Zur
Charakteristik
und
Naturgeschic.
der Frauen
Bogumil Goltz
3» ,\ C? >
STANFORD UNIVERSITY LIBRARIES
gur CtjarafterijHf
Haturgefdjidjte bev $vaum.
jUfy u+sk ***** ß*****?-»
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<iur Cfyarafteriftif
rntb
Haturgefdjicfyte ber $taum.
Von
33ogumil^<5olt$*
Nec sine in,
nec sine studio.
Seifte Auflage,
mit bem portrat nnb einer biograptnfäen Sft33e bts Derfaffers
Dr. <£rtd? 3anfe,
Perlegt von (Dito 3anfe
Berlin im 3<^re \<)0H.
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r." '-vc
H6( i^io
#eörucft oon W, VmQvlin in Cr^ig.
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Schriften von Bogumil <5olt$,
Buaj ber Kinbljeit. franffurt a.HI. W7. <*. 2IufI. Berlin *877.
Deutfdje (Entartung in bcr licfytf reunblia?en unb mobernen
£ebensart. franffurt a. ITt. W7.
Das ITCenfctyenbaf ein in feinen meltemigen §ügen unb
geidjen. 2 Bbe. ^ranffurt a.IH. *850. 2 2Xufl. Berlin \868.
(Ein^ugenbleben. Biograpluf djes 3byll aus IPejtpreujjen. 3 (^Bbe.
£etp3ig J85J. 2. Aufl. \865.
(Ein Kleinjtäbter in Egypten. Berlin *853. 3. Aufl. *877.
Der ITTenfd? unb bie £eute. Berlin J858.
(Ejafte Ittenfdjenf enntnis in Stubien unb Stereof f open.
3 Abteilungen.
{. §ur <£^arafterijtif unb Haturgefa>ia>te Der grauen. Berlin J859.
5. Aufl. *87<*.
2. §ur pfiyftgnomie unb <£fjarafterijri? bes Polfes. Berlin 1859.
3. Die Deutfdfert. (Etlmograpfn'fcfye Stubie. 2 Bbe. Berlin \eeo
2. Aufl. unter bem (Eitel: §ur (gefaxte unb <£l)arafterijtif
bes beutfdjen (Senius. \86<k.
(EvpenbercSefellfcfyaft, ein Komplimentierbud} olme Komplimente.
2 Bbe. Berlin \Q60. 4. Aufl. \867.
Binter ben Feigenblättern. 3 Bbe. Berlin \S6\— 6^. hieraus
Bb. 2 unb 3 unter ben (Etteln: Diagnofen, Signalements
unb Derbifte für ejafte IHenf a^enf enntnis. Berlin J873.
(Eine Umgangsptfilof optfie. Berlin \873.
Die B Übung unb bie <5ebil beten. (Eine Beleuchtung ber
mobernen guftänbe. 2 Bbe. Berlin \86^. 2. Aufl. *867.
Das Kneipen unb bie Kneip»<Senies. Berlin \866.
Die IDeltfluglteit unb bie £ebensmeislteit mit iljren
forrefponbierenben Stubien. 2 Bbe. Berlin \869.
Porlef ungen. 2 Bbe. Berlin \869. Bb. bie (El^e unb (Efjefianbs.
Kanbibaten. — c^arafteriftif ber männer unb f rauen. 2 Aufl. *87*.
2. Bb. Sffafefpeare (Senius unb bie (Eragöbie garnier. — Kinblfett,
3ugenb unb Alter. — Das beutfc^e Polfsmärdjen unb fein fjumor.
2. Aufl. \87\.
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3nIjolt.
Seilt.
I. Pergleifoenbe dharafteriftif ber grauen unb IHänner . . \
II. Der Kfyyttimus unb bie meiblidpe XIatur 22
III. Die elementare ZTatur ber grauen 30
IV. (gra^ie unb £iebensroürbigfeit go
V. Die giebenstsürbigfeit unb ifyr IHalfreur ^8
VI. v ftauen=Sd?önheit 5^
VII. ^rauen*fllalfreur 65
VTIL Die Siebe 311m anbera (Sefd?led?t 70
IX. &ur Apologie ber grauen 7q
X. Brautftanb unb (gfre,
\. graut unb 33räuttaam 85
2. (Efre 9<t
XI. §ur naturgefd?id?te ber ITTürter \o+
XII. §ur oergleicfrenben Cfrarafterifttf ber grauen.
Die Spanierin \\+
Die 3tQlienerin U9
Die Haffln \25
§ur r>ergleicfyettben fcljaraf'terifrtr' ber grauen 125
XIII. Denunctationen gegen bas toeiblicfre (5efd?lea?t.
a) ^rauen3immer»Haifon 158
b) grauen «daprice, gätjigfeit, 3 Ttcott f eaue "3/ Wetter«
ruenbigfeit unb (Sebutb w
c) grauen vermengen bas (ßrögefie nnb Klehtjre orjne tOtrj
nnb Junior, aus HTangel an (Draan für Unterorbnung
ber Xtebenfadje unter ein prinetp 157
r
— VIII —
Seite.
d) ^raucn3tmmer^g^0Tt uttb Satisfactioneit ^65
(£ine fiodjmutrtS'närritt \70
e) Die Knauferei unb ber <5ct3 bes fcfyöncn (5efd?lcd?ts . \7*
f) Die £ügc unb Derfteüuna, ber grauen \77
g) 8)üa.e ^engniffe con (Sranfamfeit in ber roeiblicfyen
ttatur 185
h) Die Sünben ber grauen gegen bas meiblidje (Seflnbe 190
i) §u bem Signalement ber gemeinen IDeiber \95
XIV. tflinfe für 5eiratt?s*cranbibaten 210
(Ein paar tUortc über alte ITTäbcfyctt 250
XV. Die Sdmlbilbung ber grauen unb ifyre (gmanetpation
a) Die prononcirt f dmla,ebilbeten Damen unb ihre £iebens»
rpürbigfeit in ber (gfre 236
b) £rauen«Perftonb 2^5
c) Blanjrrnmpfe 250
d) (Ein paar tDorte über inäbdjen'<2r3telmng unb Sdjnl«
Unterricht 25 \
Die &eit trägt einen Hanjen auf bem Hflcfen
ITorln fie Srotfen toirft für bas Dergeflen
Das grofe Sd>eufal oon Unbanfbarfeit.
Die Krumen flnb oergang'ne (Bro&tbat, aufgejeort
So fd>Ieunig als ix>ltt>rad>t, fo balb oergeffen
2(Is aus geführt. Sljafefpeare.
Üterunbbreifjig 3^re ftnb oerfloffen, feit Bogumil <5olfe
bie #ugen fcftlog. ZKit ifym ging ein ZHann batyn, beffen
tiefempfundenen, burd? edjte £jer3enspoefte ©erflärten 3djil-
berungcn feiner Kindheit unb feiner 3ugenb, beffen föftlidier
fjumor unb fprubelnber IDife, oft 3U beigenber Satire ©er*
fdjärft, beffen baroefe (Einfälle unb urwüdiftge <5enialit&t bas
<£nt3ücfen feiner Seitgeuoffen gewefen waren, fjeute fennt
man üm nur nodj bem Hamen nadj, fürwafyr, Sfyafefpeare
würbe mit feinen IDorten Hedjt behalten, wenn man ber
5«it nidit fur3 entf dlloffen ifyren Hanjen abfdmallte unb bie
3rocfen, für uns föjHidje Sdjäfce, wieber Ijeroor^olte. €s
ijt eine beutfcfye €fyrenpflidit, bie bebeutfamften Schriften
23ogumü (5olfc* nietet ber Pergeffenfyeit anleint fallen $u
laffen, benn wenige fyxben es cerflanben wie er, bas beutfd?e
(ßemüt^, ben Sauber ber beutfdfen fjeimatft in Upen Schriften
u>iber3ufpiegeln, nur wenige Ifaben bie große Äüfle geijwoHer
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— X -
(Sebanfen unb tiefftnniger Cljarafterfdiüberungen aufeurceifen
wie er.
3ogumiI <5oIfc tourbe als ber jüngße r>on ©ier (Befditoifiern,
3u>ei SdjtDejlcrn unb einem 33ruber, am 20. ZTIär3 \80\ in
IDarfdiau geboren, bas oamals nodi unter preußtfdier fjerr«
fdjaft n>ar. Sein Pater roar Stabtgeridits»2)treftor, 3ug(eidi
2lmx>alt unb Ztotar. €r fyelt eine große Kablet in (einem
eigenen großen I?aufe aufbem Clomacfi-^of, bas ber Sage
nadf audj bas <5eburtsfjaus König Sobiesfy's von Polen
geroefen fein fo£L 5ein Pater war njo^l^abenb, befaß in
ber Stabt Xüagen unb pferbe unb, brei ZHeilen oon War*
\d\a\i entfernt, bas fdjöne Canbgut ZHilanotoef. So fam es,
baß ber Knabe friu} mit bem Canbleben vertraut nmrbe unb auf
biefem <ßute feiner (Eltern bas „rings oon bewalbeten Bergen
umgeben, auf einer fanft anßeigenben XjöJie an einem großen
See lag", erhielt er feine fritfjeften <£inbrücfe, bie im Perein
mit feiner länblidjen (Zt^iefyxng fpäter für lange Seit auf
feinen Cebenslauf bejhmmenb eingeisirft Jjaben unb audj ben
Stoff für feine erfle biditerifdje Arbeit lieferten, für bas
berühmte „3ud| ber Kinbljeit". Dort fdjilbert er biefe (Ein-
brüefe in ?öju*id?er IDeife: „3di u>ar ein lebhafter 3*inge
unb fein Kopplänger, aber bas IPunber bes Dafeins machte
midi immer toieber nadibenflicb, träumerifd? unb roieberaufdit!
(Es roar eine ^eilige £ebensinbrunfl, bie mit mir als einem
propfyetifcfj Per3Ücften ifyren fymmtifdien Spuf trieb; idi
liebte bas Ceben in mir felbjl u>ie in aller Kreatur, idi mußte
3U Seiten jUtte flehen unb midi betauen, midi im Quell
befpiegeln unb bann jaudften, baß idi aud? ejijtfrte, baß idi
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— XI —
lebenbig mar, unb bann warf id\ midi auf bie <£rbe unb
Fügte fie als bie 2Iu*murter, bie all bas Ceben mit ben €le»
menten 3eugte unb näfyrte. Wk aber biefelbe <£rbe bas
€r3eugte tx>ieberum in tfjr Clement 3urücftt>anble unb es t>er«
3el?rc u>ie fte es ernähre, bas tarn mir bamals md\t in ben
Sinn; ebenfo überfafy idj über bem großem IDunber bes
Cebenbigen in ber Kreatur, tr>ie bie Pflogen unb insbefon«
bere bie Bäume es anfingen, fo mir nichts, bir nichts aus
ber fcrftx>ar3en €rbe rjeraus3urDad}fen, in fjeHen färben unb
ht taufenb 3arten 5ormen, hinein in bie blaue Cuft. Die
pffan3enu>elt berührte midj met|r in unbefh'mmter IDeife.
3d? empfanb fte in meiner Seele tx>ie eine natürliche ZTiagie
unb Räuberei (Bottes. . . . IDas aber lebenbig n?ar, n?as
aus eigenem IDu-j um^erge^en unb fielen ober frieden,
fdjirmnmen unb fliegen fonnte, toas klugen, (Dfyren unb fünf
Sinne Ijatte gleid? ben meinigen unb obenbrein ein fyr^, bas
mar aud) an mein eigenes £}cr3 abrefftrt, an mein freatür»
lidjes IHitgefüfyl, an mein Erbarmen unb meine Särtlicrj»
feit "
Diefes ecrjte Kinbfyeitsparabies ging ifym aber früf} r>er«
loren. ZTTilanotoef brannte 3»eimal rnntereinanber burcrj
Blifcfdilag unb Unoorficrjtigfeit ber DienfUeute ab, infolge«
beffen txmrbe bas <6ut oerfauft unb bas £anb von ben (Eltern
oerlaffen. Da aucrj aus ber erjten <£fje bes Paters eine
3al|Ireicr|e Kinberfcrjar ©or^anben tx>ar unb ber oiel befertäf«
tigte Pater bas €r3ielmngsgefcr|äft ber baburd] überbürbeten
ttlutter überließ, trmrbe ber Meine 23ogumil „in 2Inbetracr|t
feines intellectuell obfiinaten Naturells, feiner Unarten unb
<DriginaleinfäHe" im Jaljre J808 einer alten 5«unbin feiner
ZTCutter, ber <Sattin bes Hauptmanns Don C^iefen^aufen
übergeben unb ftebelte auf einige 3<*fae nadi Königsberg
über. Dort befugte er 3ix>ei 3^re lang bas Kneipfyöftfdie
(Symnaftum, tx>o er ber Schüler bes profeffors (Sottlieb
CeBjmann n>ar, befannt als ZTCitftifter bes Cugenbbunbes unb
burdf feltene päbagogifdje <5aben ausge3etdmet. Die Wolf
nung feiner Pflegeeltern lag bidjt neben ber ©nfafpt bes
(ßaftfjofes „3um fdjroa^en Hofj", rx>o Ijauptfädilicb, £anbbe«
tooEmer unb 5ub 4 rleute perfekten. Diefe <5aßeinfa(}rt „3nm
fäwax$en Hofc" gab ibm bas erjiemal (Belegenbett, £ebens«
unb ZHenfdienjhibien 3U machen, bie 3tpeite Seite feiner Bega-
bung, bie er fpäter in einer Heifye pon Sdjriften fo glän3enb
betätigte. groar braute er 3um Slerger feiner Pflegeeltern
auger 3eriffenen Vermein unb befdjmufcten 23einfleibern nodi
allerlei Hebensarten, Kraftausbrücfe unb fdjledjte IDifee nadj
^aufe, bie ifmt Eikbe unb €mfperren eintrugen, aber roie
er felbjl fdjreibt, roar iljm als baarer (Seroinn bagegen eine
<5runblage 3ur Kenntniß bes gemeinen ZTTannes, ein fyr$
unb 3n*ereffe für allerlei Z>oIf unb (Seftnbe, ein Sinn unb
Derßänbnifj für allerlei Cebens« unb Hebensarten, ein Con
Pom £eben unb Däfern, fur3 ein (Element 3urücFgeblieben,
bas er nidjt gegen bie Dinge Bjätte pertaufdjen mögen, bie
ümt bei feinem (Saffenleben unb bei feinem Untertreiben im
fd}tt>ar3en Hofe etu>a entgangen u>ären. 2lber noeb, 3toci
anbere St&tten übten ifjren <£influfj auf fein Knabengemütfy
aus, ber ^aberbergifdie unb ber Hoggärtifdje 5riebb,of.
Dorthin ging er „n>enn er pon allem lebenbigen hn fdiaxH^en
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_ xra -
8og gefättigt war, es in ben Cob 3U überfefcen", bort
empfing feine Kinberfeele bie €mbrücfe bes menfchlichen
€rben* unb tEobesfchme^es unb auf ben (ßräbem biefer Kirch-
höfe ha* er „bie €mpfmbungen, bie PorjteHungen bes Cobes
unb ber Pergänglichfeit alles 3rbifdjen, ber Vernichtung unb
ber €rbennichttgfeit, bes ZTichtsfeins in allem Dafein unb
Sein für fein gan3es Ceben in ftch enturicfelt unb feinem
gansen 2ftenfchen 3U eigen gemacht 7 '.
Sein Aufenthalt in Königsberg enbete mit bem 3aljre \8\0,
wo er 3U bem Pfarrer 3acfftein, ebenfalls einem 5reunbe
feiner Altern, in pflege unb Unterricht gegeben »urbe, nach
Klein«tEromnau bei ZUarienroerber. Auger ihm beherbergte
bas Pfarrhaus noch 6 anbere Knaben unb fyet gerieth er
aufs neue in ben Bann bes länblichen febens. Ztachbem
er feine Sdmflaufbahn auf bem (Symnaflum in ZHarien*
n>erber unb 3um Schlug noch einmal in Königsberg beenbigt
hatte, entfchlofj er ftch, nunmehr \7 alt, Canbunrth
3u »erben. Sein Pater brachte ihn 3U einem 5**unbe auf
bas Amt Ciechocin bei Chorn unb bort erlernte er bie £anb«
»irthfchaft. Aber ein inneres Bebürfnig nach Pen>oHfommung
feiner roiffenfchaftlichen Ausbilbung trieb ihn mit ZHacht 3um
Stubium. ^82( ging er nach Breslau als Stubent ber
Cheologie unb philofophie. Doch auch h«* foßte feines
Bleibens nicht fein. Hoch ehe er feine Stuokn beenbigt
^atte, übernahm er auf ben IDunfch feines Paters, ber feinen
nahen (Eob porausfah/ bie Betoirthfchaftung bes väterlichen
(Sutes CiffetDO bei Chorn, bas ihm nach bem balb barauf
mirflich erfolgten tCobe bes Paters als €rbe 3ufiel. Kur3e
- XIV —
Seit fpäter jtorb auch feine ZHutter, beren (Eob t^n befonbers
hart traf. 1823 n>urbe ihm bas (ßfücf 311 tEjetl, eine Cebens*
gefährtin 311 finben, in ber Codjter eines ihm benachbarten
(Butsbeftfeers, Amalie 3ofephme von Blumberg, ber er in
feinem „3ugenbleben" unter bem ZTamen „eignes" ein
Denfmal gefefet h<*t
3n feiner Caufba^n als Canbtoirth tjatte er roenig <5lücf,
er mußte bas (5ut £iffeu>o oerfaufen unb Derfuchte es bann
eine Heü^e oon3a^ren mit Pachtungen, pcm ^30 an in bem
Keinen Stäbtchen (ßoöub. Zladi \7 langen 3<*h**"/ beren
(Elenb er fchwer empfanb, — n>ar er boch auf ben befannten
Perfehr mit Bürgermeijter, 21pothefer, Doftor unb <5ren3«
fontrofleur angeroiefen, — entfchloß er fich enblich, bie £anb«
urirthfchaft gan3 3U t>erlaffen. 3" X>orrebe 3U „€in
Kleinftäbter in Aegypten 7 ' fchitbert er biefen bebeutfamen
ZHoment, in bem er enblich feinen wallten Beruf erfannte.
„Da trat ber <5enius meines Gebens x>or mich hin unb fagte:
„ZtTenfch, bebenfe bein €nbe", aber nicht fürber in fjühner»
horjt; Du h<*(* bereits pips unb ZHaufer überftenben, bu
biß für eine fyötytc Staffel getx>eiht. — 3*fe* benfe barauf,
tx>ie bu beine Cenben gürteft, ben Staub von beinen 5üßen
fchütteljt, unb nie roieberfehrji Damit bu bies aber ©er«
mögeft, fo fchreibe bies Buch! — 3" bemfelbigen klugen«
blicfe erfchien vov meinen t>er3Ücften Blicfen ber lichte <5enius
meiner Kinbheit. €r bjelt eine Schrift in fjänben, auf beren
tEitelblatt in farbenglühenben unb golbigen Settern „Kinbheit"
3u lefen ftanb Diesmal fyelt ich &en (Eraum feft unb
machte €rnjl mit ber SchriftfleHerei unb fiel boch nicht aus
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- XV -
meiner Hotte, fonbern in ben tieften Seelentraum, in ben
ZTCittelpunft ber Ztatur, in „bie ^eiligen parabiesträume ber
Kmbheit" 3urücf unb fchrieb jte nieder unb nannte pe „33uch
ber Kmbheit" unb »erfaufte mein 3isdjen ^ab unb (5ut
unb ging Ijaufiren mit meinem ZHanuffript". Der Perleger
I}. Simmer in 5ranffurt am ZHain übernahm ben Perlag
biefes „€rjumgsu>erfes", bas (ßolfe in froher Seit einen geach-
teten Ztamen serfchaffte. (Solfc lieg jich nun bauernb in
tL^orn nieber, von wo aus er feine Beifen burch Deutfeh'
lanb, polen, Sranfreich, cZnglanb, 3talien unb (Egypten,
burch bie prooence unb Algier machte. 23ei feiner Hüc? fefyr
aus (Egypten berührte er IDien unb 5*iebrich ffebbel
^atte <5elegenheit, burch Vermittlung ber 5rau o. (ßoethe
il?n fennen 3U lernen. 3h m serbanfen wir etnc äußerji mte«
reffante Schilberung bes außergewöhnlichen tfiannes, ber
rafch ein großes Zutrauen 3U Hebbel gefaßt hatte. (Solfe
überreichte ihm auch fem „33uch ber Kinbheit", über bas
fjebbel ftch gan3 heroorragenb günjtfg ausfprach. 3^h fann
mir nicht perfagen, biefen 2luffafc Hebbels, ber wohl bas
bebeutenbjle ift, was über 3ogumil <5olfe »eroffentlicht
würbe, wenn auch mit einigen Kür3ungen hier wieber3ugeben.
23ei einem ZlTittageffen trafen bie beiben Dichter 3ufammen.
Hebbel fchreibt: „€r war mir bamals ein bloßer Harne, ben ich
obenbrein erjl aus bem €inlabungsbrief fennen lernte, aber wie
rafch r»erwanbelte ftch biefer ttame in eine lebenbige (Beftalt
mit ben fchärffien bejmumteften gügen! c£in ftarffnochiger
etwas hagerer ZHann mit burchbringenben klugen, mächtig
herporfpringenber ZIafe unb einer Stirn, bie cEigenjmn unb
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— XVI —
rOtflensfraft 3ugletch ab3ufpiegeln fchien, perorirte in einem
Kreife von erfchroefenen Damen unb paunenben Herren mit
mächtiger Stimme gegen bas fdjöne 3talien; feine <5arbe«
robe erinnerte an einen profeffor aus ber ehrumrbigen Seit,
iüo Cefpng, als er tan$en unb fechten lernte, pdf gegen feinen
Pater roeitläupg barüber ©erantroorten mußte; ber 5ra<f
fchien ein uraltes (Erbpücf $u fein unb ein roeißes tEuch, bis
über bas Kinn bmaufgebnnben ooüenbete ben uroäterlicr/en
<£inbrucf. 21ber feine <5ebanfen roaren nicht alt unb beraubt,
in tornigjier Sprache entroicfelte er eine Hetfje ber origi«
neüjten Slnpchten unb 3been, bie fdjlagenbpen 21usbrücfe, bie
treffenbjlen 3ilber panben ihm 3U <5ebot, unb bas Schnei-
benbe feiner 2leußerungen trmrbe burch bie Unmittelbarfeit
ihrer Beugung, bie bas IDägen unb ZHeffen ausfcr/ließt, bodj
roieber gemilbert. €s giebt nämlich eine boppelte 21rt bes
(Sefprädjs, bie auch eine boppelte Aufnahme bebingt
Bei re^ectirenben XHenfchen ip es ein (Sebanfenertraft, in
reellem bas Unbewußte faP gan3 3urücf tritt; pe fpreeben
heute aus, was pe gepern badeten, wählen unb mifdien mit
Ueberlegung bie 5arben, 3eidmen mit per/erer £janb bie Um«
rtffe unb fchreiben eigentlich nur mit ber gunge. Diefe pnb
für Ellies, was pe fagen, perantoortlich, unb nriffen es auch
recht gut. 3ei fchöpferifdjen Staturen bagegen ip es ein
pr<>3eß, ben ber Sufyörer in allen feinen phafen mit burch«
machen muß unb beflen prä3ipitat erp aus ber lebenbigPen
5riction aller Kräfte ^eroorgeht ZTIit biefen roirb nur ein
fleinliches 3nbipibuum rechten, nur ein folcb.es, bas unfähig
ip, bas £eben im großen Sinn auf3ufaffen, unb bas eben
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— XVII -
darum an formen Anftofc nimmt, rockte ber mit ftd? felbji
ringenbe (Beiß, ber fidj iftrer in biefer Minute bebient, in
ber nädtfen aus eigener Belegung fd?on »ieber 3erfd}lägt.
gu tftnen gehört (Solfe. — ZTCit yatien, bas er 3iilefct
gefeiten ftatte, tr»ar er gan3 befonbers unsufrieben; natürlich
nidjt mit bem £an^ mit bem Blauen fjimmel unb ben mit»
ben Cüften, fonbern mit ben ZTCenfdien unb iftren gujtänben.
(Sing er foroeit, bafj man ftdj eine befdjetbene €inn>enbung
erlauben 3U müffen glaubte, fo lautete feine €rmiberung: er
erwarte, bafj man fubtrafyren fönne, unb fefee bie ©ier
Species überhaupt bei 3ebermann Boraus. £}atte man an
biefer Abfertigung nod] nidjt genug, freu3te man ilm nod]
mtt einer 3**^^^ 23emerfung, fo roar er im Stanbe, bie
Augen urie ein ZHärrfrer auf3ufdflagen unb aus3urufen:
(Sott, o3ott, es giebt auf beiner €rbe nur €inen bummen
Kerl, unb man fann ifyn nidit ausmeicften, man trifft Um
cor ben p^ramiben, im Koloffeum unb überaß! fjatte er
feinem Aerger auf biefe lüeife genug getljan, fo trat äugen*
blicf lieft bie Heue ein, unb er fagte gutmütig: baß meine
5reunbe an mir lieben, tx>as liebenstoürbig ift, bas banfe
iftnen ber (Eeufel; jte muffen aueft bas Uebrige mit in Kauf
nehmen! Als man iftm bas naice H>efen ber 3taliener ent»
gegenftielt, oerfefete er: bie Haioetät bes Hebftuftns ift nod)
größer unb bennoeft pflegt man es nieftt über ben ZTlenfcften
3u ergeben; übrigens ijt es mir lieber, roenn berjenige, ber
mieft tobtfdflägt, ftinterbrein nadj alter beutfefter Art, pom
(Beunffen gejagt, baoon läuft als wenn er fieft in gut italie*
nifefter UTanicr aus meinem Ceicftnam ein Kopffiffen maeftt
b
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— xvni —
unb jkh niederlegt, um ftch von 6er gehabten Anstrengung
3u erholen. Von ber Hlatthenigfeit unferer Seit meinte er,
u>oy nicht ohne (Brunb, bie ZKenfchen hätten tyitt 3U <Eage
nur eben fo r>iel Seele, bafc bas 5leifch nicht faule. €m
roeiches, leicht erregbares <5emüth fam aber auch oon Seit
3U geit in un3«>eibeutigen Spuren 3um Porfchein, und ich
über3eugte mich balb, baß bie anfcheinenbe ^arte bes ZKannes
eben nur aus feiner 21ngji vot bem $u mächtigen Heber*
frönten bes tiefen (ßefühls, beffen er fleh im 3nnerjten bewußt
tr>ar, h*™orgebe. . . . Selten machte ein ZHenfd? auf mich
einen fo gan3 eigentümlichen unb barum bauernben ciin-
brucf, ber erjte <5ebanfe, ben er, unb nicht bei mir allein
eru>ecfte, u>ar, er müßte in ber nächften Stunbe Pom Heroen-
fteber befallen »erben; aber gleich, ber 3n>eite, er habe mit
Kranfheiten gar nichts 3U fchaffen". Ueber bas „23uch ber
Kmbhett" urteilt Hebbel: „Von welcher 5üfle ber echteren
poefle ftrofct fajt jebes Kapitel! Wenn es jemals einen
Dichter gab, ber ben Pfab 3um parabies ber Kinb«
heit 3urücffanb, fo ift es (Bolfe. IHeine Sympathie für
ben Stoff mürbe mich nicht blinb für bie ZKangelhaftigfeit
ber 5orm machen, unb gerabe biefe ift, einige unerhebliche
ftylifttfche ZTachläfftgFeiten unb Schiefheiten in ber Safcbilbung
abgerechnet, ooHenbet 3U nennen. <5olfe iji ein fanbsmann
oon fjippel, ^joffmann, Hamann unb Kant. Hippel fcheint
jenen 23licf für's Detail bes Stilllebens auf ihn oererbt 3U
haben, ber feinen „Cebensläufen" bie flaffifche Seite gab;
fjoffmann bas glän3enbe, 2Iber unb Herr* 3ugleich in ben
Böhmen bringenbe Darjleflungstalent. Von Hamann fyat er
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einen ntYftifcfjen gug, ber Um abhält, bie Zladit als bie
blojje 2lbtt>efenlfeit bes tEages aufcufaffen, unb in fo a>eit
gefunb ift, als er btes tfrnt; von Kant fyat er nichts unb bas
ift fdjabe, benn bas 2(ngebinbe bes großen Paters ber Kritif
hätte Um o^ne Sweifel gegen bie erß jtd? entroicfelnbe neue
(Drbnmtg ber Dinge etwas gerechter, unb gegen bie oon ifyc
befetjbete alte etwas ferupulöfer gemacht, als er ju fein fdjemt".
ZDeldje Senfation fein Aufenthalt in XDten machte — er
hielt bort oerfchiebene Porträge — erfteht man auch aus
einem Sluffafce Kürnbergers, bes Dichters bes „2lmerifa*
müben" in feinem Banbe „Citerarifche £}er$ensfachen", wo er
(treibt : „Die IDiener werben einen ZHann Fennen lernen,
ber nicht feinesgleichen fyxt (Der 2lrtifel ift oor Beginn ber
Portrage gefchrieben.) Hie ^at ein ZHenfch ftärfer empfunben,
eigentümlicher gebacht, felbjtänbiger gelebt als ber ZKann,
ber ba tyroovbt\d\t aus ben IDälbern unb ZHoorgrünben
<2>jtpreußens, tote ber fabelhafte (Eid), ber Urhirfch in ber
uon BtcilYftoF, wo er als Heft einer untergegangenen
liefen weit nur noch in wenigen <£remplaren ins 3<*h r '
Imnbert Ijineinlebt. Bogumil <5olfc ijt eine Hrfchrift ber
Zlatur. XDo er auftritt, erfcheint alles um Um ^er wie eine
21bfd)rift unb eine 2lbfchrift ber 21bfchrift. ZKan fönnte
fagen: €s giebt vier Elemente unb Bogumil (ßolfc iß bas
fünfte. €r ift eine (ßefammtausgabe bes Cebens, eine
jener 5aujmaturen, welche in fleh ben ganjen ttlifroFosmus
tragen." XDahrlich, ftarfe ZDorte, wie jte nur über wenige
gefchrieben worben ftnb. Rubere feiner Seitgenoffen äußern
fleh ähnlich, fo £ubolf oon (Bottfchall in einem <£ffaY über
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03olfe in „Unfere Seit", fo ®tto Spielberg im 2flufeum von
Hobert prüfe unb einer befonberen „Denfrebe auf Bogumil
<5olfe" wo er bie ZTCeinung ausfpridft/ erft bas 20. 3a^r»
fymbert mürbe (Bolfe richtig 311 nmrbigen tmjfen. €in (Ojei!
all ber Cobeser^ebungen, bas muß gerecfyermetfe gefagt
roerben, ijl wolfl freilid? auai bem gewaltigen <£inbrucf
feines münblidfen Vortrags 3U3ufdireiben, benn nrie anbers
rotrft bas gefprodjene Wort, als bas gefdjriebene. 2ludj
barüber jtnb mvc gut unterridjtet, in feinen „«Erinnerungen"
fcfnlbert £ubn>ig pietfdj uns (Bolfe beim Portrage. „Die
Keinen, grauen tiefliegenben klugen blifeten unb fprüfyen aus
ben Schatten ber Überhängenben Brauen ^eroor, wenn er 3U
fpredfen begann unb feine £ebe im unperfälfchtejlen, rneft-
preußifd?en Dtaleft, bann feffeüos n?ie ein toüber Bacfyftrom,
balb prächtig raufcfyenb, balb polternb, balb frvjtollflar, balb
<5erött, Kies unb fdi»ere Blöcfe u>äl3enb, bahinflutete unb
uurbelte ohne einen IHoment bes Stocfens. Xtlan Ijörte ihm
balb fyngeriffen unb begeifert, balb betäubt unb geärgert
toortlos 3U. Ciefe JDeisljeitsfprudie, oenoegene Behauptungen,
fpannenbe Zählungen eigener unb frember €rlebniffe, Ztatur»
fdftlberungen, grotesfe Pergleiche, grimmige Ausfälle, Per-
toünfchungen unb 3nt>ectit>en, polnifche 3uben« unb tt>e(t«
preujjifche Dorf- unb Kleinftobtgefchichten ©oH übertoältigenber
Komif, gldn3enbe Schilberungen, ergreifenbe f^ens*
ergiegungen, äjtyetifdie (E^eorien, fritifche unb enthufiaftifche
Beurteilungen t>on Kunjtoerfen aus alter unb neuer Seit
brängten jich, oft in ungeheuerlichen tPortbilbungen unb Safy
formen ausgeprägt in »irrem Durcheinanber oon feinen tippen."
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Wie ttm liier ptetfch fchilbert, fo fmben mir ifyx auch in
feinen Schriften. 2TUt Ausnahme weniger, 3U benen „bas
Buch ber Kinbheit" unb „bie ttaturgefchichte ber 5*<*uen"
gehören, fommt (Solfe in feinen Schriften 3U feinem ge«
nügenben Abfchlufj. Das Sprunghafte, bas Abgebrochene
überwiegt, es fe^lt ihm bie (5abe ber ^ufammenfaffung, bie
5üfle ber <BebanFen, fem Kraftbewußtfein fprengt bie 5orm.
So fommt es, baß feine Schriften nicht als eigentliche Kunjt*
werfe 3U betrachten ftnb, es fefyt ihnen ber große, lettenbe
(Sebanfe; ein Buch oon <5olfe ift wie ein 5*uerwerf,
bie einseinen Strahlen fließen blifcartig h**©or, aber fte
Serftreuen fleh in einen Hegen oon 5unfen, jeber eiserne fällt
nieber unb erlifcht unb ber Sufchauer reibt jtch bie Augen oer«
wunbertbarüber, »0 all ber <BIan3 hingefchwunben fei. Bogumil
(Bolfc h^i * eme bebeutenbe <5ej!alt gefdjaffen in feinen
IDerfen wie anbere, aber er giebt überall ftch, unb bamit
wieber neue Häthfel, benn er ijt immer ein anberer. „Die
tlatur fyxt ihm fchweres Unheil gethan," fchreibt Kürn-
berger, „biefe launifche KünjHerin, tpelche {ich HTühe nimmt,
ein ZnoospfIän3chen aus3uarbeiten, h«* einem Hlcifterfrücfe,
wie Bogumil (Solfc, ihre lefete §anb ©erfagt unb es unfertig
in bie ZDelt geworfen." nicht bie Statur, bas Schicffal
hätte bie lefete Ijanb anlegen müffen, hätte ihm auf ben
rechten IDeg h*lf*n foHen, ben er bis 3U feinem ^7. 3<*h*e
oerfehlte. 5 U fpä* erfannte er feinen wahren Beruf, als
es enblich gefchehen war, ba war feine egntwieflung ab«
gefchloffen ober vielmehr bie €ntwicflungsfähigfeit fafl ein*
gefchlummert unb beshalb fyat C5 ™* 3 ur X>oöenbung
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Bringen fdnnen. Slber auch fo bleibt genug bes Schönen
übrig.
Seit feiner ZTieberlaffung in (E^orn lebte er gctn3 feiner
5eber unb feinen Heifen, unb ber <£r3tehung feiner Pflege«
finber, benn eigener Kinberfegen tr>ar ihm oerfagt ge*
blieben. (Erofe großer (Einnahmen aus feinen Vorträgen,
bie ilm in fajl alle bebeutenberen Stätte Deutfchlanbs führten,
hatte er übrigens fajt immer mit (ßelbfchtoierigfeiten
fämpfen, tote aus Briefen an feinen Verleger 0tto 3anfe
heroorgeht. Balb muß er feinen Steffen, „bie bie Offtciers»
farriere machen" ^00 23eichsthaler 3ahlen, balb „feinen jung
aerheiratheten Pflegetöchtern" , fo baß er flagenb fchreibt:
„meine Pern>anbten unb pflegeftnber foften uiel". Daju
famen Perlufte feiner cgrfpamiffe unb häufige Kranftjeit in
ben lefeten Cebensjahren, bie jtd) baburch u>enig erfreulich
für i^n gefalteten. Seit ber XTütte bes 3al|res \86<) fränfelte
er emfüjaft unb toar bejttmbig an bas Simmer gefeffelt.
21m \2. ZTooember \870 machte bann ein <5ehimfchlag feinem
pielben>egten £eben plöfclich ein <£nbe. 21uf bem 5riebhof in
Chorn fanb er feine lefete 2tohejiätte.
<£in Per3eidmiß feiner fämmtlichen Schriften gebe ich am
(Eingang bes Buches, fjier will ich noch einige rtoti3en
über bas oorliegenbe IDerf : „Sur clharafterifnf unb Hatur*
gefliehte ber grauen" anfügen. 3m ^Ipril ^858 fchloß
(5olfe mit feinem Per leger 0tto 3<wfe einen Pertrag über
bte Verausgabe eines Sytlus betitelt: „€rafte ZTXenfchen-
f enntniß in Stubien unb Stereoffopen". Deffen erße 2lbtheilung
bilbete bas „5rauenbuch" nne er es in feinen Schreiben 3U
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nennen pflegt. 2Jm {0. 3uli überfanbte er bas ZHanuffript
an ben Derleger: „fjier fyaben Sie bie erjie pifcce meines
ZTTanuffripts $ur ZlTenfchenfennrnij} — fie ift bie umfang*
reichte, roeil bas CE^ema pifant unb unerfdjöpflidj ift". 3nt
De3ember 1858 rourbe es bem 33udjhanbel übergeben unb
(Solfe fcrjreibt erfreut: „ Sachter jtänbige 5*eunbe fdjreiben mir,
bafj bas 53udi oon ben 5rauen mehr als $n>ei Auflagen
erleben roirb — roenn feine paufe eintritt, bas €ifen muß
roarm gefcfjmiebet roerben. IDir fönnen nidjt märten bis bie
erjte Auflage ©ergriffen ijt — bas publifum muß von ber
Sdmelligfeit ber 2ten Auflage frappirt unb neugierig gemacht
roerben — bas ijl meine Politif. 2lber bie £}auptfache ift,
bafc Sie (Eonnerionen unter ben Citeraten unb Hebaftionen
traben — ber Senf muß gut fein unb ber Senf mu§ gelobt
roerben/' Zlvm, bas geroünfchte tob rourbe bem „5rauenbuch"
in reichem ZHafje 3U theil, es erlebte fünf ßarfe Auflagen.
Die oorliegenbe Heurjerausgabe fernliegt fich im (Cert genau
an bie Ausgabe lefcter fjanb an, aud\ bie Orthographie iß
beibehalten roorben. Der Umfchlag ijl bem ©riginalumfchlag
ber erflen Ausgabe getreu nacrjgebilbet, unb befonbers
intereffant, roeil Bogumil (ßolfe felbflt ber ZHann ift,
ber mit bem Stocf auf bie 5rauenfopfe t^intx>cifx. Das
Portrait ijt nad? einem fehr ärmlichen £}ol3fchnitt aus bem
3ahre \8GO angefertigt.
<5roßlichterfelbe b. Berlin, 3uli \^0^
Dr. <£rid} 3anfe.
L
VcvgUidienbe <£f}araftertftif 5er grauen
unb 2Tlänner,
€s ijt eine wäfyce unb trefflich burdigefüljrte 2luffaffung
von Äietyl in feinem 3udje r>on ber 5amilie: bag ber
(8egenfafc ber beiben <ßefd|Ied)ter erft oouTommen mit ber
reifften Cultur fyeroortreten fann; — bag nidjt nur bei ben
ix>i(ben unb rjalbbarbarifdjen Pölferfdiaften, fonbern aud?
frei bem Canboolfe ber fultioirten Nationen bas Xt>eib
(um ber fdjtoeren Arbeit roiflen) oiel männliche, ber ZTIann
eben fo oft loeiblidje Elemente u>affrnefymen lägt, roeil er
jtcfj burd} bie 2(rbetts(eifhingen bes IPeibes in ber Autorität
gefügt, 3U oielen Hücf jtcfyten unb fefyr oft 3U einem leiben«
ben Perfyilten genötigt ftefyt. Die Ueberfeinerung ber
5rauenbilbung unb bie Uebertrribung in ber Slusfdieibung
unb €ntu?icfelung bes tr>eiblid?en IDefens füfyrt bagegen
feJjr natumot^roenbig 3u einer £}errfdjaft ber 5rauen über
bie tfüänner, burdt toeldte biefen eine 5tt>itter*HoHe 3uge«
fdjoben wirb. TXlan fann bas in 5ranfreidj erfefyen, tx>o
bie irauen um beswtKen bas fjaus-Hegiment in fjänben
Ijaben, roeil fte in ben ertoerbenben Klaffen bem Xjanbel
ö. <5oI&, naturgrfdj. b. Staun. ^
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unb tDanbel, tote ber fjanbarbeit oorjtefyen. Der ZHut^ uno
Antrieb 311 biefer männlichen {Efyätigfeit tjat jtdi aber frei*
licrj ntdit blos aus ben Perrfältniffen unb ber <£ourtoifte ber
fra^öjtfdien ZHänner, fonbern aus bem ©orirnegenb männ«
liefen Perftanbe ber jransöfm unb einem roeiblidjen Clement
im fran3Öjtfdien ZTTanne ergeben, ber fein H>ort für ben
begriff „ZHann" in feiner Sprache beftfot. Sei ben CDrien«
talen genießt bas IPeib oollenbs nur eine Pflege unb Hücf«
jtdjt behufs ber Conferoation feiner Schönheit. — Sie roirb
fo rooty gehalten, roie 3agbpferbe unb ^unbe bei 5ürften
unb fjerren, für eine Untreue mit bem Cobe bejtraft, in
3nbien fogar als (Ojei! unb gube^ör bes ZHannes betrachtet,
alfo mit feiner £eidje Derbrannt.
Die grauen ber <5rönlänber, ber Cfdmftfdjen, ber 3afuten,
ber Samojeben unb €sfimaur. unterfdjeiben ftdj audi in ber
Kleibung nicht in's 2Iuge fallenb pon ben ZTTännern. — Die
roeiten, faltigen, fu^en fjofen ber (öriec^en fmb ein unrf«
Udler gefdjloffener Xt)eiberrocf; bie XDeiber ber tEürfen unb
afiatifdjen Orientalen befletben ftcb, mit fjofen unb Kaftans,
u>ie bie ZtTänner. Beibe (Sefdjlediter tragen gemeinfdtaftlidf
ben (Eurban. Die alte Cracht ber polen unb Ungarn 3eigt
bei IHännern unb 5rauen fefyr ärmliche KleibungsftücFe unb
theilt beiben (Befchledjtern eine faft gleiche Kopfbebecfung
3U. (Seroifc ijt bies: 3* m *h r ftdj burdj 3unehmenbe Kultur
bas fpeeiftfeh männliche XPefen, bie förmlich ausgebilbete
Pernunft unb actit>e Hatur bes IHannes, feine Cfyirafter*
€nergie, fein fd]arf accentuirter Perftonb, fein fittlicrjer
HhY*h mu5 unb Rigorismus ^erausfteQt, je mehr er (ich t>om
Boben ber Hatur unb Sinnlichfeit lospräparirt, je mehr aus
ber plaftifchen Haturgefcb,id|te eine Citeratur« unb Staats-
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gefliehte, aus ber Diomation eine Sdjulbialeftif wirb, bejlo
mehr tritt bie XTothroenbigfeit ein, bajj bie 5ran biefe toiber«
natürliche <£tnfeitigfeit bes ZTCannes mit ihrer fpeeijafchen
€va*ZlaUxx, alfo mit <5ra3ie, mit paffwität, mit IDeichh«*/
mit bienenber Eingebung, mit £iebe unb Ceibenfchaft, mit
bioinatortfehem unb poetifchem 3"fnnft ergäbt. Statt beffen
erleben nur ^eute bie ZDibernatürlichfeit, ba§ bie 5rau in
btefen übertriebenen (Eultur^eiten ben 2Tlännern noch einen
IPettfampf in ber Literatur anbietet unb ftch eman3iptren
tt>ia, tx>o jte allein noch ben perebelten Naturalismus oer-
treten foll!
Die natürlichen grauen bringen 3tt>ar ben bialeftifch ge«
bilbeten IHann nicht feiten burch ihre 3nconfequen3 unb ihr
3gnoriren jeber Schlußfolge unb (Srunbfäfelidjfeit 3ur Per*
5roeiflung, bei ruhigem (Semüth entbeeft aber ber ZHann in
allen ZTCartmen, unb auch in ben fogenannten Pernunft*
prineipien, fo mel Unnatur unb £infeitigfeit, bafj er nx>hl
begreift, tote eben bie 3nconfequen3 ber 5*auen unb ihr
rOibermiHe gegen <5runbfäfce unb fogenannte Pemunftgrünbe
bie ZTatur rehabilitiren mug, welche burch bie abjbracte
ZTTcthobe unb ben bialeftifchen procejj bes fchulgelehrten
(ßemahls oft fo fchmähüch corrumpirt werben barf. 5rauen
unb Polf höben weniger förmliche Vernunft als bie fchul«
gebilbeten ZTCänner, aber unenblich mehr Dbination, bas
mehr vernünftigen 3"(Knct. Sie probuciren bas
Vernünftige feiten in £>orten unb eht3elnen tt>iüensacten
ober gar in Künjten unb tDiffenfchaften, aber fte h anöc ^ n
fehr feiten fo natur« unb religtonswibrig, fo txriber Sitte,
(ßefchichte unb fje^ensOnfnnct als ber XtTann. 3»" treibe,
in feiner Mutterliebe, unb im Potte ij* bie 0efonomie bes
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natürlichen tebens, bes Unioerfums eingefleifcht. — JDenn
ftd? nun aber bas Polf unb bie grauen burch Citeratur,
burch populäre Naturmiffenfchaften unb allerlei anoere
Sdmlfünfie ben göttlichen 3nftinct Beirren, fo roirb bie Cor*
ruption ber menfehlichen Haturgefdn'chte poHftänbig fein.
Der Naturalismus ber 5rctuen in ben gebilbeten Stän*
ben ifl eben „bas eroig Züeibliche", bas Clement ihrer
tiebensroürbigfeit. Der IHann hält bie Statur feiten gut
aus; er tsirb in bloßer ttatürlichfeit gar 3U leicht unnnffenb,
grob, tyrannifch, felbftfüchtig ausfchtx>eifenb unb brutal, tr>ie
man bas an jebem u>ohlh<*benben unb unabhängig gefaßten
dauern wahrnehmen fann; aber bas IDeib neigt t>on ttatur
roeber 3U ftnnlichen 2lusfchtx>eifungen, noch 3u plumper Cebens*
art unb Brutalität. Seine natürliche Derfchlagenheit unb
SelbjUiebe Fleibet (ich fchon aus <£itelfett in bie gefälligen
5ormen, unb Dertoanbelt ftch in ber <£h e 3 U emcr Eingebung,
einer Dien (H>ar feit, tr>ie fte ber ZTCann fchon um bestxriHen
nicht iiaben tann, u>eil ber Schtoerpunft feines Cebens außer
bem 5amilienfreife, tsetl er im Staate, in ber (Sefellfchaft,
in ber 2TIenfchheit liegt. Den ZHann t>on Bilbung fleibet
aus biefen (Srünben ber Naturalismus nicht ux>hl; er tft
für feinen ftrebfamen (Seift, ber bie üjerrfchaft über bie
Statur erftreben foll, eine Unnatur; bas IDeib aber,
in beffen Schooß bie UTenfchenfrucht reift unb an beren
Brünen fte genährt u>irb, bleibt bie Crägerin ber Ztatur
unb natürlichen Sitte unb eignet ftch ben (Seift, ben fte be»
barf, oom XHanne an.
Der weibliche (Senius 3eigt ftch ben ttaturpro3effen n?ahl«
t>era>anbt; — ber (Senius bes ZHannes ijt ber bes (Seines,
ber eine ebenbürtige Heaction auf bie finnliche Natur im
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ITTenfchen ausübt unb aus ihr ein übernatürliches <5efefc, bie
begriffene Sitte unb IDiffenfchaft, bie förmliche Kunß unb
Heligion Ijeroorbilben barf. —
Der weibliche (Senius ijl bem männlichen fo untergeorbnet,
toie bie Haturpro3effe ber Kunft unb IDiffenfchaft überlegen
(inb; aber ihm auch fo untergeorbnet, tx>ie fjers unb Dioi-
nation ber £ernunft«2lnfchauung unb ber Heligion unter»
georbnet ftnb. — Die 5rauen 3eigen fleh ftttlicher unb reit«
giöfer als bie ZtTänner, aber nur innerhalb eines geuriffen
Kreifes unb fomeit bas ibeale Ceben aus ber 3 n bimbualität
unb bem fjersen heraus ermöglicht werben fann. Die weib-
liche Cugenb unb 2lnbad\t, bas Cieben unb (ßlauben ber
5rauen, fyat mehr 3ntenfttät unb XDife, aber r»iel weniger
förmliche €ntwicfelung, wenig Sufammenhang mit bem
<Sebanfen«Sd}ematismus unb feltener fo mel Steilheit bes
Bewufctfeins, ba§ fie Hecht unb Unrecht, Schönheit unb
fjeiligfeit auch i" anberen formen, poten3en unb Perbin«
cmngen anerfennen, als in benen, bie ihnen felbfl eingefleifcht
(inb, bas (ßenie ber 5*auen bleibt inbioibuell, bleibt unenblich
abhängiger pon ber förderlichen ©rganifation, ber <2r3iebung,
bem Klima unb ber Hace, als ber (ßenius bes ZTTannes,
aus bem ftch ber (Senius ber Nation, ber Seit unb ber
ZTIenfchheü «tien förmlichen €eib 3U3ubilben vermag. —
f}eil aber bem männlichen (Sefdjlecht, baß bas lüeib feine
inbwibuelle Hatur fo feiten unb fdjwer ab3uthun oermag,
benn fo geflieht es, baß pe mit gan3er Seele bem Hlanne
unb 3war bem HTenfchen im ZHanne, unb wieberum ber
inbioibuellen Hatur im ZHenfchen an3uhängen ©ermag, unb
baß jte (ich mit ihrer gan3en Cebensfraft auf biefe Ciebe
concentrirt. Der geniale ZHann wirb ber blos inbipibueüen
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(Seftalt bes Cebens balb überbrüffig, unb roenn auch feine
abftracte H>eltanfchauung oon ber natürlichen Cebensfraft
mit 5leifch unb Bein umfleibet unrb, fo ftnbet ftch boch bie
Kraft bes f}er3ens beim ZTTanne oon feinem oielfeitigen unb
objectioen (Seifte abforbirt.
3ebes echte tDeib repräfentirt i^r (Sefdjlecht in allen
tr-efentlichen (ßefchieflichfeiten, Cugenben unb Ct|arafter$ügen
DoHfommen; niemals aber fann ein ZHanu ein r>ollftänbiger
tCrager aller männlichen <5runbtugenben unb natürlichen
5acultäten fein.
€ben bcu?er fommt es, ba§ bic grauen einander aus«
fchliefcen unb perneinen, baß fie feine tiefe Sreunbfchaft halten
unb baß bie ZHänner in berfelben ©erträglicher, getreuer unb
ehrlicher finb.
€in Bauermäbchen, eine IHagb ijt oft eine €sa; ber
Bauerjunge unb Knecht ijt immer ein Cölpel, ohne ibeales
«Element unb fein ^(epv&\entant bes 2lbam. — <£ine ZHutter
ift toie bie anbere; bie Königinmutter im IPefentlichen toie
bie Bauer*, Bettler« unb «§igeuner»Znutter; aber ber gigeuner«
Hauptmann, ober ber Bauer unb ber greife Bettler wirb
nicht natürlichermaßen, fonberu nur unter befonberen Um«
ftänben einem gelben, Könige, Caoalier, IDeltoeifen unb
(Sefefege&er ähnlich fehen.
Das fchlichtefte Bürgermäbchen hat unenblich mehr Einmuth/
£iebrei3 unb 3bealität, als ber fjanbioerfsburfche männliche
Kraft unb XDürbe ober abamitifchen (Senius beftfct 2lber
hinterbrein ertrirbt ber in Perhältniffen gereifte Bürger unb
ZtTeifter nicht feiten eine poten$ unb Bilbung, burch bie er
in ber Hegel fein Jt>eib unb bie „ZHatrone" überholt.
X>as tDeib fteht unb fällt fehr oft mit ber Sinnlichfeit. Zllit
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oer förperlichen Blüthe »erliert ftd? ber himmlifche 3nftinct,
bas ibeale Clement, mährenb ber (Seift bes XHannes feine
JDur3eln int XDeltoerfe^r Ijat unb fpät noch 5rüdfte trägt
Das fteben3ehnjährige ZHäbchen ift bem 3tr>an3igjährigen
3ünglinge an praftifchem Perftanbe unb (Eharafterbilbung
überlegen, aber ber breifjig« ober Diesjährige ZHann be«
voätyt ftch thatfräftiger unb sernünftiger als bie 5rau.
£nbltch finbet bie alte ZTCatrone »ieberum einen Derftanb
unb eine Energie, burch bie fte ben greifen (Satten be*
fyerrfcht.
J£>enn ein IHann erfranft, ftellt er ftch in ber Hegel ge*
faßlicher unb ungeberbiger an als bie 5rau. 2lHe 5rauen
£^ört man fagen: fie roünfchen ben ZHännern nur ein ein*
3tges U)oct|enbett ober auf eine £>oche ein f ran Fes Kino,
u>o möglich fo eines, bas gewiegt unb tr>elcbem Cag unb
Zladft eine fchlimmgetoorbene Bruft gereicht »erben muß,
fllarfetenbermnen machen nicfjt nur gleich ben ZHännern
Campagne mit, fonbern beroafchen, befodjen unb beforgen
auch noch ibre tttänner unb bie Ijalbe Compagnie.
Die grauen haben ein säfyeres £eben unb mehr
Heactions'üermögen, tüeil bei ihnen Seele, €eib unb
(Seift beffer ein (Sanses ausmachen, als beim ZHanne, beffen
(Seift ftch uon ber feelifdjen unb förderlichen Bafts 3U einer
freieren Poten3 3U entbinben ftrebt. Die 5rauen fyaben eine
fjartnäcfigfeit, eine IDiberftanbsfähigfeit, eine 2lusbauer in
bezweifelten 5äüen mit ben 3uben, bie Heprobuctionsfraft
mit ben geföpften XDeiben, ben 3erfchnittenen polypen, unb
eine £ampagnen*Pirtuofttät im Disput unb bei Sdn'cffals«
heimfuchungen mit ben „Kofafen" gemein: hunbertmal »er«
jagt, finb fte immer wieber ba, unb 3tt>ar an ben Orten,
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wo man fte nicht attafircn fann, unb wenn bies möglich tfl,
(teilen fte ftd? nicht.
Die Herfa (oben ftch weibliche patienten in per3weifelten
Operationen, eben wegen ihrer größeren Heactions« unb
Heprobuftionsfraft. Haturwiffenfchaftliche (Srobiane pon
fonft f^aben bie XDetbernatur mit ber Kafcennatur in parallele
gebellt. XPer galant fein will, braucht bas (ßleichniß nicht
früher 3U glauben, als bis er es in Erfahrung gebracht hat.
Die paffioe Hatur bes IDeibes will geben, lieben,
leiten, will pflegen, opfern, glücFlich machen; ber aettp*
(Seift bes UTannes will glüeflich gemacht werben, wÜ
empfangen, gepflegt, geliebt fein. Der actipe, fchaffen>e
ZTCann liebt Huhe unb 5riebe; bas 3ur paffwität, 3um £ei&en
befh'mmte XDeib ij! eben um bestellen: gefchäftig, unruhig,
leicht beweglich, unerträglich, 3U Unfrieben, 3ntriguen unb
Swifchenträgereien geneigt; ijt lauerfam, forglich perfermifet,
währenb ber ZHann ftch gerne nach Kämpfen unb (ßefchäften
ber Sorgloftgfeit unb bem Vertrauen fyngiebt, por allen
Dingen aber Buhe in feinen Pier pfählen fyiben will. €in
5rauen3immer bagegen muß jeben 21ugenblicf probtren, roie
piel ZHacht fte über ben ZTCann aus3uüben permag. Sie
muß feine fleinen unb großen (Seheimniffe, feine Schwächen
unb leicht perlefebaren Stellen ausforfchen, fte muß ilm im
<5arne unb in ber ZTTacht haben, wenn ihr gan3 wohl 3U
ZHuthe fein foH. Der 21nrei3 3U biefen «Experimenten, 3nitia-
tipen unb plänfeleien liegt in bes IDeibes untergeorbneter
Cebensflellung, in ihrer Schwäche, in ber ihr 3ugewiefenen
pafftpität. €nblich fefet bie ZKutterfchaft all biefen franf*
haften Caunen, Cebhaftigfeiten, (Sefchäfttgfeiten unb Unbe«
frtebigungen ein Siel. Das IPeib fühlt, baß bie Ztlutter»
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fchaf t einIPeltftanbijl; eine ber EMtfteHung bes ZHannes
ebenbürtige ZHacht. Ueberreife ZTIäbchen bürfen feine 3U
lebhafte (Sefdjäftigfeit an ben Cag legen, benn bie Siebte
unb Sachuerflänbigen geben folcher Unruhe unb <£j centricität
einen p^yftologifc^en (Srunb.
Webet IPortfargheit noch Capferfeit machen bas XDefen
bes tflannes, fonbern bie Dernunft, bie leibenfchaftslofe
Selbftoerleugnung unb Unparteilichfeit, voeld\e bas Weib
feiten anbauernb, förmlichermaßen unb begriffstr>etfe bejtfet.
Schiller fagt fchön: „IHänner richten nach <5rünben; bes
XDeibes Urtheil iß feine £iebe. IDo es nicht liebt, ^at fdjon
gerietet bas IDeib. Sieben fönnen bie IDeiber unb Raffen,
aber geredet fein ohne 3U Heben, biefe oernünftige Kunjl
fchäfcen unb lernen fie nie." Der ZTTann ijl 3U 21usfcht»ei«
fungen geneigt unb leicht brutal, aber fein <5eijt übt 3itt*
lichfeit: in ber Begeiferung für planvolles fjanbeln, für
Orbnung unb (Sefefe, in bem gegen particularismus,
IDiHfür unb practifen, gegen jebes aphorijhfche (Elmn unb
Denfen aus ber ZTCitte heraus unb auf gut (ßlücf. Dem
echten IHanne unberfteh* jebe <5lücfsritterfchaft in ZDiffen-
fchaft unb Kunjt, jebe XDiDfür in (5efe^es«fjanb^abung unb
in allem Hegimente. €r fucht nicht bie ^errfdfaft feiner
natürlichen Sympathien unb Antipathien, welche ben Kern
bes IDeibes ausmachen, fonbern ZDahrheit, Hecht unb (6e*
fefe. Das feufche unb frugale XPeib bagegen ijt nicht mehr
in ihrem esse, als toenn fte bas (Sefefe umgehen unb einen
plan mit ihren practifen burd?freu3en fanu. Die ger abe
tLl\eov\e ift ein ZHann, bie 3icf3acfige, Iüinfel3Ügen nach*
gehenbe, launenhaft abfpringenbe, (ifu'ge, gern abenteuernbe,
an ber €in3el»€rfcheinung haftenbe Praxis unb 3ntriguen«
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wirtfyfdjaft ijt ein Weib. 3fyre particulären (Eugenen
werben crfl burdi bes ITlannes überlegene Demunft»t£fyeorie
3U einer Culturgefdiidjte errföfy. Die 5**uen, wie aüe
practifanten unb ZTaturalijten, jhibiren bie Tinsnafynen unb
vinbiciren iJmen bas (öefefc. Der vernünftige ZHann aber
f?agt unb ignorirt bie ^lusnalmten, wirb unpracttfdj, abjhnfe
unb rütfjtdjtslos aus Siebe sunt (Sefefe. Das IDeib ift
liebenswürbig unb gra$iös ; weil fte djarafterlos, gefefelos,
natürlid?, bem 2lugenblicf Eingegeben ijt; ber ZHann aber
ift unleiblidj, tyrannifd], fcrjroff unb pebantifdj, roeil er
djarafterfeft, gefefclidi unb ftttlicf? accentuirt ift.
d^arafteriftifd? für ben vernünftigen ZtTannesfinn unb
(Seift ift, was pasquale paoli, ber fjelb unb IDeife von
£orftca, an feinen 5*eunb pabovani in feinem legten
Briefe fdjreibt, ben uns (Sregorovius in feinem fdjönen
33udje über Corftca mitgeteilt fyit: „3dl fyabe genug ge«
lebt, unb falls es mir ©ergönnt wäre, mein Ceben nodj ein«
mal 3U beginnen, würbe idj bas <5efcrjenf ausfd?lagen, wenn
es nidjt begleitet u>äre von ber vernünftigen <£r!ennt«
nifj bes vergangenen Cebens, um bie 3rrtlnimer unb
tE^ortjcitcn 3U verbeffern, bie es begleitet tjaben." Das
IPeib liebt tDiHfür, HTetamorpbofen, Sufäüigfeiten, 2*ei3«
mittel unb jebe Homantif, fte ift feiten gan3 wafyr unb feft.
Weil ber ZHann Hegel unb (ßefefc fudtf, fo r>a§t er nidjts
fo fefyr als practifen, Cügen, Kippe unb IDippe, XDetter»
wenbigfeiten, (Eventualitäten unb Ellies, was auf's (öeratlje*
wobjl unternommen wirb. Das IDeib aber ift eine geborene
<5elegenbeitsmad?erin, Defraubantin unb Sdjmugglerin. (Eben
roeil fte iljrer ftnnlicrjen Hatur fo wenig vertrauen barf,
treibt fte ber 3njhnct 3U Sörmlidjfeit unb (Eeremomel,
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— u -
tpähreub ber, feiner PernunfMleberlegenheit ftchere 2Tlann
im täglichen Cebens- unb 2Iugenblicfs«Perfehr ungenirter,
harmlofer, humorifhfeher unb freimütiger ijt als bas JDeib.
Stauen oerpe^en unb probuciren feiten ^umor, es fei bemt,
baß fte ben alten 3ungfern unb pieüeicht ben Blaufkümpfen
angehören, $u benen fkh ber fjumor ane bie Säure 3um
£acfmus«papier ©erhält, fein fanftes 31au wirb in grelles
Hotfy überfefet.
0b 3emanb aus Ueberseugung einen Drang 3ur Pietät,
3um (Seborfam, 3um 2lnfchlu§ an eine (Bemeinfamfeit, an
eine Corporation unb fefte Cebensorbnung empfmbet, ob
3«ntanb lieber bienen als fyerrfcfyen, lieber 5riebe als Streit
haben, lieber eine (ßefellfchaft incorporirt unb an ihre <5e«
fefee gebunben, als ifolirt unb auf eigene tDillfür gepellt
fein roitl, bapon mag er abnehmen, ob in Unn ber Naturalis«
mus porherrfcht ober ber vernünftige <5eijl. — 8efpect por
bem (Sefefe, Hefpect por einem überlegenen (Seifte, <51aube
an IDtffenfchaft unb Cultur, freiu>iüiger, freubiger (Sehorfam,
eifrige Pflichterfüllung, 3iHigfeit, PerfÖBmlichfeit unb Der«
trägltdjfeit be3eidmet ben männlichen, cultipirten, eblen unb
gebilbeten (Seijf. Das XDetb ijt immer unperträglicher unb
anfpruchspofler als ber ttlann. tüenn man ftch bei Kauf
unb ZHiethe bereits mit bem Hlanne geeinigt hat, geht ber
fjanbel unb Cröbel toieber pon porne los, fo n?ie bas lt>eib
fkh tn's (Sefchäft mifchen barf. Das XDeib im Dolfe h a *
fo reenig Sinn für 8uhe, Stille unb 5nebfertigfeit wie ber
Barbar, ihr £eben ift nach, Stoßen unb nicht nach 3«"«« 0 C *
fehrt. Das IDeib gehorfamt bem ZHanne im Allgemeinen,
fte giebt ftch ihm in aufopfernber Siebe hin, unb boch toiber-
ffcebt unb tpiberfpricht fte ihm faft in allen ein3elnen 5äHen,
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bodj billigt fte feiten bas, was ber ZlTann nad) feinem eignen
Kopf getfym Ijat. Nur ber grünblidi gebilbeten 5*<*u im-
ponirt ber ZHann; bie geu>ölmlidje profefforsfrau, bie 5rau
bes KünjHers unb Dichters ^ält ujren berühmten ZHann nur
3u oft für ein curiofes (Senie, ifyc eigenes Urzeit aber in
jebem beftimmten Salle für gefdjeibter unb effectiper, als
bas ber gan3en gelehrten §un\t. Des iüeibes Eingebung,
Aufopferung unb ^ärtlidjfeit ift ungleich, mefjr (Crieb unb
Naturgefefe, als frei reflectirte Vernunft. Die Ausnahmen
Derbanfen u>ir ber Scrjulbilbung unb ber erjiefjenben Kraft
bes IHannes in ber <£fye. Dag biefe Sdmlbilbung aber
gegenüber ber 5rauen*ZTatur fefjr oft einen 3U hetero-
genen, $u roenig permittelten (ßegenfafc bilbet, 3eigt fidt in
ben Einbußen unb Corrupttonen, n?elcr/e mit einer confequent
perfolgten Sdjulbilbung bei ben 5r auen perfnüpft finb; fte
oerlieren mit bem Naturalismus r\id\t feiten ZHuttertpife,
(Sra3ie, Ciebensumrbigfeit, Dtpination, £ebl?aftigfeit, Naioetät
unb alle bie c2igenfdjaften, burdj u?eld]e ber ZHamtesgeift
erfrifdtf unb feinem IDefen bie 3"tegritat benxtljrt bleibt.
Die 5rouen finb Naturalien, fie finb als foldje ber über-
legenen Pernunftbilbung bes ZHannes untergeorbnet unb
müffen im Untergrunbe Naturalien bleiben, u>enn bie Sdml-
bilbung ber ZHänner nid}t pon ber Natur lospräparirt
toerben foll. 2Tlit bem Naturalismus perfd}mil3t im «IDetbe
bie Heligion piel lebenstiefer, als im ZTianne mit ber Sdjul*
pernünftigfeit.
Den grauen rüB)mt man nad}, bafj fte (Seift unb Seele,
Seele unb Körper, Sinn unb Derjtonb, ibeale unb reale
Natur unb alle (Segenfäfee meJjr in eins bilben, ba§ fte
beffer aus einem (Sufj geraden u>ie bie ZHänner. 5u biefer
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Cl^arfacrie bürften aber noer? Hanbbemerfungen bienlidi
fein.
Wenn ein IDeib liebt, fo liebt fte aflerbings mit gän3licfjer
fjingebung aus allen Kräften bes (Semütbs; toäbrenb ber
ZlTann im Stanbe ift, mit einer p^ryne im ftnnlicrjen unb
mit einer fjeloife in einem platonifdjen Ctebesperferjr 3U
flet^en. Das Weib giebt jteff nur bemjenigen ZTTanne förper-
lidi fyn, toeldiem fic in magrer Ciebe 3uget^an ift, fte prä«
parirt ben (Seift n\d\t von ber Seele, bie Seele nidtf pon
ber Smnlicrjfeit los unb concentrirt itjre Kräfte auf jeben
beliebigen punft: bas eben giebt itjr <5ra3ie, XDife unb
ttatpetät; toäfyrenb ftdi beim ZHanne ein Heberfdmg von
(Seift entbinbet, ber ftdi parallel ber Seele, fo 3U fagen auf
eigene X}anb etablirt, unb bann Styl unb XHetfyobe probucirt.
Dabei muff aber niefft pergeffen roerben, einmal: bafj ber
TXlann in feinem transfcenbentalen (Seift ein Soutien beftfet,
auf bas er ftcb, 3urücftpirft, trenn er mit feiner Sinnlidjfeit
in's (Sebränge fommt, fo baß er fteff 3« ergeben permag,
toenn er geftraudjelt ift, baß er u>ieber in's (Sefedjt 3urücf«
fefyrt, wenn er fd|on auf ber Slucrjt begriffen ir>ar. Don
foleff einem Sammeln, Aufraffen unb Orientiren ift beim
IDeibe fo wenig bie Hebe, nrie bei gefdjlagenen Cürfen unb
tLataxen. IDenn's eben glüeft, fo glüeft es, aber auf ber
Hetirabe ift fein Raitens me^r. (2in XDeib, roelcb.es jtert ein-
mal in ber fjauptfacfje pergafc, ift roie ein Strumpf, ber au
ber Spifee aufgegangen ift: er Ijält feine ZHafdie merjr feft.
So piel ein JPeib eben an X>ernunft bisponibel fjat, fo
piel mag fte audj ifyrem Perftanbe ober ifyrer Seele einper«
leiben. £jer3 unb Vernunft mögen bei ifyr immerhin aus
einem Stücfe fein, aber bodt nur, roeil fie über ein
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Minimum oon Vernunft Qar\$ frei t>erfügt. Xt>o ftch ber
(ßeifi 3ur Bjödiflcn potert3 unb 5wih*i* enttxncfelt h<**/ ba
fommt es nothtüenbig 3U einem 33ruche mit Sinnltchfett unb
ZTatur, 3U einenx Dualismus, mit welchem bie cEutturgefchichte
in ihr lefetes Stabium tritt.
Die 5rau perftefyt bei getxnffen (ßelegenheiten für3ern pro-
ce§, tr>eil fte nicht fo toeit ausholt als ber 2Tiann. Sie ifl
geiftesgegentsärtiger, gefaxter concentrirter, praf tifcher, unfetger,
roeil fte einen engereu £}ori3ont, einen fü^eren 33ilbungs-
unb <Sährungsprocef$ burerßumachen l)at; unb ^ann triebet
ftnb es biefe breiflen unb contenancirten 5tauen ; bie feinen
procefc abfdmeiben, feinen (Termin präcis einhalten unb Beim
21bfd)iebnefmten nicht 3ur CB|ür hinaus fommen fönnen, bie,
ben Cräumenben gleich, feinem Dinge ein €nbe 3U madjen
Derftetien, bie tx>ichtigften unb bringenbflen Sachen nicht 3U
aplaniren unb fein (Befchäft ab3uuncfeln oerftehen, welches
über Küche, Keller, Speifefammer unb tDäfche Ijinausge^t,
Ucblratl txmcfjert biefen 2lfltags«H)eibern bie elementare Der-
nunft über ben Derjlanb; unb trenn fte toieber mit Schule
oerfchnitten u>irb, fo tritt an bie Stelle bes bioinatorifchen
3nftincts, ber £eibenfd]aften unb Ciften: ein Mechanismus
unb Schematismus, eine Unnatur unb prüberie, bie noch
r>iel unerträglicher ftnb, als bie ZlTetamorphofen ber Statur.
c£iner 5rau toiberjteht es nicht, etwas, bas planmäßig
gemacht unb georbnet u>erben foll, 3. 3. Meliorationen in
einem (ßute, ben Ausbau eines fjaufes, <5arten«2lnlagen
u. bgl. aus ber ZTIitte an3ugreifen; aber ber IHann h<*ß*
3mpror»ifationen unb fücferei; — er arbeitet am liebjkn
nach einem plan unb Syrern; er raftrt, tx>enn er fann, bie
oorgefunbenen Subßructionen, er unterfucht ben (ßrunb unb
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Soben auf bem er bauen foH: in biefem Bebürfniß bocu*
mentirt fidi eben feine Pernunft, feine nadj einem prineip
unb System ringenbe ZTatur!
Das Weib greift bas Ztäcftfte aus ber ZTlitte heraus unb
präparirt es in ber 3folirung von feinem <5an3en, 3U ihrem
aparten (gebrauch : bas ijl ihre Unvernunft; freilieft auch ihr
praftifcher Perjtonb unb 3njtfnct / ber in rein praftifeften
Sphären am fü^ejten unb geuriffejten 3um Siele führt. —
Wo es aber auf ZHetftobe, auf einen größeren ^ori3ont unb
auf burchgreifenbe Confequen3en in complicirten 5äHen an«
fommt, ba artet ber praftifen«Derjkmb ber ZDeiber in c£on*
fufton unb cTharafterloftgfeit aus. — €ine 5rau ftat enblich
begriffen, baß etoas in's Wext gerichtet a>erben foH unb wo
bas Siel liegt, aber felbß bann voixb fte noch nicht äße
Kräfte an bas Siel fefeen unb auf baffelbe ftinbirigiren ober
burchgreifenbe ZHittel wählen; es fei benn, baß ihre Ceiben»
feftaft in's Spiel gefommen i% Von ben grauen gilt/ »as
(5ötfte von vielen ZtTenfchen oBme &ücfftcht auf bas <5efchlecht
behauptet: „jie ftätten enblich begriffen, baß ein Cfturm ge«
baut »erben müffe: jte legten aber gleidnr>ofjl nicht mehr
Sunbament, urie für eine fjütte notfneenbig iji. — -"
Der fdmlgeredjt gebilbete Ztlann möchte am liebjten alle
ZTTannigfaltigfeiten auf eine <£infteit rebuciren. 2Us Stylift
paeft namentlich ber fv^ematifefte Kopf in eine periobe fo
viel (ßebanfen, als hineingehen unb nicht hineingehen. Praf»
tifer unb Stanen ftnb bagegen geborene <5elegenheits-
macher, unb beförbern (ßelbbriefe fogar lieber mit 3<*h r '
marfts*<5elegenheit ; als mit ber orbinären Poft; benn bas
cErfraorbinaire, 3i*egulä , re, 3^propijtrte unb Abenteuer liehe
bat für Sinnen«ZlTen{chen ben größten Hei3; unb ba 5^auen»
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jimmcr nie (Belegenheiten genug fyiben, fo machen fte ben
Cert bes Briefes 3ur ZTebenfache unb (treiben in bie poft«
fcripta bie fjauptfachen hinein. — Das JDichtigfte perhanbeln
fte trie bie 5ran3ofen in ber 3ufälligften $ovm ; bas Zufällige
aber rotrb 3ur l}auptfache gemacht.
Die ©erfatile praris liebt XDinfefoüge, unb bie gentcffteife
(E^eorie geht am liebten gerabe aus. —
Die tbeologifdje unb 3tx>ecfbefliffene (Theorie faßt oon porn
herein ein 3iel in's Auge unb ftrebt ihm rücffichtslos, ohne
Permittelung unb Aufenthalt 3U; fte ift eben barum bra*
matifch, 3um Schlug brängenb, charafterfeft unb roeifc, n>as
fte u?ifl; fie ift ein ZTCanm
Die fchmiegfame, liftige, naturalifttfche Praxis ift lieber
unterwegs als am Siel. 3h re ^fr* uno VOefy ift m *h r
X?er3Ögerung unb ber Proceß als ber Schlug. Die pra»
yis ift ein XDeib; fte rocthlt nicht bie geraben unb türmen
UTanöper unb nicht ben offenen, ehrlichen, birecten IDeg;
fte liebt Feine c£onfequen3 unb ZHethobe, feinen fcharfen
Accent, feinen prononcirten 2?hY*h mU5 / feinen bejh'mmten
Svoed. Sie ift romantifch, aber nicht bramatifd?. Alle
prmcipiellen, burchfdmeibenben ZHafjregeln, <Zfyarattev*&mv
gien unb <£onfequen3en, burch u>elche insbefonbere eine 5u«
fünft vorbereitet tpirb, alle ftrenge (5efefelichfeit unb <£nt«
fchiebenheit, jebes compenftrenbe, pon gufätligfeiten unb
particularitäten abftrabjrenbe Perfahren ift bem praftifus
tote bem 5rauen3tmmer in ber ZTatur fatal, fobalb ihr eigner
proce§ inftruirt tpirb; ipo bie Beiben aber felbft 3U <5ericht
ftfcen, ba roirb ein fummarifches Perfahren in An«
toenbung gebracht; unb tx>o fte ein <5an3es in feinen
<Srunb3Ügen unb feiner (ßefefemägigfeit begreifen follen: ba
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inbiDtbualiftren unb particulariftren fte fo lange, Bis ifynen
jebe Zlovm abfymben gefommen iß.
Der u>illensf*arfe, ber r^t^mifc^e, djarafterentfdjiebene,
offene unb rt>al|r^aftige ZHann ijt aber mit oiefer Kraft unb
ZTCännlidifeit: 3U oft ein rücfjtdjtslofer, brutaler, überall mit
bem 5dimett breinfdjlagenber, jeben Knoten burdjfdmeibenber
Higorift unb (Tyrann, ober ein 5ormen«pebant, ber
nichts inbioibuolipren, nichts Ieife, aHmälig, $art unb biscret
bezaubern, einleiten unb abtönen, nichts 2Ibgertffenes tüieber
anfnüpfen, feinen Knoten gefdn'cft fdiür3en ober löfen, nichts
emfäbeln, nichts ftopfen ober flicfen fann. Unb bie lieben
gefcftcften, taufenb'FünjHerifdien, gemanbten, biegfamen, füg«
famen, fdjmiegfamen, graciofen XPeiblein: pnb eben burdj
biefe liebensroürbigen 23eeigenfdjaftungen jeben 2lugenblicf
»erführt, audj bas 3U Derfjäfeln, 311 oerfuppeln unb 3U t>er«
»irren, n>as flar, bar unb gefdjieben fein; ober bas 3U
locfern, u?as oerfnüpft bleiben foH. ZlTit ber ZTadjftdft, mit
ber 5ügfamfeit, (öefdn'cflidjfeit unb Z>ielfeitigfeit: ift bie 5eig»
^eit, bie (Efyarafterlojtgfeit, bie £ift, bie 21rglijt, bie Cauer*
famfeit, bie £üge oergefeUfdjaftet. Die 5rauen oerfÖEmen,
©ermitteln unb befdftxnditigen ; fte temporijtren, jte mobiftciren
unb inbtoibualiftren; aber eben barum oertröbeln, üertufdjen,
umgarnen, oerfdjleiern, oerfdjleppen unb intriguiren fte audj.
Die a priorifdj conftruirenben ZHänner (äffen nidjt gern
etwas langfam »erben unb toadjfen; aber bas elementar
organtjtrte, praftifdje Xüeib meiß bie Ueberurndjerungen ber
ZTatur »eber an pdf, nodf au ifjren Kinbem ober Per^ält«
niffen 3U befdmeiben. Der 21Tann liebt raftrenbe ZKetfyobe
bis in bie 2t)ur3el tynein, audj u>enn fte in fein eigenes
51eifdi unb £jol$ l|ineinge^en. — Das IPeib bagegen recttftcirt
B. <SoI& Itatutgef«^. b. grauen. 2
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feiten, was fte liebt. Sie *jat eine natürliche (Sefdjicf«
lidtfeit unb Courage für fyeroifdje Operationen an
edieren unb XHenfdien, unb bann roieber mag fte mdjt ein»
mal bas ZHoos ober bie (Seilfdjöjjlinge r>on ben .jungen
Bäumen ftreifen, bie fte ifjre Kinber nennt. — 3nmw* unb
überall 3eigen bie grauen <2bbe unb 5lutlj unb eine ftarF
prononcirte polarifation ; (Ercentricitäten, bie ftdj plöfelid?
neutraleren, aber eben fo überrafdjenb trieber biffereneiiren.
— (Es jinb bie Kriterien ber üorfyerrfdjenben SinnlidjFeit
unb Hatur, bie ftdj nodj nid]t in bie <5ebanfen«Sudjt ge-
nommen, per? nod? burdj feine Horm gebunben, burd) Feinen
ZHedianismus regulirt fyat. 5rauen Ijaben toeber Sinn nodj
üalent für ZtledjaniF unb 2TIatfyematiF, unb baffer audj Feinen
Derftonb für einen geifhgen Sd^ematismus, für (SrammatiF
unb flriFte <2)bferr»an3 ; obgleid? fte bem CeremomeH ergeben
fmb, roeil es ifaem Stol3 Eorfdmb gewährt.
Die budjjtäblidj bucFlige ^anbfdjrift ber Sxamn, ifyre
pfufc^er^aft gemachten „r" unb „a", benen fie feiten bie
£}äf djen 3ur Unterfdjeibung r>om „e" 3ufommen laffen, Fönnen
bart^un, baß itmen ber unioerfeHe Sinn für (EedmtF unb
präcifton gebricht. Selten fdjnifet ein 5rauen3immer einen
*}ol3fpan 3U irgenb einem §wed mit 2Iccurateffe, mit Kraft«
2Iufa>anb, mit einer 2lrt, ber man bie (ßenugtfyuung an ber
ntcd]attifd]en unb rljYtfimifdjen Kraftäußerung anmerFt;
roäfyrenb ein 3unge bas flumpffie ZTTeffer ober Säge unb
Bohrer mit einem pdjtbaren Sloec 3U I^anb^aben ©erfleht.
5rauen werfen Steine r>on unten herauf, oon ber Seite, oft
mit ber linFen fjanb, gan3 txue bie Kinber, oJme ben 3n|hnct,
welcher bie 2lrmbeu>egung mit bem 3kl correfponbiren läßt,
grauen pflegen nur biejenigen Arbeiten fauber, accurat,
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— » —
f unfertig aus3uführen, bie ihnen von Kindesbeinen einerercirt
worben find. ZTlan barf nur 3ufehen, wie abfeheulich 5rauen«
3immer einen Bleiftift unb x>ollenbs eine Sdjreibfeber an«
fdmeiben; wie gan3 unb gar unhanblidj, linfifch unb abfurbe
jte mit jebem anberen XPerf3euge umgeben; n>ie jte nicht
einen Hagel in bie XDanb 3U fchlagen ober irgenb etwas
in's IPerf 3U richten ©erflehen, bas nicht 3ur täglichen fjaus*
unb H>irthfch<*fts<(Deronomie gehört: um 3U wiffen, bafc <£r>a's
Töchter für bie ZKechanif, bie tedmifchen Künfte, unb für
bie taufenb männlichen Verrichtungen eben wegen ZTtangels
an unioerfeüen (Sefdn'cf unb Perjtonbe nicht beftimmt, baft
jte bei aller 5ertigfeit unb (ßebulb in tyiteligen Arbeiten
gleichwohl geborene pfufcher pnb. 5rauen femnen faum
burch Bitten baEjin gebracht werben, eine Seite mit Ziffern
genau nach3urechnen ober eine Stelle aus einem Buche forg«
fältig mit Komma unb punft 3U copiren, ober fonft etwas
Ungewohntes mit präcißon 3U erecutiren.
<£in (Sefdjäft, ein Stubium, welches ein ZHann in bie
X}anb nimmt, fyat *>on r>orn herein 5unbament unb ZTTethobe;
ba finb Swecf unb ZHittel abgewogen, ba ij* Peripherie unb
ZTTittelpunft, 3ug unb Hucf, Cogif unb ZHathematif. 3eber
UTann ijt gegenüber einem IDeibe ein technifches <5enie, ein
plan« unb ein <£entralfopf (wie Kant an flippe! rühmt).
(Einem rechten 2TTann ift planloftgfeit, Oberflächlichkeit unb
prubelei in ber Natur 3uwiber; er fügt jtch in ein (Eefefe,
in eine 5orm unb (Drbnung: um bes 03efefees unb ber
Orbnung willen! Das 5rauen3immer aber ift in ihrem
angeborenen Naturalismus unb Xüiberfpruchsgeijte nicht
glücklicher, als wenn jte ber Horm unb bem (Sefefe ein
Schnippchen fchlagen, bie fejigefefete Seit oerpaffen unb ein
2*
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— 20 —
gegebenes Ojema mit Variationen von eigner (Erfindung
abfpielen fann. <£ine 5rau u>ei§ nie ooraus, mit was für
ZRittetn jte eine Arbeit angreifen wirb, weil ifyr nidjt flar
\% wo hinaus unb auf mos für (Srunb. Wo 5rauen fjäufer
bauen, (5üter meltoriren, (Sartenanlagen machen, gerate
2lHes confufe, fragmentarifdj, fleinltdj, caprieiös, olme <Seo«
metrie, oEjne Styl unb ofyxe großartigen (Comfort. 5ür ben
gufammenfyang einer particularität mit bem <5an3en ; 3U
bem es gehört, mit Ceben, Kunfl, bewerbe, Kirche unb
Staat rjaben 5rauen unb Sarbaren feinen Sinn. Sie 3eigen
intuitiven, tactifdjen, punctuellen, aber fajt nie grammatifdjen,
logifdjen, matfjematifdfen, ab jiracten unb ftrategifdten Derjkmb;
benn ifyre Dernunft ift 3U ferjr mit Sinnltdtfeit »erfefct.
5rauen»Prayis ^at rx>ie bie ber 5ran3ofen, nur eine Dir«
tuofttät innerhalb enger (Breden unb <5en>ofyU}eiten. <£in
5ran3ofe r>erftefjt nur praFtifdi in feiner Sphäre, in feinem
Daterlanbe unb innerhalb feines 5ran3ofentfnams 3U fein;
mäfyrenb ber beutferje fjanbroerfsburferje in ber gan3en IDelt
unb in jebem (Senre ein gefcfycfter unb accurater Arbeiter
ijr. €s ifk feine gufäüigfeit, fonbern eine natürliche Zlotty
toenbigfeit, ba§ bas männlidie <Befd?led}t fo ausfctyiefjlidi
alle ^anbwevte, alle umfaffenben <5efcrjäfte, Künjte unb
IDtffenfdjaften betreibt.
Va% bie 5rauen 3U r»ielen Derridjtungen er3ogen u>erben
fönnen unb ba§ biefe €r3ie^ung 3uleftt Haturanlage roirb,
©erfleht jtcf} oon felbji. <£s foUte aber fyer weniger bie
Hebe baoon fein, u>as möglid?era>eife aus ben grauen werben
fann, als baoon: tt>ie fxe in ber tPirflidjfeit fmb.
(Ein 5röu«n3immer fann gefdjroinber alles 2lnbere begreifen,
nur niety: wie Dtel perJonen unb (Sepäcf ein ZDagen
j
- 2\ -
faffen fann. Dasu gefy i^r ber Sinn für Comfort
gän3lic*i ab. 0b ftc ftatt eines gan3en planes ein Drittel
einnimmt, ob ooflenbs ü?r TXlann feine Kniee in ben ZHunb
fteefen, ob bas Kinbermäbdjen brei ZHeilen IDegs auf einer
fd^arfen Kante reiten unb babei in ben abßerbenben 21rmen
ein fdfioeres Kinb galten mu§, ijt Ujr gleid}, benn fle felbj*
fyat foldje unermüblidjen 2lrme, folgen Campagne*2Tlutlt
unb foldje jtoifdje (Sleidjgültigfeit gegen alle Unbequem«
Ii dj feiten bes Cebens; falls man nidjt ein bissen Rauben»
unb Kleiber«£urus als <Segenbetr>eis anführen tx>iü\ Wenn
nur bie Stuben u>eiß gefdjeuert unb bie (Sarbinen
fyübfdj gefteeft ftnb, fo fütyt ftd? eine frugale 5*au reftaurirt.
Der IKann erfdjeint tip als Pieifrafc, Sybarite ober Sar«
banapal; gilt iljr für eine 2Irt (Einquartierung unb einen
präbeftinirten Cfyfaneur« Die ZTTY#erien bes Comforts
begreift fein 5rauen3immer, fein altmobiger 3ube, fein alt*
mobiger 5ran3ofe, fein XOilber, fein Otaliener, Spanier unb
fein Kinb. Com fort liebt unb cultioirt erft bas Hilter, ber
Don ber Sinnlidjfeit frei entbunbene unb mit ifyr gleidia>ol]l
roieber üerföfmte, reife, gebilbetecßeiji, ber <£nglanber, ber
Deutfdje; fonberbarer XPeife audj ber jinnlidje Cürfe, n>eil
er p^legma beftfet lüie bie <£ftreme jtdj berühren, 3eigt
audf bie Cfjatfadje, baß ber (Belehrte oft fo roenig auf ben
Comfort giebt, als ber Haturalift unb Barbar, unb baß ber
jtnnlidje pole Pirtuos im negligirten Comfort ij*.
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IL
Der Htiytfjmus unb 6ie tt>ciblid?e Hahir,
Unbegreiflicher XPeife haben bis jefet €thifer unb 21ejthe*
tifer ben Begriff unb bie (Ehatfache bes BhYthmus ignorirt.
Der HhY*h mus iß ein £}aupt«Kriterton bes (5etßes, ber
(E^rafter Energie, bes männlichen IDefens unb ber ftttlichen
Cebensbetr>egung im Unterfdnebe ber elementaren ttatur.
Die elementare ttatur a>ächß unb bübet füll, gleichmäßig,
unmitttelbar unb aHmälig fort, fxe 3eigt feine bemerflichen
21ccente, <5ramtations»punfte unb Cäfuren; man hört un0
fleht in ber Hatur nirgenb ein Häberu>erf, eine ZTCafchinerte,
einen Kraftauftoanb ; (te iß fo fanft unb fchmeichelnb, fo
liebensroürbig linb unb leife, fo paffto unb fpielenb in ihren
Dermittelungsproceffen, toie gebilbete Stauen, beren £ebens«
funjl unb <8ra3ie einer XDeberei 3U Dergleichen iß, „u>o bie
Schiffchen herüber unb hinüber fdjießen, bie Ääben
ungefehen in einanber fließen unb ein Schlag taufenb
Perbinbungen fdjlägt", ohne baß man bie Fußtritte, ben
Hucf unb §ug bes JDebefmhls hören unb fehen ober gar
mit fjänben greifen Fann. 2lber nachbem bie ItebenstDÜrbige
Statur lange genug fo leife im IDeben unb IDachfen getoefen
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— 23 -
ifl, nachbem fte uns mit lauen £üften gefädelt, mit Kinber«
unb IDetberlocfen gefchmeichelt Ejat, entbindet jich aus bem
blauen Gimmel, aus 6er langen £iebe, aus ben langen
£oc?en unb fujjltchen tippen, aus ben ^armonifc^en unb
flüfftgen Lebensarten plöfelich ein fturmtfehes 2)onneru>etter,
roelches fjimmel unb €rbe in's C^aos 3urücf3uroanbeln brofy.
€s ergebt ftc^ ein bämonifcher (Seijt, ein HhYthmus ber
£eibenfchaft, bes <£igenroiIIens, bes IDiberfpruchs, bes 3äh-
30ms, ber jich in ben fdmeibenbjten 2lccenten austobt unb
mit feinen Cäfuren bas gan3e <5en?ebe ber Ciebe unb Gebens»
toürbigfeit une mit Ztleffern 3erfdmeibet. 3n folgen €ftremen
von pafftoität unb Ueberfraft, r»on roarmer 5lüfftgfeit unb
fdjarf crYjtallijtrenber Kalte, r»on confufem (Eemporiftren unb
totaler Hücfjtchtslojtgfeit gefallen fich bie ED ei ber, bie
ZTaturaliften, bie praf tteanten, bieKinber unb bas
Volt nach bem HTujier ber elementaren XTatur, bie in
Urnen eingefleifcht ijt. — 2ln ber tfatur unb ben Ztatur*
menfehen begreifen u?ir erft ben <5eift! <2r ijt bie aus ber
überfchüfßgen Sinnlichfeit unb Seele frei entbunbene trans-
feenbente Kraft; er mu§ nach bem <5efefc ber Polarität unb
Heaction ben <5egenfafe 3ur natürlichen 33afts bilben, unb
er bilbet tfm baburch, ba§ er bie elementare ilüfftgfeit ber
ITatur burch einen förmlichen Perftanbes«2flechanismus
in^ibirt. <£s iji feiten ben profefjtonirten ptn'lofophen unb
niemals ben Dilettanten flar, bajj ber (Seift 3ur Seele
nicht nur in einem bynamifchen, fonbern auch in
einem mechanifchen Derhältniffe fteht, ba§ er fich nur
in 5ormen reflfectiren, bajj er ftch ohne ZTTechanif unb Schema«
tismus gar nicht in Scene fefcen, nicht thätig ertoeifen famt,
baß jeber HhY*h mus c » n SlusbrucF biefer (Seijtes-
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- 2* -
ZTZechanif iß, unb bafj eben burch fte bte ftnnliche <£on-
fufton unb bic elementare ZTot^toenbigfeit bes Haturalismus
besnmngen merken mufj; — wie wir bas in ben Anfängen
aller Cultur*(ßefd|id]ten erfefyen.
Die 5*auen, bas Dolf unb bie Barbaren erecuttren nur
ben ^yiiimus ber £eibenfchaft unb cultioiren babei peban-
terie unb Ceremoniefl. Sie fennen auch ben tyrannifd)en
Mechanismus bes Perftanbes, aber fte effectuiren Um nur
im 3ntereffe ber Selbfierhaltung, fte haben nicht ben Hijytlj»
mus bes förmlichen Perftonbes, ben logifchen <£nthuftasmus
ber ein folcher in Kraft einer 3bee, einer 33egeiflerung für
Hecht unb IDahrheit ijt. Hur bas ibeal getriebene Ceben
bes beutfdjen ZUenfchen, bes beutfehen Dichters unb Denfers,
bietet bem Biographen ein metrifches <5efefe an. — tDir
feanbiren in unferen £}er3en bas Ceben unb IDirf eu
Cutters unb Huttens, wie Schillers unb Sicktes, unb
füllen an biefen <5enien ben fittlichen HhYth™ 11 * öcs
beutfehen Dolfes tyxaus. — 2(uf ihn uerfleht ftch aber bie
ZTTaffe ber naturaltjttfch gearteten IDeiber fo wenig, wie ber
ZHann unb (Seiehrte auf bie Cöfung ber prononcirt rhY*h'
mifchen (Ehätigfeit burch (Srasie unb Ciebenswürbigfeit. <£s
ij* bas <5eheimmfj anmutiger unb gra3töfer grauen, baß fte
ben ftttltchen <5eift son feinen fcharfen 2Jccenten unb Cäfuren
befreien.
Cogif, Dialectif, ZTTethobe unb Styl ftnb nichts anberes,
als bie 5igurationen bes rhY*hntifchen (Seines, b. l|. ber
männlichen 2lrt, 3U welcher bie grasiöfe Lebensart, bie Ein-
muth unb £iebenswürbigfeit ber Srauen (bas ewig iDeib-
liche) ein (Segengewicht bilben mujjj. X)ie tDeltöfonomie, bie
£cbens»5chönhcit begeht in ber Heutralifation bes männlich
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- 25 —
rfatfimifcfien <5eij!es burcb, tpeiblicrje (5ra3ie, unb öann tpieber
roirb ße pon bem rhYttynifcrjen (Seifte bes ZTCannes fdjcma»
tijtrt unb jtiltjtrt.
Die 5?auen traben ben HfjYtfyitus bes I^ens, aber nicht
ben bes Kopfes. Die Diagnofe bes rhYttmufäen (ßeijks ift
ber in ferjarfe ^ccente gefefete, ber präcis formulirenbe,
(Confequen3en, (Eäfuren unb Hörnten refpectirenbe Derjkmo.
Die Diagnofe eines r^yt^mifdien Cfyarafters ift bie <£nt»
fchiebenljeit unb Schärfe feines IDefens unb Wiüens, bie
<5rapitation feiner (Semüthsfräfte gegen irgenb eine 3bee
unb einen punFt, bei nüchternem ZtTuthe. Diefen S^Yt^mus
bes <£fjarafters 3eigt auch, bas tt>eib, ber Barbar unb ber
Ztaturalnl; aber ber 3mpuls fommt bei ilmen nid]t roie bei
bem gefdmlten beutfdjen ZHanne, rom (Seifte, pon einem
flaren Begriffe, fonbern pon einer Ceibenfcrjaft fjer. Das
Siel ber Barbaren unb ttaturaltften ift nicht (Sefefe unb
IDahrheit, fonbern 2Xlad\t, (Egoismus, €igenn?ifle unb fmn»
licher <5enujj. Kinber, grauen unb lOilbe perrichten feinerlei
Arbeit mit gemeinfchaftlichem unb prononcirtem HhY*h mu5 /
mit einem bemerFlichen gug unb HucF. <£rft bie Arbeiter
ber cultipirten Nationen: ZtTatrofen, gimmerleute, Kornmeffer,
haben burch Erfahrung bie HothmenbigFeit erFannt, im
HrtYtfimus thätig unb burch ihn 3U einem ein3igen Arbeits-
Forper perbunben 3U fein.
5rauen, Barbaren, Kinber, Süblänber unb ZTaturaliften
finb üebensioürbiger unb gra3iöfer, aber in aßen irerFtäglichen
Ccbensarten piel weniger entfebjeben, eifrig accentuirt,
methobifch, confequent, b. h- vfyythim\\di t als ber beutfehe
unb fd>ulgerecr/t gebilbete 2tfann. Unb weil es fo ift, barum
fühlt ftdj bas elementar grasiöfe, jlüfftge, formlofe XPeib
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5um rEiYttynifiien, jtttlich accentutrten ZHanne Eingesogen.
<2s tritt feine fittliche Zerfahrenheit unb Sluflöfung burch ben
förmlichen (5ei(l, ben methobifchen Perftanb bes ZHannes ge«
fejtigt, es will feinen wetterwenbifdjen Naturalismus burch
bie oernünftige 2Tlechanif bes ZHannes regulirt unb mfybirt
fehen. €ben fo fühlt ber ZHann feinen (Beiß burch bes
XPeibes Seele, fühlt er feinen Schematismus burch i^re Ha*
tur unb Cebensunmittelbarfeit, feine ZITathematif unb peban*
terie burch ihre Dioination unb (Srasie flüfjtg gemacht.
Des IDeibes melobifche Seele bilbet erft mit ber h<**'
monifchen Kunjl unb bem rhythmifchen (Seifte bes ZtTannes
eine Dottfommene ZlTufiF. Selbft in ben facettirten ZHusfeln
unb in ben ecfigen Bewegungen bes ZHannes h<*t bie £latur
bie fdjarfen 2lccente feines IDefens, wie in ben meieren oer«
fliefjenben 5ormen bes weiblichen Körpers, unb in feiner
IDellen*3et»egung ben melobiöfen Sinn unb bie <Sra3ie
bes IDeibes ausgebrüeft. — IDer bas begriffen tja t,
u>irb in ber Ciebe unb <£he noch ein tieferes (Sefefc,
eine fublimere Oefonomie unb (Benugthuung, als
bie ber 5ortpf lan3ung bes ZTTenfchengefchlechts er*
fehen. Das „emig" IDeibliche foll bem Männlichen, bie
Natur bem (Seifte uermählt werben. Das ift bie abfolute
Satisfaction bes IDeltgeiftes, bas heilige (Sefefc ber Cebens*
öfonomie. 2Tlan fann oom Hhyth™ 11 * nicht nerhanbeln,
ohne gewiffer Unregelmäßigkeiten unb Polaritäten 3U ge«
benfen, bie ftch nur aus bem (Sefefc ber Heaction er«
flären.
Diefelben Ceute, welche präcis ober fchwunghaft benfen
unb fprechen, ftnb eben fo oft confufe, fchlaff unb rathlos
in ihrem wirklichen Chun. Diplomaten, Citeraten, bieten-
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— 27 —
menfchen unb fjofleute, tx>elche bic fpifecfle 5eber führen unb
ein fjaar rhYthmifch'bialectifch 311 fpalten »erflehen, 3eigeu
ftch bann auch noch 3U mittelmäßigen, falben unb per«
fctyeppenben maßregeln, 311m (Eemporifiren unb 23alanciren,
3um Knoten»Sdjür3en unb £öfen geneigt, fobalb bas Schubert
aus ber Scheibe ge3ogen ift, baß alle Knoten unb ZHafchen
ent3a>ei fdmeiben foll.
Umgefehrt erleben nnr täglich, baß eben nach bem (Sefefc
ber natürlichen Heaction 5rauen3immer, XTaturalifien
unb cSmpirifer, toeil jte im Heben unb Denfen confufe
unb unpräcis fmb, ftch im fjantxtln fdmeHfräftig, entfdjloffen
unb burchgreifenb 3eigen, unb 3tx>ar in bem Zttaafa als ihre
Situation eine brängenbe unb t>er3tx>eifelte ober ihre Ceiben«
fchaft in Aufruhr gebracht ijh — Por ihrem 2}hY*h mu5
mögen ftch bie grauen immerhin ^üten, ba fte fd?on t>on
ZTatur 3U bemfelben incliniren unb es neben bem großen
gug unb Hucf einer eblen Ceibenfchaft unb Begeiferung
auch 3e^ntaufenb <§anf« unb cEitelfeitsteufelchen mit gan3
unerträglichen, rjeiKofen 2lccenten giebt. 2lber 5^auen foüen
gleichwohl ben logifchen HhY*hmus fo weit anftreben
ober an ben ZTTännem refpectiren, baß jie benfelben nicht,
wie jte es lieben, mit ben fleinlichften Dingen ohne ZToth
unterbrechen, wenn biefe in höchfter <Setjles«2mfhrengung unb
im ehrlichPen 2)isputir»€ifer fmb. Die €mpörung ber
ZHänner, bie auf folche weibliche ttaioetät unb 3ev\atycenty\t
erfolgt, h<** weht nur in ber peranlaßten Störung ihren
<ßrunb, fonbern auch in ber notorifchen Chatfache, baß ber
genxiltigfte ZTTann, baß fein fjeiliger, fein (ßenie unb fein
fjelb mitten in feiner c2mphafe, feinem Pathos unb feinem
(Triumph auch nur ein paar Slugenbltcfe einem tDeibleiu
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— 28 —
3U imponiren oermag, bie eben mit ifaen eigenen Angelegen*
Jetten unb liebenswürbigen KoFetterien befdjäftigt iji, mögen
biefelben nod? fo Fleinlidj unb nidjtswürbig fein.
€s giebt eine große ZHaffe von gebtlbeten unb für liebens«
würbig geltenden IDeibern, bie faft alle AugenblicFe ifyres
£ebens fo 3erfireut, fo gan3 mit ifyrem treuem Selbß, ober
mit iljrer 5amilien«2nifere befdjäftigt, bie fo gan3 unfähig
ftnb aud? nur ein paar Augenblicfe aus ftctf heraus 3U gefjen
unb ifjre AufmerFfamFeit auf einen (ßegenjianb 3U concen«
triren, baß man fte wie 3rren^aus»patienten mit (Eropf-
bäbern beljanbeln 3U bürfen wünfdjt.
Äalls eine fyalbe ZDelt unterginge unb eine richtige €r»as-
(Eodtter 3ufe^eu bürfte, fo oergäße fte nidjt, ifjren Kamm in
bem AugenblicF fejter 3U jtecFen, wo ber Sturm, welcher bie
<£rb»Peße bricht, ein Hein n>enig ifyren Kopfpufe berangirt
fyätte. 3d? Ijabe es erlebt, wie gebilbete, liebenswürbige
Damen weniger barüber außer fidj gerieten, baß r>or ifyren
klugen ZHenfdjen im 5euer ober im IPaffer umfamen: fonbern
baß fte felbft bei ber Sdjrecfensfcene eine Alteration aus-
halten mußten, ftdi wieber alle 5a<?on gebogen unb i^ren
2In3iig in Unorbnung gebracht fafyen. 5ür ein IDeib, bas
mit ifjrer liebenswürbigen Holle, mit iljren äfftfdjen ZHutter-
gefügten, mit ifyren trioalften JDafdj« unb Küdien*Sorgen,
mit iEjren Fleinlidjen 3ntereffen, Cetbenfdjaften, 3 ntr 'ö ue "/
(SefattfüditigFeiten unb Duobe3»<ßebanFen befdjäftigt ijt, eyifhrt
Feine abfolute rDidtfigFeit, Feine Xtfafyrfjeit, Fein lüort, Fein
3bea(, Fein €reigniß, Fein £}eiligtf}um, Feine Horm. Sie
fyört, fte ftefyt unb benFt nur f\d\; fte ignorirt unfern Herr-
gott mitten im Sprodf am jüngften (Eage, wenn fte ifyre
Sdjmacritlocfen nidjt effectio weiß, Ztidjt bie Oppofttion bes
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- 29 -
Weibes ober ber burdj ihren (Eigenfmn herbeigeführte 5chaben
r»erbirbt bem ZTTanne, bem pfylofophen, bem ZtTenfchenfenner
bie Contenance, fonbern bie immer toieber aufgefrifchte
Ueber3eugung, ba§ ein XDeib nicht 311 beffern, nicht 3U be-
legen ijt, baß fie nur mit ihrem Ceben ihre IDeibernatur,
ihre Porurtheile, ihre (ßeroofmheiten, (Eigenheiten unb ZHucfen,
ihren profan»Z?erjtanb aufgiebt, bem nichts imponirt, roomit
er fmnlichermagen oerfehrt. 5rauen Derleugnen ftch, fie be«
herrfchen unb peropfern pch ein gan3es Ceben hindurch in
allen Stunben unb 2lugenblicfen, aber fie tfmn es feinmal
mit ber Ueber3eugung unb 5reubigfeit einer gewonnenen
(£rfenntni§, fonbem mit bem Stol3, *>ev phantafterei, ber
€itelfeit einer fjelbin unb Dulberin. Wo ein JDeib pch nicht
mehr bie 3&ifton einer Aufopferung machen, u>o fte ftch nicht
mit Ctebe unb Ceibenfchaft, mit €rtafe Eingeben fann: ba
hat fte feinen ZDifc, feine Satisfaction, feine (Eugenb unb
Kraft, tpährenb ber echte ZHann gar nicht 3U Homan«Scenen,
3u fjelbenthaten aufgelegt, n>ohl aber jeben Slugenblicf be«
reit ifl mit nüchternem ZTCuthe für bas 3U jterben, tx>as ihn
fein Derftanb als Hecht unb Pflicht, als Züabrheit unb Hoth*
roenbigfeit erfennen lägt. Diefer Unterfchieb 3roifchen ben
Slccenten ber c£mpfinbung unb benen bes Perjtanbes,
3u>ifchen bem Hhythntus b* x Ceibenfchaft, bie auch noch in
ber Peropferung eine Selbft«Schtr>elgerei oerbleibt, unb bem
Hhrthntus bes Derftanbes, ber in feiner formalen unb ab«
jhracten Nüchternheit ein logifcher €nthufiasmus unb eine
logifche Selbjl*<£ntäu§erung bleibt: bas ijlt ber über Seit unb
Sinnlichfett Jnnausreichenbe Unterfchieb 3a>ifchen ZTCann unb
IDeib, 3U?ifchen Sinnlichfeit unb Dernunft, 3u>ifchen Zlatuv
unb (ßetfl, 3tx>ifchen Cultur unb Barbarei.
III.
Die elementare Xlatux 6er grauen.
M €s gtebt feine mYjHfdje Sdjdpfung, fein Silb, fein Symbol trab
feine poetifdje Crftnbung jur Sejeidjnung be* Dunfein, Oerborgenen
unb Unbegreiflldjen, oime bag baju bie Heprafentanten aus bem weib«
Iidjen (Sefdjlr d>te getDdb.lt wären.
Da tfl bie Spbinr, M« Cljimäre unb bie 3fls, bereu Sdjleier
feinOTenfd? je geiaftet fyxt. €benfo bie panbora, bie perfepffone,
bie jlets entweber im Gimmel ober in ber $öfle fein mu§te, unb bie
Qefate, weld?e bei Hadjt bas Cine, bei <Cag bas 2Inbere war. Die
Sibyllen waren jraueujimmer, besgleldjen bie (Borgonen, bie
^arpten, bie $urien, bieparjen, bie teutonifd)en tDalffrien,
bie Hörnen unb bie pYtb,ia: furj äffe DarßeOungen uon bunfeln,
unergrünMldjen unb bebeutfamen 3been finb weibliä>." Bulwer.
5rauen müffen fo aufgefaßt werben wk bie Zlatnv, näm«
\xd\ unmittelbar unb olme Kritif. Klan erfreut jtdj itjrer,
tote bes fyeflen Rimmels, bis er fid] einsieht, roie ber ölütfjen«
3ett, bis bie 3lütfyen fallen; — toie ber eigenen fje^ens«
freube, bis bie Sdjme^en, bie Sorgen unb (SetDijfenS'Beäng.
jttgungen fommen. — IDeiber, Kinber, 3nßinct»Znenfdjen
unb Ceute aus bem üolfe finb garftige unb liebensiDÜrbige
Barbaren, perfonifteirte <£Iementarf räfte ; man muß mit ümen
3U Derfeljren unffen, u?ie mit 5euer, IDaffer unb IDinb, mit
Cuft unb Cidjt. Xladi fo Diel f raufen IDeflen« Spielen
fliegen fte immer roieber in ein formlofes (Element 3urücf.
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- 31 -
Klan mug, um ifaer frofj 311 »erben, nicty PernunfMHaaij-
ftäbe an fie heranbringen; man barf ifmen nicbt 3umutlieu,
ZtTittel unb ^roecf gegeneinander abzuwägen, Urfadio unb
ZDirfung 3ufammen 3U benfen, ein feftes <§iel fd?arf in's
2luge 3U faffen unb bie 21ugenblicfe mit Hücffkrit auf ben
lefeten §wed ein3urid|ten. ZTTan barf von tfmen feine Stetig*
feit unb Hufje, feine Perfknbes» unb C^araFter-(£onfequen3en,
feine 2lccente ober <5rarntationspunfte ber 3 n ^öigen3, feine
£DilIens«<£nergie, fein Selbftbetxmfjtfein unb feine Selbjtoer»
Iäugnung im 3utereffe von 3been unb foldjen IDeltgefefcen
»erlangen, bie nicr/t mit Rauben 3U greifen ober mit fünf
Sinnen 3U faffen jtnb. — 2TTan tafirt einen 5ifcrj im IDaffer
ober einen t>ogeI in ber £uft, unb man mu§ rtaturmenfdjen,
man mu§ oiele 5rauen unb junge 2Tlenfcrien toie ein Hatur«
probuct auffaffen, bas oon feinem Boben unb Rimmels»
ftridt untrennbar ijl, burd} bie Umgebung feine Bebeutung
unb fein Perftänbniß erhält, roie ber Baum. ZTCan ruijt in
feinem Statten unb fiefyt bem Spiel ber £icrjtfiral)len in ben
Blättern 3U unb roie fle ber XDinb burd]roüE|It. 2Tlan pflücft
bie 5rüd?te, roenn es ein 5rudjtbaum ijl, man trauert mit
Hmt, roenn irm ber fjerbftfturm 3um blattlofen (Sefpenfte
mad\t unb ber Scrmee in Coronen oon feinen ^roeigen
fcrtmi^t, aber ntan nimmt bie £en3esfreuben fo oft oon neuem
auf, als ber Baum roieber ausgrünt unb blüfyt. —
5rauen unb Kinber, 3ünglinge unb Hatur»2Tlenfd]en traben
mdttt nur alle Dierunb3roan3ig Stunben, fonbern in ein unb
berfelben Stunbe (Ebbe unb ÄIutEj; unb seigen in jebem
2Tionat, in jeber IDocrje unb au bemfelben (Tage, ben IDedjfel
ber ^afyces^xtcn auf. 3* ocs XDeib unb jeber 3üngling ifi
€gmonts Klärten: „freubooH unb leibooü" — „Jjangenb
— 32 —
unb bangenb* — auch „gebanfenoott" — aber olme Siel
unb Schluß. Sachen unb Weinen, S^gnife unk IDagnijj,
Melancholie unb Munterfeit, fjafc unb Siebe, £ifer unb
3nbolen3, 2lnfh*engung unb Crägheit, Selbftfucht unb 2luf«
Opferung, Materialismus unb 3bealismus, (Eifesfälte unb
fommerliche phantafterei — Durination unb Blöbjtnn, 5örm-
licrjfeit unb Schwärmerei: 2Wes bas unb Unnennbares folgt
[\dtt, überftur3t fich/ unterbricht ftch bei bem Zlatur»Menfchen,
unb wtrrfalt oft fo bunt burcheinanber, bafj er ftch felbft
nicht begreift, unb ftd? entweber in Melancholie jiürst, ober
burch €rceffe £uft r»erfchafft.
Die 5orberungen bes Pernunftgebilbeten unb cioilijtrten
Menfchen, bes Higoriflen an bie Hatur«Menfchen, bes Hilters
an bie 3ugenb, unb bes gereiften Mannes an bie 5*auen,
erinnern mich an bie Porwürfe, welche bie r>on Bübe3ahl
geraubte prin$ejj ben (Sefpielinnen macht bie ihr ber Berg«
geift aus Blumen in's leben gerufen fyat — bie prin3eß
ftnbet jte fo falt, fo feelenlos; unb fte antworten ihr wunber»
fchön: „bijt Du bie Sonne, bie uns wärmt unb jeben Mor-
gen 3U neuem Ceben werft; ber ZTiorgenthau, ber auf unfern
Blättern in Demantperlen funfeit, ber linbe Züeftwinb, ber
in unfern Kelchen buhlt: ba§ wir Dich lieben foflen?" TXnv
Ciebe, bie poefte unb ber reife (Seift oerftehen Ztatur»Menfchen
3U genießen, unb aufjerbem perftehen fte ftch glüeflicherweife
untereinanber felbft. §u cergeffen ift aber bei biefer Apologie
ber Statur aliften freilich nicht: ba& poefte unb Ziehung nach
3wei entgegengefefeten tt>elt»<Segenben auseinanbergehen; unb
bafj Menfdjen niemals gan3 fo, wie Ztaturprobucte behanbelt
werben bürfen. Man fann ein IDeib nie ergrünben: aber
was man an <£iner ZDeibliches unb IDefentliches erfährt,
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33
bas ijl bei bitten baffelbe. Die grauen Ijaben eine elemen-
tare <51eid?f}eit; fte gleichen ftef? u>ie IDeßen- unb XDolfen*
btlbungen, toie ein 5rühlmgs< ober fjerbjitag bem anbern,
rsie alte Blumen unb Schmetterlinge einanber ähnlich fehen;
bewn trofe ber Sarben« unb 5ormenmanntgfaltigfeit ftnb's
boch $ulefet Blumen unb Schmetterlinge, (ßaufler ber lüfte,
gaufelnbe (Seßalten, bie ber Ziaturfyumar aus bem grünen
Sleifch bes Stengels, 3u>ifchen bem Blätterronfl h** 00 ***"^
unb bie m bem 2lugenblicF oertBelren, too fie gan3 unb gar
Duft »nb Bluthe geworben fmb. XTCänner 3eigen ben
ZTCeufdten als eine Selbfioffenbarung ber Xüelt«(5efcrHchte, als
einen €rtract ber gansert Harur. Sie ftnb fo mathematifch
unb fryftalltnifdS, mie bas Steinreich; fo mutrjig,
unb Stiere; fo getreu une ^unbe, fo btcax^nt> unb gewaltig
roie ein tDafferjhu^, fo ruhig unb regelmäßig, toie <£bhc unb
51uth, uno gleichmohl fo triebfräftig tr>ie bie 3ahres3etten,
fo jhlrmifch unb rhvtfywfä UTeereS'JDeflen jinb. Die
grauen aber 3eigen immer nur einen 5aftor bes Cebens;
einen mifrosfopifchen, ober einen abjiraften unb fchematifchen
Perjtonb; £eichtfertigfeit ober <£eremonieH. <£s beherrfcht
bie XDeiber eine fyrrmelftüxmenbe £eibenfchaft ober eine
rnmutiöfe Sörmlichfeit, bämonifche Selbftfucht ober bie 3&ee
ber Peropferung; unb am h# u ftefte n befmben fte jtch in
einem tumultuarifcnen ZHifchmafch oon allen möglichen £r<
tremen; in ber beliebten romantifchen Confufton, aber gleich*
roohl mit leife«liftiger Selbj^Directton. Olm* £i*be unb £ja§,
ohne phantafterei, ohne Anlauf unb Ueberfchioänglichfeit gro§
unb grogmüthig 5u fein, Statur unb (Seift in einem form*
gebilbeten Perftanbe 3U oerföhnen: bas oerfleht unb oermaej
nur ein ZKann! ZKänner fpiegeln alle Heiche ber ttatur
3. (Bolfc, Ztaturgefdf. b. jraum. 3
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- 3* -
unb beherrfchen mit ihrem (ßeifte biefe Statur; — aber bte
5rauen bilden nur ihr ZTCetamorphofenfpiel ab. ZHan
fennt fte 2lfle, h a * fte 2tfle geliebt, roenn man (Eine geliebt
unb fennen gelernt Ijat. (Es ift eine Derfdjiebenheit an ihnen,
n?ie an IPeinen unb Zftuftf ; aber alle IDeine fdmtecfen nach
IDein, unb feine ZHelobie geht über ben Sinn unb bas <£e«
fefc, ber ZTCuftf, ber Schönheit hinaus in bie firenge Waffe*
heit, in bie (ßefefemäßigfeit, bie reine ZHathematif, bie <5ram*
ntatif; unb fein XDeib fomntt fo gan3 unb gar 3ur reinen
Pemunft, 3U ber Pernunft, bie aus bem Kampfe r»on ZTatur
unb Znenfdjen«<5eip bas abfolute <8efefe ju extrahieren vermag,
in welchem alle irbtfehe <5egenfäfee ausgeglichen ftnb. 2luch
n?enn ftch bas IDeib oeropfert, ijVs feine Selbstverleugnung,
fein nüchternes (Dpfer für bie Watyttyit, für ein begriffenes
<5efefc, fonbern ein ©pfer ber Siebe für ein IDefen, aus bem
fte ftch felbfi 3urücfempfängt, ein (Befühl t>on bem ihr Sclbft
genährt unb beglaubigt u>irb: es gehe 3um tEobe ober 3um
Ceben.
(Ein ebler IHann lebt unb fhrbt für eine IDahrheit, für
ein <5efefe, bas mit feinen (Befühlen unb teibenfehaften, mit
feinen <5etr>ohnhetten nichts 3U thun hat, fonbern ihnen oiefleicht
tmberfpricht; er oerfölmt ftch mit feinem 5^inbe, er fh'rbt für
biefen Äeinb, wenn berfelbe Cräger ber 3bee unb bes Bech*
tes tjl, burch welches bie XDelt, bie XTation, bie <5efeflfchaft
begeht; er befennt ben 3nrthum feines gan3en Cebens mit
5reubigfeit bem XDiberfadjer, wenn biefer bie IDahrheit ge«
funben fyat, unb legt fte in feine Ijänbe um ber IDahrheit
willen, unb beftegt ihretwegen feinen lebenslänglichen <BroÜ\
Der ZTlenfch fann fo Ungeheures ntöglicherweife DoHbringen,
wenn er ein ZHamt ift: aber bas größte unb befte iPeib
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— 35 —
pergtebt Fetner tEobf einbin gany, gönnt ibrer Ztebenbutyerin
ben (Beliebten nur um bes (Beliebten willen; unb fdjwelgt
in ber PorßeÜiing, baß jie jtdj oeropfert b,at. — Diefe £ieb<
lmgs«(£enben3 ^aben bie pielen 8ejtgnations«Homane ber
£iteratur*Damen 3ur Sdjau gejMt. 2lber Bejtgnations«5i*ber
tjt nodj lange feine (Serecfytigfeit. 3*be 5*au würbe jtd? woty
lieber pon feinblicb, geftnnten ZHännern, als pon einer 3ury
pon XDeibern perurtljeUen fefyen! — €in ebler ZtTann ent-
fefct jtd] por bem (5ebanfen parteiifdj unb ungerecht 3U fein;
feine 5reunbe Ifaben es fdjlimmer mit ifyn als feine 5*inbe.
So ebel fann ein 2Hann ob^ne <£f jtafe, ein IDeib nur feiten
unb nur mit €fftafe fein. — Sdjon bie eblen Cbjere 3eigen
23ufye unb (Sleidjmäßigfeit. Das gemeine Bauerpferb
lägt ben Kopf träge langen, ober nimmt ifm im Ueberrraitf?
3wifcfjen bie Beine unb fdjlägt hinten aus, wenn es 3U gut
gefuttert wirb, wäfyrenb bas 23oß pon eblem Blute, bei
gleichmäßigem ruhigen Cemperamente, mit Ambition unb
5euer bem leifeften ScfyenfelbrucF unb Sungenfcftfage gelprdjt.
3n allen Heicb,en ber Statur unb Kunj* diarafterijtrt ftcfi
bas €ble unb Schöne unb bie periobe ber Heife: bureb,
aiusgeglidfenljeit unb (Ebenmaaß, bureb, inneres unb äußeres
(ßleidfgewidjt. 3" aßen Sphären ijt bas Bunte, bas IDecb,-
felnbe, ZHoufjtrenbe, Sdjwanfenbe unb Ueberfcb,wänglidte:
ein unreifes ober unebles probuet unb nirgenb tritt bies
(Sefefe fo beutlicb, unb confequent als beim ITCenfdjen'ßefcb.Iecbt
Ijerpor.
Das Kinb wecbjelt bie Caune in einer Stunbe 3efmmal,
amüfirt unb langweilt ftcb, um nichts. <£s fpielt Stunben
lang, unb wirft plofelidi Ellies fort; 3erbridjt unb serflört
bas, was ib,m foeben 5rcube gemacht ljat. — Die grauen,
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— 36 —
über welche bie Hatur mehr (ßewalt als über bie tflänner
gewinnt, h<tben anch bie EDetterwenbtgfeiten, bie ZTCetamor«
pbofen, unb c2rcentricitäten ber elementaren Ztatur. — Sie
fmb ruhtg, milbe, liebenb, tyngebetib, forglich, fanft unb
bulbfam; unb bann wteber $eigen fte ftch plöfclich unb um
motwirt: ^eftig, läntifä, jtarr, tyrannifd?, ja fogar olme
33armher3igfeit unb (ßefüfy. 5rauen unterstehen fici? mit
unbegreiflicher (ßebulb unb 2Iusbauer ben mühfeligjlen ge«
wohnten fjanbarbeiten, unb tonnen ihre (ßebanfen gleichwohl
nid?t eine triertel Stunbe lang auf eine ungewohnte Arbeit
ohne StDifchen-Serjkeuungen foncentriren. — 5ie lieben mit
2lusbauer; unb boch fliegen ihnen währenb biefer Ceibenfchaft
Capricen unb <5rülen burch ben Kopf, burch welche ber
Ciebe Eintrag gefchieht. <£in befanntes Sprüchwort fagt in
biefem Sinn sutreffenb unb wifcig: „£rag ein IDeib auf
beinen ffänben nach £om; wenn bu fte aber am Chore
etwas unfanft niebergefefct h<*ft \o oerftehjt bu feine
(ßalanterie." grauen 3eigen fjartnäcfigfeit im Verfolgen
eines pians, bleiben aber gleichwohl nicht bei ber Stange
unb fpringen mitten im eifrigen (Sefpräch 3U einem gan3
bisparaten tEhema über, fte werfen eine Arbeit auf 3ahr
unb (Eag bei Seite, bie ihnen bereits ein 3<*h* 2Tü*he unb
Arbeit gemacht h a ^ u "b bas jtnb nur Bagatellsachen.
Selbjt gebilbete 5r<*uen pertragen nicht immer ein anbauernb
gleichmäßiges (ßlücf unb fühlen einen unbegreiflichen Antrieb
3u Ceufeleien unb Starrheiten, burch welche eine 2lbwechfelung
unb Unterbrechung in bie £ebensruhe fommt, bie ihnen ohne
(£pifoben, Katajlrophen unb <£r>entualitäten 3U monoton unb
langweilig erfcheint.
Diefelbe 5rau, bie ihren ZTCann brei 3<*hre unb länger
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— 57 —
auf bem £ette gepflegt hat, ©ergibt ilm im erPen Viertel-
jahr nach feinem Cobe unb fnüpft im sollen Crauerjlaat
Ciebesoerhältniffe an» Auch bie 5äHe, in benen eine 5*au,
tpelcrje 3tx>an3tg 3°h r e glüeflich unb ehrbar in ber c2he ge-
lebt ^at f ihren XKann unb ein halb Dufeenb Kinber ©erläßt,
um mit einem Abenteurer burdföugehen, charafteripren tro&
ihrer Seltenheit bas elementare, roetterroenbifche unb ab»
fpringenbe prin3ip in ber weiblichen Hatur. An Dienp»
mäbchen ift es eine befannte Chatfache, baß ihnen Xjeiraths*
(Sebanfen fo plöfelich unb pürmifch b\xxd\ ben Kopf fahren,
n?ie ZDinbpöße in bie fchlaff h^abhängenben Segel eines
Schiffes. €s muß ^ann geheiratet fein unb foHf es bas
Ceben fofien! €s fcheint babei oft feine Siebe, feine Sinn-
lichfeit, feine äußerliche Hothtoenbigfeit ober Sufunftsforge
im Spiele 3U fein; es giebt ba feinen oerjlänbigen <5runb;
es ijl ber IDechfel, bie 51uth, bfc elementare Ztletamorphofe,
bas untrnberpehliche (Sefefc einer in ihren polarifchen (Segen-
fafc umfchlagenben Ztatur! So ein armes perfönliches Hatur«
probuet fagt auf alle PorpeHungen roeiter nichts als: „ja
ich muß unb ich muß einmal/' Auf bem £anbe in polen
unb IDePpreußen fagen pe noch: „mich hat einmal ber Ceufel
uerblenbet; es ift mein Unglücf, aber ich muß!" Alfo r»or-
toärts mit einem uerfoffenen XPittroer, einem bettelarmen
SchuPer, ber fechs ober 3elm Kinber, aber nicht 3elm pchere
Kunben für feine pfufcher-Arbeit bepfet, ber feine erpe 5rau
3u (Eobe gepeinigt unb gemißhanbelt hat. Das nennt man
^eirathS'Paror^smus, fJeiraths-Berfcrferrouth. X>iefe 5luth
unb IDuth bes Naturalismus 3eigt pch auch bei ben ZTiännem
im gemeinen Polfe, aber mit bem Unter fchiebe, ba£ hi* r
uernünftige Heactionen oon Außen l\et burch Porpeilungen
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3u ermöglichen flnb, unb bafj bie Kataflrophen nicht gan3
fo unmotwirt, fo plöfelich unb jäh fprDorbrechen, fo ele-
mentar!
3n ber CoH^eit unb Narrheit ber ZHannsleute ift mehr
2ttethobe, mehr Schematismus unb Styl, 2lber bie Caunen
unb Schrullen ber 5rauen3immer fmb nach feinem gramma*
tifchen parabigma 3U conjugiren. c2s fmb lauter irreguläre
unb rhapfobifche Perba, reine 3" t P^opifationen ber uner«
fchöpflich geflaltenben unb erfinbungsreichen Natur. 2Tlan
ifl tyxxte einer XDolfen* unb IDetter-XDiffenfchaft auf ber
Spur; ob es aber je eine pfychologie geben wirb, welche
ben (Seneral*Nenner für bie Bruchtheilchen ber echten, un*
©erfälfchten €pas«Cöchter finben, ihre Variationen auf ein
(Srunbthema rebuciren unb ihre Unregelmäßigfeiten aus
irgenb einer Hegel erflären wirb: bas fcheint bas große
5rage$eichen in ber Naturgefchichte bes weiblichen <5efchlechts
3U fein,
<£in berber alter ^err pflegte 3U fagen: „IDenn bas
XDeibsr>olf erfl perrücft wirb, bann flnb fle über £eib unb
Cebcn, mit fjaut unb paaren perrücft' 7 , — unb ich benfe,
ber alte f}err h^tte Hecht. Denn bei einem ZDeibe flehen
por3ugsweife alle (Drgane unb 5acultäten in ZTCitleibenfchaft.
Sobalb ber Damm gebrochen ifl, ben Sitte unb <£om>enien3
um ben weiblichen Naturalismus aufgeführt hoben, be3ieht
eben bie elementare Zerfahrenheit unb bie €itelfeit ber
5rauen aus ihrem lebhaften (Seifle bie lebhafte Narrheit.
3hr XDife fleht fleh in 2tberwife 3<*f*fet unb bie Kraft ihrer
£eibenfchaft unb phantafle wirb sur CoHheit flimulirt.
Was jefet gegen ihren Unflnn 3eugt, bas wiffen fle 3U
beuten, inbem fle mit um>ergleichlich*r Cogif unb Dialeftif
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5mn unb Unjtnn 3ufammenmantfdien. 3<*t tonnte fdiämige
unb Sonette grauen; als fte aber von ber Ceibenfdjaft ge«
paeft tourben, machten Sücfytigfeit unb Bilbung bie Kupp»
lerin, festen pfyantajte unb 2lejlfjetif bie Ceibenfcfyaft in 33ranb.
3 m (ßemütfysfranfen roirb bie Einfalt 3um 23löbfmn, ber
(Eiefjmn 3ur ZKelandjolie, bie CebEjafttgfeit 3ur Narrheit, ber
ZTIutfi 3iir Haferei gefteigert; unb bic Ceibenfdjaft ift es,
bie iit ©ielen 5ällen aus einem ZPetbe eine <8emütf|sfranfe
madit
Der Naturalismus ber IDeiber poten3irt ftdj, roenn er ein«
mal bie Sdjranfen ber Sdiam unb 5örmlidifeit burdjbrodfen
bat, an bem (Begenfafee ber geijh'gen 33ilbung bis 3ur
Dämonie. <£in empörtes IPeib oerfte^t bes tEeufels Cefyr«
meißerin 3U fein»
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d3ra3te unb iiebmsvoüxbigteit
(5ra3iÖ5 iji nur bie Hatur in uns; roenn fidi btefe aber
roirffam enseifen foH, muß ftd? ber <Seij* paffir» ©erhalten unb
nicr/t oppoßtioneH. ZDer fein 3<*t/ f«ne perfönlicrjfeit t>er«
gißt, mit bem fpielt bie ZDelle bes allgemeinen tebens
unb mirft fo bie jtttltcfye <8ra3ie bes XDeltgeifles.
Hnfere perfönlidtfeit i(* in ber Hegel fdjon eine oerfe^rte
KunjMtatur; r>erglidten aber mit ber großen Cebensöfonomie,
mit bem (Sefefce ber Sdjönljett, erfdjeint fclbft bie nair>(te
unb einfädle ZTCenfcfiensXTatur als €infeitigfeit, Egoismus
unb Carricatur.
Die Haljel fagt:
„3dj t»äre ein fefy: oerfrüppeltes (Sefdjöpf geworben, läge
nic^t grogartige Betrachtung ber Hatur aller Dinge in mir,
unb jenes Dergeffen ber perfö'nlicr/feit, olme tDeldjes
bie genialifdjen ZTTenfdien Feine roären. Dies Selbft*£>ergeffen
ift ber einsige Ceidttfinn, ben mir ber gütige <5ott mit*
gegeben, unb bie einige <6ra3ie in meiner gan3en
Statur."
— «I —
Hafjel fagt alfo tiefftnnig bie <Sra3ie als XTaioetät, als ein
Pergefjen ber eigenen perfönlidjfeit, als ben leichten Sinn,
welcher die €kjentfyümlidj?eit an bas allgemeine Ceben
Inngiebt, als bie Derfölmung bes particulären Cebens mit
bem generifd;en Sein.
Xlut wo bas inbwibueHe €eben Pom allgemeinen oerfdilürft
wirb, fann bie (5ra$ie erblüljen; aber barum ijt es notfywenbig,
bajj ttp bie £fy*rafter«€nergie unb ber fittlidje HfyYtfymus
bes ZHannes permäbjt werbe: benn lauter <ßra3ie füfyrt 3um
finnlidjen Htfyilismus, 3ur Cljarafterloftgfeit, wie bie
£E|arafterfy5rte 3ur Unlieben swürbigfeit unb fyäpdien Unnatur.
Das 5ejtrennen in bie perfönlidtfeit madjt felbft einen
3ean Paul fo abgefdmtacft ungra3iös unb taftlos bei aller
X?er3lid}feit Die £afjel empfanb biefen UTangel an <5e-
fimtaef bei 3. paul fo übel, baß pe tyn ftdj nur fdmiuftig
benfen fonnte.
Die Kofetterie mit ber perfönlidtfeit mug bis 3ur Harr*
Ijeit führen. Der Harr fifet eben um bes UTangels an
generellem Perjtanbe unb XDellleben auf bem 3folirjtul{l,
inbem er 3Hujtonen wie IDirflicrjfeiten trafttrt.
Das allgemeine Ceben fjanbelt naturnotfywenbig oon
allen 2lugenblicfen in uns unb auger uns etwas ab. VO'vc
müßten wafynfinnig werben, wenn es nidjt gefdjäJie.
Umgefe^rt jtefyt feft, bag nur im Partifularismus, in ber
^Ibfdjließung oon ber UMtmannigfaltigfeit unb bem klugen«
blicfsleben biejenige Selbjlbeftnnung, SelbjUreue, 5efiigfett
unb (Efyatfraft bewahrt wirb, in welcher ber Cljarafter be*
fteljt, unb bag ob,ne ilm bie Ztarrfjeit oerfdjulbet wirb, wie-
wohl audf bie djarafterfeftigfeit bis 3ur Ztarrfjett getrieben
tx>erben fann.
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- V -
Hafyel fagt treffend: „alle IDahrheiten fmb nur Cofal«
IDafyrfyeiten", unb biefe 2lugenblicfs'£Dahrheiten mu§ bie
Seit reguliren, befliniren unb 311 allgemeinen IDahrhetten
ergeben. (5 raste ift flüfftg; jte 3eigt recht eigentlich ben
Uebergang bes ^lugenblicflichen, OnbimbueHen unb Cofalen
in bas <5enereHe, in bie IDeltöfonomie; ifl alfo bie W>*
bilblichfeit bes ftttlichen Cebens!
<Eine troefene (Sra3ie giebt es nicht, eine troefene ZX)afy>
heit ifl nid?t gra3iös, unb fein troefener, unelafhfcher, un»
fiüfjiger, unbeweglicher Perfkmb ifl gra3iös. —
<5ra3ie, als bie „Schönheit ber Bewegung", fann
jtch nie in ber £}aji enttoicfeln, benn Schönheit fennt feinen
prononcirten (Segenfafe von Ztatur unb (Seift, alfo auch feinen
von ZTIitteln unb Striefen, von Stoff unb 5orm, oon
Hr fache unb IDirfung, ober r»on (Eheil unb Cotalität.
Wo aber jeber SlugenblicF Selbjbgtoecf ift, ba fällt auch &ie
Urfache 3ur cgile fort, ba ift £}a(! unb giel ein XDiberftnn.
Die erfte 3ebingung ber echten Vornehmheit ifl alfo fchon
um ber (5ra3ie toillen eine Huhe, roeldje, ohne 3 nö °fe"3
3U Perrathen, fjarmonie, Sättigung, 3ntegrität unb fchönes
€benmaa§ aller (Beijtes* a>ie (ßemüthsfräfte mamfejhrt.
perfonen oon Dtfnnction haben bemnach fchon aus inneren
(Brünben unb »eil fie <£r3iehung bejtfeen, feine Saftigen unb
feine folchen ZTTanieren, bie für fich felbft etroas bebenten
trollen. Ueberbies liegt ihnen €i(e aus äußeren Peran-
laffungen in ber Hegel ebenfalls [fern; — benn nur ber
2lrme ober ber mit (5efchäften überhäufte ZtTenfch, ber nichts
»erfäumen, nichts oerloren gehen laffen barf, metß fo 3U
fagen „feinem Ceibe feinen Hath." XDenn bem oornehmen
2ftanne »irflich <£ile ZToth tlmt, fo masfirt er jte, toeil er
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- *3 —
wohl toeifj, bafj fte mit ber IDürbe unverträglich ijt unb ben
Nimbus ber fjoheit unb 5ürjtlich?eit fogleich 3erjtört. — Der*
Iorene Balance, Unruhe, Ungewißheit, Ungeberbigfeit, <Se«
reijtBieit, jebe £etbenfchaftlich?eit unb Pe^agtheit cerrathen
aber noch weit mehr als (Sefchäftigfeit unb £}a(t ben Sllltags»
ZHenfchen unb fein unmännliches Naturell; Haltung, Styl
unb Huije dfarafterijtren ben ZHann unb bie sornehme pcrfon.
— Die <Bra3ie ijt aber gleichfam bie Blüthe biefer nobeln
Cebensart unb Sittlidtfeit, bie ihrerfeits aus ber Perläug«
nung ber inbioibuellften 2Iugenblicfe unb aus bem
(Ebenmaafc aller Kräfte fyerr>orgefy. Der poßfommen ge«
bilbete ZHenfch h a * Feine formen, bie ftch nur als folche
barjteHen unb geltenb machen wollen, benn in ber lebenbigen
unb oollfommenen Bilbung Derfchmil3t, ähnlich wie in ben
(Boethe'fchen (Sebichten, ber <5egenfafe r»on Sorm unb XDefen*
heit 3ur (5ra3ie unb frönen Hatur. X}äpchfeit, profa, Un*
gra3ie unb Unbehagen ijt eben ba, wo ber Dualismus,
ber Schematismus unb Mechanismus 3um Porfchem
fontmt, unb wo auf ei^elne 2Iugenblicfe auf bie mbwibuelljten
ITTotipe unb 5igurationen ein ungebührlicher 2lccent gelegt,
wo ein rigorofer ^hY^ mus m ^ Prätenjton in Scene gefefet,
wo einer c£mphafe unb €£centricität, gehöre fie ber tDijfen»
fchaft, ber Sitte, bem Hecht ober ber Religion, bie fchöne
Harmonie unb ber jtille 5lu§ bes £ebens geopfert wirb. —
ZHit ber ftttlichen <£mphafe, mit ber <£harafter*€nergie fommt
es 3um Bruch 3wifchen XTatur unb (Seijt; mit biefem Bruch
beginnt bie <£ultur«(Sefchichte, bie (ßefchichte bes oernünftigen
(ßeijtes; aber mit ben <5ra3ien ijt's bann ©orbei, unb fte
fommen erjt 3um Porfchein, wenn ber Dualismus oon ttatur
unb (Seift burch £iebe unb poefte, burch bie fchönen Künfte
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uerfö'hnt ifh 3" &or <5ra3ie jlecfen nicht nur bie weiblichen
(Digenben unb gaubereien, fonbern auch bie weibliche <£ha»
rafterlojigfeit, bie weibliche Unentfchtebenheit unb XDiüen«
lojigfeit, bann lieber nach bem <5efefc ber Heaction in
<£igenjmn, (EeremonieH unb Schematismus umfehlägt. Die
<5ra3ten uermeiben 3war, fo lange fte bei guter Canne fmb,
3ncom>enien3en, Uebertreibungen unb gerwürfniffe, aber fie
oerfchulben auch Derfchleppungen, Confujtonen, Unordnungen
unb Schlaffheiten, weil bei ihnen jeber Higorismus, jeber
fcharfe Slccent unb jebe befümmte, fcharf begren3te Unter»
fcheibung oerpönt ijl. — Die <5ra3ien mahnen feine (Selb*
fchulb, aber fle halten auch nicht fo leicht einen (Termin,
weber in (Selbfachen noch fonft worin ein. Die weibliche,
b. h* öie gra3iöfe (Tugenb taugt beffer 5ur Conoerfation als
3um (Sefchäft, beffer 3um (ßehorfam als 3um Befehlen»
<6ra3iöfe Arbeiter, Cehrer, dichter, gelben, Heformatoren
ober poÜ3eibiener gewinnen feinen foliben ftttlichen €ffeft
unb feinen fü^eften Pro3eß.
Die (Staikn bürfen aber wieberum nicht echauffirt unb
abgearbeitet, mit fcharfen Slccenten ober mit „griffigen
Hebensarten" in Scene gefefct fein.
Penus«21TaIer follen (ich nicht auf Charafterföpfe capriciren,
unb BaHettän3er nicht bie männliche IDürbe prononciren
ober ben <£rnfl ber UMtgefchtchte tanken wollen*
Summa Summarum: bie männliche Cugenb, bie pronon»
cirte Kraft bes (Seines, bes JDillens, bes rhvth^ifch beweg*
ten Charafters ha* t>erbammt wenig mit ber antifen, ber
naioen, ber weiblichen <5ra3ie, unb biefe hat eben fo wenig
mit bem gansen <£rnjl ber chriftlichen tEugenb, b. h- mit bem
Schisma unb Kampf 3wifchen ttatur unb (Seift 3U tlmn.
- *5 -
Ztax bem alten 2lbam bet (Brieden »atb bte oolle (Stajte,
bte unsetfümmette Ztatut«Sd}önfyeit, bie 3nfpitation unb
Ztatur*plaj)tf 3U Cijeil.
£ine anbete <5ra$ie tji bie bes (Sethes unb eine anbete
bte bet Sinnlidjfeit; eine anbete bie männlidfe unb bie toetb-
ltdje, bie anttfe, bie naioe, bie plaftifdfe, unb eine anbete bte
djtiftfidie mobetne unb mujtfalifdje <5ta3ie, £ugenb unb
Kunjl. Keinet tEugenb, feinet Kunjl unb feinet tflannlid}«
feit batf bie antife, rceiblidje <5ta3ie gan3 fehlen; abet um«
gefefyrt tftten bie <Bta3ien ofyte Dialeftif, H^yt^ntif unb
männlichen <5eijt in €üge unb ^lad^eit, in Kofettette, Sinn-
lidjfett, Confufton unb Cfyataftetloftgfeit aus. —
Die gtajiöfen unb liebensroütbigen ZHenfdjen finb
eben bas, nxts fte ftnb, meil fie bie fdjatfen Slccente, bte
Cäfuten, bie €mpljafen unb äße Uebettteibungen uetmeiben;
abet eben batum mujj man bei ümen nidjt bie <Zfy<xvattev
(Entfdnebenfyeit, bie auf einen punft gerichtete (L^ätigfeit,
bte (Cteue, bie <5eu>iffenf}aftigFeit, bie ZlTüitfeligfeit, bie Otigt»
nalität unb bie Pittuofttät in einet foldjen Spfyäte fudjen,
rceldie 21bjh*actton von bet Sinnlidjfeit unb bem fdiönen
Schein »etlangt. €ine XKagb, bie etoas <5ta3iöfes unb
On3elnbes in (5ang unb Haltung befifct, toirb fdjtoetlidi
Ktaft beim Wafäen unb Sdienetn antx>enben, unb bet allet «
tDeltsgeaxmbte, flfinfe Knecht tr>itb feiten bie ZTadibtücflidi-
fett unb Ausbauet mit ^ol3a$t unb 2>tefdtflegel traben, als
ein plumpet unb fluttet Kametab, falls et nicfyt 3U ben
«gttafaulen (Eyemplaten gehört. 3n ben genieooüen 2ttenfd)en
ftnben ftdf freilief? <5ta3ie unb Ktaft, £eid)tigfeit unb ZTaäV
btürflidtfeit, Ciebensroütbigfeit, <Stünblid}feit unb alle anbeten
(Begenfäfee ©eteint, bie 2lHtagsleute abet tretben von einet
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entfcftebenen Hid?tung, Cugenb, (ßetsolmlieit, 5orm unb
Kraftdufjerung abforbiert. (ßenieoolle (Belehrte unb Künjtler
3eigen ftdi oft in bem ZHaaße liebenstoürbig, mittfjeilfam unb
fyuman, als jte Cieffmn unb (Srünbltdjfeit in iEjren Stubien
bartlmn; bcr getoölmlidte (Belehrte unb KünjUer oerliert
aber in bcr Hegel bas an gefelliger Ciebenstoürbigfeit unb
rein menfdjlidien Cugenben, an ber fjarmonic unb 3ntegrität
feines gan3en tDefens, roas er au <£rubition unb Pirtuojttät
in feiner XDiffenfdjaft ober Kunjt t>or jtd) gebracht Ijat: jte
n>äd?ft tfmt über ben Kopf, jte u>irb ifym 3U einer bämonifdjen
XTCadft, 3U einem fdjmarofeenben Ungeheuer, welches fein
J^ersblut trinfen barf. Umgefefyrt ßefyt bie cErfafyrung fejt,
ba§ eben bie gra3iofeften grauen bie unfolibeften jtnb, ba§
jte mit biefer <5ra3ie bie Cfyarafter* «Energie abforbiren unb
oon bem 2lugenblicf leer ausgeben, tx>o mit ber ftnnlidjen
Blütfje bie <5ra3ie 2Ibfdjieb nimmt. Von ber Statur fehler-
haft gebaute unb eingefefete <Sliebma§en erlauben feine freien,
fptelenben, gra3iöfen Bewegungen; in ihnen malt ftdf unb
3eidjenrebet bie gan3e Anatomie. IDeiber mit ftarf auswärts
gebrefyen Beinen, mit EjafHgen, eefigen, plumpen Bewegungen,
mit ausgreifenben Schritten, unternehmenben 21rm» unb Ceibes*
Schwenningen, mit tr»eit oorgebeugtem, oorauf recognos*
cirenben Oberleibe, mit (Ellbogen, bie gewaltfam oon ben
Hippen abgewenbet unb gefrümmt, Inn unb fyt gefdjlenfert
werben, jtnb meift fo fdjroff unb gefchmacflos in ihrem
Cljarafter, wie in Bewegung unb (Sang.
5ierlid]feitsüppig trippelnbe, affectirte, auf ben 5u6fpifcen
tän3elnbe, in ben fjüften fofett«bewegliche XDeibsbilber ftnb
gleichfalls feine erquiefliche <2rfcheinung unb feine gefegnete
2lcqutfttion für einen ehrlichen ZHann.
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— V —
2Itl3U3ierlicfi ift eine Härrin, oIIjulieBensmürbtg eine Dirne
unb aü$UQtdbaus ein (Erampeltfuer in menfdjlidjer (Behalt.
— IDenn irgenb wo unb an wem, fo n?ifl man am IDeibe
bas <£benmaajj, bie 3ntegrität einer fdjönen Ztatur unb bie«
jenige gefättigte Harmonie aller (ßeifles unb Sinnenfräfte
peru?irflid)t feffen, beren perfonipeation eben ben Sauber
ber IDeiblidifeit für ben minber fyxrmonifdi gebilbeten 2lbams«
SoEm ausmacht.
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V.
Die iiebmswüxbxgtext unb ifyr 2TTaIf}<mr,
£iebenstx>ürbtg mad\t nur bie liebe, bie Cebensbegeijterung,
bie 3ugenb, bie fcfyöne ZTatur. Sie ift 6er füge Saft im Baum,
bie ZTTailuft, ber junge (Trieb unb Sdjoß, ber 3tr>ifcr/en allen
Knorren rjeroorgrünt, inbem er bie Ijarte Hinbe fcfmteibigt
unb fprengt. ZDie ftd) <£p^eu unb roilbe Sofen an 3acfigen
<£id]cn unb an falten ZTTauem emporranfen, fo fdjmiegen
fidj 3 u 9^ nö unö £iebe an bas Hilter, fo umtDudiern unb
umbuften jie mit Cebensinbrunft alles <£rfd?affene — 3ugenb
unb pBfantafte, Cebensluft, Ciebe, (ßrasie, (Blücf feiig feit unb
Ciebenstoürbigfeit ftnb ein unb baffelbe, jte jtnb ber
Crieb, ber Sauber, ber 5luß biefer fußen, ^eiligen Ztatur
im ZTCenfdjen, ber IDedjfelfymdi, bie Begattung oon Statur
unb <5eiß! VOo biefe ^ugung, biefe 23tlbfraft, biefe erfte
Cebensbegeifierung im 7Xlm\d\m fdjäumt unb fluttet, ftdj in
alle Kanäle ftür3t, ba fdjmeibtgt unb tränft fte bie bürren
©rgane, ba fpült fte ben Sdjmufc fymxjeg, ba giebt fte bem
bunfelßen (Segenflanb einen Cüftre unb <Slan3, roie ber
frifdje (ßuefl, ber über Kiefclfteine fließt. 3ugenb, pfymtafte,
Ciebe unb Cebensluf* ftnb eine (Sottesflamme, bie in ber
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Zladtt bes Walkes aus bürrem Heiftg emporlobert, Hauch
unb iinjternifj bewältigt, bie Jftücfenfchwärme Begehrt unb
bie »üben tOpere »erfdjeucht, 3äger unb Bäuber mit gleicher
£iebe erwärmt unb gefällig macht. 2lber ein 5euer fann
auch ben XDalb in 'Stanb jfecFen, unb ein 5un!e legt bas
in 2lfd?e, was 3<*ty$unbette gebaut unb gefammelt haben.
3ugenb unb Phantafie, Ciebe, Ceibenfchaft unb £ebens«
begeifterung finb ein Himmelreich in ber Bruft bes eisernen
ZTTenfchen, aber barum noch nicht ber fittliche Derjkmb unb
bie Selbjwerläugnung, in welcher bie (ßefeUfdjaft bejteht.
Ciebe unb Ciebenswürbigfeit jtnb aflerbings ber 5aft im
Baum unb bas purpurblut bes £}er3ens, bas aus feinen
Kammern in alle £ebens«Kanäle treibt: aus Saft wirb H0I3,
aus Blut txrirb ZHusfelfafer, tterr» unb £}irn; aber (Eins ijl
barum noch nidjt bas Rubere. 2luch bie Knochen ernähren
jtch burch Blut, aber bas foßet einen langen IDunber-pr 030(3.
Das Ceben unb bie IDelt befielen in Siebe unb Kraft, in
Sympathien unb in Cfyaraf ter « Slbgefchlojfenheit 3ugleich.
Das 5efle muß bem Slüfftgen, bas förmliche bem Natür-
lichen, ber Schematismus ber elementaren Seele unb Ciebens-
würbigfeit 3ur Haltung unb 3ur Raffung bienen. <£s fann
nicht Ellies an ben Bäumen füger ZHaienfaft fein; bie Käufer,
bie BrücFen unb bie Särge werben von «E70I3 gebaut.
Um liebenswürbig 3U fein, muß man von nobeln Per-
hältniffen getragen werben, barf man nicht ben Kampf
$wifchen 2lrmuth unb Curusbebürfniffen, 3wifchen <£h*9*f&hl
unb malpropren Perwanbtfchaften ober gemeinen (Sefdjäften
unb ibealen 3ntentionen ofme Hajl unb Hülfe auf (Ich neh-
men. — Die ftttlichen Kräfte mögen immerhin in bem Kon«
flicte 3«>ifchen perfönlichfeit unb IDelt erjtarfen. Die Bequem-
3. <8oIfc, riaturgefdf. b. 5raue«. ^
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— 50 —
lichfeü unb Cebensharmonie allein probucirt freilich nicht
jene tiefere Ciebenstoürbigfeit, in toelcher fleh unfere (Eharafter*
Eigenheiten unb gärten mit Beroußtfem abfchleifen unb er-
reichen; aber bie (5 rasten, roelche von ber £iebensroürbig«
feit un3ertrennlich flnb, oertragen feine übertriebene gemeine
Arbeit unb pein, feine folche immertoährenben Befürchtungen,
Sorgen, Demütigungen, Selbfloerläugnungen unb Quälereien
von 3nnen unö 2lufjen, folche förperlichen unb geizigen 2lb*
äfcherungen unb germürbungen, roie fle einem von Xlanvc
nobeln, gefühlvollen unb ambitiöfen ZHenfchen burch flein«
liehe, trioiale, oerroicfelte, ärmliche unb fubalterne Eerhält«
niffe auferlegt roerben. IDer mit (6 t ra3ie arbeiten, balanciren,
tan3en, fechten, conoerflren ober fcher3en fofl, barf es nicht
mit <£entnerlaflen, mit gelabenen (ßeroehren, in ber fjöhle
bes Cöroen, mit bem Damofles«Schtoert über bem Raupte
thun. Die <5ra3ien bürfen nicht mit Stanb bebeeft, nicht fo
»erarbeitet fein, baß ihnen bie pulfe fliegen, bie ZTTusfcln
heraustreten unb ber ^higftfchtoeiß ausbricht. <5ra3ie unb
Ciebensroürbigfett flnb roie ber junge Scho§ am Baum; roenn
ihn bas XX>etbe4?ieh erft heruntergebrochen unb abgefreffen
hat, roächfl er 3um anbernmal nicht mehr fo fchlanf unb
grabe tyraus. XPunben oerharfchen unb oernarben tuohl
am Körper unb am (Seifle, aber fle lajfen XTachroehen 3U«
rücf. Slnbauembe grobe Arbeit unb Sorge macht nicht nur
ben Körper, fonbern auch <8eifl unb Seele flumpf unb fletf*
Wie müffen unfer <51ücf, unfere Bilbung unb Cugenb r>on
3nnen fytaus erroerben, aber auch oon Slufjen oorflnben;
— mir müffen r>om tt?af[er getragen roerben, roenn roir
fchroimmen follen. 3m Sumpfe Bjclferi uns Schtoimmfünfle
nichts. — <2s fommt alfo in bem Kapitel oon ber <Bra3ie
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unb Ciebenswürbtgtett barouf hinaus, baß man ber 2Irijto«
fratie angehören, baß man eine gewiffe forgenfreie, ftdjere
unb fomfortable Cebensftellung Ijaben, baß man ber Bjajl,
ber <5efa^r, ben Hltffcren bes Cebens enthoben, ober ein
fjalbgott ober (ßenius fein muffe, falls oon uns bie Blütfie
ber Ciebenswürbigfeit probucirt werben foll.
Die liebenswürbigfien Ceute unb eben fte fönnen feljr un-
liebenswürbig werben, wenn man 3U Urnen mit XTadibrücf-
lidjfeit [priest, wenn man ümen ben Hfyytljmus, welcher
burdj bie ftttlidie IPeltorbnung geftf, ein wenig burdj 23lidFc,
(Seberben, Bewegungen unb accentuirte Jüorte fcanbtrt. Der
liebenswürbigen Ztatürlidjfeit unferer gebilbeten Damen 5U«
folge foß 2lHes im ZHenfdien^erfe^r, in ber ZITenfd)en»€r*
Sielmng, im £Delt*23eglement, fogar im (Befdjäft, gan3 fo all«
mälig, jHfl, oermittelnb, perfölmlidj, fyirmonifa?, unmerflid],
bynamifdf unb unmittelbar fo flüfjtg unb elafhfä} oor ftdj
ge^en, wie in ber fügen ^eiligen Ztatur — wo befanntlicfy weber
ein Diplomat, noefy ein moberner Damen»Zlaturforfa^er unb
pflan3en^eft^etifer bas (Bras warfen Frören fann. 2lbgefefyen
aber baoon, baß bie ttatur Upen ^yt^mus nidjt nur in
©rfanen unb €rbbeben, in Sünbflfutljen unb Seudjen, in
Cages* unb 3afyres3eiten, in €bbe unb Älutfy marfirt, fonbern
baß fte aucfi benfclben Cebensfaben, ben fte fo Iangfam,
fäuberlidj, linbe, Ieife unb liebenswürbig gefponnen, feljr rigo»
rofe unb sans fa^on ab3ureißeu üerftefyt: fo iji eben ben
flügflen, ben feinden unb liebenswürbigjlen Ceuten ntdjt bei«
3ubringen, baß ber (Seift bes ZTüenfdjen eine fjöfyere poten3
perwirflidjen foll, als bie elementare Ztatur, unb baß ins«
befonbere ber ZKann feine Ueberlegenfcit über bie Hatur«
gefdiicfye, über bie naturwüdjjtgen 5rauen, Kinber unb
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IDtlben bann 3eigt: ba§ er ben naturempfangenben, natur»
gehorfamen, naturgemefclichen, lYrtfch-poetifchen unb roman-
tifchen, hxv$ ben pafftpen <5ei(t, in einen actipen, bramatifchen,
vernünftigen unb ftttlichen (Seijt umfefet, b. h- in einen folchen,
welcher auf bie natürliche Bafts mit Uebermacht reagirt.
Der ZHann aber, ber einen folgen <6ei(l beftfet unb in
IDelt*Scene fefeen fofl, ber bringt rücffichtslos burch alle bie
natürlichen Confujtonen unb langfamen ücrmittelungs-pro»
3effe, Spiralen unb liebenswürbigen IDinfe^üge auf einen
legten Smecf unb ein beutliches, fefigejtecf tes giel, — bas
ifyn nicht wacfelig »erben, ober ZHetamorphofen porfpielen
barf. So (Einer greift burch, ohne Hücfftcht barauf, was
bei bem birecten unb feften (ßriff 3erfnicft unb perbogen
wirb. — 5rauen, (Soetbe'fche Naturen unb 2leftbetifer lieben
bie IHetamorphofen, bie (Sebeimniffe, bie Eerjtecf'Sptele mit
bem eigenen Selbjl, fie lieben bie Hasenpfötchen, bie XJinter«
thürchen, bas (Eemporijtren, bas Der3Ögern, bie Saumfeligfeit
unb fcheuen jebe Hataßropbe, jcbe burchfchneibenbe Lanier.
Der männliche Sinn unb (5eijl aber weiß, baß bie pollenbete
männliche Ciebenswürbigfeit mit ber fjunbsfötterei blutsper-
tt>anbt 3U fein pflegt, ba§ ber ZHenfch jich nur burch rücfjichts«
lofes fjanbeln unb Denfen eine Charafter« (Energie bewahrt,
unb ba§ burch ben bramatifchen <5eiß bie ZTaturgefchichte
3ur iDeltgefchichte bmaufg*hoben wirb!
ZTTan lobt fleh fo bie jungen Ceute, tpelche natürlichen
(Taft, 2lnjkmb unb ZHuttertPife fydben, man 3ieht biefe natür«
liehe Begabung insbefonbere bei ben ZtTäbchen ber Schul-
bilbung por, unb bie ZTTänner mögen bie geißreichen 5rauen*
3immer nur bann, tpenn an ihnen <5ra3ie unb weiblicher
3njHnct überwiegenb iß. Diefe £iebhaberei wirb aber nicht
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feiten auf bes ZTTannes Kojten corrigirt, ber ftcrj ein Zttäb*
djen $ur 5rau nafyn, welche nichts hatte, als ein fogenanntes
liebenswürbiges Naturell; benn tiebenswürbigfeit, Diomation
unb <5ra3ie perfdiwinben mit ber 3uQ*nbha% wohl aber
bleibt ber <5eijl unb bie 33ilbung, bie auf Um gegrünbet
war. Der junge ZTTanu ijt fdjroffer, ecfiger, gefchmacF* unb
taftlofer als bas ZHäbchen, weil er weniger elementare
Hatur beftfet, weil er mit berfelben einen überfchüffigen, piel*
feitig gewecften <5eijt, weil er Kunjt unb IDiffenfchaft mit
ber Hatur perfölmen foll, weil er burch Heflerjon ben 3n-
jhnct jhifctg gemacht, weil er Kritif erworben ^at. — 2lber
biefer linfifche, ungra3töfe, wifclofe, 3U €r,tremen geneigte
3üngling wirb ein mafjooller, fpirituefler, oernunftgebilbeter
Zfiann, ein großer KünjHer unb (Belehrter; — unb bas in-
fpirirte, liebrei3enbe, gra3iöfe, naipe Canbmäbd]cn wirb in
ber Hegel eine trioiale, Ijausbacfene, geijHofe ZHatrone unb
eben fo oft noch ein gemeines, 3änfifcb l es, flatfdnges IDeib.
ZTTäbchen, bie wenig <6ra3ie unb natürliche Einmuth; bie
nichts Dipinatorifches unb Haipes an ftch ^aben, entwickeln
bafür nicht feiten einen (Seift, ber länger porhält, als ber
ftnnliche 3"fhnct. Dag biefer (Seift ein 3U männlicher
werbe, ijt freilich bas Hiftco, aber ein gemeiner Sinn unb
(Seift ijt boch bie fchlhumjte 2Ius)tcht unb (Sefahr.
Wo piel Itaipetät, Schelmerei unb KecFlichfeit ift, ba wiegt
bie Sinnlichfeit oor — ber (Seift tft nicht fo breift, fo naip
unb luftig, als ber Naturalismus, unb es bleibt nicht bei
ber eblen Dreiftigfeit unb beim luftigen ZHutterwife, es Font'
men bie (Seilfchöfclinge, bie Ä^c^heiten, bie tiften unb Wettet*
wenbigfeiten, bie fjeülofen Ztaturmetamorphofen, ber Perrath
an Siebe unb (Ereue, bie gewijfenlofe profanation unbperftoität.
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VL
$xaumSd)ör\ty\U
Vas „fdjö'ne (Sefdjledjt" barf nidjt umfonß fo feigen,
Die Sdjönljeit gehört 3U bem IDefen bes Weibes unb 3U
feinem pottfommenen Segriff. Su beliebigen iß aber babei
unb erfafaungsmäßig ftefy feft: baß eine fdjöne Seele bie
(Seßdjtssüge oerflärt, baß jte audi unregelmäßige 5ormen
fdjön machen fann, baß nur ba finnlidje Scfiönfyeit mög«
lieb, ift, xx>o ber gute (Seift 3ur <£rfdjeinung fommt; ber
(Seift, welcher bie XDelt erfdjafft unb erhält, ber (Seift ber
£iebe unb ber Kraft, bie Permäbfang bes tDeiblicfcen unb
männlichen XPefens in £iebe unb Creue!
Sdjö'nfjeit iß bie unmittelbar angefdjaute Harmonie bes
Gebens; bie Derfölmung, bie Derfdjmekuug aller IDeltgegen*
fäfce unb ifyre polarifation. Sdjd'nfjeit ift bie Harmonie von
SinnlidjFeit unb Vernunft, t>on (Seift unb 5orm; aber biefe
5orm felbjt ift eine ZTeutralifation unb polarifation oon (Seift
unb Stoff, r>on Sein unb Xticfyfein, oon Bub,e unb Setregung,
pon Urfacfy unb IDirfung, pon 2Tiittel unb 3u>ecf r>on
(Dbject unb Subject, pon allen polen unb (Segenfäfcen ber
IDeit.
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5raucn»5djönl|cit ijl ber XPedifeujaudt von Xlatux unb
(Scifl, in toelctiem jtcfy eine Seele er3eugt, beren Sympathien,
beren Sdjmer3en unb 5reuben, beren I}er3ens»<£nergien ftd]
3U einer fyjtorifdjen Seele, 311 einem conftanten (Scfäljl, 3U
einer fittlidjen Konflitution confoübiren unb foldjergeftalt ein
<5emütlj bilden, bas aus £}er3ens«<Sen>otinfieiten feine
ZTaljrung be3iefjt. Wo biefe Hlvfierien bes 2tTenfcb 1 en<<Semütlis,
tvo bie getjehnnisoollen tDecbJetf^ietjungen oon ZTatur unb
<8e\% von (Seijt unb 5orm unfere Sinne treffen unb burdj
fie ber innere Sinn ent3ücft unb aufgefdjloffen tmrb: ba
if* Schönheit unb poejte! 5rauen*Sd]önfyeit muß eine
5orm ber Siebe, bes ZTaturlebens, ber <5cmüttiS'1Xlyfevkn
fein !
<£s giebt 5rauen«<ße(td|ter mit ben fyirmonifdien 5ormen,
gleidtfam mit ben ardjiteftonifcfyen Cinien ber Sdjön^eit
aber olme ZHelobie, ofyxe fjaudt unb Duft, fremb unb falt.
<£s ifl ber Körper ber Sdjönfyeit clme bie Seele, bureb, u>eldje
fxd\ bie gerabe £inie 3ur IDelle geroanbelt, bie fefle 5°rm
tvexdt unb flüfftg gemacht jtefy; es feljlt bas (Erlöfungs»
rounber, bie ZHenfäVnliebe, roeldje bem fje^en fo pertraut
fd?meicb,elt, toie alte befannte ZHelobien. <£in Weib barf
ben ZHann mit üjren Blicfen nidjt umbuBjlen, unb bodj mu§
in üjrem 2luge, in ifyrer treiben Stimme, in ifyren fanften
(Seberben unb Bewegungen jtdj Hlilbe, (Süte, Dulbung,
Scfymtegfamfett unb Eingebung, bie ftmmlifdte tPotytfyat ber
ZDeiblidjfeit, ber ZTaturliebe, ber Hatur»Heligion r>erratf)en.
Das IDeib muß uns bas ^atürlidjfte unb eben besfyalb ein
^ätljfel, ein Symbolum aller ^eiligen ZHYßerien bes Rimmels
unb ber <£rbe fein.
Was ZHeer unb (ßebirge nidjt ©erfünben, toas (5ott niety
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in Weitem, in 3<*h r * 5 * unb (Eages3eiten 3U offenbaren per»
mag, bas ergreift uns in einem 2TIenfchen«21ntlu3; aber in
ben 5rauen pnb alle Naturgewalten perförpert unb 3U fymm*
lifdjen (Senien perflärt. c£in UTann fann nicht mehr ein
21bam, ein XÜeib foll aber immer noch eine c£pa fein, bie
bem UTanne bas parabies 3urücf3aubern barf; unb pe per-
richtet noch mächtigere IDunber, pe lebrt ben IHann burch
ihre Mutterliebe ben einsig wahren Cultus ber Ztatur unb
baut felbp einem Reiben burch ihre ZTatur*Heltgion unb
Selbpperläugnung bie 23rücfe 3ur cE^ripus-Heligion !
Die männliche Schönheit mag charafterpoller, erhabener,
gewaltiger fein, als bie weibliche; biefe bat aber, als bie
feelenpollere, einen größeren Heicb.tb.um von ZTTotipen unb
Conpgurationen. Das Chema ber ZlTenfcb t en»5cb i önb l eit ifl in
ben 5rauen»<Bepchtern unb gan3 befonbers in ihren klugen
piel melobiöfer, piel pnniger unb parürt wie bei ben ZUdn-
nern, beren gan3e <£rfcheinung ©orb.errfcb.enb bas prineip
ber Kraft manifejh'rt. Die Schwäche unb Eingebung bes
IDeibes, feine natürliche Schmiegfamfeit, £iß unb 5urcb,t,
feine leicht gelöste Seele unb £eibenfd]aft, mit ber unenblich
reichen Scaia pou Effecten, fann bie weiblichen <5epchts*
3üge unenblich reicher unb rei3enber mobeüiren als Crofc unb
Kraft. 3" ber Schönheit pnb Seele unb ttatur bas bewe-
genbe Prineip, unb nur ein 5rauengepcht 3eigt in feiner
leichten 23etx>eglichfeit bie <5ra3ien auf, welche bie ZHänner*
phypognomien unb ihre (Seflalten fliehen.
Die <5epchts3üge pnb an bem ZHanne, welcher fein (Sc*
fchlecht repräfentirt: fyaxt, fcharf unb bepimmt, alfo typifch
pebantifch unb monoton. ZTur bie weichen, flüfpgen formen
bes 5rauen«<5epchts, welche wie ConweUen ineinanber fpielen,
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gehorfamen ben Otogen, bilben mit ben abgefpiegelten Zftäv
dien ober Rumoren eine ent3Ücfenbe Harmonie unb telegra-
prnren bie leifejten Effecte bes i}er3ens, wie ben Sturm ber
Ceibenfchaft. ©Ime biefe SymboliF, orrne biefe elementare
Seicrjenfchrift ber Seele unb bes (Seiftes giebt es feine Schön»
heit, welche bem £jer3en genügt. <£ben bas im fchönen
Elemente fchwimmenbe IDeib, forbert nach bem ZTaturgefefc
ber <£rgän3ung: vom ZHanne ben minber beweglichen,
charafterfeften unb typifchen <5eiji, aber biefer Ulannes« (Seift
will in bie natur«Znvjterien untergetaucht unb mit ben fdjön
bewegten (5ra3ien oermählt fem.
IDie bürftig erfcheint bie ZtTannigfaltigfeit ber gan3en
ZTatur im Pergleich 3U bem Hetchthum, ben bie Schöpfung
in ben 5rauen offenbart! — Was iji ein Blumenbeet für
ein leerer, bummer ^tnblicf, wenn man Sinn unb Derjkmb
beftfet für bie rei3enbe Scala weiblicher Schönheit, in einem
Salon, auf einem 33afl, unb wie fann bie auserlefenfte <5e-
fellfchaft mehr als ein Sträuschen r>on bem 5rauenfIor fein,
burch oen jtch bie ZHenfchen-Schönheit in cgoa's Cöchtern
oon (Sefchledjt 3U (Befehlest auf ber gan3en (Erbe incarnirt!
IDie follte es ber tieffmnigjte Genfer, ber empfmbungspoflfte
Dichter anfangen, um btefen Heicrjthum feinem (ßeijt 3U ent-
hüllen, um 5rauen*Schönheit nur an einem einigen IPeibe
3U begreifen; um nur einen Blicf aus biefen fyUen unb
bunfeln 2lugen»Seelen 3ur Hebe 3U jleHen! Unb was iji benn
begriffen, was iji 3um Bewujjtfein gebracht, wenn man nicht
weijj, wie einer gewiffen ZHcnfchen»Seele mit einem Blicf
aus blauen, braunen unb fchwar3en klugen geschieht, unb
ein ehrlich graues thut es auch* T)a3U müffen fte noch fo
perrätherifch hinter langen IDimpern ©erjtecft, im 3ugenbbuft,
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— 58 —
im ZTTorgentljau ber £iebe gebabet, von Seele unb Dtoination
perbunfelt, unb bann tv'xebev oon Cebensmutb, unb Cebens«
luft fo burdjlidjtet fein, ba§ ber (Seift bes ZTlannes mit ber
Ttatur«Seele bes Züeibes bie Znyfterien Rimmels unb ber
<£rbe burdjbufyt. Unb roas bie klugen ftä} nidjt enträtseln
unb aus bem parabiefe entoenben fönnen, bas Ijört bas
0br aus ber IHelobie ber Stimme, bas emppnben alle Sinne
aus ber wunbcrDoII mobcllirteu £ armonxe ber (Sefid)t53üge
heraus. 21ber alles Dernommene, alles finnlicb, (Seafmte,
(Sebeutete, (Sefoftete Ijat nur ben Dürft r>ermeln*t, bie Sinne
betljört unb in 2lufrubr gebraut ; ber erfte Kufe Ijat ooüenbs
bie Vernunft in ZTatur erfäuft; — ber Brautftanb r?at ben
(Seift unb XO\% bes Ztlannes serftegelt unb unter bie Üor«
munbfdtaft bes XDeibes geftellt; erft in ber jungen merbenben
fifye evwad\t ber (Seift in beiben ZTTenfdienliälften 3U gleichen
Beamten mit ber Seele unb (abliegt bem gansen ZHenfdten .
bie ganse ZHenfd?en.Sd|ön^eit auf. <£rft in glücflid?er <£^e
permäbjen ftd) ZTatur unb (Seift in allem Ctjun unb Caffen,
in allen (Seberben, in jebem Blicf unb (Eon, in jebem IDort.
€ine £iebe, bie nxd\t aus ber ungetreuen Hatur in ben ge*
treuen (Seift hinein »ädjft, ftirbt in ber Sinnlichkeit, begräbt
fidj im ZHarmorfarge falter 5orm unb (Conpeniens.
ZHag man ftd] immerhin bie Scbönfyett als Harmonie
ber 5ormen benfen; aber bann muß enttoeber in biefer
Harmonie, u>ie in ber ZTlujtf, bie Dispofttion 3ur 2luflöfung
liegen, ober fie ift ein tobtes, fertiges (Sleid}gerr>tdjt in Stein,
roeldjes man nur für bie antife 23aufunft unb Bilbbauerei,
aber nimmermefjr als 5rauen'Sdjönb,eit benfen fann.
3n ber lebenbigen Sdjönljeit fommt bie fublimfte Cebens»
öfonomie 3ur <£rfdjetnung, roirb bas IDeltgefefe 3urücfgefpiegelt.
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<£ine tiefere <5enugthuung, eine mächtigere Ceibenfchaft fann
es für ben ZTIenfchen nicht geben, als bie XuYfterien wenig,
ftens im Bilbe 3U flauen, welche fyv$ unb <5ewiffen er«
füllen. Das (Seheimnifc bes fielen s ift aber nicht ber
Stittßanb unb bie (Sennfföeit, fonbern bie Unruhe unb Bangig«
feit; nicht bie Befriebigung, fonbern bie Sehnfucht ; nicht bas
förmliche ZDiffen unb Perjtehen, fonbern bas 2thnen; nicht
bie marmorne 5*jhgfeit ber formen, fonbern ihre Cöfung
unb Üerwanblung 3U immer tieferer fjarmonie. Das IHen«
fchenher3 ijt bie concentrirte IDahloerwanbtfchaft ber Seele
3U allen (Sefdnchten, bie 3wifchen Gimmel unb <£rbe fpielen.
€s Ijat nicht nur einen immanenten, fonbern auch einen
transcenbentalen üerftanb; im fje^en ftnb 3bealismus
unb Realismus t>erfÖlmt.
3m fje^en füllen wir bie 5lucht bes Cebens, bas IDerben
unb Vergehen ber Dinge, bie Cöfung ber 5ormen in bem
Slugenblicf, wo jte entjle^en; bas 3neinanber pon Sein unb
Ztictjtfein, ben seitlichen Hifc 3wifchen bem 3«nfeits unb
Diesfetts, 3wifchen 3^eal unb IDirflichfeit. 3™ fyt&n allein
füllen wir auch ohne ZTCetaphYfif unb Cheofoph^/ &er
Gimmel nirgenb auf ber <£rbe ruhen fann; unb boch treibt
uns bie Sehnfucht ©on Berg 3U Berg, ob nicht ber fichtbare
£jori3ont ein wirflicher werben möchte. —
cZnblich Fommt bie Ciebe, aber nur, um alle jene Cebens«
2^äthfel noch tiefer in bas fyx$ 3U graben, um alle 2Tlit«
Ieibenfchaften, alle fchmer3enben Seligfeiten eines IDefens 3U
mehren, bas feinen Staub mit bem Stether permeablen fann.
tDohl h<*t bie Ciebe (Segenwart, wohl fallen ihr ein paar
2lugcnblicfe Gimmel unb €rbe, 3beal unb IDirflichfeit in«
einanber; aber nur, um inne 3U werben, bafj fie mit biefem
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3bealismus aus bem Kreife ber ZHitlebenben gefchteben iß,
unb ba§ jie mit bem (Bebächtniß biefer fymmlifdien 2lugen«
blicfe bic sollen Sympathien für bie »irfliche IPelt unb ihre
materiellen 3"tereffen aufgeben muß. ZDen Ciebe leibhaftig
in ben Gimmel trug, ber taugt nie mehr gans für bie £rbe.
— platen fagt ergreif enb »ahr: „XVer bie Schönheit an«
geflaut mit klugen, tfl bem Cobe fchon anheimgefallen.'' —
€in £jer3, welches in ber Ciebe 3um Vollgefühl feiner ibe«
alen Kraft unb Hatur gefommen ijl, begreift auch an ber»
felben bas <5eheimni§ feiner 3nbiDtbualität 3U tief, um
nicht 3U fühlen, ba§ es eben in ben 2Iugenblicfen bes h&h*
Pen cEnt3Ücfens burch eine Sternen ^IDeite felbjl oon bem ge*
liebten fyr$en getrennt bleiben muß. —
XDer fein fyr$ bilbet, erweitert es 3U einer £ebens«peri«
pherie, bie mit ber anfehauenben Vernunft oerfchmel3en barf;
aber biefer ibealen 2lusbefmung folgt nach &«m (ßefefee ber
Heaction ein Starrframpf, eine Verbichtung unferes inbwi»
bueHen Xt>efens, ein unbegreiflicher Egoismus, ber in bem
geliebten (Segenjtonbe nur fleh felbjl unb bie gan3e ZDelt
genießen, ber in ihrem ZUittelpunfte »eilen, alle Cichtjhrahlen
mit bem 2)emanther3en ber £iebe auffangen, ausftrahlen,
unb fo einem (Sötte gleich fein »in. Dies fmb 2lnbeutungen
oon ben ZTCYfterien bes ZKenfchenh^ens, »ie es in unferen
Seiten geworben ijl, unb »ie es fchon in ber heiligen Schrift
gefchilbert ifh —
Diefes £jer3 ijl bie burch ben (ßetjl unb feine Denfpro3effe
poten3irte unb perfpectioifch gemachte Seele, bie oergeiftigte
Itatur, ber perfönliche (Beiß, in welchem ftch Sinnlichfeit unb
Vernunft, ZTatur unb Uebernatur begegnen unb jlieben. —
Unb mit biefen fentimentalen Hlvflerien, burch »eiche bie
- 6\ -
ZTCuftf eine <£orrefponben3 3nrifchen (Engeln unb ZTIenfchen
unterhält, finb auch unfere mobernen 3&eale, unfere ftnn«
liefen Schönheits-cEmpfinbungen 3ufammengetraut.
Die antife unb naipe Schönheit mit ihrer unbeweglichen
Bube unb abgefchlojfenen Harmonie mag ben olympifchen
(ßottern unb bem falten ZHarmor fleibfam fein; aber (te ijl
nimmermehr bas SchönheitsObeal unb bie Seelen«<5enug«
thuung für ein Xnenfchen<(Sefchöpf, bas ben Kampf bes
Cebens mit ber £tebe in Seele unb Ceib ausfegten foH. 2ln
ZTiannem tooHen roir ben (Seijt I^erausgefptegelt fehen.
5rauen-Schönhett aber ijl nur ba, n>o bas £}er3 feine <ße*
fcb.icb.ten repetiren, fYmbolijtren unb relief machen barf.
Diefes 5*<*nen*I}er3, bas feine inbimbueHe Hatur nicht auf»
geben unb feine 3beale nicht fefthalten, ba§ u?eber oernünf«
tiger (ßeijt noch natürliche Seele bleiben, unb boch ben fliehen*
ben (Seftolten biefes €rben«Dafeins bas Häthfel bes 2en\eits
abfragen voxü; biefes f^ens Gimmel« unb fjöllenfahrten
müffen in einem fchonen 5rauen«(Sejtchte eine leife Hieroglyphen*
fchrift hinterlaffen, ihm bie lefcte, bie fublimjte ZHobellirung,
müffen ben 2lugen einen Sternenfchein, ber Stimme eine TXlc*
lobie, unb allen Cebensäufjerungen jenen tounberbaren, oon
ZHetamorphofen träumenben <£harafter uerleihen, bem roir an«
fühlen, baß er jeben 2lugenbli<f aus ber fcheinbaren Buhe
in bie natürliche Unruhe, unb aus ber Harmonie in Sehnte^
unb Per3toeiflung übergehen fann.
X)iefe XDunber müffen uns in ber gan3en cErfcheinung eines
IDeibes burch alle Sinne 3um £}er3en 3iehen, uns bie £}älfte
unferes männlichen (Seiftes rauben; „basemigXDeibliche"
mufj ftch bem emig Männlichen »ermäßen, trenn bas JDun«
ber ber Ciebe 3ur cErfcheinung fommen foll, unb bie höchffc
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Sd?önf?eit fann nur bie Selbftbefpiegelung ber £iebe mtb
ifjrer fymmlifdfen TXlyftevxen fein.
Wo bas (Ojrijtentfyum eine IDafyrljeit geworben tft, wo es
un)et (eben burdjbrungen unb nerwanbelt fyat, ba B^at es
audj an Stelle bes fyeibnifdfen Sdiontyits^beals eine djrifl*
lictje Sdjönfyeit unb IDafyrfyeit in unferm Sinne unb (Seifte
auferbaut! — Unfern frei geworbenen, transcenbentalen
unb leidet gelö'jten Seelen, unfern von £iebe unb (Blauben,
von Hnjterblidifetts«(Cräumeu beraubten fersen: entfpridtf
tt>eber bie ZTiajeßät bes olympifdjen 3upiters, nodj ber uer«
fteinembe Sdjmer3 einer tfiobe, nod\ bie IHarmor-Scliön^eit
etncr Denus von ZlTebicis ober ZHilos, unb audj nidft ber
göttliche gorn eines 2tpoU dou 3elt>ebere. Die Sdfönfjeit
fyat ifyce Weltreiche wie bie IDafyrfyeit!
TXlan fann gewiffe 5^auen nur mit ifyren klugen Dergleichen.
3n biefen 2lugen fpielen [xd\ alle Wahloerwanbtfdjaften, äße
natürlichen PermitteIungspro3effe unb ZTTitleibenfchaften, unb
bann wieber bie Selbßfudjt, bie WetterwenbigFeit unb Creu«
lofigfeit, bie Unbarmher3igfeit ber Hatur gegen bas 3nbi-
oibuum.
Wer fann in tttaientagen, unter beraufdjenben Blühen«
büften, im Wonnetaumel bes intens, wenn bas €in«
gemeibe oon I}immelslüften gehabet wirb, wenn bie Sonnen»
(trafen burd] bie Seele blifcen, unb bas junge €aub in
grünem 5euer flammt, wer fann in biefem bargeltefyenen
<2ben bie Seiten erraten, wo fidj ber blaue Gimmel in eine
polirte Stafyglocfe oerhert, bie lauen, fdmteidfelnben £üfte
3U ZHefferfdmeiben werben, bas fließenbe Waffer jtdj in (Blas
oermanbelt, unb bie weiche, grünenbe, fruchttreibenbe €rbe
3u einem tobten $eis erhärtet, con bem ber Critt bes
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ZTCenfdjen $um cremen Gimmel fyaütl Wie fönnen wir folche
unmenfchlichen XDanblungen in ben Stunden proptföeien,
too wxv ber ZKutter ZTatur am 23ufen unb im Schoofje liegen,
too uns bie Sinne cor €rbenluft ©ergeben! Unb n>er fann
es faffen, u>as ihm gefcfn'eht, u>enn tfm btefelben 2lugen eines
Cages eifesfalt anfehen, bie ihm fonft bas fyt$ ]d\mol$en,
btc ihm bie Seele aus bem Ceibe unb bie Vernunft aus ber
Seele 3ogen ; bie ihm bas Blut cor £nt3Ücfen gerinnen liegen
unb bann wieber in einen Äeuerjirom i>enr>anbelten, ber beu
(Seift Begehrte, inbem er bas £eben in einen SlugenblicF
uerbichtete !
Jüer fann bas faffen, felbft roenn er es erfuhr! Sicherlich
Fein ZTCann, Fein ZTTenfch, in reellem ber gelreue (Seift
mächtiger ift, als bie n>ettem>eubige ZTatur.
2lber bie tDeiber nrijfen mit biefen tjeillofen Znyfterien befto
beffer Befdjeib; unb bie von allen (Srasien gewiegten, bie
infpirirten, bie liebrei3enbften Perförperungen ber Ztatur
hat fie felbft 3U ihren weiblichen IDerbern unb 3U bes
ZHannes Derberben auserfehen! <£s geht nicht überaß auf
c2rben fo ehrlich unb fchämig ober fo grunboernünftig 3tx>ifchen
beiben (Sefchlechtern, als im nörblichen Deutfchlanb 3U; aber
auch bort n>iffen unb erecutiren bie Fnospenben Cödjter ber
„höheren (Eöchterfchulen* oon CiebesFünften unb Hahu*»
miffenfehaften 3uweilen mehr, als in Oinb's Ars amandi 3U
lefen fteht; benn ber HTenfch, toiffen tx>ir, bleibt pdf im
XDefen unter aßen £}immelsftrichen gleich, unb bie XDetblein
fdjlagen potlenbs nicht aus ber parabieftfehen 2lrt.
„Was bie Damen betrifft", fchrieb mir einmal ein guter
5reunb, „fo habe ich tritt ihnen, be3Üglich ber geiftreichen
2Tlittheilungen noch ein gan3 befonbers ironifches (SefchicF
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6* -
unb ZKalheur. 3ch bin nämlich ein gan$ befonbers empfäng-
liches XKenfchenfinb für fdjöne 21ugen unb was mit folchen
Sememen fo oft x>ergefeHfcf?aftet 3U fein pflegt: alfo für
anmuthige <0eftchts3Üge unb Bewegungen, cgine weiche
muftfalifche Sprechjn'mme aber will mir grabeswegs bie
Seele aus bem £eibe 3iehen. — Zlun habe ic^ 3" fjaufe wie
auf Heifen fchon manche mit all' jenen natürlichen gaubem
ausgejlattete €r>astöchter getroffen; fei es inbefj, baß jicf?
alle bas Xt>ort gegeben hatten, mich 3U ntYfhftciren, ober
baß mit ihnen bie Zlatur felbjt ihre fjumore treibt: ich h fl be
fafl nie etwas r*on biefen Pracht-€remplaren ber Schöpfung
gehört, was für mehr gelten fönnte, als eine Beminiscen3
oon Cectüren ober eine mehr unb minber oerblümte Crwia«
lität unb (Semeinpläfcigfeit: wenn ich gleich nicht läugnen
fann, baß eine folche aus fchönem ZHunbe, mit muftfalifcher
Sprechjhmme unb oon tieffmnigen klugen aecompagnirt, im
erften 2lugenblicfe wie ein „Schöpfungs«XPerbe" wirfen
fann, welches im 5rühlings«2£>ehen bas raffelnbe tüinterlaub
bes Schulreifes 00m Baume bes Cebens abftößt. 21ber biefer
improoifirte Frühling bauert boch nicht länger als ber jtnn«
liehe Haufdj. Bei anbern Damen ijl mir jebesmal fo 3U
IHuth, als würben unb müßten fte jeben 21ugenblicf wie
w 3ntogen // , „Ophelia" unb „Desbemona", ober wie bie „Ha«
hei", bie „Stael" unb bie „3amefon" fprechen : aber es bleibt
beim ZTTunbfpifeen unb es fommt weber 3um pfiff, noch 3um
ZDorte. pfiffigfeit unb Praxis ijt aber nichtsbeftoweniger in
biefer fchweigfamen unb fymbolifchen ZTTanier, in biefer
„21ugen*<5ra3ien«Znanier".
VII.
$xa\xmlXlattie\xv.
»Qdfiltd??eü rntflratt immer
3Iudt bat fd)dnß* ^touenjimmer.*
Die 3lütbe3eit ber 5rauen3immer iji 3ugleidi ifyr eigent*
lidjes Ceben. IDie mit glübenbem purpur umfäumt bie
3ugenb afle (ßejlalten, unb ein bunter 5rüfjling fdimücft
felbj* bie 3)ornenfyecFe ber 5rauen«<£aprice mit ffißbuftenben
Blumen. Ztidit befonbere Sdjönljeit, nierjt ein ungewöhnlicher
Perftanb, nur jene 33lütfye3eit, irgenb etwas, fei es im
2leuj$em ober im (Eon ber Stimme, was an pcb, faum eine
flüchtige 21ufmerffamfeit erregen fann, reicht bjn, bem 2fläb-
d?en überaß bie üereb,rung felbjl geijireiaVr 21Tänner 3U per»
fcfyaffen, fo bafj (te unter benUeberretfen ifyres (Sefdiledjts
als bie Königin bes &jtes auftritt. 2tber nacb, bem unglücf»
liefen ZDenbepunfte fewifeffen ber 3ugenb mit unb olme
Blütfjenftaub) ©erfdjwinben bie fdnmmernben Farben. ZHit
ber mangelnben {Befütyswärme unb €inbilbungsfraft, mit
ber ibealen Ceibenfdjaft »erliert (td? audj jene Segfamfeit
bes (Seines, bie am jungen tDetbe Jeben ent3Ünbet, ber in
ifjre TXäty fommt. Keine 5rau wirb im Stanöe fein, bie
Cenben3en 3U änbem, welche fte in jener golbenen Seit ber
33. Golfc, ttaturgefd}. b. itaurn. 5
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3ugenb fyxtte; war ftc bamals in 3rrtl?ümcm bes Perftanbes
ober bes <5efdtmao?s Befangen, fo nimmt fie biefelben in's
(Srab — fagt Callot fjoffmann — b. fy. alfo mit anbem
IDorten: 2In 5rauen ip 3ugent)tJ^orIjeit unb Untugenb toeifer
unb üebensttmrbiger, als SttterstDeisfyeit unb eine (Cugenb,
bie XTiemanb meljr in Perfudmng führen tr>iH, roofern bies
aber gefdjiefyt, fy< alte 3ungfern«lDei5l|eit fo toenig Stanb
als Schnee, roenn bie ZHär3'5onne mit ifjm fofettirt.
€in fdjönes, Ijerrlidies IDeib, bas unoermä^It
bleibt, ij* eine jUHe unb boeb, laute 21nHage gegen alle ZKänner.
(Ein rechter ZHann muß bie Kraft, ben ZPifc unb XDiflen
fyaben, ein rechtes XDeib um ben preis feines Cebens $u er'
oberu, fie fei eine Kof ette ober nicfyt; benn n?o ber ed}te
tflann unb 2lbam erfdjeint, ijt bie Kofette eben nur XPeib
unb <£pa. — Kofetterie treibt ein XDeib immer nur mit
iDcibtfdien ZTTannsbilbern; nur fte erfcfyrecFen, menn ilmen bas
edjte IDeib einmal nafyt — im (ßefüfjle ü?rer Unmao^t unb
Unmännlicfyfeit. Die 5*au legt immerbar com ZTCanne am
3M>erläfftgßen Seugnijj ab, unb ber Stanbpunft ber $rauen«
bilbung in einem Canbe pon bem ber Iebenbigen ober tobten
Bilbung bafelbjt. —
Tlit, Ijäjjlidj, arm unb mittelmäßigen <5eijtes, obenein ge«
bilbet unb bei unioerfellem Appetit, ja, für Curuslebensarten
bisponirt 3U fein, i(l ein fyeiüofes Hecept für einen fllann;
für ein H?eib aber eine fjeillofe Cädjerlidffeit, toenn bies
complicirte 2fiau}eur burdj Sittlidjfeits*prätenfionen parirt
»erben fofl. 3ugenb unb Sdjönfyeit gehören 3um XDeibe,
nrie bie Blätter unb Blütfyen 3um Baum, u>ie 5fcifdl unb
Blut 3um Iebenbigen €eibe, u>ie bas 2ttfymen 3um £eben.
Das tüeib ijt eine priejterin, eine 3ncarnation ber Statur,
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unb bas fann jte nur bei Jugenb unb Schönheit fein, fjäg*
liehe, bürftig ausgestattete XDeiber Berauben ben ZHann von
vorn herein ber 3Huftonen, in welchen allein ein Perfehr
3H>ifchen ben (Sefchlechtern erquicflich unb natürlich fem fann.
3ugenb unb ^äßlicfyfeit $ »oHenbs ein XDiberfpruch. 0b
wir unfere Hnfchönheü unb ZHif&re ©erfdmlbet traben ober
nicht, änbert bas garfhge factum nimmermehr. Der Kretin
fann auch nichts für feine garjttge €yi)len3 unb 5a$on.
gulefet gilt boch nur bie 5rage: bin ich ZTTenfch ober C^ier,
glüeflich ober unglüeflich organijtrt unb in £Mt*Scene ge-
fefct? — Was hilft alle Silbung unb Kunj* ohne bie (Sahen
oes Rimmels. — 2lm IDeibe will ber 2Tüann eben bie <£oa,
bie <5un(l ber <5ötter unb bie (Saben einer burch Kunjt ver»
ebelten Hann* bewunbern; er will jtch an ihrer Schönheit
unb 5üHc beraufchen tote am Duft unb an ber 5arbe ber
Hofe; in Upen Firmen oergeffen, bajj es Schule, Arbeit,
2ftif£ren, unb langweilige pflichten giebt.
<£in fchönes, aber geijHofes XDeib fann bem ZHanne wenig-
ftens einen ttaturgenuß gewähren; was fangt aber ber geift-
solle ober gelehrte Zdann mit häßlich«" IDeibem an, roelche
bie jHefmütterliche Behanblung ber Hatur burch (Seif* unb
Kenntniffe, ober burch bie belifatejten Jasons aufbalanciren
motten? 2lfles roas ein IDeib gelernt l\at, ip boch faum
Schulbuben-Kram; xoas pe mit XDorten ausfpricht, bilettantifch-
rrwial, ajfectirt, ohne fcharfe Zeichnung unb ohne fräftiges
Colorit. — Der lebenbige HebePyl braucht phikfephtfä*
(Sebanfentiefe, cEharafterfraft unb ootte Perpanbesfreiheit.
Diefe (Qualitäten eignen aber nur bem männlichen (Beiße.
Das iüeib barf nicht freigeijlerifch fein unb am wenigPen
pdf fo äußern. Sie ip nur interejfant unb in ihrem (Element,
5*
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wenn jte oon Siebe unb <£itelfeit infpirirt, oon bem Bewußt«
fein ifyrer 3ug*n&rei3e getragen unb oon einem fchönen
2?aturjfo(3 gefchtoetlt, am IHanne ihre taufenb fleinen Künfie
unb biplomatifchen IDiffenfdjaften probirt, wenn jte tfm mit
ihren Hatur-Saubereien umfpinnt; — mögen ffc bem 2lpril,
bem Zttai, bem 3uli ober bem September gleichen, jte jmb
unenblich fchöner als bie regnerifdje ober frojHge (Souoernanten«
Prüberie.
<£in ZKann fann burdj Künjte unb tDiffenfchaften, burdj
IDeisheit unb Perbienjt €rfafe für feine oerlorene 3ugenb
gewinnen, ja er barf glauben, baß auch bas IDeib biefen
€rfafc ooügültig ^onorirt, aber für ein gealtertes ZTCäbchen
giebt es feine Verjüngung unb feine <£ntfchäbigung. Sie
fann ihr 3ugenb*Parabies, ihre 3ugenbfcham unb bie geh
ihrer (Triumphe feinmal oergejfen. 2)iefe <5runbfhmmung
muß jtch in einer würbigen Haltung befunben, in einen mehr
ernflen als unbefangenen unb fcher3haften (Eon fleiben. Hilter
3ungfem«^umor tjat etwas unerträglich 2lbgefchmacftes,
fdjon weil er forcirt unb wibernatürlich ijt. fjumor beutet
auf einen Bruch 3wtfchen Ztatur unb (ßeift, swifchen 3beal
unb IDirflichfeit, auf ein Schisma oon (Befühl unb JX%
bas nur bem reifen ZHanne, aber nimmermehr bem IDeibe
fleibfam ift, ba jte uns ein Bilb bes 5riebens unb ber bat*
montfchen Perfchmel3ung aller 03egenfäfee fein foll. — <£in
IDeib, welches bie <5enugthuung, bie IDürbe unb bie 5r*uben
ber tlTutterfchaft nicht fennen lernte, ijl eine himmlifche
Cragöbin; ihre abfolute Unbefangenheit fann nur als <5efüb>
loftgfeit unb Flachheit wirfen 2k* fjumor aber ift ooKenbs
<5rimajfe unb cTaricatur.
€s giebt gebilbete tDeiber, bie ungeachtet beffen, baß wir
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oon ifyrer €fjrbarfett überseugt ftnb, gloicr?tr>orfl burd? einen
ZKangel an u>eiblid?cr IPürbe Derlefcen, ber nur bie Diagnofe
ber Un jungfräulich feit ift. Soldje 5?auen3tmmer brauchen
n\d\t eben etwas 3U Derfdiulben, u?as ben 2lnftanb beleibtgt;
unfer <5efüf}I madit ifyien baraus eine Sdmlb, baß bie
Sd}ämtgfeit fidi ntdjt umbuftet unb mie ein 51aum umfüllt
€s ij* mit ber Oungfräulidtfeit roie mit Crinftoaffer, es mufj
aus ber Quelle gefdjopft unb eisfalt fein.
£>o bie 3ungfcdultc^feit nidjt einen f}audj ausjirdmt, roie
Hofen unb Ciüen im TXlotgentfyxu: ba fann nicr/t meljr von
Hatur-HTYjterien unb <Ent3Ücfungen bie Hebe fein. Die
griedjtfdte pfymtafle 3eigt fidj mit ilmen »ertraut, inbem fie
bie <5öttin ber Sdjönfyeit unb £iebe aus bem Sdtaume bes
HTeeres geboren roerben läßt.
€in IDeib, bas feinen Ceib nidjt als einen (Tempel ber
Ratur, als einen 2Utar empfmbet, bas meber an femer
3ungfrä*uUdifeit, nodj an feiner £iebe unb Sdjönlieit, nodi
an feinen ZHutter«o3efiu}len ein ^etligtlmm 3U r*rroaIten fyat,
ift ein fäcularifirtes, ein ret3lofes ö3efdjöpf.
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VIIL
2)ie £iefce 3um eroberen (Befällt.
«34 t?abe <Eud> geliebt, mein ganjes Ceben lang, et) ld> Cud) je*
mals gefeiten; btun 3ljr feib bie oerförperte $orm oller jener unbe»
ßimmten träume oon Sd?dnf)eit, roeldje meiner erfieu 3"8f n b w
fd?a*bten, bie idf mit fo fdjme^Iidjer Set]nfud}t uetgeblidj in 21 dem
auffudfte, bas ben gSttlidjen ©etji ber Scr/onljeit enthalt: im Sternen «
gefunfel ber ttad>t, im £iä>tmrere bes mittags, im morgen« unb
Hbenbrotb,. 34 rooOte meine Ipi&e Selmfudjt swifdjen Marren Seifen
unb im tDeflenfcfjaum bes <D jeans füllen ; id> fudjte bie Derrotrflidjung
meines 3o*als in Berebfamfeit, Sd?Iad>tenbrgei|lerung unb Hlufif, in
allen $reuben; inUHem tjabe td> blefelbe unerfo>dofltd>e Ceere gefunben,
bie nur Cure Ciebe ausfüllen fann!" finglifdjer Roman.
Ciebe ijt ein Denfen ofme <5ebanfen, ein Sinnen mit ben
(Drganen bes Cebens, bie Circulation bes fügen Saftes im
2TCaienbaume, ein Denfen mit ber Seele Slbams unb <£r>as
x>or bem Süribenfaü.
XX)aE)re Ciebe i(i eine fymmlifdje Pathologie, ein Sühlen
olme bie Sturmflut^ o^ne ben Egoismus ber Ceibenfdjaft;
eine Seelenluß olme Sinnenluft unb 23egefy:lidifeit, eine
ZHelandiolie ofyne Sdmier3, eine Cugenb ofme Ojatenbrang.
Ciebe ift eine (Erfüllung, ein feiiges £jaben, eine Religion
ofyte SeEmfudjt, eine Heiligung bes <£rfcfjaffenen unb ber
(Scgentoart, ein Per träumen ber ZPirflidjfeit unb ein Per»
urirfTidjen bes fdjönften Craumes. 3" foldjer Ciebe giebt es
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leine anbere Cugenb unb Heligion als bas Sieben. IDer
fo liebt, ber beftfct unb leijiet bas Befte. — Außerhalb biefer
Seelen'töefcb.idtfen, toeldje ben <5etf* fo lange abforbieren,
bis jtdt bas <5emütfy conßituirt, erjfu'rt fein Sebensinljalt,
fein €rbengut, fein Sinn unb &xx>*&. VR.it foldjer Siebe
tft bie SdjönJteit, bie IDalirfyeit, bie €rlöfung pon allem
Hebel gegeben. Dies fjimmelstDunber im IPeibe u>adt 3U
rufen, n>enn man ein ZHann ijl, im ZHanne, a>enn man ein
Xt)eib iß, bie irbifdje «ßottfjeit 3U ^eiligen, in tEjrer ZTä^e $u
atfmten: iji allein Poefte unb <51ücffeligfeit. ©Ime biefe
Siebe iß bas £eben ber Cob.
Siebe ift ofme Sufammenb^ang mit bem, was voat unb
fommen wirb; fte ifi iljr eignes Heid} unb ein (Sefefe in ber
5reib,eit eines abfoluten, eines göttlichen Sebens, in toeldjem
es feinen 5n>iefpalt metjr giebt: 3n?ifdjen Diesfeits unb 3en«
feits, 3u>ifcb,en Sollen unb IDoHen, 3tpifdjen Sinnlichkeit unb
Pernunft. Diefe Siebe fennt feinen Unterfdjieb x>on ZlTitteln
unb gmecfen, pon Urfadje unb JDirfung, pon 5orm unb
IDefenljett, pon Subject unb ©bject, pon Schein unb Sein;
in u?rer feiigen (Segentpart, ftnb alle <5egenfafee unb
Sdieibelinien 3ur poflfommenen XPelt^armonie aufgelöß. Sie
iß bie <£rlöfung pon bem Xtttberfprucb, unb unglücf feiigen
SerrDÜrfnifj 3u>ifcb l en Ztatur unb (Seiß, perfon unb tPelt,
jtpifcfien Seele unb Perßanb. 2>iefe Siebe iß Heiligung,
Dichtung, Cugenb unb (Slücffeligfeit in (Einem: fte iji bas, was
immer n>ar unb fein unrb. Xladi ifyr fommt nichts, por ifyr
mar nichts, auger U}r iß unb gilt nichts, benn fte tß ber
©bem (Softes unb fein irbifcfjer Seib.
Was ZDab^rb^eit unb rDirflicb,feit Ijat, penpebt ftcb, mit
bem ©bem ber Siebe unb rufy in ifyrem Sdjoog, fte iß ber
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Quell ber Begeiferungen, ber (Eugenben, ber ^elbentfyaten,
ber Religionen, ber (Befdndjten unb jeber prop^etie.
3n jebem (Eon ber fügen Stimme $itUxt bie gan3e 5eele
ber (Beliebten unb Derlöfdjt ben Sinn ber JDorte, bie jie
fpridjt. 3n ifyren Blicfen entfdjleiern ftcfj bie ZlTviterien ber
Hatur. Wenn ftc bas f^aupt bewegt unb bie fjanb Ijebt, fo
fcfyreibt fte ben <5ra$ien (Sefefee por; aber bem IHanne ftoeft
ber ytfyem, wenn er inne wirb, wie bie (Beliebte ftcfybare
ZHuftf machen barf. IDer objte Ciebe bieten unb benfen,
ofyne Ciebe eine €rfenntni£ unb (Eugenb fyaben will, mad\t
ein (Beräufcb, unb eine (5efdfäftigfeit ofyne Ceben, einen
lDortfcb.aH otme Sinn unb tTon; t\at niety Seele genug, ein
armer Harr 3U fein, i|l nur eine $igiu-, bie ber Bilbnerin
Hatur entglitt, beoor \fyc ber Sdjöpfer ben Ciebesobem ein«
Mies. Darum, »eil ftdj in ber Ciebe, wie im lDelt»<£rlöfer,
Ellies erfüllt, ijl üjre €rfcffemung Hufje unb <5ottes»5rieben.
Der IDeltlärm ertönt oEme SdjaH por üjrer Stimme; bie
(5ebilbe ber XDirfli^feit, bie XDeltfläbte 3crflfie6en wie Hebel-
bilber por ifjrem Haijen; por üjrer (Seßalt wanbelt ftdj bie
tDeltfjerrlicfyfeit 3ur (Befriste, unb bie (Sefdndfte mit ber
menfdtenfafeung: in bas gebäditnijjlofe Hic^ts. Hur bie m
Ciebe er3eugte Schöpfung bilbet bie ^armonifd^e Umgebung
bes liebenben (Befdjöpfs. Hur bie Hatur-Scenen ftnb bie
3ilberfd]rift ber Ciebe, weldje bie IDelt erljält unb meiert.
3n ber Pfyantafte, in ber fyeljren Cetbenfdjaft ber Ciebenben
perflären fidj Cages* unb Oab^resseiten, IDtnb unb IDetter
3um irbifdjen parabies!
tDer bie (Beliebte anblicft, trinft bie Seele ber (Sefdjöpfe
unb (Sefdn'diten; wer tyre Stimme tfitt, bem fangt fte ben
©bem aus; wer ib^ren Bewegungen 3ufdjaut, bem wirb bas
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- 73 —
(Sefefe ber Scfjönljett offenbart Wenn bie <5eliebte uns
entgegenfommt, fo fyilUn bie planeten auf üjrer Balm, benn
fie lernen von ify Spf}ären«f}armonie. IDenn jte ben Blüten*
Feld} ifyres tfiunbes öffnet, unb Xüorte fpridft, fo ijt es jhH
auf €rben; benn u>as nodf nidjt belebt iß, empfängt feine
Seele oon üjr. XDer ifjre £iebestx>orte gehört fyxt, ber benft
ntdjts Slnberes mefc, als ujren Sinn unb Con. IDen bie
(Seliebte anrebet, »en ße berührt, bem entfliegt m bem
2lugenbltcf ber irbifdie <ßeiß, ber iß nidjt mein: fein eigen,
ber folgt ü?rem Statten. Vor i^rer <£ngel-€rfdjeinung
oerjtnfen bie alten <5ebanfen, bie alten £Dünfd}e, bie alten
Sinne unb bie gan3e ZDelt; u>en ße liebt, beffen Seele wirb
3um anbemmal geboren unb entffilmt!
Ztooalis e^ätyt ein nmnberfdiones fflärdien: „(Ein 3üng«
ling pilgert burdj bie ganse IDelt, um IDetsfyeit unb tDiffen*
fd?aft $u erlangen; im (Tempel 3U Sais foß jie ümt 3U (Clieil
»erben* Die prießer laffen ben XPeis^eitsjünger enblidt
hinter ben Por^ang bliefen, meiner bas 2lflerfteiligße ber
iDa^rljeit unb (ßlücffeligfeit oerbeeft, unb oor ü}m ßefy bie
(Seßalt feiner (beliebten aus ber f}eimatfj, bie tfmt wortlos
in bie 21rme pnft."
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IX.
gur Apologie ber grauen.
»Der mann erb lieft in ber beliebten eine irblfä>e unb öberirbtfdje
©eßalt jugleid>. Sein Derftanb erfennt in itjr ein fdjtoadje5 IDeib unb
ein einfältiges mäbdjen; ober bet rjellige 3nftinct feiner Ciebe begreift
oua> in bem IDeibe feines ßerjrns eine $eroln ber Celbenfä>aft, eine
Prophetin, bie Umt bas ®eb,eimni& ber Itarur, einen <5enius, ber tljm
bie menfd?b,eit bolmetfdjt unb nolje bringt. 3« jebent Hugenblicf er*
föeint fte »im bas Segreifltrftfe unb Unbegreifliche in ber Welt ; fo
Ijetmlfdj »ertraut, nrie Oer tyflt <Eag, unb fo geifterfremb, fo fpbärtn-
weit entrfteft, wie ber rtaa>tb,immel in feiner Sternen.rnajefiat."
«Der mann oerleugnet blefes ZDeib in Hugenbltcfen, aber er gtebt
fld? gIctct?tDob,I ib,rem <Benius f)in. Cr b,abert mit lb,r um ein Kleines
unb opfert iljr bodj 2Jfles, was er iß unb fann. Cr belehrt fte in
flugen XDorten unb lernt oon Ujr bie Magere febensart unb eine
®eißesgegenwart in Sitte unb Sd?am. (Er bringt ib.r bie Scfjuloemunft
3u unb borgt oon ibjr bie Sdjdnrjeit ber Seele, bie myflerien bes Qerjens,
ben Qumor ber Ciebe, ben göttlichen tEiefflnn ber Zlaioetdt, bas fromme
(Sttütffen unb ben feufd>en Sinn. Cr fd>mdlt mit ber (beliebten um
eine tDUIfür, eine Caprice, um eine Meine Unwatjrfjeit, eine Uaregel.
mäf igfelt ober 3nconfequenj ; unb wenn er bie gegoltenen Sdiwad)*
Reiten verlieren fofl, fo befennt er fle als eben fo oiele ttlädjte Aber
fein ijerj; als eben fo oiele ZDeiblidjreiten unb Ciebreije, als bie
fdjlagenben pulfe ber ©rajle, bes Ciebesjaubers unb ber Ctje; bas
finb bie iriffierien ber natarlid>en unb tymmlifcben (Defonomie, ber
(Segeufeitigfeit jwlfdje» mann unb tDelbl«
(Oer OTenfd? unb bie Ceute, oon Bogumll $olfe.)
Die 5ranen 3eigen alle £iebensrx>ür&igfeiten unfc Sdjrecfen
&er elementaren Ztatur. Sie jtnb &tmnatorifdj, pfymtajtereidi,
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naiv, bilbfräftig, erfmberifdj, txnfeig, gra3iös; aber 3ugleid]
tr>ettern?enbig, farbenroedtfelnb unb in Slugenblicfen fo egoiftifdi,
perhüüenb, lifhg, umr»afjr unb unbarmf^nig als bie ZTatur,
als bie Sinnlidjfeit, tocldjc in i^ren IHetamorphofen ein
Hingen nach (Einheit unb HuEje, nach bem oernünftigen
o3eijte barlegt, ben fie erft im ZHanne erlangt, 2lber biefer
ZtTann toürbe nur ein 2U>flractum bes vernünftigen (Seijtes
auf (Erben bleiben, u>enn ihm nicht bie eingefleifchte Statur
in (ßcjlalt bes XDeibes 3ur (ebenbigen Hälfte gegeben toare;
tDenn ihm biefer weibliche ZKenfch nicht alle bie elementaren
Kräfte 3ubrächte, welche bie Cfyarafter* gärten bes ZHannes
auflösen. IDie bie fanft gerunbeten, weichen Körper»5ormen
bes IPeibes bem in S&cetten gefchüffenen Hlusfelbau bes
ZITannes entfprechen, wie bie gra3iöfen r»erfchmel3enben 23e«
wegungen ber £r»as*CÖchter bie eefigen, grablinigen unb
hajtigen bes 2lbams«Sohnes ergäben: fo bilbet erjt bes
XDetbes Seele unb XOefen mit ihres (Batten unb (ßebieters
<5eift ein ga^es, feiles unb fchönes ZTlenfchenthum. Das
fchmiegfame, biegfame, 3ärtliche unb fchwadje XPeib foH ftch
an bem jtarfen, jhurren unb jteilen 2Tlann wie eine Hebe an
ber €id]e aufranfen; fte foß feinem gewalttätigen, gerabe«
fort haffen&en tDiÜen mit natürlichen Cijten unb Xt)infel3Ügen
eine 2lrtifulation beibringen : fie foH bie Knoten mit gefchtcf ten
5ingern unb liebenswürbiger Dialeftif auf3ulöfen serjtehen,
bie ber ungebulbige, feiner 3ufäHigen Ijülfe 3ugängliche
Hitter ber Xüa^r^eit unb (Serab^eit mit ber Schärfe bes
Schwertes jebesmal auseinanber hauen will. Wenn alfo
bem überjtchtig geworbenen X>ernunft'(5ro§E)^"0ler ein h* r 3'
liebes Perjlänbmjj unb (Sefchicf für alles Kleinjte unb §u*
fäHigjle, unb für jebe 2>etail«£ugenb abhanben fommen will,
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— 76 —
fo ip es bas IDeib, welches biefen wibernatürlichen ZKangcl
roohlthuenb erfefet.
Uno bann nrie&er fehen wir bajfelbe Weib, wie es bem
oon Schul»5ormen, von $u viel Künpen unb 2üiffenfd]aftcn
3ermürbten unb entfeelten XHann eine elementare Kraft unb
Seele, tote fte ihm ein (Slauben unb Geben einbögt, iEjn 311
fer/öner Sitte, 3U milben Cebensarten ersieht, ihm Religion
unb <5ottes On^wct in's pertroefnenbe unb ©emunft-Pofee
Qer3 3U pflan3cn perfucht. 7>a% es noch eine Sitte unb einen
<5ottesbienp, bag es Gebe unb (Slauben auf €rben giebt,
oerbanfen wir fchwerlich ben (Belehrten, wob.1 aber ben
5rauen unb bem Volt.
IDir tragen bie natürlichen (Elemente in uns, pe conp«
guriren pdf als unfer Sleifch/ pe pro3efpren in unferen Sinnen,
in unferm ^er3blut; unb fo wolmt auch bie liebe, bie
ZDahfoerwanbtfchaft 3um IDeibe in uns; pe i|t bie anbere
£}älfte unferes XDefens unb Cebens burch unb burch. XOiv
brauchen bas IDeib, wie bie «Elemente, wie €uft unb licht.
Die 5tauen muffen bas Strenge in uns milbe, bas fjarte
flüffig machen: pe müffen Seele in unfern Perflanb gießen,
pe müffen uns infpiriren, mit bem 0bem ber £iebe burch«
hauchen, bie Schulperücfe in natürliche locfen perwanbeln;
uns in bie 2lrme fernliegen, uns erwärmen, 3U ZHenfchen
machen, wenn wir pebanten, Schulfüchfe, 2lctenmenfctjen,
Automaten ober Barbaren ber Cioitifation geworben pnb,
tpenn wir, im parteifampfe ober im Kriege, retfcenben tEb,ieren
ähnlich fehen.
töer fann 5euer unb XDaffer bämmen, »er fann Sonnen*
Prahlen controHiren, »er fann bie €uft fep machen? 2lber,
was ba wäcbjl unb blühet, was buftet, pch bilbet unb färbt,
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— 77 —
bas gebeizt unb wirb fo: burdt bie elementare Statur. Sie
3etgt allerlei Samen, allerlei 23 lütten, füge unb ({erbe Jrüdjte,
X>ifteln unb (Erauben; jte 3eugt 5Iebermäufe unb Singvögel
in bemfelben Sdioofje; unb fo fdjafft fte audj im treibe
Hofen unb Domen. 3n ben klugen, ben (Beberben ber
grauen, in ifyrer Ciebe liegen Gimmel unb ^öfle. €s iß
nichts füßer, nichts bitterer, nidjts befeligenber, nidjts bämo»
ntfdjer als ein XDeib. Sie fann Ellies, fte iß Ellies; fte ©er«
»anbelt ftdj in eitles; fte erlöß unb binbet ben ZKann; fte
ruft burdj üjre Ciebe eine (Blücffeligfeit aus bem Ztidtfs, aus
ber ZDüße bes Cebens Ijerpor. ZTlit berfelben elementaren
Kraft perroanbelt bas lOeib aber audi ifyc eigenes X}er3
unb ben ^rieben bes Kaufes in eine Ijölle, fobalb fte ber
Ceibenfdiaft, ber €tferfudjt, ber Hadje, bem Zteibe, bem na*
türlid?en Egoismus Haum gegeben fytt.
Das IDeib beftfet eine Dipination unb Bilbfamfeit, bie
ein IDunber genannt roerben muß. Der Stubent iß in ber
£egel ein ungefyeuerlidfes Entredeux pon Statur- unb Cultur«
Barbarei, ein Hattenfönig pon XDiffenfdjaften unb Unperßanb,
ein Hüljrei pon (Entfntßasmus unb (Eripialitaten. Der
fjanbroerfsburfdje iß ein roafyrer Caftus pon Stadjlidtfeit,
pon flumpiger Cogif, pon einbilbifdjer (Sefdmtacflojtgfeit unb
inroenbiger (Eonfufton. Der Bauernburfdje perläugnet
niemals ben linfifdj brutalen (Eölpel, unb ber Cabenjüng«
ling roirb ein blöbjtnniger 3ier«21ffe, fobalb er ben feinen
Capalier mit (Sla^e unb <5lan3ßiefeln herausbeißen rotö.
€in junges ZKäbdien aber, mit Sdmlfenntnijfen, bie faum
für einen Quartaner ausreißen, benimmt ftdj mit (Srajie
unb (Eaft, unb iß ifjrem 23ruber Stubio in totrf lieber (Erstehung,
in gartgefüfy, in Beurteilung ftttlidier Perfjältniffe, in
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(Semüttysbilbung weit Boraus. Die ZKagb, bie Ifcnbwerfers-
Codjter £{at nicfyt feiten aflen £iebes3auber einer €oa; eine
Dispofttion für €r3ieEning, eine Bilbfamfeit unb Hepräfen«
tation, bie fte gefdjicft macfjt, jebes ZlTannes (Sattin 3U fein.
Das XDeib fyrt piel meljr Calent unb (ßewanbtfjeit als
ber ZHann; es ift in ber 3ugenb pon einem (Senius befeelt;
fd^amljaft, feufdj unb b^enS'belicat. Das 3nflnunent ifyrer
Seele 3eigt ftd? piel flarer befaitet wie bas bes ZTiannes:
bas IPeib ijt bureb, ifjre ZTlitleibenfdiaft eine geborene KranFen*
Pflegerin.
€in Znäbcb,en erlangt Bilbung unb €r3ieJ|ung, olme ba§
man begreift wie, wann, wobureb,. 5ür ib^ren poetifdjen
Sinn, iEjren fYmpatbjfdien unb fvmboüfdien Derjtonb, für
iljren pttlidfen 3n)Hnct werben alle <£rlebniffe eben fo piele
Bilbungsmtttel; für ifyre fjörigfeit, üjr Ieifes Sdncfltdifeits*
gefübj, ifyren angebomen Caft: liegen bie bilbenben Elemente
in ber £uft. <6an3 gemeine Bürgers», Bauers* unb Arbeits*
leute haben mitunter Codier pon einer weiblichen Delicateffe
unb ^olbfeligfeit, bafj pe einen ^ürjtentfyron fdjmücf en tonnten ;
unb bie <Sefd]icf)te liefert Seugniffe bafür. <£ben bie un»
gefdjulte Hatur bes XDeibes, bie (Cljatfacr/e, bafj ein IPeib,
mit biefen 3rud$ücFen pon c£lementar*Kenntniffen unb felbft
olme (le : allen Sauber ber tDeiblidjf eit, ber Znenfcb % en«Scb l öne,
ber HIenfcb,en*<5ejittung gewinnen unb effectip machen fann:
biefes nie ausjierbenbe geugnifc Pom parabiefe ijt es ja,
u>as ben 23ei3 ber 5r<*uen für ben fdmlgequälten ZHann in
ftcr> faßt. <£s ift 3war eine (Eäufdmng audi hierbei im Spiele;
benn wo bie ZTlcmner im naeften ZTatur*Stanbe wanbeln,
wo ifyr (Seift pon feiner Schule unb Cultur ge3eittgt wirb,
ba bleiben aueb, bie 5*<*uen nur tPilbe; aber roir Cultur«
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2Tlenfchen f önnen ohne parabies»<5lauben unb 2tatur*3uujtonen
fchn>erltch bcjlc^cn. €s ijt feine tEäufchung, ba§, too bie
IDeiber mit ben ZHännern in Sdmlfenntniffen unb Hejlerfonen
metteifern, ber Sejt einer ^eiligen parabies^Hatur unb natür-
lichen <5lücffeligfeit perlifcht. Das IDeib unb bas X>olf con*
feroiren unb repräfenttren in ben <£ultur«<ßef deichten ben
a>e(tea>igen Factor ber Statur! — Unb btefe Statur charaf-
terijtrt (ich überall burch fjeilfraft unb 3ntegrität. 3eber
33aum fann uns pon ber vis plastica unb vis medicatrix
ber Hatur üBer3eugen; benn es perrcachfen an ihm bie em»
pfmblichjfen Perlefeungen auch ohne pflege unb ZlTebi3in;
fajl alle <Sea>ächfe fdjlagen nrieber aus ber U>ur3el auf,
roenn fte geföpft roorben jtnb. Sehnliche <£rfcheinungen
3eigen ftcf| an ben 5rauen. ZTTänner geberben ftch bei großen
förperlichen ober geizigen £eiben unbänbig, unb übertäuben
5dmter3 unb Kränfungen nicht feiten mit €rceffen im (Erunf
unb Spiel.
So ein ZlZäbchen aber, bas pon ihrem Verlobten Perlaffen
ijt, nimmt noch etn bemfelben Cage, in ber nächßen 5tunbe
uneber ihren Stricfjlrumpf ober ihr Häbjeug por; perrichtet
alle ihre (Obliegenheiten u>ie fonjt; barf fleh feiner <£rtra*
pagan3 überlajfen, unb fühlt ba3U auch fein <ßclüft : bas ifl
ein (Sefefe im XPeibe, bas ijt bie ©efonomie ihrer Statur;
fle haftet 3unächft an ihrer (Semofmheit, fle nimmt bas
Zlächfle, bie 5orberung bes 21ugenblicrs, — bas Kleine in
Sicht; fle furirt auf bie Symptome: bas ijt ihr praftifcher
Sinn. 3hr ibeales Cheil ifr mit bem realen Ceben, mit
ber Sinnlichfeit in eins gebilbet, unb läuft ihm nicht blos
parallel. Der gebilbete ZHann ijt eben barum, roeil er fleh
oft einem abflracten 3bealtsmus f^nqiebt, in ber Hegel
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— 80 —
empfinbfamer als bas Weib, ber lieb^aber träumerifd]er,
unpraftifd>er unb wifclofer als bie Braut. Diefe bca>cgt
ftd] in ber £iebe, als in ibjrem (Elemente; pe pnbet pdj burd?
biefelbe in allen Kräften geweigert unb gefunb, — weil pe
feufdj ip, weil pe olme gemeine Sinnlidjfeit liebt, unb weil
U}re Sinnlichkeit mdjt mit bem (ßeiße in 5w\e\palt gebracht
ip, wie bei bem ZHanne, fobalb ttm bie £eibenfdjaft ergreift*
Ciebe ip hn XDeibe ein natürlicher unb gefunber, im ge<
bilbeten ZTlanne feljr oft ein naturwibriger, franffyafter pro^eg.
(Eben bie fofetten 5rauen pnb in ber Hegel bie am
wenigPen unfeufdjen; bie Stauen bes Sfibens ber Der»
f Urning mel fdjwerer 3ugäng(idi als eine Deutfdje unb
cEnglänberin. — Heber bas falte 33 litt ber Polinnen wirb
pon iljren (Ehemännern Klage geführt, unb gleicffwob.1 ip es
befannt, wie pnnlidj unb 3ur Kofetterie aufgelegt pe pnb.
Die Stauen b,aben eben um i^rer größeren Sinnlichkeit
unb gefunbem Hatur unenblidj meJjr cEntljaltfamfeit als bie
XHänner. Unfeufd$eit unb 2lusfd|weifungen aller 2lrt be*
ginnen erp mit ber gepörten Harmonie 3wifdjen Sinnlichkeit
unb (Seip, welche eben burdj bie einfeittge (Seipesbilbung bei
ben fdjulgebilbeten Klaffen ber ZKänner, unb insbefonbere
bei pftenber Cebensart Ijerporgebracbk wirb. Das Volt ip
eben um feiner großem Sinnlichkeit willen feufcb,er unb
frugaler als bie gebilbeten Klaffen; ber XDilbe ip feufd}er
als ber eipiliprte Hlenfdj, unb bas Ojier mäßiger wie ber
ZTTenfdj, weil bei tfim bie urfprünglidte Statur nidjt gepört
worben ip. — Sinnlichkeit barf nie mit Unfeufcfjfyeit ibentipeirt
werben, unb bie Kofetterie pflegt piel feltener mit Heppigfeit
unb Bulleret als mit faltem Blute unb nod\ fälterem I^en
gepaart 3U fein.
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- 8*
Der jtttlicfje 3njnnct ber 5*auen seigt pdf nidjt nur in üjrer
€mpfinblid}feit gegen folcfye unmoralifdien €lemente, bie bas
(ßefüty bes ZHannes nidtf afftciren, fonbern audj in ber X>or*
empfmbung von leidjt möglichen ttnjtttlidifeiten, audj tsenn
fie nur bie 5orm angeben. Tftit biefer Disination perbinbet
ftd] ein <5enius, burcfy u>eld^en bie Cebens^tmofpfjäre ge^
reinigt unb alles (ßemeine entfernt toirb. — 3n biefer Cebens«
art befielt eben ber probuftip pttlidje Caft ber 5rauen, ber
für unfere gröberen, toenn auch, feieren Organe überall bie
moralifcfien 5üb^örner abgeben muß. Die Seele bes IDeibes
ift gelöjfer, fYmpatfyetifctjer, ifyc Perjtanb me^r im Contact
mit üjrem fjer3en : biefe tE^atfadfe madjt ifyre 3ntegrität unb
poefte.
€s giebt Znenfdten'Cfyiraftere, bie einem fjarfenfpiel 3U
Dergleichen fmb. Die Compofttion mag einfältig, r»ietteicb.t
gefdrniacflos fein; ber tfledianismus bes 3nffcuments erlaubt
nur mit Sdinriertgreit unb groger <£infdjränfung Hebergänge
aus einer tConart in bie anbere; aber ber Con felbjt ijl poü
Seele unb Schönheit: fo pnb siele 5rctuen. Die ZHänner
bagegen gleichen nidjt feiten ^eetfjopen'fdien Compofttionen
auf tonlofen Klapieren ober £}acfbrettern gedämmert, menn*
gleich, mit richtiger 3ntention unb Dirtuofttät.
€s ijt gar nicb,t 3U fagen, toie roeit bie 5reunbfcbaft mit
einer 5rau ber 5reunbfdjaft mit einem ZHanne: für ben
ZHann Por3U3ietten ift. Die 5reunbin ermübet nicb,t nur feinen
2lugenblicf in Ujren großen unb flehten Opfern, fonbern jte
fmbet in benfelben eine Üerßärfung ifyres (Sefütys, u>äfyrenb
5reunbe einanber ausnafymsmeife ein großes Opfer, aber nie
mit freubiger Ciebensumrbtgfeit fleine Dienße 3U leijlen per«
flehen ober aufgelegt ftnb.
3. <SoI|j. Haturgefd?. &. grauen. 6
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— 82 —
Unb tme bürftig, u>ie machtlos unb fdjattenfyaft, urie nichts*
bebeutenb erfdfeint biefe 5reunbfdjaft ber beiben (Befdiledtfer,
perglidien mit ber £tebe unb Creue, welche ftcb, in einer guten
<£tje fcb,on bjenieben eine fittlidie (Eonfhtution, ein fnmmlifcb.es
(ßemütb, unb einen 21etf}erleib 3ubtlben barf. Der ZRann
I^at nimmermehr ben sollen tDertb, unb bie übermenfdjlidjen
Cugenben eines eblen IDeibes begriffen, wenn er jte nid?t in
ber <£^e fennen gelernt Ijat! —
Die e^e(id?en Cugenben unb £iebensu>ürbigfetten bes befiten
ZTCannes bleiben ein Dilettantismus im Dergleidje mit ber
aufopfemben Särtlidjfeit eines eblen IDeibes: benn fie er«
mübet niefit nur feinen 2lugenblicf in il?ren pflichten gegen
ben ZHann unb bie Kinber, fonbern fie finbet in ber fteten,
fpesiellßen ZRufjuxtltung unb Kümmernijj itjr £}er3ensbebürf*
ni§ befriebigt, unb gelangt fo 3U einer Pollenbung in ber
Pflichterfüllung, bureb, welche bie Künfle unb IDiffenfd?aften
bes ZHannes in ben 5d\attcn geftellt werben. €s giebt
5rauen, bie unter ben taufenbfältigen Prüfungen, ben ftönb*
lidjen Selbftoerläugnungen, unter bem Unbanf, ber (ßleid?«
gütigfeit unb Hoheit ü^rer ZHänner eine Cäuterung unb ein
ZTCärtYrertlmm gewinnen, welches fie 3U größeren £}elbinnen
macht, als biejenigen fmb, von benen bie (Sefdndjte per*
melbet, unb bie, in <£r3 gegoffen, ber Bewunberung ber
IDelt ausgefüllt fmb.
Damit bem ZHanne, bem fjalbgott ber 5d?uloernÜTtftigfeit:
fyx$ unb pijantajte nicht oertroefnen, unb bie Harmonie bes
Cebens nicht abfyanben fomme, ift ibm bas IDetb mit feiner
permanenten (Eugenb'Pirtuofttät sur anberen fjälfte gegeben,
unb biefes fmnlich geartete fubjectioe IDeib beherrfdjt unb leitet
ben objectip gebilbeten ZHanu mit ihrer infpirirten Hatur.
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3ebes menfchliche Perhältnifc ift hoty unb trügerifch im
Ceben, wenn man es auch nur mit einer mittelmäßigen €^e
cergleicht; in berfelben aber ift bie 5rau mehr, als ZHann
unb Kinber 3ufammen. Sie ijt ein IPunber ber £iebe, ber
fenjttwen ZHitleibenfchaft unb etner Dioination, bie jeber firt*
liefen 3nconx>enien5 po^ubeugen, jebes Unheil im ^aufe 3U
linbern r>erjteht. Sie ijt eine Heroin bes Alltagslebens unb
feiner permanenten Quälereien . Per glichen mit bes IPeibes
Pirtuojität in ber <2t)e, ijt ber ZHann nur ein plumper
ZlTechanifer unb Dilettant.
ZtTan fann 2lHes Reiben, 5reunbfchaft, €^re, Bilbung,
Heichthum, <5enie: wenn man fein liebenbes (Eheweib fein
eigen nennt, ijt man ein trojtlofer, freubenleerer ZHenfd?.
ZHan fann 2lHes sedieren, ^reunbe, Paterlanb, Kinber,
<ßelb unb <Sut, felbft bie bürgerliche €^re; wenn man fein
liebes IPeib behält, ift man noch nicht gan3 lebensunfähig
gemacht. 3e unglüeflicher ber Zflann wirb, je mehr ihn bie
UMt ©erlägt, bejto mehr Kraft bejieht bas IPeib: bejto
größer ix>irb ihr 3mpuls unb ihre (ßenugthuung : bem ZKanne
2Wes 3U erfefeen, 3U opfern unb 3U fein: benn bas IPeib
trachtet unenblich mehr banach, glüeflich 3U machen,
als glüeflich 3U fein; bies ijt bas Häthfel ber weiblichen
Hatur, bas ZnYjterium ber &fye r bie IPunberöfonomie, welche
(Sott in ber ftttlichen IPeft burch bas IPeib bewirft. IPas
wollen alle Schwächen ber grauen befagen im Pergleich 3U
ben (Eugenben einer eblcn 5rau! ZHit bem XPeibe ijt erjt
ber ZHann, was er ift; ohne jte erfcheint er faum als ein
natürlicher IHenfch. 2TJan fagt wohl: bie ZHutterltebe
hat bas IPeib mit bem (Chiere gemein, bas aber eben
ijt ein IPunber aller IPunber, wie im IPeibe bas Chier
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mit bem IHenfdfen, bie Xtatur mit bem ocrnünftigen
(5eift oerfötjnt tx>irb; unb es ijt unfere männliche Sdimäd\e,
bie Sctjnxidje ber (Sebilbeten, bie Sdin>äd|e ber Seit: baß
ber 3njhnft, bas <5efefc imb bic geugungsfraft ber Hatur
fo rr>emg mit unferem <5eij*e unb unferer 33Ubung im <£on«
iact Bleiben roill.
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X.
Brctutftcmi) unb <£fje.
\) Braut unb Bräutigam,
XDenn ber 2Tfann ben Bruch feines gefdmlten (Setjtes mit
ber Hatur Begriffen t[at, wenn er fühlt, baß biefer Bruch
nicht nur im Allgemeinen burch Kunji unb Haturroiffen»
fdjaften, fonbern alle 2lugenblicfe burch fein fjers mit
allen Sinnen t>erföJmt roerben muß, roeil bies ^er$ von
natürlichen Sympathien gefdjroeflt, auch ben ZlTyPerien ber
Heber natur getraut iß: bann fy*t er bas Bäthfel gelöß,
roelches uns bie Hatur im IDeibe fo rei3enb aufgegeben, fo
tief ©erborgen unb boch fo leicht faßlich auf bie ©berjläche
gebracht h<*t. Wir bürfen nur unfere Sinne aufthun, nur
heile XHenfchen fein: um $u roiffen, roas bie Hatur im ZDeibe
roill, unb roas fte in jebem 2lbams«Sohn burch bie eroig
junge <£sa beroirft.
Durch bie c£nt3roeiung r»on Hatur unb (Seijt, roelche mit
ben £ultur*pro3effen oerfnüpft ijt, foll bie Hatur nicht ge-
lähmt, nicht abforbirt, fonbern ber in ihr oerfchloffene Heich*
thum am (ßegenfafee bes (Beides gemeeft unb herausgefpiegclt
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werben; unb mit ben geifhgen Safultäten fofl baffelbe tDunber
ber (Entwicfelung unb einer concreten <5egenfäfelichfeit r>or
ftd| gehen, fo bafj ähnlich roie in ber XHuftf: bie fjarmonie
burdj Diffonan3en geläutert unb in immer tiefere Hlyjterien
oerfenft wirb.
€ben bie €infeitigfeiten bes <8eiftes muffen ihn erftarfcn,
müffen bie perfpectioe in bie Seele ^ineingraben; unb
wieberum ift es nur biefe Seele, welche ben fpröben, in
5ormen unb (Eomplicationen erftarrten Derftonb elafhfch unb
flüfftg machen, welche Ztatur in ben (Seift pflogen fann.
Dies tüunber wirft bie €rje; aber nur bann, wenn bes
ZHannes fyt$ burch £iebe unb Ceibenfdjaft bem weiblichen
^erjen getraut, ioenn fein (Seift burch bie weibliche Seele
unb biefe burch ben männlichen Derftanb befruchtet roirb.
Per ZHann fühlt pdf burch Schulen unb ZHethoben, burch
ben Conflict ber pflichten unb 3^"/ &urd? einfeitige unb
e£ centriferje Kraft«21njh*engungen, burch einen 3U fdjarf accen*
tuirten 2?hY^ mu5 serftücfelt, um Diüination unb Cebens-
unmittelbarfeit gebracht; bas IDeib allein giebt ihn ber
IHelobie unb Harmonie bes Cebens 3urücf. Denn bie IDiffen«
fdjaft, welche ben Hiß 3a>ifchen ZTatur unb (Seift oerfdiulbet,
heilt ir^n fo wenig wie bie Kunjt. 3ntegrität bes Cebens
hat unb giebt nur bie Ztatur; unb bie fchönjte 3ncamation
biefer Hatur mit alT ihren gauberreisen, mit ihrer ZITagie,
ijt bas IDeib! Das XTTenfchengefchlecht wirb auch &urch wilbe
Barbaren fortgepfIan3t; bie cultimrte <£ty aber ift eine Ver-
mählung bes (Seiftes mit ber ZTatur, ber infpirirten weib»
liehen Sinnlichfeit mit ber männlichen Dernunft. Diefem
lebenslänglichen 23unbe, biefem Cultus ber Ztatur r>on Seiten
bes ZYZannes, unb biefer Heiligung bes »ernunft»entwicfelten
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(ßeiftes von Seiten bes Weibes gehen bie Blvfierien oet
brautlichen £iebe unb Ceibenfchaft oorauf!
Die £iebe oor ber (Ehe ift bie Bufyfchaft 3txrifchen Hatur
unb <5eift 3tx>ifchen ber roeiblichen Seele unb beut männlichen
tDeltperfianbe; unb bod\ ift fie bei beiben (ßefchlechtern bie
allmächtige Heaction ber Ztatur gegen bie €infeitigfeit
ber Schule, ber Sitte unb Conr>enien3, gegen bie Unnatur
unb (Tyrannei aller Cultur. Zt)enn ZtTann unb ZDeib ihre
natürlichen Sympathien unb £iebens»ürbigfeiten, u>enn fte
bie 3nfpt^tion, bas (Senie unb bie (Slücffeligfett bes £jer3ens
nicht in ihrer Ciebe toieberfmben: bann gebricht ihnen jebe
urfprünglictye ZTatur. 3(1 ber £iebest>erfehr ber richtige,
fo fehen u?ir burch ihn ein 2lbfolutes unmittelbar im ZKenfchen«
leben serujirfltcht. Die Schönheit fchmil3t ber H)ahrh«it bie
fcharfen Spieen unb Stacheln fort; bas erjtorrte (öefefc ent«
uricfelt ftch 3ur 5reU?eit, unb bie närrifche Sinnen«U>iHrur
bes XDeibes gehorfamt einem überjtnnlichen <ßefefc; ihre Di«
r>mation frvftalliftrt ftch 3U Gegriffen; unb bie bemantharten
Kategorien ber ZTTänner löfen ftch in Seele unb (Semüth.
Die 5rauen geben unferm contrapunftifchen <5eifte bie ZHelo»
bie, unferm 3erfefcten IDefen bie Harmonie unb ben Hlutter«
mifc 3urücf. Der Ciebenbe lernt fein £eben in 2lugenblicfen
3U concentrtren, er gewinnt <Segentx>art, n>etl ihnt 3beal
unb IDirflichfeit, Seit unb €u>igfeit, Subject unb ®bject in
einanber fliegen, lüer in ber Gebe nnbefhmmten Sehnfuchten
unb 3^«^len fyngtQeberx ift, liebt nicht reell unb gefunb, ift
ein h*Wof** Ph<*ntafi. 3nt ZDeibe allein wirb bie Schule
unb bie (Eultur eine Cebensunmittelbarfeit. IDas ber
XHann mit aßen Kräften bes <5eifles arbeiten muß, bas eig-
net ftch bas XPeib im Pefehr mit bem ZHanne fpielenb an.
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Cogif, (Srammatif unb Znetljobe, Künjie unb IDtffenfdfaften
»erben im ftebenben XDetbe eine sergeiftigte Statur unb
(Totalität, bie bem ZlTanne n>ieber bie £ebens»3ntegrität,
feiner Seele bie fymmltfdte perfpeettoe unb bie abamitifdje
Cebensfüfyung 3urücfgetx>ä^rt.
2lHe pfymtasmagorien unb alle fdjönjten Realitäten, bie
3tttt{djen Seele unb X>erjlanb, 3tDifdjen cergeifttgter Sinnlidj«
feit unb perjtnnliditem (Beiße 3tx>ifdfen Gimmel unb €rbe
weben: bie u>adffen in ber liebe bem Hlanne jb lange über
ben Kopf, bis er tfm ©erliert, toä^renb ftdj bas XOcib als
priejierin aller ZTatur*Z17Yfterien in ifyrem angeftommten
(Elemente füfylt, unb ben fjerm ber Schöpfung fopfüber unter
bie Cebenstoellen taucht. 3n biefer £iebe allein fann ein
junger Sdiulmeijler bie lebenbig antifen Stubien machen;
benn in ber Gebe unb £eibenfd?aft n>ieberfjolen fid] immer
unb en>ig bie (5ra3ieu*Cän3e, bie fftfoS'töefctndjten, bie
Dyonifos«5efle, ber 33acdms»5ug um bie ganse tDelt; bie
gan3e Ijeibnifdje ZHy^ologie; bie en>ig alten unb ea>ig jungen
Znyfterien, toeldfe überall unb nirgenb, roeldje Alflen unb
Keinem gefdfeljen.
Keinem fo fymbgreiflid), bag ber IHyt^os XDirflidjfeit mtrb,
unb gleiditpofy allen fvmbolifd] unb reell genug, um fie baran
3U gemahnen: ba§ bie ZTatur eine ältere unb gemaltigere
XtTadjt ift, als bie Cultur irgenb eines Polfes unb einer Seit.
Die ZTCutter (Boetlje's fdjreibt an bie £}er3ogin t>on Züeimar
5olgenbes: „Clpuerfte 5ürjhn! fönnte Doctor IDolf ben
tEodjtermann fefyen, bem bie Perfafferin ber „Sternfyeim" ifyre
3u>eite Cocfjter aufhängen tx>iH, fo würbe er naefy feiner fonft
löbUdjen (ßetDofmfjeit mit ben gätmen fmrfdjen unb gan3
gottlos flud|en. (Seffern gellte fte mir bas Ungeheuer oor.
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— (Sroßer (Sott!!! wenn midi Der $ur Königin ber <2rben,
2lmerifa mit eingefchloffen, machen wollte, fo — ja fo —
gäbe ich ihm einen Korb. €r jte^t aus — u>ie ber (Teufel
in ber ftebenten Bitte in Cuther's fleinem Katechismus; —
— ijt fo bumm, u>ie ein JBeupferb, unb 3U allem feinem
UngtücF fjofr ath obenein. XDenn ich von all bem Seuge
roas begreife, will ich 3ur Slujter »erben. €ine 5rau, wie
bie „laHoche", pon einem gewiß nicht gemeinen Perftanbe,
pon 3iemlid|en 031ücfsgütem, pon 2lnfehen unb Hang, bie es
recht barauf anlegt, ihre Cochter unglücklich 3U machen —
unb bodj „Sternheime" unb „5rauen3immerbriefe" fdjreibt;
— mit einem Xüort: mein Kopf ijt wie in einer ZlTühle.
üe^eihen 3k™ Durchlaucht, baß ich 3h"«" fo »or»
er3ät|le; ich h aoe &as Abenteuer por 2lugen — unb
bie Chränen ber guten Cuife Fann ich nicht ausgehen." —
Die geijkeichen grauen fy*ben feiten fornigten unb effec«
tioen Perftanb; unb bie wir fliehen genialifchen cZoastöchter
wollen ihren Perftanb nicht gebrauchen. <£ben fte
geraden, wie burch eine 3ronie bes ScbjcFfals, oft an bie
miferabeljten ZHannsbilber unb Ijcirat^cn bann Knall unb
5all, wie wenn fte (Ich cor ihrer eigenen Befinnung ängjhgten,
bas garjhgjte, nichtigjle €remplar; unb aus was für ZHotipen?
Soll man fagen, in einem Anfalle pon IDahnwife, Hlelan«
cholie unb Desperation; ober aus Ungebulb unb ZHarotte;
ober aus einem ihnen felbft nicht erklärlichen (ßelüjte unb
€igenpnn, aus einem bunflen eintriebe, ber bem pfycho*
logen ben momentanen Sieg ber elementaren Kräfte im
XDeibe über Vernunft unb Bilbung inbicirt? Spe3iell läßt
pd? fein parorysmus erflären, aber 2lnbeutungen barf man
perfuchen. Das XDeib fühlt ftch burch einen fchönen, fanft
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gearteten, fjarmomfd) gebildeten und fo geftimmten IHann
nicht fo ergäbt, als durch eine gewaltige (£Ejarafter»€nergie.
€ben das außerordentliche IDeib oerläugnet nie die <5rund«
3Üge und Sympathien Oer weiblichen Xtatur; — und diefe
pafftoe, bildfame, weiche XTatur tx>t0 von einem gewaltigen
ZUanne, von einem fühneu Bildner geformt fein. €in bar«
bartfeher fjeld iji ihr unendlich lieber, als ein edelmütiger,
friedliebender Schwächling mit gebildeten 5acons. — Schon
die Kardien befunden tiefjtnnig, dajj die prinsefftnnen ur»
fprünglich an Ungeheuer geraden; dag für die Prisen dies
befhale 3ncognito oon ihren fabelhaften Befchüfcern aus*
gewählt wird. — Die prin3effm liebt ihr Ungeheuer, es liegt
in i^rem Sdjooße und wird dadurch erlöst. Da nun die
prüfen nicht mehr als Bezauberte Bären, 2ldler oder 5ifch«
umherfreien, auch oie ungefchlachten liefen nicht mehr 2ftode
find, und nur gewöhnliche IDeiber durch bildfehöne ZTiänner
mit finnlichen (Semeinheiten und gebildeten Umgangsformen
oerführt roerden, fo fcheint den genialen grauen nichts
übrig 3U bleiben, als fich in ein Ungeheuer r>on fjäfcüchfeit
oder von Ungefchlachtheit, oder oon unergründlicher Nichtig*
feit und dämonifcher Blajtrthett 3U oerlieben. Die männliche
<Bei(tes*ZtuIlität fcheint auf oiele grauen my^eriös 3U wir*
fen, fte tiefftnnig 3U machen; etroa wie ^äßlichfeit an das
€rhabene gemahnen, intereffant roerden und die blaftrte
Sinnlichfeit rei3en fann.
Zfian ergründet IDeiber fo roenig, als man ZlTeeres«
fhrömungen und £uftftrömungen bis 3um Urfprunge ©erfolgt.
ZTianche 5rauen müffen rooHen, roas der (Dcean der ZTTenfchen*
<5efchichie, roas Gimmel und (Erde rooflen, oon denen ihnen
der Xöeg t>orge3eicrmet ijl — Sie roiffen, daß fie fich im
- % -
Elementaren verlieren unb erfäufen, bag fte ftch in's Cljaos
3urücfüberfefeen, bag it?r Sügwaffer ben bitterfatygen 0cean
nicht Derfügen, bag es bie 2Tleer*Ungeheuer nicht säumen
wirb; aber bas (Sefefe ber Hatur, als beffen (Eräger ber
(Senius, unb oor allen Dingen bas genial if che XPeib an«
3ufefyen ift: wirft gewaltiger, als bas Bebürfnig bes fje^ens;
unb biefes ^er3 ift im (Senie-XHenfchen, im <5enie»2Deibe mit
einem unbegreiflich fosmifchen, ja mit einem übematür«
liefen, ^eiligen (Beiße getraut, welcher es im 3ntereffe
bes 2Xtenfchen«<ßefchlechts regiert. Züenn ftet? bie genialen
5rauen ben Propheten unb fjelben vermählten, fo tonnte ein
(Sefdjlecrjt oon Halbgöttern entftehen, bie bas ZHenfchen«
(Sefdjlecht verwirrten, inbem fie biefes fiel) felbft nachbilbeten
unb über bie 3o^taufenbe ^inwegfd^leuberten, welche ben
ZHaffen von ber Hatur unb (ßottheit auf ihrem <£ntwicfelungs«
wege ©orgefchrieben finb. — ZTTenfchen wollen burch ZTTenfchen,
burch ben Schöpfer Rimmels unb ber €rben, aber nicht
burch Biimmlifd?e 33afiarbe, burch fjalbgötter weiter gebracht,
unb ber Gimmel will nicht burch (Titanen beftürmt fein.
So r»iel ift gewig: bie wenigften oon uns ZHannsleuten
fonnen ^ausbringen, wo ilmen benn eigentlich bie Gebens«
würbigfeit fifct; unb wenn gleichwohl bie garftigften nnb
lüberlichjlen IHannsbilber fo fyngebenb geliebt unb gepflegt
werben, wie bie beften unb fchonften: fo muß uns in biefer
tEfyatfadje, in ber <£fellojigfeit ber 5*auen, eine Statur»
öfonomie, eine hintmlifche <6üte aufs (ßewiffen fallen. Ober
wie foHte es benn werben, wenn bie 5rauen mehr guten
(ßefdmtacf in ber £iebe bewährten, als wir wirflich von
ib,nen in 2lnwenbung gebracht fehen? Die Siebe bes DTannes
hat einen ftnnlid^en Untergrunb, bie Ceibenfchaft bes IDeibes
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aber gewinnt eine geijttge unb ftttliche poten$, in welcher
fie noch Don ihrer natürlichen Keufc^^eit unterftüfct wirb.
Das IDeib ijt feiten, bas ITCäbchen faft nie fo perliebt ober
oerbubjt wie ber junge IHann. Uns rei3t am IDeibe 3unächft
bie förperliche Schönheit, ja bie Ueppigfeit ber (5eftalt; bas
IDeib null ftch bem C^arafter bes HTannes, fte will ihre
Schwäche unb natürliche 5erfab.renb.eit feiner Kraft oer«
mahlen: ftc liebt ben männlichen Sinn unb <5eift.
Die unentwegte ZTatur bes cultioirten ITIenfchen ift feufch
unb fchämig. Vichts wirb rafdjer im fletnften Kinbe wach ge«
rufen, als bie Scham. — <£in ZtTäbchen r>on brei 3ahren
meint unb wehrt ftch gegen einen profanen Scher3, ber feinen
angelernten Schtcfluhfeitsbegriffen (Bewalt antlmn wiü\
Das IDeib, als bie Crägerin ber Hatur, ijt feufcher als
ber ITTann, ben bie Sinnlichfeit burch ben fräftigen (Segen«
fafe bes (Seifites geweeft unb lüftern gemacht.
Die ftnnlichen (Senüffe bes IDeibes ftnb nie oon bem
(Seijte lospräpartrt, fte opfert nur bem ZHanne ihre Unfchulb,
welchen fte liebt; unb fte liebt mit bem <5eifte, tx>eil fte
mit bemfelben ihre elementare Sinnlichfeit ergäbt. —
IDährenb ber XTCann nicht feiten, wenn er liebt, ben (Seijt
fo in Sinnlichfeit erfäuft, baß er 3U oerbummen unb melan*
cholifch 3U werben pflegt, fühlt unb weiß ftch bas IDeib burch
Gebe 3U einer geijttge n poten3 erhoben, burch welche fte
bem leibenfehaftlich erregten, unfrei unb fchwach geworbenen
ITTanne entf Rieben überlegen bleibt. 3ebes IDeib ifl bem
Derliebten eine Delila, bie bem Simfon bie £ocfen abfehneibet
unb ihn ber Hiefenfraft beraubt. Das <5efühl ber Heber«
legenheit über ben burch £iebe perbummten unb entmannten
2Ibam giebt bem IDeibe alle €t>a*£iften unb allen Siebes«
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3<mber einer Circe an bie fjanb. Sie madjt noeb, Ijeute aus
ifjren Ciebfyxbem eine XHenagerie. 3eber Hlann, ber plfan-
tafte* unb gemütljreidie ZHann am meiften, n>irb unflar, per*
puppt, elementar unb pertpüftet, tuenn er leibenfdjaftlidj liebt.
Der perliebte Knecht unb fjanbtperfer tpirb ein confufes,
3änfifcbes, 3U (Erceffen bisponirtes, rau?« unb formlofes ZTatur«
probuet ober ein (Tölpel; unb ber einfältigjten 23auernbime
wadfien in ber Siebe <&ta$k, 5einE^ett unb IDifc, u>eil biefe
Siebe ibrer feufdjen unb elementaren Sinnlidtfeit nodi ben
Äactor bes (Seijtes 3ufübrt.
ZTidtf nur bie Spanierinnen, fonbern alle XPeiber gewinnen
einen (Senius in ber Seibenfcbaft; unb bie ilm mcb.t be*
fommen, jtnb ftnnlidje ober foldje IDeiber, bei benen bie
elementare Ztatur bereits por ber Siebe burdj eine nriffen»
fcbaftlicbe unb fyilb männliche Bilbung mit <5eijt gefättigt
rt>orben ift. — Die IDunber unb Räubereien ber Siebe 3eigen
jtdj nur bei einem IDeibe, bas im natürlichen 3njtmct per-
puppt n>ar. — Die Siebe ijt es bann, toeldje ben Scb,metter*
ling aus ber puppe befreit.
IDeil für bie geijttge (Entoicfelung ber norbifdjen grauen
mebr urie für bie grauen bes Sübens getban u>irb, barum
jtnb bie HlyPerien ber Siebe unb Seibenfcbaft im Süben 3U
Qaufe, unb ein begabtes Bauermäbdien fann aus benfelben
<5rünben in ber Siebe ein (Senie entancfeln, melcb.es ber
ftäbttfeben <5oupernante unb Sebrerin leiber 3U oft perfagt
fdjeint.
XDäljrenb aber im Süben mit ber €be auch, bie IDunber
unb (SlücffcligFeiten ber Siebe oerblü^en, fo fnospen fie im
Horben nidjt feiten aus ber (Sattenliebe berpor. Die nor«
bifebe 5rau wirb felbjt in bem 5<*He, baß fte perbilbet u>ar,
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- 9*
burch ZtTutterfchaft roieber natürlich, »eibltch unb allmächtig
gemacht; unb eine (Soupernante, ein Blaujkumpf mit einem
Kinbe an ber Bruft, iffc urieber €oa unb IPetb, urie 2lHe
ihres (Sefchlechts; — unb toenn jte oon Statur ein richtiges
5rauen$immer ift, bleibt fie freilich auch ohne ZHutterfchaft
unb trofe ber btlettantifchen (5elehrfamfeit toeiblich Hebens«
n>ürbig unb gefreut.
* *
*
2) <£i>e.
„ITlann unb $rau liegen fo lange auf einem Kiffen, bis fte Wegen
ein ©etniffen."
„meine Oleinung war flets: ein roaeferer mann, ber eine fjttbfcfce
nadjfommenfdjaft auferitety, leijie ber <SefelIfd>aft größere XHenße, als
einer, ber lebig bleibt unb blofc oon ber Seoölferung fdjwafet."
( <D I i v e r (Solbfmitb,. )
21m IDeibe thut bie (Eise ihre ganse fjeiligfett unb fyvt'
lidtfeit funb, betätigt jte ftch als tägliches IDunber, als
leibhaftiges Sacrament.
3n ber <£h* gefdjieht qs, baß bie junge 5rau, bie noch
fürs 3ut>or ein unfleißiges, unadjtfames ober leichtfertiges
ober träumerifdjes ZHäbchen toar, ohne Derftanb für ben
€rnjl unb bie 5orberungen bes £ebens, baß fte 3ur befonnenen
unb fleißigen Hausfrau, 3ur forglichen (Sattin, baß fte 3U
einer ZHutter heranreift!
Diefelbe 3nngfrau, bie roeber bas (Sefchicf noch ben guten
ZDitten h<**, ihren fleinen (Sefchnriftem behülflich unb bienft*
lieh 3U fein, bie ftch auf fein f inbliches Bebürfniß, überhaupt
auf feine menfehliche ZToth unb 5orge r»erftanb, fonbern ftch
felbft als bie Perfon erachtete, für roelche bie tDelt eben nur
bie Umgebung unb <£infaffung 3U bilben h<*&^ biefelbe erräth
- 95 -
als ZHutter mit btrnnatorifcftem Perftanbe unb tme im mag«
netifdjen Rapport jebes gesammelte unb jhimme Begehr
i^rer Fleinen Ktnber unb toe^rt mit fymmlifdiem 5emgef£U}l,
einer (Sottfyeit gleid], audj bie 3ufünftige, bie leidtf mögliche
(Sefafyr oon ber 3^^tgen £}aupt.
Diefer cgfyeftanb fyat bas gans alltägliche, bas fc^r mittel-
mäßige ober nicfytsmifeige, bas ©iel getabelte unb pieHeidtf
befcfyoltene 2ttäbdjen binnen 3aljr unb Cag 3U einer mujter«
trmrbtgen, Hefpect forbernben 5*<*u umgetoanbelt. Diefe
ZHutterfdiaft ijat bem jungen iPeibe klugen unb (Dtycen, alle
äußeren unb inneren Sinne gefcfjärft, t?at ü^r fogar bie un»
gefdjicften £}änbe in gefdjicFte, in funfifertige fjänbe unb
5inger cermanbelt, bie Ellies näfyen, ftricfen, flficfen, reinigen
unb anfertigen, bie 2lHes löfen unb fnüpfen, roas irgenb 3um
häuslichen unb finblichen Bebürfniß gehört.
X>icfc taufenbfünjHerifchen Hlutter^änbe, bie fonft müßig
im Schooße lagen, ober 3U ungefdn'cft u>aren, ber lieben
ZtTutter in ben üjausgefdjäften bei3uPe^en, biefelben löfen
jefct mit unbegreiflicher (Sebulb unb Eirtuofttät bas ©er*
fnüpfte Strumpfbänbchen eines Ejajhgen Kinbes unb Reifen
weiterhin ben Bebürfmffen unb Ztothjtönben r»on fedjs fleinen
Ztlenfchenfinbern ab unb pflegen fie trofe aller Ungeberbigfeit
bei Cag unb bei 2?ad?t.
Das foH man auch eine 3ncarnation bes IDeltheiligthums
nennen, u>enn bie DorjieHung unb bas (Befühl ber ZtTutter«
fdjaft, wenn bie (Efje bas gan3e lüeib an Sinn unb <5eiji,
an Xüillen unb C^atfraft fo t>eru>anbelt, baß in Stelle eines
bloß finnlichen, fofetten, flachen, ununffenben unb leichtfmmgen
(ßefdjöpfes, mit einem ZTTale u>ie burch Räuber, ein unffenber
unb genriffenhafter, ein tugenbgeübter, ja, ein heiliger Zllenfch
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unb (Senius in gefegneter IDirffamfeit bajieht, unb 5tx>ar eilt
foldjer, ber im rechten ZTTaaß actio unb pafjtr», fcharfjtchtig
unb überfehenb 3U fein perjleht, ber nimmer bie l$änbe in
ben Sdjooß legt unb müßig fpeculirt ober lamentirt, fonbern
rührig, anfteHig unb toohlgemuth auf allen <£nben angreift,
bis bie fleine VOzli runb untrer gefchaffen ift, in welcher
bem (Batten unb ben Kinbern vooty unb ftcher, bennlich unb
heilig 3U ZHut^e ijt; ein Samilien'fjeiligthum, aus n>elchem
Staat unb Kirche n?ie Künfte unb Sitten itjre folibe Cebens«
fraft besiegen. Unb ungeachtet biefer £>unber*Cugenben ber
(ßattin unb 21Iutter haben u>ir boch r»on ihr gleichfam 3t»ei
Ausgaben: eine für 2lHtag unb eine Prachtausgabe für bie
Feiertage poetifcher Stimmung unb Phantafte!
VO'vc bejtfcen üon unferer <5atttn ein 23ilb, bas n?ir in ber
Safriftei bes fyv$ens r>erfchliefcen unb nur befdjauen, tsenn
roir x>on bem Original getrennt leben, inbem n?ir auf Seifen
oon bem Körper, ober auch burch r>orübergehenbes ger«
txmrfnifj unb Znijjüerftänbniß, r»on ber Seele unferer £ebens«
fyälfte entfernt jtnb.
<£s iji bas 3ilb pon bem IDeibe unferer Ciebe unb Ceiben-
fchaft, bas Bilb ber Braut unb ber jungen <5attin aus ben
5üttertx>ochen ober 5litterjahren; ein filber« unb golbge*
fdmtücftes ZHabonnenbilb im Elitär einer fatholifdjen Kirche,
bas nur an \5*fttagen ge3eigt roirb.
Por biefem aHerheiligjien 3ilbe l\&x\gt für 2lHtag noch ein
5tr>eites ZHabonnenbilb, mit ben man aber familiär unb halb«
profan »erfehrt, cor bem man mehr mechanifch unb h<* nöe
tperfsmäßig, als in t>er3Ücften 2lnbachtsfchauem betet.
Unb trenn's nur eben bei biefer poejielofen 2lnbacht bliebe,
es wäre boch immer ein gottesbienjllicher ZHechanismus unb
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_ 9 7 -
heiliger (Sebrauch, eine PorbiIblid]feit bes Merhciligfien,
eine tymbolifirenbe 2lnbacht unb €^e. 2lber man fchmäht
nicht feiten biefe JDerftags-ISjeilige bes fyt$ens, wenn fte
unfere Caunen unb IPünfche nicht nach IDunfch erhört, wenn
fte bas häusliche IDetter nieftt nach unferer Bequemlichfett
unb Cebensöfonomie machen fann.
Unb wenn biefes XDerftagsbilb enblich alt unb unfdjembar
geworben ift, fo werfen mir es in bie ^eilige polterfammer,
ober Rängen es in einen XDinfel bes I}er3enstempels auf,
fobalb ein neues Btlb bequemlidjer unb annehmlicher 3U
haben iß. Das 3bealbtlb ber (Satttn aber ©erlöfcht nur in
gemeinen Seelen. Xöer einen 2lugenblicf t^ciHgc Ciebe em*
pfarti), nimmt biefe (Empfinbung unb bas Bilb, mit welchem
fte oerbunben ift, in jene Wehl
Die €he ift &er pofttioe 2Infnüpfungspunft, bie ty\l\ge
<5elegenheitsmacherin für ade ejacte Sittlichfeit unb Creue.
Sie bewahrt bas <5olb ber Cugenb unb bringt 3ugleich ihre
Scheibemün3e in Perfehr. Sie iß bie pflan3fchule aller
roerftüchtigen unb aller ibealen ZHenfchenbilbung aller jiaats»
unb weltbürgerlichen Qualiftcationen ber fjeerb, bie fjehnath
unb bie IDiege afler <5eftttung unb cTioilifation.
(Dl\m c2hc rjängt unfere Sittlichfeit in ber £uft; im
Familienleben allein gewinnt fte ben feften (ßrunb unb Boben,
ben echt menfchlichen <£fyxvattev f ein (Semüth, bas ftch in
ben (5efchichten ©on Siebe unb Creue bem fjimmel entgegen»
biibet.
Die Familien (tnb bie wachfenben 5teifchtt?clr3chen bes
Staats ; ohne fte oermag er fein concreter, auf jebem Punf t
erfüllter, mit Siebe unb poejte gefättigter Staat 3U fein.
0h«« bie tDeihe unb himmlifche (5enugthuung bes Familien«
S. <5oIfj, rtaturgefä. b. grauen. 7
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- 98 -
Iebens ift ber Staat nur ein objtracter, unheüiger Kleehams»
mus, ein brutaler groang.
(Dfyxe €^e ift ber ZTCenfch überall unb nirgend 3U fjaufe,
unb in unheiliger, roilber €lje ift ein roher, falter (Tyrann
in feinem eigenen fjaufe: ohne (Ehe ijt er trofc aller Chrili»
fation unb gefchmücft mit allen fjelbentugenben nur ein
Barbarl
3n außerorbentlichen Aufregungen unb £}eransforberungen
bes (Sefdn'cfes fann auch ein Xjalbroilber bas Aufjerorbentliche
tfmn; aber bas Hechte unb Schone fdjlecfyt unb recht oottbringen,
olme fjajt unb Anlauf, in immer gleichmäßiger, 3ugfejter
Kraft unb Selbftoerläugnung, ohne <5eräufch unb Schau«
fieOung, olme ftcfi bamit ettx>as 3U roiffen: bas ift bas Kenn*
3eichen wahrhaftigen ZtTenfchenthums, roie es nur in einer
c2he erfüllt wirb, bie auf einer gegenfeitigen Heiligung ber
perfon auf Siebe unb (Treue beruht.
XDer in ber <£fye lebt, fte^t im 2Hitte(punfte bes Cebens,
im £jer3en ber toirflichen XDelt. Da laufen alle XDelt-Habien
3ufammen, ba Ijält man alle Cebensfäben in ber £fanb. Don
einem Centrum taflet man ftch 3ur Peripherie; umgefehrt
perbichtet ftch bie Peripherie nicht fo leicht 3U einem punft,
ber ein fyv$ abaeben fann.
iPer alfo bas £eben, bie JDelt, bie ZtTenfchh*it im cEmjt
unb im Spa§ ©ergehen roiH, ber nehme ein IDeib, ber
fei mit ihr eine Seele unb ein £eib: fo fommt ihm ber
Kinberfegen, bie Arbeit, bie Religion, bie rechte fjaltung,
ber 3ufriebene Sinn, ber £ebens»Perjtonb, bie leibliche tDohl 8
fahrt von felbjt.
Auf ber Peripherie roirb bas Ceben nicht nach (Softes»
unb ZHenfchentDillen abfofoirt; mit ben fublimjten Gekernten
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ober (Sefüljlen tjl nichts getfyan; t»oy aber mit ber „frifäien,
freien, fröt|lidjen, frommen {Djat", unb bie cglje ijt btefe
(Lf?at; oer oolle natürliche (Sriff in bie 5üHe bes Cebens,
bei bem man feinen 2ftitmenfd}en unb ber Hatur erft reefft
frei in's 21ngejtcbt flauen barf, eine C^at, bei ber man jtdj
in ber ^eiligen ZHenfd?enmitte fütyt.
*
„^utüf ilfu Oes llbenbs, wenn id} Don meiner Sdjrcibuci auf blief tt,
unb mir meine junge $rau gegenüber fifcen fab,, badjte id} nad>, wie
fonberbar es wäre, ba§ vir fo allein beifammen waxtv, wie wenn fld)
bas von felbß Derjlefyt.
€$ fdjien mir etwas 2Iugerorbentlid}es, bas id? nid?t ausgeben
mufjte, um fie ]u feb,en; ba§ id? feine «Selegenbeit tjatte, midi U}ret»
wegen ju qudlen unb 3U ängfhgen; ba£ id} nid}t an fie fdpreiben mufjte,
unb bafc es ntdjt nettjtg war (Selegenbeüen ausjufttraen, um mit ibr
allein 3U fein — Hiemanb bat fid? brein ju mifdjen; bie ganje Homan«
tif unferes Derbdltnlfies war fo ju fagen, „in 's alte Cifen ge*
roorfen".
€s war mir etwas gan3 €r0aunlid}es, oollfommen benimmt 3U
wiffen, ba§ fie 11} re Coden wirfeite, unb nodj nie! Crfiaunlitfjer war es
mir, birs felbfl mitanjufeben."
(Kopperfielb pon Soj Siefens.)
<£rjt in ben Seiten, wo bas IDeltleben fo complicirt, fo
fdjnrierig unb unbarmljer3ig roirb, baff es bie 3nbix>ibuen 3U
abforbiren brofy, bafj es bem einseinen Itlenfc^en feiten 3e»
quemlidjfett ober gar 5reube, 5*euVit unb 2lus3eidmung ge«
tüä^rt, ba toirb bie c£lje bas einjige 2Tlittel, jtdj ber Per*
3u>eiftung 3U ent3ie^en; meil Siebe, tEreue unb eigener ffcerb
bie flehte lüelt um bas 3"bioibuum fyer fdjaffen, in bie es
pd] aus bem Getümmel ber grogen IDelt surficfyeBjen barf.
3e reicher unb befriebigenber jtdj bas 2lußenlebcn für ben
ZTTenfdjen gehaltet, je mefyr ifyn Künße, JDiffenfcfjaften unb
Heifcn barbieten, je mefjr €fyrenämter unb (5üter auf ttm
7*
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— \00 —
gehäuft werben, je größer bie 3been«2Tlaffe ijl, bie feinen
<5eijl occupiren, bejlo ärmer wirb für Um bie <E^e fein.
(Eifrige ßeleljrte, Künjller, gelben, Staats 'Ztlännev unb
Heformatoren ftnb feiten fo gute unb glücflidte €fcmänner,
als befdiränfte (Bemütfjsmenfdien, als banquerutt geworbene,
oerfommene unb pon aller IPelt verfolgte, ober pergeffene
ZHenfd]en. Der ZtTann, ben feine 5reunbe, feine Künfte unb
IDiffenfdjaften perlaffen Ijaben, fmbet nodj ein 2lfyl in feiner
Familie, unb eine 5reunbin an feiner 5rau. Die reiben,
glücflidien, renommirten unb tpotyconbitionirten £eute Ijaben
lange nidft fo piel 23ebürfniß unb £uft, eine (Efje eh^ugeljen,
als bie armen, perlaffenen £eutc; unb jeber £ump fyrt feine
lefete Hoffnung auf eine J^eiratfy gebellt. Die armen 3ünbel«
3uben unb bie leibeigenen begreifen bie Sügigfeit ber €b,e
unb ifyre IHyjterien tiefer, als jte pon (Söt^e unb Kant, pon
Xjippel unb Houffeau begriffen toorben ftnb. Der garftige
Klugfofer, ber djaraf terlofe <£ntfyuftaft unb ZTaturpropt|et
Houffeau fdncfte feine Kinber in's 5inbelfyms; unb (Sötfye
lebte in »Uber <£b^, bis üm Napoleon auf bie Unfdficflidifeit
aufmerffam machte. — Kant nafyn fidf md)t bie Seit ober
ben TXlntfy 3U fyeiratBien, feine ZDiffenfdjaft galt ifmt mefyr; unb
Hippel, ber Cobrebner ber <£fye, blieb unberoeibt.
ZHü ber 5rauenliebe fdjeint es mandjen Männern in
mandjen Stücfen ein furiofes Ding 3U fein.
Die €b i efrauen, metrten bie fjagefto^en, lieben ifyre Ztlänner,
aber ofyne eben bas befonbers 3U refpectiren, morin bie
ZHdnner ifyr Ceben unb Streben I^aben, was i^ren gan3en
2t>ife unb IDertf}, ifyren 5tol3 unb ifyre Äreube ausmacht.
Die 5rau profefforin ober Sdmlmeijierin liebt ifyren Sdml*
meifter unb respective üjren ^errn Doctor unb profeffor:
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\0\ -
aber fte chtfanirt itm um ber DintenjlecFe roillen, bie jte in
ben Cafchentüdjern ober im 33ett3eug fhtbet (falls ber <5ute
im Bette 3U fchreiben pflegt); fte framt ihm vielleicht (eine
fojtbarjlen ZtTanufcripte unb Stubien um unb um roie ZTCafu-
m
gelb roirthfehaften, ober orme fjaube epjHren foll, t>or, baß
bie Schreiberei unb (ßelehrfamfeit nicht fonberlich rentirt. —
Häher in cgrroägung genommen; 3eugen foldje augenblicf*
liehen (Ejpectorationen burchaus nicht roiber bie Ciebe: benn
biefe liebt ja nicht bie Ztlanufcripte, auch nicht ihres Schul*
meijiers Stecfenpferbe unb Dmtenflecffe, fonbern ben
ZTtann. €nblid) liebt bas noble XDeib ihren poeten unb
philofophen um fo mehr, als er fein <5lücf mit ber XPirflich'
Feit unb bem (Solberroerbe r^at; benn in biefem 5<*ß Hebt
er feine Familie befto mehr; unb bas ift's, roas jte »HL Die
augenblicfliche Un3ufriebenheit unb Ungebulb änbert babei
ftcherltch nichts; unb roenn bas arme ZPeib fein IDort über
ihre beflecfjte IDäfche fagen fotl, fo risfirt jte 3uleftt, baß
ber profeffor ihr bas Dintenfaß tn's 3ett gießt, ober es in
(Sebanfen austrinft. —
ZKan fann nicht 5ifctje mit Sögeln Dergleichen, ba ihre
(Drganifation für entgegengefefete (Elemente eingerichtet ftnb:
unb fo iß es von Dorne herein 2lbfurbttät, roenn man bas
IDeib mit bem ZlTaaßjfabe bes ZHannes bemißt; benn beibe
<5efchlechter gehören eben ben entgegengefefcten polen bes
Hienfchengefchlechts an. —
Die 5<»Fultäten bes ZHannes, fein 21bjhracttons-£ermögen,
feine 3&eologie, fein IPeltbürger*Sinn, feine reffectirte Per«
nunft, mit ber er bie <5efe£e bes XPeltgan3en umfaßt unb
boch bie oerfchiebenen Sphären unb (£ntn?icfelungS'Phafen
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— 102 —
ausemanber 3U galten oermag, machen Um eben ungefducft,
bas punctuelle, bas Klein jte unb ^ufadigfle in Sorge $u
nehmen unb $u »erftehen. Sein fdmlgerechter, abjhracter
unb normaler Perßanb Derberben ihm ben natürlichen 3n-
fhnet, ber mit ben proseffen ber Dinge oerfdmtil3t. Das
XDeib aber bejifct befto votif ommener bie elementaren (Eugenben,
burch toelchc es in ben Stanb gefefct wirb, bie materiellen
Aufgaben iljrer €f?e unb ZKutterfchaft mit ben ftrtlicrjen 5or«
berungen 3U Derföfmen. sticht nur ein 21ctenmann ober
(Selehrter, fonbern ein praftifus ij! oft fd)on rathlos, toenn
ihm ein 3anb, ein Knopf abtrünnig ober ein Knopfloch
ercentrifch geworben iß; toenn ihm eine Kommoben»Schieb«
labe 3ntriguen auf ber Diagonale fpielt, u>enn er einen
Heifefoffer mit (Seiftesgegentoart paefen, reenn er ohne bie
5rau: €eiba>äfche 3ufammenlegen, ben Kinbern bei Cifche
ihre Portionen 3utheilen, ober r>olIenbs ein franfes Kinb eine
Stunbe lang pflegen unb befjanbeln fofl. —
IDenn man bagegen bie 3elmtaufenb (Sefcfycflidifeiten, bie
Imnberttaufenb Perläugnungen, tijten, Pirtuojttäten, Kunß«
fmefe unb ZHenagen einer armen XHutter unb Hausfrau,
roenn man bie (Eomplicationen oon namenlofen 2Iengjten,
Ztöthen unb 21ergernif[en in einer bürgerlichen c£he <* U5
eigener Erfahrung fennen gelernt hat, roenn man tr>ei§,
u>elche IabYrinthifchen unb acheronttfehen praf tifen, »eiche
übermenfehlichen Derläugnungen, Ciebesopfer unb <5ebulbs»
proben täglich unb jlünblich nöthig fmb, um ben Hatten»
fönig oon Fatalitäten unb Derhäfelungen einer ^austxnrth«
fchaft auf3ufnüpfen, um in bas ZDirrfal einer Kinber«tt>irth»
fchaft, bie wo möglich aus brei Generationen unb cEhebünb*
niffen henrührt, % ©rbnung, clhrnlenthum unb Sitte h»n*in3u*
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— \03 —
Bringen; roenn man bie Thxf gaben einer Stiefmutter aus
eigenen 2lnfdtauungen begreifen gelernt Ijat; bann rounbert
man per/ über bie Slebnlidtfeit, roeldje ber roeiblidje Sinn
unb Perjkmb nod? mit bem männlichen, unb bie roeiblidje
Praxis nodj mit ber unvernünftigen 2lrt unb IDeife bes
fjerrn ber Schöpfung übrig behalten fyxt; bann erfennt man,
baß bie ^elbentfjümer unb ZTTärtYrien, baß bie (Eugenb«
<£rercitien, roeldje eine 5rau unb XlTutter im ftünblidien
Kampfe mit bem gan3en £}eere ber fleinjlen unb größten
€rbenübel bar bringen muß, eine 0rganifation unb Kraft
erforbern, roeldje ber IHann faum 3U begreifen, gefdiroeige
felbfl ins Selb 3U gellen oermag.
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IX.
Wer jtcfy bodj nocfj an einem Dinge auf ctrben, an
einem ZHenfdien feftEjalten fönnte, u>ie bas Kinb an feiner
ZKutter unb an i^rem Kleibe, an biefem toa^rljaft
^eiligen Hocf!
Peter Sd) lerntet hatte feinen Statten »erloren, unb
bas mar ib^m ein großes 2ftalheur; eine ZHutter aber fönnte
ihren Schatten perfaufen, ttiemano mürbe es bemerfen, benn
ihre Kinber folgen ihr ja als Sicht unb Statten auf bem
5ufee.
3ji es nicht eine I}er$ensluft, fo einen menfehlichen flehten
Ableger feiner, in Küche unb Keller, in Speife* unb 3oben*
fammer umhertpirthfehaftenben XHutter auf Critten unb
Schritten I|interbrein trippeln, möcfem, greinen, ftolpern,
fallen unb fleh überfugeln 3U fehen!
Unb in allen tDechfelfäHen biefer an bie mütterlichen
5erfen gebannten Begleitung fyält ber Heine Kobolb immer
ben biefen Kinber-2lrm unb bie gefprei3ten fetten Ringer ber
Keinen patfchh<*"& nach bem mütterlichen Hocf ausgejtrecft,
teie ehpa ein Schiffbrüchiger nach einem 3rett.
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Uno wie erfmberifd?, rote genieooH, wie ^umorifttfdi ift bie
ttlutter biefes Weinen Sdirei«<£ngels in jebem ZHoment! tt)ie
gebulbig*er3Ürnt, wie t>ergnügt«ärgerlidi, wie c^rlidi-biplo*
matifd}, tote begüttgenb'bebroljlidi, wie überfyörenb«fdiarfItorig,
wie überfefyenb-fdiarfftditig, wie taufenbgejtoltig, wie Imnbert*
tfänbtg, wie göttlich unb unerfdjöpflid? an H)i(} unb £iebe
in ifyrer ZHutterfdjaft!
Die ZHänner fyiben gar 3U feiten eine abamitifdje Kraft,
aber in jeber ZHutter ijl bie tfrmutter bes ZHenfdiengefdjledits,
ift bie ({eilige &atur eingefleifdit. Darum fptegeln ftdf in
biefen ZKutter-^umoren afle <£ultur* unb ttaturgefdn'diten
3urücf!
y& IDelMDeifen aus bem Dintenfafj von Budjljänblers
<5naben unb r>on Drucfpapier olme €nbe, fefyt ben ZTTüttern
fleißig 3U, bann werben audj bie Xnyßerien unb fjanbgriffe,
bie irbifdjen unb fymmlifdien praftifen aller <£r3iefyung unb
alles IPelt»Hegiments flar por klugen flehen!
Sefy ben f (einen IPetterbalg von einem 3ungen: er quäket,
er cujonirt, er belagert unb branbfeftafet, er ärgert unb ent«
3Ücft feine ZHutter, er weidet üjr feinen 2lugenbltcf vom
HocF, es ifl eben fein IDünfdj- unb tDunber»Bocf. hinten
abgefaiüttelt, fällt er feiner TXlama wieber oorne über bie
5üße unb richtet fidt fo fräfrtg an ber Sdnuse empor, bag
bie 2lermfle beinahe bas Hebergewidjt friegt, benn fte
Ijantirt eben in ber Speifefammer unb Jjält eine große
Sdjüffel mit troefenen pflaumen in ber fjanb. Dies b^at
ber liebenswürbige Barbar richtig erwittert unb ausfpionirt:
batyn 3ielt eine Contribution; aber er lägt feiner lieben
ZHama nid)t fo üiel Seit, bag nur erfl bie benötigte
Portion Bacfobjl aus ber Conne in bie Sdjüffel unb aus
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— \06 -
ber Schüffei in feinen Schreihals praftictrt roerben fann.
Sie voiü bem „Meinen £after", urie fte ihren leibhaftigen
(Sebulb« unb (Eugenb«Prober nennt, fte »in ihm ja „2Ules
geben'' unb 3ugeßehen, u?as irgend 3U geben unb ab5u«
langen iß; aber ber flehte gaf fermenter foll einen klugen»
blief »arten, unb bas capirt er, bas roitl er nun einmal
nicht, unb fo ^at er benn ben Sdjüjfelranb gepaeft, beoor
ftdj beffen bie gemütliche ffiama perfteht, »eiche jefet in
jebem Sinne aus bem <5(eichgen>icht 3U fein fcheint; benn
fte Ijat nicht nur bie leibliche Balance perloren, inbem fte
von einem 5ußbänfchen ^erabjiolpert, roelches auch r»on bem
leibhaftigen Ztlutterfchatten erflettert roorben ift, fonbern fte
hat bem flehten „Hachbrängler" im erften mütterlichen
Schrecfen auch einen accentuirten ZHufcfopf applicirt, »eil
fte ihm bei einem fjaare mit fammt ber Scbüffel über ben
Ceib gejuxt Ȋre. 3ch fage bei einem fjaar, aber barum
noch lange nicht, Denn »as ge»iffe <5efchicFlichfeiten,
Doppelgriffe, 8ettungS'<5riffe, Doppel»3licfe, 3anus«2lugen
unb cEirfel'ZnanöDer, 2lH»iffenheiten unb 2lffaermögenheiten
anlangt, fo übertrifft eine ZHutter jeben Sauberer, paganini
unb prefhbigitateur. Keine Somnambüle ifi in folchem pnn-
lichȟberftnnlichen Rapport mit Sonne, ZHonb unb SUtnm
unb mit ihrem magnetifchen Hv$t, »ie fo eine liebe ZHama
mit ihrem perfönlichen 2lblegerchen.
ZHutterOnfttnct i nu 6 man m Nerton gefehen haben, bann
glaubt man es bod? nicht unb begreift es poflenbs bei feinem
€nbM
So ein fleiner Seiltän3er unb 2lbenteurer fleht eventualiter
mit ZHeffer unb <5abel mitten auf einem (Etfch ober auf ber
Xüipp« unb Kipp«Seite einer 23anf, ober er h<*t ftch fopf«
— \07 —
über im 3meiten Stocf mit bem falben Ceibe aus bem 5^ttfter
gelegt. Der gute 2Tlutter«€ngel ijt pon biefen €£perimenten
auf Cob unb £eben brei 5tuben, ober brei Creppen, ober brei
5tva%en weit entfernt, aber ifjrer XHutterfeele ift trofe ber
Dijtance angjt unb bange geworben, (te ift pon iljrem Befudj
pom Kaufmann, Pom ZtTarft fortgelaufen, fte lieg plöfelid] im
Keller ober auf bem Boben Ellies jtetfen unb liegen unb
erfdjeint präcife im entfdjeibenben 2lugenblicfe an ber Stelle,
wo üjr Kinb foeben bie Balance Perloren fyit unb ftdf bas
2luge aus bem Kopfe geflogen, ober ben Kopf auseinanber
gefdjlagen b 4 ätte, toenn merjt ber rettenbe Znutter«2Irm, wie
ein 2lrm aus ber XPolfe, mit BlifcesfdmeÜe ba3tt>ifd}en Farn!!
3m erften €nt3Ücfen u>irb ber (Serettete an ben Bufen
gebrüeft, im nädtfen #ugenblicf aber mit foldfer SdmelltgFeit
rpedtfelsweife ausgejtäupt unb gefügt, ba§ ber fo (Cractirte
roeber begreift, wie ifym gefdjiefy, noch, fid? orbentlidj 3um
£osfdn*eien anfdjicfen fann* Unb wenn es nun bodf ba3U
fommt, wenn f\d\ ber IDetterOunö* enMidj barauf befinnt,
ba& er Sdjmiffe befeljen, unb wenn er fein ZHäuldien bereits
3u einem gan3 paffablen 5d?rei«2tTaul aufgefperrt b,at, fo
perfpürt er aud? fdjon ein Sudevwext auf ber gunge unb
ein £ieblingsfpiel3eug in ben fjänben; in unferem anfänglich
er3äl|lten 5afle: getroefnete Pflaumen ober Birnen, unb 3ur
legten 5nebensbeftege(ung einen langen Kuß!
€in Säugling ijt für einen jhibirenben ttTenfdfen etwas
(Sräglidjes, ein (Einer unb fdilimmer, u>eil ein fdjreienber
fleiner Kobolb, ber gleidtwofyl wie ein ZHenfdt, alfo mit
Hücfftdjt unb Perläugnung befyinbelt werben muß. —
IDie anbers füllen bjer bie 5*<*uen! — €ine ZtTannsperfon
liege fo einen Säugling olme <5ewiffensbiffe ftdj 3U Cobe fdireten.
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— \08 —
TMan cr3äfyt ba bie ergöfclidie 2lnefbote, baß Vflann unb
5rau Ufr erftes Kino abwedjfelnb wiegen wollen; als es
ba3u fommt, erflärt ber ZHann: „IDieg bu beine fjälfte, idj
laff meine fjälfte fdjreien."
€ine 5rau fagte einmal: „3dl wt 3afae w &er
€fye; feit ber Seit if* mir tffles (üraum unb IDunber: baß
\d\ 5rau bin, baß id? ZHutter bin; — id) fann bas nierjt
begreifen unb am wenigften, wie aH' biefe iDeiber fo 3<xfyc
für 3^^r in bas Xüodjenbett fommen, wie pe ftdj barein
finben, fo gleichmütig bem Cobe entgegen3ugeijcn, fo mit
bem Ceben 3U fpielen unb regelmäßig in ihrer Weblings-
cerfaffung 3U fein! -- €s ifi babei fo uiel CJ|ierifd?es im
Spiel, baß idi üollfommen begreife, wie nur ein foldjes
IDeib 3U bem allen gefdiicft ijt unb ben g werfen ber Hatur
üollfommen entfpridit, bie nid?t benft; unb bann wieber
gefdjieht es mir, baß id} in ber 2Tad?t aufwache, unb mein
Säugling liegt wach in ber IDiege, unb bei'm Schein ber
Campe bliefen mich aus ber IDiege ein paar bunfle
blifeenbe klugen an, unb bas finb eigentlich meine
klugen, benn fie gehören einer Seele, bie r*on meiner
2Tlutterfeele abge3weigt iji, ohne baß ich einen klugen«
blief begriffen fyabe, wie bies möglich ift; unb weiterhin läuft
biefer ZtTenfchenableger unter meinen klugen umher, l?ält (Ich
an meinen &ocf, u>ie eine leibhaftige Haufe unb Klette,
fptelt Derflecfen in meinem Schöße, unb enblich groß geworben,
»erläßt er Dater unb ZTTuttcr, gehört ber gansen 2Pelt
unb bie ZHutter fyält bas Ellies aus unb oerliert
nicht ben Derftanb."
Das 2Tlutter*<5efühI iß fo heilig, füß unb fdjön, wie bie
2Tatur felbjh aber fo wenig eine ftttliche €rfcheinung, als
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bie (Sefdiledjtsliebe, bie ttaturliebe, bie <5IücFfeItgfcit unb bie
Poefie eine Cugenb im engeren Sinne genannt werden fann.
Das Kinb gehört 3ur ZTlutter nidjt nur »ie för 2lrm unb
5u§ ober it^r 21ug' unb (Dty, fonbern es ift Seele unb
Körper von wrer Seele unb r»on wrem Korper abge3»eigt,
— fte fann alfo leichter bas 2luge Eingeben, als bas Kinb.
<£ine ZTTutter, bie ftdj für rfyc Kinb opfert, tfnit nichts
anberes als ein ZTCenfdj, ber jtdi 21rm unb 23ein abnehmen
lägt, ober einer fjungerfur unter3ie^t, um fein Ceben 3U
retten. Das Kinb fyängt mit bcr ZKutter 3eitlebens burdf
eine unftdjtbare ttabelfdmur 3ufammen. 2lfle £iebe iß fdfön
unb heilig, »eil fte abfolutes, reines Xtaturgefefc ijt unb ein
(Eultus ber Ztatur; aber fte barf 3U feinem Derbienße ge«
ßempelt »erben. XDir befpiegeln uns, »ir lieben uns in
bem geliebten (Begenßanbe, als in bem 2tnbern unferes
3d\ ; »ir lieben in bem Kinbe, in ber 23raut, in bem ^reunbe
unfere 3nbn>ibualität, ober bas, »as uns fefylt. Unenblidj
me^r gilt ber (ßeijl ber ZDaljrfyeit unb Selbjroerläugnung,
ber feinem 5einbe unb ber »m oerljaßten Sadje (ßeredjtigfeit
»iberf eueren läßt!
Die tfiütter jtnb in 3e3ug auf wr Kinb faß alle pon
bemfelben Schlage, oon bemfelben ZTCutter»almfmn befeffen.
Was mdjt niet« unb nagelfeß iß, »irb bem lieben Kinbdjen
in bie ^dnbe ober 3um „Belutfdjen" gegeben. IKütter
fefyen bie gan3e IPelt für einen £utfd}beutel ober ein Spiel«
3eug an, fobalb bas Kinbd?en fdjreit unb eine Per»eilung
fyiben »ifl. 21uf aöe Porßeüungen bes ffiannes ober anberer
«Eigentümer ber oerunfauber ten unb ruinirten Sachen Reifet
bie ftetjenbe, blÖbfmmg«na»e 2lnt»ort nach, 2Irt ber Kinber«
mäbdjen: „aber bas Kinb fdjrie fo feljr unb »ollf es burefjaus
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fyaben." Um ben Scfjreifjals fh'H $u machen ober 311 amü«
flren, reürbe eine richtige ZHutter, n>enn fte tonnte, ben IHonb
E?erablangen, ofyne &ücfftdit barauf, ob bie ZHoubbeiDoImer
eine Seefranffyeit risfirten unb bas unterjte bort naefy oben
3U fielen fäme! 7X\d\t nur Bimmen, fonbern gan3 gebilbete
ZHütter fe^en gan3 gebulbig unb ^armlos 3U, u>ie ifjre f leinen
Kinber aus Büdnern Blätter unb Kupferkiese heraus,
teilen, blos n>eil ilmen bie (Srofcfyenfibel ein 3U orbmaires
Vergnügen gemorben ift. (Eine 2lffen«£nutter toartet gebulbig
ab, baß xfyc bas Kinbdjen fo lange an einer tt>ertf}t>oUen
perlenfdmur ^erum3errt, bis biefe ent3t»ei geriffen ift unb
bie perlen in alle IDinfel rollen. Sur Belohnung bes
(Senieftreidts giebfs bann, ^eroifdjen 5aHs, einen särtlidjen
Klaps unb einen blifcfdmellen, reue3ärtlid)en Kuß; in 5olge
biefer Doppeloption aber ein oE^erreißenbes <8efdjrei, tuoran
bie HTutter mit <5enugtfymng erfennt, roie gefunb bas Kinb«
d?en in Bruft unb Cungen begaffen ift. Sunt Schluß 3iefy
fte ftcfy, toeil nichts Slnberes bei ber fjanb ift unb ifyc bie
(Dfyrringe oon ifyrem Seelenȣteblinge bereits ausgeriffen ftnb,
einen feibenen ober lacfirten SdiiU} r»om 5uß, falls fte eben
r»on ber 5ete gefommen ift, bamit bas 3ungdjen Schlitten
fpielen fann. Sie bofyrt audj burdj bas ^acfenleber ein
£odj unb siefyt einen Binbfaben burdj. XDenn bann ber
£fyiler'Sdmf| befdjeuert ober nodf 3U fdjlimmerem ZTTaüjeur
gefommen ift, 3teljt ilm bie ZHama oergnügt toieber an, benn
fte ift unb bleibt eine liebenbe ZHutter unb tfjr Kinbdjen
ift ein (Beniedjen unb jtefyt im Htittelpunfte ber IPelt. Xlnx
mit biefem Znuttertr>afynfinn fcfyeint es menfd>en«möglidj,
ein Dufeenb Kinber mit lauter Sorgen groß 3U 3tefyen, olme
in einem fo complictrten (Erperiment ben Perjtanb 51t oerlieren
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ober bes tebens cor ber geit quitt 31t gelten. — Was nun
bie <£onx>erfation bes Derfkmbes betrifft, fo pflegt btefelbe
an 3ärtlidjen ZHüttem nidjt bie eclatantefie 3U fein.
Die Damen 3eigen allerbings fefyr brillanten Perftanb,
aber meifl nur fo lange, als ifyre Cetbenfdjaften, itjre £>or«
urteile unb <£itelfeiten, ifyre Rauben unb ffüte, tyre \x>e'\%>
geroafdjenen Stuben»Dielen unb ifyre lieben Kinblein nietet
in's Spiel ge3ogen finb. Bis über bie Sterne unb in ben
fjimmel hinein reicht iljr praftifdj conoentioneßer (Eaft unb
if^r infttnetioer Perftanb feinesroegs. — JDenn bas fleine
XPilfyelmdien ober bas ftämmige unb fefy: gut aus3iu>auenbe
Carlc^en ben gansen Cag mit 21usnalmte ber nötigen
Cungenpaufen brüllen unb „granfen", fo finb bas, nadf bem
Urtfyetl ber IHama, feinmal bie (Evolutionen ber Beftialität
unb Zticfytstüürbigfeit, fonbern tEfyeilnalmte forbernbe Symp-
tome einer Feimenben Kranffyeit ober einer 2Tlißfyinblung bes
fcfyänblidien Kinbermäbc^ens, tx>eldje bie Kolben Kleinen ent*
n?eber dneanirt ober nicfyt 3U amüjiren oerftefjt.
Ärau ZKama Ijat ifyre Cultur aus einer leeren Cödjter«
fcfmle be3ogen, aber ein <5efpräd? über (ßott unb Unfterb»
lidjfeit unrb olme Hefpect unb 5a$on im Stidf gelaffen,
fobalb bas Kinbdjen einen unterblieben IDife 3U ZTCarft bringt,
ober fidi fonft effectio in bie <Eom>erfatton gemifdjt Ijat.
Der lieben ZtTutter ©ergebt bann ^ören unb Se^en nid?t
minber, roie bem ^ausfreunbe, ber 3um äffyetifdjen tDjee
gelaben iß.
5afl alle ZHütter laboriren am „ITCuttertDaljnfinn",
b. fy. fte tjaben nur in fo n?eit Derßanb unb Demunft,
als bie tPelt« Dinge nidjt in 3e3ietmng auf bas liebe
Kinbdjen flehen, benn in biefem 5aHe nehmen HTütter feine
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Haifon an. Das Kinbdjen iß eben bie fije 3&*d Exempli
gratia: JDilfyelmdjen (in83ej!preu§en„lüillufdidien* genannt)
apancirt in einem 2lnfaE von 3ärtlidjer Caune mit offenen
Firmen, aber aueb, mit gefprei$ten, pon 5«tt glän3enben
5ingern auf ben Blütfjenfdjooß ber (Soupemante los; fte
ftreeft alfo ber 3ubringltdien Kinberunfdmlb bie bünnen 2trme
in Der3&eifelter Hbmefyc entgegen; um piefleidft eine barm«
fyer3ige IDenbung ifyres fdimatygen Sdn'cffals 3U getpinnen.
3^re ^ülfe fudjenben Blicfe bilben einen tragi'fomifdjen
Contrajt 3U i^ren lädjerlidien ZHunbannFeln. 2lfle 2lmpefenben
geEm in ZTTitleibenfdjaft für bie fettbebro^te <5oupernanten«
Proprere auf; aber bas (ßeftdjt ber gegenwärtigen gnäbtgen
5rau ZTCama unb Prin3ipalin seigt fidi über ben 3u?eibeutigen
(Smpfang ibres Lieblings fo un3U?eibeutig toudjirt, bafj ber
Bebrobten einen ^ugenblicf ber ZHutb. entfmft, itpen roeigen
ZHouffelin ferner 3U pertfyeibigen.
3m nädtjten 2lugenblicf i(t alfo „ IX) ill uf dt djen" Sieger,
um nidjt früher ober fpäter ab3U3ieljen, als bis feine glifcem*
ben 5mgerdjen pollßänbtg an bem Sonntagsßaat ber besafyU
ten Cante abgetpifdjt (inb.
Das (Dpfer befielt, Ijalb groflenb, Ijalb rejtgnirt, feinen
Schaben, aber felbjl bie jttHe Heftguation ber Znärtyrerin
pifirt bie Dame Pom Raufet „tDas Bjaben Sie jidj benn
fo tragifdj, meine Siebe, roer u?irb benn fo eitel fein. Das
Kinb meinte es ja nietet böfe. XTIir fyat ber Kleine neulid?
fein gan3es Butterbrob auf ben £eib geworfen, unb roie un*
Sämige ZHale bin ich, nidtf roorben."
Darauf replicirt bie (ßetröjtete: „21df, meine gnäbige
5rau, bas ftnb ttlutterfreuben, auf bie id? feine 2Jnfprüd?e
machen barf; meines (Bleichen barf ja nur pon gurücf*
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Haltung unb £er3ichtleijhmg leben, u>ie ich von 3fyten felbft
gehört."
ZDahrbaftig, eine (5out>emante roäre bas bemitleibens*
tpertbeße, ratfjlofeße <5efchöpf unter bem XtTonbe, u>enn fte
nicht 3U einer Speeles gehörte, bie ftcl? in ber Hegel noch
früher 3U reoandjiren ©erfleht, als es ihr an's £eben geht.
<£s gtebt freilich auch ZTTütter pon cinent anderen Schlage
unb einet anderen poten3, aber fte ftnb gar 3U rar. — Der
pfylofoph „fjaman" unterrichtete als junger ZRann in
<£urlanb bie beiden fehreeflich bummen, per3ogenen 3ungen einer
5rau Baronin. <£r erflärt tbr alfo eines (Eages fchriftlich,
bie lieben Söhne fchemen ihm mehr „tobten Säulen" 3U
gleichen, als organijtrten (ßefdjöpfen, benen Sinne unb Per«
ftanb mnetpotmi* Die Baronin (einreibt ihm barauf einen
föftlichen Brief, n>orin ber Slerger fte nrifeig macfit. Sie fagt
bem Kritifer unter Slnberem: „3ch fyxlte Sie auch nur für
fo eine „„Säule"" 2c. Das ©riginetlfte, echt Deutfche ift
aber bies: ba% fjaman gefleht, er fei nicht berechtigt geroefen,
ber ZHutter fo fyaxte ZPorte über ihre Kinber 3U fagen unb
gegen feine Prin3ipalin fo fdmöbe roifcig 3U fem.
fjaman fonnte ux>b.l febr natürlich fo einen wahrhaftigen
ZHenfchen abgeben, benn feine 2TTutter nxir eine femige,
freu3braoe 5rau. Sie lag bereits auf bem Sterbebette, als
fte ihren Sohn, ben pon <£nglanb 3urücfgefehrten fjofmeifter
unb (Senie-Dagabonben uneber fah. Sem 2lusfebn, fein
IDefen gefiel ihr nicht, unb fte fagte ihm bas fur3 por ihrem
c2nbe bitter unb ernfl.- Der Sohn f fliegt bie cg^ählung Pom
(Eobe biefer chrifUich-urahrhaftigen 5rau mit ben ergreifenben
IDorten: „Unb (5ott gab ihr „eine fäuberliche <5eberbc",
als fie perfchieb."
B. Äolfc, riaturgefd?. &. jtaurn. 8
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XIL
gut vevgleidienbm <£fyarafterifttf 6er
grauen.
Die Spanierin.
3cf? laffe meiner DarfteHuug einige 3emerfungen anberer
Sdjriftfteller r>or aufgeben.
„Die fpamferjen 5rauen", fagt fjubert in feinen 5fi33en
aus Spanien, „fönnen unb bürfen in feiner £|infid)t mit
benen bes übrigen <£uropa's cerglicrjen roerben. 3fyre Por«
3Üge unb üjre Sety** gefyen aus einem moralifcfyen, religiöfen
unb gefeflfdiaftlidjen Suftonbe fyerpor, ber in feinem anbem
£anbe feines (Siethen ftnbet."
„®rme plage, ofme 5ürforge roacr/fen unb blühen fte auf
bem fruchtbaren 3oben 3beriens, rote bie 23lumen unb
5rüdjte biefes glücf liefen Canbes. Sie genießen feine €r*
3ie^ung, roentgftens in bem Sinne nidjt, roeldjen roir mit
biefem IPorte oerbinben; — unb bodj ijt üjr <5eijl fo leben«
big, unb ifyr ^er3 fo liebensioürbig, ba§ iEmen fein Hei3
unb fein IHittel ber 2ln3iefymg, roeldje U}r <5efdjledjt in
anbern Cänbern burdj lange Hebung unb Belehrung erroirbt,
mangelt. Dor3Üglidj bejtfeen fte eine gan3 eigentümliche
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2lnmutfy, toeldfe pdj in allem ifyrem (Cfmn, in ibrer Sprache,
in U}ren Slicfen, üjrem (Bange, felbp in ifyren Skiern, hus
in iljrem ga^en Ceben ausfpricb,t. €s ift unmöglich biefe
Sauberei $u 3ergliebern ober 311 erflären; pe entpety burd}
ein getxrijfes Sidigefyenlaffen, toeldfes mit Kraftaugerung unb
Ausbauet oerbunben ijt. Sie ip ein Cebensüberflufj, eine
immeroä^renbe cgjaltation, treldie 3U femer geit unb bei
feiner (ßelegenfyeit ZtTäfcigung erlaubt, fonbern pets $u bem
Sleußerpen treibt; fei es im Sdimer3, in ber 5römmigfett
ober in ber (Sottlopgfeit. 2)ie Spanierin ip obne falfcfye
Sdjam, olme Sievern, unb pe bevo&fyt eine natürliche Selbp*
oerläugnung, eine Riditadtfung bes Cebens unb jeber £ebens*
(Sefa^r, u>ie fein anberes IDeib."
„Diefe angebome Kraftäugerung unb 2tusbauer ©erläßt
bie Spanierin audj bei ben geu>ötmlidfPen unb gletdfgültigpen
(Segenftänben nidjt. Sie ifk fejt unb innig mit ifjrem qan$en
Sein r>eru>adjfen, ba§ man pe fdjon am Kinbe beutlidi er«
fennt; pe n>ädiP unb entaricfelt pdf mit bem 2Uter, unb ifyr
mu§ man bas leibenfdjaftlidje Xüefen 3ufdjreiben, toeldies bie
Spanierin bem geringPen lDorte, ber fleinpen Bewegung
einhaucht, unb ujelcb.es in üjrem öenetmten jene ireü^eit,
jene Unge3u?ungenb t eit / unb u>enn ich midi fo ausbrüefen
barf, jenes Auslegen ber Hei3e oerurfadjt, u>elcb,es grauen
anberer Cänber nie nadjalmten fönnen, olme Sitte unb 2ln*
Panb 3U oerlefeen."
„Sonberbar genug nrirb bie eheliche Creue uon ben
Spanierinnen fyäufig Deriefet, bie bodf in ber Siebe un*
tabelige ZKuper berfelben pnb."
„Die Siebe ift bas Ceben einer Spanierin, ber einige, ber
u>iditigPe &wed unb (ßegenpanb üjres Seins; biefe £iebe
8*
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Ijat ü?re bejhmmten (Sefefee, ausnalmtslofe Hegeln unb fhrenge
pfhditen, beren ^Übertretung ober 2?tditbead}tung in Upen
klugen bas fdiänblidjfte Perbredjen, ja mefy: als Perbredjen
ift." —
Die ZKänner fyxben national • (Djaraftere, bie 5rauen
National * Temperamente. Dr. <5uttenf*ein be3etdmet in
feiner töefdftdjte bes fpanifd?en Voltes bie lederen auf
folgenbe IDeife: „<£in Stol3, ber nadj allgemeiner Xjerrfdjaft
jirebt, ein €igenfmn, ber nur ftdf felbft nadjgiebt, eine Hadj*
fudft, bie alles aufopfert, unb eine glüljenbe, raftlos fdimär-
menbe pfymtafte ; bies ßnb in ber (Eljat feine liebenstx>ürbigen
<£igenfdiaften. 2Iber auf ber anbern Seite ijl audj Creue
unb JlnljänglidiFeit, SeelenßärFe unb fjeroismus in Ijofyem
(5rabe bei ben Spanierinnen 3U fmben. 2llle ifyre dEmpfht'
bungen pnb heftig, aber alle tragen ein (öepräge oon Kraft
unb ^o^eit, tpeldjes untDiflfürlidj Einreißt. Das Sleugere
einer Spanierin ijt ber 2lbbru<f i^res Cbarafters. 3b*
fdjöner tDudjs, xfyc majejtötifdjer <5ang, tljre fonore Stimme,
ifyr fä}n?ar3es, feuriges 2luge, bie fjeftigfeit iljrer (Sefticu«
lationen, fur3 ber 2lusbru<£ ifper gansen perfönlidjfeit fünbet
ben Ctjarafter an. 3fjre Hei3e entoicfeln ftdf friU}, um
3eitig 3U pertoelFen, u>03u bas Klima, bie Ijifeigen tta^rungs-
mittel unb ber ftnnlidje <5enu§ beitragen. €ine Spanierin
oon ©ier3ig 3a^ren fdjeint nodj einmal fo alt unb üjre gan3e
5igur 3eugt oon Ueberfättigung unb befdtleunigtem Hilter.
3^re Seltne ftnb fajt immer oerborbeu, ba jie bie Dulces
ober Sucfertoerf übermäßig 3U genießen pflegen.
Der fejte «Efyarafter ber Spanierin bematyt jte por ber
Deränberltdjfeit unb ifyc Stol3 r>or Hieberträditigfeiten; aber
fte erfüllt jene (Eugenben meljr um ibrer felbjl als um
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Anberer willen. Sie ift ber erhabenflen (ßeftnnungen, ber
größten Aufopferungen, ber eoelften l^anbtungen fä^ig, aber
bie ZHotioe ftnb in ihrer Achtung für fleh felbjt, nicht in
ihrer Ciebe 3U fuchen. 5ie betrachtet ihren £iebhaber als
ihr €igenthum, als einen Sflaoen, ber ihr am ffe^en liegt,
ben fte um ihrer felbft roiHen fchont; aber ©on bem fte auch
völlige Eingebung forbert. Die Dienjte eines folgen £ieb«
Räbers ftnb äugerft befchtoerlich unb eine &eu?e immer*
»&B|renber Aufmerffamfetten. An ben Arm feiner Dame
gefettet, muß er ihr unaufhörlicher (Befeflfchafter, ihr bejtänbiger
Begleiter fein, unb roeber ber prabo, noch bie ZKeffe, noch
bas (Cheater fann fte oon ihm trennen. Auf ihm liegt bie
gan3e £aft ihrer flehten unb großen Bebürfniffe; nie unb
am roenigften an $e(Hagen barf er mit leerer fjanb ©or ihr
erfcheinen; ihr leifefter H>unfch, ihr flüchtiger (Einfall muß
ein Befehl für ihn fein; er ijt verpflichtet, für ihre Unter-
haltung 3U forgen unb ihre Caunen 3U refpectieren, mit einem
IPorte: er tft nichts als bie (Creatur feiner Schönen, beren
glühenbe Phantafie mit egoifhfchem (Erofee häufig Unmög«
lichfeiten »erlangt.''
(Ein Spanifches Blatt (bie „Hoocbabes") ffi33irt folgenber-
u>eife ben (Eh^rafter ber jran3Öfinnen, €nglänberinnen
unb ber Deutfchen 5 tauen. „Die 5ran3Öjtn — fagt bas
3oumal — hek a *h*t «us Berechnung, bie €nglänberin,
»eil es üblich ift, oie Deutfche aus £iebe. Die 5tan3öjtn
liebt bis 3um (Enbe ber 5litterroochen, bie (Englänbertn bas
gan3C £eben, bie Deutfche eroig. Die 5*an3öftn führt ihre
(Tochter auf ben Ball, bie €nglänberin führt fte in bie
Kirche, bie Deutfche befchäftigt fte in ber Küche. Die 5ran-
3Öfm hat 03eifl unb phantafte, bie (Englänberm h<*t 3nteU\gcni,
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bie Deutfd?e (Sefüty. Die 5ran3Öftn fleibct jtdj mit <Sefd]macf,
bie <£nglänberin gefcfymacflos, bie Deutfdje befdieiben. Die
5ran3Öjtn plaubert, bie (gnglänberin fpridft, bie Deutfefye
urtffeilt. Die 5ran3öjtn bietet eine Hofe an, eine Dafyia
bie €nglänöertn, bie Deutfdje ein Pergijjmeinnidit Die
^Überlegenheit ber 5ran3Öfin liegt in ber £unge, bie ber
€nglänberin im Kopfe, bie ber Deutfdjen im feigen. Unb
bie Spanierinnen? (D biefe — meinen bie „Ztooebabes"
fönnen 5ran3öfmnen, €nglänberinnen unb Deutfd?en 3um
ZlTujler bienen: jte pnb ZHeijter in allem, befonbers aber um
bie Beute 3U locfen unb 3U ergreifen.''
ZHiftr. 3amefon fagt:
„Bei einigen 5rauen ijl bie Coquetterie ein 3njHnct;
bei anbern eine Unterhaltung; bei nodj anbern ein rafpnirter
plan, unb bei pielen eine rPiffenfdjaft, bie pclj erlernt.
Bei ben Deutfdfen 5rauen ift fie eine Cetbenfdiaft
Sie fpielen bie <£oquetten nrie fonji irgenb etwas anberes:
mit (ßemüth, tEreue unb Begeiferung, ofme baß besfyalb
bie <£oquetterie sur Ciebe unlrbe."
* *
*
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Die 3*<*li*nerin.
»Don fdjdnen XAnßen unb IDiffenfcbaften tjabett biefe corftfdjen
grauen feine Kunbe; fie Irfrn feine Homane; in ber Damm erkunde
fplelen fie bie gttipr unb find» einra fdjwermuilispoflen Voctxo, »ine
fd?6ne Cobtenflage, Die fie vielleicht felber improoi fiten. 2Iber in bem
Meinen Kreife lb,rer ilnfdjauungen unb «Sefüljle bleibt ib,re Seele fiarf
unb gefunb für bie gdttlidje Hatur, feufdj unb fromm unb Iebeasfid>er,
unb fäljlg aller Aufopferungen unb b,eroifd?en €ntfd>lflffe, welche bie
poefie ber ClDllifatlon als bie ertpbenften Silber menfd>Iia>er Stelen,
gröfce für alle Reiten aufßeflt, wie 2tntigone unb 3pt]igenia.
Diefes Ztafuroolf ber Corfen fann jeber einjlgen rjerotfdjen tTtjat
bes llltrrttjums eine gleiche an bie Seite fteflen."
(Corfica von (Srrgoronius.)
„We Italienerin bat Talente unb Ceibenfdjaften, aber weber <8t i ft ,
nod? (Sefdjmacf. (ßeifi nidft, weil fie mei)r natarlid? unb finnlidj,
als intelligent ifr; ©efiftnarf ntdjt, weil fie in itjrer rtatarlidjrett
5orm unb Conoeniens ignorirt.**)
<£s giebt gereifte fanctionirte jfafeleien; 3U üjnen gehört
aucfy bas Sdjönttnm mit ber <Zfyxtattev»Zlawtöt unb <5ran«
biofttät ber ttalienifdjen, unb insbefonbere ber römifdten
5rauen, ba fte ben Naturalismus t>erflären foHen, fo reirb
bie nadtfe^enbe On^P^etation ber reeiblidten £tebensreürbig«
feit 3taliens am ®rte fein.
Die förperlidten £or3Üge ber 3talienerin: bie bunfeln
klugen; bie plajtifdjen 5ormen ber Homerm: itjr breijler,
naioer unb 3utreffenber Perjlanb innerhalb ber engßen Cebens«
Sphäre; bie Sidtertjeit, bie (Energie unb ^brunbung bes
<II}araFters, reeldje mit einem befdjränften, pnnlidjen, pro«
fanen üerftanbe unb Cebensfreife naturnotfyreenbig ©erfnüpft
fmb. Der Räuber, reeldjer jebe neue <2rfdjeinung unb
Situation Begleitet, iß ber (Srunb all' ber ^}üv^ior\en f reetc^e
burefy Heife^pfjantafteen unb 23ilber über italienifdje 5rauen
*) 2Ius meinet Sdjrift: „Der HTenfdj unb bie leute".
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— {20 —
Derbreitet morgen, über tpeldje ober 3«&**/ längere Seit
in 3talien lebte, bie ^tc^fcln surft, tsenn er ftdj audj feiten
aufgelegt füljlt, foldjen 3llußonen entgegen 3U treten, bie
mit jebem neuen tffaler, Didjter unb äftftetifdien Srylißen
pon neuem er3eugt tperben unb ftdj eben fo roentg 3erßören
lajfen roie fata morgana in ber IDüfte, ober Hebel unb
Dunft auf ber fjaibe. Diefe italienifdten IDeiber haben feine
Urning Don ben <5emütbs3ujtänben, pon ben Seelen-lHyPerien
einer beutfdjen 5rau; fte fennen feine jtttlidje ober äft^etifdje
Delicateffe; fte traben feine tiefere (ßemüt^sbilbung, fdjon
u>eil fte feine (ßetjlesbilbung beftfeen. (Sleidjipohl iß manches
bmtfäe 33auermäbdten, perglidjen mit fielen gebilbeten
Homerinnen, eine priefterin ber fublimßen Sentimentalität.
Die mobemen (Belehrten unb KünjUer fhtb aber eben pon
ber (5emütt}lojtgfeit, t>on bem breiften, prallen, jtnnlidVprofanen
Perftanbe ber Hömerin ent3Üc?t Sie nennen bie Hucfjtd}ts»
loftgfeit „antife 2fiajej*ät"; bie Bigotterie unb 5aul^eit unb
Sorglojtgfeit: „praftifdjen znyffytsmus"; bie Seelenloftgfeit
fdieint Urnen eine SeelenfeufdjBjeit 3U fein; bie f raffe Un*
roiffenl^eit unb Bomirtfyeit gilt i^nen furHaipetät, unb bie
atterbings porljanbene fmnlidie (5ra3ie fpiegelt ihnen eine
ßebensroürbigfeit bes (5 ei fies por, bie nimmermehr erjjhrt. —
<£s i(l etroas Pom Sifchblut in ben römifchen XPeibem,
roas burch eine Pcrfpottung ber beutfdjen Sentimentalität
3U feinem »armen fyvjblut umgemanbelt roirb. Diefe
XDeiber fyxben atterbings bie fchöne plajtff, <5efunbheit unb
Haioetät ber Hatur, aber auch eine elementare Selbftfucr/t,
(Sefühlloftgfeit unb Befchränftheit, bei ber bem burchgeißigten
unb pon Sympathien gefd)a>e(tten ZHenfdjen angß unb bange
roirb. Die 3tali*nttm 3 eigt bie (Defonomie ber Hatur, bie
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ifyre (Sebilbe aus einem orgamfdjen punft heraus gehaltet,
unb fidi nur fo weit mit ber Außenwelt perwicfelt, bafj
jte fidi ungefdjäbigt unb ungefdmxidit triebet auf if|r inbipibuedes
priri3ip suru^ie^en fann; aber pon beutfcb,er Ztlitleibenfdjaft
unb beutfdjem Perjtänbniß, von einem befeelten Perjtanbe,
von ber 5äbjgfeit, pdf 3U ZHenfdien unb (Befristen hinüber
5U füllen; bie Poefte einer Situation 3U empfmben: ift bei
ber gebilbetjten unb genialen Hömerin pieüeidjt auf 2lugen<
blicfe eine Dispoption 3U pnben, aber fein entwicfeltes (Drgan
3u erfpäljen. Die 3talienerin fann wie eine lebenbig ge«
machte Slntife fein, fo einfad?, fo naio, fo bübfdiön wie biefe;
fo Poll plaftifdjer <Sxa$k unb JDürbe; fo feufd}, fo auf ftd]
felbjt, b. fy. auf itjren pnnltdten Perjtanb unb iJjren natür»
liefen 5tol3 gebellt; aber fo falt unb feelenlos, wie ZHarmor
unb €r3. — Diefe ttatur ber Römerin 3eigt audf barin ein
Ijeibnifdi-Hafpfdies prin3ip, ba§ fie burdjaus feinen Heber«
fd]u§ pon <5eifi unb Seele leibet; fonbern jebe cEmppn»
bung unb <5ebanfenfraft in bem 21ugenblicf, u>o pe trans*
fcenbental werben will, mit ber natürlichen Bafts auffaugt.
Die Hömerin ijt bafyer nie in Sdjmer3 unb 5r«ube, in un«
bejhmmtes Seinen, in fangen unb Bangen aufgelöjt. Sie ijt
otefleiefy in feinem 2lugenblicf üjrer £iebe ein fentimentales
Klärd)en „in fdjwebenber pein", jte ift nidtf „freubpoll unb leib«
soll", aber „gebanfenPoll"3u fein, ift nodj weniger üjre Sadje ;
ober ifyre (ßebanfen pnb per3weifelt egoijhfcb, unb profan. —
Der 3taliener refpectirt feine Cogif, feine 3wingenben
Bcweisgrünbe ; er ijt gan3 unb gar 2fogenblicfsmenfdt unb
Haturalip, ber feine Svmpatbjeen, 2tntipatbjeen unb 3nter«
effen für bie lefeten <5rünbe anfielt. IDenn man ibn mit
Pemunft«<5rünben ober Ojatfadjen in bie €nge treibt, fo
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fdmeibet er ben Dispüt burdj bie Hebensart ab: „Sprechen
wir nidjt weiter baoon."
Die IDeiber jtnb aber in biefer XTaturgefdiidite nodf bar'
barifc^er unb unvernünftiger als bie ZHänner, ZTIit ttmen
lägt ftcfy über fein G^ema raifonniren: unb je großer ifyr
3rrtfyim, ü?re (Efjor^eit, bejto leibenfcftaftlidjer unb ftnnlofer
©ertfyeibigen fte Unrecht unb Unoerftanb.
€ine italienifdje ZHutter tft eine folcfye 3umeift nur im
p^Yftfcl]en Begriff. Dag fte ifyc Kinb als ftttlidjes ZDefen 3U
bezaubern unb $u bilben fyabe, fommt tfjr gar nidjt in ben
Sinn. €ine beutfe^e 5rau unb ZHutter fütyt, biefen italie«
nifcfjen ZDeibern gegenüber, fo oiel heraus, ba§ ifyten feine
beutfdje Seele unb gärtlidjfeit unb feine Eingebung für üjr
Kinb in allen 2lugenblicfen inneu>ofmt. — 5ür eine 5rau,
ber bas Kinb geftorben ift, fodjen bie 5reunbinnen uor allen
Dingen eine ^leifdibrütje 3ur Stärfung; fo »erben bie
ZTCyfterien bes Sdjmerses uerftanben unb geseilt. £obt man
bes Kinbes Sdiönfyeit, fo fdimeicftelt bas ber mütterlichen
fötelfeit; fpridjt man aber oon ben ^igenfcfyaften bes fleinen
2Tlenfcf?en, fo fyört bie Dame nicfjt Inn ober bemerft fyodrftens:
bie Hange fei impertinent, ober „cattive" oft äußert fte ftdj fo
lieblos unb profan, u>ie u?enn fte gar nidjt bie ZTTutter roäre.
Um bequemer bie fleinen Kinber fyanbfyaben 3U fönnen,
roerben i^nen audj bie 2lermcfyen unb ^änbe eingefdmürt,
unb folcfyer (Seftalt Kinber uon einem 3a*P* jämmerlich
malträtirt; nidtf feiten u>ie tobte Sachen über Seite gelegt;
bann »ieber in fy>ri3ontaler Cage (ben Kopf nadj hinten
hinaus) unter ben 21rm geflemmt, fortgetragen roie ein
2lctenftücf ober paefet. — Kinber am (ßängelbanbe »erben
nidjt nur oon üjren iPärterinnen, fonbem auch uon ifyren
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HTüttern, wenn fte jtdj im €ifer bes (Sefprädjs Ijerumwenben,
an bem Banbe fo plöfeftd? Don einer Seite 3ur anbem ge*
fdtfeubert, wie man es in Deutfctyanb mit feinem jungen
£?unbe tfjun würbe. — Die ffeinen Kinber werben audj
fdtfeditweg „Kreaturen'' genannt. — Der ZKangel an
Hefpect oor ber ZHenfä^en-perfon giebt fta} aber nid?t nur
in ber ZHig^anMung ber fleinen Kinber, fonbern im tEbeater,
wie bei Begräbniffen unb überall funb. — XPer's be$a^(eu
fann, tfyxt Zftäbcfien com fieberten bis 3um fedftefmten
Cebensja^re in ein flöjlerliaVs penjtonat.
* *
(Ein paar Striche jur p^vftognomte ber rufftfdjen
grauen.
Die 5rau bes rufjtfdfen Polfes ij*, äimlidj ifyrer €fyeffälfte
niemals ferupulös im punfte ber Heinlidjfeit. — Die TXotfy
wenbigfeit, pdf gegen Kälte unb jälten U?itterungs»XDccf|fel
ab3ufperren, bie Sdjwierigfeit, im IDmter Wä\d^ 3U beforgen,
mag bie rufjtfdie Unreinlidjfeit erflaren, aber bie <£ rflärungen
änbern biesmal bie (Efyatfadie nidjt: ba§ bie im Klima be«
grünbete Unfauberfeit ein rufjifdjes (Erbübel geworben tfh
3m Uebrigen fann man ben rufftfdjen Polfs-IPeibern mel
(ßutes nadtfagen. Sie jmb 3ärtlid]e ZHütter, wie bie ZHänner
3drtlid]c Päter, unb Reifen ü?rem ZTTann im (Befdjäft, falls
fte Kaufmanns* ober Sauerfrauen ftnb. <£s fe^lt ifmen
nidjt an natürlicher (Sutmütfygfeit, an einer behäbigen,
gemütlflid?en 2kt unb XDeife, an (Sajtfreunblidjfeit unb an
berjenigen Ciebenswürbigfett, bie aus einer allgemeinen
Sanftmut!} bes c£fyarafters entfpringt. — Das gemeine
ruffifdje üolf 3eiimet ftdj burdf eine IPeid^eit unb gärtliä>
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feit für Kinber unb (Ediere aus, bie in einer gewiffen 3nbo«
len3 unb 5ormlojigfeit bes (Lharafters begründet ifh Die
betrunfenen €remplare umarmen fleh ipie in polen; aber
mit biefem „weichen £jinbu»£harafter" ©erbinöet fleh
nicht nur 5uchslifl, Stupidität, C^arafterfeigtjeit, ZHangel
an <5ewiffen unb an «Ehrgefühl, fonbern auch gelegentliche
(Sefühlloflgfeit unb eine (Braufamfeit, welche ohne teibenfehaft
ausgeübt wirb. Der Corfe be3ahlt Beleibigung mit ZHorb
unb tEobtfchlag. Der Hüffe hat etwas oom «Eisbären unb
pom $\\öc\. Die ruffifchen unb litthauifchen Bauern, bie
Kofafen brachten bie halbtobten 5ran3ofen mit einer flauer-
lieh harmlofen <5efchäftigfeit unb <5emüthsruhe um's £eben;
fo etwa, wie man Unge3iefer befeitigt; unb bie IDeiber, bie
3ärtlichen ZHüttcr unb 5reunbinnen halfen gelegentlich mit.
IDas unter Umflänben oon ber fanften I?inbu«XTatur 3U
erwarten fleht, haben bie jüngflen (Ereigniffe im englifchen
3nbien bargethan; unb ber ruffifchen Polfs«£t>eichh«* ober
Kofacfen«lHelancholie möchte ich weber unter allen Umftänben
mein (eben noch mein (Eigenthum anvertrauen. Wo aber
bie ZRänner feine flttlichen (ßarantieen gewähren, barf man
biefe wahrlich nicht bei ben XDeibern permuthen. Barbarifch
bleibt barbarifch; ein fanftes (Ehi« ifl immer noch ein ^l^ier;
halbbarbarifch unb halbthierifch »oüenbs eine oer3wicfte
Humanität unb eine Bezweifelte Cultur.
IDas bie gebilbeten grauen anbetrifft, fo tritt an ihnen,
auger ber ruffifchen phYflognomieloflgfeit unb lifligen Diplo»
matie, ein ZHangel an phantafte unb Cebenswärme, ber
tflangel eines prononcirten (Temperaments, eine X}er3ensfälte,
<£om>enien3 unb Unburchbringlichfeit heraus, burch welche bie
weibliche Statur aller Blütfjen unb lebenbigen £iebrei3e be»
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raubt »erben mujj. TXlan Fann eben fo feiten an ben ruflt«
fchen jrauen, als an ihren ZHännem herausfühlen: ob fte
phlegmatifch, fangmnifch, cfjolerifcrt ober melandjolifch jtnb. —
2Iber bas fühlt man ben (Sebilbeten an, ba§ ihr Perftanb
alle Ceibenfchaften unb Cemperamente beherrfdtf. Die rufjifche
Statur er3eugt, mit ber fran3Öjtfchen €r3iehungs*CIjabIone
unb Cournüre, bei tflännem unb Stauen ein 5abrifat »on
Bilbung unb l^offart, »elches noch oiel unheimlicher, tobter
unb »ibernatürlicher ijt, als bie Prüberie ber engufchen
Srauen ober bie plaubernbe (DberflächlichFeit unb CeichtfertigFeit
ber 5ran3Öftnnen. 3« ben Bürgerftänben giebt es »eibliche
(Eharaftere, bie um ihrer ZTaioetät »iUen originell erfcheinen.
*
§ur oergleichenben (C^arattertftif ber grauen.
„2lud? idf genof} bie ©unft bes Sdjitffals, eine fdjöne norneljme
2itbion»tow,ter auf ber Ueberfafart nad? 2Heranbrieu unb Olalta oer«
floaten in's tfuge ju faffen. Sie war eine t>on ben tjoljen, fdjlanfen, in
OTuffelinfalbles, in Xscetif unb 5afl}ion oerftörten ©ehalten, wie fie
nur bas arißofratifdvpuritanifd?e, r}od)matb l ig>pb > ilantroptfd>e Dater*
lanbsftolj Ijerum »agabonblrenbe €nglanb probueirt. Die junge Dame
bebatirte eine flolje 3uno, eine fpröbe Diana in fublimirter potens,
unb fie war in ber Ztpt einePenus, wenngleid? otjne Ueppigfeit unb
etwas in's Cngllfdje flberfefct. Sie t^atte fdmtale Qanbe, fdymale
5fl6d?en unb weifie gäirae wie ein 9auemmdbw > en. 3fa«« großen,
fdiön bewimperten 2luge mit mTfleridfem 2luf. unb rtleberfdjlag unb
einem leifen Anflug oon Sdjwdrmerei fehlte nldjts weiter als eine
bemofratifd>e Seele unb tuarmes £td?t für ben, ber mit iljr fpradj. Die
Ieife ipoMtönenbe Stimme roiberfpradj ber pr&berie biefer Dame nur
Darum nidjt, weil aus bem weichen Cone meijr bie poflrommene
pbjfif*e ©rganifatlon als ein t»etd>cs unb naioes ©emfltb, b,eraus3u«
fedren war. <Db.ne gweifel conferoirte bie Srefflidje für ib,ren 3uranf»
tigen <0emab,I alles bas, was fie an Ciebenswarbigfeit unb Grajie elnji«
weilen 3ebermann oorentb.ielt."
(Der OTeufd; unb bie Ceute non Bogumil <Bol&.)
Die 3ta(ienerin hat eine 3U jtorfe, bie £nglänberin
eine 3U fch»ächliche unb bürftige Hatur, »eiche burch ein
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(Erbe von SotmlxdiUiten ber (Energieen unb Dfohtationen
ber letbenfchaft quitt gegangen $u fein fcheint. Die 3ta«
lienerin ijl 3U naio unb ununffenb, um gefühlvoll, Wersens»
belicat, ober gar geijtreich 3U fein; bie (Engländerin aber
lernt unb grübelt fo ©iel, baß jte ihren X}er3ensinftinct irre
macht, baß jte ben unmittelbaren Happort 3u>ifchen Sinn«
lidtfeit unb <5eijt verliert unb einen "Bxud\ 3it)tfd]en biefen
Cebensfactoren herbeiführt, bei bem bie <8ra3ie unb Xjar«
monie bes weiblichen IDefens unmöglich in bie cErfcheinung
treten fann.
Die 3ta(ienerin ijt rücfjtchtslos unb egoiftifch mit plajttfcher
rtatoetät: jte 3eigt, u>o jte auf IDiberftanb trifft, einen flafft-
fchen Heroismus, ber bem (Ehemann fehr unbequem 3U roer«
ben pflegt.
Die italtenifche IDeiblichfett fann in cEnglanb unb Deutfch*
lanb für ZKännlichfeit pafftren; bie 5ran3Öjtn ift ebenfalls eine
Ztlännin, nicht nur mit (Esprit, fonbern auch mit einer <ße»
fchäftigfeit unb ZTachbrücflichfeit, melche bie fran3Öjtfchen
ZTCänner Bezweifelt geniren müßte, wenn jte eben rechte
ZHänuer wären. — Von ber 3talienerin fann man bagegen
fagen, baß fte bem männlichen «Sefdjlecht burch ZTichtsthuu
bie italienifchen (5erechtfame beeinträchtigen barf. Die 5ran*
3Öjtn menagirt unb conferoirt ftch beffer als bie 5*auen in
3talien unb ooHenbs in Spanien, aber nur: n>eü ihr wenig
plaftifche unb btoinatortfche natürlichfeiten 3U perwalten übrig
geblieben ftnb. Das bischen Ceibenfchaft an einer 5ran3Öftn
wirb mit <£onpenten3, Cectüre, Komöbien, Heminiscen3en unb
blaftrtem (Esprit fo jlarf burchfefet, wie ber fran3öftfche (Eifch«
»ein mit IDaffer, ober bie fran3Öftfche Bouillon mit XPeißbrob
unb Kraut,
-
— \27 —
Heber bie 5r<m3öfm ijt bereits fo piel raifonnirt unb ptym*
taftrt. ZKan hat jte nicht nur Pom Kopf bis 311 ben 5üfeen
unb ben hüpfcnben Meinen Schritten, pon ber coquettgefchmacF*
©ollen Coiffüre, bis 3U ber eleganteren Chaussure befchrieben,
fonbern auch Dinge hm3ugebichtet, bie eben nur möglich, aber
lächerlich feiten in XX)irfIid|feit porfcanben jtnb. (ßrifetten,
itne bie „£ach taube" in Sue's ZTJYjterien, mag es gegeben
haben, aber jie jtnb fyixte unenblich rarer als bie Urbilber
einer „eignes pon Cilieu" ober einer (Dtttlie in <5oethe's
IDahlperuxmbtfchaften, als eine 5rieberife pon Sefenheim,
5auft's (öretchen ober bas Käthen pon ffcilbronn! — Die
„ZHabelons" ber beutfehen ZtooeHiften unb photographiren«
ben (Ethnographen jtnb prächtig gebietet; aber man merft
iljnen boch 3U fehr ben beutfehen Dater an.
Die tiefjle 5ran3Öjtn Fann nicht bie fran3Öjtfche 5Iachh*it,
bie Natürlich jle nicht bie nationale Unnatur, bie Solibejte
nicht bie gaflifche XDettertpenbigfeit unb <Zkamäkons*Zlat\xt
perlaugnen. Die 5ran3Öfinnen iiabcn ^ re £ebens*Hoüe ein
trenig mit ben ZHännern pertaufcht; jte Reifen ihnen mit mann*
lichem (ßefchicP unb Derjtonbe im (Befchäft; fie jtnb bafür auch
befto fchlechtere ZTIütter. Die beüigften TXlyfemn ber ZHutter«
fchaft unb bes Familienlebens pertragen ftch mit bem mann*
liehen tDmn unb treiben nimmermehr. Die 5ran3Öfmnen
3eigen piele 2lccente bes (Zfyavattevs, piele Präcijtonen unb
€nergieen bes Derjtonbes, »eiche einer beutfehen 5rau nicht
eigen ftnb unb fogar ben fran3Öftfcheu ttlämtern im XDerf*
tagsleben gebrechen: aber biefe €mphafe ber Sra^öfin, bie
Sufpifcung ihrer €mpftnbungen unb Begriffe, ihre falt*
beftillirte Begeiferung, bie in pbrafen ej plobirt unb Stellungen
por bem Spiegel probirt; ihre (Dccupation bes ^aus»Hegi*
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— \2S —
ments, i^r oorljerrfdtenb actioes IDefen, tBjre 3nitiatiocn unb
3ntriguen in ben belicatejten DerBtältniffen, perfdmlben eben
ifyre weibliche Unnatur. Der cEsprit unb bie <6ra3te einer
5ran3Ö(tn, ifyre fimulirte, oßenfible, auf Steden gefyenbe unb
beclamatorifdje Ceibenfdjaft ijl bem beutfdien ffianne fo un«
erträglich als bie Flafftfctj fransöftfa^e tEragöbie. 3nt beften
5aIlefeytber5ran$öfinbas2TlitteIglieb3tt5ifdjen5innIici?«
feit unb (Seijl: bie gebilbete Seele, es fehlen ifyc bas
fceutfdje <5etx>if[en unb bas beutfd?e (ßemütlf.
Die Spanierin manifejnrt eine tiefere Ceibenfcrjaft unb
(Sciftesfraft, einen eblern Stol3 mdjt nur als bie 5ran3Öfm,
fonbern als bie 3^1ienerin. 3fce 3«tentionen finb feuriger,
p^antaftei>olIer, füliner unb oiel fdjärfer accentuirt, als bies
bie geifHofe Sinnltcrffeit ber italienif djen grauen erlaubt, roeldic
mit (Trägheit unb 3"boIen3 gepaart ijl, ber man es gleicrj«
ivoU anfüllt, baß fte jeben 2lugenblicf in bie fdjltmmjten
paror^smen bes dtolerifdten (Temperaments umfcfyagen
fann. —
Die Spanierin befunbet in allem tCrjun unb £a(fen, bis in
bie unroillfürlidiften Cebensäußerungen hinein, ben originell
unb großartig ausgeprägten, ben überlegenen unb roman«
tifdjen <6enius bes gan3en Dolfsjtommes, bem jte angehört;
aber üjrer <£^araftcr«€nergie fe^lt bie Sanftmut^, bie n>eib«
lidje ZHtlbe. Bei beiben (Sefcfiledjtern fielet eine glü^enbe
prjantafiereidje Sinnlidjfeit einem feurig entfmjtajhfd?en (Seifte
ofyne bie Vermittlung einer gebilbeten Seele
gegenüber.
Den <5emälben ber fpanifdjen Schule, an benen alle ZTCeifter
geniale 51uffaffung, Styl, Kraft unb <£harafter»2lusbrucf be«
rounbern, fehlen häufig bie IHitteltinten; bie 5arben finb
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meip fyxtt, opat, ohne Sehnte^ unb Durchpchtigfeit. 3"
biefer Malerei fpiegelt pch nicht nur ber Cl^arafter ber fpant«
fchen ZlTänner, fonbern ihrer grauen. Sie füllen ihre £tebe
unb bie bes 2Tlannes mehr in ber fjerrfchaft, in ber Cyrannei,
reelche pe ausüben bürfen, als in einer folgen Eingebung,
»eiche ftd? alle 21ugenblicfe in taufenb flehten freubigen
Selbpoerläugnungen berr>ährt. Die Spanierin Ijat Fein <8e-
müth im Sinne ber beutfdjen 5*auen; f}er3ens«lDeichheü gilt
ihr für elenbe Schtoäche, für 5eig^eit unb Ztichtstxmrbigfeit.
3^re (Cugenben leiben, roie bie ber ZTTänner, an einer Heber»
fraft, bie roeber in Künpen noch in IDiffenfchaften eine Ab-
leitung, eine ZTlilberung unb 2lusgeflaltung erfährt, 3h**
eingefperrte ZTaturfraft oe^ehrt pch in unbänbigen £eiben-
fchaften, in jlifler ZHelancholie, in übertriebenen 3been ; ober
pe erplobirt t>on einem bloßen 5«nfen bei ber unrechten Ge-
legenheit, ohne an ber Kritif, am (Befdmtacf unb gebilbeten
(Beipe ein <5egengeu>icht 3U ^aben. Die fpanifchen 5rauen
nriften 3U ^errfdien, 3U imponiren, aber nicht 3U bienen; pe
reiften pch 3U opfern, aber pe bringen bies Opfer roeniger
bem geliebten <5egenpanbe, als ihren unbänbigen £eiben«
fchaften unb einem Stol3e, welcher olme ben €influß einer
natürlichen £}er3ens-<5üte in IDalmpnn ausarten unb burch
Charafter-Confequen3 3U Derbrechen führen muß.
®h nc ^ entu ^ entartet bie Kraft besZDeibes 3ur Dämonie.
Demuth ip in Deutfchlanb ein probuet ber Ziace unb €r«
3iehung; unb roie pe an beutfehen tflännern 3U einer Un-
männlichfeit unb ZTieberträchtigfett ausarten fann, fo ip pe
an ben beutfehen 5*auen eine nirgenb fo roieber3upnbenbe
5ierbe unb Ciebensroürbigfeit. ZHit ihr in fjarmonie fterjt
bie Sinnigfeit beutfeher 5*cwen: als eine Derfölmung oon
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<5eijt unb c2inbilbungsfraft, als eine Zleutralifation von 5eele
unb Perjtonb, pon Ciefjtnn unb Xnutterrpu-j, txrie fte ebenfalls
nur aus ben Sactoren ber beutfehen Schulbilbung unb ber
beutfehen Xtaturtiefe ^erooru>ad7fen fann.
Die polin i(l ein echtes 8>eib, mit einem 3ärtlichen
fjersen, mit einer unperfümmerten unb boch ge3ähmten,
t> «rebelten Ztatur; mit einer ftd? oeropfemben Ceibenfdjaft.
Sie befifct bie äjlbetifchen (Talente, bie <5ra3ien unb ben
Heroismus, welchen man ber Spanierin 3ufchreibt; gan3 ent»
fchieben aber bie italiemfche Ungenirth*ü unb Haipetät, ohne
bie (übliche Selbjtfucht, (Trägheit unb Hücfftchtsloftgfett. Die
Polin berührt bei Dielen Gelegenheiten bie belicate ZHit«
letbenfehaft, ben poübefeelten, aber leiber nicht ben ftttlich
gebilbeten <5eift einer beutfehen 5rau! Xticht ihre
natürliche Solibität unb Schamhaftigfeit, nicht bie beutfehe
(Drbnungsltebe unb (ymbolifch geworbene Säuberlichfeit, nicht
bie beutfehe, gleichmäßig forgfältige 2lrbeitfamfeit, nicht bie
religiöfe (Bewiffenbaftigfeit unb rejtgnirte 33efcheibenheü, welche
unfere 5rauen fchmücfen.
Die Schaumigen ber (Eugenb fmbet man nicht nur im
cioilifirten Süben, fonbem unter dürfen unb (Eartaren; bas
beutfehe Cugenb'Capital ijt aber in (ßolbjtticfen unb 3ugleich
in cEourant ausgeprägt. Die grauen Reiben freilich/ Per*
glichen mit ben ZHännern, Diel angefchmufete (Cugenb*
Z(l\xn$e im Pertrieb; aber nur bie beutfehe 5rau unb bie
c2nglänberin haben fogar blanfe pfennigjlücfe bei ber
fjanb!
Unter ben beutfehen grauen ftnbet ftch bas IDunber ber
Schöpfung in ber fublimflen Poten3: eine PerfÖlmung, ein
XPechfelbauch pon Hatur unb <5ei(t, burch bas <£rbe pon
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unge3ählten Generationen in ©ielen Oahrlmnberten bewirft;
eine fjarmonie von Sinnlichfeit unb Pernunft, von Seele unb
Perjlanb: concentrirt in einem fersen unb ©erflärt in einem
(Bemüth, in welchem bie wilbe #atur ihre Cift unb Selbß«
fucht, wie ihre (Bewaltthätigfeit perloren, ber (Seift aber
(einen fchrojfen Schematismus 3U einer milben, fiüffigen unb
grasiöfen Cebensart abgewanbelt fyat — 34 (ctffc hier aus
meiner Schrift: „ber ZHenfch unb bie Ceute" eine 5fi33e
3ur C^arafterijHf ber polnifchen 5rauen folgen:
„Das 2>amen*<Senre" arijiofratifcher polinnen befielt
in einer fytlb natürlichen, h<*l& affectiven, etwas lasctoen
<5ra3ie, beren Clement weniger ber fran3öjtfd?e cEsprit, als
üielme^r ein phantafhfehes, melancholifch'fanguinifches Pathos
3U fein fcheint, welches nur auf 2lugenbltcfe effectio plafttfd?
wirb, jtch aber bann in einem einigen 33licf unb Seufser, in
einer <5eberbe, als ein Dahinfchmachten unb 2lufgelöftfein &on
ibealen Effecten, als eine liebrei3enbe Pathologie bes
<5eijtes, als eine gejtaltlofe Schwärmerei funb giebt,
ber man aber anfühlt, baß fte {ich i*ben 2lugenbltcf in eine
00m XDirbel bis 3ur 3*h geharnifchte Ceibenfchaft um«
wanbeln fann.
Die Crägerinnen biefer höchjl complicirten, finnlich'
my^ifch^n <5ra3te beftfeen alle förper liehen ZMittel, mit
welchen eine folche Dirtuojttät für bie ZTCänner wirffam in
Scene gefefet werben muß: 5ein mobellirte, bodift bewegliche
(5e)tchts3üge, bie mit unglaublicher €eichtigfeit unb prääfion,
ja mit einem fünjHerifchen IDife bie leifejten Schattirungen
wechfelnber Seetenfhmmungen malen; ein tflienenfpiel, welches
jeben Effect, ©on ber tiefjten bis 3ur höchjten Itote mit
33ltfcesfdmelligfeit ausmeißelt, ober anbeutenb telegraphirt;
9*
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— J32 —
«ine tretdic, melobiöfe Stimme, pon ber biefes rneta*
morphofenreiche <5eberbenfpiel poltfommen fecunbirt wirb.
Diefe polnifchen 5rauen perfügen über ein Organ, welches
ber 5urien* wie ber Sirenentöne gleich mächtig, unb einer (o
mujtfalifchen 2lusfprache ber confonantenreichen polnifchen
IPorte fähig tjl, baß ihre natürliche unb fonore Kraft 3ur
fran3Öjtfchen Delicateffe, 3um italienifchen IDohlttange abge*
roanbelt wirb.
Diefe Spanierinnen bes Horbens Ijaben bunfle, fdfön
bewimperte, fchmachtenbe, liebetrunfene, feudjtperflärte klugen,
welche fle in italienifche, arabifdje unb alle anbern klugen
um3uwanbeln permögen, unb mit benen fte eben fo leicht
<5uibo Heni's ZTTagbalenen portraitiren fonnen, als räche«
fdmaubenbe ZHebäen, als 2lspa|ten, fjeloifen ober Ctyorinben.
<£nblich gehört 3U ibren origineüften unb Ijinreifeenbften
Schönheiten: ein weicher, fchmiegfamer unb biegfamer &)ud]s,
pon jener mittleren (Sröfje unb (Conftitution, welche bie <£le»
gan3 bictirt; ein IDucrjs, ber burch fein Schnür leib perfieift
unb perftärft mirb, pielmehr in ber 53efleibung föjtlicher
Seiben-Hoben eine tEaiHe pon rei3enber Reinheit bilbet, an
welcher bie leifefte Bewegung eine lebengefchwellte unb gra»
$iÖfe werben muß.
3)enft man fleh 3U biefen Ceibes« Waffen einer polnifchen
<£pa noch eine 3ierltche, weiße, weiche, felbjt bei ben £}aus»
frauen noch int fpätern Hilter burch fjanbfdnahe unb burch
Ztichtstfmn conferpirte fjanb, einen fleiuen, fchmalen, hodj«
gefattelten 5u§, eine hett>orfpringenbe ^aefe, in einem War*
fchauer weißen 2ltlasfchuh, ber, ohne fjacfenleber gemacht
unb wie ein Strumpf ange3ogen, faum in Paris fo Poll«
fommen bem 5uß anfchüe&enb unb fleibfam fabricirt wirb:
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— (33 —
fo fann man ftcf? wohl erflären, baß bie fo fchon lebhaften,
ftattlich polnifchen ZTTänner jtch, liefen perführerifchen 5rauen«
bUbern gegenüber, nicht nur 311 einer conpentionetlen (5alan*
terie aufgelegt, fonbern fehr oft 3U einer Bitterlichfeit be-
geifert, 3U einer Ceibenfchaft fortgeriffen füllen, bie fchwerlich
noch in einem anbern Canbe als in Spanien heut 3U tEage
ihres (Bleichen pnbet; unb fo gefdneht es, ba§ biefe polen
fehr oft noch als bejahrte cEhemänner im Diente ihrer eignen
€^efrauen ein HTufterbilb pon Courtoijte unb Slufmerffamfeit
fmb. Dag biefer ritterlichen (ßalanterie aber eine mufler*
würbige (Ereue ober fonjh'ge Solibität sum <5runbe liegt, fotl
hiermit nicht erhärtet fein."
* *
*
Die <5ra3ie ber polin h<*t em«n Anhauch t>on fchwärmeri-
fcher Eingebung unb SchwermütBngfeit, »eiche u>eber ber
5ran3Ö(tn noch &er 3talienerin ober gar ber Bufjin eigen 3U
fein pflegt.
Die <5ra3ie ber Hömerin ijt plaftifch, naio, bequem unb
negligent; bie Penetianerin 3eigt bjet wie überall eine elegante
unb 3ierliche UTobification. Die <5ra3ie ber Spanierin fefct
pch fpannfräftig, feurig, P0I3 unb genial in Scene; ijl int-
tiatip unb emphatifch, aber mit ZtTajeßät unb ohne gemeine
Coquetterie.
Die 5ran3o(in giebt ftch, wie in allen Cebensarten, fo auch
in ber <8ra3ie wifeig, pifant, coquett mit prononcirtem (Esprit,
3ierlich elegant unb Qexvanbt, wie bie Damen in Penebig unb
5loren3; aber ohne bas Cüjtre ber Phantafte, welche in 3talien
bie 5olie 3U bilben pflegt. Die Hufjtu bes Polfes perräth
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- W -
fo wenig natürliche <5ra3ie wie bas männliche <5efchled?t.
Die ruffifche Dame fann im Allgemeinen nur als ein
Phantom ber franjöftfcrfen 33ilbung gelten, wenn gleich mit
mehr <£harafter, (Ciefe unb Urtheilsfraft, aber auch mit
weniger (Esprit, (Originalität, IDife unb ßebenswürbigfeit.
Die <5ra3ie 6er Polin iß burdj leibenfchaftlidjes unb pfym«
taftifdjes Colorit ber italienifchen IDeife perwanbt, nähert ftch
aber 3ugleich ber beutfehen Lebensart unb 3ntention
burch einen d^arafter r»on elegifdjer Sentimentalität,
3U ber aber noch ein lascwes cErmatten fyod\ft effectoott
affectirt wirb, welches glücFlicherweife nur ausnahmsweife in
Deutfchlanb prafticirt wirb.
Das 23ilbungs» unb Cebens'Princip ber 5ran3Ö(tn bejteht
mehr in einem conr»entioneflen Derftanbe als in einer tiefen
ttatur unb 3eigt wieberum mehr jtnnliches Ztaturell, als ge*
bilbete Seele ober natürliche 3nfpiration.
Die gebilbeteHuffin hält noch weniger von Hatur unb
<5emüth als bie jransdfin; unb bie aÜ3unatürliche 3talienerin,
wie bie infpirirte Spanierin fommen barin mit Hufftnnen unb
5ran3öftnnen überein: baß es nichts lächerlicheres unb 2lb»
gefchmaefteres giebt, als bie Sentimentalität beutfeher Ärauen.
3n 33e3ug auf ben Porwurf ber €mpfmbfamfeit, welcher
nicht nur im Auslanbe gebanfenlos unb ohne <5efühl nadj-
geplaubert, fonbern auch im Paterlanbe fo oft erhoben wirb,
als irgenb ein Citerat feine ©ermeintlich gefunbe XDelt-
2lnfchauung unb ZtTännlichfeit ©or bem publifo erhärten will,
fei noch gleidmifjweife ein Xt)ort gefagt.
* *
- [35 -
»Cmpfinbung iß Ijduftg Sentimentalität, b. I). Cmpftnbung offne
<Eegeuftanb, ober obnt großen (Begenftanb. Permeinte Sinnigfeit be*
beutet oft bie ttbroefeulpit ber Sinne/ unb jene ffttye, nur beutftrjen
md&djen tigr ntämlid?e S d)mt rmutb, votldbe aus bem bunfeln öttmifjt'
fein grtfitger Kraftlofigfeit fommt. — Xhirdj ben Blumenflor aller
rocibllctjen Cugenben fdjlfldjt fid> bie prüberie. Cs iß olel Scfjwdd?«
Iid^es/ niel Jlbgejlanbenrs in bem blafjblonben (Sefdjledjte ttfwsaelba's."
(Hambergens 2Imerif a>maber.)
€s $ctgcn ftd) Unterfdnebe bei ben frauen, trieft nur urie
3unfd?en IDaffer unb IDem, fonbern arie 3toifd?cn IPaffer aus
einem ilufc unb einem Brunnen, gum (Sebexen ber
Pflan3en fmb bie IPaffer, welche unmittelbar Pom Gimmel
fommen, bie bejten; aber toenn bas t»eidje Hegenroaffer, in*
bem es pdf burdt bie c2rb»Sdiid)ten unb JEjöbten ftltrirt, enb«
lidi als partes QuelMDaffer erfdjeint, bat es ben mmerali-
fdien (BefdftnacF, alfo bie irbifdjenctlemente angenommen,
burd} bie es bem €rben«HTenfd)en am trinfbarften »irb. So
müffen audj bie toeidigefdjaffenen unb ibeal gearteten Stauen»
<ßemütb,er, burdj ben mannigfaltigen unb fpejielipeu üerfebr
mit bem urirflicr/en Ceben, ib,ren tDeiaVtt)affer»<Bef djmacf
perlieren, trenn jte ber praftifdje IDeltmenfdi genießbar ftnben
foll. — X)ie <5efunbbrunnen befielen freiließ alle aus mine»
ralifdien XDaffern; aber 3U gemiffen ZlTebifamenten, 3U djemi*
fdjen proseffen unb elementaren Derbinbungen ijt bas beftil -
lirte unb bas roeidtfte IDaffer bas allein brauchbare: unb
fo ifl and] geroig, ba§ man nur mit Ijitnmlifdf reinen unb
iceidjen 5rauen«<Semütb l ern bie Znyjterien bes ibealen
Cebens, bie Sdjme^en unb Sreuben ber Seele austaufdjen,
bas man nur mit ibnen in ben Gimmel ber Sreunbfdjaft unb
£iebe eingeben fann.
* *
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„Dertjdfjne Me beutfdp jrauen«SentimentaUtAt mit unb ofjne 2Iffrc«
tation, n>et ba walle; id> fflr mein üjeil babe ble Crfaijrung gemalt,
baß beutfdje €mpflnbung bis an's €nbe bes Cebens aushalten, baf bie
beutfdje <£{je eine Dergeifilguug unb Pereblung bet bräutlid?en liebe
werben fann; ba§ mit bet beutfdjen Sentimentalität, bas roaljrb.aftigile
unb tntenftafte Seelenleben/ eine unwanbelbare (Treue, eine ttansfcen»
brntale unb immanente Kraft bes äernattps getraut fein fann.
3dj l^alte baran fefl, ba§ ber wab,rl}afte mann, baft ber fdjroer
$u Idfenbe (Seift bes beutföen ZHannes eben ein beutfcfces ZDeib
mit leidet ge löfler Seele braudjt; unb böfj es bie n>elbtfd)en, oer«
fd>miegen fentimentalen tHannsbilber flnt>, meldjen bie mänulid) ge«
artete, antif'naioe, bie finnlid? Dtrftänbige, plajltfdf.fetflidje Römerin
connenirt unb imponirt. — €in Olann mit prononcirt mann!id>em Cb,a«
rafter fftb.lt ftdf nur burä> ein H?eib mit entfdjlebener IDelbltdjfcit er«
gönjt unb beglflrft!*
(Der tflenfd} unb bie Ceute rx>n 33. (Solfc.)
Zluv in einer beutfdjen 5rauen*Seele l^aben alle Jjeiligflen
Sympathien Rimmels unb ber €rben, haben bie buftigjten
Blüthen, bie Ztlvflerien ber Siebe, ber Sittlichkeit, ber Poefte
unb Religion ihren lebenbigen Schoß unb Schooß. ZTur
ein beutfches, in ihrer Seele burchgebilbetes ÜOeib, bemafytt
unb ben?cihrt in allen IDechfeln bes (Sefchicfs, auf allen
2lltersjhifen unb in allen 2lugenblicfen ihres Cebens: eine un«
ermübliche, feinem ZTTanne je gan3 faßliche, ftdj in (Dpfern
©erurirflichenbe DTitlei benfehaft, bie jtch in ber €fye 3U
einer immert»ährenben Eingebung, 3U einer übermenfchlictVn
Selbjtoerläugnung , 3U einer Slumen*Perbuftung ber Seele,
3U einer hintmlifchen £iebenstx>ürbtgfeit perflärt. Ciebe unb
€Eje (inb in 5*<mf reich, in 3talien, in Hußlanb unb fajt in
allen Cänbem ber XPelt fehr oft nur ein <Sefchäfts«2Ippenbi£
unb <8efdiäfts*<£omfort für bie ZlTänner; eine 33ebingung bes
Cebensunterhalts für beibe Contrahenten. 3m belferen 5atte
barf bie Refrath für bas probuet einer oberflächlichen Heigung,
einer ftnnlichen Ciebe, ober eines ftttlichen 3npinctes gelten,
welcher bem ZTTanne fagt, baß ihn bie 3unggefetten»IDirth'
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— \37 —
fc^aft tötpexlxdt unb geijttg ruinirt; beffen ittcl^t 311 gebenfen,
bafc fte Foflfpieligcr als bie c^elid^e Cebensart ijl. Die 2lrißo<
fratie giebt, auger einigen von ben genannten (Srünben, bei
^eiratfyen audj nodj ber Hottyroenbigfett Haum: mit €^ren
£eibes*€rben unb 3ugletdj eine anjtänbige ZHasfe 3U babzn,
hinter ber ein Caoalier feinen Cibertinagcn, befonbers bei
€Epfrauen nadjgefyen barf. Kur in €nglanb unb Deutfd?«
lanb ftnben unr eine (Sefdilecfjts-Ciebe, in reeller ftdj Sinnlicfy
feit unb ZTatur bis 3ur £ebens«poejte, 3ur Ztatur-Seligion,
3ur t|öd$en irbifdjen (SlücFfeligfeit oerflären unb erfyöfyen;
unb nur aus einer beutfdjen Siebe oermag eine €l|e 3U
ertpadtfen, burefy welche bem 3bealismus bes Wersens ein
Körper 3ugebilbet wirb, ttur eine €Ije, in meldjer pdf
Pernunft unb d[txs 3U einer abfoluten Cebcnsart gegattet
fyaben, t ann bas reelle (Zentrum aller £ebens»2ttYfterien, bie
3ncarnation bes StaaUs tt>ie ber Kirdje, bie Wnt^i unb
ber IDipfel aller HMtgefdtidtten, bas £fc*S menfctyicfien
CuItur»pro3effe fein!
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XIII.
2)enunctationen
gegen bas toeiSKdje (ßefcfjfedjt.
„piaton, ber im ^taeifrl ju fein fcfjeint, ob et bas Weib ju ben
cern&nftigen ober oernunftlofen Hjierrn orbnen folte, wollte baburd) mir
bie grofte ZTarrlfeit biefes ©ffd?Ied?ts anbrüten."
(«Erasmus, Cob ber Harrtjelt.)
a) 5 rauen 5^ mmer 'Satfon.
»Die HWmwr trollen in alten Pingen abfleugt fein; bte 5 rau * n
begnügen fiel) bamit, uberrebet 311 werben.* (De Betucheni.)
„Worüber ein Wann ein 3ab,r rjlnburcf? nacrjgebadjt fyat, ba* ftflr3t
eine 5rau in einem Tage um.* (Demoflb, enes.)
„Die grauen Ipben ju oiel Pbantafie unb €rregbarfeit, um oiel
Cogif 3U Ijaben. grauen flnb gränbefefl,* bat Börne gefagt.
monier Ueber3eugung fann ber ZTCann ben 5*auen
feinen erjrlidiern Hefpect bemetfen, als wenn er mit ifyten,
wie mit ebenbürtigen, b. ff. mit IDafyrfjeit liebenden IDefen,
unb nicfyt wie mit folgen (Befdjöpfen fpricr/t, bie oermöge
Üjrer oorrjerrferjenben Sinnlicfffeit nur burd? einfdimeicffelnbe
p^rafen bei liebenswürbiger Caune 3U erfalten ßnb. — Der
2lerger foldier 5rauen, bie ftdj t>on meinen Denunciationen
getroffen füllen, barf mir feine (Sewtffensbiffe machen; unb
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- 139 -
Diejenigen, meldte memen Ojarafterijhfen nierjt ärmlicti fcl^n,
brauchen fie nidtf auf jteft 311 bestehen. Die Anflage auf
Perläumbung unb Carrifatur muß 3*&** <*uf fidi nehmen,
ber ben £euten unbequeme IDafyrljeiten fagt unb babei ben
ZTagel auf ben Kopf getroffen fyat; roas enblid? bas beliebte
^equiftt oer Ciebensroürbigf eit für ben Autor betrifft, fo
xft es Seit, baß ben um ifyre (Srasie unb Anmutf} oer*
tr>ö bunten jrauen eine Art von Ungeheuer auf ben l}als
gefcrjicft roerbe, roeil an einem folgen jtdf ifyre Sdjö'nljeit unb
Ciebensroürbigfeit beflo beffer contraftirt. — Daß bie Damen
fxdi am bejfen auf btefen üortbetf Derlen, fann 3eber aus
einer ZHujferung pon <£f?e«paaren entnehmen, falls er bie
Ungeheuer in allen (Sejtolten unb ZtTasfen heraus 3U finben
Derjtefyt. Den grauen gegenüber bleibt ber ZHann ^alb ein
Harr; er fei xfyc €B|er^err, ifjr Bräutigam, ifyr Sadn>erroalter
ober ifyr 5reunb. <£r erfldrt if)nen einmal unb 3efmmal bas«
felbe; er eyplicirt, er bemonjirirt, baß es eine Art fy*t; er
trolle es eben fo, roeil es nur fo unb 3U ber ^eit feinen
3&ed erfülle, anbers aber nicfyt; er fpifct bie Argumentation,
unb er begrünbet (te fo grünblid), baß ein Saunjiecfen ba*
pon lOursel friegen fönnte; er accentuirt ben casus quaestionis
mit aller möglichen 2Tlimif unb logifcrjen <2mpbafe; bie Dame
fürchtet audj einen Augenblicf bas fyereinbrecrjenbe Donner«
roetter; aber ben geiftigen Effect, ben, roeldien bas Argument
als foldjes, bie 2X>a^rB^eit als IDaBjrlfeit machen foll: ben
refpectirt bas XDeiblein nimmermehr; — fie refpectirt md\t
r»on fje^en, fonbern nur notfygebrungen unb in falber Per«
3roeifnmg (Sefefc unb 2?ed]t.
Der ZHann fann reben, roas er roill: bas IDort ift für
ein richtiges 5rauen3immer feine geizige ZTLadit So lange
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- \v>
fle leibcnfc^aftltctj bewegt i% fcheinen ibr bie Pernunftgrünbe,
welchen bas IDort bient, eine pon ben ZKännern erfunbene
Sdml'Pebanterie, ein gelehrter f}ofus«Pofus 3U fem. Sie
hört nicht auf <5rünbe, (te gelten tEjr als unausflehl^he £u*
muthung, als eine Beeinträchtigung ihres <8efühls unb ihrer
^errfc^aft burch weiblichen 3"f""ct. 3h** £ogif ift ber
Effect, (te fühlt nur ibre Stimmung, ihr 3ntereffe; (te besiegt
Dinge unb Derbältmffe nur eben auf ibre perfon. JDelch
ein Unrecht anberen Ceuten gefebjeht, unb was bie Sachen
als folche auf ftcfj haben, bas begreift unb behält eine Stau
feiten in bem 5alle, wo tbr 3"tereffe ober ihre Antipathie
in's Spiel gefommen tjh 3<*/ währenb ber flarjten, bün«
bigften Auseinanberfefeung ijt bie Subörerm nur mit ihrer
Alteration unb ©ppofttion befdjäftigt, unb nimmer bei bem
©bject ober ber Hothwenbigfeit. Das lOort ij* ibr, fobalb
es Cräger unb SteUpertreter bes <6ei(tes fein, fobalb es ab*
folute <5eltung haben fott, nur Scb.aH. Sie läßt höchftens
Pathos, <£mpbafe unb Deflamation an ftch fommen, wie in
einem Schaufpiel. Die Darlegung wirft auf (te allenfalls
rebnerifch, mimifch, plajhfch/ feiten als überseugenbe Vßadit
IDenn alle 23ewetsgrünbe erfchöpft ftnb, unb ber Sprecher
bie IDirfung entgegen3unebmen permeint, um beretwillen er
feinen gan3en Hebewife auf bie Croupe parirt unb all feine
£ogif, alle €Ioquen3 in beibe f}änbe genommen hat: fo fommt
ZtTabame auf benfelben fatalen punf t, auf benfelben Nonsens
wteber 3urücf, pon bem (te ausgegangen war; unb alle rEje*
torifdjen Künfte, alle aufgewenbeten Dernunft«<5rünbe gelten
für nichts,
Zinn geräth ber ZHann auger ftch, er i(l empört; ein Stücf
Kupfer lä§t ftch Pom Jammer 3ureben, bis es ein Cheefeffel
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wirb; in Stein unb Stafy laffen jtdj WoxU graoiren, marum
nid]t in bie tabula rasa, in bie unbefdjriebene Daguerreotyp»
platte einer grauen «Dernunft?
Der rufygße, gleicbmütlngße 2Tlann mu§ persmeifeln, wenn
bie ZHenfcrien'Pemunft nid]t tnetjr perfangen toill. 2lber
ZKabame foll partout Haifon annehmen. Die gefjamifdjten
(ßrünbe werben ibr nochmals an 3itternben Ringern, mit be«
benben tippen, mit blifeenben klugen, mit t>on 3n9rimm ge*
prejjter Stimme b,erge3äfylt; jebes IDort wirb fo betont, als
wenn es (Seijter befdjwören unb (Seftorbene erweefen foll.
Die Argumente werben ber fjartnäcfigfeit n>ie Daumfdjrauben
angefefet; bie gan3e Beweisführung wie eine pißole auf bie
Bruft gehalten; bie Pernunft wirb üjr auf ben Kopf 3uge«
fagt, unb gleichwohl wieber abgeforbert, wie man einem
ZHenfdjen, ber im Perbacr/t bes 3rr(inns fieljt, bie 3eglau«
bigung feiner gefunben fünf Sinne aboerlangt. — ZHabame
foll ftdf tur3 uno beutlich erflären, ob fte begriffen bat; fte
foll gar nidjt fagen, tx>as fte tJmn ober laffen will ; bas 0b«
ject bes Streites unb beffen Erfüllung foü 2?ebenfadje bleiben;
ber ZtTann will nur bie Satisfaction b,aben: ba§ er Hectjt
ijat, ba§ feine (Ehehälfte XHenfchen-Dernunft beftfet unb
refpectirt. <£s gilt jefet niebt mefyr ein materielles 3ntereffe:
5rau (SemabUn follen factifcb, iljr Stücf burchfefeen; es
foll nur im 3nterejfe ber IDabrtieit, ber Cogif, ber ZHenfchen«
würbe eine cBrflärung abgegeben »erben: bies aber ift bie
3ur Pernunft (öepreßte nicb,t capable; bas ift 3Uüiel t>on ifyrer
5rauen3immer«natur geforbert; es briebt ifjr bas I?er3. Sie
fütyt fteb. maltraitirt; fte bat t>or Alteration nur XPorte ge*
hört, unb ift als Cragöbin nur mit ib,rem teibwefen be»
febäftigt gemefen. — Sie begreift nur ihr gren3enlofes cElenb,
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bie bialeftifche Barbarei 6er ZHänner. brechen audj
bie langperhaltenen Opänen ^erpor unb fchwemmen alle
Hhetorif, £ogif unb Erörterung fort: bas ift IDeiber«
Hatfon! ZHan muß bas 5tfcfylein feinem naffen Elemente
überlaffen; unb am wenigjlen barf man hoffen, biefen $ifch
im IDaffer, b. h» im elementaren Unfinn, in ber
flüffigen (Eonfufion ertränfen 3U wollen. Die Scene
war für nichts, unb 2Wes bleibt beim 2Uten bis ans fanft»
feiige <£nbe. Die Ztatur läßt ftch nicht 3wingen, unb am
wenigßen bie 5«<*uen«ZTatur. 5ie perliert pon ber <5ram*
matif, pon ber Cogif: Appetit, 5üHe, IDife, (Teint, <Sra3ie,
Ciebenswürbigfeit unb Cebhaftigfeit. 3ft bas IDeiblein unfere
€ljeliebpe, tjübfdi unb gra3iös, ber perunglüefte Pernunfts*
prebiger obenbrein perliebt, fo wirb bie Differen3 balb aus*
geglichen; benn ein l^übfd?er fofetter Unfinn, eine Unper«
nunft, bie fich mit einem junonifdjen IDuchs, mit runben
Firmen, mit bltfeenben klugen unb fo weiter in Scene fefeen
f ann, ift boch immer eine perfölmlichere Erfcheinung, als eine
c&oupernanten'&ernünftigfeit, bie gar nicht 3U ben Sinnen
fpridjt; benn ftnnlich finb wir HTänner nun einmal,
eben wegen ber Contrebalance für unfere Vernunft.
€in platonifcher Damenfreunb ijl in ber Hegel ein
unmännliches Ding; b.fy. ebenfo unpernünftig unb fchwäch»
lieh conßruirt, wie bas 5rauen3tmmer, bem er fich anfvm«
pa tfyifiren will. Von männlichen Differensen ift in folgern
wibernatürlichen Perhältnifj nicht bie Hebe, unb pon männ«
liefen Satisfactionen ebenfalls nicht. (Einen 5aH giebt es
aber, ber pollenbs 3um Erbarmen eingerichtet ift: wenn
nämlich ein rechter HTann: ber Untergebene, ber Bepoll*
mächttgte unb ber galante 5^unb eines eitlen, pon allen
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<ßva$wn »erlaffenen alten Weibes fein mug; trenn etwa ber
Sditriegerfottn bie <5efdfäfte feiner 5rau Scftaneger«
ntama oertoalten mug. €nta>eber trirb bann ber Dame
Baifon beigebracht, ober bie pietdt bringt ben Sdftriegerfofyn
um's £eben. ZHit ber corruptejten IRamtsperfonage lägt
ftcft plaibiren, lägt ftdj irgenb ein 2tbfommen unb <£nbe
fmben, bei jebem ZKannsbilbe oerfängt irgenb ein ZHanoeuore,
aber nicfct bei einem IDeibe, welches tfpr 3ntereffe unb bie
Autorität tftres €tgensftnns gefäftrbet glaubt. Sie ift in
biefem Bezweifelten 5afl olme Pernunft unb <£ftarafter, olme
IHettjobe unb <£onfequen3, olme €infeften unb Bitttgfeit, eine
Seinbin jeber (ßefctjäftsform unb präcifton, ja fogar oftne
(5eu>iffen unb 33armfter3igfeit. Sie will ein (Befcffäft machen,
aber gar nichts risftren; fte tritt risftren, aber nidjts ein«
bügen ; fte tritt 3ttlefct einbüßen, aber es fott iftr nichts f often.
<Sei3ig ftnb befanntliä} atte alten Damen; Karte fpielen ift
iftre Ceibenfdfaft, aber mit ber Bebmgung: bag ftcti ber (Easalier
aus pfndjtfdmlbiger 21rtigfeit bas (Selb abgewinnen lägt. —
langweilig ftnb atte gealterten Damen unb fcfywer 3U amü»
ftren, fobalb fte nicftt tftre perwitterten (Toquetterien 3um
Bejten geben fönnen, ober ftdj als (Segenjtänbe ber Per«
eftrung unb 2lufmerffamfeit be3eicfmet feften. — (Befdtäfts«
confus ftnb freilieft atte Damen oime 2lusnaftme, bie jungen
wie bie alten: aber bie alten feinmal 3U iftrem Xtaditfteil,
wenn es (Selbberedmungen gilt. ZHigtrauifdi ftnb 2ltte
von Bedftswegen unb neugierig fdjon um bestritten, »eil jte
fo migtrauifdi ftnb. Hlitleiben ftaben fte in oerfeftiebenen
hätten, 3. 3. in Kranffteitsfätten, oon benen fte mefyr an«
geborne Kemttnig unb fubltme Diagnofen ftaben, als ein
ZHebi3inalratft bis 3um 3ubitä"ro erwirbt; aber mit iftren
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«gläubigem unb mit ifyren Sdmlbnern ©erfahren fte mefyr
als barbarifdj: nämlidj olme Sinn unb Perftanb. Da§ ein
oom (Bericht anberaumter Cermin nicfjt ©erfäumt merben
barf, bag er mit fammt bem prose§ verloren gefyt, wenn es
ein peremtorifdjer Cermin in aÜerlefeter 3"P^"3 toac:
bas fönnen roieberum 5t<*uen3immer nidjt begreifen; nämlich
im befHmmten 5aHe niety, unb falls itmen bie Ceibenfdjaft
über ben Kopf gea>ad}fen tjl; benn in abstracto unb rnenn
fie ftdj nadt einer Wafyctyit nidtf 3U richten fyxben: ftnb fte
oft fdfarfjtdjtiger une ber ZHann. 33. ein gefälliger fran»
3Öftfdjer 2lftronom 3eigt feinen befannten Damen eine Sonnen«
unb inonbfmftemiß noefy ertraorbinair; unb ein Ijöf lieber
beutfd?er Saditsalter rx>ei§ ben projefc immer nod} einmal
in integrum 3U rejmauren, nacrjbem er burdj bie ZTadjläfftg«
feit ber roeiblidjen 3ntere(fenten bereits in allen 3njton3en
perloren roorben ift. <£s muß 2Iües gelten; audf bas &ed?t
mu§ flöten geBjen, fobalb ein liebensmürbtger (Taoalier,
liebenstDÜrbigen Damen gegenüber, feine Perpffidjtungen be«
greift.
5rauen vermengen unauffyörlidj bas (Beringfügigjte mit bem
IDidjtigfien, bie Hebcnfacrien unb bie fjauptpomten, bie fjals«
fachen unb bie (Eitelfeiten, bie perfon unb bie Sadje, bie
{Toilette unb ben pro3efj.
Das punctum juris bringt ifjnen fein alter 3ufh>Zninifter
unb fein junger Hedits<2lmt>alt bei, audj toenn fte 23eibe <5ras
nxtdjfen fjören; benn naturtDÜdjftg mögen bie 5rauen fein,
aber red]tsmüd?fig ftnb fte fo menig u>ie bie Botofuben
ober bie (Englänber, n>enn fie gut gelegene 2Icqutfttion machen
rooflen. „(ßeredjtigfeit fommt nidjt aus bem (Sefefe
ber Statur", fytt bereits ber 2lpofiel paulus gefagt.
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— H5 —
Don 3toet Hebeln fönnen 5rauen fo lange nidtf bas
fleinere wählen, bis ilmen bas größere auf ben f}als ge«
Fommen ijt.
Sie wollen 3. B. ein großes l}aus bauen, aber fein
tiefes 5unbament legen; es foll brei Stodvoext Ijaben, aber
olme bie Unbequemlidifeit oon (Treppen, unb ber Keller foS
n>o möglich in jebem Stocfmerfe fein; bafür ifl ja ber Bau«
3nfpector üjr (Beliebter, ober ujr lieber ZHann unb Äreunb.
Sie wollen eine Heife tlmn, aber es gleidjwoty bequemer
unb wotyf eiler tyxben, als 3U ^aufe: es foH ohne pacFwagen
abgeben, aber bocfj mit 3wölftefyalb Sdiadtfeln, benn eine
fyalbe bingt man enblid) ab. 3fyr Beife3iel liegt nach, Horben,
fte möchten aber nach, Süb»U)eßen futfdfiren, u>eil es 3u«
fällig pon Horb»0ften in ben Kutfdjenfdtlag bläft (Eine
5rau fyxt 3. B. iljr Canbgut vexpadiUt unb jammert hinter-
brein über ben prächtigen <5etreibe-c2infdmitt, ben fte audj
fo gut machen fonnte roie ber Pächter. Sie f^at enblid? bas
(But oerfauft unb bas <5e(b in ber (Eafdie, aber fte iß gan3
befrembet, baß 3ulefet wirflidj abge3ogen unb bas <5ut über-
geben werben muß. — Dag bie Sachen pd) nicftt 3ugleidi
Behalten unb uerfaufen laffen, bies macfit eine 5rau nacfy
benflicfj unb besorientirt. Hobel unb grogartig benft unb
fymbelt eine 5rau feiten im <5efcfjäft; aber f (einlieft ftnb fte
fafl alle bis 3ur (Sememfyeit unb 2lbfurbität. <£in IDeiber«
ffanbel fann eine gan3e fjerrfcfjaft betreffen, unb 3ulefet gefy
er um ein CteblingsfüHen ober um eine Cegct^enne mit emem
fogenannten „tEfcfiups" auseinanber; ober es wirb über Ceben
unb (Cob bebattirt; es gilt bie fünftige Subftflen3; es fommt
alles barauf an, bafj bie Unterfymblung niefit bie geringfte
Störung unb Seituerfäumniß erleibet, benn bie poft oerweilt
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- U6 -
nur noch eine Stunbe; aber auch biefe Stunbe gebt ohne
Hefultat vorüber, urie fo »tele Stunben, blos »eil bie gnäbige
5rau burch Hücfftchten ber Hausfrau unb ber XDirttyn, ber
ZTCutter unb (ßrofjmama Abhaltungen unb 3**ffr*uungen ge»
^abt h<rt. 23. bas eine tffal fam Carlchen, bas Cieb-
lmgs.<Enfelchen, auf bie liebe ©roßmama 3ugejhir3t, wiewohl
ihn ber Sachwalter bereits ber Kinbergärtnerin gegen ein
(Crinfgelb sunt 2lnbinben übergeben fyatte; bas entwifcfye
(Earlchen mußte aber für feinen <5enie|rreich mit 2lufmerffam«
feit entgegen genommen werben. Das 3«>eite ZKal h^tte ftd?
mit bem cTarolmchen, bem Sunümgsfchwefterchen, hu mfitter*
liehen ober grofjmütterlichen Schoofje etwas Unausfprechltches
3ugetragen, unb bas britte ZYTal war bem <5afle, bemfelben
XTIanne, mit welchem eben bas (Befchäft von \ 00,000 ober
300,000 Chaler abgefchloffen werben follte, bie merte, auf»
genötigte Caffe Kaffee eisfalt geworben unb mußte wegen
augenblicflicher 2lbwefenbeit ber fjausjungfer, trofe aller
proteftotionen bes 3ntereffenten, x>on ber ^auswirthin eigen«
hänbig warm gebellt werben.
Dergleichen (Eventualitäten fmb ein Kaffee « Schief fal ;
aber eine IDirthin wet§ es 3U repariren unb follte fte
J0,000 Chaler laufen laffen; einen Chaler fyölt tf* bafur
befto fejler; ben Perluft eines Silber grofehens begreift fte un«
enblich embrmglicher, als einen Banquerutt, ber {Ich täglich
unb ftünbltch burch ihre Perfchwenbung unb un3eitige Knauferei
präparirt. 0b bie (Cags geplagte ZHagb auch 2lbenbs ihr
Stücf (5am fpinnt, bas muß oon einer öfonomifchen 5rau
<2)ber*2lmtmann ftreng coutrolirt werben; ob aber ber 3"*
fpector bie Betriebskapitalien unb ber Sachwalter bie 3"'
formationen unb Vollmachten erhält, bas ift Bagateü.
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ckgle
- w -
(Sefdjäftsgebäditnifj gilt für bie fatale prätenjton, bie man
an eine gefdimacfDotle unb feine Dame fteHen fann. Das
ftnb freilidj Dinge, bie ftdt faum Iefen, aber um fo weniger
revera aushalten laffen, otme bag man an £eib unb teben
versagt, ein (ßaflenfteber risfirt, jedenfalls aber 3ermürbt
unb 3U (Srunbe gerichtet wirb. — TXlit ber Welt fy*ben es
foldje Damen enblicfy uerborben, bie Kmber ftnb ümen über
ben Kopf getoadrfen; in bie ZHobe Fönnen jie ftdi länger nidjt
einfdimuggeln, benn ber leibhaftige ZKumientob ift nie ttlobe
getrefert.
Das Permögen iß auf bie Hotfyburft unb auf ein leib*
gebinge jufammengefdjmoljen; bas bischen ZKobiliar unb
bispomble Capital ijl fd)on breimal arxbets t>erf abrieben unb
tejh'rt; bie unruhige, jebes Centrums beraubte Dame jtefyt
ftdt auf ify urfprünglic^es Ztidtfs rebucirt: ba unH jie es
mit bem Gimmel galten; aber aud? er fdjeint ifyc 3U jfrenge;
3U jhrict, 3U rücffidttslos unb 3U langmeilig 3U fein*
Die paar be^altnen Bibelfprüdje unb <8efangbudn>erfe
aus ber Confirmation treiben auf ben ©erfumpften Cagunen
ber Sinnltdjfeit unb Confujion, n>ie bie losgeriffenen Connen,
meldte bas 5afynx>affer be3eidmen foflen. 2luf bie 2Diffen*
fcfjaften unb Künjle haben folcfje IDeiber, als auf Curus*
artifel, bie ber jugenblidjen tEoilette beigegeben jtnb, De^idjt
geleitet, alfo roirb fleißig Ciqueur getrunfen, Cabaf gefdjnupft,
mit einer Hac^barin geflatfdtf, mit ber ZHagb gefdimält, mit
Kaften unb X^unben conr>erfirt, mit Kaffee rejlaurirt unb 3U*
lefct bem fjerrn entfdjlafen, fo gut ober übel fidi bas mit
(ßottes (Snabe t^un laffen u>itl.
2tls 3nfd|rift auf ben (Srabjfcin foldjer Hormal-Damen
fdjlage idj bie beliebte flafjifdte pfrafe r>or: „Die tfatur
10*
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wollte tfjr Zneijterftücf (Raffen, bocb, pe ©ergriff pdf im
Cfyon, pe nabm üm etwas 3U weicb,." Bei unferer eben
iflujlrirten Dame Ijatte bie liebenswürbige 2Tatur, bie bjmm«
lifdje Proteftorin bes wetterwenbigen 5rauen3immers, ben
befugten Cöpferttjon ober (Eeig etwas 3U Jjöflidf mit großen
Äofinen unb bittern ZTIanbeln angefüllt, wooon felbiger
Ctjon ober perfönlidjer 2Tapffud]enteig 3U confufe, 3U bitter
unb 3U „flitfdjig" geworben war. 3dj würbe biefe Spe«
3ialität nidjt accentuiren, wenn pe nidjt an fo Dielen Damen
als eine fo typifd?e erfetyene, bag pe 3U ifaer ttaturgefdfidite
gerechnet werben muß.
* *
b) ^rauen»<£aprtce, £äl}\a,te'\t f 3 ncon f ec T uen 5f
IDetterwenbtgfett unb <8ebul&
„3cf? bin ein IDeib; was idj will, bas will icfj
audj nicfyt; aber es muß auf ber Stelle gefdjefyen."
XOer bie 5rauen3immer Pubiren will, ber fann pdf lieber bie
perfonipeirte Caprice porjleüen unb feine Stubien unterwegs
laffen.
€in 5rauen3immer will €twas, weil pe es eben will;
pe will es fo unb nur fo; aber pe witt es nie fo abfolut,
ba§ pe es nidjt etwa follte anbers wollen fönnen, fobalb pe
es einmal anbers wiU! €s ip mit bem 5rauen3immer-
lüillen ntcrjt einmal wie mit ber Derbrieglidjfeit r»on Beck,.
Pein: „307 bin oerbrießltdj, weil ich, ©erbrießlidi
bin, bin ich, oerbrie&lidi." Bei ben Xüeibern Reifet es:
3dj bepe^e auf meinem Stücf; weil idj auf meinem Stüde
befiele, fo bepefye \d\ bocb, Webet nidjt auf meinem Stücf e,
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benn bas wäre 3U viel <£onfequen3 unb $u wenig Caune unb
ItHberfprud}.
5rauen3tmmer l^aben einen IDiflen unb tjaben bod] feinen
JPillen, benn jie ljaben feinen (Ojarafter, er fei benn: bie
Ctjarafterloftgfeit unb Unvernunft. 5aljlaff fagt: „Unb
wenn (ßrünbe fo wohlfeil wären wie Brombeeren, fo foHt
U}r bodj nidtf bas fleinfie <5rünbdten t>on mir tjaben." J>as
ijt aus ber Seele ber 5rauen3immer gefprodjen. 21us bloßen
ö3rünben 3U Ejanbeln ift i^nen orbentlid) empörenb. So eine
abgefdmtacfte pebanterie fommt blos in ZTIannsleuten unb
Scrjulmeijtern 3U 5leifd? unb 23lut. IDenn 5rauen merfen,
baß man ifynen eine <£onfequen3 3iefyt ober am ZTlutfyen iß,
fo geraden fte außer jtdf; benn fte wiffen, bafj bie <Zor\\e-
quen3 ifyre fcrjwacrte Seite ift, unb fie fyaben fo triel fd?n>ad?e
Seiten, baß fte feine beftimmte Seite mefyr barbieten, es fei
benn bie ber 3«confequen3. €in 5rauen3immer will feinen
XPiUen; aber wefy' bem Caoalier, ber ify nur ben XDiflen
trjut ; benn aisbann giebfs nichts 3U fcr/mollen, unb ein lüeib
muß fdmtoüen unb lebt t>om fleinen Krieg.
<£m naturwüdjftges 5rauen3immer, b. fy. fo eins, bas nodj
nidjt in fyöfyeren Cöcrjterfdmlen reflej ionswurmftidjig ge-
worben ift, tfyut etwas freute, morgen, ein 3aljr, unb 3efm
3afyr, unb mit einem TXlai tfyit fte es rxidtt mein*, wäfyrenb
3ebermann glaubt, baß es ifyre fefte Cebensart geworben ift.
Das nennt man 5rauen3immer«Unbeftänbigfeit, 3nconfequen3
unb Caprice. Wo ein 5rauen3immer Strich unb Stidj Ijält,
ba ift es weniger aus (Brunbfafe ober ttatur, als aus <£>e-
wofynljeit. €s wefyt fte ein XDinb an, es fliegt fte ein Sonnen«
ftäubdjen an, es fäEjrt ifyc ein <8aft«(Sebanfen burdj ben Sinn,
unb biefer Sinn fettlägt plöfclidj um, wie tfpril IPetter ober
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— 150 —
fü§e XKildi im (Sewitter. So wetterwenbig unb un3W>erläfftg
pnb bie Weiber im 03rofcen, unb nidjt feiten fmb pe es im
Kleinen. 3al|r uno (Eag fyat eine ZTTagb bie fjausorbnung
in irgenb einem StücF getreulich befolgt, aber mit einem 7X1 al
fpringt pe baoon ab, becft pe ben Cifcb, wie eine wilbfremfce
perfon, oertaufdtt pe ZHeffer, (Säbeln unb Seroietten, aus
feinem anberen (Srunbe, als weil es xfyc eben fo in ben Sinn
gefommen iß. iDegen biefer IDiHFür, Caunentjaftigfeit unb
CljaraFterlopgfeit pnb benn audj bie 5rauen3tmmer fo wenig
a priori $u conpruiren, wie bas IDetter. Sie pnb, wie es
ilmen eben einfällt unb wie pe oon ifyrem Naturell getrieben
werben, unb bilben fo ben ergän3enben Sactor $ur <5enicf*
Peifen pebanterie unb Crjablonen-tPirttycriaft bes männlidien
(5efd]lecr|ts.
<£in Cieblingswort ber lieben XX)eib(ein ip bas <5eratt}en,
unb eine £ieblings«2lusrebe bas Znifjratfyen. Die <6uten
tractiren eine Sadje ifyr f eben lang alle 3afur unb alle £age
im 3oh*, i<* ölle Stunben im (Cage unb alle Slugenblicfe in
ber Stunbe; aber eines 2lugenblicfs will es ümen bocb,nid7t
gerat^en; Exempli gratia: bas Sacfen unb Braten; aber
biefes Cbun unb Caffen aufs „<5erat^ewol}l" ip eben bie
CiebenswürbigFeit unb 03ebredjlidjf eit bes fcbwadjen (Befdiledfts,
ip 3ugleid? üjre (Cugenb unb Braoour. Die ^ufälligfeit,
meine id?, ip bas edjte Z>amenprin3tp! Die XDiflfür, bie
Caunenfyaftigfeit, bie Hegellopgfeit, bie Cbjcane, bie 3ntrigue,
bie naioe gweibeutigfeit unb OielbeutigFeit, bie Balance pnb
bie ZHädjte, welchen bie Leiber gefdj woren fyiben ; bie praf*
tifen pnb ibre 2lÜurten unb aUe erpnnlicrjen ZTlanöoer ibre
Hefruten. ZDüTs md\t auf bie eine 2Irt oerfangen, fo giebt's
ber Spielarten unb ber Unarten fo oiele wie Sanb am ZTTeer,
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unb fo ein Sanb ij! ein praftifables Ding, man fann itm
ben XHannsleuten in bie 21ugen freuen, a>cnn jie tt^ren IDeib«
lein 3U jireng auf bie Ringer fetjen, auf bie nieblidjen immer
ftjen 5tnger, bie fo gefdtieft fyäfeln, jhriefen, fliefen unb Karten
mifdfen, aber ^ambw pdf aucrj auf ZHanÖoer, Perfyäcfelungen
unb Verarbeiten perjtefyen, bie itywi ber (Eeufel banft, roeil
er jte itmen beigebracht fyit
Die 3nconfequen3 unb Unpräcijton ber Stamn 3eigt fidt
in ben unurittfürttd}fien 2leußerungen. cZin bummer Kerl
faßt einen (Eigennamen, ben er 3um erften Vdal fjört, $roar
fditoer auf, aber bann fpridtf er benfelben einmal forme bas
anbremal aus. €in orbinaires, bummes 5rauen3immer ba-
gegen oerbrefy niety nur einen Hamen, fonbern fte bleibt
aud) nidjt einmal biefer cEntjleQung getreu.
XDalter Scott giebt im St. 8onans*3runnen ein ergöfc*
liebes Beifpiel oon fo einer Hamensoerjhlmmelung. €in
2Ir3t roirb r>on feiner 5rau IDirttyn, bie in fjanblungen unb
I^anbfjabungen, 3. 3. bes 33efens, äugerft refolut unb con-
fequent auftritt, in einem unb bemfelben Hebe»parorbmus
Doftor Quicfleben, Kicfsleben, Kacfsleben, Quafleben unb
fogar — Kicfer^a^n u. f. tr>. genannt.
Diefe Unprä^ifton beruht aber nid)t nur in Zerfahrenheit
unb <5ebädimi§fdiroädte, fonbern in ber frauen3immerlichen
Hefpectloßgfeit oor perfonen, Sachen unb Sormen, bie nidjt
3U ihrer (Toilette gehören. Unb bie <ßebäcrjmi§*Sdja>ädie ift
bei ben meiften Ceuten bas Symptom ihrer £)er3lo|tgfett,
(SeijteS'Unmadit unb Zerfahrenheit. Was einen ZHenfchen
anbauernb unb tief im (5emüth bewegt, bas behält er aud?.
3m Craume »erben roir mit feinem (Befchäft fertig, roir
f leiben uns 3. S. an, unb jte^en bodj 3u(efet naeft ba. Sinn«
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— \52 —
1 ichfeit unb Seele, »eiche im Schlafe ben Con angeben,
fdmetben bie ftch bilbenben £ebens*pro3effe nidjt rotllfürlicrt
ab; biefe fdjarfe Selbflbefhmmung fommt com (Seifte. Sinn«
hchfeit, Seele unb €inbilbungsfraft ftnb bie CebenS'pafjtmtät.
ZHenfchen, in meldten bie Sinnltchfeit portxriegt, Kinber unb
£eute aus bem Dolfe, Haturaliften unb auch bie gebildeten
Ärauen $eigen fleh barin unmächtig, baß fte nicht mit Frei-
heit eine Heihe von PorßeÜungen, ben Umjlänben ange«
meffen, begrenzen fönnen. Sie ©erflehen fein ruhig gehaltenes,
georbnetes, fachgemäßes, von ihrer Ceibenfchaft ungefärbtes
Heferat 3U machen; fte fommen „aus bem fjunbertften
in's Caufenbjie", fte geraten in (Confufion; fte ftnben
unb machen im Abfchtebnelmten, felbfl in (Sefdjäften fein
€nbe. 3a, es geht ihnen oft im IDacben toie im Traume;
fte toerben feiten mit Austreiben, mit bem Anrichten ber
ZHahfeett ober mit anbem Porbereitungen 3ur beftimmten
Seit fertig. <Sleichu>ohl fmb fte feiten im Staube, bei einem
unb bemfelben <5ebanfen ober 3mpulfe lange 3U perharren,
fonbern fpringen ab ober bleiben 3erftreut.
Auch ein gebilbetes 5rauen3immer ifl f aum bahin 3U bringen,
baß es über einen Porfall ober ein Sachter hälhtiß eine ruhige,
georbnete, oon ber Perfönlichfeit ungefärbt gebliebene 2Tlit«
theilung macht. €ine 5rau lägt ftch felbfl ba parteiifch unb
fubjectip ftnben, n?o ihre 3ntereffen nicht im Spiele ftnb. —
Zluv XDeiber aus bem Polfe machen Ine* infofern eine
Ausnahme, als fte r>or (Bericht ein Sachr*erhältniß oft flarer
unb für3er vortragen, als ber fchroerfällige unb »erbufcte
2Tlann. — Der (5runb biefer (Erfchetnung liegt aber nicht in
bem größeren (Talent unb ZlTuttermife bes Polfsmetbes allein,
fonbern 3ugleich barin: baß ber ZTTann x>cm Ztatur befchet«
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— {53 —
bener, unb mehr 3ur pietät geneigt ift als bas XDeib, bem
nichts hnponirt. Der ZKann r»iü fyftematifch, »ahr unb
grünblich fein, bas macht itjn unftcher unb ungefedert, roährenb
bes IDeibes Hai&etät unb Dreijttgfeit burch nichts einsu*
fchüchtern ijh Da3U fommt, baß nicht nur bie Oberflächlich»
Fett ber Ärauen, fonbern ihre Ceibenfchaftlichfeit, <£itelfeit unb
<£inbtlbungsfraft bei bem münblichen Heferat ^ebammebienjle
tfmn. Der Portrag, bie Darjleflung eines 2X>eibes iß leben»
biger unb flüfjtger, aber auch von ber IDahrheit unb (Beunffen*
haftigfeit weiter entfernt als bei bem unbeholfenen ZHann.
TXlan muß ben 5rauen 3ufehen, menn fte einen 5albelan
avisvlätten; n>ie t>iel mal unb rr>ie sorftchtig jie mit ber
Spifee bes plätteifens in bie taufenb 5<*lten hineinfahren; ober
mit »elcher Sifyplms'töebulb jie biefes ©ermünfchte Äalten«
<5efröje über einem „piel»€ifen" in bie förmliche öielfältigfeit
bringen muffen. Ulan foH biefe pro3ebur unb <5ebulb*Cor*
tur ber 5rauen3immer bei einem ein3igen 5albelan, ber rings
um ein Kleib r»on fechs geug*3reiten läuft, r»on 51 bis g,
mit anfehen, um 3U begreifen, was fo eine unglücfliche piätt«
3ungfer aushalten muß, welche fünf ober fechs jctlbelans
für ein ein3iges Kleib, um ein fyalb Dufeenb folcher 5<*lbe«
lanfleiber für bie (5ra3ien bes fjaufes, auseinanber 3U trennen,
3U mafchen, 3U plätten unb tmeber 3ufammen 3U nähen h<*t.
Die Cochter folcher €ltern, »eiche feine plättOwngfern
halten, alfo ihr 5albelan«£Dtrrfal unb Sdficffal felbjl auf jtch
nehmen müffen, friegen bas nichts bejto weniger fertig, ohne
närrifch ober melancholifch 3U »erben. ZlTan follte meinen:
bie 5albelan«Heligion, ber 5albelan*Perjkmb, bie 5albelan«
Ceiben unb jreuben müßten 3iilefet alle anberen (Sebanfen,
cEmpfmbungen unb Sorgen abforbiren; aber es 3eigt jich,
- \5<k -
nä^er befefyen: baß ein richtiges 5rauen3immer audi nod\
allen möglichen anderen Derjtanb 3. 23. 33aH*, Can3«, Klaoier-,
Sing», Siebes« unb 3ntriguen»Perjkmb beftfe* ; unb baß,
fte einen ZKann befommt, fte eine gan3 reguläre ZKutter,
fjausfrau unb (Sroßmutter trnrb.
2tlfo ber 5a(belan'£erjtanb unb 5albelan«Kummer fdfabet
ben 5rauen3immem nichts. €s fylft ümen fogar bie IHife-
rabilität ifyres Sdncffals, b. fy. ber ZKannsleute 3U überfleljen.
€rfl muß es mit biefen beffer werben, bann mirb audj ber
5albelan fortfallen, poetifd) aufgefaßt: fott bas XDeib fidj
audi in ber Kleibung ntdtt fo FaBjI, fo imaginationslos unb
grablinig barfieUen, nrie ber, burdj Schule unb Ü?eIt«X>ernunft
entfrembete unb auf matljematifdie ®efonomie rebu3irte ZHann,
€s fptegelt ftdj aud? in ben 5<*lten« unb Spifeen'lHvflerien,
in biefen enblofen Säumen unb farbigen <£infaffungen, in
biefem 23änber* unb Sdjleifen'lDefen, biefen Seiben«Hoben
mit flaren Ueberroürfen 2c. bie 5ortfefcung berfelben Ztatur,
tx>eldte bie Blumen fo bunt unb mannigfaltig unb alles
natürliche fo unergrünblicb, mYfteriös gefdjaffen bat. Durdj
jebe €oas«Cod)ter foH aber biefe unerfdföpflidie, pcrfuljre-
rifdje Hatur, bis in ben Kleiber pufe hinein, repräfentirt unb
t>orgebi(bet toerben. — <£ine naioe, elementare Kofetterie
geirrt 3ur Statur unb Bejhmmung bes XDeibes, unb toer
bie <£oa gar nidjt an ftdj fommen läßt, ber fyxt bie Ttoams*
Xlatux eingebüßt.
Wenn man bie Ztatur ber ZDeiber unb 3 üben jhibirt
Ijat, fo finbet man, baß bie 2leljnlidifeit 3»ifdien ifmen
nod] größer tfi, als ib,re Unäljnlidif eit. —
Das lüeib 3eigt 3u>ar bie gra3iöfen formen bes Zlatura.
lismus, bie frönen Elemente neben ben unpernünftigen auf;
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— \55 —
unb toä^rcnö ber 3*ibe burch bie confequent religiöfe <£nt*
gegenfefcung pon Hatur unb (Seift faft aller natürlichen Har-
monie unb 2lefthetif quitt gegangen iß, charafteriftrt bie
3neinsbilbung pon ttatur unb (Seift, pon (Seift unb Seele,
pon IHaterie unb (Seift recht eigentlich bie roeibliche Statur;
aber nichts beftomeniger iß bie 2lehnlichfeit 3»ifchen Weib
unb 3ube fo tief unb fo natürlich, a>ie 3tpifchen 23aum unb
Strauch, 3tpifchen ZTIorgen unb 2lbenb, 3u>ifchen 5rüb,ling unb
Ijerbft ober 3u>ifchen (Sreis unb Kinb. Die 3uben unb bie
XDeiber pnb fügfam unb tpiberfpenftig, [probe unb 3ähe, fanft
unb heftig, leibenfdjaftlich unb boch nicht brutal, leibensfäbjg,
baxmtyzyq unb egoiftifch; gelb« unb geurinnfüchtig; fte pnb
fnausrig unb perfdftpenben gleichn>ohl mit Prahlerei.
5ie pnb leicht erfchöpft unb noch, leichter reftaurirt ; 3"ben
unb ZDeiber 3eigen ftd) mübjelig, ausbauernb unb boch
abfpringenb, confufe unb fcharf unterfcheibenb, oberflächlich
unb ffrupulös, 3erftreut unb feinen 2lugenblicf ihre 3ntereffen
pergeffenb; concentrirt unb boch 3erfahren, mutternnfeig unb
untpiffenb, pbantaftifch unb tripial, eigenftnnig unb fcfymieg«
fam, eigenartig unb gleichrooht über benfelben natürlichen
Ceiften bes (Sefchlechts unb ber Hace gefchlagen. 3^°*" unb
XDeiber pnb ebrget3ig unb gleichwohl ohne Perftänbnifj bejfen,
tpas ber Capalier, ber (Sentleman unter (Ehre perfteht; pe
forbern bie (5efahr mit Kecflichfeit fyvaus, pnb überbreift
unb furchtfam, refpectlos unb untertänig in einem Zithern.
3br* Cugenben gehen aus Unmachten h**Por; pe fammeln
IDeisheit n>ie Salomo aus €itelfeiten unb tEborneiten. —
Sie werben fromm aus profan«Sinn, 21btrünnigfeit unb (Sott«
pergeffenheit; pe werben tpifeig unb naip burch abfurbe Com*
binationen, aus Dreijhgfeü, ttnu>iffenpeit unb Unaufmerffam«
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Feit. Weihet unb 3uben bewähren pdj talentvoll, praFtifcf?,
anteilig, in allen Sätteln geredjt unb gleidjwofyl pfuferjer«
Ijaft bureb, unb bureb,; pe pnb polier Cipen, praFtiFen uno
ZHetamorp^ofen unb gleidjwoty immer biefelben unb immer
wieber aus ber Wuxiel ausfctyagenb tote bie geFöpften €rlen
im Sumpf; bei Feinem prineip, bei Feiner 5arbe, (Sepalt,
ober Horm fejfyuljalten, aber eben barum fo gejlaltenreidj,
fo 3eugungsfäfyg wie bie ZTatur. Die 3«°*" P"& &te trei«
benben liefen ber tDelt'CSefdiidjte, bie iDeiber bie ewige
Unruhe ber ZHcmner, iljr Sepfyyr unb ifyr Sturm; fie pnb
bie 23egrünber bes r^duslic^en Comforts unb bie bämonifdjen
Serjtörer beffelben. 2ludj bie 3uben fyaben feiten Sinn für
Comfort unb Hulje unb effen am fdjlecrftepen, wenn pe unter-
wegs ober in aufjerorbentlidier Aufregung finb.
Die 3uben pnb fyeute nodj wie 3U Slbrafyams unb Pilatus*
Seiten, unb bie 5rauen pnb bei allen Rationen, 3U allen
Seiten, auf allen Bilbungsjhifen, in allen Situationen aus
bemfelben Stoff, bemfelben Sinn unb Unpnn 3ufammenge»
(gewöhnliche IDeiber pnb wie ein K 0 f a cF e n « <6 e f i n b e l : 3elm-
mal unb fyunbertmal gefdjlagen, immer wieber fcr/lagfertig
unb von bemfelben Sufcrmitt; nie 3U bepegen, roeil pe pefy
nie 3um orbentlidjen, maffenljaften, pidftaltigen Kampf pellen:
aber jebesmal ba, wo man pe aus vernünftigen <5rünben
am wenigPen vermutet. Sie fcfywärmen auf ber tEete unb
hinter bem HücFen ihres Soutiens unb pnb fo frugal wie
jene Barbaren, wenn Feine Porräthe eyipiren, aber uner»
fättlich r»ergeubenb, wenn bie 5üHe unb bie Dollmacht r»or»
hanben ip. Diefe IDeiber pnb fparfam unb fchlampampig,
mitleibig unb erbarmungslos 3ugleich; i&xtlidi gegen bie
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Kinoer, tx>eid$er3ig, fyartfyeisig, tDefjmütfyg, übermütig,
gefangslufhg, mefandiolifd?, feelenuergnügt, furdjtfam, u>ag«
Ijalpg, feige, lijitg, lauernb, unermüblid? roadjfam, unb immer
»ieber von neuem ba. 2lHes u>ie bie Kofacfen!
lüeiber rote Kofacfen geben pdf an ifyren ^errn unb
ZTTeiper fyn; pnb mit Dielen Calenten unb Cugcnben ausge»
ruftet unb bodj otjne ben Begriff echter CaoaIier«<£^re,
obne C^arafter unb Styl. £eicb,t gefdtfagen unb nie bepegt,
retiriren pe, fobalb ber 5*inb oorgefyt, unb ergreifen bie
®ffenpr>e, toenn er retirirt. ZTTan bält pe bei feiner <£ou*
Ieur, bei feiner (Drbnung feft unb am tsenigflen bei einem
Princip ober SyPem. Ueberau, felbft auf frembem Cerrain,
pnb pe rafcb, orientirt, immer en debandade immer beun-
rufyigenb unb fjerausforbernb, bei jeber (ßefafyr nadi aflen
ZDinbgegenben oerfprengt; aber gleidj aueber gefammelt unb
fdjtr>erer absutoeljren als Septemberfliegen, bie pdj auf eine
Ztafe gefegt Ijaben.
* * *
c) grauen oermengen bas ©röf efte unb Kletnfte
ofyne V0\1$ unb ^umor, aus IHangel an £)rgan für
Unterorbnung ber Hebenfadje unterein prtnctp*
„Cange Qaare futje ©ebanfen,"
„THe jrauen, bie id? fetje, bringen midj pbjflfcf? gan3 herunter, fpannen
mir Heroen unb (Bebanfen ab. Sie finb fo erflaunlid) matt, betnafcfe
unflug aus ^ufammenbangslofigfeit; unb nehmen bie parallele
mit mir fo get»t§ an, bafj nur aus bem gimmerlaufeu mid> retten
fatm. Cflgen tb,un fte aud>, weil fie's fo oft nöttfig baben, unb »eil
Derfianb jur lPab.rb.eit gebart. Cägen emju?trt mid> aber bis $ur
Kranfbeit." (8a tjel.)
€in ZHenfcb, oon gefelligen &ebürfniffen genrinnt 3ulefct
eine Houtine im Perfefyr mit jeber 2lrt unb poten3 r»on
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ttiditigfeit unb Unausflebttdifeit. <Er lernt mit ben Schlaf«
IPaoVn gähnen, oon ben gebanfenfaulen pbUgmatifem bas
Damen-Spiel mit über ben Baud? gefalteten fjänben; er
lernt eine gebredtfelte pijrafe Hnfcpeitfdien, ttrie ber Sdmlfnabe
einen Kreifel peitfdjt; er treibt unb ©erträgt alles, was ber
Strauß»2ttagen fanbumftenftölmenber pbUifier, pebanten unb
(Conoenien3«Znenfd?en oerbaut: er flimmert ftdj 3ulefet fo
wenig um bie Cuftfpiegelungen wie um bie bleidjenben (Serippe,
roelcfye itmt ben richtigen XPeg burdj bie Samara 3eigen; er
trinft faules 23raf« unb <£ijlemen»tDaffer, als wenn's Spring«
Quell wäre; unb bann urieber bringt biefen gelben, IHärtyrer
unb ZDüften-pilgrim eine Kleinigfeit 3ur Per3u>eiflfung ; äbn«
l\dt jenem Unglücf liefen, ben ein 23ifd?of aus ber mittelalter«
liefen &eit lange vergebens martern lieg, bis bie genfer
entbeeften, baß er mit einem Kifcel um ben Habel 3U allen
möglichen (Seflänbniffen 3U bringen fei.
lüas midf nun betrifft, fo ijt mein <5ebulbsfaben, mein
fifclierfer Habel: bie Conoerfation mit einer perfonage, bie
fo 3erftreut unb 3erfab,ren ifl, baß fte feine fünf ZHinuten
unb feine fünf Sefunben mit ungeteilter 21ufmerffamfeit bei
einem Ojema ober einem (5ebanfen oerbleiben fann; baß
fte auf feinem punfte feft 3U machen tft, baß fie fteb. auf fein
3nteref[e mit ibren (Bemütbs« unb (ßeiftesfräften concentrirt.
Unb u>er fytt roieber bie <£fyre, Pradit«€remplare biefer
Serfabjenfyeit 3U liefern? — wer anbers als bas fdföne
(Befdjledtt, bas ftd* bie gerfhreutbeit unb Oberflfäcrjltcrtfeit
noch, 3ur Ciebenswürbigfeit, 3ur £eicr/tigfeit unb 3um feinden
(Con anrechnen barf, welcher befanntlicft nieftt erlaubt, baß
man irgenb ein (Cbema grünbltcb, mit €ifer unb 2lccenten
oentilirt.
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(Eallot ff mann flagt in feinen phantapeßücfen über
IKupf:
„Sich ! es gefdjah €uch DieHeicfr noch nie, baß 3fr irgenb
ein CieÖ fingen tooßtet vor Augen, bie <£udj aus bem ffimmcl
herab an3ubltcfen fdnenen, bie <£uer gan$es befferes Sein auf
<£uch ^ernieberjlra^Iten, unb ba§ 3fr auch toirflid? anfingt
unb glaubtet, nun fyabe <£uer £aut bie geliebte Seele burch«
brungen, unb eben nun werbe bes Klanges höchfler Schöning
(Cijauperlen um jene 3U>ei Sterne 3iefrt; aber bie perlen
roanbten pdf ruhig nach irgenb einer Cäpperei tyn, etwa
nach irgenb einer gefallenen 2Hafcfr, unb bie €ngelslippen
cerfniffen, unfrlb lädfelnb, <5ähnen, — unb 3fr hattet
gnäbige 5rou ennuyirt." — 2lber welche fdmelipe Concen«
tration gewinnt biefe fmnlicfr Serfafrenfrit ber Stamn, u>enn
es bas Arrangement ber (Toilette unb ufre Hectipcation im
legten 2lugenblicf gilt! ZHit welcher Präcipon unb (Confe*
auen3, m ^ welcher Hrnpcfr unb 2)etail«<55ewiffenheit wirb Ijicr
jebes fjaar unb iebes Sältdjen fontrolirt. 3ei (Eitelfeitsfünfkn
3eigt ber 5rauen*E>erftanb aüerbings Centrum unb Peripherie.
„3ch ftanb 3uu>eilen (berichtet ber Heifenbe Kohl in feiner
Schrift „aus meinen Kütten") einige Augenblicfe m bem
Por3immer r>or einem (BefeHfchaftsfalon fftH, um bie <5epcfrer
ber ZKenfchen 3U beobachten, bie frer ihre ZHäntel unb
Capoten ablegen unb bie pdf in ben für ifre Bequemlich-
feit aufgehängten Spiegeln 3U betrachten pflegen, um noch
einige fchliefjliche Correcturen in ihrer Coilette 3U machen
unb bie flehten 23ocffalten, Cocfenoerfdn'ebungen, unb Collier*
perbrehungen 3U rectipciren.
HHe eifrig pnb pe babei! IDelch ernftes <5epcht machen
pe ba3u! Wie bajHg 3upfen pe bie Kleiber 3urecht! 5ajt
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mit 3itternben £}änbd)en legen fte bie perlen auf bem fcfyönen
ttaefen in ©rbnung unb fahren mit bem bebenben Ringer
an bem äußerßen Hanbe ber Cocfen fyn, um irgenb ein
roiberfpenjhges £)aar in Heitre unb <51ieb 3U bringen, £5
fdjeint faß, als fei uVe gan$e Seele von einer ängfHidjen
Spannung ergriffen. Die IPorte, bie fte einanber 3ulifpeln,
ftoßen fie rafdi unb heftig fyeroor: „lld\ fjimmel, mein fjanb*
fduu}!" — „fjalt einmal, Anette, beine Scr/nafle ft^t etwas
fdn'ef!" — „3^ bitte bidj, £uife, lag fefyen, bein Iinfer (Drjr«
ring Bjat ftcf^ oerfyängt!" — <2ine IDolfe r>on forgenber
€rn>artung ferjeint auf ben ferjönen Stirnen 3U liegen, bie
Codfter tjält jtcrj nafye 3ur ZHutter.
5ü^rt jene Cr/ür 3U einer ^olterfammer? ©ber ftfcen bort
pieüeicrit profefforen, roelcrte biefe Damen in irgenb einer
IDiffenfdiaft ftreng eyaminiren rooüen? Sinb es metteiertt
gar bie (Slaubensforfdjer ber ^eiligen J^ermanbab? Heini
Denn fteije, fie öffnet ftd} unb ein £icr/tmeer von fjeiterfett
unb Scriön^eit bricht ffrafyenb baraus tjeroor."
3n einem 5*auen«Homan fommt bie Stelle vor: „Die
5rau, in roelcrte Cage bes Cebcns fte auet/ fommen mag,
entjtnnt ftdj jeber Kleinigfeit unb erwägt jebe Kleinigfeit*
Sie fann an ein Heines £udj oem 5lor benfen, roenn fte t>or
Siebe brennt; fte fann baran benfen, tote fte mit 2lnftonb
fterben fofl, unb 3toar in ben 2lugenblicfen, baß fte jhrbt;
unb fte fann aueb, an jebe mögliche Kleinigfeit benfen, wenn
fte tfjr 2Hles oerltert. "
3n (Söttje's „Hermann unb Dorothea" lief! bie ZHutter
ber Dorothea beim (Sange bureb, ben (Sarten, toäljrenb ber
größten Aufregung unb voo es ftcb, um bas IDobJ unb Xt)eE)e
ber Cocrjter fymbelt, Haupen oom Kofyl.
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- m
3n berfelben Stunbe, in bemfelben 21ugenblicf, n>o ber
Dlann feiner 5rau ben 23anquerutt bes Kaufes entbetft, iljren
Batfy unb ifyre ungeteilte fflitleibenfdjaft perlangt, befommt
es bie Dame, n>enn fie eine richtige Hepräfentantin üjres
(ßefdfledjts ifl, fertig : über einen 3erbrodtenen CeHer ein ^aHo^
311 machen, ober bie IKagb aus3ufcfielten, ba& fte bas 2luf.
toafdj'IDaffer nidjt beim ZTIittagsfeuer 3um Kodden gebraut,
fonbern ertraorbinair ^0(3 angelegt Ijat.
Zl&fyv erroogen, bilbet bie Sparfamfeit ber jrauen, bas
(Elementare, gar ntdtf 3U 3erftörenbe (Segengeroidft 3U ber
Dcrfditpenberifdjen Cebensart ber ZHänner; bag aber felbft
gebilbete 5?auen ifyre XTatürlidjfeiten balb lifhg 3U mos«
firen, balb gan3 unb gar nicb,t 3U fontrofltren unb 3U fus*
penbiren perfteb^en; bas ifi eben bie Fatalität unb ber Sfan*
bal por ber Pemunft.
Die gan3e ZTatur ber 5rauen3immer fpiegelt ftd? in ibren
freunbfdiaftlidjen Briefen.
IDie ba 3. 33. Wittes burcb,einanber gerührt ift, n>ie bort
naio unb leichtfertig Pom £}öd#en unb U)efentlid#en 3um
(5emeinßen, Cripialften unb <5eringfügigjien übergegangen,
XDifc unb 2tberurifc 3ufammengebraut u>irb; fo ijt aueb, in ber
BriefjfcHerin felbft fjimmel unb fjöHe, „Drecf unb 5euer y/
burdieinanber gerührt«
€ine (Sräfin giebt 3. 33. Briefe über Aegypten in ben
Drucf, unb begreift niety, baß bie „liebe cllara," mit ber
fte forrefponbirt, unmöglid] neben ben pyramiben unb ben
Königsgräbern 3U leiben, unb baß überhaupt bie ägyp*
tifd)e ZPelt nicb,t im Conperfationspyl ab3ufaffen tft
Soldje 3nconpenien3en lefyrt aber bas (ßeariffen, lefyrt eine
tiefere ZTatur ben ZKann. XDeiber unb SünbelOuben forn*
33. ©olfc, Hoturgefd}. b. jrauen. \ \
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bmiren ohne Sinn unb <6efü^I für bie fjeterogenität ber
Sphären unb poten$en; welchen bie analogen Ztlomente ange-
hören; ihr IDife unb fjumor toirb gefchmacflos unb abfurb,
fo tote er ben gan3 befannten Boben oerläßt.
tteulich follte eine (Souoernante mit ihrer prin3ipalin auf
bie beauemfle IDeife nach Hont reifen: nämlich gan3 umfonfl,
was bie Heifefojten betraf. Das 5rauen3immer hatte aber
nicht fo uiel orbinairen X>erftanb, nicht fo oiel Sinn unb
(Sefühl einsufteigen, obgleich ber Wagen t>or ber (Efyüre ftonb.
Unb was meint man, voas ber (Suten fehlte? Dielleicht
03efunbheit, Cafdjengelb, freie Difpofttion 2c; bewahre: fon«
bern „ein Heifefleib." Unb btes Beifptel will nichts fagen
im Vergleich 3U anbem <5efchichten: — €s geht eine I}och«
3ett am Polterabenb rücfwärts; unb was bebauert bie ZHutter
ber cEjgeburt bei bem ZHalheur?: „baß nun all bie fdjönen
Kuchen umfonjl gebacfen ftnb" — unb biefe KuchenbäcFerin
gilt fonfl mit Hecht für eine oerjtänbige unb freu3brat>e
5rau. — <£s ift einmal fo bie ZTatur bes tDeibes, bas bitter«
nächße unb ^anbgreiflidjjie in Rechnung 3U nehmen, bas
Züichtigfte mit bem Unwichtigen 3U oermengen, bas Zufällige
intereffanter 3U fmben als bas, n>as 3ur fjauptfache gehört.
<£s giebt 5rauen3immer, benen bie €b,re ihres Kaufes
lange nicht fo oiel Sorge, als bie IPeiße ihrer Stubenbiekn
macht. 3h r eheliches (Semahl fonnte womöglich befpieen
werben: fte ertrügen es mit Huhe unb würbiger Haltung;
aber, ber 23efpucfte barf ftch nicht beigehen laffen, feinen
2lerger auf bie weißgefcheuerten Dielen 3U fpeien, fonft h^en
Hefignation unb Sryl bei Derjenigen ein cEnbe, welche ben
guten (Senius ber Dielenwäfche t>or3ujtellen bie €hre hfoL
2lchl es ift fo füß, weiße Dielen 3U höben, unb erhebenb ijl
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bas Betxmßtfein, voenn es bie n>eißef*en in ber Stobt unb
Umgegenb ftnb.
<£in beutfdier 2Jr3t in XParfcfaiu er3ätyte mir bei <5elegen*
tjeit, baß t>on ben liebensmürbigen €igenfdiaften ber polni*
fdjen Damen im «ßefdiäfts-Perfefa bie Hebe mar: 34 befuge
#er 5rauen, unb es ftnb eben bie <5ebilbeten; ba bellt midi,
fo n>ie tdj in's Simmer trete, ein CieblingsJmnb an, »enn's
nidjt üjrer breie ftnb; — ba ergeben Kanarienvögel ein fo
betäubendes <5efdjrei, baß idj mein eigenes IDort nidft ©er«
flelje; biefe Dinge ignorirt inbeß bie Dame oom Ijaufe mit
ber größten (Bemütfjsrulie; erjt wenn ber bifftgjte Köter midi
am 33einfteibe 3errt (ober ein anberer fteinalter l}unb midi
por Sdjroädie unb ohnmächtiger Wixtk anEjoffirt Ejat), fagt
bie liebensumrbige patientin, meldte beftänbig an unregi«
ßrirten unb unbefttmmbaren Kranf Reiten, an einem all«
gemeinen unausfpredjlidien Uebelbefmben leibet « Joli, fi donc!
fei bodi artig $um CDnfel!" — (Einmal riß mir biefer
£jnnbe«Zlejfe nrirfltdi einen 5*fe*n aus bem 33einfleibe heraus,
ba ftrafte itjn jeine fuße fjerrin mit einem dipfel i^res parfü»
mirten unb gcfh'cften (Eafdientudis, inbem fte, u>ie in ber Per»
anlaffung ber letditen Unart eines Kinbes fagte: „Das fyxt
ber garpige 3oli nodj nie getrau." — Klan hörte beutlidi
bie (Senugtfjuung ber fjerrin über 3oli's Küfmheit; mein
2Ierger unb Sdicben ging bie Dame nidits an.
* *
*
d) 5 rau€n $* mmer, 5 a 9 ons un & Satisfactionen*
€s giebt perfonen, unb namentlidi 5r<men, bie burdj feine
5reunbfdiaft, feine nodi fo außerorbentlidte Situation, unb
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m -
bwcdt fein ZKanooer, ans ttjrer Sörmlidtfeit, 3U irgenb einem
Selbfibefenntnig, ober einer 21ufrid}tigfett 311 bringen jmb. —
Zttan tarin mit iEmen 20 3a^re oerfel^ren, unb ift foioeit als
am erflen (Lage. ZHan becouorirt Urnen Ellies, unb fle
fd)ütten feinen 21ugenblicf ü}r I?er3 gegen uns aus, roeil fie
bas für Scfcroädte unb gemeine Ztatürlidffeit galten; roeil
Eerftellung ifjre anbere Hatur ijl, »eil fte 5*ofd>blut Ijaben;
roeil bas 23erou|jtfein einer bifhnguirten, förmlichen Jaibing
ifyrer cEttelfett 3U fdimeidießjaft tft. —
tt>ir ZHenfdjen »erben oon einem 3n)mtct getrieben, bas
3U Ütpxn unb 3U laffen, roas unferer Xtatur conoenirt. —
Durcfi biefe Oefonomie unb Dimnation gefd|iefyt es, bag bte
5rauen, roeil fte mrrenbig bte roettertoenbigfien, bie roeicfyften
unb fdiroäcrjjten ZlTenfdien fmb, ftd? nad? äugen tyn gegen bte
€inroirfung oon Dingen unb ZTIeuf djen burd| ein 2lrfenal
pon formen unb (ßrunbfäfcen oerfdian3en; unb bafc fte
ftdt plöfelidf in Sdjaum oerroanbeln, fobalb einmal oon
ber Ceibenfdjaft bie 5lafcrte entforft, i% roeldie ben aü^uele«
mentaren (Seift oerfdjloffen fyelt. —
hiermit ifi aber nur bie (ßefdjidjte ber 5afäion in gef£u}l*
ooflen unb noblen Srauen angebeutet. Die prüberie, bie
5ormen*f}eiligung unb ber fogenannte feinjie (Eon bei ber
großen 2ttaffe bifhnguirt«fein«rootlenber perfonen: ijl ein
Sditoamm«<Sett>ädis, ein Derjtl3ungs»Pr03e§, — ein, mit
rrticroscopifdjen pil3en bebecPtes XtToos auf ber &inbe bes
Lebensbaumes; oft nur ein mineralifdjes probuet, eine
KrYftoflifation. 5tol3 unb fafljionable Haltung ftnb in
ber Hegel bie Diagnofe eines fjers* unb pfyantaftelofen Per»
Raubes, ber in feiner Hnf&fygfett: bie <5ebanfen mit ber
Seele 3U ©erfahrneren, ftdf mit cTultur*<£t|ablonen begnügt.
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— 165 —
<£fjablonen»£}öflidif*it ijt audf eine <5rob^eit — 3m
Vettetyc mit Ebenbürtigen, 5*eunben unb Perwanbten ifl man
natürlich, mit gemeinen Ceuten unb Dienfiboten ift man sans
fa$on — unb mit foldjen, beren Dreijhgfeit ober Selbjtge»
füfy man in gehöriger Entfernung galten will, braucht man
^örntlidtfeit ober Ceremoniell als Sdieibemanb unb potyel —
Die gebiCbetften XPeiber fönnen aber nidjt begreifen, baß
bie große <£ourtoifte, mit ber man fte be^anbett, ein Setdjen
i% baß man fte für eitle, oberjfödtfidie äefdjöpfe Ifält, bie
man mit 2lrmfeligfeiten abftnben barf. ZKit Stauen, bie ber
ZKann oon fje^en fy>dtaditct f geljt er unbefdjabet ber befon»
deren Delifateffe, meiere Spanen allerdings beanfprudien
müffen, gan3 fo efyclxdt, freimütig unb natürlich um, wie
mit perfonen feines (Befdjledtts.
33o3 Kiefens giebt uns in „Klein«Dorrit" mit fiereo«
ffopifcfyer Creue unb einem IDifc, ben nur bie 3"bignation fo
prägnant machen fann, bas Urbilb einer faffjionablen
Dame, bie 3ebermann ben Einbrucf maefy, baß fte burdj
Gimmel unb fjölle reifen fann, olme ein Stäubten oom
arijtofratifdjen puber 3n oerfdiütten. „Oon perfou war
tflrs. (Seneral mit €infdtluß iljrer Unterröcfe eine würbe«
Polle unb impofante Erfdjehtung: pofl, ftol3, einfyerraufdfenb,
emft, voluminös, unb fer3engrabe. Ulan t^dtte fte auf ben
(Bipfei ber 2Ilpen unb in bie Ciefe oon fjerfulanum mitneh-
men fönnen, olme baß eine 5alte i^res Kleibes aus ber 0rb-
nung geraten wäre, ober eine Stecfnabel Ujren plafc ©er»
laffen ^ätte. IDenn ifyr 2lntlt% unb fyiax ein mehliges 2Ius*
fe^en Ratten, fo mar es me^r, »eil fte 3U ben Kalff djöp»
fungen gehörte, als weil fte grau geworben war. lOenn
ü?re klugen feinen 2lusbrucF befaßen, fo war es wafrfa>em»
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üdi, weilpe nichts aus3ubrücfen Ratten. Wenn pe wenige Hun*
3«ln ^atte, fo war es watjrfdieinlidf, weil tt)r (Semütf} niemals
feine IHyPerien ober irgenb welche anbere 3«f^nft auf üjr
<5epdjt gefcfyrieben ^atte. Sie war ein faltes, wädtfemes,
ausgeblafenes IDeib.
ZTZrs. (ßeneral fyatte feine reellen <£r3ielnmgs.2lnpditen. 3fyr
IDeg, ein (Semütfy 3U bilden, beflanb barin, baß pe es bapor
bewahrte, pdi Slnpditen 3U bilben. Sie fyatte einen fleinen
runben Apparat von geizigen (Beleifen ober Schienen, auf
rceldjen pe anberer Ceute tfnpcfyen laufen lieg, bie einanber
nie einholten unb nie irgenb 3U einem giele gelangten. Selbp
\fyc ^Inftanbsgefüiil fonnte nidjt befreiten, baß es unanßän*
bige Dinge in ber Welt giebt; aber ber XOeg, u>ie ZHrs. <8ene*
ral bas ttnanftänbige los würbe, bejtonb barin, baß pe es
Derjtecfte unb bie Ceute glauben madjte, es gäbe nichts ber
21rt. Diefes war eines oon ben ZlTanöoem, wie jte (Semütfjer
bilbete. — Sie jlopfte alle fdjwierigen ober fatalen Dinge in
tDanbfdiränfe, perfdjloß pe unb fagte, pe feien nidjt vor*
fyanben. <£s u>ar ber leidjtePe ZDeg unb oljne allen Per»
gleich ber anpänbigfle.
Diefer ZTTrs. (ßeneral burfte nie etwas €ntfefelicbes e^äljlt
werben; Unfälle unb Ceiben unb (5ewaltt^aten burften nie
gegen pe erwähnt werben. Die €eibenfd|aft mußte in ifjrer
(Segenwart fdjlafen geEien, unb 231ut pa\in Vfixidt ober tt>af[er
üerwanbeln. IKrs. (SeneraTs ZHifpon war es, bas XDenige,
was nadt allen biefen 2tt>3Ügen in ber tDelt übrig blieb, 3U
überprniflen. 23ei biefem tbrem 33ilbungspro3eß taud\te pe ben
f lehnen aller pinfel in ben größten ber Opfe, unb überprnißte
bie Qberflädie jebes in 23etracfyt fommenben (ßegenflanbes. 3e
rifpger er war, bepo mebr überprnißte iB^n 2Tlrs. (ßeneral.
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€s roar firniß in ZlTrs. <5eneral's Stimme, 5irniß in TXlts.
ö3eneroTs 23erübrung, eine 2ltmofpbäre oon firniß um Ztlrs.
(ßeneral's 03ejlalt. DieCräumeoonZTTrs. <5eneral Ratten gefir-
nißt fein müffen, aber Cräume fteHten fteb. Bei ibr niemals ein,
Selbjl 3U ben gebildeten ungemeinem 5*auen gehören
ifjre Per^ältniffe, bie Umgebung, bis auf bie äußerlichen
Dinge unb Sufäfligf eiten ; tue Kleiber aber gan3 unb gar.
IHan fann fte faft als mit trjrem Körper oerroacbjen anfefm.
— Kleiber machen nietet blos Ceute, fonbern recht eigent-
lich 5tauen3immer; 5rauen fühlen ftch begrabirt unb per*
nicktet in einer Coiffüre, bie unter ihrem 5tanbe ijt, ober
ümt eben nur entfpricht, ohne $u einer I|öBjern 5tufe I|inauf-
$u$üngeln. IDeiber fhtbiren an fleh rote an 2lnbern 3UPÖrberji
ben 2ln3ug nach ?noben<<5efchmacf unb Preis; fte Derselben
einen 5e^(er gegen bie Kleiberorbnung oiel fertigerer, als
einen gegen bie Vernunft. Die Sa$on geht ben IDeibern
in ben meinen 5äHen über bie Sache, unb bie Citelfucht
ifl bei ihnen fo unheilbar, roie alle bie anbern Suchten in
biefer curiofen XDelt.
X?at ein I>ice«<ßefretter eine Jrau, fo ifl Ujr Kummer ftcher-
lieh ber, baß fie nicht 5rau <ße freitin titulirt rotrb.
2tHe iDeiber apanciren in allen Spören, gelehrten »ie
ungelehrten, weltlichen roie geiftltchen, mit ihren cEheherren
in bie IDette. (Eine Stau Hätten (nicht $rau Hatb.),
marfirt fdjon anbere 2lirs, als bie Stau Slffefforin pon
gef!ern. üerhältniffe unb 2leußerlichf eiten beherrfchen roohl
auch ben ZHann; 3um Bleibe gehören fte aber roie bie Seele
3um Körper; fte geht in Sleußerlichf eiten unb c£onoenien3en auf.
Selbft bie Znyfferien ber O)eologie 3term feine Scheibe»
unutb 3toifcfien bem gelahrten (Satten unb feiner natureüflugen
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— \68 —
5rou (Sematym. — Wenn jte 3. 3. einen Pajtor fyeixatfyet,
weiß jte in ber Hegel nur, baß fte 5rau paftorin werben
will; wo möglich auf bem £anbe, um bie ZHartins*<Banfe
ber Calenbe em3ufchlad?ten. Nebenbei aber begiebt jid? htt
3ntereffe ibrer bioinatorifchen Seele bas IDunber: ba§ fte,
wie man eine fjanb umbreht, fromm unb bibelgelehrt geux>rben
ift. 3« XDerfen seigt ftcr> biefe XPanblung weniger als tu
ßeberben unb IDorten. 2Tltt biefen ergäbt, erhärtet unfc
beftätigt bie $vau paflorin alle chriftlichen 21usfprüche unb
Behauptungen, bie oon ihrer orbinirten £^e^ä(fte ausgehen,
— wie eine d^rtfklic^e €d?o, bie 3uglei<h auf Heplifen einge«
richtet ijt. Das „mulier taceat in ecclesia" aboptirt bie getjt«
liehe Dame aus bem theologifcben prioatiffimum nur unter
ber 3ebingung, wenn es ihr uon bem guten pajtor fehr ent«
fdneben mjmuirt ijt. — 2luf bem £anbe aber, wo bem per*
einjtebelten UTann <5ottes bie liebe 5rau 2lDes in Willem fein
mug, ba läßt fleh fein ZHannes«Hegiment unb feine Disci*
plin fo ftrifte burchführen» Anfangs regieren 3wei (Semalten
bas fjaus; 3iilefet aber iß's bie 5rau paftorin, welche fagt:
la famille c'est moi; unb bie Familie ijt bann ber tflann.
Unb menn's nur noch bei ber jamilie bliebe; bie Dorf«
(ßemeinben aber wiffen am beflen, wo bie erften unb bie
legten 3mpulfe unb „Drucfer" ber Dorf* Hierarchie, unb
bie Confequen3en bei Eintreibung ber Stol«<Sebühren h***
rühren. So etwas Selbjwerebeltes, runbum Slbgefchlojfenes,
ftr unb fertiges, (Zfyatatterfefies unb Diplomatifch'<£lajtifches
wie eine pajtorsfrau auf bem Dorf, giebt's unter ZHännem
unb gelben nimmermehr.
Wie leicht Stauen ben Esprit de corps unb bie Situation
begreifen, fann man an jungen <2)fft3ters«Damen erfeben.
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Kaum iß bie Bürgerstodjter 3U bem (Slücf gelangt, eine
gnäbige 5tau titulirt 3U toerben, [o l\at fte jtdj auefy aße bie
großen unb flehten 2lirs, tDeldje 311 ifyrer neuen IDeltjleuung
gehören, bergejialt 3U eigen gemacht, ba§ man ifyre tEour»
nüre von ber einer gebomen gnäbigen 5rau nur in bem
5afle unterfdjeiben fann, toenn man felbft 3U biefen „<Snä*
bigjfen von €£traction" gehört.
(Dfft3iers»Damen bebütiren ein feines bifmtguirtes (ßenre;
es haftet tfjnen ein Duft t>on romantifdfen 3IIujtonen an;
benn i^re ZHänner jinb bie lefeten Vertreter ber Stanots* unb
3übungs*Unterfcfyebe bes Mittelalters, ber Hitterlidtfeit, bes
Royalismus, ber perfönltdjen €fyre, bes Snjeifampfes, ber
Courtoifte. Die Gattin bes beamteten, bes (Belehrten, bes
Künfilers, bes Kaufmanns, bes <5utsbe(tfoers fann fefyr leicht
nidjt nur eine reiche, fonbern eine feingebilbete Stau fein;
aber fte barf ftd? gleid}tt>ofil nidjt fo 3UDerftd}tlidi in ben 2lrm
u?res ZKannes fangen, unb an feine biete ober bünne (Caille
fdmtiegen, als bie noble <5attm eines 0fft3ters; benn nur
biefe nl einem Hitter, emem Caoalier getraut, ber üjre <£I?re
mit bem Sdjtserte 3U oertfyeibigen bereit unb gefefteft genug
ifh — Zlut ber ©föier ij* ber (Seemann, ber feine ZHuge.
fhtnben ber jamiüe unb ber Dame bes Kaufes toibmet; ber
Zflann, beffen romantifdje (Sefü^Ie jtdi nidjt oon gemeinen
(BefcWftsforgen, Arbeiten, ober aufreibenben Stubien abfor-
bhrt fmben. Die 5rau eines präftbenten, profeffor's, Hüten
gutsbcftfcers ober Banquiers u>ei{j feljr mobf: ba§ ein engßes
2tn(d] liegen an bie fhrapa3irte, entmeber 3erjhreute ober abjhracte,
unb nadjläfftig gefleibete 5igur U?res fjerrn (5ema^I unmo«
tioirt, ja fogar unmöglich »äre; {internalen ber (6ute feine
tieften Satisfactionen: aus ben (ßefdtäften, ben Stubien unb
f .
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— \70 —
ifyren Erfolgen U&fy- Ä)ie läßt ftdj bei biefen notorifcfyen
lt>al}lr'ertt>anbtfd?aften 3U Künfien unb XDiffenfdjaften, 3um
(Selb ober 311 Kircfje unb Staat ein 21malgamations*Pro3eß
r*on Liebe unb <£fje auf ber (Saffe 3ur Scfyau geliert? TXlan
gefy alfo lieber nebeneinander fyer.
Die Sicherheit unb Selbfoufriebenheit einer jungen ©fft«
3iers»Dame, bie einen fdjlanfen Lieutenant, oießeidjt gar einen
noch jugenblichen Capitata, ja einen befpornten unb befa-
belten Bittmeißer ihren bleibenben Bitter nennen barf, giebt
ftdj bei aßen möglichen, aber gan3 befonbers bei öffentlichen
(Eelegenhetten, 3. 23. auf Spa3iergängen burch bie (Saffen
funb. €s liegt etn>as H^yt^mifches, ettoas (Eän3elnbes, unb
bennoch majeftätifdf (Seroiegtes, (Setmchtiges unb patentirtes,
eine gra3iöfe Parabies»21ifance, ein einiger 5littern>ochen«Stol3
unb Uebermuth im (Sange einer Bittmeifterin. Ulan fühlt
es ihrer bicgfamcn Caifle, ihren gra3iöfen ^üftberoegungen,
ihren elafttfchen gehen an, baß fte leicht unb luftig burch's
Leben 3U tansen meint, baß fte einem IHanne getraut ift, bem
im Can3*Salon ber Portritt r»or allen Blännern gebührt. —
BTan muß barin eine u>eife ZTaturöfonomie anerfennen:
baß bie Satisfactionen unb 3IIuminationen nic^t im gerechten
Derhältniß 3unehmen; roeil fonji bie 5rau eines (Senerals
ober (ßeneral*5elbmarfchalls, aus purer Satisfaction unb
Seligfeit, ben (Seift auftugeben in (Sefahr roäre. <£s gefdneht
aber fetnesrcegs, tx>eil fte 3ulefet alle Kräfte in's BTaaß fefcen;
alfo auch bie 5rau <Dberjt*Lieutenant ©iel menagirter 3U fein
pflegt, als es bie 5rau Lieutenant war. —
(Eine fjochmuths-ZTärrin.
ttTan fleht Leute nach 3e!m unb 3U?an3ig 3a^ren nrieber,
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unb fmbet fie perjlänbiger, manierlicher; vom Ceben geroifeigter
tweber; im Untergründe ihres (Eharafters aber jtnb fte bie«
felben unb 3ii>ar in bem ZTTaage, als ihre eigentliche ZTatur
eine materielle, gemeine, unb unliebenstpürbige tfh — IDer
oavan 3tt>eifeln trollte, bürfte bie alte Befanntfchaft nur in
leibenfehaftlichen Augenblicken, in <Sefchäfts«Perhciltniffen, bei
cErbtheilungen unb in pro3eßftreitigfeiten ferjen. tDie unper»
tpüfllich aber bie ZTTenfchen'Ztarur ift, muß man an abge-
fehmaeften, bünfelhaften unb falb närrifchen 8>eibern, an
fogenannten perrüeften Originalen in cErfahrung gebracht
haben. Vftan gerath oann in ^toeifel, ob bie cE^iehung eine
öffentliche Umtoanblung ber Hatur bewirft; ob bie menfeh*
liehe Cioilifation etwas anberes als eine €infchläferung, eine
bloße 2lbfchu?ächung ber natürlichen (Energien fein fann.
fjochmuth aber ift pon aßen 3äh«n ZlatuX'Wuxscin bie»
jenige, tr>eld]e ihre Sähigfeit bis auf bie lefete 5afer confer-
pirt. 3<h fannte aus ben (Eagen meiner Kinbheit eine per-
uritttpete unb originell'hö'Öliche Dame; eines ehrlichen
Scfmeibers Cochter, unb bann perheiratbet an einen armen,
emeritirten, freiherrlichen ©ffoier, bem eine Krankenpflegerin
noth that. 2Us ber IHann geftorben toar, firrcte ftch bie
3bee unb bas 3beal einer gnäbigen $rau unb „per-
f annten cEbeln" in ber pon fjaufe aus perbrehten, unaus-
ftehlich h^chwüthigen, burch Homane perbilbeten, fchneiber-
liehen Freifrau bis 3ur Abfurbität; benn bei Ceb3eiten bes
ZHannes, ber ein Praftifus unb tebtmann tpar, gab es für
jene Holle fein freies 5«lb. Der Kranfe brauchte 3unächft
unb 3ulefet eine Köchin unb IDärterin, unb bie Hopi3e ber
Abelfchaft hatte fomit für noble Airs unb bijhnguirte Cebens»
arten feine Seit Dann aber 3eitigte ftch ih rc Narrheit bis
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— \72 —
3ur (Corruption. Sie gab eine Stubien»5igur ab; führte aber
trofe aller ZfTif&ren, DerfyöJmungen unb metfyobifdfen junger*
füren, tfjre fyodjnajtge Holle mit natürlicher Spifenajtgfeit,
bis 3U ifyrem Ijodtabligen <£nbe burdf.
Sie erfdjien Sommer unb XPinter in einer, ben IDürmem
mit (Eerpentin abgejagten Sammet«<£nr>eloppe; ferner in ein
unb berfelben, ewig umgefärbten unb umgefefmeiberten <5ar*
berobe, von brei geerbten altfeibenen Hoben; mit brei toertf}»
lofen Demant-Hingen üb?r oernufcten I^anbfctmfjen, bie mit
felbjhreparirten SdmB}en correfponbirten.
3efonbere Slufmerffamfeit oerbiente ein ber Dernidjtung
trofeenber Sammet«5eberfyut; feibene, x>on feibenen Stöpfeln
3ufammengetDurfelte Strümpfe nidjt 3U Dergeffen. — Die
Stanbes* ZKienen ber Dame »erläugneten jtdt felbft im
Cobe nid|t gan3, aber man legte bie eble ZKimin unb
Stanbes*KünjUerin nidjtsbejioroeniger in einen gan3 orbmairen
Sarg.
Das 3ilb biefer Ztärrin jtefyt fefyr n>enigen 5rauen3immem
fdtledttoeg ä^nlicfj: aber bas <5runb*tE^ema biefer Dame
wirb bejto öfter oariirt unb fyei§t £}odimutl|steufelei.
Exempli gratia: 2Xlan fommt Jjeute 3U einem ZHamte in's
fjaus, ber t>ier» ober fedjslmnbert Heidjstfyaler (ßefyalt be3iefyt *
— Da giebt es ein Dijtten«gimmer, womöglich mit ZTCaba*
gontmöbeln, mit bem unt)ermeiblid?en 5ortepiano, mit einem
K(mgel3ug x>on perlen*2lrbeit, nicfyt 3U gebenfen: ber Hofofo«
fpiegel, ber colorirten <5arbinen, ber <£plfeu«2lmpeln unb
fipfyeu-Cauben, ber mit po^edan unb (Sias, mit Silber«
<5efdnrr unb Ztippes*Spiel3eug ausgehärteten Seroante, ber
pljoto« unb Citfyograpften unb aller anbem IHobe^crrlic^feiten,
unferer lurusfüdjtigen &z\t. 5rau (öematyin (gnäbige 5rau)
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\?3 —
erfdieinen in 2lbroefen^eit bes fytvn (Semorjls mit Planieren unb
Hebensarten; bie einer eckten gnädigen 5^au von 2lbel in cor»
rect nadigebrucft finb. Unb hinter all ber pretentiöfen
5a$on unb <£legan3 iji roeber ein materielles, nodj ein geijh'g
folibes 5unbament. — <£s ijt roeber £Dofyjtanb nodj folibe
33ilbung ba, fonbem Flitter unb Sdnilben. — täfeln, ßspeln,
Cournüre, pipafen, £äcrter(id}feiten, ^Tolerabilitäten mit unb
olme Scanbai unb fpottroorjlfeile 5090ns olme £}er3 unb
ZTTutterroifc: bas finb bie Cebens-Hequijtten einer Künftlerin,
roelcrje in einem fjausjtanbe uon oier« bis acftlmnbert (Dealern
ein Pijiten«gimmer etablirt, roeldjes 3toei« bis breitaufenb
C^aler Henten ©orfpiegeln foH, — XDie ber $rnnitten»Znagen
bie KartoffeMHajt, roie er bie materiellen Hequiftten bes
X}ausjtonbes in <5ejtalt oon Speierterbutter, uon Bracffleifcrj,
oon echtem <£ict?orien'Kaffee, r»on jtarf em fjalbbier unb Korn»
mtfcbrob mit jenem Eijtten« unb UTöbel«£üjtre in Harmonie
bringen fann: bas f Ammert bie neuftlbere <5näbige feines*
roegs. Sie ift in rieten jäden nur eine ehrliche XDurjhnacfjers
ZHabemoifette, geroefene pufcmacrter-Scrtönrfeit, ober abge*
raudjte Sdmaps*£aben«inabonna, afleroeile affectiren, aber
Diefelben Ijö^ere 2lirs, unb fyaben jtcti, roie bereits permelbet,
ein gnäbiges <£ntr£e*e3immer oon ben 3roei piecen abge*
3roeigt, bie überhaupt 3ur Difpofition jtefcn.
Die Ztoui3e ber arnlofratifdien gimmer-Znyjterien pöfelt
alfo ftdi felbjt, bie liebensroürbigeu Xüürmerdjen, unb ben
perfuabirten <£fye<Krüppel in bas fjof3immer, b. Jj. in bie
Kmberßube ein, bie 3ugleicb, Sdilafftube, Caboratorium, €ß*
3tmmer unb alles Uföglicrie ober Unmögliche barjteüen mu&,
alfo eine 2ltmofpljäre probu3irt, bie gleicb. einer d^ronifdjen
Familien -peft: bas gan3e Ztejt imprägnirt, unb langfames
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- M -
(Sift in alle ©rgane mifcht; bas giebt bann propre unb Ijeüe
ZTachfommenfchaft.
* *
*
e) Die Knauferei unb ber (Bei} bes frönen
©efdjledjts.
H>er fein 3&eal »on feinen Damen einbüßen roill, muß
fic faufen unb bin gen fefyen. 23ei biefer Gelegenheit 3eigt
ftdj mit p!jotograpl|ifdjer Ausführlichkeit unb <£onfequen3, baß
ben 5rauen3tmmern Scham unb Delicateffe nicht in allen
5ormen unb (Chancen innewohnt, unb baß ein ZHann im
<5efchäfte unenblich einjtchtsooller, billiger, nobler unb beli»
cater ijl, als bas gebilbetjie Weib, 34 laffe mir's gefallen,
baß man biefe Säfygfeit unb Knauferei aus ber gan3en Stel«
Iung ber 5rauen herleitet, bie auf unabläffige Sparfamfeit
unb einen üerfehr mit ben fleinlichßen Dingen angetxuefen
ftnb; aber Alles in ber IDelt ^at feine Greven, unb bie
5rauen galten biefe <5ren3e befm ^erunterbingen fo wenig
ein unb betreiben baffelbe fo con amore, baß jtch jeber unbe*
fangene Beobachter über3eugen muß, ixrie geldlicher ZKangel
an BiHigfeit, Scham unb (Einfielt babei im Spiel ift. pol*
nifche Damen überbieten in ber Unüerfchämtheit noch bei
weitem bie beutfehen grauen. Die jübifchen Schnittroaaren«
fjänbler offeriren tlmen beim fjanbeln einen Stuhl, bamit bie
pro3ebur mit aller ^ä^igfeit unb Seitoerfchroenbung oor ftdj
gc^en fann. Die polnifdje <Sutsbeftt3ers*5rau, gnäbige „Imösc
Pani" läßt jtch roeit unb breit mit ihrer Hobe nieber, fchlürft
bie präfentirte tEaffe Kaffee mit (5ra3ie ein unb fchachert
einen polnifchen (ßrofehen oon ber <£He Kattun hinter, ohne
3U beben!en, baß fte ben fo erlangten profit sehnfach an einer
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Seibentoaare büßen muß. Deutfche grauen laffen pch auch
ehten falben taben burcha>ühlen, faufen bann bret«
viertel c£Hen 5utter3eug unb bringen es ben andern (Eag
ttneber, toeil bie Sdmeiber'ZnamfeH auf einer gan3en €fle
bejtety.
Die Gemeinheit ber Ceute Fann man aus mancherlei Din«
gen abnehmen, unter 2lnberm aud) aus ber Kargheit ber
Crinfgelber, mit ber jte bie genoffene (BaPfreunbfchaft vov
ben Dienflboten ihres Sonetten IDirths blamiren. (Dber fofl
ber Diener feinen fjerrn nicht 3ulefet für einen £ump galten,
roeil er mit folcrjen Cumpen Perfehr unb 5reunbfd?aft h a */
bie nicht einmal unffen, toas bei gaßlichen Gelegenheiten
SlnPanbs falber für bas DtenPperfonal abfallen muß? £>eibs«
Ieute 3eigen aud] nrieber bei biefer (Belegenheit ©or3ugsu>eife
ihre eble Dreipigfeit unb Knauferei. Sie fefcen mit ihren
taufenb flehten BefieÜungen, Bebürfniffen unb geforberten
Bebingungen einen galten ^ausßanb in 2llarm, unb ftnb
hmterbrem unoerfchämt genug, ben Dienpboten, roelche burch
pe auf bie ungebührliche 2lrt abgemübet unb chicanirt roorben
pnb, entoeber nichts ober folche Kleinigfeit an3ubieten, bie
ein honetter Dienpbote felbp als ein Biergelb fortgiebt. Unb
roie gern rootlte ber Genius ber ZlTenfchhett biefe Schwäch*
Beleihen, unb für Sparfamfetten auslegen, toenn bie ^aus*
frauen nicht bas getoiffen* unb bas gefühllofe Derbrechen
begingen, ben armen Dienjlmäbchen 2lb3Üge oon bem
geringen unb fauer ertoorbenen Cohn 3U machen —
roeil pe 3erbrechliche Sachen mit unb ohne Schulb 3erbrochen,
roeil pe leicht »erlierbare Klemigfetten oerloren tyiben, ober
roeil fchroer 3U hütenbe unb 3U controllirenbe Gegenpänbe
ihnen abhanben gefommen pnb. — Der turusteufel ber
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- \76 - ,
tarnen führt aber ben bes <5ei3es, ber Ungerechtigkeit nnt>
(Befühüoftgfeit an ber l}anb.
Werbet prätenbiren eine belicate Ztatur; wenn fte aber
ein paar Silbergrofcfjen 3u erfparen benfen, fo jmb fte unbil»
lig, waghalfig unb unbelicat. (Ein ZPeib auf Beifen mad?t
Kiften unb Kaften boppelt fo grog unb fdjwer, als bie Vor*
fdjrift erlaubt, unb iji h<Wi* erfteunt, wenn bas nicht gut
getrjan wirb. Sie perbietet ben Herren bas Bauchen unö
erlaubt fid? einen pinfeher ober ein fdjreienbes Kmb. IDenn
biefe IDeiber Karten fpielen, fo galten fte ben (Caoalier für
einen (ßrobian, ber ihnen bas (Selb abgewinnt. Der rohefte
ZTCann macht nimmermehr folerje Sumuthungen an feinen
ZTebenmenfchen, wie oft ein gebilbetes XDeib. 2Iuch bie Wölfl*
gesogenen finb bie perfontfteirte Unbilligfeit, wo nur irgenb
ihr 3ntereffe, itjr (Etgenthum ober bie perfönlidjfeit in's Spiel
geräth. <Es ijt wunberhübfeh mit einem XDeibe auf ber
<5ren3e 3U wohnen. Drei 3uben haben nicht fo oiel 3nbujlrie
unb 5rechh*i* im Schmuggeln als ein XDetb. <£s rommtpor,
ba§ IDeiber oon Stanbe bem Kaufmanne JDaaren unter ben
ffänben fortfielen, bas tfyin bie ZHänner nimmermehr, falls
fte nicht profefftonirte Spifebuben finb. 3ebermann nimmt
Slnftonb, feinen Hebenmenfchen ohne 2Toth 3U incommobiren;
ein IDeib giebt unbarmber3ig 3ehn 23efteÜungen in einem
Zithern unb ift uns eine (Etqbuße oon 3ebn Chalern am
IHuthen, falls fte babei wenige <5rofcfcen 3U profthren gebenft*
(Einem armen Kinbe werben bie feilgebotenen (Erb beeren,
welche es ben ga^en <Eag bei einem Stücf chen 23rob — ober
ohne baff elbe — gefammelt hat, erjt befchmeeft, oanrx bema*
feit unb behanbelt, um fte 3ulefet bal& mit (5ewalt für ben
beliebten preis 3U behalten ober 3urücf3uweifen. Dergleichen
— \7? —
unb üiel fchlhumere Dinge bringen fogar bie gebilbeten
Damen fertig, es fdjabet aber u>eber ihrer Bildung, noch ihrer
Ärömmigfeit. Sie präfentiren unmittelbar hinter folchen
(Semeinheiten ^omoopat^ifd) präparirten tEfyee unb ätherifche
3utterfdmittchen mit gewohnter (5ra$ie unb fanft«gefäufelter
Ciebenswürbigfeit. — IDenn man bie Hauslehrer, bie <Sou«
Demanten, bie ZTät^erinnen unb tPtrthfchafterinnen, bie jungen
0efonomen, bie Kaufbiener, bie Cehrburfchen unb überhaupt
bie jungen Ceute über ihre Erfahrungen im Derfehr mit
jungen unb alten, mit gebilbeten unb ungebilbeten H>ei*
bern ausfragen will, fo tx>irb man eine wunberbare Heber»
einjhmmung ber 2lusfagen von bem <5eise, ber Unbifligfeit,
ber Unvernunft, ber Caunenhaftigfeit unb Wiütixv bes 3arten
<5e\d\kd\ts wahrnehmen, falls man felbft noch ein naiver
Heuling in biefen XTlYfterien geblieben ift.
0 Die £üge unb Derftellung ber grauen.
«Die Wtlber ftimmro, ben Qarfentften gleidf, mit einem Fußtritt
bie ganzen (töne ber Waljrlieit unter bem Spielen um."
(3ean paul's Citan.)
„Gott fpt euef) ein <&e{lä>t gegeben, unb Ujr maä>t eudj ein anbete»;
Up fölenbert, iljt trippelt unb ifyc lispelt, unb gebt (Rottes Creaturen
oerffunjte Hamen, unb flellt ruä> unnrifienb aus Ceidjtfertigfeit*
(S Ijafefpeare.)
3m IDeibe fmb XTatur unb Derjtellung fo perwachfen, ba§
man in gewiffen fallen 3U bem (ßlauben ©erfucht »erben
fann: Cüge unb 3ntrigue gehörten 3um IDefen ber weibli-
chen Itatur. Kinber unb JDilbe ftnb, ben (Ebjeren ähnlich-
3ur Cift unb PerfleKung, alfo 3ur Cüge geneigt. Sinnlich,
feit unb phantape Überreben 3ur Cüge, bie primitive ZTatur
(Bolfc. Ita«urgefd>. b. grauen. \2
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— \7S —
im 2ttenfchen ift cgotfHfd? unb befchränft, führt alfo von ber
XDatjr^ctt ab. Das IDetb inclintrt burch feine SdnrȊche,
feine untergeordnete Stellung unb pafftoe Hatur 3ur Ver-
keilung unb £iß, ihm fehlt ber cEnthuftasmus für bie XDatyc»
heit, welcher bie gebübeten Ztlänner djarafterifirt. XDeibcr
fagen nur ge3umngen, 3Ögemb unb mibertoiüig bie IDahr*
heit, fobalb fte ihren 3"toeff* n > Kapricen unb Ceibenfchaften
nriberfpricht. Sie lieben bie Unummunbentjeit, bie geraben
IDege unb Cebensarten faß nie; ihnen erfcheint bie XDafychpxt
5U einfad? unb plump* 3fyre phantaße unb Smnlichfeit liebt
bie IDinfe^üge, fudjt bas Perfdfleierte, bas 5<ttben«Schiflembe,
bas <5ejtaltenreiche unb Verfängliche, ähnlich ber phantaße
bes Orientalen. Der ZTaturmenfch ßeht ßch mit ben erßen
Schritten in ber <£ir>iüfation nach einem Elemente um, u?el»
d?es für bie aÜ3U toetterioenbige unb flüfßge Ztatur ein
<5egengetr»icht abgeben fann; unb er ßnbet baffelbe in einem
Schematismus, »eil er für organifche 5orm erß nach
3ahrhunberten reif wirb. 2Tlit Chablonen unb conoentio*
neHen 5ormen fann bas lebhafte IDetb ihrem elementaren
IDefen eine fjanbhabe unb ein (ßefäjj geben; fann ße aller«
lei Derßecf unb Seither treib fpielen; bie einfache, bilblofe unb
unßnnliche Wahrheit h^t für ihre ftnnliche ZTatur feinen
Hei3. —
jrauen finb rr>ahr, in «>ie fern fte natürlich ßnb; u>ahr,
wo es natürliche fjanblungen gilt: wie in ber Ciebe unb
XHutterfchaft. 3" bem 2lugenblicfe aber, wo ihre Cetben«
fchaften in's Spiel fommen unb fte mit 3ea>ußtfein operiren,
ßnb fte allen DerßeHungsfünßen geneigt Die Jrauen 3eigen in
ben 2taturpro3effen ihrer Ceibenfchaft unb Ciebenswürbtgf eit auch
bie elementare £)ettera>enbigfeit unb Derroanblungsfähigfeit.
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- 179 -
Was ber natürlich unb weiblich geartete (Soethe fo naio
bei (Selegenhett bes erften 23efuchs in Sefenheim ausfagte:
ba§ er es liebe „etwas 3wifchen fein 3^h unb feine <£r«
fcheinung ent3uf Rieben bas charaftertftrt alle ftaturmenfehen
unb alfo auch bas IDeib. Die Raiten ftnb wie <5oethe; in
ihren unwiHfürltchen Cebensäujjerungen, in ihren Sym»
patfyeen, 21ntipathieen unb 2lffeften naturwahrer , b. I?.
minber corrumpirt r>on Schule uub Schematismus als bie
XHänner; aber biefe fmb wahrer in ber Darfteflung ihres
geiftigen IDefens; wagtet burch Perläugnung ber jtnnlichen
Ztatur für ben (Seift unb feine 3been. (Soethe's (Sebichte
unb ZTaturempfinbungen finb unterer, weil natürlicher
als bie von Beflejion burchgefefcte Statur Schiller's;
aber Schiller ijt trofe feines 3bealismus mehr ein wahr-
haftiger 2Tlann als (Soethe, weil er ftch überall ehrlicher,
felbjroerläugnenber, entfehiebener unb rhYthnufche-r finben lägt.
Der fchlechtmeg objectio proclamirte<5oethe jteht ber (Sefchichte,
ber Religion unb ber Philofophie 9«"3 f° fubjectir» gegen«
über, als Schiller: ber Statur, ben jtnnlichen IDerftags-
Biographieen. Die ZTatur ift freilich Xüahrheit; Kinber,
IDilbe unb naioe ZTCäbchen ftnb aber nur fo lange wahr,
als bie ZTatur nicht burch Heflerjon wachgerufen unb mit
bem <5eifte polariftrt wirb. Der cultwirte ZHenfch unb ber
ZKann begehen auch biefe probe; fte be$iehen ben (Seift auf bie
2Tatur, unb bie Hatur auf ben (Seift; fte tnbwtbualiftren bas
allgemeine Ceben bes (Sebanfens in Charafterhanblungen,
unb fte generaliftren, fte rectifteiren (Sefchichte wie 33to«
graphie mit philofophifchem (Seifte.
3n biefem iDechfel«pro3ej5 r»on perfönlichfeit unb Vernunft,
von Ztym unb Denfen, r>on prarte unb (Eheorie: fteigern
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— \80 —
fid] TXatüx unb (ßeift 3m: abfoluten IDa^r^cit; unb in bem
Streben nach berfelben manifeftfrt fich bes Cannes IDa^r*
haftigfeit. 5rauen unb ttaturaliften fyxltcn es bagegen
nur mit einem Schematismus, ober mit ber prajis; unt>
oerläugnen u>eber ihre perfönlichfeit, noch ih re perfönlichen
3ntere(fen je gan3 unb gar für eine 3&ee!
Die Unwahrheit unb Coquetterie ber IPeiber fleibet fictf
in taufenb (Behalten; am liebften mögen bie IPeiblein ben
ZHannsleuten gegenüber 3art, oerlegen, fchüchtern, alfo
hülflos unb fchufcbebürftig thun. Unb falls es nur einen
breiten Schritt über bie (Baffe gilt, fo n>irb frauen3immerlich
getrippelt, 3<*9faft unb rathlos getban, fobalb ein intereffanter
bitter in ber Ztähe ijt, ber feinen 2lrm offeriren fann. 2Ufo
immer tmeber bas uralte perpetuum mobile oon tügen unb
Buhlerei, bie fich gegenfeitig bienflbar fmb.
Wenn 3. 3. Damen 3U fpät in ein (Eoncert ober
eine Porlefung eintreten: fo fönnen (te unmöglich, toie anbere
oerpänbige unb natürliche ZHenfchenfinber, mit einem BlicF
bie leer gebliebenen piäfee erfpähen unb ftch 3U biefen Pill
unb ohne Umffänbe h m verfügen; fonbern fie trippeln unb
3Ögern fyn unb h** unb affectiren eine alberne Hathloftgfeit,
eine fleibfam fein follenbe Unentfchloffenheit ober jungfräuliche
Verlegenheit, bis bas <£Ienb irgenb einen alten galanten
fjerrn erbarmt unb berfelbe ben fchüchternen (Eauben Bahn
bricht unb piäfce nebenemanber uerfchafft; benn getrennt
fönnen jie es für bie 3u>ei Stunben boch nicht ertragen;
bas hieß« für fo 3arte, in Sympathieen aufgelöfte (Sefchöpfe
auf bie U)ogen bes ZHeeres hinausgeflogen fein. XlTit bem
gan3en HTanöoer u>ar es barauf abgefehen, baß ftch 3U ben
biftinguirten Damen ein Hilter heran finben follte: benn bie
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bürfen feinen Slugenblid ©ergeffen, was pe ber fyülflofen
IDeiblidjfeit unb ber ZTobleffe fdjulbig pnb. Die Damen
unb gnäbigen Ärauen aus ber Bourgoipe tfmn es aber im
punfte 6er Slffectation unb prätenpon ben abeligen Damen
ido möglich nodf 3uoor; aber freiließ mit toeniger <5ra3ie,
(Sefdjmacf unb natur. Um blÖbe bitter fyera^ulocfen, ober
bieff eilige 3U eleftripren, flefjt routinirten Onbioibuen ein
fefyr populäres <£rperiment aus ber J^ern 5rauen3immer«
pltfpf 3u (ßebot. Die Debütantin bilbet ftet? im entfdjeibenben
21ugenblicf mit foldjer Ceb^aftigfeit unb IDittensfraft eine
Verlegenheit, Perlet ffenfyeit unb rü^renbe Situation ein, ba§ ifyr
bas Blut in bie ZDangen unb bie Ojräne in's 2luge fleigt; bie
<D^nmad?t aber i(l bas ZneifterjtücF in ber a>eiblid}en Kunjt:
pdf burd) pfymtape unb prirten IPiflen 3U magnetifiren!
Die Härtel fdjreibt: „tüas fmb bie IPeiber elenb! So
wafyc mir (Sott in meiner lefeten TXotfy beiden foH, idf
faffe fie nidjt! Xluv eitel, grä&lidj; fo fdiledjt pno' id?
pe in üjren emigen, gebiegenen, fdileimigen Cügen,
in ben unbewußten fügen, in bem auf Ztid?ts
fidj be3ie^enben pufcen bes £eibes bis 3U ben innern
Äafem; megen biefer plumpen, gräfjlidien, ja nidjt glaub*
lidjen Dummheit in £ügen; in biefer oölligen Kun|Hopgfeit
unb Unfäfygfeit 3U einer Mäßigung."
Stoll in (einer Ratio medendi fagt: „Mulieri et ne
mortuae quidem credendum est," b, f). für bie Damen
fiberfefct: „ttidn* einmal einer tobten $xai\ barf <5lauben
gefdtenft werben." —
Hubolprji, ber große prjypologe unb 2lr3t, fügt biefem
2lusfprudte bei: „3n allem was ZTeroenfranr^eit Reifet,
fhmme idj Stoll oolipänbig bei."
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— 182 —
Eerjlellung unb Kofetterie bilben bei ben 5tt*uen3immern
bte stx>eitc Ztatur. Sie roijfen nur Ijalb ober gar nidit
oarum, unb leiben fo n>enig (Setxuffensbiffe ober Unbequem*
lidjfeiten oon i^rer Unroaln^eit, als ein Sdjaufpieler von
feiner Holle. Perfteüung ijt bei ben gebildeten polinnen
unb 5ran3Öfmnen oon Statibe fo gan$ unb gar bie feine
Cebensart, tEaiHe unb (Toilette (3umal ben Mannsleuten
gegenüber) bafj XDa^r^eit unb Itatürlid|feit biefen Damen
als eine (öemeinljeit unb Hoheit erfdjeint, fobalb fte fidj als
5rauen«2lrt giebt. —
3di fjabe aber audf beuifdje ^rauen3immer fennen ge*
lernt, toeldje bie ZXatur unb Ellies, was auf fte gebaut tft,
für eine foldje (Semeinljeit galten, baß fte, u>enn es ba3U
fommt, mit einer <Srimajfe fterben, bie aflerbings nodj im
(Eobe 3U lügen fortfährt. Was nun bie 2ter©en-2lffairen
betrifft, fo fielet bei ben 5rauen ber XDille in fo un-
mittelbarem unb innigßem <£ontact mit ifyrem
Ztert>enfYP«m, unb ijl eben fyerburdj ein foldjer Pirtuofe
im bejhmmten 5aÜe, ba§ er nidit nur augenblicflid) los*
unb loslachen, fonbern ben Körper nadf belieben
in 01jnmadit fallen, ilm toaljrfdieinlidt audj fterben laffen
fann: u>ie man bas oon einem geunffen Stamme amerifa*
nifdjer XDilben e^äljlt. Wo Seele unb (öeijl, too £eib unb
Seele fo gan3 unb gar aus einem (Sujfe jtnb, n?ie bei
IDeibem unb IDilben: ba ift bie notorifdje Diagnofe oon
(Dtmmaditen unb bie IjYPOtfyetifdie oon Selbjftöbtung burdf
Porten IDillen unb £iebesgram ein burdjaus naturgeredtfes
Phänomen.
<£s fann ein 5*auen3immer aus 03ram, Alteration ober
£iebe jierben; unb gleidiwofy war Alles in erfter pofition
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— J83 —
*
eine Scfjaufpielerei; tote es benn porgefommen tjt, bafj fid?
ZTTtmen, bjngeriffen pon i£jrcr <£mbtlbungsfraft, unb inbem
pe pdf mit bem bargepellten gelben ibentipetrten, im €mp
erpodjen Ijaben; roäbrenb es blos pro forma m ibrer Holle
jlanb. Hm aber auf bie fublime ZTaturgefdiidjte ber
®rjnmacrften 3urücf 3U fommen, fo ©ermutige idj, baß es
5rauen3immer giebt, bie in einer roiflentlicrf rjerbeigefürjrten
(Dknmadii, noch, roieber burdj ein anbetes Kunjrjrürf betreffs
ber Bebanblung irjrer Kerpen, bie 2Iusbauer bes intereffant
madtflofen, fleibfamen unb perfürfrerifdjen Sufianbes
in ber (Scroalt l}aben, unb orme bas berfelbe ein pngirter
fein barf, in einer 2lrt pon Clairpoyance 2lHes fe^en unb
rjören, roas pon 3"te r *f[e f ur ©te €r^erimental»prftpologie
3ebenfaIIs bürfte bei biefen tpeibltcfien Olmmacrften eine
2lrt pon frauensimmerlidier jreimaurerei im Spiele fein.
TXlan pellt bas aus ber contenancirten unb 3uperpcr}tlicrten
2lrt, mit roeldjer ein oBmmäditig geroorbenes ober roerbenbes
5rauen3immer pon einer perfon ibres (gefdiledjts unb be-
fonbers pon irjrer Stebenburjlerm befymbelt roirb. Diefe
Tlxt brüeft pollfommen beutlidi aus: „bas f ernten roir aus
eigener (Erfahrung, bas roirb frei tmprooiprt unb audj fo
inbjbirt roerben, falls bie 3ntereffentm roiH." 3<i? roofynte
einmal bem Kunppücf bes Köpfens bei, unb ber Scrjüler
pfylabelpbja*s tractirte ben permeintlicrjen Ceidmam mit
berfelben ZHanier, mit ber icb, DarjteHerinnen ber Ofmmacrtts«
Komöbie pon ifyres (Bleiben 3um Beroujjtfein bringen ge«
fernen.
3n Deutfdtfanb liegt biefe Kunj* in ber Kinbrjett; 5ran*
30 f innen unb Polinnen roiffen be^o befjer mit xfyc unb mit
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allen Ausgaben von ZTerpenf pieleu unb Krämpfen,
»on gebildeten unb eingebildeten Kranf Reiten Befdjeib. <£s
giebt eine Sprache in ber Sprache, unb nidit blos in ber
Diplomatie, fonbern überall. „Die ZKeeresweHen ftnb Reifer
geworben oon bem Züieberholen ihres (ßeheimniffes," fagt
DicFens fdjön unb wahr bei Gelegenheit, bafj er eine alte
ZTTarquife fdjilbert, bie hinter rotten 23ettPorhängen iB^ren
(ßeijl aufgiebt, bamit ber Schein ihr Ceichengeficht roth färben
foll. Der ZHenfch ij* tote eine IDelle im 2Tleer. Die
fjeuchler, bie Sdjaufpieler unb £ügner, bie alten fofetten
ZPeiber Perben aber an biefem (ßeheimnijj unb begreifen es
perbenb noch nicht; benn jte geben nicht feiten mit (Srimaffen
unb Schminfe ihren Cügen»(5eift auf. c£in alter ISjofmann unb
Diplomat, ein alter Hofnarr ip auch eine fäculariprie, trojllofe
5igur, benn er tröjlet pch über fein fdjlecrjtes (Bewiffen unb fein
nichtig perbr achtes £eben burch bie gnäbige <£onbolen3«Zniene
feines Souperain noch in bem 2lugenblicf , voo er por (Sott treten
foü, unb ergiebt feinen (ßeijl mit (ubmiffen (Beberben auf.
<2s fann fyer aber eine pttlicr/e (Bewohntjeit, eine ächte
pietät 3um (5runbe liegen. Was foll man aber pon einer
alten (Dberfyofmeijterin fagen, bie wenig 2lugenbttcre vor
ihrem c£nbe noch &oth auf bie IDangen legt, währenb pe
ber (Eob bereits mit Ceidjengrau gefchminft hat; unb bie
(Patt mit einem Üater-Unfer) unter bem Perfucrje pirbt, ihrem
Perehrer am SUvbebetU mit einem fchalfbaften 5ächerfchlage
3u antworten. Dergleichen Ungeheuer menfdjlicher €nt»
artung unb Vernichtung burch <£onpenien3 unb €itelfeit pnb
feiten; aber ein einiges Beifpiel ift genug, um 3U be«
thätigen, roas aus einem ZKenfchen werben Fann, ber ben
Heß pon Itatur unb (5ewiffen aufgegeben unb an bie Stelle:
— 185 —
feine mtferable perfönlidtfeit, b. b^ eine leere, förmliche
Cebensart gefefct Ijat. —
*
g) 5^9* uno §*ugniffe von (Braufamfeit in ber
toeiblidjen Hatur.
„tDarum backten fia? 5te (Brieden iljte €umeniben als IDeiber?
Z&atum perbtnbet ber beutfdje Dolfsausbrucf mit bem IDorre „Dr ad? e"
ben Segriff ber njetbltdjen Bosheit ? ZDarum läßt ber größte unb
tieffte Kerntet bes menfdjlidjen Qerjens unter allen Diestern bas fdjänb*
Iidjfle Derbredjen, finblldjeu Unbanf unb geißigen Oatermorb, pon 3»ei
ZDeibern, ben tlöd?tern bes Cear, perfiben? tDarum fdjllbett StjaFe«
fpeare im lOeibe Ulacbetb, eine fdjrodrjere Seele, als im manne
ZHacbetb,? — (Es tjat ftdj mir oft bte Beobachtung aufgebrängt, per«
ftetjt fidj im $efif)aUea bes allgemeinen Perffdltniffes unter ben ©e«
fdflediiern, wie es jebe Perbred?er«Statijttf nadjtpeift: bas Derbredjen,
bei benen ber Codier mit großer (Braufamfeit perfdbrt, in ftberroie«
genbem Derrjiltnift merjr pon tDelbern als oon CTännern perübt
werben." (ZTTdrber « pb, ff iognomien pon Jasper.)
„Unter allen <5iftmif gerinnen, oon benen bte <5e«
fditd,te tDeifc, ift fjelene 3egabo (genannt: bie 5rau mit
ber toeujen Ceber) bei »eitern bie entfefclid?jte. 3n einem
Seitraume oon beinahe 20 3^ren f^at fie 3al)((ofe <5ift»
morbe begangen; ber Pro3e§, ber tfjr enblidj gemacht toarb,
fyjt fidj nur mit ber fleinfien 3a1fi berfelben befdfäftigen
fönnen, inbem es für bie übrigen, fo un3u>eifetyaft fie audj
in moralifdjer fjinfidtt finb, bodj bei ber Cänge ber §eit
an ben erforberlidjen juribifa^en 23etoeifen mangelte, —
unb biefe Heine Saty belief fidj bereits auf \? 5^lle, in
8 3af,ren, oon ^ 8^3—5 \ begangen! 2tber was bas ^fler-
entfefelidfle ij*: 3U biefer U^aty oon Perbrecfyen ifi nirgenbs
ein genügenbes ZHotio aufgefunden u>orben; felbfi oon jener
bärnonifetjen Cufi am ZHorbe, roie fie 3. 33. bei ber be«
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— \S6 —
rüchtigten <5efche <5ottfrieb unb 3um (EJ|eiI auch bei ber
Urftnus ^croortritt, laßt jtch bei ber 3egaoo feine Spur
entbeefen. €s fdjeint bei biefer Perbrecherin eine gänsliche
Zerrüttung unb Umfehrung aller moralifchen ©rganifarion
ftattgefunben 3U haben; bie geringfügigen Urfacrjen, ein
febjefer 33licf, ein ungleiches IDort, jinb r^inreietjenb, ihre
ZTTorbluj* 3U ent3Ünben; Helene 3«9abo theilt <6ift aus, rote
ein 2lnberer Schelttoorte austeilt; roo gewöhnliche ZTCenfchen
in IDortroechfel geraten, ba morbet jte. 5aj* eben fo merf-
roürbig roie biefe (Entartung ber menfehlichen ZTatur ij* bie
beifpiellofe Sicherheit, mit ber bie Derbrecr/erin ihr furcht»
bares fjanbroerf faß ein Polles ZHenfcrjenleben hinburch be-
treiben fonnte. Wotyn jte fam, ba ftarben bie £eute roeg
roie fliegen, fte fofetttrte, ähnlich roie bie „gro obiger"
orbentlidj mit ihrem Schicffal, — unb roierooty 3ebermann
oor ihr grause, unb obfehon bie 3ungen auf ber Straße
ihr Spottnamen nachriefen, ja obfehon bie Opfer ihrer
ZHorblujt fte 3um (Ehril auf bas aflerbeutlichjte als Hr«
heberin ihres Cobes be3eichneten, (0 roagte boch ZTtemanb,
theils aus abergläubifcher furcht, theils aber auch aus
3nbolen3, fie oor (Bericht 3U sieben!"
(Das beutferje ZlTufeum.)
* *
*
,,3xx>e'i ZHctbchen in ber Penbee (HUchelet, in femer „<5e-
fchichte ber Heoolution", nennt bie Hamen) belujh'gten ftd?
bamit, ben oerrounbeten republifanifchen Solbaten in
— in ben klugen henun3ufiichelnl!''
€in eifriger ^oyalifl er3ählte mir einmal in ber Denb£e
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unb 3»ar gan3 toie eine fjelbenthat: bafj bie tDeiber in
einem nahen Dorfe 3tpei republifmüfdie 5oIbaten in einem
Bacfofcu perflecft gefunben; fofort fielen fte über fte Ffer
unb 3erfd?nitten fte in Stüde, b. h- ohne ftnnbilbliche Hebens-
art, in nrirf liehe Stücfe unb Stücfchen!
Die Kinber waren nicht minber fanatiftrt; fobalb fte eine
IDaffe führen tonnten, bebienten fte fleh itjrer nach Kräften,
unb n>o fte nicht felbfl töbtm fonnten, »errieten fte mit
einer perftbte, roelche „bie Unfclmlb bes 3arten Alters" 3ur
lächerlichen Hebensart macht, ben oerirrten einfamen He*
publifaner bem verborgenen ZtTörber, ber fobann ben Hieras*
almenben aus bem (ßebüfd? heraus nieberftreefte. Unb nun
fcfnpafeeman noch pon „u>ehrlofen grauen unbKinbern"
bie pon ben Hepublifanern in ber X>enb6e umgebracht toorben
ftnb.
(Bemerfungeu 3um Kriege in ber Denb6e
pon fjermann Semming.)
* *
*
iDieber unb immer arieber melben bie Leitungen Kinber-
tflorb, felbjl pon XKäbchen ber gebilbeten Stänbe, unb mit
abfdteulidjer Barbarei ausgeübt. €in ad^elm 3ahre altes
ZTTäbchen fefmeibet bem Kinbe, bas fte geboren, ben fjals
ab, unb ba fte nicht Kraft unb Gelegenheit flnbet, ben
Körper fort3uf Raffen, fo behält fte ihn 3roei (Eage lang
unter bem Kopffiffen; fchläft alfo auf bem Cetdmam bes
pon i^r abge3u?eigten <5efchöpfs, bas fte mit ihrer ZHilch
unb ihrem ^er3blut nähren foll, unb bem fte gleichwohl ben
Cob gegeben hat, toährenb fte fclbft bas £eben erträgt. —
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— \ss —
c£ine anbere ZHutter führt ihr pierjähriges Cöchterchen
3um Ufer ber U)eichfel, grabt ein (5rab unb tx>irft bas un»
glücffelige, um fein teben flehenbe Kinb gebunden hinein,
tnbem fte bann bie ausgefchaufelte <£rbe auf bem toinfelnben
<5efchöpfe mit ben 5üßen fefoutreten permag. Solche teuf*
lifdjen (Befühlloftgfeiten befdn'mpfen bas gan3e ZHenfchen«
gefchlecht. Dergleichen muß gar nicht menfchenmö'glich
fein. Solche (Eatbjachen ruhtiren ben Perjlanb une bcn
<5Iauben, perbunfeln ben Begriff von 2Tlutter, ZDeib unb
Seele, von (Setsiffen unb 2ttenfchen«natur! Solche €rceffe
3eigen ben Abgrunb unb bie Dämonie namentlich in ber
We'xbet'XXatnr 1
(Einmal finb bie 5rauen nicht feiten mitleibtger unb barm«
he^iger als ber TXiann; fte unter3ieben ftch ber pflege von
Kranfen unb Ceibtragenben mit engelgleicher Aufopferung;
unb oann, roenn bem 2TIanne ber ZtTuth unb bie ZTCorbmaffe
entftnft, roirb er pon feinem XDeibe ein Gigling gefdjolten
unb pon ihr in bem 2Tiorb«l}anba>erfe abgelöji; bas XDeib
poflenbet mit falter Berechnung unb <5ei)tesgegenu>art, ohne
(Erbarmen, iPas ber TXiann nicht 3U <£nbe brachte, rooran
feine Ceufelei erlahmte. Unb u>ie tji es nur möglich, bafc
baffelbe 2X)eib, welches bie (Sefühllojtgfeit beftfet, ihr Kino
3u fchlachten ober lebenbig 3U begraben, ober in einem ©fen
3U calciniren, baß jie »ieberum ein folches 5urcht« (Befühl
por bem Urtheil ber UTenfchen, ba§ fte ein folches Scham«
gefühl por ber XDelt bejtfet, u>ährenb fte es nicht por fich
felbjl ober por einem (5ott im Gimmel auf3ubringen permag,
an ben Jte nichts beftomeniger glaubt! 2Hfo ZHenfchen«
furcht, Surcht por ber äußeren Schanbe, bem Sfanbal,
por bem fyfyi unb Spott ber Befannten; bie Porftellung:
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- 189 -
toas toerben bie £eute fagen, tote irrirjl bu bie Sdjanbe er«
tragen, bie Strafe ertragen, t>or (Bericht erfcfyeinen? 5urd?t
oor bem Ungeheuer „<£onoenien3", oor HXenfa^en«
faftung unb oor bem nädjften Uebel fann ftärfer als
(Sottesfurdjt unb <5et»if[en, jtärfer als bas ZTTuttergefüy
fein, als ber 3"fHnft ber ZTatur! Unb toenn nrieberum bie
ZTladtt ber <£onoenien3 unb bie ZKenfcfyenfurdtt nidjt mäch/
tiger wären als bie Hatur, txrie toäre bann an eine Sitte
3U benfen, an €tjrgei3 unb überhaupt an eine (Cultur.
<£ben bei gemöfmlidjen ZHenf djen unb bei XDeibern 3eigt
fidj bie Conr»enien3 oft mächtiger als bie Statur unb 8e«
Iigion.
„äiferfudjt ijt eine Ceibenfdjaft, bie mit <2ifer fud?t,
roas Ceiben fcf^afft."
€s jmb feljr menig XDeiber fo graufam, toie jene aus bem
niebrigften Staube emporgehobene rufftfd?e ÄürfHn, bie ben
Bufen i^res auf toartenben Kammermäbdiens 3um
Stecfnabelfiffen machte, ofyne einmal eiferfüdtfig auf bie
(Semarterte 3U fein; aber es giebt lOeiber genug, bie i^ren
roeiblidjen Domejhfen fein gutes fjaar laffen, unb nidjt
nur empört ftnb, menn ber oerliebte fjerr <5ematy ben
fcb k önen gopf bes ZKäbcrjens fd?ön finbet, fonbem auch,
txmtffenb toerben, menn er nidtf leiben nMfl, baß bie n>et§e
Sflaoin mit ben Ttabeljtfdien unausgefefeter Sdjelttoorte,
Sdjeerereien unb Caunen 3ur üer3toeifIung gebracht n>irb.
Der blofje Slnblicf oon <5efdjöpfen, bie, obmobj unterge»
orbnet, gleidjtpofy nocb, ben Räuber bes weiblichen (Sefdiledjts
innerhalb itjrer inferioren Sphäre auf Soldaten unb fjanb-
n>errs»(5efellen ober gar auf ben fjerrn (ßemab,! ausüben,
oerrücf t auch, ber gebilbeten unb gutmütigen 5rau fyt$
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— 190 —
unb Perjtonb, unb jteigert ihre elementare Ceibenfchaft leidet
bis 3ur Dämonie.
Die ZHänner finb nur eiferfüdjtig auf ben geliebten (Segen»
fkinb. — €in IDeib gönnt aber einen IHann, auch trenn er
ihr gleichgültig ijt, feiner 2(nbem. XDeiber wollen nur bann in
bie <£^efdieibung willigen, u>enn ber UTann bie 2Teben»
buhlerin nicht Ijeirat^en barf. 3« Cef fing's 5abel fernlägt
ber ZTIann Ctreftas »erliebte Schlangen auseinander unb
perwanbelt ftch in bem 2lugenblicf in ein IDeib.
(Ein XDeib ftört Verliebte aus 3nfHnct, ein ZHann geht
ihnen aus bem #>ege. Zteib unb fleinliche Perfönlichfeit,
Unfriebe unb Unbilligfeit ijl bie ZIatur bes XDeibes.
TXlan muß bie Symptome ber €iferfudft unter ben liebens«
würbigen ZTaturmenfchen auf bem Dorfe beobachtet haben,
um 3U wtffcn, welch* ein 2lbgrunb ber Befttalität burch 3Ügel*
lofe Ceibenfchaft in einem JDeibe aufgähnen fann. ©n
23auerweib in polen r>oll3og einen 2lct ber £Ynch«3ujtt5 an
ihrer Nebenbuhlerin, fte banb ihre 2tTagb, ber jte an Kräften
überlegen war, unb theerte pe bann in fo fcheujjlicher IDeife,
bafj bie gemißhanbelte ben (Seift aufgab,
* *
*
h) Die Sünben ber grauen gegen bas weibliche
(Befinbe.
Die barbatifche lDur3el ber XDeiber 3eigt fleh in ihrer
unoertilgbaren (Tyrannei gegen bie Dienjimäbchen.
Stanb unb Bilbung ber 5rauen änbern blutwenig in ber
Ciebloftgfeit, ber Unbilligfeit, ber Getane, ber IDiüfür unb
ausgefprochenen (Seringfchäfcung, mit welcher bie weißen
- \9\ -
St lau innen von ifyrer betitelten unb unbetttelten ffaus»
Herrin befyanbelt toerben. Die 5rau präftbentin, (Seneralin,
Superintenbentin, unb 23aronin ifl gar\$ fo Ijart unb rücf jtcfyts*
los, fo gefühllos unb unuernünftig in ber 2Imx>enbung ber
O3efmbe*0rbnung auf bas tueiblicfye perfonal, als bie ffanb«
tperfers» unb Bauerfrau. — Behufs ber Unterbrücfung
unb cultur-barbarifdjen Betjanblung ber bienenben Klaffe
bieten jtd? alle lüeiber jhflfdin>eigenb bie ^anb; bilben fie
2Ifle einen 5^eimaurerbunb; unb bie 2lusbünbigjten t>on ilmen
fmb eine ^eilige Petent! Bilbung änbert hierin nichts.
Diefelbe Dame, n>eldte mit uoHenbeter <5ra3te: Ojee unb
CEteebröbdien prdfentirt, über SdnHer unb (Söt^e pftlofopftrt,
ober fdmiel3enb gefungen, unb bie EDorte bes Certes fo
ättjerifer} fyngefyaudjt Ijat, bafj xfyc nur nodi bie <£ngelsftttige
fehlen, um 3um fjimmel auf3ujliegen: biefe tfnuergleidjlidie
fängt in bem 2lugenblirf, u>o ber Iefete <5aj* 3um fjaufe
hinaus complimentirt ijl, über eine 3erbrodfene (Eaffe, ober
fortgenafcrjte Uebcrbleibfcl mit bem ZHäbdjen einen Reiben*
lärm ober ein boshaftes 3nquijttions»PerfaEiren an, toeldies
brei tEage fortgefefet nn'rb unb brei tOod^en ober brei ZHo«
nate als ein €dio fpufen barf. Die DorfteHungen unb
(Einfcfaeitungen ber XKänner gegen barbarifa^e ^aus«poÜ3ei
unb Znatrimonial*ö3eriditsbarfeit, gegen <5ejtnbe»HivPe«
rien, toeiblicfye <£abi«3ufn"3 unb weibliche 3 n <?uißtion: u>erben
als 2lnficliten ber Uneingeweihten unb X>erblenbeten gan3
ignorirt, ober, wenn fie mit 3npnuationen an bie 2Ibreffe
gelangen, auf eine 3tx>eibeutige Ojeilnarjme bes ZtTannes ge-
beutet, tueldie ben pro3ejj ber 3nquifttion um taufenb pro3ent
uerfdilimmern mufj, alfo gtebt's ba für bie IHänner nur
bas mittel: alte tDeiber ober UngeBjeuer oon f^äpdtfeit
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in ben Dienft 311 nehmen, als ipomit eine offieiöfe Blamage
für bie <£fje unb bas gan3e Ifausmefen perfnüpft n>äre.
— Die gefübfoollften, bie gebilbetften Dame ljaben einmal
bas eingetpu^elte unb erblidj geworbene Porurttjeil, ba&
Stubemnäbdien unb Köchinnen 311m 2lusfdmß ber 2Tlenfd}«
Ijeit gehören; baß jebe ZTadjfidit unb fymette Behandlung
fte nur in ibren ZticbteiPÜrbigfeiten bewarft; baß man gegen
biefe fredje, lüberlid?e, genäfdjige, ©erlogene, perliebte, faule,
fdjmufcige, unaccurate, pergefjüdje, objhnate, pergnügungs'
füdjtige Klaffe, tDeldjer alle Dinge aus ben Xjänben fallen,
bie leidet ent3tpei gefyen: nidjt b,art unb biseiplinar genug
fein fönne; baß itmen jebes permemtlidie HTaltjeur mit por«
3etlan unb (Sias unb u>omit immer fonjt, Pom £oljn ab*
ge3ogcn tperben muffe: falls bie fjerrfdfaft nidjt pon
ent3toei gefdjlagenen ober ab^anben gefommenen Sachen
banquerutt merben foll. 3eber engere <£irfel, jebes gemütfy
lidje gufammenfein ber Ärauen bilbet eine DamenOury, bie
ibre präftbentin, 2llters«präftbentin, <5efdin>ornen, Staatsan»
malte, aber faft nie einen Defenfor Ijat, ber ftcb, ber tpeib*
liefen pariafafte pon fjer3ensgrunbe erbarmt. 2tudf bie
bejten unb billigten grauen galten ficf? an bie aderbtngs
richtigen £ljatfad?en: pon ber 2tfd?tsnufcigfeit, ber Befcfyolten»
b.eit, 21uffäfeigfeit unb Cüberltdjfeit ber Dienjmtäbdien, —
aber feine einige fann ober n?ill je begreifen, baß ber ge»
bilbete unb noble ZTTenfdf feiner eigenen IDürbe: eine billige
unb großmütige Befyxnblung ber Untergebenen fdmlbig tjl;
— baß ber Derfud?, bie bienenbe Klaffe burdj (Süte unb
Strenge am redeten 0rt 3U er3iefyen, feinmal aufgegeben
tperben barf; unb baß er burdjgreifenb nodj nirgenb in's
2X>erf gerietet toorben i% — Die frömmjten Damen fonnen
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*93 -
nicht f äffen: bag eben in ber felbftoerläugnenben Behanblung
»erroahrlojier 2>ienfiboten bie nächfte unb fymmelfdtretenbe
(Gelegenheit vorliegt : eine (Ehrtftfichfett unb fje^ensbübung
3u betätigen, mit roelcher fo oiel Ijeud)Ierifc^er prunf ge»
trieben toirb. Unb roer jtnb roir Berechtigten, €rimirten,
mir fogenannten (Sebilbeten unb tEugenbhaften, roir fjerr*
fchaften benn felbft, baß roir fo fkenge über bie <5ebrechen
unferer Untergebenen richten!! — Perfdjulben roir nicht bie*
felben Schwächen, Ceibenfdfaften, (Sememheiten, Dummheiten
unb ZTichtsnufcigfetten; fpielen roir fte nicht in oerfeinerten
5ormen, aber auch mit ßigen^ZKasfen, mit Selbfiberougtfein
unb mit Diel mehr Raffinement unb X}er3ensboshett aus?
Unb roas gefchah ober gefehlt f" r ö * c ^e^ensbilbung, für
bie unentbehrliche Unterroeifung jener armen ZHäbchen, im
bejten 5aue, ba§ roir über ihre Perfehrtheit unb Bohh*ü fo
empört fein bürfen? Was ift ihr Schicffal, ihr Anfang, ihr
cEnbe, ihre (Eenugthuung; — als nie enbenbe Arbeit, Dürf«
tigfeit, Untoiffenheit, 2)ienjibarfeit, ^erabtoürbigung, unb nur
3U oft bie projhtution.
Auf »eichen <5runb hin fotten biefe armen (Befchöpfe fein-
fühlenb, ehrbar, aufrichtig unb ehrerbietig fein? fjaben fte
ba3u eine reelle Aufmunterung, ein nachahmenswertes Bei-
fpiel bei ihren l^errfcr/aften? Sinb bie Hausfrauen etroa fo
folibe unb taetfeft in Kleibung, in IDorten unb IDerfen, unb
fo billig unb gerecht, fo getoijfenhaft in ihrem fjaus.Hegi«
mente, ba§ es auf ben 2>ienftboten als eine e^ier/enbe Ztlacht
tnffuiren fönnte? £}aben bie Aermjten einen 3mpuls oon
Augen ober ©on 3nnen; thut ber Staat, bas (Sefefc, bie
Kirch«, bie ®rts«<5emeinbe ober bie gebilbete <5efeüfchaft auch
nur bas UTinbefle für bie Porbilbung biefer armen <ße«
8. Golfe, Hahorgefd}. t>. jrciurn. \5
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fdlöpfe, ober für bie ControHe ü}rer Ztlenfdjenredtte? (Sefdjtefy
etwas Durcrjgreifenbes für bie Kranfen»pflege unb Alters»
üerforgung? Unb roenn biefe 5ragen pon uns Hillen, n>emt
fte pon ben (Bebilbetften unb Bejlen nid?t mit gutem <5eroiffen
unb gegen bie ftricte perurtfyeilten Dienftmäbd)en beantwortet
»erben fönnen, roas ^ält t>arxn bie Hausfrauen ab, jtd? 311
einer pernünftigern, gütigem unb gerpiffenrjaftern BeBjanb»
Iung ifrer Pflegebefohlenen ZKäbcrfen 3ufammen3uraffen, als
eben ifcir weiblicher (Egoismus, ihre cultipirte Barbarei,
ihre 3«boIen3 unb Bequemlichkeit?
Unb es ijt nicht wahr, baß biefe ZHäbchen einer Dereb»
lung burchaus un3uganglich ftnb! — <£s giebt Bjtcr unb ba
5rauen, benen ibr gutes fjer3 unb ihr nobler Sinn bie rieh*
tige Behanblung ihrer Untergebenen an bie £)anb giebt;
unb fte ernten bie 5rüchte ihrer <5üte unb 2lusbauer in einer
Slnfyänglidifeit unb Befpects*Be3eigung, welche ftch feine
Dame burch ^Tyrannei, burch Ciebloftgfeit unb hochfaBjrenbes
IDefen er3wingt. — <£s geht mit ber Pereblung, mit ber
€r3ieEmng unferer Dienfiboten für eine gütige Behanblung
feljr langfam; — bas tfi wahr; — fie foftet taufenbfältige
(Dpfer, Perläugnungen, (Eäufcrmngen unb Unbequemlichkeiten ;
aber fte ift gleichwohl möglich unb geboten für 3eben, ber
ein fjer3 unb (Sewiffen beftfct, — fo feJjr geboten, fo felbjt*
perftönblich ijt bie Perpflichhtng ber £}errfd]aften, unb ins*
befonbere ber fjausfrauen: 3ur ZTachftcht, 3um XX>ohlwoHen,
3ur «Serechtigfett, 3ur BiHigfett gegen bie ihrer pflege unb
Ziehung überantworteten, perlaffenen unb perwahrloften
(ßefdjöpfe, ba§ bie Darlegung ber (Srünbe eine Blasphemie
ber ZlTenfchhett, ber (Eultur unb bes Cbrißentlmms ift.
* *
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L Sunt Signalement ber gemeinen ZDeiber.
Die Satalität, meldte einem feinorganijtrten unb fo gebil--
fceten ZTZenfcrjen mit ben ZHännern begegnet, tritt ifjm an
ben 5rauen um fo peinlicher entgegen: fte ftnb entweder
orbmair praftifcb, unb fo toerftagsgefer/äfttg, fo perftrieft unb
perflieft, perioafdien, oerplättet unb perfekt, ba§ fte ftd) pon
ihrer Köchin unb IDtrthfchafterm nur burch bie Kleibung
unb burch bie Cournüre bei feinen Kaffee-Pijtten unterfchei«
ben, ober fte rjaben bie Ambition: gebübet 3U fem; bann
gleicht i^r Derjtonb einem fchlechten ZTTofaif«<Semälbe, aus
bunten Schulfragmenten unb Cefefrüchten 3ufammengefefct
fubltmften Äalls mit einem iirntjj pon abjiracten 3been unb
confufen (Befühlen übersogen, burch roelche bas 3beal reprä*
fentirt roirb. IPieberum gtebt's perfönliche Hühreter pon
fublimen (Befühlen unb orbinairen (Beroolmhetten, pon h°h*
lern 3beaUsmus unb materieflem Healismus, pon nüchtern-
fter Perflänbtgfett unb blutlofer phantajterei, pon Hnroiffen»
heit unb Selefenheit, burch roelcrje alle Cenben3en, Conper»
fationen unb Perhaltniffe pertoirrt, perfchoben, entjteflt unb
perjteüt, übertrieben unb tripialiftrt roerben. €nbltch muß
man noch mit bem, aus Oäbjorn unb ^Ipatbje, aus £eicht<
fertigfeit unb IHigtrauen, aus (Belachter, aus UebeHaunigfeit
unb Spifcfmbigfeit 3ufammengefefeten perfonagen, mit ben
gan3 orbinairen, blöbftnntg«fchlauen, geroiffenlos*gemütb/
liehen, naiP'bösarttgen, liebenstpürbtg.taugentchtftgen grauen«
jimmern porlieb nehmen, pon benen man nie fagen fann,
ob man mehr von ihrer cEmpfmblichfeit ober ihrer <£hrlojtg-
feit, ihrer Prüberie ober Schamlojtgfeit, ihrer natürlichen
Frechheit ober affectirten 33efcb.eibenb.ett, ihrer KrinolimHeprä-
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- 196 -
fentation ober ihren ttegligee«£ebensarten inbignirt unb
gelangweilt wirb. 5inbet ftch ^tcr unb ba ein wirtlich gebil-
betes unb geijwolles XDeib, fo I?at pe fach einem Hhinoceros
ober Kameel oon UTannsbilb antrauen laffen; fo bag man
mit ihr nur folche <5laubensbefenntniffe, Kritifen unb Cebens«
arten austaufchen fann, welche nicht über bas u>ilbe ober
über bas 3afyue tLfycxmdi hinausgehen: benn burch ange»
beutete 3beale ©erführt man boch bie gute (Ehefrau 3»
Heflerjonen unb Ulittheilungen, bie pdf weber mit bem
2*efpect uor bem ^errn unb (Sebieter, noch mit ber ehelichen
tiebe unb Creue oertragen. Unb wenn enblich ZITamt unb
5rau gleich gebübet, gefcheut unb Itebenswürbig pnb, fo
leben pe in ber Hegel in fo pauoern, fubalternen, unwürbigen
ober oerwicfelten Perhältniffen, bag wieberum fein (Eroft unb
ßenujj 3U holen ift. — U>er nicht ein gans orbinairer prafti»
fus ip, wirb bei allen Gelegenheiten an Schillert „pilgrim"
gemahnt, ber, getrieben com heiligen Sehnen, bem 0f!en
suwanbert, aber bas „bort niemals jum ti'xex" »erben ftetjt.
Das gewöhnlich* VOtxb legt mit ber Perheiratrmng alle
Delicateffe, alle <ßra3ien bes ZHäbchenthums unb ber 3ung«
fräulichfeit ab. Sie wirb fnauferig, orbinair unb breift; ihre
förperlichen Bewegungen befommen etwas Unternehmendes
unb fjafhges; ihre <5eft erlüge etwas Perwafchenes, unb,
was unenblich fchlimmer i(i: ber gan3e <£h<*rafter erinnert
an eine 2trt Bettbecfen, bie aus bunten breifeitigen Sappen
3ufammengenäht werben. — So ein ^Htags-tPeib oerliert
jebe Ztorm unb giebt pch allen Slugenblicfen tjin, welche
ihrer ganfteufelei unb Spectafelfucrjt ein (5enüge thun. —
Por allen Dingen aber iji bie tflutterfchaft biejenige Qua»
lität unb Situation, welche ihre Ulenfchenliebe, ihren ITHfe
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- 19? -
unb ifyren gefelligen Cact abforbiren barf. 5o eine ZHutter
füfylt nur ii^re eigene perfon unb ifyr Kinb. Was fte nidjt
trgenb urie 3U tfirer 2Iblegerfdjaft in ^ieljung bringen fann
base^iftirtnidttfür fte. Siefottoor3ugsn>eifeZnitleibenfd}aft
haben: fte ift aber unbarm^er3tg, über bie jammeroottften
Bettler, über Blinbe unb tEaubfhtmme empört, friegsgerüftet
unb hart; — fyödijtens, baß fte von ber Per3tr»eiflung einer
anbem ZHutter ergriffen u>irb. ^at fte als HTäbdten fdjöne
Künfie unb tt)iffenfd?aften getrieben, fo treibt fte biefelben
als ZHutter nidjt mefyr; u>enigftens tractirt fte ben Ueberreft
von ZHuftf olme Seele unb uerfdjlec^tert Sprache u>ie Ort^o«
graptye bergeftalt, ba§ fte niety mefy: einen IDafd^ettel
richtig fdfreiben mag. Hidjts feffelt anbauernb meljr ün*
3ntereffe. (Es ifi, als ob bie Kinber-Brut üjr mit ber ZHutter-
ZTCildj 3ug(eidj bas ^er3blut, ben Zteroenfaft unb bas fjirn
aus bem Kopfe gefogen fyxt Selbft bie £iebe 3U ifyrem
ZHanne Fommt nur ruefroeife unb unter getroffen Bebingungen
3um Durdjbrud?. Sllle Vernunft, alle Billigfeit, alles uni*
»erfeHe (Drgan liegt bei fo einem menfdfliäien Säugetier tote
im Starrframpf. 3fy* It)eiber»5reunbfd7aftijteineKlatfctipaflete
geworben, unb bie 5reunbfdjaft aus ber 7Xl&bdien$e\t ein längft
perbufteter Blumengerudi, ein abgefcfyebener (Seift. Diefe tfieta«
morptjofe aus bem 3oealismus in ben Materialismus, aus bem
fälligen unb ftiüen Sdiwan in eine sahnte, laut fdmattembe ober
in eine freifdienbe milbe <5ans: ftefyt unb fü^lt nun ber Mann
jeben (Tag nadj ben ilitterroodjen, bie faum ein paar (Lage
gefüttert Ijaben; er ftnbet fte nadj jebem Kinbbette je länger
je unerträglicher, n>enn er niety 3U ben fdjlaffen, gemeinen
<£fyarafteren gehört, bie ftdi burdj bie <5e»ofmfieit mit ber
abfdjeulid^en £ebens«2Tlif£re in's Hioeau fefeen.
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Qa$u fommt noch, baß ber ZHann mdjt feiten aus einem
unorbentlichen, lärmenden, roüßen unb matpropren 3ungge«
feilen: ein orbnungsliebenber, ein reinlicher, accurater, Hu^e
unb 03emüthlichfeit Iiebenber (Ehemann unb 5amilienoater
roirb. Des burfchifofen, abjhracten, ungemütlichen, aben*
teuerlichen Cebens tnübe geworben, B^eirat^et er; nun fortan
fliH, folibe, fäuberlich unb regelmäßig 3U leben. Das ZDeib
aber, als ZTTäbchen genirt, in (Entbehrungen ober unter bem
Drucf gea>efen: fühlt ftch als oerheirathete 5tau plöfelich in
i^rer tüürbe unb 3efehlshaberfä]aft: in einem XDirfungs*
f reife unb frei; fo roill fte ftch loslaffen, ftch entroicfeln, ent«
fchabigen, ftch actio he*<nisthun; als fjerrin oom fjaufe
be3eigen; macht alfo bei aller (Belegenheit eine IHonjke«
gurüfhmg, einen ^eibenlärm unb Hanbai, einen (Ereppen«
Sturm, ein Chüren*<5efchmei§, ein <5e3änf mit ben HaäV
barsleuten, mit Qanbroerfsleuten unb (5eftnbe. Kommt nun
noch Kranfhett, fommen Sorgen unb Ztoth, bie große
IPäfche unb bas Stubenfcheuern, bie XDochenjhibe unb
bie <£iferfucht ba3u: fo giebt bas eine recht aHerliebft Heine
üorhöüe auf (Erben, bei ber ftch ber Delinquent, auch roenn
er ein Dichter ift, nicht einmal mit ber Homantif, ober einem
üon ber IDelt anerfannten fjelbenthum fdmteicheln barf; ba
er oielmehr bas foftliche 23ett>u§tfein in fleh trägt: ein gan$
abgefchmaefter €hefrüppel r>om Dufeenb 3U fein, — ber
heute nicht einmal mehr 3U einer 5igur in einem poffenfpiel
taugt — roeil man ben Scanbai in hunbert (Originalen um«
fonft fyaben fanin
ZHir flagt ein 5reunb: „ZTTeine liebe 5rau iß bie braofte
Seele unb bas befte XOeib von ber Welt; aber fie hat (Eigen»
heiten unb BTucFen, bie mich fo mehr 3ur £>er3toeifhmg
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bringen, als jte biefelben gerabe oor meinen (Säften probu*
cirt. Sie gefällt jtch ©or aflen Dingen in ber KoHe ber
Dulberin. 3<h gebe iB^r feine Gelegenheit ba3u, baburch
eben fühlt jie flcf? fatalijtrt, unb boch ijt jte nichts weniger
als romantifch, fonbem nur fo unnüfelich praftifch, baß ich
aus ber ^aut fahren möchte, weil ich bas (5enre auf fei'
nem punfte 3U capiren oermag. — fliehte Ciebjte fyxt 3. 23.
einen IDunberfchranf, in welchem jte felbjt bann ^erum-
framen mug, wenn (Säjte im fjaufe ftnb. Die 33obenfam-
mern jtnb ihr liebjter Aufenthaltsort; unb wenn es große
XDäfdp giebt, mu§ jte für 3u>ei ZtTägbe mitwafchen, ja „mit-
flaueren", fo bag mir Doctor unb Apothefer mehr fojten,
u>ie bie gan3e ©peration, ungerechnet meine Alteration. 307
habe auch bemerft, bag meine Stau mit leibenfdjaftliäVr
Aufregung gegen bie amerifanifche IDafchmafchtne pero»
rirt, baß fte biefelbe mit ihrem fjaffe oerfolgt; wie foH ich
mir biefe Chatfache erflären, wenn nicht aus bem 3njtinct
meiner wafchwüthtgen (Sattin: ba§ burch jene über bas
ZHeer gefommene ZHafchine oietteicht ber weiblichen IDafch-
bictatur bie Spifee abgebrochen wirb/'
Ulan fönnte bas (Ehema fehr ergöfclich unb vielfältig
oariiren; aber es pro3efjtrt in allen oerehelichten Cefem ©on
felbjt weiter fort. — Diefe orthobor»praftifchen Hausfrauen
jtnb nicht minber eine IHonjlrofttät, als bie fünfHerifch unb
närrifch (öebil beten, bie Schrift jieüerinnen (wie eine in
„Bleafhoufe" ©on Dtcfens gefchilbert ift).
Die flüggen unb liebenswürbigjien grauen galten nicht
feiten mit garjhgen (Srobianen unb gefchmacflofen (Senies
5reunbfchaft, weil fte einen (Contrajt für ihre Harmonie unb
IDeiblichfeit brauchen; aus biefer Itaturöfonomie ijl es ©tel»
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«III.
leicht erflärlid?, baß bie gleichmüthigften unb liebenswürbigjten
ZTlänner wahre Sprühteufel oon extravaganten unb ewig
unruhigen IDeibern am fjalfe ^aben, bte nur in ben klugen«
blicfen 3ur Vernunft fommen, wo ber ZHann, ber bei ihren
(Ejceffen ruhig blieb, enblich r>on bem «Einbruch in bas
fjeiligthum ber Schreibjtube außer ftch gebracht worben
ift. Die befdjworene Ceibenfchaft bes €f}e(iebffen ift aber
eben bie erfehnte Satisfaction; bie lange minirten Vernunft»
Boflwerfe foüen in bie £uft fliegen; ber Pernunft«<5ott foH
empfmben, wie bas IDeib eine TXladit ift, bie feinen klugen*
blief ignorirt werben barf.
XOer ftch factifch über3eugen will, baß profane unb abfo-
lut profaifdje perfonnagen in feiner Situation unb mit feinem
Dinge 3U iüuminiren ober heilig unb nachbenfenb 3U machen
fmb, ber muß gewiffe XDeiber im IDochenbette fc^en. Die
(Buten ftnb faum bem Cobe entronnen, alfo bem Ceben mit
höherem Bewußtfein wiebergegeben; jte finb vielleicht 3um
3wölften ZHal in bie Znyflerien ber Ztieberfunft unb ZHutter«
fchaft eingeweiht, um fo mehr müßten fte biefe begriffen
haben. Die Hatur fyat ihnen einen Säugling an bie Bruft
gelegt, welcher warme 2Tfilch Pom ZHutterblute trinft,
unb beffen Seele, trofc ber abgefchnittenen ZTabelfdmur, noch
mit ber ZTCutterfeele burch oi* Buttermilch, burch bie ZHutter-
liebe unb burch ben ZHutterobem 3ufammenhängt : aber was
perfängt ihnen bas? Diefe angetrauten Haushälterinnen,
biefe anftänbigbetitelten ZDafchweiber: rufen, lärmen, h<*u*
tiren, fommanbiren unb feheffertren 3um h«»9«n IDochen*
bette hinaus; fle rühren con amore in biefer Situation Kinb*
taufsfuchen ein, fchmieren Butterbrobe, weil ZTiemanb fo
transparent mit ber Butter um3ugehen perfteht, unb ent-
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— 20{ —
roicfeln einen fo fcheufclich-öfonomifchen Pflichteifer, ba§ bem
ZUanne nicht nur alle 3beale, bie lefeten 23räutigams»€rinnerun«
gen, fonbern alle fünf Sinne oergehen, gulefet aber roun*
bem fte ftch über bie Sinnesroanbelung bes (Batten unb ben
ZTTangel an gärtltchfeit.
c£nhoeber giebt es einen Cultus unb ein ITTYfterium ber
Statur : bann ift beibes in ber 2Tlutterfchaft, ober nirgenbs
fonft. €in IDeib, roelches Poefie unb Heligion auch nicht
einmal in ber geroeihten Seit an ftch fommen lägt, in
roelcher fte einem (Sefchöpfe bas £eben gegeben, bas irrige
eingefefet, unb burch <5ottes Segen sum anbernmal erhalten
^at: ifi eine Kinber«2TIafchine, unb roenn fte fonfi tüchtig
ift, mag man fte ein fittliches Säugetier nennen; aber
eine Perfon, bie (5attin eines gebilbeten ZHannes unb ZTTen«
fer/en fann fte nur pro forma fein!!
Va% alle 5*auen3immer Scrjlüffel „perlegen", möchte
hingegen, benn man brauet fte ihnen nicht Jucken 3U Reifen,
fobalb man nicht im 3ärtlicf?en ZTTonb'Diertel fter^t; aber fcrjlimmer
ift es, bafj bie jungen grauen, ofme Ausnahme, mit einer
<5efcr{macfs«Untr»iffenr|eit behaftet ftnb, bie alle klugen«
bliefe auf ben Zttagen ber ZHänner 3urücfu?irft; fte haben
nicht bie blaffe 3bee oon <£ffen unb (Crinfen. Sie halten
nichts oon guten unb concentrirten Nahrungsmitteln, fte
fönnen in ber Stobt nicht begreifen, bafj friferje Butter oon
altem Hahm gebuttert unb eben beshalb total alt fein famn
Sie oerroechfeln Sättigung mit Heftauration. Miltes
Kuhfleifch gilt ihnen fo oiel roie englifches Hoftbeaf oon einem
jungen (Dchfen, ber nie ein 3och trug, gerlaffene Butter ifi
ihnen ber fchönfie Bratenfaft. Sie oerbraten alles 5leifch.
Sulefet, roenn fte ben ebeljlen ZHifchmafch, unb breimal
— 202 —
gewärmte Suppe im £eibe fyaben, burd] beren jettfaure
ftc ftdj nidjt pergiftet füllen, fagen fte mit fdiauerlidjer ZTaipe-
tät: „mir fiefyt Zliemanb in ben ZKagen",*) olme 311
begreifen: bajj bie weiblidje Sdiwädjlidifeit unb Kränflidf«
feit, wie bie ber Säuglinge, vielfältig von ber pernadjläfftgten
Pflege biefes unftdjtbaren ZHagens fyerrüfyrt; ba§ 3ulefct Doc*
tor unb 2lpotl)efer bie erfparten 2Tlarft*tE^aler profttiren,
unb bafc ftdi 3eber felbjt in ben klagen ftcJjt, wenn er mife-
rabel befpeijt wirb. 5rauen3immer galten es lieber mit
bunten £umpen, als mit folibem Propiant; unb fie felbft
werben feiten gcina^r, ob fie etu>as (5utes gegeffen t\abcn
ober mdjt; aber iljre Ceibesfrudjt, üjre ZTTildjbrujt unb ber
ungliicflidfe profeffor, profefjtonift, tEagelöimer ober bieten«
fdjreiber muffen ben Segler entgelten; unb bureb. foldje Dumm»
^ett wirb ber Keim 3U fielen (Senerationen gelegt. —
So ein wofylgefüttertes, mit Butter unb Käfe fjanbelnbes
2lmtmannsweib probirt immer wieber pon steuern, ob ber
aus ber Stabt aufs £anb geholte ttTaurer* unb Simmer«
(5efefle ftd? nidjt aud? ein pflaumenmus«23rob ftatt bes
Butterbrobes gefallen lajfen will, unb ob man ümt nidjt fonfi
was abbingen unb 3umutl}en fann, wobei ein Profit heraus»
3ufcb,lagen ift. Das fnauferigfte, rofyefte ZHannsbilb giebt
unb begreift leidjt, was einmal fein mu§ unb Hechtens ift;
aber felbft beffere ZPeiber jmb fyartnäcfig unb ftörrig tpte cm
ZTCaultfyer, wenn fte herausgeben follen was ftdj gebührt.
ZHan fann ifynen 3uweilen nxd\t einmal begreiflich, machen,
ba§ bie Köcfyn ifae ZtTab^eit auf einem reinen Celler ^aben
*) Sandjo panfa, ber perfontfteierte gefunbe Perftanb, fagt fdjlaaenb
wafyc: „Der HTagen pärft bas £Jer3, aber nidjt bas ^er3 ben HTagen.''
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— 203 —
mu§, — unb baß itjr nicty bie Ueberbleibfel r>on ben andern
(Tellern 3ufammengefdtarrt toerben bürfen, — n>enn n\d\t
ber gan3e fjausjianb beleibigt u>erben fofl. Äefpect r>or ben
billigen unb contractu^ fejigejtellteu 5orberungen bes tteben»
menfdfen, bes Pflegebefohlenen, bes Untergebenen ^at nur
ber ZHann.
€in üerlottertes ZlTannsbilb ift ein (Efel; aber ein lüber»
Hdjes XDeib muß ooßenbs ein (Sreuel fein; weil feine fmn«
liehe Hatur bereits 3ur Unorbnung, Zerfahrenheit unb
Sdmiufeerei inclinirt, unb weil bas 5rouen3immer fein (Segen*
gewicht am pernünftigen (Seifte, an ber lüiffenfchaft unb
XDeltpeHung beftfet wie ber ZTCann.
So eine Schlumpe fommt mit ben €infäufen vom IDocfyen«
marft, unb ha* bie (Erefor«Scheine 3wifdjen bie Butterpfunbe,
ober bie fjäringe mit ben pflaumen 3ufammen gelegt. Sie
leert bann ihr ZtTufeum pon fejten unb fyalbflüfjtgen Dictua«
lien auf ben Kaffeetifch aus, unb leeft ben pergoffenen Syrup
mit ben Ringern pon ber Kaffee« Serpiette ober Pom Kalbs«
(Sefröfe ab; unb wäbrenb fle weiter tjin ausruhenb, ZITarft«
Heuigfeiten 3um Bejlen giebt, bemerft man mit <£FeI, bafj bie
harmlofe Seele in (Sebanfen ein Stücfchen Klopsfleifch 3wi»
fd]en ben 5ingern fnetet unb roßt. Sie nimmt Seroietten
3U IDinbeln, fte beeft gährenben 23robteich mit £>ecf betten 3U
unb giebt fte ^interbrein, wenn fte eine (Sutsbejtfeersfrau ijl,
aus Perfehen in (Semüthsruhe ihrem (Safi. Sie fähr* mit
ben fjänben in alles ZTCöglidje unb Unmögliche hinein, unb
hantirt gleichwohl mit biefen unicerfeH perfebrfamen fjänben
alles bas, was pon reinlichen ZTCenfchen mit ZHeffer unb
(Säbel angegriffen wirb. Sie flögt bei tEifc^e mit bem Dau»
men jebes 5leifch t>on ber (Säbel, auch wenn fte feine ^anb«
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— 20^ —
tperfs- unb Bauerfrau ip; pe bricht pon einem frifchen
Brobe bie Kante herunter unb fährt mit berfelben in ein
Pfunb Butter ober in einen Schmatyopf hinein. Sie ißt fid?
eine fyalbe Stunbe cor ber orbentlichen ZlTahl3ett an ben
eßbaren Dingen fatt, bie ihr eben unter bie £}änbe f ommen ;
ober fte fefet fid? allein 3um gebeeften Cifch, falls iljr bie
<5äjte 3U lange ausbleiben. Sie pfet am liebten auf ihrer
fjaefe unb ip anbern unaussprechlichen Ztatürlichfeiten be*
fliffen! Die ZTachfommenfchaft aber macht ber 2TIama 2IHes
getreulich nach. Der nryPifche 5amilien«Happort pellt per?
in einem Meinen Kinber*(8eruch bar, mit »elchem bie
eble Crägerin ber ZHutterfchaft felbp am Sonntage behaftet
ip, Unb ade biefe Cüberltchfeit in ber äußerlichen ®efono.
mie ip nur ber 2lbbrucf ber inroenbigen Schmufcerei unb
Bepialität, gegen u>eld>e feine Disciplin unb feine höher«
Cöchterfchule, fön penponat 3U 200 Ducaten unb fein
Bilbungs-Hecept fylft. —
IDer unfauber, fdjamlos, unpräcis, profan unb unbelicat
geboren ip, pirbt fo trofo aller Politur. So ein ZDeib ip
roie ZTTefpng unb Sinn; gleich nachbem bas Heiben unb
pufcen ein <£nbe fyat, fommt bie Orvbation, unb pe nimmt
[ich Per3tr>eifelt ' feiten fo äphetifch aus u?ie an einer alten
ZHetaH'Bilbfäule bas <ßrünfpan'€mail. Spaty an Pferben
erbt nicht mit folcher Zlatur-^ähigfeit fort, als pon IDeibem:
Cüberlidtfcit unb Schmufeerei. — XX)er ein €ntlmpap für
0rbnung, prä3tpon, 2lnPanb unb Heinlichfett ip, ber fehe
pdf grünblich bie 5rau ZTCama unb (ßroßmama an, bepor er
pch mit bem Sprößling perlobt.
Diejenigen, benen es im £eben fauer getporben ip, roie
bem reich geworbenen Bauer, ober bem präpbenten, ber pch
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r>om Schreiber emporgearbeitet h<*t, bie trollen ihre 3ugenb-
Sflaoerei auf ihre Untergebenen unb Pflegebefohlenen über-
tragen. Der <51ücfspil3 rächt jtd? gleichfalls für ben l^orm
unb ZZeib, ben er erfährt, burch ein übermütiges Hegiment.
Um gut 3U bleiben, muß man r>or allen Dingen feine mal-
propern ober ©e^nHcften 21ntecebentien unb feine 3U große
Perfuchung haben, fdjlecht 3U fein. ZHenfchen oon Perbienjt
unb eblem Selbffcgefühl, l\od\Qe$eüte, genieoofle unb fyodige*
bilbete UTänner ftnb in ber Hegel immer bie billigten, bie
leutfeligften, bie beften, roeil ihnen feine Urfacrje 3U irgenb
einer Ulißgunft, Hioalttät, Hache unb Beargroöhnung inne
roohnt.
Das Beroußtfein ihres eigenen JDerthes ijt ftorf genug,
um frembes Perbienft unb Hecht bequemlich unb mit gutem
ZTluthe neben ftd} 3U bulben.
Die Sicherheit ihrer Stellung giebt ihnen bie Huhe, Haltung,
23ehaglichfeit unb Ciebensroürbigfeit, bie auch auf ihre Um-
gebung übergeht. — Sie brauchen STiemanb 3U fchinben unb
3u blamieren, um fleh felbft 3U erhöhen unb 3U bifhnguiren.
Das (5egentheil ift es mit ben genie- unb oerbienftlofen
€mporfömmlingen, mit allen ben Ceuten, bie eben nur barum
weiter aoanctrten, roeil bie HeUje an ihnen roar. 2lm un*
erträglichen aber ftnb bie XDetber oon folchenUTännern;
benn nach ih rcm Dafürhalten ftnb fte jebesmal, roie ich
bereits ge3eigt, mit aoanctrt unb mit becorirt roorben. IDehe
alfo bem UTenfchen, ber bas tgnorirt. ^ochmüthige unb
genielofe Damen oon (Ertractton ftnb nicht meine Ceiben-
fchaft; aber ich fmbe fte fchon um ihrer 23ilbung unb <£r-
3iehung roillen oiel leiblicher als bie aufgeblähten, linftfeh«
üornehmen, halb rohen unb halb gefochten IDeiber ber reia?
— 206 —
geworbenen £eute mit i^rem Zfiifdrniafdf von (gemein^eit
unb (Zonvenxeni.
X)er £}ocr/mutfj, ber <5elbflol3 in ber Bourgeoifie unb \l\t
CorporationS'Dünfel 3eigt tnel garftigere Variationen, ZMyftc«
rien, Unbarmlje^igfeitcn unb Brutalitäten auf, als ber arijto*
fratifcrje Kajten-Cßeiß. — <£in (£y tra-IDurßmacr/er Ijält ficrj
unb bie Seinigen \d\on für unenblid] feinere Ceute, als einen
ileifcrjer, ber nur 3U fdjladjten unb ZTaturell«5leifdi $u uer«
faufen r>erpel}t — unb ein Kürfdmer ift empört, roenn man
xfyx mit einem bloßen ZHüfeenmadjer ibentipcirt. Der
Sdjnciber bünft jtd) einen Künftler, Derglicfjen mit einem
Sdmjler; unb ber pofamentier blieft auf bie beibe mit ^ofjn.
— 2luf einem <£ntree«23all, roo lauter fjanbroerfstödjter
tagten, faf} idf ein unbefdjoltenes Scrtenfmäbdjen rjmausge«
u>iefen, bie anßänbig gefleibet roar unb jid? ebenfo betrug.
Unb auf jebem fjonoratiorenbaü fann man bie Bemerfung
machen: bafe bie reichen Bürgerstöcr/ter unb ibre ZHütter
über bie Dreißigfeit ber Dienjhnäbdien empört ftnb, roeldje
nadj Znitternadjt in ben (Ean3faal guefen; obgleich unb roeil
fte roiffen, bafj uiele t>on biefen Dienftmäbdjen Cöcfjter per«
armter Bürger ftnb.
Xlxdtts (Erbärmlicheres fann gefunben roerben, als Eerfeljr
unter orbinairen 5rauen3immern. Anfänglich, ein <51eis, ber,
alles 2toufye unb <5arjttge nach innen fefyrt; u>eiterb,in eine
Portion ZTatur«(5eruch, ber ben fünfllichen parfüm fo roeit
unterfriegt, bafj er mit ü?m eine uer3u>eifelte 3roeibeutige
Aeftfyetif 3ufammen braut; 3ulefct einen fleiner Spalt unb
aus bem ber gan3e orbinaire 3nfyalt rücf jtdjtslos ^en>or
brobelt. Suerß bie ©erbinblichjten (Semeinpläfoe, Cournüren,
(Sefäfligfeiten unb Cractamente:
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— 207 —
3alb pnb aber bie liebensn>ürbigen Cebensarten bepenprt,
bie gegenfeitigen 3Huminationen confumirt, unb an bie
Stelle ber 3H u ponen tritt bann bie leibige orbinaire Ztatür*
Ud}feit, unb mit bem 2Xluttenx>ife txrirb bie <Semeinf}eit aus*
gefpielt. ZHan erleichtert, man bemasfirt pdj, man ennuyirt
pd? gegenfeitig; nidjt 3U oergeffen: man beflatfdtf unb Ijagt
pd?; man befpectirt pdj, unb bei ber geringflen 2>ifferen3
banft man einanber ab. — 2)te improDiprte 5wunbfdjaft
flafft $u einem Hi§ auseinanber, ben feine artige Cebens«
art überbrüefen ober ausfüllen fann. 21udi ein nobler unb
gebilbeterZlTenfdi fann ben intimen Perfeljr mit orbinairenCeuten
nidft aushalten. €r läßt pdj in uorer (SefeHfdiaft gelten, er
verliert bie 5090ns, er fcBjrt ben Naturalismus heraus; bies
ift bann bas Signal für bie Ztaturaliflen, tfjre (5runb» Suppe
3U erfdjöpfen. X}aß unb üeradjtung machen ben Schluß. —
<£s giebt Ceute, bie »erben 3U einer Kneipe mit (Dtyc*
feigen fyinausgetoorfen, unb falls es eben fotfyg auf ber
<5a\\e ijt, fo fudjen pe pdj fe^r 3ier(id} mit 3ugefpifeten
<§e^en bie 2Tlittel«Steine aus, als roenn nidjts porgefallen
uxire. Sie I?aben auf irjre IDeife redjt, benn n>as brauchen
bie Ceute auf bem 2TTarfte 3U toiffen, tx>as in ben Bier« unb
IDcinftuben mit anfläubigen perfonen für €£perimente probirt
pnb? — <£s gehört aber bodj eine aparte clontenance unb
UnDerfdiämtijeit 3U foldier £ebens»Pfylofopfye. — Xt>er ein
e^rlidjer beutfdjer Kerl ip, ber benft fynausgemorfenen 5aHs:
bin idj an bie £uft gefegt, fo mag audj bie Stiefel unb bie
5090ns ber Ceufel Idolen; ober er fyxt oor Alteration unb
3ngrimm gar Feinen Kopf, unb fctyägt pdj unb anbere tobt,
wenn er auf Ceben unb Cob beleibigt ip. —
€ine fo Der3tx>eifelte Confequen3 fennen bie politifdjen
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— 208 —
teute feineswegs; bte ZTTaulfchellen werben von ihnen hübfch
in bie (Eafche gejiecft unb bie trocfenen Ulittelfteine gefacht.
— 2lnftanbs»Damen 3umal jtnb gan3 befonbers jtarf
im 39"otiren ober Pertufchen ber malheureufen, mal«
propern «Eventualitäten ihrer Biographie. —
€s er3äl|lt 3. B. ein armer Schußer ober Scfmeiber, oer
3um 3efmten ZTTal mit feiner Hedmung abgeroiefen iß, vov
ber (Ojüre ber feinen Dame fein ZHal^eur ben £euten auf
ber (Öaffe ; bie 3ntereff entin aber liegt in ber Beletage im
5enßer unb lorgnettirt ober grüßt bie Dorübergehenben fo
harmlos, als roenn fte nicht fo eben laut unb öffentlich eine
orbin aire Betrügerin genannt worben roäre. Die ö3ute
ßeht am Pranger, aber fte iß nicht mit babei. ZHögen bie
Slntecebentien, bie gufälligfeiten ober bie 21ugenblicflichfeiten
fo orbinair in ber Subßan3 ausfallen wie fte wollen, bie
Dame oon Contenance unb 5a<?on bleibt fo unbefangen unb
fo biftinguirt in ihren ZHanieren, rote wenn fte felbß nicht
einmal eine cgpifobe in ber Scanbai «Komöbie l(ätte, bei
welcher fte fogar bie prima-Donna abgehen muß. —
Das iß eben ber Portheil ber politifchen Cebensarten:
ftch nichts merfen 3U laffen unb feinmal alterirt 3U fem.
IPer ßch auf bie feinße Haltung oerßeht, ber fyält auch
folche 2lffairen aus, t>or benen ein blos natürlicher ZTZenfch
ben Perßanb unb uor <5ram bas Ceben verlieren muß. —
(Eine Dame x>on ebel Dreißigfeit unb Diplomatie fann 3. B.
einen Dummfopf r»om retnßen IDaffer, ober einen Schürfen
3um c2hegemahl l\aber\, ber längß für ben (Balgen reif tß:
bie Dame aber lehnt ftch fo ßcher auf feinen 2lrm, ober
giebt bem 3"culpaten »ieüeicht fo naio fchäfernbe 5ächer*
fchläge unb 3ärtliche Äeprimanben, als wenn fte nicht wüßte,
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was alle Welt weift, unbunter Slnberm biefes, baß ber eble bitter
unb (Satte nur PorKur3em u>egen 2Uimentations-Klagen
por (Bericht gejtonben fyxt — Diefelbe Dame benufet nadj bem
Cobe ib,res fauberen fyxtrx (ßemafys, mit bem fte nierjt m (ßüter«
gemeinfdtaft gelebt Ijat, bas (Befefc ba^in, baß fte nidjt einmal ben
2Irst be3at|lt, berCag unbltadtt um benKranfen bemütjtgetpefen
ift; aber bas ttjut üjrer äußeren (Erfdjetnung, tfjren feinen 2Itrs,
ber Slifance mtb bem Slplomb feinen 2ü>brucb,. — Sie brapirt
mit berfelben <5ra3ie i^ren Sljarol um bie 3arten Schultern unb
banf t mit berfelben ^nmutfy, toenn fte ptelleicrit barauf aufmerf «
fam gemacht wirb, baß ber §ipfel ifjres falfdjen unb unbe3ab t lten
Kafcfjmtr im Kotije fcfyleift. — ZtTan muß bie Sorte fennen,
um 3U u>iffen, baß ber genfer ify auf bem ^od?gericr)te
©fyrfeigen geben fann, olme baß fte bie feine fjaltung unb
Contenance, ober bie €legance perliert.
<£s ift überaß, in ber Citeratur roie im Ceben, eine Scfiön«
tbuerei mit Decorationen unb eleganten 5ormen, tPäfyrenb ber
Stoff fo grob unb fdimufeig ijt, bas er nidjt einmal Kalf *2lnjtridi
fehlten nrifl. — Kaum if* ein Derftoß gegen bie nicrttigjte
Conpenien3 gemacht, fo erregt bas bei ben feinen Ceuten eine
Senfation unb 3nbtgnation, bie gar nidjt u>ieber gut 3U madjen
fdieint: aber bie infam jlen Sdmftereien, eine <5eroiffenloftgfeit,
ber man nichts pon Poltset unb ZHobe roegen angaben fann;
finbet Dulbung unb <£ntfd?ulbigung, ferjon roeil man nidit roeiß,
tpte balb man biefe Co(eran3 für ftd| felb $ in 2lnfprucb, nehmen roirb.
ZHan muß bie ^eudjelei, bie Sdjaufpielerei, bie Hnper*
fdjämtrjeit unb Ztidjtstpürbigfeit hinter ben feinden unb
liebensroürbigjten Salons fennen gelernt Ijaben, um 3U be*
greifen: roarum mitunter ein Capalier unb (Ehrenmann ftd>
bie fdjroffen unb groben 3ugelegt tjat.
B. ©olfc, Hoturgtfdj. b. jrauen. \$
XIV.
IDinfc für fywattis-<£anb\batm.
„Sine ira et studio."
„Cbler Qm <Braf," fagte Patron io, „ber König Ben*Koit von
SeoiHa war mit Homoquia oermdb.lt; rr liebte fte menr als irgeob
etwas auf ber ZDelt; fle war eine feqr gute $rau; aber 3uroeiIen batte
fle Caunen unb fonberbare Begierben. Unb es traf fld? einmal, als fle
in Corbooa mar, im IHonat jebruar, bafl Sdmee vom $immel fiel;
unb Bomaquia, als fle biefes fab,, fing an su weinen. Unb ber König
fragtt fle, warum fte weine; worauf fle antwortete, fie weine, weil fle
nod? nie in einem Canbe gewefen, wo es SAnee gebe. Unb ber König,
um iijr eine $reube 3U mad?en, Ht% nun bas ganje <ßeblrge oon Cor»
booa mit Utanbelbdumen beoflanjen. Da Corbooa ein i)e\%ts taub
iß unb es nid>t ade 3ab^re bafelbfl fdjneit, bie Ulanbelbdume aber,
trenn fie im £ebruar Höben, bem Sdmee öqnlid? feqeu, fo qoffte er, fo
bie CufJ ber Königin gepißt ;u baben. —
„Unb ein anberes OTal fab Bomaquia aus einem Limmer, bas
auf ben $Iufj t)inausgting] , eine £rau, bie mit nacften Ruften Sdjlamm
fnetete, um baraus 3 ie 9 rI 3" mad>en. Unb als Bomaquia biefe $rau
fab, fing fie an su weinen. Unb ber König fragte fle, warum fle
weine. „Desbalb," antwortet fle, „weil ld> nie etwas na«, meinem
Belieben tqun fann, nldjt einmal, was biefe $rau madjt." Unb fo^
gleldj lie§ ber König ben Ceid> oon Corbooa mit Bofenwaffer füllen,
unb an bie Stelle bes Sdtfammes lieg er gutfer, ^immet, 3ngwer,
Ben$oe, Kmbra, tflofdms unb alle anbem guten (Sewörje unb moql.
ried>enben Dinge, bie auf ber IDelt flnb, qtnetnbrlngen, unb flatt bes
Strobs ^udVrrotjr. Unb als ber Ceidj oon allen biefen Dingen voü
mar unb oon einem Sdjlamm, wie 3b r i" ^ud? benfen fönnt : lub ber
König feine (Bemaqlin ein, fld} su entfdwben, biefen Sdjlamm su
treten unb Riegel su mad?en fo oiel fle wolle.
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- 2U -
w Unb an einem antern läge, ba mittet eine anbete Caune ftber
fie fam, fing fie mieber an ju »einen ; unb ber König fragte fie, was
fie fpbe. »IPie follte idj nidjt meinen/' fagte fie, „ba ber König nie
etwas tfjut, um mir angenehm ju fein !" Unb ber gute König, ba er
f al), er tfabe, um itjr 3U gefallen unb ib,re ED&nfd?e ju befriebigen, fdjon
fo nie! gettpn, bafc fie felbft niä?t meljr wiffe, was fie oerlangen follte,
antwortete U)r bie arabifä>en ZDorte: „Ehu alen&hac aten,« was ju
Deutfdj ijet§t: „Hidft einmal am Cage bes Stammes,* woburd? er
if^r 3U Derftelptt gab, baß/ wenn fie bas Uebrige oergäfte, fie fld> bod>
wentgjiens bes 5 dj lamm es erinnern foHe, ben er it)r ju Ciebe ge«
madjt IjÄtre."
(Mus bem „<ßrafen Cucanor," einem Werfe aber OTenfdjenfennt«
nifj, 00m fpanifd>en Infanten Don3uan.)
(Eine 3ungfrau iß ein mit bem Siegel Salomonis per«
fchloffener Schafe. ZHan fann jie freien, man fann 3ufrieben
mit ihr leben, ihrer gärtlichfeit unb (Ereue oerjtchert fein,
ofme itjre tiefte Seele erfchloffen 3U ^aben. XDie t>iele
5rauen unb ZTCänner glauben Ciebe unb Ceibenfdjaft su fennen,
unb boch iß etiles nur ein bloßes Spiel, eine 3eu?egung auf
ber Oberfläche, ein profaner Dilettantismus.
Piele Alltags* ZHänner t>erf ehren mit ihren hochbegabten,
fublim organijtrten 5rauen, roie ein orbinairer ZTTufxfus mit
einer (Drgel. <£r fpielt ein paar 5löten3Üge, bie an^vn He-
gt jier unb bas Pebal meifj er nicht 3U h<*nbhaben, bie per*
fh'mmten Pfeifen nicht 3ur fjarmonie 3U bringen, — unb
am roenigjten ©erfleh* er ftch auf bie rechten Compojitionen
für fein 3nßrament
5rauen fann man roie Statuen unb <5emälbe bewunbern,
fo lange man fie gefchäftslos auf bem Sopha ftfeen, ober
ftch gemejfen unb förmlich betoegen fteht; aber es tjt faß
nicht möglich, ein junges, fchönes, liebensuriirbiges Weib
im ^auswefen unb mit Ktnbern gefchäftig 3U fehen, ja r>on
ihr felbß pflege unb fleine Ciebesbienße an3unehmen, ohne
ba§ man r»on ihrem Sauber ©erßrtcft toirb. Vas Silb einer
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— 2\2 —
forgenben, 3ärtlichen, arbeitfamen, jungen fjausfrau fchleicht
ftch in bas fältele ZlTannesher3 ein. Die üorftellung liegt
3U nahe: fo fönntefl Du auch geliebt, gepflegt, mit foldjer
Sorgfalt behütet fein. €in bequemes, luxuriös exogenes
ZKäbchen fann unmöglich bie IDünfdje unb Bilber in einem
ZTianne fjeroorruf en , als eine junge 5rau, bie ftch fo recht
in ihrem €lemente, in allen phafen mütterlicher unb ehe«
lieber 5orge »ie (EJjätigfeit barfteHt. 3n ber Bewegung
3eigt ftcf? bie (ßraaie, in ber Cfyätigfeit unb im Kampfe bie
Kraft. Die <Eh a *f ac h c ift fo u>ahr, baß jeber ZHann, ber
anbauernb in einer Familie ©erfehrt, bie Cochter lieben lernt,
welche bas ^auscoefen führt, falls fte nicht entfdjieben un*
liebenswürbig ift.
Die jungen Damen wiffen mit biefen tifly fetten unb Sauber«
mittein fo öoüfommen Befdjeib, baß fte Feine (ßelegenheit
serfäumen, um mit ihnen 3U operiren. 23ei allen £}och3eiten,
iefh'pitäten unb länblichen €rcurftonen entwtcfeln bie <5uten
eine <Sefd?äftigfeit, Oefonomie unb 5implicität, bie ttmen
für Alltag burchaus nicht nachgejagt wirb, aber fchon manchen
alten 3wnggefeßen eingefangen Ijat. <£s geht nichts über
Unfchulb unb ttatur, wenn noch ein Hein bischen Kofetterie
unb PftfftgFeit mit im Spiele ift.
ireunbfehaft mit jungen Zlläbchen iß eine liebliche 2TTyfti*
fication. H>er ftch einem ZKctbchen in's 2Ilbum fchreibt,
ber pflügt Schnee. — Die lebige freunbin fchreibt ftch
3ulefct boch in eines ein3igen ZHannes f}er3, wie ftch aus bem
ZTaturgefefe ©erfleht. 2lus ber 2llbumsfreunbfchaft wirb bann
ein Sllpenfdmee, welchen ein ibeales XHorgen« unb 2lbenbroth
röthet, ohne ihn 3U fchmel3en. XDenn's folibe unb erfprieglich
hergeht, fommt ein Sdmeeglöcfchen ober Peilchen h^or.
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— 2{ö —
2>ie reelle 5reunbfchaft, bas tyüe HTenfchenthum gebeizt nicht
auf idealen f}öhen fonbern im Chale ber €l>e unb bes
XDerfeltaglebens, wo bie J^ütten flehen, ber tiefer im
Schweiße bes Angeftchts gepflügt wirb, unb ber HTenfch alle
Stunben bes (Eages an ben Austaufch von Cugenben unb
Sewjtoerläugnungen, von Ciebesbienften unb ZlTitleibenfchaften
Don gärtlidjfeit unb (Ereue angewiefen ift.
<£in IDeib fann einen Haufbolb unb (Cobfchläger lieben, ofme
lächerlich ober ehrlos 3U erfcheinen; aber fte barf feinen
Ifanswurft ^eirat^en, feinen poltron, feinen ZITenfchen, ber
ftch lächerlich ober feig ge3eigt hat
5eigheit ifi eine Sünbe wiber ben ^eiligen <5eijt ber männ-
lichen XTatur, mit welchem bas IDeib ihre natürliche 5urcht-
famfeit repariren will. €in ZTCann, ber 5eigh*it oerräth,
fann t>on einem ebeln IDeibe eben fo wenig Ciebe oerlangen,
als u>enn es ftch ergeben Ijätte, bas er felbft 3um weiblichen
(Befehlest gehört fjä&lichfeit überfielt bas IDeib; es wirb
aber 3ufolge bes ZTaturgefefces in ihm oon bem wetbifchen
2lusfehen unb ben ir>eibifchen ZtTanieren eines IHannes an-
geefelt unb empört. Wenn ber <£h*e bes ZHannes im All-
gemeinen nichts entgegengeht, — roenn er nicht unmänn-
liche Cebens « (Scmohnheiten angenommen fyxt, n>enn bas
IDeib hoffen barf, pch burch bes UTannes IDahl r*or ber IDelt
geehrt 3U fehen: fo fann ber Bewerber pch »erpehert holten,
bag bie Ausbauer feiner Bewerbungen 3ulefet ben Sinn
ber €rroählten auch bann erweichen wirb, falls er häglicher,
älter unb liebenswürbiger ift, als Ciebe unb Ceibenfchaft ober
bie billigten Hücfpchten auf natürliche 5orberungen es ge-
Patten. (5an3 analoge €rfcheinungen liegen bem gauber 3U
<5runbe, welchen gewiffe XDeiber über ben XKaim ausüben.
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- 2\\ -
Sic bürfen nichts ZKännliches an fich ^abcn, es mug bas
weibliche, alfo bas natürliche Clement: bie 5ügfamfeit, bie
£>eichh*it/ bie Eingebung, bie £eibenfdjaft in ihnen ausge*
fprodjen fein.
€s ijt gleichwohl tEhatfadje, bag 5rauen, welche ein ^alb
ober gan3 abenteuerliches Ceben führen, bas leichtfertige
Sängerinnen unb Cän3erinnen nicht nur über locfere 5ürfteu
unb cTaoaliere, fonbern auch über biefoIibejlenCharaftere
eine unbegren3te fjerrfchaft gewinnen fönnen. 2)ie gelegent*
liehen tEugenben unb ZHenagen ftnb es nicht, welche in biefem
5afle bie ZKännerher3en beswingen. liefen XPeibem fehlt
nicht feiten bie IDeiblichfeit unb bie Scham; es fehlt ihnen
bas 3ewugtfein ber weiblichen IDürbe, unb fehr oft fogar
ein £jer3, bas mit Creue unb gan3er Eingebung 3U lieben
»ermag. tüarum tragen fie gleichtoohl ben Sieg felbj! bann
über ehrbare Stauen bar>on, wenn biefe: fdjöner, geift-
Dotier, gebilbeter, ja wenn fie fogar 3ärtlich, lebhaft, wifcig,
feurig unb ooller c£inbilbungsfraft ftnb? (aber freilich inner*
halb ber (Sre^en ber Sitte unb XDohlanftänbigfeit.) IDorin
liegt benn ber bämonifche gauber eben bei jenen IDeibem,
beren gan3es ZDefen aus Sinnlichfeit, Caune, (Eaprice unb
Ccichtfertigfeit bejleht ; worin liegt bie ZHacht felbjt bei folchen
cTourtifanen, benen bie fchlimmften Ceibenfdjaften im 21uge
funfein? ZDorin? ZPorin arxbevs, als eben in biefen ele»
mentaren £eibenfchaften unb IDetterwenbigfeiten, in
biefer aufgelöflen Sittlichfeit unb Vernunft! 2)ie grobfmn*
liehen unb charafterlofen ZHannsbilber fühlen fehr wohl, bag
fle ben geifwoHen unb ebelgearteten grauen feine Sym*
patfyen unb noch weniger eine (tttliche Eingebung abge-
winnen; fte werfen ftch alfo mit richtigem 3njhnft in bie
— 2\5 —
2lrme ber ibealiftrten unb anjtänbig masfirten Sudlerinnen.
Bei ben geijhoollen unb foliben UTännern aber roirb eben
burch bie vernünftige tebensorbnung eine natürliche He-
action in folcrjer Stärfe ^eroorgerufen, baß ilmen eine
ftnnliche Ciebe unb bie Crägerin einer foldjen unenbtich
rei3enber, bequemer unb abfrifchenber roerben muß, als ein
ebles ZPeib, bas ftch bem «Beiße bes Zftannes oermählt
fühlen unb feine gefällige priejterin von ttatur»
TXlyfievien fein roiH, in »eichen fleh ber alte 2lbam reha»
bilttirt.
Perlieben magß Du bid), geliebter unbefannter tefer unb
Caoalier, in Oberinnen, in abmWuetnoe unb complaifante
Damen oom großen Styl, roenn Du es einmal nicht laffen
fannjt unb bein Cafdjengelb im großen Style los roerben
roillft (nam habent manus ablativus) aber: mit bem X}ei*
ratzen lag Dich in biefen Ijodiromantif djen 5äßen nicht
ein! Vflxt 5rauen3immern ift es roie mit Haturprobucten.
cEs giebt folcher, bie roh unb bie gefönt genießbar ftnb;
man lebt beffer oon lauter Kartoffeln als von lauter 2lpfel«
(tnen; aber ber erfte 2lnbiß oon einer füßen Orange tft
freilief? romantifcher, als ber in eine ge föchte, ober gar in
eine rohe Knollenfrucht. (Soetfye läßt Ottilien in ihrem
(Tagebuch fagen: „€s giebt grauen, bie ftch beffer im freien,
unb 2lnbere, bie jtch natürlicher in ber Stube ausnehmen." —
23auer«Dirnen muß man freilich nicht auf geborgten par*
quettboben, Staotoamen aber nicht im €rntefelbe, im IDalbe,
ober nur unter ben fjof-Sperlingen fehen, benn roenn ihnen
nicht ein 3art-naturjtnniger mobemer Dichter $u fjülfe fommt,
fo hören unb ©erflehen pe fein Sterbenswörtchen ©on alle
bem „roas fich bie Pögletn enählen ober berZDalb."
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— 2\6 —
TXlan fann bie 5rauen aber ntcfyt bloß ben Blumen, ben
Sübfrüdtfen ober ben Daterlänbifcfan (Semüfen, fonbern audj
ben üögeln Dergleichen.
<£s gtebt unter itmen bunt ge fieberte, gefanglofe I}ol$*
Spechte unb unanfebnlidfe HaditigaHen, munter 3witfd}ernbe,
hausbaefne, ferngefunbe Sperlinge, welche Sommer unb
IDtnter oergnügt burcffbalten, unb bann wieber gefanggeübte,
in Vogelbauern 3ur IPelt gefommene Kanarienvögel; alfo
f ünfllidj oerebelte Sperlinge, welche in ber elementaren Jreirjeii
3U (ßrunbe ge^en. <£s giebt (Tauben unb Krähen; perl»
ffübner, bie einen fägenferjärfenben £ärm machen; unb orbinatr
gaefernbe Rennen, bie aber regelmäßig <£ier legen, ZHau
barf ttmen alfo fcfjwerlicrf vorwerfen, baß fte feine wtlben
2luer« ober Slblerfyennen ftnb. Unb wenn bie ZHannsleute
ftcb, felbft für feine 2lbler ober Schwäne galten bürfen, wenn
fte n>eber auf Selsten noeb, in einfamen U)alb«Seen niften:
mos nx>flen fte bann mit einer 5diwanin ober 2lblerin?
<£s tjt fcfjon am natürlichen, wenn ftcb, ber orbinaire £}aus«
ttofyi mit ber dSacferfyenne, unb bie <5ans ftd} mit bem (Sänferidi
paatt. —
€in (Belehrter tbut für bas <5an3e beffer: feine Xjaus«
ItfUtertn 3U heiraten (wenn fte fonjt eine frifdje, gutgeartete
unb gefreute perfon ij*), als eine <5our»ernante ober
Scffriftfl eller in; benn pon ber brauen Haturalifttn werben
bie Kinber rael leichter ZHutterwifc erben, als bei ber eben«
bürtigen tferbinbung in Slusftcrft gebellt ift Die ausge»
3eidmetjten unb förperlicb, gefunbeften XKenfcrjen entflammen
in ber &egel einer ZTtutter, bie oiel natürliche Anlagen, unb
einem Pater, ber gebilbeten <5eifi beftfot, €tn fo beeigen*
fcfiafteter UTann wirb ftdi weniger bureb. eine Dame oon
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— 2\7 —
feiner (g^ielmng, pon Sdmlfennrniften unb fublimen Cebens«
arten ergäbt pnben, als oielmehr burd? eine 5rau r»on
<Semüths«2Inlagen, r>on anfdjauenbem Derjlanbe unb praf«
tifdjer 2lrt, 2Ius einer folgen <£be fann feb,r natürlich eine
Xtachfommenfchaft IjerDorge^en, n?elche möglichP angenähert
bas complette 2ttenfchen'(Semächs barfteüt, h- ein folches,
in toelchem 'Zlatuv unb (Seift, C^eorie unb praris, Heal*
5inn unb 3oeaIismu5 incarniert pnb; unb aus biefen Chat*
fachen folgt flar unb baav bie Hotiuenbigfeit, baß 5rauen
mehr auf natürlich ■ praf tifchen JPegen burch ben (Seift bes
fjaufes, burch £anbesptte, C^ätigfeit unb 2lnfdjauungen ge«
bilbet roerben, als burch höhere Cöchterfdmlen, prir»at(hinben,
UTupf unb Citeratur. Diefe I?eirats«philofophie bat aber
noch einen Beoers, ber ad notam 3U nehmen ift. Den Unter«
fdjieb von rober Hatur unb <£r3iebung roirb man recht ein«
bringlich an ber Cfjatfadje getrabr: bas fjeirathen 3u>ifd?en
gebilbeten ZTIännern unb Dienftmäbcrjen ober Haushälterinnen
feiten ein gutes <£nbe nehmen. So lange bas ZHäbdjen
jung unb hü°fö/ f° lange p« *>on ibrer 3ugenb unb Siebe
infpirirt unb »on ber <£be illuminirt ift auf eine bfibtxt
Staffel gehoben 3U fein, geht Ellies gut; fobalb aber mit
ber natürlichen Cebensfraft auch bie Begeiferung, unb mit
berfelben bie Ambition, bie pttliche fjaltung unb Delicateffe
fchroinbet, unb roenn bann in älteren Cagen bie gemeine,
rohe Lebensart, ber ZUangel an Schule unb (Erhebung 3um
Porfdjein fommt: roirb biefe <£be eine Unmöglichfeit, unb
bies in bem UTafje, als bie 5rau felbft fühlt, ba§ 3u>ifchen
ihrer Bilbung unb ber bes UTannes eine Kluft bepnblidj ifi,
unb bas pe ihm nicht ebenbürtig iP; ba§ er pe nur pnnlich
geliebt hat.
— 2\S —
IDenn man aber den ZTTangel an forderlichen Bei3en, an
Xlatut und 3nfP^ötton, da3U btc prüderie und Blaftrtfjeit
bei den gebildeten ZHäddten ©on beute anftefy, fo wünfdjt
man tfmen 3ur cEorrection die Demütigung: gebildete
ZTCänner mochten das egyperiment einer Verbindung mit
ZHadcfyen aus dem gemeinen Polfe wagen. IDenigflens find
üjnen dann gefunde Kinder, und der gebildeten Sdiidite eine
Smfrifdmng der Hace garantirt
€s iß mit dem Cugenden der 21fltags*IDeiber gan3 wie
mit den Perdtenften und guten Seiten der HTänner vom ge»
wöfjnlidien Schlage. por3ia tjat Secfy: „Slbfdieulidi, u>enn
er betrunfen (oder oon geitOdeen fh'mulirt, von £iteratur*
dinte begeiftert), und Ijödiji abfdjeulid?, wenn er gan3 abge»
nüchtert i(i."
Ad vocem: ifolirte (Tugenden und Calente, fo mu§ er«
innert »erden: ein Kunjtwerf, ein X)id]troerf wird nid>t aus
ein3elnen Schönheiten und Pirtuojttäten 3ufammengefefet; es
muß ein organifdjes, abgerundetes <San3es, es mu§ r»on einem
^er3ens«3wpuls einem (Slauben und Cieben, einer lebendigen
3dee getragen, auf dem Untergrunde der Ztatur gewaebfen fem.
Zlodi weniger geben fo und fo r>iel löbliche Handlungen, <5e«
wohnheiten oder manierliche Cebensarten ein lüeib heraus, in
welchem ein 2ldams«Sohn feine €ca erblicfen fann. (Entweder
hat das tDetblein nur eine »erfünflelte, in den Bieren tEöchter«
fdwlen Derfdmittene, con Dintenfleffen entfteüte Hatur, oder
fte ift fo roh und elementar wie ein roher Sdnnfen, der,
fchlecht gefal3en und fdjledjt geräuchert, obendrein ohne Senf
genoffen werden foll. £affen wir aber die (Extreme 3ur Seite
und galten wir uns an die ZHitte, d. h» an die beliebte
ZHittelmäßigfeit, an die Zleutralifation t>on Ochterfdmle
unb elementarer ZTatur, fo ergtebt ftch folgenbe (Tenfur: Die
mittelmäßigen XDetber Dementen ihre langweilige Schulbigfeit
mit fo r»iel langweiliger Unfdmlb, baß ein ZHann von ge«
weeftem <5eijte ftch nach einem Perhältniß umjteht, in
welchem bie IDerftags« (Eugenben mit ein wenig IDife unb
phantafte, bie phlegmatifche <5emüthsruh* mit einigen
Schmecfproben von Effecten perfekt ftnb. — Selbft ber blaue
Gimmel fann langweilig werben, wenn er ZHonbe lang fein
IDölfdjen, wenn er ftch feinmal in ber ZHajeftät bes Donner«
wetters 3eigt. Der reine Liether fehieft ftch nur für ibeale
Cebensarten, für flafftfche 5tubien unb Perbältnijfe. IDerf*
tags*2lrbeiten n>oIIen r»on lüinb unb IDetter, b. h- r»on jtarf en
Ceibenfcrjaften begleitet fein; ober (ßeijt unb Seele erftiefen
bei lebenbigem Ceibe in ber Philifterei. üerftnft ein ge-
wöhnliches, ein geiftlofes, profaifches XDeib obenein in Apathie,
fo wirb bie €h* für einen TXlcmn von (Seift ein bleiernes
geitalter fein. 33lei liegt ümt bann in ben (ßliebern unb
im Kopfe; unb wenn er mit ber foliben unb gemütfysrufygen
5rau Ciebften in's S*ne Q&fi, fo wunbert er ftch im Stillen,
baß bie Pögel nicht aus ber €uft fferabfallen, ba fte boch
unmöglich ohne Bleigewichte gefchajfen ftnb. Das Schlimmfle
ift aber, baß bie Seelenruhe unb Apathie ber gewöhnlichen
XPeiber ftch alle IDochen ein paarmal in 3äh3orn unb Spec*
tafel-lOirthfchaft unt3ufefcen pflegt; unb baß bie <£ftreme r>on
Cobfucht unb Phlegma bei einer echten ttaturaltflin burch
feine ZTCitteltöne unb ZTIittelfmuntungen oerbunben ftnb. Da
hätten wir alfo bie gewünfehten ftarfen Ceibenfchaften
als (Eontraft 3um blauen Liether; nur fchabe, bajj bie
gemeine Spectafelmacherei mit Kinbern, ZHägben unb Hach«
barsleuten ebenfo wenig mit Homantif unb ebeln Effecten
— 220 —
3U tbun fyxt, als bas Ztebel'pflegma mit ber himmelblauen
£uft. -
3n ber Hegel roerben bie Ceute berounbert unb als (Eugenb»
2lusbunbe, als Charafter*2ftenfchen gepriefen, bie fofort nach
einem erlittenen UnglücF, nach bem Perlujt r»on XPeib unb
Kinb roeiter fortarbeiten unb pacfefeln, fleh nämlich burch
Arbeit 3erflreuen. 3ch fann aber in folcher fdmellen <£onte«
nance unb 2lrbeitströfmng nur Nüchternheit, Abhärtung unb
Gemeinheit erfehen. 21usnahmsroeife mag Seelenflärfe unb
Cüchtigfeit bei folcher Cebensart mit hn Spiele fein; aber
bas tiefte unb fublimfle (Befühl perträgt ftch mit Seelenftärfe
unb (Charafter^nergie, mit mettjobifcher Pflichterfüllung nicht
a(l3U gut. — Die fdjlaffen Staturen unb 5auHen3er roirb
fein perjlänbiger unb tüchtiger ZHenfch fchlechtroeg 3U ben
gefühlvollen unb fublim organifirten Naturen rechnen; aber
ber 5chmer3 eines ebeln unb tiefen ZTlenfchen befleht auf
feinem ^eiligen Hecht, unb erlaubt nicht: ba§ eine iPittroe
unmittelbar hinter bem 23egräbni£ gro§e IDäfche unb DTägbe«
Disciplin h an &h a k*i o&er roenn ber Verblichene eine ^abrif
unb Xüirthfchaft hinterlaffen fy*t: baß bann bie eble (Sattin
im Crauerflaat pflichteifrig unb arbeitsbefeffen burch alle
5abrifräume ober Schroeineftäfle läuft. Die Umflänbe fönnen
auch bas nothroenbig machen, aber es mufj mit HTenage
unb Selbfloerläugnung, nicht con amore gefchehen. Diefe
männlich gefaßten 2lrbeits.#>eiber flnb eben fo Berbädjtig,
als bie fennmentalen Schlumpüefen. Die gebilbeten IDafch«
unb Schauer-lDeiber höben fein poetifches (Befühl, unb bie
ibeal»fühlenben Seelen feiten 5leiß unb Perflanb ober nur
I}er3. XDer beibes beflfet, fann unmöglich einen anbern
3mpuls unb eine ©ottfommenere (Benugtlmung bähen, als
— 22\ —
bie Peru>irflidmng bes (ßuten, fjeiligen unb Schönen burdf
feiner fjänbe Arbeit, feine Sorge unb feinen 5letjj. — 21ber
bie große UTaffe ber ZHenfdjen, unb befonbers bie praf tifdjen
W eiber, fmb gefdjäftig unb tljätig aus <5emofmljeit unb
langer iDeile, lieben fjanbarbeit unb Sorge, um ber innem
£eere, ber <5ebanfen*Confupon ober bem (Befühl ber geijtigen
Xtidttigfeit $u entgegen. Diefe Cebensart ift ein Segen für
ben Staat unb fdjabet audj ben ZHännern nidjt 3U triel,
wenn ftc 3ur orbinair praftifdjen Sorte gehören. — <2s
fontntt überall in biefem Ceben auf JPatyoernxmbtfdiaften
an, unb de gustibus non est disputandum. — Ztadj meiner
Pfylofopfye unterfdjeibet ftdj ber ZTTenfd? oon feinem 2lcFer«
rrietf nidjt nur burdj feine (ßeftalt unb Spraye unb 33eflei«
bung, ober fferrfdjaft über bie Cfyere, fonbern aud) baburdj:
bag er feine Arbeit überbietet unb überbenft X>a§
mit bem Didjten feine Perfe unb pfyantajtereien, unb mit
bem Denfen feine abftracten Grübeleien gemeint fmb, fei
gegen bie orbinairen praftifanten gefagt. Der <5eiß mug
auf Ztatur unb prafis ge3ogen »erben, aber eben barum
audj bie präzis unb IPirflidtfeit auf ben (Seifh
3n einem X}aufe, wo Dienftboten, 0fp3ianten unb (5ou*
oemanten gehalten werben, ift bie ZITenfdienFenntnig bas
leidjtejte Ding r>on ber XPelt. — £>enn pdf biefe bienftbaren
(Seijter nidjt als foldje, wenn fte jtd} nidtf als blos gelittene
unb untergebene IPefen, als meiße Sflaoen, fonbern als
geachtete unb fyer3lid? befytnbelte, 3U Hechten wie pffidjten
angenommene 5antilien«Znitglieber füllen: bann ift biefes
fjaus ftdjerlid? oon einem guten (Seijie befeelt unb regiert,
bann fyeiratljet ftdi's gut aus fo einem (Drt. Wo aber bie
DienjHeute über bas 5räulein flagen, »0 fie ifym nidtf mit
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— 222 —
liebe 3ugetfym fmb: ba geraderen bie fonfhgen Cugenben,
(Talente unb Sittfamfeiten ber jungen, rote ber alten Dame
bluttoenig (Sarantie für eine glücflidje £fye unb edjt menfdf«
lidje <££ijien3.
3dj möchte audj bem £feiratljs«£anbibaten geraden fyaben,
darauf 3U adjten, ob feiner fttö <£rfornen son i^ren 5reun«
binnen ein garfhger Spifename gegeben, unb ob berfelbe in
weiteren Kreifen aboptirt roorben ift: benn liebensnmrbigen,
unbefd?oltenen ZKäbdjen unb IDittoen pafftrt fo ein IHalljeur
nidjt leidjt. So billig unb geanffentjaft ift bie böfe Welt
bodj sulefet, bafj fte entfdn'eben gute unb liebensroürbige
ITCenfdien ungefdjoren unb unperläumbet läßt; — baß jte
roalpe ^er$ens-Hein^eit refpectirt
(Sciftcsgegentoart unb £eplifenn>i& fann man
Ijaben, unb babei ein fdjämiges, feines $rauen3immer mit
einem nod? feinem <5ereiffen fein; benn eben bas gute <ße*
n?i(fen ift es, meldjes bie roafyre Dreiftigfeit, unb burdj jte bie
bünbigflen unb bejten Antworten giebt. XDenn man aber
mit einem IDeibe 3U tfyun Ijat, bie unter feinen Umjtönben
unb feinen 2lugenblicf eine bifftge unb fdjlagenbe 2lntrx>orr
fdmlbig bleibt, bie fogar ein gan3es Hubel oon Opponenten
unb XDiberf ackern nad] allen Hidtfungen Bu'n ab3ufertigen
r»erfler>t, olme nur ejtraorbinair ediaufftrt 3U fein: fo barf
man fidj überseugt galten, bafc fo eine bereits oiel burdjge«
madjt ^at; — unb baß man von U}r feine fonberlidje Dis-
cretion in belicaten ober oerfänglicfyen Derfyältniffen 3U erroarten
I]at. Houtinirter tDife fennt feine (ßroßmutlj, unb ift in ber
&egel bie ZHasfe für allerlei inneres 3ermürfni§ — (ßlaube,
£iebe, gutes (Seuriffen unb £jer3ens»€infalt probuciren feinen
IDife. (Ein unfcroutinirtes 5rauen3immer ift r>oüenbs
— 225
ein ZHonjlrum/ unb xoex fte 3m* <£f?e nimmt, fommt gegen
fie nidjt auf. — Unb was ift bas für ein jhicfymürbiges Der«
Ijältnifj, roenn man bie perfon, ber unfere Särtlidtfeit gen?ib«
met fein foll, profan abtrumpfen, ober ftdj t>on i£jr mit
Uebermutff tractiren laffen mu§.
(Effeßerftelb rät!} feinem Sotm: 5tauen3immer für
erroadjfene Kinber ausuferen. Der Hatfy iß fo übel
mdjt, bas Hecept aber nod? 3utreffenber, toenn man flct?
biefe frauensimmerlidie Kinbrjeit mit Diplomaten*politif per«
fefct benfen fann. — (Eines fyaben bie 5rauen3immer gar
md\t mit ben Kinbern gemein, nämlich bie Haipetät. Zticr/ts
tann Iädjerlicrfer fein, als trenn man an bie burdjgreifenbe
Haipetät eines 5rauen3tmmers glaubt. — Die Ärauen flehen
naip 3U Künjlen unb tDiffenfdjaften, 3U ZHeaia«
nif, <5rammati! unb togif, 3ur objectioen IDafyrfyeit unb
reinen Vernunft; aber in ifyrer Sphäre unb iCiebesprajis,
gegenüber bem ZHanne, ijt ein ZHäbdjen pon fedföelm 3^ren
feinestoegs naip, fonbern poH ber natürlichen £ift unb Sicher*
rjeit, bie ein €rbe aller cgpastöditer, unb bas (Sefüty ber
Ueberlegenfyeit über ben 2lbamsfofyn unb £iebljaber ijl, Tiber
abgefefyen bapon, probuciren bie heutigen Cebensper^ähniffe
unb Silbungsmittel nur bei ben ungebilbeten Stänben unb
ben ftmpelpen perfonen eine unperbädftige Ztaioetät.
Wo uns in gebilbeten Stänben unb Cebensperljältniffen
eine Ha ip etat entgegentritt, bie gleich auf bie Sunge fällt
rpte junger XPein, ba mu§ entroeber eine tymmlifcr/e Hatur,
ober eine natürlicr/e Dummheit im Spiele fein.
IDie es bleute in ber ZDelt ^erge^t, bei mobernen Cectüren,
Hebensarten, Hectijtcationen, Controlen unb <2rperimenten:
mufj man in 3orneo ober im fjimmel 3U fjaufe, unb faft
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t>on ihm herabgefallen fein/ um fo fimpel, natürlich unb
harmlos 3U wirthfehaften, ba{$ eine ungelogene 33ait>etät 3um
Dorfchein fommen fann.
Die gefchmaefooflen, gebildeten unb oerjiänbigen ZKenfchen
halten ftd) alfo bas <5enre hart r>om Ceibe, unb felbjt bie
„Bacffif eichen" bebüttren bie Kofle nicht mehr, roenn fte
auch €anb*pajtors« unb 5örjterstöchter jtnb. — „<£s tEmfs
halt nimmer mehr/' — Was auf ben Brettern, welche bie
lüelt bebeuten, aus ber ZHobe gekommen ijt, — bas oerab«
fchiebet ftch auch &<*lb in ber wirflichen IDelt. — fechte
Hawetät bejteht nicht nur in einer conoentioneflen Unroiffen*
heit, fonbern in einer (Liefe, ZHächtigfeit unb fjeiligfeit ber
Hatur, bie aßen förmlichen ZHenfchenwife unb Perjtanb
obenauf fchwimmen lägt, wie rojh'g Blei unb €ifen auf jlüfft-
gern (ßolbe. — <£ine fo eble unb mächtige Statur befunbet
aber nur bas wahre <5enie, welches allein ben Ztatur*
XTCenfchen mitten in aller Cioilifation unb (Entartung bar«
jteüen barf.
Bei 5rauen muß man auf bas Unoerträglich^e gefaxt
fein, befonbers aber geben ihre belicaten Hebensarten unb
bijtinguirten ZHanieren feinen ZTTaafjjtab für ihre ijanblungen
unb ihren wahren Charafter an. — Klan lernt 3. B. ein
ZKäbchen ober eine junge JDittoe rennen, unb t>erfehrt mit
ihr 3ahre lang fem, gan3 fein, fo bafc man 3U empfinben
oermeint, wie einem bie grobe XDoKe abwächjt unb bie feine
fommen will. ZHau fchmeichelt ftch ttwt einer oerebeltcn
phvpf, alles auf (ßrunb bes transparent-ftttlichen Perfehrs-
3beale werben ausgeraufd):, b. h» mit hingehauchten, ver-
blümten XDorten angebeutet, unb nur mit fYmbolifchen
Blicfen, ZTlienen, Bewegungen unb XHobulationen ber Stimme
— 225 —
mterpretirt. — Wenn man bei biefem Duo mtüerbeiratfyet
iß, unb trogen mangels an feftem fönfommen nidtf c£fye«
Anträge formiren fann, ßürst man jtdj bis auf XPeiteres in
IHclandjolic; benn man fte^t ftdj am giele unb fann es bod?
nidtf mit ber ^anb berühren. Die (Söttin fielet oor uns,
aber in bie 2Irme (fließen bürfen totr fte nidit. Die Dame
fd?eint 3U merfen, toas uns fefylt; benn audj fte rnirb von
ba an einfylbig unb cfyangirt für bie nädjfte &eii 5arbe unb
Con. ZTCit einem TXlal Crauer unb tEfyränen: toas ijFs: bie
Dame Ijat ftdf ©erlobt; unb mit toem? mit emem reichen,
bummen Bengel, ober mit einem reichen, alten, abgefnacften
c£fy:emnann, womöglich mit einem lebenslußigen 2lbenteurer
unb gelegentlichen Sdjuft. Das 3beal ijt alfo an ben Hagel
gelängt; benn toas bas ^eiratljen betrifft, ba nehmen
5rauen3immer bie ZKenfdien ofyxe €fel wie fte ftnb — unb
niefit wie fte fein foflenü — Seljr praftifcb, bas, feljr notfy
trenbig; aber Diel 3U profaifcb, unb gemein für bas probirte
ibeale (5enre am Anfange bes Perfeljrs! 3e ibealer ber
Anfang, befto realtfttfdjer bas <£nbe. —
irauen plaubem 3»ar tfjres Xtebenmenfdten <5efyemtniffe
gerne aus: bie eigenen behalten fte flüglidfermaßen für pdf.
Die weibliche Perfdiroiegenljeit erfdjeint aber bei feiner
<5elegenfjeit in fo bewunbemswert^em Clair-obscur, als wenn
fte fid? auf Verlobungen be3ieb,t
XDenn 3. 33. ber fjerr Perlobte eine entfdjieben anneb.m«
bare ober brillante Partie barfleflt, fo u>irb mit ifym auf allen
Stegen unb IDegen, in aßen (Eon* unb Cactarten fdjön unb
patent getrau. ZDenn alfo nidjt redjt bafynter 3U fommen
tft, ob ein paar oerlobt ift ober nidjt, fo mag man immer*
ijm baraus abnehmen, nidjt nur: bajj ber fyvt Bewerber
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— 226 —
fyxlb annehmbar unb halb roittfommen tjt, fonbern <2r felbjt
mag fich auch Dörfern, baß er nicht bei ber nächfien <Sele«
genheit gegen einen liebensroürbigeren, profitableren (Eaoalier
ausg«taufcht wirb ; benn auf oiefen 5aß i|t bereits t>on oome«
herein ber <5runbfafe eines „halbofficiöfen" Derfjältniffes
beliebt roorben, unb nicht aus jungfräulicher Scham, —
Das regelmäßige cEorrefponbiren oerbirbt bie natürliche,
fülle £jer3ens»c£orrefponben3: ijt bem auf Seele, auf Dwina*
tion, auf fjeimlichfeit unb Scham angeroiefcnen IDeibe eine
Unnatur. —
Die Schriftlichfeit bcs Verfahrens im £iebespro3eß ijt ber
ZTCünblichfeit, auf welche bas IDeib angewiefen ijt, ein unäfth*'
tifcrjes Dementi; für ihre mimifch»plajhfchen Ciebespraftifen
eine €ntf räftung. Dann unb mann ein naioes Duobe3briefchen
unb Denf^ettelchen', ohne gefachte <5ebanfen aber mit befto
mehr (ßebanfenjhrichen, Seufterchen, Dintenflecffen, -Krähen«
füßen, 5rage3eicr|en, ^usrufungs3eichen, ZTachfchriften, (Srüßen
unb Befüllungen: fann in allen 5äüen nichts fchaben; ber
Curiofttät falber unb im 3ntereffe einer fomifchen 3ung-
frauen*<ßrar>üät mag es auch ein paarmal ein vernünftiger
Brief werben; warum bas nicht? 2Iber eine regelmäßig
abgefyafpelte, fich überall auslabenbe, ftch über belifate
punfte auslaffenbe c£orrefponben3 bringt nothwenbtg ben
legten Schimmer r»on fjeiligenfchetn, bringt alle 3Uuf tonen,
unb mit benfelben, mit ber plafc greifenben üerftänbigfeit,
bie Ciebe, oft auch oie fjodtfeit über Seite. Der ffodfteiten
bürfen fleh aber boch felbft bie Dernunft«3ungfrauen 3U feiner
Seit ohne „Befränfung" entfchlagen wollen: baher, wenn ich
unmaßgeblich oorfchlagen barf, um's Rimmels unb um ber
Ciebe IDiöen: nur ja feine abgrünbliche, immer fchlagfertige
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— 227 —
<£orrefponben3! — 3" Kategorie ber toibernatürltdien
£i Bensarten, burdf toeldje bei 5rauen bie roeiblidfe Dwina*
tion, Statur unb Unbefangenheit gehört unb sulefet bie (Cor*
ruption ©erfdfulbet u>irb, gehören audj bie Cagebfidjer
mit ber Aufgabe, burdj biefelben beffer unb frömmer 311
roerben. Solche proceburen unb «Experimente führen 3ur
fctyimmßen fjeudjelei, 3U einem PerjiecFfpiel mit bem eigenen
Selbjt.
Die Sdia>ad$eit ber Ciebfjaber budjftabirt pdf aus einem
fdtöneu (Befielt unb Körper 21Hes 3ufammen, was jte eben
roiH.
Das p^legma fteflt ßdj ifjnen als Hufye, bie 21patfyie
als Sanftmut!?, bie 23efdjränftfyeit als (Einfad^ett, bie
3nboIen3 als Pome^mljeit unb Styl unb ein unruhiges,
närrifdjes IDefen als (Bewecft^eit unb 21Tunterfeit bar. —
Die Dummheit legen ftcr> bie Verliebten als eble f}er3ens-
<£infa(t, bie ZtTaulfaulfyeit als Sdja>eigfamfeit, ben gän3-
liefen ZRangel an Rebegabe als Befdjeibenfyeit unb <5c«
banfentiefe aus, audi als 3ufünftige IDerftüditigfeit. Die
träge Cangfamfeit aller Bewegungen gilt bem t>er3au*
berten Ciebfyaber für majeftätifdje Haltung; bie Unfäln'gfeit,
burdj eine frembe Perfönlidjfeit afftchrt, überhaupt burd]
irgenb etwas lebhaft interefjtrt 3U werben, fdjeint IDürbe unb
ZToblejfe, ber jhipibe (Eigenfmn aber: <£onfequen3 unb £lja-
rafterfejttgfett 3U fein.
IHangel an €r3iefmng unb gefefltgem (Eact tx>irb als
Haipetät unb IDife, fecflidje Dreijtfgfeit als Unbefangenheit
unb (ßetßesgegenwart, 5tol3 unb Dünfel als ebles Selbji«
gefüty ober angeborne f\oty\t interpretirt. UnFluge plau«
berei barf nichts anberes als (Dffenlje^igFett, Finbifdjes unb
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— 228 —
läppifches IDefen mufe Schelmerei unb Kmblichfeit fein,
2ltbernheit nrirb auf gra3iöfe (Cänbelet, fdjnippifches IDefen
auf faofpige, tytbe 3ungfräulichfeit, Verliebtheit anf £}bv
gebung, auf glühenbe £eibenfchaft, Kofetterie auf ben
ffumor bes roetblichen XDefens getauft. <5lücf auf! rufen bie
Bergleute emanber 3U, wenn fte in ben Schacht fahren —
unb auch bu, lieber £}eiraths<£anbibat, fahre vocfyl; bu tDtrft
ja balb fehen, ob bu in einer (£>olb< ober Silbergrube btft, ober
ob bu auf Blei unb QuecffUber, auf Pitriol unb <5almei
gräbft — unb felbjt im <ßolb« unb Stlberbergtrerf rotrjt bu
bie Arbeiten mit bem TXletaU unb bie ZHarf fchetberunj* fennen
lernen. 21lfo Courage unb (Slücf auf!
TXlan tann oft nicht begreifen, toie aus einem fcr/önen,
liebensnmrbigen unb mtereffanten Zlläbchen fo rafch eine
fcrflumpige, fchlaffe, langweilige unb orbinaire Stau, toerben
fann. €s ift aber nichts flarer, als eine XHetamorphofe
biefer 2lrt.
<£m ^übfcfces, oigoureufes ZTTäbchen n>ei§ t)or allen fingen,
ba§ fte es i% unb roelcr/en cEinbruc? fte insbefonbere auf
äße ZKannsleute, refpectioe auf ihren Ciebhaber hervorbringt.
— Die gemeinen €r»as«£iften unb Calente »erben alfo
burd? bie <£itelfeit, bie pifante Situation unb ben äugen*
bltcflichen (Erfolg bis 3ur Pirtuofttät erhöht. — Das Beroufft-
fein ber Kleibfamfeit, bie natürliche Cebenslufi unb 2)retfttg«
feit macht roifcig: ber gefättigte tfluthnrifle, bie Beumnberung
unb jugenbliche Cebensfraft probuciren (5ra3ie. — 3ugenb,
Schönheit unb ftnnliches Behagen geben felbfi ben gewöhn«
lichten €ebens«2leu§erungen unb Hebensarten eine Jolie, bie
bas <5Ias als cEbelftein erglän3en lägt.
Wo ifl ber ZtTenfchenfenner unb Bräutigam, ber aus einem
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— 229 —
paar bltfcenber, jungen Ztläbdjen^lugen, ober aus folgen,
bie im Dufte einer augenblicflidfen ^eräensrüfyrung fdjwimmen,
ben ftnnlidjen Untergrund unb bas orbinaire prin3ip heraus*
ftnbet, welches in einem 2(ugenblicf gan3 wofyl ein poetifdies
unb feelifcb.es fein fann.
21lfo bas 5ttw*it3hnmer iß oft t>on ttatur wie ein Schwan
ausgejtottet; vom <5eijte aber nur 3wifdjen biefen noblen
Pogel unb eine (Sans in bie ZTCitte gefteüt; unb felbjt con
ber £eba iß es fjißorifdwweifeliiaft, ob fte pon &y\s in
einen Sdivoan ober in eine (Sans perwanbelt würbe. So
lange bie 3ugenb unb oas 3ugenb»(5Iüo? bauert, aljmt ber
3nftinct bie Bewegungen unb Cebensarten bes noblen Pogels
nacb,. 2Tiit bem erften Kinbbette, mit ben erften J^ausforgen,
Kranffyeiten unb Perbriejjlidifeiten fdjwinbet ber förperlidje
£iebrei3, ber Beifall, bie überfdjäumenbe Cebensluß; mit
biefen Elementen aber audj bie <Sra3ie, bie Ztlunterfeit unb
ber Wii&. Das mißlaunig geworbene IPeiblein läßt ftd]
förperlicb, unb geijttg gefyen; 3eigt jtdj bem fatten X}errn
töemafyl im förperlicfjen unb geifhgen 2?eg(ig£, unb fefct
Sdmöbigfeit ober (Semeinfyeit, aueb, affectirte Sentimentalität
an Stelle ber frühem jungfräulichen Ciebenswürbigfett. —
Die etwaigen Calente, Kunjtfertigfeiten unb feinern Lebens-
arten werben nun, ba bie £jaupt'€ffecte verloren gegangen
jtnb, 3ur Seite geworfen, bie liefen burdj Ceibenfdtaften auf»
gerfittrt; mit einem XPort: ber orbinaire üogel probucirt
(tdj sans gene unb mit malitiöfer Selbjtgefälligfeit; (Blücf
auf! wenn er nur eine (ßans, fein (Seier unb feine Hac^t-
eule ifl!
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(Ein paar IDorte über alte ITtäbdjen.
„ tPtr utwerbeiratbeteu Uläunex ftnben feiten ein ©efpräd? oon alten
3ungfrrn befonbtrs interejfant; unb bies fommt baDon b,er, weil fold?e
Damen getpötjnltcr? einen etroas grjterten unb fonberbareu tCon annehmen.
Ciiiige fiub bem männlld>en ©efdjledfte im Allgemeinen etroas gram,
ba es fle uergeffen ju qaben fdpint, unb benehmen fid> besbalb un«
freunblid? unb unartig gegen jeben Caoalier. Habere geben fidj fefer
3ut>orfommenb, unb bei Ujrem Streben, junger 3U erfdjeinen, als fle
ftnb, ettje ud?e In fte eine übertriebene unb finbifcfc.e Cebtjaftigfeit;
fie Uufeen, fdjersen unb fofettiren auf eine 2lrt, bie ifpten burdbaus nicfjt
fleibfam iß, wogegen bie Hleißen aus einem an ftdj refpectabelu, aber
übel angebrad>ten 5tol3e unb einer gereiften Cmpftabltdtfeit jebem
jüngeren manne fo nie! als mdgüd) ausroeieben unb lljm, roenn er fie
anrebet, folefee ilnttoorten geben, bie in ttjrer etnfflbigen, ober fdjeuen
unb verlegen pitlrten Raffung nur barlegen, ba$ bie Patientin ib,re
llnfprad>e an bas anbere <Sefd}Ied?t uoa> fetneswegs aufgegeben bat."
(Sdjwebifdjer Homan oon einer Dame.)
»Die beiben alten Jungfern garten, beiläufig gefagt, fletne runbe
funfelnbe 2Iugen, bie wie DogeI«2Iugen ausfar/eu — fie jeigten über»
baupt Diel Ätjnlidjfeit mit Pdgcln, nämlid? ein rafdjes, munteres,
3ucfenbes, aufbapfenbes ZDefen unb eine (leine nerflfd?« ©eroolmb.eit, ibr
(Sefieber jured?t3ufd>atteln, wie Kanarienoogel tb,un."
(Kopperfielb oon J3o3«Dicfens.)
TXlan nennt fyeute bie ZTCäbdien, roelcfte bie Zflünbigfeit
pafftrt fjaben, alte 3ungfern, unb boefy traben fte erfl in
biefem Hilter Perjfanb unb Ciebensnmrbtgfeit entroicfelt.
ttidjtsbejtoiDeniger ift ber 3n(Unct unb ber redliche natur«
flolje Uebermuti} eines fteben3ef}njäl}rigen ZTCäbdiens für
ben reifen ZTCann eine bejfere <£rgän3ung, als ber $<xtyn,
mürb unb liebensroürbig geworbene Sinn unb <Seiß einer
3ungfrau pon jiebenunb3uxm3ig ober breifjtg 3aljren. €s
giebt freilief? roenig HTänner r»on fünfunbbretßig unb Diesig
3 eueren, bie es mit einem fo fnofpig^erben XtTäbcrien, mit
einer eben aus bem £i gefällten <£oa »agen; es giebt
wenig ZHänner ©on fünfunb3t»an3ig unb bret&tg ZcHtpm, bie
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— 23\ —
in fo einen fejl am Stengel ßfcenben pftrßch mit bem Blüthen«
ftaube fyneinbeifcen dürfen.
IHan mujj für bies (Experiment etwas com 2lbam an jtch
haben, wenn nicht aus ber naturßol3en unb infpirirten €t>a
nach bem erßen Kinbbett eine jmnlich*trwiale Schlump»£tefe
werben folL
Tltxdi iji geroig/ bafj man nicht ein reifes IDeib von (Seift
unb Hace mit einer gewöhnlichen, an £eib unb Seele dürf-
tigen, grünen 3oljannisbeere, ober mit einer Birne oergleichen
foO, bie auf Stroh nachreifen muß. 21ber baffelbe ZTIäbchen,
welches mit jtebenunb3wan3tg 3ahren Heise bes Körpers unb
ber Seele bewahrt h<*t, war gewifj rei3enber mit fteb3elm
£en3en! Schon »eil jte bilbfamer war unb ihre jügfamfeit
nicht ein probuet ber Heflejion unb Peropferung 3U fein
brauchte, — 3ung gefreit, h<*t ZTiemanb gereut. Die reine
Pernunft thut es bei'm ffeirathen noch weniger als bas
unoemünftige £jer3.
Ueber bie Prüberie unb Narrheit ber fogenannten alten
3ungfern fann jeber Dummfopf fpotten, aber bas begreifen
felbjt bie gefcheutern Ceute nicht, was es für eine her3bre«
chenbe Cragöbie um ein gealtertes ZHäbchen ijt, unb wie
impotent nicht blos ber (Senl, fonbern fogar bas £jer3 eines
(ehr jungen IHäbchens fein fann,
c£s tji eine (Eäufchung unb Dummheit, welche burch bie
lüjterne Sinnlichkeit eben ber gebilbeten ZTTänner ©erfchulbet
wirb, baß man wähnt: faum mannbar geworbene ZTTäbchen
wären für Siebe unb Ceibenfchaft reif. Sinnlichfeit mufj
burch Perßanb potensiirt unb 3um Bewufjtfem gebracht,
in bie Seele mu§ burch <5eiji eine perfpectioe hinein gebacht
unb gefämpft werben, unb ber <5ei(l felbjt will am <5egen*
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fafc ber Sinnlichfett unb Phantafte 3ur Entfaltung fernes
unenbüchen Heichthums befruchtet fein: folche Pro3effe ftn&
es, meldte bie Ulyfterien ber £iebe gro§ sieben. Die BacF*
ftfehchen ftnb (ber ^eiligen Ztatur fei es geoemft) 3U unfchul*
big, 3u nait>'finnlid?, 3U elementar, 3U wenig polariftrt, um
bem Curus ber Sinnlichfett n>ie bes (Beifles getoachfen 31*
fein; fte ftnb 3U feEjr Kinber, um ben Bruch von ZTatur un&
(Seift reflectirt unb in biefer Heflerion Seele unb Sinnlichst
poten3Ürt 3U ^aben: bies fühlt jeber ©erjlänbige Hlamt.
Dafj aber in norbifchen Cänbern ein acht3ehnj ädriges
HTäbchen, 3umal aus bem niebern Bürgerjtonbe unb auf bem
Dorfe, nur ein großer Bacffifch \% bas fällt eben ben geifl-
reichften ZHännem, bie 3ugleich bie üppigften ftnb, gar 3U
feiten aufs <5eu>iffen unb nie aufs I}er3; benn fonft würben
fte nicht fo blinb unb grunbfäfelich für junge HTäbctjen cor
bem 3»an3igßen 3ahre eingenommen fein. Den blaftrten
Subjecten gilt ein 5rauen*2Uter 3»ifchen 3»an3tg unb breujtg
3a^ren fchon für bie XDüße, bie außerhalb bes parabiefes
ber Gebe unb Ceibenfchaft gelegen ifl. gu einer Ausnahme
pon ber Hegel »erben nur bie confer Birten unb »o^lljabenben
IPittrpen ge3ählt.
€in beutfeher HTann, ber ein beutfehes junges ZKäbchen
geheiratet ^at, macht, wenn er fein gan3 roher, gemüth«
lofer €hetyrann ift, bie (Erfahrung, baß uns bie (Ehe nicht
nur in bie geizigen unb flttlichen ZHvfterien ber Ciebe, fonbern
burch biefelben auch in bie ftnnlichen einführt, ohne ba§
babei eine anbere Perfchulbung 3U ertoachfen braucht, als
bie, »eiche in unferer HTenfchennatur überhaupt beruht. €s
ijt aber ein (Elenb, ba§ gewöhnliche ZtTäbchen, wenn fte ftch
3u jung einem HTanne oerbunben fehen, ber weber ihren
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(Seijt 3U entoicfeln, noch ihren Körper 3U fronen unb 3U
pflegen ©erjteht, oerroelfen unb ©ermuttern, olme in irgenb
einer Periode oofffommen reif unb burch ben XPechfelhaudt
»on (5eijl unb Smnlichfeit rei3enb 3U fein. €in <£lenb ift es,
baß bie gereiften ZHäbchen in bem Benmßtfein, bem ZHanne
nicht mehr ein (Segenftanb ber Ceibenfchaft 3U fem: Unbe-
fangenheit, fjeiterfeit, <Sra3ie, (Sefunbheit unb £iebrei3 ©er-
Heren* Kein uerjtänbiger XHann roirb bem anbern einreben
rooflen, ba§ ein gan3 ©erblühtes, aller jmnlichen Heise
ermangelnbes ZHäbchen burch <5eifl, burch (Lugenb unb ^in»
gebung allein bem ZKanne bas erreichbare Siel eines ehe«
liefen Cebens oertoirf liehen fann; aber 3ugenb unb Schön«
heit h^ben ohne (Seijt unb ohne Schtsärmerei feine Kraft.
— Die Stetigfeit unb Concentration bes (öeifles verleihen
ber Ciebe erfl Creue unb poten3. (Dtm* (Seift bleibt bie
Ceibenfcr/aft ein roetterroenbiger Naturalismus, ein 2lpril unb
2ttai, bem bie (5luth unb phantaßifche lleppigfeit bes Som«
mers unb ber fruchtreifenbe f}erbjt gebricht.
23Iumen haben ihren Duft unb ihre Schönheit; aber erfl
bie Snicht ift bie Healität ber Blüthe; ber XPein ift etwas
PoUfommeneres als bie Craube, unb ber alte eble ZDein
unenblich ebler als ber fünfte 7Xlo%
3ugenbliebe, 23rautliebe fann ein ZHouffeiu; oon echtem
J£>eine fein, aber ber perlenbe ZTectar, roelcher nicht mehr füg
auf bie gunge fällt unb mit fanfter XDärme alle Viersen
unb (ßeijter belebt, ift bas roahre <Bötter«<5etränf. (SetDÖlm«
liehe 3 u 9* n bliebe, Stubentenüebe, gleicht einem Schaume,
trenn's folibe unb echt hergeht, einem Champagner-Schaume;
aber bie (ßeijl unb Ciebe erquiefenben XDeine 3ieht man auf
bem 5ajj unb oerfefct fie mit feinem Ciqueur. tfie roirb ein
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Dollfommen an (Seip unb Körper gereiftes ZlTäbdien ibrer
£iebe ungetreu »erben; pe giebt pdf bem ZTTanne, ber pe
rodelt unb liebt, mit ber gan$en Kraft eines banfbaren
fyv&ns 3U eigen; pe pergöttert feinen (Beip, roenn pe pd?
Don biefem (Beiße geachtet unb burdf Um mit £eibenfd}aft
geliebt fübtt. €s giebt feinen Cultus, ber bem enus U)eibes
gleicbjäme, für ben ZHann, ber ifyrer <5emüt^s»5d?önljeit unb
(5eipes-Heife ben X?or3ug por pnnlidjer Sdjönlieit gab. Sie
tytngt bem 2TTanne mit unperpegbarer Sdjrpärmerei an, unb
felbp bie ZTIutterliebe, biefe roaljrljaftige Ztatur»8eligion, mufc
einer foldjen <5attenliebe nadipefyen. TXodi Pety ein <£rfaftrungs*
fafe fogar p^vpfalifdj feft: 2Ute 2Xläbdfen bringen bie an
(Beip unb Körper begabteren Kinber 3ur &>elt.
IDenn es irgenb ein Sprüdjroort giebt, roelcb.es mit fo Ptel
€infcb,ränfungen befyafat \% bafj pe bie &egel abforbiren,
fo gehört bas Dictum „3ung gefreit, Ijat Ztiemanb
gereut" in biefe Kategorie. Bei ben Bauersleuten reparirt
pd} bas „3U fr üb/' baburdj, baß ber Knecht gern ein ZHäb«
djen fyeiratfyet, roeldjes mehrere 3ab,re älter unb tfym an
3ntelligen3 überlegen ip, roieu>ob,l hieraus bie 3"con«
penien3 ertpadtP, bag ein fräftiger ZKann pdj 3ulefet an eine
gan3 perblüfyte (Ehefrau gebunben pety.
ZDer aber bie Beifpiele für ben Unfegen einer <£fje,
bie in ben 3afyren ber förperlidjen unb geipigen
Unreife gefdjloffen roirb, in Blaffe fennen lernen und,
ber muß pe in füblidten £änbern unb bei uns unter ben
3uben in's 21uge faffen. X>ie geipige unb förperlicfye <£or*
ruption fo pieler jübifd?er 3nbipibuen b,at ibren ^auptgrunb
in ber orientaltfdjen Sitte einer frühen fjeiratb,, benn pe
pPegt feb,r natürlich pon einem Kinberfegen begleitet 3u fein,
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ber ftdi mit einer forgfältigen «Ernährung unb &csiefyxng bei
ben armen Klaffen mdjt ©erträgt» 5*üf*e ^eirat^en im Potte
er3eugen bas Proletariat, Die jübifdjen armen €fyen jmb
nid}tsbefion>emger glücflidjer als bie ber armen Cfyrijien,
»eil ber 3ube weniger brutal unb ausfdfroeifenb, unb weil
er bei feiner ercluftoen Stellung auf ein Familienleben ange*
tt>ie[en ift.
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XV.
Die SdfulHlbung bet $vaum un6 iljre
€mancipatton.
a) Die prononcirt fdjulgebilbeten Damen unb
Ufte £iet>enstpürbt«fett in &er <£Ije.
„mit bem OToment, roo bas ZOeib liebt, fWrjt bas ganje ©erfift
0011 erheuchelter Selbfifldnbigfett ((Emancipation) jufammen.
TDo bas IDetb liebt, roiQ es aud> bienen, 9003 Eingebung fein; gan$
aufgeloß in bie alltoaltenbe ITlacbt bet trblfdjen ©ottfjeit, bie
Aber ben freien CDiflen tje reinbrltbt : bas iß bie OTtfltf bet grauen»
Xtatur in ber Ciebe. Der Hationalismus, ber ben Oort^etl unb bas
Arrangement ber gußänbe bebenft, mag erfinberifd} fein, bie Derbdlt»
niffe ber €be, ib,re CSsbarfeit, freier ober enger nad> bem jettgemdf en
(Sefldjtspunft ber gefenfcbaftlidjen rOob.Ifab.rt $u gepalten: jene Xtlyftit,
bie in ber Ciebe bes Weibes liegt, kjebt fein Hationalismus auf, unb
mit ber Ciebe IÖfen pdj alleScrupel, an benen fld> bie flfigrlnbe
3ett jld? ben Kopf }erbri<f)t.*
(Briefe Aber ben beutfcfcen Styl neuerer geit.)
€s fjat ftdj ein ZnißüerBjältnifj jnrifdjen Ztatur unb 23ilbung,
3tDtfdicn Dioination unb Schule gebildet unb auf bie beiben
<5efd2(cc^ter übertragen. Beibe (Ereile mißfallen unb miß«
DerfteBjen fteft Ijeute in bem UTaaße, als Urnen nodj ein Heft
pon feiler ZTatur unb gefunbem ZKenfdjenüerßanbe übrig
geblieben iß.
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— 237 —
So lange Ratten nur bie gefunden $rauen tfyr €Ienb mit
ben entneruten ZlTännern, fte trugen es aber mit ber frönen
Selbftoerläugnung unb HaiDetät, weldte bie Ziatat m bas
fyx$ bes gefunben IDeibes gelegt Ijat. fyute gilt es eine
gegenfeitige 2lufforberung in ber <£fye, 3U ber bie Männer
feinen 33eruf unb feine Kraft in fta? füllen.
Was ber ZTCann im IDeibe fudjt unb erfelmt, bas nrirb
tym in unferen (Tagen feiten 3U (OpM. It>as (Souoernanten«
<£r3ief|ung, was bie Perfdjrobenfyeit ber ZHütter unb 3onnen,
n>as bie ^ö^eren Cöd^ter-Sc^ulen, tr>as bie nribematür-
lidie <£onuenien3, bie eitle 2flobe unb ^erjlofigfeit ber ga^en
mobernen Weit aus bem jungen TXläbdien maa^en: bas
genügt nidjt ben Zllämtern, bie fiefj aus bem Staube ber
Ctteratur unb politif, ber 2lcten«lüirtljfd)aft ober com Sdjtoeifje
ber fjanbarbeit 3U einem (Elemente flüchten »ollen, in tuel«
djem ftcf? ifjr fyt$ unb Sinn abfrifdjen fann. IDas foH nun
bie Hejtauration einer burdf Schule, burdj Arbeit, Sorge,
Politif unb bie Fleinlidjjten politif«2Tlif£ren uerfummerten
2ftannes»ZTatur 3U Staube fommen, wenn nicfjt in bem feilen
unb Derebelten Naturalismus ber Stauen unb in bem
Familienleben, beffen Begrünberin uub (Sottfjett bie ZKutter
unb fjausfrau allein 3U fein oermag !
XDas ift bem ZTCanne mit einer grünblidien Scfyulbilbung
am IDeibe, tr>as ijl itym mit %er belletrijh'fdjen ober natur*
u>if[enfaiaftlidien Cectüre, ober mit iljren fran3Öfifdjen unb
englifdjen Spradjfenntnijfen (alias mit Upen Pocabeln unb
grammatifdien 23rud?jtücfen) geholfen, a>enn er ftdj felbj! uon
biefen förmlich langtoeiligen unb ausnüdjternben Kenntniffen
bereits bie %r3»Sdjn?inbfudjt unb r>on feinen 5ad}jhibien
ober 2tmtsarbeiten ttnterleibsbefdtu>erben einge^anbelt; ober
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— 238 —
u>enn er ein ®efonom, ein Kaufmann unb (Eechnifer ifl, ber
nicht bei feiner gebildeten 5^au <5emahlm in bie Schule
gc^en unb von ihrer gelehrten (Brofjmuth fein geifKges Dafein
hinfriften n>iH. Was bilbet ber berbe naturalijhfche €i}emann
mit feiner auf eine <5ouoemante brefprten Dame für eine
fjarmonie am ITIittagstifch unb in ber 2lbenb«£om>erfation!
Die 2Xlahl3ett forbert bie praftifche Kocfyfunjt unb bie 2lbenb«
Unterhaltung verlangt bie ungefchwächte £}er3ensfympathie
unb ben feilen inuttertmfe einer mehr natürlich als fdmlge«
recht exogenen, frifdjen unb ferngefunben 5rau. <£s giebt
freilief) genug h**3' unb urifelofe HaturelMDeiber; aber bann
liegt bei'm naturalijiifchen €f{emann u>enigßens nicht ber
2trgtx>ohn t>or, ba% bie Derbilbung bie Sdmlb trägt; bann
wirb bie 5rau nicht von bem Benmßtfein beprimirt, baß bie
Umxnjfenheit unb Hoheit bes ZKannes bie ehelichen <£om>e«
nien3en unheilbar machen muffe, unb baß ein fo ungebilbeter
ZHann einer fo gebilbeten Dame nicht toerth fei.
3ern?ürfniffe 3U>ifchen tehjeUnten unb allen Ceuten r>on
ungleicher Bilbung fmb oiel unheilbarer als von foldjen
Contratjenten, bie bas (Sefühl tyiben, baß jte berfelben Hang-
unb 33ilbungsfhxfe angeboren, baß fte fleh an Calent unb
<£r3iehung gleich flehen.
Die fdmlgebilbete 5rau ijl alfo ein fehr 3»eibeutiges ö3lü<£
für einen ungebilbeten ZtTann, unb was bie gebilbeten ober
jhibtrten ZKänner betrifft, fo machen fte gan3 anbere 2lnfor-
berungen an ihre 5*auen, als Zto. \. aus ber (Eöchterfdmle
ober in ber <5out>ewanten<cTenfur. Dem wahrhaft gebilbeten,
bem unterrichteten ZTCanne imponiren u>eber bie fran3Öpfchen
noch bie italienifchen unb englifchen Hebensarten, weber bie
für bas Klaoierfpiel entoicfelte linfe fyanb, noc *l öie i m
— 239 —
geicfmen geübte rechte Ifcnb feiner angetrauten Dame, ober
ber burch Cectüre gebildete £iteratur»Conoerfattons*Sryl,
welcher aus fchönem ZHunbe eine 2ttonfhrofität uerfchulbet;
fonoern ihn beglückt eine <5attin unb HTutter, bie ein Hlini«
mum von Künßen unb IDiffenfchaften burch ben 3nfhnct
unb IDife ber Ciebe fo liebensroürbtg unb effectip oerwenbet,
baß ihm an bes ZDeibes Seite, in ihrer f)aus«(Defonomie
unb Kmber<€r3ieb i ung alle Cultur*21nftolten wie eine Un-
natur uorfommen, wie ein garftiger Hauch/ ber bie reine
$lamme ber Ztatur unb ber (Sottfyeit uerhüHt. Was fott
auch bes (Satten gelehrter, fchwacher ZTTagen mit ihrem
gebilbeten unb fchwachen 2Ten>en*Svftem, was foH feine öfo*
nomifdje <£onfujton unb (ßelbflemme mit ihrem ebronifchen
haaren Deficit, was foöen feine fchledjten 5ät|ne mit ihren
falfd|en göpfen unb üppigen Banbfdtfeifen, feine mageren
Hippen mit ihren fnödjernen Firmen für eine Cebenshar»
monie unb für ttachfommenfchaft er5ie(en! <2s ginge wohl
mit ber inteflectueflen egmaneipation ber 5rauen, aber es
geht aus naturfyftorifdjen «ßrünben nimmermehr! Der Ehe-
mann, ber Staat unb bie Familie risfiren es lieber in biefer
oon (Cultur wurmfttchig geworbenen £>elt mit ber elemen*
taren 5rauen«lTatur, als in ^ö^ern Ochterfdmlen, ben Sonnen,
bem <5ouoemanten«€f amen unb ber gan3en mobernen Damen*
Cultur.
lüenn bie IHannsIeute rechte Bilbung haben, fo t>er»
pflan3en fte biefelbe oErne Schulmeiflerei in ber <£f[en3 auf
bie XDeiber; haben fte aber Feine Bilbung, fo ifl's ein
<5lücF, bag bie grauen nicht bahinter Fommen unb nicht
flüger fmb.
Ratten bie 5rauen Calent, Beruf unb (Beiß n>ie bie
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— 2V> —
XITänner fo würben wir große gelehrte grauen unb KunjUer
haben, bie aber nur Ausnahmen pnb.
<2s h*iß* irgenbwo sutreffenb: „Die fchöpferifche (ßetfles«
fraft, welche Religionen unb Staaten, Syrern unb (Sefefce,
IDiffenfchaften unb Künjte aus bem Vichts h*n>or3aubert,
biefe Kraft bepfet bas weibliche <5efchled>t nicht. Die Damen
bepfcen ftc etwa besiegen nicht, weil bie ZDeltgefchichie
nichts baoon auf3uweifen Ijat, fonbem bie XDeltgefdfichte fyat
nichts bapon auf3uweifen, weil bie Damen nichts baoon be«
pfeen. Diefelben fchmeicheln pd?, baß fie gemütliche 2ln-
fiepten ©on Dingen haben; o bleiben pe mir um berEDahrheit
willen mit gemütlichen Slnpchten fort!" Was I^cigt
bas mehr, als: confufe, perfönliche, unflare, bumme 21n«
ftdften. — Die IDahrheit, um bie es pdf in biefem IDeltlauf,
um bie es pch in Künpen, IPtflenfchaften, <5ef djäften unb
Disciplinen Ijanbelt, fyit oerbammt wenig mit ber weiblichen
<5emüthlidifeit 3U thun. <£s i{l bas mobeme c£(enb ber
geiffreichen 2Tlannsleute, ber £iteratur»2Tfenfchen, ber
Styliten: auf feinem punfte mit bem £eben in unmittel»
barer Xtlitleibenfchaff su flehen, wohl aber mit allen Citeratur-
(Sefchichten, £iteratur»3been, Citeratur-parolen, Citeratur*
C^ablonen, Phrafen unb Homenclaturen fo 3ufammengetrant
ju fein, bajj bas ungeheure £iteratur»Dintenfa§ für ihre
ZHutterbrujl gelten barf. XPenn nun t>on biefer titeratur«
Seuche noch bie 5rauen3immer inpeirt werben, fo haben bie
menfchlichen XIaturgefchichten ein <£nbe, unb mit ilmen auch
bie lebenbige, mit ber Ztotur in Contact flehenbe Cultur.
€s ift freilich eine Cangeweile, eine (Trivialität unb (Erof*»
lopgfeit um bie gan3 unwiffenben, aus lauter ZtatureH«£ipen,
praftifen unb öfonomifchen <5efchäftigfeiten 3ufammengefefeten
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- 2^ -
5rauen3tmmer; fte werben auf ibre alten <Eage unleiblich
flatfdnge, getßlofe, gemeine alte Weihet; aber man fann fte
um ihrer gefunden, lebens3ähen, mutterwifcigen Söbne unb
Ochter willen ertragen. Was tlmt man aber mit einer por
ber §eit serwelften, mit einer £tteratur«gebilbeten, Citeratur«
emaneipirten <5ematyin, mit einer öteratur«Znännin, welche
geiflretche Zloveüen bebrütet unb miferable fangen 3ur IDelt
bringt. Was ift an einer 5rau, bte feine pofle 23ruft unb
feine Hlilch in bem (ymbolifd^en Citeratur«23ufen beftfct, weil
bie appetitlos genofjenen unb fchledft präparirten Nahrungs-
mittel oon £iteratur*Sorgen unb £iteratur«3oeen Derbraucht
werben. Der gebildete Organismus b,at mit ber lefeten
Kraftanfbrengung eine ZTTenfchenfrucht nothreif gemacht, aber
für ben Säugling mu§ ihm eine 2lmme gemietet werben,
beren natürlicher 5onbs nicht burch Schulfenntniffe abforbirt
worben \% Was tfyxt man nun mit einem ZDeibe, an bem
nichts frifch, nichts prall, nichts appetitlich unb runb mobellirt
ift, an ber uns in feiner Bewegung, in feiner 5orm, in
feinem 3mpuls, in feinem 33licf unb 2Tlutterwi{} bie <£t>a,
fonbern immer nur bie mit ZTo. \ entlaffene göglingin
ber höhten Ochterfdmle, bas Kunftprobuct bes penftonats
unb bie £iteratur*wüchftge, Citeratur-getragene, £iteratur«ge-
f äugte Styliftin, bie Schmecf probe ber 5ufunft«23ilbung, ber
Schemen unb Schatten bes ibealen, bes emaneipirten grauen«
Däferns unb ber <£ultur*33arbarei entgegentritt ! ! tDas man
mit fo einem €he'<6efpons unb <£he*<Befpenß thut, ift leicht
gefagt: man lägt fte fchleichen, fchlumpen, bis um 3ehn Uhr
fchlafen; man lägt fte mebitiren, lefen, fryliftren unb bie eng«
liehen Tutoren mit unb ohne Certfon lefen; man läßt fte
Beethoven mit fünfllerifch burchgebilbetem Bewujjtfein piano-
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— 2^2 —
forte rferunterfyämmem , ober mit bünnem KopffHmmdjen
bünne fcr|tr>inbfüd}tige Cieber leife pipspiepen; man laßt ftdj
mit ifyr in feine Debatten übet Dinge ein, bie pe r>on ifyren
Tutoren roeit beffer als von bes ZHannes Autorität lernen
fann ; man überläßt bie 3arte Sinnpflan3e, bie fcriroinbfücrftige
Scfymecfprobe ber 5rauen»<3ufunft tfjrem unioerfellen ^reirjeits*
unb Bilbungs-Znärtyrerifjum ; man überläßt fie ben ZHutter*
gefüfyen, roelcrje aus brei altflug fdjmalbruftfgen , bünn*
(rimmigen, bünnfyalfigen Hangen mit Kürbisfopfdjen be3ogen
roerben tonnen, unb fneipt Hotfyroein ober bairifdj 23ier, je
nadjbem bie (Defonomie 3ugefdmitten ift. 2lber roas roirb
aus biefen £iteratur»Kinbern in fcrflecritem 5kifcf? unb 23ein,
aus biefen homuneulis ber ITTilcrtflafcr/e, biefen 3n>ttter«
Phantomen oon bünnen Suppen unb bünnen 3been? IDas
tlmt ber Staat unb bie XDeltgefdu'crite 3ulefct mit einer <Se*
neration t>on Citeraten, bie ber geerbte £iteratur»pips
oon allen Ztatur» unb <5ottesgefd}icrften lospräparirt fyxt,
bie feine anbern 3mpulfe, (Senugtlmungen, XTafyrungsmittel
unb <5rojjÜ}aten fennen, als bie ZTTaßftäbe, bie 3&een,
bie (Erraten ber Citeratur, ber Cectüre, ber (Srammatif unb
bes beutfer/en Styls! —
€s giebt rjier unb ba Bremen, fo begabt an Körper unb
<5eift, baß fte bei einer angemeffenen Sd\uU unb Kunft«
bilbung bie £iebrei3e ber erflen ZHutter aller lebenbigen mit
bem Sauber bes geroeeften unb gebilbeten <5eiftes Bereinigen,
unb es giebt lOeiber, bie trofe ifjrer Unroiffenfyeit förperlidj
rei3lofe, fdjröäcrflicrie, unöfonomifdje Scr/lumpliefen fmb. (Es
giebt praftifdje, ftraffc, mutterroifcige, tjersfrifdje (Belehrte
unb fcr/laffe, confufe unpraftifer/e Natural ifien, aber bie
Hegel ijt es nidtf; — unb roas ber ejtraorbinair ausgerüsteten
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— 2^3 —
unb mit 2flaßen cultumrten ZHutter gelang, tx>xxb fchu>erlich
ben <£nf ein unb Urenfeln ntit ihrer (Lte\bfyms<Tlatuv gelingen.
Die ZKänner brauchen eben um ihrer beftilltrten unb
umcerfellen clultur um ihrer unabftracten, ihrer weit»
bürgerlichen, £iteratur«u>üchfigen Lebensarten willen
ein naturu>üchfiges (Eomplement, unb biefe ergän3enbe Hälfte
foH, nach etnem breimal ^eiligen Haturacfcfe, bas XDeib
abgeben, fte fott ber heile, ber lebens- unb bilbfräftige, ber
infpirirte, fortpfIan3ungstüchtige Factor ber €l|e, jie foH ber
naturgefegnete, ber elementar gebilbete Sdjooß ber 2ttenfchh«it,
ber fruchtbare (ßrunb unb 23oben ber menfchltchen 2Tatur*
(Befdn'chten bleiben; — ober bie Künfle unb Xüiffenfchaften
»erben Spott*<Beburten, unb bie fjerren ber Schöpfung fehen
ftch 3U ben Marren ihrer IDeiber, ihrer <£mancipations«
Confequen3en begrabirt.
Die Züeiber foflen bie <£rlöferinnen ber XHänner von ber
Unnatur, von ben Uebertreibungen unb (Sefpenftereien fem,
bie im confequenten Perlauf jeber c£ultur>(5efchichte gegeben
ftnb — nicht aber foQen fte burch ih^e cgitelfeiten, ihre geift»
reichen Ambitionen unb <£oncurren3en, burch falfche Vor*
Peilungen x>on 3beal«23ilbung unb poten3iirter grauen«
Beftfmmung bas <£lenb ber Cultur 3U einer ZTatur-ZHifere
erhöhen.
(SeijtooHe grauen, u>enn fte fchön unb frifch, u>enn fie
mutteronfoig, infpirirt unb ItebensiDÜrbig ftnb, läßt ftch ber
ZHann fchon gefallen, auch voenn er mit ihrem (ßeifi unb
tDifc nicht bie c£oncurren3 risfiren, tx>enn er obenein getmffe
öfonomifche (Einbußen nicht mit Bequemlichkeit aushalten
fann; — aber £iteratur«3tlbung aus 3tr>ölfter £}anb, Dom
3tDan3igjten Aufguß unb feine Spur uon 2Tatur, — (Seift-
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- 2*k -
reid?igfetten, bie für f}äßlidtfeit unb FörperliaV PerFümmerung
entfcftäbigen follen, — Citeratur « Bildungen oJme Bufen,
beutfdfer Styl olme 2Tluttermild|, — ZTlildj, t>on ber bie
englifdjen unb fran3Öfifdfen 2lutoren ober priDatfhinben ben
Hafym abgefdföpft fyiben, — Ctamer*Sonaten, mit fdju>mb«
füditigen 5tngern ^eruntergebaspelt, — BilbungsFünjte, bie
eben nur ben ZHangel an natürlicher unb plaftifdjer Kraft
aufbeefen, — Künfte unb IDiffenfdjaften, toeld^e bas IDeib,
bie ZHutter, bie c2r>a, bie (Beliebte, bas geträumte 3beal
por ben 2lugen bes 2Tlannes abforbiren unb 3um Carricatur«
bilbe bes fjeüigjlen ab3ebren, — iHujlrirte £iteratur*Suppen-
<5efcb,iditen, £iteratur«£iefen — als Seiten|hlcf 3um Suppen*
peter, ber sulefet in einer £?uH mit fünf <5ebanFenßricb,en
abgemanbelt n?irb: bas iß eine fdjänbüdje, eine meltunter«
gangsmäßige ZTTonjfrofttät. X?or biefem Sortfdjritt, r»or ber
Pertmrflidmng biefer offteiöfen £amen*ZTIeinung bewahr'
uns <5ott!
c£ ine größere (Ojorfyeit ijl faum benFbar, als trenn wir
^tnfe^en unb ZTTadjt anftreben ofyie Cugenb unb probuc«
tioität. ttTäditig iß ber ZTTenfdt nur burdj foldje Ceijhingen,
»eldje bie <5efeHfdjaft nidjt entbehren Fann, unb bas etn3ig
ftcb,ere ZTCitteI, bie ZTCenfdjen 3U befyerrjdjen, iji: fidj i^nen
burdj (Eugenben unb Ceifhmgen unentbefydidi 3U machen. —
IDer redjt 3U bienen ©erfleht, oerßety 3U ^errfdjen. Wex
biefe JDeltoabrrjeit nidjt begreifen fann, ber mag bie €^e
jhibiren; jebe 5rau erlangt fo n>cit ^errfdjaft über ben
ZHann, als ü?re Cugenben unb 2>ienfte geben; urieroofy nid]t
bejfritten »erben Fann, baß 3U ifyien audf 3ugenb, Schönheit
unb €iebensn?ürbigfeit gehört. Umfonjl läßt ftdj Fein ^Tlenfcrjen«
Finb 3U irgenb einem (Tribut fyera^ieEjen, am xx>enigjten aber
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— 2^5 —
beBferrfcfjen. Wk fefyr aber felbjt materielle Dienjtleiftungcn
mit einer Ausübung von TXladit oerfnüpft jtnb, fann man
an jebem guten Dienßboten crfefjen. 5ürjten unb Herren
feEjen ftdj r>on i^ren (Seneralen unb Hätten, oon ifaem
Secretair, 3ulefet oom it|rem Kod? unb Kammerbiener tyran-
niftrt, toenn jte Pirtuofen UVes Ladies jtnb.
Das toäre alfo bie £öfung oon ber 5rauen«<£mancipation.
Die tflänner regieren bie IDelt nnb bie 5rauen i^re HTänner,
Was roollen jte nod] mefy:!
* *
*
b) $rauen*Derftanb.
Die €mpirifer 3eigen toenig <£onfequen3, toeil fte es
mit ber tr>ettertx>enbigen ZDirf ltdjf eit 3U tlmn Ijaben; jte
galten jtd? r>ielmefyr an ifjren 3njhnct, als eine HTarmte
ber Hejlerjon, unb beroa^ren eben baburdj eine <£fjarafter«
pJlYp^gnomie. — IDenn aber ein 3U Heflejionen bisponirtes
unb fdmlgeredjt gebilbetes IDeib 3ur fleinen präzis über-
gegangen i|* unb gefunben fyat, baß biefe fein Syrern unb
feine <£onfequen3en oerträgt, baß stoiferjen fublimer (Cbeorie
unb orbinaircr Praxis eine Kluft befeftigt ift, baß man bie
Dinge bod? sulefet fo 3U nehmen pflegt, toie man fte eben
ftnbet, baß man ben ZHenfdjen unb gegebenen Derfyältniffc
feine 3been anbequemen, baß man in jenem 2IugenblicF
anbers operiren muß, um einen augenblicflidjen €rfolg 3U
3ielen; tx>enn ein foldjes prafticirenbes lüeib, bie nie oiel
<Sefüt|l ober Dernunft Jjatte, aus biefen nüchternen He«
flerwnen über jeben einseinen 5aU ben eruninfdjten €rfoIg
besiegt, bann bilbet fte ftd] 3U einem Ungeheuer r»ou Derjianb
unb cTfytrafterloftgfeit, u>eld]es uns belehrt, baß bie He*
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— 2*6 —
fleyton nodf fdjltmmere Entartungen er3eugen !ann als &er
3njh'nct, unb ba§ ber gefdjulte Naturalismus bes JDeibes,
ofyne bas fymmlifdie (Begengetxridjt ber JDeiblidffett unb
£tebe, nodt profaner unb geaujfenlofer werben fann, als bie
ungefdjulte Hatur. Hufjlanb liefert bie garjHgjten 33eifpiele
bafür. <2s bient roobj mit 3um Bemeife von ber aus«
gletdjenben <5ered]tigfeit (Softes, bajj eben bie flügjten
£eute, auf irgenb einem €nbe, bümmer als bie bummen
Ceute ftnb. Als bie rebenften Beifpiele für biefe IDa^rljeit
tonnen 3unädjft bie f lugen 5rauen3immer gelten. Die
fdmlflügßen uon ibnen 3eigen ftcb, in ber Hegel in Ciebes»
unb X}eiratfys«2lngelegenf}eiten als bie fopflofeften, unb ge«
ratfyen besfyalb an bie abfurbeften unb bümmften ZHannes»
€remplare, bie in Stobt unb £anb auf3utreiben ftnb.
Wev bas nidtf glauben roill, ber barf jtdj nur nach, ben
ZHännern ber gefdjeibten grauen umfefyen unb nadj ifyren
Siebes «Abenteuern erfunbigen. 3fy* getr»edter <5eijt fyxt
eine Saftige Ceibenfdjaft unb (Eitelfeit im (Befolge, bie alF
bas bissen Klugheit 3U Sdjanben madjt, toeldjes fte uor
ben befdjränften perfonen ifyres <5efdjledjts Poraus baben,
fo ba§ fte ftcb, bei jeber entfdjeibenben Affaire unfluger bar«
ftellen unb fdjledjtere <5efdjäfte machen, als bie (Einfältigen,
benen bas ptyegma unb ber 3nfmtct Reifen muß.
TXdt, was für belicate XDeiblein giebt es unb roas für
einen feinen, biplomatifcfyfpifcfmbigen, fyaarfpaltenben Perftanb
fyaben fte! 2Tlan fönnte ifyx für eine Spifeen»Arbeit
galten, welche bie ttatur aus 2Tlenfd?en^irn gehoben ^at,
unb wer Spifeen*H>eberet angefe^en Ijat, ber a>irb toiffen,
u>ie piel Stecfnabeln unb u?as für ein IDirrfal t>on l?ol3«
Klöppeln 3um einfadtfen ZHufter nötfyg ftnb. Aber um biefe
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— 2\7 —
Sequiftten ij* feine Zloty, beim jlecfnablig, gebrillt unb
gemujiert iß eben bas <5ros ber 5rauen3immer.<Oiaraftere
pon Ztatur. €s ijt alfo balb fo ein Spifeen-Perftanb
3ujammengen>ebt; aber ber St off felbj* bleibt barunt bodj
nur £iteratur»papier. Die fauberjlen papierfpifeen werben
im Hegen 3U 23rei, unb mos tfyxt man felbj* mit eckten
3rabanter«Kanten, roenn man nidjt Sammet unb Seibe
jum Kleiber (loff fyat. Spifeen*(Srunb liegt am fdfönften auf
einer Srauenbrujf, bie pou fc^önen Znenfdjengefiifylen ge»
fäweüt roirb. Perftonbs«5einJietten olme Seele fmb eine
merttsnufeige 5abrif*21rbeit unb ZHecfymif o*me £eben*3eugenbe
Kraft.
Die <5artenfunjl pertoanbelt feinen bürren Sanbboben
in ein parabies. Der lebenbige Derjtonb ijt freilief] roie bie
feingeaberte, burefy unb burdj organifdj gebilbete ^aut bes
Körpers, olme bie er feine umnberbaren £ebens*pro3effe niety
fertig friegen fann ; aber tx>enn ber Blutumlauf unb bie c2r*
näfyrung ftoefen, bann permelft audi bie fjaut. tDeldjer
Derßanb nicb.t organifdje 5orm ift, nidtf aus 5eele unb (ßeijl
Ijeroorgeiradifen ijt, ber bleibt nur ein fdjematifdier, ein
med?anifcb,er Perjtanb. ConpentioneHer Eerjtonb ift eine
papier^C^ablone. Zftan fann jte mit 0el tränfen unb burdi
2lbbrucf perpielfältigen, aber auf ber Ciefe ber Seele bleibt
nichts bapon haften.
Das £jer3 ftefy freilich. nid?t bie ITCatyematfyf unb
geidmung ber Dinge, aber feine Farben. So giebt es benn
audi einen befeelten 5* auen»Perjtaub, ber nidjt richtig
3eicb.net, aber bejlo fdjöner colorirt, unb umgefefjrt: eine
<£rfenntniß, roelcfye eioig nur ZHatyematif bleibt unb u>eber
51eifcb, nodj Seele begreift ober erfefjafft. — IDer bas (San3e
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— 2^8
3ii faffen bejhrebt ifr bem entfdjunnben 3U leidet bie ttb*
mente; u>er ftc aber im fje^en toägt unb mit färben repro«
bucirt, ber &er3eidmet bie Umriffe, bem toiH bie 5tgur freildj
nidjt fdjliegen, wenn er einen 5elbmeffer in ber ZHenfcben«
fenntniß abgeben fofl. 5rauen brauchen aber feine (Seometer
3U fein.
Stereometrie lernt allenfalls audj ein 23tinoer an ben
5tngerfpifcen, alfo aud? ein nüchterner Perjtonb: Cogif
unb Vfleiliapliy\if; aber bie Seele ijl im 21uge gegeben,
unb u>er bie IDelt nia^t mit Seele ftefy, ber tajfet eben nur
bie ZHatljematif an ifyrem tastbaren Helief. — €in Blinber
fönnte allenfalls ein 3ilb mobelliren, aber felbft bie Hlarmor«
Eenus von ZXlxlos iß im Pergleich mit einer 2X1 ab on na
oon &afael eine tobte (Seßalt. <£rj* in ber (Beliebten
fteigt biefe ZHabonna aus bem Hammen, um jtdj befeelt unb
Iebensnjarm an unfer f|er$ 3U fdjmiegen. — TXlan rann in
ber 5inftemi§ einen 23aum betaften, aber ber erjle £icb>
jhraljl 3eigt uns mer^r pon ber Schöpfung als ein langes in
5inßerni§ burdjtaftetes Ceben. <£rß mit ber Ciebe unb tEreue
gclit unfercr Seele bie It>elt«Seele auf!
3neinanberlaufenbe (Sebanfen t>er3eif}t man einem IDeibe
nidjt nur gern, fonbem bie aÜ^upräcifirten 33egriffe ftnb \fyc
nidjt einmal fo natürltdj unb fleibfam, tr>ie eine getoiffe
liebensu>ürbige Confufton. 21ber biefe (Eonfupon barf nidit
aus bem Kopfe in's £jer3 übergeben. 5rauen müffen mefyr
Seelen« (Energie ljaben als bie ZTIänner; mit biefer Energie
unb Ceibenfdjaft ifl aber bereits ber KtyfttymvLS, bie Klarheit
unb präcifton ber (ßefüfye in Scene gefefet.
Dem IDeibe, bas eine SYmpatfneen'gefditr>ellte Seele befifet!
bas ftdi mit Ciebe uub teibenfdjaft, mit (Entrjuftasmus einer
(Seffalt bes Sehens gan3 unb gar Eingegeben fyat, roirb
unir*erfeHe unb formelle Bilbung 3ur Unmöglidjfeit, 3ur
i}er3ensqual.
IHan Fann fo 3iemlicfi was man n?iH; aber man foH nicty
2Wes roollen, was man tann, was bie H>eIt«ZTTobe unb ber
£ttelFeits* (Teufel »erlangt. Diefe encvFlopäbifdte Bilbung,
btefe 21Hbelefenljeit, biefe Beteiligung an bem 5ortfcrjritt ber
Haturroiffenfcrtaften, ber StaatsöFonomie, ber lDelt3ujtänbe,
ber Kirche unb potitiF muß 3umal bei 5rauen niety nur
bas (Sebäcrjtniß beladen, fonbern ben (Seif! 3erjfreuen, bas
(Bemütlisleben, bie Ztaioetät unmöglidf machen, bie Energie
bes fyt$en fcfircädien, bie ebeljten Ceibenfdjaften 3erfefeen
unb ben ^ttroijjüng 3U einem djaraFter- unb macrjtlofen
3njtrument bes ITTaffcnlebens frferabfefeen, bas feinerfetts
ebenfalls nur ein Mechanismus, ein 2lgregat oon feelenlofen
5ormen unb particularitäten tfl, benen Dbination, (Efyat-
unb geugungsfraft gebridtf.
Die moberne Bilbung ^at abfdieulid>e Subjecte gefyecft,
bie garftigften ftnb aber biegeißreicri«manierirten IDeiber.
Permöge eines burdi Cectüre brefftrten Perflanbes, einer ^eute
forterbenben DialeFtiF unb HebefertigFett, roiffen fte auch, über
folcfye X)inge 3U fprecr/en, pon benen ifyten jebe Slnfcfyauung
gebridjt Die raifonnirenben 5rauen3immer probuciren immer
nur bie Cfyablone unb nie bie Seele, fte conjugiren ein
Parabigma, unb nach, bemfelben jebes IDort, jebes Per-
fyältniß oljne <£iublicf unb <8efiu}l feiner mbitnbuellen Ztatur,
irauen traben nur im f^anbeln Seele unb 3njhnct; üjre
Haifonnements ftnb nadt fdjematifer/er, abjlracter unb tyran*
nifetjer als bie männlidie Heflerton.
— 250 —
c) Slauftrümpf e.
TXav eine gerpiffe ^efcrfränftfyett erseugt nacb, Sympat^ieen
unb 3ö"ponen / unb mit iljnen fjmgebung, Dienßbarfett unb
pietät. <ZinXDexb mit bem fritifdjen Perftanbe eines
TXlannes, ein IDeib, bem jtdj an allen Dingen bas irag«
Iidje, gtpeibeutige ober ZTidftige Ijerausjiellt, ijt eine ZHonjtro*
fttät. — 2Tlan muß Blaußrümpfe gefefyen {jaben, um 3U
rpijfen, bajj fte fatal ofyne birectes Perfdjulben, ba§ pe
fdjon um besn>iHen unerträglich, ftnb, n>eil fte 3U piel Selbft-
gefübj rjaben, u>eil fte bie Sd\wädpn bes ZtTannes burd?«
bliefen unb jeber Ztaipetät, jeber gefdiledjtlidjen 3ttuminatton
un3ugänglid] ftnb; »eil ZTatur unb Einfalt feine (Eomman«
biten in Urnen b,aben, tt>eil fte bas treiben, xoas bereits
am ZHanne fo oft Ciebensunirbtgfeit, 33ilb« unb Cfyxtfraft
3erftört.
Der Cebenslauf einer SdjriftfteHerin roirb aber gefrönt,
n>enn fte einen profefftonirten SdiriftfteHer fyeiratlfet. Seigt
ftcb, bie £iteratur«€lje fruchtbar, fo giebt es eine mtferable
Zlactifommenfdjaft, bie mit ber ZTIildiflafäie ftatt mit einer
©ollen XTCutterbruft 3ufrieben fein mu§. Die boppelten
Sorgen für Kinber unb Bücfyer erlauben ber ZHama 3ulefet
nur fcr|toar3e Strümpfe 3U tragen, toeil blaue 3U
fdjnell fer/mufetg merben. <5iebt bie £iteratur«€l)e feine
Kinber von Skifä unb £ein, fo recenftren unb corrigiren
bie (Satten gegenfeitig ifyre IDerfe unb loben ben Ceuten Ujre
efyelicrje Särtlidjfeit por. Die Citeratur profttirt fürdjterlidf
babei unb bie Ztaturgefdudfte nodf piel mein*!
3dj felbft fenne liebensroürbige Damen, n^eldje Sdjrtft«
Heilerinnen ftnb, aber pon ber SdjriftfteHerei fommt ujre
25{
rCatürlidifeit unb Ciebenswürbigfeit nicht Ipr. €5 fann
€iner ein jletfdpr, ein (Berber ober fjalb'ZHeijta: unb ein
Prachteremplar ber Hlenfchh^* [ein; aber feinXjanbwerf
mad]t ihn nicht ba3u, fonbern beglaubigt nur feine mu>er«
wüfUiche ftttliche unb ftftetifdte ttatur.
3dl Ijabe es Ijier nicht mit ber perfönlichfeit ber Schrift.
Heilerinnen, fonbern mit ihrer 33efchäftigung unb beren €influ§
auf ben weiblichen C^arafter unb auf bie €^e 3U thun, unb
biefer cEinflujj ift im Allgemeinen fchlecht unb bie Ausnahmen
änbern bas Verbiet gegen frauen3immerliche unb eheliche
Schriftjtellerei feineswegs.
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d) €in paar IDorte über Xnäbd}en*<£r3tehung,
unb Scfjul«ltnterridjt.
5rauen incliniren eben wegen ihrer Sinnlichfeit, fobalb fie
einmal ber XDiffenfdjaft befliffen jtnb, 3um Schematismus,
3ur $örmlichfeit unb pebanterie. <£s gefdjieht bies nach bem
<5efefc ber Heaction, welches wir bei allen 3nbir>ibuen unb
Dölfern wa^me^men, bie aus ber Barbarei 3ur clioilifation
übergehen. 2>ie ftnnliche Zerfahrenheit faloirt ftch burch
ZHechanismus, CeremonieU unb fleinliche Details; ber for*
male Perjtonb gewinnt ein monftröfes Uebergewidjt, wie bas
bie Culturgefchichte ber Chinefen, ber 3"ber, Aegypter unb
3uben beweiff.
3*be (Bouoernante unb Cehrerin ifl prübe, pebantifch,
fleinmeißerlich unb ceremoniell. Natürlich unb oemünfttg
3ugleich, frei unb gefefclich, umfaffenb unb pünftlich, ibeen»
reich unb präcife, fchwunghaft unb betail'©erßänbig, generell
unb inbioibualijtrenb 3ugleich iß nur ber XHann; nur er fann
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bas Weib unterrichten, nur männliche Unterroeifung impomrt
einem ZTTäbchen, nur burch iEm empfängt ße bas fehlenbe
Clement. 3°*alen Hhythmus, großartigen Hucf unb 3ug,
öer über Heine Anjtöße, 3)etail«Derhebberungen, Scrupel,
Confufionen unb Schroierigfeiten fnnmegfylft : entnimmt nur
ber Vflann aus feinem abfohlten IDefen, feinem unioer«
feil gebilbeten (ßeifie. Kein XDeib fann bie beße Cehrerin
für ^eranu)ad?fenbe ZTCäbchen fein, ober barf mit oollem
Heerte päbagogtfche Schriften unb ZTCethoben herausgeben,
^part 3ugerid]tete 5rauen-3ibliotheFen pnb ooüenbs eine
Verhütung ber Literatur. €ben bie 5rauen müffen ihre
Bilbung aus ben großen Quellen fchöpfen, bamit ber Hefpect
r*or IDijfenfchaft gewonnen toirb, ber fleinliche, miferable
Sufdmitt unb bie prüberie ausgemer3t toerbe. €s ij! mit
ber unffenfchaftltchen w k mit ber religiöfen Bilbung: man
muß bei biefer auf bie 23ibel, bei jener auf bie Original»
Tutoren 3urücfgehen, unb in allen fällen bie Colporteure,
bie Arrangeurs, bie Vermittler unb 3nterpreten ignoriren,
feiuenfaHs mit ihnen beginnen.
Heber bie Unterrichts*<Segenf*änbe für ZTTäbchen bürfen
x>erfchiebene Anflehten befielen, über bie ZTTethobe nimmer«
mefy% — ZHäbchen müffen nach benfelben (Srunbfäfeen
informirt werben als "Knaben; mit bemfelben €rnjl,
berfelben Strenge. Dem angebornen partifularismus ber
flehten 5rauen3immer, ihren Keinen tDinfefoügen, Cijien,
(Selüflen, Capricen, IDettermenbigfeiten unb cEitelfeiten ; ihrer
elementaren Zerfahrenheit muß mit Schematismus, mit 5orm,
Präcifion unb ftricter 3)isciplin entgegengearbeitet roerben.
IDie bei ben Knaben, fo muß auch bei ben IKäbchen nicht
ber Realismus, fonbern ber 3bealismus <£r3iehungsprincip
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fein. Denn Sinnlichfeit unb 2fiaferialismus iß bas (Element;
in welchem bie gan3e Welt fchwimmt unb patfd^t; — unb
welchem alfo von oomherein, namentlich bei ZlTäbchen, ein
(Segengewtcht gegeben werben foll. —
TXlan fann unenblich mehr ZlTuth haben einen Knaben,
als ein ZTTäbdjen für eine ibeale IDelt 3a erstehen. Der
junge ZHann fann (Selehrter, Dichter, Denfer, Künftler ober
päbagog werben; er B^at Kraft, mit ber fdmöben natura«
liftifchen Perftanbes-IDelt unb ihrem complicirten Mechanis-
mus auf einen Kampf entgehen. €r fann feinen 33eruf,
fein IDeib wählen; nach jebem beliebigen (Drt ^in3ie^en, unb
wenn es tfmt conoenirt, mit Abenteurern unb Spifebuben
erperimentiren. <2r barf ohne Eerlefcung ber Scham unb
Sitte als Reformator unb Original auftreten. Das ZlTäbcfjen
ift aber um bie ZTlutterfdjaft, um ihr bejtes (Blücf, um bie
poefte bes Dafeins gebracht, wenn fie fief^ nicht oermählt.
Die große ZKaffe ber ZKänner wollen unb ©erflehen feine fdml-
gebildete Dame; (te fuchen eine praftifche, tätige, mutter«
wifeige, förperlich frifdje, ^übfd?e, gutgelaunte, wohlge3ogene,
guthersige unb nachftchtige 5rau; um's fjimmelswiHen feine
foldje, ©on ber fie fleh in i^rcr männlichen Hoheit, Schwäche
ober Unwiffenheit controflirt fehen. —
Diefe Slnforberungen unb bie Perhältniffe, welche i*men
entgegenflehen, bürfen alfo in feiner Cödjter«<£r3iefmng gäns-
lich ignorirt werben. (Sleidjwohl ifl erfl ein folches Natu-
rell »oHfommen erquieflich unb conflant, welches ein <5eifles«
€rbe in ftch fchliefct, alfo aus (Euitur- unb Schulproceffen
hervorgegangen ifl. — Die pifanten, liebenswürbigen, gra-
3iöfen, genieooflen, gefühlvollen Seelen correfponbiren notty
wenbig mit einem geizigen 5<*ctor; fefcen fein (Segengewicht
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unb feinen 21nrei3 voraus. Die Xlattxc refrutirt, renooirt
unb poten3tirt pch nur burch ben <5eip, roie ber <5eip burch
bie ttatur. ZHit einer pur*bäuerlichen ZTatürlichfeit fann
fein gebildeter Vflann 3ufrieben fein. — €ine bloße ZTatür*
Ii feit roirb im Hilter eynifeh unb fhnupf — unb ihre
rtachfommenfchaft erbt mehr ben natürlichen (Egoismus, als
bie natürliche <6ra3ie ober Ciebensroürbigfeit; roas biefe am
Ceben erhält, ijl nicht nur bie ZTatur, fonbern auch oer <SeiP;
ber (Seiji aber roifl Schule unb 5orm. —
TXlan fühlt es roie Verhöhnung bes ^eiligflen : roenn heute
mit ber pttlidfen c2r3iehung ber ZHäbchen geprahlt roirb.
IDie fehr roiberfpricht fchon bie Kleibung, felbp ber ehrbaren
5rauen, aller Sitte unb Scham! VO'xz fann es ba mit ber
c2r3iehung ber jungen ZHäbchen ehrlich gemeint fein, roo
biefen ein fchänbliches Beifpiel oon ben UTüttern gegeben
roirb! Diefe ZTTütter begnügen pch nicht, burch roattirte
Ruften unb anbere Künfte ben ZHann mit Hei3en $u locfen,
bie pe nicht einmal bepfcen: fonbern pe f leiben bas Schul»
mäbchen, bas Kinb, roelches faum ber XTTutterbruß entroöBmt
ip, mit berfelben fchaamlofen Kofetterie; pe machen ihm
Caiüe unb fjüften. Die Cugenben, roelche bie erroachfenen
Ceute nicht in Ausübung bringen, bie (Blaubensartifel, roelche
pe nicht burch ihr gan3es Ceben erhärten, bringen pe auch
ihren Kinbem unb Pflegebefohlenen nicht bei. Chatfachen,
fjanblungen, Beifpiele, (ßefchichten unb Schicffale be3roingen,
birigiren unb oerurtheilen unfern Sinn, aber nicht bas bloße
tDort. —
Der 3üngling ber gebilbeten Stänbe muß eine mel
größere pttliche Kraft unb 3nteHigen3 aufroenben, als bas
ZHäbchen. c2r muß £ehr« unb XDanberjahre überpehen, feine
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3*»genb in Schreibe* unb Stubirfhiben, in abfdjeulidien 5abrif«
räumen, — ober als ©efonom in Ärojl unb ^ifee, in Scfjnee
unb Eegen, auf einfamen XDirt^fc^aftsljöfcn 3ubringen.
Das junge 5räulein lernt nur 3um Staat unb Schein;
jle Ieißet uor ber Perljeiratlrnng bei reichen unb gebilbeten
€Itern nichts, falls man nidjt Captfferiren, SticFen, ober ein
roenig Zl&tien unb Striefen als eine Arbeit anfe^en u>iff.
Selbjl ber fjanbmerfer unb Sauer, ber nidjt oon aßen Mit-
teln entblößt i% madtf fcute aus feiner Codjter eine gebil*
bete Pufe'Dame unb einen <5egenjtanb feines <£fyrget3es,
feiner ^er3ensbefriebigung unb SJugenlujt; rod^renb ber So^n
ben erften Knecht ober XDerffüfyrer abqzhzn muß, u>enn er
nidjt in bie toeite Ä>elt fynausgeftoßen fein »HI. —
Diefe Perfyältniffe Ijaben ftdi mit Hou}u>enbigFeit fo heraus*
gebilbet; fo pflegen jie benn aud? gut geheißen 3U fein. Der
(Sefdjäftsmann, ber 5abrifant, ber Arbeiter, 2We, wollen bas
parabies, in toelc^em fte felbjt nidjt »ermeilen bürfen,
wenigjtens ber Codjter fou?eit es tfyunlidi ifl fyert>or3aubenu
€s ift bies ein <ßrunb3ug ber beutfdjen (ßemüttyidjfeit. —
Die Codjter fott an ifyre 3ugenb in alten Cagen gern 3urü<f»
benfen; unb ber Pater voiü an bem forglos ffmträumenben
ZHäbdien bie fdjöne 3«t 3urücfrufen, u>o bie ZHutter ber
Codjter äfyilid) falj unb mit ifyrem jungen ZHanne audf ein
wenig bas parabies ber 3ugenb(iebe umfreifen burfte. Dies
ift a>enigpens bie beutfdje 3nterpretation.
JXHe weit jtdj aber bie beutfdje (Bemütfyidifeit unb ber
Naturalismus mit ber (Eulturgefdjidjte ober mit ber Bejftm*
mung bes ZKenfdiengefdiledits ©ertragen: bas ift bas pro*
blem! — €s fommt auf bie Dauer nichts aus bem nacFten
ITaturalismus heraus, audj roenn er burdj (ßemütfjlidifeiten
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mastvct wirb; unb bie Sdjulfudjfereien geben, 3umal in
ber 2Häbdien«€r3iefyung ein nodf mtferableres Hefultat.
Wie aber Sdjule unb Statur, — Seele unb üerftanb, —
3bealismus unb Realismus: von ben päbagogen balancirt,
in eins gebilbet unb refpectit>e polariftrt »erben foflen : bafür
giebt es feine allgemein gültigen Cfyablonen, tr>eil jebes
£anb t jeber Stanb unb jebes 3n&i*>ibuum anbers geftal<
tele unb abgewogene EerföJmung jener <5runbelemente oer«
langt. <2s tx>äre aber fdjon erfpriepdj, n>enn bie päba«
gogen be^er3igten, baß bie ZHetljoben unb Kenntniffe aflein
eben foldje IHonjhrofitäten probuciren, als bie Hatur-Barbarei.
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Zur Charakteristik und Naturge
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