte, vor Gericht pam
doch nicht weiter verfolgt. In dem Kampfe
gegen das Parlament und Karl I. gewann fie
immer mehr Gunft und durch Grommell aud)
Einfluß und Bedeutung (die ultrademokratiſche
Partei der Levellers jchied fi von ihnen aus),
jo daß dad Bedürfniß einer Verbindung der Ge:
meinden fich geltend machte und die Parc
lung in der Savoy 1658 eine Kirchenordnung und
ein Glaubensbekenntniß entwarf für alle Gemein:
den, ohne jedoch die Annahme zur Vflicht und zur
Bedingung zu machen. Nach der Rejtauration der
Stuart3 wurde auch gegen die Jndependenten bie
Uniformitätsacte 1662 erwirkt und die Conven—
tifelacte verbot ihre Zuſammenkünfte. Damals
wanderten Biele nad) Amerifa aus und begrüns
deten dort ein freies Kirchenweſen. Seit der Tole:
ranzacte Wilhelms von Oranien 1689 hat ihre
Zahl immer mehr zugenommen. Bei den kirchli—
hen und chriftlihen Beitrebungen (innere und
äußere Miffion ꝛc.) zeigen die Independentenge:
meinden den regjten und nachhaltigſten Eifer. Der
Independentismus ift ſchnurſtracks entgegengejegt
jeder Hierarchie und jeder Theorie einer Staats:
oder Landeskirche.
Index librorum prohibitorum iſt das Ber:
zeichniß verbotener Schriften der römischen Kirche.
Sobald die Uebereinftimmung mit der Kirchenlehre
für nothwendig zum Heile gehalten wurde, mußte
es als Pflicht ericheinen, der Verbreitung ketzeri⸗
{her Meinung mitallen Mitteln entgegenzutreten,
und das anwachjende Hierardenthum konnte nur
Andictionen
mit allem Eifer auf aleiche Weiſe fein Intereſſe
wahruehmen. So verbot die Synode zu Karthago
400 das Leſen heidnifher Bücher, die Synobe zu
Elvira 813 bebrohte mit dem Anathema die Ber:
breiter verrufener Bücher, und im Arianiſchen
Streite ei man ſchon zu bem burcdhgreifenberen
Mittel, die gegnerifhen Schriften einzufammeln
und zu verbrennen. Es gehörte zu den Übliegen:
_ der Inauifition, die [hädlihen und verbo:
Bücher zu überwachen. Die immer ftärteren
Angriffe auf das Papſtthum nöthigten zu größerer
Sorge; die Erfindung ber Buchbruderfunft machte
es faft unmöglich, ketzeriſche Schriften zu vertilgen.
Das Lateranconcil 1515 ch vergebens bie
Beitimmung, es bürfe bei Strafe der Ercommu:
nication fein Buch ohne vorherige Approbation
des Biſchofs gebrudt werden. Das erfte Berzeich-
niß fegerifcher und gefährlicher Bücher ftellte die
Univerfität Löwen auf Befehl Karla V. 1546 auf.
Raul IV. ließ ein zweites 1557 durch eine beſon⸗
bere —— anfertigen. Auch das Triden⸗
tiner Concil befchäftigte ſich mit einem ſolchen Ber:
zeichniß; da es aber zu feinem einflimmigen Ur:
theil fam, fo überließ es die Sache der päpftlichen
Autorität und ein neuer Index (Index Triden-
tinus) wurde 1564 durd) die Bulle Dominici gregis
eustodiae erlaffen. Durch Sirtus V, wurde dann
eine bejondere Eongregation angeorbnet, welche
nad den von Paul und dem Tridentinum aufge
ftellten Regeln den Inder fortführen follte. Ein
neues Berzeihnif geb 1648 Antonio a Sotomajor
heraus. Seit 1819 erfcheint der römiſche Inder
wieder fortlaufend. Derjelbe unterfcheidet die Bü:
her, bie überhaupt verboten find und diejenigen,
welche nad) Tilgung anftößiger Stellen noch ge»
lejen werden bürfen, index librorum prohibito-
rum und expurgandorum.
ndietionen, Römerzinäzahl. ©. Aera.
ndien. S. Miffion,
ndifferentismus ift Gleichgüiltigteit gegen bie
religiöfen, firchlichen, confeffionelleun Unterjchiede,
infofern fie aus Mangel an religiöfem Intereſſe
überhaupt fommt. Zu unterfcheiden ift der Indif⸗
ferentiömus, ober wenigftens der Indifferentis⸗
mus als fittlicher Fehler, von jener religiöfen Ge:
vo welche gewiſſe kirchliche, confelfionelle u.
. m. Schranken für unmwefentlich anfieht gerade
vom wahrhaft religiöfen Standpunkte aus und
nun jene aufzuheben trachtet. Man hat unter:
fhieben zwiſchen univerfalem und particularem
nbifferentismus und unter jenem bie religiöje
leichgültigkeit überhaupt verftanden, unter dieſem
bie Nichtachtung der confeffionellen Unterſchiede.
Auch zwifchen theoretifchem und dogmatiſchem In⸗
bifferentiömus wurde unterjchieden, indem man
unter biejem die Gleihgültigteit gegen Dogmen,
unter jenem bie Nichtachtung religiöfer Uebungen
verfteht. Vgl. aud) die verwandten Begriffe Gallio:
nismus und Synfretismus.
ndipipnalität. S. Gemeinichaft.
—— S. Ablaß.
nduli iſt die —— des Papſtes, daß
etwas gegen die beſtehenden Kirchengeſetze vorge⸗
nommen werben bürfe, z. B. Vergebung ber Bene:
ficien.
Infallibilität, Unfehlbarfeit, des Papſtes wird
daraus hergeleitet, daß in ihm das Epiſtopat ſich
gipfele, er alö der Stellvertreter Ehrifti die Kirche
tepräfentire und daher, wenn er im Amte oder e
406
Innocenz I.
cathedra fpreche, die Wahrheit erkennen und reben
müſſe. Doc ift der Grundfag der Infallibilität,
ber fich auf die Pſeudoiſidoriſchen Decretalen ſtützt,
nie allgemein anerlannt; die Concilien haben ftet3
beansprucht, mit ihrer Entſcheidung über dem Papft
zu ftehen. Selbft die entſchiedenſten Verfechter der
Unfehlbarfeit machen übrigens das Zugeftändniß,
daß die Unfehlbarkeit fid) nur auf die Lehre, gr
ei die Kenntnif des Thatjählichen beziehe, jo
daß die Appellation a Pontifice male instructo
ad P. melius informandum von jeher ald zuläffig
galt (vgl. übrigens Janfenismus und H ta:
nismus, den Unterſchied du fait und du droit). In
ber Gegenwart fcheint die Jnfallibilität des Pap-
ftes fid) immer mehr zum wirklichen Dogma her:
ausbilden zu follen.
Informationsproceh bei der Biſchofswahl ift die
Borunterfuhung durch einen Delegirten über das
Vorhandenfein der kanoniſchen Bedingungen.
Infralapfarier und Supralapfarier heißen bie
Anhänger der beiden verfchiedenen Lehrweiſen über
die Gnadenwahl, welche einig find in der Annahme
eines unbebingten göttlihen Rathichluffes über
bie Errettung und die Berbammung der Einzelnen.
Der Unterſchied beruht darin, daß bie Erſten den
Rathſchluß der Ermählung erft eintreten laflen
nad dem lapsus oder Slndenfall (und nur von
der Auswahl zur Seligteit, nicht aber auch aus⸗
drücklich von einer Auswahl zur Berbammnik
reden), die Supralapfarier aber die Bräbeftination
zur Seligfeit oder Unſeligkeit als den Alles, aud)
den Sündenfall jelbft (als göttlih gewollt und
— beherrſchenden Rathſchluß ten.
ie Synode von Dortrecht und bie meiſten refor⸗
mirten Lehrer zogen den Jnfralapfaridmus vor,
- — klingt, ſachlich aber kaum verſchie—
en ift.
Inful, Die Biſchofsmütze, ift feit dem 11. Jahr:
hundert mit 2 Hörnern, die nad) der Deutung die
Kenntniß beider Teftamente, duo cornua sunt duo
testamenta, verfinnbildlichen ſollen.
Ingolfladt, Stadt und Feſtung in Oberbayern.
Die Univerfität wurde von Ludwig dem Reichen
1472 geftiftet, 1800 nach Landshut und 1826 nach
Münden verlegt. Unter den deutſchen Hochſchulen
galt Ingolſtadt ald Hauptfig mittelalterliher Scho⸗
laftif und der Bertheidigung päpftlicher Jnterefien ;
von bier veröffentlichte als Brofanzler der
Univerfität feine Schmähſchriften gegen Luther.
1549 wurde die theologische Facultät den Jeſuiten
übergeben (Canifius, Öretjer), um feimenden bu:
mantftiihen und reformatoriſchen Richtungen er:
folgreid zu widerftehen. Unter den Ditgliedern
der Univerfität finden ſich Reuchlin, Aventinus,
Urb. Rhegius und die gefrönten Dichter Konrad
Celtes und Jak. Locher. Auch die Stiftung bes
Illuminatenordens ging durch den Profefior Weis:
haupt von Ingolſtadt aus.
Ingulf, der Verfaſſer der Geſchichte des Kloſters
Eroyland. Er war in London um 1030 geboren,
wurde Geheimjchreiber bei Wilhelm von der Nor:
mandie, machte eine Pilgerfahrt nach Jerufalem,
trat dann ins Klofter Fontanelle ein und erhielt
von Wilhelm die Abtei Eroyland, beren Geſchichte
er ſchrieb; Beter von Blois jegte diefelbe fort.
nnere Rilfion. S. Miffion, innere.
nnocenz 1., der Sohn eines uns unbelannten
Innocentius, wurde vom Klerus und Boll 402
in Rom zum Papfte ermählt. Eine kraftvolle
Sfnnocenz TI.
Berfönlichkeit, machte er das Vorrecht des römi:
[hen Stuhles überall geltend. Dem Erzbifchof
von Antiohien erklärte er die Würde feiner
Biſchofsſtadt aus der Wirkſamkeit des Petrus in
Antiohien, Daher fei er Rom untergeorbnet, wo
der Apoftel fein Werk vollendet. Den macedoni:
ſchen Bifchöfen jprad) er 414 feine Berwunderung
aus, daß fie in Zweifel ziehen konnten, was in
Rom einmal entſchieden jei. Jm Streit der Nord⸗
afritaner gegen Pelagius fprad er das Urtheil
417. Sein Decretalenbriefan Victricius von Rouen,
fowie ein ähnlider an Eruperius von ZTouloufe
405 enthalten Beitimmungen über Kirchendiſci⸗
plin, Briefterehe, Bifhofsamt und Appellationen
nach Rom. Er vertrat bei Arcadius die Sache des
Chryfoftomus. Während feines Bontificats wurde
Rom zweimal von Alarich zeritört; bei der erften
Belagerung foll J. den Senatoren heimlihe An-
rufungen und Opfer der Götter geftattet haben.
+ 417. Er ift fanonifirt.
rear De 1150—43, wurde gewählt, um die
Wahl des Carbinald Leonis zu hintertreiben, der
dennoch als fein Gegenpapft (Anaclet IL.) die päpft:
liche Würde in Anfprud) nahm. Innocenz eilte nach
Franfreih und duch Bernhard von Glairvaur
und Beter von Cluny — es, Ludwig VI. und
—— UI. zu feiner Anerkennung zu vermögen.
Er fonnte Lothar 1132 in Rom frönen. Die &.
node zu Piſa 1134 erfannte ihn an; doch dauerte
das Schisma bis zu Anacletö Il. Tode, deſſen
Nachfolger fi) unterwarf. Das 10. öfumenifche
Sateranconcil 1139 befeftigte den Kirchenfrieden
und anathematifirte die Petrobrufianer, Arnold von
Brescia und Roger, König von Sicilien. Auf einem
Zuge gegen ben Legtern gefangen, mußte J. einen
— en Vergleich eingehen. Auch mit Ludwig
. jerfiel er wegen ber Wahl eines Erzbiſchofs
von Bourges und belegte ihn mit dem Interbict
1143. et verweigerten ihm auch die Römer
den Gehorjam und ftellten ihren Senat wieder her.
Ehe noch Kaifer Konrad ihm zu Hilfe kommen
tonnte, ftarb 3. 1143.
— (IIL) Gegenpapft Aleranders III. Landus,
aus der Familie Frangipani, mußte befiegt ins
Klofter Cava gehen.
— III. Lothar, Sohn des Grafen Trafimund,
geb. 1160 zu Anagni, wurde als Gardinaldiaton
nad Göfeftin® III. Tode am 8. Januar 1198 zum
Bapft erwählt. Er führte die Grundfäge Gregors
VII. wie fein anderer Papjt mit Erfolg durch, und
feine Herrſchaft ift die Glanzperiode des päpftlichen
Stuhles. Die päpitlihe Oberherrſchaft in Rom
führte er fofort durch, indem er dem kaiſerlichen
Präfecten die Belehnung gab, ebenſo den Sohn
Heinrichs VI. mit Sieilien belehnte und nad) dem
Tode der Conftantia die Vormundſchaft über ihn
führte. In den Angelegenheiten des deutſchen Rei:
ches machte er das Recht jeiner Entjcheidung gel:
tend. Von Philipp befreite ihn 1208 deſſen Er:
mordung. Dtio IV, wurde von ihm gefrönt, nad):
dem er die päpftlichen Forderungen zugeitanden,
und als er danad) in Stalien Fine faiferlichen
Rechte dennoch beanfprudte und Apulien unter:
warf, durch Bann, Abjegung und die Aufftellung
Friedrichs II. als Gegenkönig bezwungen. Ebenjo
trat J. als Oberherr auf gegen England, wo Jo—
hann ohne Land fein Reih von ihm zu Zehen
nehmen mußte. Freilicd war der Widerjprud des
Bapftes gegen die Magna charta von 1215 auch
407
Innocenz VII.
vergeblich. Ebenfo mußte Peter von rg fein
Land vom Papfte zu Lehen nehmen 1204, Mit dem
Interdicte wurde Philipp von Frankreich befiegt
1200, als er feine Gemahlin Jngeburgis verftoßen
er Nur gegen Alfons IX. von Leon vermochte
. nicht durchzudringen, aber in Schweden, Nor:
wegen, Dänemark und Schottland mußte man ſei—
nen Anordnungen folgen. Eine neue Ausdehnun
der päpftlichen Macht brachte der Kreuzzug 1
durch die Eroberung EConftantinopels, die Aufrich:
tung des lateiniſchen Kaiſerthums 1204 und eines
lateiniſchen Patriarchates. Gegen die Albigenfer
befahl er den Kreuzzug und nahm die Mittel der
Fon Gewalt in Anfprud. Die Einfegung der
Inquifition in Touloufe ift ein neuer Fortfchritt
in ber unbebingten Madtvolllommenheit der
Kirche. Seine Wirkfamteit ſchloß J. durch das
Concil von 1215, welches die Grundfähe, melde
er durchfochten, als bleibende Kirchengeſetze in 70
Canones feſtſtellte und durch die —— der
te
Dominicaner und Franciöcaner dem Pa erk⸗
zeuge zu ihrer Aufrechthaltung in die Hand gab.
+ 1216. Bat. Hurter, Innocenz II. und feine Zeit:
genofien, Hamb. 1834—42, 4 Bde.
— IV. (1243—1254), nad) einer 1’/sjährigen
Bacanz, nach dem Tode Eöleftins IV. auf Betrei:
ben des Kaifers Friedrich II. gewählt, entzog er
fi durch die Flucht nad) 2. 1244 den Friedens:
verhandlungen mit demfelben und ſprach auf bem
Eoneil zu Lyon Bann und \nterdict gegen ihn
aus. Bergeblich erregte J. Aufruhr in Steilien und
ftellte die Gegentönige Heinrich Raspe und Wil:
beim von Holland auf. Nur der Tod Frie—
drichs II. 1250 geftattete ihm die Rückkehr nad
Rom 1251. Unter ihm wurde die Belehrung ber
Preußen durch den deutihen Orden vollendet und
der Ordensſtaat eingerichtet.
— V. (1276). Pierre de Champagni war Domi:
nicaner, feit 1271 Erzbiſchof von yon und Groß:
pönitentiar. Ermwählt im Januar 1276, ftarb er
ſchon den 22. Juni deffelben Jahres. Er hat zahl:
reiche firchenrechtlihe Schriften verfaßt, aus Denen
jedod) jpäter 100 Sätze als unrichtig herauägeho:
ben wurden, deren Bertheibigung Thomas von
Aquin übernahm.
— VI. (1352—1362). Gleich nad) feiner Wahl
wiberrief er ben Eid, welchen er mit allen andern
Gardinälen in dem Sonclave geleiitet hatte, den
Gardinälen einen Antheil an der päpftliden
Macht zu —— Er bemühte ſich, dem großen
Aufwand der Geiſtlichen und dem Unweſen der
Commenden zu fteuern, entging aber bei Sitten:
trenge und Reinheit des Charakterd nit dem
orwurf des Nepotismus, Bei feinen Bemu—
bungen, den Kirchenftaat felbft wieder zu unter:
werfen, widerjtand ihm V. Visconti von Mailand.
Avignon ließ er befeftigen zum Schuß gegen Die
Söldnerſchaaren, die in Südfrankreich plündernd
umberzogen und ihn vor der Vollendung der Werte
zwangen, fich mit großen Geldjummen loszukau—
fen. Auf Bitten Karls IV. ordnete er das Feſt
bes h. — auf den zweiten Freitag nach Oſtern
an. 7 1362
— VII (1404—1406). Cosmas Megliorati.
In den römischen Unruhen der Colonna und Dr:
— welche durch Ladislaus von Neapel neu ange:
acht wurden, mußte J. fliehen, als fein Repot
Ludwig Megliorati angejehene Römer hatte er:
morden lafjen (1405), und er wurde erft nach dem
Innocenz VII.
Beweis feiner Unſchuld qurüdgefüget. Sein Gegen:
papft war Benedict XIII. Eine von diefem in
beuchlerifcher Abficht angefponnene Verhandlung
zwiſchen beiden Päpften ergab nur die bitterften
und jhmählichiten gegenfeitigen Vorwürfe. Ge:
rügt wird an J. jein übermäßiger Nepotismus,
nnocenz VIII. (1484-1492), Giovanni Battifta
Eibo aus Genua. Bemerkenswerth Durch Die Menge
feiner Kinder, die ihm den Spottnamen Vater des
Baterlandes eintrugen, ſowie durch feine Geldgier,
bie ihn eine Steuer zum Kriege gegen die Türlen
erheben ließ, während er vom Sultan Bajazet II.
eine jährlide Summe erhob dafür, daß er deſſen
Bruder Zizim in Haft hielt. Mit Neapel führte
er zwei Kriege bis 1492. Er beförderte mit Eifer
die Herenproceffe in der Bulle summis desideran-
tes affectibus 1484, und benugte feine Stelle vor:
zliglich zum Gelderwerb.
— IX, (1591 30. Oct. — 30. Dec.). Antonio
Facchinetti, geb. 1519, vorher päpftlicher Abge—
ordneter nad Trient, Nuncius zu Venedig und
Bräfident der Jnauifition. Er hatte in den zwei
rg feiner Regierung nur Zeit zu guten Bor:
ätzen.
— X. (1644 — 1665). Giambatiſta Pamfili,
geb. 1572, Er ftand ganz unter dem Einfluß fei-
ner Maitrefje und Schwägerin Donna Dlimpia
Maidaldina. Seine Habfucht rief durch die Ver:
folgung der Familie Barberini einen Conflict mit
Frankreich hervor. Aemterverkauf und Beſtech—
lichleit nahmen überhand, es wurden ſogar 2000
Klöſter aufgehoben und ihre Einkünfte eingezogen,
das Land durch dad Monopol des Kornhandels
ruinirt, J. machte nach außen die alten päpft:
lihen Anfprüche im vollen — geltend. Er ver:
bammte fünf Säße aus dem Werke Janjens und
proteftirte gegen den Weftphälifchen Frieden 1648
und 1651 jedoch ohne Erfolg, indem der Kaiſer
Ferdinand III. die in Wien durch den Nuncius
—— Bulle abreißen und nach Rom zu—
rückſenden ließ.
— XI. (1676—1689). Benedict Odeschalchi,
geb. den 16. Mai 1611 zu Como, vorher Rechts:
gelebrter, päpftlicher Beamter und Cardinal. Ob:
gleich ſelbſt ein Zögling der Jeſuiten, verdammte
er durch eine Bulle von 1679 die Jeſuitenmoral,
und ſuchte mit Ernft und Eifer lirchliche 8*
und Sitte wiederherzuſtellen. Mit Louis XIV.
lebte er in ununterbrochenem Conflict wegen der
Quartierfreiheit und des Regalrechts. Die bezüg⸗
lichen Beſchlüſſe des franzöfifhen Klerus 1681
(die vier gallicanifhen Grundfäge) ließ et vom
Scarfrichter verbrennen. Die Aufhebung des
Edictö von Nantes feierte er durch ein Tedeum.
Geine Heiligſprechung ift durch die Jeſuiten hinter:
trieben worden.
— XII (1691 — 1700). Antonio Bignatelli,
eb. 1615. Sorge für die Armen, Wicderher:
Rellung der Kirchenzucht und Bejeitigung des
Nepotismus zeichnen ihn vortheilhaft aus. Er
beendigte die Streitigkeiten mit Frankreich und
heigte fih auch ſonſt nachgiebig und verſöhnlich.
18 Schiedsrichter zwiſchen Boſſuet und Feͤnélon
entſchied er für erſtern.
— XII. (1721 — 1724). Michael Angelus
Conti. Er ertheilte gegen den Lehnszins Karl VI.
bie Belehnung mit Neapel und protejtirte vergeb:
fih gegen die Verleihung von Barma und Pia:
cenza an den Infanten Garlos von Spanien.
408
Inquiſition
Dem Herzog Grillo entriß er das Caſtell Palo
an der Kuͤſte des Mittelmeers. Gegen Frankreich
nachaiebig, unterftügte er den Rronprätendenten
Yatob III., hielt die Bulle Unigenitus aufrecht
und ernannte den Minifter Dubois fchlimmen
Angedentens zum Carbinal. .
Innovatio benefleii ift jede an einem Bene
ficium vorzunehmenbe Veränderung, fie mag das
Amt felbft oder nur die Pfründe betreffen.
In partibus infldelium, Im Gebiete der Un,
Läubigen werben bie frühern verlorenen Biſchofs⸗
(te nominell immer wieder bejeßt, theils um den
nfpruch aufrecht zu halten, theild um bie Roth
wendigkeit, biſchöflich orbinirte Gehlilfen der Bis
ſchöfe zu haben, mit der Vorſchrift auszugleichen,
daf ein Bifchof für eine beftimmte Diöceje ordi-
nirt fein muß.
Inguifition. Mit der Auffaflung der Kirche ald
einer von Gott oder von Chrifto unmittelbar in
diefer beftimmten Rechtsform geftifteten, ber
Menichheit aus Gnaden zu ihrer Rettung oetrogir:
ten Anftalt ging die Ausdehnung der firchligen
Serichtöbarkeit auch über efallene und Heper
Hand in Hand, und das hriftliche Kaiſerthum un:
terftüßte diefe Richtung nad) jeiner im übrigen ein:
gehaltenen kirchlichen Stellung der Art, daß Ther-
dofius gegen die manichäifche Ketzerei die Todes
ftrafe fette und Hieronymus diefelbe bibliſch zu
begründen fuchte. Indeß blieb die Sorge für Auf
ſpuͤrung und Beftrafung der Ketzer immer Sache
der biſchöflichen Gerichte, bis die aus den Albigen⸗
ferunruhen der Hierarchie erwachſenden Gefahren
Innocenz III. veranlaßten, durch das Concil von
Touloufe 1229 förmliche und eigene Kekergerichte
mit auögebehnten Vollmachten zu beftellen, nad:
dem ſchon das Lateranconcil den Bifchöfen bie
Ueberwachung der Ketzereien als vornehm dr
eingefchärft hatte. Gregor IX. entzog im Intereſe
einer firengern und einheitlichern Zeitung den Bir
ſchöfen die Inquifition völlig und übergab ihre
Handhabung den Dominicanern. Das Verfahren,
welches fich allmählich herausgebildet hatte und
den Angeklagten faft gänzlich ſchutzlos der Willkür
feiner geiftlichen Richter preißgab, indem es dei
Inquifitionsproceh einführte, Zeugen und Antlä
ger verfchwieg und zur Erpreffung des Geitänd:
nie die Folter erlaubte, wurde durch Innocen
IV. 1252 und 1254 erweitert, und ben melt:
lichen Obrigkeiten zur unbedingten Pflicht gemacht.
die Urtheile der Inquifition, des heiligen Off
ciums, zu vollftreden. Zu ihrer volltommenften
Ausbildung gelangte die Inquifition in Spanien
durch die eigenthüimliche Verknüpfung der abjolut
töniglien und bierardifchen Intereſſen, welge
beide in den heimlichen Juden und Mauren die
gefährlicften Feinde erblidten und gleichmäßig
durch die Auöficht gereigt wurden, an dem Bermö-
gen der Verurtheilten fich zu bereichern. Bon Ara:
gonien,wo Nikolaus Eymericus (+ 1399) als Grob:
inquifitor fungirt hatte, wurde das Inſtitut auf
nach Gaftilien übertragen als ein —— Ge
richt, dem felbft die Bifhöfe unterworfen waren.
Die Schreden der Inquifition unter Torquemada
1483—98, Diego Deza 1499— 1506 und Zimened
de Giöneros 1507—17 find allgemein befannt
und faft unglaublich erſcheint es uns jet, daß
die Autodafes (Handlungen des Glaubens), Die
öffentliche Beftrafung und Hinrichtung der *
brecher, faſt zu Volls ſeſten wurden. Unter Karl V.
J. N. R. J. 409 Inſpiration der heil. Schrift
und Philipp II. erhielten die Inquifitionstribu: | Weisſagungen ausdrücklich auf Gott zurück (Jeſ.
nale zu Sevilla und Balladolid neue Er. in 5, 1; Ser. 36, 2), jedoch ohne daß die jelbftändige
der Unterbrüdung des Proteftantismus. Den Be: | Thätigkeit der Propheten ausgeichloffen gedacht
mühungen der Corteö und felbjt der Päpfte, die | werden dürfte (val. Jeſ. 6; das Buch Jonas; 1.
Allgewalt des Tribunals zu beſchtänken, widerjeg: | Kön. 22, 11 ff.). Kon einer Eingebung ber nieder:
ten ſich die Könige. Erjt im 18. Jahrhundert trat geſchriebenen Weisfagungen im Einzelnen, von
Milderung ein, und am Schluffe des vorigen |ereinpelten Befehlen zum Niederfchreiben, ift wohl
Jahrhunderts wurde die Vollmacht des Gerichts | feine Rede. Erjt als die Zeit prophetifcher Produc⸗
beſchränkt, bis Joſeph Napoleon 1808 es aufhob. | tivität vorüber war und die heil. Schriften als
Die Berjuche der Wiedereinführung 1814—20 find | Zeugniffe einer der Vergangenheit angehörigen
burd das Bolf vereitelt, welches 1820 den Inqui: | Dffenbarungszeit betrachtet wurden, entjtand bie
fitionspalaft zerftörte. In Portugal fand eine gang | Lehre von der nfpirirtheit des hebräiſchen und
ähnliche Entwidelung Statt. Pombal konnte das | jpäter aud des NAlegandrinifchen Tertes. Dazu
Berfahren der Inquifition beſchränken, der Will: | hattenamentlich der Einfluß der Platonifchen Lehre
für einen Zügel anlegen, aber erft Johann VI |von der göttlihen uari« (dem göttlichen Wahn:
1818—26 fie gänzlich aufheben. Dagegen in Frank⸗ a beigetragen, wilde Philo auf die Schrift:
reich lehnten ſich bald in gleicher Art Volt, Parla- | fteller des Alten Teftamentes übertrug, ohne fie
jebod auf diefe zu beſchränken. Die uari« bedeu⸗
tete ein Untergehen des menſchlichen Bewußtſeins
im göttlichen. Im Neuen Teftamente wird das Alte
Teltament theils im Allgemeinen ala göttlich (2.
Tim. 3, 16), theils werden einzelne Stellen ald
Decrete beihränften die Inquifition, Boltsauf: | foldye bezeichnet (Matth. 22, 43; Hebr. 3, 7; 1.
ftände verjagten und bedrohten die Jnquifitoren | Betr. 1, 11 f.; 2. Petr. 1,19 ff.). Wenn dieſen
und zu einer rechten Wirkfamfeit konnten diefelben | Stellen im Allgemeinen die damalige jüdifche Lehre
troß der Abneigung der Regenten gegen die Hus | zu Grunde liegt, fo tritt diefe im Neuen Teitamente
genotten nicht >> gelangen. Auch in Deutjch« | Überhaupt im Ganzen zurüd dur das Bewußt:
land beenbigte ein Vollsaufſtand, in welhem Kon: | jein des gegenwärtig lebendigen, das Alte Tejta:
rad von Marburg erfchlagen wurde, die erfte Pe: | ment weit Überholenden, von Chriftus ausgegan-
riode ihrer Einführung dur diefen und Konrad | genen Kr Geiftes, Bei den neutejtamentlichen
Drofo. Erft bei dem Auftreten der Begharden be, Schriftſtellern jelbft tritt das Bewußtſein ſelbſt—
ftimmte Gregor IX. mit Zuftimmung Karls IV. |thätiger Arbeit beim Niederfchreiben ihrer Schrif:
5 Inquifitoren für Deutfchland 1369. Der Heren: |ten ſcharf hervor. Lukas beruft ſich (1, 1 ff.) auf
hammer von Heinrih Krämer und Jakob Sprens | Duellenftudium. Paulus unterſcheidet zwiſchen
ger bot ihrer Thätigleit dann ein neues fyeld, da | dem, was er von Chriftus habe und jeinem per:
er ber Inquifition dad Berfahren gegen Zauberei | ſönlichen Eigenthum (1. Kor. 7, 10 ff.; 2. Kor. 11,
und Hegenwejen übergab. Der Hauptfig der deut» | 17; 12, 11). Nichts defto weniger jchreiben Die
ſchen Inquiſition war Köln. Vergeblid) haben im | heil. Schriftfteller aus der Ueberzeugung, im Be—
breißigjährigen Kriege Jefuiten die Wiederbele: fi der göttlichen Wahrheit zu fein (Gal. 1, 12).
bung derjelben verſucht. In den Niederlanden ge: | Die nachapoſtoliſche Zeit ſchwankte unklar in der
warn die Inquifition den ſpaniſchen Charakter | Vorftellung der Inſpiration; indem fie ji an die
ala königliches Gericht gegen Ketzer aus politifchen | Philoniſche Anſicht anſchloß und zum Theil eine
Gründen. In Folge der Graufamteit diefes Ber: | ganz mechaniſche Inſpiration (nach dem Bilde einer
fahren® bildete fi dad Compromiß von Breda, | gefpielten Leier, Clemens) behauptete, beſchränkte
dem der Frieden von Gent und der Abfall der ſie jedoch die Inſpiration nicht auf die heilige
Niederlande folgten. In den nordiſchen Reichen Schrift und behnte fie ſogar auf die Gegenwart
ift die Inquifition immer beſchränkt geblieben. Jn | (Tertullian) und auf Heiden aus (Clemens). In
Stafien wurde durch diejelbe unter Carafja der |der Folgezeit ift die Inſpiration allgemein aner-
Proteftantismus völlig ausgerottet. Sirtus V. lannt, aber ohne dab eine folgerihtige Theorie
fegte 1587 die Gongregation der nquifition durchgeführt würde, Drigenes und Augujtin wider:
ein, zu beren Competenz alle Fälle der Härefie und | jprehen fich zuweilen, indem jie bald eine Einge:
Magie gehören. Zur Zeit ift mit Ausnahme des | bung his aufs Einzelne, bald Menſchlichkeiten und
Kirchenſtaates Die z.. überall geſetzlich Widerfprüche in der Bibel offen anneymen. Dieje
Senf und der Örundfag der Glaubens: und ! Unbeftimmtheit zieht fi) durch das ganze Mittel:
ment und Königsgewalt gegen die Inquiſition
auf; jelbft das Concil zu Narbonne 1249 erklärte
ſich — vergeblih — gegen die Marimen des Ge:
richts, das Vermögen des Angejchuldigten (für
den Domtinicanerorden) einzuziehen. Königliche
Gewifjensfreiheit, welcher überall (auch in Spa: | alter hindurch und wurde durch das Triventinum
nien) fi Anerkennung verſchafft, macht eine Wie: | in feiner Weife befeitigt, weßhalb in der fatholis
bererneuerung unmöglid. Bgl. Spittler, Entw. ſchen Kirche die Borftellung der buchſtäblichen In—
der Geſchichte der ſpaniſchen Inquiſition, 1788; | fpiration und die einer bloßen Sicherftellung des
Sammlung der Jnftructionen der ſpaniſchen In⸗ Lehrgehaltes durch den Einfluß des heil. Geiftes
quifttionsgerichte von Reuß, 1788; Llorente, Hist. bis heute neben einander rc Daß auch Zu:
erit. de linquis. d’Espagne, 1817; Hefele, der ther zwiſchen einer ſehr ſtrengen Faſſung des In—
Cardinal Aimenes. | fpirationäbegriffes und zwischen jehr freien Urthei⸗
J. N. R. d. = Jesus Nazarenus Rex Judaeo- |len über einzelne Theile der Schrift (Apotalypie,
rum. | Jatobusbrie) ſchwankte, ift befannt; aber wie er
Infpiration der heil. Schrift. Die Vorſtellung immer mehr die Sicherheit der heil. Schrift in
einer Inſpiration, einer Eingebung göttlicher Ges | jedem Einzelnen als die nothwendige Grundlage
danten in menſchliche Seelen, war dem jüdifchen | jeines Werfes anjah, jo noch viel mehr die nad)
und heidniſchen Alterthume gemeinjam. Die Pros | folgende Theologie. Bei den Dogmatifern Calov,
pheten des Alten Tejtaments führen einzelne ihrer Quenſtedt, Hollaz finden wir die wiſſenſchaftliche
Inſpirirte
Ausführung der Theorie. Namentlich aber hat die
reformirte Kirche das Dogma gepflegt. Hat Calvin
noch freie Aeußerungen ſich erlaubt, Bullinger
Gedächtnißfehler in den heil. Schriften zugeftan: ;
den, fo hat Voötius dagegen jene ftrengite Lehre,
welcher aud jedes Wort von Gott eingegeben ift,
behauptet und Heidegger ausführli begründet,
haben bie Burtorffe die Jnfpiration ber hebräifchen
Bocale behauptet, und ift diefe Lehre jogar zum
fgmbolifhen Anjehen (1675) gekommen. In der
Vorſtellung des 17. Jahrhunderts find bie bibli:
ſchen Schriftiteller lediglich Schreibwerkzeuge des
heil. Geiftes. Allein ſchon Ealirt befchräntt die Sn:
fpiration auf die mwefentlihen Wahrheiten des
EhriftentHums und nimmt im übrigen nur eine
gewiſſe Affiftenz des heil. Geiftes an zur Vermei:
dung von —— und Unpaſſendem; noch freier
urtheilen Epiſcopius, Hugo Grotius, Clericus,
welche z. B. die geſchichtlichen Mittheilungen der
Bibel rein menſchlichen Erkenntnißquellen anheim:
—— Das Erwachen der bibliſchen Kritik (Sem:
er) richtete ſich namentlich gegen die altkirchliche
Fafſung der Inſpiration, der neu entſtehende Su:
pranaturaliämus hielt feit Pfaff 1716 nicht ſowohl
eine wörtlihe Eingebung, als vielmehr eine Inſpi⸗
rirtheit des eigentlich Religiöfen feit und ſonſt eine
allgemeine Direction des Schreibenden von Sei:
ten bes heil. Geiftes; der Nationalismus benannte
die erhöhte religiöfe Befähigung der Apoftel mit
dem alten Namen. Nah den Boritellungen der
neueren Dogmatiter wird die ge ir der Schrift:
fteller meift betont; die Begriffe einer tieferen re:
ligiöfen Ahnung (de Wette), einer Wirkſamkeit des
heil. Gemeingeiftes (Schleiermacher) *reten an die
Stelle der altfirhlihen Theorien. Mit möglichfter
Rüdkehr zum altproteftantiihen Dogma werden
bie Begriffe einer „Gottmenfchlichkeit” der Bibel
(Marheinele u. A.) in verfchiedenen Faflungen,
einer „Wortinfpiration” im Gegenſatz zur „Wör:
terinfpiration” (Philippi) u. a. m. zur Erflärun
der Injpirationsthatfahe angewandt. Aber au
von dieſen Dogmatifern wird eine organifche Auf:
nahme des göttlichen in dem menfchlichen Geifte,
eine freie Vermittlung des Göttlichen durch bie
Verfönlichteit des Schriftftellers allgemein aner:
fannt. Bol. Rothe, zur Dogmatit, Gotha 1863.
Inſpirirte und Inipirationsgemeinden. Von
den Flüchtlingen der Camijarden ging der Glaube
an die Nothwendigkeit und die Bedeutung der
efftatiichen Zuftänbe, der Bifionen und Weiffagun:
gen auch in die Nachbarländer über und fand, da
die beftehenden Kirchen, wie in England und Hol:
larıd, fi dem mwiderjegten, Aufnahme bei Secten
und Separatiften. Dies war namentlich der Fall
bei den Separatiften in der Wetterau, wohin die
Gebrüder Bott aus Halle den Glauben an die In—
Ipiration übertrugen, den fie in Halle von franzö—
ſiſchen Infpirirten übernommen hatten. Die Gabe
der Inſpiration zeigte fih an den „Werkzeugen“
in ähnlicher Art wie bei den Camiſarden oder wie
bie und da bei den amerifanifchen Erweckungen
unjerer Tage und diente dazu, das erjchlaffende
Gemeingefühl der Separatiften neu zu beleben.
Unter den ——— ragte hervor der Wittgen:
—— Hoffattler Rod. Es bildeten fich förmliche
nipirationsgemeinden, welche ser Dana au ug
Miffionsreifen für ihre Ausbreitung Sorge trugen.
Zu neuer Anfpannung der Begeifterung, die na:
‚türlid) bald nachlaſſen mußte, dienten von 1714-16
410
Interdict
fünf Liebes: oder Streitermahle, zu denen vor:
hergehende wochenlange aftetifche Webungen bie
törperlihe Dispofition der geiftigen Affecte vorbe:
reiteten. Die größte Zahl der Infpirirten wanderte
ihon damals mit den Werkzeugen Gruber, Gleim
und Madinet nah Pennſylvanien aus und die
Gemeinden vegetirten nur im Stillen. In den
Jahren 1816—21 reorganifirten fich aber die Refte,
angefeuert durd den Schneider Michael Kraufert
aus Straßburg und nad) ihm durch Ehriftian Met
(geb. 1792 in Neumied) und weil fie von der Obrig:
feit gehindert wurden, wanderten fie, 800 Seelen
ftarf, 1841 nad) Buffalo aus. Dort haben fie eine
auf Gütergemeinfchaft bafırte Colonie errichtet,
deren Gedeihen Filialen in Canada und Jama
veranlaßte. Bol. Göbel, Geſchichte der Injpire:
tionsgemeinden in Niedners Zeitichr. 18545.
Inftallation ift die —— in ein geift:
. ont und die Einfegung in den Genuß ber
nde.
—— S. Calvin.
nstrumentum pacis. Bei dem pax tecum
in der feierlichen Meſſe giebt der Gelebrant dem
Diakon den Friedenstuß, diefer ertheilt ihn dem
Subdiakon und durch diefen den Übrigen anmefen:
ben Klerifern. Seit Innocenz III. find dazu Bil:
ber des Sefreuzigten üblich, welche als Zeichen der
gegenfeitigen Liebe zum Küſſen gereicht werben
(von Laien und den Fürften bei der Krönung);
diefe heißen instrumentum pacis, d. h. Friedens:
inftrument.
Integritätder heil. Schrift bezeichnet die Eigen:
fchaft derfelben, daß ihre Schriften fo wie fie vom
heil. Schriftiteller verfaßt worden, unverändert
auf uns gefommen find. Die lutheriſche Kirchen:
lehre hat darauf, wie auf die Authentie und Ario:
piftie, die „fides humana,“ den menschlichen Glau:
ben an die Schrift gegründet. Die biblifche Kritit
hat in neuerer Zeit gezeigt, daß diefe Integrität
bei manden Schriften des Alten und Neuen Tefta:
ments nicht au ftreng zu nehmen ift, daß mander:
lei Tertveränderungen, Interpolationen, Ueber:
arbeitungen nachzuweiſen find, welche die Kritil
herausfordern, der Autorität der Schrift als eines
Ganzen aber keinen Eintrag thun. }
Intellectualismus ift diejenige einfeitige Rich⸗
tung, welche die Religion faft ausfchließlic in das
Denten legt und Gefühl und Wollen für diefelbe
geringfchäst. So fann der Orthodoxismus Intel:
lectualismus genannt werben, weil er alle Religion
in der kirchlichen Lehre und dem Glauben an fie
aufgehen läßt. Ebenjo der Gnoſticismus, welcher
Religion und Philoſophie verwechſelt hat.
Intercalarfrüdte find die Revenüen eines kirch⸗
lien Beneficiums mährend der Bacanz. Das
Eigenthum derjelben gehört der juriftifchen Berion
des Anftituts; fie wachſen deßhalb in der Regel
dem Capitalfonds zu. Bisweilen haben Wittwen:
caffen oder allgemeine kirchliche Zwecke, wie Eme:
ritenenftalten, oder die Religiondfonds (in Defter:
reich) ftatutarifch einen Anfprud).
Interdict ift das kirchliche Verbot der Bermal:
tung der Sacramente, des öffentlichen ed:
dienftes und bes kirchlichen Begräbniffes. Das
9. ift entweder nur auf eine Perſon gerichtet, jo
daf dieſelbe am Gottesdienft nicht Theil nehmen,
diejer nicht in —— Gegenwart gefeiert werden
darf, oder es bezieht ſich auf einen Ort, fo daß an
demjelben keine Feier Statt finden darf, ober es
Interim
ift gemifcht, fo daß es fich auf eine Gegend und
alle Bewohner berjelben bezieht. In diejer Weife
wurde es bie furchtbare Waffe der Päpfte im
11.— 13. Jahrhundert im Kampfe mit den Für:
ften. Die Nothmwendigfeit gebot aber die Strenge
des J. felbft zu mildern, und fo wurden einzelne
und wöchentliche Gottesbienfte, die Spendung ber
Sacramente in Todeönoth und Aehnliches geſtat—
tet, immer aber mit Bermeibung aller äußeren
ier, auch des Glodenläutens. Zum legten Male
iſt 1606 von Paul V. das %. über die Republit
Venedig verhängt, und 1839 — 40 bei ber Weg:
führung des Erzbiſchofs Dunin von Gneſen der
Gebraud der Orgel, der Gloden und die äußere
Feier eingeftellt gewejen. Das perfönliche J. tritt
von jelbft ein bei Klerilern und Laien, bei Unge:
horſam gegen die Kirche; fonft kann es ſchon vom
Biſchof verhängt und, jo weit es perjönlich ift, von
jedem Beichtiger aufgehoben werden.
Interim heißen drei Berträge oder Verſuche
bis zur völligen Austragung der Differenzen zwi:
ſchen der Reformation und der alten Kirche, und
aus Herftellung eines Kirchenfriedens die kirch—
ihen Zuſtände fo zu ordnen, daß e8 jeder Partei
möglich werde fich zu fügen. Das Negenöburger
im war eine von Bucer, Gropper und von
Pflud verfaßte Schrift, melde dem Einigungäge:
fpräd zu Regensburg den 27. April bis 22. Mai
1541 zu runde gelegt wurde. Die Vereinbarung
blieb ohne alles Rejultat, Das Augäburgifche
Interim 1547 war faum etwas Anderes, als bie
in zweibeutigen Neußerungen gefaßte Forderung
ber Unterwerfung unter Rom, welches Priefter:
ehe und Communion unter beider Gejtalt dulden
werde. Das Leipziger Interim (Celle'ſches In:
terim) durch Morig von Sachen 1548 veranlaßt,
hielt die evangelifche Grundlage fefter, nahm aber
die fatholifchen Eultusformen auf. Jedes Interim
fand bei Niemand als jeinen Urhebern Anklang,
und dauerte daher nur jo lange, als die Macht es
aufrecht hielt.
Interpretation, ©. Auslegung und Herme—
neutif.
Interrogationes Mariae. Ein Apofryph.
©. Pfeubepigraphen.
Interfitien werden die kanoniſch beftimmten
Zeiträume genannt, melde zwijchen jeder Weihe
und der nächſt höheren verfließen jollen, ehe fie
ertheilt werde. Ihr Zweck war, dem Kleriker Ge:
—— zur Bewährung ſeiner Tüchtigkeit zu
geben. Nach dem Tridentinum ſoll, da die vier
niederen Weihen an einem Tage ertheilt werden,
wiſchen ihnen und der Subdiakonatsweihe ein
Jahr verfließen.
Interventor oder Interceffor wurde der Biſchof
enannt, welcher ein anderes Bistum während
er Erledigung verwaltete (Bisthums : Admini:
ftrator). Um zu verbüten, daß der Int. feine Zeit
benuge, dad Bisthum für fich zu gewinnen, jegte
das Concil zu Karthago die Dauer der Verwal:
tung auf höchſtens ein Jahr feit, nad) deffen Ab:
ein neuer 9, ernannt werden müſſe. Ber:
weigere das Boll die Wahl, jo folle es fich felbft
ohne Biſchof überlaffen bleiben.
Inthroniſation ift bie ze Amtseinfüh:
rung der Päpfte und Bifchöfe.
— . ©. Duldung.
ntrobu ift Die Amtseinführu
veititur. In der evangelifchen Kirche 4
oder In⸗
ſie mei⸗
411
Joab
ſtens beim erſten Amte mit ber Ordination ver:
bunden, und befteht fonft in der Vorftellung des
neuen Pfarrer vor ber Gemeinde im Gottes:
dienft, der Abnahme der Verpflichtung und in der
Uebergabe des Pfarrhaufes und der Pfarracten.
Introitus der Mefie beiteht aus einer für
die verſchiedenen Sonntage beftimmten biblifchen
Antiphonie, der ein Pſalmvers und die Meine
Dorologie angefügt wird. Damit begann früher
die Mefle, das —“ Ritual läßt aber
das Confiteor, das Sundenbekenntniß des Prie—
ſters und der Gemeinde voraufgehen.
Intruſion ift die ungefegliche Aneignung eines
Beneficiums ohne Mitwirkung des zur Berleihung
Berechtigten.
YJupeflitur ift die Handlung, durch welche dem
Biſchof oder Abt das Amt und feine Rechte über:
geben werden, indem er die Inſignien des Amtes
als Symbol defjelben empfängt. Im Inveftitur:
ftreite handelte e8 fi) um das Rechtäverhältnik
der Kirche zum Staate. Da die Kirchengüter als
Zehensgüter galten, jo war im fränfifchen Reiche
die Inveſtitur (fpäter mit Ring und Stab, den
firhligen Symbolen) von jeher Recht der Könige.
Dadurch waren die Biſchöfe vom Könige abhän:
ig, die von Gregor erjtrebte Selbftändigfeit der
irhe forderte die Aenderung. Den Vorwand
gab ihm der mit Recht gerügte Uebelftand, daß
häufig mehr das Lehen ald das Kirchenamt ins
Auge gefaßt und die Bisthümer nach Gunft ver:
geben oder verfauft worden waren. In England
und Frankreich war bie u me Macht zu ſtark,
in Deutſchland errang die Kirche ihr Ziel durch
die Umſtände und weiſe ei zu eines abge:
drungenen Vergleihd. Die Conftitution re:
gors VII. auf der Synode zu Rom 1075, daß
fein weltliher Fürft zu einem — Amte
inveſtiren dürfe, nahm Urban II. zu Clermont
1095 wieder auf und verfuchte Heinrich IV. durch
die Aufwiegelung jeiner Söhne zur Nachgiebigkeit
zu zwingen. Paſchalis hielt zwar auf den Syno:
den zu Benevent 1108 und im Zateran 1110 die:
fen Grundfaß feft, wurde aber durd Heinrich V.
gezwungen im Bertrage von I111, die Inveftitur
mit Ring und Stab dem Kaifer zuzugeftehen. Den
Bruch diefes Vertrags 1112 auf der Synode zu
Rom und den über Heinrih ausgeiprochenen
Bann büßte er mit der Vertreibung von Rom.
Erft unter Calirt II. fam e3 zum Concordat von
Worms 1122, welches die Wahl der Biſchöfe durch
den Klerus unter die Aufficht des Kaiſers ftellte und
dieſem die Belehnung mit den weltlichen Gütern
dur das Scepter zugeftand; die Inveftitur mit
den kirchlichen Injignien des Ringes uno des
Stabes fiel dem Papſte zu. Da ſchon Lothar III.
die Weihe vor der faijerlihen Jnveftitur 1125 zu:
eitand, jo ging ſehr bald aller Einfluß auf die
iſchofswahl verloren.
* der Feldhauptmann Davids und ſein
Nette von feiner Schweſter Zeruja (1. Chr. 2, 16;
2. Sam. 17, 25), muß ſich früh an David an:
geichlofien haben und rechtfertigte durch Geſchich
und Kühnbeit (2. Sam. 10,7; 11, 1; 12, 26;
18, 14; 20, 13) das Vertrauen, welches David
auf ihn fegte. Rüdfichtslos und graufam jcheut
er aber aud) vor feinem Mord zurüd, um jeine
öffentlihen oder privaten Bmede zu fördern
2. Sam. 18, 14; 20, 10). David fonnte fi auf
Joabs bewährte Anhänglichleit verlafjen, er war
Joachim 412 Jobeljahr
ihm Dank ſchuldig und durch den Vorfall mit —— durch ihre Heftigleit mißfiel. Als feine
Uria an ihn gebunden; er trug daher auch Gemahlin heimlich das Abendmahl unter beiden
Joabs Verbrechen ohne fie zu ftrafen, am wenig: | Geftalten 1528 empfangen hatte, mußte fie fih
ften hatte er ihm wohl den Mord des Abfalom | feinen Mißhandlungen durd) die Flucht entziehen,
vergeben. Seinem Erben Salomo aber empfahl | Auf dem Sterbebette forderte er von jeinen Söh:
er die Rache an Joab, auch aus der politischen Er: | nen das Verſprechen, die alte Kirche mit allen
wägung, daß der mädtige Einfluß des Joab, der | Kräften zu jchligen. + 1535.
dem Königshaufe jo nahe jtand, dem unbefeftigten) Joachim II. (1535—1571). Durch eigene Be:
Throne Salomos gar leicht gefährlich werden | fanntichaft mit Luther 1519 und durch die Mutter
fonnte, feine Hinrichtung aber die dur oab | troß des Vaters für die Reformation gewonnen,
verlegten Familien an Salomo band. führte er diefelbe nad) feinem Regierungsantritt
Joachim, nad dem Proterangelium Jalobi der | in behutfamer Weife im Kurftaate ein. Das erite
Gemahl der h. Anna, Vater der Jungfrau Maria, | öffentlihe und feierlihe Abendmahl fand 1539
die den Eltern nad) langer finderlojer Ehe durch | Statt. In demfelben Jahr erfchien der Entwurf
einen Engel angekündigt wurde. Julius II. be: | der Kirchenordnung, welde 1542 proclamirt wurde.
ftinnmte jeinen eittag auf den 10. März, Pius V.| Joahas, König von Yirael (855 — 838). Der
hob denfelben auf, Gregor XV. aber nahm ihn von | Sohn Jehu's führte eine unglüdlihe Regierung,
neuem ins Brevier. da er an Syrien das ganze Land jenjeit des or:
Joachim, Abt von Floris in Calabrien, geb. | dans verlor und feine Macht äuferft beichräntt
1130 zu Celico bei Coſenza. Er entjagte dem welt: | wurde. Durch fein Mißgeſchick gebeflert und unter
lien Leben am Hofe Rogers von Sicilien, wurde | dem Einfluß des Propheten Elifa wandte er fih
nad einer Wallfahrt ins gelobte Yand Mönd und | zum Jehovahdienft, ohne den Kälberdienft abzu:
Abt des Eiftercienjerflofters Corace. Er erhielt Iafien. Der Heiland, welden Jehovah nad) 2.
die Erlaubnif, um feiner Studien willen fein | Kön. 13, 5 Iſrael gab, ift in Jerobeam II. zu er»
Amt niederjulegen, und zog fich in die Einjamteit | fennen, der zu diefer Zeit geboren fein muß.
von Floris zurüd. Aus den Schülern, die ſich um oahas oder Sallum wurde nad) feines Baterd
ihn ſammelten, entftand die ftrenge Congregation | Joftas Tod vom Volke zum Könige gemacht mit
der Floriacenſer, welche außer Floris mehrere | Umgehung des ältern Bruders Eljafin 607. Pha:
Klöfter gründeten. Joahim wird gejchildert ald| rao Necho lodte ihn ar feinen Hof nad) Ribla im
ein fittlich reiner, für die Religion begeijterter | Lande Hamath und ließ ihn in Ketten nach Aegyp⸗
Mann, der die Gabe der Weisfagung befeffen babe. | ten führen. An feine Stelle ſetzte er den Eljakim.
Auf feine Auslegung der Propheten und Pjalmen | Val. Jer. 22, 10—12; Ezech. 19, 3.
gründete er die Erwartung, daf eine Zeit der) Joas, König von Juda. Als Athalja die Nach—
Kirche nahe fei, in welder das Priefteramt der | kommenſchaft ihres Sohnes Ahasja ermorden lieh,
verweltlichten Geiftlihen aufhören und im Geifte | rettete ihn feines Vaters Schweiter Joſeba (2. Kön.
erneuert jein werde. Dieje Lehre wurde von den 11,2), die Gemahlin des Hohepriefters Yojada
ftrengen Franciscanern und den Fratricellen auf: | und ließ ihn heimlich im Heiligtum erziehen.
gegriffen und als „Ewiges Evangelium“ (ſ. d. A.| Nach 6 Jahren wurde Athalja in einer Verſchwö—
Evangelium aeternum) weiter behandelt (intro- | rung getödtet und ber junge König gekrönt 878.
ductorius in evang. aetern. des Franciscaner | Mit Bhöniciern und Philiſtern führte er unglüdlid
Gerhard), von der Kirche als ketzeriſch verfolgt. | Krieg und die Syrer unter Haſael ließen nur durch
Joachim felbft und feine Schriften find aber als | Geld ihren Abzug erlaufen. So lange Yojada
lirchlich orthodor anerkannt geblieben, daeine Bulle | lebte, förderte Joas eifrig den Jehovahcultus, nad
Honorius III. das Berwerfungsurtheil der Yate: | deſſen Tode wurde der Göhendienft wieder einge:
ranfynode 1215 über feine Trinitätslehre rectifi- führt, Jojada’s Sohn Zacharia ward im Tempel:
eirte. Von feinen Schriften find gebrudt: Liber] hof ermordet. In den darauf folgenden Partei:
concordiae N. et V. Test. Ven. 1519; Expo-|unruben wurde Joas durch Verſchworene in fer:
sitio Apocalypsis in Psalterum decem chorda- | nem Haufe zu Millo 838 ermordet (2. Kön. 12,
rum. Comm. in Jeremiam, 1525, in Jesaiam | 17—21; 2. Chr. 24, 23 ff.). j
V. 1517. Bgl. Engelhardt, kirchengeſchichtl. Ab- ons, der Sohn des Joachas, König von Iſrael
handlungen, 1832, (838— 522). Ein kraftvoller Regent, der an Elija
Joachim 1., Kurfürft von Brandenburg 1499— | und die nationale Partei ſich anjchlof, die Sper
1535. Bon den Mißſtänden in derfatholiichen Kirche | bei Aphek ſchlug uno die verlorenen Provinzen
überzeugt, war er dennoch, weiler deren Abjtellung | wiedergewann, auch Amazia von Juda auf defien
nur durd) das Kirchenregiment wollte, ein abgefag: | kecke Herausforderung bei Bethſemes befiegte, 2.
ter Feind Luthers. Seine Erbitterung wuchs durd | Kön. 13, 10 ff. ; 2. Chron. 25, 17—24. _
unvorfihtige Aeußerungen desfelben und durch die) Joaſaph oder Jofeph, Patriarch von Conſtan—
NMindwigihe Fehde und den Bürgeraufitand zu | tinopel, nahın in der Bedrängniß durch die an:
Stendal, deren Urſachen auf die Reformation zu: | rüdenden Türken mit Johann Paläologus Theil
rüdgeführt wurden. Seine neugeftiftete Univer: | an dem Unionsconcil zu Ferrara: ylovenz 1439,
jität Frankfurt mußte die Wittenberger wifjen: | um eine Union mit der griechiſchen und lateini—
ſchaftlich belämpfen, während jeine Verbote die ſchen Kirche zu bewertjtelligen und Schug von dem
Berbreitiing der neuen Lehre hinderten. Auf den | Abendland zu erlangen.
Reichätagen zu Worms, als Glied der zur Unter:| Jobeljahr, Halljahr. Der Name rührt ber von
ſuchung der Streitfache niedergefegten Gommiffion, | dem Hall des Horns, mit welchem das Jahr am
und zu Augsburg 1530 wirkte er für die den Pro: | Verföhnungstage angekündigt werden follte. Rach
tejtanten feindlichen Beſchlüſſe in einer Art, daß | fieben Sabbathiahren beſtimmt das Geſetz (3. Mol.
feine Rebe zu Augsburg, in der er die Bejchlüffe | 25,8—10)al8 Schluß der Jahredfabbathperiode ein
verfündigte, felbjt vem Kaifer und den katholiſchen weiteres Ruhejahr, welches die Bejtimmung batie,
Joch
alle Abweichungen von den urſpruünglichen theo⸗
kratiſchen Anordnungen im bürgerlichen Leben des
Volkes, die unvermeidlich waren, wieder auszu—
gleichen. Es ſollte ‘jeder zurüdtehren zu feinem
Befig und feinem Erbe, Der Xeibeigene wurde
wieder frei, der veräußerte Beſitz fiel an die Ya:
milie zurüd. Daß der Aderbau ruhte, war con:
fequente Uebereinftimmung des Grundgedankens.
Zur wirflihen Ausführung jcheint das Jobeljahr
ſchwerlich gelommen zu fein, die Spuren vor dem
Eril find ſchwach (ef. 37, 30; Ey. 7, 13); nad dem
Eril ward das Geſetz jedenfalls nicht durchgeführt.
Jod, Dr. Johann Georg, geb. 1685 zu Roten:
burg an der Tauber, ftudirte feit 1700 in Jena,
war dort Privatdocent und 1709 Superintendent
und Gymnafialrath zu Dortmund. Weil er in
Sena dem Pietismus gewonnen, hier bie pietifti-
ſchen Brivaterbauungen einführte, gerieth er in
heftigen Streit mit feinen orthodoxen Collegen.
Später fam er ald Senior des Minifteriums nad)
Erfurt und 1726 als Profeifor der Theologie nad)
Wittenberg, wo er durch eine Disputation „von
der heilfamen Berzweiflung“ einen zweiten lang:
wierigen Theologenftreit hervorrief.
Joel, der Sohn Betuels, einer der ältejten
Propheten. Er ſchildert eine furdtbare Heufchreden:
plage, welche das Land verwüjte, jchließt daran
die Mahnung zu einem allgemeinen Faſt- und
Bettage und verfündigt im zweiten Theil feiner
Nede die zukünftige reiche Gabe Gottes an geifti:
— Segen. Die Zeit des Joel iſt nicht angege—
en; Hilgenjeld in feiner Zeitihrift (1866, Heft
4) jet das Buch ins perfiiche Zeitalter, kurz vor
Ankunft des Esra. "Da die Syrer und Aſſyrer
noch nicht erwähnt werben, aud) die inneren Zu:
ftände noch leidlich find, jo jegen es die Meijten
unter Joas; Bunjen gar unter Rehabeam und
bezieht feine Worte auf Die Eroberung Jerufalems
durch Siſak von Aegypten (2. Kön. 14, 25), Dal.
Ewald, Propheten, 1540, 2. Aug. 1867; Hitzig,
Kleine Propheten, 3. Aufl. 1863; Crebner 1831;
Meier 1341.
Jürgen, v. d. Düre, Magister Aportanus, ber
Reformator Oftfrieslands. Erzogen von den Brü:
dern bed gemeinfamen Lebens zu Zmwolle, wurde
er vom Grafen Edzard nad Aurich an die Schule
berufen. Bei dem Widerftande der Geiftlichen, als
er die lutherifche Lehre verbreitete, predigte er auf
freiem Felde, bis ihm das Voll unter dem Schuß
bes Grafen die große Kirche öffnete.
Johann der Befländige, Kurfürft von Sachſen
1525—32. Geb. 1468 in Meiflen. Nach dem Maße
der Zeit wohl unterrichtet, zog er nad) dem Tode
feines Vaters an den Hof — 11I. und
kämpfte im öfterreichifchen Heere gegen Wladislaus
von Polen. Zweimal verheirathet, verlor er beide
Gemahlinnen früh und behielt von ihnen 2 Söhne
und 2 Töchter. Seinen Beinamen hat er ſich er:
worben durch jein perſönlich beftändiges Bekennt⸗
niß zu ber Reformation auf den Reichstagen zu
Epeyer 1526, 1529 und Augsburg 1530. Seine
Abhängigkeit von Luther und den Wittenberger
Theologen auch da, wo es jein politiiches Verhal:
ten galt und feine daher rührende Abneigung ge:
en jede Verbindung mit den Schweizgern und Re—
ten bemmten den thatfräftigen YZandgrafen
von Heſſen und ließen es zu feinem energiſchen Auf:
treten der evangelifhen Stände fommen. Mit
Mühe gelang es, ihn zum Abſchluß des Torgaui-
413
Johann III.
ſchen Bündniſſes 1526 zu bereden; in den Pad:
ſchen Händeln bewahrte er eine rejervirte Haltung
und erft die Drohungen Des Kaijers zu Augsburg
bewogen ihn, den Abjchluß des Schmaltaldener
Bündniffes zu betreiben und ſich in VBerhandlun:
gen mit u. und ren einzulafien, welche
durch den Convent zu Schweinfurt und den Nürn-
berger Religionäfrieden 1532 auf eine ihm mwillfom-
mene Weiſe erledigt wurden. Durch die Anord:
nung ber Kirchenvifitation von 1528—29 begrlin:
dete er die evangeliſche Kirche in feinem Kurfür:
ſtenthum dauernd, Er ftarb 1532 zu Schweinig
auf der Jagd.
Johann Friedrih I., der Großmüthige, Kur:
fürjt von Sachſen 1532—47, der Sohn des Vori:
gen. Geb.1503. Bon Spalatin erzogen, gab er fich
mit Begeifteruug den Ideen der Reformation hin
und nahm als Kurprinz den lebendigjten Antheil
an den firhlihen und politiihen Verhandlungen.
&o war er anmwejend auf dem Tage zu —
1525, den Reichstagen zu Speyer 1529, Augsburg
1530, dem Eonvent zu Schweinfurt 1532 und zu
Nürnberg. Ungeachtet feiner Treuegegen das Evans
gelium und der Abneigung gegen Rom, die ihn
da3 Eoneil zu Mantua jo unbedingt abweiſen hieß,
fuchte er durch ein vermittelndes und entgegen:
tommenbes Berhalten dem Kaiſer gegenüber die
Begünſtigung der Evangelifchen zu erlangen, wobei
aber feine ehrliche Politik der fpanifchen gegenüber
ſich nicht gewachſen zeigte. Der Mangel an Scharf:
blid machte ihn auch öfters gegen feine Berbünde:
teu argwöhniſch und mißtranike, Eine Fehde mit
Morig von Sachſen 1542, der Flabenfrieg, wurde
burch Vergleich beendigt, mit Hülfe des ſchmaltal⸗
diſchen Bundes 1543 Heinrich von Braunſchweig
befiegt, aber der richtige Augenblid, durch Unter:
ftügung der Kölner Reformation und nad dem
Reichstag 1543, die Angelegenheit der Evangeli:
{chen zu Adern, verabjäumt, jo daß ihn die Kriegs⸗
erflärung des Kaiſers unvorbereitet überrafchte.
Die Schlacht bei . 1547 führte ihn in die
Gefangenſchaft; unerjchroden hörte er das Todes:
urtheil an und wiberftand der Verfuhung, durch
Annahme bes Jnterims eine befjere Behandlung
zu erfaufen. Erjt als Morig fih Innsbruck nä«
herte, entließ ihn Karl, nicht ohne Nebenabfichten,
doch mußte er feinem Better bie Kurwürde abtre:
ten. 7 1554. Auf feinen Wunſch noch während fei:
ner Haft hatten jeine Söhne die Univerfität Jena
1552 geftiftet.
ohann I., Bapft 523—26. Im Auftrage Theo:
borihs mußte er als deffen Gefandter nad) Con:
ftantinopel gehen, um die Rüdnahme des Edicts
von 524 gegen die Arianer zu betreiben, monad
diejelben ihre Kirchen verlieren follten. Nach feiner
Rückkehr büßte er im Kerfer die Unzufriedenheit
Theodorichs mit dem Erfolg der Reije.
— II. 532—35. Ein Römer, mit dem Beinamen
Mercurius. Dem Kaijer Juftinian nachgebend,
feinem Borgänger Hormisdas widerſprechend, bil:
ligte er den Sa „Einer aus der Dreieinigkeit hat
gelitten” und verwarf die Aloimeten. Yon Wich—
tigfeit ift jeine diſciplinariſche Entſcheidung gegen
den Biel von Kiez 534.
— 1. 560—73. Wichtiger als feine Negenten:
— iſt der Umſtand, daß er den päpſtlichen
tuhl erſt 4 Monate nach der Wahl einnehmen
fonnte, weil Juftinian jo lange mit der Beſtäti—
gung zögerte,
Johann IV.
Johann IV. 640— 42. Ein Dalmatier. Die
Eithejis des Heraclius ließ er, ungeachtet jein | mo
Vorgänger Honorius 1. ſich ——— von
einer Synode verwerfen 641 und bemühte ſich
nun, den Patriarchen Pyrrhus zu Conſtantinopel
zur Unterwerfung zu bringen.
— V. 685—86, brachte ſein Pontificat im Bette
zu.
— VI. 701—05. Gegen den Exarchen, der ihn
abjegen Aa gr Sig ihn die Römer.
— VII.7 7, fühlte ſich jo abhängig auf
feinem Stuhle, — er nicht wagte, eine Entjchei:
dung zu geben, als Juſtinian Il. ihm durch Ge:
ſandte die Canones des Trullanifcen Eoneils vor:
legen eh
VIU. 872—82. Seine ehrgeizigen Pläne
hatten einigen Erfolg bei der Krönung Karls des |t
Kahlen 876 ; aber weder konnte er die neuftrijchen
Biſchöfe überwinden, auf ihre Metropolitanrechte
zu verzichten, noch jeine jonftigen —— Ehe
durchführen. Er jprad den Bann aus über Pho:
tius von Conftantinopel, den er vorher anerkannt
hatte. Von ihm find 330 Briefe vorhanden.
— IX. 898— 900, hielt 2 Synoden, auf denen
er das Gedächtniß des Papftes Formoſus wieder
Ehren brachte und Lambert von Spoleto gegen
Kenulpp als Kaifer anerkannte.
X. 914—28, war der Buble ber Theobora,
durch diejelbe Erzbiichof von Bologna, von Ra:
venna und endlich Bapft. Er blieb ein Werkzeug
derjelben und der Marozia, bis ihn dieje, da er
a ae zu werben, erbrofjeln ließ.
— 6, ein Sohn der Marozia und
des Papites Sergius III., wurde von feiner Mut:
ter auf den päpftliden Stupl gejegt und von jei:
nem Halbbruder Alberich entthront.
— XII. 955—964. Gegen den Longobarden
Berengar rief er Dtto I. zu Hülfe und krönte dieſen
zum Kaifer 962. Als diejer jelbft zu Pavia eine
Synode abbielt, brad) er feinen Schwur und knüpfte
neue Berbindungen mit Berengar an. Dtto eroberte
Nom 963 und ließ die Römer ſchwören, nie ohne
feine Zuftimmung einen Papit zu wählen. Auf
einer Synode in der Peterskirche 963 wurde Jo:
hann ber Ihamlojejten ? Verbrechen an — und
abgeſetzt, und an ſeine Stelle Leo VIII, ein Laie,
erwählt. Nach dem Abzug des Kaiſers bemächtigte
Ne hann fi) von neuem Noms und caffirte die Be:
Ihlüffe der Kaiſerſynode. Während Dtto ihn zu
ftrafen heranrüdte, ftarb Johann im Augenblid
des Ehebruchs, vom Schlage (nad) der Legende
vom Teufel) getroffen. Die Urkunden, durch welche
Dito ihm bie Schenkungen Karls des Großen be-
ftätigte und Unterwerfung verhieß, find unecht.
— XII. 965—72. BonDttol. eingejegt, wurde
er in einer Empörung der Römer faft ein Jahr in
Capua gefangen gehalten und erſt vom Kaijer
wieder befreit. Auf dem Concil 967 zu Ravenna
erhielt er das ganze Gebiet, welches die Päpſte je-
mals mit Recht bejefien, zurüd. Mit dem Kaiſer in
bleibendem Einvernehmen, frönte er Otto II. und
auch defien Gemahlin Theophania 972. Die Pläne
des Kaiſers zur Belehrung der Slaven förderte er
— * Kräften und gründete das Erzſtift Magde—
urg.
— XIV. 98384. Früher Biſchof Peter von
Pavia und Erztanzler Otto's Il., ward er unter
befien 5 gewählt, nad) deffen Tode aber
(7. ——
414
Johann XXII.
u zurücklehrte, gefangen und er:
RV. ) Nad) Bonifacius VII. ſoll ein Sohn
des Römers Ropertus unter biejem Namen 4 Mo-
nate das Pontificat geführt haben ; doch findet ſich
der Name nicht in allen Vergeichniffen und die
a > ift faum REN
V. 98598. Da Rom von dem Patricius
— beherrjcht wurde, jo war die Macht
dieſes Pap — — — beſchränkte. Es wird ihm
Geiz und —— In dem Streit
über die Be ae 3 des isthums 2.00 durch
Hugo Capet verwarf er durch ſeinen Legaten Leo
die Beſchlüſſe der Synode von Rheims 991 und bie
Wahl Gerberts, der ihn barüber ſcharf angriff,
— Eee als Papft derſelben Entſcheidung bei⸗
— XVI 998—99. Gegenpapft Gregors V.,
eigentlih Johann Philagathos, ein Grieche aus
Rofjano in Calabrien, Biſchof von Piacenza. Durch
Grescentius eingeſe t, mußte er vor dem —*
wurde er en — verſtümmelt ER
impft in einem Klofter gefangen gehalten. + 999.
VII. (X VIII.) 1003. "Sicco mit Beinamen,
regierte nur 7 Monate. Mit ihm beginnt eine
Berwirrung in der Zählung der Johann heiken:
ben Päpfte, veranlaßt durch Johann XXL, wel:
cher ſich, obgleid) eigentlich der ywongiafie, als den
einundzwanzi a zählte, vielleicht dürch Mitzäh-
fung ber ren — (. d. Art.).
003—09. Faſanus. Er un:
terftügte ben Blon "Heinrich ‚ das Bisthum
Bamberg zu errichten, und machte den Apoſtel der
Preußen Bruno von Querfurt zum Erzbifchof. Es
It ine daß er, vom Sohne des Grescentius abge
ed, in Xu ne geftorben iſt.
XX.) Romanus, der Bruber Bene:
dicts vol, * nad) deſſen Tode 1024 das Pon⸗
tificat an fi. Seine Geldgier erregte viel Unwil⸗
fen, namentlich als er im riff ſtand, dem Pa:
triarchen von Gonftentimopet fü ür Geld den Supre:
mat über den Drient zuzuerfennen. Er krönte
Konrab IL. 1027 und berief Guido von Arezzo
nad Rom. + 1038.
— XXI 1276—77. Borher Petrus Juliani,
Gardinal: Bifchof von Tusculum, aus Liffabon ge:
bürtig. Ein gelehrter Mann, der aber als unfähig
und darakterlos gejchildert wird. Ob er wirklich
ber Verfafſer der unter dem Namen Petri His-
ni erſchienenen medicinifhen und philoſophiſchen
Eepriften, ift nicht auögemadt. Die Beftimmun:
gen Gregors X. über Das Conclave hob er wieber
auf. Er wurde durch den Einfturz einer Dede in
feinem neuerbauten Pallaſt zu Biterbo erfchlagen.
XXIL 1316— 34. Vorher Cardinal Jakob
von Dfja aus Eahors, ber Sohneines Weinfhenten,
früher Kanzler des Robert von Sicilien, wurde er
nad) zweijähriger Sedisvacanz von der franzöſi⸗
ſchen Partei zu Avignon gewählt. Im franzöſiſchen
Intereſſe trat er gegen Ludwig den Bayer
unterftügte deſſen Gegner, die Gibellinen, in
Italien und that —— wiederholt in den Bann.
Ludwig ließ ſich in Rom von dem durch ihn einge⸗
ſetzten Gegenpapſte Nikolaus V. (dem Minoriten
Petrus de Corberia) krönen, konnte dieſen aber bei
feinem Rückzug nach Deutſchland nicht ſchittzen,
jo daß er fi) vor Johann beugen mußte. In
diefem Streite wurde die weltlihe Macht des
983) von Bonifacius VIL, der aus Papſtes und der Hierarchie mehrfach von Gelehrten
Johann XXIII.
befämpft. Johann lieh die Spiritualen ber Fran»
ciscaner und die Fratricellen als Ketzer verfolgen.
Durch feine Anfiht von dem Zuftand der Seelen
nad Tode, die mit der Anrufung der Heiligen
unvereinbar, et er jelbft in den Verdacht der
Kegerei und mußte förmlich widerrufen.
‚Jeden XXI. 1410-15. Vorher Cardinal Bal:
thaſar Cofja. Ein begabter, aber ſittlich verwahr⸗
lofter Mann, erzwang er jeine Wahl nad) Alexan—
ders V. Tode (den er vergiftet haben ſoll) dur
Drohungen und Beitehungen. Die Noth, in welche
ihn der Friedensbruch und Ueberfall durch Ladis—
laus von Neapel verjegte, zwang ihn, Sigismund
um Schuß anzugehen und in das Goncil zu Con:
ftanz zu willigen. Als dasjelbe jeine Abdication
verlangte und ihn fchwerer Laſter und Vergehun—
gen beſchuldigte, entfloh er, wurde aber abgejett
(27. Mai 1415), bei der Niederlage feines Schügers
here von Oeſterreich gefangen und im Schlofie
ottlieben, danach in Heidelberg bewacht, Er ent:
floh 1419 und warf ſich Martin V. u ben, der
zum Cardinalbiſchof von Tusculum ernannte.
r ftarb im December desjelben Jahres.
Johann von Paris, + 1306, jeines Scharfjinnd
wegen mit dem Beinamen pungens-asinum, war
Dominicaner und Profefior der Theologie in Pa—
ris. Im Streite Philipps des Schönen mit Boni:
facius ſprach er ſich für den König aus. Da er die
Doctrin von der impanatio mit eigner unverfenn:
barer Borliebe entwidelte, zog ihn der Bapft def:
halb zur Verantwortung. Sein Tod fam dem Ur:
theil zuvor.
ann bon Weſel. S. Weiel.
obann von Weſſel. S. Weſſel.
ohanna, PBäpftin. Die Sage von der Päpftin
5. galt vom 11.—16. Jahrhundert als hiſtoriſche
Wahrheit. Die Tochter eines engliihen Miffio:
nars, hatte fie ein Liebeöverhältnig mit einem
Mönd zu Fulda, legte Männerkleidung an, lieb
fi) in das Klofter Fulda aufnehmen, entfloh mit
ihrem Buhlen, jtudirte zu Athen griechijche Litera⸗
tur, eröffnete zu Rom eine Schule, wurde zum
Bapft erwählt und ftarb 854, als fie während
einer Proceſſion entbunden wurde. Daß dies nur
eine Sage iſt, ergiebt ſich mit nen aus ber
Unmöglichkeit, ihre Perfon in die Reihenfolge der
Päpſte einzuschalten. Ungewiß ift, ob es nur eine
enhafte Ertlärung ber sella stercoraria jein
oll oder eine Satire auf das unzüchtige Leben
vieler Bäpfte und das MWeiberregiment in Rom.
Johanna d' Albret, Königin von Navarra, die
Tochter Heinrich II. von R. und der Margarethe
von Valois, geb. 1531, wurde von ihrer Mut:
ter in den Grundfägen der Reformation erzogen.
Eine Verlobung mit dem Herzog zu Eleve 1540
wurde wieder aufgehoben und fie 1545 mit Anton
von Bourbon, Herzog von Vendöme, verheirathet.
Der ſchwächliche und harakterloje Sinn ihres Ge:
mahls war zu einer entſcheidenden Betheiligung
an den Angelegenheiten der franzöfiihen Refor:
mation nicht zu bewegen, ließ er fi Doch gar 1562
furz vor feinem Tode zum Webertritt zur fatholi-
ſchen Kirche verleiten, aber Johanna benugte deſto
eifriger jede Gelegenheit während der Bürger:
kriege die Hugenotten zu fördern. Eine Verſchwö—
rung ihrer fatholijhen Unterthanen nöthigte fie
zur Flucht nad la Rochelle 1566 und zu einem
eren Bündnik mit den Hugenotten. Nach dem
Frieden von St. Germain willigte fie in die Ber:
415
Johannes
heirathung ihres Sohnes Heinrich von Bearn mit
des Königs Schweſter Margarethe von Valois als
Pfand des Friedens. Auf einer Reiſe an den fran⸗
zöſiſchen Hof ſtarb fie plötzlich 1572, nach der
allgemeinen Meinung durch ein Paar Handſchuhe
vergiftet.
Johanna »’Arc. S. Jungfrau von Orleans.
Johannes, der Apoftel (Iwerwwns, JM) etwa:
Gotthold), war der Sohn des Zebedäus und ber
Salome, Bruder des Jakobus, früher Fiſcher am
See Genezareth (Marc. 1,19). Es war der Jün—
ger, „den ber Herr lieb hatte“ (oh. 13, 23;
19,16), übrigens nicht der janfte, als weldyen man
—* lange gewohnt war zu betrachten, ſondern von
Natur leidenſchaftlich, glühend in Liebe und Zorn
(vgl. Luk. 9, 54; Marc. 3, 17; 10, 35). Als Apoſtel
wirkte er zuerjt in Jeruſalem Apftg. 1,13; 3,1;
4,19), jpäter in Epheſus. Unter Domitian auf
bie Inſel Batmos verbannt, fol er unter Trajan
ng geftorben fein. In neuerer Zeit hat
eim den Aufenthalt des Johannes in Epheſus
gänzlich beftritten (Jejus von Naz., I, ©. 160 ff.;
vgl. dagegen Steig in den Studien und Kritilen,
1868), als eine erjt jeit Jrenäus (190) durch Miß⸗
verjtändniß oder Verwechslung mit dem Presbyter
Johannes entjtandene Sage.
Das Evangelium des Johannes hat den Zwed,
bie übernatürliche Herrlichkeit Jefu, feinen Kampf
und Sieg in der Welt zur anfhauliden Dar:
rer. zu bringen. Der Zweck ift fein rein ge:
hichtlicher, ſondern ein chriftlich philoſophiſcher.
Hätte dad Evangelium lediglich den Zweck, die
drei erften Evangelien zu ergänzen, jo wäre nicht
zu erflären, warum einzelne Geſchichten, wie die
Speifung, die Tempelreinigung, das Wandeln auf
dem Meere, wiederholt find, während z. B. das
. Abendmahl —— übergangen iſt. Die
uswahl erflärt fi vielmehr durch die *2
daß ein höherer theoſophiſcher Gedanke für dieſelbe
maßgebend geweſen ſei, ſo daß nur ſolche Geſchich⸗
ten und Reben theils aus der ſynoptiſchen Tradi—
tion, theils aus felbftändiger Duelle aufgenommen
wurden, welche zur — — und Darle⸗
gung jener Idee zweckmäßig waren. Dieſe Idee iſt
im Eingange des Evangeliums dargelegt: die Idee
des — ewordenen Logos. Ein neues, göttliches
Princip iſt in dieſe Welt eingetreten, „ein Licht
ſcheint in die Finſterniß“, und diefes fleiſchgewor⸗
bene Wort Gottes ift Chriftus. Die Er —5*
wie die Reden, ſind nur unter dem tspuntt
von Selbſtoffenbarungen der göttlichen Herrlich-
feit Chrifti aufzufaflen, diefelben werden ſtufen⸗
weiſe deutlicher und größer, aber je mehr fie ber:
vortreten, defto ftärfer wird aud) der Widerjtand
der Elemente der Finfterniß, namentlich unter
dem herzenäharten jüdifchen Volle. Es kommt
endlich zu einer Krifis, welche mit dem Auftreten
Jeſu in Jerufalem zufammenfällt; die Krifis führt
zur Katajtrophe des Todes, zur ſcheinbaren Rieder»
lage, melde in der That aber Berflärung ift und
in der fiegreihen Auferftehung ee
findet. Demgemäß zerfällt das elium in
folgende Theile. 1) 1— 6 die erjte Reihe von
Selbftoffenbarungen Jeju theild zu Jerufalem,
theils zu Galiläa. 2) 7—12 der Conflict, welcher
durch eine Reihe von immer wunderbarer werden:
den Selbftoffenbarungen entfteht und wächſt und
in ber Salbung, dem Einzug, der Berherrlihung
Johannes
durch die Griechen und die Verklärung (12) den
Abſchluß findet. 3) Die Kataſtrophe, die Vorbe—⸗
reitung im ftilen Kreife der Jünger durch Fuß:
wafhung und die Abſchiedsreden (13—17), Lei:
den und Tod (18 und 19) und Auferftehung (20).
Als mit Unreht in das Evangelium eingeſchobe—
nes Bruchftüd wird die fynoptifch klingende Er:
zählung von ber Ehebrecherin (Cap. 8) ziemlich
allgemein betrachtet. Das legte Cap. (21) ift
jedenfalls erſt fpäter gefchrieben, aber wahrjchein:
lich, was feit Grotius Manche bezweifelt haben,
mit Ausnahme von V. 24 und 25, von berjelben
Hand, von weldher das Evangelium gefchrieben
ift. Differenzen von den ſynoptiſchen Berichten
finden fi) in den einzelnen Erzählungen, wie in
der Grundauffaffung der Perſon Jeſu im Ganzen ;
die wichtigften Differenzen betreffen die drei Feſt⸗
reifen Jeſu (Job. 2, 1355, 1; 7, 10), von weichen
die Synoptifer nichts zu wiffen jheinen und das
b. Abendmahl, worüber man den Art. Abendmahl
an — Das Evangelium bildet den ſchwie—
rigen Gegenftand eines langwierigen kritiſchen
Streites. Nahdem Jahrhunderte lang dasfelbe
nicht nur unangefodhten geblieben war, fondern
meift ein bejonderes Anfehen unter den biblifchen
Büchern genofjen als „das einige, zarte, rechte
Hauptevangelium” (Luther), wurden zuerjt im
17. Jahrhundert von engliſchen Deiften und bar:
auf namentlih von Evanjon Zweifel gegen feine
Echtheit geäußert. Ihnen folgten die deutſchen
Zweifler Horft, Cludius, Wegicheider u. A., deren
Bedenken jedod noch ziemlich unwirkſam blieben.
Da trat Bretjchneider mit feinen »Probabilia de
ev. et epp. Joannis ap, indole et origine 1820«
auf, in welchen er den tiefgehenden Gegenſatz des
Johannes und der Synoptifer betont, den Unter:
ſchied zwiſchen vem Chrijtus und namentlich ben
Reden Jeju hier und dort, welcher der Art jet, daß
nur bie eine von beiden Darftellungen bie echte
fein könne und die durch die Angriffe auf die Gott:
beit Chriſti hervorgerufene Entitehung des Evan:
geliums in das 2, Jahrhundert jegt. Zahlreichen
Gegenſchriften, vorzüglich den Commentaren von
Lücke und Tholud, gegenüber vermochte fich jedoch
die Bretſchneiderſche Hypotheſe nicht zu halten,
und ihr Schöpfer widerrief endlich jelbjt. Durch
die Theologie leiermaders, die mit dem Jo—
hanneiſchen Denken manche, namentlich chriftolo:
giihe Berührungspunfte darbot, fam das Evan:
gelium wieder in gr Geltung. Während
Credner (Einl.) die Echtheit unbedingt feſthält,
dagegen den Einfluß helleniſcher Philofophie an:
ertennt, bewegt ſich de Wette in Zweifeln, welde
nicht ftark genug waren gegenüber dem apoftolis
ſchen Totaleindrud des Evangeliums und doc
wleder jtarf genug, um die unbedingte Anerken⸗
nung der Echtheit zu erfchüttern. Ein erneuter
Angriff gegen das Evangelium wurde von ber
fog. Tübinger Kritif ausgeführt. Nachdem Strauß
über jeinen eigenen Zweifeln wieder bedenllich ge:
worden war, traten dagegen Schwegler (Monta:
nismus, 1541, Nadapojft. Zeitalter, 1846), Bel:
ler (Theol. Jahrb., 1845 ff.), Baur (Theol. Jahrb.,
1844, Krit. Unter. über die fanon. Evangelien)
in wiederholten Arbeiten gegen die Echtheit auf.
Während Zeller die äußeren Zeugnifje in viel
fpätere Zeit herabrüdte, unterſuchte namentlid
Baur den gen des Evangeliums und fuchte die
Compofition desjelben zu erllären als eine freie
416
Johannes
religiöſe Dichtung zum Zwecke der Darſtellung
einer philoſophiſchen Idee. Letztere ſei ausge:
prochen in dem Eingange des Evangeliums, es
ei feine andere als die Logosidee, welche der etwa
um 170 jchreibende, und von den gährenden
Geifteselementen der Zeit lebhaft bewegte Ber:
fafier alö den entſprechendſten Ausdrud des We:
ens Chrifti betrachtete, und melde er in einer
eien Bearbeitung der Geſchichte Jeſu zur an:
chaulichen Darjtellung zu bringen verjucte.
Hilgenfeld (Das Evangelium und die Briefe Jos
hannes) mobdificirte hierauf diefe Anficht dahin,
daß er das Evangelium mit der Balentinianischen
Gnofis in Zufammenhang brachte und jeine Ent:
ftehung ungefähr in das Jahr 130 ſetzie. —*
die Echtheit ſprachen ſich unter Andern in neue
a“ in einem den Tübinger Refultaten ur
inne aus: Scolten (Het evangelie naar Jo-
hannes, 1864) und Keim (Jeſus von Razara,
1868). Ein vermittelnder Verſuch, die Frage zu
löfen, befteht darin, einzelne Theile aus dem
Evangelium ald unecht auszufcheiden. So hat
Weiße (Ev. : Gejhichte, 1838; Evangelienfrage,
1856) jog. „Johanneiſche Studien” angenommen,
welde ein Schüler nad) feinem Tode zum Evan:
gelium verarbeitet hat; Schweizer hat diejenigen
Stüde, welche die rer Wirtfamteit betreffen,
ausgejhieden und ein nur die aufergalilätjche
Wirkfamleit umfafjendes Johanneijches Evange-
lium angenommen (dad Ev. Johannes, 1841);
Weizfäder unterjcheidet zwifchen idealen und hiſto⸗
riſchen Elementen im Evangelium, deren Miſchung
bis ins Einzelne aufzulöfen ber Kritik vorbehalten
fei (Unterf. über die ev. Gefchichte, 1864); ähnlich
erflärt ſich Renan in der neu bearbeiteten Aus:
gabe jeines Lebens Jeſu. Dagegen ift eine aus:
gedehnte Literatur entitanden, welche die Echtheit
und geihichtlihe Glaubwürdigkeit im Allgemei:
nen und im Einzelnen fefthält. Zu ben eriteren
find 3. B. Reuß (Geſch. der h. Schriften, 4. Aufl.
1864), welcher wenigjtens die Möglichkeit der Echt:
—— anerkennt, Ewald (Joh. Schriften, 1861) und
ittichen (geſch. Char. des Ev. Joh., Elb. 1869)
zu reinen; zu den legteren Tholud (Commentar
u Johannes, 7. Ausg. 1857), Baumgarten-Eru:
tus (Joh. Schriften, 1814), Ebrard (das Ev. Joh.
ertay Gueride (Einf. 1843), Bleek (Beiträge zur
Evangelien:Hritif, 1846), Hengſtenberg (das Ev.
bes h. Johannes 1845) u. v. X. Die Schriften zur
Kritik des Evangeliums find zahllos. Die haupt:
jädhlichiten [. oben. Zur Exegeſe: Lüde, 2 Bde.
1851—52; Tholud, 7. Aufl. 1857. Außerdem die
das N. T. umfafjenden exegetiſchen Werte von de
Wette, Meyer u. 9.
Die Briefe. Der erfte der drei zu den „fatho»
lichen Briefen“ gerechneten Johannesbriefe ijt eine
in denſelben been, wie das Evangelium ſich be
wegende Darlegung einiger Johanneifcher Haupt:
gedanten. Als Fa Gegenjäge jtehen ſich gegen:
über das Reich Derer, die an den Sohn glauben,
und die Welt, dad Reich der Finſterniß und des
Satand. Das Merkmal der erjten ift das Wan:
dein im Lichte, weil Gott Licht ift, und die Liebe
zu Gott, welde ſich im Halten feiner Gebote und
in ber Liebe zu den Brüdern bekundet. Verwerf⸗
lic) ift die Gleichgültigkeit, welche fich dieſes a.
fages nicht bewußt tft; falihe Propheten, ⸗
chriſti, ſuchen die ſchwachen Gläubigen zu bethören;
ihre Macht iſt noch ſtark. Aber der Glaube iſt der
Johannes
Sieg, der bie Welt überwindet. Chriſtus wird er:
jcheinen und mit ihm der Sieg der Seinigen. Diefe
Gedanten find, ohne daß eine beftimmte Dispo—
fition und Gedantenordnung herauszufinden wäre,
an —— — rt. 1,14
ift Eingang. Dann folgt eine mehr oder weniger
in ſich abgeichlojjene Gedantenreihe von 1,5 —
2, 2 vom Lichtfein Gottes, mas auch von den
Gläubigen fordert, daß fie Licht jeien und nit
fündigen. Hierauf 2, 3—17: Die Gottesliebe er-
weift ji) im Halten der Gebote, in der Liebe zu
den Brüdern und in ber Abwendung von der Welt.
Weiter 2, 18—28: Warnung vor dem Antichrift
und Ermahnung zum ten an dem Chriäma,
welches die —* empfangen hätten. 2,29 —
3, 10: Gott ift gerecht, darum auch feine Kinder;
bie Hoffnung, ihm einjt gleich zu fein, ſoll als An-
trieb dienen, heilig zu fein wie Ehriftus, und einen
jcharfen Gegenſatz zu bilden zu den lindern des
Teufels, welche fündigen. 3, 10—24: Die Bru-
derliebe ift der Beweis, daß Gott in uns und wir
in Gott find. 4,1—6: Warnung vor faljchen
Geiftern. 4, 7 — 5, 4: Nochmalige Mahnung zur
Liebe. 5, 5 bis Ende: vom göttlichen Zeugniß,
daß Jejus Gottes Sohn ift, von der weltüberwin:
denben Airaft des Glaubens an Jefus. — Die ver:
fchiedenften Verſuche, den Brief zu biöponiren,
find mißlungen. Sinnreich war die Eintheilung
nah trinitariſchem Gefichtäpuntt von Bengel.
Die obige Gruppirung ift nad) Yüde. De Wette
will drei Themata unterjcheiden: Gott ift Licht
(1, 5), Gott ift gerecht (2, 28) und Gott ift die
Liebe (4, 8). — Ueber die Abjafjungäverhältnifie
geht aus dem Briefe jelbft wenig hervor. Ge:
wöhnlich dentt man ſich Epheſus als Abfafjungs:
ort; die jpäte Lebenszeit des Apoſtels ala Abfaj:
ſungszeit, bald nad) oder kurz vor dem Gvange:
fium. Eine alte Ueberſchrift »ad Parthos« tft
Mifverftändnig (vielleicht des eos nap#Efrous
an die Jungfrauen, jungfräulihen Gemeinden). —
Die Echtheit des Briefes wurde jeit Joh. Scaliger,
namentlih von der Tübinger Schule befämpft
(Baur, in den theol. Ri in 1848; Hilgenfeld,
das Ev. und die Briefe Johannis 1849 und Tb.
theol. Jahrb. 1855). Baur betrachtete die Briefe
als ein Erzeugnif des Montanismus, auf welden
der Ideenkreis der letzteren hinweiſe. Auch die
Verſchiedenheit der Verfaſſer des Evangeliums
und der Briefe wurde von der Tübinger Kritik
be ‚weil die eschatologischen Borftellungen
und die Stellung zum jübiihen Geſetze in beiden
eine verjchiedene jei. Vgl. dagegen Xüde, Com:
mentar, 3. Aufl. 1856. Der zweite und dritte
Brief nennen als Briefihreiber „den Presbyter.“
Sie find beide ganz furz, der erftere an eine zupla
(Herrin) gerichtet, unter welcher wahrſcheinlich die
Kirche oder eine Gemeinde, ſchwerlich eine einzelne
Berjon zu verftehen ift, er enthält Warnungen vor
dem iommenden Wiberdriften. Der dritte ift an
einen gemwifjen Cajus gerichtet, den er namentlich
feiner Gajtfreundihaft gegen fremde Brüder
wegen lobt; hierauf folgt eine Klage über das
Benehmen des Diotrephes, der einen von bem
Berfaffer an die Gemeinde geichriebenen Brief
vorenthalte und überhaupt widerjeglich fei, na:
mentlich empfohlene Brüder nicht aufnehme. —
Ob der „Presbyter” der Apoftel iſt (entweder als
Titel oder joviel ald „ber Alte”) oder der von Ba-
417
Sohannes Damascenus
noch ftreitige Frage. Die Mehrzahl der Kritiker
bat ſich für das Erjtere ausgejprochen (Lüde,
de Wette, Brüdner, Ewald, er; dagegen:
Ebrard). Baur hält die Briefe wie den erften für
montaniſtiſch; die ExAexen (auserwählte) u u
den montaniftiihen Begriff einer heiligen Kirche;
der zweite Brief jei nah Rom gejchrieben, wobei
Diotrephes den Namen des den Montaniften
feindfeligen römischen Biſchofs andeute. Hilgen-
feld ſieht im zweiten Briefe ein Ercommunications-
ihreiben gegen die Gnoftifer, den dritten Brief
für eine jog. &meroAn ovorerızı (Empfehlungs:
ſchreiben) an. Vgl. Lücke, Commentar, 3. Aufl.
1856; Paulus 1829; Neander 1851; Huther,
3. Aufl. 1868. ©. oben zum Ev,
Johannes von Avila, geboren zwiſchen 1494
und 1500 zu Almodovar del Campo im Erzbis—
thum von Toledo. 7 1569. Er ftudirte zuerit zu
Salamanca die Rechte, konnte aber dem Studium
feinen Gejhmad abgewinnen und wandte ſich zur
Theologie unter Dominicus a Soto zu Alcala.
Die Abſicht als Mijfionar nad) Indien zu gehen,
wurde durch den Befehl des Erzbijchofs vereitelt,
als Prediger im Vaterland zu bleiben. Als Wan:
derprediger entfaltete er eine große Thätigkeit
und erwarb fid) hohen Ruhm, was ihm aud eine
rg der Im gr zuzog. Alle angebo-
tenen Beförderungen jchlug er aus. Durch eine
swanzigjährige Krantheit an Montella gefejielt,
fammelte er einen Kreis von Schülern um ſich
und jchrieb feine 2 Bände Briefe, welche Schirmer
(Regensburg 1856) überfegt hat.
Johannes Buridanus. S. Buridanus.
Johannes v. Gapifiran. S. Gapijtranus.
obannes Chryſoſtomus. S. Chryjoitomus.
obannes Damascenus, Xovaogpoas. Seine
Lebensgejchichte ift durd Sagen ungewiß gewoc-
ben. Als der Sohn eines Staatsbeamten Sergius
unter ſaraceniſcher Herrſchaft, joll aud) er dur
einen italieniſchen Mönch Kojmas in allen Wiſſen⸗
Ichaften ausgebildet, gleichfalls ein hohes Amt be—
Heidet haben, aber verdächtigt durch eine Intrigue
Leo's des Jfauriers in Ungnade gefallen jein. Er
habe nämlid) den Zorn desſelben durch eine Schrift
für die Bilderverehrung gereizt. Gewiß iſt, daß
er Mönd) wurde im Klofter des 3. Sabas bei Je:
ruſalem, ſich den theologiihen Studien widmete,
und zum Presbyter geweiht in Baläftina und Sy:
rien bis nad Gonjtantinopel für die Bilderver:
—* wirkte. Er ſtarb zwiſchen 754 und 787.
Berühmt geworden ift es als der Dogmatiler der
griechiſchen Kirche durch jeine drei zu einem Gan:
zen (my yroacwns) verbundenen Schriften:
xerpahaue pikooogıxa (dialectica), repi alpdoeww
£v ovvrovig (de haeresibus) und Exdoois dxgı-
Bus uns iaren; (de fide orthodoxa). Das erjte
Werk enthält in 68 Gapiteln die philojophiichen
Begrifföbeitimmungen im Anſchluß au Plato und
Ariftoteles; das zweite in 103 Artikeln die Dar:
ftellung der Häreſie, in den erften 80 faft wörtlich
nach Epiphanius; das dritte die Darjtellung der
orthodoxen Zehre in 100 Hauptjtüden nad den
Concilienbeſchlüſſen und den alten Kirchenlehrern.
Die —— iſt in der Weiſe der Scholaſtik
und mit Vorliebe für die ſpeculativen Lehren von
Gott, der Trinität und der Natur Chriſti behan—
delt. Außerdem jchrieb er gegen die alobiten,
die Manichäer, gegen die Earacenen, die Nefto:
pias erwähnte „Presbyter Johannes”, ift eine ı rianer und Die Monotheleten; a a über
Johannes von Dara
die Trinität, die Falten, die Hauptjünden; aud
Hymnen und Oben. In feinen Commentaren giebt
er wenig mehr als Auszüge aus Chryſoſtomus
und allegorifhe Anwendungen. Genannt muß
noch werden jein chriftliher Roman Barlaam und
Joſaphat, die Geſchichte der Bekehrung eines in:
diihen Königs durch den Eremiten Barlaam.
Seine Werke gab auf Veranlaffung der franzö-
ſiſchen Geiftlicpteit heraus le Quien unter Mit:
wirfung von Leo Allatius, Paris 1712,
Johannes von Dara, jalobitiſcher Biſchof von
D. (bei Rifibis), lebte in der erften Hälfte des 9.
Jahrhunderts. Bon ihm find vorhanden drei Bü:
cher: de resurrectione animarum, de hierarchia
coelesti et ecclesiastica, de sacerdotio. Er:
u“ wird noch ein Buch: de anima,
ohanned Diakonus, ein Mönd zu Gaffinum
ım 9. Jahrhundert, jchrieb eine Xebenäbejchrei:
bung Gregors I.
Johannes Eleemofinarius, ein Patriarch von
GConftantinopel, von deſſen Wohlthätigkeit die
Bollandiften erzählen. Er ftarb auf der Flucht
vor den Berjern auf der Inſel Eypern 616.
Johannes von Epheſus, monophyfitiicher Bi:
if, geb. zu Amid, lebte im 6. Jahrhundert am
laijerlihen Hofe zu Conftantinopel bei Juftinian
in —— Anſehen. Auf einer im Auftrag des
Kaiſers unternommenen Bekehrungsreiſe gewann
er von den Heiden in Aſien 90,000 zum Chriſten⸗
thum und baute 96 neue chriftlihe Kirchen. Da:
ber führt er den Namen Zertrümmerer der Götzen⸗
bilder. Er verfaßte ein Geſchichtswerk in 3 Thei:
len, defien dritten Theil Cureton 1843 aus ſyri⸗
ſchen Handicriften herausgab. Dafjelbe umfaft
die Jahre 571 — 585 und enthält jpecielle Anga:
ben des Augenzeugen.
Johannes (Ben Levi) bon Gischala. Als ſich der
legte römifche Krieg vorbereitete, Jammelte Johan:
nes als Freiihaarenführer eine Bande fühner und
entſchloſſener Batrioten um ſich und warf fich in
feine Vaterſtadt, welche er jtarf befejtigte, miß: | ih
trauifh gegen Jojephus, dem er ſich zu unter:
werjen weigerte. Bon dort führte er den einen
Krieg gegen die Römer. Als aber Titus ſelbſt die
Stadt belagerte, floh er mit feinem Anhang nad)
Jerufalem und verband ſich dort mit den Zeloten.
An ihrer Spike bemächtigte er jich der Herrſchaft
in der Stadt. Gegen ihn erhoben fic die Jeruſa—
femiten unter Eleazar und Simon von Öeraja, der
mit den Jdumäern in Jerujalem eingezogen war.
Johannes befiegte den Elcafar und ſchloß, als die
Hömer die Belagerung ernitlicher begannen, mit
Simon Frieden. Bei der Eroberung ber oberen
Stadt wurde er gefangen, bei dem Triumphzug
des Titus in Rom aufgeführt und ftarb im Kerfer.
Yojephus ſchildert ihn als den fchlauejten und fal-
ſcheſten unter den Angejehenen und den bösartigiten
Mann des ganzen Bolies. In ihm als dem Führer
verkörpert ſich allerdings der Fanatismus des aufs
äußerjte erregten Volkes, weldes nur nod von
einem Gedanken erfüllt ift, und fein anderes Mit:
tel alö das Schwert hat, 2 durchzuführen.
—— bon God. S. God).
ohann von Gorz u. Johann von St. Arnulph.
Johann von Gorz geb. Er Bendiere bei Pont &
Mouſſon, wurde durd Berner, Diakon zu Toul,
zum Studium der heiligen Schriften — Da
er in allen Klöſtern die ſtrenge Beobachtung der
Diſciplin vermißte und auch bei den Recluſen nicht
418
Johannes vom Kreuz
fand, was er ſuchte, ſo verband er ſich mit einigen
Freunden zum heiligen Leben. Ihnen räumte
Biſchof Adalbert von Mainz das verfallene Klo:
fter Gorz ein, defien Johann neben
feinem Freunde dem Abt Einald übernahm. Gegen
das Ende feines Lebens jandte ihn Otto d. Gr.
als Gefandten zu Abderrahman III. nad Cor:
dova. Seine Biographie, durd) feinen Freund und
Zeitgenofien Johann von St. Arnulph (+ 984)
verfaßt, iſt ein wichtiges biftorijches Denkmal aus
dem 10. Jahrhundert (bei Berg monum. IV. 335).
Johann von Gott. Eigentlich mit Namen Jo:
hann Ciudad, geb. zu Montemor bei Evora in Bor:
tugal 1495, führte ald Hirt, Soldat und Diener
ein abenteuerlihes Wanderleben, bis ihn in jeinem
46. Jahre, als Haufirer mit aſtetiſchen Schriften,
eine Predigt des Johann von Nvila e und
erjütterte. Für wahnfinnig gehalten und ins
Spital gebracht, wandte er fie bier auf die Pflege
ber Kranken und wurde der Stifter des Ordens
der — — Brüder 1540. Noch bei Lebzeiten
—— rennamen di Dio. + 1550. Heilig
geſprochen 1690,
hannes, der Sohepriefter, Entel des Eliafib,
Neh. 12, 22, tödtete feinen Bruder Jeſus im Tem=
pel, weil der perſiſche Feldherr Bagojes demſelben
die hohepriefterliche Würde verjprochen hatte. Ba-
gofes drang in den Tempel und legte zur Sühne
den Juden eine Steuer auf (Jos. Arch. 11, 7,1).
Es ift dies das erfte Beifpiel des Familienzwiftes
wegen bes Hoheprieſterthums und einer Bewer:
bung um dafjelbe bei den freinden gg Ri
Johannes Jejunator (Nnorsvens, der Fafter)
aus Kappadocien von niederer Herkunft, wurde
wegen jeiner ajtetifchen rg ze — 2
von Conſtantinopel 582 — 595. Den Ehrentitel
ölumenifcher Patriarch, welchen einzelne jeiner
Vorgänger geführt hatten, legte er ſich als wirt:
liches Präbdicat zu und erregte dadurch den Zorn
des Papſtes Gregor, der vergeblih Alles aufbot,
ihn zur Ablegung bes Titels zu bewegen, der
einen Eingriff in die beanjpruchte Oberherrſchaft
des Papjtes enthielt. Gregor verbädtigte aud) Die
Aufrichtigkeit feiner Frömmigkeit. Ob die dem
Jejunator zugefchriebene Beichtordnung und bie
Inftruction für Beichtväter, welche ſich unter den
älteften —— Ponitentialbüchern finden, von
ihm herrübren, ift mindeftens ungewiß.
Johannes vom ſtreuz, der Stifter des Ordens
der unbeihuhten Karmeliter. Eigentlich mit Na:
men Johann be Depes, geb. zu Ontiveros bei Avila
in Gaftilien 1542, trat er als Johann von St.
Mathias mit 21 Jahren in das Karmeliterklofter
zu Medina dei Campo. Bing Tun nach größerer
Aſteſe, nahın er mit Eifer die Anregungen ver b.
Thereje zu einer Ordensreforn auf. Die neue
Congregation bildete fi) 1564 und verlegte ihr
Klojter 1570 nad) Manzera. Johannes unter dem
Namen vom Kreuz wurde Prior. Die Erbitterung
ver Karmeliter gegen ihn, da der neue Orden bald
anjehnlic wuchs, zog ihm längeres Gefängniß zu,
und nach dem Tode der h. Therefe (1532) neue
Mißhandlungen jelbft von feinen eigenen Ordens:
enofjen, die jeine Strenge drüdte. Er legte feine
ürde nieder und zog ſich in das Klofter Ubeda
zurüd, wo er duch Mißhandlungen 1591 jtarb.
Seine Schriften (2 Bde., Sulsbady 1830) vereini:
en die innige Gluth der Myſtik mit der Härte des
Berften Fanatismus.
Johann von Leyden
bon Leyden. S. Bodhold.
ohanned Mars. S. Maroniten.
ohanned de Monte Corvino, ver Miffionär
der Mongolen. Durch Marco Polo eröffnete der
Groß-Khan Koblaik oder Kubilai dem Papſte fei:
nen Wunſch nad Miffionaren. Zwei Domini:
caner, welche Gregor X. abjandte, erreichten eben:
fomenig wie einige Rinoriten ihren Veftimmungs:
ort und erft 1295 traf Johannes de Monte Eorvino
in China ein. Diefer ein Franciöcaner aus Apu⸗
lien, war Gejandter des Michael Paläologus an
Gregor X. geweſen und hatte ſchon eine Miſſions⸗
seife in das mongoliſche Reich gemacht. Er reijte
durch Perſien und Dftindien nah Cambalu (Be:
ing), erbaute dort bald eine Kirche und richtete
mit erlauften und getauften Kindern einen katho⸗
lifchen Gotteödienft ein. Zuwachs empfing feine
Arbeit, als die Intriguen uud Verleumdungen ber
Reftorianer gegen ihn enthüllt waren. Auf feinen
Bericht fandte Elemens V. mehrere Franciscaner
und ernannte ihn zum Erzbiſchof. Es entitanden
mehrere Klöfter und Gemeinden, die auch nad)
Johannes Tode (} 1328) fortbeftanden, bis fie
zugleih mit bem Ende der Mongolenherrihaft
völlig zerſtört wurden 1370.
Johannes von Repomuf, der 2 e. Nach der
Kanonifationsbulle von 1725 joll derjelbe ala
Domberr zu Prag und Almojenier bei König Wen:
el, demjelben beharrlich verweigert haben, die
Beichte feiner Gemahlin Johanna zn verrathen,
und befhalb von diefem 1385 in der Moldau er:
träntt fein. Die Legende hat dann nicht unter:
lafien, jein Leben auszujhmüden und von Wun-
dern auf feinem Grabe zu berichten. Die Angaben
ftimmen aber nicht mit der Gejchichte, welche nur
von einem ohannes von Pomuk weiß, ber
1372 päpftlicder Notar, 1880 Pfarrer in Bra
wurde, danach Secretär und Notar und enbli
Generalvicar des Erzbiſchofs Johann von Jen:
ftein. In diejer Stellung durchkreuzte er durch die
Beidhleunigung der Wahl des Hlabrauer : Abtes
die Abficht des König Wenzels, die Pfründe einem
Günſiling zu verleihen. Der König, welcher den
Erzbiſchof ſchonen mußte, ließ jeine Wuth an dem
Generalvicar aus, ließ ihn foltern, wobei er jelbft
Hand anlegte, und in der Moldau ertränten. Die
frühere allgemeine Meinung, dab der Märtyrer
ee ” —— zwei verſchiedene Perſonen
ien, ſuchte, um den Folg en zu entgehen,
G. Dobner (vindiciae — N. 1784) jo mit
der Geſchichte zu vereinigen, daß er die Wahl des
Kladrauer:Abtes als den oftenfiblen Grund der
Ermordung betrachtete, während Wenzels eigent:
fiher die Bewahrung des Beichtgeheimnifjes ge:
weſen wäre. Dem jtehen aber gewichtige Gründe
entgegen und Dr. Abel hat 1855 wahrſcheinlich
emacht, daß die Nepomukjage ein jpäterer Mythus
ei, um nad der Unterdrüdung der Reformation
die Beichte zu heben, daß aber dieſe Sage die im
Volke nod) —— Kunde von Huß aufgenom⸗
men habe. Bgl. Abel, die Legende vom h. Nepo:
muf, 1855.
Zohanned Parvus oder Jean Petit, ein Fran:
eiscanermönd aus der Rormandie. Dr. und Zeh:
rer der Theologie zu Paris, rechtfertigte er in einer
Rede den Mord des Herzogs von Orleans durch
den Herzog von Burgund, mweil es ehrenvoll und
verdienftlich jei für Jeden, einen Berräther und
Tyrannen zu töbten. Das Concil zu Gonftanz
419
Johannes von Salisbury
(1415, Sess. 15.) verwarf diefe Rede als hä⸗—⸗
veti
Johannes X., Patriarch von Conſtantinopel. Als
Gegner der auf dem Eoncil zu 2yon 1274 verfud:
ten Union mit der römischen Kirche wurbe er von
Michael Baläologus gefangen gehalten, als er aber
feine Anficht änderte, 1275 zum Patriarchen erho:
ben. Bor dem Haß der Drthodoren legte er jeine
Stelle nieder und ging in ein Klofter. + 1298 in
der Verbannung in Bithynien.
Yohannes, Patriarch von Thefjalonich, verthei:
digte zu Anfang des 8. Jahrhunderts die Bilder
verehrung in einer Schrift, welche zu Nicäa 787
anerfannt wurde.
Johannes Philoponus, aud Alexandrinus
Grammaticus, lebte nad) jeiner eigenen Angabe
um 529 und war ein Schüler des Ammonius. Als
Urheber des Tritheismus (der Philoponiaci) gilt
er durch jeine in Ercerpten noch vorhandene Schrift
Arurneng ı) nepi Evooewg, in welder er behaup-
tet, daß Natur und Hypoſtaſe dafjelbe jei. Apolo:
getijch find die beiden Merfe de aeternitate mundi
und comm. in Mosaicam mundi creationem. In
der Schrift de resurrectione meint er, da die
Körper nah Materie und Form ganz untergingen,
müßten völlig neue geſchafſen werden. Außer
einer disputatio de paschate, welche ausführt,
daß Ehriftus am 13. Nifan ein myftiiches Paſſah
gefeiert, find noch —— Schriften vorhan⸗
den. Eine Geſammtausgabe ſeiner Werte fehlt nod).
‚ der Presbyter. Papias erwähnt um
150 einen Johannes, Presbyter zu Ephefus, ald
feinen Gewährömann, der nod) ein perjönlicher
Schüler Jeſu gewejen jei. Das Verhältniß diejes
u dem ebenfalld in Epheſus lebenden Apojtel
ohannes ift ein jehr jchwieriges. Keim (Jeſus
von Nazara, 1868) hat die Anficht ausgeiprochen,
der Aufenthalt des Apoftels Johannes in Ephefus
fei eine durch Berwechfelung der beiden Johannes
von Seiten des Irenäus und Polykrates feit 190
entitandene Sage.
hanneß, der Pri önig. Vom 12. bis 16.
Jahrhundert ging der Glaube, daß im fernen Ajien
ein mächtiges Chrijtenreich bejtehe unter einem
Priefterlönig Johannes. Sowohl die Kreuzfahrer
als fpäter die Bortugiejen bei ihren Entdeckungs⸗
reifen festen große Ho ngen auf das Auffinden
diejes chriſtlichen Reiches. Es haben fi niemals
Spuren davon entdeden lafjen, und muß ber Ur:
ſprung deſſelben darauf zurüdgeführt werben, daß
Neftorianer unter dem mongoliihen Stamme der
Keraiten Einzelne befehrten, vielleicht auch einige
Fürften ſich günstig ftimmten, und diejen Umſtand
ausihmüdten, um ihre Kirche den Abendländern
in hellerem Lichte erfcheinen zu laſſen.
Johannes von Salisbury, geb. 1110 zu Salis-
bury, ftudirte jeit 1136 in Frantreich und lebte
dort noch einige Jahre im Klojter Moutier (a Celle.
Als Caplan des Erzbifchofs Theobald von Canter⸗
bury angeftellt, ging er 1156 als Geſandter Hein»
richs nach Rom, jtellte fi) dann als Vertreter der
—— der Kirche ſeinem Freunde Becket zur
eite, wurde auch bei deſſen Ermordung verwun—
det und 1176 zum ag von Chartres —
1281. Außer einer Lebensbeſchreibung des Becket
und des Anſelmus, ſowie vielen Briefen, ſind von
ihm erhalten: Policraticus s. de nugis curialium,
eine philojophifchtheologifche Staatälehre; Meta-
logicus, eine Darjtellung der und wahren
‘
Johannes Scholafticus
Wiſſenſchaft; Entheticus de dogmate philoso-
phorum (1843 von Beterjen herausgegeben), eine
furze poetiſche Darjtellung der alten Philoſophen
und jeines eignen Syjtems. Val. Reuter, Joh. von
Salisbury, Berlin 1842; Schaarſchmidt, Joh. Sa-
riöberienfis nad) Leben und Studien, Schriften und
Phloſophie, “ans 1862,
Johannes Scholaflicus oder Climacus, j. Si-
naita, Abt eines Klofters am Sinai, Verfaſſer der
aſtetiſch⸗myſtiſchen Schrift Kliuaf rod nagadsi-
vov, Scala paradisi,
Johannes Scholaflicus, der Patriarch. Geboren
au Sirimis bei Antiochien. Aporrifiarius in Con—
jtantinopel, vorher Advocat und Presbyter in An:
tiodhien, wurde er 564 Batriarh an Stelle des
Eutyches, den Juftinian abjegen ließ, weil er die
Apbthartodofeten nicht anerkennen wollte. Gegen
J. der eine theologische Rede über die Trinität
jhrieb, trat Johannes Philoponus auf. In An:
tiochien hat er die erfte größere Kanonenfammlung
veranftaltet, + 577.
Johannes Scotus, Biſchof der Wenden, ein
Schotte, welcher durch Adalbert von Bremen dem
Wendenfürften Gottſchalk zur Unterftügung bei
der Belehrung feines Volkes zugefendet, zum Bi:
ſchof von Magnopolis (Medlenburg) geweiht wurde
und in dem Aufſtand gegen das Chriſtenthum
1066 den Märtyrertod erlitt.
Johannes Der Täufer, der Sohn des Prieſters
Zacharias und der Elijabeth, Luk. 1, 3; Matth. 3,
lebte als ein Nafträer und aſtetiſcher Einſiedler in
der Wüfte, ähnlich wie der Lehrer des Joſephus
Banus und manche Andere. trat dann ala
Prophet öffentlich auf, indem er die Nähe des auf
das Weltende folgenden, mit dem Gerichte gleid):
zeitig verbundenen Gottesreiches verfündigte und
zur Buße aufjorderte, ald deren Zeichen und Sym:
bol, mit welchem nad) Jojephus das Gelübde wah:
ver und aufrichtiger Gerechtigkeit verbunden war,
er die Taufe einführte. Eine unübertreffliche Cha:
rafteriftit feiner Berjönlichkeit giebt Matth. 11,7 ff.
Sein Wirken bildete den unmittelbaren Antnüp:
fungspunft für das Auftreten Jefu, der ſich eben⸗
falls von ihm hatte taufen laſſen. Wenngleich Jo—
hannes in Jeſus den Größeren neidlos anerkannte,
ſo v te er doch nicht, ſich in deſſen Wirken
völlig zu finden nach ſeiner ganzen, der bisherigen
jüdiſchen entſprechenden Auffaſſung des Gottesrei⸗
ches. Als ſeine reg Seen} bie im Volle neu:
belebten meſſianiſchen arlungen den Argwohn
des Herodes erregte, ließ ihn berjelbe auf der
Mahärus in Gewahrjam bringen und opferte den
Bußprebiger ber Rache feiner beleidigten Gattin
Herodiad. Lukas giebt als das Jahr des Auftre-
tens des Johannes das 15. des Tiberius an, 28
n. Chr. Seinen Tod aber berechnet Keim nad an:
dern zuverläffigen Daten ald gegen Ende des
Jahres 34 geichehen, in defien Anfang jeine Ge:
fangennehmung fiel. Danady würde aber aud) jein
erftes Auftreten unzweifelhaft fpäter zu ſetzen fein.
Die Jünger ded Johannes traten entweder in die
chriſtliche Gemeinde, oder fie bildeten eine eigene
Secte (Apftg. i4, 15; 19, 1 ff.), welche chriftliche
und rn Ideen aufnahm, den Täufer für
den Meſſias oder für einen incarnirten Engel biel:
ten und in den Mandäern oder Babiern, welche
im 17. — in Perſien mit einem gno=
ftifch = dualiftifchen Syfteme gefunden murden,
wahrſcheinlich noch fortbefteht. Vgl. Petermann,
420
Johanniter
die Mandäer (deutſche Zeitſchr. für chriſtl. Wiſſen⸗
ſchaft 1856) und Reiſen im Orient, 1861, Bo, II,
ohannes Teutouitus. Diejen Namen führen
2 Dominicanermönde, deren erjter durch jeine
Kanzelberediamteit und Sprachgewandtheit Bis
ihof von Prefburg wurde, aber aus Liebe zur
Contemplation refignirte, in den Orden zurüdtrat
und als deflen General 1254 ftarb. Der andere,
mit dem Beinamen Xector, jchrieb die Summa
confessorum, eine Sammlung von Gewifjensfäl-
len und ihrer Entideidung. 7 1314.
Johannes von Turreeremata (Torguemada).
Geb. zu Valladolid oder zu Turreeremata, ftudirte
er zu Paris Theologie und trat in den Dominica:
nerorden. Mit mehreren Prioraten begabt, wurde
er von Eugen IV. nach Rom berufen und ald Ge-
jandter zum Bajeler Eoncil gejandt. Als *—
ger ber päpſtlichen Partei ging er mit nad) Fer:
rara und befämpfte von hier wie in Baſel den
Coftniger Sat, daß ein Concil über dem Papfte
ftehe. 1439 zum Cardinal ernannt, zeichnete er ſich
durch reines Leben aus. + 1468 zu Rom. Er ftif-
tete die Societas Annunciatae, welde jährlich am
25. März eine Anzahl Jungfrauen ausfteuert.
Johauneschriſten, Zohannesjünger. S. Jo:
bannes der Täufer. . z
Zohannisbrodbaum, Ceratonia siliqua. Die
Schoten diefes in Paläftina häufig vorfommenden
Baumes werden getrodnet und ohne den Kern von
den Armen — meiſt aber nur für das Vieh
benutzt, Luk. 15, 16. Der Bohnen bediente man
fi) früher als des Heinften Gewichtes, INA, Gerah
Johannisfener. Am Abend des Johannistages
24. Juni) werden in vielen Gegenden Feuer im
Freien angezündet, um melde die jungen Xeute
tanzen und über welche fie zu jpringen pflegen.
Obwohl man dieſe Sitte durch manche bibliſche
Stelle, z. B. Job. 1, 8, als chriſtlich-ſymboliſch zu
erflären gejucht hat, jo ift es offenbar ein aus dem
Heidenthum übernommener Brauch (Sonnenwend-
feuer), deſſen Urſprung und Bedeutung durch den
Namen des Heiligen verbedt ift. Gleiche Bewandt-
niß hat es mit den Zweigen, weldye in andern Ge⸗
genden am Johannistage an der Hausthür und
am Herd befeftigt werden. — Johannisjegen heißt
der Wein, der anderwärts am Tage Johannes des
Evangeliften geweiht und zum Andenten des heil
Johannes getrunten wird. Die Sitte wird bezogen
auf eine Sage, dab Johannes einen Becher ver:
gifteten Weines ohne Schaden getrunfen habe, um
einen Heiden von der Göttlichteit feines Evange:
liums zu überzeugen.
Johanniten find die Anhänger des Johannes
Chryſoſtomus, weldye, da er mit Unrecht abgejegt
fei, feinen Nachfolger auf dem Patriarchenſtuhl
nicht anertennen wollten und von der Kirche ſich
getrennt hielten. Bon Rom unterftügt, fanden fie
manchen Schuß, und es entitanden aus der Spal⸗
tung blutige Unruhen, bis fie dadurch beſchwich⸗
tigt wurden, daß Attius den Ramen bes Chry-
—* ins Kirchengebet aufnahm und Theodo⸗
ius II. die Gebeine deſſelben nad Conſtantinopel
überführen und feierlich beifegen ließ.
Johanniter, Rhodiſer, Maltejer. Kaufleute
zu Amalfi begründeten 1048 in Jeruſalem ein Klo:
ſter mit einem Hospital zum Schuß der Wallfab-
rer; 1099 nad) der Eroberung Jerufalemö befam
diefe Stiftung durch Paſchal LI. unter dem
Jojachin
Vorfleher Gerhard Tonque eine beſondere Ordens:
verfaſſung, welche Raymund du Puy 1118 ſo
ummandelte, daß ein geiſtlicher Ritterorden mit
3 Claſſen, den Rittern, Geiſtlichen und dienen:
den Brüdern, daraus hervorging, deffen Aufgabe
die Befämpfung der Ungläubigen war. Bald ge:
langte der Orden zu großem Reichthum, gerieth
aber auch in allerhand Streitigkeiten mit dem ver:
wandten Templerorden, deſſen Reſte 1311 mit ihm
vereinigt wurden. Nach dem Berlufte von Jerufalem
wurde der Ordensſitz nad) Ptolemais 1187 verlegt,
von dort 1291 nad) Eypern, bis 1309 die Inſel
Rhodus erobert wurde, in deren Beſitz der Orden,
troß wiederholter Angriffe der Türken blieb, bis
1522 Soliman II. durd) Berrath des Ordenskanz⸗
lers Andread von Amaral ſich derjelben bemäd:
tigte. 1530 wies Karl V. dem Drben die Inſel
Malta an, unter der Verpflichtung, einen bleiben:
ben Krieg mit den Türken zu führen. Der Orben
theilte ſich in 7 (8) Zungen, d. h. Provinzen, welche
von einem Orbensbeamten mit verjchiedenem Titel
regiert wurden; die Zungen zerfielen in Prioreien,
Balleien und Komtbureien; an der Spite ftandb
der Großmeifter, erwählt von dem Capitel, mel:
ches die Abgeordneten der Provinzen bildeten. Die
Ordenstracht war ein rother Waffenrock (im Frie—
den ſchwarzer Mantel) mit weißem adıtedigen
Kreuz. Seit dem Berluft von Rhodus und dem
Eintritt der neuen Zeit ſchwand die Bedeutung
des Ordens, wenngleich er den Krieg mit den Tür:
en und den Seeräuberftaaten fortjeßte. In Eng:
land hob ihn Schon Heinrich VIIL auf. Als Napo:
leon 1798 Malta eroberte, verzichtete der Groß:
meister von Hompeſch auf feine Würde, die auf
den Kaifer von Rußland überging. In den einzel:
nen Ländern wurde er aufgehoben und feine Gü:
ter — obgleich noch im Frieden zu Amiens
die Ruͤckgabe von Malta ſtipulirt war. Nur in
Rußland und Sicilien beſtand der Orden fort;
Oeſterreich erneuerte ihn als Ehrenorden. Ebenſo
hatte Preußen 1810 eine für den Adel beſtimmte
Ordensdecoration, den Johanniterorden, geſtiftet,
welcher ſeit 1853 dem urſprünglichen Gedanken da:
durch wieder genähert ift, daß der Ordensverband
als ſolcher fe an der Errichtung und Pflege von
eg Erg betheiligt. Bol. (Niet:
hammer, Geſch. deö Malteferordend nad) Vertot
mit Vorrede von Schiller, 1792; Fallenftein, Geſch.
a 1833; 9. von Oſtenburg,
Jojachin oder Jehonja, der Sohn des Joja—
fim und der Nehuftha (Fer. 26, 22) übernahm
597 die Regierung von Juda. Als Nebufabnezar
von ſeinem Zuge nad) Aegypten ſiegreich zurüd:
lehrte, mußte 3. fi ihm ergeben (2. Chr. 36, 9)
und wurde mit feiner Mutter, feinen Meibern und
17,000 der Bornehmften und Waffenfähigften in
die pol nad) Babel geführt, wo ihm
erft nad 37 Jahren Evilmerodach die Freiheit
wieder gab (2. Kön. 25, 27). Der Hoffnung auf
feine Rückkehr (er. 28, 4) widerfpradh der Pro:
phet Jeremia beftimmt (Ser. 22, 26. 27).
Yojada, der Hohepriefter,, ver Mann der Yoja:
beath, der Schwager des Königs Ahasja, errettete
ben Joas vor feiner unnatürlihen Großmutter
Atalja und gab diefem nad) 6 Jahren durch eine
wohl organifirte Verſchwörung, in welder Atalja
421
Jonas
Jehovah⸗ und Tempelcultus wieder her (2. Chr.
23,1 ff.). So lange er lebte (er wurde 130 Jahr
alt, 2. Chr. 24, 15) folgte Joas feinem Einflufie.
Yojakim oder Eljakim. Als Joſias bei Me:
giddo gefallen war, erhob die ftrenggläubige
Bartei den jüngeren Sohn Joahas oder Sallum
auf den Thron, Nebulabnezgar aber ſchiche diefen
gefefjelt nad) Aegypten und jegte Jojakim ala
tributpflichtigen Vafallenfürften ein (607). Die
ſchwere Contribution und bed Königs Prachtliebe
und Bauluft bebrücten das Volt mit ſchweren Ab:
gaben, dazu gab er fi ganz in die Hände ber
heidenfreundlichen Partei, geftattete nicht nur den
Götendienft, fondern führte jelbft ägyptifchen Eul:
tu3 in unterirdiſchen Tempelgemächern ein (Ezech.
8, 7). Bergebend eiferten die Propheten: Jeremia
mußte fich verbergen, Uria wurde erichlagen, das
Buch des Jeremia zerriffen und verbrannt, welches
die nahe Zukunft Far vorausfagte. ui Necho
wurde bei Karchemiſch geſchlagen; Nebukadnezar
durch den Tod ſeines Vaters während der Bela—
gerung von Gaza zur Nüdkehr gezwungen, mußte
diesmal noch Iſrael verfchonen, aber auf dem
zweiten Zuge gegen Aegypten drang er gegen Je:
rufalem vor, zwang Jerufalem zur Unterwerfung
und ließ eine chaldäiſche Befatung im Lande (2. Kön.
24,1ff.). Als aber nachs Jahren der Herrihaft Ne:
bufabnezar’3 Aegypter von neuem gegen bie Chal:
däer zogen, fiel Jojalim zu ihnen ab und vermei:
gerte den Tribut. Rebukadnezar fandte ein Heer
egen ihn (Jer. 49, 34 — 39), während er ſelbſt
fd gegen bie Aegypter wandte; Jerufalem wurde
belagert und Jojakim durch Lift zu einer Unter:
handlung in das feindliche Lager gelodt und er:
mordet (Ser. 22, 18. 19). Sein Leichnam blieb
eine Zeitlang unbeerbigt liegen (597).
Yoltan (1. Mof. 10, 25), der Stammvater der
Araber. Die Joktaniden der Bibel find bie
Kachtaniden der Araber, mit ihnen verbanden ſich
fpäter die Nömaeliten und nahmen au iger
Sprade an. Die Joktaniden hatten die Kuſchiten
verdrängt und wohnten im nörblidhen Jemen.
on . 1) Der Stammvater der Rechabiter
(f. d. Art.). — 2) Ein Bruderfohn Davids, welcher
in der Gefchichte Ammons und Abfaloms eine zwei:
deutige Rolle put
Jonas, Bifhof von Orleans 821, ein auöge:
zeichneter Kirchenfürft. In dem Bilderftreit fehrieb
er auf Befehl Ludwigs des Frommen de cultu
imaginum gegen den Bilderfreund Claudius von
Turin. Außerdem fchrieb er libri tres de insti-
tutione laicali, in welcher er der äußern Werkhei:
ligleit entgegentritt. Eine andere Schrift, mit dem
fpäteren Titel de institutione regia, in Form
eines Briefed an Pipin von Aquitanien gerichtet,
enthält einen Regentenfpiegel mit ben Borjchriften,
die unter Jonas’ Einfluß in die Acten des Cencils
von Paris 829 aufgenommen wurben. + 844.
nas, Juſtus (Jodocus), einer ber eifrigften
Mitarbeiter und Freunde Luthers, war geboren zu
Nordhaufen am 5. Juni 1493, ftudirte in Erfurt
und ging als Dr. jur. utr. 1517 zum Stubium ber
Theologie über. Er ſchloß fih nun eng an Luther
an, war fein Begleiter nach Worms und al Propft
zu Wittenberg und Profeffor der Theologie einer
jeiner eifrigften Mitarbeiter. Er nahm Theil an
der Bibelüberjegung, der Abfafjung der Katechiö:
ermordet wurde, den Thron wieder und fhaffte | men, berieth bie Kirchenordnungen und war mit
damit den Baaldienft in Juda ab und ftellte den
zu Marburg ; vor allem aber überfegte er Luthers
Jonas
422
Joram
Schriften und förderte dadurch ihre Verbreitung. | Haus unterwarf, 1. Sam. 28, 16—18. Seine Nach⸗
1541 ald Superintenbent nad Halle berufen, von
dort durch den ſchmalkaldiſchen Krieg vertrieben,
gi er 1551 als Hofprediger nad Coburg und
Karb 1555 als Superintenbent (feit 1553) zu Eis:
feld. Sein gleihnamiger Sohn wurde in bie Grum⸗
bachſchen Händel vermwidelt und 1557 zu Kopen⸗
hagen —— Vgl. Preſſel, Leben und auss
emählte Schriften ber Väter und Begrlinder der
. . Kirche, 8. Theil, 1862.
a8, Ludwig, Dr. theol., einer der bedeutend:
ften und ireuejten Schüler Schleiermacherd. Geb.
am 11. * 1797 in Neuſtadt a. d. D., fam er
1812 zu feiner Ausbildung auf das ——
ſche Gymnafium, nahm als patriotiſcher Jüngli
an den Napoleoniſchen Kriegen —— Antheil,
wurde dann, nachdem er kurze Zeit Cadettengou⸗
verneur geweſen, Pfarrer von Schwerinäburg bei
Anclam, einen Batronat des Grafen Schwerin,
deſſen Tochter er heirathete. 1834 fam Jonas nad
Berlin und nahm dort bald eine hoch angejehene
Stellungein. Ergab die hinterlaffenen Manufjcripte
Schleiermachers heraus, feine philoſophiſchen Re:
den und Abhandlungen 1835, feine Dialektik 1839
und Sittenlehre 1843, feine Briefe 1858. 1840
gründete er mit Andern die Monatsfchrift für die
unirte Kirche, alö das damalige Organ der libera:
lien firdlihen Elemente in * en, an deren
Stelle ſpäter die Prot. Kirchenzeitung trat. Als
Prediger und Religionslehrer beſaß J. einen ho:
en Ruf; als Charatter ftellt er eine der edelſten
eftalten vor. Er ftarb am 19. September 1859.
©. den Netrolog von H. Kraufe, Prot. K.-Zeitung
1859, Nr. 52.
Jonas, der Prophet. Ueber den geſchichtlichen
Propheten Jonas, wohl einen Zeitgenofien Zero:
beams II., vgl. 2. Kön. 14, 25. Nach dem unter
die Kleinen Bropheten aufgenommenen Buche dieſes
Namens erhielt J. den Auftrag, in Ninive Buße zu
prebigen; im Zmeifelübereinen glüdlihen Ausgang
feiner Sendung und aus Furcht verjuchte er zu
Schiffe zu entfliehen. Ein Sturm ließ die u er
ihn, ald vondem Zorn Gottes Verfolgten, ind Meer
werfen. Bon einem Meerungeheuer verſchlungen,
wurde er wunderbar gerettet und führte feinen
Auftrag aus. Sein Unmille darüber, daß feine
Drohung bes fommenden Untergangs unerfüllt
geblieben, wurde durch eine belehrende Offenba-
rung über die Barmherzigfeit Gottes befchämt.
Dies Bud) ift auf die verfchiedenfte Weife gedeu—
tet; als Mythus (ähnlid die Sage von der He:
fione und Hercules, Diod. Sic. IV, 42) und ala
Allegorie (eine Art Apologie gegen den Vorwurf,
daß nicht alle Prophetien in Erfüllung geben);
wahrſcheinlicher aber liegt dieſer althebräiſchen
Prophetenſage ein hiſtoriſcher Kern zu Grunde,
der poetiſch ausgebildet und ausgeſchmückt iſt.
Wenn von mancher Seite für die Thatſächlichkeit
der einzelnen Umftände die Stelle Matth. 12, 40
angeführt wird, jo ift unverkennbar Matth. 16, 4
das urſprüngliche Herrnwort, weldes in der
Varallelftelle frei nach nahliegender Deutung er:
meitert worden. Vgl. Hitzig, Kl. Propheten, 3. Aufl.
1863; Krahmer, 1839; Jäger, 1840.
rg: rn der Sohn Sauls, das deal ifrae:
litiſcher Ritterlichteit durch feine oft bewährte Ta:
ferkeit, 1. Sam. 13, 2—4. 14 f., feine treue
Freundfchaft zu David und feine Frömmigkeit, mit
welcher er ſich dem aöttlihen Rathſchluß über fein
fommen durch Mephiboſeth blieben ein angefehe:
nes Geſchlecht, 1. Chron. 9, 34. Auf feinen Tod
dichtete David das Lied 2. Sam. 1,17 ff. Den:
felben Namen führen: der Sohn Gerſons, der
erſte Priefter u an, Richt. 18, 30; der Sohn
bes Priefterd Abjathar, 2. Sam. 15, 27; 1. Kön.
1, 42; ein tapferer Neffe Davids, 2. Sam. 21,21,
und der Staatöfchreiber, in defien Haufe Jeremia
bewacht wurde, Jer. 87, 15; 38, 26.
Jonathan Apphus, der Maltabäer. S. Has
monäer.
Yonien, das aftatifche Küftenland am Agäiſchen
Meere. Die dort anfälfigen Griechen, ein betrieb-
fames Handelävolf, wu ben Juden zuerft be:
tannt; jo ging der Name Javan auf alle Griechen
über. Später waren in Jonien viele Juden ans
ſäſſig, Durch weldje dem Chriftenthum der Zugang
zu ben Bewohnern geöffnet wurbe.
Joppe (D), dpa, Anhöhe), eine uralte Stabt
am Mitteländifhen Meere, auf einem Abhange
am N.:W.:Ende der Ebene Saron erbaut. Dein
Stamme Dan zugetheilt, blieb fie in der Gewalt
der Phönicier, welche von dort ihren Handel mit
era trieben, 2. Chr. 2, 15; Esra 3, 7.
rſt der Mallabäer Jonathan eroberte Joppe und
vereinigte e8 mit Paläftina, womit ed unter den
Herodianern verbunden blieb. Die a de
als Hafenftadt war Urſache häufiger ung
und Zerftörung; aber auch immer neues Aufblü:=
en begünftigte fie. Jım Neuen Teftamente hält
etrus ſich zu Joppe auf, erwedt dort die Tabitha
und empfängt die Bifion, welche ihn zu den Hei:
den ſendet. Seit 1850 befteht dort eine Heine evan:
geliiche Gemeinde, welche von Jerufalem aus ber
bient wird.
Joram, Jehoram, König von Jirael 895—83,
der Sohn des Ahab und der Iſebel. Ein Kriegs:
ug egen Mo.ıb blieb durch die Entſchloſſenheit
es Königs Mefa ohne * g 2. Kön. 3, 4—27.
Bor den Syrern, die ihn in Samaria belagerten,
rettete ihn nur ein unerwartetes Ereigniß, welches
ben Feind erjchredte, 2, Kön. 6, 13—23. ——
er den Ermahnungen des Eliſa zuweilen folgte, ſo
ſchaffte er doch weder den Kälberdienſt, noch den
Baalsdienſt völlig ab. Unbekannte Umſtände müſ—
ſen dann eine größere Spannung zwiſchen ihm und
dem Propheten —— haben, 2. Kön. 6,
831; 9, 1—10, jo daß Elija d nad) Damascus
begab und den Aufftand des Jehu erregte, in wel:
dem Joram, der von einer bei ber agerung
Ramoths empfangenen Wunde noch nicht genejen
war, getödtet wurde.
Joram, König von Juda 893—85. Nach 2.
Kön. 8, 16; 1, 17 muß ihn fein Vater Joſaphat
ſchon früher ald Mitregenten angenommen haben.
Durch jeine Gemahlin Athalja, die Tochter Ayabs,
ließ er fich zu phöniciſcher Abgötterei verleiten.
Auch nah Außen war jeine Regierung unglüdlid) ;
der Zug gegen Moab, mit Iſrael in Verbindung,
hatte Rachezüge der Moabiter zur Folge; die Edo—
miter fielen, er rege Kae ihm befriegt, 2.
Kön. 8, 22, gänzlih ab. Da er auch feine eignen
Brüder ermordete, fo erſchien ſein qualvoller Tod
als gerechtes göttlihes Strafgericht, angebroht
von dem Brief des Elias, 2. Chr. 21,1 ff.
ram, der Sohn des Königs von Hamath, wird
2. Sam. 8, 10 als Gejandter an David ermähnt.
Jordan 428 Joſeph
Jordan, der Hauptfluß Paläſtina's, nimmt feis | feld und Caſtellio. Erſt nach ſeinem Tode 1556
nen Urſprung aus zwei Bächen, bie, vom Südab⸗kam durch den Verrath eines Dieners und das
e des Libanon und vom Hermon kommend, Geſtändniß feines ihm längft entfremdeten Schwie—
i Bänjas (Cäjarea Philippi) und Tell:el:Kädhi Een Blesdyf das Geheimnif an den Tag.
(Dan) entjpringen, mit welchen fich noch ein drit: | Der in der Leonhardtskirche feierlich beigefegte
ter, in der Bibel und von Yofephus nicht erwähn: | Leichnam des angejehenen Mannes wurde ausge:
ter, verbindet, der Mojet Häsbejah. Bald nad) der Den und als der des Erzketzers ſchimpflich ver-
Berein:gung bildet der Jordan den See Merom | brannt 1559. Bon den 250 Büchern und 1000
(Huleh), bei Jof. Zeunywviris, und 3 Stunden | Briefen, die er Hinterlaffen, ift dad Hauptwerk das
meiter fübli den See Genezaretb oder Tiberie3. | Wunderbuch, 1540—44. Bgl. über ihn Nippofd
Nach einem ferneren Laufe von ca. 30 Stunden | in Niedners (Kahnis) Ztſchft. 1863, I; 1864, IV
fällt er ins Todte Meer. Bei dem ftarlen Gefälle| und 1868, IV und Gelzer's Monatsbl. 1864, 3.
vom Merom bis zum Tobten Meer, auf 33 Stun:| Jornandes, ein Gothe aus dem 6. Jahrhundert.
den 1300°, ftrömt der Fluß mit reißender Schnel: | Früher Schreiber oder Notar am Manifchen Hofe,
— in ſehr ungleicher Breite (60—300°) und | ging er in ein Kloſter und ſoll Abt und Biſchof
Ziefe (3—15°), doch fann er an einzelnen Stellen | von Ravenna geworben fein. 7 um 555. Bon ihm
in Furten überjchritten werben. Auf dem ganzen | find 2 Werte vorhanden: de origine actuque
Zaufe liegt dad Bett unterhalb des Niveaus des | Getarum und de regnorum et temporum suc-
Mittelländifhen Meeres. Es durchzieht ein eine | cessione, beided mehr Compilationen aus ältern
Viertelftunde breites Thal, welches am obern Laufe | römifhen und gothifhen Werken und von noch
mit Bäumen, am untern nur mit Rohrgebüfch be: | beftrittenem Werthe als Gejhichtsquelle. Seine
wachſen ift. Diejes Thal durchfchneidet die Yor: | Tendenz zeigt ſich als dem Arianismus feindlich
dansau (dad Ghor), eine Ebene 40—60° über dem | und auf eine Verfühnung und Verſchmelzung der
Jordan, 2—4 Stunden breit, an beiden Seiten | Römer mit den Gothen gerichtet.
von \ en und öben Gebirgen umgeben. Die:| Joſaphat, König von Juda 918-893, der Sohn
ſelbe i e wüfte Einöde, nur unterbrochen, wie | Aſa's. Er verwehrt, nicht nur allen Götzendienſt,
bei Jericho, von-einzelnen bewäfjerten und üppig | jondern ordnete auch an, daß durch geeignete
feuchtbaren Dajen. Männer das Volk in allen Städten im Geſeßbuch
Joris, Johann David, „der Erzketzer“, wurde | unterrichtet wurde, ebenfo machte er ſich Durch die
1501 oder 1502 in Flandern. Da fein | Einrichtung eines oberjten Gerichtshofes um die
als Mitglied der Rederyleräfamer ein Wan: | Rechtöpflege verdient, 2. Chr. 17,7 ff.; 19, 5 ff.
Die verbündeten Moabiter, Edomiter und Ammo:
niter wurden unter fi) jelhft uneins und verſchaff ⸗
ten Juda einen qlängenden leichten Sieg, 2. Chr.
20 1 ff. Er ſchloh ein enges Freundſchaftsbündniß
mit dem Königreich Iſrael, verheirathete feinen
Sohn an Ahabs Tochter Athalja, machte mit Ahab
den unglüdlien Zug gegen die Syrer, auf wel-
chem biejer fiel und mit Joram gegen den Moabi:
terfönig Meja, 2. Kön. 3, 1 ff. Auch verſuchte er,
nad) Befiegung der Ebomiter, auf dem Aelaniti—
ſchen Meerbufen eine Flotte zu begründen mit
Hülfe des Ahasja, aber Unglüdsfälle verleideten
den Plan, fo daß er ein neues Anerbieten Ahas-
ja's zurückwies, 2. Chr. 20, 35; 1. Kön. 22, 50.
Joſaphat, Das Thal. Dasjelbe ift das Bett des
Kidron, welches von N.:W. bis S.:D. im Halbfreis
die Stadt umgiebt und vom Delberg trennt. An:
fänglich breit, wird es zu einer Schlucht zwijchen
berieben führte, war auch feine Jugend unftät und
von wechjelnden Eindrüden erfüllt. Er ergriff den
Beruf eineö Glasmalers, heirathete 1524 und lief;
ſich in Delft nieder. Mit ungeftümem Eifer nahm
er für die Reformation Partei und wurde wegen
Beihimpfung einer Proceffion 1528 öffentlich ge:
geißelt und verbannt. Im hohen Grade ſchwärme—⸗
riſch entflammt, jchloß er ſich an die Wiedertäufer
an und erlangte unter ihnen großen Einfluß. Seit
1536 trat er ald Sectenhaupt auf und rühmte ſich
feiner Bifionen, in welchen ſchwärmeriſcher Fana:
tismus, unleufhe Phantafie und Hochmuth ſich
verrathen; zahlloſe Schriften verlangten ſeitdem
die unbedingte Hingabe an feine Perſon als den
von den Propheten verheißenen Emanuel, und
verbreiteten feine anabaptiftiich-myftifchen und an-
titrinitarifchen Anſichten, welche namentlich dur)
feine antinomiftifchen Lehren von der Ehe und der
Austreibung der Scham unter feinen Anhängern | hohen Bergen, bi es beim Zufammentreffen mit
zu den traurigften fittlichen Verirrungen führten. | dem Thal Hinnom fich wieder erweitert, Dann zwi⸗
Auf das heftigfte und graufamfte verfolgt, ver: | jhen den Bergen des Aergernifies und des böjen
breitete ſich die Secte der Joriſten tiber Holland, | Rathes durchgeht und in jüdöftliher Richtung als
Friedland und Holftein, Joris jelbft entging allen ſchluchtähnliche Einfentung nad) dem. Jordan fih
Rahforihungen. In offener und verdedterer Weife, | erſtreckt Hier wurden die heidniſchen Eultusgeräthe,
durch vertraute Boten und Briefe, wandte er ſich welche aus dem Tempel herausgeſchafft waren,
ar alle evangeliihen Autoritäten, jelbft an Las?o, | verbrannt, 1. Kön. 15, 13, 2. Kön. 23,4. 6. 12,
Inther und den LZandgrafen von Heffen, wurde | und hierher verlegt die Sage der Juden, Muham—
aber non Näherftehenden, wie Menno Simons, | mebaner und Katholifen den Drt des jüngfien
immer entf&iedener zurüdgemwiejen. Bon 1528— | Gerichtes.
41 hatte Joris unter beftändigen Berfolgungen| Joſeph, der Sohn Jakobs von feiner Lieblings:
ein unftätes, entbehrunnäreiches Leben führen | gattin Rahel. Die Ueberlieferung von ihm trägt in
müfjen. Bereichert Durch die Gaben feiner Anhän: | der Darftellung der geſchichtlichen Verhältniſſe und
ger, ließ er fi 1544 unter dem Namen Johann | der Verknüpfung der Begebenheiten ein reales ge:
von Brügge in Bafel nieder, verband ſich durch ſchichtliches Gepräge; die veligtös-fittlihen Ele—
Heirathen mit den erften Familien der Stadt, und | mente, welche fie durchziehen, enihüllen den tiefern
unterhielt, felbft feinen Anhängern unbelannt, | Grund, auf welchem die ijraelitifche Volksgeſchichte
durch Briefe und Schriften die Berbindung mit | fi aufbaut. Die Bevorzugung von Seiten des Va
ihnen und mit andern Schwärmern wie Schwent: | terö und eigenes Selbftgefühl, welches ſich in gern
Joſeph
ggfs gang Ti gen
Brüder; er wurde als Sklave nad) —— ver⸗
fauft, bewährte ſich dort unter manchen Verſuchum⸗
gen und kam durch die Gabe der Traumdeutung an
Pharao's Hof. Weiſe Verwaltungsmaßregeln be:
wahrten —— nicht bloß vor den Folgen eines
7jährigen Mißwachſes, ſondern ſchafften auch feſte
politiſche Verhältniſſe. Seine Brüder erkennen ihn
nicht in dem allgewaltigen Miniſter, bei dem ſie
um Ueberlaſſung von Korn bitten müſſen. Wie er
ſich überzeugt, daß bei ihnen ein reumüthiger
Wechſel der Geſinnung eingetreten, giebt er ſich
en zu erfennen und verichafft ihnen mit feinem
ater Jakob die neue Heimath in dem Diftricte
Gofen. Seine Nahlommen rechnen ſich zu dem von
den Aegyptern getrennt bleibenden Bolte und bil:
den als die Stämme Ephraim und Manaffe einen | t
hervorragenden Theil des Volkes. So unbezweifelt | J
die Geſchichtlichkeit der Perſon des Joſeph, jo be:
ftritten ift feine Zeit. Diejenigen, welche in den
fraeliten mit Jofephus, Eujebius u. A. die Hyk—
ſos finden, jegen Joſeph unter Aphophis I. um
2000 v. Chr. Bon denen, welche die Siraeliten vor
den Hykſos einwandern laſſen, weijet Bunjen Jo:
ſeyh ins Jahr 2755 v. Ehr., und Lepfius, welcher
die Sfraeliten erft nad) der Vertreibung der Hyffos! P
einwandern läßt, glaub: ihm am Hofe des Sejo:
ſtris 1494— 1445 v. Chr. feine Stelle anweiſen zu
müffen. Die fihere Aufllärung wird erft Durch Die
Beitimmung der ägyptiſchen Chronologie zu ge:
winnen fein.
Joſeph, der Mann der Maria. Sein Zeben, ge:
fchichtlih ganz unbelannt, ift von der Legende
ausgefhmüdt und von Gerfon in der Josephina
in 12 Gefängen beichrieben. Sein Kirchenfeft wird
am 19. März gefeiert und ift durch die Bemühun-
gen Gerſons, der heil. Thereje und des Franz von
Sales 1624 von Urban VIII, fejtgejegt. Seine
Gebeine werden nirgends gezeigt, aber Perugia
befist als koſtbare Reliquie —* Trauring.
Joſeph von Arimathia, d. i. gebürtig von Ra—⸗
mathaim, 1. Sam. 1,1 oder Rama 1. Sam. 1,
19, dem Geburtsort Samuels, nad Luk. 21, 50
vgl. mit 1. Makk. 11,34, und nicht von dem Rama
in Benjamin. Er war Mitglied des hohen Rathes
und in Jerufalem anfäffig, Matth. 27, 60. Nach
der Zegente war er einer der 70 Jünger und joll
in England das Evangelium verfündigt haben.
83 Barſabas. S. Barſabas.
oſeph II. Beherrſcher von Oeſterreich, römiſch⸗
deutſcher Kaiſer ſeit 1764. Ein edler Charakter, der
aufrichtig das Wohl feines Volkes ſuchte. Geboren
1741 und gebildet nach den Grundſätzen der fran:
zöſiſchen Vhilofophie, gegen den Klerus durd) die
Erfahrungen am Hofe jeiner Mutter fehr einge:
nommen, nahm er nad) Maria Therefia’s Tode
mit rajher Hand feine Reformen vor, welde in
feinem Volke Aufklärung und Religiofität beför-
dern, die Macht der Hierarchie brechen jollten.
Daher machte er das Kirchenreginient zu einem
Theil der Staatsverwaltung, führte das Placet
ein, verbot die Appellationen nad) Rom, hob
700 Klöster auf, deren Einkünfte er zu Unter:
richtszwecken anwies, ftellte die Mönchsorden uns
ter die Aufficht der Biſchöfe und richtete ftatt der
bifhöflihen Seminare Generaljeminare zur Bil:
dung der Klerifer unter Staatsauffit ein. Am
30. Juni 1781 erſchien das Toleranzedict, welches
unter geringen Beſchränkungen den Evangelifchen
424
Joſephus Flavius
wie ben Juden freie Religionsübung und bie vol⸗
len bürgerlichen Rechte gewährte. Die päpſtlichen
Breven, welche dieſen Aenderungen fich wiberjegten,
wurden entjchieden zurüdgemwiejen und ber Beſuch
Pins’ VI. in Wien 1782 mit glatter Höflichkeit
aufgenonmen. Da aber feine Reformen aud) den
Adel verlegten und in die bürgerlichen garantirten
Rechte der Provinzen eingriffen, fo erhob fi ein
Aufftand in Ungarn und in Belgien mit Unter:
ft.igung des Klerus, fo daß der Kaifer fid) gend»
thigt ſah, 1790 in ag fpäter in ben Rieber:
landen, Böhmen und Tyrol feine Reformverorb-
chichte Joſephs, 1835; Meynert,
Joſeph II., 186) ‚ Maria Therefia und
ien. — Auch die Schulbrüber oder Brüder des
ei * h in ee führen diefen Namen.
* unen.
ſiſche —*
durch Maria
ern des heil. Joſeph zu Le Puy, geſtiftet durch
Sen Medaille 1650 zur Krantenpflege;
3) der Berein der Schweitern des heil. Joſeph zu
Elugny, 1819 dur die Matrone Javouhcy für
Krankenpflege und Unterricht, der hauptſächlich in
DOberguinea wirkt; 4) die Schweftern des heil. o:
ſeph zu Lyon, 1821 durch Chatillon zur Pflege
weiblicher Gefangener ; 5) die —***
zu Albi, —— Vialar 1833 für Zugendunter⸗
richt und Krankenpflege. Bol. Henrion-⸗Fehr,
Möndydorben, IL
Joſephbehe ift eine Ehe, in welcher die Gatten
mit beiderjeitiger Uebereinftimmung, ohne die Le⸗
benägemeinjhaft aufzugeben, der Gejchlechtäge:
meinſchaft entjagt haben. ,
Joſephus Flavins, jüdiſcher Gefchichtichreiber.
Aus priefterlihem Gefchlechte, durch die Wut:
ter den Hasmonäern verwandt, war er geboren
37 n. Chr. Erft Pharijäer, dann Sabducäet,
Efiener und Genoffe des Einfiedlers Banus, wandte
er ſich ſchließlich der pharijätfchen Partei wieder
u Auf einer Reife nad) Rom gewann er die Gunft
er Kaiſerin Poppäa. Bei dem legten jüdiſchen
Aufftand ward er jüdischer Befehlshaber in Gali:
läa und behauptete ſich troß der Anftrengungen
der mit ihm höchlich unzufriedenen Zeloten unter
Johannes von Gischala, bald durch Gewalt, bald
durch Ränte und Beitechungen, ohne die Römer zu
—— ihr Heer zum entſcheidenden Schlage zu
ammeln. Bei der Erſtürmung von Jotapata rel;
tete er fein Leben durch Lift vom den Juden und
durch die Weisfaqung künftiger Orkße des Be%
pafian, ber ihn fortan ald Günftling bei ſich im
Zager behielt und mit nah Nom nahm, wo er nad
Joſes
ift. Joſephus iſt kein edler und gro⸗
103 —
ber — Obwohl er ſeiner Nation und ſei⸗
nein treu geblieben ift, leitet ihn dennoch
überall ein kluger Egoismus und feine Darftellun:
aen zeigen perjönliche Gitelteit. Seine ——
Auffafjung ermangelt aller Tiefe und lenkt in e
feihten Rationalismus ein. Durch feine beiden
Bücher über den jüdiſchen Krieg und die Archäo—
logie ift er eine unſchätzbare Duelle der jübdijchen
Geſchichte geworben; er ſchrieb fie im apologetı:
ſchen Intereſſe, um die Römer zur größeren Ad:
tung des jübifchen Volkes zu bewegen. Weniger
bebeutend ift feine Selbftbiographie und das Buch | B
Contra Apionem, ſowie dad von Einigen ihm zu:
eg 4. Bud) der Makkabäer. Eine berühmte
telle über Chriftus in dem A. XVIII, 3, 3 ift
jedenfalls von chriftlicher Hand interpolirt. Bal.
Ewald, Geſch. Chriſtus, S. 198 ff. Der Titel fei-
ner Bücher lautet: Iepi roũ loudıuxo® tes
in 7 Büchern (deutſch von Gfrörer, 1885);
daixn Apyaokoyia (deuti von Martin, 2 Vbe.
1852 58); Bios (Selbftbiographie) ; Tlegi doya-
öentos lovdeiow; Kara "Aniavog. Ausgaben von
Haverfamp 1726; Oberthür 1752-85; Richter,
6 Bbe., 1825 5-27.
Yoies. 1) Einer ber Brüder I65 Matth. 18,
55; 27,26; Marc. 6, 3; viele Cod. leſen Jofeph.
— * Ein Bruder Jakobus des Jüngeren, Marc.
15, 40. — 3) Joſes (Jofepb) Barnabas, der be:
fannte elift, Apftg. 4, 36.
Yofiad, König von Suda 638-608, der Sohn
Amons, war bei jeines Baterd Tode 8 Jahr alt.
Unter der Bormund Beichechgeh feiner Mutter und dem
Einfluß ber Beicher) erzogen, wandte er fich
mit — ieden nei are. Jehovahdienfte zu.
Das wichtigfte niß feiner Regierung tft die
ray! ebuches im Tempel, 2. Chr.
34,8 ff.; 2. Kön. 23, 3 ff. (wahrſcheinlich des
—— Kin welches aufeiner großen Volks⸗
verjamnilung verlejen und angenommen wurde,
fo daß Jofias den Baals⸗ und jeden Gökendienft
mit aller Strenge verfolgen und ausrotten und
mit einem feierlihen Paſſah den neuen Bund des
Volkes mit Gott befiegeln fonnte. Die daraus fol:
genbe innere Kräftigung des Staates machte er
nad außen — In die erſten Jahre ſeiner
Regierung fällt der in der Bibel nicht erwähnte
Einfall der Scythen; die dadurch vermehrte
Schwäche Samariens benußte Jofias zur Unter:
werfung diejes Landes, wo gleichfalls der Götzen⸗
dienft vertilgt wurde. Als er aber gezwungen war,
fi dem Pharao Necho entgegenzuitellen, der durch
Nordpaläjtina fid) den Weg nad) Afiyrien bahnte,
fiel er in der Schlacht bei Megiddo, als der letzte
glüdlihe und — König Juda's, 2. Chr.
35, 24; Je 12,
Joſt, Jiaat — ein bedeutender jüdiſcher
Gelehrter, der Sohn eines dürftigen und blinden
jüdiſchen Händlers, war geboren am 22. Februar
1793 zu Bernburg. Da er feinem blinden Vater
ald Führer dienen mußte, blieb ug Erziehung
vernadläjfigt, bis ihn 1808 fein Großvater zu
Wolfenbüttel in der Samſonſchen jüdiſchen Erzie-
bungsanftalt unterbradhte. Bon dort bezog er die
Gelehrtenichule zu Braunſchweig 1809 und unter:
ſtützt durch Stipendien 1813 die Univerfität Göts
tingen, folgte 1814 der Familie ſeines Gönners
Jacobſon nach Berlin, wo er in den Kreiſen D.
Friedländers und Mendelsiohns Aufnahme und
425
Jotham
Anregung geiftiger Entwickelung fand. 1816 über:
nahm ei Direction einer höhern jüdiſchen Vri⸗
vatbürgerfhhule und folgte 1835 einem Auf an bie
ifraelitifche Realfchule zu Frankfurt a. M., wo er
am 25. November 1860 ftarb. Seine Erforfejna
und Darftellung der Gejchichte des jüdifhen Vol:
les und des Judenthums, wodurd ihm viele und
wichtige Auffchlüffe verdankt wurden, begründeten
feinen Ruf der Gelehrjamteit. Die Geſchichte der
Siraeliten erjchien — während feines Aufent—
halts in Berlin 1820—29; es folgte 1832 Die all:
gemeine Geſchichte des "ihreefiit en Volkes iı 2
dr. und die neuere Gefchichte der Iſraeliten, 3
Thle., Berl. 1846—47;, endlich das bedeutendite
Wert: die Geſchichte des Judenthums und feiner
Secten, Leipzig 1857-59, befonders wichtig durd)
die Darftellung der Secte der Karäer.
Yofua, der Sohn Run’s, erhielt nad) dem Willen
Mojes’ die Führung Sfraels nach deflen Tode, da er
fi) als muthig und fraftvoll und dem theofratifcher:
Gedanken unbedingt ergeben mehrfach ermiejen
hatte, 4. Mof. 11, 28; 14, 6—9; 27,18. m ra:
ſchen Eroberungs zuge wurbe von Gilgal aus der
Jordan fiberfchritten, Yeriho nemonnen, Ai zer:
jtört, Gibeon unterworfen und bei Njalon die Ent-
ſcheidungsſchlacht geichlagen, welche Iſrael ben
Beſitz des Landes ſicherte, jo daß die Vertheilung
deſſelben unter die einzelnen Stämme in der Bor:
ausjegung ftattfinden konnte, daß jeder im Stande
fein werde, das ihm zugewieſene Gebiet vollends
zu erobern und zu behaupten. Bis ans Ende jei-
nes Lebens behielt er die ihm libertragene Dicta:
tur, und das Vertrauen auf feine Berfönlichkeit,
feine Gottesfurdt und Geſetzestreue waren das
Band, welches die Stämme zufammenhielt. Mit
feinem Tode Löfte fich ſchnell die ganze politische
und religiöfe Bundesverfaffung Jfraels. Das Bud)
Yofua — aus 2 Theilen, von denen der *
(Gap. 1—12) die Geſchichte der ———
zweite (Gap. 12—24) die Vertheilung und Beſitz⸗
nahme beö Landes erzählt. Das Buch zeigt ver:
ſchiedene Beftandtheile aus verfchiedenen Zeiten,
und die meiften Kritiker erkennen diejelben Be:
ftandtheile im Pentateuch wieder, die Berichte des
Elobiften, Jehoviften und Deuteronomiften, von
welch letzterem es redigirt ſei, wie ed denn auch
mit dem Pentateuch ein zuſammenhängendes Gan⸗
zes bildet. Aiderfprüche der Erzählung wurden
entbedt 3. B. 13, 4 vgl. mit 10, 40, 11, 16; 10,
36 vgl. 11, 21; 14, 12; 15,14; 10, 38 nal. 11,
21; 15, 15-17: 12, 10 ff. vg 1. 5, 69 u. ſ. w. Weber
die kritifchen Beitandtheile Des Buches f. d. Art.
Bentateuch. Commentare : von Maurer 1831; Keil
1847 und 1868 ; Knobel ſkurzgef. exeg. Handbuch)
1861. Bal. König, Altteft. Studien, 1836.
Joſua, Bud der Enmaritaner. Diefes jama:
ritaniſche Geſchichtsbuch eriftirt unter dem Namen
„Bud Joſua“, welches die Geſchichte Joſuas, oft
wörtlich übereinftimmend mit dem kanoniſchen
Buche, aber auch wieder mit vielen Veränderungen
und Zufägen, erzählt und daran eine Fortjegung
bis in die Zeit des Alerander Severus_ Tnüpft.
Daffelbe ift offenbar eine ſamaritaniſche Bearbei:
tung unferes Jofua. Eine arabifche Ueberſetzung
befindet nd —— der Leydener Bibliothek; ed. Yol,.
YJuynboll 1
Selbe, Mi König von Juda 757— 741. Er hatte
ichon während der Krankheit feines Waters Uſia
das Reich nah deflen Grundjägen verwaltet,
Jovianus
2. Chr, 26, 21. Er liberwand die Ammoniter, die
einen Abfall verfucht hatten, und legte ihnen einen
ſchweren Tribut auf. Jerufalem und den Tempel
befeftigte und verjönerte er durch mehrere Baus
ten, legte auch auf dem Gebirge Städte und Wadıt:
thürme zur Sicherung der Grenzen an, 2. Chr. 27,4.
Jovianus, Flavius Claudius, römischer Kai:
fer. Rad) Juliand Tode vom Heere erwählt, ret:
tete er dafjelbe aus bevrängter Lage durch den
nit eben ruhmvollen Frieden mit dem Perſer
Sapor. Als Christ hob er ſämmtliche Julianifche
Beichräntungen der Kirche auf, duldete aber das
Heidenthum; in den firdlichen Streitigkeiten beob:
achtete er nad) allen Seiten Milde und Duldung.
Er ftarb bereits nad) Smonatlicher Regierung,
Jovinianus, ein Mönd in Rom, von Geburt
ein Mailänder. a vor 400, Ausgehend davon, dab
das Leber. ded Wiedergebornen eine Gemeinſchaft
mit Gott jei, verwarf er die Verdienftlichfeit der
Werte, namentlid der Chelofigkeit, und die über:
triebene Werthſchätzung des Martyriums. Auf
einer Synode in Rom 390 durd Siricius ver:
dammt, floh er nah) Mailand, wurde aber aud)
dort ercommunicirt und vertrieben. Gegen ihn
ſchrieben Hieronymus, Auguftin und Ambrofius,
nicht immer gerecht und leidenjchaftslos.
Jovius, Paulus, geb. 1483 zu Como. Er jtudirte
zu Pavia Medicin, fam an den päpitlichen Sof
unter Leo X., wurde Kanonifus zu Como und Bi:
ſchof von Noiera. 7 1552. Er ſchrieb eine Geſchichte
feiner Zeit, die Geſchichte der Visconti und eine
Geſchichte der Türkei. Die Unparteilichkeit des Ge:
ihichtöforjchers geht ihm aber ab. Gefammtaus:
gabe Bajel 1578.
Zrenäus, Bifhof von Lyon feit 170. Geb. um
140 zu Emyrna, war er durch unbelannte Im:
ftände nad) Lyon gelommen und zur Zeit der gro:
Ben — resbyter daſelbſt. Als ſolcher
ſandte ” ie Gemeinde in den Montaniftifchen
Streitigteiten an den Bifchof Eleutherus nad) Rom.
Er joll ald Märtyrer in der Verfolgung des Se:
verus am 28. Juli 202 geftorben fein, Dem Orient
wie dem Decident angehörig, vermittelte er mit
Erfolg bei dem Biſchof Victor im Ofterftreite und
erlangte DiegleihmäßigeDuldung der orientalischen
Gewohnheit. Seine lirchenhiſtoriſche Bebeutung
liegt in feiner Schrift gegen die Gnoſtiker, urfprüing-
lich griehifh ("EAeyyos zei dvargonn ang weu-
dawvuuov yrwarws)gejichrieben, aber nurin lateinis
ſcher Ueberjegung vorhanden (herausgegeben von
Stieren, Leipz. 1851—53). Diejelbe ift namentlich
gegen die Gnoſtiker gerichtet, fteilt ihre irrige Lehre
bin und entwidelt im Gegenſatz dazu die rechte
Lehre. Den apofalyptiihen Erwartungen jchließt
er ji in maßvoller Weife an. In der Theologie
des Jrenäus liegen zwar viele Elemente, aus de:
nen die katholiſche Kirche ihre Syftem zufammen:
gejegt, aber mit gleihem Rechte haben die ent:
gegenftehenden Richtungen ſich auf ihn bezogen.
Eine Darftellung feiner Lehre giebt Dunder, des
heil. Jrenäus Chriftologie, 1843. Vgl. Böhringer,
eg Sn gang in Biographien, Bd. I.; Graul,
bie Kirche an der Schwelle des Irenäiſchen Zeit:
alters, 1860. — 2) Ein Biſchof von Syrien, der
unter Diocletian ald Märtyrer ſtarb. Gedächtniß—
taq 25. März.
Irenäus, Chrijtopb, der Flacianer. Baftor zu
«Eisleben feit 1566, vorher
426
iakonus zu Aſchers⸗
leben und zweiter Hofprediger zu Weimar, berief
Irland
ihn Herzog Wilhelm als Hofprediger nad) Weimar
1566, verjegte ihn aber wegen feiner heftigen Fla⸗
cianiſchen
olemil auf Betreiben Friedrichs von
der Pfalz nad Neuftadt an der Drla, Als —3*
ner 1572 abgeſetzt und des Landes verwieſen,
wurde er zu Horn in Oeſterreich senior und ſetzte
auch dort durch die Schrift vom Bilde Gottes die
Polemik ald der ſcharfſinnigſte Verfechter des Fla
ie fort. * * *
rene, griechiſche Kaiſerin, aus Athen gebürtig.
Ihren Gemahl, den Kaiſer Leo IV. ehe 8
und übernahm für fi und ihren Sohn Gonitan-
tin VI. die Herrihaft. 790 von ihrem Sohne ver:
drängt, bemächtigte fie fi 797 des Thrones wie:
der und ließ jenen blenden. 802 wurbe fie von
Nicephorus, der zum Kaifer erwählt worden, nad
Lesbos verbannt und ftarb daſelbſt im Elend. Sie
begünftigte die Bilderfreunde, lieh nach fehlgeſchla⸗
genen Berfuhen und troß des Widerſpruchs des
Abendlandes 787 zu Nicäa die Beichlüffe von 754
wieberaufheben und verbannte alle Bilderfeindr.
Irenif, Parallele und zugleich Gegenſatz der
Rolemil, unterjucht die legten Gründe der confeffio:
nellen Differenzen, um das bleibend Gemeinjame
zu finden, auf defien Anerkennung der Frieden
unter den Confeſſionen beruht. Nach Lange gehört
die Irenik zur angewandten Dogmatif.
Irland. Das Chriftentbum ift vieleicht ſchon
im 2. Jahrhundert nad) Irland gebracht und zwar
aus dem Morgenlande (bereits im 4. Jahrhundert
beftanden Schulen und Klöfter, bie Miffionäre aus:
jendeten), allein die Ausbreitung des Ghriften:
thums über die ganze Inſel ift das Werk des heil.
Batrif 432. Die * K bewahrte in Verfaſ⸗
ſung und Cultus ihre Eigenthümlichteiten ſelbſt
während der däniſchen Herrſchaft feit dem 9. Jahr:
hundert und untermwarf fich erft auf der Synode
zu Drogheda 1152 der römiſ Difeiplin. Be:
fannt ift der Miffionseifer der iriſchen Mönche auf
dem Eontinent(Schottenkläfter). Neben St. Batril
gilt die heil. Brigitta als Schuhheilige (f. d. Art.).
adrian IV. ſchenkte die Infel an Heinrich IL. von
ngland, der 1175 bie Pc vu be:
= Die Reformation Heinrichs VIII. fand trof
er Bemühungen des Erzbiſchofs Georg Bromn
wenig Eingang, weil Heinr'h, SAch mehr Eduard
VI. und Elifabeth, mit der engliſchen Liturgie aud
die engliſche Spradhe im Gottesdienfte einführen
wollten. Fortwährende Aufitände wurden, von
Rom und den Jefuiten unterftügt, von den Englän:
dern mit immer fteigender Härte niedergefhlagen.
Auf die Convention von 1634, welche die 39 Ar:
titel annahm, folgte der große Aufitand von 1641,
in welchem 40,000 Proteftanten ermordet jein
jollen, den aber Crommell 1649 niederjchlug. Als
Irland für Jakob II. Partei nahm, verloren die
Katholiken 1727 auch die bürgerlichen Rechte und
die Orangegefellfchaften arbeiteten offen auf die
völlige Ausrottung der katholiſchen Kirche hin. Wil:
derungen ber ftrengen Gejeggebungen begannen
1778; mit der größeren Freiheit der Verfaſſung
erhielten auch die Katholiken wieder mehr bürger:
liche Rechte, 3. B. Grundbefit zu erwerben. Rod)
mehr erlangte der Bund der vereinigten rländer,
der 1791 völlige Rechtägleichheit der Katholiken
forderte; 1795 wurde das fatholifche Seminar zu
Maynooth errichtet. Bei der vollftändigen Union
Irlands mit England 1800 wurde auch die bifchöf-
liche Kirche von England und Irland vereinigt.
Irregularitãt
Da aber die Emancipation der Katholilen nicht
bewilligt worden, jo bildete fich 1802 die große
latholiſche Bereinigung zur Erlangung diefes erft
1829 erreichten Zieles. Die biſchöfliche Kirche hat
unter 2 Erzbifchöfen zu —— und Dublin 8
Bilhöfe, die römische unter 4 Erzbisthümern 24
Bisthlimer; da die bei weitem größere Zahl der
Iren dieſer angehört (6,500,000), fo ift die Haupt:
Mage, dat bie Staatäfirche den ganzen Zehnten
und bie aben bezieht. Erſt in neuefter Zeit
hat das engliihe Parlament Hanb angelegt, dies
unnatürliche Berhältniß der Staatäfirche zur Be:
völferung zu ändern. Vgl. Beaumont, Jrland in
focialer, politiſcher und religiöfer Beziehung, 1840 ;
Collier, Staats: und Kirchengefchichte Irlands,
1845; Pauli, in den Prot. Monatsbl,, 1866.
rität ift der Mangel einer Eigenſchaft,
welche von den Kirchengefegen als zur Erlangung
einer Weihe erforderlich bezeichnet ih. Man unter:
ſcheidet die irregularitas ex defectu und ex de-
licto (die Jrregularität, welde aus einem Mangel
und welde aus einem Bergeben herrührt). Zu der
erften gehören: 1) defectus aetatis, der Mangel
bes fanonifchen Alters; 2) def. corporis, körper:
lihe Gebrechen; 3) def. scientiae, Mangel der nö:
thigen Kenntniffe; 4) def. fidei, Mangel des Glau—
bens bei Reubefehrten und Gonvertiten, 5) def.
libertatis, Mangel der freien Selbftbeftimmung
unb Unabhängigfeit; 6) def, lenitatis, der Man:
gelber Milde ſchließt Jeden aus, der Blut vergofjen
t; 7) def. sacramenti, jchließt den in zweiter
e Lebenden aus; 8) def. natalium, der Mangel
ehelicher Geburt; 9) def. famae, der Mangel bes
guten Rufe. — Jrreqularität ex delicto tritt bei
allen öffentlich befannten Verbrechen ein und bei
ben verborgenen, die gegen die Kirche und den
Glauben gerichtet find. Bon allen Jrregularitäten
Tann der PBapft, von einigen der Bifchof dispen:
firen. Die Vorſchriften find allmählich aus den
Berhältniffen hervorgegangen. Die griechische ftirche
hat die Grundbjäge der Alten Kirche feftgehalten,
Die fih auf 1. Tim. 3, 1 f.; 5, 22; Tit. 1,6 ff.
tünden. Die evangelifche Kirche ftellt ihre Vor:
—— zum geiſtlichen Amte, ohne den Be:
griff Irregularität bejonder3 ausgebildet zu
haben. Die irrey' 'aritas ex defectu erledigt ſich
von ſelbſt bei der jreien Wahl der Gemeinden.
Jrreligiofität ift der Zuftand eines Menſchen,
in weldem dieſer die Religion als maßgebende
Autorität nicht mehr anerfennt, jei es aus Atheis⸗
mus, fei ed aus fittliher Trägheit. Sein Denten,
Reben unb Handeln ift der Art, daß in allem ein
mehr oder weniger bewußtes Ablehnen der For:
derungen des religiöjen Bewußtjeins zu Tage tritt.
rrthum ift da vorhanden, wo das Denten
nicht Übereinftimmt mit der Wirklichkeit. Er jet
feine Abfiht voraus, die Wahrheit nicht zu
wollen, führt daher als ſolcher feine fittliche Ver:
antmortlicpfeit mit fi. Der Jrrthum bat aber
für das fittliche Yeben dadurch einen fehr großen
Einfluß, daß dem Denken immer auch das Han:
dein entipricht, und fo aus einem irethlimlichen
Denken ein verlehrted Handeln nothmendig ent:
fpringen muß. Im Zuftande des Irrthums kann
der Menſch jeine fittliche Aufgabe nicht erfüllen, |
weil ein jittlihes Handeln die Wahrheit zur Bor: |
ausfegung hat (Eph. 4, 22; Jak. 5, 20). Die Er: |
Löfung der Menſchheit wird en inmer zugleich, !
wie eine Erlöfung von der Sünde, jo auch als eine
427
Iſabelle von Eaitilien
Erlöfung vom Irrthum betrachtet werden müffen.
Iſt der Irrthum im einzelnen Falle unverfchuldet,
fo ift eö dagegen fittlih unverantwortlih, nicht
alle Mittel aufzumenden, den Irrthum zu über
winden. Die demüthige Einficht in bie eigene Irr—
thumsfähigfeit, die Selbjtverleugnung, welche ſich
nicht jhämt, Irrthümer zuzugeftehen und das reb-
lihe Streben, welches nicht ſich felkft, fondern die
Wahrheit fucht, bilden den Weg zur Ueberwindung
des ale re Die Selbftverblendung, welche der
eigenen Unfeblbarkeit fi bemußt ig führt zur
Berftodtheit.
Irving, Edward, geb. am 15. Auguft 1792 zu
Annan in der Srafihaft Dumfries, ward 1819
Chalmers Gehülfe zu Glasgow, dann Prediger
einer ſchottiſchen Gemeinde, feit 1822 in London.
Durch lebendige und eindringliche Predigtweife
errang er Beifall und Aufſehen, verbreitete auch
in Schriften feine apokalyptiſchen Lieblingsmei:
nungen und feine Erwartung einer bevorftehenben
und nothwendigen neuen Geiftesaudgießung. Als
1830 verlautete, in Schottland ſei die Gabe bes
nngenredend und der Weifagung wieder erwacht,
zeigte fich diefelbe bald ei in feiner Gemeinde,
bejonders bei Weibern, durch efjtatifche mit Kräm-
pfen verbundene Zuftände;; in ben einzelnen Tönen
und abgebrochenen Wörtern erfannte Y. das Zun-
genreden und die Weisfagung. In Folge der Un:
orbnungen in der Gemeinde wurde er von ber ſchot⸗
tischen Kirche juspendirt, gründete aber fofort in
einer eigenen Eapelle eineneue Gemeinschaft, in wel:
cher nun auch die Nothwendigkeit der Wieberauf:
richtung der evangelifchen Yemter, ber Engel, Pro:
pheten, Apojtel, Evangeliften und Lehrer verfündigt
wurde. J. ftarb 1834, aber feine Gemeinde baute ſich
aus und vereinigte ihren Glauben an Geiftesaus:
ießung mit einer neuen ftreng hierarchiſchen Ver:
re In London bildeten fich 7 Gemeinden und
die Senbboten gingen in alle Welt, Die Verbin:
bung von Autorität und Schmärmerei fam ben
religiöfen Zuftänden Deutfchlands entgegen, und
b bildeten ſich nicht nur in ze: Polen, Schle⸗
ien, Sachſen und in der Schweiz Jrvingianijche
Gemeinden, es traten auch namhafte Männer, wie
Thierfch, zu ihnen über. Einen Augenblid ſchien
es, als follte ihr u bedeutender werben,
jedoch ihre Blüthezeit ift jchon längſt verftrichen.
Bal. Hohl, Bruchſtücke aus dem Leben und Schrif—
ten Jroings, 1839; Jacobi, die Lehre Irvings,
1853. Dann: Thierſch, die Kirche im apoft. Zeit:
alter, 1852; Böhm, Schatten und Licht im gegen:
mwärtigen Zuftande der Kirche, 1855.
aa, der Patriarch, tritt perfönlich weit rue:
niger hervor, ald Abraham oder Jakob. Weichen,
fanften und ruhigen Wejens, bewahrt er das Ueber:
tommene, auch den Glauben an bie göttliche Bor:
fehung, ohne zu eigenen großen Thaten fih zu
erheben. Seine Lebensgejchichte enthält Einzelnes,
was mit dem bei Abraham Erzählten jo zujam-
menftimmt (1. Mof. 26,8 und 20, 2; 26,26 f. und
21, 22 f.), daß man nur eine Bermifhung der
Ueberlieferung annehmen kann. Die Geſchichte fei:
ner Perjönlichleit alö des angegebenen Stamm:
vaters der Edomiter und ber Nroeliten bewahrt
das Bewußtfein der urfprünglihen Stammesein:
heit der gr oft jo verfeindeten Völker.
ale „der Große. S. Sahak.
abelle von Gaftilien, geb. 1451. Durch ihre
Heirath (1469) mit Ferdinand dem Katholiſchen
Hai
vereinigte fie Caftilıen mit Aragonien und war
als Regentin die Seele der beiden erfolgreichiten
Unternehmungen der gnemeinfamen Regierung,
‘ nämlich) der Vertreibung der Mauren und der Ent:
deckung von Amerika. Leider führte fie aus Politik
und im Glaubenseifer auch die Inquiſition ein.
Bei ihrem Tode 1504 Hagte man, habe Spanien
virtutis speculum, bonorum refugium, malorum
gladium verloren.
fai, der Vater Davids. ©. Jeſſe.
ſaſchar (mit K'ri perpetuum geichrieben
ur), der 5. Sohn Jakobs geboren von der Lea,
1.M0j. 30,16. Der von ihm ſich ableitende Stamm
ift nad) Juda der zahlreichite, 4. Mof. 1, 39; 26,
23, und erhielt das Gebiet um den Hermon bis an
den Tabor und den Karmel mit der Ebene Esdre—
Ion. Einzelne Waffenthaten des Stammes werden
zwar berichtet, 1. Chr. 12, 32; Richt. 10,1; 5, 15,
aber der Segen Mofes zeigt, daß der Stamm da>
durd), daß er den Phöniciern, deren Karamanen:
jtraße durch fein Gebiet ging, fich zu ———
gen hingab und auf fruchtbarem Boden ein behä-
biges Leben führte, im Anfehen bei den übrigen
gejunfen war.
Isboſeth, der Sohn Sauls, welhen nad) des
Vaters Tode 11 Stämme als König anerkannten,
Auch David zu befriegen, gelang feinem Feldherrn
Abner nit, und als diejer, beleidigt von J., zu
jenem überging, glaubten 2 Oberiten, feine Herr:
Ichaft jei nicht zu halten und ermordeten ihn, um
Davids Gunft zu erlangen. Die biblifche Darftel:
lung läßt 3. nur ald ganz unbedeutende Perſön—
lichkeit erſcheinen.
Yiebel, die Königin von Iſrael, war die Tochter
des Tyrifchen Königs Ethbaal, eines früheren
gen der Aitarte. Als Gemahlin des Königs
Ahab, über den fie einen beherrſchenden Einfluß
ausübte, führte fie den phöniciſchen Götzendienſt
in Jfrael ein (der Baaldtempel in Samarien, 1.
Kön. 16, 32, der Drafelhain bei Jesreel, 1. Kön.
16, 33; 18, 19). Nidt bloß ihrem Götzendienſt,
aud der Willkür, 1. Kön. 21, 1—13, und Herrſch⸗
jucht ftellten die Propheten, an ihrer Spitze Elias,
ſich entgegen und wurden defihalb aufs äuferfte
verfolgt. Jhren Untergang fand J. in dem von
(Elias und) Elifa hervorgerufenen Aufitand des
Jehu, 2. Kön. 9, 38 ff.
Yienbiehl, Johann Laurenz, geb. 1744 auf dem
Eichsfeld. Als Profeſſor der morgenländifchen
Spraden zu Mainz eröffnete er jeine Borlefungen
mit ber Erörterung, daß Jeſ. 7, 14 der Immanuel
nicht vom Meſſias zu verftehen fei. Deßhalb ent:
jegt und im Seminar gefangen gehalten, begrün:
dete er jeine Anficht in einer Abhandlung, die 1773
erſchien, nachdem er als Profeſſor der ariechijchen
Sprade wieder angeftellt war. Bon neuem zur
Unterſuchung gezogen, auf der Flucht ergriffen und
vom Papfte verdammt, mußte er 1779 feine un:
lirchliche Auslegung widerrufen. + 1818. Außer:
dem jchrieb er Über die diatritifhen Punkte und
Corpus decisionum dogmaticarum.
Isidor mercator oder peccator ift der Pſeu—
donym bes Verfafjerd der Borrede zu den Afibo:
riſchen Decretalen.
Midor von Pelufium, ein Aegypter und Schi:
ler des Chryſoſtomus, lebte ald Mönch und Abt
eine3 Klofters in Peluſium unter Throdofius dem
Jüngern 431 in hohem Anfehen duch Frömmig—
428
Island
keit, Ernſt und Schriftkunde. Es find von ihm über
2000 Briefe vorhanden, welche er an verſchiedene
Perſonen als geiftliher Seelforger und Rathaeber
oder ald Fürfprecher gerichtet hat. Diefelben laſſen
die hohe Meinung hervortreten, die er vom Mönchs
ftande hegte, enthalten aber bündige Abhandlun
gen mit guter Schrifterflärung. Obgleich er felbft
von der allegorifchen Auslegung fleißigen Gebrauch
macht, fo warnt er doch davor, den hiftorifchen
Sinn zu unterbrüden.
Midor von Sevilla war geboren nad) 550 zu
Karthagena, folgte feinem Bruder als Biſchof von
Sevilla 600 und führte ala ſolcher auf den Syne:
den von Sevilla 619 und Toledo den Vorfik. Er
ift der aelehrtefte theologiſche Schriftfteller Spa:
niens feiner Zeit, und feine Werte find von blei-
bendem Werthe troß der begründeten Ansftellun:
aen, welche eine fpätere Zeit daran gemacht hat.
Seine Hauptwerke find: de ecclesiasticis offi-
ciis; Sententiarum libri III, Auszilge aus Gre:
gor und Auguftin über Dogmatik und Moral;
Historia de regibus Gethorum ; Originum seu
etymologiarum libri XX, eine Art Encnflopädie.
Gefammtausgabe von Fauftin Arevali, Rom 1797.
Ifidoriſche Sammlung. S. Kanonenfammluma.
Slam. S. Muhammed.
land. Nach der Entdedung der Inſel 04
70) ftedelten fi dort Norweger an, welche unter
Harald Harfager unzufrieden die Heimath verlal:
fen ee und richteten ein ariftofratifchrepubli:
caniſches Staatsweſen auf. Den erften Berjud,
das Chriftentfum einzuführen, machte Thorvaldt
Kodransſon Vidförli (der Weitgereifte), welcher n
Rormwegen befehrt war, 981 ; Olaf Trygavafon en
Norwegen (995—1000) fandte danadı mehr
Miffionäre und 1000 wurde durch einen Compro:
miß der Vornehmen das Chriftentyum Staats:
religion, das Bolt lieh ſich taufen und die anfäng:
lihen Vorbehalte zu Gunften des Heibenthums
wurden 1016—20 aufgehoben. Erft 1055 wurde
das Bisthum Stalaholt gegründet, 1106 das zu
Holar. Einer Entwidlung der Hierarchie ftand die
Batronatöverfaffung nah dem alten Landrechte
(jus ecclesiasticum vetus s. Thorlaco Ketillia-
num, herauögegeben von Thorkelin, 1776) entge:
gen, auch das Eölibat und die geiftliche Gerichts:
arfeit konnten nicht durchgeführt werden. Als ſeit
1152 die Infel, die früher zum Erzbiäthum Bre
men-Hamburg, dann zu Lund (1103) gehörte, dem
norwegiſchen Erzitifte Nidaros unterjtellt wurde,
begann der Kampf der Kirche um ihre Ungabhän—
gigkeit. Die norwegischen Könige, denen ſich 12%
—64 die Infel unterworfen hatte, begünftigten
anfangs die Kirche, nahmen dann aber ſelbſt bie
Geſetzgebung in weltlichen Dingen ber Kirche in
Anipruch; erft 1297 wurde der Streit zwiſchen dem
Könige und der Hierarchie gefchlichtet und das
vom Biſchof Arni Thorlaksſon 1269 entworfene
neue Kirchenrecht 1356 durd Magnus Eirilſon
förmlich anerfannt (jus ecelesiasticum novum >.
Arnaeanum, herauägegeben von Joh. Thortelin,
1777). Durch die Galmarifhe Union 1397 mat
auch Island mit Dänemark vereinigt; fo erhielt
auch der Reichätagäbefhluß von 1596, der die
evangeliſche zur Staatäreligion erklärte, für 5°
land feine Gültigkeit. Bifchof Degmund Balsion
von Stalaholt trat, alt, erblindet und eines Mor:
des verdächtig, fein Bistum an Gizur Einareſon
(+ 1548) ab, der in Wittenberg ftudirt und der
Ismael
Reformation ſich zugewendet hatte. Deſſen Nach—
folger Martin Einarsſon fand einen erbitterten
Gegner an dem katholiſchen Biſchof Jon von Ho—
lat, der ihn ſogar gefangen nahm und Gizurs Ge:
beine ausgraben und an ungeweihtem Orte ver:
ſcharren ließ; aber nachdem derjelbe als Hochver:
räther gerichtet war 1550, fand aud) die Einfüh—
der dänischen Kirchenordnung und der Ripe⸗
ner Artifel fein Hinderniß mehr 1551. Die Bibel:
überjegung des Biſchofs Thorlaksſon erſchien 1554
(die erjte war von Oddr Gottichaltsjon 1540), ge:
lehrte Schulen wurden bei den beiden Kathebralen
eingerichtet, um dem anfänglichen Mangel und der
Unmiffenheit der Geijtlihen abzubelfen, jo daß all:
mahlich die aufgegwungene Reformation aud) in
das Bolt drang. Das Bisthum Holar wurde da=
nah aufgehoben und das von Stalaholt nad
Reykjavik verlegt. Unter dem Bijchofe ftehen jegt
19 Pröpite und 299 Kirchen ; die Geiftlichen wer:
den von der Gemeinde unter dem Borfit des
Propftes erwählt. Bal. Leo, Einiges über das Leben
und die Lebensbedingungen von Jsland zur Zeit
des Heidenthums, bei v. Raumer, 1535; Finnus
Johannaeus, Historia ecclesiastica Islandiae,
1772—78, fortgejegt von Petur Petursson, Hav-
niae 1841.
Ismael, der Sohn Abrahams von der Hagar,
1. Moſ. 16, 16; 17, 23. Mit feiner Mutter wurde
er veritoßen, 1. Moj. 21, 9 ff., und ein Bewohner
der Wüſte. Mit einer Aegypterin verheirathet,
ward er Bater von 12 Söhnen und durch dieje der
Stammmoater der jemitifchen Araber. Es wird aber
der Name der Jömaeliten auch, 3. B. 1. Mof. 37,
25. 28; Richt. 7, 25; 8, 24. 26, von Joktaniſchen
Stämmen gebraudt.
Yirael, der Zuname Jakobs nad) jeinem Glau:
benstampf am jabof, der Name des von ihm ab:
ftammenden Volles, inäbejondere aber des Reiches
der 10 Stämme. Als theofratiicher Ehrenname
blieb derjelbe auch nach dem Eril bei den Juden
im Gebraud).
Arael. Die Urjprünge des Boltes hat die Leber:
lieferung in der Form einer Familiengejchichte be:
mwahrt. Ein jemitifcher Stamm aus den armeni-
ſchen Gebirgen ift nah Südweſten allmählich vor:
gebrungen, hat jeinen neuen Wohnfig in Kanaan
gewonnen, ſich dort ausgedehnt und mehrfach ge:
Ipalten, biß der Hauptftamm zu dem welthijtori:
ſchen Volke ſich entwidelte. Die Patriarchen, un:
bezweifelt —— Perſonen, ſind aufzufaſſen
als Stammfürften. Die Iſraeliten (oder Hebräer,
d. h. Jenſeitige) brachten bereits ein ausgebildetes
Stammesgefuhl und eine von der vorderafiatifchen
verichiedene religiöje Anſchauung mit. Ein y
heil des eingewanderten Hirtenvolfes (Lot),
ſich in dem fruchtbaren Oftjordanland niederließ,
wurde von der bort vorgefundenen üppigen und
fittlich entarteten Eultur überwunden, vermijchte
ſich mit den Ureinwohnern und wurde, jo wenig
das Bewuhtjein der Stammeseinheit verloren
ging, als ein abgejhiedenes entfremdetes Glied
(Moabiter, Ammoniter) behandelt. Deßgleichen
ſchildert die Gejchichte von Ismael und von den
Söhnen der Ketura, wie Theile des eingewander:
ten Stammes fich mit den Ureinwohnern näher
befreunden und verbinden, ihre Sitten und ihre
Religion annehmen, jelbft zwar zu bedeutenden
Stämmen heranwachſen, aber das verleugnen,
worauf aller Werth gelegt wurde, die völlige na—
429
Iſrael
tionale Geſchiedenheit von den Kanganitern, die
fi auj das Selbftgefühl gründete, ein bevorzugtes
und höher jtehendes Volk zu fein, und auf den un:
teriheidenden Gotteöglauben. Der von Abraham
durch Verträge und kriegerijchen Beiftand erwor:
bene Befig im Lande blieb unangefochten. In feinem
Leben jchildern die Züge anjpruchslojer Güte und
beharrlicher Treue, die ihren Lohn in der Bewah:
rung und Bermebrung der überlommenen Güter
findet, eine zweite Periode des friedlichen Wohnens
im Lande. Wieder aber tritt eine nicht gang jried-
fertige Scheidung ein; der größere und mächtigere
Theil des Stammes (Ejau) fällt von feiner Tradi-
tion ab, der Reft (Jakob) weicht, tehrt aber, verftärft
durch neuen Zuwachs aus den verwandten
Stämmen der älteren Heimath in Mefopotamien,
wieder, und beide Volfötheile führen ihr Leben ne:
beneinander, aber jo, dat der ältere in arabifches
Beduinenleben geräth, der jüngere im Hirtenleben
die Reinheit des Blutesund des Glaubens bewahrt.
Die Einwanderung nad) Aegypten, wo einer ihrer
Stammesgenofjen an Pharao’s Hofe zu Macht
gelangt war, knüpft die bibliihe Erzählung an
einen Mißwachs in Paläjtina. Hinzugetreten als
Motiv wird aber auch das geänderte Berhältnik
zu den Kanaanitern gewejen fein; zwiſchen dieſen
und dem ſtärker gewordenen, in feiner Abgejchloj-
jenheit verharrenden, Stamme kam es zu erniten
Reibungen (Ermordung der Männer in Sichem).
Die anfänglich fo begünftigte Lage in Aegypten,
wo fie zugleich eine Art von Grenzhut gegen Ein:
fälle von Arabien her (der vertriebenen (?) Hytſos?)
gebildet haben mögen, änderte jich, als die mächti—
gen Könige Sethos und Ramſes das Reich befeftigt
hatten und die großen Bauten begannen: die
Siraeliten wurden wie ein überwundenes Heloten:
volt behandelt. Die abgejonderten Wohnfige in
Goſen und der ägyptijche, ihrem Wefen ganz wider:
jtrebende Thierdienjt hatten dazu gedient, alle ihre
Beionderheiten zu bewahren. Unter dem Drud er:
wadt ein nationales Bewußtſein, die Sehnjucht
nad Befreiung. Mojes wird das Werkzeug, das
Volk für den Gedanken in durdaus religiöjer Ge:
ftaltung zu begeiftern. Aus der alten Tradition
von Abraham entwidelt ſich ein religiöfer Rechts:
anſpruch auf Kanaan, als das Land der Verhei:
Bung, den die Noth der Gegenwart, die Unmög:
lichkeit, in Aegypten zu bleiben, ohne als Volt un:
terzugehen, als Glaubensſatz fejtzuhalten zwingt.
Nach langem Hader mit den Aegyptern kommt e8
zum Auszug. Den Zug durd) die Wüſte benugte
Mojes’ ſchöpferiſches und organijatoriihes Genie,
welches bei ihm vollftändig im Dienite jeiner reli-
iöfen und nationalen Begeifterung ſtand, das im
Selotenbienft fittlih verfommene Volk in ftraffe
Zucht aufanmenzufaflen, die von Alters her feit:
— religiöſen Gedanken concreter auszu⸗
ilden und durch weiſe Geſetzgebung die Grund:
linien eines Staatälebens zu ziehen. Auch die krie⸗
geriiche Ausbildung wurde geübt und nad) einem
jährigen Wander: und Kriegsleben war das
Oſtjordanland im Befise des Volkes, welches nun
nad) Mofes’ Tode unter Jojua’s Führung den
Jordan überjchritt und in raſchem Siegealauf ganz
Kanaan gewann. Dauernde Einrichtungen ordne⸗
ten das bürgerliche und religiöfe Leben, nad:
dem das Land unter bie eingelnen Stämme ver:
theilt worden. Schwerer aber war es, das raid)
orbene zu fihern und zu behaupten. Die
Iſrael
430
Iſrael, das Reich
Ranaaniter, an vielen Stellen nicht gänzlich ver-| bevorzugte Priefterfafte. Nur der Stamm Juda
trieben und ausgerottet, fammelten ſich wieder,
und waren, an Kriegöfunft überlegen, oft fiegreich.
" Bon Joſua's Anordnungen war Manches nicht zur
Ausführung gelommen; die Einheit der Führung
fehlte, die einzelnen Stämme führten ein oft jehr
getrenntes Leben, bis die Noth zu neuer Einigung
ang oder ein prophetifcher Held die nationale
geifterung wieder zu weden verftand. So bietet
die Richterzeit manches Mal ein Bild des tiefften
Verfalls und dann wieder der glorreidhiten Erbe:
bung. Auch der Jehovahglauben hat oft Mühe, fid)
im Zande zu behaupten, um nicht dem Tanaaniti:
ſchen Götzendienſte Pla zu machen; jedoch ift er
tief genug gemurzelt, daß Eli und Samuel um das
RationalbeiligthHum immer wieder das ganze Bolt
verjammeln können, und alle Stummeseiferfucht
ſich vor der Autorität des Hohenprieiters und ber
Propheten beugt. Die Unfälle in dem ig gesen
die Bhilifter zwingen dem Volke aber die Erkennt:
niß auf, Daß die loſe Verfaſſung des Staates, die
immer nod) mehr dem Bedürfnik eines wandern:
den Nomadenheeres, als dem eines anfäffigen, von
Feinden umgebenen Boltes angemefjen war,
Untergang des Reiches verfhulden werbe. Durch
den Beichluß der Boltögemeinde, dem Samuel ſich
unterwerfen mußte, wurde das ng are aufge:
richtet und Saul erwählt. Tapfere Thaten gegen
die Philifter begründeten fein Anjehen und eine
demüthige fromme Unterordnung unter Samuel
machte aud) diejem die Einbuße, die das prophe:
tiſche Anjeben erlitten, weniger fühlbar. Aber die
Entzweiung zwifchen dieſer geiftlihen Macht und
dem Königthum trat bald hervor, als Saul die
vollen Königsrechte auszuüben anfing und Sa:
muels Borrang nicht mehr anzuertennen jchien ; in
David verfolgte Saul einen vom Prophetenthum
aufgejtellten Kronprätendenten. Nach Sauls Tode
war Isboſeth auf das linke Jorbanufer beichränft,
das ganze Kanaan in Händen der Philifter und
nur in Juda hatte David das Königthum erlangt
als philiftäifcher Lehensfürſt. Nicht ganz willig,
aber bei Abners Abfall und bei der Nothwendig:
keit, einen fräftigen König an ber Spite zu haben,
ſchloß ſich Das ganze Iſrael an ihn an. Während
David durch glückliche Kriege feine Herrichaft
ſicherte und ausbreitete, befeitigte er eö nad) innen
durd) Die Aufrichtung der Stiftshütte zu Jeruſa⸗
lem und die Organifation des Prieſterthums. Auch
die Propheten waren in ihren bebeutenditen Ver:
tretern dem Königthum verbunden. Das theofra:
tiſche Königthum fam in der erften Regierungs:
pertode Salomo’3 zu voller Entfaltung. Ueber:
mächtig aber bebrüdt der jhärfer hervortretende
Defipotismus das Volk. Die ſchweren Abgaben er:
bitterten gegen Salomo, der ſchlie lich aud) an dem
beidnifchen Eultus feines Harems Theil nahın ; jo
wandten ſich die ftrengen ajtetifc‘ on Jehovahdiener
unter den Propheten unwillig von ihm und verban:
den fich mit den Patrioten, welchen nur ein König:
thum in der Weife, wie Saul es geführt hatte,
erträglich ſchien. Salomo konnte die Unruhen nod)
bemeijtern ; alö aber Rehabeam den Thron beitieg,
fam e8 von neuem zu einer bleibenden Spaltung.
Der größere Theil des Volkes wollte der Entwid:
lung, die das ftaatliche und religiöfe Zeben in Juda
genommen hatte, nicht folgen, —— aber
nicht Tempeldienſt, Königthum, aber nicht Theo:
fratie, Propheten ald Leiter des Voltes, aber keine
hielt treu zu Rehabeam und dem vom Haufe Da:
vids bisher Begründeten, und wurbe fortan immer
mehr und vorzugsmeije der Träger der ferneren
Entwidlung des altifraelitiihen Glaubens, das
wahre Jirael, obwohl auf den Namen einftweilen
Verzicht pr iftet werden mußte.
Arael, das Neid. Die alte Stammeseiferfucht
Ephraims gegen Juda, welches dur das Davi-
diſche Königthum, den Befig Jerufalems und des
Tempels jo jehr den Vorrang gewonnen hatte,
war ſchon in ben letzten Regierungsjahren Salo-
mo's in einem Aufitand unter Jerobeams Füh:
rung ausgebrochen. Auch die Propheten ſahen mit
Sorge und Furcht auf Die beginnende i
des abjoluten unabhängigen Königthums und die
Eentralifirung eines glänzenden Pri ö,
ALS daher Rehabeam im Geifte feines Vaters das
Regiment —— verſuchte, 10 Stämme
von ihm ab und wählten Jerobeam zu ihrem Ab—
nige. Die Politik des Reiches blieb, den Jehovab:
eultus in altnationaler Weife zu bewahren; es
blieb nicht nur das Opfern auf den Höhen, fondern
den | in Dan und Bethel wurden aud die Stierbilder,
dad Symbol des göttlihen Weſens, aufgeftellt.
Bei dem Zurüdtreten des Priefter-Einfluffes ge-
wann das Anfehen der Bropheten, namentlich als
fie wie Elias und Elifa mit Kraft und Würde den
alten veligiöfen Volksgeiſt und die Vollsfreiheit
gegen bie dem Fremden ergebenen Könige zu ver:
—— hatten. Die Hauptſtadt des Reiches war
erſt Sichem, dann Thirza, Jisreel und Samaria.
Nach Jerobeams Tode folgten unruhige Zeiten.
Der Mangel einer legitimen Erbfolge gab das Reid
häufig in die Hände fühner Verſchwörer, die einen
Königsmord nicht ſcheuten. Der fortdauernde Krieg
mit Juda, da beide Reiche die Wieberunterwer:
fung je des andern erzwingen wollten, führte zu
den Kämpfen mit Syrien, deſſen Bundesgenofien-
haft Juda erworben hatte. Erſt als Omri's Haus
in ;reundfchaftlihen Verlehr mit den Königen
Juda's trat, begann eine Zeit der Blüthe in el
unter Ahab, die aber die Wurzel alleö fünftigen
Verderbens in fich trug, weil die Berbindung mit
Phönicien den heidniſchen Baalsdienft nach Iſrael
brachte. Zwar v te Elias noch das Volk zu
einer blutigen Reaction gegen die religiöfen Neue:
rungen Ahabs aufzuregen, aber da ſeitdem das
Prophetenthum dem Königthum und deſſen poli:
tifcher Richtung fich naturgemäß mehr entfremden
mußte und mit feiner Neigung fi Juda zumanbte,
jo verlor ed immer mehr den Einfluß im Bolte
und vermochte dem Anbringen bes Heidenthums
feinen abwehrenden Damm mehr entgegenzufeßen.
Auch Jehu's Haus, welches durch eine von ben
Propheten angeftiftete und geleitete Empörung den
Thron erlangte, entſprach nicht den Hoffnungen.
Wohl wurde der Baalädienjt energiih und doch
nur vorübergehend ausgerottet, aber mit den Bro-
pheten wurden aud ihre Mahnungen zu ernfter
und wahrer Religiofität bei Seite gefchoben, und
mit dem zunehmenden Wohlſtand des Landes in
den friedlicheren Zeiten unter Joas und Jerobeam
II. jant der fittlihe Zuftand des Volles immer
tiefer. Nah Jerobeams II. Tode fam das Reid
raſch an den Rand bes Berberbens ; der ſchnelle
Thronwechſel, alö nacheinander Saharja und
Sallum ermordet wurden, fpaltete das Volk in
Parteien; die Syrer erneuten ihre Angriffe im
Itala
Norden, bie Bhilifter vom Süden, jo daß Menachem
fi) nur durch fremde Hülfe halten konnte. Um es
mit feiner der beiden damals aufitrebenden Welt:
mächte au verderben und von beiden gejtügt zu
werben, zahlte er an Aſſyrien einen Tribut und
" gab an Aegypten Geichente, begann aber damit
die Schaufelpolitif, die dem Reiche den Unter:
gang brachte. Als Pekah Menachems Sohn ver:
drängt hatte und nun im Bunde mit Syrien ſich
egen Afiyrien unabhängig ftellte, aber Ahas von
Selbe mit Krieg lberzog, wurbe er von Ziglath:
Bilefar, den jener um Beiftand — hatte,
geſchlagen, verlor die Hälfte ſeines Reiches, indem
die Einwohner von Gilead und Naphthali nach
Refopotamien und Aſſyrien geführt wurden, und
behielt den Heft nur als tributpflichtiger Vaſall.
Hofea, der durch Pekahs — — Thron
gewann, ſuchte durch ein Bündniß mit Aegypten ſich
gegen Aſſyrien zu ſchützen, fiel aber, ſchlecht von
dem ſelbſtſüchtigen Bundesgenoſſen unterſtützt, der
e Salmanaſſars anheim. Er wurde gefangen
genommen; als das Land ſich erhob und Sama⸗
ria nad) tapferem Widerſtand gefallen war, führte
der Sieger die ganze Bevölterung in die Verban⸗
nung nad Medien und bejegte bad Land mit neuen
Anfiedlern aus Mejopotamien. Damit hat die Ger
ſchichte des Volles der 10 Stämme ihr völliges
Ende erreicht. Sie find in ihre Heimath nie wieder
zurüdgefehrt. Als Cyrus die Erlaubniß zur Rüd:
tehr gab, machten von derjelben wohl nur Wenige
Gebraud. Man hat manchmal gemeint, Spuren
der 10 Stämme aufgefunden zu haben, aber jtetö
die Wahrſcheinlichkeit einräumen müſſen, durd)
igen Schein getäufcht zu fein. Vgl. die im
. Juden angegebene Ziteratur.
Itala, die ältejte lateinische Bibelüberjegung
(f. d. Art. Lateiniſche Bibelüberjegung).
Italien. Wie die Gründung der hriftlihen Ges
meinde in Rom, fo liegt die Chriſtianiſirung des
übrigen Jtaliens völlig im Dunfeln, fie muß von der
Hauptftabt außgegangen fein, und yet e Ueber:
gewicht des römischen Biſchofs war entſcheidend für
die ganze Geftaltung der Kirche. Die Stürme ber
Bölterwanderung trafen Italien härter als irgend
ein anderes Land. Sicherung ber kirchlichen Ber:
bältnifje trat erft wieder ein mit der Gründung
des Longobardenreiches. Die Politik der Karolins
ger gründete dann, um eine Stüße gegen die Yon:
— zu haben, den Kirchenftaat. Die welt:
ihe Macht des Papſtes verjtrichte aber dann hier
mehr als irgendwo den Klerus in die politiichen
Iniereſſen; die kirchlichen Aemter bis zum päpit:
lihen Stuhl wurden Mittel zu fremden Zweden.
So jant die Sittlichleit des Klerus und das relis
giöfe Leben immer mehr. Ein glänzender Eultus
verbirgt noch heute oft jehr unzureichend den craj:
feften Aberglauben und devote Kirdlichkeit den
Mangel an Kriftlihem Gewifjen. Die Reforma:
tion hat Jtalien nur vorübergehend berührt. Auch
bier waren die tiefen Schäden der Kirde den
bejjern Männern nicht verborgen geblieben und
der Bund unter Leo X. zur Erneuerung und Ret:
tung der Kirche von 80 Männern, die jpäter de
entgegengejegte Wege gingen, wie Gajetan, Caraffa
und Contarini, zeigte, daß eö auch für eine refor⸗
matorijhe Bewegung an Anhaltöpunften nicht
mangelte. Ein ähnlicher Kreis hatte ſich in Benedig
gebildet, in welhem Reginald Poole und M. Fla:
minio hervorragten. Luthers Auftreten fonnte nicht
431
Stalien
verfehlen, aud) in Italien Aufiehenzuerregen ; feine
und der anderen Reformatoren Schri wurden
eifrig verbreitet und viel geieten, jpäter,alöder Arg⸗
wohn der Geiftlichfeit erwedt war, unter frembem
Namen überjegt, jo Melandythons Loci, Luthers
Katehismus, Zwingli's und Bucers Schriften und
Calvins Ynftitutio. Bon den ähnlichen reforma:
toriſchen Schriften der Italiener ift die befann:
tefte jene des Aonio PBaleario: Bon der Wohlthat
Ehrijti. An den einzelnen Orten, wo fi ein Mann
—— dem die neue Lehre Herzens⸗ und Gewiffens:
ache geworden war, bildeten —— oder klei⸗
nere evangeliſche Kreiſe, ſo in Venedig um Lupe⸗
tino, Flacius und Altieri, in Ferrara um die Her:
zogin Renata, in Modena um Paolo Ricci, in Bo:
logna um Giovanni Mollio und den ———
Geſandten von Planitz, in Neapel um Juan Valdez,
Vermigli und Occhino, und in Iſtrien arbeitete
ber fromme Biſchof Paolo Vergerio an der Evan—
eliſirung ſeiner Diöceſe. Aber dieſer italieniſche
— war nicht ſtark genug, den An:
griffen gu widerſtehen, die ſich bald erheben muß»
ten. Nicht allein, daß ihm überall der Schuß der
Obrigkeit gleichmäßig abging, daß er weniger un:
ter dem Bolte, ald unter den feiner und wifien:
ſchaftlich Gebildeten Raum gewann, die Zehripal:
tungen der lutheriichen und ſchweizeriſchen Abend:
mablölehre ſchwächten nicht bloß die innere Ein:
eit, fondern auc die Gemeinſchaft mit der deut:
chen Reformation, die obenein gegen die Jtaliener
mißtrauifch wurde, als ihre hervorragendſten Füh:
rer ſich immer mehr zu unitarifchen Ideen befann:
ten. Einen Augenblid hatte Bau! ILL. geihwantt,
ob nicht zur Vermeidung größeren Schadens der
Kirche den Forderungen der Zeit in etwas nad):
gegeben werden folle, als jein Legat wurde Con—
tarini zum Reli *6 nach Regensburg
abgeordnet, aber Caraffa's Einfluß überwog bald.
Als es ſich zeigte, daß die erſte Forderung eine
Beſchränkung der Macht der Curie ſei, beſchloß
man ſtatt deſſen, mit allen Mitteln den Brote:
ftantiömud niederzujhlagen. 1542 wurde das
Inquifitionstribunal in Rom mit unumfchränt:
ter Gewalt niedergejegt, 1543 erjhien das erite
Verzeichniß der verbotenen Schriften. Unter Ca:
raffa’s Zeitung entfaltete die Inquifition in allen
italienifhen Staaten ihre Wirkſamkeit, jelbjt Re:
nata zu ara (j. d. Art.) fonnte ihre Freunde
nicht jhügen, und aud) der Senat von Bened
mußte ſich fügen. Viele entflohen, viele jtarben a
dem —** oder im Gefängniß, nicht We:
nige retteten jich durch Abſchwören ihrer Irrthü—
mer. Noch ernfter wurden die Berfolgungen der
Inquifition, ald GCaraffa ag ben ——
Stuhl beſtieg 1555, und unter ſeinen Nadfolgern
Pius IV, 1560 und Pius V. 1566, jo daß bie
Eurie in rn langer Zeit die Freude hatte, Jta-
lien vom Gift der Ketzerei gründlich gereinigt zu
jehen. Der Geift der Unduldſamkeit und des Haſſes
gegen evangelijches Wejen prägte fid) in der bür:
gerlihen Gejetgebung der italienifhen Staaten
aus. Noch in diefem Jahrhundert fand die Berfol: -
ungder Walbenjer in Piemont Statt, und die Ber:
ger des Ehepaares Mabiai erregte noch 1352
die ganze proteftantiihe Welt. Die politifchen
Ummwälzungen in Jtalien haben darin eine mäch—
tige Aenderung hervorgerufen ; nicht bloß daf der
Grundja der Toleranz —— ausgeſprochen,
und die Einweihung der Waldenſerkirche zu Turin
Italieniſche Bibelüberſetzungen
als ein freudiges Ereigniß öffentlich gefeiert wurde,
die tief aufregende Frage nad) der weltlichen Macht
des Bapftes rief bei Paſſaglia und Andern. Ge:
danken an eine Umgejtaltung der Kirche wach; die
Waldenfer begannen mit aller Energie ihre miſſio⸗
nirende Thätigfeit durd ganz Italien; neben fie
haben fich die italienischen Brüder geftellt, an ihrer
Spige de Sanctis, Mazarella, Guicciarbini,
welde, ohne ſich an eine der bejtehenden evange-
liſchen Kirchen anzuſchließen, deren Cultus und
Verfafjung fie den Jtalienern nicht für entipre-
chend halten, in bejonderem Gegenſatz gegen den
latholiſchen Priefterbegriff die Gründung einer
italienifchen Kirche auf rein bibliſcher Grundlage
im Auge haben. I rg haben fajt alle engli:
ihen und franzöftiihen Denominationen ihre
Emifjäre nad) Italien gejendet. Vgl. Zeopold, Ur:
jachen der Reformation und deren Verfall in Ita—
lien (Zeitichr. f. hift. Theol., 1843), Erdmann, die
Reformation und ihre Märtyrer in Jtalien, 1855;
Witte, das Evangelium in Jtalien, 1861; Ritzſch,
die evangeliihen Bewegungen in Jtalien, 1863.
Italieniſche Bibelüberfegungen. Die jet ge:
bräudliche und von den Bibelgejellichaften ver:
breitete Ueberjegung ift die des Profeſſors der
Theologie in Genf Job, Diodati von Lucca; fie
bat die früheren gänlig verdrängt, nämlich Die
des Florentiners Antonio Bruccioli (1530 zu Be:
nedig) und bie Ueberſetzung des Neuen Teitaments
von Maffimo Teofilo, weldye mit der des Alten
Teitaments des Bruccioli verbunden zu werden
pflegte. Eine ältere Ueberjegung (Venedig 1471)
ift die des Camaldulenſerabtes Nicolo di Malermi,
der ſich auf ältere Ueberfegungen bezieht, mit deren
Hülfe er die Bulgata genau übertragen haben will.
Ithatius, Biihof von Sofjuba. Bon der Sy-
node zu Saragofja mit der Ausführung ihrer Be:
ſchlüſſe gegen Briscilian beauftragt, n er bie
faiferlihe Hülfe und ihre Strafmittel in Anſpruch.
Er war Urſache, daß Priscillian von Maximus
als Ketzer hingerichtet wurde, nachdem die Synode
zu Bordeaur 384 ihn EELE und verdammt hatte. | da
Der erite Borgang der jpätern Jnauifition.
Ithamar, der Sohn Aarons, 4. Mof. 3, 2; 1.
Chr. 24,2. Obgleich jein älterer Bruder Eleaſar
nad Nadabs und Abihu's Tode, 2. Mof. 28, 1,
das Prieſterthum erbte, jo beginnt doch mit Eli
eine Reihe von Hoheprieitern aus Ithamars Ge:
ſchlecht, welche mit Abjathar (Abimelech) unter
David endigt, worauf mit Zadol die ältere Linie
wieder beginnt. Eine Beranlaffung des Wechiels
ift nirgend angedeutet.
Iturän, die nordweitlichite Landſchaft von Ba:
jan (jet Dſchedur) am Abhang des Libanon, ein
rauhes Gebirgäland, defien Bewohner räuberifche
Bebuinen waren. Ariftobul (100 v. Chr.) befiegte
fie und zwang fie zur Beſchneidung. Das Land
gehörte zur Tetrarchie des Philippus und fam un:
ter Claudius zur Provinz Syrien. Bei den Claſſi⸗
fern wirb es zu Gölefyrien gerechnet.
*53— S. Jobeljahr.
ubel} r, Jubiläum in der katholischen Kirche.
Durd ein Gerücht beftimmt, daß in Rom alle 100
Jahre ein großer Ablaf ftattgefunden habe, ſprach
Bonifacius VIII. am 12. Febr. 1300 dieſen Ablaß
wirflih aus für Alle, welche in diefem Jahre bie
Kirchen des heil. Petrus und Paulus 15, reſp. 30
Mal befuchten. Clemens VI. ſetzte das Jubeljahr
auf das je 50. Jahr, Urban
432
Yuba
Baul 11. 1470 auf das 25. Jahr.
führte dabei 1500 den Braud der De
Schließung der heil. Pforte ein. Der
Zudrang der Pilger und die damit verbundene
Vereiherung des päpftlihen Schatzes war die Ur-
fache, die Jubelperiode zu verkürzen. In dem au
das Jubeljahr folgenden Jahre pflegt dasſelbe au
bie ganze Kirche ausgedehnt zu werden. Das legte
Jubeljahr ift 1850 mit geringerer Betheiligung
gefeiert worden.
Jubiläen, dad Bud der, ober die Apokalypſe
bes Mojes, ift eine Darftellung der Geſchichte von
der Schöpfung bis Moſes, eine Erweiterung und
Ausführung des in der Genefis Enthaltenen, dem
in hronologifher Anordnung die 50 Jubelperio:
den von 50 Jahren zu Grunde gelegt find. Als
altes Schriftventmal und durch die Menge des
Sagenſtoffes ift das Bud von — Die
Bygantiner kannten es noch, jetzt iſt es nur in
äthiopiſcher Ueberſetzung wieder aufgefunden. Bal.
Emald, Jahrb. der bibl. Wiſſenſchaft, 1849—51.
Juda, der Sohn Jakobs, der 4. Sohn der Lea,
In der Schilderung des Verhältnifies der Brüder
unter einander und zu ihrem Vater, 1. Mof. 37,
26. 27; 48, 8—11; 44, 16—84; 49, 8—12, wo
ihm eine bervortagendere Stellung angemwiejen
wird, fpiegelt ſich das fpätere Verhältniß feines
Stammes vorbildlich ab.
Juda, Stamm. Als der volfreichite und krie⸗
geriſchſte ftand er früh in Anjehen; er bildete die
Borhut auf dem Zuge durch die Wüfte (2. Mof.
13, 18) und nahm fein Gebiet nicht in Befis,
als bis alle Stämme das ihrige erlangt hatten
(Ridht. 1,4). Ihm war die Süpgrenze angewie:
jen bis zur Nordipihe bes Todten Meeres; es ge:
lang ihm aber nicht, der Bhilifter Herr zu werben
(Richt. 1, 19) und bis zum Mittelmeer vorzubrin:
gen. Der Stamm Simeon wurde in fein Stamm:
ebiet aufgenommen. Schon in der Richterzeit
cheint der Stamm ein von den übrigen abgejon-
dertes, in fich geſchloſſenes Leben geführt zu haben,
er an den Kämpfen Barats, Gideons und
Jephtha's keinen Antheil nimmt. Er bielt fich
ſchon zu Sauls Lebzeiten an Davib und aner-
fannte denfelben als König. Nad dem Anſchluß
der übrigen Stämme wuchs Juda's Bedeutung
durch die Eroberung Jerufalems und die Aufrich-
tung des Nationalbeiligtbums. Nach der Tren-
nung gewann das Heinere Reih vor dem größe:
ren an nationaler Kraft und längerem tand,
nicht bloß durch die abgejchlofjenere Lage, jondern
vor allem durch die religiöje Einheit, die Bildung
und Organijation des Briefter: und Zevitenftan:
des, die Entwidelung einer religiös » nationalen
Literatur und damit —— eines Pro:
phetenftandes, was Alles nur dadurd ermöglicht
wurde, daß das Königthum an die Erbfolge im
Haufe Davids gebunden blieb und feine Revolu:
tionen, wie in Samarien, einen grundſtürzenden
Wechſel der PBrincipien des Bolls: und Staats:
lebens herbeiführten. Die Gejdichte des Staates
hängt in der eriten Periode des re Reiches
an jeinem Berhältniß zu Iſrael. Die Kö:
nige fonnten den vergeblihen Berfuchen nicht ent-
en, die zehn Stämme wieder zu gewinnen, bis
Alla und Joſaphat in ein engeres Bündniß mit
dem Haufe Omri traten. Amasja, der die frübe-
ren Verjuche erneuern wollte, büßte feinen friegeri-
anber VI.
ung und
e
—
. 1889 auf das 38., fen Ehrgeiz durch die erſte Eroberung Jerufalems.
Juda
Der Erfolg reiste Iſrael, den Berfall unter
Ahas zu benugen, um mit jgrifcher Hülfe das
Land zu erobern. Seine Herrichaft zu retten,
unterwarf fih Ahas als tributpflihtiger Bajall
dem Königreich Afiyrien. Von nun an ift die Po:
litit des Staates nur darauf gerichtet, die Unab:
hängigkeit und Selbftändigfeit wieder zu gewin—
nen, und bie Parteien ftreiten, nachdem Joſias bei
Megiddo gefallen, darüber, ob der Anſchluß an
Aegypten oder an Afiyrien der zum Biele führende
Weg ſei. Troß aller Warnungen der Propheten
neigten die Könige, geleitet von einer arijtofrati:
ſchen Partei, fi immer zu den Aegyptern. Der
mit jeder neuen Unterwerfung gefteigerte Drud
ber Chalbäer reiste den Vollsha gegen diejelben
zu fanatiſcher Erbitterung und forderte immer
härtere Maßregeln der Sieger heraus, bis endlid)
mit den Hönigen Jojafim und Zedelia das Reid)
zu Grunde ging und auch der Reſt des Bolfes in
bie Gefangenſchaft geführt wurde. Dem äußeren
Verfall zur Seite geht immer der innere des Got:
tesdienftes und der Sitte Der Tempeldienft
unterdrüdte zwar allmählich die alten Eultusfor:
men der Anbetung auf den Höhen; aber immer
von neuem drang fanaanitischer und phönicifcher
Gögendienft ein, dem das Prophetentyum zu
begegnen nicht ftarf genug war. Es fehlte an
einem bleibenden Unterricht des Bolfes im Geſetze
und den Lehren feiner Offenbarung; Joſaphats
Einrihtung war nur vorübergehend. Ahas führte
in Abhängigkeit von den Aſſyrern den Geftirn-
dienſt derjelben ein und jogar ägyptiſcher ge
dienjt fand Aufnahme. Dabei entwerfen die Pro:
pheten die traurigiten Bilder von den fittlichen
Zuftänden. Die Neformationen der einzelnen
frommen Könige, jelbft die jchriftlihe Abfaffung
des Geſetzes unter Jofias konnten wenig helfen.
Die Zeit der Berbannung ift die große Yäuterungs:
zeit des Volkes. Das levitiſche Geſetz erhielt einen
Werth ald das von den Heiden trennende und un:
terjcheidende, und die Hoffnung auf eine nationale
Wiederherftellung, welche von den Propheten wach
gehalten wurde, fand nur einen Halt am Jehovah⸗
Glauben. Der kleine Brudhtheil des Voltes, wel:
chen Serubabel und der Hohenpriefter Jofua un:
ter Eyrus zurüdfüßrten, erbaute unter viel Drang:
ſal den neuen Tempel, der 516 v. Chr. eingeweiht
wurde, und empfing dann durch Esra und Nehe:
mia eine feftere Organijation, die es nicht bloß
vor der Willfür des perſiſchen Statthalters mehr
ſchützte, ſondern vor allem dem neuen Berfall des
religiöfen Lebens durch ihre Einrithtungen ent:
gegenarbeitete. Die Sammlung der heiligen
Schriften, das fid) bildende Schriftgelehrtenthum,
die damit verbundene Aenderung des Briejter:
thums, der aus dem Eril mit — ————
und jetzt ſich ausbildende Synagogendienſt
ſtimmten die fernere Entwickelung des Juden:
thums mit ſeinem levitiſch⸗geſetzlichen Weſen, wel:
ches mit unüberwindlicher Zähigkeit den aus einer
langen und trüben Gejhichte geretteten Gedanken
fefthielt, daß das Volk eine Gotteögemeinde jei
und werden ſolle, daß es hinfort nur Durch jeine
Religion und für feine Religion leben könne. Die:
fer Grundzug des Vollkslebens bildete fich weiter
aus in den religiöjen Parteirichtungen der Phari:
fäer und Sadburäer, den Therapeuten und
Efjäern, er rief die Hierarchie hervor ‚und führte
einen neuen glanzvollen Auſſchwung mit einer
433
Juda
furzen Selbſtändigkeit bes Volkes herbei, und bes
reitete ihm endlich, ausgeartet in einen finftern
Fanatismus, einen tragischen Untergang. — Als
eine perfifche Provinz nahm Baläftına nad) dem
Berlujt der Selbjtändigkeit Antheil an dem Ge:
ſchicke Vorderafiend. Noch einmal rief die alte
Neigung an Aegypten fich anzuſchließen, zum
Schuß gegen den Drud des Dftens, einen Rader
zug der Perfer und eine neue Deportation eines
bedeutenden Theiles des Volles nach Hyrfanien
— Bei Alexanders Zuge gegen Aegypten
uchten die Juden ſich durch Berufung auf den den
Perſern geleiſteten Eid neutral zu halten und er:
langten (durch den Aufzug des Hohenpriefters und
ber Priefter) von ihm Schuß und mande Begün-
ftigung. Nach feinem Tode bildete Zuda den Sant:
apfel zwijchen Aegypten und Syrien. Ptolemäus
eroberte Jeruſalem 320, mufite es aber 314 Anti:
onus wieder überlaffen, bis nad) der Schlacht bei
fus 301 dad Land dauernd zu Aegypten ge:
ſchlagen wurde, womit es an 100 Jahre verbun-
ben blieb. Antiochus III. von Syrien mußte zwar
von dem erjten Berfuche, ſich des beanspruchten
Landes zu bemäcdhtigen, bei Raphia von Ptole:
mäus Bhilopator — * abſtehen (217), er⸗
neuerte ihn aber mit Erfolg gegen Ptolemäus IV.
Epiphanes, und von ſeinem Siege über Skopas
bei den Jordanquellen datirt die Herrſchaft der
Seleuciden über das jüdiſche Land. Hatten bie
Ptolemäer die Juden in ihren religiöfen An:
gelegenheiten unbehelligt gelaffen und ſich mit
der Zahlung des Tributs begnügt, fo daß felbft
der gemwaltthätige Philopator den Tempel, durd
irgend melde Beranlafjung bewogen, geichont
hatte, jo gingen dagegen die Seleuciden auf eine
Verſchmelzung dieſer Grenzprovin; mit ihrem
Reihe aus, Es bildete ſich in Jerufalem eine qrie:
chiſche Partei, an ihrer Spite der Hohepriefter
Menelaus, welcher feine Würde von Antiodus er:
fauft und den nicht würdigern Jaſon verdrängt
hatte. In dem Kampfe biefer beiden ſah Antiochus
einen Aufſtandsverſuch, eilte aus dem zweiten
ägyptifchen Feldzug herbei, eroberte Jerufalem,
plünderte den Tempel und verfuchte nun den jübdi-
ſchen Gottesdienft mit Gewalt und Graufamteit
auszurotten. Der entjeglide religiöfe Drud rief
den Aufitand des Mattathias und feiner Helden:
fühne hervor (j. Hasmonäer). Sein Sohn Simon
tonnte als Fürft und Hoherpriejter jeit 142 Iſrael
als von Heiden wieder befreit anfehen. Der rafche
Berfall des hasmonäiſchen Haujes rief die Ein:
mifhung der Römer herbei, deren Schuß früher
gegen die Syrer gefucht worden war; Pompejus
eroberte die Stadt und ſetzte den letzten Hasmo—
näer Hyrlan als Hohenpriefter ein, gab ihm aber
den Idumäer Antipater zur Seite, womit das
Köni —* der Herodianer ſich einleitete. Nach
der Abſetzung des Archelaus (6 v. Chr.), wurden
Judäa und Samaria mit der römischen Provinz
Syrien vereinigt. Die unmittelbare Zeitung über:
fam ein Procurator, der mit einer Legion feinen
Sitz zu Cäſarea hatte. Die Einleitung der römis
fchen Befigergreifung und die Schäßung des Qui—
rinus rief den Aufitand des Judas von Gauloni—
tis hervor (das erjte Auftreten der fpäteren Zelo—
ten), nad} deſſen Unterbrüdung noch 30 ruhige und
friedlihde Jahre folgten. Die Procuratoren be:
gnügten ſich, möglichſt das Land auözubeuten, fie
vergaben die hohepriefterliche Würde . Willkür,
Juda 434 Judas
aber fie ſchonten die religiöſe Eigenthümlichteit. T Bde., Ausg. 2, 1851—59, einzelne Bände in 3.
Unter Bontius Pilatus fam es zu den erften Eon: | Ausgabe; Kurk, Geſchichte des alien Bundes, 2.
flieten, als die laiferlichen Feldzeihen im Wider: | Aufl. 1853 u. 1858; Ad. Menzel, Geſchichte ber
jpruch mit Dem biäherigen [honenden Herlommen Königreiche Jirael und Juda, 1863; Dunder,
in Serufalem aufgepflanzt werden jollten; wie Pi- Geſchichte des Alterthums, Bd. I. 3. Ausg. 1863.
latus hier nadhgab, jo verhütete der fyriiche Statt: | Judae Leo, der Sohn eines Priejters, geb. zu
Bu: Petronius größeres Unheil, als Caligula die | Rappoldsweil 1482, Früher nannte er ſich Keller,
ufſtellung feines Bildes im Tempel verlangt hatte. | ftudirte zu Schlettjtadt unter Erato und zu Baſel
Die Gunft, welhe Agrippa I. bei Claudius genof, | unter Wyttenbach. Nachdem er Diakonus zu Baſel
der ihm das Neid) feines Großvaters Herodes zu: und Pfarrer in St. Pilt im Elſaß gewejen war,
rüdgab, kam aud den Juden zu gute. Als aber trat er an die Stelle feines Freundes Zwingli
Judäa von neuem den Procuratoren unterjtellt |zu Einfiedeln 1518 und wurde 1523 Pfarrer an
wurde, rief die Willfür derfelben, der fid ein | St. Beter in Züri. Als treuer Gehülfe Zwingli's
immer entichloffeneres Auftreten der Zeloten und |unterftügte er denjelben bei der Einführung und
Sicarier entgegenftellte, unterftügt von dem Auf: | Fortführung der Reformation, für welche er ſchon
treten falicher wer immer größere Unruhen | vorher aud) durd Luthers und Erasmus’ Schrif:
im Lande hervor, bie Gejfius Florus abfichtlich das | ten gewonnen war. Er verheirathete ſich 1523 mit
Volk zur Verzweiflung trieb undden legten Aufitand | einer früheren Nonne. Ton eigenen Werfen ift
hervorrief (Unruhen in Cäjarca, Begrüßung der das bedeutendite fein Katechismus, 1534 deutſch
eldzeichen in Serufalem). Nach dem Blutbad in |und lateinifch herausgegeben. Sonſt überjegte er
Jeruſalem bemädhtigten ſich tie Pe des | Zwingli's und Luthers Schriften ind Deutjche, bes.
Tempelberges, eroberten die Feſtung Majada und |ins Lateinifche. Bekannt ift feine lateinifche Bibel:
verweigerten das Opfer für den Kaiſer. Das Blut: | überjegung, die jog. Frojchauerbibel, 1524—1529,
bad von Cäſarea verbreitete den Aufitand durch welche jein Freund Bibliander vollendete. F 1542.
das ganze Land. Ceſtius Gallus bei Gibeon ge: | Judas, der ſüdliche Theil Paläftina’s, be-
ſchlagen, hob nad) einem vergeblihen Sturm die | grenzt im ©. von Idumäa, im D. vom Jordan,
Velagerung von Jerufalem auf und verlor fait jein |im N. von Samaria. ©. Baläftina.
Heer im Engpaß von Bethoron. Die Bejonnenen | Judaismus bezeichnet diejenige Richtung inner:
im Bolfe und die Chriftengemeinde verliehen Jeru: | halb des Chriftenthbums, welche Principien zur
falem, während die Zeloten fiegestrunfen den | Geltung bringen will, welche ihrem Weſen nad
Kampf fortzuführen ſich rüfteten. Bejpafian ero: | nicht dem Chriftenthum, fondern dem Judenthum
berte 67 Galiläa, wo Joſephus und Yohannes | angehören. Ueber den Streit der judaifirenden
von Gijcala ſich gegenfeitig befämpft hatten, jtatt | Brincipien mit den paulinifch-heidencpriftlichen in
das Land in Vertheidigungszujtand zu bringen. | den erjten Jahrhunderten vgl. den Art. Juden:
In Jerufalem ftritten Johannes von Gijcala, | hriftentyum. In der Form diejes legtern wurde
Simon und Eleazar um die Dberherrichaft, nur | der Judaismus von der Kirche überwunden. Da:
einig im Kampf gegen die Römer. Um die Ofterzeit | gegen ift derfelbe nur um fo tiefer eingedrungen
des Jahres 70 umſchloß Titus die Stadt, im Auguft | in die innere Ausgeftaltung des Chriſtenthums zu
wurde der Tempel erobert, drei Wochen jpäter der | einer riftlichen Kirche. Hat das Chriftenthum der
Reit der Stadt. Eine Million Juden war im Kampfe jüdiſchen Yeußerlichkeit des religiöfen Lebens das
durch Hunger und Srantheit — 97,000 | Brineip der Innerlichkeit gegenübergeſtellt, jo war
Gefangene wurden fortgeführt. Die Ländereien | die Beräußerlihung des Chriftentbums in der fi)
Judas wurden verkauft und die Selbitändigfeit | bildenden katholiſchen Kirche ein weſentlich judai-
ber Provinz aufgehoben. Dennoch verjuchte der | ftiihes Princip. Die katholiſche Kirche baute ſich
Reit des Volkes ein nationales Leben in beichränt: | auf nad) den Typen der jüdischen Theofratie ; ftatt
ter Weiſe fortzuführen und dejien Kern, die relis | des chriſtlichen allgemeinen Prieſterthums verfiel
giöfe Einheit, zu retten. In Jamnia bildete ſich fie dem jüdiſch-hierarchiſchen Princip; ftatt des
das Synedrium, an feiner Spige der Nafi (der | vom Chriftenthum verlangten inneren Glaubens:
erite war Gamaliel, der Entel-Hillels), als neues | lebens wählte fie die jüdische Beräußerlichung einer
Oberhaupt aller Juden. Römiſcher Drud rief unter | glänzenden Eultus-Gerenioniens und Opferreli—
Trajan den Aufitand der Juden in Aegypten und | gion. Der Kampf gegen die herrſchende Kirche im
Eyrene hervor. Die Gewaltmaßregeln zu feiner | ganzen Mittelalter und dann namentlich die Re:
Unterdrückung, das Verbot der Sabbathfeier, der | jormation waren hauptjählic gegen den Judais-
Beſchneidung, veranlaßten die Empörung, welche | mus in der Kirche gerichtet. Derjelbe tritt immer
durch das Auftreten des von Rabbi Afiba begünftig: | wieder in irgend einer Form im Chriftentdum
ten Bar⸗Cochba nod einmal zu einem Berzweif: | zum Borjchein. Die Ueberwindung desjelben ift
lungsfampfe wurde. Bar-Cochba eroberte Jerus | Die Aufgabe einer naturgemäßen Entwidelung der
falem, zog jih nad deſſen Berluft nad Bethar | Kirche.
zurück, bis auch dieies 135 erobert wurde. Ha:| Judak, der Bruder des Heren. ©. Jakobus.
drian ließ nun Judäa mit Heiden bevöltern, an; Judas Barſabas. S. Barſabas.
Jeruſalems Stelle entitand Aelia Gapitolina, wo | Judas Brief. linter dem Namen des Judas
fein Jude wohnen durfte; heidniſche Symbole | „des Bruders des Jakobus“ enthält das Neue
verunteinigten bie heiligen Derter. — Das Syne: | Teftament einen kurzen, an alle Chriften gerichte:
drium hatte Jamnia aufgegeben und ſich in Tibe: ten Brief. Die Ueberlieferung erfannte in dem
rias niedergelafien, wo es fortbejtand bis ein | Berfaffer den Luk. 6, 16 genannten Apoftel Judas
Edict von 429 das Patriardhat für erlojhen er: | Jakobi (d. h. des Jakobus Sohn). Dagegen ift
NMärte und die Neuwahl eines Naft verbot. Da: | wahrfcheinlich Judas, der Bruder des in Jerufa-
mit war der legte Reit einer jüdiſchen Voltseinheit | lem fo angefehenen Jakobus, des „Bruders des
gerfiört. Vgl. Ewalt, Geſchichte des Voltes Iſräel, Herrn“ zu veritehen, alſo ebenfalls ein Bruder
Judas
435
Jefu, was mit Marc. 6, 3 ftimmt. Der Brief po: |
Juden
Judenſchaft zu Antiochia in Syrien und in Klein»
lemifirt gegen Verirrungen, mehr moraliſcher als aſien auf,deren Anfänge dorthin von Antiochus III.
dogmatiſcher Art, in heftiger Sprade. Seltjam
find die Citate deö Briefes aus dem apofryphiichen
Bude Henoch (B. 14 u. 15) und aus einer apo—
trophifhen Geſchichte des Todes Moſes (B. 9).
Ueber das Berhältniß zum zweiten Petrusbrief
ſ. d. A. Betrusbrief. Ueber die Jrrlehren des Brie:
fes vgl. Ritſchl, Studien u. Krit., 1861; Commen:
tare von Scharling 1841; Rampf 1854; Huther,
2. Aufl. 1859; Wiefinger 1862; Schott 1863.
Judas, der Galiläer (Apitg. 5, 37), auch der
Gaulonite,aus Gamala, erregte in Verbindung mit
einem Priefter Sabduf einen Aufitand, ald Augu:
ſtus die Schägung (census) ausſchreiben ließ, weil
dieſe das Zeichen der Vernichtung und der Knecht—
ſchaft Iſraels ſei. Der Aufftand wurde zwar bald
unterdrüdt, ift aber als das erfte Auftreten der Ge—
fepedeiferer oder Zeloten von Bedeutung gemejen.
Nach Joſephus ftarben zwei Söhne des Judas den
Kreuzestod unter Tiberius 46, Der dritte, Menas
dem, warf ji als Meſſias auf 66 und wurde hin:
ichtet
Judas Iſcharioth, Simons Sohn, der Ver:
räther, aus dem Orte Karioth in Juda. Weber
die Beweggründe jeines Verrathes j. die Literatur
bei Haſe, Leben Jeju, 4. Aufl. $. 105. Ebenfo ift
viel über die Frage verhandelt, ob Judas bei ber
Einjegung des Abendmahls zugegen gemejen jei.
Ueber feinen Charalter giebt Joh. 12, 6 eine
Andeutung. Ueber jein Ende und den Ankauf des
Töpferaders mit dert Lohn des Verraths hat die
evangelijche Ueberlieferung zwei nicht ganz über:
— Berichte (Matth. 27, 3f. Apſtg. 1,
18 f.).
Judas Lebbäus oder Thaddäus (2b Herz,
N Bruft). Einer der zwölf Apoftel (Matth. 10,3;
Marc. 3, 18; Apftg. 1, 13), von dem nichts weiter
befannt ift. Er ijt von dem Bruder des Jakobus
reſp. Chrifti, dem Verfaſſer des Sendichreibens zu
unterjcheiden.
Iudas Mallabäus. S. Hasmonäer.
Jude, der ewige, ift nach der morgenländi-
jchen Sage der Pfürtner Cartaphilus, welcher Je:
jum geidhlagen und verjpottet, nad) der abend:
landen Ahasverus, ein Schuſter in Jeruſalem,
der Jeju die Ruhe auf dem Kreuzeöweg an jeiner
Thür verweigerte (j. Ahasverus).
Juden. Das jüdische Volk hat eine noch nicht
änzlich abgejchlofjene Gejchichte außerhalb Palä-
inas. Die Gefammtheit aller außerhalb Pa-
läftinas lebenden Juden theilte ſich in zwei große
ander von denen die eine nach Joh. 7, 35 die
iajpora der Griechen genannt wird, die andere
die der Babylonier, welche aus dem aſſyriſchen
und Babyloniſchen Eril datirt, Bon den Anjied:
lungen der Juden im Abendland war die ältejte
und berühmtefte in Aegypten, wo unter dem
Schute der Ptolemäer fi ein jüdiſches Gemein:
wejen auäbildete, welches jein nationales Recht
bewahrte, jogar einen eigenen Tempel zu Zeonto:
polis erhielt, welder dem Tempel zu Jeruſalem
egenüber die legitime Nachfolge jeiner Hohenprie-
fer hervorheben konnte. Die freundliche Berüh:
zung, in welde hier das Jubenthum mit der
+
aus Mejopotamien und Babylon verpflanzt waren,
um eine treuergebene Einwohnerfchaft unter un:
ruhigen Stämmen zu befigen. Bon dort aus wurden
bie Infein und Küftenftädte des Mitteländifchen
Meeres befegt. Die Judengemeinde in Nom führt
den Ye auf die durch Pompejus Gefangenen
zurüd, Die enge Berbindung diefer jüdischen Colo—
nien mit Jerufalem, bez. Jamnia und Tiberias,
ift nie unterbiochen gewejen, der Synagogen:
eultus hielt die religiöje Gemeinſchaft lebendig
und die bürgerliche Verfaſſung ‘war überall ber
alerandrinifhen ähnlih. So lange der jüdifche
Staat nod) bejtand, war die Lage diefer Juden:
ſchaften ſtets mehr oder weniger bedingt durch
das Verhältniß ibrer Machthaber zu Jerufalem ;
an Unterdrüdung und blutiger Verfolgung hat es
ſelbſt in Negypten nie gefehlt (Btolemäus Philopa⸗
tor, Btolemäus Physlon, der Aufitand in Eyrene).
In Rom wiederholten fie fich jeit der erften, 19 nach
Chr. Die Furcht vor der anwachjenden Menge
rief Die Verbannungsdecrete und andere Dad:
regeln hervor, um die Zahl der Juden zu vermin-
dern. Die Kluft, weldhe das Gefek zwiſchen den
„Juden und Heiden befeftigt hatte, mußte nothwen:
dig bei dieſen Mißtrauen, Haß und Verachtung
end sielibi In enger Beziehung zu Alerandrien
tand die jüdische Anfiedelung zu Cyrene, wohin Pto⸗
lemäus Soter nach der Eroberung Jerufalemö viele
Taufende von Juden verpflanzt hatte, deren Zahl
dur Einwanderung aus Aegypten vermehrt ward,
Weniger an Alerandrien ald an Jerujalem ſich an:
ſchließend, wo fie eine eigene Synagoge beſaßen, bil:
beten dieje nordafrikaniſchen Juden den compacten
Kern des Volks nad) der legten Zerftörung Jeru:
jalems, von wo der Aufitand ausging, der Aegyp—
ten mitergriff und mit Bar-Cochba's Niederlage
endigte. Trog mancher Berfolgungen durch Willfür
der Kaijer, oder der Brocuratoren, oder auch durch
bie Leidenſchaft des Pöbels hervorgerufen, bewies
ſich Doch die römiſche Geſetzgebung ftets auch gegendie
„Juden billig; wie allen Anderen wurde aud) ihnen
die Möglichkeit eröffnet, das römische Bürgerrecht
zu gewinnen, und alö Garacalla den Unterichied
jwiichen peregrinus und eivis aufhob, fam dies in
vollitem Maße auch den Juden zu Statten, fie wa:
zen vollberechtigte Bürger und in ihren religiöjen
Beziehungen unbehindert, nur daß fie die alte
Tempeljteuer an das Capitolinum zu Rom leijten
mußten; eine Beſchränkung blieb dem Chriften:
tum der Kaijer vorbehalten. Conftantinus ver:
bot den Juden ihre Hriftlichen Skiaven zu beſchnei—
den. Conjtantius hob die Ehe zwiſchen Chrijten
und Juden auf und beftrafte den Ayfall zum Ju:
denthum mit dem Verluft des Vermögens. Theo-
doſius II. (439) nahm ihnen die Defäbigung öffent:
liche Aemter zu belleiden, und Leo VI, (886— 911)
verhängte die Strafen der Abtrünnigen über die
zum Judenthum Zurüdtehrenden, und Juſtinian
erneuerte dieſe Beitimmungen und — ſie ins
tanoniſche Recht auf... Die natürliche Verbindung
der gedrückten Juden mit den unterliegenden Par—
teien der Arianer und der Ikonoklaſten, ſowie mit
den heranrüdenden Berfern und Muhammedanern
atte neben dem orthodogen Staatsintereffe die
echiſchen Eultur trat (Hellenismus), wirkte nad) | öffentliche Stimmung ihnen immer mehr entfrem-
Beiden Seiten fördernd unb auf das Chriſtenthum
vorbereitend. Nicht minder bedeutend tritt bie
bet. Dennod), behielten fie ihre organifirten Ge:
meinden, nur in Gonjtantinopel * ihnen ein
Juden
beſonderes Viertel außerhalb der Stadt angewie⸗
fen. Weit günſtiger blieb die Stellung im weft:
römischen Reiche, zwar blieben die älteren einmal
ins römische Recht aufgenommenen Beftimmungen
in Geltung, aber abgejehen von den Begünftigun:
gen der Ehriften als Stlaven der Juden, hielten
die Haifer und die Päpſte fich fern von jedem Ver:
fuch, durch Gewalt einen Uebertritt der Juden zu |
erzwingen. Dagegen gelang e3 bald den Bemii-
hungen einer bigotten Geijtlichkeit im Franken:
reich, die frühere vollftändige Gleichberechtigung
der Juden und den Verkehr berjelben mit den
Chriſten zu zerftören. Die Synode zu Banned
465 verbot den Geiftlihen, die von Epaon 517
auch den Laien bei Juden zu fpeifen; das Goncil
zu Orleans 533 unterfagte die Ehe zwifchen Ju:
den und Chriften, das zu Macon 581 verbot den
Juden ridhterlihe Aemter; der bigotte Eifer der
Geiftlihen hatte ſchon mehrfach den Pöbel gegen
die Juden erregt (Blutbad zu Elermont 576) und
erreichte fein Ziel in dem Befehl Dagoberts 629,
daß alle Juden das Reich verlaffen oder ſich tau:
fen lafjen ſollten. — Die Begünftigungen, welde
Karl d. Gr. und Ludwig d. Fr. den Juden ange:
beihen ließen, indem fte deren höhere Bildung
und ihren Handel zum Beften des Rei zu be:
nugen ſuchten, vermochten, wie das Beijpjel Ago-
bards des Heiligen von Zyon 827 zeigte, Aur mit
Mühe dem bigotten Eifer des Klerus zu wider:
ftehen, und das bejondere Schufverhältniß, in
welches fich diefe Fürften zu den Juden festen, nad
defjen jpäterer Ausbilbung die Juden als Eigen:
thum des Königs galten, ging bei der Entwide:
lung des Lehnsweſens und der Baronien auf dieſe
zugleich über und gab den Baronen, wie den Kö:
nigen, gleiches Recht und gleihe Veranlaffung zu
neuen wiederholten Bedrüdungen und Erprefiun:
gen. Das erneute Verbot, Aemter zu beffeiden,
Grundbefit zu erwerben, die tiefften Herabwür—
digungen, öffentliche Beſchimpfungen an chrift:
lien Feiten, Abzeichen an der Kleidung und ab»
gejonderte Wohnpläte in den Städten wurden
herkömmliches öffentliches Recht. Der Neichthum,
den bei alldem die Juden erwarben, reizte bie
Habſucht. Philipp Auguft gab 1182 das erfte Bei:
fpiel einer Plünderung der Juden, welches jeine
er Ludwig VIII. und IX., Philipp III.
und IV, durch die Edicte über die Judenſchulden
nadhzuahmen verftanden. Mehrmals wurden
fämmtliche Juden verbannt, dann wieder unter
Zufage von Privilegien und Erlegung großer
ummen zugelaffen. Für jeden Juden mußte
durch ihren Vertreter ein Leibzoll an den fönig-
lihen Schaß nad) der Verordnung Karls V. 1361
gezahlt werden, dafür wurden fie unter einen
eigenen Gardien et juge, fpäter den Propſt von
Paris geftellt. Zuletzt nody vertrieb Karl VIII.
die Juden aus feinem Gebiete, fie fanden Auf:
nahme in Deutichland und in Avignon. Obgleich
die Zahl der Juden in Frankreich immer noch be:
beutend blieb, fo wurden ihre Privilegien feitbem
im Allgemeinen aufrecht gehalten und felbft
Louis XIV. achtete diefelben, jo daß fein Beleh:
rungseifer fie verfchonte. Louis XVI. aber hob
1784 jogar den Leibzoll auf, Die franzöfifhe Re:
volution emancipirte mit einem Schlage die u:
den und gab ihnen die vollen Rechte des franzöfi-
{chen Bürgers, und als 1806 die Berfammlung der
jüdiſchen Notabeln die Uebereinftimmung des jüs
436
Juden
diſchen Geſetzes mit den Grundſätzen des moder⸗
nen Rechtes erklärte, beſtätigte Napoleon die
Rechte der Juden und gab auch ihnen 1807 eine
kirchliche Gemeindeverfaffung, die Eonfiftoires über
je 2000 Juden unter dem Gentralconfiftorium zu
Paris. Die Reftauration jo wenig als die Juli
revolution hat diefe Örundfäge anzutaften gewagt,
und wir fehen in Frankreich und den Niederlan-
den, welche der franzöfiihen Gefeßgebung folgten,
die Befähigung der Juden zu allen öffentlichen
Aemtern und die volle bürgerlihe Gleichjtellung
auch thatjählic anerkannt.
In England herrfchten die franzöſiſchen Grund⸗
fäge. Eduard der Belenner erflärte 1041 die Ju—
den feines Reiches für Eigentum des Königs.
Daher begünftigten eines Theild die Könige die
Anfehtune und den Wucher der Juden, beihügten
fie auch gegen die Verfolgungen des Klerus und
in gegen fe gerichteten Bollsaufftänden, aber
waren andern Theils deſto rüdfichtälofer in ihren
Erprefiungen. Richard Löwenherz und Johann er:
ließen mehrere Verordnungen zu ihrem Schuß,
aben ihnen Vertreter und fogar ein gingen
berhaupt; ebenfo verordnete Heinrih III. eine
Vertretung der Juden zu ihrem Schuße in jeder
Stadt, Eduard gab 1275 ein neues Judenregle—⸗
ment, aber troß dem hatten gerade dieje Fürtten
bei ſtetem Geldbebürfniffe immer ungeſcheuter die
Juden beraubt und mit Gefängnis und Folter
ihre Erpreffungen burchgefegt. 1290 verbannte
uard ohne befondere Beranlaffung die Juden
aus dem Reiche. Erft unter Cromwell ward ftill«
ſchweigend ihnen der Aufenthalt wieder geftattet.
1723 erlaubte das Parlament ihnen den Erwerb
von Grundeigenthum; aber erjt jehr allmählich
(1858) konnte durchgeſetzt werben, daß durch eine
Aenderung des vorgefchriebenen riftlihen Eides
ihnen der Zugang zu allen öffentlichen Aemtern,
aud) ins Parlament, geöffnet wurde.
In Deutſchland, wo die Sage die erjten Ans
fiedelungen ber Juden in den Rheinftädten mit der
Beritörung Jerujalems in Verbindung bringt, war
ihre Stellung als des „Reiches Kammerknechte“
eine im Ganzen geſetzlich geregelte und bis zu den
Kreuzzügen eine nicht zu unglinftige. Als unmit-
telbare Schütlinge des Reiches zahlten fie ein
Schutzgeld, aber jede Beeinträchtigung ihrer Rechte
war ein Bergehen gegen das Reid. In ihren
inneren Gemeindeangelegenheiten völlig ſelbſtän⸗
dig, waren fie den in das geltende Recht aufge:
nommenen bürgerlihen Beſchränkungen des oſt⸗
römiſchen Raiferreich3 zwar unterworfen, im Ber:
tehre aber nicht gehemmt; für den Schutz auf
ihren Reifen zahlten fie Geleitögeld. Die einzel:
nen Stände, Fürften, Ritter und Städte erwarben
dad Recht, Juden zu halten und zu ſchützen, oft
als befonderes werthvolles Lehen. Dieje günftige
Lage änderten die Kreuzzüge. Der erregte Heli:
ionsfanatismus wandte fid) gegen die wehrlofen
den; beim erjten Kreuzzuge die Horde Gott:
jchalt's in Trier, die Emico's am Main; beim zwei⸗
ten Kreuzzug der Mönd Rudolf; der Reichthum,
welchen die Kreuzzüge in die Hände der Juden
bradten, vermehrte nur die zen fort:
während neue Gerüchte von Gräueln Juden
erzeugte und neue locale Berfolgungen hervorrief.
Der kaiferlihe Schu war zu ſchwach und viele
Juden wanderten nad Schlefien und Polen aus.
Das Mittelalter bis zur Reformation und den
Juden
Angriffen Pfeſferkorn's bietet eine lange Kette von
Mikhandlungen der Juden in Böbelaufftänden.
Daß aber die Juden in Deutichland mehr ein
Gegenftand der Verachtung ald des Hafjes wur:
den, lag nicht zum geringften in dem niedrigen
Bildungsgrade derfelben, und weil fie in Folge
der Berhältniffe immer mehr nur dem Wucher
und Schadher fi} ergaben; defto sorniger entlud
fich der Volkshaß, wenn er auf einen Hofjuden wie
Zippold in Berlin, oder Süß in Würtemberg, die
Berantwortlicleit für den Drud der Fürjten wer:
fen konnte, und dann büßte das Volt die vermeint:
fie ober wirkliche Schuld des Einzelnen. Seit
dem großen Kurfürften, der die aus Defterreich
vertriebenen Juden in Berlin aufnahm, begün:
ftigten die preußifchen Könige, troß der oft abjon:
berlihen Pladereien Friedrih Wilhelm's J., die
Juden durch Freiheiten und Privilegien im Jnter:
effe ihrer Induftrie. Faſt gleichzeitig bereitete das
öfterreichiiche Toleranzedict und die Verordnung
von 1790 in Preußen eine völlige Gleichftellung
mit den Chriften vor, der Leibzoll wurde aufge:
ben, bie Gewalt der Rabbinen befhräntt, Schu:
ejtiftet und der Zutritt zu manchen Aemtern
geöffnet. Die bedeutende Stellung, welde ein:
zelne Juden in Wiſſenſchaft und Kunft einnahmen,
verfehlte nicht, im gejelligen Leben die bisherigen
Schranten fallen zu machen. Das Judenedict von
1812 verlieh ihnen endlich die vollen bürgerlichen
Rechte, mit Vorbehalt jedoch der Bulaffung zu
Staatsämtern. Dem Beifpiele Preußens waren
die Heinen deutichen Länder gefolgt und hatten es
theilweife überholt; Baden hatte 1808, Württem:
berg 1810, Bayern, Deffau u. a. ein begrenztes
Bürgerreht gewährt. Auch w dieſem Gebiet
machte fich die Reaction geltend, Preußen weigerte
1822 die Zulaffung zu Staatsämtern, Lübeck ver:
jagte 1818 feine Juden, Hamburg nahm ihnen die
Freiheiten, Frankfurt beftritt das Bürgerrecht,
in Braunſchweig und Heſſen verloren ſie die Rechte,
die ihnen das rg np Weſtphalen gegeben hatte.
Aber während fo die politifchen Rechte mehr be:
engt wurden, machte fich die Incongruenz immer
fühlbarer mit der einflußreihen Stellung, welche
inzwiſchen bie Juden durch eine Anzahl bedeuten:
ber Männer nicht nur als Kaufleute und Ban:
rohe fondern auf dem Gebiet der Kunit, der
iteratur und der Wiffenfchaft fich erworben hat:
ten. Die Grundrechte des deutfchen Parlaments
von 1848 jollten aud) diejen Widerſpruch aufheben,
aber außer Württemberg (1861) hat noch kein deut:
fher Staat den letzten Schritt gethan und bie
völlige Gleihberehtigung der Juden ausgeipro:
hen. In Preußen gilt noch das Judengejeg von
1846, und die alten Bejtimmungen werden noch
ehandhabt, daß Ehen zwiſchen Juden und Chris |
hen ſtaatlich unzuläffig feien, unebelihe Kinder
einer Jüdin und eines hriftlichen Baters als Ehri:
ften erzogen werden müßten. Der Einfluß der
günftigeren äußeren Berhältniffe auf das veligiöfe
Leben tft nicht ausgeblieben ; nicht bloß der Bau
prachtvoller Synagogen bezeugt ein lebendigeres
religiöfes Gemeindeleben, eine jüdiſche Theologie
macht ſich in bedeutenden Vertretern geltend, und
der innere Kampf ber jog. Reformjuden gegen die
Anhänger des Alten, ift nicht ein Kampf des Un:
glaubens, ſondern eines neu erwachten religiöfen
Bebürfniffes, welches von den Satzungen des Tal:
mud und des Nabbinismus fi gebunden und
437
Juden
—— fühlt und Befreiung und Befriedigung
ordert.
In Rußland hatte Peter der Große zuerſt die
Juden zugelaſſen. Eliſabeth verbannte ſie wieder
1745. Alexander I. aber verlieh 1805 und 1809
ben in der Stille Zurüdgelehrten ausgedehnte
Gewerbefreiheiten. Nikolaus I. hat diejelben zum
Theil wieder befchräntt, In Polen find die Juden
ſeit mehr ald 1000 Jahren ——* als Flücht:
linge aus Jtalien und Deutjchland, aber unter
dem bejtändigen Drud ift der Zuftand derfelben
ein äußert gefunfener geworden; als die Inhaber
der Branntweinjchenten auf dem Lande, die Ver:
mittler alles Berfehrs der Landleute verfanten fie
in Wucder und Schacher und duldeten Erpreffun:
gen ihrer Herren nur, bamit ihnen gejtattet fei,
von deren Unterthanen das Doppelte wieder zu
ſuchen. Die ruſſiſche Herrichaft jucht auch hier die
uftände zu beffern. In den nordiihen Reichen
it den wenigen Juben die bürgerliche Gleichſtel—
lung gewährt.
In Italien galten die älteren Concilienbeſchlüfſe;
der Bapft nahm Hier die Stellung ein, wie in
Deutſchland der Kaifer, und Alles hing daher von
feiner perſönlichen Gefinnung ab. Die Grundfäße
Gregor’3 J., der allen Gewaltmaßregeln abhold
war, wirkten bei feinen Nachfolgern nad. Gün—
ftiger noch als in Rom war die Stellung in den
italieniſchen Handelsſtaaten. Im 16.und 17. Jahr:
hundert aber unterlagen fie vielfad den Verfol:
gungen der Inquiſition. Nach der kurzen Geltung
der franzöfiichen Geſetze, wurden in Ober⸗Italien
und im flicchenftaate die alten kanoniſchen Gejege
wieder in Kraft erklärt, bis das Jahr 1848 auch
hier Beflerung fchaffte. Der Ghetto in Rom wurbe
eöffnet. Toscana ſprach die Emancipation eben:
alls aus.
Am wechjelvollften war die Geſchichte der Juden
in Spanien. Die Anfiedelungen dajelbft find jehr
alt, und ihre Zahl war bedeutend ; fie genofjen voll:
fommene Religionsfreiheit und bürgerliche Gleich»
berechtigung. Jedoch verboten ſchon die Synoden
zu Eliberis 305 und 320 die Ehen zwiſchen Chri:
ften und Juden und das Speifen bei jüdijchen Feſt—
mablen. Der Arianismus der bald danad) Spa:
nien überziehenden Bölfer war, wie überall jo
auch hier, tolerant gegen die Juden. Als aber
Reccared zum Katholicismus übertrat und ber
Einfluß der Geiftlichkeit mächtig wurde, begannen
die Mafregelungen durch Synodalbeſchlüſſe, die
zu Reichsgejegen erhoben wurden. Die Ehe mit
Chriften, die Belleivung öffentlicher Aemter wur:
den verboten, defgleihen das Halten von Skla—
ven, wodurd ihnen nad) den Berhältniffen ber
Zeit der Landbau verwehrt wurde, Kinder aus
gemifchten Ehen mußten getauft werden (Concil
zu Toledo 589). Die Bedrüdung ſchritt jomeit,
dab man ihnen nur die Wege ließ, ſich taufen zu
lajjen oder auszumandern. Wurde die Strenge
ber Beftimmungen nit aufrecht gehalten, jo war
deſto härter die Bag 9 der Zwanggetaufs
ten, die weder mit Juden Gemeinjhaft haben
durften, noch als vollberechtigte Chriſten anges
fehen wurden. Gebote der Taufe oder der Aus—
wanberung (633, 655, 681) wechjelten zwar mit
größerer Nachficht, aber ftetig blieb der Drud, bis
Egica mit dem Concil zu Toledo (693) den Juden
fogar den Befig aller unbeweglichen Habe entzog,
ben Geſchäftsbetrieb mit Chriſten verbot und bie
Juden
Qualereijen der Zwanggetauften noch verfchürfte.
Viele Juden waren nad) dem von den Mauren be:
egten Afrika geflohen, wo fie alle Freiheit genof-
en; fo wurden die fpanifchen Juden die treueften
Verbündeten der Mauren, als diefelben die Herr:
fchaft der Weftgothen ftürgten. Es ift die Zeit der
Maurenberrichaft die Glangperiode der jpäteren
jüdifhen Geſchichte. Nicht nur, daß ihnen die volle
politische Gleichberechtigung verliehen wurde und
Juden die höchſten Ghrentellen beffeideten ; bie
arabiihe Bildung, welche fie fich aneiqneten, übte
mädtigen Einfluß. Es entjtanden die Schulen zu
Eordova, fpäter Granada und Lucena, auf denen
das Studium des Geſetzes und des Talmud betrie:
ben wurde; aud) in den Wiffenfchaften der Mathe:
niatif, Ajtronomie und Arzneifunde zeichneten die
ſpaniſchen Juden fi aus, ihnen gehören die be:
rühmteften jüdiſchen Gelehrten des Mittelalters
an. Diefe glüdliche Zeit dauerte zwar in dem
Maße nicht fort, als die fanatifhen Almoraviden
und Almoyaden die Herrfhaft erlangten, denn
diefe erzwangen den ſcheinbaren Uebertritt aller
Juden zum Islam, aber mit ihrem Sturze 1212
frat im Königreihe Granada auch die frühere
Freiheit wieder ein, biS mit dem Untergang der
Maurenherrſchaft und dem Siege des chriſtlichen
Eaftiliens Juden und Mauren gleihmäßig von der
In quiſition verfolgt wurden. Für die —— in
den chriſtlichen Königreichen Spaniens hatte die
Zeit der Verfolgung durch Geiſtlichkeit und Pö—
bel mit dem 14. Jahrhundert, veranlaßt durch die
Paſtorellen, begonnen; zu Navarra 1328, Toledo
1350, Burgos und Valladolid 1380, fo daß viele
auöwanderten oder zum Ehrijtenthum übertraten.
Der erregte Fanatismus der Zeit wandte fich
Dann gegen die Neuchriſten (Maranos), weil aud)
Mauren zum Schein fich taufen liefen, und unter
Ferdinand dem Katholischen begann die Inquiſi—
tion den Vernichtungskrieg. Nach der Eroberung
Granadas erging der Befehl, daß alle Juden
binnen drei Monaten das Land zu verlafien hät:
ten; 300,000 wauderten aus. Portugal folgte
dem Beijpiel Spaniens; die dort Bertriebenen
fanden zum Theil in den Niederlanden und in den
neuentdedten überfeeifchen Ländern eine Heimath.
* Oſtrömiſchen Reiche blieben die ſtrengen
Geſetze Juſtinians, der den Juden die bürgerliche
Ehre genommen hatte, in Geltung. Die feindſelige
Abneigung wurde vermehrt durch die Kriege mit
den Perſern, in deren Heere viele Juden dienten
und Verbindungen mit den byzantiniſchen Glau—
bensgenoſſen unterhielten; durch die Bilderſtrei—
tigfeiten, weil die Juden ſtets auf Seiten ber
Bilderfeinde ftanden, und endlich durch die Ber:
bindung der Juden mit Arabern und Muhamme:
danern. Troß der wachſenden Bedrüdung haben
aber die Jaden im byzantinijchen Reiche nie ähn:
liche Mißhandlungen und Berfolgungen wie im
Abendlande zu ertragen gehabt; in organifirten
Gemeinden blieben fe in ihren Erwerbszweigen
ungehindert.
ie Diaſpora des Morgenlandıs ſchreibt ſich
ber vom Babylonifchen Erile, und die zahlreichen
Juden in Arabien werden von Cinwanderungen
ſchon zu Nebufadnezars Zeiten hergeleitet. Bon
Aſſyrien und Medien, den älteften Verbannungs:
orten aus, verbreiteten fie fich zahlreich nach Ar:
menien und von dort nad) Syrien und Vorder:
afien; aber auch nach Dften bis nah China,
438
Judenchriſtenthum
Japan und Oſtindien. Der Kern der jüdiſchen
Verbannung war Babylonien. Bis ins 4. Jahr⸗
hundert n. Chr. lebten die Juden bier überall
unter den günftigften Bedingungen, bürgerlich
gleichberechtigt mit den übrigen Unterthanen bes
perfiihen und parthifchen Reiches, eher noch be:
vorzugt durch mande Begünftigungen und durch
eine nationale Berfafjung. Abgeſehen von ber
religiöfen Verbindung, in welcher fie mit Jerufa:
lem blieben, welche mit der Ausbildung des Syna:
gogencultus nur enger wurde und bei der Ber:
legung des Patriarhats nad) Jamnia und Tibe:
rias —— hatten ſie am Reſch-Glutha
(Haupt der Auswanderung) ein eigenes weltliches
—— das urjprünglich die Steuereinzahlung
zu beforgen hatte, aber aud) eine eigene unabhän:
gige Gerichtäbarfeit überfam. Durch die Grün-
dung der rabbinifhen Afademien zu Naharden
durch S. Ariody, zu Sura dur Abba Aricha und
zu Bumbeditha am Euphrat dur Jehudah ben
Jeheskiel nahm das Judenthum in Babylon einen
ſolchen Aufihmwung, daß Babylon das wahre J:
rael genannt wurde. Es machte fi) von dem Pa:
triarchat zu Tiberiad vollftändig unabhängig ver
in Bezug auf kirchliche Zucht und Bann, und dur
den Babylonifhen Talmıd —— ber hier aus:
gebildete Rabbinismus den beftimmenden Einfluß
auf alle Juden, von dem nur das große Schiäma
der Karäer (ſ. d. A.) ſich losfagte. Diefe Autori:
—— Babylons überdauerte auch die große
Ta e Berfolgung unter Jezdeicherd II., melde
alle — zerſtörte. Ir der Mitte des 6. Jahr:
hundertö wurden die Schulen wieder eröffnet und
die Häupter derjelben (Geonim) mit dem Neid:
Glutha blieben die anerfannten Mittelpuntte der
orientalifchen Diafpora bi8 der muhammedaniſche
—— der ſchon früher die Schulen zu
ura und Pumbeditha zerftört hatte, um 1040
auch hier das Letzte gerftörte. Der Muhammeba:
niömus geftattet den Juden fo wenig wie ande:
ren Rihtmuhammedanern die vollen bürgerlichen
Rechte, ihr Gotteödienft ift gleichfalld beſchränkt
und demüthigende Abzeichen an der Kleidung fol:
len die Unterworfenen überall kenntlich bezeichnen.
Doc ift einestheild der Muhammedanismus den
Juden nod freundlicher gefinnt als den Chriften,
anderntheild ließ die perfönlice Gefinnung der
Herrſcher und die Bedeutjamfeit der Yudenge:
meinden nicht immer und überall die ganze Strenge
der Beftimmungen —— Das geiſtige Le:
ben der Gemeinde wurde aber durch die Tyrannei
der Sultane in Aſien, wie in Aegypten, zeritört,
uud wenn fpäter die Türken eine mildere Behand:
lung wieder eintreten ließen, fo blieb die Stellung
der Juden bis zum heutigen Tage eine gedrüdte,
unter welcher das religiöfe und fittliche Leben viel:
fach leiden mußte, Val, Yoft, Neuere Geichichte
ber Iſraeliten, 3 Theile, Berl. 1846 — 47; Dep-
ping, les juifs dans le moyen äge, deutſch, Stutt:
art 1854; Geiger, Judenthum und feine Ge:
Phichte, 2 Bde., 1864 u, 65; Grätz, uf? der
Juden vom Untergang bes jüdiſchen Staats bis
zum Abfchluß des Talmud, 4 Bde. 1854, 2. Aufl.
1863, 5. uno 6. Bd. 1860, 7. Bd. 1863. j
udenchriſtenthum ift Hiftorifch zunächſt die
Auffaffung des Chriftenthums, welche die volle
Uebereinftimmung und den Zufammenhang desjel:
ben mit dem altteftamentlichen Geſetz behauptete
und die Berheifung lediglih an das geſetzliche
Auder Matthäus
Berhalten des Menfhen gebunden erachtete. Dem
Judendriftentfum gegenüber fteht das Heiden:
chriſtenihum am entjchiedenften durch Paulus ver:
treten, welches zwar den Zulammenhang des
Evangeliums mit dem Alten Tejtamente aner:
fennt, aber das Geſetz als etwas „Dazmwifcheneins
gelommenes“ und für die Folge nicht Verbindl::
ches eradhtet. Das Chriſtenthum der Altern Apo:
ftel und Gemeinden war Judenchriſtenthum,
langfam erſt konnte die heidenchriſtliche Richtung
fih Anerkennung und Gleihberechtigung feit dem
Apoſtelconvent erfämpfen, bis das Judenchriſten—
thum der Entwidlung der criftlihen Idee nicht
mehr zu folgen vermochte, — namentlich ſeitdem Je—
rufalem und damit der theokratiſche Staat gefallen
mar und die jüdiichen Kriege des 2. Jahrhunderts
den legten Reit der jüdiſchen Hoffnungen zerfüör:
ten, — und endlich ald Secte der Ebioniten, Na:
zaräer aus der fich bildenden katholiſchen Kirche
ausfchied. Legte das Judendriftenthum anfangs
das Hauptgewicht auf die Geltung des jüdiſchen
Geſetzes, namentlich der Beſchneidung, eig ſich
um dieſe Geſetzesfrage der Kampf, welcher ſich in
den Schriften des Neuen Teſtaments, namentlich
im Galaterbrief, abſpiegelt, ſo finden wir dagegen
im 2. Jahrhundert den Ebionitismus, welcher
dem Drange der et np weniger
noch die Forderungen des Geſetzes aufftellt, da:
gegen einen mehr dogmatijchen Charakter an:
nimmt, namntlid in der ausſchließlich menſchli—
chen Auffaffung der Perſon Chrifti einen Gegen:
fa bildet gegen die allgemeine Kirche. Dadurch
wurde der Eblonitismeis immer mehr zur entfchie:
denen Secte. Außerdem findet fid) aber eine ftarf
vertretene judencriftliche Richtung in diefer Zeit
mit theofophifchem Charakter. Diefelbe tritt in
einer Reihe religiöfer Parteien, wie der Elfefaiten,
Sampfäer, Offener zum Vorfchein, und hat dann
in den Glementinen (f. d. U.) eine der legten be:
deutenden literarifchen Erjcheinungen hervorgeru:
m est Holgmann, Gejchichte des Volkes Iſrael,
‚©. 566
Juder Matthäns, geb. 1528 zu Dippoldswalde
im Bezirk Meifen. Ebenf:Il3 Prediger an ber Ul—
richskirche zu Magdeburg, war er Mitarbeiter des
Flacius an den Centurien.
Judien heift der dem Palmſonntag voraufge:
bende Sonntag nad) dem Introitus Pſalm 43,1.
Judith, ein altteftamentliches apokryphiſches
Bud, welches den Kriegözug des Holofernes, des
Feldheren des Königs Nebufadnezar von Affyrien,
die Belagerung der Stadt Bethulia, die Rettung
durch die muthige That der ſchönen a welche
Holofernes par en berichtet. Das Bud ift
offenbar nicht Geichichte, fondern ein allegorijcher
Roman, mit der Tendenz, Iſrael in einer fchlim:
mengeit zur muthigen That zu entflammen. Diefe
Zeit jelbft ift Schwer zu beftimmen. Viele (Hilgen:
feld, Yipfius) beziehen die Schilderung auf die
Zeit der Maffabäer, jo daß unter Nebukadnezar
Antiohus d. Gr., unter Holofernes Nilanor zu
verstehen, und die Abfaffung etwa 144 v. Chr. zu
ſetzen wäre. Andere (Hikig, Volkmar) ſetzen die
Entftehung erft etwa 118 n. Chr. und erkennen
Trajan und ben Feldheren Lufius Duintus unter
den gezeichneten Figuren. Judith ift die ſymbo—
liche Geftalt des echten Judenthums. Die Schrift
ift urſprünglich hebräiſch geſchrieben, muß aber
bald ins Griechiſche überjegt worden fein. Das
439
Jülich⸗Cleve⸗Berg
Original iſt früh verloren. Vgl. Fritſche, Com—
mentar 1853.
ae Literatur. S. Rabbinismus,
ülich⸗ Gleves Berg und Mark. Dieje Länder,
welche jet mit Ausnahme der mweitphälifch ge:
wordenen Mark zur preußiihen Rheinprevinz
gehören, vereinigte Johann III. von Eleve 1521
zu einem Herzogtum. Wie in keinem anderen
deutſchen Lande entwidelte fich hier die Reforma—
tion ohne, zum Theil gegen den Landesherrn,
und die kirchlichen Verhältniſſe gewannen ba:
durch einen eigenthümlichen Charafter. Erleich—
tert wurde dies gerade dadurd, daf die Herzöge
oft in Fehde mit den Erzbiſchöfen von Köln, die
Epiflopalgewalt fo befhränft hatten, daf fie fo:
gar einma! im Stande waren vorübergehend ein
eigenes Landesbisthum in Calcar aufzurichten.
Der Erasmiſch gefinnte, humaniſtiſch fein gebildete
Johann III. begünftigte die Rformation nicht,
erließ aber beim Ueberhandnehmen der Wiedertäu:
fer 1532 eine vermittelnde (durch Heresbad) und
Erasmus) Heformationsordnung, die, obwohl ge:
feglich eingeführt, bei Niemand Anklang fend.
Sein Sohn Wilhelm IV. trat für feine Perfon
1541 der Augsburgiſchen Conjeffion bei, mußte
aber im Vertrag von Benlo 1543 auf jede Aen—
derung in Neligionsjachen verzichten. In den
Städten und unter dem Adel gewann das Evan:
gelium immer mehr Anhang (Wefel 1540) und
aus den benachbarten Niederlanden, jpäter aus
England, fuchten und fanden die reformirten
Flüchtlinge eine Zuflucht (Frembdlingsgemeinden),
deren Einfluß die lutheriſchen Gemeinfchaften in
reformirte Gemeinden umwandelte, welche fich auf
den Synoden zu Wejel 1568 und Emden 1571
eonftituirten, ihre Claſſen und Synoden einrich:
teten; und troß des fteigenden Drudes während
der Regierung des blödfinnigen Johann Wilhelm
(1592—1609) und der Spanier, die einen Theil
des Landes bejept hielten, fihweiterausbauten. Die
erfte Generaliynode konnte jedoch erit 1610 gehal:
ten werden, ald Brandenburg und Pfalz:Neuburg
die Regierung übernommen hatten. Der Religions:
wechjel der beiden Landesherren und der Erbfolge:
jtreit, welchen ſpaniſche und holländische Truppen
ausfochten, brachte namentlich in Jülich und Berg
den Reformirten manche Bedrlidung, bis der Frie
den und der Religionsreceh zu Rheinberg 1673
denselben Freiheit gewährte, die freilich in Jülich
und Berg nie völlig gehalten und nur. durch das
Brandenburg vorbehaltene Schuß: und Retorfions:
recht einigermaßen beſchirmt wurde. Die Kirchen:
ordnung von 1662 hatte der preöbyterial und
ſynodal verfarten Kirche volle Selbftändigteit ge:
geben. Sie ftand unter dem Schuge, aber nicht
unter Leitung des Staates. Zeit der Mitte des
18. Jahrhunderts haben aber die Synoden ein:
zelne Eingriffe zu belämpft gehabt, und nach 1770
erlangte der Staat das Beſtätigungsrecht der Pre:
diger. Die Stiftung der Untveriität Duisburg
machte die Kirche unabhängig von außen; enge
Verbindung wurde aber mit Holland gepflogen,
obwohl die Öeneraliynode die Dortrechter Befchlüffe
nie anerfannte. -DasreligiöjeYeben der Gemeinden
wurde durch den Labadismus und andere ähnliche
Erſcheinungen immer neu angeregt, ftarre Ortho:
doxie hat ſich nur feiten und vorübergehend gel:
tend machen können. Da die lutherifche Kirchenver:
faffung von 1677 und 1687 der reformirten fehr
Syünger
verwandt war (doch erjchienen auf den Synoden
feine Nelteften), fo traten jhon am Ende des
vorigen Jahrhunderts wre auf,
die bis zur gegenfeitigen Beichidung der Synoden
führten. Längft hatte die Miſchung der Confej:
fionen die gegenfeitige Theilnahme am Gottes:
dienft nothwendig gemadt. Die gr In:
vaſion trennte die bisher einige Kirche. Auf dem
linten Rheinufer wurde für beide Gonfeffionen
die franzöfiihe Confiftorialverfafjung eingeführt,
welche Nie: nur die Claffical: und Synodal⸗Ord⸗
nung mobdificirte, die Berfaffung der Gemeinden
aber gar nicht berührte. Auf dem rechten Ufer
verbanden fich die Reſte der Claffen Weſel und
Gleve zu einer Cleve-Weſel'ſchen Claſſis und wur:
den die Provincialiynoden bis 1813 regelmäßig
gehalten. Nach der preußifchen aa ae
leitete die Errichtung der Eonftftorien zu Cöln un
Gobleny eine Modificirung der Berfaffung ein.
Beharrlih kämpften die Provincialfynoden zu
Duisburg und Elberfeld für die Bewahrung der
alten kirchlichen Rechte und erlangten endlich 1835
bie Kirchenordnung für Rheinland und Weit:
phalen, welche in den Gemeinden die Presbyterien
beftätigte, bez. einführte, die Kirchenauffiht und
die lirchliche Gefeggebung den Kreis: und Provin:
cialfgnoden zumies, aber über das Verhältniß zum
Staate und die Competenz feiner Behörden fid)
gar nicht ausſprach. Val. Göbel, Geſchichte des
Kriftlihen Lebens, Coblenz 1849; Heppe, Ge:
—— der evangeliſchen Kirche Rheinlands und
eſtphalens, 1867.
Jünger. ©. Apoſtel.
Jüngſter Tag, der Tag bes letzten Gerichts.
©. Auferftehung.
Jürgenshäuſer, St., find Pflegeanftalten bes
Mittelalters für Ausfägige und Beittrante.
Jüterbogk ift in der erg Ar be:
fannt geworden als Hauptquartier Tekels, von
wo aus er feinen Angriff gegen Luther richtete,
ben derjelbe mit den 95 Süßen erwiderte. Hier
wurde 1548 ein Gonvent des Herzogs Morik und
bes Kurfürften Joahim gehalten wegen des In:
terims und 1579 ein zweiter Gonvent, um den
Kurfürjten von der Pfalz zur Annahme der Con:
cordienformel zu bewegen.
Jul F der nordiſche Name des Weihnachtsfeſtes,
eigentlich des altſlandinaviſchen Feſtes der Winter:
gr deſſen Gebräuche in die Weihnachts:
eier theilweife übergegangen find.
Julia Rammän, die Mutter des Kaifers Se:
verus (195— 211). Sie hatte in Antiodien den
Unterricht des Drigenes genofjen, und obgleich fie
alle Hohadtung vor dem ChriftenthHum bewahrt
und ſelbſt als gottfelig und fromm geſchildert wird,
trat jie doch nicht wirklich zum Chriftenthum über.
Julian, der Heilige, aud) Pomerius genannt,
Erzbiſchof von Toledo (630— 690). Unter feinem
Borfig beftätigte die 14. und 15. Synode von
Toledo die Satzungen des Concild von Eonitan:
tinopel (680— 681). Eine von ihm aufgefegte
Schutzſchrift des katholiſchen Glaubens änderte J.
auf Begehren des Bapftes in orthodorer Weife ab.
Schriften von ihm, die auf uns gelommen find;
1) De orig. mortis, de fut. saeculo et fut. vi-
tae contemplatione. 2) Vita St. Ildefonsi Tole-
tani, 3) Libri III de demonstratione sextae
actatis s. Christi adventu. 4) Hist. rer. gest.
regis Wambae.
440
Julianus Cäfarini
Juliana, eine Klofterfrau du Lüttich, empfing
1261 in einem Gefichte die Offenbarung, welde
das Frohnleichnamsfeſt hervorrief.
Juliana, die Märtyrerin, ift geboren in Niko:
medien und wurbe enthauptet, da fie in die Ber:
bindung mit ihrem Bräutigam, dem Prätor Efeu:
fius, nicht willigen wollte, wenn er nicht Chrift
würde. Viele Städte rühmen ſich des Beſitzes
ihrer Reliquien. Gedächtnißtag, der 16. Febr.
ulianiflen. S. Julian von Halicarnak.
uliannd Apostata (Flavius Claudius), geb.
331, der Sohn des Julius Conftantius, Neffe des
Kaifers Conftantin. Er erhielt nad) dem Tode fei=
nes Vaters jeine Erziehung fern vom kaiſerlichen
Hofe, zuerst in Nilomedien, dann in Kappadocien
(345—51) durch chriſtliche Lehrer. Sein religiöfer
Eifer erwarb ihm das Amt eines Vorlefers in der
Gemeinde, Mit Eifer ergab er ſich danad) in Ni—
fomedien und Hellas dem Studium ber Philo—
fophie und der Claſſiker, wodurch er dem Heiden
thum fo gewonnen wurde, daß er ſich in die Eleu-
finifhen Geheimniffe einweihen ließ. Bermäblt
mit des Kaiſers Schwefter, wurde er zur Armee
nad) Gallien gefandt (351), zum Cäfar ernannt,
und durch die Ergebenheit der Soldaten, die er
durch feine Tugend und Tapferkeit gewann, als
Auguftus ausgerufen (361). Bald darauf ftarb
Conftantius auf dem Zuge gegen die Berjer. Als
Alleinherrſcher traf er jofort eine Menge guter
Anordnungen, um Mißbräuche abzuſchaffen und
da3 geſunkene Reid) wieder zu heben; befannte ſich
aber auch jofort offen zum Heidenthbum und funs
—— mit Oſtentation als pontifex maximus.
urch die von der Kirche entlehnten Einrichtungen
der Vorleſungen, bes öffentlichen Almoſens ıc.,
ſuchte er das Heidenthum auch innerlich zu ſtärken.
Die Chriſten wurden immer mehr zurückgeſetzt
und bebrängt; vorzüglid aber richtete er feine
Angriffe auf das Innere der Kirche; die Rückbe—
rufung aller verbannten Bijchöfe follte den innern
Kirchenftreit erneuern und die Gemeinden zer:
Iprengen ; das Verbot der Theilnahme an dem Un—
terrichte der Rhetoren und Grammatifer follte die
Chriften der Bildung entfremden;; der Berjud, den
Tempel zu Jerufalem wieder aufzubauen, den
Glauben an die Bibel auflöjen. 3. ſchrieb ſelbſt
außer zwei Satiren eine Schrift gegen die Chri—
ften (das davon Vorhandene ift — von
d'Argens, Berlin 1764), worauf Cyrill von Ale⸗
xandrien eine Vertheidigungsſchrift gegen Julian
richtete. Ehe ſein Unmuth gegen die Chriſten, welche
Reibungen in Antiochien 362 noch geſteigert hat⸗
ten, ſich in ſchärferen Edicten äußern konnte, fiel
er im Kampfe mit den Perſern 363, nach der
Sage mit dem Rufe ſterbend: „Galiläer, du haft
gefiegt!" Bal. Strauß, der Romantifer auf dem
Throne, 1847; Semiſch, Jul. der Ap., 1562;
Mangold, Jul. der Ap., 1862; Auer, Jul. im
Kampfe mit den Kirchenvätern, 1855.
Yulianus Gäfarini, geb. 1398 zu Nom, war
Profeſſor der Rechte zu Padua, wurde päpftlicher
Protonotar, Auditor der Rota und Cardinal. Als
folden ſandte ihn der Papft nad Deutjchland,
um den Kreuzzug gegen die Hufliten zu leiten
rag | zu Nürnberg 1431, Schladht bei Zen
und den Vorfig auf dem Concil zu Bafel zu füh—
ren. In diefer Stellung widerſetzte er ſich mit
Erfolg ber Verlegung des Concils nad Bologna
und verhandelte vergeblih mit den huſſitiſchen
Julianus von Eclanum
Geſandten. Später trat J. auf dem Concil zur
päpſtlichen Partei über und ging mit nach Fer—
rara. Er ftarb als päpſtlicher Legat in Ungarn
in oder nad) der Schlacht bei Barna, in welcher
der Sieg der Türken den Eid: und Friedensbruch
des Königs beitrafte, zu welchem denfelben Cäſa—
rini verleitet hatte,
Julianus, Biihof von Eclanum in Apulien,
ein jcharffinniger, fenntnißreiher Mann. In früs
heren Jahren von Augujtinus, einem Freunde
feines Vaters, wegen feiner Kenntniſſe jehr ge:
ihägt, wurde er Scholafticus, danach Biſchof. Er
war Pelagianer und der bedeutendfte wiffenichaft:
lihe Vertreter der Härefie. Bon feinen Streit:
ſchriften gegen Auguftin find die Bruchftüde in
Auguftins en vorhanden. Nach dem kaiſer⸗
lihen Edict von 409, welches die Belagianer ver:
bannte, begab er fih nad dem Orient, ohne des
Theodorus von Mopfueitia und anderer Bilchöfe
age zu feiner Lehre erlangen zu können.
ad) einer Angabe foll er vergeblich feinen Irr—
thum revocirt und um Reftitution feines Bis:
thums gebeten haben. + nad) 439.
Julianus, Biſchof von Halicarnaß, der Stimm:
führer der nad) ihm Julianiften benannten Fraction
der Monophyfiten, welche lehrten, das Fleiſch Ehrifti
fei aud vor der Auferjtehung göttliher Natur
und darum unverweslih geweſen. Sie wurden
dpsaprodoxzra genannt, Die ftrengeren unter
ihnen, die Aftifteten, verlangten fogar die An:
nahme, daß das Fleisch Chrifi unerſchaffen fei.
Ihre Gegner waren die Severianer (PFeproia-
row). Julian mußte 519, als die monophyfitifchen
Biſchöfe entſetzt wurden, nad Alerandrien fliehen.
Julin, auf der pommerſchen Inſel Wollin, war
Das erite von Dito von Bamberg im 12. Jahr:
Hundert gerne pommerfche Bisthum.
Julius Africanus, ein Libyer, der zu Emmaus
(ipäter Nikopolis) in Paläftina feinen Wohnfit
hatte. Ein Zeitgenofje des Drigenes, an den er
einen Brief über die Unechtheit des Buches von der
Sufanna richtete. Bon feinem Leben ift fonft nichts
betannt. Er ift der Berfaffer der erjten chriſtlichen
Weltgeſchichte (Chronographia), welche Eufebius
viel benußt und gerühmt hat. Die vorhandenen
56 Bruchſtücke hat Gallandi bibliotheca II. gefam:
melt. In einem Briefe an Ariftides ftellt J. die
Hypotheje von der Zeviraths:Ehe zur Bereinigung
der Gejchledhtäregifter bei Lulas und Matthäus
auf. Andere Schriften, die ihm zugeichrieben wer:
ben, xccoi, de trinitate, de circumcisione, haben
verſchiedene Berfaffer.
Julius Ehter von Mefpelbrunn, Fürftbiichof
von Würzburg, geboren zu Mejpelbrunn im Hoch—
ftift Mainz. Als der Sohn des furfürftlichen
Rathes und Dberamtmanns Paul Echter, ftudirte
er auf den hohen Schulen zu Mainz, Köln, Löwen,
Duai, Paris und Bavia, ward Dr. juris und Dom:
herr 1569, wurde Domdechant 1570 in Würzburg
und 1573 nad) dem Tode des Fürſtbiſchofs von
Würzburg an deffen Stelle gewählt. Mit uner:
een Eifer forgte er in jeder Beziehung für
bie Beflerung der fehr verfommenen Zuftände des
Bisthums. Zwar miflang fein Bornehmen, die
Abtei Fulda mit dem Bisthum zu vereinigen, und
faum entging er babei dem Banne; aber fonft
fiherte er durch vortheilhafte Verträge mit den
Nachbarn feine Grenzen, Die Wiederherftellun
einer ftrengen Sittenzucht im Klerus lieh er fi
441
Jumpers
ernſtlich angelegen ſein; das religiöſe Leben des
Volkes wurde durch Kirchenviſitationen und Miſ—
— angeregt; die Proteſtanten aber wurden
urch harte Maßregeln, Entfernung aus den Aem—
tern und Vertreibung ihrer Prediger, zum Ueber—
tritt oder zur Auswanderung genöthigt. Die ſchon
1406 errichtet geweſene, aber 1411 wieder einge:
gangene Univerfität au Würzburg ftiftete er von
neuem 1582, errichtete dabei das Kilianscollegium,
urfprünglich drei verfchiedene Seminare und Alum⸗
nate für Studirende und begründete 1576 das
Julius: Hofpital zu Würzburg. Zu diefen Stif:
tungen und dem Bau und der Wiederherftellung
vieler Kirchen benugte er die Einkünfte verlaffener
Klöfter und erbat Beiträge von anderen. Die Uni:
verjität übergab er den Jeſuiten, welche ſchon fein
Vorgänger berufen hatte, die aber an ihm die kräf—
tigfte Unterftügung für alle ihre Zwecke fanden.
Julius war der Haupturheber der Ligue 1609, an
deren Spige Marimilian von Bayern, fein genauer
Freund, trat. Gejt. 1617.
Julius, Herzog von Braunfchweig, geb. 1529.
Der jüngjte Sohn des Herzog Heinrich, urfprüng-
lich dem geiftlichen Stand beftimmt, folgte er feinem
Bater 1568 und führte fofort die Reformation ein,
Er erlich die von Chemnig und Andreä ausgear:
beitete Kirhenordnung von 1569 und ftiftete 1576
bie — Helmſtedt.
Julius J. Papſt (337 352). Er nahm ſich des
von der orientaliſchen Kirche entſetzten Athana—
ſius an und berief eine Synode nad) Rom 343,
welche den Athanafius rechtfertigte. Die Drien-
talen waren aber auf diefer Synode nicht erſchie⸗
nen. Durd) feine Legaten nahm Julius Theil an
der Synpde von Sardica 347; die Drientalen
aber, welche diefelbe verließen und fid) zu Philip:
opolis verfammelten, ercommunicirten ihn. Er
Rarb 352, fein erg © der 12. April.
— U, Bapft, geboren zu Albezzola bei Savona.
Ein Neffe des Bapftes Sirtus IV., wurde er 1503
zum Papfte erwählt. Ein tapferer Kriegsmann und
Huger Regent, wußte er auch die geiftlichen Wafe
fen des Papftes (Bann und Interdict) den ſtaats—
Hugen Zweden bienftbar zu machen. Um Italien
von den Fremden zu befreien, trat er der Ligue
von Cambray 1508 gegen Venedig bei, verband
ſich jpäter mit Venedig gegen die iS ue und be:
nutzte jogar ein türkiſches Hülfsheer. Der Verſuch
Ludwigs XII. ihm ein Eoncil zu Pifa 1512, dann
u Ati und Lyon ——— mißlang. Er
tarb, als er kaum das Lateranconcil 1512 eröffnet
hatte. Außer ſeinem Kriegsruhm hat ihm die Ver:
rößerung der bibliotheca Julia und die Grund:
teinlegung der neuen Peteröfirhe einen Namen
gemadt.
— 111. 1550—55. Vorher Cardinal mit bem
Namen Johann Maria Giocci, hatte er fih auf
dem Tridentinifchen Goncil als päpftlicher Legat
ausgezeichnet. Als Papft führte er ein unthätiges,
— Leben und ernannte einmal einen
14jährigen Affenwärter zum Cardinal. Das Con:
cil von Trient führte er 1551 auf Drängen des
on —X sm
Julius v. Pflug. ©. Pflug.
bed oder Epringer, eine Secte der Quä⸗—
fer, welche in Anwendung von 2. Sam, 6, 16 ihre
Andahtsübungen mit lebhaften Geberden und
Springen begleiten und fi dadurch in einen Zus
ftand der Efftafe zu verjegen ſuchen. Geftiftet find
Jungfernkranz
fie durch Harris Rowland und William Williams
um 1760. Ihr —— Wales.
ungfernkranz. ©. Brautkranz.
ungfrau, die Heilige. S. Maria.
ungfrau von Orleans. Jeanne d’Arc, "geb.
1410 zu Dom Remy an der Macs auf der Grenze
der Champagne und Lothringens. Sie glaubte ſich
durch Bifionen und Dffenbarungen, welche fie jeit
ihrem 13. Jahre gehabt hatte, berufen in dem
Kriege zwifchen Frankreich und England das be:
lagerte Orleans zu befreien und den Dauphin zur
Krönung nad Rheims zu führen. Nach Ueber:
mwindung mander Schwierigkeiten gelangte fie
zum Heere und vermochte in verſchiedenen Prü—
fungen, die fie beftand, den Glauben an ihre gött:
lihe Sendung zuerweden. Sieerreichte Orleans am
22. April 1429 und bejiegte die Engländer, führte
dann wirklich den König nad) Rheims den 17. Juli
1429, lieb ſich aber, anftatt ihrem Vorſatz nad)
Haufe zurüdzufehren zu folgen, dazu bewrgen,
aud ferner das Heer zu begleiten. Beim Sturm
auf Paris wurbe fie verwundet und fiel bei Com:
piegne in bie Hände der Burgunder, welche fie an
die Engländer audlieferten. In Rouen wurde fie
als eine Zauberin vor ein geiftliches Gericht ge:
ftellt, durch Lift gezwungen, von neuem Männer:
kleidung anzulegen und als vüdfällig zum Feuer:
tod verurtheilt, den fie am 30. Mai 1431 erlitt.
Ihr Proceß wurde auf Veranlaffung Karl VL.
repidirt und ihre Unfchuld feierlich anerkannt. (Bal.
Jules Guicherat, P’roc&s de condamnation et de
r&hab. de Jeanne d’Arc, 1841—49). Sie bietet
ein eigenthümliches Beifpiel dar von weiblicher
prophetiſcher Begeifterung, und fann nad) diejer
Seite mit der Deborah des N. T. wohl verglihen
werden. Die genen fie erhobenen Anklagen und ihr
Tod find eine bleibende Schmach für ihre Richter.
Dal. Hafe, Neue Propheten, 1851; Straß, Jeanne
d’Arc, 1862; Eyjell, oh. d'Arc, 1864.
Jungfrauen, 11,000. ©. Urjula.
Surf Stilling. ©. Etilling.
unilius aus Afrika, den Cafftodor im 6. Jahr:
hundert unter den von ihm benugten introducto-
res sacrac scripturae nennt, widmete einem Bi:
Ihof Primafius eine Schrift, de partibus divinae
legis, eine Art von Einleitung in die h. Schrift.
Nicht nur im zweiten Theil derfelben, einem Ueber:
bfid über den Gefammtinhalt der Bibel, aud in
anderen Angaben verräth fi ein Zufammenbang
mit der orientalifchen Kirche. Bemerkenswerth iſt,
daß er im Neuen Teftamente Antilegomena an:
nimmt, die er beftimmt von den kanoniſchen Schrif:
ten unterſcheidet, und daß er aud) die Bücher der
Chronik, Esra und Nehemia, Hiob, Judith, Eſther
undder Makkabäer nicht unter die kanoniſchen zählt.
Junius Franeiseus(DuJon),teformirter Theo:
log. Geb. 1545 zu Bourges aus adliger Famtlie,
ftudirte er zuerjt Jura und wandte fi dann, ſei—
nem Bater folgend, in Genf der Theologie zu. 1565
Paſtor an der walloniſchen Gemeinde zu Antwer:
pen, ging er in Folge des Bilderjturms von dort
nad) Limburg und nad Deutjchland, wurde Pfarrer
zu Schönau In der Pfalz, danach 1565—1573 Feld:
prediger des Prinzen von Dranien, 1573 berief
ihn Friedrich III. nad) Heidelberg, um mit Tre:
mellius an der Neberfegung des Alten Teftaments
u arbeiten. Nach Friedrihs Tode wirkte er als
Baftor zu Neuftadt an der Harbt, bis ihn Caſi—
mir I. als Profeſſor nach Heidelberg rief; danadı ı
442
Jura stolae
ing er 1592 mit dem Herzog von Bouillon nad
—— um das Kirchenweſen in Sedan zu or:
ganifiren, und folgte bei der Rückkehr einem Ruf
rad) Zeyden, wo er 1602 an der Peſt ftarb. Seine
Werle erichienen in zwei Foliobänden, denen feine
Selbftbiographie voraufgent.
Jupiter, Antiochus Epiphanes, welcher bereits
zu Athen dem Zeus oder Jupiter einen Tempel
gegründet hatte, 2. Makt. 6, 2, lieh die Tempel
zu Jerufalem und auf dem Garizim gleichfells zu
diefem Cultus einrichten. Im Neuen Teftamente
wird ar Jupiterdienſt zu Lyſtra erwähnt, Apſtg.
14, 18.
Jura circa sacra, iſt der Schulausdruck für
die landeäherrlichen Kirchenhoheitsrechte, die ſog.
Majeitätörechte. Der Umfang derjelben ift nicht
gleihmäßig bejtimmt. Als eigentliche Majeftäts:
rechte können nur ſolche Rechte angejehen werden,
welde aus dem Begriff der Staatsgemwalt an ſich
fließen, welche daher bei jeder Regierungdform
und gegen jede Kirchengeſellſchaft gleichmäßig in
Anipruc genommen werden müſſen. Diele find:
das jus inspectionis, dad Necht Kenntnif zu neh:
men von dem Leben der Kirche; das jus cavendi,
das Recht des Verbots, jobald die Kirche ihre
Rechtsiphäre überſchreitet und in die des Staates
übergreift, daher drittens die Geftattung desrecur-
sus ab abusu, d. h. der Vorbehalt nicht nur den
Mißbrauch der geiftlihen Amtsgewalt überhaupt
zu rügen, ſondern auch Klagen der Mitglieder der
Kirche gegen die —— Obern wegen Verletzung
der kirchlichen Rechte und der Verfaſſung anzu—
nehmen und zu beurtheilen. Dieſen gegenüber
ſteht das jus advocatiae, dad Schutzrecht dei
Staates. Die Neuzeit hat der katholiſchen Kirche
gegenüber faft alle weiteren Rechte des Staates,
welche er fonft in Anſpruch genommen hatte, 4.8.
das Placet, bis auf geringe Refte fallen lafien,
während in der evangelifchen Kirche in Deutſch—
land der Staat faft überall durch jeine Behörden
noch Rechte ausübt, welche ihrem Weſen und Ur:
ſprung nach kirchliche Gemeinde: und Geſellſchafts—
rechte find. Den oben angeführten Rechten würde
der Staat aud) beieiner völligen Trennung zwifchen
Kirche und Staat eig entjagen fünnen. Da die
in der ———— irche noch obwaltende Ver:
miſchung von Kirche und Staat principiell nicht
zu begründen iſt, ſondern nur als die Frucht zu:
fälliger geſchichtlicher Verhältniffe hingenommen
werden fann, jo ift auch der san der jura
circa sacra nirgend theoretiih zu bejchreiben,
jondern es ift das Herkommen entjcheidend, wel:
es nur durch Compromifje zwifchen der Staats:
gemalt und der Bertretung der Kirche geändert
werben kann, wobei die Macht der Notwendigkeit
nachgiebt. Das juscirca sacra begreift das eigent:
liche Kirchenregiment in fi, welches die evange:
lichen Landesherren fih nad) dem Epiffopal: oder
Zerritorialfyften vindiciren. Hierzu fommt das
in Deutſchland rechtlich anerkannt gemefene, ander:
wärts thatſächlich ausgeübte jus reformandi, Re:
formationsredht (j. d. A.), d. h. das Recht über
die Zufäffigkeit religiöfer Genoffenjhaften und
über die Bedingung ihrer Eriftenz zu ertennen.
Jura stolae, Stolgebühren, d. h. feiteefekte
Gaben, welde der Vfarrer für die Verrichtung
einzelner Amtöhandlungen (bei welchen die Stola,
die Amtskleidung, angelegt wird) von den Par:
chianen zu erheben hat (j. Stolgebühren).
Juraten 443 Juſtinus
Juraien, Geſchworene, heißen an manchen Or⸗durch den Tod erledigte beſſere Stellen des Stif-
ten die aus der Gemeinde hervorgegangenen Ver⸗ tes aufrücken zu dürfen.
walter des Kirchenvermögens. Jus postliminii ift ein anderer Ausdruck für
nurien, Pierre, reformirter Theolog. Geb. 1637 | Devolutionsredht.
zu Mer bei Blois, ftudirte er in Saumur und Se-| Jus primarum precum, S. Anmwartidaf:
dan und wurde Pfarrer in feinem Geburtsorte. | ten,
1674 als Brofeffor der hebräifhen Sprade und | Jus reformandi. ©. Neformationdredt.
der eg zu Sedan angeftellt, machte er fih | Jus regaliae ift das Recht, welches die fran—
in weiten Kreifen durd) ig Schriften gegen Ar: | zöfiihen Könige in Anfprucd nahmen, ein vacant
naud,-Bofjuet und Claude Pajon bekannt. Nach | gewordenes Bisthum wieder zu bejegen, bis dahin
der Unterdrüdung der Afa>emie ging er nad) |die Früchte zu ziehen und die Rechte des Inha—
Rotterdam, wohin er ſchon zweimal einen Ruf ab: |berö auszuüben, und wurde ald Ausfluß der
elehnt hatte und wurde dort Prediger und Pro: | Staats: refp. Lehnähoheit angejehen. Bgl. den
Feffor. Großen Eifer verwandte er fortwährend | Art. Regalia, Regalienftreit.
nad) der Aufhebung des Edictd von Nantes, den| Jusspolil. ©. Spolienredt.
Vertriebenen Schu in Holland, Brandenburg | Juſtina, Gemahlin des Kaifers Balentinian.
und Deutichland zu verfchaffen. Seine Theologie | Nach defien Tode und der Ermordung ihres älte-
vermwidelte ihn in beftändige literarifhe Fehden, |ren Sohnes Gratianus ga fie die Vormund⸗
aud mit Bayle und Saurin; denn fo fehr ihm ſchaft über Valentinian IL, und wollte ihre Macht
eine Union mit der Iutherifchen Kirche am Herzen | benugen, dem Arianismus zum Siege zu verhel:
lag, fo intolerant war er gegen jede Heterodorie |fen. Sie gebot dem Ambrofius, demfelben eine
innerhalb ber reformirten Kirche. Seine Lehre von | Kirche in Mailand zu übergeben (386); bei dem
der Taufe, von welch legterer er meint, fie jei zwar | Widerftand des Volles vergebens. 387 mußte fie
nicht unerläßlih zur Seligfeit, jollte aber doch vor dem Gegentaifer Marimus fliegen. + 338,
namentlich in Todesgefahr an jedem Orte und zu) Juſtinian, byzantiniſcher Kaiſer (527—565).
jeder Zeit ertheilt werden, wurde mehrfad von | Mit der für die Folgezeit bedeutendften Handlung
feinen Gegnern angegriffen. + 1713. Das Ber: gr Regierung, der Sammlung des römiſchen
zeichniß feiner Schriften bei de Chauffepie Nou- | Rechtes in den Wandetten und Jnftitutionen (529-
veau Dictionnaire hist. et crit. 533); ftimmt wenig die defpotifche Wilffür feiner
uriödiction. S. Gerichtäbarkeit. Regierung. Um die innere Einheit des von ihm
us ad rem, jus in re find Ausdrüde zur | ausgedehnten Reiches zu befeftigen, verbot er das
Bezeihnung des —— in welches | Heidenthum und hob 529 die Philoſophenſchu⸗
der für ein Kirhenamt Defignirte zu der damit |len zu Athen auf. Den Häretifern wurde bei
verbundenen Pfründe tritt. Durch die Wahl und | Strafe geboten, zur Kirche zurüdzutreten. Um
Annahıne derjelben erhält er das jus ad rem, d.h. |aber die Monophyfiten zu verjöhnen, ließ er bie
ein Prioritätsrecht, welches ihm nicht mehr durch | Häupter der Antiohenifhen Schule durch ein Edict
neue Wahl oder Präfentation entzogen werden — capitula) 544 verdammen (Dreicapitelſtreit).
fann. Das jus in re, d. h. die Berechtigung zur Davor daß er die Lehre der Aphthartodoketen zur
Ausübung aller Nugungs: und Verwaltungsrechte, Kirchenlehre erhoben, ſchützte die Kirche nur fein
erhält der Berufene durdy die Betätigung und | Tod. Die anfänglicen Erfolge feiner Regierung
Inveftitur. durch die Siege Über Perjer und Dftgothen ver:
Jus canonieum, ©. Kirchenrecht. ſchwanden vor dem inneren Zerfall, in welchem er
Jus envendi. S. d. Art. Jura circa sacra. das Reich feinem Nachfolger überlich.
Jus deportuum ift das Recht des Biſchofs, Juſtiniani Laurentius, der Heilige, ein Vene:
die Einkünfte des erften Jahres von einer neu bes |tianer, geb. 1381. Mitglied, Prior und General
fegten Pfründe einzuziehen. der Auguftiner-Congregation zu St. Georg auf der
Jus devolutionis, das Devolutionsrecht, iſt Injel Alga bei Benedig. Er zeichnete ſich als Bi:
die Befugnik, die Jemand — Berechti⸗ ſchof von Venedig jeit 1433 durch Frömmigkeit
ung an der Beſetzung einer Kirchenſtelle, für den und kirchliches Regiment ſo aus, daß 1451 die
Fall ber Berfäumniß an feiner Statt auszuüben. |; Patriardienwürde von Grado auf Venedig ihm
Jus dioecesanum, Diöcefanredt, iftdasNecht | Übertragen wurde, Geft. 1455. Clemens VII.
des Biſchofs, innerhalb feiner Diöcefe Abgaben zu ſprach ihn 1562 jelig, Alerander VIIL. 1690 heilig.
erheben. Yuftinus, der Gnoftiter. Hippolyt ſchildert in den
Jus exuviaru:ı ift das Recht deö Anſpruchs Philofophumenen das Syſtem eines Juſtinus,
auf den Nachlaß der Klerifer, oder das Spolien: | welches dem ophitifchen verwandt ift. Bon der
redt. ©. d. Art, Perſon des Urhebers iſt jonft nichts befannt.
us gistii vel metatus ift da3 von den Für: | Juſtinus, der Märtyrer oder der Philofoph,
ſten beanjpruchte Recht, von den Biihöfen frei | war von heibnifchen griechiſchen Eltern zu Flavia
bewirthet zu werden und ein Gaftgejchent zu em: | Neapolis (daö heutige Nablus, das alte Sichem)
pfangen. — gegen 100n.Chr.geboren. Wahrheit ſuchend, duͤrch⸗
Jusinspeetionis, ©. d. Art. jura circa sacra. | wanderte er die berühmteften Philoſophenſchulen,
‚ Jus optandi, das Options-Recht, war eigent: bis er zu Ephefus (?) auf die Bibel gewiefen und
lid) die Befugniß, unter mehreren incompatibeln | durch diefe zum Chriftenthum geführt wurde (133
Pfründen fih die zufagendfte auswählen zu dür: | —137). Im Philofophenmantel durchwanderte er
fer. Es ift hinfällig geworden, feitdem der Grund: | nunalsCvangelift und Apologet das römiſche Reich;
jag allgemein anerkannt ift, daß die Annahme |in Rom, wo er zweimal war, foll er eine Schule
eines neuen Kirchenamts den Verziht auf das — ——— als ſeinen Schüler gewonnen
bisherige in ſich ſchließe. Man verſteht heute un: | haben. Er ſtarb als Märtyrer zwiſchen 161-168;
ter Optionsrecht dad Recht der Kanoniker, in Gedächtnißtag, der 13. April, in der griechiſchen
Yuftus, St.
Kirche der 1. Juni. Erhalten find von ihm brei
Werke: 1) Die Apologie an Antoninus Pius
138. 2) Die Heine Apologie an den römiſchen
Senat. 3) Der Dialog mit Tryphon. Jrrig ihm
zugeichrieben find: 1) Der Brief an Diognet.
2) Die Rede an die Griechen. 3) Die Ermahnung
an die Griechen. 4) Ueber die Einheit Gottes,
5) Neber die Auferftehung. Juſtin ift der ältefte
Kichhenvater; der erſte, welder den Glaubens:
inhaft philofophifch zu behandeln verſuchte. In:
dem er alö Apologet das Chriſtenthum vorherr:
ſchend alö Lehre betrachtet, erjcheint ihm Chriftus
als neuer fittliher Gefetgeber; fo lenkt er in die
Entwidlung der fatholifhen Kirche ein. Val. Se:
miſch, Zuftinus der Märtyrer, 1840, 2 Bde. ; Voll:
mar und Dtto in ber Zeitfchrift für hiſt. Theol.,
1855.
Zufius, Et. Als Heilige mit diefem Namen
werben angeführt: Ein Knabe zu Complutum (bei
Toledo), der unter Diocletian ald Märtyrer ftarb.
Ein Bischof von Straßburg und ein Biſchof von
Lyon im vierten Jahrh. ; endlich ein Römer, welcher
Nachfolger des h. Auguftin in der Miffion nad
England, als Srybifor von Canterbury 627 ftarb.
Berühmt geworden ift das Klofter St. Yuft int
Eftremadara durch den Aufenthalt Karl V. In
der Bibel lommen drei Männer des Namens Jus
ftus vor: 1) Juftus Barnabas, Apftg. 1,23. 2)
Ein Proſelyt zu Korinth, Apftg. 18, 7. 3) Ein
Judenchriſt zu Kolofjä, Kol. 4, 11.
Juta, die Prieſterſtadt, Joſ. 15, 65, ift wahr:
ſcheinlich einerlei mit der Stadt Juda, Luk. 1, 39.
Juventus, Gajus Vettius Aquilinus, ein
Presbyter in jeinem Baterlande Spanien gegen
444
Kabbala
330. Als einer der erften rijtlihen Dichter bear:
beitete er die evangeliſche Gejchichte, treu dem
Terte beſonders dem des Matthäus folgend, in
lateinifhen Herametern. Er verfaßte die historia
evangelica, zuerft gedrudt in Deventer 1490. Aehn⸗
lich ift: Liber in genesin, herausgegeben von Bitra,
Paris 1852. Hier finden fid) auch Fragmente von
anderen alttejtamentlihen Stüden. Bol. Bähr,
röm. Ziteraturg., Suppl. 1.
Ivo, Bio! von Chartres (Garnotenfis), der
Sohn Hugo's von Autevil, geb. um 1040, war ein
Schüler Yanfrancs zu Bec, wurde Kanonikus Ai
Nesle, Abt zu St. Quentin und durch Urban II.
1092 Biſchof von Chartres, als fein Vorgänger
abgeſetzt war. Im Inveſtiturſtreit nad) beiden
Seiten mäßig und bejonnen, behauptete er ebenfo
ftandhaft gegen Philipp I. in feiner Eheſcheidungs⸗
frage das Recht der Kirche, ohne fi) der Gewalt
zu widerfegen. Geft. 1115. Er wurde 1570 heilig
gefprochen, Gedächtnißtag, der 20. Mai. Am be:
fannteften ift er durch eine doppelte Kanonen:
Sammlung, daö Decretum in 17 Büchern, her:
ausgegeben von Molinäus, Löwen 1561 und bie
Pannormia in 8 Büchern, berauägegeben von Seb.
Brandt, Bafel 1439 und Melch. a Vosmediano,
Lov. 1557. Das Decretum ift vielfad dem Ivo
abgeſprochen. Jvos ſämmtliche Werke erſchienen
in der Patrologia ed. Migne, Paris 1855.
Jvo, der Heilige. Gedächtnißtag 19. Mai. Ivo
Helora, geb. 1253, war Priefter und Dfficial im
Bisthum Trequier in der Bretagne. Er führte
Proceffe für Wittwen und Waifen und gründete
ein Spital zu Loſannei, wo er zulegt Priefter war.
+ 1303. Er ift der Batron ber Juriften,
8.
Kaaba, ein altes Nationalheiligthum der Ara:
ber in ver Moſchee zu Mekla, welches feinen Namen
(Würfel) von feiner äußeren Form erhalten. Es
ift ein Gebäude 34‘ body, 27° breit. Die arabifche
Sage läßt ſchon Adam zur Kaaba wallfahren. Zu
Abrahams Zeit fam der ſchwarze Stein vom Dim:
mel, der Hadſchar⸗el⸗Aswad, welcher ebendajelbft
eingemauert ift. Muhammed bewahrte die alte
Heiligkeit des Drts und gebot jedem feiner An:
hänger einmal im Leben dort zu beten.
Kabafilas, der Jüngere, Nikolaus, Metropolit
von Theſſalonich ſeit 1354. Von feinem Leben ift
wenig befannt. Wahrjcheinlich ift er Mönch gewe:
fen. du Heſychaſtenſtreite nahm er Partei fuͤr die
Mönche. Sein Hauptwerk: Sieben Bücher vom
Leben in Ehrifto (herausgegeben von Gaß 1849),
wird als das befte Product der fpäteren byzanti:
nifhen Myſtik angefehen. Val. Ga, die Myſtik
bes Nikolaus Kabaſilas vom Leben in Chrijto,
1849. — K. der ältere, Nilus, der Dheim des
u far war ebenfalls Erzbifchof von Theſſalonich
un
primatu papae, ed. Matth. Flacius Illyr. 1555.
Rabbala (Mleberliefertes), bezeichnet die Geheim:
wiſſenſchaft der Juden, Metaphyfit und Theojo:
phie, deren Anfänge und Spuren bis hinter Bhilo
binaufreihen und wovon fi) Andeutungen im
Talmud finden. In gleicher Weiſe wie der Unter:
sicht im Geſetz, wurden auch biefe Speculationen nur
chrieb gegen bie —— Anſpruche: de
| mündlich fortgepflanzt und waren als Eigenthum
\ Weniger um foleichter zu einer eigentlichen Geheim:
| lehre geworben, Ein Zufammenhang mit den Jdeen
des Neuplatonismus und des Gnofticismus, ent:
| fernter auch mit chriſtlichen theoſophiſchen Gedanken,
iſt unverkennbar. Die älteſten literariſchen Quellen
ſind die beiden Bücher Jezirah und Sohar. Von
dieſen wird das erſte dem N. Akiba (+ 120) zuge:
ſchrioben, das andere feinem Zeitgenoffen, dem R.
Simeon ben Jochai. Bekannt ift diejes aber erft
im 13. Jahrhundert geworden. Neuere Kritif hält
bafür, daß, wenn die Lehre felbft auch ältern Ur:
fprungS wäre, das Bud dod) nicht, ſchon wegen
der (jüngern talmudifhen) Sprade, vor dem 8.
Jahrhundert gefchrieben fein könne. Das Bud
Jezirah entwidelt feine theofophiihen Ideen in
einer Betrachtung der Zahlen und der 22 Bud):
ftaben des Alphabets, wobei die alten heiligen
Zahlen 3, 7, 12 immer wieder hervortreten. Das
befanntere Buch Sohar (Glanz) geht aus von der
org der Gottheit, des Yntopp, bes Unend⸗
lihen in den 10 Sephiroth, deren Geſammtheit
der Adam Kadmon, der Urmenſch, das ideale Ge—
—— der Gottheit iſt. Die Schriftauslegung der
abbala iſt eine durchaus myſtiſche und ſtützt ſich
auf exegetiſche Künſteleien, indem z. B., um den
geheimen Sinn der Stelle zu treffen, der Zahlen:
werth der Buchſtaben betradjtet wird, anderer weit
fünftliherer und thörichter Spielereien nicht zu
Kabzeel
edenlen. Die ſpätern kabbaliſtiſchen Schriftſteller
Biideten die Lehre weniger aus, als daß fie dieſelbe
commentirten und die oft duntle und durch über:
äufte Bildrede unverftändliche gr der rund:
—* auszulegen ſuchten. Es ſchloß ſich hieran,
da die Kabbala die Unterſuchung über die Schö—
pfung und die wirkenden Kräfte in ſich faht, die
Ausartung in Magie und Alchymie, welche in den
fpätern Zeiten mit der Kabbala verbunden war.
Seit Raymundus Lullus wurde die Aufmerkſam—
leit aud) der chriſtlichen Philofophen der Kabbala
zugewendet; Giordano Bruno, Joh. Picus Miran:
dula fuchten das Chriftenthum dadurd) jpeculativ
zu begründen, Reuchlin verpflangte ihr Stubium
nad) Deutſchland und durch Paracelſus und Jal.
Böhme haben die theoſophiſchen Ideen Einfluß
auf die chriſtliche Philoſophie gewonnen, welcher
eben durch Böhme ein bis auf unſere Zeit reichen:
ber geworden ijt. Vgl. Molitor, kaitbfopdie ber
Geſchichte, 1827; A. Frank, la Kabbale ou la
hilosophie religieuse des hebreux, 1848, über:
le t von Jellinek; Lutterbed im 1. Band bes neu:
tejtamentlichen Zehrbegriffs.
Kabzeel, eine Stadt im Stamme Juda, Jof.
15, 21; Neb. 11, 25, Baterjtadt des Benaja, 2.
Sam. 23, 30,
ſtades oder Habeöbarnen, 4. Mof. 20, 14 vgl.
32, 8; of. 14, 7, hieß früher Born:Mifpat, 1.
Moj. 14,7, wie es fcheint, ein von Alters her hei:
liger Ort. Hier lagerten die Iſraeliten längere
Beit, 4. Moj. 13—20, als die Furcht des Voltes
über den Bericht der Kundſchafter den Einmarſch
in Baläftina unthunlich machte, und wandten ſich
von da zum Angriff von der Ditjeite des Jordan.
Da der Ort jpäter nicht mehr genannt wird, ift
die Lage unficher, auf der Grenze der Wüſten Pa—
ran und Zin im Antheil des Stammes Juda.
Kadmoniter, 1. Mof. 15, 19, ein unbeftimmter
Ausdrud, gleihbedeutend mit Morgenländer ; ge:
meint find arabifche, nach dem Euphrat hin woh:
nende Stämme.
Käfer re Soel 1, 4; 2, 25, wo ri):
tiger Heuſchrecken veritanden werben.
Kärnten und rain. Im Slavenreiche der
Karantanen machten jchon der heil. Ruprecht und
Amandus Berfuche der Evangelifirung, welche aber
erſt Erfolg hatten, als durch Karl den Großen das
Land zum Frankenreich geichlagen war und bie
geiftlihen Beftrebungen mit weltlichen Mitteln
unterftügt wurden. Als Apoftel von Kärnthen gilt
Modeſtus, weldhen der Biſchof Pirgilius von Salz⸗
burg mit mehreren Kleritern dem Fürften Chetti-
mar gejendet hatte. Feiten Grund gewann die
Kirche, als das Her — unter Arnulf an Bay⸗
ern fam, und durch die Stiftung der Bisthümer
Gurk 1072 und Zavant 1228, Streitig war lange
dad Metropolitanrecht zwifhen Salzburg und
Aquileja, denn fhon Karl der Große hatte einen
Theil von Kärnthen Aquileja — Krain
war von Aquileja aus chriſtianiſirt; als fein Apo⸗
ſtel gilt Fortunatus, ein Diakon des Biſchofs Her:
magora3 von Aquileja. Auch bier mwiderjegten
ſich die Slaven lange. Das erfte Klofter wurde
1156 geitiftet, und die Firdhliche Verwaltung lag in
den Händen eines italienifchen Vicars, bis 1461
das Bisthum Laibach deftiftet wurde. An Defter:
teich fiel Kärnthen 1335, Krain 1232, Die Refor-
mation predigte zuerft Primus Truber (f. d. Art.),
Domherr zu Laibach. 1555 war bei weitem ber
445
Kalande, Kalandsbrüder
ößte Theil des Volles evangelifh und erhielt
572 die freie Religionsübung zugeftanden. Aber
den energifchen —— er Katholiken durch
den Fürſibiſchof Thomas Chrön und Ferdinand II.
feit 1598, der alle Evangelifchen vertrieb, gelang
es ſchon 1601, diefe Kirche —— auszurotten,
welche durch die vielfachen eng age
und den Mangel einer Berfaffung innerlich bereits
eſchwächt war. Seit der Stiftung der Guftan-
dolf-Gemeinde in Laibad) zählen Kärnthen und
Krain 17 Gemeinden.
Käfe, 1. Sam. 17, 18; 2. Sam. 17, 24; Hiob
10, 10. Daß den Juden der Käfe nicht unbelannt
war, läßt fi aus den Gewohnheiten der Bebui-
nen ſchließen, wird aber durch das Käſemacherthal
bei Jerufalem beftimmt angezeigt.
ſtahath, der Sohn Levis (1.Mof. 46, 11), durch
Amram der Stammvater des Moſes (2. Mof.
6, 20). Die Kahathiter hatten als das vornehmfte
Geſchlecht der Leviten die Beforgung des Allerhei:
ligften beim Zuge (4. Mof. 4, 4 ff.).
ſtahnis, Karl Friedrih Auguft, geb. den 22,
December 1814 in Greiz, ftudirte in Halle und
habilitirte fih 1842 in Berlin ald Privatdocent
der Theologie; 1844 erhielt er eine Profeſſur in
Breslau; 1848 trat er zu den Altlutheranern über,
erregte aber, da er fi) den Symbolen gegenüber
freier bewegte, bei den [utherifchen Orthodoren
um fo größeren Anſtoß durch feine jpäteren Schrif:
ten, die er (jeit 1850 Profeſſor in Leipzig) heraus:
gab. Die Lehre vom heiligen Geift 1847; die
Lehre vom heiligen Abendmahl 1851; der innere
Gang des deutichen Proteftantismus 1860; die
lutherifche Glaubendlehre 1861—64.
in, Stadt in Juda (of. 15, 57). Nach
van ber Velde das heutige Yelin im S.:D. von
Hebron,
Kain, Wie fi in Kain die Sünde zuerft weis
ter entwidelt und er ihren Fluch erfährt, jo wird
er mit feinen Nahfommen als der Träger des
weltlihen Gulturlebens geſchildert, aber zugleid)
als der Gegenfag wilder unbändiger Stämme ge:
gen die friedlichen Sethiten. Das Zuſammenſtim—
men der Namen in den Gefchlechtsregiftern Seths
und Kains hat verfchiedene Erklärungen hervor:
gerufen.
Kainiten hieß eine Secte der Ophiten, welche
den Haß gegen das Judentum darin ausſprachen,
daß fie Kain vom Demiurgen verfolgt, von der
Sophia aber beſchützt fein ließen und ſich feine
Anverwandten nannten.
ſtaiphas hieß nad) Jofephus Jofeph und wurde
unter dem Landpfleger Valerius Gratus (15—27
n.Chr.), der ſchon früher den Annas, den Schwie:
gervater des Kaiphas, abgeſetzt hatte, Hoherprieſter
und behauptete fi in dem Amte bis zum Jahre
37. Er erſcheint als ein energifcher Charalter, der
das Mittel nicht fcheut, um den Zwed zu erreichen
(Job. 11, 49).
ſtaiſerswerth ift Die Rheinau, welche dem hei:
ligen Suidbert von Pipin eingeräumt wurde, wo
er jeine Klöſter erbaute, Weit bekannter ijt das
an jener Stelle — die aber nicht mehr Rheininjel
ift — liegende Städtchen jeit 1836 durd lied:
ners Diafonifjenanftalt und die damit zufammen-
hängenden Inſtitute (f. mens),
Kalande, Kalandsbrüder. Bon dem lateinifchen
ten Tag des Monats
Worte Calendae, dem
abgeleitet, bezeichnet das Wort Genofjenjhaften
Kalb, goldenes
des Mittelalterö zu gemeinfanen Andachtsübun—
en und gegenjeitiger Unterjtügung, bejonders bei
Eterbefällen, weldhe ihre Zufammentünfte am
erften Tage jeded Monats zu halten pflegten. Ob:
gleich durchaus nicht Höfterlicher Art, ftanden fie
doch unter Aufficht des Biſchofs. Bei zunehmen:
dem Vermögen arteten die Genoſſenſchaften in
überall aus und wurden in der Reformation auf:
gehoben.
Ralb, goldenes (richtiger Stier). Aaron jo we:
nig als die fpäteren i raelitiichen Könige dachten
bei der Aufrichtung des Stierbildes daran, von
den Jehovahcultus abzufallen und etwa zum
ägyptiſchen Thierdienft — ſondern es
ſoll in dem Stier nur Jehovah ſymboliſirt wer:
den. Daher können auch die Könige, welche vor
ehu den Götzendienſt ausrotten, den Dienſt des
tierbildes beftehen laffen. Es ift nidyt unwahr:
ſcheinlich, daß die Semiten, ähnlich wie andere
Völker, in dem Stiere ein Sinnbild der jchaffen:
den Urkraft der Natur ai haben, jo daß das
Bild ihnen die Gottheit vorjtellen fonnte. Da das
Stierbild in der Wüfte verbrannt und zu Staub
zermalmt wurde, jo ift an ein hölzernes Geftell
mit gegofienem Gold befleidet zu denken. Die
Stierbilder im Reihe Jirael jollten nationale
Heiligthümer fein und das Volk von der Berüh—
rung mit dem Tempel fern halten. Es jcheint,
daß auch unter den Bildern der Nidhterzeit joldhe
Stierbilder zu verftehen find (Richt. 17, 3; 18,
14. 17. 30; 8, 27.
Kalderon (richtiger Calderon), spanischer Dich⸗
ter. Geb. 1601 aus altadligem Geſchlechte, jtudirte
er zu Salamanca und zeigte ſchon da jeine did):
teriiche Begabung, trat in Kriegsdienſte in Mai:
land und Flandern, wurde 1630 Ritter von St.
Jago, zog als jolcher nody einmal 1633 ins Felo und
trat dann 1651 in den Priefterftand. Wie er als
Soldat der Beihäftigung mit feiner dramatiſchen
Muſe nicht entjagt hatte, eben jo wenig als Prie:
fter. Die Gunft des Königs, der ihn an jeinem
Hofe mit Pfründen überhäufte und die Bewun—
derung feiner Zeitgenofjen verlieh ihn nicht. Die
Zahl Pie Komödien beläuft fih auf 121. Für
die Gejchichte der Religion und der Kirche ift K.
dadurch bemertenswertb, daß fich in jeinen „Komö:
dien“, und nicht nur in den geiftlihen Schaufpie:
(en, der religiöfe und fittlihe Charakter jeiner
eit und jeines Volles, welches damals im Zenith
eines Ruhmes ftand, jo vollftändig ausfpricht. Er
—— den Katholicismus mit aller Roman:
tif, wo der Mangel wahrhaft fittlider Gedanten
unter dem Glanz der Formen und der Sagungen
verborgen ift. Vgl. Schmidt, Schaujpiele Calde—
rons, Elberfeld 1857,
Kaleb, ver Sohn des Jephunne. Er war einer
der von Mofes abgejendeten Kundſchafter und er-
munterte das Volk, den Angriff auf Kanaan zu
wagen (4. Mof. 13, 6. 30; 14, 24). Er erhielt als
Belohnung die Umgegend von Hebron zum An:
theil, wo er aber erft die Enafäfinder noch vertrei⸗
ben mußte. Daß er ein Keniffiter (4. Mof. 32,12;
of. 14, 6) genannt wird und Sohn des Kenas,
erflärt Ewald jo, daß Kaleb fich mit den im füd-
lien Baläjtina anſäſſigen Keniffitern verbündet
abe und von ihnen als ihr Stammgenoſſe, ja
tammeshaupt anerkannt fei, jo daß 1. Chr. 4,
15 deßhalb Stenas auch Kalebs Enkel genannt
werben konnte,
446
Kallirrhoẽ
Kalender. Der jetzt gebräuchliche Kalender hat
ſich aus dem römischen entwidelt. Man unterſcheidet
demnach zwiſchen dem Julianiſchen und Gregoria-
niſchen. JuliusCäſar theilte nämlich, die altrömiſche
Weiſe abändernd, das Jahr in 12 Monate oder
365 Tage, jo daß alle 4 Jahre ein Schalttag ein:
geihoben wurde, weil das eigentliche Sonnenjahr
365"/4 Tage umfaßte. Da das Sonnenjahr etwas
fürzer ift, al3 angenor.imen worden, fo entitand
alle 154 Jahre eine Differenz von einem Tage; ein
Mißſtand, weicher im 15. Jahrhundert bei der Be-
rechnung der Dfterfeier jchon jehr fühlbar wurde
und die Goncilien zu Coftnig 1414 und Baſel de:
ſchäftigte. Gregor III. Heite durch die Bullevom
24. Februar 1582 das richtige Berhältnig wieder
ber, indem er auf den 4. October des Jahres den
15, fallen ließ und anordnete, daß von den Schluß⸗
jahren die Jahrhunderte (aljo 3. B. 1700, 1800,
1900) allemal drei fein, dagegen immer das vierte
ein Scaltjahr jein jolle. Diefer verbefferte Ka—
lender wurde von den evangeliihen Ständen
———— verweigert, weil Fr Annahme alö
Anerkennung der päpftlihen Autorität hätte ge:
deutet werden fünnen; fie nahmen einen dritten
verbefferten Kalender an, in welchem gleichfalls
im Jahr 1700 durch den Ausfall von 11 Tagen
die Fruhlings-Tag⸗ und Nechtgleiche auf den 21.
März gebradht wurde, der wahre Dftervollmond
aber jedes Mal aitronomijch berechnet werben
follte. Hierdurch entjtand 1724, 1744 und 1788
eine Differenz der Dfterfeier um 8 Tage, welche
in ben Ländern gemijchter Confeffionen die größ—⸗
ten ———— eiten hervorrief, ſo daß das Cor-
pus Evangelicorum auf Antrag Friedrid) d. Et
1775 den Gregorianiſchen Kalender annahm. Aut
die Rufjen folgen noch dem Julianiſchen, oder
zählen ihre Sabre nad dem alten Stil. — Die
gegenwärtige Form der Kalender ift jüngeren Da:
tums. Zwar hatten ſchon die Römer ihre Galen-
darien mit Angabe bürgerliher und religiöler
Feierlichkeiten. Erft jeit dem 4. Jahrhundert fin
det fid aber ein Kalender mit Andeutung der
Woceneintheilung, bis ins 8. Jahrhundert fennt
man dann nur Kalender in allgemeiner für ale
Jahre gültiger Faſſung mit Hülfsmitteln durch
die Buchſtaben der Wochentage A—G, und die
Jahre des Mondeyflus 1—19, das Dfterfeit und
die einzelnen Wocdentage zu berechnen (immer:
währender Julianifcher Kalender). And hierin
wurden denn die Feſtverzeichniſſe jeder ag er
Gemeinde, ihre Märtyrertage eingetragen. Durd
bie Zufammenjtellung derjelben mit dem reid:
haltigjten der römischen Gemeinde, wurden denn
alle Tage mit Heiligennamen bejegt. Erſt nad
dem 15. Jahrhundert fommen Kalender für ein be:
ſtimmtes Jahr mit demjelben angepaster Woden:
und Feitordnung zum allgemeinen Gebraud. Die
evangeliihe Kirche hat den Gregorianifhen Ka:
lender übernommen, wie er vorlag, mit allen ſei—
nen Heiligennamen, die ald Bezeichnung der Ter
mine volfsthümlid; geworden waren. In den
legten Jahrzehnden ſucht man (Piperd Evangel.
Kalender) den Gedanten auszuführen, für das
evangeliiche Volt den einzelnen Jahrestagen den
Namen von Perjonen zu geben, deren Gedächtniß
auch be evangeliſchen Kirche lieb und theuer fein
önnte.
Kallirrhoö, ein Ort mit warmen mineralifhen
Bädern unweit des todten Meeres, welcher aber
Kalmus
nicht in der heiligen Schrift, ſondern erſt bei Jo—
ſephus erwähnt wird.
Kalmus (calamus odoratus). Aus der Wurzel
diefer Pflanze wurde Salböl und Räucherwerk be:
reitet, vgl. 2. Moj. 30, 23. Die Pflanze wächſt
aud in Paläftina wild, doch wurde der indiſche
und arabijche K. höher geichägt.
Kaltern iſt eine Stadt im ſüdlichen Tyrol. Die
——— von Kaltern iſt die Maria von Mörl
9. d. A.).
ſtameel. Dasſelbe war als Laſt- und Reitthier
auch den Iſraeliten unentbehrlich, namentlich
in der Zeit des Nomadenlebens. Noch David
hatte Heerden von Kameelen (1. Chr. 23, 30). Er:
—— werden beide bekannte Arten, die zwei—
höckerigen Kameele (Jeſ. 30, 6) und der einhöcke—
rige Dromedar (Jeſ. 66, 20). Die Behandlung
und Fütterung wird geſchildert 1. Moſ. 24, 14.
19—22. 31. 32. Als im Kriege benußt werden
Kameele angeführt 1. Sam. 30, 17; Jeſ. 21, 7.
Im N. T. geſchieht des Kameels nur Erwähnung
in der priowörtiihen Redensart (Matth. 19, 24;
Luft. 18, 15) und der Kameelshaare als des Stof:
es ;u geringer Kleidung (Matth. 3, 4). Als Wie:
erfauer ohne gejpaltenen Huf war das Kameel
unrein; bei arabijhen Völkerſtämmen wird fein
Fleiſch gern gegeſſen. —
Kammer, u > oliſche, iſt das päpftliche Finanz:
bepartement. S. GEurie.
Kamon, Stadt in Gilead, Manajje gehörig.
Kamphanfen, Adolf Herm. Heint., Dr. theol. |
Geb. den 10. Sept. 1829 zu Solingen, jtudirte er
1849 — 55 zu Bonn, jiedelte dann, von Bunjen
berufen, als PBrivatdocent nad) Heidelberg über,
rehabilitirte fi 1859 in Bonn, wo er 1863 a. o.
Profeſſor und 1868 o. Profeſſor der Theologie
ward. An der Ueberjegung und kurzen Erflärung
des N. T. in Bunjens Bibelwerk ftärfer betheiligt
als Bunjen und defjen übrige Mitarbeiter zuſam—
men, jchrieb er außerdem exegetiſch⸗kritiſche Mono:
graphien über „Das Lied Moſes“, 5. Moj. 32,
1—43 (Leipzig 1862) und „Das Gebet des deren“ |
(Elberfeld 1566).
Rang, Stadt in Galiläa (Joh. 4, 46). Nad)
der Ktlojterlegende das Dorf Kenna bei Nazareth,
nad) Robinſons Beftimmung aber und der älteren
Tradition das Häna el Dicelil, drei Stunden von
Nazareth. — 2) Eine Stadi in Aſſer, jetzt ein
Dorf gleichen Namens zwiſchen Tyrus und Sa:
fed. — 3) Ein Bach, welcher die Grenze zwiſchen
Manaſſe und Ephraim bildete (of. 16,8; 17, 9).
Der Rohrfluß, welcher zwiſchen Cäſarea und |
Apollonia ins Meer fällt.
Kanaan und die Kanaaniter. Kanaan bedeutet |
nad) der Etymologie ein Niederland; daher kann
urfjprünglich Die Bezeichnung nur auf die Niederung
am Jordan und die phöniciihen Ebenen am Meere
Bezug gehabt haben und wurde jpäterhin auf das
ganze Gebirgsland diefjeit des Jordan ausgedehnt,
welches jest Paläftina genannt wird. — Die Ka⸗
naaniter, welche die Sfraeliten im Lande antrafen, |
waren nicht die Ureinwohner, jondern vom per
ſiſchen Meerbufen her eingewandert, hatten fie bie
447
Kanon
| bend. Zur Zeit der Einwanderung aus Yegy,ten
hat ſich dies geändert, das Land ift dicht bevölkert,
mit Städten bejegt, die unter Königen ftehen,
oder aud) in den Suffeten, Richtern, wie bei den
Phöniciern, Spuren älterer republicaniicher Ein-
| richtungen zeigen. Die Jiraeliten vermochten nicht
| die eigentliche Abſicht auszuführen, die fanaaniti:
ſchen Stämme gänzlich auszurotten und aus dem
Lande zu verbrängen; fie mußten ſich begnügen
fie zu unterwerfen und in ein Hörigfeitäverhält-
niß zu bringen. Eine Vermiſchung mit denjelben
wurde durch das Gejek jorgiältig verhütet. Erſt
in der Königszeit gelang es, die legten fanaanitt:
ſchen Städte zu erobern, Die Religion der K.
war urfprünglid Naturdienft, der vereinzelt ſich
um Monotheismus erhob (Meldifedef); in der
iteren Periode hat diefer Naturdienjt fi zum
ultus des Baal und der Aitarte entwidelt unter
dem Einfluß der phöniciſchen Cultur und drang
von dort in Iſrael ein. Biel bejproden iſt das
Verhältniß der Sprache. Weil nämlich die Kanaa-
niter entſchieden zu den Hamiten gezählt werden,
ihre Sprache aber, wie das Phönicifche bezeugt,
gleihen Stammes mit dem Hebräifchen ift (Jef.
19, 18), jo blieb nur die Wahl zwiſchen der Ans»
nahme, daß entweder die Iſraeliten ihre Sprache
den überwundenen Kanaanitern aufgedrängt, oder
jelbjt die Sprache des Landes angenommen hät-
ten. Zu der legtern Anficht befennt fi) die Mehr:
zahl der gegenwärtigen Forſcher.
Kandace ist der allgemeine Titel der äthiopifchen
Königinnen, weldhe zu Napata im Norden von
Meroe herrichten. Apftg. 8, 27 wird ein Eunuch
einer Königin erwähnt. Die Tradition legt dem:
jelben den Namen Indich bei und madt ihn zum
Apojtel ver Aethiopen, obgleich das Evangelium
dort erjt weit jpäter verbreitet ift.
Kanon heißt bei den Glaffifern Meßrohr, dann
Regel, Norm. Im N. T. Gal. 6, 16; Phil. 3, 16
ſoviel als Richtſchnur, Grundfag, 2. Kor. 10, 13
‚ joviel als Wirkungskreis. In der kirchlichen Zeit
(Drigenes, Chryfoftomus u. N.) die dogmatiſche
Richtſchnur in der h. Schrift und der Weberliefe:
rung; daher ZıBkia xavorızd, Bücher, welche dieſe
Regel enthalten; endlich das Verzeichniß folder
Bücher, daher Fukia zuvorızöueva, deren Zahl
begrenzt und abgeſchloſſen iſt. — Kanon des
Alten Tejtaments. Schon früh gab es einzelne
Heine Sammlungen von Geſchichten oder Liedern,
wie einzelne Citate deö A. T. zeigen (of. 10, 13;
4. Moſ. 21, 14). Zu Hisfias Zeit entitand eine
Sammlung Salomonijher Sprüde (Spr. 25, 1).
Der Bentateud) findet in Jofias Zeit feinen Ab-
ſchluß. Eine eigentlih anerfannte Sammlung be:
jtand aber vor dem Eril nicht, erft mit diefem er:
wachte bas Bedürfniß zu erhalten und zu ſammeln.
| Die Sage läßt Esra und die große rg bie
Sammlung der altteftamentlihen Bücher zum
Kanon vornehmen, was aber keine fichere geichicht:
lie Stütze hat. 2. Matt. 2, 13 wird aud) Nehe—
mia eine ähnliche Thätigkeit zugefchrieben. Dan,
9,2 ift die Sammlung der Propheten als voll:
ogen vorausgejegt. Die Palmen find in ver:
Urftämme der Rephaiter, Sufiter, Emiter, Ena- | ——— Sammlungen zuſammengefaßt worden;
fiter und Horiter überwunden und verdrängt. Ein | wenn es nad Annahme Einiger wirklich etliche
abgejonderter nicht mit ihnen verwandter Stamm malkabäiſche Pjalmen giebt, jo können diefe erſt
find die Philifter. Zur Batriarchenzeit treffen wir | nachträgli in den fertigen Rahmen der fünf
Ranaan nod) dünn bevölkert und die Einwohner | Bücher eingejchoben fein. Die ältefte Anführung
in wenigen Städten meiſt noch ald Nomaden le: einer das ganze A. T. umfafjenden Sammlung
Kanon
findet fich im Prologe des Jeſus Sirach (130 v.
Ehr.). Aus dem Neuen Teftamente find Stellen
wie Luk. 24, 44; Matth. 23, 35 zu erwähnen,
welchen übrigens nichts Beſtimmtes über die ein-
zelnen Bücher zu entnehmen ift. Joſephus zählt
22 Schriften des A. T. auf und läßt diejes unter
Artarerres Longimanus zum Abſchluß gelommen
fein. Die zulegt gefammelte Abtheilung bilden die
Hagiographen, die frühefte das Geſetz, während
die Propheten nach Maleachi abgefchloffen wurden.
Die Aufnahme in den Kanon war bedingt durch
ben echt religiöfen und vaterländifchen Geift, der
die Schriften durchwehte und der namentlich in
der Perfon einzelner Berfaffer eine Bürgſchaft
fand. Wann der Zeitpunft eintrat, in weldyem die
Juden das Bewußtſein von dem Aufhören des ka—
nonifchen Geiftes empfingen, ift nicht genau an:
ugeben; die Juden jegen ihn gewöhnlih nad)
aleadhi, er ift aber jpäter zu fegen. Ohne Zweifel
waren etwa um bie Mitte des 2. Jahrh. v. Chr.
ſchon ſämmtliche Beſtandtheile des altteftament-
lichen Kanons beiſammen, wenngleich der förmliche
officielle Abſchluß desſelben erſt nach Jeruſalems
Zerſtörung erfolgte. — Kanon des Neuen
Teſtaments. Vor der Mitte des 2. Jahrh. findet
fit) noch feine Andeutung einer Sammlung von
Schriften bes N. T. Für das dogmatiſche Be—
bürfniß ber Zeit reichte die mündliche Tradition
noch aus. In den Berfammlungen der Chriften
wurden Stüde des A. T. gelefen. Eitate neutefta:
mentlider Schriften, wenigftens mit dem Gebraud)
derjelben als Autorität fommen in diefer Zeit noch
wenig vor. Erft als die Apofryphen Literatur
immer mehr zunahm und namentlich die gnofti»
ie Häretifer fih für ihre Zwede der apoftoli»
hen Schriften bemäcdhtigten, begann man der Ab:
fonderung der lekteren von den eingejchlichenen
rößere Aufmerfjamleit zuzumenden. Die erite
Sammlung von Schriften findet ſich bei dem Gno:
ftifer Marcion, enthaltend das Evangelium Chrifti
(10 edeyyekıor) und 10 Briefe Pauli (6 drrocrodog)
in folgender Ordnung: Galater, Korinther, Nö:
mer, Thefjalonider, Laodicäer, Kolofjer, Phile:
mon, Philipper. Gegen Ende des zweiten Jahr:
ndert3 war das Bemußtfein von der dem Alten
eſtament gleichftehenden, der Autorität mind:
licher Ueberlieferung gleichberechtigten und mit ihr
völlig übereinftimmenden Autorität der Neutefta-
mentlihen Schriften ſchon vollftändig vorhanden.
Irenäus, Tertullian und Clemens Al. find die
Vertreter dieſes Bewußtſeins; fie find einig in ber
Anerlennung der vier Evangelien, der Apojtel:
Ar ge dreizehn Pauliniſcher Briefe, eines Petri:
nifhen und eines Johanneiſchen und endlich der
Apotalypfe. Die Eintheilung „das Evangelium”
und „der Apoftel” ift in diefer Zeit gemöhnlid.
Die Ordnung der Schriften noch ſchwankend, rich:
tete ſich nad ——— Alter (Evangelien),
Rang der Verfaſſer (daher die katholiſchen Briefe
vor den Pauliniſchen), Bedeutung der Adreſſaten (jo
bei den Bauliniichen Briefen). Die Ausdrüde „Al
tes und Neues Teftament”, „Schriften“ (für beide
ZTeftamente) fommen erfterer bei Drigenes und
Zertullian, leßterer bei Theophilus vor. Bald
finden wir Erweiterungen ber genannten Samm:
lungen. Die ſyriſche Ueberfegung Peſchito (Anf.
bes 3. Jahrh.) enthält au den Yalobus: und
Hebräerbrief ; Dagegen fehlt in ihr die Apofalypie,
2. Petri⸗, 2. und 3. Johannis: und ber Judäbrief.
448
Kanonenfammlungen
Der Muratorifche Kanon (2. Jahrh.) enthält die
Briefe Jakobi, Betri und an die Hebräer nicht, da—
gegen den Hirten bes Hermas und die Apofalypfe
des Betrus,aber ohne die legtere den andern Schrif:
ten gleid zu ftellen. Drigenes unterſchied ſchon
zwiſchen echten (yrrjmoı), unechten (»o90r, 3. B.
Hermas) und gemifchten wuxroi (3. B. 2. Petrus⸗,
2, und 3. Johannesbrief). In der Folgezeit famen
bie katholischen Briefe und der Hebräerbrief immer
mehr zu Ehren, während die Apofalypje an An:
fehen verlor (nit im Abendlande). In biefer
nod immer ſchwankenden Haltung finden wir die
Sammlung des Kanons bei nr ius in der be:
rühmten Stelle Kirchengefch. III. 3, 25. 31. 39,
Im Ganzen mit Drigenes übereinftimmend theilt
erin folgender Weife ein: 1) ouoAoyovusre (allge:
mein anerlannte Schriften): Evangelien, Acta,
13 Pauliniſche Briefe (der Hebräerbrief einmal,
ein andermal unter, den widerfprochenen), 1. Jo:
bannes:, 1. Petrusbrief u. Apokalypſe. 2) dvrıde-
yousva (widerjprodhene): Jakobus, Judas, 2. Pe⸗
trus:, 2. und 3, Sohannesbrief. 3) »69« (un:
echte): ber ” Apofalypje des Petrus, Barna-
baöbrief u. ſ. w. Uebrigens ift der Unterſchied
zwifchen den beiden legten Kategorien bei Euſe—
bius fein feftbegrenzter. Jetzt kam auch der Aus:
brud „kanoniſche“ Schriften für die erſte Claſſe
auf. Daneben ftanden aber in praftifch-tirchlicher
Geltung noch eine Anzahl von Schriften, welche
nach der eracten Unterjcheidung der Gelehrten
feinen dogmatiſchen Werth rn Bi wie die alt-
teftamentlihen Apofryphen, die widerſprochenen
neuteftamentlihen Schriften, Barnabas u. f. w.
Als apofryphiihe Schriften wurde eine dritte
Gattung bezeichnet, welche keinen kirchlichen Wert
befiten follte. Als hierauf die Mittelclafje fi
allmählich in die beiden andern verlor, war Die
Zeit gelommen zur kirchlichen Firirung des neu:
teftamentlichen Kanons. Die Synode zu Yaodicea
(um 360) zählt jämmtliche fanonifhe Schriften
(wobei übrigens die Apofalypfe nod fehlt) auf
und verbietet die öffentlihe Vorlefung aller an:
bern. Im Abendlande jegten nad) den Autori»
täten Hieronymus und Auguftin die Verfamm:
[ungen zu Hippo (393) und Karthago (397) den:
felben Kanon (mit der Apofalypfe) feit und wurden
einige on nachher beftätigt von Rom durch
Biſchof Innocentius und das fogenannte decretum
Gelasii (um 495). Vgl. die Einleitungen ins Alte
und Neue Teftament. Crebner, zur Geſchichte
bes Kanons, 1847; Baur, über die Bedeutung
des Wortes xavuv in Hilgenfelds Ztichr., 1858;
Credner, Geſchichte des neuteftam. Kanon, her:
ausg. von Bollmar 1860,
Kanonen: und Decretalienfammlungen. Da
die apoftolifhen Conftitutionen und Canones
entſchieden unecht find, jo findet fich die ältefte
fihere Erwähnung einer Kanonenfammlung auf
dem Eoneil zu Chalcedon; diefelbe umfahte die
Beichlüfie der Synoden von Nicäa (325) und von
Antiohia (332), wahrfcheinlih aud von Ancyra
(314), Neucäjarea (814) und Gangra (365).
Den Inhalt derfelben, vermehrt aus den apofto:
liſchen Gonftitutionen und anderen Quellen, be-
arbeitete Johannes Scholafticus in der Collectio
canonum in 50 Titeln; aus demjelben Berl ent:
tand der Nomocanon, demjelben Berfafjer zuge:
chrieben, welder die einjchlägigen bürgerliden
Geſetze aus den Pandelten und Novellen beifügte.
Kanonenfammlungen
Als das Concilium quinisextum (692) die Urkun⸗
den des geltenden Kirchenrechtes genauer bezeich—
net hatte, veranjtaltete der Patriarch Photius 883
eine Sammlung derjelben, welche in der griechi—
hen Kirche im Gebrauch geblieben und von Bal:
amon 1170 commentirt und mit Scholien verjehen
it, Ein alphabetifch geordnetes Syntagma, bei dem
wieder die bürgerlichen Geſetze angezogen find, ver:
fertigte um 1335 Matthäus Blajtares. Eine
Sammlung aus .diejen und anderen Quellen und
Gommentarien hat der Mönd Theodoricus vom
Berge Athos 1800 in Leipzig druden lafjen. — Im
Abendlande wurden zunächſt die griechiſchen Con:
eilienbeſchlüſſe überjegt und gefammelt. Die ältefte
biejer gg ift die jpanifche oder Iſido⸗
rifhe vor 439. Dann in Jtalien die translatio
prisca (ed. Justeau in der bibl. jur. can. 1660),
endblid die Sammlungen des Dionysius exiguus
in Rom gegen Ende bes 5. Jahrh., deren erjte den
befannten griehifhen Stüden die 50 Conftitu:
tionen der Apoftel und die Bejchlüffe des Goncils
von Karthago voranjtellte; die andere aber eine
Anzahl von Deeretalen der Päpſte Siricius bis
Anaftafius II. enthielt. Dieſe Sammlung wurde
noch vermehrt und als von Hadrian 774 an Karl
den Gr. ein folhes Eremplar geſchenkt war, als
odex canonum recipirt und ben Gapitularien zu
Grunde gelegt (Ausgaben diefes Codex Dionyso-
Hadrianeus bei Richter, Kirchenr. ©. 119). Die
Ganones ber ehe Kirche fammelte 547
Aulgentius Ferrandus, Diakon zu Karthago unter
Beifligung eines Exemplars aus der Iſidoriſchen
Sammlung (breviatio canonum), und Grefconius
orbnete 690 die ganze Dionyſiſche Sammlung
nah Materien unter 300 Ziteln (Concordia
canonum). In England bearbeitete Egbert von
Dort die vorhandenen Duellen und Hucarius
machte 1040 daraus einen Auszug. Eigentlich
angelſächſiſche Kanonenſammlungen find nicht er:
halten. Bon Wichtigkeit ift bie ange Samm:
lung, welche mit Unrecht dem Iſidor von Sevilla
zugeichrieben und mit welcher jpäter die Pſeudoiſi⸗
dorischen Decretalen verbunden worden find,
Diele Sammlung, weldye allmählich vermehrt und
——— iſt, enthält in dem erſten Theile
Collectio canonum ecel. Hisp. (Matrit. 1808),
die griechiſchen Canones, die von 7 afrifanijchen,
16 galliihen, 36 ſpaniſchen Synoden, im zweiten
Theile Epistolae decretales ac rescripta Rom.
Pont. (Matrit 1821) 103 Decretalen der Bäpfte
von Damafus bis Gregor I, — Bei den ferneren
Bearbeitungen wurden im Frankenreiche aud) an-
dere Quellen wie Bußbücher und Kirchenväter be:
nugt, fo in der Colleetio Acheriana aus dem 9,
Jahrhundert und der PoenitentialisS Halitgars
von Cambray. Die auf das Kirchenrecht bezüglihen
Gapitularien jammelte Anjegifus von Yureuil
(}. d. A.), und Benedict Levita, Diakon in Mainz,
bearbeitetedanad jeinegufammenftellung,inwelde
er, als der erjte, die Pſeudoiſidoriſchen Decretalen
aufnahm (3IO—4T). Aus der Folgezeit bis auf
Gratian find noch an 40 verfchiedene Zufammen:
tellungen bewahrt; die wichtigften find: 1) Col-
ectio Anselmo dedicata, wahrſcheinlich in Ita—
lien zwifchen 888 und 897 verfaßt; benutzt Die
Juſtinianiſchen Rechtsbücher und iſt theilweije in
das decretum Gratiani übergegangen. 2) Regino
von. Prüm (+ 915), Libri duo de causis synoda-
libı ia (herausgegeben von Waflerfchleben 1840),
449
Kanonenfammlungen
eigentlid ein Führer für den Bifchof bei der
Kirdenvifitation. 3) Das Decretum des Biſchofs
Burdard von Worms (1012—1023). In 20 Bil:
hern umfaßt es die ganze Hirdlide Difciplin
(herausgegeben Paris 1549, 1853), benutzt ftart
den Regino und die Collectio Anselmo ded. Häu:
fig jegt er den Beihlüffen und Decreten den Na:
men älterer Bäpfte vor, um größere Autorität zu
erlangen. 4) Die Sammlung Anjelms von Yucca,
7 1086, in 13 Bd. noch ungedrudt. 5) Eine eben:
falls ungebrudte Sammlung des Gardinald Deus:
dedit (1086 — 1087) in 4 Büchern. 6) u. 7) Das
Decretum und die Pannormia bes Biſchofs Jvo
von Ehartres (f. d. A.). 8) Die Collectio trium
partium. Die beiden erften Theile enthalten chro-
nologijch geordnet Decretalen und Concilienbe:
ſchlüſſe; der dritte Theil ftofflich geordnet die Ca—
nones nad) Ivo's Decretum. 9) Der Polycarpus
des Cardinals Gregorius (1124). 10) Das Werk
des Algerus von Lüttich (1121-1128), de miseri-
cordia et justitia, obgleich es eigentlid) nur eine
Darftellung der kirchlichen Bußdiſciplin ift. —
Einen Abſchluß diefer Arbeiten macht das Decre-
tum Gratiani oder die discordantium canonum
concordia des Gratian, eines Gamaldulenjer: oder
Benedictinermönds zu St. Felix in Bologna um
1150 (1127—1161). Das Werk zerfällt in drei
Theile: der 1. Tractatus ordinandorum behan:
beit nach der Einleitung die firdlichen Perjonen
in 101 Disftinctionen, deren jede in canones zer:
fällt. Der 2. Theil zerfällt in 36 Causae, die durch
qnaestiones und canones erörtert werben und be=
handelt bie geiftlihe Gerichtsbarkeit und bas Che:
recht. Der 3. Theil umfaht in fünf Diftinctionen
die Sacramente, Die dieta Gratiani find die
jelbftändigen Erörterungen bes Berfafjers zu den
einzelnen Lehren, welche durch die Canones belegt
werden. Obgleich das Decretum von feiner Auto:
rität jemals bejtätigt oder fürmlid anerkannt
wurde, jo erlangte es doch bald allgemeine Gel:
tung, als zu Bologna dasjelbe erörtert und erklärt
(zuerft durch Gratian jelbft) und wie das Corpus
jur. von den Glofjatoren bearbeitet wurde. In
verſchiedenen Sammlungen wurden jegt die De:
eretalen der folgenden Bäpfte gefammelt,undeinige
von diejen, die ſich in der Zeitfolge ergänzen, von
der Schule zu Bologna anerlannt, Ir bilden bie
fogenannte Compilatio I—V. Berfafjer der er:
jten, des Breviarium extravagantium, als Circa
eitirt ift Bernardus, Propft und Biſchof in Pavia,
+ 1213. Dasfelbe enthält die Decretalen der
äpfte in fünf Gapiteln, Judex, Judicium, Clerus,
/onnubia, Crimen, die folgenden Sammlungen be:
halten die Anordnung bei. 2) Joh. Gallenſis ftellte
die Decrete der Päpſte Alerander III. (1181), Eö-
leftin(1198)aufammen. 3)Betrus Collivacinus jam:
melteim Auftrag von Innocenz III. deſſen ſeit 1195-
1210 erlaffene Decretalen. 4) Die Uanones des
Lateranconcils (1215). 5) Eine Sammlung Hono—
rius III, welde er 1220 nad Bologna jdidte.
Alle diefe Sammlungen ließ Gregor IX. durch
Raymund von Bennaforte bearbeiten und publicirte
durch eine Bulle 1234 die jo entftandene Decreta-
lium Gregorii IX. compilatio. Bonifacius VIII.
ließ dann wieder die Nachgregorianiſchen Decre:
talenfammlungen fichten und publicirte 1298 dieje
Sammlung als liber sextus. Ein liber septimus
murde unter Clemens V. (15056— 1314) begonnen
und unter Johann XXIL (1517) vollendet und
29
Kanonik 450 Kant
erhielt die Bezeichnung constitutiones Clementi- noniſation beſteht darin, daß bei der erſten bie
nae. Bon den in diefen Sammlungen nicht aufge: | Anrufung und Verehrung geftattet und einzelnen
nommenen Decretalen, Extravaganten, find noch Gegenden erlaubt wird, bie Kanoniſation aber die:
zwei Sammlungen veranitaltet, die ald Theile des | felbe der gefammten Kirche vorfchreibt,
Corpus juris can. Bedeutung erhalten haben, die! Kanonif Rehtöbud. Titel, mit welchem
extravagantes Joannis XXII. und die extrava- man das Decretum Gratiani, die Decretalen:
gantes communes, d.h. 74 Decrete von Urban IV. | fammlung Gregors IX., den liber sextus, die Gle:
(1261— 1264) — Sirtus IV. (1471—1484). mentinen und die beiden Ertravagantenfammlun:
ſtanonik ift die Wifienfhaft vom Kanon oder | gen umfahte, als vollftändige Duelle deö Kirchen:
der Sammlung ber heiligen Schriften ; fie hat zu | rechts. Da jedoch die Ertravaganten niemals fir:
ermitteln, welche Bücher zur Bibel gehören; fie henrechtlich anerkannt find, jo wird der Unter:
fteht daher im engeren Zufammenhang mit der ſchied des Corpus juris clausum gemacht, d. h. bie
bibliſchen Kritik. Uebrigens gehört die nähere Be: | Übrigen Theile ohne die Ertravaganten. S. d. Art.
griffsbeſtimmung dieſer erft im Werden begriffe: | Corpus juris can.
nen Difeiplin noch der Zukunft an. Rononiften find die Lehrer und Bearbeiter des
Ranoniker. Zur Wiederherftellung der im geift: | Kirchenrechts, welche dasjelbe nad) der Weife der
lihen Stande verfommenen Zudt führte Chrode: Segitten glojfirten und commentirten.
gang von Mek 760 unter jeinen Klerifern ein nt, Jmmanuel, der große Philofoph. Geb.
gemeinſames Leben in Hehnlichkeit der Höfterlichen | am 22, April 1724 zu Königsberg, Sohn eines
Regel (canon) ein, verpflichtete fie zu den Höfter: | Sattlermeifters, ftubirte er 1740 Bhilofophie, Ma—
lihen Gelübden ſowie zu den kanoniſchen gemein: | thematif und Phyfik, als Fachwiſſenſchaft Theolo:
famen Andachten, und legte dem Bifchof die Sorge | gie, wurde 1755 Brivatdocent der Bhilofopbie,
für den Unterhalt auf. Karl d. Gr. beftätigte dieje | 1770 ord. Profeffor der Logik und Metaphyſil und
Regel zu Aachen 789. Die Regel fand Anwendung | ftarb, ohne je über Königsberg hinausgelommen
bei den Kathedralen und größern Pfarrkirchen. zu fein, am 12, Februar 1804. Seine erfte Schrift
Dieſe Gemeinjgaften der Kleriter entwidelten ji) | „Gedanken von der wahren Schägung der leben:
in den nädjten Jahrhunderten in unbeabfichtigter | digen Kräfte” erſchien 1747. In einer großen An:
Weiſe, ed wurden mächtige Gorporationen, die mit | zahl hierauf folgender Heinerer Schriften treten
den Biihöfen um Antheil an der Kirchengewalt ve die Gedanken auf, welche er in epochemachen
ftritten (}. Capitel); dann des geiftlihen Berufes | der Weife in feinem Hauptwerke entwidelte „Ari:
immer mehr vergaßen und fich zu Pfründen und | tif der reinen Vernunft,“ 1781, 2. Aufl. 1787.
BVerjorgungen des Adels ausbildeten, zu welchen | Hierauf folgten: Prolegomena zu einer jeden fünf:
Glieder der berechtigten Familien die Erfpectanzen | tigen Metaphyfif, 1783, Grundlegung der Met
erlaufen mußten (Domicellaren). Bon dem kano⸗ | phyfit der Sitten, 1785; Metaphufifche Anfang
niſchen Leben ijt bald, da die kirchlichen Berpflich: | aründe der Naturwiſſenſchaft, 1786; Kritit du
tungen durch ftellvertretende Vicare ausgelibt wur: | praftifhen Vernunft, 1788; Kritik der Urtheils:
den, nichts übrig geblieben als die Verpflichtung | kraft, 1790; die Religion innerhalb der Grenzen der
der Refidenz zu gewiſſen Zeiten. Man unterfchied | bloßen Vernunft, 1793; Metaphyfiihe Anfang“
daher canoniei regulares und saeculares, diefe | gründe der Tugendlehre und Rechtsiehre, 1197;
legteren genofjen entweder die volle Bräbende ca- Anthropologie in pragmatiſcher Hinficht, 179. —
ronici in floribus et fructibus oder die Hälfte, | Das Chaos von Gegenfäten in der geiftigen
semipraebendati. Hatten ſie zwar Sig und Stimme | des 17. Jahrhunderts, der Dogmatismus, welder
aber nod) feine Praͤbende, fo hießen fie c. in her- | ebenjofehr in dem Alles mathematifch bemonftriren
bis, Auch gab es jolche, die nur Ehrendomherren | wollenden Wolffihen Rationalismus wie in dem
waren, c. honorarii. Ihroffen kirchlichen Orthodoxismus vertreten war,
Kanonifation ift die feierliche Erklärung des | der völlige Stepticismus, wie ihn Hume vertrat,
Bapftes, daß ein verftorbener Chrift als ein Hei: | und wie er im englifchen Deismus zur philofopbt:
liger anzufehen und von der ganzen Kirche zu vers | [hen Richtung wurde, der materialiftiihe Senfuc:
ehren fei. Die alleinige Berechtigung des Papſtes lismus, wie er namentlich in Frankreich damals
zur Heiligſprechung iſt von Alerander III. 1181 | mehr und mehr zunahm, führte Kant auf ben
ausgeiprochen, und durch jpätere Verordnungen | einen aller diefer Dentweifen ftehenden kri⸗
ven Biihöfen auch die früher geübte Befugniß ge: | tif hen Standpunft. Er machte ſich zur Aufgabe,
nommen, für den Bereich ihrer Diöcefen Heilig: | die Grenzen fejtzuftellen, innerhalb mwelder eine
ſprechungen vorzunehmen. Das Verfahren ift aufs | fihere Erkenntniß für den menſchlichen Geift mög:
genauejte geordnet und vorgejchrieben. Vorher li, und über welche hinaus jede Speculation
geht die Seligiprehung, Beatification, die nach | grundlos und ihre Säße lediglich beweisloſe Aus
breifacher Prüfung vor der Congregatio rituum, | jprüche find. Dieje Unterjuhung rag ihn zu dem
den Gardinälen und dem Papſte jtattfindet. Als Ergebniß, daß Überhaupt nur auf dem Wege finn
Bedingung der Heiligiprehung gelten durch den | licher Erfahrung eine ſichere Erkenntniß möglich
Seligen verrichtete oder auf fein Anrufen gefche: | ift. Die Bedingungen jeder menſchlichen Erkennt:
hene Wunder. Sind diefe, jowie die völlige Rein: | niß find Raum und Zeit; denn Diele beiden legten
heit des Glaubens und Lebens in einem fürmlichen | find nicht Dinge außer uns, jondern in uns, ſie
erneuten Proceßverfahren feftgeftellt, jo findet die | find die Jubjectiven Erfenntnihformen, ohne welche
Verkündigung der Heiligipredhung, d. h. daß der |irgend ein Ding zu erkennen für uns unmöglig
Name des Seligen in das Berzeichnif (canon) der | ift. Wir werden darum auch niemals jagen können,
Heiligen eingetragen und jein Name in der Meffe daß wir ein Ding an ſich erkennen, ſondern immer
genannt werden SOLL, in Öffentlicher Feier in der | nur wie es ſich unfern Erfenntnißformea darbietr!
aticanfirche mit großem Gepränge Statt. Der | (tranfcendentaler Jdealismus). Die Kategarien
Anterjchied zwifchen ber Beatification und der Ka- | des Berftandes find zwar fchlechthin ficherik m
Kant
auverläffig, allein fie haben nur einen Sinn in
Anwendung auf die Welt der Sinnlichkeit, weil
unjer Denken nie über die ihm innewohnenden |
Formen hinauslommt. Die Anwendung berfelben
auf überfinnliche Dinge beruht rein auf Selbit:
täufhung, e8 iſt und unmöglich, über nit finn-
liche Dinge Sätze aufzuftellen, weil fie jenfeit der
Grenze unjered Erkenntnißvermögens liegen. Da:
ber fommt es, baß, jo oft man überſinnliche Dinge
mit dem Berjtande conjtruiren wollte, man fich in
zahllofe Widerjprüche verwidelte ; man kann weder
bie Exiſtenz ber Seelenod die Gottes beweifen, noch
über die Welt als Gefammtheit eine Ausfage mas
den. Kann man nun aber aud die überfinnlichen
Dinge, beren Ideen in der Vernunft enthalten
find, nicht beweifen, jo find fie gleichwohl Gegen»
tand unjerer moralifchen Ueberzeugung, und haben
r das praktifche Leben die größte Autorität und
edeutung ; nach diejer Seite hin unterſcheidet fich
bie praftifche von der reinen Vernunft, Bon bie:
fem Gefihtspunft aus entwidelt nun Kant die
moraliſchen und religiöfen Begriffe. Der widhtigfte
Inhalt der praftiihen Vernunft ift das Sitten:
geſetz, welches uns gebietet als objective Macht
und doch wieder von und ſelbſt ausgeht, alſo Noth⸗
mwendigleit und Freiheit gleichzeitig in fich fchließt.
Diejes Geſetz fteht über dem finnlihen Begehren
der Menſchennatur, deffen höchftes Ziel finnliche
Glüchſeligkeit ift, und fteht ſogar mit diefem im
Widerjprud, jo daß nad Kants Auffafjung die
aus purer Achtung vor demſelben hervorgehende
Erfüllung des Sittengejeges immer mit Wider:
en geſchieht und ler ganze wahrhaft erha:
ene Sittenlehre zu einem gewifjen Rigorismus
führt. Kant lann daher Tugend und Glüdjelig:
feit nicht als nothwendig zufammengehörig be:
traten, wie das die früheren Moraliften zu thun
pflegen; beide ftehen ſich factifch gegenüber als
ger ger Gegenfäte. Da aber das pöchite
Gut doch nicht denkbar ift ohne Glüdjeligkeit, fo
hält Kant zum Zmwede der Berföhnung von Tu:
gend und Glüdjeligkeit zwei Dinge für nothmwen:
dig: Unfterblichleit der Seele und Dafein Gottes,
injofern eine vollendete Heiligkeit nur unter der
Bedingung der eriteren und eine Nuögleichung der:
jelben mit der Glüdfeligkeit nur unter der Bebin-
gung der Eriftenz des legteren als denkbar erjcheint.
So ergiebt fich auf dem Boden der praktiichen Ber:
nunft das als Wahrheit, was auf demjenigen ber
theoretifchen Vernunft unbeweisbar war. Die Re:
ligionsanfihten Kants ſchließen ſich enge an biefe |
Säge an. Religion ift ihm weſentlich Moral, die
Kirche ift ihm die Gemeinichaft, melde fich die
Verwirklichung der moraliſchen Zmede zur Aufgabe
fegt. Die unfichtbare Kirche ift Die ideelle Gemein:
I der Gerechten; die fichtbare fnüpft an ge:
chichtliche Thatſachen an ; je mehr fie ſich dem rei-
nen Vernunftglauben nähert, deſto volllommener
ift fie. Die Dogmen und geſchichtlichen Thatfachen
haben nur Werth als jymboliihe Hüllen mora:
licher Ideen. Einer ne wu bebarf
daher namentlich auch die Bibel. — Auf die Ent:
widlung der Theologie hat Kant mächtig einge:
451
Kapelle
ı bildeten daS Gewebe für die rationaliftifch:fupra-
naturalijtifchen Ausbildungen der chriſtlichen Lehre
in ber Folgezeit. Tieftrunf, Stäudlin, Ammon
u. N, find die Hauptvertreter biefer Richtung. Was
aber bis heute von bleibendem Werthe an der
Kantiſchen Philoſophie ift, das ift die Oppofition
gegen einen unfritiichen Dogmatisnus, welche,
aud) dem durch die Hegelfche Philoſophie neu aufs
taudenden Dogmatißmus gegenüber, in neuerer
Zeit fein Recht immer nocd behauptet hat. —
Kantö Werke wurden edirt von Hartenftein (10
Bde., 1838—44), Roſenkranz und Schubert (12
Bde. 1838—44). —* Borowsky, Darftellung des
Lebens und Charakters Kants, 1805; Schubert,
mm. Kants Biographie, und Roſenkranz, Ge:
ſchichte der Kantiſchen Philofophie, in den herausg.
Werten; 8. Fiiher, Imm. Kant, 2 Bde, 1860;
berfelbe, Kants Leben und die Grundlagen feiner
Zehre, 1860. Dann die allgemeineren Werke von
Michelet, Chalybäus, Nitter, Ueberweg, Erdmann.
Kanzel (von cancelli, Gitter, im Dittelalter
cancelley für das mit Schranten eingefaßte Chor
in der Kirche; ein eingehegter Bla), nad Luther
Predigtſtuhl. Urjprünglid redete der Biſchof von
feinem Stuble aus, der am Ende des Gebäudes
auf dem Chore ftand. Später trat der Prediger
(Auguftin, Chryjoftomus) auf den Ambon, als die
Gemeinden und Kirchen größer wurden, errichtete
man nod vor dem Gitter des Chors eine bejon»
dere Bühne. Erſt im 13. Jahrhundert brachte man
bie Kanzel an einem Pfeiler des Mittelichiffes an.
Die neuere (lutheranische) Theorie des Kirchen:
baues bezeichnet den Abjchlußpfeiler des Chors ge:
gen das Schiff als den Ort der Kanzel, während
man aud, namentlich in der reformirten Kirche,
bie urſprüngliche Stelle am Ende des Chores hin:
ter bem Communiontifch feſthält. Entſcheidend
muß die Rüdjicht auf die Aluſtik bleiben.
anzelberedjamfeit. S. Beredſamleit.
Ranzelredner. ©. —
Kanzlei, päpſtliche. ©. Curie,
Ranzleiregeln, päpſtliche, find die Injtructio:
nen über den Geigjäftsgang, welche die Päpſte bei
ihrem Amtsantritt erlaffen, vornehmlich die Be:
ftimmungen über die Rejervatrechte, welche zuerft
Johann XXII. bei feiner Kanzlei protofolliren
lieb. Da dieſe Rechte aber durch die ftaatliche Ge:
jeggebung, Verträge und Concordate beſchränkt
und beitimmt find, jo haben diefe Kanzleiregeln
viel von ihrer einftigen Bedeutung verloren.
Kapelle (Gapelle,von cappa, die Dede für die Re:
| liquien). 1) Ein Heineres Gotteshaus zum Behuf
der Privatandacht oder der Erbauung an von der
| Pfarrkirche entfernten Orten, Die Kapellen haben
daher feinen Biarriprengel, in der Regel aud) feinen
eigenen Geiftlihen, jondern werden durch einen
Dialonen der Pfarrkirche verfehen;; eö werden keine
Taufen darin vollzogen und an den hohen Feier:
tagen keine Mefjen gelefen, um den Verband mit
der Pfarrkirche aufrecht zu erhalten. Aus den Ka:
pellen wurden häufig beim Anwachſen der Bevöl:
fprung haben die biſchöflichen und fürjtlihen Haus:
wirkt. Indem er den alten Wolfffhen Rationalis: | fapellen. Schon Conjtantin erbaute in feinem
mus in feinem ſcholaſtiſchen Dogmatiömus zer:
ftörte, ift er zugleich der eigentliche Vater des jpä:
tern Nationalismus geworden. Der Vernunft:
glaube Kants wurde ‘zur Grundlage ber rationa-
iſtiſchen Theologie, Kants Kategorien und Begriffe
= —— Pfarrlirchen. Etwas andern Ur:
Balafte eine Brivatlapelle, da der Fürft dem Pfarr:
‚zwang nicht unterworfen fein konnte. Diefe fürjt:
lihen Kapellen gelangten zu großer Bedeutung.
Auch die Klöfter gewannen ſehr bald allgemein
bejondere Kapellen und für Bm ausgedehnte
4
Rechte. Laien durften mit bejonderer Bemilligung
und unter gewiffen Beſchränkungen ſolche Hapellen
in ihren Häufern einrichten. Als Privatoratorien
oder zu beftimmten Andachten wurden auch mit
den Kirchen Kapellen verbunden (Krypten, Kreu
gänge). — 2) Das gejammte Berjonal zur Yun
führung ber Kirchenmuſik an Kathedralfichen. —
3) Die gefammte für feierliche Anläffe beftimmte
Kleidung der Priefter und Miniftranten, die nad)
Stoff und Farbe ein Ganzes bildet.
Kapernaum (Nahum's Dorf), eine Stadt in
Galiläa, nicht weit vom Einfluß des Jordan in ben
See Tiberias, der jpätere Wohnort Jeſu, Mare.
1, 21; = 17, 24, war durch die Yage an der
Verkehrsſtraße ein geeigneter Drt für feine Wirk:
famfeit. Der Ort wird weder im Alten Teftamente
noch in den Apofryphen erwähnt, jo daß man an:
nimmt, er fei erft in dem legten Jahrhundert ent=
ftanden. Die Stelle glaubt man in den Ruinen
von Tell:Hum gefunden zu haben. .
ſtapff, Sixt. Karl von, Dr. ver Philofophie und
Theologie, Brälat, Dberconfiftorialrathund Stifts:
prediger in Stuttgart jeit 1851. Zehn Jahre vor:
. mar er Pfarrer in Hornthal und acht Jahre
ecan (Superintendent) in Münfingen und Her:
tenberg. Geb. 1805 in Güglingen (Württemberg).
Derfelbe ift ein hervorragender Vertreter der prak⸗
tifchen Richtung in der württembergifchen Geiftlich-
feit, und in größern Kreifen —— Vor⸗
träge über verſchiedene ſittliche Schäden der Ge—
genwart bekannt geworden. Unter jeinen viel ver:
breiteten und beliebten Erbauungsjgriften und
übrigen Werten heben wir folgende hervor : Gebet:
bud, Stuttg. 1835, 16. Aufl. 1868; Communion:
buch, ebd. 1840, 15. Aufl. 1866; Kleines Commu:
Kapernaum
z
z
nionbuch, ebd., 16. und 17. Aufl. 1865—67 ; Baf: | 12
ſions⸗, Dfter- und Buhtags:Predigten, ebd., 5.
Aufl. 1860 ; die Revolution, ihre Urſachen ꝛc., Samb.
1851; die mwürttembergijchen Brüdergemeinden
Kornthal und Wilhelmsdorf ıc., Stuttg. 1839;
der religiöje Zuftand des evang. Deutichlands nad)
Licht und Schatten ıc., ebd. 1856.
—— S. Caphtor.
eo ©. —— ſiſhen a
pitonier, eine Secte ber ruſſi irche.
ſtaplan. S. Caplan. *
ſtapland. Weder die holländiſchen Boers, welche
52 Karäer
grenzt im Weſten von Lycaonien, im Süben von
Eilicien, im Oſten von Armenien und im Norden
| von Bontus. In früherer Zeit, als Pontus (Cappa-
| docia ad pontum) noch Dazu gerechnet, wurde es ald
Cappadocia propris ober ad Taurum oder major
unterjchieden. Früher unter eigenen Fürſten den
Medern und Berjern unterworfen, war K. nad
Aleranders bes Großen Tode und der Ermordung
bes Eumtenes wieder ein jelbjtändiges Königreid,
1. Matt, 15, 22, bis es von den Römern unter:
worfen und 17 n. Chr. in eine römiſche Provinz
verwandelt wurde, Chriftliche Gemeinden in K.
werden ſchon 1. Betr. 1, 1 erwähnt (Juden Apſtg.
2,9). K. ift die Heimath der berühmten Kirchen:
väter Gregor von Nazianz, Bafilius von Cäſarea
und feines Bruders Gregor von Nyſſa, außerdem
bes Apollonius von Tyana. Obgleich die Kappa:
bocier von den Griechen Syrer, ober zum Unter:
ſchied Leufofyrer genannt wurden, fo fteht durd
die Sprachreſte fett, daß fie nicht zu ben Semiten,
fondern = den ndogermanen gehörten; es fommt
dies in Betracht, da man die Heimath der Phili:
fter, Caphtor (j. d. Art.), in K. finden wollte.
Kappel, ein Dorf im Canton Zürich, ift in der
get chichte der Schweiz bekannt gewor:
den durch die beiden Friedensſchlüſſe zwiſchen den
Zürihern und den Tatholifhen Gantonen, 16.
Nov. 1529 und 22. Nov. 1531, von denen ber
zweite auf die unglüdliche Schlacht bei Kappel (11.
Dct. 1531) folgte, in welcher Zwingli fiel; dem:
felben ift 1588 dort ein Denkmal errichtet.
Kappern, die Blüthen eines in Aften und Süd:
europa wild ——— Strauches (capparis spi-
nosa), welche eßbar find und nicht nur den App:
tit, MEER auch zur Wolluft reizen follen, Pred.
ſtapporeth, Gnadenſtuhl, Auarıjpuor, der Dedel
der Bundeslade, aus feinem Gold gefertigt, auf
befien beiden Enden die Cherubsgeftalten ftanden,
zwifchen denen man die Schechina Jehovahs ſich
gegenwärtig dachte. Gegen diefen Dedel wurd
am Berfühnungstage das Dpferblut geiprengt.
Dal. 3. Mof. 16, 14 f.; 2. Mof. 25, 22; 30, 6;
Moſ. 7, 89; Röm. 3, 25; Hebr. 4, 16. j
\_ Karüer, eine jüdiſche Secte im füdmeftlihen
| Rußland, Galizien, der Türkei und Berfien, die
| fid) duch die vollftändige VBerwerfung der rabbi:
feit 1600, noch die franzöfifchen Refugies, die fich | ni chen Tradition von den andern Juden unter:
ier anfiedelten, bemühten fich ernftlic um die ſcheidet. Sie beziehen fich lediglich auf die Schrift,
iffion unter den Eingeborenen, vielmehr verhin: | und vindiciren Leder s Recht, dieſelbe, ohne ſich
derten ſie die Rücklehr des erſten MiſſionarsſSchmidt durch fremdes Anſehen binden zu laſſen, nad
von der Brlidergemeinde 1737, als derſelbe 1744 | beiten Kräften auszulegen. In ihren Gottesdien—
zu einem Befuche in die Heimath gereift war. Erft | ften nimmt daher die Predigt eine bedeutende
1792 tonnte die Brüdergemeinde ihre Arbeit wie: | Stelle ein. Die Zahl der Karäer ift durch mande
ber aufnehmen; ihr folgten 1798 die Londoner Urſachen fehr geſchmolzen, es follen nicht mehr als
Geſellſchaft, die Methodtiten ſeit 1820 und endlich | 7000 fein, die unter fich enge zufanmenhangen,
die Berliner Geſellſchaft 1834. Bejonders thätig | jede Gemeinde unter ihrem CThacham, und wegen
ift aber dort die Rheiniſche Gejellfchaft geworden, | ihrer Sittenreinheit nad aufen einen guten Ruf
welche 1829 F erſten Miſſionare hin ſandte und genießen. Ihre Glaubensanſichten find jedoch dürf⸗
es jetzt daſelbſt zu einem ziemlich organifirten Kir: | tig; das Glaubensbelenntniß, welches bei jeder
chenweſen gebracht hat. An die Miffton unter den | feierlichen Gelegenheit gefprochen wird, beiennt
Hottentotten hat fich die Arbeit unter den Namaz | den Blauben an einen Soft, der die Welt geſchaf⸗
quas, Dvahereros und Kaffern angeiotoflen, an| fen, und durch feinen Knecht Mojes ein vollfom:
welcher fich, nachdem die Londoner Geſellſchaft fie | menes Gejet gegeben habe, welches man verftehen
aufgab, die Rheinische Gefelfchaft und die Metho: | müfje. Gottes Geiſt malte auch in den übrigen
diften betheiligten, nicht ohne viele Schwierigfeis | Propheten. Es giebt eine Auferftehung und eine
ten und harte Unfälle vornehmlich durch die Feind⸗ göttlige Vergeltung im Gericht. Gott hat fein
[haft des Häuptlings Jonker. olf “> verftoßen, man muß den Meifiaö er:
Rappadorien, eine Landichaft Kleinaſiens, be: ie Stiftung der Secte wird einem Anan
warten,
Karantanen
— welcher um 570 n. Chr. ſich von den
rabbinifchen Juden in Babylon losſagte und in
Baläflina als Naſi oder Chaham herrichte, wie
die Rabbinen angeben aus Groll, weil er bei der
Wahl zum Reich Galuth (Oberhaupt der babylo-
nifhen Juden) übergangen worden fei; nach der
Karäifhen Ueberlieferung wäre fein Rival und
Bruder Ananus durd die Rabbinen gewählt wor:
den, um die Karäer vollends zu unterdrüden, das
Bolt aber habe den Anan eingejegt, um fi und
das Geſetz zu retten. Quellen zur Geſchichte der
Karäer find: die Gejhichte der Karäer von Jephet
Hallevi um 1140; der Ejchlol Haftopher des Je:
hudah ben Eliah Hadaffi Habel; das ling. Wert
Wibchar des Aaron ben Joſeph (Conftant. 1690).
Bol. außer den Schriften von ©. Pinsker (Wien
1860) und 53. Fürft (Leipzig 1862) zur Geſchichte
des Karäismus und jeiner Literatur auch nod)
Wolf, notitia Karäorum, hausta ex tract. Mar-
dochai, 1721; ®et. Beer, Geſchichte der jüdiſchen
Secten, 1822; Joft, Geſchichte der Jfraeliten, Bo.
IIL, VI, VIII und IX.
Karantanen. S. Kärnthen.
Kardinal. S. Cardinal.
Karena (Duadragena), ein 4Otägiges ſtrenges
Faften, welches als Buße vom Biſchof oder Klo:
ftervorjtand gröberen Sündern auferlegt wird.
Aud der Ablaf von diejer Buße heißt Karena.
€3 wurden bisweilen 10—100 Karenen auferlegt.
Rare, Georg, geboren 1512 zu Heroldingen in
Graublindten, Prediger in Dettingen 1539 und
Schwabach 1553, Baltor und Generaljuperinten:
dent zu Ansbach. + 1576. In Thejen, welde er
1563 aufftellte, bejtritt er die Zurechnung des
activen Gehorjams Chrifti, nahm aber 1570 die:
felben zurüd, als durch Kelzmanns Angriff 1569
darüber ein großer Streit entbrannt war. In
Folge davon wurde die Jmputationslehre in der
Eoncordienformel genauer ausgeprägt.
Karien, die gebirgige aber fruchtbare Landſchaft
im Südmeften von Kleinafien, begrenzt vom Agät:
ihen und dem Mittelmeer, in welder bie Städte
Halicarnaf und Milet lagen. Um 130 v. Chr.
wurde Karien eine römische Provinz, kurz vorher,
1. Malt. 15, 23, erjcheint es noch unabhängig.
Mande haben in den Karim, 2. Kön. 11,4. 19,
Rarier erfennen wollen, aber das Wort ift appel:
lativiſch zu nehmen.
Karlan, Stadt im Stamme Juda, Jo. 15, 3.
Karlaphenfiihe Bibelüberfegung (Recensio
karkaphensis), deren Affemani ihnung thut
und melche bei den Jalobiten im Diſtrict Segara
in Mefopotamien im Gebraud) war, tft nach Wije:
mans Unterfuhungen jalobitiijhen Urſprungs
und nur eine Recenfion der Peſchito mit abwei—
hender (griechiſcher) Schreibart der Eigennamen.
Der Name wird erflärt Karkaphitarum: hoc est
orum in montanis habitantium.
KKarkemiſch erg Ihr Kamoſch), eine von den
Afiyrern eroberte Stadt in Mejopotamien, wo
arao Necho von Rebufabnezar geſchlagen wurde,
er. 46, 2—12; 2. Chr. 35, 20; ef. 10, 9; die
bei den Glaffifern Circefium genannte Stadt am
Einfluß des Chaboras in den Euphrat.
Karkor, ein Drt jenfeit des Jordans, Richt. 8,
10; nad) Eufebius das Caſtell Carcaria.
Karl der Große, fräntiicher König 768, römis
453
Karl V.
durch feine Regierung die fpätere politiihe Ges
ſchichte der drei Länder Frankreich, Deutichland
und Italien beſtimmt tft, jo war fie aud) von ent:
ſcheidendem Einfluß auf die Geftaltung und Ent:
wiclung der Kirche. hr Gebiet dehnte er aus
durch den 3Ojährigen Krieg gegen die Sachſen, in
welhem er ebenmäßig Unterwerfung und An:
nahme des Chriftenthums verlangte, durch den
ı Sieg über die Avaren und die Gründung der Dit:
Ara und ficherte fie durch den Zug nad) Spa:
Inien gegen eine neue Meberfluthung durch die
Mauren. Die Gründung zahlreicher Bisthümer
in den neugemonnenen Gebieten jollte da3 äußer:
lich ee — Chriſtenthum auch innerlich
begründen und befeſtigen; aus den Schulen, welche
er mit den Klöſtern verbunden wiſſen wollte, gin—
nen tüchtige und gebildete Geiftliche hervor. Sein
ug gegen bie Longobarden, obwohl aus perjön:
licher Feindichaft gegen ben König Defiderius m
vorgegangen, rettete Rom vor der Gefahr, den
Longobarden unterworfen zu werden und hielt da:
durch die Möglichkeit eines Papſtthums offen, dem
feine Erneuerungder Schenkung Pipinsdie Grund:
‚lage einer unabhängigen weltlihen Macht gab;
ſeine Kaiſerkrönung endlich verknüpfte auf eine fo
eigenthümliche Weite das politifche Intereſſe feiner
Nachfolger mit dem des päpftlihen Stuhles, daß
die Entwidlung der Kirche ſich in der Löſung der
aus diefem Berhältniffe entjtehenden Gonflicte
vollzieht. Bei aller Chrerbietung, welche Karl dem
Papſte erwies, die ihren Grund in feiner eigenen
tiefen Religiofität hatte, bewahrte er demielben
egenüber jtets das Recht und die Würde des Herr:
ders; der Neichätag regierte wie dad Land fo
auch die Kirche, fo daß die Capitularien eine blei:
bende Duelle des firhlihen Rechtes geworben find.
Die unter jeinem Schuß gehaltenen Synodalver:
bandlungen zu Regensburg 792, Frankfurt 794,
| Aachen 799 entſchieden in würdiger und felbftäns
diger Weife im Adoptianiſchen und Bilderjtreite,
\ führten eine ftrengere Zucht im Leben der Geift:
lichen ein (Regel des Chrodegang) und nahmen
die Bemühungen Karls um Du une der äußern
Eultusfeier auf (Orgel, Kirhengejang). Nicht un:
verdient hat Paſchalis III. durch die Heiligjpres
hung fein Gedächtniß auch Tirchlich geehrt. Die
Quellen für fein Zeben bei Berg, Mon. Germ., I.
und II. Bol. Hegewiſch, Gedichte der Regierung
Karls d. Gr., 1791; Dippoldt, Leben Karls d. Gr.,
1810; Ideler, Leben und Wandel Karls d. Gr.,
1839 ; Bredomw, K. Karl, 1814; Capefigue, Charle
| magne, 1842; Döllinger, das Kaiſerthum Karls
‚d. Gr. (Münchn. hiſt. Jahrb., 1865).
\ Karl V., deuticher Kaiſer 1520—56. Geb. 1500
zu Gent, Sohn Philipps des Schönen von Deiter:
reich und Johanna's von Spanien, wurde er uns
ter der Vormundfhaft Marimiliand I. in den
ı Niederlanden erzogen und hatte zum Lehrer Adrian
von Utrecht, nahmaligen Papft Adrian VI. Kaum
| 16 Jahre alt, trat er nad dem Tobe Ferdinands
‚des Katholifhen die Regierung in Spanien und
‚Neapel an, bewarb ſich um die deutſche Königs:
frone und wurde am 23. Dctober 1520 gu Aachen
gefrönt, nachdem er bie erfte Wahlcapitulation
‚unterfchrieben hatte, Obwohl ber Reformation,
für welche er fein Berftänbniß hatte, perjönlid
abgeneigt, war fein Verhalten gegen biefelbe zwar
ſcher Kaiſer 800— 814. Geb. am 2. April 742, ein auch durch religiöfe und kirchliche Anſchauun⸗
Sohn Pipins des Kleinen und der Bertrada. Wie gen begründet, aber mehr noch durch politiſche
Karl V.
Rüdfihten beftimmt. In faft ——
Kriegen mit Frankreich und der Türkei, ſuchte
er den Gegenſatz der päpftlihen und evangeli:
fchen Partei in Deutfchland jo zu lenken, daß
berjelbe fein Ziel, die Gründung einer Weltmon-
archie für feine Dynaftie, zu fördern geeignet fei,
indem er dem Miderftand von ber einen Seite die
Beglinftigung der andern — Obgleich
feine Wahlcapitulation die Abhülfe der 100 Be:
fchwerben der deutſchen Nation verheißen hatte,
fo trat er 1521 auf dem Wormſer Reichstag ald
unbedingter Gönner des päpftlihen Regimentes
auf. Karls längere Abmejenheit von Deutfchland
ließ das Wormſer Edict (26. April 1521) nicht
zur Ausführung kommen. Der Bauernaufftand
und bie Unruhen der Wiedertäufer erheifchten dop⸗
pelte Borfiht. Nach dem Neihätag zu Nürnberg
1524 und dem Regenäburger Convent, welcher den
Torgauifhen Bund 1526 nad) ſich 30g, wurde jedes
Einiöreiten genen die gr, ger gehemmt, als
ber Papſt ein Bündniß mit Frankreich abſchloß.
Der Reichätag zu Speyer 1526 drückt das Abwar—
tende der Politik aus. Dagegen ftand der Beſchluß
bed Reichätages von 1529, gegen melden bie Evans
gelifchen ihre „Proteftation” einlegten, wieder in
engem Zufammenbang mit dem inzwiſchen a
fenen Frieden zu Cambray. Unter dem Einflu
der Carbinäle Campeggio und Granvella erſcheint
ber Raifer auf dem Reichstag zu Augsburg; die
Türfengefahr nöthigte zwar zur Schonung ber
Evangelifchen, aber da biefelben der Wahl eines
Bruders Ferdinand zum römifchen Könige ent:
egenftanden, konnte diefelbe nur durch um fo ent:
1531. Da der Schmalfaldener Bund mit Frank—
reich in Verbindung trat und bie Türfen unter
Soliman andrängten, mußte Karl in den Nürns
berger Religionsfrieden willigen. Erft nad dem
4. franzöfifhen Kriege (1542—44), alö ein neues
Bündniß mit dem Bapfte (1546) ihn fiherte und
feine politifhen Pläne die Einigung des Reiches,
daher die Beilegung der reliaiöjen Streitigkeiten
durch ein von allen Seiten beſchicktes Concil noth:
wendig erforberten, die Evangelifchen aber negen
die heimlichen Eaiferlichen Rüftungen die bewaffnete
Vertheidigung verabredeten, ſprach er die Reichsacht
gegen dieſelben aus. Der glückliche Feldzug von
1546 und 1547 brachte ihn auf den Gipfel ſeiner
Macht in Deutfchland, zeigte aber auch in der Aus:
legung der Wittenberger Capitulation die fpanifche
Arglift. Mit Mäbigung dagegen benußte er auf
dem firdlichen Gebiete feinen Sieg, da er ber
Evangeliſchen bedurfte, wenn fein Plan, feinem
Sohne Philipp die Nachfolge in Deutfchland zu
fihern, gelingen follte. Das Interim war ber
Ausflug einer faiferlichen Politik, die weder Ka:
tholifen noch Proteftanten zufagen fonnte. Die
Ausdehnung der Faiferlihen Gemalt, die Unter:
brüdung der Evangelifhen, die Untreue gegen die
gefangenen Fürſten waren bie Gründe, —
Moritz von Sachſen rin Bündniß mit Heinrich LI.
von Frankreich eingehen ließen; der UÜeberfall in
Innöbrud nöthigte dem Kaiſer den Bafjauer Ber:
trag 1552 ab. Diefer und der miflungene Berfuch,
Mey wiederzuerobern, fiberjeugten ihn, daß jeine |
Entwürfe gefcheitert jeien. Er verließ Deutjchland
mißmutbig und legte 1555 die Regierung von
Spanien, 1556 aud von Deutfchland nieder und
454
und durch den päpftlihen Einfluß erlangt werden | zu
Karlitabt
zog fi in das Hierongmitenflofter St. Zuft in
Eitremadbura zurüd, mo er 1558 ftarb, durch recht⸗
zeitigen Tod vor der bittern Erfahrung bewahrt,
daß fein eigener Beichtvater Cazalla fi d. Art.)
al3 Anhänger der Reformation im Autobafs ver:
brannt wurde.
Karl I., König von England (1625—49). Sein
befpotifches Weſen, die Verbindung mit Frankreich,
bie immer wiederholte Treulofigfeit, mit welcher er
bie Zufagen brach, gaben dem Barlamente, deffen
Gewalt er nad) der Schlacht bei Nafeby 1645 von
ben Schotten überantwortet wurde 1647, die ge:
wiffe Ueberzeugung, daß England vor Defpotis:
mu3 und Bapidmus nur durch feinen Tod bewahrt
bleiben könne. So wurde er des Bar fhuldig
erflärt und 1649 hingerichtet. Die Geſchichte feiner
Nachfolger zeigt, daß allerdings der Geift ihres
Haufes in einem unverjöhnlihen Gegenfa ftand
zu bem durch die Reformation gewedten englif
Volkögeifte und nicht von dem Verſuche laſſen
konnte, denfelben durch die Mittel der Lüge, des
Verraths und der Künſte der Verführung zu übers,
mwinden.
Rarl IX., König von Frankreich, hat durch die
Ermordung der Hugenotten bei der Hochzeitfeier
feiner Schwefter mit Heinrih von Navarra (24.
Auguft 1572) ſich in der Gefhichte der franzöſi—
ſchen Kirche ein unvergeßliches jchlimmes Gedaͤcht⸗
niß erworben (vgl. Frankreich).
ſtarlſtadt, Andreas Rudolph Bodenftein aus
Karlſtadt in Franken. Ein Mann von großer Ge:
lehrſamkeit, mannigfadher Begabung und nicht ohne
Tiefe des Gemüthes, aber ohne feiten Charakter,
Fhledeneres Anfclieken an die atholifhen Stände | ehegeisig und leidenfchaftlic, den der MWiderfprud
onfequenzen treiben konnte, die ihm bennod
innerlich fremd waren, ift er in der Reformations:
geisiäte mehr zu bleibender Bedeutung gelangt
urch das, was gegen ihn, als durch das, was durch
ihn gefchehen ift. Mit Luther auf demfelben Grunde
ftehend, ihm wiederholt nahe verbunden, vertrat
er eine Seite der Entwidlung der reformatorifchen
Principien, melde die fähfifheReformation, gerade
durch fein Auftreten mit veranlaft, immer mehr
vernadhläffigte und mißtrauifch anfah. Sein unftä:
tes viel bemegteö Leben fand daher erſt Ruhe, ala
er in der Schweiz einen Aufenthalt gewann, mo
die Reformation einen feinen Jdeen verwandten
Gang eingefhlagen hatte. Sein Geburtsjahr ift
ungewiß. 1504 finden wir ihn ald Baccalaureus
zu Wittenberg, nachdem er bereits in Rom kano⸗
nifhes Recht und Scholaſtik ftubirt Hatte, Als
— 5— ber Theologie ſeit 1513 fand ſeine Ge:
lehrjamteit in weitern Kreifen Anerkennung. An:
änglih im ſcholaſtiſchen Intereſſe ein egner
uthers, folgte er doc bald dem auf der Univer:
fität herrſchenden Geifte und ging zum Studium
ber heil. Schrift, Auguftind und der myſtiſch
Theologie über. Hiedurch in den Streit mit ca
vermwidelt, der durch die Leipziger Disputation
1519 entſchieden werden follte, und bald danach
mit dem Barfüßermönde Franciscus Seyler megen
des Ablafles, griff er in den beiben Schriften de
canonicis scripturis und „Von päpftlicher Heilig:
keit“ die katholiſche Kirche, melde ſchon über ihn
und Luther den Bann ausgefprocden hatte, direct
und entſchieden an, in der erften zugleich Luther,
beffen freie Aeußerungen über den Jakobusbrief
feinem ftreng formalen Schriftprincip wider⸗
ſprachen. Nach einem durch ben Umſchwung ber
Karlſtadt Karoliniſche Bücher
Verhältniſſe ſehr abgekürzten Aufenthalt in Däne- | der Prophet Elias geweſen, und hätte der Orden
mark nahm er, während Luther auf der Wartburg ſich durch Eſſener und Eremiten fortgepflanzt. Erſt
weilte, bie Führung in Wittenberg in bie Hand; | Papebroch (Acta sanct.,1668) wies nad), daß die
Gelübde, Heiligencultus und Meſſe wurden a | Eremitengejellichaft von einem Berthold im 12.
digten und Schriften immer ernftliher angegriffen. | Jahrhundert geftiftet jei und unter deſſen Nach—
Das Andrängen der Auguftinermönde, bie Unent: | folger Brocard von dem Jerufalemitaniihen Pa:
fchloffenbeit der Univerfität und das Zurüdhalten | triarchen Albrecht 1209 ihre Regel erhalten habe.
des Kurfürften reizten ihn zum thatfächlihen Bor: Beengt durch die Eroberungen ber Saracenen,
angehen. Am Weihnachtsfeſte 1521 theilte er das | wanderte die Genoſſenſchaft 1238 aus und fiedelte
Abendmahl ohne Elevation und vorhergehende | fich in einer Einöde auf Cypern, danad) in Eici:
Beichte unter beiderlei Geftalt aus, traute einige | lien, Frantreih und Italien an; Innocenz ver:
Tage danach einen Pfarrer mit feiner Köchin und
verheirathete fich jelbit am 20. Januar 1522, ent:
warf aud; die Gemeindeordnung, ee Zwar
am 24. Jan. vom Rath und der Univerfität ge:
billigt, dennoch nicht zur Ausführung gekommen
ift, aber den jpätern Ordnungen Luthers als Bor:
bild gedient hat. Seine Schrift „Bom Abthun der
Bilder” und feine excentriſchen Aeußerungen gegen
iftliches Amt und gegen ie Wiflenfchaft fanati⸗
firten das Bolt derart, daß nur Luthers Erjcheinen
die geftörte Ruhe wieder herftellen konnte. Die
Berbindung mit ben Zwidauer Propheten und
Thomas Münzer hatten ihn tiefer in eine myftifch: |
aftetifche Richtung bineingeführt. 1523 verließ er‘
fein Lehramt in Wittenberg und übernahm Ende
des Jahres das Pfarramt in Orlamünde, welches
ihm als Arhidiafonus im Wittenberger Stifte
—— Hier führte er ſeine Gedanken über die
mgeftaltung des Gottesdienſtes durch, die er in
mehreren Schriften immer rückſichtsloſer forderte.
Mit Luther, der an diefem Allem und an K.'s Ver:
bindung mit Münzer (an defjen politiihen Plänen
er jedoch feinen Antheil hatte) den größten Anſtoß
nahm, zerfiel er völlig durch ſeine Angriffe auf die
lutheriſche Abendmahlslehre, „Ob man mit der
Schrift erweiſen möge, daß Chriſtus mit Leib,
Blut und Seele im Abendmahl ſei“, „Auslegung
dieſer Worte Chriſti: das iſt mein Leib“, „Von
dem widerchriſtlichen Mißbrauch des Herrn Brod
und Kelch“, welchen dann mehrere heftige Streit:
fchriften gegen Luther folgten, derihn in der Schrift
„Wider die himmlischen Bropheten” ſcharf ange:
griffen hatte. Schon vorher hatte er Orlamlinde
verlaffen müffen. Durch den Bauernaufftand in
große Bedrängnif gebracht, erlangte er durch eine
„Erklärung“ über Feine Abendmahlslehre und die
Verantwortung über feine Verbindung mit den
Bauern zwar die Erlaubniß der Rüdfehr nad)
Sadjen, aber ohne Reftitution in feine Brofefjur
und unter der Bedingung, feine Schrift herauszu⸗
geben. Zuerit in der Nähe von Wittenberg, dann
in Kemberg führte er ein fümmerliches Leben von |
einem Heinen Handel. Bitterlich fich über die Feind: |
ſchaft Luthers beflagend, der ihn verfolge und uns
terbrüde, wandte er ſich 1528 nad) Holjtein und
fand dann bis 1530 Aufnahme in Ditfrieäland;
auch von dort auf Betreiben der Wittenberger 1530
verbannt, fam er über Straßburg durch Bucers
Vermittlung nad) der Schweiz, mo ihm die Pfarre
Altftätten anvertraut wurde. Bon dort durch ben
Kappeler Krieg vertrieben, erhielt er eine Pfarr:
ftelle in Zürich 1532 und 1534 eine Profeſſur in
Bajel, wo er angefehen und geachtet 1541 an ber
Peit ftarb, Val. Jäger, U. B. von Karljtabt, 1856. |
Karlftadt, Johannes. S. Draconites.
Karmel. ©. Carmel.
Karmeliter. Nach der ftren
Drbensjage wäre ber eigentliche
feitgehaltenen |
tifter derjelben
mwanbelte durch eine neue Regel 1247 die Cremiten
in den Orden der Brüder der heil. Jungfrau vom
Berge Karmel, Die ältern ftrengen Vorſchriften
über Falten, Schweigen, Handarbeiten wurden
beibehalten. Der Vorſteher Simon Stod bradte
den Drden bald zu hoher Blüthe. Befonderes An:
fehen gewann er durch das von ihm eingeführte
Scapulier; die Scapulierbrüderfchaften affiliirten
dem Drben eine Menge Laien. Während des päpfi:
lihen Schiömas 1378— 1428 war auch der Orden
unter zwei Generale geteilt und uneinig. Der Ber:
fall der urſprünglichen Strenge rief auch hier Re—
formverjuche hervor; während die Conventualen
dur Eugen III. 1431 die mildern Gewohnheiten
fi beftätigen ließen, ftiftete Thomas Gonnecte
(7 auf dem Sceiterhaufen 1433) in Rom unter
ben Obfervanten die Congregation von Mantua,
welche erempt und einem eigenen General unter:
ftellt wurde. Sixtus IV. ftiftete 1476 die Tertia:
trier des Drdens. Der General Soreth, welcher
wegen feiner Reformen 1471 vergiftet wurbe, ſtif—
tete 1452 den weiblichen Drden der Karmeliterin:
nen. Aus diefen gingen durd die heil. Therefa
1563 die unbeichuhten Karmeliterinnen hervor, in
benen ein Fanatismus der Afteje dem Orden neuen
Glanz verlieh und die Reform durch Johann vom
Kreuz nad) ſich zog. Schon 1593 erhielten die Kar—
meliter:Barfüßer einen eigenen General und ſpal⸗
teten ſich in zwei jelbftändige Congregationen von
Spanien und von Italien, ” daß nun vier Zweige
des Ordens nebeneinander ftanden. Die düjftere
Aſkeſe des Ordens, nantentlich der Barfüherinnen,
ließen feine Klöfter häufig von Denen zur Zu:
fluchtftätte erwählen, welche in den frühern fittlich
verwahrloften Jahrhunderten eine wüſte Vergan⸗
genheit vor dent eigenen Gewiſſen zu vertilgen
ſuchten.
Karolinifhe Bücher. Die Beſchlüſſe des 2. Ni:
cäniſchen Concils von 787 jandte Habdrian I. in
einer lateinischen Ueberſetzung an Karl den Großen
in der Hoffnung, daf die fränfifche Kirche denſel—
ben beitreten werde. Karl lieh diejelben durch un:
genannte Theologen begutachten, und ſowohl die
angellähfiihe als die fränfiiche Kirche traten auf
ber Synode zu Frankfurt dem mifbilligenden Ur:
theil dieſes Gutachtens bei. Dasſelbe bildet mit
den Gapitularien ber Frankfurter Synode die ſoge⸗
nannten Karolingifchen Bücher, welde zuerit Jo—
bannes Tilius, nahmals Biſchof von Mende,
berauägegeben hat. Die Echtheit derjelben ift da:
durch ermwiejen, daß Hincmar von Rheims das:
felbe erwähnt und ein Gapitel wörtlich anführt.
Die Nicänifchen Beſchlüſſe werben in ſcharfer, oft
leidenſchaftlicher Weije kritifirt, ihr Widerſpruch
mit der Bibel und der lleberlieferung aufgededt,
der übermüthige, aber gegen den Kaifer jerpile
Geiſt der Kirche getadelt und jede Verehrung der
Bilder, die inihnen mehr ald Mittelder Erinnerung
Karpofrates
456
Katakomben
ſehe, ſcharf zurückgewieſen. Das Buch erhält ein Regeln milderte. Das hohe Anſehen des Ordens
beſonderes Intereſſe, weil die Begründung bie: | bat viele feiner Glieder auf kirchliche Ehrenſtellen
fer Urtheile den damaligen theologischen Stand
der fräntifchen Kirche und der herrſchenden Scho:
laſtik offenlegt. Es find die erhobenen Vorwürfe
allerdings theilweife unbegründet, weil die Leber:
fegung der Nicäniſchen Befchlüffe nad) den Eita-
ten fehr mangelhaft geweſen fein muß, und da—
durh den Nicänern Behauptungen zugeſchrieben
werden, die ihnen völlig fern lagen. Die Wirkung
des Buches ift befanntlich nur eine vorübergehende
geweien, da auch die fränfiiche Kirche trotz ber
Frankfurter Synode bald die Bilderverehrung auf:
nahm, weldhe an Hadrian gegen das Opus Caro-
linum und das Capitulare durch feine ausführ:
lihe Widerlegung derjelben, Epistola Adriani,
einen eifrigen und mächtigen Beſchützer gefunden
atte.
’ Karpofrateß, ein Gnoftifer, lebte zu Alexan⸗
drien unter Hadrian, Sein Syftem gehört zu den |
antinomiftiifhen. Das Ziel ift das Streben nad
der höchſten Einheit, von der alles Daſein ausge—
angen. Alle Unterſchiede und Beſchränkungen der
Gemeinichaft, alfo namentlich das jüdische Geſetz,
find das Werk der Dämonen (dyysdoı xoauo-
root), welche in der Materie ein eigenes Reid)
aufzurihten trachten; das von ihnen aufgeftellte
Gefet ift die Urfache der Sünde. Das Aeußerliche
bat daher gar feine fittlihe Bedeutung, es qilt,
fi von ihm frei zu machen. Jeſus, ſowie Pytha—
goras, Plato ſchwangen fi) durch Reminiscenz
an das frühere Dafein zur Betrachtung der höch—
ften Einheit empor und machten ſich von den be—
fchränfenden Geſetzen frei. Daher verwarfen die
Anhänger des K. das Privateigenthum und die
Ehe als Bejhränfung der Gemeinschaft, in der die
Einheit gefunden wird. Der Sohn des K., Epi:
phanes, welcher ſchon in feinem 17. Jahre ftarb,
verbreitete die Grundfäße mit großer Berebfam-
keit; ihm wurde ein Tempel auf Cephalonia er:
richtet und göttliche Verehrung erwiefen. Die Kar:
pofratianer jollen ein Chriftusbild, das angeblich
von Pilatus herrührte, verehrt haben und fo die
erften Chriften gewejen fein, bei deren Cultus
Bilder gebraucht wurden.
Karpns, 2. Tim. 4, 13, ſoll nad) Hippolyt Bi:
ſchof zu Berytus in Thracien geworben fein.
Kartha, Stadt in Sebulon, Sof. 21, 34.
Karthäuferorden. Der Stifter desſelben ift der
beil. Bruno (f. d. Art.) 1084. Er ſuchte das Ana:
choreten⸗ mit dem Cönobitenleben zu vereinigen
dadurch, daß jeder Mönd von den andern getrennt
in feiner Zelle lebt, und das Gebot des Schwei—
gens und der Arbeit zu der jonftigen ftrengern
Afteje hinzutrat. Erft der 5. Prior der Karthaufe
Guigo (+ 1137) zeichnete die Ordensvorſchriften
auf und 1170 gab ihnen Alerander III. die Beftä:
tigung. Die Gejeggebung leitet das Generalcapi:
tel, der Prior der Karthauſe wurde als Oberprior
ſämmilicher Klöfter anerfannt. Die Laienbrüder
waren nad dem durchgehenden Syitem der Ab:
ſchließung von den Mönden ftreng geichieden; zu
den nötbigen Arbeiten außerhalb des Kloſters
wurde 1232 die Einrichtung von Oblaten beftätigt.
dur Zeit des Schismas ftanden aud hier zwei
rdensgenerale nebeneinander, bis ſämmtliche
Provinzen Martin V. anerkannten. Eine Refor:
mation ift im Orden nie nöthig geworben, nur
eine Fraction hat ſich von ihm getrennt, welche die
erhoben. Karthäuferinnen (Diakoniffen) gab es
nur in fünf Klöftern; ein Beſchluß des General:
capiteld wehrte einer größern Ausdehnung. Sie
haben noch ein Haus bei Grenoble. Dasfelbe wurde
in der Revolution zerftört, aber 1816 von neuem
bezogen. Es beftehen Klöfter in Frankreich, Sta:
lien und der Schweiz. Ordenstracht ift ein Tuch:
rod mit Ledergürtel, Scapulier und Kapuze von
weißer —
ſtarthago wird als chriſtlicher Biſchofsſitz erft
202 erwähnt, wo Optatus Biſchof war. Mit dem
Bisthum war nad) der Verfaſſung der nordafrika⸗
nifhen Kirche der Primat über die Biſchöfe der
Provinz verbunden. Seit ber Eroberung durch die
Bandalen beitand neben dem katholiſchen aud ein
Arianijches Bisthum. Synoden find häufig in tar:
thago gehalten. Die Beſchlüſſe der älteren find
röptentheils 419 wiederholt und von Dionyfius
xiguus im Codex eccl. afric. zufammengeftellt.
Bisthum und Chriftenthum gingen mit der Zer-
ftörung der Stadt durch die Mauren 698 unter,
ſtaffia, eine aromatiſche Rinde, welche als In:
grebienz ben wohlriechenden Salben beigemifcht
wurde. Man glaubt, daß der Baum, von dem fie
genommen, Cinnamon Tamel oder Albiflorum ge:
wejen jei. Bf. 45, 9; 2. Mof. 30, 34; Ey. 27, 19.
Kaflen, Kirchentaiten, ift die allgemeine Be:
zeihnung bes kirchlichen Gemeindevermögens,
welches zum Theil aus den Einlagen in die Gottes:
Armenkaſten erwuds, die in den Kirchen aufge:
ftellt waren. — Kaftenvogt, Kaftenherren, find die
aus der Gemeinde zur Verwaltung des Kirchen-
gutes aufgeftellten Männer, die in diefem Amte
der Auffiht des Pfarrers unterftellt find. Die
Kirchenordnungen geben überall Vorſchriften zur
Verwaltung und Sicherung der Kaften.
Ratafalf, tumba, castrum doloris, ift das
Tobdtengerüft, welches bei der kirchlichen Todten:
feier in der Kirche aufgeftellt wird, nachdem Die
Leihen nicht mehr in diefelbe hineingetragen wer-
den. Derfelbe ift mit den Emblemen bes Todes
und ben Infignien bes Standes des Veritorbenen
verjehen, oft foftbar geſchmückt und mit Lichten,
den Symbolen des ewigen Zebens, umgeben. Ans
ftatt der Zeihe wird er mit Weihwaſſer befprengt
und mit Weihrauch beräudert.
Katakomben (catacumbae) heißen die unter:
irdifhen Gänge unter dem alten Rom, aus welchen
Sand und Puzzolanerde ausgegraben war und
welde vor Alters zum Begraben der Stlaven dien:
ten. Da man in dieſen —— und ſchwer zu⸗
änglichen Orten die Leihen ber Märtyrer beizu⸗
een pflegte, jo wurden allmählich die Katalomben
zum allgemeinen Begräbnißplag der chriſtlichen
Gemeinde. Damit verband fi, daß diefelben zu
gotteödienftlihen VBerfammlungen, zur Stätte der
Eommunion und ald Zufludtsorte in Zeiten ber
Bedrängniß benugt wurden. Zu dem Zwecke wur:
ben einzelne ber Gruben vergrößert und verziert.
So ließ Ealirt die Katakombe unter der Bafilica
St. Sebaftiani anlegen, das coemeterium Calixti.
Im firhlihen Gebraud blieben die Katalomben
bis ins 7. Jahrhundert. Schon Papſt Leo ber
Große (7 462) wurde als der erjte der Bäpfte nicht
mehr in einer Katakombe beigejegt. Auch waren
über benjelben an ber Stelle, wo Märtyrer begra-
ben lagen, Kirchen und Gapellen erbaut, die mit
Katechetenſchule
457
Katechismus
ben unterirdiſchen in Verbindung ſtanden, jo da | Aoyos zarnynrıxös 6 ueyas, Auguſtins de cate-
jelbft die Gedächtnißfeier der Märtyrer ftatt in den | chizandis rudibus. Als die Neueintritte in bie
KRatalomben in den Eapellen gefeiert werden konnte. Kirche aufhörten, trat der Jugendunterricht in ben
Die K. find Gänge in Manneshöhe bis zu 4 Fuß
Breite. In die Wände find die Begräbnißftellen
eingehauen als wagerechte Nifchen, die repofito:
rienmäßig neben und über:, zumeilen auch hin—
tereinander liegen. Jede Nifche ift mit einer Tafel
von Marmor oder gebrannter Erde geſchloſſen;
auf berjelben ift der Name eingegraben oder auf:
getragen, häufig das Monogramm Ehrifti oder ein
anderes Sinnbild und ein kurzes Wort wie In
Pace oder Dormit. Aus jpäterer Zeit find die
marmornen Sarlophage, deren eine Anzahl erhal:
ten ift (vgl. Kinkel, Geſch. der bildenden Künſte),
fowie die Gemälde, mit welden die Wände und
Gewölbe mander K. geichmüdt find. Die Krüge
und Fäſchchen, welche außerhalb der Gräber fi
in großer Anzahl finden, hält man wegen bes ro:
then Niederjchlages gern für Behälter des Mär:
tgrerblutes und fie gelten daher noch jebt als
fiheres Zeichen für ein Märtyrergrab, wahrſchein⸗
ih aber rühren fie her von den Abendmahls—
feiern ; die hemifche Unterfuhung findet in dem
rothen Niederichlage keine Blutipur. Die Ausgra-
bungen in den K. welche für die hriftliche Kirchen:
und Kunftgefhichte viel Bedeutendes ergeben ha:
ben, — auch dadurch, daf fie die völlige Abmwejen-
beit des Mariencultus in jenen Zeiten augenicein:
lich bezeugen — ftehen unter Aufficht der Congre:
gation der Indulgenzen und Reliquien, welde aus
diefem unerfhöpflihen Schage neugebaute oder
isrer Reliquien beraubte Kirchen mit echten Reli:
auien von Märtyrern befchentt. Aehnliche K. finden
fih an mehreren Drten Jtaliens, die Fre nad
den römifchen in Neapel, dann in Brescia, Flo:
renz, Zucca, Spoleto, Chiufi, Caftellamare, Rola,
Canofſa nnd an andern Orten. Auch bei Paris
führen die Steinbrüche den Namen, welche 1786
die Bebeine aufnahmen, die von den aufgchobenen
Kirhhöfen entfernt wurden und die Leichen der
1792 Gemordeten. Val. über die Katafomben
Bellermann, über die älteften hriftlichen Begräb:
nigftätten, Hamburg 1839; Perret, Catacombes
de Rome, 1851 ff.; de Rossi, Roma soterranea,
1864, und die Kunſtgeſchichten.
atechetenſchule. Die ebertritte gebilbeter Hei:
den madıten in Alerandrien e8 zur Nothwendig ⸗
keit, den Unterricht derfelben im Chriftenthume
wiffenfchaftlich gebildeten Männern zu übergeben,
welche die Bedenken löfen und die Zmeifel über:
winden fonnten. So entitand die berühmte Alexan⸗
driniſche Katechetenſchule (ſ. d. Art.), welche all
mahlich eine gelehrte Bildungsanſtalt wurde. Ori⸗
genes, ihr berühmter Vorſteher, gründete nad) ſei⸗
ner Bertreibung von Alerandrien eine gleiche in
Eäfarea. Außerdem blühten neben Alerandrien die
Schule von Antiochien unter Dorotheus 290 und
Lucian (+ 310) und die Schule zu Edeffa.
Katechetik ift die Wiffenfchaft von der Einfüh:
rung der Jugend oder unbelehrter Erwachfener in
die Öriftfühe Lehre. Sie gehört in die Reihe ber
praltiih:theologifhen Difciplinen. In der alten
Kirche war bie Katecheſe wejentlid ein Unterricht
betehrter Erwachſener, wobei das apoftolifche Sym⸗
bolum naturgemäß bald den Mittelpuntt bes Un:
terrichtö bildete. Abhandlungen, welche dieſen älte⸗
ften Unterricht betreffen, find: Eyrills von Jeru⸗ V
falem myftagogifhe Reben, Gregor von Nyſſa
Vordergrund. Karl der Große ließ außer dem
Symbol noch die zehn Gebote und das Baterunfer
lernen. Die erften Katehiämen fchrieben Dtfrieb
von Meifenburg, Hero und Notter Labeo. Dem
im Allgemeinen jehr vernadläffigten Unterricht
im Mittelalter gegenüber verwandten die Waldens
jer und Huffiten großen Fleiß und Sorgfalt auf
denſelben (vgl. Gefften, Bilderlatehismus, 1855).
Aus der römischen Kirche ift Charlier Gerfon und
beffen Schrift de parvulis ad Christum trahen-
dis zu erwähnen. Die beiden Lutherifhen Kater
hiämen brachen neue Bahn für den Religions:
unterricht ; deßgleichen die Katechiämen ber refor:
mirten Theologen (f. u. Art. Katechismus). Die
Theorie der Katecheje, ald Syftem, wurde weniger
gepflegt: Hyperius (de catechesi, 1570), Alfted
(Theol. catechetica, 1612), Dietrich (Institutio-
nes cat., 1613) u. X. Bon Bedeutung war aud)
in ber Theorie der Katecheje Spener, deſſen epoche⸗
machende Wirkſamkeit auf praktiſch⸗katechetiſchem
Gebiete anerkannt iſt (katechetiſche Tabellen, 1683 ;
Gedanten von der Katehismusreformation, 1815).
Einen großen Umſchwung in der Katecheje rief
das Auftreten der philanthropifhen Schule (Baſe⸗
dow, Salzmann u. A.) hervor. An die Stelle des
orthodoren Dogmas trat der Vernunftglaube, und
in ber ſokratiſchen Methode glaubte man das
eigentliche Geheimniß der Kalecheſe entdedt zu
haben; die ganze Wahrheit liegt —— im
Menſchen verborgen, es bedarf nur der künſtlichen
Entwicklung: das war der Grundgedanke dieſer
Katecheſe. Salzmann (über die wirkſamſten Mit:
tel, Kindern Religion beizubringen), Miller (An:
weiſung zur Katechifirtunft, 1778), Rojenmüller
(Anweiſung zum Katedifiren, 1783), namentlich
aber Gräffe (Lehrbuch der alla. Katechetil nach Kan:
tiſchen Grundfägen, 1795— 98 ; Grundriß der allg.
Katechetik. 1796); in origineller Weife Dinter
(Regeln der Katechetif, 1801). Diefem, der religtö:
ſen Wärme nur zu oft entbehrenden Formalismus
gegenüber, trachteten Daub (Lehrbud, 1801) und
Schwarz (Katechetik, 1318) in der Katecheſe nad)
der Erweckung eines innernreligiöfen Lebens. Auch
die Schleiermacherſche Theologie er ihre Wege
in den Unterricht: Rütenik, ber che Glaube,
1829. Als neue Aufl. : die hriftl. Glaubens: und
Sittenlehre, 1834, 3 Bbe.; Al. Schweizer, Leit:
faben zum Unterridt in der chriftl. Glaubenslehre,
1840, Neuere Katechetiten: Kraußold, 1843; Pal⸗
mer, 1844, 4. Aufl. 1856; Zezſchwitz, 1863 u. A.
Zur Literatur: Stud. und Krit., 1831.
Katechismus ift ein in Fragen und Antworten
abgefaßtes Lehrbuch der chriſtlichen Religion für
dad Volt und den Jugendunterridht. Einzelne
Theile der chriftlihen Lehre find fchon früh der:
artig in Deutfchland behandelt und von Luther
benugt. Den eriten Katechismus findet man bei
den böhmifchen Brüdern; er ift aber nur in ber
Umarbeitung von 1523 vorhanden. Demjelben
nachgebildet ift ber Waldenſer Katehismus. Die
deutſche Reformation zeigte ihren Charakter durch
die rafhe Folge mehrerer Katechismen. Der erfte
ift ber des Pfarrers Bader „Geſprächbüchlein vom
Anfang des driftlihen Lebens mit dem jungen
olf zu Landbau”, 1526; ihm folgte Brenz 1527,
„Fragſtütke des hriftlihen Glaubens, enthaltend
Katechismus
den Glauben, bie Gebote, dad Baterunfer und das
Nachtmahl“. 1529 folgte dann Luther mit feinen
beiden Katechismen, durch welche er aud) den Ges
brauch des Namens Katehismus für diefe Lehr:
bücher feftftellte ; voraufgegangen war 1520 feine
„kurze Form, den Glauben und die zehn Gebote
zu betrachten und das Baterunfer zu beten“. In
der Schweizer Kirche erfchien 1533 in Zürich der
Katehigmus von Leo Judä; Calvin eriter, 1536
franzöſiſch, 1538 lateinisch erſchienen, ift noch ohne
dialogifche Form, welche aber der von 1545 (Gen:
fer Katechismus) ebenfalls angenommen hat. Beide
überragte und verbrängte ber Heidelberger Kate:
chismus 1563 (f. d.), welcher als Lehrbuch in der
teformirten Kirche einen faft ebenfo unbeftrittenen
Blog einnahm, als der lutherifche in ber lutherischen
Kirche. Diefe Katehismen haben durchgehends
mebr ben Zwed, dem Bolte einen „kurzen Inbe:
griff des Wortes Gottes“ zu geben, den e3 in kur:
zen behaltbaren Sätzen dem Gedächtniß einprägen
könne, ald dem eigentlichen katechetiſchen Jugend»
unterricht zu dienen, an ben auch noch wenig ge:
dacht wurde. Daher wurben die Katehismen mehr
angeſehen als populäre Ueberjegungen ber theolo:
giſchen Bekenntnißſchriften und in Folge beſſen
nicht nur immer confeffioneller, fondern auch von
den Landesherren und dem Kirchenregimente ver:
anlaßt und eingeführt. So wurde ſchon 1537
ber —— Katechismus durch Bucer auf
Veranlaſſung des Rathes zu Bern überarbeitet.
Es jest ſich dieſelbe Richtung in verſchiedener
Weiſe in dem Heſſiſchen Katechismus 1566, dem
Zweibrüder 1586, dem Wittenberger 1571 und den
gehäffigen Streitigkeiten, welche durch diefen her:
vorgerufen wurden. Ganz in Hebereinftimmung
damit fteht die Tendenz der katholiſchen Katechis⸗
men, welde in biejer Zeit erfchienen, des Cate-
chismus Romanus, 1566, der Katechismen des
Canifius 1554 und 1566 und Bellarmin 1608.
Aus der Anregung, welde Spener der Katechetil
gegeben bat, gingen zahlloje Katechismen hervor,
welche eigentliche Lehrbücher für den Religions:
unterricht der Jugend fein wollten und in welchen
ſich daher ſowohl der Wechjel und Fortjchritt der
Methode ald auch die religiöfe und theologische
Stellung der Verfaſſer jehr deutlich abfpiegelten ;
mit demjelben Recht und Unrecht wie von einer
Geſangbuchs wurde auch von einer Katechis⸗
musnoth geredet und geſchrieben. Neuen Anlaß
zur Außgabe eines Kalechismus unter kirchlicher
Sanction als Lehr⸗ und Belenntnißbuch gab zuerſt
die Union; Unionskatechismen ſind der badiſche
von 1836 und der rhein⸗pfälziſche. Aus der Rich:
tung der legten Decennien, den Lehrinhalt ber
unirten Kirche mehr in der theilmeifen wörtlichen
Mebereinftimmung (bem Consensus) oder in dem
Nebeneinanderbeitehen der verfchiedenen confeffio:
nellen Zehrausprägungen, ald in dem Zurücdgehen
auf bie Principien zu Anden, entftanben bie neuen
Unionsfatehismen der babifchen Kirche 1855 und
defien Leberarbeitung durch Die Rheinifche Synode
1859. An den Verſuch, durch bie Einführung eines
neubearbeiteten ältern Katechismus aus der Zeit
der {hrofiften Orthodoxie Iutheranifche .
bigteit in Hannover zu verbreiten 1862, Inüpfte
bie in ihrem Berlauf jo intereffante Reaction
des evangeliichen Gemeindebewußtjeind. Die An:
forberung, welchen die tatechetifche Wiſſenſchaft an
den Katechismus ftellt, daß er ein Tert der öffent:
458
| lihen Lehre und bes —— Belenntniſſes ſei,
Katechumenenunterricht
welchen die Kirchengemeinſchaft anerkennt, eine
Begründung des gemeinen Wiſſens vom Chriften:
tum (Nitzſch), wurde zum Theil jo ausgedeutet,
daß der Katechismus ein ſymboliſches Buch ber
Kirche fein müſſe und daß er „gebetet” werden
fönne, db. 5. mit andern Worten, daß nur Luthers
Meiner Katechismus als wirfliher Katechismus
anaufehen fei. Vielmehr ift bei der Form und Dar:
ftellung in die erfte Zinie die Rüdficht zu ftellen,
daf der Katechismus ein Lehrbuch ıft, welcher den
Kindern das Verſtändniß des Chriftenthums er:
ſchließen foll; es ift in einer georbneten und ver:
faßten Kirche aber ebenfo ſelbſtverſtändlich, daß
fein Katechismus im Jugendunterricht gebraudt
werde, ben nicht bie competente tirhlice Stelle
enehmigt hat, wie dies z. B. auch die Rheiniſche
irchenordnung $.106 vorjchreibt. Aus der neuern
Theologie hervorgegangen ift: Grundriß der chriſt
lichen Lehre von E. Schwarz, 2. Aufl. Gotha 1867.
Natechumenen hieken in der alten Kirche bie
Yuden und Heiden, welche fih an die Gemeinde
angeſchloſſen hatten, aber noch nicht durd die
Taufe in diefelbe aufgenommen waren und ftd im
BZuftand der Vorbereitung auf diejelbe befanden.
Sie galten ald Chriften, denen noch bie rechte Reife
und Erprobung mangele. Das Wefentlihe des
Katechumenates war daher nicht ſowohl eine Unter:
weifungin dem noch ſehr beſchränkten Zehrinhalt als
eine Erlorichung der Gefinnung und die Erziehung
zu chriſtlicher Sittlichleit. Anfänglich waren fie
von der Theilnahme an den gotteödienftlichen Ber:
fammlungen völlig ausgejhloffen; jpäter durften
fie dem Gebete und den Lehrvorträgen beimohnen,
aber nicht der Abendmahläfeier (ſ. Arcan:Dife:
plin). Seit dem 4. Jahrhundert unterfchied man
daher im Katechumenat die Stufen der audientes,
welche bei der Predigt und Schriftvorlefung an:
weſend waren, bergenuflectentes, welche am Gebet:
Theil nehmen mochten und der competentes, welde
würdig befunden waren, am nächſten Termine die
Taufe zu empfangen und liturgiſch darauf vorbe:
reitet wurden. Bal. Scerutinien. Die Aufnahme in
dad Katehumenat geihah durch Dandauflegung
und Gebete und Mittheilung des Salzes ; bis dahin
rg die zur Aufnahme ſich Meldenden rudes.
ie Trennung der Katechumenen hat aber frühzei⸗
tig aufgehört. Das Inſtitut der Katechumenen
nahm jein natürliches Ende, als das Chriftenthum
die Religion des Volles und die Kindertaufe
allgemeine kirchliche Sitte geworben war. wi
neuerer Zeit nennt man Katehumenen bie chriſt
lien Kinder, welche durch den pfarramtlichen Re:
ligiondunterricht zur Confirmation und zur Theil:
nahme am heiligen Abendmahl vorbereitet werben.
Katehumenenmefle heißt der erfte vorbereitende
Theil der Meſſe, nach deſſen weg, bie Ka:
tehumenen entlaffen wurden, da bie Oblation,
Eonfecration und Communion zur disciplina ar-
cani — Anfänglich beſtand die Katechume⸗
nenmeſſe nur in Pſalmengeſang und Schriftver:
lefung, fpäter lamen weitere Gebete und bie Pre
digt hinzu. Als die Verfolgungen nicht mehr mu
befürchten waren, wurbe die Theilnahme an der
Katehumenenmefje wie allen Büfenden, jo auch
—— und Heiden geſtattet.
techumenenuunterrichi. Obgleich das Inſtitut
ber Katechumenen nach der Natur ber Sache uralt
ift und in die Zeit der Apoftel hinaufreichen mag,
Katerkamp
fo findet ſich doch keine Angabe über einen beſonde⸗
ren ihnen ertheilten Unterricht. Es blieb die Mit:
459
Katharer
Ja re 1153), 1819 834, welche auch bei proteſtan⸗
tifchen Gelehrten große Anerkennung fand; Denk:
theilung der Glaubendmwahrbeit, ſeitdem die öffent: | würdigkeiten der Fürſtin Galitzin, 1828.
lihe Verkündigung der apoftolifchen Zeit gehin-
dert war, ber Privatforge der Einzelnen üüberlafien,
die Katechumenen waren im übrigen auf die heil.
Schriften und die Auslegung derfelben in den
Berfammlungen angemwiefen. &rft die Katecheten⸗
fhule in Alerandrien ging aus dem Gefühl deö
Bebürfniffes nad) einem elementaren driftlichen
Unterricht hervor, veränderte fih aber bald durch
die nothwendigen Umftände in eine wifjenfdaft:
liche Zehranftalt. Yon einem Unterricht der Jugend
findet fidh feine Spur, derielbe fcheint wie bei den
Juden der Familie Überlaffen geweſen zu fein.
Ebenjo wenig hat im Mittelalter eine kirchliche
Untermweifung ber Jugend ftattgefunden ; was ein:
zelne Biſchöfe thaten, ſowie Klöfter und Domſchu—
len, war nur für die vornehmere oder zu höhern
Studien beſtimmte Jugend. Die Kirche legte den
Pathen die Pflicht auf, die Kinder den Glauben,
die Gebote, das Vaterunſer und die Gebete zu Ichs
ren und verwies fie im übrigen auf die Belehrung,
die fie im Gotteödienfte und im Beichtftuhl em:
pfangen fonnten. Nur von den Waldenjern wird
bezeugt, daß fie ihre Kinder mit den chriftlichen
Wahrheiten forgfältig befannt gemadt hätten.
Beranlaßt durch die deutfche Reformation, machte
dad Tridentinum den Seelforgern zur Pflicht,
durch einen heilſamen Bortrag an allen Sonn:
und Feiertagen das ihnen anvertraute Volk in
Allem zu unterridten, was zu wiffen Allen zur
Seligkeit — Die Reformation, welche
eine Haupturſache des eingeriſſenen kirchlichen
Verderbens in der Unwiſſenheit des Volles ſah,
ließ ſich den Jugendunterricht ſehr angelegen ſein,
allein man ging im großen Ganzen nicht über die
Vorſchrift des Tridentinums hinaus; die zahlrei⸗
chen Katechismen waren zwar darauf berechnet,
von der Jugend gelernt zu werben, aber nur in
den Katechismuspredigten wurden diefelben aus:
gelegt. Es ift das Berdienft des Spenerichen Pie:
ttämus, die Nothwendigkeit eines eingehenderen
Religiondunterrichts der Jugend zum Bewußtſein
ebracht und den Anftoß zur Ausbildung wiſſen⸗
haftlich begrünbeter Katechetik gegeben zu haben.
Der Katehumenenunterriht muß fih nad) Form
und Inhalt von dem elementaren Religionsunter:
richte unterfcheiden, welchen die Schule zu erthei«
len nicht laffen kann; die Grenze zwiſchen beiden
beftimmt und Far zu ziehen, ift indek noch nicht
gelungen.
Ruierlamp, Dr. Yen Theodor Hermann,
Domdechant und Profefior der fatholifhen Theo:
logie zu Münfter. Geb. am 17. Jan. 1764 zu Och»
trup, bezog er bie Gymnaſien zu Rheine und Mün—
fter und ftubdirte hier Philofophie und Theologie.
1787 zum Prieſter geweiht, ward er Hauslehrer
ber Söhne des Neichsfreiheren Drofte-Bifchering,
Clemens Auguft (des Erzbifchofs) und Franz Otto.
Nachdem biete Thätigleit mit einer längern Reife,
auf welcher Katerfamp mit Lavater und andern
Berühmtheiten zufammengetroffenwar, 1797 ihren
Abſchluß gefunden, wurde er Hausgenoffe der Für:
ftin Galigin. Nach deren Tode übernahm er die
— der Kirchengeſchichte proviſoriſch. 1819
o. Profeſſor, ward er 1823 zum Domcapitular
und 1831 zum Domdechanten ernannt. + 1834.
Sein Hauptwerk ift die Kirchengeſchichte (bid zum
Ratharer (x«Iapor) ift der Geſammtname einer
in vielen Fractionen auftretenden chriſtlichen
Secte, welche im Mittelalter dad Abendland erfüllte
und nad Ihren Grundgedanken mit dem Gno—
ftieiömus und Manihäismus verwandt ift. Das
Gemeinfame der verfchiedenen —— 2 ein
Dualismus, welcher die Materie vom böfen Geifte
eichaffen fein läßt; durch die Berbindung mit ihr
And die urjprünglich von Gott ftammenden und
auf ihn gerichteten Seelen böfe. Der Gott des
Alten amentes, Jehovah, ift der böfe Geift,
welcher durch das Geſetz die Menſchen täufchte, nur
in den Propheten und den Pſalmen ſpricht ein
öttlicher Geiſt. Jeſus iſt gekommen, geſendet von
ott, dieſen Betrug des böſen Geiſtes zu zerftören,
ſein irdiſches Leben iſt, da er mit nichts Böſem,
Materiellem behaftet fein konnte, nur ſcheinbar
geweſen; auch Marias Leiblichkeit war nur Schein
des Lichtkörpers. Da die Sünde in der Luft am
Geſchaffenen befteht, fo ift ed das Weſen der chriſt⸗
lihen Bolltommenheit, ſich davon völlig frei zu
machen, daher ftrenafte Aſteſe und Ehelofigtelt.
Die Vergebung der Sünden ift gefnüpft an bie
Geiftestaufe (consolamentum) in der Handauf:
legung, die Waffertaufe ward verworfen. Jede
Slinde nad) ber Taufe macht des Geiftes verluftig,
fo daß Mande, um in der Endura zu bleiben, den
Gnadenftand nicht zu verlieren, nad) Empfang des
consolamentum durch Berfagen der Nahrung ſich
den Tod gaben. Zurmwahren Gemeinde der Reinen,
cathari oder perfecti, gehören nur ——
welche nach dem Empfang des consolamentum
dieſer ſtrengen Afteje leben. Um der Schwachheit
willen wurde den Gläubigen, credentes, nachge—
geben, in der Ehe zu leben, Güter zu befigen ıc.,
unter ber ——— ung, daß ſie noch vor dem
Tode durch Empfang des consolamentum die Boll:
fommenbeit ergreifen würden. Die kirchliche Orga⸗
nifation ahmte durch Eintheilung in Didcefen, an
deren Spite der Bijchof mit zwei Gehülfen ftand,
die fatholifche nach, aber ohne —— ter⸗
erg Bifchöfe unter ein gemeinjames Ober⸗
haupt. Der Gottesdienft war einfach, meift Schrift=
auslegung, Gebet und Segen, an Stelle des Abend:
mahls das Brodbrechen durch bie Bolllommenen
und ftatt ber Beichte dad appareillamentum, ein
— Sündenbekenniniß. Eine Differenz
er einzelnen Fractionen lag in dem jhärfern oder
mildern Dualismus, da die Einen das Böſe auf
ein urfprünglich böfes Princip zurüdführten, die
Andern es durch den Abfall des älteften Sohnes
Gottes erflärten, oder in der Verſchiedenheit der
Lehre von der Seelenwanberung, deren Annahme
fie bedurften, um eine völlige Erlöfung der Seelen
bei der augenſcheinlichen Seltenheit fathariftifcher
Vollkommenheit fich zu erflären. Der Urſprung
der Secte liegt im Dunleln ; anſcheinend ift er un»
ter den Slaven der Bulgarei ſchon im 10. Sy ri
hundert zu fuchen. Ueber Jtalien verbreiteten
die Katharer im Anfang des 11. Jahrhunderts
nad Südfrankreich, wo fie ald Albigenjer um 1200
ftärfer waren als bie Tatholifche Kirche, 1167 au
Touloufe fogar eine große Synode gehalten haben,
auf welcher auch der Fathariiche Biſchof von Eon»
tantinopel, Nicetas, erfchienen ift. Ihre Unter:
dung durch Innocenz (die Kreuzzlige gegen bie
Katharina
460
Katharinus
Albigenfer ſ. d. Art.) forderte bie Anfpannung | Herzog von Orleans, dem fpätern Heinrich II, von
aller kirchlichen und weltlichen Kräfte. Zu gleicher | Frankreich, vermählt, wußte ſich durch Fluges Be;
eit wandte fich die Inquifition in Stalien und
- eutihland (Konrad von Marburg) gegen fie. Erſt
im 14, Jahrhundert verfchwinden die letten Spu⸗
ren ber Secte; die Erben vieler ihrer Ideen waren
bie Brüder des freien Geiftes. Vgi. Schmidt,
histoire et doctrines de la secte des Cathares,
2 vol., Paris 1849; Hahn, Geſchichte der Ketzer im
Mittelalter, 1348 50; Schmibt, in der Zeitſchr.
für bift. Theol., 1847,
ſtatharina. Die katholiſche Kirche zählt viele
Heiligen diefes Namens, fo eine hriftlihe Jung⸗
frau, die au) Acızadapiva hieß, d. h. die immer
Reine. Eufebius berichtet von ihr, daß fie ber Ver:
führung Marimins wiberftanden babe und def:
halb ihrer Güter beraubt und verbannt worden fei.
Nach den Acta sanct. ſoll fie Redner und Philo—
fophen überwunden und zum Chriftenthum belehrt
haben und deßhalb 307 enthauptet fein, da das
eigentlich zu ihrer Hinrichtung beftimmte Folter:
werfjeug zerbrach. Ihre Gebeine follen im 8. Jahr:
hundert nad) dem Sinai gebracht fein. Die philos
ſophiſche Facultät der Univerfität Paris verehrt in
ER bie Patronin. Gedächtnißtag 22. November.
gl. Buttler, Leben der Väter,
Ratharina von Aragonien, Tochter Ferdinands
II. von Aragonienundder Jjabella, Tante Karls V.,
geb. 1483, wurde 1501 mit dem Bringen Arthur
von Wales verheirathet, und als diefer vor Boll:
zug der Ehejtarb, mit deffen Bruder Heinrich (VIII.)
von England, der damals 12 Jahre alt war. Die
Liebe zu Anna Boleyn ließ den König erkennen,
daß dieſe Ehe mit der Schwägerin eine verbotene
und nichtige ſei 1527; als der Bapft aus Rüdficht
auf den Kaifer fich weigerte, auf dieſe Gewiſſens⸗
bedenken einzugehen und die Ehe der 50jährigen
Königin mit dem 4djährigen Könige nad) einem
Beitande von 31 Jahren zu trennen, jo ſprach
Heinrich 1533 felbft die Eheſcheidung aus, ſagte
ſich aber damit zugleich von der römiſchen Kirche
los und begründete die anglicaniſche Kirchenrefor⸗
mation. Katharina lebte zurückgezogen zu Kins—
bolden in England. Ihre Tochter, die blutige Ma:
ria, rädhte die Mutter durch ihre Broteftantenver:
baue und ließ die anglicanifche Kirche die
Schmad) ihres Urfprungs mit dem Märtyrerblut
ihrer Belenner abwaſchen.
Katharina von Bononien, geb. in Bononien
oder zu Ferrara, trat in eine Gemeinde bes 3.
Ordens des heil. Franciscus und wurde bei deren
Umgeftaltung in den Drden ber heil. Clara Bor:
fteherin eines Klofters in Bologna. + 1463. Das
ihr fälſchlich zugeichriebene Buch Revelationes
Cath. Bononiensi factae, Venedig 1583, enthält
abgeihmadte Dichtungen; von ihr geſchrieben tft
das Bud von den 7 geiftlihen Waflen. Gedädt:
nißtag 9. März.
Raiharina von Senna, geb. 1447, Tochter des
Vicelönigs von Neapel, Yalobus von Fieschi.
Mider ihren Willen mußte fie einen Edelmann
heirathen, der durch üppiges Leben verarmte, aber
vor feinem Tode dur hie noch belehrt wurde. Gie
mwibmete fih danad der Krankenpflege in Spital
zu Genua, und erwarb ſich durd) ihr Faften und
durch Wunder den Ruf der Gottfeligleit. + 1510.
Glemens XII. ſprach % —— 1737,
Katharina von Medieiß, geb. 1519 zu Florenz,
Tochter Lorenzo's von Medicid, wurde mit dem
nehmen Anerkennung zu verihaffen und übernahm
nach dem Tode ihres Sohnes Franz II. 1560 die
Regentichaft. Selbft ohne alle Religiofität, fitten-
[08 und ohne Grundſätze, verfolgte fie Feinen an-
dern Zwed, alö ihren momentanen Intereſſen zu
bienen und bie königliche Gewalt ungefchmälert zu
erhalten. Daher befolgte fie zwifchen den Guiſen
und den Hugenotten ein fortwährendes Schaufel:
foftem, die eine Partei immer dann begünftigend,
wenn die andere ihr mächtig zu werben fdien.
Ihrer zeitweifen Nachgiebigleit gegen den Brote:
ftantismuö lagen immer nur politifche Motive zu
Grunde; daher konnte fie jelbft dem Papſte zu Re:
formen rathen und das Golloquium von Voiſſy
berufen. Sobald aber die Furcht vor den Guiſen
geſchwunden war und fie hoffen fonnte, die Huge:
notten zu bemältigen, wurden Edicte und Frie
densihlüffe gebrohen. Die Furt vor Coligny
rief endlich, al3 ihr Mordverſuch auf ihn mißlun
en war, den Entſchluß zur Bartholomäusnadt
ee Sie ftarb 1589, noch mitten unter den
Derwirrungen, in welche fie Frankreich geftürzt
hatte.
Ratharina von Ricei, geb. 1522 zu Florenz aus
einer der vornehmiten Familien. Nach dem Tode
ihrer Mutter von ihrer Tante im Klofter erzogen,
bat fie, da fie erwachhfen war um die Erlaubnif,
den Schleier nehmen zu dürfen und trat zu den
Dominicanerinnen au Prato, deren beftändiat
Priorin fie wurde. Durch ihre Frömmigkeit und
Geſchäftsgewandtheit fam fie in vielfache Berüb-
rung mit Bifhöfen und Fürften; mit dem heil,
Philipp von Neri ftand fie in lebhaftem Brief:
wechjel. 71589. Sie tft durch Benedict XIV. heilig
geſprochen und erhielt sum Gedächtnißtag den 13.
Februar.
Katharina von Schweden, die Tochter der heil.
Brigitta und des Fürften von Nericien, lebte mit
ihrem Gemahl in einer Joſephsehe, begleitete ihr:
Mutter auf deren Wallfahrten nad) Paläſtina und
Rom und lebte nad) deren Tode als Nebtiffin eines
Klofters zu Waftein im Bisthum Lincopen in
Schweden. + 1381. 1474 wurde fie fanonifirt.
Gedächtnißtag 22. März.
Katharina von Siena, geb. 1347, die Tochter
eines frommen Tünders Benincafa. Schon als Kind
lebte fie der Einfamleit und dem Gebet und gelobtt
frühzeitig bleibende Keufchheit. Glücklich vermied fie
bie ihr gejtellten Schlingen und lebte, als fie in den
Tertiarierorden der Dominicaner hatte eintreten
bürfen, nur der ftrengften Aſteſe. Dabei zeichnete
fie fich aber durch Wohlthätigkeit und aufopfernd
Krankenpflege während der Peſt 1374 aus. Hervor:
gehoben wird ihre Gelafjenheit und Demuth, ob:
wohl fie fi) rühmte, daß Chriftus ihr Herz mit
dem feinigen vertaufcht habe. Durch ihr Anſehen
lonnie fie in die firdlichen Angelegenheiten ihrer
Beit eingreifen. 1376 verjöhnte fie Die ylorentiner
mit Gregor XI., bemühte fi um die Rücklehr des
Papſtes nach Rom 1377 und ftarb 1380 im Kum:
mer über die neue Spaltung zwiſchen Gregor und
den Florentinern. Sie wurde 1461 heilig geſpro
hen. Gedädtniftag 16. April. Die Dominicaner
zu Siena bewahren ihre Hirnſchale.
Ratharinus, Ambrofius, urfprünglich Lancello-
tus Politus, geb. 1487 zu Siena, war Dr. und
Brofeffor der Rechte in feiner Baterftabt, 1513
Kathebra
Confiftorialabvocat und begleitete Leo X. zu der
Zufammentunft von —— 1516. Nach jeiner
Rückkehr trat er, des Hoflebend müde, in den Do:
minicanerorden und entfaltete bald eine jeltene
Fruchtbarkeit als theologiiher Schriftfteller. Zu:
nächſt richtete fich jeine Polemik gegen Luther und
Ochino; Apologia pro veritate cath. et apost.
fidei ae doctrinae adv. impia ac valde fera
M. Lutheri dogmata, Flor. 1520; Excusatio
disput. contra Lutherum, 1521 »Speculum hae-
reticorum contra B. Ochinum. Während eines
Aufenthaltes in Frankreich erfchienen außerandern
Streitihriften Claves duae ad aperiendas intelli-
gendasve s,scripturas perquamnecessariae, 1543,
und die Angriffe gegen Sajeton, Adnotationes
in excerpta quaedam de commentariis Cajetani.
Auf dem Tridentiner Concil, wohin er feinen frü:
beren Schüler, den Cardinallegaten Johann Ma:
ria de Monte (Julius III.) begleitete, verwidelte
ihn fein Auguftinismus in der Lehre von der Önade
und der Brädeftination in mehrfache Streitigkeiten
mit Caranza und Dominicus Sotus; obwohl feine
bezüglihen Schriften Defensio catholicoram pro
possibili certitudine gratiae u. a. heftige Wider:
reden bervorriefen, wurde er zum Biſchof von Mi:
nori ernannt 1546 und nahm als jolder an den
fernern Berhandlungen des Concils zu Trient und
Bologna Theil. Nah der Vertagung besfelben
zog er fich in fein Bistum zurüd, welches er 1552
mit dem Erzbisthum Conza im Königreiche Neapel
vertaufchte. Seine ſchriftſtelleriſche Thätigkeit blieb
ungemindert, ba er feinen Augujtinismus auch
gegen Bellarmin zu vertheibigen hatte. Die Hef:
tigteit feiner Polemik foll er nachher jelbjt bereut
haben. Bon feinen jpätern Schriften iſt nennens:
werth Discorsi contre la dottrina e le profetie
di Fra Gir. Savonarola, Er ftarb am 8. Novem:
ber 1553 auf der Reife nad) Rom, wo er wahr:
ſcheinlich von Julius III. den Gardinalähut em:
pfangen jollte.
Kathedra (xu9Edg«) hieß der erhöhte biſchöf⸗
lie Sit hinter dem Altar in der Baſilica. Daher
dient das Wort zur Bezeichnung des Amtes, be:
ſonders des oberiten Bifchofs, jo daß e cathedra
ſprechen von ſolchen päpftlichen Ausſprüchen gehe
wird, bei weichen er ſich auf die Vollmacht jeiner
Stellung bezieht; ſoichen Ausſprüchen wird die
Infallibulität zugefchrieben. Dann heißt Kathedra
der Tag, an weldem ber bifhöfliche Sit gegrün:
det worden und ber deßhalb gefeiert wird. Die
eathedra Petri ift am 18. Januar (f. Stuhlfeier).
Kathedrale ift die Hauptlirche der Diöceje, in
welher der Biſchof jeine Bontificalfandlungen
feiert. Zur Unterhaltung derjelben wird in man»
chen Didcejen von den Eingepfarrten eine Hathe:
zalfteuer erhoben, wie in der preußiichen Rhein:
provinz. Früher verftand man darunter eine Ab:
gabe der ale an den Biſchof.
Katholicismus. Nach der urfprünglichen und
etgmologijchen Bedeutung wird damit das That:
fählihe der räumlichen Ausdehnung der Kirche
bezeichnet und ihre Tendenz, alle Länder und Böls
ter zu umfafien. Dur den Gegenjaß aber zu den
Häretitern, Schismatitern und Heterodoren wurde
die Borausfegung, daß der geſammte Glaubens⸗
inhalt der Kirche der wahrhaft chriſtliche jei, in den
Bordergrundgerüdt ; das Allen Anzubietende wan⸗
delte fi in das allein Berechtigte, das Allgemeine
in das alles andere Ausfchließende, die Fatholiiche
461
Katholicismus
Kirche in die alleinfeligmadhende. Zum erften Male
erjcheint der Ausdrud Exxinsia« zadolıxn in dem
Sendihreiben der Gemeinde von Smyrna bei
Euf. Kirchengeſch. 4, 15.
‚Das Weſen des Katholicismus in feiner Hiftos
rifhen Erſcheinung fpricht fich in den vier Wör:
tern aus: Sacrament, Priefter, Tradition, Kirche.
Das diejen aber gemeinfam zu Grunde Liegende
ift das Zurüdtreten des religiößsethifchen hinter
dem bloß religiöfen und religiös-firdlichen, das
Verwechſeln der zeitlichen Erjcheinung mit *
idealen Weſen, der Gemeinde in ihrer irdiſchen
Gegenwart mit dem Reiche Gottes, welches ſich in
der —— Durchdringung alles Menſchlichen
mit dem Geiſte Gottes offenbart. Durch Ein⸗
fluß noch nicht überwundener heidniſcher Vorſtel⸗
lungen über das Verhältniß des Geiſtigen zum
Irdiſchen bei der Auffaffung und Verwendung der
riftlihen Gedanken, wurden die Sacramente aus
nabenmitteln zu Heilömitteln ex opere operato ;
bamit fchied fi) gugleich der Klerus von der Ge:
meinde als ber Bermittler der Gnabe vermöge
einer bejonderen göttlichen Ausrüftung, welche ihm
in ber Weihe zu Theil wurde. Es traten fomit an
bie Stelle der wirkenden ethiſchen Berfönlichkeiten
und Kräfte die Signatur des Heiligen und bie
magische Wirkung. Beides führte zur Anwendung
altteftamentlider Formen, durch welche wieder die
eingeſchlichene Auffafjung fich befeftigte. Sacra:
ment und Briefter fordern mit Nothwendigkeit die
Ausbildung des Gedankens ber Kirche als der von
Gott mit ben Heiläfräften begabten Anftalt, welche
die Macht hat, Priefter zu weihen und durch fie
dad Sacrament hervorzurufen. Diefelbe kann ſich
nur wieder vor ſich Tetbft und gegenüber den
Hüretifern und Gemeindegliedern legitimiren
durch ihren Zufammenhang mit Chriftus, und dies
fen wiederum findet fie — ganz äußerlich geſchicht⸗
lich — in der ununterbrochenen Folge der bifchöf:
lihen Weihe urkundlich erwiefen und dargeſtellt.
Daher tritt den Schriftauslegungen der Häre—
tifer, ihren bogmatifchen Behauptungen im legten
Grunde nur die Berufung auf den ununterbro:
—— Zuſammenhang des Epiſtopats entgegen.
ie durch dieſen Zuſammenhang geſicherte Tra—
dition ſtellt ſich neben die Schrift; die Beſchlüſſe
der Concilien beruhen J— der Vorausſetzung,
daß die verſammelten Biſchöfe nur der alten
ſtets belannten Wahrheit den Ausdruck gäben.
Dieſe Grundzüge tragen ihre unausbleiblichen uns
abwendbaren Gonfequenzen in fi. Die Zahl der
Sacramente muß fi vergrößern, um in alle Le:
bensverhältnifie das Heil übertragen zu lönnen;
ber Klerus muß fich gliedern in der Hierarchie nad)
bem Grabe der facramentalen Befähigung; das
Epiflopat findet eine einheitliche Spite im Bapfte.
Iſt der Befit des Heils lediglich bei der Kirche, jo
ift auch der Ölaubensinhalt nur bei ihr, d. 5. beim
Klerus zu finden. Die Tradition, welche der Klerus
bewahrt, wird für die Kirchenglieder zur bindenden
und verpflichtenden Autorität, anftatt eine Duelle
ber eigenen Erkenntniß zu fein.
In weit höherem Grade noch als beim Klerus
tritt daher beim Laien die Forderung der ſittlichen
Perſönlichkeit zurüd hinter der ihm durch die Sa:
eramente der Taufe und der Buße aufgedrüdten
Signatur eines Geheiligten, an melden keine
andere Forderung geftellt wird ala der Gehor:
fam, ber bie Zugehörigleit zur Kirche dDocumentirt,
Katholicismus
462
Kebsweib
Die regula fidei wird zum verpflichtenden lau: | Macht Über die Welt, aber der Verſuch iſt gemacht
benögebot. Was kirchlich ift, iſt chriftlih, was | mit noch unzulänglichen Kräften, jein Rejultat ift
hriftlich ift, iſt kirchlich. Außerhalb der Kirche ift | ein welthiftorifcher Irrthum. Cine Reform des
kein Heil, das ift der alles beftimmende Grund:
gedante. Da treten denn an die Stelle der Buße
und der Sinnesänderung die Sclüffelgewalt
des Klerus und der Ablaf, an die Stelle des
neuen heiligen Lebens die kirchlichen religiöfen
(guten) Werte. Schon am Ende des 4. Jahrhun:
derts fteht die katholiſche Kirche ziemlich vollendet |
da; die durch äußere Umſtände begünjtigte Ent:
widlung des Papſtthums zu einer weltlich unab:
hängigen Macht ift nur die nothwendige Entwid:
ung der Hierardhie, wenn fie der Gefahr des Cä—
fareopdpismus entgangen iſt (morgenländijche
Kirche), die Form der reinen Theokratie; der Bapft
ift der Statthalter Chrifti. Der Dualismus, wel:
cher als Ueberreft der paganiftiihen Denkweiſe
dem Katholicismus zu Grunde liegt, erzeugt das
Mönchsweſen und diefem nachgebildet die Geftal:
tung des Priefterlebens mit dem Cölibat, wodurch
wiederum der römijche Katholicismus ſich jtärft
‚und befeftigt, indem ber Klerus zu einer einigen
eichloffenen, von der Gemeinde völlig gelöften
Nagıt wird. Ebenfo aber zeigt fidh jener Dualis⸗
mus ſelbſt in ber katholischen —— ſogar da,
wo ſie —— kirchlich zu bleiben. Aus ihm
geht die Menſchenvergötterung im Heiligendienſt
und Mariencultus hervor, in welchem ber duali:
ftifhe Mangel der Chriftologie jeine nothwendige
Ergänzung judt. Der Gottesdienft aber wird rein
dramatiſch und fymbolifch, er gewöhnt fi), das
Wort der Lehre und die Predigt zu entbehren, felbft
die Anwejenheit der Gemeinde wird unnöthig.
Unausgejett bewahrt aber der Hatholicismus den
—— Grundzug, allgemein und allumfaſſend
zu * jenes, indem er mit unermüdlicher Thä—
tigfeit das Gebiet der Kirche räumlich auszubehnen
fucht, diefes, indem er jedes menſchliche Lebens:
— fs zu unterwerfen, mit der veligiöfen
tirhlihen Signatur zu verjehen fucht. Daher das
bleibende Ringen mit dem Staate um die Ober:
herrſchaft, weil es fich nicht um die Durchdringung
desjelben mit ben fittlihen Jdeen des Chrijten:
thums handelt, fondern um die Leitung desfelben
nad kirchlichen Geſichtspunkten. Je mehr fid) aber
im Gebiet des Staates ein felbftändiges Geiftes:
leben entwidelt, umjomehr muß ſich der Autori:
tätsanſpruch der Kirche fteigern; die Mittel der
tirhlihen Zudt, Bann und Cenfur, beherrſchen
die Entwidlung der wiſſenſchaftlichen Forſchung.
Die Auslegung der Tradition durch das Epiſtopat
wird immer eigenmächtiger, gewaltjamer, die Un:
fehlbarteit des mit dem Epiflopat verbundenen
Papſtes wird zum kirchlichen Ariom. So wandelt
fich die hierardhifche Leitung der Gemeinde in den
ausgeſprochenen hierarchiſchen Abfolutismus und
wird zur Geiſtes knechtung und Gewiſſensbedrückung
(f. Ultramontanismus). Der Katholicismus in der
gang ri Erſcheinung der fatholifchen Kirche
ft ein bewundernswerther Bau des menſchlichen
Geiftes, in ſcharfer Confequenz in allen Theilen
ausgebildet, wobei mit Klugheit jedes thatſächliche
Verhältnig berüdfichtigt und in das Ganze einge:
fügt iſt; aber der Bau ift errichtet auf faljcher
Grundlage und jede Ausbilbung läßt den Grund:
fehler immer fchärfer hervortreten. Der Katholi:
cismus ift der erfte Verſuch, das Chriſtenthum als
Weltreligion zu erfaffen und als die fiegreiche
Katholicismus ift unmöglich, weil jein Princip
falſch ift, aber die katholiſche Kirche iſt die Schule
für die Welt gemefen; in welcher fie vorbereitet ift,
dad Evangelium vom Reiche Gottes in jeiner
Wahrheit zu verftehen und auf fich wirken zu laffen.
Bal. zur Literatur den Art. Symbolik.
Ratholicität: S. Katholicismus und Kirche.
Katholikin (} bınp) hießen die Befehlshaber
über den gungen 2 in der nachexiliſchen Zeit.
ſtatholitkos ift der Titel des Patriarchen der
armeniſchen Kirche, welder im Klofter Etihmiazin
bei Eriwan refidirt. Er wird vom ruffiihen Kai:
fer auf Vorjchlag der Erzbifchöfe ernannt und hat
das Vorrecht, das Salböl zu weihen.
Katholische Briefe heißen feit dem 4. Jahrhun-
dert fieben Briefe, mei des Petrus, drei des Jo—
—— einer des Jakobus und der des Judas. Der
usdrud wird verſchieden erflärt: 1) ſoviel ald ei
Aoınai Ermorolei xasoAov, bie Übrigen (nicht
Paulinifhen) Briefe überhaupt ; 2) Briefe, welche
bie katholiſche Lehre enthalten; 3) Briefe, welche
nicht an eine beftimmte Gemeinde, fondern an bie
Shrijtenheit überhaupt gerichtet find (noch allge:
meiner als encykliſch). Letztere Erllärung ift ohne
Zweifel die richtige. Die Bezeichnung betraf ur:
ſprünglich Hauptfächlich den 1. Petruss, den 1. Jo:
hannes⸗ und den Judasbrief. Allmählich wurde
der Ausbrud von ſelbſt eine Bezeichnung der Kate:
— von Briefen, welche nicht Pauliniſch waren.
aſſiodor — auch den Ausdruck kanoniſch
für dieſe Briefe. Zur Exegeſe und Kritik ſ. die
Namen der einzelnen Briefe.
werden in ber Bibel nur erwähnt Bar.
6,21.
Raus, Jatob, aus Bodenheim, war jeit 1524
re an ber jungen und Heinen evangelijchen
emeinde zu Worms, ausgezeichnet durch jeltene
Rednergabe. Durch Dent und Hetzer, welde, flüch—
tig aus Straßburg, in Worms ihren Aufenthalt
nahmen, den wiebertäuferijchen Ideen gewonnen,
vertrat er bdiefelben in heftiger tumultuirender
Weife und ftellte 1527 fieben Thefen auf, melde
den geringen Werth des äußern Wortes, des Pre:
digtamtes und der äußern Vorgänge im Leben
Chriſti behaupteten und die [utherifche Lehre von
ber Kindertaufe und der Gegenwart Chrifti im
Abendmahl beitritten. Durch das Einfchreiten bes
Kurfürften Ludwig kam es nicht zu der beabfid):
tigten öffentlihen Disputation; die evangelifchen
Prediger wurden aus der Stadt verbannt. Flüch-
tig unter fteter Verfolgung, wirkte Kauf dann in
Augsburg, Rothenburg und andern Orten, bis er
1525 nad) Straßburg fam. Bucer und Eapito,
anfangs ihm Sehelat Tania fi) nad) einer Unter:
redung 1528 von ihm los. Wegen ber yecg ftif:
tenden Predigten auf der Gafje zugleich mit jeinem
Sefinnungsgenofjen Reublin verhajtet, wurbefaut
1529 nad fruchtloſen Verhandlungen, ihn umzu⸗
ftimmen, aus der Stabt verbannt. 1532 ſuchte er
vergeblih um Wiederzulafiung nad. Bon feinen
mweitern Schidjalen ift nichts befannt.
ſtebsweib, Beifcläferin. Neben recht⸗
mäßigen Frauen durfte der Hebräer ſich VBeifchlä:
ferinnen halten, welde aus den Stlavinnen ge:
nommen wurden, 1. Moj. 16, 2; 22, 24; 30, 2;
Keckermann
Richt. 8, 31. Die zu. hielten ſich volljtändige
Harems. Das Geſetz ſchirmte auch die Kebsweiber
vor der rohen Willkür ihrer Herren, 2. Moſ. 21,
736. Moſ. 21, 10 ff. Ihre Kinder wurden zwar in
ben Geſchlechtsregiſtern als echte Söhne aufgeführt,
aber ſie hatten kein Erbrecht und wurden wohl mit
Geſchenken abgefunden, 1. Moſ. 21, 10; 25, 6.
Gab ein Bater dem rg eine Sklavin zur Eon:
eubine, fo erlangte diefe dadurch Familienrechte,
2. Moſ. 21,9.
Redermann, Bartholomäus, reformirter Theo:
log. Geb. zu Danzig 1571, ftudirte er zu Witten:
berg, Leipzig und Heidelberg, wo ihm 1592 eine
Lehrerftelle am Bädagogium, dem collegium sa-
pientiae und die Profeſſur der hebräifchen Sprache
übertragen wurde. 1602 nahm er das Rectorat
des Gymnafiums zu Danzig an. + 1609. Von
feinen zahlreichen theologiſchen und philofophifchen
Schriften wurden das Systema theologiae und
die Rhetorica ecclesiastica viel gebraudht. Ein
Gegner des Syſtems des Betrug Ramus, beur:
theilte er dasſelbe er in cognitorum phi-
losophicorum libr. II. In dem Systema ethices
verlangt er die Trennung ber Ethif als einer philo:
ſophiſ Wiſſenſchaft von der Theologie; dieſe
—— bei dem innern religiöſen Leben ſtehen zu blei⸗
‚ jene aber habe es mit dem bonum civile zu
thun.
ſtedar, Kedarener, ein arabiſcher Beduinen⸗
ſtamm, ber von Ismaels Sohne Kedar ſich herlei—
tete, 1. Mof. 25, 13; Jer. 2, 10; 49, 28; Jeſ. 21,
16; fie trieben Handel, waren aber auch auäge:
zeichnete Bogenjhügen. Ihr Wohnfig wird von
Einigen in das glüdliche Arabien, von Andern in
die Wüfte gegen Babylon verlegt, jedenfalls wohn:
ten fie von Baläftina entfernter. In fpäterer Zeit
ift ihr Name Gefammtname für alle Araber.
Keded, Kebeih(LXX Kades), eine Freiſtadt, Jof.
20, 7, und 2evitenftadt, Joſ. 19, 37, im Stamme
Raphthali, vorher fanaanitifche Königsſtadt, Jo).
12, z2, die Heimath Baraks, Richt. 4, 6. 9. 10.
Sie wird ferner erwähnt 1, Malt. 11, 63. 73 und
für das Kedes der Tyrier bei Jofephus und das
Kedes Naphthali gehalten. Man hat eö wiederge:
eg im Dorfe Kedes im Nord: Weften vom See
uleh.
ſtedor⸗Laomer, ein König in Elam zu Abra:
hams Zeit, dem Kanaan tributpflichtig war. Diefer
befiegte ihn, als er in Kanaan eingefallen war
—— Lot gefangen genommen hatte, 1. Moſ.
Keil, Karl Auguſt Gottlieb, geb. 1754 zu Oro:
benbayn bei Dresden, wurde nad dem frühen
Tode jeiner Eltern bei feinem Onkel in Leipzig
erzogen. Er ftubirte dort, wurde 1781 Magiiter,
ftieg allmählich bis zur zweiten Profefjur der theo«
logiſchen Facultät,wurdeEonfiftorialaffeflor, Dom:
herr und Präſes mehrerer gelehrten Gollegien.
05 Einen Namen erwarb er fi auf dem
biete der Hermeneutif ald Vertreter grammazs
tiſch⸗ hiſtoriſcher Interpretation. Er fchrieb: Ele-
ments Hermeneutices, Xeipg. 1811; Opuseul.
acad., 1821.
Keil, Karl Friedrich, geb. 1807, Profeſſor in
Dorpat, jetzt ald Emeritus in Leipzig mit der Aus:
erbeitung eines „bibliihen Commentars über
das Alte Teftament beichäftigt, den er zufammen
mit Deligich berausgiebt. Er ſchrieb: Apologeti-
463
— — — — — — —— — — — — — — — — — — — — — —— a — —————
Keim
Integrität des Buches Esſsra, 1833; der Tempel
Salomo’3, 1839; Commentare über die Bücher
der Könige, 1846 ; Jofua, 1847 ; bibl, Gommentar
über den Bentateud), 1861—62, iiber Jofua, Rich:
ter und Ruth, 1863, über die Bücher Samuel,
1864, die Bücher der Könige, 1865, Die zwölf Klei⸗
nen Propheten, 1866 u. |. w. Ferner: Handbud)
der Einleitung in die Schriften des Alten Tefta:
ments, 1853, 2, Aufl, 1859; Handbuch der bibli:
ſchen Ardäologie, 1858 und 1859,
Keilad, bei Joſephus Killa, Stadt im Stamme
Juda nad) der TEE bin, Jof. 15, 44;
1. Sam. 23, 1. Nach der Sage war in diefer Stabt
das Grab des Propheten Habakut.
ſteilſchrift ift eine uralte orientaliſche Schrift:
art, deren Zeichen Keile und Winfelhaten find, die
bald größer, bald Heiner, bald liegend, bald ftehend
die Lautzeichen abgeben. Die Keilſchrift ift theils
Silben: theild Buchſtabenſchrift. Man unterfcheidet
brei Hauptgattungen derjelben, welche aber neben:
einander auf ben Denfmälern zu Perjepolis vor:
fommen. Die erfte Gattung ift die achämenidiſche,
deren Sprache das ae ift; vgl. Fr. Spie:
gel die altperfiihen Keiljchriften, Leipzig 1862.
ie Sprache ber zweiten Keilſchriftgattung ift eine
noch unbekannte turanifche oder indogermanifce.
Die dritte verwideltfte Schriftweife, h tſächlich
auf den Ruinen Ninives, zeigt ——
Sprache. Die Entzifferung der Keilſchrift begann
an ben Eigennamen mit Hülfe der srichliäen
Schriftfteller durch Grotefend um 1800; Burnouf
und Laſſen gingen 1836 von feinen Refultaten aus
und beftimmten die Bedeutung der einzelnen Zei:
hen; gegenwärtig ift die Entzifferung der achäme:
nidiſchen Schriften durch Ramlinfon, Oppert, Bens
fey und Spiegel fihergeftellt. Die ———
zu Ninive haben dh bie Kenntni afiyri«
ſchen ſoweit gefördert, daß auch dort viele nigrifs
ten ſchon mit mehr oder weniger großer Sicherheit
gelejen werden können. Das Gebiet der Keiiſchrif⸗
ten ift das Land zwifchen dem Euphrat und der
perfiihen Wüfte und geht vom Süden der mejo:
potamijchen Ebene bis in den Norden Armeniens.
Berenzelt finden ſich derartige Infchriften aber
aud in Arabien, Aegypten und Phönicien. Erfun:
den jcheint die Schrift nicht von einem jemitifchen,
fondern von einem Bolte türkijch:tartarifcher Race
zu fein, wovon fie auf Semiten und Indogerma—
nen überging; vgl. Julius Oppert, dechiffrement
des inscriptions cun@iformes, Paris 1859. Man
bediente ſich ihrer keinenfalls ſpäter ald zur Zeit
Alexanders des Großen, denn es ift feine Inſchrift
aufgefunden, die jünger wäre als fein Eroberung:
zug. Die ifraelitiiche Gefchichte, ſoweit fie mit der
afiyriihen und babylonifchen zufammenhängt, wird
—— aus dieſen Quellen noch —* Auf⸗
lärung und — ——— erhalten, wenngleich die
Ihe Ausbeute biöher noch weit hinter den an:
änglich gehegien Hoffnungen zurüdgeblieben ift.
im, C. Th., Dr. und Profeffor der Theologie
in Zürich feit 1860. Derfelbe war Repetent am
Tübinger Stift 1851—55, Dialon in Ehlingen
1857, Ardidiafon ebb. 1859. Geb, 1825 in Stutt«
gart. Durch folgende Schriften hat R. ug herr
namhaften Ruferworben : Reformation der Reichs⸗
Ber Um, Stuttg. 1851; Schwäbiſche Reforma=
ionsgeſchichte, Tüb. 1855; Freundesworte zur
Gemeinde, 2 Bde., Stuttg. 1857—60; Ambroſius
ſcher Verſuch über die Bücher der Chronik und die | Blarer, Stuttg. 1860; der Uebertritt Conſtantins
Keith
des Großen, Zür. 1862; die menſchliche Entwid:
lung Jefu Chrifti, ebd. 1860; die geicichtlice
Würde Jefu, ebd. 1864 ; der geſchichtliche Chriſtus,
ebd. 1865, 3. Aufl. 1866; Geſch. Jeſu v. Nazara, | 5
1. Bb., ebd. 1867.
Keith, George, ein Schotte. Zuerjt Prediger ber
erging Kirche, wandte er fich zu den
uälkern, die von feiner Gelehrſamkeit und Bered⸗
ſamkeit gegen Baptiften und Anglicaner gern Ge:
brauch machten. Als er aberineiner Bertheidigung
der Quäler der heil. Schrift eine größere objective
Autorität zufchrieb, warf man ihm vor, dab er das
innere Licht beeinträchtige. Sein Hauptgegner war
Stoddell. Zurückgekehrt von einer Reife nad) Ame⸗
rifa, auf welder der Zwiefpalt recht offenbar ge:
worden, hatte er fi) 1694 und 1695 auf allgemei:
nen Berfammlungen zu rechtfertigen ; er fand aber
feine Zuftimmung und verlor die Erlaubniß, in
ber Gemeinde zu reden. Seine bisherigen Anhän:
ger verließen ihn; er trat zur biſchöflichen Kirche
über 1700 und befämpfte fortan eifrig feine frü:
heren Ölaubensgenoffen in ihrer von ihm am bejten
ertannten Einfeitigfeit. '
Keld (von calix, althochdeutſch chelih) ift ber
—— firchliche Ausdruck für das beim heil.
endmahl gebrauchte Trinlgeſchirr (wie es in äl-
tern zeformirten — u ? beißt) ftatt des
weltlicher Hingenden „Becher“. Schon früh finden
fih Spuren davon, daß man benjelben aus Foft:
baren Stoffen arbeitete; fpäter ıft es als Kegel
vorgejchrieben, baß mindeftens bie cuppa (der obere
Theil, weldher auf dem Fuße ruht, Die Höhlung)
von Silber und inwendig vergoldet jein jolle. Die
Reformation hat dies beibehalten ; in Zürich aber
bediente man ſich der hölzernen Kelche. Auch aſke⸗
tiſche Mönchsorden, wie die Eiftercienjer, hatten
I des Gebrauchs Zoftbarer Kelche enthalten. Die
atholiſche Kirche hatte Kleinere Kelche für die Coms
munion ber Priefter, größere für die Laiencom-
munion; mit dem Wegfall derjelben famen auch
dieje außer Gebrauch. Damit nicht etwa ein Trop:
fen des geweihten Weines, namentlich bei der Kin-
dercommunion, verjchüttet würde, wandte man
feit dem Enbe bes 8, Jahrhunderts die Saugröh—
ren an.. Die griechiſche Kirche reicht dad in den
Kelch getauchte Brod mit dem Löffel (Außidior).
Kelgentziehung. ALS anfänglich fromme Scheu
fich den Keld) verfagte, um nicht etwa einen Tropfen
zu verſchütten, eiferte die Kirche dagegen; aber
feitdem die Transjubftantiationslehre auftrat,
wurde auch die Kelchentziehung von Manchen em:
pfohlen aus dem angegebenen Grunde, oder um
die wefentlihe Verwandlung des Brodes defto an-
Ihaulicher zu begründen. Sie wurde allmählich
freiwillige Sitte jeit dem 12. Jahrhundert, Syno:
den aus dem 13. —— Dunelm 1220,
Exeter 1287) ſetzen den Laienkelch aber noch vor—
aus, Zuerſt beſchränkten die Ciftercienjer 1261 den
Keld förmlich auf die Prieftercommunion, und
fhon 1281 wurde auf dem Concil zu Zambeth für
die Laien der Spüllelh (ungeweihter Wein, um
die Hoftie herunterzufpülen) angeoronet. Doch be:
ftätigte zuerft das Concil zu Eoftnig 1414 bie Kelch⸗
entziehung der Laien, welche das Tribentinum
billigte. Die Bajeler Synode mußte zwar das Zus
geftändniß machen, 3— den Laien der Kelch aus
zureichenden Gründen verſtattet werden könne,
und Huſſiten, unirten Griechen und Fürften gegen⸗
über, ſowie im Augsburger Interim, hat die rö⸗
464
Kelten
mifche Kirche fich zu der Bewilligung ſtets bereit
gezeigt, fonft aber in dem durch die Reformation
gegen Gegenjag die alte Objervanz beibe-
al
en.
Keldlöffel. Die griechiſche Kirche bedient ſich
eines Löffelchens, um damit die in den gejegneten
Bein getaudten —2— aus dem Kelche zu neh:
men. In der römifchen —— wird ein kleiner
Löffel gebraucht, um aus dem Waſſerlännchen das
Waſſer in den Wein zu ſchöpfen.
Kelchtüchlein heißt das Tuch, mit welchem ber
Kelch verhüut ijt, wenn er zum Altar getragen
und während der Katechumenenmefle oder nach der
Communion auf den Altar niedergejegt wird. Es
ift von Seide und von ber fyarbe der Caſula. Die
Zeit der Einführung ift ungemif.
ſtelchweihe. Es it nad) römiſch⸗lirchlicher Vor:
ſchrift verboten, ſich eines nicht conjecrirten Kel:
ches zu bedienen. Ueber die Fälle, wenn ein con=
fecrirter Kelch für entweiht zu achten, gelten die
gewöhnliden Negeln. Die Weihe geſchieht durch
den Biſchof unter vorgefchriebenen Gebeten dur
Saldung mit Chriöma und Beiprengung mit
Weihwaſſer.
Keller, Jakob, namhafter Jeſuit, geb. zu Säckin⸗
gen in Schwaben 1568, trat 1688 in den Jeſui⸗
tenorden und wurde Profeſſor der Philofophie und
Theologie. Nach der Ermordung Heinrihs IV,
juchte er den Drden vom Vorwurf des „Tyrannen:
mordes“ zu reinigen. Nad) dem Geſpräch mit Hail-
brunner 1615, auf welchem er Nevande für die
Niederlage zu Regensburg 1601 zu nehmen gejudt
hatte, ward er Rector zu Jngolftadt und Münden
und wirkte alö Beichtvater des Herzogs nad) allem
Seiten im Haß gegen die ——— Seine
Mysteria politica wurden in Frankreich öffentlich
verbrannt,
Keller: und Küdenmeifler in den Klöſtern oder
Kanonitaten ift der Hlofterbeamte aus den Geift:
lien der Eongregation, welchem die urjprünglich
dem Abt zuftehende Verwaltung der Temporalien,
bes Bermögens, übertragen wurde. Er gehört zum
Kloftervorjtand, gilt aber nur als Stellvertreter
des Abtes, dem er volljtändig untergeordnet ift.
Das Amt jpaltete fid bei Zunahme des Reich—
thums und des Luxus in mehrere Zweige.
Kellner, Martin. S. Cellarius.
Kellner, Paſtor in Hönigern (Sclefien), iſt da—
durch befannt geworben, daß er wegen jeines Wir
berjtrebens gegen die Union vom Amte juspenbirt
und mehrere Jahre gefangen gehalten wurde. Als
die Gemeinde jeinem Nachfolger die Kirche nicht
öffnen wollte und fi unter Gejang und Gebet
vor bie Thür lagerte, wurde durch Militär der
Eintritt in die Kirche dem Generaljuperintenden-
ten Hahn und dem neuen Prediger geöffnet 1834.
Kelten. Die keltiſche Kirche iſt von der altbriti-
fen, alſo ohne Zufammenhang mit Rom, gegrüns
bet (PBatricius 432 in Irland, GColumba 463 in
Schottland) und hat ihre bejonderen Eigenthlim-
lihfeiten lange bewahrt. In der Lehre zeigt ſich
fein wefentliher Unterjchied, fie ftellten aber den
Coneilien die heil. Schrift gegenüber. Bedeutender
ift die Verſchiedenheit des Gultus, der Liturgie
und Difciplin. Das Abendmahl wurde fonntäglic
gefeiert, bei der Taufe weder geweihtes Del nod
Eroreidmus angewendet, die Biſchoſsweihe war
einfach, Priefterehe gejtattet, die Kirche biſchöflich,
aber nicht —* verfaßt, Am deutlichſten trat
Kelter
verbreitet; die großen Klöfter Bangor in Wales,
Bangor und Dearmad) in Jrland, Hii und Lindis—
farne in Schottland blieben Mittelpunfte des kirch⸗
lichen Lebens. Nach der ftrengen Regel Columbas
blieb die Zeit in den Klöftern getheilt zwiſchen
Gebet, Studium und Arbeit; aus ihnen gingen
bie unermüdlichen Miffionäre Schottlands und
Deutjchlands hervor. Die keltifche Kirche beftand
bis ins 12. Jahrhundert fort, nachdem fie jeit
Jahrhunderten immer mehr Boden an die fatho:
liſche Kirche verloren hatte. In Wales und Eng:
land ging fie unter durd) die Eroberung der An:
gelſachſen, als dieje fich der katholiſchen Kirche an-
ichloffen ; nur auf den Inſeln hielten ſich die alten
Mönchsinſtitute. Irland nahm zwar ſchon die
römische Dfterberechnung an, widerjtand aber allen
Berlodungen zu einer Unterwerfung unter Rom.
Die Einfälle der Dänen feit dem 9. ——
ſchwächten jedoch die k. Kirche. Gregor VII, erneute
bie päpftlihen Bemühungen, bie Suprematie gel:
tend zu maden; erft der Abfall eines keltischen
Erabithofs, Malachias, der dann als päpftlicher
Legat wirkte, hatte größern Erfolg als vorher die
Bemühungen. Zanfrancs und Anfelms. Das befte
Mittel, Jrland an Rom zu binden, ergriff Adrian
W., als er Heinri II. die Eroberung Jrlands
geitattete ; als erjter Urheber der Leiden, welde
die jpäter jo ultramontan gewordenen Irländer
von der engliihen Herrſchaft zu erbulben hatten,
ift aljo der päpftlihe Stuhl ſelbſt zu bezeichnen.
Mit der Einführung des engliihen Regimentes
mwurben aud) die römischen Diöcejen geordnet. In
Schottland wurde das Kirchenweſen jeit Malcolm
111. (1057) durch die Herrfcher allmählich römifch
gemodelt, zugleid) mit der Einführung des Lehens:
weſens. ir re Biihoffige wurden katholiſchen
ſengliſchen) Biſchöfen übergeben, katholiſche Orden
eingeführt und David J. —— vertrieb die
Culdeer, die bisher neben den römiſchen Mönchen
immer noch geduldet waren. Im 14. Jahrhundert
wurden dieſe altnationalen Mönche als Häretiker
olgt.
Iter ift eine Borrihtung meift in den Wein:
gärten jelbft und beſtand aus einem gemauerten
oder in Stein auögehauenen großen Troge, in wel:
chem die Trauben oder die Dliven von Menſchen
ausgetreten wurden. Der Moſt floß durch eine Deff:
nung in eine tiefer in der Erde liegende ebenfalls
emauerte Kufe, aus welcher er zur Gährung in
irdene Gefäße oder gleich in die Schläuche gefaßt
wurde. Das Keltertreten als Symbol des vernid:
tenden Gerichtes bei Joel 3, 18; Jef. 63,1 ff.;
Dffenb. 19, 13; 14, 19.
ſtempe, Stephan, der Reformator Hamburgs.
Geb. zu Hamburg, hatte er zu 2 ſtudirt und
war dort in das Franciscanerkloſter eingetreten.
1523 durch Joachim Slüter dem Evangelium ge:
mwonnen, predigte er 1526 auf einer Reife in Or:
bensangelegenheiten in Hamburg und wurde dort
als Prediger an der Franciscanerllofterlicdhe an:
geftellt. Seit 1527 Pfarrer an der Hatharinenfirche,
wirkte er mit jeinem Gollegen Zegenhagen bald
mit Unterftügung Bugenhagens (f. Hamburg).
1529 wohnte Kempe dem Colloquium zu Flens—
burg bei und richtete 1530 zu Yüneburg das neue
465
das Getrenntjein von Rom in der Verfchiedenheit |
der Dfterfeier hervor. Mönchsweſen (Euldeer) war |
Kepler
ſtempis. S. Thomas a Kempis,
Kempten, gefürjtete Abtei. Obwohl Theodor,
ber Schüler des heil. Gallus, Begründer der Abtei
gewejen fein fol, wird 752 Andogarius als der
erſte Abt und Gründer genannt. Bon Ludwig dem
Frommen beſchenkt und begünftigt, wurde die Ab:
tei bei den Einfällen der Ungarn wiederholt vers
wüſtet. Nach der Neubegründung durch Dtto I.
zog Ernjt von Schwaben die Stiftägliter ein und
erlaubte erft nad Jahren den Mönden die Rück—
fehr in ihr Klofter. Seit der Zeit hob jid) das Stift
immer mehr und wurde 1348 gefürjtete Abtei, Die
Reformation in der Stadt Kempten, durch Waibel,
Hafting u. a. begründet, wurde durch die Gegen:
reformation der Aebte Sebajtian von Breitenjtein
1523—835 und et 1537 wieder vernichtet.
Die Schweden hauften 1632 arg im Stifte; erft
1674 konnte ber Neubau bezogen werben. Das
Stift war eine Verforgungsanftalt der ſchwäbi—
ſchen Ritterihaft, es forderte 4 Ahnen. Bei der
Säuularijation 1802 fam es an Bayern. Sein
Gebiet umfaßte damals 13 Duadratmeilen mit 7
Fleden und der Stadt Kempten. -
ſtenath, aud Nobach, Richt. 8, 11, Stadt in
Gilead, 4. Moj. 32, 42, Eufebius rechnet fie zu
Arabien (Tradonitis).
Kendreä, die Hafenftadt Korinths am Saroni:
jhen Dieerbufen. Eine chriftliche Gemeinde dort
wird Röm. 16, 1 erwähnt; als ya erſter Biſchof,
den Paulus ſelbſt eingeſetzt haben
genannt, Conat. apost. 7, 46.
Kendebäus, Feldherr des ſyriſchen Königs An—
tiochus Sidetes, befejtigte die Grenzftabt Kedron
oder Gedor (Bulg.), 1. Maft. 15, 39, und wurde
von den Maklabäern gejchlagen, 1. Matt. 16, 1 ff.
Reniffiter, eine nur 1. Moj. 15, 19 erwähnte fa:
naanitiſche Völkerſchaft (ſ. Kaleb).
ſteniter, ein kleiner arabiſcher Stamm, der zu
den Amalekitern gehört hat. Moſis Schwager
Hobab war aus — Stamme, Richt. 1, 16. Die
Keniter blieben den Jiraeliten immer befreundet
und wurden von Saul und David als Freunde
und Bunbesgenofjen behandelt, 1. Sam. 15, 6;
27, 10; 30,29. Sie wohnten zu diefer Zeit im
Süden Paläſtinas, in Städten angejiedelt. Ein
Theil hatte fich (ald Nomaden) im Norden Kanaans
niedergelaflen, wie Heber, der Dann Jaels, Richt,
4,11.17. Ein anderer Theil der Keniter aber hielt
ſich fortwährend in Verbindung mit den Amale—
fitern; ihnen galt der. Sprudy Bileams, 4. Moſ.
24, 21.
Kennicott, Benjamin, Brofeffor in Orford. +
1783. Kennicott verglid) jelbjt und mit Hülfe An-
derer über 600 hebräiſche Handſchriften, deren
Varianten er in feiner Ausgabe des Alten Tejta:
ments (Orford 1776 und 1780), joweit fie jich auf
die Conjonanten beziehen, zur Veröffentlichung
brachte.
Kenotifer und ſeryptiker. S. Entäußerung.
Kent, Dad Mädchen von. S. Barton.
Kephas. ©. Petrus.
Kepler, Johann, der berühmte Ajtronom, geb.
am 27. December 1571 zu Weil in Württemberg,
mußte Gray in Steiermarf, wo er jeit 1593 Bro:
fefior der Mathematif war, 1548 verlafjen, weil
er in der Damaligen Broteftantenverfolgung einen
Troftbrief an feine Glaubensgenofjen geſchrieben
ol, wird Lucius
Kirchenweſen ein. Er hatte nad) Luthers Vorgang | hatte. Als Ajtronom diente er der Theologie, in:
eine Nonne geehelicht. + 1540,
dem er zuerjt zur Beftimmung bes Geburtsjahres
30
Keri
Chriſti auf die Conjunction ded Jupiter und Sa:
turn im Jahr 747 nadı Roms Erdauung aufmert:
am machte. Als Theofoph ftand er in genauein |
loſophiſchen Facultät zu Wittenberg und kam 162%
‚als Profejior der Logik nad Coburg, wo er ald
erfehr mit Andrei. + 1630 zu Regensburg,
Reri, d. i. das Örlefene, heißt bei den Maſo—
reten die am Rande bemerkte, aber im Texte zu
lefende Lesart im Gegenſatz zu der in dem Terte
466
Rettenbach
Kebler, Andreas, geboren am 17. Juli 1595 in
Coburg. Der Sohn eines Schneiders, ſtudirte er zu
Jena, wurde 16514 Magiſter und Adjunct der phi—
Generaljuperintendent (1635 —43) jtarb, nachdem
ec inzwiichen als Suprerintendent und Schuldirec:
— —— (Khetib). Man unterſcheidet dreierlei tor zu Eisfeld 1625 und Schweinfurt 1633 gemirtt
eri, entweber daß man las, was nicht im Tert
hatte. Nach einem Gebete auf der Kanzel um Er:
geſchrieben ftand, oder nicht las, was geichrieben | rettung aus den Deutſchland bedrohenden Gefah:
war, oder ftatt des geichriebenen Wortes ein ans | ren wurde er von einem Schlaganfak 1642 ge
dered beim Lefen ausſprach. Das Khetib erhält | troffen.
die Bunctation des Keri.
fehler (Chesselius, Ahenarius), Johann Jakob,
Kerioth oder Karioth. 1) Stadt im Stamme | aus St, Gallen. Geb. 1502, ftudirte er in Bafel
Juda, Joſ. 15, 25, wahrſcheinlich die Geburtöftabt | Theologie und ging 1522, um Yuther zu hören,
des Berrätherd Judas Iſcharioth. — 2) Eine
Stabt der Moabiter, Jer. 48, 41; Am. 2,2,
Kernlieder nennt man diejenigen unter der
Menge der deutichen Kirchenlieder, welche nad
dem durch die Vorliebe der Gemeinde beftätigten
Urtheil der Hymnologie den allgemeinen Gefegen
des Kirchenliedes in jolcher Weiſe entiprechen, daß
ihre Anertennung für alle Zeiten gefichert ericheint
und fie durch die tunen innewohnende objective
Schönheit unter allen Berhältnifien jedem em:
pfänglichen Gemüthe zur Erbauung dienen müfjen.
Eine Sammlung joldyer (150) Kernlieder, die den
Kern eines jeden deutſchen Geſangbuches bilden
und ein gemeinfames deutfhes Geſangbuch dar:
ftellen follten, iſt das Eiſenacher Geſangbuch. Das
archaiſtiſche Intereſſe, welches antiquirte Formen
r untrennbar von wahrer Schönheit hielt, hat
ch namentlih an dieſe Kernlieder gefnüpft und
dadurch deren beabfichtigten Zwed vereitelt.
Kero, Mönd von St. Ballen um 750. Nach ber
Klofterüberlieferung wird ihm zugeichrieben: 1)
die Gloſſirung der Benedictinerregel (Hattemer,
Dentmale des Mittelalters, I), 2) das auch Glos-
sarium Keronis genannte Wörterbuch (Hattemer,
a.a.D. 131-218). Außerdem gilt er als Berfafler
und —— mehrerer Hymnen ins Deutſche
(Alemanniſche) und Bearbeiter des Pater noster
und Credo.
ſKeryltik, d. h. Predigtkunft, ift der von Stier
(Reryttit, 1830, 1846) rt Ausdrud für Ho»
miletif, mit dem er das biblische Element derjelben
mehr hervorheben und fie freier vom Beariff des
Eultus darftellen wollte.
Kerzen und Lite beim Gottesdienft zu ver:
wenden, iſt ſchon im 4. Jahrhundert ein beim chrift:
lihen Eultus allgemein verbreiteter Gebraud) ; er
murde an das Vorbild des Leuchters im Tempel
und bie Symbolifirung des Lichts in der Schrift
angelnüpft. Nad der Vorjchrift müfjen bei der
Meffe mindeftens zwei Kerzen brennen; dieſelben
dürfen nur aus Wachs angefertigt jein und wer:
den am Lichtmehtage nad) beftimmtem Ritus ge:
weiht. Außerdem werden Kerzen vor Reliquien und
eiligenbildern angezündet und bei verichiedenen
ultuöhandlungen (Broceffionen, Trauungen zc.)
brennend getragen. Auch gemweihte Kerzen darzu—
bringen, ift vielfah Braud. In der evangeliichen
Kirche hat die lutherifche die brennenden Kerzen
bei der Abendmahlöfeier beibehalten; auch unirte
Gemeinden finden in diefer Erinnerung an die
Einfegungszeit des Sarramentes eine ſchöne Sitte.
Kefita, 1. Moſ. 33, 19; Joſ. 24, 32; Hiob 42,
11, eine hebräiſche, jonjt unbelannte, Münze, de:
gen Werth Geſenius zu 4 Seleln berechnete.
nadı Wittenberg. Sein Zufammentreffen mit dem
‚von der Wartburg zurüdkehrenden Luther im
ſchwarzen Bär zu Jena iſt von ihm. jelbit erzählt.
Nach St. Wallen zurüdgeleyrt 1523, wollte er
nicht Briefter werden, jondern wurde Sattler, hielt
aber privatim feit 1524 evangelifche Vorträge, feit
1525 nad) kurzer gebotener Unterbrehung auch in
der Pfarrkirche. Nachdem er 1535 Brediger zu St.
Margarethen im Rheinthal, 1537 Schulmeiiter in
St. Gallen gewejen war, ward er 1542 Pfarrer
an St. Lorenz und 1571 Antiftes, + 1574. Er
jchrieb eine Reformationschronit von St. Gallen
unter dem Titel Sabbatha.
Ketteler, Gotthard von, trat ala legter Heer:
meijter bes deutſchen Ordens in Kurland 1559 zum
Proteftantismus über und nahm 1561 im Vertrag
von Wilna Kurland und Semgallen als Herzog:
thum von Polen zu Lehen.
Ketteler, Wilhelm, II, Bifhof von Müniter
1553—57. Bropit an der Hauptlirche zu Münſter,
aber nicht Priefter, wurde er auf den Nath des
Herzogs von Gleve zum Bifchof erwählt. Der Re:
‚ Tormation zugethan, war er bemüht, durch Caſſan⸗
ber (f. d. Art.) eine vermittelnde Richtung zu fin:
den. Er ſuchte beim Papfte Durch eine eigene Ge—
jandtihaft um die Erlaubniß nad, ohne biſchöf⸗
liche Weihe regieren zu dürfen und rejignirte nad)
dem abſchlägigen Beſcheid.
ſtetteler, Wilhelm Emanuel, Freiherr von, Bi:
ſchof von Mainz. Geb. am 25. December 1811 zu
Herkotten in Weſtphalen, ſtand er erft im preußi:
ihen Staatädienit, ftubirte jeit 1839 Theologie
und wurde 1844 sum Priefter geweiht. 1346 Pfar:
ver zu Hörter in Weitphalen, 1848 Mitglied ber
Nationalverjammlung, 1849 Bropft in Berlin und
1850 als Biſchof in Mainz conjecrirt, ift er jeit-
dem einer der hervorragendjten Heißſporne bes
Ultramontanismus in Deutichland und ein Haupt:
beſchirmer der Jejuiten,
Kettenbad, Heinrich von, reformatorischer Volks:
ſchriftſteller. Als Franciscanermönd predigte er
1521 zu Ulm den neuen Glauben, mit immer rüd:
fihtslojerer Dffenheit, jeitvem ihm der Domini:
caner Peter Neftler als Vertheidiger des Alten ſich
entgegenitellte, die Schäden der Kirche bloßlegend.
Durch edle Bopularität, Wis, Kenntnijje und Be:
geifterung feſſelten feine (vielfach gedrudten) Heden
das Bolt. Aus Furt vor einem Mordanjchlag
feiner Feinde verließ er Um Ende 1521 und durch⸗
zog predigend Schwaben, bis er nad Wittenberg
zu Luther fam, für den er 1523 aud mit jeiner
——— und Verantwortung Martin Luthers
wider der Papiſten Mordgeſchrei auftrat. Borber
ſchon hatte er in der Vergleichung des Papftes und
Ketura
des Herrn Jeſu Abel und Städte gegen die Hier—⸗
archie aufzuregen und für Sickingens Freiheits—
kampf zu begeiſtern geſucht. Nach deſſen Untergang
ab er zu ſeiner Ehrenrettung die Vermahnung
ranz von Sickingens an ſein Heer heraus. In
den Jahren 1628 und 1624 wurde er noch viel
verfolgt, von da an hören die Spuren von ihm
auf, wahrfcheinlich ift er im Bauernfriege umge
tommen.
Retura, das Kebsweib Abraham, 1. Mof. 25,
1; 1. Chr. 1, 32. Die Söhne derfelben find bie
Stammoväter arabifher Völkerſchaften geworben,
1, Mof. 25, 2—4.
ſtetzer, der deutſche Name für Häretifer (f. d.
Art.), von „KRatharer” (j. d. Art.) abzuleiten.
Re dt. S. Jnauifition.
Kekertaufe und Streit darüber. Die ältere
Kirche hielt die Anficht feft, weldhe aus der Confe:
enz des Gedanlkens der Kirche als der alleinigen
ermittlerin des Heil und der nur in ihr bewahr⸗
ten Wahrheit mit Nothwendigkeit folgt, fie ver:
warf die Hegertaufe ala ungültig und taufte Jeden,
der aus einer häretifhen Gemeinſchaft zu ihr
übertrat. So ſprachen fich nicht nur die einzelnen
Kirchenväter Elemend von Alerandrien, Tertullian,
Athanafius, Gregor von Nazianz, Bafilius, Eyrill,
fondern aud die Firhlihen Berfammlungen zu
Karthago um 200, zu Ilonium und Synnada 235
in ungmeifelhafter Weije aus, wie auch die Const.
apost. damit übereinftimmen. Nur in Rom ging
man von einem andern meitherzigeren Standpunfte
aus. Da man in allen Häretifern Chriften, aber
abgefallene, ſah und ein allgemeines Belenntniß
um Chriſtenthum in der überall gebrauchten Tauf-
— erblickte, ſo erachtete man auch die Ketzer⸗
taufe für eine gültige Taufe, nahm daher die aus
ber Häreſie zur Kirche rückkehrenden nur durch
die Handauflegung auf. In diefer Ceremonie
einigte fi) die Handauflegung der Gefallenen (in
oenitentiam) und die bei der Taufe übliche Gei:
esmittheilung (ad accip. sp. s.), weil*bie häre:
tiſche Gemeinthaft den heil. Geift nicht mitzus
theilen vermochte, den fie ſelbſt nicht befaß. Diefe
Anfhauung machte der römische Biihof Stephan
egenüber der orientalifhen und nordafrifanifchen
irche geltend; ihm miderjegte ſich namentlich
Eyprian, der den Sat aufrecht erhielt, außerhalb
der Kirche fein Heil, die Taufe ſei bedingt durch die
Kirche und den priefterlichen Charakter des Erthei:
lenden, und könne daher auch nicht nur theilweiſe
al3 bei Häretifern vorhanden anerkannt werben.
Durd) das hochfahrende Benehmen des Stephanus
kam es 256 zur Aufhebung der Kirchengemeinihaft
zwifchen ihm und Eyprian, obgleich dieſer in der
abmweihenden Anficht feinen Grund der Trennung
nden wollte. Im Oriente milderte ſich trog der
engern Anfiht der Kirchenväter die Praxis, jo
daß auf verjdiedenen Synoden des 4. Jahrhun:
derts die Taufe einzelner häretifcher Secten aner:
kannt wurde, die anderer hingegen nicht, ohne daß
ein Brincip der Unterfcheidung zu erfennen wäre.
Auch fiel hier bei der Aufnahme die Handaufle:
gung weg und trat ftatt defjen die Salbung mit
dem Chridma ein. Als die Donatiften das kirch⸗
liche Herfommen in ihrem Intereſſe auöbeuteten, |
gab das Concil von Karthago 348 die ——
Beurtheilung der Ketzertaufe auf, und Auguſtinus
bildete in dieſem Sinne die jetzt noch herrſchende
Theorie aus. Unter der Vorausſetzung, daß die
467
Ketzertaufe
weſentliche Form der kirchlichen Taufe, auf den
Namen ber Dreieinigkeit, bewahrt geblieben, bie
Intestion, eine chriftliche Taufe zu ertheilen, ala
vorhanden angenommen werden fünne, ift bie ob:
jective Kraft des Sacramentes unabhängig von
ber Würbdigfeit des Ertheilenden und ertheilt eo
ipso einen unauslöſchlichen Charakter. Die Wir:
fung wird nur —— durch die Unwürdigkeit
des Empfangenden; ſobald dieſer ſich bekehrt, tritt
fie ein. Die Taufe kann daher nicht wiederholt
werben, fo wenig als fie bei Scheinchriſten wieder»
bolt wird. In Folge deſſen gründete die Kirche ſo⸗
gar auf die Kegertaufe ihren Rechtsanſpruch an
die Häretiler, als abgefallene ungehorfame Glie—
ber, denn durch die Taufe jeien fie unwiderruflich
in die Kirche Chrifti, d.h. die römische, aufgenom:
men. Dennod trug aud die römijche Kirche zur
Reformationszeit Bedenken, die Taufe der Prote-
ftanten anzuerfennen, weil fie fühlte, daß darin
die Anerfennung liege, daß diefelben gleichfalls
eine * Kirchengemeinſchaft bilden. Sie ent⸗
ging dem Dilemma anfangs durch eine bedin—
gungsweiſe Wiederholung der Taufe, welche aber
zu Evreux 1576 fallen gelaſſen wurde. Das Tri:
dentinum erkannte die Kegertaufe unbedingt an,
jedod als eine Uebernahme der Verpflichtung
feitenö des Täuflings, ſich allen Geboten ber
Kirche zu unterwerfen. Den Widerſpruch, ber
darin liegt, daß wohl das Sacrament der Taufe,
aber weder Abendmahl noch Ehe ıc. bei den Ketzern
anerfannt wird, hat bie Kirche ſtillſchweigend über:
gangen. Bei der Taufe dient die MWeitherzigfeit
dem Anjprud auf —— der Kirche, bei
den andern Sacramenten würde fie denfelben gers
ftören. In der neueften Zeit, wo es geeignet ſchien,
dem Bolte zweifelhaft zu machen, ob Proteitanten
überhaupt noch den EChriftennamen verdienten,
haben einzelne Fatholifche Eiferer bei dem Ueber:
tritt von Broteftanten dennoch die Taufe zu wie:
derholen Fein Bedenken getragen. Luther blieb,
unterjchieden von den Wiedertäufern, im weſent⸗
lihen bei Auguftins Theorie ftehen, und die Ans
ficht von der Nothwendigkeit der Taufe, die For:
derung der Nothtaufe, welde auch Weiber und
Nichtgetaufte gültig ertheilen können, bedingt in
fi jelbft die Anerkennung auch der Ketzertaufe;
eben darum verhielt aber die reformirte Kirche fi
immer fpröder und widerrieth mindeftend, die
Taufe durch Katholifen ertheilen zu laffen, wozu Lu⸗
theraner beim Diangel eines Predigers immer un:
bedenklich ſchritten. Joh. Gerhard jomohlaldneuere
reformirte und lutherifhe Dogmatiker ftellen bie
Forderung, daß die religiöfe Gemeinfcaft, deren
Zaufe anerfannt werden foll, auf der Örundlage
des trinitarifhen Belenntniffes jtehe (richtiger:
eine Kirche Chrifti fein wolle) ; die firchenregiment»
lie Praxis in der Gegenwart folgt dem, jedoch
nicht ohne Schwanten, indem die Anerlennung ber
Taufe bald von der richtigen Form, der ausdrück⸗
lihen Nennung des Vaters, des Sohnes, des heil.
Geijtes, bald von der Gejammtitellung der Ge:
meinſchaften zu dem driftlichen Bekenntniß ab-
hängig gemacht wird. Da der Sat Cypriand auch
im proteftantifhen Sinne richtig ift, „wo feine
Kirche, da feine Taufe”, jo ſchließt die Anerlen:
nung der Taufe aud die Anerfennung der be:
treffenden Gemeinschaft ald eines Gliedes ber
Geſammtlirche in fih. Eins lann nidt ohne das
Andere fein, a0
Keuſchheit
ſteuſchheit, die chriſtliche Tugend, iſt die Nein:
heit des Sinnes und Lebens namentlich in Bezie:
bung auf die Befledungen des Geſchlechtstriebes.
Eie bejteht in einer normalen Dergeiftigung des
Geſchlechtstriebes, in der ftetigen Unterordnung
468
|
beöjelben unter den vernünftigen Lebenäzwed, in |
der Ueberwindung des natürlichen Triebes infos
weit, daß er nicht bejtinnmend auf den Menſchen
einwirle und biejer nicht Handlungen begehe in
Merken, Worten oder Gedanken, welche lediglich
den Zwed der Befriedigung des Geſchlechtstriebes
haben. Die Neberwindung des Geſchlechtstriebes
kann nun in der Unterdrückung desjelben bejtehen,
d. h. fie kann lediglich ajletiih genommen werben:
dies ift die gewöhnliche einfeitige katholiſche Auf:
fafjung, welde unter Keufchheit im jpeciellen Sinne
Entbaltung von der Ehe oder wenigjtens vom ehe:
lihen Gefchlechtsverfehre verfteht. Daraus find
der Cölibat und fittlihe Berirrungen, wie bie
Selbftentmannung eines Drigenes, hervorgegan:
gen. Die wahrhaft ethiſche, d. h. die auf den Ge:
jegen der Menfchennatur, wie fie vom Schöprer
angelegt ift, auferbaute Theorie will dagegen nicht
Unterdrüdung des Naturtriebes, fondern fitt:
lihe Veredelung, Hineinbildung desjelben in den
fittlihden Lebenszwed. Die fittlihe Einrichtung,
welche den legtern in ſich aufgenommen hat
und welche daher die fittlide Veredelung des Ge: |
fchlechtstriebes in normaljter Form darftellt, ift
die Ehe (j. d. Art.). — Keufchheit im weitern
Sinne wird aud) die Tugend eines Menjden ge:
nannt, welcher mit den jittlihen Gütern nicht zu
unlautern Zmweden Mikbraud treibt, indem er
ie in libermäßiger Weije bloßſtellt und zu felbit:
üchtigen Zweden ausbeutet, wie etwa ein Redner
durch ein foreirtes fittlihes Pathos, fondern da:
mit Haus hält, fie als Heiligtümer feines innern
Lebens bewahrt, und jie mit Derzenseinfalt nur
zu dem Zwede gebraucht, der in ihnen ſelbſt ent:
halten iſt.
Khlejl, Kleſel, Melchior, der Sohn eines Iuthe:
rischen Bäders zu Wien, geb. 1553, trat mit 16
Jahren, durch einen Jeſuiten gewonnen, zur fa:
tholiſchen Kirche über. Im Jefuitenconvict zu Wien
ebildet, ohne je in den Orden einzutreten, war er
Fihon 1579 Domprobft in Wien, Kanzler der Uni:
verjität, 1581 onen Rath und Generalvicar
des Biſchofs von Paſſau, 1583 Biſchof von Neu:
tadt und 1598 von Wien, Mit dem Eifer deö
roſelyten betrieb er in allen diejen Stellungen
die Gegenreformation ; obgleich er jonftige Gewalt:
thätigleiten mißbilligte, zwang eralle Evangelifchen
in Neustadt, die nicht übertreten wollten, zur Aus:
mwanderung. In jpäterer Zeit ließ ihn Staatsklug—
heit die Gewaltthätigfeiten Ferdinands in Steier:
marf widerrathen und jelbit ven Borfihlag machen,
den geiftlihen Borbehalt aufzuheben, aber nod)
1596 ließ er alle frühern Edicte gegen die Brote:
ftanten beftätigen und wiberrieth den Majeftäts-
brief 1609. Seine Ergebenheit gegen Matthias,
ber ihn zum Director des geheimen Rathes ir
derte und ihm 1616 die Cardinalswürde verſchaffte,
Kimchi
nicht mehr wie früher zu Regierungsgeſchäften
verwendet. + 1630.
Kidron, der Bach bei Jerufalem, 2. Sam. 15,
23; Job. 18, 1. Nur in der Winterszeit hat er
Waffer, wenn e8 lange und ſtarl geregnet hat.
Sein Bett, das Thal Kidron, ift ein enges tiejes
Thal zwifchen der Stadt und dem Delberg; es be:
innt bei dem Grabe der Richter, zieht fich erft in
üblicher, dann öftliher und endlich füdöftlicher
Richtung in manden Windungen durch das Ge-
birge bis zum Todten Meere, in welches es bei
bem —— e Rãs⸗el⸗Feſchkah mündet,
Kiel. Die Univerfität ift gegründet 1665 für
bie Herzogthümer Schleswig und Holftein. Zuibrer
Hebung erihien 1776 die Indigenatsordnung,
welde Fir bie Anftellung in einem geiftlihen Amte
als Bedingung die einheimifhe Geburt und ein
zweijähriges Studium in Kiel aufftellte. An der
Univerfität wirkten Harms, Tweften, Dorner,
Baumgarten u. U.
Kijun, Am. 5, 26. Die LXX überjegt bier
Raiphan, d. h. wohl der Stern Saturn. So wird
das Wort aud) von Neuern gedeutet, welche ver:
— daß der arabiſche Namen des Saturn
aiwan iſt. Danach wäre Saturn gedacht als der
Ordner, par mag Richtiger wird aber das Wort
genommen als „das Geftell (eurer Bilder)”.
Kilian, Kyllena, ein Nönd aus Jrland, der in
Thüringen das Evangelium predigte und den Her:
zog Gozbert von Würzburg befehrt haben joll.
Nach der Sage hätte ihn deffen Gemahlin Gailane
mit feinen Begleitern in Abmwejenheit ihres Man:
nes lebendig verſcharren laffen, aus Rache dafür,
daß Kilian nad den römiihen Ehegeſetzen die
Trennung ihrer Ehe durchgefegt hatte. Gozberts
Haus ſei danach untergegangen ; jein Sohn Hedan
II. blieb aber in ruhigem Befik des Herzogthums
und mit den Miffionären in fteter Verbindung.
Wahrſcheinlicher ih daher eine andere Angabe, daß
Kilian von Gozbert jelbjt ermordet jei.
Kimdi, Nabbi David, nad) den Anfangsbud:
ftaben RDRK au Radak genannt, geb. zu Nar:
bonne 1190, wo er 1240 ftarb, war einer der be:
rühmteften jüdifhen Gelehrten des Mittelalters.
Bon feinem Leben ift nody wenig befannt, als da
er das größte Anfehen genofjen und fidy für die
freiere antitalmudijhe Richtung des Maimonides
entichieden habe. Sein Hauptwerk iſt das Bud
Michlol, welches eine Grammatik und ein Lerilon
umfaßt und durch Reudlin die Grundlage des
Studiums der hebräifchen Sprade unter uns ge—
worden ift. Da beide Bücher öfter getrennt im
Drud erichienen, wird der Titel ..r auf die
Grammatik beſchränkt und das Lexikon Liber ra-
dieum genannt. Außerdem jchrieb er Commentare
über die heil. Schrift. Er ſucht den buchſtäblichen
Sinn feftzuftellen und giebt wenig auf rabbiniſche
Deuteleien. Seine Vorgänger find von ihm fleißig
benugt. Seine Polemik gegen das Chriftenthum
ift gemäßigt.
Kimdi, Joſeph, der Vater des Vorigen, lebte
um das Jahr 1160 als angefehener jüdischer
machte ihm bei Ferdinand von Steiermark um fo | Schriftfteller und verpflanzte mit feinen Söhnen
verhaßter. Da ein Mordanfchlag mißlang, wurde | die fpanifhe Gelehrjamteit nach der Provence.
er 1618 von den Erzherzögen gefangen genommen
und blieb Jahre lang in enger Haft. 1622 auf die
Engelsburg nad) Rom gebracht, erlangte er feine 1710, gedrudt, die andern find na ur
Freiheit dort wieder, erhielt auch die Reftitution | handen oder aus Citaten feines Sohnes
Von feinen eregetiihen und polemifchen Scrif:
ten ift nur das Sefer Habrith, Conftantinopel
avid
in jeine Würden und feinen Befit, wurde aber | befannt.
Kimchi
ſimchi, Moſes, älterer Bruder des David, eben:
falls ein berühmter jüdiſcher Gelehrter. Sein
Hauptwerk war eine Grammatik Incessus Semi-
tarum scientiae (Mehalach Schebila hadaat),
herausg. Pefaro 1208, zu Bafel 1531 von Seb.
Münfter unter dem Titel Diktuk. Gedrudt ift
noch ein Gommentar zu Esra in der rabbinifchen
Bibel von D. Bomberg, 1545—49.
Kinder. Das Gebot der Kindertaufe (f. d. Art.
Taufe) hat bezüglich der Findlinge und der unge:
borenen Kinder Beitimmungen hervorgerufen.
Auguftin wie Luther bleiben bei dem Kanon: Wie:
dergeboren werben fann nur was geboren ift. Sy:
noden von Köln und Bamberg wollten aber bei
Todeögefahr die Taufe vornehmen, wenn bei der
Geburt das Haupt oder ein anderes Glied hervor:
tritt. Findlinge follen, wenn fie erft wenige Tage
alt find, getauft werden, ältere Kinder, wenn fein
Beweis der Taufe vorliegt, bedingungsmweije.
Kinder bei Den Hebräern. Kinderſegen galt ala
hohes Glüd, Pred. 6, 3; Bf. 128, 3.6; 1. Sam.
4, 20, Unfruchtbarkeit als Schmad und hartes
Schickſal, Hiob 24, 21; 1. Mof. 16, 2. Die männ:
lihen erftgeborenen Kinder, die am 8. Tage nad)
der Geburt bejchnitten waren und den Namen
empfangen hatten, Luk. 2, 31, wurden am 33.
Tage, wenn die Mutter das Reinigungsopfer im
Tempel darbrachte, dem Herrn dargeftellt, 4, Mo].
18, 15 ff. Die Entwöhnung, welche oft erjt im
3. Jahre, 2. Makk. 7, 28, Aattfand, wurde fejt:
lich gefeiert, 1. Sam. 1, 24; 1. Malt. 21, 8.
Während der erften Lebensjahre wurden die
Kinder von den Müttern im Harem erzogen, bie
weitere Erziehung der Knaben * der Vater.
Von dem Unterricht iſt nichts bekannt, als daß
ihnen das Geſetz und die Hauptthatjachen der re:
ligiöſen Vollksgeſchichte eingeprägt wurden, 5. Moſ.
6, 2025. Die elterliche Gewalt war eine ausge:
dehnte, gegen einen ungehorfamen Sohn jprad) auf
die Klage des Vaters die Voltögemeinde das Todes:
urtheil. Für die Schulden der Eltern konnten die
Kinder leibeigen gemacht werden. Die Tochter aber
mochte der Vater ohne Beſchränkung verkaufen, 2.
Mo. 21,7, Die Zucht war, wie jo mandje Stellen
in den Sprüchen und im Bude Sirad) zeigen,
eine ftrenge. Die Söhne Bornehmer erhielten wohl
einen befonderen Erzieher aus den Sklaven, Se:
lomo wurde vom Propheten Nathan ergogen.
’ —— unſchuldige. S. Unſchuldiges Kinder:
eit.
Kindercommunion. Im 3. Jahrhundert findet
fih die Theilnahme der Heinen Kinder an der
Communion als ältere Sitte; fie blieb firchliche
Gewohnheit bis ins 9, Jahrhundert, durch mande
Smodalbejchlüffe anerfannt nnd betätigt. Augu—
ftin begründete fie burd) Hinmweifung auf ob. 6,
53 und die Berbindung der Taufe mit dem Abend:
mahl. Erſt Paſchaſius Radbertus beftritt die Noth—
wendigkeit der Kindercommunion, allmählich kam
ſie außer Gewohnheit, in Folge der Ausbildung
der Lehre vom Abendmahl und der Verbindung
desſelben mit der Beichte, und das Tridentinum
verdammte die Lehre von der Nothwendigkeit der
Kindercommunion. Die morgenländiſche Kirche
hat ſie bis auf dieſen Tag feſtgehalten. Die erſte
Communion ſoll nach den Beſtimmungen des Kö—
nigs Kanut 1032 erfolgen, wenn die Kinder Pater
noster und Credo auswendig wiſſen; jett ift in
der römischen Kirche das 12. oder 13, Lebensjahr
469
Kirche
das gewöhnliche. In Lebensgefahr darf fie ihnen
früher gereicht werden.
Kinderlehre. S. Katechismus.
Kindertanie. ©. Taufe.
Kindheit, Verein der heiligen, ift in der Fatho-
liſchen Kirche gebildet zu dem Zwecke, Kinder in
China zu retten, die gemäß der dortigen Unſitte
fonft würden nad) der Geburt getödtet werden.
Kindfhait Gottes ift ein dem Vaternamen
Gottes entjprechender biloliherAusdruddesNteuen
Teftaments zur Beſtimmung des Berhältnifles des
Erlöften zu Gott. In den Sprücden Jefu in den
ſynoptiſchen Evangelien tritt im Verhältniß zum
Baternamen der Ausdrud feltener auf; eine ent:
ſprechende bildliche Darftellung hat der Begriff im
Gleichniß vom verlorenen Sohne gefunden. Wo
der Ausdruck auftritt, da ift er im Anfchluß an
den Begriff der Söhne Gottes im Alten Teftament
(d. 5. der Engel) in einem eminenten Sinne zu
nehmen in der Bedeutung eines zufünftigen herr:
lihen Zuftandes, des Yohnes für Liebe und Fried:
fertigteit (Matth. 5, 9; Luk. 6, 35), wenn er nicht
den allgemeinen Sinn der Gottverwandtjchaft der
menſchlichen Natur mit Gott (Matth. 5, 45) in fi
fließt. Häufiger ift der Ausdrud bei Johannes,
wo er ſchon Gegenftand einer theofophiichen Spe:
eulation geworden ift. Joh. 1, 12 und 13 beitim:
men den Begriff nad Analogie des finnlichen
Kindichaftäverhältniffes als ein reales Erzeugtjein
aus Gott, Die Aufnahme des Logos ruft im Gläu⸗
bigen eine geiftige Geburt „von oben“ (3, 3 ff.)
— einen Proceß, welcher denſelben in eine
ubſtantielle Einheit mit Gott fett, jo daß dieſe
Kinder Gottes einen wejentlichen Gegenſatz bilden
gegen die Kinder der Welt und ihr Wejen in lauter
Werfen der Gerechtigkeit und Liebe offenbaren
(1. Joh. 3,9. 10). Paulus faht den Begriff der
Kindichaft als Gegenſatz zu demjenigen der Knecht⸗
ihaft. Durch den Glauben an Chriftus hat der
Chriſt den freien Zugang zum Bater, während der
frühere Zuftand unter dem Geſetze nur ein Knechts—
verhältnik zu Gott zulieh, im Bewußtfein des über:
tretenen Gebotes ein Knechtſchaftsbewußtſein er:
hielt; indem nun das wedue, das Priucip des
Geiſtes (f. d. Art.) den Gläubigen erfüllt, find alle
jene Schranfen gefallen, er fteht im innigften Ber:
hältniß der Verjöhnung mit Gott, er fteht Gott
frei gegenüber, aber von ihm unzertrennlich. Dies
ift ein „Kindichaftsverhältniß”, und diefer Wir:
fung gemäß die Erlöfung eine Annahme zur Kind:
ſchaft (vio9esie). Vgl. Röm. 8, 1I—17 ; Gal. 5,
26; 4,4—7.
Kir, Amos 1,5; 9,7 als urfprünglicher Wohn:
fig der Aramäer bezeichnet, wohin die Syrer wie:
der in die Verbannung geführt werden follen, 2.
Kön. 16, 9. Gemeinhin verjteht man jegt Darunter
das Land Kur in Georgien; Andere dachten an
die Stadt Kovpnve im füdlichen Medien.
Kirche. Der Ausdruck, abgeleitetvon roxvpiaxör
ober 7 xvpiaxn, das Haus, weldes dem Herrn ge:
weiht ift, hat urſprünglich die Bedeutung einer
Localität, dann neben dieſer die weitere Bedeutung
der kirchlichen Gemeinſchaft. Andere leiten den
Ausdrud von curia (fo Jacobfon), oder von dem
feltiihen Cyrch (Mittelpunkt, jo Leo), oder von
fieren (kieſen) oder eircus u. |. w. ab (vgl. Wader:
nagel, Altd. Wörterbuch; Grävell, die Kirche,
1856). Jeſus ſelbſt hat den Begriff der Kirche
nicht aufgeftellt, da zu feinen Lebzeiten noch nicht
Kirche
bie Zeit zum Drganifiren ber religiöfen Gemein:
{haft gefommen war und bie — noth⸗
wendig in ihrem Begriffe liegt. Das „Reich Got:
tes”, welcher Begriff die Lebendaufgabe Jefu aus:
fprad), ift die Verwirklichung der religiös-fittlihen
bee unter der Menjhheit, weßhalb es ſowohl
chon ba iſt als erft lommen wird, die um Chriftus
bildende, darum nod fließende Gemeinſchaft
atth. 4, 17; 6, 10; 12, 28; vgl. Matth. 13;
Luk. 17, 20 ff.). Das Wort Exxinaie fommt bei
Ehriftus nur Matth. 16, 18; 18, 17 vor und deu⸗
tet die zufünftige DOrganifation von Einzelgemein:
den an. Dagegen ift die „Gemeinde“ im Paulinis
ſchen Lehrſyſtem ein Hauptbegriff geworden. Eine
ibeafe Organiſation von geiftigen Kräften wird
unter dem Bilde eines Leibes veranfchaulicht, deffen
Haupt Chriftus, deffen Glieder die Gläubigen find,
und befien innere Ordnung ber Art ift, daß Chri—⸗
ſtus den Mittelpunkt bildet, um welchen fich jämmt:
liche Kräfte gliedern, dieje unter ſich wieder durch
ihre eigentbümlichen Begabungen einander ergän:
zen, und daß fo das Ganze Kb zur höhern Ein-
& zufammenfügt (Röm. 12,5; 1. Kor. 12, 4 ff.;
h. 1,22 f.; 2, 19—22; 4,11; 5, 390—32). Bon
ber Heiligkeit ber Gemeinschaft fließt der Charak⸗
ter der Heiligkeit auch auf die einzelnen Glieder
über, weßhalb Paulus die Gemeindeglieder ge:
wöhnlich „Heilige“ anrebet. Die noch auf Ueber:
zeugung rubende Zugehörigkeit der Einzelnen
jur Gemeinde machte dieſe ideale Auffafjung
möglich ; die Gemeinde war übrigens noch ala Ein:
zelgemeinde zu denfen, der Begriff der Gefammt:
gemeinde egiftirte noch nicht. Dies ift auch noch
in den Ignatianifhen Briefen und bei Irenäus
ber Fall, welche in der Entwidlung des Kirchen:
begriffs eine epochemachende Stellung einnehmen.
Aber die mehr ideale Drganifation der Baulinifchen
Faſſung hatte fih inzwifhen mehr und mehr in
eine äußere umgewandelt. An die Stelle der idea:
fen Einheit des Hauptes Chrifti und des Glaubens
ber Glieder hatte ſich die äußere Einheit der bi:
fhöflihen Hierardie und des Gehorſams der Kir:
chenangehörigen gejegt. Damit hatte ſich der Grund:
fag verfnüpft, daß die äußere Sugehörigteit zur
Kirche die Theilnahme an dem in Chriftus gege:
benen Heile bedinge. „Wo die Kirche ift, da ift der
Geift, und wo der Geift ift, da ift auch die Kirche”
Kae Adv. haer. 3, 3). Die Kirche wird als die
nftalt betrachtet, welche allein die apoſtoliſche
Trabition — die Succeſſion der Biſchöfe rein
erhalten hat und darum die ausſchließliche Träge:
sin ber Wahrheit und des Heils ift. Damit war
ber große Fehler begangen, bie ideale Gemein:
haft. zu verwechſeln mit der äußerlichen hierar:
chiſchen Kirche. Die Eonfequenzen des neuen Be:
griffes zog Cyprian in feinem Bude de unitate
ecclesiae. Schon alle die Merkmale, melde den
fpätern katholischen Kirchenbegriff zufammenfeten,
bie Einheit, Heiligfeit, Katholicität und Apoftoli:
eität, finden ſich bei Eyprian, deſſen Sa „extra
ecclesiam nulla salus‘ (außer ber Kirche fein Hei)
den Grundgedanken feiner und aller nachfolgenden
Erörterungen über die Kirche bildet... Wie ed nur
einen Öottund einen Chriftus giebt, fo giebt es
nur eine Kirche, und bieje eine Kirche findet ihre
Einheit wiederum in dem Epiflopat, Die Kirche
470
Kirche
tianiſchen Briefe, ſondern von ber Geſammtkirche
Schon weiſt er als auf die Vollendung des Ge—
bäudes hin auf den Primat des römifchen Biſchofs,
ſowenig er jelbft auch thatfächlich die Berechtigung
diefed Brimates anerkannte. Auguftin führte diefe
Gedanken noch weiter, Bekanntlich war er es, wel:
her den Cyprianiſchen Sa „extra ecelesiam nulla
salus“ zu der befannten Anwendung des biblifhen
compelle intrare (Luf. 14, 23) auf die Nothwen⸗
digkeit von ſtaatlichen Zwangsmaßregeln gegen
die Ketzer erweiterte. Der ſchwierige Punkt des
fatholiihen Kirchenbegriffs, nämlich das Verhält⸗
niß der idealen Kirche zur wirklichen äußern, deren
Einerleiheit jener feitzuhalten in feinem Interefle
liegen ſah, oder mit andern Worten die Faſſung
bes Merkmals der Heiligkeit rief einen lebhaften
Streit in der Kirche hervor. Die —*55
Novatianer, Donatiſten nahmen den Begriff der
Heiligkeit in dem Sinne, daß ereinen thatſaͤchlichen
Zuſtand der Kirchenglieder bezeichnete und yogen
daraus die Bolgerung für die Nothwendigleit einer
—— ſichtenden Kirchenzucht, während die Aa
tholifen, melde mit dieſer Erklärung ber Heilig:
feit die Katholicität aufgehoben fahen, an der Hei:
ligfeit der beftehenden Kirche —— aber un⸗
Har die Heiligkeit auf einen Zuſtand der Zukunft
oder auf die heiligende Kraft der Kirche bezogen.
Dagegen gaben die Legtern in der Unterjcheidung
einer ecclesia triumphans (der Gemeinſchaft der
Bolllommenen und Seligen) und einer ecclesis
pressa (der noch mit Welt und Satan kämpfen⸗
den) in der Beſchafſenheit der der Kirche angehö:
rigen Glieder einen Unterſchied zwiſchen Jdeal und
Wirklichkeit zu. In der Folgezeit vollzog die Ge
ſchichte die Vollendung des ſchon fo confequent zer:
gliederten Kirchenbegriffes; die Einheit und Madt
der Kirche verlörperte rg im römiſchen Bijcof.
Die Pſeudoiſidoriſchen Decretalen ziehen diefe
legten Linien des Syſtems; Alles, was der Kirche
zufommt, fommt natürlich dem Papſte zu, er iſt
der Ordner und Richter der Welt, unendlich erha-
ben über das weltliche Regiment; die Macht der
Biihöfe ift in ihm concentrirt, Synoden haben
nur duch ihn ihre Autorität. Wenn auch lange
neben dem PBapaliyitem dad Synodalſyſtem in ber
Theologie der fatholifchen Kirche beſtand, fo hat
doch das erjtere immer entfchiedener als das con:
fequentere gefiegt. Dem gegenüber mußte fih nun
in nothwendigem —— reformatoriſche
Kirchenbegriff entwickeln. Faſt alle ſectireriſchen
Bewegungen in der vorreformatoriſchen Zeit wa⸗
ren gegen den katholiſchen Kirchenbegriff und na:
mentlid gegen die in demfelben vorhandene Ber:
miſchung von Jdee und äußerer Kirche gerichtet,
in welcher I Reich Gottes und Hierarchie endlich
bedten und die Zugehörigleit zum hierarchiſchen
ag zur Bedingung der Seligfeit gemacht mar.
er Grundgedanle des Wertes eines Peter von
Bruys, Wiclef, Hus u, A. war die Losreißung
der idealen Gemeinfhaft der Gläubigen von ber
geihichtlich gewordenen römischen Rirce. Dagegen
war die praktiſche Aufgabe auf Grund diefer Tren⸗
nung ber fihtbaren von der unfichtbaren Kirche,
wie die Ausdrucksweiſe der Reformation lautete,
eine ſchwierige und erft von den Hauptreformato:
ren gelöfte. Wollte man nicht, wie die Wiebertäu:
ih in bem Bifchof; und wer nicht mit dem Bifchof | fer, den Verſuch machen, die ideale Gemeinfhaft
der ift nicht in der Kirche. Cyprian redet alfo
nicht mehr von ber Einzelgemeinbe, wie bie Igna⸗
ber Wiedergeborenen wirklich zu machen, fo mußte
bod) das
erhältniß der neuen fichtbaren Kirche
Kirche
zur unſichtbaren beftimmt werben. Die unfichtbare
galt allein als die wahre, ala die eine, fatholifche,
apoftolifche, heilige Kirche, allein fie hat doch ihre
Erſcheinung in der fihtbaren Kirche, mit welcher
fie zwar nicht zufammenfällt, aber doch einen noth:
mwendigen Zufammenhang hat. Neines Wort und
wahre Sacramentsverwaltung bilden gleichſam die
ins Sichtbare herüberragenden formen der un:
fihtbaren Kirche, und wo diefe ſich finden, da ift
anzunehmen, daß aud) eine Gemeinjchaft von Wie:
dergeborenen ſich gebildet hat, die zwar mit dem
Umkreis der äußern Kirchengemeinde nicht zuſam⸗
menfällt, aber in demfelben Mittelpuntt, in wels
chem dieſer leitere zufammengefaßt ift, in Wort
und Sacrament aud) ihren Mittelpunft findet. Es
folgt daraus, daß immer diejenige Kirche am ge—
naueften mit der wahren zujammenfällt, welche
die verhältnißmäßig reinfte Darftellung des Wor-
teö Gottes und Verwaltung der Sacramente befigt.
Die reformirte Kirche ftimmt in allem Weſentlichen
mit dem lutherifchen Kirchenbegriffe überein. Nur
ift das Streben nah fihtbarer Darftellung der
unſichtbaren Kirche bei den Reformirten ein leb:
hafteres geworden; indem bie reformirte Kirche
weniger als die lutherifche fich mit der objectiven
Macht von Wort und Sacrament berubigte, trat
in ihr die Kirhenzucht ald das Mittel zu immer
reinerer Darjtellung ber wahren Kirche in ben
Vordergrund. Mehr als im Begriffe unterſchieden
fich die beiden Kirchen in der äußern Organtjation.
Nachdem Luther ausgegangen war von der apojto:
lichen Lehre bes allgemeinen Prieſterthums, haben
es die Zeitymftände geboten, das Kirhenregiment
in die Hände der Yüriten und ber in ihrem Namen
regierenden geiftlichen Obrigkeit zu legen (Conſiſto⸗
rialverfafjung). Die reformirte Kirche, ihrem res
publicaniſchen Urjprung entſprechend, hat den Bau
der Berfafjung von unten begonnen, dagegen mit
dem jehr weſentlichen Unterſchied, daß die Zwingli':
ihe Reformation die vorhandene politiſche Ord—
nung als berechtigtes Organ aud) des kirchlichen
Lebens anerlannte, die Calvin'ſche aber eine vom
Staate verſchiedene firdliche Gewalt in der Pres-
byterialverfafiung ſchuf. In der Folgezeit hat der
Kirchenbegriff eine weitere Ausbildung nit er:
halten. Erſt Schleiermacher hat wieder einen neuen
bedeutenden Reconftructionsverjud gemadt. Je
größer die Bedeutung der Gemeinfchaft im bog:
matifhen Syſteme Schleiermachers ift, defto jorg:
fältiger mußte aud) die Entwidlung des Begriffes
—* werden. Iſt ihm die Kirche die aus innerem
Gemeinſchaftstriebe entſtandene und in ſtetiger
Wechſelwirkung derſelben auf einander ſich bethä—
tigende Gemeinſchaft der Wiedergeborenen, jo bie:
tet ſich ihm doch auch von dieſem Geſichtspunkte
aus ein Unterſchied dar zwiſchen der unſichtbaren
und der ſichtbaren Kirche. Die unſichtbare Kirche
iſt ihm die Geſammtheit aller Wirkungen des Geis
ſtes in ihrem Zuſammenhang. Inſofern aber dieſe
Wirkungen in Wirllichkeit immer nur in Vermi—
ſchung mit Elementen der Weltund der allgemeinen
Sündhaftigkeit erfolgen, fo ergiebt ſich daraus die
aus gemijchten Elementen bejtehende Gefammtheit
von Geifteswirkungen, welde Schleiermader die
471
Kirche als Gebäube
gehend zu dem Sat gelangt, daß das Auseinan⸗
derfein von Kirche und Staat, ber religiöfen und
der fittlihen Gemeinschaft, ein abnormes und vor:
übergehendeö Verhältniß darftelle, und daß bie
enbliche Entwidlung zu ihrem Ineinanderſein füh:
ren müffe, oder mit andern Worten zu der Auf:
Löfung der Kirche im Staate (von verfchiedenen
Geſichtspunkten aus: Marheinele, Strauß, — *2
Anderſeits hat eine lutheriſch-confeſſionaliſtiſche
Richtung das Objective im reformatoriſchen Kir:
chenbegriff noch mehr hervorgehoben, und hat die
eigentliche Subſtanz der Kirche nicht ſowohl in der
Geſammtheit der einzelnen Glieder der Gemein:
ſchaft, als in der über ber legtern ftehenden objecs
tiven Inſtitution, beftehend aus dem Worte Got:
tes, den Belenntniffen, ben Sacramenten, dem
gottgeorbneten Kirchenregimente, den geiftlichen
Yentern u. ſ. w. zu finden geglaubt (Stahl, Heng:
ftenberg, Zöhe u. A.) Im Allgemeinen fommt aber
innerhalb ber proteftantifchen Theologie derjenige
Kirhenbegriff immer mehr zur wiſſenſchaftli
und praktischen Geltung, welcher fi in der Union
eine entfprechende Eriheinungsform gefucht hat,
beren Zwed ift die Förderung des criftlichsreli:
giöjen und fittlichen Lebens. Sie wird aufbauen
auf den geihichtlihen Grundlagen, auf welchen
die Gemeinfhaft erwachſen ift, aber mit dem
iharfen Bemußtfein des Unterjchiedes der ſicht⸗
baren und ber unfihtbaren Kirche, diefes Merk:
mals des reformatoriihen Kirchenbegriffes, und
darum der Nothwendigleit einer ftetigen Entwid:
lung in Lehre, Berfaffung und Eultus. Val. außer
ben allgemeinen Werten über Dogmatit, 8 men⸗
— Symbolik: Jacobſon, Kirchenrechtliche
erſuche, Bo. J. 1881; Rothe, Anfänge ber chriſil.
Kirche, 1837; Kiſt, die chriſtl. Kirche auf Erben,
1838; Peterſen, die Idee der chriſtl Kirche, 1839
—44; Bunſen, die Verfaſſung der Kirche der Zu⸗
funft, 1845; Schentel, Wejen des Proteftantis-
mus, 2. Aufl, 1862; Deligich, vier Bücher von der
Kirche, 1847; Köftlin, Luthers Lehre von ber
Kirche, 1853 ; Kliefoth, acht Bücher von der ra
1854; Mündmeyer, das Dogma von der fichtba-
ren und unfichtbaren Kirche, 1854 ; Albr. Ritſchl,
über das Verhältnis des Belenntnifjes zur Kirche.
Ein Votum gegen die neulutherifhen Doctrinen,
Bonn 1854; Rüdert, das Büchlein von der Kirche,
1857; Wendt, zwei Bücher von der Kirche, 1859;
Chr. Weiße, philof. Dogmatik, Bd. II.
Kirde, freie, nennen ſich die evangelijchen Kir:
hengemeinfchaften, melde fi von der Landes—
lirche getrennt haben, um in den kirchlichen ug
legenheiten von jedem Einfluffe des Staaied be
freit zu fein. In Frankreich Inüpft ſich die Ent:
ftehung der freien Kirche der Diſſidenz an die
Wirkſamkeit der evangeliſchen Gejellihaft, im
Waadtland an die Revolution von 1845, in Schott:
land an das Patronatärecht 1847,
Rirde old Gebäude. Die vorzüglichften Theile
bes Kirchengebäubdes jind: 1) das Schiff der Kirche,
ber für Die Öemeinde beftimmte Raum vom Haupt:
eingang bis zum Presbyterium; 2) das Presby—
terium, der für die Prieſter beftimmte Raum un—
mittelbar vor dem Hochaltar, gewöhnlich um einige
fihtbare Kirche nennt. In neuerer Zeit haben fid) die | Stufen über das Schiff erhöht und durch Schran»
Anſchauungen von der Kirche nad) zwei entgegen:
gejegten Richtungen hin geſpalten. Einerjeits ijt
|
ten abgeichloffen. Innerhalb des Presbyteriums
ift das Chor vor dem Altar oder rechts und links
die Hegelihe Philofophie von dem weſentlichen von demfelben, der Ort, wo in Capitellirchen ſich
Sjneinanderfein von Religion und Sittlichleit aud- die Chorherren verfammeln, um bie kanoniſchen
Kirche unter dem Kreuz
Stunden zu feiern und die Condja, die Stelle, wo
im Halbkreiſe die Stühle der Priefterfhaft ange:
bradt find; 3) das Diafonium und Sacriftei, der
Drt, wo die heiligen Gefäße aufbewahrt werben und
die Priefter die Baramente anlegen; 4) die Em:
poren, die an den innern Seitenwänden angebrad):
ten Gallerien zur Vermehrung bes Kirchenraumes.
Die Empore dem Presbytertum gegenüber ift in
ber Regel dad Mufitchor, wo die Orgel ihren Platz
hat. Eine äußere Auszeihnung des Kirchengebäu—
des ift der Thurm. In den evangelifhen Kirchen
ift das alte Preöbyterium entweder ganz wegge—
fallen, oder es ift die Stelle für den Communion»
tifch und die Sitze des Kirchenvorftandes. Die Kan:
sel hat ihren Ort im Gebäube mehrfach gewechſelt
und ift in den größern Kirchen meift in das Schiff
felbit verlegt. Die neuere Theorie, welche der Kan:
sel ihre nothwendige Stelle an einen Pfeiler des
Chorbogens (mo Chor und Schiff zufammenftoßen)
anweift, findet, objchon durch die Eifenadher Con:
ferenz fanctionirt, entjchiedenen und begründeten
Widerſpruch.
Kirche unter dem Kreuz heißt bie reformirte
Kirche in Holland und am Niederrhein, welche un:
ter dem Drude der fpanifhen und Fatholifchen
Landesregierung ſich bildete und ohne Verbindung
mit dem Staate organifirte.
Kirche und Staat. Die hriftlihe Kirche ent:
widelte unb organifirte fi nicht in völliger Un:
abhängigkeit vom Staate, vielmehr unter deſſen
Drud und Verfolgung. Ihre Anerkennung durch
Conftantin hatte die Folge, daß fie zum Staats:
inftitut, der Kaiſer ihr Haupt wurde. In der ruf:
fifchen Kirche ift dies Verhältniß, conjequent aus:
gebildet, geblieben, in der griechiſchen und türfifchen
um Einiges abgeſchwächt. Im Abendland begün:
ftigten die politifchen Berhältniffe eine freiere
Stellung der Kirche zum Staate; die Politik der
fräntifhen Könige bedurfte eines Bundesgenoſſen
am römischen Bifchofe, und fobald das Haupt der
Kirche jelbftändig und unabhängig geworden, be-
ginnt der Kampf zwifchen Kirche und Staat um
die Herrichaft, ber, hervorgerufen durch die Aus:
ftattung der Kirche mit Lehendgütern, in dem In—
veftiturjtreite Gregors VII. mit Heinrich IV. ſei—
nen ersten Abſchluß findet. Bon Gregor bis Anno:
cenz III. wandelte fich die erftrittene Unabhängig:
feit der Kirche in eine Oberherrſchaft derfelben über
den Staat, der Papſt betrachtete fich ald oberften
Lehensheren aller Fürſten. Die hieraus ſich ent:
fpinnenden Kämpfe in Sicilien und Italien und
die bleibende Verwickelung in Kriege und Partei:
weſen ſchwächten —— die Papſtmacht fo,
daß, ald Bonifacius VIII. die Anſprüche in un:
ummunbdenfter Form gegen Bhilipp IV. von Franf:
reich geltend zu machen verjuchte, der Umfchlag
folgte und in der Avignoner Periode das Papft:
thum einedrüdendbe Abhängigkeitempfinden mußte.
Mit den Eoncilien des 15. Jahrhunderts, welche
bie Schwäche des Papſtthums offenbaren, beginnt
eine neue Periode. Die Kirche muß, ohne ihren
principiellen Anſpruch aufzugeben, das thatſäch—
liche Recht und die Macht der Staaten anerfennen,
und, ftatt ihnen Gefege vorzufchreiben, Verträge,
Concordate mit ihnen fließen. Die Reformation
y- die frühere Vorausfegung der Einheit von
iche und Staat vollftändig auf, indem nichtla:
tholtiche und gemifchte Staaten entjtehen. Die
Kirche mit ihren Anſprüchen tritt dem Staate als |
412
Kirche und Staat
eine frembe Macht gegenliber (der Ultramontanis-
mus), fie behält zwar ihre Freiheit und Unabhän-
gigleit, aber der Staat wahrt fih vor ihr durd
placetum regium undEinfluß aufdie Biſchofswahl.
Der Gallicanismus macht innerhalb der Kirche
das ftaatlihe Necht geltend und die Emfer Bunc:
tation machte Miene, denjelben Weg unter andern
politifhen Berhältniffen zu betreten. Joſeph II.
und Napoleon I. nahmen in ausgebehntem Maße
das Recht des Staates circa sacra in Anfprud.
Ein vollftändiger Umſchwung findet Statt in der
Reftauration des PBapftthums feit 1814 ; mit lang⸗
famen aber fihern Schritten näherte ſich die Curie
ihrem Ziele, nicht nur die abfolute Freiheit der
Kirche vom Staate, fondern auch ihre Oberherr-
lichkeit in weltlihen Dingen wieder geltend zu
machen, die günſtigen Concordate in der erften
Hälfte des Jahrhunderts gaben ihr die Stelluna,
von der aus fie die Bewegungen bes Jahres 1848
benugen konnte. Die Würzburger Befchlüffe 1848,
das öfterreichiiche Eoncordat 1855, die Vorgänge
im Erzbiäthum Freiburg und im Bistum Mainz,
die Zugeftändniffe in Preußen gaben ber Kirche
dem Staate gegenüber eine fo freie Stellung, wie
ie diefelbe faum je feit dem Bafeler Concil be:
en hatte, ohne ihren Anfprichen zu genligen.
Ganz anders geftaltete ſich das Verhältniß ber
evangelifchen Kirche zum Staate. Einzigartig ftebt
bier die anglicanifche Hochkirche, durch deren Ber:
faffung fi ald Grundſatz hindurchzieht, daß fie
ein Staatäinftitut fei. Die Anomalie erflärt ſich
nur rein biftorifh aus der englifhen Reforma:
tionsgeſchichte und erleidet in ber Gegenwart von
innen und außen bie fchärfften Angriffe. Gonflicte
swifchen Staat und Kirche wie auf dem Gebiete
der Fatholifchen Kirche find in der evangelifchen
nicht möglich, weil fie principiell den Staat ala
eine fittliche Gemeinfchaft nad) göttlihem Rechte
anerkennt, deren Zwede zufammenfallen mit den:
jenigen der Kirche. Das Berhältnif der Kirche zum
Staate hat fi aber verſchieden geftaltet. Die
fchweizerifche Reformation ging von der Gemeinde
aus und darum konnte in Saridı bürgerliche und
firhliche Gemeinde in einer Art zufammengefaßt
werden, daß das Regiment der Obrigkeit faft ein
theofratifches wurde. Obgleih auch Calvin von
ber Vorausfegung ausging, daß die kirchliche mit
ber bürgerlihen Gemeinde zufammenfalle, fo er:
forderte doch die Gemeindezucht der Calviniſchen
Kirche eine ſolche Organifation, daf die reformirte
Kirche fich überall unabhängig vom Staate, felbit
als eine verfolgte, fräftig entwideln konnte, immer
aber nur mit dem Berlangen, auf dem Gebiete
des religiöfen rein firhlichen Lebens frei und un
gehindert zu bleiben. Die reinfte Entfaltung diejes
Verhaltens zum Staate zeigt die Gefchichte ber
ſchottiſchen Kirche. In der Iutherifhen Kirche da-
aegen übernahmen die Landesherren die biſchöf—
lihe Gewalt, die Anfähe zur Gemeindebildung
verfümmerten, die Kirche wurde ein Staatsinfti:
tut, Die wachſende Souberänität der Landeäherren
machte fich geltend in den Landeskirchen, fie wurde
als Territoriaiismus oder Collegialidmus theore⸗
tifch begründet und gewann aud Einfluß auf die
reformirten Kirchen, namentlich in Deutichland.
Das landeöherrlihe Kirhenregiment wurde als
jus circa sacra direct, ald jus in sacra inbirect,
aber ebenfo unbefchränft ausgeübt. Ein Auswuchs
der Macht des Staates war dad Reformationsrecht,
Kirche der Wüſte
jus reformandi, mit feinem Correlat, dem Re:
probationdredht. Jenes die Befugniß, die Ne:
formation einzuführen, die Religionsübung der
Unterthanen zu verändern, dieſes das Recht, die
Ausübung einer Religion zu verbieten oder an
Läftige Bedingungen zu knüpfen. Nur in den In—
dependentengemeinden Englands und Amerikas
und den gebuldeten Secten Europas zeigte ſich die
Fähigleit der evangeliihen Kirche, in völligiter
Stichtgebundenheit an den Staat, fid) entwideln zu
tönnen. Das rechte Verhältnik zum Staate zu
gewinnen, ift in der Gegenwart der Kampf der
Kirche. Die katholiſche Kirche hat Im Höhepunft
anſcheinend erreicht gehabt. Wo fie ſich nicht be:
grüate, in Unabhängigkeit vom Staate, wie in
elgien, ihren Einfluß herrſchend zu maden, fon:
dern Rechte der Macht auf äußern Lebensgebie—
ten in Anfprud nahm, ift der nn: be:
reits eingetreten, in Stalien macht der Staat fein
Recht geltend, Defterreic hat das Concordat fac:
tifh aufgehoben, ebenfo Baden aud rechtlich. Der
—— Kirche iſt es bis jetzt noch nicht ge:
lungen, in Deutfchland die Ausführung der Ge:
jegesgrundfäge zu erlangen, welche ihr die Frei:
heit vom landesherrlihen Kirchenregimente auf
dem innerkirchlichen Gebiete verheißen. Die innere
Berechtigung des Staatsfirchenregiments, welches
heute noch bedeutende Vertheidiger findet, lag der
fatholifchen Kirche gegenüber in der äufßerlichen
Richtung derjelben und der hierarchifchen Organi:
fation ihres Klerus, wodurch fie das Beftreben in
ſich trägt, einen Staat im Staate zu bilden. In
der evangelifhen Kirche aber vertrat der Staat
die Gemeinde und fein iment bildete das Ge:
gengewicht gegen das einfeitig theologijch:religiöfe
ntereffe der Geiftlihen, dem bei dem Man:
gel einer Gemeindeverfaflung feine begrenzende
Schranke gegenüberitand. Bei einer wahrhaft evan:
gelifch «liberalen Gemeindeorganifation fällt mit
dem dominirenden Einfluß der Geiftlichen die
Nothwendigkeit des Staatskirhenregiments um fo
mehr hinweg, als die \nterefien der Geſammt—
gemeinde mit dem des Staates nidht collidiren
fönnen, fo daß jene die gemifchten Gebiete dem
Staate überlafien fann, auf welden dieſer die
volle Freiheit beanfpruchen muß. Die confefjionelle
Miſchung der Bölter macht ein Staatsfirchenregis
ment von Tag zu Tag widerſpruchsvoller und uns:
haltbarer. Troß aller Hemmnifie geht daher der
firliche Zug der Gegenwart auf die freie Kirche
im freien Staate.
Kirde der Wüſte nannte ſich die reformirte
Kirche Frankreichs, als nad) der Aufhebung des
Edicts von Nantes der Gotteödienft nur heimlich
aehalten werden Fonnte. Bol. d. Art. Gamijarden.
Sirhenagende. ©. Agende.
Kirdenamt, officium, bezeichnet das Recht und
die Pflicht eines Geiftlichen, in einem beſtimmten
Verhältniſſe und Umfang und vermöge einer dazu
ertheilten fejten Anftellung nad fatholifcher Auf:
faffung die Kirchengewalt, nad proteſtantiſcher
den Dienft der Lehre und der Seelforge auszuüben.
Das mit dem Amte verbundene Einfommen ift
das Beneficium (f. d. Art.). Die nad) fatholifcher
Anficht mit dem Amte verbundene Gewalt, majo-
ritas, fordert den kirchlichen Gehorfam der Inter:
gebenen. Die auf die Berwaltung der Sacramente
bezüglichen Aemter (officia sacra) unterfcheiden
fi, je nachdem fie mit Seelforge verbunden find |
473
Kirchenbuße
(off. curatum und non curatum, simplex) und
nach den Weihen, die erforderlich find (off. sacra
und communia). Die mit Jurisdiction verbunde-
nen Aemter find PBrälaturen oder Dignitäten ; tft
die Jurisdiction nur übertragen, jo find es officia
minora. Vgl. d. Art, Geiftliche.
—— S. Bann.
ſtirchenbeſuch. Die katholiſche Kirche verlangt
von ihren Gläubigen, daß fie an Sonn: und Seil:
tagen die Mefie hören und zwar foll dies in der
Pfarrkirche geſchehen. Die Synode zu Elvira 343
beichloß, daß, wer drei Sonntage nad) einander
nicht in der Kirche erfchienen wäre, ausgefchloffen
werben folle.
Kirdenbüder. Die älteften und erften Anfänge
unjerer Kirchenbücher mag man in den Diptychen
und den Märtprerverzeichniffen finden. Daß Na:
mensöverzeichniffe der Gemeindeglieder geführt
wurden, ift natürlich und erflärlich. Im 15. Jahr:
hundert beginnen Taufregifter der Pfarrer und
Todtenregifter, in Florenz um 1450. Franz I. be:
fahl 1539 das Halten der Geburtsliften. Sie find
alfo aus einem ftaatlichen und nicht firchlihen In—
terefie hervorgegangen. Das Tridentinum ordnete
Tauf- und Gheregifter an. Die Wichtigkeit folder
Regifter für viele bürgerliche Verhältniſſe hat den
Staat veranlaft, forgfältige Vorfchriften zu geben.
Die von Geiftlihen anerfannter Eonfeffionen ge»
führten Regifter haben öffentlichen Glauben, fie
müffen in beftimmter vollftändiger Meife abgefaft
fein, meiftens ein beglaubigtes Duplicat elben
der Staatöbehördelibergebenwerden. Sojehrfeiner
2 es begrünbet war, in den Geiftlichen die ficher:
tenundauverläffigiten Beurkunder des Civilſtandes
zu ſehen, ſo haben die Verhältniſſe der Neuzeit, die
Vielheit der Confeſſionen und andere Gründe darin
eine große Aenderung zu Wege gebracht, wie es
außerdem nicht zu leugnen iſt, daß der Geiſtliche
dadurch mit einer Menge feinem Amte jehr fern
liegender Arbeiten belaftet wird. Daher ift die
Einrihtung der Führung der Eiviljtandöregifter
durch weltlihe Beamte in Frankreich, der bayeri:
Ihen Pfalz, Amerifa aud eine das Intereſſe der
Kirche fördernde.
Kirhenbuße nennt man die öffentlichen Reuebe:
jeugungen und Genugthuungen, durch welche die
Ercommunicirten die Wiederaufnahme in die fir:
chengemeinſchaft erlangten. Durch die Bußdiſciplin
ber alten Rirche waren die Formen dieſer Buße genau
geordnet (f. Bußgrade). Nach Conſtantin wendete
man dieſe Bußordnung vornehmlich auch auf Ketzer
und Schismatiker an. Beſonders ſorgfältig wurde
das Bußweſen in der vecidentaliſchen Kirche aus—
gebildet (vgl. Waſſerſchleben, die Bußordnungen
der abendlaͤndiſchen Kirche, 1851). Der urfpring:
lihe Gebante, daß es fich bei foldher Rirchenbuße
um Wieberherftellung des Berhältnifies zur Kirche,
nicht zum Reiche Gottes, für den Sünder handle,
trat immer mehr zurüd, da Kirche und Reich Got:
tes länaft identificirt waren. Die früher gegebene
Möglichkeit, die verlangten Satisfactionen mit
andern vertaufchen, durch Geld ablöfen oder durch
Stellvertreter ausführen zu dürfen, wurde ber
Urfprung der Ablaßtheorie und des ſchmachvollen
Ablafhandels, bei dem das Weſen der Kirchen:
buße verloren ging. Walfahrten, Faften, beftimmte
Gebete und Opfer an Geld für kirchliche Zwede
find die jegt noch vorfommenden Formen der Kir-
henbuße. Die evangelifhe Kirche erneuerte in
Kirchenconfereng
ihrem Sinne bie Kirchenbuße, indem fie bei Siin-
bern, bie öffentliches Nergernif gegeben, vor der
Sulaffun zum heiligen Abendmahl ein Sünden»
enntniß forderte entweder vor dem Presbyte⸗
rium oder fnieend in der Kirche vor verfammelter
Gemeinde. Theild durch den Verfall der Kirchen:
zul überhaupt, theild weil diefe Kirhenbußen in
er lutherischen Kirche von gemischten bürgerlichen
ae ausgeſprochen wurden und fidh nur auf
fleiſchliche Vergehen beſchränkten, auch bald in
Geldftrafen ſich wandelten, find fie gänzlich abge:
lommen (f. Kirchenzucht).
in ink . Eonferens.
‚Kirdenconvent. In der württembergiſchen
Kirche führte Herzog Chriftoph 1644 auf Betrei:
ben Andreä's dies Gemeinde-Inftitut ein. E3 mar
ein Collegium, beftehend aus den Geiftlichen, welt:
lihen Beamten und zwei Raths⸗ und Gerichtäper:
fonen, welches die Vergehen gegen die erfte Tafel
bed Geſetzes, alfo die religiöfen, rügen follte. Nach
dem Edict von 1824 ift der Convent ein ftehender
Ausſchuß des Stiftungsrathes, der die laufenden
Gejhäfte ber Kirchenvermaltung, Kirchenpolizei
und ber Armenpflege zu beforaen bat.
Kirchendiener, niedere. Die Bejoraung jelbit der
äußerlichen Gefchäfte, welche der Gottesdienſt mit
ch bringt, verfahen in der alten Kirche Klerifer.
est find biefelben Laien, wie in der evangelifchen
ieche, übertragen. Man verfteht unter Kirchen:
bienern alfo Küfter, Meßner, Läuter, Drganiften,
Balgtreter, Todtengräber. Sie werden aus den
Gemeindemitteln bejoldet und von dem Gemeinde:
angeftellt. .
Kir fabrit (fabrica ecclesiae) ift eigentlich
jebeö Öffentliche Gebäude, daher jede Kirche, dann
ber zu ihrer Unterhaltung beitimmte Fonds und
überhaupt das Kirchenvermögen im Unterſchied
von dem Pfarrvermögen. Der Ausdrud ift unter
bem franzöfifhen Rechte die gefegliche Bezeichnung
ber das Kirhenvermögen verwaltenden Behörde,
Corporation, beitehend aus mehreren Gemeinde:
van ben Kirchmeiftern und dem Pfarrer, welche
ie Rechte einer juriftifchen Perſon hat und unter»
ſchieden ift von der (Civil-) Gemeinde, welcher dad
enthum bes firdlichen Gutes zufteht. Vgl. das
kaiferlich franzöſiſche Fabrilendectet vom 30. De:
cember 1809
Kirenfreiheiten, gallicanifde, nennt man bad
lirchliche Recht der gallicanifhen Kirche in feinem
Unterſchiede von ben Sagungen bes Tridentinums
und den Anfprücden der Bäpite. Pithou ftellte das»
felbe 1639 (Libertes de l'öglise gallicane) in 83
Artikeln auf, Ludwig XIV. 1675 in 4 Grundfägen.
Sie ftehen auf den Orundfägen, daß der König un»
abhängig, die bifchöfliche Gewalt unmittelbar von
Gott ih und die Eoncilien über dem Papſte jtehen
(vgl. Gallicanismus).
Rirdengefüße. S. Gefäße, heilige.
—* S. —
ſti chichte, ein Theil der hiſtoriſchen Theo⸗
logie, ein Abſchnitt der Religionsgeſchichte, iſt bie
Darſtellung der Kirche in ihrer allſeitigen Entwick⸗
474
Kirchengeſchichte
der Benutzung conſtatirt werden muß. Die Quellen
ind entweder unmittelbare oder mittelbare. Zu
n erſtern gehören Urkunden und Denkmale, de:
ren Entftehung mit den Thatjachen ſelbſt verfnüpft
ift, Berichte von Augenzeugen. Weniger unmittel:
bar find ſchon diejenigen von Zeitgenoffen, mittel:
bardie Gefchichtsbücher, welche verlorene Geſchichts
quellen verarbeitet haben. Die Hülfswiffenfchaften,
welche eine richtige Benugung der Quellen bebin:
gen, find: Firchliche Philologie, Diplomatif, Geo-
grapbie, Statiftif und Chronologie, felbftverftänd:
ich: der ganze Umkreis gefhichtliher Wiſſenſchaf⸗
ten überhaupt. Der auf diefe Weiſe gemonnene
Stoff erfordert nun eine organische Verarbeitung
nah beftimmten Gefichtöpuntten. Letztere find
theils ſachlicher, theild hronologifher Natur. Die
fahlihen Kategorien, unter welden der firchen:
eſchichtliche Stoff gewöhnlich untergebradht wird,
And die vier: äußere Ausbreitung, Berfaffung,
Lehre, Eultus und Sitte, wobei aber je nach dem
Geiſt einer Zeit bald das Eine, bald dad Andere
mehr hervorzuheben und voranzuftellen ift. Zur
eiteintheilung dienen die fogenannten Perioden.
eitdem die alte Eintheilung nad) Jahrhunderten
(Senturien) durch Mosheim aufgegeben ift, bilben
diejenigen Zeitpunfte, in melden die Entwidlung
der firhlihen Verhältniſſe und bes kirchlichen
Geiſtes eine ſcharf marlirte Wendung nimmt (Epo»
chen), den Anfang der Berioben. Die beiden Haupt:
epochen find: der Uebergang bes Chriftentbums
aus ber orientalifchen in die germanifche Welt und
bie Reformation; fie theilen die Kirchengeſchichte
in drei Perioden, innerhalb deren wieder neue
Epochen bilden: der Uebertritt Conftantins (313),
der Höhepunkt der päpftlihen Madt (1216), ber
weftphälifche Friede (1648). Die geſchichtliche Dar:
ftellung fann eine doppelte jein: eine hroniftifche,
welche die Thatfadhen einfach aufzähblt, oder cine
pragmatijche, welche überall den Zufammenhana
von Urſache und Wirkung nahmeift. Die Urfachen
können wieder theild äußere zufällige, theils innere,
in geſchichtlichen Perſönlichkeiten Tiegende, pfycho⸗
logiſche oder die Welt bewegende religiöſe und fitt:
lihe Jdeen fein. Nach beiden Seiten bin find Ber-
irrungen möglid, ſowohl daburd, daß der Be:
Ichreiber Alles aus Heinen Yeußerlichleiten ableiten
will, ald auch dadurch, daß er die Geſchichte in
einen bie Freiheit der menfchlihen Handlung ver
leugnenden chemiſchen Naturprocek ummanbelt.
ie ältejte Darjtellung der Kirchengefhichte ift
biejenige des Eufebius (bid 324), da die von ibn
benugten Dentwürdigfeiten des Hegeſippus (Mitte
bes 2. Jahrhunderts) nicht wohl erg deren
genannt werden bürfen. Rufinus bat Eujebius
überjegt und bis 395 erg Griechiſche Fort:
feger waren: Sokrates Scholafticus (306—439),
Hermias —— (323 428), Theodoret (32
—427), die Arianer Philoſtorgius (in Auszügen
bei Photius 300—425), Theodorus (Fortſetzung
des Solkrates bis 518) und Evagrius (431 - 594).
Theophanes Eonfeflor hat eine ältere Chronik bis
813 Fortgeführt, Nicepborus Kallifti (14. Jahr⸗
lung nad ihrem äußern Berhältniß zur Welt, nad | Hundert) hat eine umfafjende Kirhengeihichte be-
Sitte und Eultus, Lehre und Verfaſſung durch gonnen, von ber 18 Bücher bis ins Jahr 610
Zufammenftellung derjenigen —— welche in der Ausführung vorhanden find. Im Abend
die Entwidiung 78 eichnen. Die Kennt: lande ſchrieb Sulpicius Severus eine kurze Histo-
niß und Sicherheit der tſachen ruht auf den ria sacra von Anfang der Welt bis 400. Im 6.
Duellen, welche, verſchieden an Werth, Tritifch zu Jahrhundert ließ Caſſiodorus in feiner Historia
unterſuchen find und deren Glaubwürdigkeit vor. tripartita einen Auszug aus ben griechifchen
Kirchengeſchichte
ehern des Euſebius machen. Für bie Kirchen⸗
geſchichte ber Franken ift Gregor von Tours bis
591) und für die der Angelfachfen Beda der Chr:
würdige N 731), für die Geſchichte der Päpfte
der römische Bibliothefar Anaftafius (f 891) in
feinem Liber pontificalis, für die nordifhe Kir»
Hengeihichte Adam von Bremen (bi3 1076) von
ober Wichtigkeit. — Eine neue Epoche für das
tubium der Kircchengefhichte erwachte mit der
Reformation. Das Bedürfniß gefhichtlicher Recht:
fertigung ag was geihehen war, rief die pro⸗
teftantifche Kirchengeſchichte, das entgegengeiegte
Bedürfniß die fatholifche hervor. Dem gründlichen
Verke des Matthias Flacius Illyricus in Magde:
burg, den ſogenannten Magdeburger Centurien,
welche in 13 Foliobänden Jahrhundert für Jahr:
hundert mit großer eig ag Di und Aus: | d
t
führlichleit behandelten, ftelte Gäfar Baronius
—— Annalen (bis 1198) entgegen, ein durch reiche
ellenarbeit und ſorgfältige Darſtellung bedeu:
tendes Werk in katholiſcher Tendenz. Das Werk
des Baronius fand weniger bedeutende Fortſetzer
NRaynaldus, Laderchi, Theiner). In freierem Geiſte
waren die franzöſiſchen kirchengeſchichtlichen Ar:
beiten gejchrieben: der gelehrte ——— Na⸗
talis nder, der fromme Janſeniſt Seb. le
Nain de Tillemont, der religiös warme Glaube
Fleury und der rhetorifch gewandte Boffuet find
die verfchieden gearteten Vertreter der gallicani:
hen Kirche. In der reformirten Kirche boten Hot:
—— Spanheim, bie beiden Basnage ihre Kräfte
„dem Werke des Baronius — Arbeiten
ihrer Kirche entgegenzufegen. Nachdem in ber lu⸗
hen Kirche nad) den Genturien lange Zeit die
geſchichtlichen Studien in den Hintergrund
—— waren, erwachten ſie wieder durch Calixts
— und ſeitdem Gottfr. Arnolds „Unpars
teiiſche Kirchen⸗ und Ketzerhiſtorie“, welche die
Vahrheit überall bei den Kehern, aber nicht in ben
Kirchen fand, dem ———— wieder einen
neuen Sporn gegeben hat. Weismann in Tübin:
bie beiden ch (Georg in Jena und Franz
m Göttingen) und namentlih Mosheim in Göt:
ingen, ber Meifter der Gefhichtichreibung im 18.
undert, find bie Erfcheinungen eines neuen
hiſtoriſchen Triebes. Semler hat auch auf
em Gebiete tief und kühn, aber planlos gear:
beitet. Schröcdh hat fein ftofflich zuverläffiges, weit:
ſchichtiges gelehrtes Rieſenwerk in 45 Theilen ge:
‚mozu in formell ſchroffem Gegenjage bie
mit weltmänniihem Gefhmad geiftreich hingewor⸗
fene pda range Stisze des Minifterd von
Spittler die mit energifcher Kritik gejchriebene
eine Gefhichte der Kirche von —— eine
ichte menſchlicher Thorheit, ſteht. Während
Pland der charakteriftifche Vertreter der manierir⸗
teften pragmatiſchen Geſchichtſchreibung ift, führen
Schmidt, Engelbarbt, Dan; und namentlich Gie—
feler diefelbe wieder zurüd auf ein grünbliches,
gelehrted Duellenftubium und eine gemifienhafte,
objective Darlegung des Sachverhalts. Mit mar:
mer Schleiermadpericher Gefühldfrömmigteit hatin
derjelben Methode Neander feine Kirchengeſchichte
—— als „einen ſprechenden Erweis von
gõttlichen Kraft des Chriſtenthums, als eine
Schule et Erbauung, ber Lehre und ber
Barnung für Alle, welde hören wollen“, indeß
Scleiermader ſelbſt nur einen fragmentariſchen
Plan ber ichte Hinterlaffen hat. In
475
— —— — — — — — — — —— — — — — — — — — — — — —— — —— —
Kirchengut
Sit Beta Bd ter Be
aber mit umfaffender
wandelte Niebner; maßvoll und gründlich, im
Sinne Neanders, aber mit mehr Berüdfihtigung
der ftaatlihen und Eultur-Berhältniffe hat Hagen⸗
bad) (1868 in’neuer Durdarbeitung) feine „fir
—5* Vorleſungen“ geſchrieben; fromm und
im Allgemeinen gründlich, aber ſtreng lutheriſch
eonfeffionell ift Guerike’3, ftreng lutherifch, zum
Theil in friiher anregender Sprade, aber ohne
Haſe's Gründlichkeit, iſt die Kirhengefhichte von
Kurk. Hafe ift ald Gefchichtfchreiber von genauer
Forſchung, alljeitigem Blid, feiner treffender Zeich⸗
nung, fünftlerifhem Gefhmad und geiftreiher
Ironie befannt. Baur hat in großartigen Zügen
mit philofophifchem Geifte den Entwidlungdproceß
er Jdeen zur Darftellung gebradt. Einzelne Pe:
rioden und Abfchnitte find von Nichttheologen mei:
jterhaft behandelt worden. Eo 3. B. die Zeit bes
eriten Areuzzuges von 9. v. Sybel, die Reforma=
tionöperiode von 2. Ranfe und 2. Häußer. — In
der latholiſchen Kirche hat die —* Zeit
auch eine kirchengeſchichtliche Oppoſition gegen die
Hierarchie hervorgerufen (Roylo, Dannenmayr,
Wolf), Aus Tatholifcher Begeiſterung find bie
Werle von Stolberg und Katerlamp ge en. Be:
beutender aber ift die durch Möhler an egte
wiſſenſchaftliche Thätigkeit, melde burg dort g,
Döllinger, Alzog u. A. vertreten tft. Ueber die be⸗
deutenderen Werke der genannten Gefhichtichrei«
ber vgl. die Artikel unter den Namen berjelben.
Rirengewalt ift nach Fatholifher Auffafiung
bie der Kirche, d. 5. dem Epiflopat und Klerus
zuſtehende Macht, welche nach ihren beiden Seiten
ald die potestas ordinis und jurisdictionis be:
ſchrieben wird. Die erfte bezieht fich auf die Dar⸗
bringung des Berjöhnungsopfers in der Meſſe, die
andere auf die Vorbereitung des Volles zum
Empfang ded Sacramentd und Ertheilung ber
firhliden Gnadenſchätze. Die potestas ordinis
wird von ber Kirche durch die Prieftermeihe er⸗
theilt, bie potestas Jurisdietionis vom biſchöflichen
Amte nur übertragen. Nach evangelifcher Auffaf-
fung ift die Kirchengemwalt die Beftellung des Bre-
digtamtes und bie Handhabung der Zucht. Subject
derjelben ift nicht der Klerus, fondern die Ge:
meinbe, Die Beftimmung ber Lehre gehört bei beis
den Kirchen nur der Gejammilirche ald dem Dr:
— des heil. Geiſtes, welcher nach katholiſcher
ffaſſung durch Concilien und Bapft ſpricht; nad
ber evangelifchen ergmingt die in frommer Geis:
ftesarbeit erfannte objective Wahrheit von felbft
die Zuftim und Anerfennung der Gemeinde.
rchengut ift im Allgemeinen Alles, was bie
Kirche oder eine Gemeinde an nutzbarem Eigen:
thum befigt. Entftanden tft ed aus den Oblationen
der Gläubigen, bie urfprängli die Bedürfnifſe
der Liebeömahle, der Armen und der Geiftlihen
deden follten. Trotz des Verbotes der römifchen
Gejeggebung muß aber ſchon früh die Kirche Grund:
eigenthum erhalten haben, da Diocletian 302 das:
felbe einzog. Das Edict des Licinius 313, welches
die Rüdgabe verordnete, ſprach die Crwerbsfähig⸗
feit der Kirche aus; Conftantin bewilligte 321 die
Erbfähigkeit, und die —— römiſche Geſetzge⸗
bung gewährte weitere Vorrechte und Begünfti
ungen in einer Weife, daß Balentinian ſchon
hränfungen des Erwerbed durch Teſtamente
eintreten laſſen mußte, welche erſt die ſpätere
Kirchengut
tirhlihe Macht wieder aufhob. Neue Quellen für
den Zuwachs des —— that die fränkiſche
Geſetzgebung auf, welche dem Stifter einer Kirche
die Verpflichtung auflegte, dieſelbe mit liegenden
Gründen zu dotiren, die allgemeine Zehentpflicht
zum Geſetz erhob und endlich durch ihr Lehnsrecht
auch der Kirche einen unbeſchränkten Beſitz eröff:
nete. Dazu famen viele durch die frühere Geſetz—
aebung verliehene IJmmunitäten. Die beanspruchte
Steuerfreiheit des Kirchengutes gab nach der Be:
endigung des Inveftiturftreites den erften Anlaf
au neuem Hader. Die Lateranconcilien 1179 und
1215 bemilligten endlich in dringenden Fällen,
über deren Borhandenfein aber der Papft zu ent:
fcheiden habe, die Befteuerung. Das Amortifa:
tionsrecht (f. d. A.), welches in biefer Zeit einge:
führt wurde, ſetzte nicht minder dem Uebermaß
des Kirchenvermögens eine Örenze und führte den
Grunbfaß dur, daß Befik und Erwerbsfähigkeit
auch der Kirche nad) den einzelnen Landesgeſetz—
ebungen beurtheilt werden müffen. Daß zu allen
Beiten Mächtige und Fürften der Verſuchung nicht
wiberftanden, unter irgend einem quten ober
ſchlechten Vorwande einzelne Kirchengüter an ſich
zu bringen, ift natürlich; die Kirche fuchte fich da—
gegen dur die Androhung des Kirchenbannes
und ben Grundſatz der Unveräußerlichteit des
Kirchengutes zu fehlten. Empfindlihe Nachtheile
brachte die Reformation. Indem hier der Staat
die Güter der verlafjenen Klöfter und aufgehobe:
nen Stifter einzog, wurde der Grundſatz von ber
Unverleglichkeit des Kirchenqutes erſchüttert, und
dem entgegen das höhere Recht des Staates gel:
tend gemadt. In Fatholifchen Ländern — zuerſt
in Bayern, dann in Defterreih — war indeß unter
Beiftimmung Roms der Anfang damit gemacht
worden. Die Yofephinifche Geſetzgebung in Defter:
reich und die Einziehung des ſämmtlichen Kirchen:
autesin Frankreich, die Säcularifationen durch den
Neichddeputationshauptfhluß,die Einziehung der
dicke Güter in Spanien und in Jtalien find die
wichtigſten folgen des damals eingeführten Brin:
cips. Die Verwaltung des Kirchenqutes ftand ur:
fprünglid) den Bifchöfen zu mit den Presbyterien;
das Concil von Chalcedon 451 beftimmte, daß
tiberall ein befonderer Deconomus unter dem Bi:
ichofe die Vermögensadminiftration führen folle,
und dies ift Grundſatz geblieben. In den Stiftsfir:
hen fiel dies Amt dem Propfte zu. Die Verwendung
des Kirchengutes geſchah in der Art, daß die Ein:
fünfte zwiſchen dem Biſchof, dem Klerus, der Kirchen:
fabrik und den Armen getheilt wurden. Bald aber
trat eine feſte Sonderung ein, da durch die Bene:
ficien und firchlichen Abgaben für den Bifchof und
ben Klerus geforgt wurde. Die ältere Anſchauung,
daf das Kirchengut der Gemeinde (der Kitche, dem
—— gehöre, wirkte längere Zeit nach, indem die
rſparniſſe der Geiſtlichen aus den Erträgen ihrer
Beneficien nicht an ihre Erben, fondern an die
Kirche, resp. an den Klerus, zurüdfielen; erft im
14. Jahrhundert erhielten die Kleriker das Recht,
auch über ihr Amtövermögen (peculium clericäle)
gültig zu teftiten. Hiermit, wie mit dem Dur
verhältnif, hing das Spolienredt, die Regalien,
die Annaten und Servitien (j. die Art.) eng gu:
fammen. Die katholiſche Kirche ftellt noch immer
den Grundjak auf, daß das Kirchengut der Ge:
fammtfirche gehöre (früher fante man, es gehöre
den Armen), obwohl weder das römische Necht
476
Kirchenjahr
noch auch das kanoniſche dieſe Anſicht ausſprach.
Es muß vielmehr jede Gemeinde, resp. jedes Stift,
ald abgefondertes Eigenthumsfubject angefehen
werben, fo daß beim Erlöfchen beöfelben das Eigen:
thum des herrenlos gewordenen Gutes an den
Staat übergeht. Die meiften neuen Gefeggebun:
gen haben aber ausgeſprochen, daß in ſolchen Fäl:
en basfelbe zu andern kirchlichen Zweden verwen:
det werden folle. Als der Gefammtlirche angehörig
fönnen nur die Fonds angefehen werden, welche
wirklich und ausdrüdlich zu allgemeinen Sweden
beftimmt find. Die evangelifhe Kirche ift in
Deutfchland an ſolchem Gute ſehr arm, da in ber
Reformation das zur Führung der Kirchenverwal⸗
tung beftimmte Vermögen der Bisthlimer einge:
zogen und mit dem Staatsgute vermijcht wurde,
welches denn auch die Verwaltungskoſten der Kirche
als eines Staatsinftitutes trug. Solche gemein»
famen Fonds find die aus Erjparniffen in Vacan—
zen gewonnenen Intercalarfonds ıc. In Preußen
bat der Staat die Verpflichtung übernommen, bie
Bisthümer auch zu den allgemeinen Zmweden zu
botiren. In Frankreich ift alles Kirchengut ber
Gemeinden Eigenthum der Civilgemeinden, wel:
ches nur zu Firchlichen Sweden verwandt wer:
den darf und unter gewe Verwaltung fteht.
Die Verwaltung des Kirchengutes führt der Pfar:
rer mit dem Hirchenrath unter der Aufficht des
Biſchofs und einer in der neueften Zeit in Deut:
land beſchränkten Oberauffict des Staates. Aud
bie evangelische Kirche folgt diefem Grundſatz, wie
fie überhaupt die Grundfäte des kanoniſchen Rechts
über das Kirchenverinögen aus Zweckmäßigkeits
gründen feftgehalten hat; doch ind u na:
mentlich in Preußen noch, die geiftlihen Dbern
durch ftaatliche GCollegien und Beamte erjekt.
Im befondern regeln überall genau Berwaltung®:
vorfchriften das Einzelne, um eine Verringerung
des Vermögens und eine Entfremdung zu anderen
Sweden zu verhüten. Die neueſten Berfaffungs:
urkunden garantiren den Kirchengemeinſchaften
den Befik und die Verwaltung ihres Bermö:
eng,
Kirheninventar ift das Verzeichniß der ber
Kirche zugehörigen Eigenthumsftüde, weldes die
Verwalter des Kirchenqutes zu führen haben, nad
den verſchiedenen Fonds für die Kirche, Die Armen,
ben Klerus. Schon das Concil zu Vienne 1311
erließ hierüber Beitimmungen, welche das Triden:
tinum wiederholte. Die evangeliſchen Kirchenorb:
nungen folgen dem und fchreiben eine Prüfıma
des Inventars bei den Hirchenvifitationen vor.
Kirhenjahr. Da die Gemeinde aud die ae:
f&hichtlichen grundlegenden Momente in dem Ent:
widlungsgange der Offenbarung durd Chriftum
in ihren Gotteödienften feierte, und dieje Feiern
1 allmählid an beftimmte Tage gebunden haben,
o bildet der Eyfius diefer hiftorifch «»Dogmatifchen
Feiern das Kirhenjahr. Während bie erſten juden⸗
chriſtlichen Gemeinden fich noch ganz an ben jüdi—
ſchen Feitcyflus an Snellen, fonnten die Heiden:
Hriften nur an der Dfterfeier fich betheiligen, weil
fie mit dem Gedächtniß der Auferstehung zuſam—
menfiel. An die Dfterzeit ſchloß ſich dann bie
Pfingftzeit an, und ihr vorauf ging eine Betrach—
tung des Leidens, welche in ber Charfreitagäfeier
ihren Abfchluß fand, Das Weihnachtsfeſt mit der
vorbereitenden Adventszeit kam erft jpäter hin.
Während die Tatholifhe Kirche die geſchichtliche
Kirchenkaſten
Entfaltung des Heils innerhalb der Kirche durch
die Gedächtnißtage der Heiligen mit dem Aller:
beiligenfeite feiert und ben fortdauernden Heilds
befig im pp end hat die evangelifche
Kirche nur das Reformationäfejt als die Feier des
hiſtoriſchen Wendepunktes in ihren Feſtkreis auf:
—— Indem der Cultus durch die Idee des
irchenjahres ſich zu einem Ganzen abrundet, und
in allen ſeinen Theilen ſich der jedesmaligen Feier
anſchließt, wird ber Gemeinde der ganze Inhalt
der Dffenbarung als Gegenftand der Andacht und
Duelle der Erbauung vorgeführt. Den älteren Peri—
open liegt offenbar der Gedanke des Kirchenjahrs
um Grunde, ohne im einzelnen durchgeführt zu
ein. Den Anfang des Kirchenjahres jegten zuerft
die Nejtorianer auf den 1. Sonntag des Advents;
die Kirche 8 lange gezögert dieſem Vorgange von
Kegern R olgen. Man blieb dabei, mit dem Dfter:
fejte zu beginnen; die mannigfachen Unbequemlich—
feiten, die aus dem ae Termin folgten
und die Ausbildung des Weihnadhtscyklus nöthig:
ten davon abzugeben. Man jehte dann als Be:
ginn Mariä Berfündigung (25. März), fo noch in
England, dann Weihnachten (25. December). Die
griehijhe Kirche beginnt das Kirchenjahr am
1, September. Der Anſchluß des Kirchenjahres
an das natürliche Jahr, welches den kirchlichen
Feiten durchgehends eine ſymboliſche Unterlage
bietet, ift eine Folge der Bedeutung, welche das
jüdiiche Dfterfeft in der Kirche gewonnen hatte,
und der Verlegung des Buch rg aeg auf die
Zeit des heidniſchen Naturfeites der Saturnalien
des Jul der Winterfonnenwende. Der refor:
mirten Kirche lag eben, wie der älteften Gemeinde,
die Beobachtung eines Kirchenjahres fern, fie feierte
bloß den Sonntag. Je mehr aber im Bewußtſein
der Gemeinſchaft das Wefen der Offenbarung als
einer geſchichtlichen Entwidelung aufgeht, defto
lebendiger wird auch das Bedürfniß hervortreten,
im Cultus in regelmäßig wiederfehrender Feier
dies Thatjächliche der Gejhichte zu begehen. Bol.
E. Rante, das firdliche Beritosenfohtem, 1847;
Lisco, das Kriftlihe Kirchenjahr, ein homileti:
ſches Hülfsbud u. j. w. 4. Aufl. 2 Bde. 1852.
Strauß, das evangel. Kirchenjahr in feinem Zu:
fammenhange dargejtellt, 1850. Bobertag, das
evangel. Kirchenjahr zur Begründung eines unbe:
Ihränften Schriftgebraudhs in jämmtlichen Peri—
kopen bes N. T. dargejtellt, 1853.
Kirhenkaflen, Kirhenlade. ©. Rajten.
ſtirchenlehen. Gleichwie die Kirche einen Theil
ihres Beſitzes als ein Lehen empfing, deffen Eigen:
tbumsrecht bei dem Lehnäheren blieb, welchem der
Kirhenprälat als Lehensmann durd) die Inveſti⸗
tur verpflichtet wurde, ebenjo gab die Kirche auch
ihrerjeits ihre Güter als Lehen aus. Häufig ge:
ſchah dies, um dadurch den Schuß des mächtigen
Zehnämannes zu erlangen; auch übergeben Andere
ihr Eigenthum ber Kirche, nehmen es ala er
zurüd, um die Sicherheit und die Vortheile des
Kirhengutes ſich dadurch zu verfchaffen. So ift
aus dem Kirchenlehen das Patronatslehen gewor⸗
den. Da die Hauptverpflichtung des Lehnämannes
war, ben Kriegsdienſt zu leiften, jo ift auch für die
Kirche die Bedeutung des Lehens weggefallen und
iſt dasſelbe, wo nicht ganz aufgehoben, dod in
Erbzinsgüter verwandelt und der Ablöfung unter:
worfen. Da die Belehnung eine Entäußerung
war, fo fonnte fie nur unter gleichen Bedingungen
477
Kirchenlied
wie ein Verkauf, bei offenbarem Gewinn und un:
ter Zuftimmung ber Obern jtatthaben.
rchenlehre ift dev Inhalt des riftlichen Ge:
meinbebewußtjeins, wie dasfelbe im Unterfchied
von Heidenthum und Judentum, oder anderen
chriſtlichen Gemeinfchaften, die Wahrheiten der
Offenbarung erfaßt und ſich vermittelt hat. Die
römiſche Kirche, welche die irdiſche und endliche
Kirhe mit der unfihtbaren und vollendeten Ges
meinde verwechjelt, erklärt für Kirchenlehre jeden
bogmatifchen "Ausjprud der mit dem Bapit zu
einem Concil verfammelten Bijchöfe, resp. des e
cathedra jprechenden Papftes; und da fie demſel⸗
ben Infallibilität zufchreibt, jo erhält ihre Kirchen
lehre den Anſpruch, der unbedingt richtige Aus—
brud der chriftlihen Wahrheit zu fein, ber wohl
nod) bereichert, aber in feinem Stüde geändert wer:
den fünnte. In ber evangelifhen Kirche will ein
Theil in den Belenntnißfchriften der Reforma-
tionszeit auf ähnliche Weiſe den vollen und blei-
benden Ausdrud der Kirchenlehre finden, während
Andere in benjelben nur das Gemeindebewußtjein
einer bejtimmten Periode erfennen, von welcher
bie religiöfe Entwidelung der Gegenwart ausge⸗
sangen ift,
rhenlehrer. S. Kirchenväter.
ſKirchenlied. (5. den Art. Gefang.) Das Mit:
telalter weist eine jehr reihe Blüthenlefe der la-
teiniſchen Hymnendichtung auf. So find im 7.—
9. Jahrhundert Beda der Ehrmürdige, Baul War:
nefried, Theodulf von Orleans, Altuin, Rhabanus
Maurus als Hymnendichter zu nennen. Die Ent:
ftehung ber jog. Sequenzen in der Mefje gab diejer
lateiniihen Dichtung eine praktiſch-kirchliche Be:
deutung. Notfer Balbulus, fpäter Odo von Clugny,
Robert, Königvon Frankreich, Petrus Damiani, der
h. Bernhard, Bonaventura, Thomas von Aquino,
Thomas von Gelano (dies irae), Jakob de Bene:
dictis oder Jacoponus (stabat mater) find unter
Vielen hervorzuheben. Daneben aber entftand das
eigentliche religiöfe Volkslied aus dem hierarchiſch
verdrängten Singbebürfniß des Volkes Kon, Der
bei Proceffionen dem Volle überlafjene Refrain
Kyrie eleijon erweiterte fich zu gereimten Verjen,
in welchen dieſes Stihwort nur noch den wieder:
fehrenden Schluß bildete. Dieje vollsthümlichen
„Leifen” bilden den Anfang des Volks: Kirchen:
liedes. (Val. das Dfterlied „Chriftus ift erftan-
den”, das —— „Ru bitten wir den heil'gen
Geiſt“). Häretifer, Minnefänger (Fra Pacifico),
Gelehrte (Bonaventura) nahmen an feiner Aus:
bildung Theil. Namentlid haben die Francis:
caner diefe Dichtung gepflegt; Franciscus felbft,
Giacomo da Berona, Thomas da Celano, der viel:
verfolgte Giacopone da Todi (+ 1306) jangen aus
glühender Liebe zur Mutter Gottes und zum Er-
löfer. Die Geißler auf ihren Zügen mit ihren
flagenden Weijen trugen zur Berbreitung des
Boitsliedes bei. Die Huffiten führten den Volks—
gejang in bie Kirche ein. Biſchof Lukas fammelte
1504 einige hundert Lieder zum Drude; in der:
felben Richtung hin war Petrus von Dresden
35* in Zwickau 1420) thätig. Außer ben deut:
hen Driginalvoltsliedern gab es noch Ueberſetzun⸗
gen —— Hymnen (Ueberſetzer: Johannes,
Mönd in Salzburg; eine Sammlung erſchien
1494); ferner Uebertragungen mweltlicher Lieder in
einen geiftlihen Inhalt (jo im 15. Jahrh. durch
Heinrich von Zaufenberg in Freiburg) ; endlich eine
Kirchenlied
höchſt feltfame Battungvon Liedern: eine Nifhung
von deutſ
dulei jubilo, Nun finget und feid froh u. ſ. m.).
Erft in der Reformation ift das Kirchenlied zu
einer bedeutenden geiftigen Macht gelangt und dba:
mit aud zur vollen Entfaltung feiner Blüthe.
Das Glaubenäbemwußtfein der proteitantifchen Ge:
meinde verförperte ſich im Liede. Der Inhalt des
reformatorifhen Glaubens ift daher auch der In:
alt diefer reformatorifchen Lieder. Luther felbit
eht mit 37 kräftigen Gefängen — meilt Ueber:
ig von Pſalmen und älteren Liedern —
an der Spike. Ihm jchloffen ſich Dichter wie La:
arus Spengler (7 1534), Baul Speratus (7 1554),
ul Eber (+ 1564), Nikolaus Decius, Hans
chs (+ 1576), Johann Graumann (+ 1541), Jo:
ann Matthefius (F 1565), Nilolaus Hermann
+ 1561), Erasmus Alberus (F 1555), Nikolaus
Selneder (+ 1592), Martin Scalling (+ 1608),
Bartholomäus Ringmwaldt (F 1597), Philipp Ni:
tolai (+ 1608) u. A. an. Die reformirte Kirche hat
eine ähnlide Literatur nicht hervorgerufen, die
Plalmenbearbeitungen von Marot und Lobmafler
bildeten den ſchwachen Erfaß, die Lieder eines
wid und Blaurer fonnten in bie Kirche feinen
ingang finden. Im 17. Sahrhundert hat der
drei jährige Krieg das geijtliche Lied von neuem
eweckt und hat ihm zugleich die Richtung auf das
nere und Subjective gegeben ; an die Stelle der
Glaubenälieder treten die Lieder über Kreuz und
Zeiden, Bertrauen und Troft. Die Form wird
leich geſchmeidiger. In dieſe Zeit gehören:
St ann Heermann iu 1647), Paul Flemming (}
1640), Martin Rindarbt (+ 1649), Tobias Claus:
niger (} 1648), Johann Rift (+ 1667), Simon
Dad) (t 1658). Der bedeutendfte Dichter ift: Paul
Gerhardt (+ 1677). An ihn reihen ſich an: Georg
Neumarkt (+ 1681), Johann Franck (+ 1677),
Ehriftian Keymann (F 1663), Joahim Neander
(+ 1680), Ernft Chriftophb Homburg (} 1681),
Georg Albinus (+ 1657), Michael Schirmer (+
1673). Einen myftiich-gefühlsmäßigen Ton, der
fich die Liebe zu Ehriftus zum Lieblingöthema er:
wählt, verfolgen: Sigmund von Birken, Betulius
genannt (F 1668), Michael Frand (+ 1667), An—
gelus Silefius (+ 1677), Zudämilie Elifabeth,
Gräfin zu Schwarzburg-Ruboljtadt (+ 1672), Luiſe
Henriette, Kurfürjtin von Brandenburg (} 1677);
im Geifte und aus der Schule des Pietismus dich:
teten: 9. Jac. Schü (F 1690), Sam. Rodigaſt
(+ 1708), Aug. Herm. Francke (+ 1727), Johann
Anaftafius lingbaufen (+ 1739), Emilie
Juliane, Gräfin von Schwarzburg:Rupdolftadt (F
1706), Johann Jakob Rambach (+ 1735), Benja-
min Schmold (+ 1734), ©. Terfteegen (+ 1769),
Graf Ludw. von Zinzendorf (+ 1760), Phil. Fries
drich Hiller (+ 1769), Salomo Frand (+ 1725),
Andr. Rothe (7 1758) u. A. In der Aufflärungs:
* trat meiſt bie lehrmäßige Behandlung der
oral an die Stelle der früheren Glaubens: und
Liebesdichtungen; Chr. Fürchtegott Gellert ift der
ebelfte Repräfentant einer chriftlich-moralifirenden
Lehrdichtung. Alte Lieder werden modernifirt, oft
geihmadlos verborben. Klopftod und Lavater wir:
fen mit ihren Liedern auf das Gefühl. Balthafar
Münter (+ 1793), Sal, Diterih (+ 1797), Joh. Ad. :
Schlegel (+ 1793) gehören der Aufflärungsperiode
an. Novalid verbindet Tıeffinn und Innigkeit
mit muſilaliſchem Wohllaut. Neuere geiftliche
478
und lateinifchen Berfen (3. B.: In S
Kirchenordnungen
Dichter find: Alb. Knapp, C. U. Döring, Ph.
pitta, 8.B. Garve u. A. — Vgl. Koh, Geſchichte
des Kirchenlieds und des Kirchengeſangs, 2. Aufl.
1852—1853, 4 Bde.; Wadernagel, das deutſche
Kirchenlied von Luther bis Hermann und Blaurer.
1841: das deutſche Kirchenlied von der ältejten
jet bis zu Anfang des 17. Jahrhunderts, 1862 ff.
ammlungen find: Rambach, Anthologie, 1816—
1822, 4 Bde.; Knapp, ev. Liederihag, 2. Aufl.
1850; Tucer, Schaf desen. Kirchengeſangs, 1845,
2 Bde.; Mütel, geiftliche Lieder der ev. Kirche im
16. Jahrhundert, 1855 ; Schid8, geiftlihe Sänger,
1854— 1857; Daniel, thesaurus hymnologicus,
1841—1856;; Mone, fat. Hymnen des Mittelalters,
1853— 1854. Bgl. ferner E. M. Arndt, 1818; 8.
Stier, die Geſangbuchsnoth, 1838.
Kirdenmufll, In der älteren hriftlihen Kirche
war der Gebrauch der Inſtrumentalmuſik nos
ausgeſchloſſen. Erjt die Erfindung der Orgel in
ber Zeit Karl's d. Gr. führte das inftrumentale
Element in die Liturgie ein, allein die rohe und
unbeholfene Art ihrer EConftruction bewirkte, daß
der Gebraud noch ein fehr befchräntter blieb, meiit
nur für den Zmed der Jntonation, noch nicht der
Begleitung des Gefangd. Die reformirte Kirche
verwarf die Orgel ganz; und erft im 17. Jahr:
hundert hat der Iutherifche Gemeindegefang das
Drgelfpiel zu feinen Bmeden gefordert und aus
gebildet. 1650 erfchien das erfte Choralbuch für
die Orgel. Im 16. und 17. Jahrhundert entfaltet
fi dem Gemeindegefang gegenüber die Firchliche
Kunſtmuſik; die fog. ag Eoncerte, beftehend
aus Chören, Recitativen, Arien bilden eine Ueber:
jegung der mweltiihen Oper ins Kirchliche, ohne
häufig den Fehler der Vermeltlihung des Kirch
lichen zu vermeiden. Eine weitere Entwicklung ber
geiftlichen Eoncerte find die dem Gottesdienfte ent:
iprechenderen fürzeren Cantaten (f. Bach). In der
fatholifchen Kirche hat die Inftrumentalmufit auf
einen jelbftändigen Platz erobert, ohne zur Beglei-
tung des Gefanges zu dienen. Große Weltlichkeit
des Mufilftils ift dabei in Stalien
—X eworden. Näheres ſ. im Art. Gefana.
l. Thibaut, fiber Reinheit der Tonkunft, 1845;
4. Ausg. 1861; Nägeli, Borlef. über Mufil, 1826;
Rodhlig, für Freunde der Tonkunſt, 1824 - 1832;
Winterfeld, der ev. Kirchengefang und fein Ber:
an zur Kunft des Tonſatzes, 1843 — 1847;
räutigam, der mufitaliiche Theil des prot. Got:
teödienites, 1854; Tucher, Schaf bes ev. Kirchen:
gejangs im 1. Jahrh. der Reformation, 1848 (Lie:
der und Melodien). Unter der mufitaliihen Di:
rection von Riegel gab Schöberlein den „Schaf
des liturgifchen Chor: und Gemeinde-Gefanges“
(Göttingen 1864) heraus.
Kirdenordnungen find die mit Gefegeäfraft er:
laſſenen ftatutarıshen Beitimmungen, melde das
kirchliche Leben und die Verwaltung der kirchlichen
Angelegenheiten regeln. Sie erjegen in der evan:
liihen Kirche die aus den Eoncilienbefchlüffen,
päpftlihen Decreten und der Landesgefeggebung
heroorgegangenen Normen. Da die evangelische
Kiche nicht als eine einige fich bildete, fo iſt die
Anzahl der Kirchenordnungen ſehr groß. Der Un:
terſchied der deutichen und ber fchweizerifchen Re:
formation macht fich auch hier geltend und ebenso
roß wie die Berjchiedenheit ver Nationalitäten und
olfsftämme war die Verſchiedenheit der s
niffe,unter benen bie evangelifche Kirche fich bildete
Kirchenpatron
da alle dieſe Umſtände auf die Gejtaltung des Cul:
tus und der Berfaflung einmwirkten. Die wichtigſten
deutichen Kirchenordnungen, welche die Quellen
der anderen bilden, find: die Kirchenordnnung für |
Braunjchweig von Bugenhagen 1528, welcher der
479
Kirchenſprache
Gliedern (inneres R.) und zum Staate (äußeres
R.). Aus der Einheit und Berfchiedenheit der
Kirchen folgt, daß es ein allgemeines und bejon»
deres K. giebt. Das K. iſt nur pofitiv, da ein
natürliches K. fih nicht von einem allgemeinen
Unterricht an die Kirchenvifitatoren von Luther | natürlichen Geſellſchaftsrechte unterfcheiden würde.
und Melandthon zu Grunde liegt; die Ansbachi⸗—
ſche Kirchenordnung von 1533 und ihre Grundlage,
die Bifitationsordnung des Markgrafen Georg
1523; die Kirchenordnung des Lasko in London
1550; die Pfälzifhe von 1563; die Ordnungen
der Synoden zu Wejel 1568 und Emden 1571,
aus weldhen die niederrheinifchen hervorgegangen
find, Alle diefe Ordnungen find, obwohl nidyt ab:
geſchafft, durch jpätere Geſetzgebungen und allmäb:
liche Gewohnheit in,jehr weſentlichen Punlten ab:
geändert und nicht mehr Normen des gegenwär—
tigen Rechtes. In der neuiten Zeit find bei der
Regulirung der kirchlichen Angelegenheiten neue
Kirchenordnungen — Fuͤr Rheinland und
Weſtphalen 1835, für Baden 1861, für Oldenburg
1853, für Hannover 1864. Bol. Dove, Samm:
gr done Kirhenordnnungen, 1867.
rchenpatron ift der Engel oder Heilige, deſſen
eo. eine Kirche anvertraut ift. In der Regel
find Reliquien des Patrons im Altar der Kirche
aufbewahrt und bie betreffende Kirche ift verbuns
den, das Gedächtniß des Heiligen fejtlich zu begehen.
Als kirchliche Obſervanz wurde das Kirchenpatro:
nat von der Synode zu Mainz 813 fejtgeftellt ;
eine unbedingte Nothwendigleit ift es nicht, die
Kirche kann auch auf einen jog. titulus ecclesiae
gebaut ſein, z. B.den derheiligen Dreifaltigteit. Die
dogmatiihe Begründung des Kirchenpatronats
durch die Rt Hr des Heiligen an ber Herr:
fichfeit Ehrifti, und die communio sanctorum wi:
derlegt nicht die frühere Bermuthung, daß das
Kirchenpatronat eine Anbequemung an den heid-
nifhen Lareneultus jet.
Rirhenpfleger. S. Kirchenrath.
Kirdenpfrunde. S. Beneficium.
—— ©. Kirchenzucht.
ſtirchenrath iſt im engeren Sinne der Vorſtand
einer Einzelgemeinde. Wie die katholifche Kirche
zur Berwaltung des Kirchenvermögens dem Pfar:
rer Zaien bei: und untergeordnet hat unter dem
Namen der Heiligenpfleger, Kirchendiakone, Deko:
nomen, Proviforen, Pröpfte, Bögte u. dgl.: fo ift
died auch da in die evangelifche Kirche übergegan:
gen, wo feine Preäbpterialverfaflung und Ge:
meinbevertretung zur Ausführung famen. Die Be:
fugnifie des K. find darum nad) den verjchiedenen
Landesgeſetzgebungen jehr verſchieden. Die neuere
Doctrin will im K. die Vertretung der ji) ſelbſt
verwaltenden Gemeinde anetlannt Ichen, ©. Pres⸗
byterialverfaflung, Eonftitutionalismus.
Kirhenraub ik der Diebftahl heiliger Gegen:
ftände oder ungemeihter Dinge am geweihten Orte.
Da die Römer denfelben als sacrilegium rich
o
teten und mit den härteſten Strafen belegten,
Da das K. ſowohl durch das Dogma der Kirche
als die Verhältniſſe des Staates bedingt wird,
ſo hat jede Kirche ihr eigenes Kirchenrecht, und
es beſtehen weſentliche Unterſchiede zwiſchen fa:
tholiſchem und evangeliſchem Kirchenrechte; und
in dieſen zwiſchen dem particularen Rechte der
Kirche in den einzelnen Ländern. Die Quellen
des Kirchenrechts ſind für das Allgemeine und
Gemeinſchaftliche folgende: außer der Bibel und
den Landesgeſetzen das Corpus juris canoniei
in eiriles; zu dieſen traten für die Tg
Kirche die Tradition, die Eoncilienbefchlüffe, die
Berordnungen der Päpſte und die Goncorbate;
für die evangeliihe Kirche die Kirchenordnungen
und Belkenntnißſchriften, die Iandeäherrlichen Ver:
ordnungen und das Gewohnheitsrecht (ſ. d. A.).
Bearbeitungen des Kirchenrechts von Gonzalez
Tellez, Zeyd. 1713, und Anaft. Reiffenftuel, Ben.
1704; Schmalsgrüber 1726; J. H. Böhmer, jus
eccles. Protestantium, Hal. 1714; van Espen,
jus eccles. univ,. Col. Agripp., 1702, Reuere
Bearbeitungen von Katholiten: F. Walter, Lehr:
buch des Kirchenrechts aller chriftlichen Confejte
nen, Bonn 1828, 13. Aufl. 1861; Philipps, Kir:
a (nur das katholiſche), Regensburg 1845
.; Scults, kath. Kirchenrecht, Gießen 1856. Bon
Proteftanten: Eichhorn, Grundfäge des Kirchen:
rechts der kathol. und evang. Religionspartei in
Deutfhland, Göttingen 1831; A. £. Richter, Lehr:
buch des evang. und fathol. Kirchenrechts, Leipzig,
6. Aufl. 1867, hrsg. v. Dove. Die Geſchichte des
Kirchenrechts von Bidell ift unvollendet geblieben ;
die Geſchichte der Quellen des Kirchenrechts für
Preußen begann Jacobjon. Die neueften Bearbei-
tungen des preußifchen Kirchenrechts von Boigt,
Breslau 1856, und das evangelifhe Kirchenrecht
von Jacobjon, 1864. Zeitichrift für Kirchenrecht
von Richard Dove feit 1861.
en ©. Kirchenverfaffung.
ſtirchenſachen, res ecclesiasticae, find die Ge:
enftände, welche eine Beziehung zur Kirche haben ;
ie werden eıngetheilt in spirituales und tem-
porales. Die legteren find das eigentlihe Kirchen:
vermögen. Zu erjteren rechnet man die Sacra—
mente und Sacramentalien und bie zum Gottes:
bienft benugten und geweihten Dinge, als heilige
Geräthe, Gloden, Baramente u. dgl., auf welche
die der Kirche geichenkten Vorrechte Anwendung
finden. Zu den Kirchenſachen werden ferner gerech⸗
net im meiteren Sinne aud die Dinge, welche
nicht zu einem unmittelbar gottesdienftlihen, aber
zu einem frommen Zmede (pia causa) gehören (res
religiosae), welche die Kirche als ihrer Aufficht und
Mitwirfung unterftehend betrachtet, als milde
ging dies in das kirchliche und bürgerliche Recht | Stiftungen, Wohlthätigkeitsanftalten. Die Ber:
ber, und die Strafen wurden um fo härter, je,
mehr die Kirche Urſache hatte, die Zunahme des
Berbrechens zu bellagen. Die neuere Strafgeſetz—
ebung det die älteren Härten fallen laflen, ver:
härft aber doch beim Kirchenraub die Strafe des
Diebftahls.
Nirchenrecht ift der Inbegriff der Normen für
die Ordnung des Berhältnifie der Kirche zu ihren
bindung derjelben mit der Kirche ift aber innerhalb
der evangelifhen Kirche immer lofer geworben.
Kirhenfagung. S. Kanonenfammlungen.
Kirchenſchatz. S. Kirchengut.
Kirchenſchriftſteller. 5. Kirchenväter.
& —* * ——
enipra a idiom, d
fi die Rirhe Gotteöblenf Bormaktune 8
Kirchenſtaat
Regierun
die Kirche (Lateiniſch), die ruſſiſch—
riechiſche (Altſlavoniſch), die griechiſche, die
weg die armeniſche. Die evangelifche Kirche
bedient ji überall der Zandesipradhe. Im weis
teren Sinne ijt 8. der befondere Stil, in welchem
die kirchlichen Anſprachen gehalten find, welcher
aus der biblifhen Ausdrucksweiſe hervorgegangen
ift und in der deutjchen Kirche fih an Luthers
Bibelüberfegung eng anſchließt. Beſondere Ab:
arten der K. in diefem Sinne find die liturgiſche
Sprade und ber Eurialjtil ſowohl in der römi:
ſchen als in der evangelifchen Kirche. Eine ſolche
Kirchenſprache hat ihre innere Nothwendigkeit, aber
es droht ihr bie Gefahr der Ausartung in Phra-
ſenweſen und des Mißbrauchs im Dientt religiöfer
Leere und der Heuchelei. Andere Ausartungen
der K. find die geſucht bibliichen Ausprudsmeijen
einzelner Secten und Genoſſenſchaften, 3. B. der
Herrnhuter, Bietiften, Puritaner (Sprade Ka:
naans). Eine — mit älteren Formen
und Ausdrudsmeilen, die durch Bibelüberjegung
und Geſangbuchslieder firirt find, wird es wohl
immer geben, aber auch fie muß der Entwidlung
der Voltsjpracdhe folgen, will jie nicht, wie bei DR
ten und Ruſſen, zu einem dem Volle unverjtänd:
lihen Idiom werden.
Kirdenftaat, Stato della Chiesa, Stato Pon-
tificio, Stato Romano. Es ift das Gebiet, wel:
ches der Papjt als weltliher Herrſcher bejigt,
urjprünglid) als reichen Grumdbefig (patrimonium
Petri), wobei von fouveränen Rechten feine Nede
war, erworben durch Schenkungen und Erbſchaften
feit 321. Durch die Berlegung des Kaiferfiges nad)
Byzanz, jpäter des Exarchats nad) Ravenna hat:
ten die Bäpfte auch in den weltlihen Händeln
ber Zeit als Vermittler zwischen dem Kaijer und
der Stadt Rom und anderjeitö durd die Be:
rührung mit den Yongobarden jhon um 700
roßen weltlichen Einfluß gewonnen, obwohl
j immer unter ber tel des Kaijers
tanden. Das erite m. eſitzthum der Stadt
Petri erhielt Gregor II. 728 von dem Longobar:
dentönig Zuitprand, wozu unter Zacharias II.
noch die vier Städte Amelia, Orta, Bomarzo und
Dieda lfamen. Pipin der Kleine übergab dem Papſte
dann 755 das den Longobarden abgenommene
Exarchat mit den fünf Städten Rimini, Peſaro,
Fano, Sinigaglia, Ancona, und Karl der Große
beftätigte dieſe Schenkung 774. Unter den Karo:
lingern befeftigte ſich die päpftlihe Madt, und
Dtto I. beftätigte von neuem den Befig, den die
italienifchen Kaifer mehrfach angegriffen hatten.
Vermehrt wurde der K. durch das Reichs: Vicariat
über Benevent 1052 und die Mathilde’jhen Guü—
ter 1201; inzwiſchen war die Yehnshoheit über
Sicilien erlangt, Benaifjin (1273) und Avignon
(1348) wurden hinzu erworben. Was während
des Scismas verloren ging, gewann die Bolitif
ber folgenden Päpfte wieder, und Julius II., der
ee Papſt, gewann 1512 Bologna, Cle:
mens VII. 1532 Ancona, Paul III. Camerino
1545, Clemens VIII. Ferrara 1598, Urban VIII.
Urbino 1636, Innocenz X. Caftro und Roncag:
lione 1649, Pius VI. mußte dagegen 1797 auf
die franzöſiſchen Vefigungen verzichten, Ferrara
480
bedient; jo haben eine Kirchenjprache | fen; 1800 gewann Bius VII. zwar durch öjter-
Kirchenſtaat
reichiſche Hülfe die Stadt wieder, mußte aber 1807
mehrere Provinzen an Frankreich abtreten; 1808
murde Rom von den Franzofen bejegt und durch
Decret vom 17. Mai 1809 der Kirchenſtaat in
Frankreich einverleibt. Die Wiener Schlußacte
1815 ftellte den Kirchenftaat jo wieder ber, wie er
vor 1797 beftanden hatte, mit Ausnahme von
Avignon und Benaiffin und einigen Landftrihen
dieffeit des Bo, jo daß er 752 D Meilen umfaste.
Die politifche Unzufriedenheit Jtaliens, entitan-
ben aus ber allgemeinen Miregierung und dem
Streben nad) Einheit und Unabhängigkeit, hatte
einen Hauptherd in Rom und rief die geheime
Geſellſchaft der Carbonari hervor. Die Julirevo
lution veranlaßte einen Aufftand in Bologna (Fe:
bruar 1831), wo fich eine proviſoriſche Regierung
bildete, welche die weltliche Herrſchaft des Bapftes
für beendigt erklärte, Dejterreihifhde Truppen
dämpften ben Aufitand. Der Brud) des Amneſtie—
verſprechens und eine ben Erwartungen gar nicht
entiprehende Reform der — rief
den neuen Aufftand 1852 hervor; wieder rüdten
Defterreiher in Bologna und jegt auch Franzoſen
in Ancona ein, um die Herrihaft des Papſtes zu
ftügen und'erſt 1833 räumten beide Theile das
Land. Bereinzelte Ausbrüche der jpäteren Jahre
wurden von Öre or XVI. unterdrüdt. Die Re:
formen in den * Regierungsjahren Pius IX.
erweckten bie lang unterdrückten Hoffnungen, welche
in den Ereigniffen des Jahres 1848 zum Aus
brud famen. Pius mußte eine conjtitutionelle
Verfafjung verfündigen. Als er aber inne ward,
daß er auf eine Bahn geriffen werde, die von ſei—
nen Neformgedanten weit ablag und zu Unver:
träglicpleiten mit dem geiftlihen Regimente über:
haupt führte, als fein Minifter Roffi ermordet
und er ſelbſt in feinem Palaſt bevrängt wurde,
entfloh er nad Gaäta. Die proviſoriſche Regie:
rung wurde durch öfterreichifche, neapolitaniſche
und franzöfifhe Truppen befämpft und Rom am
2. Juli 1849 von den Franzofen erobert. Unter
dem Schuße derjelben fehrte der Papſt 1850 zu-
rüd, und er begann die Neftauration und die Be:
feitigung der neuen Einrichtungen. Die nationale
Bewegung, welche ſich nad) dem Siege über Defter-
rei 1859 in Jtalien erhob und die italienifchen
Monardien zu Gunjten eines —* Italien
ſtürzte, verſetzte auch dem Hlirchenftaate einen bar:
ten Stoß. Eine Volksabſtimmung entſchied, daß
ber Hirchenftaat 1860 die Marken nebſt Umbrien
an das neue Königreich Jtalien abgeben mußte.
Zwar hat die September » Convention (5. Sept.
1364) zwiſchen Frankreich und Jtalien Kom eine
einjtweilige Sicherheit vor dem Angriff Jtaliens
gegeben ; allein der Verſuch Garibaldi'3 zeigte, wie
unabläjjig feine Partei das Ziel im Auge hat, dei:
fen Erreihung ganz Jtalien nur aufgefhoben zu
haben jcheint, auch den Reſt der päpftlihen Staa:
ten mit dem Königreiche zu vereinigen. Indeſſen
fämpft die Curie mit allen ihren Waffen für ihre
weltliche Herrſchaft und trägt fi mit dem Ge:
banken, die bisherige Behauptung von der Noth
wendigfeit berjelben zu einem Olaubensjag auf
dem für Ende 1869 bevorftehenden Concil erheben
zu laffen. Die Verfafiung bes Kirchenftaates, wie
und Bologna der cisalpinischen Republik überlaf: | fie durch das motu proprio von 1850 neu geord:
nad der Einnahme der Stadt durch die Franzo—
fen. 1798 wurde in Rom die Republit proclamirt | net ift, beruht auf hierarchiſchen Grundfägen, Die
weltliche Verwaltung wird von Prälaten geführt.
Kirchenftrafen
Der Minifterrath fowohl wie der Staatörath fte: |
ben unter dein Borfige des Cardinal:Staatsjecre:
481
Kirchenverfaffung
mehr, namhafte Mitglieder hielten fic fern. In
Stuttgart 1857 kam es zu einem ernften Conflicte
tairs, unter diejem fteht auch die Verwaltung der | zwiſchen der Mehrheit und den Confeffionellen
Provinzen. Den einzelnen Provinzen * die Le:
aten vorgejegt, weldhe auch aus dem Laienſtande
ein können. Vgl. Sugenheim, Geſchichte der Ent:
tehung und Ausbildung des Kirchenſtaats, 1851;
euchlin, Geſchichte Jtaliens, 1859; Münd, rö:
miſche Zuftände und Kirchenfragen der neuejten
Zeit, 1335; Reuchlin, Bilder md Skizzen aus
om, 1846.
ſtirchenſtrafen. Außer den Zuchtmitteln, welche
um Zwede der Beflerung gegen Sllerifer und
!aien angewendet wurden £ ußgrade, Bann,
Interdict), verhängte die Kirche bei Ausdehnung
ihrer Gerichtöbarfeit auch förmliche Strafen. Als
ſolche lommen vor: Ausweiſung aus dem Pfarr:
bezirf, —— Geißelung, Geldſtrafen, Ver—
ſagung des Begräbniſſes. Außer den Diſciplinar—
ſtrafen gegen Geiſtliche kann heut zu Tage von
Kirchenſtrafen nicht mehr die Rede fein.
Kirdenftühle find die Sitzbänke in den Kirchen,
welche der fatholiihen Kirche zugleich als Bet:
ſchemel dienten. Nach alter Sitte follen die Sige
der Männer von denen der Weiber gejchieden fein.
Die Grundfäge über Anlegung, Vertheilung und
Benugung der Kirchenftühle beruhen auf particu:
laren Bejtimmungen und befonderen Reglements,
Im Allgemeinen find fie da, wo fie als Privat:
befig bejeffen werden können, dem freien Verkehr
entzogen; doc) fehlt eö nur felten in einer Kirche
ganz an jogenaunten fFreibänfen.
ſtirchentag, der deutſche evangelifche, ift eine freie
Derfammlung von evangeliihen Geiftlihen und
Laien zur Berathung und Beiprehung innerer
lirchlicher — welche in der Regel ein
Mal jährlich an einem Orte Deutſchlands zuſam—
mentritt. Bei der drohenden Auflöſung der bis—
erigen kirchlichen Ordnung und — wie es ſcheinen
onnte — auch der religiöſen und ſittlichen Unter:
lagen des Volkslebens im Jahre 1848, regten den
Gedanken ſolcher Vereinigung verſchiedene Män—
ner an, z. B. v. Bethmann⸗Hollweg und Dr. Ph.
Wackernagel. Eine Confereyz, die ſich im Sandhof
bei Frankfurt a. M. verjammelte, ließ den Aufruf
ergeben, auf welchen hin der erfte Kirchentag den
21.—23. Sept. in Wittenberg zufammentrat Die
Abfiht war, in demielben eine Conföderation
fämmtlicher deutfchen Kirchen und eine Vertretung
derjelben gegenüber dem KHatholicismus und dem
linglauben, ein wiedererwecktes corpus evangeli-
corum zu bilden. Auf Wichern’3 Anregung wurde
befchloften, mit dem jedesmaligen Kirchentage einen
Eongreß für innere Miffion zu verbinden. Da das
landesherrliheflichenregiment ſich widerErwarten
behauptete, ſich jogar befejtigte und in der Eiſena—
her Kirchenconjerenz eine Einigung anbahnte, jo
wurde der eine Theil des Programms hinfällig ;
der Kirchentag bezeichnete ſich fortan als großen
KHeifeprediger zur Wiederbelebung der Kirche. Nach
der anregenden Friſche der erſten Verſammlun—
gen, zu Wittenberg 1849, Stuttgart 1850, Elberfeld |
1851, traten in Bremen 1852 ſchon Verfuche her:
vor, durch den Kirchentag beſtimmte firchenpoliti:
fhe Tendenzen zu fördern. Auf dem betretenen |
\lands, Englands ac.
Wege ging man in Berlin 1855 weiter, wo die
ra et fi einftimmig zur unveränderten
Augujtana befannte. Bon da an verloren die Der:
fammlungen (Frankfurt 1854, Lübed 1856) immer
unter Stahl, da die Zeitftrömung der Union wies
der günjtiger war. Stahl und Hengitenberg tra»
ten aus dem Comite aus. Der Kirchentag zu Bar:
men 1560, zu Brandenburg 1862 gab Gelegenheit
zu einem „am rechten Drt und zu rechter Zeit
gegebenen Zeugniß chriftliher Glaubenskraft“ in
einer Adreſſe gegen die antichriftlichen Tendenzen
in Bezug auf Eheſchließung, Kirchenverfaffung
und Schule. In Altenburg 1864 wurde troß der
Heterodorieeinesder Hauptreferenten die orthodoxe
Richtung, in welche der Kirchentag fich geſetzt hatte,
noch mehr offenbar, und in Kiel 1367 drohte die
Unionäfrage eine völlige Auflöfung der Bereini:
ung zu bewirken. Die Brotofolle der Berhand:
find bei W, Herz in Berlin erfchienen,
Kirdentrauer ijt eine Einrichtung der neueren
Zeit. Um der Gemeinde zum Bewußtfein zu brins
gen, daß der Kirche irgendwie von irdifcher Gewalt
eine Unbill angethan fei, und um ihre Mißſtim—
mung zu ervegen, wird das Ölodengeläute unter:
laſſen und der Gottesdienst ſowie Die Kirche alles
Schmuckes entlleidet. Ein Beifpiel folder Kirchen—
trauer gab das Metropolitancapitel de in
Bolen bei der Wegführung des Erzbiſchofs Dunin
durch die preußiſche Regierung.
Kirdenväter nennt man die ausgezeichneten
Männer unter den Lehrern und Echriftitellern der
chriſtlichen Kirche in den erjten 6 Jahrhunderten
ihres Beftehens (die Katholiken dehnen die Periode
der Kirchenväter bis ins 13. Jahrhundert aus). Im
Unterſchied von bloßen Kirchenſchriftſtellern (-Ieh:
tern) wird der Name nur Denen gegeben, welche
einen wahrnehmbaren bejtimmenden Einfluß auf
die Entwidlung der Kirche geübt haben, wozu bei
den Katholiken nod die unbezweifelte Rechtgläus
bigfeit fommen muß. So redinen Ai z. B. Ters
tullian und Origenes nicht zu den Kirchenvätern.
Im eminenten Sinne heißen Slirchenväter vier
Lehrer der morgenländiſchen und vier der abend:
ländiſchen Kirche: Athanafius, Bafilius, Chryſo—
ftomus, Oregor v. Nazianz; Ambrofius, Auguftis
nus, Hieronymus, Gregor I. d. Gr. Mit dem Stus
dium der Kirchenväter befhäftigt fi) die Patriſtik
oder die Patrologie.
Kirdenverjafiung. Da das Beftimmende der K.
in der Stellung des geiftlichen Amtes und der lirch—
lichen Gewalten liegt, erſt in zweiter Linie das Ber:
halten zum Staate ſteht, jo zerfallen alle Kirchen
in die drei Gruppen: a) die hierarchiſche, mo die
firchliche Gewait in einem von der Gemeinde durch
facramentliche Weihe gefchiedenen und mit priefter:
licher Macht ausgerüfteten Klerus liegt, der in ſich
jelbft nad) Graden der Weihen fi) abjtuft; dahin
gehört die römiſche, griechiſche, anglicaniſche; b)
die beamtliche, welche regiert wird durch eine wer
der aus der Kirche hervorgegangene, noch mit ihr
organifch verbundene Gewalt (den —
von welcher auch die Beſetzung des Lehramtes a
rag die deutſchen Landeskirchen; c) Die gemeind⸗
iche, welche die firhlihen Organe aus der Wahl
der Gemeinde hervorgehen läßt: die Calviniſchen
und die Bresbyterialticchen der Schweiz, Deutjch-
He drei Formen können
die engfte Verbindung mit dem Staate eingehen,
wie bie a. iishe in dem Cüfareopapismus
der ruſſiſchen Kirche und “in ber —
*
Kirchenvermögen
Staatäfirche; die Beamtenkirche nicht nur in dem
ſeit 1851 General-Kirchenviſitationen eingeführt,
deutſchen und ſtandinaviſchen Staatskirchenthum,
ſondern auch in den Kirchenverfaſſungen der freien
Reichsſtädte; die gemeindliche in den urjprüng:
lihen Formen bei Zmwingli und Galoin. Die
Hierarchie hat die Tendenz, den Staat zu beherr:
ſchen, und muß ſich ihm, wenn das nicht gelingt,
völlig unterwerfen, Tann aber jchwer neben ihm
oder unabhängig in ihm bejtehen; die gemeindlich
regierte Kirche erträgt jedes Verhältniß zum
Staate, jogar ein landesherrlihes Regiment, fie
erjtrebt aber eine Selbitändigfeit bei freiwilliger
Unterordnung unter den Staat. Vgl. Rettig, die
freie protejtantifche Kirche, 1832; Stahl, die Kir:
henverfajjung nad Lehre und Recht der Prote:
ftanten, 1840 und 1862; Bunjen, die Verfaſſung
der Kirche der Zulunft, 1845; Hundeshagen, der
deutſche Protejtantismus, 1848, 3. Aufl. 1850;
Höfling, Grundfäge ev.-Iutherifcher Kirchenver—
fafiung, 3. Aufl, 1853; Lechler, Gejchichte der
Bresbyterial: und Synodalverfaffung feit der Ne:
formation, 1854; Brandes, Geſchichte der Kirchen:
verfallung, 1866; Heppe, die Presbyterial: und
Spynodalverfaflung der ev. Kirche in Norddeutſch—
land, 1868; 8. 3. Nitzſch, die evangel. Kirchen:
ordnung, Bonn 1867. ©. die Art. Hierardie,
Epiſtopalſyſtem, Conftitutionalismus, Presbyte:
tialficche.
' Kirdenvermögen. S. Kirhengut und Kirchen:
abrif.
Kirdenverfammlung. S. Synode.
Kirdenvifitation iſt die von kirchlichen Obern
oder Abgejandten an Ort und Stelle vorgenom:
mene Unterfuchung des Zustandes einer Gemeinde,
Sie erftredt jich daher auf die Amtsführung und
Perjönlichkeit der Geiſtlichen, Lehrer und jonjtigen
Kircyenbeamten, auf den fittlihen und religiöjen
Zuitand der Gemeinde jelbft und etwaige Hemm—
nıjfe, endlich auf den Zuitand und die Verwaltung
des Vermögens und der kirchlichen Sadyen. Soldye
K. find jehr alt; ſpaniſche Synoden dringen im
6. Jahrhundert darauf, daß der Biſchof felbit fie
‚vornehmen jolle, dennoch wurden fie faſt ganz den
Arhidiatonen überlaffen. Nah dem Trivdentinum
ſoll der Bischof perfönlich oder durch den General:
vicar feine Diöcefe vifitiren. Das Recht der Erz:
biſchöfe dagegen, die Kirchenprovinz zu vifitiren,
bat es durch die Bedingung der vorherigen Zu:
ftimmung der Provincialjynode beſchränkt, um
eine mögliche Steigerung der Metropolitangemalt
zu verhüten. Die Keformation legte großen Werth
auf die K. Diejelben wurden ihr zur Handhabe,
die kirchlichen Berhältnifje der einzelnen Territo:
rien überhaupt zu ordnen, die unwiffenden Pfarrer
mit den Wahrheiten der Yehre befannt zu machen,
ihnen Anmweijungen zur Predigt und Amtsführung
zu geben ꝛc. Daher wurde in allen evangelifchen
Kirchen eine wiederkehrende K. alle zwei Jahre feite
Regel. Die freien Kirchen, welche weder bijchöf:
liche noch confistoriale Behörden hatten, verbanden
mit der K. alle Gejchäfte der Aufficht, 3. B. Revi—
fion der Rechnungen. Je geordneter durch die
Kirchenbehörden der Gang der kirchlichen Bermal:
tung und Auffichtführung wurde, defto büreaufra:
tiſch formeller wurden die K. und bejchräntten fich
am Ende auf die Beantwortung einer Reihe feit:
ftehend vorgejchriebener Fragen, bei deren Auf:
ſtellung häuſig unverkennbar der Kirche ganz fremde
Intereſſen, z. B. das ſtatiſtiſche, von Einfluß gewe—
482
Kirchenzucht
ſen ſind. In der preußiſchen Landeskirche wurden
welche der Generalſuperintendent unterftügt durch
eine Commiſſion von Beiftlihen unter Zuziehung
der Patrone in den einzelnen Gemeinden einer
Diöcefe abhalten follte. Den Berhandlungen der
Rheinischen Provincial-Synode von 1862 zufolge
Im diejelben jelten erbaulich, noch jeltener er:
prießlich geweſen.
Kirdenpifitation, Die ſächſiſche. Mit dem Ein:
tritt der Reformation in die ſächſiſchen Länder
entitand durch die Löjung der alten gt Hrn
eine große Verwirrung, die durch tie Unfähigkeit
und das Widerjtreben vieler Geijtlihen noch ver:
mebrt wurde. Diefen Zuftand zu befeitigen, wurde
auf Luthers Betreiben die Bifitation von 1527 —
29 angeordnet und durch ihn und Melandthon
geleitet. Eine Jnftruction für die Vifitatoren ging
ihr vorauf. Dann erſchien das Bifitationsbüchlein
Melanchthons 1528, „Unterricht der Bifitatoren an
die Pjarrherren im Kurfürſtenthum Sachſen“, mit
Vorwort von Luther (herausgegeben von Weber
Schlüchtern 1844). Dasjelbe entyält eine Xehrord:
nung und die Beftimmungen über gotteödienftliche
Einrichtungen und Kirdenverwaltung. Eine Frucht
der Bifitation war aud Luthers großer'und klei—
ner Katechismus.
Kirdenvogt, Kloſtervogt, Kaflenvogt. S. Ad-
vocatus ecclesiae.
Kirdenwürde. S. Dignitäten.
ſtirchenzucht beruht auf dem natürlichen Rechte
jeder Gemeinſchaft, fich der Verlegung ihrer Grund:
fäge durch eines ihrer Glieder zu widerjegen. Sir
unterfcheidet fi) von der Strafe dadurch, daß fie
fein anderes Ziel hat, ald den Sünder zur Selbit-
befinnung zu bringen und die eigene Würde und
Heiligkeit der Gemeinde, welche fie zur Erfüllung
ihrer Aufgabe bedarf, aufrecht zu erhalten. In der
katholiſchen Kirche verſchwand der Unterfchied zwi:
ſchen Kirchenzucht und Kirchenftrafe, da fie fich als
Rechtsinſtitut ausbildete und eine Gerichtäbarteit
des Klerus wurde. Auch die reformirte Kirchenzucht
in Genf trug mehr den Charakter einer Strafe,
weil firchliche und büngerliche Gemeinde nicht un:
terfhieden und auch der legteren ein religiöjer
Charakter aufgeprägt war. Wirkliche Kirhenzudt
trat erft ein bei ven vom Staate unabhängigen re:
formirten Kirchen. Die Mittel derfelben waren die
verſchiedenen Stufen der Ermahnung nad) Mattb.
18, die Ausfhliefung vom Abendmahl, vom
Umgang und Verkehr mit den Gemeindegenofien.
Die Kirchenzucht ift in der reformirten Kirche
ebenfo in Abgang gelommen, wie die geringen
Anfänge in der lutherifchen. Da fie in dieler nıcht
wie bei den Reformirten in den Händen des Ge:
meindevoritandes, des Presbyteriums, rejp. ber
Synoden lag, fondern von den Geiftlihen und
—— Beamten geübt wurde, konnte ſie um—
oweniger dem entgehen, daß F als bürgerliche
Strafe oder als clericale Anmaßung erſchien. Sie
trug den Widerſpruch in ſich. Denn die Kirchen⸗
zucht, auch wenn der Begriff der Strafe ganz fern
gehalten wird, fegt immer einen Rechtsanfprud
der Kirche an das Individuum voraus, der Tauf:
zwang mwiderfpricht aber demſelben und ebenjo der
nothwendigen Gonjequenz der Kirchenzudt, ber
Ausichliegung, d. h. dem Bann. Auch wurde die
Kirchenzucht mit der Ausbildung des bürgerlichen
Strafrechtes entbehrliher, da fie vorher dazu
Kirchhof
gedient hatte, den Conflict auszugleichen zwiichen
dem fittlihen Gefühl der Kirche und dem Mangel
des pofitiven Rechtes, welches Vergehen und Ber:
brechen nicht zu ftrafen vermochte. In neuejter
Zeit ift über Kirchenzucht viel verhandelt. Zu
Recht befteht fie in der rheiniſch-weſtphäliſchen
Kirche, ohne aber wohl irgendwo oft thatſächlich
zur Anwendung zu kommen. Gegenstand derjelben
fönnen nur öffentliche grobe ttlicpe Vergehen
fein, melde das Gemeindegefühl verlegen, ein
Öffentliches Aergerniß geben. Daher fann die Kir:
chenzucht nur geübt werden von einer Stelle, in
welcher das Gemeindegefühl einen fihern unge:
färbten Ausdrud findet, d. h. von einem aus der
Wahl der Gemeinde hervorgegangenen Presbyte:
rium ; fomit ift fie unmöglich in jeder Kirche, welche
eine freie Gemeindeverfafiung entbehrt. Die Mit:
tel der Kirchenzucht dürfen nur ſolche fein, melde
völlig in der Rechtsſphäre der religiöſen Gemein:
haft liegen, aljo Ermahnung in den verjchiede:
nen Stufen, Berjagung der kirchlichen Ehrenrechte,
d. h. activer und paffiver Wählbarkeit, Ausſchlie—
bung vom Abendmahl als der communio (nicht
von der Privatcommunion). Unbedingt auge:
ſchloſſen muß alles bleiben, was nur den Charaf:
ter einer Bejhimpfung trüge oder den Bejud des
öffentlihen Gottespdienftes hinderte. Wird die
Kirchenzucht richtig als Selbjtbewahrımg der Ge:
meinde aufgefaßt, die den Unmürdigen von fi
ausfondern darf, jo ergiebt fi, daß der von den
öhern Graden der Kirchenzucht Betroffene feinen
nſpruch mehr hat auf die Fürforge der Gemeinde
und ihres Amtes, die Gemeinde aber die Pflicht
der Liebe behält, auf feine Rettung hinzumirten.
Innerhalb der berechtigten Grenzen der Kirchen:
zucht liegt darum die Verſagung einer Unter:
ftügung aus kirchlichen Wohlthätigkeitsfonds, fo:
bald zwiſchen diefen und den bürgerlichen eine
Trennung beitebt. Val, Fabri, über Kirchenzucht
im Sinne und Geifte des Evangeliums, 1854;
Dtto, Verſuch einer Verftändigung über Kirchen:
zucht, 1854.
irchhof heißt der die Kirche umgebende Raum,
welcher nad kanoniſcher Vorſchrift durd eine
Dauer oder einen Zaun von der Straße abgegrenzt
fein fol. Da früher in Uebereinftimmung mit dem
römischen Geje die Leihen außerhalb der Städte
beerdigt wurden, namentlich bei den Märtyrer:
aräbern, jo wurde, als auf diejen die Kirchen und
Gapellen errichtet waren, deren Kirchhof zum Be:
gräbnikplag und dieſe Sitte auf alle Kirchen über:
tragen, und erjhien bald als eine Forderung des
Gedantens der communio in sacris zwifchen den
Lebenden und den Abgejhiedenen. Als Zubehör
der Kirche ift der Kirchhof ein gemeihter Ort, eine
Befledung der Kirche macht eine neue Weihe er:
forderlih. Die bürgerlihe Geſetzgebung hat die
Anlage von Begräbnißftätten außerhalb der Ort—
ſchaften meiftens durchgefegt; auf dieſe find die
tanonischen Beitimmungen über die Kirchhöfe über:
gegangen. Die Anordnung jedoch, daß auf jedem
Kirhhofe ein unbegrenzter ungemeihter Ort für
ohne Taufe verftorbene Kinder fein folle, ift von
der Staatögefeggebung aufgehoben. Aufdem katho⸗
liſchen Kirchhofe muß in der Mitte ein Kreuz von
Holz oder Stein aufgerichtet ftehen, wenn nicht eine
befondere Gapelle auf demjelben erbaut ift. Die
evangelifchen Kirchenordnungen begnügen ſich, Bor:
lehrungen zu treffen, daß der Kirchhof als die Ruhe:
483
Kirjath
ftätte der Tobten mit Pietät behandelt und nicht
verunehrt werde. Ein dogmatiſches Intereffe, Leis
hen fremder EConfeffionsverwandten eine Stelle
auf ihren Kirhhöfen zu verweigern, wie die katho⸗
liche Kirche, hat die evangelifche nicht. Ueber die
Benutzung des Kicchhofs, fofern er mit Gras bes
wachſen oder mit Bäumen bepflanzt ift, durch die
Pfarrer oder Küfter, enthalten Di Particulargeſetz⸗
gebungen abweichende — gr
Kirhhofer, Melchior, Dr. theol. und Pfarrer
zu Stein am Rhein jeit 1308, war geboren 1775
in Schaffhauſen und ftubirte in Marburg 1794 -
97. Durch werthoolle Monographien über D. Mys
fonius (1813), Werner Steiner (1818), Bertholb
Haller (1828), Wilhelm Farel (1831) und durch
die von ihm bejorgte Fortſetzung der Hottinger-
ſchen helvetiſchen —— hat er ſich einen
geachteten Namen erworben. Geſt. 1853.
ſtirchmeiſter ift nach der rheinifch:evangelifchen
Kirhenordnung und den katholiſchen articles or-
—— der Amtstitel desjenigen Gliedes des
irchenvorſtandes, dem die Sorge für die Unter⸗
haltung der kirchlichen Gebäude obliegt und wel⸗
cher in Rechtsgeſchäften den Kirchenvorftand nad)
Außen vertritt.
Kirchſpiel, joviel als Pfarrei. ©. d. Art.
ſtirchweihe ift der liturgifche Act, wodurd eine
neu erbaute Kirche zum gottesdienftlichen Gebrauche
ren und übergeben wird. Nah katholiſcher
atzung fann weder an einem ungemweihten
Altar noch in ungeweihter Kirche eine Mefle ge:
feiert werden. Die Weihe fann nur vom Bischof
vollaogen werben; im Nothfalle aber darf ſchon
vorher eine Benediction durch einen Priefter Statt
finden. Der Mittelpuntt der Eonfecrationgfeier ijt
die Uebertragung der Reliquien. Der Ritus nad
dem römifchen Bontificale ift jehr reichhaltig. Die
Wände und der Fußboden werden wiederholt mit
Weihwaſſer befprengt und mit einer Mifhulig von
Salz, Waſſer, Aſche und Wein bekreuzt. Eine voll:
ftändig zufammenhängende Deutung der Ceremo»
nien iſt noch nicht gelungen. Die Einweihung
evangelifcher Kirchen geſchieht durch einen feier
lihen Gottesdienſt und ein Weihegebet des Gene⸗
raljuperintendenten. Die Eiſenacher Eonferenz hat
eine liturgifche Form derjelben berathen und an»
erfannt, daß jede Fatholifirende Annäherung an
einen Weiheact vermieden werden müſſe. Das
Jahresgedächtniß der Kirchweihe gehört zu den
Hauptfeften der Kirche und ift (ald Kirchweihfeſt,
Kirmes) zum mweltlihen Bolksfeft und Jahrmarkt
geworben. Luther überjegt Joh. 10, 22 das Feſt
der Tempelreinigung zum Andenken an die neue
Weihung desfelben unter Judas dem Malkabäer,
1. Matt. 4, 52—59, voltsthümlich mit Kirchweihe.
Dies Feſt wurde am 25. Kislew 8 Tage lang durch
— —— der Häuſer gefeiert, Joſephus, ant.
12, 7. 7.
ſKir⸗Hareſeth. ©. Kir,
Kirjath, joviel als Stadt. Als Name einer Stabt
in Benjamin, 50. 18,28, jonft oft in Zufammen»
fegungen. 8.:Arba, der alte Name von Hebron.
8.:Baal oder Baalah, Joſ. 15, 9. 10. 60, der alte
Name von K.-Jearim. K.:Chuzoth im Gefilde
Moab, 4. Moſ. 22,39. R.:Jearim, früher Stadt
der Gibeoniten, of. 9, 17, dann dem Stamme
Juda zugetheilt, die VBaterftabt des Propheten
Uria, Jer. 26, 20.' Dort ftand die Bundeslade 20
Jahre, ehe David fie nad) — brachte, 1.
Kirjathaim
Sam. 6, 21; 7, 1.2. Nach Robinſon ift es das
heutige Karjath:el:Enab, 3 Stadien nordweſtlich
von Sernfalem. 8.:Sanna, Joſ. 15, 49, oder K.
Sepher, of. 15, 16; Richt. 1, 12, die alte fanaa:
nitiiche Königſtadt Debir, welche Dthniel eroberte.
Rirjathaim, im Dftjordanland, 1. Mof. 14, 5;
5, Moj. 2, 10. Der Stamm Ruben verlor die Stadt
wieder an die Moabiter, Jer. 48, 1. 23. Nach Eu:
febius ift e8 der Flecken Kapıade, nad) neueren For:
ſchungen heißt der Ort et:Taim. Gleichen Namen
führt eine Levitenftadt in Naphthali, 1. Chron.
6, 76.
Kirmoab, Jeſ. 15, 1, das heutige Keraf, war
eine fejte Stadt in Moab, 2. Malt. 12, 17 yaonf
enannt. Zur riftlichen Zeit hieß es als Biſchofſitz
baratmoab und wurde während der Kreuzzüge
als ftarfe Feſtung befannt, welche die Karamanen:
ftraße nad) Arabien beherrſchte.
ſtiſon iit der Bach, weldher, am Tabor entiprin:
end, die Ebene Esdrelon durdjfließt und bei Atfo
ins Meer fällt. Er bildete die Grenze zwifchen Jia:
{har und Sebulon. Am Kijon ſchlug Barak den
Siffera, Richt. 4, 7. 13, und ſchlachtete Elias die
Baalspfaflen.
Kiftemaler, Johann Hyacinth, der Verfaſſer
einer fatholijchen, biſchöflich approbirten Weber:
fegung des Neuen Tejtaments, Münſter 1825 u. ö.
Er war geb. zu Nordhorn in der Grafſchaft Bent:
beim am 15. Augujt 1754, ftudirte zu Münfter,
wurde 1775 Brieiter, 1780 Xehrer am Gymnafium
zu Münfter, Director, 1786 Brofeflor und Dr. der
Theologie, 1815 Kanonikus und Conſiſtorialrath.
Er gehörte zu dem Kreije Overbergs und der Für:
ftin Galigin. + 1834. Ein geihägter Philolog,
hinterließ er außer feiner Bibelüberjegung viele
grammatifaliiche und lerifaliiche Werte.
Kittim, Cittim find die Bewohner der Inſel
Cypern (f. d. Art.).
Klagelieder. ©. Jeremia.
Klageweiber. S. Trauer.
ſtlaiber, Ch. Benj., geb. am 15. September
1795, ward 1823 a. o. Profeſſor der Theologie in
Tübingen, dann Pfarrer zu Stetten im Rems—
that. + 1836. Er gab die Studien der württem:
beraiichen Geiftlichfeit heraus,
Klarenbad), Adolph und Peter Flufteden. K. war
geboren auf dem Bujcherhof im jegigen Kirchfpiel
Lüttringhaufen (mo ihm feit 1829 ein Denkmal
errichtet ft) und hatte während feiner Studien zu
Köln fic mit der evangelifhen Lehre befreundet,
die er dann als Conrector zu Münſter jeit 1520
und an der Stadtjchule zu Wejel 1523 unter feinen
Schülern und in weitern Kreijen verbreitete. Hier
trat er in enge Verbindung mit dem gleichfalls
evangelifch gefinnten Johann Klopreiß zu Büderich.
Obgleich die Berbannung aus der Stadt, welde
der Herzog von Cleve auf Betreiben des erzbifchöf:
lichen Fiscals ſchon ausgeſprochen hatte, zurüd:
enommen wurde, jo wandte fich K. doch bald von
zeſel nach Dönabrüd und erflärte dort 1527 einem
Kreife von Schülern die neutejtamentlihen Schrif:
ten. Vom Bilchof verbannt, begab er ji, ehe er
einem Rufe ald Dialonus nach Meldorp im Dith:
marjchen folgte, in jeine Heimath und wirkte dort
eifrig für die neue Xehre, jo daß fein Zeben mehr:
fad) bedroht wurde. 1523 wurde Klopreiß in Köln
verhajtet; K. begab ſich dorthin, um zu feiner Be:
freiung zu wirken, wurde aber nun jelbjt gefan:
gen genommen und nach langwierigen Prozeß:
484
Kleider bei den Hebräern
verhandlungen, gegen welche er, da er nicht Geift:
licher jei, protejtirte, durch das geiſtliche Gericht
zum Feuertod verurtheilt. Diejelbe Verurtheilung
erlitt mit ihm Beter Flyſteden aus Bergheim im
Jülichſchen, welcher im reformatorifhen Eifer, um
gigen den Aberglauben der Mefje zu zeugen, im
om während des Gottesdienjtes mit bedecktem
Haupte gejtanden hatte. Kes Verurtheilung und
Tod jind bald nach dem Ereigniß anjchaulich ge«
fhilvdert in „Alle Afta Adolphi Clarenbach.“
Klee, Heinrich, geboren am 20, April 1300 zu
Münftermaifeld, kam 1809 in das bifchöfliche
Knabenjeminar in Mainz, 1817 in das große Se:
minar, ward fchon 1819 Brofeffor am Knaben:
jeminar, 1923 Briefter und 1825 Profeffor und Dr.
der Theologie. 1830 nahm er den Ruf nah Bonn
an, wo er der Hermeſianiſchen Theologie das Ge:
gengewidht zu halten beitimmt war. Unter dem
Erzbifhof von Drofte-Vifchering erfreute er ſich
großer Anerkennung. Nah deſſen Entfernung
folgte er 1839 einer Berufung nah Münden an
Möbhlers Stelle, wo er 1841 als der gefeiertite
Vertreter des katholiſchen firhlihen Syitems jtarb.
In feinen zahlreidhen Schriften fteht er a dein
pofitiviftiihen Standpuntte, e3 fei die vorhandene
kirchliche Lehre nur als die nothwendige und ver:
nünftige zu begreifen. Schriften: über Die Beichte,
1827 ; Gommentar zum Johannes, 1829 ; Römer:
brief, 1350; Hebräer, 1833; Dogmatif, 1835;
Encyklopädie, 1833; Dogmengeihichte, 1835 —37;
Srundriß der Moral, herausgegeben von Himioben
1843,
Kleider bei den Hebräern. Die Abbildungen
auf den Dentmälern des Morgenlandes geftatten
den Schluß, daf die Kleidung der Hebräer der noch
jegt im Orient üblichen weiten und faltenreihen
Gewandung fehr ähnlich gewefen fei. Der Unter:
ſchied der männlidien und weiblichen Kleidung war
nicht bedeutend, aber doch vorhanden, weil 5. Moſ.
22, 5 den Männern Weiberfleivdung anzulegen ver:
boten wird und umgekehrt. Der Stoff war Leinen,
Wolle und Baummolle; Seide wird nur erwähnt
Dff. 18, 12, Ez. 16,10. Aus Wolle und Leinen
gemiſchte Zeuge waren verboten, 3. Mof. 19, 19;
5. Mof. 22, 11. Als Prachtgewänder waren bunte
und gejtidte beliebt, ihnen gleich ftanden die wei—
ben von Byffus. KHleiderlurus wird in der Schrift
oftmals gerügt, auch die Nahahmung ausländi:
ſcher Moden, Zeph. 1, 8; Jeſ. 3, 16 ff. Die Anfer
tiqung der Kleider war Sache der Weiber. Beide
Geichlechter trugen das im Ganzen gewebte Unter:
fleid mit und ohne Aermel, welches bei den Män:
nern bis zum Knie reichte, bei den Weibern länger
war, darüber mandmal nod) ein zweites längeres
und feineres, 1. Sam. 15, 21; Hiob 1, 20; Jeſ.
3, 23, Matth. 10, 10. Das Unterfleid bielt über
den Lenden der Gürtel zufammen, welcher bei der
Arbeit und im Felde enger angelegt wurde. Das
Dberkleid, der Mantel, war ein vierediges Stüd
Tuch, welches in verjchiedener Weije um die Schul:
tern gejhlungen, auch wohl mit Spangen befeftigt
wurde. Es diente zugleicd) ald Dede. Ohne dasſelbe
ging man nicht aus; wer bloß mit dem Unterfleid
angethan war, galt als nadend. Hofen trugen nur
die Briefter. Der Mantel war von verfchiedenem,
oft fojtbarem Stoff und wurde auch mit Pelz be:
jet und verbrämt. Die Weiber trugen ftatt des
Gürtels einen Bufengürtel und außerdem mehrere
Schleier. Die heutige Sitte des Morgenlandes,
Kleidung und Infignien
485
Kleidung, die geiftliche
daß die Weiber fi) nur verfchleiert zeigen, beftand | fterlichen Tracht gehörte keine Fußbelleidung, da
bei den Hebräern nicht. Als Kopfbededung trugen | fi
beide Geſchlechter eine Art Turban, der bei den
Hohenprieftern, Königen und Soldaten ausgezeich—
nete Form mit Schmud zeigte. Statt der Schuhe
trug man Sandalen, welde am Fuße feitgebun:
ben, aber beim Betreten ber Zimmer und ber hei:
ligen Derter abgelegt wurden Da häufiger Wed):
fel der Kleidung beliebt, bei levitifher Unreinig:
keit vorgefchrieben war, fo befaken Reichere nicht
nur ihre Wechjelkleider, fondern einen Borrath
von Prachtgewändern, die häufig als Gefchente
dienten, 1. Mof. 45, 22; Eftb. 4,4; 2. Kön. 5, 5.
In der Trauer wählte man Stoffe gröberer Art,
die aud) von Aſketen und Propheten getragen wur:
den, ef. 20, 2; Matth. 3, 4. AS Lurus und
bei Feiten parfümirte man die Kleider, Bj. 45, 9;
Hohel. 4, 11. — Ad Gefhmeide und Schmud
trugen beide Gejhlehter Armbänder und Arms
fpangen von Gold, Silber oder Elfenbein, mit
Perlen und Edeljteinen verziert, Ohrringe und
Naſenringe, 1. Moi. 24, 22. 47, Fingerringe und
Siegelringe, Halöbänder, 1. Mof. 41, 42; Ey. 16,
11,aneinandergereihte Goldfügelchen oder Schnüre
von Perlen, Edelfteinen und Korallen. An deniel:
ben J— man allerlei Zierath. Die Weiber legten
endlich die Fußfeſſeln und Schrittkettchen an, Jeſ.
3,20. Als beſonderer Schmuck der Frömmigkeit find
endlich zu erwähnen die Duaften oder Troddeln
am Oberfleid, 4. Mof. 15, 37, die bei den Phari:
fäern befonder3 arof getragen wurden. Bon grie:
chiſchen und römischen Kleidungsitüden werden er:
wähnt die yArwvs, der weite Mantel der Reiter,
2. Matt, 12,35, der Reife: oder Negenmantel, 2.
Tim. 4, 13, endlich der rothe Scharladhmantel der
Eoldaten, Matth. 27, 23, und ihrer Dificiere. Val.
Hartmann, Hebräerin am Putztiſch, Amit. 1809;
Saalſchütz, Archäologie; Winer, Reallerifon.
Kleidung und Infignien der ifraclitifhen Prie⸗
fler. Als Amtskleidung der gemeinen Briefter wird
2. Mof. 28, 40—43 angegeben der Xeibrod, der
Gürtel, die Kopfbededung, das Hüftkleid. Die drei
erften Stüde entſprachen der gewöhnlichen Klei:
dung, unterſchieden fi) aber in Schnitt und Stoff.
Der Leibrod,aus feinitem weißem Byffus in einem
Stüde ohne Nath gewebt, ging, an den Leib eng
anſchließend, bis auf die Füße herab und feine Aer—
mel bis an die Hände, In den Stoff waren fleine
Duadrate piqueartig eingewirkt. Der Gürtel war
ebenfalls von weißem Byſſus, aber von purpur:
blauen, purpurrothen und carmoifinrothen Fäden
durchzogen, jo daß er in denfelben den Farben des
Heiligtbums entfprad). Weit länger als der gemöhn:
liche, wurde er nicht wie diefer um die Zenden, ſon⸗
dern unter der Bruft gebunden, feine Enden hingen
dann bis zur Erde herab und wurden bei den Opfer:
bejchäftinungen über die Achſel zurüdgefchlagen.
Die Kopfbededung, ebenfalls ein Turban in nicht
bejtimmter Form, wurde wie eine Haube fejtge:
bunden. Während nad) 3. Moſ. 10, 6; 21, 10 der
Prieſter nie ohne —* Kopfbinde erſcheinen durfte,
ſoll nad) der rabbiniſchen, nicht unwahrſcheinlichen
Tradition der Gürtel nur zu den amtlichen Ver—
richtungen angelegt ſein, wie man auch ſonſt zur
Arbeit „ſich gürtete”. Das Hüftkleid, 2, Mof. 28,
42, ging von der Bruft bis zu den Anieen und
wurde oben mit Bändern um den Leib feſtgebun—
fie am heiligen Orte eine Verunreinigung beäfel:
ben gemwejen wäre. Die Symbolik der Priefter:
Heidung liegt nur in der Farbe, welche die Heilig:
feit und die Zugehörigleit zum Heiligtbum aus:
drüdt. — Der Hohepriefter trug die gewöhnliche
Briefterfleidung, nur die Kopfbinde war verſchie—
den, nad) Joſephus eine purpurblaue über die ger
wöhnliche gemunden. Außerdem aber bezeichneten
andere 4 Stüde feine Würde: an der Kopfbinde
ein goldenes Stirnblatt mit den eingravirten Mors
ten mb wrıp (heilig dem Heren), ein Obertleib,
beftehend in einem purpurblauen gewebten Ober;
leid ohne Aermel aus Baummolle, welches am
untern Saume mit baummollenen Granatäpfeln
und goldenen Glöckchen verſehen war, über dem:
felben das Sculterlleid, das Ephod (f. d. Art.),
aus Byffus, mit Fäden in den heiligen Tempel:
farben durchwirkt, und daran das Bruftfchildlein
mit den 12 Edeljteinen der Stämme Yiraeld und
dem Urim und Thummim. Dieſe Amtstracht trug
der Hohepriefter bei allen Amtsverrichtungen, nur
am Verföhnungstage wurde das Oberkleid mit dem
Ephod und dem Bruftichild nicht angelegt und er
erfhien mit Kopfbund, Hüftkleid, Leibrod und
Gürtel von weißem Byſſus. — Die Prieſterklei—
dungen wurden im Tempel bewahrt, die hohepries
fterliche Amtstracht fpäter von den Herodianern
in der Burg Antonia und nur zum Gebraud) her:
ausgegeben. Nach Joſephus ftiftete Salomo 1000
hoheprieſterliche, 10,000 priejterlihe Teidungen.
Aus den abgetragenen Kleidern wurden Dochte
für den heiligen Leuchter und die Tempellanpen
gemacht.
Kleidung, Die geiſtliche. Daf die Priefter auch
im täglichen Zeben eine von der allgemeinen Volks:
tracht fi) unterfcheidende Kleidung anlegten, ift erſt
die Folge eines ausgebildeten Prieſterbegriffs. Die
ältere Kirche tadelte es entſchieden, als die Priefter
von den Aſteten den Vhilofophenmantel anzuneh:
men begannen, Erſt als in die Volkstracht das en:
gere Sagum (urjprünglich nur Kriegsgewand) ftatt
der Tunica eindrang, ſchien die Annahme desjelben
für den friedlichen Charakter des geiftlichen Stan:
des unpaffend. Das Coneil zu Agde 506 ſprach
fhon von einem Unterjchied der geiftlihen und
meltlihen Kleidung, und als dem Priefter gezie:
mend wurde dann in jpäteren Satungen die Ga:
fula bezeichnet, ein weder zu langes ai zu kurzes,
vorn geichloffenes DObergewand. Farbige Gewän:
der unterjagfe das Yateranconcil 1216, und das
Tridentinum beftätigte died nun ſchon geſetzliche
Herkommen, indem es aud die Strafbejtimmuns
en gegen die Uebertretung, weldje daS Concil zu
ienne 1311 aufgejtellt hatte, erneute, zugleich
auch allen Geiftlihen, welche das geiftliche Kleid
nicht anlegten, die Standesprivilegien entzog.
Sirtus V. 1589 erflärte von neuem das lange
ſchwarze ———— Gewand für die entſprechende
Tracht. Milderungen der geſetzlichen Beſtimmun—
gen ſind den Biſchöfen anheimgeſtellt, ebenſo wie
die nähern Vorſchriften über Kopf-, Hals- und
Fußbekleidung. Es iſt daher zwiſchen den Diöceſen
zuweilen Verſchiedenheit zu bemerfen. Die evans
gelifche Kirche kennt feine gefeglihen Vorſchriften
über die bürgerliche Tracht der Geiftlihen. Die
den. Um die priefterliche Heiligleit auch darin an: | Sitte hat ihnen den Gebrauch der ſchwarzen
zuſtreben, trugen es aud) die Phariſäer. Zur prie:
und dunleln Farben vorgejchrieben. Bloß im
Kleidung, geiftliche
Großherzogthum Hefien hat befondere Liebhaberei
des Kirchenregiments feine Fürſorge auf ben
Schnitt der Röde und die Form und Zahl der
Knöpfe erftredt. .
Kleidung, geiftlie, bei den Funttionen. gr
die Gultuäfleivung der Geiftlihen unterfchied fi
in den erften Jahrhunderten nicht von der Volks—
trat; aber das Vorbild des altteftamentlichen
Gottesdienftes, dem man in der Ausbildung des
liturgiſchen Theiles folgte und aus weldem das
Latholiiche Prieftertfum hervorging, wirkte auf
die priefterlihe Kleidung ein, welche in eine
Uebereinftimmung mit der fonftigen Pracht des
Cultus gebradt werden mußte. An Aenderung
und Wechſel hat es auch hier nicht gefehlt. Die ge:
enmwärtig im römischen Miffale Teftgeftelte Amts:
leidung beim Gottesdienſt mag etwa ſeit 800 Jah:
ten üblich fein. Nach dem Miffale hat der Priefter,
welcher ſich zur feier der Meffe anſchickt, in vor:
efchriebener Weije und unter beftimmten Gebeten
(igende Gemwänder anzulegen: den amictus ober
as Humerale, über die Schultern gelegt und durd)
Schnüre, die unter den Achſeln durdgehen und
auf der Bruft verſchlungen werden, befeitigt. Das:
felbe wurbe jeit dem 8. Jahrh. gebräuchlich, diente
urfprünglich um das Haupt zu verhüllen und wurde
im Mittelalter auch Ephod (?) genannt; die alba,
der lange weiße Talar mit Aermeln, wird mit dem
Gürtel (cingulum) umgürtet, fo daß fie faltig
- berabfällt; der manipulus, eigentlih Schweißtuch,
wird über dem linken Arm getragen und war Ir:
wie die Alba von Linnen, jegt von foftbarem Sto
wie dad Meßgewand; die stola, das urfprüngliche
Prieſterkleid, welches über die Schultern gelegt,
vorn und rüdmwärts bis zu den Füßen herunter:
ing. Von weißer Farbe, war es an den äußern
Thelien mit einem Streifen von anderer Farbe
beiegt. Fett ift von demjelben nur der Streifen
ald eine Binde übrig geblieben, welche der Diakon
über die linfe Schulter, der Presbyter über beide
trägt, und über der Bruft in Kreuzesform verbun:
ben ift; dad Meßgewand, die casula planeta, ift
ein langes Gewand, welches, urjprünglih nur mit
einer ——— für den Kopf verſehen, die ganze
Geſtalt umgab; jetzt iſt ſie an den Seiten unter
den Armen offen, hinten und vorn mit einem ge:
ftidten Kreuz verfehen. Hierzu tritt noch das Birett
ober bie galea, eine mit 3 oder 4 Kanten verjehene
Kopfbededung von der Farbe des Talars, mit wel:
her der Priefter zum Altare geht. Bei Proceffio:
nen und feierlihen Acten wird dann noch das
luviale getragen, früher ein Regenmantel zum
Hut gegen die Witterung, jegt ein Prachtmantel
ohne Aermel, der vorn offen ift und fonft den Leib
bededt, von foitbarem Stoff und rei verziert.
Die beiden legten Stüde trägt der Diakon nicht,
. jondern ftatt ihrer die dalmatica, dem Mefge:
wand ähnlich, aber mit Aermeln; wenig von ihr
verſchieden iſt die tunicella des Subdiakons. Bei
Eultusacten außerhalb der Mefie ur der Priefter
den Chorrod (rochettum superpelliceum), ent:
ftanden aus der Verkürzung der alba und ber
stola. Der Biſchof, wenn er die Meffe lieſt, trägt | hab
Denn er figt, wird über jeinem Schooß vom Dia:
fon das gremiale, ein feidened Tuch, gebreitet.
ALS befondere Theile feiner Amtskleidung trägt er
Sandalen, Handjhuhe und Mitre, dazu als In—
fignien der Würde das Bruftkreuz, den Ring und
alle diefe Gewänder ( se um das pluviale).
486
Klerus
ben Krummftab. — Beſondere Vorſchriften über
die Farben der Meßgewänder find im Rituale ge:
eben. Da nad der kirchlichen Farbenſymbolil
eiß bie Farbe der Freude und der Reinheit, Roth
ber freude, Grün der Hoffnung, Blau der Buße
und Trauer, Schwarz der tiefen Trauer ift, fo for:
dert der Ritus die Uebereinftimmung der Farben
fämmtlicher Baramente mit dem Gegenftand der
en refp. mit dem Charalter der
Kirchenzeit; Blau im Advent und Faſten, Grün
nad) Epiphanias und Pfingften, Roth an den bo:
ben Feiertagen. Dabei gilt Gelb für Weiß, Him:
melblau für Duntelblau ; Gold ſowohl wie Weiß in
gemiſchter Stiderei vertritt alle lichten Farben.
Die Kleidung der griechifchen Geiftlichen ent:
fpricht in ihren Theilen bei aller Berfchiedenkeit
bennod der abendländijchen und weift auf den ge:
meinfamen Urfprung. Der alba entfpricht das
oroydpıov, welches ſchon der Lector erhält, der
stola das Wepdpio» der Diakonen und das Enırga-
xijuov der Briefter, dem manipulus die &nweri-
xzıe, dem cingulum die Zwwn, der casula dad
gyelwrıor. Eigenthümlich iſt ald Auszeichnung der
vornehmen Priefter das Epigonatilon, ein vom
Gürtel auf die Kniee herabreichendes Sci. Die
Bischöfe der Griechen tragen den auxxog, ein Br:
wand ohne Aermel mit Glödlein, das uogögor
als pallium und den Hirtenftab; nur der Patriard
von Alerandrien trägt eine Art Mitra.
Die evangelifche Kirche behauptete auch hinſicht
li der Kleidung der Geiftlichen ihre Selbitände-
feit ; die Mefigewänder wurden überall abgeideft,
der weiße Chorrod (rochettum) jedoch vielfad ir:
behalten, in Brandenburg bis in diejes Jahthen
dert; in Schweden ift jogar außer dem meh
Meßhemd über dem langen Briefterrod nod en
——— von ſchwarzem Sammet, mit Silbe
geftidt ohne Aermel, namentlich bei der Bermal
tung des Abendmahls üblich. Auch in England
trägt der Priefter über der Alba ein rothſeidenes
Schulterkleid. In der lutherifchen deutſchen Kirdt
behauptet ſich der ſchwarze Chorrod (Kutte) Zu
thers, mit Bäfihen oder Halskrauſe. Die rei:
mirte Kirche hatte eigentlidy gar keine Amtätradt,
der frühere Mantel wurde aber beibehalten un)
verkleinerte fi in einen jchmalen Streifen Tus,
der auf den Rüden vom Naden herabhing. In de
preußifchen Kirche wurde der ſchwarze Talar mit
Bäfichen durch Verordnung von 1817 allgemein ein:
eführt und wird aud) in andern Kirchen, ſelbſt In
——— und der Schweiz, gebraucht. Da bei get
tesdienſtlichen Functionen unter den proteſtanti
hen Geiſtlichen fein Unterfchied ift, jo ift aud de
mtötracht diefelbe, nur hatten die preußiſchen
Titularbiichöfe dad Vorrechi, einen jeidenen Talet
und ein goldenes Bruftkreuz zu tragen.
Kleophaß, der eine der Emmaus: Jünger. Red
Theophylalt wird er zu den 70 Sein
Begleiter heißt in der Tradition bald Nathanat
bald Lulas, bald Simon. Kleophas ift nicht zu
vermechjeln mit dem Namen Klopas Joh. 12, 15,
obgleich manche kirchliche Schriftiteller dies getbat
en.
ſlerus. Das Wort bezeichnet eigentlich ſodie!
wie Rang, Rangftufe, ordo. Im Neuen Teitamentt
fommt es nur Apftg. 1, 17. 25 in ber —
lichen Bedeutung „L2oos" vor. In der em
ſprache bezeichnet e8, den Laien und dem Volle
entgegengejegt, die Gefammtheit der Geiftligen,
‚
Klefel
487
welche durch die Weihe einen befondern „unaus: | theologifchen Zeitichriften. 3.
Klofter
3. von Flatt's Vor:
Löfchlichen” Charakter und eine beftimmte Macht: | lefungen über die Paltoralbriefe gab er 1831 her:
volltommenheit erhalten haben. Der Klerus jtellt ,
dad eigentlihe Volt Gottes, die Kirche, dar.
Innerhalb des Klerus find Abjtufungen der Weihe
bis zum Presbyteriat, an welches fich das Epiffo:
pat, der Metropolit und Papſt ald Spike an:
fchließt. Durch den Eölibat wurde die Scheidung
zwifchen dem Klerus und dem Volle auf das
ſchärfſte gezogen und die höhere Würde durch
mancherlei äußerlihe Bevorzugungen dem Bolte
zum Bemußtjein gebradt. Da der Klerus aud
bloß ald Rang und unterjchiedene Claſſe gefaßt
murbe, unabhängig von dem Amt, fo gab es im
Mittelalter Cleriei vagantes, Geiftliche ohne Amt,
in der Gegenwart, wo der Tifchtitel Bedingung der
Weihe ift, nur infofern, als Geiftlihe ein nicht
eigentlich geiftliche3 Amt, z. B. an Schulen und
Univerjitäten befleiden. Die evangelifche Kirche
hat den Begriff des Klerus in der Theorie völlig
verworfen, ohne ihn in der Praris ganz überwun⸗
den zu haben.
ſKleſel. S. Khlest.
Kleufer, Johann Friedrich, proteftantifcher
Theolog. Geb. am 24. October 1749 zu Dfterode
am Harz, ftubirte er zu Göttingen und wurde als
Hauslehrer 1773 zu Büdeburg mit Herder befreun:
det, durch den er zum Prorector am Gymnafium
au Lemgo befördert wurde. Seit 1778 Rector zu
Dönabrüd, 1791 Dr. theol., wurde er 1798 ala
Profeſſor der Theologie nach Kiel berufen, wo er
über Eregefe, Kirchengejhichte, Apologetif und
Symbolit lad. + 1827. Außer feinen frühern
Schriften über die Zend-Aveſta, 1777—89, die afia:
tifchen Religionen und die Kabbala gab er 1800
einen Grundriß der theologijhen Encyklopädie
heraus. Ein frommer Mann, von myftifch-theo:
fophifcher Richtung.
Kliefoth, Theodor Friedrich Dethloff, Dr. der
Theologie, Superintendent und Oberlirchenrath in
Schwerin jeit 1850. Geb. 1810 in Körchow (Med:
lenburg), Sohn eines Pfarrers, ftudirte er 1829
—32 in Berlin und Roftod, wurde 1833 Jnftruc:
tor des Erbherzogs Friedrich Franz, welde Stel:
lung er 1840 verließ, um in Ludwigsluſt ein Pfarr:
- amt zu übernehmen; 1844 als Superintendent
nad Schwerin berufen. Er ift ein Hauptvertreter
der lirchlich⸗ lutheriſchen Orthodoxie, die er ald Kir:
chenfürſt rüdfichtölos zur Geltung zu bringen fudht.
Seine Hauptichriften Find : Einleitung in die Dog:
mengeſchichte, Parch. 1839; Theorie des Cultus
der evang. Kirchen, ebd. 1844; die urfprüngliche
Gottesdienftordnung in d. dtſch. Kirchen luth. Be:
tenntnifjes, Roftod 1847; Acht Bücher von der
Kirche, Bd. 1, Schwerin 1854; Liturg. Abhand:
lungen, 8 Bde, Schwerin 1854—61. Weniger
wichtig find feine eregetifhen Arbeiten: der Pro:
phet Sadaarjah, Schwerin 1862; das Bud) Eze:
chiels, 2 Abth., 1864—65; das Bud Daniels,
Scmerin 1868.
Kling, Chriftian Friedrich, geb. am 4. Novem:
ber 1500 zu Altdorf in Württemberg, ftudirte in
Tübingen, wurde dort 1824 Repetent, 1326 Dia:
fonus zu Waiblingen, 1832 Brofeffor der Theolo:
gie zu Marburg, 1840 zu Bonn, legte 1847 feine
Profeſſur nieder und wurde Pfarrer zu Ebersbach
in Württemberg, dann Decan zu Marbach. + 1861.
Seine rege foriftftelleriiche Thätigleit wandte er
hauptſächlich auf die Mitarbeit an verſchiedenen
aus; ein felbftändiges größeres Werk von Kling
ift der Commentar zu den Korintherbriefen in
Lange's Bibelwerk. Seinem theologischen Stand:
punft nad) gehört er zu der Bermittlungstheologie
der pofitiven Union.
Klopftod, Friedrich Gottlieb, geb. am 2. Juli
1724 zu Quedlinburg, ftudirte in Jena Theologie,
ging aber nad) dem erſten Semefter nad) Leipzig,
um fi bloß der Poefie zu widmen und ſchloß ſich
dem dortigen Dichterbunde an. 1748 nad} der Her:
ausgabe der eriten Geſänge des Meſſias ward er
Hauslehrer in Yangenfalza, lebte dann 1750—51
in Zürich bei Bobmer, danad) in Kopenhagen ala
dänifcher Legationsrath (jeit 1763) und ſeit 1773
in Hamburg. 1774 berief ihn der Markgraf von
Baden nad Karlsruhe, doch durfte er mit Beibe:
haltung feines Titeld als Hofrath und mit einem
lebenslänglichen Gehalt nah Hamburg 1775 zurüd:
fchren ; dort jtarb er am 14. März 1803 und wurde
auf dem Kirchhof zu Ditenfen begraben. Als reli:
giäfer Dichter ift Klopftod von großer bleibender
edeutung aud bei den Schwächen, die feinem
Hauptwerfe, dem Meſſias, antleben. Zu diejem
faßte er ven Plan bereits in Schulpforta, es erichien
in Abtheilungen von 1748—73, zum erften Mal
vollitändig 1780. Die Begeifterung, mitwelcher das
Wert aufgenommen wurde, galt aud dem tiefen
Gefühl, mit weldem die religiöfen Wahrheiten des
Chriſtenthums vorgetragen und die geiltige Schön:
heit deöjelben als Gegengewicht in der Zeit der
Aufklärung dargeftellt waren. In ſeinen chriſt—
lihen Oden betrat Klopftod ein bis dahin in der
deutjchen evangelifchen Kirche noch ganz unange:
bautes Gebiet der chriftlichen Poeſie. Bon feinen
Liedern werben einzelne, wie das belannte „Auf:
erftehn, ja Auferitehn” aus unfern Gefanabücern
nicht mehr verfchwinden. Val. Gelzer, die deutjche
poetifche Literatur feit Klopſtock. Nach ihren ethi:
ſchen und religiöfen Geſichtspunkten, 1841.
Klofter (claustrum, verfchlofjener Ort) ift das
Gebäude, in welchem Mönde oder Nonnen nad)
beitimmten Regeln gemeinjam leben. Seine Ent:
ftehung bezeichnet den Zeitpunft, wo das Eremi:
tenleben in das Mönchsweſen überging. Die älteite
Form ift die der Laura, d. h. Dor!, Die einzelnen
Alfeten nämlich bauten ihre Hütten nahe zufam:
men um die Zelle eines Vorftehers. Die engere
Gemeinſchaft forderte ein gemeinfames Gebäude,
Die Einrihtung der Klöfter ift nach Zeit und
Orden verjchieden. Aeltere Klöfter hatten nur ge:
meinjame Räume, auch den gemeinjamen Schlaf:
faal, dormitorium, wo des Abies Bett in der
Mitte ftand, umgeben von den Lagerftätten der
Mönche. Danad) wurde jedem der Möndhe feine
Belle gegeben, um die Einfamfeit des Aijteten mit
der Gemeinfchaft zu verbinden, oder es entitanden
um das Kloſter wieder einzelne Zellen für Eremi:
ten, die-mit demjelben in Verbindung blieben.
Auch Doppelftöfter entitanden, ein Mönds: und
ein Nonnenklofter, zwar getrennt, aber dennoch
räumlich verbunden und unter dem gemeinſamen
Regimente desjelben Abtes und al Ara Hegel.
Am meiften haben fich die ältern Formen des Klo:
fterlebens in der morgenländifchen Kirche erhalten,
z. B. auf dem Berg Athos, auf dem Sinai, zu Etſch—
miadzin in Armenien. Jm Abendland traten die
Klöfterimmernurals einheitliheund abgejchlofjene
Klofter
Gebäude auf. Bei aller VBerfchievenheitder Baur:
art findet ſich durchgehends außer der Kirche mit
dem Chor, d. h. dem durch den Hodaltar oder
fonjt von dem Schiff getrennter Raum für die
Ordensglieder zur Verrichtung des Dfficiums, der
Kreuzgang, meist die Begräbnißftätte, wenn nicht
die Kirche dazu benußt wurde, das Nefectorium, der
gemeinfame Speifefaat, der Capitelſaal, die Zellen
oder das Dormitorium. Außerdem Kranfenzimmer,
Beichtzimmer, Sprechzimmer in Ronnenklöftern.
Bei größern und reihern Klöftern find inner:
halb der den Klofterraum umſchließenden Mauern
auch die Wohnungen des Klofterperjonald und die
durch den weltlichen Befit erforderten Räumlich—
feiten. Urſprünglich bildete jedes Klofter eine Welt
für fih; unter der unmittelbaren Leitung feines
Abtes oder Prior unterjtand es in firhlicher Be:
ziehung der Aufficht des Biſchofs. Einzelnen be:
beutenderen Klöftern gelang es, durch päpſtliche
Privilegien und Eremptionen fi Befreiungen von
diefem bifhöflihen Auffiht3: und DOrdinations:
rechte zu verichaffen. Die ——— änder⸗
ten dies Verhaͤltniß. Jedes Kloſter wurde Glied
einer Congregation ; obwohl es in Bezug auf Ber:
mögen und Aehnliches jelbftändig blieb, wurde es
in die Gemeinfchaft der Ordensinterefjen hinein:
ezogen, und dieje gingen auf Unabhängigkeit von
en Bifchöfen, die durch unmittelbare Unterwer—
fung unter den Papft gewonnen wurde. So ver:
loren die Biſchöfe während des Mittelalters immer
mehr von ihren Rechten, die Klöfter wurden in
dem ftillen Ringen der biſchöflichen und päpftlichen
Gewalt die treueften Schildfnappen der letzteren
und dafür mit immer reicheren eivitegien bevor:
zugt. Durch den Ordensverband gewannen fie auch
einen Schub gegen die Eingriffe der weltlichen
Mächte, welche durch das Inſtitut der Advocatie
oder Kloftervogtei eine Handhabe gewannen, auch
wohl wie Karl Martell verſuchten, Günitlinge
mit den Kloftereintünften, glei wie mit andern
tirchlichen Beneficien zu begaben. Die Anzahl der
Klöfter ftieg inzwifchen ins Ungeheure, längjt hat:
ten fie die Einöden verlaffen und waren in Mitten
der Städte errichtet. Die Abgeſchloſſenheit und
die Vorrechte begünftigten den Verfall der Sit:
ten und ber Zudt, und viele Klöfter wurden die
Stellen der ausgelaſſenſten Zügellofigkeit, um jo
mehr, al3 häufig Schon die Stellen der reichern
Klöfter zu einem Belig der ummohnenden Adels:
familien für ihre jüngern, mit Erbqut nicht bedach⸗
ten Glieder wurden. Mit der Reformation fchien
die Geſchichte der Klöfter abgeſchloſſen, allgemein
wurden fie ald eine Einrichtung betrachtet, Die ſich
überlebt habe. Der Jefuitenorden wählte für ſich
feine Klöfter mehr. Es war weder nöthig, Behufs
der Gründung und Ausbreitung des Ghriftenthums
im heidnifchen Lande in den Klöftern fefte Punkte
u befigen, von denen aus mit —— irdi—
cher Zwecke geſammelte Kräfte das Evangelium
verkündigten, noch in bewegter Zeit ſtillern und in
ſich gewendeten Gemüthern Ruhe und Muße des
Studiums und der Erbauung zu gewähren, denn
dieſe beiden Gründe ſind es, welche die Klöſter zu
ſegensreichen Inſtituten ihrer Zeit machten. Auch
bedurfte die Herrſchaft Roms jetzt anderer und
beſſerer Vorkämpfer, als bisher die Klöſter der
Bettelmönche geſtellt hatten. Daher wurden nicht
bloß in den evangeliſchen Ländern die Klöſter
ſäculariſirt und eingezogen, fo daß die Gebäude,
488
Kloftergelübbe
ſoweit fie nicht zu andern Zmeden dienten, in Aui=
en zerfielen, auch in fatholifhen Ländern wurde
manches Kloſter verlaffen, weil die bisherigen Ein:
nahmen verfümmurten oder e8 an Novizgen man:
Son Viele Klöfter wurden in den Religionsfriegen
eutfchlands, Englands und Frankreichs zerftört.
Die Joſephiniſche Reform in Deſterreich hob 800
Klöfter auf. Den vernichtenden Schlag führte die
franzöfifche Revolution, weldye alles Kloftergut
zum Staatögut machte. Selbit in Spanien, wo
ſchon während des franzöfifchen Krieges die Klöſter
an Zahl und Bermögen viel eingebüßt hatten, wur:
den (1835) 900 geile Häufer eingezogen, weil
fie nicht mehr 12 Mitglieder hatten. Nur den barm:
herzigen Schweitern geftattete Napoleon I. 1807
wieder die Freiheit des Höfterlihen Lebens. Die
firhliche Reaction feit 1814 hat dann auch mit
vielem Eifer auf Wiederaufrihtung von Klöftern
hingemirtt und ed gelang ihr, in Spanien und
Portugal eine Erftattung des Kloftergutes zu er:
langen. In Frankreich und in Belgien blühten fie
neu wieder empor. In Deutſchland ift Bayern das
mit Klöftern wieder am meiſten geſegnete Land, auch
am Rhein und in Weftphalen find in den letzten 2U
Jahren jäyrlich neue Klöfter entitanden. Mit den
Frauenklöſtern find meiftens Erziehungsanitalten
oder Krantenhäufer verbunden. Die vom Triden:
tinum getroffene Beitimmung, durch welche den
Klagen der Biſchöfe begegnet werden follte, daß
alfe Klöfter, obwohl fie unter päpftliher Oberbo:
heit ftehen, dem Aufſichtsrecht der Biſchöfe unter:
geben fein jollen, ift bis jegt aufrecht erhalten ; es
tft in der Gegenwart aud das Intereſſe der Bi:
ſchöfe und des Papſtes jo eng mit einander ver:
bunden, daß weder diefer noch jene ein entgegen:
ejegtes Intereſſe an den Klöftern haben könnten.
Val. Helyot, Geſchichte aller Klöjter unt Ritter:
orden, 1753; Muſſon, pragm. Gefchichte der vor:
nehmiten Mönchsorden, 1774; Döring, Geſchichte
der Mönchsorden, 2 Boe., 1828; Fuhr, Gejchichte
der Mönchsorden, 1845; Möhler, Geſchichte des
Möndthums in der Zeit feiner Entjtehung. Gei.
Schriften, II; Mangold, de monachatus origine
et causis, 1852.
Klofterbruder, conversi, waren die2aien, welche,
ohne die vollen Ktloftergelübde abzulegen, an das
Klofter fich anfchloffen. Ihnen wurden in der Re:
gel die äußern Gejchäfte übertragen, und manches
weltliche Klofteramt konnte nur von ihnen befiei:
det werben.
Kloftergeiftlier. Nach; der Regel des Baſilius
follte jedes Klofter unter feinen Gliedern einige
geweihte Priefter haben, während früher dieje von
dem Cönobitenleben ausgejchlofjen waren. Später
wurde es Regel, daß die meiften Mönche Prie:
fter waren, Zwar verbot noch Calirt II. 1122 den
Mönchen, Beichte zu hören und öffentlih Meſſe zu
lejen, aber bald gejtatteten päpſtliche Privilegien
nicht nur, daß die vom Klojter abhängigen Stellen
mit Kloftergeiftlichen befegt, jondern daß auch an:
dere geiftlihe Aemter auf diefe übertragen wur:
den. Der Kloftergeiftliche fteht unter einem befon:
deren geiltlichen Dbern und ift an die Regel des
Drdens in feiner Lebensweiſe gebunden.
Kloftergelübde ift das — Verſprechen,
welches als Bedingung der Zulaſſung beim Ein-
tritt in das Kloſter abgelegt wird. Es ift die nöl-
lige Unterwerfung unter die Regel des Klofters.
Alle Hloftergelübde enthalten diedreider Keufchheit,
Klofterhof
der Armuth, des Gehorfamd. Das Klofterge-
lübde will damit die völlige Darbringung der eige:
nen Perſon an Gott, die Verzichtleiitung auf feine
Rerjönlichkeit, die unbedingtejte Selbjtverleugnung
fein. Nach kirchlichem Rechte ift das einmal gelei:
ftete Kloftergelübde lebenslänglich und unauflös:
lich und ftärter, ald jede andere menſchliche Ver:
pflichtung. So löſet z. B. das Kloftergelübde eines
Ehegatten für ihn die Che auf. Nur der Papit
tann davon dispenfiren. Nerere Staatsgeſetzge—
bunaen haben das lebenslängliche Gelübde jür un:
zuläſſig ertlärt und bejtimmen feine Dauer auf 3
oder 5 Jahre, nad) deren Ablauf es erneuert wer:
ben muß.
Ktloflerhof (grangia) iſt der Defonomichof des
Klofters, weldyer die zur Führung der Landwirth—
ſchaft nöthigen Gebäulichteiten umfaßt. Er durfte
nicht unmittelbar mit dem Klojter verbunden fein.
Bei großer Entfernung war für die dort beſchäf—
tigten Mönche und Laienbrüder ein eigenes Ora—
torium errichtet. Die Privilegien des Klofters
(Steuerfreiheit 2c.) erjtredten Ni nicht auf den
Klofterhof.
Ktloflerregeln. S. Möndäregeln.
Klofterſchulen. Bei der Organijation des Klo—
fteriebens durch Pachomius und Bafilius war ſchon
Rüdfiht auf Unterricht und Erziehung genommen,
nicht bloß der Klojtergenofien, jondern auch der
dem Kloſter anvertrauten jungen Leute. Noch mehr
geihah dies in der Kegel des heil. Benedict. So
verbanden ſich mit allen bedeutenden Klöftern
Schulen, zunächſt mit der Beſtimmung zur Aus:
bildung von Klerilern. Berühmte Schulen des 6.
und 7, Jahrhunderts find die der Klöſter Lerinum,
Tours und Boitierd und das Klojter Bangor in
Irland. Karl der Große verlangte durch die Con-
stitutio de scholis instituendis 787, daß bei allen
Domitiftern und Abteien Schulen errichtet werden
—— Bu dem bisherigen trivium, Grammatik,
hetorif, Dialektit, fam nun das quadrivium,
Mujit, Geometrie, Arithmetif, Aftronomie, hinzu.
Es jollten auch dieſe Schulen nicht mehr bloß auf
die Bildung der Geiftlihen gerichtet fein. Daher
theilten fie fich feit 817 in schola» interiores, die
von Kindern befudyt wurden welche dem Klofter:
leben geweiht waren, und scholae exteriores für
Zöglinge des weltlichen Standes. Auch mit den
Nonnentlöftern wurden Schulen verbunden, in
welden neben dem credo und pater noster weib:
liche Arbeiten und ſelbſt Xatein gelehrt wurde.
Durchgängig waren diefe Schulen aber nur den
Kindern höherer Stände geöffnet. Befondern Ruhm
behielten die Schulen der Benedictiner, welche ihren
fähigften Gliedern das Amt des Scholafters, des
Voritehers der Schule, Üübergaben, das aber jelbit
die Aebte oft fortführten. Die Klofterjchulen ver:
foren ihr Anjehen mit dem Verfall des Kiofter:
lebens überhaupt und dem Aufblühen des Huma—
nismus, der Afademien und Univerfitäten; die
Jeſuitenſchulen drängten fie vollends in den Hin:
tergrund. Zur Zeit find nur noch mit einigen
Frauentlöftern Erziehungs: und Unterrichtsanftal:
ten verbunden, — Der Name Kloſterſchulen hat
ſich in einigen evangeliſchen höhern Schulen erhal:
ten, welche in den Gebäuden früherer Klöſter er:
richtet und mit deren Gütern ausgeftattet find.
Berühmte Kloſterſchulen des Mittelalters waren
Bec, Clugny, Corvey, Fulda, Friklar, St. Gallen,
Hirſchau, Lobbes, Monte-Caſſino, Reichenau u. U.
489
Knabenfeminar
Klofterverweifung (detrusio in monasterium).
Seit dem 5. Jahrhundert pflegte man die verbres
cheriſchen und häretiihen Kleriker, welchen ihre
Standesvorrechte entzogen wurden, in ein Kloſter
zu verjtoßen, um nicht durch ein Hinausfegen un:
ter die Laien die Würde des Standes zu gefährden.
Als Zucht: und Strafmittel angewendet, konnte
die Klofterverweifung auf beftimmte Jahre oder
lebenslänglicdh ausgeiprochen werden.
Kloſtervogt. S. Kirchenvogt.
Kloſterweſen. S. Mönchthum.
ſtlüpfel, Engelbert, eigentlich Johann Andreas,
latholiſcher Theolog. Geb. am 18. Januar 1783
zu Wipfelda, einem Dorfe in Franken, ſtudirte
er zuerſt in Würzburg, trat 1750 in den Orden der
Auguſtiner-Eremiten und ſetzte dann ſeine Stu—
dien in Freiburg und Erfurt fort. 1756 zum Prie—
fter geweiht, ward er 1758 als Lehrer an das
Gymnafium zu Männerftadt gefhidt, 1763 nad)
Oberndorf und nad beendigtem philofopbiichen
Lehramtscurfus als Lehrer der Theologie zu Mainz
und Conjtanz verwendet. Eine Difjertation ver:
Ichaffte ihm die Profeffur der Dogmatik zu Frei:
burg 1767, die er bis 1805, wo er um feine Ent»
laffung einfam, verwaltete, indem er andere ihm
angebotene Stellen ausfhlug. Der Joſephiniſchen
Richtung zugethen, hatte er fi anfangs der An:
feindung der Jeſuiten zu erwehren, aud wegen
einer Schrift über den Ablaß mande Verunglim—
pflng zu erdulden, wurde aber von Maria Therefia
und Joſeph 11. mit vieler Auszeichnung bedacht.
Gegen die protejtantifche Aufllärung (wie Semlers
Institutio) wandte cr ſich in einer Aufjehen er:
regenden Necenfion in der von ihm herauägegebe:
nen Nova bibliotheca ecclesiastica (ſeit 1775).
Geft. 1811. Sein Hauptwerk ijt die Dogmatif:
Institutiones theol. dogm., Vindob. 1789, Das
Verzeihniß feiner Schriften in den Lebenäbeichrei:
bungen von Hug, 1811 und Kasp. Ruef, 1827.
Klugheit (prudentia) ermeift jich in der Wahlder
echten Nittel zum beabjidhtigten Zwed. Sie ijt da:
ber eine dem Ehriften zur Erreichung feines höchften
Lebenszieles unentbehrlihe Tugend. Gepaart mit
der Weisheit, die den wahren höchſten Zmed er:
fennt, wird fie durd) die Yiebe zu Gott und dem
Nächten davor geihügt, zu ſittlich verwerflichen,
aber anjheinend fürdernden Mitteln zu greifen.
Gewöhnlich wird indeh das Wort Klugheit eben
im Unterfhiede — wenn aud) nicht als Gegenſatz
— von Weisheit, und nur in Bezug auf Zwecke
gebraucht, die im Gebiete des bürgerlich-weltlichen
Lebens liegen.
—— Nach der Verordnung des Tri⸗
dentinums ſollen in jeder Diöceſe Erziehungsan—
ſtalten errichtet werden, in welche Diejenigen, die
ſich dem geiſtlichen Stande widmen wollen, ſchon
in frühefer Jugend eintreten können, zur Vorbe—
reitung auf die bifhöfliden Priejterjeminare.
Einige Anabenjeminare, welche in Conitanz, Frei:
fingen, Paſſau u. a. D. errichtet wurden, gingen
im 18. Jahrhundert wieder unter und nu uf:
hebung des Jejuitenordens wurden in Deutjchland
durchgängig die Aipiranten der Theologie auf den
öffentlichen Gymnafien und Lyceen aebildet. Die
Nothwendigfeit aber, zur Pflege und Ermedung
eines vollftändig kirchlichen Sinnes die Gentüther
der Jugend früh in eine beftimmte Richtung zu
—— und ſie den Einflüſſen der freien Wiſſen—
ſchaft unzugänglich zu machen, hat in den letzten
Knak
Jahrzehenden mehrere folder clericalen Knaben:
feminare hervorgerufen.
Knaf, Guſtad, Prediger an der Bethlehems:
kirche in Berlin, geistlicher Liederdichter (Simon
Johanna, haft du mid) lieb? 1829; Zionsharfe,
1843). Früher ſchon durch Theilnahme oder Ber:
anlafjung politiſcher Adreffen befannt geworden,
bat er ſich 1868 durch fein offenes Bekenntniß zu
der Weltanfhauung der Bibel, auch wo diefe mit
unzweifelbaften Erfahrungen und dem Copernica:
nischen Syftem in Widerſpruch fteht, das Verdienſt
erworben, die Eonfequenzen einer einfeitigen Rid):
tung offen an den Tag zu bringen.
Knapp, Albert, geb. zu Tübingen am 25. Juli
1798, machte feine Studien auf den Seminaren
zu Maulbronn 1814, Tübingen 1816 und der Uni:
verfität dafelbft, wurde 1820 Vicar zu Feuerbach,
danach zu Gaisburg, 1825 Diafonus zu Sulz am
Nedar, 1831 zu Kirchheim unter Ted und 1836
zu Stuttgart. + 1864. Seine religiöje Richtung
war durch den ihm eng befreundeten L. Hofader
bejtimmt. Knapp ift einer der beveutendften geift:
lihen Dichter der Gegenwart. Von 1833—53 gab
er die Chriftoterpe heraus, einen Almanach mit
Auffägen, Gedichten u. dgl. religiöfen Inhalts,
namentlich manche von ihm gejchriebene werthvolle
Biographien enthaltend. Außer verſchiedenen
Sammlungen eigener Gedichte erfhien von ihm
der evangelifche Liederſchatz für Kirche und Haus,
Stuttg., 2. Aufl. 1860. Vgl. die von feinem Sohne
herausgegebene Biographie.
Knapp, Georg Chrijtian, geb. zu Halle 1755,
bejuchte die Schulen und die Univerfität zu Halle,
bezog dann Göttingen und erhielt jeit 1775 Ma:
giſter der Bhilofophie, 1777 eine außerordentliche,
1787 eine ordentlihe Profefjur der Theologie zu
Halle. 1785 wurde er neben Niemeyer Director
der Franke'ſchen Stiftungen und beflefbete dieje
Aemter bis an feinen Tod (14. October 1825).
Seine Ausgabe des griehifchen Neuen Teftaments
erſchien in 3. Aufl. 1824; auch feine Ueberjegung
ber Pfalmen mit Anmerkungen (Halle 1776, 3.
Aufl. 1789) hat mit Necht Beifall gefunden. Seine
Vorlefungen über Glaubenälehre gab nad) feinem
Tode Thilo heraus. Aus der alten pietiftifchen
Schule hervorgegangen, aber ein Schüler von
Semler und Gruner, war Knapp Vertreter einer
nicht kirchlichen, aber ftreng bibliſch-oſſenbarungs⸗
gläubigen Theologie. — Der Bater desjelben, Jo:
hann Georg Knapp, Profeſſor in Halle und Direc:
tor der Halle'ſchen Stiftungen, + 1771, ift einer
der bedeutenderen Vertreter des ftrengen Pietis:
mus,
Knecht bei den Hebräern. S. Sklave.
Kniebeugung war als Zeichen der höchſten De:
müthigung in der alten Een Kirche nur den
Bühenden —— (ſ. Bußgrade), da man
früher ſtehend beteie. Erſt allmählich iſt fie allge:
meine Gultusfitte geworden, welche von der römi:
ihen Kirche beim Empfang des Abendmahl und
als Begrüßung des Hochwuͤrdigſten vorgeſchrieben
ift. Die evangelifhe Kirche hat die Aniebeugung
beim Abendmahlsgenuß ald Sitte in verjchtede:
nen Gegenden feftgehalten, als Eultusfitte kommt
fie in manchen Orten bei der Gonfirmation und
Ordination während der Handauflequng vor. Nur
eine Berirrung des proteftantiihen Geiftes hat
das, Fehlen der Aniebeugung als einen verderbli:
hen Schaden der Kirche bezeichnen können.
4%
Knor
Rniebengungsftreit. Das Minifterium Abel in
Bayern erließ 1838 eine Drdre, wonach bei Frohn⸗
leihnamsproceffionen und auf Wachen, wenn das
Hochwürdigſte vorbeigetragen werde, auch die evan-
elifchen Soldaten niederfnien follten. Diejer
efehl erregte unter den Proteftanten keine ge:
ringe Bewegung. Obgleich felbft der Landtag die
Aufhebung desfelben begehrte (dev Reichstag
ftimmte dem Beſchluß nicht bei), hob doch erft 1844
ein königliches Edict denfelben wieder auf.
Knipperdölling, Bernhard, ein Bürger in Mün—
ber, hatte auf der Wanderſchaft die Lehre der
iedertäufer angenommen. Er nahm die Hollän:
der Joh. Matthys und Joh. Bodhold bei jih auf
und war mit Rottmann der Führer der Partei,
Durd) feinen Anhang zum Bürgermeifter gewählt
1534, vertrieb er alle Anderögläubigen aus der
Stadt und bot die Hand zur Einführung ber theo:
fratifhen Pöbelherrihaft. Nah der Erhebung
Bodholds zum theokratiſchen König begnügte er
fih mit der Würde des erſten Statthalters. Als
Haupt der Wiedertäufer wurde er nad) ber Erobe
rung Münfterd 1535 am 23. Januar 1536 mit
glühenden Zangen zu Tode gezwidt und feine Zeihe
in einem eifernen Gitterkorb am Lamberts:Thurm
aufgehängt. Vgl. Conr. Heresbachii hist. fac-
tionis Monasteriensis, ed. Boutermwel, Elberfeld
1866. ‚
Knipftro, Johann, der Reformator Pommern.
Geb. am 1. Mai 1497 zu Sandom in der Altmarl,
trat er früh in den Franciscanerorden und ftudirte
u Frankfurt a. d. O. Weiler hier bei der Tegel:
fun Disputation 1518 die Thefen desfelben in
Luthers Geift angriff, ward er in das Klofter Pr:
rig in Hinterpommern gejchidt. Hier gemann et
aber die Mönche und die Stadt für die Reforma—
tion, mußte vor dem Biſchof fliehen und predigte
in Stettin 1523 (wo er ſich verheirathete), Star:
gard ald Diakon und in Stralfund als Baftor und
uperintendent. Er organifirte das Neforme:
tionswerk zu Greifswald und Eldena und murde
dann Generalfuperintendent zu Wolgaft. In Gr:
meinjchaft mit dem Superintendenten B. v. Rhoda
verfaßte er eine Agende 1544, aud gilt er alö
Verfaſſer des 6. Hauptftüds in Luthers Katedis
mus, Mild und gemäßigt, bewahrte er jeine Kirdt
vor Fehlgriffen und Verwirrungen. + 1556.
Knobel, Dr. Karl Auguft, geb. am 7. Auguit
1807 zu Tſchecheln bei Sorau in der Lauſit ald
der Sohn eines Landwirths, machte feine Studien
auf dem Gymnafium zu Sorau und der Univer:
fität Breslau und trat dort 1831 als Privatdocent
auf. 1835 ward er a. o. Profeffor, 1838 Dr. theol.
und Brofeffor zu Gießen. + 1863. Ein durd Ge—
lehrſamkeit und nüchterne Bejonnenheit auge
eichneter altteftamentlicher Exeget auf rationalt:
hilchem Standpunfte. Hauptwerte: Commentar
über Roheleth, 1836; Prophetismus der Hebräkr,
1837; Böllertafel der Genefts, 1850; mehren
Commentare in dem kurzgefaßten eregetiichen
Handbuch zum Alten Teftament: Genefis, 182,
2. Aufl. 1860; Exodus und Leviticus, 1857; Ru:
meri, Deuteron. und Jofua, 1861; Jejaia, 1843,
2. Aufl. 1854, 3. Aufl. 1861. .
ſtnox, John, der Gründer der ſchottiſchen Kirche.
Geboren 1505 zu Gifford bei Habdington In
Schottland, hatte er zu Glasgow und St. Andrew!
Theolonie und Philofophie ftudirt, war dann
Priefter geworden und als Lehrer zu St. Andremd
Knutfen
491
Köln, das Erzftift
aufgetreten. Alser fich, feit 1535 an der fatholifchen ı bort in Tractaten eine atheiftiiche Lehre, welche
Kirche irre geworden, von derjelben 1542 losgefagt
batte, hielt er fi in Südſchottland auf unter dem
Schutze einiger Adeligen als Lehrer ihrer Kinder.
Nach der Ermordung des Cardinald Beatoun, die
er gebilligt hatte, wurde er Prediger der Befagung
von St. Andrews 1546, mit derjelben von den
de gefangen und auf die Galeeren gebradit.
urd den ‚Frieden zwifchen England und Schott:
land befreit, ging er nad) England, diente 2 Jahre
der ‚Gemeinde Berwick ald Prediger, ward dann
Gaplan Edwards VI, und Mitarbeiter bei der Ab:
faſſung deö Common prayer book, ohne die in
demjelben ausgeſprochene Beibehaltung der Gere:
monien zu billigen. Nach der Thronbejteigung Ma:
ria's 1553 floh er 1554 nad) Genf, trat dort in
enge Verbindung mit Calvin, ward Prediger an
der Gemeinde daſelbſt und befchäftig*te ſich mit der
Ueberjegung der Bibel, war inzwiichen auch 1554
eine furze Zeit ald Prediger der englifchen rem:
bengemeinde in Frankfurt a. M. thätig, bißer dem
—— über die engliſche Liturgie durch ſeine
ntfernung auswich. Die Verbindung mit der
Heimath hatte er durch Briefe, Schriften und Be:
ſuche aufrecht erhalten; der Aufforderung zur Rüd:
kehr folgte er 1559, als der Adel nach feinem Sinne
den Bund „der Gemeinde Ehrifti” geichlofien hatte
und der Krieg gegen die Regentin ausbrach. Pre:
digend und reformirend, entmwidelte er nun eine
ausgedehnte Thätigkeit, vermittelte aud) die Ver:
bindung der Schotten mit Elifabeth von England
und wurde, ald die Franzoſen abzogen und nach dem
Bertrage vom 8. Juli 1560 das Parlament zufam:
mentrat, welches den Fatholifchen Cultus ablhaffte
und durd die Annahme des von Knor verfaßten
Glaubenäbelenutniffes und des Difciplinbuches
die presbyterianiihe Kirche Schottlands einrich:
tete, zum erften Prediger Schottlands an St. Gi:
les in Edinburg beftellt. Als die Königin Maria
Stuart 1561 nad Schottland zurüdfehrte, begann
“ für ihn ein neuer Kampf gegen ihren Katholicis-
mus und die frivole Liederlichkeit des Hofes. In
feinem Auftreten gegen Maria zeigt er fich ebenſo
wie jonft von der theofratischen Idee geleitet, nach
welcher er fi) au) in feiner Rüdfichtslofigteit die
altteftamentlihen Propheten zum Borbild nahın.
Ein gegen ihn 1563 angejtrengter Hochverraths:
proceß endigte mit feiner Freifprehung. VBergeb:
lid) fuchte er die Heirath der Königin 1565 mit
dem fatholifhen Darnley zu hindern. Die Ermor:
dung Rizzio's 1566, Darnley's 1567, die Heirath
Maria’s mit —— ihre Flucht und Gefangen:
nahme und die Regentidaft des Grafen Murray
brachten den Umſchwung und die ang Beitä:
tigung der preöbyterianiihen Kirche. Knox gab
feine Sulimmung zur einjtweiligen Beibehaltung
der biſchöflichen Aemter. Ein Schlaganfall traf
ibn 1570, er ftarb 1572. Er war zweimal verhei:
rathet geweſen. Er fchrieb die Geſchichte der fchot:
tifchen Reformation bis 1564, 1. —* 1586 ;
Glasg. 1831 durh Mac. Gavin. Bal. Mac Crie,
Life of J. Knox, 3. Aufl. 1814, über). von Bland
1817; Weber, die alatholiſchen Kirchen und Sec:
ten von Großbritannien, Bd. I. und II. und Stup,
und Krit., 1842; Arummadher, Knox und Maria,
1857; Brandes, J. Knox, 1862.
Knutien, Matthias von, auch Knutzen, geb. zu
Dldensworth in Schleswig, fam 1774 als Candi: | ftift umaebenden Gebieten feften
jede Offenbarung und den Glauben an Unfterb»
lichfeit leugneie und das eigene Gewiſſen als all:
einige Norm des Handelns hinftellte. Dabei ver:
— er die Ehe, welche mit Hurerei auf gleiche
Stufe Ang wurde. Da er fich eines großen An:
hangs der „Gewiſſener“ rühmte, jo widerlegte ber
alademiſche Senat dieje Behauptung in einer eiges
nen Dentihrift, worauf Knutſen Jena verlief
und verichollen ift. Vgl. Rofjel, Stud. und Frit.,
1844 ; Lipfius, Hall. Encyllopädie, Bd. LXVI.
Köln, das Erzſtift. Die Sagen über die kirch—
lihe Vorzeit Kölns find alle unermweislih. Nach
denjelben foll der heil. Maternus (der Yüngling
von Nain), ein Schüler des Apofteld Petrus, der
erſte Biſchof geweſen fein, auch die heil. Helena die
Kirche zu Et. Gereon gegründet haben; der erſte
Biſchof von Köln, welcher erwähnt wird, ift Ma-
ternus unter Gonftantin 313. Derfelbe war einer
der Richter in den Donatiſtiſchen Streitigleiten
und unterjchrieb die Acten des Concils von Arles
314. Daß in der alten Ubierftabt, welche als rö—
mijche Colonie (Col. Agrippinae) und dann auch
als Hauptſtadt der ripuarifchen Franken eine große
Bedeutung erhalten hatte, das Chriftenthum früh
gepflanzt gemefen fei, darauf weiſt auch die Sage
von der heil. Urjula und Anderes hin; zu einer
ungeftörten Entwidlung des Chriſtenthums kam e3
jedoch nicht vor dem Uebertritt Chlodwigs und der
Einverleibung der Stadt in das Frankenteich. Zunt
Erzbisthum war Köln bereits von Bonifacius be:
ftimmt, der danad) Mainz lie Unter Karl
dem Großen aber wurde das Erzitift dauernd ein:
gerichtet und ihm die Bisthümer zu Tungern (Lüt:
tich), Utrecht, Dänabrüd, Minden, Münfter und
Bremen als Suffragane untergeben (Bremen und
Utreht wurden jpäter eigene Erzbisthümer und
Minden ging in der Reformation verloren). Die
Diöcefe umfaßte das linfe Rheinufer zwifchen
Trier und Utrecht und das Herzogthum Weſtpha—
len. Die Reihe der politijch bedeutenden —
eröffnete Bruno (453—65), der Bruder Otto's I.
Von da an wuchs durd) päpftliche und Faijerliche
Beglinftigungen die Macht und dad Anfehen der
Kölner Erzbiſchöfe immer mehr. Die furfürftliche
Würde bejaßen fie jhon im 11. Jahrhundert ; fie
waren Kanzler des —— Stuhles (1052) und
Erzkanzler des römiſchen Reiches. Mit dem Stifte,
welches feine Beſitzungen durch Erbſchaft und Kauf
bedeutend ausgedehnt hatte, wurde das Herzog:
thum Weftphalen dauernd verbunden 1180, wo:
durch ſich die Gewalt des Erzbifchofs auch über die
Diöceſe Paderborn ausdehnte. Es umfafte vor
der Reformation 120 Duadratmeilen mit ca.
230,000 Einwohnern. Da aber das Gebiet von
den Ländern vieler anderer Herren durchſchnitten
war, wie Cleve, Jülich, Geldern, Mörs, Mark, jo
verwidelte dies die Erzbifchöfe in zahllofe Fehden,
zu denen noch die bleibenden Streitigkeiten mit
der freien Reichsftadt Köln famen, dur welde
Kurfürft Engelbert II.(1261— 74) genöthigt wurde,
feine Refidenz nad) Bonn zu verlegen. Die Stifte:
lande litten unter dieſen Fehden oh unfägli und
die kirchlichen Berhältnifte geriethen in die trau:
rigjte Verfafjung (vgl. Acten der Brov.:Synode
von 1260 bei Darkheim, Concil. German., ILL,
583). Die Reformation, welche in den das *
gefaßt
Fu
dat der Theologie nad) Jena und verbreitete von ! hatte, drang in dafjelbe ein, die Stadt Yan war
Köln, das Erzftift
ebenfomohl ein Sit bed Humanismus als des
Obſcurantismus (Hoogftraten und Pfefferkorn)
mann von Wied und Gebhard von Wildburg mi:
langen aber gänzlid und hatten die vollftärdige
Reaction der Kurfürſten aus dem bayerischen Haufe
zur folge. Berühmte Erzbiſchöfe aus der Zeit vor
der Reformation find außer dem heil. Severin
(F 408) und Kunibert (632—63), weldyer unter
Dagobert und Siegbert fajt Regent von Auftra:
* war, der oben erwähnte Bruno J. dann
nno II. (1056-75), der Heilige, der Erzieher Hein:
richs IV. und Reichsverweſer; ferner Reginald von
Daſſel (1159—67), welcher von Friedrich I. große,
fpäter wieder verlorene, Befigungen in Stalien er:
hielt und die Köpfe der heil. drei Könige von Mai:
land, fowie die Gebeine der Märtyrer Felix, Nabor
und Apollinaris nah Köln brachte; Engelbert von
Berg (1216—25), der Heilige, Reichsverweſer un:
ter Friedrich IL., ermordet durch den Grafen von
Sienburg 1225; Konrad von Hochſtaden 11237 —
61), einer der größten Erzbifchöfe als Krieger und
Staatömann, unter welchem aber der kirchliche
Verfall immer mehr zunahm. Er legte den Grund
zu dem Dome 1248. Siegfried von Wejterburg
(1275—97), wurde in der Schlacht bei Worringen
gefangen genommen. Dietrich IL. von Mörs (1414
—63), lebte in faft fortwährender Fehde mit den
Herjögen von Eleve, denen er die kirchliche Juris:
diction 1444 und die Bogtei über Soeſt abtreten
mußte. Unter ibm wurde die Erblandövereini:
gung 1463 gefdlofien, welhe als Wahlcapitula:
tion von den Nachfolgern beijchworen wurde und
dem Lande eine Verfaſſung gab. Sein Nachfolger
Pialzgraf Robert (1463—&0) wurde dburd eine
Empörung vertrieben und ihm, als er Karl den
Kühnen von Burgund zur Hülfe rief, Hermann
von Heſſen zum Adminiftrator gejeht, weldyer ſich
ald Hermann IV. (1480—1508), wie aud fein
Nachfolger Philipp II. (1508—15) ald tüchtiger
Erzbifchof auszeichnete. Unter Hermann V. von
Wied (1515—16) drang die Neformation in das
Zand ein, und Hermann wurde, ald er fich ihr
günftig zeigte, durch Adolf III. von Schauenburg
1546-56) erjett, welcher, wie fein Bruder An:
ton (1556—58), den Katholicismus wiederherzu:
ftellen fuchte. Indeß verblieben die weltlichen Ge:
biete Jülich, Berg, Cleve, Mark, Mörs, Havens:
berg, Sayn, Homburg, Soeft, Dortmund meift
dem Protejtantismus. Der Umfang des Erzbis:
thums ſchmolz in diefer Zeit immer mehr zujam:
men, die Nachfolger, unter denen Gebhard II. den
Proteſtantismus vergeblid wieder einzuführen
ſuchte, vermochten das Sinten des Staates nicht
aufzuhalten. Ferdinand von Bayern (1612—50)
war eine Hauptſtütze der katholifchen Liga. Mari:
milian Heinrid) von Boyern (+ 1688) erließ das
kölniſche Landrecht 1663; mit feinem Koadjutor
Egon von Fürftenberg war er gänzlid) der fran—
söhifehen Politik ergeben, von welder ſich aud
zum großen Schaden des Landes wie des Reiches
jeine Nachfolger nicht losreißen fonnten. Joſeph
Clemens (1658— 1723) verfiel deßhalb im ſpa—
nifhen Erbfolgefrieg der Reichsacht und lebte
1706 bis zu feiner Keftitution im Friedensſchluſſe
zu Utreht 1715 in der Verbannung. Clemens
Auguft (1723—61), zugleih Bifdo; von Mün-
jter, Paderborn, Osnabrück und Hildesheim und
Deutjchmeifter, ein reicher und pradtliebender
492
ı Fürft, baute die Schlöffer zu Bonn, Poppelsdorf
und Brühl. Unter Marimilian Friedrih (1761—
gewejen. Die Reformverfuche der Kurfürften Her:
Könige, bie heil. drei
84) wurde die Univerfität Münfter 1773 und bie
Akademie zu Bonn 1777 geftiftet, welche 1786 in
eine Univerfität umgewandelt wurde. Marimilian
Franz, Erzherzog von Defterreih, Bruder Jos
ephs II. (1784—1801), trat der Emfer Puncta⸗
tion bei und mußte 1797 vor den Franzoſen fliehen.
Obgleich in Anton Victor 1801 ihm noch ein Nach
folger gewählt mar, wurde das Stift 1803 jäcula=
rifirt. Der linksrheiniſche Theil der Länder fiel an
Frankreich, die oftrheinifchen an verfchiedene Her—
ren. In kirchlicher Beziehung wurde der franzöfifche
Antheil zum Bisthum Aachen geichlagen, für das
übrige Land trat Sediävacanz ein, und es wurde
vom Domcapitel, welches nad Arnsberg verlegt
war, durch Generalvicare verwaltet. Durch Die
Bulle de salute animarum ward dann 1821 das
Erzbisthum mwiederhergeftellt mit den Suffragan—
biäthümern Münfter, Baderborn, Trier, zu denen
1861 Dsnabrüd hinzutrat. 1824 wurde der Erz:
biſchof Friedrih Auguft von Spiegel ermäbhlt, wel:
cher das Stift in 44 Decanate theilte und das Dom:
capitel regenerirte. Ihm folgte Clemens Auguſt II.
von Drofte:Vifchering 1835 —42, welcher durch den
Streit über die gemifchten Ehen und gegen ben
Hermeſianismus ald Vorkämpfer des Ultramon:
tanismus auftrat. Nach feiner Entfernung nahm
der fpätere Cardinal Johann von Geiffel den erz-
biihöflihen Stuhl ein, dem 1867 Erzbifhof Pau:
(us, vorher Biihof von Dänabrüd, folgte. Erft
aus der franzöfiihen Herrfchaft rühren die An-
fänge der evangelifchen Gemeinden zu Köln und
Bonn her. Bon 1817—25 war Köln der Sit des
Eonfiftoriums für Cleve:-Jülih:Berg, welches da⸗
nach mit dem zu Coblenz vereinigt wurde.
König, Geora, geb. 1590 zu Amberg in ber
Pfalz, ſtarb als Brofeffor zu Altdorf 1654. Er
fchrieb die Casus conscientiae.
König, Johann Friedrich, Iutheriicher Dogma:
tifer. Geb. am 16. October 1619 zu Dresden, ftu:
dirte er zu Leipzig und Wittenberg, ward ſchwedi—
ſcher Hofprediger, 1651 Profeſſor der Theologie zu
Greifswald, 1656 Superintendent zu Medlenburg
und Ratzeburg und 1659 Brofefjor der Theologie
zu Roftod. + 1664. Sein Hauptwerk: Theolog.
positiva acroamatica, Roft. 1664, wurde viel ge:
braucht und bildet die Grundlage zu dem berühm:
ten Buche des J. Andr. Quenftedt.
König, Samuel, geb. 1670 zu Gergenfee im
Canton Bern, ftudirte er zu Bern und Züri und
wurde auf einer wifjenfchaftlichen Reife der begei—
fterte Anhänger des Chiliasmus von Beterfen
(f d. Art.). Als Spitalprediger in Bern ſchloß er
fich den Bietiften an und wurde deßhalb von der
Neligiond:Commiffton, da er den Afjoriationseid
nicht leiften wollte, ded Amtes entjegt und des
Landes verwiejen. An Herborn von Profeſſor Horch,
in Halle von den Pietiften und in Niederdodeleben
bei Magdeburg von feinem Freunde Beterjen gut
aufgenommen, ward erendlic 1712 Hofprediger zu
Büdingen. Nad) Bern durfte er 1730 zurüdfchren
und wurde Brofeffor der orientalifchen Sprachen
und der Mathematif. Er unterhielt hier ſowohl die
Verbindung mit feinen alten Freunden, wie er
auch durch Reifepredigten die Ausbreitung feiner
Anfichten zu fördern fuchte. + 1750. Vgl. Trechfel
über ihn im Berner Tajhenbud 1852.
Könige, Die heil, drei. S. Dreilönigäfeft.
Könige, Bücher der
Könige, Bücher der. Die Eintheilung diejes im
bebräifhen Tert urjprüngli nur einen Buches
493
!
|
Königthum in Sfrael
einftellen ließ. 1523 predigten im Dome 2 Dom:
herren, Georg Schmidt und Urban Sommer (+
in zwei Bücher ift der Septuaginta entnommen. 1543), dad Evangelium und feit 1523 wirkten
Es beſchreibt die Gejchichte des Volkes Iſrael von
Davids Ende an bis zum Untergange des Neiches
Juda oder bis zum Babyloniichen Ertl und läßt ſich
etwa in 3 Abfchnitte teilen: 1) die Geſchichte Sa—
fomo’3 (1. Kön. 1— 11); 2) die Gejdichte der ge:
trennten Reiche (1. Kön. 12 — 2. Kön. 17); 3) die
Geſchichte Juda's nach Iſraels Untergang (18— 25).
Die Darſtellung iſt eine pragmatiſche, von dem
Geſichtspunkt aus, daß jede Verſchuldung zurſStrafe
führt und jedes Verderben feine Urſache in der
Sünde habe (1. Kön. 13, 34 f.; 15, 4 f.; 29; 16,
7; 2. Kön. 24, 3 f. u. öft.). Namentlid) tritt ein
—— Geſichtspunkt in Auffaſſung, Art der
arſtellung und Tendenz bemerklich hervor (1. Kön.
13, 14. 17—22; 2. Kön. 1—9; 13; 18—20). Be:
nugte Quellen werden ausdrüdlih ceitirt: eine
Geſchichte Salomo's (1. Kön. 11, 41), eine Ge:
fchichte der Könige Juda's (1. Kön. 14, 24; 15,
1.23; 22, 46; 2. Kön. 8, 23; 10, 20 u. ö.), eine
Geſchichte der Könige Iſraels (1. Kön. 14, 19;
15, 31; 16, 5 u. 5.), worunter Brivatichriften,
ſchwerlich aber amtlich verfaßte Reichsannalen zu
verstehen find, weil dazu ſchon die ganze Auffaſſung
der Könige nicht paßt. Die Quellen, welche theil:
weife noch hervortreten (bis auf diejen Tag mit
verihiedenem Datum, 1. Kön. 8,8; 9,13; 21;
10,12; 12, 19; 2. Kön. 8, 22; 10,27 u. ſ. w.), find
von dem Verfaſſer im Ganzen einheitlich verar:
beitet, fo daß das Ganze von einem Geifte und
einer Auffaffung beherrſcht ift (vgl. 1. Kön. 11,
43; 14, 20. 31; 15,8. 24; 20,51; 2. Kön. 8, 24;
13, 9; 14,29; 15,7. 38, Die Charafteriftif der
Könige, 1. Kön. 15, 3. 11; 22, 43; 2. Kön. 12,
3; 14,3; 15,3. 34; 18, 3; 22, 2; 2. Kön. 3,3;
11,29—51; 13,2—11; 14,24; 15,9.18u.ö. Die
Ausdrüde von Erwählung der Stadt, 1. Kön. 8,
16. 24; 9, 3; 11,36; 14, 2; 2. Kön. 21, 4—7;
22, 27). Einzelne Widerſprüche und Wiederholun:
gen find bemerkt worden (Thenius): 1. Kön. 9,
22 und 11, 8; 1. Kön. 21, 19 und 2. Fön. 9, 26;
1. Kön. 9, 27. 28 und 10, 22; 2. Kön. 9, 14 und
16 vgl. 8, 28. 29 und 13, 12; 13. Eine Erzählung
von eigenthümlicher Färbung ift die über Elias
und Eliſa und ift ohne Zweifel der Bolfstradition
entnommen. Die Chronologie des Buches ift jehr
forgfältig (1.Rön.2,11;6,1;11,42u.j.m.). Die
Zeit der Abfafjung beſtimmt ſich nad) 2. Kön. 2,5,
25 lange nad) Sofa, nad 1. Kön. 8, 34. 47; 9,
7;2. Kön. 20, 17; 25, 24 in der zweiten Hälfte
des Exils. — Bol. Keil, Commentar über die
Bücher der Könige, 1845, Jane Keil's neue Bear:
beitung in dem mit Deligich herausgegebenen bi:
bliihen Gommentar, Leipzig 1865; Thenius, die
Bücher der Könige, 1849.
Königlihes Amt Chriſti. S. Amt und Erlö:
ung.
Königöberg. Die 1256 nad der Eroberung
Samlands durd) ein Kreuzheer unter Ottokar von
Böhmen gegründete Stadt war von 1457—1525
Refidenz der Hochmeiſter des in ei Drdend
und zugleich Biſchofsſitz. Der * palt zwiſchen
Orden und Geiſtlichkeit, der Zerfall des erſten und
die Sittenlofigkeit der legtern bereiteten dem Ein:
ang der Reformation im Volke einen günjtigen
den. Befördert wurde diejelbe 1519 durch den
Biſchof Georg von Polenz, ber die Procefjtonen
Johann Briesmann aus Cottbus und en
Amandus (F 1530 zu Goälar), denen Paul Spes
ratus und Poliander fich anſchloſſen. Schon 1524
jtellte ver Raih eine evangeliihe Armenordnung
auf. Die Univerfität ftiftete Markgraf Albrecht
1544. Es lehrten dort die Theologen Dfiander,
Stancarus, Önapheus, in neuerer Zeit Olshau—
fen, Dorner, Hävernid. Der große Philofoph Kant
nennt Königsberg feine Baterjtadt. K. ift der Sitz
des Confiftoriums für die Brovinz Preußen.
Königögejeß nennt man 5. Mof. 17, 14—20,
weldye Stelle für die Frage in Betracht gezogen
wird, ob das Deuteronomium von Moje herrührt
oder ob es die Königszeit vorausjegt.
ſtönigsrecht. S. Königägejeg. Die Stelle 1.
Sam. 8, 11 ff. enthält nicht ſowohl ein gejegliches
Recht, als vielmehr die Schilderung der thatſäch—
lich fich bildenden Verhältniſſe, wie he in den mor⸗
genländifchen Defpotien vor Augen lagen.
Königsthal, 1. Moſ. 14, 17, ein Thal in der
Nähe Jerufalems, wo Meldijedef mit Abraham
zufammentraf.
Königthum in Iſrael. In der Mofaifchen Ge:
ſetzgebung ift das Königthum in feiner Weife vor:
gejehen oder beabfichtigt gewejen ; der Gedanke
an eine zufünftige Nothwendigteit deöjelben lag
Moſes um jo ferner, als fie in der That gar nicht
vorhanden war, wenn nah Mojed Plan und Befehl
Iſrael das ganze gelobte Yand in Befig nahm.
Denn alsdann hätte das Volk ein Gebiet inne ges
habt, welches, rings von der Wüſte umgeben, e3
von dem Berfehr mit andern Völkern abgefchnit:
ter und ibm erlaubt hätte, in freier Stammes:
verfaſſung feinen religiöjen Volksgeiſt auszubilden.
Eine Einigung des Volkes, jo daß die Stämme
nit auseinanderfallen mödten, lag immer in
dem Nationalheiligthgum und dem Prieſterſtande
mit dem Hohenpriejter. Führer des Volks, jei es
in der Entwidelung feines Volkslebens, jei es im
Vertheidigungsfriege gegen feindliche Angriffe,
follten aus der prophetijchen Begeifterung geboren
werden und eben darum millige und allgemeine
Anerkennung finden. Mit Recht fahen daher jo:
wohl Gideon, Richt. 8, 22. 23, als Samuel, I. Sam.
8, 7,in dem Verlangen des Voltes nad) Aufrich—
tung eines Königthums eine Gefährdung der theos
fratiihen Grundſätze der ganzen Berfaflung,
worin ihnen der Erfolg troß des Sceines bed
Gegentheils auch nicht Unrecht gegeben hat. Denn
wenn die Theokratie auch unter dem Königthum
beitehen fann und die Handhabung des religiöfen
Staatögejeges durch den König gefräftigt er
ſcheint, fo tft dies doch nur möglid, wenn ders
* an der Spitze einer organiſirten Briejter:
haft jteht, die eben dadurch aber in Gefahr ge:
räth, ein Werkzeug des abjoluten Königswillens
zu werden. Die Stellung der Propheten aber wurde
im Königthum nothwendig eine noch viel mehr
gefährdete. Die Noth der Zeit überwand jedoch
alle Bedenken, denn auch die auf ihre Unabhäns
gigkeit eiferfüchtigen Stämme würden ohnedied
ſich nicht leicht einem Könige unterworfen haben;
aber Eli hatte gezeigt, daf dem Hohenpriefter, und
Samuel, daß dem Propheten die Führerjchaft in
kriegeriſchen Zeiten nicht verbleiben Lönne, und
daß noch weniger die auf individueller Begabung “
Königthum in Iſrael
494
Köftlin
ruhende Kraft auf die Söhne übergehe. So fommt | Ganz abweichend bavon iſt aber Salomos Erbe:
es freilich zur —— des Königthums in! bung. Dieſelbe, verglichen mit der Thronbeſteigung
Saul, aber dasjel
felbftändig zu bewegen anfängt, in ausgeſproche—
nem Zwiejpalt mit Samuel; dem eriten Könige
jegt der Prophet den Gegenlönig in David ent:
gegen. Ein der Moſaiſchen Gejeggebung entſpre—
hendes Königthbum tritt nun unter David und
Salomo auf. Königthum, Prieſterthum und Pro:
phetenthum ericheinen in völligem Einklang, das
nationale Königthum bat fih die Erfüllung des
religiöfen Gejeges volljtändig als Zweck gejegt,
aber die Propheten find an den Hof gefettet und
eine mögliche Dppofition des Prieſterthums ift
bejeitigt. Die Theokratie neigt zur unumſchränk—
ten Dejpotie in Salomo und Rehabeam. In
dem Reihe Ephraim jtreifte das Königthum den
theofratiichen Charakter immer mehr ab, die Pro:
pheten, welde ſich meiftens aus Juda dorthin
wandten als die Vertreter des freien religiöjen
Elementes, traten zu den Königen in immer ſchär—
ere Oppoſition, und dieje, hineingezogen in die
erwidlungen des vorderafiatiihen Staatöle:
bens, verlernten immer mehr die Religion als
Staatszweck zu erfennen. Der fortwährende Wed:
fel der Dynajtien trug nur dazu bei, das König—
thum zu verweltlihen. In Juda hatte die furze
Zeit unter David und Salomo durd) ihren Glanz
und ihren Ruhm nicht nur hingereicht, dem Staate
ein unverlierbares Gepräge aufzubrüden, ſondern
auch ihm eine gejchichtlihe Erinnerung zu geben,
an der das Nationalbewußtjein erjtarfen fonnte
und welde allen Hoffnungen desjelben eine be:
ftimmte Form darbot. Die Reihshoffnung Judas,
das Meſſianiſche Königthum, iſt das von feinen
Maleln entkleidete und idealifirte Davidijche Kö—
nigreih. So hat auch der Glaube Davids, daß er
den Thron durch göttliche Schidung erlangt habe,
in Verbindung mıt der Erinnerung an feine Be:
günftigung dur Samuel und die Propheten und
mit der Erfenntni von der Förderung, welche das
“ ftaatlihe und religiöfe Leben durch ihn empfan:
gen, die Auffaffung des Königs als des Gejalbten
Gottes hervorgerufen. Der theofratifhe Gedante
beichräntt aber auch den König. Priejter und Pro:
pheten, jeine natürlichen Verbündeten, treten ihm
in einer Weife entgegen, die fajt die Ehrerbietung
vermifien läßt. Die Abhängigkeit der fpätern jü—
diſchen und iſraelitiſchen Könige von Afjyrern und
Babyloniern hatte feinen Einfluß auf ihre Stel:
lung nad) innen, da fie nur zu Tribut und Hee—
resfolge verpflichtet waren. — Das Königthum
der Hasmonäer tft ein rein tyeofratifches, aud) der
Form nach ausgebildeter, ald das Davidiſche, indem
das —— —* und Königthum auch wirk⸗
lich in einer Perſon vereinigt find, in den Augen
der Pharifäer illegitim, weil das Haus Davids
allein berechtigt jei; die hasmonäiſche Dynaftie
rief die Feindſchaft derjelben hervor, als ihre Glie—
ber politiſchen und nicht bloß national-religiöfen
Intereſſen fich zumendeten. Das Königthum der
Herodianer ijt ein rein politifches, welches die re:
ligiöfen Intereffen nur zum Vorwand der poli:
—** benutzte. — Daß Weiber an der Spitze des
Staates geſtanden, iſt im ganzen Laufe der jüdi—
ſchen Geſchichte nur, Ad a von der Richterin
Debora, bei Athalja (384— 378) und bei Alexan⸗
dra (79—70), der Wittme des Jannäus, vorge:
!ommen. Sonſt galt das Recht der Erftgeburt.
e entwicdelt ſich, ſobald er fich | Rehabeams, zeigt, daß das Recht der Königswahl
noch nicht gänzlich in Vergeffenheit gelommen war.
Bal. 2. Chr. 11, 12; 2, Kan. 23, 30. Da das Kö:
nigthum aus der Führerjchaft im Kriege erwuchs
und ſich erjt Anerkennung erringen mußte, To
drangen die morgenländijhen Herricherfitten erit
allmählich ein. Zuerit der Harem, 1. Kön. 11, 3,
und dann die Menge anderer orientalijchen Ge:
wohnheiten. Ein ausgedehnter Hofftaat wird er:
wähnt. Der Oberhofmeifter, Nagid al habajit,
1. Kön. 4, 6; 18, 3; der Rentmeifter, 2, Sam.
20, 24; der Hleidermeifter, 2. Kön. 10, 22; der
Schatzmeiſter, 1. Chr. 27, 25; der Mundjchent, 1.
Kön. 10, 5; auch die Leibwache der Krethi und
Plethi. Die Einkünfte der Könige floffen aus den
Domänen, dem Tribut der zinspflichtigen Yänder,
aus dem Antheil an der Kriegsbeute, Hreimiligen
Geſchenken, Naturalabgaben und Frohndienften.
Eine Bermögensfteuer wird nur ald Ausnahme
erwähnt 2. Kön. 23, 35. Als Infignien des Kö—
nigthums werden genannt dad Diadem, 2. Sam.
1, 10; die Krone, 2. Sam. 12, 30; das Scepter,
Eſth. 4, 11, und der Thron; fpäter unter den
Hasmonäern der Burpurmantel, 1. Makk. 6, 15.
Man begrüßte fie, indem man niederfiel, 1. Sam.
24, 9. Bei der Thronbefteigung jcheint die Sal:
bung nicht immer erfolgt zu * nur bei Begrün⸗
dung einer neuen Dynaſtie oder in zweifelhaften
Fällen als Zeichen der göttlichen Wahl. Die Hul—
bigung wird bejcdhrieben 1. Kön. 1, 33—40; 2.
Kön. 9, 13.
Köftlin, Julius, Profeffor und Dr. der Theolo=
ie, Mitglied des Brovincial:Confiftoriums zu
Breslau Heit 1867. Geboren 1826 zu Stuttgart,
beffeidete er nad) vollendeten Studien das Amt
eines Nepetenten am evangelijhen Seminar zu
Tübingen 1850 — 55, wurde außerordentlicher
Brofeftor und zweiter Univerfitätöprediger in Göt:
tingen 1855—60 und folgte dann einem ehrenvollen
Kuf nad) Breslau, Schriften: die ſchottiſche Kirche,
ihr inneres Leben und ihr Berhältniß zum Staate,
1852; Luthers Lehre von der Kirche, 1853; das
Wejen der Kirche nach Lehre und Geſchichte des
Neuen Teftaments, 1854; der Glaube, fein Weſen,
Grund und Gegenftand, feine Bedeutung für Er:
tennen, Zeben und Kirche, Gotha 1859; Luthers
Theologie, 2 Bde., Stuttg. 1563.
Köflin, Karl Reinhold, Profeffor und Dr. der
Bhilojophie. Geboren den 20, September 1819 zu
Urach in Württemberg, docirte er nad) vollendeten
Studien 1846 als Repetent am evangelifch-theolo:
giſchen Stift, jeit 1849 als Privatdocent theolo-
iſche und philofophifche Fächer an der Univerfität
Füfingen, wurde 1857 zum außerordentlihen und
1863 zum ordentlichen Profeflor in der philoſophi⸗
ſchen Facultät ernannt und zwar für Aeſthetik und
Kunſtgeſchichte. Diefen Fächern hatte er ſich in den
5Ver Jahren mehr und mehr zugewandt, und zwar
um fo entjdiedener, als die Baur'ſche hiſtoriſch⸗
fritifche Behandlung der Theologie, welche auch die
feinige ift, mehr und mehr Hemmung in dem Das
maligen Tübingen fand. Theologiſche Schriften:
der Lehrbegriff des Evangeliums und der Briefe
Johannis und die verwandten neuteftamentlichen
Xehrbegriffe, Berlin 1843; der Urjprung und die
Compoſition der ſynoptiſchen Evangelien, Stutt:
gart 1853; das gnoſtiſche Syitem des Buches
Koheleth
Pistis-Sophia in Zellers theol. Jahrblichern, 1854.
Neuefte Schriften: Göthe's Fauft und feine Aus:
leger, Tüb. 1860; Aejthetif, Tüb. 1363—68.
Koheketh. S. Salomo oder Prediger.
Kohlbrügge, 9. F., Dr. theol., Baftor der nie:
derländifch: reformirten Gemeinde zu Elberfeld,
die fi unter feiner Führung von der unirten
495
Kolofjerbrief
tet, von ber der Gnoftifer Marcus behauptet, daß
er von ihr feine Weisheit mitgetheilt erhalten babe.
Kollenbufd (Collenbuſch), Dr. Samuel, geboren
am 1. September 1724 zu Wichlinghauſen bei
Eiberfeld, ftudirte 1745 in Duisburg, 1747 in
ı Straßburg Medicin und wirkte 1754—84 als Arzt
in Duisburg, in defjen Nähe er eine Schmelze ein:
Sandesfirche Preußeus getrennt hat. Geboren am | Tihtete und ſich mit aldymiftiihen Verſuchen be:
15. Auguſt 1803 zu Amijterdam von einem deut:
fchen, Iutherifchen Bater und einer wejtfriefifchen,
reformirten Mutter, jtudirte er auf dem Amiter:
damer Athenäum. 1827 Hülfsprediger an der „Her-
stelde Luther'sche Gemeente“ zu Amfterdam,
führte eine von ihm ausgehende Beichwerde gegen
einen rationaliftifchen Prediger derjelben Gemeinde
feine eigene, tumultuarifche Abjegung herbei. K.
wurde 1824 in Utrecht auf Grund einer Abhand:
lung über Pſalm 45 promovirt und wendete fich
als Privatgelehrter immer mehr Calvins Lehre
„von der alleinigen Rechtfertigung durch den Glau—⸗
ben” und „der Gnadenwahl“ zu. Seine beantragte
Aufnahme in die reformirte Kirche der Nieder:
lande wurde troß aller Bemühungen des Gultus:
minifterö abgelehnt, und feine Berufung als Pro:
feffor der morgenländifhen Spraden zu Leyden
bintertrieben. Die reformirten Kanzeln Hollands
ftehen K. erft ſeit dem eg 1863 offen.
Seit 1846 tft er Prediger in Elberfeld. Hauptigrif:
ten find: Commentarius in psalmum 45, Amst,
1829; eine neue Ausgabe des Hugo Grotius pa-
pizans auctore Laurentio, Amst. 1830; das 7.
Gapitel des Römerbriefes in ausführlicher Um:
fhreibung, Elberfeld 1852; Wozu das Alte Tefta:
ment ? Elberfeld 1853 ; Sermons of thefirst epistle
of Peter, London 1855; zwanzig Predigten, Halle
1857. Außerdem find viele einzelne Predigten,
meift eregetiihen Inhalts, vorhanden. Den jtreng
orthodoren altreformirten Lehrbegriff, untermijcht
mit Eigenthümlidjfeiten von K., enthält der von
ihm ausgearbeitete und in fat alle europäiſchen
Sprachen überjegte Katechismus.
Kohler, Shriftian und Hieronymus aus Brügg:
len im Ganton Bern, der Erjtere ein Tagelöhner,
der Andere ein Wagner, melde jhon ald Knaben
zum Wahrjagen von ihrem Vater benugt, in ber
Erwedlungsperiode von 1745 als Propheten und
Seher aujtraten. Sie nannten ſich die zwei Zeus
gen der Offenbarung, verhießen die Geburt des
Beltheilandes von einer nicht gut beleumundeten
Berion, der Elifabeth Kißling, und die Nähe des
Gerihtd. Unzucht und Eigennug wurden mit
Scriftworten gutgeheißen und Viele verführt.
1750 wurden Beide auf 6 Jahre verbannt. Da fie
ist Unweſen weiter trieben und arge Dinge zu
Tage famen, ward ein Preis auf ihre Köpfe geient,
Hieronymus 1752 verhaftet und nad) dem Urtheil
deö großen Rathes hingerichtet, feine Leiche ver:
brannt. Sein Bruder faß eine Zeit lang in Neuen:
burg in Haft und ift dann verichollen. Katholi:
ſcherſeits * man von H. Kohler den Beweis für
eine proteſtantiſche Inquiſition geführt. S. Weter
und Welte.
ſtolarbaſus, ein Gnoſtiker von mythiſchem Cha⸗
rakter, deſſen Exiſtenz das Mißverſtändniß einer
Stelle bei Irenaͤus (J, 14, 1) veranlaßt hat. Volk—
mar hat (Niedners Ztichft. für hiſt. Theol., 1858)
gezeigt, daß jenes Wort YIIN 53, d.h. alle vier,
die myftifche Vierzahl der oberjten Aeonen bedeu⸗
Ihäftigte. In feinen 18. Jahre al3 Confirmand
erwedt, bildete er jeit 1760, angeregt durch den
Württemberger Frider und das Studium der
Schriften ker der Detingers und Böhme's, fein
men ibliiches Syftem aus, defien Mit:
telpunft der Ehriftus in und und die eigene Hei:
ligung ift und in realer buchftäblicher Auffeflung
der Schrift, in der Lehre vom 1000jährigen Reid)
gipfelt. Als Arzt in Barmen lebend, in den legten
Xebensjahren erblindet, gewann er feiner Auffafs
fung viele Anhänger und war Mitbegründer des
Barmer Mifjionsweiens. + 1803. Er ftand in
engem Berfehr mit den Brüdern Hafenfamp, Ter:
fteegen, Jung Stilling u. U. Menten bildete jeine
Lehre reinigend weiter aus. Noch gegenwärtig find
feine Anhänger im Wupperthal verbreitet. Pal.
Göbel, Geh. des hriftlichen Lebens, Vorrede;
Krug, krit. Geſch. der proteft.:relig. Schwärmerei
und Sectirerei im Großh. Berg, Elberfeld 1851.
ſtol⸗Ridre. S. Col:Nidre.
Kolofierbrief. Der Inhalt dieſes Sendſchrei—
benszerfällt in zwei lee: einentheoretifhen (Gap.
1 und 2) und praftiichen (3 und 4). Der eritere
enthält nad) der Adreſſe, der ed für die
den Lejern im Chriftenthbum zu Theil gewordene
Hoffnung eine Bitte zu Gott, daß legtere deö Herrn
würdig wandeln möchten, mit Hinweifung auf die
Herrlichkeit Defjen, welcher fie erlöft hat und über
deſſen Weſen und Bedeutung ſich nun eine weitere
Ausführung anliegt, und mit Hinmeijung auf
den leidenden Apoftel, welcher die Leiden Chrifti
für die Gemeinde ergänzt (1). Hierauf folgt eine
Ermahnung, amüberlieferten Glauben durch faljche
Weisheit ſich nicht irre machen zu laffen ; indem
fie bedenken follen, daß fie mit Chriftus durch
feine Erlöfung zu einer innigen Lebendgemein:
ſchaft verbunden find, been die angedeuteten
Irrlehrer näher geſchildert werden (2).
Theil enthält Ermahnungen zur Ablegung alles
beidnijchen Weſens und Annahme des —
(3, 1—17), zur chriſtlichen Durchbildung der
häuslichen Verhältniffe (3, 18—4, 1), zu Gebet
und Weisheit (4, 2—6), woran ſich perjönliche
Bemerlungen anſchließen. — Veranlafjung des
Schreibens: Kolofjä (oder Kolaflä), eine Stadt
Großphrygiens, am Lykus gelegen, war in der
Hriftlihen Zeit zu einer unbedeutenden Stadt
herabgeſunken (heute ein Dorf Chonus). Obgleich
nun der Apoftel die Landſchaft Phrygien zweimal
(Apftg. 16, 6 und 18, 23) miffionirend durchreifte,
verlangt doch die Stelle Kol. 2, 1 die Annahme,
daß er ſelbſt Koloſſä, wie auch das bedeutendere
Laodicea nicht bejucht hat. Vielleicht war Epaphras,
ein Koloffer und Schüler des Apoftels, der Grün:
der der Gemeinde (1,7; 4, 12 und 13). Die Ans
funft diefes Mannes bei dem gefangenen Apoſtel
veranlaßte die Abjendung dieſes Schreibens, wel-
ches Tychicus übermittelte, — Als Zwed des Brie:
fes tritt zunächſt der praftijche hervor, die Koloſſer
zu einem ihres chriftliden Berufes würdigen
Wandel zu ermahnen; allein allenthalben finden
er zweite
Koloſſerbrief
—* im Briefe noch Anſpielungen und polemiſche
eziehungen auf gewiſſe Irrlehrer, welche das
Gemeindeleben beunruhigten. Welche Religions:
partei darunter gemeint, iſt immer noc) eine ftrei-
tige Frage. Als veraltet erſcheinen wohl die An:
fihten, welche in ihnen Juden mit theojophiicher
Richtung (Junker, Schnetenburger) oder eine grie:
chiſche oder orientaliſche — heidniſchen
Urſprungs (Hug) zu entdecken glauben. Für die
Anſicht, welche chriſtliche Eſſäer in den Angegrif—
fenen ſieht (Credner, Thierſch), ſpricht die beiden
emeinſame Verehrung der Engel und die aſteti—
che Richtung, wogegen jedoch die abgeſchloſſene
Lebensweiſe der Eſſäerſecte eine Ausbreitung der:
felben nad) Kleinafien nicht leicht annehmbar
madt. Es hat fi daher die Mehrzahl der Aus:
leger dafür entſchieden, daß darunter bereits gno—
ſtiſche Erfcheinungen zu erbliden feien und zwar
foldye, weldye jehr ſtark von jüdischen Elementen
durchdrungen gewejen find, womit folgende im
KRolojierbriefe angegriffene Lehren übereinftim:
men: 1) wurde Chrijtus als ein den übrigen Ge:
ihöpfen gleichftehendes Wejen gedacht (1, 15; 2,
9); 2) wurden Engel verehrt, nach gnoſtiſchem
Sprachgebrauch „Aeonen“, vor welchen Chriitus
aurüdtreten mußte (1, 16; 2, 10 ff.); 3) deutet
vielleiht die Betonung der Schöpfung „in Chri:
ſtus“ auf eine durd) den jogenannten Demiurgen
vollzogen gedachte Weltihöpfung hin (1, 16 und
17); 4) war ajfetijhe Seibftverleugnung und
„Richtverfhonung des Leibes“, Falten und Frenge
Beobachtung von Fafttagen (2, 21 ff.) die prafti:
ſche Seite dieſer ketzeriſchen Richtung. Dieſe Lehre
hat Aehnlichkeit mit der Lehre des Gnoſtikers Ce:
rinth, jo daß fie entweder als ein Uebergang zur
Cerinth'ſchen Lehre (Meyer) oder als dieſe ſelbſt
(Meyerhoji) oder als eine jpätere ähnliche Rich—
tung, wie die gnoftiichen Ebionit’n (Baur) betradh:
tet wurde. — Die häufig? oft wörtliche Ueberein:
ſtimmung unjeres Briefes mit dem Ephejerbriefe
hat die Br hervorgerufen, weldyer von bei:
den der ältere ei, eine Frage, die aber immer
noch nicht zur Entſcheidung gelommen ift. Die
Abhängigkeit unferes Briefes und in Folge deſſen
jeine Unechtbeit hat namentlich Meyerhoff (1833)
aus ſprachlichen und fahlihen Gründen zu be:
weiſen gejucht, während die Mehrzahl der Aus:
leger an der Originalität des fürzeren, gedrunge:
neren, geordneteren Kolofjierbriefes feithalten (de
Wette zum Nachtheil der Echtheit des Ephejerbrie:
fes). Die Unechtheit wurde nach Meyerhoff dann
496
rail
Konrad von Marburg
frühern 3. ®. Bleek annimmt, zu verlegen fei.
Vol. zur Kritik: Meyerhoff, der Brief an die Kol,
mit Berüdfichtigung der Bajtoralbriefe, 1838;
Klöpper, de origine ep. ad Ephesios et Colossen-
ses a critieis Tabingensibuse gnosi Valentiniana
deducta, 1553, Zur Kritit und Eregefe: die Com:
mentare von Junker, 1823; Bähr, 1833; Böhmer,
1835; Steiger, 1535; Huther, 18411; de Wette, 2.
Ausg. 1847, Meyer, 3. Ausg. 1865; Schleier:
machers Predigten über den Brief, Bd. 6 ſ. ſ. W.;
Ewald, Sendjhreiben des Ap. Paulus, 1857;
Dalmer, 1858; Scenfel (Lange'3 Bibelmerf),
1862; Bleek, 1865.
Komander, Johann (Dorfmann), war fatbo:
licher Pfarrer zu Igis in Graubündten, 1523
Meßvrieſter in Chur und wurde 1525 auf Grund
des Artifelbriefes von 1524 als Pfarrer an der
Hauptlirche angeftellt. Im Hampfe mit den Ka:
tholifen und den Wiedertäufern lehrte er hier das
Evangelium. Gegen die Anklage der Ketzerei ver:
theidigte er fich fiegreih auf der Disputation zu
Ilanz durch feine 18 Thejen, feierte danach 1526
das Abendmahl unter beiderlei Geftalt und ers
langte die „Reformationsartitel“, welche den Ge:
meinden das Recht der Wahl und der Entlaffung
ihrer Geiftlihen gaben. Mit Zwingli und Bullin:
ger in fortwährender Verbindung, hatte K. den
größten Antheil an der völligen Organifirung der
evangeliihen Kirche in Graubündten. Ihm fiel
die Leitung der 1537. eingerichteten Synode zu.
Er bemühte fi mit endlihem Erfolg um bie
Gründung eines Gymnafiums in Chur, war ber
Plain A der Confessio Rhaetica 1552 und
ſchrieb feinen Katehismus, welchen 1552 Jalob
Biveroni ind Romanische überjegte. Biel hatte K.
mit den italienischen Antitrinitariern zu verhan:
dein, welche in dem italienischen Theile Grau:
bündtens ſich einfanden. 1550 von der Peſt er
griffen, fränfelte er ſeitdem und ftarb 1556.
Konarsfi, Adam, Biſchof von Bojen 1562 — 74,
geboren 1500, Er jpielte unter Sigisinund Auquit
als Diplomat eine hervorragende Rolle und ſtand
an der Spite der Gejandtichaf’, welche Heinrich
von Frankreich feine Wahl zum Könige von Polen
anfündigte, die er aufs eifrigfte betrieben hatte.
Neben dem Biſchof Hofius der Führer der Hatho:
lifen, verweigerte er jeine Unterfchrift dem San:
domirfchen Vergleiche (pax dissidentium) und bes
rief die Jeſuiten nad Bofen, deren Eolleg er mit
biſchöflichen Jnfulgütern dotirte.
Konon, Papit 656—637. Während feines Ron»
wieder behauptet von Baur (Paulus), welcher bes | tificats ging der heil, Kilian mit päpftliher Er:
fonders die jahlihe Begründung erweitert hat. | laubniß als Miſſionär nad Thüringen.
Mehrmals wiederkehrende Ausdrüde, die ſonſt bei
Paulus nicht vorlommen (E9eAotpnazeia, auduvo-
Joyie), das Richtvorlommen von jonft bei Paulus
Kononiten hießen die Anhänger des Konon,
eines Biſchofs von Tarfus in Cilicien im 6. Jahr:
hundert, welcher fich der Lehre des Johannes Phi—
häufigen Wörtern (dıxauavrn, swrngie u. |. w.), loponus angeſchloſſen hatte und wie diefer dem
die dogmatiſchen, namentlich chriſtoidgiſchen Vor: |
ftellungen, die gnoftiihen Gegner ſchienen gegen
die Echtheit zu ſprechen. Bon den neuern Ausler
ern find diefe Gründe nicht für ausreichend be:
—— worden, die Echtheit aufzugeben, welche
von den älteſten Zeiten bis auf Meyerhoff unan—
gezweifelt geblieben war. Der Zeit nach gehört
kieſer Brief mit dem Epheſer- und Philemonbrief
innig zuſammen; die Anſichten gehen darüber
auseinander, ob ſie in die Gefangenſchaft zu Cä—
ſarea, wie ſeit Dav. Schulz (1829) mancher neuere
Ausleger vermuthet, oder zu Rom, wie mit den
Vorwurf des Tritheismus unterlag.
Konrad von Marburg, ein Dominicaner. Als
„glühenden Eiferer für den katholiſchen Glauben“
beauftragte ihn Gregor IX. mit mancherlei diſci—
plinariichen Gefhäften, wie Kloſterviſitationen
und den Mafregeln gegen die im Concubinat le:
benden Prieiter. Nach Hente'3 Urtheil ein jehr be:
deutender nicht unedler Mann, bewies er als
Beichtvater der frommen Elijabeth von Thürin:
gen, welche er durch feine Mißhandlungen einem
frübzeitigen Tode überlieferte und danach heilig
ſprechen ließ, aud große leidenſchaftliche Härte.
Konftantinopel
497
Korinth
Mehr noch machte er feinen Namen verhaßt, als Eiferſucht gegen deſſen prophetiihe und Aarons
ihn der Papſt zum General:Inquifitor in Deutfchs | priefterliche Herrichaft. Ein Gottesurtheil entfchieb
land gegen die an vielen Orten auftretenden Pa—
tarener ernannte, Mit einigen Helfeshelfern (un:
ter ihnen „ber vollendete Schurke” Yohannes)
mwurben auf bloße Anzeihen hin jehr viele Men:
{hen verbrannt. Selbjt der Klerus erjchraf vor
den Beginnen und eine Provincialſynode erklärte
fi) auf eine Beſchwerde des Adelö gegen ihn. Als
Konrad aber fich nicht fchreden ließ, in Mainz das
Br en die Edelleute predigte und felbit gegen
ben ie von Sayn einen Ketzerproceß begann,
warb er von diefem und Andern erjchlagen 1233,
Nach feinem Tode verwunderte ſich jelbft der Bapft,
daß das deutſche Volk fein Treiben fo * gedul⸗
dig ertragen hatte. Vgl. Hausrath, 8.0. M., 1861;
Hente, 8. v. M., 1861.
Konflantinopel. ©. Conjtantinopel.
Konflanz. S. Conjtanz.
KRoolhans, Kaspar, geboren 1536 zu Cöln, ftus
dirte in Düfjeldorf, trat 1566 zur reformirten
Eonfejfion über und ward Pfarrer in Nafjau und
weibrüden. 1574 an die neubegründete Univer:
tät Leyden berufen, gab er feine Stelle wieder
auf, als er 1577 durch
stiani magistratus circa disciplinam et regimen
ecclesiae mit der Synode in Streit gerieth und
trotz feiner Proteftation 1582 ercommunieirt wurde.
+ 1615 zu Leyden. Im mwejentlihen vertrat er
die Grundfäge bes jpätern Arminianidmus,
Kopenhagen. Die Univerfität wurde 1478 ge
ftiftet; ihre evangelifhe Reform erfuhr fie 15
durch Bugenhagen. Die U. wurde 1788 erneuert.
©. Dänemark.
Koppe, Johann Benjamin, geb. am 17. Auguft
1750 zu Danzig, ftubirte 1769 in Leipzig unter
Gellert und Ernefti, 1773 in Göttingen unter
Ben, ward bort Repetent und, nachdem er eine
rze Zeit Profefjor der griechiſchen Sprade in
Mitau geweien war, 1776 Profeſſor der Theolo:
ie, Univerfitätäprediger und Borjteher des homi—
—* en Seminars, Als Exeget folgte er der gram:
matiſch⸗hiſtoriſchen Interpretation und begann
die Ausgabe des Neuen Teftaments (N. T. gr.
erpet. annot. illust., 1778), welche nad) feinem
Kode von Tychfen und Ammon fortgefegt wurde.
1784 ging er al3 Generalfuperintendent und Ober:
eonjiftorialrath nad Gotha und 1788 als Eonfi:
Be und Hofprediger nad) Hannover, wo er
ich durch die Ausarbeitung und Einführung des
annöverihen Landesfatehismus und durch die
mgeftaltung der Schullehrer:Seminare verdient
madte. + 1791.
Kopten (im Lande felbft Kibti, pl. Kibt ge:
nannt, verjtümmelt aus Aegyptius, Alyunrıos)
‚jind die etwa 200,00 chriſtlich⸗ jakobitiſchen Nach⸗
kommen der alten Aegypter, die unter dem Metro⸗
politen von Kairo und 12 Biſchöfen ſtehen. Ein
Heiner Theil iſt römijch: oder griechiſch- unirt. Die
zahlreiche Literatur ift in der nicht mehr geipro
chenen koptiſchen Sprade mit griechiſchen Lettern
(nebſt 6 hieratifh:ägyptifchen Seicpen) geſchrieben
und beſteht aus der Bibel, Legenden, Homilien
und einigen gnoſtiſchen Werken. S. auch Aegypten.
Korad, IP (Korab). 1) Ein Levit, 2. Mof. 6,
21. 24; 4. Moſ. 16, 1—55, welcher mit den Au:
beniten Dathan und Abiram und den 250 Stamm:
fürften einen Auffiand gegen Moſes erregte aus
eine Schrift de jure Chri- | S
über fie. Der geſchichtliche Vorgang läßt fi) nicht
mehr ermitteln. 4. Mof. 17, 1—13 zeigt, daß die
demokratiſche Partei einen großen Anbang hatte,
Das Gericht traf aber nicht die Kinder des Korach,
melde 4. Mof. 26, 58 erwähnt werben und zu
Davids Zeiten ald die Sängerfamilie, 1. Chr.
10, 19. 31. — 2) Ein Sohn Ejau’3 von der Dho:
libama, 1. Mof. 36, 5, 14 vgl. 18. — 3) Ein Sohn
Hebrons, 1. Chr. 2, 43,
Koran oder mit dem Artikel Alloran, d. 5.
Leſung, Schrift, ift das in arabifher Sprache ge:
ſchriebene Religionsbuch der ammedaner und
enthält in 114 Abſchnitten oder Suren die dem
Muhammed zu Theil gewordenen Offenbarungen.
Der K. gilt als wörtlich injpirirt, eigentlich als das
ungeſchaffene Wort Gottes. Die in ihm befindlichen
Widerſprüche werden daher weginterpretirt. Der:
felbe ift fein zufammenhängend gejchriebenes Wert;
erft der Khalif Omar 4. durch Zaid, den Sohn
Thabits, die einzelnen in mündlicher Tradition
oder in ſchriftlicher Aufzeichnung noch vorhande⸗
nen Ausſprüche Muhammeds ſammeln. Dieſe
ammlung überkam Hafſa, die Tochter Omars,
die Wittwe des Propheten. Nach zehn a. ließ
der Khalif Dihmän dur Zaid und Andere alle
Eremplare, deren man habhaft werben konnte, in
welchen fi dur die mündliche Ueberlieferung
große Verſchiedenheiten eingefchlihen hatten, uns
‚ter fi und mit dem Exemplar Hafja’3 vergleichen
und daraus eine neue allein gültige Recenfton her:
ftellen, nad) deren Vollendung alle andern Erem:
lare verbrannt wurden. Die vorhandenen ver:
hiedenen Lesarten find fpäter durch die Vocali:
jation und die mehrfache Bedeutung der ältern
Schriftzeichen entftanden. Der Inhalt des K. ift
fehr marmigfach. Gebete, Ermahnungen, gejchicht:
lihe Schilderungen, Legenden, Gebote und Bor:
ſchriften wechjeln mit einander. Ebenfo verfchieden
ift bie Sprache. Der ganze K. ift freilich in gereim»
ter (vhetortfcher) Bohn verfaßt, aber während ein:
zelne Stüde von poetiſcher Schönheit und aus lei:
denfchaftlicher Begeifterung gefloffen find, ift der
Ton in vielen andern projaifh und ruhig. Die
Zahl der orientalifhen Commentare zum K. be:
läuft fi in die Taufende; die hervorragenditen
find die von Azzamachſchari und von Beidhäwi,
deutſch von Seihcher, Leipz. 1844, Ein Hülfsmittel
zum Verſtändniß ift Flügels Concordanz, Leipz.
1842. Von Ueberfegungen ift die des Crefelder
Rabbiner Ullmann, 4. Aufl. 1857, fehr mangels:
haft ; daneben ift die englifche von Ropwell, Lon⸗
don und Edinb. 1861, zu nennen. Vgl. Weil, hi:
ftorifche Einleitung in den K., Bielefeld 1844; be:
ſonders aber Sprengers Leben von Muhammed,
und Theod. Nöldele, Geſchichte des K., Gött. 1860.
Korban, d. h. Darbringung, Opfer, iit das
eigentliche Gelübdewort der Juden in der Bedeu:
tung: „es jei irgend eine Sache als Darbringung
Gott geweiht”, Marc. 7, 11; Matth. 15, 5.
Korbieft bei den Juden erwähnt Philo; es ift
jedoch) kein eigenes jtehendes Feſt, jondern die feier:
‚liche Darbringung der Erftlingsfrüchte zum Tem:
pel nad) Jerufalem.
Korinth, die berühmte griechiſche Stadt, welche
auf der Landenge Iſthmus gelegen, zwei Meere
—— durch Handel und —
eine Weltſtadt, durch Kunſt und Gelehrſamkeit ein
32
Korinth
Centralpunlt griechiſcher Bildung, aber aud) eine
dem Venusdienſt geweihte Stätte ver Unfittlichkeit, |
war nad) der Zerjtörung durd) den römischen Eon:
jul Mummius (146 v. Chr.) von Cäjar (46 v. Ehr.)
wieder auferbaut, zu neuer Blüthe gelangt und der
Sig des römischen Proconjulats geworden. Dahin
lam der Apoftel Baulus auf feiner zweiten Miſſions⸗
reife und nahm dort, aufgenommen im Haufe jei-
ner Handwerlsgenofjen Aquila und defien Gattin
Priscilla, in Anjehung der Wichtigkeit des Platzes
einen anderthalbjährigen Aufenthalt (pi, 18).
Die Oppofition der Juden veranlaßte eine Schei:
dung von der Synagoge, worauf der Projelyt
Yuftus dem Apoftel fein neben der Synagoge ge:
—— Haus anbot, womit auch die Wendung der
Miſſionsthätigkeit von den Juden, deren Syna:
gogenvorſteher Crispus übrigens übergetreten war,
zu den Heiden entſchieden wurde. Eine Anklage
der Glaubensboten von Seiten der Juden bei dem
Proconſul Gallio wurde von dieſem als innerjüdi⸗
ſche Angelegenheit abgewieſen. Nach des Apoſtels
Abreiſe von Korinth trat ein von Aquila und
Priscilla unterrichteter Alexandriner, der beredte
Apollos, in den Wirkungskreis des Paulus ein
und machte ſich den Korinthern namentlich durch
eine von der Pauliniſchen Weiſe abweichende, kunſt—
vollere Form der Darjtellung bemerklich. Da dieje
BVredigtweije bei vielen Korinthern Anklang fand,
bildete fich bald eine, von dogmatiſchen Geſichts—
punkten natürlich abjehende, —— aus zwi⸗
ſchen u bes Paulus und denen beö
Apollos. ‚Zu diefer trat bald auch noch eine weitere
Spaltung, welche ebenfalls einen mehr perfönlichen
Charakter trug, aber auf den tieferen Differenzen
des Juden: und Heidendrijtenthums berubte, in:
dem Viele die Autorität des Apoftels Paulus zu:
rüdjegten und fich auf die Urapojtel, namentlich
Petrus beriefen,. Allen dieſen gegenüber glaubte
endlich eine vierte Partei von allen menſchlichen
Autoritäten abjehen und unmittelbar auf Chriftus
ſelbſt zurüdtgehen zu müffen. War fo die Gemeinde
durd) Parteiungen vielfach zerriffen, fo blieben
auch fittlihe Schäden nicht aus, welche das junge
Gemeindeleben zu zerrütten drohten. Namentlich
war die Zügellofigkeit des geſchlechtlichen Lebens
unter den Korinthern jo jehr zur Sitte geworden,
daß auch die Mitglieder der Chriftengemeinde zu
498
Korinther, Briefe an die
ſtorinther, Briefe an die. Ein Brief, der den
beiden uns noch erhaltenen vorausging und auf
‚ welchen in unjerm erjten Briefe Bezug genommen
ift (1. Kor. 5, 9), ist verloren gegangen; ohne
Zweifel waren darin die fittlichen Berhältniffe der
Gemeinde einer jharfen Kritik unterzogen. Aber
biejer Brief hat, wie es jcheint, nicht die gemünfchte
Wirkung gethan. Wirkliche und vorgeihügte Miß—
verftändniffe, wie die von dem „Alles ift mir er:
laubt“, hatten den Zuftand theilmeife noch jchlim:
mer gemacht, al3 er zuvor war. Der erfte unjerer
erhaltenen Briefe iit veranlaft duch mündliche
(Leute der Chloö) und Schriftliche Nachrichten, welche
Paulus über Korinth zugingen. Letztere beitanden
in einem Sendſchreiben der Gemeinde an ihn (1
Kor. 16,17), worin auf die Unmöglichkeit der voll:
ftändigen Durdführung einer ftrengen Zucht bin:
ewiejen fein mußte, und worin eine Reihe von
Fragen an den Apojtel gejtellt waren. Darunter
waren Fragen, das eheliche Leben betreffend. Hatte
der Apoftel dem ehelojen Leben entſchieden den
Vorzug gegeben, jo gab es in Korinth Biele,
welche das Princip des Cölibats aufitellten und
rüdfihtälos in der Ausführung überjpannten,
Andere aber, welche ſolchen Rigorismus mißbillig-
ten und mehr oder weniger ben Apoſtel dafür ver:
antwortlih machten. Eine andere frage betraf
die vielfahen Eonflicte, in welche die fortwährende
Berührung mit dem Heidenthum, die Nothwendig-
feit der Theilnahme an Opfermablzeiten u. Aebnl.
führte und in Betreff welcher Kernel fid
zwei Parteien gegenüber ftanden, eine frei ſich über
diefe Scrupel hinwegjegende und eine Partei „der
Schwachen“, welche beiderfeits die rechte gegenjei:
tige Behandlung nicht zu finden vermodten, Dazu
famen noch die gottesdienftlihen Verhältnifie, die
eine gründliche Neform herausforderten, weil in
ihnen Unordnung berrichte, namentlich das alles
Andere überwuhernde jogenannte Zungenreben,
| bie Emancipirtheit der Frauen u. dgl. Endlich
I Scheint auch eine Anfrage in Beziehung auf den
ERREGER an Baulus gelommen zu
fein, indem einige ber Korinther dieje den Heiden
Anftoß erregende Lehre bejeitigt wijjen wollten.
Auf diefe Nachrichten antwortet nun der Apoſtel
in unferem erjten Korintherbrief. Derjelbe ent:
hält nah dem üblihen Eingang (1, 1—9) eine
einem jchärferen jittlihen Bewußtfein in der Be: | ausführliche Rechtfertigung des Apoftels in Bezie
ziehung noch nicht gelangen fonnten, und daß ein | hung auf feine Lehrweile und die verſchiedenen
elbft bei Heiden Aufjehen erregendes Nergerniß, | innerhalb der Gemeinde entftandenen Parteien
daß nämlich ein Chrift mit feiner eigenen Stief: | (1, 10 — 4, 21), dann die von ihm gewünfchten
mutter bei Lebzeiten deö Vaters in verbotenem | Mafregeln der vorhandenen Unzucht gegenüber
— —— lebte, nicht einmal ein ſcharfes Ein | (5), eine Rüge wegen des Proceſſirens vor heib-
ſchreiten vbn Seiten der Gemeinde hervorrief. niſchen Gerichten (6), eine Behandlung der s
Sole Zuftände, mit denen fi) im einzelnen na= | fragen (7), der Frage wegen der Theilnahme an
türlid eine Menge von Unordnungen in gottess» | Opfermahlgeiten (8), nebjt einer Hinmweifung auf
dienstlichen, geſellſchaftlichen, häuslichen Berhält- | die uneigennütige Berufserfüllung von Seiten des
niffen verbanden, hatten den Apoftel fehr bejorgt | Apoftels (9), dann eine Beiprechung der gottes-
gemacht um dieje Gemeinde und die bedeutende | dienftlihen Wirren, der Geifteögaben (10—14),
Torreſpondenz hervoraerufen, melde wir zum der Auferftehungsfrage (15), endlid Grüße u.
Theil noch befigen in den beiden Briefen an die Aehnl. (16). Das Schreiben, welchem Timotheus
Korinther. Fort. j. folg. Art. Ueber die Barteien | zur perfönlihen Ordnung der Berhältniffe folgen
vgl. Baur, Tüb. Jahrbücher 1845. 50, Schentel, | jollte, ijt in Korinth nicht ohne tiefen Eindrud ge
de ecclesia cor. factionibus turbata, 1838; Gold: ; blieben, hat aber andererjeitö wieder neue 8.
horn, die Chriftuspartei, 1840; Dähne, ebenfo, ſchwerden, hauptjählid, gegen den Apoſtel felbit
1841; Beder, die Barteiungen in Korinth, 1842;
Räbiger, kritiſche Unterſ. über die Briefe P. an die
Kor., 1847; Beiſchlag, de ecel. cor. fract. chri-
stiana, 1861,
hervorgerufen. Gegen dieſe vertheibigt er fih nun
im zweiten Korintherbriefe. Indem er felbit
bald nad) Korinth zu fommen hoffte, jollte der
Brief feine Ankunft und die dazu nothwendige
%
Kornthal 499 Krabbe
Gemüthsſtimmung vorbereiten. Derjelbe zerfällt der religiöfen Gemeinſchaften, welde den Verfaj-
in 3 Theile: im erjten erweift Paulus feinen apo: | jungsentwurf mitberathen, gebildet, und ergänzt
ſtoliſchen Charakter in Verbindung mit verfchiedes | fich bei Todesfällen durch Cooptation. Die Mög-
nen perjönlichen Beziehungen (1—7); im zweiten lichleit, die beabſichtigte Durchdringung des bür:
redet er von ber Gollecte, weldhe in Korinth be: | gerlihen und kirchlichen Lebens zu erhalten, ift
gonnen, aber wieder ind Stoden gerathen war (8
—9); im dritten fommt er nod) einmal in großer
perjönlicher Erregtheit auf feine apoftolifche Auto:
rität zu jprechen (9—13). Ueber den Erfolg dieſes
Schreibens find wir nicht unterrichtet, bald darauf
bat der Apojtel einen drei Monate langen Aufent: |
halt in Korinth genommen, wohl den dritten Auf:
enthalt dajelbit, da unjere Briefe einen zweimalt= |
gen Aufenthalt vor ihrer Abfafiung ſchon voraus:
jegen (2. Kor. 12, 14; 13,1). Der erfte Brief ift
nach 16, 8. 19 in Epheſus geſchrieben und jwar
am Ende des fait dreijährigen Aufenthaltes des
Apoftels, als er im Begriffe war, abzureifen. Der
zweite iſt jhon nad) der Abreife (1,8) in Mace:
donien (2,13; 7,5; 8,1; 9,2) geſchrieben; beide
aber wohl noch in demjelben Jahre. Val. zur Ere:
geje und Kritit die Gommentare von Guſt. "ill
roth, 1833; Hüdert, 1836 ; Jäger, 1835; Qſian⸗
der, 1847 und 1858; Neander, 1869 (herausgene:
ben von Beyichlag); Meyer (4. Aufl. 1861). Ueber
den erſten Briejbejonders: Heidenreich, 1825 ; über
den zweiten: Scharling, 1840; Burger, 1860. Zur
Kritit ogl. Ziegler, Einleit. in die Briefe an die
Kor., Abh. Th. II.; Rüdert, ereg. Magazin, ©.
132; Baur, Paulus, ©. 259 ff. und Tüb. Jahrb.,
1850, Außerdem bie Einleit. ind Neue Teitament.
— Ueber die Gemeinde zu Korinth vgl. Holgmann
in ge prot. Monatsbl., 1865 und im 8. Bande
von Bunjens Bibelwerf, wo weitere Literatur
nachgewiejen ift.
Kornthal iit eine Gemeinde in Witrttemberg,
welche bürgerlich und kirchlich mit eigenthümlicher
und jreier Verfaſſung privilegirt, aljo abge:
trennt von der Yanbestirche, eine jociale Theo:
tratie bildet. Ihre Gründung wurde veranlaft
durch die Einführung eines neuen Geſangbuches
1791 und die Menberung in der Liturgie 1801,
woran der mwürttembergifche Pietismus ſowohl
als die Anhänger des Michael Hahn ſolchen Ans«
ſtoß nahmen, daß Taujende nad Rußland aus:
wanderten. Auf den Vorfchlag des Amtsbürger:
meiſters Hoffmann zu Leonberg aenehmigte der
König die Gründung einer von dem Eonfiftorium
in jeder Beziehung unabhängigen Gemeinde, welche
das biblische und ſymboliſche lutherifche Chriften:
durch die Kirchenzucht gewahrt, welche das Aelte—
ftencollegium ausübt. Der äuferfie Grad berfel:
ı ben, die Ausſchließung, ift zugleich die Ausjchlie:
| Bung vom bürgerlihen Berband mit der bett
' gung, den Drt zu verlaffen und den Grundbeſitz
der Gemeinde zurüdzugeben. Bon Kornthal aus
ift die Gemeinde Wilhelmsdorf auf dem Lengen—
meiler Ried gegründet, welche aber in die Landes:
‚ fire eingetreten iſt.
Kortholt, Chriftian, berühmter lutheriſcher Kir:
henhiftorifer. Geb. am 15. Januar 1632 zu Burg
auf Fehmern, war er Profeſſor der Theologie und
| Brofanzler zu Kiel 1666, vorher Profeſſor der
een prache zu Noftod. + 1. April 1694.
r fchrieb: de persecutionibus ecel. primitivae
sub En ersterikon ethnicis. Paganus obtrecta-
tor; gegen Varonius: disquisitiones Antibaro-
| nianae, 1700. Seine Kirchengefchichte fam erft nad)
| feinem Tode heraus, hist. ecel. N, T., Lips. 1697.
| Korvei. ©. Corvey.
ſtosri (liber Cosri, Cosari) ift der Titel einer
berühmten Schrift des R. Jehuda Hallevi um 1400,
welches die Herrlichkeit der jübijch = rabbinifchen
gegenüLer der muhammedaniſchen und chriftlihen
Religion und der taraitiihen Verwerfung des
Talmud ind Licht zu fegen fih bemüht. —*
kleidet iſt der Inhalt in ein Geſpräch des Kö—
nigs Koſar mit einem Philoſophen, Rabbinen,
Chriſten, Muhammedaner und Karäer. Es iſt nach
Form und Inhalt ein claſſiſches Werk rabbiniſcher
Theologie. Urſprünglich arabiſch geſchrieben, iſt
es ins Hebräiſche überfegt und von Baxtorf 1660
herausgegeben. Dieje Ausgabe enthält aud den
Briefmechfel des R.Chasdai Ebn Sprot, Miniſters
Abd:er:Hahmans III., mit Joſeph, dem König der
Ehazaren (f. d. Q.), welden 1577 Iſaal Akriſch
als „Stimme des Heiläboten“ (Ayran 5, p) heraus:
gegeben hatte. Der Briefwechſel enthält die Schil:
derung der jüdiſchen Zuftände in Spanien und im
Chazarenreih. Joſt hat dargethan, daß mindeſtens
‚die Antwort des Königs Joſeph unecht jein müſſe.
' Kodmogonie, ©. Thätigfeiten Gottes.
' Kodmotheologiider Beweis. ©. Gott.
Keoſtnitz. ©. Conſtanz.
thum nach ihrer Weiſe bewahren wollte. Nad) lan: | Krabbe, Otto Carſten, Dr. und Profeſſor der
gen Verhandlungen zwiſchen Hoffmann, Hahn und Theologie, Conſiſtorialrath zu Noitod, ein Haupt:
den Häuptern der verjchiedenen reliniöjen Gemein: | gegner feines früheren Collegen Michael Baum:
haften fam 1819 der Entwurf der Gemeindever: | garten. Geboren 1805 zu Hamburg, ftudirte er in
fafjung zu Stande, welcher die häuslichen, bürger:
lien, berujlihen Verhältnijie eben wie die got=
teödienftlichen mit dem Ehriftenthbum zu durchdrin⸗
gen jucht. Der Grund und Boden der Gemeinde
iſt von berjelben angelauft und ihr Eigenthum;
die Gemeindeglieder befigen ihre Grundjtüde, de:
sen Werth fie bezahlt haben, nur fo lange fie oder
onn, Berlin und Göttingen, wurde 1833 Pro:
feffor der bibliſchen Philologie am akademiſchen
Gymnaſium zu Hamburg, 1540 0. Brofefior der
Theologie und Univerfitätsprediger in Roſtock.
| Unter jeinen Werfen heben wir hervor: De co-
dice canonum, qui apostoloram nomine cir-
cumferuntur, Gött. 1829; Quaestiones de Ho-
die Erben Glieder find und müſſen fie im Fall des | seae vaticiniis, Hamb. 1836; die Lehre von ‚der
Austrittö gegen den Kaufpreis zurüdgeben. Die | Sünde und vom Tode, Hamb. 1836; Vorlefungen
Gemeinde bejigt außerdem Rettungs: und Erzie: | über das Leben Jeju, Samb. 1839; Ecclesiae
hungs-Anjialten. Sie verwaltet jid) durch den von | evang. Hamburgi instaur. hist., Hamb. 1840;
ihr gewählten Gemeinderath und das Xelteiten: | de temp. ex nihilo creatione, Rost. 1841; ber
collegium, welche in jchweren Fällen an den Rath | die Stellung der Apologetik zur h. Schrirt, Hamb.
des auswärtigen Brüdercollegiums gebunden find. | 1842; die evana. Landedlirche Preußens, Berl.
Dasfelbe wurde urjprünglid aus jenen Häuptern 1849, Auguſt Pieander, Hamburg 1852, Die
32*
⸗
Kränze
Univerfität Roftod im 15. und 16. Jabrh., 2 Thle.,
Roft. 1854; Savonarola, Berl. 1862; Heinrich
Müller und jeine Zeit, Roft. 1860.
ſtränze werden als feſtlicher Schmud bei freu:
digen Anläffen im Alten und Neuen Teitament
öfterd erwähnt. Man befränzte auch Häufer, Tem:
pel, Gößenbilder (1. Matt. 4, 57) und Opfer:
thiere (Apftg. 14, 13). Daher häufig die bildliche
Anwendung ald Symbol jeder Ehre (Judith 3,8)
und ald Siegespreis der Treue mit Beziehung auf
die Sitte der helleniſchen Wetttämpfe (1. Kor.
9, 24. 25).
Rrafit, Johann Chriftian Gottlob Ludwig. Geb.
den 12. December 1754 zu Duisburg, jtudirte er
bort Theologie, und wurde nad) Sjährigem Wirken
als Hauslehrer in Frankfurt 1805 Pfarrer zu
Weeze bei Cleve. Er wurde 1817 von dort nad
Erlangen berufen und 1818 zum außerord. Brofefior
der Theologie ernannt. + 1845. „Ohne befondere
geijtige Gaben und wiſſenſchaftliche Auszeichnung,
aber von großer Stärfe und Energie des Willens
und ſchlichtem Glauben an das Wort Gottes“ ift
er der Begründer des neuen kirchlichen Lebens in
Baiern geworden, welches feines reformirten Aus:
ganges doc bald vergeflen hat. K. errichtete ſchon
1824 ein Rettungshaus bei Erlangen, und hielt,
als der erſte, Borlefungen über Miſſionsgeſchichte.
Bon Schriften hat er nur einige Predigten hinter:
lafien. Nach feinem Tode ift erſchienen: Chrono:
logie und Harmonie der vier Evangelien, heraus:
gegeben von Dr. Burger, Erl. 1848. — Ein Bru:
ver des Erlanger Theologen war der Gölner Eon:
fütorialrath Krafft; der jüngere Sohn diefes ver:
dienten Getftlichen ift der Confiftorialrathb Wil:
helm Krafft, Dr. und ordentlicher Profeſſor der
Theologie in Bonn, deſſen Hauptſchriften find:
vie Topographie Jerujalems (Bonn 1846) und die
noch unvollendete Kirchengeſchichte der germani-
ſchen Völker (Berlin 1854).
Krain, Andreas, Erzbijchof von. S. Andreas.
Krakau. Das Bistum wurde um das Jahr
1000 geftiftet und dem Erzbisthum Gneſen unter:
geordnet. Die Tradition, daß es bereitö von Her:
zog Mieczislam eingerichtet worden, mwiberfpricht
den geſchichtlichen Thatſachen. Unter den Biſchö—
fen ragt Stanislaus hervor (f. d. A.), den Boles—
lav II. ermorden ließ. An Bedeutung gewann das
Bisthum, als K. Hauptitadt der Könige von Po:
len wurde (1320— 1609). Die Reformation fand
namentlih durch Berbindung mit der Schweiz
Eingang. Schon 1524 ließ der Bifchof gegen Lu⸗
ther predigen. Die Gemeinde ſchloß ſich in Folge
der Synode von Kozminek 1555 an die böhmiſchen
Brüder an; bebrängt durch die zahlreichen Ana—
baptijten aber, nahm fie 1560 die Schweizer Con:
jejfion und Kirchenordnung an. Val. Bolen. In
der Reformationsgeſchichte wichtig ift der Frie—
ven zu K. 1525, in welchem Albrecht das Her:
zogthum Preußen als mweltlihes Lehen von Polen
3— Die Jagelloniſche Univerſität iſt 1649 ge—
ſtiftet.
ſtrankheiten. Das Klima Paläſtina's iſt im
Allgemeinen der Geſundheit zuträglich und Epibe:
mien nicht leicht ausgefegt, melde daher, wenn
fie auftraten, auf befondere Zornwirkungen Got:
tes zurüdgeführt wurden; jo die noch jegt im
Drient nicht jeltene Peſt (2. Mof. 9,3; Jer. 44, 3;
2. Sam. 24, 13.15; 2. Kön. 19,35; Amos 4, 10).
Epidemijch find im Sommer Ruhrkrankheiten
500
Krell
(2. Ehron. 21, 18), im Herbfte Fieber unter
breierlei Benennung (5. Mof. 28, 22). Berbreitet
und häufig vortommend waren Hautkrankheiten:
Ausjag (3. Moſ. 13,59), Flechten (3.Moj. 21,
20), Grind (3. Moſ. 14, 54), und Kräge (6.
Moſ. 28, 27); geſchlechtliche Krankheiten (3. Moſ.
15, 3; 1. Sam. 5; 1.Mof.20,17; 3. Re 15,25;
4.Moj.5,2), ud Shwindfudt (5. Moj.28,22).
Als Urſache eines plöglichen Todes werden Son:
nenftic (2. Kön. 4, 19; Jub. 8,3; Pf. 121, 6)
und Schlagflüjje erwähnt (l. Sam. 25, 37;
1. Matt. 9, 55). Lähmungen manderlei Art
(Gichtbrüdige), Epileptifche (Zah. 11, 7),
Wahnſinnige (5. Mof. 28, 28; 2. Kön. 9, 10;
1. Sam. 21, 14; Bf. 34, 1; über den Dan. 4, 13
erwähnten Wahnfinn Rebuladnezar’3 vergl. aud
Casper's Viſch. f. ger. Med. 1855, S. 153) und
Geijtestrante (Bejeflene) (Matth. 4, 24) kom:
men wiederholt im Alten und Neuen Teftament
vor. Auch Podagra (2. Chron. 10, 12) und eine
auffallende Wurmkrankheit (2, Matt. 9, 9 — 12),
an der Antiohus Epiphanes ftarb, werben er:
wähnt. Ueber die Ratur ber dort gejchilderten
Krankheiten herriht immer noch Unficherbeit.
Ueber einzelne bei bejtimmten onen berichtete
Krantheitsformen f. die betr. Art. Vgl. Truſen,
Darftellung der bibliſchen Krankheiten, 1843.
Krang, Albert, wurde um die Mitte des 15. Jahr:
hunderts zu Hamburg aus einer angejehenen Fe:
milie geboren. Nach Bollendung feiner Studien auf
mehreren Univerfitäten, begab er fih auf Reiien,
ward dann Profeffor zu Roftod, 1482 Prorecter,
1490 Doctor der ie und ber Rechte. Al
Kanonikus der Stiftsfiche nah Hamburg zurüd
gelehrt, verwaltete er dad Syndicat der Stadt und
übernahm mehrfache Geſandtſchaften und Diplo
matifche Aufträge. Als Dechant fuchte er Durd
ftrenge — — (1508 und 1514) die
Eitten des Klerus zu verbefjern. Der Erfolg der:
felben gab ihm fo weni * nu
lichkeit einer Kirchenverbefjerung, daß er beim Leſen
ber 95 Thejen Luthers jagte: Vera quidem dieis,
bone frater, sed nihil efficies. Vade igitur in cel-
lam tuam et die miserere mei Deus (Guter Bruder,
Du haft wohl Recht, aber wirft nichts ausrichten.
Geh’ daher in Deine Zelle und ſprich: Gott erbarme
Dich meiner). Bezeichnend läßt das Kirchenleriton
von Weger und Welte die eriten Worte des „ge:
achteten, für Reformation ber Kirche begeifterten
Mannes“ weg. K. hatte jeine Stellung zur Samm:
lung von Duellen für die Gefhichte Norbd
lands benußt, und aus denfelben verſchiedene Ge
chichtswerke bearbeitet, welche erft nach feinem
de (1517) erſchienen. Sie find, weil fie bir
Schäden der Kirche ſchildern, auf den ine 45*
db: Metro-
donec expurgentur. Die ——
—— s. hist, eccl. Saxoniae, die Geſchichte der
isthlimer Bremen, Magdeburg, Münfter, Bader:
born, Dsnabrüd, Berden, Minden, Halberftabt,
zu eim, Schwerin, Rateburg, Aldenbu:
23
. Historia Saxoniae libri . vo
Bafilius ‚ Zeipy. 1563. Chronicon
rum aquilonarium, deutid von Heinr. v. Eppen:
dorf, Straßburg 1545. Wandalia s. de Wanda-
lorum origine, deut von A. Stephanus We:
cropus rg per ug hen
autwald, Valentin, ber nd Schmenl:
felbts. ©. dieſen i
Krell. S. Crell.
auf eine Mög:
Kreta 501 Kreuzherren
Kreta (au Candia, neugr. Kriti), eine befannte]| Kreuzbrüder. S. Geißler.
Infel im Mittelländifhen Meere, ift das Kapbtor | - Krenzbulle (Uruzada) ift der Name einer Bulle,
des A. T., die Heimath der Philifter. Daß zwi:
{hen Kreta und Phönicien viele Verbindungen
beftanden, wird auch fonft bezeugt; auf der Infel
begegneten fich griehifche und ſyrophöniciſche Eul:
tur. Gerühmt werden die Kretenfer ala gute Bo-
genjhügen; die Schilderung ihres Charakters Tit.
1, 12 mit den Worten bes Epimenibes ftimmt mit
Angaben anderer Brofanfchriftfteller liberein. Bon
Drten der Inſel werben in der Bibel erwähnt
zeloi Auueves, d. h. Schönhafen oder Gutfurt
(Apftg. 27, 8), Gortyna (1. Makk. 15, 28), Laſaea
(Apftg. 27, 8); Phönig (Apftg. 27, 12). Daß bie
Gemeinden auf Kreta von Baulus begründet jeien,
bat nichts Widerfprechendes in fi, wenn gleich die
Apoftelgeihichte davon fchweigt ; auch eine Begrü-
fung des Apofteld durch diefelben auf der Depor:
tationsreife brauchte nicht unbedingt nothmendig
erwähnt zu werden. Die Annahme, daf die Grün:
dung zwiſchen die erjte und zweite Gefangenfchaft
falle, Hat die Borausfekung einer zweiten Gefan-
senichaft des Apoftels zur Grundlage. Belannt:
lich ift es noch immer eine Streitfrage, ob der
Brief an Titus echt jei. Aber auch wenn dies nicht
der Fall, würde die Tradition, daß Titus Biſchof
der erften kretiſchen Gemeinden geweſen, an dem
Briefe eine fichere —— haben.
Krethi und Plethi. S. Creihi.
Als Erinnerung an den Tod Sefu fin:
det fih das Bild des Kreuzes ſchon früh ala
und Zierde im Gebrauch und wurde
dann das eigentlich kirchliche Zeichen, welches an
Kirhen und heiligen Geräthen ebenjo wenig ent:
behrt werben konnte, wie bei irgend einer heiligen
Handlung oder an einem geweihten Orte. Die
verfchiedenen Formen des Kreuzes find: X crux
decussata, dad Burgunder oder Andreas : Kreuz;
T erux commissa, Antoniudfreuz (biefe Form
war die den Römern für dad Marterwertzeug ge:
wöhnlicdhe); } crux immissa, das Paffiondfre,
die Form des Kreuzes Chrifti; + das griechifche
Kreuz; + dad Petrusfreug; + das Doppellreuz
und das F dreifache Kreuz. Die abenbländifge
Kirde hat die crux immissa, die ruffiiche Kirche
das dreifahe Kreuz angenommen. Die fpätere
zeit mwanbelte, wo es anging, das Kreuz in das
ifix, crux exemplata.
Rrenzanffindung. Die Sage von der Kr. durch
Helena, die Mutter Eonftantins, erzählt zuerft ber
b. Baulinus, Eufebius von Eäfarea fennt nur bie
Entbedung des h. Grabes. Val. Gildemeifter, der
h. Rod. An der dur Julian und feinen Götzen⸗
tempel entweihten Stelle joll bei Nahgrabungen
das b. Grab und dabei drei Kreuze gefunden fein,
non melden das eine durch Wundermirlung an
einer franten Matrone, ald das Kreuz Chriftt fich
beglaubigte. Der größere Theil des jegt in Silber
en Kreuzes blieb in der neuerbauten Gras
tirche, der andere Theil wurde in Reliquien ver»
theilt. Splitter vom h. Kreuze galten als bie
höchſten Reliquien und wurden ald Amulette ge
tragen. Das Feſt der Kreuzesfindung (3. Mai)
foll zwar ſchon von ber h. Helena gefeiert fein, es
lommt aber im Abendland nicht vor dem 6. Jahr:
hundert vor; förmlich feftgeftellt ift es erft 1376
durch XI
Krembild. S. Erucifir.
durch weiche Calixt III. 1457 allen Denjenigen
Ablaß eilte, welche gegen die Mauren fochten
oder dem Könige Heinrich von Caſtilien einen Bei:
trag zu den Kriegskoſten leiſtan würden. Die Kö:
nige von Spanien verlauften diefen Ablaß und
gewannen dadurch eine anfehnliche Finanzquelle,
welche auf Jahrhunderte erhalien blieb, da immer
wieder um bie Erneuerung der Bulle nachgeſucht
wurde. Erſt 1753 unterblieb dies, womit der Ab:
laß endlich aufhörte.
Krenzerhebung, festum exaltationis crucis (14.
Sept.). Bei der Eroberung Jeruſalems durch die
Perſer 614 war auch der Patriarch Zacharias ge:
fangen genommen und mit ihm das Kreuz, welches
er in einer Lade getragen hatte, nach Perſien ge:
ſchleppt worden. Der Kaifer Heraclius erlangte
durd) feinen Sieg 628 die Rüdgabe desſelben und
brachte es unter großen Feierlichkeiten jelbft wie:
der an feinen Ort. Zur Erinnerung führte Papſt
Honorius I, das Feit auch im Abendlande ein.
Nah Andern foll aber das Feſt jchon früher ge:
feiert fein in Beziehung auf die Einweihung der
Grabkirche, oder auf das Kreuzzeichen, welches
Conſtantin fah. Die Iutherifche Kirche behielt das
Feſt anfänglid) bei.
Rreuzedzeihen. Der Gebrauch des Kreuzzeichens
bei den liturgifchen Gultusacten, ſowie auch bei
ber Selbitfegnung, geht in frühe Jahrhunderte
zurüd. Die Griechen unterfcheiden fich beim Kreuz⸗
maden von den Lateinern dadurch, daf fie den
Querbalten von der Rechten zur Linken ziehen,
diefe von der Linken zur Rechten. Außerdem
unterfcheidet man das deutfche Kreuz, wobei mit
dem Daumen Stim, Mund und Bruft berührt
wird, während die rechte Hand auf der Bruft liegt,
von dem lateinifchen oder großen Kreuze, welches
da3 gewöhnliche geworden iſt. Bei diefem wird
mit der flachen Hand zuerſt die Stirn, dann bie
Bruft, die linke und die rechte Schulter berührt.
Das —— vertritt das Ausſprechen des
Namens Jeſu. Wie viel Aberglauben ſich damit
verbunden hat, iſt belannt. Luther im Katechis—
mus behielt die Sitte bei, aber die lutheriſche Kirche
at ſie, mit geringen Ausnahmen, fallen laſſen.
en Reformirten erſchien ſie von Anfang an als
Aberglauben. — In der Bibel: und ——
iſt Kreuz die Bezeichnung der Bedrängniß, mit
der Nebenbedeutung des nicht verſchuldeten aber
von Gott auferlegten Leidens.
Krenzfahrer. S. Kreuzzüge.
ſereuzgang. 1) In den Klöſtern und Stiftern
pflegt das von der Kirche und den Kloftergebäuden
umſchloſſene Biere (der Friedhof des Kloſters)
von einem offenen Bogengang wine zu fein,
auf welchen die Pforten der Klofterräume ſich öff:
neten. Derjelbe diente bei ungünftiger Witterung
zur Abhaltung der Proceffionen, aud) zur körper:
lihen egung und zu anderen Sweden. Weil
ben Proceffionen und Bittgängen ein Kreuz voran:
getragen zu werden pflegt, nennt man fie Kreuz:
gänge. Viele diefer Kreuzgänge zeichnen ſich durch
hohe architektoniſche Schönheit aus.
N oder Kreuzritter werben auch bie
Deutſch⸗Ordensherren genannt von dem ſchwarzen
Kreuze, welches fie ald Ordenszeichen auf weißem
Mantel trugen. — Die K. mit dem rothen Stern
find eine Congregation, welche ihren Sitz in
Krenzigung 502 Kreuzzüge
Böhmen hat und der Hospitalität und Seelſorge ſich 1) die Verurtheilung Jeſu durch Pilatus; 2) die
widmet. Schon 1234 ſtiftete ihnen Agnes von Uebernahme des Kreuzes durch Jeſus ; 3) fein erftes
Böhmen ein Hospital, und Innocenz IV. beftätigte | Sinken unter bem Kreuze ; 4) die Begegnung mit
die Stiftung und gab ihnen ald Ordenszeichen | der Waria; 5) die Unterftügung Jeſu durch Simon
zum Kreuz den rothen Stern. Ob die Conarega: | von Cyrene; 6) die Darreichung des Schweißtüch⸗
tion zufammenhängt mit dem geiftlihen Ritter: | leind durd) die heil, Beronica; 7) das zweite Sin:
orden der Bethlehemiten, der während der Kreuz: | fen unter dem Kreuze; 8) die Anrede an die Frauen
züge in Baläftina geitiftet und bis zur Zeritörung | von Na Pre 9) das dritte Sinten unter dem
de3 Königreichs Jerujalem dort feinen Sit hatte, | Kreuze; 10) die Entkleidung vor der Kreuzigung;
ift ungewiß. — Cine andere Congregation der K. 11) die Kreuzigung; 12) der Tod am Kreuze; 13)
jtiftete 1211 Theodor von Gelles (+ 1246) bei Lüt- | die Abnahme des Leichnams; 14) Die Grablegung
tih. Sie verbanden ſich mit den Dominicanern | 15) die Auffindung des Kreuzes. Seit Innocem
zur Wirkſamkeit gegen bie Bas erhielten | XI. 1686 bewilliaten bie Bäpfte den Franciscanern
aber jpäter wieder einen eigenen General in frank: | für die von ihnen oder einem aus ihrer Genoffen-
reich. Sie führten auch den Namen Hospitaliter. ſchaft aufgeftellten Kreuzwege denſelben Ablaß, der
Kreuzigung. Die Kreuzesftrafe war bei den Ju: | mit dem Bejuch ber betreffenden heiligen Orte
den nicht gebräuchlich, wohl aber bei Phöniciern, | früher verbunden war, jo daf eine Kreuzwegsan
Griechen, Indern, Scythen und Römern, bei die: | dacht eine Pilgerfahrt nach Jerufalem erjegte, und
fen aber nur fiir gemeine Berbrecher, Sklaven, | natürlid) die Anh jolcher Kreuzwege fich bedeuten»
Feinde und Aufrührer. Der Kreuzigung bei den | vermehrte.
Römern ging die Geißelung regelmähig vorauf. a heißen zunächſt die Heerfahrten der
Auch mußte der Verurtheilte jein Kreuz felbft zur | abendländiichen Ehriftenheit zur Eroberung Jeru
Kichtjtätte tragen. Die Geftalt des Kreuzes war | falemd und ber heiligen Stätten, die vom Endr
verschieden, ebenfo gewöhnlich war die Crux com- | des 11. bis zum Ausgang des 13. Jahrhunderts
missa ald immissa. Nach der übereinftimmenden | unternommen wurden. Der Name ftammt von
Tradition ift bei Ehriftus die letere Form ange: | dem Zeichen des Kreuzes, welches Jeder, der fi
wendet worden. Der Berurtheilte wurde entllei- | zur Theilnahme an einem folden Zuge verband,
det, an das nicht ſehr hohe Kreuz erhoben, auf den | an feine Kleidung befeftigte. E3 ift dann die Be:
in der Mitte befindlichen Pflod (sedile) gejegt und | zeihnung angewendet auf Feldzüge, die aus reli
Arme und Füße feftgebunden, dann Hände und giöfen Motiven zur Ausbreitung oder Sicherftel
Fübe mit ftarfen Nägeln an das Holz genagelt.| lung der Kirche gegen Ungläubise, Heiden um
an hat dies Letzte lange beftritten, indeß find | Keger unternommen wurden. So wurden Krew
die Zeugniffe dafür überwiegend. Val. Winer, züge veranftaltet gegen die Preußen (123083
Neallericon, und Hug in der Freiburger Zeitjchrift. | die Aldigenfer (1209—29), die Huffiten (14192
Die bei der Kreuzigung Jefu erwähnten Umftände, | ff.), die Mauren u. ſ. w. Der eigentlichen Kreu;
das Vertheilen der Kleider unter die bei der Freu: auge im engern Sinne zählt man gewöhnlich füni.
zigung beicäftigten Soldaten und die Tafel mit | Den eriten eröffnete Peter von Amiens (j. d. Art)
ber Todesurjache am Kopfende des Kreuzes, find | ald Führer eines ungeorbneten tumultuarifcen
dem römifchen Gebrauche gemäß; dagegen mar | Haufeng, der 1094 aufbrach, aber nur bis Kein
das Darreichen eined betäubenden Tranfes nicht | afien gelangte, mo er aufgerieben wurde. Das
römifche, fondern jüdische Sitte. Die Kreuzes: | eigentliche Heer, beftehend aus einer Reihe ange
ftrafe war die martervollite; der Tod erfolgte in | jehener Ritter, wie Graf Raymund von Toulome
Folge der unnatürlihen Spannung ber Musteln | Robert von der Normandie, Robert von Flar-
nur langfam unter qualvollen Schmerzen, in ein: | dern, Boemund von Tarent, Tantred u. A. ımı
zelnen glaubwürdig berichteten Fällen erft am | einer immer mehr anfchwellenden Mafje von Men
dritten Tage. Die Leichname ließen die Römer am | hen unter Führung des Gottfried von Borurillen
Kreuze bangen, den Bögeln und der Verwejung brach 1096 auf, erreichte nad unjägliben Be
zur Beute. Jüdiſches Gefeg erlaubte nicht, die | ſchwerden Conitantinopel und Kleinafien, ſiegt
Leichname der Gehängten über Nacht hangen zu | 1097 bei Nicäa, gewann nad langer Belagerun:
lafien (ed wurben aber bei den Juben nur bereits | Antiochia 1008 und erftürmte am 15. Jult 10%
durch Steinigung oder ſonſt Getödtete an einen | Jerufalem. Das Gemwonnene zu bewahren, wurd
Pfahl gebunden nder geipieht). Das Zerbrechen | das Königreich Jeruſalem geitiftet und durch ein
der Bebeine, welches die Juden von Pilatus erba- müth ge ahl Gottfried von Bouillon übertraaer.
ten, um die Leihname der Hingerichteten abneh: | Päpstlichen Bemühungen durch den Legaten Daiır-
men gu dürfen, mar fonft eine befondere Strafe, | bert von Pija gelang es fehr bald, das Zugeftäns
crucifragium. niß zu erlangen, daß das neue Königreich nur ei
Kreuzprobe war eine von den veridiedenen | Zehen des Papftes und der Fürft zur Vertteid
Arten, um das Gottesurtheil zu finden. Der Ange: A der Kirche und des Patriarchen verpflichtet
ſchuldigte mußte mit freuzweis auögebreiteten Ar-| jei. Nach fränkiſcher Gewohnheit wurde das Fer
men den Pfalter herfagen; ſanken ihm die Arme | dal: und Lehensſyſtem in bem neuen Staate durd-
zu früh ermüdet nieder, fo galt er für fchuldig. gerührt assises et bons usages du royaume d+
Ludwig d. fr. veroot die Kreuzprobe. er.) und mit ihm bie Lehnsftaaten von Ebdefic
Krenzträger murden auch die Geifsler, Geißel- | unter Balduin, Tiberias unter Tanfred vom Apr
brüder genannt (f. d. Art.). ‚lien, Yaodicea unter Raymund von Touloufe ver
ſtreuzweg beißt die Darftellung der (14—15) | bunden, und Antiodhia und Edefja in eine weiter
Hauptmomente aus dem Leiden Chrifti in Bildern | Beziehung geſetzt. In der folgenden Periode wur
oder Statuen an den Wänden der Kirchen oder an | auch die Meereöfüfte erobert, zum Theil mit Hüf
den Wegen, die zu einer hochgelegenen Kirche ober nachrückender Kreusfahrer. Gottfried von Bonillo-
Feldcapelle führen. Der gewöhnliche Inhalt ift: | ftarb ſchon 1100, ihm folgte fein Bruder Balduin
— — — — ——
— re— — — — — —
Kreuzzüge 503 Krieg bei den Hebräern
Der Verluſt Edefjad 1144 bedrohte das ganze Kr wegen Krankheit bald wieder um. Trotz des auf
nigreich mit Jerufalem. Bapft Eugen III, forderte | ihn gelegten Bannes zog er 1223 von neuem
zu einem neuen Kreuzzug auf; der Berehfamkeit
Bernhards von Clairvaug gelang es, die m.
Konrad IIL von Deutihland und Ludwig VII.
von Frankreich zu gewirmen. Mit 10,000 Mann
brach der Erftere 1147 auf. Griechische Verrätherei,
die mit den Seldſchulen ein heimliches Bündniß
gegen die Kreuzfahrer eingegangen war, verur:
fachte dem Heere in Kleinaſien die empfindlichiten
Verluſte; nur den größten Anftrengungen gelang
es, fi mit den nadhrüdenden Franzojen, denen
es nicht beſſer ergangen war, zu vereinigen und
Syrien zu gewinnen. Die Belagerung von Da:
mascus mißlang aber ebenfalls in Folge von Zwis
ftigfeiten und durch die Verrätherei der Pullanen
(Ablömmlinge der eingewanderten abenbländi:
jhen Chriſten in Baläjtina), jo daß die Fürften
mit dem tleinen Reſte ihres Heeres entmuthigt
umkehrten. Nur durch die Streitigleiten der mu
hammedaniſchen Fürjten untereinander friftete
das Königreid) Jeruſalem jein Dafein, bis Salad:
bin fi Aegypten unterworfen hatte. Rach der
Schlacht bei Tiberiad aber 1187 mußte ſich i
Zerufalem ergeben. Diefe Nachricht bewog bie
abendländifchen Herricher zu einer großen Bereini:
gung und zum dritten Kreuzzuge. Friedrich Bar:
barofia erzwang von den Griechen die Meberfahrt
nad) Afien und gelangte nad) Ikonium, weldyes ſich
ergeben mußte. Als er aber im Fluffe Kalykadnus
(Seleph) bei Seleucia ertrunfen war, trafen fein
Heer jo viel Unfälle, daß nur ein geringer Theil
unter Friedrich von Schwaben nad) Acre (Ptolo⸗
mais) gelangte und ſich mit den Englänbern und
Franzoſen vereinigen fonnte, welche unter Richard
Löwenherz und Philipp Auguft gerade damals
vor Ptolemais landeten. Zwar wurde nun dieſe
Stadt mit Sturm erobert 1191, aber die Zwie—
tracht zwiſchen Richard von England und den ans
dern Fürſten veranlafte dieſe zur Umfehr, und
jener vermodte nur nad) langem Kampfe mit Sa—
fabdin in einem Waffenftillftand die Küfte Palä—
ftinas und ben freien Zutritt nach Jeruſalem ben
Chriſten zu retten. Dem leiten Könige Guido von
Lufignan überließ Richard das von ihm eroberte
ern. Einen neuen Kreuzzug bradhte Innocenz
DI. zu Wege. An ihm betbeiligten fich fait nur
Franzofen und Jtaliener. Um die Koften der Ueber:
fahrt den Venetianern zu vergüten, eroberten fie
diejen zuerit Zara in Dalmatien und ließen fich
dann zu einem Unternehmen gegen das Kaifers
thum in Byzanz bewegen, deſſen Erfolg die Grün:
dung bes lateiniihen Kaiſerthums (1204—61)
war. Der nädjite vierte Kreuzzug 1217 fand Statt
unter Führung Wilhelms von Holland; an ihm
beiheiligten fic) viele deutſche Fü
dreas von Ungarn. Doch kehrte dieſer bald
wieder um, abgeſchreckt durch bie Schwierigkeiten
des Unternehmens, Der andere Theil landete aber
mit einer Flotte in Aegypten und eroberte Da:
miette 1219, gerieth jedoch bei weiterem Vorbrin:
gen in folche Roth, daß er 1221 mit bem Sultan
Kamel eine Capitulation abfhließen und Aegypten
wieber räumen mußte. Friedrich LI. von Deutſch⸗
land, ber durch feine Gemahlin Jolanthe Anfprüce
Serufalem bejaß, hatte trog feines Gelübdes
(1215) an dieſem Zuge keinen Antheil genommen.
Vom Papſte genöthigt, ſchiffte er 4 1227 zu
Brindiſi zu einem Kreuzzuge ein, kehrte aber
ten und Ans
gegen Baläftina und erlangte 1229 von dem Sul»
tan Kamel einen Waflenftillftand auf zehn Jahre,
‚ber —* erlaubte, ſich in Jeruſalem die Krone
| aufzufegen. Als 1247 die Chawareämier in Ber:
bindung mit dem ägnptifchen Sultan Syrien,
Serufalem, Tiberiad, Gaza und Askalon erober:
ten und bie Ehriften alfo aus dem legten Reſt der
Befigungen zu verdrängen drohten, unternahm
Ludwig der Heilige den legten Kreuzzug. Er ero:
berte zwar Damiette und Manſura in Negypten,
wurde aber bei weiterem Vorbringen geichlagen
und mußte fih gefangen geben; feine Freiheit er:
faufte er durch die Räumung Aegyptens. In Bar
läftina führten den Kampf die Ritterorden noch
fort, bis Antiohien 1268, Tripolis 1288 und zu:
legt auch Acre 1292 verloren gingen. Zwifchen die
erwähnten Züge fallen noch verfchiedene andere
Heine Unternehmungen, zum Theil mit Häglichem
Ausgang. Bemerfenswerth ift der Kinderkreuzzug
1212. So wenig dauernden Erfolg diefe Kreuzzüge
binfichtlich —— nächſten Zieles hatten, von fo ber
beutendem Einfluffe waren fie auf die Geftaltung
der bürgerliden und kirchlichen Verhältnifie des
Abendlandes. Sie befeftigten den Sieg der geift:
lihen Macht über die weltliche, da die Päpſte als
die Leiter der Unternehmungen erfchienen; fie be:
reiherten die Kirche, ber Viele theild zur Ermög:
lichung der Theilnahme, theils zur Zöfung übernom:
mener Verpflichtungen ihre Güter übergaben;; fie
bahnten der Kirche den Weg, die weltliche Kriegs:
macht auch fonft für ihre Zwecke zu gebrauchen.
Die geiftlihen Ritterorbden, welche durch bie Kreuz:
züge hervorgerufen wurden, verfchafften der Rirde
neuen weittragenden Einfluß unter dem Abel. Die
religiöfe Erregung aber, welche durch diefe Züge
in das Volk geworfen wurde, die Anregung ber
religiöjen Phantaſie, die Begeifterung für eine Hin»
gabe an religiöfe Intereffen war wieder bie Vor:
ausfegung für die Bildung der vielen Möndd:
orden, an denen gerade dieje Periode jo fruchtbar
ift. Das fittliche Leben der Völfer wurde zwar nicht
gefördert, aber die Berührung mit dem Driente
erweckte doch eine geiftige Bewegung, in welder
fi die Keime zu dem entmwidelten, woran fpäter
die ſo gehobene Macht der eng wicder zerfallen
follte. Vgl. Tyrus, Gef. der keunsüge, überfegt
von E. und R. Kaubler, 1840; Michaud, histoire
des croisades, überſetzt von Ungemitter, 1828;
Wilken, Geſch. der Kreuzzlige, 7 Bde. 1807—82;
Sybel, Geſch. des erften Kreuzzuges, 1841; Deri.,
aus der Geſchichte der Kreuzzüge, 1858; Heeren,
Verſuch einer Entwidlung der Folgen der Kreuz⸗
| züge für Europa, 1808.
u bei den Hebräern. Das jüdiſche Bolt
war u u. fein friegerifches; auch zu dem
theolratiſchen Angriffskriege gegen Baläftina mußte
es erit auf langer Wanderung geübt und erzogen
| werden. Die ertheidigungäfriege während ber
Bu der Nichter find meiften® nur einzelne Ge:
fechte und Ueberfälle. Wirklihe Kriegführung bes
‚ ginnt unter Saul und David jeit bem Eintritt der
ebräer in das vorderaſiatiſche Staatäleben.
Nach dem Eril macht fich die griechifche und römi—
‚sche Weife geltend. Im Alterthum wurde der Krieg
| nad dem Ausfpruc) eines Propheten, 1.
ı Kön. 22, 6, oder der Urim und Thummim, Richt.
20, 27 f.; !. Sam. 14,37. Bor der Eröffnung der
— — — — — — — VER
Krieg bei den Ehriften
504
Kritit, bibliſche
Feindſeligkeiten pflegte man das Opfer barzubrins | einzelnen Falle ſittlich erlaubt und berechtigt er⸗
gen, 1. Sam. 7,9; 13, 9; auch wurde das Heilig: | Mären.
thum ber Bunbeslabe mit ind Feld genommen, 1.
Sam. 4,4, was erft feit ben Tagen Eli's unter:
blieb. Das Gefecht beſchränkte fich zumeilen auf
ben Zweikampf einzelner Helden, 1. Sam. 17 f.;
2. Sam. 2, 14 ff.; aud) fonft ging der Kampf
Mann gegen Mann. Die Aufftellung ded Heeres
geſchah in einer Linie oder in brei Haufen, Richt.
7, 16, benen nad) dem Eril, 2. Makk. 8, 22, aud)
wohl ein vierter ald Referve folgte. Beliebte Tattif
war das Legen eines Hinterhaltes, 2 8,2.12;
Richt. 20, 36; 1. Sam. 15, 5, ebenſo das Umge⸗
hen, 2. Sam. 5, 23. Während der Schlacht blieb
eine —— zur Bewachung des Lagers zurück,
1. Sam. 30, 24. Ueber bie Einrichtung desſelben
ehlen die Nachrichten. Die Behandlung der Be:
iegten war auch bei den Juden, wie fajt überall
im Driente, graufam. Fürften und Anführer wur:
den meiſtens getöbtet, Jof. 10, 26; Richt. 7, 25,
bie Gefangenen in der Regel ald Sklaven verfauft,
nicht jelten aber aud unter Martern hingerichtet,
2. Sam. 12, 31. Weiber und Kinder galten als
Kriegäbeute, zuweilen wurden aud) fie getöbtet,
wie dies in dem Eroberungskrieg gegen Baläftina
Gebot und Vorſchrift war. Eroberte Städte zer:
ftörte und verbrannte man. Der Sieg wurde mit
öffentlichem Jubel gefeiert, 1. Sam. 18, 6; 2.
Sam. 22,2 ff. Zur Erinnerung wurden Dentzei:
en aufgeridhtet, 1. Sam. 15, 12; 2. Sam. 3, 13,
inzelne Trophäen wurden im Heiligthum nieder:
gelent, 2. Sam. 11, 10; 1. Chr. 10, 10; 1. Sam.
1,9. Im übrigen wurde das Gejek aud im
Felde in dem Maße beobachtet, daß ein Angriff am
Sabbath nicht Statt fand.
Krieg bei Den Chriſten. Die Abneigung ber er:
ften Chriften gegen den Kriegsdienſt beruhte we:
niger auf einzelnen dahin gedeuteten Ausfprüchen
Eprifti oder auf der Verbindung heibnijcher Gere:
monien mit dem Solbatendienft, ald vielmehr dar:
auf, daf fie in der noch einfeitig religiöjfen Rich:
tung das Recht bes Staatälebens nicht anerkann⸗
ten und ben weltlichen Jnterefien liberhaupt fremd
gegenüberftanden. Der legte bedeutende Repräſen⸗
tant diefer Richtung ift Tertullian, de idololatria
und de corona militis. Trotzdem lag es in ber
Natur der Sade, daß ſchon früh viele Chriften
im Deere dienten (legio sacra). ftinus aber
verfiht ſchon vollftändig das Recht und die Pflicht
bes Chriften, im
den Krieg zu ziehen. Seitbem haben aud nur
ſolche Secten fi) dagegen geäußert, wie Quäker
und Mennoniten, welche durch eine falfche Auf:
fafjung des Begriffes „Welt“ gleich den erſten
Ehri gehindest werden, fih am Staatäleben
zu betheiligen. Wo dieſe Secten durch ihre reli⸗
giöfen Bebentenfan der Erfüllung einer allgemei⸗
nen bürgerlihen Pflicht gehindert wurden, geſtat⸗
tete ihnen die Nachficht der Regierung in der Res
gel eine Ablöfung derfelben durch Geld. Die neuefte
beutfche Geſetzgebung aber hat auch dieſe Befrei:
ung aufgehoben. Die Kriegäpflicht des Einzelnen
ift durch jeine Angehörigkeit an den Staat, ald an
eine gottgewollte fittliche Ordnung, gegeben. Die
chriſtliche Ethik muß den Krieg als ſol verab⸗
eg und ner gen als Ideal fefthalten,
allein ſo lange elbe noch als ein unumgäng ⸗
lies Mittel für den Beſtand der Staatögemein-
ſchaft betrachtet werden muß, benfelben für im |
ehorjam gegen die Obrigkeit in.
Kriege Jehobahs, daß Bud der, iſt eine ver»
loren are poetifche, im Alten Teftamente
4, Not 1, 14 ein Mal erwähnte, Schrift.
Kriegsbienfl der Geiſtlichen. Da die katholiſche
Kirche in den Geiftlichen die ideale Gemeinde fieht,
welche von ben Intereſſen der Welt und des Welt⸗
reiches nicht mehr berührt wird, jo konnte fie den
Kriegsdienft der Geiftlihen nicht gutheißen. Be:
ftimmte Kicchengejege verboten ihn, belegten ihn
mit Strafen und folgerten fogar aus demfelben
eine Jrr rität (defectus perfectae lenitatis),
welde Je vom geiftlihen Stande ausjchloß,
ber Blut vergoflen habe. —— haben ſich in der
anzen Zeit des Mittelalters Biſchöfe und ſelbſt
Bäpfte (Julius IL.) durch friegerifhe Thaten aus:
— Die Verbindung der Lehen mit dem
irchenamt gab die äußere nlaffung. Wo bie
Kirche wegen ihrer religiöjen Zwede den Krieg
betrieb, fand die ritterlihe Neigung der hohen
Geiftlichleit um fo mehr Anlaß, fich perjönlich zu
betheiligen. Die evangelijhe Kirche hat niemals
einen Grund gehabt, den Geiftlichen feiner bürger⸗
lihen Verpflich zu entziehen. Daß man ge
genmwärtig die Theologie Studirenden vom Mili-
tärbienfte meift befreit fein läßt, ift eine Bergünfti-
gung aus äußern Rüdfichten, melde dem geijtlichen
Stande ſelbſt wie dem Heere ein wejentlihes Bil:
dungdelement entzieht. Wo man in der evange
liſchen Kirche diefe Befreiung verlangt, weil der
Militärdienit mit dem geiftlihen Berufe unverein-
bar fei, beruht das Verlangen wiederum auf dem
aus dem Pietismus haftengebliebenen jaljchen
8* zwiſchen Kirche und Welt.
tb, ein Bach in Paläſtina, 1. Kön. 17, 3—T,
an dem ſich Elias verbarg. Nad der Tradition
wäre eö ber Duell von Phujaelis oder Ain- Fafail
Die Neuern ſchwanken zwischen dem Wady: Adzlau
im Dften und dem Wadi⸗Kett im Weiten des For:
dan.
Kritik, bibliſche. Die biblische Kritik dat haupt:
fächlich eine doppelte Aufgabe: 1) die Authentie
(Echtheit) der biblischen Schriften, 2) die en
(Unverfehrtheit) derfelben nad) einer wiſſenſchaft⸗
lihen Methode zu unterfuden. Was das Erſte be-
trifft, jo hat fie ſich die Frage zu ftellen: Jit eine
Schrift von dem Berfafler, in der Zeit, an dem
Drte, unter den Umſtänden verfaßt worden, welche
die Ueberlieferung für diefelbe angiebt? Sie fann
dieſe Frage auf doppeltem Wege beantworten, ent:
weder auf Grund geihichtliher Anhaltspunite,
welche außerhalb der bibliſchen Schrift gegeben
find, oder auf Grundlage der Form und des In:
—— der Schrift ſelbſt. Unter den erſteren ſind
eugniſſe zu verſtehen von ſolchen Schriftftellern,
welche der Zeit der Abfaſſung der bibliſchen Schrift
nicht zu fern ſtehen; Citate aus einer ſolchen be
weiſen nicht nur ihre Exiſtenz, fondern auch ibr
autoritatives Anfehen zur Zeit des betreffenden
Schriftftellers;; es ift dabei noch die Frage in Be
rüdfihtigung zu vr ob in diefen Zeugniflen
ausdrüdlich gejagt tft, daß das Citat von dem
oder jenem biblifchen Berfaffer herrührt, oder ob
das Gitat ohne diefe Bemerkung in den Text ver-
flochten ift. Letzteres beweiſt natürlich nicht gegen
die Unechtheit, erfordert aber eine nod) genauere
Unterfuhung der Umftände. So iſt es z. B. eine
wichtige Streitfrage, ob Juftin das Evangelium
Kritik, biblifche
Johannes als Wert des Apofteld gefannt hat,
oder nit. Was die Kritik aus der zu prüf
Schrift jelbft heraus betrifft, jo können bier
ungefähr folgende Punkte in Betracht fommen.
1) Sprade und Stil, aus welden Schlüffe ge
macht werden können auf Abfafjungszeit und Ber:
fafler. So kann 3. B. aus gewifjen Eigenthüm-
lihleiten der hebräifhen Sprache auf größeres
oder geringeres Alter geſchloſſen werden, jo wurde
aus der Sprade des Hebräerbriefes aeichlofien,
daß der Berfafler nicht derfelbe fein könne mit
demjenigen der Bauliniichen Briefe. 2) Dogma:
tiſche und ethische Vorftellungen laſſen auf Perſon,
Zeit und Ort der Abfaffung Schlüffe machen; fo
waren 3. B. die in einigen Baulinifhen Briefen
erwähnten Jrrlehrer Gegenftand vielfacher Erör:
terung zu kritiſchen Zweden. 3) Berhältniffe, Zu:
ftände, welche eine Schrift oder einzelne Stellen
oorausfegen, können verglichen werden mit ander:
meitigen biftorifhen Anhaltspunkten, um daraus
ein Urtheil über die Entftehungäverhältniffe der:
jelben zu gewinnen. So legen 3. B. im Deutero:
nomium einzelne Geſetze nabe, daß fie, jpätere
Berhältnifje vorausfegend (u. A. das Königs:
eſetz), nit von Moſes jelbit ſchon verfaßt find.
8 die Unterfuhung der Integrität betrifit, jo
geht fie von der Möglichkeit aus, daß der Text der
bibliihen Schriften uns nicht in jeder Beziehung
enau fo überliefert worden ift, wie er aus der
des Schriftftellerd hervorging. Die Mög:
lichkeiten, die hier in Betracht fommen, find
folgende: 1) Der Tert kann durch Abjchreiben der
Handſchriften verborben (corrumpirt) worden fein.
2) Es können auf demjelben Wege Worte und
Stellen gänzlich verloren gegangen (defect) fein.
Beide Male kann der urfprüngliche Sinn der Stelle
verloren oder verändert jein. 3) Es können fi
unmwilllürlih Worte und Süße in den Tert
ſchlichen haben, welche nicht hineingehören, 3. V.
Randbemerfungen (Glofjeme). 4) Es können ein:
selne Theile eines Ganzen verrüdt worben fein,
entweder unmillfürlich oder um eine gewifle Ord⸗
nung berzuftellen (3. B. Phil. 1, 16 und 17; die Peri⸗
fope von der Ehebredherin, oh. 8, 1—11). 5) Es
können abſichtliche Einfügungen (Interpolationen)
emacht worden jein, um gemifien Lehren durch
Namen eines heiligen Schriftftellers Sanction
verichaffen. (.1. 305. 5,7—8. Die Prü-
biejer Berhältniffe kann nun angeftellt wer:
den, entweder auf dem Wege der jog. äußern oder
niedern Kritik, d. 5. durch einfache Vergleichung
verichiedener Lesarten (Varianten), der Hand:
ſchriften, Meberjegungeu und Citate, wobei es
Aufgabe diefer jog. Tertkritif ift, beftimmte Re:
geln feftzuftellen, nad) denen methodisch ——
wird (f. d. Art. Bibeltert). Oder fie kann den Weg
der innern oder höhern Kritik einfchlagen und auß
dem Terte jelbft die Unrichtigfeit oder Correctheit
einer Stelle zu bemeifen fuhen. Da —8* die An⸗
haltspunkte zuweilen nicht ganz ſicher ſind, fo tritt,
namentlihim A. T. die jog. Conjectur hülfeleiftend
ein; d. h. es wird ein gewiſſer Zuftand des Tertes
vermithet, was er gelungen ift, je Harer
bie übrigen Beftandtheile des Tertes damit über:
einftimmen. Der Weg ber Gonjectur erheiſcht
übrigens jeines jubjectiven Charalters wegen die
e Borfiht. Mit diefen Unterjuhungen über
tie und Integrität verbindet fich leicht auch
eine andere, welche namentlich in der Zeit, als
505
aritit, geſchichtliche
der Kanon noch nicht feinen fertigen Abſchluß ge
funden hatte, eine gewöhnliche war, nämlich dies
jenige der Ranonicttät eines Buches. Die Frage
nad) der Kanonicität fteht in Zufammenhang mit
den Fragen nad Authentie und Integrität, ift
aber nicht durch biefelbe bedingt, da 3. B. eine
Schrift recht — omg oder unpaulinifch
fein kann, ohne deßwegen unlanonifch zu werben.
Das Hauptinterefje dieſer Frage ift ein dogmati⸗
ſches. Die Kritit im Allgemeinen theilt man ein
in eine höhere und niedere, indem man unter
jener die Kritik biblifcher Bücher nad Form und
Inhalt, unter diefer die Kritik des Textes verfteht.
Eine andere Eintheilung ift die in äußere und
innere, wobei man unter jener die en äußere An:
haltöpuntte (Beugniffe, Handſchriften) fi grün«
dende, unter der andern die mit innern nden
operirende Kritik begreift. Eine britte ift endlich
die Eintheilung in negative und pofitive Kritik,
indem das Ergebniß ber Unterfuchung in Betracht
gezogen wird, weldyes ein boppeltes jein fan: 1)
daß ein Buch oder eine Stelle nicht unter den
Umftänden entftanden ift, wie die Ueberlieferung
meldet; 2) daß die richtigen Berhältniffe pofitio jo
und jo find. Die leßtere Kritik ift die ſchwierigere
und gefährlichere, jofern man fich in ihrer Aus:
übung gar oft über die Tragweite der wirklich vor:
handenen wiſſenſchaftlichen Mittel täufht. — Die
grage endlich nad) der Berechtigung der biblifchen
ritit überhaupt, ob diejelbe übereinftimme mit
der dem heiligen Bude —— Ehrfurcht, beant⸗
worten wir mit den Worten Rothe's: „Wahrlich,
es giebt nicht bloß eine aus der Skepſis lommende
bibliſche Kritik, ſondern auch eine der Plerophorie
des Glaubens entſtammende, und dieſe iſt der
chriſtlichen Frömmigkeit, wenigſtens als evange⸗
ale: eingeboren. So bequem hat Gott uns das
Geſchäft freilich nicht — und nicht machen
wollen. Er giebt uns Menſchen nun einmal nichts
fertig; alle Fine Gaben theilt er uns io zu, daß
wir nod) vollauf daran zu thun haben; dafür find
wir eben Menſchen. So ift es denn auch mit der
h. Schrift; und wenn wir uns nun der von Gott
und aufgegebenen Arbeit an ihr unterziehen, und
fie ber ori Kritit unterwerfen, fo heißt
dies nicht, da wir und über fie ftellen und fie
meiftern, ſondern daß wir und aufrichtig bemühen,
fie richtig verftehen zu lernen.” (Zur Dogmatit,
S. 310). S. aud) den Art. Einleitung. Bgl. Hitig,
Begriff der Kritik, 1831; Drechsler, die üumi)
ſenſchaftlichteit im Gebiete der Kritik, 1837; Hauff,
Dffenbarungsglanbe und Kritik der bibliſchen Ge:
ſchichtsbücher, am Beifpiele des Buches Joſua zc.,
1843; Hahn, über den gegenwärtigen Stand der
neutejtamentlichen Kritit, 1843; Hilgenfeld, der
Kanon und die Kritik des N. T. in ihrer geſchicht—
lihen Ausbildung, 1863. ;
Kritik, geſchichtliche. Unter geſchichtlicher Kritik
verfteht man die egacte Feititellung der geſchicht⸗
lichen ee duch genaue Unterjuhung der
Quellen. Diejelbe erfordert Folgendes: 1) Eine
Prüfung der Duellen jelbft ; eö muß conftatirt wer:
den, wie weit die Quellen für Die Heritellung bes
Thatbeftandes brauchbar find oder nicht; wie weit
fie die Wahrheit berichten lönnen und wollen ; wie
weit fie von Tendenzen, falſchen Borausfegungen,
Mißverſtändniſſen, von Mythifhem und Sagen»
haftem beherrfcht jind, oder nicht, 2) Eine Prüfung
der Geſchichte aus den Duellen, welche unterfucht,
Kroatien
Seiten der vorausgehen
eine mit dem Ergebniß der kritiſchen Duellen:
unterfugung übereinftimmende fei oder nicht.
re fann feine wirkliche Geſchichtsdarſtellung
i
Unterſchied, ob diefelbe bloß in Einzelheiten ange:
wandt wird, ohne daf die Gefammtauffaflung da:
ftört würde; ober ob fie auch bie lehtere
506
ob die Darftellung geichichtlicher Thatiachen von
Geſchichtſchreibung
ſtoriſchen Kritik entbehren; allein es iſt ein
Krüdener
jedoch nahmen fie von den Bulgaren die ſlaviſche
Liturgie ded Methodiud an und ſchwankten län:
gere Zeit zwiſchen Rom und Gonitantinopel, bis
1085 das griechische Glaubensbetenntniß verbrängt
murbe. Zänger noch erhielt fich die ſlaviſche Litnr⸗
gie. Die älteften Bisthümer waren: Dumno,
Siſel und Skradin; dazu famen Belgrad und ſtnin,
und endlich ftiftete Ladislaus das jet nod allein
beftehende Bistum Agram, In der Gegenwart
dur
jeldft zum Gegenftand ihrer Unterfuchung macht. | finden fih außer den Katholiten unirte Grie-
n dieſem Falle tritt die geſchichtliche Kritik als | hen unter dem Bifchof von Kreuz im Metropolitan:
ein wiſſenſchaftliches Princip von der weitreichend:
ften Bedeutung, und in fo fern auch die Tradition
eine Maht von großem Einfluß ift, zuerit als
principieller Gegenfag im Kampfe gegen die Tra:
dition auf. In einer Kirche, wie der fatholifchen,
welche die Tradition ald unfehlbar fanctionirt, ift
daher eine geſchichtliche Kritik im größeren Maß:
ftabe nicht möglich; dagegen hat die evangeliſche
Kirche, deren Entftehung auf einer geſchichtlichen
Kritil beruhte und deren Brincip für die Gefchichts:
forſchung Melanchthon in feiner Antrittörede zu
Wittenderg in feiner Ermahnung „Zu den Quel:
len“ trefflich charakterifirte, feinen Grund fich der
—* Kritik zu verſchließen. Sie kann das:
—— als unberechtigt ee ni aus def:
fen Boden fie felber entjprungen ift. Das Haupt:
interefie der evangelifchen Theologie kann nur die
heit fin, deren immer genauere Erforichung
die Aufgabe der Kritif ift; mögen auch bei den
erften Fritifchen Anläufen die heiligen Gegenftände
des Glaubens durch die Kritik oft entweiht erſchei⸗
nen, auf die Dauer lönnen fie doch nur gewinnen,
je mehr fie bis ins Einzelne vom Lichte der Wahr:
heit beleuchtet werden, und je mehr fie aus blaf:
fen, todten, wenn auch geheimnifvollen Umrifien
zu lebendigen, farbenreihen Bildern ſich ummwan:
dein. Wenn aber auch die gejchichtliche Kritik ſchon
im Princip der evangelifchen Kirche lag, fo war es
doch erft Die neuere Zeit, welche diefelbe in vollem
Umfang ala eng erg Princip vollzog. Wie
auf dem meltlichen Gebiete, auf dem Gebiete ber
Philologie Fr. Aug. Wolf, auf dem der Geſchichte
Riebuhr, Mommfen, Droyfen u. A. die gefhicht:
fie Kritik in die Wiffenfchaft einführten, jo hat
namentlich ber Kampf, welcher durch das Leben
Jeſu von Strauf 1885 und die fogenannte Tü:
ai ii Kritik der eriten hriftlihen Jahrhunderte
entitanden ift, in der Theologie eine lebhafte Be:
megung auf dem Gebiete gefhichtlicher Kritik her:
vorgerufen. So wenig ſicher aud) noch auf jo vie:
len Gebieten, wie namentlich dem Gebiete des
Lebens Jeſu, die Refultate find, hat doch die bifto:
riſche Kritik das Berdienft, binnen furger Zeit viele
bedeutende Errungenſchaften der Wiſſenſchaft für
alle Zukunft gebracht zu haben.
Kroatien wurde um 640 den Avaren von dem
ſlaviſchen Stamme der € aten entrifien und
von diefen unter griechifcher Oberhoheit bejeffen.
Später den Franken unterworfen, erlämpften die
Chrowaten ihre Unabhängigkeit 830 und ftifteten
ein eigenes Reich, bis 1091 Ladislaus I. von Un:
garn dasſelbe eroberte und mit der Arone Ungarn
vereinigte. Das Chriftenthum fand vorlibergehende
Aufnahme durch die Bemühungen des griechiſchen
Raifers Heraclius, Erft nach der Gründung des
felbftändigen Reiches nahmen fie dad Chriftenthum
an und hielten fich, um einen Anbalt nenen die
zu haben, an den Papft in Rom; 8653
verbande von Lemberg, und orthodoxe Griechen,
welche zum Bistum Karlftabt im Sprengel des
Metropoliten von Karlomik gehören. Die Refor:
mation fand allerdings —* ihr berühm:
teſter Vertreter war Michael — ch, Pfarrer
zu Muraloz; indeß gelang es den Biſchöfen
1607—1610 das Evangelium wieder auszurotten,
fo daß nicht Hundert Evangelifche mehr im Lande
zu finden find.
Krönung. Eine Krönung ber Könige Yiraels
mit dem königlihen Diadem und in Verbindung
mit der Salbung wird erzählt 2. Kön. 11, 12.
Diefem nachgebildet ift der Ritus der Krönung
der fpäteren riftlihen Könige, namentlich der
deutſchen Kaijer, welcher immer mehr zum ſym⸗
boliſchen Ausdrud des Gedantens wurde, dab die
Kirche mit ihrem Briefterhaupte über der weltlichen
Macht ftehe. Daher denn die proteftantiichen Kö—
nige die Weife annahmen, fi die Krone ſelbſt
aufzufegen, zum Zeichen, daß fie dieſelbe nur von
Bott und nicht von irgend einem Menſchen em:
pfangen hätten. Die Krönung des Bapites mit der
dreifahen Krone fand Statt an dem erften auf
feine Wahl folgenden Sonn: oder Feittage burd
den älteften Gardinaldiaton nach den im Ceremo-
niale Romanum vorgejhriebenen Formen, und
mit den Worten: Accipe tiaram tribus coronis
ornatam et scias te esse Patrem Prineipum et
regum Rectorem orbis, in terra Vicarium Sal-
vatoris nostri Jesu Christi. Cui est honor et
gloria in saecula saeculorum. Amen.
Krokodil. Das Ungeheuer des Nils wird Hiob
40, 20—25 poetiſch in feiner Furchtbarkeit ge
ſchildert, bei Eyechiel 29, 3 ff. wird es ald Sym⸗
bol Aegyptens betrachtet.
Krommell. S. Cromwell.
Krüdener, Juliane Barbara Freifrau von, geb.
von Wietinghoff. Sie war aus einem alten abligen
Geſchlechte zu Riga, 11. Nov. 1766, geboren, und
erhielt ihre Erziehung in Paris, wo im Haufe ihres
Baterd die Häupter der Encyllopädiften verkehr:
ten. In ihrem 14. Jahre wurde fie gegen ibre
Neigung an den viel Älteren Baron von Kr., ruf:
fifchen Sefandten in Venedig, verheiratet. Nach
einigen Jahren wurde die Ehe, der ein Sohn und
eine Tochter entprungen waren, wieder getrennt.
Die junge Frau lebte ihrem Bergnügen in Riga,
Petersburg und Paris und madte fi literarıfh
durch ihren Roman Balerie (Baris 1804) befannt.
Nach dem Tode ihres Gemahls in die Heimath zurüd-
gekehrt, wandte ſie ſich einem ſchwärmeriſchen Pie
tismus zu, als deſſen Prophetin ſie nun auftrat. Sie
beſuchte Stilling und Oberlin, bereifte vie Schweiz
und Baden und — dort einigen Ei auf
Alerander von Rußland, ber in Heibelberg und
Paris häufig an den Bibelftunden in ihrem Hauir
Theil nahm. In der Schweis, wo fie am Genfer
Paftor Einpaytaz einen begeifierten Anhänger fand
Krug
verfolgte fie der . der Behörden, der durch
das Zuftrömen der Armen zu ihr, Durch ihre Prophe⸗
eiungen und ihr ſchwärmeriſches Weſen nur ge
heigert wurde. Nachdem fie aus Bafel und Bern
ausgemwiefen, in Hörnlein an der badischen Grenze
ein Aſyl gefunden, wurde fie 1818 durch die Poli⸗
zei von ihren Freunden getrennt und förmlichit
nach Dresden und in ihre Heimath escortirt. In
Veteröburg trat fie noch einmal als begeifterte
Griechenfreundin auf, ohne bei dem Kaifer wieder
Zutritt zu gewinnen. Im Begriff einen lang ge:
hegten Gedanten, die Gründung einer Colonie
ihrer Anhänger in Sübrufland, zur Ausführung
au bringen, ftarb fie auf der Reife nach der Krim,
den 13. Dec. 1824, zu Karafubafar an der Schwind:
ſucht. eg Eynard, Vie de Madame de Krüdener,
Par. 1849; Biethe, Jul. v. Krüdener, 1864. Bres-
cius u. Seiler, Beiträge einer Char. der Fr. v. K.
Berlin 1818.
Krug, Wilh. Traugott, geb. den 22. Juni 1770
zu Radis bei Gräfenhainichen, geit. den 13. Jan.
1842, ald Brofeflor der Philoſophie zu Leipzig feit
1809, Er hatte alö reitender Jäger am Befreiungs:
friege 1813 Theil genommen und wurde 1834
emeritirt. Schriften von ihm: Gefchichte der Phi—
loſophie alter Zeit, Leipz. 1825, 2. Aufl. 1826;
Handbuch der Philoſophie, 2 Bre. 1820; Allge:
meines Handmwörterbud der philofophifhen Wij:
fenfhaften, 5 Bde., Leipz. 1827—34. Gejfammelte
Schriften, 6 Bde, Braunfhweig 1830-1834
Bol. feine Selbftbiographie „Meine Lebensreiſe“
2 6 Stationen, von Urceus, Lpz. 1826, 2. Aufl.
1842.
Krummader, Friedr. Adolf. Geboren den 13.
Juli 1767 zu Tedienburg in Weftphalen, nun
er bie lateiniiche Schule oki Baterftadt und be:
409 1786 die Univerjität Lingen, ftubirte hier und
feit 1787 in Halle unter Knapp Theologie. Nach—
dem er 1789 eine Hauslehrerftelle in Bremen be:
Heidet hatte, ward er 1790 Eonrector am Gym:
naftum zu Hamm, 1793 Rector der Stadiſchule
u Mörs. 1800 überfam er eine theologische Bro:
—* su Duisburg, die er 1806 aufgab und mit
dem Pfarramt zu Kettwig vertaufchte. Ton dort
wurde er 1812 als Generalfuperintendent nad
Bernburg berufen. Zulegt nahm er die Wahl zum
— prim. von St. Ansgar in Bremen an.
ort ftarb er 1845. Sein bedeutendſtes theolo-
gifches Wert ift: Meber den Geift und die Form
der evangelifchen Geſchichte, Leipzig 1305. Blei:
benden Werth hat jeine Schrift über den Bund
der Bolläfchule mit der Kirche, 1823. Bibelfate:
chismus 1810, 13. Aufl. 1854. Als Theolog und
als Redner ohne befondere Bedeutung, wird er
als chriſtlich frommer, gemüthlicher Dichter und
Jugendſchriftſteller länger fortleben. Wenigftens
in mehreren Liedern, zum Theil in feinen verbrei-
tetften und gefeierteften Dichtungen, den Bara:
bein, 1805, 8. Aufl. 1850, deren Sinnigfeit und
Lieblichkeit hie und da aud) Tiefe und Ernſt ver:
räth, die aber zum Theil auch dem männlicher ge:
worbenen Geijt der Gegenwart dur frankhafte
und ſchwächliche Kindlichkeit nicht mehr genießbar
—* Das Feſtbüchlein, 1809; das Wörtlein
Ind, eine Geburtstagöfeier u. |. m. Möller, F. N.
Krummacher und feine Freunde, 2 Bde., 1849.
Rrumma
Borigen, geb. ben 1. April 1774 in Tedlenburg.
Er ſtudirte in Duisburg und lebte dann als 3
507
—⸗
Krummſtab
vatlehrer bei feinem Bruder in Hamm und Mörs,
bis er 1798 zum Pfarrer in Baerl bei Mörs ge-
wählt wurde. Eine energiiche originale Natur —
viel mehr als fein berühmterer Bruder — wurde
er bier durch den Verkehr mit calviniftifch from:
men Gliedern jeiner Gemeinde und ber Grafihaft
Mörs zu einer lebendigen Frömmigleit angeregt,
welche dann auf dem Grunde reformirter Eocceja-
niſch⸗ Lampiſcher Theologie bei ihm eine ſehr indi⸗
viduelle Geftaltung gewann. Eine bedeutende und
einflußreiche Wirkfamteit erlangte er als Prediger
zu Elberfeld feit 1316 (vorher jeit 18071 in Wülf⸗
rath). Ein fchroffer Prädeftinationismus ——
ſich in ihm mit einem ſehr ſubjectiven Gefühls⸗
chriſtenthum, welches ſich durch die willlürlichſte
allegoriſche Schriftauslegung zu begründen ſuchte,
aber eben dadurch Viele anzog, an⸗ und au e,
förderte und verwirrte. Unordnungen, welche der
hriftlihe Webermuth feines Anhangs erregte,
brachte ihn in Eonflicte mit dem Kirchenregimente,
dem er fi nad langem Sträuben durch feine
Rechtfertigungspredigt über Röm. 6, 1 (Erefeld
1820) unterwarf. Er blieb aber ein ftarrer Gegner
der Union und der Agende. Die ganze Art jeined
Weſens prägte ſich für längere Zeit in feiner Ger
meinde und den gläubigen reformirten Rreifen des
Wupperthals ſowohl in ihrer ernften Frömmig-
feit als aud) in ihren Abfonderlichleiten und Ver⸗
fehrtheiten ab. + 30. Januar 1837. Seine Haupt:
ihriften find: Jakobs Kampf und —* 11 Pre⸗
digten, Elberf. 1829, 4. Aufl. Ebf. 1857; Iſraels
Wanderungen durch die Wüſte, Elberf. 1828;
Die hoheprieſterliche Segensformel, 1883; Wahr:
heit zur Gottfeligteit, 1835; Der Philipperbrief,
Fan 1836, Bgl. Sein Leben von Emil Wilb.
Kr., Eiberf. 1838,
Krummader, Friedrich Wilhelm, Sohn von Fr.
Adolf, geb. zu Mörs den 28. Yan. 1797, war Hul
prebiger zu Sant R ge Prediger in Rubrort,
Gemarte und Elberfeld, wurde 1847 Prediger an
der Dreifaltigkeitöfirche gu Berlin, zulegt Sof: und
Sarnifonprediger in Potsdam, wo er den 9. Der.
1863 ftarb. Durch natürliche Gabe der Beredſam⸗
keit, die aber mehr in einer gewiſſen originalen
Phantafiethätigkeit als im ethifhen Gebiete ſich
eltend machte, war er einer ber hervorragendften
Rrebiger Deutihlands, In Elberfeld trat er in
die Fußftapfen feines Ontels, ala einer
prononeirt reformirten Frömmigfeit, die fi von
Zelotismus nicht völlig frei halten fonnte, Bon
jeinen homiletiſchen Schriften find die befannte-
ften: Elias der Thisbiter, Elberf. 1828, 5. Aufl.
Eibf. 1860, und Salomo und Sulamith, send
ten aus dem Liebe ber Lieder, 5. Aufl. 1830, 7.
Aufl. Elbf. 1855. — Sein Bruder Emil Wilhelm,
rebiger in Langenberg und Duisburg, madıte
ch in weiteren Kreifen durch zelotiſches Auftreten
gegen Bunjen bei der Berfammlung der evange:
ſchen Alliance zu Berlin bekannt.
tummftab, virga pastoralis, cambutta, po-
dum episcopale, dızarizıor. Derfelbe gehört zu
ben Amtsinftgnien der Bifchöfe, und ift ein langer,
oben gekrümmter metallner Stab, oft loftbar ver:
ziert. Er ſtellt ben —— vor und bildet zu⸗
leich den Reiſeſtab Apoſtel und Pilger nach.
ie lirchliche Sage führt die Uebergabe des Hir-
ger, Sottfrieb Daniel, der Bruder des | tenftabes ala Zeihen des Amts auf den h. Petrus
zurüd. Gewiß aber tft die Sitte fehr alt, da ihn
das Eoneil von Toledo 683 zu den biſchöflichen
Arummftabslehen
Infignien rechnet. Den Rrummftab führen auch
Aebte und Nebtiffinnen, die nicht infulirten jedoch
tragen ihn zum Zeichen der Unterwürfigfeit unter
bifchöfliche Jurisdiction mit einem Schweißtuch
ummundben. Da der Krummitab dad Symbol der
Jurisdiction ift, fo darf ihn aud der Biſchof in
einer fremden Diöcefe nicht ohne Erlaubnik des
Ordinarius tragen. Bei ben Erzbifhöfen der
griechiſchen ag. iſt der Hirtenſtab gerade, mit
einem Kreuze verziert, bei den Patriarchen mit
einem Doppellreuze.
Rrummfabsiehen bedeuten foviel wie Kirchen:
leben, weil die Belehnung mit dem Hirtenftabe zu
erfolgen pflegte.
Krypten (xovrres) find unterirdifche Capellen
unter dem Chore ber älteren Kirchen. Sie find eine
Nachbildung der unterirdifchen Grotten, in melden
die Zeiber ber Märtyrer beigeſetzt waren und in de:
nen fid) Die Gemeinde zur Feier der Communion ver:
fanmelte (daher aud) die Namen Confessio, Te-
stimonium, Memoria) unb über welden nachher
die Kirchen erbaut wurben. Bei anderen Kirchen
gründete man unter dem Hauptaltar ein Märtyrer:
grab für Die Reliquien des Heiligen, dem die Kirche
geweiht wurde, und dies erweiterte ſich zur Ga:
pelle, in welcher zu befonderen Zeiten der Gottes:
dienft gefeiert wurde. Bei der gothiichen Bauart
verſchwanden die Krypten. Berühmte Arypten find
F St. Sebaſtian in Rom, in den Domen zu Mer:
eburg, Naumburg, Zeit, Bamberg, Baderborn,
Speier, Trier, Bajel, Dueblinburg, Ellmangen.
fer. ©. Entäußerung.
Kryptocalvinismms. Derftedter Calvinismus
wurde den Anhängern Melanchthons von ihren
Gegnern vorgeworfen, und aus Anlaß dieſer Be:
fhuldigung wurde gegen fie in einer Weife einge:
ſchritten, daß auf längere Zeit jene Richtung völlig
unterbrüdt war. Nah Melanchthons Tode ftan:
ben in ber beutichen evangelifchen Kirche drei Rich:
tungen neben einander. Die Flacianer, welde
bejonderö die Iutheriihen Lehren über Erbjünde
und Abendmahl in fchroffer Conſequenz weiter
entwidelt hatten, und deren Hauptitügen die Uni:
verfität Jena und Herzog Johann Friedrich von
Sadjen waren ; die Württemberger unter der Füh—⸗
tung von Brenz und dem Schutze des Herzogs
Chriſtoph, welche vorzugsweiſe Die Ubiquitätälehre
r Begründung der leiblihen Gegenwart Chrifti
m Abendmahl vertheidigten und die Melandı:
thonianer oder Philippiften, welche zwar die Grund:
gedanken ber deutichen Reformation fefthielten,
aber mild und unioniftifch gefinnt, die Härten
auszugleihen und eine Berftändigung ber ftrei:
tenden Parteien, auch mit den Schweizern, herbei⸗
ums fi) bemühten. Daß die Verſchiedenheit
Anfichten fich in den verjchiedenen Ausgaben
ber Augöburger Eonfeffion von 1530 und 1540,
welche beide als förmliche Belenntnißfchriften über:
eben und unterfchrieben waren, ausſpreche, war
o lange unbeacdhtet geblieben, bis der Jeſuit Ca:
nifius beim Wormjer Geſpräch 1557 darauf auf:
merkſam machte, um eine Spaltung der Pro:
tejtanten herbeizuführen. Der theologifche Zwie⸗
fpalt fchärfte fih an dem Umſtande von neuem,
Die politifchen Verhältniſſe nöthigten die Fürſten
immer neue Einigungöverfuche zu machen, es ent:
ftand der Frankfurter Receß 1558 und ber Ab-
ſchied des Naumburger Fürftentags 1561, in bei-
den hatte bie philippiftifche Richtung obaefient ;
508
Kryptocaloinismus
aber in ben meiften Territorien waren die Prediger
und das vonihnen bearbeitete Volk ftreng lutheriſch
und nöthigten die Fürften wieder, ihnen nachzu⸗
eben. So war durch das ſächſiſche Eonfutations-
& von 1558 und das eg Synodal-
befenntniß von 1559 die innere Spaltung nur
zum fchärferen Ausſpruch gelommen und die phi—⸗
lippiftiiche Union des Naumburger Tages wurde,
um Johann Fyriedrih von Sachen und die luthe⸗
rifchen Eiferer zufrieden zu ftellen, durch die nach⸗
folgende Erklärung in ber dmahlslehre wie:
der lutheriſch umgebeutet. Nur in der Pfalz hatte
Friedrich III. den Frankfurter Receß aufrechterhal⸗
ten, die Iutherijchen Eiferer vertrieben und 1563
den Heidelberger Katechismus eingeführt. Die
vereinfamte Stellung, die er dadurch einnahm,
und die ihn eine Zeitlang der Gefahr, vom Reli-
gionsfrieden ausgefchloffen zu werben, ausjekte,
nöthigte ihn, eine größere Annäherung an bie
Schmeizer zu fuchen und den Eultus dem eher
entiprechend zu vereinfachen. Die alte lutheriſche
Furdt vor Zwinglianismus und Sacramentirerei
—— dadurch neue Nahrung. Das Herzogthum
achſen wandte ſich noch entſchiedener dem Luther⸗
thum zu. Nah Johann Friedrichs Abſetzung wur:
den die 1559 vertriebenen Flacianer von Johann
Wilhelm 1568 zurüdberufen und die Philippiften
verjagt. Diefe fanden in Kurſachſen eine freundliche
Aufnahme; es wirkte dazu nicht wenig mit bie
ſchwer verhaltene Abneigung, welche noch immer
zwiichen dem herzoglichen und bem Kurhauſe
herrſchte. Das Altenburger Geſpräch 1569 hatte
feinen Erfolg; der „endliche Bericht” 1570 hielt
die Confeſſion von 1540, Melanchthons loci und
das corpus doctrinae feft und wies den Flacia⸗
nismus zurüd, der ingwifchen in Preußen und,
mit Ausnahme Bremens, in ganz Norddeutichland
fiegte, während in Württemberg Andreae immer
entichiedener alles Gewicht auf Die Ubiquitätslehre
legte. Die Vereinzelung, in welder fih dadurch
die philippiftifchen Theologen in Kurſachſen fan-
den, nöthigte fie zu einer Annäherung an bie
Pfälzer und Reformirten. Der Kurfürjt begün:
ftigte fie aber weniger aud innerer Ueberzeug
ald nad dem Herlommen feines Haufed und aus
Abneigung gegen bie herzoglichen Flacianer. Noch
1571, als über das Wittenberger Religionsbuch
für die gelehrten Schulen die Ubtquitiften als über
ein calvinifches Machwerk herfielen, hatte er von
feinen Theologen ein gut lutheriſch Zeugniß ver:
lanat,den consensus dresdensis. Es war eine Roth-
wendigkeit, ihn unvermerkt für bie Aufrichtung des
deutfch:reformirten Kirchenthums zu gewinnen, in
weldem nad der Aufregung, die das Teftament
des Brenz in Württemberg ſowie Anbreae, Sel-
neder, Musculus und Heshufius hervorgerufen
hatten, die einzige Möglichkeit zu finden war, bie
Melanchthoniſchen Gedanten feftzuhalten. Da lieh
der Buhdruder Bögelin in Leipzig die exegesis
perspicua et ferme integra controversiae de
sacra coena mit Typen bruden, die dem Buche
den Anſchein geben jollten, als jei es in Genf er-
hienen. Verfaſſer war der bereits verftorbene
jchlefifche Arzt Joachim Curäus. Die Schrift ver-
langte Anerkennung der Calviniften, eine Concor⸗
die der deutichen Proteftanten und ordnete Quther
in ber Lehre der Autorität Melanchthons unter.
Die Verbreitung diefer Schrift unter den Stubt-
renden in Wittenberg wurbe von auswärts benußt,
—
Kryptofatholicismus
um dem Aurfürften den Kryptocalvinismus ei:
ner —— zu zeigen. Als zu gleicher Zeit auf:
Ag wer iefe die Confpiration des Dr. Cra—
com, des Hofprediger® Schüß, des Beichtvaters
des Kurfürjten Stöffel und der Leibärzte Peucer
und Hermann ergaben, um ihn dem Einfluß feiner
ultralutherifhen Mutter Anna zu entziehen und
dem reformirten Kirchenwejen zu gewinnen, ge:
rieth er über ben Vertrauensbruch in heftigen Zorn
und ließ gegen die Berbündeten Eriminalunter:
fuhung einleiten. Auf der Synode zu Torgau
wurde 1574 durch den Hofprediger Mirus ein
neues Ölaubensbelenntniß vorgelegt, und die Wit-
—— Theologen Wiedebram, Cruciger, Pezel
und Möller, weil fie es nur mit Vorbehalt unter:
fchreiben wollten, ihrer Aemter entjegt und ver:
bannt. Der Philippismus war damit in Sachſen
und in ber [utheriihen Kirche Deutſchlands befiegt
und vernichtet. Val. Heppe, Geichichte des deut:
BVroteftantismus in den Jahren 1505 —81,
arb. 1853. Ebrard, Dogma vom h. Abendmahl
u. ſ. Geſchichte, Frkf. 1845/46. Gaß, Geſch. d.
proteſt. matit, Berlin 1854. Henke's Heine
theol. Schriften, Marburg 1861.
Kryptofatholicismus, verborgener Katholis
cismus. Diefer wurde dem —— vorgeworfen
(Cryptopapismus novae theol. Helmstadiensis,
1640), weil er das Chriftlihe des Katholicismus
auch zur Anerfennung bei den proteftantijchen
Theologen bringen wollte. Mit mehr Recht wird
in unferen Tagen von einem Kryptokatholicismus
in der hodhlirhlihen Partei der anglicaniichen
Kirche und einem Theil der Ultralutheraner gere:
det, welche den katholiſchen Begriffen von Sacra:
ment, Kirche und Hierarchie in bedenklicher Weife
Huldigen.
Küffen des Altars. Nach der römischen Litur:
te tüßt in der Mefje der celebrivende Briejter den
tar —— erſten Stufengebet und ſo oft er
ich zum Volke wendet. Nach dem dabei vorge—
chriebenen Gebete gilt der Kuß nicht bloß dem
Altar, als dem Opfertiſche, ſondern auch den von
ihm umſchloſſenen Reliquien. Das Miſſale wird
nach der Verleſung des Evangeliums geküßt und
dann dem etwa anweſenden Prälaten oder Für—
ften gleichfalls dargereicht, früher dem gefammten
Klerus
ſeüſter (Custos), Mefner, Sacriftan, Sigrift
ii der Kirchendiener, dem die Beforgung der Rein:
ichteit und Ordnung der Kirche, der h. Gefäße
und Baramente, jowie die amtliche Bedienung des
Pfarrers obliegt. In der Reformationszeit wurde
ihm auf dem Lande außerdem ber Unterricht der
Jugend in den fünf Hauptftüden und den Elemen:
tarfähern en, jo daß leider noch jet viel:
fach der Schuldienit an die Küfterftelle gebunden
ift. Wo nicht durch dieſe Verbindung Aenderungen
eingetreten find, wird der Küfter vom Gemeinde:
vorjtand er It und angeftelt. An den Be:
freiungen eiftlihen von manden bürgerlichen
Zaften hatte ver Küfter gleichfalls Antheil. Manche
Kirhenordnungen betradten die Küjterftelle als
Borftufe zum Pfarramt, den Küfter alö den Ge:
bülfen des Pfarrers, und deßhalb wurden jelbit
Theologen zu Küftern und Schulmeiftern genom:
men. Seit gilt der Küſter allgemein als ein nie:
derer Kirchendiener. Verſchieden ift der Custos
an den Domftiftern. Urjprünglich war einem le:
riter die Sorge für die Kirche und die h. Geräthe
509
Sumanen
anvertraut, dad Amt wurde eine —— und
damit die Seelſorge über die zum Stifte gehöri-
gen —— und Hausſtande verbunden.
Kugelherren iſt der Name der Brüder vom ge:
meinjamen Leben; beim Bolfe hergenommen von
der grauen Kappe (Kogel), welche he trugen.
Kuh, die rothe. S. Sprengwaſſer.
Kuhlmann, Duirinus. Ein religiöjer Phantaft,
war geb. den 25. Febr. 1651 zu Breslau und ftus
birte zu Jena Rechtswiſſenſchaft. Schon als Anabe
bat er egcentriihen Träumereien nacdhgegeben und
als Sengling Viſionen gehabt. In Holland ftudirte
er Jak. Böhme's Schriften, verband ſich mit einem
gewiffen Johann Rothe und vertiefte ſich in ben
Gedanten, daß er berufen jei, die fünfte Nonardie
aufzurichten, Rom und. Babylon zu ftürgen. Bon
Leyden verjagt, Durchwanderte er England, Franlk⸗
rei und Italien und forderte alle Monarchen zur
Unterjtügung auf. Nachdem er von 1678 an aud)
das Morgenland durhwandert hatte, fam er 1689
nad Rußland, wo er am 4. October zu Moslau
wegen feiner Schwärmerei mit einem Genofien,
Konrad Nordermann, lebendig verbrannt wurde,
Bol. —— Geſchichte der menſchl. Narrheit,
8.5; Dagen ad), Borlef. über Geſch. d. Proteſtan⸗
tismus, ©. 316 ff.; Kuhlmanns Schriften, ber
eifterte Böhme, Prodromus quinquennii
mirabilis; David redivivus; Christus mysticus,
find jehr jelten geworben, die in ihnen enthaltene
Bemweisführung einer ſchwärmeriſchen Säge ftreift
oft an 3 eit.
Kuinöl, Chriftian, Profefjor der Theologie zu
Gießen, war geb. 1768 zu Leipzig. Schon bei ſei—
nem llebergang zur —— 1786 gab er Deme-
trii Cydonii opusculum de morte contemnenda
heraus, wurde 1787 promovirt und habilitirte ſich
1788 als Brivatdocent der Bhilofophie und Philolo⸗
gie, lad aber aud) über Altes und Neues Teftament,
und begründete 1794—98 die theologiihe Zeit:
ſchrift Commentationes theol. 1799 als Profeſſor
der Eloquenz nach Gießen berufen, trat er 1
in die theologische Facultät, ward 1818 Kirchen:
rath, 1836 Senior der Facultät, 1840 emeritirt.
r 1841. Außer vielen philologiſchen Schriften gab
er glatt gejchriebene, aber ungründlide Commen⸗
tare (jet veraltete) zu den hiſtoriſchen Büchern des
N. T. und zum Hebräerbrief heraus, welche troß
der Verſchwommenheit des eregetiihen Urtheiles
zu ihrer Zeit viel Beifall fanden.
Kumanen oder Runen, ein aſiatiſches Steppen:
volf, welches feit dem 11. Jahrhundert verheerende
Einfälle in Ungarn machte. Yadislaus der Heilige
(1077—1093) ſchlug fie in wiederholten Siegen
und fiedelte 1059 einen Theil deö Volks, der ſich
zur Annahme des Chriftentyums willig zeigte, im
heutigen Jazygien an. Eine zweite Cinwanbe:
rung gejtattete 1239 Bela IV., als die K. von den
Mongolen geſchlagen und bevrängt waren. Die
Belehrung derjelben war vom —— Gran
aus begonnen; Papſt Nikolaus III. übertrug die
Miſſion den Minoriten und ihre Leitung dem
Biſchof Philipp von Fermo 1278 als päpſtli⸗
chem Legaten. Dieſem gelang es, Ladislaus IV.
(t 1290), welcher biäher die K. jehr begünjtigt
hatte, zu ernften und durchgreifenden Beſchlüſſen
gegen ihre wilden und heibnifchen Sitten zu vers
mögen; aber jo ſchwer hielt es diejelben durchzu—
führen, daß Papft Nikolaus IV. einen freilich ver:
geblihen Verſuch machte, das Kreuz gegen die K.
Kunigunde
prebigen zu lafjen; und nody im 14. Jahrhundert
mußte der Eifer ber ungarifchen Minoriten zu ihrer
Belehrung angefeuert werden. Erſt als die K.
durch Verjhmelzung mit den Magyaren ihre Na:
tionalität verloren hatten, gelang e8, das Heiden:
thum völlig unter ihnen auszurotten.
Kunigunde, d. Heilige, bie Gemahlin Heinrich II.
des Heiligen (1002—1024), war die Tochter des
Grafen Siegfried von Luremburg. Vor der Hoch—
zeit 2 fie mit Zuftimmung ihres Bräutigams
das bde der bleibenden —— abge⸗
legt; als ihr Gemahl, um einen Scheidungsgrund
zu gewinnen, ſie des Ehebruchs mit Geiſtlichen
a te, reinigte fie fi) Durch ein Gottesurtheil,
inbem fiebarfuß über glühende Pflugſcharen ſchritt.
Nach Heinrichs Tode trat fie 1025 in das Klojter
zu Kauffungen. Gie ftarb den 3. März 1040 und
wurde im Dome zu Bamberg begraben. Ihre
Seligiprehun pelaah durch Innocenz III. 1200,
Kunft, ri he. Nicht nur der Barallelismus
zwifchen der Gejchichte der Kunft und ber Reli:
ionsgeichichte, ſondern noch mehr, daß überall und
Bei allen Völkern die Kunft ihren Ausgang vom
religiöfen Leben genommen hat, indem fie zuerft
als ein Theil des Cultus oder als der Eultus jelbit
zeigt die nahe Verwandtſchaft der Kunft
und ber Religion. Diefelbe beruht num aber dar:
auf, daß wie die Religion im Gefühle ihren näch—
ften Drt hat, auf deſſen Grunde fie das gejamınte
Denten und Wollen des Menſchen umfaht, ebenfo
die Aunft aus dem Gefühle hervorgeht, defjen Em:
pfindungen fie in Anſchauungen der Phantafie
uafpricht und darftellt; und ihr gleihfals ein
Ahnen und Anfchauen des Göttlihen zu Grunde
liegt. Denn das Kunſtwerk, welches in jeiner
Schönheit, d. i. in der vollfommenen Harmonie
jeiner Theile und des Ganzen das idealifirte Bild
der Sinnenweit daritellt, verſinnlicht eben damit
das dem Irdiſchen zu Grunde liegende Weſen, Das
Abfolute, d. i. das Göttliche. Es wird zu einem
Ausdrud des Unendlichen, in welchem Sinnliches
und Unfinnliches, Srdiiches und Himmliſches in
eins verſchmiizt. Die Auffaffung des Göttlichen
wirft daher —— überall beſtimmend ein
auf alles Bilden der Kunſt. Deutlich zeigt dies
die vorchriſtliche unſt. Im Morgenlande iſt die:
ſelbe ihrem Weſen nach Architeltur; in ihren koloſ⸗
ſalen Werken ſpricht ſich aus, daß Gott ——
weiſe erkannt wird als die Schöpfermacht in
Natur. Die anthropomorphiſche Gottesidee der
Griechen dagegen, welche Seele und Leib, Geiſt
und Natur, Idee und Erſcheinung als eins auf—
faßte, forderte die Plaſtik, welche nicht nur in den
Geitalten ber Götter und Heroen ihre höchſte Voll:
enbung gefunden hat, jondern auch die übrigen
Künfte in dem Maße beherrichte, daß fie ihnen
allen ein plaftifches Gepräge aufbrüdte. Der zwar
eiftige aber ſtarre Gottesbegriff der Juden läßt
aum eine andere Kunſtform als die der veligiöjen
Lyrilk zu. Der Tempelbau zeigt die Verwandtſchaft
mit dem Orient. Die driftliche Gottesidee und
ihre Einwirkung aber werden ſofort erfannt in bem,
was man als das Interjcheidende in dem Cha:
takter der neueren von ber antifen Kunſt hervor:
zuheben pflegt, und worin ſich der eigentliche tiefe
Gegenjag, hier Bergeiftigung des Leiblichen, dort
Berleiblihung des Geiftigen ausbrüdt, nämlid) in
dem Bhantajtiihen, dem Pittoreslen und dem
Yumoriftiihen. Denn das Erfte ift eine Erhebung
510
Kunſt, chriſtliche
über die Natur in die Sphäre rein ideeller Thä:
tigfeit, welche aus dem Bemußtjein von der Er:
habenheit und Selbftändigleit des Geiſtes hervor:
HR dem die Natur nur der dienende, von ihm
geichaftene Stoff ift. Das Pittoreäte, defien Schön:
heit darin befteht, daß verfchiedene jelbitändige
Theile und Geftalten zu einem, von einem Gedan
fen rare Tec Ganzen harmonijch verbunden
find, jegt das Bewußtſein von einer fittlichen Welt:
ordnung voraus, welcher die Jndividualität in
Freiheit unterworfen ift. Das Humoriftijche end:
lich, welches nicht nur das Niedrige, Böſe und
Gemeine, jondern auch das irdiſch anſcheinend
Große, Hohe und Edle jpielend an der Bolltom:
menheit des Ideales mißt und in feiner Nichtigkeit
und Unbebeutendheit erjcheinen läßt, rubt in je
nem legten Grunde auf der Idee des Reiches Got:
tes und der Verſöhnung. Erit auf dem Boden des
Ehriitenthums, wo man in allem Kampf und
Streit dennoch den Sieg des Göttlihen ahnt und
anſchaut, fonnte die Kunſt dahin gelangen, mit
Vorliebe das bewegte Menfchenleben zu ihrem
Vorwurfe zu wählen, erſt bier fommt es daber zu
der höchſten Fünftlerifchen Leiftung, dem hiſtori—
ihen Drama. Die Perioden ber Kunſtgejſchichte
fallen jeitdem mit denen der, Entwidelung bes
chriſtlichen Gottesbemußtfeins, d. b. der Kirchen:
geſchichte zuſammen. In der eriten Veriode, ber
bes altkirhlihen Stild vom 3.—10. Jahrhundert
fommt es noch nicht zu eigenen und neuen Kunft:
formen ; man muß ſich begnügen, bie antike, heid
nijche Lieberlieferung der Technit und Formgebung
den Bebürfnifien des Gottespienftes, mit weldem
die Kunſt nod) eng verbunden ijt, anzupafien, Bir
man allmählich das Ungureichende der alten Ferm
empfindet, jucht man davon frei zu werben indem
man jie vernadläjfigt, verliert aber eben dam:
auch die Fähigkeit, den ideellen Gedanten fünitie:
rijc wiederzugeben. Die Periode endigt mit gäny:
lihem Verfall, Vorherrſchend iit in ıhr Arditel:
tur; Die Sculptur dagegen tritt faſt ganz zurüd,
und die Malerei geht je länger je mehr in byzan⸗
tinifcher Moſaik auf. Sie ift die Zeit der eriten
firdlihen Dogmenbildung, der Verbindung des
Chriſtenthums mit dem altwömifchen Staatämelen,
der Entwidelung der griechiſchen und römilhen
Kirche und war nicht im Stande, ein neues Aunft;
leben ins Daſein zu rufen; dazu bedurfte ed des
Uebergangs des Chriſtenthums zu den germanifden
Völkern. Im Mittelalter, in weldhem man die Epo-
chen des romanijchen und des jogenannten gothi
hen Stus unterſcheidet, ift Die Kunſt noch vol;
ftändig beherrſcht von der Idee der Kirche, es giebt
feine andere als firhliche Kunft; am meiften blübt
die Architektur, ihr höchſtes Kunſtwerk ift der go:
thiſche Dom, die Verlörperung des tranicendenten
Idealismus, der die ganze Periode tennzeichnet,
ie Reminifcenzen aus den antifen Kunſtbildun
en, welche der romanische Styl noch bewahrt hatte,
ind bier verihwunden und neue Formen gemon
nen. Die Sculptur erwacht eben wieder aus-tau-
fendjährigem Sclafe, und die Malerei nimmt
gleichzeitig in den Niederlanden und in Jtalien
einen ungeahnten Aufſchwung. In ver dritten
Periode (15. und 16. Jahrhundert) beginnt Die
Emancipation des Aunjtlebens von der Kirche; die
einzelnen Künfte gelangen zu felbftändiger Ent
wietlung. Es ift die Blüthezeit der Malerei umd
Seulptur. Größere Würdigung der Natus fuhrt
Kunft, chriftliche
zur Ausprägung ber Individualitäten und des
&harakteriftiihen, da man aufhört die chriftliche
Idee bloß im Großen und Ganzen ſymboliſch dar:
zuftellen, jonbern ſie erfaßt, wie fie in dem Einzel⸗
nen erfcheint. Daher das Streben nad) künſtleri⸗
iher Schönheit. Die Kirchengeſchichte zeigt das
Auftreten der Nationalitäten gegen bie erbrüdende
Obmacht der Kirche, den reformatorifchen Verſuch
uffens, den Einfluß der wiederauflebenden claj-
ri Bildung und deö Humanismus, die Refor:
matoren vor der Reformation, bis dieje in ber
Bredigt vom Glauben das Gewifjen des Einzelnen
frei - und die Berjönlichkeit des Individuums
rettet. Die vierte Periode endigt in der Zopf: und
Rococozeit des 17. und 18. Jahrhundertd. Die
bildenden Künfte verflachen fich, je mehr fie ſich
über alle Richtungen des Weltlebens verbreiten,
aber zugleid damit nur die Natur und die Wirk:
lichkeit darjtellen ; zwar vollendeter in der Technik,
aber nirgends getragen und erfüllt von der dee.
Die proteftantifhe Innerlichkeit befruchtet nur
Ditkunft und Mufif. Auf eine Einwirkung auf
die Welt und ihre fittlihe Durchdringung haben
Orthodorie und Pietismus gleihmähig verzichtet,
und ber Nationalismus hat die religiöje dee ſelbſt
verflacht. Als der Charakter der Gegenwart endli
läßt fich im Allgemeinen angeben, daß die Kunjt
weltlich geworben ift, d. h. frei von den Schranfen
des Kirchlichen die ganze Welt als eine Dffenba:
vn. des Göttlihen zu ergreifen trachtet und die
Schönheit nur als die Berleiblihung der Sittlidh:
feit. Dies zugleich der Ausfluß einer echt prote-
—— Auffaffung von Religion und Kunſt.
as ſpeciell das Verhältniß der evangelifchen
Kirche zur Kunſt betrifft, jo hat fie ſich vielfach
mißtrauiſch und abmwehrend gegen diejelbe verhal-
ten wegen ber Verbindung, in welcher dieje mit
dem veräußerlichten Gottesdienfte der katholiſchen
Kirche gejtanden hatte, Aber der evangelijche Got:
teödienit kann ebenjowenig mie irgend ein Eultus
das künftlerifche Element ganz entbehren, weil die
Gemeinjchaft der Andacht, d. h. des ſich unbedingt
ingebens an die religiöſe Empfindung, als der
uelle für die Neubelebung des religiöfen Den:
kens und Wollens, ſich nur bilden kann durd) die
Gegenfeitigfeit in ber Darftellung der Empfindung
vermittelit der Kunft. Nach ihrem innerlichen We:
fen bedarf aber die evangelijche Frömmigteit we
fentlih der Künſte, welde unabhängig find vom
Stoffe, der Dichtkunft und der Mufil; Architektur,
Plaſtik und Malerei werden immer hinter jene zu:
rüdtreten. Um jo leichter aber fann die evangelische
Frömmigfeit im Gottesdienfte auf dieſe Seiten des
Kunitlebens verzichten, als fie ihnen auf dem Ge:
biete des weltlihen Lebens die volle Freiheit läßt
ſich zu entfalten; als fie nicht ein Kirchengebäude,
fondern die Welt ald das Haus Gottes betrachtet,
zu defien Schmud die Kunft da ift, während fie
andererjeits volllommen anerfennt, daß alle Kunſt
in ihrer Darftellung des Schönen, bewußt oder
unbemußt, der Offenbarung göttliher Botenzen in
Natur und Geſchichte nachgehe. Es war dies nicht
möglich, jo lange wie der Zwieſpalt zwiſchen der
Kirche ald dem Reich Gottes und ber aufer ihr
ftehenden Welt als ein unvermittelter und unlös—
licher betrachtet wurde, jo daß auch die Kunſt, da:
mit fie ald hriftlich fich legitimire und auch ber
Chriſt geniefend und producirend an ihre Theil
nehmen könne, die Signatur des Heiligen durch
511
Kurland
die unmittelbare Verbindung mit Kirche und Got⸗
tesdienft bedurfte. Ueber das Verhältniß der Con⸗
feffionen zur Kunft vgl. die feinen Bemerkungen
Haſe's in der Polemit, 2. Aufl. S. 5652—572. Fer⸗
ner: D. Schnaaſe, Geſchichte der bildenden Künſte;
Fr. Kugler, Handbuch der Kunſtgeſchichte, 2. Aufl.
1848; €. Förfter, Geſchichte der deutihen Kumft.
Kunft bei den n. Zu einem eigenen
jelbftändigen Kunftleben it es bei den Hebräern
nur in ber Boefte —— und auch hier iſt nur
die Lyrik ausgebildeter; doc) fehlt ed nicht an be:
deutenden epiſchen und dramatiſchen (Hohes Lied,
Hiob) Anfägen. (Vgl. Poeſie.) Die Muſik, aud) die
oft erwähnte Tempelmufif, erhob fich nicht über Die
Begleitung des Gefanges und ber feitlichen Tänze.
In der Architektur waren die Iſraeliten abhängig
von den Rachbarvölfern, befonders den Phöni:
ciern, deren Hunftformen ben hebräiſchen Ideen
angepaßt wurden. Die Bedeutung des Tempel:
gebüudes als des Heiligthums und des Haufes Got:
tes ift nicht ſowohl architektoniſch durch Maß und
Formen, als durd die Art und Kojtbarkeit des
Materials bezeichnet. Die Entwidelung der bilden:
den Künfte ward ſchon durch das — gehemmt,
welches das göttliche Weſen im Bilde darzuſtellen
unterſagte, während alle Kunſt nur von der Dar:
ftellung des Göttlihen ihren Ausgang nimmt; es
fam daher zu nichts. Weiterem als zu geringem
Anfange der Symbolifirung in den Gyeruhsgeftal
ten. Wo jonft Werke bildender Kunſt erwähnt wer-
den, ift eö in Verbindung mit dem Götzendienſt
und ein Hineinragen fremden Eulturlebens.
Kunwald, Mathias von, Bifchof der böhmischen
Brüder, Nach dem Tode des Öregorius, durch das
2008 ermwählt (früher ein einfacher Landmann),
fuchte er zuerft die jtrengere Richtung den Gemä-
Bigten gegenüber zu jtärfen, fügte ſich aber der
fiegreihen gemäßigten Partei auf der Synode zu
Reichenau 1494.
Kurland. Dasjelbe wurde dem Chriſtenthum
durch den Orden der Schwertritter um die Mitte
des 13. Jahrhunderts gemonnen. In dem hart:
nädigen Rampfe um ihre Unabhängigfeit ging die
Urbevölterung der Kuren unter, an deren Stelle
Eithen und Xetten traten; die herrſchende Bevöl:
ferung waren bie eingewanderten beutjchen Ritter,
Das Kirhenregiment ftand bei dem Bisthum
Riga. Die Reformation verbreitete fich von Riga
aus, geihügt durch den liefländiichen Herren:
meijter Walther v. Plettenberg. Deſſen Nachfolger
Gotthard Kettler erlangte im VBertrage zu Bilne
1561 Kurland und Scmgallen als erbliched Hers
zogthum unter polnifcher Yehnähoheit. Gr befeftigte
die Reformation, welche feit 1556 allgemein einge:
führt war durd) die von dem Superintendenten
Einhorn verfaßte Kirchenorbnung von 1570. Erft
gegen Ende des 17. Jahrhunderts wurde den
Katholilen und Reformirten freie Religionsübung
zugejtanden. Die firhlichen Zuftände blieben trau:
tig. Die Geiftlichkeit verftand felten die Sprade
des Bolts und dieſes nicht den Geiftlichen, Io daß
die deutſchen Predigten durch eigene Angeſtellte
verdolmetſcht oder lettiſche Predigten von den
Pfarrern vorgeleſen werden mußten. Unter der
ruſſiſchen Herrſchaft ſeit 1795 iſt die lutheriſche
Kirche gegen das Andringen ber griechiſchen Dr:
thodorie und ihre Bemühungen, die Bevdfterung
zum Abfall zur griechiſchen Kirche zu bewegen, in
K. mehr verſchont geblieben, ald in den anderen
Kurk
Dftfeeprovinzen. Jedoch erſt 1865 ift für die Dit:
feeprovinzen bad Geſetz außer Kraft geſetzt, daß
in den gemifchten Ehen alle Kinder der griedi-
{chen Kirche zufallen. Der Einfluß der Herrnhuter
ift hier geringer gemwejen als in Lievland, dage:
gen haben in neuerer Zeit die Baptiften Boden
gewonnen. In der lutheriihen Kirche herrſcht
eine orthodog = confejfionelle Richtung. Unter den
500,000 Einwohnern find 400,000 Zutheraner,
50,000 Katholiken, 400 Reformirte.
Kurs, Joh. Heinr., geb.13. Dec. 1809 zu Mont:
joie in Rheinpreußen. Anfangs für den Kaufmanns:
ftand beftimmt, ftudirte er zu Halle und Bonn (1830-
1833) Theologie, ward Hauslehrer in Kurland,
1835 —— der Religion am Gymnaſium zu
Mitau und iſt ſeit 1850 Prof. der Kirchengeſchichte
und Staatsrath zu Dorpat. Stets ein Anhänger
der orthodo Bibelbetrachtung, verwickelte er
ſich, obwohl ſeine Theologie einen immer beſtimm⸗
teren kirchlich-⸗lutheriſchen Charakter angenommen
bat, in einen heftigen Streit mit feinem Dorpater
Collegen Keil. Hauptgegenitand feiner Arbeiten ift
das Alte Teftament und die Kirchengeſchichte.
Schriften: dad mofaifhe Opfer, Mitau 1842;
Bibel und Aftronomie, Berlin 1842, 5. Aufl. 1865;
Einheit der Genefis, 1846; Symbolik der Stifts-
ütte, 1851; Geichichte des Alten Bundes, Bo. I,
erlin 1848, 3. . 1864; Anhang zum I. Bd.
Berlin 1857 u. d. T. die Ehen der —— Gottes,
Bd. II, Berlin 1855, 2. Aufl. 1858; Anhang zum
2, Bande Mitau 1862; Xehrbud der Kirchen:
geisihte, 1849, 5. Aufl. Mitau 1863; Handbuch
er allgemeinen Kirhengefhichte, 1853, 3. Aufl.
1859; Lehrbuch der . Geſchichte, Königsberg
1843, 11. Aufl. 1868; Chriſtliche Religionslehre,
1844, 9. Aufl. 1868; Biblifhe Geſchichte, Berlin
1847, 3. Aufl. 1865.
Ruß bei den Hebräern. Bon Gejhwiftern und | (314-335) foll den Gebrauch der ———
Liebenden abgeſehen, galt der Kuß bei den Hebräern
als ein übliches Zeichen der Freundſchaft beim
Begegnen und beim Abſchied (Tob. 9, 8; Zuf.
7,45; 15, 20; Ruth 1, 14; Tob. 10, 13; 2. Sam.
20, 9) und der Ehrerbietung gegen Vornehme
(Zuf. 7, 38), Fürften (Jeſ. 49,28; 1. Sam. 10,1)
und Götterbilder (1. Kön. 19, 18; Hof. 13, 2).
Man fühte den Mund, den Bart, die Hände, die
Füße.
bu bei den erfien Chriſten war der Bruderkuß
(Plinua &yıov, Röm. 16, 16; 1. Kor. 16, 20) als
das Zeichen der innigen heiligen Gemeinjchaft ein:
eführt; die Erinnerung daran ift bewahrt in dem
Sie enskuß, welchen nad) dem Agnus dei (in der
riehifhen Liturgie vor dem Offertorium) ber
Klerus unter einander austaujcht. Noch heute ift
512
Labadie
es Brauch in Rußland, daß am 1. Oſtertage Be-
fannte und Unbekannte beiderlei Geſchlechts auf
den Gruß: „Chriſt iſt erſtanden“, ſich küſſen. Als
Erſatz für die Gemeinde diente im Mittelalter der
Gebrauch, ein umhergereichtes Kreuzbild oder eine
Reliquie (osculatorium) zu küſſen. Als natür-
licher Ausdrud einer ſinnlichen Verehrung findet
fi) nod immer das Küſſen von Reliquien und
Heiligenbildern. Bal. Küffen des Altars.
Kuthaeer. 2. Kön. 17, 30. Ein elamitiſches
Volt, weldes nad) Iſrael verpflanzt wurde; daher
nannten die Juden mit dieſem Namen das ausihrer
Vermiſchung mit den übriggebliebenen Jfraeliten
entitandene Volk der Samariter.
Rutte. Diefe Möndätradt ift ein weites, lan-
ges, geſchloſſenes Gewand mit weiten Aermeln und
einer Kapuze; — ein weiter in eine Ka⸗
puze endigender Kragen. Form und Farbe der K.
iſt bei den einzelnen Orden und Congregationen
verſchieden. Auch das weiße Amtskleid der niederen
Kleriker, das — wird Kutte —
ſKutte (Kutna-hora), Stadt in men.
Belannt burd den bort 1485 von König Wratislam
en — — ae —— gran
iten und Caligtiner fi) gegenjeitige Duldung
Anerkennung gelobten. Eräter gründeten die Je:
fuiten dort ein Collegium.
Kypros nannte Herodes zu Ehren feiner Mut:
ter Aypros die von ihm neuerbaute Fefte zu
Jericho. Auch die Tochter des 9. hieß Kypros.
Kyrie eleison, d. h. Herr erbarme Di. Diefe
in ber Liturgie der Kirche ftehend gewordene For:
mel ift genommen aus Stellen wie Matth. 20, 30;
Marc. 10, 47; vgl. Pſalm 51,3; 123,3. Schon
in der alten griehifchen Kirche wurde fie bie feit-
——— Antwort der Gemeinde auf jede einzelne
itte des Geiſtlichen in der Litanei. —— J.
orte
r
in die lateiniſche Liturgie eingeführt haben. In
dreifacher — Kyrie Christe Kyrie:
mit Bezug auf die Trinität, fand die Formel eine
felbftändige Stelle nad dem Introitus in ber
Meffe; durch Gregor d. Gr. wurde eine breimalige
Wiederholung jedes Anruf —— Auch Lu⸗
ther und viele evangeliſche Liturgen haben das
yrie eleison gear, Weil eö der einzige
ber Gemeinde überlaffene Gebetsausdruck im Got:
teödienft war, wurde e3 oft unzähligemal als Ju:
bel und Klage ade we bald aber auch mit
beutihen Worten umgeben und auögeführt, jo da
jene Formel den ftehenden Refrain bildete und
biefen Gefängen den Namen ber Lei ſen gaben.
Aus ihnen entwidelte ſich das deutſche religiöfe
Volkslied (f. Gefang).
8
Labadie, Jean de, wurde am 18. Febr. 1610 zu
Bourg in Guyenne geboren. Erzogen in ben Schul⸗
an der Jeſuiten, ſchloß er ſich gegen den
Willen ſeiner Eltern denſelben an und ſtudirte
ie, beſonders die myſtiſchen Kirchenväter
Auguſtin und Bernhard. Durch ſeinen ſittlichen
Ernſt den Jeſuiten bald entfremdet, ſagie er ſich
von ihnen los 1689 und trat mit den Vätern des
Dratoriums und den Janjenijten in Verbindung.
Seit 1640 Kanonikus in Amiens, begann er 1644
ben Grundgedanken feines Lebens, eine heilige
Gemeinde zu bilden, zur Ausführung zu bringen,
indem er eine Anzahl wahrer Chriften zu einer
Brüderjchaft vereinigte. Diefe Gemeinfchaft gab
Anftoß; 2. wurde nach Guyenne verfegt und von
den Zejuiten mit manderlei Nachftellung verfolat.
Verzweifelnd an der römischen Kirche, trat er 1650
zu Montauban zu den Neformirten über. Durch
Pabadie
jeine Begabung und jeinen jeelforgeriichen Eifer |
gelangte er bald zur Anerkennung, jo daß er Pre: |
diger und Profeffor zu Montauban, ſogar Rector
der Univerfität wurde; 1657 mußte er jebod) in
einem Streite mit dem Biſchof Montauban vers
laffen und wurde Prediger zu Drange. Auch dieje |
Stelle mußte er aufgeben, da Ludwig XIV. die
Stadt bebrängte. nahm eine Bredigerftelle
in Genf 1659 an, bis er 1666 an die wallo:
niſche Gemeinde nad) Middelburg berufen wurde.
Wie er ſchon in Genf ald Vrediger und Profeſſor
in dem Sinne gewirkt hatte, in einem Meinen Kreife
„wahres Chriſtenthum“, in Abjonderung von ber
Welt, zu pflegen, und zu gleichem Zwecke auf einer
Reife mit jeinen freunden Yvon, Dulignon und
Menuret einen Bund geſchloſſen hatte, jo juchte er
in Middelburg durd) jtrenge Kirchenzucht und bie
513
Babrador
nehmften Frauen. Die Gütergemeinſchaft mußte
bald wieder aufgehoben werden, damit verlieh aber
die Mehrzahl Wiemert 1703, und ald Moon 1707
geftorben war, Lifte ſich die Gemeinde immer
mebr auf, bis 1732 nr legter Sprecher, Kon:
rad Bosmann, diefen Ort verlief. Die Labadi:
ſtiſchen Grundfäge haben aber in der holländischen
und niederrheinifhen Kirche bis auf unfere Tage
nachgewirkt Die Conventikel, die Abendmahldent-
— — die Verdammung von weltlichen Ge—
räuchen ſchreiben ſich daher, aber auch eine Ver—
tiefung und Stärkung des chriſtlichen Lebens in
der ſehr verfallenen Kirche. Spener empfing
die erſte Anregung zu ſeiner Wirtſamkeit in der
lutheriſchen Kirche von L. Selbſt die erſte Miſ—
ſionsthätigkeit in der reformirten Kirche ging von
der Gemeinde zu Wiewert aus, indem fie 16° 0—
Einrihtung bejonderer Verſammlungen für die | 88 einen freilich mißlungenen Verſuch madte, in
Wiedergeborenen (zu diejem Zwecke jeine Schrift | Surinam unter den dortigen Heiden eine Eolonie
„über die Brophezetung”, 1668) die reine Gemeinde | zu begründen. Beſſern Erfolg hatte eine Nieder:
zu gewinnen. Streitigleiten mit der Synode über | lafjung der Labadiften am Hubionfluffe in Nord⸗
die Unterjchrift der Einigfeitäformel und eine ra: | amerika; indeß wurde hier die urfprüngliche Abficht
timaliftifhe Schrift feines Eollegen Wolzogen, | der Mijfionsarbeit über der Nothwendigkeit des
weiche er als anftößig verdammt wiflen wollte, Handels und des Erwerbes bald vergefien. Vgl.
führten jeine Suäpenfion und danad) feine Ab: Göbel, Geſchichte des hriftlichen Lebens, Bd. 2.
jegung rg 1663. Nun bildete 2. feine freie | 2.8 berühmtefte Schrift ift Manuel de piet£, über-
evangelijche Gemeinde, die aus lauter Öläubigen | jet von Terfteegen, „Handbüchlein der Gottjelig:
beitehen jollte. Aus Middelburg vertrieben, ſam⸗ keit.“
melte fie jich in Bere; auch dort auögewiejen, in Laban, der Sohn Bethuels, Entel Nahorz,
Anfterdam 1669, bis die Erbitterung gegen die | der Oheim und Schwiegervater Jakobs, erjcheint
Separatiften, welche „Die beiten Chriften und gott: | in der bibliſchen Geſchichte als eine liftige und
erzen gewännen“, auch dort den Auf: habſüchtige Natur, deſſen Lift aber durch Jatobs
entbalt unmöglid machte. L. ließ fih mit dem noch größere Lift überboten wird (1. Moſ. 27-531).
Kern jeiner Anhänger in Herford unter dem Schug Bon einer Gemaltthat gegen den Entjlobenen hält
der Pfalzgräfin Efifabeth nieder. Sie bildeten bier | ihn die Stimme feines Gottes, das Bewußtſein
eine einzige religiöfe Familie, die den Grundſatz des eigenen Unrechts, zurück; es findet eine Ver—
der Abfonderung von der Welt völlig durchführte, jöhnung Statt; und ein Bündnif, in weldhem das
aber auch von ſchwärmeriſchen Verirrungen fih | Gebirge Gilead als Scheidegrenze bezeichnet wird,
nicht fern hielt. Seine frühere Lehre, welche noch endigt den Hader. 2. erjcheint hier als der Füh—
die Verwandtſchaft mit fatholifcher Ajteje verräth, ver größerer Horden, ähnlid wie Abraham; der
aber immer von neuem bei jpäsern Separatiften, Zug Jakobs von dort nad) Kanaan deutet wohl
weiche auf £. ſich ftügen, auftaucht, daß die Ehe | eine neue Einwanderung aus der alten Heimath
fündhaft jei, mußte £. zurüdnchmen, als er fih mit an. Die Gößenbilber, welche Rahel entführt, wei:
einer der Schweitern von Sommelsdyt aus feiner ſen ebenfalld auf eine urfprüngliche Einheit des
Gemeinschaft, und Yvon mit einer andern verhei⸗ religiöjen Glaubens hin; diejelben Götzen finden
tathete und jet Die Ehe bei Gottestindern für er« ſich noch 1. Sanı. 19, 13. 16 erwähnt. Bei den
laubt erflären. Eine falihe Anklage beim Reichd: Iſraeliten hat der Monotheismus fie befiegt und
fammergericht vertrieb X. auch von Herford, trot unterdrüdt, bei den Nahoriten aber hat der Roly-
der Fürſprache der Prinzeſſin Elifabeth. Die Ge: theismus obgeſiegt und fie unter die ſie umgeben:
meinde fand 1674 eine Freiftätte in Aitona, wo den Bölkerftämme aufgehen und vergeffen laffen.
fie trog des Widerſtandes der Geiftlichleit durch Labarum. Eigentlich das ſpätröniiſche Feld—
ihren gottjeligen Wandel Anertennung fand und zeichen, im engeren Sinne die Durch Conftanıin in
aufblühte. 2. ftarb am 18. Februar 1675. Bald ‚Folge feines Traumgefichts mit Dem Kreuze und bem
nad feinem Tode verlegten die Zabadiften ihren Monogramm Chriftı verjehene Reichsfahne; deren
Sit nad) dem Schlofie Waltha bei Wiewert in der | Form in den heutigen Kirchenfahnen erhalten ift.
Nähe von Leuwarden, wo jie, obwohl von der | Tas an dem Querbalfen befeftigte ſeidene Fahnen-
weitfeiefiichen Synode heftig angefeindet, von den tuch trug entweder das Bruftbild Conitantins
Ständen Duldung und gleiche Rechte mit der res | und jeiner Söhne, oder (nach Prudentius) das
formirten Kirche erlangten, und ſich durch Zuwachs Bild Chriſti. Unter Julian wurden Kreuz und
aus dem Cleveſchen und Bergiſchen bis auf die Monogramm wieder entfernt und das Bild des
hl von 500 Gliedern vermehrten. Die Form ber Kaiſers mit den des Mars und des Mercur dar:
einſchaft war das Leben einer Familie, Güter: geftellt. Durch Verwechſelung und Uebertragung
gemeinſchaft war völlig durchgeführt; Bedingung | wird labarum aud) allgemein für Kirhenfahne
der Aufnahme mwahre —— und als deren gebraucht.
Zeichen willenloſer Gehorſam. Die Kinderlaufe, Labrador. Die Miſſion unter den Esfimos auf
nicht geboten, war dem Willen des Einzelnen über: | L. wird ſeit 1769 von der Brüdergemeinde betrie-
lafien, das Abendmahl wurde jelten gefeiert. An | ben, welcher die englifche Regierung zur Errichtung
der Spige der Gemeinde ftand die Neltejtenver: einer Miffton ein Stüd Yand in 2. bemilligte. Zur
jammlung der ſprechenden Brüder und der vor- | Zeit beftehen vier Stationen: Hoffenthal 1782,
35
Lachaiſe
Nain 1771, Dfat 1776, Hebron 1830. 1160 Esti⸗
mos jtehen unter der Pflege der Miffionäre und |
Nationalgehülfen. Für den Unterhalt der Miffio: |
näre und theilweife der Gemeinde lorgt das La:
braborfchiff, welches feit 1769 jährlich ein Mal die |
Stationen beſucht und die Gaben aus Europa
bringt.
Lachaiſe rg d'Aix de), der Beichtvater
Ludwigs XIV. Geb, 1624 auf dem Schloſſe Air
im Departement Loire aus einer angefehenen Fa:
milie, trat er in den Jeſuitenorden und war Bro:
vincia! desſelben, als ihn 1675 Ludwig XIV. berief.
Mit Klugheitwußte er fid) in die Suntt des Königs
zu ſetzen und feinen Einfluß auf ihn bis an feinen
Tod 1709 zu erhalten. Obgleich jtet3 im Dienfte
und Interefje feined Ordens, nahm er in den
Streitigfeiten der Zeit über den Janfenismus und
die gallicanischen Freiheiten eine vermittelnde
Stelle ein. Stark betheiligt war er aber bei der
Aufhebung des Edictd von Nantes und dem In—
quifitionsproceß gegen Molinos. Wiſſenſchaftlich
ohne Bedeutung, liebte er doch die wiſſenſchaftliche
Beihäftigung und den Umgang mit Gelehrten.
Seine Schriften find vergefjen. Seinen Namen
bewahrt der große Kirchhof von Paris Pere:La-
chaiſe, in den (1804) die Gärten eines Landgutes
verwandelt find, weldes ihm Ludwig XIV. ge:
fchentt hatte.
Lachis, eine Stadt in der füdlicden Niederung
äftinas, deren oft Erwähnung im Als
anaanitiiche Königsſtadt ward fie von Joſua ero:
bert, Joſ. 10 und 12, und dem Stamme Juda zu:
Be %of. 15, 39. Bon Rehabeam befeftigt, 2.
hr. 11, 9, ward fie von Sanherib, 2. Kön. 14
und 19, und Nebufadnezar, Ser. 34, 7, erobert.
Nach dem Eril bejegten fie die rückkehrenden Ju:
ben, Neb. 11, 25. 30. Der gewöhnlichen Annahme,
daß der Ort in Um:Lafis an der Straße von Gaza
nad Beit Jibrim und Hebron mwiederzufinden fei,
widerſpricht nur die von Eufebius angegebene Ent:
fernung von letzterer Stadt.
Lahmann, Karl, berühmter Kritifer und Philo:
log. Geboren am 4, März 1793 zu Braunfchweig,
ftudirte er in Leipzig und Göttingen 1811, wo er
Bunſens Studiengenofje war, und habilitirte ſich
dort 1815. Den Feldzug von 1815 machte er als
freiwilliger Jäger mit, ward dann Gollaborator
am Werderſchen Gymnafium zu Berlin, 1816
Dberlehrer zu Königäberg, 1818 a. 0. Profeſſor an
der dortigen Univerjität, 1825 zu Berlin, 1827 o.
Profeſſor und 1330 Mitglied der Afabemie. + 13.
März 1851. Einerder hervorragendften Bhilologen,
hat er fich um die Theologie durch feine Ausgaben
des Neuen Tejtamented und feine Textkritik in
viel —— Grade, als gemeinhin anerkannt wird,
verdient gemacht. Die kleinere (Stereotyp⸗) Ausgabe
erſchien 1831, 3. Aufl. 1846; fie enthält nur den
Tert mit den Varianten des Textus receptus. Die |
größere, mit welder eine kritiſche Ausgabe der
Ueberjegung des Hieronymus verbunden war, er:
chien 1846 — 1850 und enthält auch den kriti⸗
chen Zeugenbeweis. 2.8 Princip war, nicht den
urjprünglichen Tert, was er für unmöglich hielt,
jondern den relativ älteften, den Text des Orients
(bis zum 4. Jahrhundert) herzuftellen, wobei er
namentlich die Handfchriften ABC verglich, ferner
eine Anzahl Handihriften für einzelne Theile,
theils aus dem Morgen:, theils aus dem Abend:
lande, deren Zufammenftimmen ihm maßgebend
514
Racorbaire
erſchien. Die Geltung des Textus receptus wurbe
durch feine Arbeit gründlich erſchüttert; der von
ihm gewonnene Text hat aber jpätern Forſchungen,
nit nur denjenigen Tifchendorf3, noch Arbeit
enug übrig gelafien. Am heftigften wurde 2. und
Feine Methode von Frigiche angegriffen. Her,
Carl Lahmann. Berlin 1851.
Latombe, Pater, Barnabitenmönd, aus Sa:
voyen gebürtig, Geiftesverwandter und Beichtvater
der Frau von Guyon. Diefelbe hatte ihn, der nad
den Grundfägen Molinod und des Franz von
Sales lebte, on 1671 tennen gelernt und mit
hm correfpondirt. Als jie mit im 1681 au Ger
ald Superior und Borfteher der Anjtalt für Neu:
befehrte wieder zujammentraf, erbat fie ihn ſich
vom Biſchof zum Beichtvater und Seelenführer,
da fie beide auf eine wunderbare Weiſe ſich sei
verbunden fühlten. Died Berhältnik änderte fi
jedoch, jo daß aus der geiftlihen Tochter ein Bor:
bild und eine „Onabenmutter“- wurde und durch
übergroße Innigkeit großen Anſtoß erregte. Bon
L., der fie häufig auch auf ihren Neijen ——
empfing die G. den erſten Anſtoß zu ihrer Schrift:
ftellerei. Als 1687 der Duietismus des Molinos
verurtheilt war und die Verfolgung ber ©. be
* erließ der Erzbiſchof von Paris auch gegen
Pater Lacombe einen Haftbefehl. Rachdem
er in verſchiedenen Gefängniſſen auf der Juſel
Oleron, zu Lourdes in den Pyrenäen und in Bin
cennes geſeſſen hatte, jtarb er, feit 1698 wahn⸗
finnig, im J. 1699 im Irrenhauſe zu Charenton.
Seinen durch die harte Behandlung herabgedrüd:
ten Gemüthszuſtand benugte man, um d:
niffe zu erlangen, welche die gegen ihn und die
Guyon erhobenen Anlagen zu bejtätigen ſchienen
— Lacombe’s Schrift: Analyse de l'oraison men-
tale wurde 1688 verboten. S. d. A. Guyon.
Kacordaire, Jean Baptifte Henri, berühm:
ter franzöſiſcher Kangelredner. Geboren am 12.
März 1802 zu Recey-jur-Durce im Departement
Cöte d'or, trat er, als Advocat in Baris lebend,
angeregt durch Lamennais, in den geijtlichen Stand
1824. Fri er Boltairianer, erfaßte er mit |hmär
meriſcher Romantik defjen Jdeen von der freiheit
der Kirche und des Volkes. Als Almojenier am
College von Zailly eröffnete er mit Montalembert
nad) der Julirevolution ohne Genehmi er des
Staates eine Schule und verfocht in Der dei chrift
Lavenir die Trennung der Kirche vom Staate. Die
Schule wurde geſchloſſen und die Zeitſchrift vom
Papfte verdammt 1832. 2. unterwarf ſich und trug
nun 1834 mit glängender Beredfamteit ſeine litchlid
ultramontanen, ftaatlih radicalen Ideen auf der
Kanzel von Notres-Dame vor. Auf einer zweiten
Reife nad Rom 1838 trat er in den Dominicaner"
orden, den er in Frankreich wieder einzuführen
hoffte, 1848 in die Nationalverfammlung gemäblt,
ab er das Mandat wieder auf, weil feine Dbern
Fein tepublicanijches Belenntnik tabelten; ebemio
eine neu begründete Zeitſchrift, Nere nouvelle. Ein
Jahr lang befleidete er die Würde des Ordenspro⸗
vincial3 und begann dann wieder feine Wirlſam
feit als Prediger, bei jevem Auftreten gleiherma:
ben von dem ängftlichen Niftrauen der politiſchen
wie der a 9 Gewalten begleitet. Seit 185
beſchränlte er fich auf die Zeitung feiner = zu
Sorrege. + am 21. November 1861. Sein Bette
ben, die Kirche mit der Bildung und der Boll:
freiheit zu verföhnen, hat der Kirche zuerſt neue
Ractantius
Achtung in der öffentlichen Meinung in Frankreich
gewonnen. Bon jeinen Schriften fm die bedeu:
tendjten: Vie de St. Dominique, Paris, 3. Aufl.
1844 (legenbenhaft); Conferences de Notre-Dame
de Paris, 1335—50 ; Considerations philosophi-
— sur le systöme de Mr. Lamennais, Paris
1834.
Lattantius, Lucius Coelius Firmianus, ber
chriſtliche Cicero. Bon heidniſchen Eitern in Jta:
len oder Afrifa geboren, trat er erſt fpät u.
Chriſtenthum über. Diocletian hatte ihn aus An-
laß eines religiöfen Gedichte Sympojion als Zeh:
rer ber Beredfamteit nad) Nikomedien berufen ; der
Mangel an Schülern nöthigte ihn zu literariſcher
Thätigkeit. Im Hohen Alter lebte er als Erzieher
des Crispus, des Sohnes Eonjtantins, in Gallien.
on Weitere Nachrichten über fein Leben fehlen.
eine vielgelefenen und oft herausgegebenen
Schriften zeichnen ſich durch die ang bes Stils
und der Darftellung aus, Er ift welentlich Apolo:
get. In feiner Hauptſchrift Divinarum institutio-
num libri VII (davon er ſelbſt einen Auszug Epi-
tome institut. ad Pentadium verfertigte) ſuchte
er die heidniſchen Philofophen zu widerlegen, in:
dem er ben innern Widerſpruch der mythologifchen
Götterlehren aufdedte und durch eine Entwid:
lungsgeſchichte des Heidenthums zu erweifen fuchte,
daß e3 zu Feiner wahren Weisheit habe gelangen
fönnen, welche im Chriftenthum aber offenbar ge:
worden, denn im Grunde jeien Religion und Phi:
loſophie eins. Ein —X zu dieſer Schrift iſt
De ira Dei. Gegen die, Epikureer ift das Buch De
opificio Dei vel de formatione hominis geridjtet.
Angezweifelt ift feine Autorfchaft von De mortibus
rsecutorum ad Donatum confessorem, einer
childerung der Chriftenverfolgungen unter Nero,
Domitian, Balerian, Diocletian, Galerius und
Mariminus von hiftorifcher Bedeutung. Entfpre:
hend feinem Zwecke und jeinem Bildungsgange
ist in feinen Schriften eine ethifche Auffaffung des
‚hriftenthbums und der Perſon Chrifti vorherr:
fhend; jeine dogmatiſchen Entwidelungen find
nicht immer glüdlih und häufig von dem ortho-
doren Lehrbegriff abweichend, jo daß ihn Hierony:
mus ig = b befämpfte und das Decretum Ge-
lasii jeine Werle für apoerypha erflärte. Ausga—
ben: Buenemann, Zeipz. 1739; le Brun et Lenglet
du Fresnoy, Paris 1748; Fritzsche (Gersdorf,
bibl. patr. lat.), Lips. 1842.
Lactieinia (Milchipeifen) find nad kirchlichem
Spradigebraud alle von Säugethieren gewonne:
neu Nahrungsmittel, deren Vermeidung an den
Abftinenztagen bejonders in der großen Faſtenzeit
früh in der Kirche allgemeine Sitte wurde.
515
®
Zagarde
bejonderen Jnftrumenten vor Sonnenaufgang.
a3 Baterland des Strauches ift Syrien, Arabien,
Paläſtina. Luther, der mit den alten Heberfegern
das Wort nicht verjtand, Überjegt Myrrhen.
Ladinos werden in Gentral:Amerifa die chriſt⸗
—* Indianer und Miſchlinge genannt.
ado, altruſſiſche Venus, der die Unverheira—
theten opferten.
Lämmermann, auch Lamormain, der Beicht—
vater des Kaiſers Ferdinand II. war geboren um
1560 bei Luxemburg und trat in den Jejuitenorden.
am 22. Febr. 1648. Als Beichtvater Ferdinands
. war er der Haupturheber der Bedrüdungen ge:
gen die proteftantifchen Böhmen ; auf feinen Rath
wurde das Reftitutiongedict erlaflen, fo daß er an
dem Ausbruch und dem Gang des dreißigjährigen
Krieges eine Hauptſchuld trägt. Mit befonderer
Vorliebe betrieb er die Sonnerkion der Protejtan-
ten, deren er fiber 100,000 in den Schoof der fa-
tholiſchen Kirche zurlickgebracht haben foll.
Räfäre (Lejer d. i. der Bibel) ijt der Name, un:
ter welhem in Schweden, ähnlich wie in Deutſch—
land unter Pietismus, verſchiedene religiöfe Er:
Iheinungen und Richtungen zufammengefaßt wer:
den, welche zum Theil * Herrnhutianismus oder
Haugianismus ſich zurüdführen laſſen. Das Ge:
meinſame iſt ein fittlich:religiöjer Ernſt, der zu
äufiger und ernfter Bibelbetracdhtung führt und
—* an der kirchlichen Amtswirkſamkeit nicht genü—
gen läßt, zuweilen zum Separatismus in ſchroffe⸗
ren Parteien hinneigt. Die Zajerei, anfänglich von
der Kirche verfolgt, ift jet mit ihrer Bedeutung
zurüdgetreten, feitdem auch in Schweden eine Neu:
belebung des kirchlichen Sinnes Statt fand. Das
legte der früheren Staatögejege gegen die Laferei
ift jeßt durch den Beſchluß der Reichsſynode 1868
gefallen, welche religiöfe Verfammlungen jelbft
während der Stunden des Gottesdienftes in der
Staatäfirche frei gab.
Läplihe Sünde. Die katholifche Dogmatik un-
terfcheidet —— Todſünde und läßlicher Sünde.
Nach der —— des Thomas Aqu. ift jene
contra, dieje praeter legem, d. h. die Todfünde be-
fteht in einer Abfehr von Gott und der Liebe zu
ihm, in der on bethätigt ſich die bleibende
Liebe nicht wie fie jo. Daher hebt jene beit Stand
der Gnade auf, diefe dagegen ſchwächt nur die
Gnade und madt einer zeitlichen Strafe fällig.
Lätare. Der vierte Sonntag in den Faften führt
diefen Namen von dem Jntroitus der Meſſe des
Tages (laetare Jerusalem Jef. 66, 10. 11). Die
Feier des Tages hat etwas Freudiges, die Strenge
der Bußzeit Milderndes, Ferner hat er die Namen:
ie | Rofenfonntag, weil an demfelben der Papſt die
riechiſche Kirche beobachtet noch fortwährend die | goldene Rofe wir. Brodfonntag, Mitfaften, Tod:
trengen Beſchlüſſe des Concild von Laodicea 367 | tenfonntag oder
und der Trullanifchen Synode 692. Im Decidente
chwarzer Sonntag.
Lagarde, Paul Anton de, Dr. der Bhil. und
blieb aber von jeher eine größere Freiheit; wenn | Theol., einer der ausgezeichnetſten Gelehrten der
auch die Enthaltung der Lacticinien in den Qua: | Gegenwart. Früher unter dem Namen Vortticher
dragefimalfajten ald Regel beftehen blieb, jo wur: | Brivatdocent in Halle, jegt Gymnaſialprofeſſor in
den doc mit Rüdfiht auf Hertommen und Hima: | Berlin, hat er fi
durch ee Spradfeint:
tifche Verhältniffe Ausnahmen gejtattet durch die | niffeund tertkritifche Meifterfchaft große Berdienfte
fogenannten Butterbriefe. Jegt werden durdy die | um die Theologie erworben.
Seine Audgabe der
jährlihen bifhöflihen Faftenmandate die Gren: | »Genesis« (Lipsiae 1868) ift Epode madend
zen des Grlaubten firdlid genau beftimmt.
für die Kritik der LXX. Ferner gab Lagarde zu
Ladänum, 1. Moj. 37, 25; 43, 11, das wohl: | Xeipzig heraus: Gejammelte Abhandlungen (dar:
riechende Harz der Ciſtusroſe, welches als Räucher: | unter: de novo testamento ad versionum orien-
mittel, Salbe und Arznei gebraucht wurde. Man |talium fidem edendo 1866 ; Didascalia aposto-
fammelte es von den Blättern des Strauches mit | lorum syriace 1854 ; Beliquiae iuris ecclesinstici
33
Lager
antiquissimae syriace et graece 1856 ; Hippolyti
romani quas feruntur omnia graece 1858; Ana-
lecta syriaca 1858; Titi bostreni contra Mani:
chaeos libri quatuoi syriace 1859; Geoponicon
in sermonem syriacum versorum quae supersunt
1860 ; Libri veteris testamenti apocryphisyriace
1861; Clementis recognitiones syriace 1861;
Constitutiones apostolorum graece 1862; An-
merfungen zur griechifchen Ueberjegung der Pro:
verbien 1863; die vier Evangelien arabiſch aus
ber Wiener Handfchrift 1864; Clementina (die
Homilien des Clemens von Rom) 1865; Der
Bentateuch koptiſch 1867; Materialien zur Kritik
und Gejchichte des Pentateuchs 1867 ; Hieronymi
quaestiones hebraicae in libroGeneseos 1868.
Lager. Auf dem Zuge durch die Wüfte wurde
eine feite Lagerordnung beobadjtet, 4. Mof. 2. Tin
ber Mitte ded Lagers ftand die Stiftähütte, im
Norden, Süden und Weften umgeben von den drei
Geſchlechtern der Leviten, an der Dftfeite ftanden
bie Zelte der — — und Moſis. Dann lagerten
an jeder der vier Seiten je drei Stämme, der vor:
nehmite, der das gemeinjame Feldzeichen bewahrte,
in der Mitte, Im Dften Juda mit Iſaſchar und
Sebulon, im Süden Ruben mit Simeon und Gab,
im Weiten Ephraim mit Manaffe und Benjamin,
im Norden Dan mit Afjer und Naphthali. Diefelbe
Ordnung wurde beim Zuge beobachtet, jo daß Juda
die Spipe führte und das Heiligthum in die Mıtte
enommen wurde. Ob in der Foigezeit eine ähn:
iche Lagerordnung beobachtet wurde, ift ungemiß,
jedenfalls ward nad) dem Unfall 1. Sam. 4, 4 die
Lade nicht mehr mit zu Felde genommen. Ueber
die — des Lagers beſtanden ſtrenge Ge:
ſetze, die mit den Worten ſchließen: Denn der
Ewige, dein Gott, wandelt in deiner Mitte, und
bein Lager ſei heilig, 5. Moſ. 23, 2—14.
Ragerftätten. Das Verzeihniß der Lagerftätten
4. Mof. 33 ift zwar uralt, aber überarbeitet und
mit Einſchiebungen verjehen. Die durch Jahrtau:
fende bewahrte Gleichheit einzelner Orisnamen
macht e8 nicht unmöglid), danach den Zug zu ver
Ben Durd) genaue Vergleihung der Angaben
ft ed Baihinger (bei Herzog)und Bunfen (im Bibel:
wert, Bd. 5) gelungen, im Allgemeinen die Richtung
des Zuges fo zu beftimmen, daß der Anſchein eines
planlofen Umherirrens verfhmwindet. Danad) wäre,
als die Muthlofigteit des Volkes den zuerjt beab—
fihtigten Einfall in Kanaan von Kades aus un:
möglih madte, ſchon im 3. oder 4. Jahre der |
Aufbruch von dort erfolgt und der Reft der vierzig
Jahre auf die Eroberung des Dftjorbanlandes
verwandt, für melde die gewöhnliche Auffaffung
nur wenige Monate oder Wochen zu — — weiß.
— (ital. Lubiana, flaw. Ljubljana, das
alte Amona), Hauptftadt von Krain, Sig eines | reductio in communionem laicam für
Biſchofs. Das Bisthum ift geftiftet 1461 vom Kai:
fer Friedrich III. aus Theilen des ErzbisthHums
Aquileja; nad) 1788 war es eine Zeit lang zum
Erzbistyum erhoben. Der Biſchof hat jegt noch
Rang und Würde eines öfterreihiihen Fürſten
wie früher den eines Reichsfürſten. — Die evan:
eliſche Kirche zu Laibach ift mit Hülfe des
Guftav: Kolf.Vereins erbaut und 1852 eingeweiht
worden.
Raien (Aaös, Bolt) heißen in der katholiſchen
Kirche alle nicht zum Klerus, den Geiftlichen, Ge:
börenden. Das Trennende und Unterjcheidende ift
die Weihe. Früher rechnete man aud die Mönche
516
vaienkelch
zu den Laien, welche jetzt dem Klerus —**
werden. Die Laien bilden das vom Klerus be;
herrſchte Volk, ohne Antheil am Kirchenregiment,
dem auch nur paflive Betheiligung am Gottesdienft
gelaffen ift; im Laufe der Zeit in der Unterſchied
dur die Kelchentziehung noch mehr im Gottes:
dienfte hervorgetreten. Die evangeliſche Kirche an-
| erkennt ne feinen andern Unterjchied zwi:
ſchen Geiftlihen und Laien, als den Beruf jener,
* predigen und die Sacramente zu verwalten; es
ehlt freilich noch viel daran, ae biefer Grundſat
auch im Leben der Kirche in Gotteädienft und Ge:
meinbeverwaltung durchgeführt wäre, Die befjern
Anfänge ber Neformationözeit find durch Tatholis
Ihe Reminifcenzen und Analogien unterdrüdt, und
ein moderner Amtäbegriff trachtet unverlennbar
| neue Schranfen aufzurichten.
' Raienäbte nannte man die Aebte, welche wohl
Mönche, aber nicht Priefter waren.
Raienaltar. In größern Kirchen, wo durch den
Zettner (eine erhöhte reg der Blid auf
den Hochaltar für den Blid der Gemeinde vom
Schiff aus abgejperrt ift, führt den Ramen „Laien:
altar“ (altare laicorum) der unter dem Scheibe:
| bogen zwiſchen Chor und Schiff errichtete, dem
| —* Kreuze geweihte Altar. In den Stifts- und
| Klofterlichen wurde an bemfelben die Mefie für
das Volt gelefen.
Laienbeichte. Die Beichte, welche ein Nichtaeift:
iher annimmt, wird von der Fatholifchen Kirche
felbft im Nothfalle entſchieden gemißbilligt, wäh:
rend die Iutherifhe Kirche in diefem Falle dem
Laien die Macht, die Abfolution zu ertheilen, nicht
abſpricht.
Laienbrüder und Laienſchweſtern (fratres con-
| versi, sorores conversae) heißen in den Klöftern
‚ die Genoſſen, welche nicht die Ordensgelübde ab:
gelegt, ſondern ſich nur zum Gehorfam verpflichtet
haben, und zur Bedienung im Klofter und zur
Verrichtung auswärtiger Geſchäfte benußt werben.
Raiencommunion, Diereductio ad communio-
nem laicam, die Verjegung in den Stand ber
Laien, die Yaifirung, ift die Folge der Degrada
tion, die kirchliche Strafe, wodurch der abgefegte
Geiftlihe nebft Amt und Pfründe auch alle Stan:
besvorrechte verliert, und daher nur als Laie
außerhalb der Altarjchranfen die Communion em:
pfangen darf. Die Laifirung eines Klerikers der
höhern Weihen bis zum Diafon fan, ausgenom:
men den Fall der Sirafe, nur in feltenen Fällen
durch päpftliche Dispenfation ftattfinden. Seitdem
die Kirche den Grundſah vom character indelebi-
lis der Priefterweihe angenommen hat (conc. Trid.:
‚si quis dixerit eum qui sacerdos semel fuerit lai-
cum rursus fieri posse anathema sit.), fann eine
Preöbyter
und Biſchöfe nicht mehr erfolgen; fie können wohl
wie Laien behandelt, aber nicht wirklich unter die:
| jelben verjegi werden, daher auch der yerbreceri:
Ihe oder häretijhe Priefter nad der Depofition
in einem Klofter gefangen gehalten wird.
Laienkelch. Die Objervanz der fatholifchen Kirche
entzieht den Laien den Kelch beim Abendmahl und
macht nur unter bejonderen Umftänden davon eine
Ausnahme. Der zumeilen, befonders bei Kranlen⸗
communionen, bargebotene Kelch enthält nicht ge:
weihten Wein und hat nur die Beftimmu
* binunterzufpülen (Spülkelch). ©. Reiddent:
ziehung.
Zaienpräbenden
Laienprübenden waren die Pirlinden, welche
Mönchen, die nicht Priefter waren, zugewieſen
mwurben.
Raienpriefter, Zeutpriefter heißen die Fatholi-
[pe® Weltgeiftlihen im Unterſchiede von ben
rdensgeiſtlichen.
Laienzehnten, d. h. Zehnten, welche ſich im Be—
* von Laien befinden. Die Kirche erklärte den
efig von geraten auf Seiten der Laten für un-
zuläſſig und verbrederifch und bedrohte die In:
baber mit Berfagung bes kirchlichen Begräbniffes.
Da die Umftände aber viele Zehnten :ı die Hände
von Laien gebracht hatten, ſollten diefe zwar bleiben,
aber nad) 1179 Feine neuen Uebertragungen Statt
finden. Diefer Beſchluß des Lateranconcild 1179
blieb unausführbar. Die dem kirchlichen Zehnten
auferlegten Berpflichtungen blieben aber auch von
dem Laieninhaber zu tragen.
Lainez (Laynez), Jakob, einer der erften Genofjen
des Loyola und zweiter Ordenägeneral. Geb. zu
Almancario in Eaftilien 1512, ſchloß er ſich 1534
in Bari an Loyola an, begleitete denjelben 1537
nad Jtalien, übernahm eine Zeit lang den Lehr:
ftuhl der Sg an der Sapienza, wirkte dann
aber in den Städten Ober-taliend im Intereſſe
des —— Ordens, predigend und Collegien be—
gründend. Ein angebotenes Bisthum und die Car:
dinalswürde ſchlug er aus. Beredfamleit und
er geng verichafften ihm —— auf dem
Concil zu Trient, wo er den päpſtlichen Abſolutis⸗
mus verfocht. Auch in Augsburg war er 1555 an:
517
Lambert von Maftricht
ren Thatſachen gelangen konnte und fie unparteis
| iſch darftellen wollte, daß er aber auch fremde Bes
richte ohne Kritif aufgenommen, und vor allem,
daß er die Begebenheiten nur mit dem Auge des
Mönchs angefehen, der Gregor verehrte und das
Recht des Kaijerß nicht begriff. A. Holtzmann hält
unfern Lambrecht für identisch mit dem Pfaffen
Lamprecht, dem Berfaffer des NAleranderliedes,
©. monumenta Germaniae historica, III und
V Han. 1843, deutſch von Hefie, Berlin 1855.
Lambert, Franz, bon Avignon, geboren 1497,
Aus angejehener Familie, begabt und unterrichtet,
trat er 1502 in das Francißcanerflofter zu Avig:
non. Als Prediger besfelben (1517) erregte feine
Bekiebtheit den Neid und die Verfolgung der
Mönde, der zu entgehen er zu den Sarthäufern
überzutreten gedachte. Bibelftudium und Luthers
ı Schriften, die man zu fpät bei ihm entdedte, be:
| ftimmten ihn 1522, eine Gelegenheit zu benugen
und das Klofter zu verlaffen. Er begab fich über
Bern nad Zürich und erflärte fich nad einer öffent:
lihen Disputation über die ee Amar mit
Zwingli für überwunden. Pfeudonym als Joh.
Serranus begab er fih nad) Eiſenach 1522, pre:
digte dort, veröffentlichte 139 Thefen gegen Cöli—
| bat, Beichte und Ablaß, fam durch ———
Spalatins nad Wittenberg, lernte Luther fennen
und hielt Borlefungen über Hofe. Bon hier
\ wurbe er, der erſte ——— franzöſiſche Mönch,
1524 nad) Met berufen, konnte aber die Erlaub—
niß, zu predigen, nicht erlangen und begab fid) vor
weſend. Nad) dem Tode des Jgnatius verwaltete | den Nachſtellungen feiner Feinde nad Straßburg,
er zuerft das Bicariat und wurde 1558 zum Gene: ‚ wo er fi) eben 5 fümmerlich wie biöher durch [i:
ral gewählt. Als folder vollendete und befejtigte terariſche Arbeiten ernährte. Sturm empfahl ihn
er bie Organifation des Ordens, und proclamirte | 1526 dem Landgrafen von Heffen. Auf der Synode
die (von ihm redigirten) Eonftitutionen und De: | zu Homberg vertheidigte er fiegreich, aber nicht
clarationen. F 1565. Sein Leben bejhrieb Riba- | ohne Heftigkeit, feine 158 reformatorifchen Thefen
beneira. ü ‚(paradoxa) und verfaßte dann im Auftrag der
Raifirung. S. Laiencommunion. ynode die Homberger Kirchenordnung (f d. Art.).
Lama. 5. Buddha. ı Diefelbe beruht auf den richtigen reformatorifchen
Lambert von Aſchaffenburg (Lambertus Schaf- | Grundgedanken, war aber für die damalige Zeit zu
naburgensis) oder von Hersfeld, Benedictiner, ideal und unpraktiſch; als die erfte deutfche Kicchen«
Geſchichtſchreiber des 11. Jahrhunderts. Ueber ordnung brachte jie das allgemeine Brieftertgum in
Baterland, Familie und Geburtsjahr weiß man | der Theilnahme der Gemeinde an der Kirchenver:
nichts Gewiſſes, nur daß er am 15. März 1058 | waltung zur Geltung. 2. wurde 1527 zum Pro:
vom Abte Meginher zu Hersfeld ald Mönch ein: | feffor an ber neu errichteten Univerfität Marburg
efleivet wurde und im Herbſte die Priefterweihe | ernannt und wohnte dajelbit dem Geſpräche Lu—
in Aſchaffenburg empfing (aus diefer Notiz ift fein | therö und Zwingli’S bei, in Folge deſſen er feine
Beiname geflofien). In demjelben Jahre unter: | lutherifhe Abendmahlsiehre mit der zwinglijchen
nahm er eine Pilgerfahrt nach Jerufalem. Seine | vertaujchte. Er ftarb 1530 am engliihen Schweiße
literarische Thätigkeit begann er mit einer in Ber: | zu Frankenberg an der Eder, wohin die Univerfität
fen verfaßten Schilderung der Kämpfe zwiſchen | wegen biejer Seuche verlegt war. Bei großer Ent:
Heinrih IV. und aber Ba feit 1071; die Schrift ſchiedenheit und Offenheit hat er durch ungebul:
we. Ebenſo ifteine zweite, Die Gefchichtedes | digen Eifer und Eitelfeit manchen Anjtoß erregt
loſters Heräfeld, nur im Auszug und in Bruch: | und ſich un keinem Orte wohlbefunden;; feine vies
ftüden erhalten. Sein berühmtes Wert Chroni- | 2 find weniger tief als Har und anre:
con historicum apud Germanos ift die Gejchichte gend. Seine dauernde Bedeutung liegt in den Ge:
Deutihlands Bis zur Wahl des Gegentaijers | danken, melde er in feiner Kirhenordnung nieder:
Rudolf 1084. Es beginnt mit Adam und enthält | legte. Vgl. Baum, Lambert von Avignon, Straß:
bis 703 nur Namendverzeichniffe. In dem Zeit: | burg 1840; Haffencamp, Franciscus Lambert von
raum bis 1040 find Notizen zugefügt aus ältern | Avignon, Elberfeld 1860,
rg Der zweite Theil feit 1040 ift jelb: |; Lambert, der Heilige, Bifhof von Maſtricht.
ndige Arbeit, in welcher er die Zeitgefhichte Seinem Lehrer und Vorgänger Theodard folgte er
aus eigener Kenntniß in —— Ordnung 668 auf dem Biſchofſtuhl, mußte ſich aber 674 vor
erzählt. Das unbedingte Vertrauen, welches man | dem gewalttätigen major domus Ebroin in das
fonft auf ihn ald Geſchichtsquelle jegte, hat Ranke | Klofter Stablo zurüdzichen, bis ihn Pipin von
auf das rechte Maß zurüdgeführt. Er hat gezeigt, | Herijtal 681 wieder einfegte. Er wirkte dann für
daß Lambert allerdings durch die Lage und die | die Chriftianifirung Zeelands und fol auch mit
Berbinbung bes Klofters zur Kenntniß der äuße- | Willibrord zufammengetroffen fein. Seinen Tod
‚len S
Lambethanifche Artikel
(am Gedächtnißtage 17. September 708) ſchildern
die ältern Biographien ald die Privatrache eines
518
Lamettrie
‚lehrte am Seminar zu St. Malo Mathematik, ward
'1816 Briefter, ſchlug 1823 ein ihm angebotenes
fränkiſchen Großen Dodo; die jpätern machen die- Bistum und die Gardinaldwürde aus, ſaß 1848
ſen zum Bruder der Alpais (Alpheide), der Con⸗
cubine des Pipin und Mutter des Karl Martell,
und geben ald Grund an, daß 2. ihr ehebrecheri:
ſches Verhältniß öffentlich gerügt habe.
Lambethaniſche Artikel heißen die 9 Artikel,
welche dem Erzbiſchof John Whitgift in ſeinem
Palaſt zu Lambeth (Kirchſpiel zu London) 1598
von dem Profefior Whitaker übergeben und, von
ihm gebi igt, der Univerfität Cambridge zugeftellt
wurden. Sie enthalten die Präbdeftinationälehre
in ftreng fupralapfariftiiher Form, find aber zu
feiner öffentlichen Geltung gelommen, da die Kö»
nigin Elifabeth befahl, fie zurüdzuziehen. Ein ſpä⸗
terer Verſuch 1604, diefelben den 39 Artikeln zus
zufügen, jheiterte am Widerftand der Epiflopalen.
Nur die Buritaner find ihnen getreu geblieben.
Lambruschini, Luigi, Cardinal. Geboren am 7.
Mai 1776 zu Gerua, trat er in den Orden ber
Barnabiten, ftieg darin zu höhern Würden, begleis
tete den Cardinal Conſalvi zum Wiener Congreß
und warb 1819 Erzbifchofvon Genua. Zu boritit er
Bedeutung gelangte er 1823 ald Nuncius in Ba:
ris; fein Einfluß beftärfte die abſolutiſtiſchen Nei-
ungen Karl's X. und rief die Juli»Orbonnanzen
Error. Gregor XVT, ernannte ihn zum Cardinal,
1836 zum Staatöfecretär. In diejer Stellung ver:
trater mit Geſchick und m. politiſch und kirchlich
die Ideen des päpſtlichen Abſolutismus. Er wider:
ftrebte den Reformen im Kirchenftaate, unterdrückte
die Hermefianifche Theologie und erfocht in Sachen
der gemifchten Ehen und des Erzbiſchofs von Köln
durch meilterhafte Staatsfhriften den Sieg Über
bie preußiſche Regierung. Nach Gregor’s XVL
Tode unterlag er in der Papftmahl gegen Maftai
(Bio IX.). Damit endigte feine öffentlide Wirt:
famteit. Den beginnenden Reformen hielt er *
fern. In der Revolution 1848 traf ihn der Ha
des Boltes, fo daß er verfleidet nach Gaöta fliehen
mußte. F am 12. Mai 1854 zu Nom als Haus:
Gardinal des Papftes. Auch als theologifcher
Schriftſteller ift er aufgetreten. Seine Werte er:
ichienen in Rom 1836, 1838, 1839, — Sein Bru:
der Jean Baptifte (+ 1826) war Bifchof von
Orvieto 1807, ne Generalvicar von Genua.
Er gewährte den Jeſuiten ein Aſyl, verweigerte
Napoleon den Eid und wurde nad) Frankreich de:
portirt, Er ift der Berfafjer eines geſchätzten An:
dachtsbuches.
amech kommt in den beiden Genealogien der
bibliſchen Urgeſchichte vor. Er bezeichnet in beiden
die Grenze der erſten our male mo bie
Grundrichtung derjelben den vollen Ausbrud fin:
det, bei bem einen in dem Liebe 1. Mof. 4, 23, bei
demanbern in der Hoffnung 1.Mof.5,28— 29. Das
Auseinandergehen der Stämme, weldes in ber
einen Reihe bei den Söhnen eintritt, hat in der
andern noch eine Vermittlung durch den Träger
einer neuen Öottesoffenbarung Noah. Lamech be:
zeichnet aljo diejelbe Entwidlungsperiode, das
eine Mal nad) der weltlihen Eulturentwidlung,
das andere Mal nad der religiöfen angejehen
(Hainite — Sethite).
Lamennaid, Hugues FFelicite Robert, bedeuten:
ber religiöfer und politifcher Schriftfteler Fran:
reihs. Geboren am 19. Juni 1782 zu St. Malo
in der Bretagne, empfing er die Tonfur 1811,
in der franzöſiſchen Nationalverfammlung, 308 fih
nad dem Staatäftreiche zurück und ftarb 1854 auf
feiner Befigung in Lachesnaye bei Dinan in ber
Bretagne. In fortwährenden Conflicten mit ben
bürgerlichen und —— Gewalten entwickelten
ſich ſeine Ideen über Kirche und Staat, bie er
länzend durch Stil und Beredſamkeit in feinen
hriften darlegte, jo daß er anfänglih ein Ber:
fehter der päpftlihen Autorität, dann, ihre welt»
liche Gewalt betämpfend, als ein Gegner der Kirche
ftarb. Der Grundgedante, welcher durch diefe Ent-
widlungsphafen hindurchgeht, ift: „allein die Re—
ligion fann die Grundlage der menſchlichen Geſell⸗
ſchaft fein; fie muß beruhen auf Autorität, welde
er nur aus der allgemeinen Zuftimmung fi
ergiebt und in einem beftimmten Organe ſich aus:
ſpricht.“ Ob dies Drgan der Papſt * beantwor⸗
tet er in ben verſchiedenen Perioden verſchieden.
Als — des päpitlihen Katholicis mus
trat er auf in den Reflexions sur l'éktat de l'ẽglise
en France, Paris 1808; Tradition de l'église sur
l’institution des evöques, Paris 1814, und in dem
Werk, welches feinen Ruf feft begründete, Essai
sur l'indifförence en matiere de religion, Paris
1817—23. Nachdem 1829 der Progres de la re-
volution erſchienen und durch die Julirevolution
die politifchen Verhältniffe geändert waren, ftritt
er in der Zeitſchrift l’Avenir 1830—32 mit Zacor:
baire und Montalembert für die Trennung der
Kirche vom Staate. Troß feiner perfönlihen Be:
mühungen verdammte der Bapft feine Grundfäge ;
einen Augenblid unterwarf er fi), bis die Paro-
les d'un croyant, Paris 1834, die Affaires de
Rome, Paris 1836, den Bruch mit Rom ausfpra:
en. Die Exquisse d’une philosophie, Paris 1841
—44, entwidelte fein ee Syitem, und
feine ſocial⸗-chriſtlichen Anfichten auf rein demo:
kratiſcher Grundlage die Discussions critiques de
la religion, Paris 1841, und die Beitfchriften le
Monde, le Peuple coustituant, 1848, la Reforme.
Seine Oeuvres complötes, 20 vol. erjchienen Pa-
ris 1844-47; Oeuvres posth. par Forgues, Pa-
— * fe
ametirie, Julien Offray de, atheiftifcher Phi:
loſoph, geb. 23. Dec. 1709 zu ale, war ein
Schüler bes Janjeniften Abbe Corbier und ftubirte
Medicin. Bon dem Herzog von Gramont als Arzt
in deſſen Regiment angejtellt, erlrankte er bei der
Belagerung von Freiburg. Hier madte er Beob-
achtungen über dad Schwinden der geiftigen Kraft
mit dem Hinfiechen deö Körpers. In Folge davon
—— ſeinen ſenſualiſtiſchen Materialismus zuerft
in »Histoire naturelle de l’äme« aus, Haag 1745,
und ſchrieb dann 1746 eine Satire gegen jeinen
Lehrer Boerhave und die Aerzte überhaupt. Beide
Schriften wurden wegen ihres atheiſtiſchen Inhalts
verbrannt. X. mußte —3 verlaſſen und begab
ſich nach Holland. Auch hier wurde er verfolgt, als
feine Schrift »l’Homme machine« erſchienen war.
Eine zuftugt bot ihm durch Maupertuis Frie⸗
drid II. an. In Berlin wurbe er Borlefer bes
Königs, Mitglied der Akademie und gebörte zu
dem engeren RKreife der Gelehrten, mit denen
Friedrich jih umgab. Er ftarb 11. Nov. 1751 an
den Folgen einer Indigeſtion, die er jelbft verkehrt
behandelte. Seine medicinifhen Werte find ohne
Zammiften
allen Werth. In feinen ü
er ungeſcheut die vollen Gonfequenzen feines ma:
terialiftifhen Grundprincips aus, mwonad der
Menſch nur ein Naturmehanismus ift, und alfo
unbedingt abhängig von den finnlihen Einmir:
fungen. Der höchſte Zwed des Dafeins ift ihm der
finnlihe Genuß. Seine wichtigsten Schriften find:
Histoire naturelle de l äme, 1745; 1!Homme ma-
chine, 1748; 1’'Homme plante, 1748
Lammiflen (fo genannt nad) der Kirche „das
Lamm“ in Amfterdam), eine Partei der hollänbi:
ihen Mennoniten, weldher die Sonniften (nad
ihrem Verſammlungshauſe „die Sonne”) entge:
enftanden ; jene hießen aud) die Groben, diefe die
inen. Sie folgten einer liberaleren Richtung
und erkannten fein Glaubenäbelenntniß an. Füh⸗
rer und Gründer war der Amjterdamer Prediger
Dr. Galenus Abraham de Haan. 1801 vereinigten
die getrennten Fractionen ſich wieder.
Lampe, Friedrih Adolph, Dr. theol. Geboren
am 19, Febr, 1683 zu Detmold, der Sohn eines
Predigers, wurde er zu Bremen erzogen, ftudirte
dort und zu Franeker 1698—1702 und zu Utrecht,
ward 1703 Prediger der Gemeinde Weeze bei Eleve,
1706 zu Duisburg und 1709—20 an St. Stephani
zu Bremen. 1720 als Brofeffor der Theologie nad)
Utrecht berufen, kehrte er 1727 als Paſtor zu St.
Andgar nach Bremen zurück und ftarb 1729 dafelbft.
£. ift der bedeutendfte veformirte Theolog Deutſch⸗
lands, der die Coecejaniſche Richtung in Die deulſche
Theologie und in beitimmten Grenzen die Grund»
fäge des Lababismus in die Kirche einführte, nach⸗
dem er in dem Detry'ſchen Streite in Bremen
1713—16 eigenen fepnratiftiihen Steigungen ent:
jagt hatte. Seine Dogmatik ift enthalten im „Ge:
heimniß des Gnadenbundes“, Bremen 1712, 7.
Aufl. 1751, Viel verbreitet war jein Katechismus
„Milch der Wahrheit.” Auch als geiftlicher Lieder:
ne. ift er bedeutend. Andere Schriften find:
Delineatio theol. activae, 1728; Comment. ana-
lytic. exeg. evang. sec. Joh., Amst, 1724—26;
ynopsis historiae sacrae et ecclesiasticae, 1726. |
Bal. Böbel, Gefchichte, II.
Lampen.
519
za Schriften ſpricht | der hriftlihen Religion mit Gründen der Philo-
onfe
In den katholifhen Kirchen brennt | fach vor.
Landelin
ſophie gegen Spinoza und gegen jeſuitiſche Be—
hauptungen.
Lanceae et clavorum festum. Das Feſt der
eil. Lanze wurde auf Anſuchen Karla IV. für
eutfchland und Pöhmen und zwar auf den Frei—
tag nad) dem erften Faftenfonntag feftgefegt. Die
—— Könige rühmten ſich des Veſitzes der
heil. Lanze (jetzt in Prag), mit welcher die Seite
Chriſti durchſtochen, während fie nad) den Bol:
landiften nur die des Eonftantin befaßen, an wel:
cher ein Theil der Kreuznägel befeftigt fei. Bon
ber echten heil. Zange, welche die heil. Helena ent:
deckt hatte und welche im I. Kreuzzuge in Antios
chia wieder aufgefunden wurde, fol die Spitze aus
Conftantinopel durch Balduin II. nad Benebig
verpfändet, von da nad Paris, der Schaft aber
fpäter als Gefchen? nad Rom —— ſein.
Lantelot, Dom. Claude, geboren 1615 zu Pa:
ris, war Vorfteher ber berühmten Schule zu Port:
royal 1640—60. Nach Aufhebung derjelben war
er Erzieher des — Conti, lebte dann im Klo⸗
fter St. Cyran bis zu deſſen 2 Fear ek und
gin in die Berbannung. F 1695 zu Duimperle.
—J ſeinen vielgebrauchten lateiniſchen, griechi⸗
chen, ſpaniſchen und italieniſchen Grammatiken
= ring er hiftorifche Bemerkungen zur Bibel des
itre.
Rancelotti, Giovanni Baolo, berühmter Recht3:
elehrter zu Berugia. Geb. 1511. Geft. 1591. Er
chrieb auf Befehl des Papſtes Paul IV. Insti-
tutiones juris can., Perugia 1563 und öfter, in
Nahahmung der Juftinianifhen Inftitutionen.
Das Berk ift wegen mander Widerfprüche mit dem
Tridentinum nicht approbirt; man erfennt aus
ihm das Recht und die Praxis der früheren Beit.
Die Herausgeber haben die Differenzen mit dem
neueren Rechte angemerft.
Landbiſchof. Als Borfteher einer Mehrheit von
Landgemeinden, mit einzelnen biſchöflichen Rechten
ausgeftattet, aber von den eigentlichen Bifchöfen
unterjchieden und ihnen untergeorbnet, fommen
Landbiſchöfe im Drient im 4. Jahrhundert mehr:
Das Coneil von Laodicea um 360
—
vor dem Tabernakel oder zu deſſen Seite ununter: | verbot ihre Anſtellung. Im Abendland waren fie
brochen eine Lampe (ewiges Licht). Der Gebraud |
rührt her aus der urfprünglich thatfählihen Noth⸗
wendigfeit in der vorconſtantiniſchen Zeit und bil:
dete ſich aus durch die Bezugnahme auf den Mos
faifhen Eultus, Mitunter werden aud die Bilder
der Heiligen fo geehrt. Koftbares Del, jowie Ker:
gen werben von den Gläubigen geopfert. Am Char:
pe. werden alle Zampen gelöjcht, mit frifchem
el gefüllt und wieder angezündet.
Lampetianer wurden nad) einem ihrer Häupter
aud die Meffalianer (f. d. Art.) genannt.
Lamp, Bernhard, Oratianer. Geboren 1644,
lehrte er Philojophie und Theologie in den Dr:
denshäufern zu Saumur, Grenoble und Rouen.
+ 1715. Er ſchrieb: Appar. bibl., 1656 (archäolo⸗
giſchen Inhalts); eine Harmoniftit der Evange:
lien, 1689 und 1699; eine Bejchreibung des Tem:
pels, 1715.
Lomy,
Provinz Perche, diente ald Soldat unter Richelieu
und trat 1658 in die Maurinerabtei St. Remy in | als Prediger des Evan
Rheims. Sein berüihmteftes Wert ift la connais-
sance de soi-m&me, Par. 1694. Außer mehreren
anz, geboren 1636 in ber franzöſiſchen Red
|
|
im 7. und 8. Jahrhundert häufig als Gehülfen der
Biſchöfe. Die Pſeudoiſidoriſchen Decretalen ver:
warfen das Inſtitut.
Landdecane waren urjprünglich die Archipres:
byter (ſ. d. Art.) auf dem Lande und anfänglich
die eigentlihen Pfarrer, denen allein das Recht
der Taufe zujtand. Bei der Ausbildung der Pfar:
reien wurden daraus Auffeher zur Vertretung
des Biſchofs und zur Vermittlung des Ber:
fehrö zwifchen diefem und den Geiltlihen. Sie
werden entweder vom Biſchof ernannt aus der
Zahl der Geiftlichen des betreffenden Sprengels
ee oder von diefen erwählt und vom Bi:
hof beftätigt. Es fteht ihmen der Vorſitz in den
Verjammlungen der Geiftlichen, die Aufjicht über
diefelben, die Sittenaufficht über die Gemeinden
und die Bermögensverwaltung zu. Sie berichten
an den Bifchof, haben aber hie und da eigene
te
Landelin und Randoald, die Heiligen, werben
gast in Belgien im 7.
eiert. Der Erfte, wahrſcheinlich
rhundert
J ſoll Gehülfe des Amandus ge—
gel
ein Angelfachje,
ajtetiihen Schriften vertheidigte er die Wahrheit | wejen fein und war nah den Bollandijten ein
Landesherr
520
Landeskirche
Schüler Audeberts von Cambray, der demſelben Proteſtanten allerdings Statt. Seine gewöhnliche
entlief, Näuber wurde, aber fich beichrte, die Klö- Stelle findet das Gebet für den Landesherrn im
fter Lobbes und Erepin ftiftete und 636 ala Büher
ſtarb.
Landesherr. Weil es in der Reformation zu keiner
rechten Ausbildung der Gemeinde kam und das
vorwiegende Intereſſe der individuellen Gewiſſens⸗
befreiung ſich in Deutſchland gleichgültiger gegen die
Berfaffung der religiöfen Gemeinschaft verhielt, jo
übernahmen die Fürften die bisher von den Bi:
ſchöfen geübte Jurisdiction und das Kirchenregi«
ment. Es bildete ſich thatjächlich ein Territo:ial:
ſyſtem als herrſchendes Recht. Das proteftantifche
Bewußtſein hat aber dennoch Staat und Kirde
als von einander verfchieden feitgehalten und als
deſſen Confequenz die Trennung ber Kirche vom
Staate. So lange diejeibe bei der gefchichtlich gewor⸗
denen Berfihlingung der Berhältniffe nicht durch—
zuführen war, wurde die thatjächlihe landesberr:
lide Macht mit dem Grundfage durch bie Theorie
vermittelt, daß die biſchöfliche Macht dem Landes:
herenvon der Kirche übertragen oder daß fie auf ihn
devolvirt fei (Epiſtopal⸗ und Gollegialfyitem). In
der neueften Zeit, wo die Scheidung der Staats:
und der Kirchenverwaltung noch dringenderes Be:
bürfniß geworben ift, ohne daß die Staatögemwalten
ſich leicht zur Freigebung der Kirche entichließen
könnten, ift die andere Theorie aufgetreten, daß aus
der Zahl der landeäherrlihen Rechte das jus circa
sacra zwar von der Staatägewait geübt werde,
das jus in sacra aber ein persönliches Recht des
Landesherrn ſei, welches er zwar durch Behörden
ausübe, die aber dadurch nit Staatsbehörden
würden, fondern kirchliche blieben. Dies Necht ge:
bühre ihm al8 dem summmus episcopus oder dem
membrum praecipuum (dem hervorragenden
Gliede der Kirche). Auf diefer Theorie beruht auch
die Einjegung des preußiſchen Oberkirchenrathes.
Wie es der Theorie an bibliſcher und biftorifcher
Begründung febl:, jo widerſpricht ihr der Umſtand,
dab in der Berfafjung der evangeliichen Kirchen
fein wejentlicher Unterſchied befteht zwiſchen den
ändern, wo der Zandesherr evangelifh und wo
er katholiſch ift (vgl. Kirche und Staat). — Das
Sebet für ven Landesheren findet feine Stelle im
Cultus aller hriftlihen Confeſſionen; es gilt dem
Oberhaupte deö Staates, abgefehen von feiner
Beziehung zur Kirche und gründet ſich nicht nur auf
1. Tim, 2, 1—3, jondern aud) auf Jer. 29,7 und
Gira 6, 10. Die Sitte aus der vorconſtantiniſchen
Zeit bezeugen ſchon Polyfarp, Juftin, Tertullian
u, X. Seit GConftantin wurden die Namen der
chriſtlichen Herricher in die Diptychen eingetragen
wie die der Bilchofe, und abgelefen. Spätere Sy:
noden (Mainz 838) verorbneten ein tägliches Ge—
bet für den König und die fpanifchen, mozarabi:
allgemeinen Kirchengebete.
Landeskirche. Der Beariff hat fid) erft nach und
mit der Reformation gebildet. Bei der Zertrüm:
merung ber hierarchiſchen Drganifation ber fatho:
(ifhen Kirche übernahm der Staat die Aufgabe,
das proteftantifche Kirchenweſen zu conftruiren,
und ließ fi dabei naturgemäß von dem Bejtreben
leiten, die Vollseinheit mit der Kirheneinheit zu
verbinden. Die Religionsangelegenheiten wurden
Sache der Staatsgewalt (dad Territorialiyitem
mit dem jus reformandi), wobei die äußerfte Con:
fequenz die war, daß die Zugehörigteit zu einem
beitimmter Belenntniffe bürgerlihe Pflicht und
Bedingung der Staatdangehörigkeit war. In bie:
ſem Sinne war bis vor wenigen Jahren die luthe
riſche Kirche die Yandesfirhe Schwedens. Als der
mweitphälifhe Frieden dad jus reformandi der
Fürjten befhränfte und Lutheranern, Reformirten
und Katholiten gleiche Rechte gab, mußte dieje
Einheit zwiſchen Kirche und Staat einigermaßen
gelodert werden ; man verftand nun unter Landes
firden (nad dem Collegialfyftem) die in einem
Lande bejtehenden Gemeinſchaften der drei aner-
fannten Gonfeffionen, deren Gliedern die vollen
ftaatäbürgerlihen Rechte zugeftanden find, welchen
der Staat Corporationsrechte und deren Acten er
eine ftantlihe Bedeutung zuerfannte, auf deren
Eigenthümlichkeiten er bei jeiner m und
Geſetzgebung Rüdfiht nimmt, in deren Aomini:
ftration er gewiffe Rechte ausübt, die er aber auch
wenigftens theilweife aus feinen Mitteln erhält.
Bon ihnen unierfcheidet man Diffidenztirchen, wohl
concejjionirte, aber nicht privilegirte Kirchengeſel
ihaften, welde jene Rechte nur in beichränttem
Maße genieken (in Preußen 5. B. Altlutheraner,
Niederländiih:Reformirte, Herrnhuter), und gedul:
dete Secten, denen die Corporationsrechte fehlen,
deren Prediger nicht zur Führung von Kirchen:
büchern mit öffentlihem Glauben berechtigt find,
und denen nur Privatgottesdienft geftattet ik
(Mennoniten, Baptiften). Eine modificirte Bedeu
tung hat das Wort in neuerer Zeit in Bezug aui
die Kirche in Preußen befommen, wo die evange:
liſche Kirche, in den verjdhiedenen Gebieten des
Staates verjchieden verfaßt, erft allmählich unter
die gemeinfame Leitung eines Minifteriumä zu:
fammengefaßt wurde, ohne daß die Verſchieden
artigfeit der einzelnen Diftricte aufgehoben wor:
den wäre, Bei den Bejtrebungen jeit 1817, ver
Geſammtheit der Evangelijchen ded Landes (Union:
eine dem Weſen der evangelifchen Kirche entjpre
ı hende Derfafjung zu geben, ohne aber die Einbeit
mit dem Staate aufzuheben und ohne an die ge—
ſchichtlich gewordenen landeäherrlihen Rechte zu
nn nn — — — — — — —
—
ſchen, galliſchen, ambroſianiſchen und römiſchen taſten, und bei dem Widerſtand, der ſich hiergegen
Litargien enthalten ausdrückliche Gebete für den mehrfach gezeigt, verſteht man hier unter Landes
Landesherrn. Im Miffale Pius’ V. fehlt das et kirche die Zufammenfafiung der evangeliſchen Ge—
pro rege, ift aber in den meilten Ländern dennoch
aufgenommen. Die Geburtstage und den Regie:
rungsantritt feiert die Kirche jeit dem 4. Jahr:
hundert. Während fid in den Liturgien noch be:
ftimmte Gebete für den Nenenten bei bejondern
Gelegenheiten finden, hat ein, Rundfchreiben Be:
nedictö XIV. vom 23. März 1743 eingeihärft,
daß foldje Gebete nit von der weltlihen Gewalt
ausgeben dürfen. Durch die Vermiſchung des
Staats: und Kicchenregiments findet dies bei den
meinden und Confiftorialbezirke, welche unter bem
gemeinfamen landesperrlihen, dDurd den DObertir:
chenrath verwalteten, Kirchenvegimente ftehen, und
für welche eine gemeinfame Kirchenverfaffung ge:
were werden jol, — Die —— Kirche be
treitet die Anwendbarkeit des Begriffs der Lan-
deslirche als auf dem ihr —— Staaislir:
chenthum beruhend; ihr bedeutet Landestirche „ein
von der Staatögewalt bedrüdtes und aus ber
organifshen Verbindung mit dem Dberhaupte
Landoald
abgetrenntes Glied der Kirche” (Wetzer und Welte).
Es finden ſich aber in ihr Anſätze zur Bildung von
521
Zange
Beförderung des wiſſenſchaftlichen Studiungs fei«
nem weitverbreiteten Anfehen entſprechend ver:
Rationallichen, unbefchadet ver Einheit des päpft: | dient. Dem Papfte gegenüber bewahrte er feine
lichen Regiments, in der gallicanifhen Kirche, dem
Berein der deutfchen Kurfürften und den Baſeler
Compactaten.
Bandeald. S. Lanbelin.
Landpfleger heißen nad Luther3 Ueberſetzung
bie den Satrapen untergeordneten Statthalter im
perfüihen Reiche, Eära 5, 3. 14; Dan. 3, 2 (an-
derwärtd Jeſ. 36, 9 Hauptmann; er. 51, 57
Herr; Ez. 23, 6. 23 Fürft). Einer derfelben, der
Zandpfleger diesſeit des Waflers, verwaltete Pa-
+ läftina unb das Land bis zum Euphrat. Auch die
biefem untergeorbneten Unterftatthalter, wie Se:
rubabel, nennt Zuther (der Juden) Landpfleger,
Esra 5, 14; 6, 7. Im Reuen Teftamente giebt
Luther diefen Titel den Procuratoren (jreumr),
melde, ald Unterftatthalter dem Statthalter (pro-
eonsul) von Syrien unterneorbnet, Judäa ver:
walteten. Sie wurden angeftellt, ald Judda nach
der Berweijung des Archelaus, Matth. 2, 22, mit
Syrien vereinigt worden war und refidirten zu
Cäfaren. Ihre Reibenfolge ift: Coponius umter
QDuirinus in Syrien nc
Archelaus im Jahre 7 n. Chr., Marcus Ambivius,
Annius Rufus, VBalerius Gratus 15—26, Bontins
Bilatus 26— 37, Marcellus, Marullus, bis 41 Ju:
Unabhängigkeit, ohne in dem Streite zwifchen ihm
und Heinrich IV. eine beftimmte Partei au ergreis
fen. Am bebeutendften für die Kirchengeſchichte ift
et durh fein Verhältniß zu Berengar von Tours
geworben, deffen Brief an ihn über bie Abend»
mahlslehre des Pafhafius Radbertus Beranlaf:
fung zum Ausbruch des bekannten Abendmahls-⸗
ſtreites wurde. Noch in Caen ſchrieb L. gegen ihn
de corpore et sanguine dom. J. Ch. adv. Bereng..,
welche Schrift im Kern die jetzige Tatholifche Lehre
von der Trandfubftantiation enthält. Da in ihm
große Gelehriamkeit mit wenig Scharffinn und
Selbftändigfeit, aber viel mönchiſcher Klugheit und
Leidenfchaft'ichkeit hervortrat, hat Leſſing in ihm
nur ben beſchränkten Seloten gefehen. L. ftarb
1059. Bon feinen Schriften find feine Briefe für
die Zeitaefchichte wichtig, Lanfr. opera, Par. 1568.
Pal. Möbler, gef. Schriften, 1. Vd.; Haffe, An:
felm, 1. Bd. j
Lang, Heinrich, evangelischer Pfarrer in Meilen
am Süricher See. Geb. den 14. November 1826
ber Verbannung des | in Frommern (Württemberg), vollendete er feine
| theologischen Studienaufden Seminarenzu Schön:
|
thal und in Tübingen. 1848 wurde er Pfarrer zu
Rartau im St. Gallifchen Rheinthal, von wo er
däa an Aarippa II. kam. Nach deſſen Tode 44 folgte | 1863 nad) Meilen überſiedelte. Seit 1859 rebigirt
Euspius Fabus, Tiberius Alerander 45—48, Ben:
tidius Gumanus 48—52, Felir 52—60, Feftus
60-62, Albinus 62—64, Geifius Florus, unter
welchem der Krieg auäbradh. — 2. Kor. 11, 32
—— Landpfleger (griech. EIvdezns) ein Volls:
t.
Landrecht, allgemeines preußiſches. Das preu:
Biihe bürgerliche Geſetzbuch ift zugleich die Quelle
für das preußiiche Kirchenrecht, da feine Urheber
nah dem Territsrial- und Eollegialfyftem die
Kirche als ſelbſtändig nicht anerfannten und die
Verweltung der Kirche nur ungefchieden von der
des Staates betrachteten. Das Kirchenrecht ift ent:
halten im 11. Titel des I. Theils, das Eherecht im
1, Titel des II. Theits. Wo es nicht ausdrücklich
dad Gegentheil beftimmt, hat es nur die Geltung
des fubfiviiren Rechtes, welchem die Provincial:
rechte und ältere Kirchenordnungen vorgehen. Val.
Boat, Kirchen: und Eherecht; Jacobſon, das preu:
Bifche Kirchenrecht, 1864; Boche, der preufifche
legale Pfarrer, heraudg. von Altmann; Bluhme,
Codex, Elberfeld 1869.
Landuogt ift bei Luther die Bezeichnung jür
den Broconful Syriens; außerdem 1. Kön. 20, 14
nd 19 für die Oberften der Landſchaften.
Lanfranc, der Sohn eines Rechtsgelehrten in
Pavia, ftudirte zu Bologna und gab zucrftin Pavia
neben feiner juriſtiſchen Praxis, danach in Anrans
hes in Frankreich Unterricht in den freien Wifien:
Ihaften. Er entſagte aber diejer Laufbahn und
trat in daß Benedictinerlofter Bec unter dem
Abte Herluin, auf deffen Antrieb er den wiſſen—
ſchaftlichen Unterricht dort organifirte und ala
Borgänger der Scholaftil zu hoher Blüthe brachte.
Gleihe Wirkſamkeit jegte er als Abt im Klofter
Caän feit 1063 fort. Das Erzbisthum Rouen lehnte
er ab, folgte aber 1070 einem Rufe Wilhelms des
Grobererö. als Erzbiſchof von Canterbury und
mochte jih auch unter Wilhelms Nachfolger um
die Erbauung von Kicchen und Klöſtern und die
ve. die freifinnigen „Zeitftimmen aus ber tefor:
mirten Schmweis.“ Seine Hauptfchriften find: PBre-
digten, St. Gallen 1852; Verſuch einer chriftlichen
Dogmatik, Berlin 1858, 2. Aufl. 1868; ein Gang
| durch die chriftliche Welt, Berlin 1859, Stunden
der Andacht, 2 Bde, Winterth. 1862—65 ; rr!i:
giöfe Charaktere, 1. Bd., Minterth. 1862.
Lang, Matth., Erzbifhof von Salzburg. Geb.
‚1469 zu Augsburg. Als Secretär Friedrichs III.
und vertrauter Rath Marimiltand ward er Dom:
| probft von Augsburg und Gonftanz, 1505 Biſchof
von Gurk. 1511 ernannte ihn Julius II. zum Eat:
dinal, um ihn zu gewinnen, damit er Marimilian
vom Eoncil zu Piſa abwende. Auf dem Lateran:
coneil 1514 zum Coadjutor von Salzburg ernennt,
nahm er 1518 Theil am Reichötag zu Augsburg.
Anfänach den Ideen einer Kirchenverbefferung
nicht abgeneiat, berief er Staupit nad Salzburg,
trat dann ala Verfolger des Evangeliums dafelbft
auf (Paul Speratus), unterdrüdte den Aufftand
1525, ſchloß fi) 1524 der Liga an, ebenjo dem
Bund gegen den Bauernaufftand 1525 und arbei:
tete auch 1580 zu Augsburg als erffärter Gegner
Luthers. + 1540.
Range, Joachim, Iutherifcher Theolog. Geboren
zu Gardelegen am 26, Detober 1670, befuchte er
die Schulen zu Oſterwick, Quedlinburg 1687,
Magdeburg 1689 und die Univerfität Leipzig 1689,
wo ihn Aug. Herm. Frande bei ſich aufnahm. Er
folgte diefem nad Erfurt 1640 und nad Halle
1691. 1698 war er Hauslehrer in Berlin, wurde
von neuem durch Spener angerrat, aing 1696 ala
Eonrector nah Eöslin, wurde 1697 Rector des
Friedrichwerderſchen Gymnaſiums in Berlin, Ba:
ftor in der Friebrichsſtadt und 1709 Profeffor
der Theologie in Halle. + am 7. Mai 1744. 8.
gehört zu ben Häuptern der pietiftifchen Schufe,
an deren Streit mit den Wittenbergern er fi
mehrfach betheifiate(Orthodoxia vapulans, 1701;
Antibarbarus orthodoxiae, 1710). Mehr noch
Lange
wandte jich feine Polemik gegen die Wolf'ſche Phi-
lofophie (der philoſ. Religionsfpötter in dem
Wertheimer Bibelwerf verlappt, 1735 ; Darftellung
der Grundſätze der Wolf'ihen Philofophie, 1736).
Sonſt hat er noch viele eregetifche Werke: Mojai:
ſches Lit und Recht, 1732; Evangelifches Licht
u. Recht, 1735, u. ſ. w., einige kirchengeſchichtliche
Arbeiten und endlich eine dogmatiihe Schrift
(Oeconomia salutis ev., 1730) verfaßt.
Zange, Johann Peter, Profefior und Gonfifto-
rialrath in Bonn, Geboren den 10. April 1802 zu
Sonnborn bei Elberfeld, Sohn eines Fuhrmanns,
ftudirte er 1822 zu Bonn Theologie mit befonde:
rer Hinneigung zu Nigih und Lüde. Nach voll:
endeten Studien wurde er Hülfsprediger bei Krum⸗
macher zu Zangenberg, 1826 Baftor zu Wald, zu
Langenberg (1828), zu Duisburg (1832). 1841
murde er ald Profefjor der Kirhengejhichte und
zz. nad Züri berufen, wo er bis 1854
blieb, um dann eine Profeffur in Bonn anzuneh-
men. Seine Hauptjchriften find: das Leben Jefu,
8 Bbe., Heidelb 1844 47; chriſtl. Dogmatit,
3 Bde. Heidelb. 1849—52; das apoſtoliſche Zeit⸗
alter, 2 Bde., Braunſchw. 18538—54. Außerdem
ermiſchte Schriften,” 7 Bde., und eine große
Anzahl kleinerer Schriften. Das von ihm redigirte
Pr na Bibelwerk (Bielefeld) ent:
ft von feiner Bearbeitung die Genefis, bie
elien Matthäus, Marcus und Johannes
und ben Römerbrief.
uben, ber, heißt bie
Range Tag der )
polläthümliche Bezeihnung des jüdischen Ber:
jöhnungötages, an bem ein ftrenges Faften gebo:
i
Langmuth (uaxgosvwia) iſt eine fittliche Eigen»
ſchaft, welche aus der Liebe im Allgemeinen fließt
(1. Kor. 13, 4), und befteht in dem Zurüdhalten
bes Zornes und der Strafe, welche die Sünde her:
ausfordert, Sie gründet fi auf den Glauben an
bie Befferungsfähigteit ded Sünders, wegen deren
fie den Moment der Strafe jo weit hinausſchiebt,
als eine Möglichkeit der Befjerung vorhanden ift.
Sie ift eine Eigenſchaft Gottes, welche fid) nament:
lich da erweift, wo Sünden in Unmwiffenheit gethan
worden find, wie in der ganzen Entwidelung des
Heidenthums, welche alle Mittel zur Eeweckung
ber Buße erfchöpft, bevor fie das Gericht über die
Sünde eintreten läßt, und welche jeden ——
in dem bie Buße beginnt, bereit ift zur Verf nung.
Bol. 1. Mof. 19, 24 ff.; Jonas; Röm. 2,4. Sie
Ph aber auch eine Eigenfchaft wahrer chriftlicher
ejinnung (Kol. 1, 11; 2, Kor. 6, 4.6) allen den:
jenigen Mitmenſchen gegenüber, von denen ber
Ehrift ungerechte Leiden zu tragen hat.
Rangred, Synode von (859). Ihre canones find
ben Acten deö Coneilium Tullense vom Jahre 859
eingereiht. Sie findtheils firdenregimentliher und
——— Natur, darauf gerichtet, das Epiſtopat
eier gegen ben Fürſten zu ſtellen und bie Difci-
plin zu befeftigen, theil3 dogmatifher Art, und
halten bie prädeftinatianifhen Beichlüffe der Sy:
node von Valence feft, ohne inconjequenter Beile
ben Gegenſatz gegen die Synode von Kierſy und
Hincmar von Rheims zu betonen.
Langthon (Langton), Stephan, Cardinal und
Erzbiſchof von Ganterbury. Als Lehrer und Kanzler
der —— Paris berief ihn ſein Studienfreund
Innocenz III. nach Rom, erhob ihn zum Ga:dinal
und lenkte auf ihn, ven Sprößling eines englifchen
622
Laodicea
Geſchlechts, die Wahl bei der Ben Neubejegung
des Erzbisthums Canterbury 1207. Der Wider:
ſtand des Königs Johann ohne Land, den laum
das Anterdict brechen fonnte, nöthigte ihn, bis zur
Ausjohnung deöfelben mit dem Papfte 1213, ſich
im Klofter Bontimac bei Autun aufzuhalten. 1215
ftand er auf Seiten der Barone in Streite
gegen den König und legte diefem die Magna
charta zur Unterſchrift vor. Weil er fich weigerte,
gegen die Barone den Bann zu verfünbigen, ward
er fuspendirt, doch wohnte er ſchon in demfelben
Jahre der Leteranfynode 1215 bei. + 1228. &
ſoll zuerft die Bibel in die jet beftehenden Capitel
eingetheilt haben. Gefchrieben hat er mehrere Com⸗
mentare zur heil. rg
Languet, — er wahrſcheinliche Verfaſſer
ber Schrift: Vindiciae contra tyrannos sive de
rincipis in populum — ue in prinei
egitima potestate Stephano Junio Bruto Celta
auctore, Edinburg 1579, war geboren 1518 zu
Titeaur in Burgund und ftubirte zu Poitiers
Rechtswiſſenſchaft, zugleich Gefchichte, Politik und
Theologie. Weil er fih dem Proteftantiämus zu:
wandte, floh er nach Deutfchland 1542, blieb bis
zum ſchmalkaldiſchen Kriege in Leipzig, beſuchte
dann Padua und Bologna, bis er 1549 zu De
lanchthon nad) Wittenberg fam. Auf befien Em:
vfehlung gewann ihn der fächfifche Hof als diplo:
matifchen Agenten. Als folder lebte er bis zur
Bartholomäusnaht bald in Paris, bald in Wien,
Prag und den Niederlanden; von 1573—77 am
faiferlichen Hofe und nad) dem Tode Marimiliond
II. meift in der Umgebung Oraniend. 2. ftarb
zu Antwerpen den 30, September 1581. Ermar
itet3 bemüht, die Verbreitung und Bejchütung
des Proteftantismus zu fördern. Seine Briee,
Arcana seculi XVI epistolae Huberti Langueti,
Hal. 1699, find eine beachtenswerthe Geſchichts—
auelle. Die oben angegebene Schrift, melde auf
Beza, Dupleffis Mornay u. A zugefchrieben wor:
den ift (f. Polenz, franz. Calvinismus, III, 63),
unterjucht die Frage, oE und unter welchen Bebin:
gungen das Volk einem gottlofen, die Kirche ver;
müftenden oder tyrannifhen Könige Wiberftand
(eiften dürfe, und rechtfertigt in feinen Schlußfol⸗
erungen das Verhalten des franzöſiſchen Prote:
——
Lanze, heilige. 1) Vgl. Lanceae festum. — 2)
In der griehifhen Kirche ein lanzenförmiges
Meſſer, zur Erinnerung an den Speer, mit dem
die Seite Chrifti durhbohrt worden. Mit demfel:
ben rigt und durchſticht der Priefter bei der Com:
munionfeier eins der Abenbmahlsbrobe von beiden
Seiten, während die entfprechenden Schriftftellen
recitirt werben.
Laodicea. Bon den fünf Städten dieſes Ramens
im Alterthum ift kirchlich wichtig nur 2. m €
Avxo am Fluß Lycus, welche bald zu Phragia
Pacatania, bald zu Lybien oder Karien gerehnel
wurde, an deren Grenze es lag. Ihr alter Name
mar Diospolis, dann Rhoas, bis Antiohus I.»
den Namen nad) dem feiner Gattin Laodice än:
derte. In der fpätern Zeit war 2. be pi Stadt
Phrygiens und Hauptort eines Gerichtsbezitles
Bon Juden bewohnt, bildete fi dort bald eine
Gemeinde, Dffenb. 1, 11; 3, 14, an bie
ein Schreiben richtete, Kol. 4, 16, welches von
Manden im Epheferbriefe (f. d. Art.) gefunben
wird. — Es find un die wichtigen Canones einer
Lapide
Synode zu L. erhalten, welche nad) ben gewöhnli⸗
hen Annahmen zwiſchen 36070 Statt gefunden
haben ſoll. Diefelben beziehen ſich auf die Kirchen»
difeiplin, beftimmen das Verhältniß zu den Kegern,
den Unterſchied unter den Klerikern, deren Difei-
plin, verbieten die Anjtellung von Presbytern u.
dgl. Am bedeutendften find Canones 59 und 60.
Jener verbietet, in ber Kirche WWwwrixovg wakuovg,
d. 5. felbftgedichtete, nicht biblische Lieder zu fingen.
Dieſer enthält die ältefte fynodale Berhandlung
über den Kanon und zählt jämmtliche biblifche
Bücher auf. In dem Berzeichniffe fehlen im Alten
Zeftamente die Bücher Judith, Tobias, Weisheit,
Jeſus Sirach, Malkabäer, im Neuen Teftamente
die —— Die Echtheit des Kanons iſt zwar
von Spittler 1777, Herbſt 1823 beſtritten, wird
aber von den meiſten Neuern anerkannt.
apide. S. Cornelius,
La Place, Joſua. S. Placäus.
Lappland, Sameland, der äußerſte Norden
Europas, zu Rußland, Schweden und eng
gehörig, if von einem finnischen Stamme, den
n ober Samen, bewohnt, unter welchen das
denthum fich bis in unfere Tage erhalten hat,
da der rauhe nordifche Landftric und das noma⸗
diftrende Leben der Bewohner deren Ehriftianifi-
rung jehr erjchwerten. Die Religion diefer Lappen
it ein Fetifch- und Naturdienft ohne Priefter, da
jeder Hausvater das Dpfer bringt; zahlreich aber
find Zauberer und Wahrfager. Das Bolf ift, wie
an Zahl, jo auch —— Branntwein und
Unzucht in Folge des kehrs mit Kaufleuten
und Coloniſten, ſehr herabgekommen. Die Ein—
wohnerzahl wird für Norwegen auf 13000, Schwe⸗
den auf 5000, Rußland auf 10000 angegeben. Die
letzteren werden jetzt ſämmtlich der äußeren Form
nach zu re Meran Chriſten gemacht fein.
Von gr Ag Intereſſe ift die Miffion unter den
norwegijchen und ſchwediſchen Lappen. Ihren An:
fang nahm diefelbe unter Guftav Waja (1524),
—2 frühere Verſuche reſultatlos geblieben
waren. Obgleich nun Kirchen gebaut, auch Schulen
begründet wurden und Strafgeſetze gegen das Hei:
denthum ergingen, fo fonnte bei dem Mangel an
Bredigern, die nur einigemal im Jahre zu den
Imtshandlungen erfhienen, nur ein aͤußerliches
formelles Chriſtenthum erreicht werden, neben dem
da3 Heidenthum mit allem Aberglauben fortbe:
ftand, jo daß die Taufe abgewafchen und das Abend:
mahl nad erbetener Erlaubniß der heidniſchen
Bötter genofjen wurde. Erft der Bifchof Bredahl
von Drontheim begann, von den Schweden nad)
dem Nordland vertrieben, eine ernftere Miffions:
thätigkeit ald Bicar zu Tronäs 1658—61. Ihm
folgte 1703— 17 der Schullehrer Olfenzu Waranger |
in den nördlichen Finnmarken. Friedrich IV. von
Dänemark (1699—1730) wies das von ihm geftif: |
tete Collegium de promovendo cursu evangelii
1714 an, fin Augenmerk auf Lappland zu richten.
Dasjelbe ftellte an die Spige der Miffion Thomas
von Weiten (f. d. Art.), Lector des Capitels zu
Drontheim. ee) drei längeren Miffionsreifen rich:
tete dieſer Schulen und Kirchen ein, ftellte tüchtige
Mitarbeiter ald Prediger und Katecheten an, ge:
warn das Vertrauen der Finnen und ihrer Biele
für Das Evangelium. Eine heidnif finnische Co:
lonie bei Chriftiania verſchloß ihm der Neid des
Biſchofs Krog. Bei Weſtens Tode (+ 1728) ge
man in Finnmarken 376 Familien mit 1725 See:
523
La Rochelle
len, in Norbland 18 Schulen auf 5028 Seelen unb
in Drontheim 3 Schulen auf 428 Lappen unter
14 Miffionären und 26 Schulmeiftern. Der Mifs
fiondeifer erfchlaffte aber wieder, bis 1825
Stodfleth den Ruf nad Vadſöe im höchſten Nor:
den annahm und 1828—31 die Lappen auf ihren
Nomadenzlüigen begleitete. Er überiegte ihnen bis
1840 den Katehismus und das Neue Teitament.
Den ſchwediſchen Lappen, deren Sprache die Nor:
mweger nicht verftehen, hatte das Kirhenbud von
1648 unter anderm die Evangelien und Epifteln,
die Pjalmen, Sprihmörter und den Prediger ge:
eben ; 1755 war das ganze Neue Tejtament über:
—* Außer den Paſtoraten find im Gebirge Bet:
häufer eingerichtet, die zuweilen von den Geiſtlichen
befucht werden. Die ſchwediſche —
ſchaft zu Stockholm hat die Evangeliſirung
des ſchwediſchen Nordlands in die Hand ge—
nommen nach den olgen der Reiſepredigt des
freiwilligen Evangeliſten Tellſtröm 1836—46
und feiner Gehülfen und Freunde. Eine katho—
liſche Miffion unter den normwegif Lappen,
welche zugleih die Polarländer ins Auge gefaßt
bat, wurde 1855 in Altengaard (70? N. Br.) bes
gonnen.
Lapsi, im weitern Sinne die „Gefallenen,“ bie
wegen einer Todflinde aus ber Gemeinde Auge:
—— Gewöhnlich aber verſtand man darun⸗
ter Die, welche ſich in den Verfolgungen einer
Verleugnung des Glaubens ſchuldig gemacht hat⸗
ten und ſo aus der Gemeinde ausgetreten waren.
Ueber die Frage, ob und unter welchen Bedingun:
gen Dieje wieder aufgenommen werben dürften,
entftand in der norbafrifanifchen Kirche wieder:
holter Streit. Die ftrenge Praxis, welche die Wie:
deraufnahme weigerte, wurde anfangs von Cy—
prianus vertheidigt, aber im Streite gegen Feli:
ciffimus nahm die Synode von Karthago 251 jehr
gemäßigte Grundſätze an, welche auch in Rom ge:
ilfigt wurden. Näher beſtinamte die Synode von
Ancyra 314 in 7 Canones die Bußdiſciplin gegen
| die Abgefallenen, mit genauer Unterfheibung des
Grades der Verſchuldung. Nur theilmeife auf der
Verſchiedenheit des Verhaltens gegen die Abge—
fallenen beruhen die eletianifhe Spaltung in
| Aegypten und die Donatiftiihe in Afrika. Im
Driente hatte ſtets die mildete Praxis geherridt.
| 2arbner, Rataniel, Dr. theol. Geboren 1684
zu Hawkhurſt in Kentfhire, ftubirte er in London,
Utreht und Leyden bis 1703, bereifte ald Erzie—
| der 1713—21 mit feinem Zögling Frankreich, Bel:
gien und Holland und lebte darn in London
Dei wiflenfhaftliden Arbeiten. Eine Hülfs-
predigerftelle in einer Diffentercapelle in Lon—
don, welche er 1729 erhielt, mußte er wegen Taub:
heit 1751 niederlegen. + 1768. Sein —
iſt „Ueber die Glaubwürdigkeit der heil. Schrift,“
17 Bbe., 1727—57, eine Art von Hiftorifch-friti-
fer Einleitung, in welder er aus den Zeugniffen
der Kirchenväter und dem frühen Gebraud) die
Echtheit der neuteftamentlihen Schriften begrün:
det. In andern apologetifhen Schriften ſucht er
die Vernunftgemäßheit des religiöfen Inhalts bes
Chriftenthums zu erweijen, wobei er ſich gegen die
hergebrachte Dogmatik, beſonders in Bezug auf
die Berjon Chriftt, Fritifirend und negirend verhält.
La Rochelle, Hauptjtabt de3 jegigen Departes
ments Niedercharente in Franfreih am Atlantis
[hen Meere, iſt eine ber Feftungen, welde ben
Larue 524 Laſter
Hugenotten im Frieden von St. Germain 1570 thete, nach Oſtfriesland, um dem evangeliſchen
als Sicherheitsplätze eingeräumt wurden. Mit der | Bekenntniß ohne Amt zu leben. Den Bitten der
Uebergabe der Feſtung an Richelieu 1628, nad) | Regentin Gräfin von Oldenburg weichend, üißer:
langer tapferer Vertheidigung, ging das legte Boll: | nahm er 1542—46 die Superintendentur und das
werk deö Calvinismus und die politifche Selbftän: | Pfarramt zu Emden, weldes er bis zur Einfüh—
bigfeit der Hugenotten verloren. Synoden der | rung des Interims 1549 beffeibete, und begann
franzöfifchen In Dame Kirche find zu la Rochelle | die Organifation der Kirche. Dogmatiſch mild,
gehalten 1571 und 1607. Auf der erften wurde | legte er das Hauptgewicht auf Gemeindeverfaflung
das jchon 1559 zu Paris entworfene und 1561 zu | und Kirchenzucht, und führte in der Kirchenord⸗
Poiſſy dem Könige übergebene Glaubenäbelennt: | nung von 1544 die Presbyterien ein, fomie die
niß von neuem DT daher Confession de la | coetus, wöchentliche Berfammlungen der Prediger,
Rochelle. Jet ift la Rochelle der Sit eines ka: | aus denen die jpätern Synoden der deutjch:refor:
tholifhen Biſchofs. mirten Kirchen bervorgingen. Im Gotteödienft
Larne, Charles, Zejuit und Prediger am fran: | wurden alle abergläubifhen Geremonien abgt:
zöſiſchen Hofe, geb. zu Paris 1643, geft. 1725, ift ſchafft. Mehr noch konnte er diefe Grundfäge gel:
durch feine »Oraisons fun&bres« befannt geworden, |tend machen in feinem Gutachten bei der Cölner
Laſa, der öftliche Grenzort der Kanaaniter, ift | Reformation, dann als er 1550—53 die Super:
nad) Hieronymus ei mo Herodes im Bade | intendentur der freiwilligen Fremdengemeinde in
Heilung ſuchte. Es find die heißen Schwefelquellen | London übertommen hatte, für welche er die Son:
am Mädi Zerka⸗Main. doner Kirchenordnung verfaßte. Durch die Königin
Las Caſas, Bartholomäus. S. Caſas. Maria vertrieben, fuchte Lasky mit ſeiner Ge:
Lafius, Chriftoph, ein Melandthonianifcher | meinde Lange vergeblich in Roftod, Wismar, Lü:
Theolog und heftiger Gegner der Flacianer, daher | bet und Hamburg Aufnahme, die wegen der Abend:
viel verfolgt. In Straßburg geboren, wurde er | mahläfehre und des Abendmahlsritus von den
1537 Rector in Görlig und 1543 Pfarrer zu | Lutheranern verweigert wurde, bis er 1555 Ju:
Greußen im Schwarzburgifgen. Dort abgefegt, laſſung in Frankfurt am Main erhielt, As in
wurde er Pfarrer in Spandau, vertrieben, dann | Bolen 1556 den Neformirten freie Brivatreligion®
Superintendent in Lauingen. Wieder abgefett, | Übung aeftattet wurde, kehrte er in fen Vaterland
erhielt cr nad) längerem Aufenthalte in Augsburg | zurüd und ward 1557, mit neuer Verbannung
bie Superintendentur in Cottbus, hatte aber zug | bedroht, Vorfteher der prot. Gemeinden in Klein:
bort nit Ruhe und ftarb 1572 zu Senftenberg. | polen. + 1560. Durch feine Kirchenordnungen,
Seine Schriften enthalten bittere Schilderungen | deren Grundſätze in die Synodalbefchlüfie zu Em
vom Zuftand der lutherifchen Kirche, —* 1571 und in die fpäteren Kirchenordmunger
Lasfy, Johannes von (Jan a Lasko), Erzbifchof | aufgenommen Jia" ſowie durch feinen Embener
von Gnefen und Primas von Polen. Aus einer | Katechismus, eine der Grundlagen des Heibelber:
abeligen Familie 1466 geboren, war er Propft zu | ger, iſt Lasky ein Hauptbegründer ber deutſchen
Stalbimierz, Stiftspropft zu dofen, Kanzler des | reformirten Kirche geworden, deren Unionsharel:
Reiches, dann Coadjutor zu Gneſen, Erztanzler | ter auc) in feinem Wefen vorgebildet liegt. Lg.
des Königreichs und 1510 Erzbifchof und Brimas. | Göbel, Geſch. des chriſtl. Lebens in der rhein.:
Ein thatkräftiger Charakter, bot er Alles auf, um weſtphäliſchen Kirche 1849, Bd. J. Fiſcher, Verſut
dem Eindringen ter Reformation Einhalt zu thun. | einer Geſchichte der Reformation in Polen 1856.
(Sein Bruder Jaroflam beförderte die Reforma- | Schwertendiet, Joh. Lasty 1847. Bartels, Joh
tion in Bolen.) Er erwirkte das Verbot der Schrif: | von Lasko 1860. Knyper, Joh. a Lasco opera
ten Luthers 1520 und des Befuhs der Witten: | rec. (mit Biographie) 1866.
berger Univerfität 1534. Wiederholte Rrovincial: | Laſter bezeichnet die Gewohnheit in einer be
fynoden befeftigten die Difciplin im Klerus, Die | ftimmten Gattung des fündigen Handelns. Jede
reumüthigen Mönche, welche das — ab: | einzelne Thatfünde iſt wie das Ergebniß und dir
ſchworen, verfette er unter die MWeltgeiftlichen. Offenbarung einer innern fündigen Neigung, fo
Auf dem Latsranconcil 1513, wo er zur Türken: auch, wenn nicht andere Einflüffe entgegengelet!
bülfe auffordern follte, erhielt er für das Erzbis- | wirten, eine Reizung zur Berftärkung derielben;
thum die Würde des legatus natus sedis aposto- | je ftärfer nun aber die Neigung wird, defto zahl;
licae. + 153i. Wichtig ift die von ihm heraus: | reicher werben die vollendeten ndigen Handlun:
gegebene Sammlung der polnischen Gefege: Com- | gen und tefto mehr wirken diefe wieder auf die
mune inclyti Poloniae regni privilegium con- Vermehrung berinneren Berderbtheitzurüd, Durd
stitutionum et indultuum. diefe gegenjeitige Steigerung der fündigen Luft
Lasky, Johannes von (Jan a Lasko), der Be: | und des fündigen Handelns wird die Sünde all
gründer der teformirten Kirche in Dftfriesland | mählich zu einer Gewohnheitsmacht, melde da?
und am Rhein. Geboren 1499, der Neffe des Erz: | Willensvermögen nad) diefer Seite hin gänzlid
biſchofs von Gnefen (f. obigen Art.), erwarb At ſchwächt und in ber Erzeugung einer großen Reihe
fi) eine ausgezeichnete humaniftifche —— auf ſündiger Handlungen ihren Triumph über die
Reifen und tm Verkehr mit Hermann von Cöln, menſchliche Schwachheit feiert. Somie eine „Au
Erasmus, Zwingli, Bullinger, Hardenberg u. N. | gend“ die Gewohnheit ift, in irgend einer Rd
In die Heimath zurüdberufen 1526, überkam er tung hin gut zu handeln, eine gewiſſe Fertigtei
mehrere Pfründen und erftrebte eine allmähliche | diefes Handelns bezeichnet, fo if das Lafter eine
Erasmiſche Reformation der Kirche. Nach 10 Jah: | Gewohnheit des entgegengejegten Handelns. —
ren erkannte er die Unmöglichkeit, mit feinen Plä: | Laſterhaftigkeit bezeichnet den jeeliihen Zu—
nen durchzudringen, en’ fagte dem Erzbisthum von | ftand eines —* der ſowohl ald
Kujavien aus, legte alle jeine Würden nieder und | Ergebniß wie als Urſache feiner Safter zu betrach⸗
begab fich 1539 Über Löten, wo er ſich verheira: | ten ifi.
Lateinische Bibelüberjegung
Lateiniſche Bibelüberfegung. Das Borhanden:
925
Lateiniſche Bihelüberjegung
nothwendig, von der Grundlage der LXX abzu—
jein einer lateiniſchen Bibelüberjegung jhon im | gehen und aus dem hebräifchen Örundter* zu über:
zweiten Jahrhundert — ſich aus den Citaten ſetzen. Vollendet war ſein Werk 405; es iſt dies
der Kirchenväter, wie Tertullian und Cyprian.
Es treten aber in denſelben bei einzelnen Verſen
und Wörtern ſolche Verſchiedenheiten auf, daß es
zweifelhaft wurde, ob eine oder mehrere Ueber—
ſetzungen beſtanden hätten. Hieronymus ſpricht
beſtimmt nur von einer, während Auguſtinus ſich
äußert, als hätte eö deren viele gegeben. Nach dem
Rejultate der neueften Forjhungen hat man fid
für dieAnnahme nur ein er im kirchlichen Gebraud
eweſenen Ueberjegung zu entideiden, welche als
tala bezeichnet wird. Diefelbe war aber nicht das
er eines Berfaflers, jondern es find in ihr die
Ueberfegungen der verjchiedenen Bücher von Ver:
ſchiedenen zufammengefaßt. Diefe Ueberjegungen
find von Andern corrigirt, interpretirt, interpolirt
und emendirt, fo daß ım 4. Jahrhundert der Text
fo verderbt war, daß fi Hieronymus zur Anfer:
tigung einer neuen Weberjegung, der Vulgata,
entihloß. Das Baterland der Jtala Scheint Nord:
afrila zu fein, wo auch zuerjt das Bedürfniß einer
ſolchen entjtehen mußte. In Italien genügte län:
ger der griechiiche Text, weil in den Gegenden ber
Gemeinden und in den Kreiſen ihrer Mitglieder
die herrſchende Umgangsſprache meiftens das Grie⸗
chiſche war. Die Sprache tft die Yatinität des zmei-
ten Jahrhunderts, untermiſcht mit Provincialis:
men und Solöcismen, Latinifirung von griedi-
ſchen Wörtern und Anbequemung griehijcher For:
men. Die ungelente Unbeholfenyeit der Sprache
rührt ber von dem Streben, möglichjt getreu zu
überjegen. Der Ueberſetzung des Alten Teſtaments
liegt die LXX zu Grunde, Die Verderbtheit des
Tertes erklärt fih mit aus diefem Umftande, weil
der Tert der LXX ſehr verichieden ſich geitaltet
hatte und jeder Verbefjerer der lateinifchen Ueber—
tragung nach feiner Recenfion des Urtextes arbei-
tete. Daß dieje alte Leberjegung ihrer Zeit zu kei—
nem jehr hoben Anjehen gelangte, geht aus der
Art des Eitirens hervor, apul Latinos, inLatino,
Latinus interpres, großen Werth aber hat fie *
die bibliſche Kritit. —— iſt von ihr außer
den ohne weiteres in die Vulgata —
Büchern Weisheit, Jeſus Sirach, 1. und 2. Mat:
labäer, Baruch, Gebet des Manaſſe und 4. Buch
Esra die Ueberſetzung der Pſalmen, des Buches
Eſther, des 3. Buches Esra, Tobias, Judith und
die Zujäße zu Daniel nebſt Fragmenten der übri—
en ———— Bücher, dazu das ganze Neue
eſtament. Nachdem Flaminius Nobilius die Ci—
tate in den Kirchenvätern zuſammengetragen hatte
und ſpäter einzelne Bücher aus Handſchriften her:
ausgegeben waren, erſchien die Ausgabe von
Petrus Sabatier, Bibliorum s. latinae versiones
antiquae s. vetus italica et caeterae quaecumque
in cod. manusc. et antiquorum libris reperiri
potuerunt, op. et st. P. Sabatier O. s. Bened. e
tongr.8. Mauri, Remis 1739—49 und Paris 1751.
Als fi gegen Ende des 4. Jahrhunderts das
Bebürfnig eined neuen lateiniichen WBibeltertes
Immer fühlbarer madte, veraniaßte Papſt Dama—
ſus I. (F 384) den Gelehrtejten und Geeignetiten
feiner Zeitgenofien, Hieronymus, die Arbeit einer
neuen Ueberjegung zu übernehmen, Jm Neuen
Zeitamente ſchloß er f möglichſt an den gewohn⸗
ten Test an und verbefjerte nur, wo eö unbedingt
nötbig war. Im Alien Teitamente fand er eö aber
im wejentlihen, d. h. abgejehen vom Pfalter
und einigen Apofryphen (j. oben), die Qul-
gata, melde vom Goncilium zu Trient für
authentijch erklärt wurde. Den kirchlichen Allein
—— erlangte ſie aber erſt im 9. Jahrhundert,
is dahin erhielt ſich die alte Ueberſetzung neben
ihr im Gebrauch. Da dies ohne Schaden in ber
römifhen Kirche möglich geweſen ift, jo könnte
auch in der deutjchen evangelifchen Kirche der kirch⸗
lihe Gebraud anderer Weberjegungen ald ber
Luthers ohne Bedenten gejtattet werden, Weber
die Gefhichte und die Ausgaben der Bulgata ſ. d.
Art. Die Mängel der Yulgata traten hervor, ala
man ji wieder mehr mit den claffifchen Studien
und mit dem Hebräiſchen beſchäftigte. Da das
Lateiniſche noch Jahrhunderte lang die Sprade
der Kirche und der Gelehrten blieb, wurden neue
Ueberjegungen hervorgerufen. Die älteſte derjelben
war die des Alten Tejtaments mit Ausfchluß ber
Pſalmen durch den engliichen Biſchof und Eardi:
nal Adam Eafton (+ 1397). Sie ift verloren, wie
die durch Nikolaus V. (1447—55) veranlafte
Ueberjegung der Pfalmen und des Neuen ⸗
ments von Gianozzo Manetti (} 1469). Mit dem
Reformationgzeitalter erſt beginnteine lange Reihe
derartiger Arbeiten, und zwar ſowohl eva.ıgelifcher
als katholiſcher Verfaſſer. Den Reigen führte Defi-
derius Erasmus mit feiner Heberfegung des Neuen
Teitaments nad dem von ihm herausgegebenen
riechiſchen Grundtexte, mit welchem fie auch zu:
st eridien 1516 zum eriten Mal, 5
Ausgaben bei Lebzeiten des Erasmus, jpäter noch
an 200; auch ift fie von Andern, 5. B. Flacius
Illyricus, überarbeitet und verbeſſert. Die Ueber:
— in fließendem und gewandtem Ausdruck
chließt ſich dennoch dem Charakter des Driginals
an. Am meiſten gebraucht nächſt Erasmus wurde
die Ueberſetzung von Beza, die ſich möglichſt eng an
die Vulgata anzuſchließen ſuchte. Vorgeworfen iſt
ihr, daß fie manche Beeinfluſſung durch die dog⸗
matiſche Auffaſſung zulaſſe. Erſte Ausgabe 1556,
in den ſpäteren iſt vieles geändert. Lateiniſche
Ueberjegungen einzelner Bücher erſchienen im 16.
Jahrhundert vielfach als Frucht der Auslegungs⸗
arbeit der Bibelforjdher, von Melanchthon, Luther,
Brentius, Defolampadius, Calvin u, A. Die ganze
Bibel neu aus dem Örundtert übertragen, aber
im Anſchluß an die Vulgata, ließ zuerft Sanctes
Pagninus, ein Dominicaner aus Lucca (+ 1541 in
Lyon) 1528 erjcheinen. Möglichſt wörslich, ift die
Ueberfegung nicht immer. beutlich, hat auch man-
hen Irrthum und ſchlechtes Latein. Eine Ausgabe
berjelben mit Anmerkungen und vielen Aenderun:
gen durch Servetus (Mich, Billanovanus) fam auf
den Inder. In Gebrauch fam die Ausgabe des Rob,
Stephanus, der aber das Neue Tejtanıent mit der
Arbeit Bezas vertaufchte, Biblia utr. test., ed.
R. Steph. 1557. Bon wenig Werth, wörtlich, aber
unbeholfen, ift die Ueberjegung, welche ver Kardinal
de Vio Gajetanus (F 1534) anfertigen ließ 1530
—62, Dagegen ift ein jorgfältiges und bedeutendes
Werl die Jüricher lateinijche Bibel 1543, bearbeitet
von Leo Jud (+ 1542) und nad) deſſen Tode voll:
endet von Bibliander und Pellican. Das Neue
Zeitament wird gegeben in der Ueberjegung des
Erasmus, revidirt durch Gualther, Die Apolryphen
Lateinische Bibelüberfegung
526
Lateiniſche Sprache
in der Bearbeitung von Cholinus. Mehr auf den nach Latinität und macht erflärende (geiperrt
Sinn als auf Wörtlichkeit jehend, hat fie auch die
Zatinität beachtet, Die enge ie daher zuweilen
freier gehalten. Auch dieſe Meberfegung '
drudt und war namentlih in Spanien viel ver:
breitet. 1615 griff der Jefuit Gretjer diefe Bibel
an (admonitio ad exteros de Bibliis tigurinis),
ihn widerlegte 3. 3. Huldricus. Viel freier ftellte
Gaftellio. Er wollte den Gebildeten der Zeit
die Schrift nahe bringen und ihnen den Genuß
derjelben vermitteln durch eine treue und deutliche
Ueberjegung im Eiceronianijchen Yatein. Er ſchließt
fih den hebräifchen Worten nur jo eng an, als es
ein fließendes qutes Latein verftattet. Sogar die
hergebrachte Terminologie der Kirche beadhtete er
nicht mehr, fondern wählte * Ausdrücke,
3. B. ftatt ecclesia: respublica, jedoch gab er dies
wurde heftig angegriffen, namentlich von Beza
1556 und 1563; aber die weite Verbreitung zeigte,
daß er einem Bebürfnifje der geit entgegengelom:
men war. Die Arbeit war begonnen 1542, die
erite Ausgabe erſchien zu Bajel 1551, einzelne
Stüde waren voraufgegangen. Bon dem gr ent:
gegengejegten Princip ging der ſpaniſche Domini-
caner Thomas Malvenda (+ 1628) aus bei feiner
unvollendet gebliebenen —— Commen-
tarii in sc. s., una cum nova ex Hebraeo transl.
variisque lectionibus, Lugd. 1650, der legte,
—* Band geht bis Ezechiel, Cap. 15. Er über⸗
jo wörtlich, daß er wieder fein eigenes Latein
durch beigefügte Glofjen erläutern muß, weil er
nn hebräifche Eonftruction und Verbindung
beibehalten zu müfjen meint. Weit verbreitet wurde
bie von Friedrich III. von der Pialz veranlafte
Ueberjefung des Alten Teftaments des Heidelber⸗
ger Profefiord Immanuel Tremellius (eines ge:
enen Juden Tremellio aus Ferrara), 1575—
79. Sie gehört zu den wörtlichen, jo daß aud) die
Eigennamen m Anſchluß an die hebräiſche Form
einen; wo der hebräifhe Ausdrud im La—
teiniſchen hart und unverftändlich würde, ift er
doch auf dem Rande (in margine) wörtlid) wieder: |
gegeben. Das Neue Tejtament wurde in einer Lon⸗
boner — ——— nach einer Ueberſetzung
des Tremellius aus Syriſchen beigefügt, in
einer ſpätern nach dieſer und Bejas Ausgabe. Das
Wert deö Tremellius gab nad) feinem Tode (7 1580
in Sedan) fein Schwiegerjohn Franc. Junius
(du Jon), der die Apofryphen bearbeitet hat, neu
—— mit vielen Aenderungen, ſowohl in den
nmerfungen als in den Ueberjegungen. Die befte
Ausgabe nach der tertia cura von 1596 erſchien
zu Hanau 1624. Diefelbe Ueberſetzung ließ Pisca⸗
tor jeinen Gommentarien zum Alten Teftament
vorbruden, indem er Daneben feine Berbeflerungen
ftellte, Herborn 1601—16, 1643—45, 1646. In
ber reformirten Kirche folgte dann Joh. Coccejus,
berebenfalld feinen Gommentaren eine eberjegung
möglichjt wörtlich beifügte. Die Bearbeitung um:
faßt das Neue Teftament mit Auänahme der Syn:
optifer und ber SpoReigeihnake, vom Alten Ter
ftament Hiob, Palmen, Sprüche, Hoheslied, Bro:
pheten und Klagelieder; von den übrigen Büchern
Geneſis 1—19, Deuter. 29—34, Jud. 5, 1. Sam.
2, 1—10. freier bewegte ſich nad) feinen Grund:
fägen der remonftrantijche Theolog Jean le Clere;
er behält zwar die Hebraiämen, welche einmal zu
efter Rebe geworden waren, bei, jtrebt aber jonft
| Zheolog
in ben jpäteren Auflagen wieder auf. Caftellio |
| Deudtte) Zufäge. Das Merk erſchien allmäbtie;
1693—1731 und umfaßt das Alte Teftament. Für
t oft ge: | das Neue Teftament übertrug er aus dem Engli-
[hen und begleitete mit Anmerkungen die Para:
phrafe des englifhen Hofprediger® Hammond
1714, gab dann aud) eine eigene Ueberfegung, Alt:
dorf 1700. Aus der lutherischen Kirche entitand
die eg 1 des Straßburger Theologen
Seb. Schmid 16%. Von Katholiken lieferte noch der
Priefter des Dratoriumsd Charles Francois Houbi:
gant eine jelbftändige Ueberſetzung des —*— Teſta⸗
mentszu feiner unpunctirten Ausgabe des hebräi-
ſchen Textes, Paris 1753. Er will die Mitte halten
zwiſchen einer zu freien und zu wörtlichen Leber:
fegung. Gleihen Mittelmeg ſchlug der Leipziger
I. A. Dathe in feiner Ausgabe des Alten
Teitaments ein, Ex recensione text. hebr. et vers.
antiq. latine vers. notisque phil. et crit. ill., Hal.
im Waifenhauje 1773—89 ; im Interefie der Deut:
lichkeit wurden einzelne anftößige oder unverftänd:
lihe Tropen aufgelöft, eine Baraphrafe des Tertes
aber vermieden; das Latein ift fließend. Unvoll⸗
endet geblieben ift das Werk von H. A. Schott in
Jena und J. F. Winzer in Xeipzig (Vol. I. Pen-
tateuchus) 1816, Altona und Leipzig, bad neben
der Treue des Sinnes auch die hebräiſche Sprach⸗
weiſe in der Ueberjegung zum usdruck bringen
wollte,jo daß dennoch das Lateiniſche nicht barba-
rifh würde. Die Ueberfegung des Neuen Tefta: '
ments von Schott erjchien zuerft Leipz. 1805,
die vierte Auflage überarbeitete und nike 1839
Baumgarten:Crufius. Das Wörtliche ift theils auf
dem Rande beigefügt, theils find in Klammern er-
Härende Zufäße gegeben. Da das Bedürfniß einer
Iateinifchen Ueberſetzung um jo weniger vorwaltet,
je mehr das Lateinifche aufgehört hat, die Sprade
der wiſſenſchaftlichen Bildung zu fein, fo ift auch dad
Interetje an der Bervolltommnung derjelben und
der Fortſetzung früherer Arbeiten erlojchen, umd
der Fleiß wird richtiger und fruchtbringender auf
deutjche Ueberjegungen verwendet.
Lateiniſche Sprache. In der römifch-fatholifchen
Kirche werden alle officiellen Aete des Cultus wie
des Kirchenregiments in lateiniſcher Sprache vor:
genommen. Der allgemeine Gebrauch derfelben
ald Kirchenſprache erflärt fi aus den geſchicht⸗
‚lichen Berhältniffen, weil im ganzen Gebiete der
abendländtichen Kirche das Lateinische Die Sprade
deö allgemeinen Verkehrs war; es blieb die Sprade
des Cultus, aud; da es als Volksſprache auäftarb,
nah der Macht der Gewohnheit. Möglich war
die Beibehaltung felbft dann, ald das Chriften-
thum zu den germanifhen Böltern gebradt
wurde, weil bereitö der Cultus zur Meſſe fich ge:
ftaltet hatte, woran die Gemeinde keinen jelbitthä-
tigen Anlaß nehmen konnte, die Miffionäre aber
anfänglich ihren Gottesdienſt allein und unter ſich
feiern mußten und erft allmählich bie Getauften
an ihm Theil nahmen. Principiell hat die Kirche
‚früher nie den Alleingebraud der lateiniſchen
Sprache gefordert, und wenn die Umftände es
räthlich machten, 3. B. den Slaven und unirten
| Griechen, auch ſtets bereitwillig ben Gebraud ber
Boltöjpradhe zugeftanden. Erft das fpätere bierar-
chiſche — hat die Forderung der einheitlichen
Kirchenſprache aufgeftellt. Die darir beigebrachten
' Gründe: 1) ohne diefelbe würde bei der Verſchie
| denheit der Sprachen und deren Veränderlichteit
Lateran 527 Lateranſynoden
die Gleichheit des Sinnes und die Einheit der zerne Altar, an welchem ſämmtliche Päpſte bis auf
Kirche gefährdet, 2) könnte die Mehrzahl der Prie- Sylveſter (4F 335) die Meſſe geleſen haben ſollen.
fter die Meſſe nicht außerhalb ihres Landes leſen Ganz in der Nähe liegt das ebenfalld von Con-
und 3) bei der Unfähigteit des Volkes, das Geheim: | ftantin zu Ehren Johannes’ erbaute Baptisterium
nigvolle zu begreifen, fei Gefahr, daß das Heilige | St. Johannis in Fonte. In der Mitte des acht:
profanirt würde, verdeden den eigentlichen Grund, | edigen Gebäudes fteht in einer Vertiefung, ums
daß es nur durch die Beibehaltung der lateinifchen | kränzt von Porphyrſäulen, ald Taufftein eine an:
Kirchenſprache möglich blieb, italienischen Prieftern | tife Badewanne aus grünem Bajalt. An das Bap-
und päpftlichen Greaturen in allen Ländern Pirlin: | tifterium angebaut find von Hllarius 452—468
den und Würden zu ertheilen und durch fie die | zwei Gapellen zu Ehren St. Johannes des Täu-
Kirche im Gehorjam zu erhalten. Die Volksſprache Vers und des Evangeliften. Noch gehört zum Late:
wurde nur im gottesdienftlihen Verkehr mit dem | ran die Lorenzcapelle, zu welcher von dent Plage
Volke, wo fie durhaus unentbehrlich war, bei Der | der Kirche fünf überbaute Treppen hinaufführen,
Eheſchließung, der Beichte und in der Predigt ge: | deren mittelfte, scala santa (heilige Treppe), aus
braudt. Die vielen vorhandenen lateinischen Pre: | dem Haufe des Pilatus zu Jerufalem herrühren
digten find entweder nur vor Geiftlichen gehalten in | foll. Sie wird nur betend auf den Knieen erftiegen,
Capiteln und Klöftern, oder es find vorhergehende | was als bejonderes Verdienſt gilt. Auf dem
lateinifche Ausarbeitungen, die Deutfch vorgetragen | freien Plage vor der Kirche ließ Sirtus V. den
wurden, welchen Gebrauch aud die lutheriſchen einen der beiden Obelisken von Heliopolis aufrid):
Prediger längere Zeit beibehielten. Zuther und mit | ten, den Eonftantin nad Rom gebracht hatte.
ihm die Iutherifche Kirche hat den liturgifchen Ge: | KLuteranfynoden. Die in der Lateranlirdhe ge:
braud einiger lateinifcher Formen, die allgemein | haltenen Synoden und Concilien führen danad)
befannt geworden waren, 3. B. gloria, vgl. aud) | den Namen. Die erfte hielt Martin L 649 gegen
xügie EAEnoov, beibehalten, Doch ijt die Anwendung | die Ex9eoıs des Heraclius und den Typus des
immer feltener geworben, bis in der Neuzeit aud) | Kaiſers Conftantius im monotheletifchen Streite,
dafür ftärfere Vorliebe erwachte. Das Kirchenlatein | über welche dad Anathema ausgeſprochen wurbe,
ift entftanden aus der verberbten Zatinität ber | 653 wurde Martin in Folge deffen in der Lateran-
jpätern Jahrhunderte, vermifcht mit vielen Pro: | firche gefangen genommen und nad Eonftantino:
vincialiämen, ſowie Graecidmen und Hebraismen | pel geführt. Die Synode von 1125 unter Galizt II.
nicht bloß im Wörtervorrath, jondern auch in For: | zählt als neuntes ötumeniſches Concil, obwohl es
men und Wendungen. In der Unmifjenheit des | wie alle jpäteren nur vom Abendlande. beichidt
erften Mittelalters ift es barbarijch genug gemor: | worden, und heißt die erfte Lateranfynode. Auf
ben; feine normative Duelle ift die Vulgata, die | berjelben wurde das Wormfer Concordat zur Be:
Ausartung das Mönchslatein, wie es die Epist. | endigung bed Jnveititurftreites genehmigt. An-
obscurorum virorum wiedergaben. Die protejtans | wejenb waren 1000 Prälaten. Eben jo viel wohn:
tifhe Theologie behielt daS Lateinijhe ald die | ten der zweiten Lateranfynode 1189 unter Inno—
Sprache ber Wiſſenſchaft bis ins vorige Jahrhun- | cenz II. bei, auf welcher das durch die Wahl des
dert bei, bis in die neuere 3 wurden auch die | Gegenpapftes Anacletus orgerufene Schiäma
Gandidatenprüfungen in derjelben gehalten, was | beendigt, deſſen Beſchützer Roger von Sicilieninden
zum Theil noch der Fall ift. Bann re und Arnold von Brescia verdammt
Zateran, Laterankirche. Der Lateranpalaft, | wurde. Diedritte Lateranfynode 1179 hielt Aleran-
Eigentbum einer alten römischen Familie, domus | der III. nad) Beendigung des Streites mit Frie:
Lateranorum, gehörte zu den prädtigjten Ge: | drih J. Sie erließ 27 Canones über Kirchenzucht und
bäuden bes alten Roms. Nero confiäcirte —* Diſciplin der Geiſtlichen und erforderte zur Gül—
als der Beſitzer in eine Verſchwörung verwickelt tigkeit einer Papſtwahl eine Zweidrittelmajorität.
war, und häufig bewohnten ihn die Kaijer, bis ihn | Sie war beſucht von 300 Biſchöfen. Die vierte
Gonftantin dem Bapfte Syivefter jchenkte. Er | Lateranſynode 1215 unter Innocenz III. bezeich-
wurde dann die Refidenz ber Päpfte bis zum | net den Gipfel der päpftlichen Macht, 71 Prima:
Avignoner Eril. Nach der Rückkehr bezogen fie den | ten, 412 Biihöfe, 800 Aebte und Prälaten und
Batican, und ber Lateranpalaft wurde den Kunft: | viele Gefandte von Fürften und Herren waren an:
fammlungen eingeräumt. Die an den Palaft an: | wejend. Die Decrete wurden im Namen deö Pap⸗
gebaute Kirche ift Die eigentliche ee Roms | jtes erlafjen unter der Formel: sacra universali
und bed Bapftes und trägt am Giebel Die Inſchrift synodo approbante sancimus. Sie betrafen in
Sacrosancta Lateranensis ecclesia omnium urbis | 7U canones die Dijciplin der Kirche, da3 Dogma
et orbis ecclesiarum mater et caput. Baid nad) | von der Ohrenbeichte, von der Wandlung, bie Ber:
feiner Krönung fommt jeder neu ermwählte Bapft, | dammung der Albigenjer, des Amalrich von Bena,
um in feierlihem Aufauge von der Kirche Bejig zu | des Abts Joahim von Florus, das Gebot eines
nehmen. Am Himmelfahrtätage wird von hier der | Gottesfriedens auf 4 Jahre und die Einleitung
Segen ertheilt. Die Kirche ift eine urjprünglich | eines neuen Kreuzzugs. Auch die Einrichtung der
von Conftantin erbaute, in fünf Schiffe durch vier | Inquiſition datirt von ihr. Die fünfte allgemeine
Säulenreihen getheilte Bafilica (Basilica Constan- | Zateranfynode eröffnete Julius II. 1512, welcher fie
tiniana ecclesia Salvatoris), ift aber von Jnnocenz | dem Bijanerconecil entgegen berufen hatte, deſſen
X. inder Mitte des 17. Jahrhunderts reftaurirt; fie | Beſchlüſſe er annulliren ließ. Faft nur von den
ift außgezeichnet durch manche Denkmäler des Alter: | italienifchen Biſchöfen befucht, dauerte die Synode
thums. Unter den vorgeblichen Reliquien, die hier | biß 1517 unter Xeo X. Unter Benedict XII. fand
aufbewahrt werden, find die vornehmiten die Köpfe | 1725 wieder eine Lateranjynode ftatt, welche die
der Apojtel Betrus und Paulus und die Tiſchplatte, Conftitution Unigenitus anerfannte. Eine fiebente
an welcher das Abendmahl von Chriftus gefeiert | allgemeine Lateranfynode hat Pius IX. auf den
wurde. In den Hochaltar eingeſchloſſen ift der höl- | December 1869 ausgeſchrieben.
Latimer
528
Laubhüttenfeſt
Latimer, Hugh, geboren 1480 zu Thirceſſen in einem großen Theile der Geiſtlichkeit und ſelbſt
Leiceſterſhire. Anfaͤnglich ein heftiger Gegner der
Reformation, wurde er bald, durch Bilney erweckt
und gewonnen, durch ſeine gewaltigen volksthüm—
lichen Predigten einer ihrer wirkſamſten Beförde—
ter. Gegen die Verfolgungen der Papiſten ſchützte
ihn die Öunjt des Königs, der ihn 1529 zum Pfar-
ver in Weftlingfton in Wiltjhire und 1535 zum
Biſchof von Worcefter madte. 2. gehörte zu der
gemäßigten Partei Cranmerd und Crommells,
welche nur die Mißbräuche der alten Kirche enter:
nen wollten, allen Gewaltmaßregeln abhold und
der Suprematie des Königs unterworfen waren.
Daher legte er nach dem Erjcheınen der 6 Blut:
artitel (28. Juni 1539) fein Anıt nieder und wurde
wegen feines Widerjtandes eingeferfert. Nach
Eduards Thronbefteigung blieb er bei Granmer
und wirkte anfangs ohne beftimmtes Amt, dann
als Hofcaplan Eduards durch jeine Predigten, in
benen er fi) . und fittenftreng, rauh und bef:
tig zeigte, ein Eiferer gegen das Papſtthum; im
Vortrag derb populär, mitunter burlest. Nach
Marias Thronbefteigung wurde er ald ein Führer
der Evangeliſchen 1553 verhaftet, mit Ridley zum
Tode verurtheilt und am 16. October 1555 ver:
brannt.
Latimer, Wiliam, ein Humanift. Geb. 1489, |
unter den Bifchöfen.
Latomud, Jakob (Jaques Mafion), ein fatho-
eiſcher Theolog und Domherr zu Löwen, gegen
welchen Xuther von der Wartburg aus Rationis
Latomianae confutatio richtete, da er fi) an der
Geniur der Löwener Theologen über Luther bethei-
ligt und das Gutachten vertheidigt hatte. Er war
zu Cambron im Hennegau geboren und jeit 1500 in
Löwen anfällig. + 1544. Seine Schriften gab ein
gleichnamiger Better, gleichfalls Domher zu Löwen
(+ 1596), heraus. Sie rechtfertigen wenig das gün⸗
jtige Urtheil, welches fatholifche Zeitgenofjen über
x. auögejproden hatten. — Ein dritter Jakob 2.,
ein Jurift, wird ald Zeitgenofje Luthers erwähnt.
Er joll wider befjeres Wiffen um Gewinnes mil:
len von der evangelifchen Lehre wieder abgefallen
und zu Löwen in Verzweiflung geftorben jein. —
L., Bartholomäus,geboren 1485 zu Arlon, war
Lehrer der lateiniſchen Sprache zu Trier, fpäter
Profefior der Rhetorik zu Göln, dann Profefior in
aris, zulegt kurtrierſcher Rathin Goblenz. + 1566.
ſchrieb einige theologifch-polemifche Abhand⸗
lungen gegen Bucer und Andreä.
Laubhüttenfefl, 2. Moſ. 23, 16; 3. Mof. 28,
34 ff.; 5. Moj. 16, 13 ff. vgl. mit 1. Kön. 8,2 f.;
Neh. 8, 14 fi.; Sad. 14, 16; Ey. 45, 25; Joh.
war er Fellow in DOrford, ſtudirte in Babua Grie: | 7,2, das letzte der brei jährlichen Hauptfefte, welche
chiſch und ward der Gehülfe des Erasmus bei ſei⸗ alle männlichen Iſraeliten anwejend beim Heilig:
ner zweiten Ausgabe des Neuen Teitaments.
ihum feiern follten. Es war dem Anbenten an
Ratitubinarier ift der Name einer vermitteln: | ven Zug durch die Wüfte geweiht und zugleich
den Richtung in den Parteitämpfen ber englijchen | daS zweite (Herbit:) Erntefeit (Zeit der Einfamm:
Kirche im 17. Jahrhundert zwiichen Epijtopalen | lung). Gefetert wurde es fieben Tage im 7. Monat
und Buritanern. Sie hielten die Berfafjung und | Tisri, ein adhter Tag ſchließt ſich der * an,
die Liturgie der Epiftopaltirche feſt, widerjtrebten | dem jpäter noch ein neunter folgte. i das
aber den tatholifirenden hochtirchlichen Tendenzen. | Feit von Joſua's bis auf Rehemia's Zeiten nicht
Indem fie alled Gewicht auf wirkliche Frömınig: | mehr begangen worden, ift nah 2. Chr. 7,8
teit legten, verlangten fie Anerkennung der Wiſſen- —10 und Esra 5, 4 nicht richtig, folgt aber auf
ſchaft und Duldung abweichender Heberzeugung | aus Neh. 8, 17 durchaus nicht, val. 2. Chron.
und zerfielen mit der dogmatijchen Einfeitinter 35, 18. Die eier wurde zur Zeit des zweiten
der Preöbyterianer und Independenten. Der Tempels mit Feitlichfeiten und Gebräuden über:
Name bezeichnet die Weite ihre Gefinnung. Zu laden; von derjelben handelt im Talmud ein
—— zählten Männer wie Cudworth, Whichcot, eigener Tractat. Der doppelten Feſtbedeutung
orthington, Wilkins, Burnet, Tillotſon, Spen: | entſprach die Art der Feier, die Opfergaben
cer.
wurbe, bie an ben religiöfen Kämpfen nicht ent:
ſchiedene Partei nahmen, jo umfaßte er bald Feſtes in Hütten. Allgemeine
auch die Indifferenten und wurde bei den Partei:
männern gleichbedeutend mit Atheift oder Soci⸗
nianer. In der Gegenwart ift der Name wieder
ber fogenannten breitkirchlichen Partei eines Ar:
nold und Coleridge beigelegt, welche ebenfalls un:
ng der evangeliſchen Brincipien das
Da der Name aber auf Alle angewandt | von dem Einkommen, die Mahlzeiten und Dabei
eübte Gaftfreundjcaft, das Wohnen während des
ftopfer murden
täglich in großer, aber ſich täglich mindepnder An;
zahl gebracht; nur der erſte und achte Tag
wurden ald Sabbath begangen, die zwiſchenlie
genden ald Tage der Fröblichkeit. Auf cimen be
fonderen Ritus wird Job. 7, 37. 383 angeipielt.
Zum Trantopfer wurde feierlich duch einen Prie-
ter Feſthaltu
pratt.jche Chriſtenthum höher ſtellt als Bekenntniß jter Wafjer aus der Duelle Siloah geholt, mit
und Berfaflung und eine kirchliche und fitiliche Her | dem Wein gemijht und auf den Altar gegofien.
form anzubahnen ſucht. Indem die Anhänger die | Urjprung wie Bedeutung des Gebrauchs iſt unbe
jer Richtung entgegen den beiden Parteien der | fannt; da ihn die Sadducüer verwarfen, tft er
Staatstirche Alle, welche an die Schrift glauben, | jüngeren Datums. Die Deutung der Rabbinen,
für Glieder der Gemeinde halten und den Prüf: | daß er fich beziehe auf das erjehnte Eintreten der
ftein deö Glaubens in jeine Bethätigung Durch Die | Negenzeit, wird durch die Drodung bei Sad). 14
Werte jegen, heben fie am metften die Jdee der | wahrſcheinlich. Im Vorhof der Weiber begann am
fihtbaren ig hervor als der Er Abend des erjten Fejttages eine Illumination auf
Einrichtung zur Belehrung der Welt. Daher ftre: | goldenen Gandelabern, wodurch ganz Jeruſalem
ben fie nach Wiederbelebung alter Bräuche als | erhellt wurde, und ed wurde unter Mufif und Ge
Zeichen und Erinnerungen an den hriftlihen Be: jang ein Fackeltanz von Männern vor bemjelben
ruf und rad) Bildung von religiöfen Gemeinihaf: ausgeführt. Der Talmud enthält befondere Bor-
ten mit prattiſch⸗ ſittlichen Zwecken. Eine geſchloſ- | jhriften über das Binden des Lulab, eines mit
jene Bartei bildet dieje Richtung nicht; fie hat in | einem Weiden: und Myrtenzweige ummundenen
verſchiedenen Schattirungen ihre Anhänger in | Palmzweiges, der, während die linte Hand eime
Laud
Laterne hielt, in der rechten getragen und bei
einem Umzug um den Brandopferaltar (jetzt um
die Geſetzesrolle) gefchüittelt wurde, jo wie über
den Bau der Hütte und das Wohnen in derjelben.
Der achte Tag (Tag der Verſammlung) hat nicht
mehr die Feitgebräuche der vorigen Tage; er fol
nach den fröhlichen Ergögungen der Feſtwoche zur
Sammlung vor der Rückehr in die Wohnungen
dienen. Die Feier des neunten Tages (der Ge:
—— iſt erſt in der Rabbinenzeit eingeführt,
ie gilt der Beendigung der jährlichen Gefegesvor:
lefung. Durch ein Ölied der Gemeinde (Bräutigam
des Geſetzes) wird der Schluß des Pentateudhs 5.
Moj. 33, 27 — 34, 12 vorgelefen, durch einen
Andern der Anfang 1. Moſ. 1, 1 — 2,3. Zur
Feier gehört das Bejchenten der Armen und der
Kinder, eine Feitmahlzeit und der gewöhnliche
Adendgottesdienit in der Synagoge.
Laud, William, Der Gründer der hochlirch—
lihen Richtung in England, der Sohn eines Tud):
machers zu Reading in Berlihire, geb. d.7. October
1573. Er trat jhon im College von Orford mit
Anfihten hervor, weldye dem Puritanismus ent:
geaen, die Fatholifche Kirche zu bevorzugen jchienen.
urd) jeinen Gönner, den Bugof von Rochejter
befördert, wurde er bei Jakob I, eingeführt und
ar jowie Bräfident des Johns:Gollege in
xford 1611, Archidiakonus zu Huntingdon und
Decan von Öloucejter 1616. Er begleitete den Kö:
nig auf feiner jchottiichen Reiſe, deren Zwei vie
Bereinigung der ſchottiſchen Kirche mit der eng:
liihen war. Durch die Gunſt deö Königs zum
Biſchof von St. David erhoben, begann er mit
jeinen rituellen Reformen, in denen man die An:
näherung an den Katholicismus ſah. Laud hatte
nämlich die primitive Kirche der eriten Jahrhun:
derte, wie er jie fannte, vor Augen, ihr juchte er
in Zehre, Verfaſſung und Cultus die anglicanis
ſche Kirche möglidjt zu nähern. Die römische
Kirche ftehe zwar mit derjelben im unmittelbaren
Zufammenhang, ſei aber jeit dem 5. Jahrhundert
immer mehr verderbt. Die wejentlichften Momente,
apoftolifche Succeffion und biſchöfliche Bechoflung,
babe die engliiche Kirche gerettet. Unter Karl 1.
gewann L.'s Einfluß eine immer jteigendere Bedeu:
tung. Als Biſchof von Bath und Wells, fpäter
von London und Mitglied des geheimen Raths
und der Commilfion zur Verwaltung des Erzbis:
thums Canterbury, war er nach Buckingham's Fall
mit Strafford der Yeiter in dem nun folgenden
Kampfe für den königlichen Abſolutismus. Nad) der
ſchottiſchen Krönungsreiſe Karls J. 1633, bei welcher
ihn L. begleitete und für die Einführung der eng—
lichen Kichenverfaffung in Schottland wirkte,
wurde er Erzbijchof von Canterbury und vereinigte
in feiner Hand die wichtigften Firchlichen und poli:
tiihen Aemter. Da er zugleich Mitglied der Stern:
fammer und der High: Commifjton, der beiden
höchſten weltlihen und kirchlichen Gerichtshöfe
war, jo bejaß er die Mittel, jeine Mafregeln mit
tyrannifcher Willkür durchzuführen, um jo mehr
als das nicht einberufene Parlament ihn nicht *
derte. Gelang es ihm ſo in England die Diſſen—
ters zu unterdrücken und wenigfiena äußerlid) die
Eonformität herzuitellen, jo erbitterte die Einfüh:
rung feiner Liturgie die puritanischen Schotten,
welche ſchon durd) die canones von 1635 und Die
töniglihe Suprematie der Art gereizt waren, daß
fie 1639 den „heiligen Bund“ Ihloffen und zum
529
Launoy
Kriege rüfteten. Gegen Laud's Rath bewirkte der
König bei der Convocation in England den 29.
Mai 1640 die Beſchlüſſe über die unbedingte Macht
des Königs. Strafford’s Sturz war die nächſte
Folge. Auch 2. wurde 1640 unter Anklage des
st geitelt und als ſchuldig am Aus:
bruch des Ichottiichen Krieges erklärt. Erft 1644
nad) dem Bündniß der Engländer mit den Schot:
ten begann die Verhandlung, die mit L.'s Verur—
theilung zum Tode 1645 endigte. Er wurde den
10. Jan. 1645 enthauptet. 2.5 Richtung ift im
Anglofatholicismus oder Pufeyismus aufs neue
an's Licht getreten, nachdem fie mit den Stuarts
alle Geltung in der englijchen Kirche verloren hatte
und nur von einer Heinen Partei noch gepflegt .
worden war. Wichtig für die Gefchichte jener Zeit
ift jein ei een (Diary written by himself, her:
auög. v. Wharton, London 1695). Sein Leben
beichrieb Baines, Yondon 1855.
Lauda Sion Salvatorem find die Anfangs:
worte der berühmten Sequenz des Thomas von
Aquino auf das Frohnleichnamäfeft. In der
deutſchen Uebertragung des Johannes v. Salz:
burg (1366 -1396) beginnt der Lobgefang: Lob
o Syon deinen Schöpfer.
Laudemium, Yehngeld, Gewinngeld, ift nad)
dem Xehnsrecht Die Abgabe, welche der Lehnsherr
oder Befiter bei jeder Veränderung der Berjon
des Vaſallen oder Erbpächters, d. h. bei dem
Uebergange des Gutes in andere Hände als der
Dejcendenten zu fordern berechtigt war. Sie be:
trug gewöhnlich '/2 bis '/o des Werths des
Gutes, Zu unterjcheiden ift 1. minus, die Ausfer:
tigungsgebühr der Urkunde an die betreffende
Behörde.
Laudes. Eins der täglichen Breviergebete, bei:
fen Zeit eigentlih 3 Uhr Morgens ift, wird ges
wöhnlich mit der Matutine verbunden. Die 2. find
vorherrjchend Lobgebete nad dem Lobgeſang des
Zacharias. Ihre Compofition entjpricht der der
Veſper. Sie enthalten auch die suffragia sanc-
torum, die Anrufung des Kirchenpatrons und der
h. Jungfrau, fowie für Bußzeiten die preces. Auch
it laudes der Name der von Notker im 4. Jahr:
hundert eingeführten Dichtungsart der Sequenzen
oder Xeifen.
Launoy, Jean de, geb. zu Bal-de-Sis am 21,
Dee. 1603, T am 10. März 1678 zu Paris. Ein
franzofifcher gelehrter Theolog, welher ohne ein
firhliches Amt anzunehmen als Doctor ber Theo:
logie ander Sorbonne, nur feinen Studien und einer
fruchtbaren Schriftftellerei lebte. Seine Schriften
find vorherrſchend gejchichtlich = Fritifchen Inhalts,
mit der Tendenz, den Gallicanismus zu verthei«
digen. Daher gerieth er in manchen Streit, nas
mentlich mit den geiftlichen Orden, deren Privilegien
und Anſprüche den gallicanifhen Nechten wider:
jprechen, und deren Wunderjagen, 5. B. der Kar—
meliter, an ihm einen ſcharfen Krititer fanden.
In feiner erften Schrift vertheidigt er die Yehre
des Durandus von dem Verhältniß des göttlichen
Willens zu den böjen Handlungen der Menjchen.
Es folgten eine Reihe von Unterfuhungen über
die erjten Zeiten der hriftlihen Kirche in Frank—
reich ; über die Tridentinijche Lehre von der attritio
und contritio (Zerknirſchung und tiefempfundene
Reue), das Recht der Bettelorden Beichte zu hören,
mit Umgehung des eigentlihen Pfarrers. Von
Interefje ift auch fein Trartat: — royale
3
Laura
sur le mariage, weil er darin, indem er daß |
Recht der Fürften, trennende Ehehindernifje auf:
zufielfen nadjweift, das kirchlich Sacramentale nur
als Accefjortum, den Vertrag als das Wefentliche
der Ehe auffaft. — Ein Anderer des Namens,
Kanonikus zu Paris, wird unter den beftigiten
Predigern gegen die Hugenotten unter Heinrich ILL,
erwähnt,
Laura, eigentlich Platz. Dann bezeichnet e3 ein
Dorf mit — Wohnungen, und iſt der alte
Name der Mönchsanſiedelungen, wo einzeln ſte—
— Zellen ſich um einen Mittelpunkt, das
;oenobium oder die Zelle des Vorſtehers grup—
pirten. Obgleich die Lauren nicht eigentlich von
Mönchen, ſondern von Eremiten bewohnt wur—
den, jo wird doc) oft Laura geradezu für Kloſter
ebraucht. Die erjte Laura joll der h. Charito zu
Sharan am Todten Meere 340 gegründet haben.
Raurentins, der Heilige. Nach der Ueberliefe:
rung war Derjelbr ein römischer Archidiafon, welcher
in der Verfolgung unter Balerian (257-258) unmit:
telbar nad) dem Papſte Sixtus J. den Märtyrertod
erlitt, indem er auf einem Roſte lebendig gebraten
wurde. Er hatte, aufgefordert, die Schäge der
Chriſten auszuliefeen, die Armen und Krüppel
herbeigebracht. Der Dichter Prudentius hat ihn
verherrlicht. Gedächtnigtag: 10. Auguft.
Laurentius, dev Gegenpapft des Symmachus
(498— 514), war Arkhipresbyter in Rom und
wurde nad) dem Tode des Anaſtaſius von der
Partei, welche das Henotiton anzunehmen bereit
war, zum Papfte gewählt (498). Zur Ausgleichung
des entitandenen Schismas wurde der Schieds—
jprud) des Theoderich angerufen, welcher ſich für
den zuerit und mit den meiften Stimmen gewähl—
ten Symmadhus entjchied.
Laurentius, Dalla, geb. zu Nom 1415, ein
berühmter Humanift, der mit rüdjihtslojer Schärfe
die Scholaftit und die kirchliche Tradition angriff.
Seine befanntejte Schrift ift: de falso errdita et
ementita Constantini donatione declamatio, in
welcher er die Unechtheit der Schenkungsurkunde
Conftantin's nachwies. Da er aber eben jo frei
aud) dad symbolum apostolicum, die Bulgata u. a.
beurtgeilte, mußte er Nom verlaffen und kaum
fonnte Alphons von Neapel bei ver nquifition
die Aenderung der Todesftrafe in eine öffentliche
Geißelung erwirfen, Bon Nikolaus V. geſchützt,
lebte er danad) zu Nom. + 1457. Seine gejam:
melten Schriften, Baſel 1540.
Lauretaniſche Litanei bezeichnet die Anrufung
der Daria, in welcher die derſelben beigelegten
Namen von den in Loretto befindlichen Bildern
entlehnt find und die auch dort ım 13. oder 14.
Sahrhundert entjtanden ift. Der Verfaſſer ift un:
befannt. Sie ift nicht in die kirchliche Liturgie
übergegangen, wohl aber (Bulle Sixtus V.: Red-
dituri) empfohlen und es find Indulgenzen mit
ihrem Gebrauch verfnüpft. Den Protejtantismus
hat fie durch die Vergötterung der Maria ſtarken
Anſtoß gegeben.
Laus. Die Injectenplage der Aegypter (2. Mof.
8, 12 ff.) nimmt Yuther nad) ae als von
Läuſen herrührend an; die LXX überjegen aber
Stechmücken, und mit ihnen ftimmt Philo überein
und die Berichte neuerer Reifenden, weld)e ſchmerz⸗
haft ftehende Müden ald bleibende Yandplage
Aegyptens ſchildern.
530
Lavater
Lauſanne. Der biſchöfliche Sitz iſt hieher von
dem alten Aventicum durch den Biſchof Marius
zwiſchen 585—594 übertragen; das Bisthum, be:
grenzt von Baſel, Conſtanz, Sitten und Befangon
umfaßte das Waadtland, den Canton Freibura,
Neuenburg, Theile von Bern, Solothurn und ber
FrancheComté, mit den Städten Freiburg, Solo:
thurn, Bern und Murten, und ftand unter dem
zbisthum Bejangon. Als weltliche Herren be»
jagen die Biichöfe Laufanne mit der Umgegend
und manche Yehnsherrichaften, fie waren reichs:
unmittelbar und übten die Regalien aus. Es ge:
wannen aber die Grafen von Savoyen immer
größere Macht und Einfluß im Waadtland jeit 1260
und erlangten 1343 das Recht, den Richter in 2. zu
bejtellen. Zwiftigfeiten zwijchen den Städten und
dem Biichofe benugend, lieh fich 1517 der Herzog
als Oberherr anerfennen; dem widerjegte ſich Bi:
jhof Sebaftian von Montfaucon 1517, und die
Stadt, um ihre Forderungen durchzuſetzen, ſchloß
Ye dem Bunde der Städte mit Bern an, 1536
be ; 7 Bern das ganze Waadtland und trat in
die Rechte des Bilchofs ein. Unter dem Schuge
Berns hatte ſchon Farel einen Reformationsver:
ſuch machen können; ihm folgte Viret, der das
Volk für das Evangelium gewann. Bei der Ein:
nahme der Stadt durd Bern wurde freie Reli:
gionsübung gejtattet, den Evangeliſchen die Do:
minicanerlivche eingeräumt und von Bern ein Re—
ligionsgejpräd (1. Oct. 1536) angeordnet. Farel
und Viret rechtfertigen hier die Reformation, die
in Folge deſſen definitiveingeführt wurde, nicht ohne
dab mande innere Kämpfe noch eingetreten wä—
ven, namentlic durch das Zujammentreffen der
Berner Art mit der Genfer Weife. An der theo:
logiſchen Atademie, weldye von Bern zu 8. eins
gerichtet wurde, wirkte neben Viret auch Beza von
1549— 1559; in unferem Jahrhundert Alerander
Vinet. — 1545 fand in L. die große zweitägige
Verſammlung der waadtländiihen Geiftlichkeit
Bei veranlaßt durch Die Bedrüdung der Religions:
reiheit von Seiten derradicalen Regierung, welde
mit dem Entlaſſungsgeſuche von 156 Pfarrern
endigte und die Bildung der freien Kirche des
Waadtlandes vorbereitete, weldhe auf den Syno—
den 1846 und 1347 ſich conftituirte. — Der latho—
liche Biſchof hat feit der Reformation L. verlafien
und jeinen Sit zu Freiburg aufgejchlagen. 1319
wurde Genf mit dem Bisthum vereinigt und dem
Biichof der Titel: Bifchof von Lauſanne und Genf
gegeben, — Nah Lauſanne verlegte das Cancil
von Baſel 1444 feinen Si und wurde dort ge
ſchloſſen.
Lauterkeit. Entſpringt das menſchliche Han—
deln lediglich den Triebfedern eines von der
Liebe zum Guten erfüllten Gemüthes, fehlt jede an—
dere Triebfeder, ſo iſt es lauter. Das Gegentheil
iſt ein Handeln, und zwar ſehr häufig ein von dem
Zwecke aus, der ihm gegeben iſt, betrachtet, gutes
andeln, welches von einer geheimen ſelbſtſuch—
tigen Abſicht geleitet iſ. Sobald eine Abſicht in
das Handeln (oder Reden) einfließt, welche nicht
mit dem Zwecke zuſammen fällt, der dem Dan:
dein nach außen hin feine fittlihe Bedeutung ver:
leiht, jo tft es unlauter.
avater, Johann Kaspar, geb. 15.Nov. 1741 in
Züri, der Sohn eines dortigen Arztes. Er bejuchte
die Schulen feiner Vaterjtadt und das collegium
humanitatis 1754 und wurde nad) zurüdgelegtem
Lavater
theologischen Curſus 1762 in den geiſtlichen Staub
aufgenommen. Nad einen erfolgreichen öffent« |
lichen Angriff auf die Ungerechtigkeit eines Land—
vogted machte er eine längere Reife durch Deutjch:
land, wo er mit den hervorragenditen Männern
verfehrte und ſich fait ein Jahr lang bei dem be:
rühmten Kanzelredner Spalding in Berlin aufbielt.
Nac feiner Rüctehr1764 lebte er, 1766 verheirathet,
mehrere Jahre ohne Amt in feiner Bateritadt, bis
er 1769 Diatonus, 1775 Pfarrer am Waifenhaufe,
1773 Diafonus, danad) Pfarrer an der Petrus:
gemeinde wurde. Cr ftarb am 2. Januar 1802 an
den Folgen einer Berwundung durch einen fran-
zöſiſchen Grenadier bei dem Einzuge der Franzoſen
in Züri nad dem Siege Maffena’s (26. Scptem:
ber 1799), Aligemein befannt wurde L. durch
feine Schriften über Phyſiognomik und durch feis
nen engen Verkehr mit Göthe und Herder; aber
die Bedeutung feiner merfwürdigen Berfönlichkeit
liegt nicht in jener Liebhaberei und nicht in feinem
geiftreich fprudelnden Wejen, fondern in feiner fitt:
lich und religiös genialen Perſönlichkeit, fie wird
auch nicht vermindert durch manche Excentri—
täten und Schwächen, fo vielfachen Stoff und
Anlaf diejelben jelbft gehäſſigen Angriffen dar:
boten. eben der großartigen Wirkung, bie
er durch feinen perjönlichen Verkehr und jeine
Predigten unmittelbar und namentlih auf
höhere Clafjen ausübte, und außer dem Ver:
dienste, welches er ſich als ein unerjchrodener
Vertreter der Freiheit ſowohl dem ariſtokratiſchen
Regimente zu Zürich, als fpäter den republicani:
ichen Gewalthabern gegenüber erwarb, hat er eine
bleibende Bedeutung Yır die Gejchichte und die
Entwidelung des religiöien Lebens gewonnen.
Mitten in einer glaubenöleeren Zeit vertheidigte
er unerjgüttert und erfolgreich den Glauben an
die Bibel und an den lebendig fortwirkenden Er:
löjer gegen die mannigfaltigften Angriffe, doch jo,
daß er dabei zwifchen alter und neuer Yehre und
Sinnesart vermittelte, indem er in fich ſelbſt gei—
jtige Elemente der Vergangenheit und Gegenwart
in genialer Weife vereiniate. Nicht in wilfenfchaft:
licher Form und Durchbildung, fondern im der
Gejtalt perfönlicher Erfahrungen und vorherrjchend
apologetiich gefaßt, treten in ihm die Gedanten
auf, welde das religiöfe Yeben unjerer Zeit in der
Gemeinde zu verwirklichen fucht. Als eine Durch:
aus —— Perſönlichkeit, vereinigte er auf eine
ſeltene Weiſe das humane und myſtiſche Element
des Chriſtenthums. Indem er den eigentlichen
Mittelpuntt feines Glaubens in der Perſon Chriſti
fand, als dem höchſten deal der Menfchheit, und
der Erjcheinung der dem Menjchen denkbaren Gott«
beit, er daher die gefhichtliche Perjon in ihren
orten und ihrem Wirken erfaßte, fo fonnte er
zur Bibel als zu der Geſchichte des göttlichen Eben—
bildes eine dogmatijch freie Stellung einnehmen.
Dit fejtem Glauben fonnte er fi des Gebetes
und Der Gebetserhörungen freuen, und mit reli—
giöſer Gluth fich überall da hingeben, wo ihm der Zus
ſammen hang der fihtbaren und unfichtbaren Welt
fich aufzubellen verſprach, auch, wo diejer den Cha—
rafter Des Magifhen und Zauberhaft-Uebernatür:
lichen —— Daher ſeine Verbindung mit Mes:
mer, Caglioſtro, Gaßner u. A. und ſeine Studien
iiber ven Magnetismus. Nicht minder aber er:
tannte ev das Göttlihe in dem menjchlich
Schönen und Wahren und ſuchte mit lieben:
531
Lazariſten
der Sorgfalt dasſelbe nicht bloß in der geſchicht⸗
lichen Erſcheinung der Kirche und der Secten,
ſondern auch in den einzelnen Individualitäten
zu entdecken und zur Anerkennung zu bringen.
Da er eine Religion aus dem Leben und für das
Leben wollte, jo war ſein Chriſtenthum ein durd«
aus ethiſches; cbenfo frei von den Togmatismus
der Orthodoxie ald des Nationalismus, befämpfte
er beide und blieb er beiden gleihmäßig unver«
ftändlihd. Seine wictigften Schriften find:
Schweizerliever 1767 ; Ausfichten in die Ewigfeit,
3 Bde. 1765—75, 3. Aufl. 17775, Phyſiognomiſche
Fragmente, 4 Bode. Winterth. 1775; Pontius Pi—
latus 1782; Vermifchte Schriften, 2 Bode, 1774
— 1781; Kleinere prof. Schriften, 3 Bde. 1784
— 1785; Nachgelafjene Schriften, ed. Gefiner
5 Bde. 1801— 1802. Seine ausgewählten Schrif—
ten find herauögegeben von Orelli, Zürich 1841-
1844. Vgl. Geheimes Tagebuch. Bon einem
Beobachter feiner ſelbſt, 1772; Geßner, Lebens:
beſchreibung Yavater’s, 1802; Göthe's Briefe an
Xavater, herausgegeben von Hirzel 1-33; Bode:
mann, Zavater, 1856; 8. J. Nigich, Lavater und
Gellert, 1857.
Layard, Auften Henry, geb. 5. März 1817, der
berühmte Alterthumsforſcher, bekleidete 1852 hohe
engliſche Staatsämter, als Unterjtaatsfecretär des
Miniſteriums des Auswärtigen, als Secretär bei
der Indiſchen Gontrole; hielt jich 1853 in Con:
jtantınopel auf, und lebt jeit 18554 wieder in Eng:
land. Einen bedeutenden Namen erwarb er ſich
durch jeine wiſſenſchaftlichen Reiſen im Oriente
und Die Nusgrabungen in den Ruinen von Ninis
veh (1845) und Babylon (1848), über welche er
berichtete in Niniveh and its remains, 2 Bbe.,
London 1850, deutſch von Meißner 1850, A se-
cond series of the monuments of Niuiveh. 1853.
und Discoveries in the ruins of Niniveh and Ba-
bylon, London 1555; deutſch von Zenter. Xeipz.
1556.
Laymann, Baul, ein Jeſuit, geb. zu Innsbruck
1576, war Xehrer der Philoſophie und Moral:
theologie zu Ingolſtadt, Münden, Dillingen,
Bamberg und Göln. Als en erlangte er zwar
in feinem Orden großes Anjehen durch jeine Anz
wendung des Brobabilismus; aber auch die Bulle
Innocenz XI. von 1679 nennt ausdrüdlich feinen
Namen unter den Jefuiten, deren Moralſätze fie
mit der Greommunication belegt. Er ftarb zu
Conftanz an der Beit 1635. Seine Moraltheolo:
gie erfchien zuerſt 1625 in München, auch 1723 zu
Mainz. Nach feinem Tode erſchien: Jus canoni-
cum und Repertorium, Dill. 1644.
Raynez, Jakob. S. Yainez, der Freund und
Genoffe Xoyolas. .
Lazariſten. Auf den Wunsch und mit den Mit:
ten des Grafen Gondy jtiftete Bincenz von Paula
1624 eine Gejellfhaft von Wifjionsprieftern, die
fich bejonders der Seelforge für das Landvolk und
die niedern Stände widmen follten. Urban VIIL.
beftätigte dieſe Genoſſenſchaft der Priefter der
Miffton, weldye von dem Collegium St. Lazarus
in Baris, das ihnen 1632 zufiel, den Namen der
Yazariften empfing. Noch zu Lebzeiten des Bin:
conz breitete die Congregation ſich über ganz
Frankreich aus und gründete Seminare in Ita—
lien, Polen, Irland, Algier und Tunis. In ber
Revolution mit allen religiöjen ———
Lazarus
aufgehoben, wurde die Congregation ſchon 1804
wieder hergeftellt und empfing ſogar Unterjtügung
aus der Staatöcaffe. Zum zweiten Mal aber 1509
aufgehoben, erhielt fe 1816 ihre Exiſtenz wieder.
Zur Zeit zählt fie über 700 Mitglieder und hat die
Felder ihrer Thätigkeit in der Levante, China,
Nord: Amerika und Brafilien. S. Hospitaliter.
Lazarus, EiedSagos, SON (Gotthilf)iftnach
oh. IL, 1 ff. der Bruder der Maria und Martha,
else Jeſus auferwedt hat. Die Synoptifer
erzählen von ihm nichts. Nach der kirchlichen
Tradition war L. bei feinem erjten Sterben 30
Jahre alt und lebte danach noch 30 Jahre, Im
Jahre 890 follen jeine Gebeine in Cypern gefun:
den jein. Eine andere Legende läht ibn mit
feinen Schweſtern zu Maifilia in Gallien das
Evangelium verkünden.
Kazarus, der Name eines Armen, der Luk. 16,19
erwähnt ift. Es ift durch nichts begründet, demt:
jelben eine geſchichtliche Eriftenz zuzuichreiben, es
würde dann jogar die Erzählung Widerſprüche ge:
gen die Sinnesart Chriſti aufweifen. X. ift durch
die Parabel die ſprichwörtliche Bezeichnung der
Armen, Verlaffenen geworden, zu deren Schuß:
patron der biblifche Yazarus erhoben wurde. Nach
ihm heißen daher: Hoſpitale Yazarethe, und der
Orden der Hofpitalbrüder Yazarijten. In der Vor:
ausjegung, daß L. eine wirkliche Perſon geweſen,
—— Wedel und Bartholin, an welcher
Krankheit er gelitten.
Lazier. Eine Völterjhaft in Kolchis zwijchen
den Flüſſen Phafis und Bathys, nach welchen die
Römer ganz Kolchis Lazica nannten. Ein Fürſt
der %,, Tyathus, reijte 520 nad Gonjtantinopel,
ließ fi, um den Schug Juftinians gegen die Ber:
jer zu gewinnen, dort taufen, auch von ihm die
Krone auflegen und beirathete eine vornehme
Griehin. Das Volk wird dann als eifrig chriftlich
erühmt, von dem fogar Miffionsthätigfeit geübt
Bi. Die Berfer verſuchten, ihres Chriftentyums
wegen, fie ins Innere Perſiens zu verpflanzen.
den. Die ’ältere der Töchter Yabans, die
Schweiter Rahel's, das Weib Jakob's (1. Moſ. 29,
16). Sie hatte ſechs Söhne und eine Tochter, hin—
zugerechnet werden noch die beiden Söhne ihrer
Magd Silpa. Wenn wirklic die Familiengefchichte
Jakob's die älteiten@tammeserinnerungen bewahrt
an das Zuſammenſchmelzen zweier Hauptbeitand:
theile, jo bezeichnet vielleicht Lea, die ältere, berech:
tigte Gemahlin, die aber Hinter Die jüngere, ſchönere
Schweiter zurüdgejegt wird, den älteren Theil
des Volks, der unter Abraham und Iſaak jchon in
Kanaan fehhaft war, und der an den jüngeren
Theil, der mit Jakob neu einwanderte (Kabel:
Ephraim), die Xeitung und Führung abtceten
mußte, obwohl er an Zahl der ftärfere blieb
Leade, Jane, geb. 1623, 7 19. Aug. 1704 zu
London. Sie ift die Stifterin der philadelphiſchen
Gemeinden. Im Herzogthum Norfoll und in der
anglicaniſchen Kirche erzogen, wurde fie im 16.
Jahre erwedt und hielt nn eit dem 19, Lebensjahre
ihres Gnadenftandes auf ſinnlich wahrnehmbare
Weiſe für verfihert, Unter der Leitun ihrer
Freunde Bromley und Pordage bildete fe ihre
myftiihe Frömmigkeit aus, Ihre finderlofe Che
mit einem Kaufmann feit 1644, wurde durd
den Tod des Mannes 1671 getrennt. In ihrem
einfamen Wittwenlsben hatte fie Offenbarungen
532
Leben
und Viſionen, aud nad) ihrer Erblindung 1699;
diefelben wurden in ihren Schriften ſeit 1680
veröffentlicht und fanden gläubige Anerfennung.
Die ihr eigenthümlichen Lehren And die von ber
Sophia (Weisheit) ald der Braut Gottes und der
Mutter der Gläubigen, dem nahen Anbruch des
neuen Jerujalems und von der Wiederbringu
aller Dinge. Angeregt durch die deutichen Chi:
liaften Dr. Beterjen und Kelner, ftiftete fie mit
Bromley und Pordage 1695 eine philadelphiſche
Gemeinschaft zu London, anfangs etwa 20, jpäter
100 Glieder zäblend. Diefelbe te nur aus in:
nerlihen Chriften beftehen und die rein jung:
fräuliche, nur durch den Willen Gottes regierte
Kirche darjtellen, welche die Wiederkunft des Herrn
erwartete. Nach dem Tode ihrer Stifter nahm die
Gemeinde wieder ab, die dee jelbft aber fand in
ihrer eigentlichen Heimath (Deutichland) vielfahen
Anklang und der Vorgang Nachahmung. S. Phi:
ladelphia. Die Schriften der Leade find jehr felten
geworden und in dunklen, myitiihen Ausdrüden
gehalten,
Reander, der Heilige, Erzbiſchof von Sevilla,
Bruder deö heil. Iſidor, war der Sohn des Brä:
fecten Severtanus und der Turtura in Cartagena.
Früher Mönd, war er 573 Bischof zu Sevilla. Er
gewann den Prinzen Hermenegild, Sohn des Kö:
nigs Leovigild, für den Katholicismus und reiite
für ihn, der ſich gegen feinen Bater erhoben hatte,
nad) Couftantinopel, um Hülfe zu erbitten. Nadı
Hermenegild's Niederlage und Hinrichtung wurde
x. eingelertert, aber befreit, als Leovigild's Nach-
folger Reccared den Katholicismus annahm. Auf
der Synode zu Toledo 589, wo der Arianismus
unterlag und ein orthodores Glaubensbefenntnik
aufgejtellt wurde, hatte L. die Leitung ; 590 hielt
er eine Synode zu Sevilla. Für feine Bemühungen,
Spanien dem römifchen Stuhle zu unterwerfen,
überfandte ihm Gregor I. das Pallium, die Hir-
tenregelund einen Theil feiner Erflärung des Hiob.
2. hatte ihn in Conftantinopel perfönlich kennen
gelernt und Freundjchaft mit ihm geichloffen. Es
egiftirt ein Brief Gregor's an ihn, in welchem auf
eine Anfrage über den Actus der Taufe entihieden
wird, es ſolle ein einmaliges Untertauchen gemü-
en im Gegenfaß zu dem breimaligen der Arianer.
on 2.5 Schriften ift nur jeine Rede auf dem
Coneil von Toledo vorhanden und eine für die
Nonnen aufgejegte Negel.
Lebbäus, Judas, Matth. 10,3, ift derjelbe, wel:
her aud) Marc. 3, 18 Thaddäus genannt wird.
Die Identität ergiebt ſich nicht nur aus der Ber:
gleichung der Apollelverieihmifle, fondern vielleicht
auch aus der gleihen Bedeutung des Zunamens,
„Herzenskind“. Angezweifelt ijt fie von Schleier:
macher und Strauß.
Leben, ewiged, Leben ift die Selbitentfaltung
eines Dafeins in Verwirklihung des ihm gejegten
Zweckes. Da letzteres, auf den Menſchen angewandt,
ſeine ſittliche Aufgabe bezeichnet, ſo iſt das Leben
leichſam das Material für alle ſittliche Entwick⸗
ung, dieſe legtere ijt das Leben im höchſten Sinne,
und der Begriff des Lebens bildet die Unterlage
der Ethik. Das Leben muß nad zwei Seiten bin
betrachtet werden, . einer äußern und einer
innern, da auch unſer Dafein dieje beiden Seiten
an fich trägt. Die eine, das leibliche und ſeeliſche
Leben, ift die Seite, in welcher unſer Daſein ſich
nad) der Außenfeite hin entfaltet, die Hinderniffe,
Reben
welche die Entfaltung hemmen, hinwegzuräumen
und eine möglichit intenfive Kraft des Dafeins zu
entwideln fucht. Da die Lebenskraft aber nach die:
fer Seite hin eine phyfifche, alfo eine beftimmt be:
grenzte ift, und da die äußern Lebenshemmniſſe
fortgejegt wirfen und oft auf einmal, im andern
Falle aber jedenfall3 im Laufe der Zeit größer wer:
den, als die Lebenskraft, jo muß nothwendig für
das äußere Leben ein Zeitpunkt eintreten, mo jeine
Kraft gänzlich verbraucht ift und feine Functionen
aufhören, d.h. der Tod tritt ein. Aber dieſes niedere
Leben ift auch nur ein Mittel für das höhere
Leben, die Entfaltung des Daſeins für den
fittlihen Lebenszweck. Auch dieſes höhere Leben
bejteht in der Leberwindung aller der Hemmniſſe,
welche der vollen Ausgeftaltung des Lebenszweckes
im Wege ftehen. Da diefer lettere ein unendliches
‚Ziel in ſich ſchließt, fo ift aud) das Leben felbft als
ein unendlihes Streben zu betrachten, als ein
immer Freierwerden bes ch von den endlichen
Schranken des Dafeind und damit eine immer
vollere Selbjtausgeftaltung des legtern. Dad Leben
wird immer mehr Leben, je mehr die hemmenden
Schranken überwunden find; das Leben, welches
ſchon an fi) al3 ein Streben, deſſen Ziel im Un:
endlichen liegt, ein ewiges ift, gewinnt mit jeder
neuen Stufe der Entwidlung immer mehr den
Charafter des Ewigen, wehhalb das ewige Leben
ebenfomwohl ald ein ſchon gegenmärtiges, als noch
zufünftiges bezeichnet werden fann. Als ewiges
Yeben kann auch durch das Aufhören des niedern
Lebens das höhere Leben nicht zugleich beendigt
jein, jondern fann nur in eine neue Phaſe der
Entwidlung eintreten; nicht mit Unrecht wird
dieſes zufünftige Yeben im engern Sinne ewiges
genannt, infofern die auf den Tod folgende Stufe
des Lebens bei normalem fittlihen Fortichreiten
nothwendig als eine höhere gedacht werden muß,
und alle die Schranfen mit dem Tode fallen, welche
mit der uns befannten Zeitlichfeit unzertrennlich
verbunden find, Weiter als bis zu diefer Grenz:
beftimmung fann unfere Definition diefes ewigen
Lebens der Be nicht reihen, da dasjelbe
außerhalb unjerer Erfahrung liegt, und die Ergän:
zungen der Einbildungsfraft feine wiſſenſchaftliche
Berechtigung befigen. Dem entwidelten Sinne bes
Wortesteben entipricht aud) der biblifche Sprach—
gebraud im Allgemeinen, obgleich hier eine Ber:
ſchiedenheit der Faffung des Begriffes unverfenn:
bar ift. Bei den Synoptitern bezeichnet on, wel:
ches vollitändig gleichbedeutend if mit Zon alwmıos
(ewiges Xeben), in ganz objectivem Sinne einen
Zuſtand, in welchen das Subject in einem beſtimm⸗
ten Zeitpunft eintreten wird, der Zuftand der Se:
ligkeit im meſſianiſchen Reiche, welder nad der
Auferstehung zu denken ift. Vgl. Matth. 7, 14;
18, 8; 19, 16; 19, 29; 25, 46 und die Pa:
rallelftellen.. Aehnlich ift die Bedeutung des
Wortes bei Paulus; wie der Tod das Ende aller
Sünde ift, fo ijt das ewige Leben das Ende der
(Serechtigkeit; aber ſchon hier ift der damit be:
zeichnete Zuftand nicht mehr lediglich ein Yu:
533
Lebensitrafen
8;'2. Kor. 4,12; 5,4; 1. Tim. 4, 8; 2. Tim. 1,
10). Für das ewige Leben im objectiven Sinne
enthalten alle neuteftamentlihen Schriften auch
noch fehr verjchiedenartige andere Ausdrüde meiſt
bildlihen Charakters (3. B. Lohn im Himmel,
Matth. 5, 12; die Krone der Gerechtigkeit, 1. Kor.
9, 25; das Erbe, 1. Petr. 1,4 u. ſ. w.). Einen ent«
ſchiedenen Schritt in der Ausbildung des Begriffs
macht die Johanneiſche Theologie. Ihr ift die fon
ein großes Prineip, wie das „Licht“ ; das
öttliche Princip im Gegenfage zu demjenigen der
Finfterni . Gott felbft hat das Leben in ſich und
wie er, fo auch der Sohn, und von dem Sohne aus
alle Diejenigen, die ed durch die Gemeinjchaft mit
dem Sohne empfangen (Job. 6, 57); es ift Damit
die volle Entfaltung des göttlichen Princips in ung
bezeichnet, durch welche unferem Dafein erft die
rechte Mefenheit und Kraft verliehen wird, Durch
den Glauben bat daher der Chrift das ewige Le:
ben (Joh. 3, 36), und es ift zwifchen dem jegigen
Beſitze und dem zukünftigen fein qualitativer Un:
terichicd (Joh. 1, 4; 3, 15; 4, 14; 5, 26; 6, 27
f.; 6, 53. 68; 10, 28; 17,2 ff. u. ſ. w.). Mit der
Theorie von Chriftus ald dem Leben und der Le:
benöquelle für uns (Joh. 11, 25; 14, 6) ftimmt
auch der Sprachgebraud) in den ſpäteren Paulini—
{hen Briefen überein (Bhil. 2, 16; 4, 3; Kol. 3,
3.4; 2. Tim. 1, 1). Bei den Kirchenvätern wird
das ewige Leben wieder im objectiven Sinne ge:
faßt. Die Scholaftifer ftellen Säte auf über Die
Beichaffenheiten des zukünftigen Zuſtandes. Die
proteftantifche Kirchenlehre hat der Lehre Teine
weſentliche Weiterentwidlung verliehen. Val. auch
Auferſtehung, Unfterblichkeit.
Lebeusbaum, 1.Mof.2, 9; 3,22. In der Schil:
derung des Paradiefes wird die Möglichkeit, den
Tod zu vermeiden, an den Genuß der Früchte eines
Baumes gefnüpft; verwandte Sagen finden ſich
bei den Indern, Arabern und in den altperfifchen
Neligionsbüchern. Die Offenbarung verpflanzt in
ausgeführterer Schilderung den Lebensbaum in
das neue himmlische Baradies, Dff. 2,7; 22,2.
ür den bildlihen Gebrauch des Wortes vgl.
Spridw. 11, 18; 11, 30; 13, 12; 15, 4.
Lebensftrajen. Das Mofaifche Recht bedroht
nicht wenige Vergehen mit dem Tode: alle diejeni:
gen, welche ein bewußtes und abjichtliches Heraus:
treten aus dem Bunde der Heiligkeit enthalten,
oder die natürlichen Grundlagen der bürgerlichen
und fittlihen Ordnung verlegen. Der allgemeine
Ausdrud ift „der joll fterben“, oder „dep Seele
foll auögerottet werden aus feinem Volke.” Die
Todesftrafe wurde gewöhnlich durch das Schwert
oder durch —— vollzogen. Geſchärft wur:
den diefe Strafen durch das Anhäufen eines
Steinhaufens über dem Leichnam, oder durch)
Berbrennen der Leiche, auch dur Aufhängen der:
felben an einen Baum oder Pfahl, 4. Moſ. 25, 4;
5. Moſ. 21, 22. Der Aufgehängte galt für ver:
flucht, Sal. 3, 13; 5.Mof. 21,28, und durfte nicht
über Nacht an dem Holze bleiben. Ungeſetzliche, von
Fremden übertragene Todesftrafen waren das
itand, in den der Menſch eintritt, dad Yeben ift | Zerfägen, 2.Sam. 12, 31; das erftüden, 1. Sam.
bereits die Bezeichnung eines Princips, welches
durch die Erlöfung in und gelegt ift, defien volle |
'15, 33; das ———— von einem Felſen, 2.
Chr. 25, 12; Luc. 4, 29; das Todtprügeln, Hebr.
Reife aber erft in der zukünftigen meſſianiſchen 11, 35; 2. Malt. 6, 13. Erwähnt werden außer:
Herrlichkeit mit dem Charakter eines Lohnes für dem als fremde, nicht bei den Iſraeliten einge:
pie WWerfe der Gerechtigkeit zu erwarten ift (Röm. führte Strafen das Lebendigverbrennen, Dan.
2,755, 17 ff.; 6, 22. 23; 7,10, 8,2 ff.; Gal. 6, 3, 6; 11, 15; das Hinabwerfen in eine Löwen:
Lebrija
arube, Dan. 6; das Erſticken in heißer Aſche, 2.
Matt. 13, 5; das Kreuzigen, Erfäufen und ber
Kampf mit wilden Thieren, 1. Kor. 15, 32. Im
Kriege kamen begreiflih andere Barbareien und
Gräuel der Mordluft vor, 2. Kön. 15, 16; 8, 12; |er
Hof. 14, 1; Jeſ. 18, 16; Nah. 3, 10; Bi. 137,9.
Lebrija, Aelius Antonius von, oder vulgo Ne-
brissensis, von Lebrija, dem alten Nebrifja, der
Wiederherfteller der elaſſiſchen Studien in Spanien.
Geb. 1444 aus einer wohlhabenden Familie des
Mittelitandes, ftudirte er zu Salamanca und be:
fuchte dann die Schulen in Italien, wo er ſich faft in
alten Wiſſenſchaften umſah. Nah Spanien zurüd:
gelehrt 1470, war er Hofmeifter bei einem Neffen
des Erzbiſchofs von Sevilla, erhielt 1473 eine
Lehrftelle an der Atademie San Miguel zu Se:
villa, danad zu Salamanca. Seine Bemühungen
um die Einführung und Beförverung der huma—
niftifchen Studien hatten rajchen und glänzenden
Erfolg. Eine Zeit lang legte er jeine Profeſſur nie:
der, um ſich aanz der Abfafjung feines berühmten
lateinischen Lexikons widmen zu können, wobei ihn
die Gunſt des Grojmeifters des Alcantaraordens,
des Cardinals Zuñiga, unterftüte. 1508 gewann
ihn Kimenes für Alcala, und eine Zurüdfegung in
Salamanca 1515 band ihn für immer an **
+ 1622. Seine philologiſchen Kenntniſſe wandte
er an zur Herſtellung des rechten Textes der
Vulgata und als Mitarbeiter an der Polyglotte
be3 Kimenes. Seine Kritif der Bulgata zog ihm
eine Berfolgung durd) die Inquifition zu, die feine
bibliſchen Arbeiten cenfurirte und jelbit verbot.
Zimenes befchügte ihn jedoch. Als Reichshiſtorio—
raph verfaßte er eine Geſchichte der Regierung
erbinand's des Katholischen. Sein Leben fchrieb
D. Juan Baptista Muüoz, „Elogio de Antonio
de Lebrija.“
Kebuin oder Liafwin, ein Angelſachſe, welder,
a eine Vifion berufen, von Gregor von Utrecht
bie Erlaubniß zur Miſſion unter den Friejen und
Sachen erhielt. Er erbaute die Kirchen zu Wulpen
am rechten Ufer der Yſſel und zu Deventer. Als
bei einem Einfall der Sachſen die Kirchen verbrannt
wurden, wagte Xebuin eine Miffionsreife in das
Herz des Sadjenlandes, und einen Berjuh auf
einer Vollsverſammlung zu Marklo, die Sachſen zur
Annahme ded Chriftenthbums aufzufordern. Er
entging dem drohenden Tode durch den Schuß
eines Edeln und baute nad) feiner Rückkehr die von
ben Frieſen zerftörte Kirde von Deventer wieder
auf. Er ftarb vor 776. — Zu unterjcheiden von
ihm ift der heilige Livin, ein Jrländer und Schüler
des Erzbifhof3 Auguftin, der in Brabant das
Evangelium predigte und um 659 in der Gegend
von Gent erſchlagen wurde. Seine Biographie,
bie dem heil. Bonifacius zugefchrieben wird, ift
derart mit Legenden erfüllt und hat fo viel Ber:
ftöße gegen englifche und irische Kirchengeſchichte,
daß fie nicht echt ſein kann. Vgl. Nettberg, Kirchen:
geich. II, 509.
Lebus, eine Stadt in Brandenburg, foll von
dem Polenkönige Mieczyslaw I. 965 gegründet fein.
1365 verlegte Biſchof Heinrih von Banz bieher
ben Sitz des Bisthums; 1432 wurde die Stabt
von ben Hujfiten eingeäfchert. In der Reformation
wideritand das Bisthum lange unter Bijchof Georg
von Blumenthal. 1555 gab Martaraf Joachim das
Bistum feinem Sohne Joachim Friedrich und für
eufarıfirte es damit.
534
Leetionarium
Lechler, Gotthard Victor, geboren am 18. April
1811 zu Kloſter-Reichenbach im württembergiihen
Schwarzwalde, wurde Superintendent und Pro:
fefior der Theologie au Leipzig 1858. Vorher war
Diafonus in Waiblingen und 1853 Decan der
Didceje Anittlingen. Von feinen lirchenhiſtoriſchen
Arbeiten find zu nennen: Geſchichte des englifchen
Deismus, Stuttg. 1841; das apoftolifche und nad):
apojtolifche Zeitalter, 2. Aufl. Stuttg. 1857; Ge:
jchichte der Presbyterial: und Synodalverfaflung
jeit der Reformation, Yeyd. 1854. Außerdem Com:
mentar zur Apoſtelgeſchichte in Lange's Bibelwert,
2. Aufl. Bielef. 1862,
Lectio, Lectionen. Die Sitteder Schriftvorlejung
im Gottesdienst hat die chriftliche Gemeinde von den
Juden übernommen. Anfänglich hielt man fich nur
an das Alte Teftament, jedoch blieben bald aufer
dem N. T. aud) Apokryphen und Antilegomenen
nicht ausgefchloffen ; felbft acta martyruın, Lebens:
bejhreibungen der Märtyrer und Predigten be:
rühmter Lehrer fanden eine Stelle. Allmählich be»
ſchränkte fich jedod) die Eultusfitte auf die fanoni:
ſchen Schriften des Alten und Neuen Tejtaments.
In den frühejten Zeiten lad man die einmal be:
gonnene Schrift in den verfchiedenen Leſungen bis
zu Ende (lectio continua), nur in den de zeiten
wurden auf den Gegenftand der Feier bezügliche
Abſchnitte nach Anordnung des Biſchofs eingeſchal⸗
tet. Allmählich aber wurden in der römiſchen Ki
für jeden Gottesdienſt beſondere Abſchnitte feſtge—
ſtellt. Die Auswahl derſelben wird auf den heil.
Hieronymus zurückgeführt, und die Synoden von
Braga 561 und Toledo 563 forderten das Beachten
einer übereinſtimmenden Norm. Aus diefen Leie:
ftüden pe: fih das Perikopenſyſtem entwidelt,
welches die lutherifche Kirche feftgehalten Hat, wäh:
rend die reformirte zur lectio continua zurückkehrte
Auch die griechiſche Kirche hat die zufanmenhän:
gende Leſung der vier Evangelien im Laufe eines
Kirchenjahres beibehalten. Die Zahl der verlefenen
Abſchnitte ift fich nicht gleich geblieben; die Latei:
ner haben jedoch ſchon feit den erſten Jadrhunder:
ten ſich an Epiftel (d.h ein Abſchnitt aus einem
der Briefe des Neuen Teftaments, der Apoitelge:
ſchichte und der Offenbarung, oder dem Alten
Tejtament) und Evangelium (ein Abſchnitt aus
einem Evangelium) gebunden, zwiſchen weichen
Plalmftellen recitirt werden. Die Berlefung der
Lection wird eingeleitet und beichlofien durch ver:
jhiedene Geremonien, Kuß, Räuderung, Bekreu:
zung. Der Ort derjelben war früher der Ambon.
Jeht wird die Epiftel an der linten, das Evange:
lium an ber rechten Seite des Altars gelefen. I
der lutheriſchen Kicche werden die Berifopen vor
ber Predigt nad) dem Sündenbelenntniß und der
Collecte verlefen. Die reformirte Kirche eröffnete
den Gottesdienft mit der Schriftverlefung.
Leetionarium heißt ein Verzeichniß der in den
firhlihen Verfammlungen an den verjdiedenen
Tagen p verleſenden Abſchnitte Das älteſte der:
ſelben ilt der comes des Hieronymus (vgl. Ranke,
PVerifopenjuften, Berlin 1847), die Grundlage des
Peritopenigjtems. Comes major heißt dies Lectio-
narium, wenn es die Lefejtüde vollftändig enthält,
minor, wenn nur die Anfangs: und Schluimworte
angegeben jind. DasL. gallicanum ijt ein von
Mabillon im Kloſter Luxeuil aufgefundenes Ver:
zeichniß. Es gilt als das vormals in der galliſchen
Kirche gebräuchliche, weil ed mit Merovingiſchen
Rohrsetor
Buchſtaben gejchrieben, unter fehr wenig Heiligen:
feften das nur in Frankreich hochgehaltene Feſt der
heil. Genovefa erwähnt und abweichend von ber
Gregorianifchen tat nach alter galli»
cher Weiſe je drei Leſeſtücke für jede Meſſe enthält,
L. Romanum enthält die nach der römischen Litur—
ie üblichen Epifteln und Evangelien, oder auch
ämmtliche überhaupt in dem Gotteödienfte vor:
tommenden Schriftabichnitte. Dem L. plenarium
liegt der comes des Hieronymus zu Grunde.
ector —— war urſprünglich der nie⸗
dere Kleriker, welchem es oblag, die Lectionen zu
verleſen. Seitdem aber in der Meſſe Diakonen und
Subdiafonen oder die Priefter jelbft das Geſchäft
verrichten, ift das urfprüngliche Amt nur zu einer
der vier niederen Stufen der Weihe geworden. In
dem Ritus der Weihe ſpricht ſich aber noch die Er:
—— die urſprüngliche Bedeutung des Am—
tes aus, Verſchieden hiervon find der lector dignita-
rius an Hathedralfirchen, welcher die jämmtlichen
Kirchenlefungen regelt; ber lector mensae (d. h.
Vorleſer bei Tifche in Klöſtern und geiftlichen Ge—
noſſenſchaften) und die Yectoren oder Brofefforen
an den Klofterjchulen und bifchöflihen Seminarien.
Leeturae, VBorlejungen, heißen eine Anzahl
von Schriften über römiſches und kanoniſches Recht,
welche nicht wie die Gloſſen eine Fortentwid:
fung des Rechts und eine Anwendung des alten
Rechts auf neuere BVerhältniffe enthielten, fon:
dern die — Anſichten des Interpreten. Die
leeturae über das römiſche Recht waren mehr exe:
getiich, die über das kanoniſche Recht mehr dog:
matifcher Art. Soldye lecturae ſchrieben: Baldus,
Petrus de Ancharono, Joannes ab Jmola, Alexan—
der Tartagnus, Barbatia Siculus, Petrus San
deus, Franciscus de Accoltis,
Lee, Anna, geboren 1736 zu Mandheiter, die
Gattin eines Schmiedes. Sie trat 1768 als gott:
begeifterte Brophetin unter den Quäfern auf,
nannte fi) felbft das Wort und das Weib des
Yammes, welches den zu erwartenden neuen Mei:
jias gebären würde. In England verfolgt, wan:
derte fie 1774 mit ihren Anhängern nad Amerifa
aus und ftarb dort 1784, ehe ihre Weisſagung ſich
an ihr erfüllt hatte. Dennoch erhielt fich ein Häuf⸗
lein Gläubiger, die Shakers, bis in unfere Tage.
Diejelben leben in firenger Abgeſchloſſenheit, in
möndifcher Aftefe, in Armuth und Cölibat, war:
tend auf die Barufie des Herrn. Den Namen füh—
ren fie von dem religiöfen Tanze, der eine Eigen:
thümlichkeit ihres Gottesdienftes bildet.
Lee, Edward, geboren zu Lee: Magna 1482 in
Kent, ftudirte in Orford und Cambridge, ward
Caplan und Almoſenier Heinrich's VIII. 1529
Kanzler der Kirche von Saltsbury und 1531 Erz:
bifchof von York. Sein Name if am meiften be⸗
fannt geworden durch feinen literarifchen Streit
mit Erasmus, in welchem er von diefem und den
Humaniften in gehäffiger Weile angegriffen wor:
den ift. Beranlaffung waren fritiihe Bemerfun:
gen Lee's zu Erasmus' Bibelüberjegung, welche
er, von diejem gereist, 1519 herausgegeben hatte.
+ 13. Sept. 1544 zu York.
Le Fevre D’Etapled, Biſchof von Meaur, gebo:
ren 1450, + 1536. Belannter unter dem Namen
Faber Stapulenfis (f. d. Art.).
Legat. Aus der beanſpruchten oberften Regie
tungsgemwalt des Papſtes folgt dad Recht, gu ver
ſchiedenen Zweden nad) einzelnen Theilen bes lirch⸗
535
Legende
lihen Gebieted Geſandte abzuſenden mit der Voll
macht, die päpftlichen Rechte jtellvertretend wahr:
zunehmen. Beitritten wurde dies Necht daher auch
nur, wo man die Bapftmacht jelbft beftritt, 3. B.
in der nordafrifanifchen Kirche. So finden ke feit
dem 4. und 5. Jahrhundert einzelne Biſchöfe völlig
als Vicare deö Papftes, mitunter war dies Vicas
riat an das Bisthum gefmüpft, meift aber einzel:
nen Berfonen aus befonderem Vertrauen übertra:
gen. In diefer Art waren Auguftin in England
und Bonifacius in Deutjchland päpftliche Yegaten.
Der Verfall der kirchlichen Difciplin und die mehr:
fachen Beziehungen zu den Landesherren machten
feit dem 11. Jahrhundert die Sendung päpftlicher
Delegaten hänfiger nothwendia, und damit zugleich
die Feſtſetzung ihrer Befugnifie. Da ihnen nicht
bloß die Ausübung der päpftlichen Reformrechte
zuftand, fondern fie auch in die bifchöfliche Juris:
dietion eingriffen, fo wurde der größte Unwille er:
regt und Kom zu manden Einfhränfungen genö—
thigt, 3. B. daß fein Legat ohne Bewilligung des
Landesheren die Grenzen überfchreiten und von
feiner Vollmacht Gebrauh maden dürfe Von
neuem wurden daher die Bollmadıten auf einzelne
erzbifchöfliche Sitze übertragen, legati nati im
Gegenſatz gegen die missi oder dati. Von Bedeu:
tung wurde das Inſtitut der Legaten wieder in
der Neformationszeit und fpäter, um die Miffionen
vorzubereiten und gu Ienfen und dem Kampfe ger
gen die Evangelifchen fefte Mittelpunfte zu geben.
Es fam zu der Einrichtung der ftändigen Nuncia:
turen in Luzern 1579, Wien 1581, Cöln 1582 und
Brüffel 1583. Die Befchwerden über diefelben er:
reichten ihren Gipfel nad) der Errichtung der Nun:
ciatur in Minden und ihrer Belegung mit dem
Grafen Zoglio, jo daß die deutjchen — da⸗
gegen in der Emſer Punctation auftraten. Völker—
vechtlid; werden die Legaten gegenwärtig als Ges
fandte angefehen und die Bedingungen ihrer Sen»
dung daher auch als Gejandtichaftsrecht beftimmt.
Man unterjcheidet alfo die legati nati als Inha—
ber einer an ein beftimmtes Amt gefnüpften Dig:
nität, mit welcher gegenwärtig wirkliche Nechte
außer Ehrenrechten nicht mehr verbunden find,
und die legati missi. Als diplontatifche Vertreter
oder zu bejondern Geſchäften beftimmt, heißen fie
nuncii apostoliei oder internuncii legati aposto-
liei. Der legatus a latere oder de latere vertritt
in dem ihm angewiefenen Bezirke unmittelbar die
Stelle des Papftes, Es ift nicht mehr Sitte, Cars
dinäle als Legaten zu entjenden; die Prälaten
haben aber ald Legaten den Vortritt vor allen
kirchlichen Würdenträgern.
Legationen hießen die Provinzen des Kirchen:
ftantes, denen ein Delegat vorftand,
Legenda aurea, die Legendenfammlung des
Jakob a Voragine (f. d. Art.), auch historia lom-
bardica genannt.
Legende heißt uriprünglich das, was in ber Kirche
gelejen werden fol, näher die Auszüge aus den
acta martyrum und sanetorum. Daraus ent»
wickelte fich der heutige Sinn des Wortes, wonad)
e3 eine Erzählung aus dem Leben eines Heiligen
bezeichnet mit dem nie mangelnden Nebenfinn des
Wunderbaren und Webernatürlichen. Sehr früh
hat abſichtslos und abſichtlich dichtende Sage ſich
an die Geſchichte der Heiligen gehängt (Luther:
Lügende). Die fruchtbarſte Zeit der Legendenbils
dung war aber das Mittelalter, alö die Vollspoeſie
Legio
bie Heiligenleben zum Stoff ihrer Probuctionen
wählte. Der finfende Gefhmad der Zeit zog dann
aud den Mythus der Legende in die Fabel, das
dichteriich Wunderbare in das Abenteuerliche und
Alderne herab. Noch immer bilden die Legenden
der Heiligen die beliebtefte und am meilten em—
pfohlene Lectüre des Fatholifchen Volkes. Seit Her:
der haben auch unfere claſſiſchen Dichter fie wie:
derholt in edler Weife behandelt. Von wiflenichaft:
lihen Bearbeitungen der Legenden fteht obenan
das Werk der Bollandiften 1643— 1845. Die ältejte
Sammlung der Legenden erwähnt Eujebius av-
vayoyn rar doyalov uapripwv. Ein altes Mar:
tyrologium wird dem heil. Hieronymus zugejchrie:
ben. In der griechiſchen Kirche ift berühmt die
Sammlung des Simeon Metaphraftes, dem in der
lateinischen Jacobus a Voragine gegenüberfteht.
Legio fulminatrix. Nad) der Sage, die ſchon
bei Eufebius (hist. ecel. V, 5) und Tertullian
(apol., 5) fi) findet, fol 174 n. Chr., ald Marc:
Aurel auf dem Feldzug wider die Duaden in eine
quellenlofe Gegend gelodt war und das Heer un:
ter dem Wafjermangel ſchwer litt, auf das Gebet
ber in der Legion dienenden Chriſten ein Gewitter,
das die Feinde in Unordnung brachte und durch
ftarfen Regenguß das römische Heer erquickte, wun⸗
berbare Rettung gebracht, und Marc:Aurelin Folge
davon feine bisherige Gefinnung gegen die Chri-
ften geändert haben, Der Sage widerſteht die ge:
ſchichtliche Nachricht von der Chriftenverfolgung,
welche Marc:Aurel 177 befahl und daß im römi—
ſchen Heer jchon früher eine Legion den Namen
fulminatrix führte,
Legion, thebaifche, legio thebaica. Die Legende
meldet, unter Nariminian habe eine in dev Schweiz
fagernde Legion, thebaifche genannt, ſich geweigert,
dem Befehle, an einer Chriftenverfolgung theilzu—
nchneen, zu gehorchen, und jei von dem erbitterten
Kaifer erjt die Decimirung, dann die Niedermete:
lung der ganzen Legion durch das Übrige Heer be:
fohlen worden. Die Märtyrer, deren Zahl auf
6000—6666 angegeben wird, liegen mit ihrem Ans
führer Mauritius zu Agaunum und wurden befon:
ders in der Schweiz, Gallien und Savoyen ver:
ehrt. In Cöln befinden fich 67 Schädel dieſer Hei:
figen, unter denen einer einem Weibe angehört
—* Die Legende wird zuerſt von Eucherius, Bi—
chof von Lyon erzählt um 430. Rettberg indeß
ſchreibt die Autorſchaft einem jüngeren E. zu, der
um 560 gelebt haben ſoll. Ueber das der Sage zu
Grunde liegende Geſchichtliche iſt viel geſtritten,
ſeitdem die Magdeburger Centurien und danach
der franzöſiſche Brebiger zu London, %. Armand
Dubourdieu, den Nachweis verfuchten, daß weder
Eucherius die Legende niebergejchrieben haben
fönne, noch die Thatfahen in den Rahmen der
Drt3: und Zeitgefchichte paßten. Ihm folgten der
Genfer Baulacre 1746, de Bochat 1747, Profeſſor
Spreng 1756, Füßlin 1765, endlich Giejeler und
Nettberg. Als Bertheidiger traten auf Bierre de
Rivaz aus Wallis 1799 und die Bollandiften zum
22. Sept., Ph. Schmitt in Trier 1852 und 9.
Braun 1855. Als Refultat der Forſchungen tft
eine gefchichtliche Grundlage der Erzählung anzu:
nehmen, welche aber ausgefchmüdt ift. In dem
536
Lehrfiarium
ter (Oloffatoren) des römischen Rechtes, während
man die Gelehrten ded kanoniſchen Rechtes nad
dem decretum Gratiani Decretijten hieß. Während
jene das Recht des Haijers vertraten, vertheidig-
ten dieje im Mittelalter die Oberhoheit des Bapftes.
Xegitimation der illegitimen Kinder. Die Be:
ftimmung des kanoniſchen Rechtes, daß die nad:
folgende Ehe der Eltern deren unehelicd geborenen
Kindern ſämmtliche Rechte der chelihen gäbe, hat
dadurd auf rein firdlichem Gebiete Bedeutung,
‚weil das Concil zu Poitiers (1078) allen unehelich
Geborenen den Eintritt in den geiftlichen Stand
verjagt hatte; die irregularitas ex defectu nata-
lium aljo durch nachfolgende Ehe der Eltern geho—
ben werden konnte. Streitfrage unter den Kanoni—
ften ift geblieben, ob die im Ehebruch gezeugten
Kinder auf folde Art legitimirt werden könnten.
Päpſtliche Dispenjation fann zwar auch für höhere
_.. jelbft uneheliche Kinder legitimiren, aber
von der Würde eines Cardinals bleibt ein spurius
ftet3 ausgeſchloſſen.
Lehnin, alte Abtei im Bezirf Potsdam bei dem
Marktflecken — Namens, bekannt durch das
früher dem Bruder Hermann von Lehnin zuge—
jchriebene vaticinium Lehnense, ein tendenziöſes
Machmwerf aus dem 17. Jahrhundert.
Lehnögeld (laudemium, ſ. d. Art.) ift die Ab:
abe, welde dem Lehnsherrn für die erneuerte
Enveftitur nad) dem deutjchen Lehnsrechte entrid:
tet werden mußte.
u Jeſu. S. Jeſus Chriftus.
Lehrfreiheit. Dieſelbe iſt, wie die Gewiſſensfrei⸗
heit, erſt eine Errungenſchaft oder doch Forderung
der neueren Zeit. Der byzantiniſche und mittel:
alterlihe Staat hat die Lehrfreiheit nicht gefannt.
Da das Chriftenthum wejentlih im Dogma gefun:
den wurde, fo hat fich der chriftliche Staat für ver:
pflichtet erachtet, jede Lehrweiſe zu verbieten, welche
vom katholiſchen Dogma abwid. Auch die Zei:
ten der Reformation brachten das Princip der
£chrfreiheit noch nicht zur vollen Geltung. War
ſchon das Princip religiöfer Gleichberechtigung der
verſchiedenen Gonfejfionen ein nod) wenig gelfann:
tes, jo war nod) viel weniger eine der anerfannten
Kirchenlehre widerjtreitende Lehrweife geduldet,
Erjt jeit der Mitte des vorigen Jahrhunderts, na:
mentlich feit Friedrich dem Örofen, fam der Staat
allmählich zum-Bemwußtfein, daß er nicht berufen
fei, eine beitimmte Lehrnorm aufjujtellen und die
religiöje Meinung zu beherrichen. Seitdem iſt eines
der eriten Erforderniffe des modernen Rechtsſtaa-—
tes die Yehrfreiheit, d. 5. das Recht eines Jeden,
zu lehren, was jeine Meinung ift, jofern es nicht
unmittelbar Herabjegung der Religion jelbit ent:
und der Sittlichkeit nicht unmittelbar wider:
pricht. Wenn aber der Staat die in der angegebe:
nen Weiſe eingejchräntte Lehrfreiheit anerkannt
bat, jo ift dies nicht in gleicher Weiſe ber
Fall bei den Kirchen. Die katholiſche Kirche
ichließt ihrem Princip gemäß die Lehrfreiheit
gänzlich aus ihrem Bereiche aus. Auch die evan—
geliſche Kirche hat den Grundjag lange entſchie—
den feitgehalten, daß die aufgeitellten Betenntniffe
die fefte Norm bilden jollen für die Yehre inner:
halb der Kirche. Die Anerlennung der Concordien:
Thebaercultus verflärte ſich der alte Freiheitsfinn | formel bildete die Äußerfte Grenze dieſer Lehrbe—
und die Tapferkeit der Helvelier. Vgl. d. Art. ſchränkung. Aber jeitdem innerhalb der evangeli«
Mauritius,
ſchen Kirche verjchiedene Lehrrichtungen ſcharf aus:
Legiften nannte man die Erflärer und Bearbei: ı einandertraten und ald die Lehrentwicklung vieliad)
ur
Lehrunion
über die Bekenntnifſſe hinausführte, war es un:
möglid; geworden, die Lehreinheit im früheren
ftrengen Sinne Ka rgregen Die Verſuche, in ein:
zelnen Fällen diefelbe zu ſchützen, haben in faft
allen evangeliihen Landeskirchen zu theilweiſe
ernſten kirchlichen Krifen geführt. Die Namen Ath.
Coquerel in Frankreich, Colenfo in Erigland, die
freireligiöfen Bewegungen in Deutfchland, der
Schentelftreit in Baden, der Streit über Vögeli in
der Schweiz bezeichnen eine Neihe ſolcher Conflicte
der neueften Zeit. Natürlich ift die Kirche genöthigt,
der Yehrfreiheit auf der Kanzel und im Jugend:
unterriht engere Schranken zu zieben als die,
welche fte der wiffenichaftlihen Verhandlung in
elehrten Schriften und auf dem rer, Pi
Lehrſtuhle eikräumen fann und muß. Wie aber
diefe Schranfen zu einer gegebenen Zeit von einer
beftimmten Rirhengemeinidaft zu formuliren und.
zu handhaben jeien, das fann nur die einzelne
Kirche jelber beitimmen. Vgl. über den Gegenftand:
Ullmann, theologisches Bedenken aus Beranlaffun
des Angriff der evangelifchen Kirchenzeitung ei
den Halliihen Rationalismus, 1830,
Lehrunion, Bei der Union unterfcheidet man
Zehrunion, gotteödienftlihe und firhenregiment:
liche Union, und verfteht unter der ersten eine ſolche
Einigung in der Lehre, daß die confejlionellen
Berichiedenheiten entweder hinterdem aufgezeigten
Conjenjus zurüdtreten oder in eine höhere Einheit
aufgelöft werden. Die lehtere zu finden, ift die
Aufgabe der theologischen Wiffenfchaft. Bis dahin
aber ift, wenn nicht eine Confeffion auf ihr Sepa:
ratbefenntniß verzichten joll, eine Lehrunion im
ftrengen Sinne nicht möglich, nur ein Zurüdgehen
auf die gemeinfamen Principien, Denn aud der
iheinbare Conjenfus ſelbſt in den Worten der Be:
lenntnißſchriften wird zu einem Diffenfus, fobald
man näher in das Eigenthümliche jeder Confeſſion
eingeht und die verjchiedene Stellung des anſchei—
nend gemeinfamen Lehrſatzes im Syfteme ins Auge
fabt. Die Lehrunion wird aber angebahnt durch
die gottesdienftlihe Union, d. h. die Gemeinfchaft
im Gottesdienst und die Nebereinftimmung in den
fiturgifhen Gebräuden, und die firchenregiment:
lie, wodurch die äußeren Schranken der Confeſ⸗
fionen fallen. ©. Union.
Leibeigenſchaft. S. Sklaverei.
Leibesgebrechen, welche zur Berrichtung des
Amtes unfähig maden oder Anjtoß erregen, be:
gründen eine Seregufarität und jchließen auch in
der griechiſchen und proteftantifchen Kirche vom
Amte aus. In einzelnen Fällen läßt das römische
Kirchenrecht päpftliche Dispenfation offen.
Leibesftrafen bei den Hebräern. Die gewöhn:
liche, durch rihterlihen Spruch zuerfannte Leibes—
ftrafe waren Schläge, deren nicht über 40 ertheilt
werden durften, 5. Mof. 25, 2. Phariſäiſche Ge:
wiſſenhaftigkeit beſchränkte die Zahl auf 39, 2. Kor.
11,25. Man jhlug mit Stöden, Spr. 10, 13, in
der fpäteren Zeit mit Geißeln. Eine Art von Knute
wird erwähnt 2. Chr. 10, 11. 14; 1. Kön. 12, 11.
Auch in der Synagoge war die Strafe der Geiße:
lung üblich, Matth. 10, 17; 28, 34; Apftg. 5, 40.
Unter den Syrern war fie ald eine Art der Tor:
tur in Gebraud, 2. Makk. 7, 1. Die römifche Sei:
belung, welche Ehriftus erlitt, wurde nur bei nicht
tömifhen Bürgern angewandt. Davon, daß die
Gejepesvorjchrift Auge um Auge, 2. Mof. 21, 23,
geſetzlich befolgt wäre, giebt #3 fein Beijpiel, Ber:
537
Leibnik
ftümmelungen kommen nur als rachſüchtige und
bejhimpfende Mißhandlung im Kriege vor, Richt.
1, 6.7, und in jpäterer Zeit in Nahahmung fremd:
ländifher Graufamteit, jo dad Abfchneiden der
Naſen, Ez. 18, 25, Ohren, Hände und das Blen—
den, Ser. 52, 1r; 2. Kön. 25, 7. Ausftehen der
Augen, Richt. 16, 21, ift eine philiftäifche Rohheit.
eiblichkeit. S. Verklärung.
Leibnitz, Gottfried Wilhelm, Freiherr von. Geb.
am 6. Juli 1646 zu Leipzig, der Sohn des Profeſſors
der Rechte Joh. Friedrich Leibnit und der Mutter
Katharina Schmud, erhielt er troß des frühen To—
des des Vaters (F 1652) eine jehr forgfältige Er:
ziehung und zeichnete fich ad nlagen und Fleiß
jo aus, daf er mit 15 Jahren die Untverfität Leip⸗
zig bezog, mit 17 Jahren Baccalaureus, mit 18
Magifter der Philofophie in Jena und mit 20
Jahren in Altorf Dr. jur. utr. und Brofeffor wurde.
1667 fam er nad Frankfurt a. M., wurde dann
an den Mainzer Hof gezogen und 1672 zum Rath
am dortigen Oberrevtfionshofe ernannt. Seinen
Ruf, den er durch publiciftiiche Thätigkeit bereits
begründet hatte, ficherte er während eines mehr:
jährigen Aufenthalts in Paris durch wiffenfchaft«
liche Entdeckungen und bie Erfindung der Diffe:
rentialrehnung. 1676 folgte er einem Rufe als
Bibliothefar nad) Hannover, wurde in den Reichs—
freiherrnitand erhoben, Präſident der dur ihn
1700 in Berlin geftifteten Akademie der Wiffen:
ſchaften, Geh. Juftizrath und Hiftoriograph in
Hannover und ruffiicher Geh. Rath. F am 14. No:
vember 1716 zu Hannover. Epohemadend auf
allen Gebieten der Wiffenfchaften, auf denen er ſich
bewegte, hat er auch für die Theologie unmittel:
bare Bedeutung ald der Ausgangspunkt der foge:
nannten Leibnitz-Wolf'ſchen philofophiihen Rich:
tung, deren Einfluß auf die theologische Entwid:
[ung von auferordentliher Tragweite war. Seine
Monadenlehre, in welher das Eigenthümlichſte
jeines philoſophiſchen Syitems liegt, trat dem Ban:
theiömus des Spinoza und dem Dualismus bed
Gartefius entgegen und gewann durch den Gedan—
fen der harmonia praestabilita die Grundlage
für die Idee der göttlichen Weltregierung. In fei:
ner Hauptichrift Essais de Theodicee sur la bonte
de Dieu, la liberte de l'homme et l'origine du
mal, 1710,”gegen Bayle, entwidelt er, wie das
Böſe das der Enblichkeit —— Anklebende
ſei, ohne welches überhaupt keine Welt möglich,
daß aber von allen möglichen Weltideen Gott die
beſte ausgewählt habe (Optimismus). L. aner—
kannte in der Religion die Offenbarung, behaup:
tete aber, diefelbe könne keiner philofophiichen
Wahrheit widerfprechen. Er intereflirte ſich nicht
nur für eine Union der proteftantiihen Kirche,
worüber er fih an Spener wandte, fondern war
felbft thätig, eine Union mit dem Katholicismus
herbeizuführen. In dem systema theologicum,
1680 (nad) der Löwener Ausgabe von 1845, die
das lateinische Driginal mit beigefügter franzöfi-
fcher Ueberſetzung bietet, wurde die Schrift neu
herauägegeben und überfegt von E. Haas, 1860),
legte er einen Entwurf vor, über den eine Einis
ung nad) feiner Meinung möglich fei. Wie er
Peroft aber. tro& allen Verlockungen feinem Prote:
ftantiömus treu blieb, forderte er auch als Vorbe:
dingung einer Union die Suspendirung bed Tri:
dentinums durch den Bapft. Eine Yebensbeichrei:
bung L.'s gab Guhrauer, 2 Bde., Breslau 1346,
init Nachträgen 1846, Derfelde gab feine deutfchen
Schriften heraus, Berlin 1833—40. Die erite
Sammlung der Schriften unternahm Dutens, 6
Bbde., Genf 1768; eine volljtändige hat Pers, 1.
Folge (4 Bde.), Hamb. 1845—47, 2. Folge 1847,
3. Folge 1855—62 geliefert; die neueſte: Onno
Klopp, I. Reihe 1364—66 (5 Bde.).
Leichen bei den Hebrüern. Nach dem Verſchei—
ben wurden bie Leihen gewaſchen, Apita. 9, 37,
in Tücher gewidelt, Matth. 27, 59; Marc, 15, 46,
oder mit Binden ummunden, zwijchen welche man
Specereien zu legen pflegte, job. 11, 44; 19, 39,
und in einem offenen Sarge, Luk. 7, 14, auf einer
Bahre zu Grabe getragen. Die Beitattung geichah
durch Fremde oder Freunde und Schüler; von den
eigenen Angehörigen beftattet werden zu müſſen,
ift eine Drohung des Schreckens, Amos 6, 10. Der
Zug zum Grabe in Begleitung der Verwandten
ging unter lautem Wehllagen, wozu bejondere
——— gedungen wurden, Jer. 9, 17. Es
folgte mitunter eine Trauermahlzeit. Das
Begräbniß mußte noh am Tage des Todes
vor Sonnenuntergang erfolgen. Alle Berüh—
rung des Todten, jelbjt die Theilnahme an
der Trauermahlzeit, verunreinigte nad) 4. Mof.
19, 11. :
Leichenpredigten werben in der Kirche vor der
verfammelten Gemeinde gehalten und find zu un:
terfcheiden von den Grabreden und den ſogenann—
ten Barentationen, d. h. Anſprachen an die Ange:
hörigen im Trauerhaufe beim Aufnehmen des
Sarges. Wo die firdlihe Sitte überhaupt eine
Betheiligung des kirchlichen Amtes bei den Begräb:
niffen noch zuläßt oder fordert, findet eine oder
die andere diefer Handlungen Statt, ſelbſt alle
brei verbunden fommen mehrfad vor. Wo dies
der Fall ift, und wo nicht locale Umſtände bloß
den Ort der Grabrede in eine Kirche verlegen, iſt
der Leichenpredigt nad) Form und Inhalt eine ob:
jeetivere Haltung angemwiefen, jo daß fie auch die
Verſönlichkeit des Verftorbenen, wenn jie auf die:
felbe eingeht, hauptſächlich nur in ihrem Berhält:
ni zur Gefammtheit und zur Gemeinde zu be:
trachten hat, Bei bedeutenden Berfönlichkeiten for:
dert jedoch, auch abweichend von der allgemeinen
Sitte, das Gefühl der Gemeinde eine Gedächtniß—
oder Yeichenprediat. In folhen Fällen kennt fie
auch die fatholifche, fowie die älteſte chriftliche
Kirche, aber hier verräth fie noch ihren Zufammen:
hang mit den Yobreden heidnifcher Ahetorif, Ob
die Keichenpredigt oder Grabrede ein wefentlicher
und nothwendiger Eultustheil fei, ift eine Streit:
frage ; mandhereformirte Kirchen entbehren fie ganz,
die [utherifche dringt jet mehr auf liturgifchen Act.
Ein eigentlid) veliaiöfer Act ift daS Begräbniß an
und für fich nicht ; zum religiös-firdhlichen ward es
erft in der Katholischen Kirche durd) die magifche
Auffaffung der Heilsvermittlung, die Yehre vom
Feofeuer und die Geftaltung der Lehre von ber
Auferftehung, welche die Weihe des Grabes be:
dingte. Die Reformation ftellte den Predigeran das
Grab, um dem Aberglauben der Seelenmefien und
der Fürbitte für den Todten zu wehren und durch
erbauliche VBermahnung befleren Troft zu fpenden.
Das Perſönliche blieb lange in die vom Schul:
lehrer oder einem Nachbarn verlefene fogenannte
Abdanfung (einen kurzen Lebensabriß des Ver:
ftorbenen) verwieſen. Das Streben, die Monotonie
der häufig wiederkehrenden Leichenpredigten zu
538
Leiden
vermeiden und das Intereffe der Zuhörer zu fef:
jeln, führte dann häufig zu einer breiten Behand:
lung der Perfonalien, die ſich nicht felten bis zu
friehenden Xobreden auf den Berftorbenen und
feine Familie verirrte. Ebenfo häufig findet fich in
den Leichenpredigten felbft hervorragender Kanzel:
redner der vorigen Jahrhunderte das andere Er:
trem einer völlig objectiven und gelehrten Erörte:
rung der Sprit und Kirchenlehre von Tod und
Auferstehung, jo daß die alten Keichenpredigten zu
dem Allerungenießbarften der homiletifchen Lite:
ratur gehören. Val. die Homiletifen von Palmer,
Schweizer, Schmid,
eiden. ©. Leyden.
Keiden. Der Menſch verhält fich der Außenwelt
egenüber theils leidend, theils thätig. In beiden
Fllen ftrebt er, die Außenwelt feiner Perſönlich—
feit zu unterwerfen oder das Yeben zu beberridhen,
in dem leßteren Falle dadurd, daß er Kraft auf:
bietet, die Einwirkungen der Außenwelt auf ihn
nicht bis zur Ueberwältigung feiner Perſönlichkeit
gelangen zu laffen, fondern diefelben vielmehr jei:
nerjeitö zu bewältigen. Sind nun die Eindrüde
der Außenwelt der Art, daß fie eine Verminderung
ſeines vollen perfönlichen Lebens herbeiführen, die
er ald Schmerz empfindet, fo ift der im Menichen
hervorgerufene Zuftand das Leiden. Sole Ein:
drücke können gewöhnlich nicht vermieden werben,
weil fie auf (fogenannten zufälligen) Combinatio:
nen der Greigniffe beruhen, weldye nicht in ber
Macht des Menfchen liegen, 3. B. Krankheit, Ar:
muth, Berlufte an Freiheit, Gütern u. f. w., und
weil die Beichaffenheit der menfchlihen Seele fo
ift, dafı fie fich diefen Eindrüden nicht willkürlich
verichliehen kann, Um fo wichtiger ift die Betrach—
tung des Leidens vom fittlichen Standpunfte, d. b.
die Frage: wie ift das Leiden fittlich zu überwin—
den? Der Stoicidmus, welder Gleihgültigteit
gegen das Leiden verlangt, beruht auf Selbittäu:
ſchung, und der Epifureismus vermehrt durd) feine
Leidensjcheu nur das Maß der Leidensempfindung
im falle des unvermeidlichen Leidens. Erſt das
Chriſtenthum hat die rechte Stellung zum Leiden
gefunden, jo daß es nicht bloß eine Erlöfung von
der Sünde und Schuld in Chriftus giebt, ſondern
auch von dem Uebel und Yeiden, was die befannte
Antwort Jeſu an den Täufer(Mattb. 11,4.11) auch
andeutet. Eine richtige Auffafjung des Leidens war
in der vordhriftlichen Beit noch nicht möglich geweſen.
Der Hebraismus hattewenigitens einereligiöfe Auf:
feffung, d. h. er brachte das Leiden in beftimmte
Beziehung zur göttlichen Weltregierung, allein er
beging den Fehler, das Leiden fait ausſchließlich
als Strafe Gottes für die Sünde zu betrachten
nach dem befannten medanifchen Gerechtiateits:
begriff, welcher aud) ivdiiches Süd als nothmen:
dige Belohnung der Frömmigkeit anſah. Schon
das Buch Hiob, wie einzelne Vjalmftellen (73) er:
"heben den Zweifel an der Richtigkeit dieſer Auffai-
ung und zeigen die praftifche Unmöglichkeit, das
Leiden zu tragen vom Standpunft diejes Leidens:
beariffes. Aber auch das Buch Hiob weift nur erit
auf die Geheimniffe Gottes hin, zu welchen auch
das Yeiden gehört und welden gegenüber der
Menſch demuthsvoll tragen und ſchweigen fol,
aber fchon ift die Zdee der Prüfung und Läu:
terung unverkennbar, bejonders in den Neben bes
Elihu. Faft in den Mittelpunft der MWeltan:
ſchauung trat Die Jdre des Leidens im Chriften:
Leiden Chrifti
thum, Durch das Leiden Chrijti jeibit fiel der alte
Glaube hinweg, als fei das äußere Leiden immer
auch ein wirkliches inneres Unglüd, und es trat die
aroße Idee auf von der Möglichkeit einer innern
Glückſeligkeit jelbft mitten im äußeren Leiden,
welche ſich zugleich in vollendetiter Weile im lei
denden Chriftus verwirklihte (2. Kor. 4, 7; 1.
Petr. 3, 14 u. ö.). Indem der chriftliche Gottes:
begriff Gott die Liebe nannte, fonnte auch das Lei:
den nicht anders betrachtet werden al3 vom Stand:
punfte göttlicher Liebe; es erjchien als eine erzie:
hende Thätigkeit göttlicher Yiebe (Hebr. 12, 6), fo:
wohl für die Yeidenden jelbft als für Andere (Kol.
1,24). Das Leiden war aljo Mittel zu einem hö—
bern ſittlichen Zwed, und in diefem Sinne hatte
auc das Leiden feinen bittern Stachel verloren.
Der Blid auf den Endzwed des Leidens läßt das-
jelbe ertragen mit Ergebung in den göttlichen
Willen, der es beſchloſſen hat, und mit der Geduld,
welche wartet auf die Bollendung des Wertes Got:
teö an und; das Leiden bat nicht mehr den Cha:
ralter der Strafe, fondern denjenigen eines den
Menihen von der vergänglihen Außenwelt nad)
der jeligen Innenwelt zurüdwendenden Proceſſes
fittliher Verklärung (Röm, 5,3). Namentlich trägt
das Leiden „um der Gerechtigkeit“ und „um Chrifti
willen“ jenen himmlischen Lohn in ſich jelbit, der
den Märtyrern die Freubigleit des Leidens und
Sterbens verliehen hat(Matth. 5,4-12). Das Lei:
den ift nicht mehr die überflüffige Laft des Lebens,
ſondern der nothwendige Durchgang zum wahren
Leben (Matth. 10, 33; 16, 24; 2. Kor. 4, 1). Die
„zukünftige Herrlichteit“ bildet zugleich die voll:
ftändige Ausgleihung des im Leiden fcheinbar ge:
ftörten Gleichgewichtes zwiſchen Gerechtigkeit und
Slüdjeligfeit (Lu. 16; Röm. 8, 18); und die
Hoffnung ift das hriftlihe Gefühl, welches das
Gefühl des Leidens durch feine Kraft und Be:
ieligung erträglich macht oder fogar überflü:
gelt. Vor zwei Gefahren, melde von diefer
riftlihen Auffaffung aus möglich find, hat ſich
das chriſtliche Leben nicht immer gehütet, einmal
vor der ſchwärmeriſchen Leidensjucht, weiche das
Leiden als höheren Stand des chriſtlichen Lebens
aufjucht, und vor der Fatholifchen Veräußerlichung
des XLeidensbegriffes, welche das Leiden als Bi:
bung der Sünde betradtet und lohnfüchtig auf
Dergeltuna rechnet.
Leiden Ghrifli. ©. SOHSAL
Leidenihaft ijt die ungejunde Steigerung des
Willens nad) irgend einer Richtung des Begehrend
hin, hervorgerufen durch einen finnlichen oder felbft-
füdtigen Trieb, der in hohem Grade gereizt ift,
und dem die fittlihe Selbftbeftimmung einen
Wibderftand mehr zu leiften vermag. Die nor:
male Beichaffenheit des Willens, welche darin
bejteht, daß jeder Willensact ein Act perjön:
licher Selbjtbeftimmung ift, hört auf, wenn fi
ein mächtig erregter Trieb unmittelbar auf den
Willen wirft und ihn gewaltfam nad) der Beirie:
digung beflen treibt, was der Trieb begehrt. Nur
uneigentlid) kann Leidenſchaft auch im quten Sinne
verftanden werden, wenn 3. B. der Wahrheitätrieb
fih in dem Willensvermögen eines Menjchen in
außergewöhnlichem Grade geltend macht, weil hier
in der That eine pſychologiſche Analogie vorlient,
welche aber body richtiger mit dem Ausdrude Be:
aeifterung bezeichnet wird. Wird das Willenöver:
mögen nur in mäßiger Weiſe durch den Trieb
539
Leipzig
nad) einer bejtimmten Richtung hingelentt, fo ent:
fteht die Neigung ; dieje wird zur Leidenſchaft, je
mehr fie einen heftigen Charakter anninımt. Mit
dem Aifect hat die Leidenihaft die Aehnlichkeit,
dab auch hier die vernünftige Selbftbeftimmung
zurüdtritt ; fie ift aber von ihm dadurch verjchie:
den, daß der Affect durch einen plöglichen, über:
raſchenden Eindrud von außen entjteht, über den
die perjönliche Selbftbeftimmung nicht augenblid:
| lich Meifter wird und der daher eine heftig reagi:
rende Empfindung außerhalb der Selbjtbeftim:
mung entzündet, während die Leidenſchaft von
innen beginnt und nad) außen treibt. Vgl. Kant,
Anthropologie, ©. 276 ff.
Leidrad, Erzbifchof von Lyon. Als Bibliothelar
Karl's des Großen und Decan des Münfters zu
Zürich wurde ihm 798 von Karl das Bisthum
übergeben. 799 nad Urgel gejandt, um der Ber:
breitung des Adoptianismus zu wehren, bewog er
Felix von Urgel, ſich zur Unteruhung feiner Sade
| den Concil zu Aachen zu ftellen, und wurde dann
mit deffen Ueberwachung betraut. Eifrig in der Ber:
waltung jeines Amtes, legte er eö nad) dem Tode
Karl's nieder und zog fich in das Kloſter des Heil.
Medardus zurüd, wo er ftarb, Geburtsjahr wie
Todesjahr find ungewiß. Cine Abhandlung Leid:
rab’3 über die Taufe nebft. darauf bezüglidhen
Briefen an den Kaifer gab Mabillon heraus,
annalcs II, Baluze auch die übrigen Briefe und
opuscula,
Leipzig, Stabt im Königreihe Sachſen mit
80,000 Einwohnern, ſchon 1015 genannt, ber
Hauptftapel: und Commiſſionsplatz des gefammten
deutſchen Buch: und Kunfthandels, für den die mit
der Leipziger Dftermefje verbundene Buchhändler:
meſſe von bejonderer Wichtiafeit.ift. Durd) feine
Lage im Mittelpunkte Oſtdeutſchlands und in einer
weiten Ebene tft eö wiederholt der Schauplag von
Begebenheiten geworden, die nicht bloß auf die
VBrofangeihichte, fondern aud auf die Firchliche
Entwicklung bejtimmend einwirkten. Die Univer:
fität, geftiftet 4. Dec. 1409 aus Veranlaffung der
Unterdrüdung der Deutihen auf der Univerfität
Prag, reformirt 1539 durch Mori unter Zuziehung
von Gruciger und Medier, hatin ihrer theologiſchen
Facultät ftetö eine hervorragende Stelle einge:
nommen. Zuerft mit Wittenberg die Vertreterin
des Philippismus, hegte fie dann durch die Garp:
zov und Hülfemann eine ftrenge Orthodoxie,
welche jih dem von Franke eingeführten Pietis:
mus widerjegte und von ihr ausſchied. Auch der
Rationalismus und die Aufflärung haben ihre
würdigen Vertreter dort gehabt ; in der Gegenwart
herricht eine orthodox⸗lutheriſche Richtung vor.
Berühmte Theologen, weldye dort wirkten, find:
Gamerarius, Selneder, Carpzov, Hüljemann,
Lyſer, Dlearius, Erufius, Erneſt, Gellert, Bolli:
kofer, Hahn, Jlgen, Keil, Rojenmüller, Tittmann,
Tichirner, Winer; der Gegenwart gehören an:
Luthard, Lechler, Kahnis, Tiſchendorf. Wegen
der Univerſität iſt ſeit 1848 das Miſſionsin—
ſtitut der Norddeutſchen Miſſionsgeſellſchaft hie—
her verlegt. Aus der kirchlichen Geſchichte der Neus
zeit ift zu erwähnen der Yeipziger Belenntnißftreit
1825 und die Bildung der deutſchlatholiſchen Ges
meinde 1844, in deren Mitte das erfte deutichla:
tholiſche Coneil am 23. März 1845 abgehalten
wurde, welches der neuen Kirche den Namen deutſch⸗
fatholifch und ein neues Glaubensbelenntniß gab.
Zeipziger Colloquium
Aus früherer Zeit find zu erwähnen die Disputa=
tion 1519 (f. d. Art.) und die Convente 1624 und | fi
1651. Der erftere erließ die vom Kurfürſten beftä:
tigte deeisio (Entfcheidung) in dem chriſtologiſchen
Streite der Tübinger und Gießener Theologen
über den Gebrauch der göttlihen Eigenſchaften
Ehrifti im Stande der Erniedrigung; der andere
verfaßte „ven kurſächſiſchen Augapfel” der Augs«
burgifchen Confeſſion.
teipziger Gollogquium (3. bis 23, März 1631),
einer der Unionsverjuche der deutjchen Kirche. Es
fand als eine Privatverhandlung Statt gelegent:
lich des Fürftenconvents zu Leipzig 1631, auf wel:
chem die Kurfürften von Brandenburg und Sad:
fen mit dem Landgrafen von Heſſen ſich einigten,
der Vollziehung des Reftitutionsedictes fich ge:
meinfam zu mwiderjegen. Theilnehmer waren bie
reformirten Theologen Crocius, Theoph. Neuber:
ger und oh. Bergius, die Iutherifchen Leyſer,
Heinrich Höpfner und der Oberhofprediger 2
von Koönegg, welder den Borfig führte. Der
Beiprehung zu Grunde gelegt wurde die Augs—
— Confeſſion, welche die Reformirten zu
unterſchreiben Willens waren. Als Differenzen,
welche jedoch die Möglichkeit einer gegenſeitigen
Duldung und eines gemeinſamen Handelns gegen
ben gemeinſamen Feind nicht ausſchließen follten,
ftellten fich heraus die Lehre von der Ubiquität
und der mündlichen Geniefung des Leibes und
Blutes Chrifti im Abendmahl. In der Lehre von
der Önadenwahl blieb die Differenz eine rein for:
male. Die Protokolle Pi nur privatim gedrudt
und verbreitet, Einen Erfolg hatte das Colloquium
nicht, da ſelbſt Hos aus Furcht vor den Angriffen
eifriger Barteigenofjen wieder fchroffer gegen die
Neformirten auftrat.
Leipziger Disputation (1519). Gegen die An:
griffe des Dr. Eck zu Ingolſtadt auf Dr. Luther
wegen jeiner Säte über den Ablaf in den obe-
lisci hatte Karlſtadt in akademiſchen Disputatio:
nen zur Bertheidigung der Rechtgläubigkeit der
zn Profefjoren 300 Saͤtze aufgeftellt,
denen er 26 Thejen über den freien Willen anfligte.
In dem beginnenden Schrifttreite hatte er fich er:
boten, diejelben in einer öffentlihen Disputation
gegen Ed zu vertheidigen. Diefer nahm die Her:
ausforderung an, und zwiſchen ihm und Luther
wurde 1518 zu Augsburg die nähere Verabredung
deßhalb getroffen. Die Disputation follte 1519
u teipaig Statt finden. Ein Angriff Eck's auf Lu:
ber Februar 1519 in 13 Thefen, die ſich auf Buße
und Ablaß bezogen, nöthigte Luther gegen feine
ursprüngliche Abficht, fi) an der Disputation zu
betheiligen. Sie wurde am 27. Juni 1519 in Ge:
genmwart des Herzogs Georg eröffnet. Nachdem
vom 27. Juni bis 3. Juli zwifchen Ed und Karl:
ftadt über den freien Willen verhandelt war, wurde
vom 4. bis 13. Juli zwiſchen Luther und Ed dis:
putirt, zunächſt über die 13, Theje des lektern,
welche beftritt, daß die römische Kirche nicht ſchon
vor Bapft Sylveſter's Zeiten über alle andern er:
hoben gewejen jei. Luther hatte ihr die Zeugniffe
der Gerichte, ber heil. Schrift und das Nicänifche
Coneil —— — Es ſchloß ſich hieran ſeit
dem 8. Juli eine Disputation über das Fegfeuer,
vom 11. bis 13. von Ablaß und Buße, wonach
am 14. noch einmal die Berhandlungen zwiſchen
540
Leitomiſchl
Geſprächs auf die Menge war —— Ed gün:
tig, allein die Veröffentlichung der ihm abgenö-
thigten Ya rg lief ihn bald durchaus nicht
als Sieger erſcheinen. Er behielt von dem Gejpräd
die Erbitterung, mit der er die Bannbulle erwirkte.
Ranke hat gezeigt (deutfche Geſch. im Ref.:Zeit-
alter, I), welch ein entſcheidender Wendepuntt diefe
Disputation für Luther's reformatorische Entwide:
lung geworden ift. Erft — — kam er — durch die
Frage über Huß und die ſich daran knüpfende über
die Autorität der Concilien, fo wie durd die da—
durch veranlaßten biftorischen Forfchungen Luther's
— zu dem entjchiedenen Bruch mit der röm. Kirche.
Dal. Seidemann, die Leipz. Disputation 1843.
Reipziger Interim, richtiger: Beichluß des Leip—
ziger Xandtags 1548. Die feinen Yandftänden ge:
gebenen Zufagen hinderten den Kurfürſten Moritz
von Sachſen, das Augsburger Interim in feine
Länder einzuführen. Er verfuchte deßhalb eine Ber:
mittlung und berief zur Aufitellung einer einftwei:
ligen Einigung nebft feinen Räthen Julius Pflug,
Biſchof von Naumburg, J. von Maltiz, Biſchof
von Meißen, Georg von Anhalt, Adminiftrator
von Merjeburg mit Melanchthon, Georg Forſter
und Paul Eber nad) Begau am 23. Augujt 1545
und da feine Einigung Statt fand, am 18. Octo:
ber nad Torgau, wo über einen neuen Entwurf
verhandelt wurde. Auf einem neuen Convent zu
Klofter Celle vom 16. bis 20. November, an dem
noch andere Theologen Theil nahmen, verstanden
fich diefe, eingejhüchtert durd) ihnen vorgehaltenen
Gefahren, dazu, in der Nechtfertigungslehre abzu:
fhwächen und in Bezug auf die Cultusformen
nachzugeben. Diefer Cellifche Abſchied (das große
Interim) wurde am 25. December zu Leipzig den
Ständen vorgelegt und mit deren Modificationen
im evangeliihen Sinne ald Beſchluß des Yand-
tags publicirt und 1549 eingeführt. Der Name
Leipziger Interim rührt von Flacius ber, der es
in feiner Ausgabe desjelben 1553 fo nannte. Das
Interim nimmt faft den ganzen Meßkanon mit
der Briejterfleidung an, die ficben Sacramente, die
Gewalt der Biſchöfe, Bilder, Falten, Fafttage und
Gebete für die Verftorbenen. Auf dasfelbe führen
fi) manche ſächſiſche Eultusfitten zurüd. Es galt
bis 1552. Weil die Vertheidiger des Interims die
gugeftänbnifle als Adiaphora bezeichneten, die
Gegner aber darin eine Berleugnung erblidten,
— ſich aus Anlaß desjelben der adiaphori—
ſtiſche Streit. Vgl. Birck, dreifaches Interim,
Leipzig 1721.
Leitmeritz. Da unter den Huffitenbewegungen
jämmtliche böhmijche Suffraganbisthümer einge:
gangen waren, jo übermwies bei feiner Gegenrefor:
mation Denen II. der congregatio de propa-
ganda fide gemifje Einkünfte, um daraus vier
neue Bisthümer zu dotiren. Das erite derſelben ift
Yeitmerig, welches Innocenz X. 1654 anerkannte.
Der erite Bifchof, Rudolph von Schleinig, wurde
1655 in Rom geweiht. Mit der anfänglich jebr
Heinen Diöcefe wurden 1784 die Kreife Bunslau
und Saaz vereinigt.
Leitomiſchl wurde 1334 ald Suffraganbisthum
der zum Erzbistum erhobenen Prager Diöceje
begründet. Die Huffiten eroberten 1425 die Stadt
und hoben das Bisthum auf, deffen Güter in mwelt:
| liche Hände kamen. Den Plan Ferdinand’ IL, es
Ed und Karljtadt über den freien Willen aufges |
nommen wurden. Der unmittelbare Eindrur des |
wiederherzuftellen, fonnte erft Yeopold I. 1664 un:
ter Alexander VII. ausführen.
Lelong
Lelong, Jacques, geboren am 19. April 1665
zu Baris, war, für den Johanniterorden bejtimmt,
al3 Knabe zur Erziehung nad) Malta geſchickt. Als
ihm aber das Leben dort verleidet wurde, erbat er
fi einen Urlaub, um in Paris feinen Studien
obzuliegen, und trat nad) deren ee rn. 1688
in bie Benankgalion des Dratoriums, Nachdem er
ald Lehrer der Mathematit am Collegium zu Juilli
und anı Seminar de Notre Dame des vertus bei
Paris gewirkt hatte, ward er Bibliothekar an der
teihen Bibliothef des Dratoriums St. Honore
1699. + 1721. Seine beiden Hauptwerte find bi-
bliotheca sacra, Par. 1707, ein Verzeichniß der
Ausgaben und Ueberſetzungen der Bibel; nad) ſei—
nem Tode erichien 1723 eine neue Bearbeitung;
eine weitere Ausgabe beforate A. G. Maſch, Halle
1778—%, 5 Bde,, und bibliotheque historique
de la France, Verzeichniß der franzöfiichen Se:
ihichtsjchreiber, Par. 1719. Seine Biographie j.
in der bibliotheca sacra.
Lemberg (poln. Lwow), die Hauptſtadt von Ga:
lijien mit 75,400 Einw., ift der Sig von drei Erz:
biihöfen, eines griechiſch- unirten, eines armeniſchen
und eines katholiſchen. Das griechiſche Bisthum
wurde hierhin von Halicz 1539 verlegt und iſt ſeit
1807 zum Erzbisthum erhoben. Der Widerſpruch
gegen die auf den Synoden zu Brezsc 1595 und
1546 beſchloſſene Union wurde namentlich von £.
aus geleitet, defjen Bijchof erft 1700 derjelben beiz
trat. Es bejteht in 2. ein Generaljeminar zur Bil:
dung griehifch:unirter Kleriker. Die Diöceje um:
faßt in 485 Decanaten ca. 1,500,000 Seelen. Das
armenijche Erzbisthum befteht jeit 1365 und ftand
früher unter dem Patriarchate von Etſchmiadin,
hat fi) aber 1624 dem römischen Stuhle unter:
worfen. Dane ae nur 7 Bfarreien mit
5000 Seelen. Das lateiniſche Erzbisthum war 1375
geistenz zu Halicz errichtet und wurde 1414 nad)
. verlegt; es umfaßt 25 Decanate. Unterworfen
find ihm die Bisthümer von Przemisl und Tarnow.
Lenfant, Jakob, geboren am 13. April 1661 zu
Beaufje in Frankreich. Sein Bater, ein reformir:
ter Prediger, wanderte 1685 aus und jtarb 1686
zu Darburg. L. hatte zu Saumur, Genf und Hei:
deiberg ftudirt und wurde an lepterem Orte Bajtor
der frangöfifchen Kirche und Caplan der Kurfürftins
Wittwe. Bei dem Einfall der Franzojen in die
Balz floh er 1683 nad) Berlin, wo er 1659 eine
Stelle an der franzöfiich-reformirten Kirche erhielt.
Zum Hofprediger der Königin und Oberconfiito:
rialrath ernannt, erwarb er ſich als kirchenhiſtori—
ſcher Schriftjteller durch Kenntniffe und Bered:
ſamkeit Auf. Einen Antrag, Hofcaplan bei Anna
von England zu werden, lehnte er ab. + 7. Auguſt
1728. Er fohrieb: histoire du concile de Pise,
1724; histoire du concile de Constance, 1727;
histoire de la guerre des Hussites et du coneil
de Bäle, 1730. Mit Beaufobre gemeinſchaftlich
verfaßte er eine neue Ueberjegung des Neuen Te:
ſtaments.
Lengerke, Cäſar von, geb. am 30. März 1803
zu Hamburg, wurde 1829 Profeffor der Theologie
und der orientaliihen Sprachen zu Königsberg.
+3. Febr. 1855. Seine größeren Schriften find:
de Ephraemi Syri arte hermeneutica liber, 1831;
das ud Daniel, 1835; Kenäan, Volls- und Ne:
ligionsgeſchichte Iſraels, 1. TH. bis zum Tode des
Jofua, 1844.
entulus. Unter diefem Namen ift ein apofry:
541
Leo J.
phifcher Brief vorhanden, welcher an den römischen
Senat von einen Römer Lentulus praeses Hie-
rosolymitanorum gerichtet, eine Schilderung der
Geſtalt und des Auftretens Chrifti enthält. Der
Brief, handjchriftlich mehrfach vorhanden, wird
zuerft erwähnt von Laurentius Valla (+ 1457),
der jeine Echtheit betritt; gedrudt findet er ſich
zuerft in der erften Drudausgabe des Anjelmus,
dann in den Magdeburger Centurien. Seine Un:
echtheit ergiebt ſich ſchon aus dem Titel des L., da
ein ſolches Amt nicht beftand, den Anklängen an
bibliſche Ausdrücke, die bei einem Römer und Hei:
den unmöglich waren, u. A. Wahrjcheinlich tft er
der Seftaltbejchreibung Chriſti nachgebildet, welche
der griechiſche Gejchichtichreiber Nitephorus im 14.
Jahrhundert gab.
Leo Allatius, geb. 1586, + 1669. S. Allatius.
Leo I. der Große. Der Brimat des bifchöflichen
Stuhles zu Rom, welder bis dahin fich langjam
und allmählid aus den Berhältniffen entwidelt
hatte, wurde von ihm zuerfi mit Bewußtſein und als
Glaubensſatz der Kirche behauptet, dogmatijc aus
dem Verhältniffe des Petrus zu Chriftus, feinen
Mitapojteln und der Gemeinde zu Rom begründet
und mit Klugheit und Energie, nicht immer auf
ſittlich unanfechtbare Weife durchgeführt, jo daß
er der „erite Papft unter den Biſchöfen Roms“
genannt worden ift. Der weltlichen Macht des
Kaiſers unterordnete er ſich zwar noch, aber indem
er ihr die Pflicht zufchreibt, auch mit ihren Mit:
teln feinen Ausſprüchen zur Geltung zu verhelfen,
deutet fich die Conjequenz des Syſtems an, welche
Gregor VII, gezogen hat. Leo's Geburtsort und
Geburtsjahr jind unficher. In Rom oder Tuäcien
gegen Ende des 4. Jahrhunderts geboren, wird er
zuerft 418 als Abgefandter des Papjtes Zofimus
nad) Karthago genannt. Unter Eöleftin 423 —432)
Diafon, hatte er bereitö bedeutenden Einfluß, der
ſich namentlich gegen die Anjprüche Juvenal’3 von
Jeruſalem und gegen Julian von Eclanum gel:
tend machte. Zum Bapjte wurde er 440 erwählt,
während er in Gallien beauftragt war, den Streit '
der Feldherren Aetius und Albinus beizulegen.
Seine Suprematie machte er zunädft in Nord:
afrika geltend, wo Unordnungen inden Bejegungen
der geiſtlichen Stellen ſich eingefchlichen ——
Seine Vorſchriften in einem Rundſchreiben fanden
Unterwerfung, da die frühere Widerftandötraft
unter den Berfolgungen der VBandalen und der
Verwirrung der Zuſtände gebrochen war. In Dit:
Illyrien kam ihm der Biſchof von Thefjalonich (jeit
435), Anaftafius, entgegen, der ihn um Beftäti-
gung erfuchte, und den er zu feinem Vicar ernannte
444, während er die Befugniffe der Heinen Metro:
politen ausdehnte und die Appellationen nad) Rom
zog. In Gallien widerjegte ſich Dilarius von Arles
(+ 449) den päpftlihen Anſprüchen, al3 Leo fid)
des von jenem entjegten Biſchofs Calidonius an:
nehmen wollte. Obgleid) Leo von Balentinian 445
eine lex edictalis erwirkte, in welcher die Ansprüche
des päpftlihen Stuhles unter den Schuß des fai-
jerlihen Schwertes geftellt wurden, gelang es ihm
doch nicht, wie er beabfichtigte, Hilarius die Me-
tropolitanrechte zu nehmen und auf Vienne zu
übertragen. In Spanien wurde er von Turibius
von Aſtorga gegen die Priscillianifien angerufen.
Nach jeinen Aunftructionen wurden die regula fidei
und die Maßregeln gegen diejelben von den ſpa—
niſchen Synoden 447 feitgefegt. Mit gleichem Eifer
Seo II.
und gleicher Strenge trat er 440 gegen die Mani:
der auf, welche von Afrika aus ſich in alien
eingejchlichen hatten. Den entjcheidenden Kampf
aber führte er im Oriente, wo ihm Diosfur von
Alerandrien entgegenftand. Den Anlaß gab der
Eutychianische Streit, in welchem jowohl Eutyches
als Flavian feine Entfcheidung in Anſpruch nah:
men 449. Zu der wider jeinen Wunſch berufenen
Synode von Ephejus jandte er feine Legaten,
welche zugleid an Flavian die berühmte epistola
dogmatica überbradten, in welder Leo die or:
tbodore Lehre von Chriftus auseinanderjekt, deren
Annahme er von der Synode verlangte. Der un:
ünftige Ausfall der Räuberſynode entflammte
—* Zorn und Eifer. Mit der Thronbeſteigung
ſeiner Gönnerin, der Pulcheria, war ſein Sieg ent:
ſchieden. Der Patriarch Anatolius von Conſtanti—
nopel unterwarf ſich ihm; Kaiſer Leo ſchrieb ein
neues Concil aus, welches 451 zu Chalcedon zu—
ſammentrat und in welchem Leo durch ſeinen Le—
aten den Vorſitz führte. So wurde ſein Gegner
Dioskur entſetzt und die Lehre von Chriſtus, wie
ſie in dem Briefe an Flavian enthalten war, als
orthodox anerkannt. Dem Beſchluß, daß der Bi—
ſchof von Conſtantinopel I Rechte mit dem zu
Ron haben jollte, widerjegte ſich Leo und benußte
die an das Concil zu Chalcedon ſich ſchließenden
fichlien Unruhen im Orient, um von Conftan-
tinopel eine theilweife Unterwerfung zu erlangen.
Leo's Vermittlung welche die Legende wunderbar
ausgeſchmückt hat, gelang es, den Hunnenkönig
Attila 455 zum Rüdzuge von Rom zu bewegen;
einige Jahre jpäter konnte er von dem Vandalen
Geijerich nur das Berjprechen erlangen, die Stadt
mit Mord und Brand zu verjhonen. Yeo ftarb
461. Sein Todedtag wird verjchieden angegeben,
11. April, 28. Juni, 30. October, 4. und 10, No:
vember; die Kirche feiert fein Gedächtniß den 11.
542
— — — — — — — — — —
Leo VIII.
wie es ſcheinl durch Simonie auf den päpſilichen
Stuhl gelangt, bewarb er ſich durch Alcuin um die
Gunſt Karls des Großen. Zu ihm flüchtete er auch
799 nad) Paderborn, ald er mit Mühe einem
Mordanfall durch Verſchworene entgangen mar.
Die gegen ihn dort angebradhten Klagen des Che:
bruchs und der Simonie fanden fein Gehör und
Leo, unter dem Schuge Karl's nah Rom zurüd:
geführt, reinigte fich im folgenden Jahre auf einer
Synode in Rom durd) einen Eid. Am Meihnadts:
feite des J. 800 fette er Karl während der Mefie die
Kaiſerkrone auf, nad) einer wahrſcheinlich fchon in
Baderborn —— Verabredung, und eröffnete
damit die bedeutungsvolle und einflußreiche
Verbindung des fränkiſch-deutſchen Reiches mit
Rom und der Kaiſerwürde. Noch einmal 304 be:
juchte der Papft den Kaifer in Rheims. Nach dei:
jen Tode mußte er noch einmal eine Verſchwörung
bejtehen und nur der Schug Bernhard's von Jta:
lien unterbrücdte neue Aufitände. Die nad) dem
Erdbeben 801 von ihm angeordnete Feier eines
dreitägigen Bittgangs vor dem Himmelfahrtäfeite
blieb in der firhlihen Sitte bejtehen. In dem
Streite um den Zujat filloque im Symbol, der
unter ihm begann, vermied er eine Entiheidung,
indem er den Yehrinhalt der Formel zwar billigte,
aber die Aenderung im Symbol tadelte und ft}
vergeben3 bemühte, in der fränkischen Kirche die
Weglaſſung der jo beftrittenen Worte zu erlangen.
Leo IV. 817555. Die nur allzu begründete
Furcht vor den Einfällen der Saracenen war Ber:
anlaſſung zu ſeiner Inthroniſation gemejen, ehe noch
die kaiſerliche Genehmigung eingelaufen war. Seine
Hauptthätigkeil galt der Sicherung Noms und Ita⸗
liens gegen dieſe Feinde. Er erbaute jenſeit des
Tiber bei der zerſtörten und von ihm wieder auf—
gerichteten BSalllıza des h. Petrus, eine neue wohl:
befejtigte Vorjtadt und verftärkte die Mauern der
April, Um jeine Interefien im Morgenlande zu | ganzen Stadt. Auch vermittelte er ein Bündniß
vertreten, ſchuf er die Sitte, am faiferlichen Hofe italieniſcher Seeftädte, die dann 849 einen glän:
beftändige Zegaten zu unterhalten. Auch eine neue | zenden Seefieg bei Dftia über die Saracenen er:
Berechnung der Diterfeier, welche er veranftalten
ließ, jollte durch Conformität der Einheit der Kirche
dienen, doch blieb die Berjchiedenheit mit dem
Drient beſtehen. Auch nad) der innern Seite führte
er den Bau der römischen Kirche der Vollendung
entgegen, indem er für geheime Sünden Privat:
beichte und Brivatcommunion anordnete, woraus
die Nothwendigfeit der Beichte vor dem Briefter
überhaupt ſich von jelbft entwideln mußte. Es find
vorhanden von Leo 96 ald echt anerkannte Ser-
mones und 173 Briefe, welche ein getreues Bild
der kirchlichen Zuftände feiner Zeit und feines
Wirkens enthalten. Ob andere Schriften ihm mit
Recht zugeſchrieben werden, ift mindeſtens zweifel⸗
daft. Seine Werke find herausgegeben von Paſch.
ueönel, 1700; P. und 9. Ballerini, 1753—57,
Vened. Bol. Arndt, Leo der Große, Mainz 1835;
Perthel, Leo's I. Leben und Lehren, Jena 1843.
Leo II. (682— 683). Das Begehren des Kaiſers
Conſtantin, einen jtändigen, mit unbejchräntten
Vollmachten verjehenen Gejandten in Conftanti:
nopel zu halten, vermied er durch Sendung eines
Subdiafons. Er überjegte ſelbſt die Acten des 6.
Concils und verjandte fie an die ſpaniſchen Bis
fchöfe, führte den Friedenskuß und die Beipren-
gung des Voltes mit geweihten Wafjer ein und
verbefierte den Gregorianischen Hirchengejang.
— III. (795-816). Nach dem Tode Hadrian's J.
fochten. In dem Streit Ebbo's und Hincmar’s
von Aheims um das Erzbisthum, mußte er nad:
geben und fandte das Ballium an Hincmar. (S.
d. A.) Welche Anfprüche er an feine Würde knüpfte,
zeigt die Beränderung der Anrede an die Füriten,
indem er jeinen Namen vorjette und das Wort
dominus den Fürſten gegenüber vermied. Vgl.
Gregorovius, Geſch. der Stadt Rom, Stuttgart
1859 — 63; v. Reumont, II, Berlin 1868; Bar:
mann, die Bolitif der Päpfte, I, Elberfeld 1868.
— V, 903, ein Benedictiner. Wenige Tage nad
feiner Wahl ließ ihn der Gardinal Chriftophorus
gefangen nehmen und nöthigte ihn zur Entfagung,
weil er fein Gefchid zum Regieren babe,
— VI, Sanquigna, Juli 928 bis Februar 929,
Nach Einigen iſt er an Gift durch die Marozia,
nad) Andern im Gefängniß geftorben. Beides iſt
gleich ungewib.
— VII 936—939. Er bejtellte den Biſchof
Gerhard von Bafjau:torch zum apoftolischen Stel:
vertreter in Süddeutjchland und überjandte ihm
das Pallium. Da hiemit die alten Rechte Salz:
burgs gejhmälert wurden, entipann fich ein bitte:
rer Kampf zwijchen den beiden Bisthümern, bis
Benedict VI. die Metropolitanrehte Salzburgs
wieder ) tellte,
— VID. 963—865. Als Kaijer Otto I. auf
einer Synode in der Peterstiche den lafterhaften
Leo IX.
Johann XII. abjeten ließ, wurde Leo, bisher
Erztanzler, Archidialonus und noch Xaie, zum
Lapfte gewählt. Nach Otto's Abzug mußte er
jwar auch vor den aufrühreriichen Römern flie:
ben, die Johann XII. zurüdtiefen und nad) jeinem
bald erfolgten Tode Benedict V. zu jeinem Nad):
jolger wählten, Nad) der Eroberung Noms aber
duch Otto I64 mußte Benedict ſich unterwerfen
und wurde auf einem Concil 964 zum Dialonus
degradirt. In einer noch erhaltenen Urkunde
(Berg, Leges II Anhang p. 167) anerlannte er das
Recht Otto's und feiner Nachfolger, Biſchöfe und
Pärfte zu ernennen und zu belchnen, jo day ein
nit vom Könige gewählter auch nicht die Weihe
erhalten dürfe, Die bejtrittene Echtheit der Ur:
funde wird von proteitantifchen und katholiſchen
Schriftftellern anerfannt, und es erflärt jich die:
jelbe aus den damaligen Verhältniffen des römi—
ſchen Stuhles, Leo jtarb 965. Val. Barmann, die
Politik dee Päpfte II, Elberfeld 1869.
Leo IX. 1049— 1054. Er war früher Biſchof
von Toul, aus dem Gejchlechte der Grafen von
Dagsburg, und wurde von Heinrich ILL. 1048 nach
Damajus II. Tode zum Papfte dejignirt. Cr
nahm die Wahl erit dann an, als auch das Bolt
und der Klerus zu Rom feine Zuftimmung gege:
ben hatten; 1049 wurde er conjecrirt und eine
feiner eriten Amtshandlungen war, Hildebrand
(Gregor VIL.) zum Güterverwalter des Stuhles
Petri zu ernennen. Bon deſſen Rathſchlägen lieh
er fich leiten, und jein Regiment verräth die Gre—
gorianischen Tendenzen. Zu Oſtern 1049 hielt er
eine Synode in Nom gegen Simonie und Briejter:
= und lieh jehr jtrenge Bejtimmungen abfajjen.
Während feines Pontificates war er fait fortwäh—
rend auf Reifen, mehrmals in Deutjchland, theils
um des Kaijers Hülfe gegen die Normannen zu ge
winnen, theils um auf Synoden die Kirchenzucht
wieder herzuitellen. Die wichtigste von dieſen war
1049 zu Rheims, wo eine Reihe kirchlicher Geſetze
ber Simonie, Ehe und die Verhältniſſe der Mönche
und Geiſtlichen erlaffen wurde. Dem Erzbiäthum
Trier übertrug er das Primat in Deutjchland,
machte dagegen den Cölner Erzbifchof zum Kanz:
ler des römtschen Stuhles und gab dem Gapitel
wichtige Vorrechte, welche es unabhängig vom Kai:
jer machten und an Rom banden. Auf dem Concil
zu Kom 1050 und der Synode zu Vercelli wurde
über die Härefie des Berengar verhandelt, die
Vertheidigung des Lanfranc angenommen und
Berengar verurtheilt. Das Beftreben Leo's, die
dem päpftlihen Stuhle entfremdeten Güter in
Süditalien wieder zu gewinnen und fie vor den
Normannen zu ihüten, verwidelte ihn in verhäng—
nigvolle Streitigleiten. Monate lang lebte er in
Benevent wie ein Gefangener der Sieger. Das
Bündnig mit Conftantinus Monomachus rief das
Sendſchreiben des Patriarchen von Conjtantinopel,
Michaei Eerularius, an Johannes von Trani 1053
hervor, in welchem die Kegereien der Yateiner ber:
vorgehoben und vor der Verbindung mit ihnen ge:
543
Leo X.
der Lehrbifferengen über ben Ausgang des h. Gei—
jtes, als wegen der Verſchiedenheit in Cultus, Sitte
und Verfaflung der morgenländifchen Kirche. Da
Heinrich III. jein gegebenes Verſprechen nicht
hielt, al3 er Bamberg gegen die kaiferlichen An:
iprüche auf Benevent eintaufchte, ein Heer gegen
die drohenden Normannen nad) Jtalien zu jenden,
jo kam doch Zuzug aus Deutjchland, meift aus
Berwandten und Angehörigen Leo's mit ihren
Mannen bejtehend. Leo ftellte ſich ſelbſt an ihre
Spitze trog des kanoniſchen Geſetzes und wurde
bei Civitate den 18. Juni 1053 von Robert Guis-
card, Humfried und Richard von Averja geichla:
gen und gefangen genommen. Neun Monate blieb
er in Benevent in Haft, in tiefer Trauer und har-
ter Asfeje, erjt im März 1054 kehrte er nach) Rom
zurüd und jtarb dort nad) einigen Wochen. Val.
Hunkler, Zeo IX. und feine Zeit, Mainz 1851;
Barmann, die Politik der Bäpite II, Elberf. 1869.
eoX. 1513— 1521. Giovanni de Medici, zwei:
ter Sohn Lorenzo's, wurde geboren zu Florenz den
11. Dec. 1475. Zum geiftlichen Stande beſtimmt,
erhielt er eine jorgfältige Erziehung und genoß den
Unterricht des Bolitian und des griechiſchen Flücht⸗
lings Chalcondylas. Schon 1488 zum Cardinal er:
nannt, trat er die Würde erft nad) Beendigung
jeiner Studien in Pifa 1492 an. Der Tod feines
Baters rief ihn nach Florenz; er mußte aber mit
jeinen Brüdern vor dem Aufſtand des Volkes flie:
ben. Bon einer längeren Reife durch Deutjchland
und Frankreich (1499) zurüdgefehrt, nahm er
die Pläne zur Wiedererlangung von Florenz auf,
Julius II, ernannte ihn nad der Einnahme von
Perugia 1505 zum Statthalter von Perugia und
1511 zum Legaten von Bologna und päpitlichen
Feldmarſchall zur Yeitung des Feldzugs gegen die
Franzoſen. In der Schlacht bei Ravenna 1512
gefangen genonmmen, gelang es ihm zu entlommen
und unterjtügt von einem ſpaniſchen Heere, ge:
wann er Florenz der Herrſchaft jeines —
wieder. Nach Julius II. Tode wurde er einſtim—
mig zum Papſte gewählt und am 19. März 1513
inthronifirt. Fein gebildet und prachtliebend wie
ein Medici, begünftigte er alle Künfte und Wiffen:
ſchaften, ftellte die Univerfität Nom ber, hatte aber
ohne Frömmigkeit und religiöfes Intereſſe perſön—
lid; fein Verſtändniß für Fragen auf kirchlichem
Gebiete. Sein Ziel war, feinem Haufe eine Herr:
ihaft in Italien zu begründen. Daher eröffnete
er jeine Regierung mit der Aufhebung des auf
Reform dringenden Concils von Piſa und der
Fortführung des von feinem Vorgänger Julius II.
zum Widerjpiel berufenen Yateranconcils. Daher
ſchloß er nad) der Schlacht bei Maregnano im Jahre
1515 mit Franz I. ein Bündniß (Concordat von
Bologna) welches die Freiheit der franzöfiichen
Kirche aufbob und wandte fid) wieder zu Maximi—
lian in Deutſchland, als dieſer 1516 gegen die
a zog, betrieb 1520reine Verbindung mit
Franz I, um Neapel zu gewinnen und trat 1521
gegen ihn in einen Bund mit Karl V. Die poli:
warnt wurde. Daran jchloß fich die päpſtliche Ge- tijche Stellung des Bapftes war von Einfluß auf
ſandtſchaft nad) Conjtantinopel, mit dem Cardinal
—— an der Spitze, deren Reſultat bei der
urückhaltung des Patriarchen war, daß am 16.
Juli 1054 die päpſtlichen Geſandten nad) Leo's
Tod die Ercommunicationsbulle auf dem Altar der
Sophienlirche niederlegten und jo das Schiäma
endgültig ausgeſprochen wurde, viel weniger wegen
die Entwidelung der deutichen Reformation. Auch
den Anſtoß zu derjelben hatte er durch den Ablaß⸗
handel gegeben, durch welchen er die Mittel zu
jeinem Prachtbau der Peterskirche gewinnen wollte,
Die aus Luther's = en drohende Gefahr erfannte
er nicht in ihrer Größe. Den 13, ar 1518
gab er dem Promagiiter der Auguftiner Gabriel
&eo XI.
von Benedig den Auftrag, das Feuer zu dämpfen;
544
Leodegar
ſchloſſen und die Bisthümer befegt, gleicherweiſe
am 7. Auguſt erließ er die Vorladung an Luther in Brafilien. Mit Preußen begannen die Ber:
vor das geistliche Gericht in Rom. Nur Rüdfichten
auf den Kaifer und den Kurfürjten beftimmten
ihn zu den Unterhandlungen durch Cajetan und
Miltig. Aber die Bulle von 1519 nahm den Ablaf:
handel und die päpftlihe Suprematie in Schutz.
Danach erwirtte Ed die Bannbulle gegen Luther
vom 15. Juni 1520, und die Verbrennung der:
felben durch Luther rief die zweite vom 3. Januar |
1521 hervor. Das Bündniß Leo's mit Karl 1521
war bejtimmt, päpjtlides und faijerliches Inter:
ejfe zu verbinden. Bei der Feier des erjten Sie:
gesfeftes ftarb er aber an —— Krankheits⸗
anfall ohne Beichte und letzte elung den 1. Dec.
1521. Die Römer fagten: „Wie ein Fuchs haft du
dich eingeſchlichen, wie ein Löwe haſt du regiert,
wie ein Hund bift du dahingefahren.“ ie
1517, hatte das Haus Betrucci ſchon eine Ber:
ſchwörung angejtiftet, ihn durch feinen Chirurgen
zu vergiften. 5. Roscoe, the life and pontificate
of Leo X., dtſch. v. Glaſer, 3 Boe., Lpz. 1806—8.
Kante, d. röm. Bäpfte, Bd. I. Berlin, 4. Aufl. 1855.
Audin, Geſch. des Bapftes Leo X., 2 Bde, dtſch. v.
v. Brug, 2 Bde. Augsb. 1845. Vol. Neumont,
Geſch. der Stadt Rom, IIl., Berlin 1868 (über
fein so. und jeine Anfänge).
Leo XI. Ebenfalls aus dem Hauje Medici in
Florenz und Erzbifchof von F., wurde durch fran:
zöſiſchen Einfluß trog des Widerſpruchs der Spa:
nier nad) dem Tode Clemens VIII. 1605 gewählt,
überlebte aber feine Wahl nur 26 Tage.
— XII. Hannibal Franz Clemens Meldior
Hieronymus Nikolaus della Genga, geb. bei Spo:
leto den 22. Auguſt 1760, wurde 1793 zum Prä—
laten und —— Tyrus ernannt und 1794
als Nuncius nach Deutſchland geſandt. Als ſol—
cher zeichnete er ſich zwar durch diplomatiſche
Schlauheit aus, aber auch Vergnügungsſucht und
Voltairianiſche Denkweiſe wurde ihm vorgeworfen.
Bei Verhandlungen mit Frankreich neben Con—
ſalvi benutzt, lebte er ſeit 1816 in Italien, 1820
als Vicar des Papſtes und geiſtlicher Adminiſtra—
tor Roms. 1823 zum Baytte gewählt, zeigte er
fofort den Geiſt feiner Regierung durd) die Drud:
erlaubti der Schrift des Philippo Anfoſſi, über
die Nothwendigleit der Rüdgabe der kirchlichen
Güter, und des Carolo Fea, über die Oberherrlich—
keit des päpſtlichen Stuhles über weltlihe Für:
ften. Er verdammte 1824 die Bibelgejellihaften,
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handlungen über die gemifchten Ehen und in Eng:
land wurde die Emancipation der Katholiken ein:
eleitet. + 10. Februar 1829, Nippold, Bunien,
. Bd. (Leipzig 1868).
Leo V., der Armenier, griedifcher Kaiſer, 813-
821. Ein Gegner der Bilderverehrung, ſetzte er
den Patriarchen Nicephorus, der feinem Blane
widerftand, ab, und als Abt Theodorus Studita
die Mönche für den Bilderdienft erregte, juchte er
durch die härteften Mittel der Berfolgung fie zum
Nachgeben zu nöthigen.
Leo IIL., ver Jlaurier, griedifcher Kaiſer, 716-
741. Durd) ein Berbot 726 gegen die abgöttiſche
Verehrung der Bilder und durch ein zweites von
730, welches alle refigiöjen Bilder verbot und
ftreng gehandhabt wurde, rief er den langwierigen
Bilverftreit (f. d. A.) und die Parteibildung der
Itonodulen und Ikonoklaſten (Bilderanbeter und
Bilderftürmer) hervor. Dieje Streitigkeiten zer:
rütteten das a über ein Jahrhundert. Am
ſchwerſten wurde jein Reich durch die Kämpfe
im Orient geſchädigt. Johannes von Damascus
fonnte ihm in der Bilderfrage unter moslemiſchem
Regiment getroft trogen. Der Conflict mit Rom,
der unter Öregor IL. und III. zur Steuerverwei⸗
gerung der Päpfte führte und der römiſchen Kirche
Unteritalien koftete, entfchied die Hinwendung ber
Päpite zu den Franken. Bal. Hefele, Conkilien:
geſchichte J. Freiburg 1855; Baxmann, Bolitit
der Bäpfte J., Elberfeld 1868; Hergenröther, Pho—
tius, I. Bd, Regensburg 1867.
Leo, Heinrich, geb. 19. März 1799 zu Rudol:
Best 1524 Brivatdocent, 1825 außerordentlider
rofejfor, 1828 ordentlicher Profeſſor in Berlin,
jeit 1830 Profeſſor der Geſchichte zu Halle. Ueber
den jüdischen Staat jchrieb er Vorleſungen (Berlin
1828), welche er jpäter widerrufen hat, alö er
in jeinem — der Univerſalgeſchichte (Halle
1835, 3. Aufl. 1849—1353) diefelbe in anderem
Geifte darftellte. Er hat jid einen Namen ge:
macht durch feine Arbeiten auf dem Gebiete der
Geihichte (über Berfafiung der lombardifchen
Städte; jeine Gefchichte des Mittelalters; der ita:
lienifhen Staaten; feine niederländische Geſchich—
ten; jeine Borlefungen über die Gejchichte des
deutſchen Volks), durch jeine Forſchungen auf dem
Gebiete altgermanijcher und celtiicher Sprachlunde,
namentlich aber als leidenfchaftlicher Bertreter einer
ſchrieb 1825 ein Jubeljahr aus und feierte die | ertravaganten kirchlich-politiſchen Reaction. In
Seligjprehung des ſpaniſchen Minoriten Julianus, | einer Reihe von Artifeln im „Berliner politischen
Er gab den Erla gegen die Freimaurer und Car: | Wochenblatt”, in der „Ev. Kirdenzeitung“ u. ſJ. f.
bonari, begünftigte die Jejuiten, denen er 1824 das
Collegium Romanum zurüdgab, die Wiederher:
ftelung der Klöſter und Neubelebung der Brocej:
fionen und ähnlider Andachten. In feiner Re:
gierung des Kirchenftaates rief er durch Strenge
und Selbftändigkeit nur allgemeinen Haß und
Unzufriedenheit hervor, obſchon er das Cardinals:
und in vielen Brojhüren, wie „Or. Dr. Diefter-
weg und die deutſchen Univerfitäten 1836”, „Send-
L
collegium zu den Gejchäften heranzog, Steuern
und Laſten milderte und eine Reform der Ber: |
waltung und Rechtſprechung einführte. Erfolg:
reid war jeine Regierung auf dem weitern Ge:
biete des Kirchenregiments. 1827 ordnete die Bulle |
Ad dominici gregis custodiam, die Organifation | feinen wollüftigen Wandel jtrafte. Nach Childerich's
der oberrheiniihen Kirchenprovinz; in dasjelbe | Tode jtellte der Majordomus Ebroin Chlodwig als
Jahr fällt das Eoncordat mit Holland; 1827 wur:
den in den jpanifchen Colonien Concordate ge:
|
|
reiben an Görres 1838”, „die H —— 1838,
zignatura temporis 1849*, u. U. bat er ſeinem
maßlojen Barteieifer einen oft cynifhen Ausdrud
verliehen,
Leo Judae. S. Judae.
Keodegar, der Hetlige, in Frankreich St. Leaer
genannt, wurde geboren um 616 aus vornehmer Fa⸗
milie,noch jung zunfErzdiaton und Abt im Bisthum
Poitiers ernannt. 659 Biſchof zu Autun. Childe:
rich II. verbannte ihn ins Kloſter Lureuil, weil 2.
König auf, während L. zu Dagobert hielt. Ebroin
belagerte Autun; um die Stadt zu retten, lieferte
Leonardo
545
Rerida
2. fih aus. Man ftad) ihm die Augen aus, ver: ı Familie des Onias behauptete ſich ein Tegitimes
ftürımelte ihn an Lippen und Zunge und unter | Hohepriefterthum. Obgleich diefer Tempel der re:
Anklage der Mitfhuld an Childerih’3 Tode von
einer Scheinſynode entjegt, wurde er in einem
Walde bei Arras 678 enthauptet. Gedächtnißtag:
2. October.
Leonardo, da Porto Mauritio, wurde 1676 in
Ligurien geboren, ein Zögling der Jejuiten und
Mitglied des Ordens der ranciscaner:Reformir:
ten. Ein berühmter Miffionspriefter, wirkte er für
die Andacht der unbefledten Empfängniß, ſtiſtete
eine —— „Zum Herzen Jeſu“ und wurde
1796 von Pius VI. ſelig geſprochen.
Leonhard, der Heilige. Ein fränkiſcher Edler,
war er Zögling des h. Remigius, predigte ſeit 520
in Berry und Aquitanien das Chriſtenthum und
wurde durch jeine Schüler und Anhänger Grün:
der deö Kloſters Noblac. Da er die Königin von
Frankreich bei einer ſchweren Entbindung durch
feine Fürbitte — haben ſoll, wird er na—
mentlid von Gebärenden angerufen. Er ftarb
559; Gedächtnißtag: 6. November.
Leonides, der Vater des Drigenes, ein frommer
Chrift und wahrjcheinlich ein Rhetor, ftarb in der
end des Septimius Severus den Märtyrer:
tod in Alexandria um 193.
Leonistae, ein den Waldenfern beigelegter
Name von Leona (Lyon) herrührend.
Reontind von Byzanz. Nach feinem früheren
Stande auch scholasticusoder advocatusgenannt,
wurde Mönd im Klofter Sabas bei Jerufalem |
und lebte im 6. Jahrhundert, Seine Schriften
find wichtig zur Sectengeſchichte des 4. und 5.
Jahrhunderts, namentlid) des Monophyfitismus.
Das eine Hauptwerk, De sectis, foll aus dem Vor:
trage des Abts Theodorus hervorgegangen fein.
Es ift griehifh und mit der lateinischen Berfion
bes J. Yeunclavius herausgegeben, Bajel. 1578. |
Die Schrift Contra Nestorianos et Eutychianos,
gab Canifius lateinifh, Mai griehifh heraus;
außerdem wird ihm zugejchrieben ein Dialog,
Adv. fraudes Apollinaristarum, und ein Dialog
egen die Aphthartodofeten. Bon Vielen wird er
für identiſch mit 2. Hierofolymitanus gehalten,
wie die Handſchriften den Verfafler nennen, und
es ift anzunehmen, daß der von dem Byzantiner
gemeldete Neftorianismus einer früheren Lebens:
reriode angehöre da Contra Nestorianos, eine
Nenberung der Anfichten erwähnt wird. Ein Leon:
tius von Cypern, der dort Presbyter war, wird
von ihm zu unterfcheiden fein. Der Name 2. ift
äufig ; jo kommt in den Arianiſchen Streitig:
eiten der Bischof 2. zu Antiohien vor, und als
Schriftſteller wird um 920 der Chronograph X.
erwähnt, welcher das Leben des Kaijer3 Leo, des
Armenierd, bejchrieb.
Leontopolis. Ald Antiohus Epiphanes das jü:
diſche Volk und feine Religion zu vernichten fuchte,
ſob Onias IL, der Sohn des Hoheprieſters Onias
.„, nad Aegypten und bewog den König Btole:
mäus Bhilometor dazu, den Juden ein neues Heis
ligthum in Aegypten ger Er redhtfertigte
dies vor den Juden durch die Stelle Jejatas 19,
18—25. Bhilometor überwies um 150 v. Chr. zu
diejem Zwecke nicht nur einen unbenugten Tempel
der Bubaftis, wen gewährte auch zu den Gul: |
tuskoſten eine Dotation in liegenden Gründen. Es
fammelte ſich troß der von ——* ausgehenden
Anfeindungen eine Prieſterſchaft in L., und in der
ligiöſe Mittelpunlt der Juden in Aegypten wurde,
jo jagten fie fi dennoch von dem Tempel zu Je:
rufalem nicht 108, fondern fandten aud) dahin ihre
Abgaben und Abgeordneten. Bei dem Ausbau des
Tempels, feiner Innern Einrihtung und der An:
ordnung des Tempeldienftes war man natürlicd)
dem jerujalemifchen VBorbilde gefolgt ; doch werden
ald lUinterfhiede angegeben, dab das Gebäude
thurmähnlich gemwefen jei und ftatt der ftehenden
Leuchter Hängeleuchter an goldenen Ketten gehabt
habe. Die Pracht deö Tempels rühmt noch der
Zalmubd.
Leopold IV., der Heilige, Markgraf von Defter:
rei, wurde 29. Sept. 1073 geboren. Er zeichnete
fih durch Frömmigkeit und Gerechtigkeit, durch
Milde gegen Arme, jowie durch Fürforge für die
Kirche und durd Stiftung vieler Hlöfter, unter
diefen Neuburg, Mariazell und Heiligenkreuz, aus.
Seine Gattin war Agnes, die Tochter Heinrichs IV.,
Wittwe Friedrichs von Schwaben, fein Sohn un:
ter anderen der Biſchof Otto von Freifing, der
berühmte Geſchichtsſchreiber Barbaroſſa's. Dem
eriten Kreuzheere erwies er fich fürderlih und
enoß ſolches Anfehen, daß er nad) Heinrichs V.
Zobe bei der Kaijerwahl in Torihlag fam. Den
6. Jan. 1485 von Innocenz VIII. heilig geſpro—
den, wird er als Yandespatron von Defterreid)
verehrt. Dal. Jaffé, Geſchichte des deutichen Rei:
ches unter Lothar dem Sadjjen (Berlin Er
deſſelben Gefch. d. dtſch. Reiches unter Konrad III.
(Hannover 1845).
Reopoldinifches Diplom iſt der Vertrag Sie:
benbürgend mit dem Haufe Defterreih vom 4.
Dee. 1691, wodurd dasfelbe das Fürſtenthum
überfam; es beftimmt namentlich, daß in Sachen
der Religion und der Kirche der rg Rechts⸗
zuſtand nicht geändert werden dürfe. Das Diplom
und ſeine Garantie beſtehen noch zu Recht.
Lepfius, Karl Richard, ward 23. Dec. 1810
zu Naumburg geboren, ftudirte zu Leipzig, Göt-
tingen und Paris, ward 1833 zum Dr. ph. pro:
movirt und ift feit 1846 Profeſſor zu Berlin.
Einer der ausgezeichnetjten Aegyptologen. Die
Refultate feiner Forſchungen bei der Dberleitung
einer wiffenfhaftlihen Erpedition auf preußifche
Koften 1842 — 1846 veröffentlichte er in „Briefen
aus Aegypten“ (Berlin 1852) und in Denkmälern
aus Aegypten und Aethiopien, Berlin 1849-1859,
einem Prachtwerk in 900 Tafeln, auf f. Koſten
gedrudt. Außerdem das Todtenbuch der Aegypter,
Xeipzig 1842. Das ägyptiihe Königsbuch, Berlin
1858. Chronologie der Aegypter, 1. Bd., Berlin
1849. Reife von Theben nach der Halbinfel Si:
nai, Berlin 1845. Seit 1864 redigirte 2. die
von Brugſch begründete —— für ägyptiſche
Sprache und Alterthumskunde. Wichtig — auch
ſeine ſprachvergleichenden Forſchungen. Auf einer
zweiten Reiſe 1866 fand er eine Inſchrift in zwei
Spraden, hieroglyphifch und griechiſch, deren Ent:
zifferung den Forſchungen der Aegyptologen zur
DVeftätigung dient,
Kepton, die Heinfte griehiihe Münze (Marc.
12, 42; Luf, 12, 59), ein halber römijcher Qua—
drans,
Le Quien, Michael, der Dominicaner. S. Quien.
Lerida, ein Bisthum in Spanien, Synoden
bajelbft waren 528, 546, 1129, *
9
Lerinum 546 Letech
Lerinum. Ein berühmtes Kloſter auf einer Inſel dern ein in ewiger Entwicklung begriffener Proceß.
an der Hüfte der Provence, geſtiftet 410 durch Wie überhaupt der Menſch niemals die Wahrheit
Sonoratus, einen —— —— aan ſelbſt ———— rt immer nur das ar
übergetretenen Römer, der jpäter Bifhof von Ar: | ben nach Wahrheit, fo find für den Nathan Leſ—
les wurde. Die Mönche lebten a een ſing's aud N poigen —A— nur * ge⸗
lich, theils als Anachoreten. Das Kloſter wurde ſchichtlichen Hüllen der religiöſen Vernunfiwahr—
be Blangfohufe deö ansöftfgen Piel aus ihm | —— rise Entwietungsfufe er
gingen hervor: Hilarius von Arles, Vincentius | Menjchheit angemefjen. Die bejte Ausgabe feiner
Zerinenfis, Eucherius von Lyon, Valerianus von | Werke von Lachmann, 13 Bde, Berlin 1835—
Genele, Caejartus von Arles. Unter den Rad: 1840, neue Ausg. v. Maltzahn, 12 Bde, Leipzig
folgern des Honoratus war L. der Stützpunkt des 1855— 1857. Weber ihn Ritter, Seid. der Philo⸗
Semipelagianismus. Das Coneil zu Arles eri- | jophie II. p. 480. ©. Schwarz, ©. E. Leſſing als
mirte X. von dem Bif of zu Frejus. Bei erichlaff: | Theolog, 1854. 9. Lang, religiöfe Charattere,
ter Zucht ward im 6. Jahrhundert unter ſchweren | 1.35. Winterth. 1862. Röpe, Joh. Meldior Goeze,
— —* m E00 De ; ri * = | 81 — — — A ag —
. Jahrhunderts, wo ihm 37 önche unterwor: ſchrift gegen Nöpe, 1862. Dorner, Geſch. prot.
fen geweien jein follen, wurde es von den Sara: | Theologie, München 1867. Vorzüglich ift Dilthey
zenen zerftört. Seit 997 —*3* das Anſehen des in den „Preuß. Jahrbüchern“ von 1866. Für xef:
Klofters wieder und —— 102) höchſte Blüthe Me — — — Mannheim 1365.
unter Abt Adalbert (1066— 1102). 1505 wurde | D. Strauß, 2. Aufl. Verl. 1866.
e dem freier waren ren hatte aber | ” —* — — — zu gt in
eine alte Bedeutung verloren, rabant geboren, ftudirte in Löwen, trat in den
Refer. S. Läfare und Hauge. SJefuitenorden 1572, lehrte zu Douay Philoſophie
Leß, Gottfried, wurde J Jan. 1736 zu Conitz und kam nach are zweijährigen Aufenthalt in
in Weftpreußen geboren. In Halle und Jena ge: | Rom 1585 alö Lehrer der Theologie nad) Löwen,
bildet, wurde er a. o. Profeffor der Theologie am | al3 eben die Bajifchen Streilgteilen beigelegt wa:
Gymnajium zu Danzig 1761, 1762 zu Göttingen, | ren. Da er pelagianifch lehrte und dem Auguftinis-
danad) 1765 Ordinarius, Dr. theol., Confiftorial: | mus der Facultät fid) entgegenfegte, zog dieje 54
rath und Generalfuperintendent. 7 28. Aug. 1797. | Säge aus feinen und feines Collegen Hamel Bor:
Ein milder Vertreter der Orthodorie gegen den Ra: | lefungen aus, welche fie öffentlid) verdammte. ALS
tionalismus, wirkte . durch jeine — —— a - ag verſchiedener ——
logeti Schriften: Beweis der Wahrheit | der Streit größere Ausd 3 te
—* — en 1. Aufl. 1768. Ude die | der Bapft Ay rer ———
Religion, 2. Aufl. 1786. Verſuch einer praltiſchen 1588, um die ſtreiligen Fragen der Entſcheidung des
Dogmatik 1779. Chriſtliche Moral 1777. | römifchen Stuhles vorzulegen. Dieſe Entiheidung
Leſſing, Gotthold Ephraim, wurde 22. Jan. 172% | ift nie erfolgt und Leſſius blieb in hohem een
zu Kamenz in ber Niederlaufig geboren. er Sohn 7,5. Jan. 1623. gl. Giefeler, Kirchengeſch. IL.
eines Predigers, bejuchte er die Fürſtenſchule zu Linſenmann, Nichael Baius, Tübingen 1867.
Meißen und die Univerſität Leipzig 1746, wandte) Leſtines (Liptinä) ift eine fürſtliche Villa im
fi) vom Studium der Theologie zu den igönen Hennegau, geſchichtlich bekannt durch die unter
Wiſſenſchaften und der Philoſophie, ging 1748 | Karlmann mit dem Nejultat abgehaltene Kirchen:
nad) Berlin und 1752 nad) Wittenberg, wo er die , verfammlung (Synode 43), daß die unter Karl
Bagifterwürde erlangte. Seit 1760 Tr der | Martell begonnene Einziehung kirchlicher Güter,
Alademie der Wiſſenſchaften und als Secretär welche jener ohne Rückſicht auf lirchliche Quali—
Tauenzien s nad) Breslau übergefiedelt, fication als Lehen vergab, eine kirchliche Sanction
e 1767 F Ton Me * | De - in —* = —— nn
urg, war 7 und Bibliothekar zu | daß fie divisio (Theilung) genannt werden lonnte.
Kolfenbüttel. + zu Braunſchweig 15. Febr. 1781. An | Zwar follte die Maßregel nur eine einftweilige fein
jeine —— — — — — (ri) fen — = man:
eines Ungenannten” (9. ©. Reimarus) 1774-1778, | henen an die Kirche zurüdfallen, da aber der
ſchloß ſich jein literarijcher Streit mit dem Paſtor König das Recht behielt, im Fall der Noth fie
Goeze zu Hamburg in ſeiner Schrift „Anti Goeze“ von neuem zu vergeben, jo war es eine förniliche
a % Kr —— ea 17 ia — | re a Gutes, eng = en
ende Abhandlung „ ziehung des Menjchen: | der Kirche, die nur einen Zins behielt. Auf Sei:
geſchlechts.“ Zu erwähnen ijt m Herausgabe | ten des Staates war die Mafregel eine durch das
einer von —— Wol er — für sau geforderte Nothwendigkeit, für Die Kirche _
verloren gehaltenen Schrift des Berengar gegen | war die Einwilligung die Bedingung der von Bo-
Lanfranc von Tours über die Abendmahlslehre; | nifacius betriebenen befjern und geifilihen Be—
das veligiös-philofophifche Drama: „Nathan der jegung der Bisthümer. Bol. —— Geſch. des
Weiſe“ und Ernſt und Falk, Geſpräche über Frei: | Beneſicialweſens. rg 8.:6.1.355. Bar-
maurerei.“ ALS tieffinniger Kritiker Juchte er den | mann, Politif der Päpſte 1., Elberfeld 1568. Bi-
wahren veligiöfen Inhalt des Chriftenthums von | bliotheca rerum — el. Jafle. IV. Bd.
der Autorität und den zufälligen Geſchichtswahr— (Berlin 1867). 3 den Arten der Synode finden
heiten zu unterſcheiden und dem Menſchlichen und I noch kirchliche Beſtimmungen über Ehe und
Sittlicyen jeine Stelle wieder zu gewinnen, faſt Achnliches, angehängt ift ihnen u. A. eine Ab-
ſchon wie Kant und Schleiermacher in der reinen | ihwörungsformel. u .
frommen Geſinnung eine unerjcütterliche Burg | _ Leted) iſt ein hebräifches Hohlmaß für trodene
für Religion und Theologie erbauend. Das Chri- | Dinge, gleich! e Chomer oder 5 Bath. Val. Maaß
ftentgum ift ihm nicht etwas Feitjtehendes, fon: | und Gewicht.
Lettner 5
Letiner, lectionarium, iſt das an einem er:
höhten Plate im Presbyierium angebrachte Pult,
von welchem aus der Diakon Evangelium und
Epiftel vorlas,
Letzte Oelung. S. Delung.
Leubus, berühmte Ciſtercienſerabtei in Schle—
ſien, wurde von Kaſimir I., König von Polen und
Herzog von Sclefien, für die Benedictiner gt
tet, 1175 aber von Herzog Boledlaw mit Gifter:
5 beſetzt. 1810 wurde das Kloſter aufge—
en.
Leuchter. Im Heiligthum der Stiftshütte be—
fand 2 ein großer, jiebenarmiger Leuchter aus
feinem Golde gearbeitet. Die an den Armen be:
findlichen Lampen wurden täglich mit feinem Del
— und brannten vermuthlich Tag und Nacht.
ie Beſchreibung des 2. (2. Moſ. 25, 31 — 37;
37,17.26) wird verjchieden aufgefaßt, wahrſchein⸗
li wird der Leuchter des Herodianischen Tempels,
den Joſephus bejchreibt und welcher auf dent
Triumphbogen des Titus abgebildet ift, ihm ent=
ſprochen haben. — In der kath. Kirche ftehen auf
jedem Altar mindeſtens zwei Leuchter von Gold,
Süber oder Erz, auf dem Hochaltar wenigſtens
ſechs. Der liber pontificalis erwähnt eine Menge
von verſchiedenen Arten. Die Koften für die Er:
leudtung ber Handelaber waren nicht gering.
Leusden, Johannes, berühmter holländijcher
Hebraift. Geb. zu Utrecht den 26. April 1624, ftu:
dirte erdort und juchtefic, 1649 in Amfterbam durch
den Umgang gelehrter Juden im Hebräijchen zu ver:
vollfommnen, wurde danach Profefjor zu Utrecht, |
wo er aud) den 30. Sept. 1699 ftarb. Die meiften
feiner Schriften beziehen ſich auf hebräiſche Gram:
matif und Yerifologie. Außerdem machte er ſich
verdient durch Herausgabe des hebräijchen Ter:
teö 1617; Biblia hebraica sine punctis 1694;
Versio septuag. interp. 1683; Novum test. grae-
cum trajeetum 1675 und bie von ihm begonnene
Ausgabe des ſyriſchen N. T.
Leute, gute, wurden vom Volle die Katharer,
Lollarden in Frankreich und England genannt.
Leuthard, ein Schwärmer, der um 1000 unter
dem Landvolt von Chälons sur Marne auftrat.
In Folge angeblider Vifionen trennte er fi von
jeiner Frau, zertrümmerte in der Kirche das Kreuz |
und ein Bild Chrifti, verbot den Zehnten zu geben
und belegte Alles mit Stellen der h. Schrift. Der
Biſchof Gebuin behandelte ihn als einen Wahn:
finnigen, und als jein Anhang fich daher verlor,
erträntte ſich 2. in einem Brunnen.
Levang, altrömijche Göttin, welche bie Erzie—
bung der Kinder beſchützte.
Levellers, d.h. Gleichmacher (niveau). Eine reli-
giös - politifche Secte in England, welche aus den
Independenten hervorgingund namentlich in Erom:
well's Armee 1647 vertreten war. Im Bolitifchen
forderte fie die Confequenz der Voltsjouneränität
und vollkommene Gleichheit Aller vor dem Gejeg.
Im Religiöfen die volllommenfte Gewiſſens- und
Cultusfreiheit aud für den Einzelnen. Da aud)
Cromwell ihren Anfidhten entgegentrat, ging aus
ihren Kreiſen die Verſchwörung gegen ihn 1658
bervor, melde entdedt und unterdrüdt wurde.
Mit der Reftauration der Stuarts verjchwindet die
Secte. Vgl. Weingarten, Revolutionskirchen Eng: |
lands, Leipzig 1868.
Levi war der dritte der Söhne Jakob's von der
Lea. Das Einzige, was aus feinem Yeben erzählt
47
wird, die Rachethat an Sichen, meifet auf den
ı hervortretenden Charafterzug feines Stammes ‚ein
‚ eiferfüchtigeö Bewahren der nationalen Beſonder—
heiten, der heimischen Sitte und Neligion, Bal.
1.Mof. 34, 25 mit 2.Mof. 32, 26 f. Mojcs, ſelbſt
ein Zevit, fand an feinen Stammgenofien die
treueften und eifrigiten Bertheidiger des Geſetzes
und der gottesdienftlichen Jnftitutionen, jo daß er
diefelben für immer der Sorge und Obhut des
aanzen Stammes Übergeben fonnte. Das eigent-
‚che Briefterthum wurde dem Haufe Aarons an:
vertraut, alle anderen damit verbundenen Ge—
ſchäfte fielen dem fibrigen Stamme zu und wur:
‚den unter die drei Gejchlechter Gerjon, Kahath,
Merari vertheilt (4. Mof. 3, 22 ff.; 4,1 ff). Da
während der Wanderung die Yeviten hauptſächlich
das Abbrechen, Tragen, Aufitellen der Stiftähütte
zu bejorgen hatten, jo hatte das Geſchlecht Kahath
die Geräthe, Gerjon die Deden und Umbänge,
Merari die Bretter, Riegel und Säulen zu be:
ſorgen. Feder Einzelne wurde zum Dienft, nad
‚4. Mof. 4, 3 vom 30.— 50. Jahre, nach 4. Moſ.
ı 38, 26 vom 25.30. Jahre, nad) 1. Chron. 23, 24,
2. Chron. 31, 17, Esra 3, 8 fogar vom 20. Jahre
‚an verpflichtet. Daß die Ausübung der priejter:
lichen Functionen, welche ſonſt dem Aelteften (Erſt—
| gebornen) jedes Hauſes zugeftanden hatte, auf
einen Stamm beihränft wurde, wird als ein gott:
geordnetes ftellvertretendes Opfer des Stammes
zur Löfung der in Aegypten Gott verfallenen Erjt:
geburt dargeftellt (4. Moſ. 8, 18 ff.), der ganze
| Stamm dem Herrn geweiht (4. Moj. 8, 5— 22).
Zur Ernährung und Unterhaltung der Leviten,
welche fein Erbtheil erhalten follen, wird der
Zehnte angewiejen (4. Moſ. 18,21). Aud von der
Kriegsbeute erhielten fie einen Theil und waren
‚von Steuern und Laſten frei. Die urjprüngliche
Anordnung, die Yagerung deö Stammes um das
Heiligtum, die Vertheilung der Gejchäfte u. ſ. f.
ift nur auf die Verhältniffe des Wüſtenzuges be—
rechnet, und dient dazu, das ganze Voll an die
Einheit des National : Heiligthums zu binden.
Spätere Aenderungen waren unvermeidlih. Bei
ber Eroberung des Yandes wurden ihnen 48 Städte
(13 davon dem Prieftergefchlechte Narons gehörig)
als Mohnorte angewiejen, darunter die 6 Frei
ſtädte (für Todtfchläger) mit ihrer nächſten Umge—
bung. Die etwa vorhandenen anderen Einwohner
(Nethinim, Nehemia 11, 21) blieben ihrer Dienit:
barkeit untergeordnet. Da dieje Städte nicht alle
erobert wurden, in den Zeiten nad) Jojua der
' Gottesdienst und damit die Zehntablieferung ver:
fiel, jo war die Lage der Leiten oft traurig
genug, fo daß das 5. Bud Moje 18, 6—3 fie
wiederholt der barmherzigen Fürjorge der Wohl:
habenden empfiehlt. Nicht. 17 u. 18 zeigt, daß bei
allem Berfall eine hervorragende Stellung des
Stammes nad) der gottesdienftlichen Seite aner:
kannt blieb; daß aber die Schranke zwiſchen Prie—
|ftern und Yeviten nicht felten durchbrochen fein
mag, zeigt ſchon das Beitpiel Samuel’s und die von
ihm vollzogenen Opferhandlungen. — Beider neuen
Organijation des Cultus durd) David ward aud)
und vornehmlid Über den Stamm Yevi eine neue
Einrichtung getroffen. Er umfahte damals 38,000
Mann, von diefen wurden aber, die erſte Glaffe,
24,000 Mann ausgefondert als Gehulfen der Brie:
ſter beim eigentlihen Tempeldienft, wo ihnen die
niedern Geihäfte der Drdnung und Neiniaung
85 *
Levi
Ni
!
548
und die Herbeifchaffung der Opferbebürfniffe zufiel. | recht, daS Recht der eingewanderten Eroberer. Die
Eine zweite Elafje bildeten die Sänger und Mu: |lex Romana hat ihren Codex in der Auctoritas
fiter des Gottesdienftes, die dritte die Thorwäch- | Alarici regis, d. h. einem Breviarium des Codex
ter und aus einer vierten Glafje jegte David Rich: | Theodosianus, welches 506 zu Toulouje publicirt
ter und Obere im Volle ein. Wie zwifchen den | wurde und das römische Necht mit den unter den
u re ein regelmäßiger Dienjt und Wed): | veränderten Umftänden nöthig gewordenen Modi:
fel angeordnet war, jo wurden aud) die Sänger | fitationen enthält. Walter Corp. juris germanici
Leviathan Leyden
und Mufifer, gleid) wie die erjte Claſſe, in 24
Drdnungen getheilt, entſprechend den 24 Priejter:
abtheilungen, die im Dienfte mit einander abwed):
felten. Wejentliche Aenderungen find in der Folge:
eit nicht eingetreten, wenn auch vielleicht, burch Die
Notwendigkeit geboten, den Leviten mehr Antheil
an eigentlich priefterlihen Geſchäften zugewachſen
fein mag (2. Chr. 35, 11; 30, 16; Cs. 40, 46).
Bei der Theitung des Reiches zogen ſich natürlich
die meiften Zeviten nad Juda, und ſchon das
ant. Vol. III.
Leyczon nobla ift ein unter den Walbenjern
viel verbreitet gemejenes Gedicht aus dem 15,
Jahrhundert, welches den Namen von jeinen An:
fangsworten (leyczon, lectio, Predigt) hat. Es
enthielt eine Aufforderung zur Buße und zum
riftlihen Leben, gejtügt auf die Geſchichte des
A. und N. Teitaments und der Kirche; die Ber:
folgungen der Guten durch die Böjen und die
Strafen der legtern werden erwähnt. Dabei find
äußerlihe Intereſſe mußte fie zu Stüßen des | die altwaldenfischen fittlihen Grundjäge ausge:
Jahvethums machen (2. Chr. 23, 1 — 11). Aus ſprochen. Diekhoff wollte der L. ihren Urjprung
dem Eril kehrten verhältnigmäßig weniger Levi: | unter den böhmiſchen Brüdern anmeifen. Ueber
ten zurüd, ihre Zahl mehrte ſich erit, als unter Ne: | das Alter derjelben ſpricht aud Ebrard mit Her:
hemia die Orbnung des Gottesdienftes und ber zog (Ztſchr. f. hift. Theol. 1864 und 1865), legte:
theotratiſchen Einrichtungen geficherter war. Sie
mwohnten theilö in Jeruſalem theils in Yandftäd:
ten (Neh. 11, 15—24). Der älteren Levitenjtädte
geichieht Feine Erwähnung mehr. Nachdem ein:
mal der ganze Stamm zum Dienfte Jahve's ge:
weiht, wird weder eine Weihe der Einzelnen noch
eine befondere Kleidung im Dienfte erwähnt. Vgl.
Graf, Zur Gef. des Stammes Levi und Merg’
Archiv Heft lu.2. — Die katholifche Kirche bezeich:
net als Yeviten den Diafon und den Subdiakon,
wenn fie dem Prieſter bei der feierlichen Meffe
aſſiſtiren, wobei Leuchter: und Rauchfaßträger als
Aloluthen fungiren. Die den beiden Leviten zu:
gewiejenen Verrichtungen, welche in der Privat:
mefje zum Theil vom Meßdiener verjehen wer:
den müfjen, entiprechen in näherer oder fernerer
Beziehung zum Mebopfer, dem Grade der Weihe.
Keviathan. S. Liviathan.
Revirats: Ehe (Schwagerehe). Wenn leibliche
Brüder zufammenmwohnen und einer ftirbt ohne
männlidye Erben, jo joll nad) dem moſaiſchen
Geje der Überlebende die Wittwe heirathen und
der ältejte Sohn diefer Verbindung den Namen
bed Verſtorbenen im Geſchlechtsregiſter fortführen
und fein Erbgut erhalten. Das Geſetz ruht auf
einem alten Herfommen (1. Moſ. 38), wie es ſich
ähnlich auch bei andern Völlern, Indern, Perjern,
Afghanen und im ger findet, und murde
von Wichtigkeit, um das Familienerbgut zu be:
wahren. Die Sitte blieb in Iſrael geltend (Matth.
22, 24 ff.). Der Schwager, welcher ſich der Er:
—— dieſer Pflicht weigerte, mußte dies vor den
elteſten erklären und erlitt eine Beſchimpfung, f
die Wittwe wurde aber dadurch frei und konnte
fi) mit einem Andern verbinden (Ruth 4,7—12).
Nach dem Buch Ruth trat nämlich, wenn der Ver:
ftorbene feinen Bruder hatte, der nächſte Ber: |
von der Gewißheit der chriſtlichen Wahrheit, die
wanbte für ihn ein.
i Brenn das dritte Buch Moſes. S. Penta—
euch.
Lex barbarorum, lex Romana, Die in bie
rer edirte jie von neuem. (Vgl. Herzog, die roma:
niſchen Waldenfer zc., Halle 1853.)
Leydeder, Melchior, wurde 1642 zu Middelburg
geboren, war jeit 1679 Profeſſor der Theologie in
Utrecht, vorher 15 Jahre Pfarrer in verjchiedenen
Gemeinden Seelands, + 1721. Ein reformirter
— der im apologetiſchen Sinne ſchrieb und
gegen die Föderaltheologie des Coccejus und gegen
Carteſius polemiſirte. Die zuſammenfaſſende Zu—
rüdführung des reformirten Syſtems auf be
ftimmte Principien jowie die Beleuchtung ber
Coccejaniſchen Theologie verdienen noch immer Be:
achtung.
Leyden (Lugdunum Batavorum). Die Univer:
fität ıjt geftiftet 1575 unmittelbar nad) der ruhm—
reichen Belagerung von 1574. Gut dotirt, bejigt
fie eine reiche Bibliothek mit vielen jeltenen Hand:
Ihriften und ein Muſeum für Archäologie. Be
rühmte Theologen, die hier wirlten, find: Franz
Junius(T 1602), früher in Heidelberg und Neuftadt,
Arminius (1603—09), Gomarus (1594— 1611),
Drufius (F 1616), Friedrich Spanheim (1642,
+ 1646), vorher in Genf, defjen Sohn Friedrid
Spanheim (1670—1701), vorher in Heidelberg,
Coccejus (1650—69), vorher in Franeler, H. Wit:
fius (+ 1708), Heidanus (1627 —78), Burmann
(+ 1679 zu Utredt). Außer ihnen wirkten dort
Sealiger (F 1609), Salmafius (7 1653), Lipſius
(+ 1606), Voſſius (+ 1689), Erpenius (+ 1624),
Schultens (+ 1793). Die Zeydener Schule wird in
| der Gegenwart diejenige Richtung in der hollän-
diſchen Theologie genannt, welche durch den Pro:
eſſor 3. 9. Scholten (1840 in Franefer, feit 1843
in Zeyden) und feine Schüler vertreten wird. (De
Leer der Hervormde kerk in hare grondbegin-
selen uit de bronnen voorgesteld en beordeeld,
1848, 2 Aufl. 1850, 4. Aufl. 1861.) Auögebend
fi objectiv in der Geſchichte der Kirche und der
Gemeinde, jubjectiv in den Erfahrungen der eige:
nen Frömmigfeit bezeugt, ftellte er die Dogmatil
römischen Provinzen einwandernden germanijchen | unabhängig von den Kejultaten hiſtoriſcher und
Stämme liegen dem römischen Theile der Bevöl- bibliſcher Kritik. Confeſſionell reformirt, unterſchei⸗
ierung mutatis mutandis ihr früheres römifches | det er zwiſchen ven Principien und den einzelnen
Recht, lex Romana nad lateiniſchem Sprachge- Dogmen; als die Aufgabe der Wiſſenſchaft erſcheint
braud) hieß das Recht der eingeborenen (römiſchen) | die legtere, gemäß den erjteren, zu revidiren und
Stämme; lex barbarorum da3 eigentliche Land- | weiter zu entwideln. Die leitenden Jdeen jeined
—_
Leyden
Syſtems find theils in den Vorreden zur 2. und |
T Ausgabe feiner Dogmatik, theils in vielen Ein:
jelfhriften gegen die Angriffe der orthodogen Par:
tei, da Coſta, Groen van Brinfterer, und ber
Gröningihen Schule (Bareau), fowie gegen Dp:
joomer entwidelt. Neben dem Anjchluß an die
fritiichen Forſchungen Baur's und der Tübinger
Schule, gaben am meiſten Anſtoß feine Beſtim—
mung der Offenbarung und fein ethiicher Deter-
minismus. Seine Dogmatik ift im Auszug mit:
getHeilt von Nippold in Niedner's Zeitſchrift für
bift. Theologie 1865. Sein Evangelium nad) Jo:
bannes überjegte Dr. Manchot; feine Gefhichte
der Religion und Philofophie, welche auch feine
Freiheitslehre entmidelt, Dr. Redepenning, Elber:
eld 1868; das äftefte —— ebenfalls Dr.
Redepenning, Elberfeld 1869. Zu der Leydener
Schule werden gerechnet Abr. Kuenen, Verfaſſer
einer altteftamentlihen Einleitung, und Raumwen:
hoff, beide in Leyden.
Leyden, Johann von. S. Bodholb.
Libanius, ein berühmter Sophift des 4. Jahr:
hunderts, der Lehrer und Freund bes h. Baſilius
und CHryfoftomus, wurde zu Antiochia am Drontes
zwiſchen 314 — 316 geboren. Er bildete fid in
Arhen als Rhetor aus und ging nad Conftanti: |
nopel. Der Neid feiner Gegner beſchuldigte ihn |
der Magie. 346 verwieſen, lehrte er mit vielem
Beifall ın Nifomedien, jo daß er 351 nad) Eon: |
ftantinopel zurüdberufen wurde. Er zog ſich aber |
mit Erlaubniß des Cäjar Gallus (+ 354) nad) An»
tiochia zurüd und ftarb dort 391. Da er mit
Ideen, die er dem Ehriftenthum freilich entlehnte,
bie Freiheit des Heidenthums vertheidigte, genoß
er die Gunft Julian’s, der ihn zum Quäſtor madte,
wogegen Balen3 ihn zuerft verfolgte, aber jpäter
ihm gleichfalls feine Gunft ſchenkte. X. blieb Heide,
aber auch gegen das Chriſtenthum tolerant. Sein
edler Charakter war anerlannt. Im Greifenalter
beflagte er die unaufhaltfame Zunahme bes Chri:
ſtenthums und die Abnahme jeiner Schüler. E3
find viele feiner Neden handſchriftlich ———
jür die Zeitgeſchichte enthalten fie, mehr aber noch
feine Briefe, wichtige Bemerkungen. Die befte Aus: |
gabe der Briefe ift von J. CE. Wolf, Amjterdam ı
1738. Die Reden von Reiske, Altenburg 1791— |
1797. Sein Leben ſchrieb 2. jelbjt: Ados n doyoc
nregi rn Eavrod röyns. Bol. Sievers, das Leben |
bes Libanius, Berlin 1868.
Libanon, weißer Berg, jo genannt entweder von
der Farbe des Kalfgefteind oder wahrjcheinlicher
von dem Schnee auf den Gipfeln, ift das Gebirge
im R. Baläftinas, deffen in der Bibel jo häufig Er:
gethan wird (5.Moi.1,7;3,25; 11,24; |
%oj.1,4; 9,1; Jerem. 18, 14; Jef. 35,2; Bi.
29,5; 72,16). Das Gebirge beiteht aus zwei Ge:
birgäfetten, dem Libanon und Antilibanon, rid):
tiger Antilibanus; welche beide vom Hermon
u jene von S. nad N., diefe von W.
na .:D. jtreicht. Zwiſchen beiden liegt bie
fruchtbare Ebene Coelejyriens (1. Matt. 10, 69;
2. Malt. 8,8; 10, 11). Der Libanon trägt auf
feinen höheren Kuppen (8— 10,000°) ewigen
Schnee; feine Gehänge, die mehr fteinig als feljig
geihildert werden, find auf der Weftjeite in Ter: |
raffen bebaut und tragen Maulbeerbäume, Feigen
und Weinreben, die höheren Gipfel haben nur we:
nig Wald und bilden ein grasreiches Alpenland,
ber öftliche Abhang ift fteiler, rauher und unfrudht: |
549
Liber pontifica
barer. Beides erwähnen bie Propheten, indem fie
die Fruchtbarkeit und den Waldreichthum des 2,
rühmen (ef. 37, 24) und zugleich (29, 17) als
dad Wunder der meffianifchen Zeit, feine Um—
wandlung in Fruchtgefilve verkünden. Der Gedern:
hain des 2. liegt beim nördlichſten und höchſten
Gipfel, außer iöm findet fich die Ceder aber auch
an andern Stellen deö Gebirges. Der Antilibanon
(6800) bildet auf feinem Rüden breite, fruchtbare
Plateaur mit Bappelmäldern beſetzt; die Abhänge
find baumlos, der weftliche ift fteil und unfruchts
bar, Die Bewohner des L. waren Heviter (Jof. 11,
3; Richt, 3, 3), Gibliter (of. 13, 5); gegenwärtig
bewohnen ihn Maroniten und Drufen, unter ihnen
zerſtreut —— und muhammedaniſche Secten
und Stämme. Zahlreiche, gut beſetzte Klöſter ſind
über den ganzen L. zerjtreut. Für Salomo's Tem:
pel wurden hier in Hiram's Gebiet die Cedern ges
fällt, hinab ind Meer gefchleift und gen Joppe
geflößt. Sl. Ritter, Geographie.
Libellatiei hießen Diejenigen, welche in den
römischen ——— en ſich von den Be—
amten einen Schein (libellus) verſchafften, als
hätten ſie dem kaiſerlichen Ediet, die Götzen an—
zubeten u. ſ. w, gehorcht, oder ihren Namen in die
Protofolle eintragen lafien (Acta facientes), oder
auch Solde, weldye einen Schein abgaben mit dem
unwahren Berjprechen, fie würden demnächſt opfern.
Alle Diefe, ohne wirklich vom Chriftenthum abzutre:
ten, verleugneten ihren Glauben vor der Welt und
galten daher den Strengern ald Abgefallene, lapsi.
Libelli paeis hießen die von den Confefforen
und Märtyrern den Gefallenen auägeftellten Em:
pfehlungsfchreiben zur Wiederaufnahme in die
Gemeinde. E3 wurde damit viel Mißbrauch ge:
trieben, da fie theils unvorfichtig ausgeftellt, theils
auch untergefhoben und gefälfht wurden. Gegen
diejelben äußert fi Tertullian und das Concil
zu Elvira.
Libellus paschalis hieß das Circularſchrei—
ben des Bifchofs (zu Alerandrien) an die Gemeins
ben, in welchem er ihnen um Epiphanien die Zeit
des bevorjtehenden Oſterfeſtes nad) der aufgenom:
menen Berechnung mittheilte,
Liber diurnus Romanorum Pontiflcum
ift eine fehr alte Sammlung von Formularen für
die häufig vorlommenden Geſchäftsſchreiben der
Päpſte; es zerfällt in 7 Capitel und iſt für die
Kenntniß der Rechtsverhältniſſe des römischen
Stuhles im 7. und 8. Jahrhundert wichtig. Da
es noch die Formeln für die 752 vertriebenen
Erarchen enthält und Conftantin Pogonatus (+
635) als verftorben erwähnt, jo fällt Fine Abfaſ⸗
jung zwiſchen 635 — 752. Eine Ausgabe des L.
durch Lukas Holſtenius 1660 wurde von Rom
unterdrückt. Später edirte denſelben der Jeſuit
Garnerius 1630 und Ch. G. Hoffmann Lpz. 1733,
Liber pontiflcalis de vitis Romanorum pon-
tificam ift ein für die — ichte wichtiges
Werk und enthält die Lebensbeſchreibung aller
Päpſte bis auf Stephan VI., deſſen Tod (891)
nicht mehr angegeben iſt. Früher wurde es dem
Abte Anaſtaſius (Bibliothekar der römiſchen Kirche
872) zugeſchrieben, allein bie Unterfuchungen feit
Schelſtrate haben ergeben, dat ihm höchſtens bie
Biographien einiger der legten Büpfte zuzufchreis
ben find, der größte Theil des Buches aber älter
ift. Als die ältefte Duelle gilt der fog. Liberia:
niſche Bapalfatalog, welcher bis auf Liberius geht
550
und im 4. Jahrhundert verfaßt jein mag. Bgl. | franzöfiihen, verweigert worben war, jo wurde
Mommfen, Abhandlungen der jähfiihen Afade: | die Ausgabe unterdrüdt, um feinen Anlaß zu
mie der Wiſſenſchaften, Leipzig 1851. Es wird Gloſſen und Commentarien zu geben.
die Zeit jedes Pontificats und feine Dauer nad | Liber status animarum heißt das Kirchen:
Jahren, Monaten und Tagen durch Angabe der | buch im engeren Sinne, eine tabellariſche Zuſam—
Sailer und der Conjulate beim Anfang und Ende | menftellung aller in einer Barochie während eines
angegeben. — Schelstrate, Dissertatio de ant. | Jahres Gebornen, Getauften, Getrauten, Gonfir:
Roman. pontificum catalogis Rom 1692. Hefele, | mirten ic. mit den nöthigen Bemerkungen.
Tüb, Quartalſchr. 1845. Ein zweites in den J.p. Liberius, Bapft, 352—366, ein Römer, folgte
aufgenommenes Verzeichniß der Päpfte, ebenfalls | auf Julius I. Im Arianiſchen Streite nahm er
von einem unbefannten Verfaſſer, reicht bis auf | die Partei des Athanafius und wünjchte ein Con:
Felix IV. (526-530) und wird unter ihm gejchrie: ‚ci, um den Streit beizulegen. Als aber Kaiſer
ben fein, Aus dieſen noch fortgeführten VBerzeidy: | Conſtantius eine Synode in Arles veranſtaltet und
nifjen, verbunden mit anderen archiviſchen Nach-⸗ | von demjelben Athanafius hatte verdammen laſſen
richten, ift das Pontificalbud) entſtanden; es hat | und jogar die päpftlihen Gefandten zur Unter:
daher für feine Nachrichten die Glaubwürdigkeit | fchrift des Decrets bewog, mißbilligte er dies
feiner Quellen und enthält viel Einzelheiten über | entjhieden und verlangte ein neues Concil.
Disciplin, Cultus und das Geſchichtliche einzelner | Die Beichlüffe der Synode von Mailand 355, in
Stiftungen in der Stadt Rom. Eine neue Aus: | gleihem arianiſchen Sinne abgefaßt, weigerte er
gabe nach Biandini und Vignoli (bei Rigne, tom. | ſich anzuerlennen und wurde nad) Beröa in Thra:
128) ift in Bert’ Monumenten zu erwarten, Pertz | cien verbannt. An feiner Stelle wurde Felix zum
fand in Neapel ein drittes Papftverzeichnib bis | Bifchof ernannt. Dem Drängen des Volks nad:
687 reichend. Das Werk ift fortgefegt in einer | gebend, geftattete ihm zwar Conjtantius nah 2
Geſchichte der Päpfte bis auf Gregor VIL, welche | —— die Rückkehr auch in fein Bisthum; X.
in Dreifacher Bearbeitung vorhanden ift; dann in | mußte aber diefe Erlaubnif durch die Unterfchrift
der Gejchichte von Gregor VII. bis auf Hono: | der dritten firmifchen Synode und eines älteren
rius 11. (1124— 1129), welche dem Pandulphus | antiohenifhen, jemiarianifirenden Glaubensbe:
von Piſa zugeichrieben wird. Cine dritte ort: kenntniſſes von 341, erfaufen. Ob er aud) in Die
ſetzung find die Acta Vaticana im 12, Jahrhun: | Verdammung des Athanafius und in andere demü—
dert. Vgl. W. Giefebreht, Kieler Monatsſchrift thigende Bedingungen gewilligt habe, hängt von
1852. Watterih, Vitae Romanorum Pontificum, | der beftrittenen Echtheit des Briefwechjels mit
Leipzig 1562. F. Piper, Einleitung in die monu: | Athanaſius ab. Einer Gejandticaft der Mace:
mentale Theologie, Gotha 1867. Barmann, die | donianer jtellte er als Bedingung einer Glaubens:
Politit der Päpfte, Elberfeld 1868. de Rossi, | union die Unterjchrift der Nicänifhen Formel
Roma sotteranea 1557, und die Unterwerfung unter den römischen Stuhl.
Liber sextus und septimus, Nad der gro: Er wird als Heiliger der römiſchen Kirche (Ge:
ben Deeretalenfanımlung Gregor's IX.(1234) ſam- dächtnißtag: 27. Auguft) und der griechiſchen
melte Innocenz IV. (1243 — 1254) die Decrete | (23. September) gefeiert.
des eriten Lyoner Concils 1245 mit einigen feiner | Xibertiner, welche nach Apftg. 6, 9 eine eigene
Decretalen; Gregor X. (1271— 1276) verlündigte Synagoge in Jerujalem hatten, waren Juden, die
die Beſchlüſſe des zweiten Yyoner Concils 1274, als Kriegsgefangene nad Rom geführt, dort wie:
und Nikolaus IV. publicirte fünf Decretalen Ni: der freigelaffen und nad) Jeruſalem zurüdgetchrt
fofaus’ ILL. (1277— 1280). Da dieſe verſchiedenen waren.
Deeretalen nicht, wie beabfichtigt, an die betref: | Xibertiner ift der Gejammtname der Gegner
fenden Stellen der groben Sammlung eingeichal: | Galvin’s in Genf. In denjelben hatte fi eine po:
tet waren, jo ließ Bonifaz VIII. durch drei ge: litiſche Partei mit einer religiöfen Dentweife ver:
lehrte Prälaten und den Xegiften Dinus eine | bunden. Jene beftand aus altgenfer Familien,
Liber sextus Libertiner
Sammlung ſämmtlicher Decretalen ſeit Gregor IX.
veranſtalten, welche genau wie die große Samm—
lung eingetheilt als Anhang zu derſelben als ſech—
ſtes Buch publicirt wurde 1298. Citirt wird die
Sammlung wie die Decretalen mit Zufügung
sext. oder ın VI. oder 6°. — L. septimus ift eine
Brivatarbeit des Petrus Matthäus von Lyon am
Ende des 16, Jahrhunderts, welche die Decreta:
fen von Gregor Al. bis auf Sixtus V. umfaßt,
welche nicht ins corpus can. aufgenommen waren.
welche das ariftofratifche Regiment des Calvi:
ınismus, die Macht des Conjiftoriums und der
Einfluß der vielen Fremdlinge erbitterte, und
welche von den früheren freiern Sitten nicht laſſen
mochten. Hier berührten fie fih mit den prafti-
ſchen Gonjequenzen des religiöfen Libertinismus,
den nad) Calvin ein Goppin von Lille um 1529 zu
verbreiten angefangen hatte, und welcher durch
‚ Duintin aus Dennegau, Bertrand und Pocquet
nad) Frankreich verpflangt und am Hofe zu Nerac
Obgleich in die Gefammtausgaben des römiſchen durch Margarethe von Navarra geſchüßt, auch jei:
Gejebbuches gemeiniglih aufgenonmen, hat die | nen Weg nad) Genf gefunden hatte. Der Grund:
Sammlung doch durchaus feine Autorität. Nicht | gedanfe des Syftems war ein pantheiftifcher, es
zu verwechjeln iſt der liber septimus, die Arbeit | gebe nur Einen Geift, ben Geift Gottes, ber in
lem gleihermaßen lebe, jo daß Alles, was ge:
einer Commiſſion von Gardinälen, welde Gre: | (
gor XIII. und Sirtus V. beauftragten, eine offi- fchieht, Gottes Werk fei. Sünde ift daher nichts
eielle Sammlung der neueren päpitlichen Conſti—
tutionenzuverenftalten. Weil in diefe Samınlung
auch die Tridentinischen Beichlüffe aufgenommen
waren, deren Auslegung dem päpitlihen Stuhle
- vorbehalten (durch Pius IV, 1564) und deren An
f
— ſondern ein Wahn und die falſche Vor—
ſtellung von einer Scheidung und Getrenntſein
von Gott. Sie kleideten ihre Lehre in die Worte
der willkürlich gedeuteten Schrift, Chriſtus hatte
ihnen eine fymbolischtypifche Bedeutung. Natur:
nahme in einzelnen Landestichen, 3. B. in der gemäß lief die Lehre in die Emancipation bes
Libna
eiſches aus; den Uebergang bildete auch hier die
ehre von der geiſtigen Ehe. Die unſittlichen
Grundſätze ſind in dem Proceſſe der Benoite
Ameaur als Begründung ihrer Ausſchweifungen
offen ausgejprohen, ebenfo in dem des Jakob
Gruet, der 1557 wegen Jrreligiofität hingerichtet
wurde. Calvin fchrieb gegen die Yibertiner 1544
und ebenfo 1547 Farel. Ihren Widerftand gegen
die Kirchenzucht beficgte Calvin’s Standhaftigkeit
in dem Falle Berthelier's. Gänzlich unterdrüdt
wurden fie nad) dem Aufruhr 1555, in welchem
Galvin’s Ermordung beabfihtigt war. Aud) aus
Frankreich verfhwand diefer Lıbertinismus, um
in Belgien in anderer Weife wieder zum Borfchein
zu fommen.
Libna, zu Eufebius’ Zeiten Libona, eine Prie:
fter: und Freiftadt in der Ebene Juda, of. 21,
13; 15, 42, fiel unter Joram vom Reiche ab, 2.
Kön. 8, 12, wurde von Sanherib belagert, 2. Kön.
19, 8, und fam danad) wieder an Juda.
Liborius, der Heilige, vierter Biſchof von Mans
in der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts,
Aus feinem Leben ift nicht befannt als der Ruf
feiner Frömmigkeit und feine Freundſchaft mit
dem heil. Martin aus Tours. Seine Gebeine wur:
ven aber 836 nach Paderborn übertragen, damit
die Sachſen aud; Reliquien hätten. Ueber dieje
Tranälocirung ijt ein auf Befehl des Biſchofs Biſo
von Paderborn verfahter Bericht vorhanden. Vgl.
Potthast, Bibliotheca historica medii aevi, Ber:
lin 1862—63.
Libri Carolini. S. Karoliniſche Büdyer.
Libyen (Aı3de) ift das Land weſtlich von Aegyp:
551
Lichtfreunde
auch die Menſchheit in die beiden Hälften theilt,
Kinder des Lichtes und Kinder der Finſterniß, je
nachdem ſie ſich durch den Glauben an Chriſtus,
das Licht der Welt, angezogen fühlen oder nicht
(ob. 12, 36; 1. Joh. 2, 9), die Waffen des Lich:
te8 oder die Waffen der Finfterniß führen.
Lichte. Die katholische Meſſe darf nicht begon:
nen werden, bis die Lichte auf dem Altare bren:
nen. Diefelben follen von Wachs und weiher Farbe
fein ; gelbe find nur dann geftattet, wenn ſchwarze
oder violette Paramente gebraucht werden. Die
Lichte werden auf Lichtmeß geweiht. Dasjenige
Licht, welches zur Rechten Defien getragen wird,
der im Pontificalamte dem Biſchof das Buch vor:
hält, heißt bugia. Symboliſch bedeutet im griechi—
chen Eultus die Zufammenftellung von zwei Lid:
ten die beiden Naturen Chrifti, von dreien die
Dreieinigfeit.
Lichtfreunde oder proteftantifhe Freunde, Die
lihtfreundliche Bewegung in den vierziger Jahren
unjeres Jahrhunderts ging hervor aus der Furcht
des alten ſächſiſchen Nationalismus vor der Unter:
drüdfung FW eine neuerwachte Orthodoxie, welche
dur die Maßregeln bes preußiſchen Kirchenregi—
mentes gehegt und gefördert zu werden jchien. Sie
wurde auf eine abſchüſſige Bahn gelenkt durch die
tactlofen Leber: und Angriffe der Gegner und eine
ſich mit ihr verbindende politifche Oppofition, und
\ ging, als fie in den freien Gemeinden zur Ruhe ge:
fommen war, durch den Mangel einer religiöjen
| Begeifterung unter. Um zu zeigen, daß eö mit dem
| Nationalismus nod) nicht aus fei, trat in Gnadau
' 184 1einerationaliftifche Baftoralconferenz auf; bei
ten an der Norofüfte Afrifas, Xibyer der Gefammt: | den folgenden Berfammlungen (Halle 1841, Leipzig
name der dort wohnenden Völkerſtämme. Sie | und Köthen 1842) wurden auch Laien zugelafien
werden als Hülfstruppen im ägyptiſchen Deere er: | und ein literarifches Organ „Blätter für ——
wähnt 2. Chron. 14, 9; 16,8; Dan. 11, 43. Im | Erbauung“ von proteſtantiſchen Freunden beſchloſ⸗
Neuen Teitamente wird Libyen nur einmal in der | fen unter der Redaction des Führers der Sad,
Apſtg. genannt. des Baftors Uhlich zu Pömmelte bei Calbe. Ein
icentiat, der Inhaber des zweiten Grades (1. | Bortrag des Predigers Wislicenus zu Halle auf
Grade) afademifcher Würde in der theologischen | der 6. VBerfammlung 1844 in Köthen „Ob Schrift,
Facultät, welcher die Berechtigung (licentia) ver | ob Geift”, der die Autorität der Schrift verwarf,
leiht, fih um den akademiſchen Doctorgrad rn be: | wurde Anlaß eines gehäffigen Angriffs in der
werben. Rad) dem Jenaer Statut darf der Licen: | evangelifchen Kirchenzeitung und des Einfchreitens
tiat alle Collegien mit Ausnahme von Dogmatik | der Behörden. Die Protejte der orthodoren Geiſt—
und Moral lejen, welche dem Doctor allein vor: lichkeit gegen Wislicenus und jeine Freunde riefen
behalten find. eine ebento energiſche Proteſtbewegung auf der
Licht. Als Bild in der Sprache der Bibel fehr | Gegenfeite hervor, und die verföhnliche, aber ver:
häufig gebraucht, und zwar jomohl zur Bezeihnung gebliche Erklärung der Schüler Schleiermader's
des Sleinften (Bf. 104, 2; 1. Tim. 6, 16), als na: |am 15. Auguft 1846, die Biſchöfe Dräfete und
mentlich im Alten Teftamente zur Bezeichnung des
Troftes, der Rettung aus einem unheimlichen Hu:
ftand (Bf. 27, 1; Mid. 7,8); dann aber fpeciell
als Bild der aufgehenden Erlöfung (Jeſ. 9, 2; 49,
6; Luf. 2, 32 u. ö.). Zu einem ſcharf begrenzten |
Eylert an ihrer Spite. Zu den proteftantifchen
Freunden hatten fi in Halle die Junghegelianer
gefellt mit verjchiedener, nur in dem Gegenſatz ge:
' gen Orthodorie und Kirchenregiment übereinttim:
mender Tendenz; es ſympathiſirte mit ihnen der
Bearifie erhebt fi) der Ausdrud bei Johannes. | bürgerliche Liberalismus. Als Wislicenus wegen
Das Licht ir ihm jenes große Princip, welches in ) jener Schrift „Ob Schrift, ob Geiſt“ des Amtes
Gott feinen Urfprung genommen, durch Chriftus entſetzt war, bildete fich aus feinen Anhängern, die
in die Welt eingeführt, im Chriftenthbum wirkſam | mit ihm aus der Landeskirche auätraten, in Halle
ift; wie das Wejen Gottes jelbft Licht ift (1. Joh. | eine freie Gemeinde als freier fittlicher Verein mit
1, 5), jo fann die Wirkung, die von ihm ausgeht, | Hinweglaffung eines jeden religiöjen Dogmas. Es
auch nur Licht fein; folglich fannn auch der Logos, | folgte die Bildung einer freien Gemeinde in Nord:
dieſe Einheit ver Wirkungen Gottes, nur ein Scheiz | haufen unter dem Prediger Balter, von Delikic),
nen des Lichtes in die Finſterniß fein, meld) leg: | den das Confijtorium wegen Nichtgebrauchs des
tere die charakteriftiiche Eigenfchaft der von Gott | Apoftolicums in Nordhaufen nicht beftätigen
und der Wahrheit verlafienen Welt ift (Job. 1,5. wollte. Auch in Halberjtadt, Marburg, Hamburg,
9). Das Leben Ehrifti, des Lichtes der Welt (Joh. | Fürth, Offenbach und andern Orten bildeten ſich
8, 12), ift ein Kampf diefes Princips mit dem | freie Gemeinden, und als Uhfich in Magdeburg
Principe der Finſterniß (Job. 1, 5), weßhalb ſich juspendirt und mit Abjegung bedroht war, trat
Lichtmeſſe 552 Liebe
auch dort unter dem letztern eine Gemeinde aus raliſche Geſammtperſönlichkeit von relativ voll-
der Landesfirche aus. Vorher noch war es 1845 | fommener Fähigkeit zur Erfüllung der fittliden
in Königsberg durch ben Divifionöprediger Rupp, Aufgabe darftellen. Die Grundbedingung diefer
ver gegen das Athanafianum geprebigt hatte, | fittlihen Gemeinfchaft befteht nun aber darin, dat
zur Bildung einer freien Gemeinde, aber mit et: | die Einzelweſen nicht bloß durch die Natur Der
was verfhiedener Tendenz gefommen, da dieje fih | Sache gedrängt wg gegenjell er Ergänzung
weder von der Geſammtkirche noch von der Schrift | aneinander anſchließen, ſondern * auch in einem
losſagen wollte, ſich vom politiſchen Gebiete ganz | jeden der die
fern hielt, aber jocialiftifhe und humanitariſche
emeinfchaft bildenden Individuen
dad Bewußtfein der Zufammengehörigleit, Des
gemeinjamen Zwedes und der gegenfeitigen Er:
Ideen ind Leben zu jegen ſuchte. Ob dieje Gemeinde | T
als auf evangelifchschriftlichem Boden ftehend an: Hänzung vorhanden fei. Diejes Vewußtſein ift
zufehen fei, wurde eine viel erörterte Streitfrage, | nun im allgemeinften Sinne die Liebe. Die Grund:
al3 Rupp zur Hauptverfammlung bed Guftav: | lage, auf welcher fich die Liebe bildet, ift alfo Die,
Adolf: Vereins deputirt worden war. Das Tole: | wenn auch unbewußte Anerkennung ber Thatiache,
tanzpatent vom 30. März 1847, weldjes die bür:
gerlihen Rechte unabhängig machte von den reli:
giöjen Acten der anerkannten Kircchengejellfchaften,
regelte zwar die Verhältniffe diefer Gemeinden in
Preußen und gewährte ihnen ein gewiffes Maß
von Freiheit; als aber 1848 ſich hier wie bei den
Deutichkatholifen die Führer meiftens tief in die
politiihen Bewegungen einließen, behandelte die
Reaction die Gemeinden al3 politiiche Vereine;
ein Urtheil des Obertribunalö 1856 Löfte fie im
Grunde auf und erft 1859 wurden bie inhibiren:
den Maßregeln — größten Theile wieder ſiſtirt,
ohne daß allen Beſchwerden abgeholfen wäre. Nur
einzelne der 1845 entſtandenen Gemeinden friſten
nod) ein fünmerliches ae Val. Zichiefche, die
protejtantifchen Freunde. Eine Selbſtkritik, 1846;
Kampe, Geſchichte der religiöfen Bewegung der
neuen Zeit, 3 Thle., 1853—56 ; Nippold, Kirchen:
geich., 2. Aufl. Efberfeld 1868.
Kichtmeffe, Mariä Lichtmeh, festum Candela-
rum, festum Symeonis. In der römischen Feier
des Tages vereinigen ſich das Gedächtniß der Rei:
nigung der Maria (40, Tag nad) Weihnachten)
und die Erinnerung an Symeon und feinen Lob:
gefang bei der Darjtellung Jefu im Tempel; da:
her aud) festum obviationis, Unererry. Die Feier
ftammt aus dem Oriente, wo fie ſchon vor der An—
ordnung des Kaifers Juftinus in Antiochien 526
begangen worden fein muß; in Rom foll jie durch
Papft Gelafius 494 eingeführt worden fein. Das
Eigenthümliche derjelben, die Umzüge des Volkes
und des Klerus mit brennenden Lichtern, die an
der geweihten Kerze angezlindet werden, und die
Segnung ber zum gottesbienftlichen Gebraud) be:
ftimmten Slerzen (feit dem 11. Jahrhundert), wird
zwar bezogen auf Luk. 2, 32, bat aber feinen Ur:
ſprung * in den Gebräuchen des in den Ta—
gen des ſcheidenden Jahres bei Römern und Grie—
hen (auch Perfern und Nordbländern) üblichen
Naturfeftes, bei welchem Fadeln und Lichte ge:
tragen wurden (vgl. Jakob a Voragine). Die Iu:
therifche Kirche behielt das Feſt anfangs als
Reinigung Mariä und Darftellung Jeſu bet.
Liebe. Lieben ag ſich jelbft mittheilen an ein
anderes Ich, jo daß das eigene fi) im anderen
wiederfindet. Die Liebe gilt im Chriftenthum als
Wefensbezeihnung ber Gottheit wie der Menſch—
heit, und ift zu den vier antilen Cardinaltugenden
daß wir als einzelne Menſchen außer Stand find,
unjern Lebenszweck zu erreichen, da wir dazu der
Gemeinſchaft mit andern bedürfen; auf dieſer
Grundlage bildet ſich die Liebe, indem zu jener
Ergänzungäbebürftigkeit das Bewußtſein tritt, daß
gerade biete Perſon und feine andere es ift, mit
welcher zujammen wir eine Gemeinjchaft mit dem
Charakter einer einheitlichen moralijchen fon
‚bilden. Da eine wahre Gemeinſchaft nur da be—
| fteht, wo eine wirkliche Ergänzung des Einen durch
den Andern Statt findet, jo wird aud) die Yiebe
nicht zwei zufällig zufammentreffende Perſonen,
ſondern nur ſolche Berfonen verbinden, deren In—
dividualitätöverichiebenheit eine Ergänzung durch
Gemeinſchaft ermöglicht oder fordert. Nur das
| Bewußtjein einer vorhandenen Ergänzungsfähig-
keit erzeugt die Liebe, und das Band derjelben löſt
I auf, fobald jene nicht mehr vorhanden ift oder
ſobald ſich eine Täufhung herausftellt. Die Liebe
iſt ſowohl Gefühl ald Begehren. Als Gefühl ift fie
theils ein Gefühl der Nichtbefriedigung und Sehn:
fucht, überall da, wo der als Bedürfniß empfun:
‚dene Vollzug der Gemeinschaft ganz oder theilweife
nod) fehlt ; theils ein Gefühl des Genufjes von der
vollzogenen Gemeinſchaft, weldes jhon dann ein:
tritt, wenn die Gemeinſchaft nur eine ideelle ift,
d. h eine ibeelle Aufnahme des Andern oder viel:
mehr feines von und als uns jelbjt ergänzend em:
pfundenen Bildes in unfer Gemüthsleben, welches
aber defto intenfiver wird, je mehr die Gemein:
ſchaft auch eine wirkliche, auf gegenfeitigem praf:
tiſchen Austauſch der Jndividualitäten berubende
ift, Das Begehren der Liebe ift die andere Seite
bed erjtgenannten Gefühles, indem diejes von
‚einer lebhaft fi äußernden Richtung des Triebes
nad) immer volllommenerem und alljeitigerem
Vollzuge der Gemeinichaft, die uns eine fubjective
Nothwendigkeit geworden tft, begleitet wird. Die
Gemeinſchaft der Liebe befteht darin, daß man fich
ald eine reg. erion fühlt mit dem Andern,
daß des legteren Zuftände, freude und Leid, em:
pfunden werben als eigene und daß ber Trieb na
Vollkommenheit, der In uns ift, fich zugleich u
als ein Trieb nach der Bolltommenheit des Andern
rg ge weßhalb die Liebe zum Nächſten eine
Liebe ijt als „zu ung ſelbſt“. — Die wahre Liebe ift
ein Erzeugniß fittliher Selbftbeftimmung, fie be:
‚ruht auf der Ueberwindung ihres Gegentheils, der
mit Glaube und Hoffnung als die höchſte „theolo- | der menſchlichen Natur anhaftenden Selbſtſucht.
giſche“ Tugend hinzugefügt worden. ı Indem der Selbftfüchtige feine eigene Berfon als
Die einfeitig mangelhafte Beichaffenheit des | Selbftzwed des Lebens fest, ift.er unfähig, eine
menſchlichen — fordert zum Zwecke der | wahrhafte Gemeinschaft einzugehen, weil dazu die
Erfüllung der fittlihen Aufgabe nothwendig die | Anerfennung des der Gemeinſchaft einwohnenden
Gemeinfhaft (ſ. d. Art.), in welcher die Indivi- höheren Lebenszweckes und die völlige Unterord:
duen fid) gegenfeitig ergänzend gleichſam eine mo: Inung unjeres perſönlichen Lebenäzwedes unter
Liebermann
biejen gehört. Die Liebe iſt Hingabe unferes Selbit,
und fieht in biefer Hingabe an Andere die Erfül-
lung des Lebenszweckes, während die Selbitfucht
umgefehrt fid) jelbjt zum Mittelpunkt jet und vom
Andern Hingabe an uns feldft verlangt. Wahre
Liebe ift Daher nur denkbar auf einer höhern Stufe
fittlicher Entwidlung; und Alles, was außerhalb
der jittlihen Selbitbeftimmung mit dem Namen
Liebe bezeichnet wird, ift nur ein Schein von Liebe
mit äußerlier Aehnlichkeit, wie 3. B. die rohen,
unethifirten Aeußerungen des Gejchlechtstriebes.
Die Liebe ift ihrem pſychologiſchen Charakter nad
theils Wohlgefallen, theils Wohlwollen, d. b. theils
ein ——. des Andern ind Gemüthöleben,
theild ein Wollen deö Guten für denfelben ; ihren
Wirkungen nad) ift jie einerfeitö geben, anderjeits
empfangen, wobei aber letzteres, wie Fenelon im
Streit mit Boffuet über l'amour desinteresse ver:
focht, niemals ald Motiv der Liebe erfcheinen darf,
wenn fie eine lautere bleiben foll; nach den Per:
ſonen, welche ſich die Liebe als Object ausmählt,
ift fie —* eine allgemeine Menſchenliebe, theils
eine beſondere Liebe (Geſchlechtsliebe, Eltern: und
Kindesliebe, Freundfchaft u. f. w.). Die allgemeine
Menſchenliebe beruht auf der Achtung vor dem
Menſchen als folhem und auf dem Bewußtſein,
mit dem Nebenmenſchen Glied eines Ganzen zu fein.
Sie ift ſelbſtſuchtsloſe Hingabe an das Ganze der
Menfchheit, welche überall da zum praftifchen Aus:
drud fommt, wo wir mit einem Öliede Dielen San:
zen wenn auch nur in vorübergehende Gemeinſchaft
treten (Luk. 10,29 ff.), und äußert fich in den ver:
ſchiedenſten Formen, als Barmherzigkeit, Güte,
Freundlichkeit, Sanfmuth, Friedfertigteit, Berföhn:
lichkeit u. |. w. Die erhabenfte Form derjelben, der
Zriumph der hriftlichen Liebe, tft die Feindesliebe,
deren Wejen ernfthaftes Suden nad Uebermwin:
dung des feindfeligen Hafjes und eine ftete Bereit:
heit zur Bergebung und Verföhnung ift (Matth.
5, 44). Je enger der Kreis ift, den das Band der
Liebe ſchließt, deſto intenfiver ift fie. Die Liebe zu
Gott beruht auf denfelben pfychologiſchen Geſetzen
wie die Nächſtenliebe. Auch fie beſieht einerjeits
in der Aufnahme des Unendlichen durch die Andacht
ins Gemüthöleben, anderjeits in freudiger Selbit:
bingabe an Gott und feinen Willen.
reinjte Form der Gemeinfhaft mit Gott. Da Got:
tes⸗ und Menſchenliebe im Grunde eins find, da
in beiden die Fähigkeit der Selbfthingabe den we:
jentlihen Kern bildet, fo ift die Einheit der beiden
von Ehriftus felbft als das eigentliche Weſen des
Chriſtenthums bezeichnet (Matth. 22, 37—10).
Dal. den Hymnus der Liebe 1. Kor. 13. Weber bie
Liebe Gottes vgl. Eigenihaften Gottes. Vgl. na:
mentlid Rothe, Ethik, 2. Aufl., Bd. I, S. 500—
537 , Sartorius, die Lehre von der heiligen Liebe,
4. Aufl. 1861. j
Liebermann, Franz Leopold Bruno, Dr. theol.,
Generalvicar des Bisthums Straßburg. Geboren
zu Molsheim bei Straßburg am 12. October 1759,
abfolvirte er das Jefuitencollegium feiner Vater:
ftabt und das Seminar zu Straßburg. Zum Di:
rector des Seminars ernannt 1784, übernahm er
1789 die Pfarrei Ernolsheim. Weil er den Eid der
Civilconftitution verweigerte, mußte er 1793 flüd):
ten, ward Regens des Seminars zu Allerheiligen
und bejuchte 1795 als bijhöfliher Commiſſär
heimlich und verkleidet feine Gemeinde. 1801—03
fungirte er in Straßburg ald Münfterprediger und
553
ie ift die | lo
Liefland
| Secretär des Biſchofs. Der Theilnahme an einer
‚royaliftifchen Verſchwörung verdächtig 1804, hatte
er eine achtmonatliche Haft in St. Delogie zu be:
jtehen, und war danach Regens des Seminars zu
Mainz, von wo er 1823 als Generalvicar nad)
Straßburg ging. Das ihm angetragene Bisthum
Met hatte er auögefchlagen. + 1844. Sein Haupt:
verdienst hat er fih um die Bildung des Klerus
erworben. Die Institutiones theol. dogm., 5 Bbe,,
1819, find feine Hauptſchrift; Instit. jur. can. find
nicht gedrudt.
Liebesmahl (f. Agave), die urfprüngliche Art,
das Gedächtnißmahl Jeſu Chrifti nad feiner Ein:
jegung zu feiern. Ziebesmahle fanden anfangs
täglih Statt und ein Jeder brachte dazu feinen
Beitrag. Allmählich löfte fih im 2. Jahrhundert
bendmahls:
davon die —— facramentale
feier. Die Liebesmahle verloren fich bei dem Wachs—
thum der Gemeinde, ja fie murden in Folge der
damit ſich verbindenden Unordnungen verboten
durch dad Concil zu Laodicea 363, durd Ambro:
ſius in der Kirche zu Mailand 336, durch das Con:
eil zu Hippo (Auguftinus) 395, zu Orleans 536,
zu Gonjtantinopel 692. Secten und Separatijten
find manchmal auf dieſe urfprüngliche Feier zurüd:
egangen, ohne gleiche Folgen vermieden zu haben.
Die Brüdergemeinden haben diefe Liebesmahle
erneuert.
Liebner, —— Albert, wurde 1806 zu Schkö:
len bei Naumburg geboren. Nach vollendeten Stu:
dien wurde er 1832 Prediger zu Kreisfeld, 1835
— —— zu Göttingen, 1844 zu Kiel, 1851 zu
eipzig, wo er 1853 zugleich * Univerſitäts⸗
prediger und Director des homiletiſchen Seminars
wurde; 1855 Oberhofprediger, geh. Kirchenrath
und Eonfiftorial:Vicepräfident zu Dresden. Er
gab heraus: Hugo von St. Victor und die theolo:
iſchen Richtungen feiner Zeit, Leipzig 1832. In
—— dogmatiſchen Hauptwerke, „chriſtliche Dog⸗
matif aus dem chriſtologiſchen Princip dargeftellt”,
1. 8b. 1849, vertritt er die von Thomafius anges
regte dee, der Selbitentäußerung des Logos.
Außerdem Predigten, 2 Bde., Gött. 1841 und 61.
Seit 1856 ift er mit Dorner und Ehrenfeuchter
Herausgeber der Jahrbücher für deutſche Theo:
gie.
Lied, geiftliched. S. Kirchenlied und Gefang.
Liefland (Livland, Lievland). Das ChriftenthHum
folgte in Ziefland der Niederlaffung der Bremifchen
Kaufleute in Riga um 1180. Der erfte in —*
Gefolge auftretende Miſſionär, der Auguſtiner
Meinhard 1186, erbaute die erſte Kirche zu Uexküll
an der Düna und ward 1191 als Biſchof der Kirche
in Liefland geweiht. Sein Nadjfolger, der Abt
Berthold aus Loccum, verſuchte die Mängel der
Ueberzeugungsfraft durh Waffengewalt auszu:
füllen und fiel 1198 in einer fiegreihen Schlacht
feines Kreuzheeres. Biſchof Albert von Apeldern
‚gründete um 1200 Riga und brach den Wider:
* der Liefländer gegen das ihnen gewaltſam
aufgedrungene Chriſtenthum durch ſeine Stiftun
des Schwertordens 1202. Nach ſeinem Tode 122
wurde das Bisthum Riga vom bisherigen Metro:
politanverbande mit Bremen gelöft und 1246 zum
felbftändigen Erzbistum erhoben. Die Vereini—
aung bed Schwertordens mit dem deutſchen Orden
fiherte wohl die Unterwerfung und Chriftianifi-
rung Lieflands, hatte aber für das Bisthum dau—
ernde Kämpfe mit dem Orden zur Folge, die ben
Liegnitz
554
Verfall der Kirche beſchleunigten. Der Heermeiſter
Walter von Plettenberg 1494 — 1531 trat der
Liga
in Fürftenthum Liegnig die Reformation ein, und
bediente fic) dabei des Kaspar Schwentfeldt als
Reformation bei und verwandelte Liefland in ein , Rathgebers. Durch deſſen Freund Fabian Edel ent:
mweltlihes Herzogthum unter polnischer Hoheit.
Der Herb der ——— war Riga, wo der
Huſſit Rilolaus Ruß aus Roſtock 1511—16 vor:
bereitend gewirkt hatte; 1521 fam Andreas Knöp—
fen aus Treptow und 1522 Silvefter Tegetmeier
aus Hamburg, welche der Rath wider Willen des
Erzbiſchofs zu Predigern ernannte. In Wolmar
und Dorpat wirkte Melhior Hoffmann in ftürmi:
ſcher Art, jo daß er, auch von evangeliſch Sefinnten
angegriffen, Liefland verlaflen mußte (1524 und
1526). Luthers Ermahnungsſchreiben an die Chri-
ſten in Riga, Reval und Dorpat 1523 zeugt für
den Foriſchritt der Reformation, die bis 1562 den
Katholicismus gänzlich verdrängt hatte, J. Bries:
mann (1527—31), nad) Riga aus Königsberg be:
rufen, entwarf die. Agende 1530. Die Kirchenord:
nung für Nepal erjchten 1561, machte aber 1572
der kurländiſchen Platz. Der eſthniſche Katechismus
und das liefländifche Geſangbuch des Matthias
Knöpfen find von demjelben Jahre. Die völlige
Untenverjung unter Boien feit 1558 wurde bald
von den Jeſuiten benugt, um gegen die Verträge
ven Protejtantismus zu unterdrüden ; die ſchwe—
diſche Herrichaft gab dieſem dagegen wieder Frei:
heit und eine neue Stüße durd die 1632 von Su:
ſtav Adolf geftiftete (1700 wieder aufgehobene)
Univerfität Dorpat. Eine neue Kirchenordnun
wurde 1632 gegeben, 1633 eine neue Agende, un
bie Bibel ing Lettifche und Eſthniſche übertragen.
Im 18. Jahrhundert verfiel das chriftliche Leben
bei fortdauernder Kirchlichkeit namentlich auch da:
durch, dab die meift aus der Fremde ftammenden
deutjchen Prediger der lettiihen Landesiprade
nicht mächtig waren, jo daß Predigten nur vorge:
leſen werden fonnten. Ergänzend ftand neben ber
Kirche die Wirkfamfeit der Herrnhuter, die auch
nad) dem Verbot ihrer Verſammlungen 1743 ihre
Thätigfeit nicht ganz einftellten, 1764 fie vorzugs—
weife in Liefland wieder aufnahmen und feit 1817
mit hejonderem Erfolge wirkten, fo daf ihre Dia:
fpora förmlich aus der Iutherifhen Kirche auszu:
ſcheiden begann, die daher jeit 1834 einen entichiede:
nenKampfgegen die Herrnhuter begann, in weldem
fie auf ihre im Frieden zu Nyftädt ihr garantirten
Privilegien ſich berief und von der Negierung un:
terjtügt wurde, Dagegen wurden dieſe Privilegien
von der orthodoren Staatöfirche nicht geachtet,
welche jeit 1841 durch Emiffäre ihre Brofelyten:
macherei unter den Yetten begann und 1845 durd)
Beriprehungen, Zwang u. dal. Taufende von Yet:
ten und Efthen zum Uebertritt bemog. Das ftaat:
liche Verbot des Rücktritts und das Geſetz über die
Kindererziehung aus gemiſchten Ehen nach der
Kirchenverfaſſung 1832 drückte mit Härte; noch
1863 mußte Biſchof Walther, der die Rechte der
Kirche vertrat, einer Intrigue weichen, und erſt
1868 iſt den Oſtſeeprovinzen ihr kirchliches Recht
zurückgegeben. Das kirchliche Intereſſe iſt durch
dieſe Kämpfe geweckt; der Einfluß der (1802 wie—
der eingerichteten) Univerſität Dorpat hat dem
tirhlichen Leben ein orthodorx⸗lutheriſches Gepräge
aufgedrüdt. Val. Schlözer, Livland und die An:
fänge deutjchen Lebens im baltifhen Norden, Ber:
in 1850; W. Hoffmann, Dentichland und Europa,
Berlin 1868.
Liegnig. Herzog Friedrich 11. führte ſchon 1524
ftanden wiedertäuferifche Unruhen und Unorbnun:
gen, über welche die Prediger und Schwenkfeldt ſich
bei dem Kaiſer und dem Bifchof von Breslau recht:
fertigen mußten und welche Friedrih mit Härte
unterdrüdte. DieReformation wurde befeftigt durch
die Kirhenvifitation von 1527 und die Kirchen:
ordnung von 1534. Der Uebertritt des Fürften
Georg Rudolf 1614 zur reformirten Confeſſion
blieb ohne Folgen, da er felbft 1623 wieder luthe:
rifsch wurde. Im Weftphälifchen Frieden wurden
die confeffionell-firhlihen Verhaͤltniſſe, wie fie
1618 beftanden hatten, wieder hergeftellt, aber bie
katholiſch-kaiſerliche Reaction nahm auch hier bie
evangeliichen Kirchen weg, bis die Altranftäbter
Convention ihre Rückgabe bewirkte. J
Liga, Ligue (Bund) ift der Name einiger politi—
ſchen Bündniffe, welche aud) für die kirchliche Ge:
ſchichte von Einfluß waren. Papft Julius II. bil-
dete nach feinem Rücdtritt 1508 von der Ligue zu
Cambray (welche zwischen ihm, Kaijer Marimi:
lian I., Ludwig XII. von Franfreid, Ferdinand
von Aragonien und mehreren italienifhen Staa:
ten gegen Venedig gefchlofien, aber gejheitert war)
mit den Schweizern und der Republif Benedia, an:
geblich zur Beförderung der Kirche, d.h. der Papft
macht, die heilige Lique, der jpäter Aragonien,
Enaland, endlich auch der Kaifer zur Vertreibung
der Franzoſen aus Italien beitraten. — In Franf:
reich ftifteten die Guiſen 1576 den Bund der Yique
der Katholiken zur Vertheidigung der Fatholii
Religion, der Aufrechthaltung der Provincialpri-
vilegten und zur Ausſchließung der proteftantijchen
Prinzen von der Thronfolge. Nach der Ermordung
der Guifen und Heinrich's IIL., der vor dem Bunde
mit der Ligue fich zu Heinrich von Navarra geflüchtet
hatte, befiegte biejer die Ligue am 14. März 15
bei Jury. Sein Mebertritt zum Katholicismus 1593
nahm berfelben aud den letzten Vorwand ihres
Beitehens (Ranke, Gefch. der Päpfte, Leipz. 1854
—57, und Franzöſ. Geſch., Stuttg. 1861). — Ent:
gegen dem Schmalkaldiſchen Bunde der proteftan:
tiſchen Fürften 1531 jchlofjen 1538 die katholiſchen
Fürſten, Bayern an der Spite, eine Liga zum
huge der wahren chriftlichen a rn und zur
Aufrehthaltung der Reichsſtags-Abſchiede. Der
Bund hatte weiter feine Folge, und der Religions-
frieden von 1555 benahm beiden gleihmäßig ihren
Grund, fäte aber auch von neuem die Saat der
Zwietradt. — Die Berlegungen diefes Friedens
in Donauwörth dur) den Herzog von Bayern,
Marimilian I., riefen März 1608 die „Union“ ber
proteftantifchen Fürften namentlich auf Betreiben
Chriſtian's von Anhalt zur Vertheidigung des Glau:
bens hervor, die aber nicht gegen Kaiſer und Reich
gerichtet fein ſollte (Ranke, Zur deutſchen Geſchichte
Vom Religionsfrieden bis zum dreißigjähr. Kriege,
ſämmtl. Werke VII, ©. 170, Leipz. 1868). Ihr
entgegen gründete Marimilian von Bayern im
Juli 1609 die heilige oder katholiſche Liga, an
deren Spite ertrat, mit den Bischöfen von Conftans,
Augsburg, Paſſau, Eichftädt und Regensburg und
mit den PBrälaten von pe di und Kempten;
die ſchwäbiſche Ritterſchaft und die geiftlichen Kur:
fürften traten ebenfallä bei, der Kaiſer und das
Haus Defterreich blieben ausgelhloffen (Corne
lius, Mündener hift. Jahrbücher, Münden 1365).
Lightfoot
Anfangs durch das Ueberwiegen der Union, durch
die Eiferfucht des Kaiſers und gegenſeitiges Miß—
frauen ſchwach (Frieden 1611, Bundestag 1613), |
belebte die Wendung der Jülichſchen Erbangele:
nheit 1613 die Yiga aufs neue; ein engerer Bund
1617 gab Marimilian die Leitung völlig in die
Hand. Der Bundestag zu Würzburg 1619 und der
Frieden mit der Union 1620 gaben ihm freie Hand,
Böhmen zu erobern und die pfälzische Kurwürde
1623 zu gewinnen. Wallenftein’s Uebermadht rief
nod) einmal eine Bedeutung der Yiga hervor auf
dem Bundestag zu Heilbronn 1629 und dem Reichs⸗
tag zu Regensburg 1630. Sie ging unter, befiegt
von Guſtav Adolf und verlaflen von Frankreich,
weldes im ſelbſtiſchen Intereſſe die Proteftanten
unterftügte. Val. Mignet, histoire de la ligue, 5
vol., Paris 1829; Schreiber, Marimilian I. der
Katholiihe, Münden 1868; Souday, Deutich:
land während der Reformation, Frantf. 1868,
—F ot, Johannes, Pfarrer und Vicekanzler
ber Univerſität Cambridge, ein berühmter Orien—
talift. Geb. 1602 zu Stock in Stafford, wurde er 1630
Pfarrer in Asle, 1642 an der Bartholomäuskirche
in London und 1643 zu Mundon in der Grafichaft
Hertfort. 1653 zum PVicefanzler von Cambridge
ernannt, jtarb er 1675 zu Ely, wo er eine Kano:
nifatspfründe beſaß. Seine hebräifchen Studien,
die er zeitlebens neben eifriger Wirffamteit als
Pfarrer fortjegte und die jeinen Ruhm begründe:
ten, begann er erjt als Caplan im Haufe des Nit:
ters Cotton zu Norton. Sein vornehmftes Wert,
horae hebraicae et talmudicae, ift noch gegen:
wärtig von Bedeutung. Seine meiften Schriften
find den biblifhen Studien gewidmet. Die befte
Gejammtausgabe derjelben tit die Utrechter 1699
mit einem Supplementband von Joh. Strype 1700.
Liguori, Alphons Maria von, geboren am 26.
September 1696 zu Neapel. Erzogen bei den Brie:
jtern des Dratoriums, wurde er nad) dem Willen
feines Vaters Advocat, verlief aber in Folge eines
Mißgeſchicks bei der Führung eines wichtigen Pro:
ceſſes diefe Laufbahn und trat 1722 in die Congre:
gation der Propaganda. 1726 zum Prieſter ge:
weiht, wandte er ſich mit allem Eifer auf den Un:
terricht des Volkes. Erregt durch eigene Vifionen
ber Jungfrau Maria umd angetrieben durch eine
Offenbarung einer Klofterfrau zu Scala im Bezirk
von Benevent jtiftete er 1732 dort die Congrega:
tion des allerheiligiten Erlöjers, einen Verein von
Miffionsprieitern zur Belehrung der unmifjenden |
Landleute, nad) dem VBorbilde der Congregationen |
des Bincenz von Paula. Nach Leberwindung vieler
Schwierigkeiten gelang e3, 1735 ein zweites Haus |
zu Ciorani in der Didcefe Salerno zu begründen. |
Am 21. Juli 1742 fand die feierliche Helübdeable: |
gung Statt, und 1749 betätigte Benediet XIV. |
den neuen Orden und gab ihm den Namen der Ne:
bemptoriften. Als General:Oberer entwidelte 2.
eine ungemeine und aufopfernde Thätigfeit. 1762
übernahm er auf Befehl des Papſtes Clemens XIII.
das Bisthum von Santa Agatha Gotici in Nea:
a — — — — — — —
555
Liguori
hervor, welcher eine Trennung derſelben zur Folge
hatte, als der Papſt die Häuſer des Ordens im
Königreiche Neapel von den Privilegien ausſchloß
und X. feiner Stellung als Ordensrector enthob.
L. erlebte nicht die Wiedervereinigung der beiden
DOrdensparteien 1790, al3 Neapel auf feine frühe:
ren Bedingungen verzichtete. Er ftarb 1787, 90
Jahre alt. Bius VI. erklärte ihn 1796 für ehrwür:
dig, Pius VII. 1816 für ſelig, Gregor XVI. 1839
für heilig. Das Charafteriftiiche feiner fatholifch:
affetifchen Frömmigfeit war die Verehrung ber
Jungfrau Maria, daher fein Eifer fur die Aner:
fennung der immaeulata conceptio. Seine Be:
redſamkeit ift eine „erftürmende” genannt worden;
die Weiſe derfelben hat ihren Ausdrud in den
Standespredigten gefunden, welche er einführte,
Die Heranbildung der Prediger des Ordens ge:
hörte zu feinen Hauptforgen, mit welder er an:
fänglich, fo lange die Ausdehnung des Ordens es
zuließ, ſich felbit befaßte. Von ſeinen zahlreichen
Schriften find die bedeutendften: Theologia mo-
ralis, Neapel 1755; Institutio catechistica, Bas-
sano 1768; Homo apostolichs, Venet. 1782.
Sämmtlihe Schriften erfchienen in Paris 1835,
deutjch in Regensburg 1842, Sein Leben fchrieb
Jeancard, ViedeM. Alph.L., Löwen 1829, deutſch
Regensburg 1810. Seine Erbauungsichriften find
in Behr viele Sprachen überjegt.
Der Drden der Yiguorianer oder Hedemptori:
ften fteht nad Geift und Tendenz dem Jeſuiten—
orden am näditen und trat in Deutſchland an
deffen Stelle. Das Werkzeug hierzu war Clemens
Maria Hoffbauer, geboren am 26. December 1751
zu Takwig in Böhmen. Als Bädergejelle in der
Bäderei des Prämonftratenjertlofters Brud bei
Wien beſchäftigt, durfte er am Unterricht der latei-
niſchen Klofterichule theilnehmen 1772—76 und
lebte dann zwei Jahre als Einfiedler bei dem
Wallfahrtsorte Mühlfrauen bis zur Aufhebung
der Einfiedeleien. In Wien fette er danad) jeine
Studien fort, während er fich feinen Unterhalt
durd) jein Handwerk erwarb, Inzwiſchen hatte er
mehrere Wallfahrten nad) Rom gemacht, aud) eine
Zeit wieder als Einfiedler bei Tivoli gelebt, bis
ihn 1783 der Zufall in die Kirche der Nedemptoris
jten führte und er mit feinem Freunde Hibel in
die Kongregation einzutreten veranlaßt wurde.
1785 wurden Beide nad Warſchau entjendet, wo
ihnen die Kirche des heil. Benno (daher Benno:
niten) eingeräumt wurde, in welder fie eine bes
ftändige Miffion für Bolen, Deutihe und Fran:
zofen einrichteten. Der große Erfolg hatte nicht
nur den Eintritt von Eingeborenen in die Con-
gregation zur Folge, jondern aud) 1794 eine Be:
rufung derjelben nad) Mitau in Kurland. Als Ge:
neralvicar des Ordens erhielt Hoffbauer die Er:
laubniß, Collegien einzurichten. So gründete er
die Häufer auf dem Tabor bei Jeftetten 1803, zu
2. im Schwarzwald 1804, zu Babenhaufen
1805, Diefe Riederlaflungen gedichen aber ebenfo:
wenig wie die Schweizerischen in Chur und Vispach.
pel, von deſſen Verwaltung er, gefchwächt durch 1807 wurde fogar durch den Beſchluß der franzö:
Alter und Kränklichkeit, erſt 1775 auf dringendes | fiihen Regierung die Congregation in Polen auf:
Bitten durch Pius VI. wieder entbunden murde. | gelöft und die Bäter in Küftrin verhaftet, dann in
Während der Zeit leitete er den Orden durch einen | ihre Heimath entlaffen. 9. gewann in Wien dur.)
Generalvicar. Aenderungen in der Ordensregel, | die von ihm convertirte Familie Klintowftröm ein
auf welche er einging, um die Genehmigung der | neues Unterfommen; als Beichtvater bei den Ur—
neapolitaniſchen Regierung für denfelben zu erlans | fulinerinnen machte er.deren Kirche zu feinem Mif:
gen, riefen einen Zwieſpalt in der Congregation | jionsorte, Er begründete eine Erziehungsanftalt,
Lilienthal
fammelte die zerjtreuten Nebemptoriften und ent:
ſandte diefelben theild nach Bukareſt, theils in zur Hölle gehörige Dertlichkeit des J
die Niederlaffung zu Balfainte, fpäter Freiburg in
ber Schweiz. Eine gegen ihn eingeleitete Unter:
ſuchung wegen unerlaubter —————— aus⸗
wärtigen geiſtlichen Obern endigte mit der Zulaſ—⸗
fung der Congregation in Oeſterreich (22. April
1820). 9. ftarb vorher am 15. März 1820. Bon
Deiterreich aus, wo fie mehrere Häufer begründe:
ten, verbreiteten ſich die Liquorianer nad) Frank—
reich (Bifchenberg in der Diöcefe Straßburg) und
556
Lindſey
Limbus, nach der katholiſchen ei fee die
enjeit3, welche
den ohne ihr Verfhulden der Erlöjung fern Ste:
henden zum Aufenthalt angemiejen ift. Unterfchie:
den wurden der limbus patrum und limbus infan-
tium; jener, für die Frommen des Alten Bundes
bejtimmt, ift durch die Höllenfahrt Chrifti geöft:
net, diejer bleibt für die ungetauften Kinder,
welche mit der Erbfünde behaftet, deren Schuld zu
tragen haben. Die Lehre felbft iſt auf den Conci:
lien zu yon und Florenz zwar feftgeftellt, aber es
nad Bayern (Altötting). In Frantreich Löfte die | herrſcht eine Verſchiedenheit der theologiihen An:
Julirevolution den Orden auf; er wurde aber wie:
berhergeftellt und hat mehrere Niederlafjungen.
Aus Bayern und aus Wien wurde er durch die
Revolution 1848 vertrieben. Dafür hat er in Ame⸗
rika an mehreren Orten eine Wirkſamkeit gewin:
nen können. Das Haupthaus und der Stk des
Ordensgenerals ift Nocera dei Pagani in Neapel.
Die Redemptoriftinnen, welche Liquori ebenfalls
1732 zu Scala begründete, haben 1848 ihre beiden
Häufer in Wien und Stein verloren, befigen aber
noch eins zu Brügge.
Lilienthal, Michael, geboren am 8. September
1686 zu Liebftadt in Preußen, war Diafonus in
Königsberg und ftarb 1750. Er war Herauögeber
einer theologifhen und exegetiſchen Bibliothek,
1740, und des biblifchen Archivarius der heiligen
Schrift, 1745. — Theodor Chriftopb, der
Sohn deöjelben, war geboren am 8. October 1711
zu Königsberg. Er habilitirte fich nach einer zu
gelehrten Forſchungen unternommenen Reife durch
Holland und England in Königsberg, ward 1744
a. 0. Profeſſor der Theologie und 1746 Prediger
an der Neu-Roßgartenichen Gemeinde. Er ftarb
1782 als o. Profeffor der Theologie, Schulrath
und Baftor an der Domkirche. Er ſchrieb: die gute
Sache der göttlichen Offenbarung wider die Feinde
derjelben ermwiejen, Königäberg 1750—82; eine
Sammlung und Widerlegung aller Einwürfe des
Deismus gegen das Chriftenthum.
Lilith, Er 34, 14, „die Nächtliche“ heikt eine
Spufgejtalt des jüdiſchen Aberglaubens in Geftalt
eines ſchöngeputzten Weibes, welches den Kindern
nachſtelle und fie töbte,
Limborch, Philipp van, berühmter remonftran:
tiiher Theolog. Geboren am 19. Juni 1633 zu
Amsterdam, ftudirte er dajelbit und zu Utrecht
und ward 1657 Paſtor zu Gouba. Wegen feiner
Jugend hatte er 1655 einen Ruf nad) Alcmar ab:
gelehnt. 1667 Baftor in Amfterdam und im fol:
genden Jahre Profeffor der Theologie am Remon—
‚trantencollegium dafelbit, ftarb er 1712. Außer
ber Herausgabe der Schriften des Episcopius hat
man von ibm: Theolog. christiana, Amst. 1686;
De veritate religionis christianae amica collatio
cum erudito Judaeo, Gouda 1697 ; Historia inqui-
sitionis, 11 92; Commentare zur Apoftelgefchichte,
Römer: und Hebräerbrief. Vgl. Nicéron, histoire
des hommes illustres T. XI; Abraham des Ar- |
morie van der Hoeven, de Joh. Clerico et Phil.
a Limborch, Amstel. 1845.
Limburg, an der Lahn. Das Bisthum, welches
dad ehemalige Herzogthum a in und die Stabt
Frankfurt umfaßt, gehört zur oberrheiniichen Kir:
un ea
jichten über die Beichaffenheit des limbus, ob er
ein Drt der Dual oder nur eine Entbehrung der
Seligkeit fei. Die evangelifche Kirche hat die Lehre
vom limbus nicht ausgebildet; für die reformirte
ift fie bei der Ermählungäfehre und bei der Bun»
destheologie gleich unhaltbar und überflüffig. Die
(utherifche hat, obwohl fie die unbedingte Not:
wendigteit der Kindertaufe wegen der Erbjünde
(ehrt, ſich zu einer Zeugnung der Rettung ber un:
getauft Berftorbenen nicht entſchließen können.
Lindanud, Wilhelm Damafus, geb. zu Dort:
recht 1525. Er wurde Brofeffor der katholiſchen
Theologie zu Löwen und Dillingen, Decan im Hang
und 1588 Bifchof von Gent. + 1583. Mehr als
durch feine dogmatiſchen Schriften befannt gemor:
den tft er ald Glaubensinquifitor in Holland und
Frieöland, wo er die Seele aller antiproteitanti:
jhen Bewegungen war.
Lindisfarne, ein Klofter auf der Inſel Holy:
Island an der Küfte Northumbriens, wurde 635
von König Oswald geftiftet und urſprünglich be:
ſetzt von Thottifcen Mönden, die von bort aus
das ChriftenthHum unter den Nord: Angeln verbrei:
teten, Das mit der Abtöwürde verbundene Bis:
thum wurde nad) der Zerftörung von Lindisfarne
794 dur die Normannen nad) Durham verlegt.
In Lindisfarne wirkten Aidan und Euthbert, durch
deffen Grab e8 ein beſuchter Wallfahrtsort wurde.
Zange hielt ſich hier die Antipathie gegen den rö:
miſch⸗katholiſchen Cultus der — Bal.
Ebrard, Kirchengeſchichte IL, Erlangen 1866.
Lindner, Friedrich Wilhelm, geboren am 11.
December 1779 zu Weida, wurde 1808 Lehrer an
der Bürgerfchule zu Leipzig, 1808 Docent, 1515
a. 0. Profeſſor der Philologie und 1825 o. Pro—
feffor der Katechetif an der dortigen Univerfität.
Ein verdienter Schulmann, der einer der Erjten
das Chriſtenthum als Princip der Erziehung auf:
ftellte und die genetiiche Methode empfahl. Bon
feinen theologischen Schriften ift die bedeutendfte
die Lehre vom heil. Abendmahl, 1831. Außerdem
fchrieb er gegen die Freimaurer „Mac-Benac, oder
das Vofitive der Freimaurerei.”
Lindner, Wilhelm Bruno, der Sohn des Bori-
gen, geboren 1814 zu Leipzig, ſtudirte in jeiner
aterftadt und habilitirte fich 1839 dort ald Do-
cent, 1346 Profeffor, ward er 1859, gerichtlich
verurtheilt, feiner Nemter enthoben. Durch For:
ihungen und fein Lehrbud der Kirchengeſchichte
(1848—54) ift er um diefe nicht unverbient.
Lindfey, Theophilus, geb. am 20. Juni 1723 zu
Middlewich. Ererhielt feine Bildungin Cambridge,
ward 1747 Prediger in Spitalfields in London,
chenprovinz und ift 1821 durch die Bulle Provida | bereifte 1754 ald Caplan deö Herzogs von Somer:
sollersque gegründet. Die Wahl des Bifchof3 und | jet und ald Erzieher feines Enfels den Continent
die übrige Organifation des Bisthums ift 1827 feft: | und war dann
georbnnetburhdieBulleDominici gregiscustodiae, | und Gatterid.
— in Kirkby-Wiel, Piddelton
en Zwieſpalt mit den 39 Artikeln,
Lingarb
in dem er ſich befand, juchte er mit feinen Freun—
den 1771 durch eine Bittfchrift an das Parlament,
um Entbindung von der Verpflichtung auf die:
jelben, zu löfen. Als diefe abgewiejen worden, trat
er 1773 von feinem Amte zurüd und gründete
1774 in London eine unitarifche Gemeinde, an
welcher er als Prediger bis 1793 fungirte. Zu
feiner Rechtfertigung Nörieh er 1774 die Apologie,
1781 eine Darlegung der unitarifchen Lehre, the
Catechist, und 1783 eine Gejdichte der unitari-
jchen Lehre. + 1808.
Ringard, Sale: Dr. theol., bedeutender engli:
ſcher Geſchichtsſchreiber. Geboren am 5. Februar
1771 zu Windejter, gebildet in dem Jeſuiten—
Collegium zu Douay, wurde er nach Vollendung
feiner Studien Profeſſor, Bicepräfes und Studien:
director des Glerical-Seminars und 1810 Präſes
des neuen Collegiums zu Ushaw bei Durham.
Um die Muße feiner Studien zu gewinnen, über:
nahm er 1811 die Landpfarre Hornby. + am 13.
Juli 1851. Den Cardinalähut, welder ihm auf
einer wiſſenſchaftlichen Reiſe nad) Rom angeboten
murde, hatte er abgelehnt. Seine History of Eng-
land, 8 vol, — 1819— 25, deutſch Frankfurt
1828 und Antiquities of the Anglosaxon chureh,
2 vol., Lond. 1845, deutſch Breslau 1847, find
gelebrte, auf neuen Quellen beruhende Darjtellun:
gen von einjeitig katholiſchem Standpuntte. Außer:
dem jchrieb er mehrere polemifche und apologetische
Werte und lieferte eine (anonyme) gejchägte Ueber:
fegung des Neuen Teftaments 1836.
Lingen, die Graffchaft. Die Reformation, welche
Graf Konrad 1542 eingeführt hatte, wurde 1548
wieder vernichtet, als £. von Karl V. erobert und
an den Grafen von Büren gegeben war und zwei:
mal nacheinander unter jpanifhe Herridaft bis
1632 gerieth. Der Weſtphäliſche Frieden ficherte
den Befig dem Haufe Oranien, weldyes die refor:
mirte Gonfejfion einführte und den katholiſchen
Prieſtern den Aufenthalt im Lande unterjagte ;
erit 1717 wurde den Katholiten das exercitium
publicum wieder zugeftanden. Die Kirchenord:
nung von 1687 richtete entjprechend der Difciplin
die Gemeinden, Confiftorien und Glafien ein. Un:
ter der preußifhen Herrſchaft wurde 1702 die
Kirchenordnung bejtätigt, aber allmählich eine
Uebereinftimmung der kirchlichen Verwaltung mit
der der andern Provinzen herbeigeführt. Das
1697 geftiftete alademiſche Gymnaſium zu 2. ift
niemal3 von fonderlicher theologifcher Bedeutung
gemejen.
Link, Wenceslaus, der Freund Luther’s. Als
Staupig’ Nachfolger Generalvicar des Auguftiner:
ordens trat er der Reformation bei, führte diejelbe
in Altenburg ein und ftarb 1547 als Prediger in
Nürnberg.
Linus, römischer Biſchof, nach dem römiſchen
Brevier primus post Petrum gubernavit ecele-
siam. Nad) den apoſtoliſchen Gonftitutionen hatte
Paulus den Linus, Petrus den Clemens geweiht.
Nach dem Brevier war Bolterra, nad) einem alten
nee Etrurien jeine Heimath. Spätere
age läht ihn in feinem 22. Jahre nad) Rom tom:
men (ums Jahr 80), in Befangon das Evangelium
predigen und von Petrus zu feinem GCoadjutor
angenommen werben. Nach der Tradition ift er
am 23. September ald Märtyrer geitorben. Bal.
Lipſius, die ge des Eufebios, Kiel 1868,
Linz, das Bisthum, bildete früher einen Theil
657
Rippe
der Diöceje Rafjau, bis Joſeph II. 1783 nad) dem
ı Tode des Fürftbifchofs Firmian den öſterreichiſchen
‚ Theil Davon zu trennen und als eigenes a
zu organifiren befahl, welches mit dem im öfter:
reihiihen Gebiete gelegenen Paſſauiſchen Bis:
._ ut ausgeftattet werden follte. Der neue
ifchor von Paſſau ſchloß mit dem Kaifer einen
entiprechenden Vergleich 1784 und das Bisthum
trat 1785 ind Leben unter dem erjten vom Kaiſer
—— Biſchofe Grafen Ernſt Johann von He:
eritein.
Linzer Friede (13. December 1645) beendigte
den Krieg des Fürjten Rakoczy von Siebenbürgen
mit Ferdinand ILL. ald König von Ungarn, zu
weldyem die Bedrüdungen der Evangeliſchen in
Ungarn den Borwand und Anlaß gegeben hatten,
und zu deſſen Führung R. ein Bundniß mit Schwe⸗
den und Frankreich eingegangen war. In dem
Sriedenstractate wurde die Religions: und Cul—
tusfreiheit de3 Wiener Friedens von 1606 und
des Preiburger Landtags 1608 erneuert und die:
jelbe den Proteftanten auch auf den Gütern der
fatholifchen Herren und des Fiscus zugeftanden,
den gewaltjam Convertirten der Nüdtritt bewilligt
ı und die Rüdgabe der weggenommenen Kirchen und
Plarreien verheigen. Der Reichstag zu Preßburg
1647 beftätigte den Sriebenösergleid theilweiſe, da
den Protejten und Ränken der Jejuiten gelang,
die ftipulirte Nüdgabe der (400) Kirchen auf 90
namentlich aufgeführte zu beſchränken.
Lipomani, Aloyfius, war Biſchof von Modena,
danad) von Berona und von Bergamo. Geb. 1500,
ift er befannt geworden ald einer der drei Präft:
denten des Trientiner Concils und als päpftlicher
Legat in Polen 1556, wo er zwar den Widerftand
der päpftlihen Partei gegen das Umfichgreifen der
Reformation anfeuerte, aber bei aller Schlaubeit
durch fein hartes Auftreten feinen Zwed verfehlte.
7 1569. Er verfaßte Gatenen zu Genefis, Erodus
und ausgewählten Pjalmen.
Lippe, das Fürftenthum. Die Chriftianifirung
bed Landes ijt das Werk Karl's des Großen, der
hier mehrere Kirchen gründete und das Bisthum
Paderborn errichtete. Die Reformation fand ihren
erſten Eingang bei der Bürgerjchaft von Lemgo
1525 und den Auguftinermönden zu Lippftadt;
förmlich eingeführt wurde fie von den Vormün—
dern der Söhne des ftreng papiftiihen Grafen
Simon (} 1556), Philipp von Heffen und Jobſt
von Hoya durch Johann Timann und Adrian Bur:
ſchoten, welche die Kirchenordnung von 1538 aus:
arbeiteten, die Luther billigte und die Stände
annahmen. Die jetzt noch gültige lutheriſche Kir:
denordnung ift von 1571 und ihr Verfafler M.
Johann van Eyter, Generalfuperintendent von
Detmold. Graf Simon VI. (1583—1613) ftellte
calviniftifche Prediger zuerft in Horn 1602, Det:
mold 1605 an und lieh reformirten Gultus ein:
führen, worauf dann 1684 eine reformirte Kirchen:
‚ ordnung für das ganze Land erlafjen wurde. Nur
die Stadt Yemgo blieb lutherifch. In neuerer Zeit
hat die Reaction eines mehr pietijtiih:orthodoren
Chriſtenthums gegen den herrſchenden Rationalis:
‚mus die Bildung einer „neuen evangelifchen Ge:
| meinde” zu Lemgo 1849 und die Wiedereinführung
des Heidelberger Katechismus an Stelle des Werth:
ſchen Leitfaden bewerfftelligt. Literatur: U. Falk:
mann und O. Preuß, Lippeſche Regeiten, 2 Bde.,
Lemgo 1860 — 63; N. Falkmann, Beiträge zur
Lipſius 558 Liſſa
Geſchichte des Fürſtenthums Lippe, 2 Hefte, Lemgo Hofgerichtskirche zu Berlin, 1820 zugleich Prediger
1847—56; derjelbe, Graf Simon VI. zur Lippe, | an der Marienkirche, 1824 an der Gertraudüirche,
I. Bb., Detmold 1869. 1839 von der Univerfität Berlin zum Dr. theol.
Lipfins, Juftus, geboren am 18. October 1547 | promovirt. Er ftarb am 5. Juli 1866. Seine Haupt:
zu Overgfiche bei Brüſſel. Ein frühreifes Genie, | werte find: Predigten, 1828. 30; die Barabeln
befuchte er ala Secretär des Cardinals Granvella Jeſu, exegetiſch-homiletiſch bearbeitet, 5. Aufl.
Rom, wurde dann, zum Proteftantismus übertre: | 1861; die Bibel mit Erflärungen, Aufjägen, Regi:
tend, Profeffor der Beredſamkeit und Geſchichte zu jtern und Inhaltöverzeichnifien, 2 Abth. 1852 und
Sena 1572—74, 1579 zu Leyden und, nachdem er | 55 5 das chriſtl. Kirchenjahr, ein homiletifches Hülfs-
vorher zur katholiſchen Kirche zurüdgetreten war, | buch, 4. Aufl. 1852; bibliſche Betrachtungen über
1602 zu Löwen. Er ftarb am 23. März 1606 als | Johannes den Täufer, 1856; die Wunder Jeju
Hiftoriograph des Königs von Spanien. Außer | Chrifti, 1844, Katechismus, 1856; das Kriftlich-
vielen gejchägten Ausgaben der Claſſiker jchrieb er
auch über Fragen der Theologie und Philofophie,
wobei er den Stoicismus mit dem Chrijtenthum |
zu vereinigen juchte, ſich aber auch als latholiſchen
Zeloten zeigte, De una religione und Politicorum
libri IV. Reich an Ideen ift De eonstantia in
publicis malis, Antw. 1584, deutſch von Dillenius,
Leipzig 1802. Seine Briefe (epistolae selectae) | 186
. veröfientlichte er 1586—90, neu herausgegeben
von Burmann, Amjt. 1727. Seine opera omnia
erfchienen zu Antwerpen 1585, 2, Aufl. 1637,
Lipfiuß, Karl Heinr. Adelbert, Philolog. Geb.
am 19. Januar 1805 zu Großhennersdorf in ber
Oberlaufit, ftudirte er zu Leipzig Theologie und
Philologie, wurde 1827 Privatdocent zu Leipzig
und in demjelben Jahre Gonrector des Gymna:
fiums zu Gera, 1832 Religionslebrer an der Yeip:
ziger Thomasjchule, ebenda 1847 Conrector und
1861 Nector. Er ftarb am 2. Juli 1861. Bon fei-
nen Arbeiten über die biblifhe Gräcität find
„Grammatiſche Unterfudungen über die biblifche
Gräcität“, I. Abth. Leipzig 1863 erfchienen.
Kipfius, Richard Mdelbert, Sohn des Vorigen,
eboren am 14. Februar 1830 zu Gera im Für—
tenthum Neuß jüngerer Linie. 1854 Licentiat
der Theologie, 1855 Privatdocent der Theologie
an ber Univerfität Leipzig, wurde er 1858 hono-
ris causa Dr. der Theologie der Univerfität Jena,
1859 auferordentliher Profeſſor zu Leipzig, 1861
ordentlicher Profefior an der evangeliich = theo:
logiſchen Facultät zu Wien, 1365 Mitglied des
damaligen k. k. Unterrichtörathes und betheiligte
fid) 1864 als Abgeordneter an der eriten öjterreis |
chiſchen Generaljynode. 1865 wurde er an bie
Univerfität Kiel ald ordentlider Profeſſor der ſy⸗
ſtematiſchen Theologie berufen. Lipſius ift Ver—
[efiee folgender Schriften: die ea ei Recht⸗
ertigungslehre, Leipzig 1853; de Clementis Ro-
mani epistola ad Corinthios priore, Lips. 1855;
fiber das Tertverhältni der drei ſyriſchen Briefe
des Ignatius u. ſ. w., Leipz. 1859; der Gnofti: |
cismus, Leipz. 1860; zur Quellenkritif des Epi-
phanios, Wien 1865; die Papftverzeichnifie des
Eujebios, Kiel 1868. Außerdem zahlreiche Ab—
handlungen und Kritiken in wiſſenſchaftlichen Zeit:
ſchriften.
Liquoriſtiſcher Streit in Schweden drehte ſich
um die frage, ob bei dem 1560 hier entitandenen |
Weinmangel auch andere Flüffigteiten, als Bier, |
Meth, Wafjer, beim Abendmahl gebraucht werden |
dürften oder ob dasjelbe lieber eine Zeitlang gar
nicht gefeiert werden folle. Die Synode 1563 ent: |
ſchied gegen die Liquoriften (Bertheidiger der an: |
dern Flüſſigkeiten).
Lisro, Friedrich Guftav. Geboren am 12, Febr. |
1791 zu Brandenburg, fiudirte er in Frankfurt a.
d. D. und Berlin, wurde 1814 Prediger an der
apoſtoliſche Glaubensbetenntniß, Hülfsbub für
Lehrer, 1851; die Scheidelehren der evangelifchen
und fatholifchen Kirche, 1845; Dies irae, Beitrag
zur Oymnologie, 1840; Stabat mater, 1843; zur
Kirchengeſchichte Berlins, 1857 ; das Geremonial:
gejet des Alten Teftaments, 1342; die Heilälehre
der Theologie, 1857; Einleitung in die Bibel,
—1
Lisco, Emil Guſtav, Sohn des Vorigen. Gebo:
ren am 13. Januar 1819 zu Berlin, ftudirte er in
Berlin und Bonn, verwaltete ein Predigtamt an
der St. Marienlirde zu Berlin 1845—449 und iſt
feitvem Prediger an der Neuen Kirche dajelbit Er
wurde 1868 von der liniverfität Heibelberg zum
Doctor der Theologie creirt. Er ſchrieb: Chrijtliche
Lehre, ein Hülfsbuch für Confirmanden ımd Con—
firmirte, Berlin, und verfaßte 1867 den Synodal:
bericht über die kirchlichen und fittlihen Zuftände
Berlins, an defjen Erörterung auf der Friedrichs
werderſchen Synode den 29. April 1868 fich Der
Streit mit Baftor Knak anfnüpfte, ob der Glaube
an das copernikaniſche Sonnenfyitem durch die
Bibel verboten jei.
Lismanini, Franz. Aus Corfu gebürtig, war er
Beichtvater der Königin Bona, Gemahlin Sieg:
mund's J. von Polen und Brovincial der Francis—
caner, Schon durd Occhin's Schriften der römischen
Kirche entfremdet, wurde er noch 1549 nad Rom
zu Bapft Julius III. gefandt. Nachdem er 1551
Socin in Polen fennen gelernt hatte, trat er auf
einer im Auftrag des Königs unternommenen
Reife 1553 in der Schweiz zum Broteftantismus
über und verheirathete fih. In Die Acht erklärt,
durfte er erjt 1556 nad) Polen zurückkehren, mußte
aber 1558 das Land wegen feines Socinianismus
von neuem verlafjen. In Königsberg zum Rathe
des Herzogs ernannt, endigte er 1563 in Folge
häuslichen Unglüds durd Selbſtmord.
Kifoi oder Lifieng, ein durch Frömmigleit und
Kenntniffe angejehener Geiftlicher zu Orleans, war
das Haupt einer rationalifirend:myftiichen, den
Paulicianern verwandten Secte unter den Kano—
Inifern zu Orleans, welche die übernatürliche Ge-
burt Chrifti dofetifch leugnete und Taufeund Abend:
mahl verwarf. Durch Verrath entdedt, wurde die
Secte von der Synode zu Orleans 1022 verurtheitt,
die Mitglieder aber verbrannte man. Val. Hahn,
Ketzergeſchichte, Stuttgart 1850, "
ifja (poln. Leszno), urfprünglic) dad Stamm:
gut (Leſzezynko) der Grafen Yelzczynsti, die ſchon
vor 1548 von Kaifer Ferdinand I. vertriebene
böhmifche Brüder aufnahmen und dadurch das
Gut zur Stadt machten. Im dreigigiäbrigen Kriege
ward durch Zuzug Liſſa der wichtigjte Platz der
böhmiſchen Brüdergemeinden in Polen, der Sit
ihrer berühmteften Schule, an der Comenius 1630
Rector war, ihres Seminars und ihrer Senioren.
Liſſabon
Liſſabon, früh zum chriſilichen Bisthum erho—
ben, von den Kreuzfahrern oft aufgeſucht, die ihr
Blut im Kampf gegen die Mauren verſtrömten,
hatte im 16. Jahrhundert deutiche Artilleriften
aufgenommen, die zufammen mit Lübeder und
Hamburger Kaufleuten, fowie unter dem Schuß
bald der dänifchen, bald der niederländiichen Ne:
gierung ein Hospital und eine Gilde bildeten, aus
welcher fid) dann die ——— deutſche Gemeinde
geſtaltet hat, die gegenwärtig in Verbindung mit
der preußiſchen Geſandtſchaft und unter der Obhut
des Oberlirchenrathes in Berlin fteht. Die zahl:
reichere engliſche Gemeinde wirkt aud) energijcher
für die Propaganda unter den einheimijchen Ka:
tholiten, deren meift aus Frankreich entnommene
Bildung dem Hierardismus längſt entfremdet ift.
Für die ältere Zeit Herculano, Historia de Por-
tugal, und Schäfer, Portug. Geſch., Hamb. 1850
— 1852.
Litanei nannte man in der alten Kirche jedes
Gebet, aud) den ganzen Öottesdienft. Jetzt verfteht
man darunter eine beftimmte Art der Wechſelgebete,
wo das Gebet zwifchen zwei Chören oder den Chor
und dem Borbeter jo getheilt ijt, daß dieſer Die
göttliche Perjon der Anrufung nad ihren Namen
und Brädicaten, jowie den Gegenftand und das
Motiv der Bitte in kurzen gleihartigen Formen
namhaft macht, der andere Chor mit der Bittfor:
mel „Erhöre uns“ oder „Erbarme dich unſer,“
miserere oder parce nobis jelbjt reipondirt. Etwas
Aehnliches finden wir in Pjalm 136 vor. Ein
Gebet bildet den Schluß. Alle Litaneien beginnen
mit dem Christe eleison und endigen mit dem
Agnus Dei, Die Litanei hat ihre Stelle vorzugs—
weije bei Proceifionen und Bittgängen und ift
hiebei von Namertus, Biſchof von Bienne 452, als
die fleinere, welche Gregor der Grobe zu der grö-
beren erweiterte, litania septiformis oder major,
eingeführt, auch in Nebengotteödieniten und an
cajuellen Buß: und Bettagen kommen fie vor. Hier
hat fie jelbjt die lutheriſche Kirche beibehalten in
der Bearbeitung der Litaneien von Yuther, 1529
(3. 8. bei den Herrnhutern). In der I
Kirche find drei Yitaneien die eigentlich ſane—
tionirten, nämlich 1) die Allerheiligen-Litanei, die
ültefte und gewöhnlichſte, die Litanei ſchlechthin,
welche die Heiligen um ihre Fürbitte anruft; 2)
die Yauretanifche Yitanei, eine aus dem 13. oder
14. Jahrhundert und aus Yoretto ftammende An:
rufung der Maria als Gottes: und Önadenmutter
und 3) die Litanei des Namens Jeſu aus dem 15,
Jahrhundert, Den kirchlichen Gebrauch diejer Li:
taneien haben die Päpſte geitattet.
Lithauen. Das Chriftenthum fand in Lithauen,
obgleih ſchon 1252 der Großfürſt Mendog, Rin—
golds Sohn, mit jeinem Sohne Woifchelg fich tau:
fen ließ, troß oder wegen der fortwährenden
Kämpfe mit dem deutichen Orden und den Ruſſen
nicht eher Eingang, als bis Jagello, um die Hand
der Hedwig und den Thron von Polen zu gewin:
nen, ji) 1386 taufen ließ und fein Volk zwang,
feinem Beifpiel zu folgen. Den Maſſentaufen folgte
der linterricht im —— erſt nach. Die
Kirche in Lithauen hat das Geſchick derſelben in
Polen auch hinſichtlich der Reformation, die hier
noch eher als dort Eingang fand, getheilt. In der
Neuzeit hat die ruſſiſche Regierung mit Erfolg für
die Verdrängung der römischen Kirche durd) die
griechiſche gewirft.
559
Liturgie
Litterae commendatitiae find die Empfeh—
lungsichreiben des Bischofs für Geiftliche jeiner
Didceje, um fie auswärtigen Präluten als Beift:
lie zu legitimiren und zu empfehlen.
Litterae eneyclicae find Rundſchreiben des
Papſtes an die Biichöfe. Im Unterfchied von Bre:
ven und Bullen, welde auf eine jpecielle und lo-
cale Veranlaſſung ſich beziehen, ſprechen die Ency-
clifen die Aillensmeinung des Papſtes in Bezug
auf die allgemeinen Berhältnifje der Kirche aus;
jo in der berühmten Encyelifa von 1864.
Litterae formatae oder canonieae find die
in vorgefchriebener Form abgefahten kirchlichen
Schreiben der Biſchöfe und Gemeinden an andere,
jei eö zur Empfehlung einzelner Berjonen oder zur
Unterhaltung der Gemeinſchaſt. Die Nothwendig:
feit, dem Mißbrauch und Unterjchleif zu fteuern,
rief genaue Bejtimmungen der Concilien zu Elvira
305, Arles 314, Nicäa 325 hervor, in weldher Art
der abjendende Biſchof die Echtheit jeines Schrei:
bens dem Empfänger beglaubigen jolle. Jetzt ver:
jteht man unter litterae formatae meijtens die
Urkunde, welche der Biſchof dem Kleriter über die
geichehene Weihe ausjtellt.
Liturgie, urjprünglid im Sprachgebrauch der
Ahener eine dem Bolt gewidmete Leiſtung, ein
öffentliherDienft, demgemäß im kirchlichen Sprach:
gebraud) der Gottesdienſt, bezeichnet im Allgemein:
ſten den Kirchengebrauch, die gejeglich oder her:
tömmlich bejtimmte Anordnung des Gottesdienſtes,
näher die Formulirung der öffentlichen Feier in
Gebet und Handlung, endlid die Formulare für
den Gottesdienft felbjt. Es unterſcheiden fid) da:
ber die liturgifchen Elemente des Gottesdienftes
von den freien, den didaktiſchen und paränetijcyen ;
man ftellt einander gegenüber Liturgie und Pre—
digt, liturgiſches Gebet und freies Gebet. Die
Nothwendigkeit der Liturgie tritt ein, jobald der
— aufhört, wie im altteſtamentlichen
und heidniſchen Cultus, vorzugsweiſe eine Hand—
lung des Prieſters beim Opfer zu ſein, ſondarn
Gebet und Anrufung wird; denn die Liturgie dient
dazu, die Gemeinſchaft der Gemeinde und des
Vriefters (Liturgen) aufrechtzuhalten, indem die
Subjectivität des legtern ſoweit eingefchräntt wird,
daf der Gottesdienit zugleich Darftellung beö Ge⸗
meindelebens werden fan. Der ethiſche Begriff
der Kirche, wie Ritſchl (Itſchft. für Kirchenrecht,
Tübingen 1869) erſt jüngst gezeigt hat, bafirt ja
nicht — mit der Theorie der Reſormatoren
auf der reinen Predigt des Wortes Gottes und
dem rechten Brauch der Sacramente, ſondern die
prieſterliche Selbſtthätigleit der Gemeinde, die von
jedem Familienhaupt geübt werden kann und ſoll,
vollzieht ſich als gemeinſame Action durch die Ber:
mittlung ihres Beamten. Das Bekennen zu Gott
und vor Gott hat dann von jelbjt das Belennen
vor den Menſchen zur Folge. Liturgiſche Elemente,
feftitehende Formeln und Gebete treten zuerjt auf
im Synagogencultus, wo die Gebetsformeln das
Opfer vertreten. Aus ihm übernommene alttefta-
mentliche Formeln, das Herengebet und die Ein-
fegungsworte der Sacramente Find die erjien Be:
ftandtheile des chriſtlichen Gotteödienftes neben der
Schriftleſung und dem Lehrvortrage. Die weitere
Ausbildung des katholiſchen Gottespienjtes zu
einer dramatiſchen Darftellung des Erlöjungswer:
fes und die Umbildung des Abendmahls zum
Opfer ließ das freie und perjönliche Element mit
Liturgie
der Lehre und Ermahnung gänzlich zurüdtreten |
und forderte eine durchaus liturgiſche Geitaltung
des Gottesdienfted, welche aus altchriſtlichen An:
fängen fi in künſtleriſcher Bildung vollendete.
Die lutheriſche Reformation fuchte auch von die:
fem kirchlichen Erbe möglichft viel beizubehalten
und entfernte aus der Liturgie nur, was fi un:
mittelbar auf dad Meßopfer bezog, noch mehr
behielten einzelne norddeutiche Kirchen in Folge |
des Leipziger Interims, am mwenigften die würt:
tembergiſche, während die Schmebitche Kirche eine
reiche liturgiſche Ausftattung in jeder Hinficht be:
wahrte. Die reformirte Kirche, welche die Predigt |
und das Schriftwort vorzugsweiſt zum eigentli- |
hen Haupttheil des —— machte, be:
ſchränkte den liturgischen Theil desjelben weit mehr; |
auch behielt fie weniger als die lutherifche das Alte |
bei, ſondern ſchuf Neues in vorherrſchend didak—
tiſchem Geiſte. Eine gr reichhaltige Yiturgie mit |
ftrengen und vor der Predigt vorwiegenden For:
men behielt von den reformirten Kirchen nur die
anglicaniſche. Die deutich:reformirten Kirchen
fieben am meiften alle Liturgie zurüdtreten, mo
ie die biblifhen Formen überjchritt und das
eie Gebet des Liturgen befchräntte. Die Einheit
der Anbetung wird in ber ganzen deutſchen evan:
gelifhen Kirche vorzugsweise durch den Choral:
elang der Gemeinde dargeftellt. In der Zeit der
de en Drthodorie, des Bietiömus und der Auf:
Härung ift man überall gegen die Liturgie gleich:
gültig geworden. Die neuen evangelifdien Litur—
gien aus diejer Zeit find eigentlich nur Hülfsmit:
tel für den Prediger, anftatt nad Form und In—
halt das Gebetöleben der Gemeinde objectiv aus:
zuſprechen. In der neueren Zeit ift, veranlaßt
durch die preußijche Agende, eine größere Bewe:
ung auf dem liturgijchen Gebiete entitanden, die
in ihrem Extreme Hart das freie und didaktische,
Element des Gottesdienftes zu überwudern und
zu unterbrüden drohte, auf der andern Seite aber
auch die Nothwendigleit zur Anerkennung brachte,
bie Erbauung ber Gemeinde nicht bloß der Sub:
jectivität des zufällig fungirenden Prediger an:
heimzuftellen. An eine evangelijche Liturgie wird
560
Siturgie
turgien, wie fie allmählich in gebildet hatten, find
die constit. apostol. libri VIII; außerdem einzefne
‚ Homilien der Kirchenväter Proclus, Auguftinus
u. A. Vgl. ala Duellenwerle Goar, euchologium s.
rituale graece, Paris 1647; Gavantus, thesaurus
sac, rituum, Ven. 1744; Renaudot, liturgiarum
orientalium collectio und Daniel, Codex liturgi-
cus eccles. universae in epitomen redactus, Lips.
1847—53;,; Alt, der chriſtliche Cultus, 2. Aurl.,
Berlin 1847— 1860; Bunfen, Hippolytus. Ueber
Neale's und anderer Engländer Berdienfte vgl.
namentlid Schaff, Geſchichte der alten Kirche,
Yeipzig 1567. Auch Kliefoth's liturgiſche Abhand-
lungen, Schwerin 1859— 1861, wie die Acten:
ftüde des preußifchen Oberkirchenraths find für
die evangelifche Liturgie bemerkenswerth. Es find
zunächſt zu unterfcheiden die morgenländifchen und
abendländifchen Liturgien. Zu jenen gehören:
1) die Liturgie der Kirche von Jeruſalem, &
wöhnlicd; dem heil. Jakobus zugejchrieben. Cin
Urtert aus dem 2. Jahrhundert, der nach unver:
fennbaren Zeichen, 3. B. den Ausdrücken ouoovao;
und Feoroxog, nad) dem Bedürfniß fpäterer Zei:
ten mehrfach abgeändert worden ijt; 2) die Ale-
randrinifche Liturgie, dem heiligen Marcus zuge:
jchrieben und auch nad ihm genannt, vielleicht
von Eyrill von Alerandrien verfaßt, von geſchicht⸗
licher Bedeutung als die Hauptquelle der äthiopi-
ſchen und foptifchen Ziturgien; 3) die Liturgie des
Glemens oder die Liturgie von Alerandrien ſtimmt
jehr mit der hierofolymitanifchen überein; 4) die
byzantinischen Liturgten des heil. Bafilius und die
des heil. Chryfojtomus, beides Bearbeitungen und
Erweiterungen der Liturgie des heil. Jakobus und
beide zu ——— aber beſtimmten Zeiten noch
im Gebrauch. Da die Liturgie des heil, Chryſoſto—
mus in die altflavifche Sprache überjegt wurde,
ging fie in die ruffifch-griechifche Kirche über. Das
emeinfame diefer morgenländifchen Liturgien ift
außer der Anrufung des heil. Geiftes bei der Con-
feerirung der Abendmahlselemente die Scheidung
zwifchen ber ne der Katehumenen und der
‚Gläubigen; jene bejteht aus Gebeten, Gefängen
und Schriftlefungen, in diejer ift die Darbrin
die —— geſtellt, daß ſie enthalte: die alt—
lirchlich hergebrachten und bibliſchen Formen des
gung der Opfergaben und ihre Conjecration das
sefentliche der Feier. Eng verwandt mit Dielen
Grußes, des Segens und dgl., bibliſche Lectionen, | Yiturgien find die armenifche und die drei nefto:
allgemeines Fürbittengebet, Zobpreifung und An: — der heil. Apoſtel, des Theodor von
betung Gottes, Sündenbekenntniß, die Form der
Feier der Sacramente mit den Einſetzungsworten,
die Form der kirchlichen Handlungen, des Begräb:
Mopſueſtia und des heil. Neſtorius.
Bon den abendländijchen Liturgien find die wich:
tigften: 1) die in der römischen Kirche geltende des
nifies, der Eheſchließung, der Confirmation und | heil. Gregor (590—604), weldye nad) dem Beſchluß
Ordination. Specielle Fälle brauchen um jo weniger | des Tridentinums unter Bius IV. (1560—65) und
vorgejehen zu fein, alö eben die fpeciellen Fälle die | Pius V. (1566—72) revidirt und 1570 neu ber:
Andacht der Gemeinde und des Geiftlichen in der: | auögegeben worden ift. Ihr liegen zu Grunde die
jelben Richtung einigt und verhindert, daß der frei | ältern Quellen deö sacramentarium Leonianum,
betende Geiftlihe allein bete. Die Sprache der eine alte Sammlung von liturgifchen Formularen
Liturgie ſchließt fih nod mehr alö die Kanzel: der römiſchen Kirde und das sacramentarium
ſprache an ben bibliſchen Ausdrud an; fie jollte | Gelasianum (492—496). 2) die Mailändijche oder
aber mehr, als zu geſchehen pflegt, den theologiichen | Ambrofianiiche Liturgie, welche a. mehrfader
und dogmatiſchen Ausprud im Unterjchied vom | Bemühungen der Väpfte (Nikolaus II. 1060 und
religiöjen vermeiden und den wirklidy erbaulichen Eugen IV. 1440), die römische Liturgie einzufüh:
Ton der heiligen Schrift fefthalten, denn die Li- ren, fi) bis auf den heutigen Tag erhalten hat
turgie muß aud) den Zeitbedürfnifien in der Auf: | und durch die Bulle Aleranders VI. 1497 aner:
fafjung und der Ausſprache der religiöfen Wahr: kannt ift. An einzelnen Cultuselementen, 5. ®.
heit Rechnung tragen, ohne die Gemeinſchaft der einer dreifahen Schriftlefung, wird der Zujam:
gegenwärtigen Kirche unter fid) und mit der Ver: | menhang mit morgenländifchen Liturgien erkannt.
gangenheit zu zerſtören. Gleiches ift der Fall bei 3) der Mozarabiſchen Li
Die älteften Zeugnifje für die altfirhlichen Li- turgie (ſ. d. Art.). Stark unterſchieden von drr
Liturgik
römiſchen Liturgie, beſonders durch reiche Schrift— |
lefung und bomiletifches Element, auch durch die
Feier der Communion, hat fie ſich im Mittelalter
troß der römischen Liturgie behauptet und endlich
eine gewilje Sicherung durch Ximenes gefunden.
4) die Gallicanijche Liturgie, orientalilihen Ur:
fprung3, redigirt durch Hilarius von Pictavium, ift
ſchon durch die Karolinger verdrängt und nur in
einzelnen Spuren erhalten. Seit Flacius Illyricus
1557 die Aufmerkjamfeit auf fie wendete, ift fie
und ihre ältern Quellen öfter bearbeitet.
Die evangelifche Kicche hat feine Liturgie mit
dem Anjprucd auf Allgemeingültigkeit aufgeftellt;
die Liturgien bilden hier einen Theil der Kirchen:
ordnungen. Luther und Calvin ſchloſſen ihre litur:
giihen Arbeiten und Vorjchläge den Katehismen
an. Die lutheriſchen Ordnungen fiehe bei Richter,
Sammlung deutjcher Kirchenagenden, 1846, und
Daniel]. c., der aud) die übrigen bietet, jelbft die
amerifanijche; die Davon verſchiedene Württember:
giſche Liturgie findet fich bei Grüneijen, die evan-
geliihe Gottesdienftordnung in den oberbeusichen
anden, Stuttg. 1856 ; die reformirten bei Ebrard,
teformirtes Kirchenbuch, 1846—47. Die daral:
teriſtiſchen liturgifchen Arbeiten aus dem 18. und
19, ar ggf find bewahrt im liturgifchen |
Journal von Wagnik, Halle 1800—1809. Bon
Einfluß auf die Gotteödienftordnung einzelner |
Gebiete waren bejonders die Arbeiten von Zolli—
fofer. Epochemachend ijt die neue preußifche Kir: |
henagende. Weder hervorgegangen aus der Ge: |
meinde, noch die Frucht theologiſcher Wiſſenſchaft,
fondern vielmehr die Frucht der bejondern Nei—
gung eines firdlich gejinnten Königs, ausgehend
von der vereinzelt jtehenden Brandenburgifchen
Kirchenordnung, hat fie, die ein dunkel gefühltes
tirchliches Bedürfniß anregen undbefriedigen follte,
die Frage darnach wenigſtens in Fluß gebradt
und ift nicht ohne Segen geblieben, indeß durch
dürftige und principloje Sammlung und Zujant:
menftellung von liturgiihen Formen und Formeln |
den Vorwurf des a gie nicht mit Unrecht
oft erfahren, und auf der einen Seite die Hand
geboten zu einer Uebertreibung des liturgiſchen
Elements, auf der andern ihren eigenen Gebraud
auf einzelne dürftige, ftehende Formeln (im Aus-
zuge) beſchränkt. Urjprünglich bejtimmt zum Aus:
drud und zur Förderung der Union und der ein:
er Landeskirche, ift fie zuerjt dur den
ideritand, den fie (befonders in reformirten Ge:
meinden) durch den Argwohn Fatholifirender Ten:
denzen in den Gemeinden — und dann
ſpäter durch Parallelformulare und provincielle
— die Handhabe zur Zerreißung der
Union geworden. Ausgezeichnet in vieler Bezie-
bung fteht das Württembergijche Kirchenbuch da.
Ueber den badifhen Agendenjtreit ſ. d. Art, Ba:
den. Die Brüdergemeinde hat bei reichem liturgi:
ſchen Leben keine eigentliche Liturgie, welche durch
das Geſangbuch, echt —— erſetzt wird. Hohe
Bedeutung hat anerfannter Maßen für die Epis—
copalticche das in vielen Theilen trefilihe Com- |
ınon prayer book. Ueber die liturgiſch. Verſuche |
der reformirten Kirche Nord : Amerika’s- Dorner:
**3 für deutſche Bergen 1868.
iturgik als Wiffenjchaft hat zu ihrem Gegen= |
561
Liutprand
vität des Liturgen zur Objectivität der Gemeinde.
Sie ift vorzugsmeije als hiftorifche ling ih
bearbeitet, alö Darftellung der verſchiedenen Cul-
tusformen in der chriftlichen Kirche, ihres Ur:
ſprungs und ihres Zufammenhangs. Einen weſent⸗
lichen Anſtoß zur Begründung einer echt wifjen:
ſchaftlichen Behandlung der Liturgifhaben Schleier:
macher's Ideen über den Bulkumenteng von
Religion und Kunft gegeben. Gaß, über den dhrift:
Ken Eultus, 1815; Vetter, die Lehre vom chriſt⸗
lichen Eultus nad) den Grundſätzen der evangeli-
ſchen Kirche, 1839 ; Klöpper, Liturgif, 1840, Ebrard,
Verſuch einer Liturgif vom Standpuntte der refor:
mirten Kirche, 1843, Kliefoth, Theorie des Cultus
der evangelischen Kirche, 1844; die urfprüngliche
Gotteödiepfiordnung in den deutſchen Kirchen [us
therifchen Belenntnifjes, 2. Aufl. 1858—59; Bähr,
der proteftantifche Gottesdienft vom Standpunfte
der Gemeinde, 1850; Schöberlein, der evangelische
Sottesdienft, 1854; das Weſen des driftl, Got:
teödienftes, 1860; Hagenbach, Grundlinien ber
Liturgik und Homiletik, 1863; Nigfh u. A. in den
„praktiichen Theologien.” Bon katholiſcher Seite:
Schmid 1832; Marzohl und Schneller 1834—41 ;
Züjt 1844; Depp 1853 ; Flud 1853 —55.
Liturgifde Bücher. ©. Kirchenbücher und Li:
*
e iturgifhe Sprache. S. Kirheniprade und
Liturgie,
Liudgerus, der Heilige. Geb. um 744, aus frie:
ſiſchem Gefchlechte, welches im Frantenreiche das
Chriſtenthum angenommen hatte, erhielt er feine
Bıldung auf der Schule zu Utrecht unter Gre—
or und in York unter Alcuin. In England zum
Driefter eweiht, ward er zum Mifjionsdienft un:
‚ter den ‚riefen verwandt. Durd einen Einfall
der Sachſen 782 von feiner Kirche vertrieben, er:
ielt er nad) einem Aufenthalt in Nom fünf fries
t
| ei e Gaue ald Sprengel überwieſen und nad) der
Befiegung der Sachſen zwilchen 802 und 805 das
neugeitiftete Bistum von Mimigernevord (Müns
jter). Er ift der Gründer der Abtei Werden an
‚der Ruhr, als deren Abt er 796 genannt wird, und
daburd mittelbar des von dort aus gegründeten
| Liudgeriftiftes in Helmjtädt. Nachdem er Karl den
Großen auf mehreren Feldzügen b
zu Billerbed bei Coesfeld 309.
— ſtarb er
gl. Rettberg,
deutſche Kirchengeſchichte, Göttingen 1848.
Liutprand oder Luitprand, Biſchof von Cre—
mona, Geſchichtsſchreiber des 10. Jahrhunderts.
Geboren zu Pavia, kam er wohl unterrichtet 931
an den Hof Hugo's und ward bald Kleriter und
Diafon zu Pavia. Nach Hugo’s Vertreibung Se:
eretär bei Berengar, ging er 948—50 als Geſand⸗
ter nach Conftantinopel. In Ungnade gefallen,
N [9 er zu Otto I., dem er durch treue Dienfte-und
e
ine Kenntniß der griehifhen und deutſchen
Sprache jhätbar wurde. Mehrfach betheiligte er
ſich als fatferliher Gefandter an den Synoden
und den Verhandlungen über Wahl reſp. Abjekung
der Päpſte Leo VIIL., Benedict V., Johann XII.
Noch einmal ging er ald Brautwerber für Dtto II,
zur Bewerbung um die Theophano nad) Conftan-
tinopel und ſoll fpäter noch eine oder zwei Reifen
dahin gemadjt haben. F 972. Zum Biſchof von
Gremona hatte ihn Dtto 963 gemadt. Seine Werte
ftande die Erforfchung der leitenden Grundjäge | find: Antapodosis, die Geſchichte von 887—950,
über Wejen und Form von Feier und hriftlichem | unvollendet gegen Berengar und Willa gerichtet;
Eultus und über das Verhältniß der Subjectis de rebus gestis Ottonis, mn legationg
Liviathan 562 Lobbes
Constantinopolitana, 963, giftig und witzig. Im dem Archigymnaſium zu Dortmund, deſſen oberſte
Allgemetnen ift er ein im Thatjächlichen glaub: | Klaſſe akademiſchen Rang bejah. 1552 Kaplan
wirdiger Schriftfteller, obgleich er jeinen Partei: | des Elberfelder Priefters P. Snute, jürderte er
ftandpunft nicht verbirgt. Vgl. Perg, mon. Germ. |die lutheriſche Keformation, jo daß er 1600
III, 264 ff., überjegt von dl. v. d. Dfjten-Saden; | Communicanten bei ca. 2500 — hatte.
Köpke, de vita et scriptis Liudprandi, Berlin | Anklagen bei der Regierung in Düſſeldorf, die
1842; Wattenbad, Deutjchlands Geſchichtsquellen, er fi bald zuzog, namentlich als er in einem
2, Aufl. Berlin 1866 ; Barımann, Politik der Päpfte | Privathaufe das Abendmahl sub utraque aus:
II (Regifter), Elberfeld 1869. —* veranlaßten ihn (ſchon verhaftet, aber ent:
Kiviathan bedeutet ein ſich windendes, ſchlän⸗ flohen), zu Franz II. von Walde nach Beienburg
gelndes Thier, unter dem die Bibel das Krokodil 5 flüchten, der ihn als Kaplan in Mengerinahau:
(Job 40, 25—41), und den Draden oder die | jen anftellte, von wo aus er jeine Schrift an die
Schlange, überhaupt ein langgeftredtes Ungeheuer | Elberfelder richtete. 1558 zog er zu den Grafen
verfteht. Ein Symbol des Satans in der jpäteren | von Walde auf die Beienburg. Inzwiſchen pre:
Theologie, Daher auch von Hobbes für jeine Staats: digte Lo's Nachfolger zu — Joh. Volmar,
theorie verwendet. evangeliſch und theilte ſeit 1555 das Abendmahl
Kivingftone, David, Dr., berühmter Afritarei: | sub utraque aus, und Johann Kettler, der Amt:
ender und Miffionär. Der Sohn eines früher der | mann von Elberfeld, trat offen auf die Seite der
chottiſchen Kirche angehörigen indepenbentiftifchen Reformation. 1561 erichien Lo wieder zu Elber—
Diatons, in Blantyre bei Glasgow geboren 1817, | jeld und wurde abermals verhaftet; auf Berwen:
ftudirte er nad) einer entbehrungsvollen Jugend | dung des Marſchalls von Bernjau und der Fürftin
Medicin, widmeteaber fein Leben denErforjhungen | Anna jedoch entlaffen, durfte er 1565 nach Elber-
Afrilas, welde er mit Unterftügung der englifchen | feld zurüdtehren und wurde wie Gaffander vom
Regierung mit auferordentlichem Erfolge betrieb. | Herzoge als Unterhändler bei den gefangenen wie
Dreimal Pie er Afrika: 1840 — 56, 1858 — 64 | dertäuferifchen Sectirern gebraudt. Ein Kirchen«
und feit 1866. Die erfte Reife, welche das füdliche | amt, das —* der Herzog anbot, nahm er jedoch
Afrika umfaßte, iſt von ihm dargeſtellt in: nicht an, jondern predigte in Elberfeld ſeit 1566
Miffionsreifen und Forfchungen in Südafrika, | Über die „Rechtfertigung dur den Glauben
überjegt von 9. Loße, 1858; die zweite in: Neue | allein“, wie er denn fchon früher die reformirte
Mifitonsreije in Südafrika. Forihungen am Zam: | Abendmahlslehre angenommen hatte. Die im Ja-
befi und jeinen Nebenflüffen, überjegt von Mar: | nuar 1567 in Düffeldorf entworfene Kirchenord-
tin, 1866. Letztere Reife, von Weit nad) Dft das | nung wurde Lo auf Befehl des Herzogs zur Be:
innere Afrika durchſchneidend, ift in ihren Erfol: | gutachtung vorgelegt. Lo hatte 21 Jahre ohne An
gen ebenjo ergiebig für die Miffion, welder neue —— gepredigt, erhielt aber ſpäter in Elberfeld
Gebiete eröffnet worden find, als für die Wiſſen- eine Vicarie und ſtarb am 13. September 1581,
ſchaft. vielleicht an der Peſt. Von Lo iſt nur eine Schrift
Llorente, Don Juan Antonio. Geb. zu Rincon bekannt, die 1866 Paſtor Krafft in Elberfeld in
del Soloin Aragonien am 30. März 1756, ftudirte er | der Stadtbibliothel zu Frankfurt a. M. aufgefun:
die Rechte zu Saragofja, ward 1779 Prieſter, 1731 | den hat. Dies einzige befannte Eremplar ift mit
Advocat beim h. Rath von Eaftilien, 1786 General: | andern Schriften zufammengebunden und führt
vicar von Calahorra und 1759 Generalfecretär des | den Titel: Eynfeltige Bekanntniß vnd onuerfeljc-
Tribunals zu Madrid. Hier wirkte er im Sinne der | ter Euangelijcher Bericht, der waren Beiftlichen,
Aufklärung in Oppofition gegen Nom. 1801 beim Apoſtoliſchen und alt Catholiſchen mutter Kirchen,
Sturz des Minifteriums Jovellanos feines Anıtes Welcher geftalt man das heylige Nachtmal vnſers
entjegt, gelangte er 1805 wieder zu Gunft durch | heren Jeju Eprifti aufteylen und entpfahen ſolle,
eine Schrift im Negierungsinterefje gegen die Frei: | Aus dreien Euangeliften, Paulo und der h. Vät—
heiten der bastischen Provinzen. Unter der fran: | tern Schrifiten zufammengetragen und in zroey
zöſiſchen Herrſchaft, welcher er fich um der Freiheit | teyl verfafjet, durd) Petrum Lo, von Eluerueld
willen anjchloß, erhielt er den Auftrag, Die Archive | abgezogen. Luc. cap. 22, Am Schluffe: Getrudt
der Inquifition zu durchſuchen. Als Verwalter der | zu Marpurg im jar M. D. LVI. vif Oymelfart
Nationalgüter, d. h. der confiscirten Güter, verlor | Marie bei Andreas Colben. Dieſe (Schul:) Schrift
er fein Amt durch die nie erwiefene Beſchuldigung weift die Schriftmäßigleit des Nachtmahls sub
der Unterjchlagung einer Summe von 11 Millio: | utraque nad), befämpft dreizehn gegneriiche Ein:
nen, Nach der Niederlage der Franzoſen verbannt, | würfe und zeichnet fich vor den damaligen Streit:
ſchrieb er in Paris feine Geſchichte ver Inquifition, | jchriften duch Würde, außerdem durch logisch
1817, deutſch von Höck, 1819. Die Erbitterung des | geichidte Behandlung des Gegenftandes, grobe
Klerus gegen ihn fteigerte feine weitere literarifche | Belejenheit und gute Kenntnifie des Verfaſſers,
Thätigkeit, in der ein fanatifher Haß gegen das er durch herzlichen paftoralen Ton aus. 1.
Papſtthum ſich fundgab, jo daß er, dem bereits | Bouteriwel, die Reformation im Wupperthal, El—
das Meſſeleſen unterjagt war, auch aus Frankreich | berfeld 1867; Heppe, Geſchichte der evangeliſchen
verbannt wurde, Er jtarb bei der Ankunft in Ma: | Kirche in Rheinland und Weftphalen, I. Bd., Jier-
brid 1825. Der Werth feiner Inquifitionsgefchichte | Lohn 1867.
beruht nicht auf der Kenntniß und dem Geift des | Lobbes oder Lobach, ein berühmtes Klofter im
Hiftoriters, fondern zumeift auf den mitgetheilten | Hennegau an der Sambre, gejtiftet durch den heit
Urkunden, In feiner Darftellung zeigt er ſich noch Yandelin. Sein Abt war anfangs der Biſchof von
als kirchlichen Katholiten der Auftlärungsperiode. | Lüttich. Mit dem Kloſter verbunden war eine Ge:
Xo oder Lohe, Peter, geboren 1530, Sohn des lehrtenſchule. Aus Lobbes gingen hervor Ursmar,
Schulmeiſters Joh. Lo zu Elberfeld. Er jtudirte | Anjegis Heribert, ein Hiftoriter und Mathemati:
unter Joh. Lambechius und Jacob Schöpper auf ker, Ratherius u. N.
Lobethal
Lobethal, 2. Chron. 20, 26, führt den Namen
von dem Dankfeſt des Sieges über die Ammo—
niter und Moabiter und ift in der Wüſte Thekoa
zu fuchen.
deum laudamus; gewöhnlich) dem Ambrofius von
Mailand zugefchrieben, ift die Ueberſetzung eines
uralten morgenländifchen Gejanges. Im römischen
Breviarium ift er angeordnet für alle Feittage mit
Ausnahme der Falten und des Tages der unjchul-
digen Kinder. Luther's Uebertragung von 155"
„Herr Gott, dich loben wir” ift das ftehende Feſt—
lied der deutjch-lutherifchen Kirche bei Siegröfeiern
und ähnlichen Gelegenheiten geworden. Vgl. Ev.
Em. Koch, Geſchichte des Kirchenliebes I, 2. Aufl.
Stuttgart 1852.
Lobgeſang der drei Männer im Feuerofen, ein
poetiiher Zufag zu der Daniel 3 erzählten Ge:
Ichichte, mit dent Gebete Afarja'3 zufammenge:
börig, urjprünglid griechisch geichrieben und mit
der griechiſchen Ueberſetzung Daniel's verbunden,
— auch zu gleicher Zeit entſtanden.
Lobopfer im hebräiſchen Cultus iſt eine Art
der Dank: oder Heilsopfer, dargebracht in feier:
liher Weije für unverdient und unverhofft em:
— Gnadenerweiſungen, 3. Moſ. 7, 12; 22,
Lobwaſſer, Ambrofius. Geboren 1515 zu Schnee⸗
berg in Sachſen, ftudirte er in Leipzig, ward fürft-
licher Rath und Kanzler in Meiffen und 1563 Pro:
fefior der Nechte in Königsberg. Geftorben am 25.
November 1585. Auf in Pe Reifen a:
er Frankreich, Italien und die Niederlande. Be:
fannt blieb jein Name nur durch feine deutiche
llebertragung der franzöfiihen Pſalmen des Cle:
ment Marot, welde in den kirchlichen Gebraud)
ber Reformirten Deutichlands und der Schweiz
überging und trog aller Unvolllommenheit ſich
lange darin erhalten hat. Sie erſchien zuerft 1573
zu Leipzig, aber jchon 1565 hatte Lobwaſſer fie dem
Herzog vorgelegt. In der Schweiz wurde fie durch
die Eder Bearbeitung, ſpäter durch Die Sta:
— am Niederrhein durch die des Joriſſen
erſetzt.
Lotarno, im italieniſchen Theile des Cantons
Teſſin am Lago Maggiore, war 1512 der Eidge—
noſſenſchaft unterworfen, Begünftigt von Zürid),
entitand eine evangelifche Bewegung (1531—43);
es jammelten ſich vertriebene evangeliidhe Jtalie:
ner und ein Prieſter, Giovanni Beccaria, prebigte
ihnen öffentlich. Der Rath der Stadt und die fa:
tholifchen Gantone, geftügt auf den Yandfrieden
von 1531, juchten durch immer jchärfere Maf:
regeln die Gemeinde zu unterdrücen. Zürich allein,
dur Bullinger angefeuert, nahm fich derjelben |
an, konnte aber nur den Evangelifchen, Die 1555 |
durch die katholiſchen Cantone aus Locarno ver:
trieben wurden, ein Ajyl in Züri) anbieten. Die
Locarner bildeten in Zürich eine eigene italienische
Gemeinde; zu ihr hielten fi Vermigli, Dcdhino |
und Sozzini. hr Prediger Beccaria wurde 1559
nad) Mijor berufen; von dort wiederholt verjagt,
ftarb er 1580 zu Rondo. Die italienische Predigt
hörte in Zürich auf, jobald die Flüchtlinge mit der
Landesſprache vertraut geworden waren und das
Bürgerrecht erhalten hatten.
Loci communes theologiei. Loci commu-
nes find im Sprachgebrauch der claifischen Latini:
tät die philoſophiſchen oder ethischen Grundbegriffe,
563
Sobgefang, Ambrofianifher. Der Hymnus te
Lodabar
ſelbſtverſtändliche Wahrheiten. Melanchthon gab
dieſen Titel feiner bekannten dogmatiſchen Haupt:
ſchrift, weil dieſelbe hervorgegangen aus den Vor—
lefungen über den Römerbrief, urjprünglic feine
Dogmatik, jondern eine Anleitung zum Schrift:
verttändniß fein jollte. Daher Spalatin den Titel
Loci communes rerum theologicarum seu hypo-
typoses theol., Witt.1521 überjegte: „Hauptarti⸗
fel und a ig Punkte der ganzen h. Schrift,“
und man die loci communes ss. von den articulis
‚fidei wohl unterfchied. Erft in Veranlaffung der
Melanchthoniſchen Schrift und ihrer weiteren Be:
arbeitung begann fich der Begriff der loci theolo-
giei in den eines Syftems der dogmatischen Lehr:
ftüde umzuwandeln. Melanchthons loci erſchienen
| zuerft 1521 bis 1535 in 18 verjchiedenen Ausgaben
und 8 beutichen Ueberjegungen, in fühnem Wurfe
alle [dholaftiiche Terminologie über Bord werfend
und wie Luther, ſchroff prädeftinatianifd. Eine
neue Bearbeitung derjelben, die auch die Yehre von
der Trinität und Menſchwerdung enthielt, erichien
1535, ebenfalls in vielen einander folgenden Aus—
gaben und Ueberſetzungen, dann 1543 die letzte
Umarbeitung Melanchthons, welche bis zu feinem
Tode 26 lateinische und 10 deutfche Ausgaben er:
fuhr, überall mildernd und vermittelnd, betrefis
der Begriffe der Freiheit des Menfchen und der
Kirche — Die beſte Ausgabe der loci
communes gab Bindseil, corp. Ref. T. XXI und
XXII, Braunschweig (jet Halle) 1854. Vol. au
Gaß, Gedichte der proteftantifchen Dogmatit, I,
Berlin 1854; Heppe, Dogmatik des deutichen Bro:
teitantiSmus, Gotha 1857. i
Lode, John, berühmter Begründer des philojo-
phiſchen Empirismus. Geboren zu Wrington in
der Grafſchaft Somerfet am 29. Auguft 1652, ftu:
dirte er Philoſophie und Medicin, widmete fi) aber
namentlich der eritetn, da ihm zur praktiſchen Er-
füllung des ärztlihen Berufes die Gejundheit
fehlte. Einen bedeutenden Einfluß auf fein Leben
und feine geiftige Entwidlung übte die enge Ber:
bindung mit dem berühmten Staatsmanne Gra:
fen von Shaftesbury aus, in deſſen Haufe ec Auf:
nahme und die Geſellſchaft der beveutendften
Männer genoß. Nachdem er einige Zeit eine Stelle
im Miniſterium der Colonien befleidet, zog er fid)
aufs Land in der Nähe von London zurüd, wo er
am 28. Det. 1704 ftarb. Sein bedeutendftes Wert
ift: Essay concerning human understanding,
1690, deutic von Tennemann, 3 Bbe., Yeipz. 1795
— 99. Seine Philojophie ift der reinfte Empiris—
mus und die confequente Durchführung des Satzes:
nihil est in intelleetu, quod non fuerit in sensu
(nichts ift im Berftand, was ihm nicht durch den
Sinn mitgetheilt worden ift). Locke beftreitet das
Vorhandenjein jogenannter angeborener Jdeen, er
faßt die Seele als urſprünglich vollftändig inhalts—
108 und was in ihr ift, das ſei ihr erft durch die
Sinneseindrüde(durh@mpfindung und Neflerion)
von außen zugelommen. Seine Schrift Reasona-
bleness of christianity ift eine Apologie des kirch⸗
lihen Glaubens, welchen er mit feiner Philoſophie
vereinigen zu können glaubte. Seine Werle gejam:
| melt Yondon, I9Bde., 1853. Sein Leben ift beſchrie—
ben von Yord Sing, 1829. Lechler, Geſch. des
engl. Deismus, Stuttgart 1841. Schärer, Join
Xode, Leipzig 1860,
Lodabar, Stadt jenfeit des Jordan, der Auf-
enthalt des Mephibojeth, 2, Sam. 9, 4. 5.
36 *
Lodenftein
des Coccejus in Franeler, ward er 1644 Prediger
in Zoetemer, 1650 zu Sluys in Flandern und
1652 in Utredt. Dem verweltlihten Sinne der
äußerlich blühenden reformirten Kirche und ihrer
veräußerlichten Kirchenzucht ftellte er in feinen
564
Rodenftein, Jodocus von. Geboren vor 1620 zu |
Delft, ein Schüler des G. Boötius in Uirecht und,
Löwe
ten, zeriheilet in allerlei Secten, vereinigt in
Chrifto, 2 Thle,, 1750, erſchien in drei Auflagen
und rief mancherlei Gegenfchriften hervor. Mit den
Ideen der Aufllärung und des Eudämonismus
ohne Eingehen auf tiefere religiöje und theologische
Ideen fand er das Allgemeine des Chriſtenthums
in Olaube und Liebe. Jm äußern Kirchenmwejen
durch gewaltige Beredfamfeit ausgezeichneten Pre: | hielt er Vieles in der katholiſchen Hierarchie für em⸗
digten dad Dringen auf inneres Leben entgegen. | pfehlenäwerth. Das Abendmahl jollte der verjchie:
Nah befreundet mit Labadie, hütete er ſich doch denen Auffaffungen wegen nur in den Familien
vor jeder Trennung von der Gemeinde, bildete
aber, wie jpäter Spener in der lutherifchen Kirche,
in ihr Heine Kreife zu gemeinfamer Erbauung.
Auch enthielt er fich jeit 1665 für feine Berfon der
Austheilung des Abendmahls, um dasjelbe nicht
den Unwürdigen zu jpenden. Seine Aufopferung
für feine Gemeinde bewies er aud) bei dem Einfall
der Franzofen 1672, die ihn als Geifel mit ſich
nach Rees führten. Lodenſtein's Anhänger erhiel:
ten den Spottnamen der Feinen, der ſich eben wie
feine und Labadie's Richtung bis heute in der nie:
derländiichen Kirche erhalten hat. Bon feinen zahl:
reihen chriftlichen Gefängen ift durch die Ueber:
tragung des Erafjelius unter uns am befanntejten
geworden das Lied: „Heiliger Jejus, Heiligungs:
quelle“, welches er mit Unrecht G. Arnold zu:
efchrieben wurde. Val. E. E. Koch, Geſchichte des
Rirhenliedes, Stuttgart 1852. Goebel, Geſch. der
rhein.sweitf. Kirche,
Löffler, Friedrich Simon, proteftantifcher Theo:
log. Geboren am 9. Br 1669 zu Leipzig, ſtu⸗
dirte er dort, ward 1689 Magijter der Philojophie
und Baccalaureus der Theologie, 1695 Pfarrer zu
Brobftheida, 1745 emeritirt und ftarb 1748. Er
war der Neffe des berühmten Yeibnig. Schriften:
Specimen exeges. s. de operariis in vinea ; Diss,
de litteris Bellerophonteis u. X.
Löffler, Joſias Friedrich Chriftian, einer der
gefeiert werden. Vereinzelt find feine Gedanten
Immer wieder von neuem hervorgetreten.
Löſcher, Johann Kaspar, geboren am 8. Maäi
1636 zu Werden im Boigtland. Er jtarb am 11.
Juli 1718 als Dr. und o. Profeflor der Theologie,
Veneraljuperintendent und Conftjtorialafjeflor zu
Wittenberg feit 1637 und war vorher 1658 Su—
perintendent zu Sondershaujen, 1676 Baftor an
der Predigerfirche zu Erfurt, 1679 Superintendent
zu Zwidau und 1683 Senior zu Danzig. Berühm-
‚ter iſt jein Sohn:
Köcher, Valentin Ernit. Geboren 1673 in Son-
dershauſen, bezog er im 17. Jahre die Univerjität
Wittenberg, danad) Jena und hielt fid) 1696 auf
feiner peregrinatio academica in Hamburg und
Roftod auf. Er habilitirte ſich 1697 in Wittenberg,
wurde 1698 als Superintendent nah Jüterbogf
berufen, 1702 nad Delitzſch, 1707 Brofeffor der
| Theologie zu Wittenberg und ging 1709 als Spe-
ner's Amtsnachfolger nad) Dresden. Durch Ge:
lehrſamkleit jowie Durd Frömmigkeit ausgezeich-
net, vertrat er die Orthodorie gegen die An—
griffe der Schule des Thomafius, der Enthuſiaſten
| und des Pietismus. Hier ftand ihm als ein nicht
‚ebenbürtiger Gegner Joahim Lange entgegen.
Nach dem Mihlingen des von Löſcher bewirtten
ı Merjeburger Friedensgeſpräches mit Franle und
Herrenſchmidt 1719 erihien der zweite Theil der
bedeutendjten Vertreter des Nationalismus auf Hauptſchrift: Timotheus Verinus, 1722. Gerade
ber Kanzel, war geboren am 18. Januar 1752 zu durch Löſcher's Polemil tritt die Unfähigkeit der
Saalfeld. Nah dem Tode jeines Baters in dem | Orthodorie ans Lit, dem wahren Intereffe der
Waiſenhaus in Halle erzogen 1763, ftudirte er uns | Frömmigkeit gerecht zu werden. Er führte feine
ter Semler 1769—72, wurde durch Teller 1777 | Kämpfe vornehmlich in der von ihm begründeten
Prediger an der Hofgerichtstiche in Berlin, 1778 | und redigirten, erften deutjchen theologijchen Zeit-
Feldprediger, 1783 Profeſſor der Theologie und ſchrift, ven „Unſchuldigen Nachrichten von alten
Brediger zu Frankfurt an der Dder bis 1758. 1792 | und neuen theologijhen Sachen.” Andere Schrif:
Dr. theol., übgrnabm er 1804 die Herausgabe des | ten find: Praenotationes theologicae; Historia
von Teller begründeten Magazins für Prediger. | motuum, 1707. Vgl. Engelhardt, V. E. Löſcher
Er jtarb 1816 als Generaljuperintendent zu nad feinem Leben und Wirken, Dorpat 1853.
Gotha. Vgl. Döring, die deutichen Kanzelredner
des 18, und 19. Jahrhunderts, Neuftadt a. d. D.,
1830.
Tholud, die Theologen Wittenbergs.
Löſegeld iſt im Geſetz beftimmt: 1) für die Lö—
jung der männlichen Erftgeburt, 2. Mof. 13, 13;
Löhe, Wilhelm. Einer der ausgefprocdenften | 4. Mof. 18, 16, es durfte hier fünf Sefel nicht
Vertreter der Jutherifchen Richtung in der evange: | überjteigen; 2) für die Auslöfung Anderer, 3. B.
lichen Kirche, ift er von nicht geringem Einfluß in | Kriegögefangener, die dem Heiligthum geweiht
ber bayeriichen Beiftlichkeit. Sein Dialoniffenhaus waren, 3. Mof. 27, 2 ff., desgleihen gemeihter
in Neuendettelsau leitet er im fatholifirenden | Dinge; 3) zur Auslöfung der Erftgeburt der un:
Sinne, wie jeine Schriften über Kalenderheilige, reinen Thiere; 4) für die durch ein ſtößiges Thier
Rojenmonate heiliger Frauen, die Uebung der leg: | verurjachte Tödtung eines Menſchen, 2. Moſ. 21,
ten Delung, Area haben. ‚30. Für den Mörder ſollte fein Löjegeld angenom:
Loeu, Johann Michael von, geboren zu Frank: | men werden, 4. Moſ. 35, 31. 32. Bedeutjam ift
furt am Main 1695, geitorben als preußiicher Ge: | der Gedanke, da Ehrijtus fein Yeben als Löjegeld
ns Kanımer: und Negierungspräjident zu | bezeichnet hat, für die Lehre von der Verſöhnung
arburg. Er ſchrieb unter dem Pfeudonym Gott: | geworden. Vgl. Ritſchl, Jahrbücher für deutiche
lob von ‚sriedenheim für eine weitherzige Faffung | Theologie, 1862,
der Religion und eine Union der Brotejtanten, | Löwe war in alter Zeit in Paläftina häufig,
aud der Katholiten. Seine Hauptſchrift: Eunzig | Richt. 14,5; 2. Kön. 17,25, namentlich am Libanon
wahre Heligion, allgemein in ihren ie und am Jordan. Löwenbilder waren am Throne
perwirret durch die Zänfereien der Schriftgelehr: Salomos, 1. Kön. 10, 19 — 20; wahrſcheinlich
—
Löwen 565 Logos
war ber Löwe das alte Fahnenbild Juda's, vgl. | den iſt. Reden Stellen wie 17, 21 für ein deutlich
1. Moſ. 49,9. Symbolifch bezeichnet der Löwe jelten | ejchiedenes Selbjtbewußtfein, infofern die Einheit
die Eöniglihe Macht Chriſti, häufiger in der chriſt- Chrifti mit Gott in Analogie geſetzt wird mit feiner
lichen Symbolik den Teufel. | Einheit mit den Gläubigen, fo ift doch das Ver:
Löwen. Die Univerfität ift geftiftet von Johann | hältniß des geſchichtlichen Chriſtus zum Vater nicht
IV. von Brabant 1425, von Martin V. beftätigt und | eradezu auf den Logos zu Übertragen. Dagegen
am7. Sept. 1426 eröffnet. An ihr wirkten im Laufe Führen Stellen, welche von dem präcriftenten Chris
der Zeit der jpätere Papſt Adrian VI., Lipfius, ſtus reden, wie 1,18; 17,5, wenn man nicht weit«
Bajus, Janfen, Bellarmin u. X. Durch Bajus und | gehende poetifche Vorftellungen annehmen will,
Janſen wurde Löwen ein Hauptfiß des gegen die | nicht minder auf ein Selbftbewuhtjein des Logos
„herein ber fatholifchen Kirche geführten | dem Bater gegenüber. Da, wenn auch im Philip:
ampfes. Joſeph II. errichtete hier eines feiner | per: (2, 6 #) und Koloferbriefe (1, 16 ff.) die
Generaljeminare (von kurzer Dauer) und verlegte | Jdee des Logos ihrem ungefähren Sinne nad) vor:
17883 zeitweilig die Univerfität mit Ausnahme der | handen ift, hier doch der Ausdrud und der formu:
theologiichen Facultät nach Brüffel. Die franzd: | lirte Begriff fehlt, jo ift die Lehre vom Logos in
fijche Regierung bob 1797 die Univerfität auf, die | diefer Form ald dem Johanneiſchen Evangelium
holländiſche jtellte fie 1816 wieder her. Als die | eigenthümlich zu betrachten.
belgiſche —* fie als Staatsanſtalt fallen | Aber auch dieſe Johänneiſche Lehre ſteht Durch:
ließ, ergriffen die Bischöfe von den Räumlichkeiten | aus nicht außer allem Zuſammenhang mit der ger
und Stiftungen Beſitz, verlegten dahin die 1834 ſchichtlichen Entwidlung. Schon das Alte Teſta—
in Mecheln gegründete freie katholiſche Facultät | ment hat das Beftreben, mit Dffenbarungsorga:
und richteten auch die andern vier Facultäten wie: |nen, denen die Aufgabe der Selbjtmittheilung
der auf. Mit der Univerfität ift das College de | Gottes an die Welt zufällt, fo namentlich den En:
la Haute Colline, eine Art Gymnaſium, verbunden. | gen, die Teluft zwifchen Gott und der Welt aus:
Log, das Heinfte hebräiſche Hohlmaß, der 12. | zufüllen. Tritt aud) ſchon das „Wort Gottes“ bei
Theil des Hin oder gleich dem Raum von ſechs der Schöpfung (1. Moſ. 1, 3; Pf. 33) bedeu—
Hühnereiern, nad) Thenius 21,27 Kubikzoll. tungsvoll hervor, fo ift freilich noch eine weite Ent:
Logos, Wort. Der dem Evangelium Johannis | fernung von dieſer einfachen Offenbarung des
zu Grunde liegende Begriff, welcher ihm den — Willens bis zur ſelbſtändigen Hypoflaje.
Schlüſſel zum Verſtändniß der göttlichen Würde | Aber in der Theologie des fpätern Judenthums
Jeſu bietet, wird im Eingange deö Evangeliums | drängt die Speculation immer deutlicher auf dies
mit dem Ausdrude „Logos” bezeichnet. Der ge: | jeö Ziel hin. Die Memra (Wort) und die Sche-
ſchichtliche Ehriftusift nichts Anderes als die Fleiſch china (Erfcheinung der Herrlichkeit Gottes) in
gewordene Erjheinung des Logos, welcher jhon | den Targumim find Erjceinungen Gottes der
„im Anfange” gewefen ift, und zwar bei Gott (zu | Welt gegenüber, welche, obgleih Erideinungen
Gott hin oe zov Hey) und felbit Bott ift (9ess | Gottes jelbft, doch eine immerhin relativ jelbftän:
göttlichen Wefens, nicht 6 Heög der abfolute Bott | dige Stellung einnehmen dem eigentlichen tiefiten
als folder), welcher zugleich das jchaffende Prin: | verborgenen Wefen, dem in ſich gejchlojjenen ru:
eip in ber Schöpfung und immer das Drgan ber henden GSelbftbewußtfein Gottes gegenüber. In
Bermittlung für die Lebensmittheilung an die | der Alerandrinischen Religionsphilojophie erfuhr
Menſchen war, das „Licht, welches in die Finfter: | die dee deö Logos durch die Aufnahme von Ele:
niß ſcheint“, ohne welden Niemand Gott erfennen | menten griechiſcher Philofophie ihre philofophifche
fann (1, 15). Als der „einziggeborene Sohn“ (1, | Ausbildung. Schon Plato's Jdeenmwelt, als der
14), deffen Vater Gott nicht in demfelben Sinne | aus Gott heraustretende ſchöpferiſche vous (Ver:
ift, wie er der Vater der übrigen Menſchen (5, 18) | ftand) Gottes, bildete eine Brüde zur Vorftellung
üt, fann der Logos nur als gleichen Wejens mit | einer aus Gott hervortretenden Sypoftafe, einer
ott gedacht werden (10,3; 14, 9; 12,45), wenn | Berjelbjtändigung des —— edankens. So
er auch nicht Gott ſelbſt ift, fondern eben „das | hat die Alexandriniſche Religionsphiloſophie ſchon
Wort“, weiches aus Gott hervorgeht. Gerade wie | in den Sprüchen, bei Jeſus Sirach, beſonders aber
das von uns geſprochene Wort einerfeits eins ift |im Buche der Weisheit der „Weisheit“ Gottes
feinem geiftigen Inhalte nad) mit unferm Wefen, | einen fast bypoftatifchen, perfönlich jelbftändigen
das es allerdings nicht felbft ift, aber doch in fei- | Charafter verliehen, läßt aber doch bei der Alles
ner nad) außen tretenden und wirkenden Erſchei- durchdringenden poetifhen Vorſtellungsweiſe im;
nung barjtellt, wie eö anderſeits eben doch wieder | mer noch nur eine Perjonification, nicht aber bie
ein von unferm Selbftbewußtjein Unterfchiedenes, | Borftellung eines perfönlihen Wejens zu. Die
und jelbft objectiv Gegenüberliegendes ift, jo aud) | Verarbeitung der dee des Logos in ein philoſo⸗
der Logos in ſeinem Verhältniß zum Vater. Er phiſches Syſtem hat hauptſächlich Philo vollzogen.
ift das Weſen Gottes ſelbſt in feiner Erſcheinung Aus Elementen Platoniſcher Gedanken, ferner der
ber Welt gegenüber, aber eben wieder als Erfcheis | ftoifchen Philofophie, welder der Name entftammt
nung nad) außen hin dem Selbſtbewußtſein Gottes | (der dort die Alles durchdringende Weltjeele be:
ein Gegenüberliegendes, Objectivirted. Ya, das | deutet), und endlid aus Elementen des Alten Te:
Legtere muß noch ftärfer betont werben, als es | ftamentes ift der Begriff des Philoniſchen Yo 08
nad) der Analogie deö menſchlichen Wortes ſcheinen zufammengefloffen, welder nicht eine bloße Idee,
jollte, der 2ogos iſt eine jelbftändige Hypoftafe aus | jondern eine reale, ypoſtatiſche, in der Welt wirt:
Gott, obgleih gleihen Weſens (9eos) und es ift jame Potenz ift, Er ift der erftgeborene Sohn
nur die frage, ob wir diejelbe — im Sinne des | Gottes, die ſchöpferiſche Kraft in der Welt, weder
Johannes:Evangeliumd — uns mit perfönlichem | ungezeugt wie Gott noch gezeugt wie die Menſchen,
Selbftbewußitfein zu denfen haben, oder nicht, wor: | aber beiden wejenäverwandt. Die Vermittlung
über der Streit der Theologen noch nicht entjchies bildend zwifchen Gott und Welt, hält der Logos
Logothet
feinem Begriffe nad) ungefähr die Mitte ——
dem Engel des Alten Teſtamentes und der Idee
Plato's, nicht in beſtimmter Weiſe als Perſon er:
ſcheinend, aber doch mehr denn eine bloße Perſoni⸗
fication von Jdeen. Aus diefer Philofophie ift nun
nad) verbreiteter, aber auch von Vielen bejtrittener
Ansicht aud die begrifflihe Faſſung der Logos:
lehre, wie fie im Johanneiſchen Evangelium auf:
tritt, entlehnt.
Was aber entlehnt iſt, das ift auch nur die be:
oriffliche Faffung, infofern die chriſtlich-theologiſche
Entwidlung der chriſtologiſchen Idee ſchon, ehe ie
mit der Alerandriniihen Speculation in Berüh:
rung trat, den Gedanken eines präeriftenten Chri:
ſtus vollzogen hatte und nur noch der wiſſenſchaft—
lihen Formel bedurfte, die ſchon gewonnene dee
aud) formell zu firiren. Die Logoslehre bildete aber
von dem Augenblid, wo diefer fpeculative Begriff
gefunden war, die Grundlage der chriſtologiſchen
und theologiihen Speculation. ©. darüber den
Art. Trinität. Vgl. Lücke, Commentar zu Johan:
nes, 3. Aufl. Bonn 1840; Niedner, de Min
Lips. 1846 ; Zeller, Bhilojophie der Griechen 1,
Leipzig 1868; Riehm, Lehrbegriff”des Hebräer:
briefes, Ludwigsburg (Baſel) 1859; Keim, Jeſus
von Nazara, Zürich 1867, I, 108, 212.
Logothet, ein hoher kirchlicher Verwaltungs:
beamter der griechischen Kirche, Nehnungsführer,
Siegelbewahrer und Mitglied des Gerichts,
Lohn. Da der Begriff des Lohnes ein Rechtö:
verhältnig wie VBerdienft vorausjegt, jo fann er
nur da in der Dogmatik eine Stelle finden, wo der
Grundbegriff der freien Önabe irgendwie verbun:
felt oder noch nicht erfannt ift, wie im Alten Te:
ftamente und in der katholifchen Kirche. Doch ruht
er aud) hier, wie ſchon der Sat: extra ecclesiam
nulla salus anzeigt, auf der Vorausfegung eines
durch göttliche Gnade freiwillig neu ——
Rechtsverhältniſſes. An vielen Stellen der Evan—
gelien (Matth. 5, 12; 10,41; 20, 1—16; 25, 14 |
—30; Luk. 19, 11—27; oh. 5, 29), aud) der
566
Lombarden
die Anhänger Wielif's. Ausgehend von einem ſehr
entihiedenen Schriftprincip, verwarfen fie die
Autorität der Kirche mit ihren Lehren von der
Beichte, vom Ablaß, vom Abendmahl, von Heili-
genanrufung, ſowie den —— und ſuchten
ein einfaches, praltiſches Chriſtenthum; ſie pflegten
die Reiſepredigt, Privaterbauung in Conventikeln,
laſen die Bibel in der Vollsſprache und andere re:
ligiöſe Schriften. Obgleich ſchon zu Wiclif's Leb—
zeiten Verfolgungen ausbrachen und einige ſeiner
nächſten Freunde zu Unterwerfung und Widerruf
genöthigt wurden, breitete fich die Partei nad) ſei—
nem Tode, geleitet von Nilolaus Hereford, Johann
Afton, Johann Purney, durd) gang England aus.
Die mit den religiöfen aber unvermeidlich verbun:
denen politiichen Neformideen (Eingabe von 1394
an das Barlament) trieben Heinrih IV. zum
Bunde mit der Hierarchie gegen die Lollarden.
Die Parlamentsacte von 1400 (de comburendo
haeretico, von der Verbrennung der Ketzer) zeigte
Ihon am 4. Februar 1400 ihre Wirkung in der
Hinrichtung des Caplans William Samwtre als
eines rüdfäligen und unverbefjerlihen Ketzers.
Biſchöfliche Bihtationen fäuberten die Univerfität
Oxford von allen der Oppofition gegen Rom Ber:
dächtigen, und als 1417 unter Heinrich V. Lord
Cobham, der Günftling Heinrihs IV. und das
politiihe Haupt der Lollarden, hingerichtet war,
wurde es der nquifition leicht, bis 1431 die be-
deutenderen unter den Lollarden mwegzuräumen
und die Gemeinſchaften gänzlic) zu zerjtören, wie
auch die —— längſt verhindert war. Die
einmal im Volle ausgeſprochenen und befannten
religiöfen Ueberzeugungen mirkten indeß fort, bis
die Reformation ſie aufnahm. Vgl. ©. Weber,
Geſch. der K.:Reformation in Großbritannien, 2
VBde. Leipz. 1856; Lechler, Wiclif und die Lollar-
den, Leipz. 1358; Hefele, Conciliengeſchichte, VI.
Theil, Freiburg 1867.
Lombarden oder Kongobarden, ein deutiches
Volk, weldyes aus feinen urfprünglicen Sigen nad
apoftoliihen Briefe, wird zwar vom Lohn gere: Bluhme's neueften geficherten Forfhungen in Jüt:
det, aber doch nur in der bildlihen Rede und in
der Unmöglichkeit, durch ein anderes menſchliches
Verhältniß das zwifchen Gott und dem Menſchen
nad) diefer Seite bejtehende auszuſprechen. Nach
ber Gedankeneinheit der Schrift bezeichnet Lohn
das ftattfindende Verhältniß zwiſchen der Se:
ligfeit als jubjectivem Gefühl und Bewußtjein und
der erworbenen und bethätigten fittlihen und re
ligiöfen Tüchtigleit, denn mit diefer wächſt auch die
Fähigkeit, das höchſte Gut zu ergreifen, Gott in
feiner Offenbarung zu erfennen und in feine uns
Lohn der Tugend fann alfo nur in dem Sinne ge:
land von dem nördlichen Ufer der Elbe durch Mäh:
ren fich nad) Bannonten wandte, dort das Ariani-
ſche Chriſtenthum oberflächlicd annahm, die Gepi-
den befiegte 547, von den Avaren gedrängt, unter
den Königen Alboin und Kleph in Ober: talien
einbrach 569, die griechifch- römische Herrichaft zer:
ftörte und ein lombardifches Neich mit der Haupt:
jtadt Bavia begründete. Die Geſchichte dieſes Rei—
es ift vom größten Einfluß auf die Geftaltung
der kirchlichen Berhältnifie geweien. Zwar iſt der
| Zufammenhang der Entjtehung der jpäter fo wid:
dargebotene Gemeinjchaft einzugehen. Bon einem |
bardiſchen, römischen und fränkiſchen Rechte noch
tigen lombardiichen Städtefreiheit aus dem lom:
redet werden, wie man Kenntniffe den Yohn des | nicht völlig aufgellärt, deutlicher liegt der innere
Fleißes nennt; fernzuhalten ift nur jede Vorftel: | Gang der firhlidhen Entwidlung vor. Der mit
lung einer Gabe oder Gnade, die nicht im innern | offenbarem Heidenthum noch jtarf verjegte Aria:
Zufammenhange mit der Stufe der erlangten in: | nismus fonnte fid gegen den Katholicismus bei
nern been ung ſteht. der eintretenden Bermiihung der Einwanderer
Koipfenbrüder hießen die Geifelbrüder von | mit den Nomanen nicht halten. Die Bemühungen
ihren Yeifen, Zoifen, d. i. Gejängen. der katholiſchen Königin Theodelinde und des
Rollarden (Lollharden), von lullen, lollen, leiie | Bapites Gregor I. (590— 604) hatten fchnellen
fingen, urſprünglich die vollsthümliche Benennung | Erfolg ; ſchon unter ihrer Nachfolgerin wurden die
der Alerianer oder Zelliten, eines Bereins zur Arianiſchen Bischöfe verdrängt, und ihr Bruders:
Armen: und Kranlenpflege, der auf die ketzeriſchen John Aribert war 642 der erſte Fatholifche König.
Begharden übertragen wurde. Daher ging der | Fortan aber jchied ſich Das päpſtliche und das Ion:
Name überhaupt auf kirchliche religiöje Genoſſen- gobardiſche Intereſſe, einig nur in dem Widerftand
haften über und wurde in England ftehend für gegen jeden Angriff auf ihre Unabhängigkeit von
u
Lombardus
Byzanz. Beide traten aber nad) der Herrihaft
und der vollen Unabhängigkeit in ganz Italien;
daher unterftügen die Päpfte ftets die zum Abfall
geneigten Herzöge von Benevent und Spoleto, die
longobardifchen Könige aber beſchirmen die rela=
tive Selbjtändigfeit des Erzbistyums Mailand
und des Patriarchats von Aquileja. Sie behaupten
die Gerichtsbarkeit über hohen und niedern Klerus,
die Berwaltung des Hirchengutes durch königliche
Vögte und das Wahl: und Beftätigungsrecht. Die
Blüthezeit des Neiches fällt in die Regierung Liut:
prands 713—742; feine Gejeggebung vollendet
die Organifation des Volles, welche das Edict des
Rothari 643 begonnen hatte. Vgl. über dieje Ge:
ſetzgebung Bluhme und Boretius in Pertz, Leg.
IV. Gegen ihn, der gereizt durch die Untreue
Gregor’s IL., weldyer die aufſtändiſchen Herzöge
von Benevent und Spoleto unterftügte, einen Zug
gegen Rom rüjtete, rief der Papſt den Franken
Karl Martell zu Hülfe, aber beider Tod vereitelte |
den Blan, und Zacharias mußte ein Bündni mit
den Longobarden eingehen. Yiutprand’3 Nachfolger,
967
Loos
meinverſtändlicher Darſtellungskunſt in ſeinen
Sententiarum libri quatuor (herausgegeben von
5. Meaume, Löwen 1546) ein Muiter:, Grund:
und Lehrbuch für die Scholaftik feines und des fol:
genden Jahrhunderts aufgeftellt. Seine Sentenzen
bildeten den Leitfaden des theologischen Unterrichts
in der Folgezeit, und zahlreihe Commentare find
über diejelben verfaßt worden. Außer den Sen:
tenzen hat Lombardus mehrere Commentare über
die Pſalmen, das Hohelied, die Pauliniſchen Briefe
herausgegeben. Da er aber an einzelnen Stellen
dem hierardifhen Syſtem nicht genug that, na=
mentlich auch die wahre Menjchheit Chrifti durch
feine Syllogismen zu bedrohen jchien, ward er
ſchon unter Papft Alerander III. verklagt und
man ftellte an der Pariſer Facultät eine Reihe von
Süten auf, in quibus Magister non tenetur. Vgl.
Hefele, Conciliengefhichte V; Reuter, Alexander
ı IIL., im 3. Band am Schluß.
Kondon, einjt ald Hafen genannt, von welchen
Bonifaz fich nach dem Continent einſchiſſte, erhielt
ein Bisthum, deſſen berühmter Inhaber zur Zeit
Rachis und Aiftulf, erneuerten die alten Forde: | Heinrichs II., Gilbert Folioth, ſonderlich die Poli:
rungen der Unterwerfung Noms, als das Erarchat | tif des Königs im Kampfe gegen Thomas Becket
zu Ravenna erobert war. Ihrer ſich zu erwehren, | und die päpftliche Curie unter Alerander ILI. mit
rief Stephan III. Bipin den Kleinen; Aiftulf mußte
die Eroberungen herausgeben, mit denen der Papit
beihenft wurde 754 und 756 und die fränkische
Oberherrſchaft anerkennen. Aiſtulf's Nachfolger
Deiiderius ftand anfangs dem Papſte Stephan IV.
(768—772) nahe; er erneuerte aber jein Streben
nad) der Herridaft über talien, verweigerte die
Erfüllung der Verträge und bedrohte Nom. Ein:
mal vermittelte Karl der Große den Frieden. Als
aber derjelbe die Tochter des Defiderius, jeine Ge:
mabhlin, verjtoßen hatte und diefer von Hadrian
bie föniglide Salbung der Söhne Karlmanns er:
zwingen wollte, welche vor ihrem Oheim Karl zu
ihm geflohen waren, mußte Karl im eigenen In—
terefje dem Hülferuf des Papſtes folgen. Durd)
Berrath wurden die Longobarden umgangen und
geichlagen, das Heid, erobert und mit dem frän:
tiſchen vereinigt 774. Die große geſchichtliche Be:
deutung diefer Eroberung hat erſt v. Sybel Har
gemacht (die deutſche Nation und das Kaiſerreich,
1862). Der Hauptgeſchichtſchreiber ift Paulus Dia:
conus. ©. Abel, der Untergang des Longobarden:
reiches, Göttingen 1859, Barmann, die Politif
der Päpfte I, Elberfeld 1868.
Lombardus, Petrus, berühmter ſcholaſtiſcher
Theolog. Geboren in dem zur Lombardei gehöri:
en Novara, jtudirte er Theologie zu Bologna,
heims, Baris, wojelbit er durch feine ausgezeich:
neten Xeiftungen bald zum Lehrer wurde. 1159
wurde er Biſchof von Paris. + 1160 oder wahr:
Icheinlicher 1164, Gegenüber den beiden fcholajtis
ſchen Richtungen, wie fie namentlich in Bernhard
und Abälard repräjentirt find, der traditionellen
und der dialeftijchen, bahnte Yombardus eine ru:
bigere, der Kirchenlehre nicht gefährliche aber doch
durch die Dialektik des Verftandes hindurchgehende
Behandlungsweiſe des kirchlichen Dogmas an. Er
üt der wichtigſte Vertreter der fogenannten Sen:
tenzentheologie, in welcher das kirchliche Dogma
gefundem ftaatsmännifchem Tacte vertrat (vgl.
Reuter, Alexander IIL., Bd. I, II, 2. Ausg. Yeip-
zig 1860). Mannigfach verjammelten fi) Goncile
dajelbit, wie fie Delete getreu verzeichnet, nament:
lid) in der Zeit, ald das Bürgerthum feinen Spre:
cher für die firchliche Reform in Wiclif gefunden
hatte. Die wachjende Bedeutung der Stadt machte
fih unter dem Scepter Heinrichs VIIL., wie unter
dem Lorbprotector Cromwell geltend (vgl. Maus
venbrecher und Ranle, über engliihe Geſchichte).
Nach der glorious revolution (val. Macaulay) und
der Erhebung der engliſchen Weltmacht hat die
Miffion, die äußere wie die innere, dort den vor:
nehmſten Heerd gefunden. Deutjche, wie überhaupt
fremde Gemeinden fanden feit a Yasın's Tagen
dort ein Aſyl. Die Hauptlirche ift nad) St. Paul
genannt.
Konginus, der römiſche — welcher
Jeſu Seite mit dem Speer durchbohrte. Nach der
Legende hat er ſich befehrt und als Einfiedler ein
bußfertiges Leben in der Nähe des heil, Grabes
geführt, wo jegt die Capelle des Longinus fteht.
Kongobarden. ©. Lombarden.
2ood. Durch das Geſetz vorgeſchrieben war ber
Gebrauc des Loojes nur in dem einen Falle 3.
Moſ. 16, 8, aber auch das Orakel des Urim und
Thummim war wahrfcheinlid nichts Anderes als
ein Looſen. Der Gebraud des Yoojes als des
einfadhften Mittel, die göttlihe Entſcheidung
(Spr. 16, 33; 18, 18) anzurufen, kommt jehr
häufig vor; jo wurde das Yand durch das Loos
vertheilt (of. 14,2; 16, 1), Saul’s Königthum
durd das Loos beftimmt, ebenio das Apojtel:
amt des Matthias (Apftg. 1, 26). Regelmäßig
war die Anwendung des Looſes bei der Verthei:
lung der Prieftergefchäfte und der Nriegsbeute, 1.
Chron. 24, 5. Der Glaube an den unmittelbar
göttlichen Entſcheid, Joſ. 7, 14 ff.; 1. Sam. 14,
42, lag ihm zu Grunde Man beviente fich zum
— — — — —
durch Sätze geſtützt wurde, die den Schriften der Looſe meiſt eines weißen und ſchwarzen Steinchens,
anerlannten Kirchenväter entnommen waren. Ohne welche aus einer Büchſe, einer Urne oder aus dem
beſondern Scharfſinn und ſpeculative Kraft hat Buſen des Oberkleides herausgeworfen wurden. —
Lombardus („magister sententiarum‘) mit gro: | In der chriftlichen Kirche hat das Loos eine Anwen
fer Gelehrſamleit und gejdidter, Harer und ge- dung faft nur in der alten Brüderkirche gefunden
Loofungen
bei Beftellung der Geiftlihen und Biſchöfe; viel:
fach brauchen es die Herrnhuter in dem unbe:
dingten Glauben, daß Gott durch dasfelbe feinen
Willen fund thue, jo daß der Ausfall des Loofes
auch als aöttliches Gebot in menfdlichen Lebens:
verhältnifien, 3. B. bei Heirathen, galt. Die Sy:
node von 1848 hat aber den Gebraud) des Loojes
fehr eingeſchränkt.
Koofungen und Kehrterte der Brüdergemeinde
werben jedes Jahr neu gewählt und herausgege:
ben. Es find Bibelfprühe aus dem Alten und
Neuen Teftamente, von einem Berje aus dem Brü:
bergejangbuch begleitet, an welche die öffentliche
und Privaterbauung eines jeden Tages ſich an:
lehnen ſoll.
Rope De Bega (Don Zope Felir de Vega Car:
pio), der fruchtbarfte und genialfte Dichter Spa:
niend. Geb. am 25. November 1562 zu Madrid,
ftubirte er zu Alcala und Salamanca Theologie.
Ein Liebeöverhältniß nöthigte ihn 1582 in Kriegs:
dienfte zu treten, wie er ſchon 1573 aus Noth den
Zug nad) Tunis mitgemacht hatte und fpäter wie:
der auf der Armada Dienft nahm. Nach mandherlei
wechſelvollen Schidfalen wurde er 1611 Priefter.
Schon ald Knabe hatte er Schaufpiele verfaßt, jpä-
ter durch das Gedicht la hermosura de Angelica
und ben Schäferroman Arcadia feinen Dichterruhm
begründet. Seine literarifhe Thätigkeit ſetzte er
als Priefter fort. Obgleich er in jeder — der
Poeſie Bedeutendes leiftete, gewann er die größten
Erfolge und feine glänzende Popularität durch
feine Schaufpiele, deren er 1500—1800 gefchrie:
ben haben joll, außer 400 Frohnleichnamipielen.
Die erh der ſchottiſchen Maria in der
Corona tragica erwarb ihm von Urban VIII. den
theologischen Doctorhut, den Titeldes apoftolifchen
Kammerfidcal und das Maltejerfreuz. Er wurde
Auftitiar der Inquifition und Vorfteher des geift:
lihen Collegiums zu Madrid. Ein aftetifches Wert
Soliloquios a Dios, Selbftgefpräche mit Gott, gab
er anonym heraus. Bega ift der getreue Ausprud
des mittelalterlichen romantiſch⸗ſpaniſchen Katho:
licismus, in er Se Frömmigkeit und Sinnlich—
keit, Aſteſe und Weltliebe, die kühnſte Phantafie
und eine erregte und bewegte Wirklichkeit fich ver:
banden. Meifterhaft in der Schilderung des Volks:
thümlidhen und des Volkscharakters, wußte er dem
eſchmack feiner Zeit zu huldigen; er giebt ein
treues Bild der damaligen fittlihen, geſellſchaft—
fihen und kirchlichen Zuftände. Er ftarb am 21.
Auguft 1635 zu Madrid. Sein Leben befchrieb fein
Schüler Montalvan. Die mwenigften feiner Werte
find — noch weniger ins Deutſche überſetzt.
gl. Holland, some account of the life of Lope,
Lond. 1817.
Lorch (Laureacum), an der Donau, ein uraltes
Bisthum in Pannonien, weldhes im 8. Jahrhun:
dert nah Paffau verlegt wurde. Die Sage der
Stiftung von Lord) durd) den Apoftel Marcus hat
zu ihrer Begründung nur eine Inſchrift aus dem
8. Jahrhundert, ebenfo ift der angebliche Gründer
ber Stadt und des Bisthumd Laurentius erft im
15. Jahrhundert aus dem Namen Lord) abgeleitet.
Hiftorifch ficher ift erft ber Märtyrertod des heil.
Florian zu Lord. In dem fpätern Streite zwifchen
Paſſau und Salzburg fuchte erfteres Die Metropo—
litanrechte Lorchs durch ein Schreiben des apfıra |
Symmadus (498—514) an den Erzbifchof Theo:
dor von Lord nachzuweiſen; dasfelbe ift indeſſen
568
Lot
unecht und fpäteren yormularen nacdhgebildet. Der
erfte fihere Biſchof von Lord, Eonftantin, wird
im Leben des heil. Severin erwähnt, der ihn ein
ſetzte. Nach der Verlegung des ed ent:
ftand in Lord ein berühmtes Klofter. Die Se:
ſchichte von Lorch ſchrieb der Jefuit Hanfiz. Bal.
Rettberg, Kirchengeſch. Deutſchi., Göttingen 1848;
Dümmler, Piligrim von Paffau, Leipzig 1854 ;
Barmann, die Koritit der Päpfte I, Elberf. 1868.
Loretto (Lauretum), berühmter Walffahrtsort
bei Ancona. Das Heiligthum ift nad) der Sage das
Zimmer, in welhem Maria die Berfündigung dur)
den Engel empfing. Diejed Zimmer wurde 1291
von Engeln in der Nacht aus Nazareth nad Dal:
matien, von dort 1294 in die Nähe von Recanati
auf das Grundftüd einer Wittwe Laureta über:
tragen, daher der Name, und änderte nod) ——
Male ſeinen Standort, bis es auf der jetzigen Stelle
verblieb. Paul II. (+ 1471) verlieh dem lauretani:
ſchen Haufe Abläffe und baute die jegige prächtige
Kirche, welche ein freiftehendes Gehäuje aus Mar:
mor und in diefem die casa santa umfcließt.
Lorſch, das Kloſter, vier Meilen von Heibdel:
berg gelegen, auch Lauresheim oder Lauresham
genannt, ift geftiiet 764 von einer Gräfin Willis:
winda, einer Berwandten Chrodegang's von Meg,
defjen Bruder Gundeland der erfte Abt war. Die:
fer übergab das dem heil. Nazartus geweihte Klo:
fter an Karl den Großen. Der Gunft der Karo—
linger verdantte Lori Reichthum und Glanz. Auch
literarifch zeichnete es fi) aus; die Annales Lau-
reshamenses 703 — 768, freilid dort faum ent⸗
ftanden, wurden aber fortgefegt und liegen ben
Arbeiten Einhard’3 zu Grunde. Vom 10. Jahr:
hundert beginnt der Berfall theils Durch verſchwen⸗
derifche Aebte, theils durch die Schenkung der Ab-
tei an Adalbert von Bremen. Nad) dem Brande
1090 fonnte das Klofter zu dem früheren Reich-
thum nicht wieder gelangen, obwohl es zur in—
fulirten Abtei erhoben wurde. 1232 erhielt Sieg-
fried III, Ersbilchof von Mainz, die Abtei von
Kaiſer Friedrich II. geſchenkt und übergab fie mit
Zuftimmung Gregors IX. den Ciftercienjern,
jpäter den Brämonftratenjer :Chorherren. 1621
brannte das Klofter wiederum ab und ift nicht wie:
der erbaut. Ueber den Befit der Bropftei, fpäter
des Fürſtenthums Lorſch, war häufiger und er:
neuerter Streit zwifchen der Pfalz und Mainz, bis
dasjelbe 1806 an Heflen-Darmftabt fiel. Val.
Dahl, Beihreibung des Fürſtenthums Lorſch,
Darmftabt 1812,
Kot, der Neffe Abraham's, Haran’s Sohn, 309
mit dieſem aus Ur in Chaldäa nad) Kanaan, ſchied
aber von ihm, als die jih mehrenden Heerden lei:
nen Raum mehr bei einander hatten. In der Ge-
end von Sodom wohnend, wurde er von Kebor:
Laomer gefangen fortgeführt, von Abraham befreit.
In Sodom hielt er fich frei von den dortigen Sün—
den, ohne ihnen Widerftand leiften zu können.
Beim Untergange Sodoms durch die Engel geret:
tet, wurde er (1. Mof. 19) aus jeinen eigenen
Töchtern der Stammvater der Ammoniter und
Moabiter. 1. Mof. 14 läßt ohne Zweifel in Lot
eine geſchichtliche Perſon erbliden ; an diefe knüpft
fid) die Stammeserinnerung von einem Theile ber
eingewanberten Semiten, welder von dem Haupt»
ttlih entarteten Urbewohnern trat, feine ange:
ammte Tüchtigfeit zwar anfangs auch fittlich und
Kung getrennt, in nähere Berührung mit den
i
Lothar, Conftitution des,
religiös bewahrte, im Verfolg aber Iſrael in jeder
Weiſe völlig entfremdet wurde. Die Sage von Lot's
Töchtern fpricht das Bewußtſein von der Stam:
mesgemeinſchaft und zugleich von der großen Kluft
aus, welche die Völfer trennte.
Lothar, Gonftitution des, wurde 824 von Lothar
als dem Mitregenten feines Vaters Ludwig erlaffen
und beftimmt in neun Artikeln die Gemeinfchaft:
lichleit des faiferlihen und päpftlichen Regiments
in Rom, die Gültigkeit des ſaliſchen und longo—
bardiſchen Rechtes neben dem römiſchen, jedes in
feinem Kreife. Den freien Römern fteht das Recht
der Papftwahl zu, ein Beftätigungsrecht des Kai:
ſers wird nicht ausdrücklich erwähnt. Hervorgeru:
fen war die Conftitution durch die Unruhen nad
dem Tode des Paſchalis, wo die Volkspartei einen
gewiſſen Zinzinus gewählt hatte; die Wahl ward
umgeftoßen und Eugen II. Rapft. Watterich,
Vitae Pontificum 1, Leipz. 1862; Barmann, Po:
litik der Päpſte I, Elberfeld 1868.
Lothar IL, König von Lothringen. Sein unge:
rechter Eheſcheidungsſtreit wider jeine Gemahlin
Theutberga, in weldem die Synoden zu Aachen
860 und 862 felbft trog Hincmar’s von Nheims
Auftretens, und die zu Mek 863 mit den Erzbi:
Ihöfen Gunther und Thietgaud und den päpftlichen
Gefandten fi für ihn erflärten, gab Nitolaus I.
die Gelegenheit, als Schüger der Sittlichteit eine
bisher ungelannte Macht über die Metropoliten
und den Fürften in Anspruch zu nehmen und durch:
zufüßten. 2. mußte fi 864 demüthigen, den
Schuß bes Papftes fogar anrufen. Als er dennoch)
die Waldrade wieder zu ſich nahm, bewahrte ihn
nur der Tod des Bapftes vor dem Bann und neuer
Erniedrigung. Lothar ftarb 869, Val. v. Noorden,
Hincmer, Bonn 1863; Dümmler, Geſch. des oft:
fränfiihen Reiches I, Berlin 1862; Barmann,
Politik der Päpfte IL, Elberfeld 1869.
Lothringen, Cardinal von, Karl von Guife.
Geb. am 17. Februar 1525, erhielt er ſchon 1538
das Erzbiäthum Rheims, ward 1547 Cardinal und
nannte ſich nad) dem Tode feines Onkels, des Car:
dinals Johann, zum Unterfchied von feinem Bru:
der Ludwig, dem Gardinal von Guife, Carbinal
von Lothringen. Mit feinem Bruder Franz war
er der entſchiedenſte und bebeutendfte Gegner der
Hugenotten. Gelang e3 ihm aud) nicht, die Jeſui—
ten und die Inquiſition in Frankreich einzuführen,
aud) nit auf dem Gefpräcd zu Poifiy 1561 das
ewünſchte Refultat zu erreichen, jo benugte er mit
Sifer und Klugheit die politiichen Verhältniſſe.
Unter dem ſchwachen fe II. an die Spitze der
Geſchäfte geſtellt, erließ er nad der Verſchwoͤrung
von Amboife (17. März 1560) das Relinionsedict
von Romorantin Mai 1560, an deſſen Durchfüh-
rung ihn nur der Tod des Königs (5. December
1560) hinberte. Er verleitete Anton von Navarra
zum Rüdtritt von der hugenottijchen Partei und
bildete mit ihm und feinem Bruber das berüchtigte
Triumvirat. Offen ſprach er feine freude über die
glorreiche Bartholomäusnadht aus. Eine hervor:
ragende Stelle nahm er auf dem Concil zu Trient
ein. Er ftarb am 26. December 1574 zu Avignon
auf der Rücktehr von der Begrüßung Heinrich’S LIT.
Rante, Franzöſ. Geſch. I, Stuttgart 1852.
Rote, Rudolph Hermann, einer der ſcharfſinnig⸗
ften deutichen Philoſophen. Geboren am 21. Mai
1817 zu Bauten, ftubirte er 1834 zu Leipzig Phi:
lojophie und Medicin, wurde 1838 zum Dr. der
569
Low church party
Medicin und PHilofophie promovirt, 1839 Privat:
docent, 1842 a. o. Profeffor der PVhilofophie zu
Leipzig, jeit 1844 Profeſſor der Philofophie zu
Göttingen. Seine Haupticriften find: Metaphufik,
Leipzig 1841; allgem. Pathologie und Therapie,
Leipzig, 2. Aufl. 1848; allgem. Rhyfiologie, Gött.
1851 ; medicinifche Piychologie, Gött. 1852; Mi:
krolosmus. Ideen zur Naturgefhichteund Geſchichte
der Menſchheit, 3 Bde., Leipzig 1856—58, auch
für Theologen von der größten Bedeutung; Ge—
ſchichte der Aeſthetik in Deutſchland, 1868.
Loudun. Als Heinrichs IV. Wittwe, Maria Me—
dici, die Regentſchaft für Louis XIII. führte, feſt
an Spanien haltend, bald in Kampf mit einer nicht
bloß aus Hugenotten und dem Prinzen von Condé
gebildeten Ariſtokratie, kam ſie in —— Kriegs⸗
gebränge December 1615, daß fie Friedensaner:
ietungen annahm und am 10. Februar 1616 in
Loudun einen Congreß eröffnete, an defjen Situnr:
gen auch Damen Theil nahmen. Der Prinz von
Eonbe jtellte 31 Forderungen, wie fie der 3. Stand
auf dem berühmten Neichätag von 1614 und bie
Parlamente ſchon ehedem zur Sicherung der Ge:
wiffensd: und Glaubensfreiheit formulirt hatten
N d. Art. Edmond Rider). Der junge König ver:
prach, niemals das Tridentinum anerfennen und
jtetö_ für die Freiheiten der gallicaniſchen Kirche
im Einflang mit den Prinzen von Geblüt, den
Großen und Barlamenten des Reiches Sorge tra»
gen zu wollen. Vgl. Kante, Franzöſ. Gejch., Zeip:
jig 1868, II, 148.
Louiſe Henriette, Kurfürftin von Brandenburg,
die Tochter Friedrich Heinrich’3 von Dranien, war
geboren am 7. Nov. 1627 und vermählte fi 1646
mit Friedrich Wilhelm, dem großen Kurfürften.
——— durch ernſte und thätige Frömmig—
teit, war ſie nicht nur die ſtete Begleiterin, ſondern
aud die treue und Kluge Rathgeberin ihres Ge:
mahls. Sie ift die Berfafferin von vier Liedern,
die in den evangelischen Geſangbüchern ihre Stelle
behaupten: „Jeſus meine Zuverficht”, „Ich will
von meiner Miffethat”, „Gott, der Reichthum Dei:
ner Güte”, „Ein Andrer ftelle fein Vertrauen”,
Unentjchieden ift es, ob fie diefelben holländiſch
verfaßt und ihr Oberhofmeifter Schwerin fie ins
Deutſche übertragen habe oder ob — was jehr
unwahrſcheinlich iſt — auch die jegige Form ber
Lieder von ihr herrühre. Sie ftiftete aus Danlbar:
feit für die Geburt ihres erften Sohnes das Wai—
fenhaus Oranienburg. + 1667. Bgl. Koch, Geld.
des Kirchenliedes, 2. Aufl. Stuttg. 1852.
Low church party, niederkirchliche oder evans
elifche Bartei, ift diejenige Fraction in der englis
hen Staatäfirche, welche aus der religiöfen Erbe:
bung im Anfang diejes Jahrhunderts hervorging
und lebendiges Chriſtenthum dem Indifferentis-
mus und dem Unglauben entgegenftellte. Ihr Ber:
dient ift die Aufhebung des Sklavenhandels, die
Gründung der Miſſions-, Bibel: und Tractatgejell-
ichaften und der verfhiedenen und großartigen
Arbeiten der innern Miffion. Indem fie die evanz
gelifhen Grundfäte betonte, Notwendigkeit der
etehrung, Rechtfertigung aus dem Glauben und
alleiniged3 Anfehen der Beil Schrift, gerieth fie
durch Einfeitigleit und Uebertreibung in eine Gleich⸗
gültigfeit gegen die Sittlichfeit, die guten Werke
nnd zugleich in eine ängftliche und ee Ab:
hängigfeit vom Buchftaben der Schrift, namentlich
des Alten Teitaments (Sabbath, Judenmilfion,
—— — — — — —
Lowth
Inſpirationstheorie, Haß gegen die Apokryphen
und gegen das Papfſtthum). Ihnen entgegen ſteht
bie hodhlirchliche Partei, deren Lofung ift: gerichtet
werden nad) Werfen, Wiedergeburt durch die Taufe,
Anjehen der Kirche und apoftolifche Succeffion ;
biefe Partei hat ihren Ausgang im Tractarianis:
mus gefunden. Zwiichen beiden fteht die breitfirch:
liche Bartei (broad church party), welche die evan:
geliihen Grundlehren feithaltend, in Liebe und
Duldung eine Lebensreform durch die Kraft des
religiöjen Geiftes anftrebt und in ihren miffen:
Ihaftlihen Beftrebungen (vgl. den Art. Arnold)
ber deutſchen Theologie näher ſteht.
Lowth, Robert, Biihof von London. Geboren
zu Windefter 1710, bildete er fich zu Orford 1730,
ward 1737 Magifter und 1741 Brofeffor der Poe—
fie, danach Pfarrer zu Orington, Archidiakonus
von Windefter, 1753 Pfarrer von Eaft:Woodhay,
ging dann als Caplan des Lordlieutenants Har:
tington nah Irland, erhielt, feit 1754 Dr. der
Theologie, eine theologische Profeſſur in Orford
und wurde 1767 als Lordbiſchof nad) London be:
rufen. + 1787. Sein bedeutendftes Werk find die
Vorlefungen über die Poeſie der Hebräer, auch von
J. D. Michaelis herausgegeben, die ihn in einen
literarifchen Streit mit Warburton verwidelten.,
Er hob die Nothwendigfeit hervor, die alttefta:
mentlihen Schriften auch von der äfthetifch-poeti:
ſchen Seite zu betrachten. Außerdem lieferte er
eine Ueberjegung des Jeſaja mit Anmerkungen.
Kleinere Abhandlungen erfchienen fogar nod) 1334
zu Yondon, herausgegeben von Hall.
Royola, Janatius, der Stifter des Jeſuiten—
ordens (j. d. Art.). Geb. 1491, geft. 1556.
Kubbertus, Sibrandus, reformirter Theoloa zu
Franefer, geboren 1556 zu Langworden in Fries:
land, + am 10, Januar 1625. Er war mit Soma:
rus ein Hauptgegner des Arminius und Mitglied
der Dortrechter Synode.
Lubieniecki, Stanislaus, geboren zu Ralow am
23. Auguſt 1623. Der Sohn eines unitarishen
Predigers, empfing er feine Bildung auf der dor:
tigen Schule, danach zu Kifielin und Thorn. Nach—
bem er bier bei dem Colloquium charitativum
1645 als Schriftführer der Sorinianer fungirt
hatte, befuchte er als Hofmeifter eines jungen Gra—
fen das Ausland und wurde danach 1648 Adjunet
in Siedliafa, dann Prediger in Charkow. m
Schwedentriege flüchtete er nach Krakau, verlieh
bie Stadt mit den Schweden nad) dem Fehlichla:
gen jeiner Bemühungen, für feine Glaubensge:
noſſen Religionsfreiheit zu erlangen, und fand
Aufnahme am Hofe Friedrichs III. zu Kopenhagen.
Bon den lutheriſchen Theologen dennoch verdrängt,
verfuchte er 1662 vergebens eine Freiftätte in
Friedrichftadt zu finden, lebte dann jeit 1662 in
Hamburg und ftarb 1675, als er eben auf Anftif:
570
Lucas
Venedig und Padua machte er eine längere willen:
ſchaftliche Reife durch Europa, hielt ſich in Genf
längere Zeit auf und verwaltete das Rectorat zu
Dftroy in Lithauen. Nachdem ernoch ander Unions⸗
fynode zu Brzesc 1585 oder 1586 Theil genommen,
fehrte er in die Heimath zurüd, wurde von Dem
Patriarchen Meletius von Alerandrien, feinem
früheren Zehrer, zum Briejter geweiht und ward
defien Nachfolger (1602— 21). In diefer Stellung
unterhielt er einen lebhaften wiflenichaftlichen .
Briefmechiel mit den bedeutenditen Gelehrten
(lettres anecdotes de Cyrille Lucaris, par J.
Aymon, Amst. 1718) und ſuchte abendlänbijche
Wiſſenſchaft nad dem Orient zu verpflanzen, in-
dem er junge Griechen in England ftudiren und
ſich die wiſſenſchaftlichen Werte zufenden ließ. Den
berühmten Codex Alexandrinus erhielt Jakob I.
von England von ihm zum Geſchenk. Schon zu
diefer Zeit ſprach ſich feine der proteſtantiſchen Re:
formation zugeneigte Stellung deutlid aus. 1621
berief ihm die Synode auf das Patriardat von
Eonftantinopel, welches er ſchon 1613 interimiftifch
verwaltet hatte. Seine antirömiſche Gefinnung
regte den Haß der Jefuiten gegen ihn auf, welche
nad dem Beſchluß der Synode Ferrara » Florenz
eine Vereinigung der griehifhen Kirche mit Der
römischen eifrig betrieben. Viermal gelang es ihren
Intriquen und deren Unterftügung durch Klagen
und Bejtechung bei den Türfen feine Abjegung
und Berbannung au erlangen, jedesmal aber wurde
er nad) kurzer Frift zurückberufen; als fie ihn aber
1638 während des Krieges genen die Berier als
Aufmwiegler gegen die türkifche Herrichaft bei dem
Sultan Murad verbädtigten, ließ ihn derjelbe er:
würgen und ins Meer werfen. Großes Aufiehen
hatte Eyrill Durch fein Glaubensbekenntniß erregt,
welches er 1629 in lateinifher Sprade in Genf
ericheinen ließ; 1633 wurde, um die Zweifel an
der Echtheit zu zerftören, auch der urſprünglich
griechische Text gedruckt. Ohne die eigenthümliche
Denkweiſe der ariechifchen Kirche zu verleugnen
und ohne in die Definitionen der abendländiſchen
Dogmatik einzutreten, befannte er fich darin offen
zu den religidien und theologischen Srundlehren
des Proteſtantismus von der Gnadenwahl, der
Erbjünde, der Rechtfertigung ; er nahm die beiden
Sacramente an und verwarf den Bilderdienft. In
der griehiichen Kirche fand dies Belenntnik die
heftigite Gegnerſchaft; der Wideripruch wurde aber
erit recht laut nad) Cyrill's Tode. Die Spnoden zu
Gonjtantinopel 1633 und Jaſſy 1642 erklärten ſich
gegen dasſelbe; das von der griechiſchen Kirche
angenommene Belenntnif des Vatriarhen Moai:
las zu Kiew 1642 fteht im bewußten Gegenjate zu
ihn, und die Synode von Jerufalem 1672, welche
das Belenntnik des Patriarchen Dofitheus an:
nahm, vermieb die Berdammung des dennod hoch:
ten der lutherifchen Geiftlichleit wieder vertrieben | geadhteten Lucaris nur durch die Behauptung, daß
werden follte, mit feinen zwei Töchtern durch einen | jenes Genfer Belenntnik nicht von ihm, fondern
unglüdfihen Zufall an Gift. Außer einer Schrift von einem andern unbefannten Eyrill herrühre.
über die Bedeutung der Kometen, theatrum co- | Bal. Tweiten, Ztſchft. für chriſtliche Wiffenihaft
meticum, jchrieb er, keineswegs unparteiifch, eine | und chriftliches Leben, 1850. Pichlers eng Fi
unvollendete Religionsgeichichte von Polen, histo- | phie ift von ihm felbft in feinem großen Werke über
ria Reformationis Poloniae, 1685. das Schiäma des Drients und Decidents verbeflert.
Lucanus. ©. Lucianus. Steitz, Jahrbücher für deutſche Theol., 1869.
Lutaris, Eyrillus, Patriarch von Conftanti:| Lucas, wahricheinli ein aus Zucanus zujam:
nopel. Eyrill, ver Sohn des Lucaris, ift um 1572 | mengezogener Name des Mitarbeiters Pauli, wel:
zu Candia auf Kreta unter venetianifher Herr: cher 2. Tim. 4, 11; Philem. 24 genannt wird, nad)
ſchaft geboren. Nach Vollendung feiner Studien zu Kol. 4, 14 ein Arzt, der fpäteren Sage nad) ein
Lucas, das Evangelium
Maler, Berfafler des dritten Evangeliums und der
Apoftelgeichichte, in welcher er wahrjcheinlich als die
redende Perſon in den fogenannten Wir:Stlden
(f. d. Art. Apoſtelgeſchichte) zu betrachten ift. Sei:
neruniverjaliftiichen Auffaffung des Chriſtenthums
und feiner verhältnißmäßig reinen griechiſchen
Dietion gemäß fcheint er ein Grieche oder wenig:
ftens ein helleniftifcher Jude geweſen zu fein. Die
Sage nennt Antiohien in Syrien als feinen Ge:
burtSort, nennt ihn einen der 7O Jünger des Herrn
und läßt ihn durch Aufhängen an einem Delbaume
umlommen,
Lucas, Dad Evangelium, S. Synoptiter.
Lucas von Tuy (Tudenfis) war 1239 Biſchof
zu Tuy im jpanifchen Gallicien, vorher Diakon und
canonicus regularis im Klofter St. Iſidor zu Leon.
1288. Er Fihrieh gegen die Albigenfer und eine
ttießung des Chronicon Isidori bis 1236 (in
Schott's Hispania illustrata), fomwie die Vita 8.
Isidori (in den Acta sanct.).
Lucca, Stadt in Italien, Sit; eines Erzbifchofs
und einer Univerſität, hat in der Gefchichte der re:
formatoriihen Bewegung in Stalien eine Stelle
durch die Wirkſamkeit Pietro Martyre Vermigli's,
ver bier 1541 ald Prior des Gapucinerflofters
San: Frediano eine Feine Gemeinde evangeliid)
Gefinnter um fich ſammelte. Neben ihm wirkten
Zandi und Eurione. Das Troftihreiben Vermi:
gli's an die Gemeinde zu Lucca ift den Ausgaben
\einer Loci communes einverleibt. Die Gemeinde
gina, wie die andern italienischen, in den Verfol:
gungen der römischen Inquiſition unter. Bal. Erb:
mann, die Ref. und ihre Märtyrer in Ital., Berl,
1855. Karl Schmidt, Zeitfchrift für hiftor. Theo:
logie. Gurione, 1858.
Lucernarium, diejenige unter den für das Ge:
bet bezeichneten Stunden (Horen), welche auch
Beiper genannt wird,
Lucia, die Heilige. Ihr Gedächtnißtag ift der
13. December und ihre Verehrung alt, dennoch ift
die Legende aud in der fatholiihen Kirche ange:
fochten und nicht in die Acta sanct. aufgenommen.
Als ihre Mutter während der Diocletianifchen
Berfolgung durch eine Wallfahrt zum Grabe der
heil. Agatha zu Catanea von einem Blutfluffe ge:
heilt worden, gelobte fie ewige Keuſchheit. Weil
durch dies Gelübde ein früheres Berlöbnik gelöft
werben follte, verflagte fie der erzürnte Bräuti—
gam als Chriftin. Als der Prätor Paſchaſius fie
zur Strafe in ein Bordell bringen lafien wollte,
fonnte fie dur feine Gewalt von der Stelle be:
wegt werden, ebenfo wenig ſchadete ihr Feuer.
Endlich dur einen Dolchſtoß zum Tode verwun:
bet, weisjagte fie das baldige Ende der Verfolgung.
Lucien, der Märtyrer, geboren zu Samojata
um 220. Der Begründer der fogenannten Antio-
cheniſchen Schule, Presbyter in Nlerandrien
und neben jeiner Gelehrfamteit auch durch jeine
Enthaltfamfeit berühmt. Seine kritiſche Richtung
befundete feine Recenfion des Tertes der LXX,
welche lange in Griechenland und SKleinafien
im berrichenden Gebraud; war und eine weniger
werthvolle Recenfion des Neuen Teftaments. Dog:
matiich ftand er Paul von Samofata nahe, nad)
deſſen Verurtheilung 272 er lange Zeit die Ge:
meinschaft mit den Antiochenifchen Biſchöfen nıied.
Auch fein Schüler Arius bezog fich auf ihn als
feine Autorität, und die milden Arianer componir:
o71
mu — — — — — — sn — — — — — — —
Lucifer
Von den dogmatiſchen Schriften des Lucian iſt
nichts vorhanden, nur Reſte ſeiner Briefe. Er ſtarb
als Märtyrer in der Verfolgung des Maximinius
311—312 zu Nikomedien, wohin er geſchleppt war,
nad) langen, mit ftandhaften Heroismus und dem
einzigen wiederholten Belenntniß „Ach bin ein
Ehrift” ertragenen Martern. Die Chriften beftat:
teten ihn zu Drepanım. Sein Gedächtniß wurde
gefeiert am 7. Januar, VBorhanden ift die Gedächt:
nißrede des Chryfoftomus auf ihn, gehalten am 7.
Januar 387 zu Antiochien. Dieftel, Geſchichte des
— * Teſtaments in der chriſtlichen Kırche, Jena
869,
Lucian von Samoſata,ein geiſtreicher griechiſcher
Schriftſteller aus Samoſata in der Provinz Kom—
magene. Aus niederm Stande um 120—130 n.
Chr. geboren, entlief er aus der Lehre eines Bild:
hauers, betrieb troß jeiner Armuth Rhilofophie und
Rhetorik in Griechenland und lebte als Sachwalter
in Antiochia. Er unternahm dann große Reifen
dur Syrien, Aegypten und Italien, wählte jei:
nen Aufenthalt zu Athen und wurde endlich nad)
dem Berluft feines Bermögend PBrocurator von
Aegypten. Von feinen Schriften, die mit geiftrei-
em, oft herbem und bitterm Spott die Sitten und
Verfehrtheiten feiner Zeit fchildern, ift in Bezug
auf das Chriſtenthum von Jnterefle „der Tod des
Veregrinus”, eines Philoſophen, der vom Ehriften:
thum zu den Cynikern abfiel und den Feuertod
erlitt. Hier ſpricht ich die Auffaffung eines gebil—
deten Heiden vom Chriſtenthum aus, der fich jelbit
zum Heidenthum ſteptiſch genug verhielt. Eine ge:
nauere Belanntihaft mit dem Chriftenthum, auch
mit dem Leben und der Perfönlichkeit Chrifti geht
x. ab. Die Ehriften erfcheinen ihm wie eine philos
fophifche Secte, die aber verjpottet werben mit
ihrer gläubigen Unterwerfung unter ben „gefreu:
zigten, an den Pfahl gehängten Meifter” und unter
Die, welche nach jenem mit Schriften unter ihnen
aufträten. Die Schrift ift ein Zeugniß für die Bes
deutung, welche das Chriftentbum um jene Zeit
(160— 200) für die öffentliche Meinung bereitä ge:
wonnen hatte. Die neueften Ausgaben X.'S find
von Dindorf, Leipz. 1858, Jacobit (große 1836—
41, Heine 1852—54), Belter (1852), die Weber:
jetung von Bau'y (1827—32). Bal. Lucian und
das Chriſtenthum von Plant, Stud. und Krit.,
1851; Jacobs, Charakteriftit Lucian’s, Hamburg
1832; Hermann in feinen gef. Abhandl., Gött.
1849.
Lucianus oder Lutanus, ein Schüler des Mar:
cion, wird ald das Haupt einer eigenen gnoftifchen
Secte angeführt, Er lehrte drei ewige Principien :
das gerechte, das gute und das böje Wejen, ver:
warf die Ehe und die Meinung der Auferftehung,
indem er eine ganz neue (tertium quiddam) Sub:
ftanz in der Zufunft annahm.
Lucidus, der Presbyter, lebte im 5. Jahrhun:
bert in Gallien. Ein hervorragendes Glied der
Bartei der ftrengen Prädeſtinatianer, welche auch
die Confequenz der Prädeftination zum Berderben
nicht jcheuten, wurde er auf der Synode zu Arles
475 zum Widerruf bewogen ; gegen ihn hatte der
— ————— Fauſtus von Rhegium die epi-
stola ad L. aejchrieben.
Rucifer —— der Name des Teufels,
nach der Annahme, daß er vor ſeinem Falle der
vornehmſte aller Engel geweſen ſei, wie bei Jeſ.
ten aus Lucian's Schriften eines ihrer Bekenntniſſe. ' 14, 12 den geſtürzten König Babels die Geiſter der
Lucifer von Calaris
Unterwelt ald gefallenen Morgenftern begrüßen;
weil Hieronymus den Jeſ. 14, 12 von Babels Kö:
nig gebraudten Ausdruck (bei Luther: Morgen:
ftern) mit Lucifer überjegte, erhielt der Satan,
auf den man jene Stelle irrig bezog, den ſchönen
Namen des Lichtbringers,
Rucifer von Galaris oder Cagliari in Sarbi:
rien. Von feinem früheren Leben iſt nichts Siche-
res befannt. Er tritt zuerft 354 auf als Biſchof
und Geſandter des Papftes Liberius an Conitan:
tius, um die Berufung des Concils zu Mailand 355
zu bewirken. Wegen eines ftarren Anti-Arianis-
mus ward er auf diefer Synode verbannt, zuerft
nad) Kappadocien, dann nach Cöleiyrien und Pa:
läſtina. Durch Julian befreit, lebte er in Aegypten,
dann in Antiodia. In der Meletianifchen Spal-
tung (j.d. Art.) al3 Schiedsrichter mitberufen, ver:
warf er den von jeinem Dialon gebilligten ver:
mittelnden Beſchluß der Alerandrinifhen Synode
362 und weihte den Presbyter Baulinus zum Bi:
fchof, wodurch er fich von der Kirchengemeinſchaft
trennte. Nach Cagliari zurückgekehrt, ftarb er im
u a 371. Mit feiner Grabjchrift wurde 1623
aud) jein Leichnam aufgefunden. Die ſchon 1639
beantragte, aber beanftandete Heiligiprechung er:
folgte 1803 durch Pius VII. L.'s Werke erſchienen
‚zu Baris 1568, Vened. 1778 und in Migne's Ba:
trologia.
Ruciferianer. 1) Die Anhänger des Lucifer von
Calaris, folgten dem Grundfage, daß weder frü:
here Arianer nod) die ner der Beſchlüſſe
der Synode von Rimini 359 jemals als Fatho:
liſche Biſchöfe wieder anerfannt werden dürften.
Die Secte war weit verbreitet und hatte einen
eigenen Biſchof auch zu Nom. Erhalten ift eine
Bittſchrift um Schuß und Anerkennung an Balen:
tinian II. und Theodofius und ein Dialog des
Hieronymus contra Luciferianos, — 2) Uebel:
name einiger häretijchen Secten des Mittelalters,
denen Anbetung des Teufels Schuld gegeben
wurde, jo die Stedinger und Fratricellen. Zu den
legteren gehörten die 14 Luciferianer, weldye 1336
zu Tangermünde verbrannt wurden.
Lutilla ift bekannt geworben als die Führerin
ber Donatiften, der rigoriftifchen Partei in Kar:
thago und Gegnerin des Bifchofs Cäcilianus 311,
der ihr ald Diakon die abergläubifche Verehrung
und das Küffen des Knochens eines unbefannten
Märtyrers verwieſen hatte,
2ucins I, Bapit (252, 25. September bis 28,
October). Wenige Wochen nad) feiner Wahl wurde
er, unbefannt weßhalb, verbannt. Nach feiner Be:
freiung und Rücklehr foll er am 4. März 253 den
Märtyrertod geftorben fein. Das Papſtbuch jchreibt
ihm die Berordnnung zu, daß der Papſt ſtets von
zwei Prieftern. und drei Diakonen begleitet fein
rn Aud ein (falſches) Decretal wird ihm zu:
gelegt.
— II. (1144—45), Gerhard Caccianimi, ftarb
im Aufruhr des Arnold von Brescia bei dem Ans
griff auf das Capitol durch einen Steinwurf.
— II (1181—85). Zu Velletri gewählt ala
Nachfolger Alerander’s IIT., mußte er vor ber
Oppofition der Römer weichen und begab fich nad)
dem Tode bes u ar Chriftian von Mainz,
der ihm mit bem faiferlichen Heere zu Hülfe zog,
nach Belletri 1183 und Verona und ftarb dort,
nachdem er auf einem Concil wider Rom, das ſich
in Befig des PBatrimoniums geſetzt hatte, wider
572
Ludolf
alle Ketzer (Waldenſer) und Arnoldiſten den Fluch
ausgeſprochen hatte 1185.
Lucius, der Heilige, ein König in England, der
Sohn des Eoilus, joll — der Sage nah — 171
—192 vom Bapfte Miffionäre erbeten und das
Chriſtenthum in feinem Reiche eingeführt haben.
Kinderlos, hätte er bei feinem Tode fein Land dem
Römer Severus vermadt. Er wird der erfte chrift-
liche re. in Europa genannt. Nach der jchmei-
zerifchen Legende hätte er die Krone niedergeleat,
Europa durchwandert, erjt in Augsburg, dann von
dort vertrieben, in Chur das Evangelium gepre:
digt, ſich im Lucienfteig vor den Heiden verbor:
en, ſei aber enblid ergriffen und von ihnen ge:
jteinigt 182. Vgl. Rettberg, Kirchengeſch. Deutſch—
lands, Bött. 1848; Bouterwek, Caedmon (Einl.).
Lud wird in der Völkertafel 1. Mof. 10, 13 als
Abkömmling Mizraim’s, 10, 22 ald Sohn Sem’s
erwähnt. Nach bel ift eö der Semitenftamm,
welcher füdlih von den ſyriſchen Aramäern ſich
findet (Amalekiter, Amoriter, Hyffos), dann ein
ägyptiſcher Mifchftamm oder ber ägyptiftrte Theil
der Hyffos, welcher auf der Ditfeite bes Nils in
Unter:Acgypten wohnte.
Ludaemilia, Elifabeth von Schwarzburg-Ru=
doljtadt. Geb. 7. April 1640, + 12. März 1672
als "Braut des Grafen Chriftian Wilhelm von
Sondershaufen. Bon ihren 215 geiftlihen Dich:
tungen gehören viele zu den Perlen unferer Ge:
ſangbücher, z. B.: „Wer weiß, wie nahe mir mein
Ende“ und: „Mein Herz ſei Gottes Lobethal.“
‚Ihre Dichtungen erſchienen 1687 unter dem Titel:
Die Stimme der Freundin, N. Ausg. 1868. Bat.
die Biographie von Thilo 1856.
Ludgardis, die Heilige. Geb. 1182 zu Tongern
aus angefehener Familie, trat im 12. Jahre in
dad Katharinenklojter der Benedictinerinnen bei
der Stadt des h. Trudo. Im myftiichen Umgang
mit Gott hatte fie häufig elſtatiſche Zuftände.
Nachdem fie 1200 das Gelübde abgelegt batte,
125 zur Priorin gewählt war, trat fie 1206 in
das Giftercienferinnenklofter zu Aquiric bei Brüfiel
über, wo fie 40 Jahre lebte, 7 1246, Eine Menge
Wunder und —— werben von ihr er:
zählt; auch Innocenz III. fol ihr erjchienen fein
und ihre yürbitte angerufen haben, da er bis zum
Gerichte zum Fegefeuer verurtheilt fei.
Ludmila, die Heilige, war die Gemahlin des
Borimoj von Böhmen, welden bei einem Beſuch
am Hofe Smwatoplul’3 Methodius für das Chri:
ftenthum gewann; auch Ludmila lieh ſich taufen
und mwurde eine fromme und eifrige Chriftin.
Boriwoj, von den Heiden vertrieben, gemann jein
Königthum wieder und förderte die Befeitigung
der Kirche. Nach feinem Tode und dem feines
Sohnes Wratiflam wurde an 2. die Regentſchaft
mit der Vormundjchaft über den jungen Wence—
law (f. d. Art.) übertragen; deffen Mutter, die
noch heidnifche Drahomira, lich 2. zu Petin er:
morden 15. Sept. 927, obgleich diefelbe fich zum
Verzicht auf die Negentfchaft bereit erklärte. Bei
jeinem Regierungsantritt ließ Wenceslam die Ge:
beine der Ludmila nad) Prag in die neuerbaute
Georgilirche überführen.
Rudolf, der Karthäufer, aus Sachen gebüntig,
ein Dominicaner um 1300, trat in den Karthäu:
ferorden über und in das Klofter bei Straßbure.
Mit Tauler fpendete er während der Belt 1348
den Kranken und Sterbenden, troß des Jnterdicts,
Ludwig, der Baier, 573 Ludwig von Granada
bie Sacramente; fie rechtfertigten dies in einem nes Baters ftand, zeigte die pietätälofe Härte
Schreiben an den gefammten Klerus. L. gehört |gegen defjen Kinder und die Entfernung feiner
den Myſtikern an und ijt Verfafler eines jeiner | Rathgeber, namentlid, des Adelhard und Walz.
Zeit viel gelejenen Lebens Chrifti. In den Unternehmungen der erften Regierungö-
Ludwig, der Baier, geb. 1286. Ein Sohn Lud: | jahre gegen Breionen, Dänen (Ansgar) und Bul-
wig des Strengen und mit jeinem Bruder Rudolf | garen ging das kirchliche Intereffe, welhes fie
(geb. 1274) Herzog in Oberbayern, ward er, be: | leitete, mit dem des Heiches noch zufammen, auch
lannt geworden durch den Sieg bei Gammelsdorf | gegen den Papft behauptete er die von Karl ein⸗
1313 über die Defterreicher, 1314 zu Frankfurt | genommene Stellung (Conftitution des Lothar,
zum deutſchen Kaiſer gewählt, an demjelben Tage, P d. Art.). Das Unheil reihte fi) an die vor—
an welchem feine Gegner riedrid den Schönen | zeitige Theilung des Reiches (817) unter feine
wählten, den er dann bei Mühldorf 1322 befiegte | drei Söhne, woran ſich zunädjft der Feldzug gegen
und 1325 zum Mitregenten annahm. Seine un: | Bernhard und deffen graufame Bejtrafung an:
fihere und ſchwankende Politik trachtete im Ins ſchloß, welde durch die Buße zu Attigny 822
nern nur danad eine anjehnlidhe Hausmacht zu |gefühnt werden fjollte. Das Bejtreben, jeinem
gewinnen, welche ihn den mächtigen Luxembur⸗ Sohne Karl, von der zweiten Gemahlin Judith,
ern und Habsburgern gewachſen machte. Nach | wie feinen Brüdern ein Königreich zu verſchaffen,
Außen aber ift es der Kampf mit der Curie, der | rief dann Die verjchiedenen neuen Theilungen her:
Altes beherrſcht. Obgleich X. nur vorübergehende | vor, die erſte 828, welcher eine andere um 831 folgte.
thatfächliche Erfolge gewann (Römerfahrt 1327 — | Jortwährender gg zwiſchen Ludwig und jeinen
1329), der von ihm aufgejtellte Gegenpapft ſich Söhnen reihte fih daran. Nachdem Ludwig 833
ſchmachvoll unterwerfen mußte und er im Banne | auf dem Lügenfelde zu Colmar von den Seinigen
ftarb, jo bezeichnet feine Regierung doch für das |verlafjen war und 334 im Medardusflofter zu
Verhältniß des deutſchen Reiches zum Papjte den | Soiffons Kirchenbuße hatte leiften müſſen, trennte
Wendepuntt. Während in L. die religiöfe Scheu | Lothar's frevelhafter Uebermuth die bisher ver:
vor dem Statthalter Chrifti, vor Allem Ausjöh: | bundenen Brüder. Nach manden Weofelfälen
nung mit demfelben und Löfung vom Banne er: |entjtanden neue Berwidlungen durch die Theis
ftrebte und die Unternehmungen des Reichsober- lungsacte zu Aachen 837 und Worms 839, in wel:
bauptes lähmte, erbitterte die Anmakung der | her die Kinder und Erben Pipin's von Aquitanien
Eurie in Avignon, melde, ſelbſt von Frankreich | Übergangen wurden zu Guniten des Lieblings Karl
abhängig, die Lehnsherrſchaft über den Kaifer in des Kahlen. Ludwig jtarb 340, ehe dieſe Streitigfei-
unerhörter Weiſe beanfpruchte und immer neue |ten Durd) die Schlacht von Fontenay und den Ber:
entfeglihere Bannflüde erließ, die deutjchen |trag von Berdun 843 definitiv geſchlichtet waren.
Fürften und Städte. Der erfte Anfang einer feft: | Bon welthiftorifcher Bedeutung find dieſe Vorgänge
gefchloffenen Oppofition des deutjchen Klerus und | nicht nur durch die bleibende Trennung der ger:
Volkes gegen Rom zeigte jih in dem Kurverein | manischen und romanischen Stämme, fondern na=
zu Renſe (15. Juli 1333), auf dem Reichstag zu | mentlih durch die gänzlich veränderte Stellung
Frankfurt am 8. Auguft beftätigt. Für Ludwig's der Geiftlileit und der Kirche. Hatte Ludwig
Sache gegen päpftlihe Herrihaft und Habgier zuerſt aus kirchlichem Eifer eine Menge Klöſter
wirkten die Minoriten unter Führung von Michael | und Bisthümer gejtiftet, jo diente nachher das
von Eefena, Wilhelm Decam, Marfilius von Ba: | Kirdengut, dienten Jmmunitäten und Vorrechte
dua, Johannes Jordanus, weldhe wegen der Ar: | dazu, den Parteien Anhänger zu gewinnen oder fie
muth Ehrifti forderten, daß aud) die Priefter be: | zu belohnen. Ludwig nöthigte jeine Gegner, den
figlo8 feien. Ludwig jtarb 11. Det. 1347, von Grundſatz von der Neichseinheit auf firhlicher
neuem durch Clemens VI. in den Bann gethan, | Grundlage, den fie anfangs gegen ihn vertheidig:
ald er eben den Kampf mit dem — ten, ſelbſt fahren zu laſſen; aber zugleich damit
Gegenkönig, dem Pfaffenkaiſer Karl IV. begin: | verzichteten fie auf die Oberherrlichteit des Kaiſers
nen wollte. Vgl. Mannert, Kaifer Ludwig LV., | über den Papſt und die Geiftlichkeit, als fie diejen
Landshut 1812. Dönniges, Geſch. des deutjchen | gegen %. aufriefen. Die Anſchauungen der ſpä—
Kaiſerthums im 14. Jahrhundert, Berlin 1841. | teren Iſidoriſchen Decretalen ſprechen ſich in re:
von Weed in Sybel’S hijtor. Zeitjchrift 1862 und gor's IV. Brief an die fränkiſche Geiſtlichkeit aus,
Hefele, Conciliengeſch. 6. Bo. dem Wala, der frühere Gegner, nicht fremd war.
udwig, der Fromme, von Andern der Mönch Dümmler, Oſtfränkiſche Seh 1. Barmann, Bo:
und Bjalmenfinger genannt. Weder feine möndji: | litit der Päpfte I.
ſche Frönmigteit noch perjönliche Tapferkeit und | Ludwig von Granada, ber fpanijche Chryſoſto—
wiſſenſchaftliche Bildung konnten die großen Män: | mus. Geb. 1504, erhielt er im Hauje des Grafen
gel feines Charakters erſetzen; ſchwach und jedem | von Tendilla eine forgfältige Erziehung und trat
— hingegeben, ohne Adel der Geſinnung, im 19. Jahre in den Dominicaner-Orden. Nach—
den heftigſten Leidenſchaften ergeben, deren Aus- dem er in Valencia Philoſophie und Theologie
brüche in Bußübungen geſühnt wurden, war er ſtudirt hatte, wirkte er im Orden als Lehrer und
unfähig das Erbe Karl's des Großen zu bewahren | Wiederherjteller des verfallenen Klofters Scala
und brachte eine Zeit unſäglichen Elends über | coeli beiCordova, ald Provincial in Portugal und
feine Zänder, in der nur die Geiftlichkeit Vor: | ald unermüdeter Prediger und Verfaſſer aſtetiſcher
theile 309. Durch den Diedenhofener — Schriften. Das Erzbisthum von Braga, welches
act 806 zum König von Aquitanien beftimmt, | ihm angeboten wurde, ſchlug er aus und zog ſich in
wurde er nach dem Tode feines Bruders 813 zu | das Kloſter St. Domingo bei Lifjabon zurüd, wo
Hachen zum Mitkaifer von des Vaters eigner Hand |er, mit Ehren aller Art überhäuft, 1558 ftarb,
efrönt, mit Uebergehung feines Brudersjohnes | Seine Beredſamkeit ruht auf eingehendem Stus
Bernhard in Jtalien. Wie fern er dem Geifte ſei⸗ dium des Cicero und der h. Schriften. Gr ſchrieh
Ludwig IX.
574
Lübed
theild ſpaniſch, theild lateiniſch, überſetzte auch 1691 die Rüdnahme ihrer Erklärung geitattete,
mehrere feiner lateinifch gejhriebenen Werte jelbit | als der Papſt jede Beftätigung eines franzöſiſchen
ins Spanifhe. Das Hauptwerk ift: la guia de
Pecadores, die Lenferin der Sünder, deutich,
Aachen 1832 u. ö. EI memorial de la vida cri-
stiana, Gedenkbuch des chriftlihen Lebens, deutich,
Aachen 1836. Seine Predigten deutſch von Sil:
bert. Wien 1825 und 1880,
Ludwig IX., der Heilige, König von Frankreich,
1226-1270, geb. 25. April 1215. Von jeiner ver:
ftändigen Nutter Blanca von Caftilien wurde er zu
einem umfichtigen und aufrichtig fronmen Fürſten
in der Weife und der Anfchauung feiner Zeit erzo:
gen. Während jeinerMinderjährigfeit war der Krieg
gegen die Albigenfer durch den Frieden von Paris,
den 12. April 1229, und das Coneil von Toulouje
beendigt. Eine Empörung des Grafen de la Marche
wurde gebämpft 1242, mit den Engländern ein
Waffenitillftand 1242 (Frieden 1259) geſchloſſen
und ein Kreuzzug 1243 nad Aegypten unternom:
men. L. en in Gefangenjdaft 1250, durch
Vertrag und Löſegeld befreit, Tehrte er nad) dem
Tode jeiner Mutter zurüd. Die etablissements
de St. Louis (Sammlung feiner Verordnungen
und Gejete) jeigen feine Geredtigfeit und Re—
entenweisheit. Die pragmatifche Sanction 1269
este den päpftlihen Eingriffen ihre Schranten
und ift die Grundlage der gallicanifchen Freiheiten
geworden. Da der erjte Kreuzzug durd den un:
glüdlichen Ausgang feinem Gelübde nicht Genüge
ethan zu haben ſchien, unternahm er 1270 einen
Zug gegen Tunis, auf welchen er den 25. Auguft
1270 ftarb. Schon 1275 verjegte ihn Bonifa—
cius VIII. unter die Heiligen wegen jeiner Fröm—
migfeit und der von ihm verrichteten Wunder,
namentlich bei Heilung von Kranten. Vgl. Schol—
ten, Geſch. Ludwig IX., des Heiligen, Königs von
Frantreid, 2 Bde., Münfter 1850 — 53. Soldau,
= — Sanction. Hefele, Cone.⸗
Ludwig XIII., König von Frankreich (1610—
1643). Anfangs unter der Regentſchaft ſeiner
Mutter Maria Medici (1610—17) von der arijto:
tratiſchen und der hugenottiſchen Partei (f. d. Art’
Loudun) bin» und hergezogen ; nach dem Sturz
der Günftlinge, ded Marquis von Ancre und des
Concino Goneini, überließ er das Ruder des Staa:
tes feinem erften Minifter, dem Cardinal Riche:
lieu, dejien ftaatsmännifche Natur auf das Em:
orfommen Frankreichs gerichtet blieb, im Gegen:
—* nicht ſowohl gegen die Hugenotten, England
und Schweden, mit denen er zu Zeiten gar Bünd—
nifie Schloß, jondern auch gegen den Bapft, den
Kaifer und Spanien. Vgl. Rante, Franz. Geſch. II.
von Polens, a des franz. Calvinismus,
Gotha 1869. V. Bo.
Ludwig XIV., König von Frankreich, 16435—
1715. Auch in firhlicher Beziehung zeigt feine
Regierung das Streben nad) unbejchränfter könig—
licher Macht, welches fie im Uebrigen kennzeichnet
nach dem befannten Grundſatz: „l’etat c'est moi“,
jelbjt bei der bigotten Frömmigkeit jeiner jpäteren |
Jahre unter dem Einfluß der Maintenon und ſei⸗ | tet
nes Beichtvaters Letellier. Im Streite um die |
Regalien feit 1673 und 1675 wurden die declara-
tiones der Sorbonne von 1663 (die Grundfäge
des Gallicanismus) durch die declaration du cler-
ge de France 1682 beftätigt und feſt Hoster
wenn gleich X. den von ihm ernannten Bilchöfen
Biſchofs ſonſt verweigerte. Im Streite um das
Alylredit nahm er ſogar 1688 Avignon mea,
und belegte den Nuncius mit Hausarreit. Ebenſo
einigte fi mit dem Abfolutismus und dem polt:
tiihen Intereſſe ſein Verhalten gegen die Huge
notten, die durch Verſprechungen, Wifftonen umd
Dragonaden befehrt wurden, bis 1685 der Wider:
ruf des Edicts von Nantes das Neid) einer halben
Million auswandernder Bürger beraubte und den
furchtbaren Gevennenkrieg hervorrief; im den
Janfenijtifhen Streitigkeiten, in welchen er das
Edict von 1714, weldyes die Geltung-der Bulle
Unigenitus verlangte, mit Härte durchführte. Der
vom Hofe ausgehende Einfluß einer fittenlojen
Bigotterie prägt fi in dem kirchlichen und relı:
sie Yeben der Folgezeit aus.
udwig VI., Kurfürft von der Pfalz, Sohn
Friedrich's III. Geb. 4. Juli 1539, folgte jeinem
Bater 1576, nachdem er jeit 1560 die Oberpfal;
al3 Statthalter regiert hatte. In Folge feiner
Erziehung am Hofe Philibert’S von Baden eiiria
lutherijch, ließ er ſich ſehr angelegen fein, das vu:
therthum in der Pfalz wieder einzuführen. Toſſa—
nius und Dlevianus wurden vom Amte entfernt,
die veformirten Prediger abgejegt, eine neue Hir-
chenordnung verfaßt, endlich auch, nachdem Lu:
wig troß vielen Bedenkens 1579 die Concordien:
formel unterzeichnet hatte, die Univerfität Heidel
berg lutherifch reformirt, die bis dahin noch ziem
lid geihont geblieben war. Als das Yand ſich
fortwährend calviniftiich gefinnt zeigte, entjagte
der Kurfürſt nach dem Tode feiner Gemahlin (+
1552), einer Tochter Bhilipp’S von Hefien, weiteren
Gewaltmaßregeln. Er ftarb 1533 unter den Br:
mühungen, einen friedlihen Ausgang in der Sache
deö Kurfürsten Gebhard von Cöln herbeizuführen.
Ludwig de Keon (Luis Ponſe de), der correc:
tefte der ſpaniſchen Dichter und hervorragend
durch bomiletiiche Beredfamteit. Geb. 1527 oder
1523 in Belmonte im ſüdlichen Spanien, trat er
1543 in den Auguftinerorden zu Salamanca;
wurde Doctor und Xehrer der Theologie. Cine
Ueberjeguug des hohen Yiedes und freie kritiſche
Aeußerungen über die Vulgata brachten ihn 1572
in die Gefängniffe der Inquifition zu Valladolid,
und erjt 1575 konnte er, vom höchſten Rathe der
Inquiſition endlich freigefproden, feine Aemter
wieder übernehmen. Er ſtarb ald Generalvicar
feines Ordens 1591. Seine Gedichte hat er jelbit
in drei Bücher geteilt, deren erſtes die eignen
geiftlihen Gedichte umfaßt, das zweite metriſche
Ueberjegungen aus den Elaffitern, das dritte einige
Palmen und Theile des Hiob enthält. Eine Aus:
mahl in deutfcher Ueberfegung, Münfter 1853, von
Schlüter und Storf, Eine andere Schrift von ihm,
die volllommene Gattin, erſchien deutich Wien
1347. Bgl. Wiltens, Biographie, Halle 1866.
Kübel. Freie Hanjeftadt, iſt gegründet un
ter dem — — Gottſchalk 1039 — 1066.
1163 wurde das Bisthum von Aldenburg (geitif:
940) hierhin verlegt, von dem aber Schwerin
und Ratzeburg vorher abgetrennt waren. Heinrich
der Löwe nahm das Recht, die Biſchöfe an Stelle
des Kaiſers Friedrich's I. zu inveftiren für ſich in
Anſpruch. Später nahm der Bifchof feinen Sit zu
Eutin. Der Reformation widerjegte fich jeit 1524
der Rath und verwies wiederholt die Prädicanten
Rüde
aus der Stadt. 1530 ergwang aber die Bürger: |
haft die Rüdberufung der Prediger Wilms und |
Walhoff, und ald das Capitel und die fatholifche |
Geiftlichkeit eine öffentliche Disputation verwei:
gerten, jo wurde ihnen das Predigen verboten
und evangeliiher Gottesdienſt eingeführt; das
Schwanken des Rath3 befiegte ein Volksaufſtand
am 30. Juni 1530. Domftift und Bifchof folgten
nad. Bugenhagen organifirte das neue Kirchen:
wejen, 1550 — 1581, und dasjelbe blieb aud) troß
der Anfeindung der zeitweilig wieder Macht gewin-
nenden fatholiichen Bartei beitehen. In der Periode
der Lehrftreitigfeiten gewann Lübeck Ruhe durd)
fein Separatbefenntnif, die formula consensus
(Zübed’jche Formel), welche von Gurtius 1560 ver:
Tabt war, und von allen Geiftlichen bis 1685
unterjchrieben werden mußte. Das evangelijche
Bisthum Überbauerte auch den weſtphäliſchen Frie—
den; nad) dem Vertrag von 1647 folgten einander
12 Biſchöfe aus dem holfteiniihen Haufe, bis
1802 der legte Biſchof, zugleih Adminiftrator
von Oldenburg, das Bisthum (Fürſtenthum X.)
als Entichädigung für gebrachte Opfer erhielt. An
die Stelle der Bugenhagenihen Kirhenordnung
trat jhon 1585 deren Abänderung, im Auftrage
franz II. von Sachſen-Lüneburg durch Andreas
Pouchenius verfaßt, welche in hertümmlicher Gel:
tung blieb bis 1860 für Lübeck, 1562 für Trave:
münde eine neue Drönung erlaffen wurde, welche
Vertretung und Betheiligung der Gemeinde an der
Kirchenverwaltung einführte. Die Neformirten in
Yübed haben feit 1825 die bürgerlichen Rechte,
und ihre Gemeinde jeit 1826 eine eigene Kirche.
Küde, Gottfried Chriftian Friedrich, geb. den
23. Auguft 1791 zu Egeln bei Magdeburg, ftudirte
jeit 1810 in Halle und Göttingen, ward hier 1813
Hepetent, 1816 Privatdocent zu Berlin, und bald
a. o. Profeſſor der Theologie, erhielt 1818 eine
theologiiche Profeſſur an der neugeftifteten Univer:
fität Bonn und ging von dort 1527 nad) Göttingen.
Niederholte Berufungen an andere Univerfitäten
ausjchlagend, las er hier Über Exegeſe des N. T.,
Dogmatit, Moral und Kirchengejchichte, wurde
1839 Mitglied des Confiftoriums von Hannover,
1843 Abt von Buröfelde und 1849 Mitglied des
Staatsraths. + 14. Febr. 1855. Ein feinfinniger
Ereget und geiftvoller, anregender alademiſcher
Lehrer, gehört er zu den bedeutenditen Theologen
ber Neuzeit. Ueberzeugt von der Einheit des Glau—
bens und der Wiſſenſchaft, brachte er den Zu:
jammenhang zwiſchen Theologie und Kirche zum |
Bewußtſein und betheiligte fich lebhaft an deren
praftifchen Intereſſen. Aud für fein Leben war
der enge Freundichaftsbund enticheidend gewor—
den, in dem er zu Göttingen mit Bunien, Bran:
dis, Nitter, Yahmann u. N. geftanden hatte. |
Sein Hauptwerk, eine eregetiihe Mufterarbeit,
ift der Commentar zu dem Evangelium und den
Briefen des Johannes mit einer Einleitung zur |
Apofalypie, Bonn 1820 — 22, 3. Aufl. 1843 — 56.
Evangelium I. Theil 3. Aufl. 1540; II. Th. 1843;
Briefe 3, Aufl. beforgt von E. Bertheau 1856;
Einleitung in die Offenbarung, 2. Aufl. 1548— |
52. Vorher erjchienen: Commentatio de eccl. |
Christ. apostolica 1813. Ueber den neuteitament: |
lichen Kanon des Eufebius 1816. Gefchichte der
Hermeneutik 1817. In Verbindung mit De Wette
lieferte er eine Synopfis; außerdem die Abhand:
hung über den Spruch: In necessariis unitas etc.,
575
Lüge
Gött. 1850, Biographien von Plank, Mosheim,
und Charakteriftifen über Schleiermadher und Dtfr.
Müller, In Bonn gab er mit Giefeler die Zeit:
ſchrift für hriftliche Wiſſenſchaft und chriftliches
Leben, in Göttingen mit Wiefeler Die Bierteljahrs:
ſchrift für Theologie und Kirche heraus, und war
ein Mitbegründer fowie fleigiger Mitarbeiter der
theologiihen Studien und Kritifen.
Lüge. —— Verhüllung der Wahrheit
nennt man Lüge. Sie hat ihren Ursprung in der
Selbftfucht. Indem der Selbftfüchtige das Inter—
effe hat, Andere zu einem derartigen Handeln zu
bewegen, daß für ihn ein Bortheil daraus ent:
ipringt oder ein Nachtheil abgewendet wird, liegt
ihm daran, durd) die Vermittlung des Wortes Vor:
ftellungen im Nebenmenſchen zu erzeugen, welche
den legtern zu dem beabfichtigten Handeln reizen.
Diefe Vorftelungen können nun entweder der
Wahrheit entjprechen, oder fie fönnen Jrrthlimer
fein. In beiden Fällen ift die Einflüfterung- von
Vorftellungen, als zu an Sweden, fitt:
lid) verwerflich; aber fie ift um fo verwerflicher,
wenn der jelbjtjüchtige Zweck dadurd) erreicht wird,
dab die Wahrheit in Irrthum verwandelt, daß ab:
fihtlih Täufhungen in den Vorftellungen unjeres
Nebenmenjchen erjtrebt werden. Denn abgejehen
von der jelbitfüchtigen Triebfeder wird hier eines
der eriten göttlichen Grundgeſetze, das Geſetz der
Wahrheit, übertreten. Wir jegen uns in den ſchärf⸗
iten Widerſpruch mit dem Gemwiffen, welches ſich
in erjter Linie als Wahrheitötrieb geltend macht.
Die Lüge als Gewohnheit ſetzt gr immer Man:
gel an Gemwifienhaftigkeit und fittlihem Ernite
voraus. Die Folge der Lüge ift aufer dem intel-
lectuellen oder moralifhen oder materiellen Scha:
den, der dadurch häufig dem Nächten zugefügt
wird, namentlich die Unmöglichkeit eines wahr:
haften Beftandes der menſchlichen Gemeinſchaft,
die Untergrabung der fittlichen Ordnung des Ge:
ſellſchaftlebens. Eph. 4, 25.) Bejondere Arten
von Lügen, Über deren Berechtigung oder Nicht:
berechtigung (in welchem Falle dann der Ausdrud
Lüge nur noch uneigentlich zu gebrauchen wäre)
Zweifel bejteht, find die Nothlüge, die conventio:
nelle Lüge, die Lüge in quter Abficht und die Yüge
mit ſcherzhafter Abſicht. Die lehtere ijt bloß eine
Scheinlüge, bei der feinerlei ſelbſtſüchtige Abficht
vorhanden ift, eine momentane Täuſchung, welche
im nächſten Augenblid wieder aufgehoben wird; fie
iſt als bloßes Spiel nicht widerfittlih, wenn nicht
andere Momente, wie 3. B. Entwürdigung des
Getäuſchten, fie unfittlih machen. Ebenſo kann
die Lüge in guter Abficht, 3. B. die Vorenthaltung
des wahren Sachverhalts Kranken gegenüber, die
Berhüllung der Wahrheit Kindern gegenüber aus
ädagogiſchen Rüdfichten (vgl. damit den Grund:
at Joh. 16, 12), nicht eine Yüige im eigentlichen
Sinne genannt werden, weil fie nicht aus Selbit-
ſucht, jondern vielmehr aus dem Beweggrund der
Liebe hervorgeht, aber immerhin foll auch hier die
Forderung des Gemiffend nad Wahrheit wicht
leihtfertig überfehen werden; es giebt hier einen
fittlihen Tact, welcher im Allgemeinen nicht defi:
nirt werden kann, welcher aber in den einzelnen
Fällen liebevolle Schonung und Rüdfiht auf den
Ernjt der Wahrheitspflict zu vereinigen weiß.
Bei der fittlichen Kritik jolcher Reden ift vor Allem
ind Auge zu fafjen, ob wirkliche Liebe, oder viel:
leicht bloße Schwachheit und verjtedte Selbftjucht
Lüneburg
den Beweggrund bildet. Die conventionelle Tüge,
d. h. die Yüge, welche von der geſellſchaftlichen
Sitte zuweilen gefordert zu werden fcheint, ift als
wirflihe Lüge jedenfalls unjtatthaft. Erjordert
wirklich der ae Ton Widerſprüche mit
der Wahrheit, jo ift Died ein }
—— Sitte ſelbſt nicht auf —5— Grund⸗
age ruht. Dagegen dürfen geſellſchaftliche Reden,
Redensarten der Beſcheidenheit, Höflichkeit, welche
nad dem ftrengen Maße einer nähern Prüfung
vielleicht mehr ausjagen, als ein vom gejellidaft:
lihen Bedürfniß nicht beeinflußtes Urtheil aus:
fagen würde, nicht gerade ald Zügen verurtheilt
werden, da e3 ja hier nicht auf eine Täuſchung
des Nebenmenihen abgejehen ijt. Aber für das
geſellſchaftliche Leben überhaupt ergiebt fi dar:
aus die Forderung, daß die äußere Form des
Lebens ſich nicht vom fittlihen Inhalte entferne,
—— daß beide möglichſt innig zufammenmwad):
en, oder mit einem Worte, dat das gejellichaft:
liche Leben wahr werde. Die Nothlüge iſt die
in einem alle ausgeſprochene Unwahrheit, wenn
durch fie ein Unglück verhütet werden kann. Auch
über die Berechtigung der Nothlüge er ſich feine
allgemeine Beitimmung ausjprehen. Die meiſten
Nothlügen des gewöhnlichen Lebens find durchaus
ewifiensmwidrig, weil fie nicht durd) eine wirkliche
toth bedingt find, und weil in den meiſten Fällen
nit ein Unglüd, jondern nur ein Nachtheil ver:
hütet werden ſoll. Die jehrjeltenen Fälle, in welchen
wirklich ein Unglüd verhütet werden kann, wenn
3. B. durch eine Täufhung ein Menfchenleben er:
rettet werden könnte, bieten wirkliche Fälle von
Pflitencollifionen, welche nad dem Grundſatze
zu entſcheiden find, daß die größere Pflicht die
maßgebenbe ift, wobei die Erfüllung diejer legtern
gleichjam die Sühne geben muß für die Berlegung
der Heineren. Stellen der Schrift über die Lüge:
Matth. 15, 19; Joh. 8, 44; Apftg. 5,3; Rom.
1, 29. 31; Epb. 6,25; Kol. 3,9. Val. 9. Kraufe,
über die Wahrhaftigkeit. Ein Beitrag zur Sitten:
lehre, 1844. Reinhard, Moral Bd. J. Rothe, Ethik
Bd. III. er. Syſtem der hriftl. Yehre $. 172.
Rüneburg. Im Fürſtenthum Yüneburg führte
Herzog Ernit der Belenner, der Sohn des geächteten
Heinrich d. Nittlern, Die Reformation ein, als deren
erfte Prediger in Celle Wolf Zyflop aus Zwidau
und Gottſchall Erufe aus Braunſchweig genannt
werden. Der Landtag zu Scharnebet 1527 en:
digte den Widerftand der Prälaten und entjchied
ſich für die Kirchenverbefferung, welde nun Ernſt
durch Urbanus Rhegius, den er von Augsburg
1530 mitbradhte und zum Generalfuperintendenten
machte, bald allenthalben durchführte. Durch die-
fen wurde auch in der Stadt Yünelurg der bis-
erige Widerjtand gebrochen. Vgl. Uhlhorn, Urban
hegius, Eiberf. 1861. Die völligeXöfung des frü:
eren Diöcefanverbandes mit Bremen, zweckmäßige
ndung des Kirchengutes, die Reformation
ber Klöfter mit der neuen, fejten Organifation
des Kirchenweſens, fiherten dasjelbe, jo daß die
576
Lütkemann
ſchen Symbolen, der Augsburgiſchen Confeſſion,
der Apologie und den Schmalkaldiſchen Artikeln
auch die Formula caute loquendi von Rhegius
enthielt, und in welche 1593 noch die Formula
concordiae aufgenommen wurde, an beren Ab—
Beweis, daß die geſell— | fafjung der Züneburgifche Generalfuperintendent
Vonſack betheiligt gemejen war. Aus Arndt's Wirt:
ſamkeit als Generalfuperintendent feit 1611 ging
dann 1619 eine neue Kirchenordnung hervor, welche
das Gonfiftorium mehr ausbildete und General:
und Specinlvifitationen mit Predigerjynoden an:
ordnete. Diejelbe ift biß zu der neuen Kirchen—
verfafjung Hannovers in Geltung geblieben.
Lüneburger Artikel find eine lutherifch = orthe-
dore Belenntnikihrift in Veranlaflung der Har:
denbergifhen Abendpmaplöjtreitigleiten von dem
Convente der Niederfähfiihen Städte zu Lüne—
burg 1561 angenommen nnd unterjchrieben. Sie
ehören zu den jombolifhen Büchern ter deut:
—* Kirche nur in ſo fern ſie in das Braunſchweiger
Corpus doctrinae aufgenommen find. Der Ber:
faffer war Joachim Morlin. Der Titel lautet:
Erflärung aus Gottes Wort und kurzer Bericht
der Herren Theologen, welchen fie der ehrbaren
Sächſiſchen Städte Gejandten auf den Tag zu
Lüneburgk im Juli 1561 gehalten, vornehmlich
auf drei Artikel gethan haben.
ünemann, Gottlieb, Dr. theol. Geboren den
17. April 1819 in Göttingen, ftubirte er daſelbſt
und wurte — her Profeſſor der Theo-
logie für die Eregefe des Neuen Teſtaments.
Schriften: De epistolae, quam Paulus ad Ephe-
sios dedisse perhibetur, authentia, primis lec-
toribus, argumento summo ac consilio, Gott.
1842, 4 (Preisſchrift); Disputatio de literarum,
quae ad Hebraeos inscribuntur, primis lectori-
bus, Gott. 1853. 4; Kritiſch⸗exegetiſches zn
über die Briefe an die Theſſalonicher (Abth. X.
des Meyer'ihen Commentars über das N. T.),
Bött. 1850, 3. Aufl. 1867; Kritifch : eregetifches
Handbuch über den Hebräerbrief (Abth. XIII. des
Meyer'ſchen Commentars über das N. T.), Gött.
1855, 3. Aufl. 1867. Gemeinſchaftlich mit Brofeffor
Meßner in Berlin gab Liinemann die 6. Auflage
von de Wette's Lehrbuch der hiſtorkrit. Einl. tn
die lanoniſchen Bücher des N. T. heraus, Berlin
1560; ferner bejorgte er die 7. Auflage von Winer’s
Gramm. des neutejt. Sprachidioms, Leipz. 1967.
Züneviller Frieden (8. Februar 1801) nahm
Deutjhland alle Befigungen auf dein linfen Rhein:
ufer. Um die Entfhädigungen für die Erbfüriten
zu gewinnen, wurden durch den folgenden Reichs:
deputationshauptihluß die geiftlihen Fürjtenthü:
mer jäcularifirt.
Lütkemann, Joachim. Geb. 1608 zu Demmin in
Pommern, befuchte er die Iniverfitäten Greifswald,
Stralfund und Rojtod, wurde hier 1638 magister
legens, 1643 Profeſſor der Bhilofophie. Als Pre—
diger und durch erbauliche Schriften (Borfchmad
der göttlihen Güte; Bom iroilihen Paradieje)
entfaltete er zu Roftod im Geifte Arndt's eine ge:
Stände trotz der katholiſchen Fürften, welche als | jegnete und andauernde Wirkfamfeit, der ihn ein
Vormünder die Regierung führten, 15483 die Ans ſcholaſtiſch-ſpitzfindiger Streit über die Menfchheit
nahme des Interims verweigern, und Lüneburg | Chrifti in jeinem Tode entzog. Wegen feiner in
den Tag zu Hamburg gegen dasjelbe beſchicken feinen Thejen ausgeſprochenen Anjicht in der da:
tonnte. Die Herzöge Heinrid und Wilhelm ver: mals ventilirten Streitfrage wurde er, fiegreich in
liehen 1564 die Kirchenordnung (Richter II, 285) ; | der öffentlichen Disputation, bei dem Herzog von
die Lehrordnung enthielt dad Corpus doctrinae |jeinem Gegner Cothmann verflagt und mußte,
Wilhelminum 1576, weldes neben den öfumeni« | weil er ſich weigerte, einen ihm vorgelegten Reverg
Lüttich
zu unterjchreiben, troß der Fürbitte der Facultät,
Rofiod verlaffen. Zu rechter Zeit erhielt er den
Ruf ald Generalfuperintendent nad) Braunfchweig,
wo er fih durd die Schulordnung 1651 und
Kirenordnung (melde nad jeinem Tode 1657
publicirt wurde) verdient madıte. + 1659.
Lüttich. Die Inhaber des Bisthums Tongern,
welches nad) der Sage von Maternus geitifter,
durch Servatius im 4. Jahrhundert berühmt ge:
worden war, verlegten ihren Aufenthalt im 5.
Jahrhundert erit nad Maiftricht, dann im 8. 2
hundert nad) Lüttich, welches 1091 unter dem Bi:
Ihof Heinrich audy dem Bistum dem Namen gab.
Es gehörte * Metropolitanverbande von Eöln.
Berühmte Biſchöfe von Lüttich find der heil. Lam:
bert (7 708), der heil. Hubert (7 727), Everaclus
(7 970), Ratherius (F 974), Notter (F 1007),
Wazo (+ 1048). Die ältere Gejchichte des Bis:
thums jchrieb Heriger von Lobbes um 979. Die
Schule zu Lüttich, eine Zeit lang die berühmtejte
577
Lullus
Gang nad der Synagoge während des Laub—
hüttenfeftes in der Nechten tragen jollen, oder
wenigitens während bes Umzugs um das Katheder
mit der Öejegesrolle. Bei dem Hofianna und dem
großen Halleluja wird der L. nad) den verſchiede—
nen Himmelögegenden gefchütleit; die einzelnen
Zweige werden endlich zerichlagen. Die gewiſſen—
hafte Beobachtung diejer Ceremonie gilt einem
dargebrachten Brandopfer gleich.
Lullus, der Nachfolger des Bonifacius, als
Erzbiſchof von Mainz. Ein geborner Angelſachſe,
erzogen vom Abt Eaba im Klofter Meldun, kam
er auf Einladung des Bonifacius nad) Deutfihland,
ging als deſſen Gefandter an Bapit Zacharias nad)
Rom und wurde 754 von ihm als jrin Nachfolger
eingeführt. In feiner Amtsführung beivies er gegen
den zügellojen Klerus die nothwendige Strenge.
Sehr ſpät erit, nach 25 Jahren (750), empfing er
das erzbiſchöfliche Pallium, ohne daß ein beitimm:
ter Grund der Zögerung belannt wäre. Eine In:
Hochſchule des nordweitlichen Deutjchlands, grün: | firuation gegen ihn in Rom wurde durch fein Glau—
dete Everaclus unter dem Beiltande eines dort | bensbefenntnif und den Bericht der Commiſſion
lebenden flüchtigen griedifchen Bischofs Leo. Ihre | zurüdgewiejen. Bon einem Primat über Deutid):
Slanzperiode hatte fie unter Notfer und Wazo, | land fanır bei en noc weniger als bei Bonifa—
als jie in eine innere und äußere abgetheilt war, | cius die Rede fein, wie er auch mit feinen An:
jene nur zur Ausbildung für das Slofterleben, | ſprüchen auf Fulda dem Abte Sturm weichen
dieje aber auch für Jünglinge aus dem Laienjtand | mußte. Er gründete das Kloſter Hersfeld, wo er
bejtiimmt. Mit dem 13. Jahrhundert verfiel die | begraben liegt. Er ftarb 736 nad) längerer Krauf:
Schule. Lüttich behielt noch lange einen glänzen:
den Klerus, zeichnete ji aber durd) ven Mangel
an wiflenichartlihem Leben aus. Rettberg, Kgeſch.
Deutihlands, ferner Jahrbücher des deutichen
Reichs unter den Karolingern und dem ſächſiſchen
dauſe. ‚ge
Lügelberger, |. den Art. über das Johannes: |
evangelium.
— An feine Gebeine knüpften ſich bald Wunder:
agen. Seine Lebensbeſchreibung findet ſich im
Mainzer Brevier und Briefe von ihm in der
Bonifacianiſchen Briefſammlung. Dal. Rettberg,
ri Deutſchlands. Jaffé, Biblioth. rer.
rm, IV.
Lullus, Raimundus, wurde 1234 zu Palına auf
Malorca geboren. F 1315. In feinem 30. Jahre
Lugdunum, j. Lyon.
‚ erfaßte ihn als Seneſchall am königlichen Hofe ein
Auitprand. S. Yiutprand,
Ekel an feinem biöherigen leichtfertigen Treiben
Lukas, j. Lucas, ‚und führte ihn zu Gott. Lebenszweck wurde ihm
Rufaris, ſ. Lucaris. die Belehrung der Saracenen. Um ſich die nöthige
Lukas von Prag. Von ſeinen früheren Lebens— | willenjchaftliche Bildung anzueignen, ftudirte er
umjtänden ijt nichts befaunt, auch nicht, ob er bis 1275 in Paris, und bewog dann den König,
den Zunamen führte als von dem Drte feiner | ein zranciöcanerklofter zu Malorca als Miſſions—
Geburt oder jeiner Studien. Er hatte bei dem | feminar unter den Saracenen zu gründen. Da
Siege der jtrengeren Partei unter den böhmischen ihm Glaube und Wiſſen unzertrennlic verbunden
Brüdern nad) Gregors Tode größere Neijen im waren, jo daß jener der Bernunft nicht wider:
Ausland unternommen; nad) feiner Rückkehr und ſprechen fünne, aber den Verftand über die ihm
dem Siege der Gemäßigten auf der Synode zu |jonft geitedten Örenzen erhebe, und er durch Ver:
Reigenau, trat er in den engern Rath, 1500 wurde | nunftgründe deßhalb die Wahrheit des chriſtlichen
er einer der vier Senioren und trat 1517 an die | Glaubens zu erweiſen gedachte, jo erfand er die
Spige des böhmischen Kirchenweiens, welches von Lulliſche Kunft, angeblich ihm durch Offenbarung
ihm, als feinem zweiten Begründer, feine ‚eigen: | enthüllt. Alle dentbare Erfenntnif wird auf eine
thümliche Ausprägung empfing. Er entwidelte | Zahl (63) urjprünglicher Begriffe, Subftanz, Accis
dabei eine ungemeine literarijche Thätigkeit; es denz, Prädicate und Fragen zurüdgeführt, derem
werden 85 größere und Heinere Schriften von ifm | Combination unter einander den Schlüffel aller
aufgezählt. An 8 Confeffionen der Brüder, die zu | Erfenntniß geben ſollte. Dieje Kunft, ars uni-
jeinen Lebzeiten erfchienen, war er betheiligt. Doc) | versalis scientiarum, entwidelte er 1275, übers
iſt jein Stil ſchwülſtig und dunkel, dafs feine jegte fie ind Arabifhe und hielt in Montpellier
Schriften auch den Zeitgenoffen wenig geniehbar ‚und Paris darüber VBorlejungen.
waren. Dem Einfluß des Lukas und dem Gegen: | Antla
jag, den er zwischen fich und Yuther erfannte (über | Eine Disputation brachte ihn in Lebensgefahr,
das Abendmahl 152); von der fiegreihen Wahr: | und nur unter der Bedingung, nicht wiederzu—
heit 1522) ift es vornehmlich zuzufchreiben, daß Lehren, erlangte er die Freiheit. Aehnlichen Erfolg
es zu feiner Einigung zwifchen Luther und den hatte eine zweite Reife nad) Afrika ; nad) galbjäh.
Böhmen fam. + 11. Dec. 1523 zu Jungbunzlau. rigem Gefängniß erſt wurde er befreit. Clemens V.
Bindely, Gejch. der mährifchen Brüder 1853. begegnete ihm mit Verachtung, aud) dad Coneil
Lulab ijt der Büjchel von Myrten:, Palm: | zu Bienne 1311 ging weder auf jeinen Plan eines
und Weidenzweigen, nad Vorſchrift gewählt, ge: | neuen Kreuzzuges, noch der Stiftung eines neuen
hauen und gebunden, welchen bie Iſraeliten beim NRitterordens ein, nur ein Decvet * Gründung
Da er wenig
fand, reiſte er 1291 ſelbſt nach Tunis.
Lumper
orientaliſcher Sprachcollegien konnte er erlangen.
Zum dritten Dale reifte er nach Afrika und wurde |
von den erbitterten Muhammedanern gefteinigt |
und jtarb auf der Rüdreije an den Folgen. Die
Anzahl feiner Schriften iſt jehr groß, ihre Zahl
wird auf 400 angegeben. Eine Ausgabe von
—— opera omnia, 10 vol, Mainz 1721—
1742. Bon den jpätern Herausgebern, 3. B. Jor:
danus Brunus, find feine Schriften mehrfach
commentirt. Vgl. Helfferih, Raymund Lullus,
Berl. 1853. Erdmann, Geſch. der Philoſophie 1.
Lumper, Gottfried, ein gelehrter Benedictiner
im Klofter zu Villingen im Schwarzwalde, ward
Prior und Profeſſor der Theologie dafelbjt. Er
jchrieb: historia theol, eritie.; de vita, scriptis
et doctrina ss. patrum. Er war geboren 1747 zu
Hüßen im Allgäu und ftarb am 8. März 1801.
Kuna, Beter de, Gegenpapft Benedict's XIII.
Ein vornehmer Aragonier, trat er erſt jpät in den
eiftlihen Stand und wurde 1375 Gardinal, Zur
— Partei gehörig, folgte er Clemens
II. 1378 nad) Avignon und wurde 1394 ſelbſt
—— Gegenpapſte gewählt. Trotz ſeines Schwures,
ie Würde um der — der Kirche willen nies
derzulegen, fallö es gefordert würde, behauptete
er jtch jelbft gegen das Concil zu Piſa 1409 und
das von Conſtanz 1417. Beide hatten die Abſetzung
über ihn ausgejproden. Unter dem Schuße des
Königs von Spanien behauptete er fich bis zu ſei—
nem Zode in der jeiner Familie gehörigen Feite
Peniscola, welde er für den Sig der Kirche er:
flärte und von wo aus er die Welt verdammte.
Nach feinem Tode wählte auch jein Cardinal:
Collegium Martin V. und beendigte damit das
Schisma. Bal. Hefele, — — VI.
Lund. Das Bisthum Lund in Schonen wurde
1065 von König Svend Eſtritſon begründet. Aus
dem Metropolitanverbande mit Bremen Hamburg
löſte es Urban II. durch Erhebung zum Erzbis—
thum. Bremen und das deutſche Reich widerſetzten
ſich und Erzbiſchof Eslil wurde auf einer Durch—
reiſe in Burgund ſieben Jahre gefangen gehalten.
+ 1182. Er reſignirte und ihm Alte bee kraftvolle
Abjalon von Yund. Bis zur Erhebung Upjalas
zum Erzbistum gehörte ganz Schweden zum
Sprengel, der fpäter über das ejthijche Bisthum
Reval und die Inſel Defel ausgedehnt wurde, Der
legte katholische Biſchof von Lund war ein Nieder:
länder Johann, welder aus Dänemark floh und
1538 Biſchof von Conftanz wurde.
Lunula, der Behälter für die Hoftie in der
Monjtranz, ift entweder von Gold oder befteht
aus ;wei platten, geichliffenen Gläjern in einem
goldenen Kranze, die nad) Art eines Uhrgehäufes
geöffnet werden können. Die Lunula wird bene:
icirt.
Lupold von Babenburg, Domher und 1352
Biſchof zu Bamberg. Berühmt als Rechtsgelehrter,
erregte er 1338 Aufſehen durch feine Schrift de
juribus regni et imperii Romanorum, welde die
im Streite Ludwig's des Bayern mit dem Papſte
von dem Frankfurter Reichstag 1335 und dem
Kurverein zu Renfe ausgeſprochenen Grundfäge |
vertheidigte, daß der deutjche König der päpftlichen
Beftätigung nicht bedürfe. Er bezog ſich auf Karl
den Großen, welcher vor der Krönung in Nom die
königlichen Rechte unbeftritten geübt hätte.
Lupus, Chriftian (Wolf), ein Auguftiner aus
Ypern. Geboren 1612, ftudirte er in Löwen, lehrte
578
Luft
dort und in Göln Philofopbie, Tehrie dann nad
Löwen in fein Klofter zurüd, für welches er meb-
rere Reifen nach Rom unternahm, und ftarb 1681.
Von jeinen Werten jind hervorzuheben ein Com:
mentar zu den Goncilien, 5 Bde., 1666 und Acten
und Scholien zu den Eoneilien von Chalcedon und
Epheius 1682,
Lupus, der Heilige, geboren um 333 zu Toul im
Lothringen, war in jüngern Jahren ein durch Be—
redſamkeit berühmter Rechtsanwalt. Nach fieben-
jähriger Ehe trennte er ji) von feiner Gattin, der
Schweſter des heil, Hilartus, mit deren Zuftim-
mung und begab ſich in das Kloſter Zerinum. 426
zum Bifchof von Troyes in der Champagne er—
wählt, begleitete ev 429 den heil. Germanus vor
Aurerre nad) ug ar um gegen den Pelagianis⸗
mus zu wirfen. Großes er gewann er durch
feine ftvenge Witeje, jo dab Wunder von ihm be>
richtet wurden. Wunderbar hat auch die Sage die
durch ihn bewirkte Berichonung der Stadt Troycs
Seitens Attila’s ausgeſchmückt. VBorhanden iſt von
ihm außer einem Glückwunſchſchreiben an den beil,
Sidonius ein mit Euphronius von Autun gemein:
jam erlafjenes Schreiben über einige Fragen ber
Liturgie und die Heirathen der niedern Kleriler.
Lupus, Servatus, Abt von fyerrieres, geboren
805 im Sprengel von Sens. Ein Schüler des Ra—
banus Maurus in Fulda, erhielt er das Lchramt
in Ferrieres, welches er auch als Abt 842 beibe:
hielt. In den unrubigen Zeiten viel in öffentliche
Angelegenheiten verwidelt, (jelbjt dem Kriegsdienſt
fonnte er ſich nicht entziehen), bewahrte er eifrige
Pflege der Wiffenfhaften und jammelte jorgjam
Kodices profaner und heiliger Schriftfteler. Im
dem Gottſchall'ſchen Prädeltinationsitreite jtand
er auf Gottſchalt's Seite. Er vertheidigte jeine
Lehre, indem er fi auf Augquftin bezog, in der
Schrift de tribus quaestionibus: der Wille Des
Menſchen ift nur frei zum Böjen, zum Guten nur
durch den Beiftand Gottes. Die Prädeftination ift
der Grund des heiligen Lebens; fie hat durch
Ehrijti Tod Alle die erlöjet, welche er wollte.
Seine opera bei Migne. Bol. Weizjäder, Jahrb.
für die Theologie, 1859, v. Noorden, Hincmar.
Dümmler, Oftfränt. Geſch. I.
Lustinius, Othmar, ein Humanift, geboren 1437
zu Straßburg, bildete ich dur) Anregungen von
Geiler von Kaijersberg und Erasmus. Als Yehrer
‚der griechiſchen Sprache im Benedictinerklojter zu
' Augsburg und katholiicher Prediger an St. Morig
war er anfangs der Reformation aeneigt, wurde
derjelben aber fo feind, daf ihm das Bredigen un:
terfagt wurde, weil er mit den Wiedertäufern auch
die Yutheraner Ketzer nannte. + 1533. Sein Blal-
ter des Königs: Propheten David, Augsb. 1524,
war viel verbreitet.
Luſt. Die Förderungen oder Hemmungen des
leiblichen und geiftigen Lebens fommen uns, wie
bejonders Schleiermader in feiner Dogmatif und
chriſtlichen Sittenlehre durchgeführt hat, zum Be:
wußtſein ald Empfindungen und Gefühle, jene der
Luft, dieje der Unluft. So erregt eine Erweiterung
der Wahrheitöertenntnig ein Luftgefühl, jo die
Stillung des Hungers die finnlide Empfindung
der Luft (griechiſch beidemal: ;dorr). Die Luft
hängt aljo mit unjerer Natur und —— höhern
oder niedern Trieben aufs innigſte zuſammen, ſie
iſt der Reflex der Befriedigung der letztern im
Empfindungsleben. Gewöhnlich wird aber der
Luft
579
Luft
Ausdrudf nur von den finnlichen Empfindungen | bat diefen Grundſatz bis zur Beihönigung eines
verstanden, und infofern tft die Yuft nahe verwandt
dem finnlichen Triebe und der Begierde, weßhalb
der Begriff derfelben zunächit auch von den lettern
riffen zu fcheiden ift. Iſt der Trieb der unmit—
telbare Ausdruck unferer finnlihen Natur, der
Ausdrud deffen, was fie ald Natur begehrt, ift die
Begierde die Steigerung des Triebes zu einer ab:
normen SHeftiafeit, jo daß ein ungefundes lleber:
wiegen des finnlichen Lebens über das geijtige ein:
tritt, ſo ift dagegen die Luft nicht graduell, ſondern
qualitativ von beiden unterſchieden. Die Luft geht
al3 Parallele ſowohl neben dem Triebe, ald neben
der Begierde her und ift der Stärke diefer beiden
gemäß ſchwächer oder ſtärker; fie ift die dieſe be:
leitende Empfindung und greift als ſolche ſchon
tiefer in das geiftige Yeben ein. Die Luft, alö die
Empfindung der Befriedigung eines Triebes oder
einer Begierde, hat —— da ihren Höhepunkt
erreicht, mo die ungeſtillte Begierde in wirkliche
Berriedigung umſchlägt; allein fie begleitet den
finnlihen Trieb aud) Ichon in den Momenten, wo
eine mwirfliche Befriedigung nod nicht erfolgt üft.
Jeder Trieb nämlich erzeugt in uns eine Bor:
unfittlihen Lebensgenuffes mweitergebildet. Erft
das Chriftenthum hat die fittliche Bedeutung der
Luft ins richtige Licht geftellt, indem es ebenfo weit
entfernt war, die Luſt als normale Erfcheinung
des finnlichen Lebens rigorös zu verdammen, als
es anderſeits die Yuft als die das Leben bejtim:
mende Macht der Sinnlichkeit verurtheilt hat.
Dal. Matth. 18, 9 und die oben angeführten
Stellen. Es verlangt aufs entſchiedenſte eine ener:
giſche Zucht negenüber der das Seelenleben über:
wuchernden Sinnlichkeit. Im Laufe der priftlichen
Entwidlung ift oft von einem einfeitig religiös—
rigoröjen Standpunkt (Afkefe) die legtere der bi—
bitfchen Forderungen übertrieben worden, wie
auc auf der andern Seite nicht felten eine Heilt:
gung der Sinnenluft verfucht worden ift (Antino:
mismus, Yibertinismus). In neuerer Zeit hat
Kant wieder die Luft in Scharfen Gegenjak gejegt
gegen das Sittengejeg, indem er den unbedingten
‚Rejpect vor dem fategorifchen Imperativ des Sit:
tengeſetzes als die Duelle der Sittlichkeit, zugleich
aber auch als ein die Unluſt hervorrufendes Ge:
bot bezeichnen zu müſſen glaubte. — Die Luft, in:
ftellung von feiner Befriedigung, von dem Ges | jofern fie die Quelle der Sünde, die fortwährende
nuſſe, der darin liegt; diefe Vorftellung aber | Dispofition zur Sünde (die „böſe Luft”) und in:
ruft zugleich eine Empfindung des Geniehens jchon
zum voraus hervor, ein ideelles, vorftellungsmäßi:
ges Borausgenießen, welches zugleich wieder ver:
ärfend na den Trieb zurückwirlt und ihn zur
egierde reizt (man vergleiche dazu 1. Mof. 3, 6).
Diefes iveelle (noch nicht wirkliche) Borausgenie:
ben wird nun fpeciell wieder — befonders in
biblifcher und theologifher Sprade — mit dem
Namen „Luft“ bezeichnet, und hat als ſolche die
größte Bedeutung für das ſittliche Leben. An ſich
ift nämlich die Luft feine Sünde, jo wenig alö der
finnlihe Trieb, fomeit nämlich, als Diefeibe auf
einer normalen Befriedigung des finnlichen Bedürf:
niffes beruht. Aber da im Menfchen, wie er iſt,
das Siunliche nun einmal abnorm überwiegt, jo
ift die Luft im Allgemeinen als der Zuftand der
Seele zu bezeihnen, in welchem fie von der finn:
ftchen Natur (der aeof) beherrfcht ift und einer
ftarfen Neigung zu den Werfen der Sinnlichkeit
unterliegt. Inſofern ift die Luſt die Bermittlerin
zwiſchen Sinnlichkeit und Sünde, das von der
Sinnlichfeit befledte und gereizte Vorftellungs:
und Empfindungsleben die Quelle, aus welder
die Sünde flieht. Sie ift aber in diejer Geitalt
nicht bloß die Quelle der Sünde, fondern aud
ſelbſt Sünde, infofern jedes Luſtgefühl ſchon ein
Einmilligen in das Begehren des Fleiſches in ſich
ſchließt. Diefer Begriff entipricht der gewöhnlichen
fiung der Luſt im Neuen Teftamente (gemöhn:
ih im Plural Emitouien Lüfte), Röm. 7, 5.7;
Gal. 5, 24; Eph. 2,2; Tit. 3, 3; Kol. 3,5; Jat.
1,14. 15; 1. Job. 2,16. Was die Yuft im all
gemeinen (micht in der zuletzt bejchriebenen ſünd—
lichen Beichaftenheit) betrifft, jo hat die Philoſo—
phie immer einen jehr verichiedenen Standpunft
dazu eingenommen. Erſchien dem Stoicismus die
Luft als ſittliche Schwachheit, als Widerſpruch mit
der von ihm verlangten, energijchen Selbitbeherr:
ſchung, als ein Nebel oder wenigſtens als ſittlich
völlig werthlos, fo hat dagegen die cyrenätiche
Schule (Ariftipn) die Luft als das Vollgefühl des
Lebens zum Ziele alles menſchlichen Strebens
erhoben (Hedonik), und die epikureiihe Schule
fofern fie anderfeits mit der finnlichen Natur ans
geboren tft, ift in der priftlichen Kirche der Gegen:
Itand einer befondern, wichtigen Lehre geworben.
ALS die Yehre von der Erbjünde zu ihrer willen:
ihaftlihen Ausbildung gelangte, bedurfte es vor
allem eines Begriffes zur Bezeichnung befien,
was den eigentlichen fubitantiellen Inhalt der Erb»
fünde ausmachte, und es konnte für den Zuftand,
in welchem fich der in der Erbfünde Geborene be:
findet, feine beſſere Bezeichnung gefunden wer:
den, als eben diejenige der Luft (concupiscentia).
So hat feit Auguftin der Begriff der letztern außer
feiner allgemeinen noch eine jpecielle, neben der
ethischen eine dogmatiiche Bedeutung gewonnen.
Hat der Pelagianismus das Vorhandenfein einer
angeborenen, überwiegenden Luft geleugnet, jo tft
im Gegentheil nad Auguftin die Luft der feit
Adam's Fall angeborene, verdammlidhe Zuftand
der Menjhennatur, eine mit eigener Kraft gar
nicht zu bemwältigende, durch die geſchlechtliche
| Fortpflanzun ey eg Neigung zur Sünde,
dem nur durch die Taufe die Zurednung genoms
men wird. Nachdem dagegen die ſcholaſtiſche Dog»
matil ſich milderen Anſchauungen zugewendet, in-
dem fie alö das durch die Sünde Adam's für die
Menſchennatur verloren gegangene Gut den über:
natürlichen Gnadenzuftand, in dem der erſte Menſch
‚lebte, betrachtete und folglich den in Folge der er:
ften Sünde eingetretenen Stand der Menfchen
mehr oder minder als den eigentlid natürlichen
finden mußte (Anfelm, Thomas, namentlid) aber
Scotus), jo daß auch die Concupiscenz nicht eigent:
lid mehr alö ein zurechnungsfähiger Zuftand gel«
ten fonnte, ſondern höchftens als eine „Berwun-
| dung“ der menjhlichen Natur, als ein Entbehren
der höhern Gnadenkräfte, jo hat dem gegenüber
die proteftantiiche Dogmatik, auf Auguftin wieder
| erg Br als die Folgen des Sindenfalls
nicht bloß (negativ) den Verluſt des göttlichen
‚ Ebenbildes, fondern aud pofitiv die Concupis-
‚ conz, als das verdammungswürdige Streben der
menschlichen Natur nach der Sünde, bezeichnet. —
Lüſternheit ift der frankhafte Zuftand des
37 *
Luther
menjchlihen Innenlebend, wenn das Empfin: |
dungsleben vom Sinnlichen jo durchdrungen iſt,
daß der Menſch ſich in einer fortwährenden finns
lichen Gereiztheit befindet.
Luther, Dartin, der größte deutſche Reformator.
Geboren am 10, Nov. 1483 zu Eisleben während
eines vorübergehenden Aufenthaltes feiner Eltern,
des Bergmanns Hans Luther aus dem Dorfe
Möhra und der Margaretha Yindemann. Die El:
tern überfiedelten fpäter nach Mandfeld, mo der
Vater mohlhabend und Rathsherr wurde. Unter
frommer aber ftrenger Zucht aufgewachſen, befuchte
Luther die Schulen zu Magdeburg 1497, Eiſenach
1498 (Wittwe von Eotta) und die Univerfität Erfurt
1501, wo er 1503 Bacoalaureus, 1505 Magifter
wurde und mit den Humaniften Crotus Rubianus
uno Joh. Lange Freundihaft ſchloß. Zum Juri
ften bejtimmt, trieb ihn innere Seelenangft und
‚ber Tod feines Freundes Alerius ins Auguftiner:
kloſter 1505 gegen den Willen feines Baters. 1507
empfing er die Priefterweihe. Als er aus tiefen
innern Kämpfen durd den Hinweis eines from:
men Klofterbruders auf den Artikel im Glaubens:
beienntniß: „ic glaube an die Vergebung ber
Sünden”, befreit war, trat zu feinem eifrigen
Studium der Scholaftiter das des h. Auguftin,
Bernhard's und der andern Myſtiker, vornehmlich
aber der heil. Schrift jelbit. Staupig veranlafte
1508 jeine Berufung zum Profeſſor der Philofo:
phie an die neu geftiftete Univerfität Wittenberg.
Hier wurde er 1509 Baccalaureus, 1512 Doctor
der Theologie (vgl. Schneider, Luther's Promotion,
Neuwied 1860) und hielt feine eriten theologischen
Borlefungen über die Palmen und den Hömer-
brief. Manche erhaltene Predigten, eine Auslegung
deö Baterunfers 1517 und die begonnene Heraus:
gabe der deutichen Theologie 1516 kennzeichnen ſei⸗
nen damaligen religiöjen und —— Stand⸗
punkt. Theils war er noch mit der Metaphyſik des
Aristoteles jo einverftanden, dab er die Trinität
nach deſſen Begriffen deducirte, theild verjentte er
W mit aller Kraft in den Born der Myſtik. Ohne
einen Glauben an die Kirche zu erfchüttern, hatte
er auf einer Reife in Ordensgeſchäften nad Rom
1510 und alö Ordenövicar für Meißen und Thü-
580
Quther
werfung zu bringen; dieſer entzog fi dem Car:
dinal durd die Flucht und appellirte gegen Die
päpftliche Bulle, welche die Angriffe auf den Abla$
verdammte, am 25. Nov. 1518 vom Papſte an ein
allgemeines Concil. Doc gelang es dem päpft⸗
lihen Gefandten Miltiz 1519, von Luther das
Verſprechen des Stillſchweigens und ein höflich-
demüthiges Schreiben an den Papft zu erlangen.
Die Herausforderung Eck's an Karlitadt zur Dis-
putation in Leipzig (26. Juni bis 16. Juli 1519)
309g Luther von neuem in den Kampf, er griff
die Grundlagen der Lehren vom Primat des Bap:
ftes und von der Kirche an. Seine Erllärung,
daß die Artifel von Huf zu Conftanz mit Unrecht
verdammt jeien, fchlug — durch: ſein Bruch
mit Rom war damit entſchieden. Eben ſeine Dis:
utation mit Et hatte ihm die Augen geöffnet.
Vgl. über die Bedeutung derjelben %. Ranke's
deutſche Geſch. I.). 1520 erfchienen die zünden:
den reformatorifchen Hauptichriften: an den chriſt⸗
lihen Adel deutjcher Nation, von der babyloni-
ſchen Gefangenſchaft der Kirche, von der Freiheit
eines Chriſtenmenſchen, und als Ed im Septem:
ber mit der päpftlihen Bannbulle gegen er
in Deutjchland anfam, that diejer am 10. De—
cember 1520 den entjcheidenden Schritt und
verbrannte vor dem Eljterthor zu Wittenberg die
Bulle mit dem kanoniſchen Rechtsbuche, als Der
Wurzel alles Uebels. Seine Appellation an ein
allgemeines Concil und die folgenden Schriften :
wider die Bulle des Antihrifts, gegen Emſer u.
A., iprachen den Bruch mit dem Romanismus aufs
ſchärfſte aus. Rad) dem Begehren der Reichäftände
wurde Luther, ehe der päpftlidhen Bannbulle Folge
gegeben würde, vor den Neihätag nah Worms
geladen; in der denfwürdigen Verhandlung vor
Kaifer und Neid am 17. und 18. April 1521 er—
focht fein gutes Bekenntniß, obwohl zur Zeit unter:
liegend und nicht in der befannten Form abgege:
ben: „Bier ftebe ich, ich kann nicht anders“, das
Recht der Gewifjensfreiheit und brad) die Nacht
der Priefterfirhe über die religiöjen Gemüther.
Val. Burkhard, Studien und Kritilen, 1869.
Der Reichsacht, am 25. Mai ausgeſprochen, ent:
zog ihn fein Kurfürft durch die Entführung auf
die Wartburg. Der Grund zur neuen Kirche war
der Kirche und der Geiftlichleit volllommen ten: | gelegt, allenthalben regte es fich, der Gottesdienſt
ringen bei den Kloftervifitationen das Verder |
nen gelernt. Das Unweſen des Ablafhandels, na: |
mentlich Tetzel's Unverſchämtheit trafden Kern ſei⸗
ned religiöjen Lebens, den Verzicht auf alle eigene
Gerechtigkeit; er warnte vor bemjelben im Beicht:
ftuhl, auf der Kanzel, durch Briefe an die Bifchöfe |
von Brandenburg und Mainz und jchlug endlich |
am 31. October 1517 die 95 Thefen gegen den
Ablaß an der Schlohfirche zu Wittenberg an (nad) |
dem Driginalabgedrudt bei Kante, Reformations: |
wurde umgeitaltet, die evangeliihen Ideen bra—
hen fih Bahn. Die weitern gegen Rom und feine
Bertheidiger gerichteten Schriften ziehen dann
die Folgerungen aus den aufgeftellten Grund:
jägen und befämpfen bie Gelübde, die Privat:
meſſen und die Transfubftantiation (gegen Hein—
rich VIII. von England), Heiligendienit, Fegfeuer,
Faften, Bilder und (gegen Erasmus) die Lehre
vom freien Willen. fr Mufe auf der Wart:
eihichte VI. und gegofien auf den Thüren der | burg benußte Luther (Junker Georg) dazu, die
Schloßkirche in Wittenberg). Wider Wiffen und | Ueberjegung der Bibel zu beginnen. Nad Witten:
Willen trat er damit als Neformator der Kirche | berg riefen ihn Schon am 6. März 1522 die dort
auf. Der jhnellen Verbreitung der Thejen durch | ausgebrohenen Unordnungen zurüd. Die Augu:
anz Deutichland, der Vertheidigung ihrer Grund: | ftinermönde hatten den Mefgottesdienft abge:
ige auf der Disputation zu Heidelberg 1518 bei ſchafft; in die Verhandlungen zwiſchen ihnen, der
Gelegenheit des Ordensconvents folgten die Anz | Univerfität und dem Kurfürften hatte ſich Karl:
riffe der Gegner, Tegel, Ed, Hoogſtraten und ſtadt eingemengt. Diefer war dabei zu weitern,
Srierias und En Gegenſchriften: Resolutiones, | wirklihen und jcheinbaren Conſequenzen der Iu:
asterisci, Sermon vom Ablaß. Weil der Kurfürft theriſchen Grundjäge vorgefchritten (Communion
im Intereſſe der Univerfität ihn Schüßte, vermied | ohne Opfer und Beichte, Abthun der Geremonien,
Rom noch die äußersten Schritte. Cajetan verfuchte | Berheirathung). Bon den Zwickauer Propbeten,
vergebens 1518 zu Augsburg, Luther zur Unter: | die indeß angefommen waren, weiter angeregt,
Luther 581 Luther
fachte er durch Disputationen und Predigten den | aber es widerftrebt feinem Gefühl, in dem früher
Bilderfturm in Wittenberg an. Luthers Perſön- Mpfterium der Verfühnung nur eine Handlung ber
lichkeit und voltsthümliche Beredſamkeit feierte | Gemeinde, eine Feier des frommen und gläubigen
ihren größten Sieg über Karljtadt, von dem er
fortan bleibend fich geſchieden fühlte. Bis hieher
ift Luther's Leben in feinen einzelnen Zügen der
lebendigſten Erinnerung des deutichen Boltes
unauslöfhlich eingeprägt; im echten Sinne ein
Vollsmann, ift er demfelben der Gottesmann,
welder ihm das Heiligthum der Religion wieder
geöffnet und im mannhaften Kampfe vertheidigt
bat. Die Schriften von 1520 find nah Dorner
(Geſchichte der proteft. Theologie) die eigentlich
claſſiſchen Denkmäler der deutichen Neformation.
Bon den folgenden Jahren fann man das nicht
in dem Maße jagen, außer etwa in Beziehung
auf feine häuslichen Verhältniſſe (feine Verhei—
rathung mit Katharina von Bora 1525, der ge:
wejenen Nonne im Kloſter Nimbſch, die Briefe
an jeine Kinder, Margarethen’s Tod), die immer
als Mufter eines evangeliigen Familienlebens
elten werden. Die Urſache ift nicht bloß darin zu
ſuchen, daß die Durchführung des einmal Begon:
nenen weniger, als die Örundlegung, Gelegenheit
eboten hatte, die Kraft der Berjönlichkeit zu ent:
Pen. jondern es muß zugeftanden werden, dat
in der folgenden Periode bei der Ausbildung der
Lehre und Verfaſſung der Kirche Luther nicht ganz
berjelbe blieb, der er im Anfang geweien ift, Der
Wendepunft ift das Zufammentreffen mit den
Zwidauer Propheten und der Bauernaufitand.
ier traten ihm Folgerungen aus den Gedanten der
deutſchen Myſtik, von der er jelbit ausgegangen
war und eine Ausdeutung der von ihm verfündige
ten chriſtlichen Freiheit und des Gemeinderechts
entgegen, die er als verderblich verwerfen mußte,
wenn es ihm vielleicht auch nicht völlig zur Maren
Erkenntniß fam, wo im Grundſatz ihre Wege fich
ſchieden, daß nämlich jene den ethifchen Factor
il erjahen, von dem aus er den mächtigiten, fait
einzigen Antrieb empfangen hatte (Buße, Recht:
fertigung, Gnade) und die geihichtliche Entwid:
lung in ihrer Nothmwendigkeit und Berechtigung
verfannten und mit ihr brachen. Daher ftellt er
den Gegnern nothgedrungen neue, äußere Autori:
täten gegenüber, jtatt der Kirche das Schriftwort
und die Kirchengewalt der Obrigkeit, ohne aber
jein eigenes, materielles Princip, die Nechtfer:
tigung aus Glauben, zu verleugnen, was nicht
ohne mannigfache Schwankungen, Halbheiten und
Inconfequenzen gejchehen konnte (Streit mit Karl:
ftadt, Wittenberger Gemeindeordnung 1522, Yeis:
niger Gemeindeordnung 1523, Schreiben an den
Sandarafen von Heffen über die Homberger Kir:
henoronung 1527, Vifitation 1527—1529, Ein: |
Gedächtnifles zu ſehen; jo gelangt er zu einem
dogmatiſch unflaren, jchwebenden Sacramentäbe:
griff und einer fcholaftiich begründeten Lehre von
der Gegenwart Ehrifti und der Ubiquität (Al:
gegenmwart) feines Leibes. Befangen von dem volks—
thümlichen Nimbus der faiferlihen Majeftät, über:
ſah er, dab es nicht bloß chriftlich fei, für große
Dinge jelbit den Sceiterhaufen nicht zu fürchten,
jondern dab es auch criftlich und mannhaft fei,
für die unveräußerlihen Rechte auch wider die
Vergewaltigung des Kaiſers das Schwert zu ziehen.
Suther's Verhalten und Bedenten ift Haupturjache,
daß die evangeliihen Stände die wiederholt gün—
jtige Lage der politifchen Verhältniffe jo wenig be:
nusten und nicht die Oberhand gewannen und be:
bielten,. — Aus Luther's folgender Wirkfamteit für
die innere Ausgeftaltung der evangeliichen Kirche
find hervorzuheben : jeine deutichen Lieder im erften
deutſchen Gejangbud, 1524, (vgl. Wadernagel’8
deutſches Kirchenlicd u, Plitt, Sl für proteft.
Kirche, 1868), Wittenberger Gejangbud, 1529,
feine Ordnung des Gottesdienftes und der Ge:
meinde, Wittenberg 1523, formula missae et
communionis, 1524, deutfche Mefje und Ordnun
des Gotteädienftes 1526, woran fih ein Tauf:
und Traubüchlein und feine Beichtformel an:
ſchloſſen; die große Bifitation in den kurſächſi—
chen Zändern 1527 -29, aus welcher Melanchthon's
Vifitationsbüchlein hervorging, welches Luther res
vidirte und 1538 neu herausgab, und Luther's beide
Katehismen, 1529, die Vollendung der Bibelüber:
fegung 1534, endlich feine Betheiligung an ber
Einrichtung der Conftitorien (der Theologen Be:
denten von den Conſiſtorien, 1538). Der Antheil
Luther's an dem befenntnigmäßigen Hervortreten
der neuen Kirche fpricht fi aus in den Marbur:
ger und Schwabadyer Artikeln von 1529, aus de:
nen die Augsburger Confeſſion 1530 (Yuther in
Coburg) hervorging, und in den Schmalfaldener
Artiteln 1537, verfaht zur Vorlage an das nad)
Mantua berufene Coneil. Auf die Geftaltung der
äußern Lage der Kirche übte er feinen Einfluß
durch Briefe und Schriften über den Nürnberger
und Hegenäburger Reichitag, den Nürnberger
Religionsfrieden 1532, das Regensburger Interim
1536 und fein Gutachten und Bedenken beim Tor:
gauishen 1526 und beim Schmaltaldifchen Bünd—
niffe 1530. Unbeugſam in feinem Widerfpruc) ge:
gen Rom, zeigt er fich dennoch immer bemüht, einen
leiblichen Frieden zu gewinnen; erit allmählich er:
flärt er fich für das Hecht des bewaffneten Wider:
ftandes, auf das Gewiſſen der Juriften hin, wenn
richtung der Sonfiftorien, landesherrliches Kirchen: | daS Geſetz verlegt wäre und als Nothwehr. Bon
regiment). Zugleich aber zeigt ſich ein anderes: | dem entfcheidenditen, aber ungünftigen Einfluß auf
Eine eminent religiöfe Perjönlichteit, ift er der | das innere und Äußere Gedeihen der evangeliiden
unerjchütterliche, unerjchrodene Reformator, wo | Kirche ift Luther's Verhalten in den Streitigfeiten
es ſich um die Frömmigkeit des Gewiſſens handelt | über das Abendmahl geweſen. In dem Sermon
und wo er auf den Thatfachen der eigenen in= | vom hochwürdigen Sacrament, 1519, in welchem
nern veligiöfen Erfahrung fteht; dagegen wo die | er zuerit die evangelifhe Auffaffung des Abend:
Unmittelbarfeit des religiöfen Bewußtſeins auf: | mahls ausführlicher entwidelte, hatte er die Trans:
Ört, zeigt er ſich beeinflußt von der Nachwirkung | fubitantiationslehre noch feftgehalten; feine eigen:
üherer Anſchauungen; es wirken in ihm, ihm | thümliche Lehre von der wahren Gegenwart des
jelbit unbewußt, noch nad) der in gedrückten Berhälts | Yeibes Chrifti ohne Brodverwandlung fpricht er
nifjen erwachſene Mönch, Briefter und jcholaftische | zuerft in der Schrift von der Anbetung des heil.
Theolog. So verwirft er zwar die Opferhandlung | Sacramentes (1523) aus an die böhmitkhen Brit:
des Abendinahls und die Transfubtantiation, | der, die fich mit Anfragen an ihn gewendet hatten
Luther
und wohl eine objective Gabe Gottes im Abend—
mahl annahmen, aber ihre Meinung von einer bloß
geiftigen Gegenwart durch dunfeln Ausdrud der
allgemeinen Kirchenlehre nahe brachten. Schon
hier findet fich die Forderung des Glaubens trot
der Vernunft (auf welche letere er fi in Worms
noch felbft bezogen hatte) und die Berufung auf
den Buchitaben der Schrift, in den er vorher einen
beftimmten Sinn gelegt hat. Er erörtert die Lehre
weiter im Briefe an die Straßburger 1525 und
in der Borrede zum ſchwäbiſchen Syngramma
1526, mit welchem er fich trog gewichtiger Ver:
fchiedenheiten einverftanden erflärte. Mit Heftig:
feit und zeitweife maßlofer Erbitterung beffimpfte
er aber die von Karlftadt und von Zwingli vor:
ebrachte Abenpmahlslehre, welche darin tiberein:
timmten, daß fie im Abendmahl nicht ſowohl
einen göttlichen Act, als vielmehr eine Erhebung
des Menjchen zu Gott ſahen. Ihnen gegenüber
bezeichnet er die Bergebung der Sünden ald das
eigentlihe Gnadengut des Sacramentes, da Chri:
ftus in dieſes die Macht feines Yeidens gelegt habe.
Daß Brod Brod bleibt und doch der Leib Chrifti
ift, jei für den Glauben fein Widerfprud (Ser:
mon vom Sacrament des Leibes und Blutes
Ehrifti wider die Schwarmgeifter, 1526; daß die
Worte „das iſt 2c.“ noch feftitehen, 1527 ; Befennt:
niß vom Abendmahl, 1529). Das Geſpräch zu Mar:
burg 1529 konnte feine Boreingenommenbeit gegen
Zwingli nur theilweife überwinden: „Ahr habt
einen andern Geift als wir.” Die Schwabacher
Artikel Sprachen feine Abendmahlälehre wieder weit
ſchärfer aus, als die eben vorher egangenen. Eine
etwas mildere Stimmung rief Bucer’s Beſuch in
Coburg 1530 hervor, fo daß er auch in Briefen
an Albrecht von Preußen und die Frankfurter ſich
milder über Zwingli ausſprach; es fam fogar zur
Wittenberger Concordie von 1536 und in Folge
berfelben zu einem anertennenden Briefwechjel mit
den Schweizern und günftigen Neuerungen über
Calvin. Aber die ganze Bitterkeit kehrt wieder
in dem kurzen Belenntniß vom heil, Sacramente
1544 und der Schrift wider die Theoloniften zu
Löwen 1545 (Hardenbergs Erzählung von Luther's
Geftändniß, es ſei in der Sache vom Abendmahl
zuviel aethan). Entſchieden hatte fih Luther je:
dem Bündnik der evangelifcdhen Stände mit den
Schweizern widerſetzt, ohne aber den Yandgrafen
Philipp davon zurückhalten zu können. In diefem
Streit mit Zmwingli hat namentlich jeine Chrifto:
logie fich entwidelt, aber auch feine ganze Theo:
logie eine beftimmte Richtung genommen. Eine
vollftändige, umfaffende und ſyſtematiſche Entwid:
lung feiner Lehre hat Yuther nie gegeben, auch nicht
in den Belenntnißfchriften. Es fommt ihm immer
nur darauf an, die Wahrheiten, um die es ſich im
Gegenfat geaen hervorgetretene Irrthümer gerade
handelt, jtarf hervorzuheben. „Der Reichthum ſei—
nes theologischen Erfennens und Yehrens ruht bei
ihm wejentlich auf unmittelbarem großartigen Er:
taffen, hauen und Zufammenfchanen der Wahr:
heit und es tritt Dagegen in der Eigenthümlichkeit
feines Geiftes verhältnißmäßig fehr zurück dieje—
nige Seite und Begabung der Intelligenz, welche
— verſtändige Reflexion über die verſchiedenen
einzelnen Momente und Seiten des Gegenſtandes,
auf begriffliches Formuliren, auf logiſches oder
diafeftiiches Syſtematiſiren gerichtet ift” (Köftlin,
Die Theologie Luthers, 1863). Der Grundtrich
582
— a
Lutheraner. Lutherifche Kirche
ift immer, die Wahrheit, welche als Heilswahr:
heit ergriffen ift, auch für Andere al3 Wahrheit
des Heils und des Lebens zu bezeugen. Luther's
Autorität entfchied 1533 den Oftandrifchen Streit
in Nürnberg über die öffentliche Abjolution und
1537 den von Agricola erregten antinomiftifchen
Streit in Wittenberg. Die Hoffmung einer Wieder:
vereinigung mit den Katholifen hatte er nach der
Beiprehung mit dem Nuncius Bergerius 1535
in Wittenberg völlig aufgegeben. Seine Anſicht
über das vorgefchlagene Eoneil ſprach er 1539 in
der Schrift „von den Eoneilien und Kirchen“ aus
und auf feinen Rath lehnten die evangelischen
Fürften das Concil ab. 1545 unterfchrieb er zwar
die Wittenberger Reform, Melanchthon's Entwurf
zu einer Wiedervereinigung, aber bald danach er:
ichien „Wider das Papftthum zu Rom vom Teufel
geftiftet.” Dagegen ſuchte er die Gemeinichaft
mit den Böhmen zu bewahren, die 1536 wieder
Abarfandte an ihn —— (feine Vorreden zu
ihrer Apologie des Glaubens 1533 und 1538).
Der Mißmuth über ihre verbächtige Abendmahls—
lehre 1541 legte ſich wieder 1542, Unter dem Be:
muͤhen, den Frieden unter den evangeliihen Für—
ften und mit dem Kaiſer aufrecht zu halten, unter
ſchweren Bejorgniffen vor den Gefahren einer
drohenden Zukunft unternahm er im Yebruar
1546 feine legte Reife nach Eisleben, um zwiſchen
den Grafen von Manäfeld die erbetene Vermitt:
[ung zu verfuchen und ftarb dort am 18. des:
elben Monats. Seine Leiche wurde in Wittenberg
in der Schloßkirche beigefet. Das deutiche Tolt
hat ihm ein Ehrendenfmal zu Worms aufgerichtet
1868. Luther's Werke find ausgegeben: 1) 1539—
58, 20 Bde, zu Wittenberg; 2) zu Jena 1555—
58, 12 Bode. ; 3) zu Altenburg 1661—64, 10 deut:
che Bde.; 4) zu Leipzig 1729 — 40, 23 deutſche
Bde.; 5) au Halle 1740— 53, von Walch heraus:
egeben, 24 deutiche Bde.; 6) zu Erlangen und
Frankfurt a.M. von Joh. G. Plohmann und Joh.
C. Irmifcher 1826—57, 67 deutsche Bode. und eine
ber unvolfendete Iateinifche Reihe. Auswahl: von
Dtto von Gerlach, 24 Bde., 1340 -48; von Zim:
mermann, 4 Bde, 1846 — 50; für das deutice
Bolt von Frobenius, Schellbach u. A. 184755;
Briefe herausgegeben von be Wette, 1325—28;
Nachtrag von Seidemann, 1856; Briefwechſel
herausgegeben von Burdhardt, 1866. Sein Leben
von Melanchthon (hist. de vita et actis Lutheri,
1546); Matthefius in Predigten 1565; Walch in
den herausgegeb. Werken; Keil 1764; Schrödh
1778; Ukert 1817; Spieler 1818; Pfizer 1856;
Meurer, Luther's Yeben, Dresven 1852, 3. Aufl.
1869; Jürgens, 3 Bde., 1846 (reicht nur bis 1517}.
Weypmann 1850; Gelzer mit bildlichen Daritel:
lungen von König, 1851. Ueber feine Theologie
val. Köftlin 1863; Harnad 1860; Dorner, Gef.
der proteft. Theol.; Plitt, über die Augsburger
Confeſſion; Chr. Weiße, Luthers Chriftologie 1855.
Lutheraner. Lutheriſche Kirche. Der Name Lu
theraner ald Bezeichnung für die Anhänger der mit
Luther eröffneten Glaubensrichtung iſt urſprünglich
einvon den Katholiken (Dr Eckund Papft Hadrian
VI.) aufgebrachter, geringſchätziger Parteiname,
dem Luther ſelbſt ſtets widerſprochen hat. Er gr:
wann aber Geltung anftatt der officiellen und rich
tigen Bezeihnung Proteitanten, evangeliiche und
| augsburgifche Confeffionsverwandte, als der In-
terichied von den Reformirten und den Philinyitten
®
— — — —
Lutheraner. Lutheriſche Kirche
ſtärker hervorgehoben werden ſollte. Der Bruch
mit der alten Kirche und die Bildung einer neuen
Gemeinſchaft wurde durch den Reichstag zu Speyer
1529 und die Weberreihung der Augsburgiſchen
Eonfejfion 1530 vollendet. Nach ihrem Grund:
prineip konnte die neue Kirche nicht auch eine neue
geichlofjene Einheit bilden, jondern es bildete ſich
in jedem Lande eine jelbjtändige, aber nad) ziem:
li übereinftimmenden Grundfägen verfaßte Yan:
bestirche, indem die Fürjten die bisherigen bifchöf:
lihen Rechte an fi nahmen und durch Gonfifto-
rien verwalten ließen. Luther's frühere Gedanten
über Gemeindeverfafjung traten völlig zurüd nad)
den Unruhen der Wiedertäufer und des Bauern:
aufitandes. Eine Einheit der lutheriſchen Kirche
hatte anfänglidy nur ihren Ausdrud in den Bünd—
niffen der evangelifhen Fürjten und den Theolo:
gen:Eonventen zur Schlichtung dogmatiſchen Strei:
tes, dann nad) Ihrer politiichen Seite in dem Cor-
pus evangelicorum auf dem Reichätage. Das an:
fänglich rajhe und unaufhaltiame Wachsthum
der lutheriichen Kirche fand feine erfte Schrante
an dem „geiftlihen Vorbehalte” des Augsburger
Heligionsfriedens, welcher mit dem Uebertritt eines
geiftlihen Fürſten Verluſt aud) der meltlichen
Macht bejtimmte, und dem Mißlingen der beabfich:
tigten Reformation des Erzbisthums Köln durd)
Gebhard Truchſeß 1583. War der größte Theil
Deutſchlands der evangelifchen Lehre bereits zuge:
than gewejen, jo rettete der aus politiihen Grün:
den bervorgegangene Rüdtritt mander Fürften,
4. B. von — Neuburg, und der Einfluß der
jeſuitiſchen Gegenreformation in Bayern und
Deſterreich dieſe Yänder dem Papſtthum. Der Weit:
phäliſche Frieden hat dann den Umfang der luthe:
riihen Kirche jo feige, wie er im wejentlichen
nod) heute befteht. Der Uebertritt einzelner fürjt:
lien Berjonen, 3.8. des Kurfürſten von Sachſen,
des Herzogs von Braunjchweig, hat keinen merk:
lichen Einfluß auf die Länder ausgeübt. Wohl aber
it der größere Theil des hohen Adels, der fait aus—
nahmslos der Keformation ſich zugewandt hatte,
vor und nad) wieder fatholijch geworden (vgl. über
diefe Converfionen und andere Berlufte der Luthe:
riſchen Kirche Loebell's Hiftorische Briefe; Nante,
deutiche Geſchichte, VII. Bd. 1868). Vorber aber
hatten ſich von den Lutheranern bie philippifti-
Ihen und reformirten Kirchen der Pfalz und in
Hejien, fowie in Anhalt und am Niederrhein, Dft:
jriesland und Bremen, Lippe, Naffau und Ted:
lenburg getrennt, Berlufte, welche erjt in unjerem
eg die Union wieder ausgeglichen hat.
Außerhalb Deutſchlands hat die lutheriſche Kirche
nur in Schweden und Dänemark, fowie in den
deutſchen Dftjee : Provinzen Rußlands feften Fuß
gefaßt. In Polen ift fie wieder untergegangen.
Nur in den nordamerilaniichen Freiftaaten hat die
deutiche Iutherifche Kirche ein neues Gebiet gewin-
nen fünnen.
Dadurch, dab nicht der erfte Aufſchwung bes
evangeliihen Glaubenslebens zur Bildung eines
nad) den neuen Grundſätzen verfaßten ——
Gemneindelebens benutzt werden konnte und das
tirchliche Intereſſe, trotz der hervorleuchtenden per:
ſonlichen Frömmigkeit einzelner Fürſten, territo—
rialiſtiſch der Poliuit allein unterworfen blieb, mehr
noch Durch die Gewalt der früheren, nicht auf ein;
mal zu überwindenden, nun fortwirtenden katho:
lifirenden Gedantenftrömung aud innerhalb der
533
Lutheraner. Zutheriiche Kirche
evangeliſchen Kirche, wurde die innere Geſchichte
der Kirche vorherrſchend zu einer Geſchichte theolo-
giſcher Zehrentwidelung. Vgl. Oundeshagen, Bei-
träge zur Kirchenpolitif. An die Stelle der Kämpfe
mit Bapiften, Anabaptiften und Sacramentirern,
welche die erjte Periode der neuen Kirche ausfüllten,
und in welchen fie ihre Grenzen zu fichern juchte,
trat eine lange Reihe innerer Streitigleiten. In
dem antinomijtifchen 1527 und majoriftijchen 1551,
dem Oſiandriſchen 1551 und Stancariſchen 1552,
dem fynergiftiihen 1560 und Flacianiſchen Streite
1561 handelte e3 fi darum, die Grundlehre von
der Rechtfertigung durch den Glauben nad) ihrer
Borausjegung und ihrer objertiven und fubjecti-
ven Eeite genauer zu beftimmen; ben Conſequen—
zen einer einfeitigen Betrachtung nur eines
Punktes trat immer audgleichend die entgegen-
gejegte Conjequenz gegenüber. Bgl. Dorner, Geſch.
der prot. Theol. Zider in das Voltöleben griff
der Streit um das Interim 1548, der das gottes⸗
dienftliche Leben, den Eultus jelbit betraf, und
beitimmend für die ganze Kirche, ihre jpätere
Richtung und Entwidelung wurde der von Flacius
gegen die Philippiften erhobene Widerſpruch, ber
auf dent Reichdtag zu Augsburg 1566 die ganze
politiiche Situation in unberechenbarer Weije zum
Vortheil der Katholiten änderte (Rante, deutſche
Geſch. VII, 63) und der fryptocalviniftiiche Streit
1574. Der geiftige Herd diejer Kämpfe find die
Univerjitäten, das Melanchthoniſche Wittenberg
und das 1558 nicht ohne politiſche Nebenrüdfich:
ten von der älteren ſächſiſchen Linie geftiftete lu—
theranifche Jena. Ihren Abſchluß fand dieje Pe—
riode in der Abfafjung ber Formula Concordiae,
in welcher die durch Brenz und Andreä vertretene
ſchwäbiſche Richtung (Ubiquität) fih Anerkennung
und Geltung verſchaffte. (Schmid, Geſchichte der
Abendmahlslehre). Die Orthodorie, deren Herr:
idaft bis in den Anfang des 18. Jahrhunderts
währte, jchuf, genöthigt von dem. Bedürfniß ber
Polemit, ſich eine neue Xehrautorität und wandelte
in jcholaftiicher Weife den Glaubensinhalt der
Kirche, Religion und Theologie nicht mehr unter:
jcheidend, in ein fein auägearbeitetes Lehrſyſtem
um. Calixt (1586 — 1656), der in Helmjtedt den
umanismus Melanchthon's neu belebte, und jeine
Schule, weldye im ſynkretiſtiſchen Streite von ber
Orthodoxie befümpft wurden, fuchten im Inter:
effe des Kirchenfriedens zwar die Schrofiheiten
der Lehrbeftimmungen und das Ausſchließende des
Syſtems zu mildern durd) den Verſuch einer Unter:
ſcheidung bes Fundamentalen und nicht Funda—
mentalen und dur ein Zurückgehen auf den noch
unbejtimmtern Ausbrud der erjten fünf Jahrhun—
berte, der die Gegenfäte noch ungeſchieden in ſich
getragen hatte, ohne aber von der Borausjegung
zu laſſen, da die reine Lehre zum Heile nöthig jei.
Bon der reformirten Kirche angeregt, brachte Spe⸗
ner eine Neubelebung des religiöjen Gemüths dur)
den Pietismus. Aber dies thätige Chriſtenthum,
welches im Gegenſatz einer einjeitigen Schultheo:
logie gefordert wurde, verirrte ſich bald in eine
veräußerlichte Form des gottjeligen Yebens und
die biblifche Theologie feiner Häupter im ein will«
fürliches Deuten und Anwenden der Schrift. Der
Pietismus hielt ſich jedoch innerhalb der Kirche und
wirkte auf eine lebensvollere Geftaltung der Theo:
logie ein, während die jpröde und enge Form des
lirchlichen Lebens die myftiichen Gemeinſchaften,
Zutheraner. Lutheriſche Kirche
welche an 3. Böhme, Gichtel, Dippel ſich anjchlof:
fen, ſowie die Brüdergemeinde zur Trennung von
der Kirche nöthigte. Dierdurch aber, ſowie durch
Bengel und die Theojophie Detingers war Die
Herrſchaft der Orthodoxie und ihrer ſymboliſchen
Bücher gebrochen. Durch den Einfluß des Ratio—
nalismus am Ende des 18. Jahrhunderts begann
im kirchlichen Leben, ebenfo wie in der Theologie,
der Unterjchied der lutherifchen und reformirten
Kirche ſich auszugleichen, jo daß ſchon ernitliche
Einigungsverfuhe namentlich in Weftphalen und
am Rhein aufgenommen wurden, weldye aber erjt
zum Ziele führten, als nach den Befreiungsfriegen
eine religiöje Erregung durch Deutjchland ging,
die in beiden Kirchen gleihmäßig einer flach ra-
tionaliftifhen Denkweile gegenüberjtand, jo daß
es fih mehr um die wahrhaft religiöjen Grund:
gedanken in proteftantijcher Ausprägung, als um
einzelne theologiihe und dogmatiſche Lehren han:
delte. Gerade an der Union aber hat ji ein neues
Lutherthum entzündet, indem Manche, wie Claus
Harms injeinen Theſen, in dem geringeren Werthe,
den die Union auf die dogmatiſchen Feſtſtellungen
der Symbole legen mußte, ein rationaliftiiches
Verflüchtigen des Glaubensinhalts fanden, und
zugleich in den Gemeinden die Aenderung in eul—
tifchen und liturgifchen Gewohnheiten als Angriff
auf die Religion der Väter erſchien. So fchied ſich
die Altlutherifhe Kirche in Preußen durch Schei:
bel und Hujchke aus dem Verband der Landeskirche
* einer ſelbſtändigen Kirchengemeinſchaft aus.
as religiöſe Leben der Kirche litt fortwährend an
den geſchichtlichen Uebeln des deutjchen lutherifchen
Proteftantismus, dem Mangel eines Gemeinde:
lebend und an der Hemmung des öffentlichen Le:
bens, welche die erfte Hälfte unjers Jahrhunderts
bezeichnet. Das neuerwachte religiöfe Leben zog
ſich daher in die Heineren Kreife zurüd und nahın
deren pietiltiihe Gejtaltung an (j. Pietismus).
Sowohl die Uniondbewegungen als das Streben,
die VBerwüftungen des Unglaubens und des Ratio:
naliömus wieder auszugleihen, und der Veriud),
gegen neuere ehe Auffaffung einen Shut
in den ſymboliſchen Büchern zu finden, nämlid) in
einer Verpflichtung der Getftlihen auf diejelben,
nöthigten bald dieje Kreifezu einem Zurüdgehen auf
die alte Orthodorie. Die Frucht diejer Verbindung
ift das fogenannte Neulutherthum. Dieſe Rich—
tung jammelte fi) zuerft auf den lutherifchen Con:
“ ferengen zu Xeipzig jeit 1845, erjt unter Nudelbad),
dann unter Harleß, gewann durch die Bewegungen
des Jahres 1848 an Kraft, jo daß fie ſchon damals
von den Mitgliedern der Conferenzen die Unter:
ſchrift der ſymboliſchen Bücher forderte und grün:
dete die Provincialvereine, die ſich auf den luthe:
riſchen Conventen zu Wittenberg 1849 und 1851
vereinigten. Hier wie in —— literariſchen Ver⸗
andlungen wurde das Verlangen auf Abwehr reſp.
flöſung der Union geſtellt und die Aufrichtung
der lutheriſchen Kirche verhandelt. Die in Breußen
herrſchende politiſche Strömung jeit 1852 begün:
ftigte dieſe Richtung. In den verjchiedenen Ländern
und Provinzen Deutichlands traten die Beitrebun:
gen mit Entjchiedenheit, aber in nad Umſtänden
gearteter Form auf. In Bayern geſchah dies durd)
Löhe, Thomafius und Harleß, in Medlenburg
durch Kitefoth und Krabbe, in Hannover durch
die Stader Conferenz, durch Petri, Münchmeier
und Uhlhorn; ſelbſt am Rhein und in Wejtphalen
584
Lutheraner, die jeparirten 2c.
(Ravenäberg) ward verſucht, die Union zu fpren-
gen und genuines Lutherthum an die Stelle zu
jegen. Zwar ift diefes Neulutherthum in ſich ſelbſt
wenig einig: unter ihren Theologen wurden Hoit:
mann und Hahnis von den frühern Genoſſen aufs
bitterfte angefeindet, in Bayern zerfiel Löhe durch
jeine Gonjequenzen mit dem lutherifchen Kirchen«
regimente jelbjt, Medlenburg vereinjamte ſich durch
fein abſchließendes Staatskirchenthum, und fogar
der Hannoverjhe Katehismus, an welchem die
Bewegung in Norddeutichland zuerit fih brad,
—— nicht den allgemeinen Beifall der Partei.
ber ald gemeinfamer Grundzug geht durch dieſes
Neulutherthum eine Tendenz, die man nur roma-
nijirend nennen kann, und welche fich in der Lehre
vom Amte, von den Sacramenten und von der
Kirche ausſpricht. Dem Amte wird ein hierarchiſch—
riefterliher Charakter beigelegt, die Ordination
oll eine göttliche Vollmacht geben zur Verwaltung
von Wort und Sacrament, wie zur Kirhenzudt
und Kirchenleitung. Daher ein Streben nad) Wie:
dereinführung der Privatbeichte, die faft zur Ohren:
beichte gemacht wurde, ein Widerftand gegen alle
Presbyterialverfafjung ; die Sacramente felbit joll:
ten ihre Wirkung erft empfangen durch das „Öna:
denmittel: Amt.” In Verbindung damit ward den
Sacramenteneineerhöhte Bedeutung beigelegt, das
Abendmahl zum eigentlichen Mittelpunft des Got:
teödienjtes gemacht; eine aus berechtigtem künſtle⸗
riſchen Sinne hervorgegangene größere Beachtung
des liturgiſchen Elementes flug um in ein Beto:
nen der Liturgie und des Rituellen vor dem Wort
der Predigt. Endlich forderte die Aufrechthaltung
ber reinen Lehre das Hervorholen eines Traditions-
begriffs, der dem römischen verwandt ift; die Un:
terwerfung unter die Autorität der Kirche vertrat
den individuellen Herzenäglauben. Das wichtigfte
literarijche Organ dieſer Richtung ift die Hengiten-
bergiihe evangeliihe Kirdenzeitung, welche feit
1527 innerhalb der preußiſchen Union den Stand:
punkt des Lutherthums mit außergewöhnlichem
Erfolge behauptet. Von der pietiftiich gefärbten
Orthodogie und Bermittlungstheologie trennte ſich
dieſe Richtung namentlid in Bezug auf innere
Miſſion (f. d. Art.), an der fie tadelte, daß fie nicht
firchlich jei, und in der preußischen Kirche in Bezug
auf die Gemeinde:Ordnung und die Berfaflung
der Landeskirche. Auch auf dem Gebiete der Hei:
denmiljion geht das Neulutherthum feine eigenen
Wege. Ein zeitgemäßes Wort redete Dagegen Dor:
ner 1866 in der Dentichrift des preußilcden Ober:
firchenrathes, die freilich die Uinterftellun g der neu:
erworbenen Landeskirchen unter den Miniſter des
Cultus nicht verhindern fonnte. Die außerpreu-
Biichen Lutheraner, Medlenburger, Baiern u. A.
durften mit den Hannöverſchen und anderen Kirch:
genofjen 1868 auf der Conferenz zu Hannover den
7. Artikel der Augsburger Confeſſion dazu ge:
brauden, die Agitation gegen jede Union mit der
übrigen Yandesfiche Preußens in Schwung zu
erhalten; vgl. Neue Ev. Kirdenzeitung 1568;
Ritſchl in Dorner’s Itſchr. für das Kirchenrecht,
1869,
Autheraner, Die jeparirten in Preußen. Die
Union durch die königliche Gabinetsordre von 1817
fonnte in den öjtlihen Provinzen Preußens, wo
in der lutheriſchen Bevölferung nur vereinzelte re-
jormirte Gemeinden ſich fanden und fein Bedürf:
niß empfunden wurde, nur allzuleiht als eine
Lutheraner, die feparirten ıc.
unberechtigte Octroyirung des Landesfirchenregi:
ments erſcheinen und gerade deßhalb ernftere Ge:
müther ji entfremden. Zu dieſen gehörte der
Prediger und Brofeflor Scheibel zu Breslau, ein
entichiedener Anhänger altkirchlicher Orthodorie
(geb. am 16. September 1783 zu Breslau, wurde
1807 Lector an St. Barbara, 1808 an St. Eli:
ſabeth, 1809 MittagSprediger an St. Barbara,
1815 Dialonus an St. Elifabeih, 1811 auferor:
dentlicher, 1816 ordentlicher Profeſſor der Theolo:
gie und ftarb 1842 in Nürnberg). Er befämpfte
die Union literariih und wifjenjchaftlih 1817—
30 (Predigten 1817 und 1821, dagegen Schulz:
Unfug an heiliger Stätte), entzog fi aber der
Zumuthung 1850, den Ritus des Brodbrechens
ald Symbol der Union einzuführen, anfangs auf
dem Wege der Bitte, dann der Weigerung. Als er
juspendirt und die Union thatſächlich durchgeführt
wurde, fammelten fid) um ihn die gleichfalls diſ⸗
fentirenden Gemeindeglieder, organifirten eine
Gemeindeverbindung und liefen mit Scheibel's
Zuftimmung in der Noth die Sacramente aud)
durch Laien verwalten. Daher Bolizeiverfolgungen.
Sceibel legte feine Aemter nieder und ging ins
Ausland. An die Spite der Bewegung, nachdem
Steffens und v. Haugwig Breslau verlaflen, trat
der Juriſt Hufchte (geb. 1801 zu Minden, jeit
1827 Brofefior der Rechte zu Breölau, früher ın
Roftod), der feinen leitenden Gedanten von der
Berleiblihung der Kirche durch eine neue Kirchen: |
verfafjung zu verwirklichen ſuchte. Andere Gemein:
den ſchloſſen ſich aus orthodoren und jeparatifti:
ſchen Tendenzen an und hielten ihre erite General:
fynode zu Breslau am 4. April 1834, welche troß
der Gabinetöordre vom 23. Februar 1834 (die
Union, der Geift der Mäfigung und Milde) die |
Erlaubnif; zur Bildung eines eigenen Kirchen: |
wejens forderte. Die Bolizeiverfolgungen ber Be: |
börden (die Siehe zu Hönigern durh Militär |
geöffnet am 23. Dec. 1834) und die Beftrafung |
der Geiſtlichen mit Gefängniß ftärften den Gemein:
geit und den paſſiven Widerſtand; vermittelnde
nerbieten wurden zurüdgewieien: fie jeien bie
Gemeinden des Herrn, die weltlihes Regiment
in der Kirche ablehnen müßten, 1835 und 1841.
Die Synode diejes Jahres conftituirte die neue
Kirche unter einem Oberkirchencollegium zu Bres:
fau unter Führung Huſchke's, daneben eine alle vier
Jahre zufammentretende Synode. 1847 erhielten
fie die Specialconceffion für Preußen. Auch ein:
zeine Gemeinden im Ausland (Baden, Naffau,
genen, Walde, Weimar), die, aus irgend weichen
ründen mit bem Kirchenregiment zerfallen, im
reinen Lutherthum den Ausdrud ihrer Oppofition
fuchten, jchlofjen fi an. In Preußen begünftigte
fie die beginnende confefftonelle Bewegung. Der
das Verſchiedenartige einende Grundzug war ein
—— Pietismus im kirchlichen Gewande. —
Der Kirchenbegriff, welcher die Trennung von ber
unirten Kirche herbeigeführt hatte, verurfachte eine |
neue Spaltung. An ber Huſchle'ſchen Theorie, |
daß das firchenregimentlihe Amt neben und über
dem Predigtamt juris divini, göttliche Stiftung |
en der Baftor Diederich zu Jabel bei Witt: |
Anſtoß. Ald das Oberkirhencollegium eine |
Erwähnung feiner im allgemeinen Kirchengebet
Bei Pie er: Ueber Werth und Wefen des
Kirchenregiments, 1859, worin die Gebrechen der
Breslauer Kirche fhonungslos angegriffen wur:
D85
Lutheriſcher Katechismus
den. Die Verſtändigungsverſuche mißglückten;
Diederich beſtritt mit Luther's Worten und den
Symbolen, daß der äußere Organismus für die
Kirche wefentli fei, und fand Anhänger und
Freunde auch unter anfänglichen Gegnern (Ehlers).
Die Generalfynode zu Breslau 1860 konnte den
Bruch nur vertufchen, der aber in ſchlimmſter Art
zum Borjchein fam, ald das Oberlicchencollegium
Diederic wegen „Landfriedenbrud, faliher Leh—
ren und Ungehorſam“ abjegen wollte. Die Scenen
von Hönigern erneuerten ſich mutatis mutandis
in Yabel, die Gemeinde trat von dem Berbande
mit dem Oberfirhencollegium zurüd, mit ihre ver:
banden fid andere, Conferenzen und Streitfchriften
jhärften den Riß ftatt ihn zu heilen, fo daß vom
19, bis 21. Juli 1861 die Dieverichianer ihre erfte
Synode zu Magdeburg hielten und ſich zu einem
eigenen Kirchenverband conftituirten (Immanuel:
Synode). Sie unterjchieden fih von den Bres—
lauern durch die Lehren 1) daß eine der beitehen:
den Gemeinjchaften die Kirche fei; 2) daß das
Kirchenregiment ald Amt von Gott befohlen jei;
3) daß Kirchenordnungen die Gemiffen verpflich:
teten. — Die Altlutheriſche Separation zeigt, daß
Kirhenregiment und Predigtamt ohne innern Te:
bendigen und organishen Zufammenhang mit ber
Gemeinde in Selbftüberhebung fich felbft und ſich
gegenjeitig aufheben und zerftören. Val. Wange:
mann, fieben Bücher preußischer Kirchengeſchichte,
1859, und desjelben Kirchenftreit unter den von
der Landeslirche fih getrennt haltenden Luther:
anern, Berlin 1862,
Lutheriſcher Katechismus, Die Erlenntniß von
der bodenlojen Unwiſſenheit des Volkes und des
Klerus, welche für Luther die Frucht der ſächſiſchen
Kirchenvifitation war, veranlaßte denjelben zur Ab:
faſſung feiner beiden Katechismen. Zuerft erſchien
der große, beftimmt für die Bfarrherren, noch in
bankeikcn Jahre der Heine. Der Name Enchiri-
dion, den derjelbe trägt, bezieht ſich urſprünglich
nur auf die VBorrede, welche fir die Prediger und
Pfarrherren beitimmt war. Den Titel Katechis—
mus oder hriftliche Zucht erhielt dann das Bud
ſelbſt, wodurch das Wort Katechismus die jegt ge:
wöhnliche Bedeutung zuerjt erhielt. Der Katechis:
mus umfaßte die fünf Dauptftüde, die zehn Gebote,
Baterunfer und Glauben. Die Erklärungen find
nicht alle urſprünglich von Luther; er hat faft wört:
lich Berjchiedenes aufgenommen, was durch Kero's
Auslegung des Vaterunſers und jonit ſchon in den
Beſitz Des Volkes übergegangen war. ALS viertes
und fünftes Hauptitüd fügte er die Behandlung
der Sarramente bei und lieh darauf die Anwei—
fung zur Beichte, Morgen, Abend: und Tiichgebet,
die Haustafel, dad Traus und Taufbüchlein und
die deutfche Litanei folgen. Das fogenannte jechfte
Hauptftüd vom Amt der Schlüflel ift befanntlich
nicht von ihm und auch niemals von ihm in den
Katehismus aufgenommen. Der innere Werth des
Buches, welchen feine rafche Verbreitung lohnte,
empfing eine äußere Sanction durch die Aufnahme
besjelben unter die fombolifchen Bücher der luthe⸗
riſchen Kirche in das Goncordienbuc 1580. Sein
Werth ald Lehrbuch ift auch heute noch — an⸗
erlannt wie als Bekenntnißſchrift. Der Kalechis—
mus iſt in alle Sprachen überſetzt, der erſte latei—
nifche 15209 von Joh. Sauermann ift ind Eoncor:
dienbud) aufgenommen und unzähligemal aufge:
legt. Das drängende Verlangen einer Partei auf
Sutterbed 586 Luzern
„Belenntnigmähigkeit" und die N tbwendigteit, | Geboren 1674, ſchloß er jih als Studirender ber
die Union demfelben nicht zu opfern, veranlaßte in | Theologie an die pietiftifche Bewegung in Bern an,
Baden den Verſuch, den lutherifchen Katechismus | weldhe die Regierung durch die Forderung bes
mit dem Heidelberger zu verbinden und indem | Affociationseides 1699 zu unterdrüden fuchte, und
beide für fid) ungeändert blieben, fie mofaitartig | wareng befreundet mit Samuel König, dem Haupt:
ineinanderzufügen — ein ebenſo unzuträglides | vertreter dieſer Richtung. Erft 1703 erhielt er Die
als gutgemeintes Verfahren. Die rheinifche Kirche | Pfarrſtelle zu Yverdon, nachdem er ben Eid gelei⸗
ift dem Beifpiel Badens in anderer Weiſe, aber
mit nicht größerm Glüde gefolgt, braucht aber |
neben dem von der Behörde begünftigten joge: |
nannten Unionsfatehismus, der in vielen unirten
Gemeinden nicht eingeführt ift, noch verſchiedene
andere Katechismen. Ueber den Text von Luther's
Katechismus vgl. Möndeberg, die erjte Ausgabe
von Luther's Heinem Katehismus, Hamb. 1851;
Harnad, der Heine Hatehismus Dr. M. Luther's
in feiner Urgeftalt kritiſch unterfucht, Stuttgart
1856; von Zezſchwitz, Syftem der hriftl. kirchl.
Katechetik, 1863, bis jept 3 Bde.
Qutterbed, Ant. Bernd., geboren am 23. April
1812 zu Münfter in Weftphalen. Ein frommer,
tieffinniger und gelehrter u ver Theolog. Er
ftudirte — und Theologie zu Berlin, Bonn
und Münſter, war dann an der Univerſität Gie—
Ben ſeit Oſtern 1842 außerordentlicher und ſeit 1844
ordentlicher Profeſſor der katholiſchen Theologie,
fpäter — durch den Mainzer Bifchof v. Ketteler
aus der theologiſchen Facultät, die zugleich völlig
troden gelegt wurde, wegen jeiner Innerlichkeit
und Wi enthaftlichteit verdrängt — 1853 Hono:
rarprofejfor und 1859 ordentlicher Profeſſor der
claſſiſchen Philologie. Werke: Hermenien aus dem
Gebiete der religiöfen Speculation, Gießen 1845;
Theologie des Berliner Magiftrats, Münfter 1845;
Ueber die Nothwendigleit einer Wiedergeburt der
Philologie zu deren wiſſenſchaftlicher Vollendung,
Giefen 1847 ; Ueber die Natur, ihre Beherrſchung
und Berherrlihung durch den Menſchen, Münfter
1850; Neuteftamentliche ne: 2 Bde.,
Mainz 1852; Gefchichte der Fath. theol. Facultät
zu Gießen, Gießen 1860. Auch war er Mitheraus:
geber der Baader'ihen Werte, insbefondere des
14. Bandes, Verfaffer des Namen: und Sachregi⸗
ſters zu allen 15 Bänden, Leipzig 1860, und meh:
rerer dahin einſchlagenden Schriften, 3. B. Baa-
der’ä er vom Weltgebäude verglichen mit neuern
aftron. Lehren, Frankf. 1866,
Lug, Johann Samuel, geboren 1785 in Bern,
Früh verwaift, erhielt er * Bildung in ſeiner
Vaterſtadt, verſah während ſeiner Studien eine
Hauälehrer: und eine Elementarlehrerſtelle, bezog,
nachdem er fein Candidateneramen 1808 beftan-
den, mit Hülfe eines Stipendiums die Univerfität
Göttingen, wurde 1812 PBrofeffor am Gymnafium
und Rector der Xiterarjchule, dann Pfarrer zu
Wynau und in Bern an der Kirche zum h. Geiſt.
Fortwährend mit dem Unterricht im Hebräiſchen
und eregetifchen Studien beſchäftigt, erhielter 1833
eine ordentliche Profeffur an der Alademie. In
biejer Stellung, mit der fich firchliche und bürger:
liche Aemter an der Univerfität, im Erziehungs:
rath und den Synoden verbanden, wirkte er bis
an jeinen Tod 1844 mit großem Segen und tief
greifendem Cinfluffe. Seine Worlelungen iiber
biblische Dogmatif und bibtifhe Hermeneutif gaben
Rütſchi und A. Lutz heraus 1847—49. Er ſelbſt
* leine Schrift veröffentlicht. Vgl. Berner Ta—
chenbuch 1855.
Lutz, Lucius Samuel, reformirter Prediger.
%
ftet (1722 verweigerte er die Wiederholung Des:
jelben) und wirkte hier, fowie in Amſoldingen 1726
und Dießbach 1735 als eifriger und beredter Pre—
diger im Sinne des Pietismus, In feinen zahlrei:
hen und viel verbreiteten Schriften zeigt er einen
Reihthum an treffenden Gedanken, die aber häufig
in ſchwülſtigen Allegorien und Beziehungen und
in überfchwänglicher Weife auögefprodhen werden.
Vgl. Hagenbach, Kirchengeſch. des 18. u. 19. Jahr:
hunderts, 9, Borlej.; Trechſel, Berner Taſchenbuch
1858; Kahnis, Ztichr. für hift. Theol. 1869.
&urenil(T,uxovium),berühmtesftlofter infgranf:
reich, vom heil, Columban um 600 n. Chr. geitiftet.
Luzern. Den Grund der Stadt legte ein frän-
liſcher Edler, Wighard, durch Stiftung eines Got:
teshaufes und einer Benedictinerabter, um melde
jih allmählich die Stadt anbaute, Bon der Refor—
mation ſchloß Luzern fih ab und war feit dem
Siege bei Kappel 1531, noch mehr feit der Stif:
tung der beftändigen Nuntiatur 1579 und dem
borromeischen Bunde 1586 (Bund der fatholifchen
Cantone, ein Werl Karl Borromeo's, Erzbiichofs
von Mailand), der Mittelpunft der fatholifchen
Intereffen. Dennoch entwidelte fich feit Anfang
des 18. Jahrhunderts in der Regierung eine libe-
ral⸗katholiſche Richtung; waren die Disciplinar:
vorſchriften des Tridentinums niemals anerfannt
geweſen, jo wurde innerhalb dieſes Zeitraumes
noch das Placet der Regierung, die Gerichtsbar—
teit über Die Hllerifer (Udligenſchwyler Händel) und
Aehnliches durchgeführt. Im Landvollke behauptete
dagegen der Ultramontanismus ſeinen zumal ſeit
1814 durch Verwaltungsmaßregeln, das Baſeler
Concordat, Berufung der Jeſuiten nach Wallis,
Freiburg etc. ſtetig ſteigenden Einfluß. So erlangte
der Klerus 1833 die Verwerfung der neuen Bun:
beöverfaffung durch die Vollsabſtimmung. Berge:
bens fuchte die Regierung die ultramontane Macht
burd) eifrige Förderung der Badener Conferenz
1843 einzuſchränken; die Badener Beſchlüfſe, ein
Verſuch, „die Intereffen des Staates und der
— in gleichem Maße zu befriedigen“, von Öre:
gor XVI. verdammt, vermehrten ın Verbindung
mit dem übrigen Borgängen, wie der Aargauer
Klofterfrage, nur nod die allgemeine Gährung.
Die Berfalfungsänderung 1841 bradte den Sien
der ultramontanen Partei; nur den Katholiken
wurde das Bürgerrecht zugeftanden, auf das Pla-
cet verzichtet. 1843 ſchloß Luzern mit den jechs
„tatholifchen Gantonen“ den Sonderbund und be:
rief 1844 die Jefuiten an feine Yehranftalt und
das theologifhe Seminar. Die Gewaltherrſchaft
nöthigte viele Bürger zur Auswanderung, Die ver:
eint mit den Nadicalen der andern Gantone eine
——— Aenderung der Zuſtände verſuchten.
en beiden vergeblichen Freiſchaaren-Einfällen
(Dec. 1844 und März 1845) folgte der die Auf:
löfung des Sonderbunds ausſprechende Beſchluß
der Tagſatzung, dann, als dieſem feine Folge ge:
leiftet wurde, der Sonderbundskrieg, ben die Nie:
derlage Luzerns bei Gislikon den 23, Nov. 1846
beendigte, Luzern gehörte fonft zum Bisthum
Lycaonien 587 Lyra
Conſtanz, iſt aber durch das Concordat von 1828 ſeiner früheren Gegner. Als er deßhalb verklagt
dem Bisthum Baſel zugelegt. ‚war 1592, ſuchte Lydius zu vermitteln. Er ftarb
Lytaonien, Sandicalt im füblichen Theile von vor dem Ausbrud des Streites mit Gomarus
Kleinaften, durch den Taurus von Gilicien getrennt. ; 1601 und hinterließ 2 Söhne:
Unter der Römerherrichaft wechfelten die Grenzen, | Lydius, Johannes, geboren während des Auf:
einzelne Theile des Gebiete wurden verſchenkt, enthaltes feined Baters in Frankfurt um 1577,
das Hauptland kam zu Kappadocien. Die Haupt: war feit 1602 Prediger zu Dudewater. + 1643. Er
ftadt war Jlonium, jegt Konjeh, zur Zeit der Kreuz—
züge der Sitz eines ſeldſchukiſchen Sultans, ſüdlich
von Ikonium die Städte Lyſtra und Derbe, Apſtg.
14, 6. 11. Die Einwohner, nad) der einheimiſchen
Sage Abkömmlinge des Arkadiers Lycaon, galten
als gute Bogenihügen.
Lytien (Avxıe), 1. Matt, 15, 23, Landſchaft in
Kleinafien, zwiſchen Karien, Piſidien, Bamphylien
und dem Meere. Die Ureinwohner, bei Homer Soly:
mer, wurden von einem fretiihen Stamme, der fich
nad) dem Athener Lylos Lykier nannte, vertrieben;
diefer bewahrte jeine Selbitändigfeit bis zu dem
Siege des Cyrus. Zur Römerzeit bildete das Land
erſt einen Städtebund, bis Claudius es zur römi—
ſchen Provinz machte. Das Volk zeichnete ich durch
manche Eigenthümlichkeit feiner Cultur (Bauftil)
vor feinen Nachbarn aus und foll femitifchen Ur-
ſprungs gemwejen fein. Die Bibel erwähnt die Haupt:
tadt Patara nicht, wohl aber die Hafenftadt Myra,
ftg. 27, 5, und Phaſelis, 1. Maft. 15, 23,
Lydda, im Alten Teftamente Lod, 1. Chron. 9,
12; Esra 2, 33, eine Stadt unfern von Joppe, war
in nadheriliiher Zeit von Benjamitern bewohnt,
wurde von Demetrius Soter zu Judäa gezogen
und den Hoheprieitern überlaflen. Im jüdiſchen
Kriege durch Ceſtius zerftört, wurde die Stabt wie—
der aufgebaut und gewann unter dem Namen
Diospolis Bedeutung. Die Legende läßt hier den
heil. Georg, der in Nilomedien den Märtyrertod
erlitt, geboren und begraben jein.
Lydien. Nad) Einigen ift der Stamm ber Ly—
bier in Lud der Völkertafel zu erkennen, da ihre
Religion (der Dienft der Cybele und des Feuer:
gottes Sandon) eine Berwandtichaft mit den jemi:
tiſchen Völfern in Syrien anzeigt. Unter den He:
racliden 1220 v. Chr. gründeten fie ihr Reich, wel:
ches unter den Mermnaden jeit 719 noch auge:
dehnter wurde, bis es unter Kröſus den Berjern
unterlag. Berühmt als tapfere Krieger, zeichneten
bie Lydier ſich noch mehr aus durch Handel,
Erfindungen und Gewerbthätigleit. Der Reich—
thum und der wollüftige Gottesdienft untergruben
aber früh die Sitten. In der Bibel wird nur Sar—
des Dffenb. 3, 1, Thyatira Apg. 16, 14; Offb.
1,11; 2, 18 und Philadelphia Sf, 1,11 erwähnt
und die Gemeinde unglinftig beurtheilt.
Lydius, Martin, geboren zu Lübeck 1539 oder
1540 aus einer holländifhen Emigrantenfamilie.
Er ftudirte in Jlfeld, vorgebildet zu Tübingen 1560
und Heidelberg, wo er 1566 am Collegium sapi-
entiae als Lehrer angeftellt wurde. Bei dem Um—
ſchwung in der Pjaly unter Ludwig verließ er Hei:
delberg, ward 1579 Prediger zu Amfterdam und
überfam bei Errichtung der Univerfität Franeler
1585 dort eine Profeſſur. Er ift befannt geworden
als die unfreimillige Beranlaffung zu den Armi:
nianiſchen Streitigfeiten, indem er die Schriften
Eoornheert'ö und Arnold Cornelius’, der Brediger
zu Delft, welche nur eine bedingte Prädeftinations:
lehre geftatten wollten, dem %. Arminius zur Wi:
Mehr ige Die eingehende Beihäftigung
mit dem Öegenftand führte Arminius auf die Seite
N —— ſich am Kampfe gegen die Ärminianer
und gab heraus die Werke von N. von Clemanges,
Weſſels und einiges Andere.
Lydius, Balthaſar, der Bruder des Vorigen,
war geboren zu Umſtadt bei Darmſtadt um 1577,
ſtudirte zu Leyden, war 1602 Prediger zu Streef⸗
‚terf und 1608 zu Dortrecht. ALS ſolcher eröffnete
und ſchloß er mit Predigt und Gebet die Dortrech⸗
ter Synode. + 1629. Er war ein heftiger Gegner
der NRemonjtranten. Sehr jelten geworden ift feine
Schrift Waldensia, in welcher er den ——
hang der böhmiſchen Brüder mit den Waldenſern
nachzuweiſen ſuchte; als Urlundenſammlung für
die Geſchichte der Taboriten noch immer von Werth.
Sein Sohn Jakob (+ 1688) war gleichfalls Pre—
diger zu Dortrecht.
Lyon (Lugdunum). Die chriſtliche Gemeinde iſt
ſehr alt, bekannt iſt ſie durch ihre Leiden in der
Verfolgung 177, in welcher der Biſchof Pothinus
den Maͤrtyrertod erlitt. Die Sendung des Irenäus
nach Kleinaſien weiſt auf eine Verbindung der
Gemeinde, vielleicht auf ihren Urſprung hin. Durch
Irenäus wurde Lyon der Ausgangspunkt des
Evangeliums für Gallien. Später 407 ward es
die Hauptitadt der Burgunder, welde nad) dem
Religionsgefpräh 499 den Arianismus aufgaben.
Durch Chlotar 534 mit dem Frankenreich verbun:
den, erhob fich aud) das Bisthum unter Männern
wie Leidrad (+ 817), Agobard (816—840) und
Amolo (+ 852). Zum Erzbisthum erhoben, erhielt
es die viel beftrittene Würde des Primas von
Frankreich. Innocenz IV., der von Rom nach Lyon
geflohen war, eröffnete hier 1245 das 13. ökume—
nische Concil, welches Friedrich II. abſetzte und in
den Bann that. 1274 verfammelte Gregor X. das
14. öfumenifche Concil zu Lyon, auf welhem eine
Vereinigung mit der griechifchen Kirche (die aber
alsbald wieder zerfiel) durch die ſcheinbare Unter:
werfung der Griechen unter die päpftlihe Ober:
berrlichkeit und die Annahme des filioque zu
Stande fan. Auch wurden die A
über das Eonclave bei der Papſtwahl erlaffen. Vgl
Hefele, Conciliengefd. VI.
Lyra, Nifolaus von, Doctor planus et utilis,
geboren zu Lyre, einem Flecken bei Evreur in der
Normandie. Seine Kenntniß des Hebräifchen rief
die jonft durch nihtö begründete Annahme feiner
jüdifchen Herkunft hervor. Noch jung, trat er 1291
in dad Franciscanerflofter zu Verneuil, wurde in
Paris Dr. theol. und hielt dort Vorlefungen. 1325
wird er ald Drdenäprovincial im Teftamente der
Königin Johanna erwähnt. Er ftarb am 23. Dct.
1340. Seinen Ruhm erwarb er durch feine Postil-
lae perpetuae in V. et N. test., den erjten fort:
laufenden Commentar bes Mittelalterö, Dem auch
Luther viele Anregung verdankte (si Lyra non
lyrasset, Luth. non saltasset). Er ſetzte fich die
Aufgabe, vorzugsmweife ben Wortfinn zu ergrün:
den, auch die jüdiihen Ausleger zu berüdfichtigen
und ſich nicht Inehtifh an die Bulgata zu binden.
Als Ergänzung der Boftillen gab er die morali-
|tates, die myftifhe Ausfegung*ber Bibel, fpäter
Lyrik 588 Lyſtra
—— in die Poſtille eingeſchaltet. Ueber die Profeſſor nach Wittenberg folgen, gewann
rundſätze ſeiner Auslegung Es er 2 im Bro: | Anfehen, obwohl er im Streite mit S. Huber
loge aus, Die Postillae erfchienen zuerft in Rom | Orthodorie auch vertheidigen mußte, wich
1471—72 und öfter, 1511 in Paris franzöfifch. | dem Calvinismus aus, der in Sachſen fi) 1686
Die Basler Ausgabe 1498 enthält die Additiones | wieder erhob, und ging als Superintendent nad)
be3 Paul von Burgos (eigentlich Salomon Yevi, Braunſchweig. 1592 durfte ergegen das den Braun:
ein Zube, welcher —* und Biſchof von Burgos ſchweigern gegebene Verſprechen baldiger Rückkehr
wurde und 1435 als Patriarch von Aquileja ſtarb). ſein Amt in Wittenberg wieder übernehmen, ging
Lyrik. ©. Dichtkunſt und Pſalmen. aber bald darauf als Hofprediger nach Dresden.
Lyſanias von Abilene, der Sohn des Ptole: + 1610. Bon feinen Schriften ift am bedeutendſten
mäus Mennäos (+ 40 v. Ehr.), folgte jeinem Va- feine Fortſe * der von Chemnitz begonnenen
ter mit dem Titel Bandes oder zu (Jo- Harmonia IV. Evangelistarum, am darafteri-
sephus de bell. judaico II, 11,5; antig.XX, 7,1; | ſtiſchſten für feine Zeit eine Abhandlung, dab man
Lüc. 3, 1) in der Herrichaft und wurde auf Anftif: lieber mit Katholiken, ald mit Galviniften Gemein:
ten der Kleopatra von Antonius ermordet 34 od. ſchaft haben folle, ed. Ho& 1620. — Seine beiden
Chr. Ein Theil feiner Beſitzungen fiel an Kleo- Söhne: Wilhelm, Profeffor in Wittenbera 1627
patra. Ein Zenodorus, Pächter des Haujes ded und Polykarp in Wittenberg und Leipzig, ob⸗
Lyfanias, ift dann in Rom und muß auf Octavian’d wohl von untergeorbneter Bedeutung, werben
Befehl die Landſchaften Trachonitis, Auranitis, öfter genannt. Vgl. Tholud, Geijt der lutheri-
Batanäa an Herodes abgeben, der auch den größ- chen Theologen Wittenbergs, S. 4 ff.
ten Theil des Beſitzes nad jenes Tode erhält.) Lyſias. 1) Feldherr des Antiochus Epiphanes,
Agrippa erhielt fpäter den Kern des fogenannten Erzieher deflen Sohnes Eupator und Reichöver:
Reiches des Lyſanias. Zu der Luf. 8, 1 genannten a während feines Zuges gegen den Diten. Rad)
Seit war Lyſanias ſchon todt und es eint eine | dem Tobe deö Epiphanes führte er ſelbſt ein Heer
Verwechſelung vorzuliegen. Keim, Jejus v. Na: | gegen Judas Maktabäus, um die Niederlagen des
zara I, 619. Nilanor und Gorgiad zu rächen, ſchloß aber nad
Lyſczynski, Aafimir, der Atheift, auß einer vor: | der Schlacht von Bethzura Frieden, der den Juden
nehmen polnifhen Familie, war 1680 Richter zu | Religionöfreiheit gewährte. Die Erzählungen 1.
Brzesti in Lithauen. Wegen ſeines Hanges zu reli: Makk. 4, 26—82 und 2, Maft. 11, 1—12 berichten
iöfen PBaradorien ſchon ald Jüngling aus der | denfelben Vorgang. Lyfiad wurde mit Eupator von
Y uitenſchule zu Wilna ausgewieſen, beſchäftigte Demetrius, der fi des Königreiches bemädtigte,
er ſich mit theologifchen eg und fhrieb ermordet 161. — 2) Claudius Lyſias (Apftg. 23,
eine Kritik der Bemeife für dad Dajein Gottes. 26; 24, 7. 22), der römische Chiliard) auf der An-
Weiler fich felbft darin als Atheift befannte, wurde tonia, weldher Paulus, um ihn vor den Juden zu
er auf dem Reichätage 1688 angeflagt, von einem ſchützen, zum Proconful Feliz führen lieh.
geiftlihen Gerichte, danach) auch von den Ständen Kuyfimahus, der Bruder des Hohepriefterd Me:
verurtheilt, mit feinen Schriften verbrannt zu nelaus. Bon demfelben ald Stellvertreter in Je:
werden. Das Urtheil wurde nad) vorheriger Ent: rujalem zurüdgelafjen, wurde er von dem über Die
hauptung 1689 vollzogen. ' Tempelräubereien erbitterten Volle im Aufruhr
Lyſer, Polykarp, lutherifcher Theolog. Geboren erichlagen, 2. Maft. 4, 399—42,
zu Winnenden in Württemberg 1552, ein Neſſe Lyſtra, Stadt in Lylaonien unweit Derbe. Die
Jakob Andreä’s, bezog er 1566 die Univerfität | eigentliche Stelle der Stabt ift noch nicht ermittelt.
Tübingen und ward 1573 Prediger zu Gellerödorf Paulus wurde hier auf feiner Miffionsreife gefiei-
in Defterreih. 1570 Magifter, 1576 Dr. der Theo: nigt (Apftg. 14, 6—20) und lernte auf der zweiten
logie, mußte er 1577 einem Ruf ald Prediger und | Reife ben Timotheus hier kennen. 7
Maacha
589
Maaß und Gewicht
M.
Maacha. Mache. 1) Perfonenname mehrerer
Männer und Frauen. 1. Kön. 2, 39, 2. Sam. 2,
3. 1. Moj. 22, 24; 2) Syrifche Landichaft ſudöſt⸗
(id von Hermon, grenzend an Bafan und Geffur,
follte eigentlich von den rg bejegt werden,
blieb aber unerobert (Joſ. 12,5; 13,13; 2. Sam.
10, 6. 8). Der Umftand, daß die LXX an legterer
Stelle und Joſephus antiq. VII. 6. den König
von M. einen König Amaleks nennen, läßt Ewald
vermuthen, daß fid im Norboften des Landes
Refte der Amaleliter bis in David's Zeiten erhal⸗
ten hätten. Vgl. Ewald, Geſch. d. B. Iſrael 2.
Ausg. 1. S. 336 N.
‚ Raalzeihen. Die alttanaanäijche Sitte
der Verehrung heiliger Steine, ging auf Iſrael in
der Weije über, dab Stätten einer religiöfen Le:
benderfahrung, oft unter befonderer Feierlichkeit,
durch einen aufgerichteten Stein bezeichnet wur:
den. 1. Mof. 28, 18. Yof. 4,3. Zum Andenten an
Verjtorbene pflegte man ebenfalls Dentfieine auf:
zurichten I Mof. 35, 20. Zu Maalzeichen anderer
Art führte die Sitte, zum Zeichen der Trauer um
Todte das Haar zu verſchneiden oder ſich Zeichen
in die Haut einzurigen. er. 16. 6; 41,5; fie war
indefien ebenjo fireng vom Geſetze unterjagt 3.
Mof. 19, 28; 5. Mof. 14, 1, als die bei den heid⸗
—* Vöollern verbreitete Gewohnheit, zum Zeug:
niß der Unterwerfung und Angehörigkeit an einen
beftimmten Gott io Zeihen und Bilder in den
Körper einzurigen oder einzubrennen (3. Mof. 19,
28. Bol. Gal.6,17.) Dem derlegterwähnten Sitte
zu Grunde liegenden religiöfen Bedürfniß kam bie
Beihneidung und das Gebot der Duajten an den
Kleidern (4. Moſ. 15, 38.39) entgegen.
Maaß und Gewicht. Die hebrätfhen Maafe
find in ihrem Verhältniß zu einander durch die An-
gaben der Bibel genau bejtimmt; aber die Um:
tehnung in die uns un Maaße macht
Schwikkigkeiten, zumal die Angaben ver Rabbinen
und des Joſephus, die beide auf Autorität An:
er machen fünnen, nicht mit einander ftimmen.
aber weicht Thenius, der den Rabbinen den
Borzug giebt, von Bertheau und Böckh ab.
AsLtängenmaa ßgilt dieRuthe gleich 6 Ellen
oder 12 Spannen, oder 36 Bandbreiten (Balnten),
oder 144 Fingerbreiten. Grundmaaß ift die Elle.
Bei Czech. 40,5; 43, 13 wird eine größere Elle von
7 Handbreiten erwähnt. Manche (Bödh, Bertheau)
a rheiniſch. Richt. 3, 16 ift eine kürzere Elle,
omed, erwähnt.
ALS Bezeihnung von Weiten: Maafen lom:
men vor die Ausdrüde: Strede Wegs (Feldweg,
£uther) (1.Mof.35, 16; 48, 7), wohleine Stunde;
Tagereife, dad gewöhnlichite Maaß für Wegeftreden
gleih 7 Stunden (1. Kön. 19,4); Sabbatherweg
und zwar großer 2800, mittlerer 2000 und kleiner
1800 Ellen lang (Apftg.1, 12; Erod. 16,29), nicht
gen eine Viertelftunde. Außerdem werden das
tadium (der achte Theil der römifchen, der vier:
zigite Theil der deutſchen Meile) und die römifche
Meile (Matth. 5, 41), gleich s deutſche Meile
erwähnt.
Die Hohl maaße find: 1) für trodene Gegen:
ftände: dad Chomer oder Kor (Luk. 16, 7 Luth.
Malter) gleich 2 Letech, (nur bei Hof. 3, 2 vor:
—— oder 10 Epha, oder 30 Seah (Scheffel),
oder 100 Dmer, aud Zehntel (3. Mof. 14, 10),
oder 180 Kab. 2) für flüffige Gegenftänbe: Das
Bath, jo groß wie das Epha, glei 6 Hin, gleich
72 Xog. Chomer wird in ber Bibel nur von tro:
denen, das fpätere Kor (xögos N. T.) auch von
flüffigen gebraudt. Das Grundmaaß ift das
Epha. Die Berechnung der Rabbinen geht aus
von dem Log, welches den Raum von 6 Hühner:
eiern umfaſſe. Danach würde einBath 1014 Barijer
Kubitzoll ausmachen. Bertheau, welcher der An:
gabe des Joſephus folgt, daß das Bath dem at:
tischen Metretes, gleich 1985,77 Bar. 8.3. faſſe,
muß die Größen faft verdoppeln, was zu den
Angaben 3. B. über das eherne Meer (1. Kön.
7,26) und andern, z. B. über das Manna (2. Moj.
16) nicht ftimmt.
Die Gewichte find: das Kikkar oder Talent,
Maneh, (Mine),der Setel (Heiliger), der Bela (hal:
ber 5. Sekel), Gerah, das kleinſte Gewicht. Das
Kilkar (Luth. Centner) ift gleich 60 Manch (Luth.
Pfund), ges 3000 Seel, gleid) 6000 Bela, gleich
60,000 Gerah oder etwa 85 Zollpfund. Der im
Pentateuch wiederholt erwähnte heilige Sekel (2.
Mof. 30, 13. 24; 38, 24 — 26 :c.), wird nad) He-
fefiel 45, 12 (Lesart der LXX) berechnet gleich
dem fünfzigiten Theil einer Mine, oder glei) 2 ge:
meinen Sefeln, vgl. 1Kön. 10,17; 2 Chron. 9,16.
Das Gewichtsſyſtem ſtammt von den Babyloniern
ber, ihm liegt nicht das hebräifche Duodezimaliyitem
zu&runde. Die Namen der Gewichte find zugleich Die
unterjheiden daher eine größere, heilige Elle und | Bezeichnung der urjprünglich gewogenen Münzen.
eine Zleinere, gemeine, Thenius dagegen glaubt, | Der heilige Sefel jollte nad) den Rabbinen 320
Ezechiel meine eine, von Babylon und Aegypten | Gerjtenförner wiegen; nad) den maftabäifchen
er in Gebrauch gelommene Tpalmige Elle. Die
Münzen wog der Sefel 274 parifer Gran, hatte
änge der Ruthe berechnet Thenius auf 9 Fuß 3 | daher den Werth von 26 Sgr. 3 Pf. Bon fremden
88
Mabillon 590 Machärus
Münzen wird im A. T. die Darife, deren Werth; im Jahre 148 v. Chr. erfolgten Befiegung eines
5 Thaler pr. gemwefen ift, erwähnt. (Vgl.d. U. Geld). allgemeinen Aufftandes verlor M. auch den Schein
Zur Litt. vgl. Böckh, Metrol. Unterfuchungen ac.
Berlin 1838. E. Bertheau, zur Geſch. der Iſrae—
liten. I. Gött. 1842. DO, Thenius, in Studien u.
Krit. Jahrg. 1846. Heft 1 u. 2. Joh. Branbis, das
Münz:, Maß: und Gewichtsweſen in Borderajien,
Berl. 1866.
Mabillon, Johann, ein gelehrter Benedictiner,
wurde geb. den 23. Nov, 1632 zu ——— in
der Champagne, erhielt zuerſt von ſeinem Onkel,
einem Prieſter, Unterricht, ſtudirte dann auf dem
Collegium und im Metropolitanſeminar zu Rheims.
1654 trat er in die Benedictiner-⸗Abtei St. Remider
Mauriner Congregation. Da allzu angeftrengie
Studien feine Gejundheit bedrohten, wurde er, um
ihn denjelben zeitweilig zu entziehen, in verfchiedene
Klöſter gejchictt und mit geringen und äußerlichen
Aemtern befhäftigt. Wiederhergejtellt und 1660
in Amiens zum Prieſter geweiht, begann er jeine
Studien von neuem in der Bibliothef des Kloſters
Corbie und jegte fie als Schagmeifter der Abtei
St. Denys (jeit 1663) fort. Seine Dbern fandten
ihn 1664 nad St. Germain zur Unterftügung
d'Achery's bei Herausgabe jeines Spicilegiums und
übertrugen ihm danach die Vollendung der dur
Chantelon begonnenen Ausgabe der Werke des h.
Bernhard. Sie erſchien gleichzeitig in zwei Aus:
gaben Bar. 1667, 2 Bde. Fol. und I Bode. 8°, Aus
den Handſchriften und Chroniten des Benedictiner:
ordens bearbeitete er danad) die Acta Sanctorum
ord. Bened. Bar. 1668-1702, 9 Bde., und bie
Annales Ordinis B. 1703-1739, 6 Bde.,von denen
er aber ſchon den 5. Band nicht mehr jelbjt vollen:
den fonnte. Sein berühmteites Werf, durch wel:
ches er der Gründer einer wiſſenſchaftlichen Ur:
tundenlehre wurde: »De re diplomatica«, libri
VL, Baris1681 fol., ift noch heute unübertroffen.
der Freiheit und ward feither römiſche Provinz.
Als die bedeutendften Städte hebt das Neue Te:
ftament Bhilippi und Theſſalonich (das alte Ther-
me) hervor. Die Erwartung des Paulus, der
| die Vifion Apftg. 16, 9 entgegenlam, an den
Macedoniſchen Bergvöllern einen befjern und
| Fräftigern Stoff als an den leichtfertigen und
————— Kleinaſiaten zu finden, hat ihn
nicht getäuſcht; zu keiner Gemeinde er er in jo
‚ innigem Berhältniß als zu der von Philippi (f.d. A.
Den bier mit u Feindfeligkeit ihm ent:
egen tretenden Juden wich Paulus zwar durch
fin Abreife nad Athen aus, blieb aber durch
eine Sendſchreiben mit den Gemeinden in Ber:
bindung und befuchte fie noch einmal (Apftg. 18).
Bis zur Theilung des röm. Reiches 395 war M.
völlig riftianifirt. Bei derjelben fiel e8 an das
oſtrömiſche Reid) und theilte deſſen Scidjale.
Jet, unter türkiſcher Herrſchaft ift die Benölte:
rung größtentheil3 griehif-Tatholiih unter den
vier Erzbiichöfen von Salonidi, Seres, Koftenbil
und Uskub. Zu Macebonien gehört ber
Athos mit feinem berühmten Kloiter (ij. d. A.).
acedonind und die Maredonianer. M. wurde
von der arianifchen Partei in Conftantinopel 341
nad) dem Tode des Euſebius von Nifomebien zum
Biſchof gewählt; feinen Gegenbiſchof, den ortho—
doren, jhon 336 gewählten Houlus, veritieb bie fai-
ſerliche Macht. Unter den Shwantungenam faijer:
lichen Hofe mufite er 348— 350 feinen Gegnern wei⸗
en. Als erdann, nad) dem Tode des Kaijerd Con⸗
ſians wieder in fein Bisthum zurldgelehrt, ſich von
ben ftrengen Arianern trennte und Semiaria:
nismus träftig verfocht, wurde er 360 auf der Syn⸗
ode zu Conjtantinopel entjegt und ftarb bald Dar:
auf. Die nad ihm benannten Macebonianer find
Im Auftrage der franzöfiihen Regierung unter: | Semiarianer, jedoch nur in Bezug auf den Lehr—
nahm er wiſſenſchaftliche Reifen nad
land 1683 und nad) Jtalien 1685, um die Biblio»
theten zu durchforſchen und bedeutende Hand—
Hriften zu jommeln, deren er für die königliche
ibliothef an 3000 mitbrachte. Die Hauptergeb:
nifje diefer Neifen veröffentlichte er in Vetera
analecta, 4 B., Par. 1675—85 und Museum
Italicum, 2B., Bar. 1687— 83. —— feine Wahr⸗
heitsliebe in der Geſchichte des Ordens ihm ſchon
vielfache Anfeindung zu ssogen, jo kam jeine ano:
nym erſchienene Sri e culta Sanctorum
ignotorum, in der römische Mißbräuche gerügt
wurden, auf den Inder. Gegen den Abbe Rance,
den Stifter des Trappijten-Ordens, vertheidigte
er die Berechtigung und Verpflichtung der Mönch:
orden zu wiffenichaftliden Studien. Troß feines
ſchwächlichen Körpers beobachtete er bei einer un: |
ausgejegten Anftrengung der Studien Die Ordens:
regel auf das Genauefte und Iehnte alle Erleich—
terungenab. + 27. Dec, 1707, Er war eine Zierde
jeined Ordens. Sein Leben jchrieb jein Schüler
Ruinart, wo ſich auch das Verzeihniß feiner vielen
Schriften findet, Vgl. Taſſin, Gelehrtengefchichte
der Congreg. von St. Maur, Franff. 1784, 1.8.
Macedonien reichte zur Römerzeit vom ägäi—
ſchen bis zum adriatifhenMeere und lag zwiſchen
Thracien und Adaja. Nad der Schladht von
Pydna 168 wurde es, ſcheinbar unabhängig, in vier
Kreife (mit den Hauptjtädten Amphipolis, Theifa:
lonich, Bella und Belagonia) zertheilt, Mit der
eutfch: |
punkt vom h, Geift. Während nämlich der Atha:
nafianismus mit Nothwendigkeit dazu führte, auch
‚ den h. Geift als dritte ——— der Gottheit an⸗
unehmen, blieben die Semiarianer, die ſich nur
—— und allmählich den’ Nicäniſchen Formeln
näherten, in Betreff des h. Geiftes entweder bei
der früheren unbeftimmten Lehrweiſe ftehen oder
lehrten, daß dem h. Geifte gleiche Wejenheit mit
dem Vater und Sohne nicht zulomme. Rad dem
entjchiedenen Siege über die Arianer wurde im
Gonjtantinopolitaniihen Symbol von 381 auch
die hypoſtatiſche Gottheit des h. Geiftes in ber
Formel „ausgehend vom Bater” angenommen
und damit der Macedonianismus verworfen. Bal.
Baur, Trinitätslehre. Tüb. 1841. B. 1. Wald,
Kexerhiſt. B. II. ®
Mahanaim, Doppellager, ein alter Ort im
Lande Gilead. Der Urjprung des Namens wird
‚1. Moſ. 32,2 angegeben. Der Ort war jpäter
eine Levitenftadt im Stamme Gab an der Grenze
‚von Manafle yo. 21, 88; auch bie Reſidenz des
Isbdſeth, des Gegenkönigs David's (2. Sam. 2,
8), und wird rein unter Salomo (1. Kön. 4,
14) erwähnt. Nördlich vom Jabbot joll noch ein
Ort Mahneh fich finden, deſſen Lage zu der Er:
zählung 1. Moſ. 32, 3 ftimmen würde.
Machärus, jüdiſche Feſtung, wurde am norböft-
lien Ufer des Todten Meeres an der Südgrenze
Beräa’s von Johannes Hyrcanus erbaut und ge=
hörte jpäter zum Reid) des Herodes Antipas, der
..
—
Machſor 591 Maerlant
dort den Täufer gefangen hielt und hinrichten ließ. | der Franzoſen zu unterwerfen und die katholiſche
Erit zwei Jahre nah dem Falle von Jerufalem, Kirche einzuführen, riefen 1857 einen Aufitand
72 n. Chr., übergab die Bejakung die Burg den | hervor, beifen chuld auf die Ehriften gewälzt und
Römern gegen freien —*— ‚von den si Daran raufam beftraft wurde. Die Königin ftarb 1861.
ber Stabt aber wurden 1700 erjchlagen und Frauen Ihr Sohn beftieg nad —— eines Neben—
und Kinder in die Gefangenſchaft geführt. buhlers als Radama II. den Thron. Er verkün—
Machſor, d. h. Cyclus, iſt der Titel eines jüdischen | digte ſofort Religionsfreiheit und leiſtete dem Chri—
Gebetbuüches, welches die in beſtimmter Ordnung ſtenthum allen Vorſchub. Auf feine Einladung
jährlih im Gottesdienft wiederkehrenden Gebete, | dam Ellis, unterftügt von mehreren Miffionaren;
namentlich die religiöjen Feſtgeſänge (Biutim) ent- | feine Wirffamfeit wurde durd das Bertrauen,
hält. Dieje Gejänge ftammen von fpanifchen und | welches der König ihm bemies, gefördert. Den
deutfch:franzöfiihen Juden (10001300); als der | evangelifchen Miffionaren waren aber die Katho—
ältefte ihrer Dichter wird genannt R. Eleafar ben | liten noch zuvorgekommen; Radama ſchwankte zwi:
Yatob Kalir. Sie enthalten nicht bloß talmudiſche * Beiden, und ließ bald in ſeinem Hauſe Meſſe
Ideen, ſondern auch Gedanken der mittelalterlich leſen, bald Ellis predigen. Er hatte ſich früher
ariſtoteliſch⸗ſcholaſtiſchen Speculation und find | verpflichtet, daS franzöſiſche Protectorat anzuer⸗
ſel Juden ohne genaueres Studium vielfach un: | kennen; feinen unmäßigen Hang En ſinnlichen Ber:
verftändlich. Die Mahforim weichen in den ver: | gnügungen und feinen Aberglauben benußte eben:
fchiedenen Ländern und unter verjchiedenen Na: aus die heibnifche Partei; eine Ermordung der
tionalitäten ſehr von einander ab. Zuerſt bearbeis: | Chriften wurde vorbereitet. Die unfinnigften Ge:
tete ſie W. Heidenheim 1800, welcher feiner Aus: | jee des Königs bedrohten alle Drbnung, als er
gabe des deutſchen und polnischen Ritus eine Ein: | den 11. Mai 1863 erbrofjelt wurde. Die Königin
leitung und einen Commentar beigab. Vgl. Yeop. | Rojaherina übernahm die Herrſchaft; fie verhieß
ung, Ziteraturgejchichte der ſynagogalen Poeſie. den Fremden Schuß und gejtattete freie Lehre des
erlin 1865. Nachtrag dazu ebend. 1867, Chriſtenthums; ſeitdem arbeiten im Wetteifer ka—
Madagaskar. Inſel im indischen Ocean parallel | tholifche und evangeliſche Miſſionare in dem gleich:
mit der Südoftküfte Afrikas, von der fie durch den | zeitigen Kampf der franzöfischen und englifchen
Kanal von Mozambique getrennt ift. Ihre Bewoh: | Intereffen um den Sieg ihres Einfluffes.
ner gehören theild zur africanifhen Race, theild,| Madiai. Die Eheleute eher und Rofa M.
wurden 1852 in Tosfana des Verbrechens der
Gottlofigteit jchuldig befunden und zu längerer
Kerferhaft verurtheilt, weil fie in ihrem Haufe
rg Zufammenkünfte geduldet und Bibeln
und Tractate verbreitet hatten. Diejer Act relir
giöjer Berfolgung rief in der protejtantijchen Welt
eine ggoBe Aufregung hervor. Nachdem nicht nur
eine Deputation der Chrijten in Re en:
land, Frankreich, Holland und der Schweiz verge:
bens die Aufhebung der Strafe zu erlangen ver:
fucht, aud die Berwendungen des Königs von
Hefe und anderer protejtantifchen Mächte ohne
tfolg geblieben waren, bewirkten endlich die Dro—
hungen Englands, daß Beide, unter der Bedin—
gung der Auswanderung, aus ihrem Gefängniß
entlafjen wurden.
Madruzzius, Chriftoph, Carbinal und Fürſt—
bifchof von Trient, wurde geboren 1512, ftudirte
wie der herrihende Stamm der Howas, zur malaii:
ſchen. Die Religion ift ein nicht ausgebildeter Göz⸗
zendienft, ihre Briefter find nur Göhenbewahrer und
Zauberer. Die übliche Beichneidung hat mehr eine
bürgetliche als veligiöje Bedeutung. Die günftige
Lage ber —* auf dem Wege nad) Indien veran⸗
laßte eine franzöfiiche Riederlaflung 1644, begleitet
von katholiſchen Miffionöbeftrebungen. Die Eolonie
atte dafjelbe Schidjal wie eine frühere portugies
ſche 1505—45, fie wurde 1667 nad) einem durch
die Dreiſtigkeit eines franzöſiſchen Prieſters her:
vorgerufenen mörderifchen Ueberfall aufgegeben.
England verfuchte feit 1814 eine neue Verbin:
dung anzufnüpfen und ſchloß 1817 mit dem Kö:
nige Radama I. einen Vertrag zur Unterbrüdung
des Sclavenhandeld. Mit den durch Radama er:
betenen Handwerkern famen auch Miffionare, de:
ren Schulen der Herrfcher begünftigte, obgleich er
den Uebertritt und die Taufe jeiner Unterthanen | in Bologna und Padua und erhielt früh mehrere
erft auffeinem Todtenbettegejitattete. Seine Wittwe | anjehnliche geiftlihe Pfründen. Da er ſich als
Ranavalo:Mandidola, welche den Thronan fihriß, | Gejandter Ferdinand's in Venedig audgezeichnet
ließ anfänglich den Miffionaren freie Hand; ihre | hatte, empfahl ihn Karl V. zum Fürftbiihof von
Erfolge riefenaber Beſchränkungen und Berfolgun: | Trient; er ward zu diefer Würde erhoben, ob:
gen hervor. 1832 wurden alle eingebornen Lehrer | wohl er erjt 27 jahre alt war, 1539, erhielt
und Schüler der Miffionsihulen demHeere einver: | dann noch das Bisthum Briren 1543, wurde
leibt, 1835 das Leſen der Bibel verboten, viele Ehri: | Cardinal, und war 1555 —60 Statthalter in
ften getödtet oder ald Sclaven verfauft. Die Miffio- | Mailand. + 1578. Auf dem Tridentiner Con:
nare verließen die Inſel, unterhielten jedoch von | cil vertrat er kräftig die deutichen Forderungen
Mauritius aus eine Verbindung und jegten dort die | nad) Reformen; er forderte die Communion in
Arbeit bi3 1843 unter den Flüchtlingen fort. Wer | beiderlei Geftalt und Ueberfekung der h. Schrift
nig Erleichterung verichaffte es, daß jeit 1845 der | in die Landesſprache. Bei feinem Verlangen nad)
Erbprinz Raloto fich zu den Ehriften hielt ; glinftiger | Wiederheritellung der firhlihen Disciplin ſchlug
ward ihre Lage, alder nad) dem Tode des chriſten⸗ ihn der päpftliche Zegat mit der Gegenforberung,
feindlihen Minifterö Reniordo Antheil an der Re: | da dann zunächſt jeder Bischof nur ein Bisthum
gierung nahm. Derenglifche Miffionar Ellis machte behalten dürfe.
einen Beſuch 1852, den er 1856 wiederholen durfte. | Maerlant, Jakob, ber berühmtefte niederländi-
Intriguen eines Franzofen Lambert, der als | che Dichter des 13. Jahrhunderts. (+ um 1300 zu
Sclave oder Sclavenhändler nad M. gelommen , Damm bei Brügge), Berfafier einer Welthronit
war und bie Gunft der Königin erworben hatte, | (herausgegeben Leyden 1857 —59), mehrerer geiſt⸗
aber danach ftrebte, die Inſel dem Protectorate ! licher Gedichte, und einer Reimbibel (herausgege:
88 +
Ess
— — — — — —
Mähren
592
De
Märtyrer
ben von David, 2 Bde. Brüffel 1858—60), deren | Zeit nöthig entgegenzutreten, feitdem ihn die Ge:
1. Theil ber historia scholastica (histoire es-
colastre, eine der verbreitetften Hiftorienbibeln des
M.:Alters) von Petrus Eomeftor, Kanzler in er
SER während der zweite, das N. T., eine jelbft:
tändige ſynoptiſche Zufammenftellung der Evan:
gelien enthält. Seine Werke zeichnen fid) weniger
durch — dichteriſchen Gehalt, als durch große
Gelehrſamkeit aus.
Mähren. Die Religionsgeſchichte M.'s ſteht in
engem Zuſammenhang mit der politiſchen. Die
Miſſionsarbeiten unter den M. gingen von Paſ—
[en aus; als einer der früheften Apoftel wird Bi:
hof Urolf genannt. Herzog Raſtislav erbat ſich
aber 863 Miffionare von Eonftantinopel, um nicht
durch kirchliche Verbindung die bedrohliche Macht
der Deutjchen zu ſtärken. Kaiſer Michael fandte,
feinem Berlangen willfahrend, die beiden Brüber
Eyrill und Methodius, welde durch den Gebraud)
der jlovenifhen Sprache im Gottesdienft, die neu
erfundene flovenifshe Buchſtabenſchrift und die
Ueberfjegung der h. Schrift bald das Uebergewicht
über die deutjchen katholiſchen Miffionare gewan—
nen. Bom Papſte bei feiner zweiten Reife nad) Rom
zum Erzbifchof von Mähren geweiht 871, erneuerte
Methodius(f.d. A.) in Morsburg das alte Erzbis:
thum Sirmiumund trennte unter Beihülfedes Kap:
fte3 Mähren von dem alten Verband mit Salz:
burg. Sein Nachfolger, der Franke Wihing, gewann
aber den Herzog Smwantopluf für die lateinifche
GEultusform, die nad) dem Zerfall des Mähren:
reiches durch die Uebermacht der Deutfchen befeftigt
blieb. Das mährifche Biäthum zerfiel und Böhmen
ftand mit Mähren unter Regensburg, dann, jeit der
Gründung von Prag 967, unter diefem, bis 1073
Dlmüg, wo vorübergehend jchon die Biſchöfe Syl:
vejter 946 und Wratislaus 979 gemirkt hatten,
abgezweigt wurde. Bis 1243 ftanden beide Bis:
thümer unter der Metropolitangewalt von Mainz;
in diefem Jahre wurde dur Papſt Clemens VI.
Prag zum Erzbiöthum —* und Olmütz demſel⸗
ben hie a In denfolgenden Jahrhunderten
theiltedie mährifche Kirche die Schidjale der böhmi-
den. 1080 wurde der Gebrauch der Mutterjprache
im Gottesdienft,1197 die Briefterehe, 1350 die Com:
munion unter beiden Gejtalten verboten. Huß und
Hieronymus fanden hier ihre begeifterten Anhän:
ger und diefe durch die basler Compactaten 1433
und die Majeftätöbriefe der Fürften (mie des K.
Sigismund's 1435) Duldung für ihren Glauben.
Die Gemeinſchaft der böhmischen Brüder fand in
Mähren Schuß, ebenfo Waldenjer in Fulnek, aber
unter König Georg Podiebrad 1458—1471 traf
fie wiederholt ſchlimme Verfolgung. Zur Refor:
mationszeit bildeten fich ſowohl lutherifche und
reformirte ald auch wiedertäuferische Gemeinfchaf:
ten: gegen legtere richteten ſich zunächſt die Ber: |
folgungen Ferdinand's IL, mit ihnen wurden die
mäbrifhen Brüder unterdrüdt, deren legter Bi:
ſchof Amos Comenius (f. d. Art.) flüchtete. Aus
ihren Ueberreften in Mähren ging der Stamm der
sone Gemeinde (1722—1733) hervor. Die
egenreformation unter Ferdinand II. und dem
Biſchof Ladislaw von Dlmüg geſchah mit rüd:
fichtölofer Barbarei, dennoch fanden ſich nad) dem
Toleranzedict Kaifer Joſeph's IL, von 1781 noch
Taufende von Lutheranern und Reformirten. Seit
1777 iſt Olmüg Erzbisthum. Der Neigung zum
Nebertritt fand die fatholifche Kirche in neuerer
jeßgebung erleichtert und die jehr arme und ge
drüdte evangelifche Kirche aufzuathmen beginnt.
Die katholiſche Kirhe in Mähren fteht unter dem
Erzbifhof von Olmütz (f. d. Art.). Vgl. Watten:
bach, Beiträge zur Geſchichte der hriftl. Kirche in
Mähren. Wien 1849, Ginzel, Gedichte der Sla-
venapoftel und der flavifchen Liturgie. Leitmerit
1857. B. Czerwenka, das Perjecutionsbüchlein.
Geſchichte d. Berfolgungen des Evangel. in Böh—
men. Nach der latein. ———— 1648
deutſch bearbeitet. Güters 2 1869.
Mährifge Brüder. S. Böhmiſche Brüder.
Märkifche Kirchenordnungen. Die beiden fürft:
lichen Brüder, weldye die Reformation in den Mar:
ten einführten, Joadim II: und Seren von Kü:
ftrin fuchten beide fie auch durch Kirchenordnungen
u befeftigen. Die kurfürftliche 1540, mit des Bi-
—* von Brandenburg Bewilligung erlafſen,
verdrängte aber die der Neumark von 1538,
ald die Länder 1571 wieder vereinigt wurden.
Sie wurde durch Joachim's II. Nachfolger, Yo:
hann Georg (1571—1598) revibirt und mit einer
erweiterten Gonfiftorial » Ordnung 1573 publicirt.
Die Concordienformel, welche von Brandenburg
angenommen war, jehte Johann Sigismund (1608
— 1618) außer Kraft. Als reformirte ſymboliſche
Schrift gilt die Confessio Sigismundi 1614; zu
ihr traten hinzu die Erklärungen der fu tl.
Theologen auf dem Leipziger Colloquium, (j.d. 4.)
1631 unddem Religionsgeipräd) zu Thorn 1645 —
fämmtli mit Unionstendenz.
Märtyrer. ng ge nad Apftg. 22, 20;
1, Betr. 5, 1. Die M. find ſowohl ald Ausdrud
des in der Gemeinde waltenden Geiftes, wie durch
ihren Einflußaufdie Geftaltung der firhlichen Sitte
und bes Lebens von kirchengefchichtliher Bedeu:
tung. 2 feine Ueberzeugung, als ein hohes fitt-
lies Gut, zu leiden und zu fterben, ift nichts dem
Chriſtenthum Eigenthümliches; jede geiftige Neli-
ion von fittlihem Inhalte hat ihre Märtyrer,
Fefbft dem Heidenthum fehlen fie nit. Der fitt-
liche Werth des Märtyrerthums beftimmt ſich Durch
das Verhältnik der fubjectiven Treue und Gewiſ—
fenhaftigfeit zu der objectiven Bedeutung der ver:
tretenen Ueberzeugung für das fittlihe Gemein:
wohl. Zum Martyrium wird das Leiden in Folge
einer religiös » fittlichen Meberzeugung,, wenn die
Standhaftigkeit im Erbulden ein Zeugnik für
deren unveräußerlihen Werth, für eine darin er:
fannte und ausgeiprohene Gottesorbnung wird.
Es tritt regelmäßig da auf, wo eine fanatifirte
Dienge geleitet wird von einer Gewalt, welche ſich
durch die neuen Yehren die Stügen ihrer Macht
entzogen fieht. Religiöje Berfolgungen gehen da-
ber aus von einer Hierarchie oder einer erg sr
auf religiöfer Grundlage rubenden Madıt. 8
Bedeutungsvolle an der chriſtlichen Märtyrerge:
ihichte ift der lange Zeitraum (64 — 314), in
welchem die Verfolgungen fi immer erneuerten ;
ein Beweis von dem gemaltigen Widerjftreit, in
welchem die religiöfen und fittlihen Grundge—
danfen des Chriftenthums mit den Grundjä
ftanden, auf welchen das jüdifche und römiſche
Gemeinweſen aufgebaut war, und melden bie
Gegner zwar nicht ar erkannten, aber ficher
empfanden. Die mit der Zeit übertriebene Werth:
ſchätzung des Märtyrerthums in der chriftlichen
Gemeinde ruht nicht bloß auf der dankbaren Hody:
Märtyrer
achtung, mil welcher in jeder Gemeinjchaft Die:
jenigen angejehen werden, welche mit einer fitt:
lichen Energie des Thuns oder des Leidens ihre |
rincipien zur Geltung bringen, nicht bloß auf der
ittlihen Läuterung im Leidenskampfe felbft, und
ber ar a Auffafjung des Aehnlichwerdens mit
dem leidenden Heilande, vielmehr miſcht ſich in die:
felbe die afletifche und montaniftifche Uebertreibung
des Gegenjages von Welt und Chriftentyum, ber
durch die Berfolgungen nod) gejchärft wurde, Das
irdiſche Leben ſelbſt erſchien als etwas jo geringes,
daß die Erlöfung davon durch einen glorreichen Tod
nur wünſchenswerth wurde. Daher das Drängen
zu dem Blutzeugniß, welches die Berwunderung
und den Spott der Heiden erregte. — Je höher
das Märtyrerthum geſchätzt wurde, deſto ftrenger
wurde die Beurtheilung derer (Vgl. d. Art. Dona⸗
tiften), welche auf irgend eine fittlich erlaubte oder |
nicht erlaubte Weife demſelben fich entzogen hatten
(Bgl. d. Art. * libellatiei, sacrificati, tradi-
tores), um jo höher jtieg aber auch das Anjehen
berer, welche irgenb wie fich — erwieſen
hatten (Bekenner, Confessores), Wenn nämlich
auch — Dodwell's (de paucitate mart., in ejus
dissert. Cyprianic.,Oxon. 1684, dagegen Ruynatt,
593
Acta prim.mart. Bar. 1684) Unterfuchungen ftatt
ber „unzähligen” Märtyrer eine weit geringere An:
zahlanzunehmen ift, fo wurden doch noch weit mehr
mit Gefängniß, Verbannung und Torturen aller
Art beftraft. Aus der den Märtyrern gezollten Ehre
entmwidelte ſich die Heiligenverehrung der Fatholi«
ſchen Kirche. Als natürliher Ausfluß der Pietät
ergab ſich die — ihres Gedächtniſſes, die
Achtung ihrer Gräber und das Gebet an denſelben,
ſowie das Gewicht, welches auf die Empfehlung und
die Fürſprache der Märtyrer und — *
bezüglich der Kirchenbuße der Gefallenen, gelegt
wurde. Schon der belannte Brief der Gemeinde
Smyrna über den Tod Polykarp's fordert die
eier der Geburtötage (d. h. Todestage, ber himm—
liſchen Geburtätage) der Märtyrer; man beging fie
durd) Oblationen ( Daufgebete) führte darliber Ber:
zeichniſſe und fchrieb —— eſchichten auf. Der
Gedanke der innigen Gemeinſchaft zwiſchen der ſicht⸗
baren und unſichtbaren Gemeinde führte dann zu
der Vorſtellung von einer Fürbitte der Märtyrer bei
Gott. Dieſelbe knüpft ſich als beſonders wirkſam
an den Ort ihrer Gräber; ſo wurden auch über
denſelben Kirchen erbaut. Aus pietätsvoll bewahr⸗
ten Erinnerungen wurden wirkende Reliquien nach
der Theorie einer gsi Verbindung der
Seele mit dem Leibe; der ganze Heiligendienft
mit der Reliquienverehrung mußte ſig folgerichtig
entwickeln, bis das im religiöſen Glauben der
Gemeinde Lebende durch die Theologen in der
Lehre vom überſchießenden Schatze der Ver—
dienſte der Heiligen in ein Syſtem gebracht
wurde. Die anfänglich mit practifcher Tendenz
al3 Aufmunterung zur Nacheiferung gehaltenen
Gedädtnigreden wurden zu Huldigungäreden
(namentlih bei den Griechen) und regten bie
Phantafie an, melde die einfachen Lebenszüge
weiter ausmalte; fo entftanden zunädjt die Wun:
derfagen und Legenden mit ihren Berirrungen ins
Abgeſchmackte, endlich faljche und geradezu erdich:
tete Märtyreracten.
Märtyrer, die Bierzig, find 40 Soldaten, welche
unter Raifer Licinius zu Sebafte in Armenien 320,
weil fie den Göttern nicht opfern wollten, auf dem
Mäßigkeitsvereine
Eiſe bei Nacht nackend der Kälte ausgeſetzt und ſo
getödtet wurden. Einer fiel ab; als er aber in dem
ieh Bade, in welches er zu feiner Rettung ge:
acht wurde, ftarb, nahm einer feiner Hüter, ba:
durch befehrt, jeine Stelle ein. Die Leichen wur:
den verbrannt, die Aſche ins Waſſer geftreut.
Gedächtnißtag: der 9. März. Die Legende ift von
den Kirchenvätern oft homiletiſch benutzt. Vgl.
Baronii Martyrologiumromanum, Mogunt. 1631.
Märtyrer, Die Zehntaufend, zweimal in den
Martyrologien erwähnt. 1) Die Chriften, welche
in ber Verfolgung zuNicomebdien —— wur⸗
den, die 308 unter Diocletian ausbrach. Nach
der einen Angabe ſoll der Brand des kaiſerlichen
Palaſtes zu Nicomedien, den man den Chriften
Schuld gab, die —— geweſen ſein. Doch
ſagt Eufebins (8.6.8.8), baf man die Urfade
nicht kenne. — 2) 10,000 Märtyrer unter Hadrian
‚und Antonin (!), welche bei einer Empörung der
Gadarener und Euphratefier(!) bedrängt und dur)
die Hülfe eines Engels ſiegreich, ſich befehrten,
dann auf Verlangen des übrigen Heeres nad) vie:
len vergeblihen Nartern, welche das Leiden Chriſti
nahahmten, gefreuzigt wurden. Das Ganze tft
eine Legende und bereit von den Bollandiften
1707 al3 unauflöslicher Widerſpruch mit der
Geſchichte zc. verworfen. Dennoch blieben ihre
Namen im römiſchen Martyrologium, ihre Reli:
quien find vorhanden, wie auch eine eigene Meile
für ihr Feſt geftiftet ift.
Möpigkeitövereine heißen die Verbindungen,
deren Mitglieder feierlich verſprechen, fich des Ge:
nuffes von Branntwein und ähnlihen Getränfen
gen zu enthalten oder denjelben wenigftens aufs
eußerfte zu befchränten. Sie wurden hervorge:
rufen durch das Unheil, welches die zunehmende
| Trunffucht im Volke in fittliher und öfonomifcher
Beziehung hervorrief und durch die Erfahrung,
dab dem Uebel durch Geſetze und Polizeiverbote,
woran es niemals gefehlt hat, nicht gefteuert wer:
den fönne. Häufig wurde, namentlich in der katholi⸗
ſchen Kirche, den Mäßigkeitävereinen ein religiöfer
Charakter gegeben; fo hat die Heidenmiffion an vie:
len Stellen das Enthaltfamfeitägelübde zur Vor:
bedingung der Taufe gemacht. Durchgehends haben
die Mäßigkeitövereine fich nur als vorübergehende
Wirkung einer kirchlichen Anregung gezeigt: die
Gelübde wurden von Taufenden geleitet, aber von
Wenigen ftreng innegehalten ; aber fie haben einen
fräftigen Anjtoß gegeben, das öffentliche Gewif:
fen nad) dieſer Seite gewedt, fo mit unleugbarem
Erfolge gewirkt und groben Segen geftiftet. An
einer Stelle, im Staate Maine, haben fie fogar
ein Staatögefeg erlangt, welches den Berlauf aller
ipirituöfen Getränfe unterfagt. In Deutſch—
land gründete um 1600 der Landgraf Morik
von Heilen einen M. Berein, dem 1617 der zu
Gräg mit gleiher Tendenz gejtiftete St. Chri:
ſtophsorden folgte. Doc gewann die Idee ihre
rechte Bedeutung erſt in diefem Jahrhundert, als _
ich 1803 zu Bofton die Geſellſchaft von Maſſachu—
ettö zur Unterdrüdung der Unmäßigfeit bildete.
as gegebene Beilpiel fand Nahahmung, es
entjtanden Taufende ähnlicher Vereine, welche ſich
1834 in der „Mäßigkeits-Union der Vereinigten
Staaten” zu gemeinfamem Wirken zuſammenſchloſ⸗
fen. Rad) Europa und zunächſt nach Irland, wel:
es am meiften unter den Folgen der Trunkſucht
litt, übertrug 1829 die Mäßigleitsvereine der Pre:
Maffei
diger John Edgar zu Belfaft. Berühmt durd) feine
raftlofen und erfolgreihen Bemühungen wurbe
der Dominicaner Pater Mathem (f. d. Art.), geb.
10. Oct. 1790 zu Thomastown in Irland, 1814
zum Briefter geweiht und in einer der ſüdlichen
Srafihaften angeftellt, wo er das Volfselend in
vollem Maße kennen lernte. 1833 begann er feine
—— zu Cork, durchzog dann' ganz Irland als
Mäßigkeitsapoſtel (the Apostle of temperance)
und dehnte fein Arbeitsfeld aud auf Schottland
und Amerifa aus, + 1856 zu Queenstown. In
England hatte ſich 1831der „britifche und auswär:
tige Mäßigkeitsverein“ gebildet; bei der weiteren
irkſamkeit deſſelben kam ed in England zuerft zur
Scheidung zwiſchen Mäßigfeits: und Enthaltfam:
feitsvereinen, weld) legtere ihren Mitgliedern Cr
den Genuß von Wein und Bier verboten. Na
Deutfchland übertrug die Mäßigkeitsſache der Ab:
gejandte der amerifanifhen Mäßigkeitövereine R.
Baird 1835. Sie hatte hier dasjelbe Schickſal wie
anderwärts, anfänglich jögernde Aufnahme, dann
—— Agenten (Liebetrut, Böttcher, von
Seld)„gahlreiche Vereine mit Verſammlungen und
Eonferenzen, auch Widerftand und Angriffe (Ham:
burg 1841), eine Fluth von Schriften über den
Branntwein (Better zc.) und raſches Abnehmen
und Einfhlafen aller Theilnahme feit 1848. —
Die Gefhichte der Mäßigkeitsvereine in Amerika
gab Baird, deutſch Berl. 2. Aufl. 1838, die „ber
. Vereine in den norddeutſchen Bundesftaaten”,
Böttcher, Hamb. 1847, heraus, Bal. Desjelben
„Generalbericht über den Zuftand der Mäßigkeits—
Reform 1854."
Maffei, Bernhard. Cardinal, der Secretär
Bauls Ill, geboren zu Bergamo 1514, + 1558.
Schrieb einen Commentar über die Briefe Cicero's,
wurde als Beförberer der Wiſſenſchaften geehrt.
— Francesco Scipione, Marcheſe, geboren den
1. Juni 1675 zu Berona, ftudirte im Sefuiten:
collegium in Parma, trat 1698 in Rom ın die
arcadifhe Geſellſchaft, madte einige Feldzüge
mit, widmete ſich dann wieder, wie früher, der
Literatur und ftiftete in Verona eine gelehrte Ge:
Jenaer +11. Febr. 1753. Unter A Wer:
ten finden fich mehrere theologijche Tractate über
bad Duell und das Theater, Streitfchriften gegen
den Peer big eine Ausgabe des Hilarius
von Roitiers, Verona 1730 u. A. Außerdem für
die Diplomatif widtig: Verona illustrata. 8Bde.
Berona 1731—32. Gejammtausgabe feiner Werke:
Benebig 1790. 21 Bde.
— oh. Peter, oder Giampietro, geb.zu Bergamo
um 1536, 71603 zu Tivoli, trat in den Orben Jefu
1565 und war Profeflor der Eloquenz im Colle—
gium, Er wurde nad Portugal berufen, um bie
Geſchichte Indiens zu ſchreiben (Hist, Ind. libr.
XVI, bejte — Köln 1593), und von Gregor
XIII. mit der Geſchichtſchreibung ſeines Pontifi—
cates beauftragt (herausg. v. C. Coquetines, Rom
1743). Außerdem ſchrieb er die Geſchichte Loyola's
De vita et moribus S. Ignatü Loy. Qened. 1685.
Aus Sorge, die Reinheit feiner eleganten Latini—
tät zu verderben, foll er mit päpftlicher Erlaubniß
das Brevier griehifch gebetet haben. Bal. J. P.
Maffei, Opera omnia latine scripta. 2 ®be. Ve:
rona 1747,
— Vegius, Kanonilus zu St. Johann im La:
teran, wurde geboren zu Lodi 1407, + 1458 in
Rom. Ein feingebildeter theologiſcher Schriftfteller.
594
Magdalenum
Bon feinen Schriften ift Die befte der Tractat über
riftlihe Kindererziehung. Paris 1511 u. 5. Au⸗
ßerdem: Ueber die Beharrlichkeit in der Religion,
von der egilirten Wahrheit, den legten Dingen,
Biographien ꝛc.
agarlta, Magarites. Bei einigen Schrift:
ftellern des Mittelalters Benennung für Die Apo:
ftäten von der hriftlichen Religion, namentlich für
die zum Islam übertretenden, die jegt Renegaten
heißen. Der Name ift wahrſcheinli eleitet von
ro ueyapov dad Allerheiligite im Delpbifchen
und überhaupt in heidniſchen Tempeln.
Magdala. Ein Ort am See Tiberias, Mattb.
15, 39 (Marc. 8, 10 heißt er Dalmanutha). Rad
den Meiften der heutige DOrtel Medſchdel, am
Weſtufer des Sees, nörblid vom See bei Tiberias.
Geſenius hielt M. für das altteftamentlihe Mig:
dal:EI (of. 19,38). AusM. ſtammte Maria Mag:
dalena (f. d. Art.).
Mogdalena de Pazzi, eigtl. Catharina, geboren
1566 zu Florenz, trat jhon 1584 in das dortige
Karmeliterinnen:Klofter St. Frigidian, wo fie ſich
einer äußerft jtrengen Askeſe ergab. In Folge der:
felben fiel fie in eine gefährliche Krankheit, in der
ſich efftatifche Zuftände entwideiten, in welden fie
Geſpräche mit den gg und der Dreieinigfeit
führte. 1590 genejen, führte fie im Klofter als
Lehrerin, Novizenmeifterin und Unterpriorin ei:
nen aftetifh :erbaulihen Wandel. + 1607. Sie
wurde alsbald von Urban VIII. 1607 jelig, von
Alexander VII. 1669 heilig geſprochen. Ihre Schrif:
ten erſchienen Benedig 1739. Vgl. Acta sanct.
25. Mai. :
Magdalenerinnen. Der Orden von der Buße
ber h. Magdalena. Klöſter diefes Drbens, deflen
Zweck die Aufnahme und Rettung gefallener Mäd⸗
den war, finden fich in Deutſchland ſchon im 12.
Jahrhundert, ohne daß ihr Stifter befannt wäre.
Bon den Päpften erhielten fie manche Privilegien.
Gegen ihre urjprüngliche Beitimmung nahmen fie
aber bald nur unbefcholtene Jungfrauen auf. Nach
ihrer Tracht hießen fie die weigen frauen. In
— — ſtiftete die Genoſſenſchaft nach der Regel
uguſtin's Bertrand. In den Ordensſtatuten des in
Paris gegründeten M. Klofters von 1497 findet ſich
wieder bie Beftimmung, daß nur Gefallene aufge:
nommen werben bürften. Wegen der allmählich ein:
gerifienen jehr ungebundenen Lebensweije wurde
eine Reformation nöthig und der Orden 1629 erft
den Religiofen der Heimjuhung Mariä, danach ben
Urfulinerinnen, endlich den Hofpitaliterinnen von
der Barmherzigkeit Jeſu unterftellt. Die Mitglie:
der zerfallen in drei Claſſen.“ Die erfte, ver h.
Magdalena, umfaßte die eigentlichen Klofterfrauen,
die zweite, der h. Martha, die, welche das Gelübde
nicht ablegen fonnten oder durften; dieſen ſtand
ber Rüdtritt in die Welt und die Ehe offen; bie
britte des heiligen Lazarus zählte diejenigen, wel:
he gegen ihren Willen zum Zwecke der Zucht und
Befjerung dem Klofter übergeben waren; jie wur:
ben, wenn fie ſich gebefiert hatten, entlaflen.
dalenum, allgemeine Bezeihnung der in:
nerhalb der evangelifhen Gemeinde errichteten
Anjtalten zur Rettung gefallener Mädchen. Solche
beitanden ur im vorigen Jahrhundert zu Lon⸗
don; die erfte, das Magdalenen-Hospital, wurde
1758, diezweite, the Lock Asylum, 1787 gegrün:
det, denen dann, namentlich in den legten Lahr.
zehnten ähnliche Stiftungen in den meiften Städ:
Magdeburg
ten des Yandes nachfolgten. In Deutichland wur:
be bie erfte 1822 in Hamburg errichtet; dienächfte
ründete Fliedner 1833 in Kaiferöwerth; die Ans
t jegt zugleich etwa 25 Mädchen;
ihr folgte 1843 das Berliner Magdalenenftift, auf
40—50 Bfleglinge berechnet, dann 1854 das M. in
Neubetteldau, von Löhe geftiftet, 1856 Bethfeda bei
Boppard mit jährlich etwa je 10 Perſonen. Seit:
ber mehrten fich dieſe Anjtalten in Deutichland
von Jahr zu Jahr. Aehnliche beitehen in Frank⸗
reich, in Paris (feit 1841) und in Straßburg (le
refuge protestant, 1842 eröffnet), ferner in der
Schweiz, in Dänemarl, Rußland ıc. Das Haupt:
verbienft um ihre Ausbreitung erwarb fi Dr.D.
G. Heldring, Prediger in Hemmen (Gelderland),
beffen im Jahre 1848 in Steenbeet, zwiſchen Nym:
wegen und Arnheim gegründetes Aſyl außerdem
allen neueren M. zum Vorbild gedient hat. Sein
Hauptgrundfag iſt: Somohl der Eintritt in die
Anftalt wie der Aufenthalt in derſelben ſoll ein
eg freiwilliger fein. Durchſchnittlich bleiben
die Mädchen zwei Jahre im Afyl; der Zweck der
Erzie nr neben dem allgemein hriftlichen, fie
zu geſchickten Dienftboten zu machen; die Mittel
find Arbeit und religiöfe Unterweifung mit Fern:
haltung alles Höfterlichen Wefens. In der fatho-
liſchen Kirche ** — Anſtalten ſowohl
im Anſchluß an Klöſter (Soeurs de Marie et Jo-
seph), als in freier Vereinsthätigkeit. Die erſte der:
artige Stiftung rührt von Ludwig IX. (1226—
1270) von Frankreich her, ähnliche wurden von
Jean Zifferand 1492, Joh. Milicz (j. d. Art.) 1398,
Robert de Monty 1618, Marie von Miramion
(f. d. Art.) 1665, gegründet. Den evangelijchen
M. ftehen am nächften bie Häufer vom guten Dir:
ten, zu deren Stiftung eine PBarifer Näherin, La:
combe im vorigen Jahrhundert die erfte Anregung
gab; doc) unterjcheiden fie fih von den erfteren
durch die mehr Hlofterhafte Einrichtung. Val. Dr.
E.Herbit, die Magdalenen:Sade ꝛc. Elberf. 1867.
Magdeburg, das Erzbisthum. Unverbürgt ift
die Nachricht, daß Karl der Große ein Bisthum zu
Schildern in der Herrſchaft Schwalenberg geftiftet
habe, welches dann, nad) Falleröleben, durch Hein:
ri J., nad) Krefe, dur Dtto I. nad) Magdeburg
verlegt ſei. Sicher ift erft die Einrichtung des Erz⸗
bisthums 968— 70 durch Dito 1., weicher Magde:
burg baute und erweiterte. Er gründete das Bene:
dietinerflofter, welches danach die eigen der
Erzbifchöfe wurde und an dejjen Stelle Klofter
Bergen erbaut worden ift. Als Suffraganbisthli:
mer wurben Magdeburg untergeorbnet die unter
den Slaven neugeitifteten Bisthümer Meiſſen (ge:
ftiftet 988, vom Bapfte beftätigt 968), Zeig-Naums
. (geft. 968), Halberftabt (get. 786, von Karl
d. Gr.), Havelberg (geft. 946), Brandenburg (geit.
940). Der r rzbiſchof war Adelbert (I68—
y8l); find bis zur —— 4 Erzbiſchöfe
und 3 Adminiſtratoren gefolgt. Der kirchlich be:
deutendſte unter ihnen ift Norbert 1126—84, der
Stifter des Prämonſtratenſer-Ordens, der dieſem
Orden im Erzſtifte mehrere Klöſter überwies. Die
Erʒbiſchöfe hatten als weltliche Herren wiederholte
Kriege gegen die angrenzenden Slaven zu führen,
auch gegen Heinrich IV., Heinrich den Löwen und
fig mit den Markgrafen von Brandenburg, jo:
wie gegen bie Bürger von Magdeburg und Halle,
deren Rechtäverhältniß zu den Erzbiſchöfen immer
unficher blieb, Auch in den Huffitenkriegen hatte
595
Magdeburg
das Stift viel zu leiden. Das Burggrafenthum
Magdeburg ftand urjprünglich beim Haufe Sachſen,
war aber an das Erzitift jelbft verpfändet und
wurde erit 1538 von Johann Friedrid) von Sad:
fen wieder eingelöft, um der Reformation einen
Schut gewähren zu fönnen. Die Retibenz ber Erz:
bifchöfe war jeit Wichmann (1152— 92) Giebichen:
ftein bei Halle; Erzbifchof Ernft erbaute 1503 die
neue Rejidenz der Morigburg in Halle. Den Dom
zu Magdeburg baute Hunfried 1024— 52 au; er
brannte 1207 gänzlich ab, und der Neubau wurde
erft 1863 zum gottesdienftlichen Gebrauch geweiht.
Die Neformation fand in Magdeburg raſchen und
willigen Eingang, fo daß Erzbifhof Albrecht, zus
leih Aurfürft von Mainz, als feine Gegenbemü:
——— vergeblich blieben, das Stift verlieh. Erz:
biſchof Johann Albert 1545—50 mußte vor jeinem
Regierungsantritt den Wittenberger Bergleich ge:
nehmigen, weldyer freie Religionsübung zufagte.
Die Stadt trat bereits 1526 dem Torgauer Bünd—
niß bei. Nah dem Schmalfaldifhen Kriege ward
ie der Zufludtsort der vertriebenen lutheriſchen
heologen und der Mittelpunkt des literariſchen
Kampfes gegen das Interim (Unjeres Herr Gottes
Ganzley), von wo «ine won Flug: und Spott:
fchriften ausging. Vom Kaiſer auf dem Augs—
burger Reihötag 1550 in die Acht erklärt, mußte
fi) Magdeburg am 5. November 1551 an Morig
von Sadjen unter milden Bedingungen ergeben.
Dem legten päpftlich beftätigten Erzbiſchofe Sigis:
mund 1553—66, welcher aber zum Broteftantis:
mus übertrat, folgte der poitulirte Erzbiſchof Joa—
him Friedrich, jpäter Hurfürft von Brandenburg.
Mit der Wiedereröffnung des feit 1546 gejchlofje:
nen Domes zum evangelifchen Gottespienft war
bie Einführung der Reformation vollendet, die hier
1577 aud nad) einer andern Seite hin durch die
Concordienformelzu Klofter Bergen bei Magdeburg
zum Abſchluß fam. Wie Joachim Friedrich ver:
mählte fi) auch fein Sohn und Nachfolger Chris
ftian Wilhelm ald Adminiftrator 1598— 1631. Im
dreißigjährigen Kriege mußte Chriftian fliehen, das
Domcapitel ihn entjegen und Auguft von Sachſen
wählen. Als die Stadt Chriftian wieder aufnahm,
folgte die berühmte Belagerung und Erjtürmung
am 10. Mai 1631 durd Tilly. Im Weftpbälifchen
Frieden fiel Magdeburg, gänzlich jäcularifirt, an
Brandenburg, doc behielt Auguft Zeitlebens die
Adminiftration. Er erließ die Magdeburgifche Kir:
chenordnung 1652. Die beiden Brätendenten, Chri:
ftian Wilhelm und der vom Kaifer defignirte Erz:
herzog Leopold Wilhelm, wurden ——— —
In der neuern Kirchengeſchichte Magdeburgs iſt
1840 das Auftreten des Predigers Sintenis zu
bemerken, welcher die Anbetung Chriſti für Aber:
glauben erflärte und mit Suspenfion bedroht
wurde, in Folge deffen in Magdeburg eine große,
aber durch das vorfichtige Auftreten der Kirchen:
behörde bald wieder beſchwichtigte Aufregung ent:
ftand ; ferner die Bildung ber freien Gemeinde burd)
uhlid 1848, nachdem er feiner Pfarrftelle durch
das Confiftorium 1845 entjegt war. Magdeburg
ift der Sit des Gonfiftoriums für die Provinz
Sadfen. Val. Job. Ch. von Dreyhaupt, Pagus
Neletiei et Nudziei, oder Bejchreibung des zum
ehemaligen Primat und Erzitift, nunmehrigen
Herzogtum Magdeburg gehörigen Saalkreijes.
1755. Rathmann, Geſch. der Stabt Magdeburg,
4 Bde., Magdeburg 1800—17. Hoffmann, Chronit
Magdeburger Genturien
der Stadt Magdeb., 3 Bde, Magdeb. 1843—47.
Magdeburger Genturien, S. Genturien.
Mageth, Mafed, Stadt in Gilead, welche Mat:
fabäus eroberte, 1. Malt. 5, 26—36,
Magie hat —* Urſprung im chaldäiſchen Re:
ligionsweſen. Aus dem urſprünglichen einfachen
Naturdienſt der Babylonier, welcher in der Sonne
das zeugende und belebende Urprincip erfannte,
entwickelte ſich bald ein Dienſt der Geſtirne. Indem
man nämlich das Sonnenſyſtem erkannte und bie
Uebereinſtimmung — den Erſcheinungen am
Himmel und denen des irdiſchen Naturlebens
beobachtete, ſchloß man auf ein Cauſalverhältniß
der erjteren zu diefen und fchrieb den Geftirnen
eine nähere Beziehung zu dem Menden: und
Erbenleben zu ; maßgebend für dieſe mußten ebenfo
wie für das Naturleben die Conftellationen der
Geſtirne fein, aus denen man alfo verfuchen konnte,
den Willen der Gottheit zu erforfhen. Die Aſtro—
nomie, mit welcher von jeher die Briefter der Ba:
bylonier fi beſchäftigt hatten, trat als Aftrologie
auf, mit welder naturgemäß Traumbdeuterei, Wahr:
fagerei u. dgl. fid) verband. Sobald aber die durch
die Sterne beftimmten Geſchicke aus gewiffen Zei:
hen und Conftellationen erkannt wurden, lag es
nahe, dieſen Zeichen und Formeln jelbft eine felbft:
ftändige Bebeutung zu geben. Es mußte aber
das Streben, dem unheilvollen Geſchicke zu ent:
gehen, dazu führen, jenen Zeichen und Formeln
andere —ãA7 denen die Macht innewoh⸗
nen ſollte, den Einfluß der Geſtirne und der in
ihnen waltenden göttlichen Kräfte zu wenden, um
fo mehr, als die häufige Täuſchung der als unfehl:
bar vorausgejegten Aftrologie eine durch unbe:
fannte Kräfte bewirkte Wandlung bes Gefchides
anzunehmen zwang. Die Berührung der Perfer
mit den Medern, welche den Babylonifchen Stern:
dienft angenommen hatten, übertrug einerfeitö auf
die Erfteren den Magismus, welcher Zoroaſter's
Lehre und bem Zend: Avefta urſprünglich fremd
gewejen war, andererfeitö entnahm auch biefer
wieder für fi den Gedanken der in Natur und
Menichenleben wirkenden böfen Geifter, von wels
chen die —— Wirkungen auf die Menſchen
ausgingen. Die Magie ſtellte ſich demnach die Auf:
gabe, durch geheime Mittel, die nur den Einge—
weihten bekannt waren, ben böfen Geiſtern zu be—
gegnen und ſie zu zwingen, von ihrem Willen ab—
zuſtehen, und ſich dem Willen des Menſchen unter:
uordnen. Der allgemeine Verfall der altheidni:
(en Religionen, der mit dem Sinken ber Religio«
fität und der Sittlichkeit zunehmende Aberglaube
bahnte der Magie und ihren angebliden Zau—
berfünften den Weg nad) Griechenland und Rom,
wo ſich Magier (Chaldäer) als a
deuter, Zauberer und Beichwörer in folder Menge
umbertrieben, daß häufig über ihre Ueberhand:
nahme geflagt und durch —— ihnen der
Aufenthalt in Rom unterſagt wurde (unter Sulla,
Auguſtus, Tiberius, Caracalla, Diocletian). Ge—
wiß umfaßte die magiſche Geheimlehre, welche
zugleich mit den aſtronomiſchen Kenntniſſen als
ein alleiniges Eigenthum der chaldäiſchen Prie—
ſter unter dieſen ſich fortpflanzte, neben aber—
gläubiſchem Trug auch manche tiefere Kennt—
niß der Naturkräfte, deren Wirkung dem Unein:
—— als Zauber erſcheinen mußte. Den Glau⸗
en an die Magie konnten ebenſowenig die Verbote
der chriftlichen Kaifer, ſich ihrer zu bedienen, zer:
596
Magier
ftören, als das anfängliche Chriſtenthum, weldes
darin das Wirfen ber Dämonen jah, demzufolge
aud die Wunder der Ketzer ald Wirkungen ber
Magie erklärt wurden. So pflanzt ſich der Glaube
an die Magie durch das ganze Mittelalter fort und
fand im Stubium der Kabbala und ber Alchymie
neue Nahrung. Die Fortfegung war dann berpopu-
läre Teufel: und Herenglauben. Spurender Magi
finden fich übrigens bei —* allen Völlern, als e
theils der Unbekanntſchaft mit dem Naturgeſetz, theils
einereinfeitigreligiöfen(aber erg ringe
ber Dinge. Der Unterfdieb ea unders von ber
magifhen Wirkung befteht darin, daß das Wunder
als ein Einmirten des abfolut freien göttlichen
Willens aufden Naturzufammenbang, ungehemmt
dur die fonft waltenden Naturgefege, zu faflen
ift, die magifhe Wirkung dagegen zwar auch von
einer geiftigen (dämonifchen) Kraft ausgeht, die
ebenfalls für frei vom Naturgejek gilt, daß aber
ber wirkende Geift felbft nicht frei tft, jondern zu
feiner Wirkſamkeit durch ein, wenngleich geheimniß⸗
volles, doch irdiſches Mittel gemungn ift. In der
Magie fteht die Erfenntniß, daß das Irdiſche Wir:
fung und Dffenbarung des Geiftes fer, noch unter
dem Banne des nicht völlig überwundenen Glau:
bens an bie Unbedingtheit und Abjolutheit ber
Natur felbft; daher macht fi aud im Chriften:
thum in gefunfenen Perioden und in den Volls⸗
meinungen der Glaube an Magifches immer wie:
der geltend. Selbft die um hat fi) noch nicht
ganz davon frei machen können. Die katholische
Lehre von der Weihe, dem Exorcismus, den Sa-
cramenten, ftreift hart an da8 Magiſche an. Auch
die evangelifch:lutherifche Lehre von den Sacra:
menten hat derartige Gedanken nicht völlig über:
wunden.
Magier heißen die Prieſter der Chaldäer, Meder
und Perſer. Wenn der Name, wie wahrſcheinlich,
indogermaniſchen Urſprungs, ſo iſt er von den ari⸗
ſchen Einwanderern auf die Prieſter des von ihnen
vorgefundenen und angenommenen Naturdienſtes
übertragen. Die Meder übernahmen wahrjhein:
lid) den Namen ber Priefter mit der Religion bei
ihrer Herrfchaft Über Babylonien. Aehnlich über:
trug fich der Name auf bie Perſer, ald durch die
Meder chaldäiſche Religionsbeftandtheile in die
Zendlehre —— Vorher wurden von den
Perſern die Gegner ihres Glaubens als Magier ver:
Da die chaldäiſche Weisheit ſich unter ben
eftern fortpflanzte, fo bezeichnet Magier in ber
Bibel bei den Propheten und fonft überhaupt bie
Weiſen und Gelehrten der Chaldäer. Im ſpätern
Gebrauch des Wortes iftdie Beziehung auf Wahr:
fagerei, Zaubereiund Befhwörung, womit bie hal:
däifchen Priefter fich vielfach abgaben, vorherrichend
eworden. Als gleichbedeutend mit Magier wird
Shaldäer gebraudit, 4. B. Dan. 2,2. Häufig er:
wähntmwerben die Magier bei den Propheten, Jer.
89, 3. 13; Dan. 2, 2. 12.24. 27; 5, 7.8.11. Daß
die Matth. 2, 1—12 erwähnten Magier aus dem
Morgenlande drei Könige geweſen jeien, deren
Namen (Caspar, Melchior und Balthafar) und
fogar Leichname zu finden man das Glüd —
wollte, ift erſt aus den drei „öniglichen“ Geſchen⸗
ken geſchloſſen worden. Das Alterthum dachte bei
ihnen richtiger an Aſtrologen. Auch Neuere bringen
„den Stern“ der Magier mit der Conjunction des
Jupiter und Saturn im Sternbild der Fiſche (747
a. v. o.) auf welche zuerſt Kepler aufmerkſam machte,
Magister sacri palatii
in Verbindung. Dagegen: Anger bei Niebner,
Zeitſchr. für hiſtor. Theologie 1847.
Magister sacri palatii, hatte eig
nur bie Verpflichtung, die Hausgenoffen und Die:
ner des Bapftes und der Garbinäle in ihren Muße:
ſtunden in ber chriftlichen Lehre und der heiligen
Schrift zu unterweifen. Die freiwillig vom heil.
Dominicus Üübernommene Arbeit wandelte Hono⸗
rius III. 1218 in eine Würbe, welche ftet3 von
einem Dominicaner belleidet fein follte. Später,
unter Eugen IV. (1486), wurde ihm bie Genfur der
in der päpftlichen Gapelle zu baltenden Predigten
übertragen, 1515 die Genjur aller in Rom gedrud:
ten Bücher; von jeiner Bewilligung follte ferner
bie Beröffentlihung von im Ausland gebrudten
Büchern abhängen. Bon allen ihm gewordenen
Borrechten hat ſich nur die Cenſur erhalten.
Magnentius, Flavius Magnus, der Anführer
der fatjerlihen Leibgarbe der Jovianer und Her:
eulianer,ftürgte durch eine Verſchwörung 350 n.Chr.
ben Kaiſer Conſtans zu Auguftodunum (Autun) und
warf fi zum Kaiſer auf. Im Glüd übermüthig,
lehnte er den Vergleichsvorſchlag Conſtantin's ab.
Bei Murja 352 geichlagen, er nad Gallien
unb töbtete fich jelbft 353. Um die Völler für fich
zu gewinnen, begünitigte er das Heidenthum in den
germaniſchen Provinzen und, freili vergebens,
die Orthodorie des Athanaſius es dem Kreu⸗
* auf ſeinen Fahnen war er ſelbſt Chriſt.
agniflcat, der Lobgeſang der Maria, Luc. 1,
46—55, fo genannt nad) jeinem Anfangswort in
der Bulgata. In der römischen Kirche wird er täg-
lid) in der Befper des Oificium divinum gebetet,
in der morgenländifchen Kirche gehört er zur Sonn:
tagsmette. Cäjariusvon Arles ſoll das Magnificat
als Hymnus in die römijche Kirche eingeführt ha:
ben. Metrifche Bearbeitungen als Choral finden
id einige in dem Liederſchatze der evangelifchen
irche.
Magnus, Magnoald, Maginald, Mangold,
Mang, ſchloß fich mit feinem Freunde Theodor dem
il. Gallus an, nad) deffen Tode (655) Magnus der
iederlaſſung St. Gallen vorftand. Bei dem Ueber:
fall des Stift durch die Franken, wobei die Mönche
verjprengt wurden, blieben die beiden Freunde
allein zurüd, erlitten viele Mifhandlungen, erhiel:
ten aber von Biſchof Bosto von Conſtanz Hülfe.
Die Nachricht, daß fie jih nah Schwaben gewen:
det und dort das Klofter Füſſen gejtiftet Hätten, ift
fehr unzuverläffig. Eine Biographie Magnus’ fin:
det ſich Berk Mon. II; eine andere aus dem 10. u.
12, Jahrhundert, jedoch von — igem Cha⸗
rakter, in einem Goder zu St. Gallen iſt in ihrem
zweiten Theile aus dem 10., im ersten aus dem 12,
Jahrhundert. Wegen der argen hiftorijchen Ver:
ftöße verwarf fie er Mabillon. Bal. Nettberg,
Kirchengeſchichte II, 148 ff.
909, 1. 05. 10,2, die Scythen. Sie zwangen
den Meder Ryarares zur Unterbredung ber Be:
lagerung Ninives und en nad) Herodot
(I, 103—-106) 28 Jahre lang in Afien. Gegen 624
v. Chr. zogen fie gegen Aegypten, wurden aber
von Pfammetich jzur Umkehr bewogen. Mande
597
Mahlzeit
Joh. 20 nimmt Gog und Magog als Bezeihnung
der legten Feinde bes Gottesreiches. Val. Goa.
Magyaren, Ungarn. Bor den Petſchenegen aus
ihrem Stammlande in Aften weidhend, hatten fie
ich erft mit ben Chazaren vereinigt, dann, von
ihnen getrennt, die Nord: Weft:Küifte bes Schwar:
zen Meeres bewohnt. Jm Bunde mit den Bulga:
ren und Arnulf von Kärnthen befämpften fie die
Mähren, dann, von Byzanz angereist, die Bulga:
ren, bis die Betichenegen, von diefen zu Hülfe ge:
rufen, ihr Heimathland eroberten und vermüfteten.
Sie fuchten fi nun neue Wohnfige an der Donau,
von wo aus fie auf Raub: und Kriegszügen Jta:
lien (Schlacht an der Brenta 899), Deutfchland
bis nad) Zothringen und die —— mit dem ſüd⸗
lichen Frankreich verwüſteten, bis die Niederlage
auf dem Lechfelde 955 fie für immer in ihre Gren⸗
zen wies, Jhre Wildheit und Graufamfeit war der
Schreden der Zeit; fie ftanden noch aufder nen
Stufe der Gefittung. Ihre Religionsbegriffe find
wenig befannt, fie glaubten indeß, fo viel fteht feit,
an ein höchſtes Wefenundan eine Unfterblichkeit; ihr
Gottesdienft kannte weder Tempel noch Gößenbil:
der, aber blutige Opfer, jedoch feine Menfchenopfer.
Zugleich mit der Begründung eines feitern Staats:
lebens unter Geifa und unter-dem Schuße feiner
Gemahlin Sarolta, einer Chriftin, fand das Chri—
ſtenthum allmählichen Eingang, vornämlich durd)
die Bemühungen des eh Piligrim von Ba:
ſau und den Miffionseifer des Erzbiſchofs Adal:
bert von Prag. Geifa’s Sohn Woik lieh fi 994
taufen und zogaus Bayern und Böhmen driftliche
Glaubensboten ind Land, unter ihnen die Mönche
Radla und Aitrif, mit deren Hülfe er Klöfter und
Bisthümer ftiftete und in Gran ein Erzbistum
errichtete. Ihm fandte Syivefter II. eine goldene
Königstrone. Unter dem Namen Stephan des Hei:
ligen ehrt ihn Ungarn als feinen Gefeßgeber und
Gründer des Reiches (vgl. Ungarn). Als jein Nach⸗
folger Beter, welcher mit deuticher Hülfe fich feines
Gegenlönigs Aba entledigt hatte, den Magyaren
verächtlich geworden war, erhob ſich unter An:
dreas 1041—61 ein Sturm gegen das Chriften:
thum, und heibnifche Sitten wurden wieder mit
leiß gehegt. Doch erließ noch Andreas felbft Ge:
etze gegen das Heidenthum und zum Schuß bes
Chriſtenthums. Einen Aufftand der heidniſchen
Partei dämpfte Bela 1061, aber noch die Könige
Ladislaus 1077—95 und Koloman mußten ſtrenge
—* zur Ausrottung der heidniſchen Sitten er:
laſſen.
Mahlzeit. Daß die gewöhnliche Stunde der
Hauptmahlzeit bei den Hebräern gegen Abend war,
kann aus der beibehaltenen Sitte der Eſſener und
der heutigen Beduinen ſowie aus Stellen wie 1. Moſ.
31,54; 1. Kön. 17,6; 2uc. 14, 12 gefchlofien wer:
den. Dagegen jcheinen für den Mittag zu ſprechen
1. Mof. 43, 16.25. Im Alterthum aß man ſitzend,
1. Moj. 27, 19; Richt. 19, 6, fpäter aber, jhon zu
Amos’ Zeiten, Am. 6,4, liegend auf Divanen, auf
den linten Arm geſtützt, wobei der rechts liegende mit
dem Hinterlopfe an die Bruft des Nachbars reichte,
Joh. 13, 23. Die Speifen wurden auf die niedri:
Ausleger finden in Jer. 4, 6 ff. die Scythen ge: | gen Tiſche zerfchnitten aufgeſetzt und mit den Fin:
meint, gegen bie auch Zephanja (1,7; 3,15) ge:
weifiagt haben foll. In der Erinnerung an fie
ſchildert Ezechiel 38. 39. die Gefährdung Jfraels
durch diefen Feind aus dem äußerften Norden,
ber dennoch, befiegt werden würde. Die Offenb,
gern genommen, die Brühe mit eingetunftem Brob
genoſſen, Matth. 26, 23. Zwiſchen dem Eſſen und
nad) ber Mahlzeit wurde Wein getrunfen. Bor und
| nad dem Ejjen wurden die Hände gewaſchen. Das
! Tifchgebet, urjprünglih nur ein Segenswunid,
Mai
und das Dantgebet ſetzten fich ſpäter aus beſtimm⸗
ten Formeln zufammen; die Safungen ber Rab:
zn darüber enthält der Tractat Berachoth
0.6—8.
Mai, Angelo, Cardinal, einer der bebeutenderen
Gelehrten der katholifchen Kirche, war am 7. März
1782 auSchilparioin der Brovinz Bergamo geboren.
Seinem Lehrer, dem Er Jefuiten Aloyfius Mozzi,
nad) Eolomo (in Parma) folgend, trat er 1799 in
die Geſellſchaft Jeſu, lehrte 1804 in Neapel Hu:
maniora und ftudirte nad) der Bertreibung ber
— im Collegium Romanum Theologie. In
rvieto zum Rriefter geweiht, legte er ſich vor:
nehmlich auf die Paläographie. Seinen Ruhm
begründete er durch die Entdedung literarifcher
Schätze auf der Ambrofianifchen Bibliothef in
Mailand und die Entzifferung vieler Balimpfefte.
1819 berief ihn Pius VII. unter Entbindung von
feinem Drdensgelübde zum Bibliothefar der Ba:
ticanifchen Bibliothef. Während er zu den hödy:
ten tirhlichen Würden emporftieg, Canonicus im
atican, römifcher Prälat, apoftolifher Protono-
tar, Secretär der Propaganda und endlich 1838
Cardinal wurde, entwidelte er eine fortgejehte
und angeftrengte literariiche Thätigkeit in Heraus:
gabe einer langen Reihe von noch ungebrudten
chriften der Claffiter und der Kirchenväter, wo:
von die wichtigften in vier Sammlungen zujam-
mengefaßt find: 1) Scriptorum veterum nova
eollectio e Vaticani codd. edita Rom. 1825—
38; 10 Bde.; 2) Auctores classici e Vaticani
eodd. editi, Rom. 182888. 10 Bbe.; 3) Spiei-
legium Romanum, Rom. 1839—44, 10 Bände. ;
4) Nova patrum bibliotheca, Rom, 1844—54.
7. Bände. Diejenige Arbeit Mai’s, welche für
die Theologie die wichtigste hätte werben follen:
Vetus et Novum testamentum ex antiquissimo
codice Vaticano, ed. A. Mai, die Herausgabe der
Vaticaniſchen Handicrift, hat den Erwartungen
nicht entiprochen, auch, bereits 1837 vollendet, dem
Urheber jelbft nicht genügt, jo daß fie nad man-
nigfachen Correcturen und Berbefferungen erjt
nad Mai's Tode (+ 1854) durch den Barnabiten
C. Bercellone and Licht trat. Sie enthält den Tert
der amtlihen päpftlichen Ausgabe Sixtus' V. von
1587, in welchem die Lesarten der Handirift, und
dies nicht ganz vollftändig und kritiſch nicht ge—
nügend, angebracht find.
ai⸗Andacht nennt man die Gebete und gottes«
dienftlihen Feiern, welde zu Ehren der Jungfrau
Maria .. des Monats Mai verrichtet wer:
den. Ein Ausfluß des in der neueren Zeit geſtei—
gerten Mariencultus, hat fich dieſe Sitte von Ita:
lien aus verbreitet. Pius VII. begabte fie durch
ein Breve von 1815 mit vielen Abläflen. ‘
Mailand, das Erzbistfum. Die kirchliche Sage
ſchreibt die Einführung des Chriftenthums in Mat»
land dem Barnabas zu und läht als erften Biſchof
durch ihn den Anatolon eingefegt werben. Zu An:
jehen gelangte die Kirche von Mailand, alö die
byzantiniſchen Kaiſer dort ihre Nefidenz nahmen,
und durch den Ruhm ihres größten Biſchofs Am:
brofius 374—97. Lange bewahrte die Mailändifche
Kirche ihre Unabhängigkeit von Rom wie Aquileja
und rettete damit ihre eigene, jogenannte Ambro:
ſianiſche Liturgie, welche aus dem Morgenlande
ihren Urjprung genommen und jchon vor Ambro»
find beftanden haben mag. Unter den longobar:
diſchen und fränkiſchen Königen behauptete Mailand
598
Lehensgüter erließ. Aber das harte
Mailand
als erſter Bifchoffik des italienifhen Königreichs
eine Stellung, ähnlid; der Roms zu den Kaifern.
Der Erzbifchof, welcher früher vom Volke, jett
allein vom Domcapitel, gewählt und vom Kaifer
nur beftätigt wurde, beſaß große Reichölehen und
hatte durch dieſe und das Recht, den lombardiſchen
König zu frönen, mächtigen politiſchen Einfluß.
Aud waren alle lombarbifhen Biihöfe von ihm
Den Gipfel der Macht erreichte Erz:
bifchof Aribert (+ 1045) durch die Gunft des Kai⸗
ferö Konrad II, jo daß er den Gedanken faſſen
tonnte, mit Rom zu rivalifiren. Aber unter ihm
begann auch der Umſchwung. Als er über den nie-
berentehnsadel, die Balvafjonen, eine unbeſchrãnkte
Gewalt geltend zu machen verfuchte, rief dieſer den
Schuß Konrad's II. an, welcher dadurch veranlaft
die berühmte Gonftitution über das Erbrecht der
Berfahren des
Kaiferd gegen den Erzbifchof, den er abſetzte und
durch einen von ihm Ernannten erſetzen wollte,
ewann bem Aribert wieder alle national Gefinn:
en. Bejonders durd die Treue der von ihm frei
und wehrhaft gemachten Bürgerſchaft, welcher er
aud ihr berühmt gemorbenes Feldzeichen gab
(Garroccio, ein großes Crucifix, Darüber ein gol:
dener Apfel, an beiden Seiten Fahnen, gefahren
auf einem Wagen), konnte er fi in dem belager:
ten Mailand felbft gegen die faiferlihe Macht hal:
ten. Die Barteifämpfe zwifchen der freien Bürger:
Schaft und dem Adel wurden unter Aribert’sRactol
er, bem laijerlich gefinnten Guido, noch erbitterter.
ie „PBataria“ (j.d. Art.) juchte die Macht bes Bi:
—* und bes Adels durch Anſchluß an Rom zu be:
ränlen, fie eiferte unter Ariald und Landulfgegen
den mit bem Adel eng verbundenen Klerus, gegen
Simonie, Briefterehe und fein weltmäßiges Leben
ganz im Sinne Hildebrand’S und Damiani’s. hr
gegenüber ftand die Ambroſianiſche, deutſche und
faijerlihe Partei, welche die Selbftändigleit Des
Erzbifhofs unter dem Kaiſer wollte und die In—
terefien des Klerus und des Adels vertrat. Rur
nothgedrungen ordnete ſich Guido dem päpftlichen
Legaten, Damiani, unter. Als der faiferliche Gegen:
papit, der Lombarde Gadalous (Honorius IL), un:
terlegen war, erneuerte fich ein heftiger Kampf ter
—— unter dem „Retter der Kirche” Erlembald
otta. Eine zwieipaltige Erzbiſchofswahl ſchärfte
den Streit, in dem die Ambrofianifche Partei 1075
noch einmal die Oberhand gewann, um dann mit
dem Siege der Gregorianiſchen Kirchenpolitif über
bie deutſchen Kaifer für immer zu unterliegen. So
wichtig Mailand in der fpätern politifchen Geſchichte
Italiens immer gewejen ift, jo hat e8 feine kirchen⸗
geichichtliche Bedeutung ſeitdem verloren. Nur un:
ter jeinem ausgezeichneten Erzbifchof, dem heil.
Borromeo 15 ‚ wurde Mailand der Aus:
gangspunft weitergehender kirchlicher Beftrebun:
gen. Die hochgeehrten Reliquien der Gebeine der
heil. drei Könige fchentte Friedrich Barbarofja nad
der Eroberung Mailands feinem Kanzler, Erzbi:
ſchof Rainald von Köln, der fie nad Köln über:
führte. Giulini, Memorie spettanti alla storia e
al governo di Milano 10 ®de., Mail. 1760 - 70.
Cantü, Milano e il suo territorio 2 Bbe., Mail.
1844. Cusani Storia di Milano Bd. 1—3. Mail.
1862—65. Pabſt, de Ariberto II. Mediolanensi
primisque medii aevi motibus popularibus. Ber:
lin 1864.
Mailand, Synoden zu, Die erften Synoben,
reg A
Maimbourg
welcde erwähnt werden, wurden in den arianijchen
Streitigkeiten gehalten. Es wirb berichtet, 344 jet
das lange Glaubensbelenntniß der Eujebianer ab:
gelehnt, 346 oder 347 fei die Lehre des Photinus
verworfen worden und hätten Urfacius und Valens
ihren Arianismus widerrufen. Auf der Synobevon
355,weldhe Bapft Liberius beim Kaiſer erwirlt hatte,
erlangte diefer von ben 300 verfammelten —*
fen dennoch die Verdammung des Athanaſius.
Allgemeine Intereſſen beſchäftigten Bar Sy:
noden von 450, woüber die Epistola ad Flavianum
verhandelt wurde, und die von 679 unter Conſtan⸗
tin Bogonatus, welche die Monotheletifche Ketzerei
verurtheilte. Die fpäteren Synoden find nur
Provincialignoden, welche Gegenftände der Dis:
eiplin in der Kirchenprovinz behandeln. Die wich:
tigften von dieſen find die 6 legten unter dem Erz:
biſchof Borromeo 1565, 1569, 1573, 1576, 1579
und 1582 gehaltenen. Ueber dieje vgl. Harduini,
Acta X, Paris 1714.
Maimbourg, Louis, geboren 1620, ein Jejuit,
Prediger und Hiftorifer. Wegen feines Traite
historique del’eglise de Rome, worin er die galli:
canischen Freiheiten vertheidigte, wurde eraus dem
Orden * ben, lebte von einer königlichen
* ion in der Abtei St. Victor bei Paris und
arb 1686. Seine Geſchichtswerle ſind im Sinne
des Jeſuitismus geſchrieben, ganz ungenau und
leidenſchaftlich. Eine Sammlung derſelben erſchien
in Paris 1686 in 14 Bänden.
Maimbourg, Theodore, ein Verwandter des
Vorigen, hat ſich durch feinen mehrmaligen Con:
feſſionswechſel ſer wurde 1659 reformirt, 1664
wieder fatholifch, dann wieder reformirt) belannt
—
Ma ER ———— Maimon, ara⸗
biſch Abu Amran Musa ibn Abdallah ibn Maimon
Alkortobi, einer der berühmtejiten jüdiſchen Ge:
lehrten, war zu Cordova am 30. März 1135 geboren.
Sein Bater, ein Gelehrter, fiedelte unter dem Re—
ligionsdrud der Mohaden nach Fez über und be:
kannte fid) dort äußerlich zum Jölam. Hier erwarb
ſich Maimonides feine Kenntniffe des Arabijchen
und der arabijhen Wiffenichaften, begleitete dann
feinen Bater, als diefer nach Jerufalem auswan:
derte, und ging nad; deſſen Tode 1165 nad) Ka»
hirah, wo er Leibarzt Salaheddind und Mitglied
des Rabbiner-Eollegiums von Mizr wurde. + 1204.
Auf die Entwidelung des Judenthums hat Mai:
monides joldhen Einfluß gewonnen, daß er als ein
anderer Moſes neben den Begründer des Geſetzes
geftellt wurde. Er ſuchte die Lehren des Juden:
thums philofophijch zu begründen, vor allem aber
der Dürre der talmudifchen Satzung und der äußer:
lichen Religiofität dadurch abzuhelfen, daß er an
die Stelle des blinden Gehorfams die Erfenntnif
von den innern Gründen bes Geſetzes zu jegen
ſuchte. Er ſchrieb in hebräifher und arabiſcher
Sprade. Seine theologiſchen Hauptichriften find: 1)
der Gommentar zur Miſchnah in arabiſcher Sprache
(1158—68), welcher die Endergebnifle ber Talmu:
diihen Geſetzesauslegung feſtſiellt; in ihm finden
fi die 13 Glaubensartifel, welche in das Syna-
ogen:Ritual übergegangen find und von allen
du en täglich recitirt werden: „Es ift ein Gott,
der Schöpfer alles Beftehenden, — lörperlos, —
ewig —. Ihm muß der Menjc dienen ohne Ber:
„mittler. Es giebt Propheten —, von denen
„Mofes ber Höchſte. — Diefer empfing die Thora
599 Mainz
„von Gott und mündlich die Ueberlieferung —.
. denſelben kann Niemand hinzufügen —.
„Gott ift allwiſſend —, er belohnt und beitraft
„des Menihen Verhalten —. Einft wird ber
„Erlöjer, Davids Sohn, erfheinen. Dann wer:
„den bie Todten auferjtehen.” — 2) Die Mifchne:
Torah enthält in hebräiicher Spradye eine Samm⸗
lung aller Saßungen des Jubenthums, in 14 Ab:
theilungen geordnet. Endlich 3) in arabiſcher Spra⸗
de, aber hebräiſchen Schriftzligen verfaßt ift der
ore Nebuchim, Führer der Irrenden, eine philo-
fophifche Begründung des hebräifchen Gefeges. Das
Bud) warb noch bei feinen Lebzeiten in's Hebräiſche
überjegt und ift viel verbreitet. Joh. Burtorf, der
Sohn, überjegte es in’s Lateiniſche (Baſel 1629),
©. Munk zu Kris gab vor Kurzem den ——
Tert mit franzöſiſcher Ueberſetzung und zahlrei
—— heraus. Andere Werle in arabiſcher
Sprache über Aſtronomie, Mathematil und Heil:
funde vermehrten feinen Ruhm. — Sein Sohn
Abraham, ebenfalls Leibarzt 1184— 1254 ſchrieb
a ud „bas ben Frommen Genü—
gende.“
Mainz. Die Anfänge der riftlihen Kirche in
Mainz find unbekannt; die kirchliche Sage läßt fie
von dem Apoftelfchüler Clemens geftiftet fein, weiß
auch Bifhöfe zu nennen, welche den Arianismus
befämpft hätten, wie fie der Stabt einen Märty—
rer Alban ſchenkt, der enthauptet feinen Kopf jelbft
bis an den Drt des Begräbnifles trug, aber troß
bes Biichofscatalogs des Fuldaer Mönches Degen:
fried aus dem zehnten Jahrhundert, der mit Cle:
mens beginnt, tft der erfte verbürgte Name eirtes
Biihofs von Mainz, Sidonius, in der Mitte bes
ſechſten Jahrhunderts, deſſen Kirchenbauten ge:
rühmt werden. Auf Betreiben Pipin’s wurbeMainz
dem Bonifacius als Metropolitanfig zugewiefen
mit den Suffraganen von Tongern (Lüttich), Köln,
Worms, Speyer und Utrecht, wozu die neugeftif:
teten Bisthümer Buraburg, Würzburg und Eich:
ftädt (nicht Erfurt) famen. Hierzu wurden jpäter
noch Augsburg, Straßburg, Conftanz und Chur
gefügt, ferner J——— Halberſtadt, Hildesheim
und Verden, ſowie Prag und Olmütz, endlich Fulda.
Hiervon ging Buraburg bald ein, Halberſtadt und
Verden in der rg rg öln wurde mit
Tongern und Utrecht 799 felbft zum Erzbisthum
erhoben, ebenjo Prag mit Olmütz. Borübergehend
hatten auch Havelberg und Brandenburg, welde
dem neugeftifteten Erzbisthpum Magdeburg unter:
worfen wurden, zu Mainz gehört. Ald unter Bo;
nifacius’ Nachfolgern Lullus 754—786, Riculph
786—813, Haiftulph 813—828 das Bisthum be:
feitigt war, wurde es bald durch die enge Verbin:
dung, in der die Erzbiſchöfe mit den Königen als
beren —— und Erzcaplane ſtanden, wichtig
und bedeutend. Die Erzbiſchöfe, von den Königen
unter Zuſtimmung des Klerus und des Volles er:
nannt, benugten durchgehende mit Umficht ihre
Stellung zur Erweiterung ihres Beſitzes. Die erfte
kanoniſche Wahl ift die Markulfs 1141. Nament:
lich während der Kämpfe zwifchen den Kaifern und
den Päpſten famen jireitige Bifhofswahlen und
Gegenbiſchöfe der verſchiedenen Parteien vor, auch
ſetzten die Päpſte oder die Kaiſer zuweilen un—
mittelbar einen Erzbiſchof ein. Berühmte Erzbi:
Ihöfe und Aurfürften find: Rabanus Maurus 847
—856; der heil. Willigis 975—1011, der Sohn
eines Stellmachers, auf welchen der Urfprung des
®
Mainz
Mainzer Wappens (ein filbernes Rab mit jechs
Speichen, —— ein vervielfachtes Kreuz), zurück⸗
eführt wird. Er war Reichsverweſer während
tto'3 III. Minderjährigkeit und baute 978 —1009
den Dom, der am Tage der Einweihung wieder
abbrannte; der heil. Barbo 1031—51 weihte 1037
den neu erbauten Dom ein; Siegfried I. 1060—
34 fiel von der Partei des Königs zu Gregor VII.
ab. Auf der Synode zu Erfurt, ala er die Verord⸗
nung des Cölibats publicirte, wäre er beinahe von
dem zornigen Klerus erfchlagen worden ; Rudhard
1088—1109 trat, vom König eingefegt, zur Ge:
genpartei über und mußte 1099—1105 Mainz
meiden. Zur Sühne feiner Theilnahme an der
großen Judenverfolgung in Mainz 1097 baute er
das Kloſter Johannisberg, wo er begraben liegt;
Adalbert I. 1111—87 vermittelte als päpftlihere:
gat das Wormfer Eoncordat 1122. Auf Verwenden
Mainzer Bürgerfchaft Hatte ihn der Kaiſer aus
langer Haft 1112—15 befreit; die von ihm der Stadt
zum Dantertheilten Privilegien wurden in die eher:
nen Thore des Doms eingegraben. Arnold I. 118 —
60 wurde von den Mainzern, deren Steuerfreiheit
er verlegte, im Aufftand erfchlagen. Das Straf:
ericht Barbarofja’s zerftörte die Mauern und die
— der Stadt; Peter Aichſpalt 1305—
‚von Clemens V. ernannt, der einflußreiche
Gegner der Habsburger; unter Gerlach 1346— 71
wurde durch die goldene Bulle 1356 die bevorzugte
Stelle von Main; als Dekan des Aurfürftencolle:
ag anerkannt; Adolph I. 1379—90 grünbete
ie Univerfität Erfurt 1389; unter Theoderich
1434—50 ward ein Streit der Stabt mit dem Ale:
rus über deffen Steuerpflicht, der fchon unter Kon:
rad 1419—34 m. hatte, durch einen Ber:
trag (die Pfaffen-Rachtung) am 7. Januar 1435
beigelegt; Diether 1459—82 gründete die Univer:
fität zu Mainz 1477, nachdem er die Stadt dem
Erzbifchof erworben und feine Refidenz dort auf:
geihlagen hatte. Albrecht II. von Brandenburg
1514—45 übernahm wegen ber großen durch bie
übermäßigen Palliengeider verurſachten Schulden
des Erzſtifts den päpftlihen Ablaßhandel. Der
Reformation blieb er abgeneigt und unterdrückte
fie nad; Beſiegung des Bauernaufftandes im
Rheingau, mußte aber in ben heffifhen und thü—
ringifchen Bezirken —— e machen (Ver⸗
trag von Hamelburg 1630). Die Jeſuiten nahm er
1542 ins Erzſtift auf. Seine weltliche Verwal:
tung ift durch manderlei Reformen der Bermwal:
tung und ber Gerichte ausgezeichnet. Die Gegen:
reformation betrieben mit Eifer Daniel Brandel
1555—82, welcher Jefuiten nach Mainz und Heilis
genftadt rief, Johann Suicard 1604—26, welcher
durch Geldſtrafen alle Unterthanen zum regelmä⸗
Bigen Beh, des katholischen Bottesdienftes zwang.
Im dreißigjährigen nr litt das Stift fehr viel,
bie Schwe n beſetzten Mainz und das Eichsfeld,
die Spanier und Tilly waren zum Schuß herbei:
erufen gewejen. Kaum entging im Weftphälifchen
eden Mainz ber von vielen Seiten beantragten
äcufarifation. Mit Ausnahme von Erfurt und
Duberftabt blieb der Proteftantiämus allenthalben
unterbrüdt. Johann Friedrich Karl 1743— 63 ließ
das Mainzifhe Landrecht publiciren,; Emmerich
Joſeph 1763— 74, (Weihbiſchof von —— Fe⸗
bronius, ſ. d. Art.), gab nutzbringende reformato:
riſche Verordnungen über Klöſter und Feiertage;
Friedrich Karl Joſeph von Erthal, der letzte Erz:
600
Maiſtre
biſchof, lehnte ſich gegen die Vergrößerungsgelüfie
Deſierreichs an Preußen an. Gegen bie Eingriffe
bes römijchen —— vereinigle er ſich mit den
Kurfürſten und Erzbiſchöfen zum Emſer Congreß
und der E. Punctation 1786. Zur Ausführung be⸗
abſichtigter Reformen wurde der Statthalter von
Erfurt, Karl Theodor von Dalberg, als Coad—
jutor angenommen. Am 21. October 1792 wur:
de Mainz; von den Franzoſen erobert. Als in
den Friedensihlüffen von Campo-Formio 1797
und Lineville 1801 das life Rheinufer an
Frankreich abgetreten war, wurde dad Kurfürften:
thum fäcularifirt und zur Entſchädigung ber s
ften verwendet, bad Erzbiäthum nach Regens
verlegt und Dalberg als Reichserzkanzler und Bri:
mas von Deutichland übergeben; er behielt einen
eringen * des Mainzer Territoriums. Das
xrfuͤrſtenthum hatte zuletzt 150 Quadratmeilen
mit 300,000 Einwohnern umfaßt. Mainz wurde
in Folge des franzöſiſchen Concordats wieder zum
Bisthum erhoben unter Sofenh Ludwig Colmar
(+ 1818). Nach feinem Tode blieb der bifchöfliche
Stuhl 11 Jahre unbefegt, bis 1880, nach Bildung
der oberrheintfhen Kirchenprovinz 1821 und 1829,
Joſeph Bitus als Biſchof eingeführt wurde. Der
prengel umfaßte das links⸗ und rechtsrheiniſche
beifiiche Gebiet. Unter den Nachfolgern wurde das
Bisthum in Defanate getheilt und Diöcefanftatu-
teı erlaffen, Eonflicte mit den u reger über
die Rechte des Staates und der Kirche glücklich
vermieben, bis 1849 der Bapft die Beftätigung der
Wahl des Profeflord der —— und Philoſo⸗
phie zu Gießen, Dr. Leopold Schmid, verſagte
und an deſſen Stelle Wilhelm Emanuel von Kette:
ler den biſchöflichen Stuhl —7* mit welchem
Mainz zum Vorort der jeſuitiſch- ultramontanen
Veftrebungen und bed Kampfes der Hierarchie ge-
gen die Ordnung bed Staatslebend — iſt.
Mainardi, Auguſtino, ein evangeliſch gefinnter
Auguſtinermönch, welcher zu den erſten Berbreitern
der reformatoriſchen Ideen in der Lombardei und
Piemont gehörte. Wegen ſeines Glaubens flüchtig
geworben, ward er Prediger in Chiavenna, wo er
mit der anabaptiftifhen Richtung jeiner Lands:
(eute namentlich mit Gamillus Renato langjähri:
gen Kampf führte, in welchem wohl feine Redt:
läubigfeit, aber nicht immer fein Verhalten die
nerfennung ber Züricher und der Graubündtner
Synoden fand. + am 31. Juli 1563.
Maiftre, Graf Joſeph von Geb.am1. April 1753
zu Chambery, wurbe er 1787 Senator von Sa:
voyen, ging bei der Beſitznahme Savoyens durch
die u 1793 nad Piemont und folgte 1798
dem Könige nad Sardinien. 18035—17 mar er
bevollmädhtigter Minifter am ruffiichen Hofe, 1817
Staatdminifter und Kanzler und ftarb 1821. Seine
——— e Thätigkeit begann 1784 mit dem
oge du roi Vietor Amedee, dem mehrere Schrif-
ten gegen die franzöſiſche Revolutionspartei und
die Considerations sur la France 1796 folgten.
1810 erſchien fein Essai sur le principe regene-
rateur des constitutions politiques, dem 1819
jein berühmteftes Buch Du pape folgte. Rad} feinem
Tode erſchien vonihm: Lettre d'un gentilhomme
russe sur l'inquisition espagnole, 1822, Wie
Maiftre in feinem politifhen Wirfen eine Stüge
der unbebingteften Reaction war in dem bigotten
Geifte, der fie fennzeichnete, fotritt eraud) in jeinen
Schriften ald der Fanatiker der kirchlich-politiſchen
Majeftätsbrief
Reaction auf, der feine Sätze aber weniger be: |
ndet, wie ald fichere Dratel verfündigt. Der
elpuntt deö Chritentfumd und feiner Wirt:
ſamleit auf Erden ijt ihm die abfolute Papſtgewalt,
Grundbedingung alles jocialen Wohlergehens die
Umlehr zu —— tänden und Gedanken vor 1789.
Moiehätsh En die von Rudolf II. am 12.
Juli 1609 den böhmijchen Ständen verliehene Ur:
kunde, welde ihnen freie Religionsübung zujagte.
Die Berlegung und Aufhebung des Majeitätsbrie:
feö durch Kaiſer Mathias 1618 gab die Veranlaj:
rang zur Ausbruch des dreißigjährigen Krieges.
joliten, regulirte Kleriker des heil. Majolus
oder Somaster (j. d. Art.), find eine von Giro—⸗
lamo Miani 1533 geftiftete Congregation zur Be:
dienung und Verwaltung frommer Anftalten zu
Somascho bei Mailand.
Eupen, aus einer reihen Familie ig era
war Abts:Coadjutor und dritter Abt zu Clugny
948— 994. Durch Gelehrjamteit, Frömmigkeit und
Gewandtheit ausgezeichnet, dehnte er die Refor:
mation von Elugny über viele Klöſter aus. Als
Kaijer Dtto II. ihn zum Papſte machen wollte,
lehnte er dies ebenjo ab, wie er früher das Erz:
bisthum Bejangon ausgeſchlagen hatte. Vgl. Bar-
mann Politik der Bäpite. Elberfeld, 1869. II. ©.
127. 130. 200.
Major und der Majorifiifge Streit. Geor
Major, geboren 1502 zu Nürnberg, wurde 15%
Rector in Magdeburg, 1535 Pfarrer in Eisleben,
1536 Brofeffor in Wittenberg, 1547 Pfarrer in
Merjeburg, kehrte, von dort vertrieben, 1548 nad)
Wittenberg zurüd, wurde Superintenbent in Eis:
leben und 1551 von dort verbannt. + 1572. Gegen
feine Lehre, daß die guten Werte zur Seligfeit,
aber nicht zur Rechtfertigung nothwendig jeien,
necessaria ad salutem, welde er auch als Mit:
verfaffer des Leipziger Interims darin hatte ein-
fließen laffen, erhoben ſich Amsdorf (noxia ad
salutem), Flacius (deus non curat opera) und die
lutheraniſchen Eiferer. Major nahm feinen Aus:
drud 1567 und in feinem Teftament 1570, weil
er einer Mißdeutung auf katholifche Fromme Werte
fähig jei, zurüd; gg ern empfahl ftatt guter
Werte zu jagen: der neue Gehorfam. Die Goncor:
bienformel bezeichnet in Erledigung dieſer Streit:
frage die guten Werte als nöthig durch die Pflicht:
der Dankbarleit, nicht aber wegen der Rechtfer⸗
ung.
Rajor, Johann, Hänfel Meyer, ein humanifti-
ſcher ter und Satyriker zu Wittenberg, ver:
trat in feinen jatyrifhen Gedichten den Philippis⸗
mus, verhöhnte defjen Gegner, bejonders die Fla-
cianer, und wurde deßhalb Fomopl bei der erften Rie⸗
derlage der Kryptocalviniften eingeterfert (1578—
81), aĩs auch nach Kanzler Krell's Siurze (1691). Er
war geboren 1533 zu Joachimsthal, hatte 1549 -- 51
Wittenberg, dann Leipzig beſucht und war in Wit:
tenberg Magifter geworden. 1557—60 war er an
der Univerfität Würzburg und kehrte dann nad)
Wittenberg zurüd. 1557 hatte er bie theologiſche
Doctorwürde zu Mainz und 1558 zu Frankfurt
von König Ferdinand I. die Dichterkrone erlangt.
Er ftarb 1600 zu Zerbft. Bgl. ©. Franl, Johann
Major, der Wittenberger Poet, Halle 1863. —
Nicht zu verwechjeln mit ihm ift der Profeſſor der
Theologie Johann Major (geboren zu a am
2. Februar 1615, geftorben daſelbſt 1654), der
College Himmel's und Gerhardt's.
601
Makkabäer
Majorinus wurde nach dem Tode des Biſchofs
Menſurius von Karthago 311 von der (in Bezug
auf den Abfall zum Heidenthum, Auslieferung der
h. Schriften ze.) ftrenger gefinnten Partei gegen
den von den milder Gefinnten gewählten Ärchi⸗
diacon Caecilianus ala Bifchof aufgeftellt. Er ftarb
313. Nad) ihm nannte man jeine Anhänger pars
Majorini, ein Name, der fpäter, nach dem feines
Nachfolger Donatus in p. Donati, Donatijten
überging.
Majoritas ift die Amtögewalt, der Inbegriff
der Befugnifie des Kirchenamts. Aus der M. leitet
man ben Borrang der Geiftlichkeit vor den Laien
und ber ältern und höhern Weihen vor den jüngern
und niedern ab.
Makarius der Große raudapıoyeowr, geboren
300. Ein Schüler des heil. Antonius, zog er ſich
als Einfiedler in die ſtetiſche Wüſte zurüd! 830 und
führte dort 60 Jahre lang ein Leben ftrenger Ab⸗
tödtung. In der Verfolgung der Mönde durd
Valens ward auch er auf furze Zeit verbannt, Vor⸗
— find unter feinem Namen 50 Homilien
Paris 1559) und Fragmente (ed. Flo 1850), an
denen eine a > warme, aber realiftifche Myſtik ge:
rühmt wird. Das Bonner Univerfitätäprogramm
vom 3. Auguft 1866, worin Floß fi sufalend
Irrthümer hatte zu Schulden fommen laffen, hat
Sildemeifter auf feinen wahren rege zurückge⸗
führt. Vgl. ee es Mala:
rius. Zweites Wort. Elberfeld 1867.
Molarius, der Stäbter, noAırıxös, aus Alerans
drien, war gleihfalls ein Schliler des heil. Anto-
nius, vorher ein heidnifcher Bäder, zog ſich in die
nitriſche Wüfte zurüd und wurbe der Abt der Ein⸗
fiebler. + anı 2. Januar 404. Wie der vorige, ift
er ebenfalld unter Balens verbannt gewejen. Auch
werben von beiden Wunder berichtet.
Makarius von Antiohien wurde vom jechiten
ölumenifchen Eoneil (680) ald Monothelet in den
Bann gethan und aus der Hauptftadt vertrieben.
Mate j. Mageth.
Mallabaer ift der Ehrenbeiname des hasmo—
näifchen Gejchlechtes, der fi von dem Zunamen
Maklab, d. i. Hammer, herleitet, welchen Judas
in Mat. 3, 1; 5, 34) zuerjt erhielt. Andere Ab:
eitungen des Namens find mit wenig Wabrjchein:
lichkeit verfucht, 3. B. aus den Anfangsbuchſta⸗
ben der eriten Worte von 2.Moj. 15,11 als eines
Veen 5
affabäer, die Bücher der, Unter diefem Nas
men find uns vier Apofryphen überliefert worden.
Luther hat nur die erften zwei überſetzt; das dritte
findet 2 am Ende der gewöhnlichen LXX-Aus-
gaben. Das vierte, nur im Codex Alexandrinus
der griechiſchen Bibel, ein Aufſatz über „die Herr:
ſchaft der Vernunft über die finnlichen Neigungen
und Begierden“, wurde irrthümlich Joſephus zu:
efchrieben und daher feinen Schriften angereiht.
Nur das 1. und 2. tragen ihren Namen mit vol:
lem Rechte. Denn das 3. erzählt eine Begebenheit,
die der Zeit nad) vor die maffabäifche Erhebung
fällt (217). Eher darf das 4. Bud) den Maklabäer:
blichern beigezählt werden, da es wirklich einen
Theil der maltabäifchen Geſchichte behandelt.
Das 2.,3. und 4. Buch find griehi ch geichrieben
und alerandrinifchen Urjprungs. Dagegen ift das
erjte Bud in Paläſtina entjtanden und urfprüng:
lich in hebräiſcher Sprache abgefaßt. Jenes erhellt
aus der altfrommen Gejinnung und der genauen
Maktabäer
Ortslenntniß wie aus der Sprade. Für die he—
bräiſche Originalität diefes Buches fpricht Die 8
braiſirende Diction, die Leichtigkeit, die ſtlaviſch
gemachte ebertragung zurüdzuüberjegen und ein:
zeine Leberjegungsfehler (1, 28; 2,8. 34; 4, 19
u. 9). Origenes (bei Euseb. K. ®. 6, 25.) be:
geugt einen hebräifchen Titel des Buches: Sar-
eth sarbane el (= Scharbath sar& bene ’el
— Gefhichte der Fürften der Söhne Gottes).
Das Buch zeigt den Sprachcharakter der LXX,
die 7, 16, 17 citirt find. Die Quelle, aus wel:
cher der Verfaſſer ichöpfte, mar die zur Zeit,
als er jchrieb, noch lebhafte gejhichtliche Erinne-
rung an bie großen Bebrängniffe und Thaten ; die
verſchiedenen Urkunden, die das Bud) giebt, 3. B.
8, 22—32; 12, 6— 23; 13, 85—40; 14, 20— 23.
27 ff.; 15, 2—9; 15, 16— 23, verrathen ſich auf
den erſten Blick ald Fictionen. Nad) 9, 22 müſſen
auch fchriftlihe Duellen angenommen werben.
„Trotz aller Webertreibungen, troß aller Verſchwei⸗
gungen, trof der naiven Borftellungen von Spar:
tanern und Römern, endlih auch trog ber nad:
träglich gefertigten Reden und Briefe, muß dem
Buche doc im Wejentlichen der Charakter gegen:
ſtändlicher und zuverläffiger — —
ugeſprochen werben” (Holgmann). Das Buch um:
Takt einen Zeitraum von 40 Jahren, 175—135
v. Chr. und berichtet, nachdem es 1, 1—10 eine
allgemeine Einleitung vorangefchidt, 1, 11—2, 70
die Ereigniffe vom Regierungsantritt des Antio:
dus Epiphanes bis zum Tode des Mattathias, ſchil⸗
dert 3, 1—9, 22 die Thaten Judas des Maftabäers,
9, 23—12, 53 die Herrſchaft und das Hohepriefter:
thum Jonathan’3 und erzählt 18, 1—16, 22 die
Herrſchaft des Priefterfürjten Simon.
Das Bud) kann nach 13, 30 erft lange Zeit nad)
Errihtung des Denkmals durch Simon abgefaht
fein; ** ſetzt die ſummariſche Berichterſtattung
über Johannes Hyrkan deſſen Regierung als ab—
—— voraus. Da das Bud) eine auffallende
ntenntniß über die Römer zeigt, jo darf es nicht
über das Jahr 64, ald Bompejus in Afien fchal:
tete, herabgerückt werden. Es dürfte ſonach in die
en Jahre deö Alerander Jannäus (feit 106 v.
Ehr.) fallen.
Während das erfte Buch den natürlichen Zuſam⸗
menhang der Ereignifje faft immer fefthält und fo
als zuverläffige Geihichtöquelle gelten darf: jo
tennzeichnet fi das zweite Buch als eine ver:
bite Tendenzichrift, deren Zwecke nicht rein ge:
hichtliche, fondern religiös:didactifche und parä-
netiſche find; es will zwei jüdiſche Feſte, die Tem:
pelweihe, 10, 1—9, und das Nilkanorsfeſt, 15, 34
—37, den ägyptifhen Juben empfehlen und zu:
gleich bie alleinige Berechtigung des jerufale: |
En Tempels — dem von Dnias II.
in Xeontopolis in Aegypten erbauten darlegen.
Die Reinigung des pels verlegt das Buch
nad) dem Tode Antiohus IV., während fie vor:
” Statt fand (vgl. 2. Malt. 9, 28. 29; 10,
ff. mit 1. Mal. 4, 36 ff.); ebenfo I
find die beiden Briefe (2, 1—10a; 2, 10b—2, 18),
die Märtyrergefhichte 6, 18—7, 42 die wunder:
baren Erjcheinungen 3, 23—29; 5, 1—3; 10,
29, 30, die Briefe 11, 16—88; 14, 37—46, Rha⸗
gis Tod. Dennod ift das Buch nicht ohne
geihichtlihen Werth, fofern eö zur Berichtigung
und Ergänzung bes 1. Buchs beiträgt (vgl. 3, 1—
4, 6; 4, 7—7, 42 vgl. mit 1. Maff. 1, 10—64 ; 6,
602
Makowsky
2;13,3—8; 14,1). Nach den beiden Einladungs⸗
jchreiben folgt eine gejpreizte Einleitung 2, 19—
32, weldhe uns jagt, daß das Buch ein Wert des
Schweihed und ber eg fei, während es
ern nur ein Auszug aus Jaſon von Eyrene ift,
deſſen Schriften verloren find (vgl. 2,26. 29 ; 15,
38. 39). Der eigentliche Kern des Buches, 3, 1—
15, 37, zerfällt in zwei Hälften, die Ereignifſe vor
der Tempelweihe, 8, 1—10,9, und diejenigen nad
derfelben, 10,10— 15,36. Das Buch umfaßt einen
Zeitraum von 15 garen 176—161 v. Chr. Jo:
jephus tennt es nicht. Da es der Verfaſſer des
Hebräerbriefes (Hebr. 11,35) zu kennen ſcheint, jo
darf es vielleiht in die zweite Hälfte des erften
hriftlihen Jahrhunderts gejegt werden.
Wie das zmeite, jo fchreibt aud das dritte
Makfabäerbud) ein befferes Griechiſch ald das erfte.
Es hält im Ganzen bie —— e der neuteſta⸗
mentlichen Schriftſteller ein. Die Sprache aber iſt
geſchraubt, ſchwülſtig und geziert, das Buch voller
dichteriſcher und vebnerifher Ergfiffe, aber fait
ohne allen geichichtlichen Werth. Den Inhalt bil:
det ein legendenhafter Bericht über die olgung
der ägyptiichen Juden durch Ptolemäus IV, Philo
pator(221—204),anı denen er Rache nimmt für eine
Beihimpfung, die ihm in Jerufalem widerfahren.
Nach dem Siege bei Raphia 217 fommt der König
auch nad Jerufalem, befucht den Tempel und will
fogar in das Allerheiligfte eindringen, welches Be:
innen er aber empfindlich büßenmuß, 1, 1— 2,24.
afür finnt der König auf Rade, 2, 5 —3
30, die aber durch göttliche Hilfe vereitelt wird, 4,
1—7, 9, worauf die Rehabilitation der Juden er:
folgt, 7, 17—23. 2. Maft. 3, 9—40 ſcheint das
Vorbild diefer Erzählung geweſen zu fein. Die
Schilderung des Tyrannen —— ihre Farben
wahrſcheinlich dem „Götterwahnſinn Caligula's,
der Trunkſucht und blöden Zerſtreutheit des Clau⸗
dius.“ Dies und die Thatſache, daß Herodes vor
ſeinem Tode die Vornehmſten des Landes in eine
Rennbahn einſchließen ließ, um ſie zu tödten und
daß Pontius Pilatus in Cäfaren Aehnliches voll:
brachte, läßt mit Sicherheit annehmen, daß das
Bud in den erſten chriſtlichen Jahrzehnten, und
wie das 2,, in Mlerandrien entitanden tft.
Werthvoller als das dritte ift das vierte Bud,
nod) vor Jeruſalems Zerftörung geichrieben. In
Per Sprache ergeht fich der Verfaſſer, ein
onft unbefannter Jofephus (daher die Verwechſe⸗
lung mit Flavius Jojephus), in philofophirenden
Betrachtungen über die malfabätjcheh Berfolgun-
gen, bejonders die Martyrien Eleafar’3 unb ber
Mutter mit ihren fieben Söhnen. Er ftellt an bie
SER feines Buches den Lehrjag, daß die rechte,
& unde Vernunft die finnlihen Reiqungen und
egierben beherrſche. zu fommt eine Ausfüh-
rung über die Gardinaltugenden, vernünftige Ein:
fiht, Gerechtigkeit, Befonnenheit und Mäpigkeit,
die er an Beifpielen aus der ifraelitifchen Geſchichte
erläutert. Der Berfaffer, ein philofophifch gebilde:
ter alerandrinifcher Jude, „verbindet moſaiſche
Gejegesitrenge und ftoifche Moral, jüdifchen Bar:
ticularismus mit griehifhem Humanismus.” Rat.
Grimm, in Dr. Frikfche's und Grimm’s kurzge⸗
faßtem exegetifhen Handbuch zu den Apokryphen
des Alten Teftaments, s Buch 1855; die an⸗
bern 1857. Holtzmann in Bunſen's Bibelwerl, die
a ver Leipz. 1869.
Matowsly, Johann, geboren 1588, ein refor⸗
Makrina
mirter —— 2 Franeler 1615—44, aus Lob⸗
zenic in Bolen. Die Dortrechter Synode ſprach ihn
von der —— der
daß er die ſcho
603
Irrlehre frei, tadelte aber,
ſtiſche Lehrweiſe wieder in die re: réunions wurden durch bie venerable compagnie
Maleachi
land, richtete er 1818 die réunions de priere ein,
in welchen er gegen den —— der Geiſtlich⸗
keit eiferte und um ihre Bekehrung betete; ſeine
formirte Theologie ya und verbot fie, jeboch | verboten, er Por als Zehrer abgefegt und ihm die
olg £
ohne durchgreifenden i
frina, die Heilige, Schmwefter Gregor's von
Ryfia. Unter dem Einfluß eines aftetifch:frommen
itienlebens aufgewachſen, widmete fie ihr Le: | cher fi) aus den Erweckten
nad) dem Tode des ihr beftimmten Bräutigams
geiftlicher Betrachtung und Werken der Liebe in
dem von ihrem Vater ihr geftifteten Nonnenklofter
in Bontus. Ihr Bruder Gregor ſetzte ihr in der
vita Macrinae ein liebevolles Denkmal. Auch ihre
Großmutter desfelben Namens wird als fromme
Frau, die — erduldet, rühmenderwähnt. | M
Malachias, Erzbiſchof von Armagh. Geboren
zu Armagh um 1095, wurde er ein Schüler des
——— Imarus. Sein —— Leben ver⸗
ſchaffte ihm bald großes Anſehen, er wurde der
Gehülfe des Erzbiſchofs von Armagh und bald 1530
Biſchof von Eonnereth. In dem damaligen Verfall
der irifchen Kirche lag für ihn die Aufforderung,
fie durch Einführung der römischen Kirchenfitte zu
reformiren. Bom Erzbifchof Celſus zu feinem Nach⸗
folger bejtimmt, mußte er 5 Jahre lang dem Ge:
enbifchof Rauricius weichen; erft 1134 konnte er
ein Amt vollftändig übernehmen, um es 1137 an
Selafius zu übergeben, jelbit aber zu feiner frühe:
ren Armuth in ein Stift regulärer Kleriker zurüd:
zutreten. Im das Pallium zu erbitten, reifteer 1139
nach Rom, wo er zum —— für Irland ernannt
wurde, lernte bei dieſer Gelegenheit Clairvaur ken⸗
nen und ſchloß Freundſchaft mit dem heil. Bern⸗
hard, der ſein Biograph wurde. Das Pallium er:
hielt er nicht, weil der Papſt — eine iriſche
Nationalſynode müſſe für M. um dasſelbe bit:
ten. Durch Mönche von Clairvaux ſtiftete er
unter vielen Schwierigkeiten auch in Irland Ciſter⸗
eienferklöfter und ſtarb 1148 zu Clairvaux auf
einer zweiten Rom⸗Reiſe in Angelegenheiten der
iriſchen Kirche. Roms Dankbarkeit für die Gewin⸗
nun rang bat ihn ro geſprochen.
Bu achias, die Weisjagungen des im vorigen
Artitel genannten 5. Malachias über die Päpfte,
eine Reihe von unbeftimmt gehaltenen Devifen,
weiche auf die einzelnen Päpfte zu deuten jein
follen und von denen noch eilf auf ihre Erledigung
ober erg warten, find apofryph. Sie erjchie:
nen zuerft 1595 im lignum vitae des Benedicti:
nermönds Wion und find wahrjcheinlich bei der
Babftwahl von 1590 fabricirt, um auf die Wahl
des Cardinals Simoncelli einzumirken.
Malan, Ceſar, geb. am 7. Juli 1787, gehörte
zu den Männern, welde die religiöje Eigenthüm:
lichteit der methodiftiihen Erwedung Englands
auf die continentale Kirche zu übertragen ſüchten,
und, von diefer abgemwiejen, zu Sectenhäuptern
wurden. Er ftubirte Theologie in Genf, wo der
Rationalismus die unbejtrittene Herrichaft führte.
In dem durd Frau von Krüdener geftifteten Kreife
zuerſt angeregt, ſeit 1810 Lehrer und Religiondleh:
rer am Öymmafium, ward er 1817 durch den Schot⸗
ten Haldane erweckt, welcher ſeit 1816 in Genf ſich
—* Der freien Kirche, welche ſich, hervorge-
rufen durch ein rationaliftiiches Lehrverbot —*
doxer Lehrer am 3. Mai 1817 bildete, ſchloß er ſich
nicht an, unterſchrieb vielmehr jene Verordnung.
Aber angefeuert Durch eine Beſuchsreiſe in Schott⸗
Kanzel unterjagf. Da trat er zur fchottifch-preäby:
terianiihen Kirche über und errichtete mit Hilfe
fremder Unterftügung eine eigene Capelle, in wel:
enfs eine ſchottiſch⸗
presbyterianiſche Gemeinde bildete 1820 — 23.
Somohl die von ihm mit Vorliebe gepflegte Prä-
deftinationslehre als feine rigoriftifche Kirchenzucht
und jchottifhe Sabbathheiligung entfernten bald
einen Theil feiner Anhänger von ihm. Gr fette
feine ifolirte Thätigkeit jedoch fort und ftarb am 8.
i 1864.
a
Malchus, Joh. 18, 16, der Knecht, den Pe:
trus in Gethſemane verwundete. Der Name tommt
jonft vor im 4. T, bei arabijhen Fürften und
bei einem Sophiften zu Byzanz im 5. Jahr:
hundert.
Maldonatus, Johannes, einer der beften katho⸗
liſchen Exregeten. Geb. zu Las-Caſas de la Reina
in Eſtremadura 1534, ſtudirte er zuerft Die Rechte,
wandte ſich aber aufden Rath eines Freundes der
Theologie zu. Rad) einigen Jahren der Lehrthäs
tigkeit in Salamanca und Rom trat er in den er
juitenorden 1562 und wurde, als die Sorbonne
die Errichtung eines theologischen Lehrſtuhls den
Jejuiten nachgab, als der erjte Jejuit an die Pa—
rifer Univerfität gefendet. Seine Borlefungen fan:
den zahlreihe Zuhörer und —— Anerlken⸗
nung. Bon ſehr geringem Erfolge aber war eine
1570 unternommene Miffionsreile in Lothringen.
Seinen jpäteren Aufenthalt in Paris verbitterten
ihm Prozeſſe, in welche er verwidelt wurde, eine
Klage auf Erbſchleichung und die Beichuldigun
der Härefie, weil er die unbefledte ——
nicht als feſtſtehendes Dogma anerkannte. Beide:
mal von der Klage freigeſprochen, legte er ſein
Amt nieder und zog ſich ins Jeſuitencollegium von
Bourges zurüd, wo er literarischer Thätigteit,
zu der ihm biäher feine Zeit geblieben war, hingab.
+ 1583. Von feinen Werken ift das bedeutendſte
der erjt nad) feinem Tode von den Jefuiten zu
Bont a Moufion 1596 herausgegebene CEommentar
zu den vier Evangelien, beffen jpätere Ausgaben
mehrfach geändert find. In den Rejultaten der
Eregefe dem Tridentinum unterworfen, zeigt er
reiche patriftiihe Gelehrſamkeit mit richtigen exe:
getiſchen Urtheil. Die Bulgata wird nicht jelten
nad dem Grundtert emendirt. Seine Polemik ge:
gen die Galviniften ift kurz und präcis, aber nicht
ohne Leidenſchaft.
Maleadi, der legte unter den zwölf Heinen
Propheten, ift, was feine Berfon betrifft, gänzlich
unbefannt, da er weder jonjt wo erwähnt wird,
= auch von der ältejten Ueberlieferung gefannt
zu fein jcheint. Dies, ſowie der ſymboliſch jchei-
nende Sinndes Namens („mein Bote‘) hat zu der
Bermuthung geführt, daß M. gar nicht der wirk⸗
liche Name des Propheten fei, jondern blos fein
Amtstitel. (Val. namentlich Hengſtenberg, Chri:
ftologie III,, S. 583 ff.). Die in der Schrift
rügten Mißftände, Ehe mit heidniſchen Weibern,
Entartung des Opferweſens, Bernadläffigung der
BZehnten, — mit den von Nehemia 13, ge
ſchilderten ſo genau überein, daß die Wirkfamteit
des Propheten in die Zeit Nehemia's und zwar
Malebrande
jeiner zweiten Anweſenheit in Jerufalem, nad
dem 32. Jahre des Artarerzes Longimanus gejegt
werden muß. Das Bud) des Propheten, welches,
ſchon mehr gelehrte Abhandlung als lebendige
Rede, deutlich die Spuren einer erfterbenden Pro:
phetie an ſich trägt, ſchildert in drei Abſchnitten:
1) das Erbarmen Jehova's gegenüber feinem
Volke (1, 2—2, 9); 2) die Einzigfeit des Gottes
Sehova (2, 10—16); 3) die vorhandenen Uebel:
ftände, welde eine Verfündigung gegen den ge:
rechten Richter herbeiführen (2, 17—3, 24). Bgl.
Hitzig, H. Proph. 3. Aufl. 1865. Ewald, die Pro:
pheten des U. T. 1840—42, Umbreit, Prattiicher
Commentar (fl. Prophet., 2. Thl. 1846). Reine,
der Proph. Mal., Einleitung, Grundtert und Ue:
berjegung, nebfteinem vollftändigen phil., krit. und
hiftor. Commentar. Gießen 1856.
Malebrande, Nikolaus, geboren zu Paris am
6. Auguft 1638, ftudirte Theologie in der Sor:
bonne, namentlih Kirchengeſchichte und orienta—
liihe Spraden unter R. Simon, trat aber 1664
in die Congregation des Dratoriums ein und wid:
mete fi nun, angeregt durch Carteſius' Schriften,
dem Studium der Philoſophie. Als ausgezeichneter
Mathematiker und —78 — ward er Ehrenmitglied
der Akademie der Wiſſenſchaften. + am 13. Det.
1715. Seine philoſophiſchen Hauptſchriften find:
De la recherche de la verite, Paris 1674, befte
Ausgabe. Paris 1712, 4 Bde. und 2 Bde.;
—8 4 Bde. Halle 1776—86; De la nature et
de la grace, 1680; Entretien sur la metaphysi-
quc et la Religion, Rott. 1688, Bon Cartejius
ausgehend und dejjen Lehren inihre Eonfequenzen
durchbildend, nimmt er neben Geulinx (+ 1699)
und Pascal (j. d. Art.) eine bedeutende Stelle in
der hriftlihen Spekulation jener Zeit ein. Für
fein Syſtem bezeichnend ift der Ausdrud, daß wir
alle Dinge nur in Gott fehen, indem er von ber
Anficht auögeht, daß wir von der außer und exi⸗
jtirenden Welt nicht unmittelbare Kunde haben,
da die Körper nicht auf den Geijt wirken können,
fondern nur durd) eng Erleudtung von ihr
wiffen, und daß wir die Be —* auch der körper⸗
lichen Dinge in Gottes Geiſt, ſo wie ſie da ſind,
alſo richtig anſchauen. In Bezug auf Freiheit und
Gnade gerieth M. mit den Janſeniſten in Streit.
Die Schriften Malebranche's erſchienen gelam-
melt Paris 1712; 11 Bde., in neuer Ausgabe von
Genoude und Kourdoueir, 2 Bde., Paris 1837.
Malerei, griftlige. Das Chriftentyum fand ein
ausgebildetes Kunſtideal, wie in Bezug auf bauende
und bildende Kunſt überhaupt, jo insbejondere in
Bezug auf Malerei vor. Wie Großes das claffische
Alterthum gerade auch auf dieſem Gebiete geleitet
hat, wifjen wir, bei den nur jpärlihen Nachrichten
ber Schriftjteller, erft, jeitbem die Wandgemälde
der aufgegrabenen Städte Pompeji und Herkula-
num als — der entſchwundenen Herrlichkeit
auftreten können. Wie hier, ſo ſtand die heidniſche
Kunſt überall zunächſt im —* der Mythologie.
Eben deßhalb wurde ſie vom Chriſtenthum ver—
worfen. Und dennoch konnte dasſelbe ihrer auch in
feiner erften, kunſtſcheueſten Periode nicht völlig
entbehren. Unter den Lebenden war bie Malerei
verbannt. Dafür flüchtete fie zu den Todten. In
« den römischen Katatomben und demnächſt in den
älteften Kirchenbauten, wie in der jeit 1857 auf:
gegrabenen Clemenskirche, treten uns die erften
ihrer Schöpfungen entgegen. Zunächſt entſchuldi⸗—
604
Malerei
gen dieſe Bilder gleihfam noch ihr Dafein damit,
daß fie Bloß Sinnbilder jein wollen, meift von
Chriſtus (3. B. der Fiſch, allmählich auch der gute
Bel von ber Kirche (Arche, betendes Weib), der
riftlihen Tugend und Hoffnung (Taube, PBhönir
u. ſ. w.). Almählid — feit Sau des zweiten
Jahrhunderts — kommt es auch zur ellung
ſinnbildlicher Handlungen (Taufeund Abendmapl),
und wird damit dasjenige Gebiet wenigftens noch
berührt, in deſſen Darftellung ſich jpäter die chrijt-
liche Kunft am entſchiedenſten von ber heibnijchen
emancipiren follte. Es Hi jedenfalls kein zufälliger
Gegenſatz, daß das claffifche Altertum fein Höch⸗
ſtes auf dem Gebiete der Skulptur geleiftet hat,
während das Chriſtenthum in Liht und Farbe
nad) Ausdruck ſeiner höchſten Jdeenringt. Zunädft
ide tritt an die Stelle der immer mehr dem
erfall entgegen gehenden Malerei eine andere
Kunftform, die Mofail. Sie entſprach dem ganzen
Charakter der fiegenden Reichsklirche aufs Auffal-
lendfte. Es find jene, bald an allen Orten in ber:
jelben, ſich gleich bleibenden Geftalt auftretenden,
ins Unendliche wiederholten Figuren, an die man
gewöhnlich bei dem ei re Namen Byzan-
tinismus denkt. Doc ift die eigentliche byganti-
nifche Moſaik, als deren weltbelanntes Muſter die
40,000 Duadratfuß in der Marcuskirche zu Bene:
dig anzuführen find, wohl zu unterſcheiden von der
älteren, römischen Moſaik, wie man ihr, ſchon feit
dem vierten und fünften Jahrhundert, in den äl-
teren Baſililen der Weltftadt begegnet. Allen bie:
fen Figuren eignet ein, dur die Tradition der
Kirche ein: für allemal feftgeftellter (vgl. das öku⸗
meniſche Concil von Nicäa 787), Typus der her:
ben Strenge und feierlihen Würde. So allein
paßten biefe Figurenin die architeltoniſchen Schö-
pfungen ber Zeit, wie denn überhaupt während
des eigentlichen Mittelalters die Baufunft im Bor:
dergrunde jtand, und von ihr die bildenden Künſte
durchaus ihre Gejege empfingen. Die Malerei in:
fonderheit konnte der Architeltur gegenüber nicht
auflommen ; fie blieb Kleinmalerei (Miniaturen in
den Handſchriften, ſpäter auch Glasmalerei). Erſt
als ſelbſt in Italien der ernſte und gedrückte Rund⸗
bogenſtyl dem von Norden eindringenden Spitz⸗
bogenſtyl zu weichen anfing, begegnen wir auch
den erſten Verſuchen einer Gegenwirlung gegen
die byzantiniſche Todtenſtarre. Dieſelben fnüpfen
ſich an die Namen der Italiener Cimabue (1240
— 1300) und feiner Zeitgenoffen Guido und Duccio.
Erjt die Engelgeftalten anı Rande des Bildes
Cimabue's in Maria Novella zu Florenz bringen
eö zu jelbjtändigem Leben. Die Madonna ſeibſt
—* trotz aller angeſtrebten individuellen Empfin⸗
ung noch unter dem Banne des allgemeinen Ge—
dankens. Den vollſtändigen Uebergang von der
Gebundenheit der Ueberlieferung zur Wahrheit
und Schönheit des freien, auf jhärferer Erfaffung
der Natur beruhenden Schaffens ertennt man erjt
in dem Florentiner Giotto und feinen hellen, dra:
matifch belebten Bildern zu Aſſiſi, Florenz und
Padua (F 1336). Während aber er und feine Schü-
ler, die jogenannte, dem gothiſchen Bauſtyl parallel
laufende, giotteste Malerei im Ganzen noch im
Dienfte der Kirche arbeitet und in Fra Angelico
da Fiefola einen chriſtlichen Künftler im eminenten
Sinne hervorbringt (+ 1455), vollzieht ſich die
Scheidung der bildenden und der bauenden Kunſt
und injonderheit die Emancipation der Malerei
Malerei
von ber Theologie, deren zweite Magd (nächſt der
Wiſſenſchaft) fie hatte fein follen, im Verlaufe des
fünfzehnten Jahrhunderts. Auch hier ging Florenz,
nädft ihm Siena, überhaupt Tosfana voran
(Majaccio, + 1443, Ohirlandajo, + 1498). Es war
zunächſt ein gemwiffer Jdealismus, tie Freube an
ber Wiedergabe aller Lichter und Schatten der
Wirklichkeit, was dieje Künftler begeifterte. Hier
erit fam 8 allmählich zur Anwendung der Ber:
ſpective und der dadurch bedingten größeren Man:
nigfaltigfeit und reiheren Fülle der Darjtellung.
Bald aber regte ſich unter den allmächtigen Ein:
flüffen des wiedererwachenden Sinnes für die An:
tite der iveale Schwung und der Sinn für höchfte
armonie und vollendete Menſchenſchönheit mäch—
tiger als je, und jo fonnte um die Wende der Jahr:
—— in Leonardo da Vinci (+ 1519), Rafael
nti (+ 1520) und Michelangelo Buonarotti (+
1564) der Höhepunft aller riftlichen Kunſtleiſtung
erftiegen werden. In wefentliher Unabhängigkeit
von allem antiten Borbild, aber aud) in innerlich:
ſter Selbjıftändigfeit gegenüber dem kirchlich Her:
tömmlichen haben dieje Maler, welchen Andere,
wie del Sarto, Razzi, Correggio (+ 1576) und
vor Allem die ganze —— Schule würdig
zur Seite ſtehen, recht eigentlich das moderne
Menichheitsideal, aber weſentlich unter religiöſen
Gefichtspuntten aufgefaßt, zur Darjtellung ge:
bracht. Nicht ganz zu derjelben Höhe ift die, befon-
ders in der eriten Hälfte des fünfzehnten Jahr:
hundertö Durch die Gebrüder van Eyd begründete,"
niederländiihe Schule gediehen, die in Hemmling
(oder Memmling) von Brügge (+ 1499), einen ihrer
belannteften Bertreter findet. Seine Bilder aus
dem Leben Urſula's in Brügge, der Gebrüder van
Eyd Anbetung des unbefledten Lammes in Gent
find typiſch für diefe Richtung, die aber im fünf:
zehnten und jechszehnten — unter den
Einwirkungen des italieniſchen Ideals ganz neue
Bahnen beichritt. Wienämli um 1600 in Jtalien
ſelbſt die jogenannten Eklektiker (Garacci) darauf
ausgingen, die Eigenthümlichkeiten der früheren
Künftler mit Freiheit nachzuahmen, jo nahm Ru:
bens (+ 1640) die Farbenpracht der Italiener her:
über auf flandrijhen Boden, während der Hollän.
der Rembrandt (7 1669) den freien, unabhängigen
Gang des nordijchen Geiſtes darftellt. In Deutid:
ss das ſechs zehnte, in Spanien das fiebzehnte
Jayrhundert das Größte entjtehen. Albrecht Dü:
rer's ernite, gedantenvolle Bilder aus der Leidens:
geihichte, Dans Holbein’3 Todtentänze und nie:
ende Familie vor der Madonna find nicht minder
bedeutjame Urkunden der Religionsgeſchichte, als
die Schöpfungen der gleichzeitigen italienischen
Maler, aber nur zwischen Rafael’s Siftina und des
Spaniers Rurillo (+ 1682) Conceptionsbild tonnte
der Siegeöpreis des höchſten menſchlichen Ent:
züdens und der erhabenjten Schönheit ſchwankend
erfheinen. Rachher finden wir allenthalden den:
ſelben Rüdgang. Die Kunft, welche ſich in den ge:
nannten größten Heroen ſoweit wenigftend von
der Kirche emancipirt hatte, daß. jie niemals wie:
der in Verſuchung hätte gerathen follen, um der
Kirche willen dad aufzufuchen, was fie um ihrer
ſelbſt willen ewig fliehen müßte, malte aufs Neue
auf rung hi nahm bald einen lediglich con:
ventionellen Charakter an. Erjt jeit Mitte des vo:
igen Jahrhunderts wagt die Phantaſie wieder den
ug über die fromme (und merlwürdiger Weije zu:
605
Malvenda
gleich ind Buhleriſche Hinliberfchillernde) Mode —*
weg und faßt abermals antike Ziele ins Auge. Der
vertehrte Geſchmack fällt gegen Ende des vorigen
au regen dem mächtig auflebenden Naturfinn
zum Opfer, und unter den fruchtbaren Einflüffen
der Revolutionsjahrzehnde gejtaltet '$ eine neue
Malerei, die wenigjtens in Bezug auf Mannigfal«
tigkeit der Gegenftände und —— der Behand⸗
lung die Kunftblüthe der Renaifjance noch über:
bietet. Gejchichte, Sage, Poeſie, Märchen, Genre,
Landſchaft, — Alles jteht ihr im gleicher Weiſe zu
Gebote. Kirhli im alten Sinne wird d.eje Kunjt
trog aller Bemühungen niemals wieder werben.
Aber religiös zu fein hört fie deßhalb doch für den«
jenigen nicht auf, weldem nicht das Kirchenhaus,
jondern die Welt das Haus Gottes ijt, darin aud)
die moderne Malerei priejterlihe Thätigfeit zu
üben berufen ift. Vgl. Bajari, Leben der ausgez.
Maler, Bildhauer ze. überjegt von Schorn und
Förfter, mit berichtigenden Noten, 5 Bde., Stutt-
gart 1832—47. Lanzi, Geſch. der Malerei in Ita—
lien, überjegt von U. Wagner, mit Anmerkungen
von Quandt, 3 Bde., Leipz. 13830—33. Kugler,
Handbuch der Gef. der Malerei jeit Conjtantin
d. Gr. 2. Aufl. Berl. 1847. Hotho, Geſch. der deut:
ſchen und niederländifchen Vlalerei. Bd. 1 u. 2,
Berl. 184043. Derjelbe: Die Malerjchule Hu:
bert'3 van Eyd ıc. 2 Bde. Berl. 1855—58, Holtz⸗
mann, Denkmäler der Religionsgeſchichte, Elber⸗
feld 1869.
Malingre M., ein Zeitgenofje Caloin’s, Ma-
rot's 2c. Bon feinen Xebensumfjtänden ift nur
foviel befannt, daß er, ehemald Dominilaner,
jpäter jich der reformatorischen Xehre zuwandte,
1534 in Blois predigte, wo er mit Marlot (j.d. X.)
befannt wurde, und 1542 Prediger in Waadtland
war, Seine (in Berfen abgefaßte) Schrift »L’E-
pistre de M. Malingre envoyee a Cleinent Ma-
rot: en laquelle est demandee la cause de son
departement de France. Avec la reponse du dit
Marot. Icy trouverez une louenge de France et
des Bernoys, avec un noble rolle d'aucuns Fran-
gois habitant en Savoye, et deux epitaphes de
Clement Marot. Nouvellement imprime a Basle
par Jaq. Estange, ce 20. ostobre 1546. wieder
abgedrudt Paris 1869 (bei Edwin Tross) — lie:
fert ald dad Wert eines Zeitgenoffen wichtige Bei:
träge zur Gejchichte der Reformation in Genf und
in Frankreich.
Mallet, Friedrich Ludwig. Hervorragender Pre:
diger zu Bremen. Geb. 4. Aug. 1792 zu Braun:
fels, Sohn eines fürjtlih Solmſchen Kämmerei:
beamten, fam in jeinem 17. Jahre mit jeinem
Pflegevater, dem Prediger Müller nah Bremen,
ftudirte zu » erborn und Tübingen, nahm an den
Befreiungstämpfen thätigen Antheil, wurde 1816
Hülfsprediger, zwei jahre darauf gewähster Bre:
diger der St. Midaelis » Gemeinde in Bremen
1327 Brediger an der St. Stephanilircche dajelbit,
+6. Mai 1865. Herausgeber des „Bremer Kirchen⸗
boten“, deö „Bremer Schlüffel“, der „Bremer
Boft“, Predigten erjchienen gejammelt 1859,
„Altes und Neues”, Bremen 1864. 2. Aufl. Bre:
men 1869. Vgl. Hupfeld, Fr. M.'s Bild zur Erin:
nerung, 1865. N. ev. Kzig. Nr. 33 ff. 1865.
Malteferorden, anderer Name der Johanniter,
feitdem fie ihren Sig auf der Inſel Malta aufge:
ſchlagen hatten. .
Malvenda, Thomas, geboren 1566 zu Kativa in
3
Mamadi
der fpanifchen Provinz Valencia, trat in den Do:
ntinicanerorden zu Yombay und zeichnete ſich durch
jeltene Sprachkenntniſſe aus. Der Cardinal Baro:
nius berief ihn 1600 nad) Nom und übertrug ihm
die Correctur des Breviers und Miſſale. Sowohl
vonder Eongregation des Index zu Rom als von der
Inquifition in Spanien wurde er zu ähnlichen Ar:
beiten benugt. Seine Annales ordinis praedica-
torum find nicht vollendet. Sein Hauptwerf aber
ift eine wörtliche Ueberfegung und Erklärung des
Alten Teftamentes, die er bis zum 16. Gapitel des
Ezechiel vollendete. Weil wörtlich, ift die Ueber:
jegung oft rauh und unverftändlid. Seine übrigen
Schriften zählen Quetif und Echard auf.
amadi, Thomas Maria, ein Dominicaner,
geboren 1713 auf der Inſel Scios, der aber früh
nad) Jtalien gefommen war und fich durch jeine
Kenntni des hriftlichen Altertjums auszeichnete.
+ 1792. Die Schrift Originum et antiquitatum
christ. libr. XX ift nur bis zum fünften Buch vol:
lendet. Ferner fchrieb er drei Biicher De’ costumi
de' primitivi Christiani 1753. Wenig bedeutend
iſt eine Gegenſchrift gegen Febronius. Benedict
XIV. ernannte ihn zum Gonfultor des nder.
Mamas, der Heilige, ein im Morgen: und Abend:
Lande, auch von Öregor von Noglanı, Bafılius von
Cäjfarea, jowie von Walafrid Strabo, viel gefeier:
ter Heiliger, von dem aber hiftorisch eigentlich
Nichts befannt ift. Er joll um 274 gejtorben fein.
Die Legende läßt ihn im Gefängniß von feiner
Mutter, einer Bekennerin, geboren jein und ſchmückt
dann jein ganzes Leben mit ununterbrochenen
Wundern und um ſeines Glaubens willen über:
ftandenen Qualen.
Mamertus, der Heilige, Erzbiſchof von Bienne.
+ angeblih am 11. Mai 475. Wenn er nicht, was
gewöhnlich angenommen, aber von Baronius und
Vingham bejtritten wird, die Bittgänge zuerft bei
Gelegenheit siner Bienne verwüjtenden Feuers:
brunk eingeführt hat, jo hat er jedenfalls die An:
regung gegeben, jodaß das Concil von Orleans 511
die Einführung der Bittgänge in ganz Frankreich
ie
amertus Glaudianus (j. Claudianus), ein
Presbyter zu Bienne und hriftliher Dichter. 7470.
Mammän Julia, die Gattin des Syrers Gefius
Marcianus und Mutter deö Alerander Severus
(geboren 205), auf welchen fie Zeitlebens großen
Einfluß übte. Als frühere Schülerin des Drigenes
zu Antiochien dachte fie günftig vom —A—
ohne ſich ſelbſt zu ihm zu befennen. Euſebius nennt
fie eine ſehr gotteöfürchtige Frau.
Mammillarier, eine Fraction der Anabaptiften
in Holland. Die Spaltung entjtand durch die mil:
dere Beurtheilung eines jungen Mannes, der ſich
gegen ein grauenzimmerlinzienliches erlaubt hatte.
ammon, Luc. 16, 13; Matth. 6, 24, bezeich:
net an diefen Stellen die Berjonification des irdi:
ſchen Beſitzes, das Irdiſche nach ſeiner geiſtigen,
verſtriclenden Macht. Es iſt aus dem rabbiniſchen
Sprachgebrauch entlehnt, welcher yon, Bertrauen |
für Reichthum und Anhänglichkeit an denjelben
jet. Schon die LXX een für MJION Vertrauen,
Insavpos Schaf.
Mamre, der Name eines Amoriterö und Bun:
desgenofjen Abraham's, 1. Moſ. 14, 13. Auch
der Nanıe des Eichenhains bei Hebron, 1. Moſ. 13,
18; 18,1.
606
‚ren Bermuthungen drüdt die
Abjtanımung von der Negypterin aus, daß In die
Manbeville
Manaffe, der ältere Sohn Joſeph's von der
‚ Prieftertochter Asnath. Die Stellung, welche der
von ihm abgeleitete Stamm dem verwandten
Ephraim gegenüber gefhichtlich eingenommen bat,
ift indem Segen Jakob's —— Nach neue:
zãhlung der
beiden Stämme die Aegypter aufgenommen ſeien,
welche beim Auszuge I an Iſrael anjchlofien.
Der Stamm Manafte erhielt jeine Wohnfige nörd⸗
(id) von Ephraim, erlangte aber niemals die ihm
mitzugemwiefene Meerestüfte. Der halbe Stamm
bewohnte jenjeit des Jordan nördlich vom Jabbot
bis an den Libanon ein weites Weideland, in wel:
hem die Jaird:Dörfer eine bevorzugte Gegend
waren, Die biblifche Erzählung, ba bon Moſes
dieſes Gebiet dem Stamme angewieſen habe, wird
von Neuern bezweifelt und vermuthet, erſt zur Rich:
terzeit habe ber Stamm, ber das ganze ibm zu:
getheilte Land nicht in Befig nehmen fonnte, ſich
jenen Raum zu verjchaffen gefudht. Haſael von
Syrien riß unter Jehu das Dfiordanland von Jj:
rael ab und unter Phul wurden die Bemohner
nad Aſſyrien verpflanzt.
Manaffe, König von Juda 695—640, der Sohn
de3 Hiskia, Enkel des Ahas. Er huldigte dem ba:
byloniſchen Sterndienft und verleitete nicht bloß
Iſrael wieder zum Abfall von Jehovah, jondern
verfolgte und tötete aud) die re und bie
treuen Juden. Unter ihm ſoll Jcjaias in einer hoh⸗
len Geder zerfägt worden fein. Die Bücher der
Könige gehen über feine gg (2.Rön. 21 ff.)
furz hinweg, aber aus 2, Chron. 33, 11—14 geht
hervor, dab Manaſſe durch einen afſyriſchen Kriegs:
oberjten ges nad) Babylon geführt wurde.
In der Gefangenſchaft jol er’ in ſich gegangen,
dann nad Jeruſalem zurücgelehrt jein und das
Land mit Befeftigungen verfehen haben. DerGötzen⸗
dient beftand aber aud) nad) feiner Rüdtehr fort,
fo daß feine Umfehr nur eine theilweife geweſen
fein fann.
Manafje: Gebet, ein apofryphiicher Bet: und
Bußpſalm, aus Anlaß der Stelle 2, Chrom. 33,
18 von einem jpätern Juben griechiſch verfaßt,
war in alten Handſchriften ver LXX ohne Zmeifel
enthalten (obgleich nicht in den älteſten), da eö be:
reits ineiner altlateinifchen, vorhieronymianischen
Ueberjegung eriftirt. Für echt wurde es nur von
einigen griehijchen Kirchenvätern gehalten; auch
die fatholijche Kirche erllärt e8 für unkanoniſch.
Vgl. Müller, Erkl. des Gebets M., 1733; Frigice,
im E, ereg. Handbuch, 1851.
Mandata de providendo jind die päpftlicen
Anweilungen auf eine erledigte Pfründe, weiche
anfänglich als Empfehlung, bald aber als Befehle
gegeben wurden, und denen endlich das Tridenti:
num ein von jegte. Vgl. d. X. Menses papales.
Mandelbaum ift in Paläftina häufig und feine
Früchte wurden zu den beiten Producten des Lan:
des gerechnet, 1. Moj. 43, 11; 4. Moſ. 17, 8, Bon
den beiden Wörtern, mit denen der Mandelbaum
bezeichnet wird, jiberjegt Luther dad eine nb mit
Hajelnuß 1. Moj. 30, 37.
andeville, Bernhard, geboren zu Dortrecht
1670, von franzöfifcher Abkunft, war Arzt und lebte
rößtentheild in London, wo er 1733 ſtarb. In
Em Hauptwerk „die Bienen“, einem Lehrgedicht
1706, befämpfte er die air Sittenlehre durch
den verfuchten Beweis, daß ein Staat mit lauter
Mandra
tugendhaften chriftlihen Bürgern aus Reblichkeit
und Genügiamteit untergehen müßte. Er hatte
eben nur die Garricatur chriſtlicher Sittlichkeit,
eine kopfhängeriſche Weltfcheu vor Augen , die ihre
höchſte Wonne in dem Klagen Über die Sünde fin-
det, ohne je zum fittlihen Handeln ſich aufzuraffen.
Es fehlt ihm an jedem Verſtändniß der höheren
Aufgaben, er kennt feinen andern Trieb alö den
des Nußens. Sein Bud wurde zwar troß feiner
Entfguldigung vom Landgericht zu Middlejer
— aber dennoch viel verbreitet und über:
etzt.
Mandra, eigentlich Stall, Hürde, kommt als
Bezeihnung der Klöfter in den älteften Zeiten vor,
in Bezug auf die ärmlichen Hütten der Einfiedler.
PRanhartianer oder Manhartiften, eine Partei
in der fatholiihen Kirche Tyrols, die 1814—26
beitand. Ein Caplan Haagleitner von Hopfgarten
hielt es für Unrecht, fih dem von Napoleon ein:
ejegten Coadjutor von Salzburg zu unterwerfen.
egen jeiner Naitationen von den Franzofen ge:
fänglich eingezogen, gelang es ihm zu entfliehen
und aud nad dem Frieden einen Anhang zu ſam⸗
meln, der ihn als allein rechtmäßigen, nicht abge:
fallenen Prieſter anfah. Seine Hauptſtütze war der
Landmann Sebaftian Manzl von Weitendorf, nad)
jeinem Gute Manhart genannt. Der Sectenname
entjtand, ald dies But der Berfammlungsort wurde
und Manhart wie feine Frau in den VBerjammlun:
gen predigten. Sie wandten fid) endlich 1825 an
den —* und wurden von ihm an den Fürſterz⸗
biſchof Gruber gewieſen, deſſen Belehrung ſie ſich
unterwarfen.
Mani und die Manichäer. In den Nachrichten
über die Perſon dieſes Religionsſtifters (Mani,
früher Cubricus, Manes, Manichäus) weichen die
orientaliſchen und griechiſchen Schriftſteller ſehr
voneinander — —— erzählen fie nur,
daß er jeine Lehre ſeit 288durd Apoſtel nach allen
Seiten hin verbreitet Kor erjt auch von den per:
ſiſchen Königen begünſtigt, von den Magiern aber
gehaßt gemwejen jet, daß er dann, als er in einer
öffentlichen Disputation mit einem chriftlichen
Biſchof gefchlagen worden, habe fliehen müfjen und
ergriffen auf grauſame Weije hingerichtet, fein
leiih den Vögeln preisgegeben, die Haut ausge:
ft worden fe. agegen lafjen die Drientalen
ihn vom Chriftentyum abfallen, während ihn die
uhammedaner zu einem Maguſäer maden, als
tte er deren Dualismus gegen das eine höchſte
rincip (Zervane akerene) Zoroaſter's durch Hin:
eintragen chriſtlicher Gedanten Pat ra wol:
len. Die Decidentalen endlich lafjen ihn feine Lehre
aus Schriften entnehmen, die er auf unredliche
Weiſe an fih genommen und für fein Eigenthbum
auögegeben hätte. Sein Tod fällt um das Jahr
277. Mani’s Religionsiyitem verjucht, ähnlich wie
es jpäter Muhammed that, das Heidenthum ge:
jtärft, bereichert und geläutert durd) einige chrift-
lihe Gedanken dem Chriſtenthum als Gegenteli:
ion entgegenzuftellen. Unter den chriftlichen Sec⸗
en ift eö dem Gnoſticismus am meiften verwandt,
fonjt zeigt es außer parjifhen auch buddhiſtiſche
Einflüffe. Es beruht auf dem Grundgedanfen von
zwei ewig neben einander ftehenden Reichen des
607
Mani
menten auögeftattet hatte, wurde überwunden und
wenn aud) gerettet, verlor er doc einen Theil
feines wre welches in die Finſterniß 5234 en
wurde. Dies wieder zu befreien, ward durch die
Mutter des Lebens die ſichtbare Welt geſchaffen,
in welcher jenes Licht von der Materie gehalten
wird, aber auf Erlöfung wartet. Chriftus und der
heil. Geift in Sonne und Mond fjuchen die Licht:
oe an fich zu ziehen. Die Dämonen, an die
Geſtirne gefeflelt, ſchufen, um jene zu hindern, den
Menſchen, in weldem Licht und Finſterniß ver:
bunden ift; feine Aufgabe wird nun, jenen den
Sieg Über diefe zu verihaffen, indem er von den
in der Natur zerjtreuten Lichtfräften möglichft viel
an fih nimmt. Chriftus erfchien (in einem Schein:
förper), um die im Juden und Heidenthum durd)
Schuld der Dämonen irregeleiteten Menfchen der
Erlöfung entgegenzuführen. Sein Leiden ift ein
Symbol des in der Materie gebundenen Lichtes.
Chriſti Lehre ift fhon von den Jüngern mißver:
jtanden ; deshalb ift in Mani der von Chriftus ver:
heißene Paraclet erjdienen, der die Seinigen in
alle Wahrheit führt. Die Erlöfung ift die Wirkung
der von ihm vermittelten Erfenntniß und der durch
ihn gebotenen ftrengften Enthaltfamfeit. Weil eben
diefe nur wenigen und unter jeltenen Lebensbedin—
gungen möglich ift, jo jchied fich die manichäiſche
Gemeinde in die zwei Klaffen der Ausermählten
oder Bolllommenen und der Hörenden. Jene beja-
en die Erfenntniß der Geheimlehren, enthielten
ich der Ehe, des Fleiſchgenuſſes und möglichit alles
haflenden Thuns; diefe, die Hörenden, übten die
manichäiſche Afteje (Siegel der Hände, des Mun—
bes, des Schooßes), deren Ziel völlige Abtöbtung
des Fleiſches war, in bejhränfterem Maße. Sie er:
erg den Ablaß für ihren Mangel durd die Ge:
ete der Volllommenen, denen fie zum Dank Ab-
gaben an Begetabilien brachten, deren Genuß ihrer
Seele die darin enthaltene Lichtſubſtanz afjimiltrte,
Aur die Vollfommenen find fähig, jofort in das
Reid) des Baters zu gelangen, der Andern wartet
eine Metempfychoje, * Seele durchwandert noch
eine Reihe von Menſchen- und Pflanzenkörpern.
Am Ende der Dinge tritt die volle Scheidung zwi—
ſchen Licht und Finſterniß ein. Der Gottesdienſt
war ſehr ea den Sonntag begingen fie durd)
Faſten; die Taufe (mit Del) und das Abendmahl
gehörten zu dem geheimen Gottesdienft der Aus-
erwählten. Die Ferfäffung war der katholiſchen
Kirche nachgebildet; an der Spike ftanden zwölf
Apostel (Magiftri) mit einem breizehnten unficht:
baren (Mani), auf fie folgten zweiundfiebzig Bis
ihöfe, unter denen Presbyter und Diakonen tan:
den.
Unter fortwährenden hejtigen Berfolgungen, da
fie wegen der Ehelofigkeit mit der Todesftrafe be-
droht waren, breiteten fich die Manichäer in Per:
fien dennoch immer wieder aus und fanden fich
nod) im 8. Jahrhundert. Auch im Abendlande wur:
den fie verfolgt (Edict Diocletian’s), trogdem er:
hielten fich überall Gemeinden. Am meiften blüh—
ten fie in Nordafrifa, wo n Auguftinus fieben
Jahre zu ihnen gehörte, um fie nachher deſto ent»
ſchiedener zu befämpfen. Hier gingen die Gemein:
den durch die Bandalen unter. Die Kirche erfannte
Lichts und der ir et die Gränge derjelben | fie aber überall für jo gefährlich, daf Juftinian die
wird durch einen eg durchbrochen. Der Ur:
ı manichätfche Ketzerei im Geſetze mit dem Tode be:
menſch, den Gott, um den böjen Mächten zu bes | drohte. Die dem Manichä ismus zu Grunde liegen:
gegnen, geichaffen und mit den fünf reinen Ele: | den Gedanten traten im Mittelalter inmer aufs
39
Manipulus
neue hervor in den Secten der Katharer, Bogo:
milen, Baulicianer u. a., deren Berwandtichaft mit
dem Manichäismus daher ftet3 mit Recht behauptet
worden, wenn aud einäußererJufammenhang nicht
nachweisbar ift. Der dogmatiiche Spradgebraud)
des Wortes ee “faßt nicht das ausge—
bildete Syitem des Manıhäismus ins Auge, fon:
dern nur den Örundgedanfen von dem Böjen als
einer ewigen Subjtanz und feiner Jdentificirung
mit der Materie. Wenn Schleiermader den Ma:
nihäismus als natürlihe Ketzerei am Chrijten:
thum aufführt, jo begreift er darunter jede Auf:
lb für welche e8 feine wahrhafte Erlöjungs:
ähigkeit des Menjchen giebt, weil das Böfe zu eis
nem Wejen gehört. In der manichäijchen Erlöfung
wird das Wejen des Menfchen ſelbſt zerftört.
Die griehiidhe Hauptquelle für den Manichäis—
mus find Archelai (um 278) Acta disputationis
cum Manete, dann die Gegenjdriften von Titus
Bojtrenfis, Epiphanius und Auguftin. Für die
orientalifche Auffaffung vgl. G. Flügel, Mani's
Lehren und Schriften aus dem Fihrist des Ibn
Abi Jakub an-Nadim, Zeipz. 1862. Fragmente von
Mani's Schriften ſ. in Fabricii, Bibl. graeca T. V.
VBgl. Is. de Beausobre, Histoire critique de Ma-
nichee et du Manicheisme, 1734 und 39; Baur,
das manichäiſche Religionsiyften, Tübing. 1831
(dazu Schnedenburger'8 Recenf. in den Stud. und
Krit. 1833).
Manipulus, eigentlich das Schweißtuch, gehört
zum fatholifchen Priefterornat. Bon der Farbe des
Mebgewandes, mit an den Enden und in der Mitte
darauf gejticten Kreuzen, wird ed am linfen Arme
mit Bändern befejtigt. E3 wird mit andern Meß:
paramenten vor dem Gebrauche gejegnet.
Manna, die tägliche Nahrung der Iſraeliten in
ber Wüſte, 2. Mo}. 16, 14—35 ; 4. Mof. 11, 7—9.
Der Bericht jelbft wie fpätere —— (Bi.
78, 24) zeigen deutlich, daß es als eine wunder:
bare, auf außerordentlihem Wege dargebotene und
nicht natürlich erzeugte Speife aufgefait wurde.
Die bibliſchen Schilderungen pafjen gar nicht auf
das heutige Manna, ein jüßes, meißliches Harz,
welches von dir Manna-Ejche oder der Tarfas
Staude gewonnen wird und aus deren Blättern,
wenn fie durch Jnjectenftiche verwundet find, aus:
ſchwitzt. Das biblifhe Manna dürfte aber von
Neuern in dem Samen einer Flechte, Lecanora
esculenta, entdedt jein, melde in den Wüjten
BVerfiens und Arabiens, häufig aud) in den Spal:
ten und Riten der Felfen wächſt. Der Same, vom
Winde weggeführt, bededt die Erde und wird in
Nothzeiten von den Beduinen als mwilltommene
Speije gefammelt. Die biblifche Erzählung läßt als
hiftorisch gewiß erkennen, daß während des Wüften:
zuges Iſrael der Gefahr einer Hungersnoth aus:
4 unerwartet eine längere Zeit hindurch eine
Nahrung gefunden habe, welche nicht durch menſch⸗
liche Arbeit erzeugt, ihnen mühelos zufiel.
Mansfeld, Ernit, der proteftantiiche Feldherr
im breißigjährigen Kriege, war der natürliche Sohn
des Füiriten Peter Ernft von Mansfeld, Statthal-
terd von Luxemburg, und einer niederländischen
Dame, Geboren 1585, wurde er von feinem Tauf:
pathen, Ernſt von Defterreich, Fatholifch erzogen
und wegen wichtiger Dienfte von Rudolf II. legi-
608
timirt. Als man ihm die Güter feines Vaters in
den Niederlanden vorenthielt, wurde er der erbit- chriſtlichen im Aberglauben
fertfte Gegner Defterreihs, trat 1610 zur refor: zeit der Religion eines Vo
Mantik
mirten Kirche über, zog 1618 den Böhmen zu
Hülfe, focht für Kurfürſt Friedrich V. in der Pfalz
und am Rhein, und drang 1620 mit einem neu—
eworbenen Heere trotz einer bei Deſſau durch
Walfenftein erlittenen Niederlage bis nah Ungarn
vor. Als hier aber Bethlen Gabor jein Verſpre—
chen, ihm mit frifchen Truppen zu Hilfe zu kom:
men, nicht hielt, Löfte er jein Heer auf und jtarb,
im Begriff, nad) England zu gehen, am 20. Nov.
1626 in Zara. Ohne ihn würde Dejterreich feinen
Blan der Unterjohung Deutihlands und der
Ausrottung des Protejtantismus haben durchfüh—
ren können.
Manfi, Johann Dominicus, geboren zu Lucca
am 16. Februar 1692, trat in den Orden der Cle-
rici regulares matris Dei (geftiftet 1588 von J.
Leonardi) und lehrte zu Neapel Theologie. Bom
—— nach Lucca berufen, gründete er dort
eine Afademie für Kirchengeſchichte und Literatur,
gewann durch feine Werke europäifchen Ruhm und
wurde 1765 zum Erzbiſchof von Yucca erhoben. +
am 27. Sept. 1769. Bon feinen Arbeiten find zu
nennen die lateiniſche —— des Lexikons
und des Commentars von Calmet, die Herausgabe
der Annalen des Baronius (38 Bde.) mit der Fort⸗
fegung von Raynaldus; von eigenen Arbeiten:
Sacrorum conciliorum nova et amplissima col-
lectio, Flor. 1759 —88 (er führte das Wert bis
zum 15. Bande fort), außerdem: Supplementum
eolleetionis conciliorum et decretorum Nicol.
Coleti. Vgl. über ihn Zatta, Comment. de vita
et scriptis J. D. Mansi, Ven. 1772.
Mansionatieum ift die Abgabe, mit welcher
die Geiftlihen die Verpflihtung ablauften, den
Biſchof auf den Pifitationsreifen zu bemirthen.
Diefe Ablöfung der kirchlichen Pfliht mit Geld
wurde zwar von Jnnocenz IV. auf dem Lyoner
Concil 1274 verboten, ift aber vom. Tridentinum
nach Bonifacius’ VIII. Vorgang als zuläffig er:
achtet worden.
Mansus, der Theil des Grundbeſitzes einer
Kirche, welcher ihr als dos zur Fundation gegeben
und vor allen LZaften und Abgaben frei war.
Eigentlich ift mansus (ein Wort ungewifler Ablei:
tung, vielleicht janiel als Wohnftätte,) das einem
Hörigen überwiejene Gut. Im fränfifchen Reiche
wurden die Kriegädienjte nah Manfen bemefien.
Die Kirche war von denfelben nur für die eigent:
liche dos (mansus integer) und für die Grund-
ftüde, denen die Könige Immunität verliehen hat⸗
ten, befreit.
Mantelgriff, eine jüdiſche Ceremonie bei feier:
lihen Verſprechungen, indbejondere dem Berlöb-
niß. In Gegenwart von Zeugen berühren beide
Theile ein vor ihnen auögebreitetes Tuch.
Mantelfinder. Die durch nahfolgende Ehe ihrer
Eltern legitimirten vorehelihen Kinder hießen jo,
weil fie dadurd) anerkannt wurden, daß jte bei der
Zrauung unter den Mantel der Eltern gejtellt
wurden.
Mantik. Iſt die 9— den religiöſen Glauben
gegründete Kunft, aus fosmischen Vorgängen den
öttlihen Willen, jei es als Gefeg oder als Weif-
des Künftigen, zu erfennen. Hervorge:
gangen aus dem er rg und ber ſitt⸗
lichen Unfreiheit der Menfchen, zeigt fie fich bei
allen heidnifchen Völkern und herrſcht unter den
F In der Blüthe⸗
tes zeigt die M. bei
Mantua
jedem ihre mit dem Weſen der Religion zufammen: |
hängende Bejonderheit. Die orientalifchen Natur:
reli’ionen lejen in den Conitellationen der Ge: |
ftirne, in den Naturerfcheinungen und Traum:
bildern zc. das vorherbeſtimmte Gefchid, während
die —— Drakel vorausſetzten, daß die
ſchwaͤrmeriſche Verzüclung, in welche der Prieſter
bei den heiligen Handlungen verſetzt werde, ihn
befähigten, die göttlichen Winke über die unwan:
delbaren Ordnungen des von dem Menſchen zu
befolgenden Rechtes zu verftehen. Ihnen verwandt
atten die Römer die M. zu einem Factor ihrer
taatsvermwaltung gemacht und die Deutung ber
h. Borzeihen beitimmten Regeln als *
unterworfen. Beim Verfall der Religion und der
Sittlichkeit eines Volkes zerfällt auch die .
Mantik und wandelt fi) in abergläubifche Bor:
ftellungen und Mittel, durch welche jeder Einzelne
willfürlich die unbefannten göttlihen Mächte an
ſich zu binden fucht. Es pflegt dann bie buntefte
Miſchung aller Borftellungen einzutreten, wie 5.8.
in der Zeit des römischen Kaiſerthums. Die be:
bräijche Prophetie ift von der Mantif dadurch ver: |
ſchieden, daß fie von der Vermiſchung des Natür-
lihen und Göttlihen ſich ganz frei gemacht
und indem fie die volleSelbftftändigkeit des menſch⸗
lihen Bewußtſeins, felbft in Zuftänden propheti:
her Berzüdung, feithält, die fittlihen Gottes:
ordnungen allein anjchaut, welche alles irdiſche
und menschliche Leben beherrichen, und melde es
ilt, fich mit Freiheit anzueignen. Vgl. Eichhorn,
inleitung ind A. T. Oötting. 1824. 4. Bd. Bor:
rede. Emald, die Propheten des A. B. Götting.
1867. 1. ©. 1. ff. Karl Köhler, der Prophetismus
der Hebräer und die Mantik der Griechen inihrem
gegenjeitigen Verhältniß. Darmftabt. 1860.
antun. Das Concil zu Mantua 1459 berief
Pius II. als eine ee der cheiftlichen
Fürften zur Beſchlußfaſſung über einen Kreuzzug
gegen die Türken. Die fargen Berfprehungen wur:
den nicht erfüllt. Eben dort verdammte Pius Die
Appellationen vom Bapfte an ein freies Eoncil,
Nah Mantua fchrieb auf das Jahr 1537 Paul IL.
zur Bereinbarung mit den Proteftanten, ein Con:
cil aus, nachdem Paul Bergerius vorher darüber
mit diefen verhandelt hatte. Aber fomohl bie
Zeitumftände als die Art der Einladung an die
proteftantifchen Fürften und die geitellten For:
derungen ließen erfennen, daß es dem Papſt nicht
Ernft jei, jo daß die Einladungsichreiben von den
deutichen Fürften zurückgegeben wurden. Doc) ver:
fahte Zuther für den Fall, daß das Concil zufam:
mentäme, die Schmalfaldifchen Artifel und die
Schweizer die zweite Bajeler Confeffion. Bergl.
Ranke, Deutjche Geſchichte 4. Aufl. 1863. IV. 62.66,
Möller, Oftander, Elberf. 1869.
Manuel I,, Rommenus, byzantiniicher Kaifer
1143—80. Hervorragend durch große Tapferkeit,
führte er Krieg mit den Ungarn wie mit den Tür:
fen, den Normannen, Benetianern und den von
ihm treulos verrathenen Kreuzfahrern, ohne für
fein Reich dauernd etwas zu gewinnen. Seine
Niederlage bei Myriofephalon durch die Sarace:
nen brachte dem Reiche große Gefahr. Das Unglüd
des zweiten Kreuzzuges wird ihm und feiner treu:
lofen Arglift vielfach vorgeworfen, da er die Kreuz: |
fahrer durch falſche Wegweiſer ven Hinterhalten |
der Saracenen und dem dunger überlieferte. Ber: |
handlungen, welche Hadrian IV. und Alexander ILL. |
609
Maran-atha
über bie —— der morgenländiſchen und
abendländiſchen Kirche mit ihm anknüpfen ließen,
führten zu nichts, da Manuel als Preis der Unter;
werfung die abendländifche Kaiferfrone forderte.
Die Mönde begünftigte er, fuchte aber ihr unge:
bundenes Leben einzufchränten. Wie fo viele
——— Kaiſer, beſchäftigte auch er ſich mit
orliebe mit theologiſchen Controverſen und ſtellte
eine eigene Glaubensformel auf, welche die Bi—
ſchöfe unter Androhung der Abſetzung, Excom—
munication und Todesſtrafe beſchwören mußten.
Vgl. Kugler, Studien zur Geſch. des zweiten ec
zugs, Stuttgart 1866. Reuter, Alerander III.
Zeipy. 1860. 2. Bb. 108 ff.
Manuel, Nikolaus, genannt Deutſch, geb. 1484
zu Bern, Maler und Bolfsdichter namentlich Sa:
tiriter und Polemiker und ala folder lebhaft für
die Berbreitung der Reformation thätig und
von bedeutendem Einfluß. (Klaglied der armen
SGögen-Kirchenbilder, Spottlied auf Dr. Ed, Dia:
log von der Krankheit und bem Sterben der Mefie,
Teftament der Mefie, Faſtnachtsſpiele, ſatyr. Zeich:
nungen.) In demſelben Sinne wirkte er ald Staats⸗
mann mit Befonnenheit für dad Schutzbündniß
‚| der Schweiz mit Straßburg und Philipp von Heſ⸗
fen und den Frieden feines Vaterlandes. Bon den
übergroßen Anftrengungen aufgerieben ftarb er
kurz nach dem Siege der Reformation in Bern 1550,
Bol. Grüneifen, N. Manuel, Leben und Werke,
Stuttg. 1837. Ranke, Deutſche Geſch. III, 68.
Rettig, Ein Wandgemälde von N. Manuel und
ſeine Krankheit der Meſſe. Bern 1862.
Maon, 1)Stadt im Gebirge bei der Stadt Car:
mel, Wohnort des Nabal, Yo}. 15,55; 1. Sam. 25,
2. Es ift im jekigen Main wiedererfannt. Das
benadhbarte Bethzur ift nad) 1. Chron. 2,45 von
Maon aus gegründet. — 2) Volksſtamm, Richt.
10, 12 neben Sydoniern ꝛc. ald Bezwinger Jira:
el3 aufgeführt. Wahricheinlich die Bewohner der
öftlich von Petra im peträiihen Arabien gelegenen
Stabt Ma’an.
Maphrianat. Höchſte Biihofswürde nad) dem
Patriarchat von Antiochia in der fyrifchen (jafo-
bitifh:monophyfitifchen) Kirche mit der Gerichts:
barkeit in Chaldäa, Afiyrien und Mefopotamien.
** Takrit am Tigris.
appa, das Altartuch. Jeder Altar, an welchem
Meſſe gefeiert wird, muß mit zwei oder drei weißen,
leinenen Tüchern bedeckt ſein, von denen das obere
an beiden Seiten bis zum Boden herabreicht, das
untere von groberem Gewebe ſein darf. Dieſelben
müſſen geweiht fein. Nach Beendigung der Meſſe
wird die Schutzdecke des Altars über dieſe Tücher
gebreitet.
Mara. Bibl. Frauenname Ruth 1, 20.
Marah. Erſter Lagerplatz der Iſraeliten in
der Wüſte Etham. Der Ort 2. Moſ. 15, 22—25,
wo Moſes das bittere Waſſer ſüüß machte, wurde
fonft in Ajun Mufa nahe bei Suez geſucht Gegen:
wärtig finden ihn die Meiften im Wadi Garanbel.
Der ebenfalls dafür gehaltene Brunnen Bir Ha-
värah mit bitterem Waſſer war wohl zum Yager:
platz zu unbedeutend.
aransatha, 1. Kor. 16, 22, ber Herr fommt.
Die Verbindung in diefer Stelle mit Anathema
ging in die Kirchenſprache über bei befonders feier:
fihen und ſchweren Bannformeln und Fluchandroh⸗
ungen. Da es in derartigen Bullen oft überjegt
wird in adventum, usque ad adrentum (bis zur
Maranos
Ankunft) fo will die Formel befagen, daß von dem
auögefprochenen oder angedrohten Banne durch—
aus feine Löfung, Feine Aufnahme in die Kirchenge:
meinjchaft möglich fein folle, bis der Herr jelbit
fomme. Der alten Kirche war ein ſolcher Bann nicht
fremd, da die öffentliche Kirchenbuße bei neuem
Fall nicht wiederholt werden durfte. Die furcht-
bare Härte, welche in der Bedeutung der For:
mel liegt, fobald Kirchengemeinfchaft und Heils—
befit, Abendmahlägenuß und Sündenvergebung
gleichgejegt wird, hat fatholifhe Theologen ge:
nöthigt, eine Abſchwächung der Bedeutung der
Formel zu fuchen, um troß ihrer die Erthetlung
des Viaticums (der legten Wegzehrung) an den
Sterbenden als zuläffig erfcheinen zu laſſen.
Maranos ift der Name der Juden in Spanien,
weldye, der Gewalt weichend, zwar äußerlich zum
Chriſtenthum fich befannten, aber im Geheimen
dem Judenthum treu blieben, wie 3. B. die Fami—
lie des Maimonides, der folhes Berhalten auch
fittlich zu rechtfertigen fuchte.
Maranus, Prudentius, ein gelehrter Mauriner,
war am 14. Dctober 1685 entweder zu Sezanne
ober zu Troyes geboren und trat 1703 in die Con⸗
re ber Mauriner ein. Er lieferte 1720 die
efte Ausgabe des Eyrill von Jerufalem (griedh.
und lat.), ebenfo gab er die Werte Eyprian’s 1726
und Juſtin des Märtyrerö 1742 heraus. Ein
eigenes Werk fchrieb er 1746 unter dem Titel Di-
vinitas D. n, Iesu Christi manifesta in scriptu-
ris et traditione. Obgleih er am Streite liber
die Bulle Unigenitus fi nicht literarifch bethei-
ligte, hatte er . als Appellant (S. Yanfenis:
mus) Vieles zu leiden. + am 2. April 1762,
Marbach, Johann. Geboren zu Lindau am 24.
Auguft 1521,befuchtedie Schulezu Straßburg, ftu:
dirte jeit 1539 zu Wittenberg, war danach Dialo—
nus zu Jena und promovirte 1543 unter Luther's
Borfig zu Wittenberg. Zuerft Pfarrer zu Jany in
Schwaben, ward er nad Straßburg an die Nicolai:
firche berufen und mit mehrfachen Sendungen in
Kirchenangelegenheiten betraut 1552. Nach Hedio's
Tode wurde er Superintendent und Profeſſor der
Theologie. Derichreifrige,aber nad) Melanchthon's
Urtheilnicht hinlänglich unterrichtete Mann ſetzte es
fich zur Zebensaufgabe, dieconfessio tetrapolitana
(1530) und mit ihralle Hinneigung zur ſchweizeri⸗
ſchen lee aus Straßburg Ir vertreiben und reines
Lutherthum einzuführen. Es gelang ihm, den Pre:
diger der Fremdbengemeinde, Garnier, 1555 zu ver:
drängen (1577 wurde die Gemeinde gänzlich un:
terdrückt), 1556 Martyr, der ſich hatte verpflichten
müfjen, Nichts gegen die Augsburgiſche Confeſſion
zu lehren, den Aufenthalt in Straßburg zu ver:
leiden; nad) ** dogmatiſchen Zanke folgte
auch der letzte reformirte Theolog Zanchi 1563 |
einem Rufe nach Chiavenna. Seinen lutheriſchen
Eifer bethätigte Marbach während des Heidelber—
gr Abendmahlsſtreites durch einen Nachdrud des |
erfed von Heßhufius, De praesentia corporis |
Christi incoena Domini, Straßb, 1558 mit einem
Borwort gegen Friedrich III. von der Pfalz, und |
durch feinen „Chriftlichen und wahrhaften Unter:
richt”, Straßb. 1565, in welchem bie Ubiquitäts:
lehre vorgetragen ift, An ihn ald an eine Stütze
des Lutherthums wandte ſich auch Andreä mit jei:
nen Bemühungen um eine bindende Lehrformel
und reines Bekenntniß, und Marbach verſchaffte
1577 ber Eoncordienformel die Annahme jeitens
610
Marburger Neligionsgefpräch
der Straßburger Prediger ; Magiftrat und Stabt
nahmen fie erjt nad) feinem Tode an. Mangel an
theologifcher Klarheit hatte ihn der Irrlehre des
Flacius zuftimmen laſſen; alder aber, gewarnt, ſich
von ihm trennte, gab legterer aus Rache den ron
Marbach aufgeftellten Consensus heraus. Vielfach
wurde Marbach in Angelegenheiten der Kirchen:
verbefjerung in ben Nachbarländern zu Hülfe ge:
zogen: 1556 leitete er eine Kirchenvifitation in der
Pfalz, 1564 in Zmweibrüden, 1576 war er behülf:
lich bei der Miedereinführung des Lutherthums in
der Pfalz, 1578 hielt er Schulvifitation in Zwei:
brüden. Das ihm von Dito Heinrich angetragene
Amt eined Superintendenten der Pfalz hatte er
ausgeichlagen. + 1581. — Bon feinen beiden Söh:
nen war ber ältere Eradömus (geboren 1548) feit
1578 Lehrer des Alten Teftaments zu Straßburg
und erhielt des Baters Profeffur; + 1593; der
jüngere Philipp (geboren 1550) lehrte zuerft in
Straßburg, war dann Rector in Graz, grofeffor
der Theologie in —— Rector zu Klagenfurt
und endlich Profeſſor der Theologie zu Straßburg.
1611. Vgl. Schmidt: Der Antheil der Stra,
gl an der Reformation in Kurpfalz. Straßb.
1856.
Marburg. Die mit der Kirche der heil. Eliſabeth
ezierte Stadt Marburg an der Lahn war die Res
Akenz der Landgrafen von Heſſen 1458—99 und
1567—1604. Die Univerfität ftiftete, alö bie erfte
proteftantiiche, Philipp der Großmüthige am 30.
Mai 1527 (1541 von Karl V. beftätigt) und bo:
tirte fie aus eingezogenen Kloftergütern; fie er:
langte rafch großen Ruhm. Als 1625 Heffen:
Darmftadt Marburg bejekte, verlegte es dort:
* die 1607 geſtiftete Univerſität Gießen. In
Folge des Weſtphäliſchen Friedens, der Marburg
an —— zurückgab, ward die Vereinigung
wieder aufgehoben und 1653 Marburg von neuem
eingeweiht. Sie vertrat anfangs bie vermittelnde
Philippiſtiſche Richtung. Als aber Hunnius (1576
—92) die württembergifche Ubiquitätslehre und
die Concordienformel zur Geltung zu bringen fuchte
und die firchliche Trennung zwiſchen Ober: und
een berbeiführte, ſo daß 1607 Gießen als
Intherifche Univerjität neben Marburg geftiftet
wurde, galt legtere ala reformirte, umfomehr, als
Landgraf Morig feine Verbefferungäpunfte ein:
führte und die Dortrechter Synode beichidte. Doch
hat Marburg —— ſeine mildere Stellung behaup⸗
tet. An der Univerfität lehrten A. Hyperius (
1564), N. Rhoding (+ 1580), D. Arcularius (
1596), G. Sohn (+ 1589), Hunnius (+ 1608),
Eglin (+ 1622), ©. Eruciger (+ 1637), Job. Cro⸗
cius (+ 1659), im vorigen Jahrh. der Vhiloſoph
Ehrift. v. Wolf, in unferem Jahrhundert Daub,
Stilling, Cölln, Nünfcher, Rettberg, Richter, Henke,
Ranke, Bilmar, Heppe u. A. Bol. Rante, Deutfche
Geſch. 1868. II, 307. III 359. V, 336.
Marburger Bibel iſt die von Horch und Scheffer
1712 zu Warburg herausgegebene Bibel nad
Luther's Ueberjegung mit Einleitungen und er:
Härenden Inhaltsanzeigen, bei denen die myſti—
ſchen Auslegungen der Guyon (f.d.N.) u. A. ſtart
ig waren. Die Bibel wurde von den Myſti⸗
fern jehr geichägt, bis die Berleburger Bibel fie
verbrängte.
Marburger je ae eipräd. Da eine poli⸗
Fa Einigung der — welche durch das
Auftreten des Kaiſers und der katholiſchen Stände
Marburger Religionsgefpräd
dringend gefordert wurde, nicht möglich war, jo
lange die Wittenberger eine Gemeinſchaft mit den
Schweizern für wider das Gewiſſen gehend erflär:
ten, fo betrieb Philipp von Heffen in richtigen
politiſchen Verſtändniß eine Einigung ber Theo:
logen. Luther entjchloß fich jehr ſchwer, der Ein:
ladung nah Marburg zu einem Geſpräch mit
Zwingli zu folgen, und nur weil Melanchthon 1529
zu Speier dem Landgrafen die Zufage gegeben
batte(improbitasPhilippi). Zwingli fam ungead):
tet der Befürchtungen des Züriher Rathes. Lutheri⸗
ſcher Seits waren zug en Luther, Juftus Jonas,
Melandtbon, A. — Agricola, Brenz,
ſchweizeriſcherſeits Zwingli, Decolampad, Bucer
und Hedio. Am 1. Detober wurden die Verband:
lungen nad dem Frühgottesdienft durch zwei
getrennte Privatgeſpräche, Luther » Decolampad,
Zwingli⸗Melanchthon, eröffnet und in allen Pune⸗
ten, bis auf das Abendmahl, ein Verftändnif er:
zielt. Am 2, October wurde das Öffentliche Ge—
ſpräch über dad Abendmahl gehalten, in welches
Zuther mit der petitio principii eintrat, daß die
von ihm auf den Tisch gefchriebenen Worte (hoc
est corpus meum) den von ihm angenommenen |
Sinn hätten, fo daß er allen exegetiſchen und ver:
nünftigen Gründen die Forderung der Untermwer:
fung unter Gottes Wort — ald dem man ſich unter:
en müfle, felbft wenn es befehle Holzäpfel zu |
effen — entgegen halten konnte. Das Geſpräch
drehte ſich um die Auslegungvon ‘Joh. 6, bei welcher
Luther feine frühere, mit der Zwingli's überein:
ftimmende Erklärung, zurüdnahm und um die Fra:
ge, ob Ehrifti Leib lien und an einem Drt,
alfo räumlich jei, ſowie um die Bejtimmung des Un: |
terſchiedes des Segens einer manducatio oralisvon
dem der m. spiritualis. Als das vergebliche Ge—
ſpräch, welches am Sonntag (3. Det.) noch fortgejett
wurde, aufgehoben worden und der Kanzler ‚zeige
zur Einigfeit ermahnte, wies Luther Zwingli's
dargebotene Hand mit den befannten Worten zu:
rüd: „Zhr habt einen andern Geift als wir.“ Auf
Betreiben des Landgrafen ftellte er indeß am 4
October die Artikel zufammen, über die man ſich
verglichen, und die noch unverglichen jeien. In
den erjten 14 fand fich völlige Uebereinſtimmung;
fie betrafen ſowohl die allgemeinen chriſtlichen
Yehren, Trinität, Chriftologie, Sünde, ald die
jpecifiich reformatorifchen vom Glauben und der |
Rechtfertigung, Beichte und Kindertaufe. Der 15.
Artikel vom dmahl enthielt den übereinftim:
menden Gegenfat gegen die fatholijche Lehre und
betonte den geiftlihen Genuß, verſprach auch chriſt⸗
liche Liebe und Einigkeit untereinander, ſoweit
das Gewiſſen es leiden wolle. Aus diefen Artikeln,
der erften proteftantifchen confessio und der
Grundlage des Augsburgiihen Belenntnifjes,
gi en durch Luther's Ueberarbeitung die Schwa-
aber rtitel ($.d. A.) hervor, welche, jedoch ſchärfer,
bie Iutherifche Lehre ausfpradhen. Der Nuten des
Marburger Geſpräches, obgleich es feinen nächſten
Zweck verfehlte, war bad Erwachen bes Bewußt:
611
Marcellus 1.
*
matorum XXV1, 113, 137. Chriſtoffel, ©. Zwing—
li's Leben ıc. Elberf. 1857. ©. 320. Möller, of
ander, Elberf. 1869. Die 15 Marb. Artikel fach:
milirt — von Heppe, Kaſſel 1854. Die
Acten bei Wald, B. XVII. i
Marta, Petrus de, geb. 24. Jan. 1594 zu Sant
in Bearn. Er erhielt feine Bildung im Jefuiten-
collegium zu Auch und ftudirte zu Touloufe Die
Rechte. 1615 wurde er (der einzige fatholifche) Rath
im Conseil souverain zu Béarn, 1621 nad) der 1620
erfolgten Einverleibung Bearns von Ludwig XIII.
zum Lohn feiner Mitwirkung bei der Wiedereinfüh:
| rung des Katholiciämus in Bearn, zum Präfident
bes Barlaments zu Bau ernannt. 1639 als Staats:
rath nad) Paris berufen, ſchrieb er 1641 im Auftrag
des Königs de concordia sacerdotii et imperii s.
de libertatibus ecel. gallic., welde Schrift in
Rom aufden Inder am. Nach dem Tode feiner Bat:
tin 1632 trat M., — ſchon 1608 hatte er die nie:
deren Weihen erhalten, — in den geiftlichen Stand
und erhielt vom König 1643 das Bisthum Conje:
rans. Der Papſt weigerte jedoch die Beftätigung wer
gen der erwähnten Schrift und ertheilte fie erft, als
1647 in einer fchweren Krankheit zu Barcelona
von M., ohne Bemwußtfein feines Thuns, die Un:
‚terzeihnung eined Widerrufs erlangt war. Erft
1648 wurde er zum Priefter geweiht und trat
1650 feine Diözefe an. Der König, welder
ihn häufig zu politifhen Geſchäften verwandte,
ab ihm 1652 das Erzbisthum von Touloufe.
on dem Verdachte, Janfenift zu fein, der wie:
derum bie Beftätigung verzögerte, reinigte er ſich
vollſtändig durch feine Theilnahme an der Verur:
theilung des Janſenismus J der allgemeinen
Verſammlung bes franz. Klerus 1656. M. + 1662,
wenige Monate nad) feiner Ernennung zum Erz:
biſchofvon Baris. Sein Hausgenoffe, Stephan Ba:
luzius, gab feine Biographie und veranftaltete eine
neue und vollftändige Ausgabe der Schrift: de
concordia etc. Paris 1663, 1669 u. 1704, die
wieber auf dem Inder fteht.
Martellina. Marcelliniften. Eine Frau, welche
| um 160 in Rom auftrat und dem Syftem des Gno⸗
ftiferö Karpofrates dort Eingang verſchaffte. Ihre
nur von Gelfus erwähnten Anhänger find nicht
zu verwechjeln mit den Marcellianern, den An:
hängern des Marcell von Ancyra.
| arcellinus. Ein römischer Biſchof, Nachfolger
des Cajus, 296— 304. In der Verfolgung des Dio:
'cletian foll er aus Furt im Tempel der Veſta
und Iſis geopfert, daS Vergehen aber reumüthig
einer zu Sinueffa verfammelten Synode befannt
und den Märtyrertod erlitten haben. Augquftin
erklärte gegen die Donatiften die Geſchichte für
eine Züge, von Reumont (Geſchichte der Stadt
Rom, Berlin, 1867, I. S. 571) für eine im Schooß
der Ketzer entitandene Sage. Die Acten der Synode
find anerkannt unecht. Obgleich er ald Märtyrer
gefeiert wird, (24 Apr.) ift jelbft fein Martyrium
unſicher.
—— ãi, L. römiſcher Biſchof, der Nachfolger
ſeins von einem bei aller Verſchiedenheit vorhan⸗ | des Marcellinus nach einer Vacanz von mebreren
denen evangelifchen Conſenſus, es ermöglichte Jahren. Er foll die Stadt Rom in 20 Diöce:
die Wittenberger Concordie und den Schuß der ſen getheilt und Priefter zu ihrer Verwaltung
Reformirten ald Augsburgiſcher ——— eingeſetzt haben. Es wird erzählt, daß er von
wandter. Vgl. Rante, Deutiche Geſch. 1868. III, | Marentius, weil er den Göttern zu opfern ſich
121 ff. Schmitt, dad Religionsgeſpräch zu Mar: | weigerte, mehrmals zu den niedrigften Dienften
burg, Marb. 1840. Heppe, Zeitihr. für Hifter. eines Stallnechts verurteilt worden jei. Das
Theologie 1848, 1852. Bindfeil, Corpus Refor- Haus einer Wittwe, in welchem er einmal aus der
Marcellug
612
Marcion
Knechtſchaft befreit, fich verborgen hielt, foll fpä: | Fragment) ein Belenntnik vorgelegt haben, mel:
ter in eine Kirche verwandelt worden fein. Auch ches die Billigung der Negypter erlangte. Marcel
foll er den Märtyrertod endlich erlitten haben. , F um 373.
(16. Jan.) ®al. de Rossi, Roma sotteranea cri-
stiana Rom 1864. I, 111.
— II, ®apft 1555. Marcello Gervini aus
ano, war Secretär bei Paul III.; als Cardi—
nal und Gardinallegat auf dem Coneil & Tri:
ent hatte er friedliche Gefinnungen und Klugheit
bewiejen. Sein ſchneller Tod, 22 Tage nad) ber
Mahl, wurde ohne Grund einer Vergiftung zuge:
fchrieben. :
Morcellus, Märtyrer. 1) Zu Chalons fur Sa:
one lieh der Präfect Priscus einen M., der an
einem Opfermahle nicht theilnehmen wollte, fon:
ern feinen und ber Gäfte Götzendienſt ſchalt, Te:
bendig mit dem halben Leibe in die Erde graben
und verſchmachten 140. (4. Sept.) — 2) Ein
Hauptmann der Trajanifhen Legion zu Tingis
in Mauretanien, weigerte fi an heidnifchem Opfer:
fefte Theil zu nehmen und wurde enthauptet 280.
20. Oct.) Seine Standhaftigfeit erweckte den Caf-
ianus, den Militärgerichtsfchreibe au gleichem
Glauben ; derfelbeerlittnadh einiger ..gen dasſelbe
Martyrium. — 3) Der Sohn eines PR und ei:
ner Chriftin in Rom, floh in der Berfolgung des
Aurelian nad) Argenton. Seine Wunder erregten
Aufmerffamleit; da er feinen Glauben nicht ver:
leugnen wollte, wurde er auf einem Rofte gebraten,
und, weilednicht gelang ihn zu tödten, endlich ent:
hauptet (29. Juni). — 4) Bifhofvon Die in Frank:
reich, gegen Ende des 5. Jahrh., aus Asignon;
bei einer ftreitigen Biſchofswahl entfchied für ihn
das Zeichen einer Taube, die ſich auf ihn fette.
Bon den Arianern gefangen genommen, ftarb er
im Gefängniß (9 Apr.). Vgl. Potthaſt, Biblio-
theca medii aevi I, 797.
Marcellus von Ancyra in Galatien. Ein Geg:
ner des Arius auf dem Goneil zu Nicäa 325,
erregte er durch jeine Schrift gegen en (negi
unorayäs) bei den Drientalen Anftoß. Er bielt
eine bypoftatifche Unterſcheidung des Logos für un:
ausführbar und wollte den Ausdrud Sohn Got:
tes, den Athanaſius als gleihbedeutend mit Logos
fegt, nur anwenden in Bezug auf Jeſus. Einen
ewigen Sohne Gottes gebe es nicht, nur einen ewi⸗
gen, von Gott untrennbaren, ungezeugten Logos,
der erft durch Die Annahme des Fleiſches perfönlich,
zum Sohne Gottes geworden. Wenn das We
ber Erlöfung ganz vollendet fei, werde bie Sohn:
{haft aufhören und der Logos fich wieder mit
bem Vater vereinigen. Er wurde megen biejer
Lehre des Sabellianismus und Samofatenis:
mus bejhuldigt. Die Arianer auf den Synos
ben zu Serujalem 335 und Gonftantinopel 336
entjetten ihn des Amts und verbannten ihn mit
Athanafius. Nach Conſtantin's Tode fehrte auch
er zurüd und wandte fi, von neuem vertrieben,
an Julius I. inRom, benerfür fih gewann, fo daß
er auf einer Synode 342, auf welcher die eingelade⸗
nen Drientalen jedoch nicht erſchienen waren, für
rechtgläubig erflärt wurde. Dagegen verdammten
ihn die Bifchöfe zu —— 345 und bie Synoden
u Rhilippopolis 347, Sirmium 351, Arles 255,
ailand 355, während die Synode von Sardica
347 wie den Athanafius, fo auch ihn freiſprach. Auf
Anregen des Bafilius fol fpäter Athanafius felbit
fih von Marcell losgeſagt haben und diefer feir
— nem Biſchofsamt entfagt, aber auch (nad) einem
gl Rettberg, Marcelliana. Göttin:
gen 1794. orner, aa late ber
Lehre von ber Perſon Chrifti. I, 864 ff. Th. 5
Marcellus von Ancyra, Goth. 1867. (führt die
Lehre des M. auf die des Irenäus zurüd.) Klofe,
Geſch. und Lehre d. Marc. u. Photin Hamb. 1837.
Baur, Dreieinigfeit I.
Martellus, 1) Biſchof von Apamea in Syrien um
380, Als er mit Waffengewalt einen heidniſchen
Tempel zerftören ließ, wurde er von den Heiden
überfallen und * Scheiterhaufen geſchleppt.
Dal. Theodoret, hist. eccl. V, 22. Sozomenos,
hist. ecel. VII, 15. Schröckh, 8. ©. VII, 224. —
2) lebte um 450, vertheilte nad) dem Tobe feiner
reihen Eltern fein Vermögen unter die Armen
und ging zu dem Afoimeten:Abt Alerander nach
Ecnftantinopel. Der Wahl zu deffen Nahfolger
entzog er ſich durch die Flucht, unterftügte dann
den Abt Yohannes, bis deffen Eiferfucht ihn zum
Stallfnecht für die Klofterefel madte. Nach Jo—
hannes' Tode überkam er dennoch die Abtswürde
und verſchaffte dem Klofter großen Ruhm. + um
485. Botthaft, Biblioth. med. aevi. I.
Marion und die Marcioniten. M., der Sohn
eines Biſchofs zu Sinope in Kleinafien, fam 140-
150 (nad) Sipfus’ Berechnung in der Zeitfchrift
für wiffenſch. Theologie 1847,&. 77, im Jahre 143
oder 144) nad) Rom und genoß in ber bortigen Ge:
meinde wegen feiner ftrengen Astefe hohes Anſehen,
+ um 170.Cr lernte dort den fyrifchen Gnoftifer Ger:
don fennen und bildete, von defjen Lehre ausgehend,
fein eigenthümlich priftliches Syftem, in welchem
gegen eine herrſchende judaifirende Richtung, welche
in apolalyptiſchen Erwartungen und leidenſchaftli⸗
hen Streitigkeiten befangen, ig im:
mer finnlicher und ſelbſtiſcher auffahte, der jhärffte
Gegenjat einer tief innerlihen Religiöfität fich zu
begründen ſuchte. M.'s Syftem erlangte in ber
Kirche eine große Bedeutung; ed wurde jedoch von
feinen Schülern nad) verſchiedenen Seiten hin aus:
gebildet, jo da& die Meinung bes Stifters nicht
überall Elar vorliegt. Der Grundgebanfe ift der
Gegenfag zwiſchen dem Gott des Neuen Tefta:
ments und dem Jubengott (dem Demiurgos), dem
guten und dem gerechten Gott; diefer legte bildete
aus der neugewordenen, ungejchaffenen Materie
re] (Hyle) die Welt als fein Rei); feine Offenbarung
ift das Alte Teftament. Indem nun feine Gered:
tigfeit ganz in der Weiſe der gröbiten Zubaiften
efaßt wird, alfo hart, leidenſchaftlich und als
Ännliche Macht, wird zugleich aus den alttefta:
mentlichen sehn und Berichten die Fol:
gerung gezogen, daß diefer Gott ein unvolllom-
mener, in jeiner Erfenntnif und Macht beihräntter
gemwejen fei, jo daß bei Ms Schülern der Begriff
des gerechten Gottes an den des böfen anftreift.
Die vom Demiurgos der Welt zugedachte Erlöfung,
d. h. das ee Reich in der jubaifti-
ſchen und buchſtäblichen Auffaffung der propheti-
ſchen Schilderungen, würde nur den Juden eine
fehr unvolllommene Seligfeit gewährt, die übri-
gen Völker dem Berderben preiägegeben haben.
Daher erbarmte fich der gute Gott, deffen Offen:
barungswelt eine vollfommene, höhere (ber britte
immel) ift; und um feine Liebe anzubieten, fteigt
Ehriftus aus dem Himmel zur Erde nieder. Da
er an bem Reiche des Demiurgos keinen Theil hat,
Marcion’3 Kanon
613
Marcus
fo fann er auch feine wirkliche Menſchheit anneh⸗ 'ften, welche den Verſuch machten, die zerftreuteit
men, ſondern nur eine Scheingeftalt, jo daß es für
Marcion eine Geburtsgeſchichte 8 wenig gab wie
eine Geſchichte der Auferſtehung. Das Leben Chriſti
ift ein fortwährender Kampf mit dem Demiurgos,
befien Gebote er abſichtlich verachtet ae B. Sab:
bath, Faften) und der dagegen, die Macht eines
neuen unbelannten Gottes auf Erben merkend,
bie Seinigen antreibt, Chriftus zu tödten. Damit
verlegt er aber die Geſetze feines eigenen Weſens
(die Gerechtigkeit) und verliert dadurch das Recht
auf alle Die, welche ſich Chrifto zumenden. Diefe
werden von der Laſt des Körpers entlleidet in den
Himmel aufgenommen, den Engeln gleich, wäh:
rend der Demiurgos feinen Anhängern eine be:
ſchränlte Seligfeit bereitet, die Uebrigen im ewigen
me peinigt. Der gute Gott verlangt von den
einigen fein Opfer, überhaupt nichts als die
Hingabe des Gemlthes, die freie Liebe; fie
machen fi aber aus Liebe zu Gott frei von
aller Gemeinſchaft mit der Materie. Der Mar:
cionitismud entwidelte eine ftrenge Aflefe: die
Ehe wurde ald eine Unteufchheit verworfen und
war allen Getauften unterfagt, ebenfo enthielten
fie fih der Fleifchfpeifen. Meberhaupt war die
Tendenz ber Secte eine ethifche; dadurch unter:
fchieb fie fi von den fonft verwandten bualifti-
ſchen Syftemen der Gnoftifer und der Manichäer,
welche den Gegenſatz von Gut und Böfe in einem
naturpbilofophiihen Proceß auflöften. Weil M.
das urfprüngliche Chriftenthum, welches der Yu:
daismus verunftaltet hätte, wieberherftellen wollte,
fo verwarf er das ganze Alte Teftament und bes
hielt vom Neuen nur die 10 paulinifchen Briefe
in einer eigenen Recenfion und ein dem Lucas
verwandtes Evangelium. Der Eultus der von
ihm geftifteten Gemeinden war fern von allem
äußeren Gepränge. Durch Marcion’3 Schüler
wurde das Syftem in mancherlei Weife fortgebil:
det. Einige unterfchieben zwifchen dem Demiurgos,
ala dem geredhten Gotte, und dem böfen Gotte, fo
daß im Zufammenhang dantit auch nicht mehr die
Materie an fi, fondern das Fleisch ala das Böſe
angefehen wurde; Andere ordneten ben Demiurgos,
ben M. als gleich ewig und unabhängig wie den
2. Gott betrachtet, diefem unter, oder ließen
ie Schöpfung des Demiurgen durch den guten
Gott vollendet werden, der dem Menſchen das
göttliche nvedue, den Geift gab, welchen der Menſch
im Sündenfall war verlor, aber in der Erlöfung
zurückempfing. Am meiften wieder rüdlentend
in ben Gnofticismus, indem er bie felbjtftänbigen
Dffenbarungsprincipien M.'3 zu Engeln des höd:
ften Gottes machte (angelus indytus, der Ge;
rechte und Weltichöpfer ; angelus igneus, ber
Treuergeift, Urſache des Böſen), bildete Apelles
bie Idee des Marcionitiömus weiter. Quellen
find: Juftin’3 Apologie, Jrenäus adv. haer., Ter⸗
tullian adv. Marcion,, der AidAoyog nıegi rüs eis
Heov dosis nloreug ed. Wetsten 1674. Philo-
sophumena ed. Miller. Oxon 1851. VII, 29, X,
19. Epiphanius, Haer., Esnig, Darft. ded mar:
cion. s, aus dem Armenifchen von Neumann
(tie. f. Hift. Theol. 1834). Vgl. Hahn, Antithe-
ses Marcionis 1823, de gnosi Marc. antinomi,
1820. Lipfius, der Gnoſticismus. Lelpy. 1860.
W. Möller, Geſch. der Kosmologie bis auf Drigi:
nes. Halle 1860,
Marrion’9 Kanon, Marcion war einer ber ers
neuteftamentlihen Schriften zu einer Sammlung
zufammenzufafien. Es leitete ihn dabei hauptſäch—
lid der dogmatifche Geſichtspunkt, einen von al:
len judenchriſtlichen Elementen gereinigten Kanon
herzuftellen, welcher feinem gnoſtiſchen Syfteme als
Stüße dienenfollte, Er theilte diefen Kanon ein in:
1) das Evangelium Chrifti, worunter er ein ver:
ftümmeltes Lucasevangelium verstand, und 2) den
Apoftel, worunter er folgende 10 Briefe des Apo:
ftel3 Baulus in folgender Drdnung aufammenfaßte:
Briefe an die Galater, Korinther, Römer, Theſſa—
lonicher, Zaodicäer, Koloffer, Philemon, Philipper.
Die früheren waren ſeit Tertullian gewohnt, die—
fen Kanon einfach als das Werk einer abſichtli—
chen Fälſchung zu verurtheilen, während manche
neuere Kritiker ein günſtigeres Urtheil über Mar—
cion fällen. Da manche feiner Angaben, wie z. B.
die Ordnung der paulinifchen Briefe, ermweislich
richtiger find als diejenigen der Tradition, da viele
feiner Tertveränderungen, wie fie von Epiphanius
und Tertullian berichtet werden, gar feinen dogma⸗
tifchen Gefichtäpuntt erkennen laſſen, fo ift anzu:
nehmen, daß außer der dogmatiſchen Richtichnur
auch noch manche wirklich gefchichtliche Anhalts:
punkte für fein Fritifches Berfahren ——
waren, ſo daß ſeine Angaben durchaus ni nz
ohne Werth ſind. Namentlich wurden ——
gemacht, ſein Evangelium nach den Angaben der
Väter wieder herzuftellen (Hahn, das Ev. M.'s
in f. urjpr. Geftalt. Königsb. 1823, vgl. Thilo,
Cod, apoer.). Semler und Griesbach legten dem:
felben einen hohen Werth bei, Eichhorn, dem
Mande folgten, ia in ihm ein älteres Stabium
der Evangeliengefchichte, und in der Tüb. Schule
wurde wenigftens theilweife (Ritichl, dad Ev. Mar:
cion’s u. das Ep. bes Luc. 1846, Baur in den
Tüb. Jahrb. 1845, dagegen ne frit. Un:
terfuchungen üb. d. Ev. Juftin’s, der Element.
Homil. u. Marcion’s, 1860. Vollmar, das Ev.
M.,1852.) diefe Anficht mit Entichiedenheit weiter:
geführt. Eigenthümlich war aud Marcion’s An:
fiht vom Epheferbriefe (f. d. A.), welchen er unter
dem Titel eines Laodicäerbriefes in feiner Samm⸗
lung aufführte. Val. Gratz, Unterf. über Marc.
Ev. 1818. Rhode, Prolegg. ad quaestionem de
evangelio et apostolo Marcionis denuo insti-
tuendam, 1834, Heim, M,, sa doctrine et son
evangile, 1862. Hahn, de canone Marcionis anti-
nomi, 1824.
Marcofier. S. Marcus, Gnoſtiker.
Marcus Aurelius, (Antoninus Philosophus)
römiſcher Kaiſer (161—180). Geb. 121 zu Rom,
aus einer vornehmen ſpaniſchen Familie, wurde
von Antoninus Pius adoptirt, mit feiner Tod:
ter Fauftina vermählt, zum Cäſar erhoben und
nahm als jeinen —— ſeinen Adoptivbru⸗
der Lucius Verus zum Mitregenten an. Schon
als 12jähriger Knabe hatte er die Kleidung und
Lebensart der Stoifer angenommen und hielt fein
Lebenlang an ihren Lehren und Marimen feft.
Deshalb zeichnete er fich zwar durch ein einfaches
und rechtichaffened Leben aus und war eifrig be:
müht, durch Reformen und zweckmäßige Einrich-
tungen das Staatsleben zu heben, aber er war
unfähig, dad Chriftenthum zu verjtehen, deſſen Ur:
Er ebenfo wie der begeifterte Fanatismus
einer Belenner, ben Anfichten feiner Schule wider:
ſprach. Er erließ ein Edict, wonach alle Verbrei
Marcus
ter einer neuen Religion, welche die Seelenruhe
des Einzelnen oder des Staates ftöre, mit dem
Tode beftraft werben follten. Charalteriftifch
ift dad von da beginnende Aufſpüren der Ehri-
ften und Die Anwendung von Martern als Mittel,
fie zum Abfall. zu —— In den blutigen
Chriſtenverfolgungen, welche feine Regierungszeit
durchziehen, farb Juſtinus 166, Polycarp 169
und die Märtyrer zu Lyon 177. Vergeblich richtete
an ihn Melito von Sardes feine (verlorene) Schuß.
Ichrift für das Chriftenthum (Eusebius, hist. eccl.
IV, 26; fyrifch erhalten ift aber feine Rede bei
Cureton, spieilegium syriacum. 1855; p. 22-31.
gl. Sand, anecdota syriaca 1862 p. 13 ff.) und
Auftinus —— Apologie. Im Schrecken des
Marlomannenkrieges — er einen fiebentägi:
gen Bußtag an, und ließ die Stadt durch einhei-
mijche und fremde Priefter nad römischen und
nad fremden Religionsgebräuden fühnen. Die
Rettung aus gefahrvoller Lage in diefem Kriege,
wurde von ben Heiden einem ägyptifchen Zauberer,
von der riftlichen Legende dem Gebete der legio
fulminatrix (ſ. d. Art.), von M. Aurel ſelbſt nad)
einer eigens geprägten Münze dem Jupiter zu:
geihrieben. Eine Sinnesänderung des Kaijers
wurde jebenfall3 nicht hervorgerufen, denn nad)
drei Jahren begann eine neue erg a
Bgl. Noel des Vergers, Essai sur Marc Aurele
d’aprös les monuments £pigraphiques. Paris
1860. De Champagny, les Antonins. Paris. 1868
3. Aufl. C. Martha, Revue des deux Mondes.
Avril 1864.
Marcus, Eugenius, Erzbiſchof von Ephefus, yes
hörte zu den Abgefandten der griechischen Kirche zu
dem Eoneil von ara: Florenz 1438-39, und war
dort der Führer der, einer Bereinigung mitRom ab:
geneigten Partei, welche am Schlufje der Verband:
lungen die Yateiner nicht bloß für Schismatifer,
fondern für Häretifer erflärte, jo daß fte lieber
fterben wollten, als latinizare (den Lateinern ſich
anbequemen). M. verweigerte allein die Unterjchrift
des decretum unionis (der Vereinigungs⸗ Urkunde)
1439, ohne daß ihn ein päpftliches Gericht erjchre-
den konnte. Nach feiner Rüdtehr feste er den
Kampf gegen die Bereinigung fort, welche denn
auch niemals ind Leben — ift. + 1447. Val.
Harduin, Coneil. Coll. IX, Schröth, Chriftl. 8.
G. 8. 34. Gaf, Nikolaus Cabafilad, Greifsw.
1849, I, 166; II, 267. Migne Patrologia graec.
* 60. Steitz, Jahrb. für deutſche Theol. 1868.
p. 670.
Marcus, Evangeliſt. Sein eigentlicher Name
iſt Johannes, ein Apoſtelſchüler. Ein Jude (Kol.
4, 10), wahrſcheinlich aus Jeruſalem, wo ſeine
Mutter Maria ein Haus beſaß, mit welcher Petrus
in vertrauterem Verkehre ſtand (Apſtg. 12, 12),
war er mit ſeinem Vetter Barnabas Begleiter des
Apoſtels Paulus auf feiner erſten Reiſe (Apg. 13,5),
aber unterwegs wieder zurückgekehrt, was Paulus
veranlaßte, Marcus auf der zweiten Reiſe nicht mehr
mitzunehmen und in Folge deſſen ſich auch von
Barnabas zu trennen, der nun ſeinerſeits mit
Marcus Cypern bereifte (Apſtg. 16, 37. 388). Später
erſcheint M. wieder in Begleitung des Paulus
(Kol. 4, 10 u. Philem. 24), und 2. Tim. 4, 11 läßt
614
Marcus
als Berfaffer des zweiten, fürzeften Evangeliums,
in welcher Beziehung Papias (bei Euseb. Hist.eccl.
3,39) folgende wichtige Stelle liberihn hat : Mapxos
utv Eguerevrng TlErgov yeröuevos, bau Eusnud-
vevoer, dxoißus Eypeev, od uevro rafeı ra Und
roũ Xpieroü 7 AeyHEvra y noaydevra. (M., der
Dollmetfcher des Petrus, fchrieb Alles, woran er
fich erinnerte, genau auf, freilich nicht der Ordnung
nad), was von Chriftus geiprohen oder gethan
war). Mit Petrus wird von der Sage auch Mar:
cus nah Rom verjegt, fpäter nad Alexandrien,
wo er ald erfter Bischof den Märtyrertod erbuldet
—— ſoll. Ueber dad Evangelium ſ. d. Art. Syn:
optiter,
Marend, Den Namen führen drei gnoſtiſche Sec:
tenhäupter. Der erfte war ein Schüler Balentin’s.
S. d. A.) ng ie ein Anhänger Marcion’s und
Führer der Marcofiten, lehrte, daß Gott dem
Menſchen des Demiurgen das wedun, den Geift,
gegeben, welcher in der Sünde verloren, in der
Erlöfung wiedererlangt werde. Wie er Daher zwi:
ſchen Bneumatifern und Pſychilern unterjchied,
nahm er aud) eine ne Taufe, auf Jeſus, den
Meffias der Piychiker, und auf Chriftus an. Bei
feiner Secte findet fi) zuerft der Gebrauch ber
legten Delung. Der dritte M., aus Memphis ge:
bürtig, fol in Spanien um 350 der erfte Urhe:
ber des Prifcillianismus geworden fein.
Marcus, Papſt 336, ein Römer, folgte auf
Syivefter I. und regierte 8 Monate. Bon ihm
rührt wahrfcheinlid) die Verordnung her, daß in
der Meſſe nad) dem Evangelium das nicänifche
Glaubensbelenntniß gebetet werde. Ein ihm zuge:
ſchriebenes Antwortſchreiben an Athanaftus, in
welchem darauf Bezug genommen wird, dak zu
Nicka 70 Canones aufgejtellt jeien, ift unecht.
Marcus, Eremita. Drei Männer dieſes Na:
mens werden erwähnt. Der erfte, ein Zeitgenoffe
des Chryfoftomus, lebte unter den Einfieblern der
ſtetiſchen MWüfte, und war nicht bloß durch jeine
Gelehrjamteit, jondern auch durch befondere Hei:
ligteit und Wunderthätigfeit berühmt, jo daß fein
Gedächtniß in der griechiſchen Kirche (25. März)
und einem Theile der lateinifhen (Det) gefeiert
wird. + um 410 mehr ald hundertjährig. Den zwei:
ten erwähnt Nicephorus ald Schüler des Chryfo:
tomus und ald Verfafler aſtetiſcher Schriften. Dem
ritten Marcus Eremita in England wird ohne
ftihhaltige Gründe von Einigen die historia Bri-
tonum zugeichrieben, ald deren Berfafler mit
nicht mehr Recht auch Nennius gilt. Der erfte
diefer Männer ift der mwahrfheinlihe Berfafler
von 9 Tractaten (Griechiſch: ed. Morell, Paris
1563; Zateinifh: Joh. Picus, Baris 1563. Migne,
Patrologia graec. tom. 65) ethifchen Inhalts, über
den Werth und die Bedeutung des ajfetifchen Le—
bens und der Taufe, über Sünde und Gnade,
über geiftliched Leben und einzelne andere ethi—
Ihe Fragen. Diefelben find wichtige Urkunden
zur Kenntnik der Myftif unter den ägyptijchen
Möndyen. Dogmatifd neigen fie Kir arf zum
Monophyfitismus und enthalten die Lehre der
griechiſchen Väter in —— auf Taufe, Erbſünde
und Freiheit. Da fie bie Lehre von der Rechtfer—⸗
tigung duch den Glauben nicht minder ftarf ber:
diefer ihm zu fich rufen. Die Stelle 1. Betr. 5, 13, | vorhoben, fo jegte Rom fie auf den Inder. Bellar:
wo Petrus von Babylon aus von feinem „Sohne“ | min wollte in ihnen das untergejhobene Wert
Marcus f
Märung gefunden. Narcushatvor AllemBedeutung
t, hat noch Feine abichließende Er»
irgend eined Häretilers verm Bgl. über
die Echtheit indeß: Gallandi Bibl. Patr. VITI.
Marefa
615
Margaretha
Du Pin, nouv. bibl. III. 8. Neander, K. ©, II. ; Chriftin von ihrem heidnifchen Vater verftoßen,
Wangemann in Herzog's Eneyelop. XX; Zeitfchr. | und unter Diocletian von dem Präfect Dlibrius,
f. biftor. Theolog. 1868.
Marefa, Stadt im Stamme Juda, 2
fpätern Eleutheropolid. Hier ſchlug Aſa, König von
uda den Yethiopen Serach (2. Chron. 14, 9. 10).
nter Judas Makkabäus wurde eine Briefterfchaar
dort gejchlagen % Matt.5,67u.2.Malt. 12,36f.).
Hyrcan entriß die Stadt den Idumäern, denen fie
vorher abgetreten war, Alerander Jannäus nahm
fie Arabern. Später wurde die Stabt von
den Barthern während ihres Felbzuges gegen He:
rodes gänzlich zerftört. M. war der Geburtöort
des Propheten Eliefer zur Zeit Jofaphat’3 von
Juda (2. Chron. 20, 37). Bl. Ioseph. Ant. VIII.
Ewald, Geſch. d. ®. Jirael 2. III. 469 u. a.
Rarefius, Des Marets, Samuel, geb. 1599 in ber
Picarbie, ftudirtein Saumur und Genf, wurde 1620
zu Charenton ordinirt, erlangte 1624 eine theologis
ſche Brofeflur in Sedan, begleitete 1631 den Herzog
von Bouillon auf dem Feldzuge nad) Holland und |
wurde 1632 franz. Prediger zu Maftriht. Beim
Uebertritt bes Herzogs zur fatholiichen Kirche 1636 |
ging M. nach Herzogenbuſch als Paſtor der Wallo:
niſchen Gemeinde und Profeffor an der Schola il-
lustris, und folgte 1643 einem Ruf nad) Groenin⸗
en, wo er bis zu feinem Tode 1675 mit großem
folg wirkte. Da er gegen Katholiten und Socis
nianer, GCoccejaner, Gartejianer, Amyrald und |
h als jtreits |
Labbadie und jelbft gegen Vostius ro
baren Dogmatiter bewährte, hat er den Namen
des reformirten Galov erhalten. Sein berühmteſtes
a tft: Systema theologicum c. annot., Gron.
1673.
Rarezoll, Johann Gottlob. Berühmter Kanzel:
rebner, geb. 25. Dec. 1761 zu Plauen als ber
Sohn eines öſterreichiſchen Militärs, ber aber vor
jeiner Geburt ſtarb. Unter äußerlich drüdenden
Berhältnifien ftubirte er feit 1774 zu Leipzig.
Schon als Candidat und Hauslehrer gab er Pre:
bigten heraus, in denen er Zollikofer nadeiferte.
Die 1787 anonym erjchienene Schrift: „DasChris
rn ohne Geſchichte und Einkleidung“, ver⸗
chaffte ihm, da ſeine Autorſchaft bald bekannt
wurde, 1789 die Ernennung zum Univerſitätspre⸗
Diger und Profeffor der Moral und Homiletit in |
Göttingen. 1794 wurde er Hauptprediger an der
deutſchen Kirche in Kopenhagen, gab aber die
Stelle wieder auf, weil ihm das Klima nicht zu:
jagte, und fam 1803 als Confiftorialrath, Superin⸗
tendent und Air nad Jena. Bon ben Bor:
leſungen 30g er ſich bald zurüd, um vorherrſchend
als Prediger zu wirlen. + 1828. In feinen jehr
deſſen Heirathsanträge
von dem wies, enthauptet. Die
ſorgfältig ausgearbeiteten Predigten vertritt er
den Rationalismus, der vorzugsweiſe den ethiſchen
Gehalt des Chriſtenthums hervorzuheben ſucht.
Viel verbreitet war ſein Andachtsbuch für das
weibliche Geſchlecht, 2 B. Leipz. 1788-89; au:
Berdem wurde anertannt: „die Beftimmung deö
Kanzelrednerä Leipz. 1798. Bon feinen Predigten
erfchienen verſhiedene Sammlungen 1791, 1780 -
91, 1806, 1811, 1829 u. f. w. Sredigten zur Gr:
innerung an die fortdauernde Wirkſamleit der Re⸗
formation Jena 1822. Homilien, herausgeg. von
Scott, Neuft. a.d. D. 1828 mit Nachrichten über
fein Leben herauseggeben. Nachgelaffene Predig:
ten 1852.
Margaretha. Mehrere
En e deö Namens.
1) M. von Antiodien in
ifidien, wurde als
als Braut Ehrifti ab»
ärtgreracten find aner:
fannt unecht, ihre Verehrung im Abendland datirt
erft aus dem 9. Jahrhundert und fie ift ibentift-
cirt mit der griedhifchen Heiligen Marina. Gie
wird dargeftellt (Raphael) in Verbindung mit dem
Draden, in deſſen Geftalt ihr der Teufel im Ge:
fängniß fie verfuchend erſchien, aber befiegt ent:
floh. Sie gilt als Patronin der Schwangern. —
2) M. von Schottland. Die Patronin von Schott-
land, war die Schwefter Edgar Edeling's und die
Gemahlin des Schottenfünigs Malcolm feit 1070;
fie ftarb 4 Tage nad) defien Tode 1093 und wurbe
1251 heilig geiprochen. Ihr Gedädytnißtag ift ber 10.
Juni. Ihr Sohn war David 1. Durd Dede
Tugenden im Leben ausgezeichnet, find ihr fird:
liches Verbienft die Bemühungen, die fottifhe
Kirche der römiſchen zu nähern. — 3) M. Vidua oder
Discalceata, eine Heiligedes Dominicaner:Drdens,
+ 1395, deren Verehrung fi auf ihr Heimaths—
dorf San Severin in der Mark Ancona befchräntt.
Sie lebte als Wittwe und trug aus Demuth nie
Schuhe, daher ihre Beinamen. — 4) M. de Cor:
tona 1297 führte im Franciscanerkloſter zu Cortona
ein ftrenges Büherleben, nachdem fie aus einem
Hährigen leichtfertigen Leben durch den Anblid
eines wohl bekannten, ſchon halb von Würmern
verzehrten Leichnams aufgejchredt worden war.
Die Acta Sanctorum führen noch mehrere M. auf,
die faft ſämmtlich objcur find.
Margaretha von Orleans, Herzogin von Alen:
son und Königin von Navarra, war die Tochter
Karl's von Orleans und der Louiſe von Savoyen,
die Schweiter franz’ I. von Franfreih. Sie war
geboren 11. April 1492, vermählt 1509 mit Karl,
Herzog von Alengon. 71549. Hochbegabt, forg:
fältig erzogen und fundig der alten Sprachen, mie
des Gebrätfchen, der Theologie und Philoſophie,
verfammelte u eine Freundin der Wiffenfchaft
und der Poeſie, Gelehrte und Dichter um fich;
unter dieſen führten Lefeure d'Etaples, Gerard
Rouffel und Michel d'Arande fie zur Bibel und
zue myſtiſchen Beichaulichkeit, welche durch Brigon⸗
net, Biſchof von Meaur, genährt wurbe. Die re:
formatorıfhen Ideen des Kreifes in Meaur eig:
nete M. fich gleichfalls an, wirkte auch durch ihren
Hofprediger und Almofenier Miheld’Arande (feit
1523) für ihre Verbreitung. Als nad der Schlacht
bei Bavia 1525 die erfte Verfolgung der Evan:
gelifhen in Frankreih ausbrah, und M. nad
dem 1525 erfolgten Tode ihres eriten Gatten
1527 in zweiter Ehe mit Heinrich von Navarra
ſich verbunden hatte, wurde ihr Hof zu Nerac der
Zufluchtöort vieler Verfolgten, wie fie ihre Ver:
wendung au ale erg fir die Flüchtigen ein-
treten ließ. Als fie bei ihrem Bruder Franz 1.
allen Einfluß in religiöfen Dingen verlor, verließ
fie den Hof und reformirte mit Zuftimmung Im
Gemahls die Kirche ihres Landes nad ihren
Grundfägen; fie führte den Gottesdienft in der
Landesſprache ein, ſchaffte Mißbräuche in der Ber:
waltung ab, vermied aber Torgfiig Alles, was
einer Trennung von der alten Kirche ähnelte. Ihre
myſtiſche Richtung ließ fie Vieles für gleichgültig
ı erachten, erregte aber auch Ealvin’s Unmillen, der
j
|
in einem eigenen Tractate fie vor Spiritualiften
und Zibertinern zu warnen für nöthig fand. Bon
Margarita
ihren Schriften ift le miroir de l’äme pecheresse
ihr erftes Merk, welches die Sorbonne unter die
fegerischen, verbotenen Bücher bringenlafjen wollte ;
ihnen folgten verſchiedene geiftlihe Dichtungen,
darunter auch zwei geiftliche Komödien. Aus ihren
Rovellen ift ihr mit Unrecht der Vorwurf der Im:
moralität gemadt; den Daritellungen unſittlicher
Verhältnifie hängt fie die Warnungen und Er:
mahnungen an, Hi vor dem Laſter zu bewahren
Auch andere Verdächtigungen, welche gegen ihre
Sittlichkeit en wurden, find unbegrün:
det und der Ruhm ihrer hriftlichen Tugend unbe:
fledt. Die anſcheinenden Widerſprüche ihres Les
bens, daß fie fittlih und fromm die Dichtkunft
ihrer Zeit geliebt, daß fie Tatholifch geblieben und
die Proteftanten beſchützt, an die Rechtfertigung
ee und ein Klofter geftiftet habe, find von
erle dv’Aubigne: Geſch. der Reform. in Europa,
Eiberf. 1865. B. III genügend hauptſächlich aus
ihrer myſtiſchen Richtung erklärt. Ihre Tochter
Johanna d'Albret hatte fie 1548 an Anton von
Bourbon verheirathet; diefe, Die Mutter Heinrich's
IV., fette in entſchiedenerer Weiſe dad Werk ih:
rer Mutter fort und 1569 wurde die Reforma:
tion in Bearn vollftändig durchgeführt. Vgl. Gö-
nin, lettres deM. d’Angoulöme. Bar. 1841. Nouv.
lettres. Par. 1841. Miss Freer, Life ofM., queen
ofNavarre, 28. Lond. 1855. Merz, hriftl. Frauen:
bilder 1855. v. Polenz, Geſch. des Calvinismus
I, 211 ff. Revue chretienne 1861, Avril. Revue
des deux mondes 1862,
Margarita, (ucpyapirıs) Perle, in der griechi⸗
[hen Kirche das Gefäß, in welchem die gemeihte
Hoftie aufbewahrt wird. Margaritae, bie
Stückchen der geweihten Hoftie, welche für die
Kranken aufgehoben wurden.
Marheinele, Philipp Conrad, geboren 1. Mai
1780 zu Hildesheim, der Sohn des dortigen Boft:
halters und Senators M. Er beſuchte das Gym:
naftum feiner Baterftabt und bezog 1798 die Uni:
verfität Göttingen, um Theologie zu ftudiren, wozu
er ſchon als Knabe vorwiegende Neigung gezeigt
hatte. Rach beendigten Studien verjah er eine
Haußfehrerftelle im Haufe des Präfidenten von
Dewitz, erwarb von Erlangen 1803 die philofor
phiſche Doctorwürde und ward 1804 Repetent in
Göttingen, 1805 nah Erlangen als a. o. Pro:
feffor und Univerfitätsprediger berufen, wurde
1807 a. o. Profefior, 1809 o. Profeſſor zu Heidel:
berg, von wo er 1811 nad) Berlin ging, nachdem
er eine Berufung nad Königsberg ausgeſchlagen
hatte. Hier las er über Kirchen: und Dogmen-
geſchichte, Kirchenrecht, Symbolik, practifche Theo:
logie ꝛc. 1820 wurde er Schleiermadher’8 College an
ber Dreifaltigkeitäfirhe, 1821 auch Oberconfifto:
tialrath. + 31. Mai 1846. Eine hervorragende
Stellung in ber Geſchichte der Theologie hat er
dadurch gewonnen, daß er die Hegelſche Philoſo—
phie, der er fi) fo unbedingt angejchloffen hatte,
daß er nad) Hegel's Tode als das Bas der Schule
galt, conjequent in der Dogmatik burchführte.
Seinen theologijhen Ruhm begründete er, nad:
dem er jchon als Candidat mehrere Predigten und
Difjertationen, danach 1806 eine (nicht vollendete)
Univerjalhiftorie des ee herausgege:
ben hatte, durch „das Syitem des Katholicismus
in feiner jymboliihen Entwidelung” 1810, weldye
ber Wiſſenſchaft der Symbolik eine neue Bahn er:
616
Maria
biftorische Kritik des Fatholifchen, lutheriſchen, re;
formirten und focinianischen Zehrbegriffs, 1810—
1813, institutiones symbolicae 1812. Borlefun:
gen über Symbolit 1848, wie auch die Kritifen
von Möhler'3 Symbolik und des Athanaftus von
Görres. Bon kirchengeihichtlichen Arbeiten gab
er 1816 die werthuolle Geſchichte der deutſchen Re:
formation, 1846: Kurze Geſchichte der Reformation
heraus. Die Dogmatik erſchien in mehreren Bearbei:
tungen: Grundlehren der chriſtlichen Dogmatik als
Wiffenfhaft.1819:2.Mu .1827.Deffelben 3. Aus.
unter dem Titel: Vorlefungen über die Dogma:
tik. 1847. Lehrbuch des chriſtlichen Glaubens für
Gymnaſien 1823. Einleitung zu öffentliden Bor:
lefungen über die Bedeutung der Hegelſchen Phi—
loſophie. Syſtem der theol. Moral. 1847. Ent:
wurf der praft. Theol. 1837.
Maria, die Mutter des Herrn. Der Name
ift die griehifche Form bes en Mirjam
(Schwelter des Mojes 2. Moſ. 15, 20), läßt ſich
aber, was Ableitung und Bedeutung betrifft, micht
fiher erflären, Hieronymus fiberjegt ihn falſch
stella maris. Die wenigen Züge aus dem Leben
M.'s, welche das N. T. anführt, hat die Tradition
nad) den, von der Kirche freilich verworfenen, apo:
tryphifchen Evangelien ergänzt. Danach biegen M.'s
Eltern Joachim und Anna. Denjelben auf ihr Gebet
im Alter geſchenkt, wurde fie von Kind auf dem
Herrn geweiht, ſeit vem3. Jahre im Tempel erzogen
und im 12, dem Zimmermann Joſeph, welcher
durd ein Wunderzeihen hiezu auserloren war,
zur Obhut durd) eine Scheinehe anvertraut. Bei
weiblicher Arbeit im Tempel beichäftigt, empfing
K die Verheißung und gebar danach in einer
öble bei Bethlehem das Jeſuskind auf wunder-
bare Weife. Die einfache Auffaffung der biblifchen
Angaben, dat Maria mit Jojeph nad) der Geburt
Jeſu im ehelichen Verhältniß gelebt und mehrere
Kinder gehabt arts ift damit ebenjo abgelehnt,
als das Verſtändniß für die Schwankungen und
Mängel —— emacht, welche in ihrem Ber:
halten zu der efanität ihred Sohnes die bib-
liſche Erzählung unverholen aufdeckt. (Bgl. Zur.
2,49. Joh. 2, 1—12. Matth. 12,46—50. Marc.
3, 831—35. Luc. 8, 19—21.) Der Mariencul:
tus der katholiſchen Kirche gründet * alſo in
gar nichts auf die bibliſchen Berichte, ſondern iſt
unabhängig von dieſen aus ſonſtigen Anſchauungen
in der — hervorgegangen. Inſofern dieſe An—
j — auch ſonſt im Katholicismus be:
mmenb geltend maden, der Mariencultus ihre
nothwendige Eonfequenz darftellt, und gegenmwär:
tig, wie früher, das gefammte kirchliche und reli:
giöfe Leben des Katholiciamus beherrſcht, hat man
mit Recht in Maria das Symbol der fatholifchen
Kirche, ja die Berfonification und ben vollsthüm
lihen Ausdrud des katholiſchen Kirchenbeariffs
erfannt.
Die geſchichtliche Entwidelung ber Marienver:
ehrung in Eultus und Dogma t die Ten:
benz, die Mutter des Herrn ihm, Als nicht min:
der betheiligt am Erlöſungswerke und am Welt:
regimente, zur Seite zu fegen. Die Chrifto gebüh—
renden Attribute und Gnadenkräfte werden ihr
leichfalls zugefchrieben, ihr Cultus aber, von über:
——e Romantik erfüllt, verirrt ſich unmit
telbar in das Heibnifche. In der Marienverehrung
offenbart fih der katholiſche Grundirrthum : die
öffnete. Es folgte die chriſtliche Symbolik oder I Bergöttlihung des Menſchen ohne wahrhafte Er:
Maria
Löfung, welde durch magifhe Wunderwirkung er:
fegt wird. Sie iſt erwachſen auf der Grundlage
einer natürlichen, menſchlichen Chrerbietung, ge:
nährt durch den Mangel an richtiger ethiſcher Be:
urtheilung menſchlicher Xebensverhältnifie, geför—
dert durch heidniſche Vorſtellungen und vollendet
durch die nothwendigen Forderungen bogmatifchen
Irrthums. Bon dem hohen Anjehen, weldyes von
der Ehre ihres Sohnes auf fie natürlich zurüdfiel,
bahnte den Weg zu höheren Borftellungen bie
allegorifche und typijche Bibelauslegung der Vä-
ter, weldye, wie Adam mit Chriftus, jo Eva mit
Maria zufammenjtellte ; dieſe erfchien bald ald das
Ideal des weiblichen Geſchlechtes. Der hohe Werth,
den die Kirche der Jungfräulichfeit beilegte, ihr
Nichtverftändniß der fittlihen Bedeutung des ehe:
lichen Lebens, erzeugte die fromme Meinung, die
10 zum Dogma geftaltete, da Maria wider jedes
ejet der Natur die Zeichen jenes Standes be:
halten habe. In den Klöftern wurde die Marien»
verehrung um fo mehr gepflegt, als diefelbe in
‚einer Art das Faliche der Mönchsaſlkeſe ausglich.
Die Jungfrau Maria, die dennoch und zugleich
Mutter ift, feflelte das weiblihde Gemüth auf fei-
ner edeljten Seite, und den Mönden erjegte die
himmlifche Magd das menſchliche Bedürfniß der
Frauenliebe von der geiftigen Seite. Wie die
Mönche den Neftorianiichen Streit durch ihr Heo-
roͤxoc (Gotteögebärerin) hervorriefen, fo haben
ſtets, bis auf Franciscaner und Sejuiten herab,
die Mönche den Mariendienft am meijten gefördert.
Dem Volke aber bot die Perjon der Maria die
willtommene Handhabe, die altheidnifche Vorſtel⸗
fung von den weiblichen Naturgottheiten in ri:
ftianifirter form weiter zu pflegen oder auch den
heidnifchen Formen dhriftianifirte Jdeen unterzu:
legen, wie die Kollyridianerinnen, (xoAAvpis, klei:
ner Kuchen, der Maria, wie früher der Cybele ge:
opfert, daher der Rame,) welchen gegenüber Epi:
phanius betonen mußte, Maria jet feine Göttin.
Ebenjo ift fpäter bei den germaniſchen und ſtan—
dinavifhen Völkern Maria die Trägerin der mit
dem heidnifchen Namen Freia verbundenen Ideen
geworden. Der phantaftiiche Frauendienſt diejer
Stämme aber gab dem Mariencultus des Mittel:
alters den romantifhen Schwung, der Ritter und
Dichter, Geiftlihe und Künftler, Voll und Mönche
zu gleich enthuftaftiicher Verehrung fortriß (un-
sre Frowe, notre dame). Zu einer dogmati:
fhen Feitftellung der Lehre von Maria ift es
niemals gelommen, abgejehen von dem Satze
der jungfräulichen Geburt und dem jüngften Dog:
ma ihrer unbefledten Empfängnis: nur durch
den Eultus hat das Mariendogima die Kirche unter:
jocht. Der Bilderdienft ftellte vorzugsmeife Ma:
ria der Andacht des Volks als ihren Gegenftand
bin, an ihn knüpften fi die Wunderfagen. Reli:
quien der verwunderlichſten Art machten die Ver:
ehrung immer populärer, aber aud) einer heibni:
ſchen immer ähnlicher (Loretto) und dem Zuge
des Bolfögeiftes folgte die Kirche durch die An:
ordnung immer zahlreicherer Marienfefte. Ob:
wohl aber die Scheu der Kirche, fefte dogmatiſche
Beitimmungen in Bezug auf Maria auszufpre:
den, das Gefühl davon verräth, auf welche ab:
Ihüffige Bahn fie diefer Cultus leiten könnte, fo
617
Marienfefte
immer mehr zur Berehrung ber Maria und zu
ihrer Anrufung (Roſenkranz) anzuleiten. Bis in's
5. Jahrh. dachte man noch nicht daran, fie förm—
lich zu verehren oder gar Gebete an fie zu richten.
Man ancrlannte zwar ihre —— aber rügte
auch ihre Fehler — jo Tertullian, Origenes, Bafi-
lius der Große, Chryſoſtomus; doch begann jetzt
bereits die Meinung — daß M. ewig
Jungfrau geblieben ſei, und gegen Ende des 4.
Jahrh. wurden Biſch. Helvidius in Paläſtina und
Bonofus in Jllyrien als Antidilomarianiten (Wi:
derſacher der M.) * der entgegengeſetzten
Anſicht verdammt. Schon Epiphanius mußte
ernftlid) davon abmahnen, ihr eine überſchwäng—
liche Verehrung zu erweijen, oder fie ald Fürſpre—
herin anzurufen, — ein Beweis, daß hier bereits
der jpäter immer mehr ausfchweifende Nariencul:
tus anhebt, wenn er auch erft durch den Neftoria-
nischen Streit dogmatiſch bedeutfam wurde. Hier
nämlid) erhielt,ald eögalt, die Wirklichleit der beiden
Naturen in Ehrifto hervorzuheben, der liturgifche
Ausdrud Feoroxog zuerft eine dogmatiſche Bedeu:
tung. Alsdann dieChrijtologie der Kirche dem Mo:
nophyfitismus, obwohl | ie ihn abgelehnt hatte, that»
ſächlich anheimfiel, indem fie die menſchliche Natur
in Ehrifto über der Gottheit faft ganz vergaß, mußte
fie Die Mutter über alles Irdiſche erheben, nicht nur,
um die Gottheit des Sohnes jheinbar nicht wie:
der zu erniedrigen, fondern weil das religiöfe Be:
dürfniß eines menſchheitlichen Mittlerd ſich jegt
um jo mehr geltend made; für das Heilßverlan-
gen des Volts trat an die Stelle der zurüdge:
drängten Menſchheit Chrijti die Mutter Maria,
welche Mitleid mit unfrerSchwachheit Haben könnte,
weil fie dem Menſchen in Allem gleich jei, ausge:
nommen die Sünde. Für die Marienverehrung
wirtten befonders Eyrill v. Alerandrien und Bro:
Hus, B. von Cyzikus; das erjte Beifpiel ihrer An:
rufung ift bei Gregor v. Nagianz (orat. in Cypr.
martyr. Opp. I, Bened. Ausg). Statt der ge:
wöhnlichen Berehrung der Heiligen begann man
nun, ihr eine Hyperboulie, eine höhere Berehrun
zu weihen, wie zuerft Petrus Lombarbus, um 1
erwähnt. Noch mehr förderte den Mariendienft
die kirchliche Ausbildung der Verſöhnungslehre
und ihre practifche Darftellung in Mefle und
Ablaß. Diejelbe beruht nämlich durchaus auf ei:
ner rechtlichen, juriftifchen Auffafjung : die Sünde
wird nicht ſowohl vergeben, als vielmehr die
Schuld ausgeglichen dur das Opfer Chrifti und
die genugthuenden Werke des Menſchen. Das re:
ligiöfe Bewußtſein, dem danad) Gott nur als der
gerechte und unerbittlid ftrafende gegenwärtig
wird, legt nundie göttliche Liebe und Gnade, die es
nicht entbehren kann,” und welde es durch das
Chriftentyum dennoch gläubig aufgenommen hat,
in die Maria, die Mutter des Herrn, die Königin
des Himmels, die Mutter aller Gnaden. Vgl. Thilo,
Cod. Apocr. N. T. 1832. T. 1,159. Schmid,
Prolusiones Marianae X. Helmſtädt 1733. Gie:
jeler, 8. G. Schröfh, K. G. Augufti, Denkwür:
digfeiten aus der hrifil. Archäologie. Leipz. 1817
—31.8.3. Reim, Jeſu v. Nazara J.
Marienfefte. In welhem Maße die Verehrung
der Maria das Leben der Kirche erfüllt, zeigt ſo
am meiſten in der Menge der ihr geweihten te,
darf doc) nicht verfannt werden, daß fie dennoch ‚welche nicht bloß die Thatſachen ihres Lebens
von einem religiöfen und dogmatiſchen Intereſſe
mit Nothwendigkeit getrieben wurde, das Bolt
feiern, ſondern aud im Cultus jeldft ihren Grund
haben. Die Marienfeite find folgende (Zur Li⸗
Mariä Empfängnif
teratur vgl. die im Art. Maria angeführten
Werfe):
Maris Empfängniß. (8. Dec.) Gegenftand der
Feier ift die vollftändige und unbedingte Freiheit
Maria’s von der Erbjünde, und die Geſchichte Des
Feſtes ift zugleich die Gejchichte des Dogmas.
as in der griehifhen Kirche am 9. December
—— Feſt unter gleichem Namen gilt nicht der
618
efreiung von der Erbſünde, welche dieſe Kirche
nicht lehrt, ſondern der wunderbaren Befreiung |
der h. Anna von der Schmach der Unfruchtbarkeit.
Im Abendland ift das Feſt zuerſt um 1140 von |
den Kanonikern zu Lyon gefeiert worden, mwelthe |
darüber vom h. Bernhard ſcharfen Tadel erfuhren.
Diefer lehrte, im Einklang mit der alten Kirche
und den Vätern, wie Auguftinus u. a. ſowie Pa
ihafius Rabbert, Anjelm v. Canterbury u. a., eö
fei Maria, wie Johannes ber Täufer und Jeremias,
noch im Mutterleibe geheiligt worden, jo daß fie
ohne actuelle Sünde geblieben. Ihm jtimmten alle
Kirchenlehrer zu, wie Alerander von Hales, Alber:
tus Magnus, Bonaventura, Thomas v.Aquinu.f.w.,
bis Duns Scotus die unbefledte Empfängniß Ichrte
und dieje Yehre bas —— der Francis⸗
caner wurde, während die Dominicaner, Thomas
von Aquino folgend, diejelbe beftritten. Da aud)
fie die actuelle Sünbdlofigkeit nicht nur, ſondern
auch wirkliche Befreitheit von der Grbfünde lehrten,
jo drehte fich der Streit um die jubtile Frage, ob
der h. Geiſt durch ein Wunder die Uebertragung |
der Schuld Adam’s bei der Zeugung resp. Em:
pfängniß, die nad) ſcholaſtiſchem Standpuntte der
Beſeelung vorhergeht, verhütet, oder ob er ben
Keim von der Erbjünde nad) der Bejeelung, vor
der Geburt, gereinigthabe. Obgleid) der Streit der
Meinungen —— verbreitete ſich das Feſt
immer mehr, oft nur als Feſt der Empfängniß über:
haupt, nicht der unbefleckten, gefeiert; und nicht bloß
durch gelehrte Autoritäten, ſondern auch durch Yun:
der juchte jede Partei den Sieg zu erringen (9. Bri⸗
itte für die Franzisfaner, Catharina von Siena,
g Jetzer in Bern (j. d. A.) für die Dominikaner).
Der Ausiprud des Concils zu Bafel 1439 für
die unbefledte Empfängniß, fiel in feine ſchisma—
tiſche Zeit und wurde deshalb vom Bapft nicht ans
erlannt, Doc) führte die Sorbonne 1496 den Im—
maculaten:Eid ein, Demzufolge jedes Mitglied der
Facultät ſich eiblih zur Vertheidigung der Lehre
von der unbefl. Empfängnik im Sinne der ran:
zisfaner verpflichten ** und Sixtus IV. ſelbſt
Franziskaner, gab in zwei Conſtitutionen 1476
u. 1483 dem Feſt ſeinen Segen, verdammte aber
Alle, welche die der ihrigen entgegengefegte Mei:
nung für Ketzerei außgeben würden. — Das Tri-
bentinum entſchied die Streitfrage troß der leb:
haften Bemühungen der Franzisfaner und ber
ihnen fih anjchliefenden Jefuiten eben jo we:
nig, und Pius V. verbot 1570 fie auf den Kanzeln
zu erörtern. Die fpätern Päpfte yet biejen
Standpunft feſt; doch wurde das Feſt jelbjt immer
mehr begüinjtigt, wenn auch der Zuſatz immacu-
lata duch Gregor XV. 1622 verboten wurde. So
nien ſich der (Feier des
Marid Himmelfahrt
erklärt. Die Vertheidigung der Franciscanertheorie
hatten längft die Jefuiten übernommen, ihren we:
ren die Dominicaner unterlegen. Pius IX. vollen:
dete die Feſtfeier 1863 — ein neues offieium de
immaculata conceptione B. M. V. (eier der un:
befledten Empfängnig M's.). Die Meſſe bat in
der PBräfation den Zufag: et te in Conceptione
immaculata.
Mariä Erwartung. (18. Dec.) Iſt erft von
Gregor XIII. 1573 als Kirchenfeſt approbirt. Ur:
jprünglid) ift e8 das Feſt der Berfündigung,, wel:
ches an diefem Tage, nad) der Beitimmung der
Synode zu Toledo 656, gefeiert wurde. Als Spa:
5. März (M. Verkündi—
gung) anſchloß, behielt der frühere Feittag jeine
‚Feier mit etwas veränderter Beziehung. Bon dem
Anfang der Antiphonie heißt das Feſt in Spanien:
festum dominae nostrae de (Feft unjerer
Herrin von O.).
Mariä Geburt. (8. Sept.) yerdslior rs Heo-
röxov, nativitas B.M. V. Als Drt der Geburt
wird Nazareth (Baroniuß) und Jerufalem angege:
ben. Auguftinus fennt das Feſt noch nicht und eine
Feier desjelben ift vor Andreas von Creta 650
nicht bezeugt. In Rom foll es 687—700 zuerit
begangen worden jein. Bonifacius er es in feinem
Feltfalender nicht erwähnt, doch ſcheint es ſchon
unter Karl dem Kahlen in Frankreich eingeführt
worden zu fein. Die lang verjäumte Dctave (15.
Sept.) ftellte Innocenz IV. (1243— 1254) in Folge
eined Gelübdes der Gardinäle bei der Wahl Eöte-
ſtin's IV. 1241 wieder her.
Mariä Heimſuchung. f. visitationis B. M. V.
2. Juli). Zu Grunde liegt Luk. 1, 39 — 57: Der
eſuch Maria's bei Elijabeth. Das Feſt wird zu:
erft als „neue Injtitution“ in den Alten bes Con—
cils von Mans in Frankr. 1247 erwähnt, war dann
unter den Franciscanern üblich, ward von ihnen
1263 zu Piſa als Ordensfeſt anerfannt und 1389
als Kirchenfeft von Urban VI, proclamirt. Die Ba:
ſeler Synode bejchloß 1441, während des Schis—
mas, um die Mutter der Gnaden zu verjühnen,
damit der Frieden fid) wieder über die Gläubigen
ergieße, die allgemeine Freier.
aria Himmelfahrt. PausatioB.V.M. (Rube),
dormitio (Entjclafen), mors (Tod), depositio
(Beitattung), assumptio (Aufnahme in den Him:
mel). In der griechiſchen Kirche fol Kaifer Mau:
ritius (582—602) die Feier der xolumaıs (dor-
mitio) auf den 15. Auguft angeordnet haben;
die abendländijche feierte, nach Mabillon’s litur-
gia Gallgana den Todestag am 18. Jan. und
die Himmelfahrt am 15. Aug., beide feiern wur:
den dann vereinigt. So ftellte fie bereits das Main:
zer Concil von 813 und das Aachener von 319
feſt. Leo IV. fügte (847) eine Bigilie und De—
tave hinzu und erhob es damit zu dem Range
der höchſten Kirchenfefte. Dennoch gilt in der
Kirche der Sat, daß Maria gen Himmel ge:
fahren, nicht als Glaubenälehre, ſondern nur
als fromme Meinung; ſelbſt eine beftimmte und
übereinftimmende Form der Legende fehlt. Der
ab Clemens IX. dem Feſt eine Octave, Clemens Unterſchied der Himmelfahrt der Maria (assum-
. erhob es 1708 zu einem allgemein gebotenen | ptio) von der Chrifti (ascensio) wird jo be:
Feſte. Pius IX. endlich verfündigte 1354 auf ei- ftimmt, daß Jeſus durch eigene Macht in den
ner dazu geladenen Biſchofsverſammlung durch die
Constitutio „Ineffabilis deus“ das jüngſte Dog:
|
Himmel aufgeftiegen, Maria aber nad) ihrer Rüd:
fehr zum Leben durch eine bejondere Gnade Gottes
ma der Kirche, die unbefleckte Empf. M's. Bon 620 | mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen
Gutachten der Bifchöfe hatten etwa *« ſich dafür | worden fei. Die Legende bringt Pseudo Melito,
Mariä Namensfeit
und alö „the departure of my lady — from
"this world“ gab ſie in ſyriſcher Sprache Wright
1865 heraus (aud) in Cowpers Journal of Sacred |
Literature); vgl. Tifchendorf, —— apo-
eryphae, Lips. 1866. pag. XXVIIL
ariä Namensfeſt. Es trifft auf den Sonntag
in der Octave nad Mariä Geburt und ift aus
Spanien in den allgemeinen Kirchengebrauch über:
gegangen. Zuerſt 1513 bejtätigt, war eö darnach
eine Yeittang unterbrüdt, bis Innocenz XI. es
allgemein einführte. 1683 ward es ve. als
Dankfeſt für die Befreiung Wiens von den Türken,
die in Anrufung des Namens Maria ** ſei.
Mariä Opferung. f. praesentationis B. M. V.
siaodos r. Hsoröxov (21. Nov.) Nah Simon Me:
taphrajtes entitand das Feſt 730 zu Gonjtanti:
nopel; dur Emmanuel Comnenus 1143 wurde
es im — Reiche eingeführt. Im Abendland
führte es Karl V. von ep 1372 ein; Sir:
tus V, ordnete eö durch die Bulle Intemeratae
1585 für die ganze lateiniihe Kirche an. Das
Felt ge fih auf die apokryphiſche Erzählung,
daß Maria in ihrem 3. Jahre im Tempel darge:
ftellt und bis zu ihrer Bermählung 11 Jahre ım
Allerheiligften zugebracht habe. Da es durdaus
unbiftorisch, — Sunafrauen in Zellen des Tem:
els aftetijch gelebt hätten, jo wollen Neuere in
Eee Feſte nur überhaupt die Jugend Maria’ und
ihre opferwillige Hingabe an die Gnadenwirkung
des h. ie gefeiert jehen.
Mariä Reinigung oder Lichtmeß. f. purifica-
tionis M,, candelarum, praesentationis Domini
Undven tod xugiov (2. Februar). Gegenftand des
Feſtes ıft eigentlich die Darftellung Jefu im Tem:
pel, daher auch der griechiſche Name Hypante. Es
ward zuerjt gefeiert in der griechiſchen Kirche un:
ter Aultinus 517—27) ober Jujtinian (527—65).
Erſt im Abendlande erhielt es die Beziehung auf
die ——— mit der Abſicht, dadurch die heid-
niſchen Xuftrationen (ein Reinigungsfeft zu Eh:
ren des Pluto i. e. Februo) zu unterdrüden oder
zu chriftianifiren. Bon diefem heidniſchen Feſte
und feinen Umzügen mit brennenden Yichtern tft
die kirchliche Sitte ded Umzugs mit brennenden
Kerzen entlehnt, der man darnad) die Beziehung
auf Luc. 2, 32 unterlegte. An diefem Tage wer:
den aud die zum kirchlichen Gebraude während
des fünftigen Jahres bejtimmten Lichter geweiht.
Den Widerfjpruc des Dogmas von der jungfräu-
lien Geburt mit dem Gegenftand der eier ald
—— ip 2, 22) * ee
arfſinn verſchiedentlich auszugleichen gejudt.
ariä vom Gene Carmel —— B. M.V.
de monte Carmelo) oder Scapulierfeit (16. Juli).
Zunädjt nur für den Carmeliterorden von Sir:
tus V. 1587 genehmigt und erjt durch Bene:
dict XIIL 1726 ausgedehnt, feiert e8 die Erinne:
rung an bie angebliche Erjdeinung der Maria,
bei welcher fie dem Garmelitergeneral S. Stod
das Scapulier mit der daran gefnüpften Verhei—
Bun * Seligkeit für den Träger übergeben ha—
ben ſoll.
Das Feſt der Weihe Mariä zum Schnee (5. Au:
guft). Urſprünglich der Kirchweihtag einer Kirche
(M. Maggiore) in Rom, deren Stelle auf dem Gi:
pfel des esquilinifchen Hügeld durch Schnee, der
dort an einem Sommertage fiel, bezeichnet wurde,
wurde ed ul gan Rom im 14. Jahrhundert und
durch Pius V, auf die ganze Kirche ausgedehnt.
619
Maria
Auch in Gebirgägegenden, inder Schweiz, Tyrol ꝛtc.
wird der M. zum Schnee, als der Helferin gegen
die Gefahren der dortigen Natur, bejondere der:
ehrung gezollt.
Maria Roſenkranz oder Mariä vom Siege (1.
Sonntag im October). Urſprünglich das Bruder:
Ihaftöfeit der Roſenkranzbruderſchaften, wurde es
zum Dankfeſt für den Sieg über die Ungläubigen
(bei Xepanto, 7, Det. 1571), den man der Hülfe
M.'s zuſchrieb. Clemens XI. bejtätigte das Feft
1716 Für die ganze Kirche.
Mariä von der Barmherzigkeit (24. Sept. f. de
mercede). Urfprünglic ein Privatfeſt des zur
Befreiung gefangener Chriften durch Peter No:
lafius (1223) gejtifteten Ordens, wurde es im 17.
Jahrhundert unter Innocenz XII. (1691—1700)
allgemein.
riũ Schugfeft. festum patrocinii B.M. V.
(3. Sonntag im Nov.). Eine Feier der ſchützenden
Gemeinſchaft, in der Maria mit der Kirche ftehe,
ift im 17. Jahrhundert in Spanien entftanden
und 1725 durch Benedict XIII. allgemein gemadht.
Mariä fieben Schmerzen. f. spasmi, septem
doloram wird gefeiert am Freitag vor Palm:
fonntage ohne externe Feier und als nicht ge:
botener Feiertag. Eingeführt ift es 1413 durch
die Provinzialfjynode zu Cöln unter Erzbiſchof
Theoderich, als die Huſſiten die Marienbilber
zerſtörten. Sixtus IV, und Benedict XIII. dehn-
ten es auf die ganze Kirche aus. Die Zählung
der ſieben Schmerzen iſt verſchieden und beginnt
entweder bei der Weisſagung Simeon's und zählt
dann: Flucht nad) Aegypten; das dreitägige
Suchen; der Anblick des kreuztragenden Heilands;
die Kreuzigung; die Abnahme; die Grablegung.
Oder man zählt die Schmerzen: 1) beim Abjchied
Eprifti von Maria ; 2) bei der Darjtellung mit der
Dornentrone; 3) bei der Kreuzigung; 4) bei ber
Darreihung des Eſſigs; 5) bei dem Rufe: Mein
Gott, Mein Gott; 6) bei feinem Tode; 7) bei der
Abnahme vom Kreuz. Zur Feier diefer Schmer-
zen wurden zahlreihe Hymnen gebichtet, fo die be:
rühmte stabatmater von Jacoponus de Benedie⸗
tis Ay 1306), componirt von Pergoleſe (+ 1739),
u. A.
Mariä Verlobung over Bermählung. fest. de-
sponsationis (23. Februar), wird bloß in choro,
(d. 5. nur vom Glerus im Gottesdtenjte) gefeiert,
und ijt von dem Franciscanerorden 1546 3
pr 5 Benedict XIII. dehnte 1725 das 5
auf die ganze Kirche aus. Da die katholiſche Kirche
eine wirkliche Ehe der Maria nicht zugeſteht, jo
bezieht die Gedächtnißfeier ji mehr auf die Matth.
1, 20 berichtete Thatſache.
Mariä Verkündigung. (25. März.) Annunti-
atio domini, festum incarnationis, „uepe den«e-
od, Eraupxwoswug feiert die Luc, 1, 26—39
berichtete Thatſache. Die alte Kirche jah darin die
Empfängniß des Yogos, Chrifti, und dieſe war ihr
Gegenftand des Feites. Sicher bezeugt ift es nicht
vor dem 7. Jahrhundert. Die Synode zu Toledo
656 bejtimmte die Feier auf den 18. Decemb., das
Zrullanum 692 erließ weitere Verordnungen über
diefelbe. Demgemäß feierte es die Mailändiſche
Kirche urjprünglich im December, bis die römische
Kirchenfitte überwog. Wenn der Feittagin die Char-
vo fällt, jo wird er auf den Montag nad) Quasi-
modogeniti (1. Sonntag nad Dftern) verſchoben.
Maria, Außer der Mutter des Herrn führt das
Maria
Neue Teftament noch drei Marien auf. 1) Die
ob. 19, 25 genannte Maria des Kleophas, welche
ohne Örund zur Frau defielben, den man wieder | wurden abgejhaftt die
füreins mit dem Alphäus erklärte, und zur Schwes
fter-der Mutter Jefu gemacht ift. 2) Die Maria
von Bethanien. Die kirchliche Tradition hat dieje
mit der dritten, Maria von Magdala (tuf. 8, 2;
Marc. 15, 40; 16, 9) und der großen Sünderin
zufammengeworfen. Für das Abendland befeftigte
Gregor d. Gr. diefe Auffaffung, welde ſchon bei
Tertullian, Ambrofius und Auguftinus fich findet,
während die griechijchen Väter die Salbungen und
die Berjonen länger — Maria Magda—
lena war nach griechiſcher Tradition die Tochter
des tananäiſchen Weibes, verllagte den Pilatus
in Rom und ſtarb zu Epheſus bei der Mutter des
Herrn; nach der abendländiſchen kam ſie mit La—
zarus und Martha, von den Juden auf einem
ruderloſen Schiffe dem Tode preisgegeben, nach
Gallien, lebte bußfertig in einer Höhle bei Arles,
wo fie vom h. Marimin beftattet ift. Sie ift die
Schutzpatronin Frankreichs; ihr Fefttag ift am
22. Juli, ward jeit 1126 gefeiert und durch bie
Synode von Toulon 1229 ald allgemeines Felt an-
erfannt. ©. d. Art. Magdalena. Bgl. Teich—
mann, die Marien des N. T. Stuttg. 1853.
Maria von Aeghpten, die Heilige. Sie hatte
17 Jahre lang ein LZafterleben geführt, betehrte
fich jedoch auf einer Wallfahrt nad Jerufalem,
der fie in übler ging Kos. angejchlofien hatte,
und zog fi nad einem Befehle der h. Jungfrau
in die Wüfte jenfeit des Jordan zurüd, Hier fand
fie nad) 47 Jahren der Mönch Zofimas, von der
Sonne jhwarz gebrannt, ihre Blöße nur mit
ihren langen weißen Haaren verhüllend. Sie
beichtete ihm und empfing, als er nad) einem Jahre
wiederfam, das h. Abendmahl. Nad drei Jahren
fand Zoſimas ihre Leiche, bei deren Bejtattung
ihm ein Löwe zu Hlilfe fam, Ihren Tod legt man
unter Theodoſius d, Jüingern(408—450). Die grie:
si Kircheverehrt fie (2. April).
aria von Agreda, jeit 1627 Superiorin des
Klojterd von der unbefledten Empfängniß zu U.
in Spanien, ee ald Berfaflerin des Buches
Mistica Ciudad de Dios. Madrid 1670, welches
anz eigentlih Maria Gott gleidftellt, von der
orbonne, troß lebhaften Widerſpruchs, für an:
ftößig erklärt, von der Inquifition verboten, von
den ‚raneiscanen vertheidigt wurde. Alexan⸗
der VIII. umging 1730 die Entſcheidung durch die
Forderung vorherigen fiheren Beweijes, dab X.
das Bud) geſchrieben hätte.
Maria, die katholifche oder die blutige, Kö—
nigin von England, die Tochter Heinrich's VIII,
und der Katharina von Spanien, geb. 8, Febr. 1515,
regierte von Yuli 1553 bis 17. Nov. 1558, Db:
gleih ein Parlamentsbejhluß ihre Geburt für
Wegitim erflärt hatte, bejtieg fie Doch durch Hülfe
der fatholifhen Partei nad) Eduard's Tode den
Thron und ließ die Jane Grey, die ald Königin
ausgerufen war, mitihrem Gemahl hinrichten. Bi:
gott katholiſch erzogen, hatte zugleich die ihr und
ihrer Mutter angethaene Unbill einen leiden:
ſchaftlichen Haß gegen den Proteftantismus in
ihr erregt: ihr einziges Bejtreben war, ihn aus⸗
zurotten, Die Häupter defjelben, Yatimer, Ridley,
Northumberland, Hooper, wurden hingerichtet, die
Empörungen Wyatt’3 u. A, niedergeſchlagen. Noch
südjichtslofer wurde das Verfahren nach ihrer
620
Marienpfalter
eirath mit Philipp von Spanien (25. Juli 1554).
ie reformatoriihen Gejege und Einrichtungen
etzergeſetze Heinrichs
VIII. rneuert; mit dem Jahre 1565 war die Herr:
ſchaft der katholiſchen Kirde in England wieder
hergeftellt. Freilich erreichte fie ihr Ziel nur durch
blutige Grauſamkeit. Taufende flohen, Hunderte
ftarben auf dem Scheiterhaufen oder im Kerker
Sie ftarb aus Kummer über den Berluft von Ca—
lais, der legten Befigung in Frantreih und das
fteigenbe Elend des Landes. Die Schredenäzeit
ihrer Herrihaft war die Sühne für die unreinen
otive der englifchen Kirchenreformation unter
ihrem Vater. Vgl. A: Froude, history of Eng-
land from the fall of Wolsey to the death of
Elisabeth. Yond. 1856. Maurenbredyer, Aus der
Reformationäzeit Englands. Düffeldorf 1863.
E. Homel, Marie la Sanglante. Bar. 1862.
Mariana, Juan, geb. 1537 zu Talavera bei Tor
ledo, ein gelehrter Jejuit, lehrte in Rom 1561, in
Sieilien 1565, in Paris 156974, lehrte dann
nad) Toledo zurüd und ftarb zu Madrid 1623. Au:
Ber einer anerlannt guten Geſchichte von Spanien,
Toledo 1592 und Mainz 1605 in 30 Bbn., und
Scholien zum Alten und Neuen Tejtament, Madrid
1619 find zwei feiner Schriften berühmt geworden.
Die erfte, de rege etregis institutione 1598, ent-
hält u. 9. (Lib. I. c.6) eine Unterfuhung, ob
und wann es erlaubt jei, einen König zu tödten.
Das Buch wurde auf Befehl des Parlaments zu Pa:
ris 1610 wegen ber barin enthaltenen Läfterungen
Heinvih'& ILL. verbrannt. Die Jefuiten, die ſich
compromittirt jahen, beforgten eine verbefferte Aus⸗
abe. Wider jeinen Willen bekannt wurde die
chrift: de las enfermedades de la Compafia y
de sus remedios, in welcherer die Ordenseinrichtun-
ie kritifirte und die unumſchränkte Gewalt des
enerals tabelte. Sie erſchien ſpaniſch, italienisch,
franzöfifch, deutfh, Borbeaur 1625, und wurde
auf Betreiben des Jef.:Generals von Urban VIL.
verdammt. Bgl. Alegambe, bibl. script. Soe.
Jesu p. 258. Ranfe, biftor. pol. Zeitjchr., 1833, II
. Deri.., Zur Kritik neuerer Geſchichtsſchrei⸗
ber. Berl. 1824.
Marianer, fratres gaudentes, freres joyeur.
Ein adliger Ritterorden mit dem Zwecke, Wittwen,
Waifen und Bedrängten Beiftand zu leiften, ge:
ftiftet in den Zeiten der durd die Kämpfe zwi:
ſchen Welfen und Ghibellinen entftandenen öffent:
lihen Unficherheit 1261. Die Orbensregel gejtat:
tete die a en und den Güterbejig. Da:
durch riß bald ein freies, ungebundenes eben ein,
das dem Orden den Namen ber fröhlichen Brüder,
aber aud) baldigen Untergang bradıte.
Marie à la Coque, eigentlih Margaretha,
geb. 22. Juli zu Lauthecour, Diöz. Autun. Schon
mit dem 8. Jahre nahm fie ihren Aufenthalt in
einem Klojter und trat 1671 zu den Salefia:
nerinnen. Der Jungfrau zu Ehren, die fie von
langem Leiden befreit hatte, wandelte fie ihren
Namen und blieb nun in beftändiger Unterhaltung
mit Gott, hatte Bifionen und Gefichte. Ihr An:
denken ift bewahrt durch 4 Gejänge, Ver-Vert in
Veuvres de M. Gresset Amſterd. 1748, und ihre
Heine Schrift: la devotion au coeur de Jesus. Sie
—— verzlickt den Namen Jeſus ſich ſelbſt in die
ruft geſchnitten. + 1600.
Marienpfalter heißt der Roſenkranz, weil er
eben jo viel Ave Maria als der Pfalter Pjalmen
Marina
621
Markomannen
enthält und urjprünglicd) den Laien zum Mitbeten | Lausannense. Vgl. Zurlauben, memoire sur Ma-
der fanonifchen Stunden dienen jollte,
rius, in den m&moires de l’Acad. roy. des in-
Marina von Eöcobar. Geb. 1554 zu Ballado: | seript. Paris 1770; Hottinger, helvet. Kirchenge:
lid, die Tochter eines Nechtögelehrten, gehört nad)
Angelus Silefius’ Urtheil zu den hervorragenditen
Zichtern katholiſch-myſtiſcher Frömmigkeit. Nach
einem mehr zurückgezogenen und beſchaulichen Le:
ben begann jie 1599 nad Außen anregend zu wir:
ten. Sie reformirte den Brigittenorden; die letz—
ten 30 Xebensjahre war jie durch Krankheit ans
Bett gefefjelt, und hatte in dieſer Zeit viele Ge:
fihte und Erjcheinungen, in denen fie ald das
myſtiſche Ziel Gleihförmigkeit mit dem göttlichen
Willen erkannte. Ihr Leben beſchrieb Ludwig da
Ponte, der 30 Jahre ihr GSeelenführer gewejen
war,
Marinus. 1) Märtyrer in Cäjarea ; unter Gallie:
nus (260— 268), zum Genturio ernannt, wurde er
von jeinemMitbewerber als Chrift verflagt,undmweil
er, * durch den Biſchof Theotetnos, nicht
bem Kaiſer opfern wollte, hingerichtet. Ihn be:
grub der Senator Ajterius ehrenvoll. Gedächtniß⸗
tag:3. März. Val. Euseb.H. E. VII. 15. — 2) Ein
Dalmatier, Früher Arbeiter, deſſen Frömmigkeit den
Biſchof Gaudentius v. Brescia bewog, ihn in den
geiftlihen Stand aufzunehmen. Er ſoll fi dann
in die Einjamteit zurüdgezogen haben und gegen
Ende des 4. Jahrhunderts geftorben fein. Auf
feinem Grabe geſchahen Wunder und es baute fich
um dasjelbe San Marino.
Marinus I. u. II, Bäpfte. Sie werden feit dem
13. Jahrhundert als Martin II. u. III. bezeichnet.
Maris od. Mares. 1) Bischof in Beth: Hardafchir
in Berfien, iſt befannt geworden durch den Brief
des Ibas von Evefja an ihn über Nejtorius und
deſſen Lehre, welche zwar von der Synode zu Chal:
cedon 451 für redhtgläubig, aber durch Juftinian
ald eins der drei Kapitel verdammt wurde. Da:
nach hat M. eine Zeitlang in Edeſſa gelebt und
wurde nun der VBeförderer des Neftorianismus in
Berfien. — 2) Einen M. nennen die Neftorianer
als einen der 72 Jünger des Herrn, der als Ge:
hülfe des Thomas das Chriſtenthum nach Mefo:-
potamien gebradjt haben joll. — 3) Ein Neftoria:
nijcher Batriard) um 937, der als der erſte fi
vom Chalifen als Patriarch bejtätigen ließ. —
4) M., Salomon's Sohn, ſchrieb im 12. Jahrhun:
Inte, 1698 8. 1. Meyer, biblioth. Emulation,
ribourg 1843 —44. Gelpte, Kirchengeſchichte der
Schweiz II, 142, 560, Wattenbad, Quellen der
deutjchen Geſchichte, ©. 42, 76.
arf, Die Grafihaft Mark in Meftphalen ge:
örte ſeit dem 14. Jahrhundert zum Herzogthum
Steve:-Fülih:Berg und hei 1609, definitiv 1666,
im Erbgang an das Haus Brandenburg. Nach
dem Tilfiter Frieden 1807 wurde fie zun Groß:
herzogthum Berg geichlagen und bildet, nachdem
diejes aufgelöft worden, einen Theil der preußi:
ihen Provinz Weftphalen. In katholiſch-kirch⸗
licher Beziehung gehört fie jegt zum Bisthum Pa:
berborn, früher zum Erzftift Köln. Die Einfüp:
rung derReformation wurde auch hier, wie in allen
clevischen Ländern bald gefördert, bald gehindert
durch das ſchwankende Verhalten des Hofes. Sehr
nachtheilig wirkten die Unruhen der Wiedertäufer
in Münfter ; namentlich wurden im 16. Jahrhun:
dert die Neformirten nirgends zugelaffen, da man
fie mit den Wiedertäufern in Eine Glafje warf.
Die erſte lutheriſche Gemeinde bildete fid) in Lipp—
ftadt 1524 durch die Auguftiner. Einen Halt
ewann die Reformation an den freien Städten
Dortmund und Soeft; zu einer Organifation der
Kirche kam es erft durch Wolfgang Wilhelin von
Dfalz » Neuburg, der die Zweibrüder Kirchenord—
nung von 1557 einführte, welche auf der General:
fynode zu Unna 1612 angenommen wurde; fie ift
1687 durch die cleviſch-märkiſche Kirchenordnung
erſetzt. Dadurch hat die lutheriſche Kirche ſich hier
in Verfaſſung und Cultus von dem ſächſiſchen und
norddeutſchen Typus weit entfernt und iſt der re—
formirten näher gekommen. Unter brandenburgi:
ſchem Schutze gewannen die Neformirten, meijt
wallonifche Flüchtlinge, nicht nur bald die freie
Neligionsübung, fondern verbrängten aud an
vielen Orten die lutherifhe Kirche. Sie gaben
fih1568 auf der Synode zu Weſel und 1571 auf
der zu Emden eine freie, rein preöbyteriale und
ſynodale Verfaffung, frei von jeder fürjtlichen oder
biſchöflichen Autorität. Diefelbe wurde durd) die
clevifch:märkifche und jülifch:bergifche Kirchenord:
nung von (1654) 1662 anerfannt und es bildete
en 7 gegen ge | fernerhin die Mark eine mit der Generaljynode
vgl. Aſſemani's Bibl. Orient. III. — 5) Einen
Einfiedler M. erwähnt Theodoret in der Religiosa
historia.
Marius von Aventirum. Aus einem ebeln
Geſchlecht zu Autun und von Jugend auf zum
—— Stand beſtimmt, war von 573 — 581
üchof von Aventicum (daS heutige Avenches
im Ganton Waadt) und zeichnete ſich in der
vielfach bedrängten Zeit durd) feine eifrige Thä—
tigfeit für den Anbau des Landes und den Aus:
bau der Kirche aus. Von dem verödeten Aventi:
cum verlegte er den Biſchofsſitz nad Lauſanne,
zwilchen 585 und 593, + 31. Dee. 593. Sein Ge:
dächtnißtag ijt der 4. Febr. Er ift der Berfafler
einer Chronik, welche ſich an die des Prosper Aquit.
anſchließt und die Jahre 455 - 581 umfaßt. B. F.
Chiffletius fand fie auf, fie ijt gedrudt in den
Sammlungen von Du Chejue und Dom Bouquet,
am beften in ben m&moires et doc., publ. par la
societe d’'histoire de la Suisse Romande tom.
XIII. Hauptquelle über ihn ift das Cartularium
von Cleve-Jüli
Daher ift auch
von Gleve en
verbundene Provinzialiynode.
te firchliche Geſchichte mit der
verbunden. Der frühere fchrofle
zu zwilchen Zutheranern und Reformirten
ſchwand jo jehr, daß jhon am Ende des vorigen
Jahrhunderts ernſtliche Unionsverſuche aemadht
wurden. Auf den Synoden zu Hagen 1817, Lipp—
ftabt 1819, Dortmund 1830 wurde die Reorganis
jation der Kirche eingehend berathen und 1835
als Frucht derjelben die Rheinifch = Weftphälifche
Kirchenordnung eingeführt. Val. Heppe, Geſchichte
der evangeliihen Kirche Rheinlands und Weit
phalens, 1869. Wolters, Geſchichte der Stadt
Weſel. Bonn 1868,
Markomannen. Ein deuticher Vollsſtamm, den
bereit3 Cäſar bei Ariovift Caes. Comm. 1,51, er:
wähnt. Ob und wann diejelben das Chriftenthum
angenommen, ift ungewiß. Es wird erzählt, daß
zwiſchen 374—597 einitalienifcher Chrift die Köni-
gin Fritigil dem Chriſtenthum geneigt gemadht,
und eine Schrift des Ambrofius ſie vollends jo ge:
40
Markulf
mwonnen, baf fte jih nad Mailand aufgemadt
an Ambroſius jelbit zu befuchen, der indeß bei
hrer Ankunft — geſtorben geweſen. Bal.
Schröckh, K.G. VII., Hefele, Geſch. der Einf. des
Chriſtenthums in Süd⸗Deutſchl. Tübingen 1837.
Martulf. Ein fränkiiher Mönd um 660, fer:
tigte ein Formelbuch, d. h. eine Sammlung von
Beifpielen für Urkunden, die in weltlichen und
geiftlihen Geſchäften aufzunehmen waren. Dieje
ind für die Kenntniffe der kirchlichen und politi:
ſchen Rechtszuſtände von Wichtigkeit. Herausgege:
ben von Baluze in der Sammlung der Capitula:
rien 1677. Migne, Patrol. latin. vol.,87. Balaty,
über Formelbücer. Prag 1842,
Marlorat, Auguſtin, aus Barzlesduc in Lo:
thringen. Geb. 1506, wurde er nad dem Tode
feiner Eitern 1514 von habjüchtigen Verwandten
in das Auguftinerklojter geitedt und 1524 zum
Priefter geweiht. Seit 1533 Kloftervorftand zu
Bourges und beliebter Faitenprediger lernte er die
Schrilten der Reformatoren kennen. Bein Aus:
bruchder Berfolgung der Evangelifchgefinnten 1534
floh er nady Genf und ernährte ſich dort als Cor:
rector. 1549 als Geiftlicher in Eriffier bei Lauſanne
angejftellt, befreundete er ji mit Beza, und galt
mit ihm feine Stelle auf, um nach Genf zu gehen,
als im Waadtland die Wirren wegen der Kirchen:
zucht und der Ercommunication nach Genfer Bra
xis, fi) erhoben hatten. Bald wurde er aber als
Geiftliher nah Paris geſchickt und 1560 nadı
Rouen. Bon hier aus nahın er Theil am Religions
geſpräch zu Poifjy (1561), wo er mit Franz von
St. Paul dem Könige die Confessio gallicana
überreichte, und zu den fünf Abgeordneten gehörte,
welche über die Bereinigungsformel unterhandel
ten. Bei dem Qugenotten:Aufitand in Rouen den
15. April 1562, der durd das Blutbad zu Vaſſy
am 1, März 1562 hervorgerufen wurde, trat er in
ben Rath, der die Zeitung der Stadt übernahm
Nach der Erftürmung derjelben (26. Det.) gefan:
gen genommen, wurde er zum Tode verurtheilt
und unter Mighandlungen hingerichtet. Bon feinen
Werten ift das bedeutendite Die noch zu Eriffier
vollendete Bibelerllärung: N. T. catholica expo-
sitio ecclesiastica, Genf 1561 und: exp. ecel. in
psalmos et cantica sacra. Vgl, Aug. Marlorat, sa
vie et sa mort. Caen. 1862. Ruchat, histoire de
la reform, de la Suisse. Genf 1782. Braun, Theod.
Beza. Straßb. 1854-1851,
arnir, Philipp var, Herr von Mont St. Alde:
gonde, nimmt ald Schriftftellee und Wortführer
der Nation, ald Staatsmann und Unterhändler,
fowie als der Bertraute Dranien’s, eine bedeutende
Stelle unter den Zeitern der holländischen Unab—
hängigteitöbewegung ein. eb. 1538 zu Brüffel
ftudirte er nebjt jenem ältern Bruder in Genf
unter Calvin und Beza und lebte jeit 1560 in
feiner Vaterftadt. Seine öffentliche Thätigteit be:
gann er (wie allgemein angenommen wird) als
Berfafler des Conpromiffes 1765 und der Bitt:
Ygrırc des Adels 1566 an die Regentin um
Suspendirung der Inquifition und als Leiter
der erſten Wallonifhen Synode zu Antwerpen,
26. Det. 1566. Zu Auftrewel geichlagen, als er
mit Brederode dem belagerten VBalenciennes zu
Hülfe kommen wollte, flüchtete er nad) Deutſch—
land und trat in die Dienite Friedrich's ILL. von
der Pfalz, fortwährend aber auch im Dienfte jei:
ned Baterlandeg in mannigfacher Weiſe beichäftigt.
622
Maroniten
Sp nahnı er thätigen Antheil an den nieberlänbi-
ihen Synoden zu Reel 15683 und zu Emden 1571.
(Bgl. d. Art. Mark.) Bei dem Ausbruch des Krie-
ges 1572 fehrte er in die Niederlande zurüd,
1573 gefangen und wieder ausgemedjelt, betriet
er vergeblich eine Ausgleihung zwiſchen den Nie
derlanden und Spanien auf den Conferenzen zu
Breda 1575, leiftete aber die weſentlichſten Dienfte
in den Verhandlungen, welche der Genter Baci
fication 1576 und der Brüffeler Union 1577 vor:
hergingen, jomwie als Gejandter nah England und
an ben Reichstag in Worms und Köln, und an
Franz von Anjou, dem die Generaljtaaten bie
Krone anbieten ließen 1586. Als Bürgerwmeijter
von Antwerpen 1583 führte er das Regiment der
Stabt während der denfwürdigen Belagerung und
ichloß die Capitulation. vom 17. Auguit 1585 ab
Sein Berhalten in diefen Angelegenheiten, wo er
irrig auf Spaniens Gnade und Treue baute, war
von dem Gedanken beſtimmt, die Trennung ber
niederländischen Provinzen von einander zu ver
hüten und dennod) Religionsfreiheit zu bewahren
Seine politiſche Laufbahn war aber damit gejchloi:
jen; erlebtefortan jeinen Studien auffeinem Gutr
zu Weftfouburgund fpäter zu Leyden um der Uni:
verfität willen, für deren Stiftung er ji ebenfalls
bemüht hatte. Hier bejpäftigte ihm die Weber.
fegung der Bibel, womit ihn die Generalftaaten
beauftragt hatten, er vollendete aber nur Das eriie
Bud) Mojes. Bon theologifhen Schriften jinv
zu erwähnen die Streitihriften gegen Bajus:
Ueber Kirche und —— und ein Katechis
mus, vorzüglich aber der Römiſche Bienenfort
1569, der nad) jeinem Tode 1601 in erweiterter
Geftalt (Tableau des differences de la religion)
nod) einmal erſchien. Die Unterjcheidungslehren
der römischen Kirche und ihre Begründung mwer-
ben darin in jatgrifcher Weije vorgeführt und dein
Spotte preisgegeben. M. war dreimal verheirathei
und hinterliek einen Sohn und drei Töchter, +15.
Dec. 1598. Vgl. Edgar Quinet in der Rerue des
deux Mondes von 1854. Th. Juite, Phil. de Mar:
nix 1858. Gefammtausgabe jeiner Werke, Brüfle!
1857—60, 8 Bde niit jeiner Biographie im 4. 3.
Maroniten, Der Name leitet ſich ab von einem
Klofter Maron am Orontes, welches um 400 von
einem Einſiedler Maron (bei Theodoret) oder
einem Mönd und Presbyter (bei Chryjoitomus)
erbaut fein jo. Die Maroniten, ſyriſcher Abſtam
mung, leben in ziemlicher Unabhängigkeit von den
Türken ald militärifcher Freiftaat, und bewohnen
mit den Drufen, die als erbitterte Feinde jeit 1840
ihnen gegenüber ftehen und 1860 zur blutigen
Verfolgung vorjgritten, den nördlihen Libanon
und einige Diftricte Syriens; ihre Zahl wird bis
auf 500,000 angegeben. An Sitten und Lebens:
art aleihen fie den Arabern; als Zeichen ihres
Adels haben fie das Borreiht, den grünen Turban
zu tragen. Sie bilden eine befondere kirchliche
chriſtliche Gemeinſchaft (ecelesia Marenitarum),
deren Oberhaupt den Titel: „Patriarch von Antio:
bien“ führt und feinen Sig im Klofter Kanöbin
auf dem Libanon hat. Während der Kreuzzüge
ſchloſſen die Maroniten 1182 fich infofern an Kom
an, alö fie die Oberherrlichfeit des Papites aner-
fannten. Die Bereinigung enger zu ſchließen, be—
mühte ſich Rom nad) dem Concil zu Florenz 1445;
es wurden mehrmals Legaten abgeſchickt und 15U6
im KHlofter Kanöbin ein ieh wann Concil abge
Marot
2
ir
3
Marjay
halten, dem mancherlei ig Agrar gemacht das ri der Herzogin Margarethe von Alen:
wurden. Huch 1736, als die
zur Annahme des | gon, und
egleitete ihren Gatten in's Feld. Nur
Tridentinums bewogen werben follten, mußte ihnen | jeine Aufnahme in das königliche Hofgefinde be:
auf dem Eoncil von Kloſter Zumeiza in Kesrowan
jo Biel nachgegeben werden, daß das Katholifche
an ihnen oft bezweifelt werden konnte. Zwar nah:
men fie die Formel filioque ins Symbol auf und
unterwarfen jih den römiſchen Fajtengeboten,
verpflichteten fi auch zum Gebraud) des Cate-
chismus Romanus und des Gregorianiſchen Ka:
lenders, behielten aber ihre alte Liturgie, welche
fie von Ephraem dem Syrer ableiten, und den
Gebrauch der jyrifchen und arabiſchen Sprade
im Gottesdienſt, das Abendmahl unter beiderlei
Gejtalt, jedoch nur für die Geiſtlichen, die Prie:
jterehe des niederen Klerus, fowie die freie Wahl
des Patriarchen, der jedod) vom Papfte beftätigt
wird und diejem alle 10 Jahre Rechenſchaft über
zuführen, hat jhon 1584 Gregor XIL. das Col-
egiam Maronitarum zu Rom ald eine Bildungs:
anftalt für maronitische Geiftliche aeftiftet, aus der
mehrere berühmte Gelehrte, 3.8. Gabriel Sionita,
Abr. Echellenfis, Mitarbeiter an der Parifer Po:
Iyglotte (1629 - 1645), die Affemaniu. X. hervorge:
gangen find. Bor ihrer Bereinigung mit Rom waren
die M. nad dem übereinſtimmenden Zeugniß aller
Quellen Monotheleten; als ſolche werden jie zuerſt
genannt bei der Verdammung derfelben auf der
6. ötumeniſchen Synode zu Conjtantinopel 680;
und vergebens haben Aſſemani u. N. verſucht,
durch die Behauptung, die betreffenden Stellen
jeien gefäljht oder interpolirt, diefen Vorwurf
egen die Orthodoxie ihres Volles abzumehren.
Fraglich iſt allein, aber höchſt wahrſcheinlich, daß
die M. zum Monotheletismus erſt vom Mono—
phyjitismus übergegangen find. Es ſpricht dafür
ver beibehaltene Zuſah im Trishagion: „(Qui
crucifixus est pro nobis,“ ſowie ber Umſtand,
daß die Mönde des Maronklofterd wegen ihrer
Zuftimmung zum Ehalcedonenfiihen Concil un:
ter ihren eigenen Bollsgenofjen zu Märtyrern
wurden. Die Maroniten felbjt führen ihren Ur:
iprung auf Johannes Maron zurüd, der zu Si:
rum bei Antiochien geboren, in Eonftantinopel jtu:
dirte, und Mönch und Priefter im Klojter Maron
wurde. Bom päpſtlichen Legaten 676 zum Biſchof
von Botrus gemacht, habe er den ganzen Libanon,
Monotheleten und Monophyfiten, zum römijchen
Glauben befehrt und jei dann zum Patriarchen
von Antiohien gewählt und vom PBapft Honorius
beitätigt worden. Er habe ftatt des alten von den
Griehen zerftörten Maronklofters ein neues in
Kafar:Hai bei Botrus erbaut und ſei 707 geitor:
ben. Die Berbindung, in welche diefer M. mit Rom
gebracht wird, ijt entſchieden irrig, — jo lebte Papit
Honorius 1. ungefähr 60 Jahre früher und war
Monothelet — doch wird er ein Mann von großem
Einfluß geweſen fein, der die politifche und geift:
ige Herrſchaft in jeiner Hand vereinigte. Die
von ihm angeführten Schriften find ſämmtlich —
mit höchſtens Einer Ausnahme — unädt. Bol. Rit:
ter, Erdfunde, 1854. 8.17. S. 744. Volney, Reife
nad Syrien. Bar. 1787. Cowper, Sects in Syria.
xond. 1860. Schnurrer, De ecel. Maronit, Xüb.
1810 u. 11,
Marot, Clement. Der franzöfiiche Ueberjeger
ver Pfalmen. Geb. 1495 zu Cahors, trat er im
die Lage der maron. Kirche abzulegen hat. Um
eine engere Berbindung der M. mit Rom berb
— —— — — —— — — — —
freile ihn von Händeln mit der Inquiſition über
ſeine — Ueberzeugungen. Da er 1633 ſa—
tyriſche Verſe gegen die — ber Proteſtan⸗
ten gemacht hatte, mußte er 1584 nach Boͤarn
und Ferrara fliehen. Franz J. rief ihn an den Hof
zurück, und nun erſchienen ſeine erſten übertragenen
Pſalmen, die ſo allgemeine Aufnahme fanden, daß
ſelbſt der Papſt ſie nachdrucken ließ, während die
Sorbonne ſie verbot und den Verfaſſer 1543 zu
neuer Flucht nöthigte. In Genf fegte er feine Ueber⸗
jegung fort und jtarb 1544 oder nad) Mai 1546
zu Turin. Beza überjegte 1550—52 die noch fehlen:
den Pſalmen. Kirchlich gebraucht jollen Marot’s
Pjalmen zuerft am 1. Dec. 1540 zu Granjon in
der Schweiz fein. Die erfte Ausgabe mit 30 Pal:
men und einer gereimten Ueberfegung bes Vater:
Unjers, bes Ave, des Symbolums und des Dekalogs
erſchien 1541 in Barid. Die zweite 1542 mit Muſik
und der Genfer Yiturgie beforgte Calvin, der aud)
ber britten, um 20 Bjalmen vermehrten 1543, die
Vorrede „An die Damen Frankreichs“ zufügte. Die
erfte volljtändige uaygr Sy it die Beza’s von 1552,
mit defien Borrede: „An die Kirche unfers Herrn.”
Die meisten fpäteren Ausgaben enthalten zu jedem
u. ein von A. Marlorat (F 1562) verjahtes
ebet. Eine Revifion der Leberjegung durch Con:
rart und Labajtive wurde 1679 von der Synode
zu Charenton genehmigt und in vielen Kirchen
eingeführt. Früher nad) Volksweiſen gejungen,
erhielten die Marot'ſchen Pjalmen ihre (vierftim:
migen) Melodien und jegige Form von Claude
Goudimel, dem Lehrer Baläftrinas (7 1572). In:
terefjante und widtige Mitteilungen über M.
und feine Zeitgenofjen enthält der Brief M. Ma:
lingre's (f. d. Art.) an ihn, L'Epistre de M. Ma-
lingre envoyee a Clement Marot ıc. Bajel 1546.
Paris 1369. In diefer Schrift finden ſich auch
3 Gedichte von Marot, wovon eines das Datum
5. Mai 1546 trägt, jo daß, wenn dieje Angabe
nicht etwa auf einem Drudfebler beruhen ſollte,
M. um dieſe Zeit noch gelebt bat.
Marozia (Mariuccia). Die Tochter der berüch—
tigten Theodora, der Gemahlin des Senators Theo:
phylact. War dreimal vermählt; mitdem Marlgra:
fen Alberich I. von Gamerino, (wirklich jtattgehabte
Bermählung wird jedoch bezweifelt) Conſul und Ba:
tricius von Rom, + 927; dem Nartgrafen Guido v.
Tuscien, + 928, und dem König Hugo von Italien,
+ 945. Sie mit ihrer Mutter und Schmeiter
Theodora war die Seele des ariitofratifchen Regi—
mentes, welches damals unbebingt über Rom und
den päpftlihen Stuhl herrſchte (Rornokratie). Mit
Sergius ILL, hatte fie in verbotenen Umgang ge:
lebt. Johann XL. war ihr Sohn (nad Liudprand
von Gremona von Sergius), Johann XII. ihr
Entel. Johann X. wurde auf ihren Befehl 928 er:
mordet, als er fi ihrem Einfluß entziehen wollte,
ihr Sohn folgte demfelben als Johann XI. 931-936.
Ihrer beinah völlig unabhängigen Herrſchaft über
Rom machte ihr Sohn Alberich Il. 933 ein Ende;
er vertrieb feinen Stiefvater Hugo aus Rom und
u. feine Mutter in's Gefängniß, wo fie um 945
ftarb. Vgl. Gieſebrecht, Deutiche Kaijerzeit. B. J.
Barınann, Politil der Päpſte. Elberf. 1869. IL.
arſah, Charles Hector de St. George, Marquis
de. Geboren zu Paris 1688, kam N mit feinen
*
Marfeille
teformirten Eltern nad Deutfchland und machte als
Fähnrid) eines engliſch⸗ hannöverſchen Regimentes
den fpanifchen Erbtolgefrieg mit. Ernahm, durch die
Schriften der Bourignon (f. d. A.) erwedt, feinen
Abſchied, um mit zwei Freunden (Cordier und
Baratier) ein einfiedleriiches Leben in Schwar:
enau zu führen (1711). Die Gemeinſchaft Löfte
ih, M. trat 1712 in eine myftifche Ehe mit
Clara Elifabeth von Gallenberg und jegte mit ihr
dies aftetifche Yeben fort. Seinen Lebensunterhalt
gewann er zum Theil dur Uhrmachen. Durch
häufige Reifen, wie durd Briefe und Schriften,
ſuchte er feine myſtiſchen Anfichten zu verbreiten.
Einige Zeit hielt er ſich zur philadelphiichen Ge:
meinde in Schwarzenau, und war 1735 — 1742
geiftlicher Führer der erwedten Familie von Fleiſch—
bein. Nach dem Tode feiner Sattin 1745, lebte er
in Arolfen, Altona und bei feinem Neffen zu Amb:
leben, wo er 1746 ftarb, nachdem er von feinem
Separatiömus und Duietiömus zurüdgetreten
war, Er war für dielleberjegung und Verbreitung
der BVerleburger Bibel und die Verpflanzung der
Myjtit der Guyon u. A. auf deutfchen Boden mit
Erfolg thätig.
Marfeille. (Massilia.) Die Stiftung der Ge:
meinde wird von der Legende dem h. Lazarus zu:
gefchrieben, der 63 n. Chr. mit Maria, Martha
und Marimus hierher gelommen fein fol. Die
eriten Klöfter bei M. gründete Caſſianus und ver:
pflanzte in fie feine zwischen Augujtin und Bela:
gius vermittelnde Richtung, fo daß die Semipela-
gianer lange Maffilianer genannt wurden. Das
Bisthum gehört zum Erzbistgum Aix und umfaßt
Stadt und Bezirk von M.
Marfilius von Badua. Von feinem Leben tft
wenig befannt. Aus einer bürgerlichen Familie
Padua’s geboren, lehrte er zu Orleans und Paris
in allen Facultäten, obwohl er vorzugsweife Jurift
war. 1312 war er NRector der Univerfität Paris,
Wegen des Werkes, welches feinen bleibenden
Ruhm begründete, „ver Anwalt des Friedens“ de-
fensor pacis seu de re imperatoria et ponti-
ficia 1324, in den Bann gethan und verfolgt,
begab er ſich 1527 zu Ludwig dem Bayern, und
jtarb nach 1342, da aus diefem Fahre feine
Schrift über das Eherecht datirt. Der defensor
paeis ift gejchrieben als Schutzſchrift der kaiſer—
lihen Macht gegen die Anmahungen des Bapft:
thums, M. ftellt darin die Sätze auf, daf feinem
Prieſter irgend ein weltliches Regiment gebühre;
auch ftänden alle Briejter einander glei, ein
Vorrang eines oder des andern ſei Sache menſch—
licher Ordnung, wie ed denn einen Primat Petri
niemals gegeben habe. Da lediglid Chriftus das
Haupt der Kirche fei, fo ftehe eine Autorität über
Alle nicht dem römischen —— ſondern nur
einer allgemeinen Kirchenverſammlung zu, und
dieje könne nur vom Kaifer berufen werden, dem
auch allein das Recht gebühre, nad) bürgerlichen
Geſetzen Zwangs: und Strafmittel anzuwenden.
Der Staat ald eine göttlihe Einrichtung ftehe
überhaupt nicht unter der Kirche, ſondern neben ihr.
Dieſe Grundjäge wurden erjt von den großen
Kirhenverfammlungen des folgenden Jahrhun:
derts und der Reformation angenommen. In ſei—
ner Schrift von dem Kaiſerrecht in Ehefachen, Tra-
ctatus de iurisdietione Imperatoris in causisma-
trimonialibns, vertheidigte er, ald grundfäglich rid):
tig, die, wegen der mitwirkenden Privatintereſſen
624
Martenjen
Ludiwig's re aus kaiſerlicher Macht ausge
fprochene Scheidung der Katharina Maultaſch von
Tyrol von dem Grafen Johann von Böhmen.
Seine Schriften bei Goldajt, Monarchia s. rom.
imperii. Frankf. 1688. Bgl. Dönniges, Geſch. des
d. Kaifertbums im 14. Jahrh. Berl. 1841. E. Fried:
berg, Ztſch. für Kirchenrecht Tüb. 189, VIII. 69 ff.
Marfilins, Ficinus. 5. Ficinus.
Martöne, Edmund, geb. 22. Dec. 1654 zu St.
Jean de Löne bei Dijon. Gelehrter Mauriner,
Schüler und Freund von d'Achery und Mabillon,
lebte meift in dem Klojter Marmoutier und St.
Germain des Pros. Ein vorzüglicher Kenner der
möndischen Archäologie, gab er heraus: Comment.
in regulam St. Bened. Paris 1690; De antiquis
monachorum ritibus lib. V. 2 Bde. yon Is,
und De ant. ecel. rit. 3 Bde. Rouen 1700. Nad
dem Erjcheinen der Collectio nova veterum script.
et monum,, Rouen 1700, als Ergänzung des Spi—
cilegiums von d'Achery, unternahm er mit einem
Drdenäbruder, Urfinus Durand, eine Reife durch
Frankreich, Deutjchland und die Niederlande, um
die kirchlichen Bibliothefen zu durchforſchen (1708
— 1714), deren Frucht der Thesaurus novus anec-
dotorum 2 Bde. Paris 1717 war, Eine zweite Reife
lieferte das große Sammelwerk: Vet. script. et
monum. ampliss. collect., Bari 1724 — 1785,
9 Bde. Außerdem fchrieb er eine Fortſetzung von
Mabillon’s Annalen. Baris 1739. Die Hegel des
h. Benedict beobachtete er mit der größten Strenge;
und die Furcht, daß fein Lob mönchiſch-myſtiſcher
Aſkeſe Anftoß erregen würde, war der Grund,
weßhalb feine Obern die Beröffentlihung der Ze:
bensbeichreibung Elaude Martin’, feines Lehrers,
mißbilligten und durch eine furze Zeit dauernde
Berweifung in das Klofter zu Rouen 1697 ftraf:
ten. + 85 Jahr alt 20. Juni 1739 zu St.Germain
des Pres, Val. Taffin, Gelehrten: Gef. der Con:
gregation v. St. Waur, Franff. u. Lpz. 1774.
Martenfen, Dr. Joh., Biſchof von Seeland,
Geb. am 19. Auguft 1308 zu Flensburg, ftudirte
an der Univerjität Kopenhagen und warb 1339
Profeſſor der Theologie dajelbit. Bon der Univer:
fität Stiel 1840 zum Ehrendoctor promovirt, wurde
er 1845 zum Hofprediger und nad dem 1854
erfolgten Tode des Biſchofs Mynfter von Seeland
zu deſſen Nachfolger ernannt. Seit 1867 beffeidet
er außerdem dad Amt eines kgl. Confefjionarius.
M. gehört, wie zu den tüchtigſten und beliebteiten
Kanzelvednern Feines Landes, jo zu den bedeu:
tendften Dogmatitern der Jehtzeit. Den Ideen
Scleiermader'8 und der neueren djriftlich-
philofophiihen Speculation zugewandt, jtellt er
jedoch das fupranaturaliftiiche Brincip des Chri—
jtenthums an die Spige jeines Syitems, Auf
mehrere hervorragende Zeitgenofien hat er per:
önlich bedeutend eingewirft, jo auf Yenau und
‚riderife Bremer. Bon feinen jehr verbreiteten,
um Theil in’s Deutjche, Engliide und Schwedi—
Ihe überjegten Werten find die wichtigiten: Dis-
sertatio de autonomia conscientiae sui huma-
nae etc. 8. Havniae 1837. Deutih: Kiel 154.
Meifter Eckart. Eine theologifhe Studie. Kopen:
hagen 1840; Hamburg 1842. Grundriß eines
Syſtems der Moralphilofopbie. Kopenhagen 1841.
Die chriſtliche Taufe und die — Frage.
Kopenh. 1843; 2. Aufl. ebend. 1847. Deutſch: Ham⸗
burg 1843; 2. Aufl. Gotha 1860. Chriſtliche
Martha 625 Martin
Dogmatil. Kopenh. 1810. Deulſch: Kiel 1850; | Fefthalten beffelben mahnend (Beide Kirchen feiern
4. Aufl. 1858, Berlin 1856. Mehrere Schriften | fein Gedächtniß, die lateinische am 12. Nov.) Die
über die ſchlesw.-holſt. Geiftlichkeit umd däniſch- Römer hatten aber fchon vor jeinem Tode 654 Eu:
firchl. Fragen. Kopenh. 1850; 1867. Kiel 1852. | geniusI. zu feinem Nachfolger erwählt. (Bol. Bar:
Bredigten. Kopenh. 1847. 2. Aufl. Eine Auswahl | mann, Politik d. P. I.)
aus denjelben erſchien deutſch bei Perthes, Gotha. — 11., oder Marinus I., 882—884, war vor:
DOrdinationsreden, 2 Sammlungen. Ueber Glaus | her unter drei Päpſten Legat in Conjtantinopel
ben und Wiffen. Kopenh. 1867. . gewefen.- Er excommunicirte den Photius, aber
Martha, die Schweiter des Lazarus (Luc. 10, | löfte den von Johann VIII. über Formofus von
38—42; Joh. 12, 1—8), fam nad) der Tradition | Porto ausgeſprochenen Bann. Ihm folgte Ha:
mit ihren Geſchwiſtern nad) Gallien und ftarb dort | drian III.
in Zurüdgezogenheit. Ihre Reliquien fand man| — III. (Marinus II.), 943, ein vornehmer Rö:
Ende Des 12, Jahrhunderts zu Tarascon. Ahr | mer, von deffen päpftlicher Regierung weiter nichts
Gedächtnißtag ift der 29, Juli. Proteftantifche | befannt ift. + 4. Aug. 946.
Homileten haben fie oft ald Symbol der fatholi: | — IV., 12831—85. Gebürtig zu Brie in Tou—⸗
ſchen Kirche hingeftellt. raine, von niedriger Herkunft; von Urban IV,
Martha, Schweiter M., franzöfifche Nonne, (ei: | zum Cardinal creirt, wurde er durch den Einfluß
gentlich Anna Briget) geb. 1749 zu Befangon, be: | Karl's von Anjou zum Papſt —— der ihn
rühmt durch ihre, feiner Nation und Confeſſion als den franzöſiſchen Intereſſen durchaus ergeben
achtende, großartige Thätigkeit ala Pflegerin von | hatte kennen lernen, und an ihm ein gefügiges
Kranken und Berwundeten in den franz. Revolu: | Werkzeug feiner politifchen Bläne fand. M. machte
tionsferfern und namentlid; während der Befrei- | Karl zum Senator von Rom, belegte nad) der
ungsfriege. Bon Rußland, Deftreih, Preußen, ſicilianiſchen Vesper die Sicilianer und Peter von
Spanien und England mit Orden geihmücdt, ftarb | Aragonien mit dem Banne und ließ den Kreuzzug
fie 1824 als Vorfteherin aller Klöfter der barm— gegen fie predigen. Dadurch untergrub er die
herzigen Schweitern in Frankreich. tung vor dem päpftlihen Stuhl, erregte von
Martianey, Jean, gelehrter Mauriner. Geb. | neuem den Bürgerkrieg zwiſchen Guelfen und
30. Dec. 1647 zu St. Sever:Gap bei Aire, trat 1667 | Ghibellinen, und rief Anardie und Fauftrecht
in das Benedictinerklofter la Daurade zu Touloufe. | im Kirchenftaate felbft hervor. + 28. März 1285.
Er legte ſich hauptſächlich auf orientalifche Spra: | Er gehört zu den Bäpften, die dem römischen Stuhle
hen und Bibelfunde, worüber er jpäter in mehre: | am meiften gefchadet haben. Vgl. Hefele, Eonciliens
ren Klöjtern Vorträge acer Durch feine defense geſchichte Freibg. 1855—66. VI, 188, v. Reumont
du texte hebreu et de la chronologie de la Vul- | Gefd. der Stadt Rom. Berl. 1867. II, 602.
gate, Paris 1689 auf ihn aufmerkſam gemacht, Martin V.(1417—1431), DttoColonna. Wurde
beriefen ihn die Obern nad) St. Germain des Pres | an Stelle Johann XXI. vom Concil zu Con—⸗
und übertrugen ihm die neue Ausgabe des Hiero: | ſtanz erwählt und mit großer Freierlichkeit inthro:
nymus; fie erſchien Paris 1693 — 1706, 5 Bode. fol., | nifirt. Die Hoffnungen auf Reformen wußte er
nachdem er vorher im Prodromus, Par. 1690 die ſchon am folgenden Tage durch die Beröffent:
——— einer neuen Ausgabe erörtert; es lichung ſeiner Kanzleiregeln zu vereiteln und den
folgte vie de St. Jerome 1706. Seine Ausgabe | unbequemen Concilbeſchlüſſen vom 30. Det. 1417
verwidelte ihn in literarifche Streitigkeiten mit | über die 18 zu veformirenden Punkte, an welche
Glericus, Simon Pergron, Paſtel u. A., die er ihn die deutjche Nation durch Advisamenta nat.
mit Eitelfeit und Leidenschaft verfocht. + 16. Juni | Germ. super artic. juxta Decretum Concilii re-
1717. Bol. Taffin, Gelehrtengeſchichte, B. 1. formandis erinnerte, entging er durch die Con:
Martin L, Bapit,649-655. Nachfolger des Theo: | cordate mit den Deutfchen, Franzofen 2. Mai 1418
dor, vorher Apocrifiarius der römischen Kirche in | und Engländern 12. Juli 1418, letzteres als bes
Gonftantinopel, Er berief im October 649, ohne | finitiv, erftere provijorifch auf fünf Jahre ge:
Zuftimmung des Kaifers, eine Synode nad) Rom | jchloffen. Er ſchloß das Concil 1418. Die Verle:
(die erſte Lateranfynode), welche auf den Vortrag | genheiten, in denen er fi durch den Kirchenſtaat
des Papſtes den Monotheletismus und die im —* befand, zwangen ihn 1423 das verſprochene
Sinne dieſer Lehre verfaßten kaiſerlichen Erlaſſe, Concil zu Pavia zu eröffnen, welches er bald
die Ekthesis 649 von Conſtans II. und din nach Siena verlegte, 1424. Obgleich fein einziger
Typos 638 von Kaijer Heraklius verdbammten. | Mißbrauch abgeftellt wurde, fehlte e8 nie an dem
Von dieſen Beſchlüſſen machte M. fogar dem | Schein der Vorbereitung zu gründlichen Reformen.
Kaiſer Conſtans Mittheilung und forderte ihn | Die Eröffnung des nad Bajel berufenen Concils
zur Zuftimmung auf, Der Exarch Olympios, | erlebte er nicht mehr. Val Leo, Geſch. v. Italien
welcher vom Raier den Auftrag erhielt, ven Bapft | IV; v. d. Hardt: M. Öecumen. Constantiense
zu verhaften, ſchioß fich vielmehr an denfelben an, | Coneilium. Franff. u. Lpz. 1700. Hübler, die
um für die beabjichtiate Empörung eine Stüte zu | Eonitanzer Reformation und die Concordate von
gewinnen, Nach deſſen Tode 658 lieh der Kaiſer 1418. Leipz. 1867, v. Neumont, Geſch. der Stadt
durch den Exarchen Kalliopas den Papſt nady Con: | Rom II, 1162. III, 56 ff. 66.
ftantinopel abführen. Nach einer fehr langen und | Martin, Erzbiichof von Braga, aus Bannonien,
mühfeligen Reife wurde er hier als Hocdhverräther | fam von einer Wallfahrt nad) Paläftina nad)
wegen feiner Gemeinfchaft mit Olympios vor Ge: | Galicien in Spanien, und trug viel dazu bei, die
richt geftellt und nad) harter Behandlung zur Ver: | arianifch gefinnten Sueven der römifchen Kirche
bannung nach Cherfon verurtheilt. Nur die Ver: | zu gewinnen. Er gründete verichiedene Klöfter und
wendung des Patriarchen bewahrte ihn vor der | war Abt zuDumia, bis er um 560 zum Erzbiſchof
Todeäftrafe. Er ftarb 16. Sept. 655 muthig bei jei: | von Bracara (Braga) befördert wurde. Er wohnte
nem Belenntni verharrend und die Seinen zum dem 2, Goncil zu Braga 563 gegen Arianer und
Martin
Priscilianiften bei und leitete das von 572. +um
582. Wichtiger als feine moraliichen Schriften ift
feine Colleetio Orientalium Canonum, bei Manfi
Coll. IX., die jedoch mehr eine Bearbeitung als
Ueberjegung von Aften ariech. Goncilien ift. Die
ihm zugeſchriebene Ueberfekung der sententiae
Aegyptiorum patrum, aus dem Griechiſchen, ift
nur von ihm veranlaft, durch den Diacon Pa—
ſchaſius zu Dumia angefertigt. Vgl. Schrödh,
8.6. XVII
Martin von Tours, der Heilige. Von heibni-
{chen Eltern in Pannoniengeboren, wurde ergegen
ihren Millen im 10. Jahre Katehumen, mußte
aber gegen feine Neigung in Kriegädienfte treten.
In diefer Zeit, erzählt die Legende, habe Martin
feinen halben Mantel einem Bettler geſchenkt und
in der folgenden Nacht im Traume Chriſtus da—
mit befleidet erblidt. Nach fünfjährigem Kriegs:
dienst lich er fih von Hilarius von Poitierd, in
Demuth fi einer höheren Weihe unwürdig hal:
tend, zum Erorziften meihen und nicht zum Dia:
fon; er hatte dann in feiner Heimath und in Mai-
land Bieles durch jeinen Eifer gegen die Arianer
zu leiden. Als Hilarius 360 aus der Verbannung
zurückkehrte, folgte ihm M. und erbaute in feiner
Didzefe Poitierd dad erſte Klofter Galliens,
monast. J,ocociagense, Licuge. Der Ruf jeiner
Heiligkeit und Wunderkraft verbreitete ſich, das
Volt von Tours mählte ihn zum Bifchof, er
mußte nachgeben, nahm aber —* ewöhnli⸗
hen Mohnfik in einer Einöde an der Loire, wo
um feine Zelle dad Klofter Marmoutier ent:
ftand. Eifrig und erfolgreich widmete er fich der
Belehrung der in Frankreich nod; zahlreichen Hei-
ben und der Zerftörung ihrer Gößentempel. Ver:
ebens widerſetzte er fich der Verurtheilung und
Beftrafun der Priöcillianiften durch den Kaiſer
auf der Synode zu Trier 384 und brach mit den
Bifhöfen, melde diefelbe dennoch burchgefett
hatten, jede Verbindung ab. Die dankbare Ver:
ehrung hat fein Leben mit vielen Wundern auäge:
ſchmückt, fein erfter Biograph Sulpieius Severus
(um 400) weiß in den Dialogi (ed Halm, Vinda-
bonae 1566) jhon davon. Gregor von Tours
berichtet ihrer 206 ; die größten und meiften fallen
in die erfte Periode feines Yebens. Sein Tod: und
Gedächtnißtag 11. Nov. ift in manchen Gegenden
Belgiens, Norddeutſchlands, Schlefiens ıc. ein
Bolföfeft geworden, weil es mit dem altgermani:-
ſchen Herbitonferfeite aufanımenfiel; bie Feitfeiern
find die verhültten alten Gebräuche. M. ift einer
der er ar Franfreihe. Vgl. Sulpieii
Severi, de b. Mart. vitaliber in der Bibl. Patr.
VIII. Loebell, Gregor von Tours u. ſ. Zeit. 2. —*
2pʒ. 1869. M. de Montrond, Martin, évéque de
Tours, Lille 1864. Reinfens, Martin v. Tours
1866. Gelzer, Broteft. M. BL. 1868.
Martin, David. Neformirter Theolog, geb.
1639 au Revil, ftudirte zu Nismes und Puy⸗Lau—
rend Bhil. und Theol. Als reformirter Prediger
durch den Widerruf des Edicts von Nantes ver:
trieben, enttam er mit Hilfe von Katholiken und
wurde Prediger zu Utrecht, F1721. Einen Ruf als
Profeffor nah Deventer und ald Prediger nad
dem Haag hatte er ausgeſchlagen. Sein Haupt:
verdienſt ift die Revifion der Genfer Bibelüber:
jetung, welche er für die wallonischen Gemeinden
beforgte, 1. Aufl. 1707, mit Einleitung und kriti⸗
ſchen Bemerkungen. Sie ift noch heute die meift:
626
Maruthas
verbreitete franz. Bibelüberſetzung. Außerdem gab
er heraus: LeN.T. —— par des notes oour-
tes et claires. Utr. 1696. Histoire du vieur et
du noureau Testament Amft. 1700.
Martinius, Matthias, reformirter Theolog und
Schulmann. Geb. 1572 zu Freienhagen in Wal⸗
‚ ftudirte zu Herborn unter Piscator, wurde
1596 Hofprediger zu Dillenburg, 1596 Profeffor in
Herborn, 1597 Rector des Pädagogiums, Prebiger
und 1602 Infpector des Alumneums. 1607 gina
er ald Prediger nah Emden, von wo er 1610
als Profeſſor der Theologie und Rector des Gym-
nasium illustre nad) Bremen berufen wurde. Er
war einer der drei Bremer Abgeorbneten zur
Dortrechter Synode, beflagte aber fpäter feine
Theilnahme. „DO Dortrecht, wollte Gott ich hätte
dich nie gefehen!“
Martyr Petrus, ſ. Petrus Martyr,
Bartyrologien find fürden kirchlichen Gebrauch
eingerichtete Berzeichniffe der Märtyrer, erwachſen
aus den alten Calendaria martyrum, die bei jedem
Tage nur denNamen angeben, während die M. bie
Lebensgeſchichte enthalten. In der griech. Kirche
heißen die Menologien. (S. d. Art,) Hier tft dad
berühnitefte auf Befehl des Kaiſers Baſilius Ma»
cedo (867—86) abgefaft ed. Urbini 1727. Im
Abendlande jhrieben M. Hieronymus (die ver:
fchiedenen, unter feinem Namen vorhandenen
find jedoch unächt), Beda (deögleichen), Florus
(Subdiacon in Lyon, um 800), R nus Maurus
(um 845) und Notker (Balbulus + 912). Gregor
XIII. ließ ein m. universale, die Heiligen aller
Länder umfaflend, durch Baronius bearbeiten.
Rom 1586. Der Jefuit Rosweyd a daffelbe Ant:
werpen 1613 vermehrt heraus. Vgl. Wattenbach,
D.'s Gefhichtsquellen im Mittelalter. Berl. 1858
ſim Anhang.), Botthaft, biblioth. med. aevi.
Martyrum omnium festum, Für das Be:
ftehen eines allgemeinen Märtygrerfeftes im Drient
ſchon im 4. Jahrhundert, bringt Leo Allatius Be:
fegftellen. Es wurde nad) Chrofoftomus am Sonn:
tage nad) Pfingſten ie Im Abendlande wurde
es von Bonifaz IV. (608—615), jedoch nur für
Rom felbft, auf den 13. Mai angeorbnet, als er
das Pantheon in Rom zur Ehre der Maria und
aller Märtyrer einweihte. Das Allerheiligenfeft,
mit dem das vorgenannte nicht zu verwechfeln ift,
wurde feit Gregor III. (731—741), anfangs
wahrſcheinlich auch nur ald Kirchweihfeſt der von
ihm geſtifteten Allerheiligenliche in Rom felbit
gefeiert. Erft feit 855 unter Gregor IV. ward es
allgemeines Kirchenfeft.
Maruthas, der Heilige, Biſchof von Tagrit
oder Maipherfat in Mefopotamien , gehört zu den
ausgezeichnetſten Schriftftellern der ſyriſchen Kirche.
403 fam er nad) Conftantinopel um bie itt:
lung des Nrcadius bei dem Perſiſchen König
Jezdegerd zu milderer Behandlung der Chriften zu
erlangen. Wiederbolt von Theodoſius II. an er
denerd gefendet, joll cr auf diefen, trof aller
Ränfe der Magier grofen Eindrud gemadt und
ihn dem Chriftenthum günſtiger geftimmt haben.
Mit Chryfoftomus war er befreundet, auch nahm
er Theil an mehreren Hirhenverfammlungen, fo
an der in Antiochien 383 oder 390 araen bie Mef-
Br Von ihm ift vorhanden eine Gefchichte
| der perſiſchen Märtyrer (bei Affemani act. Mar-
ityr. p- I. Rom. 1748, deutfch von Bingerle Ina:
' brud 1836), eine Erfiärung der Evangelien, ein
Mai
fiturgifches Werk, ſyriſch im Miffale der Maro—
niten, lateinifch bei Renaudot liturgiarum Orient.
collect. T. II. Bal. Aſſemani, bibl. orient Cle-
ınentino. — Vatic. 1.174.
Maid. Ein in der Völkertafel 1. M. 10, 23
genanntes Volk; dafür wird nur noch 1. Chr. 1,17
Meſcheſch erwähnt, worunter wohl nit nad Pi.
120,5 Nomaben öſtlich von Babylon gemeint find.
Beſſer vergleicht man zu Mafch das mafifche Ge:
birae zwiſchen Armenien nnd Mejopotamien.
Mashith. Bon Luther nach ven LXX als Eigen:
name überſetzt, 2. Kön. 23, 13; (richtiger: Berg
des Nergerniffes) ift der bei 1 wo
Salomo dem phöniciſchen Gotte Milcom einen
Altar baute.
Mafius, Andreaö, Andre Dumas, geb. 1516
zu Lennich bei Brüffel. Einer der größten Gelehr:
ten und Sprachkenner des 16. Yahrh., hatte r
nächit Bhilofophie und Rechtswiſſenſchaft ftudirt.
ALS Secretair des Bifchofs von Eonftanz, Johann
v. Weeze, hielt er fich —— in Romauf und
warb dann Rath beim Herzog Wilhelm von Eleve,
71573:M. nahm Antheil an der Herausgabe der
Antwerpener Polyglotte, (ed. Plantinus 1569—
1572,) aumelcher er die chaldäiſche Paraphrafe über
die Bfalmen, die großen Propheten, Prediger und
Ruth und eine ſyriſche Grammatif bearbeitete.
3u Joſua lieferte er einen Gommentar und eine
jehr getreue Ueberſetzung, 1574. Außer mehreren
Meberfegungen aus den Sprüchen, verfahte er ein
ſyriſches Lexikon.
Maſora, eigentlich Ueberlieferung, im Gegenſatz
zu Mikrah d. i der h. Schrift, bezeichnet nad) talmu⸗
diſchem Sprachgebrauch bie aus mündlicherlleber:
fieferung oder jehr alten Aufzeichnungen hervor:
gegangen kritiſchen, grammatifalifdhen und lexika⸗
lichen Bemerkungen zum Tert des A. T. Diefe
Bemerkungen leiten die Rabbinen meift von Moje
ab, von dein fie bid auf Ejra und die große Syna:
goge, endlid zu den Gelehrten von Tiberiad ge:
langt feien. Burtorf führte fie auf Ejra und die
Synagoge zurück; richtiger erfennt man darin bad
Refultat einer längeren Arbeit Bieler, welche vom
6—10. Zahrh. alte Ueberlieferungen in Bezug
auf ben h. Tert jammelten, vermehrten und ger
ordnet zufammenftellten. Die Hauptbejtandtheile
der M. find die Keri, d.h. die Barianten oder Kor:
refturen ber Lesart, deren Anzahl von 848 bis
1300 angegeben wird. Hierzu fommen Bemerkun:
gen über alles in Bezug auf —— und
Grammatik Auffallende; dazu Angaben, wie oft
ein Wort vorkam, wie oft in verſchiedener Schreib:
art, an welcher Stelle im Verſe oder im Buche u.
dal.; die Zahl der Verſe der einzelnen Bücher,
Bemerkungen und Angaben fiber das Vorlommen
einzelner Buchſtaben zc. Dieje Bemerkungen hatten
ven Zwed, den überfommenen Tert zu fihern
und jo einen „Zaun um das Geſetz“ zu bilden;
darum lommen aud Kritiken von Conjecturen
(die Sebirin) vor. Man unterfheidet die große,
die Meine, und die Final» Majorah. Die er:
ftere wurde am obern und untern Rande der
Seite eingetragen und ift die ausflihrlichere. Das
Wort, worauf fi die Bemerkungen beziehen, ift
im Tert mit einem feften Zeichen verfehen. Die
Heine M. fand ihren Platz auf dem ſchmalen Zwi⸗
ſchenrande zwiſchen dem Text und der chaldäiſchen
627
Maffillon
iſt nur fürzer und mehr in bloßen Zeichen und
Andeutungen verfaßt. Die End:M,, m. maxima,
finalis rührt her von dem erften Herausgeber ber
M., R. Jakob ben Chajim, Vened. 1526, welcher
am Schluſſe die Bemerkungen ald eine Art (un:
vollftändiger) Concordanz alphabetifch zufamınen
ftellte. Zum Gebraud der Mai. ift vor Allem bie
Kenntnis der Zeichen, der grammatifchen und kri—
tiſchen Kunftausdrüde und der verfchiedenen Be:
jiehungen der Wörter, welche zu den Angaben be:
nußt im, nothiwendig. Anleitung dazu findet man
in J. Buxtorf, Tiberias s. Comment. masoreth.
triplex, historicus, didacticus, criticus Baſel
1620, wieder herausgegeben von feinem Entel.
Baf. 1665. und in Eliad Levita, Maforetb Ham:
maforetb, deutſch v. Semler. Halle 1772. Val.
Frensdorff, daS Buch Ochlah W’ochlah (Mas-
sora), Hannover 1864; Abrah. Geiger „zur Ge:
ſchichte der Maſſorah“ im 3. Bde. feiner jüdischen
geitige. für Wiffenfhaft und Leben. Hupfeld,
eber eine biäher unbelannt gebliebene Handſchrift
ver Maforah (Zeitſchr. der deutfchen morgenländ.
Sefellfchaft XXL, 201 ff. Jahn, Eichhorn, de
Wette: Einl. in’s A, T.
Mafia, ſ. Meriba.
Massa candida, sancta; Martyres Cypriaui
jind die Märtyrer, welche Fett zur sauce
prian's in der Balerianifchen Verfolgung ftarben.
Nach Prudentius feien fie (300 an der Zahl) ge
nöthigt worden, in einen glühenden Kaltofen zu
fpringen. Auguſtin fpriht nur von 153 Märty:
tern, die enthauptet worden feien und leitet den
Namen von dem Ruhmreihen ihres Todes ab.
Der pe ug Sa ber 24. Auguſt. Prudentius
Lib. peristeph. Hymn. 13.
Moifilianer heißen die Anhänger des Caſſianus
in Marfeille, welche, der ſtrengen Prädeftinations»
lehre abgewandt, jemipelagtanifch Iehrten, ber
Menſch müfle den Willen haben zu glauben und
au beharren. Ueber fie jchrieb 427 Profper von
Aquitanien an Augquftin und dieſer fuchte fie
durch die Schrift dedono persererantiae zu wider:
legen.
Maifillon, Jean Vaptift. Einer der berühmteften
franzöfifchen fathol. Kanzelredner. Geb. 24. Juni
1663 zu Hieres in der Brovence, der Sohn eines ar:
men Notars, trater mit 18 Jahrenindie Congrega:
tion besDratoriums,inderen Schule erer —— war.
Einige Reden machten ſchon hier ſeine Obern auf
ihn aufmerkſam; 1696 nad Paris als Vorſteher
des Seminars von St. Magloire geſandt, rief der
Erfolg einiger Conferenzreden Über die Pflichten des
geiſtlichen Standes, bei ihm den Entſchluß hervor,
als Faften: und Adventsprediger aufzutreten ; er
begann damit 1695 zu Montpellier, 1699 zu Paris
und erntete ſolchen Beifall, daß er 1701-4 die
Faftenpredigten vor dem Hof halten mußte; 1717
wurde er zum Biſchof von Clermont ernannt,
1719 zum Mitgliede der Academie. Nachdem er
die Leichenrede auf die Herzogin Elifabeth von
Orleans, die befte jeiner oraisons funebres, gehal:
ten hatte, verlieh er die Diözeſe nicht mehr. Die
beiten feiner Predigten find die Advents- und
Faitenpredigten, 6 Bde — in ihrer Art ausgezeich⸗
net ift Die petite car&öme, 1718 als Faſtenpredig⸗
ten vor dem SjährigenZubmwig XV, gehalten — die
freilich eigentlich nicht Rafjionspredigten find, aber
Ueberſetzung; fie enthält keineswegs weniger als | mit tiefem Ernſt von den Pflichten der Großen
bie große, etwa ald Auszug aus derjelben, jondern
und den fie umgebenden Verſuchungen redeten.
Maſſuet
Abgeſehen von der Eleganz und Schönheit der
Sprache und Darftellung, liegt die Stärkevon M.'s
Beredſamkeit in der Art, wie er das ſittliche Ge—
fühl anzuregen weiß, wobei er eine tiefe Kenntniß
deö menſchlichen Herzens zeigt. Bal. über ihn
Theremin, Demojthenesund Maffillon, Berl. 1845.
Eine Ueberfegung feiner Reden an die Großen
dur Pfiſter, Würzburg 1826 und 35. Die Sy:
nodalreden durch Reined, Magdeb. 1835.
Maſſuet Rene, Mauriner. Geb. 1665 zu St.
Duen in der Normandie. War zuerſt Lehrer der
Theol. und Phil. in mehreren Ordenshäufern, aud)
licent. juris, bis er 1705 nad} S. Germain-des-pres
zu Paris fam, wo er nad) Ruinart’3 Tode den 5.
Band der Annalen des Benedictinerordens heraus:
gab, um ſich dann ganz einer Ausgabe der Werte
des Irenäus zu widmen, welde 1710 mit 3 Ab:
handlungen über Leben und Lehre des‘. und über
die von ihm befämpften Häretifer erjchien und
nod) die befte Ausgabe ift. Vgl. Taffin, hist. lit.
d. 1. congreg. d 8. Maur. Paris 1726. Deutſch
Frankf. 1773.
Materialismus, auchSenſualismus, Naturalis—
mus) nennt man die Denlweiſe, welche das Weltall
und jede Erſcheinung desLebens nur als Product der
verſchiedenen Verbindungen und Verwandlungen
der Materie und als Wirkung der phyſiſchen und
chemischen Gefege des Stoffs auffaßt. Nothwen:
digerweiſe leugnet alſo der M. die Selbſtſtändig—
keit des Geiſtes und verwirft die Idee Gottes;
und da ihm auch die Erſcheinungen des ſittlichen
Lebens zu Wirkungen phyſiſcher Urſachen werden
ſo ſchwinden ihm die ethiſchen Gedanken; das
Sittengeſetz wird zu etwas Willkürlichem, vom
Egoismus Erſonnenem. Der Glaube aber an Un—
ſterblichkeit wird zu Thorheit und Wahnwitz. Der
ausgebildete M. ſteht alſo im ausgeprägteſten
Gegenſatze zu allem religiöſen Denken und Leben.
Der M. kann nur da entſtehen, wo mit geſteiger—
ter Culturentwicklung ein Verfall des öffentlichen
Lebens verbunden iſt, in welchem die religiöſen
und ethiſchen Ideen ihre Macht über den Men—
ſchen verloren haben. Er beſchleunigt den Verfall,
indem feine Conſequenz den ſinnlichen Lebensge—
nuß als das einzig reelle Ziel des Daſeins hinſtellt
und damit den Menſchen dem ſinnlichen Triebe und
der Selbſtſucht unterwirft, während er gerade die
Aufgabe hat, ſich vom Naturzwang des ſinnlichen
Lebens frei zu machen und das Gebot des Geiſtes
zu befolgen. Das erſte vollſtändige und einflußrei—
he Syftem des M. ftellte Epicur nad) dem Vorgang
des Democrit und ber Cyrenaicer auf. Ausgehend
von einer atomiftiihen Auffaffung der Welt und
des Lebens ift ihm das finnlide Wohlergehen
des einzelnen Individuums aud) der höchſte Zweck
feines Dafeind. Die entfittlihende Wirkung die:
ſes Satzes als eines Moralprincips beſchränkte er
durch Die Lehre, daß nur in dem Streben nad) Weis:
heit und Tugend ein dauernder Genuß gefunden
werden fünne, während dieniedern finnlicen Lüfte
einem fortdauernden Wechfel unterworfen feien.
Diejelben Gedanken ehren wieder bei den franzö—
fiihen Materialiften desvorigen Jahrhunderts und
find namentlich bei 2a Mettrie(F 1751)in L’hom-
me machine, Histoire naturelle de l’äme u. 9.
London 1751 und bei P. D. von Holbad) (+ 1789)
in bem Systeme de la nature Bar. 1770, deutich
Yeipzig 1843, in rüdfichtölofer Offenheit ausge:
ſprochen. Jede Vorftellung von etwas Geiftigem
628
Materialismus
wird als Aberwit verfpottet, Nichts ift wirklich
als die finnlihe Wahrnehmung, und da alle Er:
fenntniß von ihr abhängt, jo tft fein anderer Be:
weggrund für menjchliches Handeln als finnli:
he Luft. Diefer M. ruhte auf dem Empirismus
Xode's (F 1704), der dem Dualismus der Sy:
fteme bed Descarte's und Leibnitz' fich entgegen-
ftellte, aber daS Dafein Gottes feithielt, als durch
eine übernatürliche, der Vernunft nicht wideripre:
chende Offenbarung bezeugt. Der heutige Mate:
rialismus behauptet die nothwendige Folge erac:
ter empirischer Forſchungen zu fein, welde die
Alleinherrſchaft der phyfiihen und chemiſchen Ge:
jege erwiefen und ihn berechtigen den Menſchen
allein „ald Produkt von Eltern und Amme, Luft
und Wetter, Drt und Zeit, Koſt und Kleidung“
u. j. w., anzufehen und den Gedanken für die Wir-
fung einer Beränderung des Hirnftoff3 zu erflären.
Alle Kraft iſt I aft des Stoffes. Danach
find ibm Stoff und Geiſt nur verfchiedene Bezeich⸗
nungen einer und derfelben Sache, je nachdem fie
als Factor oder Product, als Ding oder Thätig-
feit betrachtet werde. Damit fann ein Gottesglaube
überhaupt nicht beitehen und an die Stelle ber
Sittlichfeit tritt die natürliche Rothwendigkeit.
Der Materialismus hat feine Berechtigung nur
als Reaction gegen die Nichtbeachtung der Verbin:
dung des geiftigen und leiblichen Lebens in der frü⸗
hern Theologie und Philoſophie, ſoweit fie noch die
Religiöfität unferer Bei beherrſcht, — als ein
Streben den hier fi offenbarenden Dualismus zu
überwinden. Aber wie es ihm noch nicht gelungen
ift, dad organische Leben als organiſches zu con:
ſtruiren und er dabei ftet3 auf einen erften An-
ftoß, den er nicht zu erflären vermag, zurückkom—
men muß, jo fann er mit feinen empirifchen Ent:
dedungen die Thatfachen des Selbſtbewußtſeins
und des Gewifjens, dieſes Gemwiffefte von Allem,
nicht aufheben und geräth jofort in das Gebiet des
xäderlichen, fobald er den Verſuch macht, die
Thatfachen des geiftigen und fittlichen Lebens zu
erklären. Die Thatjache der Möglichkeit einer fitt-
lichen Herridaft des Menſchen über Natur und
Sinnlichkeit wird als ein untilgbarer Zeuge dafür
jtehen bleiben, daß der Menſch mehr fei als bloßer
Stoff. Freilid wird dem Materiallsmus nur dann
wiſſenſchaftlich wirlſam entgegengetreten werden
fönnen, wenn die hriftliche Dogmatik den ſchroffen
Dualismus zwifchen Geift und Materie, welcher
der altlirchlichen Vorftellung anhängt, immermehr
überwindet. Nachdem der neuere deutſche Mate:
rialismus zuerft jeinen Ausgangspunkt in ber
tradicalen Seite der Hegel'ſchen Philoſophie genom:
men und namentlid Ludwig Feuerbach (f. d. A.)
der Philoſoph eines Gott und Unfterblichkeit, Re:
ligion und Moralität läugnenden Naturalismus
geworden war, hat hauptjächlid die naturmwifien-
Ihaftlihe Richtung in der Wiffenihaft den Ma:
terialismus ei eine Mafje den Ergebniffen der
neueren Naturwiffenichaftenentnommenen Stoffes
neu zu beleben geſucht. Auf Liebig's chemiſche
Briefe ertheilte Molefchott eine „pfufiologiiche Ant:
wort“ in jeinem „Kreislauf des Lebens", Mainz
1852, in weldem er das Leben lediglich ald Er:
jheinung eines hemifchen Brocefjesauffaßte, dem:
gemäß natürlich die Nahrung das wichtiajte im
menjchlichen Zeben fein müßte, eine Anficht, die
er in feiner „Bhyfiologie der Nahrungsmittel‘,
Darmftadt 1850,2. Aufl. 1859 noch weiter aus:
Maternus
führte („der Menſch ift, was er ißt“). Karl Vogt
hat in feinen — und „phyſiologiſchen
Briefen” Frankf. 1851 den Organismus als einen
Mechanismus zufällig zuſammengewürfelter Atome
dargeftellt, was den lebhaften Streit zwiſchen ihm
und Rudolf Wagner hervorrief, (Wagner, Menden:
Ihöpfung und Seelenfubftanz, 1854, Vogt, Köhler:
glaube und Wiſſenſchaft. Eine Streitfchrift negen
ud. Wagner, Gießen 1855, anwelchem aud) ;Frob-
ihammer (Menſchenſeele und Phyſiologie, 1855)
theilnahm. Bon großer Wirkung aufdiegroße Maſſe
ift das (rer Compendium des Materialis:
mus geweſen, welches 2. Büchner Frankf. 1855 un:
ter dem Titel „Kraft und Stoff” herausgab und
welchem er „Natur und Geift” I. Theil 1857 folgen
ließ. (Gegen ihn Alb. von Gloß: Wie viel entdedte
bis jeht die Naturwiffenichaft? 1859). Von ern-
ftem fittlidem Geifte getragen ift das Syftem 9.
Czolbe's in jeinem Buche: „Neue Darftellung des
a a Bas
wichtiger materialiftifcher Schriften enthält Büch—
ner's „Aus Nalur und Wiffenfchaft,” 1552. Die
Eonftruction einer Weltordnung auf materialifti:
ſcher Bafis ftellte Wiener „Grundzüge der Welt:
ordnung, Leipz. 1863, auf. In neuefter Zeit folgten
die Schriften KarlRadenhaufens „Iſis“ und „Bi:
bel wider den Glauben” und die anonyme Schrift
„Das Evangelium der Wahrheit und Freiheit“
gegründet auf das Natur: und Sittengefet, 1866.
Bon den Jahlioſen Schriften gegen den Materia:
lismus find außer ben angeführten hervorzuhe—
ben: FFilcher, die Unmwahrheit des Senſualismus
und Materialiömus, 1853, Erdmann, die wad):
fende Madıt des Naturalismus und die Wider:
legung desjelben, 1854. Hinrichs, das Leben in
der Natur, 1854. Julius Schaller, Leib und Seele,
Weimar 1855. Tittmann, Ueber Leben und Stoff,
Dresden 1856. Karl Snell, Die Streitfrage des
Materialiömus, 1358. Böhmer, Naturforſchung
und Eulturleben, 1859. F. Fabri, Briefe gegen
den Materialiämus, 1856. Fichte, Anthropologie,
1856. Zur Literatur vgl. die Ueberſichten der Ev.
Kztg, Juli und Auguft 1856. Roſenkranz in Hil:
genfeid's Zeitfchr. für wiſſenſch. Theologie, 1864
und Lange, Geſchichte des Materialidmus, Jfer:
lohn 1866.
Maternus, der Heilige. Der erſt⸗erwähnte Biſchof
von Köln, lebte im 4. Jahrh. unter Conftantin und
wohnte dem Goncil zu Arles 314 bei, deſſen Acten
er unterfchrieb. Die Legende verjegt ihn aber ins
1, Jahr. und macht ihn zum Schüler des Petrus,
der ihn mit Eucharius und Balerius zur Heiden:
befehrung an den Rhein gejendet habe. Bei Elegia
im Elſaß ſoll M. geftorben, aber nad) 40 Tagen
durch den auf fein Grab gelegten Stab des Petrus
wieder erwedt fein, worauf er die Gemeinden zu
Tongern und Cöln gegründet hätte.
Maternnd, Julius Firmicus. Der Verfafler
einer apologetifchen Schrift de errore profanarum
religionum ad Constantium et Constantem Au-
gustos, melde 343—350 geichrieben fein muß.
(ed. Vindabon. 1867, auch abgedrudt bei Gal-
landi, Bibl. Pat. V). Diefelbe leitet den Urfprung
des Heidenthums aus einer Verzerrung und Um—
deutung der biblifchen Geſchichte, die Göttervereh—
rung aus der Apotheofe fterblicher und fündhafter
Menichen her. Bemerkenswerth ift, dab er eine
gewaltfame Ausrottung des Heidenthums empfiehlt
und darin fhon ein chriftliches Verdienſt ſucht.
629
Mathilde
Eine aftrologifche Schrift Matheseos oder Astro-
nomicorum libri VIIL ift wahrfcheinlich von einem
andern gleichnamigen Berfafler, da derjelbe Heide
gewesen fein muß und im Styl fih von dem Apo—
logeten unterſcheidet. Vgl. die Ausgabe von Mün:
ter 1826. Michael Herk, de Firm. Mat., Hafn.
1817,
Mathefius, Johannes. Geb. zu Rochlitz in
Sadjen 1504, ftudirte zuerft in Ingolſtadt Theol.
und fam 1528 nad) Wittenberg, angezogen durch
Luther's Schriften. Er wurde deffen langjähriger
Tiſchgenoſſe und 1542 Rector, 1545 Paftor in
Joachimsthal. Unter feinen ——— Pre⸗
digten finden ſich 17 vom Anfang, Leben, Lehre,
Belenntniß und fel. Ende M. Luther's, herausg.
vom Evang. Bücherverein. Berl. 1862, Er ift Ber:
faffer der Lieder: Aus meines Herzens Grunde;
Herr, Bott, der Du mein Bater bift, u. |. w. In
jpäterer Zeit feines Lebens Majorift, nahm er an
der gewöhnlichen Art der Predigt von der Recht:
fertigung Anstoß, und gerieth am Ende jelbit in
ſchwere Anfechtungen feines Glaubens an das genü-
gende Verdienſt Chrifti + 1564. Sein Leben ſchrieb
fein Nachlomme Balth. M. 1705. Auswahl feiner
Lieder in „Geiftl. Sänger der chriſtl. Kirche deut:
icher Nation.” 4. Heft. Halle 1855. Das Biogra:
phiſche aus feinen Lutherpredigten wurde vielfach
ausgeihieden: Luther's Leben nad) Joh. Mathe:
fius 3. Aufl. 1833. Hiftorien von Dr. M. Luthers
Leben in zeitgemäßer Bearbeitung. Nördl. 1857.
Val. Döllinger, die Reformation 11, 127.
Mathew, Theobald, Dominifaner, der iriſche
Mäßigfeitöapoftel, geb. 10. Oct. 17 zu Tho:
mastown in Irland. Nach dem frühen Tod der EI:
tern auf der Afademie zu Kiltenny erzogen, trat
er 1810 in das Seminar zu Maynooth, ward 1814
BVriefter und Paſtor im füblihen Irland. Da er
als die Haupturfache des iriſchen Elends die Trunf:
ſucht erfannt hatte, trat er 1833 zuerft zu Cork als
Mäßigkeitöprediger auf, durdzog dann Irland,
England und Amerika, überall Taufende bewegen,
das Mäpigkeitögelübde in feine Hand abzulegen.
1851 franf aus Amerika zurüdaelehrt, 7 1856
zu Queenstown. Hatte feine Wirkſamkeit, da zahl:
reiche Gelübde fich als die Frucht vorübergehender
Furdt und kurzen Enthufiagmus’ erwiefen, aud)
nicht die gehofften Erfolge, jo war fie doch in jeder
Beziehung ſegensreich.
Mathilde, die Dei ‚Gemahlin des deutſchen
Königs Heinrichl.,mar die Tochter des Grafen Theo:
drich zu Engerbei Herford, eines Ablömmlings von
MWittefind, wurde im Klofterderford erzogen und 909
mit Heinrich vermählt. Den ſegensreichen Einfluß
ihrer Frömmigkeit und Milde aufihn rühmten feine
dankbaren Abſchiedsworte auf dem Sterbebette.
Auf den ihr angewiefenen Wittwenfiten lebte fie
den Werlen der Frömmigkeit, namentlid) ſorgend
für viele von ihr geftifteten Klöſter, von welchen
Quedlinburg ihr das lichfte war. Die Menge ihrer
Almofen veranlaßte Dtto zu einer Beſchränkung,
fo daf fie verlett auf ihr Stammaut zurüdfehrte,
bis Dtto’3 Gemahlin denjelben zur lindlichen Aus:
föhnung mit der Mutter bewog. Bielen Kummer
bereitete ihr der langjährige ‚ri zwifchen ihrem
Lieblingsfohn Heinrich, dem fpäteren Herzog von
Baiern und Otto, bi es ihr gelang, des Letzteren
Verzeihung für den Bruder zu erlangen und beide
zu verföhnen. Nach Heinrich's Tode 955 legte fie die
Trauerkleider nichtmehr ab. Auch ihr Sohn Bruno,
Mathilde
630
Matutin
ber hochbegabte Erzbifchof von Köln, ftarb vor ihr ftimmung ber erzählten Begebenheit, als daß ver>
und ihr Enkel Wilhelm, Erzbifhof von Mainz.
Sie ſelbſt + zu Quedlinburg, 14. März 968. Ihre
Lebensbeſchreibung voneinem Geiftlichen 40 Jahre
nach ihrem Tode verfaßt, und in doppelter Geftalt
ab Köpfe bei Berk. Mon. XII, 575 und IV, 282.
eraus.
Mathilde, Gräfin von Tuscien, die Freundin
Gregor's VIL, geb. 1047, war die Tochter des
Markgrafen Bonifacius von Tuscien und der Bea:
trig, 7 1075, die in zweiter Ehe an Gottfried von
Zothringen verheirathet war. Mit allen Tugenden
ber und der aeg geziert, war fie aus re-
ligiöjen Motiven der politifhen Richtung ihrer
utter gefolgt und vollftändig dem Bapfte und
der lirchlichen Reformpartei ergeben. Sie war bie
feftefte Stüge Gregor’3 VII.; auf ihrer Burg
Canofja that Heinrih IV. Buße. Um ihre Güter
der Kirche überlafjen zu können, lebte fie in fd:
fterliher Entfagung mit Gottfried dem Budligen
von Lothringen und danad) mit Welf von Baiern
nur ineiner Scheinehe. Die Schenlung vom Jahre
1076 erneuerte fie 1102 zu Canoſſa. Aus derjelben
erwuchſen bei ihrem Tode (1115) ernfte Berwid-
lungen, da der Bapft auch die Reichälehen bean:
Ipruchte, wodurch er faft zum Heren vonganz Sta:
lien geworden wäre. Nach langem Streit fielen bie
engen theils an den Kaifer, theild an den
Papit. Bon da beginnt die allmähliche Entwid:
fung der freien, ftädtifchen Gemeinmwefen in Jtalien.
Il. Barmann, Bolitit der Päpſte II. 311 ıc. W.
Giefebrecht, deutſche Kaiferzeit II, III.
Mattatbias, der Stammvater der Maccabäer,nad)
Joſeph ein Enkel bes Hadmonäus, ein Priefterzu
Modin, war vor dem Gökendienft, den Antiochus
IV. Epiphanes einführte, aus Jerufalem geflohen
und erichlug in feiner Heimath im Eifer um das
Geſetz einen Juden, der opferte und einen königlichen
Beamten, berihn und bieverfammelten Einwohner
zum Gößendienft bewegen follte. Er floh ind Ge:
birge und jammelte die um des Geſetzes willen
Flüchtigen, mit denen er gegen die Syrer und gegen
die abgefallenen Juden einen Guerilla⸗Krieg führte.
Ein Ueberfall am Sabbath, bei dem eine Schaar
fich in frommer Ergebung ohne Widerftand hatte
niederhauen laffen, veranlafte den Beſchluß der
Zuläffigfeit der Nothwehr aud am Sabbath. M.
ſtarb 166, noch vor dem Ausbruch des förmlichen
Krieges, den Antiohus gegen die Juden begann ;
zu feinem Nachfolger ald Anführer ward fein drit⸗
ter an Audas (Makkabäus) ermählt.
Matthäi, Chriftian Friedrich von. Geb. 4. März
1744 zu Gröstha in Thüringen, 1776 Profefiorin
Moskau, 1788 Rector der Fürftenfchule in Meißen,
1789 Profeſſor der griechiſchen Sprache zu Witten:
berg, 1805 Profeſſor der klaſſiſchen Literatur in
Moskau. F 26. Sept. 1811. Herausgeber einer
fritifchen Bearbeitung des neutejtamentlichen Ter-
tes 1788 und 1803—4 ; außerdem einer Anzahl Re:
den berühmter Kirchenväter.
Matthäus, (hebräifcher Name, d. h. Treumann, | A
wie der Bater des Propheten Jona hief. Matth.
10, 3; Marc. 3,19; Luc. 6, 15; Apg. 1, 13),
Apoftel und der älteften und allgemeinen Trabi:
tion gemäß Berfafjer des erjten Evangeliums,
früher Bollbeamter in der Nähe des galilätjchen
Meeres (Mtth. 9, 9 ff.) Dafür, daß Matth. eine
Perſon mit Levi (Marc. 2, 14; Zuc. 5,27), Sohn
des Alphäus geweſen iſt, fpricht zu fehr bie Ueberein⸗
einzelte widerſprechende Anſichten auf Erfolg
rechnen könnten. Wahricheinlich hat er mit bem
Vebertritt zu Jejus den neuen Namen angenom-
nen. Ueber das jpätere Leben bes Apoftels hat das
N. T. feine Nahrichten, die Sage berichtet vieles
Miderfprehende; noch am übereinftimmenbiten
ift fie in der Angabe, da M. ald Apoftel Aethio-
piens ebenda ald Märtyrer geitorben fei. Ueber
dad M. Evangelium f. Synoptiter.
Matthäus Paris, ein engliſcher Benedittiner,
Chronift von England, führt den Beinamen nicht
von feiner Geburt, da er in England geboren iſt
Gr trat 1217 in die Eluniacenfer Congregation zu
S. Alban + 1259. Einer der aelebrteften Männer
feiner Zeit ftand er in hohem Anfehen bei Heinrich
III. und Innocenz IV., der ihn zur Reformiruna
des Klofterd Holm nad Norwegen ſchickte 1248.
Seine historia angl. maior, eine bis auf 1259
reichende Chronik, bis 1235 das Werk eines äl—
teren Mönches Roger v. Wendover und von Wil.
Rifhanger bis 1273 fortgeführt, ift eine Hauptquelle
der engliihen Gefchichte. Sie ift nach den eigen:
dändigen Manuferipten herausgegeben von Sir
‚Frederic Madden, Lond. 1967 und kritifd) geſich⸗
tet (von den, andern Berfaflern, wie Roger von
Wendover zugehörenden Beftanbtheilen), val.
Sybel's hift. Zeitfchr. 1867 ©. 213. Das päpftliche
Unweſen bedt er freimüthig auf, über deutſche
Verhältnifie verbreitet er Licht. P. fertigte felbit
einen un daraus, die historia minor. Außer ⸗
dem jchrieb er das Leben der Aebte von S. Alban.
Die befte Ausgabe feiner Werke ift die von Wats,
London 1640. Val. Dudin, scriptores cccl. 3. 204.
Matthias (hebräiſcher Name, d. h. Gefchent
Gottes). Einer der 70 Jünger, weldher von ben
Apofteln durchs Loos an die Stelle ded Judas er:
wählt wurde, Apg. 1,26, Bon feiner Berjönlichkeit
und feinem Xeben ift Nichts befannt. Er fol nad
Angabe einer apofryphen Apojtelgeihhichte in Ae:
thiopien das Evangelium verfündigt, ein Bisthum
begründet haben und als Märtyrer gefreuziat
worden fein. Nad) einer andern wurde er in Feru⸗
ſalem ald Gottesläfterer geſteinigt und enthauptet
Unter feinem Namen wird ein apocryphiſches Evan:
gelium bei Eufebius und Drigenes erwähnt. Ge:
dächtnißtag 24. Febr., bei den Griechen 9. Aug.
Matthiefen, Matthiögoon, ein Bäder aus Har-
lem, wurde durch einen Sendling des M. Hofmann,
%. Trypmaker, den anabaptiftiichen Ideen gewon—
nen und Haupt der fanatifchen Rartei der Melchio—
riten. Sid; ſelbſt als Henoch ein prophetiſches
Amt zuſchreibend, folgte er ſeinem Boten Johann
Bockhold nach Münſter, wo er das Haupt der
ſchwärmeriſchen Gewaltherrſchaft war, welche die
Andersgläubigen vertrieb und namentlich der
Kunſt und Wiſſenſchaft durch Verbrennung aller
Bücher, Manuſeripte ꝛc. außer der Bibel großen
Schaden zufügte. Er kam 1534 um bei einem
in ————— Fanatismus unternommenen
usfall.
Matutin, Mette, iſt die erſte der in dem Brevier
— täglichen Andachten. Sie beginnt mit
V. U. Ave und Glaubensbekenntniß. Dann folgt
das Invitatorium, Palm 94, darauf ein Smmnus,
mehrere Pſalmen und Lefungen und der Ambro:
ſianiſche Lobgeſang, womit die Rocturn ſchließt; es
reihen ſich dann die Laudes an, die in ihrer Zu—
ſammenſetzung der Veſper ähnlich, aber vorberr:
631
ſchend Lobgebete find. Die Matutin darf bon] der Majeftät Chriſti, Friedrich's eigenhändige Ber
am Nachmittag des vorhergehenden Tages antici: kanntnuß. Val. Subhoff, Dlevianus und Urfinus,
pirt werben, in: Leben und auögewählte Schriften der Bäter und
Maulbeerfeigenbaum,. Die Sycomore (Luth. | Begründer der reform. Kirche. VIII. Elberfeld
1.Rön. 10,27, wilder Feigenbaum, Luk. 19,4 Maul: | 1867 p.260 ff. Klunzinger, das Religionsgefpräd
beerbaum), als deren Vaterland Aegypten gilt, ift | zuM., attenmäßig dargeftellt, in Zeitſchr. für bift.
noch jegt in Syrien und Paläjtina häufig. Der Theol. 1849.
Inotige Stamm mird 40—50° hoch, feine Aeſte Der zweite — gg er zu M. beftand
breiten ſich weit aus. Die Früchte, die den Feigen aus Würtembergifhen und Badiſchen Theologen
an Geruch und Gefhmad ähneln, werden nur von, und fand Januar 1576 ftatt. Die dort genehmigte
wer Zeuten gegefien, aber das Holz, welches Maulbronner Formel ift eine der Vorarbeiten zur
ehr leicht und faft unverweslich ift, dient als treff: , Concordienformel, da aus ihr viele Stellen in das
liches Bauholz und wurde in Aegnpten zu den | Torgifche Bud aufgenommen find. Zu Grunde
Mumtentaften verwendet. Nach 1. Kön. 10, 27 | lag ihr Andreä’s ſchwäbiſche Concordie 1574 und
war der Baum —* und wildwachſend in der die Erörterungen zu derſelben von Chemnitius
Riederung, d. h. von Joppe bis nach Aegypten. |und Chyträus, redigirt wat fie von Oſiander
Naulbronn. Ein ehemaliges Ciſterzienſer-Klo⸗ und Bidembach. Im Septemb. deſſelben Jahres
fter im Bisthum Speier, 1148 gegründet, wurde | wurde zu M. das Torgifhe Buch von den Wür—
1504 von Ulrich von Würtemberg der Pfalz, wel: | tembergern angenommen. Bal. Heppe, Gef. der
her die Bogtei jeit dem 14. Jahrhundert zugefallen | Iuth. Concordienformel 1858.
war, entriffen. Bei der Einführung der Refor- | Manlthiere, Obwohl das Geſetz den Jfraeliten
mation wurden hierher alle Mönche gebracht, die, die Zucht der Maulthiere verbot, 3. Mof. 19, 19,
dem Klofterleben nicht entjagen wollten. 1557 je: | fo wurden fie dennoch ſeit David’ Zeiten von der
Maulbeerfeigenbaum Mauren
doch ward es gleichfalls reformirt und eine Kloſter⸗
ſchule daſelbſt gegründet. Gegenwärtig beſteht dort
ein niederes theologiſches Seminar. M. iſt in der
ng 2 rg durd) zwei Theologen: Berfamm:
lungen befannt. Nach der Einführung des Heidel:
er Katechismus 1568 in der Pfalz dur Kur:
fürft Friedrich III. bemühten fid) aus politifchen
und religiöfen Gründen, Bhilipp von Heffen,
Herzog Chriſtoph von Würtemberg, Pfalzgraf
Wolfgang von Zmeibrüden und Markgraf Karl
von Baden eine Einigung mit der Pfalz wieder her:
zuftellen und luden den Kurfürſten wiederholt
1563 ein, ein theologifches Geſpräch mit zu ver:
anftalten. Dies lehnte Friedrich ab und die einzige
Folge jener Verfuche war die Schrift des Urfinus,
Bericht vom Hl. Abendmahl 1564. Als aber 1564 der
töniglihen Dienerfhaft und im Felde viel bes
nust 1. Kön. 1,38. 1. Chr. 13, 40. Jeſ. 66, 20.
auch als Tribut eingefordert. 1. Kön. 10, 25.
Mauren. Der norbweitlichfte Theil Africa's
bie Mauretania, feine Einwohner Mauri. Der
Name ift den Einwohnern des Landes geblieben,
bie jet ein Mifchlingsvolt aus den Ureinwohnern
und den verſchiedenen eingewanderten und erobern:
den Böllern, namentlich rabern, find. Bon ihnen
ift ber Name übergegangen auf die Araber, welche
unter dem Statthalter Mufa von Mauretanien und
feinem Feldheren Tarit, gerufen von den Söhnen
des Witiza und dem Grafen Julian, in der Schlacht
bei Zerez de la Frontera 711 dem Weſtgothiſchen
Reiche ein Ende madıten, Spanien eroberten und
dort ein muhammedanifches Reid gründeten. An-
Aurfürft mit Chriftoph von Würtemberg zu Hill: | fänglich nureine Statthalteridaft des Chalifatö von
ſpach bei Sinsheim zuſammenkam, nahm er feibft ! Bagdad, konnte die maurifche Herrfchaft zu feiner
den Gedanten auf, und eö wurde ein Theologen: | Bluͤthk gelangen durch die fortdauernde Zwietracht
convent auf den 10—15. April 1564 zu M. be: | der Emire und der Stämme, bie fo weit ging, daß
ſchloſſen. Da die gleichfalls on Fürften | die Eroberung in verfchiedene Bezirke, unter die
Volfgang und Bhilipp die Betheiligung ablehnten,
jo wurde das Geſpräch nur zwifchen den
Kläer
Zheologen: Dlevianus, Nrfinus, Dathenius, Bo: | D
quinus, denen der Kanzler Eheim, der Leibarzt
und Kirchenrath Eraſtus und der Profefior %y:
lander zur Seite ftanden und den Würtembergern
geführt, von denen aber faft nur Andreä, Vrobft
und Kanzler ber Univerfität Tübingen, das Wort
nahm; auch Brenz, Probſt von Stuttgart, Be
Die Würtemberger fetten es durch, daß nicht von
den@infegungsworten des Abendmahls ausgegan⸗
genmwurde, fonbern von der Ubiquitätälehre, und jo
am es in 8Sitzungen nun hierliber zu einem Sin:
und Herreden, in welchem Andreã in mancherlei Wen:
dungen und Windungen dieSäge feiner Lehre ver:
iheidigte, DerErfolg war nur eine größere Verbit:
terung der Parteien, da die Pfälzer fiber die Art,
wie Andreä disputirt hatte, erbittert waren und
noch mehr gereizt wurben durch den Bericht Über bie
Verfammlung, welchen Brenz im Widerſpruch
gegen getroffene Mebereinkunft zu Frankfurt er:
ſcheinen ließ. Nur die Fürften waren 3 perſön⸗
li näher gekommen und übergaben ſich gegen:
ſeitig ſchriftliche Declarationen ihrer Ueberzeugung:
Eiger-händige Confeſſio Herzog Chriſtoph's von
Syrer und Araber, Baläftinenfer, Africaner und
Negypter getheilt werden mußte, bis der legte
mmajabe, Abderrahman, aus Bagdad vertrieben,
ſich nad) Spanien wendete, 755 durch die Schlad:
ten von Mufara und Elvira das Reich gewann,
und einfelbitftändiaes Chalifat mit ber Hauptftabt
Cordova aufrichtete 756. Dieſes Reich wurde unter
feinen Nachfolgern eine Pflegeftätte arabiſcher Bil:
dung, bie von dort aus auf ganz Europa einwirfte.
Beſonders gilt die "egierung Abderrhaman's III.
(912-961) al3 das goldene Zeitalter, in dem
nicht nur Gewerbfleiß und Betriebfamteit, fondern
auch Kunit und Wiffenjchaft, und damit feine Sitte
und Lebensgewohnheiten auf einer Höhe ftanden,
mit der fein chriftliches Vol fich vergleichen lonnte.
Die Behandlung der Chriften war anfangs eine
fehr milde: fie —— Duldung ihres Glaubens,
ihre eigene Verfaſſung und eigene Gerichtsbarkeit
und hatten nur eine Steuer zu zahlen, jo daß
jelbft Eoncilien gehalten werben fonnten und
Kirchen und Klöfter unangefochten beftanden. Rur
wo ein riftlicher Fanatismus fich des Angriffs
auf den Islam nicht enthalten konnte, oder bei
abtrünnigen Renegaten trat die Strenge des Ge:
ſetzes ein. Erit die Kämpfe mit dem chriftfichen
Mauren
Staaten weckte auch den Glaubenäeifer der Mu:
hammedaner und rief die erbitterte Stimmung in
den folgenden Jahrhunderten hervor. Doch be:
wirkte die Abgeichloffenheit der Mozaraber (mixti
Arabes, die unter den Mauren zerftreuten Chri:
ften), daß fie in Bezug auf die römiſche Kirche
eine mehr getrennte und freiere Stellung einnab:
men. Die Be aber, weldhe in Spanien unter
größerm Drud gelebt hatten, traten in weit freiere
Verhältniffe, und auch ihre Wiſſenſchaft erlangte
hier eine neue Blüthezeit. Die häufigen, felbft un:
ter der Fraftvollen Herrichaft der Dmmajaden fort:
dauernden Aufftände und Bürgerfriege, welche
durch den Ehrgeiz Einzelner hervorgerufen, durch
die [oje Berfaftung des Neiches beglinftigt wurden,
gaben, indem fie allmählid den Zerfall desfelben
bewirtten, jo aud den Chriften die Möglichkeit
neue Staaten zu bilden, ſich auszudehnen und
endlich ganz Spanien wieder zu unterwerfen. Zu:
erſt gründete in Aiturien Pelagius ein unabhängi:
ges Königreich 718, welches fein Nachfolger Al:
phons, der Katholifche (+ 765), auäbreitete, und
welches buch Alphons II. (+ 842), Orbonno
und Alphons III. (866 — 910) weiter befeftigt
wurde. Dieäfeit des Ebro war die ſpaniſche
Mark durd Karl den Gr. 778 dauernd den Mau:
632
Mauren
„Herricher der Gläubigen” Abdel Mumen geftürzt;
fie eroberten Cordova und Südfpanien, ſelbſt Gra-
nada, und führten den Krieg gegen die Chriften
mit neuem Glaubenseifer. Jacub Almanfor ge:
warn 1195 nach dem blutigen Sieg bei Alarcos,
welcher über 80009 Ehriften das Leben Foftete, jo-
gar einen Theil Caſtiliens zurüd; erjt unter ſei—
nem Nachfolger gelang ed dem vereinigten Chri:
jtenheere durch den Sieg bei Lad Naves de Toloja
(16. Juli 1252) die Mohadenherrichaft zu erjchüt-
tern, die denn durch die Empörung des Aben
Hud in Spanien völlig neftürzt wurde. Damit
war aber auch das Ende der mauriihen Herr:
ſchaft eingeleitet. Aben Hud wurde bei Merida‘1230
und Xeres de la Guadian 1233 geſchlagen. Cor:
dova felbit nina verloren (1236), Granada mußte
feit 1246 die DOberhoheit Caftiliend anertennen.
Nach feinem Tode gründeten die Statthalter umd
Emire fich unabhängige Herrſchaften, mußten aber
meift in Lehnsabhängigteit von Caftilien treten.
Völlig gebrochen wurde endlich die Saracenenherr:
ichaft 1340 durch die Schlacht bei Salade und den
Berluft von Algefiros. Viele taufend Moslems
wanderten aus, entweder nad) Africa oder nad) Dem
legten muhammedaniſchen Königreih Granada.
Bon Aragonien aus waren die Balearen, Balencia,
ren entriffen worden. Schon vor ihm war die | cin Theil von Murcia erobert. Ferdinand der Ka:
chriſtliche Herrſchaft bi8 an ben oberen Duero
ausgebreitet und dafelbjt die Provinz Bardulia
gegründet worden, das fpätere Caftilien (fo ge:
nannt wegen ber vielen in ihr angelegten Caftelle).
Alphons’ Sohn Garfiad verlegte die Reſidenz
von Dviedo nad) Leon, daher jeitdem das König:
reich Leon. Um diefelbe Zeit entjtand ein unabhän-
aiges Königreich Navarra, der erfte König war
Sancho J. (Anf. des 10. Jahrh.) Auch die Markgra⸗
fen von Barcellona machten ſich gegen Ende des 9.
Jahrh. unabhängig und wurden ſo die Gründer
der Grafſchaft Catalonien, welche ſpäter (um 1140) |
mit dem aus Navarra hervorgegangenen Arago: | ftändige
nien vereinigt wurde, Um 1030 gelang es dem
König Sancho Major (oder dem Großen) von Na:
varra, fich alle fpanifchchriftlichen Länder zu un:
terwerfen. Bor feinem Tode 1035 übergab er
Gaitilien feinem Sohn Ferdinand. (1035-1061),
Aragonien dem jüngeren, Ramiro I. Bon diefen
beiden Staaten ging ſeitdem der Vernichtungskrieg
aegen die Mauren aus, Toledo wurde ihnen ent:
riffen 1085 und Saragofja war bedroht. Nur die
Herrihaftder Almoraviden, welche die Emire aus
Africa herbeigerufen, jehten dem Borfchreiten
der Chriften eine Zeitlang ein Ziel (Cid Campea—
dor). Juſſuf, der Fürſt der Almoraviden, ſchlug
bie verbündeten Fürften von Aragonien, Caftilien
und Barcelona in der großen Doppeljchlacht bei
Salaka unweit Bajaboz, 1086, unterwarf dann
bie felbftftändig gewordenen Emire von Granada
und Sevilla und gewann ganı Sübfpanien. Das
neue Reich wurde durch den Sieg feines Sohnes
bei Ucles 1108 über das caftilifche Heer befeftigt.
Durd) die Eroberung von Saragoffa 1118 gewan:
nen aber die Chriften wieder die Oberhand, umfo:
mehr, als die Stiftung geiftlicher Ritterorden und
Kreuzfahrer aus Frankreich und Deutichland die
Zahl der Streiter immer mehrte, die Herrichaft
der Almoraviben aber ohne gen war. Troß
des Beiftandes, den ihnen ſogar die hriftlichen
Fürften leisteten, wurden die Almoraviden durch
die africanifshe Secte der Mohaden unter dem
tholifche und Jjabella von Aragonien und Cajfti-
lien benugten gern eine Erhebung ded Königs
Muley Abul Hakem von Granada, den letten
Reft Spaniens mit ihrem Reiche zu verbinden.
1457 wurde Malaga erobert, Granada 1491
belagert und am 2. Januar 1492 den Spa:
niern übergeben. Der kirchliche Fanatismus,
welcher in dem chriftlichen Theile Spaniens groß⸗
gezogen war, wußte bald das politiihe inter:
eſſe der Fürften, die in den Mufelmännern unzu—
verläffige Unterthanen beargwohnten, in jeine
Nepe zu ziehen; nur kurze Zeit dauerte eine ver:
uldung der Mauren und ihrer Religion.
XRimenes begann mit den Verfolgungen der In—
quifition gegen die Elches (Renegaten, meiſt ge:
taufte und wiederabgefallene Moslems). Als das
Bekehrungswerl zahlreiher Mönche, obwohl unter»
ftügt dur mancherlei äußere Mittel, nicht den
gehofften rafchen Erfolg hatte, wurde mit Gewalt:
thätigleiten die Gegenwirkung ber muhammedani:
ſchen Lehrer gehemmt, und um bie Duelle des Jrr-
thums zu verftopfen, ber Koran und die muhamme:
daniſchen Religionäblicher verbrannt. Es brach ein
Aufitand aus, der unterdrüdt den Schuldigen nur
bie Wahl zwiſchen Taufe und der Strafe des Hoch—
verraths lieh. Argwöhniſch Üüberwachte fortan das
InquifitionstribunalvonGordova die Moristos(ne:
taufteMauren),denn Viele hatten eben wie die Juden
das Chriftenthum nur äußerlich und zum Schein
angenommen, aber ihre Religion bewahrt und üb-
ten fie heimlich. Die Furcht vor einer Verbindung
zwifchen ihnen und den Mauren in Afrika riefimmer
mehr Beichräntungen hervor, Philipp II. verbot
ihnen das Tragen der Waffen, die arabiihe Spra:
he, die nationale Tracht, ſelbſt die arabiichen Ra:
men 1556. Der Aufitand 1568—71, in welchem
die Mauren fogar einen König an die Spite ſtell
ten, war die nächite Folge diefer Mafregel. Die Be:
fiegten wurden aus Granada zum größten Theil in
daß innere Spaniens verpflanzt und bort auf das
ftrengfte überwacht. Der fortvauernde harte poli:
tiſche und religiöje Drud erzeugte eine neue Ber:
Mauriner
fhwörung, der eingeleitete Verbindungen mit
—— Ausſicht auf Erfolg gaben 1605. Das Un⸗
ternehmen ſcheiterte durch Verrath, und die Folge
war, daß 1609 Philipp ILL. fämmtlicye Moristos aus
Spanien verbannte. Die Maßregel wurde mit der
größten Härte durchgeführt und bis auf einen Hei:
nen Ueberreit in den Gebirgen mußten alle Mau—
ren, an eine Million, in Mauretanien jid) eine neue
Heimath ſuchen. Spanien verlor fo nit nur be:
triebjame und intelligente Einwohner, jondern
fiel nun auch widerftandslos dem finfterjten und
bigottejten Katholicismus anheim, Vgl. Aſchbach
Geſch. der Dmmajaden in Spanien 2. B. Franff.
1824, Derf., Geſch. der Almoraviden und er
den. 2. Bd, Frankf. 1832—37. Prescott Geld.
Ferdinand's und Iſabella's aus dem Engl. Leipz.
1862. Rochau, die Moristos inSpanien.Leipz.1858.
Mauriner, Congregatio 8. Mauri. In der Re:
form des Benedietinerordens in Frankreich bildete
ſich neben der durch Prior Didier oe la Cour geftif:
teten Gongregation von Bannes 1618 die Congre⸗
gation des heiligen Maurus dur) Benard, Mönd)
zu ©. Vannes und erhielt 1621 und 27 die firchliche
Vejtätigung. Die Congregation ijt berühmt gewor:
den durch viele treffliche Gelehrten, die zu Ihr ge:
hörten und ausgezeichnete Arbeiten, die aus ihr
hervorgingen. Die wiflenichaftliche Tendenz em:
pfing die Kongregation bereitö durch ihren eriten
General —8 Die Novizen hatten in zwei No:
vizenhäufern einen jährigen Curſus des Stu—
diums der Theologie und Philoſophie durchzu—
machen, ehe fie die Priejterweihe empfingen. Nach
Bollendung der Studien wurden fie in bie Kloſter—
academie verjegt, aus denen die Lehrer derfelben
wieder hervorgingen, oder mit gelehrten Arbeiten
beichäftigt. Anfangs war das Augenmerk der Eon:
gregation nur aufdie Gejchichte des Ordens, ihrer
Klöfter und Heiligen gerichtet, allmählich aber ver:
breitete ſich Die Thätigfeit aud) über Die andern Wij-
ſenszweige. Folge ihrer wiſſenſchaftlichen Richtung
war der Streit mit dem Stifter des Trappiſten⸗Or⸗
dens, Rancoͤ, welcher diefelbe für unvereinbar mit
der Mönchsasteſe hielt, und mitden Jejuiten, weil
die wiſſenſchaftliche Gründlichkeit einen * Sinn
im Orden erzeugte. Die Congregation umfaßte in
der Zeit ihrer Blüthe 180 Klöfter, welche von 8.
Germain-des-pres bei Paris aus geleitet wurden;
her berühmten derfelben gehören S. Denys, 8.
noit sur Loire, Marmoutier, Vendöme, 8.
Remi de Rheims, Fecamp u.a. In der Revo:
Iution mit allen andern Orden untergegangen,
iſt die Congregation 1833 im Klojter Solesmes in
der Diözefe Mans wieder hergeftellt und hat auch
ihre wiſſenſchaftliche Thätigleit wieder begonnen.
Berühmte Gelehrte der Congregation find u. A.
Mabillon, a gi Martene, Tillemont, Du:
cange, Tafjin. Bon den Arbeiten der Mauriner
find zu nennen zuerjt die gejhägten, noch heute
meijt liste ker Ausgaben älterer firchlicher
Schriftſteller und der wichtigſten Kirchenväter, jo:
wie die den älteren Bibelüberjegungen gemidmeten
Werte. Dur die Bearbeitung der Ordensge—
ſchichte, Acta Sanetorum ord. 5. B.,von d'Achery
und Nuinart begonnen, 1668. 9 Bde, Annales
Ord. 8. B. von Mabillon 1703 begonnen, 6 Bde.,
wurden weitere kirchengeſchichtliche, aud) geogra-
633
Maury
von Martöne, 1690, Mabillon, Analecta vetera,
4 Bde. 1675, d'Achery, Spicilegium veter. algt.
scriptorum, 13 Bde. 1653—77., Montfaucon, Bi-
bliotheca bibliothecarum manuseriptorum nova
1739, 2 Bde., Scriptares rerum gallicarum et
francicarum 15 Bde. 1738— 1818, La religion des
Gaulois 1727. Auf den Gebiete der Alterthums:
und Spradenfunde Hauptwerk: Montfaucon,
Antiquite expliqude en figures 1719; 10 Bände.
Noch heute unübertroffen: Glossarium mediae et
infimae latinitatis, von Ducange (nit Mauriner)
16783 begonnen, bedeutend vermehrt von Dantine,
und Garpentier. Zuf. 10 Bde., 17335 —1766, Die
Wiffenihaft der Chronologie und der Diplomatit
ift von den Maurinern begründet, Manche ihrer
unvollendet gebliebenen Werke find von der fran—
zöſiſchen Academie der Inſchriften fortgejegt.
Bal. Herbſt. (Tüb, Quart.:Schr. 1833. u. 34),
Die Berdienfte der Mauriner um die Wiffenichaf:
ten. Taſſin, Histoire litt. de l. congreg. de St.
Maur. ®ar. 1726. Deutſch Frankf. 1773. 2 Bode.
Mauritiuß, der Heilige. Wird als der Anfüh:
rer der thebäiſchen Legion verehrt, welche bei
Martinad) am Fuße des großen St. Bernhard,
unter Kaiſer Marimian den Martertod um 286 er:
litten haben joll. Auch in der griechifchen Heiligen:
Geſchichte fommt ein Mauritius vor, der mit 70
Soldaten zu Apamea in Syrien unter Diocletian
den MWartyrertod erlitten haben ſoll. Vgl. Legion,
thebäiſche.
Maurus, ein Schüler des Benedict von Nur:
fia, der Patron der Eongregation S. Maur, foll das
erſte franzöſiſche Kloſter zu Glanfeuil in der Bro:
vinz Anjou geitiftet haben und 534 geftorben fein.
aurus Rabanus ſ. Rabanus.
Maury, Jean Siffrein, Cardinal. Geb. zu Bau:
reas in der Grafſchaft Benaiffin 26. Juni 1746
der Sohn eined armen Schufters, ftudirte Theo:
logie in Avignon, ging 1765 nad) Paris und ver:
öffentlichte 1766 eine Xobrede auf Stanislaus v.
Bolen und eine Trauerrede auf den Dauphin. Sei:
nen Ruhm ald Redner begründeten feine Reden über
die Bortheile des Friedens und die Lobrede auf
Karl V., mitwelden erum den Preis der Academie
concurrirte, jeine Schrift Essai sur l’&loquence
de la chaire, jowie die Xobrede auf Fene:
lon. Seit 1785 Mitglied der Alademie lebte er
als —— Prediger und Abbe in Paris. 1789
in die Nationalverjammlung gewählt, trat er an
die Spite der monarchiſchen Partei als der be:
deutendjte Gegner Mirabeau's und glänzte durch
feine Behandlung der verfhiedenartigiten Gegen:
jtände. 1791 wanderte er nad) Deutſchland aus,
und ging dann nah Rom. Pius VI. jandte ihn
als päpitlihen Xegat zur Krönung Franz’ II.
1792 nad Frankfurt, ernannte ihn 1794 zum
Erzbifchof von Nicäai.p. und 1798 zum Gardinal
und Bischof von Montefiascone. M. fungirtedann
als Gejandter Yudwig XVII. in Rom, unterwarf
ſich aber trogdem 1804 in einem Briefe Napo—
leon und kehrte 1806 nah Baris zurüd; von
Kaifer 1810 zum Erzbifchof von Paris ernannt,
verwaltete er die Diözeje * des päpſtlichen
Verbots und der mangelnden Beſtätigung. Nach
Napoleon's Sturz ging er, ſich zu rechtfertigen,
nach Rom, wurde aber in der Engelsburg und in
phiſche und allgemein hiſtoriſche Werle und Sam: | einem Kloſter ein Jahr lang gefangen gehalten,
melwerte veranlaßt, jo: Acta prim. martyrum
von Ruinart, 1669, deant. monachorum ritibus
mußte auch jein Bisthum abgeben und + 1817.
Ein geiftreiher Schriftjteller und bedeutender
Marentius
Redner hatte ev jeine großen Zatente nur _in den
Dienft einer eiteln Ehrſucht geſteilt. 45 Maury:
Vie du Cardınal Maury. Paris 1327, Poujoulat,
Le cardinal M. Bar. 1855, d’Haussonville, Re-
vus des deux mondes 1868,
Maxentins, der Sohn Marimian's und Eidam
des Galerius, gewann 306 durch einen Aufitand
der Prätorianer und der Stadt Rom gegen Seve:
rus den faiferlihen Purpur und regierte mit Con:
ftantinus, Licinius und Mariminus das römische
Reich ald tyrannifcher Wollüftling. 312 verlor er
Reich und Leben gegen Conftantinus inder Schlacht
an der Milviſchen Brüde,
Marimian, Marcus Aurelius VBalerianus, gen.
Herculius, von Diocletian 286 zum Mitlaifer (Au:
guftus) angenommen, jtellte Gonitantius Chlorus
als Gäjar neben en Bei der Theilung des Reichs
292 erhielt er Afrifa und Italien und refidirte in
Mailand. Nah zwanzigiähriger Regierung, in
der er gegen die Germanen und den Gegenfaijer in
Mauritanien gekriegt hatte, legte er vertragsmäßig
feine Würde 305 nieder, en fie aber im folgen:
den Jahre wieder auf, als jein Sohn Marentius
in Nom fich zum Imperator gemacht hatte. Vor
diefem geflohen, erregte er gegen Eonftantinus
einen Aufftand, mußte fich aber bei Maſſilia er-
geben und dem Burpur entjagen. Wegen eines
Mordverſuches auf Conftantin wurde er 310 ge—
töbtet,
Morimilian, der Heilige. Eine Biographie aus
dem 13. Jahrhundert macht ihn zu einem Erzbijchofe
634
Mayer
feinen genügenden Rüdhalt. So entlief er 1562,
als es jich um feine Wahl zum römijhen Könia
handelte, Bhaujer und naym einen kathouͤſchen Hoj
prediger an und als ſich 1571 die Ausficht öffnete,
in Spanien die Erbfolge zu gewinnen, näherte er
fih den katholischen Ständen und —* ſich in
bleibendem Schwanken der Freigebung der Religion
und einer dahin zielenden Anerkennung in der
Wahlcapitulation ſeines Sohnes Rudolph. In
Deſterreich erließ er 1671 eine Agende für die
Proteſtanten nach der Arbeit des Chyträus und
geſtattete ſeit 1568 die proteſtantiſche Religions:
übung auf den Schlöſſern und Gütern der Edel:
leute. + 1576 während des Rei ee Bal.
Ranke in feiner hiitor.»polit. Zeitichrift, Jahrg
1832, wiedergedrudt: deutſche Gejchichte 1868 3
VII. Rod, Quellen zur Geſchichte M.'s IL, Wien
1857; 61. Maurenbrecher, in Sybel's hijt. Zeit:
ſchrift 1862 p. 351 ff. E. Reimann ebd. 1866 ©.
1—64. Die religiöfe Entwidlung M.'s U. in den
Jahren 1554 64.
Maximinus, Julius Verus Thrax, 235—33
Römiſcher Kaiſer. Durch ſeine trefflichen Eigenſchaf⸗
len hatte er die Gunſt des Alex. Severus gewonnen
und war im Heere ſo geſtiegen und beliebt, daß
er nach der Ermordung des Severus als Kaiſer
ausgerufen wurde. Im Gegenſatz gegen jeinen
Vorgänger und nad) der eigenen Fe und
| harten Öefinnung war er ein Feind des Chriften:
thums, welches unter ihm —— verfolgt
wurde. M. fand nad) dreijähriger Regierung im
von Lord, der in feiner Baterjtadt Gilly 284 den | italienif hen Aufitand bei der Belagerung von
Märtyrertod erlitten hätte, alö er den Befehl des | Aquileja dur eine Soldatenverfhwörung jeinen
räjecten zuwider dem Mars nicht opfern wollte. | Tod. — Cajus Galerius Valerius M., von niede:
Frühere Angaben nennen iyn bloß Belenner. Seine | ver Geburt, jeit 305 Cäfar im Orient, ebenfalls
frühe Verehrung in Steiermart und Baiern weijt | ein Chriftenfeind, Seit 307 Auguftus, 30g er 313
——— keit hin.
aximiliau II., Kaiſer von Deutſchland 1564
—1576; der Sohn Ferdinand's J., geb. 1527,
uWien, 1549—51 Statthalter von Spanien, 1552
Yubernator vonlingarn, 1562 böhmiſcher und römi⸗
cher, 1563 ungarischer König, 1564 Kaifer. Durd)
feinen lutheriſch gejinnten Erzieher, Wolfgang Stie-
fel, hatte er eine Hinneigung zum Brotejtantismus
angenommen, bie durd den Hofprediger feines
Baters, Joh. Sebaftian Phaufer, den er zu feinem
Geheimſchreiber annahm, beftärtt wurde. Mit den
Schriften Luther's, Melanchthon's und Brenz’ ver:
traut, ftand er auch mit dem Churfürjten von
Sadjen und der Pfalz, wie mit dem Landgrafen
von Hejjen auf freundſchaftlichem Fuß. Den Pro:
teftanten günjtig war jeine Vermittlung bei dem
Augsburger Keligionsfrieden. Wenn er dennoch
die Hoffnung der Proteſtanten, daß er zu ihnen
übertreten oder mindeſtens alle ihnen nadtheili:
gen Beihränfungen aufheben werde, täufchte und
ih darauf beſchränkte, dem Protejtantismus im
Erzherzogthum Defterreich einige Zugeftändnifjezu
maden, jo war dies weniger eine Folge der Er:
mahnungen jeines Vaters oder der Bemühungen
jeiner Gemahlin Marie, Tochter Karl's V. und
ihrer Schwefter Johanna von Portugal durch den
efuiten Roderich und den Biſchof Hoſius von
rmeland, jowie ben Cardinal Commendone,
als die Folge politifcher Rüdfichten, namentlich der
Sreunbfeatt mit Spanien und des Beitrebens,
die habäburgifche Hausmacht zu mehren. Die un:
überwindlihe Spaltung Elder den deutſchen
Proteftanten bot ihm für den Fall der Noth
| gegen Licinius, wurde jedod bei Adrianopel ge⸗
} lagen und töbtete jich jelbit.
Maximus, Bischof von Turin um die Mitte des
5. Jahrhunderts, nahm Theil an der römiſchen
Synode 465. Seine Schriften, bejonders jeine
Homilien jind wichtig durch viele Angaben über
die noch vorhandenen Neite des Heidenthums
Sie erjhienen Rom 1794. Ferner Migne, Patrol
lat, vol. 57. Vgl. Schönemann, bibl. hist. lit. U.
Zeipz. 1794.
Marimus Philofophus, 1) Ein eklektiſch⸗plato
nifcher Philoſoph, gehörtzu den Lehrern und Freun⸗
| ben Julian's, die Diejen vom Chriſtenthum abwen:
|
beten. 2) Ein Heide zuMadaura in Afrika, befannt
duch feinen Brief an Auguftinus über die Be:
rechtigung des philofophiich:heidniihen Mono:
theismus und die Vermerflichteit des Chriiten-
thums und Auguſtin's Antwort. Vgl. August.
opp. edit. Venet. tert. II. 3) Der (chriftliche)
Verfaffer eines Fragments über die Hyle und den
Urſprung des Sofen. Bol. Möller, Kosmologie,
ı Halle 1860 Anhang. Gieſeler in Studien u. Kri—
| titen 1830. 2. ©. 330. 4) Ein Gegner des Gregor
von Nazianz während jeines Patriarchats in Eon»
ftantinopel. Vgl. Ullmann, Gregor von Naz. Darm:
jtabt 1825,
\ Mayer, Johann Friedrich, Lutheriſcher Streit-
theolog. Geb. 1650 zu Leipzig, Sohn des Paſtors
an der Thomaslkirche, jtudirte er in der Vaterſtadt,
und ald Magijter 1668 in Straßburg, ward 1673
| Superintendent in Leißnig, 1679 in Grimma,
| 1684 Prof. der Theologie in Wittenberg. 1636
folgte er einem Auf ald Paitor an die Jacobi
Maynovth-Eollege 635 Mecithar
gemeindein Hamburg, ward daneben 1657 a. o. genden Jahren und ihrem ig auf die königl.
Brofeflor um dortigen fu oa und hielt feit | Gollegien und Nationalſchulen. Die Bil ift, wie
1688, von Ehrijtian V. von Dänemark berufen, | die Gegner richtig jahen, der erfte Angriff auf das
zugleich Vorlejungen an der Univerfität zu Kiel. | Prinzip der Staatskirche in Jrland geweſen, de—
Anfänglic ein Bewunderer Spener’s war er bei ren Aufhebung in Folge der vom Minijterium
den Zwiejpalt zwiſchen dieſem und der Orthodorie | Gladſtone eingebrachten und zum Gejeg erhobenen
auf Seite der legtern getreten; perjönliche Berüh: iriſchen Kirchenbill (Juli 1869) bereits Thatjache
rungen mit Spener als Oberhofprediger und Präs | geworben ift.
ſidenten des Dberconfijtoriums bei jeiner ärger:
lihen Ehefheidungsangelegenheit hatten ihn dem:
ſelben noch mehr entfremdet, Sotraterin Hamburg
ald Gegner von Horb, Spener's Schwiegerjohn,
intelmann und Winkler, deſſen gleichgefinnten
Collegen, auf, und rief die ſogen. Horbiſchen
Händel hervor durch das Verlangen, daß die
Preoiger in einem Revers ſich eidlich verpflich—
teten, von den ſymboliſchen Büchern nicht abzu—
weichen. Durch eminente Rednergabe wußte er
Magiſtrat und Volk auf ſeine Seite zu ziehen.
1701 berief ihn Karl XIL nad Greifswald ala
Profeſſor primarius, Profanzler der Univerfität
und Generaljuperintendent von Pommern. Er
ftarb 1712 in Stettin, wohin er fic) wegen der
Kriegdunruben zurüdgezogen hatte. Es werden
378 Schriften aus feiner Feder aufgezeichnet; dar:
unter aber wenige von gelehrter Bedeutung. ee
Wald, Streitigteiten innerhalb d. luth. Kirche L.,
Tholud, Geift der (utherifchen Theologen Witten:
bergs, ©. 234 ff. Erdmann, Lebensbeichreibungen
der Wittenb. Theologen. 1.04.
Maynooth-Gollege, das Prieiter- Seminar der
römischefatholiichen Kirche, in der irischen Grafſchaft
Kildare. Es wurde 1795 durch Beichluß des iriſchen
und engliihen Parlaments gegründet und erhielt
eine jährliche Staatsunterftügung von 8000 tr.
Die Gründung war zur Nothwendigfeit geworden,
weil durch die franzöftiche Revolution bie ſämmt—
lichen iriſchen Eollegien in Frantreid, Spanien und
den Niederlanden in welchen bisher die Briefter ihre
Bildung erhielten, eingegangen waren. Als nämlich
1560 die englijche Staatskirche in Irland einge:
führt worden, hatte damit die katholiſche Kirche
wie ihre Güter jo aud) daS Recht verloren, Se:
minare und Gollegien zu befigen, und war gend»
thigt gewejen, die nöthigen Anftalten zur Bildung
ihres Elerus aufdem Feſtlande zu errichten. Obwohl
nicht ganz ohne Staatsaufficht, doc hauptſächlich
unter der Leitung der Bilchöfe, wurden in M. die
tatholiſch kirchlichen Tendenzen und namentlichdie
Feindſchaft gegen die Staatskirche gepflegt, was
beider 1829 beginnenden Repealbewegung (j.d. X.)
—* deutlich hervortrat. Die berühmte Maynooth—
Bill, welche R. Peel 1845 im Parlamente ein:
brachte, und nach einem ſehr heftigen Kampfe, an
welchem die geſammte Bevöllkerung einen leiden⸗
Ichajtlihen Antheil nahm, auch durchſetzte, bean⸗
tragte die Bewilligung, welche 1801 das engliſche
Parlament zugeſtanden hatte, auf 20000 Lſtr. zu
erhöhen und als regelmäßige Staatdausgabe zu
behandeln. Gegen die Bill waren ſowohl die meiften
Dijienters als auch viele Katholiten, welchen jede
Staatliche Unterjtügung einer kirchlichen Anſtalt un-
angemefien erſchien, ferner aber die eigentlichen
Staatätichenmänner, welde in der Bill eine Ver:
legung diejer Staatslirche jahen, und endlich Viele,
welde an dem jejuitiichen Beifte, der im Seminar
waltete, Anftoß nahmen. Ohne Zweifel ſchöpften
die Katholiten aus dem Dur
Ermuthigung zu den weiteren Schritten in den fol:
eben der Bill eine | A
Meara Joſ. 13, 4. Eigentlich Höhle. Da M. als
Grenze Jiraelö angegeben wird, vermutet man,
es = die inden Kreuzzügen öfter erwähnte Cavea
de Tyro gemeint. Eine Höhle, oder richtiger vor
zu einer Befeſtigung vereinigte Höhlen, zwiſchen
Sarepta und Sidon, weldye die Straße von Sidon
nach Damaskus beherricht und pafjend als Grenz—
ort gewählt werden konnte, jegt die Höhlen von
Ei Mughr, jüdlid von Dſchezzin genannt. I.
a Erdkunde der Sinaihalbinjel, Bd. 4, ©.
99 ff.
Meaur, Bistyum im jranz. Depart, Seine:
Marne, das alte Jatinum, jeit 375 Bisthum. Die
Reformation gewann hier zuerft größere Ausdeh—
nung, troß der Berfolgungen, — 1546 wurden in
M. 60 Protejtanten verbrannt, andere verbannt.
Bis 1593 war die Stadt ein Hauptwaffenplag
der Liguiſten. Erwähnung verdienen unter den
Biihöfen von M. Brigonnet (ſ. d. A.) 1516—1534,
eine Zeitlang im Sinne der Reformation thätig
und 1 — Boſſuet 1681 1704.
Mecheln. Das Erzbisthum wurde unter Bhi-
lipp11. 1559 als Primat der Niederlande gegründet,
um dieſe von der Metropolitangewalt von Köln
und ber Verbindung mit Deutſchland zu befreien.
Sufiraganbisthümer waren Antwerpen, Herzogen:
buſch, Gent, Brügge, Dpern und Noermonde. Er:
jter Erzbiſchof war Grarmella, früher Biſchof von
Arras, von dem der ganze Organijationsplan aus:
gegangen war. Neben Mecheln wurden das Erz:
bisthum Cambray und Utrecht eingerichtet. Nach
dem Goncordat von 1827 blieb M. Erzbisthum mit
den Suffraganbisthümern Brügge, Gent, Namur,
Züttih und Dornif.
Mechithar und die Mechithariſten. Manuk, befannt
unter ſeinem Kloſternamen Mechithar, d. h. Tröſter,
wurde am 7. Febr. 1676 zu Sebaſte in Kleinarme:
nien von armen, aber frommen Eltern geboren.
Lernbegierde führte ihn ſchon im 14. Jahre in das
Klofter zum heiligen Kreuz bei Sebajte, wo er bald
zum Diatonus geweiht wurde. Neben feinen Stu:
dien der Schrift und der Kirchenväter dichtete er
bier jeine Hymnen, deren viele noch jegt im Ge:
braud der armenischen Kirche find. Als Begleiter
eined armen Erzbiſchofs fam er nahEtihmigzin,
dem Sige armenifher Gelehrſamkeit. Auf weitern
Reifen juchte er jeine Kenntnifje auszubreiten und
fam dabei zuerit in Berührung mit katholiſchen
Brieftern, die jeinen Blid auf Nom lentten. Auf
einer Reife dahin nöthigte ihn eine jchwere Er:
franfung, die feine Mittel erjchöpfte, zur Rückkehr
in jein Klojter. 1696 erhielt er die Prieſterweihe
und 1699 im Stlofter zu Erzerum, wo er mit ber
Erziehung der Schüler ſich beihäftigte, die Würde
eines Wardapets d. i. Doftors der Theologie. Le:
bensziel aber war ihm, die religiöfe Entwicklung
feiner Nation zu fördern, zu dem Zwede Mifjio:
näre auszubilden und eine Verbindung mit Kom
berzujtellen. Mit 2 Schülern ging er in biefer
oh t 1700 nad Conjtantinopel, wo er be:
reits früher einige Monate als Prediger und
Mechthildis
636
Meklenburg
Lehrer gewirkt hatte, Er ſchloß ſich hier am die Ueberſetzung iſt von Dr. A. Heuſer in der Biblio-
fatholifche Kirche an und verbarg das Mifjions: | theca mystica. Köln 1354.
injtitut, welches er am 8. Sept. 1701 begründete,
unter der Anlage einer Druderei für armenijche
religiöfe Schriften. Die Berfolgungen des arme:
niſchen Patriarchen nöthigten ihn zur Flucht nad)
Morea 1703, das damals unter Venetianiſcher Herr:
ſchaft ftand. Hier erhielt er Erlaubniß und Mittel
zum Bau eines Klofters. Für feine Genoſſenſchaft,
die er um 1708 nad) den Kegeln des hl. Antonius
und des- heil. Benedictus in Modon einrichtete,
erhielt er 1712 die päpftliche Beftätigung, für ſich
die Würde des Abtes. Seine Schüler weihte er
zu Briejtern und ſandte fie als Miffionäre unter
die Armenier des Drients. Beim Ausbrud des
Krieges 1715, in welchem Morea an die Türken
verloren ging, flüchtete M. nad) Benedig, lebte
dort mit den Seinen anfangs in großer Dürftig:
teit, bis er 1717 vom Senat die Inſel St. Yazaro
zumGeſchenk erhielt,auf welcher er mit Hülfe reicher
Armenier jein Klofter neu aufführte und das noch
beitehende Jntitut begründete. Um die tief ge:
funfene armenifhe Kirche wieder neu zu beleben,
wollte er nit nur dem abendländiſchen Eultus
den Weg bahnen, fondern aud und zunädjt das
Studium der Schrift, der armenijchen Klajfiter
und der Kirchenväter erneuern. Daher jchrieb er
eine armenifche Grammatik, ein Leriton und Heli:
gionsbücher, beforgte aud) eine Ueberjegung der
Bibel und abendländifdfer guter Schriften. Nach
feinem Tode (27. April 1749) jepten, jowohl Hin:
en der Ausbildung der Miffionäre als in wiſ⸗
enſchaftlicher Tyätigkeit, jeine Schüler, die Mes
chithariſten, „das Wert“ fort. Jhre Bibliothet war
bald die reichte an Armenifchen Handichriften und
aus ihrer Druderei gingen außer einer befjeren
Ausgabe der armenischen Bibelslleberjegung 1804
eine Armenifche Gefhichte und Ausgaben und Les
berjegungen der Chronik des Eufebius und der
Schriften von Ephräm Syrus, Philo von Alex—
andrien und A. hervor. Filialinftitute bejtehen
in Badua und Paris, Eine Spaltung trat 1773
ein. Einige der Congregation gründeten unter
gleichem Namen zu Trieft ein Snftitut, welches
1810 nach Wien verpflanzt wurde, wo es noch be—
ſteht. Das Verhältniß der M. zu der röm. Pro:
— iſt ein ziemlich geſpanntes.
echthildis, Tochter des Grafen Berthold von
Andechs, geb.1125, wurde ſchon 1130 in das Klo:
fter Dießen am Ammerjee in Bayern gebracht. Sie
zeichnete ji durch Frömmigkeit aus und wurde
1153 Webtiffin. Nad dem Willen des Biſchofs
mußte fie die Leitung und Reformirung des flo:
ſters Edelftetten übernehmen, wo fie erft mit feiner
Beibhülfe den Widerjtand der Nonnen überwand,
darnach aber das Klojter zu hoher Blüthe brachte.
Bor ihrem Tode 1160 kehrte jie in ihr Kloſter
Dießen zurüd. Gedenktag: 10. April.
Mechthildis, Gräfin von Hadeborn. Zu Eis:
leben in der Grafſchaft Mansfeld geboren, wurde
fie als Tjähriges Kind dem Benedictinerinnen:
Klofter Rodersporf zur Erziehung übergeben ,
nahm dort den Schleier und überjiedelte mit den
andern Nonnen 1258 nad) Helpede. In den „geijt:
lien Offenbarungen und Gnaden“ d. i. Mitthei-
lungen über ihre Bifionen und Geſchichte, die von
einem Freunde aufgezeichnet wurden, zeigt ſich ne:
ben tiefem veligiöfen Sinn eine große Belefenheit
in der hl. Scrilt. Die bejte Ausgabe mit deutjcher
Mellenburg. Der Name ftammt von Mikilin—
borg, jept einem Dorfe, und ift für dad Yand auf:
gelommen jeit Heinrich dem Löwen. In Meklen:
burg wohnten die Obotriten, welde ſich gegen die
benachbarten Wilzen mit Karl dem Groben ver:
banden und hriftliche Miſſionäre unter ſich dulde
ten, die von Corvey gejendet und von Hamburg:
Bremen geleitet waren. Sowol die Verbindung mit
dem fräntifchen und deutjchen Königreiche als auch
die Begünjtigung des Chriſtenthums hatte zur Zeit
der leyten Karolinger ihr Ende gefunden. Der heid—
nijche Gottesdienſt (ſ. d. A. Wenden) chte wie:
der unbeſchränkt. Erſt als Heinrich J. ſie in der
Schlacht bei Lenzen 931 beſiegt, blühte Das Chri—
ſtenthum wieder auf. Biſchof Adalward von Ber:
den taufte 931 einen einheimischen Fürften (Wach,
Heinrich J., neue Ausarbeitung, S. 144 ff.); unter
Dtto I, wurden dann die übrigen Bisthümer
im Wendenlande, Havelberg, Zeig, Meißen, un:
ter den Dbotriten das Bisthum Aldenburg 963
geftiftet. Die Herzöge von Sachſen hatten die
Scirmvogtei der Kirche. Der Drudderfelben und
der ben Neubelehrten auferlegte Zehnten rief fort:
währende Aufjtände unter denjelben hervor; im
Jahre 98 riſſen fie fich wieder unter dem Fürften
Mistewoi von Deutichland (08; die Chriften wurden
verfolgt, und die Bischöfe mußten fliehen. Erit
Aoelbert von Bremen nahm die unterbrodene
Mifjionsthätigleit wieder auf, ihn unterftügte
der Obotritenfürjt Gottſchalk, (j. d. A.) welder
feit 1043 das ganze Land zu einem Königreid
zu einigen ſuchte, und im Slofter zu Lüneburg
erzogen, die Ausbreitung des von ihm er an:
fangs —— Chriſtenthums mit Cifer för:
derte. Zu Rapeburg und Meklenburg (unweit
Wismar) entftanden jegt Bisthümer, in Lübed
und Xeoutium (Yenzen) Kirchen. Gottſchall's
Ermordung durd) feinen Schwager Prußo folgte
1066 eine allgemeine fanatifhe Volkserhebung
unter Krufo dem — in der Kirchen
und Klöſter verbrannt, Prieſter und Mönche er—
ſchlagen oder den Böttern geopfert wurden. Ein:
zelne Erfolge der Deutichen konnten nicht verhin:
dern, daß mehrere Jahrzehnte lang zugleich mit
deutſchem Einfluß; aud) das Chriftenthum vernid:
tet blieb. Zwar hatte Gottſchall's Sohn Heinric
jih dem Sachſenherzoge unterworfen, um nad
Krulo's Ermordung das Geſammtreich beherrſchen
zu können, 1105 —27 und unter ihm wirkte Vicelin,
der Wendenapoftel, mit vielem Erfolg; aber die
Erbfolgetriege nad) jeinem Tode vermehrten aud
die Chrijtenverfolgungen. (DBgl. Jaffé, Yothar ©.
147. 232.Conrad III S. 16.) Die jächftschen Fehden
gaben dem (heidnifchen) Fürjten Niflot zu Ratod
Zeit, ein neues mächtiges Fürstentum aufzurichten.
Gegen ihn wendete fid) 1147 ein Kreuzzug der ſäch⸗
ſiſchen Großen und Biſchöſe ohne augenblidlihen
Erfolg; erit ald Heinrich der Löwe mit aller Ener:
gie und unterftügt vom Erzbiſchof von Bremen ſich
gegen die wendiſchen Küftenländer wandte, mur:
den dauernde Erfolge errungen. Niclot fiel 1160;
von jeinen Söhnen wurde der eine, Wertislaw ge:
fangen und hingerichtet, der andere, Pribislaw, an
den fich die Pommern angejchlojjen hatten, bri
Demmin 1164 gänzlich gefchlagen; er mußte fid
unterwerfen, fid) taufen lafjen und fein Erbe als
fähfifches Lehen nehmen. Das Chriſtenthum
Medlenburg
wurde num dauernd befejtigt, das Bisthum Aldes |
burg nad; Lübeck verlegt 1163, Rageburg wie:
derhergeftellt, die Gijterzienfermönde in's Yand
gezogen und die Abtei Doberan 1170 gegrün«
det; es folgten ihnen die Brämonftratenjer, die für
die Einführung des deutſchen Eultus ſich thätig
erwiejen. Die en fand an Vicelin
1154 (f. d. A.), dem Biſchof von Lübeck und ſei—
nem Nachfolger Gerold ihre eifrigen und begabten
Yeiter, Allmählic) unterlag das Wendenthum dem
deutihen und römischen Chriſtenthum. Zu einer
geiftigen Blüthe ijt aber die Kirche in Mecklenburg
während des Mittelalterö um fo weniger gelom:
men, als fie von Anfang als politiide Macht
begründet wurde, und das faum verbrängte Heis
denthum in der Form bes gejunfenen Chriften:
thums fortleben konnte.” Die Macht der Geiftlid:
feit tonnte die Verſuche von Huffiten und Mic:
Lefiten, fi Eingang zu verjchaffen, leicht überwin:
den. Der Humanismus gewann eine Stelle auf
der 1419 gejtifteten Univerfität Roftod.
Die Reformation, von Augujtinermönden aus:
gehend, wurde von Herzog Heinrich dem Friedfer⸗
tigen begünftigt; unter feinem Schuße fonnte der
Heformator M. Heinrich Kötzler aus Dömig, gen.
Slüter, (+ vergiftet 1532), der ald Prediger zu
Roftod von der katholifchen Partei vertrieben wor:
den, in die Baterftabt zurüdiehren. Die Frucht
jeiner Wirkſamleit war, daß 1534 zu Roftod die
Meſſe verboten wurde. Foͤrmlich eingeführt ift
die Reformation unter Ablehnung des Interims
durch den Landtag zu Sternberg 1550; jebod)
idon 1540 war die erjte von J. Riebling
verfaßte Kirhenordnung gedrudt; 1541 und
1542 eine Kirchenvifitation abgehalten. Jet
wurden die Klöjter aufgehoben und eine Kir:
chenordnung, unter Mitwirlung Aurifaber’3 er:
laffen 1552 (1602 revidirt, 1650 neu edirt). Das
Kirhenregiment geftaltete 34 ſtreng conſiſtorial⸗
territorialiſtiſch. (Das Conſiſtorium war 1571
eingeſetzt, Roſtoch und Wismar hatten eigene Con:
jitorien). Die Eoncordienformel wurbe 1577 ange
nommen. Die Form des kirchlichen Lebens entſprach
der biöherigen Geſchichte. Die Geiftlichkeit behielt
das Recht des Bannes und der öffentlichen Kirchen»
buße (6181773), unter ihr jelbit aber verfiel Zucht
und Sitte, Eine Anregung zu lebendigerem Chri⸗
jrenthum ging jhon während des 30jährigen Arie:
ges, der Mecklenburg unter Wallenſtein's Herrichaft
brachte, von der Univerſität Roſtock aus, wo Paul
(1604—33) und Johann Tarnow, (1614—29)
vütlemann (1633—55) und Heinrih Müller (1653
—75),dieje beiden namentlich als Prediger und aste:
tiſche Schriftſteller wirkten; doch vermochte die or⸗
thodoxe Parthei (Fecht 1660 17 16) den Pietismus
abzuwehren, dem erſt Herzog Friedrich (1756 — 85)
eine kurze Zeit Anjehen verſchaffen fonnte. Die
tirhlihen Zuftände Mecklenburgs in ihrem engen
Zujammenhange mit den politiichen find in der
Neuzeit viel bejprochen. Bei dem tiefen Berfall des
firhliden Xebens, der ſich ſchon durch die große
Zahl der unehelihen Geburten und ber ausfallen»
ven Gottespdienfte anzeigte, traten eine Menge
Anftalten der innern Wiffion dur Einzelne und
durch Vereine ins Leben. Aus den Bewegungen von
1348 hinterblieb der Oberlirchenrath, urſprüng⸗
lid dazu bejtimmt eine conformirende Yandes:
ſynode vorzubereiten, dem die ganze Berwaltung
1849 übertragen war, Unter der Leitung des Dr.
637
Medardus
Kliefoth, der die Prügelſtrafe in ſinnreicher Weiſe
zur Erklärung von Ezech. Kap. 4 verwerthete,
hat dann das Kirchenregiment die doctrinäre
neulutheriſche Färbung angenommen, gegen mel:
he Prof. M. Baumgarten, veranlaßt durch die
Aufftellung einer gejeglichen und äußerlihen Sonn:
tags⸗Ordnung auf der Paſtoralconfer u Bar:
him 1856 fi erhob. Baumgarten’ Amtsent:
fegung und bie Schriften, weldye dieſelben befpre:
chen, lafjen die bejondern Zuſtände dieſer ächt Iu:
therifhen Landeskirche erkennen. Medlenburg:
Schwerin umfaßt in 6 Superintendenturen 476
Kichen, Medlenburg:Strelig in 7 Synoden unter
Einem Superintendenten 64 Pfarreien.
Die reformirte Kirche hat in M. feinen günſti—
gen Boden gefunden. Bon Anfang an ſuchte man
mit Hülfe der Obrigkeit zwinglianifhe wie ana:
baptiftifhe Richtungen fern zu halten. Der lieber:
tritt des Herzogs Albrecht zur reformirten Kirche
1613 blieb durch den Güftrower Afjecurationäre:
vers, in weldem die Iutheriiche Ordnung gefichert
wurde (1621), zumal jein Sohn lutheriſch erzogen
ward, ohne ‚Folgen, die Güftrower reformirte Kir:
he wurde 1636 wieder geſchloſſen und erft den Re:
fugiös die Bildung einer Gemeinde zu Bügomw ge:
ftattet. Die Baptiften haben die Erlaubniß freier _
Religionsübung noch immer nicht erlangen können,
Ebenjo hat aber auch die Regierung fih dem Ber:
ſuch des Katholizismus, Eingang zu gewinnen, ent-
gegengeftellt. Römiſcher Gottespienit ift nur zu
Schwerin und Ludwigsluſt geftattet ; aud einen
Hauögeiftlihen zu halten wurde dem Deren von
Kettenburg 1852 thatjächlich verwehrt. Der Got:
tesdienft zu Ludwigsluſt und Schwerin datirt von
dem Mebertritt des Herzogs Chriftian 1663, der
1665 freie Religionsübung becretirte und an ber
Einfegung von Biihöfen nur durch den Papft
ſelbſt gehindert wurde. Nach jeinem Tode 1692
blieb aber den wenigen Katholifen nur Hausgottes:
dienft geftattet, bis unter Carl Leopold (feit 1714)
die Sehuiten 1732 die Erlaubniß in Schwerin eine
Kapelle zu bauen erlangten. Cine zweite fathol.
Kirche entſtand 1810 in Zudwigsluft. — Vgl. Adam.
Bremens. hist. ecel., in Berg Mon. Script. III.
Helmold chron. Slav. in Zeibnig Script. Brunsv.
UI. Wiggerd, Medlenburgijche Annalen bis 1066.
Schwerin 1860. Medlenburgifches Urkundenbuch
Schwerin 1863. Kirdengeihichte M. 1840. Reuter,
Alerander III. Leipz. 1860. III. S.621f. Winter,
die Miffion der Prämonftratenjer (Gotha 1866)
und der Cijterzienfer im norböftl. Deutjchland
(1867) 2. Giejebrecht, wendiſche Gefhichten. Ber:
lin 1843, Schrökh, 8. ©. 8. 21. Ernft Boll, Geſch.
M's. mit def. Berückſichtigung der Culturgeſchichte
1855-56. Ewald, die Mecklenb. Kirchennoth.
Medardus, der Heilige. Geboren zu Beroman
dum in der jpäteren Picardie 465, der Sohn
eines angejehenen Franken, trat in den geiſtlichen
Stand und warb 530 Biſchof dafelbit; verlegte
bald jeinen Sig nad Noyon und übernahm 532
zugleid) die —— des Bisthumsd Tournay.
+ wahrjdeinlic 545 (8. Juni). ————
migkeit und großer Eifer bei der ehrung
der Franken erwarben ihm die Achtung und Gunſt
bes Königs Chlotar (+ 561). Die Legende weiß
auch von Wundern, die durd ihn gejchehen. Ueber
feinem Grabe zu Soifjons erhob ſich ein großes
Klofter, in welchem häufig die Berjammlungen der
geiftlichen und weltlichen Großen des fränkiſchen
4]
Mebba 638 Meer
Reiches gehalten wurden. Seine Vitae in den | burg, Gemahlin Joachim's I. (ihrer reform. Ge-
Act. Sanct. 8. Juni. finnung wegen aus Brandenburg geflohben),gewefen,
Medba, Medeba 4M.21, 30. Joſ. 13,9. 16. Jeſ. wurde er 1536 nad) Naumburg berufen. Die fort-
15,2. Die nördlichſte Grenzſtadt Rubens, fpäter währenden Streitigkeiten, in welche ihn fein eifriges,
wieder von den Moabitern erobert; nach 1. Mall. reizbares Wefen vermwidelten, nöthigten ihn 1546
9,36 im Beſitz einesnabatäiijhen Stammes Amri. die Superintendentur in Braunſchweig anzuneh—
Medien. Das Land füdlih vom Gaäpiichen men. Die Schule, welche er hier gründete, blühte nur
Meere, im Weiten von Armenien und Afiyrien be: | fo lange, als die vertriebenen Wittenberger, J. Jo:
venzt, im Oſten von Parthien und Hyrfanien, im | na$, Meianchthon, Rhegius, Flacius, an ihr thätig
Eüden von 18 und Sufiana, ift ein von Zwei: | waren. 1551 folgte er einem Ruf ald Superinten:
gen des Taurus und Antitauruö umgebenes und | dent nad) Bernburg, wurde aber während der er-
durchſchnittenes fruchtbares Gebirgäland. Es zer: | jten Predigt vom Schlage gerührt und jtarb bald
fält in 3 Haupttheile, den Nordweſten, defien darauf. Seine Schriften, meift Schulfchriften, ver:
Grenze der Araxes bildet, die Landſchaft Atropa- | zeichnet Streitperger de vita D. N. Medler 1591,
tene oder Kleinmedien, jet Ajerbeidjchan, den | im Auszug bei Hummel, neue Bibliothet III. 536
Nordoften bis an die Ufer des Kafpiichen Meeres ff. Danz, Epistolae Melanchthonis ad Nicol.
welchen die unabhängigen Kaduſier oder Gelen be: Medleram. Jena 1825.
wohnten, das jetzige Ghilan und Mafenderan. Meer, ehernes. Ein großer, aus Erz gegofjener
Den Süden bildet Großmedien mit den beiden | Waflerbepälter im Vorhof des Tempels, der mie
Hauptftädten Ecbatana, jegt Hamadan und Rha- das Handfah in der Stiftshütte den vorgejchriebe
ges, Tob. 1,16; 8,7. Zu Großmedien gerechnet nen Reinigungen der Priefter vor ihren Opferhand-
wurden die niſäiſchen Gefilde, berühmt durch | lungen dienen jollte. 1. Kön.7, 23-26 ; 1. Chron.
ihre treffliche Pferdezucht. Die Meder waren 19.8. Das Gefäß hatte eine Höhe von 5, einen
auch nad der Bibel 1. Mof. 10, 2 Arier, ihre, Durchmeſſer von 10 und einen Umfang von ca.
Sprade ift in den Keilinfchriften bewahrt. Die 30 Ellen, der obere freisförmige Hand war —*
Religion war Sterndienft, ihre Prieſter, die Magier, bogen wie ein Lilienkelch und unterhalb deſſelben
bildeten einen abgeſonderten Stand. Die Meder liefen zwei Reihen mitgegoſſener, nicht angehefteter
wurden durch Ninus dem aſſyriſchen Reiche un- ornamentaler Knospen. Die Form wird nicht näher
terworfen, aber gewannen zur Zeit Sanherib's beſchrieben, eine Halbkugel (nach Joſephus) kann es
ihre —— wieder durch Dejoces (7N03655), nicht geweſen fein; vielmehr läßt die Inhaltsangabe
der Echatana erbeute. Sein Sohn Phraortes auf einen ausgebogenen Cylinder ſchließen. Nach
(655633) machte Eroberungen im Süden und | 1. Kön. 7, 26 faßte das Meer 2000 Bath; die
Dften, unterlag aber bei einem Angriff auf Aſſy- Angabe von 3000, 2. Chr. 4, 5 wird als Schreib:
rien. Kyarares (6838 —593) wurde von dem Rache: | fehler —* Das eherne Meer ruhte auf 12
zug gegen Ninive durch den Einfall Ber Scythen | ehernen gegoſſenen Rindern, deren Hintertheile nach
ed die 28 Jahre lang Medien und ganz innen getehrt, die Köpfe nad den vier Himmels:
Vorderafien verwüfteten. Nach einem Siege über | gegenden «gerichtet waren. Ahas (2. Kön. 16, 17)
fie 620, machte er Eroberungen in Kleinafien und Pete es auf ein Steinpflafter Bei der Zerjtörumg
in Verbindung mit Nabopolaffar von Babylon ge: des Tempels ward aud) das Meer durd die Chal:
warn und zerftörte er Ninive. Ihm folgte fein | däer zerjchlagen und das Erz ald Beute wegge
Sohn ar es 593—558, der von Cyrus geftürzt führt. 2. Rön. 25. 13.16. Jer. 52, 17. Das Gefäf
wurde. Der Dan. 6, 1 genannte, Darius muß der | jollte den Prieftern zum Baden der Füße und Ar—
von Zenophon zwiſchen Ajtyages und Cyrus ein:
geihobene Kyarares II. ee fein. Der Jubit |
1, 1 genannte Arpharab aber ift als erdichteter
Nante anzufehen. Erwähnt wird Medien als die
Landſchaft, wohin die jüdischen Gefungenen von
den Aliyrern verpflanzt wurden, 2. Kön. 17, 6.
| me dienen, es fehlt aber die Angabe, ob Abzugs:
rohre oder andere Vorrichtungen angebracht ge
weſen jeien; ebenjowenig ift gejagt, wie und wo
her daS eherne Meer gefüllt wurde. Die Trabi:
tion glaubt, eine Röhre aus der Waflerleitung
von Etam, welche durd; die Kühe der Rinder ging,
Seit der Eroberung durch Cyrus blieb das Land | habe das Gefäß gejpeift. Val. d. Art. Maaß und
mit PBerfien verbunden ; nad) Alerander des Gro- Gewicht und die dort angeführte Literatur.
ben Tode fam es an das neufgrifche Reich und da: ; Meer, mittelländijces. Bei den Juden das
nad zu PBarthien. | große Meer 4. Moſ. 34, 6, Jof. 1,4, das bin:
edina, arab, Medinat:el:Nebi — Stadt des tere Meer (Xuth. das äußerjte) 5. Mof. 11, 24
Propheten, die zweite heil. Stadt der Muhamme: | im Gegenfaß zudem „vordern“, dem todten Meere,
daner; Muhammed ſtarb daſelbſt und liegt in der im N. T. „das Meer” fchlechtweg. Dievon Tyrus
Moſchee EI Haram begraben. bis Ptolemais felfige und hohe Küſte wird im Sü-
Medler, Nicolaus, Schüler Luther's, geb 1502, + | den niedrig und fandig. Häfen waren bei Acco in
1551. Geboren zu Hofim Boigtlande, jtudirte er zu | dem Bufen am Berge Garmel, bei Joppe, Gaeja-
Erfurt undWittenberg und hielt hier ſchon al820jäh: | rea, Gaza. Da es den Jfraeliten nicht gelang, die
riger Jüngling Borlefungen über das A. T. und Meeresküſte, wie urfprünglich beabfichtigt war, zu
über Mathematik. Als wandernder Mathematiter; gewinnen, jo blieben fie vom directen Handelsver⸗
gründete er eine Schule in Eger, mußte fie al Ti fehr bleibend ausgeſchloſſen.
wegen feiner lutherifcen Einwirkung auf die Schü: | Meer, rothes, it der Meerbuſen zmijchen Ara:
ler verlaſſen; auch die Stelle ald Schulrector und | bien und Negypten von 12° 42° 20” bis zum
Prediger in feiner Vaterſtadt mußte er 1531 wie: | 30° 1’ nörbl. Breite undvon 30° bis 41° dftl. Länge
der aufgeben und ward 1531—37 Diaconus in | von Paris. Die Länge bdefjelben iſt demnach 270
Wittenberg, von Luther wegen feiner Perogigole ‚Meilen. Die Breite tft durchfchnittlich 50 Stun:
body gerühmt. Nachdem er Hauscaplan in Wit: | den, bei der engen Einfahrt von Bab:el-Mandeb
tenberg bei der Churfürſtin Elifabeth von Branden: jedoch nur 6 Stunden. Die Ufer find fteil und felfig
Meer
Im Norden endet das Dieer in zwei ſchmale Buchten
bei Aila und Suez, welche die Sinai-Halbinſel um:
ichließen und unter dem Namen des Ailanitiſchen
und Heroopolitaniſchen Bufens in der alten Ge:
ſchichte befannt find. Am ailanitiſchen Buſen lag
Eziongeber, von wo aus Salomo 1. Kön.Y, 26
und Jojaphat i. Kön. 22, 49 eine. Handelsſchiff⸗
jahrt auf dem rothen Meere nach Afrifa und In—
dien zu organifiren ſuchten. Am berühmtejten ift
das Meer wegen des Durchzugs der Jiraeliten
durch daſſelbe 2. Moj. 14, 1 ff. Ueber die Stelle
defjelben ſtehen jich noch zwei Anfichten gegenüber.
Die ältere (Haumer) findet fie bei vem Orte EI Buhs
im Wadi Tamwarif, ſüdlich von Diebel Aetahta, die
neuere (Niebuhr) dagegen nördlich von Suez. Für
letztere jpricht die locale Bejchaffenheit des Meerbu:
jens, die größere Kürze des Weges und der Umſtand,
daß beim Zujammentreffen der Ebbe und des Nord:
oftwindes auch jet die Furth ohne Gefahr zu pajji:
renift. Entgegen fteht nur, daß die Spike des Golfs,
welche noch heute der Pilgerweg nad) Mecca um:
geht, jo nahe iſt, daß man, um jich zu erklären,
weshalb Mojes diejen Weg nicht wählte, zu der
Annahme genöthigt iſt, derjelbe jei durch einen
aegyptiichen Heerhaufen verlegt gewejen. Das Meer
heißt bei den „Jiraeliten, wie bei den Syrern und
Aegyptern bleibend das Schilfmeer, von dem did):
ten Schilfwuchle, der ſich an einzelnen, aber am
meiften befuchten Stellen des Meeres findet. Der
bei den Römern und Griechen allein übliche Name |
des rothen Meeres findet feinen Grund in der
Farbe des Waſſers an ſich, er kann daher nur ent:
jtanden jein aus der Färbung durch die tropifche
Sonne oder dem röthlihen Widerjchein der Berge,
wenn er nicht duch Mißverſtändniß aus „dem
Meere Edom“ d. i. des Rothen, ſich herleitet.
Meer, todted. Das Salzmeer 1 Mof. 14,3,
4Moſ. 34, 3, das Meer gen Morgen Joel 2,20, das
Meer am Blachſeld 5 Woj.5, 17, das Meer Jeſ. 16,
3, bei den Alten der Asphalt See, bei den Arabern
Meer von Zoar oder Meer des Lot, ift das 1320
Fuß unter der Oberfläche des Mittelländifchen Mee:
res liegende Bajfin, in weldes der Jordan ſich er:
gießt. Die Erzählung 1Moj. 19, 24 f. vom Unter:
gang des Thales Siodim bezieht ſich auf den ſüd⸗
lichen Theil des Meeres; die Entjtehung des nord:
lichen fällt in vorhiftorische Zeit. Tas Todte Meer
bildet eine 10 Meuen lange und 2!/2 Meilen breite
zängenfpalte und ift die Fortſezung des Ghor.
Das Waſſer des Sees hat einen Salzgehalt von
25% und die ganze Umgebung enthält Ablage:
rungen von Salz und Bıtumen. Die Felswände
an der Dft: und Weſtſeite jind nadt und unfrucht:
bar, theilweije, wo ſie dem Ufer ſich nähern, eben:
jo wie die Kiesebene zwiichen ihnen und dem Meere
mit einer Salz: und Salpeterfrujte überzogen.
Die älteren jchauerlihen Schilderungen des todten
Meeres, als fliege fein Bogel darüber hin und fönne
tein Geſchöpf in ihm leben, find nach den Berichten
neuerer Reiſenden völlig irrig. Erforſcht iſt das
wodte Meer zuerft 1831 von dem Irländer Eoitigan,
18340 von ven Engländern Scott und Symond,
und 1348 von dem Amerilaner Lynch und jeit-
dem von vielen Reifenden bejchrieden. Während
alle früheren einjtimmig die deutlichen Spuren
des vulcaniſchen Urjprungs erfannten, jtellen
neuere Unterſuchungen denjelben wieder in Abrebe.
Außer dem Jordan ergießen jid) in das todte Meer
von beiden Seiten mehrere Gebirgsbäche, jo daß
639
Megiddo
auch die Ausdehnung deffelben nicht immer die:
ſelbe ift. Bat. Offic. report of the expedition to
explore the Dead Sea and the Jordan 1852,
deutſch 1853, Robinſon und —“ Paläſtina. 3.
Bde. Halle 1841 —42. Dieſelben: Neuere bibliſche
ki ge in ®., Berlin 1857.
eer von Tiberias. Der Name des Sees Ge:
nezareth, von der an ſeinem weſtlichen Ufer gele:
Inenen Stadt T. ©. d. Art. Genezareth.
Megander (Grossmann), Caspar. Geb, 1495 zu
Zürich, ward er in Bajel 1518 Magifter und bald
danach Caplan beim Spital in Züri. Hier ſchloß
er fih unbedingt an Zwingli an, trat 1524 als
Zeutpriefter an ber Predigerkirche in die Ehe und
forderte 1525 mit Zwingli die Abſtellung der
Meſſe und die evangelifche Abenpmalsfeier nach der
urfprüngliden Eintefung. Nach der Berner Dis:
utation 1528 (j.d. Art.) ward er ald Brediger und
Geofeffor der Theologie nach Bern ——— wo
ihm unter den leitenden Perſönlichkeiten bald die
erite Stelle zufiel, die er zur Befeitigung Des
Zwinglianismusmit Eifer, aber nicht ohne jtürmi-
ſche Heftigleit benugte. Er nahm Theil an dem Ge:
jpräh mit den Wiedertäufern zu Zofingen 1532,
ferner als Abgeordneter des Kaths an der Dispu-
tation zu Yaujanne 1536 und der Synode ebenda:
jelbft 1537. Auch verfaßte er den Berner Katechis—
mus 1536. Die Seftigfeit, mit welcher er 1532 nach
dem zweiten Gappeler Kriege die vermittelnde Boli:
tit des Berner Nathesangriff, hatte eine vorüber:
gehende Amtsjuspenjion zur Folge. In jchwere
Kämpfe verwidelte ihn jein Zwinglianismus bei
den Bucer’ihen Unionsverjuchen. Als Miturheber
der erjten helvetijchen Confeſſion von 1536, hatte er
noch auf dem Convent zu Bern 19. Det. 1536 die
Wittenberger Concordie mit Erfolg bekämpft, jo
daß Bucer abgewieſen wurde ; aber der Einfluß der
beiden neueintretenden unionsfreundliden Bre-
diger Dr. Seb. Meyer und Kunz, jo mie die po:
litiſchen Conjtellationen madten Bern der Con-
corbie geneigter, jodaß nad 2 Synoden 1537 Bu:
cer's Hechtfertigung feines Verhaltens angenom:
men und Wegander fogar beauftragt wurde, feinen
Katehismus im Sinne der Concorbie zu verbej:
ern. Ohne dat Megander diejem Auftrage wiber:
prochen hätte, bejorgte Bucer aus fich die Aende—
rung, und der jo revidirte Katechismus wurde
‚ jofort vom Rathe für Bern für verbindlidy erklärt
‚1537. Ya M. diefe Verbeſſerungen nicht aner:
lennen wollte, erhielt er jeine Entlafiung; er ging
nad Zürich zurüd und wurde dort ald Archidia—
conus mit einer Chorherrnjtelle am Münfter wie:
der angeftellt, wo er um jo eifriger den Bucer:
—* Beſtrebungen entgegenwirfte, + 1545. Bon
einen Werfen And zu erwähnen: Anmerkungen
zum 1. und 2 Buch Mof., zum Hebräer: und 1.
Joh.:Briefe nach Zwingli's Vorträgen. Vgl. Hun—
deshagen, Eonflicte des Zwingl., Xutherth. und
Galv. in Bern. Bern 1842.
Megiddo. Wahrſcheinlich dasheutigeel Ledschün
in der Nähe des Karmelpaſſes, über ven die Karava⸗
nenſtraße von Lydda nach Damaſeus durch die Ebene
Jeſreel führte; iſt am meiſten bekannt durch den
Sieg des Pharao Necho über den König Joſias
von Jeruſalem, auf ſeinem vergeblichen Zuge ge—
gen Babylonien, 606 v. Chr. (2. Kön. 23, 29), der
igm bier ven Durchzug verlegen wollte und ſelbſt
in der Schlacht fiel (oder nad) 2. Chron. 35, 25
eine tödtlihde Wunde erhielt, an mwelder er in
41*
Meier
Jerufalen ftarb). In M. war auch Ahasja ge:
ſtorben, auf der Flucht nach der Schlacht von Jeſ⸗
reel, 2.8. 9, 27. Urjprünglid war ®. eine fanaa: ,
nitische Königftadt, Jof. 12,21, welche dem Stanıme
Manaffe zugetbeilt, Joſ. 17, 11, aber erft fpäter
erobert wurde, Richt. 1, 27. Sie gehört zu den
Amtsftädten Salomo's, die er befeftigte, 1.Kön. 4,
12; 9, 19. Bon der Stadt hat aud) der nahe Bach
und ber nächſtliegende ır der Ebene Jeſreel den
Namen erhalten, Das Off. 16, 16 als Ort der
Schlacht gegen den Antichrijt genannte Harmage:
don wird von vielen alö Berg von Meggido gedeus:
tet; entipreddender der Weife der Offenbarung ift
aber eine durch den Zahlenwerth der Buchſtaben
angedeutete jymbolifche Bedeutung des Wortes dort
anzunehmen.
eier, Ernfi Heinrich, geb. 17. Mai 1813 zu
Rusbendt in Schaumburg-Lippe, habitilirte fich
zu Tübingen 1842, wurde 1848 Brofeflor für
jemitijhe Spraden und Literatur und ftarb 2,
März 1866. Unter feinen das N. T. betreffenden
Schriften find hervorzuheben : Leberfegung und Er:
Härung des Proph. Sort, Tüb, 1840. Hebräifches
Wurzelwörterbuh. Manh. 1845. Ueber die Bil:
dung und Bedeutung des Plural in den ſem. und
germaniihen Spraden. Manh. 1846, Die ur:
ſprüngliche Form des Dekalogs. Manh. 1846,
Commeniar zu Jeſaia. 1.8, Pforzh. 1850. Ueber⸗
fegungen der poet. Bücher 2. B. Tüb. 1851—54,
der prophetiſchen Tüb. 1858, des Hohenlieds Tüb,
1854, des Deborahliedes Tüb. 1858. Die Form
der hebr. Poeſie, Tüb. 1853, Geſchichte der poeti-
ſchen Nationalliteratur der Hebräer Tiib. 1856, ein
Berjud), die fog. Einleitung ind A. T. zu einer
Literaturgeſchichteſder Hebräer zu geftalten.
Meier, Friedrich Karl, geb. 11. Auguit 1808,
1835 a. o. Brofefjor in Jena, ſeit 1836 Profeſſor
in Gießen, wo er 13. Febr. 1841 ſtarb. Verfaßte
eine Biographie Savonarola’s 1836, ſchrieb einen
Commentar zum Epheferbrief 1835, eine Gefchichte
der Trandfubjtantiationslcehre 1831 und gab ein
Lehrbuch der Dogmengeſchichte 1840 heraus.
Meil, das baummollene purpurblaue Oberkleid
des Hohenpriefters, dejjen unterer Saum abwech—
jelnd mit Oranatäpfeln und Glödchen befegt war;
über demjelben wurde das Ephod getragen. 2.
Moſ. 39,
Meile, Matth. 5,41. Die römiſche Meile von
1000 Schritten gleich */s geographiiche Meile ;
während gewöhnlich 8griechiſche Stadien auf eine
Meile —— werden, berechnen die Rabbinen
nur 7ie. Da auch in Paläſtina die Strafen mit
römischen Meilenfteinen befegt wurden, jo liegt
die römische Meile den Angaben des Onomajtifon
des Eufebius und Hieronymus, fowie der älteren
Itinerarien zu Grunde.
Meineid. it die eidliche Verfiherung einer
unwahren —— wider beſſeres Wiſſen, ſei
es, daß dieſelbe mit Abſicht oder aus Fahrläſſig—
feit abgegeben wird. Das levitiſche Geſetz behañ—
delt ihn als religiöfes Vergehen und fordert ein |
Sculdopfer, außerdem den Schadenerjag an den
durch den Meineid Beichädigten, 3.M. 6, 5. Aber
ihon die Rabbinen belegen den Meineid auch mit
bürgerlichen Strafen. Als religiöjes Verbrechen
behandelt aud) das canonifche Recht den Meineid,
und belegt ihn nicht nur mit lebenslänglicher In—
jamte und bei Geiſtlichen mit lebenslänglicher Sus:
penjion von Amt und Pfründe, jondern aud; mit
640
Meinwerf
iebenjähriger öffentlicher Kichenbupe. Das römi—
* Recht ſetzte auf den Meineid Infamie und die
Todesſtrafe, wenn dadurch der Tod eines Andern
verurſacht war. Das deutſche Recht ließ neben der
beſonderen Strafe des M. immer das jus talionis,
Bergeltungsredt, eintreten. Auch heute, wenn:
leid) die Strafbeftimmungen milder geworden
An, wird der M. vom Gejeg als eines der ge-
meingefährlichften Verbrechen be ‚und Die
Kirche ſieht in ihm mit Recht faft das ſchwerſte re:
ligiöfe Verbrechen.
Meinhard, ein Auguftinermönd aus Segeberg,
fam 1186 mit einem Bremer Handelsſchiffe nad
Xievland und begann dort die Berfündigung des
Ehriftenthums. Er gründete die Kirche zu ler:
füll und Hohn und wurde von Heinrih II. von
Bremen zum Bijchof von Lievland geweiht, + 119%.
Meinhold, 3. Wilhelm, geb. 27, yebruar 1797,
jtudirte in Greifswalde Theologie und ward, nad:
dem er vorher mehrere Parritellen in Pommern
betleidet hatte, 1844 Pfarrer in Rehwinkel bei
Stargard, legte aber 1850, hauptjähli wegen
feiner Hinneigung zum Katholicismus, fein Amt
nieder und jtarb 30. November 1851 in Charlot:
tenburg. In der Abficht, die Angriffe gegen die
Echtheit der bibliſchen Erzählungen als bedeutungs-
(08, jowie den Werth der hiſtoriſchen Kritik über:
haupt als nichtig hinzuftellen, jchrieb er jeinen Ro
man, die Bernfteinhere, Berlin 1843, deſſen frei:
erfundenen Stoff er angeblich alten Quellen ent:
nommen haben wollte. Das Bud madte eine
zeitlang großes Aufjehen, täujchte viele Xejer, ver:
fehlte aber jeinen Zweck volljtändig. Noch meit
mehr gilt dies von jeinem ähnlichen Tendenz-Ro—
mane: Sidonia von Bork, die Klojterhere. Beide
mit feinen übrigen Werten in feinen gefammelten
Schriften. 8 Bde. Leipz. 1846—52.
Meinrad, der Heilige. Aus vornehmer Familie
— (ded Grafen von Hohenzollern ?) — gegen Ende
des 8. Jahrhunderts geboren, wurde erzogen in
der Schule der Abtei Reichenau. Zum Prieſter ge
weiht, legte er die Ordensgelübde ab und wurde als
Lehrer zu Bollingen am Zürider See, der Filialan-
jtalt Heichenaus, verwendet. u | einigen Jahren
zog er ſich ald Einfiedlerin eine Einöde des Etzel
zurüdund wich nach ferneren jieben Jahren vor dent
Zudrang des Volts in eine nohunmwegjamere Ein
jamteit, wo er ſich eine Kapelle erbaute. Räuber er:
ihlugenihn, 21. Febr. 863. Die Legende erzählt, wie
jeine Raben diejelben verfolgt und dem Gericht an
graeigt hätten. Nach 40 Jahren baute ein Domherr
enno oder Benedictus aus Straßburg die ver
fallene Zelle wider auf, andere Anadyoreten jam:
melten ſich um ihn, undjo entjtand 934 ein neues
Klofter mit einer der thebaeifchen Yegiongewidine
ten Kirche, die jpäter joberühmt gewordene Bene:
dictinerabtei Einfiedeln.
Meinwerk, Meginwert, Meginwarc, Megin:
ward. Der Sohn eines Grafen Jmed in der
dioecesis Trajeetensis und der Athela, deren Ra-
men als der deutjchen Medea berüchtigt geworden
ift, als jie, mit dem Grafen Baldericy in zweiter
Che vermäplt, ihren Sohn und Erben, ven Bruder
Meinwerk's, a der Burg Uplay bei Elten tödten
ließ. M., zum geijtlihen Stand bejtimmt, ward
auf den Schulen zu Halberftabt und Hildesheim
erzogen; hier hatte er den nachherigen Kaijer
Heinridy II. zum Studiengenofjen. Ranonitus ur
Halberſtadt, ward M. um 1001 bei Otto III, fai-
Meisner
jerliher Kaplan und 1009 von Heinrich IL zum
Bischof von Paderborn erhoben. Vielfach als Rath:
geber und Geſchäftsträger in Angelegenheiten bes
Reichs verwendet, begleitete er nicht nur Heinrich
IT. 1013 auf dem Römerzuge, ſondern auch feinen
Nachfolger Conrad 11.1026. Beide Kaifer nahınen
64
Melanchthon
Emſer, Cochläus und des Herzogs Georg, ging
unter Johann von Schleinitz (1518—37), das
Bisthum der tömifchen Kirche verloren. Der legte
Biſchof Kohann IX. von Haugwitz, legte 1587
fein Amt nieder und trat zum Proteftantis:
mus fiber; es wurde dann ein Vertrag zwischen
häufig ihren Aufenthalt zu Paderborn. M. wußte | dem Churfürften und dem Domcapitel abge:
ihre Gunft im Interefie feines Bisthums zu ver:
wenden und fich, nicht immer auf burchaus ehrliche
Weiſe, viele und bedeutende Schenkungen zu ver:
ſchaffen, welche bie frühere Armuth des Stifte in
Reihthun ummandelten. Dabei gab er fich aber
mit aufopferndem Eifer feinem bifchöflichen Be:
rufe hin. Das Kloſter Alt:Corvey, deffen Zucht
dur die wachſenden Reichthümer unteraraben
war, reformirte er 1017. Auch mit Cluny Inlipfte
er Berbindungen an; aufjeinen Ruf kamen um1015
dreizehn Mönche von dort nad) Paderborn, für
die er dad 1031 vollendete Kloſter Abdinghoffen
bei Baderborn baute. Mehrere Kirchenbauten in
Baberborn, Herford u. a. D. gingen von ihm aus,
ebenfo befeftiate und verfchönerte er die Stadt
Paderborn. Obgleich felbft von ſehr mäßiger Ge:
Iehrjamteit, jo daß er die Faiferliche Correctur fei:
ned Meßbuches pro mulis et mulabus ftatt pro
famulis et fanıulabus erft fpät merkte, beförberte
er doch die Studien und gründete zu Paderborn
eine Schule die einen quten Ruf erlangte. M.
7 1036. Sein firdlicher Eifer bei reinem Sinn
und frommen Wandel ward 1376 durch die Heilig:
ſprechung anerfannt. Sein Leben fchrieb ein Mönch
feines Alofterd Abdinahoffen 1155—60, bei Berk,
monum. Germ. Ser. XI. 104—161. Bgl. Giefe:
Bere, Geſchichte der deutſchen Raiferzeit II. 86—
Sner, Balthafar. (Geb, 1587, ward 1613
Brofeflor der Theologie in Wittenberg, nachdem
erin Wittenberg, Strafburg, Gießen und Tübin:
gen ftudirt hatte. Sein Hauptwerk ift die philoso-
phia sobria, Gießen 1611, wodurch er in einen
Streit mit dem Helmftäbtifchen Theologen, dem
Ariftotelifer Cornelius Martin verwidelt wurde.
Seine'pia desideria, nad) feinem Tode zu Frankfurt
1679 herausgegeben, zeinen, wie er die Mängel
der damaligen Kirche erfannt hatte. Er ftarb in
feinem 40. Jahre 1626, 29. Dec. Bal. Tholuck,
Wittenberger Theologen. Wittb. 1852.
Reiben, Bistum. Wurde ald Suffraganbis:
thum von Magdeburg durch Dtto I. zugleich mit
Merfebura und Zeit 938 angelegt (und 968 vom
Papſte ir de die Einführung des Chriften:
thums unter Slaven jenfeit der Elbe zu för:
dern. Da es dem neuen Bisthum an Grund:
befig fehlte, fo wurde der Zehnte von allem Gute
als eine allgemeine Laſt auf jeden Einwohner des
Sprengel3 geleat. Der erfte Bifchof war Burkhard,
%8—983, In der erften Periode feines Beftehens
hatte das Bisthum Vieles in den wiederholten
Kriegen der Slaven und Polen mit den Deutfchen
zu leiden, doch hob es ſich durch reihe Schenkun—
nen und erhielt einen Zuwachs durch' einen Theil
ber Merjeburger Diöceje; bie?Zahl der Klöfter
und Kirchen, darunter bie Collegiatlirche zu Wur:
son (eingeweiht 1114), mehrte fih. Am berühm:
teften, obgleich ohne jonderliche Verbienfte unter
den meißniſchen Bischöfen ift der heil, Benno, den
Hadrian VI. noch 1523 fanonifirte, um durch den
neuen Zocalbeiligen dem begonnenen Abfall des
Landes zumehren. Trog der Bemühungen eines
chloſſen, wonach ftetö ein Adminiſtrator aus dem
ächſiſchen Churhauſe gewählt werden follte. Durch
einen neuen Vertrag von 1663, der dem Chur:
haufe das Recht derfortwährenden Adminiſtration
übertrug, wurde das Stift vollftändig in Sachſen
einverleibt. In der Laufik erhielt der Decan
Zeijentritt das fatholifche Bekenntniß. Aufs neue
ift in Meißen eine Heine katholiſche Gemeinde im
vorigen Jahrhundert begründet.
eißniſches Interim, der frühere Rame für die
erfte Form des Yeipziger Interims.
Metta, dieiheilige. Stadt der Muhammedaner,
liegt in der arabiichen Provinz Hedſchas, 54 Mei:
fen entfernt von Medina. Die Stadt hat ihre Be:
deutung nur als der religiöfe Mittelpunft des J8;
lam und durch die Verpflichtung eines jeden Mu:
hammedaners, einmal eine Pilgerfahrt dahin zu
machen. Mit der Verminderung der Pilgerzüge
hat auch die Einwohnerzahl bedeutend abgenonmt:
men (fonft 10,000, jet kaum 4000). Das Haupt:
gebäude ift die Moſchee Beitullah d. i. Gotteshaus
oder El:Haram,d. i. die Unverlehtzliche, auf deren
ausgedehnten, mit großen —— umge⸗
benem Hofraum, die Kaaba ſteht. Die K. iſt ein
altes Nationalheiligthum, welches ſchon vor M.
von allen arabiſchen Stämmen verehrt wurde. Sie
iſt eine Nachbildung des himmliſchen Thronzeltes,
nad der Tradition von Abraham erbaut, nachdem
in der Sündfluth der von Seth errichtete Bau un:
tergegangen war. In einer Ede befindet ſich der
h. Stein, der vom Himmel heruntergefallen, und
nach der Sage anfänglich weiß, durch die vielen
Thränen über die Sünden der Menſchen ſchwarz
geworden ijt.
Melandthon oder Melanthon, valtivp, eig.
ermuthung
Schwarzerd (nah D. Strauß’
Schmwarzert — wie Örunert, Rothert — und von
Melanchthon jelbft mißverftanden‘, Geboren
den 16. Februar 1497 zu Bretten in ;der
Pfalz, der Sohn eines Waffenfhmiedes Geora
Schwarzerd (4 1507), durch feine Mutter Bar:
bara mit Reuchlin verwandt. Er erhielt feinen
erften Unterricht in der Stabtfchule und dann im
Haufe jeines Großvaters Reuter durch einen Haus:
ee Unger. Die lateinische Schule zu Pforzheim
bejuchte er 1507—1509 und bezog dann bie Univer:
fität Heidelberg, wo er, 13 Jahre alt, bereits jungen
Grafen Unterricht ertheilte und 1411 das Bacca:
laureatseramen beftand. Als ihm im folgenden
Jahre feiner Jugend wegen die Magiſterwürde
verjagt ward, begab er ſich nach Tübingen. Neben
den philoſophiſchen Vorträgen, die er hier begann,
| j Pi er
legte er fih auf das Studium ber Theologie, nicht
ohne ſich aud in andern Fächern der Biftenfcaft
in der Jurisprudenz, Aſtronomie und jelbit ver Me:
| diein umzufehen. Die Herausgabe einer griechifchen
Spradlehre begründete hier jchon feinen wiſſen
Ihaftlihen Ruhm. Durch Reuchlin, Erasmus und
N. angeregt und dem Humanismus gewonnen,
wurde er durd das Studium;der Patriſtik und
ber h. Schrift der kirchlich ſcholaſtiſchen Theologir
noch weit mehr entfremdet. Auf Reuchlin's Rath
Melanchthon
642
Melanchthon
lehnte er einen Ruf nad) Ingolſtadt und nad) Zeip: | alle ſpäteren ein Vorbild geweſen. M's. bervorra:
zig ab, um ald Lehrer der griehiichen Sprache an | gende Bedeutung für dad Reformationswerf aner:
die neue Univerfität Wittenberg zu gehen, wofür
ihn Reuchlin dem Churfürften dringend empfohlen
hatte, Seine Wirkſamkeit eröffnete er am 25. Aug.
1518 durch feine Antrittärede de corrigendis
adolescentiae studiis. Mehr auf den Rath feiner
Freunde als aus eigener Neigung trat er 1520 in
die Ehe mit Katharina Krabb, der Tochter des
Bürgermeifters zu Wittenberg. Zwifchen ihm und
Zuther war bald eine auf tiefe Anerkennung deö
beiberfeitigen Werthes gegründete engere freund:
ſchaft geiloffen; in den Vorlefungen über bib:
liſche Exegeſe, Römerbrief :c., die M. als Lehrer
der griechiſchen Sprache hielt, begrüßte Luther
mit Freuden die trefflihe Begründung jeiner
reformatorifhen Säße; bald wurde auch M. in die
theotogilche Facultät verfegt. In den kirchlichen
und wiſſenſchaftlichen Kampf um die Neformation
warb M. durch Luther's Disputation mit Ed, zu
welder er erſteren begleitet hatte, hineingezogen;
fein Brief über diefelbe an Decolampad rief einen
Angriff Eck's gegen ihn hervor, den er durch feine |
Schrift defensiocontra Eccianam inculpationem
zurüdwies. Im Jahre 1521 trat er in einer unter
dem Namen Didymus Faventinus an die Stände
des Reiches gerichteten Schrift als Vertheidiger
Luther's gegen die römischen Anschuldigungen auf.
Während des Aufenthaltes Luther’3 auf der Wart:
burg ſtand M. zu Wittenberg als das leitende
Haupt an der Spibe der reformatorifchen Bewe—
ung, fie vertheidigend und befürmortend bei dem
Cpurfürften, ſchützend und abwehrend gegen Carl:
ſtadt und die Zwickauer Propheten, Ihre ſchwär—
meriſchen Ausſchreitungen ſo wie ſpäter die Greuel
des Bauernkrieges haben, wie bei Luther, ſo auch
bei ihm Algen ur und befiimmend auf feine
firhenpolitiihen Anfichten eingemwirkt. In engiter
Berbindung und Einheit des Sinnes mit Luther,
verfaßte M. in den nächſten Jahren die dogmati—
fchen Begründungsichriften des deutſchen Neote.
ftantismus. Zunädjt erfhienen 1521 die loci
communes rer, theologicarum s. nn hi ver
theologicae, hervorgegangen aus jeinen Vorle—
Tungen über den Römerbrief (bid 1526 18 la:
teinifche, 9 deutiche Ausgaben, die dritte Bearbei: |
tung 1543, bis zum Tode M. mit 26 lateinischen,
10 deutſchen Ausgaben), 1524 die epitome
doctrinae christianae ad illustrissimum princi-
pem Hessorum, wodurd Philipp von Heſſen ge:
mwonnen wurde, 1550 die Augsburgiſche Confeffion
mit ihrer Apologie. Zu diefen Schriften muß dann
fannte der Chrentitel praeceptor Gerinaniae, ber
ihm beigelegt worden, viel mehr aber noch die
Thatjache, daß keine irgend wichtige Berbandlung
der evangeliihen Stände und Theologen ftattfand,
zu welcher er nicht zugezogen worden wäre: So
nahm er Theil am Marburger Religionsgeipräh
1529, den Reichſtagen zu Speyer 1529 und
Augsburg 1530, den Eonventen zu Schmalfalden
1537 und 39, zu Frankfurt 1540, den Religions:
gefprädhen zu Caſſel 1534, zu Wittenberg 1536, au
Hagenau 1540 und Worms 1541, zu Regensbu
1541, zu Worms 1557. Seine Beſonnenheit un
Meitherzigfeit, feine Friedensliebe und wiſſenſchaft⸗
lihe Tiefe ließen ihn als den erfhheinen, der, wenn
überhaupt irgend Einer, im Stanbe wäre, Die
jcharfen Gegenfäge zu vermitteln und auszuglei:
hen. Vielfach wurde er deöhalb auch nad) andern
Städten, nad) Nürnberg, Leipzig, Jena, Tübingen
und Frankfurt berufen, ohne daß er je fich hätte
entſchließen können Wittenberg dauernd zu verlaf:
fen ; ebenjo begehrte man ihn vergebens nad Frant:
reich und England ; nur wo es in Deutichland galt
die Reformation einzuführen, wie im Herzogthum
Sachſen und Meißen und imChurfürftentHum Köln,
fonnten mit Erfolg jeine Dienite in Anſpruch
genommen werden. Der Unterfchied der Denkweiſe
Melanchthon's von der Luther's, der fein ſpäteres
Leben verbitterte und auf die ganze Entwidlung
der deutſchen Theologie jo beftimmend eingemirkt
hat, offenbarte jich zuerjt in dem Verhältniſſe zu
‚den Schweiern. Bis zum Marburger Geſpräch
ftand er denjelben nicht minder entſchieden gegen:
über als Luther, und energiſch widerſetzte er ſich
noch 1529 jedem Bündniß mit ihnen; aber je län:
ger je mehr entfernte er fi im Laufe der Ver:
handlungen von der jtrengen Auffaffung Luther’s,
die bei ihm nicht wie bei diefem in dem jubjectiven
‚ Yebensgange und bem individuellen religiöfen Be:
dürfnifſe wurzelte; wie es ihm einerjeits genügte,
‚eine objective und reale, aber geiftige Mittheilung
Ehrifti im Abendmahl anzunehmen, jo fonnte an:
derſeits fein Bedürfniß einer wiſſenſchaftlichen
Rechtfertigung feines Glaubens bei Luther's apo⸗
dietiicher Exegeſe nicht ftehen bleiben. Luther ver:
argte esihm, daß erin den jpäteren Ausgaben der
Gonfejfion 1540 feiner neuen Ueberzeugung Aus:
drud gab, wie denn überhaupt jegt mehr und mehr
‚ die fcharfe Differenz der beiderfeitigen Perſönlich⸗
nod gezählt werden der Tractat de potestate
Bin den ber Schmaltaloner Fürftenconvent ihm
au
if
gehören hierhin die Witten — —
welche den Kaiſer 1545 zu Worms vorgelegt wer:
den follte und die Repetitio confessionis Augu-
stanae saxonica, welche beftimmt war, dem Trien:
tiner Goncil die proteftantifche Zehre zu entwideln).
Steichzeitigaber hatte er ih um dDieBegründungdes
neuen Kirchenweſens das größte Verdienit erwor⸗
hen durch den 1525, bei Gelegenheit der großen
ſächſiſchen Kirchenvifitation, an welder er felbit
den ———* Antheil nahm, verfaßten „Un—
terricht der Viſitatoren und Pfarrherrn im Chur:
ſächſiſche Kirchen: und Schulordnung und iſt für
etragen hatte und als Anhang zur Augsbur-⸗
* Confeſſion ſanctionirte. (Aus ſpäterer Zeit |
teiten zum Vorſchein trat. Auch von anderer Seite
unter den Evangeliſchen wurde M. heftig angegrif:
fen. Seine Lehre von der Nothwendigkeit des Gr:
ſetzes hatte Agricola ſchon 1527 bekämpft, von
neuem griff feinen Synergismus (bona opera
causa sine qua non) Cordatus 1536 an; aber jo:
wol die Willigfeit, mit welcher M. den anftöhigen
Ausdruck fallen lie, als die unerſchütterliche Liebe,
welche er Yutber bewahrte, verhinderte noch einen
Brud, der indeß beinahe bei Gelegenheit der Köl:
ner Reformation 1544, deßhalb eingetreten wäre,
weil M. mit Bucer übereinitimmend von derlutheri:
ſchen Abendmahlslehre abgewichen war. Eine neue
2 in M's. Leben beginntmit Luther's Tode
en Anlaß zu den Angriffen, deren er ſich fortan
bis zufeinem Tode erwehren mußte, gab fein Ver:
halten bei dem Erlaß des Jnterims, wodurd er als
rürftenthum Sachen”. Diefe Schrift bildet die erfte
Yeiter und Tonangeber der deutſchen proteitanti:
ſchen Kirche allerdings Anftoß erregen mußte. Doc
Melanchthon
mar die Nachgiebigkeit, die er hier bewieß, nicht fo:
wohl Charakterihwäcde, jondern hing zuſammen
mit den Hoffnungen, dieer trog Allem auf be
jegte, deſſen zeitweilige Nachgiebigkeit den Prote-
itanten gegenüber er zuedel und mit zu geringem
Verſtändniſſe für die Motive der Politik beurtheilte
und alö Zuneigung deutete, — ferner mit feiner
Ueberzeugung von derRothmwenbigteiteineräußeren
Kirchenform, um berenmwillen er ſogar einjt die Mög:
tichfeit nicht verworfen hatte, daß die Kirche ſich
von Neuem dem Bapfte unterwerfen könne; aller: |
meift aber damit, daß er nicht unterſchied, daß das,
was für ihn nad) feiner religiöfen und miffen:
ihaftlihen Stellung in der That ein Adiaphoron
(Gleihgültiges) war, jo daß er ed Andern zu Lieb
auf ſich ehmen konnte, für die Menge des Volks
eine gang andere Wirkung und Bedeutung haben
mußte. So konnte er den billigern Vergleich, den
Ehurfürft Mori im Leipziger Interim bot, für
annehmbar halten, da die Kirche damit dem vom
Kaifer aufgeitellten Proviforium entging, deſſen
Unvereinbarfeit mit den evangelifhen Grund:
lägen M. fich nie verborgen hatte. Er hat aber
auch feinen Anjtand genommen, feinen Jrrthum
bez. des Interims einzugeftehen. Allein der An:
ftoß war gegeben und wurde von feinen Gegnern
benugt, von denen es auch übel gedeutet wurbe,
daß er dem Rufe nad) Jena an die neubegrünbete
Univerjität nicht folgte, fondern in Wittenberg
troß der eingetretenen Veränderungen aushielt.
(Mährend der Zeit, in welcher die Univerfität im
Schmaltaldiſchen Kriege aufgehoben war, hatte
M. zu Braunfhweig gelebt.) In einer Reihe von
donmatifchen Streitigkeiten zwiſchen den Gnefio:
lutheranern ( Flacius Jlyricus an ber Spige) und
den Schülernund Freunden Melanchthon's, in den
interimiftifchen , adiaphoriftifchen, majoriftifchen,
ag: dern he ge wurde
der Unterſchied der Melanchthon'ſchen Denkweiſe
von der Luther'ſchen in Bezug auf freien Willen,
natürliches Verderben, Rechtfertigung, gute Werke,
Kirche und Abendmahl während einer ununterbro:
chenen eifrigen Thätigfeit des Mannes im Dienfte
der Kirche, bei Verhandlungen, Reihstagen und
Conferenzen immer mehr zum Gegenftand bes
Verdachts und des Angriffs. Unverhüllt trat das
Beitreben der Flacianer hervor, Melanchthon per:
ſönlich zu demüthigen, auf dem Convente der
Lutheraner zu Weimar 12. Januar 1556 und zu
Coswig, jo daß ſelbſt M's. Geduld riß und er die
Verhandlungen abbrach; noch mehr auf dem Re:
ligiondgefpräd zu Worms 1557, wo die Yuthe:
raner zur freude der Katholiken fi) von ihm los:
jagten, indem fie zuerft die Verdammung aller
Dererverlangten, bievon der Auguftana abgefallen
feien. Die leivende Geduld, mit welcher er dieſe
Anfehtungen trug, fprad) fi in dem befannten
Gebetswunſche aus, befreit zu werden von der
rabiestheologorum,der ihm erft am 19. April 1560
durch einen jeligen Tod erfüllt wurde, In den ek:
ten Lebensjahren hatten ihn zudem manche Sorgen
nebeugt, die ihm fein leichtſinniger Schwiegerjohn
Sabinus verurfachte, zuletzt der Tod feiner Gattin
1557, den er, auf einer Reife in Heibelberg abwe⸗
ſend, erfuhr, Sittlih anfehtbar hat auch der bit:
terite Haß feiner Gegner in jeinem Leben nichts
auffinden können, ald das Botum über die Dops-
pelehe Philipp's von Heſſen, bei dem allerdings
die weltlichen Bedenten über die möglichen Folgen
643
der Weigerung für die Kirche, den Sieg über die
'tiefinnerfte Ueberzeugung davontrugen. Belannt
n Raifer | ift, wie der Schmerz der Reue ihn 1540 in Weimar,
Melanchthon
auf der Reife zum Geſpräch nad Hagenau, dem
Tode nahe brachte und ihn erft Luther's kräftiges
Wort und Webet errettete. Die Friedenäliebe,
welche ihn charakterifirt, ging niemals fo weit, daß
er —— irgend Weſentliches von der evangeli⸗
chen leberzeugung geopfert hätte, männlich verant:
wortete er fich beim Kaiſer vielmehr 1542 während
des Regensburger Geſpräches darüber, daß er von
den Seundertilein nichts laſſen könne. So hat er
freilich oft auch gegen Luther feine Selbftändigfeit
ewahrt, aber jeine des Widerftandes nicht jehr
ähige Natur empfand doch die fefte, unbeugfame,
oft eigenmillige Berfönlichkeit Luther's nicht jelten
wie einen Drud, Beider Individualität iſt grund:
verjhieden, und man kann jagen, daß in ihnen
die jpäteren Geftaltungen in der ——
der proteſtantiſchen Kirche und Theologie ſi
gleichſam vorgebildet fanden. Während in Luther,
dem vorzugsweiſe religiöſen Charakter, der nach
der Energie ſeines Weſens feſte Formen bedarf
und aufrichtet, ſowol die Orthodorie als ber ſpä—
tere Pietismus feinen Ausgangspunkt findet, iſt
M., in deſſen Perſönlichkeit das ſittliche Element
vorherrfht und der den Humanismus, ſtatt ihn
von ſich abzuſtoßen, mit jeiner evangelifhen Fröm:
migfeit Durchdringt, das Vorbild der mit Lefling
beginnenden neueren proteftantiichen er re
Der Einfluß Melanchthon's auf die proteftantiihe
Kirche und ihre Theologie ift ein außerordentlich
tiefgreifender, jo daß trotz des Sieges feiner kirch⸗
lichen Gegner, welche durch die Concordienformel
und die Vorgänge in Churſachſen (f. d. A. Phi:
(ippismus) die Melanchthon'ſche Richtung in der
Kirche auf Jahrhunderte völlig unterdrüdten, den:
noch die Autorität M.'s fortwährend ausdrücklich
—— und feine Hauptſchrift loci communes
das allgemeine Lehrbuch blieb, welches aller Be:
handlung der Dogmatik zu Grunde gelegt wurde.
Erft die fpätere Orthodorie nahm feit Lyſer und
Hutterus feinen Anftand, M, der mehrfachen Irr—
lehre zu bezüchtigen und ſich offen von ihm loszu:
fagen. Aber aud) dann ift Die Förderung, welche nicht
bloß das Reformationswerkan ſich, ſondern auch die
wiſſenſchaftliche Bildung der Deutſchen überhaupt
durd) ihn empfing, nie verfannt worden, jo wenig
wie die Anregung, die für das ganze Land von dem
wiffenfhaftlichen Geifte ausging, den er unter fei:
nen zahlreichen Schülern fo wie durch feine häufig
wieveraufgelegten Lehrbücher über Philofophte und
Rhetorif, 3. B. de Jdialectica, de anima, epitome
hilosophiae moralis in die weiteſten Kreiſe ver:
reitete. Ein Verzeichniß der ſämmtlichen Schriften
M's. lieferte Rotermund (Bremen 1814). Die be:
deutenditen Bekenntniß⸗ und Lehririften find ge:
fammelt in dem Corpus doctrinse misnicum
oder philippicum, welches 1560 als öffentliche
Lehrnorm in Sachſen publizirt wurde. Seine
fänmtlichen Schriften mit Ausnahme der Reben
erſchienen Bafel 1541,5 Bde. Eine (unvollftändige)
Ausgabe der opera bejorgte fein Schwiegerfohn
Peucer, Wittenb. 1562—64. Die vollftändigfte gab
Bretfchneiber im Corpus reformatorum, 28Bände.
Halle u. Braunſchw. 1831—60. Sein Leben ſchrieb
zuerit fein Freund Camerarius, Val. ferner Mat:
thes, Phil. Mel, Sein Leben und Wirken aus den
Quellen dargeftellt, Altenburg 1841. Plant,
Melanchthoniſche Schule
raoceptor Germaniae Rörbling 1866. Schmibt::
DRelandhthon, in der Sammlung: Xeben und aus:
gewählte Schriften der Väter ıc. der lutheriſchen
Kirche. Elberfeld 1861. Galle, Verſuch einer
Sharakteriftit Melanchthon's als Theologe (Halle
1840). Bopulär : Ledderhoſe, M.nac feinem äußern
und innern Leben, Heidelberg 1847. Wohlfahrt,
Melanchthonsbüchlein 1860.
Melandthoniige Schule. S. Philippiften.
Meldiades, Melciades, Miltiades, aus Afrika
oder Spanien gebürtig, jeit 311 Nachfolger des
GEufebius auf dem päpftlihen Stuhle. Kurz nad)
feiner Erhebung ſaß er auf Geheik des Kaifers
Conſtantin d. Großen 313 mit 5 galliſchen und 15
italienifchen Biichöfen zu Gericht über die Dona:
tiften und jegte Cäcilian von Karthago in jein
Bisthum wieder ein. Die gegen ihn von den An:
644
Meletius
auf ſeine Perſon der Hebräerbrief feinen Beweis
für die Meffianität Jeſu. Ueber bie Anſicht bes
Berfaflers des Hebräerbriefes felbit von der Per:
fon des M. ſiehe Bleef im Commentar zum He:
bräerbrief und Rud. Nagel in den Studien und
Kritiken 1849, 2,
Melchiſe dekiten einc hebräiſche Secte unter Füh⸗
rung bes Theodotus des Wechslers, welche in
eine Zeit lang beftand. Sie hielten Chriftus für
einen bloßen Menfchen, untergeordnet unter Mel:
hifedef. In diefem verehrten fie eine göttliche
Kraft von unbefanntem Urjprung, den Hoheprie:
fter ber Engel und himmlischen en, während
Ehriftus, der Fürbitter für die Menſchen, nur fein
irdiſches Abbild geweien fei. Die Sekte warfomit,
wenn aud aus dem Öegenfaß gegen den Gnoſticis
jelbft eine gnoſtiſch⸗ anti:
mus hervor ngen,
hängern deö abgejegten Donatus von Garthago | ——— — ——— haer. sab. II, 5. 6.
erhobene Beihuldigung, er ſei eintraditor, wider: |
legt Augujtin. Unter ihm ſchenkte Eonjtantin der
römifhen Kirche den lateranenfifchen Palaft.
Erverbot das Faſten am Donnerjtagund Sonntag
als eine heidnifche Sitte und gab das Decret, deſſen
Sinn noch immer unflar ift »ut oblationes con-
secratae per ecclesias ex consecratu episcopi
dirigerentar, quod declaratur fermentum.« +
314 und zwar nicht, wie Platina behauptet, als
Märtyrer. Die vom h. Bernhard verfaßte Lebens:
beichreibung des M. ift nur in einer Abjchrift zu
Cambridge vorhanden.
Melchiſedel, König von Salem (König der Ge:
rechtigkeit), 1. Mof. 14, 18, 30g dem Abraham bei
defjen Rüdtehr von dem fiegreihen Zuge nad) Da:
mascus entgegen und ward dafür von jenem reich
‚beichentt. Seine Berfon ift zum enſtand viel:
facher Erörterungen geworden, weil der Hebräer:
brief fie benußt, um die Erhabenheit des Briejter:
tyums Chriſti über alles levitiſche Prieſterthum
darzuthun. Nah dieſer Stelle hielten ihn Viele
gar nicht für einen Menſchen, jondern für ehe
reg des h. Geijtes, oder einer göttlichen
aft oder für eine vorübergehende Erfeinung
des Logos, aud für einen Engel. Andere juchten
in M., um ihm eine bejondere erhabene Stellung
zu geben, Henoch, Ham, Sem u eriennen. Das
alte Teitament weiß von dem Allen nichts. Eben:
jo vergeblich ift, immer von dogmatifhen Bor:
ausfegungen aus, darüber gejtritten worden, ob
M. Semite oder Hamite geweſen jei. Unzmeifel:
haft war M. der König eines Stammes im
ipätern Jerufalem, denn die Richtung des
Zuges Abraham's läßt kein anderes Salem anneh:
men. In ihm hatte fich äbnlid wie in Abraham
aus dem vorderafiatifhen Naturdienft die Ers
fenntniß eineö ewigen Gottes herausgearbeitet,
dem er in den einfachſten und natürlichiten For:
men diente (ein Briefter des höchſten Gottes), aber
feine Gotteserlenntniß bat fich in feiner Weife
auf jein Volk oder jeine Nachlommen übertragen.
Er fteht in religiöfer Beziehung ohne alle geichicht:
lihe Bermittelung da, und am meiften außerhalb |
aller Verbindung mit der in Abrahams Haufe ſich
aejhichtlich entwidelnden Religionsidee. So ift er
ein Beweis nicht nur dafür, daß es auch außer:
alb Iſraels eine Erkenntniß Gottes geben konnte,
ſondern auch und noch mehr dafür, dab die An:
| die orthodoren Katholiten in
Melditen (von Melech, König), Kaijerchriften,
ten und ben
Iyrifchen Provinzen im Gegenjage zu den Mono:
phyjiten und Kopten. Sie erhielten von diefen den
‚ Namen wegen ihres Gehorfams gegen bie kaiſer
‚liche Macht, welche von Eonftantinopel aus den
Anſchluß an die Lehre und das Dogma der Kirche,
wie fie das Konzil von Chalcedon 451 f t
tte, befahl. Nachrichten über fie und ihren Cultus
inden Be Aſſemani. Vgl. Neander, Kirchen:
geichichte III, 176.
\ Meldenins Rupert. Der Urheber des Spruchs,
»In necessariis unitas, in non necessariis libertas,
in utrisque caritas, der früher dem Auguftin zu:
ejchrieben wurde, bis Lüde 1850 den wahren
utor nachwies. Bon jeinen Lebensumftänden
ift gar nichts befannt und es eriftirt nur eine Schrift
von ihm ohne Jahres: und Ortsangabe, Parae-
nesis votiva pro pace ecclesiae ad Theologes
Augustanae Confessionis (ohne Jahr und Drt),
die während des breißigjährigen Krieges geſchrie
ben ift. Das Nothwendige in der Lehre beſchränlkt
er — übrigens ein treuer Belenner der Concor:
| dienformel — auf die deutlihen Hauptlehren in
Schrift und Katechismus und das Durch Ueberein⸗
ſtimmung aller gg m Anerkannte. Bgl. Züde,
über das Alter, den Verfafler, die urſprüngliche
Form ꝛc. des kirchlichen Friedensipruches. Göt:
tingen 1850.
dorf, ein Kirchipiel in Diethmarſchen, dei:
en Kirche 776 erbaut, dann von den Sachſen zer:
ſtört und nad) 803 wieder hergeftellt wurde und
eit 834 als eine der 4 Tauffirhen Holfteins un:
‚ter Hamburg ftand, hat eine traurige Berühmtheit
ey durch die Mißhandlung und Verbrennung
ı des Auguftiners Heinrich Moller (S.d. Art.) 1524.
Die Unthat hatte die Folge, daß das ganze Kirch:
ſpiel zur lutheriſchen —* übertrat. 1527 ward
Klarenbady hierhin alö Diakon berufen; aber ebe
er fam, erreichte ihn jein Geſchick.
Meletind und das meletianifhe Schiöme in An
tiochien. In Antiohien hatten die Arianer feit
330 das ee aber die nicänifhe Parteı,
bie an dem 331 auf einer arianiſchen Synode in
Antiohien abgejegten Biſchofe Cuftathius (daher
aud) Euftathianer genannt) hing, erhielt ſich als
eigene, von Athanafius und den Seinigen allein
anerfannte Gemeinde. Als Eudorius, der Biſchof
betung Gottes nicht an die befondere, durch das | der Arianer nad) Gonftantinopel gewählt war, er:
moſaiſche Geſetz beftimmte Weiſe Ifraels gebun:
den war; und mit Rückſicht auf Yepteres gründet
langte Meletius von Sebaite in Armenien den
antiocheniſchen Biihofftuhl, von dem aber ver
Meletius
arökere Theil feiner Partei fich losſagte, als er
fehr bald der nicänifhen Lehre fich zuneigte,
Die Euftathianer hielten fi, aud als ihr von
ihnen als rehtmäßiganerfannter Bifchof geftorben
war, unter einem Preäbyter Paulinus gleichfalls
von Meletius fern. Das Conzil zu Alerandria
362 fuchte durch milde Beitimmungen wie über:
haupt die firchliche Spaltung fo auch diejen Streit
zu bejeitigen ; fein Abgefandter, Zucifer von Ca:
laris weihte aber den Baulinus zum Biſchof, ftatt
eine Bereiniqung der Meletianer und Euftathianer
herbeizuführen. Die Spaltung wurbe aufrecht ge:
haften, ald die Meletianer aus Furcht vor dem
Sabellianismus die Lehre von den Onpoftafen be:
tonten und die Euftathianer die Jrrlehre des Mar:
cellus verwarfen. Die Abendländer anerkannten
den Paulinus, die Morgenländer den Meletius als
den einzigen rechtmäßigen Biſchof. Obgleich Me:
letius ſich 363 auf der Synode zu Antiochien offen
zum Nicänum bekannte und in hohem Anjehen
als Führer der zur Homooufie des Sohnes
übertretenden Semiarianer ftand, auch Bafilius
eine Einigunaq mit Athanaſius zu vermitteln juchte,
fonnte man fi) in Rom 375 (Bifhof Damafus)
nicht entjchließen, Meletius, ber inzwiſchen in der
aegen die fogenannten jüngeren Ricäner gerich-
teten Berfolgung des Kaiſer Balens vertrieben war,
anguerlennen; im Gegentheil konnte M. nicht ein:
mal durch die Sendung zweier Gefanbten nad
Rom verhüten, daß eine Synode der Decidentalen
877 ihm für einen Ketzer erllärte, Nach dem Tode
des Balens kehrte M.378 in fein Bisthum zurüd; der
faiferfiche Statthalter erflärte ihn auf Grund feines
ntnifles zum Ricänum für den rechten und le⸗
ganimen Biſchof und übertieferteihm die arianifchen
Kirchen nach dem Geſetz des Theodofius von 380,
nad welden allein der nicäniiche Lehrbegriff für
das Reich Geltung haben follte. Es fcheint, daß
zwifchen den beiden Antiocheniſchen Parteien nun
der Bertran gaefchloffen worden, nad dem Tode
des einen Biſchofs feinen wieder zu wählen, fon:
dern fich dem Ueberlebenden zu unterwerfen. M.
+mwährend des zweiten öfumenifchen Congils, 881 gu
Gonftantinopel. Sofort wurde an feine Stelle durch
die ſyriſchen Biſchöſe der PresbyterFlavian gewählt
und vom Conzil anerlannt. Damaſus und die
Abendländer aber weigerten demſelben bie Kirchen⸗
gemeinſchaft. Ebenſo wählte nach dem Tode bed
Paulinus defien Partei ihm einen Nachfolger in
der Berjon des Evagrius. Erft dem Chryſoſtomus
gelang e8 398 eine —— zwiſchen Flavian
und Theophilus von Alexandrien, und durch dieſen
mit dem Abendlande zu Stande zu bringen. Aber
erſt der zweite Nachfolger des Flavian, Alexander
lonnte dadurch, daß er ſelbſt mit ſeiner Gemeinde
nr an ihrem Gottesdienfte Theil nahm, 415
ie Euftathianer, die nad) dem Tode des Evagrius
feinen neuen Bifchof gewählt hatten, wieder mit
der Gemeindevereinigen. Vgl. Walch, Ketzerhiſtorie
4. Bo.
Weletins non Lykopolis und die meletiantfche
Spaltung in Yegypten. Die Quellen über dieſelbe,
nämlih Epiphanius, Athanaſius, und die 1788
von Maffei entvedten und zu Verona herausge⸗
aebenen Fundamentalurfunden ſtimmen nicht
völfig mit einander überein. M. war zu Anfang
des 4. Jahrhunderts Bifhof von Lyfopolis in
Thebais, jein Bisthum folgte im Range auf Ale
645
Melito
ſchen beiden entftand eine Spaltung; ungewiß
bleibt, ob ſie durch dad verschiedene Verhalten gegen
die Gefallenen veranlaft wurbe, gegen welche Be:
trus eine größere Milde wollte eintreten laſſen.
Gewiß ift, daß M. in andern Diözefen, beren Bi:
ichöfe in der diocletianifchen Verfolgung im Ge-
fängniß ſaßen, obne Noth kirchliche Wethen vor:
nahm. Bier der Bifchöfe richteten dieferhalb ver:
gebens ein gemeinfchaftlihes Ermahnungsſchrei⸗
ben an ihn (bei Maffei). Betrus aber ſchloß ihn
von der Kirchengemeinichaft aus und verweigerte
fonar der von ihm und feinen Anhängern ertheil:
ten Taufe die Anerkennung. Daß M. den Göken
aeopfert ift eine höchſt wahrfcheinlich ungegründete
Behauptung feiner®egner. Die große Bedeutung des
meletianifhen Schismas, bei welchem Meletius in
allen Diözefen feine Anhänger hatte, veranlaßte
die Synode von Nicäa zu ihrem 10. Ganon, in
dem fie beftimmte, dak M. awar den Titel eines
Biſchofs behalten, aber Feine Weihen mehr erthei:
len bürfe, auch follten die von ihm gemweihten Ele:
riter den von Merander in Alerandria geweihten
nachftehen und erft nad) neuer Handauflegung in
erledigte Stellen einrüden. M. fügte ſich; als
‚ jedoch nad Alerander’3 Tode fein Nachfolger Atha:
naſius fchärfer gegen Meletius auftrat und dann
ı biefer den von ihm bezeichneten Johannes zu fei:
nem Nachfolger erhielt, hielten Die Anhänger des
Meletius an dem Schisma feft und fchloflen fich,
aus Oppofition gegen Athanafius zum Theil fo:
gar an die Arianifhe Partei an.
Melite, die Inſel Malta im mittelländifchen
Meere, auf weldher Paulus nad dem Sciffbrud
Apg. 38, 1 drei Monate verweilte. Die Einmwoh:
ner waren phönizifcher Abkunft, daher nennt fie
Paulus Barbaren. Die Meinung, daß die Inſel
Melleda im abriatifchen Meere zu verftehen Sei, ift
als unhaltbar von Allen aufgegeben. Bol. James
Smith, the voyage and Shipwreck of St. Paul
etc. Zond, 1848. Auf M. hat die engliſch⸗lirchliche
Miffionsgefellichaft feit 1815 eine Station für die
Miſſion im Drient errichtet.
Melito, Biſchof von Sardes in Lydien, lebte
um die Mitte des 2, Jahrhunderts, und mar einer
der größten Gelehrten und fruchtbarſten Schrift:
fteller jener Periode. Man weiß von feinem Leben
nur, daß er ehelos lebte, wegen feiner Gelehrjam:
feit und Frömmigkleit ein faft prophetiiches Anſehen
genoß, dem Marc. Aurel(f. d. Art.)eine Apologie für
das Chriftenthum überreichte und eine Reife nach
Syrien und PBaläftina unternahm, um nad) den
ächten Büchern des alten Teftaments zu forjchen.
Bann er geftorben, wird nicht angegeben, wahr:
fcheinlid war es kurz nad 170. Seine Schriften
find ſämmtlich verloren und nur in Fragmenten
(vgl. Routh, relig. sacr. vol. I.) vorhanden; bei
Eufebius (Kirchengeſchichte IV. 26) ift ein unvoll⸗
tändiges Verzeichniß derjelben bewahrt. Sie er:
treten fich über alle fichlihe Fragen der Zeit
4. B. den Paſchaſtreit, den Montanidmus, über
Dogmatifund Eregefe, Apologetif und biblijche Kri:
tif. Daß er ald Dogmatiler zu denen, weldye Gott
eine Leiblichkeit beilegten, gehört habe, ift eine
wahrſcheinlich ungegruͤndete und auf einem Mi:
veritändniß beruhende Behauptung des Drigenes ;
aud) Daß erMontanift geweſen, ift unwahrſcheinlich.
edenfalld vertrat er aber mit Entſchiedenheit die
ottheit des Logos und die Stellvertretung im
randrien, weiches damals Petrus inne hatte. Zwi: | Tode EChrifti. Vgl. Piper, Melito von Sarbes,
Melt
Theol. Studien und Kritifen 1838. Stei, ebend.
1856 u. 1857. Pressens£, histoire des trois pre- |
miers siecles. II, 2; p. 166. Welte, Tübinger
theol. Duartalfchr. 1862. p. 302 ff.
Melt. (Mölk.) Das Benediktinerftift in Nie: |
deröftreih, an der Stelle des römiſchen Namare |
war feit 984 die Reſidenz der Babenberger Her:
zöge, welche hier ein Stift von weltlichen Cano: |
nifern (Schon 861 erwähnt) begründeten. 1089 |
wurde biejes den Benebiktinern libergeben. Durch
Schenkungen und Privilegien ward die Abtei
in der folgenden Zeit reich und berühmt, auch
die Schufe wird bereitö rühmlich erwähnt; ae-
aen Ende des 14. Jahrhunderts ſank fie aber in
defto tiefern Verfall. Papſt Martin V. fandte nad
den Beichlüflen von Conſtanz 20 Benediftiner aus
Subiaco zur Reform des Klofters, und jebt ward es
der Mittelpunft der Benediktinerreform in Oeſtreich
und Deutfchland, „der Congregation von Melt".
Seine Blüthezeit hatte das Stift in der erften
Hälfte des 18. Jahrhunderts, wo feine Mitglieder
fih durch Gelehrſamkeit und wiſſenſchaftliche Ar⸗
beiten, befonders aefchichtliche, auszeichneten. Mit
der Abtei ift ein Gymnafium und eine theologische
tehranftalt verbunden. Bal. Keiblinger, Geſchichte
des Benebiftineritifts Melf, Wien 1851.
Mellarth (= Stabtlönig). Der Name dedSon:
nengottes Baal, Moloch, Heracles, bei den Ty—
riern, als des Nationalgottes. Seine Verehrung
geht in die älteften Zeiten hinauf, fein berühms |
teſter Tempel ftand bei Tyrus.
Melville, Andreas, Melvinus, aeb. 1545 in
Schottland, ging 1564 zur Vollendung feiner Stu:
dien nach dem Gontinent, ftudirte in Paris, Boi:
tierd und Genf und lehrte hier eine Zeit lang an
der Ncademie, 1594 kehrte er mit dem Rufe eines
ausaezeihneten Gelehrten und einem Empfeblungs:
briefe Beza's in die Heimath zurüd und wurde von
ver Generalverfammlung der fchottifchen Kirche
zum Profeſſor der Theologie und Prinzipal der
Univerfität Glasgow ernannt, welche Stelle er
1580 mit der Leitung des theol. Seminars zu S.
Andrews vertaufchte. Durch ein Pfarramt, welches
mit feiner Brofeffur in Glasgow verbunden war,
zur Theilnahme an den firhlihen Beriammlungen
berufen, wurbe er durch feine Gelehrfamteit und
die Unerfchrodenbeit feines Weſens bald der Füh—
rer der Schotten in dem Kampfe für die Freiheiten
der Kirche gegen König Jacob I. Nädjit Anor ift |
er der hervorragendfte Mann in der fchottifchen |
Reformationsgefhichte.e 1584 wegen aufrühre: |
riſcher und hochverräthifcher Reben in feinen Pre: |
dinten vor das Gericht des Geheimenraths aeftellt,
entfloh er aus feiner Haft zu Edinburgh nad) Eng:
fand. Nah Arran's Sturze 1585 fonnte er wieber
heimfehren und jein Amt libernehmen, fette aber
nicht minder feinen Widerftand gegen die von Ja:
cob beabfichtigte Einführung des Episcopaliyftems
fort. Ein Epigramm, welches er auf den ihm pa:
piſtiſch ſcheinenden Ritus in der königlichen Ca:
velle machte, hatte eine neue Verurtheilung zur
Haft im Tower 1606 zur Folge. Auf Anfuhen
Heinrich's von Bouillon, der ihn ala Profeſſor der
Theologie an der Academie zu Sedan anzuftellen
wünfchte, ward er 1610 nach Frankreich verbannt,
+ 1622 zu Sedan. — Einen getreuen Gehülfen
hatte er an feinem Neffen Jacob M., Profeflor |
u ©. Andrews, vorher zu Glasgow, darnad) 1590
harter einer Landgemeinde, jpäterhin zu Aufts |
646
Menander
ruther. Seine Autobiographie gehört zu den Duel:
fen ſchottiſcher Kirhengeihichte diefer Periode.
Val. Calderwood, history ofthe Kirk of Scot
land — 1625, mit Urkunden, beite Ausa. 1842
— 1849. Bal. Rubdloff, Reformationsgefchichte,
Berlin. 1854.
Memoria, im Sprachgebrauch der Kirchenväter
eine, zum Gebächtnik eines Heiligen auf deſſen
Grabe errichtete Gapelle.
Memphis. Die alte Hauptſtadt Unteräayptens.
in ber Bibel Jeſ. 19,13. Seren. 2,16 ; 46,14. Ezech.
30,13. 16, Hof. 9,6 erwähnt, foll von dem Aönia
Mened auf dem Raum, den er durch Ableitung des
Nils in ein neues Bett gewonnen hatte, erbaut
fein. Der von ihm errichtete prächtige Tempel
des Btah wurde von den Nachfolgern innmer mehr
vergrößert und ausaeihmüdt. Pſammetich baute
ben Tempel des Apis. In der Nähe der Stadt
befinden fi die Pyramiden, die ägyptiſchen Kö—
nigsgräber. Nachdem die Hyffos Aegypten erobert
und von Memphis aus beberricht hatten, behielten
bie ägyptiſchen Könige nach deren Vertreibung ihre
Refidenz in Theben, bis die 21. Dynaſtie nad
Memphis zurückkehrte. Unter den Ptolemäern ſank
M. durch dad Aufblühen Alerandria’s, war aber zu
Strabo's Zeiten noch bedeutend. Die wenigen
Ruinen der Stadt finden fi beim Dorfe Mitra:
henny, einige Stunden von Kairo. Bal.Rofenmül:
ler, Bibl. Alterthumstunde III S. 290.
Menahem 760-750 König von Iſrael. feld:
herr des von Sallum ermordeten Sacharja empörte
er fich negen des Uſurvators Herrichaft und errana
für fi) den Thron.” Seine araufame Gemüthsart
bezeugt die Behandlung ber Stabt Thiphfab 2Räp.
15, 16. Die Zuftänbe Iſraels fanfen unter ihm
in jeder Beziehung, er war weder im Stande, bie
Ordnung im Innern herruftellen, noch das Land
nad Außen zu ſchützen. Syrer und Bhilifter riffen
Stüde vom Reich ab. Unfchlüffig, auf melde
fremde Schusmacht, Aeaypten oder Affyrien er
fich ſtützen folle, erfaufte er fih die Freundſchaft
Phul's von Affyrien durch ein Geſchenk von 1000
Talent Silber, die er durch Umlage auf bie reihen
Einwohner zufammenbradhte. Unter M. wirkte der
Prophet Hofea, defien Schilderungen die tiefe Ge:
funfenheit des Reiches Iſrael unter demfelben er:
fennen laſſen. Val. Hofea 4.1 ff. 5, 1 ff. 6,8 ff.
u. ſ. m. — Gap. 14. Menahem’s Nachfolger war
fein Sohn Pekahja 2. Kön. 15, 14—22: 1. Chron.
re Ewald, die Propheten des A. B. J, S.
321 ff.
Menaion. Diejenigen Kirchenbücher der Grie:
chen, welche mit den für jeden Fefttan beitimmten
Gebeten und Hymnen zugleich kuͤrze Lebensbeſchrei⸗
bungen der Heiligen enthalten. Sie vfleaten
monatsweiſe in Bände getheilt au fein. Auszüne
aus den vorhandenen Handichriften find mehrfach
gedrudt. Val. Auaufti, Denkwürdigfeiten. Los.
1817—31 8. 12. Du Cange, Lex med. et infim.
graeeitatis. Bar, 184050.
Menander. Ein Samaritaner aus Raparattäa,
wie Dofitheus, Schüler des Simon. Maaus, Stif:
ter einer famaritanifchen Secte, der er ſich ſelbſt
als den Erlöfer bezeichnete und die er dur ma:
giſche Künfte gewonnen haben fol. Die Kirchen:
väter bezeichnen diefe Secte, die nicht lange Be:
ftand gehabt hat, irrig als eine chriftliche. Pal.
Euseb. Hist. Eccl. III, 26. IV,22, Irenaeus, adv.
haer. I, 21 Justin. M. Apolog. I, 26.
Mendäer
Mendäer, richtiger Mandäer, d. h Anhänger
bes Manda de hajje, des Wortes des Lebens, find |
eine hriftusfeindliche Secte im Morgenlande. Bon
den Muhammedanern werden fie für Sterndiener
gehalten und als Nachkommen der im Koran er:
wähnten Sabier betrachtet; fie felbft bezeichnen fich
andern gegenüber ald Sabaeer, d.h. Täufer. Die
Namen Johannischriften und Johannisjünger rüh:
ren von chriftlichen Gelehrten ber, die Bezeichnung
Nazaraeer wird von den M. felbft nur bervorra:
genden Gliedern ertheilt. Die Secte, welche im
vorigen Jahrhundert noch 20000 Seelen zählte, ift
unter den Drud der Muhammedaner bis auf ca.
1500 zuſammengeſchmolzen, welche meift als Gold:
Ihmiede, Tifchler und Eifenarbeiter in Chufiftan
und bei Bagdad, am Euphrat und Tigris leben.
Ihre Religion bildet ein Gemifh aus gno—
ſtiſchem Chriftenthum, Judenthum und Heiden:
tum; ihre Lehre ift enthalten im Sidra rabba,
„das große Buy“, auch Ginfa, Schaf genannt, eine
Zuſammenſtellung verſchiedener von verichiedenen
Berfafiern und verschiedenen Zeiten herrührender
Abſchnitte. In gnoftifcher Weife laſſen fie aus dem
Mana rabba „dem Herrn ber Glorie“ das erfte
Leben, den geoffenbarten, in der Welt wirkenden
Gott, und aus diefem zunächſt das zweite Leben
und dann ben Manda de hajje hervorgehen.
Jenes wurde, weil eö fich über das erfte erheben
wollte, aus dem reinen Aether ausgefchloffen und
in bie Lichtwelt verfet, diefer aber, derMandade
h., bleibt bei dem Bater; fein Name ift „der Herr
der Welten, der geliebte Sohn, der qute Hirt, der
Aoyos, ber Erlöjer, der den Teufel bezwang“ — der
Ehrijtus der Mendäer; er offenbart fich dem Men-
ichen in feinen Söhnen (auch als feine Brüder be:
zeichnet) Hibil, Schithil, Anuſch — Abel, Seth und
Enos. Aus dem Bornehmften der Uthre (Enael),
die aus dem zweiten Leben hervorgehen, dem Aba:
thur, dem Richter der Todten, ging hervor Gabriel,
647
beruht, fo ift ihre Geſchichte unzuverläffig und
Mendelsjohn
mit Erbihtungen und Mythen ausgefhmüdt. Sie
feiern die Sonntage und außerdem 4 Firdliche
Feite, von denen das höchſte das Panticha, das
Tauffeft ift, an welchem jeder Mandaeer fi tau:
fen faflen muß. Die Frömmften thun dies aber
jeden Sonntag. Die Taufe fann nur in fließen:
dem Wafler geichehen, fo daß dadurch die Lage
ihrer Kirchen bedingt ift. Mit der Taufe verbunden
iſt das Abendmahl, wobei fie einen in der Kirche
bereiteten Teig und Waſſer genießen. Zur Feier
des Pantſcha gehört das Verzehren der Lämmer,
| die der Priefter fchlachtet. Ihre Kirchen find jehr
Hein, da fie nur von den Prieftern, nicht von der
Gemeinde betreten werben. Unter ben Prieftern
befinden ſich Grabunterichiede. Die Weihe wird
ertheilt vermittelt Handauflegung eines Oberprie:
ſters (Ganfıbra). Die Priefter (Tarımida) vollziehen
‚die Trauungen. Die Schaanda find Gehülfen der
Briefter, ähnlich wie Diafonen. Auch Frauen, wenn
fiean einen Geiftlichen verheirathet find, lönnen bie
Würde ihres Mannes erlangen. Die priefterlie
Kleidung ift ganz weiß, wie es eigentlich auch bie
aller M. fein jollte; da dies aber die Muhammeba:
ner nicht erlauben, fo bedienen fie ſich wenigſtens
ber lichten Farben. Die Vielweiberei ift unter
ihnen gejtattet und gewünſcht, aber Niemand hat
| mehr als zwei frauen. Scheidung ift nicht er:
laubt und fchließt von felbft aus der Gemeinfchaft
aus, Im Uebrigen befleißigen ſich die M. großer
fittlihen Strenge, fchließen ſich aber in Allem
Aeußern möglichit eng an die Muhammebaner, un:
ter denen fie leben, an. Bal. L. E. Burckhardt,
‘Les Nazorees ou Mandai-Jahja 5 ordi-
nairement Zabiens et Chretiens de St. Jean
Baptiste, Secte gnostique, Strasbourg 1840.
Chwolſohn, die Szabier. Petersb. ger Beter:
mann, deutiche Te 1854, 1856, und Reifen
im Orient. 8. II. 1861.
ald Abathur's Bild fich fpiegelte im fchwarzen | Mendelsfohu, Moſes, einer der hervorragend:
Wafler der Tiefe; Gabriel, das dritte Leben, (auch | ften philoſophiſchen Schriftfteller des 18. Jahr:
Pthahil genannt) ſchuf die Erde und die Menfchen, | hundertö, welcher, namentlih durch feinen gro:
denen Abel, Seth und Enos den von Mana gehol: | fen Einfluß auf feine jüdiſchen Glaubensgenoffen
ten Geift einhaudhten. Der Menich bat aufer auch für das religiöfe Leben von Bedeutung ift.
Körper und (thieriiher) Seele ald Drittes den | Geb. 6. Sept. 1729 als der Sohn eines armen
(himmlischen) Geift. Die Quelle alles Böfen im | jüdischen Schullehrerä zu Deffau, empfing er feine
Menſchen ift die Rucha (Seele). Die Dämonen | erfte geiftige Nahrung aus dem alten Teitamente,
aber, die als Sterne an den Himmel gebunden | in welchem er aud) immer die ewigen Grundſätze
find, ſuchen dem Menſchen, ftatt ihm zu dienen, | der Vernunftreligion erfannte. 1743 kam er nad)
nur zu Schaden. Ihr Oberfter ift Ur (feuer), auf
ihm rubt der Weltbau. Die Menjchen waren ur:
iprünglich alle fromm, wurden aber, weil ihrer
zu viel waren, dreimal vertilgt, vr durd) die
Sündfluth. Abraham, Moſes und Jefus find die
drei falfhen Propheten, welde die Menſchen ver:
führten. Zu gleicher Zeit mit Johannes, der von
Jeſus getäufcht, ihn taufte, kam der jüngere Bru—
der des Hibil, Anuſch, welcher die mahre Religion
verfünbigte, den falſchen Meſſias entlarvte jeinen
Kreuzestod bewirkte und, in die Lichtwelt zurückge⸗
\ Berlin, wo er nad) ſchweren Kämpfen um die Eri:
| ftenz endlich als Hauslehrer und jpäter Theilneh:
mer aneinem Seidengeſchäft eine Berjorgung fand.
Seit 1755 ftand er in freundichaftlicher Beziehung
zu Leſſing. Seine Schrift „über die Evidenz der
metaphyſiſchen Wiſſenſchaften“ erhielt 1763 den
‚Preis der Berliner Academie. Bebeutend, auch
für die Theologie find die beiden Schriften: „Phä:
don oder die Unsterblichkeit der Seele” 1767, und
„die Morgenftunden” 1785. Die Schrift „Jeru:
falem oder über religidje Macht und Judenthum“
fehrt, feine Propheten ausfandte. Der lebte faljche
Prophet war Muhammed (Achmat). Nach 5000
Jahren wird die ganze Menjchheit wieder vernich:
tet, und ein neues Menſchenpaar geihaffen werden.
Nach 50000 Jahren wird Ur die Welt verfchlingen,
1783, hat namentlich unter dem —5 einen weit
ehenden Einfluß hinterlaſſen: M. iſt durch die:
Peibe der eigentlihe Begründer einer freifinnigen
Richtung innerhalb des neueren Judenthums ge:
worden. Seinen Freund Leifing, dem in feinem
dann plagen und das AU ift nur noch eine Licht: | Nathan Mendelsſohn ald Original vorjchwebte,
melt. ı vertheidigte er noch kurz vor feinem Tobe (4. Jan.
Da die Mendäer Feine Gejchichtöwerfe be: | 1786) gegen den Vorwurf des Spinozismus, wel:
figen und Alles bei ihnen auf der Tradition cher von Jacobi erhoben worden war. Eine Auf:
Menbelsfohn-Bartholdy
648
Menken
forderung Lavater's, zum Chriſtenthum überzutre⸗ 814 Sorgfältig erzogen, beſuchte er die ver:
ten, lehnte er entſchieden ab. Seine gef. Schriften | ſchiedenen Staaten, in welche damals China zer—
find herausgegeben von G. B. Mendelsjohn, 7 Bde., | fiel, ald Lehrer der Tugend und Weisheit. Sein-
Leipzig 1843—45. Vgl. Kayferling, M. M.,
sig 1862.
firhlihen Mufif von Bedeutung. Geb. 3. Febr.
1809 zu Hamburg, der Enkel des Vorigen, zeich:
nete er fich ſchon jehr frühe durch hervorragende
Talente für Mufif aus. Er ftubirte zu Berlin,
wurde nach einer dreijährigen Kunftreife durd) Eng:
land, Frankreich und Italien Mufikdirector in
Düffeldorf, 1835 Director der Gewanbhausconcerte
in Leipzig, 1843 Generalmufifdirector der Kirchen:
mufifen in Berlin, befand fich aber ſchon 1845
wieder in Leipzig, wo er am 4. November 1847
ſtarb. „In der ftrengen Schule Sebaftian Bach's
und in der Kunftberrlichleit Hänbel’3 gebildet, hat
M. das unmittelbare Gotteswort zum harmo—
niſchen Ausdruck tiefen erbaulichen Ernſtes wie
heitrer Kunſtſchönheit gebraucht, ſo im lyriſchen
Schwunge ſeiner Pſalmen, mehr dramatiſch im
Paulus und Elias; er wurde wie Rafael, bevor er
ſein Chriſtus-Ideal in feiner Sprache verwirklicht
hatte, hinweggenommen.“ Das großartige Dra:
torium „Paulus“ wurde 1836 vollendet, der, Elias“
in Birmingham 1846 zum erften Mal aufgeführt.
Bal. Reifmann, F. M., fein Leben und feine Werte
Berl. 1866. Gumpredt,Unfere Zeit 1866. Devrient,
Erinnerungen an. Mendelsfohn:Bartholdy Leip:
zia 1869,
Menelaus (Bol. 2. Matt, 4, 23—5, 23; 13,
1—8.), ber Bruber des Verrätherd Simon, (2.
Makk. 4, 23) wurde von Jaſon, welder das Ho:
heprieftertbum bei Lebzeiten feines Brubers, des
Onias, von Antiohus Epiphanes erfauft hatte,
su einer Botihaft an den König geſendet und be:
nutzte die Gelegenheit, durch einllebergebotvon 300
Talenten bie Hohevriefterwürde an fich zu bringen,
welche er danach 10 Jahre lang (172— 162) jcyän-
dete. Nur mit Hülfevon Raub und Gewalt konnte er
lich behaupten. Um den Kaufpreis des Hohepriefter:
thums zu gewinnen, beraubte er ben Tempel und
beſtach den ſyriſchen Statthalter, der Onias ermor:
den lieh, Während eines Nufenthaltes des M.
in Antiochia brach wegen ber fortgeſetzten Berau:
bung der Schatlammer ein Aufftand in Jerufa:
lem gegen ihn und feinen Bruder und Statthalter
Lyſimachus aus; diefer wurde erfchlagen, M. aber
wußte fich Durch Beitehung aegen die Anklage ber
Juden bei dem Könige fo zu ſchützen, daß bie Ges
fandten der Juden ſchimpflich hingerichtet wurden.
Die hiedurch entftehenden Unruhen in Jerufalem
und Raläftina, in welchen Jaſon fid des Hoheprie:
ſterthums wieder zu bemächtigen fuchte, gaben Ans
tiochus den Anlaß, Jerufalem und den Tempel zu
vlündern, wobei ihm M. behülflich war und viele
Sraufamleiten verübte. Eifrig förderte M. das
Streben bes Königs, griechiſche Sitten in Baläftina
einzuführen. Während des Maflabäeraufftandes
ſcheint er das Land verlafien zu haben; ald er bei
Antiohus Eupator fih um fein Amt wieder be:
warb, wurde er als Urſache der ganzen Empörung
angellagt und zu Berda als Tempelräuber hinge:
richtet. Dal. Ewald, Gef. Iſraels, B. IV.
Mengsfe (Lehrer Meng), Mencius, neben Kons
fucius der erfte Lehrer und Weiſe der Chinefen
und als heilig betrachtet, geboren um 400 v. Chr.
Leips | durch Kürze, Frifche und Originalität ausgezeichne⸗
ten Geſpräche, von feinen Jüngern niedergefchri-:
Mendelsjohn:Bartholdy, Felir, der ausgezeich: | ben, aelten unter dem Namen „Buch des Mena“
nete Componift, ift auch für die Entwidfung ber | als eined der „Bier Bücher“ zur Erziehuna und
— — — —
Bildung der chineſiſchen Jugend. Das Buch iſt
mehrfach überſetzt: Lateiniſch von Noel. Prag
1711. Julien Paris 1824. Franzöſiſch von Pau—
thier in „Les quatre livres de philosophie morale
et politique.“ Paris 1851.
Menius, Juſtus, rin. Menia. Geboren zu Ful⸗
da 13. Det. 1494 oder (wahrſcheinlicher) 13. Sept.
1499, aab feine Abficht ins Kloſter zu treten auf
und ftubirte feit 1514 au Erfurt und zu Witten
berg. In näherer Verbindung mit Job. Erotus,
Eoban Heffe, fpäter mit Luther ftehend, warb er
1524 Pfarrvicar im Flecken Mühlberg, dann Pfar—
rer in Erfurt, 1528 Superintendent in Eiſenach und
nahm wiederholten Antheil anden reformatorifchen
Verhandlungen und Zufammenfünften. So wurde
er 1527 zu der großen fächfifchen Kirchenvifitation
zugezogen; 1529 wohnte er dem Geſpräch zu Mar:
burg bei, 1536 betheiliate er fih an ber Wittenberaer
Concordie, 1537 am Tage zu Schmalfalben, 155%
an der Kirchenvifitation in den albertinifchen Län:
bern, 1541 am Wormfer Colloquium, 1542 an ber
Reformationzu Mühlbaufen und wurde 1546 Zu:
perintendent von Gotha, ohne Eiſenach aufgeben ın
müffen. Dem Interim widerjegte er ſich ebenio,
mie er vorher zum Widerftand, (der Nothwehr) ar:
aen ben Haifer gerathen hatte. Wie mehrere feiner
frühern Schriften mit Borrebe von Luther benlei:
tet waren, fo vertrat er auch in den ofiandrifchen
Streitigfeiten den Standpunkt der Drtbodorie, als
er zu deren Schlichtung mit nach Preußen aefen:
det wurde. Amsdorf's Berufung nad Eiſenach ver:
widelte ihn bald während der Kirchenviſitation
1554 in einen Streit mit bemfelben, weil er den
Sat ded Major: „Gute Werke feien zur Seligfeit
nöthia” nicht unbedingt verwerfen wollte. Geaen
eine Anklage beim Hofe vertheidiate er fih 1555
von Halle aus, wohin er fich zurlidgesogen hatte,
und fonnte fein Amt 1556 wieder übernehmen.
In Folge mehrer Schriften von Flacius und Ams:
dorf und ihrer Machinationen warb jedoch fchon
im jelben Jahre die Unterfuchung gegen ihn wie:
der aufgenommen und ein Colloquium zu Eifenah
gischen ihm und dem Jenenſer Strigel abgebalten.
Menius verftand fich hier zuannehmbaren Erläu:
terungen, wiberfprach aber deſto beftiner ven Dar:
ftellungen, bie feine Gegner über das Refultat des
Colloquiums verbreiteten. Da man ihm bies als
Berläumdung audlegte, bielt er fih im Lande für
nicht mehr ficher, [eate fein Amt nieder und aina
1556 im Dctober nach Zangenfalza ; troß der Bit:
ten feiner Kirchenvorfteher kehrte er auch nicht mehr
zurück, weil der Herzog bie von ihm aeftellten Ar
dingungen nicht bewilligte. Auf Melandthon's
Empfehlung erhielt er bie Pfarrftelle an der Tho
masfirche zu Leipzig wo er 1558 geftorben ift. Me
lanchthon gab in der Vorrede zu den 1559 erſchie
nenen Predigten bed M. eine Furze Biographie
und Charakteriftif. Bol. Corp. Ref. IX. Plant,
Geſch. des proteft. Lehrbeariffs. IV. G.2. Schmidt,
Auftus Menius, der Reformator Thüringens.
Gotha 1867, 2 Bode.
Menten, Dr, Gottfried, ift geboren 29. Mai
Menten
1786 zu Bremen; jeine Mutter war eine Enfelinvon
Dr. F. U. Lampe (5. 0.9.) Schon als Schüfer
durd) Yavater’s Cinwirlung von tief erregtem veli:
giöjen Leben ergriffen, bezog er 1788 die Univerjität
Jena. Abgeſtoßen von dem hier herrſchenden Ratio:
nalismus und Rantianismus beſchloß er, ein „hei:
liger Zdiot* zu werden und legte ſich einzig auf
das Studium der Bibel, mit dem er die Lectüre von
Paracelfus und Böhme verband. Rod) kämpfend mit
mancherlei Zweifel bezog er 1790 die Univerfität
Duisburg. Durd den Umgang mit dem Rektor
Hajenlamp ward er mit den Schriften Bengel’s
und des Arztes Collenbuſch befannt, durd welche
die bereitö eingeſchlagene Richtung feines Wefens
entſchieden und in perjönligem Verkehr mit Kol:
lenbuſch, Hoffmann u. A. befeftigt wurde. M. be:
fand ſich ſchon jept in einem bewußten, fajt fana-
tigen Gegenjag gegen die in Duisburg herrſchen⸗
de oberflähliche Neologie und machte Re in einer
anonymen Schrift, „Beiträge zur Dämonologie
oder Widerlegung ber Pet, ro Auffäte des
Heren Prof. Grimm“, Frankfurt und Lpz. 1798
Yuft, welde auf der einen Seite die höchſte Er:
bitterung erregte, auf der andern mit Wohlgefal:
len und nertennung aufgenommen wurde. Nach⸗
dem M. vor der Duisburger Elafjis jein Candida«
tenegamen bejtanden hatte, verbrachte er ein Jahr
als Hülfsfandidat des alten Predigers Schöller in
Uedem und ging in gleicher igenfhaft 1794 nad)
Frankfurt a/M. Aus diefer Zeit ift feine zweite
anonyme Schrift „Ueber Glüd und Sieg der
Gottloſen“, worin er der Meinung entgegentritt,
daß das Glüd der Franzofen ein Zeichen ihrer
Gottgefälligkeit jei. Ins Pfarramt trat er 1796
zu Weplar, ward dann 1802 nach Bremen als Ba:
jtor an S. Pauli berufen und 1811 au S. Martini
verjegt; 1825 ehrenvoll emeritirt, jtarb er 1. Juni
1331 nad) einer einflußreihen und reich gefegneten
Wirkſamkeit alö Prediger, gründlicher Katechet und
erbaulicher Schriftfteller. Als Prediger ift er durch
jeine eingehende
individualifiren verjtand, von Einfluß aud für
die homiletifche Bildung geweſen. Seine hrijtliche
gediegene Perjönlichkeit 2 fich nicht gebunden an |
die Dogmen und ſymboliſchen Schriften der Kirche,
mit denen er frei genug verfuhr, aber bejto enger
band er fi an den Buchjtaben des Neuen Teita:
ments,
fen Schärfe gegen alle wirkliche oder vermeintliche
Neologie, d. ) gegen Alles, was jeine Anficht
von der Bibelinſpiration nicht theilte, wie es ihm
dagegen aud widerfahren mußte, daß er von der
Orthodorie wegen Yeugnung der ftellvertretenden
Genugthuung Chrifti als ein Jrrlehrer angegriffen
wurde. Jedenfalls hat jeine geiftvolle Art, den Zu:
jammenhang der Schrift zuerfaffen einem tieferen
Verftändniß derjelben in der Gemeinde vorgear:
beitet. Schriften: Chriftlihe Homilien, Nürnberg
1798. Neue Sammlung 1802. Homilien über den
Propheten Elias, Frankf. 1804. Monardienbild, |
1802 und 1809, eine Auslegung von Daniel 2.
Ueber die eherne Schlange, 1812. Der Meffias ift
elommen, 1809 u. 1829 — Crllärung von 1.
—* 5,6—12. Betrachtungen über das Evange: |
lium Matthäi, 1809; 2 Bde. 1822; unvollendet. |
Veitfadenzum Unterricht für Confirmanden, 1817.
Ausg. 1826. Predigten über Hebr. 8., 1821. Ho:
milien über Hebrüer 9.16. 12, erſchienen nad) ſei—
649
Zertbehandlung, welche den ge:
botenen Stoff gejhichtlih zu entwideln und zu
Menno
nem Tode 1881. Achtundzwanzig Predigten, (ſeine
beſte, rein homiletiſche Schrift), 1825. Blicke in das
Yeben des Apoitel5 Paulus und der erjten Chri:
jtengemeinen. Bremen 1828. Bon fremder Hand
herausgegeben erſchien nod eine Sammlung ſei—
ner ‘Predigten, Köln 1817, Fejtpredigten aus dem
ſchriftl. Nadlaffe G. M.'s. Eine Jubiläumsgabe
zum 100jährigen Geburtstage M.'s, 29. Mai 1868.
Bremen 1863. Cine Karakteriftit M.'s lieferte
Dfiander in der Tübinger Zeitjchrift 1832, be:
jonders gebrudt Bremen 1832. Sem Leben ſchrieb
3. H. Gildemeifter, Yeben und Wirken des Dr. tl.
G. Menten. Bremen 1861. Vgl. aud) deffelben
„Briefe G. Mentens an H. R. Achelis.“
Mennas. Geboren zu Alexandrien, beſtieg den
Patriarchenſtuhl zu ie durd) die Wahl
des Kaiſers er „als auf Betreiben des
Papſtes Agapet I. der durch den Einfluß der Kaiſe—
rin Theodora, Juſtinian's Gemahlin, ernannte
monophyfitiiche Patriarch Anthimus auf dem Eon:
zu zu Gonftantinopel 536 abgejegt worden war. Er
war der erjte orientalische Biſchof, dem durch einen
römijchen Bapft die Weihe ertheilt wurde. In Ver:
bindung mit dem Katjer vertrieb er alle bedeu—
tenden Nonophyfiten aus der Hauptjtadt und von
den Biſchofſitzen. Im Dreicapiteltreite (ſ. d. N.)
ließ er fich zur Unterzeihnung der beiden gegen
die drei Gapitel gerichteten Faiferlichen Evicte v.
3. 541 u. 551 bewegen; deshalb ſchloß ihn der
Papſt Bigilius 551, 14. Auguft, von der Kirchen:
gemeinihaft aus. Mennas unterwarf fi dem
päpftlihen Stuble und leiftete den auferlegten
Widerruf. + 552. Somohl die Lateiner als die
Griechen verehren ihn als Heiligen 24/25 Auguft.
Vgl. Barmann, Politik der Päpſte. Elberf. 1808. I.
Neander, Kircheng. III. 3.
Menno (Meno) Simons und die Mennoniten.
Zu Witmarfum, einem Fleden in Dftfrieslano
unmeit Franeker, wahrſcheinlich 1496, nicht fpäter
als 1498, geb., ward M. um 1524 Paſtor im Dörj:
hen Bingjum. Schon hier jtiegen in ihm Zweifel an
der Transjubftantiation auf, die ihn bewogen, dir
ihm nad) feinen eigenen Worten noch ganz unbe:
fannte h. Schrift und dann Luther's und Bucer's
Werte zu lefen. Doch wurde er erjt zu wahren
geiftigem Leben erwedt durch die Berührung mit
den Wiedertäufern und den Märtyrertod des „from:
men Helden Side Schneiders" zu Leeuwarden
aber ließ er aud nicht von feiner jhrof-| 1531, während er bis dahin ein weltliches, unge:
regeltes Zeben geführt hatte. Bald darauf als
‚ Prediger in feine Geburtsgemeinde berufen, be-
gann er wenigjtend mittelbar
gegen Rom aufzu:
treten ; er brach völlig mit der Kirche und gab jein
Amt auf 1535, als fein Bruder, ein Führer der
Wiedertäufer, die das Klofter bei Dokkum er:
ftürmt hatten, hingerichtet worden war. Nach fei:
nem Austritt aus der Kirche und erlangter Wie:
dertaufe verjah er das Amt eines Reifepredigers
in den Heinen wiedertäuferijchen Gemeinden,
welde weder mit den Münſter'ſchen Anfichten, noch
mit den fanatijchen der Batenburger, noch den anti:
teinitarifchen der David» Foriften eine Gemeinſchaft
halten wollten, gegen welche auch Menno ſich ſchon
1535, in einer Schrift gegen Johann von Zeyden,
jehr ne erflärt hatte. YAngefeindet und verfolgt
von Katholiten wie Protejtanten, fo daß 1543 ein
Preis auf feinen Kopf geſetzt war, wirkte er als
Reijeprediger und Bischof (Aelteiter) in Friesland,
Niederdeutihland, Holjtein, Medlenburg und Ziev:
Menno
tebte er auf feinem Bauerngütchen Woejtefeld bei
Didesloo, von wo aus er Jahre lang jein Amt
in den Gemeinden verwaltete. 7 1501. Seine
Hauptichrift ift das „Fundamentbuch von dem rech⸗
ten riftlichen Glauben.“ Amfterdam 1539, eine
einfache Darlegung der vornehmiten Glaubens:
Wahrheiten und Pflichten. Außerdem ſchrieb er
verihiedene Traftate und Gelegenheitsſchriften
über die Trinität, Bann x. Seine Werfe, von
denen er die legten in feiner eigenen Druderei
in Woejftefeld drudte, find zuerſt — heraus⸗
eben 1600 unter dem Titel: Sommaria, of
ylinvergadering van sommige schriftelyke
Bekentenissen des geloofs, mitsgaders eenige
waarachtige Verantwoordingen, gedaan dor
Menno Simons, Amsterd. 1600. Eine beffere Aus:
gabe 1631 unter dem Titel Opera omnia theolo-
giea, of al de Godgeleerde werken van Menno
Simons. Menno’s leitender Gedanke war die Her:
jtellung des Reiches Gottes durch die Begründung
einer reinen und heiligen Gemeinde. Daher wurde
die unbedingte Autorität der Bibel bis zur Unter:
werfung unter den Buchitaben gegen die Schwarm:
geiiter fejtgehalten, Die Kindertaufe verworfen, weil
nur freiwillige und wiedergeborne Chriften in die
Gemeinde eintreten dürften, daher das Dringen
auf praltiſches Chrijtentyum und Weltentfagung
in ernjter jtrenger Sitte, Daher unbedingtes Fern:
halten von den weltlich gejinnten Gemeinden, da—
her endlich Verbot von Kriegsdienit und Prozeß—
führung, Eidesablegung und Chejcheidung, Die
Kirchenzucht und der Bann.
hieran ſich jede Entwidlung der Gemeinſchaft im
Guten und im Böjen heften. Noch zu Menno’s
Zeiten trat eine Spaltung der Gemeinden ein, da
viele heftige Eiferer ji auf dem Colloquium von |
Wismar 1554 mit jeiner eignen milderen Ge:
finnung nicht einverjtanden zeigten,
Bigten wurden jogar 1557 unter dem Namen
Schedemakers aus der Gemeinde ausgeſchloſſen
und vereinigten ſich allmählich mit früher ausgetre:
tenen freier Geſinnten, den Franekers und den
Waterlanders, (Bewohner des Waterlandes, N.
Holland) während die Strengen, denen Menno
unter dem Einfluß von L. Boumens, Aelteſten zu
Emden, ſich endlich auch anſchloß, 1556 ſich auch
wieder theilten, wodurch allmählich ſo viele
Secten entſtanden, daß Hugo Grotius um 1616
ſie unzählbar nannte. Zu der ſtrengen Richtung
gehörten die Groninger, die alten Flaminger
oder Danziger, (nach ihrer von der Danziger
Gemeinde entiehnten Kirdenzudt) Die
fynſten, zu welch legteren die Harten (Harte,
Bekümmerte, alte Friejen) gehörten, die Jan:
Jalobsgefinnten, die Uke-Walliſten (nach ihrem
Stifter, einem Bauern im Groningerlande). Die
berühmtejte Trennung iſt die der Amjterdamer
Gemeinde durd) den Kampfdes Bredigers Dr. Ga:
lenus Abrahams de Haan und ſeines Collegen
Apoſtool 1664. Die erjte Partei nannte ſich Lam—
miften, dieje ZJonijten (Sonniften), nach den Ge:
bäuden, in denen ihre Zujammenfünfte ſtattfan—
den. Die Spaltungen wurden erleichtert durch
Die ganze Art des Gemeinſchaftslebens. Ein enge:
rer organijcher Verband unter den Gemeinden
fand nicht ftatt; ebenjo fehlte es an theologiſch ge:
bildeten Predigern, deren Stelle die Liefde- (Lie—
beö:)prediger, freiwillige Prediger, einnahmen ; da⸗
650
land, In den legten Jahren ſchwach und kränklich,
Naturgemäh mußte :
Die Gemä:
Aller: |
Menno
durch erhielten Gewohnheiten, Sitten und Pri—
vatmeinungen einen ungebührlichen Einfluß. Schr
' lange dauerte es, ehe Die Mennoniten auch nur
in Holland freie Neligionsübung erlangten. Die
Weigerung des Eides und des Kriegsdienſtes
ı machte fie fortwährend verdädtig; dazu wurden
| fie immer mit der fanatiſchen, ihnen fremden Bar:
tei der Münſterſchen Wiedertäufer verwedjjelt :
daher unaufhörliche blutige Berfolgungen. Erftuns
‚ter Wilhelm I. 1581 wurde eine Berfammlung der
ı Gemeindevorfteher geſtattet; keineswegs aber wur:
den ihnen in allen Provinzen gleiche Hechte einge:
räumt, Troß dieſer Hinderniſſe breiteten fi die men-
nonitifschen Gemeinden immter weiter aus. Derglei-
de Drud Dale fie dann den Remonftranten,
Verwandtſchaft ver Geundgedanken den Labadiiten
und Herrnhutern, von denen Viele zu ihnen über-
‚traten. Gleichen Zuwachs empfingen fie von den
‚ Baptiften, die 1694 aus der Schweiz und jpäter
aus der Pfalz verbannt wurden und bei ihnen
| liebreihe Aufnahme fanden, Im Laufe der Zeit
find in der Mennoniten-Gemeinſchaft bedeutende
Beränderungen eingetreten, jo daß zwiichen den
‚heutigen M. und der urſprünglichen Stiftung Men-
no's der Unterjchied jehr groß ift. Die Kırden
zucht wurde zunächſt bei allen Parteien gleichmä—
Big unmöglidy, die frühere Abfonderung ım xeben
hörte mit dem Drude auch auf, und von den alten
Sitten ift nur eine nody bemerfbare größere Ein:
fachheit und Vermeiden des eigentlichen Luxus ge:
blieben. Bon Einfluß aber war es, daß die Noth
dazu trieb, einen Predigerftand aufzurichten, da
durch den Mangel an geeigneten Lehrern viele
Gemeinden zur reformırten Kirche übertraten.
Die Amjterdamer Gemeinde zum Lamm jtellte
zuerjt 1680 ihren Prediger Galenus Abrahams
de Haan als theologischen Yehrer auf; die Schüler
bejuchten dann das remonjtrantifche Seminar, bis
1735 ein eigenes taufgefinntes Seminar ins Xe:
ben trat, welches jeit 1801 der ganzen in Diefem
Jahre vereinigten Amfterdamer Gemeinde, jeit
1511 der „allgemeinen Nennoniten-Societät zur
Beförderung des Predigtamtes” angehört. Die
unabhängige Selbſtſtändigkeit der einzelnen Ge:
meinen, die ſich durch ihren Kirchenrath vermwal:
teten, blieb bejtehen ; ein Verſuch zu einer kirchli
hen Organiſation der Taufgejinnten unter ver
franzöſiſchen Herrſchaft kam nicht zur Durchfüh:
rung; zur Zeit aber haben ſich alle Gemeinden an
die 111 gejtiftete allgemeine Mennoniten: Socie:
tät angeſchloſſen, welche eine jreiwillige Vereini-
gung des Benteinden zur Förderung der gejamm:
ten Intereſſen daritellen will und zunädjt das
Seminar in jeine Obhut nahm, Allein aud) dieſe
Bereinigung beſchränkt nicht die Freiheit der ein:
zelnen Gemeinden bezüglich ihres Cultus und ibrer
Gemeindeeinrichtungen. Ebenſo wenig giebt es
ein gemeinſames Symbol; obwohl einige Anſatze
gemacht ſind, ein Glaubensbekenntniß aufzujtellen,
jo iſt immer das praltiſch-chriſtliche Intereſſe zw
ehr vorwiegend geblieben, als dag die mennont-
tiſche Lehre in bejondern Dogmen figirt worden
wäre. Daher fonnten ihre Prediger das Remon:
jtranten:Seminar beſuchen, und das Taufgefinn:
ten:Seminar zeigt in der Reihenfolge jeiner Yeb-
ter die wechjeinde Aufeinanderfolge der theologt:
ihen Schulen und Richtungen. Yu erwähnen ıft
noch, daB die Mennoniten:Gemeinde, zu Der ein
großer Theil der am meilten Begüterten gehört,
Menologion
ſich bei allen gemeinnügigen Angelegenheiten aus: ı
zeichnet; ihr Einfluß auf diefem Gebiete iſt ein
bedeutender gewejen. Aus ihrer Mitte gingen
hervor die maatschappy tot nut van het alge-
ıneen, de Kwekschool voor de Zevaart, die Tey»
ler'ſche theologiſche Geſellſchaft in Haarlem u. a,
Stiftungen. Auch an der Miſſionsarbeit betheili—
ligen ſie ſich und haben drei eigene Arbeiter auf
Java. Ihre Anzahl iſt in dieſem Jahrhundert
wieder von 27000 (1808) auf 42000 geftiegen. Die
meiften (je 1000) wohnen in Friesland und Nord:
olland, etwa 7000 in Dveryfiel und Gröningen.
* Südholland finden ſich nur die Gemeinden zu
Rotterdam u. Leyden; in der Prov. Utrecht nur eine; |
in Geldern vier, nämlich Arnhem, Zütphen, Rym—
wegen, Winterswyf; in Zeeland zu Middelburg und
Bliſſingen. In Verbindung mit den pollänbilchen
Gemeinden jtehen einzelne Mennoniten-Gemein:
den am Niederrhein, von denenGrefeld die beveu:
tendjte, während die andern allmählich ausfterben,
und die Gemeinden zu Emden, Leer, Norden, Dam:
burg, Altona und Friedrichsſtadt. Neben einzelnen
Eolonien in Südrußland, Moldau, Siebenbürgen.
und Ungarn, und Heinen Gemeinden im Eljaß fin:
den fich größere Anfiedlungen von Mennoniten
noch in Weftpreußen. Die neueſte Staatsgejek-
gebung Deutſchlands (Berfafiung des Nordd. Bun:
des) will ihnen die Befreiung vom Kriegsdienſt,
welche ihnen bisher (in Preußen jeit 1802, — Be:
freiung vom Amts- und Zeugeneide jeit 1827) ge:
gen eine bejondere Steuer als Privilegium ge:
währt war, fernerhin nicht zugeitehen. Ginzelne
Gemeinden haben darum Auswanderung in Aus:
fiht genommen, andere Mennoniten haben, jene
Pflicht auf ſich zu nehmen, längit mit ihrem Ge:
wiffen vereinbar gefunden, Vgl. außer M.’S im
1. 8. feiner Werke abgedrudten Selbitbiogra:
phie Wiegand, de anabaptismo. Leipz. 1552
Schyn, hist. Christianorum qui M. appellantur.
Amiterd. 1723. Hist. Menn. plenior deductio.
Amjterd. 1729. Märtyrerjpiegel der wehrlojen
Ghriften, Harl. 1615 u, 1631. Cramer, Het le-
ven en de verrigtingen van Menno Simons. Am:
jterd. 1837, (das beite Werk über M.). Hunzinger,
dasrel. Kirhen:u. Schulwejen der M.,Speier 1831.
Menologion i. e. Calendarium (bisweilen ;
rahımdoioyıor). So heißen kirchliche Verzeichniſſe
jämmtlicher Heiligen und Gedächtnißtage Des grie: '
chiſchen Kirhenjahres. Den Ramen der Heiligen find
furze Nachrichten aus ihrem Xeben zugefügt und
ed werden die betreffenden Bibelabjchnitte und
Perikopen angegeben. Mehrere derjelben jind von
hohem Alter. Zu den berühmteren gehört Das joge:
nannte Menologium Basilianum : Menol, Graee.
iussu Basilii Imp. graees olim editun — gr.
et lat. prodit. Urbini 1727. od) bedeutender
und wichtiger it: Mywokoyior row eUayy£kur
&oprasrıxöw sive Calendarium eccles. Constan-
tinop. primitus ex bibl. Kom. Albanorum in
lucem editum cura 8. A. Morelli. 2 Vol. Rom.
1788. ferner: Menol.ex versione Cardinalis Sir-
leti in Canisii leett. antiquarum Tom. V., Me-
nol, ex Menaeis Graecorum erutum et in lin-
guam vern. versum a Maximo Margunio el,
Anton, Pinellus. Venet. 1529, al. Allatius,
de libris Graecorum p.83—86. Du Gange, Le:
ricon u. d. A. Menaion,
Menſch. Die Lehre vom Menſchen oder die An-
thropologie ift für die Theologie von Wichtigkeit ,
651
Menſch
theils als die Grundlage der chriſtlichen Ethit,
welche von der im 834 des Menſchen liegenden
ſittlichen Beſtimmung auszugehen hat, theils als
Beſtandtheil der Dogmatit, welche ſich vorzugs-
weiſe mit der religiöſen Bedeutung des Venſchen
beſchäftigt. Die ethiſchen Grundanſchauungen, der
ſittliche Charalter und die ſittliche Kraft einer Re—
ligion richten ſich hauptſächlich nach der höhern
oder niedrigeren Auffaſſung des Menſchen. Dar:
um iſt gerade das Chriſtenthum eine durch und
durch ethiſche Religion, weil es die höchſt denkbare
Auffaſſung von dem Weſen des Menſchen an die
Spitze ſtellt. Einen hohen anthropologiſchen Begriff
hat daſſelbe ſchon vom alten Teſtamente über—
fommen. Der Schöpfungsbericht (1.Mof.1), welcher
dieSchöpfung in Stufen vom Unvolllommenen zum
Bolltommenen entjtehen läßt, jegt die Schöpfung
des Menſchen auf die legte und höchſte Stufe,
welche alle andern in fich aufnimmt und die Krone
der Vollendung für das Ganze darjtellt. Obgleich
noch in der Schöpfungsreihe ftehend ijt Doch ber
neugeſchaſſene Menich das Kejultat einer bejondern
Willensäußerung Gottes (1,26), er ijt Das Meifter:
werf der Schöpfung ; das Urbild, nad) dem er ge:
ſchaffen, ift Gott jelbit (1,27). Mögen auch im
hebräifchen Begriffe des „Ebenbildes Gottes“ (j,
d. A.) anthropomorphiitiiche VBorjtellungen im Hin
tergrunde verborgen liegen, Die großartige Idee,
welche ausdrücklich in dieſen Begriff hineingelegt
wird, ift doch das Wort: „Machet die Erde euch
unterthan“, welches jchlicht und beftimmt des Men:
ſchen Eulturaufgabe vorzeichnet. Im zweiten Be:
richte 1, Moj. 2 (vom Jehoviſten), welcher die
Schöpfung des Menſchen an den Anfang jegt und
diejenigen der übrigen Weſen alö Erſorderniſſe
des menjchliden Dafeins folgen läßt, wird der
Menſch als ein von göttlihem Hauch bejeelter
Erdenkloß, aljo als ein gottverwandtes, mit ewiger
Beftimmung verfehenes Wejen, in vergänglicder
Hülle, geſchildert. Nichts deitomeniger hat das
hebräiſche Denlen den Begriff des Menjchen in
der Praxis nur einjeitig aufgefaßt. Seine religiöfe
Bejtimmung wurde jo überwiegend betont, daß
die jittliche oder allgemein menſchliche nothwendig
in den Hintergrund treten, zulegt faft völlig ver:
ihwinden mußte. Die der menjchlihen Natur
eingeborenen, der Welt zugelehrten Kräfte fanden
keine Bahn für eine freie Entfaltung; Die Ideen
des allgemein menſchlich Guten und Schönen ver:
loren ſich in der einjeitig gefaßten Idee vom Ge-
horjam gegen Gott; das hebräiſche Volk hatte
daher niemals eine große Entwidlung der Kunſi
und Wiſſenſchaft und des gejellihaftlihen Lebens
'aufzumeijen; ja die Auffaſſung der Religion alo
Sejegesreligion nahm gerade den Nero einer
roßen Qulturentwidlung, die jittliche Freiheit ge:
—8 en — der Phariſäismus hat den Menſchen zur
Maſchine gemacht und damit ſeine ſittliche Kraft
zerſtört. Die Entwicklung der Idee des Menſchen
hat bei den Juden die entgegengeſetzte Richtung
eingeſchlagen wie im griechiſchen Alterthum. Wäh—
rend der Grieche gerade die freie und harmoniſche
Entfaltung der humanen Kräfte, die „Kalotaga—
thie,, als jeıne menſchliche Beitimmung betrachtete,
hatte doch jeine Humanität gar feine Beziehung
jur Religion, wodurd fie des Mittelpuntts ent:
behrte, und endlich ausartete in eine religionslofe
Blafirtheit, Erft im Chriftentgum ift Die Idee des
Menſchen in ihr wahres Licht gerückt worden. Die
Menid
Aufſaſſung jeiner Beftimmung, wie jie in Matth.
5,48 ausgeſprochen iſt, tnüpft unverkennbar an
die altteſtamentliche Vorſtellung vom Ebenbilde
Gottes an, aber ſie iſt eine unendlich viel höhere,
weil fie zum erſten Mal die in dieſem Begriffe lie:
gende jittlihe Beſtimmung des Menſchen voll:
ſtändig erfaßt. Jeſus bezeichnet die legtere „als
die Bolltommenheit wie diejenige des Vaters im
Himmel“, d.h. als etwas Abjolutes, und die menſch⸗
liche Aufgabe als ein bis ins Abfolute hinein:
reichendes „Trachten“, d. h. als eine freie, aus dem
Innerjten jich entfaltende, auf das Ewige zielende
ſittliche Entwiclung. Aber der innerjte Trieb, aus
welchem dieſe legtere ſich herausentfaltet, iſt die
jveie Xiebe zu Gott, aljo ein veligiöfer, jo daß veli«
giöfe und fittliche Entwidelung in den volljtändig-
ſten, innerften Einklang mit einander gejegt find.
Rach der Xehre des Herrn ift der Menſch „Kind
Goties“ (Mtth.5, 45), ein Ausdrud welcher: 1) die
gottähnliche Anlage, 2) die unendliche Beitimmung,
3) die frei aus dem Innern fommende Entwidlung,
4) die Einheit des Sittlihen und des Neligiöjen,
in ſich einfhließt. Damit ift der Begriff der wah-
ren, nicht einfeitigen Humanität, der Begriff einer
ebenſo religiöjen als fittlihen Bolltommenpeit auf:
ejtellt und damit einer Culturentwidlung, deren
Seele und treibende Kraft das religiöje Leben ift,
die Bahn geöffnet. Es ijt aljo fein wejentlicher
Unterjchied zwiſchen dem Chriftliden und dem
Humanen, jobald nur Beides richtig gefaßt wird,
jobald man dem erjtern nicht eine eimfeitig religiöje,
und dem legtern eine einjeitig weltliche Richtung
gibt, In dem Durchdrungenſein des Sittlichen
vom Religiöjen und umgeleyrt liegt für beide das
menſchliche deal. Die chriſtliche Kirche aber ift
vielfah von dieſem urdriftlihen Begriffe des
Menſchen abgewichen. Eine dem Huntanen in der
urchriſtlichen Idee vom Menſchen ſcharf mwider:
ſtrebende Richtung war namentlich die kirchlich⸗
asketiſche: je mehr ſich ein ausſchließlich religiöſer
Begriff vom Menſchen ausprägte, deſto mehr ver:
ſchwand das fittlihe Element aus demfelben; die
ſittlichen Aufgaben galten als rein weltliche und
ummer mehr auch unchriſtliche; Che, Geſellſchaft,
Staat, Wiſſenſchaft galten als fittlid mindeitens
beveutungslos; das deal des Menſchen wurde
der weltflüchtige Nönd. Während dieje Richtung
beitimmend auf die Entwidlung der ganzen Kirche
einwirkte, fämpften innerhalb der legtern ſelbſt
jtetS zwei extreme Richtungen wider einander, von
denen wir die eine die pelagianijche, die andere
die auguftinifche benennen fönnen. Hebt die erjtere
“ den linterjchied zwijchen dem deal und dem wirk⸗
lien Menſchen und ber Unendlichkeit jeiner Be:
jtimmung fajt ganz auf, faßt ſie die Beitimmung
nicht höher denn als ein gewifjes Maß von Tugen:
den, welche man mit den uns zur Verfügung jtes
henven Kräften mühelos erreicht, jo überſpannt
dagegen der Auguftinismus den Gegenſatz zwifchen
Beltimmung und der Kraft, diejelbe zu erreichen,
jojehr, daß der ſittliche Werth des Menſchen fiber:
haupt aufhört. Die Reformation ift wieder auf
die urcpriftlichen Begriffe auch in Beziehung auf
die Idee des Menſchen zurüdgelehrt. Sie hat vor
Allem, ber astetifchen gegenüber, der fittlihen Rich:
tung wieder ihre volle Bedeutung zurüdgegeben,
jie hat Ehe und Staat, immer mehr aud das jo:
ciale Leben, - ferner Kunjt und Wiffenfchaft von |
einem ethischen Geſichtspuntte aus aufgefaßt und
652
ı tet,
Menſchenſohn
dadurch nicht wenig zur Entwicklung derſelben bei⸗
getragen. Wie fie ſelbſt theils aus humaniſtiſchen
theild aus religiöſen Elementen hervorgegangen
k jo hat fie auch beide Theile wieder einerjeits im
ihre volle Berechtigung nebeneinander, jo daß fei-
ner von dem andern beeinträchtigt wird, anderſeits
in den richtigen Einklang mit einander gejegt, und
auf diejer Zage wird auch in der Gegenwart eine
ejunde Entwidlung der anthropologijhen der
ortſchreiten müffen. Dabei wird fi der Brote:
ftantismus vor zwei Abwegen, welche auch ihm
drohen, ju hüten , einerjeitö der einjeitig
pietiftiichen Auffafiung des Menſchen, welche dir
Entfaltung des jüttlihen Lebens geringihägt und
beichräntt, anderfeits der einfeitig humaniſtiſchen,
welche eine religionsloje Sittlicteit als Jdeal be:
trachtet und damit demjelben Scidjal verjält,
dem einft die griechiſche Bildung verfallen iſt, dem
Untergang in einer fittliden Blafirtheit. ©. d.
Art. Ebenbild. Zur pſychologiſchen Betrachtung
des „Menſchen“ vgl. d. Art. Geiſt, Leib, Seele.
Venſchenſohn (o vloc toũ ardewWnou, — ohne
Artitel Apot. 1, 18; 14, 14) iſt der Ausdrud,
welchen Jejus ſelbſt am häufigiten zur Bezeichnung
feiner Berjönlichteit gebraudt. Während bie äl
tere Theologie einfad an das Wort ſich anſchlie
hend, ohne feine hiftorifge Entitehung ins Aug:
u fafen, darunter die menjhlide Natur Ehrigei
im Gegenjat zu feiner göttlichen verjtand, iſt erit
in neuerer Zeit der Ausdrud einer gründlidyen,
hiſtoriſchen Beleuchtung unterworfen worden. In:
dem man zurüdging auf den Gebrauch des or:
tes im A. T., fand man in den meijten Stellen
den Ausdrud on ja Synonym mit „WRenjd”
überhaupt (Bf. 8,5;4. Moſ. 23, 19. Hiob 16, 21;
25, 6), häufig nicht ohne die Rebenbedeutung dei
Dinfälligkeit und Sterblichkeit, legteres ganz br-
fonders bei Ejechiel (7,2; 8,5; 12,2 u. |.) und
hat daraus theils die Bedeutung ber wealen
Menjhlicpteit (Herder, Reuß, Dlshaujen, Weiße,
Hofmann u. A.), theils diejenige des wirklich Renſch
lichen mit den Eigenſchaften des letztern (Mille,
Baur), im Gegenſatz zum „Gottesfohn“ abgelei-
theils beide Bedeutungen mit rinanber ver:
fnüpft (Schentel, Colani), Schon Ehemnig hat
aber auf die Stelle Daniel 7, 13. 14 aufmertſam
gemacht, und in neuejter Zeit hat man trotz Dei
Einfprache von Schleiermader, Weiße u. A. dieſe
Stelle immer mehr als die einzige Quelle des Aus
druds betrachtet. Nachdem nämlidy dajelbit eine
prophetiſche Bifion in vier untergehenden Thier
geftalten den Untergang ber gögendienerijchen
Weltreiche gejchilvert, läpt fie darauf ald Gegen:
fag zu den Thiergeftalten einen Menſchenſohn
in den Wollen des Himmels erſcheinen. Unter
dieſer Geſtalt, wenn darunter zunächſt nad) vitzig—
Hofmann u. A. nicht eine Perſon, ſondern das
Gottesreich zu verjtehen ijt, wurde wenigjtens au
eine Perſon erinnert, welche gleihjam das Sym:
bol des Gotfesreiches bildet, und deren Identifi
cirung mit dem „Meſſias“ nahe lag, wie denn
auch die Apofryphiihen Bücher Henoch und Ejva
dieje legtere vollziehen. Zu diefer Deutung panen
nun aud Stellen wie Mtth. 9, 6; 12,8; 13, 41,
16,27; 19,23; 24, 27 u. fj., in welden ohne
| Zweifel damit eine höhere Mürde bezeichnet wei
den fol; ebenjo johanneijhe Stellen, wir 3, 1%
6,27. 8, 28. 12, 23. 32, 34. 13, 31. Unwaht
fcheinlich aber ift e8, daß der Ausdrud von Dr
Menichwerdung
großen Maſſe der Zeitgenofjen Jeſu, namentlid)
aber von jeinen Jüngern in —— ganzen Bedeu⸗
tung verſtanden worden iſt, ſonſt hätte die Frage
Jeſu und das Bekenntniß Petri (Mtth, 16, 15 ff.)
feinen genügenden Sinn; man nimmt daher viel: |
fah an, dat Jeſus den Ausdrud abjihtlid als |
einen joldden gebraucht habe, welcher den Meſſias—
beruf nur unbejtimmt andeutete und deffen volle
Bedeutung erft allmählich mit der. Entwidlung
der Thatjachen beftimmter hervortreten jollte. *
denfalls ſteht der Ausdruck in keinen» Gegenſatz
zu dem Ausdruck, Gottesſohn“, wie die ältere Aus:
legung gewollt hat. Erbezeichnet auch nicht fchlecht:
hin ein —2 demüthiges Bewußtſein, ein Be⸗
wußtſein der Niedrigteit und menſchlichen Be: |
ihränttheit, obgleich diejes allerdings, wie viele |
namhafte Forſcher, jo de Wette, Bleek, Ewald,
Werzjäder, Hilgenfeld, mit Betonung von Stellen
wie Mtth.8, 20; 11.19; 12, 40; 17, 12; 20, 28;
20, 18. 28 befonders hervorheben, jehr häufig in
den Begriff des Wortes mit einzufliehen fcheint. |
Das Wort bezeichnet den Beruf Jeju, das Got:
tesreich auf@rden zu gründen, indem er gleichjam |
die ſymboliſche Geftalt Daniel's ift, welche die Ver: |
wirtlichung des Gotteöreiches daritellt; diefer Be:
ruf ift ein Beruf der Hoheit, aber auch zu:
gleich ein Beruf der Niedrigkeit, des Kampfes und |
des Leidens; Jeſus ift zugleich derjenige, welder |
„in den Wolfen des Himmels kommt”, und ber:
jenige, der „nicht hat, wo er fein Haupt hinlegt“.
So finden beide Seiten des Begriffs ihre hinrei-
chende Erklärung. Ueber die jehr umfangreiche
Yiteratur vgl. namentlih Holgmann in Hilgen—
jeld'S Zeitichrift für wiſſ. Theologie 1865, wo
der wifjenihaftliche Stand dieſer Frage volljtän:
dig m etheilt ift. |
nihwerdung ded Sohnes Goites. 3. Logos. |
Menidenopfer. Waren bei den Iſrael nächit:
liegenden Bölfern üblich als die höchſten aller |
möglichen Opfer. Das mojaiihe Gejeg 3. Mof.
18, 21 bielt für nöthia, fie ausdrücklich zu verbie: |
ten, vgl. Ezech. 25, 26. Jeremias aber klagt 7,31,
dab der Gräuel in Iſrael herridhend geworden |
jei. Darauf, daß man dem Menichenopfer einen |
bejondern Werth beilegte, weiit die Befchichte von |
der Dpferung Iſaac's bin. Abraham muß die,
Glaubensgewißheit gewinnen, daß es einen beſ⸗
jern Gottesdienſt ger als jold ein Opfer und |
daR es in ihm nicht Selbitjucht, jondern dieſe beſſere
Erkenntniß ift, welche jich weinert, den Sohn nad)
Art heidniyherzrömmigteit ven Wöttern zu weihen.
ensa capitularis und mensa episcopa-
lis. Uriprünglid, bei dein gemeinſamen Leben Des
Biſchofs und der Capitularen, diente das Stifte:
vermögen zum gemeinjamen Ilnterhalt Aller. As |
im 11. und 12, Jahrhundert diefe Gemeinjamteit
ſich auflöfte, wurde jenes Vermögen zwischen dem
Biſchof und den Capitularen getheilt ; des Erjteren
Antheil, die mensa episcopalis, biihöflıdhes Ta:
jelgut, ward nom biſchöflichen Vicedom verwaltet,
der andere, für die Cavitularen beftimmte Theil,
mensa capitularis ‚zerfiel in jo vielBräbenden, als.
Stellen waren und unteritand der Verwaltung |
des Vapites.
Mensa pauperum, Zowohl vom biſchöflichen
Tafelgut ald vom Capitularvermögen follte jtets
ein beftimmter Theil für die Armen und für Wohl: |
thätigkeitsanftalten zurücgelegt werden. Dieß iſt
die mensa paupernm.
155
Mental:Rejervation
Meuses papales, päpitlihe Monate. Das
Recht des Papſtes, gewiſſe, in beſtimmten Dlona-
ten zur Erledigung kommende Benefizien zu verge:
ben. Seit dem 12, Jahrhundert war es Gebraud
eworden, da bie Päpite durch Empfehlungs- .
— (preces) Kleriker für erledigte Bene:
fizien empfahlen. Wurde diejen Bittfchreiben feine
Folge eben, jo folgte zunächſt Ermahnung,
dann dereht (mandata de providendo), zulegt
Erecution. Bald aber wurden, gegen das aus-
drüdlihe Berbot der Verleihung von Anwart:
ſchaften jeitens des Yateranconcilö von 1179, ſolche
Mandate nicht bloß in Bezug auf wirklich erledigte
Pfründen ertheilt, jondern auch bezüglich dem:
nächit erft zu erledigender. Diefer immer jtärler
werdende Mißbrauch —— die bitterſten
Klagen der Nationen. Martin Veſetzte daher auf
dem Coftniger Eonzil feit, daß abgejehen von den
Zaienpatronatd: und Seelforgerpfränden, ſowie
von den, durch bejondere Rejervate dem päpftlichen
Stuhle ohnehin überwiejenen Pfründen, die Ver:
leihung der Benefizien nad Monaten zwiſchen
dem Bapjte und dem Bilchofe wechſeln ſollten.
(Bal. v. d. Hardt, Coneil. Constant. I, 1022.)
Das Bafeler Conzil (sess. XII. u. XXILL) be:
jtritt zwar dieſes päpjtliche Recht, jomweit es nicht
im Corp. iur. canon. enthalten, und wollte die
päpftlihen Exſpectanzen ganz abgeſchafft wiſſen.
Aber durch das Wiener Concordat von 1448 (zwi:
ſchen Friedrich III. und Nikolaus V.) gelang es dem
Bapite, indem er den drei geiſtlichen Churfür:
ften durch bejondere Jndulte das Hecht der Bene:
fisienverleihung in den päpſtl. Monaten gewährte,
das Zugeftändnif zu erlangen, daß die in den
ungeraden Monaten zur Erledigung kommenden
Pfründen von ihm vergeben werden dürften, wäh:
rend die Biichöfe in den geraden bejegten (Alter-
nativa mensium). Wie ſchon das Tridentiner Eon:
zil (sess. 24) alle Exſpektanzen abgeſchafft hat, jo
wurde durch die neueren ftaatlihen Gejeggebun
gen fowie die Concordate das päpftliche Berlei:
bungsrecht überhaupt vielfach beſchränkt und zum
Theil aufgehoben; für Preußen jedod) hat ſich der
päpſtliche Stuhl durch die Bulle de salute anima-
rum die Alternativa mensium für die Domprob:
jteien und Canonicate vorbehalten.
Menfurius, Biichof von Carthago. In der Dio—
eletianiſchen Verfolgung (303) hatte er nicht nur,
um ſich und der Gemeinde Unruhen zu eriparen,
ketzeriſche Bücher unter dem Namen der heil. Schrif:
ten ausgeliefert, jondern auch ſich der jhwärme:
riihen Verehrung der in den Gefängnifien be:
findlichen Confeſſoren widerjeht. Darüber jteltte
ihn Biſchof Secundus von Tigijis, der Primas
der numidiſchen Kirche, 305 auf der Synode zu
Geuta zur Rede; jedoch wurde, da fait alle afril.
Biſchöfe desfelben Verbrechens angeihuldigt wur:
den, die Sache unterdrüdt. Auf eine neue gegen
ihn erhobene Klage mußte fi M. in Rom 311
verantworten. Er ſcheint dort fich gerechtfertigt
su haben; auf der Rückreiſe ftarb er 311. Nach
feinem Tode bejorgten die Gemäßigten in Gar:
thago ein mögliches Uebergewicht der Strengeren
unter den numibijhen Biſchöfen, und beeilten
deßhalb die Wahl des dem M. gleichgefinnten Ar-
—— Cäcilianus zum Biſchofe, womit die
onatiſtiſchen Streitigleiten (ſ. d. A.) ſich eröff—
neten.
Mental⸗Reſervation nennt man * Vorbehalt
Mepbibojeth
Mephiboſeth. Des Namens wird erwähnt ein
Sohn Saul's, der ven Gideoniten zur Sühne
ausgeliefert wurde 2. Sam. 21,8 und ein Entel
Saul’3, Sohn des Nonathan-(2. Sam. 4, 4), den
David mit den Gütern Saul's um feines Vaters
willen bejhenfte. Bei David's Flucht vor Abfa:
lom jollte er noch Ziba's Anklage 2. Sant, 16,14
ſich gegen ihm erklärt haben ; David ſprach dafür
— Hüter dem Ankläger zu und als M. ſich recht:
fertigte, hieß er diejelben zwiichen ihm und Ziba
theilen. M. war lahm und gebrechlich.
Merariten, das von Merari, dem Sohne Le:
vi's (1, Mof. 46, 11. 2. Mof. 6, 18) fich herlei—
tende Gefchlecht der Yeviten. Sie hatten nach der
moſaiſchen Ordnung des Yevitendienjtes das Weg:
ſchaffen der Bohlen, Riegel, Nägel, Säulen und
Füße der Stiftshütte zu beforgen (4. Moj. 3, 33)
und durften ſich dazu der Hülfe von 4 Wagen und
8 Rindern bedienen. Beier davidiſchen Einrid):
tung des Levitendienftes fielen von den 24 Ord⸗
nungen der Priefterdiener 9 auf Merari 1. Chr.
24; 25; von den Sängern und Mufitern ftellte
das Gejchleht 6 Ordnungen; an 2Familien wurde
die Bewachung der ſüdlichen und weitlichen Thore
des Tempels übergeben. l. Ehron. 27, 14,
Mercator, Marius, Ein Kirchenichriftiteller des
fünften Jahrhunderts, wichtig für die Kenntniß |
per — und neſtorianiſchen Streitigkei⸗
ten. Seine Schriften, die nur in 2 Handſchriften
(in Beauvais und im Batican) vowhanden find,
gab zuerft heraus der Benedictiner G. Gerberon
(unter dem Namen Rigberius). Brüfjel 1673abae:
in der Bibl. Patr. Max. T.27, Fernere Ausgaben
find die des Jeſuiten Johann Garnier mit Noten
und Anmerkungen, Baris 1673, und die correctere
des Stephan Baluze, Paris 1648, welde in der
Bibl. vet. Patr. VIII. Baris 1346 von Neuem
abgedrudt ift. Der Werth diefer Schriften beſteht
in reichen Ercerpten und wortgetreuen leberjegun:
gen aus Schriften ber befämpften Häretifer, ſowie
in Notizen über Perfonen und Ereigniffe, Aus den
gelegentlichen Berufungen auf Actenſtücke in ſei—
nen Händen und der Haltung mancher jeiner Ar:
beiten hat man geſchloſſen, daß er ein offizieller
Agent der ihm perjönlich befreundeten ri
Bıldhöfe Eoelejtin I., + 432, und Sirtus’ IIL,
+ 440, in Gonftantinopel gewejen fei. Dazu
jtimmt, daß fein Augenmert darauf gerichtet it,
das Borgehen des römischen Stubles gegen die
Häupter des Belagianismus, namentlich gegen Ju-
lian von Eclanum zu rechtfertigen und defien Ver:
urtheifuhg ae Bon jeinen Yebensum:
ftänden erfährt man nur durch einen Brief Augu—
ftin’d an ihn, (eine Antwort auf die Zujendung
zweier Schriften gegen die Pelagianer), daß er da:
mals (418) noch ein junger Mann gewejen, der
ſich in Rom mit wiſſenſchaftlichen Arbeiten beſchäf⸗
tigte, und mit Auguſtin, wenn er nicht deſſen
Schüler geweſen, doch von früherer Zeit her be—
tannt geweſen ſein muß. Während Garnier ver—
muthet, daß er in Italien geboren ſei, ſchließen
Gerberon, Baluze u. A. aus ſeiner Bekanntſchaft
mit nordafrikaniſchen Zuſtänden und ſeinem Ver—
hältniß zu Auguſtin, daß er aus Nordafrika her:
ſtamme. Da M. noch ein Excerpt aus einer Schrift
Theodoret's gegen die epheſiniſche Synode von
449 giebt und den Eutyches erwähnt, ſpätere Bor:
gänge aber nicht mehr berichtet werden, jo ſchließt
man, er jei zwischen 449 und 451 geftorben. Bl.
655
Meritum
die Prolegomena in den verſchiedenen Ausgaben
| feiner Werte. Tillemont, Memoires. Vol. XII u.
‚AV. Schröfh, 8. G. 8. 15.
Meriba (Hader), der Name zweier Orte auf dem
Zuge Jiraels, an welchen beiden Mojes Wafier
‚(das Haderwafler) aus dem Felfen ſchlug 2. Moi.
‚17,1 und 4. Moj. 20, 13. Das erjtere hat den
Beinamen Maſſah und lag bei Raphidim am Ho:
reb. Die Lage des anderen in der Wüfte Zin bei
Kades ift nicht näher zu beſtimmen. Untlar läßt
‚die Erzählung darüber, wodurch ſich eigentlich
Mojes verfündigt habe, joviel aber ſcheint gewiß
zu fein, daß jein bisheriger Glaubensmuth -an:
geſichts des Unglaubens im Volke gewankt hat (vgl.
4. Moſ. 20,10 u. Bj. 106, 32, Bi. 95, 8), und eine
Aenderung in dem — Angriffsplan hervor⸗
gerufen wurde, die Moſes den Ausgang zu ſehen
nicht geſtattete.
Merici, Angela (N. v. Brescia), die Taube von
Salo. Geboren 21. März 1470 in Defenzano am
Gardajer, und nach dem frühen Tode ihrer Eltern
bei einen Oheim erzogen, verlieh fie deſſen Haus
mit ihrer bald darnach verftorbenen Schweiter, un
in ber Einfamleit einer beſchaulichen Andacht
fi widmen zu können. Bon ihrem Oheim zurüd-
geholt, trat fie bald nachher bei den Tertiarerin:
nen bes Franzisfanerordens ein. Als ſolche un:
terrichtete fie in Dejenzano mit einigen Gleichge:
finnten kleine Mädchen mit jo großem Erfolge, daß
fie ald Lehrerin nady Brescia berufen wurde, Auf
einer Wallfahrt nad Paläftina erblindet, befuchte
fie dennoch alle heiligen Stätten und erhielt auf
der Rückreiſe auf der Inſel Candia durd) ein wuns
derthätiges Cruzifix ihr Geficht wieder. In immer
mehr entflammtem religiöjen Eifer, alö bereits der
Ruf ihrer Heiligkeit ſich auöbreitete, jtiftete fie
1535 unter dem Schuge der heiligen Urjula eine
weibliche Genoſſenſchaft zur Erziehung der weib-
lien Jugend und zur Pflege der Kranten und
Armen, deren Mitglieder jedoch, wie die der Ter:
tiarcongregationen,, weder befondere Kleidung
und Wohnung hatten, noch auch das Keuſchheits⸗
ge abzulegen brauchten. Sie jelbjt trat an die
Spige. Der Papſt Paul III. beftätigte diejelbe
1544 und nannte fie nad) dem Namen der Batro:
nin den Orden der Urjulinerinnen. Angela jtarb
1540, Um den Bejit ihres Leichnams entitand ein
Streit zwijhen den Domherrn und den Chorherrn
zu S. Ara, jo daß die Vejtattung ſich 30 Tage
verzögerte, während defien aber feine Verweſung
eintrat. Sie ward 30, April 1768 jelig, 1807 hei:
lig geſprochen. Vgl. Singel, Leben d.5. A, Nr:
gensb. 1842,
Meritum de condigno, de cougruo ijt die
von —— Aquino aufgeſtellte, von der katholi—
ſchen Dogmatik adoptirte Unterſcheidung im Ver—
dienſtlichen der Werkte, die die Pelagianiſchen
Grundſätze mit denen des Auguſtinismus verſöh—
nen ſoll. Als eigentlich verdienſtlich gelten könne
nur die That, bei welcher die göttliche Gnade wirle,
der menſchliche Wille aber freithätig mitwirtſam
jei. Diefen Werten muß Gott vermöge feiner Ge:
rechtigkeit und feiner einmal gegebenen Verheißung
den entiprechenden is eben, meritum de con-
digno. Den bloß menſchlichen Werten aber fann
wegen des großen Mißverhältniſſes zwiſchen Ge:
Ihöpf und Schöpfer, Gott nur nad) Maßgabe fei:
ner Giite(ex quadam congruitate) eine Belohnung
geben, und fo fann der Menſch fie erwarten (me-
42*
" Merle d'Aubigné 656 Merjeburg
ritum de congruo). So fann de condigno Nie: | bildete Juſel mit der gleichnamigen Stadt in Ae—
mand als Chriftus einem Andern das Heil erwers | thiopien in der Nähe des heutigen Begerauieb,
ben, aber de congruo lann dies dennoch der Fall nördlich von der Stadt Schendi, wo ein Priefter
fein, merito congrui kann der Glaube des Men: ftaat mit eigenthümlicher Verfaſſung in ältefter
ihen das Heil des Nächſten bewirken. Hieraus Zeit begründet war, den erſt Ptolemäus Philadel
entwidelte ſich dann die Lehre von dem überflie: | phus Aegypten unterwarf. Eine unverfennbar
benden Gnadenſchatze der Kirche, nad) der die | hervortretende Mebereinftimmung mit den ägyp-
überverbienftlihen Werte des Einen dem Andern | tijchen er rief früher die Bermuthung
Kamen werden können, daher Ablaß ıc. Die | hervor, daß M. die Ältere Culturftätte jei, von wo
eformatoren bejtritten die ganze Untericeidung | aus Aegypten feine Bildung empfangen habe.
mit Grund, weil fie unvermerkt doch das de con- | Das Verhältniß ift indeß das umgekehrte und M.
gruo dem de condigno gleichitelle und ſowohl die wahrſcheinlich eine Kolonie von Theben, die durd)
Mittlerſchaft Chriſti beeinträchtige, als die Ge: | ihr Heiligthum und ihre Lage an der Caravanen
on beunrubige, die Sünder aber fiher made. | ſiraße eine große Bedeutung befam.
erle D’Aubigne, Joh. Heine. Geboren 1794| Merom, See in Norbpaläftina. Wird gebildet
in Genf, wohin feine Vorfahren bei der Aufhebung | von den Hauptquellflüffen des Jordan und eini-
des Edicts von Nantes geflüchtet waren, ſtudirte
anfangs in Genf, dann in Berlin. Seit 1818 Pre:
diger der franzöfiihen Gemeinde in Hamburg,
1823 von Wilhelm I. von Holland als Prediger
an die franzöfiich » protejtantifche Hoffapelle in
Brüffel berufen, gab er nad) dem belgiſchen Frei:
heitötriege diefe Stellung auf und wirkt jeitden
als Profeſſor der bijtor. Theologie an der 1831
geftifteten theol. Zehranitalt in Genf. Die *
des Reformationsfeſtes in Berlin, die in ſeine
Studienzeit fiel, hatte in ihm den Entſchluß ge-
wedt, die Sejchichte der Reformation zu fchreiben.
Er führte denfelben aus in den Werten: Histoire
de la reformation du 16me siecle, 5 Bde, Paris
u. Genf 1835—53. 2, Aufl. 1861—62. Deutſch
2. Aufl. 1866. Als gortjegung
nicht vollendet: Histoire de la reformation en
Europe au temps de Calvin. 1—5 Bd. Paris
1863 —63, * Elberf. 1366—68. In einer le:
bendigen und anidaulichen, von warmer religiöfer
Begeifterun — Sprache geſchrieben,
und von tiefen und umfallenden Studien Seven
— ſichern dieſe Schriften dem Verfaſſer eine
telle unter den erſten lebenden Kirchengeſchicht⸗
fhreibern. Außerdem erfchienen von ihm: La
republique d’Angleterre aux jours de Cromwell
(Paris u. Genf 1849) und Trois sieeles de luttes
en Ecosse ib. 1849. Deutſch Leipzig 1850, ſowie
Predigten.
Merodad- Baladan, König von Babylon, ſchickte
Gejandte an Hiskia nad defjen Krankheit und
Geneſung Jef. 39, 1. Er wünſchte an ihm einen
Berbündeten gegen Afiyrien zu gewinnen. Der
Aſſyrer hatte nämlid das ſeit Nabopolaffar 747
unabhängige Babylon wieder unterworfen, Me:
rodah:Baladan hatte fliehen und einem aſſyri—
ſchen Höflinge fein Neich überlaffen müfien. Wäbs |
send die Meder nun Aſſyrien befriegten, hatte er
fein Land wieder eingenommen und den Statt:
halter erichlagen, und mußte einen neuen Angriff,
der Aſſyrier vorherjehen. Hiskias konnte glauben,
das eiferſüchtige Nebeneinanderftehen der beiden
Reihe Babylon und Afigrien werde Yiraels Un:
abhängigkeit beihügen, und jah nicht die Gefahr,
die in dem Siege des nähern, aufftrebenden Nach⸗
barlandes lag. Merodach-Baladan ward wirklid)
von Sanherib angegriffen und gejchlagen, dann
durch Belibaö ermordet, der ih an jeine Stelle
jehte, aber auch bald von Sanherib gefangen ge:
nommen wurde,
Meroö, in der Bibel Seba, Jeſ. 43, 3. 45, 14,
dazu, leider noch
gen Bächen; er liegt etwa 800 Barijer * über
dem See von Tiberias, den der Jordan fernerhin
durchſtrömt und 2! Stugden von erſterem entfernt
Die Größe des Sees wird verſchieden angegeben,
ı weil bei verjchiedenen Zeiten nicht mehr die ganze
Thalebene von Wafler bededt tft, vielmehr an deu
Nändern durch die einfließenden Gewäſſer Ab
lagerungen von Schutt und Marjhland, ſowie
ı Sümpfe fich gebildet haben. Die Angaben ſchwan
fen zwiſchen 4—7 engl. Meilen für ben breiteren
Norbrand, für die Länge zwiſchen S—10 Meilen.
Sein heutiger Name ift Bahr el Hüleh d. i. Ser
der Thalebene. Am See Merom ſchlug Jojua den
ı Amoriterlönig Jabin von Hazor mit feinen Ber
‚ bündeten. Yor. 11, 8.7.
Meros, Richter 5, 23. Ein ſonſt in der Bibe
nicht erwähnter Ort in Norbpaläftina, deifen Br
wohner der Deborah und Barak im Kampf gegen
| die Kanaaniter nicht zu Hülfe famen, weshalb der
Fluch der Deborah fie traf. Hieronymus hat in
der Gegend noch ein Dorf Merrus gefannt, dod
iſt die Identität unerwiejen und bejtritten.
Merieburg. — die Lieblingsreſiden;
Kaiſer Heinrid’s I., in deren Nähe bei Keuſch—
berg er 933 die Hunnen befiegt hatte, ward dur
Dtto I. nady einem Gefübde, welches er in ber
Schlacht auf dem Lechfelde 954 gethan hatte, zum
Biihorsfig erhoben, Die mwirklide Gründung
wurde durch den Widerftand des Erzſtifts Magde
burg bis 968 —— In dieſem Jahre ward
| die Stiftung von Merjeburg, Meiſſen, Zerbit mit
‚der Bejlimmung ald Anhaltspunfte der Miffton
| unter den Wenden zu dienen, zu Ravenna geneb:
migt. Der erfte Biſchof war Bofo, der fih um
‚bie Belehrung der Slaven roße PVerdienfte er
warb. Als jein Nachfolger Gifilar 982 Erzbiſchof
von Magdeburg ward, wurde, da die Hirhengeiege
den Uebergang von einem Biihofsfige auf dem
‚andern verboten, mit —— Kaiſer Di:
to's II. das Bisthum M. aufgehoben und 3*
Meiſſen und Zeitz getheilt. Indeſſen hatten ſchon
zu Giſilar's Lebzeiten Otto III., ſowie die Päpfte
Gregor V. und Silveſter II. das Bisthum wieder
—*— verſucht, die em Politik des Er;
iſchofs jedoch immerdas Öelingen zu vereiteln ae
wußt; nach jeinem Tode aber 1004 ftellte eö Dein:
rich UI. fofort wieder her. Diejer legte aud LOL.
den Grundftein zur Domkirche. Unter den Biſchs
fen ift Thietmar (1009—1018) durd) jeine Chro:
init, die wichtigſte, weil einzige bedeutendere,
ı gleichzeitige Quelle für die Geſchichte der jpäteren
ift die von den beiden Nilarmen, dem Ajtapus ſächſiſchen Kaijer, berühmt geworben. Bekannt ift
Bahr⸗el⸗ Azrak) und dem Ajtaboras (Atbara) ge- Biſchof Ihilo von Trotha F 1514, durd Die Sage
Meſchhed⸗Ali
von ſeinem Raben, in deſſen Neſt zu ſpät ein
Ring gefunden wurde, nachdem der Biſchof einen
Diener als den vermeinten Dieb hatte hinrichten
(afien. Die Reformation drang in das Stift ein un:
ter Bifhof Sigismund von Lindenau F 1544. Nach
deſſen Tode erhielt auf den Wunſch des Herzogs
Morig von Sachſen fein Bruder — die wertliche
Adminiftration, während die geiftliche dem Fürften
Georg von Anhalt übertragen wurde, den (2. Aug.
1545) Luther und Melanchthon zum Biſchof ordi⸗
nirten. Nah der Schadht von Mühlberg 1547
mußte Georg fein Bisthum verlaflen, von dem
nun ber vom Kaijer bereitö 1547 emannte Mi:
chael Sidonius —— der letzte katholiſche
Biſchof, Beſitz nahm 15 1561. Nach dem früh:
jeitigen Tode des auf Sidonius folgenden Admi-
niftratord Alerander von Sachſen 1565 führte
jein Better, Churfürft Auguft die Adminiſtration
fort. Eine Convention von 1561
ſonderten Stiftäregierun
Stift verpflichtet, nur y
Eine neue Convention von 1751 bezeichnete den
jedeömaligen Churfürften als oe Senn be:
ließ aber im Nebrigen das Kapitel im Befit feiner
Rechte. 1815 fam M. mit dem größten Theil jei-
ned Gebietes an Preußen. Das evangelifhe Dom:
itift wurde auch jegt noch beibehalten, jeine Um—
wandlung zu Nugen und im Geifte der evangeli«
ihen Kirche ift gejeglich in Ausficht geftellt. Vgl.
Thietn. Merseb. Chronicon bei Bert Mon. Script.
II. 733 sqg. Schmedel, Hiftor. topogr. Beſchr.
des Hochſtifts M., Halle 1858.
Reihen: Ali (Grab Ali's, des Stifters der
Schiiten, vgl. d. Art. Muhammed) und Meſchhed⸗
Hoflein (Grab H.'s, des Sohnes Ali’s), in der,
Nähe der Ruinen von Babylon gelegen, die be:
rühmteften Wallfahrtöorte der Schüiten. Nach bei:
den Orten werben jährlich Taufende von Leihen
sur Beitattung gebracht.
Meich, Bölterftamm, in der Bibel immer in
Verbindung mit Tubal genannt, 1. Mof. 10, 2.
Ce. 27,13;32,26, find die Moscher der klaſſ *
Schriftſteller, die Bewohner des moschiſchen Ge:
birges, welches zum Kaulaſus gehört. Sie werden
—— als tapfere, aber nicht unbefiegbare
Arieger und ald Handelsleute, die nah Tyrus
Stlaven und eherne Geräthe brachten. Dazu paßt,
daß die bezeichnete Gegend des Kaufafus reich an
Supfergruben ift und bis in unjere Zeit Menfchen:
handel trieb. |
Mefopotamien. Das Land zwifchen dem Eu:
vhrat (Meftl. Grenze) und Tigris (Deftl. Grenze), |
Im Rorden begrenzt durch das Taurus:Gebirge. |
Ton dem nördlichen, von den Ausläufern biefes |
Sebirges durchzogenen Theile aus, dacht es ſich
allmählich ab bis zu der Tiefebene Sinear an
»er Bereinigung der beiden Flüſſe. Je weiter
vom Gebirge und von den Flüſſen entfernt, defto
mehr gewinnt M. den Charakter der Wüften:
ſteppez jo weit aber durch Kunft und Natur
eine Bewäflerung hergeftellt werden konnte, ent:
widelte ſich ungeheure Fruchtbarkeit. In dem
fruchtbaren Norden ift Ur und Haran zu fur
hen, wo Abrahams Stamm fich anfievelte, als |
er den Urſitz im den armeniichen Bergen ver: ,
(affen Hatte. Im Süden war das babylonifche
657
Meirob
Reid gegründet worben, welches um 1280 in das
neu entitandene aſſyriſche Weltreich aufging. Auch
die Herrfchaft der fgrifchen Könige dehnte ſich über
einen Theil M.'s aus. 2. Sam. 10, 16,19. Ein
—— Reich hat das ganze Gebiet wohl niemals
gebildet, auch der Nicht. 3, 8. 10 als König von
M. erwähnte Eufchan : Riihataim hat fchwerlich
das ganze Land beherricht, ſondern war wohl nur
affyrifcher Statthalter. Nach dem Sturz des af:
ſyriſchen Reiches um 600 v. Chr. fiel M. an Ba:
bylon (feit 747 wieder unabhängig), dann an
Perfien, an Syrien und war Jahrhunderte lang
der — — und Kriegsſchauplatz der
Armenier, Römer und part bis Garacalla 217
—— es dem römiſchen Reiche einverleibte. 637
—4l eroberten bie Araber das Gebiet. 1258 gina
ed an die Mongolen, dann an bie Berfer über, die
es 1648 den Türken überlaffen mußten. Berühmte
hatte unter Wah: | Städte in M. find Babylon, Karkemifch (Circe
rung der von der landesherrlichen Gewalt abge:
und Berfaflung, das
tinzen bes ſächſiſchen
Haufes zu Adminiitratoren zu wählen; diejelbe
wurde im weſtfäliſchen Frieden 1648 betätigt. |
fium), Edeffa (f. d. A.), Nifibis, einft Metropole
des riftlihen M.'s, Pethor, die Stadt Bileam's
4. Mof. 22, 5. Ueber die Einführung bes Chri-
ftenthums ift nichts Sicheres befannt; der Trabi:
tion zufolge foll Petrus fih nah Babylon ge:
wandt haben (vgl. 1 Betr. 5, 13). Die Menge ber
Juden, die durch die Berpflangung in die babylon.
Sefangenichaft bortihren Wohnfig erhalten hatten,
erleichterte jedenfalls auch die Bildung chriftlicher
Gemeinden, die jedoch in den Stürmen der per:
ſiſchen, arabifchen und türkiſchen Herrfchaft wieder
jerfallen mußten. Val. Forbiger, Handb. deralten
Geogr. II. 625,
eirob (Mjeſrob) auch Mafchtoz genannt, der
armenifche Bibelüberfeger, ift in der Mitte des
vierten Jahrhunderts in einem Dorfe ber Provinz
Taron geboren. Erſt Secretär des armenifchen
Patriarchen, Nerfes des Großen, jeines Lehrers,
ward er Divanfchreiber (Staatäjecretär) am Tö:
niglihen Hofe. Nachdem er dieſe Stellung 7 Jahre
innegehabt, ging er in ein Klofter und, weil er
auch da feine Befriedigung fand, in eine Einöde,
wo fi eine Schaar junger Leute als Schüler um '
ihn fammelte. Unter der Regierung des Königs
Vramſchapuh erhielt er von dem Katholilos Sa:
hat (Iſaak) dem Großen den Auftrag, ald Miffio-
nar das Evangelium zu verfündigen, wozu ihn
‚ feine Sprachkenntniß vorzugsweiſe geſchickt machte.
In diefer Thätigkeit empfand er ſchmerzlich den
Mangel einer armenifchen Bibelüberjegung; die
von den Beiftlichen gebrauchte fyrifche nämlich war
dem Volke unverftändlih. Um aber eine ſolche
verfaflen au können, war es zunächſt und zuerſt
nöthig, ein armenifches Alphabet zu jchaffen. Nach
jahrelangen vergeblihem Bemühen, die ihm mit:
—— Erfindung eines ſyriſchen Prieſters nutz—
ar zu machen und nach vielen ebenſo vergeblichen
Verſuchen, durch Hülfe anderer ſyriſchen Gelehrten
ein für das Armeniſche paſſendes Alphabet auf:
zuftellen, fol er endlich zu Samofata 406 nad
inbrünftigeun Gebete im Gefichte geſehen haben,
wie eine Sans die erfehnten Scpriftrüge in einen
Felſen eingrub. Sofort begann er nun mit diefer
Schrift die Heberfegung der Sprücdmörter und
des N. T., und Kr nach jeiner Nüdfehr in bie
Heimath auch die arınenifchen Werke, welche mit
ſyriſcher Schrift gefchrieben waren, um fie nugbar
gu machen, in der neuen Schreibweife, die auf Befehl
ed Königs im ganzen Lande eingeführt wurde, um:
ſchreiben Als nah dem Tode des Königs die Per
Merialianer
fer das Yand unterwarfen und mit Gewaltmaß:
regeln gegen die Chriften den Feuerdienft ein:
führten, verließen Meſrob und der Katholitos
Sahak die Heimath. Mit Genehmigung des Kaifers
Theodofius des Kleinen und des Patriarchen At:
ticus zu Gonftantinopel fonnten fie im griech:
ſchen Armenien ihr Werk fortjegen. Auf ihre Bitte
empfingen fie von Eonitantinopel eine griechiſche
Handſchrift der h. Schrift, wonach die bisherige aus |
dem ſyriſchen angefertigte Ueberfegung verbeffert
wurde. Die ebenfalls überfandten üturgiſchen
Bücher der Griechen wurden, ald nad) dem Auf:
hören der Verfolgung in Armenien, Sahat und
Meſrob dahin zurüdgetehrt waren, hauptjächlich
von legterem, zum Gebrauch der armenifchen Kirche
überjegt und bearbeitet. Mejrob ftarb 441 als
Verwalter des Patriarchates einige Monate nad)
jeinem Freunde Sahat. Eine frit. Ausgabe ihrer
Vibelüberfegung erihien Venedig 1805. 4 Bde.
Vgl. Naumann, Verſuch einer Si. d. armeni:
ſchen Yiteratur. Lpz. 1836.
Meffalianer, Yon dem hebräiſchen Mezal,
Betende, ift der Name dreier ganz verſchiedener
Secten:
658
Meſſe
mãhlich verſchwanden. Gegen fie ſchrieb am aus:
führlichſten Amphilochius von Jconium, Val. Epi-
phanius haer. 80.
3. Eine thracifche, mit den Paulicianern in
Verbindung ftehende gnoftiiche Secte des 10. Jahrb.
von denen ein Zuſammenhang mit den Eudhiten
behauptet wird. Bal. Mid. Piellus, reoi Eree-
ı yelag duuuovww durkoyog. Par. 1615. Nürnb.
18838, Giejeler, 8. G. 2. 1. 401.
Meffe. Bon dem Rufe „ite, missa est‘* (eccle-
sia), mit weldem das Ende der gottesdienftlichen
\ Feier, an der auch ben Ungetauften Theil zu neb-
men erlaubt war, angefündigt wurde, erhielt der
ı Theil des Gottesdienftes, welcher die ‚Feier bes
Abendmahls umfaßte, den Namen Meſſe, jo daß
' Luther no den evangelifhen Abenbmahlsritus
unter dem Titel der deutfchen Meſſe anordnen
fonnte. Da das Wefentlihe der Feier in dem
Vorleſen beftimmter Gebete und Formulare durch
| den Priefter befteht, jo wird die Handlung bezeich
net als „Mefle lefen“. Das gegenwärtige Met:
ritual rührt im Wefentlichen von Gregor I., d. Gr,
590—604 her. War die von ihm vorgejchriebene
Liturgie aud) im Abendlande faft allgemein ange:
t
1. Eine nicht hr’ftliche Religionsparteiin Alein- nommen worden, fo entftand dod im Laufe der
afien in der Mitte des 4. Jahrh. Bon ihnen wird Jahrhunderte eine ganze Reihe bejonderer Meh-
(Epiphanius, haer. 80) berichtet, daß fie zwar die bücher und damit eine ſolche Verwirrung im Eul:
Götter anerkannt, aber nur Einen Gott als den tus der einzelnen Yänder, daß dad Conzil von Trient
Allmächtigen verehrt, an den fie in ihren Bethäu: es ald nothwendig erfannte, ein gleihmäßiges für
jern Gebete und Xoblieder gerichtet hätten. Nach | die ganze Kirche geltendes Mefritual herzuftellen,
Kyrill von Alerandrien war es eine deiftifche Ge: | und mehrere Bifhöfe mit dem Entwurf eines jol:
meinſchaft, die des groben Heidenthums überdrüf: | hen betraute. Da indeh hierüber feine Ueberein
ſig geworden, nur noch formell den Glauben an | itimmung erzielt werden fonnte, übertrug die Ber:
mehrere Götter fefthielt, ebenfowenig aber das | jammlung die Löfung diefer Aufgabe dem Pabiı.
chriſtliche Prinzip verjtand und ſich ähnlich wie die | Pius V ernannte demzufolge zur Erledigung der:
Hyyſiſtarier (vgl. d. Art.) mit einigen dem Juden: | jelben eine befondere Congregation, deren Wert,
tbum und dem Sellenismus entlehnten Gedanten | 1570 genehmigt und verfündet, mit geringen
und Anſchauungen begnügte, dabei aber die Eul: | unter Clemens VIII 1604 und Urban VIII 1634
tusform der Chriften nachahmte. Da fie hin und | vorgenommenen Aenderungen das heute allgemein
wieder von hriftlihen Beamten verfolgt wurden, | gültige Mekritual ift. Ueber die Erhaltung ber
jo durften fie aud von ihrem Märtyrerthum reden. Heine deffelben wacht die von Sirtus V 1587
Bol. Wald, Kegerhiftorie. III. 481. | eingelegte Congregatio rituum, Mit wenigen Aus-
2. Myſtiſche Enthufiajten der zweiten Hätfte | nahmen find alle in demje.ben enthaltenen For:
des vierten Jahrhunderts, aud) Euditen (Beter), | mein und Gebete aus dem Brauch der alten Kirche
Enthuſiaſten, Pnewmatiter (nreöue Geift), Eho: | übernommen und laſſen noch jehr deutlich erfennen,
reuten (Tänzer), nach ihren Führern Lampetianer, | daf Sinn und —— der Abendmahlsfeier ur:
Marcianiften, Adelphianer zc. genannt. Ihre ſprünglich ein von der Meffe jehr verfchiedener ar-
Richtung war eine Folge des Umſchlags der über: weſen ift. Nach dem jegigen Ritus wird die Feier
triebenen Mönchsaſteſe in einfeitige Innerlichkeit, | eröffnet dur das fogenannte Staffelgebet des
der Meberreizung einer durch kirchliche Streitig: | Priejterö, welches er an den Stufen des Altars,
keiten aufgeregten Zeit und der Ueberfpannung | abwechjelnd mit dem Miniftranten (Meßdiener)
des Glaubens an die Einwirkung der Dämonen. ſpricht. Daffelbe befteht aus dem Antipbon (Pi
Wefentliches Merkmal jener Möndhsbanden war 43, 4), dem ganzen 43. Pſalm, der Heinen Doro:
Veradtung der firdlihen Formen, der Taufe, | logie und dem Spruche Pjalm 121,2 (in den Tod-
des Abendmahls, des Fajtens zc. und Gleichgültig:
feit gegen die Geboteder Sittlichkeit. Nur durch an:
haltendes Gebet, lehrten fie, würden die Dämonen,
unter deren Herrichaft der Menſch jteht, überwun:
den, der h. Geift ſichtbar und fühlbar in die Seele |
aufgenommen und derMenic befähigt, in Traun:
tenmeflen und in der Charwoche bleibt jedoch nur
der Antiphon). Dieran ſchließt ſich das Sündenbe:
lenntniß mit der Abbitte. Wenn unter leife geſpto—
chenem fernerem Gebete um Vergebung feiner Sün:
den der Briejter den Altar beftiegen hat, beginnt
die eigentliche Handlung mit dem Introitus, be
arfichten die Zukunft vorherzufehen. Urſprünglich jtehend aus einem nad) den verſchiedenen kirchlichen
sahlveich in den ſyriſchen KHlöftern, zogen fie fpä: Zeiten wechielnden einleitenden Sage, dem ein Bers
ter im Lande umher, und lebten, als die erjten | aus den Pſalmen und die feine Dorologie (f.d. A.)
Bettelmönde, von Almojen. Zwar bildeten die | folgt; daran ſchließt ſich das dreimal wiederholte
M. weder eine geichlofiene Secte, noch wollten fie | Kyrie eleison (Herr, erbarıme dich unjer) und die
den Lehren der Kirche entgegentreten, und erft | große Dorologie (Gloria),die jedoch in den Privat
Spätere geben ihnen gnoſtiſche Irrthümer Schuld, votivmeſſen, an den Tagen kirchlicher Trauer und
vennoch jchritt man jo ernftlich gegen fie ein, daß in Todtenmeffen ausfällt. Auf das dominus vo-
Abit ihre Klöfter verbrannt wurden, bis fie alle. biscum (dev Herr fei mit Euch), mit welchem ſich
Meile 650 Meile
der Briefter an die®emeinde wenbet, indem er zu: | Babft, die Biſchöfe und die Gläubigen, für dieAn-
aleich die Aufforderung zugemeinfamem Gebet, Ore- | wejenden in der Meſſe und die Opfernden oder
mus (laßt uns beten), an fie richtet, folgen Oratio | jonftige Wohlthäter, deren Namen früher aus den
und Commemoratio oder Collecten (kurze Gebete, | Diptychen verlefen wurden, endlich für die, deren
die gewöhnlid irgend einen einzelnen befonderen | der Briefter beſonders gedenken will, und be Eure
Gegenftand en bee 5—7 fein fönnen; ba: | dabei auf die Verdienſte Maria’s, der Apofte und
nad) die Verlefung der Epiftel (gewöbnlich ein Ab: | der andern ıpeiligen, deren 12, ſämmtlich ber älteften
ihnitt eines apoftolifchen Briefes) und am Schluß | römischen Gemeinde angehörig, namentlich genannt
derjelben das Deo gratias (Gott fei Dank!) vom | werben. Das folgende Gebethane igitur per obla-
Meßdiener rejpondirt; dann entweder Graduale | tionem bittet, daß Gott um der Opfergaben willen
(bejtehend aus einer Schriftftelle mit zwei Verfen) | die Gläubigen zur ewigen Seligkeit berufen möge.
mit dem Alleluja und (bei den Meffen an hohen | Das dritte Gebet erfleht die®nade der Wandlung,
Feſten) der Sequens (kirchliche Fefthymnen) oder | die dann, nachdem der Gemeinde ein Zeichen mit
mit einem Tractus mit und ohne Alleluja, der aus | der Schelle gegeben, ftattfindet. Der Prieſter ſpricht
einem Spruch und zwei Berjen befteht. Nach der | über die Hojtie die Einfekungsworte hoc est cor-
Sequenz, oder wo dieſe ausfällt nach dem Gra: | pus meum, das ift mein Yeib ıc. (Consecratio),
duale wird das Evangelium gelefen, dem das Ge: | beugt dann das Knie und betet den num in ihr an:
bet munda cor meum ing mein Herz) vorauf: | wejenden perfönlichen Chriftus an; darauf erhebt
geht und welches mit der Antwort des Mefdie: |er fie und at fie der Gemeinde zur Anbetung
nerö laus tibi Christe (Lob dir, Chriftus)befchlof: | (Elevatio). —— verfährt er mit dem
ſen wird. Das Credo (Glaubensbelenntniß), vom Kelche. Nach der Wandlung folgt das vierte Gebet
Priefter geſprochen und in feierlicher Meffe gleich: | Unde et memores, wiederum ein altes Oblations:
zeitig vom Chor gefun en, jhließt den erſten Theil | gebet, daß Gott diefe Gaben, das Brod des Lebens
der Meſſel die alte effe der Katehumenen.). Mit | und den Kelch des Heils gnädig aufnehmen möge.
einem Dominus vobiscum und ber erneuerten Auf: | Der Gebetöact des Canon ſetzt ſich durch das fünfte
forderung Oremus leitet fid) die missa fidelium, | Gebet (Fürbitte für die Berftorbenen) und das ler
die Meſſe der Gläubigen, eröffnet durch das Offer- | jte (um Gemeinſchaft mit den Heiligen um Chrifti
torium, ein. Es ift dies der Opferakt der alten ] willen) fort und jchließt fireng genommen mit dem
Kirche, bei weldhem die Gemeindeglieder ihre Obla- | (aut gejprochenen Pater noster (Bater unfer) und
tionen, Brod und Wein, auf den Altar legten und | dem Gebete libera nos (eine Erweiterung der vr
fie in Gebet Gott als Symbole der dankbaren | ten Bitte des V. U); doch wird im heutigen Meß:
Liebe aufopferten. Das Offertoriumgebet, beftehend | buch noch alles Folgende bis zum Schluß der Mefje
aus einigen Pjalmverfen, bezieht ſich noch hierauf. | zum Canon gerechnet. Nah den nun folgenden
Während der eigentlichen Oblation der Gaben, d. | Handlungen des Priefters, dem Brechen der Hoftie
h. während der Aufopferung des Brodes, der Ber: | inzwei Theile, von welchen ein Bartikelin den Kelch
miſchung des Weines mit Waffer,der dandwafchung | gelegt wird, dem Friedensluß (f. d. A.) und dem
und anderer Cerimonien find fünf Gebete (aus der | mit 3 ftilfen Gebeten, DomineJ. Chr., qui dixisti
mozarabifhen Liturgie ſtammend) mit leifer Stim: | apostolis tuis, pacem meam (Gebet um Friebe und
me zu ſprechen. Den Schluß des Offertortums bil: | Einheit) — Domine J. Chr. fili — Perceptio cor-
det die Secreta (Stillgebet), in Anzahl und Reihen: | poris tui (um Zumendung des Communionjegens),
folge mit den Orationen vor der Epiftel übereinftim: | verbundenen agnus dei (nochmalige Bitte um Ber:
mend, Ein neues dominus vobiscum und die. Auf: | gebung der Sündenſchuld) folgt die Sumtio, der
forderung sursum corda (erhebt eure Herzen) Kin: | Bean der Hoftie und des Helchesunter entiprechen:
digt den Fortſchritt der Handlung, den Beginn der | den Sprüchen und Gebeten, Hierauf wird Die Com:
eigentlichen Meſſe an. Eingeleitet durd) das dig- | munion, nachdem —* Misereatur, Indulgen-
num et justum (würdig und recht ift es, daf wir | tiam und ecce agnus dei (Gebet um Sündenver:
dich anbeten ꝛc.) beginnt die Bräfation (wofür es gebung) geſprochen ift, den dieſelbe etwa verlangen:
nad) den verſchiedenen Zeiten des Kirchenjahres | den Gemeindegliedern unter den Worten: Corpus
11 $ormulare giebt), ein Danfgebet für die gött: | domini nostri J. Chr. (der Yeib er ai bewahre
fihen Wohlthaten; fie fchließt mit dem dreimal | deine Seele zum ewigen Leben) gejpendet. Nach
wiederholten Sanctus (heilig ift der Herr!). Das | der Communion und dem Gebet quod ore sumpsi-
bisherige bildet den Ordo missae, der in feinen | mus (um die Zuwendung der faframentalen Gnade)
sinzelnen Beftandtheilen veränderlich iſt; es folgt folgt die Purifilation (Ausſpülung des Kelches mit
nun der Canon missae d. h. die unveränderliche ungeweihtem Wein) und mit dem, den Gedanken des
Richtſchnur, nad) welcher die DOpferhandlung der | vorigen fortjekenden Gebet corpus taum domine
Meile vollzogen werden foll. Der Ganon, urfprüng: | die Ablution des Daumens und Zeigefingers Über
lid nur aus den Einſehungsworten Chrifti beim | dem Kelche. Der dazu verwendete Wein wird bei:
Abendinahl und einer — beſtehend, hat demal genoſſen. Es wird darauf die Communio
ſich zu feiner jetzt üblichen Form wahrſcheinlich all: | geleſen, eine Antiphonie, die man ſonſt während der
maͤhlich entwidelt. Gregor d. Gr. nennt einen Scho | Abendmahläfeier fang. Dann beginnt der Schluß:
fafticus (d. 5. gelehrten Theologen) ald Verfaffer. | theil der Deffe, in erweiterter Bedeutung aud)
Er wird in der lateiniſchen Kirche mit ausgeipannten | Postcommunio (Nahfommunion) genannt, ur:
Armen und leifer Stimme, bei den Griechen laut | fprüngli die Dankfagung für die Communican:
ebetet und hat 3 Haupttheile: die Gebete vor ber | ten. Nach dem dominus vobiscum folgt die eigent-
Benblung, die Conjecrationsformel und die Ges | liche posteommunio (ältere Bezeichnung: oratio
bete nad) der Wandlung. Bor der Wandlung bittet ad eomplendum, ad compl., Complenda), eine
vas Gebet te igitur clementissime pater, in wel: | Reihe Gebete, in der Zahl den Collecten und der
chem bie commemoratio pro vivis und dad Gebet Secrete entſprechend. Es folgt das Ite, missa est
vommunicantes inbegriffen ift, für die Hirche, den (Gehet, fie ift beendet, d.h. die Meſſe) mit der Ant:
Meſſe 660 Meſſe
wort bes Meßdieners Deo gratias oder benediea- aus dem 2. bis 6. Jahrhundert. Frankf. 1850
mus domino (Dankfagung) oder in Todtenmeffen Gräfer: Die römiſch-kath. Liturgie nach ihrer
requiescant in pace (Sie ruhen in Frieden). Der , Entftehung und Ausbildung. Halle 1829.
Priefter betet noch im Stillen das Placeat (Gebet,, Der Ritus der Meffe läßt ihre Entftehung aus
daß Gott das dargebradte Opfer angenehm, für | allmählicher Umbildung des Gotteädienftes der
den Priefter und die, für welche e8 gebracht wor: | alten Kirche noch Har erfennen. Diefer aber ging
den, ein verföhnendes fein möge) und ertheilt dann | hervor aus dem einzigen Eultusact der lirge:
der Gemeinde den Segen. — Bon diefen Beftand: | meinde, der Agape, dem Liebeömahle. Bet Die:
theilen der Meſſe ift veränderlich, entweder in be: |jem war wejentlih das Herzubringen der Be:
ftimmtem, nad) den kirchlichen Zeiten und Feſten ſtandtheile deffelben durch die Gemeindeglieder
feftgefegtem Wechjel oder nach der Auswahl der 1. Kor. 14, 21. 22, die Oblationen ——
Prieſier: Introitus, Collecte, Epiſtel, Graduale, Fvaicu, sacrifieia) der Folgezeit. Das Dankgebet
Alleluja, Tractus, Evangelium, Secrete, Commu: (sd yagıorie, fpäter die ganze Handlung bezeich:
nıo und Poftcommunio. Da die Haupthandlung | nend), welches den cultifchen Gebrauch derielben
bei allen Meflen diefelbe ift, fo unterfcheiden ih zur Agape oder zum Abendmahl als der Gedächniß—
dieſelben eigentlich nur durch einen größeren Ap⸗ feier des Todes Chrifti im Genuß von Brod und
parat und Aufwand von Ceremonien. Danad un: | Wein einleitete, bezog fich ebenſo auf die göttliche
terfcheidet man: Missa publica die Pfarrmeſſe, Gnade, die ſich in der irdifchen Schöpfung offen:
das Hochamt; publica et solemnis, wenn fie neben | barte, wie auf die durch Chriftum vermittelten Heils
der Feier am Altar von dem Gemeindechor gefuns | fegnungen. Es war ein weſentlicher Beftandtheit
gen wird (daher auch) missa cantata genannt), und des Opfers und felbft ein Opferatt. Die Gaben
mehrere Altardiener (Dialonen) dabei dienen; | ver Gemeinde zum gemeinfamen cultifhen Ge-
m. soleınnissima wenn dazu noch die geweihte braud wurden auf dem Altar niedergelegt und
Hoftie in der Monitranz öffentlich ausgejtellt ift. | erhielten den Namen des Opfers, das Juden und
Nach ihren Abjtufungen und der Perſon der Cele: | Heiden als die eigentliche Cultushandlung ber re-
brirenden major, praecipua, conventualis, ponti- | igiöfen Vermittlung gemeinfam war. Das Außer:
ficialis, papalis. Privatmefje heißt jede M., die | (ich Uebereinftimmende zmwifchen chriftl. und heid—
an einem Nebenaltar oder in einem PBrivatorato: | niſchem Opfer war die Weihe irdifcher Dinge zum
rium oder an Wocentagen gelefen wird oder wenn | gottesdienitlichen Gebraud. Für das Chriſtenthum
feine Gemeindemitglieder in derfelben communi: | jand die Bezeichnung ihre Rechtfertigung darin,
ciren. Zu ihnen gehören ferner alle Votivmeſſen, daß man auf die zu Grunde liegende Idee zurüd:
die ihre Veranlafjung in den Anliegen Einzelner | ging, nach der das Äuferliche, ſichtbare Opfer Der
haben, fei es nun, daß fie auf Anordnung der kirch⸗ Ausdrud der fih an Gott hingebenden inneren
lichen Oberen, oder aus eigenem Antrieb, oder auf | Gefinnung des Opfernden ift. Aus ihr heraus ent:
Beftellung gelefen werden, alfo auch alle Seelen: | ıwidelte fi die ganze jpätere Meßtheorie. Da der
meſſen (missa pro defunctis). M.de teınpore bezie: | Tod Chrifti am Kreuze im Anſchluß an neutefta-
hen fich in ihren veränderlichen Beftandtheilen auf mentliche Stellen längſt ald Opfer angejehen und
die Evangel. Geſch. M. de festis (de sanctis und bezeichnet wurde, fo vereinigten fid) in dem Worte
commune sanctorum) find ſolche, in welchen das | die Beziehungen aufdieOblationen und aufden Tod
Opfer zu Ehren eines Heiligen dargebracht wird. | Chriftt. Weil ſich ferner die liturgifhe Sprache an
M. ferialis (feria Werktag) heißt die Mefje an die des A. T. anlehnte, jo füllte fih auch das Wort
Wocdentagen, die weder aus dem einfallenden Hei: | Opfer immer mehr mit altteftamentlihem Inhalte.
ligenfefte noch aus den Votivmeſſen genommen ift. | Auf diefe Weife vereinigten ſich in demjelben die
Missa praesanctificatorum ijt Die Mefle, in welcher | allerverjchiedenften Beztehungen; es wurbe da:
teine Confecration ftattfindet, fondern die vorher | bei gedacht an die ſich darftellende Gemeinde, an
aeweihte Hoftie ohne Kelch genommen wird. Dies | den Tod Chrifti, defien Gedächtniß gefeiert wird,
geſchieht regelmäßig nur am Charfreitag. M. sicca, | an die Opfergaben der Gemeinde und an eine Wie:
Bautica(Schiffemelfe), ift ein Gottesdienſt, in wel: derholung des Todes Chrifti ſelbſt (bei Gregor 1.).
em wohl die Mehliturgie, aber nicht der Canon ge: | Gegen Mitte des 3. Jahrb. ward mit der beſtimmt
betet und die vorher confecrirte CGommunion unter | auftretenden Borftellung von einem eigenen chrüjt:
den ECommmmiongebeten gefpendet wird; fie findet | lichen Prieiterftande nach dem Vorbilde des [eviti-
zum Erſatz der Mefle auf Schiffen jtatt. Missa bi-, | fchen die dee des Opfers eine andere. Mit dem
trifaricata, eine Meffe, die nach einem frühern, jett |erneuerten altteftamentlihen Brieiterbegriff ver:
abgeſchafften Gebraud) zwei oder drei in fich ver: | band zuerſt Cyprian die Opfertheorie des Abend:
einigte; um, obne zu biniven, d. 5. zweimal an | mahls; der neue Begriff des Priefters forderte noth—
einem Tage das Meßopfer zu bringen und den wendig einen neuen des Opfers. Genau läßt ſich
Kelch zu genieken, mebreMeffen auch verjchiedener | Cyprian's Anficht über das Berhältnik von Opfer
Feſte an Einem Tage halten zu fönnen, murden und Abendmahl nicht beftimmen, doch fteht jo viel
hinter einander verichiedene Meſſen bis zum Ca- feit, daß feine Anſicht ſchon in fofern von der älte
non gelefen und zum Schluß Diejer, als auf alle ren abweicht, als er zu Gegenſtänden des prieiter-
fid) beziehend, hinzugefügt. Negelmäßig joll der lichen Opfers nit nur Brod, Wafler und Wein,
Priefter täglih nur eine Meſſe lefen, dod kann fondern auch den Leib und das Blut, jowie das
ihm, mo die Umftände (weit auseinanderliegende | Leiden Chrifti (letzteres als Gedächtnißfeier) macht,
Gemeinden, Erfrantung eines anderen Priefters ſowie darin, daß er ei Chriſtus habe ſich beim
x.) es fordern, vom Biſchof Erlaubnif, mehrere zu | Abendmahl jelbit geopfert,und fo bringe jeder Brie
feiern, ertheilt werden. Außerdem darf eram erften ſter beiderAbendmahlsfeier ein gleich wahres Opfer
Weihnachtstage drei Meſſen lefen. — Bal. über | Der Gegenjtand deffelben ift aber nach ihm die
die liturgiſche Seite der Meſſe: Binterim Denfwür: | Gemeinde in ihrer jaframentalen Bereinigung mit
igfeiten. Done, lateiniiche und griechiſche Meſſen Chriftus; Daher bleibt auch nach jeiner Auffaſſung
Meſſe
im Abendmahl die Communion unzertrennlich mit
dem Opfer verbunden, ſo daß erſt durch die Com—
munion, wenn auch im Gegenſatz zu ber früher an:
genommenen Selbftaufopferung der Gemeinde, un:
ter Vermittlung des Priefters, das Opfer wirffich
dargebracht wird. Finden ſich daher auch bei Cy:
prian einzelne Nedewendungen, die eine Ausle—
gung im Sinne der heutigen Fatholifchen Theorie
von der Meſſe zulaffen fönnten, jo ergiebt fih doch
aus dem ganzen Zuſammenhang feiner Lehre, daß
feine Auffafiung des Opfers eine von letzterer me:
ſentlich abweichende ift. Auch in der Folgezeit er:
ichien eine Abendmahlsfeier ohne Communican:
ten der alten Fatholifhen und griechiſchen Kirche
unerträglich. Als es aber dann allgemeine, von
Nordafrika fich verbreitende Sitte wurde, nicht
bloß am Sonntag und den Gedächtnißtagen ber
Märtyrer das Abendmahl zu feiern, fondern täg:
(ich, danad) beim Wachsſsthum der Gemeinden jogar
wiederholte Feiern an einem Tage eintraten (zuerft
feit Leo 1,440—461), und nun gar in den Kirchen
und Kapellen mehre Altäre zu Ehren der Heiligen
und Märtyrer aufgeftellt, aud) diefen zu Ehren be:
fondere und zahlreiche Kirchen und Kapellen erbaut
wurden, war e8 faum noch möglich, mit jeder Meſſe
eine Communion der Gemeinde zu verbinden. Trotz
allen Anftrengungen der Kirchenväter für die rege
Theilnahme an ber Gemeindecommunion und troß
mancher Synodalbeichlüffe (Antiochien 341, Macon
585, Mainz818, Paris 829) nahm die Theilnahme
der Gemeinde immer mehr ab und es entitanden
die Brivatmefien, bei denen Anfangs noch minde:
ftens Ein Communizirender außer dem Priefter
green wurde, in denen aber gegenwärtig die
emeinde oft nur noch durch den Mehdiener ver:
treten wird. Die griechiſche Kirche fennt im Gegen:
fag zur römifchen feine Privatmeſſe, vielmehr hat
hier die feier des Opfers ihre alte Beziehung zur
Gemeindecommunion bewahrt. In Folge davon
hat auch jede Kirche nur einen Altar; an diefem
wird die Meffe und zwar nur an Sonn: und Feft:
tagen gefeiert und darf an demfelben Tage nicht
wiederholt werden. Die römifche Theorie wurde
nad der einen Seite gerechtfertigt durch die zuerſt
von Walafried Strabo, Abt von Reichenau (+ 840)
entwidelte und durch Thomas v. Aquino, der über:
haupt die erfte ſyſtematiſch zufammenhängende
Lehre über das Mefopfer gab, weiter auögebil:
dete Theorie von dem geiftlichen Genuſſe, die fs
an die Auguftiniihe Unterfcheidung ber mandu-
catio spiritualis und m. sacramentalis anlehnte;;
nach derjelben haben nämlich an den Segnungen des
Sacraments auch die Antheil, welche an demſelben
nur in Andacht und Glauben ohne jatramentalen
Genuß theilnehmen, fo daf der Beſuch der Mefie
nicht nur die Theilnahme an der Communion faft
erſetzt, ſondern auch der Abmwejende, der ſich durch
Oblation (Mefftipendiumftiftung) an der Meffe
betheiligt und fie hervorruft, ebentalls die Wirfung
derielben empfinden fann. Auf der andern Seite
wurde die mwirklihe Communion der Gemeinde |
immer entbehrlider durch die von Biſchof Iſidor
von Sevilla (600—636) eingeleitete und von Tho:
mas weiter entwidelte Unterjcheidung bes sacra-
mentum vom sacrificium (Speife und Opfer),
welche das Tridentinum —— hat, ohne je:
doch in der Lehre von den Wirkungen der Mefle
die Sonderung fcharf durchführen au Fönnen. Die
Meptheorie fam zum Abſchluß, als die Transfub:
661
Meile
ftantiationsfehre ald Kirchenlehre förmlich aner:
fannt wurde. Nach dem heutigen Dogma ber fath.
Kirche ift die Mefle nicht nur die Darftellung, fon:
dern auch die unblutige Wiederholung des einma:
ligen Kreuzesopfers Chrifti. Das Wefentlihe in
ihr ift daher die Wandlung, das eigentliche prie-
ſterliche Werk; hinter ihr ift die Aufopferung (das
alte Gemeindeopfer, Offertorium) und die Com:
nunion fo völlig zurüdgetrrten, daß deren Unter:
(affung die Handlung nicht einmal ungültig oder
nichtia machen würde. Der wefentliche Gegenfak
aegen die Evangeliiche Lehre fpricht fich darin aus,
daß diefe die Gegenwart Chrifti beim Abendmahl
nur für den Genuß der Communicanten zugiebt,
die Fatholifche Kirche aber diefen Sat verdammt
und aufitellt, daß in der confecrieten Hoftie Chri-
ſtus gegenwärtig fei, auch abgefehen davon, ob fie
genofien werde ai usum), woraus dann folgt,
daß die Hoitie an fich ein Gegenftand der Anbetung
ift, und als folder öffentlich ausgeftellt wird.
Auch in der Lehre vonden Wirfungen und Früch—
ten der Mefle zeigt fich die allmähliche Umbildung
der althriftlichen Jdeen. Eine fühnende Kraft wur:
de für die läßlichen Sünden der Belehrten — benn
weber ein Katechumene,noc ein in Folge einer Tod-
fünde Ercommunieirter fonnte am Opfer Theil
nehmen — den Oblationen und dem fatramentalen
Genuſſe jehr früh zugefchrieben, und dieſe Wirkung
bald auch auf fremde Stindenjchuld ausgedehnt,
zunächſt auf die ber Verftiorbenen. So wurde die
in ber Communion anfangd nur unterhaltene gei:
ftige Gemeinſchaft der Kirche mit ihren verftorbe:
nen Gliedern zu einem Opfer für diefelben, welches
dazu nütze, daß Gott mit ihnen gelinder verfahre.
Diefe Anſchauung fpricht bereits Tertullian aus:
drücklich aus, ihm folgen Eyprian, Auguftin u. 9.
Die durd; Gregor den Großen vollendete Ausbil:
dung der Lehre vom Fegfeuer führte dann zu ben
Seelenmeflen der heutigen Kirche. Die immer mehr
wachfende Deiligenverehrung konnte zulegt eine
Fürbitte für diefelben nicht länger ertragen; fo ver:
wandelte fich bereitö jeit Auguftin durch eine Heine
Aenderung der Worte die Erwähnung der Heili:
gen in der Mefle in eine Anrufung ihrer Fürbitte.
och früher aber hatte man den Oblationen und
den fie begleitenden Fürbitten der Gemeinde eine
wirfjame Kraft in Bezug auf alle Berhältnifie auch
des äußeren Lebens zugeichrieben. So finden ſich
ſchon in dem gregorian. Sakramentarium Meflen
bei Kriegszeiten, Krankheiten, anhaltender Troden:
heit ꝛc. Die Kirchenlehre fondert nun die Wirkun—
gen des Mehopfers, indem fie daſſelbe betrachtet
theils als Sühnopfer, theils ald Bitt: (ob: und
Dank-) Opfer. Sühnopfer ift ed ald Erneuerung
des Leidens Chrifti, in welchem derjelbe dem himm:
liſchen Bater fein Leiden immer wieder aufs neue
darbringt. Ei hat daher unfehlbare Wirkung ex
opere operato, d.h. ohne Rückſicht auf die Würdig
feit und das Verdienſt des celebrirenden Prieſters
oder der am Opfer Theilnehmenden; es bewirkt
daher für die Gläubigen den Erlaß der Sünden:
ftrafen und wirft mittelbar Vergebung der Sünde,
indem es Gott bewegt, die Gnade zu heilfamer
Reue (contritio) zu gewähren, weldher im Sacra:
mente der Buße danach die Vergebung wirklich zu
Theil wird. Es nützt deshalb am meiften den Ber
ftorbenen, deren Schuld bereitö getilgt iſt und die
daher zum Empfang des Nachlaſſes ihrer zeitlichen
Sündenitrafen am meiſten befähigt find, Als Pitt:
Mep-Application
opfer erwirbt das Meßopfer Vermehrung der Gna⸗
den und geistlichen Tugenden nebft zeitlichen und
weltlichen Gnaden und Gunſtbezeugungen. Seine
Wirkung ift aber nicht unfehlbar, fondern die Er:
hörung der Bitte ift, wie die jeder andern bedingt,
einerjeitö durch den Gegenftand der Bitte jelbit,
andererjeitö durch die Berjönlichkeit des Bittenden,
welche die Weisheit, Gerechtigfeit und Güte Gottes
anfiebt. Da dieje fännmtlihen Früchte des Sühn:
und Bittopferd ex opere operatoerfolgen, jo fommt
es nur darauf an, wem nad) der Abficht des Gele:
brirenden diefelben zugewendet werden follen(Ap:
plication). Außerdem können aber auch noch an:
dere Früchte in untergeordneter Weife vermittelt
werden 1) durch die Gebete der Kirche für ſich und
ihre Glieder: fructus generalis, 2) durch die Ge:
bete des Prieiterö ex opere operato: fructus me-
dius oder ministerialis; 3) durch die bejondere
Herzensreinheit und Andacht des Prieſters: fructus
specialissimi. Nach diefer Seite ift das Meßopfer
ein Önabenmittel impetratorium, ähnlich wie das
(Gebet und die Sakramente. Als Theilnehmer an
demjelben und Mitopfernde werden auch die Gläu:
bigen betrachtet, welche der Meſſe in Andacht bei:
wohnen, oder durch ——— behülflich ſind,
oder durch Gewährung eines Stipendiums oder
auf andere Weiſe die Celebration einer Meſſe ver:
anlaffen.
Die Mefie ift der Mittelpunlt des aanzen Fatho:
lichen Gottesdienftes, zugleich das Band, weldes
die Gemeinde fortwährend an das Prieſterthum
bindet um durch deffen Bermittelungan bem Heils—
ſchatze der Kirche Antheil zu empfangen; aber jelbft
ber katholischen Lehre ift es jo wenig gelungen die
mit der Meffe verbundenen Gedanken und die an
fie gelnüpften Heilserwartungen unter fich über:
einftimmend zu verbinden, daß Marbeinede mit
Recht jagen konnte: „Selbit der gemeine Yaie
würde ſich bald von dem Opfer in der Mefle zu:
rüdziehen, wenn er deutlich wüßte, wie es fich
eigentlich damit verhalte“. — Vgl. bie dogmatifchen
Erörterungen in den Lehrbüchern der Symbolit z.B.
von Marheinede, Baur, 7 des Kath. und
Brot. 2, Aufl, Tüb, 1836. Haſe, Polemik 1866.
Geſchichtlich: Stäudlin, Geſchichte d. Dogma von
dem Opfer des Abendmahls in der Gött. Biblioth.
der neueſten theol. Litt. Rückert, das Abendmahl
Leipz. 1856. Höfling, die Lehre der älteſten Kirche
vom Opfer im Leben und Cultus der Kirche, Er—
langen 1851. Steitz, Abhandlungen über die griech.
Abendmablölehre in den Jahrb. für deutſche Theo»
logie Bd. IX S.109 ff. X ©. 64 f.
Mep-Application und Intention. Weil die
Diefle die Erneuerung des Opfers Chriſti fein ſoll,
bie deſſen bauernde Wirkung aufrecht hält, zugleich
aber nur eine locale und bejchränkte Erneuerun
iſt, ann die Kirche die Wirkung derfelben auch a
bejtimmte Berfonen hinlenken. Dies geſchieht durch
die Application d. b. die befondere Abficht des Prie—
jterd, die Frucht der Mefle beftimmten Perſonen
zuzuwenden. Die Application ift ein Aet der durch
die Weihe gewährten priefterlihen Madtvolllom:
menheit und bezieht fich nur auf den fructus ıne-
dius (j. Meſſe). Applicirt werden fann für jedes
lied der Kirche, felbft für lebende Ercommuni:
eirte, Heiden und Keber in der Hoffnung auf Be:
fehrung, für dieſe jedoch nicht Öffentlich und direkt.
Applicirt werden muß für den, ber eine Meſſe ge:
ftijtet oder zu ihrer Feier Auftrag gegeben Hat, } s
662
Meßgewänder
wie für die Pfarrgemeinde von den mit der Seel:
forge derjelben betrauten Geijtlihen an jedem
Sonn: und Feſttage. Die Applicationspflicht, die
Fälle, in denen fie durd) Stellvertretung ausgeübt
werben darf, wann Dispenfation eintreten Tönne,
find durch Die Kirchengefege genau geregelt (Ency:
clica von 1858), vor Allen auch mit Rüdficht Darauf,
daß das Honorar für die Mefjen zum Unterhalte
der Priefter dienen muß. — Der Urfprung der
Application geht auf die alttirhliche Sitte zurüd,
die Namen derer, welche bejondere Oblationen
brachten, in das Gemeindegebet aufzunehmen und
aus den Diptychen (f. d. Art.) au verlefen.
Meßbuch oder Mifjale, enthält das Rituale (die
Vorſchriften flir den meflelefenden Prieiter) und
die Gebete und Gejänge der Mefle. Nach dem Ka:
lender, den allgemeinen Rubrifen (f. d. A.) und
Gebeten vor und nad) der Mefle folgen die Meſſen
de tempore von Advent bis Dftern excl., dann der
ordo missae, der Canon, das 2te Benedicamus,
Requiescant, Placeat und Evangel. Joban., und
demnächſt die Meflen von Oftern bis Advent. Hier:
auf folgen Proprium Sanctorum und Commune
Sanctorum (Gebete für beftimmte Heiligentage
und für Heiligenfefte überhaupt), dann die bejon:
derö ausgejegten? Botivmeffen, die 5 de beata M.
V, (für Marienfeſte), ferner Votivmeſſen für be:
ſtimmte lebenäverhältniffe. Nach einer Anzahl Dra-
tionen zur Auswahl folgen die missae defunctorum
(für die Abgeftorbenen), darauf am Schluß mehrere
Benedictionen und bei Denfelben einzulegende Col:
lecten. Im Anhang find nod die Meflen der Barti-
fular: (für befondere Feſte einzelner Xänder, Orben
:c.) und der neuerdings angeorbneten Feſte. Neben
dein Missale romanum hatten einzelne Kirchen und
Diözefen noch bi in die neuefte Zeit ihre eigenen
M., doch verſchwinden fie bei Roms Streben nad
ftrenger Gleichmäßigkeit im Cultus mehr und mebr.
Mehdiener, heißt derjenige, welcher bei der Feier
ber Mefle dem Priefter die nöthige Hülfe leiftet,
dad Meßbuch trägt, Wein und Waffer in den Kelch
eingießt und auf die Gebete und Segenägrüfe re:
fpondirt. Durd) letzteres vertritt er die Gemeinde,
die in den eriten Jahrhunderten den Gebeten der
Prieſter jelbft gemeinjam antwortete. In ben Bri:
vatmefjen dient jegt ald Meßdiener meift ein Schul:
fnabe. Uriprünglid waren es Kleriler, Dialonen
und Subbdiafonen; und jo werden noch jet bei
feierlihem Gotteödienfte, und wenn höhere Geift:
ide (bei dem Biſchof auch in der Stillmefje) feier:
lihe Meſſen celebriren, die Verrichtungen der M.
von Geiftlichen wahrgenommen. Die Zahl der M.
richtet ſich nad) der Feierlichleit, in der Regel bat
bie Brivatmeffe einen oder zwei, das Hochamt zwei,
das Levitenamt jech3 Diener.
Meßgewänder. Dazu rechnet man Humerale,
Alba, Eingulum, Manipel, Stola und Kajel =
Dbergewand, ohne welche der Briefter im Allae:
meinen nicht celebriren darf. Kaſel und Alba darf
unter einer Todfünde nie fehlen, nur im äußerften
Notbfalle die Stola. Die Kafel, Stola und Ma:
nipel find gewöhnlid von foftbaren Stoffen, die
das Volk nicht verwendet. Die Farbe derfeiben
ift nach den Zeiten und Feſten verſchieden geord
net: weiß, roth, grün, violett (für die Zeit der
Faften) und fchwarg (für Todtenmefien und dir
arwoche). Bor dem Gebrauch ift eine Benediction
unbedingt erforderlid. Der Priefter legt fie unter
vorgejhriebenen Geremonien und Turzen Gebeten
Meſſias
an. Diakon und Subdiakon tragen, wenn ſie in der
Meſſe aſſiſtiren, Dalmatica und Tunicella, Küſter
und Meßdiener Talare (Sutanen) von rother oder
in Todtenmeſſen von ſchwarzer Farbe. ©. d. Art.
Kleidung, geiftliche.
Meflias, min, Ehriftus, der Geſalbte. Das
bebräifche Wort bezeichnet urfprünglich im A. T.
jeden mit dem heiligen Del Gefalbten, daher die
Inhaber der priefterlihen und befonders der kö—
nigliden Würde, bei deren Uebertragung der Ri—
tus der Weihe durch die er mit Del das Er:
fülltfein des Gefalbten mit dem Geiſte Gottes jinn:
bildlich darstellte. Als ftehender Ausdruck für den
erwarteten Retter Jfraeld und den önig deö Got:
tesreich8, in welchem die religiöfen Zulunftshoff:
nungen des jüdifchen Volts fih erfüllen würden,
findet fi) das Wort in der Bibel erft im Neuen
Teftament, gleichzeitig aber in ben ältern Targu:
mim (d. h. Ueberſetzungen und Umfchreibungen
des A. T. in das Chaldäijche) Joh. 1,42; 4,25;
vgl. Pſ. 2,2. Dan.9, 25. Es umfaßt fo vollftändig
den Geſammtinhalt der religiöfen Erwartungen,
daß die Formel „Jeſus ift der Meſſias“ der erfte
und fürzefte Ausdrud des neuen Glaubens wurde,
und als unterfcheidende Bezeichnung befjelben in
ber griehifchen Meberjegung fortan in allen Spra:
den in Gebraud) kam.
Die Mefliasidee ift ebenfofehr der Ausprud der
Selbftgewißheit des religiöfen Glaubens in Iſrael,
als der Zuverfiht des nationalen Bewußtfeins.
Wohl treten in den verjchiedenen Perioden ihrer
Entwidiung nicht immer beide Seiten gleich ftarl
hervor, aber immer find beide —— wie ja
überhaupt in Iſrael nationales und religiöſes Le:
ben enger als irgendwo fonft verbunden find und
eins das andere bedingt. Nur im weiteren Sinne
fann man aber die religiöien Zulunftöhofinungen
663
Meſſias
und unverfälſcht durchzuführen. Zugleich traten
nacheinander die gewaltigen Mächte, Aſſyrien und
Babylon, in Berührung mit Iſrael. Die anfäng—
liche Hoffnung, die getrennten Reiche würden ſich
wieder vereinigen, indem Ephraim ſich dem Hauſe
David's wieder unterwerfe, und damit werde die
Zeit des Friedens und der rechten Blüthe des Vol:
te8 Gottes fommen, konnte bei den neuen größeren
Gefahren nicht mehr genügen. So geftaltet ſich bei
Joel die prophetifche Ausficht in eine glüdliche Zu:
kunft zu der Hoffnung, daß Jehovah jelbft für fein
Bolt ftreiten und Gericht über die Bedränger bes:
jelben halten werde; darauf werde dann eine Se:
aenäzeit folgen, die in Schilderungen der Frucht:
barkeit und des Leberflufles bejchrieben wird. Joel,
4, 1ff. Die Vorbedingung hierzu aber ift, daß Ne:
hovah ſelbſt auch fein Volk zu neuem Dienft erwedt
und feinen Geift über Söhne und Töchter, Knechte
und Mägde ausgegofien hat. Diefe Weiffagung
Joel's enthält die Grundzüge aller fpäteren mej:
jtanifchen Erwartungen, wie fie von den Prophe:
ten der folgenden Zeiten, um das Volk zur Aus-
dauer und Stanbhaftigkeit d. h. auch zur Treue
gegen den heimischen Gottesdienſt, zu ermahnen,
in immer ausgeführteren Schilderungen, bie zu ber
Noth der Gegenwart den glänzenden Gegenſatz bil:
deten, entwidelt wurden. Wefentliher Beitandtheil
der Hoffnung iſt daher unter der Gefahr der Ge:
genwart der Beſtand deö Reichs und deſſen Macht
und Herrlichkeit unter feinem von Gott eingejepten
Könige, der um fo eher aus dem rechtmäßigen
Hauſe David's erwartet ward, ald dies nod den
Thron inne hatte. Man konnte aber auch um jo
mehr in jene Ölanzperiode unter David zurüdgrei:
fen, ald die damals begonnene herrliche Entwid:
lung nurdurd den Abfall des Volls von David's
Weſen, deſſen Verdienft um den Cultus aud) jeine
Frömmigkeit im hellſten Lichte erfcheinen ließ,
ber erjten Perioden der jüdiſchen Gejchichte, wie fie | unterbrochen ſchien. So verheift auch Hoſea:
fich beifpielsweije 1 Mof. 3, 15; 5, 25; 9, 26; 22, | Juda und Jirael werden fich vereinigen und
13; 25, 14 u. ſ. w. ausgejprocdyen finden, zu den | Jehovah ihren Gott ſuchen und ihren König Da:
meſſianiſchen rechnen; es fehlt ihnen das Weſent- vid. Noch beftimmter heikt es bei Amos (9, 11)
liche, die beftimmte Beziehung jowohl auf ein Reich | und Jeſaias (11, 1), dag Gott die gerfallene Hütte
wie auf den König; nur die willfürliche chriſtliche Iſraeis wieder aufrichten und auf denabgehauenen
und jüdijche Erklärung hat einzelnen dieſer und | Stamm Iſai's ein neues Reis pflanzen werde. Die
ähnlicher Stellen derartige Deutung gegeben. Erſt berühmte Stelle Micha 5, 1 fvricht die Erwartung
in dem bavidischen Königreiche hatte das nationale | aus, daß aus dem Stammhauſe David’sder König
veben des Boltes einen fo träftigen Ausdrud ge: | aufitehen, das Volk jammeln, die heidnifchen-Bölfer
funden und war jich jeiner ihm innemwohnenden | befiegen, Gerechtigleit und Erkenntniß Gottes be:
Stärle jo bewußt geworben, daß e8 den Ausgangs: | gründen und damit Iſrael den Frieden geben wird.
punkt aller ferneren Hoffnungen bilden konnte. Es | Lorher aber jendet der Herr ein Strafgericht über
wur eine Zeit der Einigung nach langer kraftlojer | jein Bolt. Müſſen alfo auch bei Micha die feind:
Zerfplitterung, des Sieges nad einer Zeit müh: lichen Völker erit durch Krieg bezwungen werden,
Veliger Selbitvertheidigung, des Anjehens und der | jo tritt doch bei ihm ſchon deutlich der Charalter
Ehre bei den benachbarten Völkern nad) früherer | des meflianischen Königs als eines Friedensfürſten
Geringſchätzung. Auch das religiöfe Yeben hatte | hervor; noch jtärter betont Died Sadaria 1,9 fi.
mit der lUeberbringung der Bundeslade nad) Ebenfo redet Jeſaias 11,1 ff. von der Zeit unter
Jeruſalem einen friichen Aufihwung gewonnen. | dem David's Sohn, „va Wolf beim Lamme ruhe“,
Aber auf eine jehr kurze nf: er folgte die Theis: | einer Zeit alfo des tiefiten Friedens unter Den
lung des Reiches, und mit ihr Berfall nad Aufen Menſchen und in der Natur. Seine feite vropheti:
und nach Innen, zuerſt im Reiche der zehn Stämme, ſche Zuverſicht von der gewiſſen Verwirklichung
dann auch in Juda; gleichzeitig damit ward auch des angekündigten Heils gab dem Ahas ein Unter—
ver Jehovadienſt vielfach von fremden Culten, pfand in der Ankündigung des Sohnes des Weibes
welche die Könige begünſtigten, unterdrückt. Die
älteren Propheten hatten als religiöſe Volklsführer
gegen die abgöttiſchen Fürſten ie: indefien
wigte ihnen ihr Sieg ſelbſt, mit Jehu's Thronbe:
fteigung, das Vergebliche dieſes Kampfes und die
Unmöglichkeit, auffolche Weiſe die Theotratic rein
der Jungfrau), in welcher die fpätere Zeit die jung:
Käulice Geburt des Meſſias verheifen ſah. Das
Eril vernichtete die meflianische dee nad) feiner
Seite; man lonnte darin die vorher angekündigte
Läuterungszeit Iſraels ſehen, die eine glänzende
Wiederheritellung feiner Herrſchaft und Größe vor:
Meſſias 664 Meſſias
bereite; daher ſprach ſich die Zuverſicht auf die lung in ſo kurzer Zeit nach dem Untergange des
Ankunft des Sproſſes David's (uneigentlich David Epiphanes entgegen ſahen, wurden durch den Auf:
ſelbſt, den Gott aus der Unterwelt wieder zurück- ſchwung unter den Maccabäern nur mäßig er:
führen würde, Jerem. 30, 9; Exec. 34, 23), der
auf Erden herrichen und Gerechtigkeit üben werbe,
nur um fo gewifler aus erem. 28, 5. Wenn
nun auch im Laufe der Zeit bie fteigende Ber:
funfenheit des davidischen Haufes den Glauben
daran, daf es fich von Neuem zur Führung eines
theofratifchen Königthums ermannen könne, min:
derte — die Zuverficht auf die Hülfe Gottes, der
Glaube an Iſraels Zukunft felbft blieb allezeit
unerfchüttert. So fonnte man vorlibergehend ſelbſt
in Serubabel und dem SHohepriefter Jojua den
erwarteten Davididen zu erblidlen meinen, wie ber
jüngere Sadarja, bis bei Maleadhi der Davids:
fohn ſelbſt zurüdtritt und bie meffianifche Hoffnung
in ihren früheren unbeftimmten Ausgang zurück—
fehrt: Jehovah jelbft wird kommen und Gericht
halten, den Bund mit Jfrael erneuern und feinen
Tempel bewohnen. Dabei aber trat die politiſch—
nationale Idee vor ber religiös-fittlihen immer
mehr in den Hintergrund. Das Gottesreich ſetzt
jetzt eine fittlihellmfehr des Volks in Gottesbienft
und Gerechtigkeit voraus, Das Gericht ergeht nicht
mehr blos über die Heiden, welche Iſrael bedrän—
gen, ſondern vielmehr über die Frevler in Iſrael
felbft. Das Gottesreich und die Erfcheinung Gottes
fordern daher auch eine andere Vorbereitung und
Vermittlung; Maleachi weiffagt ftatt vom Davidi⸗
den vom fommenben Propheten Elia, der dem Herrn
den Weg bereiten werde. Diefe fittlichen Vorbe—
dingungen ber meſſianiſchen Zeit hatten, theilweife
auch als ihre Wirkungen und Folgen, Jefaias, Je:
remias, Sacharja und Ezechiel ausgeiprochen. Die
nächſtfolgende Zeit war nicht geeignet, den meflia:
nifhen Gedanken weiter auszubilden. Die be:
ſchränkteren Verhältnifſe de3 aus der Berbannung
zurüdgelehrten Volkes mußten e8 daran gewöhnen,
einen beicheideneren Plat in der Stellung der Böl:
fer zu beanſpruchen, als ihn früher die Vergleihung
mit Bhiliftern, Edomitern und Syrern erlaubte;
die verhältnikmäßig befriediaende Ruhe der Zu:
ftände bot ebenfo wenig Beranlaffung den hoffen-
den Blick in die Zukunft zu wenden, als Perfonen
und Berhältniffe irgendwie dazu angethban waren,
außerordentliche Erwartungen an fie zu nüpfen;
das geordnete levitifche Priefterthum bemahrte die
Geltung des Geſetzes, und das beginnende Schrift:
thum des Sanhedrin fonnte fich mit dem Prophe:
ten, welcher der Ericheinung Gottes vorauägehen
jollte, beanligen. Dagegen erwedten die Drangfale
unter Antiohus Epiphanes die meflianifchen Er:
wartungen zu neuer Stärke. Unter den von ihm
gemachten Verfuchen die ifraelitifche Religion zu
zerftören und das Volk in die griechifche Welt auf:
aehen zu laffen, forderte der Glaube an die gött:
lihe Wahrheit des Moſaismus einen fiheren und
baldigen Umſchwung, der ihn errette und vertläre.
Das Bud) Daniel verfündigt den Untergang des
Meltreihes und nad dem
füllt. Als felbft die Zeit des Joh. Hyrcanus, der,
wie fein Anderer die meflianifchen Attribute: Fürft,
Hohepriefter, Prophet in fich vereinigt hatte, fo
ichnell und fpurlos verfchwand, trat die mefliani:
ſche Erwartung wieder in das Allgemeine und Un:
beſtimmte zurüd, wie es fidy in den apocruphifchen
Büchern ausfpridt. Da eine Selbftändigkeit des
Volls befteht, fo ift das politifche Element faum
angedeutet. Es wird ein Gottesreich erwartet —
David's Königthum für immer — zu welchem das
zerftreute Wolf von allen Enben der Erde geſam—
melt wird — Gott hält Gericht fiber die Völker.
Aber das Neich wird in unbeftimmte Ferne ver:
leat; ihm vorauf geht der Prophet, als Erneuerer
der Religion. Lebendiger, aber doch nicht weſent⸗
(ich verfchieden, fpricht fich die meffianifche Idee
in den außercanonifchen Weiffagungen diefer Zeit
aus, wie fie fih in dem Buch Henoch, den Eybil:
linen und dem von Manchen zu biefen gezäblten
4. Buch Eira finden, wenn von den Theilen abge:
fehen wird, die in einer fpäteren Zeit unterſchoben
und überarbeitet find. Der ihnen gemeinfame Ge:
danfe ift folgender: Das Weltreich wird durch Die
Erhebung Iſraels befiegt und gefückt, und es
folgt das Gericht. Dann wird die Gemeinde ber
Gerechten, zu denen auch bie in der Auferftehung
wieder zum Leben Erwedten gehören, durch den
Meflias, der von Himmel herfommt, gegründet.
Die Zeit des Kampfes und ber ar in der vor
ſeiner Ankunft die Heiden ſich erheben, heißt die
Zeit der Geburtswehen des Meſſias. Dabei iſt
weniger die Herrſchaft Iſraels, als des Volkes, ins
Auge gefaßt, als vielmehr die Herrſchaft des gött-
lichen Geſetzes; bezeihnend für die ethiſche Ber:
änderung im Charafter der Meffiasidee ift die Dar:
ftellung im Buch Henoch, nach welcher der Meflias
unter dem Bilde des weißen Farren erfcheint und
nach feiner Ankunft alle Gefchlechter in weiße
Farren verwandelt werden, fo daß der Meflias er:
ſcheint als der Erftling einer von ihm in fein We:
fen erhobenen Gotteögemeinde. ar einer andern
Seite hin —— Philo die Meſſiasvorſtellung
durch ſeine Logosidee, allein auch in ihm lebt die
Hoffnung auf eine Sammlung der Keen Glie
der des Volls zu einer Gemeinde, die dann ſittlich
umgewandelt ein ungetrübtes Glück genießen, und
nicht ſowohl durch Waffengewalt als durch Geiftes:
macht, Weisheit und Frömmigkeit über die andern
Völker herrichen würde. So feft ftand aber der
Mefliasglaube trog allen Widerſpruchs, den bie
Zeitumſtände erhoben, daß man, wie die Spbilli:
nen zeigen, bie ältern Schriften nad) denfelben
umbeutenb, unter dem 4. Weltreihe bei Daniel
das römische Reich verftand und fich des baldigen
Unterganges beflelben getröjtete. War aber im
Schrifttum mit den politifchen Gedanken auch der
Davidsfohn zurüdgetreten, jo war im Volksglau—
ericht den nahen Sieg | ben unter den Herobäern eine andere Wendung
des Gottesreiches, welches dem Menſchenſohn | eingetreten. Ihre und der Römer Herrichaft laitete
übergeben wird. Mit der Einführung des Wortes
Menfchenfohn, mit welchem (Dan. 7, 13) wohl
nicht, wie einige Auöfeger wollen, das heilige Volk,
als ein jchwerer Drud auf dem Lande, der ben
Wunſch nad Befreiung und Erlöfung bervorrief.
Eine vielfundertjährige Geſchichte übte —— mäd:
iondern nah der gewöhnlichen Auffaffung ein | tigen Einfluß auf die Gemüther, der baburch ver:
Einzelner, der Meſſias gemeint ift, war ein frucht: | ftärft wurbe, daß bie Heil. Bücher und die Weis:
barer Keim zu weiterer Entwidelung der M. dee | jagungen ber Propheten in den Augenbliden reli—
gegeben. Die hohen Hoffnungen, die ihrer Erfül: | giöfer Erhebung gelefen wurden. Die Hoffnung
Meiftas
auf eine wunderbare Hülfe Gottes zu einer Wies |
deraufrihtung der Freiheit des Volfs griff daher |
— zu dem Davidſohn der Schriften, dem |
irdiſchen Könige und Befteger der Heiden. Der
Phartfäismus konnte diefe Auffafjung, die feinem |
nationalen Grundzug entſprach, nur begünftigen,
um jo mehr, weil er religiös fid) in der —
befriedigt fühlte, wo das Geſetz auf das Genauſte
beobachtet und ſorgſam behütet wurde. Aus dem
N. T. ergeben ſich folgende Züge der Volksvor—
ftelung vom Meſſias: Aus dem Haufe David's
wird er entjpringen ob. 7, 42, in Bethlehem ge:
boren werben Matth.2,4u.5; Elias — Matth. 17,
10 oder Jeremiad — Matth. 16, 14 oder ein anderer
Prophet — Joh. 1, 21. 20; Marc,6, 15 wird vorihm
bergehen; plöglich wird er aus der Verborgenheit
auftreten Job. 1, 27 und das Gottesreich aufrich—
ten Matth.2,2. Cine Auftlärung über die ticfften
Geheimniffe der Religion wird von ihm ausgehen
Joh. 4, 25. Die Stillen im Lande warten auf den
Troſt Iſraels (Luc. 2, 25). Zwar hoffen aud) jie
noch auf den Sieg des Volkes Gottes über feine
— (Luc. 1, 74), auf die Wiederaufrichtung
fraels — 6; Matth. 20, 21) und damit auf
die äußere Vollendung des Reiches Gottes auf
Erden (Zuc.19,11). Aber verbunden damit ift die
innere Heiligung des Volfes und die Erlöfung von
jeinen Sünden, ſowie die Erleudhtung der Heiden,
und damit bieErweiterung desnationalenMej:
fias zu einem Weltheiland. So erideint die
Idee in derreinften und tiefften Auftaflung bei Je:
fus. Indem er,umjfein Ziel undjein Weſen auszu:
prechen, fich jelbft als den Meflias bezeichnet, da:
r aber vorzugsmeije das Wort Fra a ge:
braucht, vertiefen und verflären fich alle geiſtigen,
fittliden und religiöfen Gedanten, welche die Meſ—
fiasidee der Propheten und des bisherigen Schrift:
thums umſchlofſen hatte; auch bei jeinen Jüngern,
freilich) nicht fofort, war bald die nationale Be:
ziehung nur noch jo lofe damit verbunden, daß
die Gemeinde fie aldbald gänzlih fallen lafjen
fonnte und nur älteres und neueres Judenchriſten—
tum und Ehiliaämus fie Kr ge Hatte ſich jo hier
von den beiden in der M.: jdee verbundenen Ele::
menten wejentlich da eine geltend gemacht, jo war
im Gegenfat dazu die Borjtellung der Pharijäer
und der Maſſe des Volks eigentlich nichts Anderes
als die nationale und politische Idee in religiöfem
Gewande. Die Erwartung beſchränkt fi) auf das
Erfcheinen des an äußeren Zeichen erfennbaren
Reiches Gottes. Luf. 17, 20; ihr nächſtes Ziel ift
die Befreiung des Volles von fremdem ode,
Wenn der Meflias erfcheint, wird er ewig in Iſrael
bleiben Joh. 12, 34, ein leidender und jterbender
Meffias ijt daher undenkbar. Dadurch, dab die
Mefliasidee eine rein politifche wurde, und die in
ihr liegenden fittlihen Momente immer mehr ver:
ſchwanden, erhielt jie das tief Aufregende, was
dennod nur eine fanatifche Begeifterung hervor:
rufen fonnte und dem endlihen Untergang des
Boltes herbeiführte. Nach diefer Richtung wirft |
die Idee mit bei dem Galiläer Judas, in dem Ber: |
re ga mit den Römern, und gipfelt in |
ar⸗Cochba, demletten bedeutenden Metlias. Der
Untergang Jerufalems fonnte die meſſianiſchen
Hoffnungen nicht zerftören, ja fie wurden von jet |
deito beſtimmter. Nach der Talmudiftiichen Auffafs
fung ber Mefliaslehre, wie fie ſich vorzüglich in den
Zargumim (Erklärungen) deö Ontelos (zu den Bü⸗
I“
665
Meſſias
chern Moſis), des Jonathan (zu den Propheten), jo:
wiein der Mifchnah und den beiden®emaren (j. d. A.
Talmud) findet, wird unter der mefjianifchen Zeit
diejenige verftanden, in der die Iſraeliten in ihr
Erbland zurüdgefehrt find und vom M. auf Sion
‚ regiert werden. Das Reid) ift irdifcher Art, feine
ı Dauer wird verjchieden berechnet. Der Aufrichtung
deſſelben geht eine furchtbare Zeit der äußerten
Bedrängniß und der Zerrüttung aller fittlichen
Berhältnifje (die Zeit der Meffiaswehen) vorauf.
Nachdem Elias in der äußerſten Noth herabgelom:
menund von diejem bie Reinheit des Geſetzes wieder
hergeftellt ift, erjcheint dann plötzlich der Meflias,
der wenigftens in den älteren Targumim durchaus
als Menich schH wird (vgl. Tryphon bei Juſtin.
M.c.49). Er ift in tee geboren und lebt bis
um Beginn feiner Wirkjamkeit in Rom in tiefer
erborgenheit unter Elenden und Kranken, deren
er fich Hülfreich annimmt ; wenn die Zeit geflommen,
jammelt er das Volk, zu dem die Gerechten aus
der eriten Auferftehung hinzutreten, und führt e3
zurüd nad) Jerujalem, befteht dann mit den heid—
nischen Nationen (Gog und Magog) gewaltige
Kämpfe und richtet das Weltreich auf, mit welchem
für Iſtael eine mit glühenden Farben gejchilderte
Periode irdiſcher Glüdjeligfeit beginnt. Das Ge:
jeg wird in einer milderen Form erneuert; aud)
die abgefallenen zehn Stämme werden fich wieder
zu demjelben belehren und dann mit Jrael aufs
neue vereinigt, nachdem fie unter einem eigenen
(zuerit in den jüngeren Targumim erwähnten) Mej:
Ks, dem Sohne Jojeph's, an dem Hampfe gegen
Sog und ech eilgenommen haben, in welchen
diejer fällt. Die Jirael feindlichen Völker werden
in dem Kampfe gänzlich vernichtet, die übrigen
werden ſich zwar zu erde betehren, aber nicht
in die Gemeinſchaft des Boltes Jirael, welches als
„das heilige, das auserwählte Volt“ abgejondert
bleibt, aufgenommen werden. — Die äußerfte Ab:
ſchwächung der Mefliasidee, in der fie wie ihres
religiöfen, jo aud ihres nationalen Gehaltes völ:
lig entlleidet wurde, war es, wenn unter dem Drud
politifher und fozialer Berhältniffe in manden
jüdiſchen Kreifen die Erfüllung aller mefjiani:
ihen Hoffnungen in der jehnjüdhtig verlangten
Verwirklihung der Juden-Emanzipation erblidt
wurde. Es hat aberebenjowenig an Solden gefehlt,
welche die Mefliashoffnung gänzlich fallen ließen
und die Weifagungen der kanoniſchen Propheten
durch den König Hisfia (725—6U6), den Wieder:
heriteller des Reichs und des Geſetzes, 2 Kön. 18,
5, als erfüllt anfahen. — Der — ——— Unter:
ſchied zwifchen der chriftlichen Wendung des Mei:
fiasbegriffs und jeder jüdijhen Auffaffung ift „das
Kreuz Chrifti, ven Juden ein Aergerniß“. Obgleich
den Propheten (Jef.53) der Gedanke nicht fern liegt,
daß das Gottesreich durch das Leiden der Gerech—
ten herbeigeführt werde, hat das Judenthum den:
jelben doch ern nur auf die anfängliche Berbor:
genbeit, Niedrigkeit und Armuth, die Mühen, Ar:
beiten und Kämpfe des Meffias bezogen, mit denen
IK Anjehen und Macht immer noch vereinigen
laſſen; ein Berföhnungsleiden, in dem der Sünder
allein gerecht und erlöft wird, hat es dagegen nie:
mals anerkannt.
= Ewald, Propheten des A. B. Geſchichte
des Volles Iſrael die betr. St.; Colani, Jesus
Christ et les croyances messianiques de son
temps. 2. Ausg. 1864. Dillmann, Bud Henoch
Meßner
066
Metalle
1863. Hilgenfeld, jüdische Apotalyptit 1857. Volk: , briefes, ſowie die Abhandlung de la conımunion
mar, ber — Esra 1853. Hengſtenberg, Ehri: à J. C. au Sacrement de l’Eucharistie, Sedan
jtologie. Bertheau, die Altteftamentl. Weiſſagung,
Abhandlung in den Jahrbüdern für deutſche
gt Sotha 1859. Keim, Jelus von Na—
zara ‚1867. Holtmann, die Meffiasidee zur Zeit
Jeſu, in den Jahrbb. für deutiche Theologie 1867.
Yüden, die Traditionen des Menſchengeſchlechtes.
2. Aufl. Münfter 1869. Weitere Yiteratur in:
Herm, Schulg, Altteftamentliche Theologie. 1869. 1.
S. 454 ff.
Meßner. Anderer Ausdrud für das Amt des
Küjters, weil fein Hauptgeſchäft darin bejteht, das
Nöthige für die Feier der Meſſe zuzurichten und
den Geiftlichen bei der Feier zu bedienen.
Meßopfer j. Meile.
Mebpfründner (Frühmeßner), ift der Inhaber
eines beneficium non curatum, s. simplex (d. 5.
einer nicht mit Seelforge verbundenen Pfründe)
innerhalb einer Pfarre, an welchem gemäß der Ab:
jicht des Stifters die Verpflichtung haftet, jährlich
eine beftimmte Anzahl Meſſen in einer Kapelle oder
an einem bezeichneten Altare zu leſen. Der M. ift
zugleich der Gehülfe des Pfarrers in der Sceljorge,
tann aber, gegenüber den andern, jederzeit verjeß:
baren Kaplänen in der Regel nur aus den gewöhn:
lichen kanoniſchen Gründen entlafien werden.
Mebftipendium iſt dad Honorar, welches dem
Briefter für das Yejen einer Mefje zu Theil wird;
ed wird, um dem Vorwurf der Simonie zu ent:
gehen, nicht als eine Bezahlung, jondern als ein
freiwilliges Geſchenk betrachtet, dejien Angemefien-
eit aber von der Kirche beurtheilt wird. DasMep:
sn entftand aus den alten Oblationen ; alö
die Gemeindecommunion jelten ward, wurden bie:
jelben in einen Öeldbeitrag umgewandelt. Wer ein
Stipendium annimmt, iſt gehalten die Meſſe zu der
verlangten Zeit zu halten und fie nach der Inten—
tion des Stifters zu appliciren, er fann fie aber
durch einen Stellvertreter, häufig jelbit an fremdem
Altar lefen lafjen. Die Meßſtipendien tönnen ein:
malige jein oder aud) Stiftungen, deren Renten:
genuß an die Feier der vezeichneten Meſſen gebun:
den ijt. Wenn ſie die Anjtellung eines eigenen Geift:
lichen, Meßpfründners, Kaplans bedingen, bedür:
jen fie der Genehmigung des Biſchofs. Die Zahl
der zu lejenden Meilen kann in einzelnen Fällen
mit Rüdjicht auf die Bedürfniffe des Eultus oder
des Ausfommens der Beiftlichen verringert wer:
den. Die M. bieten der Kirche ein Hauptmittel,
ihre zahlreiche Prieſterſchaft zu.unterhalten.
Meftrezat, Johann, geb. 1592 zu Genf, einer der
berühmtejten Theologen der franzöſiſch reformir:
ten Kirche des 17. Jahrh., ward nad) Vollendung
feiner Studien auf der Akademie zu Saumur Pre:
diger zu Charenton, als welcher er 1631 den Vor:
jig bei der dort abgehaltenen Rationaljynode führte,
welche die erjten Schritte zu einer Bereinigung der
teformirten Kirche mit der lutherischen that. +1657.
Er erwarb ſich rühmlıche Anertennung in jeinem
Streit mit den Jejuiten u. X. (Über Abendinahl,
Autorität der h. Schrift, Rechtfertigung ꝛc.) durch
die gediegene Vertheidigung der proteftantiichen
Principien und jeine gelehrte aber maßvolle Pole:
mit und galt überhaupt als eine Hauptitüße des
franz. Proteftantismus. Bon feinen Schriften,
meiftens Predigten, war am verbreitetften: Expo-
sition de l’epitre aux Hebreux, 3 Bde. Genf
1655, eine homiletiſche Auslegung des Hebräer: |
1624 und 25. Sein Sohn
Meftrezat, Philipp, F 1690, Brofefjor der Theo-
logie zu Genf, vertrat mit Trondin dort die freiere
fogen. Saumür'ſche Richtung gegen den ftreng cal:
den Franz Turretint.
talle, Davon, daß die Hebräer ſelbſt Berg:
bau getrieben hätten, findet fih im 4. T. keine
Spur, obwohl die paläftiniichen Gebirge auch Erze
enthalten (val. 5. Mof. 8, 9). Man beiog das
nöthige Metall meiſt durch Phöniziſche VBermitt-
lung aus Spanien Heſek. 27, 12. Jerem. 10,
9,1. Matt. 8, 3, Arabien (Havila 1. Moj. 2,
11. 12; Ophir 2 Chron. 9, 10) und Indien. Da:
gegen veritanden die Jiraeliten die Kunſt der Ver—
arbeitung der Metalle; jchon in der Urzeit wird
als der Erfinder derjelben Thubalkain 1. Moſ. 4,
22 genannt; auf dem Wüjtenzuge waren Künſtler
unter den Juden, die das goldene Kalb gofien
2 Mof. 32, 4 fi. 5 Mof. 9, 16; erwähnt wird fer:
ner das Schmelzen von Gold und Silber um es
zu läutern Ezech 22, 18, 20; Jeſ. 1,25; Jerem.
6,29.30; Sad). 13,9; Mal. 3,3, das Gießen von
Gold, Silber und Kupfer zu Bildern Jef. 40, 14,
Säulen und Gefäßen 2Moi.25, 12, das Schlagen
zu Blech zum Ueberziehen 1 Kön. 6, 20 ff., das
Vergolden Jeſ. 40, 19, das Löthen und Boliren
1 Kön. 7, 45, wie auch Schmiede in Eifen und
Erz nebit Gold: und Silberarbeitern genannt wer:
den. Daher fonnten die Propheten häufig ihre
Bilder und Gleichniſſe von diefer Kunft-entlehnen.
Gold muß in großer Menge vorhanden geweſen
fein, wie, abgejehen von feinem Gebraude als
Geld (j.d. Art.) aus der reihen Verwendung des—
jelben an der Stiftshütte und am Tempel und der
Menge der goldenen heiligen Gefäße (2 Moj. 25,
26 fi. 1 Kön. 6. 7), jo wie daraus hervorgeht, dab
es nicht bloß zu eigentlichen Schmuckſachen, jon:
bern auch zu Geräthen deö gewöhnlichen Gebrauchs
verwendet wurde 2 Moſ. 3, 22, 1 Kön. 10, 21.
Nicht weniger im Gebraud) war das Silber, das
meijt in Verbindung mit dem Golde erwähnt wird.
Die an verſchiedenen Stellen Off. 1, 15; 2, 18.
(Luther: Meffing) Hejet. 1, 4. 27; 8, 2. Eir. 8,27
erwähnten Metalle waren wahrſcheinlich Mifchun:
gen von Gold und Silber, ähnlich wie das korin—
thiiche Erz der Alten. Wie Gold und Eilber als
der werthvollfte Theil des Befiges häufig allein zur
Bezeichnung irdiſchen Reichthums gejegt werden
1 Mof. 13, 2; 4 Moſ. 22, 18; 2 Sam. 21,4; 2
Kön. 7,8 u. ſ. w. jo bezeichnen fie bildlich alles
Werthvolle und Begehrensmwerthe. Pf. 19,11; 119;
127; Ser. 2,4; 3, 14 und öfter; Jeſ. 13, 12 ꝛc.
Am meiiten benust wurde das Erz (Kupfer) zu
Tempelgefähen und Geräthen des gewöhnlichen
Gebrauchs, ferner zu Waffen, namentlid Bogen,
Helmen, Riüftungen, und wegen jeiner Feſtigkeit
zu Ketten, Thüren und Riegeln. So wird es aud)
bildlich zur Bezeichnung der Stärke gebraucht. Diob.
40, 13. Jerem. 1, 18 u. ſ. w. Das Eijen, häufia
mit dein Erz zuſammen genanıt, verwendete
man zu den jcharfen und jchneidenden Werkzeugen,
Waffen, Feſſeln u. ſ.w. auch wie jenes zu Bildſäulen
Mit dem Erz hat eö gleiche bildliche Bedeutung.
Auch Stahl (Eifen aus dem Norden Jerem. 15,
12) wird erwähnt. Aus Blei fertigte man Ge—
wichte Sad. 5,7.9 und Sentblei Amos7,7; nad
Hiob 29, 24 gofi man in Stein auögebauene Burh:
Metaphraites 667 Methodiſten
ſtaben mit Blei aus. Zu ähnlichen Zwecken wie welche den Proteſtantismus in Disputationen und
Blei wurde das Zinn, dad man aus Spanien be: Schriften nad beſtimmten Methoden bekämpften.
zog Heſek. 27, 12 verwendet. Sad. 4, 10; Jej. 1, Methodiften. Die Mitglieder der von John
25. Das Antimonium (Spießglanz) endlich be: | Wesley und George Wbitefield 1729 geftiiteten
nugte man zur Bereitung von ſchwarzer Augen: evang. religiöjen Gemeinſchaft, welche in ähnlicher
ſchminke 2 Kön. 9, 30, Jer. 4, 30 und Augenfalben Weiſe, wie der Pietiömus und Labadismus auf
u 18, dem Feftlande, urſprünglich nichts Anderes wollte,
taphraftes, Simeon, der Berfafler einer als innerhalb der beftehenden Kirche, und ohne ihre
Sammlung von Heiligenlegenden und Märtyrer: Lehren und Einrichtungen anzutaften, ein pratti:
geihichten, älterer und jüngerer Zeit; die Weife, ſches und lebendiges Chriſtenthum erweden. John
in der er das von ihm zujammengetragene Mate: Wesley, geb. 17. Juni (alt. Styls) 1705 und
rial umfchrieb und überarbeitete, erklärt feinen |jein Bruder Charles, geb. 18. Dez. 1708, waren
Zunamen. Ueber jeine Berfon herricht große Un: die Söhne eines hochkirchlichen Seiftlihen, Samuel
fiherheit. Nach Leo Allatius (f.u.)joll er im Anfang |W., Pfarrers zu Epworth in England. Fromm er:
des 10, yabeı. als hoher Beamter am Hofe des /jogen, wurden fie doc) erſt zu Oxford, wo fie ſich
Kaiſers Leo VI. Philofophus und deſſen Sohnes dem Studium der Theologie widmeten, von tiefern
Eonftantin’s VII. gelebt haben und im 5. 902 mit chriſtlichen Ernit ergriffen und vereinigten fich 1729
einer Gejandtichaft zu den Arabern auf Kreta be: jmit. mehreren Freunden, um neben griechiichen
auftragt geweſen jein, bei welcher Gelegenheit er und lateiniſchen Schriftftelleen vorzüglich das N.
auf Paros den Antrieb zur Abfafjung feines Wer: Teſtament mit einander zu lefen. Die ausſchließ—
fe8 empfangen hätte. Dagegen verjegt ihn Oudin lich religiöje Richtung, die ihr Verein bald nahm,
(f. u.) in dus 12. Jahrh., und hält ihn für denfel: ihr asketiſch geregeltes Leben, die von ihnen ge:
ben „Zogotheten“ (Gejhichtfchreiber) Simeon, der |haltenen Erbauungäftunden, ihre Befuche bei Ar:
die noch vorhandene epitome canonum verfaßte. Imen und Gefangenen wedten den Spott und erwar:
Die Sammlung, beginnend mit den Zebenäbejchrei: |ben ihnen den Namen der Methodijten, als jolcher,
bungen der Apoftel und Kirchenväter, iſt durch un: die die Frömmigfeit mit Methode betrieben. Zu
zählige fpätere Zuthaten immer mehr angewadhjen ; ihnen trat Georg Whitefield, geb. 16. Dez. 1714,
eine Sichtung der ähten von Simeon m der Sohn eines Schentwirths in Gloucefter. In
den Stüde haben Leo Allatius und Cave verſucht. feiner Jugend ein wilder Burſche, hatte er dennoch
Bei der Menge der Fabeln, welche diejelbe enthält |ftetö einen religiöfen Zug und befondere Neigung
und dem Mangel an Kritit mit dem die Quellen be: zum Predigtamt bewahrt ; aus großen Verirrungen
handelt find, bieten fie eine nur jehr unzuverläflige |gerettet tonnte er jeit 1732 als Studentendiener
Geſchichtsquelle. Bon den fibrigen den Namen Si:
meon’s tragenden Schriften, Briefen, Gedichten,
Reden, jowie einer Chronik ift es ftreitig, ob der
ältere oder der jüngere ihr Berfaffer ſei. Vgl. Leo
Allatius, de Simeonum scriptis, Par. 1664, Cave,
hist, liter. Zond. 1688. Fabricius, bibl. Graee.
VI. Dudin, diss, de aetate et script. Sim. Met.
(Comm. II).
Metatron (Mäder). Nach der rabbinifchen
Engellehre der Schugengel Jiraelö, der vor dem
Bolfe auf dem Zuge durch die Wüfte hergefandt
wurde, derjelbe, der ſonſt Michael heißt. Metatron
wird baher gleichgeftellt ver Schechina (die die
göttl. Majeftät verhüllende Kihtwolfe =Gott jelbit)
und dem Engel des Angefichts.
Meth, Ezechiel, ein Schwärmer des 17. Jahr:
hunderts, ward als der Sohn eines Schuldirectors
in Langenſalza geboren. Durch jeinen Oheim Ejaias
Stiefel gerieth er in ſchwärmeriſche Vorftellungen
und Agitationen, ähnlich denjenigen, wie fie unter
den Schwarmgeiftern der Neformntiondzeit aufge:
taucht waren. Verachtung des äußern Bibelmorts,
des Bredigtamts und der Sacramente, die Einbil:
dung, eine fündlofe Gemeinjchaft darftellen und
in Oxford jtudiren und fand im eifrigen Anſchluß
an die Brüder Wesley Befreiung von innern An:
fechtungen. Er wurde neben und nad) ‚John Weäley
der Xeiter des neuen Vereins, Die beiden Wesley
gingen 1735 als Niffionare nach Georgien, gelang:
ten aber beide bort zu feiner rechten Wirkſamkeit,
jo daß fie bald zurüdtehrten, Doc waren fie da:
jelbft in Berührung mit den Herrnhutern gekom—
men, deren Frömmigkeit auf fie tiefen Eindrud ge:
macht hatte; daher Thloffen tie ji) in Yondon an
‚die dort wirkenden Herrnhuter-Brüder an und ftif-
teten mit ihnen nad Herenhutifchen Regeln in Fet—
'terlane 1738 eine Gejellichaft zu gemeinjamer Er:
'bauung. John W. wurde hier inne, daß ed ihm
bisher bei feinem Suchen nad) Gerechtigkeit am
Glauben gefehlt habe. Hier fam, wie eö nad) feiner
Lehre bei jedem Neubelehrten der Fall ift, die
Gnade Gottes plößlich bei ihm zum Durchbruch, fo
daf er die Umkehr jeines Inneren deutlich empfand;
jeine wahrhafte Belehrung datirte er vom 24. Mai
1738. Eine in demjelben Jahre unternommene
Reife nah Herrnhut machte ihn zwar mit den Ein-
richtungen der Gemeinde befannt, zeigte ihm aber
‚auch, dab jeinem Wejen der Anichluß an diefelbe
ſchon jegt die Seligleit des ewigen Lebens genie: widerſtrebe. Inzwiſchen war auch Whitefield als
Ben zu können, dharakterijiren aud) die Schwärine:
zuerft in Zangenfalza ſchwärmeriſche Aufregungen,
darauf in Erlurt und Gisperäfeben, wo Meth alö
Ehemitus des Grafen Hand Ludwig zu Gleichen
auftrat, deſſen Gemahlin fi von der Schwärine:
rei bethören ließ. Nach vielfachen ——
und nach dem 1627 erfolgten Tode ſeines Dheims
verſtand er ſich endlich in Erfurt 1628 zur Beteh: jan
rung und jtarb am 26. October 1640, ©, d. Art.
Stiefel. Bgl. Arnold's Kirchen: und Keger-Hiftorie.
Methodiften biehen die jejuitifchen Polemiker,
field's feurige Beredfamteit einen unbeſchreiblich
Miſſionar nad) Georgien gegangen, aber behufs Ab:
rei Meth's und feines Oheims. Beide verurfachten |
haltung einerCollecte in England wieder anweſend.
Die Freunde begannen ihre methodiſtiſche Thätig:
feit durch ihre Predigten, wobei namentlich White:
großen Eindrud machte und auf der einen Seite eine
Denge Neubelehrter gewann, auf der andern leb—
——— Haß, Spott und Verfolgung erregte. Es war
angs, wie erwähnt, keineswegs die Abſicht W’s.,
ausder Hochkirche auözutreten und eine eigene Secte
zu ftiften, vielmehr fuchte er zunächit Die biſchöflichen
Geiſtlichen für jeine Richtung zu gewinnen. Hier
Methodiſten
aber fand er mit wenigen Ausnahmen den hart:
nädigften Widerjtand, iA daß ihm und feinen An:
hängern die Kirchen verjchlofien und Bann und
Ausſchluß aus der Gemeinde angedroht wuroe.
Da begann Wbhitefield 1739 die Feldpredigten
unter den Köhlern in Kingswood, und Wesley
jeinem Beijpiele folgend, in Briftol und London,
wo manchmal bis 20000 Menſchen ſich als Zuhörer
um ihn fammelten; die Zahl jeiner Anhänger jtieg
fortwährend. Als man ihnen nun auch das Pre:
digen auf freien Blägen unterjagte, eröffnete Wes—
ley im Mai 1789 die erite methodiftiiche Kapelle
in Briftol. Bald nachher 1740 löſte ſich die Geſell—
ihaft in Fetterlane und überhaupt die Gemein:
ihaft mit den Herrnhutern, deren fittlihe Berubi:
gung in dem Gefühle des Erlöfetfeins und der un:
verlierbaren Heilögewißheit mit W.’5 Dringen auf
thatjächliche Heiligung in Widerfprudy kant; un:
mittelbar darauf gründete W. die United Society,
die erfte methodiſtiſche Geſellſchaft. Im folgenden
Jahre trennten fih auch Whitefield und Westen,
da jener an der jtreng calviniſtiſchen Prädeſtina⸗
tionslehre feſthielt, dieſer milder, mehr arminia-
nisch dachte. Whitefield wurde der Gründer der
calviniſtiſchen Methodiften, die vorzugsweiſe in
Amerita ei Gebiet fanden, während die wesleya:
niſche Stiftung fich in Europa ausbreitete, Der
folgenreichite Schritt zur Weiterbildung des Me:
thodismus war die Durch Das immer größere Wachs:
da der Gemeinde unabweisbar gewordene Zus
—* der Laienprediger, wozu W. aber nur nach
anfänglichem Widerſtreben, auf Zureden feiner
Mutter, ſeine Einwilligung gab. Meiſt arme und
ſchlichte Leute, wurden fie our die Wärme und
Beredjanteit einer friihen religiöjen Begeifterung
das Hauptmittel zur Ausbreitung des Methodis:
mus, aber der Mangel theologiſcher Bildung ver:
größerte aud) die Gefahr des religiöfen Subjecti:
vismus, W.'s Hauptbeftreben war, durch die 1744
auf der eriten Eonjerenz zu London begonnene Dr:
ganijation jeiner Gejellichaft, die er noch immer
—* von der biſchöflichen Kirche für geſchieden
anſah, die religiöſe Erregung jedes Mitgliedes
Dauernd zu unterhalten, zu Diefem Zwecke über:
trug er herrnhutiſche Einrichtungen auf die Hoch—
fire. Die ganze Gemeinſchaft jondert fich in zwei
Geſellſchaften, die vereinigten Gejellihaften der
Ermedten (United Societies) und die Bandaejfell:
ihaften (Band-Societies) der Begnadigten, für
welche ftrengere Lebensregeln gelten; ein engerer
Kreis der Erleuchteten und ein weiterer der Bü-
Senden verjhwand bald wieder. Dieje Geſellſchaf⸗
ten jind in Klaffen von etwa 12 Perjonen getheilt,
die untereinem Klafjenführer in wöchentlichen Ver:
jammlungen ihrenHerzenszuſtand befprechen. Meh—
tere Gejellihaften bilden einen Bezirk (circuit).
Außer den Ortöpredigern (fromme Yaien) wurden
für jeden Bezirk einige Neifeprediger, die eigent:
lien Geiftlichen der M. angeftellt, welche in be:
jtimmter Ordnung die Geſellſchaften befudhten, und
von welchen einer als Aſſiſtent oder Suprrintendent
die Angelegenheiten des Bezirks zu bejorgen hatte.
Ihre Zahl betrug bereits 1744 über 40. Die ganze
Geſellſchaft jtand unter der Conferenz, die W. mit
den von ihm zugezogenen Bredigern bildete, und
die jich jährlich verfammelte, In der deed of de-
elaration von 1784, der eigentlihen Berfaflungs:
urfunde des Methotismus, ſetzte W. die Zahl der
Gonferenzglieper auf 100 feſi, die jich jelbit ergän—
668
— —
Methodiſten
zen. Die Conferenz faßt die Beſchlüfſe über Lehre
und Disziplin. Strenge Kirchenzucht gehörte zum
Weſen der Gemeinſchaft; dazu kamen als beſondere
Anregungsmittel der Erwedung außer den täglichen
Predigten und Erbauungsftunden: die gewoͤhnlich
alle Vierteljahre (nad herrnhutiſcher Weije) ge:
feierten Liebesmahle, die monatlid einmal gehal:
tenen Wachnächte (ganze Nächte, in welchen gebetet
wurde), Die —— Bundes-Erneuerung und
mehrere Faſttage. Die religiöſen Geſänge der MW.
dichtete meiſt Charles Wesley (f 1788). Raid
breitete ſich die Geſellſchaft aus und gewann ge
rade in den religiös verſunkenſten Diſtrilten Eng:
lands die größte Wirkſamkeit; jeit 1747 wurden
aud) in Irland und 4 Jahre jpäter in Schottland
die erjten methodiſtiſchen Gejellichaften gebildet,
Kapellen — und nach und nach Bezirke einge:
richtet. Die Berfolgungen, welche bejonders Die
öffentlichen Felopredigten hervorriefen, und bie
bis zulebensaefährlichen Mifpandlungen W.'s und
der Prediger und bis zum Niederreißen der Ka:
pellen jtiegen, vermocdten nur den Glaubensmuth
und den Eifer der Methodiften immer mehr anzu:
feuern. Der Widerftand der biſchöflichen Kirche ge—
gen die neue Richtung zwang Wesley gegen feinen
Willen zu immer weiterer Trennung von derjelben.
Um ordinirte Heiftliche zu gewinnen, Die das Abend:
mahlaustheilen könnten, wandte er ji, da die ang:
licaniſchen Bischöfe feinen Gehülfen die Ordination
verweigerten, 1766 an einen zufällig in England
anweſenden griechiſchen Biichof, da er, ähnlidy wie
die Hochlirche, jeden biſchöflich Geweihten als ein
Glied der allgemeinen Kirche betrachtete. Als dann
ipäter das Bedürfniß nad ordinirten Geiftlichen
namentlich in Amerila bei dem Ausbruch des Krie:
ges dringender wurde, weihte er, in der Leberzeu
ung, dab Briefter und Biihof uriprünglih im
Weſen gleich fei, felbft zwei Yaienprediger zu Prie:
tern und 1784 feinen bisherigen Gehülfen Dr.
homas Cote (geb. 1754), den Führer der Mij:
jionsthätigfeit, zum Superintendenten. Damit war
die Trennung von der engliihen Kirche vollzogen.
Für Schottland ordinirte er im folgenden *
3 Priefter. Zugleich begannen die Methodiiten ihre
Berfammlungen zur Stunde des hochlirchlichen
Gottesdienſtes zu halten und darin das Abend
mahl auszutheilen, was bisher ftreng vermieden
war. Noch mehr trat die Trennu' g Fibre in Der
Weiſe des Gottesdienſtes hervor, als die engliichen
Methodiſten-Kapellen fich der Liturgie, welche %.,
wenn auch im engen Anſchluß an die hochlirchliche,
für Amerifa entworfen hatte, zu bedienen anfingen;
den legten Schritt that W. 1755 damit, dab er ſich
und jeine Anhänger unter den Schug der Duldungs:
akte (von 16>9, wodurd) den von der Staatsfirche
fi) trennenden Secten freie Ausübung ihres Be
kenntniſſes gewährt wurde) jtellte; hiermit war nad)
Außen hin der Methodismus als eigene Secte con-
jtituirt. — Der Methodismus hat ih um das re:
ligiöje Yeben Englands und Amerifas unleugbar
roße Verdienfte erworben, wie er auch auf die Ge
Haftung deſſelben in Frankreich und zum Theil in
Deutſchland Einfluß gemonnen hat. Er —— dem
dogmatiſchen Wiſſen eine perſönliche Frömmigkeit,
der anſtaltlichen Kirche eine enge religiöſe Gemein
ſchaft, dem rationaliſtiſchen und deiſtiſchen Unglau
ben ein poſitives Chriſtenthum entgegen; er nahm
ich zuerſt der niedern, bisher vernachläffigten
aſſen mit Eifer und Liebe an; er begann den
Methodiiten 669 Methodiſten
Kampf gegen die Negerſclaverei. Die Tractate aFz— überhaupt die einfachen Bräuche ber apoſtoliſchen
ten für religiöfe Belehrung des Volls; der leib: | Zeit wieder herzuftellen fuchten. Um diefelbe Zeit
lichen Notb und fittlichen Verſunkenheit begegneten 1816 entjtand in Irland die „Brimitive Wesleyani⸗
andere Anftalten und Einrichtungen, die zum Theil ſche Methodiſten-Gemeinſchaft“; fie trennte ſich von
das Vorbild der inneren Miſſion geworden find. | der älteren Gemeinde, weil fie in der Erlaubniß,
Der Sinn für Miffion wurde von ihm gewedt und | zu gleicher Zeit mit der Staatäfirche den Gottes:
eine energifche Thätigkeit auf diefem Felde begon: | dient zu halten, eine von Wesley nicht gemollte
nen und Fortgeführt. Aber das Streben nad) Hei: | Trennung von derfelben erfannte. Auf der ander
ligung mußte, weil es methodiſch betrieben wurde, | ren Seite aber geftanden ihre Mitglieder im Wi:
ebenfo veräußerlichen, und eine religiöfe Engher: derjpruc mit W.’S urfprünglihem Plan den Laien
zigkeit war unvermeidlich, weil das neueXeben des | Bertretung im Kirchenregiment zu. In den näch—
Einzelnen, um von Allen anerlannt werden zu | iten 20 Jahren fanden noch mehrere unbebeu:
können, fich in beftimmten Formen und Formeln | tende Spaltungen ftatt, biö im Jahre 1886 eine
bewegen mußte: W.'s Furcht vor dem Antinomid: | neue größere Trennung eintrat. Gegen den Beſchluß
mus artete jo in eine neue religiöfe Gejeglichkeit | der Conferenz, ein methodiftifches Predigerfeminar
aus, — Die Wesleyaniſchen tethodiften haben
2 in —— nach ſeinem Tode in verſchiedene
beſondere Gemeinſchaften getheilt, wozu neben den
rein religiöſen Meinungsverſchiedenheiten haupt—
ſächlich die Verfaſſungsſtreitigkeiten den Anlaß
gaben. Die von Wesley begründete und in der
„Erklärungsurkunde“ von 1784 niedergelegte Ber:
zu gründen, erhob fi, hauptfächlid aus perfön:
lihen Gründen, der Prediger Dr. SamuelWarren,
und gründete mit etma 20000 Gleichgefinnten die
„Wesleyaniſche Methodiften-Affociation“ ir hat
an die Stelle der Gonferenz eine „JahreöverJamm:
lung“ von Predigern und Xaien-Abgeordneten ge:
jet und den Bazirken eine größere Unabhängigkeit
faſſung vereinigte nämlich auf hierarchiſche Weiſe in Betreff ihrer lokalen —— einge⸗
alle Gewalt ſowohl der Lehre und der Disziplin räumt. Auch dieſe Geſellſchaft machte keine beſonde⸗
als auch der Vermögensverwaltung in der Confe- ren Fortſchritte; ihr Stifter trat ſogar ſpäter zur
renz, die auch geſetzlich als Eigenthümerin aller | Staatskirche über. Um fernere Spaltungen für die
Kapellen und Anftalten gilt; auf ihre Zufammen: | Zutunft zu verhüten, erließ die Conferenz 1835 die
fegung waren die Gemeinden ohne allen Einfluß, | jog. „Erflärungsacte” (The declaratory Act), in
da fie ſich fortwährend felbft ergänzte. Durch die | welden die Diszipfinar: und VBerfaffungsfragen
im Jahre 1792 erfolgte Einrichtung der Diftriftös | lediglich der Conferenz und den Diftrifts:Commit-
Committees alö einer Zwiſcheninſtanz, beitehend | teeö vorbehalten bleiben, ſowie bie „Regulationen“,
aus allen Predigern eines Diftritts, der 3—8 durch melde den Laien an der finanziellen Ber:
Bezirke umfaßte, wurde diejes Syſtem vervoll: | waltung eine Betheiligung eingeräumt wurde. Doch
jtändigt und die Gewalt der Conferenz zu einer ſchon nad 10 Jahren, um 1844,begann eine neue
völlig unbeſchränkten gemadt. Nach W.'S Tode gegen die hierarchiſche Gewalt der Eonferenz und
Ober wurden wiederholte Verſuche gemacht, die: | ihrer Präfidenten und Secretäre gerichtete Nebormts
elbe durch Zulaſſung von Laien enger zu begren: | bewegung, diederWesleyanMethodist-Reformers,
zen, jo jhon auf der Gonferenz von 1792, ohne | deren Führer, die Prediger Everett, Dunn undGrif:
jedoch fürs erjte Erfolg zu haben. Aus den dabei | fith, ihre Ziele zum Theil dur Bolfäverfammlungen
und eigene Zeitungen zu erreichen ſuchten. Nach
anfänglich großen Erfolgen ſcheiterte diejelbe an
der Feſtigkeit der Conferenz und endigte mit bem
Anschluß des größern Theils der —————— an
die vorerwähnte Methodiſten-Aſſociation (1857),
die nun den Namen „Vereinigte Methodiſtiſche
Freifiche” annahm. Die Methodiften bilden die
Mehrzahl und find zugleich die einflußreichiten aller
— Diſſenters; es rechnen ſich zu ihnen etwa
1 Seelen.
Die methodiftifche Bewegung in Amerifa ging
aus theild von den beiden Wesley jelbft, die von
1736 —1738, in Georgien gewirkt, theil3 und
auptjählih von Jahn Wbitefield, der auf 6 ver:
hiedenen Reifen (zwifchen 1788 und 1770) ala |
Reife: und Erweckungsprediger dajelbft thätig ge:
weſen war. Die erjte eigentlihe Methodiftenge:
meinde wurde indeß erft 1766 in New-VYork burd
einen Wesleyaniſchen Laienprediger, Philipp Em:
burg, gegründet. In den folgenden Jahren ent:
tanden weitere er Gemeinschaften in Benn:
)
ſich entwidelnden Streitigkeiten gingen hervor zu⸗
nächſt das auf der Conferenz von Leeds 1797 an:
genommene Geje®buch der Geſellſchaft »Code ofla-
wes or rules« und unmittelbar darauf die „Regu:
lationen“ von Leeds, in denen den Yaien einige
Zugejtändniffe gemacht wurden, ohne daß ihnen
jedoch) bei der Conferenz eine Vertretung zugeſtan⸗
den worden wäre. In folge davon trennten ſich
der Prediger Kilham mit drei —— die
Hauptvorkämpfer der Laien, von der Muttergejell:
ſchaft und gründeten die „Neue Methodiiten Ge:
meinſchaft“, welche die alte Drganifation Wesley's
beibehielt, aber den Laien gleiche Rechte mit den
Predigern im Regimente einräumte,. Sie zählte
gleich Fi Anfang über 5000 Mitglieder, doch blieb
ihre Entwidlung in der Folge eine beſchränkte.
Biel bedeutender wurde die ebenfalld durch den
Widerſpruch gegen die Allgewalt der Conferenz
1810 ins Leben gerufene „Brimitive Methodiitens
Gemeinſchaft“. Die Conferenz hatte ihre Stifter
Hugh Burne und Will. Clowes und deren An:
hänger en weil fie die amerikanische | jylvanien, Maryland u.T. w., die jedoch nicht Durch
Sitte der Lagerverjammlungen (Campmeetings) | eine einheitliche Berfaffung verbunden waren. Als
mit den lauten Ausbrücen der Gefühlserregung | im Jahre 1784 nad) Beendigung des amerikanischen
(daher ihr Spottname Ranters, Schreier) ange: | Unabhängigkeitäfrieges die Verbindung zwiſchen
nommen hatten. 5 Jahre fpäter bildete fich die | England und Amerika völlig gelöft worden, ſandte
Gemeinſchaft der „Bibelchriften“ (Bryanites, nad Wesley den von ihm zum Superintendenten ges
—— tifter O'Bryan), die im Gegenſatz * weihten Dr. Thomas Coke nach Amerika, mit dem
onferenz nur unbefoldete, von ihrer Hände Ar: | Auftrage, die zerjtreuten M.Gemeinden zu einer
beit lebende Neifeprediger dulden wollten und ' jelbftändigen Kirche zu organifiren, — noch in
Methodiften
demfelben Jahre auf der einge, ber Laien⸗
prediger zu Baltimore ausgeführt wurde. In Hin:
fit der hier angenommenen, fpäter theilweife ver:
änderten Verfajjung unterſcheidet ſich die metho:
diſtiſche Episkopalkirche in Nordamerifa von der
engliichen M. Kirche dadurch, daß fie die hierarchi—
ſche Öliederung der Beiftlichen in Bifchöfe, Pres:
byter und Diakonen beibehielt. Den Titel eines
Biſchofs nahm zuerjt Cofe an, der urjprüngliche
war Superintendent. Die oberjte Rirchenbehörde
ift die allgemeine Gonferenz, welche aus den Ab:
georoneten der ſämmtlichen Diſtricts-Conferenzen
beiteht und alle vier Jahre zufammentritt; die
Laien haben weder Antheil am Kirchenregiment,
noch aud) an der Verwaltung des Kirchenver:
mögens. Hinfitlid der Kirchenzucht hatte man
urſprünglich die Wesleyaniſchen Vorſchriften an:
genommen, rag Gene diefelben ſpäter weſent—
lich verändert. Die aufregende, auf Erſchlitterung
des Gemüthes hinwirkende Weife Whitefield's hat
ber amerikaniſche Methodismus als befondere
Eigenthümlichkeit bewahrt, und durch mehrere da—
hin zielende Einrichtungen, die Bußbank, die Lager—
verſammlungen und Aehnliches —— Hieraus
find hauptſächlich die in der amerik. Methodiſten—
Kirche wiederholt vorlommenden revivals, allge:
meine Erwedlungen, zu erllären, die aud) auf an:
dere Rirpenkteite ji erjtredten und ſelbſt *
Deutſchland hinüber wirkten. Glaubensbekenntni
ſind die von Wesley auf 25 reduzirten 39 Artikel
der engl. Staatskirche, doch ſtehen ar diefer ferner
als die engl. Methodiften. Die gleichfalls von Wes:
ley nad dem Common Prayer Book bearbeitete
Liturgie wird weniger beachtet, da im Gottesdienft
das freie Gebet vorherrſcht. Die upeiahen bil:
den eine der zahlreichſten und einflußreiditen Ne:
ligionsgeſellſchaften Amerikas, die, fortwährend
duch Einwanderung von England aus verjtärkt,
durch eifrige Miffionsthätigfeit und eine geordnete
Reifepredigt ihr Wachsthun mit der zunehmenden
Entwidlung des Landes fihert. Die frühere Ab:
neigung gegen theologijhes Studium, in welchem
man nur Öefährdung der Slaubensinnigfeit jah,
ist im Schwinden; in den legten Jahren hat die
Kirche jelbjt mehrere Collegien und theologische
Seminare gejtiftet. Seit dem Jahre 1844 theilten
ſich aus Anlaß der Stlavenfrage die M. Amerifas
in 2 völlig geſchiedene Kirchen, eine „nördliche
biſchöfliche M.Kirche“ und eine „ſüdliche b. M.:
Kirche“. Jene zählt etwa 900000, dieſe 700000
Mitglieder. Berfaffung, Lehre und Eultus find
leich, der einzige Unterſchied beſteht darin, daß
Die nördlihen M. den Biſchöfen und Brieftern das
Halten von Sklaven verbjeten. Auch eine deutſche
biſchöfliche Methodiftenkicche ift feit 1835 durch den
Würtemberger Prediger Wilhelm Naft begründet;
fie hat jeit 1850 begonnen Miffionsjtationen für
Deutfchland (zuerft in Bremen) aufzurichten. Im
engen Anſchluß an die nordamerilaniſche biſchöf—
liche Methodiften » Kirche zählt fie bereits weit
über 100 Gemeinden, namentlid in den weitli:
* Staaten Amerikas. Die De 336
ethodijten oder Huntingdon'ſche Gemeinschaft,
find die Anhänger Wpitefields, welche fi, wie er,
wegen der Lehre von der Önadenwahl nicht an Wes:
ley anſchloſſen und in einem befreundeten Berhält:
niß zur Staatskirche blieben. Die eigentliche Stif:
terin dieſer Kirchengemeinſchaft ift die Lady Selina
Huntingdon (die „Methodiſtenkönigin“), geb. 1707
670
Methodius
* 1791, die vonder Predigt Whitefields mächtig er⸗
riffen, ihn 1748 zu ihrem Kaplan machte; in ihrem
* predigte er dem hohen Adel Englands. Sie
tiftete 1768 ein Seminar zu Trevecca in Südwales
zur Bildung calviniftifher Prediger; nad ihrem
Tode wurde es nad Cheshunt (Herts) verlegt, mo
es fich noch befindet. In Lehre und Eultus jtimmt
diefe Gemeinſchaft mit der Staatäfirche überein,
doch ift das freie Gebet in ihr in höherm Maaße üb⸗
lid; die Verfaſſung ift die freiere methodijtifche.
Sie zählt die meiften Gemeinden in England, nur
wenige in Amerika.
Die Wal'ſchen calviniftiihen Methodiften leiten
fi) weder von Wesley noch Whitefield ab, fondern
von Howel Harris aus Trevecca, der in Orford
ftudirt hatte. Er begann noch vor jenen eine Mij:
fionsthätigfeit in Wales und bildete wie fie Pri-
vatgejellihaften, welche durch Verfolgungen von
Magiitrat und Pöbel aus der Kirche heraus ge:
drängt wurden. Die Derfeffung ift methodiſtiſch.
Zur Literatur vgl.: The Works of J. Wesley
Brist. 1771 ff. 32 Bde. H. Moore, the life of J.
W. Lond. 1824. Southey, the l. of J. W, and
Rise and Progress of methodisme 4. ed. 1864.
liberf. von Krummadher Hamb. 1823. 2 Bde. Wat-
son, obss, on Southeys life of W. Lond. 4. ed,
1333; über]. von Edenftein, Frff. 1839. Taylor,
W. and method. 1851. The life of G, Whitefield
1826, nad) dem E. herausg. von Tholud 1834.
Smith, History of Wesleyan Methodism, I. Bd.
1857. Burdhard, Geld. des M. in England 1795.
Baum, der. Zür. 1333. Jadfon, Geſch. von An»
fang, gortgang und gegenwärtigen Zuftand des
M. Aus dem E. von Kunge. Berl, 1840. Jacoby,
Handbud) des M., Brem. 1853,
‚ Methodius, Biſchof von Olympus und Patara
in Lycien, jpäter von Tyrus, F 311 als Märtyrer
in ber mariminifchen Verfolgung. Bon feinem Les
ben ift nichtö weiter befannt, & wird von Eufe:
bius, Socrates u. N. erwähnt als ein entjchiedener
Gegner des Drigenes, obwohl & in manden An:
Ihauungen mit demfelben fich berührt habe. Bon
ben Schriften, in denen er deö Drigenes Lehre von
ber Auferftehung und Präeriftenz der Seele be:
fämpfte, deresurrectione und de creatione finden
fi nur Fragmente bei Epiphanius (haeres, 64) und
Photius (Cod. 234—37). VBolitändig erhalten ift
* Conrivium dec. virginum, ein Preis des jung:
räulihen Lebens in Dialogform. 2. Diero:
nymus jchrieb er auch gegen Drigenes de libero
arbitrio, doc hat das unter sun Namen vor:
ee Fragment einen andern Berfafjer. Unächt
ind 2 Homilien, die Dffenbarungen und die Chros
nit des Methodius. Die erhaltenen Werke nebit
den gragmenten gab heraus Gallandi, biblioth.
atr. IIL. Bgl. Mai, script. vet. nov. coll. VIL 1.
:ombefis, Op. Photii Paris 1614; das convivium
oder Symposion gejondert gaben Leo Allatius, Rom
1656 und danach Combefis, auct, nov, bibl. Patr.
Paris 1672 heraus.
Methodius (Methud), Apoftel der Mähren. Ein
Grieche von vornehmer Abkunft, trat, nachdem er
in Eonftantinopel hohe Staatsämter beffeivet hatte,
in den geiftlihen Stand und ging, zufolge der an
Kaifer Michael III. gerichteten Bitte des Herzogs
Ratislav von Mähren 863 mit feinem Bruder Ch—
rillus (Conftantinus) ald Miffionar dorthin. Der
Kirche, die er hier begründete, gab er die ſlaviſche
Bibelüberfegung, für welde er die Schriftzeihen
Methone
erft erfinden mußte. Bei feinem zweiten Aufenthalt
in Rom auf den Wunſch des Fürſten Kozel von
Bannonien, der fi von der Verbindung mit
Deutichland aud auf kirchlichem Gebiete möglichft
befreien wollte, von Hadrian II. 870 zum Erzbijchofe
von Mähren und Pannonien geweiht, wußte er
für feine Kirche dad Recht zum Gebraud der Yan
desſprache im Gottesdienft, ſowie einer eigenen
(nad) der — verfaßten) Liturgie zu be:
wahren. Wegen feiner Wirkfamleit von der frän:
tiſch⸗lateiniſchen (deutſchen) Partei, die feinen
Sprengel als zu Salzburg gehörend betrachtete,
vielfach verfolgt, wurde er zulegt um 874 vor eine
baierifche Synode geftellt und 2 Jahre lang ein:
eterfert, f daß ihm nur die Androhung des P.
Jotnn VIII. er werde über die Salzburger den
ann ausfprechen, die Freiheit verſchaffen tonnte.
Fortwährend von feinen Gegnern verfolgt, mußte
er fih 880 in Rom von der Anklage „fremder Zeh:
ren und Gebräuche” rechtfertigen, was ihm gläns
send —— fo daß der Bapft der ſlaviſchen Kirche
die Weiterbenugung ihrer bisherigen Liturgie ger
ftattete. Schließlich fiegte jedoch die deutſche Par:
tei, jo daß Papſt Stephan IV. (885—891) den
Methodius bannte und den ſlaviſchen Sottesdienft
verbot. Die betreffende Bulle, deren Echtheit von
Einigen ohne genügende Gründe bezweifelt wird,
datirt von 885 (890°). Wahrfcheinlich in demſelben
Sabre ftarb Methodius. (S.d. N. Eyrill,) Bol.
Ginzel, Geich. der Slaven-Apoftel 1857. Barmann,
Bolit. der Päpfte. Elberf. 1869. II.
Methone, Nitolaus von, ſ. Nikolaus,
Metropolit. Ein Erzbijchof, welcher Suffragan:
biſchöfe unter fid) hat, von Metropolis, Nutter:
Stadt, Hauptftadt einer Provinz. Daher: Metropo:
litanfirche joviel als Gathedrale.
Metropolitieum ift das erzbiſchöfliche Ordina:
riat und Eonfiftorium, welches zugleich die zweite
Inftanz fürdie Entfcheidungen der Eonfiftorien und
Ordinariate der Suffraganbisthümer bildet. Mit:
unter wird ihnen durch befondere päpitliche Ans
ordnung als dritter Inſtanz die Entjcheidung Über
YAusiprüche eines anderen Metropoliticums über:
tragen.
etrophanesfritopuloß, ein griechiſcher Theo:
loge; geboren in Beroea und gebildet im Athos:
Klofter wurde er noch jung Hieromonachos (erfter
Siegelbewahrer) des Patriarchen Eyrillus Zucaris.
Dieſer fandte ihn, damit er fich als theologiſcher
Zehrer der ungebildeten griechiſchen Geiftlichteit
ausbilde, auf diellniverfität Orford zum Erzbifchof
Abbot 1616, wo er mehrere Jahre verweilte. Da:
nach beſuchte M. 1620 oder 1621 die beutichen
evangelifchen Univerfitäten bis 1626, lehrte dann
einige Jahre in Benedig die griehijche Sprache,
und ward nad jeiner Rücklehr Patriarch von Aler:
andrien. Während feines Aufenthalts in Helm:
ftädt 1625 jchrieb er eine Darlegung des Lehrbe:
grins ber griechiſchen Kirche und ihrer wichtigſten
bräude, welde von oh. Hornejus mit einer
lateiniſchen UWeberjegung herausgegeben murbe,
Helmſtadt 1661. Revidirte Ausgabe von Weißen:
borr in dem Appendix libr. symbol. eccl. orien-
talis, Jena 1850. Diefelbe enthält zwar nicht in
allen Stüden den fpäter —— orthodoxen
Lehrbegriff, iſt aber eben —— wie ihr vorge⸗
worfen wurde, lutheraniſirend. M. ſtarb nach 1640.
Bol. a Dietelmaier, de Me-
trophane Oritopulo. Altenb. 1769.
671
ee
Merico
Mette, bezeichnet den vor Tagesanbruch gehal«
tenen, namentlich den hohen Feſten vorangehen«
den Frühgottesdienſt in der fathol. Kirde. Das
Wort wird von den Meiften abgeleitet von matu-
tina (Morgenftunde), von Andern von Met, nad
beffen berühmter Singſchule unter Karl d. Gr., der
Cantus mettensis genannt fei. Sie wird in feiers
licher Weife, abgejehen von den Klöftern, nur noch
am Weihnachtsfeſte gehalten, fonft vom Prieſter in
der Stille gebetet. Die erften Iutherifchen Kirchen:
ordnungen wollten die Mette als einen Frühgot»
teödienft, in dem einige Pjalmen gefungen und ein
Abſchnitt aus der Bibel gelefen werden follte, bei⸗
behalten, doch kam fie, abgejehen vom Weihnachts⸗
feite, jehr bald in Abgang.
Mes. Das Divodurum ber Gallier, Hauptftabt
der Mediomatricer, im M. U. Mettis, feit ältefter
zeit der Sit von Biſchöfen, von deren wunderwir⸗
endem Gebete bei den Einfällen der Germanen
und Hunnen die Legende erzählt. Die Geſchichte
derjelben ſchrieb een Karl d. Gr. Befehl (fehr uns
gleichmäßig und dürftig) Paulus Diaconus zwifchen
183 und 791. Unter benfelben find die bemerlens»
wertheften: Arnulph, der heilige, feit 614, vorher
Laie und verehliht, der angebliche Stammvater
des Karolingiſchen Hauſes. Nad) etwa 1Ojähriger
Verwaltung des Bisthums legte er mit Erlaubniß
des Königs zwiſchen 625 und 28 feine Würde nies
der und zog fich in das Klofter Remiremont (Vo⸗
gejen) zurüd. + 641. Chrodegang 742—766 (f. d.
A.), belannt durch die den Benediktinern nachge—
ahmte Regel, wodurd er feine Kleriker zu einem
gemeinfamen möndifhen Leben verband. In ans
dere Diözefen übertragen wurde fie der Urſprung
der Domkapitel. Angiltam 768—791, zugleich Ars
&hicapellan bei Karl d. Ör., dem die capitula An-
gilrami zugeichrieben werden, welche die pſeudo—
iſidoriſchen Grundfäge über die Prozeſſe gegen
Biſchöfe enthalten. Drogo 823—835, fünfter Sohn
Karl’s d. Gr., hauptfächlich verdient um die Pflege
des Gregorianifchen Gejanges, den Karl in ber
Diözeſe eingeführt und zu deffen Reinerhaltung er
die Sängerihule von Met gegründet Hatte,
Mes war Suffraganbistfum von Trier und
blieb dies, ald es im Frieden von Cambrai
1556 an Frankreich fam, ebenfo im weftphälifchen
Frieden 1648. In Met wurde das bie Aufhebung
des Ediftö von Nantes verfügende königl. Dekret
zuerft, ſchon 5 Tage nach der Unterzeichnung, am
22. Oct. 1685 zur Ausführung gebradt. Weber
4000 Reformirte wanderten aus, meijt nad Bran⸗
benburg, an ihrer va Ancillon, der Vater eines
berühmt gewordenen Age Dal. d’Hanno-
celles, Metz ancien. 2 Vol. Meg 1856. La perse-
eution de l’eglise de Metz döcrite par le sieur
Olry. 2 ed. par O. Cuvier. Paris 1860.
Mes, Chriſtian. S. d. A. Infpirirte,
Mouſſim Dan. 11,33.39. „Gott der Feſtungen“
von Luther (Maeufim) ald Eigenname gefaßt, ift
ald Gattungsname zu nehmen. Die Rabbinen ver:
ftanden darunter ben Mars, wahrſcheinlicher ift
jedoch die Beziehung auf den Jupiter Capitolinus,
von defjen Verehrung durch Antiohus Epiphaned
feine Sendung von Weihgeſchenken, ſowie der in
Antiohien unternommene Bau eines bemjelben
eweihten Tempels Zeugniß giebt, und die zu feiner
Fonftigen Vorliebe für römijches Wefen ftimmt,
Mexito. Nach der Eroberung des Landes durch
Gortez übernahmen die Miffion India⸗
Meyer
672
Meyfart
nern die Franciscaner 1522, an welche ſich 1526 | jenfchaften. M. s literariſche Thätigkeit richtete ſich
die Dominikaner anſchloſſen. 1572 folgten auch
die Jejuiten. Wie im übrigen fpanifchen Amerifa
blieb die Belehrung der Ureinwohner eine jehr
äußerliche, und das Chriftenthum wurde in weit.
gehendem Maaße dem Heidenthum angepaßt, jo
daß bie Heiligenbilder fajt an die Stelle ber Gößen:
bilder getreten zu fein jcheinen. Der Cultus ift mit
allem Bomp überladen und mit Luftbarleiten ver:
bunden, Die Macht der ungebildeten Geiftlichkeit | deffelben, die 4 Evangelien
war eben fo groß als ihr Reichthum und die Be:
drüdung der nbiener durch die hohen kirchlichen
Abgaben. Nach der gegenwärtigen durch päpftl.
Breve vom J. 1851 erfolgten Drganifation Jat Me:
zico ein Erzbisthum mit 11 Suffraganbisthümern ;
zahlreich find die Klöſter. Als ſich 1826 der Papft
gegen die Revolution und den Abfall von Spa:
befonders auf die Herausgabe jeines Fritifch:erege:
tischen Commentars zum Neuen Teftament, 16
Bände, Göttingen 1832 u. ff. Das Werl, eines
der gebiegenften Erzeugniffe der neueren theologi-
hen Literatur, ausgezeichnet durch umfafjende
Belejenheit wie maßvolle wiſſenſchaftliche Eregeje,
übt noch fortwährend bedeutenden Einfluß aus und
hat wiederholte Auflagen erlebt, die erften Bände
Itend, bereitä die
te; die 7 legten Theile (Briefe an die Theflalo:
nicher und Hebräer, die übrigen, nicht paulinijchen
Briefe und die Offenbarung enthaltend) find von
anderen Berfafiern bearbeitet. Außerdem gab M.
den Tert des N. T. mit einer möglichjte Treue ans
ftrebenden deutſchen Ueberfegung heraus, Gött.
1829, ſowie die jymbolifchen Bücher der lutheri-
nien erflärte, wurden alle Verbindungen mit der ſchen Kirche: Libri symbolici ecclesiae Luthera-
Eurie abgebrochen, und erjt 1837 wieder ange:
nae ad edit. principes et ecel. auctoritate com-
müpft. Auch in den fpäteren, ununterbrochen auf | probatas recensuit etc. Gött. 1830.
einander folgenden Revolutionen fpielt das In—⸗
Meyer, Johann Friedrich von. Wurde zu Frank:
terefie des Klerus eine große Rolle; mehrere | furt a.M. 12. Sept. 1772 geboren, bezog 1789 die
Ummälzungen hatten nur den Zwed, die llebers
macht defjelben zu brechen. Bis zum Jahre 1861
gehörte der Geiftlichkeit fajt die Hälfte alles Grund:
eigenthums; ihr Einftommen betrug 50 Prozent
mehr als die gefammten Staateinnahmen. Mit
dem in diefem Jahre erfolgten Siege der liberalen
Bartei trat eine Aenderung ein: der Präfident
Juarez zog alles Kirchengut ein, bob die Klöfter
auf und verfündete allgemeine Religionsfreigeit,
während vorher nur den Fremden die Ausübung
eines nicht fatholiichen Eultus gejtattet war; die
Biſchöfe, welche fich diefen Maßregeln widerfegten,
wurden verbannt. In Folge defien veranlaßte die
flertfale ‘Bartei, an ihrer Spike der Erzbifchof | f
Almonte, die ſpaniſch-engliſch-franzöſiſche Expedi⸗
tion 1861/62, auf welche die franzöftihe Decupa-
tion und das ephemere Kaifertbum Darimilian’s
von Deftreich folgte, den die Heritale Partei auf:
gab, als er nothgedrungen zu denjelben Mafre:
geln gegen das Kirchenvermögen griff, weil die
Curie auf feine der nöthig gemordenen Reformen
eingeben wollte. Bal. Richthofen, die äußeren und
inneren Zuftände der Nepublid M., Berl. 1854.
Mühlenpfordt, Verſuch einer getreuen Schilderung
der Rep. Merico, Hannover 1844, Reiſewerke von:
Heller, Leipz. 1853 und Müller 3 Bde. Leipz.
1864—65.
Meyer, Heinrich Auguft Wilhelm, Dr. theol.
Geboren 10. Januar 1800 zu Gotha, ftudirte
1818— 1820 in Jena, ward 1823 Pfarrer zu Dit:
haufen (Sadjen-Meiningen), 1831 in Harfte bei
Göttingen. Seit 1857 Pfarrer und Euperinten-
dent in Hoya an der Wefer, wurde er 1848 als
Eonfiftorialrath, Paſtor primarius an der Neu:
jtädter Hof: und Stadtkirche und Superintendent
der Injpeltion Neuftadt:Hannover nad Hannover
berufen. Als Deputirter der Hannover'ſchen Kir:
henregierung nahm er Theil an der in Berlin
1346 abgehaltenen evangeliihen Eonferenz und
war in gleicher Eigenfchaft von 1865—68 Mitglied
der Halle'ſchen Conferenz zur einheitlichen Revi—
fion der Lutheriſchen Vibelüberfegung. Um jeine
anze amtliche Thätigleit den Arbeiten des Eon:
ftoriums widmen zu können, legte er 1848 jeine
Pfarrſtelle nieder. Seit 1861 Dberconfiftorialrath
trat er 1865 aus Gejundheitörüdfichten in den
Ruheſtand und lebt feither in Göttingen ben Wif:
|
Univerfität Göttingen und ftudirte Die Rechte, Phi⸗
lologie und Gefchichte, lebte 1793: —94 in Leipzig
den ſchönen Wiflenjhaften, bis er beim Reichs:
fammergericht zu Wetzlar 1794 eintrat. Seinen
folgenden Stellungen ald Salm :Kyrburgifhem
Hof: und Domainenrath, ſowie ald pfalz:baieri-
ſchem Appellationärath in Mannheim machten bie
in Folge der franzöfiichen Revolutionsfriege eins
tretenden Territorialveränderungen jedesmal ein
jhnelles Ende. 1802 jiedelte er fih in Frankfurt
an und übernahm zeitweilig die Zeitung der dor:
tigen Bühne. 1807 zum Stadtgerihtärath ernannt,
ward er 1816 Senator, 1821 Mitglied der Schöf:
enbank und Synditus, 1837 Gerihtsfhultheiß.
Wiederholt bekleidete er Die Würde des erjten Bür:
germeifters und des Gejandten feiner Baterjtadt
am Bundestag. Die Univerfität Erlangen ernannte
ihn 1821 zum Doctor der Theologie + 1849. M.
kam auf dem Wege eigener Forſchungen vom Ra:
tionalismus zu pofitiven chriftlichen Heberzeugun:
gen und beſchäftigte ſich ſeitdem fortwährend mit
theologifhenStudien. Aus ihnen ging feinBibelmert
ervor, „Luthers Ueberjegung verbefjert und mit
ae erflärenden Anmerkungen verſehen“
(1. Ausg.1819,in 2. Ausg. ohne Anmerkungen1823,
3. Ausg., legter Hand, mit A. 1865). Dieje jehr ver:
dienstliche Arbeit liegt der berichtigten Ueberſetzung
von Stier und v. Meyer zu Grunde. Ihr voraufge:
angen waren Bibeldeutungen 1812. Als myjſti⸗
her Theojoph behandelte er mit Vorliebe Die Lehre
von den legten Dingen und der Apocalyptif, jo in
den Schriften: Habes, ein Beitrag zur Theorie der
Geifterwelt, Franff. 1810. Schlüffel zur Offenba—
rung Johannis, Karläruhe 1833. Blide in den
Spiegel des prophetiſchen Wortes, Frankf. 1847.
Ein Hauptwerk find die „Blätter für höhere Wahr:
—* aus ältern und neuern Handſchriften mit be:
onderer Rüdficht auf den Magnetismus Franfi.
1818—32, 11. Samml. Im Anſchluß daran, als
12. Bd.: Inbegriff der Glaubenslehre ebd. 1832.
Eine Auswahl daraus erihien Stuttgart 1853,
Außer feinen Gedichten und den philologiichen und
archäologischen Arbeiten iſt nochzu erwähnen : das
Bud Jezira, die ältejte fabbalijtifche Urkunde der
Hebräer, hebräifch und deutjh mit Anmerkungen
und Gloſſen, Frankf. 1831.
Meyfart oder Mayfart, Johann Matthäus,
Mezzofanti
ber Dichter des Liebes „Jerufalem, du hochgebaute
Stadt”. Der Sohn eines Geiftlihen zu Wall:
winkel in Thüringen, geboren zu Jena 1590, er:
zogen auf der Schule zu Gotha; ſtudirte in Jena
un nenn Philoſophie und Geſchichte, dann
feit 1611 Theolo
1623 als Director an dem von Herzog Johann
Eafimir 1605 neubegründeten Gnmnafium Caſi—
mirianum zu Coburg, einer theologischen Bildungs:
anftalt angeitellt. 1631 oder (wahrſcheinlicher) 1633
als Brofefior ber Theologie an die Univerfität Er:
furt berufen, ward er 1635 Rector der Univerfität,
dann Paſtor und Senior des geiftlichen Minifte:
riums + 1642. Seine deutſchen Schriften beziehen
fich theils auf die Lehre von den legten Dingen,
theils auf die Berbefferung der kirchlichen Zu:
ftände. Zu den erfteren gehören: Tuba novissima,
d. i. von den letzten Dingen, Cob. 1626. 4 Pre:
digten, von denen bie dritte am Schluß das Lied
„Serufalem ꝛc.“ an vom himmlischen Jeruſa⸗
lem, 2 Bbe., Cob.1621 ; das hölfifche Sodoma oder
die ewige Berbammniß, ebend. 1630; das jüngfte
Gericht, Nürnberg 1632, alle drei öfter aufgelegt.
Die zweite Klaffe feiner Schriften griff die Schä-
den und Gebrechen der Zeit an. Die hriftliche Er:
innerung an Regenten ıc., wie das Laſter der Here-
rei auszurotten, Schleufingen 1636, eine der erſten
Warnungen gegen die Gräuel der Herenproceffe,
hat Thomafius in feinen Schriften vom Unfug
des Herenprocefies, Halle 1703, S. 357 f. wieder
abgedrudt. Die „hrijtliche Erinnerung von den
een Schulen zc.“ ebend., 1636 zeichnete den ver:
allenen fittlihen Zuftand der Univerfitäten; ihr
folgten in einer fpäteren Denkſchrift Borfchläge
ur Hebung der tief gefuntenen Kirche und Geiit:
ichleit. Seine älteren lateinifshen Schriften waren
—— und polemiſchen Inhalts; fo der un:
vollendet gebliebene prodromus elucidarii theo-
logici2 Bde., Cob. 1620. Grawerus continuatus,
eine —— der disputationes antijesuiticae
des Theologen Alb. Gramwer, Cob. 1623. Anti-
Becanus sive manualis controversiarum theol.,
ebend. 1627, gegen Becanus (ſ. d. A.) gerichtet. Der
673
gie. 1616 ward er als Profeflor, |
Michael
| wieder in fein Amt eingefegt, ward er Unis
verfitätsbibliothefar und befleivete mehrmals die
Rektoratswürde. Gregor XVI. berief ihn 1831
nah Rom und machte ihn nacheinander zum Haus:
prälaten, Domherrn von Maria Maggiore, 1833
an Ang. Mai’s Stelle zum erften Cuſtos der vati:
caniſchen Bibliothek und Canonicus bei St. Peter,
endlich 1838 zum Carbdinal; als folder war er Mit:
lied der Eongregationen der Propaganda, des
— der Riten und der Prüfung der Biſchöfe,
ſowie Präfelt der Eongregation der Studien {etwa
Unterrihtsminifter) F 1849. Seine Grabſchrift
rühmt feine außerordentliche Sittenreinheit (mo-
rum innocentia). Schriftliches hat er nichts hinter:
laffen. Val. Theiner bei Weter und Welte, Bd. 12
&. 796. Malavit, Vie de M. Paris 1853.
Micha (grieh. Miyaias, deutſch „wer ift wie Je:
hova”, = Michael), der Prophet, ftammte wahr:
ſcheinlich aus Morefchet bei Gath in Juda Mic.
1,1.14, Jerem. 26, 18, welches Dorf Eujebius und
Hieronymus noch Ffannten, von dem aber jekt
jede Spur verloren ift. Er war ein Beitgenoffe des
Jeſaia, mit dem er auch nad Inhalt und Gehalt
der Weiffagung ſich berührt, und wirkte nad) der
Ausfage der Meberfhrift unter den Königen Jo:
tham, Ahas und Hisfia, oder, wie diejenigen mei:
nen, welche die Ueberſchrift in ihrer jegigen Geftalt
dem Micha abiprehen, nach dem Inhalte des Buches
(vgl. Jer. 26, 18) nurunter Hiskia. Das BuhM.
enthält 3 Abſchnitte. Kap. 1—2;3—5; 6 - 7, deren
jeder Drohung und Verheißung enthält. Die Sün:
den der Vornehmen und der faljhen Propheten
ziehen das Strafgericht nach ſich, welches zuerft
Samaria und dann Juda treffen und durch Affy:
rien und Babylon vollzogen werden wird. Doc
nach der Trübjal wird der Davidsſohn aus Beth:
ehem kommen, die Heiden unterwerfen und das
Gottesreich für alle Zeit wieder aufrichten. Die
Echtheit des Buches ift unbezmweifelt, nur die bei:
den legten Kapitel fchreibt Ewald einem etwas
jüngeren Propheten zu. Die Sprade ift klaſſiſch
rein, lebendig und erhaben mie die Jeſaia's. Val.
Caspari, über Micha den Morafthiten und feine
Nodus Gordius Sophistarum solutus Eob. 1627, | prophetifche Schrift, Chriftiania 1852, Außerdem
eine polemifche Schrift, die indeß zugleich eine phis | Hitzig, ki. Propheten 3. Aufl. 1863. Emald, Bro:
loſophiſche Vermittlung zwifchen der Ramiitifchen | pheten 1867,18. 498 ff. — Unter dem Namen Micha
(f. d. Art. Ramus) und Ariftotelifhen Philofophie | fommen außer dem Propheten noch 11 Männer
an finden fuchte. Bleibenden Erfolg hatte feine
irkſamkeit nicht, doch half fie der Spener'ſchen
Richtung den Weg bahnen.
zofanti, Joſeph, Gardinal, ein feltener
Spradentenner, aber durchaus fein wiflenfchaft:
liher Sprachforſcher. Geb. 17. Sept. 1774 zu Bo:
logna, der Sohn eines armen Tifchlers konnte
er durch die opferwillige Güte des Superiors der
Väter des Dratoriums, Rofpighi, ftubiren und
ward 1797 ®riefter. Sein bewunderungswür—
diges Spradtalent, vermittelft deſſen er jede Spra⸗
che, bie er einige gt hörte, fi) aneignen konnte,
erhielt die erite Entwidlung im Lazareth zu Bo:
logna unter den verwundeten Soldaten verjchie:
bener Rationalitäten, bei denen er ſeelſorgeriſch
thätig war. Er ſchrieb und ſprach zulegt 62 Spra⸗
hen, mehrere jogar in ihren verfchieyenen Dialek:
ten. Seit 1804 an der Univerfität zu Bologna ald
Lehrer der latein. und griech. Sprache angeitellt,
| inder Bibel vor. Die bedeutenderen von ibnen find
der Prophet Micha (auch der Ältere genannt), der
Sohn Jimla’s 1 Kön. 22, 8 ff., welcher Ahab den
Untergang weiffagte und der Ephramite Micha
Richt. 17, 1 ff., der in feinem Haufe ein Gottes:
bild aufftellte und einen Zeviten zu feinem Haus:
priefter machte, bis ihm die Daniter beide ent:
führten,
ichael (wer ift mie Gott), der Erzengel, Dan.
10, 13 Dan. 12, 1 Off. 12. 7 Juda 9, der befon:
dere Schugengel Iſraels. In ihm findet der Se:
danke des befondern Bundesverhältniffes, in dem
Iſrael zu Gott vor allen Völkern ftehe, feinen Aus:
drud, es ift eine Fortbildung der Lehre von der
Schechinah und dem Engel des Angefihts. Die
tathol. Kirche zollt ihm befondere Berehrung, in:
dem fie das Schugverhältniß, in welchem er zu
Iſrael ftand, auf die fathol. Kirche übertragen hat.
Adgebildet wird er in der chriſtlichen Kunft als
verlor er die Stelle unter der franzöfichen Herr: | der Drachentödter (mit Beziehung auf Dff. 12, 7)
fchaft wegen feiner Weigerung den neuen Bürger:
eid zuleiften. RahRapoleon’sSturz durch Pius VII.
Imit dem Schwert in der Hand. Sein Feſt
(29, Sept.) ordnete Bapft Felix IL. im Jahre 480
Michael 6
an. Die lutheriſche Kirche behielt daffelbe anfäng:
lich als der Engel überhaupt bei. In der
neueren Zeit ift es mit Beziehung auf die Engel
als Schugengel der Kinder (Matth. 15, 1—11) zum
Erziehungs: (Tugend:) Feſte geworben.
Michael Eaerularius. S. Caerularius.
Mihaelis, Johann Heinrich, geb. zu Hlettenber
in der Grafihaft Hohnſtein 26. Juli 1668. Zuer
für den Kaufmannsftand bejtimmt, wandte er ſich
zum Studium der Theologie und Philofophie und
legte fich befonders auf die morgenländifchen Spra⸗
den, warb 1699 a. o., 1709 ordentlicher Brofeflor,
1732 Senior ber Fakultät und Inſpektor des theol.
Seminars. + 1738. In Verbindung mit U. 9.
Franke richtete er das Collegium orientale theo-
ogicum ein, eine Pflanzjchule für gründlichere,
zwar nicht Fritifche, uber ſprachlich tüchtige Aus:
legung der Schrift, wie er denn überhaupt gegen:
über der myſtiſchen Theologie Speners die nüch—
terne, veritandesmäßige Richtung in Halle ver:
trat; auch veranftaltete er eine fritifche, wegen
ihrer —— ſehr ſchäzbare Handausgabe
des hebräiſchen A. T. 1720.
M., Chriſtian Benedikt, der Neffe des Vorigen.
Geb. zu Elrich in Hohnſtein 26. Jan. 1680, ſtudirte
in Halle, ward dort 1713 a. o. Profeſſor, 1714
Brof. der Philoſophie, 1731 der Theologie, 1758
der griechifchen und orientaliiden Spraden 11764.
War ein beliebter Lehrer und verdienter Ereget,
von deſſen jharffinniger Methode bejonders jein
Tractatus criticus de variis lect. N. T. dijudi-
candis, Halle 1749 Zeugniß giebt. Sein Sohn
M., Zohann David, geb. zu Halle 27. Febr,
1717, ftudirte zu Halle und wurde nad) Beendi:
gung einer wiflenjhaftlicden Reife dur England
und Holland 1745 an die neubegründete Univer:
fität Göttingen berufen, wo er bis an fein Xebens: |
ende geblieben ift. Er warb 1746 Brof. der Philo: |
fophie, 1750 der orientaliihen Spraden, Secretär |
und Mitdirector der Alademie der Wiflenichaften,
1761 Hofrath, 1775 Nitter des ſchwediſchen Nord:
ee (daher „Ritter” M.), 1785 Taiferlicher
ath, 1757 geheimer Juftizrath. + 1791. Ein aus:
gezeichneter Öelehrter und unermüdlicher Forſcher,
iſt er Durch die von ihm ausgegangenen Anregun:
gen und vieljeitigen Schriften von bleibender Be:
deutung für die Theologie geworden. Nach feiner
bogmatıschen Stellung bezeichnet er die Periode
bed lebergangs der Orthodoxie in den Rationalis:
mus. Sein vielleicht jet noch am meiften genann:
ted Merk ift das „Moſaiſche Recht“ Halle 1770. 2.
Aufl. 1778, 6Bde, Für die Gefchichte der biblifchen
Cinleitungswiſſenſchaft ift wichtig feine Einleitung
in's N. T. 1750. 4. Ausg. 1788, weniger die un:
vollendet gebliebene Einleitung ins A. T.,
Bd. Hamb. 1787. Seine zahlreichen exegetiſchen
Schriften über A.undR.T. find am werthvolliten |
durch Die Beiträge zur Saderflärung der h. Schrift. |
Bedeutendes leiftete er ferner für Exegeſe und Bi:
belkunde durch die jeit 177 Lvon ihm geleitete „orien:
taliſche und eregetiiche Bibliothek“, ſowie ald Re: |
bacteur der Göttinger gelehrten Anzeigen (1753— |
1770), Seine Selbitbiographie erſchien zu Rinteln
und Leipz. 1793. Vgl. die Gedächtnißſchriften von
Heyne und Eichhorn.
j
7
und zo. Sprache, fo aud in ber Mathe:
mati
1. Ru
4 Middleton
und den geheimen Riffenfchaften der Magie
auäzeichnete. Nach einem längern Aufenthalt am
Hofe Kaiſer Friedrich's II., des Hohenftaufen, be:
ab er fih nad England und ging 1290 ald Ge:
are nad) Norwegen; + bald darauf. Er nahm
Antheil an der auf Befehl Friedrich's IL. ver:
faßten latein. Ueberfegung der Werke des Ari:
ftotele8 — Aristot. opera latine, jussu imperato-
ris Frideriei II — melde 1496 zu Venedig er:
ſchien, ſchrieb de secretis naturae sive de procrea-
tione hominis etc. Paris 1508 (aud) in den Wer:
fen Albert's des Großen) und gilt als Berfafler
der Schrift mensa philosophica seu enchir. in
quo de quaest. mensalibus ete. agitur. Francof.
1602, 1608, weldye aber aud) dem Jrländer Theo:
bald Anquilbert zugejchrieben wird. Vgl. Biogra-
phie univers. 41, p. 363. Paris 1825.
Miehl, Anton, geb. zu Eberäberg in Baiern,
feit 1799 Profeſſor des Hirchenrecht3 zu Landshut.
+ 1813. Sein „Kirdenredht für Katholifen und
Proteſtanten“ mit Hinfiht auf den Code Napoleon
und die baierijchen Landesgejege, Münden 1809,
erlebte mehrere Auflagen ; es betrachtete die Kirche
als eine vom Staate abhängige Geſellſchaft.
Michmas (Mayuc Ioseph. Antig-6,6.1), etwa
3 Stunden nördlich von Jerufalem bei dem gleich»
namigen Engpaß gelegene, zum Stamme Benja:
min gehörige Stadt (l Sam. 13, 5. Jef. 10, 28),
das heutige Muchmas bei der Schlucht des Wady es:
Suweileh. Jhr gegenüber lagen die fegelförmigen
Felfen Bozey und Sene (l Sam. 14, 4). Durd
die Schlucht führte die Straße nah Jeruſalem,
weshalb dieſelbe ald militärifhe Poſition wichtig
war. Jonathan hatte hier eine Zeit lang jeine Re:
rin 1 Macc. 9, 73. Eufebius erwähnt M. in
einem Onomaftiton als jehr großes, 9 röm. Mei:
len von Jerufalem gelegenes Dorf.
Midioniter. Ein arabiiher Stamm, dftl. vom
arabijhen Meerbufen, von der finaitifschen Wüſte
bis zum Gebiet der Moabiter, der nach 1 Mof. 25,2
von Abraham dur die Ketura abftanımte, ſonſt
aber 3. B. 1 Mof. 37, 25 ff. den Jfmaelitern
ganz gleichgeftellt wird. Ein Theil der M. wohnte
im Oſten der Sinai⸗Halbinſel, dorthin floh Mojes
2 Mof. 2, 15; ein anderer in den moabitifchen
Ebenen 1 Moj. 36, 35. Sie wurden von den Edo:
mitern bejiegt 1Mof.36,35, waren dann mit den
Moabitern verbündet 4 Mof. 22, 4 und wurden
von den Iſraeliten begwungen 4 Mof. 31. Sie er:
holten ſich aber von der Niederlage und brachen in
Berbindung mit den Amalelitern mehrmals in Ca⸗
naan ein, bis Gideon fie ſchlug, vertrieb, Richt. 6,
83—E. 8. Pf. 83, 10. Jeſ. 9, 3 und für immer zur
be zwang. Schon zu Jakob's Zeit werden fie als
a aan Volk erwähnt 1Mof. 37, 28, wie
ie auch) fpäterhin hauptſächlich den Handel zwiſchen
u und Baläftina vermittelten Jeſ. 60, 6.
dDleton, Conyer, englijcher Theologe des 18.
Yahrh., der freieren Richtung angehörend. Geb.
1683 zu Richmond, ftudirte auf der Univerfität zu
Cambridge und wurde dort 1717 Profeſſor und
eriter Bibliothelar. Wie David Hume den Wun⸗
berbeweis angegriffen, jo machte er zuerft auf die
Schwierigkeit,zwijchen evangeliiden und firhlichen
Michael Scotus, Ein gelehrter Schriftfteller ded | Wundern zu unterjcheiden, aufmerffam und leug⸗
13. Jahrhunderts, geb. zu Durham in England, | nete ſchließlich das Vorhandenſein wunderthätiger
nad Andern in Balweary in Schottland, der fich | Kräfte in der hriftl. Kirche. Hierüber gerieth ex in
durch Kenntniffe wie in der hebräiſchen, arabiſchen Streit mit W. Warburton, dem Biſchof von Glou—⸗
—
Midraſch
ceſter, deſſen Ausgang unentſchieden blieb. Durch
feine Schrift gegen die von Rich. Bentley beabſich—
tigte Tritiiche Ausgabe des Neuen Teftaments ver:
675
Milicz
Ghedruckt bey Gellium Ctematium anno 1555,
der auch bei der Abfafjung des Heidelberger Kate:
chismus benußt worden ift; ferner fchrieb er eine
mochte er diejen von feinem Plane abzuftehn. Neben | Apologie der Fremdengemeinde gegen die Beſchul—
feinen philologifhen Schriften find die Abhand- digung ded Hochverraths, welche den Vorwand zu
Lungen über verſchiedene Gegenftände aus dem Ges | ihrer Vertreibung aus England gegeben hatte. Val.
biete der Theologie noch heute geſchätzt. + 1760. | Köcher, Katech. Geſchichte der reform. Kirchen.
Werke: Remarks upon the proposal rg
shed by R. Bentley. Lond. 1721. Antiq. Middle-
tonianae. Lond. 1754. Miscellaneous works. 4 Bde.
Zond. 1752—57.
Midraid (von unT. eindringen), Erforfhung,
bejonders bes Geſetzes, daher Midrafhim Com:
mentare und freie Auslegungen der Schrift, ſoweit
Diefelben nicht zum rezipirten Gefege, den Halachoth
gehören. Der Name mwird gewöhnlich nur den
älteren Schriften bis zum elften Jahrhundert ge:
eben, im engeren Sinne den freien Auslequngen
er Thorah und der Miſchna vom 2—5. Jahrhun⸗
dert. Aus dem Midraſch oder Stupium gingen
hervor bie Halachoth (Regeln) oder Schemata (Ge:
hörtes), die autorifirte unantaftbare Auslegung
des Geſetzes, und die allein als Midraſch be:
zeichneten Hagadoth (Gefagtes), die Privatmei:
nung der QAusleger, die angenommen und be:
ftritten werden fann. Der M. ſucht vorzugsweiſe
Durch allegorifche Auslegung den geheimen tieferen |
Sinn der Schrift zu erforfchen. dat. Jung, ottes⸗
dienſtliche Vorträge der Juden. Berlin 1832. —*
feld, der Geiſt der talmudiſchen Auslegung der
Bibel. 1. Theil (Halachiſche Eregeje) 1840; 2, Theil
(Hagadifche Eregefe) 1547.
Mies ſ. d. N. Jakob von Mies.
Miesrob ſ. d. A. Mesrob.
Mikrokosmus, d.h. die Heine Welt. So wurde
der Menid von den Naturphilofophen des Mittel: |
alters, namentlid Raimund von Sabunde, Picus |
von Mirandula, Paracelfus u. A. genannt, weil er
ein Abbild der großen Welt (des Malrolosmus) im
Kleinen ift. Der Ausdruck ging von der ſchon im
Alterthum, fpeziell in der älteften hriftlichen Gino: |
fiß 3. B. bei Baſilides u. U. herrſchenden Borftel: |
lung aus, daß die Welt ein befeelted Wejen ähn: |
lich dem menſchlichen jei.
Milron, Martin. Aus vornehmer Familie in
Gent um 1523 geboren, war anfänglid Arzt und,
wie es heißt, Verfaſſer mehrerer medizinijcher
Schriften. Bei den Berfolgungen der Protejtanten
durch die Spanier floh er zur Zeit der Thronbe:
fteigung Eduards VI. um 1550 nad England und
ftand bei der Zeitung und Drganifirung der De
dengemeinde zu London dem Johannes a Lasco
zur Seite. Er übertrug deſſen Kirchenordnung für
die nieberländilchen Flüchtlingsgemeinden, wie er
fpäter auch die liturgiihen Formulare nad) dem
Vorbild der Londoner holländifch bearbeitete,
Jena 1756. Bartels, Johannes a Lasco. Eiberfeld
1860.
Milet (Mönros, Melaffo), berühmte Handeld:
ftadt in Kleinafien, von den Einen zu Carien, von
den Andern zu Lydien geredhnet, mächtig durch ihre
vielen (60) Colonien und Töchterftädte, die Vater:
ftadt des Thales, Anarimander, Anarimenes, des
Romanfchreibers Ariftiides (daher fabulae Mile-
siae — meift fehlüpfrige Romane), Eik eines be:
rühmten Apollo :Drateld. Die Einwohner waren
dur Lurus und Ausfchweifung übel berüchtigt.
In der Bibel wird M. erwähnt Ap. 20, 25 und 2
Tim. 4,20. Paulus nahm bier auf feiner legten
Neife nach Jerufalem Abſchied von den Aelteſten
von Epheſus.
Mileve, Stadt in Numidien. Von den beiden
bier gehaltenen Synoden beftimmt die erite von
402 (die 7. afrifanifhe Synode) den ar. der
Bischöfe nah dem Datum der Weihe; ihre Akten
bei Manfi III. 183 und 1139. Harduin I. 907,
Wichtiger ift die zweite von 416, an welcher u. A.
auch Auguftinus theilnahm, melde nad dem Bor:
gange der Nordafrifaner zu Carthago 416, gegen
die Synode von Diospolis von 415 den Pelagianis:
mus verwarf und in einem Synodalichreiben an
Sinnocenz I (402—417) um feine Zujtimmung zu
diefem Urtheil bat. Das Synodalichreiben ijt er:
halten (Manfi IV, 334, Harduin I, 1221), nicht
die Synodalacten. Der Widerjprud) gegen Bela:
gius wird begründet aus der h. Schrift, namentlich
der 6. Bitte des Vater Unſer und der Kindertaufe.
Die in der pfeuboifidorifhen Sammlung (Manfi
IV. 326, Harduin 1. p. 127) aufgeführten 27 Ca:
nones dieſer Synode gehören anderen Concilien
an. Bol. Scheelitrate, antiq. eccl. Afric. diss. III.
Hefele, Conciliengeſchichte II, 100.
Milicz, Johannes, ein Vorläufer der Huffitifchen
Reformation, aus Kremfier in Mähren. Sein Ge:
burtsjahr ift unbelannt. Er ftudirte zu Prag Juris:
prubenz und Theologie, wurde Domherr und Ar:
Hidiacon um 1350 und erfcheint feit 1360 als Un—
terfanzler Carl's IV, den er auf feinen Reijen ın
Deutihland begleitete. 1563 legte er ſämmtliche
Mürden nieder, um in Armuth Chrifto zu dienen.
Nach einer Vorübung ald Kaplanin Biſchof-Teinitz,
einem kleinen Orte bei Prag, trat er in Prag ſelbſt
als Prediger auf, anfangs verlacht feines Diſlects
wegen, bald gefeiert und bewundert. Seine Buß:
predigten, die ſich gegen Lajter der Geiftlichen und
Mißbräuche der Kirche richteten, verlündigten eben
Bei der Vertreibung der Londoner Gemeinde (durch | fo wie eine befondere Abhandlung die Ankunft des
Maria die katholiſche) 1553 begleitete er diefelbe | Antichrift auf 1365— 67. Er ſchonte hierbei weder
nad Dänemark und Dftfriesland, und wurde Pa: Hoch noch Niedrig, und nannte fogar Carl IV. in
ftor zu Norden. In Disputationen und Schriften | feiner Gegenwart den wahren Antichriften. Auf
befämpfte er die Lehre Menno Simonis’ liber die | Betrieb feiner zahlreichen Feinde zeitweilig einge:
— en Sr und vertheidigte die Qaäco': | Terfert, ging er 1367 nad) Rom, um feine Lehre
{he Abendmahlölehre gegen Weitphal. In Norden | dem Papſte Urban V., der von Avignon zurüd er:
ab er außer einem 5* Katechismus (1592) wartet wurde, vorzulegen. alla os von der In⸗
einen Heinen Katehismus heraus: De cleyne | quifition verhaftet, wurde er von dem Bapfte, der
catechisınus of kinderleere der Duitschen Ghe- | 1363 in Rom anlam, freigelaffen und freundlich
meynte van London etc. weeke nu hier ende daer | behandelt und kehrte unbehelligt nad) Brag zurüd.
verstrogt is. Ghemaect door Martin Micron. | Seine Predigten blieben nit minder ernft, doch
Militärkirchenordnung
trat bie Verkündi
In Folge feiner
feiner Unfittlichleit berüchtigte Viertel „Benedig”
in Prag; Karl IV. ſchenkie es ihm und er erbaute
mit Beihülfe von Prager Bürgern an ber Stelle
ein Haus für Büßerinnen (Magdalenum), welches
er Serufalem nannte. Seit 1369 Hauptpfarrer in
Teyn, wurde er von den Bettelmönden am päpft:
lihen Hofe wegen feiner Lehre vom Antichriſt
und übertriebener fittliher Anforderungen ver:
klagt; gegen eine ihm ungünftige Bulle des Papftes
Gregor XI. vom 1374 appellitte er an die Curie
und begab fich felbft nad) Avignon, wo er, freund:
lich A ee vor Beendigung ded Prozefied
arb 29. Juni 1374. Eine Zeit lang hatte er aud)
in Gnefen und Umgegend geprebigt und ähnliche
Wirkungen hervorgebracht wie in
676
gung des Antichriſts mehr zurüd, | dem
irffamfeit veröbete das wegen | ftü
|
öhmen. Sein | fannteften gemadt hat, feine Kirchengeſchichte. Er
Militiades
frühen Tode des Vaters mit Hülfe ber Unter:
tung von Freunden, die ihm eine Freiſtelle an
ber Univerfität Cambridge verſchafften, bier Bhilo-
logie und Theologie, nahm dann eine Hülfälehrer:
ftelle an und wurde bald Rector der lateiniſchen
Schule und Vesperprediger zu Hull 1767, kurz vor
feinem Tode 1797, auch Oberpfarrer dafelbft. Um
1770 wandte er ſich dem Methodismus zu, jedoch nur
feinen Grundfägen, nicht der Gemeinſchaft, blieb
vielmehr ein treuer Anhänger der Staaiskirche, jo
daß er zu den wichtigften Begründern der evanae:
lichen Partei in der englijchen Kirche —* n
diefem Sinne fchrieb er einige Heine Schriften, dar:
unter Abhandlungen über die Bedeutung des Me:
thodiämus,2 Bde. 1789 und ebenfo das Hauptmwerl,
welches feinen und feines Bruders Namen am be:
berühmtefter Schüler war Matthias v. Janomw(f.d. | beabfichtigte in derfelben von rein praftijch religiö-
N.) Außer dem Libellus de antichristo, ſowie 2 | jen
Predigtſammlungen fchrieb er böhmifch über das
Kreuz und die Beunruhigungen der Kirche. Seine
Predigten hielt er in den legten Jahren deutſch
und ließ fie böhmifch in anderen Kirchen verlefen.
Seine Lebensbeſchreibung in Balbini Miscell. I.
Lib. IV. 34. Vgl. Jordan, die Vorläufer des Huf:
ttenthums in Böhmen 1846. Palady, Gefhichte
öhmens 1845. Ezerwenta,; Geſch. der evangel.
Kirche in Böhmen. I. Bielef. 1869.
Militärfirgenordnung. Die preußifhe von
1832 ordnet das Kirchenwefen für das preußifche
Heer. An der Spike fteht der Feldprobft, unter
ihm je ein Militäroberprediger für jedes Armee:
corps, der beim Confiftorium die Militärfirche
vertritt und als Superintendent für die Garnifonen
und Divifionsprediger feines Corps fungirt. Die
Militärgeiftlihen find in gemwiffer Beziehung den
Corps:undiFeftungscommandanten untergeordnet;
fie haben die Aufjicht über die Garnifon: und Di:
vifionsfchulen, an denen fie zum Theil zu unter:
richten haben. Zur Militärgemeindegehören fämmt:
liche active und penfionirte Militärperfonen mit
ihren Familien, dieje gi aber beim Tode jener
ber Givilficchengemeinde anheim. Die Militärge:
meinde hat ihr eigenes Geſangbuch. Die Agende
ftimmt mit der Landesagende überein,
Mill, John, Dr. theol. in Oxford. + 1707. Er:
warb fich großes Berdienft um die Theologie durch
feine fritiiche Ausgabe des Neuen Tejtaments im
Urtert mit den abweichenden Lesarten, Noten
und Einleitungen. (N. T. graece cum lectionibus
variantibus mss. exemplarium, versionum, edi-
tionum ss, patrum et scriptorum eccl, et in eas-
dem notis. Acced. loca script. parall. aliaque
exegetica, Praemittitur diss. in qua de librisN.
T. et canonis constitutione agitur et historia
texrtus ad nostra usque tempora dedueitur. Or:
ford 1707. Er theilte 3000 Varianten mit und
gab zuerft an, wo jede Lesart ſich finde, und wie
die Handichriften und jonftigen Duellen nach Alter
und Werth beichaffen feien. Damit erft begann bie
Tertkritif eine fihere Grundlage zu befommen.
No, Kaſtell in Jerufalem, am Nordweſt⸗Ende
Zions, welches David dur eine Ringmauer
mit der Oberftabt vereinigte und Salomo aus:
baute 2. Sam. 5,9;1. Kön. 9,15, Aud in Sichem
wird Richt. 9, 6. 20 ein Kaftell Millo erwähnt.
Milner, Joſeph, aeb. 2. Januar 1744 zu‘
4
eſichtspunkten aus durd Schilderung bedeu⸗
tender frommer Berjönlichkeiten eine Gejchichte
des hriftlichen Lebens zu geben, während der =
wöhnliche —S Stoff, die äußere Ge:
ſchichte, die Geſchichte der Berfaflung, der Riten,
ber Dogmenentwidlung, der religiöfen Streitigfei-
ten für ihn nur nebenfähliche Bedeutung hatte. Den
Stoff theilte er nach Jahrhunderten, deren jebem
er (vorn 4. beginnend) eine allgemeine Charafte:
rifti voraufſchickt. Das Wert The history of the
church of Christ 1794 fonnte er nur bis zum 3.
Bande (4—13. Jahrhundert, die Geſch. der Wal:
denfer bis zur Reformation) vollenden, die Fort:
fepung gab zum Theil nach feinen Vorarbeiten jein
Bruder
Milner, Iſaac, geb. 11. Jan. 1750. Hatte eben:
falls Hafjishe Studien auf der Schule feiner Ba:
terftabt gemacht, mußte fie aber mit dem Tode des
Baterd unterbreden und warb als Lehrling in
‚einer Wollipinnerei untergebradt; 1767 trat er
‚ bei feinem Bruder in Hull als Hülfälehrer ein und
| bereitete ſich dort für die Univerfität vor; ftudirte
‚dann feit 1770 Mathematif in Cambridge; 1774
Baccalaur, dann Yellow, erlangte er 17883 die
Würde und das Amt des Bräfidenten des Queens
College, ward 1793 Brofeflor der Raturmiffen:
fchaften, 1798 der Mathematik. Fortwährend aud
mit dem Studium der Theologie beſchäftigt, wie
er denn aud) Dr. Theol. war, wurde er jeit 1791
Domdedhant von Carlisle und predigte als ſolcher
öfter in der Kathedrale; lebhaft vertheidigte er die
Bibelgefellichaften gegen die Angriffe des Dr
Marsh. Die religiöfe Richtung jeines Bruders
theilte er; nach deijen Tode gab er den 4. und 5.
Band Glas faſt ganz felbjtändige Arbeit) der
Kirchengeſchichte bis zum rd rn Augsburg
heraus 1803 und 1809, an der Bollendung bes
| Werkes hinberte ihn fein 1820 erfolgter Tod, 2.
Aufl. des Ganzen 1816. 3. Aufl. 1847. Deutfche
Ueberſetzung von Mortimer 1803 ff.2. Aufl. 1849.
Vgl. Joſ. M's. Leben von feinem Bruder, im er:
ften Band feiner Predigtfammlung. 1800. Life of
Ios. M. byM.Milner. 1842,
Miltiades, Ein in der alten Kirche berühmter
Vertheidiger des Chriſtenthums gegen Montaniften,
Heiden und Juden. Eufebius und Hieronymus er-
wähnen feine Schriften, die aber verloren find.
Er fol unter M. Aurel (161—180) und defien
Leeds. Nahdem er an der lateinifchen Schule da:
jelbft feine Vorbildung erhalten, ftubirte er nach
Sohn und Nachfolger Commodus (180—192) ge:
lebt haben. Val. Euseb. Hist. eocl. V, 17.
Miltiades, Papſt, S. Melchiades.
Miltig 677
Miltis, Carl von. Der Sohn eines ſächſiſchen
Edelmanns, der in Rom päpftliher Kämmerer und
Notar geworden war, und defien Namen dadurch
bewahrt ift, daß er als päpftlicher Nuntius 1518
nad Deutſchland gefendet wurde, den Iutherifchen
Handel beizulegen. Er erlangte zu Altenburg 1519
den demüthigen Brief Luthers an den Papft, fo:
wie er denjelben auch zur Abfaffung einer Schrift
rang auf etl. Artikel, Febr. 1519), worin er
eine Berehrung der röm. Kirche ausſprach, und zu
der Erklärung bemog, fid) aud) des weiteren öffent:
lichen Vorgehens zuenthalten, wenn aud) dieGegner |
ſchwiegen. Den Ablaßhändler Tetzel tadelte er in
Leipzig ſo heftig, daß diefer aus Aerger erkrankte und
ſtarb. M.s vermittelnde Abſicht ſchlug durch Eck's
Auftreten fehl, Luther konnte ſich durch fein Verſpre⸗
chen, zu ſchweigen, nicht mehr gebunden erachten,
bie Geſpräche zu Liebenwerda 1519 und Lichten:
berg 1520 hatten feinen Erfolg mehr, da Luther
egen die „welfche Lift” mifitrautfch gemorden war. |
ennoch hatte M. ihn noch einmal bewogen, in
der aud) dem Bapft überfandten Schrift „Sermon |
von der freiheit eines Chriftenmenfchen” die Hand |
zum Frieden zu bieten. Die Antwort war die Ver:
öffentlihung der päpftl. Bannbulle durch Ed. M.
tehrte 1522 von Rom nad) Deutfchland zurüd, mo
Tr zu Mainz, Trier und Meihen beſaß.
Milton, John, der engliſche Dichter. Geb. zu
London am 9. Dec. 1608 als der Sohn eines No:
tars, zeichnete er fih ſchon ald Student zu Cam:
bridge (1625—32) durch Charakterftärke, unab: |
den Einn und eine ideale Richtung bes Gei—
tes aus. Unvermögend, den Religionseid zu leiften
und fi dem herrſchenden Episcopalfyfteme zu fü:
gen, wandte er ſich von dem Dienfte, der Kirche, zu
bem er bejtimmt war, ab und Zehrte auf das Land: |
gut feines Vaters zu Bukinghamſhire zurück Kaum
durch eine Anzahl Gedichte (Hymn on the na- |
tivity, Arcades, Comus, Lycidas) etwas befannt
hehe ging er, 30 Jahre alt, auf Reifen nad
rankreich, der Schweiz und Jtalien, und wurde |
überall ehrenvoll aufgenommen. Nach feiner |
Rücklehr widmete er fih ganz dem Kampie
für religiöfe und kirchliche Freiheit; er jchrieb ge:
gen das Epiäfopaliuftem 1641, über Ehe und
Eheſcheidung 1643, über Erziehung 1644, Pre:
freiheit 1644, über das Hecht der Hinrichtung
Karls I. 1649, und mehrere andere Schriften in,
republicanifhem Sinne. Seit 1652 war der Dichter
unheilbar erblindet. Bald wandte er fich wieder |
der poetijhen Thätigkeit zu und vollendete nun
1665 fein berühmtes Gedicht: Paradise lost (ver: |
lorenes Paradies), darauf 1671 das Paradise re- |
gained (daS wiedergefundene Paradies), welches
Übrigend dem erftern an Reichthum poetifcher
Schönheit nachſteht. Eine tiefe Religiöfität fpiegelt
fi in diefen Meifterwerten wieder, fo fehr M.
auch mit der Orthoborie zerfallen war, wie das die |
nad) feinem Tode entdedte, vielfach für unecht ge: |
haltene Schrift »de doctrina christiana« bemeift.
Er ftarb 8. Nov. 1674. Seine Werke find gefam: |
melt von Fletcher Lond. 1834—38; von John |
Milford (mit Biographie) Lond. 1851. Eine deut: |
ſche ag poetischen Werke gabA. Bött:
er Leipz. 1846. Biographien ſchrieben Dayley 1796, |
Jvimey, Lond. 1833 und Maflon I. Bd. Lond.
1865. Das verlorene Paradies, deutſch bearbeis |
tet von Bobmer 1732, Kottentamp 1842. De:
Minimen
doctrina christ. ed. Sumner. Lond. 1826, Braun⸗
ſchweig 1827. Liebert, Milton 1860.
Minder Leugner, Ketzer) bei den Kirchenvätern
als jüdifhe, von den Pharifäern verfolgte Secte
erwähnt. E3 find darunter Judendriften zu vers
ftehen, diejelben, welche fonft Nazaräer heißen.
Dal. Keim, Jeſu von Nazarah S. 608.
Minden. Die kirchliche Ueberlieferung läßt das
Bisthum M. durch Karl den Gr. bereits 780 ge:
Bir fein und nennt als erjten Bischof Herimbert.
zahrſcheinlich wurde es jedod) erft 803 gegründet
und Köln ald Suffranganbisthum zugemielen. Im
Geifteder Reformation wirkte in M. um 1526 Albert
Nys; eingeführt wurde diefelbe 1529 und mit der
Annahme der, der Bugenhagen’schen Braunſchwei⸗
ger Kirchenagendenadgebildeten, Kirhenordnung
1530 vollendet. Dad Domcapitel mußte aus der
Stadt flüchten und die Geiftlichleit verlorihre Ein»
fünfte, Auf ihre Klage erhielten fie Reititution
(Wiedereinjegung) zugeiagt, die aber ebenfo wenig
durchgeführt wurde, als die 1538 über die Stadt
verhängte Reichsacht. Dem fhmalkaldifchen Bunde
beigetreten ergab fie fi) erft 1547. Die Religions»
ftreitigleiten dauerten fort, doch blieben die Evans
gelifchen fortwährend in der Ueberhand; ein wäh:
rend des 3Ojährigen Krieges nad) der Eroberung
M's. durch Tily 1626 gemadhter Verſuch einer Ge:
genreformation blieb erfolglos. Im mweitphälifchen
Frieden fiel es ald weltliches Fürſtenthum an Kur:
brandenburg (Preußen). Das Capitel blieb im
Befige des Domes und einiger Kanonikate, beftand
aber zu einem Drittel aus Evangelifhen. Val.
Rettberg, K. G. II. Jakobſon, Geſch. der Quellen
des evangel. Kirhenrehts von Rheinland und
Weftphalen. 4
Minimen (Minimi fratres), d. h. die ——
ſten, iſt der Name des von Franciskus von Paula
(f. d. Art.) 1436 urfprünglih unter dem Namen
„Eremiten des h. Franz” gejtifteten Ordens, ber
1474 die päpftliche Beftätigung und von Alerander
VI. 1502 feinen jeigen Namen erhielt. In
Frankreich pen die Mönche les bons hommes
(gute Leute), weil man ihren Stifter allgemein
‚nur den „guten Mann“ nannte, in Spanien
Väter des Siegs, weil ihrem Gebete die Erobe:
‚rung von Malaga durd Ferdinand den Katho—
liihen 1487 zugejchrieben wurde, in Deutſchland
meiftens Bauliner (Baulaner). Die urfprüngliche
Negel wurde mehrfach geändert, zulegt 1506 in
ihrer noch jegt gültigen Form von Julius IT. beftäs
tigt. Diefelbe ıft dreifach, für die Religiofen, bie
Nonnen und die Tertiarier bed Ordens. Der Bor:
fteher jedes Haufes heit Corrector (die der Non-
nenHlöfter correctrix) Befferer, der des Ordens
Generalis correetor. Die Kleidung befteht aus
ſchwarzem, ungefärbtem Mollenitoff. Das Gebot
des Faltens ift zum Verbot aller thierifchen Nahrung
(vita quadragesimalis) erweitert und Enunee
Stillſchweigen den Ordensgliedern auferlegt. Der
Drden zählte im * des vorigen Jahrhunderts
etwa 450 Häufer, iſt aber jet bis auf wenige zu:
fammengejhmolzen. Roc weniger zahlreich find
die Nonnentlöfter des Ordens. Die Minimen Ter:
tiarier find weltliche Berfonen, welche nicht zum
gemeinfchaftlichen Leben verpflichtet find, denen
aber auch das ftrenge Faften zur-Pfliht gemacht
ift. Sie haben gleihfalls Eorrectoren und Correc»
tricen und ftehen unter dem General. Ihr Ordens»
zeichen ift ein Strid mit 2 Knoten ald Gürtel.
Miniftranten
Minifiranten foviel wie Meßdiener; f. d. U.
Minoriften find jüngere Kleriler, welche erft die
vier niederen Weihen empfangen haben.
Rinoriten ſ. d. Art. Franciscaner.
Minutins, Felix Marcus, ein altlateinifcher
Npologet. Bon feinem Leben ift nur befannt, daß
er ein Sachmalter zuRom war und dies Amt aud)
nachdem er Chrift geworben, beibehielt. Bon ihm
ift unter dem Titel Octavius eine Schutzſchrift für
das Chriftenthum erhalten. Sie enthält ein Ge:
ſpräch zwifchen zwei Freunden des M. iiber das
EhriftenthHum, wovon der eine, ein Heide Caecilius
Natalis, zunächſt die Möglichkeit einer fihern reli—
giöjen Erfenntniß überhaupt bezweifelt, dann das
Heidenthum als die väterlihe Religion und pie
bisherigen Segnungen jchildert, endlich die Bor:
mwürfe gegen das Chriftenthum vorbringt, welche
damals im Schwange waren. Der zweite, hriftliche
ee Januarius,mwiderlegt die für das
eidenthum geltend gemachten Gründe, und zeigt,
daß die Einwände gegen das Chriftenthum nichtig
feien. Eaecilius erklärt fi zum Schlufie für über:
wunden. Die Stärke des Buchs iſt die Wibderle:
gung des heidniſchen Irrthums, weniger gelungen
tft Die Darlegung der hriftlihen Wahrheit, es
belehrt aber volljtändig über die heidnifchen Ein:
und Vorwürfe gegen das Chriſtenthum und die
Art und Weije altchriftlicher Apologetit. Zwifchen
dem Octavius und dem Apologeticus des Tertul:
lian finden mehrfache Berührungen, felbit in Wor:
ten und Wendungen ftatt, und Cyprian's Schrift
de idolorum vanitate ift in den erften Gapiteln
faft wörtlich aus Minutius entlehnt. Daraus, wie f
aus dem Umftande, daß Tertullian vermöge feiner
ganzen ſchriftſtelleriſchen Eigentbümtichkeit fchwer:
lid) einen anderen Schriftſteller in dieſer Weife be:
nutzt bat, dürfte fi) der Schluß redhtfertigen, daß
M. den Tertullian benutt habe und älter als Cy—
prian fei. Man fegt ihn daher allgemein in das
erite Drittel des 3. Jahrhunderts. Die Schrift ift
nur noch in einer einzigen Handſchrift erhalten,
welche früher unbeachtet in der vaticanifhen Bi:
bliothef liegend, von Leo X. an Franz I. von Frank—
reich geſchenkt wurde. Zuerſt gab fie heraus 1543
Fauſtus Sabaeus, irrig als 8. Buch des Arnobius
adv. haereses, weil es mit den 7 Büchern defjelben
zuſammen in der Handjchrift ftand. Den Jrrthum
entdedte Franz Balduin in Heidelberg 1560. Vgl.
3. G. Lindner's 2. Ausgabe des M., Langenfalza
1773, Borrede. Neue Ausg. von Rußwurm 1824;
Dehler in der bibl. Patr. eccl. lat. selecta curante.
Gersdorf. Leipz. 1847. Neufte und befte Ausgabe
von Carl Halm, Wien 1867.
Miräus, Albert (Aubert le Mire), geb. zu Brüf:
fel 1573, Canonicus zu Antwerpen, 1548 Hofpre:
diger und Bibliothefar beim Erzherzog Albert von
Oeſtreich, 1624 Domdedant zu Antwerpen +1640.
Schrieb viele lirhengeidichtliche Werte: Bibliothe-
ca ecclesiastica Antwerp. 1639— 1644, ed. Fabri-
eius Hamburg 1718; de statu religionis Christ.
1613; Geographia ecclesiast., Chronicon Cister-
ciense 1614; Örigines Coenobiorum Benedict.,
Carthusianorum etc, und viele andere, Alle
Werte gefammelt erfchienen Brüffel 1733.
Miramionen wurde der Name der Genovefia:
nerinnen (f. d. Art.), ald diefelben ſich 1663 mit
der 1630 gegründeten Möfterlihen Stiftung ber
Marie Bonneau de Rubelle Beauharnois de Mi-
ramion + 1694, vereinigte, wobei die Miramion
678
Mischna
Superiorin wurde. Der Drben beſteht noch heute,
namentlich in Frankreich, und ift in Folge jeiner
der riftlichen Nächftenliebe gewibmeten Wirkſam ⸗
feit jehr geachtet.
Mirandula, Johannes Picus, Graf von, geb.
1463, bezog frühreif im 14. Jahre die Univerfität
Bologna, um zunächſt kanoniſches Recht zu ftudi«
ren (1477—79). Bon Philoſophie und Theologie
mehr angezogen, beſuchte er die Univerfitäten Jtas
liens und Frankreichs und warf ſich mit Eifer auf
den kabbaliſtiſch ⸗ myſtiſchen Reuplatonismus, den
Marfilius Ficinus zu Florenz lehrte. Er erlernte
deshalb noch das Hebräiſche und Chaldäifche,
da er in der Kabbala die Norm und Hegel alles
Mifjens zu finden hoffte. Der ihn leitende Ge:
dante war, die, wenn auch nad verſchiedenen
Seiten und in verschiedenen Worten ausgeiprochene
Einheit alles Wiſſens und aller Wahrheit in ben
verjchiedenen Spitemen der Philofophen, und ihre
Uebereinftimmung mit der Bibel nachzuweiſen. In
Rom lud er 1486 alle Gelehrte zu einer Disputa-
tion über 900 Thefen ein, die er aus allen Theilen
der Vhilofophie, Theologie und Mathematik auf:
geftellt hatte. Bon diefen Sätzen wurden aber 13
als fegerifch angegriffen, die Disputation wurde
in Folge defien ausgefegt und M. reifte nach Frank⸗
reich, nachdem er dem Papſt Innocenz V eine
Ver heidigungsſchrift eingereicht hatte, Wegen bie:
fer von neuem nad) Rom vorgeladen, erhielt er auf
der Reife dorthin die Anmweifung, einftweilen in Flo:
renz zu bleiben; von Lorenz von Medici an den Hof
gezogen, gehörte er dort r der jogenannten platoni-
chen Academie. Bald aber wandte er ſich, verzwei⸗
felnd an der Möglichkeit einer vollen Grienntniß,
einer aöfetifchen Religiöfität zu, verzichtete auf fein
Erbgut, ſchenkte feine Habe den Armen und beſchloß
in ein Kloſter zu treten, jobald feine angefangenen
Arbeiten vollendet fein würden, ſtarb aber bereits
1494. Seine Lebensbefchreibung gab fein Neffe
Giovanni Francesco Mirandula (FT 1533), deffen
Werte mit denen des Dheims —— erſchienen,
Pici utriusque opera, Basileae 1573, 1601 und
öfter. Dem ältern Picus gehören Heptaplus, eine
Erklärung der moſaiſchen Schöpfungsgeſchichte;
de Ente et Uno, der Berfud einer Vereinigung
Ariitotelifher und Platoniſcher —— eine
Reviſion der Pſalmenüberſetzung der LXX; 12 Bü-
cher gegen die Aſtrologen und mehrere asletiſche
Schriften.
Mischna, (von MIy, wiederholen, durch Wie»
derholung überliefern, lehren), ift die Durch münd⸗
liche Ueberlieferung fortgepflanzte Erläuterung und
Auslegung des Gejeges. Sie enthält die allgemein
in gleicher Geltung mit dem moſaiſchen Gejege an-
genommenenSagungen,die ‚Auffäße der Nelteiten“
(Neues Teft.). Ihr Inbatt wird zurüdgeführt auf
Moſes und feine mündlidye Belehrung, alſo mittel«
bar auf göttliche Offenbarung, entweder geradezu
oder fo, daß nad) 13 von Mojes gegebenen Regeln
die Beftimmungen aus den Andeutungen des Ge-
fees gefolgert werden mußten; dod war damit
die Anerfennung nicht ausgeſchloſſen, daß Manches
auf dem Wege * Unterſuchung gefunden und
feſtgeſtellt worden ſei, was aber weder als ein
Hinzuthun zum Geſetz, noch als Wegnehmen von
demſelben betrachtet wurde. Nachdem man bereits
früher mehrmals dieſe Erläuterungen geſammelt,
wurde die M. um 200 nad) Ehriftuß von Rabbi
Miserere
Jehuda dem Heiligen (auch Rabbi ſchlechthin ge»
nannt) in ihre endgültige — ebracht und
galt ſeitdem als abgeſchloſſen. Sie enthält in 6 Ord⸗
nungen und 63 Tractaten Vorſchriften 1) über die
Saaten, ben Landbau und die davon an bie Prie-
fter zu entrichtenden Abgaben, 2) über den Sabbat,
Felt: und Fafttage, 3) über Frauen, Ehe und Ge:
Lübbe, 4) über die Eigenthumsrechte, bürgerliches:
und Strafredt, 5) über die Weihungen, Prieiter,
Opfer ıc., 6) über Rein und Unrein. Aehnlich wie
aus dem Studium des Gefeges die Mijchna, ging
dann aus der fortwährenden Bearbeitung der Mi»
ſchna in den Rabbinenfhulen die Gemara (Er-
Härung und Begründung der in der Mifchna ent»
baltenen Borfchriften) hervor. Beide zufammen
bilden den Talmud (f. d. en Die Miſchna ift in
—— Ueberſetzung herausgegeben von Suren-
hus: Mischna sive totius Hebraeorum juris,
rituum, antiquitatum ac legum oralium systema
cum clarissimorum Rabbinorum Maimonidis et
Bartenorae commentariis integris, quibus acce-
dunt variorum auctorum notae ac versiones in
eos, quos ediderunt, codices latine etc. Amster-
dam 1698—1703. 6 Bb. fol. — in beutfder:
Miſchnah oder der Tert des Talmubd, das ift: Samm⸗
lung der Auffäge der ältejten und mündlichen Ue—
berlieferungen ober Traditionen ald der Grund
des heutigen phariſäiſchen Judenthums ꝛc. über:
ſetzt, umſchrieben und mit Anmerkungen erläutert
von J. J. Rabe, Onolzbach 1760—62. 6 Thl. in 3
Vden. gr. 40.
Miserere (erbarıne dich), ein Kirchengeſang
im katholiſchen Gottesdienft, deſſen Tert der öl.
oder 57. Pſalm bildet, vorzüglih in den *
ſions⸗, und Beichenfeierlihleiten geſun⸗
gen. Neben ſeiner ſtehenden gregorianiſchen Welo:
die iſt er häufig als eigenes Muſilſtück componirt
worden. Die berühmteſte Compoſition iſt die von
Gregorio Allegri F 1610, welche ſeit ihrer Ent:
ftehung alljährlich in Rom von den Sängern der
päpftlihen Kapelle in der Charwoche gefungen
wird. (Abgedrudt bei Rochlitz, Sammlung vor»
ügliger Gejangjtüde I.)
isericordias domini, die kirchliche Bezeich«
nung des zweiten Sonntags nad) Oſtern, nad) den
Anfangsmorten des Antiphons im Yntroitus der
Meile. 89, 1. in der Bulgataüberjegung.)
Missale = Meßbuch.
Nisßbrauch der Amtögewalt im engern Sinne,
ift der Verſuch, durch bie Autorität des geiftlichen
Amtes die Autorität der ftaatlihen Gejege und
Einrichtungen bei den Uintergebenen zu vermin:
bern oder zu vernichten. Da die monardijch:cor:
porative —— Kirche und ihr Anſpruch,
auch die irdiſchen Dinge zu leiten, die Verſuchung
für die Würdenträger immer nahe legt, ſo hat der
Staat ſich durch den appel comme d'abus (Ap⸗
pell wegen Mißbrauchs) dagegen ein Schutzmittel zu
ſchaffen geſucht. Völlig ausgebildet iſt jedoch dies
Recht des Staats nur in Frankreich. Anderwärts
lann nur das gewöhnliche bürgerliche Strafge:
feg — mit unzureichendem Erfolg — auf ſolche
Faͤlle angewendet werden. (Preußen, der Erz:
biſchof Drojte: Bifchering). Sofern die Autorität
bed geiitlihen Amtes mißbräuchlich benugt wird
jur Derleitung zu Vergehen und Verbrechen oder
ur Bedrüdung des Einzelnen, tritt überall neben
ber kirchlichen Khndunz bie bürgerliche Strafe ein.
Ebenfo, wenn die Amtögewalt mißbraucht wird
679
Miſſion
durch Vornahme amtlicher Handlungen mit bür⸗
gerlichen Folgen (Eheſchließung) ohne Beobachtung
der civilrechtlichen ———— In rein fir
licher Sphäre bleibt der M. d. A., wenn bie durch
bie Weihe —— Facultäten z. B. ber Abſolu⸗
tion, der Taufe, der Weihe, in Fällen, in denen ſie
bie Kirche nicht geſtattet, benugtwerden. Ein ſol⸗
ches Bergehen macht den Cleriker irregulär (un«
fähig zur ferneren Verwaltung bed Amtes). Der
M.d U. bildet demnach eine befondere Klaffe ber
Amtävergehen oder Exceſſe.
Mißheirath (nuptiae indecorae, disparagium
im Mittelalter), ift eine Ehe zwiſchen Perjonen
ungleichen Standes, bei welcher die Ablömmlinge
nicht die vollen Rechte ebenbürtiger Kinder des
Baterd erlangen oder bei welcher der vornehmere
Theil feiner Standesvorrechte er. gebt. Der
Begriff ift ein rein bürgerlider, die Standesun:
leichheit mit ihren bürgerlic:rechtlichen 7*
keinen Einfluß auf die kirchliche, religiöſe und
ittliche Bedeutung der Ehe. Eine beſondere Art der
M. iſt die morganatifche Ehe oder die Ehe zur lin⸗
ten Hand (f. d. er
Missi dominiei (m. re ales), Sendgrafen,
Sendboten, waren im fränfifchen Reiche unter ben
Karolingern hohe Beamte, welche als unmittel
bare Organe der föniglihen Gewalt zur Aufficht
über die Verwaltung der Grafen und Biſchöfe in
die einzelnen Gaueund Diftrikte, missatica, geſen⸗
bet wurden. In ber Regel wurbe jeder Senbboten:
bezirk jährlich von einem geiftlichen und einem welt:
lihen Sendboten befucht. Ihre Hauptaufgabe war
die Rechtiprehung als höhere oder Beſchwerde—⸗
Inſtanz vom Gericht der Grafen, dann bie Dur»
führung des Heerbanned, die Aufficht über die
Staatögüter, überhaupt über Alles, was zur Auf:
rechthaltung der Ordnung im Weltlihenund Kirch⸗
lichen gehörte. Die Capitularien enthalten viels
fache —— über die Befugniſſe und Pflich⸗
ten der Missi. Das Inſtitut ging unter mit der
Karolingiſchen Zeit und der Ausdehnung der her⸗
zoglichen Gewalt.
iſſion, innere. Die Frage über das Weſen
und die Bedeutung ber J. M. ift, jo vielfache Be:
handlung der Gegenftand aud erfahren, noch keis
neswegs zu fo alljeitigem Abſchluſſe gediehen, daß
ein endgültiges Urtheil darüber möglich wäre. Erſt
eine fpätere Zeit wird dazu berechtigt und im
Stande jein,
Der Name ift (nicht wie vielfach behauptet wor:
den, englijchen, — rein deutſchen Urſprungs
und) zuerſt von Prof. Dr. Lücke in Göttingen und
faſt gleichzeitig von — Hein rar aufgebradt
und hat jeit dem Wittenberger Kirchentage 1848und
der Stiftung des Gentral:Ausjchuffes Fr innere
Mifjion eine allgemeine Anwendung gefunden.
Man begreift darunter im Allgemeinen die Ge:
fammtheit von Anftalten und Vereinen und ihre
Tätigkeit zur Abhülfegeiftiger und leiblicher Noth
innerhalb der evangeliihen Kirche, die mit jenem
rien in nähere oder entferntere Ber:
bindung getreten jind und ihren Bereinigungspuntt
* in dem feit 1849 an den Kirchentag ſich an:
chließenden Eongrefie für i. M. Die große, fait
unüberjehbare Menge der feit 1848 entitandenen
hieher ——— Vereine und Anſtalten, ſowie der
| älteren, länger beſtehenden, die zum Theil in neuer
| Drganifation fi angeſchloſſen haben, läßt ſich in
folgende fünf Gruppen theilen: 1. Anftalten
Miffion
für Kranken- und ———— ——
gangspunkt ift die Diakoniffen-Anftalt zu Kaiſers—
werth, die Stiftung des Dr. theol. Fliedner.
2. Anftalten zur Rettung vermwahrlofter
Kinder verbunden mit Stabtmiffion, Gefangenen:
pflege u. dgl. Ausgangspunft ift dad Rauhe Haus
zu Horn bei eng 3 erie 1833) und bie
Wirlfamteit feines nders, des Dr. theol.
Wichern. Hierher gehören aud) die auf Anregung
von Pfarrer Bräm zu Neukirchen, — im
preußiſchen Rheinland entſtandenen Erziehungs—
vereine. Vgl. Schenkels 9— kirchl. Zeitſchr. 1860,
Heft 8. 3. Vereine für Armen: und Kran—
tenpflege, deren Vorbild der von Amalie Sie:
veling 1832in Hamburg geftiftete Weibliche Verein
für Krantenpflege geworden ift. 3. Bereine zu
gegenjeitiger chriſtlich ſittlicher För—
derung und geiſtlicher Handreichung
3. B. Jünglings-Vereine, Enthaltſamkeitsvereine,
Vereine für Sonntagsheiligung u. ſ. w. 5. Die
Schriftenvereine mit und ohne Colportage.
Vorbild waren die Bibel: und Traktatgeſellſchaf—
ten. Gemeinjam iſt allen, daß fie die nöthigen
Mittel durch freiwillige Gaben, meift durch Collec—
ten gefammelt, erhalten, wozu bei den größeren
Anftalten der Ertrag eigener induftrieller Unter:
nehmungen, namentlih buchhändleriſcher, hinzu:
fommt. Neben der Erfüllung ihrer Hauptaufgabe
follen die beiden erften Gruppen zugleich aus den
Laien: Kräjten in der Gemeinde Arbeiter für
die Zmwede der 3. M. heranbilden, Seminare
für Diefelbe fein. Zu einer, anfangs wenigitens
gewünſchten und erftrebten organifchen Verbin—
dung dieſer Vereine unter einander ift es nicht
gelommen, und wie der Gentral:Ausihuß find
auch die hie und da beftehenden Provinzialvereine
nicht ſowohl Gentral:Drgane geworden, als viel:
mehr die Ausgangspunfte für jelbftändige Unter:
nehmungen größeren Umfanges (Johannesftift,
Baulinum) oder, auf weiterm Gebiet, der Reijepre:
digt. Ebenfo wenig findet eine organifche Verbin:
dung zwifhen der J. M. und der anitaltlichen
Kirche oder den Einzel:Gemeinden ftatt; mo eine
ſolche vorhanden zu jein ſcheint, ift fie thatſächlich
nur zeitweilig und perfönlic ; dies gilt namentlich
von ihrer Berbindung mit dem Kirchenregiment.
Die J. M. zeigt damit Ort und Zeit ihres Ur:
Iprungs an: den Norden Deutjchlands, in welchem
ein territoriales Kirchenregiment e8 gu durchaus
feiner Gemeindeverfaffung hat fommen laffen, und
die Zeit um 1848, in der dem Kirchenregiment die
Verbindung mit der Gemeinde längft —
war. Nicht minder zeigt ſich darin der Urſprung der
Anregung zu den nfängen diefer innerlirchlichen
Bewegung. Derjelbe tft aufder einen Seitein dem
Vorbild des neuerwachten katholiſchen Ordensle—
bens der barmherzigen Schweſtern u. ſ. w. gu fin:
den; auf der andern in der religiöſen Einwirkung
des engliſchen Methodismus auf Deutſchland. —
Die anfängliche Beſchränkung des Wortes J. M.
auf die von freien Vereinen ausgehende chriſtliche
Liebesthätigkeit ift mit der Ausdehnung der Sa—
he, namentlid) feit der Gründung eined Central:
Ausſchuſſes für die J. M. (1848) nit nur fallen
elaffen worden, fondern wird jet aud) von ihren
wende als ihrem Grundgedanten mi:
derjprechend erklärt. Derjelbe foll nämlich darin |
beruhen, daß die Auöbreitung ded Reiches Gottes |
(Miffion) nothwendig ei nicht blos außerhalb, fon:
680
Miſſion
bern auch innerhalb der Chriſtenheit, nämlich Über:
all da, wo Ehriften dem Reihe Gotted fremd
eblieben oder geworben. Demzufolge fei innere
iffion nicht eine einheitliche, — oder
neu zu organiſirende Propaganda, die ſich auf das
Gebiet beſonderer Vereine, Anſtalten, Stiftungen
u. ſ. mw. beſchränke, ſondern vielmehr „die Entfal—
tung und Bethätigung der Glaubens und Lebens⸗
kräfte der ganzen wahrhaftigen Chriſtenheit in
Kirche, Staat und allen Geſtalten des ſozialen
Lebens zur Ueberwindung alles Unchriſtlichen, was
innerhalb des Chriſtenthums Raum ſucht oderger
funden hat, — fomit eine Bethätigung des allge:
meinen PrieftertHums der Chriften”. Objekt der
inneren Miffion feien aljo weder Juden noch
Heiden, jondern nur Chriſten und driftliche Zu:
ftände, und innerhab der Ehriftenheit wiederum
nicht die gläubigen Perfönlichkeiten und Gemein:
den; dieje feien vielmehr das Subjeft und die
feichberechtigten Träger der J. M. Folgerecht
feien auch der Dienft an der gläubigen Gemeinde,
Pfarramt und Seelforge fo wenig, wie der freie
und amtliche Diakonat in derfelben — als folde
— Miffionsamt ; vielmehr könne ein Widerjprud
zwijchen dem Pfarramt und der J. M. — aber
auch nur da — entitehen, mo die Träger des Am:
tes nicht von chriſtlich-gläubigem Geifte erfüllt
feien, in welhem Falle legtere dann felbft wieder
Object der J. M. würden.
Das Neue und Mefentliche der J. M. liegt alfo
nicht in den von ihr begonnenen Arbeiten und be:
gründeten Anftalten; man würde aud faum auf
dem weiten Gebiete ihrer vielfeitigen Thätigkeit
irgend etwas finden, mad nicht in ber Vergangen⸗
beit unferer Kirche, unter ihren Anftalten und Ein»
richtungen fchon in irgend einem Maße vorhanden
geweſen wäre, ohne daß der Name innere Miffion
darauf angewendet werben könnte. Ahr Eigen:
thümliches, das, was fie von anderen Bethätigum-
gen des driftlihen Lebensgeiftes unterfcheidet,
fann vielmehr nur darin gefunden werden, daß fie
die fittlichen Rothftände durh religiöfe Er:
weckung der Einzelnen zu heben jucht, fo daß
auch die leiblihe Hülfe, die fie bringt, immer
diefem Zwecke untergeordnet ift. Darum unter:
ſcheidet fie fich mit Recht einerjeits von der chriſtli⸗
hen Wohlthätigfeit und der lirchlichen Armenpflege
und Diaconie, weil bei diefer die leibliche Hülfe fi
ſelbſt genügender Hauptzwed ift; andererſeits von
den Zielen und Inmextkithen Beitrebungen un:
jerer Gegenwart, bei denen das religiöje Element
verſchwindend hinter der fittlihen Aufgabe zurüd:
tritt. Von diefem Gefichtäpunfte aus erſcheint es
nun als das bleibende Berdienft der J. M., nicht
allein den Blid der Gemeinde für die fie um:
gebenden fittlihen Nothftände gefhärft, jondern
noch mehr Air zu der Erfenntnifgebradhtzu baben,
daß die Aufgabe des chriftlihen Lebens ni
allein in ber eigenen religiöjen Erbauung befchlof:
fen liege, daß es vielmehr eine vorzüglich hriftliche
Pflicht fei, Die eigene Perſönlichkeit in den Dienft
der helfenden Liebe zu ftellen. In dieſer Be:
ziehung ift die J. M. in der Gefchichte bes chriſt⸗
lihen Lebens ein wefentlicher Fortichritt über den
Pietismus hinaus, in dem fie allerdings ihre Wur⸗
zeln nn und infofern ift es ganz berechtigt, wenn
ihre Hauptvertreter wiederholt einen tiefgehenden
Unterjhied zwifhen 3. M. und BPietismus be:
hauptet haben. Die Berwirklihung jener An:
Miſſion 681 Miſſion
ſchauung aber, bie felbjtverleugnende Aufopferung | damit ein Werthlegen auf beſtimmte religiöſe For⸗
in der Hingabe dienender und rettender Liebe, | men als Erkenntnißzeichen des Chriſtenthums, ganz
ift überall unummunbden anzuerlennen, um jo mehr |in ber Weife des Pietismus (Chriſtliche Herber:
als die Thätigkeit der Diafonen und Dialoniffen gen, chriſtliche Gymnafien zc.). Die religiöfen
unter den Typhus:Kranfen Oberſchleſiens und Formen verdeden aber einerfeitö nur zu leicht den
Dftpreußeng, der er, äußler unter den Eifen: | Mangel des Willend und der Kräfte, wie fie ans
bahnarbeitern an der bahn, die Pflege der Ber: | derjeit3 an Wirkungen glauben lafjen, wo ftatt
munbeten auf Schladtfeldern und in Kazarethen, | fittliher Befferung nur der Schein eines religiöfen
bie gar in arg Br den Cholerajahren nur | Lebens entjtanden. Da ferner die Arbeiter der
einzelne mehr in die Deffentlichleit getretene Bei» | J.M.,Diakonen,Diakonifjen, Brüder,in einem Ber:
fpiele hriftliher Liebeötreue find, hinter welchen | bande mit dem Mutterhaufe und deſſen Vorſtehern
die herrlichen aeg ‚yes desjelben Geiftes an | bleiben, die bei wachſender Anzahl ſich bildende Ges
Hundert verborgenen Orten um nicht3 zurüditehen. | nofjenfchaft aber beftimmter Ordnung und Regeln
Während diefe Berdienfte der Innern Miſ- zur Aufrehthaltung der Gemeinſchaft bedarf, jo ift
fton alljeitige Anertennung gefunden, ift fie, | dadurch die dem Weſen des Brotejtantismus mi:
ee was ihre Drganifation, ald was ihr We: | derjprehende Bildung von Orden innerhalb ber
en betrifft, der Gegenftand zahlreicher Angriffe | evangeliihen Kirche nahe gelegt, eine Gefahr, die
geworden, und e3 haben fi) Viele von ihr zurüd: | einen weiteren Angriffspunft gegen die J. M. bildet.
gezogen, die ſich ihr früher mit voller Hingebung | (Bgl.dieSchriften von Holgendorff,die Brüderfchaft
gewidmet. Zunächſt wird jchon die (oben gegebene) | des Rauhen zo. ein Brot. Orden im Staats:
Begriffsbeftimmung darum als ungenügend erach-⸗ | dienft. 4. Aufl., Berl. 1861. Der Brüberorden des
tet, weil einmal nach ihr 3. M., lebendiges Ehri: | Rauhen Haufes und jein Wirken in Strafanftalten.
ſtenthum und Kirche zufammenfielen; dann aber | Berl. 1862, u. Didenberg, die Brüder des Rauhen
auch darum, weil man ſich, um fie aufrecht erhal: | Haufes. Berl. 1861. Brot. Gemeindebl. 1863. Nr. 6)
ten zu fönnen, genöthigt gefehen, die Anfänge der | Es wird endlich bejtritten, daß die J. M. den auf
I. M. in die Zeit Conjtantins d. Gr., wo die Ans» | jiegebauten Hoffnungen überhaupt jemals entſpre⸗
erfennung des Chriſtenthums als Staatöreligion | hen fönne, und zwar weniger in Folge ihrer fehler:
aud den undriftlihen Elementen den Eintritt in | haften Organifation, wonad die Arbeiten, hatt
die Kirche geöffnet, zurückzudatiren und fie als eine auf die bleibende Gemeinde, zu jehr auf einzelne
ununterbrochene Thätigteit der Kirche zu bezeich: | Berfönlichleiten gebaut würden; weniger aud in
nen, während fie doch wefentlich der jüngften kirch- Folge der häufig hervortretenden religiöfen Ma:
lichen und ſozialen Entwidlungsperiode angehöre. | nier oder ihrer zeitweiligen Verknüpfung mit Or
Inſofern fie nun weiter confequent den Sag auf: | thodorismusund Eonfejfionalismus, als vielmehr
ftelle, Subjelt der J. M., aljo thätig in ihr, fann | auf Örund ihres innerften Wefend. Weil fie ſich
nur der Wiedergeborene fein, erjcheine dann auch | nämlich die Arbeit der Wiedergeborenenan der noch
der anfänglihe Vorwurf der Yutheraner, die J. unbefehrten Welt zu I dünfe, mangele ihr das
M. jei unkirchlich, nicht unbegründet. Denn wenn | volle Verjtändniß dafür, daß die offenbaren fitt>
fie ſich aud) mit Recht der Forderung widerjege, | lihen Nothftände, welche fie belämpft, durch die
das Pfarramt im Befit feiner Ordination ald das | ganze Entwicklungs geſchichte unfered Volkes und
einzig berechtigte Organ zu jeder gemeindlichen | unferer Kirche gejchichtlicdh bedingt feien und daß
Thätigleit anzuerkennen und dagegen ein allge: | in denjelben nur grell zu Tage trete, was auch die
meines Prieftertfum geltend made, fo treife fie als chriftlich geltenden und als folche anertannten
jener Vorwurf, injpfern fie ihren Arbeiternein Amt | Berhältniffe und Zuftände durchziehe. Ihre ein—
in und an der Öemeinde zutheile, ohne Mitwirkung | feitig religtöfe Art hindere fie an der zu einer wir:
ber Gemeinde; fie fei unfirchlich, weil fie an man: | lich gedeihlihen Thätigkeit unumgänglich erfor:
hen Stellen bei weiter verzweigten Vereinen und | derlihen Anerfennung, daß aud außerhalb der
Genofjenihaften ein Kirchenregiment neben dem | rein religiöjen Sphäre die fittlihen Jdeen undLe—
Kirchenregiment geſchaffen habe, wobei die Gefahr | benskräfle des Chriſtenthums thätig jeien und daß
eines Streitedimmer nahe liege, dem die Trennung | die gemünfchte Erneuerung unferes Volkslebens nie
ebenjo folgen würde, wie der Methodismus gegen | ohne diejelbe erfolgen könne. Der Grundmangel
feine Abjiht und trog des beften Willens feines der J. M. aljo liege darin, daf fie in ihrem
Stifters ſich von feiner Mutterkirche ſcheiden mußte. | Kampfe gegen die fittlihen Schäden der Gegen-
Selbft da, wo presbyteriale Drbnungen bejtehen, | wart dennod das Chriſtenthum nicht als foziale
jei es bei der Schwäche berfelben, der J. M. Thatſache auffaſſe, daß fie die Welt wohl chriſtlich
immer gelungen, fi) völlig unabhängig vom Dr: zu madyen fuche, dabei aber verlenne, daß das
ganismus der Gemeinde, aber innerhalb derjelben —2 zur Vollendung ſeines Anfangs,
zu erhalten. Der Verſuch der großen rheiniſchen daß Chriſtus Menſch geworden, ſelbſt Welt wer»
Anſtalten, ſich als —2 emeinden zu con: | den wolle. So ſei die Stärke der J. M. zugleich
—— entpringe nicht dem Streben nad Ein: ihre Schwäche. Daſſelbe Element, mwoburd fie
Ügung in den Organismus der Gefammtgemein: | den Eifer und die Ausdauer ihrer Freunde und Ar:
de, jondern dem Bemühen, feften Fuß zu jefien, beiter fortwährend wach erhalte, hemme ihre Wirk:
mo nöthig auch gegen den Organismus der Kirche, | ſamkeit und verfchließe ihr den eigenen Fortſchritt,
Die J. D.fei nur da firhlid, wo Kirhenamt und | nämlich ihre jpröde religiöfe Form. Diefen Ans
Kirhenregiment ſich ihren Ideen unterwerfen und | jchauungen gegenüber muß übrigens hervorge:
ihrem Streben anſchließen. Aus derfelben Grund: | hoben werden, daß in den Schriften und Vorträ:
anſchauung über ihr Weſen und ihre Aufgabe |gen ihrer Führer, namentlih Wichern's, ſich
folge aber ferner die Nothwendigkeit, die ie Vieles findet, was jene Schranken burdbricht und
lichteit deö Arbeiterö und feines Wirkens bejtän: | mit weiterm, freierem Blid die fittlihen Aufgaben
dig vor fi und Anderen zu bocumentiren, und | bes Chriftenthums überjhaut. Alles in Allem ift
=}
Miſſion
682
Miſſion
die J. M. troh etwaiger Einſeitigkeilen eine Fräfs | unter Karl dem Großen, Otto I. u. A. gegenüber
tige Lebensäuferung des Evangeliums und ihre | den Wenden, Sahfen, Preußen zc. in’3 Werk ges
Thätigteit gehört zu den jhönften Seiten unferer
Gegenwart. Und fo ift troß eines gewiſſen Man:
els an fihtbaren Erfolgen ihre Arbeit in feiner |
eiſe vergebli: Sie pflügt den Ader, auf dem |
eine andere Zeit ſäen wird.
Die Literatur iftfajtunüberfehbar. Das Haupt:
organ der J. M. jind die feit 1843 ——
Fliegenden Blätter des Rauhen Hauſes; ferner
die Jahresberichte und Zeitſchriften der einzelnen
Unftalten und Vereine ſowie die Berichte und
das Gorreöpondenzblatt des Central⸗Ausſchufſes.
Ueberſichten über die Arbeitsfelder und Einblicke
in das Weſen der M. Thätigkeit geben die Verhand⸗
lungen der Congreſſe für die Innere Miſſion. Vgl.
Wichern, die innere ri ge der deutſchen evange»
lichen Kirche ; Dentichrift an die deutſche Nation.
2. Aufl. 1850. Dr. 9. Merz, die Innere Miſſion
in ihrem Verhältniß zu der wifjenjhaftliden und
tirchlichen Richtung der Gegenwart in den Stu:
bien und Krititen. 1854. Heft 1u.2. W. Hoff
mann, Öeneralfuperint., Die innere Miſſion der
deutſchen evang. Kirche im Licht ihrer Geſchichte.
Vortrag. Berlin 1856. Hollenberg, bie freie
Thätigteit und das kirchl. Amt. 1857. Nigfch, Die
eigenthümliche Seelenpflege des evang. Hirlenam:
tes mit Rüdficht auf die innere Miffion (III. Bp.,
1. Abth. der praft. Theologie). 1857.
Milfion, Katholiſche. Ein Miffionswefen in
dem jpäteren und heutigen Sinne war in den er»
ften hriftlihen Jahrhunderten unbefannt. Die
Ausbreitung des Chriſtenthums geſchah weniger
durch beitimmte Sendboten und nach einer befon»
deren Organiſation, als vielmehr durch den allge»
meinen Berlehr und die Handels:Verbindungen | fi
namentlich der großen Städte, Von hier aus ver:
breiteten es Kaufleute, Soldaten, die arbeitenden
Klaffen, Gefangene, bie zu ihren Stammesgenof»
fen zurückgekehrt zc. Namentlich gilt dies von den
Donauländern, von Wfrifa, Spanien, Gallien,
Britannien, denen das Chriſtenthum faft wie ein
fegt wurden. Diefe Gewaltmaßregeln waren indeß
vorübergehend und häufig mehr politifchem alß reli:
giöfem Interefſe entiprungen. — Das Hauptwerf:
eug für die Ausbreitung des Chriſtenthums wurde
heit dem Anfangdes6, Jahrh. der529 geitiftete Be:
nebictinerorden; bie Klöſter bildeten von nur an
die Pilanzitätten des Chriſtenthums; von ihren
ging die planmäßige Drganijation bes Belebrungs:
werfes und des in Angriff genommenen Gebietes
aus: fie allerwärt3 in den heidnifchen Ländern zu
ründen und zu vermehren, war daher ein Haupt:
* der Miſſionsthätigkeit, die 8 all mählich
mmer mehr zu dem entwickelte, was wir heute
darunter verſtehen. An bie Benedictiner ſchlofſen
ſich beſonders die Prämonſtratenſer an, deren aus»
dauernder und planmäßiger Wirkfjamleit wir mit
der Germaniſirung auch die Chriftianifirung ber
Slavenländer im Nordoften Deutjchlands bis tief
in Schlefien verdanken. In anderer Weife wirkten
feit dem 13. Jahrhundert die neugeftifteten Orden
der Franciscaner und Dominifaner. Crfterer
machte im Geifte und nad dem Vorbilde feines
Stifters bereits auf feiner erjten Generalverfamm:
lung 1214 die reg jur Ordensan⸗
elegenheit und fandte jeine Milfionare zu den
uhammedanern in Afrifa und bis in die Mon-
ps Die Unterwerfung der Mauren inSpanten
ot der Miffion ein neues Gebiet, welches die Do»
minilaner in Angriff nahmen. Beide Orden mett-
eiferten nach ber Entdedung Amerikas 1492 in ber
Ausſendung vonMiffionaren und der Anlegung von
Kiöftern, denen die Bisthümer folgten; aber jo
bedeutende Erfolge auch ihre Thätigfeit hier Hatte,
ie wurden weitaus überjlügelt, als bie Jefuiten
(geftiftet 1540) mit ihnen in die Schranfen traten;
jept erft nahm die Miffiond-Arbeit der katholiſchen
Kirche den rechten Aufſchwung. Durd Franz Ka»
vier (1542— 1552) ward die Jejuitenmiffion in
Ditindien, China und Japan begründet, von beren
Wirffamleit mehrere, trog der fpäteren blutigen
Theil römischer Eultur vermittelt wurde, bis es Verfolgungen noch im Innern des Landes übrig
zulegt, vermöge feiner inneren Kraft und Wahr:
heit über das entartete und an fich jelbft verzwei«
felnde Heidenthum den Sieg davontrug. Als mit
Conſtantin dem Gr. (306—337) das Ehriftentyum
aus einer lange blutig verfolgten, zulegt höchſtens
geduldeten Religion zur Staatäreligion wurde, än⸗
derte ſich aud der Charakter der Mifjion. Ihr
Beſtreben ging jegt dahin, neben dem einen Welt:
reiche, vem imperium mundi, wie es wenigſtens
der Idee nach exiftirte, auch eine einheitliche Welt:
religion zu jchaffen, alſo möglichſt große Maifen
dem Chriſtenthum zu gewinnen und hierarchiſch
zu organifiren. Es lag nahe, daß die Kirche ſich
zur Verwirklihung diejer Idee auch des weltlichen
Arms zu bedienen anfing, zunächſt weil in folge
der vom Staate gegen das Heidenthum erlafjenen
Berordnungen und Geſehe die fittliche Freiheit, die
feinen Zwang duldet, vor den rechtlichen Beſtim⸗
mungen nur zu leicht zurüdtreten mußte. Dazu
tan, daß die ſchon früh aufgeftellte Theorie von
den zwei Gemalten, der weltlihen und geiſtlichen
und der Öemeinfamfeit ihrer Intereffen I immer
mehr entwidelte, was zur nächſten Bolge hatte,
daß die eine kein Bedenken trug, die Hülfe der
anderen in Anfprud zunehmen. Hieraus erflären
fi die gewaltfamen Heidenbelehrungen, wie fie
ebliebene Gemeinden zeugen. Noch größern Er»
olg errangen die Sefuiten in Südamerifa, mo fie
in Paraguay fogar einen unabhängigen Kirchen:
ftaat bildeten. Aber diefe Erfolge waren mehr
äußerliche als wirkliche, mehr jur die möglichſte
Ausbreitung ber Kirchenherrſchaft ald auf inner
liche Chriftianifirung der Heiden:Bölter gerichtet.
Nicht nur die Eile, mit welcher, faſt ohne vorheri-
gen Unterricht, die Taufe ertheilt wurde, noch mehr
die Nachgiebigkeit gegen frühere heidnijche Cultus⸗
fitten, denen man ſich möglichft anbequemte, und
der PBrunf, mit dem fie den Gottesdienft ausſtat⸗
teten, zeigen, daß als erftes Ziel nur erftrebt mur-
be, die Herrſchaft der Kirche zu baldiger Anerfen:
nung zu ‚bringen und dem Beichtſtuhle und ber
————— Zucht die Zukunft zu überlaſſen.
Zwar erhob ſich gegen dieſe Art der Miffionsthä-
tigfeit in der Kirche felbit heftiger Widerfprud ;
boch war berfelbe mehr der Eiferjucht der übrigen
Orden gegen die Jefuiten, als echt chriſtlichem Sinne
entfprungen. Dasfelbe, in Beziehung auf bie
Mittel unwähleriſche Verfahren verfolgt die Tat.
Miffion noch heute und verfchafft fih Daburd bei
rohen Böltern leichteren Eingang, wobei fie es nicht
—— fich in die evangeliſchen Arbeitsfelder einzu ⸗
rängen, ſelbſt auf die Gefahr hin, das eben
Miffion
menbe Chriftenthum gänzlih und fürimmer zu ger:
ftören. Zugleich mit dem Jejuiten:Drden und nad
ihm haben jihan der Miſſion betheiligt die Lazari—
ften, Redemptoriften, Capuciner, Auguftiner und
Garmeliter, ſowie verfhiedene zu Miſſionszwecken
eftiftete Congregationen. Seit 1622 jteht das ge⸗
A Miſſionsweſen der Kirche unter der ein»
heitlihen Leitung der von Gregor XV. eingerich:
teten Gongregation de propaganda fide (ſ. d. X.
Dane) in Rom; fie jendet in Die einzelnen
iftriete die Miffionare unter Führung eines Prä⸗
eften, erhebt den Bezirk beim Fortgang der Mif-
ion zumapojtolifhen Bicariat (womit die Befähis
gung des Inhabers zu allen biſchöflichen Handlun⸗
gen verbunden ift), bis es als Bisthum (in der Regel
iſſionsbisthum) dem hierarchifchen Organismus
ber Kirche völlig eingefügt werden kann. Die Mif:
ſionsvorſteher find mit den päpftlihen Vollmachten
ausgerüftet, in der neuzubegründenden Kirche nach
Drt, Zeit und Umſtänden Dispenjationen von den
fonft in der Kirche geltenden Vorſchriften in Be:
zug auf Eultus und Disziplin eintreten zu laſſen.
An Injtituten zur Bildung von Miffionaren be:
fit die römische Kirche außer der Propaganda und
den mit ihr enger verbundenen Gollegien in Rom
nod) verſchiedene Collegien einzelner Orden, 3.8.
der Objervanten, Minoriten, Capuziner u. a.
Bon den ausmärtigen ift das bedeutendfte das
Seminar der 1805 geftifteten, 1817 vom Papſte
genehmigten Picpus:Gefelfhaft (fo genannt von
der Straße, in welcher die Gefeligaft ihre zwei
eriten Häufer gründete) in Paris, deren Haupt:
thätigteit den auftraliihen Miffionen gewidmet
ift. Außerdem wird die Niffionsthätigfeit weſent—
Lich unterjtügt durch verfchiedene religiöje Vereine,
von denen die nöthigen Geldmittel beſchafft wer:
den. An deren Spige fteht der „Verein zur Ders
breitung des Glaubens”, 1822 zu Lyon gejtiftet.
Die Genofienfhaft hat ſich über ganz Frankreich
ausgebreitet. Sie giebt jährlih 6 Hefte Jahrbü:
er der Verbreitung des Glaubens heraus. Bon
ihr hat fich in Baiern der Ludwigs-Miſſionsverein
etrennt zur Unterftügung der Niffion in Amerika.
leihen Zwed verfolgt der Leopoldinenverein in
— Da die katholiſche Kirche keinen Un—
chied macht zwiſchen der Miſſion unter den
Heiden und unter Andersgläubigen, ſo gehören
auch der Pius: und Bonifacius-Verein (ſ. d. A.)
a — Bol. Wittmann, die Herrlichkeiten ber
ieche in ihren Miffionen. Augsb. 1841. Hen—
tion, Alg. Gejhichte der Mifftionen. Aus dem
Franz. von Wittmann, Augsb. 1847 ff., 3 Bde.
Dtejer, die Propaganda, ihre Provinzen und ihr
Hecht. 2 Thle. Götting. 1852—53.
Miſſion, prot. unter den Heiden. Inder proteftan:
tifchen Kirche konnte eine Miſſionsthätigkeit in ber
gerne erft beginnen, als einerfeitö die Kämpfe um
ihre Begründung beendigt waren, anderfeits ihrer
weiteren Ausbreitung in der Heimath durch die
katholiiche Gegenreformation und die politifche
Macht der katholiſchen Kirche ein Ziel gejegt war.
Dazu fam, daß die proteftantifchen Bölfer anfäng⸗
lich in feiner Beziehung zu den überjeeifchen heid⸗
nischen Böllern ri die Türfei aber eine noch
viel zu ftarfe und rchtete politifhe Macht war,
als Ki fie als Hihomsgeber
Er —
werden können. Erſt der Beſitz uͤberſeeiſcher Co:
lonien und die zum Theil durch den religiöfen
Drud veranlaßten Anfiedlungen in Amerika unter | thodiftenfi
683
Miffion
ben Indianern erzeugten in den proteftantifchen
Staaten, namentlih Holland, Dänemarkund Eng»
land das Bedürfniß und bie Anregung zur Mifs
| Be diejelbe befhränftefichaber, haupt»
ächlich in Folge des mißlichen inneren und äuße⸗
ren Zuftapdes ber proteſtantiſchen Kirche auf die
Wirkſamkeit der Anfiedlerprediger unter den heid⸗
niſchen Ureinwohnern und auf die Thätigfeit ein«
| zeiner Männer wıe John Eliot's 1603—90, der
Familie Mayhew 1642 -18083, Brainerd 1743—
47, des Freiherrn Ernſt v. Wels u. A.
Eine organifirte Miſſionsthätigkeit bes
ginnt Ende des 17. Jahrhunderts zunädjt in Eng«
land. Schon Crommell hatte daran gedacht, nad
Art ber römischen Propaganda in London ein
Collegium zur Ausbreitung des evangelischen
Glaubens über die ganze Erde zu errichten, fpäter
jedoch den allerdings pöantaftiligen Plan wieder
fallen lafien. Nad dem Sturze der Stuarts je
doch erwachte in der Staatskirche und im Lande
überhaupt ein frisches religiöfes Leben, und damit
auch eineregere Theilnahme für die Heidenmiſſion.
Zudem wuchs die Zahl und Bedeutung der eng»
liſchen Eolonien von Jahr zu Jahr und damit wurde
| bie Berührung mitden heidniſchen Bölfern häufiger
| und unmittelbarer. So bildete fi, hervorgehend
‚aus der 1693 geftifteten „Geſellſchaft zur Beför:
‚ derung riftlicher Erlenntniß“, deren —
England ſelbſt war, die 1701 von Wilhelm IL.
| —— Fortpflanzung des Evan⸗
geliums in fremden Welttheilen“, die erſte eigent⸗
liche Miſſionsgeſellſchaft, zugleich der Ausgangs»
punft der jegt auf dem Wifjiondgebiete allge-
| gemein gewordenen * Vereinsthatigkeit. Dem
gegebenen Beiſpiele folgte dann Dänemark, jedoch
in ſofern abweichend, als hier die Miſſion vom
Staatöfirchenregimente, ſpeziell vom Könige aus⸗
ing. Im Jahre 1714 nämlich ftiftete Friedrich
V. zunächſt für die Miffion auf den oftindijchen
Befigungen, welche 1705 dur die Ausfendung
Ziegenbalg’s begonnen worden war, das Miſſions⸗
Collegium in Kopenhagen. Daffelbe leitete dann
aber auch die Milfion in den bänifchen Befigungen
| Grönland (Hans Egede \ d. A. 1721) und Lapp⸗
land (Thomas von Weiten [f. d. 2, 1716). In
Kopenhagen empfing Graf Zinzendorf die erjte Ans
regung, das Mifjionswerk aud in die Brüderge—
meinde einzuführen. Diefelbe begann 1732 ihre
Miſſionsarbeit in Weftindien mit der Ausfendung
von David Nitihmann und Leonhard Dober. Sie
betrachtet die Mifjion ald Sache der Gemeinſchaft,
undleitet diejelbe, nachdem früher ſchon verfchiedene
Einrihtungen mit Beziehung auf die Mijfion ge—
troffen worden, jeit 1789 durch das Miffions: Der
partement, die vierte Abtheilung der Unitätscon«
ferenz. Die legte Entſcheidung in allen Miffions«
angelegenheiten hat die gefammte Conferenz, deren
| Leitung auch die —— freiwilligen Hülfs«
| miffionsgejellihaften für befondere Miſſionsge⸗
biete, 3. B. die 1741 ee ehe Londoner Geſell⸗
haft zur Förderung des Evangeliums unter den
Heiden u. a. unterftehen. Als Sade der Kirchen⸗
emeinfhaft wird jonft die Miffion nur in ber
Hottifhen Presbyterialkicche angefehen, und zwar
ebenfo in der established Church of Scotland jeit
1824 (Miffionar Dr. Duff feit 1829 in Oftindien)
mie in der 1844 (aus Anlaf von Patronatsftrei«
tigfeiten) ee freien Kirche. Auch die Me-
‚In der Heimath: und Heidenmiffion
Miffion
meniger gejchieden ift, behandelt zum Theil bie
wiffon als allgemeine Angelegenheit der Gejell:
fchaft. Neben diefer Gemeinde: und Vereinsthä:
tigkeit hat ſich die freie Wirlſamkeit einzelner Män-
ner erhalten, 3. B. des englifhen Regierungäca-
plans Marsden +1838, des Miffionars der Mao—
ris, und Gützlaffs + 1851, der die ——8 Miſ⸗
ſion begründete. Ebenſo mannigfach iſt die Art
und Weiſe der Miſſion ſelbſt. Keine Nachahmung
hat das Verfahren der holländiſchen Regierung
auf Ceylon gefunden, welche, zum Theil, um an
den zum reformirten Bekenntniß befehrten Einge:
borenen ein Gegengewicht gegen den Einfluß der
ortugiefen zu gewinnen, die Ausbreitung des
hriftenthums dadurd) zu befördern fuchte, daß fie
politiſche Rechte an die Taufe Inüpfte, während
im Gegenjaß dazu, ebenfalls aus politiichen Grün:
ben, bie Ditinditche Compagnie bis in unjer Jahr:
hundert jeder Miffionsthätigfeit unter der indi:
{chen Bevölkerung die größten Hinderniffe in den
Weg legte. Die große Anzahl der getauften Chri-
ften auf Ceylon verfhmwand mit dem Uebergang
der Colonie unter engliſche Herrſchaft; die in den
andern holländijchen Befigungen fo entftandenen,
dann verfommenen und vergejfenen Chrijtenge:
meinden wurden im letten Jahrzehnt Gegenstand
neuer Miffionsthätigkeit. Auch tft allgemein das
frühere Verfahren aufgegeben, unter den rohen und
wilden Bölferftämmen mit der Hebung der äußeren
Eultur zu beginnen und derjelben das Evangelium
erft folgen zu laffen ; vielmehr betrachtet man um:
getehrt die Belehrung ald das wirkſamſte Mittel
zur Givilifation. Durchgängig befolgen alle Mif:
fionögefelfgaften den Grundfag, nicht jomohl
Völker zu belehren, als Seelen zu retten; fie er:
theilen daher die Taufe nur nad einer forgfälti«
gen Prüfung der Gefinnung, wobei allerdings
vielfache Täufhung durch angewöhnte Redensar»
ten und angelernte religiöfe Formen nicht zu ver:
meiden ift. Gore größte Kraft hat die Miffion aus
der methodiſtiſchen und pietiftiihen Erwedung ge:
nommen unb wurde wie amfrüheiten, jo am lebhaf⸗
teften von den Secten und Diffenters betrieben,
während die Staats- und Landeskirchen erjt
nadjfolgten. Nach ihrer ganzen DOrganifation
tonnte diejen Weg mit dem größten Erfolge die
Brüdergemeinbe betreten, weil fie das Colonifa:
tionöprinzip mit der Miffion verbindend, ihre Mij-
fionare von Handwerkern und Gewerbetreibenden
begleiten läßt, ſo daß die Organiſation ber Mutter:
gemeinde mit ihrer Eintheilung in Chöreu, dgl. ber
hufs fpecieller Seelenpflege auch jofort auf die aus
den Heiden gebildeten neuen Öemeinden übertragen
werden kann. Dieje Miffion, die gegenwärtig auf
13 Miffionsgebieten betrieben wird, hat verhältniß⸗
mäßig die größten Erfolge aufzumeifen und wird
auch von den der Miſſion fonft abgeneigten Kri⸗
tilern anerfannt (Langhans); fie hat ſich vorzugs⸗
684
Miſſion
dieſen Nationalgehülfen erfuhr, nah Gützlaff's
Tode alle in China arbeitenden Miſſionsgeſell⸗
fchaften, in dieſer Weife nicht fortzufahren. Seinen
Gedanten, nicht ſowohl auf Einzelbetehrungen ald
vielmehr auf Gewinnung ‚ganjer Völker hinzumir:
fen, nahm mit einigen Modificationen die Her:
mannöburger Miffionsgejellfchaft auf; fie ertheilt
bereitwilliger die Taufe und vertraut mehr der
Wirkung der nahfolgenden Predigt und des firdh:
lihen Xebend überhaupt. Dabei aber hat fie au
das Colonifationsprinzip aufgenommen und ſen⸗
det mit den Miſſionaren nicht bloß Lehrer und
Katechiften, fondern auch Anfiedler aus, fo tab
nicht ſowohl Miffionsjtationen als Miſſionsanſied⸗
lungen ſich bilden, welche zugleidy im Stande fein
follen, ſich jelbft zu unterhalten, während die übri—
gen Miffionsgefellichaften mit wenigen Ausnah—
men ——— ſind, ihren auswärtigen Miſſionaren
die Mittel zur Aufrechthaltung der Stationen zu
überweiſen.
Bei der Anlage der Miſſionsſtationen folgten
die Engländer den Handelswegen und beſetzten
vorzugsweiſe die Stellen, welche für Handel und
Politik don Bedeutung waren; daher haben ihre
Mifftionare nicht felten mit der kirchlichen Wirk:
jamteit auch eine politiiche verbunden und den
nicht immer unverdienten Borwurf herrihjüchtiger
Anmafung auf ſich geladen; dabei verliefen fie
fih manchmal mehr als billig auf den Schu ber
englifchen Kriegsschiffe. Erft 1869 hat die enalifche
Regierung erklärt, daß fie denjelben in Verwick
lungen, die aus der Miffion hervorgingen, nicht
mehr gewähren könne. Wie die englifche, gebt auch
die amerifanifhe Miffion meiftens den durch ben
Handel und die Verbindungen ihres Landes vor:
ezeichneten Meg, während die deutſchen Gefell:
Fan. lediglich dem Triebe, mijjionirend thätig
zu fein, folgend, in der Wahl ihrer Arbeitöfelder
mehr von zufälligen Umftänden abhängig er:
ſcheinen.
Was die Art der Miſſionsthätigleit angeht, ſo
ergiebt dieſelbe ſich da, wo ein unmittelbarer An«
ſchluß der za io an eine europäifche Niederlaf:
fung und ihr Kirchenſyſtem ftattfindet, von felbft.
Im andern Falle wird in der Regel, fobald die
Miffionare eine Niederlaffung gewonnen und ſich
die Landesſprache angeeignet, — nur die Englän«
der haben ſich häufig von dieſer Mühe dispenfirt
und ıtatt defen den Eingeborenen bie Erlernung
der englifchen Sprache zugemuthet — zunächſt eine
Schule für Kinder und für Erwachſene zu begrüns
ben geſucht; fodann werden gottesdienftlihe Ber:
jammlungen eingerichtet, und die Bildung eines
Kreifes von Zuhörern um die Miffionsftation er-
—— in welchem zugleich, wo es nöthig fcheint,
nmeifung zu nüglihen Arbeiten gegeben wird.
Daneben jind Anſprachen bei größern Jufammen»
fünften des Volls, auf Märkten und bei Feiten,
weiſe die elendeften und verlommenjten Völker als ſowie häufige Reifen zu entfernter wohnenden
Gegenftand ihrer Arbeit ausgefucht, jo die Esti- | Stämmen ebenfalls üblich ; fobald es angeht, ſucht
mos in Grönland und Labrador, die Neger in
Weftindien, die Papuas in Auftralien u.a. Das
gegentheilige Prinzip verfolgte Gützlaff in China,
welcher möglichft viele Eingeborene ald Gehülfen
auszubilden fuchte, die er, ohne lange Anforde:
‚rungen an ihre riftlihe Durchbildung zu ftellen,
unter ihr Volk ausfandte, um unter demfelben die | Mühe und Mitteln, mit
|
riftlihen Ideen zu verbreiten. Indeß veranlaß:
ten die vielen Enttäufhungen, welde man von
man dazu mindeftens einen Theil der h. Schrift
in die Landesſprache zu überſetzen und umter dem
Volke zu verbreiten.
In Bezug auf die Erfolge der Miffion muß
zunädjt bemerkt werben, dab biefelben allerdings
nicht immer zu dem ungeheuren Aufwand von
nen die Miffion ihre
Ziele verfolgt, im Verhältniß ftehen. Dieſes Mir
verhältnig von Arbeit und Erfolg hat namentlich)
Miffion
‚bie oft zu fcharfe,äber auchvielfach wahre Kritik der
IR. — hans zur Grundlage ihrer verwerfenden
Urtheile gemacht. Die Angaben mander Miffions:
berichte über vie Anzahl der dem Chriſtenthum
beveit3 Gewonnenen, welche dad Ergebnik im Ver:
feich zu dem ausgebehnten Arbeitsfeld und der
Gehe der verwendeten geiftigen und materiellen
Mittel ohnehin als ein noch geringes erſcheinen
ließen, find durch dieje Langhans 'ſche ſcharfblicken⸗
de Kritit zum Theil als übertrieben und auf Selbft: |
täufhung und unrichtiger Darftellung beruhend
dargeftellt worden. Bon demneugepflanzten Chri: |
enthum heißt es bei ihm und Anbern, es jei viel:
ad nur äußere Satzung, die zur Mode geworben,
es jeienan die Stellederalten heidnifchen Riten und
Geremonien jett hriftfiche Riten und Geremonien
getreten. Die Urſache dieſes oft jo geringen Erfolges
liegt aber nicht allein in dem Dogmatiömus, der
Streitfuht und der Taftlofigkeit, dem Gefühls:
und Phraſenweſen, ſowie in der Weltfludt und
dem Weltdienft vieler Milfionare, worin der ge:
nannte eig Kr des die Miffion regierenden
Pietismus zu erfennen glaubt, fondern ebenfo jehr
und noch mehr in andern Verhältniffen. Einmal
fehlt der Miſſion faft überall ein georbnetes chriſt⸗
liches Gemeinwejen, in welchem die ſittlichen Lebens⸗
fräfte des Ehrijtentfums den Heiden vor Augen
träten; im Gegentheil wirken die Berührungen mit
den Europäern in Handeld: und Hafenplägen bei
den Heiden der Miſſion geradezu entgegen, und
zwar nicht nur die fittliche Berdorbenheit der Ein:
— atroſen, Auswanderer, Sträflinge ꝛc.,
ondern auch der Geiſt rückſichtsloſer Habſucht und
Selbſtſucht, in welchem die europäiſche Handels—
politit die natürlichen Rechte der heidniſchen Völler
mißachtet und dieſe nur nach Möglichkeit auszu—
beuten ſucht, wobei zur Entſchädigung euros
päifhe Laſter unter ſie verpflanzt. Dazu fommt,
Da& dem Verſuch, einem fremden Volke eine neue
Religion zu verkündigen, in gewiſſem Sinne
immer ber us gen eines Nothbehelfes anhaf:
tet. Der Apoftel, welcher eine ** Wirkſam—
feit unter Juden und Griechen hatte, gehörte bei:
den Böllern an; er beſaß einerfeit3 die allgemeine
— % Bildung, die ihn befähigte, die
vermittelnden been aufzufinden, burch welche
fich das Chriſtenthum an das biöherige Geiſtesleben
derantifen Welt anſchloß und die offenbar geworde⸗
nen Mängel und Schäden heilte undergängte,ander:
jeitö war er, pharifäifch gebildet und in der Con:
fequenz pharijäijher Denkweiſe dem Chriſtenthum
ewonnen, dadurch imStande, auch feinem eigenen
olte in Ehriftus die Vollendung jeines Gottes:
laubens zu zeigen. In ähnlicher Weife muß der
iffionar eines Volkes in deflen Geijt und Ge:
ſchichte ftehen und zwar nicht blos was Wiflen und
Ertennen, ſondern was die Lebensgemeinſchaft
angeht. Erjt wenn in Männern von heidniſcher
eg, das Chriftentgum zum eigenen, geiftig
freien Befig in der vollen Kraft religiöfer Innig—
feit geworden iſt, können fie als die Propheten
ihres Volkes aufftehen, die demſelben im Chriſten⸗
thum den unbekannten Gott offenbaren, dem es
re unmifjend zu dienen juchte. Der M. fällt dep:
halb nur ein Vorbereitungsdienſt zu, defien Erfolg
auch ohne die von Langhans erwähnten Fehler ein
nur wenig in’d Auge fallender fein fann, zumal
dann, wenn es fih um Chriftianifirung gebildeter
heidniſcher Völler handelt. Eine Sewstlawirie:
685
Miffion
lkeit ift aber darin zu finden daß das Ehriftenthunt
nicht nur in Verbindung mit der abenbländifchen
Eultur fondern mit dem Anfprud) auftritt, in der
ı Form aufgenommen zu werden, die es im Zufam-
mentreffen mit den verfchiedenften Völkern und Ber:
hältnifien ſelbſt allmählich empfangen hat. In diefer
Hinſicht ift e8 ein ſchwer fich rähender, nur zu oft ber
| gangener Irrthum, wenn die M. vergift, daß das
zeitliche Gewand bes Chriftenthums doc auch ein
ut Theil des natürlichen Lebens der Heimath an
| (9 trägt, welches feinen Anſpruch darauf hat, als
Wirkung des göttlichen Geiles von den Heiden
demüthig angenommen zu werden. Schon in frühern
Perioden, 3. B. bei ven Sachſen und Wenden ift die
Predigt deö Evangeliums zum großen Theil darum
fange vergebli geblieben, weil feine Annahme
‚gleichbedeutend ſchien mit dem Untergange alles
nationalen Lebens. ey“ ilt auch noch heute,
' „Ehrift werden” heißt z. B. in Indien feinem Volke,
‚feiner Geſchichte entfagen, heraustreten aus allen
eſchichtlich gewordenen Verhältniffen und ausjeder
Ian Gemeinſchaft um in eine ideale einzutreten.
' Wirflihen Erfolg hat daher auch die Miſſion nur
gehabt bei ſolchen Völkern, bei welchen es weder zu
einer Geſchichte, noch zu einer fozialen Ausbildung
des Boltslebens gelommen war, bei denen daher der
Widerſtand befjelben nicht erit gebrochen werden
mußte, jondern wo es genügte, das religiöſe Gefühl
und Gewiſſen wad zu rufen, welches dann fi
willig unter die Autorität beugte. Wenn die Evan:
—— Miſſion nun auch vielleicht nicht das Erreich⸗
bare wirklich erlangt hat, ſo kann dennoch weder die
perſönliche Frömmigleit, noch der chriſtliche Helden⸗
muth der Mehrzahl der Miffionare verlannt wer»
ben. Im Gegentheil, die ev. Miſſionsgeſchichte ift
reih an Namen, die den beiten der Heiligen und
Märtyrer der alten Kirche an die Seite gefegt zu
werben verdienen. Ebenjo wenig find neben den
allgemein eulturgejhichtlichen die mittelbaren Ers
folge der Miffion zu unterfchägen, vielmehr ver:
dienen namentlid die bedeutenden Berbdienfte
vieler Miffionare um die Bereicherung bes Wifjens
in Natur:, Bölfer: und Sprachkunde hohe Aner:
'tennung. Endlich fann auch die Rückwirkung der
Wiſſion auf die Heimathgemeinden nicht verlannt
| werden. Die reiche Bereinsthätigfeit, wie fie ſich
| auf dem Gebiete des kirchlichen Lebens in der neuen
Zeit entfaltet, hat ihren Urjprung in den Miffions:
vereinen genommen; die Miffionsfefte gaben der
Gemeinde eine reichere Egg am Kirchen:
leben, der Predigt einen beftimmten, faßbaren
Inhalt, dem Gottesdienft einen hohen Schwung.
Uebrigens trägt ſowohl die Thätigkeit als die Wir:
fung der Miffion einen meiſt pietiſtiſchen Cha:
ralter, jo daß die Betheiligung an ihr zum Kenn:
zeichen der pietiſtiſchen Gläubigfeit und fie jelbjt
ein naheliegendes Mittel wurde, bie pietitiiche
Richtung zu ftärien und zu befejtigen. — Neben
der Heidenmijfion find auch die Kriftliden
Kirchen des Orients, die armeniſche, koptiſche
und neſtorianiſche Kirche Gegenſtand der Mijfiong:
thätigleit geworden, namentlich für amerilaniſche
s⸗Geſellſchaſften. Das Ziel iſt dort weniger, die
Betehrten zum Austritt aus der alten Kirche zu
bewegen, als vielmehr die Kirchen jelbjt neuzube:
leben. An diefe Arbeit ſowohl wie an die yeiden:
miſſion ſchließen ſich die Miffionsverfuche unter
den Nuhbammedanernan, die vonfeiner Gejell:
ſchaft zum alleinigen Gegenjtand —
4
Miſſion 686 Miſſionsgeſellſchaften
erwählt worden ſind tech —— ſprödeſten Jeruſalem 1841 (f. d. Art. Jeruſalem) und ber
Stoff und den unfruchtbarſten Boden für jede Verſuch, daſelbſt eine Gemeinde aus bekehrten Ju:
Miffionsarbeit darbieten. Vgl, Wiggers, Geſch. den zu gründen. — Der Judenmijfion hat es weit
der evang. Miffion, 2 Bde., Hamburg 1845—46. | weniger als der Heidenmiffion gelingen können,
Handbüchlein der rg und Miffions:
eographie Calw 1844. 2. Aufl. 1846. Bajeler
vang. Miffionsmagazin feit 1816. Langhans,
Fand und Chriſtenthum im Spiegel der äu:
eren Miffion. 1. Bd. Yeipz. 1864.
Milfion prot., unter den Juden. Ihre er:
ften Anfänge find gleichzeitig mit dem Beginn
der Mijfionsarbeit unter den Heiden durch die
Brüdergemeinde und das Waijenhaus in Halle.
1728 entjtand das „jüdiſche Institut Callenberg's“,
ee in Halle, + 1760) zur Ausbildung von
Judenmiffionaren. Die daraus hervorgegangenen
Miſſionare durchwanderten 1730—56 das öftliche
Europa und den Drient. Das Inſtitut beftand
bis 1792, ohne bejondere Erfolge erzielt zu haben.
Erjt 1509 entjtand die „Londoner Geſellſchaft zur
Förderung des Chriſtenthums unter den Juden.“
ie Gejellihajt wirkt hauptſächlich durch Ausſen—
bung von Wifjionaren, Anlegung von Schulen für
jüdiſche Kinder und Verbreitung der h. Schrift und
jwedmäßiger Tractate. Die Leitung der Miffion,
anfangs in den Händen eines Comittees, das aus
Diffenters und der Staatslirhe Angehörigen be:
ſtand, ging 1815 ganz in die der Anglifaner über.
Die große Ausdehnung der Gejellidajt, ihre be:
deutenden Mittel und die Energie und eifrige Thä—
tigfeit ihrer Agenten haben der gefammten So
mifjion at Stempel aufgedrüdt. Sie hat in
London Erziehungsanftalten und ein Miſſions—
jeminar begründet und ihre Miſſionare arbeiten
in Europa, Ajien und Afrika. Das ganze Mij:
jionsgebiet ift in Diſtriete getheilt, deren Miffio:
nare in jährlichen Gonferenzen zujammentreten.
In über 30 Stationen wirken insgefammt etwa
200 Arbeiter, Organ der Geſellſchaft mit Mitthei—
lungen über die Arbeiten der J.Miſſionen tft:
Jewiſh Intelligence. Töchtergeſellſchaften derjelben
in Deutjchland find: die Berliner „Sejellichaft zur
Beförderung des Chriſtenthums unter den Juden“
(geitiftet 1822), welche anfänglich ihre Miſſionare
der Londoner Geſellſchaft übergab, einzelne derjel:
ben aber auch jelbitjtändig ausjandte. Ferner der
„Rheiniſch Weſtphäliſche Verein für Iſrael“ (ge:
jtiftet 1842) mit dem Site in Köln, Er hat einen
Agenten, der ſowohl die Juden bejucht und öffent:
liche Vorträge für diefelben hält, als aud) das In—
tereffe für die J.-Miſſion in den chriſtlichen Ges
meinden zu erweden und zu beleben ſucht; neben
ihm find Golporteure für heilige Schriften und
Tractate angejtellt. Ein Berein in Dresden wirft
hauptſächlich unterden Juden in Sachſen, Böhmen
und Baiern. Der Verein in Bajel, 1320 aus der
Ehriftentgumsgejellichaft hervorgegangen, 1831
unter dem Namen „Verein von Freunden Iſraels
in Baſel“ definitiv conftituirt, hat fich vornehm:
lid Projelgten: Pflege und Unterricht zum Zielge:
fegt, er gründete zu Diefem Zwede ein eigenes Pro⸗
jelytenhaus. Die andern Zweige jeiner Thätig:
keit find Miſſion und Schriftenverbreitung. Sein
Organ ift die Zeitfchrift „der Freund Iſraels.“ Bie:
len Eifer wendet jeit 1839 die ſchottiſche Kirche
auf Judenmiſſion; fie hat Stationen auf dem Felt:
land in Breslau, Amfterdam 2c. In einigem Zus
ſammenhang mit dem Streben der J.-Miſſion fteht
Die Stiftung des englifchedeutichen Bisthums in
|
pag
D
ß
)
fich die Anerkennung der Gemeinde zu erringen
und ed wird dies nicht blos duch die verjchwin-
dend Heinen Erfolge verjchuldet. zeigt jcheint
k für Gegenden wie Galizien, Bolen u. |. w.,
onſt in hriftlichen Ländern unpafjend, ein Fünft-
lihed Produft mwohlmeinender, frommer Biel:
thuerei. Meift ftügt fte fich auf die vermeintlichen
Weiffagungen über Jjraels bevorzugte Reichs herr⸗
lichteit. Vgl. darüber die eingehende gründliche
Zurechtweiſung von Bertheau, Jahrbb. F deut⸗
ſche — 1859 u. 60. Dabei vergißt man,
wie jeher man ſich felbft widerjpriht, wenn man
nad englifher Auffafiung dem Bolfe Jfrael am
Ende der Tage als Bolf eine eigenthümlice
Stelung als göttlidy verheißen zuerfennt, und
doch vorher die einzelnen iraeliten durch Chri—
ftianifirung von jenem Vollöganzen losreißt und
fie mit der allgemeinen Chrijtenheit vereinigt.
Uebrigens hat die J.M. vermitteljt der umfang:
reichen, durch ihre Anregung hervorgerufenen Lite:
ratur, einen nicht unbedeutenden Einfluß auf das
Leben in der Kirche ausgeübt und demſelben je:
weilig ein hiliajtijches Element eingeimpft. Da:
neben verdantt jedoch die theologische Wiſſenſchaft
ber durch die Judenmiffion gegebenen Anregung
mannigfache Arbeiten über den Talmud, jo Tho—
lud’3 Auszüge aus dem Bude Sohar, Biejenthal,
Geſchichte der hriftlihen Kirche während der erften
1.
Hausmeifter, die ev. Miffion unter Jfrael, heraus:
egeben von Fink 1861. Harms, über Judenmiſ—
ion, Altona 1862, Kallar, Jfrael und die Kirche,
—5* 1869 (Rauhes Haus) gibt intereſſante
tittheilungen über Belehrungen von Juden zum
drei Jahrhunderte nad talmudiſchen Quellen.
Chriſtenthum.
Die Miffionsgejelligaiten, in deren Händen
gegenwärtig die ganze M.:Arbeit ift, entjtanden mit
wenig Ausnahmen erjt in den legten Jahren des
18, Jahrhunderts oder find noch jünger. Die vor:
nehmſten berfelben find: Die bereits erwähnte
Gejellfhaftzur Fortpflanygung des Evan—
geliums in fremden Welttheilen (Society for pro-
agating the Gospel in foreign parts), die ältefte
Gejelliaft, gejtiftet 1701, welde in erflärtem
Gegenjag zu allem Difjenterwejen im Sinne der
Hochkirche noch jegt mit großer Regſamleit und
Kraft namentlid) in ben engliſchen Kolonien wirkt.
ietonboner Miffionsgejellfhaft (Lon-
don Miss, Society), gejtiftet 1795 von Angehörigen
ber Hochlicche und Difjenters, als eine Bereinigung
der Kinder Gottes zur gemeinjfamen Ausbreitung
des Evangeliums, nicht einer beſtimmten Kighen:
form. (Bgl. Ellis, Hist. of the London Miss.
ciety.1844.) Diefem ‚Fundamentalprincip“ ent:
ſprechend überläßt jie es grundjäglid ihren Miſſio—
naren, in ben Heidengemeinden diejenige Form
lirchlicher Ordnung und Berfaffung einzuführen,
welche nad) deren Heberzeugung dem Wort Gottes
am meilten entſpricht. Im Ganzen hat jedoch die
ftreng Calviniſtiſche — in der eng ch
p eht
das Uebergewicht. An ber e derjelben
ein Direktorium von 60 Perjonen. Mitglied
ift, wer einen jährlichen Beitrag von einer Guinee
oder einen einmaligen von 10 Guineen zahlt. Die
erften Miffionare (30 an der Zahl) jandte fie 17%
4
Miffionsgejellichaften
nad zu Ihr Miffionsgebiet find hauptſächlich
die Injeln der Südfee, Südafrika und Stidindien ;
befannte Namen unter ihren Miffionaren find
Williams („der Apoſtel der Südſee“) und Living:
ftone (Südafrifa). Von diejer Gefellfchaft trennte
fih 1799 die kirchliche Geſellſchaft für Afrika
und den Dften (Church Missionary Soeiety
for Afrika and the East), welche an den Ver:
687
Miſſionsgeſellſchaften
proteſtantiſchen Mifftonen in jenen Gegenden auf:
2 ihre Arbeiter nad) Afrika und Jamaica fandte,
is fie fich zulegt auflegteres allein beſchränkte. Die
Geſellſchaft ift zurüdigegangen, ſeitdem die fchotti-
ſche Kirche (1829) als ſolche die Miffionsarbeit in
die Hand genommen hat.
Bon England ging die Miſſionsbewegung zu:
nädft nad Holland über. Hervorgerufen durch
faffungsgrundfägen der bijchöflichen Kirche fefthält | Dr. Ban der Kampe entjtand 1797 ‚urfprünglich als
und aud in ihrer Einrichtung den ariftofratifchen
Geift elben deutlich zeigt. An ber Spike
der Gejellichaft fteht ein-Präfident, der nur aus
Mitgliedern des Parlaments gewählt werden kann,
ferner Patrone und Bizepatrone. Unter ihm ftehen
ı Hülfsgejellichaft der Londoner M. G. und nach dem
Vorbilde derjelbendieNiederländifheM.-G es
fellfjchaft zur Fortpflanzung des wahren Chri-
ſtenthums unter den Heiden, die erſte auf dem
Continente geftiftete. Sieerrichtete 1310 eine eigene
die ſämmtlichen Bifhöfe der engl. Kirche als ge: | Vorbereitungsanitalt in Berkel (fpäter nad) Rot:
borene Bizepräfidenten. Mit ihnen in Verbindung | terdam verlegt), deren Zöglinge meift im Dienft
verwaltet der „leitende Ausſchuß“ (beftehend aus | der Londoner Miffionsgefellihaft verwendet
jämmtlichen geiftlihen Mitgliedern und einer Ans | wurden. Seit 1810 jedoch begann die Niederlän:
zahl weltlicher) die jämmtlichen Gejchäfte der Ge: diſche M.-Gejellfchaft felbitftändige Stationen auf
ſellſchaft. Ihre erften Miffionare fandte fie 1804 | den niederländiihen Colonien des indifhen Ar:
nad Weftafrifa. Seit 1825 hat fie in London ein | chipeld zu errichten. Auf biefes Gebiet blieb fie
eigenes Miffionsinftitut zur Bildung ihrer Miffto: auch fpäter bejchränkt. Neben ihr hat fich fpäter
nare; fie hat aber ftet3 auch an deutichen Miſſions- ein zweiter Verein gebildet, an deſſen Spige Dr.
anftalten gebildete Zöglinge in ihren Dienſt genom⸗ | Heldring fteht, der als dag Feld feiner Thätigkeit
men,von denen fie jedoch feit den lekten Jahrzehnten
die el ber biſchöflichen Ordination, und den
Eid auf die 39 Artikel der englifchen Kirche fordert.
Sie ift die größte und ausgebreitetfte aller Geſell—
ſchaften, ihr Mijfionögebtet umfaßt Dftindien,
China, Afrika und Weftindien; in ihren Dienften
jtehen über 2000 eingeborene Helfer und mehr ala
200 orbinirte Miffionare. Die Baptiften Miſ—
ſionsgeſellſchaft (Baptist Missionary Soci-
ety) 1792 geftiftet; ihr eigentlicher Gründer und
eriter Mijfionar war William Carey, der 1793 die
Miffion zu Serampur in Indien. begründete. Ihr
eigentliched Gebiet ift Oft: und Weftindien, außer:
dem hat fie Stationen in Südafrika und Südame—
rita ſowie auf den Inſeln des malaifchen Archipels.
Ein Ausſchuß, beitehenb aus 18 geiftlichen und 7
weltli Mitgliedern, ſowie ein dieſem untergeord⸗
netes Generalcommittee (86 geiftliche, 19 weltliche
Mitglieder) haben bie Leitung der Gejellfchaft in
H Wegen ihres ſtrengen Feſthaltens an der
Prädeſtinationslehre trennte ſich der arminianiſch
gefinnte Theil der rg von ihr und gründete
die General Baptist Miss. Society. Die Weö-
leyaniſchen M eg hatten von Anbeginn
mit der Heimath-Miſſion die Heidenmiſſion ver:
bunden. Den eriten Anftoß zu legterer gab John
Wesley ſelbſt; 1786 fandte er den Dr. Thomas
Eote (vgl. d. A. Methodifien) nad Amerika, der
nun bis zu feinem Tode (3. Mai 1814) das ganze
Miſſionsweſen faft allein leitete, E3 wurde dann
jofort ein eigener Miffiondverein zu Leeds gegrün-
det, der eine ungemein große Thätigfeit entfaltete.
1839 wurden bie einzelnen größeren Miffionsge-
ſellſchaften abgefonderten Conferenzen zugetheilt,
doch fo, daß diefe wieder ſämmtlich unter- der ober:
jten Zeitung der englifchen Conferenz ftehen. Ihre
Stationen — ih in Rordamerila, Oſtindien,
Weſtindien, den
tadelt an ihnen, daß fie ſich Häufig in die Arbeits—
gebiete anderer Geſellſchaften eindrängten. Gleich:
itig mit der Londoner Miffionsgejellichaft ent:
md in Schottland 1796 die Schottijche Miſ—
fionögefellihaft, per bis 1833 unter den
Tataren am laöpiichen Meere thätig war, dann,
ald in dieſem Jahre die ruffiihe Regierung alle
üdfeeinjeln und Afrifa. Man
hauptſächlich die alten, aber verfommenen und fa
vergeffenen Ehriftengemeinden auf den holländi«
ſchen Eolonien gewählt hat.
In Deutſchland ift das ältefte Miſſions—
Inſtitut das von Franke geftiftete und mit dem
Waifenhauszu Halle verbundene; eigentlich nurein
Seminar für Miffionare, überließ es feine Zög:
linge zuerft an das Kopenhagener Miffionscolle:
gium, jpäter an die englifche Gejellfchaft zurfort:
piiansung des Evangeliums. Der Auffhmwung der
iffionsthätigkeit in Deutjchland ging aber aus
von der deutſchen Chriſtenthumsgeſellſchaft in
Baſel. In Folge der von ihr auögehenden Anre:
| gung und hauptjähli von Mitgliedern |derjel-
‚ben wurde 1815 die Evangelifhe M.:Gefell:
ſchaft gegründet und bereits im folgenden Jahre
ein eigenesM.-Seminar eröffnet. (Oftertag, Entite:
hungsgeſchichte der Miſſionsgeſ. zu B. 1865). Auf
den allgemein hriftlihen Grundſätzen der Londo—
ner Gelelifchaft ftehend, überließ der Verein feine
Zöglinge anfangs den englifchen ——
begann aber 1832 mit der — en Entſen⸗
dung von Miſſionaren nach dem Kaukaſus. Sein
—— Gebiet iſt Afrika, Oſtindien und
hina. Gleſchfalls unioniſtiſch iſt die Rheiniſche
Miſſions-Geſellſchaft mit dem Miſſions—
hauſe zu Barmen. Hervorgegangen 1828 aus dem
1799 geſtifteten Elberfelder MeVerein, der mit
der Baſeler Geſellſchaft in Verbindung ſtand, dem
1818 gegründeten Barmer Verein in Verbindung
| mit den Mijfionsvereinen zu Köln und Weſel, bil-
det die Gejellichaft die Einheit für die Gefammtheit
der Vereine in ben Gemeinden und Synoden von
Rheinland und Weitphalen. Die Leitung der Ge:
Igähe fteht bei der „Deputation der rheinischen
iſſfions⸗-Geſellſchaft“, einem Ausihuß von 10
Mitgliedern, der der alljährlich zufammentretenden
Generalverfammlung des Vereins verantwortlid)
iR. Das Miſſionsgebiet ie Südafrika, Borneo und
—* In ähnlicher Weiſe und mit ähnlicher Ver—
—— die Norddeutſche Miſſ.-Geſ.
1836 aus ber Vereinigung ſämmtlicher M.:Ver:
eine in Rorddeutſchland. Anfangs auf demſelben
freien Standpunkte wie die Baſeler ſtehend, ward
die Geſellſchaft allmählich immer mehr in confeſ⸗
41
Miſſionsgeſellſchaften
fionelle Streitigkeiten hineingezogen. Dieſe führ: |
ten zugleich mit finanziellen Bedrängniſſen 1849
die Auflöſung der 1886 in Hambur geftifteten |
Miffionsfchule herbei. Im folgenden Jahre über: |
nahm die unioniftiihe M.:Gefellich. zu Bremen die |
Reorganifation auf dem Boden evangelifcher Freis |
heit, worauf die Gonfejfionellen —2 Die
Geſellſchaft wirkt ſeitdem mit mehr
ſächlich in Weſtafrika. R Berlin hatte bereits
ſeit 1800 der Prediger Jänicke eine Schule zur
Ausbildung junger Leute für den Miffionsdient
gegründet, deren Zöglingeden Mifj.-Gejellichaften
zur Ausjendung überwiejen wurden. Eine Reihe
tüchtiger Arbeiter ging daraus hervor. Indeß nicht
lange nad) Jänide's Tode (1827) Löfte das Unter: |
nehmen fi auf. An feine Stelle trat dann die aus
ihm bervorgegangene Berliner M.:Gejellichaft,
geRfet 1823, Sie befigt feit 1830 ein eigenes M.:
eminar und hat ihre Stationen in Sübdafrifa. |
Die 1842 begonnene oſtindiſche Miffion hat fie
1847 in Folge von Geldbedrängnifjen wieder auf:
gegeben. Urſprünglich unirt, ift fie, der confeifio: |
nellen Strömung folgend, zur ausgeſprochen luthe:
riſchen geworden. In Folge der fortwährenden |
—*88 ſchied 1836 der Prediger Goßner
(+ 1858)aug der Geſellſchaft aus und gründete den
Evangelijden Miſſionsverein. Derjelbe ver:
wirft eine wifjenjchaftlihe Ausbildung der Miifio: |
nare und legt bejonderes Gewicht darauf, dab der
Miffionar jih feinen Lebensunterhalt felbit er:
werbe, Seine Stationen find in Neu:Süd: Wales
unter den Papuas jeit 1838, den Sübjeeinjeln und
Oftindien. Die Evangeliſch-lutheriſche M.:
©. zu Dresden war, wie Anfangs alle deutſchen
M.:%.,mit Bafelverbunden, trennte ſich aber 1836
davon aus confejjionell Iutherifchen Gründen. Die
olg, haupt:
688
Miſſionsſchule in Dresden wurbe 1838 eröffnet, ſpä⸗
ter wegen der Univerfität nah Leipzig verlegt.
Geſellſchaft hat das Gebiet der alten Halle’fchen
reſp. dänischen Mifjion übernommen und wirkt in
Djtindien und Südauftralien.
Selbitjtändig und eigenthümlich jteht die Her:
mannsburger Wijfion (Dannover), begründet
dur ben im Jahre 1865 verjtorbenen Paſtor
Harms, die eine ſtreng lutherifch kirchliche fein will.
Sie begann ihre Wirkſamkeit 1854 unter den Gal:
las in Dit:Afrifa. Noch ift zu erwähnen ber Ge:
jammtverein für die otneliige Miifion
jeit 1856 beftehend, der durch Gühlaff alseine Ver:
einigung mehrerer Vereine zur Unterjtügung fei«
ner Arbeit ins Leben gerufen wurde. In Frank:
reich bejteht jeit 1824 die Barijer Miſſions—
Geſellſchaft mit einem eigenen Mifjions: Se:
minar und dem Miffionsgebiet in Sübdafrita.
In Amerika ift die bedeutendfte Geſellſchaft
die große amerifanijhe M.-Geſellſchaft
(American Board of Commissioners for foreign
Missions), geitifiet 1810 nad dem Vorbild der
xondoner Gejellihaft. Sie hat kein beftimmtes
dogmatijches Bekenntni für ihre Angehörigen und
läpt ihren Arbeitern in Bezug auf die Kirhenform
neuzugründender Gemeinden freie Wahl. Der Sig
ver Geſellſchaft ift Boston, die jährlihen Haupt:
verjammlungen finden jedoch abwechjelnd in den |
Hauptitädten jtatt. Ihre Miffion umfaßt in drei
Abtheilungen die riftlihen Kirchen der europäi: |
ie!
ſchen und aſiatiſchen Türkei, jodann die civilifirten
heidniſchen Bölfer in Dftindien, Siam und China, |
endlich die rohen heidnijhen Stämme der In: |
u
Miffion (Volks)
dianer in Amerila, ber Neger in Afrifa und ber
Bewohner der Sandwichsinſeln und Borneos.
Nächſt dieſer ift die bedeutendite bie un as u
Kufaent der Baptiften (American ptist
ard offoreign Missions), gegründet 1814, bie
vorzugsweiſe in Aſien, Birma und unter den Ra-
renen wirkt, aber auch bie Kirchen Europas in den
Kreis ihrer Thätigfeit gezogen hat. Die Ge:
fellihaft der Sresbsterianer (Presby-
terian Board of for. Miss.), feit 1820 beftehend,
fendetMiffionare nah Indien und afrifa;die ber
Methodiften,1819 geftiftet, arbeitet in Liberia
Weitafrila) und unter den Farbigen in Amerika.
ie ©. der bifhöfliden Kirche (Board of
Missiens of the protestant episcopal church in
the United States) ift vorzüglid in Weftafrifa,
China und der Türkei, die deutſche auswär—
tige Miffions:Gefellfhaft von Nord:
amerifa, geftiftet 1837, in Indien thätig.
Miffionsprediger, heißen in der latholi
Kirche alle die Prieſter, welche in bejondern klö—⸗
jterlihen Anftalten zum Dienfte in der heimath⸗
lichen oder der auswärtigen Miffion berangebildet
werden. Someit fie nit zu klöſterlichen Orden
ehören, wiez. B. die Barnabiten, Redemptoriften,
ejuiten, Theatiner ꝛc. (ſ. d. 9.) find fie Glieder
befonderer Miſſions — Derartige
find : die Gongregation des Oratoriums, bieCongre:
dation des h. Vincent von Paula oder Lazarijten,
(j. d. 9); die Eongregation des heil. Sacraments,
geitifiet 1692 durch Biſchof Authier von Sisgau,
1790 in den Revolutionsftürmen erloſchen, jpäter
aber wiederhergeftellt; die Congregation Jejus und
Maria, auch Eudiften genannt, geitiftet 1647 durch
den Priejter Jean Eudes (f. d. A.); die Congre:
ation ded h. Geiſtes, geftiftet 1701, mit einem
eminar in Paris, in der Revolution untergegan:
en, 1805 wiederhergeftellt; die Seminariften von
t. Nicolaus von Chardonnet, gejt. 1612 von Jean
Bourdoife in Rheims, jpäter nah Paris überge-
fiedelt ; die Prieſter des Seminars der auswärtigen
Niffionen in Paris, im 17. Jahrh. durch Bernard,
Biſchof von Babylon, geitiftet, jpäter zeitweiſe auf:
gehoben, von Pius wiederhergeitellt ; es wirken
in Indien und China an 80 Priefter, die Mijfiond-
priefter von Frankreich, geftiftet durch Abbe Legris-
Duval, wurden 1830 aufgehoben, find indeh wieder
erftanden und richten ihre Thätigkeit vornehmlich
san den Proteftantismus. P
iffion, Bold» in der fatholiichen Kirche,
eined der Erweckungsmittel des ——
lichen Geiſtes und ſeit 1848 auch in
land eingeführt. Sie bezweckt durch einen
erſchütternden Ruf zur Buße bad Bolt zu einer
Generaibeichte und einem innigen Auſchluß an bie
kirchliche Heilanftalt zu treiben. Das Wejen der M.
befteht danad) in einer zufammenhängenden Rei:
henfolge von Predigten (wobei befonderes Gewicht
auf fogenannte Standespredigten gelegt wird), die
in ben Gottesdienft weniger Tage zufammenge:
drängt werben, und welche in ftarfen Zügen ven
Gegenfat des ſündlichen Verderbens und der von
der Kirche angebotenen Gnade, am Schluß aud
wohl die Herrlichkeit der kathol. Kirche im Ge:
genſatz gegen die evangelijche hervorheben. Zu den
Miffionen, welche in den einzelnen Diözejen der
Biſchof anorbnet, werden Jefuiten, Redemptoriften
und Kapuziner verwendet, Die Mijfionen find für
das Bolt, was bie Exercitien für die Geiftlichen.
unrn
Mitra
Den Eindrud ber M. zu befeftigen, dient nicht nur
die Entfaltung größeren firhlihen Pompes, die
Anmwefenheit vieler Geiftlihen, die der vermehrte
Andrang zum Beichtftuhl fordert, ſondern aud) die
Stiftung von Brübderfhaften, die Gewährung von
Abiäffen und endlich die Aufrih’ung eines Miffi-
er grog das Ganze ſchließt. Letzter Zweck
ber V.⸗M. ift die Kirchlichleit, grade darum aber
ift fie am wenigften geeignet, wirkliche und gründ:
liche Beflerung der Einzelnen, wie der fozialen
Uebelftände herbeizuführen. Ueber den Eindrud
derfelben aufdie ev. Kirche vgl. die Verhandlungen
des Kirchentags zu Bremen 1852. Ueber ihr Melen:
u prakt. Theol. III. Abth. 1.
itra, d. i. Binde, bei den alten afiatifhen
Völkern die Kopfbededung, in der hriftl. Kirche
die Bifhofsmüge, urfprünglich einfach, feit dem
11. ren mit zwei Hörnern, welche jym:
bolijch die beiden Teftamente andeuten jollen; fie
gehört ald wesentliches Stüd zurontificalfleidung.
Mitteldinge, d. h. die zwiſchen Gut und Böfe in
der Mitte ftehen, find die an ſich fittlich gleichgül:
tigen Dinge. Der Begriff hat zweimal in der
evangelifhen Kirche Anlaß zu Lehrftreitigteiten
gegeben. ©. d. A. Adiaphorijten,
it lene (Mytilene), die alte Hauptitadt der
njel —— der Oſtküſte gelegen. Ihre Ruinen
Snlen fi) beim heutigen Kaftro, auch Mitilini,
Metolin genannt. Paulus berührte M. auf feiner
legten Reife nad) Jerufalem (Apg. 20, 14).
Mizpa, und DigpeindenLXX Meopa«und Mas-
anpd, bei Joſephus Maopadn, Maoperis, von
My, fih umfehen, eine Warte, Höhe mit Rundficht
1.Mof.31,48.1) dad Land am Hermon,bie Heimat
ber Heviter of. 11, 2, zwiſchen dem Dichebel ef
Scheilh und dem Dichebel Heiſch zu ſuchen, mit der
Hauptſtadt Mizpe Joſ. 11,8; — 2) Ramath Mizpe
505.13, 26, lag nah Richt. 10,17; 11,29 in Gilead
war der Wohnort — Dort ſoll Hoſea begra⸗
ben ſein; baher der nahgelegene Berg Dſchebel
Oſcha; vgl. Hoſ. 5,1.—3)M. in Juda Joſ. 15,38,
lag nad Hieronymus’ Onomaſtikon noͤrdlich von
eutheropolis auf bem Wege nach Jeruſalem. — 4)
Mizpa in Benjamin Jof. 18,26, welches wiederholt
als Drt zu Zufammenfünften bes Bolld genannt
wird. Richt, 20, 1;21,1; 1. Macc. 3, 46; 1.Sam.
7,5—16. Es lag nahe bei Rama 1. Kön. 15, 22,
„Jerufalem gegenüber” und warnad) Jerem. 41, 3
der Wohnort Gebaljas. — 5) ein Drt im Gebiete der
Moabiter 1. Sam. 22,3; 2. Chron. 20, 24, wo
Jofaphat über Moabiter und Ammoniter fiegte.
Misraim, der Name Aegypten (f.d. 9.) bei
ben —
Moab, Moabiter, (INC, was 1. Mof. 19
erklärt wird: Nachlommenfchafl des Vaters), ein
den Iſraeliten jtammverwandted Bolf, deſſen
Urfprung 1. Mof. 19, 30-38 berichtet wird,
“
Sie bewohnten das Land öſtlich vom todten | ift fiher irrig.
Meere ; die nördliche Grenze gegen bie Amoriter
bildete der Arnon. Die Hauptftabt war Ar oder
Rabbath:Moab, daneben bedeutend die ſtarle Fe—
ftung Kir-Moab. Die Religion der. M. war der
vorderafiatifche Baalsdienft (f. d.A. Chamos) mit
unzüchtigem Gultus 4. Mof. 25, 1.
Zuge nad Baläftina beobachteten die Juden ein
freundfchaftliches Verhalten gegen die M. 5. Mof.
2,9. 19, die ihnen feindlich ——— ſich
ebenfalls ſcheuten, aber Bileam's Rath, Iſtael zu
689
uf ihrem | war der Sohnes dortigen
Möhler
ſchwächen, folgten 5. Mof. 23, 4. 5, vgl. 2, 29, In
der Richter Zeit hielten dieM. das füdliche Jirael,
namentlih Benjamin, 18Jahre tributpflichtia Richt.
3,12 ff. Durch David’s Sieg an Iſrael zinsbar
eworden 2. Sam. 8, 22, kamen fe bei der Thei—
ung des Reichs an Iſrael. Bei dem Verfall def:
felben feit Ahab machten fie wiederholte Verfuche,
ihre Unabhängigkeit zu erlangen, wurben aber
ftetö wieder bezwungen 2. Kön. 3, 6—27. Nach
der Megführung von Ruben und von Gab be:
mädhtigten fie fi eitweilig des Dftjorbanlandes,
fpäter jchlofjen fie fich an jeden Feind Iſraels und
Juda's an 2. Kön. 24, 2, verbanden fihzulegt mit
den Chaldäern zur Zerftörung Jerufalems, val.
Ezech. 25,8, Zeph. 2, 8 ff. und wurden wenige
Tr fpäter von diefen ebenfalld unterjocht. Jos.
nt. 10, 9. 7. Der hieraus erflärliche fpätere Na:
tionalhaf der Juden gegen die M. fpricht ſich aus
5. Mof. 23, 4 und inden Reiffagungen Jeſ. 15. 16,
Ezech. 25. 8; Amos 2, 1—3, Die legte Erwähnung
der M. ift Neh. 13, 1; jpäter find fiein die arabifchen
Stämme aufge angen und in deren Geſammtna—
men mit begriffen.
Moderatismus war die Bezeichnung einer ge:
en Ende des 17. Yahrh. unter der Geiftlichkeit
Schottlands entftandenen Richtung, welche die
Schärfen und Eden des Presbyterianismus in
Lehre und Praxis der Kirche zu vermeiden fuchte
und fi dabei grundfäglich auf das Staatäfirchen:
tegiment ftügte. Ihre Gegner erhielten die Be:
jeihnung: die Wilden.
deſtus, wurde mit einigen Presbytern dem
Biſchof Birgilius von Salzburg (745—84) auf
Anfuhen des Herzogs Chettomar nad) Karanta—
nien (Kärnthen) gejendet. Er ſoll dort einige Kir—
hen begründet haben, ftarb aber nad) kurzer Wirk:
famkeit und feine Geiftlichen kehrten nad Salz:
burg zurüd. Danach wird M. ald Apoſtel Kärn—
then verehrt. — Erwähnenswerth ift ferner Mo:
deſtus, Patriarch von Zerufalem 616—26, ber
die im Jahre 614 von den Berfern unter Chos:
088 II. zerjtörte h. Grabeslirche wieder aufbaute,
wobei er wahrjcheinlich dem Grabe eine von der
früheren etwas abweichende Geftalt gab.
din (Mudeiv LXX, Mudseiu Joseph.), der
Wohnort des Mattathias, des Baterd der Macca:
baeer, wo diefer auch zuerft gegen den ſyriſchen
Götzendienſt auftrat. 1.Macc. 2,1 ff. Das dajeldft
befindliche Familiengrab baute Simon pradhtvoll
aus 1, Macc. 13, 25 f. Die Lage des Orts ift un:
gemiß, doch ift er nicht weit vom Meere, in ber
tähe der philiftäifchen Ebene zu fuchen (val. 1.
Macc. 16,4. Nach dem Onomaitifon des Eufe:
bius lag e8 in der Nähe von Lydda; aud) in den
Kreuzzügen fuchte man es in diejer Gegend, bei
Nitopolis (Emmaus). Die Tradition, welche es in
dem auf tegelförmigen Berge, mweitlich von
Jeruſalem gelegenen Dorfe Szöba finden wollte,
binſon u. A. halten den Tellvon
Zätrön, Ewald das mehr ſüdöſtlich liegende Dorf
Ma’in für den obigen Angaben entſprechend.
Möhler, Dr. Johann Adam, einer der bedeutend»
ften deutſchen katholiſchen Theologen der Neuzeit,
' geb. zu Igersheim bei Mergentheim, 6. Mai 1706,
ehe ieh Schult⸗
eißen. Er ſtudirte zu Ellwangen ſeit 1814 Phi—
oſophie und ebenda Felt 15, jpäter, als die Fa—
Kultät nad; Tübingen überfiedelte, hier Theologie.
Zum Prieftergemeiht 1819 ward ernad) einjähriger
Mönchsregeln
Thätigkeit als Pfarrvicar Repetent im Tübinger
Seminar. Im —— ſich um a u
rerftelle zu bewerben und fi gänzlich den Hafji-
fhen Studien zu widmen, wurde er als Privat:
bocent der Theologie an die Univerfität berufen
und habilitirte fih nad Vollendung einer wiffen:
ihaftlihenReife 1823 zunächft für Kirchengeſchichte,
Batrologie und Kirchenrecht; 1826 zum a. o., 1628
zum ordentlichen Profeffor ernannt, fiebelte er,
nachdem er Berufungen nad) Freiburg und Bres—
lau abgelehnt, 1836 nad; München über. Im fol-
genden Jahre lehnte er zum zweitenmal einen Ruf
nad Bonn ab; feiner Kränklichfeit wegen übertrug
ihm der König das Domdehanat Würzburg, aber
fhon wenige Wochen darnach ftarb er 12. April
1838. M’3, berühmtefte, epohemahende Schrift iſt
„Symbolit oder Daritellung der dogmatiſchen Ge:
genläge der Katholifen und Proteftanten nad) 3
ren öffentlichen Bekenntnißſchriften“, Mainz 1832.
6. Auflage 1843. Indem hier die Reformation,
an der Manches als relativ berechtigt anerkannt
ift, einem idealifirten Katholicismus gegenüber
doch nur aldeine große Verirrung dar eteitt wur⸗
de, eröffnete die Schrift, welche durch ihre Bedeu—
tung dem Kari nein zu der Hoffnung Anlaf
gab, der Proteftantismus werbe, geiftig überwuns
den, auch ak zu befiegen fein, eine neue
Periode wiſſenſchaftlicher Controverſe zwiſchen dem
Ratholicismus und dem Proteſtantismus. Die
Hauptgegenjhriften gegen M. waren: Baur, der
—* des Katholicismus und Proteſtantismus,
Tub. 1834. (Dagegen Möhler, Neue Unterſuchungen
der Lehrgegenſähe, Mainz 1834, 2. Aufl. 1835); Mar⸗
einede, Recenſ. ber Möhlerſchen Symbolik (Jahrb.
ee aftl. Kritik, Berlin 1833) ; C. J. Nitzſch,
Proteſtantiſche gran der Symbolit Dr.
Möhler's (Studien und Kritiken 1834,1835, auch
befonderd abgedrudt). Vorher waren von Möhler
erihienen: Die Einheit der Kirche oder das Prin-
zip des Katholicismus, Tüb. 1825; Athanaſius
der Große und die Kirche feiner Zeit im Kampfe
egen den Arianismus, Tüb. 1827. 2. Aufl. 1844.
emerfenäwerth fürfeinen firhlichen Standpunft
4J außerdem die Abhandlung über das Cölibat der
eiſtlichen, das er als die Grundbedingung der
era feit ber Kirche auffaßte. Seine nachge—
lafienen driften und Auffäge gab Döllinger her:
aus, 2 Bde., Regensb. 1839—40, feine „Patrolo⸗
gie oder hriftliche Literaturgefchichte” Reithmayer
Regensb. 1839. Zur Biographie " Symbolif
5. Huf. und die Mittheilungen von D.F. Strauß
in „Heine Schriften ꝛc.“ Leipz. 1862,
Möndjdregeln. Neben dem ifolirten Mönchthum
der Asketen und Anadoreten entwidelte fi im
Orient ziemlich gieingeitig auch ein eigentliches
Klojterleben der Gönobiten. Bereits Pachomius
+ 348, ordnete bafjelbe durch Regelung des Vor:
tande3, ber Aufficht, der Beichäftigung u. ſ. m.,
oh waren jeine Vorſchriften mehr allgemein
ethiſchen Inhalts. Allgemeinere Geltung erlang-
ten erft die unter dem Namen des Bafilius des
Gr. (329—379) des „Vaters der Mönche” aufbe:
wahrten fürzeren und meiteren Regeln (Regulae
brevius et fusius tractatae, Opp. tom. II, von
Combefis ihm abgeiprochen, von Garnier für echt
ger Sie find bunteften Inhalts und behan:
eln das äußere Verhalten der Mönde, Gehorjam,
Lebensweiſe, Ernährung, Kleidung ꝛc. hauptſäch—
690
Mönchsregeln
Auf Baſilius werden auch die Vorſchriften über
die drei Grundgelübde des Mönchsweſens, Ar—⸗
muth, Keuſchheit, Gehorſam, —— Die
Regel erlangte im Orient allgemeine Geltung, ſie
wird noch jetzt von den griechiſchen Mönchen, den
Neſtorianern, Melchiten u. a. befolgt; außerdem
lebt nad) ihr der noch in Sicilien und Amerika
verbreitete Orden der Bafilianer. So lange indeß
das chriſtliche Mönchsweſen auf das Morgenland
beſchränkt blieb, entwidelte e8 fich mehr in freier
Mannigfaltigteit einer fubjeftiven Religiöfität.
So bildeten zur Zeit des Hieronymus (Epist. 18
ad Eustochium de custodia virginitatis) in Sy«
rien, Paläftina und Aegypten die Sarabaiten
(Rhemoboth) die Mehrzahl der Mönche ; fie lebten
mitten in der Gejellichaft und den Städten, höch—⸗
ſtens zu zwei ober drei und unabhängig von jeder
Klofterregel. Ald aber das Mönchsweſen durch
Athanafius u. A. in's Abendland verpflanzt wur:
de, ergab fi) die Nothwendigkeit einer beftimmten
DOrganifation und Gefeggebung für die aus ber
Laienmwelt audgefchiedenen und doch nicht zum
Klerus gehörigen Mönche; ftatt fich vielfeitig und
maßlo3 zu vergweigen, mußte das Asketen⸗Leben
bier, bei der allgemein herrſchenden Reigung, ſich
an eine äußere Heilsanftalt (die Riche), an be:
ftimmte Heildträger und Heilsmittel anzuſchließen,
durchweg gejellichaftlih zufammen wachſen. Es
geſchah das nicht ohne Kampf, denn ein georbne-
tes Klofterleben, mit äußerfter Entfagung, fortge-
fester Betrachtung, Handarbeit und eſchloſſen⸗
heit war or den erjten fanatifchen Asketen wie
einer ſehr großen Zahl ihrer Nachfolger zuwider;
ein großer Theil derſelben ſchweifte ald Gyrovagi,
Circumcellionen (f. d. A.), umher; e8 gelang trotz
vieler gegen fie gerichteter Synodalbeſchlüſſe erft
um 800 fie verſchwinden zu laffen und dad abend:
ländifhe Mönchthum allgemein in die feſte
des Cönobitenlebeng zu bringen. Was nun bie Or:
ganifation deſſelben im Abendlande betrifft, fo
richtete bereit Cajjianus zu Anfang bes 5.
Jahrh. Klöfter zu Maſſilia ein, denen er ın feinen
»De coenobiorum institutis libr. XII.« beftimm:
te, noch ganz auf orientaliihen Traditionen be:
ruhende, zum Theil unnatürlihe und graufame
Regeln “ (Cassian. opp. edid. Gazaeus 2eips.
1733 fol.). Mit der Ausbreitung des Kloſterweſens
entftanden in den verſchiedenen Klöſtern beſondere
Regeln; wenn biejelben indeflen auch vielfad von
einander abwichen, jchloffen fte fich dennoch nicht
aus; es fanden fich vielmehr oft mehrere in einem
Klofter und re en bafelbft nach der Auswahl des
jeweiligen Abtes, fo daß eine befondere Regel nicht
auch einen befondern Drden jchuf. Erft die Regel
Benedict’8 vonNurfia 529 (am beiten bei Edm,
Martene, Commentarius in regulam S. P. Bene-
dieti litteralis, moralis, historieus. Paris 1690;
vgl. auch d. A. Benedictiner) brachte Maß und Ein:
heit in die biöherige Willfür, In Nebendingen
nadhgebend, ziemlich verſtändig, einfach und voll»
ftändig, forderte fie Keufchheit, Nüchternbeit und
namentlih Schweigfamteit, Demutb und Gebor:
fam gegen die Oberen mit aller Strenae. Sie
wurde für alle folgenden muſtergültig und er:
langte, begilnjtigt durch das Einheitöftreben ber
Kirche und Päpſte, namentlich Gregor d. Gr. und
Öregor II., wie auch durch den Einfluß Bonife:
zus‘, des Apofteld der Deutſchen, um 800 allge:
Lich aber fubjective und cafuiftifhe Angelegenheiten, | meine Aufnahme. Doch entjtanden neben und nad
Mönchsweſen
ihr noch mehrere beſondere Regeln. So die des
Eupippius, Equitius und namentlich die
beiden kleinlichen und pedantiſchen des Caeſa—
rius von Arles 502—548, regulae duae, altera
ad monachos, altera ad virgines (vgl. Oudin.
Dissert. de vita et scriptis S. Caesarii Arelat.
in de script. eccles. I.) Neben dieſen beiden er:
langte namentlich in Gallien vielfadye Geltung bie
Regel Eolumban’s (feit etwa 560 in Gallien
thätig), des Gründers von Lureuil und vieler an⸗
derer Klöſter; wahrſcheinlich aus feinem Stamm:
Hofter Bangor in Jrland mitherübergebracht, war
fie äußerft Heinlich und ftreng, fo daß fie für Ver:
eben der Mönde nur körperlihe Züchtigung
annte. Im 8. und 9. Jahrhundert mußte fie der
Benedict's weichen, im 12. Yahrh. ift ihre legte
Spur verloren. (Die Regel bei Holstenius, codex
—* I, 166 sq.; über ihr Verhältniß au der Be:
nedict’3 Mabillon, Acta Sanctor. ord. Bened.,
praefat. ad saecul. II.) Aehnlichen Character ha⸗
ben die Regeln deö Fructuofus, Erzb, von
Braga 656 bi3 etwa 675; auch fie fordern blin-
deften Gehorfam und mechaniſche Pünktlichkeit.
Die eine berjelben galt für Mönche, die andere für
ganze, im Klofter lebende familien (letzteres eine
in Spanien damals jehr verbreitete Unfitte, um
fi von Steuern, a bienften ꝛc. zu befreien,
vgl Mabillon, ann. Ord. B. 1, 487). Die größte
Bedeutung neben der Benedictinerregel erlangte
bie aus des Auguftinus zwei Reden über bie Sit:
ten der Geiftlihen und den Büchern an die Non:
nen von Hippo zufammengefegte Auauftiner:
regel. Bereits zu Auguftinus Zeit lebten viele
Geiſtliche nach einer allgemeinen, fie von der Welt:
eiftlichfeit trennenden Form und beftimmten
atzung. Ehrodegang von Me führte ähnliche
um 760 unter jeinem Klerus ein; Innocenz IV,
vereinigte dann um die Mitte de 13. Jahrh. eine
Reihe Einftedlergenofjenihaften unter der Norm
der Augquftiner-Regel. Nach ihr leben, unter Ab-
änberung einzelner Beitimmungen, hauptfächlich
die Prämonftratenjer, Auguftiner, Serviten, Do:
minilaner, Sefuiten u. a.; von weiblichen Orden
die Magbalenerinnen, Saleflanerinnen, Annun:
ciaten, Urfulinerinnen, und die barmherzigen
Scmeftern. Ausgeprägt ſtreng asketiſchen Cha-
rafter trägt die Franciscaner-Regel, um 1210
geaeben, 1223 beftätigt (vgl. d. Art. Franz von
fift) ; namentlich verlangt fie unbedingtefte Ar:
muth und Demuth und macht dabei, völlig neu
und abweichend von allen früheren, Predigt, Seel:
forge und Kranfenpflege zur Pflicht. — Die in al:
len Orden zeitweilig eintretende Gorruption, ba:
neben religtöfer Subjeltivismus und das Streben
nad) etwas Befonderem hatten eine Menge Aen:
derungen der urjprüngliden Regeln, theild in
ftrengerem, theild in milderem Sinne, und damit
befondere Ordensregeln zur Folge. Bal. hierüber
bie einzelnen Drden, ferner den X. Mönchäwefen.
Zur Zitt.: Holstenius, Codex regularum monasti-
carıum. Rom 1661. Verbeſſ. und vermehrt von
Brodie Augsb. 1759 fol. 6 Bde. Miraei regulae
et eonstitt. elericor. in congreg. viventium.
Antw. 1638.
Möndsweien, ift gleicherweife hervorgegangen
aus dem Drange, der Welt zu entjagen, wie aus
dem Triebe nad) äußerlicher Religionsübung. Es
begann mit dem Einfiedlerleben der Wüfte, als die
wachſende Ausbreitung des Chriftenthums das bis
691
Mönchsweſen
dahin abgeſchloſſene Leben der Chriſten in ein
weltförmiges verwandelt hatte. Aus der heidniſchen
Weltanſchauung eingepflanzte Ideen ließen Welt
und Irdiſches, Sünde und irdiſches Streben gleich:
fegen und verwechſeln, jo daß dem Befit des irbi:
ſchen Gutes und dem Familienleben zu entfagen
als hriftlihe Vollkommenheit angejehen wurde.
Armuth und Keufchheit find Grundbedingungen
alles Mönchälebend. Mit dem Aufhören der Ver:
folgungen und des Kampfes gegen ein im Staate
mächtige Heidenthum fiel die Möglichkeit hinweg,
ſich darin vor Andern und vor fich jelbit in der
Kraft der Frömmigkeit zu bewähren und in der
dabei geforderten fittlihen Anftrengung die Ge:
fahr ſchlaffer Mattherzigkeit zu überwinden. Da:
mit war es um fo nähergeleat, die Einfamleit und
Weltentfagung an die Stelle des Kampfes treten
zu laflen. — Als erfter Einfiedler gilt Paulus v.
heben (.d. X.) um 250 n. Chr., der erjte Mönchs—
verein (zowljıor) ward von Pachomius (j. d. U.)
7 348, um 330 auf der Nilinjel Tabennä gegrlin:
det. Von diefer Zeit an verbreitete fich zunädhit das
griechifch:orientalifche Möünchthum mit unglaubli:
her Schnelligkeit. Indeß gelangte es im Morgen:
(ande weder zu innerer Zujammengehörigleit noch
u tiefer eingreifenden Bedeutung; nur in den
ilderjtreitigfeiten ift die möndjiihe Denkweiſe
von Einfluß geweſen, in fofern fie immer dem zus
geneigt war, was einem finnlichsreligiöfen Phan:
tafteleben die größte Anregung gewährt. Dienahe:
liegenden eig bes M's. myftiiche Abwege
zeigen fi inden Mefjalianern, Euditen und ben
Sen haften des Athos (ſ. d. A.); asketiſche Lleber-
treibungen in frühefter Zeit in den Afoimeten,
Styliten u. A. In das Abendland übertrug Atha:
naftus das Gönobiten:Zeben. Hier ward es bald
zum wichtigſten Faktor der kirchlichen Entwidlung.
Bei den vom Chriftenthum eben erft durchdrunge⸗
nen fozialen Zuftänden ber faum befehrten Bölfer
mußte das Mönchsleben, als die Fortſetzung und
Erneuerung jenerinnigen, auf allen eigenen Beſitz
verzichtenden Lebensgemeinſchaft, in der die erften
Epriften geftanden hatten, auf alle ernfteren Ge:
mlüther unwiderftehliche Anziehungsfraft ausüben,
Als die wahrhaften irdiſchen Gemeinden bildeten
die Klöſter die Miffionspoften unter den Heiden,
die Burgen des gefährdeten Chriftenthums, und
vereinigten, bis das römische Kirchenweſen die Ues
berband gewann, nicht jelten auch die Kirchenlei:
tung in ii. Daher erweift fi) das M. auch ftär:
fer ald die andere Corporation, die der Prieiter:
fchaft, welche diefelbe Idee auf magiſche Weiſe
d die Weihe zu verwirklichen ſucht. Anfänglich
nur Laien, wurden einerſeits nicht nur die Mönche
dem Clerus immer mehr 5* bis ſie ſeit dem
10. Jahrhundert in der Regel ſämmtlich clericale
Weihen erhielten, ſondern das Mönchsleben ver—
breitete ſich auch anderfeit3, über die Prieſter,
(Eölibat, Chrodegangs Regel, Ganonifer, ſ. dieſe
Art,), jo daß diefe den Mönchen ähnlich) wurden.
Noc mehr zeigt fich der Sieg des M's. darin, daß
die Klöfter und Abteien allmählich von der Ober:
aufficht der Bifchöfe fich befreien, die Orden unter
ihren eigenen Oberen unmittelbar dem Papſt un:
terftellt werden; entjchieden gewann das Mönchs—
weſen die Oberhand, alö die Bettelorden das Necht
ber Predigt und des Beihthörens erlangten. Jet
begannen die Mönche die Curatgeijtlichfeit aus *
rem eigentlichen Gebiete, der Seelſorge des Vollks
Mönchsweſen
verdrängen, wie denn noch heute die Miſſionen
er Jeſuiten, Redemptoriſten und Capuziner bei
den Gemeinden die Wirkſamkeit der Weltgeiſtli—
hen in Schatten ftellen. Die Päpſte waren jeder«
zeit geneigt, die Nechte und Privilegien ber Klöfter
mu mehren, ſchon deöhalb, weil diefe in dem Kampfe
es Papſtthums mit den Kaifern, nur von kirchli⸗
hen und religiöfen Intereſſen geleitet, faft durch⸗
weg auf Seiten der Päpfte ftanden, während bie
Biichöfe ſchon als Lehnsträger des Reiches durch
politifche und nationale Interefien häufig auf die
Seite der Kaifer geftellt wurden. — Schon
hatte das Bedürfniß des genoſſenſchaftlichen Lebens
zur rn von Moͤnchs- und Klofterregeln
geführt; alle ältern aber, wie die des Bafilius, des
olumban u. a. verdrängte die Regel deö Benedikt
von Nurfia 529, welche, aufgebaut auf die drei
Mönchägelübde, Armuth, Keufchheitund Gehorſam,
in ihrer Zucht die oft rohe Grauſamkeit der alten
Disziplin vermeidend, die Einfachheit deö Lebens
auf ein natürlihed Maaß zurüdführte und einen
verftändigen Wechjel zwiſchen Gebet, Pjalmen:
fingen und Arbeit anorbnete. Ein erneuter Ber:
—* das Kloſterweſen zureorganifiren, wurde aber
chon in den nächſten Jahrhunderten wieder ein
immer bringenderes Bebürfnik, bis 817 Benedict
von Aniane von Ludwig dem Frommen den Auf:
trag dazu erhielt, undihn mit Energie durchführte.
Aber auch die folgende Geſchichte der Orden be»
zeichnet durchgängig einerfeits ein ftetiges Wachfen
an Anjehen und Reihthum, anderfeits einen zu:
nehmenden Berfall der Sitten. Daher fortwäh:
rende Reformen und Reinigungsverfuche, Aufſtel⸗
fung verfhärfter Regeln und namentlid im 11.
Jahrhundert Stiftung neuer Drben, bei denen bad
ſchwärmeriſche Verlangen nach volllommenen, den
Menſchen Über die Welt erhebenden und vor der
Sünde fihernden Lebendordnungen mitwirkt. So
entitand Durch den Grafen Berno 910 der Eluniacen:
ferorden, derOrden von Grandmont durch Stephan
v. Tigorno 1073, der Kamaldulenſer⸗Orden durch
Romuald 1018,derfarthäufer-Osden durch Bruno
von Köln 1086, der Orden von Fontevraubburd
Robert von Arbriffel 1096, der Ciſterzienſerorden
burd Robert von der Champagne 1098, der Prae⸗
monftratenjer (Norbertiner) durch Norbert von
Kanten 1118, der Carmeliter:Orden, geftiftet von
Berthold von Calabrien während der Kreuzzüge
um 1150. Später rief derjelbe Trieb und dafjelbe
Beblirfniß innerhalb der Orden Spaltungen ber:
vor, aus denen ſowohl neue Gorporationen als
aud) Congregationen zu gegenfeitiger Unterftügung
bei Aufrechthaltung der Disziplin entſtanden, wie die
Congregationen von Winds heim 1386 und Bursfeld
1440. Sede Reform, jede neue Stiftung gab aber
dem Mönchseifer neue Anregung. Wie jehr das
Mönchsweſen die Kirche und die Zeit beherrichte,
geigt die Uebertragung deflelben aufdas ritterliche
eben, wie fie in den geiftlihen Ritterorden, den
Johannitern (Maltefern), geftiftet um 1050, den
Tempelberen 1118, dem Orden ber beutichen Rit:
ter geft. 1190, auftritt. Eine ganz neue Wendung
erhielt dad Mönchsweſen mit der Stiftung der
Bettelorden, der Franciscaner und Dominicaner,
melde, um dem Verderb zu entgehen, ber aus dem
Reichthum ber Klöfter folgte, das Prinzip ber apo⸗
ftofifchen Armuth in feine Conjequenzen verfolgen
wollen. Bisher war das Mönchsweſen nur fich
ſelbſt Zweck gemwefen, bie eigene Vervolllommnung,
692
Mönchsweſen
das eigene Verdienſt, und was der Benedictiner⸗
Orden durch Koloniſation und Anbau des Landes,
durch Unterricht und wiſſenſchaftliche Thätigkeit
der Welt genützt hat, iſt faſt mehr eine zufällige als
beabſichtigte Wirkſamkeit. Jetzt änderte ſich das
Verhältniß völlig. Der h. Franciscus F 1226, be⸗
pe feine Jünger für ein Wirken unter bem
olfe durch Predigt, Seelforge und Krantenpflege,
auf demfelben Wege folgte ihm Dominicus + 1221.
Franciscaner und Dominicaner vermittelten bem
Bolte wieder bie geijtliche dee ber Kirche, kin
früh immer mehr zu einer gebietenden politifchem
Macht geworden war, die Einen, indem fie den
—— in das Voll trugen und durch In=
quifition und Kekergericht vertheidigten, die An-
bern, indem fie das Bolt hineinzogen in Die Ge:
meinjchaft des muftiichen Glaubenäbefikes, wie
denn durch die Stiftung der Tertiarier möndijche
Frömmigkeit der ganzen Gemeinde erreichbar wur:
de. Aber wie fie Dadurch einerſeits die Macht des
päpftlihen Stuhles als feine treueften Diener auf’s
Aeußerſte ausdehnten und als Beichtväler und
—— die Gemüther im duldenden Gehorſam
gegen Rom erhielten, ſo zerſtörten ſie anderſeits
unwiſſend die Grundlage der päpſtlichen Herrichaft.
Die Myſtik, welcheim ranciscaner:Orden gepflegt
wurde (Bonaventura u. a.), verinnerlichte die Rer
ligion und entfremdete die Herzen dem u.
(ihten Kirchenthum, die ftrenge Aäleje der Spi—
ritualen und Objervanten bildete einen entfchie:
denen er zu dem Weltwejen der Kirche und
lie viele durch Frömmigkeit ausgezeichnete Seelen
mit Sehnfucht den Untergang beriefben und ihee
Erneuerung in einem neuen Weltalter erwarten.
Die zahllojen Drbenäftreitigleiten ftörten dabei
den Frieden und die Einigleit der Kirche, und der
beſchränkte Eifer, mit dem bie Dominikaner ber
wiſſenſchaftlichen Forihung Feſſeln anlegten,
führte zu bleibenden Conflicten und zu bauernder
Entzweiung mit dem forticreitenden Zeitgeift.
Die Beradhtung und der Spott, weldhem im 15.
und 16. Jahrhundert die geiftig und ſittlich ver:
funtenen Orden verfielen, traf ebenio die Kirche
überhaupt. Vorher aber hatte die Vollsthümlich⸗
feit der Bettelorden noch die Carmeliter und bie
Auguftiner-Eremiten in’s Leben gerufen. Die in
ber Richtung des Tertiarier-Drbens fi ausſpre⸗
ende Idee Thrten in lebendigerer Weife die Brü-
der vom gemeinfamen Leben und die Begbarben
(j. d. A.) weiter. — Die Reformation rt
ten Einfluß auf die Mönchsorden ausgeübt ; s
all, wo die evangelifche Kirche auch nur vorüber:
gehend Fuß fahte, nahm fie ihnen völlig Bedeu:
tung und Anfehen. Da die Bettelorden dem Auf-
ſchwung ber Wiſſenſchaft nicht folgten, verloren fie
die Predigt und Geelforge; die rein asletiſche
römmigfeit aber .. ihren Nimbus verloren.
as Concil von Trient jorgte zwar für den Fort:
beitand der Klöfter, orbnete fie aber der biſchöf⸗
lichen Aufficht wieder unter. Zu all diefen Um:
ftänden fam nun nod) die Stiftung des Jefuiten-
ordend, dem gegenüber alle übrigen Drden mehr
und mehr von ihrer früheren Bedeutung einbüßen
mußten. Er vereinigte in fi die ganze Bebeu-
tung bes Möncömelens, und zwar einmal ala
Darjtellung bes eigentlihen Kernd ber Kirche,
verband damit aber auch zugleich eine bemußte,
Hug berechnete und ftreng geglieberte Wirt:
famteit nad Außen zur ftetigen Bertheibigung
Mörl
und Verbreitung ber hierarchiſch⸗kirchlichen Ten:
denzen. Die nachreformatoriſchen Stiftungen ha:
ben fämmtlih eine praltiihe Richtung; die
ae Askeſe und Zudt ift einer beftimm:
ten Wirkſamkeit untergeorbnet, fo der Untermei:
fung des Volls bei den Vätern bes Dratoriumd
( 1564), ben Ignorantinern (geft. 1724), der
Srantenflege bei dem Orden ber Heimſuchun
(geft. 1610), den barmherzigen Brüdern ( eft. 1545)
und ben barmherzigen Schmweftern (geit. 1633);
der innern und äußern Miffion bei den Nebemp:
toriften (geft. 1752) und ähnlich bei allen andern.
Nur diefe praktifche Thätigkeit eines Liebespienftes
am Volke hat die Abneigung gegen das Klofter:
weſen, welches auch in der katholiſchen Kirche all:
gemein geworben war, überwinden und eine Wie:
derherftellung felbit der aufgehobenen Orden er:
langen fönnen. Dennod ift in ihnen allen auch
der nächfte Zweck, die Uebung einer hriftlichen Lie:
beöthätigfeit dem Dienfte des Ultramontanismus
untergeordnet. Die jchönfte Liebesthätigleit kann
auf die Dauer eine Corporation nicht zufammen:
halten; fie bedarf greifbare Ziele und einen
beherrſchenden Mittelpunkt für alle ihre Snter:
efien. Und fo find denn die Ausbreitung ber
Kirche, die Aufrechthaltung ihrer Herridaft, die
Vernichtung bes Proteftantismus und der Sieg
über das in Staat und Gefellichaft hervortretende
freie Geiftesleben der Völker jegt die gemeinfamen
Ziele alles Mönchsweſens, Ziele, e welche bie
asletiſche Begeifterung gerichtet ift, und beren
Verwirklichung mitgleicher Energie Bollämiffion,
Kranken: und Armenpflege und Jugendunterricht
erftreben. Die neuere Zeit fieht daher, wo der
Staat es zuläßt, eine tägliche Zunahme Höfterlis
her Stiftungen zumal unter — Bevölke⸗
rung. Zur Litt. vgl. Helyot, Histoire des ordres
— Paris 1714—19. DeutſchLeipz. 1753
—56. 8 Bde. Muſſon,) Pragm. Geſch. der vornehm⸗
ſten Mönchsorden. Paris 1751, deutſch im Aus-
zuge von Crome, Leipzig 1774—84. 10 Bde. Hol-
stenius, Codex regularum monasticarum. Rom
1661. Miraei regulae et constitutt. clericorum
in ——— viventium. Antw. 1638.
Möhler, Geſchichte des Mönchthums (Nachgel.
Schriften II.); Fuhr, Geſch. der Mönchsorden.
Nach Franz. des Baron Henrion, Tüb. 1845.
2 Bbe. Cropp, dad kath. Mönchsleben. 1865. Man-
gold, de monachatus origine et causis Marb.
852. S. auch die einzelnen Drben.
Mörl, Maria von, die Jungfrau von Kaltern
in Tyrol, erregte gegen 1834 großes Auffehen und
wurde von Schaaren von Pilgern befucht, weil fi
bei ihr an Händen, Füßen und Stirn die Stigmata
die Wundenmale bes Herrn, vgl. d. Art. Stigmati-
ation) zeigten, welche Donnerftag Abends und
Freitags bluteten. 1811 geboren war fie von Ju⸗
go auf Fränflich, aber auch Ich fromm. Gegen
nbe bes Jahres 1833 zeigte ji die Stigmati:
firung. Sie 308 ſich fpäter in das Franciscanerin⸗
nenklofter zu Kaltern zurüd, wo fie 1868 ftarb.
Mörlin, Joachim, Iutherifcher Theologe, war
geboren 1514 zu Wittenberg, wo fein Bater, fpä: |
ter Pfarrer zu Weſthauſen in Franken, damals
Profefjor ber Metaphyfit war. Er ftubirte zu Mar:
ung: Eonftanz und Wittenberg, ward hier ſchon
1537 Dialonus, 1539 Baftor in Eiäleben und in
demfelben Jahre zu Wollin in Pommern. Auf
Zuther’3 Beranlafjung Ichrte er jedoch fhon 1540 '
693
— 1544
Mörlin
nad Wittenberg zurück, warb Doctor ber Theolo⸗
ie, folgte aber glei darauf, faum 26jährig,einer
erufung ald Superintendent nad) Arnftabt. Biel-
fach wegen Ki Beſtrebens eine ftrenge Kirchen:
zucht Be ellen, angefeindet, wurde er zulept
wegen efner rüdfichtölofen Rügepredigt, ohne ſich
beim Landesfürſten vertheidigen zu können, ent-
laflen 1543. Aus Göttingen, wohin er 1544 als
Superintendent und Schulinfpector ging, vertrieb
ihn Herzog Erich der Jüngere, weilerdad Interim
erde wollte 1550. Darauf nad) Königs:
berg berufen und dort ald Infpector und Pfarrer
in Kneiphof angeftellt,murbe er 1553 des Amts ent»
jet, weil er das Mandat des dergoge im Dfiandri>
ſchen Streite (f. d. A. Dfiander), daf die Pfarrer
ſich des Läſterns enthalten jollten, eine Eingebung
des Teufeld nannte, wie er denn überhaupt in dem
Streite von übertriebener Leidenſchaftlichkeit nicht
freizufprechen ift. 1554 fam er als Superintendent
und erjter Pfarrer nad Braunschweig. Im Bunde
mit Chemnig nahm er fortan an den theologifchen
und firhlichen Kämpfen als ftarrer Qutheraner den
thätigften Antheil. Im Hardenberg'ſchen Abend:
mablsftreit 1556 von dem Bremer Senat zueinem
Gutachten aufgefordert, erflärte er ſich mit leiden:
ſchaftlicher — gegen Hardenberg. Ebenſo
kämpfte er in den adiaphoriſtiſchen Streitigkeiten
(ſ. d. .), nachdem feine Verſuche, die Parteien zu
verjöhnen (Conferenzen in Wittenberg und Worms
1557) vergeblich geblieben, mit Eifer gegen Flacius
und defien Anhänger. Nach der Unterbrüdung des
Dfiandrismus und dem Umſchwunge in Preußen
berief ihn der Herzog aufs neue zur Ordnung der
firhlihen Berhältniffe nad Königäberg. Hier
verfaßte er mit Chemnig 1567 das Corpus doc-
trinae Prutenicum, ging auf kurze Zeit nad) Braun:
[hweig und nahm dann 1568 die erneute Beru:
fung des Herzogs Albrecht ala Bischof von Sam:
land an und regierte ſeitdem die Kirche des Her:
zogthums —* bis zu feinem Tode 1571. Außer
denbogmatifchen Streitfchriften, namentlich ben ge:
gen Dfiander gerichteten — wie Historia Prutenica,
wie fich die Dfiandrifhe Schwärmerei in Preußen
erhoben 1554. Treue Warnung und Troft an bie
Kirchen in Preußen wider den Abſchied an. 1554.
Daß Oſiandri Irrthum in Feine Bergeffenheit zu
ftellen oder hinzulegen jei, Braunſchw 1555 — pr:
faßte er nicht wenige ber practifhen Theologie an:
gehörige, unter ihnen einen Katechismus, Eisleben
1565. Bom Beruf der Prediger 1565. Vgl. Adami
vitae theol. germ. p. 457 ff. Erdmann, Biogra:
phien ſämmtlicher Baftoren zu Wittenberg. Möller,
Dfiander, Elberfeld 1869,
Mörlin, Marimilian, der Bruder des vorigen,
— 1516 zu —— ſtudirte daſelbſt un⸗
r ber beſonderen Zeitung Luther's und Meland;:
thon's; ward — unbeftimmt warn — Prediger zu
Degau, ſpäter zu Zeig, dann feit 1543 in Schallau
ofprebiger in Koburg, 1546 in
ittenberg Doctor der Theologie und balb darauf
Superintendent des Herzogthbums Koburg. Ein
ftrenger, unbeugſamer Lutheraner, fuchte er auf
der Synode zu Eifenach 1546 die Verdammung
des Juftus Menius dburchzufegen, und fammeite,
als dies nicht gelang, Unterjchriften gegen denſcl⸗
ben im Lande; nicht wenig trug er auch durch fein
allzugroßes Eifern für das echte Lutherthum dazu
bei, daß dad Wormſer Egg A 1557, ar
nelhem er Theil nahm, ohne Ergebniß verlief
Mörs
Als Kurfürft Friedrich von der Pfalz die reformirte
Lehre in jeinem Yande einführen wollte, dispu tirte
M. in Heidelberg 1560 mit dem furfürftlichen Hof:
theologen Peter Boquin, jedod ohne Erfolg. Thä:
tigen Antheil nahm er am Kampfe gegen *
und feine Anhänger; als dieſelben vertrieben, jpä-
ter durch Herzog Johann Wilhelm zurüdgerufen
wurben, warb er jelbjt feines Amtes entjett 1569,
ging als Hofprebiger nad) Dillenburg, ward aber
1572 nad) Koburg zurüdberufen, und war nament-
lic) feit dem Tode Herzog Johann Wilhelm’s 1537
ein thätiger Gegner der Flacianer, die er bei Ge:
legenheit einer allgemeinen Kirchenviſitation
ſämmtlich aus ihren Nemtern entfernte. + 1584.
Schrieb: „„Troftichrift von den Kindlein, die nicht
fönnen zur Tauf' gebracht werden.’ Nürnb. 1575;
Lazarus fesuseitatus, Frankf. 1572, Apophtheg-
mata ex Eusebii Hist. eceles. etc. Horn. 1552.
Val. Bed, Johann Friedr. der Mittlere.
Mörs (Meurs), die Grafichaft, gehört jet zum
Regierungsbezirk Düffeldorf. Früher ein cleviſches
Lehen, fiel M. fpäter andie Grafen von Nuenaar.
Die Reformation führte Graf Herman (} 1579)
ein; fein vornehmfter Gehülfe war Heinrich Bom:
mel von Friemersheim. Nach dem Tode feiner
Schweſter und Erbin Emilie Walburgis 7 1600,
fiel M. gemäß teftamentarifcher Beftimmung an
das Haus Dranien. Rings umgeben von dem Erz:
ftifte Köln ftand die reformirte Kirche der Grat:
ſchaft völlig ifolirt und unabhängig. Als dad Land
1702 an Preußen fiel, gewann bie Gleve:Märf. Kir:
chen⸗Ordnung daſelbſt Geltung und M. bildete eine
mit der Generalignode Cleve-Jülich-Berg wohl
verbundene, aber nicht zu ihr gehörige Claſſis.
Bemerkenswerth ift M. als die einzige Gegend am
linken Rheinufer, in welcher die Reformirten faft
unvermijcht mit Katholiten wohnten. Daher und
durch die frühere enge Verbindung mitdolland trägt
das religiöfe Yeben ein abgeſchloſſenes reformirtes
Gepräge. Mörs ift ber Geburtsort Terfteegen’s
(ſ. d. Al), von deffen Wirkſamkeit das religiöje Le:
ben der Grafichaft noch vielfach Merkmale zeigt.
Mogilas, Petrus, Metrovolit von Kiew, + 1647,
der Verfaffer ver Belenntnißfchrift der ruifischen
und griechiſchen Kirche, welche den Titel führt
0o#0dofos öuokoyia rng zutohırns zaı drto-
orolixic Exxinalas rijs avarokırns, d. h. recht:
gläubiges Befenntnif der katholiſchen und apo—
ſtoliſchen Kirche des Morgenlandes. Veranlaft
wurde die Abfaffung defielben durch dad Umſich—
greifen des Romantsmus in Sid: und Kleinruß:
land und das Erfcheinen eines römischen Katechis—
mus in polnifher Sprache in Kiew. M. joll den
Entwurf jeiner Schrift unter Zugiehung dreier Bi:
ſchöfe mit Benußung der Arbeit eines Yıbtes Koh:
lowsky angefertigt haben. Auf einer Gonferenz zu
Yafiy 1642 wurde derfelbe von Abgefandten bes
Batriarhen von Eonftantinopelund von Ruffifchen
Deputirten geprüft, theilmeife umgearbeitet und
genehmigt. Die Patriarchen von Conftantinopel,
Parthentus und von Jerufalem, Nectarius, appro:
birten die Schrift darnach zugleich im Namen ber
Bischöfe und Geiftlichkeit von Antiochien und Aler:
andrien. Nectarius fchrieb ein erflärendes und
berichtigendes Sendſchreiben zum Belenntniß,
welches mit demfelben urkundlich verbunden ift.
Da auch die ruffifhen Patriarchen ihre Genehmi: |
gung ausfprachen, jo betätigte Peter d. Gr. 1723
das Belenntnif für die ruſſiſche Kirche. Durch die
694
Mohammed
Beichlüffe der Synode von 1672 zu Jerufalem bat
e3 allgemeines Anfehen in der griechiſchen Kirche
erlangt, ohne jedoch überall officielle ſymboliſche
Geltung zu befigen. Die Schrift ift eine in fate-
hetifcher Form verfaßte vollftändige Lehrfchrift,
in welcher der Stoff in drei Abtheilungen, nad) den
drei theologischen Tugenden, Glaube, Hoffnung,
Liebe behanvelt wird; die Ausführung lehnt ſich
an die Auslegung des Glaubenäbefenntniffes, des
Vaterunſers mit den Seligpreifungen und ber
ehn Gebote. Von früher ſchwankenden Lehrbe:
Rinnmmaen werben in derjelben die Lehren von
der Siebenzahlder Sacramente und von der Trans:
fubftantiation firchlich ald Dogmen feitgeftellt. Den
abweichenden Lehren des Katholicismus gegenüber
wird ohne eingehende polemifche Bemetsführung
einfach behauptet, die griechifche Lehre fei die ur:
fundliche der Bäter. Selchriehen in der griechifchen
Vulgärſprache, dem heutigen Neugriehiichen naber
fommend, ift die Schrift gedrudt zu Amſterdam
1662 und 1672, in’& Sruffiiche überjegt 1695, in's
Deutiche von Leonh. Friſch 1727. Beite ——
lateiniſche Ausgabe von E. J. Kimmel, libri sym-
boliei ete. Jena 1848. M. iſt auch Verfaſſer eines
1629 erſchienenen genen Liturgiariums. Dal.
bie Prolegg. bei Kimmel. Hottinger, Analecta
hist. theol. dissert. VII.
Mohammed, der Stifter des Jölam, war der
Sohn des Abd:alläh und der Amina, aus der Fa:
milte Haſchim, ein Angehöriger des Geſchlechts der
Kuraifchiten, welches jeit dem 5. Jahrh. die Be:
wachung des alten arabifhen Nationalbeiligthums
der Kaaba (Alkaaba — der Würfel, jo genannt
von feiner Geftalt, f. d. A.) in Mekka an ſich ge:
zogen hatte und daburd), ſowie durch auägedehn:
ten Handel zu Macht und Reichthum gelangtwar.
Geboren um 570 wurde M. nad) dem frühen Tobe
feiner Eltern in dem Haufe feine® Oheims Abü
Talib aufgenommen, mußte aber, da dieſer jelbft
mittello8 war, durch niedrige Dienfte fih feinen
Unterhalt gewinnen; jpäter begleitete er als Die:
ner mehrere Handelöfaravanen. Daerdurd, „Ju:
gend, Seelenadel und Berftand“ ſich ——
heirathete ihn, 25 Jahre alt, eine reiche Kauf—
mannswittwe, Chadidſcha, mit der er in glücklicher
Ehe mehrere Kinder erzeugte, von denen aber nur
eine Tochter, Fatima, ihn überlebte. Leber die fol:
genden Jahre feines Lebens fehlen binlänglich be:
glaubigte Nachrichten. Etwa in jeinem 40. Jahre,
um 610 trat er dann, nicht plößlich, fondern nad
langem Nachdenken und ſchweren Kämpfen aus tie-
fer innerer Bewegung uno in religiöjer Begeiite:
rung als von Gott berufener Brophet unter feinen
Landsleuten auf. Epileptiſche Krankheitszufälle,
denen er von Jugend auf unterworfen geweſen zu
ſein ſcheint, wurden von ihm, neben öfteren Hallu—
cinationen und Träumen als Zeichen eines göttli—
hen Ergriffenfeins angefehen. Er begann jeine
Wirffamfeit damit, daß er im Gegenfaß zu dem
herrſchenden Götzendienſt den Einen Gott, der ihn
als Propheten geſendet habe, verllindigte. Derur-
ſprüngliche Sterndienſt der Araber mar nämlich
ſchon längſt in einen durchaus verworrenen und
abergläubiſchen Götzen⸗ und Fetiſchdienſt ausge:
artet, der unter den verſchiedenen Stämmen ver—
fchiedene Formen annahın. Das einzige religiöfe
Band unter denfelben war bie gemeinjame Ber:
ehrung der Kaaba, zu der in den heiligen Mona:
ten zahlreiche Bilgerzlige wallfahrteten. Da aber
Mohammed
einige Stämme das Yubenthum angenommen |
hatten, auch mancherlei Berührungen mit hriftli:
en Böllern ftattfanden, fo finden ſich auch vor
. bier und da Spuren eined erwachenden Glaus:
bens an Ein höchſtes, allen Göttern übergeordne—⸗
tes Wefen. M. hatte bei feinem Auftreten mit ben
Hinderniffen aller Propheten zukämpfen; anfangs
and er faum im —— Kreiſe ſeiner Familie und
einer Freunde Glauben, fo bei ſeiner Gattin Cha-
didſcha, feinem Freunde Abt Belr und feinem
Schwiegerjohne Ali, aber nicht einmal bei feinem
Beihlger und Dheim Abü Tälib. Anfangs lieh
man ihn inde& ruhig gewähren ; als ihm aber un-
ter den Sklaven und dem geringen Bolt zahlreiche
Anhänger zufielen, und er felbit den Götzendienſt
immer offener und heftiger angriff, verfolgte ihn
der herrſchende Stamm der Kuraifchiten, und un:
ter ihnen namentlich ber reiche und angejehene
Abulhakam Ame (von. Abũ Dſchahl d.i. Vater der
Thorheit genannt) um ſo mehr, als ſie fürchteten,
Mella möchte, im Falle Mohammed's Lehre durch:
bringe, jeine religiöfe und mercantile Bedeutung
verlieren. Da er indeß ımter dem Schu feiner
ar Familie ftand, fonnte ihm zunädhit we:
der der Spott, noch bie offene und entjchiedene
nbichaft jeiner Gegner etwas anhaben. Viele
einer Anhänger aber, die nicht in gleicher Lage
waren, waren gezwungen, nad bem chriftlichen
ffinien zu flüchten, unter ihnen fein Schwie-
ohn, der fpätere Chalife Dthmän. Drei Jahre
ang war ſogar M.'s ganze Familie, weil fie ihn
nicht preiögeben wollte, in die Acht erklärt und
von allem Verkehr in Mekka auögeichloffen; M.
ſelbſt mußte fich eine Zeitlang vor den Nachſtel—
lungen verborgen halten, und als, nachdem ihmbdie
Rüdkehr nad Mekka erlaubt worden, fein bisheri⸗
ger Beihliger, Abü Talib farb, wurde feine Lage
noch gefährbeter. Inzwiſchen hatte er unter den
Stämmen ber Chazradfchiten und der Aus zu
Jathrib Gläubige gefunden, deren Zahl durch den
von ihm dort bingejendeten Mufjab vermehrt wur:
de; von ihnen ſchloſſen 73 auf dem Hulbigungd:
hügel Ataba 622 mit M. einen Bund, wodüurch fie
ihn ald Propheten Gottes anerkannten unb ihm
Schuß verſprachen, wenn er unter ihnen leben
würde. Wenige Monate nachher, im Sommer 622
nad) Chr. verließ M. in heimlicher Flucht mit et:
wa 100 Anhängern Melta und begab fih nad
Jathrib, welches von da an den Namen Medinat:
‚annabi = Stadt des Propheten oder auch blof
Almedina = die Stadt erhielt. Von dieſer Flucht,
ber Hidſchra, datiren die Moslim die Stiftung ber
neuen Religion, des Islam, d. h. Ergebung (in
Gottes Willen) und begannen mit ihr ihre Zeit:
rechnung. Sobald es nun gelungenwar, bie ver:
fchiedenen Beftandtheile einer Anhängerfchaft
durch das religiöfe Motiv fo zu einigen, daß fie
anfingen, fih als Ein Bolt von Gläubigen zu
fühlen, wandte fih M. gegen feine Feinde in Mekla
und gegen die benachbarten jüdifchen Stämme, bie
wider jeine Erwartung ihn nicht ald den Meſſias
anerfennen wollten. Bon jest an verzichtete er
darauf, nur auf bem Wege religiöfer Ueberredung
feinen Glauben auszutreiben, Toben gebot den
Krieg gegen die Ungläubigen, unb bie dee, bie
einzelnen Stämme der Araber zu einem herr:
fhenben Bolt von Gläubigen zu vereinen, tritt
immer beftimmter bei ihm hervor. Fortan zeigt fich
fein Character in weniger glinftigem Lichte als
695
Mohammeb
früher, wo er durch gelaflenes und demüthiges
Dulden feine Predigt der Milde und Liebe befräf:
tigt hatte. Nicht felten finden ſich bei ihm in den
Kämpfen der folgenden Jahre Beifpiele von Arg-
liſt, Rachſucht und Grauſamkeit; dabei trug erfein
Bedenken, auch fie auf unmittelbaren göttlichen
Befehl zurüdzuführen. Die Feindfeligkeiten gegen
die Kuraifhiten begann M. damit, daß er ihre
Handeldfaravanen angriff. Nach mehreren klei—
neren Unternehmungen kam es hierbei Anfang 624
zu einem größeren blutigen Zuſammentreffen bei
Badr. Der glänzende Sieg, den er hier erfocht,
ſowie mehrere andere alüdlihe Unternehmungen
erwarben ihm vor allem Anfehen unter den ara:
bifchen Stämmen, welches auch durch die Nieder:
lage bei dem Berge Uhut 625 auf die Dauer nicht
verringert wurde, zumal die Beftegung, Vernich:
tung oder zen alfer jüdifhen Stämme,
wie den Reihthum fo das Vertrauen der Gläubi:
en zu ihrem Propheten mehrte und verftärkte.
o wandten ſich ihm immer mehr Stämme zu,
nicht minder burch die religiöfen Lehren, als durch
die Ausfiht auf beutereiche Feldzüge angezogen ;
en fehrten jeine nad) Aethiopien auögeman:
erten Anhänger zu ihm zurüd, und felbft aus
Mekka famen neue Gläubige ald Flüchtlinge; fo
ftieg M.'s Macht in folhem Maße, daß er 628
einen Pilgerzug nad; Mefta unternehmen und bie
Mektaner zu dem Vertrag von Hubailaja nöthigen
fonnte, in welchem ihm ein zebnjähriger Waffen:
ftillftand und das Recht eines jährlichen friedlichen
Pilgerzuged zugeftanden werben mußte. Als er
dann 630 ihnen eine Verlegung dieſes Vertrages
vorwerfen konnte, zog er mit einem großen Heere
gegen die Stadt, die fich bei der Unmöglichkeit
eines Widerftandes bald ergeben mußte ; zum Theil
in Folge feiner hier bewiefenen Milde und Ber:
föhnlichkeit befehrten fich jet faft alle feine bis—
herigen Gegner zu ihm, und einzelne ihrer Führer
wurden in der Folge die hervorragendften Vor:
kämpfer des Islam. Die von allen Götzenbildern
gereinigte Kaaba wurde für das allein den Moslim
gehörige Heiligtum erflärt 631, allen Heiden bie
isherige Gemeinschaft an den Pilgerfahrten dort:
hin unterfagt und ihnen überdies eine Friſt be:
ftimmt, binnen welcher fie fi zu belehren hätten,
wofern fie nicht als Feinde behandelt fein wollten.
Mit der Eroberung Mekkas war die Herrichaft des
Islam in Arabien entſchieden, die noch Übrigen
Städte und Stämme unterwarfen fi bald und
faft ohne Widerftand. Die einfahe Drganifation
der religiöfen Gemeinſchaft war inzwiſchen in Me:
dina vollendet, wo stein nad M.'s Ankunft eine
Moſchee —— asdſchid d. i. Verehrungsort),
nach der Moſchee in Mekka das zweite Heiligthum
des Islam, erbaut war; die ritualen und asketi—
ſchen Vorfchriften wurden bei verjchiebenen Gele:
genheiten vervollftändigt und ein religiöjer Fana—
tismu3 geweckt, der nicht ruhen fonnte, bis er die
ganze Welt dem Propheten unterworfen. Bereits
hatten die Kriegszüge fich gegen das perfiiche Ge:
biet gewendet, auch wurde gegen bie Chriften und
das byyantinifche Reich 629 ein Kriegszug unter:
nommen, und troß der in demfelben erlittenen Nic:
berlage bei Müta (im nörblihen Arabien) unter
M.’3 perfönliher Führung 630 erneuert; kam es
ierbei aud) Pre Kampf mit den Griechen
Ei. fo wurden doch die meisten hriftlichen Stäm:
me in Nrabien dem Jslam gewonnen. Eben hatte
Mohammed 696 Mohammeb
M. einen neuen Kriegszug gegen bie Byzantiner | Religion durchaus gejeglih und äußerlich, baher
audgefandt, nachdem er vorher noch einmal die ausſchließend gegenüber jeder andern Richtung,
roße Pilgerfahrt nad) Meffa gefeiert, ald er 3. | dabei aber auch gen andere Meinungen, wenn
Suni 633 unerwartet ftarb; ob fein Tod, wie er | fie ſich nur den Eultusgebräuden bs ar un:
ſelbſt glaubte, die fpäte Folge des Giftes war, wel: | terordnnen, im Ganzen duldſam. Eine Glaubens:
ches ihm vor Jahren eine bei Chaibar 628 gefan: | inquifition ift dem Islam fremd — er hat
gene Jüdin gereicht hatte, oder, wie wahrſcheinli⸗ es ſogar geſtattet, in Zeiten der Noth und Verfol⸗
cher, Durch die langjährige Aufregung und Anſtren- gung den Glauben zu ——— Ebenſo äußer:
sung herbeigeführt worden, ift unentſchieden. lich und mechaniſch ift M.'s Offen sbegriff.
.'3 Charakter zeigt fih im Ganzen als edel | Die —— der von ihm eigen gi ebre be:
und offen; von Natur leutjelig und milde, wohl: | ruht einfach auf der Thatſache, da offenbart
2 und freigebia, gab er ſich nur jelten der | ift, fie bedarf feines Beweiſes dur Wunder, bie
achſucht und der Graufamkeit hin. Auch aufden | er nimmer vorgegeben hat, noch des wiſſenſchaft⸗
Gipfel feiner Macht blieb er mähig und enthalt: | lichen Erweifes. in eben deihalb konnte M.
jam und verwendete feinen reichen Antheil an der | auch nicht unterfcheiden zwifchen den Erleudtuns
Beute nur zu Gaben und Gefchenten an jeine gen wahrer prophetifcher Begeifterung und den
trenen Anhänger. Ein arger Flecken bei ihm ift | Erzeugniffen erregter Phantafie in Träumen,
die finnliche Frauenliebe, der er mit zunehmendem Yikonen und Hallucinationen, den augenblidfichen
Alter fi immer mehr ergab; dabei ift jedoch nicht | Eingebungen des leidenſchaftlich bewegten Gefühls
zu verfennen, daß er zum Theil nur aus politifchen | oder den Rejultaten des Nachſinnens und der Ue—
Nüdfichten die Zahl feiner Frauen vermehrte, Ge: | berlegung, zumal mit dem Fortichritt jeines Wer:
gen jie alle zeigte er übrigens Billigkeit und Ges tes jeine prophetiiche Begeifterung naturgemäß
techtigfeit, trog der ungemeinen Zärtlichfeit, mit | janf und an die Stelle unmittelbarer Eingebung
welcher er an feiner Yieblingsgattin Aiſcha, der | der Phantafie die verftandesmäßige Reflerion trat.
Tochter Abü Belr'ö hina, die er nach Chadidſcha's Uebrigens betrachtet M. feine Lehre nicht als die
Tode geheirathet hatte. Webrigens ift die durch | ausfcließliche Offenbarung. Während er näm—
feine Vielweiberei hervorgerufene Zerrüttung jet: | lid) das Heidenthum ſtets mit wahrer Erbi
nes Familienlebens die Haupturjache des * en | betänpfte, jo daß ben Big er Gögendienern
Verfalls des von ihm begründeten arabiſchen Rei: ſtets nur die Wahl zwiſchen Belehrung und Ber:
ches und der fortdauernden Bürgerfriege unter | nichtung gelaſſen wurde, ließ er |
den Moslim geworden, wie denn überhaupt bie | und Chriſtenthum als wirkliche Offenbarungen gel:
ri > jedem Prinzip wahrer Civilifation und | ten, doc) fo, daß die beiden göttlichen Geſandten
fozialen Fortichrittes ſchnurſtracks zuwider ift. M. | Mofes und Chriftus ihm, ald. dem wahren Pros
befah überhaupt alle Tugenden der Araber, wie er | pheten, untergeorbnnet waren. Daß er beide Reli:
auch nicht frei von ihren Laſtern war; keineswegs gionen nur aus mündlicher Ueberlieferung und in
aber ift er der lafterhafte Böſewicht, wozu ihn hei ihrer Entartung fannte, verräth die Art, wie ber
licher und jüdischer Haß jtempeln wollte. Ebenfo | Korän (ſ. d. x) biblifche Geſchichten wiedergiebt.
wenig ift er ein Betrüger; vielmehr lebte in ihm, | Was feine Auffafjung der Perſon Jeſu anlangt,
wenn ihm aud) die hohe fittliche Reinheit der Pro: jo nahm er zwar feine übernatürlihe Geburt an,
pheten des alten Bundes mangelte, eine echte relis | verwarf aber um fo entſchiedener den Begriff
gidfe und prophetiiche Begeifterung, die den Ge: „Sohn Gottes“. Die hriftlihe Lehre von der
danfen des Einen Gottes und der unbedingten Ab» | Dreieinigteit erjchien ihm einfach als Bielgötterei,
anni des Menſchen von ihm me aus: | für die Yehre von der Verſöhnung hatte er fein
ſprach und mit Entſchiedenheit den Gehorjam ge: | Verftändniß; bei feinem Mangel an fittlicher Un—
gen Gottes Willen verlangte, Aber durch die ftarre , teriheidung zwifhen Gut und Böſe fehlt ihm der
Sceidung®ottesvon derWelt fehlte feiner Religion | Begriff ver Schuld und damit der von ihr bebing:
durchaus der Begriffeiner Gottebenbilblichkeit oder | ten Suͤhne. Am nächſten fteht fein Gotteäbegrif
eines Einwohnens des göttlichen Geiftes im Men: | dem des Judenthums, ein Umftand, der bei dem
hen und damit das eigentlich fittliche Element. | hartnädigen Widerftand der Yuben gegen ben
eberhaupt gewann der nationale und politifche | Jslam eine um fo größere Erbitterung gegen fie
Gedanke fo jehr das Uebergemwicht über den reli- bei den Moslim erzeugte. Jmmerhin ge:
giöfen, daß ri zu das Schwert zum Mit: währten fie den Juden wie den Ehriften Duldung.
tel für die Ausbreitung des Glaubens gemacht | Seine Offenbarungen gabM. in einzelnen Abtbei:
wurde, M.'s Geſetz beglaubigt im Grunde nurdie lungen und Abjchnitten, Süra (vom hebräif
Sitten feines Volkes als göttliche Ordnung, ohne mer, Reihe) genannt, je nad Zeit und Beran-
in fie einen Keim der Veredlung hinein zu legen. | lafjung. Db er des Leſens und Schreibens jelbft
Wo es früherer Rohheit wehrt, ift died mehr die | unfundig war, wie er freilich jelbit behauptete,
nothwendige Bedingung eines ftaatlichen Gemeins | fteht nicht feit, jedenfalls aber ließ er die Aus:
ſchaftslebens, ald die Folge eines fittlihen Prin: | jprüche für die Gläubigen nach feinem Dictat nie
zips. Er erregt auch ben Ölaubenseiferder Seinen | derihreiben und unter fie vertheilen. Die Form
nicht durch ſittliche Motive, fondern dur die | der Suren ift im Ganzen mehr rheiorijch ala poe⸗
Gluth feiner Phantafie und die Ueberreigung ihrer | tijch, Doch find einzelne derfelben von großer did.
Gefühle, durch lebendige, finnlihe Schilderung der teriiher Schönheit. „Sein Koran, dies jonderbare
Freuden des Baradiefes undder Strafen ber Hölle. Gemisch von Dichtkunft, Beredfamtleit, Unwiſſen⸗
Aehnlich berechnet ift die Weiſe der Gotteövereh: heit, Se und Anmaßung ift ein Spiegel jei-
rung, ein ftreng formulirter,gehäufter Gebetödienft ner Seele, der feine Gaben und Mängel, feine
mit anhaltenden Faften (Monat Ramadan, .d. A.) | Neigungen und Fehler, den Selbftbetrug und bie
und andern adfetifhen Uebungen (Speifeverbot, | Nothbehelfe, mit denener fih und Andere täufchte,
Pilgerfahrten, Waſchungen zc.). Neberhaupt ift die Harer zeigt aldirgend ein anderer Koran eines an:
Mohammeb
a Tl Die Offenbarungen beſchränken |
fich nicht auf fittliche und religiöfe Wahrheiten, ſon⸗
dern umfafien ganz ungeichieden auch bürgertiche |
und ftaatlihe Berhältnijje. Um fo unbefangener
wurden darum aud) einzelne Gebote, die ihm zu
fpäterer Zeit nicht mehr paflend jchienen, durch
andere Üffenbarungen erjegt und verändert.
Ebenjomwenig fehlt e8 an Widerſprüchen, weil er
fein durchdachtes —— ey rg fondern |
mehr einerjeit3S das Bewußtſein feines erregten |
frommen Gefühls ausſprach, anderjeits Zeit und |
Umftänden Rehnung trug. Da bei der Zuſam⸗
menftellung feiner Ausiprüche zum Korän (durch
Omar, f. d. A.) ebenfowenig darauf geachtet wur: |
de, ein in 19 zufamm ngenbed und überein: |
ftimmenbes Lehrſyſtem Binzuftellen, war [bon da⸗
mit der Anlaß zu häufiger Meinun auge enheit
und vielfacher Sectenbildung gegeben. Die Buntte, |
um welche die bogmatijchen Streitigkeiten der Mos⸗
lims ſich hauptſächlich bewegen, And das Wejen
und die Einheit Gottes, die göttliche Vorherbeſtim—
mung und ber freie Wille, das Berhältnig von
Glaube und Werken, der Urjprung des Böfen
und die geihaffene oder ungeſchaffene Natur des
Koran. Weber alle dieje Punkte enthält nämlich |
der Koran widerſprechende Lehren. Die Mutazili: |
ten oder Radarija (fFreidenter) verfuhren nun ra:
tionaliftifh und fuchten durch Umdeutung des
Koran, den fie für geihaffen erflären, die in dem
jelben enthaltenen Widerſprüche zu entfernen; fie
vertheidigten die Willensfreiheit des Menſchen und
die Einheit und Heiligkeit Gottes, während die,
Dicabarija, denen die Mehrzahl der Mosliman-
gehört, die jtrengen Conſequenzen aus ben Korän:
jtellen ziehen und einen unbebingten Fatalismus
lehren, wie fie denn auch die bildlihen Ausdrücke
des Korän von den Händen und Augen Gottesim
eigentlichen Sinne nehmen wollen und zum Theil
die Lehre von dem —— Worte des Ko:
rän vertheidigen, die übrigens von den meijten |
Moslim theils in mehrgeiftiger, mehr nod) in grob:
—— Auffaſſung angenommen worden iſt.
on größtem Einflüß auf die Ausbildung und
697
Mohammed
müthes mit Gott ſuchten und von der Welt abge:
ern nad) innerer Deiligung ftrebten. Weit be
utender als alle dieje wurde aber die Spaltung,
welche aus den dbogmatifch:politiihen Streitigfet-
ten um das Jmämat (Chalifat), d. h. um die recht⸗
mäßige Nachfolge des Propheten in feiner geiftli-
hen und weltlichen Herrſchaft und die Fortjegung
feiner Gewalt entjtand. Nad) der Ermordung bes
dritten, unfähigen Chalifen Dtbmän wurde näm:
li an feine Stelle der Schwiegerjohn M.'s, Alt,
der Gemahl jeiner Tochter Fatima erwählt; ge:
en ihn aber erhob ſich, unterjtügt von M.'s
Lieblingsgattin Aiſcha, der Omaijade Moamija ;
von beiden Parteien trennten fid) dann wieder
eine große Anzahleifriger Noslim, die Chamwäridfc
(Empörer), weil fie jomohl Ali als Moawija
als Gewaltherrſcher des Chalifats für unmürdig
erklärten, vielmehr forderten, daß nur jeder Beite
Imäm fein bürfe und, wenn er jchledhter würde,
durch einen Andern —— müſſe. Die An:
hänger Alis, die Schiat Ali, Schiiten, Inüpften die
Nachfolge im Chalifat an die nächſte Verwandt:
ſchaft mit dem Propheten und betrachteten daher
Ali und fein Geſchlecht als die einzig rechtmäßigen
Shalifen ; fieverwarfen deßhalb nicht nur die Omai⸗
jaden, jondern verfluchten aud) die dreierften Cha-
lifen als unberechtigte Herriher auf dem nur Ali
ss Throne. Die Ermordung Ali’s 661
und jeines Sohnes Hufain 680 ug bie Ver:
ehrung feiner Perfon in fo hohem Make, daß er
faft als Gott in Menjchengeftalt verehrt und das
Jmämat als eine Einwohnung und Ausftrahlung
des göttlichen Geiftes betrachtet wurde. Folgerich⸗
tig konnten fie nur die von M. ſelbſt erlafjenen
authentifchen Vorſchriften als gültig anerkennen,
d. h. nur die des Koran, jowie die der „achten“
Sunna (d. 5. Gejammtheit der Reden und Hand-
lungen deö Propheten), während fie vie Sunna der
Sunniten, welche fi zum Theil auf überlieferte
Reden des Propheten, zum Theil auf Beftimmun-
gen der drei eriten Chalifen gründet, ald gefälſcht
verwarfen. Die erbitterten, fanatiſchen Kämpfe
zwifchen den beiden Parteien füllen einen großen
Entwidlung des Jslam war die Ausbreitung deſ- Raum der mohammedaniſchen Geſchichte und ha:
felben unter den Perjern und Indiern, ſowie die | ben den größten Theil der alten aſiatiſchen Eultur:
Belanntſchaft mit der griechiſchen Philofophie,naz | ftätten in Ruinen und Wüften verwandelt. Die
mentlich der ariftoteliijhen und dem Neuplatonis: Sciiten hatten ihren Hauptfig in Arabien und den
mus. Nicht nur verbanden einzelne ſchwärmeriſche
Secten die Ideen Horoafters (mie die Zeudik) oder
der indiſchen Seelenwanderung mit dem Islam zu
eigenthümlichen Syitemen, welche meift auf Güter:
gemeinichaft oder eine lagere Sittlichkeit hinaus:
liefen, jondern e3 gewannen auch die dualiftijchen
und emanatiftiihen Ideen einen nicht unbedeu—
tenden Einflußauf die Gejtaltung ber Koränlehre,
ald durch die Beihäftigung mit der Philoſophie
das Bedürfniß ſich geltend machte, die Kluft zwi
ſchen der griechiſchen Gottesidee und dem abjtrac-
ten islamitiſchen Monotheismus zu überbrüden.
Diejer Umgejtaltung der urfprünglichen Ideen
trat dann anderjeits eine Orthodoxie entgegen,
welche die gewonnene Bildung nur zur Vertheidi-
ng der Ueberlieferung benugte und ſich dantit
—* e, ben Inhalt des Koran, den ſie als un:
antajtbare göttliche zu betrachtete, in ſchola⸗
ſtiſcher Weiſe zu entwideln. Entgegen dem Schul:
ezänt dieſer Parteien bildete ſich die myſtiſche
ichtung der Shafis aus, welche die wahre Got:
teöperehrung im unmittelbaren Verkehre des Ge:
öftlihen Landſtrichen und entwidelten, weil ſie hier
mit perfiihen und indiſchen Religionsmeinungen
fi berührten, die reichjte Sectenbildung. Bon
diejer ift die bedeutendfte die Secte der Jsmaeli:
ten, welche in myjtijch-allegoriicher Deutung des
Korän den Jımäm ald den Menjc gewordenen
Geiſt Gottes betrachten, und die Wiederkunft ihres
Stifters, des Aliven Ismael oder des 12. Jmam,
bes Altäim (der ſich Erhebende), als Dffenbarer
des göttlihen Reiches erwarten. Zu ihnen gehör:
ten die Karmaten, eine ſchwärmeriſche Secte, 891
gejtiftet, mit weniger ftrenger Beobachtung der Ri-
tualvorjchriften. Sie verwüſteten 903—930 Ara-
bien und Syrien und eroberten Mella. Die Fatis
miden erblidten in ihrem jedeömaligen Oberhaupte,
den Nachkommen des Ali und der Fatima, dem
Mahdi, den verlörperten Gott; IE herrſchten in
Afrifa und Aegypten. Die Aſſaſſinen, eine fa—
natijche Secte, unter prieſterlich-königlichen Stam:
mesfürften in den Gebirgen Berfiens kurz vor dem
erſten Kreuzzuge geftiftet, die Drujen auf dem Xi:
banon u. a. zahlreiche Secten haben den Zufam:
Mohammed
menhang mit dem Islam faft ganz verloren. Die
jüngjte mohammedaniſche Secte ift die ber Wahhä-
biten, geftiftet um die Mitte des 18. Jahrh. durch
Abdsel Wahãb. Auf firenge Beobachtung der Bor:
ſchriften des Korän und der Religionsgebräude
dringend, ſuchten jie den Islam nur von den ein=
gebrungenen Verunreinigungen zu befreien und
ihre Reform jelbft mit Gewalt durchzuſetzen; fie
begründeten eine Herrihaft unter den Bebuinen
Arabiens, eroberten Mecca, Medina und wurden
erjt nad) langem Kampfe 1811—18 durch Mehe:
med Alı von Aegypten und feinen Sohn Ibrahim
—— Eine neue Erhebung 1828 wurde unter⸗
rückt.
Was die äußere Geſchichte des Islam betrifft,
ſo ging nach Mohammed's Tode die geiſtliche und
weltliche Herrſchaft auf ſeinen älteſten Freund Abü
Bekr über; nach deſſen Tode 634 folgte Omar, +
644; unter ihm begann der Islam feinen Sieges
zug durch Afien und Afrita, Sowohl das Berfer:
reich wie dad Byzantinijchemwaren durd) Thronftrei-
tigleiten und innere Entartung tief gefunten, nas
mentlich in legterem hatten die dogmatiſchen Strei:
tigfeiten innerhalb ber chriftlihen Kirche und die
Gewaltthätigteit der kaiſerlichen Hoftheologie die
Anhänglichleit der Provinzen an das Reid, jehr
geſchwaͤcht. Nach den erjten Eroberungen in Ber»
ſien wurde Syrien mit Damaskus, tem jpätern
Chalifenfig 635, und Jerufalem 637 erobert; in
Folge der ar bei Kadeſia 636 fiel das Per:
jerreich, die Gründung der Stäbte Kufa, Basra
und Bagdad bezeichnet den Fortſchritt der arabi-
ſchen Eroberung. Aegypten fam 639 in die Ges
walt der Araber, danach die nordafrikaniſche Küfte
und 711 Spanien. Die Ommaijaden, deren Haus
nach dem dritten Chalifen Othman den Thron be:
ftieg, herrſchten von Indien bisnad Spanien. Die
erjte Spaltung in diefem arabifchen Religiongftaate
trat ein, als das entartete Haus der Ommaijaden
750 den Abaffiden unterlag und fein legter Sproß,
Abderrhaman, das ſpaniſche * erlangte. Doch
blieb noch die religiöſe Einheit, inſofern der Chalif
als geiſtliches Oberhaupt anerkannt wurde. Als
aber die Fatimiden Nordafrika und Aegypten er⸗
obert hatten, richteten fie das ſchiitiſche Chalifat
zu Kahiro auf, welches mit dem zu Bagdad in blei:
bendem Kriege ftand. Auch die politiiche Macht
des Chalifen:Reihes ſank mehr und mehr, da die
einzelnen Statthalter fid mehr oder minder un:
abhängig machten und eigene Dynaftieen aufrich:
teten. So herrſchten im Oſten die Bujiben und
Samaniden zuBodara und Samarland, auf wel-
he die Gafjaniden folgten, melde den Islam
nah Indien trugen und zu Gafua refidirten; in
Mejopotamien richteten die Hamadaniden (Thale:
biden) ein Reihauf,die Ilſchiden befegten Syrien
u. ſ. w. Die politiihe Macht der Chalifen ging
faft ganz aufden Emir al-Omra, den Befehlshaber
der Militärmacht über, biß die Bujiden ſich 946
Bagdad's bemädtigten und ſich zu Sultanen er:
ebend, dem Chälifen als Imam nur die geiftliche
ewalt überließen, die von allen ſunnitiſchen Mos—
lims anerfannt wurde. Das unter den Seldſchuk—
fen von neuem vereinigte Reich zerfiel bald nad):
ber in felbititändige Sultanate, bis es dem An:
prall der Mongolen erlag. Die Dämanen, von
Kleinafien aus ihre Wege ausbreitend, griffen das |
griechifche Reich in Europa an und unterwarfen | wie der betreffende Briefe
in fortwährenden Kämpfen Griehenland bis an und Xeibnig in Oeuvres de
698
Molanus
bie Donau dem Jölam. Ihrem Vorbringen ſetzte
ein leites Ziel des Königs von Polen, Johann
Soblesky Sieg bei Wien 1683.
M.'s Leben, namentlich die Periode vor der
Flucht, ift von der Legende mit Wundern märden-
haft genug ausgejhmüdt. Seine Geſchichte wurde
durch die — ern; ber Seinen fort⸗
gepflanzt, bis Ibn Ishat 767 n. Chr. dieſelbe
niederſchrieb. Dieſe Biographie iſt jedoch nur er⸗
halten in ber etwa 50 Jahre ſpäter verfaßten Be-
—— Ibn Hiſchaͤm, herausgeg. von Wu⸗
ſtenfeld, Gött. 1858—60. Zur Litt. vgl. Weil, M.,
ber Prophet, fein Leben und feine Lehre. Stuttg.
1843, Sprenger, das Leben und bie Lehre M.’S.
3 Bbe., Berlin 1861—65. Möldele, dad Leben
M's., Hannover 1863. Muir, the life ofM., Lond.
1861. Meier in Hilgenfeld's Zeitſchr. 1858, S.471.
Molada, Stabt im Süden von Juda, fpäter
: | zum Gebiet bes Stammes Simeon gehörig, wahr⸗
—— die bei Joſephus erwähnte idumäiſche
urg Malatha, lag in der Nähe des heutigen Tell
"Arab und Attir. Vgl. Robinjon Geogr. III, 5.184.
Molanus, Gerhard Walther, Abt zu Loccum.
Geboren zu Hameln 22. October (alt. Styls) 1633,
jtudirte unter Galigt zu Helmftädt und wurde 1659
zu Rinteln Rrofeflor der Mathematif, 1664 der
hung 1674 als Confiftorialdirector nad Han:
nover berufen, trat 1677 als Abt von Loccum
an die Spige des Kirchenregiments, + 1727. Mehr
als durch jeine Wirkſamleit in feinem Kirchenamt
iſt er bekannt geworden durch die Unionsverhand⸗
lungen mit Reformirten und Katholiken, zu denen
er mehrfach Hinzugezogen wurde. Obwohl der cal:
viniftiihen Richtung angehörig und für fich die
Reformirten ald Brüder anerfennend, erklärte er
ſich doch mit Rüdficht auf die herrſchende Stim-
mung gegen eine förmliche Union mit benjelben,
als nad) der Aufhebung des Edikts von Nantes
und der Aufnahme der franzöfifhen Flüchtlinge
in Hannover ein Toleranzedict öffentlich erlaffen
werden jollte 1690. Neue Unionsverſuche anlä$-
lich der Verheirathung einer Tochter des Churfür:
jten mit Friedrich von Brandenburg und darauf
folgende Berhandlungen zwiſchen Braunſchweig
und Preußen wurden 1706 abgebrochen. Als der
2* von Neuſtadt, Spinola, am hannover'ſchen
Hofe über eine Union mit den Katholifen Berhand-
lungen antnüpfte 1683, in welche durch Leibnitz's
Vermittlung auch Boffuet Hineingegogen wurde,
entwarf Molanus ein Unionsproject „Regulae
circa Christianorum omnium ecclesiasticam
reunionem“, milderte daflelbe dann in „cogitatio-
—— welche Boſſuet durch »reflexions
de Mlévôque de Meaux sur l'érit de M. cbbé
Molanus« erwiederte, die lateiniſch und frangöfif
veröffentlicht wurden. M. beantwortete fie
»explicatio ulterior« 1693. Die Verhandlungen,
welche der Abgejandte des Kaifers, Bifchof —
von Buchheim ſeit 1698 in Hannover weit
wurden 1705 vollſtändig abgebrochen. Nicht bloß
bie Zugeftändniffe, die M. gemacht hatte, mehr
nod) die Art und Weife, wie er mit den katholiſchen
Bilhöfen verkehrte, gaben Anlaß zu dem Gerücht,
er wolle jelbjt fatholiich werden, wogegen er fich
durch eine eigene Schrift »nugae venales ete.« 1698
E vertheidigen ſuchte. Die zwifchen Boſſuet und
Molanus gewechfelten Schriften und Briefe, for
fel zwifchen Bofjuet
uet, ed, Migne
’
Molay 699 Molinos
T.9. Paris 1856. Vgl. v. Einern, das Leben Ger- | nicht, weil er dies vorausfieht) und hat Diejenigen,
ger) Wolteri Molanı, Magdeb. 1734. Dolle, Le: | bei welchen er dies vorausfah, zur Seligfeit prä-
ensbefhreibung aller Professorum theol. zu | dejtinirt. Ueber dieje Lehre wurde M, namentlich
Rinteln, Hannover 1752; zu feiner Eharakteriftil | von den Dominicanern heftig angegriffen; eine
namentlich jein Teftament, mit Glaubensbekennt⸗- | öffentliche Disputation zu Valladolid brachte na-
niß und Selbitbejchreibung bei Strieder, Heſſiſche | türlich feine Entſcheidung; als dann eine Anklage
Gelehrtengeſchichte Th. 9. | des Buches bei der Jnquifition erfolgte, nahm ſich
Molah, Jac. Bernd. von, der legte Großmeifter | der Jefuiten-Drden der Moliniftifchen Säge an, ob:
bed Tempelherrnorbens (j. d. A.). Aus edlem | gleich fie anfangs ſelbſt von Jeſuiten angefochten
burgundijchen Geſchlecht ſtammend, bei Befangon | worden waren. Papit Clemens VIII., dem die
gebürtig, trat er 1265 in ben Orden, und ward | Streitfrage zur Entſcheidung vorgelegt wurde,
1297 jeiner Züctigleit wegen zum Großmeiſter er: | übergab diefelbe 1597 einer eigenen Congregation
wählt. Beim Beginn der Unterfudhung gegen den
Drden durch Philipp den Schönen von Frankreich
und Papft Clemens V. 1307 aus C
Frankreich gelodt, und anfangs vont f
freundlih behandelt, ward er bald mit allen in
Frankreich lebenden Rittern verhaftet, von einem
|
pern nad) |
önige jehr |
de auxiliis zur Prüfung, welche nod) immer ihre
Aufgabe nicht gelöjt hat, weil fie ebenſowenig den
Molinismus billigen als die Conjequenzen bes
Auguftinismus freigeben fann. Der päpftliche
Stuhl verbot inzwijhen alles Streiten über Die
Fragen, welde dann durch den Janjenismus
gedungenen Gericht von Prälaten und päpftlichen | (j. d. A.) von einer andern Seite wieder zur Er—
Xegaten nad) den graufamiten Torturen 11. März
1314 zu lebenslänglihem Gefängniß verurtheilt
und, als er jeine erzwungenen Gejtändnifje wider:
rief, am jelben Tage mit dem Öroßprior Guido von |
der Normandie auf einer Seine-Inſel verbrannt,
Bol. Havemann, Geid. des Ausgangs des Tem: |
pelherrnordens. Stuttg. 1846.
Molina, Ludwig. Geboren zu Guenza in Neu:
caftilien 1535, trat 1553 in den Jefuitenorden und
wirkte in bemjelben als angejehener Lehrer der |
Theologie zu Evora in Portugal; + zu Madrid
1600. Unter jeinen Schriften find zu nennen de
Justitia et jure, 6 Bde. Mainz 1659, Commentarii
in pr. partem D. Thomae, 1593. Sein ge
aber itt: Liberi arbitrii cum gratiae donis, di- |
vina praescientia, providentia, praedestinatione
et reprobatione concordia, Lissabon 1588, Lyon
örterung gejtelt wurden, Das Syſtem M.'s
wurde in den Jefuitenfchulen gelehrt, jpäter durch
Suarez und VBasquez zu dem jogenannten Gon-
gruismus modificirt. Vgl. Augustinus le Blanc
(pfeubon. für Hyac. Serry, Dominitaner), Historia
congregationum de auxil. divin. gratiae, Löwen
1700. Dagegen Theodorus Eleutherius (der Ye:
fuit Lev. de Weyer), Hist. controversiarum de
auxil. div, grat. Antw. 1705. Schrödh, Kirchen:
geichichte jeit der Ref. IV.
Molinos, Michaelvon. War geboren 21. Dez.
1640 zu Patalina in Aragonien, ſiedelte als Prie-
jter und Doctor der Tyeologie 1669 oder 1670 nad)
Rom über. Er gewann dort den Ruf ausgezeich—
neter yrömmigfeit, war der gejuchte Beichtvater
vieler Bornehmen und genoß das Vertrauen und
die Freundſchaft mehrerer Cardinäle, jelbit das
befondere Wohlmwollen des PBapftes Innocenz XI.
1593, | 1594, Antwerpen 1595 (bedeutend
Ö. 1677—1689. 1675 erſchien von ihm in italieni⸗
erweitert) u. d. In demjelben ſuchte er die Lehre
des Nuguftinus und des Semipelagianismus in ſcher Sprache eine Schrift: Guida spirituale d.h.
Eintlang mit einander zu bringen. die Gnade tft | geiftlicher Wegmeifer, melde raſch verbreitet und
zwar die einzig wirkende 50 der Belehrung und | in mehrere Sprachen überjegt, ſolchen Beifall fand,
der Rechtfertigung, aber Demjenigen, der aus daß ed dem Jejuiten Paul Segneri beinahe das
freiem Willen bereit ift, zu thun was er kann, | Leben tojtete, als er mit der Schrift: concordia
air Gott, aber nicht um irgend eines eigenen ‚tra la fatica ela quiete nel oratione 1681 gegen
erbienites, jondern nur um des Berdienftes ; diejelbe auftrat, weil man in feinen Anklagen nur
Chrifti willen, den Beiftand, e8 fo zu thun, wie es die Verläumdung eines Neidischen jah. M. lehrte
zur Seligfeit nöthig ift, die zuvorfommende Gna= | den fogenannten Duietismus. Das höchſte Ziel
de; jedoch kann des Menfchen freier Wille immer: | aller Frömmigteit ift nad) ihm die Ruhe in Gott,
fort dieſe Gnade wieder unwirtfam machen. Den | welche in der dauernden befhaulichen Betrachtung
Zwieſpalt diefer Lehre mit der unbedingten Bor: | und der völligen Hingabe in Gottes Willen gefun-
herbeitimmung Gottes, wie fie Thomas und Au: | den wird, Die Wege dazu find Gebet, Gehorjam,
guſtinus lehren, glich er aus Durch die, mahrfchein: | die häufige Communion, die innere Abtödtung.
lich von feinem Lehrer Petrus de Fonfeca (ſ. d. A.) Die äußeren gottesdienftlihen Handlungen treten
aufgeftellte, von ihm jedoch ausgebildete Theorie | dabei ganz zurüd, jelbft das Gebet in Worten hin:
von der scientia media, Er unterjcheidet nämlich ter Der dauernden Gebelsjtimmung. In diefen Sä-
in Gott.drei Arten der — 1) scientia | gen fand der Jeſuitismus ein dem ſeinigen ganz
simplex, einfache Erfenntniß, wodurch Gott die | entgegengejehtes Prinzip, daher fein hartnädiger
Dinge fieht, wie fie durch ihn hervorgebradt jind, | Kampf gegen diejelben, Als eine durch die Segneri—
2) sc. libera, freie a die er erkennt, ſche Schrift veranlaßte Unterjuhung der Moltnifti-
was nad) jeinem Willen geihehen wird, 3) sc. ſchenLehre —
media, mittlere, (weder freie noch natürliche, aber geendet hatte, mußten die Jejuitentubwig XIV. von
die Bedingungen dieſer beiden an ſich tragenbd), Frantreich durch ſeinen Beichtvater, den Pater La
durch die — ——— weiß, was jeder Menſch nach Chaiſe zu bewegen, dem Papſte Vorſtellungen über
ſeiner Freiheit unter beſtimmten Verhältniſſen die ei Ni des Quietißmus für die Kirche zu
thun wird, obgleich er,wenn er wollte, auch anders machen. Diejer überwies die Klage der Jnquifition.
andeln könnte. Bermöge diefer Kenntnik des Molinos wurde 1685 mit jeinem Freunde und
dingt:Zutünftigen fieht Gott mit volllommener Gefinnungsgenofjen Petrucci verhaftet, jein Brief:
Gewißheit vorher, wer von der ihm verliehenen | wechjel (gegen 2000 Briefe) durchforſcht, nach zwei
Gnade Gebrauch machen wird, (jedoch giebt er fie' Jahren noch 200 Berjonen in die Unterfuhung
Moldau 100
Moloch
verwickelt und 28. Aug. 1687 das Verdammungs⸗ | in dem größern Auguſtinerlloſter eintrat, wat ſei⸗
defret liber die Lehre des Molinos im Allgemeinen
und über 68 aus dem Wegweifer gezogene Sätze
efertigt. Innocenz beftätigte das Urtheil durch
die Bulle vom 19. November 1687. Da Molinos
ch dem Urtheil unterwarf und den bei feinem
ſticismus aus ethifhen Gründen wohl erflär:
* Widerruf leiftete, wurde er zu lebenäläng:
lihem Gefängniß begnadigt. Er ftarb im Kerker
28, Des. 1697. Seine Grabſchrift bezeichnet ihn
troß des Widerrufes als haereticus (Steger). So
groß war übrigens die Furcht vor dem Uuietis-
mus, daß jhon vor der förmlichen Berurtheilung
defjelden die Inquiſition dur ein Nundfchreiben
fämmtlihe Biichöfe und Fürſten ermahnte, alle
quietiftifchen Eonventifel zu verhüten und feinen
des Duietismus verbächtigen Geiftlichen als Beicht:
vater in Nonnentlöjtern zuzulaffen ; beigefügt wa:
ren 19 Süße, nad) denen man das Borhandenfein
des Quietismus feſtſtellen fönne. Selbft der ig io
foll, nicht als Papft, jondern als Privatmann, Be:
nedictus Odescalchi wegen feiner Begünftigung
des M, einer Unterfuhung feiner Rechtgläu:
bigteit dur die Jnquifition ſich haben unter:
werfen müfjen. Die Acten des Prozefjes find nie
veröffentlit worden. BZugeftanden ift, daß die
68 verurtheilten Säge fid nicht ſämmtlich in M.'3
Schrift nahmweifen laflen, jondern daß manche nur
ihm zugeichriebene Folgerungen feiner Worte find.
Daß aus dem Duietismus ſchwere fittliche Gefah:
ven hervorgehen können, ift nicht zu leugnen.
Manche Säge wie: man braucht auf die Zweifel
darüber, ob man richtig oder falſch wandele, nicht
zu achten u. a. können zu einem gefährlichen fitt:
lihen Jndifferentiömus verleiten; jedoch iſt eö nur
a Haß gemweien, welcher nach folden
Sägen M., der den Ruf reinfter Frömmigkeit ge
noß, verborgener und jhändender Sünden bezüch⸗
tigen zu fönnen meinte, — Rad M.'s Berurthei:
lung gelang es in kurzer Beit den bereits weit ver:
breiteten Quietismus in den Klöftern Jtaliens
wieder gänzlich auszurotten und die Gefahr, wel:
che aus jeiner Verinnerlihung der Religion dem
Jefuitismus drohte, glüdlih wieder abzuwenden.
Bol. Scharlina in Niedner’d Zeitichrift für hift.
Theol. 1854. 55. Arnold, Kirchen: und Ketzerge—
jchichte III. c. 17. Lettres &crites de Rome tou-
chants l’affaire de Molinos, 2 T. Amsterd. 1696.
Burnet, lettres from Switzerland, Italy, Ger-
many 1689. Weitere Litt, bei 3. G. Wald, Bibl.
theolog. II, 1006 3q. Den guida gab in lateini-
ſcher re U. 9. Frante heraus Leipz. 1687,
in deutſcher ©. Arnold, Franff. (1699) 1704.
dan j. Rumaenien.
Moller, Heinrich, bekannt als Heinrich von Züt:
phen, einer der eriten proteftantifchen Märtyrer.
1488 zu Zütphen in Holland aus einer eingewan⸗
derten deutſchen Familie geboren, trat er jchon
mit 16 Jahren in den Auguftinerorden, und be=
juchte 1515 die Univerfität Wittenberg. Bon Luther
ausgezeichnet, wurde er troß feiner — nach
ſeiner Rückkehr 1516 Prior des Auguſtinerkloſters
in Dortrecht. Seine Reformverſuche, die er hier
alsbald begann, und für welche er Staupitz's Rath
erbeten hatte, jcheiterten am Widerſtande feiner
Ordensgenoſſen ſowie der weltlihen Macht und
der gegen die reformatoriſche Richtung auöbre:
chenden Verfolgung. M. mußte Dortrecht verlaj:
ned Bleiben nicht; er entfam na ittenberg
und lebte vortein Jahr feinen Studien. Der Fort-
gang der reformatorijhen Bewegung riefihn dann
wieder nad) Holland, wo er eine ungemeine Thä-
tigkeit entfaltete; aber die Inquifition fahndete
auf ihn, als fie ihn * in Antwerpen verhaftet
tte, befreite ihn ein allgemeiner Boltsaufitand.
ndefien mußte er —— ſeiner Sicherheit we⸗
gen das Land verlaffen und befchloß nah Witten-
erg zurüdgulehren. Auf ber Reife dorthin warb
er in Bremen durch die Bitte der Bürgerjchaft,
ihnen dad Evangelium zu predigen, feitgehalten.
Gegen die Gewalt des Erzbiſchofs kirchlich geihügt
durch die Genehmigung Teinee Ordens, welche Yu-
ther als Stellvertreter des eneralvicar Link aus-
er hatte, in allem das Wort Gottes nad) der
Hrift zu predigen, und vom Rath begünftigt,
führte er den evangelifchen Gottesdienft in der
Stabt ein. Als durch die Berufung feines Freun⸗
des, Jacob Spreng (von jet an Jacob Probft ge;
nannt) aus Antwerpen und des Johann Timann
aus Amfterdam die neue Lehre in Bremen gefichert
ſchien, folgte er troß der Abmahnungen feiner
Freunde einer Aufforderung des Paſtor Nicolaus
je zu Meldorf im Dithmarfchen, dort das Evan:
gelium zu verkünden. Vergeblich erwirkte der Do:
minicaner-®rior — ein Verbot der Land⸗
ſtände, die Meldorfer beriefen ſich auf ihr Landes
recht und erlangten auch Rücknahme des Verbos
Neue Bemühungen der Dominicaner machten aber.
auch diejen Beſchluß wieder rüdgängig, und. M.
wurde in der Nacht des 10. Dezember durch ein
Aufgebot der Bauern überfallen und gefangen ge:
nommen. Am andern Morgen verurtheilte ihn zu.
Heide ein tumultuarifch zufammengefegtes Glau—⸗
bensgericht als Keger zum Scheiterhaufen. Ein
trunfener Bollshaute fügrte ihn unter ſtunden⸗
lang fortgeiegten Mißhandlungen zum Tode. Sein
Märtyrertod erregte allenthalben die tiefjte Theil:
nahme. Luther jandte an die Chriften zu Bremen
einen Troftbrief mit ausführlicher Erzählung des
Martyriums; Melandthon ſchrieb ein Zoblied auf
ihn. Auf dem Gottesader zu Meldorf wurde ihm
1830 ein Denkmal errichtet. Vgl. Luther, vom
Bruder Heinrich ꝛc. ſämmtl. Werte Bd, 26 (Erl.
Ausg.) Schlegel, Kirchen: u. Reformationsgeſch.
von Norbdeutichland, Bd. II. Rante, deutſche Ge:
fchichte im Zeitalter der Reform. Dunge, Geſch.
ber Ev. Stadt Bremen II. _
Moloch, die durch die griechiſchen Ueberſetzungen
üblich gewordene Form des hebräifchen eh,
Hamolech, König, ID, 72D) Name einer Gott:
heit der zu welche unter dem Bilde einer
ehernen Statue mit einem Stierkopfe bargeftellt
wurde und der man Menſchen, namentlich Kinder
opferte. Bgl. August. de civit. dei VII, 19. Ter-
tullian apol. 9. Manlegte die Opfer auf die ſchräg
erhobenen Arme der Statue und ließ fie in das
im Innern berjelben angezündete Teuer hinab»
gleiten. Zmeifelhaft ift, ob die Redensart „hin⸗
durchgehen laffen für Moloch durch's Feuer“
2, Kön. 23, 10. 16, 3, (ähnlich 5. Moj. 18, 10. 2.
Ehron. 28, 3. und öfter) ein anderer Ausdruck
fei für „dem M. durd Feuer opfern“ oder ob es
nur eine im Altertfum allgemein üblihe Fe:
bruation, d. 5. Reinigung durch Feuer ohne Ber
jen 1520, aud in Antwerpen, wo er ald Subprior | brennung bezeichne. — Da Molod häufig mitder
Momerie
andern fananitifch:phönizischen Gottheit Baal ver:
bunden wird, aud) die Bedeutung der Wörter ziem⸗
Lich dieſelbe ſowie Bild und Eultus ähnlich ift,fo kann
der Unterſchied zwiſchen ihnen fein wejentlicher
fein. Beide bezeichnen die Sonne als bie jhaffende,
zeugende Naturkraft, Moloch wahrjcheinlih die
—— und vernichtende Eigenſchaft derſelben.
aher wurde unter feinem Bilde bie Gottheit ver:
ehrt, welche Sünden und Ucbertretungen mit Vers
derben heimjucht, und deren Groll nur mit ben
allergrößten Opfern verjöhnt werden ann. Andere
Namen find Melkarth (König der Stabt), ber
tyriſche Nationalgott, Milihos, Malica, Melec
alcan; ——— bezeichnet die Zuſammen⸗
faſſung der wohlthätig ſegnenden und der verderb⸗
lich wirlenden Kräfte ver Sonne. Nachdem wahr:
ſcheinlich ſchon Salomon den Molochdienſt feinen
heidnifchen Gattinnen gejtattet 1. Kön. 11, 5.7.
2. Kön. 23, 10. 13, wurde ber Gultus ganz be—
ftimmt durch Ahas in Iſrael eingeführt; die bes
rüchtigte Stätte defjelben war das Thal Hinnom
bei Jeruſalem; aud in Ephraim breitete ber heid⸗
nie Dienft fi aus 2. Kön. 17, 17. 31. Auf die
bei Amos 5, 26 gefundene Erwähnung eines Mo:
lochdienftes in der Wüfte gründeten Daumer und
Ghillany die Behauptung, daß zur Zeit Moſes
nicht Jehova (Jahve), jondern Moloch der eigent:
lid von den Juden — Gott geweſen ſei.
Ihre Anſicht iſt jedoch von Dr. E. Meier in Theol.
Stud. u. Krit. 1843, IV, u. A. widerlegt, ba ſich
in feiner Stelle des mojaifhen Syftems eine Er:
innerung an den Molochdienſt, aud nicht ald an
einen aufgegebenen findet. Auch tritt der Molodh:
dienſt erjt jo jpät in Iſrael auf, daß er nicht ala
MWiederaufleben einer überwundenen Religion be:
trachtet werben kann. Das Graufige feines Dien-
ſtes fonnte am erjten einer verirrten Religiöfität
imponiren, die noch einen Reſt des Bewußtſeins
von der Erhabenheit und Heiligkeit Gottes in ſich
trug. Bol. Movers, Phoͤnizien. 1. Bd, Breslau
1840. Daumer, der Feuer: und Molochdienft der
alten Hebräer. Braunſchw. 1842.
70
Monate
erbart find bie Monaden bie eigentlich realen
inge, welche hinter der ——— liegen,
von und unerlannt, welche aber die letztere bilden,
jo daß alfo jede Erjcheinung eine eigenthümliche
Gruppirung diefer Monaben ift. Wir nennen eine
foldye Gruppirung ein Ding, was jedoch auf blos
Bem Schein berubt, da dasſelbe nur ein Product
der zufammenmirfenden Monaden, ber eigentlis
hen Dinge an ie ift,
Monarchia Sicula, Sicilianifche Monardie,
bezeichnet das Vorrecht ber Könige von Sicilien,
welches durch eine Bulle Urban's II. 1098 Roger
von Sicilien ertheilt worden, daß fie als beftän«
dige Legaten (legati nati) des römiſchen Stuhls
die unumfcdräntte geiftliche Gerichtsbarkeit im
Königreich haben follten, jo daf ohne ihren Willen
fein päpftlicher Legat das Land betreten dürfe und
E in der Anordnung und Zeitung ber firdlichen
ee abet ungehindert wären. Baroniud
—1
riff die Echtheit der Bulle an und behauptete, erſt
Carl V. habe ſich auf diefelbe zur Vertheidigung
—— Uebergriffe berufen; gegen * ſchrieb Du
in, Defense de la monarchie de Sicile contre
les entreprises de la cour de Rome, Lyon 1716.
—— ift, daß die Könige Siciliens ihr Privi⸗
legium behaupteten und immer weiter auszudeh⸗
nen ſuchten, bis dad Concordat zu Terracina 1818
den Streitigkeiten zwijchen ven Königen und ben
Päpften ein Ziel fegte. Freilich entitanden über
die Auslegung gleich neue Differenzen.
Monardianer iſt in der Dogmengefhichte ber
Gefammtname für alle bie Richtungen, welche im
Intereffe der Einheit Gotted von der Lehre ber
Kirche die Berjon Chrifti abwichen. Unter
benfelben find 2 Klafjen unterfjchieden, indem die
Einen die Gottheit Chriſti leugneten und in ihm
nur einen Menſchen fahen, der mit Gotteöfraft,
(düvanıs) begabt, der Sohn Gottes zu heißen ver⸗
diene (dynamiſche M.), während die Andern feinen
hypoſtatiſchen (Weſens⸗) Unterfchied zwifchen Gott
und Chriſtus zugeben wollten und die Namen des
Vaters und des Sohnes nur als verfchiedene Be:
Momerie (Mummerei) bezeichnet in der Schweiz | zeichnungen ded Einen göttlihen Weſens fahten
dasjelbe, was in Deutſchland gewöhnlich Pietismus
heißt, die Frömmigkeit, die vorzugsweife im er:
regten Schuldgefühle ihrer jelbft bemußt wird, in
Holge davon den Gegenjag zwifchen Gott und
ſhypoſtatiſche M.). Zu der erften Klafje gehörten
| Theodotus, ber Zederarbeiter um 308 und der
leichzeitige Artemon (Vgl. Euseb. H. E., V, 28),
eryll von Boftra und Paulus von Samojata
Welt, den nur die Gnade überbrücken könne, auf's | (f. diefe Art.); zu den zweiten, die auch Batripafs
äußerite anjpannt und daher mit Vorliebe die
eheimnißvolliten Dogmen ber Kirche beſpricht, bie
je zugleich auf das geheimnißvollfte und tiefite ge:
aßt wifjen will, weshalb fie ed dann für ein Beis
chen ber rechten chriſtlichen ale Barorisei!
die Dogmen der Orthodoxie in aller Schroffheit
feftzuhalten. Zu den Führern der M. gehörte Ma:
lan (j. d. 9.) in Genf, der ſich von der Kirche los⸗
ſagte und eine eigene Kapelle begründete.
Monade (Einheit) bezeichnet in der Bhilofophie
ein einfahes Wejen geijtiger Natur, Monadologie
den Verjud, das Dajein auf ſolche Monaden als
das Urjprünglihe alles Seins zurüdzuführen.
Der neuere Urheber der Monadenlehre ift Leibnitz.
Nach ihm find die Monaden activ geiftige Buncte,
deren Bielheit zufammen die eigentliche Subftanz
der Welt bildet. Sie unterjcheiden fih von den
Atomen dadurch, daß dieje körperlich und niemals
abiolut untheilbar, die Monaden dagegen geiftig,
activ, mit Bewußtjein begabt, und ſchlechthin un:
fianer (weil fie lehrten, der Vater habe gelitten)
enannt wurden, Praxeas (um 200), Nodtus mit
Une Schülern Epigonus und Kleomenes, und
Sabellius (ſ. d. 9.)
Monate, Die hebräifhen Monate (MY von NY!
Mond) waren Mondmonate und begannen mit
dem Neumond (unter Neumond verjtand man
indeffen nicht, was die Aftronomie damit bezeich—
net — die Eonjunction des Mondes mit ber
Sonne — fondern das neue, — gewordene
Licht des wieder erſcheinenden Mondes); ſie hatten
deßhalb bald 30 bald 29 Tage. Nach jpäterer Be:
mmung hatte das Jahr mindejtens 4, höchſtens
Monate von 29 Tagen. Der Neumondstag war
geheiligt und wurde ala Fefttag (WIN WNN) be,
| gangen 4. Moj. 28, 11—16; 1. Sam. 20, 5. 18
'—20; Amos 8, 5; feine Beftimmung hing vom
Synedrium ab. Dasjelbe —— zu dem
Zwecke, ob nach aſtronomiſchen Geſetzen der Neu:
fuͤ
8
theilbar find (3. 8. die menſchliche Seele). Bei | mond vom 29.—30. oder vom 30.— 31. Tage des
45
Mond 702 Mongolen
jeweiligen Monats eintreten werde. Im erſteren auf Höhen und Hainen gefeiert und war ein uns
Falle ſprach es den Monatsanfang aus, wenn | züchtiger Gefchlechtscultus. 2, Kön. 23, 7; Hofea
durch fihere Zeugen am 30. Tage der Eintritt des 4, 14. Die Hebräer überkamen diefen Dienft von
Neumondes befundet wurde, und es zählte jomit | ipren Nachbarn, zumal den Phöniciern, fie faß—
der vergangene Monat 29 Tage (HN Yin) ten — — = er in einer pe
; 2 : ung und in ein egriff zufammen, wie auch bei
Kun Die Beugen ni, Io Araaın Der neue ben Yböniien Ti as Befehen eig, Be er
. sage, ge war dann ſchiedenen Götter auf eine Gottheit zu vereinigen.
Non. Der 50. Tag wurde aber aud in dieſem | Schon 5. Mof. 4,19; 17, 8 wird vor dem Aſchera⸗
Halle als Neumondätag gefeiert, jo daß der auf dienſt gewarnt. Iſebel führte ihn mit dem Baal-
einen Monat von 30 Tagen ag zwei Neu: bienft in Iſrael ein. Noch findet fich zu Manafje’s
mondstage hatte. Daß in der frühern Zeit die Zeiten ein Dienft des Mondes Jer. 8, 2; 2. Kön.
Monate immer zu 30 Tagen gerechnet worden, ift 23, 5, der Königin des Himmels (Jer. 7, 18), der
nad 1. Mof. 7, 11; 8,3 nit unmöglid. Den eine unmittelbare bildlofe Verehrung gemejen
Unterſchied zwifhen dem Mondjahre und dem Hiob 81, 27 und als Geftirndienjt von den Chal⸗
Sonnenjahre gli man durd) Interkalation eines däern übernommen zu fein fcheint. In Hinficht
13. Monats aus, wenn aftronomifche Berechnun: | des Cultus erwähnen die Angaben Trankopfer und
gen ergaben, dab die Sonne erft an oder nad) | Kuchenopfer Jerem. 44, 17. 25; 7, 18; 18,2.
dem 16. des nädjiten Nifan (dem Tag nad) dem | Räucherungen Hiob 31, 27, Küffe. Bejonders von
Feſt der ungefäuerten Brode 3. Moj. 23, 5. 6) in | den Weibern wurde er gefeiert er. 44, 15, wo:
das Zeichen des Widders eintreten würde, oder | bei indeß die Männer zugezogen wurden.
wenn aus dem Stande der Früche zu jehen war, Mongolen, Die Religion dieſes Voltes, welches
daß der 16. Nifan, an welchem die Eritlinge der ſeit Dſchengis-Chan ganz Border: und Mittelafien
Ernte geopfert werden mußten (3. Mof. 23, 10) | beherrichte, war ein roher Naturbienft, geftügt auf
ohne Snterkalation vor die Ernte fallen würde. | den Glauben an Fetiſche und Gößenbilder. Ihre
Bis zum Eril hatten die einzelnen Monate feine | Priejter, die Schamanen, galtenal3 Zauberer und
bejondern Namen, jonbern wurden nur mit der Propheten. Dabei waren fie aber frei von allem
Zahl bezeichnet, wobei der Monat des Auszugs | Fanatismus und duldeten jede Religion bei den
aus Aegypten in der Regel nad) 2. Moſ. 12,2als | von ihnen überwundenen Völkern. Die zahlreich
ber erfte, mit dem das Jahr beginne, feitgehalten | unter ihnen wohnenden neftorianiihen C ——
wurde (nad dem Exil feierte man den Jahres: ſcheinen ſehr wenig Einfluß auf ſie geübt zu haben;
Anfang im fiebenten Monat). Doc) findet fich die | was jene meinten ala Anfänge chriftlihen Glau—
——— Aehrenmonat für den erſten 2. Moſ. bens und Cultus anſehen zu dürfen, zeigt ſich im:
13, 4; 5. Mof. 16,1, Blüthenmonat 1. Kön. 6, 1. | mer ald nur vorübergehende Anbequemung. Das
37 für den zweiten, Fluthenmonat 1. Kön. 8, 2 | Abendland machte wiederholte Miſſionsverſuche
für den fiebenten, Regenmonat 1. Kön. 6, 38 für | unter ihnen. Diejelben eröffnete die Doppelte Ge:
den achten Monat. Die fpätern Monatsnamen ſandtſchaft Innocens' IV., 1245, 4 Dominicaner
werden von Manchen — jedoch ſchwerlich mit | und 3 Franciscaner, unter legteren Johannes de
Recht für perfiihen Urjprungs gehalten; fie find | Plano Carpine, ein unmittelbarer Schüler Franz's
1) Nifan (gewöhnlich unfer April), in den das | von Aſſiſi, die jo gut wie vergeblich blieb. Wäh:
Paſſah fiel; 2) Jjar; 3) Sivan; am 6. diefes Mo: | rend der Kreuzzüge, alö das beiderjeitige Inter:
nats das Wochenfeft (Bfingiten);4) Tammus; 5) | efie gegen den gemeinjamen Feind (bie Moham:
Ab; 6) Elul; 7) Tisri, am 10. Verfjühnungstag, | medaner) Abendländer und Mongolen einander
am 15. Laubhüttenfeft ; 8) Marchesvan; 9) Rislen; | näherte, ſandte Ludwig IX. von Feantreig aus
10) Tebet; 11) Sebat; 12) Adar; am 14. Burim, nächſt 1248 den Dominicaner Andreas von Lon—
das Feſt der Errettung von der Verfolgung Ha: | jumeau und 5 Jahre jpäter den Franciscaner
mans, Dazu fommt im Schaltjahr alö 13) Vedar, Wilhelm von Aubruquis zum Chan Mangu.
in welchem aud) im Schaltjahr das Purimfeft ge: | Zwar veranftaltete diefer ein Religionsgeipräd
feiert wurde. Dieſe Namen fanden jedoch im bür« | zwijchen dem Gefandten, ven MRohammedanern und
gerligen Leben erjt allmählich Anwendung. (Vgl. | den Gößendienern, aber weber er noch gröfere
Sadar. 1,1;8, 19; Dan. 10, 4 mit Sadar. 1, 7; Maſſen des Bolfes traten zum Chriftenthum über.
7,1; Eith. 3,7.18 u. ö.) In Folge deſſen reifte Rubruquis 1254 wieder zu:
Mond. In der biblifhen Schöpfungs:Darjtel: | rüd. Jndeffen dauerte der Berfehr mit dem Abend:
lung wird ald Beſtimmung des Mondes ausdrüds | lande fort, zumal, jeitdie Mongolen auf den Trüm:
lich die eines Zeitmeffers angegeben. 1. Mof. 1, | mern des von ihnen 1258 vernidteten Chalifats
14. 16. Sir. 43, 6—8. So wurde nad ihm zu: | von Bagdad ein neues Reich, das mongoliich:per:
nädjt der Monat, urſprünglich auch die Woche und ſiſche, errichtet hatten und nun bemjelben Gegner
fodann das Jahr (Mondjahr) beitimmt. Einen | wie das Abendland, den Sultanen von Aegypten,
Einfluß auf die organische Welt, — auf die | gegenüber ſtanden. Dieſer Umſtand begünſtigte die
Menſchen, ſchrieben ihm nachweislich erſt die nach- Miſſionsthätigleit; unter dem Schutze der Chane
exiliſchen Juden zu. Vgl. Matth. 4, 24; 17, 15. | gründeten Franciscaner und Dominicaner zabl:
Die vorderaftatiihen Religionen fehen im Monde | reiche Klöfter und Gemeinden, die ihren Mittel:
das Symbol der weibliden empfangenden Natur: | punlt in dem 1318 geftifteten Erzbisthum zu Sul:
traft nad dem BVerhältnii des Mondes zu dem | tanich mit mehreren Suffraganbisthümern hatten.
befruchtenden Thau der Nacht; fie unterjcheiden | Indeß beftanden die Gemeinden mehr aus früher
aber auch bier wie bei der Sonne zwifchen der feg: | Ichismatifhen Chriften (Nejtorianern, Jatobiten
nenden und der Berderben bringenden Macht, ꝛc. als aus befehrten Mongolen, vielmehr trat Die
Aſchera (Benus) und Aitarte (Diana, Artemis). | Mehrzahl der ei gie zum Yslam über. So war
Der Dienft der erjteren ward wie der des Baal es natürlich, daß, ganz abgefehen von einzelnen
Mongus
vorübergehenden Verfolgungen die Stellung bes
Chriſtenthums eine unficyere und gefährdete war,
infofern es nicht im Volke wurzelte, jondern jeine
Duldung nur politiichen Motiven verdantte, Die:
felben Urfachen ließen es auch in den übrigen mon:
goliſchen Reichen, in dem Chanat Kiptſchat (Cas—
diſches Meer, Wolga und Don) ſowie in dem von
Dihagatai (die erjten Miffionen um 1340) nicht
zu rechten Erfolgen fommen. Bebeutendere wur:
den unter der mongolifchen Herrichaft in China er:
zielt, beſonders durch den Franciöcaner Johannes
de Dionte Corvino (um 12:8—1325). Troß der
Gegenbemühungen der Neftorianer, deren Gemein:
den ſchon feit Jahrhunderten hier blühten, erbaute
er zwei Kirchen in Chan-baligh (Cambala, Beling)
und begründete, unterjtügt durch neue Miffionare
als Erzbifhof von Cambala (jeit 1307) ein fatho:
lifches Kirchenweſen in China, welches auch unter
feinem Nachfolger, dem Franciscaner Johannes
von Marignola fid) fortentwidelte, Allein aud
703
Monod
tät der Univerfität Cöln: Censura et docta er-
plicatio erro:un: catechismi J. Monhemii, etc.
Col. 1560. Confutatio fidei novitiae, quam spe-
cialem vocant, adversus Joh. Monhemiuın von
Hessels 1568 u.a. Für ifn: Ad theologastrorum
Coloniensium censuram Henrici Artopoei Res-
ponsio pro defensione Catechismi JoannisMon-
hemii sui praeceptoris conscıipta, Gratianopoli
1561. Theologiae Jesuitarum praecipua capita,
ex quadam censara, quae Coloniae 1.60 edita
est etc, Leipz. 1563. Außer zahlreihen, — wie
die theologiſchen ſämmtlich für die ftudirende Zus
gend bejtimmten — grammatifchen und phicoſo⸗
phiſchen Schriften gab Monheim ferner heraus:
Dilucida et pia explanatio Symboli, quod Apo-
stolorum dicitur et decalogi praeceptorum au-
tore D. Erasmo Roterodamo in compendium
redacta. Cui accessit modus orandi deum etc.
Col. 1561 u. öfter. Evangelia et epistolae ex
translatione Erasmi recognita, cum scholiis
bier gelang ed nicht die Herricher dem Chriften: | brevissimis ad usum puerorun: 1569.
thum zu gewinnen, fie wandten ſich vielmehr mit |
der Mehrzahl des Volkes dem Lamaidmus zu. Der
Mongolen-Herrſchaft machte dann 1568 die Diing: |
Monica, die Heilige, die Mutter des h. Augu:
jtinus, geb. 332 in Afrika von riftlichen Eltern.
Sie wurde genöthigt einen Heiden, den Patricius
dynajtie ein Ende, welche in ihrem Hab gegen alles | von Thagajıe (in Numidien) zu heirathen, es ger
Ausländische auch die Ehriftengemeinde vertilgte. | Lang ihr aber, denjelben für das Tpriftentgum zu
Evangeliſche Mijjionare haben, beſonders von der
Schweiz aus, unter den M. im erften Drittel bie:
jes Jahrhunderts zu arbeiten geſucht. Vgl. Echmibt,
Forſchungen im Gebiete der älteren religiöjen ac.
Bildungsgejhichte der M. Peteröb. 1824. Ham:
a Eeſchichte der Ilchane d.i. der Mon:
golen in Perſien. 2 Bode. Darmſtadt 1842 -48.
Mongus, Peter. S. Monophyſiten.
Monheim, Johannes, geb. 1509 bei Elberfeld.
Auf Reiſen als Gehülfe ſeiner Eltern im Garn—
handel, lernte er die lutheriſche Lehre kennen und
gewinnen, Belannt iſt der Einfluß, den ihre ins
nige Frömmigkeit auf Die Entwidlung des Augu⸗
ftinug gehabt hat. Cie ftarb 387 auf einer Reife
nach Stalien, die fie mit ihrem andern Sohne Nas
vigius unternommen, au Oſtia. Die Kirche ehrt fie
als Heilige am 4. Mai.
Monod, Avolphe, einer der hervorragendſten
franzöjifhen evangeliihen Kanzelredner. Geboren
1802 zu Kopenhagen, mo jein Bater Jean DM.
Yrediger bei der dortigen franzöſiſchen Ges
‚ meinde war erhielt er jeine erfte Bildung auf dem
wandte ſich derjelben zu, jtudirte dann wahrſchein- Gymnaſium zu Paris, wohin jein Vater 1008 be:
lic) zu Münjter, vielleicht aud) in Eöln, war 1532 | rufen worden, und jtudirte darnad zu Genf bis
Rector an der Schule zu Eſſen, und jeit 1536 an | 1824. Auf einer im folgenden Jahre unternom—
der Domſchule zu Cöln thätig. Hier trat er in menen Reiſe nad) Italien begründete. die evat:
enger Verbindung mitdem Erasmiſchen Kreije als geliſche Gemeinde zu Nearel, an welcher er bis
entjchiedener Gegner der an der Kölner Univerji: ; 1827 wirkte, Als Paſtor der reformirten Gemeinde
tät herrſchenden mönchiſch-ſcholaſtiſchen Richtung | nad) Lyon berufen, entzweite ihn feine jtrenggläus
auf. Als ausgezeichneter Bädagog bald allgemein | bigeKichtung mit dem ortizen Conſiſtorium wegen
anerfannt, wurde er auf die Empfehlung einzelner | einer Predigt (Qui doit communier?) gegen die
evangeliich gefinnter Räthe 1545 von dem Herzog | Profanation ded Abendmahls durch ungläubige
von Cleve ald Rector an die neubegründete Schule | Communicanten; abgejegt 1828, eröffnete er eine
zu Düfjelborf berufen, die unter ihm bald bedeu: | Kapelle und bildete eine von der Staatäfirhe un:
tenden Ruf und eine ungemein große Schülerzahl abhängige, raſch aujblühende Gemeinde. 1838 zum
(an 2000) erlangte. Da er derreligiöjen Erziehung | Profeſſor an der reformirten Facultät zu Dion»
beim Jugendunterricht einen jehr hohen Werty |tauban ernannt, wirkte er zugleich als Prediger
beilegte, verfaßte er für feine Schule mehrere fa: | und Neijeprediger in Süpfrantreid, bis er 1847
techetijche Handbücher, darunter jein legtes und | nad) Paris als Prediger berufen wurde, Nach einer
bedeutendftes: Catechismus, in quo Christianae | unermüdlichen und gejegneten Wirkſamkeit unter:
religionis elementa sincere simplieiterque ex- lag er 1856 einer langwierigen Krankheit, Bon
plicantur, Düsseld. 1560. (Auf's Neue herausge- | jeinen Predigten erjchienen bie drei erften 1830,
geben mit einer Einleitung durch Dr. Sad, Bonn | ihnen folgte eine Sammlung in einem Bande 1844.
1847.) Weil er, obwohl äußerlid) noch farholifcy, | Nad) feinem Tode erſchienen Sermons par A. Mo-
darin jeine calviniſche Ueberzeugung offen ausge: nod, 3 Vol. Paris 185559 und Les aujeux
ſprochen, wurde Herzog Wilhelm, ver zwiſchen d'AdolpheMonoda ses amisetal'eglise, Sıprift:
Evangelium und fatholiicher Kirche unentſchieden auölegungen, auf dem Krantenbette im Kreiſe ſei—
in und herfchwantte, von den Jejuiten und dem | ner Freunde vorgetragen. Biele jeiner Predigten
* gedrängt gegen M. einzuſchreiten. M.'S | find in's Deutſche übertragen, meiſt von Rehfuß
t. 1564, fam den vom päpſtlichen Hofe überſ., Stuttgart. Der Apoſtel Paulus, 5 Reden.
| Frantfurt 1554. Ausgew. Schriften. Bielefeld,
Tod, 9. Sep
beabjichtigten ernften Schritten zuvor. Ueber den |
rajd) und weit verbreiteten Gatehismus entjpann | 1860—62. 8 Bde. .
ſich eine heftige literarifche Fehde. Gegen denſelben Monod, Frederic Joel Jean Gerard, der Brus
erichienen, veranlaßt durch die theologiſche Fakul- der des Vorigen, geb. den 17. Mai > zu Mon:
‘ 49
Monogamie 704 Monophnfiten
naz, Kanton Wallis, war Baftor in Paris von | des Eutydes (ſ. d. A.) entwideli hatte. Die gegen
1819 bis 1849, Als die Synode der franzöfifchen | diefen gerichteten Beſchlüſſe des 4. öfumentischen
reformirten Kirche 1848 bejchloß von einem Glau⸗ Eoucild von Chalcedon (451) fanden von Seiten
bensbekenntniß abzufehen, um eine Zerjplitterung | zahlreicher alerandrinifher Theologen heftigen
der Kirche zu verhüten, trat Fr. Monod, welcher | Widerftand. In der Ueberzeugung, daf bie chal-
damit das Fundament des dhriftlihen Glaubens | cedonenfifhe Formel, nad) welcher die Einheit der
wanlen ah, mit dem Grafen Gasparin (Gasp., les | Berfon in zwei Naturen befteht, weldhe unver:
interöts generaux du Prot. france, 1843; deutfch | miſcht und unverändert, aber auch ungetheilt und
Eſſen 1843) aus der Landeskirche aus und ver: | ungetrennt vereinigt find, nothwendig zum Nefto-
einigte etwa 30 Gemeinden auf einer Synode zu | rianidmus führe, hielten fie an der Lehre von
Paris 1849 auf Grund eines neuen Glaubenäbe: | einer Natur feit. way ihr Name, Die größte
fenntnifjfes zu einer freien Kirche, welde unab: | Verbreitung fand der Monophyſitismus zunächit
bängig in Lehre, Disciplin und Eultus ſich ledig⸗ in Paläftina und Aegypten. Mit Hülfe von
lich aus eigenen Mitteln erhält und durch eine alle | Mönchen und —— und begünſtigt von
zwei Jahre tagende Synode und einen Synodal- der in Jeruſalem lebenden Kaiſerin-Wittwe
ausſchuß rvepräfentirt wird. (Val. Hellmar in der Eudokia fette ſich hier der monophyſitiſche Mönch
Ztſchr. für hiſt. Theol. 1851). + 30. Dec. 1868. Theodoſius an die Stelle des rechtmäßigen ortho—
Außer einigen Predigten und kleineren Broſchüren doxen Patriarchen Juvenal. In Antiochien ſchwang
redigirte M. bis zu feinem Ende die »Archives du ſich Petrus Fullo (yvapevs d. h. Walter, jo
christianisme«, genannt von feinem Höfterlihen Gewerbe) auf
Monogamie, Die Einehe war im A. T. nicht | den Patriarchenſtuhl und fchob die Formel „Gott
gejeglich geboten, ging aber aus der fittlihen Ents | gefreuzigt für uns“, von daallgemein das Lojungs:
widelung des Voltes allmählich von jelbft hervor, | wort der Monophyfiten, in die Liturgie ein. Sn
fo daß nad dem Eril von Polygamie fich Feine | Alerandrien hatten die M. unter dem Presbyter
Spur mehr findet. Auch das neue Teftament ge: | Timotheus Aelurus (d. h. Kater) und dem Diaton
bietet jie nirgend ausdrüdlich, fie folgt aber mit Petrus Mongus (d. 5. Heifer) fi zunächſt von ber
Nothwendigkeit aus der jhon von Paulus ent: | Kirche getrennt, dann aber auf die Nachricht vom
wicdelten dee der Ehe. (Bgl. d. Art. Ehe). Tode Haifer Marciand 457 fih der Kathedrale
Monogramm Chrifti, der, gewöhnlich aus den | bemädtigt, den Patriarchen Proterius erfchlagen
beiden erjten griechifchen Buchſtaben (X und P) | und defien Sig durch Aelurus bejegt. Gegen den
— n rt; 7 | Rath des römischen Biſchofs fo wie der Bamphi:
zujammengejegte a vera des Erlöjerd. Die fifchen griff Haifer Leo (+ 474) ein, verbannte den
gewöhnlichiten Formen defjelben find 'Betrud Fullo und ber Helurus 460 und tief
u. oder Ku. Sh. | orthodoxe pr wählen. Dagegen beſchützte ber
Die erftere Form ift heidniſchen Urfprungs, die | Ufurpator Baftlistus 476—77den Monophyſitis⸗
legtere ausſchließlich hriftlich, beide wurden bereitö | mus, den er jogar burd) ein Encyelion zur Staats:
vor Conftantin vonden Ehriftenangemwendet. Dies | religion erhob. Zwar unterjchrieben dafjelbe alle
fer nahm die erjtere in das Labarum auf, und griechiſchen Biſchöfe mit Ausnahme des Patriar:
feitvem erfcheinen beide auf Münzen, öffentlichen | hen von Conjtantinopel Acacius, doc widerrief
und Privatdentmälern, Gegenftänden des gemöhn: Baſiliskus es ſchon 477, um die von Acacius ge:
lien Lebens und bejonderd auf Grabjchriften, | leitete Oppofition zu brechen. Kurz darauf erfolgte
jehr häufig aud) mitjymbolifcher Beziehung. Späs indeß fein Sturz und an feine Stelle trat wieber
ter kommt namentlich die erftere auch mit verän: | Zeno, der naturgemäß die Orthodorie begünftigte.
berter Bedeutung z. B. Novoosrouos, Xprorievwv Nach dem Tode des Aelurus, 477, jegte er den
ndaye (in der Verbindung mit rdaya) vor. — | frühern kaiferliden Gegenpatriarhen Timotheus
Außer diejem Monogramm erſcheint ein andered | Salophaliolus wieder ein und verurtheilte den
für den Namen Jeſus Chriftus und zwar bei den | von den Monophyfiten erwählten Petrus Mongus
Griechen und Yateinern (in Bibelhandfchriften, | ald Empörer zum Tode. Dennoch gelang es diejem,
Dentmälern, Bildwerten, Münzen) in der Form | der fich eine Zeit lang — hielt, . dem
It ve f ; Tode des Timotheus mit dem Acacius fich zu ver:
IC XÜ,, außerdem bei den Lateinern noch * ſtändigen und die Beſtätigung ſeiner Würde zu er:
der For 3 XPS xpi langen. Um die ſtreitenden Parteien zu verjöhnen,
} er IHS XPS * ihu —— erh dann der Kaifer, hauptſächlich auf Beran-
bei dad H indeß das griedifhe J war). — |[affung des Acacius das jog. Henotifon, 482, ein
EindrittesM. des Namen Jefuift bei den Griechen | Edikt, —— die ſtreitige ie durch eine zwei⸗
1 as IQ. 4⸗ ; I deutige Formel zu umgehen und die Einheit der
IH, bei den Tateinern IHS; lebteres iſt na· Spaatatirche wieder herzuftellen fuchte. Damit
mentlid) jeit dem Ausgange des Mittelalters ehr | aber war keine Bartei zufrieden ; zuvörderft fagten
verbreitet, jeit Bernhardin von Siena es bei feinen | ich die ftrengen M. von Mongus, der die (jormel
Predigten zur Öffentlihen Verehrung ausgeftellt ‚ ebenfalls unlerſchrieben, [08 und bildeten die Bar-
hatte. Mit dem Kreuze verbunden warb es in der | fei der Akephaler (ohne Haupt). Die 3*
Form IMs ſeit 1541 das Siegel des Jeſuitenor⸗ fanden ihren Anhaltan Bapft Felix III, der über den
den3. Vgl. Mamachi Orig. et antiq. christ. LILL. | Batriarden in Conftantinopel 484 den (aläbald
Münter, Sinnbilder und a Te der von diefem erwiderten) Bann ausſprach und bie
alten Chriften. Altona 1825. Piper, Mythologie | Gemeinſchaft mit der miorgenländijchen Kirche
und Symbolik der riftl. Kunft. Bd. 1 u, 2. 1847 | aufhob. Der Kampf der firchlichen Parteien wurde
und 1851. nun in Bollsaufftänden auf die Straße gebracht
Monophyfiten, die Anhänger der Lehre von |und in Palaft- und Refidenzrevolutionen ausge ;
einer Natur in Chrifto, die fih zunächft aus der | fochten. Kaiſer Anaftafius, 491—518, hielt das
Monophyfiten
Henotifon zwar mit Zähigteit feft, neigte fich aber
immer mehr bem Monophyfitismus zu. Die Häup:
ter der Atephaler, Zenajas (Philorenus) aus Tahal
in Berfien, Bifchof von Mabug (Dieropolis) und
Severud gewannen in Antiohien die Meberhand,
Severus konnte jelbit in Conitantinopel die Eins
fügung der monophyfitifhen Formel ins Trisha-
gion durdfegen, der Batriarch Macedonius wurde
abgejegt, an jeine Stelle trat Severus und eine
Synode zuSibon, 512, verdammte fogar die Be:
ſchlüſſe von Chalcevon, fo daß die Monophyſiten in
allen morgenländifhen Kirchen die Herrichaft er:
langt hatten. Jedoch nöthigte der Aufftand des
Feldherrn Vitalianus, der ſich an die Spike ber
unzufriedenen Orthodoren geftellt, bereit8516 dem
Anaftafius das Verſprechen ab, den kirchlichen
Frieden mit Rom durch Anerfennuma der Beſchlüſſe
von Chalcedon wieder herzuftellen. Sein Nachfol⸗
ger Yujtin I. (518— 27) führte das Berfprechen
au3 519, die monophufitifchen Bifchöfe wurden ent:
fegt und flohen nad; Aegypten. Unter Juitinian
527 —565 gelang es zwar durch die Begünftigung
der Raiferin Theobora, den Monophyfiten Anthi:
mus 535 zum Patriarchen von Gonftantinopel zu
erheben, ald aber Papſt Agapet ihn von der Kir:
chengemeinſchaft ausſchloß, ward er durch den liber
die erfahrene Täuſchung erzürnten Juftinian ent:
ſetzt 536, und die kaiſerliche Beftätigung der unter
dem neuen Patriarchen Mennas gehaltenenSynode
zu Conftantinopel fügte dem kirchlichen Verdam—⸗
mungäurtheile das ftaatliche Verbot der Ausbrei:
tung desM. hinzu. Aus den Intriguen der unter:
legenen Bartei ging dann noch der theopaschitifche
und Dreicapitelftreit (f. d. A.) hervor, in weldem
Rom die Sadje der Orthodoxie aufrecht erhielt.
Dem Borhaben Juftinians, zur Vermittlung der
—— die Lehre der monophyſitiſchen Aph⸗
thartodofeten (f. d. A.) als Dogma in die Kirche
einzuführen, kam fein Tod zuvor. Erleichtert war
der Sieg der Chalcedonenfer durch die Spaltun-
gen unter den M. felbft. Ueber bie Frage, ob der
Leib Chrifti vor der Auferftehung verweslich oder
unverweslich gewejen jei, ftritten ſich die Severia-
ner, (Theodoſianer, Pseprolarguı, Anbeter des
Bergänglihen) und die Yulianiften (Gazaniten,
Apsaprodoxärau, eg rg Ir ten). Bon den Letz—
teren lehrten wieder die Aftifteten, Chriſti Fleiſch
ſei vom Augenblid feiner Verbindung mit dem
Logos unverweslich geweſen, das Gegentheil be:
haupteten die Ktiftolatren. Ebenfo entitanden über
die niederen Seelenfräfte Chriſti Zehrtreitigfeiten.
Die Agnodten, Anhänger des Diacon Themiſtius
in Alexandria Iehrten, Chrifti Seele fei uns in
Allem, auch im Nichtwiſſen, gleich gewejen. Weitere
Streitfragen entitanden über das ai era
Ehrifti zur Trinität. Die Tritheiften oder Condo—
bauditen (jo genannt von ihrem Verſammlungs⸗
orte) lehrten mit Johannes Askusnages in Con:
ftantinopel und Johann
nität jei jeder Perfon eine Natur zuzufchreiben und
bie brei Perſonen verhielten fich zur Gottheit, wie
Einzeldinge zur Gattung. Unter ihnen entftanden
dann wieder über die berg un des Fleiſches
abweihende Meinungen; die Kononiten nämlich
erklärten nur bie Form, die Philoponiſten Form
und Materie des Körpers für verweslih. Die
Patriarchen Damianus von Alerandrien (Ange:
fiten, von der Stadt Angelium) und Petrus Kals
finifo von Antiochien ftritten über das Verhältniß
705
ı
| Matthäus bei Moful. Ihre früher fehr zahlreiche
biloponus, in ber Tri« |
Monotheisinug
ber Berfonen zur Gottheit ; dieNiobiten (von ihren
Stifter Stephanus Niobus) endlid wollten gar
feinen Unterjchied verjchiedener Beſtandtheile in
der Natur Chrifti anerkennen; von den Monophy:
fiten wie Chalcedoniern gleiherweife verdammt,
gingen fie zulegt meift zu legeren über,
Zuerſt trennten fi die Armenifhen Nonophy-
fiten förmlich von der oſtrömiſchen Kirche, als durch
ihre Unterftügung Armenien unter perfifhe Herr:
Ihaft gerathen war. Die Synode zu Thiven 536
verwarf die Beitimmungen des Concils von Chal:
cedon. Die Kirche fteht unter dem Katholikos zu
Etſchmiazin, unter ihm die Biſchöfe von Sis und
Jeruſalem, früher auch der jegt unabhängige
Biſchof zu Conftantinopel. Ein Theilder Armenier
bat ſich 1439 zu Florenz mit Rom vereinigt und
fteht unter eigenen Patriarchen zu Eonftantinopel.
Das Hauptland des M.'S blieb Aegypten; unter
Juftinian trennten ß die dortigen M. von der
Kirche und nannten ſich Kopten, ihre Gegner Mel—
chiten (ſ. d. A.) Aus Haß gegen die Griechen
ſchafften ſie die griechiſche Sprache im Gottesdienſte
ab und beförderten 640 die Eroberung des Landes
durch die Sarazenen. In Verbindung mit ihnen
ſteht die — —— Kirche, deren Metropolit (Abu:
na d. h. unſer Bater) vom Batriarhen von Aleran:
drien — In Syrien wurde die M.Kirche
duch Jacob Baradai (f. d. A.), 541 Bifchof von
Edefja und bis 574 Oberhaupt aller orientalischen
M., organifirt; nad) ihm nannten ſich die ſyriſchen
M. Jacobitifche Chriften. Neben dem Batriarchen
von Antiochien, der feinen Sig früher in Amida
(Diarbelir), jet in Zaphran bei Mardin (in der
Nähe von Bagdad) hat, jteht an der Spige der Kirche
der Maphrian, ſonſt in Tagrit, jegt im Klofter St.
Kirche ift jeher zurüdgegangen und in todtem For—
| menmwejen erjtarrt. Ein Theil hat ſich mit Nom
' 1646 unirt und befigt einen Patriarchen zu Aleppo
in Syrien. Vgl. Assemani de Monophysitis in
der bibl. orient. Il. Baur, Trinitätslehre, 2, Bo.
Dorner, Lehre von der Berjon Chrifti II. Hefele,
Conciliengeſchichte, 2. Bd. Giejeler, Monophys.
vett. varlae de Christi persona opiniones 1835
bis 38. A, Maii Scriptorum vett. nova collectio.
Bd. VII.
Monoteffaron, ein häufig gebrauchter Bücher:
titel, bezeichnet eine harmoniſtiſche Zufammenitel:
lung aus den 4 Evangelien. S. den Art. Harmonie
ber Evangelien.
Monotheismus ift der Glaube und die Lehre,
daß es nur einen Gott gibt im Gegenjat zum
Polytheismus, der Vielgötterei. In der Entwid:
lung der Eultur verhält ſich Monotheismus zu
bem legteren wie die höhere Stufe zurniedrigeren.
Das ſich jelbft überlaffene, ungebildete religiöie
Bewußtſein der Völfer bildet fid) feine Borftellun:
en den Eindrüden gemäß, welche es aus der
ußenwelt empfängt; da aber dieje auf niedriger
Eulturftufe nicht jomohl als Einheit, als vielmehr
nod) als zeritücte und zerriffene Mannigfaltigteit
erſcheint, jo fpiegelt fih in demjelben audy die
überfinnliche Welt in ebenjovielen Öejtalten wieder,
als die fihtbare Welt Eriheinungdgruppen dar:
| bietet. Jede Menge von Kraftäußerungen und
Wirkungen wird auf je eine göttliche Urſache zurüd:
Na ei ohne dab dad Denken im Stande wäre,
ich alle dieje Caufalitäten in einer höchſten Ur:
ache zu verknüpfen. Je mehr aber das Denken zur
Monotheleten
Ahnung eines allgemeinen, einheitlihen Princips
in der Weltordnung gelangt, defto näher rlidt e3
aud der Vorftellung einer einheitlichen Gottheit.
Sp hatten bie tieffinnigen Inder in der dee des
Brabmafchon frühzeitig ein einheitliches Weltor'n:
cip gefunden ; aber ed war eben auch nur ein Brin»
cip in abftractefter Form, ein Pantheismus, wel:
her noch nicht zu einem lebendigen Gotteäbegriff
durchzudringen vermochte. In aleicher Weiſe bat die
griechiſche Vhilofopbie von Anfang an die Errei-
hung eines einheitlichen Weltprincivs angeitrebt,
aber es ift ihr nicht gelungen, dieſe Forderung
des Dentens mit dem religtöfen Bemußtfein in
Einklang au fegen, der Polytheismus blieb neben
einem mächtigen monotheiftifhen Triebe, welcher
fich felbit in der Mythologie aeltend madt, unan-
getaftet ftehen Das jüdiſche Volk allein ift im Al—
terthum im Stande gemefen,bie monotheiſtiſche Idee
zu erfafien und fie zum Gemeinqut des Vollksbe—
wußtſeins zu machen. Spuren des hebr. Monoth
führen bis zu der dunkelſten Vorzeit zurück; im
Gegenſatz zu feinen gögendienerifchen Verwandten
in Chaldäa hält fhon Abraham an dem einen
Schusaott ſeines Haufes feſt; aber erft durch
Mofe ift der Monoth. feft begründet worden, ald
bie Grundlage der Religion und des nationalen
Lebens (2, Mof. 20, 2. 3;5 Moſ.6, 4). Daß auch
beim hebr. Volke die Entwidlung vom Polytheis
mus zum Monoth. fortichritt, ift vom gefchichtlichen
Standpuntte mahrfcheinlich, wenngleich ein ficherer
Anhaltspunkt dafür in dem Plural des Gottes:
namens: DYTON ober in Stellen wie 1.M.1,26
nicht gefunden werben fann. Aber auch ber
durch Moſes begründete, durch die Propheten
vertiefte Monotheismus hat fich durch den ein:
Ieitio nationalen Standpuntt ber bebräifchen
eligion in die Gefahr einer erneuten Berüh:
rung mit dem Bolytheiämus begeben. Mit dem
Begriffe eined Nationalgot‘es mußte ſich leicht die,
wenn auch verfchwiegene, zumeilen aberaud aud:
rien won (2 Mof. 19, 4,22, 20; Richt. 11, 24)
orftellung fremder Nationalgötter verbinden.
Erft der Univerfaliämus bes Chriſtenthums hat
die monotheiſtiſche Idee zur vollen Geltuna ge:
bracht; erft menn Gott der Gott aller Menſchen
wird, wenn alle Lebensgebiete zujammengefaht
werden unter ber Einheit der Gottesidee, erft wenn
alles Bartifulariftifche und Anthropomorphiftifche
von Bott abgefireift ift, ift auch die volle logische
Ausbildung des monotheiftifhen Princips mög:
fid. Durch den Gnoſticismus ift wieder ein neuer
Polytheismus auch in die chriftliche Idee hineinge:
rathen, und die Theologie hat ſich durch die ——
ſſung der Trinitätslehre vor demjelben nicht
immer rein bewahrt. Die neueren fpeculativen
Begriffäbeitimmungen fiber die Bottesidee ruhen
et dem monoth. Brinciv in erfter Linie; ſetzen fie
auch innere Unterjchiedenheiten in dem Gotteöbe:
ariff, fo halten fie doch feſt an der Einheit des
Wefens, des Bemuhtfeind und der Thätigfeit. Je
ceonfequenter der Monotheismus ausgebildet wird,
defto ethiſcher ift der Charalter der darauf gegrün:
beten Religion, Das jittliche Bemußtfein beruht
auf der Einheit der fittlihen Weltordnung, welche
ihrerfeitä wieder bedingt ift durch die Einheit in
der Gottesidee.
Monotheleten. Der Monotheletismus ift,menn
aud) aus dem Dyophyſitismus hervorgegangen,
706
Monotheleten
ein Ausläufer des Monophyſitismus und zum
größten Theil die Frucht byzantiniſcher Kichen-
politif. Die religiöfen Kämpfe batten fich natur=
gemäß auch auf das politifche Gebiet verpflanzt
und ihre nächite Folge war Aufruhr und Anarchie
in den verfchiedenften Theilen des Reiches, die zu—
(et für den Beftand und die Einheit deflelben der
bedrohlidhiten Charafter annahmen. Namentlich
aber fchienen die Befürchtungen aerechtfertiat, daß
fi Aeaypten, wo der Monophyſitismus faft un—
eingeſchränkt herrichte, von dem orthodoren Hofe
in Byzanz losſage und ein eigenes Reid gründe.
Diefer Gefahr, die bei den fortgejekten Kämpfen
mit ben Perſern um fo arößer wurde, fuchte
Raifer Heraclius (611 — 641) durch eine Berjöh-
nung des firchlichen Zwiefpaltes vorzubeugen.
Dazu ſchien die Lehre geeignet, daß troß der amei
Naturen in Ehrifto nur ein Wille angenommen
werden dürfe, Nach längeren Verhandlungen mit
den monophyfitiichen Patriarchen Paulus von Ar:
menien und dem Metropoliten Arcadiuß von Cy—
pern, jo wie mit den orthodoren Patriarchen Ser-
gius von Eonftantinopel und Cyrus von Aleran:
drien wurde mit den Aegyptiſchen Severianern
633 ein Vergleich geichlofien, welchem jene Lehre
w Grunde lag, und deflen Annabme von den
andern monopbpfitifhen Barteien durch Gewalt⸗
maßregeln erimungen. Der paläftinifhe Mönd
Sophronius griff aber bie Formel ala der Ortho—
dorie mwiderjprechend an, und ließ, als er 634
Batriarch von Jeruſalem gemorben, fie von einer
Synode verdammen, weil zwei Naturen auch zwei
Wirkungen, alſo m Willen, bedingten. Auf Be-
treiben des Sergius ſprach fi Honorius von Rom,
wenn auch mit dem Rathe, das Ganze als eine
überflüffige Spekulation fallen zu laffen, für den
Monotheletismus aus, jo daß Heraclius 638 ein
neues, wahrjheinlich von dem Patriarchen Ser:
aiusverfaßtes Glaubensbekenntniß, die jogenannte
Er$eos niorews (Audeinanderjegung des Glau⸗
bens) publiciren konnte, welches, zweideutig abge:
faßt, allen Streit Über die Frage verbot und bie
Lehre von einem Willen in Chriſto ausſprach.
Sophroniushatte inzwischen Unterhandlungen mit
Rom angelnüpft; fie wurden aber in Folge der
Eroberung Baläftinad und Aegyptens durch die
Muhammedaner hald abgebrodhen. Während er
durch diefe Ereigniffe aus der Verbindung mit ber
hriitlichen Welt gebracht war, wirkten in feinem
Sinne im Drient und Decident feine Anhänger
Stephanus und der Abt Maximus. Letzterer über:
führte auf einer Berfammlung vieler afrifanijher
Bifhöfe in Nordafrita den Nachfolger des 630
aeitorbenen Sergius, Pyrrhus von Conftantinopel,
feines Irrthums; im nächſten Jahre verdammie
dann eine afrifanifche Generalignode einftimmia
den Monotheletiömus. Inzwiſchen hatte nad dem
Tode des Papſtes Honorius 638 auch Rom fi
gegen den Monotheletiömus erflärt. Schon Jo:
bann IV. verlangte 641 von dem Nachfolger des
Heraclius, Conftantin IIL., die Zurüdnahme der
Ektheſis; Papſt Theodorus (642 — 655) richtete,
aufgefordert von den Airifanern, daſſelbe Berlan-
gen an Raifer Conſtanz II,, mit der Drohung, die
Conitantinopolitanifhe Kirde aus der Gemein:
ſchaft auszuſchließen; zugleich fandteer den Biſchof
Stephanus von Dornad) Baläjtina, um allemono:»
theletiſchen Biſchöfe und Geiſtliche abzuſetzen. Unter
dieſen Umftänden nahm Conſtanz die Ektheſis 643
Monſtranʒ
zurück, jegte aber an ihre Stelle ven ſog. Typos
rörnog ris riorewg, der alles Gezänk über die
Lehre von neuem verbot und den alten Lehrbegriff,
mie er vor dem Streite herrfchte, wieder herftellen
wollte. Rom beantwortete den Typos mit dem
Bann gegen den Patriarchen Paulus von Conitan-
tinopel alö den muthmaßlichen Verfaſſer deflelben,
und feste auf der erjten Lateranfynode 649 den
Dyotheletismus (die Zweiheit des Willens) ald
Kirchenlehre feſt. Bergebens ließ der Kaifer den
Bapjt Martin. (649—655) durch den Statthalter
Kalliopas gefangen nehmen und eriliren 653, den
Abt Marimus grauſam verftümmeln ; Bapit Adeo:
datus (672 —676) bannte den griechiichen Patriar⸗
hen und trennte fich vom Oriente. Um diejen bei
der wachſenden Macht des Islam immer gefähr:
liheren Riß auszugleichen, berief Conftantin IV,
(Bogonatus) 680 das erjte trullanifche, 6. öfumen.
Goncil (dev Name von demDrt, wo die Sigungen
gehalten wurden, einem fuppelförmig gewölbten
Saal, Trullus, des kaiferlichen Palaftes). Ein dog:
matiſches Schreiben des Papſtes Agatho (678—81)
bildete die Grundlage der Befchlüfie, die den Mono:
theletismus verdammten, und mit allen Monothe
leten auch Honorius von Nom anathematifirten.
Somohl Rom als auch) ſpäter das zweite Trullanifche
Concil (das jogenannte fünffehäte)692 beftätigten
die Bejchlüffe. Noch einmal erzwang Kaifer Bhilip-
pifus Bardanes auf einem Concil zu Conftanti-
nopel 711 einen Sieg der M. und die Verwerfung
des 6. Concils, aber bei jeinem Sturze 713 wur:
den die Befchlüffe diejer Synode vernichtet. Seit:
dem ging ber Monotheletismus unter, hat fich
en. den Maroniten auf dem Libanon erhal:
ten. Vgl. Mansi X. XL., Gallandi biblioth. patr.
XIHL, Combefis, Novum auctar. patrum h. 3.
Baur, Trinitätslehre, Bd. II., Dorner, Chrifto:
logie II. 1.
Mouflranz. Ein Kirchengefäh, bejtimmt, die
Hoftie, oder auch Reliquien zu bewahren, die dem
Volke zur Verehrung gezeigt werden jollen. Haupt:
beſtandtheil derfelben iſt die Lunula, ein halbmond⸗
förmiges Geſtell, welches in einem durchſichtigen
Gehäuſe, das wiederum von einem größern kunſt⸗
reih verfertigten umjchlofien wird, die Hoftie
trägt. Die Monftranz, welche umbergetragen, auch
auf dem Altar niedergeftelt werden ldann, ift
meijt von koſtbarem Stofe, alfo Gold oder Silber
N: und nicht jelten mit Edelſteinen
und Perlen verziert. Bor dem Gebrauche wird fie
benebicirt,
Montalembert, Charles Forbes, Graf von, Bair
von Frankreich, geb. 1810 zu Paris, hat fich einen
Namen erworben als Vertheidiger des Ultramon:
tanismus und deſſen Verbindung mit dem Repu⸗
blitanismus, ſowohl ald Schriftiteller wieald Mit:
glied der gejekgebenden Berjammlungen. Bon
Kerifalem Standpunfte aus befämpfte er nament:
lid das von PBillemain 1840 vorgelegte Unter:
richtsgeſetz und vertheidigte hierbei befonders die
Jeſuiten. Seit 1851 ift er Mitglied der Afademie.
In neufter F iſt er im Gegenſatz zu ſeinen
früheren Anſchauungen vielfach als Wortführer
einer freieren Anſchauung im Katholicismus auf:
getreten. Seine Werke erſchienen geſammelt Paris
1861. Daraus beſonders hervorzuheben: histoire
de S. Elisabeth de Hongrie 1836, deutſch von
Stäbtler, Aachen 1836. 2. Aufl. 1845; Du van-
dalisme et du catholicisme dans les arts, 1840,
107
Montaniiten
Les moines d’oceident 1860—62, Trois dis-
cours prononces & la chambre des Pairs. Paris
1844.
Montaniften. Der Name nüpft fi an Mon:
tanus, welcher zu Pepuza in Phrygien um 170
verbunden mit 2 Prophetinnen, Maximilla und
Priscilla, auftrat. Sie verfündigten den unmit:
telbar bevorjtehenden Eintritt der Wiederkunft
Chrifti und eine neue Ausgießung bes h. Geiftes
zur volllommenen Bollendung des Chriftenthums,
die ſich in einer efftatifchen und vifionären Pro:
phetie fundgebe, und forderten eine de Sit:
tenjtrenge und Bußdisciplin. Namentlich ſchrieben
fie geihärfte Fasten vor, verwarfen unbedingt die
zweite Ehe, empfahlen die Ehelofigkeit, priefen das
Märtyrerthun und leugneten, daß nad) einer Tod:
fünde eine Vergebung und ein Berbleiben in der
Kirche zuläffig jei. Mit der neuen Ausgießung des
Geiftes ift der Höhepunkt göttlicher Offenbarung
erreicht: war das altteftamentlihe Zeitalter das
Kindesalter, das Evangelium das Jünglingsalter,
fo ift der Montanismus das reife Mannesalter
des Reiched Gottes. Montanus nämlich ift der
von Chriſtus verheißene Baraflet, feine Anhänger
nennen fi mwevuerızoi nid 3 rg den
Yoyıxoi. Die Richtung war eine Heaction gegen
die, bei ihrer größern Ausbreitung nothwendig ge:
wordene Nachgiebigkeit der Kirche an Sitte und
geiichtlic gewordene — owie gegen
ihre Conſolidirung in äußerlicher Zucht und hier:
archiſcher Verfaffung. Sie faßte nur die Ideen zu:
ſammen, welche immer inder Kirche gehegt worden,
und verlangte die Durchführung von Grundſätzen,
die in derjelben ftet3 Geltung behalten hatten.
Sie wurde aber aus ber Kirche herausgedrängt,
weil fie die Prophetie ald unmittelbare Wirkung
des h. Geiftes über die Autorität der Bifchöfe ftellte.
Im Abendlande wurde das Chriftliche in ihr nicht
verfannt — (die Briefe der Gemeinden von Zug:
dunum [Xyon] und Vienne an die römische und die
Heinafiatiihen) und ein römischer Bilchof, wahr-
ſcheinlich Eleutheros (170 — 185), foll ſchon im
Begriffgeitanden haben, den Montanismus kirchlich
anzuerlennen, als der Monarchianer Praxeas durch
gehäffige Schilderungen ihn umſtimunite. Die Mei:
nungen der Montaniften find zunächft durch Ter:
tullian, der in Carthago zuihnen übertrat, befannt
geworden. Aus deutlihen Spuren (Märtyrer:
Acten der Berpetun und Felicitas) geht hervor,
daf in der afrifanifchen Kirche montanifirende An:
ſichten früher feinen Anſtoß gegeben hatten; wie
denn auch die Kirche, obwohl jie den M. verworfen
bat, in ihrer Ethik und Asketik immer wieder auf
feine Sätze zurüdgefommen ift. Die M. hatten
eine eigenthümliche Kirchenverfafjung ; an der
Spitze jtanden die Patriarchen, ihnen folgten die
Genonae und erftanderdritten Stelle die Bifchöfe.
Andere Bezeichnungen der M. find Kataphrygier
(die urfprüngliche Bezeichnung, nad) dem Drtedes
erften Auftretens der Richtung), Duintilliani, Pris
eillianiften, Artotyriten, Tascodrugiten. (S. d. A.
In Afien erhielten fi) ihre Gemeinden bis ins 6.
—— Quellen: Euſebius, Kirchengeſch. V,
;piph.Haer, 48, 49. Tertullian's Schriften. Vgl.
Schwegler, ber Montanidmus und die hriftliche
Kirche des 2, Jahrh., Tüb. 1841. Ritſchl, Ciit:
kehung ber altfath. Kirche. S. 462 ff. Baur, das
ejen des Montanismus, Theol, Jahrb. 1851.
Neander, Antignofticus, 1349 und Lipſius in Hit
Montanus
— Be für wiſſenſchaftl. Theologie, |
Montanus, Benedict., eig. Arias, geb. zu Frexe⸗
nal de la Sierra in Eftremabura 1527. Trat in
ben Drben von S. Jago und begleiteteden Bifchof
von Sevilla zum Goncil von Trient. Nach der
Rücklehr zog erfich in die Einſiedelei von Aracena
zurüd; hilipp II. aber vermochte ihn, dieſelbe
wieber zu verlaffen und übertrug ihm, wegen feiner
audgezeichneten Kenniniſſe, ſowohl in ben orienta:
liihen wie auch den neueren Sprachen bie Leitung
bei der Herauägabe ber Antwerpener Polyglotte,
1568— 72, Weiler gegen Leon de Caftro den Bor:
zug des hebräifchen Terteö vor der Bulgata ver:
theibigte, aud die Targumim in bie Polyglotte
aufgenommen hatte, mußte er fi in Rom gegen
die Anklage der Fälſchung bes Bibelterted und
ber Hinneigung zum Judenthum vertheidigen.
Freigeſprochen, ver ein Bisthum ab und warb
nad kurzem Aufenthalt in feiner Einſiedelei
Bibliothefar im Eskurial. + ald Comthur von
©. —FJ 1598 zu Sevilla. Vgl. Biogr. universelle,
8. 11. Art. Arias,
Montauban, Hauptſtadt be3 Departements
Tarn⸗Garonne, gehörte zu ben Sicherheitäplägen
ber Hugenotten und wurde als folder 1580 und
1621 belagert und die Bewohner hart bedrängt.
Die in der Reformationdzeit dafelbft errichtete,
fpäter —— theologiſche Alademie wurde
1809 von Napoleon als die einzige Bildungs⸗
anftalt der franzöftfch:reformirten Kirche wieder
bergeftellt. Die Facultät iſt ftreng orthodor. y
berühmteftedMitgliedwar Ndolphe Monod.(f.d. X.)
Monte: Gajfino, dad Stammtlofter des Bene:
bictiner:Ordens, auf einem Berge bei dem alten
Castrum Casinum in Campanien gelegen. Hier:
binüberjiedelteBenedict von Nurfia, alder vor den
Nachftellungen und Berläumdungen bed Prieſters
lorentinus Subiaco verließ. An der Stelle eines
pollo:Tempeläundeines Haind der Benus, bie er
zeritörte, baute er eine dem h. Martin gemeibte
Kapelle und bald darauf ein KHlofter für ſich und
—* Begleiter 529, deren —— * er durch
eine ſo berühmt gewordene Regel (ſ. d. U. Bene:
Dictiner) ordnete, und bis zu jeinem Tode 543 ala
Abt leitete. Beim Einfall der Longobarden, 580,
ward M.C. zerftört;; die Mönche fanden in Rom
Aufnahme und gründeten ein Klofter neben dem
Duirinal. In ben Ruinen von R.:E. lebten fortan
nur Anadhoreten Grit um 720 baute auf Anre:
gung Gregor's II. der Breöcianer Petronax das
Klojter wieder auf und wurde deſſen Abt, + 740.
Unter feinen Nachfolgern wurde Monte: GCajfino,
begünftigt durch viele päpftliche Privilegien, eine
ber wichtigjten Pflegeitätten für alle höheren wif:
fenihaftlichen Beitrebungen und das Vorbild aller
Klofterftiftungen. Diefe Zeit endigte jevod 884,
al3 die Sarazenen das Klofter zerftörten und bie
Griehen 886 den Verſuch des Wiederaufbau
inberten. Die Mönche lebten erft zu Teano big
15, dann zu Capua; auch in fittliher Beziehun
— der Orden immer mehr in Verfall. Er
bt Aligernus (949-986) richtete M.:C. wieber auf,
fammelte bie verftreuten und geraubten Kloſter⸗
üter, und ftellte wieder Zucht und Ordnung ber,
0 daß er der dritte Gründer M.C.'s genannt
wird, Unter feinem prachtlichenden und ſchwel⸗
eriihen Nachfolger Manfo, 986 — 996, und ben
olgenden Aebten ſank jeboch ſowohl die Disciplin
708
Montfaucon
wie bie ag Wer Bedeutung bed Klofters
aufs tiefite. oh einmal richtete Defiderius
(1058—87, nachher Papſt Victor III.) Disciplin
und Studium und damit aud das Anfehen bes
Klofterd wieder auf; neue Schenkungen vermehr:
ten den Reichthum beffelben, hatten aber bann
aud) wieber ben inneren Verfall des Ordens zur
Folge, bis Friedrich II. 1239 die Mönche vertrieb
und das Klofter bejegte. Abt Bernharb Ayglerius
von Lyon, ber Verfaſſer des speculum monacho-
rum reorganifirte ed 1276. Goeleftin V. verfuchte
1294 die Montecaffiner in Eoeleftiner umzuwan ⸗
dein, fein Nachfolger jedoch hob die Neuerung
wieder auf. Johann XXII. erhob 1321 den Abt
zum Bifchof, Die Kirche zur Cathedrale, die Mönche
iu Cathedralkanonikern; auch dieſe Erhöhung
onnte indeß dem Verfall des Kloſters nicht web:
ren; unter den Stürmen ber Zeit und ber allge:
meinen Zerrüttung des Landes fanf ed immer
mehr, bis zuletzt 1349 ein Erdbeben das Stift
völlig zerſtörte. Urban V., der fich felbft zum
Abt von M.C. erflärte, ftellte e3 nochmals aus Bei:
trägen aller Benedictinerflöfter wieder her und
bejegte ed aufs neue 1370. Aber auch jet fonnte
M.⸗C. unter den Zuftänden und Berhältniffen bes
15. Jahrhunderts nicht mehr zu rechter Blüthe
elangen, vielmehr rettete nur ber von Bapft
ius II. befohlene Anſchluß an bie Benebictiner:
congregation ber 5. Juftina ed vor völligem Un»
tergang. Die Geſchichte von M.:C. ſchrieb Luigi
Tosti, Storia della Badia di M.-C. 3 Vol. Neap.
1842 — 43. Erasmo Gattalla + (1734). Benedig
1733—34,
Montes pietatis (Monte de Pieta, Table de
Pret), urfprünglich milde Stiftungen, begründet
um Armen gegen ein zureihenbes Pfand zind
ie Darlehn zu gewähren und fie jo vor dem
ucher zu [hüßen, fpäter rein weltliche Auftalten,
unfere Feuti en Leihhäuſer. Das erfte ftiftete
der Minorit Barnabas zu Perugia 1464. Paul IH.
betätigte die Stiftung. In Rürnberg entftand
1498 das erfte beutfche.
Montfaucon, Bernard be, (Montefalco, Mon-
tefalconius) berühmter Mauriner. Geboren aus
abligem Geſchlechte auf dem Schloffe Soulage in
Languedoc 1655, wurde er jorgfättig erzogen,
nahm dann Kriegädienfte unter Zurenne 1672,
trat jedoch 1676 in das Klofter ver Mauriner la
Daunabde zu Touloufe. Seine mwifjenjchaftlichen
Arbeiten erregten die Aufmerkſamkeit der Obern;
1687 ward er nad) Paris berufen, um an ber
Herausgabe der griechijchen Kirchenväter Theil zu
nehmen. Er jtubirte nun die orientalifcdhen
Spraden, burchforfchte 1698— 1700 die Biblio»
thefen Staliens, bei welcher Gelegenheit er von
Innozens XII. mit der größten Auszeichnung aufs
genommen wurde. Angebotene Ehrenitellen ſchlug
er aus und lehrte nad) Paris zurüd, um gang ber
Wiſſenſchaft In leben. Geehrt und jeiner .
ben wegen allgemein geachtet ftarb er hier 1741.
Die von ihm beforgten Auägaben 2
Väter ſind neben ſ. Erſtlingswerk, Analecta, sire
varia opuscula graeca hactenus inedita. Paris,
1688: Athanasii opera, mit neuer lateiniſcher
Ueberjegung. Parid 1698. 3 Bde. fol. Collectio
nova patrum et scriptorum graecorum. Paris,
1707. 2 Bde. fol. (enthaltend ein Leben Atbana»
find’, einige neuaufgefundene Schriften beffelben,
diejenigen des Eujebius von Garfarea und bie
Montpellianer
Topographiachristiana be3 äguptifchen Möndhes
Cosmas Tndico leustes); Herapla bes Drigenes
mit Barianten, Anmerkungen, Abhandlungen über
das Wert felbft und die Gefchichte der griechiſchen
Bibelüberfegungen. Baris, 1713.2 Bde. fol.; Chry-
sostomi, quae supersunt, mit neuer lateinifcher
reg Biographie des Chryf., zahlreichen
Roten, Einleitungen ic. Paris, 1718.13 Boe. fol,,
die befte Ausgabe bed Kirchenvaters und eine ber
meifterbafteften Arbeiten ber Mauriner. Philon,
de la vie contemplative. PBariö, 1709. Ebenſo
bebeutend, wie bie vorgenannten, find feine Arbei-
ten in ber Alterthumswiſſenſchaft, u. a. Diarium
italicum. Paris, 1702. Palaeographia Graeca.
Baris, 1708, fol.; Bibliotheca bibliothecarum
manuscriptorum nova. Paris, 1739. 2 Bbe. fol.
Vantiquits expliqu6e et representee en figures.
Baris 1719 u. f. 15 Bde, fol. Les monumentsde
la monarchie frangaise, 1729 — 33. 5 Bde, fol.
Bol. Taffin, Gelehrtengeichichte der Congregation
von St. Maur, S. 591. ff.
Montpellianer, Name einer 1723 zu Montpel:
lier entitandenen Secte, bie fich felbft das neue Zion
nannte. Unter dem Dedmantel ber Religion mur:
ben in ben nächtlichen Berfammlungen bie abfcheu:
lichſten Drgien gefeiert. Nach ber Entdeckung des
Treibend warb ihm ein ſchnelles Ende gemacht.
Bol. 3. von Huth, Berfud einer Kirchengeſchichte,
be3 18. Jahrh. I.
Moral, S. Ethik.
Moralitäten hießen im Mittelalter diejenigen
—— Dramen, welche nicht wie die Myſterien
e bibliſche Geſchichte zum Vorwurf hatten, fon:
dern an erfundenen Fabeln mit vorzugsweiſe alle⸗
goriſchen Perſonificationen bie ſittlichen Wahr:
heiten veranſchaulichen wollten. In Frankreich
ſeit etwa 1400 durch die confrörie de la Bazoche
gepflegt, find fie in Deutfchland weniger in Auf:
nahme gelommen. In Spanien bildeten fie in
Lopez be Bega und Ealberon ſich aus zu den autos
sacramentales.
Morata, Diympia Fulvia, Tochter des Dichters
F. Peregrinus, eine der gelehrteften Frauen des
16. Jahrhunderts. M. wurde 1526 in
tara geboren, und verlebte, ſchon ala Kind von
ihrem Vater und feinen freunden im Lateinischen
und Griehifchen unterrichtet, als Geſellſchafterin
der Prinzeſſin Anna ihre Jugend in dem huma:
niftifchen Kreife am Hofe Renata’3 von Ferrara.
Durch den Tod ihres Vaters erfchüttert, wandte
fie ſich zwifchen 1548 —50dem evangelifchen Glau⸗
ben zu. Ihrem Gatten, Dr. Anbread Gunthler,
folgte fie nah Deutfchland. Erft in Augsburg,
dann in Schweinfurt fonnte fie in ruhigem Still:
leben ſich literarifch beichäftigen. Bei der Erftür:
mung Schmeinfurt31553 wunderbar — kam
Gunthler als Profeſſor nach Heidelberg, mo D.
Ihon 1555 an ber Schwindfudt ftarb. Ihr Mann
und ihr Bruder folgten ihr nad) wenigen Tagen.
al. Bonnet, vied’Ülympie Morate. Paris, 1850.
Deutih von Merfhmann, 1860. Ihre Gedichte
in lat, und griech. Sprache bejorgte nad) ihrem
Tode Eölius Sec. Curio unter dem Titel: Olym-
piae Fulvise Moratae, mulieris omnium erudi-
tissimae, latina et graeca quae haberi potuerunt
monumenta. Bafel, 1558.
Mord, bei den Hebräern. Im Delalog wird
das Verbot zu töbten ohne Strafbeftimmung ge:
aeben 2. Mof. 20, 13; 5. Mof. 5, 17; die befon- '
709
Morganatiihe Ehe
beren Beitimmungen entwidelten fi auf Grund
ber 1. Mof. 9, 5. 6. vgl. 4. Mof. 85, 33. ge:
gebenen Vorjhrift: „wer Menjchenblut vergießt,
dur Menſchen fol fein Blut vergoſſen werben.“
Doc zwifchen dem einfachen Todtihlag und dem
beabfichtigten und vorbedachten, d. h. dem Morde
unterſcheldet auch das mojaifche Gejeg. Beijenem
lann bie Bergeltung durch die Blutrache abgefauft
werden, bei dieſem ſchüht auch die Freiſtätte des
Aſyls nicht. 2. Mof. 21, 4; 4. Mof. 35,14.31.32.
Kennzeihen des Mordes, wenn nicht ſchon Haß
und Hinterlift ihn anzeigen 2. Mof. 21, 14; 4.
Mof. 35, 20 ift das Inftrument, mit dem die That
vollführt wird. 4. Mof. 35, 16—18. Ueber die
Beurtheilung befonderer Fälle ſ. 2.Mof. 21, 18 ff.
Selbftmord wird in der Bibel nur einigemal_er:
wähnt, 1. Sam. 31,4; 2. Sam. 17, 23; 1. Kön.
16,18; 2. Macc. 14, 41; Matth. 27,5; bejondere
gefegliche Beftimmungen über benfelben find nicht
etroffen. Nach Joſephus follte wenigſtens in
Diner Zeit der Selbjtmörder bis Sonnenunter:
gen unbegraben liegen bleiben. Vgl. Michaelis,
n; Recht VI. 1 ff. Ewald, Alterthümer des
Volkes Iſrael. 2. Ausg. S. 192 ff. j
Morgan, Thomas, ein englifher Deift bes
vorigen Jahrh. War anfangs Prediger einer
nonconformiftifhen Gemeinde in Marlborough,
verlor aber 1726 fein Amt wegen arianifcher Zeh:
ren. Lebte danach ald Arzt unter den Duäfern in
Briftol, zuletzt ald Schriftiteller in London, + !743.
Bon feinen Schriften ift die bedeutendfte „Der
Moralphilojoph* I. 1737; IL.1739; ILL. 1740, im
1. Band eine Entwidlung feiner religionsphilo:
ſophiſchen Gedanten, in der Form von Geſprächen,
in den beiden folgenden Streitfchriften zur Ber:
theibigung des erften. Das Chriftenthum faßt
er als göttliche Offenbarung, jedoch jo, daß er alle
Geheimniffe aus demſelben entfernt und es zu
einem auöjchließlich vernunftmäßigen Syſtem ge:
ftaltet, dad er namentlich „von ber Hefe iöm
beigemifchten Züdifchen“ zu reinigen ſucht. Der
Mofaismus nämlich ift ihm nur eine fehr unter:
geordnete Religiondftufe, das Gefeg eine willfür:
Fer: | liche und tyranniſche Sagung. In der Art, wie er
diefen Gegenfag zwiſchen Chriſtenthum und Ju:
denthum aufftellt, erinnert er lebhaft an die alten
Gnoftifer, namentlih an das Syftem Marcion’s.
Wenn aud mwiflenfchaftlich weniger bedeuten, rief
das Werk lebhafte Oppofition und in Folge davon
eine rege — — m dem alten Teſtamente
hervor. Bol. Lechler, Geſch. des engliſchen Deis—
841.
Morgan, ber Freund der beiden Wesley's, der
eigentliche Stifter bes Artnr Dr:
ford. Durch die Uebertreibung feines aslketiſchen
Lebens untergrub er feine Gejunbheit, + 1732.
(Bal. d. A. Methobiften.)
Morganatiide be, Ehe zur linten Hand,
matrimonium ad legem Salicam, vom italieni:
ſchen Worte morganato, d. h. erlaucht, vornehm,
eine bei fürftlichen familien und bei dem hohen
Adel vorlommende Art der Ehe mit rauen nie:
deren Standes, bei welcher weder dieſe noch bie
Kinder in die familie, den Rang und Stand des
Gatten und Baters eintreten. Regelmäßig werben
deren Rechtöverhältniffe durch belonberen Ehever:
trag feftgeftent. Im lebrigen gilt die Ehe kird:
lich und bürgerlich als wirkliche Ehe, doch ift, ben
im ftaatlihen und Familienrecht hervoriretenben
mus 1
Morgengebet 710 Morik
Unterſchied anzuzeigen, die Trauung an die linfe | Anfang genommen babe. Die römiſche Kirche
Hand kirchliche Rechtäfitte geworben. In der m. ſchalt er ald den Antichrift. Den meiften Anſtoß
E. hat ſich ein Reft von den Berfchiedenheiten ber | gab feine Lehre, daß jelbft unreine Handlungen
dauernden —— (ehelichen) Berbindun: | die Seele nicht befleckten, vielmehr bie re
gen, welche dad römische und ältere germanifche | Sünden nur heilfam feien und den menſchlichen
Recht kannte, erhalten, welche im allgemeinen ver: | Stoljdemüthigten. Seine Schriften: Temoignage
ſchwanden, als durch die Einführung der firhlichen | du deuxieme avönementdu fils de !’'homme 1641,
Trauung nur der Unterjdied zwiſchen Ehe und | Pensees de Morin, dedices au Roy 1647; Re-
Concubinat blieb, uöte au Roi et à la Reine regente, mere du
— —— Morgengottesdienſt. Bei den Roi 1647; Retractations 1649 find ſehr enge
Juden beftand der tägliche Morgengottesdienft in | worden. Vgl. Arnold, Kirchen: und Ketzerhiſt. ILL.
dem Opfer eines jährigen Lammes mit den dazu |
gehörigen Speife: und Tranfopfer, 4.M.28,2—8
und dem Anzünden des täglichen Raudopfers im | geboren 1591, trat er, abgeftoßen durch die Strei-
Heiligtum des Tempels. An die Stelle derjelben | tigfeiten zwiſchen Armintanern und Gomariften,
traten in der Synagoge feft beftimmte Gebete und | die er während feines Studiums zu Leyden kennen
Vorlefung aus dem Gejeß, wobei alle font vorge: | gelernt, zur katholiſchen Kirche über und in ben
ichrieben gewefenen Opfer genannt werden. Die | Orden der Dratorianer 1618. Seine Schriften
Zeit diefes Gotteödienftes ift diefelbe, wie die ded | und Kenntniffe verichafften ihm ſolches Anjeben,
Morgendienftes im Tempel. — Der Morgengot: | daß ihn Urban VIII. nah Rom berief, um an ber
tesdienft der alten hriftlihen Kirche begann nad) | Vereinigung der griehifchen und römiſchen Kirche
dem Borbereitungsgebet durch Anſtimmen des | mit zu arbeiten. Bon Richelieu zurückberufen, lebte
62. Pfalm, dem der 50. folgte. Hierauf das Kir: | er literariich thätig zu Paris, F 1659. Werte:
hengebet für die Ratechuntenen, Energumenenund | Histoire de la deliverance del'eglise Chretienne
Büher. Nah der Entlafjung der Katehumenen | par l’empereur Constantin et dela grandeur et
und dem allgemeinen Kirchengebete(prophonesis) | souverainite temporelle donnée à l’eglise Ro-
wurde die Communian gefeiert. as Morgen: | maine par les rois de France 1630 ; Biblia LXX
gebet des römiſchen Breviers begreift die laudes | interpretum Graeco-Lat. cum praefationeet pro-
und precos ; die Matutin (urfprünglich das Mor: | legomenis; Exereitationes in utrumque Sama-
gengebet) it das Gebet, welches eigentlich um Mit: | ritanorum pentateuchum, worin er den Beweis
lernacht und vor Tagesanbruch gebetet werden fol. | liefern will, daß der famaritanifche Tert beflerfei,
Der Morgengottesdienft der fatholifhen Kirche | ald der allgemein recipirte, und mit der Septua-
ift Die Meſſe, die nicht nach 12 Uhr gefeiert werben | ginta übereinftimme. Erſt nad) feinem Tode er:
darf. In der griehifchen Kirche ftellt die Liturgie —— das vollſtändigere Werk unter dem Titel:
der Matutin den Zeitraum von der Geburt des | Exereitationum biblicarum de Hebraei Graeci-
Erlöſers bis zum Antritt des Lehramts dar, wäh: | que textus sinceritate libr. duo. Par. 1669 fol.
rend bie Beöper (als ihr vorhergehend) den Zeit: | Richard Simon gab 1682 feine Lebensgeſchichte
raum von der Schöpfung bis zum Erjheinen |als Anhang zu Antiqnitates ecclesiae orient.
C. 4. Biographie universelle IIL
Morinus, Johannes. Bon reform.Eltern zu Blois
Ehrifti umfaßt. clariss. virorum Allatii, Holstenii, Morini dis-
en rg j.d. A. Lucifer. sertationibus epistolicis enucleatae.
Moriah, der Tempelberg, lag norböftlih vom | Moristos. S. Mauren.
Zion, von ihm getrennt dur das Thal Tyro: | Morik, Landgraf von Heſſen-Caſſel, Sohn des
poion, aber durch eine Brüde mit ihm verbunden. Landgrafen Wilhelm, Entel Philipps bes Groß⸗
Eine Verbindung mit der Alta und der untern müthigen. Geboren 25. Mai 1572, erhielt eine
Stabt war gleichfalls hergeftellt. Um Raum für | jehr jorgfältige Erziehung, fo daß er der hebräi:
ben Zeınpel zu gewinnen, waren bedeutende Bau: | jchen, griechiſchen, (atziniicen, franzöſiſchen, ena:
ten nöthig gewejen. Da die Stelle des Tempels | lichen, fpaniichen, italienischen und ungarischen
vn ald auf Zion angegeben und M. nur | Sprade fundig war. Ym 20. Jahre 1592 über:
Ehr. 3,1 (vgl. 1.M. 22, 2) namentlich erwähnt nahm er nad) dem Tod feines Vaters die Regie:
wird, jo ift anzunehmen, dag Moriah in dem |rung. Während Hefjen bisheran zwijchen dem
Namen Bin einbegriffen ijt. Wegen diefer Unge- deutichen Lutherthum und der reformirten Kirche
bräuchlichkeit des Namens hat man auch gezwei: | eine Mittelftellung eingenommen hatte, trieb ihn
felt, ob der Berg der Opferung Iſaaks wirklich | die Einführung der Ubiquitätälehre in Oberheſſen
die Stelle des fpätern Tempels fei, doch haben | und die Verſuche, die Goncordienformel zu allae:
die meisten Ausleger mit Reht an der Identität meiner Anerkennung in Heflen zu bringen, dasu,
beider Ortslagen nicht gezweifelt. ſich entjchieden zur reformirten Kirche zu wenden,
Morin, Simon, ein Schwärmer, geb. 1623 zu und das Kirchenweſen feines Landes danach zu
Richemont, der fich jpäter in Paris aufhielt. Wie: | wandeln. Hieran knüpft fich die tragiſche Wen:
derholt eingeferfert 1640, 1644, 1648 widerriefer | dung feiner Regierung. Schon 1604 erlieh er nad
awar, fiel aber immer aufs neue in feine Jrrlehre | Gutachten von Bafel und Genf, jowiejeiner Super:
zurüd. Deshalb von Jean Dedmaretö de St. | intendenten, ohne aber eine Generaljynode zu be;
Sorlin öffentlich angellagt, wurde er 1663 ver: | rufen, feine Berbefferungspuntte, welche haupt:
brannt und jeine Anhänger auf die Galeeren ge: ſächlich bejtimmten, daß in der Lehre von der Per:
ſchickt. Er nannte ſich den Menſchenſohn, wollte ſon Chriſti man fich einer ubiquiftifchen Redeweiſe
eine Berförperung Chrifti fein, lehrte, dab das enthalten jolle, daß im Delalog das Bilderverbot
Reid) des Geſetzes unter Gott dem Bater bis zu herzuftellen und demzufolge die Bilder aus ben
Chriſti Menſchwerdung gedauert, von da an das | Kirchen zu entfernen feien, jowie daß beim Abend:
Reich der Gnade begonnen, nun aber mit dem | mahl das Brod gebrochen werde. Die Durchfüh—
Jahre 1630 in ihm das Reich des y. Beiftes feinen rung dieſer Reformen rief zunächſt in Marburg,
Morig
711
Moritz
bei Gelegenheit der Entlaſſung ber wiberftreben« | terer ſtarb in demſelben Jahre und Moritz über:
ben Geiftlihen, einen Volfdaufitand hervor, den
nur fein perfönliches Erfcheinen ftillte. Wehnlicher,
wenn aud nicht jo aewaltthätiger Widerſtand er:
hob fih an andern Orten. Auch ald die Diözefan:
fonoden 1607 und danach die Generalſynode fich
für die Reformen erflärten, foftete es namentlich
inHeräfeld, Marburg undSchmalfalden vieleMühe,
diejelben durchzufegen. Uebler war es noch, daß
Zandgraf Ludwig von Darmftadt daraus Anlaß
nahm, beim Reihähofrath in Wien den Landarafen
zu verflagen, ald habe er dad Teftament Ludwigs
von Marburg (+ 1604) verlegt, welcher den Land:
grafen Morig und die Kinderfeines Bruders Georg
mit der Bedingung zu feinen Erben eingeſetzt hatte,
daß fie den Religionszuftand fo laffen würden, mie
er fich bei feinem Abiterben befinden werde. Da
Morik dur die Beſchickung der Dortredhter Syn:
ode entfchieden auf reformirte Seite getreten war
und beim Ausbrud) des 30jährigen Krieges zu den
Gegnern des Kaiſers zählte, jo gelang es Ludwig
von Darmitadt durch Bündniffe mit Liguiften und
Papiſten 1623 in Wien ein Urtheil zu ermirfen,
durch welches M. nicht nur feines Antheild am
Oberfürſtenthum Heflen für verluitig erklärt, fon:
bern auch zur Zahlung einer Entihädigung von
17 Millionen Gulden an den Landgrafen verur:
theilt wurde. Die Unzufriedenheit im Lande er:
leichterte es Tilly und Wallenftein, daſſelbe zu
bejegen. Um feinen Feinden ben perfönlichen
Anlaß ihrer unaufbörlihen Dranafale und Nach—
ftellungen zu brechen und au verrüden, legte Morik
17. März 1627 au Gunften feines Sohnes die
Herrſchaft nieder. + 1632 zu Eſchwege. Ein from:
mer Chrift, ein gelehrter Herr, ein fräftiger und
mwohlmeinender Fürſt, erfuhr er in ber Berfennung
feiner Abfihten und den Verluften und Demüthi—
gungen ein tragiiches Geriht über den einen
Grundirrtfum deö deutfchen Proteftantismus, die
Lehre vom jus reformandi der Füften !
Morig von Sachen. Geboren 21. März 1521
au Freiberg, der ältefte Sohn des Herzogs Hein:
rich des Frommen von S. und der Hatharina von
Medlenburg, die ihm unter Zeitung des gelehrten
Rivius eine forgfältige Erziehung au Theil werden
ließen. Auf den Wunſch derſelben verlebte er
dann längere Zeit an den glänzenden Höfen zu
Dresden bei feinem Dheim Georg und zu Mainz
bei Albreht von Brandenburg, an beiden jede
Selegenheit benugend, die politiichen Parteien
Deutjchlands und den Charakter der einzelnen
Beim aufs genauefte zu erforfchen. Bon Mainz
egab er fich nach Torgau an den Hof feines Vet—
ters Johann jFriedrid des Großmüthigen. So
freundlich er hier aufgenommen wurde und fojehr
ber Kurfürft von feinem Wejen angezogen ward, jo
wurde doch zumeift durch die geiftige Meberlegen:
heit M.'s jchon bier der Grund zu dem erft fpäter
hervortretenden gegenfeitigen Miftrauen zwifchen
den beiden Fürften gelegt. 1539 trat M. in Tor:
gau zur peoteftankiich e.ı Kirche über; auch fein
Vater hatte die Reformation zu der Zeit im Her: |
gosthum eingeführt und war dem fchmallaldijchen |
unbe beigetzeten. Ueber die Art und Weife wie |
diefer in dem ihm zugefallenen Erbe des Herzogs |
Georg die Reformation einführte, zerfiel er mit
nahm die Regierung, mit feinem, durch väterliches
Teſtament gegen die Beitimmungen ber albertini:
ſchen Grbfolgeordnung zum Miterben beftimmten
Bruder fich abfindend. Mit Umficht begann er fo-
fort die Reformen in Regierung und Verwaltung
feines Landes, indem er zugleich die übereilten
Maßnahmen feines Vaters abftellte; er ftiftete die
Landesſchulen zu Borta, Meißen und Merfeburg,
zu denen 1550 Grimma kam, begünitigte die Uni«
verfität Leipzig auf jede Weife und führte den
Proteſtantismus überall ein. So fehr er ins
deſſen dieſem auch zugethan war, weigerte er
ſich doch entfchieden, dem ſchmalkaldiſchen Bunde
beizutreten, ſei es, daß er die innere Schwäche def«
jelben erfannte, oder bereits jet die Abſicht hatte,
fih auf Seite des Kaiſers zu ftelen. Dadurch
und in Folge verfchiedener feiner Reibungen wur:
de da8 Verhäftnif zu Kurfürft Johann Friedrich,
dem genenüber er überhaupt eine viel Jelbititän:
digere Stellung als jein Bater einnahm, jo verbit:
tert, daß ein unbedeutender Streit über die Befteu:
rung der unter gemeinfhaftlihem Schuge jtehenden
Stadt Wurzen hinreichte, den vollen Bruch herbeis
zuführen. Den mirflihen Ausbrud des Krieges
verhütete nur bie perfönliche Vermittlung des Land:
grafen Bhilipp von Heſſen und Luthers ; doch fonnte
auch der durch ihre Vermittlung abgeichlofiene Ber:
aleich zu Grimma 1542 die Spaltung nur verhüls
(fen. Um fo enger ſchloß fih nun Morik an
Karl V. an, fämpfte mit Auszeihnung in Ungarn
und als faiferlicher Kriegsoberſter 1543 — 44 in
Frankreich und lehnte, feine Bolitif eng mit der des
Kaiſers verbindend, „weil es mit ber Religion Feine
Gefahr habe“, jede Einladung, in den ſchmallaldi—
jhen Bund einzutreten, mit Entichiedenheit ab,
betheiligte ſich jedoch, um nicht offene Feindſchaft
mit den Häuptern beffelben herbeizuführen, an dem
Kriege des Bundes gegen Heinrih von Brauns
ſchweig. Als aber der Krieg zwiſchen den ver:
bündeten Fürften und dem Kaijer unvermeidlich
geworden, ſchloß er mit legterem auf dem Reichä:
tage zu Regenäburg ein geheimes Bündniß, wo—
durch er ſich gegen das Berfprechen thatkräftiger
Unterftügung des Kaiſers, Einftellung allerReue:
rungen in Religionsjahen ꝛc. bedingungsweiſe
die Kurwürde ficherte. Demzufolge fiel er beim
Ausbruch des ſchmallkaldiſchen Krieges in Kur-
fachfen ein und nöthigte dadurch den Kurfürften
zur Rückkehr. Die ficgreihen Fortſchritte deſſelben
bemmte er Hüglih durd einen Waffenftillitand,
der eödem Kaiſer ermöglichte, mit erprobten Trup:
ven herbeizueilen und die Berblindeten bei Mühl:
berg zu überraſchen und in der Schlacht auf der 2o-
Hauer Haide vollſtändig zu fchlagen 1547, Als dann
in der Wittenberger Kapitulation Johann Friedrich
der Kurwürde und feinen Ländern entjagt hatte,
übertrug Karl V. am 1. Juli 1547 an M. den
Kurhut und den größten Theil der albertinifchen
—— die feierliche Belehnung fand jedoch
erſt auf dem Reichätage zu Augsburg, 24. Februar
1548 ftatt. Schon bald erkannte übrigend M.,
daß der Kaiſer nur dabinzielte, mit Unterdrückung
der Rechte der deutſchen Fürſten ſich ſelbſt zum
unbeſchränkten Herrſcher Deutſchlands zu machen.
Durch die kaiſerliche Politik einerſeits ſelbſt gefähr
ihm und ging an den Hof Philipp's von Heſſen, mit det, anderntheils als Proteſtant, als Reichsfürſt
deſſen Tochter Agnes er ſich 1541 ohne feines | und als Glied der ſächſiſchen und heſſiſchen Fürften-
Baters Wifjen und Genehmigung vermählte. Zeh:
familie, durch das Interim, die Behandbiung der
Morik
Reichäftäbte und die unreblihe Gefangenhaltung
Philipps von Heſſen tief verlegt, ſchlug M. neue
Bahnen ein. Der vom Kaifer geforderten An:
nahme des Augsburger Interims wich er durch
fein Leipziger Interim aus, welches von Meland):
thon mit verfaßt, im Weſen evangelifch blieb; die
Uebernahme der Acht3vollftredung gegen Magde:
burg 1550 gab ihm den Vorwand zu ftarlen
Rüftungen, und ein geheimed Schuß: und Truß:
Bundniß mit Heintih IV. von Frankreich (zu
Fredewald in Heflen, 5. October 1551, abaefchlof:
jen) verſchaffte ihm für alle Fälle einen kräftigen
Rückhalt. Als er inzwiſchen dem Anbringen Des
Kaifers, das Tridentinum zu bejchiden, nad) lan⸗
gem Zögern nicht mehr ausweichen fonnte, lieh
er feine Theologen ſich zur Abreife dahin rüften,
ertheilte ihnen aber im Geheimen den Befehl, nicht
weiter ald Nürnberg zu gehen. Mit Magdeburg
ſchloß er 5. November 1551 einen billigen Frieden.
Als nun eine Gefandtfhaft an den Kaifer um
Freilaffung feines Schwiegervaters, Philipp's von
Heilen, vergeblich geblieben, warf M. März 1552
völlig unvermuthet die Maste ab und eröffnete
den Selnug:; er erfhien vor Augsburg und erlieh
ein Manifeft, in welchem er feine Handlungämeife
durch die vielfahen Verletzungen der Wahlcapitu:
lation jeitend des Kaiſers rechtfertigte und bie
Aufrehthaltung der Reichöverfaffung, ſowie die
Befreiung des Landgrafen ald das Ziel des Krieges
bezeichnete. Der Sturm auf die Ehrenberger
Klaufe nöthigte den Kaiſer zur Flucht und fprengte
das Concil von Trient. Im Bemwußtfein feiner
Hülflofigkeit ſchloß Karl V. dur feinen Bru—
der Ferdinand mit M. den Baflauer Bertrag
2. Aug. 1552, welcher den Proteftanten Religions:
freiheit gewährte und die Reftitution Philipp's
von Heſſen ausſprach. Definitiv beftätigt wurde
berjelbe im Religionsfrieden von Augsburg 1555.
Aus Freundfhaft für König Ferdinand kämpfte
M. dann in Ungarn gegen die Türken und trat
bei der Rückkehr nad Sachen dem Bündniß zu
Eger gegen feinen alten Freund Albteht von
Brandenburg bei, der den Baffauer®ertrag vermwer:
fend, ben Krieg aufeigene Fauft fortjegte. Ein
Verſuch, fi mit ihm bei einer Zufammenkunft in
Heidelberg zu verftändigen, flug fehl; es kam
zum Kriege und M., inder Schlacht bei Sievers:
haufen, 9. Juli 1553, tödtlih verwundet, + 11.
uli 1553. Seine Tochter Anna verheirathete
ih 1561 an Wilhelm den Schmweigfamen von
Raffau » Dranien. Seine Wittwe heirathete 1555
Herzog Friedrich den Mittlern, ftarb aber in dem:
jelben Jahre. Sein Länberbefig fiel an feinen
Bruder Auguftl. „Er war eine Natur, deren
Gleichen wir in Deutſchland nicht finden. So be:
dächtig und geheimnißvoll, fo unternehmend und
thatkräftig, mit fo vorfhauendem Blick in die Zu:
kunft und bei der Ausführung jo volllommen bei
ber Sache, und dabei fo ohne alle Anwandlung
von Treue und perfönlicher Rüdficht, ein Menſch
von Fleiſch und Blut, nicht durch Ideen, ſondern
durch fein Daſein als eingreifende Kraft bedeutend.
Sein Thun und Laflen ift für das Schidjal des
Proteftantismus entjcheidend gewefen. Sein Ab:
fall von dem ergriffenen Syſtem brachte baffelbe
dem Ruine nah; fein Abfall vom Kaifer ftellte die
zen mieber her.“ Duellen: Arnoldi, vita
712
Mormonen
mentarii etc. Vgl. v. Langenn, Kurfürft M. von
Sachſen, 2 Bde., Leipz. 1840. Häußer, Zeitalter
der Reformation, herausg. von Onden. 1868.
(S. 227 u. ff.) Ranke, Deutfhe Geſchichte im
Zeitalter der Reformation. Th. 4 u. 5.
Mormonen, Heiligedes jüngſten Taaes (Latter-
Day-Saints), eine religiöfe Secte in Amerifa, ge:
ftiftet durch Jo8 Smith 1827. Nad der Darſtel—
lung der Secte empfing Smith 1827 eine Bifton,
die ihn über die Irrthümer aller Secten belebrte,
und ihn felbft ald das Organ einer neuen Dffen:
barung bezeichnete. Auf Befehl eines Engeld nad:
arabend, fand er die in der Erde vergrabenen
Tafeln der Offenbarung (dad Buch Mormon), die
er mit Hülfe der gleichfallß gefundenen Urim= und
Thummim:Brille entzifferte und überſetzte. Daj:
felbe erzählt, daß die Familie eines jerufalemifchen
Bürgers Lehi unter König Zedelia auf ihren Ban:
derungen nah Oſten durch die Wüfte an das Meer
und fchließlich nach Amerika gelommen fei. Die
von den vier Söhnen Lehi's abftammenden
Stämme, nad) dem jüngften fämmtlih Nepbiten
genannt, zerftreuten fich über dad ganze Land.
Sie nannten ſich fhon vor der Geburt Chriſti
Chriften; diefer erihien ihnen, nahbem er von
den Todten auferftanden mar und verfünbigte
ihnen das Evangelium. In der Folge führten
die Nephiten unter ihren Patriarchen ein chrift:
liches Leben; dann aber entftanden Spaltungen
und Streitigkeiten, bis fie zulegt in Laſter ver:
funten, von dem Stamme der Lanmniten, deren
Ueberbleibfel die heutigen Indianer, ausgerottet
wurden. Damals erhielten die legten Propheten
ben Befehl, die Gefchichte des untreuen Bolfs auf:
ufchreiben. Diefe Aufzeihnungen fammelte Mor:
mon, jein Sohn Moroni —* fie dann zum
Abſchluß. Das Buch, in egyptiſchen Schriftzügen
auf Platten gejchrieben, wurde nah göttlichen
Befehle vergraben, um in den „jüngiten Tagen“
von dem ausdrücklich vorher —— Jos
Smith wieder ———— zu werden. In Wahr:
it ift das Buch Mormon eine romanhafte Aus:
hrung der Fabel der Abftammung der amerifa:
nifchen Ureinwohner von den Juden. Der eigent:
liche Verfaſſer deffelben war Salomo —
+ 1816, ein Presbyterianerprediger in Rem: Salem
in Ohio 1812. Sein Manufcript gab er einem
Druder Patterſon zu Pittsburg, ber ed verwahrte,
aus za Bapieren e3 jedoch jpäter verſchwunden
ift. Sidney Rigdon, ein Druder, vorher auch Pre:
diger, hatte fi) indeß eine Abjchrift deſſelben ver:
ſchafft und diefe fiel in die Hände des Jos Smith,
der fie in Gemeinfhaft mit Rigdon und feinem
Freunde Dliver Cowdry bearbeitete und, unter:
tügt durch die Mittel eines gläubigen Land»
manns Martin Harris, im Drud erjcheinen lieh,
unter dem Borgeben, es fei der Inhalt der im
Bude erwähnten goldnen Platten Moroni’s, die
ihm der Engel entdedt, und deren Inhalt ihm er:
fchloffen fei. Smith (geb. 23. Dez. 1805) war ber
Sohn eines Kleinhändlers und Haufirerd zu Pal—
myra im Staate New-York. In feiner Erziehung
fehr vernadhläßigt, hatte er ſich feinem beftimmtien
Lebensberuf gewidmet, ftand auch nicht im beften
Rufe und war unter bem Namen des Schaggräbers
befannt. Ein religiöfes PBhantafieleben war aber
in ihm dur eine der befannten amerifanif
auritii und Camerarii Oratt. X funebr. bei | Erwedungen 1827 gemwedt worden. Nachdem dann
Menten, Scriptt, rer. German. II. Sleidani, com- | 1829 Johannes der Täufer ihm und Cowdry er:
Mormonen
ichienen, beide zu Briejtern geweiht und befohlen,
Einer ſolle den Andern taufen, organifirte Smith,
30. ee 1830 die neue religiöfe Gemeinſchaft mit
30 Gliedern in Fayette, im Staate New-NYork, 30g
dann 1831, der Ungunft der öffentlichen Neinung
mweidyend, mit der neuen Gemeinde nah Kirt:
land im Staate Ohio, empfing bier die Gabe der
Weiffagung und Offenbarung, und vollendete die
Drganifation der Gemeinde unter Abſchaffung des
bisherigen einfachen preöbyterianiihen Syitems
und Wiederherftellung aller bibliihen Aemter. —
Die neue Secte vermehrte ſich raſch durd) die
Kühnheit, mit der Smith feine Dffenbarungen
ausiprad) und durch den Eifer der vonihm auäge:
fandten Miffionare. Anfangs auf feine nächſten
Angehörigen und Freunde beſchränkt, gewann bie
Gemeinde immer mehr Anhänger. Sie fiebelte
dann in Folge einer Bifion nah der Grafichaft
Jackſon im St. Miffouri über; von bier durch
einen Aufitand des Volkes, das fie al3 Räuber
betrachtete, vertrieben, wandten fid) die Mors
monen nad) Illinois, wo fie die Stadt Nauvoo
gründeten. Smith, mander Verfolgung und ges
fänglicher Haft glüdlich entlommen, vereinigte hier
mit jeiner religiöfen Würde das Amt des Mayor
und deö Generals der Bürgermiliz und regierte
die Gemeinde unumfchräntt durch Offenbarungen.
Die — Organiſation der Gemeinde,
ihre Anſprüche auf den Beſitz des Landes, des
„Erbes der Heiden“, und beſonders die Einführung
der Vielweiberei, die der Prophet Smith zuerſt
ſich und ſeinen Vertrauten geſtattete und dann
allgemein gebot, erregte aud) hier einen Vollsauf⸗
ftand, Smith wurde ind Gefängniß geworfen und
in demjelben nebft jeinem Bruder Hiram von dem
erbitterten Bolt getöbtet (27. Juni 1844). An
feine Stelle als „Seher, Dffenbarer und Präfident
der Mormonen“ trat Brigham Young. Bon Raus
200 vertrieben, führte er die Seinen 1847 in das
Gebiet der Salzjeeen, zwifchen dem Wahſatſch und
dent Nevada : Gebirge, an der damaligen Grenze
der Vereinigten Staaten, wo der Mormonenftaat
Utah (Dejeret: Binnenland in der Mormonen:
ſprache) alö Territorium der V. Staaten begrün:
det wurde, deſſen Gouverneur Brigham Young
wurde, jo daß er wieder die höchſte religiöfe und
politifche Würde in feiner Hand vereinigte. Troß
mancher Gtreitigleiten mit der Negierung ber
V. Staaten und ftetö gehaßt und mißtrauifch beob-
achtet, hat fi die Mormonenftadt äußerlich raſch
und immer blühender entwidelt, zahlreiche Zuzüge,
durch Miffionare, nicht blos in Amerika, jondern
aud) in Europa gefammelt, haben die Bevölterung
bereitä bis auf 80,000 Seelen erhöht.
Das Weſen des Mormonismus ift ein Mate:
rialismus und finnliher Eudämonismus, der fi
mit religiöjen Phantaftereien verbrämt hat, die
er von den fupranaturalen ——— der
verſchiedenen chriſtlichen Secten und Denomina⸗
tionen Amerikas entlehnte. Vom Chriſtenthum,
deſſen Vollendung und reine Wiederherſtellung
er ſein will, hat er zwar die allgemeine Idee der
Erlöſung und des Reiches Gottes wie auch man-
cherlei äußere Form entlehnt;; aber ihres fittlihen
Gehaltes enttleidet, eeiheinen die chriſtlichen
Ideen völlig verzerrt. Die Bibel wird zwar als
heilige Schrift feftgehalten, aber Smith nannte
das 4. und N. Tejtament völlig verborben und
gab, wo die vagfte Erklärung besjelben für jeine
713
Mormonen
\ Bwede nicht genügte, die willkürlichſte Wiederhers
ftellung ihres angeblich urjprünglichen Wortlautes.
a8 ganze Syſtem wird beherrjcht durch die Of:
fenbarungen, beren Hauptträger der präfidirende
Seher ober Prophet ift, die aber auch bei Andern
durch Gefichte, Träume, Eingebungen und Zun—
genreden vermittelt werben. In dem Glauben an
diefelben fowiean die Zeichen und Wunder iſt der
religiöfe Glauben der M. zu dem Glauben an ein
magiſch wirtendes Prinzip gefunfen; der Glaube
aber, den die Secte von ihren Gliedern mit uner⸗
bittlicher Strenge fordert, ift nichts Anderes, als
die unbedingte Unterwerfung unter den Willen
ber neuen Kirche und eine völlige Hingabe an ihre
Sadje. Die Stärfe des Mormonismus ift feine
Drganijation als einer SozialTheofratie, in ber
Geiſtliches und Weltlihes auf's * mit einan⸗
der verflochten ift, und in welcher durch die Viel:
heit von Aemtern die Einzelnen in genauer Vers
bindung mit dem Ganzen gehalten werden. An der
Spite der Gemeinde Hehe der Seher und Präfi«
dent, ihm zur Seite, doch untergeoronet, zwei
Räthe. Es folgt dad quorum der zwölf Apoftel,
danach das quorum der Siebenzig. Beide können
al3 Collegium nur vollzählig und einjtimmig bes
ließen, verbunden bilden fie die Generalver:
ammlung der Kirche. Ein hoher Rath von 12
50 —— entſcheidet in ſchwierigen Fällen.
Ueber allen aber fteht wieder der nach Offenbarung
redende „Seher”. Die Prieſterſchaft ift getheilt
in die Prieſterſchaft Melchifedet’s und Aaron's;
jene, deren Haupt der Seher, bat die Schlüfjel
ber geiftlihen Segnungen und fteht in geheimer,
unmittelbarer Berkindung mit Gott dem Vater
und Chriftus; dieje, an ihrer Spike der Biſchof,
thut Engeldienſt, d.h. verwaltet Die äußeren rituas
liſtiſchen Gebräude gemäß ber Offenbarung. Die
Prieſterſchaft hat ihre hierarchiſchen Abjtufungen,
Te Patriarchen, Biſchöfe, Aeltefte und
viefter,; Diafonen und Lehrer. Der Gottesbienft
ift rei an Geremonien aller Art, die zum Theil
bem Alten Teftamente, zum Theil verſchiedenen
Geheimbünden entlehnt find. Er befteht vornehm⸗
lich aus Beten, Singen, Predigen, Segnen, Taufe
und Abendmahl, aber ohnealle wirkliche Anbetung
und artet nicht felten in wildes Jauchzen und un:
ebundene Heiterleit aus, Zungenreden und An—
praden halten ift jedem Mitgliede erlaubt, und
der Gegenftand der Predigten ift keineswegs im-
mer ein religiöfer. Daneben befteht ein geheimer
Eultus bei Aufnahmen und Einmweihungen. Die
praftiich wichtigsten Xehren find die von der Tod:
tentaufe, nach welcher durch ftellvertretende Taufe
aud) der Berjtorbene Sündenvergebung unb Auf:
rg in die Gemeinde erlangt, ſowie die Lehre,
daß nur die Weiber an ber Erlöfung Theil haben,
die einem „Heiligen“ verfiegelt feien, wodurch die
Vielweiberei als nothwendig gefordert wird. Allem
u Grunde liegt ein grober Chiliasmus; wie fie
auf fich die bibliſchen Verheißgungen vom he
der Erde durch das Voll Gottes in buchftäblichiter
Auffaffung Ye erwarten fie eine Wiederher⸗
ftellung des jüdiichen Volls und den nahe bevor:
ftehenden Anbrucd des taujendjährigen Reiches.
Die Vorftellungen vom Jenjeits find unflar, aber
ſtark finnlid. Bon einem Religionsfyftem läßt
ſich nicht eigentlich reden, da die Dffenbarungen
beitimmt find dasjelbe fortzubilden, d. 5. nach dem
Bedürfnig des Augenblids und dem Erachten ber
—
714 Morus
Se umzugeſtalten. In's Auge fallend find bie | wieder jein ganzes Vertrauen; 1562 fandte erihn
Zeiltungen ber Mormonen in materieller Bezie: | ald Legaten an Kaiſer Ferdinand und 1563 arı bad
hung in ber Cultur ihrer Ländereien, in der Aus: | Concil zu Trient, deſſen Vorfig bis zum Schlufie
dehnung ihrer Stadt, in der Anlage einer Menge | M. übernahm, Durd) die Ernennung zum Decan
gemeinnügiger Anftalten, einer Univerfität, öffent: | des Cardinaldcollegiums für jeine Deenfte beim
licher Schulen, Wertjtätten, Theater ıc., Schöpfun: | Eoncil belohnt, übernahm er noch mehrfade bi:
gen, zu denen eine zweckmäßige Organifation bie | plomatifhe Sendungen. + 1. Dez. 1580 als Ear:
Kräfte der Gejammtheit vereinigt; der blühende | Dinalbifhof von Oſtia. Man hat von ibm mehrere
Mornay
Zuſtand verleitet Viele zum Eintritt in die Ge:
meinfchaft, allein da die Sittlichfeit der M. ſich
nur auf die äußerlichen und materiellen Ziele der
Gemeinde bezieht, jo verbirgt ſich ſelbſt unter ih:
rer Ancrtennung des Defalogs als Sittengejeges
die empörendfte Unfittlichteit, durch melde fie
der Gegenftand bes erbittertften Hafjes der Ame—
rifaner geworden find. Die Grundjäge der Ge:
meinſchaft find außer im Buche Mormon nieder:
gelegtin Doctrines and Covenants, Nauvoo 1846,
(deutih von John Taylor, Hamb, 1852,) deren
Verfaſſer der jpäter ercommunizirte Rigdon ijt,
| Briefe und Reden.
' Morrifon, Robert, der Sohn eines Schuhma:
| ers, ward 1782 zu Morpeth in Northumberland
geboren und ging 1807 im Dienft der britt. Bibel:
| gefellihaft als Niffionar nad Mafao, Da der Ein:
gang den Fremden und namentlid) den Chriiten
noch ftrenge verboten war, erlernte er, in tiefer
Berborgenpeit in Kanton lebend, die chineſiſche
Sprade und wirkte alö Dollmetjcher der engliſchen
Faftorei in Mafao (feit 1809) im Stillen für bie
Miſſion. 1816 begleitete er Lord Amhorſt in glei:
her Eigenihaft nad Peding und lehrte 1823
N
und in vielen Zeitjchriften, die zur Verbreitung | nad) 16jähriger Wirkſamkeit mit einer Sammlung
und Bertheidigung der Secte gegründet wurden. | von ungefähr 10000 Bänden in chineſiſcher Sprade
Hervorragende Namen unter den M. find außer | nad England zurüd, 1826 aber ging er wieder
Jos Smilh und Brigham Young der ſchon ge: | nad China und jegte feine reihe Wirkſamkeit bie
nannte Sidney Rigdon, Peter Wittmer, ein Deut: | zu feinem Tode, 1. Aug. 1834 fort. Mit gründli:
jeher, einer der erjten Gläubigen, W. Bhelps, der
Herausgeber der erſten mormoniftischen R
der Apojtel Orſon Pratt, ald einer ber um die
Ausbildung des Syitems verdienten (!) Gelehrten.
Die eifrige Miffionsthätigkeit der M. ift in Eur
ropa am meiften in Dänemark und England von |
Grfolg begleitet gewejen, weniger in der Schweiz,
mo fie in Yaufanne eine Zeitung begründeten; in
Deutichland wurden die Apoſtel polizeilich ausge:
wiejen. Vgl. Gunnison, the Mormons. Philad.
eitjchrift, |
her Kenntni der chineſiſchen Sprache ausgerüftet,
überjegte er Die Bibel 1819, verfahte eine cine:
fiiche Grammatif, Serampore 1815, ein ch. Wörter:
buch in 6 Bänden, Macao 1515—22, jchrieb und
vertheilte eine Menge Tractate, für deren Drud
er in Kanton eine eigene Druderei einrichtetz,
und legte damit den Grund zu aller jpätern Miſ⸗
fionsthätigfeit in China, Ein weiteres Berdienit
erwarb er ji durch die Stiftung des anglo⸗chi⸗
neſiſchen Inſtitutes auf Malacca 1818 und eines
Spitald zu Makao. Die unmittelbare Frucht jei-
1852. Th. —— Geſchichte der Mormonen.
Leipz. 1856. Mrs. White, the Mormon prophet | ner Thätigkeit war ein kleines Häuflein Bekehrtet,
and his harem 3. Aufl. Lond. 1866. Diron, Neu: | denen er im Stillen predigte.
Amerita, deutjch von Oberländer. Jena 13868. | Mortuarium ift der Betrag aus dem Nadlak
Mornay ſ. Düpfeifis:M. | der Geiftlihen, welden dieſelben der Kirche ver:
Morone, Giovanni de, Cardinal, einer der aus- machen mußten, nachdem jie die Freiheit erlangt
gezeichnetjten römiſchen Prälaten im Reforma: | hatten, tejtamentarijc über ihr Bermögen zu ver:
tionägeitalter, 150Yzu Mailand geboren, der Sohn | fügen, welches früher der Kirche ganz anbeimgr-
des Kanzlers Grafen Girolamo de M.; nachdem | fallen war.
er feine Studien zu Padua vollendet, ward er ſchon Morus, Samuel Friedrid Nathanael, Iutheri:
1536 Biſchof von Modena und von Paul III. als | jher Theologe. Geboren 1736 zu Yaubau im der
Nuntius an den König Ferdinand und zu den Re: Lauſitz, bezog 1754 die Univerjität Leipzig, um
ligionsgeiprädhen von Speyer 1540 und Wormsö, | Theologie und Philologie zu jtudiren, und babili-
jowie beim Reichätage von Epeyer vermwenbdet. | tirte ſich dort, nachdem er einige Zeit als Erzieher
1542 zum Cardinal erhoben und in fein Bisthum | gewirkt und 1760 die Magijterwürde erlangt hatte,
Modena zurückgekehrt, wirkte er eine Zeitlang un:
ter dem Einfluß der in Deutjchland empfangenen
Eindrüde; er ließ die 1540 von dem Sicilianer
Paolo Ricci geftiftete evangelifhe Gemeinde in |
Modena ungehindert, beförderte die Verbreitung
des Büchleins von der Wohlthat Chrijti und pre: |
digte ſelbſt Die Rechtfertigung durch den Glauben,
war aber dabei eifrig und aufrichtig bemüht, jeine
Anhänglichkeit an das Papſtthum fort und jort zu
bezeugen. 1544 Legat von Bologna geworden, re:
fignirte er 1548 auf dieſe Stelle jo wie auf jein
Bisthum, um das von Novara zu übernehmen
und fungirte wieder 1555 zu Augsburg als päpft:
auf den Rath feines Lehrers Erneſti 1761 bei der
philoſophiſchen Facultät. Anfänglich erflärte er
lateiniſche und griehiihe Schriftiteller, ala er
aber 1771 zum ordentliden Profeſſor der griechi⸗
ſchen und lateiniſchen Spradhe und 1730 zum
Ephorusder Stipendiaten ernannt,war, begann er
jeine eregetiichen Vorleſungen. 1782 nad) Erneiti’s
Tode in die theologiiche Facultät verjegt, ward er
1786 Domherr zu Meißen und 1787 Mitglied des
Eonfiftoriums, + 11. Nov. 1792. Sein Hauptver
dienjt bejteht in der Ausbildung der hermeneuti:
ſchen Grundjäe Erneſti's (Hermeneutica 2 Bpe.,
Xeipz. 1797—1802 u.a.). Seine Borlefungen über
Ucher Nuntius. Paul IV. (1555—59, Caraffa) | Eregeje und Moral, jowie das jeiner Zeit viel be:
aber lieh ihn 1557 als der Ketzerei verdächtig in | nugte epitome theol. christianae Xeipzig 1789 u.
der Engelsburg einjperren und ebenjo wie gegen | ö. haben keinen bleibenden Werth. Ein Berzeichnik
Cardinal Polus, Biſchof Foscarari von Modena jeiner zahlreihen Schriften findet ſich in Meuſels
u. A. gegen ihn den Prozeß eröffnen. Pius IV.1559 | Veleprtenleriton. Eine Sammlung jeiner Pre
erllärte ihn jedoch für unſchuldig und ſchenkte ihm digten eridien 1786 zu Xeipzig.
Morus
Morus, Thomas, der Kanzler Heinrich's VIII.
von England. Der Sohn eines Richters der Kings:
Bench in London, geb. 1480, erhielt er feine Aus:
bildung im Hauje des Gardinald Morton und auf
der Univerfität Oxford. Erft jpäter wandte er
fi dem Studium der Rechte zu, wobei er jedoch
neben Rhetorif und Scholaftif auch die Haffifche
Ziteratur eifrig betrieb; von großem Einfluß war
namentlih in dieſer Beziehung feine perjönliche
Belanntihaft mit Erasmus von Rotterdam, der
ihn auch beftimmte, der Satire nad) Lucian's Vor:
bud ſich zuzuwenden. 1516 erjchien jeine berühmte,
fajt in ale Sprachen überjegte Schrift de optimo
reipublicaestatudequenovainsula Utopia, eine
Kritik des engliiden Staatsweſens und Darftel:
lung einer idealen Staatöverfaffung, in der Form
der Beichreibung einer Inſel der Südſee. Reli:
gionsfreiheit, Gleichheit der Rechte und Pflichten
und Gemeinſchaft des Erwerbs und Befiges find
die Auffehen erregenden neuen Gedanten ber
Schrift. Auch als prattiſcher Jurift feste er feine
Studien mit Eifer fort. Als Mitglied des Unter:
haufes erwarb jeine muthige Oppofition ihm zwar
große Popularität, doc) zog er fid) vor dem Zorn
des Königs 4 Jahre in die Karthaufe zu London
zurüd, und beſuchte dann noch die Univerfitäten
Löwen und Paris, Zurüdgelehrt ward er Un:
terjheriff, dann Friedensrichter in London und
1518 von Heinrih VIII., nad) mehrfacher bis
plomatiſcher Thätigleit in Segen und den
Niederlanden ganz in feine Dienjte gezogen und
1529 nad) Woljey’s Sturz zum Kanzler von Eng:
land ernannt. Aus religiöjfen und politifchen
Gründen ein unbedingter Anhänger des Papſt⸗
thums und entſchiedener Gegner der Ketzer, die
er ald Schriftfteller befämpfte und ald Kanzler
verfolgte, war er Heinrich's treuer Gehülfe in de:
fen erfter Regierungs: Periode und verwaltete jein
Amt mit jeltener Gerechtigkeit und Uneigennügig:
feit. Als jedoch der Riß zwifchen dem Königeund
vem Bapite unheilbar wurde, legte er fein Amt
nieder 1532 und galt bald als das Haupt der
päpftlihen Partei; das Miftrauen des Königs
wuchs, weil M. feine Zuftimmung zu den fönig:
lihen Eheſcheidungen entichieden verweigerte und
ſich auf die Kehren und Entſcheidungen der Kirche
bezog. Doc genügte nod eine einfache Bitte ihn
von der Anklage zu entbinden, an der Verſchwö—
rung der Nonne von Kent, einer im Dienjte der
Bartei gebrauchten Helljeherin, betheiligt zu jein;
als er ſich aber weigerte, die 1534 erlajjene Sur:
ceffionsacte ihrem ganzen Inhalte nad (jofern
fie nämlid) die Ungültigfeit der erjten Ehe des Kö:
nigs feftjtellte) zu befhwören, ward er zum Ge:
fängniß im Tower verurtheilt. Im folgenden Jahre
mit Biſchof Fiſher aufgefordert, die Supremats:
acte (nad) der der König das oberite Haupt der
Kirche) zu bejhwören, ward jeine Weigerung als
Hochverrath ausgelegt und M. am 6. Juli 1535
enthauptet. Obgleid das gerichtliche Verfahren
nicht ohne die ſchmählichſten Unregelmäßigfeiten
ftattfand und die Hinrihtung des M., wenn aud
nad) dem formellen Geſetz berechtigt, mit Recht als
eine der graujamiten Thaten Heinrich's und als
Juſtizmord bezeichnet wird, ging fie doc) nicht aus
Graufamteit hervor, fondern aus der politiichen
Rothwendigkeit, die Autorität des Königs über
die desBapftes, der erſteren mit Abjegung bedrohte,
zu ftellen. M., der fich je länger je mehr der Au:
715
Moſaik
torität der Kirche unterwarf, war durch feine her:
‚ vorragende Stellung ein gefährliches Hemmniß der
ı Pläne Heinrichs und ein Anhalt für jeden päpſt⸗
lichen Reactiondverfuch. Vgl. Rudhardt, Thom.
Morus, Nürnberg 1829 (fatholifch), Mackintosh,
Life of Sir Th. M. 2. edit. 1844. Froude, Hist.
of England from the fall of Wolseyto thedeath
of Elisabeth, Lond. 1856.
Moſaik, jene der Malerei verwandte, in Ber:
bindung mit ber Architektonik auftretende Kunft,
aus Heinen farbigen Steinen, Gläfern u. |. mw.
Drnamente oder Figuren zufammenzufeßen, wurde
Ihon in frühefter Zeit im Driente zur Aus
ſchmückung von Fußböden in Tempeln und Baläften
angewandt. Sie wurde dann namentlid) in Rom,
wo fie ungefähr gegen Ende der puniſchen Kriege
| Eingang u fortgebildet und kam jo ſehr in
Gebraud, daß nit nur die Prachtbauten der
Bornehmen, die Bäder ꝛc., jondern auch die ein:
facheren Häujfer und die Höfe mit mufiviichen Ber:
ierungen gejhmüdt waren. Das berühmtefte
entmal römiicher Mofait ift die im Mufeum zu
Neapel befindliche Alexanderſchlacht. Das ältefte
Chriſtenthum hatte diejelbe Abneigung gegen die
| Mofaik, welche ihm gegenüber der Kunit überhaupt
eigen war, weshalb es die Entwidlung der römi:
ſchen Moſaik nicht fortfegte. Die erjten chriſtlichen
Verſuche, diefe Kunft in den Dienft der Stiche zu
nehmen, bilden die finnbilvlihen Darftellungen
in den Katatomben, noch völlig gebunden durch
die weltflüchtige Aengſtlichkeit des urchriſtlichen
‚ Gewifjens. Bon den Katalomben wanderte im
dritten Jahrhundert die muſiviſche Kunft in noch
unvollkommener Geftalt und unter lebhaften
Widerſpruch noch Vieler allmählich in die chriſt—
lichen Baſiliken, wo fie ſchon bald einen großen
, Triumph feiern jollte, Bon da an blieb fie faſt ein
Jahrtauſend die vornehmjte Gattung der fir»
‚lihen Malerei, Wie dieje überhaupt, trägt auch fie
‚in der erften Periode (3. Jahrh. bis zur zweiten
| Hälfte des 5. Jahrh.) nod ganz den Charakter
‚der antiten plaftiihen Yormengebung, die auch
zum Ausdrud friedliher Ruhe und heiterer Glau—
benszuverlicht, die fi) in allen Bildwerken dieſer
Periode ausfprechen, völlig geeignet war. Die
| beveutendjten Denkmäler aus diejer Zeit find
die Mofaiten von St. Costanze und St. Maria
Maggiore in Rom, von S.Giovanni in fonte und
S. Nazario e Celso zu Ravenna. Die zweite
Periode 6.—8.Jahrh. ift die eigentliche Blüthezeit
der Mojait, jomohl was ihre 1. Sean (m ihre
fünftleriiche Bedeutung angeht. Zeigen ſchon die
Bauten Eonitantin’s des Großen und Juftinian’s,
namentlih die berühmte Sophientirhe an Wän—
den und Gewölben befonders im Chore einen reis
hen und glänzenden muſiviſchen Schmud, biblifche
Geſchichte und Heiligenbilder darjtellend, jo bildet
die Mofaik in dem, um dieje Zeit entitandenen
und ausgebildeten byzankiniſchen Stil ein weſent⸗
liches Moment, jo daß fie auch mit der Entwidlung
| diefes Stils ungertrennlid zufammenhängt. Was
den Charafter diejer Periode angeht, jo werden
die antilen Formen immer mehr dem überſirm—
| lichen, idealiftifchen Geift des Chriſtenthums ange:
paßt; dabei wird die antife ae ae mehr
und mehr, namentlid gegen Ende dieſes Zeit:
raums, vernadläffigt und mehr darauf gejeben,
die Formen zu durdhgeiftigen. Durchweg zeigen
die Kunftwerte ernite, Teierliche Würde und Er«
Moſaiſches Hecht
babenheit. In Hinſicht der Kunſtlechnik waren eö
wahrſcheinlich die Byzantiner, die die M. mit dem
Goldgrunde bereicherten, einer durch Glaswürfel,
die mit Biattgold überzogen wurden, zufammen:
gejegten Fläche, von welcher fid) die Figuren mit
eigenthümlihem Glanze abheben. Jedenjals ift
allen byzantinischen Moſaiken diejer Goldgrund
Er Erhalten find aus diefer Blütheperiode der
‚nur wenige Denkmäler aus Rom und Ravenna,
fo bie M. von S.S. Cosma e Damiano zu Rom,
von St.Apollinari nuovo, St. Apollinari in classe
und S, Vitale zu Ravenna, welche Ciampini (]. u.)
theilweije veröffentlicht hat. Seit dem 8, Jahrh.
gerieth dann die M., wie die altchriſtliche Kunſt
überhaupt, mehr und mehr in Verfall, ſowohl for:
mell als geiftig und inhaltlid. Geiſtloſe Compo:
fition, überladene und grelle Charafteriftif, Ber:
zerrung und Häßlichleit der körperlichen Formen,
zuletzt barbariſche Rohheit find die weſentlichen
Kennzeichen diefer Periode, wie fie ſich mehr oder
minder beifpielöweije in den M.von St. Praffede,
St. Marco u. a. in Rom finden. In dem Maße,
wie der byzantinische Stil in der abendländifchen
Kunft feine Herrſchaft verlor, wich auch die Mojait:
malerei zurüd und an ihre Stelle trat die Freslo—
malerei. Ausnahmsweiſe erhielt fie ſich in Vene»
dig, wo ſich auch das großartigfte nod erhaltene
Denkmal der firhlihen mufiviihen Kunſt, die St.
Markuskirche befindet, welche eine wahrhaft üppige
Pracht von M. an Gewölben und Wänden ver:
ſchwendet. (S. auch d. A. Malerei.) Vgl. Ciam—
pini, Vetera monimenta, in quibus praecipue
musivaopera dissertationibusillustrantur, Rom,
1690, und (nach ſeinem Tode) 1699 mit Abbilbun:
gen; berj. de sacris aedificiis a Constantino M.
constructis, Rom 1693. Müller, die bilblichen
Darftellungen im Sanctuarium der chriſtl. Kirchen
vom 5.— 14. Jahrh. Trier, 1835. Barbet de
Jouy, les mosaiques chrötiennes des basiliques
et des eglises de Rome. Paris 1857.
Mofaiihes Recht. Der Grundgedanke, auf dem
es ruht, ift der eined Bundesverhältniſſes des
Volkes Iſrael mit Gott; dadurch erhält das ganze
Recht feinen religiös-fittlichen Charakter und ſchafft
die theofratifhe Verfaſſung. ES bejtimmt nur
die Pflichten der Ölieder der Volksgemeinde, nir:
gend ihre Rechte, weil bie ausgeſprochene Voraus:
ſetzung die Anerkennung der geihichtlich erfahre:
nen und im Gewiſſen anerkannten heiligen und
ewigen Liebe Gottes ift. Der Kern der Geſetzge—
bung, welcher das eigentliche Sittengejeg und als
Anwendung deffelben die Grundzüge der bürger:
lihen und gottesdienftlihen Ordnung enthielt,
wurde am Sinai erjt mündlich verkündigt und
eierlih angenommen, im Bunbesbuche nieverge:
chrieben 2. Mof. 24,3 ff. Er iſt in kurzer, be—
timmter Fafſung (und in je 10 —oder5— Gejegen
das Verwandte) zufammengeftellt 2.M. 20, 1—17 ;
21,1 — 23,20. An diejen Kern fließen fich die
ritwaliftifhen Abänderungen der Gottesdienftord:
nung, nad dem Abfall zum Dienjt deö goldenen
Stalbes, der Bau der Stiftöhütte, das Opfer: und
Prieſterweſen und weitere Ausführungen der ſozia⸗
len Gefeggebung. Daß die Gejeggebung nicht als
eine jtarr abgejchloffene betrachtet, jondern fort:
während den veränderten Umftänden angepaßt
wurde, geht au8 den Berfchiedenheiten hervor, die
116
Moſchus
27, 1—8 mit 2, Mof. 20, 22—26; 2. Moſ. 20,
26 mit 2. Mof. 28, 42; 2. Mof. 21, 1 —6 mit 2.
Moi. 25, 39f.; 2.Moj. 21, 12 mit 3. Mof. 35,13;
2. Moj. 20, 24. 25 mit 3. Moſ. 17,8. 9. Solde
Abänderungen wurden nöthig [don im Dftjordan:
(ande, dann während der Rıchterzeit, noch m
während der Königsherrſchaft. Diejelegtern, wel
allmählih durch Gebrauch und Gewohnheit ſich
einführten, wurden beſonders durch die neue Bear⸗
beitung des Geſetzesſtoffes im Deuteronomium
geſetzlich feſtgeſtellt, wobei ſie aber um ſo unbefan⸗
ener auf Moſes ſelbſt zurückgeführt wurden, als
ie aus dem Geiſte der —— moſaiſchen
Geſetzgebung geflofſen waren.5.Dlof.12,3.5.11.14;
14, 23. 24; 15, 20; 16,2.6.7.15. 16; 17,8—20;
18,6; 21, 10- 17; 22,5; 23,16—19; 24,116;
25,2 u. ſ. w. Während das Deuteronomium jo
auf die zu Grunde liegenden fittlihen Gedanfen
zurüdgreift, und diefelben entwidelt, beftand bie
Ausbildung des Geſetzes nah Ejra nur in ber
weitern Erklärung oder Anwendung ber einzelnen
Gejegeöbeftimmungen (nad) den Habbinen 243
Gebote und 365 Verbote) in ritualiftifcher Auffaf:
fung, wobei das Gejeg als ein fefter, unabänder:
licher Kanon betrachtet wurde. Wo im Geſetz jelbft
die erwähnten Verſchiedenheiten ſich fanden, ging
man nad) den Umjtänden auf die urjprüngliche
Faflung zurüd oder blieb bei der des Deuterono:
miums jtehen, und half fich durch fünftliche Aus:
legung derjelben. Die faft abergläubifche Ber:
ehrung des Gejeges im —— Judenthum
förderte der Stand ber Geſetzeslehrer, die in den
Synagogen dad Geſetz verlajen und dem Bolte er»
Härten. Was fie für die Auslegung und Anwen:
dung des Geſetzes geleiftet, hat der Talmud in
Miſchna und Gemara zujammengefaßt. Die blei»
bende Bedeutung des mojaifchen Geſetzes liegt in
feinen großen fittlihen Grundgedanten, welche das
Evangelium nur nochvertieft in fi aufgenommen
bat; jede äußere, im Geſetz bejtimmte Ordnung
mußte wanbelbar fein, weil fie nur die Anwen:
dung jener Grundgedanken auf geſchichtlich ent:
jtehende, rechtliche und joziale Berhältnifje ift. Kein
fpäterer Verſuch, eine theokratiſche Berfafjung
wiederherzuſtellen, ift der Gefahr entgangen, biejen
Unterſchied nicht genügend feftzubalten. Vgl.
Riehm, die Gejeggebung Mofis im Lande Moab,
Gotha 1854. Saaljhüg (Hiraclit), Moſaiſches
Recht, Berlin 1853. Außerdem die Geſchichte
Iſraels von Ewald, Gräg (Jir.) u. U. und bie
Kommentare,
Moſchus, Johannes, ein asletiſcher Schriftftel-
ler des 6. Jahrhunderts. Bermuthlid in Baläjtina
geboren, war er Mönd und Prieſter zu Jeruſalem,
und lebte als Einfiedler am Jordan und in der
Laura des h. Sabas. Der perfilchen Kriegsgefahr
ausweichend, bereifte er Aegypten und die griechi—
ſchen Injeln und ftarb in Rom 619 oder 620.
Seine Schüler beftatteten feinen Zeihnam zu Je
rujalem. In Rom verfaßte er die an feinen
Schüler und Begleiter Sophronius, den nachheri—
gen Patriarchen von Jerujalem gerichtete Schrift
Xeimon, d. i. geiftlihe Wieje, nad) dem Vorbild
eines ältern Wertes, ein Bericht feiner erbau:
lichen, auf feinen Reifen unter den Mönchen ge
madıten Erfahrungen. Obgleich er mit tritiffofer
Reihtgläubigteit von Vifionen, Wundern, Engel:
auch der legte Bearbeiter der erften Bücher Moſes erſcheinungen u. |. w. berichtet, ift jein Buch von
neben einander hat jtehen laſſen. Vgl. 2. Mof. Bedeutung für die Kenntniß des damaligen
Mojellanus
Mönchsweſens und der Härefien. Ueber die =.
Schriften und Ausgaben Dal. Fabricius, Bibl.
graec. Tom. V. cap. 16. VIII. 201 ff.
Mofellanud Petrus, eigentlich Schade, geboren
von armen Eltern zu Proteg an der Mojel 1493,
erhielt Haffiihe Bildung zu Köln und Yeipzig,
folgte 1515 einem Ruf an die Schule zu Freiberg
und ward 1517 Profeſſor der griechiſchen und
lateiniihen Sprade zu Yeipzig. Er eröffnete auf
Anordnung des Herzogs Georg die Disputation
zu Leipzig 1519 mit einer Anrede »de ratione dis-
putandi praesertim in re theologica«, Mit den
Yumanijten und den Führern der Reforma:
tion ſtand er in bleibendem Berfehre. Luther be:
zeichnet ihn als ganz erasmifch geſinnt. Einer
der gelehrtejten Männer jeiner Zeit erwarb er ſich
um die Belebung der claſſiſchen Studien im Her:
zogthum Sachſen große Berdienfte, 7 1524. Sein
Epitaphium befindet ſich in der Nicolaikirche zu
Zeipzig. Vgl. Melchior Adami vitae Germanorum
philosophorum 1705.
Mojer, Johann Jacob, geb. zu Stuttgart, 18.
Jan. 1701. Bezog jhon mit 16 Jahren vie Unis
verfität Tübingen, gab 19jährig feine erſte Schrift
heraus und ward gleichzeitig außerordentlicher
Profeſſor der Rechte zu Tübingen. In Wien,
wohin er fi 1721 begab, lehnte er die Zumuthung,
fatholijd) zu werden ab und fehrte 1727 als Re:
gierungsrath nach Stuttgart zurüd; die 1729
ubernommene Brofefjur des Staatsrehts zu Tü—
bingen Er er 1732 nieder, und ward 1733 von
neuem Mitglied der Regierung zu Stuttgart.
1736 nad) Frankfurt a. d. O. als Profeſſor beru:
fen, trat er 1739 zurüd und lebte zu Ebersborf im
Boigtlande, bis er 1747 als Geheimrath in Helen:
Homburgiihe Dienite trat. 1749 eröffnete er in
vanau „eine Staats: und Kanzleiatademie zum
ienft junger Staatsperſonen“, ward aber 1753
als Landſchafts-⸗Conſulent nad Stuttgart zurüd:
berufen. Bei den Differenzen zwiſchen dem Herzog
und den Ständen, die er in ehrenhafter Weiſe zu
ſchlichten ſich bemühte, erregte er den Zorn des
Herzogs, der ihn 1759 ohne Urtheil und Berhör
auf yohentwiel in harte Gefangenſchaft warf. Erſt
1764 wieder freigegeben und ın jein Amt wieder
eingejegt, jtarb er 30. September 1785. Der
fruchtbarſte deutſche Schriftjteller, der SU0 Bände
geſchrieben hat, ift er nicht nur ald Schöpfer der
deutſchen Staatsvechtswiljenihaft und durd den
Freimuth, weldden er in jeiner ganzen amtlihen
und literariſchen Thätigkeit befundete, befannt
geworden, jondern aud) durch jeine unerſchütter—
liche hrijtlide Frömmigkeit, von der jeine 1200,
poetifch wenig bedeutenden, geiftlidyen Xieder Zeug:
niß geben. Vgl. Xedderhoje, aus dem Leben J. v.
M. 2. Aufl. 1862. Grüneijen, im Piperſchen Kal.
1852. Sein Sohn Friedridy Karl, geb. 18.
Dez. 1728, + 10. Sept. 1748 zu Xudwigsburg,
bis 1780 Dinifterin Heflen-Darmitadt, ijt gleich
ſalls durch viele ſtaatsrechtliche Schriften befannt
geworden. Er war ein Erbe ver Gejinnung feines
Vaters. Bol. Baumitark, Fr. Karl v. M. 1546.
Moſera oder Moferoth, 4. Moj. 43, 40, 5.M.
10, 6, eine Station der Jjraeliten aufdem Wüſten⸗
zuge, wo Yaron ftarb, lag auf dem Gebirge Hor.
Mofes (NV, LXX: Movuoijc, Mwans, Vulg.
Moyses), der Befreier und Geſetgeber Iſraels. Die
Deutung des Namens, welche 2. No. 2,10 gegeben
7117
Mojes
wird, ber Herauögezogene, nämlich aus dem Wafjer,
ift etymologiſch unrichtig, da die Ableitung aus
dem Hebr. nur den Sinn des Herausziehens *
Noch unſtatthafter iſt die Erflärung aus dem
Sanskrit mit Sitig, der die Wurzel mush jtehlen
und müshika die Maus, vergleicht. Joſephus lei:
tet ihn deshalb aus dem Aegyptifchen, Mo Waf:
fer und Usche Geretteter ab, womit die Schreib:
art der LXX übereinftimmt. Am beiten ver:
gleichen Lepfius und Bunfen den ägyptiihen Na-
men »Ms« oder »Mas,« der einfach Kind oder
Knabe bedeutet. Die Gefchichtlichleit der Berfon
und des Werkes des M., welche früher vielfach
beftritten wurde (Voltaire, Nork), ift nach ben
neuern Forſchungen als völlig unzweifelhaft an:
erfannt. Die bibliihen Berichte erhalten felbjt
eine Beftätigung durch die Angaben der heidni—
{hen Schriftiteller, des Manetho, Chäremon, He:
catäus von Abdera u. A., wenn das Tendenziöje
der ägyptifchen zur in Anrechnung ! ⸗
bracht wird. (Vgl. Ewald, Geſch. Iſr. 2. Auög. IL,
100 ff.) Da aber die biblifchen Berichte nur zum
Theil gleichzeitigund auch dieje von dem Sammler
überarbeitet find, jo tft die Gejchichte mit jagen:
haften Ausmalungen reichlich verziert. Auch wenn
diefe auf ihren gefhichtlihen Kern zurüdgeführt
werden, erfcheint DM. ald eine eminente Berjönlich:
feit, der Die Weltgeſchichte, abgefehen von Chriſtus,
faum eine gleiche an die Seite ſtellt. Während
des.Ichweriten Drudes der ägyptiihen Macht auf
die Juden um 1574 v. Chr. (vgl. 2, Moj.7, 7 mit
Lfön. 6,1; Jos.c.Ap.1,26)geboren und auf wun⸗
derbare Weije vor dem Tode Bee 2.M.2,1-10,
ward eram ägyptiſchen Hofe erzogen und in ägyp:
tifcher Weisheit unterrichtet. Daer inrafcher That
einen Aegypter, der einen Jiraeliten mißhandelte,
erihlug, mußte er nad) Midian fliehen und lebte
dort lange Zeit, als Schwiegerjohn des Jethro in
einen Beduinenftamm aufgenommen (2. Moj. 2,
1—3, 1), anjdeinend nicht ohne eine Berbindung
mit den Seinigen zu unterhalten. 2, Moj. 3, 27 ft.
Eine Gottesoffenbarung legteihm den Beruf auf,
ber Retter feines Volks zu werden. Zurüdgefehrt
nad) Aegypten hatte er mit Meberwindung großer
Schwierigleiten zuerft fein eigenes, in der langen
Knechtſchaft gebeugted und verlommenes Bol auf:
zurichten, durch die Macht der jelbjt gewonnenen
Gotteserfenntnig die Schwachen Reſte des mono—
theijtiichen Glaubens der Stammväter neu zu be:
leben, die Hoffnung auf eine Möglichkeit der Be:
freiung anzufachen und überhaupt eine nationale
Wiedergeburt vorzubereiten. Es mochten ihın
dabei Hegungen unter den Beffern feines Bolts,
Wr unter den Aegyptern entgegenfommen, wie
oldye auch jeinen Bruder Aaron zu ihm in die
Wüſte —— hatten. Jedenfalls iſt es ſein
Werl, dieſe nationalen und politiſchen Abſichten
mit der religiöſen Idee, die jene allein ——
machte, durchdrungen zu haben. Ein wunderbares
Zuſammentreffen von Natur: und politiſchen Er:
eigniffen ließ endlich die widerwillig eriheilte Er:
laubniß zum friedlihen Auszug erlangen und
Mojes führte das längjt vorbereitete Volt auf einem
ben Aegyptern unerwarteten Wege durd) das rothe
Meer in die Sinaitifhe Wüfte. Die erſte Zeit ver
Ruhe am Sinai wurde benugt, um in feierlicher
Weiſe die Gefeßgebung zu verfündigen, in ber
Religiöfes und Bürgerliches gegenfeitig jo durd:
drungen ift, dab die bürgerlichen Inſtitutionen
46
Moſes 718 Moſes
die Religion bewachen und beſchützen, weil ſie ſie des Prieſterthums, die Leitung durch Lehre und
vorausſetzen, und die religiöſen Vorſchriften die | göttliche Ausſprüche blieb beim Hauſe Aaron
bürgerlihen Einrichtungen heiligen und ſichern. Während die Schrift an Moſes die unermüdliche
Der Abfall zum Dienft des goldenen Kalbes offen: | Geduld und die Langmuth, mit der er die Verkehrt:
barte die vorhandene Stumpffinnigfeit des Volkes | heiten feines Volkes ertrug, rühmend hervorhebt,
und nöthigte dazu, ihr Rechnung zu tragen. | zeigt fie ihn zugleid) ald einen Mann des grimmen
So fonnte M. feinen eigenen, rein geittigen Got: Zorns (2. WM. 2, 11 — 17; 11,8; 32, 27 — 29;
tesglauben im Volke nur unter der Hülle eines ri: | 3. M. 24, 10—24;4. M. 15, 32—36 ; 25, 4—9),
tualen Gottesdienſtes befeftigen, wobei zugleich deſſen Leidenſchaft jedoch niemals durch perſön—
ftrenge Zucht das zuchtlofe und der eigenen Be: | liche Intereſſen gemwedt wurde, fondern nur um
gr entbehrende Boll bändigen mußte. | der Gerechtigkeit willen und wo die Durchführung
einen Anhalt fand M. in feinem Stamme Levi, | feiner Zebensaufgabe bedroht wurde. Bemunderns:
dem er deöhalb die Bewahrung des Gottesdienſtes | werth ift er in der Selbftlofigteit, mit welcher er
anvertraute, indem er ihn als Priefterftamm aus- | auf jeden Lohn feines Berdientes für ſich und
wählte. Den Zug durd) die Wüfte, den man früher | jeine Nachkommen, jelbjt auf die Ehre im Tode ver:
als ein ee Hinundherwandern aufzufaflen zichtete, und das bleibende Hohepriejtertgum auf
geneigt war,laffen die neueren Forſchungen Vaihin- Aaron’3 Haus übertrug. Am höchſten aber in
ger, Bunjen) als einen durchaus überlegten und derungetrübten Sunerficht jeines Glaubens, welche
durch die Umſtände Hinlänglic) begründeten erſchei-⸗ ihn das Schwerſte unternehmen und glücklich durd:
nen. Urfprünglid nämlid; war der Einfall in | führen ließ, um eine religiöfe und nationale Vie:
Paläftina von Südweſten, von Kades aus, beab: | dergeburt jeines Volks zu bewirken. Er tft der
ſichtigt geweſen; wenn zu gleiher Zeit mit dem ud a Stifter der Neligion, die mit Recht
Auszug der Jiraeliten die Philiſter in Aegypten ein: | nad) ihm genannt ift. In der unlösliden Ber:
fielen und bafjelbe befegten, jo fonnte Mojeshoffen, | bindung der nationalen und religiöfen Elemente
die Grenze Ranaand von diefen nur ſchwach beſchützt in jeinem Gejege jpricht fih nicht bloß ein allge:
zu finden; bie Muthlofigkeit des Volks aber nöthigte | meiner Zug des orientalifchen Weſens aus, fon:
ihn, ben Plan aufzugeben und den Angriff gegen | dern noch mehr die Befonderheit feiner eigenen
die Oftfeite Kanaans zu richten. Lebensgejtaltung. Der Grundzug Feines Weſens,
Die Geſchichte vom Haderwaſſer, wo ſich Moſes mit dem er in das öffentliche Leben eintritt, iſt
verjündigt haben ſoll, fällt in diefe Zeit der Um: | der Patriotismus, die Liebe zu jeinem Volke, die
fehr von Kades. Die Erzählung, weldye das eigent- | er jelbjtverleugnend bewahrt und bethätigt hat,
lie Verſchulden des M. in einen 1003 Um: | obgleid) ihm in Folge feiner Erziehung die volle
ftand legt, läßt immerhin erkennen, dafs M. fich | Gunft des ägyptiihen Hofes offenitand. Da er
jelbft den Vorwurf machte, in feiner jonftigen | ohne Zweifel aud) in der ägyptifchen Religion, wie
Blaubensgewißheit einen Augenblid gewankt zu | in Ta Weisheit erzogen wurde, fo ijt Die Liebe
haben, und durch zornige Nachgiebigkeit gegen das | zu jeinem Volle aud) die Vermittlung und Die
Volt jeiner beffern Neberzeugung untreu geworden | Brlide zu feiner höhern Gotteserkenntniß gemejen.
zu jein. Da die Edomiter den Durchzug durch ihr | Die Jiraeliten waren ben Aegypten ein fremdes
Gebiet verwehrten (4. Mof. 14, 10 1 fo ward | Volt geblieben, und nicht allein durch ihre Beſchäf⸗
mit dem Zuge durch den Arabah bei Eziongeber | tigung als Hirten ; mehr nod) trennte fie der bild—
das Gebirge Seir umgangen, das Gebiet der I0fe Gottesdienft und der Abſcheu der Jiraeliten
ſtammverwandten Moabiter undAmmoniter durch: | vor dem ägyptifchen Thierdienft. Und wie nun
Ihritten, die feindlichen Midianiter wurden be: | naturgemäß (gleichwie jpäter zur Syrerzeit) das
fiegt und, da die Amoriter den Durchzug weis | Streben des mißtrauiſchen Königs dahin gerichtet
erten, mit dem Eroberungd: und VBernichtungs: | geweſen ſein muß, durch Aufhebung der religiöfen
riege bei ihnen begonnen, während dereigentliche | Scheidung das fremde Weſen zu vernichten, fo mußte
Plan war, nördlih vom todten Meere über | von den Befjern des Volls gerade unterdem Drude
den Jordan zugehen und in Paläftina einzudringen. | ber Negypter der verblichene Glauben der Stamm:
Von den 40 Jahren zwijchen dem Auszug aus | väter an einen Gott als ein theures Nationalgut
Yegypten und dem endlichen Uebergang über den | feitgehalten werden. Daher mußte jedes eruft:
Jordan unter Jojua fallen 2— 4 auf den eigent: | hafte Nachſinnen, ob eine nationale Rettung
lichen Wüftenzug, die übrigen 36— 38 find zu der | Iſrtaels möglich fei, zu einem tiefern religiöjen
urjprünglich nicht beabfichtigten Eroberung des | führen, namentlid) zu einer * ernſten Prüfung
Oſtjordanlandes und der —2 von Ruben, | der abrahamitiſchen Ueberlieferung, Die gerade bei
Sad und halb Manafje verwendet worden. (Die | dem Stamme Levi am treuften bewahrt geweſen
Nachweiſungen bei a im Bibelwerk und von | zu fein jcheint. So wurde in M. die ihrer Natur
Vaihinger bei Herzog X. 47 ff.) Gegenüber der | nad) immer wunderbare, weil unerklärliche Offen:
älteren Anficht verſucht Hitzig (Geſch. Iſraels, barung vorbereitet, die ihm in feinem Innern die
Leipz. 1869, 1, ©. 67.77 f.) den Nachweis zu lie: | Gewißheit von dem Leben des ewigen und unſicht⸗
fern, daß vom Auszug aus Aegypten bis zum | baren Gottes gab, und die, ein Borgang feines
Yordanübergang Überhaupt nur 4 Jahre verfloſ- innern Lebens, einen bildlichen, finnlidhen Aus:
jen jeien. Gegen das Ende des Zeitraums ftarb | drud in der Gejchichte vom brennenden Dornbujch
Moſes (4. M. 27; 5. M. 34,1. 5.), nachdem er | (2. M. 3, 2 ff.) gefunden hat. Die eigene Erfah—
nod vom Nebo aus das Land feiner Hoffnung | rung aber von der fittlihen Kräftigung, die in
überjchaut hatte. Sein Grab erfuhr Niemand, auch | foldyem lebendigen Gottesglauben liegt, gab ibm
im Tode wollte er nicht Gegenftand irgend einer | den Muth, diejen Gotteöglauben als den Hebel ein»
abgöttischen Verehrung werden; zu feinem Nach: zuſetzen, der das Volk moraliſch aufrihten und
folger in der Führerfchaft des Heeres hatte er den phyſiſch erretten ſollte — nicht als politiichen
längftbewährten Jofua beitimmt; die Führung Kunſtgriff, fondern als eigenen Gemnifienötrieb,
Mojes 719 Moſes
ber alle naheliegenden Bedenken überwiegt, und gionsverfaſſung ein, jo daß die Zuſtände, wie fie
die eigene Gefahr nicht verfennen, aber muthig be: | im Bude der Richter erfcheinen, e8 manchem
ea läßt, Die eigene veligiöfe Erfahrung, daß Forſcher ald unmöglich erfcheinen ließen, daß ihnen
ein Xeben unter göttliher Leitung ſtehe und er | eine jo ausgebildete Gejeggebung, wie der Penta—
von Gott zu feinem Propheten erwählt jei, erweis | teuch fie Moies zufchreibt, habe vorhergehen können,
terte fi zudem Glauben an die bejondere Erwäh⸗ | jelbit wenn aus biejer Gefeggebung die fpäteren
lung und Berufung Jiraels als des Volkes Gottes. | Bejtandtheile des Deuteronomiums ausgejchieden
So lange nicht die göttliche Ebenbildlichleit des | wären. Alle jpäternlimformungen des ifraelitiichen
Menſchen volljtändig ergriffen und die hrijtliche | Staatslebens halten aber den moſaiſchen Grund:
Erfahrung vom Walten des heiligen Geiftes in | gedanken feft, und jo wie dasentartete Königthum
den Menſchen in die Erkenntniß aufgenommen, | das theokratiiche Bewußtſein fahren läßt, erhebt
bezeichnet der theofratiihde Gedanke den möglich | ſich im Volke mit der Brophetie der Rückſchlag ge:
höchſten Aufſchwung des religiöfen Lebens. Das | gen dafielbe zum Zeugniß, daß die vorhandene,
ift das Einzigartige in Mojes, daß er ihn mit kla- in ihren Örundzügen im Bollsbemußtjein wur:
rem Bewußtjein zur Grundlage jeiner ganzen Ge: | zelnde Verfaffung verlegt und verlaffen fei. Denn
feggebung machte ; nicht in der rohen Seite heid: | Theofratie ift nichts Anderes, als der finnlich ge:
nijcher Priefterjtaaten oder in der veräußerlichten | ftaltete Ausdrud des Glaubens an eine göttliche
Form der fpätern Hierarchie, fondern in der leben: | Weltregierung, welche die Geſchicke des Einzelnen
digen geiftigen Weife, in welcher in der Geſchichte wie des Volks zu dem von ihr geitedten Zieleleitet,
des Zuges Bott unmittelbar als Gejeggeber und ſowie der der Ueberzeugung, daß demzufolge aud)
Herricher gefaßt erfcheint. Mit diefem Öedanfen | weder das Leben des Einzelnen, noc das bes
legte M. die Grundlage des Ehrijtentyums. Den: | Volles regiert werden dürfe nad menſchlicher
noch ijt der Moſaismus ſchwerlich ein ganz reiner | Willfür und augenblicklicher Laune eines Einzelnen,
Ausdrud von dem Glaubensleben des M. jelbit; | jondern allein nad) den ewigen göttlichen Grjegen,
al3 ein ſolcher kann vielmehr nur das Bundesbuch | die im Gewiffen und der Vernunft gottbegeifterter
angejehen werden. Der Ritualismus des Geſetzes Menſchen der Welt offenbart werden. Dieſer Öot-
it ein wenn aud zum Theil unbewußtes Nach: | teöglaube, der in Mofes Fleisch und Blut geworden,
geben an die Nothwendigfeit, ein Mittel, den rein | Hat fein Bolt geſchaffen, neugeboren und bis in
geijtigen Gottesglauben dem in der Sinnlichkeit | Dar Zukunft erhalten. Nah Mofes und in ber
befangenen Bolte zu vermitteln und zugleich Dem | Königszeit kann aber eine ſolche Aenderung der
Verlangen zu genügen, welches in einem Theil
bes Volls, derägyptiichen Einflüffen zugänglicher
gewejen war, den Bilderdienft des goldenen Kalbes
bervorrief. So enthält der Moſaismus die beiden
Kichtungen der fpäteren Zeit in fih: das Pro:
phetenthum, mit der reingeiftigen, innern Gottes:
verehrung, deren Ziel Chriftus, und den Eſrais—
mus mit jeinen Ausgängen, dem Phariſäismus
und Rabbinismus. Außerdem wirkten noch andere
örtliche und zeitliche Umjtände auf die Geſetzge—
bung, auf Verbote und Gebote ein, 5. B. bei den
Speiſegeboten; nur im Allgemeinen tft ihr Grund
in dem Streben zu erfennen, das erjt zu organi:
firende Volf zu einer ſtreng geſchloſſenen Einheit
zujammenzufafien und vor dem Aufgehen in die
ltammverwanbten Völker, denen es auf dem Zuge
religiöfen und politifchen Verfaſſung nicht ftattge:
unden haben. Sie wäre eine jo gewaltige Er:
hütterung des ganzen Volkslebens geweſen, daß
ihre Kunde nicht hätte untergehen können, ıhr Ur:
heber aber hätte ein gleicher religiöfer Heros wie
Mojes jein ven
Von dem Privatleben des M. erfahren wir
wenig. Seine Frau Zippara ſcheint feinen Glau:
ben und jeinem Bolfe ferner geblieben zu jein
(2. Moj. 4, 24; 25.) Aus der Bezeichnung feines
Weibes als einer Kuſchitin (4. M. 12, 1), läht ſich
nicht wg mit Ewald (aus der Bergleihung
von 2. Mof. 2, 16; 3,1) fließen, daß er zweimal
verheirathet geweſen. Joſephus läßt ihn gar mit
einer äthiopiſchen Prinzeſſin verheirathet jein.
Bon feinen Nachlommen wird (Nicht 18, 30, nad)
ſich näherte, und deren Götzendienſt, dem ifraeli: | ungmweifelhaft ae Lesart) ein Entel Jonathan
tiſchen Wejen näher verwandt, größere Öefahr der als Priejter der
aniter und ihres gejchnigten
Verſuchung darbot, zu bewahren. Der Auszug war | Bildes erwähnt. Das Zeitalter des M. wird durch
die Frucht einer religiöfen Erhebung und Begei- übereinftimmende Annahme dahin beftimmt,
jterung geweſen, welche jedoch unter den Bedräng: | daß der Auszug unter dem Pharao Menephthah
nifjen des Wüftenzuges bald zu erlahmen drohte. | ftatt hatte, die Beitimmungen über das Jahr
Moſes ift nicht der Letzte geblieben, der gegen: | ſchwanken aber bedeutend. Merr in Schentel’s
über der Abnahme des religiöjen Schwunges | Bibellericon I, 64 läßt ihn unter Amenophis ILL.
verſucht Hätte, durch gottesdienftlihe Formen
und Gebräuche, mit denen er das Leben durchzog,
den religiöſen Eifer des Volls aufs neue zu er—
wecken und lebendig zu erhalten. Daß Motes in
der That der Urheber der ifraelitifchen Geſetzgebung
war, jeigt ſich am beſtimmteſten in ihrem polttiichen
1463— 1444) beginnen; Bunjen und Yepfius
egen ihn gegen 1320, was wahrſcheinlich den Bor:
zug verdient. Vgl. außer den Einleitungen und
GCommentaren zum Bentateuh: Bertheau, zur
Geſch. der Jir. 1842. Bunjen, Aegyptens Stelle
in der Weltgejch. Lpz. 1844-45. Ewald, Geſch. Fir.
Theile. Diefelbeijt Die Organijation eines Lagers, | I. u. II. Higig, Geſch. Sir. I. Lpz. 1869. Herm.
nicht eines Staates, und kann aljo ihren Urjprung | ik Alttejtam. Theologie I, 123—133.
nur im Beginne des friegeriihen Wüftenzuges | Moſes Chorenenfiß, „der Vater der Dichter
haben. Sobald Iſrael jebhaft geworden war, | oder Gelehrten“, ein armenijcher Theologe des d.
mußte diefe Berfajlung, den wirklihen Zuftänden | Jahrhunderts, warein Neife des Mesrop (j. d. A.),
nicht mehr angemefjen, ſich auflöjen; dabei aber | von welchem er mit andern feiner Schüler zu
wirkte die nun entjtehende politiihe Anarchie in | weiterer Ausbildung nad) Alerandrien geſandt
Folge der Verbindung des politiihen mit dem wurde. Nachdem er dort 7 Jahre den Unterricht
religiöfen Leben nothwendig aud auf bie Reli: eines großen Philofophen, vielleicht des Cyrillus
46*
Mosheim
Aler. genofjen, bejuchte er mit jeinen Genofjen
noch Rom, Athen und Eonftantinopel und fehrte
erst nad) Mesrop’3 Tode nah Armenien zurüd,
wo er Bifhof von Bagrevand wurde, Während
der Perſerherrſchaft und der unter diejer aus:
brechenden Verfolgung der Chriften zog er fidh in
die Einfamtleit zurüd. Er ftarb 120 Jahre alt.
Bon feinen Schriften ift die wichtigjte die Ges
Ichichte der Armenier, um 481 auf Seranlaffung
des Fürften Pe gejchrieben ; fie umfaßt in 3
Büchern die Geihichte A's. bis auf 441 n. Chr.
Außerdem jchrieb er ein Compendium der Geogra:
phie, ein —— der Rhetorik, „Buch der ——
viele Ueberſetzungen, grammatiſche Bemerkungen
u. a. Auch iſt er Verfaſſer vieler Hymnen, die
noch jetzt im armeniſchen Gottesdienſte in Gebrauch
ſind. Eine Geſammtausgabe ſeiner Werke, aber
ohne die Fragmente und Hymnen, erſchien zu
Venedig 1843,
Mosheim, Johann Lorenz (von), berühmter
lutheriſcher Theologe, geboren zu Lübek 1693 oder
1694. Seine Abſtammung und Kindheitsgefchichte
ift dunkel. Nach einer Angabe joll er, der angeb:
liche Sohn eines Hoflafaien und jpätern Lieute:
nants, in Wirklichleit der außerehelihe Sohn des
Herzogs Ernſt Leopold von Holjtein-Ploen, der
Neffe jeiner Gönnerin, der Herzogin von Braun:
ſchweig geweſen fein. Schon 1766 begann er auf
der Univerjität Kiel jeine ſchriftſtelleriſche Thätig-
feit (zufällige Gedanken von einigen Vorurtyeilen
in der Poejte), ward 1718 Magifter, 1719 Affefjor
der philofophiihen Fakultät und (a8 Logik und
Metaphyiit. 1723 nad) Helmftädt ald Profefjor
der Theologie berufen, erhielt er hier, um ihn
dauernd an die Univerfität zu fefleln, die Würde
und die Einkünfte einesAbtes zu Marienthal 1726
und Micdjaeljtein, und Sig und Stimme im Con—
fiftorium und jpäter die Oberaufficht über alle
Schulen des Herzogthums. Nachdem er mehrfache
ebrenvolle Berufungen nad) Leipzig, Danzig, Hol:
ftein und Finnland abgelehnt, folgte er endlich
1747 einem wiederholten Rufe nad) Göttingen als
Kanzler der Univerfität, F 1755. M. war der ge:
lehrtejte Intherifche Theologe feiner Zeit ; mit einer
feinen claſſiſchen Bildung verband er eine genaue
Kenntniß der engliſchen, franzöſiſchen und italie:
nischen Xiteratur und war ein Meijter reinen
deutſchen Ausdruds. Zwiſchen Orthodoxie, Ra:
tionalismus und Pietismus in der Mitte ſte—
hend, ſuchte er den poſitiven Inhalt der Reli—
gion den Gebildeten zu vermitteln. Als Prediger
(heilige Reden, 7 Bde. ſeit 1725; n. Aufl. 1765)
ausgezeichnet durch clajfiiche Beredſamkeit, ift er
auf die Ausbildung der deutſchen Predigt als Rede
von nachhaltigem Einfluß geweſen. In der Kir:
chengeſchichte —*— er nad) unparteiiſcher Darſtel⸗
lung des Geſchehenen, mit beſonderer Begabung
zur Wiedergabe der dogmengeſchichtlichen Syſteme.
Seine „Sittenlehre der hd. Schrift”, von der er
4 Bände Helmft. 1735—535 vollendete, (die 5 fol:
enden ſchrieb J. C. Miller) fand enthuſiaſtiſchen
eifall. Ein Verzeichniß feiner Schriften gab
M. jelbit 1631 „notitia scriptorum et dissertat,
aM. edit.“ vollftändiger Jani in Nicerons Lex.
und in der Ausgabe der Kirchengefchichte von 1764.
Außer den angeführten find die wichtigſten: In-
stitutiones historiae ecclesiae, Helmft.1755, neue
1769— 75 u. v. I. R. Schlegel, 7 Bde. 178696,
120
Mozarabifche Liturgie
Institutiones histor. christian. majores. 1. Abth
2. Aufl. Helmſt. 1763. De rebus Christianorum
ante Constantinum Commentarii, Helmſt. 1753.
Dissertat. ad hist. ecel. pertinentes, 2 Bde. , neue
Aufl. Altona, 1767 ; Verſuch einer unparteiiichen
Ketzergeſchichte, 2 Bde. Helmft. 1746—48. Vgl.
Lücke, narratiodeMoshemio, Rößler, Gründung
der Univerfität Göttingen. Ueber M.als Prediger,
8. 9. Sad, Gejd. der Bredigt ze. von Mosheim
bis Schleiermadher. Heidelb. 1866.
Mosheim, Ruprecht von, aus einem freiherr-
lihen Gejchlechte in Steiermart, feit 1522 Dom:
dechant von Paſſau. In der Schrift de monar-
chia et renascehtia Christ. fidei wollte er den
Weg zur Bereinigung der Secten und Neubegrün:
bung einer einigen Kirche durch ein Zurüdgehen
auf Chriftuß zeigen. Papſtthum, Lutherthum,
Zwinglianismus und Wiedertäujertyum waren
ihm in gleicher Weiſe antichriftlihd. Bon evange-
liſchen Theologen verhandelten mit dem untlaren
und wunderlihen Manne Ofiander und Benato:
rius 1539 zu Hagenau, katholiſcherſeits wurde er,
der Ketzerei bejchuldigt, von Naufea und Eochläus
verhört. Wegen jeiner Schmähungen gegen die
fath. Kirche, der er namentlich das fittenloje Leben
der Geijtlichen, die Zertheilung ded Sacraments
und den Verkauf des Heiligen vorwarf, ward er
in den Kerfer geworfen, + 1544.
Motette (mittellat. motetam, ital. motetto
von motto, Wort, Spruch) urjprünglich ein mehr:
ftimmiges geiftlihes Gejangjtüd, mit freierem
Charakter alö der Choral; in Deutſchland meijt
ein über einen Bibelſpruch gejegtes figurirteö Ton»
ftüd mit einfachen und Doppelhören. Schon vor
er en gebräuchlich, erlangte fie ihre größte
Ausbildung in dem proteftantiichen Norbdeutich-
land durch Joh. Seb. Bad) und Graun, in neuerer
Zeit durch Hauptmann, Schneider, Klein u. X.
Moverd, Franz Karl, geb. 1806 zu Koesfeld in
Weſtphalen, ftubirte 1825— 1829 in Nünjter fatho:
liſche Theologie und orientaliihe Sprachen. 1829
zum Prieſter geweiht, ward er zunächſt Bicar zu
au bei va 1833 Pfarrer zu Berkum, 1839
Profeſſor der Theologie zu Breslau. + daſelbſt 28.
Sept. 1856. Gab zuerjt „Kritifche Unterfuhun:
gen über die altteftamentliche Chronik", Bonn 1334
heraus, dann »De utriusque recensionis vatici-
niorumJeremiae indole et origines, Hamb. 1837.
Sein Hauptwerk, weldes, durch umfaſſende Ge:
lehrſamkeit und kritiſchen Scharffinn ausgezeichnet,
feinen bedeutenden Ruf begründete, ift: die Phö-
nizier, 2 Bde. (1 Bd.: Unterfuhungen über Die
Religion und die Gottheiten der Ph., 2 Bd.: das
phöniz. Altertum, 3 Thle.) Brest. 1840—56. Als
Ergänzung dazu diente: Phöniziſche Texte, 2 Thle.
Brest. 1545— 47. Sie behandeln das Religions:
wejen, jowie das gejammte Staats: und Eultur:
leben der Bh. und geben viele für die Bibelforſchung
bedeutende Aufflärungen. Die Hauptergebnifie
feiner Forſchungen gab er bei Eric und Gruber,
Eneyclopädie Bd, 24, (Art. Bhönizien.) Außerdem
ift zu erwähnen: Locı quidam historiae veteris
testamenti illustrati. Brest. 1843,
Mozaraber (entjtanden aus der arabijchen Par:
tijipialform mustariba) d. h.unädte Araber hießen
bei den Mauren in Spanien und Afrika die Chris
ſten, denen ihr Cultus belaffen worden war.
Aufl. 1764, deutfch durch v. Einem, 9:Bde., Leipz.
Mozarabifche Liturgie, die Liturgie der altipa:
nischen Gemeinden. Stewird zwar auf Jfidor von
Mucker
Sevilla zurückgeflihrt, iſt aber wahrſcheinlich älter
und zeigt Verwandtſchaft mit der gallikaniſchen
und morgenländiſchen 2. Das Concil von Tolebo
638 ftellte fie für die fpanifchen Gemeinden feft.
Die Päpfte Johann X. 918 und Alerander II.
1064 anerkannten fie und Kardinal Ximenes grün:
dete für fie eine eigene Capelle in Toledo, lies
auch 1500 die erfte Drudausaabe erfcheinen ; zwei
Sabre fpäter erfchien das dazu gehörige Brevier.
Bon der römischen Liturgie unterfcheidet fie fich,
abagejehen von geringfligigern Einzelheiten, zunächſt
binfichtlich der Feſtordnung, da fie 6 Abventfonn:
tage und 2 Feiertage der Verkündigung der
Maria, 25. März und 18. Dezember (Sancta
Maria de la O. vgl. den Art. Mariä Erwartung)
hat; ferner durch eine für jeden Tag befonbers
vorgeſchriebene Anſprache beim Beginn ber Opfer:
handlung, enblih durch ein ganz verſchiedenes
Perikopenſyſtem. Die Schriftverlefung umfaßt
nämlich jedesmal 3 Lectionen, je eine prophetiiche,
apoftolifche und evangelifche, und die Auswahl
ber Abſchnitte ſucht möglichſt die vorzüglichften
Stüde einzelner biblifher Bücher aufeinander:
folgend vorzuführen. Für die Zeit vom 7. Sonn»
tag nach Pfingften bis zum Schluß des Kirchen:
jahres fehlen die befondern Gebete und Lectionen
der einzelnen Sonntage. Für die fpäter aufgelom:
menen Feſte aber, 3. B. Frohnleihnam, ift Bor:
forge getroffen. Auch die Singmweife, welche nad)
ihrem Urheber, dem Erzbifchof Eugenius von To:
lebo, die&ugenianifche heißt, unterfcheibet fich von
der Gregorianifhen durch ſtärkeres Hervortreten
des Melodiſchen und des figurirten Geſangs. Vgl.
Miane, Patrologie, 1850, Bd. 85.
Muder, Muckerthum. Diejenige Richtung bei
Secten, welche in religiöfem Geflihlsleben ſich da:
bin verirrt, die Befriedigung unzlichtiger Lüfte
unter dem Dedimantel religiöjer Askeſe zu fuchen
und ala Alte der Frömmigkeit zu heiligen. Der
Name entftand in Rönigäberg und bezeichnete zu:
nächſt bie Anhänger des Theofophen Schönherr
(geb. 1771, + 1826) und ber Prediger Ebel und
Diftel, welche auf Grund jener (Übrigens unbe:
arünbeten) Anfhuldigung 1835 bed Amts entjegt
wurden (val. d. Art. Ebel). Das Wort wirddann
wie „Pietismus“ nicht felten auch mifverftändlich
und ſchimpfweiſe von einer lebendigen Frömmig:
feit gebraucht, wenn fie ein religiöfes und abfchlie:
Bendes Gemeinſchaftsleben hervorrief.
Mühlen. Waren fhon in der Wüſte im Ge:
brauch der Iſraeliten 4. Mof. 11,8. Sie beftan:
den au82 Steinen, von denen ber obere, der Läu—
fer (5. Moſ. 24, 6) durch einen Handgriff bemeg:
lid war, während der untere feitlag (Biob 4l, 16).
Der obere hatte ein Loch, um das Getreide hinein-
gleiten laffen zu fönnen, baher er bei der Strafe
des Ertränfens dem PVerurtheilten um den 2.
gehängt werben konnte Matth. 18,16; Luc. 17,2,
a8 Mahlen war Geſchäft der Hausfrau und in
größeren Haushaltungen der niebriaften Sclavin:
nen 2. Mof. 11,5. Matth. 24,41. Luc. 17,35, für
Männer nur als S:rafe, wobei bie Sträflinge jo:
gar geblendet werben konnten, um den Schwindel
eim Drehen zu verhüten. Zur Zeit Chriftimurben
aud in Paläftina Mühlen durch Ejel getrieben.
Matth. 16, 6.
Mühler, Heinrich, von, Preußifher Cultusmi:
nifter. Die Stellung v. M.'s ift um fo bedeutſa⸗
mer, ald er mit an ber Spite des Staates fteht,
721
Mühler
der ald Träger der Gefammtentwidlung Deutfch-
lands auch auf kirchlichem Gebiete anzufehen ift.
Der Sohn des früheren Juſtizminiſters 9. ©. v.
M. (7 1857), geboren 4. Nov. 1812, trat er nach
Vollendung feiner Studien in preuß. Staatädienfte.
Sein Intereſſe für das Rechts: und Verfaffungs:
leben der evangel. Kirche befundete er zuerft öffent:
lich durch feine „Gefchichte der evang. Kirchenver:
faffung in der Mark Brandenburg 1846”. Bald
gewann er eine nach verfchiedenen Seiten jo ein:
flußreiche Stellung, daß feitdem fein Name mit
der Entwicklungsgeſchichte der evang. Kirche Preu—
ßens aufs engſte verbunden ift. Bei der Grün:
bung des Kirchentages 1848 trat er ald Mitglied
des engern Ausfchuffes und ald Secretär des Cen—
tralausfhuffes für J. Miffion, jpäter als Vor:
figender des Kirchentag3 in den Mittelpunkt der
mannigfacdhen, auf die religiöfe Neubelebung des
deutfchen Volkes gerichteten Beitrebungen ; zugleich
feit 1848 Mitglied der felbititändig gewordenen
Abtheilung des preußifchen Eultusminifteriums,
1858 Oberconfiftorialrath und Yuftitiarius des
Oberfirchenrath3, knüpfte er das Band zwiſchen
jenen Beftrebungen und bem preußifchen Kirchen:
regimente, welches durch das Heranziehen der auf
jenem Gebiete bebeutend gemorbenen Männer,
h B. Wichern's, immer enger gezogen wurde,
ah v. Uechtritz' Tode überfam er den Borfik
im Oberkirchenrath, welchen er noch geraume Zeit
fortführte, als er 18. März 1862 an die Spite des
Cultusminiſteriums berufen wurde.
Die Stellung des preußifchen Kirhenregiments
in dem Kampfe der religiöfen Parteien, jein
Schwanken und feine Unklarheiten, fein Berufen
auf formelles juriftifches Recht und dennoch fein
Nahgeben gegen büreaufratiihes Ermefjen, fein
Feithalten an der Union und Befördern der Con:
feſſion, feine legten Verſuche, durch Berufung von
' außerordentlihen Brovinzialfynoden und dieBor:
| Tage eines Unterrichtögefeges, jo viel ald unum:
| ginaiih nothwendig geworden, dem Drängen auf
ı Ausführung der Berfaffung nachzugeben — Ver:
| fuche, die nach dem Urtheil nicht blos feiner zahl:
reihen Gegner freilich im Entftehen als gejcheitert
zu betraditen find — und mandjes Andere gehört
noch der Gegenwart an, in der „das Syitem v.
Mühler“ den heftigften Anfeindungen zum Troß
fi — v. M. jelbft ift weniger der kräftige
energijche Schöpfer dieſes Syſtems — welches nur
als Produkt der Geſchichte des preußifchen Staates
und Hofes feit 1840 begriffen werden fann —
als fein gewandter und beharrlicher Vertreter.
Das Weſentliche deſſelben ift völlig dur die
Doppelftelung v. Mühler's im Centralausihuß
für]. M. und im Kirchenregiment bezeichnet. Es
liegt ihm fern, das Kirchliche nur zu einem Mittel
für politifche Zwede herabzumürdigen, v. M. er:
ftrebt vielmehr ernftlich eine chriftlihe Lebenser—
neuerung des Volfes; der Kirche foll — dies war
der leitende Gedanke — der volle Einfluß auf das
Volkwiedergegeben werden und deßhalb aud) eine
Selbtftändigkeit dem Staate gegenüber; allein
ehe es dazu fommen fann, muß unter dem Schuße
und durch Mithülfe des Staates volle Sicherheit
efchafft worden fein, dafür, daß die —— der
irche und möglichſt alle ihre Aemter nur „firch—
lih:zuverläffigen” Perſönlichkeiten anvertraut wer:
den und dem Einfluß eines „unchriſtlichen Zeit—
geiſtes“ entzogen bleiben. Weil das Chriſtliche
Mühlhauſen
aber nur kirchlich⸗ religiös gefaßt wird, fo bedarf
es für bafjelbe äußerer und erfennbarer Normen, |
und diefe werden in ſchwankender Unbeftimmtheit |
bald vom Pietismus, bald vom Orthodoxismus
entlehnt. Der Vorwurf einer Hinneigung zum
Katholifiren, der dem Syitem Mühler öfter ge:
macht worden ift, erflärt ſich aber dadurch, daß es,
in dem Bedürfniß, das Chriſtliche äußerlich do: |
eumentirt au fehen, wie der Katholizismus danad) |
trachtet, allen fittlihen Lebenäbeziehungen eine
religiöje oder * Signatur aufzudrücken.
M. hat auch Gedichte veröffentlicht, Berl. 1842. |
Mühlhanfen, im Elſaß, gehörte feit 1515 als
zugewandter Ort zur Eidgenofjenidaft und zum
Bistum Bafel. Die Reformation warb ſchon
1523 auf Grund eines von drei evangelifch ges
finnten Geiftlichen erftatteten Gutachtens itber die |
rechte Drbnung eines äußerlichen Gottesdienites
vom Rathe durchgeführt. Zuerit hatte der Kaplan
Augustin Kramer evangelijche Lehren vorgetragen,
auch hielt fih Hutterus damals in M. auf. Die
neue Ordnung behielt troß einiger Verſuche einer
römischen Reaction ihren Beftand, und M. fchloß
fi eng an die Schweizer Reformation an, trat
1529 mit Zürich, Bern, Bafel und Eonftanz ineinen
evangelifhen Bürgerbund und nahm Theil am
Kappeler Kriege. Desgleihen wurde 1535 bie,
erste Bafeler Eonfejfion angenommen, welche, weil
ber Rath fie 1537 und 1550 unter feinem Siegel
erausgab, auch die Confessio Mulbausana heißt.
euerdings ift M. wegen feines vorzüglich einge:
richteten Arbeiterviertels für die Löfung der jo:
zialen Frage von Bebeutung geworben.
Müller, Adam Heinrich, aeboren in Berlin 30.
Juni 1779, bezog die Univerfität Göttingen, um
oe zu ftudiren, wandte ſich aber bald ber
BVhilofophie und Jurisprudenz zu, ging 1800 nad
Berlin, 1805 nad) Wien, wo er unter dem Einfluß
feines Freundes —— wurde. Nach kür⸗
zerem Aufenthalt in Dresden und Berlin trat er
1813 in öfterreihifche Staatödienfte, nahm Theil
an den Garläbader Conferenzen, ward 1826 inden
Noelitand erhoben und zum Jofcath ernannt;
+ 1829. In feinen Schriften über Staatöwiffen:
haften (von der Nothwendigleit einer theologi:
hen Grundlage der gefammten Staatäwifjen:
haften u. |. w. Leipz. 1819 u. a.) ſchwebt ihm der
mittelalterliche, auf religiöfer Grundlage aufge:
baute Staat als Jdealvor: darum ift erder Roman:
tifer unter den Polititern genannt worden. Vgl.
feine Charafteriftil von Varnhagen von Enfe ın
ber Gallerie von Bildniffen.
Müller, Dr.Heinr. Geb. 18. Oct. 1631 zu Lübed,
bezog im 13. Jahre bie Univerfität Roftod, ſpäter
Greifswalde, wurde hier 1647 Magifter und nad:
bem er ein Jahr lang Borlefungen in Roftod ge:
halten, 1650 Archidialonus an der Marienkirche
daſelbſt, an welcher fein Vater Hauptpaftor war.
Bortgejegt Vorleſungen haltend ward er 1659
Profeſſor der griehifchen Sprache, 1662 ber Theo:
logie, 1671 Superintendent, + 1675, 13. Sept.
ALS homiletifcher und asfetifher Schriftiteller be:
beutend, obwohl dem Gefhmad feiner Zeit jehr
viel nachgebend, gehört er zu den Männern, mel:
he, wie Johann Arndt, bei aller ftrengen Recht: |
gläubigkeit doch das Chriftenthum als frifches Les |
ben und nicht als fejtgeftellte Lehre verfündigten,
Ron feinen Predigtwerfen wurden die „Aal
Ihe Schlußlette und Kraftkern“ 1663, ein Nach⸗
122
Müller
trag dazu 1668, die „evangelifhe Schlußkette“
1672, ber „evang. Herzensſpiegel“ 1679 in ver»
fürzter Form, ebınfo wie die „geiftlihen Erquick⸗
ftunden”, der „himmlifhe Liebeskuß“ und die
„Kreuz, Buß: und Betſchule“ neuerdingd mehr⸗
fach wieder heraudgegeben (Hamburg, Verlag des
Rauhen Haufe u. a.) Bon feinen lateinifchen
Schriften find zu erwähnen: Orator ecclesiasti-
cus, eine Theorie der Predigt; Harmonia veteris
novique test. chronologica 1668; Conjugii cle-
ricorum patrocinium 1665 u. a. Ein nicht ganz
volljtändiges Verzeichniß feiner zahlreichen Schrif⸗
ten bei Witte, memoriae theologorum nostri se-
culi clariss. renovatae decas XV. Frankf. 1694.
Müller, Johann Georg, Dr. theol., der Bru:
der des Gefchichtichreiberd Johannes v. M., ge:
boren 1759 zu Schaffhaufen, widmete fih in Zür
ed und Göttingen bem Stubium ber Theologie
und wurde, weil Kränflichkeit ihn an ber Ueber»
nahme eines Pfarramts binderte, 1794 Profeflor
der griehifchen und hebräifchen Sprade, fpäter
der Encyelopädie und Methodologie am Collegium
humanitatis feiner Baterftadt. In der Revolu:
tion ward er Volfärepräfentant, Mitglied der Ber:
waltungsfammer, Unterftatthalter und Mitglied
bes fleinen Deo legte aber 1809 dieſe Nemter
bis auf die Brofeffur und die Oberfchulberrnftelle
nieder, + 1819. Seinezahlreihen Schriften haben
meift ein apologetifches Intereſſe. Als Stubent
—— er Herder aufgeſucht, und war nicht bloß 6
onatdeffen Hausgenofje geweien, fondern genoß
auch dauernd feine Freundihaft. Dadurch mie
durch den Einfluß feines größeren Bruders war
feine theof. Richtung beftimmt, die auf Grund ei«
gener, lebendiger Glaubenserfahrung die Theologie
zu humanifiren und ihre Mahrheit den Gebildeten
jugänglicher zu machen trachtete. Val. feinen Brief»
wechjel mit Herder bei Gelger. Brot. Monatsbl.
18. Ein Verzeichniß feiner wichtigeren Schriften
bei Herzog X, 87.
Müller, Dr. Julius, geb. 10. April 1801 zu
Brieg, ftubirte p Breslau, Göttingen und Berlin
erſt die Rechte, dann Theologie. Seit 1825 Pfar⸗
rer zu Schönbrunn und Roſen bei Strehlen, ſchrieb
er "Zur Beurtheilung der Schrift: die katholiſche
Kirhe Schleſiens“, Breslau 1826 u. d. 1831 ward
er 2.- Univerfitätöprediger, 1834 a. o. Profeflor
der Theologie zu Göttingen, 1835 als ord. Prof.
nach Marburg, von hier 1839 nad) Halle berufen,
wo er, im Sinne der wiflenichaftli rg
betften Vermittlungstheologie hauptſächlich Dog:
matif und Moral lieft. Sein Hauptwerk ift bie
Lehre von der Sünde Breslau 1839, 4. Aufl. 1850,
Seit er auf der Berliner Unions-Conferenz 1846
Referent in der Unionsfrage war, ift er in meh—
reren Schriften für die Eonjenfusunion aufgetre»
ten, für die er auch den Conſenſus zu formuliren
verjucht hat (die erjte Generaliynode der evan—
geliichen Kirche Preußens 1847), und ift der be:
deutendfte Vertreter biefer Unionsrihtung. Mit
Neander und Nitzſch begründete er 1850 die beut-
sche Zeitfchrift für chriſtliche Wiflenfhaft und
chriſtliches Leben. Seine Predigten find unter dem
Titel „das hriftliche Leben, feine Kämpfe und Bol:
lendung 1834, 3. Aufl. 1847 erfchienen; außerdem
lieferte er eine Reihe gediegener Beiträge gu den
Theol. Studien und Kritifen.
Müller, Peter Erasmus, geb. 29. Mat 1776 in
Kopenhagen, ftudirte hier und jpäter an verſchie⸗
Mümpelaardt
benen deutſchen Univerfitäten Theologie und Phi:
loſophie, ward 1801 Brofefior der Theologie in
Kopenhagen, 1830 Biſchof in Seeland. + 1834.
Bon feinen theologiihen Schriften in zu erwäh⸗
nen: „Chriftelig Moralfyftem”, Kopenh. 1808,
„Chriftelig Apologetik“, 1810, „Der hriften Kir:
tes Symboler“ 1817. Syſtem i den chriftelige
Dogmatik 1826. Daneben leiftete er Borzügliches
auf dem Gebiete dänifcher und nordifcher Alter:
thumskunde überhaupt, um die er jih namentlich)
durch die „Sagabibliothet, 3 Bde., Kopenh. 1816
bis 18 und die (nad) feinem Tod erfchienene) krit.
—— Saro Grammatikus großes Verdienſt
erwarb.
Mümpelgardt (Mömpelgardt), eine unter wiirs |
tembergifcher Herrihaft ftehende Graffchaft im
Elſaß, welche feit 1796 an Frankreich abgetreten |
ift. Die Reformation predigte zuerft ein Schüler
Zuthers, Johann Gailing, 1524—25 wirkte dort
723
Münfter
feines Vaters und nad) deflen Tode Stiftäpredi-
ge zu Hersfeld; 1792 kam er als Profeffor der
beologie nad Marburg, wurde Confiftorialrath
und reformirter Inſpector im Oberfürftenthum
Heflen. + 28. Juli 1814. Ein fehr beliebter Do»
zent, erwarb er fich großes Verdienft um die Dog:
mengeichichte (Handbuch der hriftl. D.⸗/G. 4. Bde,
1797), obgleidy ihm die Objectivität abgeht und
feine biftorifche Betrachtung ſich nicht Über den
Standpunkt bes Rationaliömuserhebt, demzufolge
er in der Gefchichte der Dogmen nur eine Geichichte
ber Verirrungen des menſchlichen Geiftes und
jeldjtfüchtiger Beftrebungen erblidt. (Eine neue
Ausgabe mit ea durch von Eoeln, fort:
gefegt von Neubeder, * 1832—38.) Auch
ſchrieb er einen Abriß der Kirchengeſchichte, Mar:
burg 1804 und viele hiſtoriſche Abhandlungen.
Anzuerkennen find auch M.'s Berbienfte um die
Hebung des Landſchulweſens in Heffen, nament:
unter dem Schuge Ulrichs von Würtemberg Wil: | lich die von ihm ausgegangene Gründung des
helm Farel. Zu wirklicher Begründung der evang. | Seminars für Landichullehrer in Marburg. Seine
Kirche nad) [hweizerifcher Ordnung kam es jedoch , Söhne haben ſich als Heifiiche Gymnafialdirecto:
erjt 1535 durch Herzog Georg von Würtemberg; | renum das höhere Schulweien namhafte Berdienfie
der erjte Prediger war Fareld’ Freund Toffanus | erworben; von dem theologischen Intereſſe feines
(Toufjaint). Die Kirhenordnung von 1560 führte | Entels, Dr. W. F. Mi, zeugt die beachtenswerthe
aber lutherifche Weife ein. —— der Prinzipien der Reformation in
Mümpelgardter Colloquium wurde dadurch vers Schenkel's Allg. kirchl. ——* 1867. S. 287 ff.
anlaßt, daß Ealviniftifche franzöftiche Flüchtlinge, ünfter. Gleichbedeutend mit Kathedrale, Dom,
denen ſeitens der Lutheraner in M. die Abend» | bezeichnet eine größere Hauptkirche. Urſprünglich
mahlsgemeinſchaft verweigert wurde, bei dem Gras | (von monasterium) den Aufenthalt von Mönchen,
fen Friedrih von M., dem Vetter des Herzogs | dann von Stiftäheren bezeichnend, ging das Wort
Ludwig von Würtemberg, den Gedanken anreg: | auf die Stiftäfirche über.
ten, durch ein Religiondgefpräch eine Ausföhnung ünfler, da3 Bisthum. Der Name M., von
ber Confeffionen zu verſuchen. E3 fand ftatt vom | der Kirche auf Stadt und Bisthum übertragen,
20.— 29. März 1586 zwiſchen Andreä und Lukas | findet ſich zuerit um 1090; der alte Name ift Mi—
Dfiander von Tübingen (Tutherifcherjeits) und | migardevord, Mimigernevord. Das Bisthum ftif-
Beza, Abraham Musculus, Prediger zu Bern) tete Karl d. G., als das erfteim Sachfenlande zwi:
u. a. Schweizer Deputirten. Gegenftände der | ſchen 784—805. Der erfte Biſchof war Liudger,
Verhandlungen waren das Abendmahl, die Ver: | + 809, der Stifter der Abtei Werden und der Er:
fon Ehrifti, die Taufe und fchließlich die Prädeftis | bauer des Münſters und eines Brüderhaufes, um
nation. Die Beſprechung war awar eine gemäßig: | welches die Stadt rg anfiebelte, bis fie um 1180
te, aber der Erfolg fcheiterte jhon an Andreä’s | Stadtrechte erhielt. Das Bisthum umfahte Weit:
übermütbiger Starrheit, der zum Schluß erflärte, ; phalen bis an Ems und Lippe, und war begrenzt
Beza die Hand nur zum Zeichen ber allgemeinen | von Utrecht, Köln, Dsnabrüd und Paderborn ; bis
Menſchenliebe, nicht der brüderlichen, reichen zu , ins 16. Jahrhundert gehörten außerdem 5 friefi-
fönnen. Gegen bie Beröffentlihung der einfeitig | Ihe Gaue, die Karl dem Liudger, ehe er Biſchof
von Andreä aufgenommenen Protofolle »acta col- der
loquii Montisbelligartensis, Tüb. 1597« erfchien
Beza's Responsio ad acta colloq. M., Genf 1587
und 1588, beutih Nützliche und nothwendige
Antwort, erfter und anderer Theil auf das publi:
cirte Colloq. M. mit Beſſerungen Heidelb. 1588.
Obaleich der Graf bei dem Geſpräch fih auf Ans
dreä's Seite ftellte, geftattete er nad) deſſen Ab:
reife Doch den M. Predigern, ben Flüchtlingen das
Abendmahlzufpenden. Aus dem M. Geipräd ent:
ſpann fi der Streit zwifchen Huber und Mus:
culus zu Bern, der durch das Colloquium 15. April
1588 und bie Entlaffung des Huber beendigtmwurbe, |
Münden-Freifing. Durch das Concorbat 1817 |
wurde dad 1802 fäcularifirte und ſeit 1803 erle:
bigte Bisthum Freyfing zum Erzbiäthum erhoben
und der Sig nad) München verlegt; demſelben
wurden die baierifchen Antheile der Diözejen Salz
burg und Chiemfee zugefügt. Suffraganbisthümer |
find Augsburg, Bafjau und ——
Münſcher, Wilhelm Dr. Geb. 11. März 1766,
zu Hersfeld, wo fein Vater Metropolitan war, ftus
dirte 1781— 1784 zu Heröfeld, ward dann Gehülfe
wurde, übertragen hatte, zu demjelben. Na
in ber Bulle de salute animarum getroffenen
neuen Circumfeription hat M. die holländiichen
und oſtfrieſiſchen Diſtriete abgegeben und ftatt der-
felben Eleve, Geldern, Mörs, Kempen und Lingen
erhalten. Unter den Biſchöfen, die nach dem
Sturze Heinrich des Löwen die Landeshoheit an
fi gezogen hatten, erwarb fich einen hiſtoriſchen
Namen der friegerifche VBifchof Bernhard von Gas
len 1651—78, der auch die Stadt M. unter Ver:
nichtung ihrer hergebrachten Rechte und Freiheiten
any dem bifhöflihen Negimente unterwarf. Die
chule zu M., welde aus dem mit dev Domlirche
verbundenen,von Liudger geft. Anaben: u, Briefter:
feminar hervorging, erlangte unterBifchof Rud. von
Zangen, der bie —— Humaniſten da:
F zog, großen Ruf. In der neuern Zeit erlebte
. feine Glanzperiode unter dem Generalvilar
Er: Friedrich von Fürftenberg, geb. 1729,
1810, der Gymnaſien einrichtete und die beiden,
feit dem 17. Jahrh. beitehenden Facultäten 1775
resp, 1780 zur Univerjität erweiterte, unterftügt
von dem Galligin’schen Kreife, den Katerlanıp,
Münfter
fördernd auf das wiffenfhaftlihe und religiöfe
Leben einwirkte. Die Univerfität wurde 1818auf
die theologische und philofophifhe Facultät be:
ſchränkt.
Ein berüchtigter Zeitraum in der Geſchichte von
M. iſt die Herrſchaft der Wiedertäufer 1532—35.
Seit 1524 war die Reformation in's Stift einge—
drungen; durch die ſeit 1629 beginnende Wirk—
ſamkeit des Predigers Bernhard Rottmann aus
Heſſen fam es dahin, daß den Evangeliſchen 1533
vom Domcapitel vertragsmäßig 6 von ben 7
Kirchen für ihren Gottesdienft eingeräumt wur:
den. Bald nachher wurde M. der Sammelplaf
der Wiedertäufer aus Deutjchland und Holland;
ihre Führer waren Bernhard Knipperdolling, ein
Bürger von Münfter und der Holländer Johann
Matthiefen von Harlem und Johann Beukelszoon
oder Bokhold von Leyden ; Rottmann, der anfäng:
lich gegen fie eiferte, trat bald zu ihnen über. Bei
der Rathswahl 1534 erlangten die Wiedertäufer
die Oberhand, Anipperbolling ward eriter Bürger:
meifter, und nachdem alle „Ungläubigen” aus der
Stadt vertrieben (Febr. 1534), wurde eine fana—
tische, theofratifche Pöbelherrihaft mit Gleichheit
aller Stände, Gütergemeinſchaft und Bielweiberei
ſchrittweiſe eingeführt. Als der „Prophet“ Mathie:
ſen bei einem tollkühnen Ausfall gegen das die
Stadt belagernde Heer des Bifchors Frany von
Walde 1534 umgelommen war, ließ der Prophet
Bothold einen Aelteftenrath von 12 Berfonen zur
Führung der Regierung und Bermaltung erwäh—
len und erhob fi bald darnach ſelbſt zum theo:
fratischen König desneuen Zion. Von da an herrſch—
te in der Stadt die wildefte Schwärmerei und zil-
elloſe Wolluft und Graufamfeit. Erft durch die
Sütte des Yandgrafen Philipp von Heflen gelang
es, die jeit 1534 vergeblich belagerte Stadt en
einzufchließen und fie (durch Verrath) 24. Juni
1535 au erobern. Rottmann fiel im Kampfe, Kö:
nig Johann mit feinen Räthen Anipperdolling und
Krehting, wurden mit glübenden Zangen zu To:
be gezwidt, ihre Leichname an dem Thurme ber
Lambertuskirche in Käfigen aufgehängt. Der fath.
Gotteödienft wurde nun in der Stabt wieder her:
eitellt, aber erjt den ernfteften Bemühungen der
Folgenden Biſchöfe und der Jeſuiten (jeit 1588)
gelang e3, dasLutherthum imLande gänzlid wieder
auszurotten. Bgl. Dorpius, Wahrhafte Hiftorie,
wie dad Ev. zu M. angefangen und durch die W.
verftört, wieder aufgehöret hat, 1536. Berichte von
Augenzeugen herausg. von Cornelius 1853. Derf,
Geſch. des Münfterer Aufrubrs 1855. Ranle, deut:
{he Geſch. im eitalt. d. Befo. III. K. W. Bou-
terwek, Conr. Heresbachii
teriensis, Elberf. 1866.
Münfter, Sebaftian. Geboren zu Ingelheim
1489, Schüler des Bellicanus zu Heidelberg, folgte
demjelben jpäter nah Tübingen, wo er in ben
Franciscanerorben trat. Bereits durch die Her:
ausgabe eines hebr. Wörterbuches und einer hebr.
1523, fowie einer haldäifhen Grammatif (über:
haupt ber erjten) berühmt geworden, trat er 1529
* Reformation über, ſtudirte und lehrte in Heidel-
erg Theologie und ward bald darauf nad) Baſel
berufen. Mie er aber aus Bejcheidenheit den Dok⸗
torgrad nicht annahm, ließ er fih aud von den
thedlogiſchen Borlefungen bdiäpenfiren und be:
ist. factionis Monas-
124
Dperberg, Kiſtemaker, Drofte:Vifchering, Hem: |
fterhugd, Haman u. A., und in jeder Meife|
Münzer
ſchränlte ſich auf mathematiſche und philologiſche.
Er ſtarb an ber Peſt 23. Mai 1552. Seine Grab:
fhrift nennt ihn Germanorum Esdras et Strabo.
Außer den erwähnten Schriften überjegte er das
A. T. in's Lateinifche, gab verſchiedene rabbiniſche
Schriften heraus, wie er fich denn überhaupt im
feinen Arbeiten an die Rabbinen, namentlih an
Elias Levita, fehr anfchloß und verfahte Com:
mentare zu dem Evangelium Matthäus und dem
Brief an die Hebräer. Neben diefen theologiſchen
Schriften mwar beſonders gefhägt feine Kosmogra⸗
phie Baſ. 1550.
Münter, Balthafar, geb. 1735, Vrediger an ber
deutfhen Betrificche zu Kopenhagen feit 1765,
vorher 1757 Privatdocent in Nena, 1760 Prediger
am Waifenhaufe und Hofdiafonus zu Gotha und
1763 Superintenbent zu Tonna, + 1793, ift als
aeiftliher Liederdihter und mehr noch durd bie
Belehrung bed Grafen Struenfee, den er zum
Tode hie Ber befannt geworden.
Münter, Friedrich Chrifttan Karl Heinrich, der
Sohn des Vorigen, geb. 1761 zu Gotha, geitorben
ala Biſchof von Seeland (feit 1808) am 9. April
1830. Seine Studien, die er in Kopenhagen be:
gonnen hatte, ſetzte er ſeit 1781 in Böttingen fort,
und madte dann eine wiflenjchaftliche Reife nad
Italien. Die Frucht derjelben war die Entdedung
des 1794 herauögegebenen Statutenbuchs der
Tempelherren und eine Probe der foptifchen Ue—
berfegung des Daniel, ſowie die Nahrichten über
Sizilien 1783, deutſch 1790. Seit 1788 a. o.,
1790 ordentlicher Profeffor der Theologie,gewann
er burch feine zahlreichen Schriften und ala Mit-
lied aller gelehrten Gefellfhaften europäiichen
uhm. Auch an praftiiher Thätigfeit betheiligte
er ſich ald Mitglied des Miſſions-Collegiums und
der Direction des Waifenhaufes. Bon feinen
Schriften find die bebeutenditen: Handbuch der
ältejten chriſtlichen Dogmengeſchichte, 2 Bünde
Ropenhagen 1801, deutich 1802, Kirchengeich. von
Dänemarku. Norwegen, 3 Bde., Leipzig 1823— 34.
Religion der Karthager, Kopenh. 1816. 2. Aufl.
1823. Die Sinnbilder und AKunftvorftellungen der
alten Chriften. Altona 1825. M. nahm aud
Theil an der von König Friedrich VI. auf jeinen
Vorſchlag veranftalteten Revifion der kirchlichen
dänischen Weberfegung des N. T.
Münzen ſ. Geld.
Münzer, Thom. ,der Schwarmaeift, 1490 zu Stoll:
berg am Harz geboren. Soviel aus feiner Jugend»
geſchichte befannt ift,war er Collaborator zu Aſchers⸗
leben und in Halle, ftubirte dann wahricheinlih
in 2eipzig Theologie, ward 1515 Magister artium
und Präpofitus in Frohfen bei Ajcheräleben. Nir⸗
gends lange aushaltend, ward er 1517 Lehrer zu
Braunfchweig, 1519 Beichtvater der Bernhardi:
nerinnen im Klofter Beutiz vor Weikenfels, 1520
Prädikant an der Marienkirche zu Zwickau. Hier
trat er in Verbindung mit dem Schwärmer Nilo:
laus Stord,einem Tuchweber, und äußerte zuerſt
feine, aud den mißverftandenen moftifchen Schrif:
ten des Abtes Joachim von Floris, Sufo, Tauler
u. 4. entiprungenen Ideen von der unmittelbaren
Gemeinfhaft des Menſchen mit Gott, die fi in
Gefihten, Träumen und Dffenbarungen fundgebe
und unabhängig von dem gefchriebenen Worte
Gottes fei. Auf Grund diefer feiner fubjeltiven
Glaubenserfahrungen, bed „inneren Lichts”, for:
berte er dann weiter eine rabicale Umgeftaltung
. Münger 725 Muratori
aller Verhältniffe und Iehrte die Nothwenbigfeit | und der Geſetze, und ift der nächte im Rang nad
einer gewaltſamen Durchführung der Reformation | dem Grofivezier. Er wird vom Großherrn ange:
nicht bloß auf kirchlichem, fondern auch auf poli⸗ | ftellt, der ihm aber auch abſetzen kann.
tiihem Gebiete. Ein Aufruhr des Volkes, veran: | Multipraefenz oder Multivolipraefenz (Voli—
laßt durch einen Streit M.'3 mit dem erften Pres | präfenz) nennt man die u. A. von Chemnit zur
biger Egranus, zu dem die Nornehmen hielten, | Bearündung der Lehre von der leiblihen Gegen:
wurde Urfache feiner Entfernung von Zwickau | wart Chrifti im Abendmahl aufaeftellte Theorie,
1521. Nach kurzem Aufenthalt in Saab und Prag | welche die Schwierigkeiten der UÜbiquitätslehre
fam er 1522 nad Wittenberg und ſchloß fich eng | vermeidenfollte und fi darauf ſtützte, daß Chriftus
an Karlftabt an, wurde 1523 Pfarrer in Alitebt, | nad) feiner Allmacht überall fein fönne, wo und
in Thüringen, wo er mit feinem Collegen Haferitz wanner wolle (ubieunque et quandocunque vult.).
ben Gottesdienft nad) feinen Ideen ordnen konnte. | Munoz, Aegidius. War zur Zeit des großen
(Deutich:Evangeliih Meßje, Alft. 1524). Hier | Schiämas (1373— 1417) Gancnifus von Barcelona
begann er auch die Verwirflichung feiner weiteren | und wurde nach dem Tode Benedict'S XIV. 1424
Pläne ind Werk au feben, für die er in zahlreichen | von dem Cardinalöcollegium zu Peniscola zum
Flugſchriften Anhänger zu gewinnen fuchte, und | Papfte erwählt; er nannte ſich Clemens VIII.
die aufAusrottung des Vapſtthums und Abichaf: | Als fein Beihüger Alfons von Aragonien fi
fung der obrigfeitlichen Gewalt überhaupt hinaus: | 1429 mit Martin V. (1417—31) ausföhnte, ent:
liefen. Zu demjelben Zweck arlindete er aucheinen | fagte M. 26. Juli 1429 feiner Würde und erhielt
Geheimbund In Folae der Zerftörung eines wun: | zur Entihädigung das Bisthum Barcelona.
derthätigen Marienbildes in Mulderbach gezwun— Muratori, Lubovico Antonio, berühmter ita-
gen, Alftedt zu verlaflen, ging M. nad) Müblhaus | lienifcher Theologe und Geſchichtsſchreiber, geb.
fen, wo er mit dem frühern Gifterzienfer:Mönd | 21. Det. 1672 zu Vignola im Modenefiihen, er:
Heinrich Pfeiffer in enge Verbindung trat. Bon | hielt feine Bildung im Sefuitencollegium und auf
bier aus erginaen feine heftinen Schmähfchriften | der Univerfität zu Modena. Der Ruf feiner Ge:
negen Luther, der längft vor ihm gewarnt, in be: lehrſamkeit verjchaffte ihm ſchon im 22. Jahr die
nen er gegen bie Prediger des Mundalaubens, die | Stelle ald Gonfervator der ambrofianifchen Biblio
Schrift ald dad nur äußerliche Wort, die Waffer: | thef zu Mailand. Ehe er diejelbe antrat, promo—
taufe u. f. w. eiferte und fi auf das innere Licht, | virte er in Modena zum Dr. beider Rechte und
die Eingebung des Geiftes bezog. Um fich aus: | empfing dann in Mailand die geiftlihen Weihen
wärts neue Bundesgenoſſen zu verfchaffen, ging | Bald darauf begann erdie Herausgabe alter Hand—
er fiber Rürnberg und Waldshut nachder Schweiz, | jchriftenmit: anerdota Jatina,dBde.Mailand,dann
traf in Bafel mit Decolampab aufammen und | Padua 1697—1713. Hierauf anecdota graeca,
Inüpfte ſowohl mit den fchweizerifhen Wiebertäu: | Bad. 1709. Im Jahr 1700 nah Modena ala
fern (Balthafar Hubmeier) als mit den aufftän: | Bibliothekar berufen, erhielt er dort die Probitei
difhen Bauern in Schwaben Berbindbungen an. | S. Maria de Pomposa, die er bis zu feinem Tode,
Rah Mühlhauſen zurückgekehrt, ward er, nachdem | 23. Jan. 1750, bekleidete. Seine berühmteiten
das Bolt die rechtmäßigen Geiftlichen vertrieben, | Werfe find die Geſchichte Italiens, Annali d’Italia,
1525 dort Pfarrer an der Marienkirche, Die von | 12 Bde. Mail. 1744—49 und die großartige Duel:
ihm geleitete demagogiſch-ſchwärmeriſche Bewe- (enfammlung für die ital. Gejchichte, unter dem
aung wuchs, aus Münzer's Anhängern ward ein | Titel Rerum Italie.scriptores ab anno 500—1500,
neuer Rath gebildet, die Klöfter wurden zerftört | Mailand 1723—51. 28 Bde. fol., ferner die Anti-
und durch Raub und Berheerungszüge in der Um: | quitates italicae medii aevi, 6 Bde. Mail. 1738
gegend die Durchführung der gerredigten Gemein: | - 42, eine Sammlung von 75 kritifchen Abhand:-
Schaft des Befiges begonnen. Durch M.'3 Briefe | lungen, ald Anhang zu dem vorgenannten Duel-
und Sendlinge immer mehr angefeuert, verbreitete | lenwerfe. Bd. III. p. 854 findet fi der von M.
fich der Aufruhr bald durch ganz Thüringen ; der | aufgefundene und hier zum erftenmal abgedrudte
Mittelpunkt ber ganzen Bewegung blieb Mühl: | Kanon des Muratori. (Val. d. folg. Art.) Gleich:
haufen, wie Münzer und Pfeifer die Häupter. Um | zeitig fuchte er durch Stiftung einer italienifchen
ber immer größer und bedrohlicher werdenden | Gelehrtenrepublif, deren Plan er in einer Reihe
Bewegung zu fteuern, vereinigten fich 1525, ald | unter dem Namen Lamindo Britanio veröffent:
M. einen Zug gegen den Grafen von Mansfeld |lichter Briefe entwidelte, das wiffenjchaftliche
unternahm, Philipp von Heflen, Georg von Sad: | Streben und Zuſammenwirken in Ytalien neu zu
fen, Heinrih von Braunjchweig gegen denfelben | beleben, was ihm zum Theil wenigftend gelang.
und ſchlugen bei Franckenhauſen die fanatifirten | Wie bier, verfolgte er auch auf eigentlich theolo—
Bauernhaufen vollftändig. Münzer ward in feinem | aiihem Gebiete eine freiere Richtung; in biefem
Verſteck ergriffen und in Mühlhaufen hingerichtet. | Sinne ſchrieb er: de ingeniorum moderatione in
In der Todesfurcht zeigte er die Schwäche feines | religionis negotio, Paris 1714, deutſch „Weber
Charaeters: er nahm das Abendmahl auf katholi- den Gebrauch der Vernunft ꝛc.“ von Braun und
fhe Weife und fonnte bei der Hinrichtung vor | Biunde, Mainz 1837und De superstitione vitanda
Angſt nicht einmal den Glauben herinaen. Bal. | etc. 1740, worin er genen das jogenannte Blutge-
Förftemann, Neues Urkundenbuch B. 1, Melandı: | Tübde fchrieb, d. h. das Gelübde, für die unbefledte
tbon bei Wal 9. XVI. Strobel, Th. M., 1795. | Empfängniß Gut und Blut zu opfern. Bon den
Seidemann 1842. Ranke, d. G. im Zeitalter der | Jejuiten heftig angegriffen, fchrieb er gegen fie
Neform. II. unter dem angenommenen Namen Ferdin. Valde—
Mufti. Bei den Mohammedanern Entſcheider fius, verföhnte fie aber durch die Gejhichte ihrer
und Ausleger des Geſetzes, d. i. des Korans. Der Miffion in Paraguay. Da er übrigens fortwäh—
Großmufti oder Scheilh-ul-JIslam (Haupt der) rend eine Berföhnung des Katholicismus mitdem
Ausermählten) hat die oberite Yeitung des Cultus modernen Geifte herbeizuführen fuchte, eine Ten:
M., Kanon des
benz, ber er namentlich in der Abhandlung: Della
regolata divozioni de'Christiani (pfeudon. von
2, Britanio Bened. 1747 u. 6.) Ausdruck gab, hatte
er fi mehrmals gegen den Verdacht der Ketzerei
zu vertheidigen und bedurfte zu feiner Selbjtbe:
ruhigung der Zuichriften Benedict'3 XIV und
Ganganelli’ö (fpäter Klemens XIV., damals Gon:
jultor der Congregation der Inquiſition). Eine
Gefammtausgabe allerfeiner Werte erſchien Arezzo
1767—1780, 36 Bde. fol.u. Venedig 1790— 1810,
48 Bde. 8°. Sein Leben fchrieben fein Neffe:
F. S. Muratori, vita del proposto L. A.
Muratori, Vened. 1756, fowie Abb& Gouget in:
Ant. Gachetd'Antigny, Memoires d'histoire ete.
Dd. 6. Bar. 1756.
M., Kanon des, für die Gejchichte des Kanons
(1. d. A.) von großer Wichtiafeit, ein von M. auf:
|
726
Muſaph⸗Gebete
ſeiner Schrift: „Von dem großen lutheriſchen
Narren, Straßb. 1522“ (kritiſche Ausgabe mit
Einleitung von Kurtz, Zürich 1848). Erwähnens-
werth find ferner: An den grofmechtigften und
durchlöchtigſten abel tütjcher nation, das ſye den
hriftlihen Glauben beihirmen wider den zerftörer
des glaubens Chrifti Martinum Luther, einen ver:
fierer der einfeltigen Chriften. — Ob der König
uß enaelland ein lüaner ſey oder der Luther. Der
lutheriſchen Evangeliſchen Kirchen Dieb und Ketzer⸗
lalender, Luzern 1527. Außerdem gab er, übri—
gens in varteiiſcher Färbung, die Geſchichte des
Religionsgefpräches zu Baden (im Aargau) 1526,
bem er beigewohnt, heraus. Die Disputacion vor
ben rii orten einer löblichen eidgenoſſenſchaft am
Baden in ergom, Luz. 1527. Bal. Waldau, Nach—
richten von Th. M's. Leben und Schriften, Nürnb.
aefunbenes Verzeichnik der Schriften des N. Tefta: | 1775, wieder abgebr. in Scheible's Klofter. Stro:
mentes, welches, der eigenen Angabe nad, bald
nad) der Entitehung des Hirten des Hermas, d.b.
in der zweiten Hälfte des2. Jahrhunderts verfaßt
worden ift, ift beöhalb wichtig, weil aus ihm er:
bel, Beitr, zur deutſch. Litt. 1827 ;Juna, Beitr. aur
Geſch. der Reformation. Straßb. u. Leipz. 1830.
Hagen, Deutſchlands litter. und relig. Verhält:
nifje im Reformationgzeitalter. Erlang. 1843. 8.2.
fihtlih wird, welche Schriften des N.T. in der, Muſäus, Johann, lutherifcher Theologe. Geb.
römifchen Kirche damals für kanoniſch galten und | 7. Febr. 1613 zu Langenmwiefen im Schwarzbur:
welche nicht; fein Gebrauch wird nur durch die giſchen, wo jein Bater Pfarrer war. Auf dem
Verborbenheit des Tertes vielfach erjchwert. An! Gymnaſium zu Arnftabt vorbereitet, ftubirte er
dem erhaltenen Theile werden aufgezählt: Das zu Erfurt und Jena Philofopbie und Humaniora,
Ev. Lucae (al3 drittes, jo da die beiden andern | dann Theologie, wurde 1642 Profeflor der Ge:
vorausgefekt werden), dad Ev. Johannis, die fchichte, 1646 der Theologie zu Jena,+1681. Philo⸗
Apoftelgeichichte, 13 paulinifche Briefe, ein Brief | logisch und philofophiich gründlich gebildet, qilt er
Judae, zwei Johannis, die Apocalypfen des Yo: | für den größten lutherifchen Theologen feines Jahr:
hannes und des Petrus, leterejedocdh mit Angabe | hundert3 nad Gerhard und Galirt; feine Ge:
eines Widerſpruchs. Ausgelaſſen find die Briefe | lehrjamfeit legte er in einer langen Reihe dogma:
Jacobi und Petri und derjenige an bie Hebräer. | tifcher Schriften nieder. Da er Theologie und Be:
Verworfen werben die Briefe an die Laodicäer | fenntnikunterfchied und bie Freiheit wiſſenſchaft—
und Alerandriner. Das Fragment wurde von | lich:theologifcher Forſchung nitht aufgeben wollte,fo
M. in feinen Antiq.ital. medii aevi, III. 854 mit: | widerftand er mitden Jenenfifhen Theologen lange
getheilt und findet fich wieder abgedrudt in den | den Zumuthungen Calov’3, ben consensus repe-
Einleitungen von Eihhorn, Gueride, bei Kirchhof: | titus fidei vere Lutheranae 1655 der churſächſiſchen
fer, Quellenſamml. Credner, zur Geſch. bes Ka—
nons, Hilgenfeld, Gefch. des Kanons ©. 40. Bal.
Wieſeler, Studien und Krit. 1847. 1856.
Murner, Thomas, der Satyrifer. In Dber-
ehenheim bei Strakburg 1475 geboren, trat er
1499 in den Franciscanerorden, ward in Paris
magister artium, in Rrafau baccalaureus, jpäter
um 1519 Doctor der Theologie. Einem unftäten
Leben ergeben, trieb erfich an den verfchiedenften
Orten unb Univerfitäten, jo zu Freiburg, Krakau
Straßburg, Bafel, Frankfurt, in Bologna und
Venedig umher; unverbürgt aber ift, daß er 1524
dad Klofter verlaffen und fich den regulären Chor:
heren angeſchloſſen habe; er ftarb vor 1537, wahr:
ſcheinlich u Heidelberg. Miffchneidendem Wit und |
fatgrifcher Schärfe ariff er inder „Narrenbefchwö:
rung“ (1512, wieber herausg. von Wikram 1556
Theologen zu unterjchreiben, fchrieb vielmehr ein
Icharfes Bedenken gegen benfelben. Auch als er
mit der Univerfität den Zumuthungen des Herzogs
nachgebend, jeden Synkretismus (f. d. N.) hatte
abihwören müſſen, wandte er noch 1680 ein Gut:
achten gegen Calov, welches dieſer mit feinem
Fluche erwiderte. Vgl. Gaß, Gefchichte der prot.
Dog. 2 Th.
Mufäus, Peter, der Bruder des Vorigen, geb.
1620, ftudirte in Jena und Helmftäbt und mard
Profeſſor der Philoſophie in Rinteln 1648, danach
1653 Brof. der Thrologie. Die uniondfreundlice
Richtung feines Bruders theilend, nahm er mit
feinem Gollegen of. Henihen als lutheriſcher
Theologe Theil an dem Religionsgeſpräch au Caſſel
1661, welches anerkannte, daß die Verſchiedenheil
der theologifchen Lehren zwiſchen Lutheranern und
u.ö.),der „Schelmenzunft“ (1512, wieder herausg.
von Waldau 1688), entitandenaus Predigten, die er
zu Frankfurt gehalten, in ber geiftlihen „Baden:
fahrt« (1514), der „Mühle von Schwindelsheim”
(1515), der „Gäuchmatt“ (1519), die Gebrechen
ber Zeit, namentlich aber aud die Schäden des
aeiftlihen Standes und die Berfunfenheit der
Mönde an; Überjegte auch Luther’ babylonifhe
——— und die Schrift gegen Heinrich
VIII. von England ind Deutſche, wandte ſich
aber nichtö defto weniger von vorn herein als ein,
entichiedener Gegner gegen Luther ſowohl ala
gegen bie Schweizer Reformation, namentlich in
Calviniften das Fundament des Glaubens nicht
berühre und daher die Brüderſchaft nicht bindere.
Deshalb verfolgte ihn der Unmille der ftrengen
DOrthodoren. In fpäteren Jahren Brofeflor zu
Helmftädt 1663—65 und zu Kiel foll er über
Union und Synfretismus minder günftig geurtheilt
haben. + 1671.
Mufaph:Gebete find im Ritus der heutigen Yu:
den diejenigen Gebete an den Sabbath und Feit-
tagen, welche das jpecielle Feſtopfer des Tages
ebenjo vertreten follen, wie Morgen: und Abend»
gebet an die Stelle bes Morgen: und Abendopfers
getreten find.
I
|
Musculus
Museulus, Andreas, eigentlich Meufel. Geb,
1514 zu Schneeberg in Sachen, befuchte er dort
das Gymnafium und ftubirte au Leipzig ; Durch das
Studium reformatortfcher Schriften ber Kirche
entfrembet, trat er nad) feiner Rückkehr in feine
inzmifchen evangelifch gemorbene Vaterſtadt eben»
fall3 über und ging 1538 nad} Wittenberg, mo er ſich
aufs enafte an Luther anſchloß, zu deſſen entichie:
denften Anhängern er auch zeitlebens zählte.
Auf Veranlaffung Agricola's, ded Hofpredigerd
von Joahim von Brandenburg, ging er 1540 an
bie Univerfität Frankfurt a. d. D., ward Raplan
ber Franciscanerkirche, 1544 Hofprediger und or:
dentlicher Profeſſor. Somohl in den vielfachen
Streitigkeiten, die er ald Pfarrer mit dem Magi—
ftrat durch deffen Uebergriffe, namentlich hinficht:
lih des Kirchengutes, aenöthigt, führen mußte,
als in ben theologiſchen Kämpfen mit Stancarus
und Staphylus Über das Mittleramt Chrifti, und
namentlich mit feinem mehr Melandithon folgen:
den Eollegen Prätorius zeigte fich ein Leidenschaft:
liher Eifer. Er vertheidigte den Sat, das Gefeh
fei wohl nüslich zur Buße vor dem Glauben, aber
unnfig dem MWiedergebornen. In feinen Predig⸗
ten herrfcht eine braftifche Vollsthümlichkeit, der
oft der derbfte Ausdruck der liebfte ift. Val. Spie⸗
ter, Lebensgefchichte des Andr. Muskulus. Frank:
furt a. D. 1858.
Mustulus, Molfgang (Müßlin oder Meuflin,
wie er fich deutfch nennt), neben Calvin und Ber:
migli einer der herporragendften reformirten Theo»
logen des 16. Jahrh. Bon unbemittelten Eltern
au Dieufe in Lothringen 8. Sept. 1497 geboren,
befuchte er als fahrender Schüler die Schulen bed
Elſaß und wurde feiner ſchönen Stimme wegen
in ein Benebictinerflofter bei Lixheim aufgenom:
men, wo er ſich anfangs hauptjächlich mit alter
Literatur und Mufil, jpäter auch mit theol. Stu:
dien beichäftigte. Durch Luther’s Schriften für
die Reformation gewonnen, trat er 1527 aus dem
Klofter, heirathete die Nichte des Abtes, mit wel:
cher er anfangs in fogroßer Armuth in Straßburg
lebte, daß er, um fein Leben zu friften, ein Hand»
wert zu lernen anfing, bis er 1531, nachdem er
eine Zeitlang dad Diafonat am Münfter verwaltet,
als Prediger nach Augdburg berufen wurde. In
dieſer Stellung gelang es feiner unermüblichen
und vielfeitigen Thätigfeit, die Reformation voll:
ftänbig ein: und burchguführen, fo daß ihm 1537
die Domtirche eingeräumt wurde. Die Einführung
des Interims, geaen die er vergeblich proteitirt,
veranlaßte ihn, 1548 fein Amt niederzulegen und
Augsburg zu verlaflen; eine Zeit lang in Züri
als Corrector feines Verlegerd und mit Studien
beichäftigt, erhielt er 1549 eine theologische Brofef:
fur in Bern. Hier ftarb er 30. Aug. 1563, nachdem
er Berufungen nad Straßburg, Marburg, Heidel:
berg, Augsburg und England abgelehnt hatte. M.
nahm Theil an den Religionsgeiprähen zu Wit:
tenberg 1536, Worms 1540, Regenäburg 1541,
ohne baf feine milde Nachgiebigkeit einen Erfolg
erzielt hätte, Seine theologische Grundanfhauung
war in allen wichtigen Punkten (Taufe, Abend»
mahl, Brädeftination, Glaube, Sünde zc.) Die be:
ftimmtausgefprochene der Straßburger Theologen ;
in fpätern Jahren wandte er fich noch entſchiedner
der gemeinreformirten Lehre zu. Er gab heraus
Loci communes, Bafel 1560, 64 u. ö. und viele
127
Muſik
Sechs ſeiner Söhne waren reformirte Prediger.
Der letzte des Geſchlechts iſt der durch ſeine Pre—
digten befannte David Müslin (1821 +). Bgl.
Historia vitae et obitus Dr. W. M, per Abr.
Muse. filium 1595. Grote, W. M., ein biogra:
phifcher Verſuch. Hamb. 1855.
Mufit bei den Hebräern. Die Muſik, als deren
Erfinder 1. Mof. 4, 21 Jubal bezeichnet, war
eine bei den Hebräern fehr beliebte Kunſt, fonnte
aber bei ihrer mangelhaften Ausbildung noch nicht
als felbftftändige Kunft erfcheinen, ſondern nur
als Benleiterin des Gefanges und des Tanzes.
(1. Mof. 31,27; 2.M. 15, 0; Hiob 21, 12 u.
30, 31.) Sie dient gewöhnlich zur Verherrlichung
feierlicher, freubiger und ernfter Momente (2. M.
15, 20. Richt. 11, 34; 1. Sam. 18,6. 1. Kön. 1,
40, 1. Chron. 20, 28. Neh. 12, 27. 1.Maff. 4,24;
13, 51). In früherer Zeit fcheint fie hauptſächlich
von Frauen gelibt worden zu fein(f. die drei erften
Stellen im Bor.); au Samueld Zeiten wurden die
Prophetenfhulen die Trägerinnen mufifalifcher
Kunft (1. Sam. 10, 5; 2. Sam. 3, 15; 6, 5) und
trugen zu einer immer allgemeiner werbenden
(1. Kön. 1, 40 f.) mufifalifhen Bilbung bei, bis
endlich David epochemachend in die Entwidluna
eintrat. Namentlich war es die gotteädienftliheMu-
fit, welche durch ihn eine großartige Organiſation er:
bielt (1.Chron. 15, 16 ff. 16,4 ff.; 25,1 ff.), indem
ein in verfchiedene Elafiengetheilter Levitenchor bei
feierlichen Ovferhandlungen, Gelang: und Muſik—
ftüde aufzuführen hatte (2. Chron. 5, 12 ff. ; 7,6;
29, 25 ff.; 30, 21; 35, 15). Das Vorkommen
weiblicher Chöre ift vor dem Exil (Edr. 2, 65;
Neh. 7, 67) fehr zweifelhaft. Neben der gottes—
dienftlihen Mufif wurde auch die weltliche Mufit
immer allgemeiner; fie findet Pflege am könig—
lichen Hofe (2. Sam. 19, 35. Pred. 2, 8), fie dient
zur Erheiterung des gefellfchaftlichen Lebens (Jef.
5, 12; 24, 8. Amos, 6, 5; Rlagel.5, 14; Sir. 32),
nimmt aber hier immer mehr einen entarteten,
(eichtfertigen Charakter an (f. d. gen. St.) und er:
fcheint fogar als ein Gewerbe fchlechter Dirnen
(Jef. 23, 16). Die heilige Muſik, welche der Ent:
artung auch nicht entging (Am. 5, 22), zog nad)
längerem Berftummen im Eril (Bf. 137, 1 ff.) mit
Serubabel wieder in den Tempel ein (Neb. 11,17.
23. Bal. Er. 3, 10 ff. Neb. 12,27 #. 45 ff.; 1.
Matt. 4, 54). Gefang weniaftens finden wir auch
bei Wallfahrten (Pf. 120 — 134?) und zur Feier
bes Baffahmahles(Matth.26,30),Gefang (2.Chron.
35, 25) und Mufif (Mattb.9, 23) bei Leichenfeier-
lichkeiten angewandt. Die Art ber Hebr. Muſik
ift jedenfalls jehr einfach zu denken, von geringem
Umfang der Töne, noch ohne die Harmonie des
Accordes, von 'hellem, ſchmetterndem Charakter,
der Gefang vermuthlih mehr recitativifch denn
ald Melodie. Noten gab es feine (einige hielten
bie Accente für folde. Vgl. Anton im n. Reper:
torium für bibl. Lit. B. 1 — 3; Emald, Abhh. 1.
148.) Muſikaliſche Zeichen find: 190. (Zwifchen:
fpiel in der Baufe des Gefanges oder eine Er:
höhung ber Tonart oder gleich unferm forte),
nmby (Bf. 46 1; 1. Chron. 15, 20; Jungfrauen:
weife = Sopran? Oder Tenor? Bariton ?), DI’OY
(Bi. 6 1; 12, 1; Dctave? ober ein Inftrument?),
3325 (dem Borfänger). Vgl. Fortel, Geſchichie
geihägte Commentare zu den biblifchen Büchern. ber Mufit I. Sonne, de Musica Judaeorum in
Mufifaliiche Anftrumente 128 Mykonius
zacris 1724. Sal. von Til, Dicht:, Sina: u. Spiel: | Muße als der Mittelpunkt des Erfurter Humant-
funft bef. der Hebr. Frankf. 1706. Pfeifer, über die ſtenkreiſes lebte; perfönlich befreundet war er na»
Muſik der alten Hebr. Erl. 1779. Saalfhlik, Form | mentlich mit dem Cifterzienfer Heinrich Urbanus
der Hebr. Vorfie, S. 329 ff. Geſch. und Würdigg. in Georgenthal und Georg Spalatin (1505 bis
der Muſik bei ben Hebr., Berlin, 1829. Schneider, | 1507 Lehrer zu Georgenthal), literarifch verbun:
bibl. geſchichtl. Darftellung der hebr. Muſik Bonn, | den mit feinem frühern Mitſchüler Erasmus. Dem
1834, äußern Kirchenweſen feind, auch ziemlich gleichgül-
Mufikaliſche Anftrumente bei den Hebräern. | tiq genen das Gefchichtlihe des Chriſtenthums,
Sie zerfallen in folgende Claffen: 1) Schlagin: | deffen Gedankeninhalt er ohne daſſelbe fefthalten zu
ftrumente. a) die Handtrommel (sn, Aduffa, | fönnen meinte, ſchloß er fich, obſchon er Luther's
Luther: Pauke 1. Mof. 31,27; 2.Mof. 15, 20; 1. | Auftreten mit Hoffnung begrüßt hatte, der Refor—
Sam. 10,5; 2. Sam. u Bf. 81,3; Jeſ. 5, 12 nn — N? ae ensat.
FR: (oryI, ‚ bie an: | nicht verftand und von ber er ſchließlich einen Rüd-
u. 8) b) Cymbeln (Dvoy?3 Metallbeiten, bie anı| eT in Die Barbarei fürditete, Er ergab fich zufeht
einandergefchlagen wurden, 2. Sam. 6,5;1.Chron. ftren er Kirchlichkeit v ſich vo Allem zurck und
13, 8; 15, 19; 15, 5. Eör. 3, 10 u...) c) Die Q ‚ 408 *
a + 1526. In den legten Jahren hatte er noch mit
DYPIYI2 (eiorga, Luther: Schellen 2. Sam. 6, | Mangel zu kampfen gehabt. Dal. feine Briefe, im
5; Eiienftangen mit Ringen, die gefchüittelt wur: | Auszuge herausg. von Tengel in Supplem. hist.
den, — in Aegypten gebräuchlich). d) —— * air en ver Brut
Dwmhdws (Tri : Geigen ; erjelben findet fich handichriftlich auf der Franf:
ah — A WER . 1. furter Stabtbibl. Kampſchulte, bie Univerfität
Sam. 18, 6). 2) Blaöinftrumente: a) 2 | Erfurt in ihrem Verhältnik zu dem Humanismus
eine Art Dubdelfadpfeife; 1. Mof. 4, 21; Hiob 21, lee ter — ae Strauß,
12; 30, 31; Bf. 150, 4), b) TNIEMD euupwria, | Uri von Hutten. Leipzig 1
ſicher Keen 2 18: Sehr täeiarigbes: Mutterfirde. Das Wort wird im kirhlichen
8 ei RE “| Sprachgebraud; in verfchiedenem Sinne aebraudit.
felbe. e) 277, (Flöte 1. Sam. 10, 5; Jeſ. 5,12, |1) In der älteften Zeit bezeichnet e8 die älteite
30, 19; 1. Makk. 3, 45; 4,54; Matth. 9, 23). d) Er be3 — * F —* einge
nm j ovoıyE, eine Reihe von deſſelben audging, meift alfo die Kirche der Bro:
ET NP (nur Dan. 8,5 augıy&, eine Reibevon | 1 nträbte, beren Bifhöfe nach der Ratur
Rohrpfeifen, Banpfeife) e) IISTSM (tuba, Trom: | per Verhältniffe allmählich eine hervorragenbere
pete, namentlich beim Tempelcultus gebräuchlich; | Stelle unter den übrigen einnabmen. 2) Die
4. Mof. 10, 1; 31, 6; 2. Kön. 11, 14; 12,15; 1. — ———— ge dem ge ar su ben
Ehron. : Im). HIEV arm ratorien, in denen nur e gelejen, aber feine
— * * * 2*.*22 * y Taufe verrichtet werden durfte, die alſo auch keine
hornartig gekrümmte „Bofaune”, gebraucht im eigentliche Gemeinde um fich bilbeten. 3) Die Ca:
Kriege Hiob 39,25; Jerem. 4, 5; 6, 1, bei ——— 4) Im Ge enfat ur Tochterfirche
ber Berfündiqung bes Jubeljahrs 3. Mof. 25, 9 | jr IM. diejenige Kitche
und des Neujahrs; von gewaltigem Ton 2. Moſ. fünften F = Gemeinde abge ur t und aus:
19, 16; ef. 58,1. 3). Am michtigften find die rg:
i i . 5 eftattet wird. In der Regel behält der Pfarrer
Saiteninft rumentelniI12): Ebel pe/2 72.7777 a M, die Verwaltung der Tochterkirche, die er
Laute, Harfe, das häufigfte Infirument (Pf. 137, | durch Vicare beforgen laffen Tann ; wird die Tod:
3), meift zur Begleitung des Gefanges (Bj.33,2, | terficche zu einer felbftjtändigen Pfarrkirche, fo
43, 4; 49, 4 das Jnftrument Davids (1. Sam. * aA * häufig das Patronat oder andere
16, 16.). b) 22), va3de, nablium, inli venzTenjie.
a | Myfonins, Dsmald (Beihfüäter), geboren zu
r ‚ häufig in Verbindung mit bem Onjern 1458, ftubirte unter Rubellus zu Rottweil
232 (1. Kön. 10, 12; 1. Ehron. 15, 16; 25, 1; | und Bern, feit 1510 unter Erasmus in Baſel und
2. Chron. 5, 12; 20,29; 29,25; Pf.71, 22; 108, wo len reg u. * —
3; 150,3; Jeſ. var ie Stiftöfhule nah Züri, 1519 an die in Lu—
y : de⸗ eg: an PR ober zern berufen. Megen feiner Verbindung mit
NABIRT, gried. spadrigiov, wieber ein cither- | Zwingli und dem Kreiſe ber Evangelifd:Gefinn:
ähnliches Inftrument, nach Hieronymus der fpä-
tere Name für 42). Vergl. Ugolini, thesaur.
XXXII und bie im vor. Art. gen. Literatur,
ten in Quzern feines Amtes entlaffen 1523, warb
er nach kurzer Wirkſamkeit an ber Kloſterſchule in
Mutianus, Rufus Conradus, (Familienname
Muth oder Mudt) der Humanift. Zu Homburg
Einfiedeln, an der Schule bes Frauenmünfters
in Heffen aus vornehmem Geſchiecht 1471 gebo:
zu Zürich wieder angeftellt und wirkte von ba an
al3 Mitarbeiter Zwingli's nicht blos burch feine
ren, bejuchte er noch fehr hung die Schule in De:
venter und bezog 1486 die Univerfität Erfurt.
Thätigfeit in ber Schule, fondern auch durch bie
ihm vom Rathe übertragenen unb im Chor bei
Frauenmiünfters an den Wocentagen gehaltenen
h ‘ Bibellectionen. Nach der Schlacht bei Kappel 1531
Rachdem er, 1492 magister artium geworden, ing er nach Baſel ald Diacon an bie S. Alban:
eine Zeit lang Vorlefungen gehalten, machte er | fire, warb dort auch Profeffor an ber Univer⸗
eine längere Studienreife nad) Ytalien, ward in | fität und nach Decolampabius’ Tobe deffen Nadı:
Bologna Dr. juris canon. und fehrte 1502 nad)
Deutſchland zurüd. Eine Anftellung, die er bald
darauf am hefiifchen Hofe erhielt, vertaufchte er
fhon nad furzer Zeit mit einem Heinen Kanoni—
folger als Pfarrer unb Antiftes und in ber Lei—
tung ber Rirchenreformation. Er betrieb die Ber-
fat in Gotha, wo er fortan in wifjenfchaftlicher
öffentlihung der 1. Basler Eonfeifion (j. d. A.)
und befannte fi im Unionsintereffe zu ber
2. Basler ober erften helvetifchen Gonfeffton {f.
— 07000010 —ñ — — — nn — — — — — nn nn
Mykonius
d. A.) von 1536. Seine Freiſinnigkeit und Duld—
jamteit, namentlid) gegenüber der lutheriichen
Abendmählslehre jegten ihn manden Berdädhtis
gungen jeitens der jtrengen Zwinglianer aus.
Seine theol. Profeſſur legte er 1541 nieder, weil
er jich weigern zu müfjen glaubte, die theol. Doc:
torwürde anzunehmen. + 14. Oct. 1562 an ber
Veft. Außer mehreren Commentaren ift jeine furze
Tioggppbie Zwingli's de vita et obitu Zwinglii
1532 bemertenswerth. Bgl. Melch. Kirchhofer,
Dsw. Myc., Züri 1813. Hagenbach, Leben und
ausgew. Schriften der Väter und Begründer der
reform. Kirche. Elberfeld 1857, IL.
Mykonius, Friedrih (Metum), geb. 26. Dez.
1491 zu Lichtenfels in Franken. Auf der Schule
zu Annaberg jeit 1504, erbat er 1510 vergeblich
von Tegel einen Ablaßbrief jeiner Armuth wegen
ohne Bezahlung. Um jein Seelenheil betümmert
trat er fur; darauf 1510 auf den Rath) feines Xeh-
vers in den Franeiscanerorden. Bon Annaberg
in das Klofter zu Zeipzig, dann 1512 in das zu
Beimar verjegt, jtudirte er eifrig die Scholajtiter,
ward 1516 Prieſter und zum Prebigtamt verord⸗
net. Zuthers Thejen führten ihn zur evang. Leber:
jeugung, doch hielt er unter harter Behandlung
now jieben Jahre im Klojter aus, bis er 1524 in
Nürnberg entfliehen konnte. Ertratnun in Zwickau
als —— Prediger auf 1624 und wurde
noch in demſeiben Jahre nach Gotha verſetzt. In
raſtloſer praktiſcher Thätigkeit, die unter den
Wirren des Bauernkrieges begann, organiſirte er
hier das evangeliſche Kirchen- und Schulweſen
(das jpäter jo berühmte Gymnasium illustre in
Gotha verdankt ihm feine Stiftung), vielfach mit
wichtigen auswärtigen Aufträgen betraut. So
nahm er Theil an den Schul: und Kirchen:
vifitationen von 1528, 1533, 1541; er wurde zu
den Verhandlungen in Marburg 1529, Wittenberg
1536, Schmalkalden 1537, Nürnberg, Frankfurt
1539, Hagenau 1540 zugezogen, begleitete bie
vom Kurfürften nad) England zur Förderung der
Reformation abgeordnete Geſandtſchaft 1538, wie
er 1527 den Kronprinzen nad) Düſſeldorf beglei:
tet hatte, In Verbindung mit Eruciger, Bfetfin
ger und Balthafar führte er nach dem Tode Her:
zog Georg’s des Bärtigen von Sadjen 1539 die
Heformation in den ſächſiſchen Herzogtgümern,
namentlich in Leipzig jelbjt ein. Mit Melanchthon
und Zuther jtand er in enger Berbindung und
wurde von ihnen hochgeſchätzt. + 7. April 1546.
Als theol. Schriftfteller ift M. nicht aufgetreten,
doc) erijtirt von ihm eine Chronif, herausgeg. von
Sal. Cyprian: Fr. Myconü hist, Keform. Goth.
1715, eine ber bedeutenditen Denkwürdigkeiten
aus der Keformationszeit. Vgl. Melch. Adami vis.
theolog. Franff. 1705. Xedderhoje, Nytonius, ein
Leben aus der Reformationszeit 1854,
Mylius, Georg, jireng lutheriſcher Theologe,
war geb. zu Augsburg 1548, ftudirte zu Straßburg,
Tübingen und Marburg, fam 1571 als Pfarrer
nach Augsburg, wurde Superintendent und Hector
des collegium ev., 1584 aber wegen jeiner Oppo:
fition gegen die Einführung des Gregorianiichen
Kalenders vertrieben. Ertam nad Ulm, wo er
gaftfreundlic aufgenommen wurde, von mo er
aber ſchon 1585 einem Hufe nad) Wittenberg als
Brofefjor der Theologie folgte. Als aber unter
Chrijtian I. die philippiftiihe Richtung auf kurze
Zeit zum Siege fam, ging er nad) Jena, lehrte aber
129
Myſterien
nach Chriſtians Tod nach Wittenberg zurück, wo
er 1603 am 28. Mai ſtarb. Eine Reihe exegetiſcher
und dogmatiſcher Arbeiten ſind aus ſeiner Hand her⸗
vorgegangen. Vgl.Adami vitae.Theol. Germ 1620.
ylius, Georg, + 1640 als Pfarrer in Bran—
denburg bei Königsberg, gehört zu der jogenann:
ten Königsberger Dichterjchule, deren Haupt und
Borbild Simon Dach war. Er ijt Verfafjer des be:
fannten Sterbeliedes: „Herr, ich denk an jene Zeit.“
Myra, Stadt in Lycien Apoft. 27, 5, lag in
einiger Entfernung vom Dieere auf einem Feljen.
Dyrrhe (in, ouvgru, uögpe), das Harz eines
in Arabien und Wethiopien wadjenden Baumes
(balsamodendron myrrha Chrenberg) wurde als
töjtlicgftes Aroma zum Räuchern, Barfümiren, zu
Salben, Arzneien und zum Einbaljamiren der
Zeichen Joh. 19, 39 (daher die Myrrhen Matth.
2, 11 bei ven Kirchenvätern alö Zeichen des bit:
teren Leidens und Sterbens Chrijti angejehn)
verwendet. Friſch gelblich weiß, gerinnt es zu
röthlihen Körnern von bitterem Geſchmack und
würzhaftem Gerud. Als das edeljte giit das von
jelbit auslaufende 2. Moſ. 30, 23; Hohesl. 5,5
(LAXX: ou.&xAexrr,Vulg.:murrha probatissima),
dad andere wurde dur Einjchnitt in die Rinde
gewonnen. Selbjt zur Würze des Weins wurde
W. vielfach verwendet(orwos uugöirns, vinummurr-
hinum), aber der Marc. 15, 23 erwähnte Myrr»
henwein war der mit irgend welchen bittern Kräus:
tern verjegte Soldatenwein.
Myrte (DIN,uvoaivn). Die Zweige diejes in
Baläftina wild wadjenden Straucdes dienten,
weil immer grün und glänzend und wegen ihres
Wohlgeruchs vorzugsmeije zum Schmud der Häujer
und zu Kränzen. Jeſ. 41, 19,55, 13. Der Gebrauch
der Ryrthe zu Brauttränzen ſtammt aus dem
griehijchen Heidentyum. Der Baum war nämlich
der Aphrodite heiligund Symbol der ehelichentiebe.
Myfia, Landſchaft in Kleinafien, Apoit. 16, 7,
an der Propontis und dem Dellespont, die Paulus
auf jeiner zweiten großen Mifjionsreije bejuchte.
Sie umfahte 1) M. minor, den nördlichen Küften-
ſtrich, 2) major, den Bezirk von Bergamum; bier
war ſchon früh eine chrijtlihe Gemeinde. Vgl.
Ojfb. 1,11; 2,12 ff. Eujebius K. ©.4,14; 5) Troas
(ehemals Troja), mit der gleihnamigendauptitadt,
wojelbjt Paulus das Evangelium predigte und eine
Gemeinde gründete, Apg. 16,8; 20, 5; 2. Kor,
2, 12; 2, Tim. 4, 13; jüdlih von der Stadt T.
lag Afjos, Apg, 20, 13, ferner Adramyttium, Apg.
27, 2, von wo Paulus jeine legte Romreiſe antrat.
+) Aeolis, 5) Zeuthraria, — Die Ausdehnung des
Ramens auf alle dieje Landſchaften ift aber zu
verjchiedenen Zeiten und bei verſchiedenen Schrift-
jtelleen ſchwantend. Die Myſier find ein thrakiſcher
Volksſtamm, der bereits vor dem trojaniſchen
Kriege nach Aſien übergejegt, jpäter von den
Bithyniern aus feinen urjprünglicden Sitzen, ojt:
wärts des Sanjarios nach Weften gedrängt wurde.
Myſterien j. Dramen, geiftliche.
Myfterien (deutſch: Geheimniſſe). Bei alten
Böltern, namentlid ven Griechen, beitand eine
doppelte Art von Eultus, ein öffentliher Cultus
für alles Voll, und ein geheimer für eingemweihte
Perjonen, welch legterer griechiſch uvorjguor ger
| nannt wurde (von uvorns der Eingemweihte, dies
; von uvelada in die Öeheimniffe eingeweiht wer-
den, was wieder von uvew abgeleitet wird, d. h.
Myſticismus
verſchließen, nämlich den Mund oder die Augen),
Die Viyit. bejtanden theild aus Geheimlehren my:
ſtiſcher Art über Entftehung und Leben der Gott:
beiten, welchen die Di. geweiht waren, theild aus
Geheimgebräuden, indem nicht bloS der in die
Di. Aujzunehmende eine Reihe von Prüfungen,
reinigenden Geremonien, Öelübden der Berjchwie:
genheit u. j. w. zu leiften hatte, jondern, indem
auch der Eultus jelbjt in ſymboliſchen Darftel:
lungen der Geheimlehre, meijt in dramatiſcher
Form bejtand, welche auf das Gemüth der Zu—
jhauenden (Eropten) einen tiefen Cindrud zu
machen beftimmt waren. Dabei jcheint der Ge:
genjaß von Tod und Xeben, die dee einer Wie:
dergeburt durch den Tod, des Lerjinfens in die
Unterwelt und der Hettung aus derjelben zu einem
höheren Dajein, in mannigfade myſtiſche Ver:
bindung gejegt mit dem Leben der Natur, in mel:
dem ſich Das höhere geiftige Xeben abjpiegelt, das
Grundthema und das dramatiſche Element in die:
jen Wyiterien gebildet zu haben, wie denn die
Mythen von Berjephone, Orpheus, Bacchus, Her:
tules, Gaftor und Bollug u. j. w. häufige Gegen:
jtände des griechiſchen Geheimeultus gewejen ſind.
Die berühmteften Myſterien waren die Gleufini-
ſchen und die Samothratiichen, weldhe unter dem
Schutze des Staates jtanden, die Bacchiſchen,
welche bald, namentlich auf italieniſchem Boden, zu
der Feier unfittliher Orgien entarteten, die Iſis—
myjterien, welche in Kom aus Aegypten einwan:
derten und eine große Berbreitung fanden, aber
ebenfalls einen unfittlihen Character annahmen.
Außer ven Öriehen und Römern waren es haupt:
jächlich die Aegypter, bei denen die Iſismyſterien
uralt jind, und von welchen Manche die griechiichen
Diyjterien ableiten wollen, und die Inder, deren
Brahmanendienft mit jeinem Gelübde der Ber:
ſchwiegenheit über Die Lehren der Religion, mit
jeiner Bramahnenſprache (dem Sanstrit) und
jeiner geheimen Tradition, wejentlih ein Myſte—
riendienft ift. Im Chriſtenthum hat der Gnoſti—
cismus den griehiichen Myiteriencultus erneuert,
und die Kirche hat in ihrer Arcandisciplin (ſ. d. U.)
wenigjtend aus dem h. Abendmahl ein Myſterium
zu jhaffen fich genöthigt gejehen. Vgl. Muth, über
die M. der Alten 1842. Peterſen, der geheime
Gottesdienſt bei den Griehen. Hamburg 1348.
Myfieismus iſt diejenige Erſcheinungsweiſe der
Frömmigkeit, in welcher der ſittliche Factor der:
jelben ungebührlich vor dem religiöjen zurücktritt,
indem einjeitig ein Gefühl der Gottbezogenheit Des
menſchlichen Geijtes feitgehalten wırd, jo Daß auch
unabhängig von der geſchichtlichen Offenbarung
Gottes und den Thatſachen des Heils und Des
religiöfen Gemeinjgaftsiebens, Gott und das
Göttliche durch unmittelbare Anſchauung und Er:
leuchtung eines inneren Lichtes erfannt werden
jo. Charakteriftifh für den M. ift demnad) das
Ausſchließen der Erkenntniß und der allgemein
menſchlichen Gejegmäßigteit vom religiöfen Leben.
In diejer Einjeitigkeit find zugleich die Befahren
und Ausjhreitungen des M. begründet. In dem
Gefühl der Seligteit einer Vereinigung mit Gott,
und dem Streben ſich völlig in Gott zu ver:
jenten, geht dem M. zunächſt der Unterſchied des
göttlihen und menſchlichen Geiites jomohl wie das
Befühl der eigenen wie der göttlichen Perſönlich—
feit verloren, wodurd die Gefahr pantheiftiicher
Verirrung ftetö nahe gelegt ift. Da der M. ferner
730
Myſticismus
lediglich auf innere Erfahrungen Werth legt, die
ſich dem logiſchen Begriffsvermögen entziehen, ſo
räumt er der Phantaſie einen um ſo gefährlicheren
Einfluß ein, als er jene Erfahrungen nur in Bil—
dern und dunkeln geheimnißvollen Sätzen aus:
ſprechen kann, denen möglicherweiſe wohl ein Ah—
nen, nicht aber ein Begreifen entgegen kommt.
Damit iſt dann die Ausartung in Schwärmerei
oder Enthufiafterei nahe gelegt, zumal die innere
Erfahrung häufig in Bifionen ſich ſelbſt Wegen:
ftändlich zu werden ſucht. Jnjofern dem M. weiter
die ihm innerlich gewiß gewordene Wahrheit als
Dffenbarungsthatjadhe gilt, ift die Entwidlung
dejjelben zum Fanatismus vorbereitet; und Da er
das Göttliche unmittelbar erfafjen will, ſomit feine
Difenbarungen, unabhängig von Drt, Zeit und
Geſchichte alle Entwidlung überjpringen können,
vereinigt er fi häufig mit dem Chiliasmus. Nur
auf das Innere des eigenen Gemüthes gerichtet
wird der M. endlich gleichgültig gegen daß Leben
in Kirche und Staat, und feine Conſequenz ift dann
ber Duietismus, mit vorwiegend astetiſcher Roral;
aufderandern Seite aber entjteht Durd) das Zurück⸗
treten des fittlihen, perſönlichen Elementes die
Gefahr des Hineinfallens in grobe Sinnlichkeit,
um jo mehr als das jelige Gefühl ber Bereinigung
durch die Bhantafie immer neu angeregt werden
muß, die ihre Bilder nur aus dem Irdiſchen neb:
men fann. Vielfach verwechjelt wird M. mit Pie:
tismus, Das Gemeinjame zwiſchen beiden ijt das
Borwiegen bes religiöjen Factors vor dem fittlichen,
d. h. ein Vorwiegen des religiöjen Gefühlsiebens
und eine relative Gleihgültigleit gegen die fitt:
lichen Gejtaltungen in Kirhe und Staat jomwie
gegen das Dogma; der Unterjchied beruht darin,
dag der M. ausdem Gefühl der Gemeinſchaft mit
Gott, bei welchem das Bewußtjein der Scherdung
verſchwunden tft, hervorgeht, bagegen der Pietis:
mus aus dem Bewußtjein der Scheidung, die er
fortwährend im Gefühl zu überwinden trachtet,
jo daß ſich beiihm das religiöfe Leben in religiöjen
Handlungen zu äußern jucht, die das Gefühl Der
Gemeinschaft hervorrufen oder unterhalten tollen,
während der M. gleichgültig gegen das äußere
Handeln im beijhaulihen Genup verharren fann.
Troß ihrer Berjchiedenheit gehen aber beide oft
Verbindungen miteinander ein.
Muyſtiſche Richtungen treten geſchichtlich und
als berechtigte Reactionen immer auf, wo das
wahre religidſe Leben in einem verknöcherten Dog⸗
matismus der Lehre oder im veräußerlichten For:
menmwejen des chriſtlichen Cultuslebens verkum—
mert iſt oder wo durch den Zuſtand des Geſell—
ſchaftslebens die Bethätigung der ſittlichen Kräfte
gebunden und unterdrückt iſt. Sie ſind keines
wegs dem Chriſtenthum eigenthümlich, vielmehr
hat der Buddhismus und der Islam ebenſo ſeine
myjtiihenSecten, wie auch Eſſener und Therapenden
gegenüber dem orthodoxen Ritualismus der Pha—
rıjäer eine Myſtik pflegten und wie fie das ſpätere
Judentum im Kabbaliämus entwidelte. Im
Chriſtenthum jind von den ältejten Zeiten Die
Klöjter die Zufluchtjtätten der myſtiſchen Richtung
gewejen (die Mönche der ägyptiſchen Wüſte, des
Athos, im Abendland vorzugsmweije die Francis:
caner); myjtiiche Secten waren die Montaniiten,
Mefjalianer,Euditen, die Bogomilen undſtatharer.
Von Amalrich von Bena und David von Dinanto
und dem Abt Joachim (ſ. d. A.) aus durchziehen
Myſticismus
myſtiſche Richtungen das ganze Mittelalter. Die
Reformation, welche nicht ohne innere Verbindung
mit der Myſtik war, hatte die myſtiſch-fanatiſchen
Richtungen Schwentfeld’3, der Antinomijten und
MWiedertäufer von ſich auszufcheiden, und in den
feparatiftiihen Bewegungen in der Kirche zu Ende
des 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts madt
ſich überall der Myſticismus geltend. Michael
Molinos, die Frau von Guyon, Fenelon, Angelus
Silefius find Namen, welche auffatholiicher Seite,
Zacol Böhme, Gottfried Arnold, die Baptijten,
die Quäker, die Lababiften, ein Peter Poiret,
eine Jane Leade, ein Breckling, Gichtelu. A. Erjchei:
nungen, welche in der proteftant. Kirche die Myjtit
im guten und im jchlimmen Sinn repräjentiren.
Unterjchieden von dem die übele Nebenbedeu:
tung in fi jhließenden M. bezeihnet Myjtit
als geſchichtlicher und theologiiher Begriff die
Richtung theologifcher Wifjeniwaft, welche entge:
gengejegt dem Glauben (nieris), wie erim Dogma
der Kirche überliefert ift oder der philojophi:
jhen Erkenntniß (yroaw), auf dem Wege un:
mittelbarer Anſchauung das Verſtändniß des
Göttlihen erlangen will. Dieje chriſtliche Myſtik
ſchließt fih an die myftiiche Theologie des Pſeudo—
dionyfius,Areopagita an; mit Bernhard von Clair:
vaur trat fie, die Einheit mit der Kirchenlehre be:
hauptend, in bewußten Gegenjag zur Scholaſtik.
In der Schule von S. Victor (geftiftet von Wil:
beim von Champeaur 1109) bildete jie fich zur
beſchaulichen Myjtit aus, deren Grundgedanten
in den Säßen: adscendere ad Deum est intrare
ad semet ipsum (Auffteigen zu Gott ift Einfehren
in ſich jetbjt) und: tantum deus cognoseitur,
quantum diligitur (Gott wird nur injomeit er:
fannt, alö er geliebt wird) enthalten find. Ihre
Hauptvertreter find Hugo, F 1141, Richard, F 1173
und Walther a. S. Bictore, + 1170. Ihnen folgte
Bonaventura 1221 —73, und Joh. Gerjon 1563
bis 1429 verjuchte eine Einigung der Myſtil und
Scholaſtit. Die deutiche Myſtik des Mittelalters,
vorbereitet durch Ruprecht von Deut, geht aus
von dem Dominitaner: Provinzial:Meijter&dhard:
ihre Hauptvertreter jind Tauler und Sufo, ihre
höchſte Blüthe ift die aus dem Ende des 14. Jahrh.
jtammende, zuerjt vonLuther herausgegebene, lange
irrthümlich Tauler zugeichriebene deutiche Theo:
logie. Tief jpeculativ hat fie ein praftiiches In—
terejje und macht ihre Gedanten vielfad in Pre:
digten dem Volke zugänglich. Gepflegt von den
Gottesfreunden und Brüdern des gemeinjamen
Lebens neigt fie in Nuysbroef zur Schwärmerei
und wendet fi) in Thomas a Kempis zu einer
tief innigen asketiſchen Frömmigleit. Durch den
Gegenjag gegen die Scholajtil, wie durch Die
Seijtesfreiheit eines eignen innern Lebens und die
damit verbundene gröpere Gleichgültigteit gegen
die gejchichtlich gewordene Kirche hat die Myſtik
die Reformation mit vorbereitet. Der Bater der
neuern deutſchen Myſtik ift Jalob Böhme (ſ. d. A.),
der auf Paracelſus fußt; von ihm abhängig iſt
die myſtiſche Theoſophie Bengels, Detingers (ſ. d.
A.) u. A. Die ſpätere Myſtik der katholiſchen Kir:
de ift nicht ſowohl jpeculativ als asketiſch und er:
baulih (Wad. Guyon, Fenelon, Bourignen). In—
dem die neuere Theologie das „Chriftus in ung“
bervorhebt, hat fie den wejentlihen Gedanken der
Myſtik in fi) aufgenommen. Bgl. Tholuf, Sufis-
muss. Theos. Persarum pantheistica, Berl. 1821.
731
Mythologie
Frank, die Rabbala Leipz. 1844. Höfling, der wahrh.
hiftorifche Myjtic. Erl, 1832, Theremin, über das
Weſen der myft. Theologie. Berl. 1833. Helffe:
rich, die Hr. Myſtik in ihrer Entwidlung. 2 Thle.
Hamb. 1842, Lisko, die Heilßlehre der Theologie,
deutſch Stuttg. 1857. Hamberger, Stimmen aus
dem Heiligthum der hriftl. Ryftit.2 Thle. Stuttg.
1857. Pfeiffer, deutſche Myſtiker im 14. Jahrh.
2 Bbe., Leipz. 1845 - 57.
Mythologie it die Sammlung der Mythen,
ihre Syitematifirung und Deutung. Ihr Rejultat
ijt die Darjtellung des Gejammtinhalts des reli-
gidjen Glaubens. Es gibt daher ſoviel Miytholo-
gien als es mythiſche Heligionen gibt. Jede My—
thologie zeigt, wie die eine religiöfe dee, bedingt
durch die Gedichte und die natürlichen Verhält—
niſſe eines Volles nad) einer Seite hin fich ent«
widelt und wie in der Geſchichte des auf dieſe M.
gebauten religiöjen Xebend, und im Zujammen:
hange mit dem Ganzen der Menſchheit, dasChriſten⸗
thum als Weltreligion vorbereitet und ermöglicht
worden iſt. Am wichtigſten ſind daher für die
Religionsgeſchichte die Mythologien der alten Eul:
turvölfer. Diejelben find bearbeitet: Ereuzer, Sym⸗
bolit und Wythologie der alten Völker, 4 Bode.
1810—12. 3. Aufl. Leipz. 183643. D. Müller,
Prolegomena zu einer wiſſenſch. Mythologie, Gött.
1825. Baur, Symbolif und Mythologie der Na:
turreligion des Altertyums. 3 Bd. Stuttg. 1824.
Buttmann, Mythologus, 2 Bde. Berlin 1828.
Stuhr, Allgem. Religionsgeſchichte der heidn. Böl«
fer. Bd. Lund 2, Berl. 1836. Heffter, die Nelis
gion der Griehen und Römer, Brandenb. 1843,
Edermann, Lehrbuch der Religionsgeſchichte und
Mythologie der vorzügliciten Völker des Alters
thums. 2 Bde. Halle 1845— 47. Braun, Griech.
Götterlehre, Hamb. und Gotha, 1845. Preller,
Griech. a re 2 Bde. 2. Aufl, Berlin 1861
— 62. Römiſche Mythologie, Yeipzig1857. Welder,
Griech. —— 3 Bde., Gött. 1867 — 61.
Populär: Stoll, Die Götter und Heroen des claſſ.
ur er 2 Bode. Leipz. 1861.
Mythologie der alten Germanen. Während
wir über die M. der Deutichen, auf die Angaben
römiſcher und jpäterer chriſtlicher Schriftiteller,
auf die Erforjhung erhaltener Sagen bejchränft,
jehr mangelhaft unterrichtet find, bietet uns da»
gegen die nordgermanijche jehr reichhaltige Quel⸗
len. Beide jedod) jind jehr nahe miteinander ver:
want, jo daß bie eine zur Ergänzung der andern
dient. Die Grundzüge der nordiſchen, (ſeandina⸗
viſchen) Mythologie, wie fie uns namentlid) in den
Liedern der ältern Edda erhalten it, find folgende:
In einem Urchaos (gap) unterjceiden fih Muss
pellheim (Feuer) und Nıflheim (Nebel). Aus —*
erzeugt ſich Ymir, der Rieſe, aus deſſen Arm
Mann und Weib, aus defjen Fuß ein Rieſenge—
jchleht hervorgeht; er nährt ji von der Milch
ver Kuh Audumbla, welde aus dem Salzgefteine
ein neues Wejen, Namens Buri, herausledt, von
defien Sohn Bör die Götter Odin, Bili und Ve
entitammen. Bon den legteren wird der Rieſe
Ymir erjchlagen ; jein Blut ertränft die Riefen und
nur Einer mit feinem Weibe, der Bater der jüngern
Niejen, entlommt. Aus Ymirs Gebeinen wird die
Welt, aus jeinem Blute das Meer, aus feinem
trleifche die Erde, aus feinem Schädel der Himmel -
gebildet. Der Gegenjag diejer weltbildenden Göt⸗
ter (der Ajen) gegen die Riejen (Jötunenjftellt ven
Mythologie
Kampf des Geiftes gegen die Naturgewalten dar.
Aber auch die Ajen bleiben nicht rein und unbe»
ar von den böjen Elementen. Durch die Ver:
miſchung mit Riejentöchtern (Thurjen) wird aud) |
132
Mythus
der Donnergott mit dem Donnerkeil, zugleich das
Bild der Furchtbarkeit; Tiu oder Ziu (daher
Dienftag, Ziustag), von Tacitus Mars genannt,
der Gott des Krieges. Unter den Göttinnen war
in ihnen der Durjt nad) Gold und die Selbftjucht | es namentlich die Nerthus, auf Rügen verehrt,
gewedt, undLoditrittin ihre Mitte, als ihr böjes | die mütterlich jorgende, die über Haus und Feld,
Princip und zugleich igr Untergang. Die Menſchen, Ehe und Familie waltet, und jegt noch in vielen
von Odin und Hönir mit geiftigen Kräften begabt,
nehmen durch Locki die Sinnlichfeit mit in fi
auf und werden dadurd mit in den Kampf des
Gewiſſens mit der Sünde hineingezogen. Ein
Sinnbild des Lebens in der Welt tft die große
Eiche Yggdraſil mit ihren drei bedeutungsvollen
Wurzeln, der einen mit dem Brunnen der Nornen,
der Lenkerinnen des Scyidjals, an weldem die
Götter Gericht halten, der zweiten mit dem Brun-
nen Mimirs, des Riejen, dem Brunnen der Weis:
Ar aus dem die Riejen die Kenntniß der Zukunft
chöpfen, in welcher fie den Kampf mit den Göttern
unternehmen werden; der dritten mit Dem Bruns:
nen der Vergeltung, aus dem die Ströme der Un:
terwelt iommen, welche die Verbrecher zu durch:
waten haben. An dem Gipfel der Eiche, ——
in die Walhalla ragt, nährt eine Ziege die Seelen
der gefallenen Helden. Es beginnen nun die Kämpfe |
ser Göttergeſchlechter untereinander, zuerjt der
Kampf der Ajen mit den Wanen; an der Spitze
der letztern ſteht Niördr, der Gott des Meeres,
und jeine Gemahlin Nerthus (nad Tacitus),
Sagen erkennbar ijt. Auch) die Sunna (Sonne)
und ihre Schweiter Sinthgunt (Gejtirne) wur:
den verehrt, Die Schidjalsgöttinnen, Nornen,
fommen in der nordiſchen und deutihen Sage
in gleicher Weife vor, außerdem eine große Zahl
übernatürlicher Weſen niederen Ranges, die Nie:
jen, die Elben, die Zwerge. Die Verehrung der Gott:
heit geſchah durch Opfer undan Feſten, welche mit
dem Lauf der Natur zujammenbingen. Die Orte
der Verehrung waren meiſtens — Einen
eigentlichen Prieſterſtand gab es nicht. Vgl. Jacob
Grimm, deutſche Mythologie 3. Aufl. 1854. Sim:
rod, Handbuch der d. Mythologie. 3. Aufl. Bonn
1569. Mannhardt, die Sötterwelt der deutſchen
und nordifchen Bölter. 1860.
Mythus. Wie unfer „Wäre, Märchen‘ allmäh:
(ich jede unglaubmwürdige Erzählung ausalter Zeit;
auf religiöſem Gebiete iſt M. im Unterfchied von
Sage, die von der dichtenden Phantafie geſchaffene
Eintleidung einer religiöſen Idee in das Gewand
einer gejhichtlihen Erzählung, während die Sage
die Ausbildung einer Gejchichtserzählung ift mit
die Göttin der Erde, deren Ehe Freyr, der Gott | Antnüpfung an eine Idee. In jeder Religion, die
des Friedens, und Freya, entiprungen, die Frie: | über den rohen Naturdienjt ſich erhebt, aber außer:
dens: und Liebesgöttin, welche Odin's Gemahlin | halb der Offenbarung jteht, it der Mythus die
wurde, als fie im Kampfe zwiſchen Ajen und Wa: | Form, in welcher der Inhalt des religiöfen lau:
nen den eritern als Geiſel überliefert wurde, und
darauf einen ebenfalls kriegeriſchen Charafter an:
nahm. Die fonit Frigg genannte Gemahlin
Odin's ſcheint nur eine andere Geftalt derjelben
Idee zu fein, und aud die deutſche Hulda iſt
die Friedensbotin und Götterfürgtin, weiche mit
Odin die Helden auf der Wahlitatt wählt. Um
Freya erhebt ji ein Kampf, als Yodi jie durch
Liſt in die Hände der lüjternen Riefen zu bringen
wußte. Ueberhaupt tritt Locki's böſes Wejen immer
deutlicher hervor; mit feiner ganzen Sippſchaft,
dem Narvi, dem Gott der Nacht und dejjen Tochter
Nott, mit dem Fenriswolf, der Midgardsichlange
undder Hel, droht er dem Alengeichlechte Berder:
ben, weßhalb dieje die Hel in die Unterwelt, die
Schlange in das Meer und den Wolf in Ketten
werfen. Odin zur Seite jtehen feine Söhne Thor,
der deutihe Donar, und Tyr, der deutihe Ziu
oder Tiu. Aber der Kampf ijt damit nod) nicht
vollendet. Als durch Lodi’s Lift der reinjte der
Götter, Baldur,getödtet wurde, wird Yodi zwar
auf eine Zeitlang gefeffelt, aber mit einem Dale,
jur Zeit der Götterfinſterniß, brechen alle böfen
Gemwalten los, Heimdall gibt das Signal zum
Kampfe, und das Ende eines furdtbaren (Hötter-
frieges ijt der Untergang Aller, der Ajen und der
tiefen und das Verſinken der Erde ins Meer, aber
aud) das Aufjteigen einer neuen Welt mit neuen
Göttern. Der große Gott, der jegt regiert, nicht
ein Gott des Krieges, jondern des Friedens, hat
ſchon früher unbemerkt die Hegierung der Welt in
einer Hand gehabt. — Die deutſchen Götter ent:
| rechen den nordijchen ziemlich genau. Hauptgott
it Wodan oder Wuotan, der nordijche Odin,
der Gott deö Himmels und der Xuft, der Jagd |
(das wilde Heer) und des Krieges; fern Donar,
mythiſch? Hamburg 1838,
bens überliefert wird. In demſelben wird das
in der Natur als Norm und Gejeg fihofjenbarende
Göttliche perjönlid, daher beginnt mit dem N.
der Anfang, das fittlihe Element ver Religion zur
Geltung zu fommen. Seit der Glaube an die In—
Ipiration der Bibel und die buchſtäbliche Geitung
ihres Inhalts wankend geworden, wurde zuerſt von
Herder die Frage aufgeworfen, ob nicht auch die
Urgeſchichte der Bibel als Nythus überliefert jei;
Dr. Strauß endlich machte den Verſuch, ſelbſt Das
xeben Jeju in Mythen aufzulöfen, nadzumeijen,
daß die abſichtslos dichtende Sage, angeregt dur
alttejtamentlice Gedanken und Ausdrucke, uͤrchriſt
liche Ideen in geſchichtsartige Erzählungen einge—
kleidet habe. Die dadurch angeregten tritiſchen
Forſchungen haben nicht nur im Groͤßen und Gan—
zen die Geſchichtlichkeit ver bibliſchen Erzählungen
dargethan, jondern auch Vieles aus der frühen
Periode als nur jagenhaft ausgeſchmuckte Geſchichte
erlannt, was man vordem als Nythus zu beirag)-
ten geneigt war, nichtsdejtoweniger haben aud
mythiſche Elemente ſich namentlich; ven Erinnerun:
gen der Urgeſchichte des Volkes Iſrael beigemiſcht
und gleicherweiſe glauben Viele, denen die Geſchicht⸗
lichteit des R. Teſtaments außer Zweifel ſteht,
mythiſche Elemente z. B. in der Kindheitsgeſchichte
Jeſu nachweiſen zu können. Was €. J. Rißtzſch
von dieſen Erzählungen ſagte, fie enthielten nicht
wirlliche, aber wahre Gejdichten, d. h. göttliche
Wahrgeiten in menjhlicher Form, gilt ım Grunde
von jevem wirklichen veligiöjen Diyihus auf jedem
Heligionsgebiete. Vergl. über Mythus und Sage
in der Bibel 9. Schulg, Altteſt. Theol. I, 30—44,
wo aud) die Yıtteratur angegeben. Ferner George,
Mythus und Sage 1357. Ullmann, Hiſtoriſch odet
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