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Full text of "Zur Osnabrücker verfassungsgeschichte"

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Zur 




Osnabrücker 




verfassungs. 




Friedrich Philippi 



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IN C OMMEMORATION OF THE VISIT OF 
HIS ROYAL HIGHNESS 

PRINCE HENRY OF PRUSSIA 

MARCH SIXTH.190« 

ON BEHALF OF HIS MAJESTY 

THE GERMAN EMPEROR 



ISENTED BYARCHIBALD CARY COOLIDGE PH. 

ASSISTANT PROFESSOR OF IIISTORY 




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Dr. X pftüippt. 



6(mber*9lbbru(f au9 23anb XXII. ber SHittljeilungen be» ^tflorif(^m ißcrrfnl 

ju OtaabrM (1897). 



$)vucf toon g. ©. ÄiSling. 
1897. 



»on Dr. g. $ 6 i Ii p p i. 



L 

£te «itfgeftoUmig bc« SterfmmS Cännbriiif als 

9tffHi<6cr Statt. 1 ) 

ift eine regelmäßig lieber $u beobadjtenbe ffirfdjeinung, 
bafe bic frü^eftcn Sftadjridjten, roelrfje über Golfer unb Cänber 
auf unS gefommen finb, nidjt aus bem eigenen Greife ber* 
fclßen Verborgenen, fonbern un£ oon ljöl)er enttpufeltcn 
Sulturbölfern überliefert werben, fobalb biefe mit jenen nodj 
üt (jalbroilbem 3uftanbe ßefinblic^en ober Ujentgftct^ auf 
niebrigerer (£ulturfrufe fteljenben Elementen in SBerüfjrung 
treten. 

2lber roäljrenb fonft bie §ö§er ftc^enbcn ffiulturbölfer 
balb nadj bem erfreu gufammentreffen bie niebriger fteljenben 
geiftig unb metft audj politifct} unterjochen, fjaben bie beutfdjen 
Stämme, $u benen bie älteren SSetooImer unfereS SanbeS 



l ) £>iefe im Wtoriftfjen Vereine im Wobember 1893 borge- 
tragcne ©fi^e berührt ftd) in ben Hnfcfjauungen btelfacf) mit bem 
ebenfalls urfprüngltcf) als Vortrag ausgearbeiteten 2luffafce WjlljornS 
in bcr ©ift. Seitfc^rift für Weberfad^cn 1894, ©. 367 ff., o^ne 
je&odj unmittelbar ober mittelbar baburdj beemfUi&t $u fein. 



2 



gehörten, burdj bie iljtten inne roofjnenbe urroüdjfige $raft 
e3 oerftanben, fidj, als fie pm erften 9M mit ber alten 
SBelt aufammenftiefeen, beren Kinfluft p entziehen: bte $ln= 
griffe be£ füljrenben $olfe3 ber 9J?ittelmeercuItur, ber Körner, 
jurtirf^uf plagen unb fid^ fo iljrc greifjeit, aber oudj ifjren 
alten Kulturpftanb 31t erhalten. 

3n S° l Ö c & e ff en erfahren wir für bie biefer erften ©e* 
gegnung mit ben SRÖmern folgenben beinahe 700 $aljre fo 
gut tote SftidjtS über imfere ©egenb unb erft ba£ erneute 
3ufammentreffen mit einem f)öf)er fteljenben 9<adjbart)olfe, 
mit ben ftammoettoanbten granfen, fü^rt imfer 8anb unb 
bie barin fi^enben SSölferfdjaften )um gleiten Wate unb bamit 
bauernb in ben 93ereicf) ber gefammteuro^äifdjen Kultur. 

Sparen biefe 700 %af)te audj nidjt ftmrloS an ben alten 
23etoo$jnem unferer ©egenb borübergegangen, fo war bie 
fner eingetretene ^eränberung unb SÖeitcrenttotcfelung bod) 
nid)t gu Dergleichen mit ber Umgeftaltung ber alten SBelt 
in bem gleiten geitraume. 

3)aS römifdje ^aiferreief) mit feiner bor^üglicljen 
organifation fyattc in 2)eutftf)lanb mit ben Machtmitteln, 
welche e3 bort 31t entfalten in ber Sage mar, feine bauend 
ben ©rfolge erringen fönnen, aber auef) bie ätoar §oc§ent= 
riefelte aber fdfjon ber Entartung bcrfallenc Kultur ber 
Börner ^atte auf bie fittlidj §ö^er ftefjenbcn 2)eutfd)en feinen 
bauernben fönfhtft auszuüben bermod)t. 

(Srft bem rttcfpdjtSlofcn Vorgehen ber ftammbertoanbten 
granfen unter Rührung ifjrc§ größten ®ümg3 gelang eS, 
polittfdje, erft bem (£hrifte"rt) ume / ber Ijöljcr ftefjenben Sfte« 
ligion, gelang e3, cultureHe ©rfolgc in unfereu ©egenben $u 
erringen. 

Die Slunbe aber, toeldje frimfifdjc Quellen über bie 
bamit berbunbenen £äm^fe un£ bermittcln, ift ftufeerft ein* 
ftlbig unb toortfarg. SBeutejüge hinüber unb ^rüber, un= 



3ur Dänabrücfer 8erfaffimg&ßcfd)tcfjtc. 



3 



fixere Sßaffcnftiaftftnbc unb ftriebenäfchlüffe ftnb Bejei^ncnb 
für ben aud) n>ö§rcnb be3 nominellen 3-riebenS fortbauern* 
ben $rieg#$uftanb $urifd)en ^ranfen unb Saufen, ffirft ber 
große Äarl ging nach einheitlichem $lane unb in ber au3* 
gebrochenen Slbficht, ©adjfen feinem SReidjc einverleiben, 
uor. (£r erft toarb ftch ben einzigen 33unbe3genoffen, ber 
i^m neben feiner eigenen föraft $um Siege verhelfen fonnte, 
ba3 S^rtftent^um ; beim er erfannte, baß bie ©renje feinet 
deiche* im Sftorboften nicht gefiebert werben fonnte, ohne 
eine uottftänbige Unterwerfung unb (£hnftianiftrung ber 
©achfen. 

($3 ift hier nicht ber Ort, bie ©achfenfriege ÄarlS be$ 
©roßen im ®in$elucn $u betyrecljen. <£3 muß genügen, bie 
£>aujrtumriffe $u geben, um erfennen $u laffen, in Une loeit 
bie allgemein nichtigen Sreigniffe im Sefonberen auf bie 
dnttoicfelung gerabe unferer ©egenb unb ber totehtigften 
Organifation ber früheren ^ahrfjunberte in berfelben, beä 
SiSthumS, öon ffitnfluß toaren. 2lber baä erfcheint auch un * 
erläßlich, ^eü man bei bein Langel eines 93ertc§tcö über 
bie ©rünbung unfereS SBtöthumS barauf angetoiefen ift, 
unter gugrunbelegung biefer allgemeinen SSerhältniffe au3 
ber lügenhaften unb nicht ungetrübten befonberen Ueber* 
lieferung unb unter toergleich&oeifer Heranziehung ber 33er* 
hültniffe benachbarter 93t3thümer, ein ungefähres 35ifb $u 
coiijtutucn, öG|)en einzelnen nO ll Ö cn hui im oejegrantten 
äftaße ber ^Infprudj auf SRicfjtigfeit guerfannt Serben unb 
ba3 nur burch Sücffchlüffe aus fyüteren genauer befannten 
«erhöltniffen eine ©tüfce erhalten fann. 

SBä^renb bie erften 3% e ® arI 3 ©tofeen nach 
vSadjfen in ben fahren 772 unb 775 ftd) faum burch ettoaS 
anbereä öon ben Unternehmungen feiner Vorfahren unter- 
fchieben, als baß fte bebeutenbere (Singelerfolge in ber ©r* 
oberung ber großen $ott$burgen unb einen größeren ®e* 



4 9|tUppt. 

fmnraterfolg in bet Untettterfung eines SljeüS bcr fitöj* 
ftfrfjen Stämme erhielten, ift e8 gerabe für ben gelbgug oon 

776 djarafteriftifdf}, baß nadj feinem für bie granfen glütf* 
licljen Ausgange bie ©adfjfen felbft fid) jum Ueberrritt gitr 
Religion ber granfen Bereit erflärteu. $)iefe £ljatfad)e 
bringt audj bie gerabe in ben ©fttabrücfer ^aljrbüdfjetn 
fteljenbc 9£ott$ Saxonia est eonversa (©ot^fen würbe be* 
feljrt) Hör aum ^uSbrucf. 1 ) 

liefen (Erfolg nufcte ftarl oott au$, tnbem er im fol* 
genben Qjaljre 777 einen mit einer ©intobe oerbunbenen 
SReidjStag in ^ßaberborn Ijielt. SBenn audfj bie Cueffen über 
bie $etl)anblungen mtb SBefdpffe biefer «etfammlung nidfjts 
©enauereS berieten, fo ift e3 bod) toaljrfdjetnlidj, bafe bie 
uon ben 8orfd}er ?lnnalen $u 780 ertoiüjnte SSertljeifang beä 
©adjfenfonbeä „unter 93ifd)öfe, ^riefter ober Siebte, um 
barin ju taufen unb $u prebigen", fdjon 777 in ^ßaberborn 
Vorgenommen tourbe, ba offenbar auf ©runb biefer ©er* 
tljeilung ber gulbaer 9lbt ©türm, welcher 779 fdjon ftarb, 
in ©ad[jfen geprebigt Ijat. 2 ) ©ei nun aber bie Sttaftregel 

777 ober 780 angufefcen, jebenfaßs la'fct bie gaffung ber 
fte berid^tenben Slnnalennotig feinen 3toetfel barübet, bafo 
fte hidjt bie Slbgren^ung beftimmter Sanbftretfen ju 33ifdjof3* 
fprcngtln be^toeefte ; e$ Ijanbelte fidj um bie gutoetfung öon 
allgemein bezeichneten ©ebicten an 33ifdjöfe, *ßriefter unb 
ÄeBte mx ^iifiem^arbtit. 28ie btefe TOifionSarbeit im 



') Sür bie (Sacfjfenfriege im &Ugemeinen jefct befonberS auf 
(£. TOUjlbadjer, 2)eurfcfje ^fdjtdjjte unter ben £arotingern ®. 114 ff., 
511 toertoeifen. 2)ie (Sinjelcmgaöen über ©Snabrürf finben ftd§, fo= 
weit fte nidjt befonberS angezogen fmb, in Cßnabr. ©efd)idjtS= 
quellen ©anb I unb CSnabr. Urf.=8ucfj SBanb I, II. 

*) 33ergl. fjtcrau unb bem gorgenben, $>aucf, SHrcfjengefrfjidjte 
£>eutfdfj(anbs H, <&. 337 ff. — Iteber bie ©tjnobe öon ^aberbom 
imb bte 8er$eUimg ©adtfenS an »tfdjöfe u. f. m. fcauef 341 ff. 



3ur C£ita&rücfer 5?crfnfTitngö9efcf)id)tc. 



5 



©twjeütett ausgeführt tourbe, lehren un8 bie SebenSbefchrei* 
bungen Damaliger ^rebiger, inSbefonbere bie be3 ^eiligen 
CiubgeruS, bet in grteälanb, imSmManb unb im SÄünfter* 
fd)en tolrfte, fotoic bic be$ ^eiligen Söifleljab, be3 $tyoftel$ 
oon ftrieälanb unb ber s Jtorbfeefüfte im »remifdjen. 3>ie 
^orbebingun'g für eine gebeifjliche J^Öttgfcit berart tuar ber 
Wücffyalt an einer in altdjrtftlidjem Sanbe Uegenben Softer* 
ober ©ifdjofafirdje, tooljin ber SHuägefanbte fich bei etwaigem 
Mißerfolge jurü^ic^en, Voo^cr er bei erfolgreicher S^ätig* 
feit miffenfd^aftlid^ unb moralifd) genügenb oorbereitetc WxU 
arbeiter ^cranjie^en fonntc. 

©rfolge würben aber nur fefjr langfam errungen. Sie 
ließen 'fidj nur bef eftigen burdj bie ®rttnbung größerer 
SHrdjen mit ^löftetn ober Kapiteln, im ©achfentanbe felbft, 
in benen bie notljtoenbigen (Beiftlichen für iljren fehleren 
Seruf gefault werben tonnten, derartige Stiftungen fd^ei* 
terten mehrfach, enttoeber toeil bic Littel festen, um fte 
oon üom^erein entfared)enb ausstatten, ober ttetl bie nach 
ber anfänglichen Unterwerfung fich immer toieber erfjebenben 
©adjfen bie garten Anfänge gerftörten. $)iefe felben $Stxf)'älU 
niffe matten auet} eine f^ftcmatifdt)e ©rünbung oon Äird^en 
unb $a$reffen im gangen Sanbe oon bornhercin unmöglich unb 
fangen, fte je nach oer ®unft ber Umftdnbe borgunehmen« 

2Bährenb loir nun, wie ertuähnt, barüber, toie biefe 
Vorgänge in anberen ©egenben beS ©adjfenlanbeS ftdj im 
Cingehten abhielten, burch bie Sebenäbefchreibungen ber 
bort toirfenben ©laubenSboren einigermaßen unterrichtet finb, 
haben un$ bie toortfargen Ucberlieferungen unferer engeren 
£eimath faft nur ben tarnen be3 erften ^oftelg SBi^o 
überliefert. 1 ) 2lußer feinem tarnen nriffen nur noch bon 



») «ergl. über iljn TOgem. beutfdhe Siograpljie, SBb. XLII, 
@. 472, bie Duellenftelten O0n. U.* I, 9ta. 1, 4. 



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6 



ihm, bofe er griefe Don ©eburt toar unb im Satyrc 803 
ftarb. $ie ebenfalls in ben DSnabrücfer Jahrbüchern ftdj 
finbenbe Sftadfjricht, baft er fdjon bei bem erften Sachfenfrtege 
$arl3 im Jahre 772 $um SBifcfjofe uon £>3nabrücf beftimmt 
toorben fei, ift bort mit bet un^hjeifel^aft fallen Angabe, 
bafe Äarl ba$ ©fterfeft biefeä JahreS in DSnabrücf gefeiert 
habe, öerquieft unb fteljt mit ber ganzen Damaligen Situation 
im SBibertyrud). ©ie ift bafjer mit $orfidjt $u benu&en; 
DicKetd^t fteeft barin aber bodj ber richtige $ern, bafe 2öüjo 
in biefem Jahre jum SBtfcfjofe, b. h- $um SÖHffionSbifchofe 
beftimmt toorben ift. Sie Angabe über feine £>erfunft au$ 
ftrieSlanb geftattet ben Weiteren ©djlufe, bafc er feine Sfjätig* 
feit uon bem äflittetyunfte ber bamaligen Reiben miffion, bon 
bem auS auch SSillc^ab unb ßhtbger ihre £ügc unternahmen, 
bon bem EWarttnäflofter in Utrecht aus begonnen §at. Sodj 
läftt ftdj ba3 nicht mit Sicherheit behaupten, weil fein üftame 
in feiner anberen Duette jener 3eit genannt toirb. 

Jft man für biefe Singe alfo auf Vermutungen an* 
gettriefen, fo fte^t anbererfeitä feft, baft ber foäterc UmfreiS 
ber £)3nabrü<fer Siöcefe nicht bon biefem Sflanne unb feinen 
geifern allein bem ©hviftenthume getoonnen toorben ift, ba 
foäter Ijerbortretenbe Umftänbe mit Sicherheit erfennen laffen, 
baft auch noc h öon onberen fünften au$ in unferen (Segen- 
ben gearbeitet toorben ift. 

freilich möchte babei ber bon contyetentefter Seite au$* 
gebrochenen Vermuthung, bafe ^u biefen 3ttiffion3centrcn 
Süttich gehört höbe, 1 ) loeil nach einer nicht gan§ $u ucr* 
toerfenben Nachricht SStfd^of Slgilfrieb Don Süttich bie Däna* 
brüefer SHrdje nach ihrer erften ©rbauung getoet^t hat, nicht 
ohne Weiteres ^uftimmen fein. Surdj bie Sljatfachc ber 



l ) £>auct a. a. O. ®. 342. 



Qmx OSnabrutfer «erf^fimflögefc^ic^te. 7 



$ircheneinroethung allein mödjte einer folgen Sermuthung nicht 
bte genügenbe Stüfce gegeben fein. 

Der grofec unb alte 33efifc oou Äircljen bogegen im 
Horben unb heften be$ Stet^umd in ber §anb ber 2lbtei 
(£oroet) lägt mit Sicherheit erfennen, bog biefer .®ird)e ober 
iuo§l richtiger ihren SRcchtSborgcmgern ein groger ber 
(ShriftianifirungSarbeit innerhalb ber ®ren$cn ber Röteren 
$)töcefc gu banfen ift. $iefe £I}ättgfett Ratten bie fogenannten 
SmffionScellen SBiäbecf unb äRe^en ausgeübt, toelcfje früher 
felbftänbigc SHoftergrünbungen waren, fyftter aber, al$ bie 
eigentliche ^ßrebigt aufgehört ^atte, fidj nicht galten fonnten 
unb 834 be$tt). 855 öon ben Königen Subioig bem frommen 
unb Öubung bem Deutfdjen an Sorbet) gefdjenft mürben. 1 ) 
Ueber bie ^orgefduchte 9JleWen3 unb feine (Brünbung finb 
feine Nachrichten auf un$ gefommen, 9$iSbecf bagegen roirb 
fton 819 ald felbftttnbige Stiftung ertt>äimt unb fein ba* 
maliger 9lbt SaftuS, meiner im ßerigau auch größere 
Sdjenfungen an ba$ Slofter SBerben öergabt §at, fc^eint 
bem Greife ber friefifcfjen 2Jiiffionare $u entflammen, ba er 
mo^l mit 9ied)t mit bem ®enoffen Siubgera, bem (Herbert 
genannt SaftuS ibentipeirt rotrb. 2 ) 

Ob man aud bem Tanten be$ Reiten DSuabrücfer 
2Mfchof3 SWegingo^, auf eine Beteiligung auch ber SBür^ 
burger, bie für ^ßaberborn fcftfteljt, fchliefeen barf, fann 
fraglich erfeljeinen. 3 ) So Diel möchte aber mit Sicherheit aus 
bem 3>orftehcnben h^orgefjcn, bog eine fefte Umgrenzung 
be£ 93ifchoftyrengel3 „Dönabrücf" in bem ftmter h er * 
bortretenben Umfange toeber für baö (£nbc beS achten noch 
ben Anfang be3 neunten ^ahrlmnbertS angenommen werben 

l ) CSn. U.-93. 9er. 17 u. 37. 

*) CSn. U.*93. 9er. 7 unb SWcmann in Dlben&UTger 
fcücfjern 1895, @. 37 ff. 

8 ) Csm. U. 93. I, Wr. 4, 15 unb $aucf a. ct. C. ©. 342. 



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8 



fcwn. ®enn e£ fte^t feft, baft bie ben mif fionirenben ^1 öfter» 
borfteljenben SCcBte in jener Qeit 6ifd^öfCtd^e Munitionen in 
ben neu befeljrten <&egenben ebenfo auszuüben berufen unb 
im ©tanbe toaren, tute bie bifdjöflidjen 8orfiel)er ber SHf* 
ftonSfirdjen im neu bef ehrten Sanbe. 1 ) 

(£benfo toenig aber toie über ben urfprünglidjcn Um- 
fang be3 ©Grengels geben bie bürftigen QueKen über ba£ 
Safjr ber ®rttnbung ber Äirdfje felbft genügenbe unb fixere 
SCuSfunft. ©ringt man ber aHerbingS erft in tyäteren unb 
überarbeiteten Urfunben auftretenben 9iadjridfjt, bafc $gil* 
frieb, SBtfdjof uon fiüttidj, bie 28eüje Donogen Jjabe, 2 ) fein 
9#if$trauen entgegen, toogu audj fein ©runb borliegt, fo 
mufe bie SBeüje öor 787, ba3 SobeSjaijr biefe^ »ifäofs, 
angefe£t merben. ©djtoerlidj ünrb fie biel früher ge* 
fdjefjen fein, jebenfalts nidjt nor bem Qafyxe 776, $em 93e* 
fefjrungSjaljr ber ©adjfen, inetteidjt nidjt bor 783, km 
^aljre, in meldjem ffarl an ber £afe ben bielfadj öon 
©agen umfoonnenen ©ieg errang. 3 ) 

3)a$ bie OSnabrücfer &irdje üon uornljeretn fdjon eine 
befonbere ©eftimmung Jjatte, ba3 Reifet $u eüter bifdjöfUc^eii 



*) 3 U ben öifdf)üf£td^en gunftionen gehört JB. bie sprebtgt, 
toelä)e ber Slot öon Söiöbed ausüben foUte. ©£n. U.4B. I 7 9h:. 7. 

2 ) D£n. U.=53. 1/ 9Zr. 32; über bie ga'lfdfjungen ber fiaifer- 
urfunben unb bajj biefelben toar)rfct)einlicr) nietjt im ll.jgatjrJj.burd) 
SBenno, fonbern im 10. burd) Subolf unb 12. burdj ^Jr)itipp in$ 
SBerf gefegt fmb, bergt, bie Einleitung be8 U.=S. I. 

8 ) OSn. U.*©. I, 9fr. 2. $>er SRufnn, bie erfte SHrcfjengrün* 
bttng 9taxl& bc£ ©rojjen gerne) en ju fein, toirb Cönabrücf befonberä 
burd} ($re£burg (Dber~9RarSberg) ftreitig gemalt. Sftadj ber ©age 
grünbete $arl 25 Ktrdjen unb bezeichnete fte je nad) ber jeitlicfjen 
^Reihenfolge mit ben ©udjftaben bc8 SU^abetS; ba^er füfjrt 
Harsberg auf 3ftünjen (SBeingartner, ©otb= unb ©ilbermün^en ber 
Slbtei (Soroe^, Stafet II, 27, 28 unb Kupfermünzen BeftfalenS ©. 154, 
155) ein A (Seibnifc SS. II, @. 1063). 



33] 3«* CSnabrürfer SkrfaffungSgefcfjitfjte 



9 



$atljebrale werben fottte, lägt Ujre halb Ijerbortretenbe S3e= 
beutung als toafjrfdjeinlid) annehmen. 

$)enn obrooljl bic älteften Urfunbcn burdj gälfc^ung 
tierunftaltet ftnb, ift bodj fom'el aus ifjnen ju entnehmen, 
baft bie ftirdje fdjon 10 — 20 Qafyxt nadj iljrcr ©rünbung 
fcom großen ®arl mit Immunität begabt worben ift, b. Ij. 
ba& fie fcI6ft mit allen üjr äugemenbeten ©djenfungen ber 
orbentlidjen ©eridjtdbarfeit ber föniglictjen ^Beamten ent* 
^ogen itnb bafjer toon benfelben unabhängig geftellt roorben 
ift. 3)tefe SSorredjtertljeilung lägt barauf fd)liefeen, bafe fte 
febon bamals nadj $rt ber großen Abteien ober ber Äa= 
tljebralfirdjctt mit einem (£a£itcl auSgeftattet war, eine 2ln= 
nannte, roeldje ifjre tioffe 23eftätigung in ber Angabe ber 
jog. Translatio saneti Alexandri nadj SBilbeSljaufen au§ 
htm 3faf)re 851 finbet, in toeldjer £)8nabrücf ein mona- 
sterium genannt roirb. 1 ) $>af$ mit einer folgen Stiftung 
audj eine ©c^utc jur 2lu3bilbung junger ©eiftlidjer Der* 
bunben mar, ift für jene geit felbftöerftänblid), toenn audj 
bie befonberen Angaben über bie ©rünbung biefer ©rfjule 
burefi ben Äaifer, unb ifjren befonberen Stoecf, ©efanbte für 
ben griedufdjen §of au3$ubilben, als apofrtjpf) erflärt 
tuerben mufe. 2 ) 

3)ie ©rünbe, toeldje b%u geführt Ijaben, eine Slivrfic 
Don forcier 93ebeutung unter Seitung eines 93tfdjof8 gerabc 
an biefer ©teile gu grünben, fönnen mir nur erraten, übeiv 
liefert ift audj barüber 9ttdjt3. 

Sftarf) altem Sraudjc beS djriftlidjen 2lbenblanbe3 ftnb 
bie öon felbft fid) barbietenben Stätten $ur ©rünbung uon 
bifdjöfltdjen SHrdjen bie fogenannten civitates, b. I). bie 



l ) CSn. U.=23. I, Vtt. 33. 

*) (Einleitung jum D$n. I, ©. XVn u. XIX. 



10 



flippt 



[34 



ftftbtifdfj auSgeftalteten Jpauprortc eines größeren lönbltc^en 
SBejirfeS, bie 9ttittefyunfte fleiner SBölferfdjaften. 211$ folcfje 
ftettcn fttfj faft alle italienifdjen imb frangöftfc^cn unb aud) 
bie meiften älteren beulen SBtfc^of^ftfee am Ufer be3 SftfjetnS 
bor. 1 ) 3)ementfprc<f)cnb fyo&zn bie SBif d^of ^fv^rertgel einen im 
SSerfjältniffc $u ben fpötcren beutfdjen 33i3tljümern Heineren 
Umfang. 3)iefe3 ^ßrincip liefe ftdj nun in ©adjfen infotoeit 
nidjt burd)füfjren, al3 bort bolfreidjere Slnfiebelungen, Don 
Stäbten gan$ gu fdjtoeigen, überhaupt nidjt borfjanben waren. 
Slber audj bie mögliche Analogie, bafe man in alten Littel- 
fünften bon 3?ölferfd)aften, ifjren $auptörtern, b. Ij. an 
äflafjlftätten bon ®auen unb bergleidjen bie ^at^ebralftrc^en 
angelegt Ijätte, fdjeint nidjt burdjgeffenb $ur ©eltung ge* 
Bracht 31t fein. Sieben bem 3 u fatt/ toeldjcr offenbar eine 
grofee SRolle gezielt fjat, inbem er bie alten ftrrf)lid)en 
SWiffionSmittefyunfte Beppen gu einer tropftet unb SBiSbctf 
$u einer einfachen ^ßfarrftrdje jurücfftnfen liefe, fdjeinen fjier 
bie $erfefjr£berljältniffe, toa£ ja bei einem fo toenig culti* 
birten Sanbe, tute e§ ©adjfen bamalS toar, audj nalje liegt, 
toefentlicf) mit beftimmenb getoefen §u fein. 2öenigften3 finben 
toir fünfter, bcffen urfprünglidjer üftame 9ttimtgarbeborb 
lautet, an einer §urtl} ber früher jebenfaltä biel bebeuten* 
bereu 2la, Hülben an einem altberüljmten SSeferübergang an* 
gelegt unb Dsnabrütf geigt feine ©ebeutung ebenfalls in 
feinem tarnen: e§ toar bort eine uralte 95rücfe über bie 
§afe borfjanben. Ob bie ©teile, roo ber alte §of DSnabrüo? 
lag, audj in fjcibnifdjen Seiten fdjon ein altes §eiligtfjum 
getragen Fjattc, ift fraglidj, aber nad) bem gunbe fo bieler 
gewaltiger Ueberrcfte bc$ alten §eibentf)um3 in ber nädjften 



») 53ef. 33afel, ©trafjburg, (Speyer, SBormS, SKarnj. 



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35] Sur CSnabrürfer ^erfaffungSgcfcfjidjte. 11 



Umgebung fc^r toahrfdjcinlidj. 1 ) Vorüber, ob jtdfj ^ter bie 
9D?a^Iftätte be3 ©aueä £recrottf)t befunben fjat, Hüffen toir 
9cic£)tg. ©oötel a6et fteljt feft, baft bte DSnabrücfer ®irdje 
fdjon uon iljrem erften Anfang an ifjren SJBirfungSfreiS 
ntd^t auf biefen ©au attein befdnränfte, fonbern toemgftenS 
audj auf bte im Dftcn unb Söeften Benachbarten (Baue 
©raingau unb ©uberberge auSbefjnte. $)a aber bte fyätere 
Dtöcefangren^e ftcfj an einigen ©teilen nidjt mit ben ©renken 
ber alten ©aue becft, 2 ) möchten bie ©reit3en biefer alten 
Politiken ©ebilbe nicfjt allein einen maftgebenben ©influß 
auf bie ©eftaltung ber fpäteren ©prengelgren^en geübt 
§aben. hierbei fdjeinen tnelmefjr jtnei anbere ©eftd)t3$Mnfte 
toefentlidj in 93ctrad^t $u fommen, bie ftd) audj in anberen 
©egenben 3)eutfdjlanb3 erf ernten laffett. 3 un ^^f^ föllt bei 
einer SBetradjtung ber ©ren^e ^tt)ifc§en ben SMöcefen fünfter 
unb DSnabrücf auf, baß Sfjeile berfelben gerabeju im ©e* 
menge liegen. 3)ie friefifdjen 51t fünfter gehörigen ©aue 
)inb burdj ba£ 3U DSnabrütf gehörige SmSlanb oon bem 
übrigen Zfyik ber 2)iöcefe getrennt, unb ba3 31t DSnabrücf 
gehörige 8anb SBiebenbrüc! liegt auf ber^ren^e ber Sttiteefen 
fünfter unb ^aberborn faft nollftänbig ifolirt Don ber 
£jauptmaffe be3 DSnabrücfer Grengels. 

3>iefe auffatlenben ©rfdjetnungen finben für grieSlanb 
jidjer, für SBtebenbrücf toa^tfc^einlid^ barin ifjre SBcgrün* 
bttng, baft biefe 8anbe3tfjeile öon ben $iöcefen au3, 31t 



») ftcben ben safjlrcicfjen &ünengrä&ern am *ßie6&erg, bei 
ftutte, Stiftungen unb 2)üftrup tft 6cfonber3 ba$ menljtrartige ©tein* 
bcnfmal, weites bei ber Anlage beS go^anniöfirdjljofeä jerftört 
mürbe, $u ermähnen. SBergl. 2RüUer^eimcr§, $or= unb früljgefcfjtdjt; 
ltct)e Slttertfjümer in $amtotoer @. 273. 

*) Üe6er bie ©au= unb 2)iöcef angrenzen, tocrgl. bte bem OSn. 
1I.=33. 1 betgegeben? $arte unb bie 2lnlage „3Mc ©Snabriicfcr ©aue" 
®. 355 ff- 



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12 



meieren fie fpäter gehörten, bem (£fjriftentljum gewonnen 
morben finb, roie benn über^aitpt !i0ftffton3tl)ätigfeit in einem 
Sanbftridfje nadlj ben Slnfdjauungen bcd 8.— 10. ga^unbcrö 
einen 2lnfyrudj auf bie 2lu3bef)nung ber ©prengelgeroatt 
über biefen Sanbftridfj begrünbete. 1 ) ®iefer ©efidjtSpunft 
rourbe aber nicfyt nur imn ben bifdjöflidjen ®atfjebralftrd§en, 
fonbern audj Don ben iljnen faft gleidjgeftellten alten großen 
93enebiftiner=2lbteien berfodjten unb aufredet erhalten. (£3 
lag alfo im XBege ber ruf) ig fortfd)reitenben (ämtrouf elung, 
bog bie urtyrünglidfj non Siebten toerroalteten •äftiffionScettcn 
Stfe^en unb 33i3becf bifdfjöflidfje Siebte in ben oon iljnen 
miffionirten aSejtrfen ausübten unb fo nia^t nur bie 2ln* 
fe^ung ber ©ciftlidfjen, fonbern audj ben Se^ug ber gefmten, 
mit welchem bie ftrcfjlidjcn (£inricfjtungen ©adfjfenS non 
Anfang an allein botirt roaren, in Slnfprudfj nahmen unb 
burdfj ben Verlauf ber ©ntmicfelung §u fRec^t erwarben. 

darüber, wie fidfj bann biefe 33erfjältmffe im ©injelncn 
roeiter entmicfelten, finb mir nur fefjr ungenau unterrichtet. 
2öir troffen nur, bafe biefe ^iffionSfirdfjen 834 be^m. 853 
ber mädjtig aufblüfjenben Slbtei (£orbety gefdjenft unb, um 
fo^ufagen, aU Sluften^often fcon bort aus Vermaltet mürben. 2 ) 

3)a§ ©efammtbilb, meld(je£ fidfj ^iernad^ öon ber (£nt* 
roitfelung ber erften firdjltdjen (Sinridfjtungen im fpäteren 
OSnabrücfer Sirdjenfyrengel ergiebt, ift alfo folgenbcS. 
$er 2ßtrfung3fret3 ber DSnabrücfer bifdjöflidjcn SHrdje aU 
9fliffion3anftalt erftrecfte fttfj aunä'djft roefentlidj auf ben 
füböftlidfjen Xfytil ber tyatcren 3)iöcefe, ber mcftlidfje unb 
nörblid^e Xfytil berfelben aber mürbe toon ben faater an 
dornet) gefdjenften ätfiffionScentren SWe^en unb 33i3bcif 



x ) §oucf a. a. O. II, <5. 342, Sin. 1, 2, über fünfter II, 
<B. 369 ff. 

l ) <5. Slnm 1, <5. 31. 



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37] 3"* CSnabrücfet $erfaffungSgefd)icf)te. 13 



djriftiamfirt unb in ben etften @runb$ügen auch firchlich 
organtftrt. 

nun aber im Saufe be8 neunten ^ahrfmnbertS 
biefe Vorläufigen (Einrichtungen allmählich in ganj Soffen 
einer enbgültigen Regelung unter ftrenger Durchführung be£ 
SpiffopalföftemS n>icf)cn, blieb eine Stataftro^c unuertneib* 
lieh. Darauf aber, baß gerabe ber 3 ll f ammcn ft°fe ä^tfehen 
ber O&nabrücfcr bifchöfÜdjen Kirche unb ben ßortoer/fchen 
3fliffton3ftrchcn ftattfanb, fcheint ber jtoeite ©eftchtSpunft, 
welcher bei ber Hbgren^ung ber älteren @prengelgren$cn 
als mafcgebenb hervortritt, üon befonberem (Einfhtfe geroefen 
51t fein. 

(Eine Betrachtung ber allerbingS nicht h^nfig öortommen* 
ben ©renjbefchreibungen firchlicher 93e$irfe, feien e$ nun 
Diöcefen ober £irchft>icfe, läßt erfennen, baft babü im über* 
rfjeinifchen Deutfdjlanb in erftcr Sinic nicht foroofjl auf bie 
gufammenfaffung alter politifch ober toirthfcfjaf tUd) feftge- 
fteHter ©ebiete, als auf fdjarfe Umreiftung burch ^Beachtung 
natürlicher ©renken SBertf) gelegt rourbe, roobei felbfroer* 
ftänblich nicht geleugnet werben fotf, baf; biefe natürlichen 
©renken h^ u Pfl ölu D )^ on a ^ e ©renken politifcher ober 
wirthfchaftlicher ©ebiete barftelften. 2113 folcfje ©renken finben 
mir am ftölificjften Söafferläufe ober in ^iefiger ©egenb 
ihnen gleich ju achtenbe ättoorftreefen, bann ©ebirgSfämme 
unb fchlie&licfj auch Strafen ermähnt. 1 ) 

(Eine (Einftcfjtnahme in bie ©prengelgrenjen unfereä 
93i3thum3 §eigt nun, bafe als roeftliche Scheibe bcSfelbcn 



•) 2US feljr djarafterifttfrfj bie alte ©renjbefcfjTetbung be3 
SHrdjfpielfprengelS feiger in meinem (Siegener IU93. 9ir. 2. Die 
©renjbefrfjTeibungcn be8 <5tifte§ «Bremen bei 9lbam t>. Bremen, 
Mon. Germ. SS. VII, 289, unb Serben bei b. ©obenberg, S3erbener 
©efdjirf)t3quetten II, 14. 



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14 



l; i t i p p i. 



[38 



toefentttd) bic (£m3 unb Detter nörblid), wo biefelBe im 
Söeften uon ben gro&en Mooren Begleitet wirb, biefe, als 
öftlicfje aBer ber Sauf ber §unte gegolten Ijat. $ie Sftorb* 
grenge ift allerbingS burd) ba3 (Gebiet ber 5 friefifcf)en (ber 
SMÖcefe fünfter gugeroiefenen) ®aue unb bic frieftfe^en ©eBiete 
be$ SBremer Grengels, welche Beibe früljgeitig fidfj aBgefdjloffen 
IjaBen, t>om äfteere aBgefdjnttten. 9lu<f) im (Süben ift eine 
flarc natürliche ®rengfdjeibe faum nacfjroeisBar. ift ba3 
woljl aug bem Umftanbe gu erklären, bafc bort zeitig frieb- 
lidfje 2lu3cinanberfejjungcn mit ben £)iöcefcn Sftinben, ^ßaber* 
Born unb fünfter im ßingclnen ein cnbgültigeS 35erljältm& 
feftgcftellt IjaBen. 1 ) £>enn baS ift Don Donujercin Befonberä 
gu Betonen, baft für uufer SBiStljum eine fefte Cürcums 
fertytion ber ®rcngen im fyateren Umfange burdfj ben 
®aifer ober burdj ben ^ßetpft erlaffcn fei, ift in feiner 
Sßeife ma^rfc^einltdj. 3)ie entfyredjenbe Eingabe ber üBerarBei* 
teten Urfunbe oon 829 ift enttoeber eine gälfdjung ober 
fie Begießt fidj auf eine ältere (£ircumfcription 2 ) in einge* 
fdjränfteren ®rengcn. $)a3 ©Roetgen beS 23ifdjof3 ggilmar 
über biefen ®egenftaub in feiner ^lagefdjrift au3 bem %a1)xt 
890 Bctoeift ba£ gur (£tribcng. £)ätte tljm ein faiferlidjjcä 
3)tylom ober eine :pityfttidje SBullc mit einer feinen Sin* 
jprücfjen enttyrecfjenbcn ©rcttgumfdfjrciBung feines «Sprengel^ 
gur Verfügung geftanben, fo würbe er ungtoeifclljaft Bei 
feiner Q-orberung um SöieberüBermeifung ber uon Gortoeij 
Beanfyrurfjten 93i3Becfer unb SWe^cncr geinten ein fo burefj* 
fdjlagenbeö SBcmeiSftücf gu erwähnen nidjjt untcrlaffen IjaBen. 8 ) 

*) S)a8 SBeifpicl cme§ berarttgen UeöcreinfommcnS mit faifer- 
lieber SBeftätigung bietet bie SBeftimmung üBer Saxlinga in £>3n. 
U.=93. 9tr. 7. 

2 ) D&n. I, Wx. 14: „et terminos ejusdem episcopii 

diligenti notificatione circuinscribi praeeepit." 
») OSn. U.=33. I, 9fr. 60. 



391 8«t OSnabrücfer ^crfanungägcfdjidjte. 



15 



3)a er baS aber nid^t tljat, fo ift ber föücffchlufe berechtigt, 
bajj ihm ein fold^ed ©djrtftftücf nicht $u Gebote ftanb unb 
iiber^au^t nicht uorlag. 

28enn man nun bie fRid^tiöfeit ber foeben gemalten 
^uffteKungen annimmt, fo brängt fid) biegrage auf, toelche 
$tedjt§grunbfä£e bie £)3nabrücfer 33ifc^öfe bei iljren 2ln= 
{prüden auf bie ganje ihnen fpäter untergebene $>iöcefc 
geltenb gemalt ^aben fönnen. 5lud^ über biefe %xa$m 
laffen un3 bie überlieferten Cuetten oollftänbig im 3)unfeln. 
©in 8id)t auf biefe gan^e Gnttiuicfelung fällt erft in bem 
Stabtum berfelben, al£ bie Sprengelgetwlt ben SBifdjÖfen 
fcf)on umoiberfprochen anerfannt mar, unb fie nun auf ©runb 
berfelben auch bie im Horben unb heften fallenben 3elmten 
beanfpruchten. 

Tlan ift baljer barauf angemiefen, au£ einer ^Betrach- 
tung ber allgemeinen firdjengefd)idjtlidjen (Sntroicfelung 
toäljrcnb ber erften brei Viertel be£ 9. SafjrhunbertS einige 
£imucife $u entnehmen, um biefe Vorgänge erflärltch §u 
machen, ßharafteriftifd) für biefe Qeit ift e3, baft bie frän- 
fifc^e begn). bcutfd;c Kirche, meldte früher, befonberS aber 
unter ber fraftoollen Regierung beS grofeen Karl, eine feljr 
fclbftänbige unb oom römifdjen Stuhle nur bebingungSroeifc 
beeinflußte Stellung eingenommen Imtte, burdj bie confequentc 
^ßolitif ber ^ßctyfte, oor allen SfticolauSL, in bie allgemeine 
nom ^ßa^ftt^ume regierte Kirche eingegliebert unb ihrer 
Selbftänbigfeit als ^totionalfirdje ebenfo roie ihrer 2lb* 
Jjängigfeit uom Königthumc mehr unb mefjr entfleibet rourbe. 

2>amit ging aber begünfttgt buxd) ba3 fingen ber 
^ä^ftlic^en unb fönigltc^en ®ett>alt eine Kräftigung ber 
Stfchb'fe §anb in £anb, fo bafe fie allmählich iljten früheren 
dfjarafter als tönigltche 93camte mehr unb mehr abftreiften 
unb eine in fid) gefeftigtere unb felbftänbigcre Stellung er* 
warben. £)em gegenüber aber fanf bie SBebeutung ber grofeen 



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16 



«P T) i 1 i p p l 



[40 



*Benebiftiner*möftcr, nacfjbem üjre ^ifftonStljätigfeit beenbet 
mar, bcbeutenb; fie Blieben groar mistige äftittefyunfte für 
bie (£ulturentroicflung iljrer unmittelbaren Umgebung, tljr 
toeitergef)enber ©inftuft aber ^örte auf. 

liefen allgemeinen $erljältntffen entfyrcdjcnb fdjeinen 
benn audj bie ©renken ber fämmtlicf)en an unfer §odjftift 
angrenjenben 33i£tfmmtyrengel bamalS genau umfd)rieben 
Horben $u fein. 3Son Serben unb Sremen miffen mir 
baS, 1 ) bon fünfter ift e§ fefjr mafjrfdjeinlid), 2 ) UtredjtS 
Brenge nad) Often fdjeint fcfjon länger feftgelegt $u fein. 
(£g ift baljer fefjr erflärlicf), bafe bie 93ifdjöfe bon DSna* 
brücf ba£ $mifdjen ben alten ®ren$en tljreS ©Grengels unb 
benen ber 2)iöcefen ättinben, SBremen, fünfter unb Utrecht 
gelegene SJtewen^iSbecffdje, ^ule^t öon Sorben abhängige 
üUHffionSgebiet für ftdj in Slnfyrudj nahmen unb babü auf 
Söibcrftanb raenigften§ ber benachbarten SSifdjÖfe, beren 
SSejirfe fdjon feftftanben, nidjt ftiefeen. Vielleicht mürben 
biefc $faft>rüdje aucf) burdj eine alte je$t berlorene allge* 
mein gehaltene Ueberroeifung be$ ®ebtete3 §mifc^en (£m& 
unb £>unte äujjerlidj unterftü^t. Ob unb wieweit Eorbek) 
bagegen an^ufäm^fen berfudjte, miffen mir nidjt. ^ebenfalls 
mufeten aber biefe 23eftrebungen erfolglog bleiben, weil bie 
klebte bon (£orbety bifd^öfttd^e Vollmachten nidjt befafeen. 3 } 
©o feljen mir benn, bajj ben VifitationSreifen ber o8na* 



*) £)te in ben unechten Urfunben ftartö (f. tCnm. 1, <S. 37) 
gegeBenen ©rcnäbefdjreunmgen mftffen bocf) auf alten ©runblagen 
berufen. 

*) SSergl. 8lnm. 1, <5. 35. 

s ) 93etgl. batüber DSn. U.*ö. 53, too bem SßabetBornet SBifd^of 
Befohlen nnrb, bifdjöfütfje SlmtSfjanblungen : Orbinationen, 9lltar* 
unb $irdjtt>eü)ungeu u. f. to. unentgeltlich borjuneljmen. — £)afr 
bie alten 2JMfftonM6te bif c^öflid^e SBefugniffe befafeen, berufjtc auf 
Befonberer SBerleifjung. 



41] gut Cönobrücfer 8erfaffung$gefdjid)te. 17 



brücfer 33ifcf)öfc im ©eBiete ber Gorbe^fdjen SD^iffion prin* 
ctyieller 33tberforudj ntdjt entgegentrat; nur über bie .£>öf)e 
ber babet ju forbernben Setftungen toar Streit ; *) audj 
(jaBen ftdj bie Sortierer nidjt getoeigert, bie ^ittnirfung 
ber ©prcngelbifdjöfe, barunter alfo aud) be3 £)3nabrücfer3, 
Bei ber <£inh>eiljung neuer SStrdjen ober Altäre, ber Orbi* 
nation fcon ©eiftlid)en unb ber ©egnung be8 ^eiligen Octö 
in $faft)rudfj $u nehmen. 2 ) 

9?adj äff biefen 2lu3einanberfefcungen möchte bie oben 
ausgekrochene Behauptung, bafe ber ©Grengel ber £)3na* 
brücfer Bifdjöfe urforünglich öon erheblich geringerem Um* 
fange mar a(3 fyftter unb im Anfange nur ben ©üben unb 
©üboften be£ Röteren BtSthumS mit SluSfcfjlufe be3 Beppen* 
Stebecfer SftiffionSgeBieteS im Horben unb SBeften umfaßte, 
bie gröfete 28a^rfc^ein(ic^feit gewinnen; ein weiterer ©runb 
für biefe 9lnnaf)me, ber fid) au3 ber Betrachtung ber*ßfarr* 
organtfation ergiebt, foff bann nodj toeitcr unten oorgebrarfjt 
toerben. 

@3 ift ^ier nid)t ber Ort, über bie ftaatS* unb fird^en* 
rcc^tttcr)c (Stellung ber Bifdjöfe unb ihrer (Sapitcl in Deutfd)- 
lanb überhaupt unb bamtt aud) ber OSnabrücfer SBifd^öfe 
unb iljreS Kapitels im Sinjclnen ©enauereS aufführen. 
©3 muft genügen, auf in biefen Beziehungen in unferem 



») Cfin. U.=33. I, 5ttr. 53, f$cint allerbmgS auefj bie SBifttatton 
ueibteten : „Nec ad ipsa monasteria vel cellaa eorundem vel ipse 
per se episcopus vel economus ejns — potestatem habeat acce- 
dendi, nisi forte necessitatis causa vel dilectionis gratia vocatus 
advenerit — u ; e8 ift biefe« «erbot iebodj ttefentltdj gegen ben 
^oberbomer SMfdjof gerietet, dagegen gefteljt fogar baö gefölfdjte 
Soröe^er Sßtioileg uem 853 (0«n. U.49. 36) bem Stfcfjofe ba£ 
SMfUattonörecfjt 311 ; audj flogt (Sgtlmar nidjt batüber, baft i§m bartn 
Sdjfaterigfeiten gemadjt tourben. 

*) ®. Wnm. 3, ©. 40. 



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18 



[42 



©ttfre Ijernortretenbe äkfonberljetten aufmerffam $u madjjen. 
3)ie 33ifdfjöfe DSnaBrüdtö Rotten infofero eine anbete 
(Stellung, tote iljre SftadfjBarn in ÜDUnben, *ßaberBorn unb 
Xöofy autf) ülftünfter, al$ fte Bis in ben Anfang be3 12. 
§aljrfjunbertg nidjt burdf) bie SBafjl iljrer Kapitel, fonbern 
burdfj fönigltdje Ernennung gum SBifdfjofSamte Berufen tour* 
ben. (£3 fteljt ba3 unBebingt feft. 3)ie £)$naBrü<fer $irc§e 
I)at nie, toic bie SDßinbener 1 ) ober ^ßaberBorner 2 ) t>on einem 
beulen Sönig baä $Red)t erhalten, ben SBifdjof au3 bent 
unb burdfj ba3 Kapitel $u toäfjlen, unb ftrir rotffen toon 
mehreren Sifc^öfen, inSBefonbere bon Senno Beftimntt, 3 ) bafe 
fte — legerer freiließ auf 33orfdjlag be3 Kapitels — öon 
ben Königen entannt toorben ftnb. 

3)er 1119 guntSifdjof Berufene £I)tetI)arb ift ber erfte, 
tneidfjer auf ©runb ber im SBormfer Concorbate fpäter 
fanetionirten ©runbfä^c aus ber SBafjl be3 SapitelS Ijerbor* 
ging. 4 ) (£3 ift Begeicfmenb, bafe Bei feiner Söafjl baburdj ein 
©dfjtema auSBradj, bog ®öntg £einridfj V. einen ©egen* 
Bifd)of ernannte. 33on jener 3ett an tourbe, ttrie aus ntefjr* 
fachen Sendeten üBer bie SBeftellungen öon £)3naBrü<fer 
SBifcljöfen fid) als unzweifelhaft ergieBt, ba3 SBaljlredjt beS 
ßapitelS burdfj bie Könige nid^t meljr angefochten. 5 ) 

£>tefer alte 9tedfjt$5uftanb äußerte feine SRucftoirfung 
auf ba8 33erljctltmf$ ber SBifcfjöfe §ur throne einerfeitö unb 



*) Mon. Germ. Dipl. Otto. I, Sflx. 227 (961, Quni 7.) ; audj 
3öilman§^^ilippi, tfatfeturfunben ber ^robinj Sßeftfatcn II, 9fr. 84. 

*) (Sdjon 885, (September 8.; 2ftüI|loatf)cr, Reg. imp. I, 9ir. 
1669 ; SBilmanS, 8aiferurfunben I, 9h:. 42. 

8 ) OSn. U.-33. I, 9fr. 154, bef. Norberts vita Bennonis Mon. 
Germ. SS. XII, ©. 66. 

4 ) OSn. tUSB. I, 9fr. 232. 

fi ) ©$n. U.=SB. I, 9fr. 232, 265 unb 412, G. Dei gratia Osna- 
bnrgensis ecclesie e 1 e c t u s. 



43] Qnx C&m&rücfcr «erfaftunßSöcfdjtcfjte. 19 



blieb nidjt oljne ©influft auf ifjre Stellung ^um (Kapitel 
anbercrfeitö. Obtooljl bic Duetten fpftrlidj fliegen, feljen toir 
ntdjtä beftotoentger, baft bie Könige mefjrfadj iljnen naf)e 
fte^enbe *ßerfoncn ju SBifc^öfen in Dönabrücf beförbert Ijaben. 
2lm beutltdjftcn tritt bad fjeruor bei S3ifc§of Subolf, einem 
SBertoanbten $aifer Dtto'ä I., ber lange in feiner Sfrmjlei 
gearbeitet unb berfetbcn 14 — 15$afjre oorgcftanben fjatte; 1 ) 
femer bei Dietmar 3 ) unb Slfoeridj, 3 ) toeldje gum (befolge 
ber Könige £>cinria} II. unb Eonrab II. gehört Ratten unb 
bor allen bei $3enno IL, ber 3fafjre lang Äönig £>etnridj IV. 
in ben ucrfdjiebenftcn Stellungen gebient Ijatte. 

Umgefeljrt aber ergab fidj Ijterauä, bafc biefc äftänner 
audj nadj ifjrem 2lu3fdjeiben aus ber nädjften Umgebung 
ber Könige uon (£influj$ bei $ofe blieben, jjäuftg toieber 
bei ben ^errfc^ern als SRatfjgeber ober al$ gürfprcdjer 
für SBittfudjenbe auftreten unb biefen ©inffaft audj ju 
fünften be3 tfmen anvertrauten (Stiftet $ur Geltung 
brachten. 4 ) 51 m flarften tritt biefeS Vcrtydltnif; bei 33enno 
Ijeroor, bem gemanbten Diplomaten au3 bem Sdfjtoabcn* 
lanbe, ber fidj felbft in ben Seiten be3 fjeifeeften Kampfes 
ätoifdjen £önig .fteinridj IV. unb $apft Tregor VII. baS 
Vertrauen ber beiben (Streitenben gu erhalten roufetc unb 
toieberljolt aU Vermittler auftrat, %l)m gelang e$ audj, ben 
lange geführten föantyf ber OSnabrücfcr Sifdjöfe gegen bie 
Hebte üon gortoety über bie gdjnten ^ u ©unften feiner SHrdje 
burdj föniglidje Sntfdjcibung unb unter Sanctionirung be3 
^ßapfteS enbgültig $u (£nbe $u führen. 5 ) 

©6 fann toofjl nid^t als ^fällig angefeljen toerben, bafe 

») Dan. I, Wx. 105. 

2 ) OSn. U.=S8. I, 9fr. 119. 

s ) DSn. IU93. I, Kr. 135. 

4 ) £>3n. U-SB. I, passim. 

6 ) £>3n. U.=SB. I, Kr. 182-185, 192. 



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20 



¥$tltppt. 



[44 



feiner ber fpäteren aus ber SBahl beä Kapitels ^ertjorge* 
gangenen 93ifdfjöfe in ben Angelegenheiten beS SReidjS einen 
gleiten ober aud) nur ähnlichen Kinfluß gewann, nrie 
Pernio. 

Aber auch auf baS 33erhättniß beS 93ifdf)ofS $u feinem 
Kapitel blieb eS nicht ofjne ^ücftoirtung, baß baS $aupt 
nid)t non oornheretn burdj bie SBa^l in eine Abhängigfeit 
bon feinen Mitarbeitern geriet*). £>ie Stfitglteber beS DSna* 
brücfer Kapitels ^aBen oiel fpäter als bie gleidjgeftettten 
(Korporationen ber sftachbarfirdjen einen auSfdjlaggebenben 
Kinfluß auf bie allgemeinen firdjlidjen Angelegenheiten beS 
©tifteS beanforudjt unb burdjgefefct; fie blieben noch bis 
tief ins 12. Saljrhunbert hinein, toaS fie urfprünglid) Umreit, 
öom SBifcfjofe abhängige Mitarbeiter beSfelben, toeldje nicht 
$u eigenem Sftedjte, fonbem im Auftrage iljreS §aupteS 
hanbelten. KS ift barauf noch toeiter unten jurücf^ufommen, 
toenn bie Drgantfation ber ©eelforge im Kleinen gu 6c- 
frechen fein toirb. 

S)er erfte toichtigfte Schritt $ur felbftänbigeren Stellung* 
nähme biefer Korporation ihrem §aupt gegenüber ift ihr 
Selbftänbigmerben in toirthfchaftlidjer ©e^ieljung burdj bie 
ST^eifutig beS ÄirchenüermögenS $tt>ifchen 93ifdjof unb Kapitel. 
Sftach berfelben, Welche in DSnabrücf ettoa in baS le&te 
Viertel beS 11. SaljrfymbertS 1 ) gu fe^en ift, erhielten fo* 
toohl ber tropft als Vertreter beS Kapitel im Eerhältntß 
gur Außentoelt, toie ber ©edjant als Orbner ber inneren 
Angelegenheiten, allmählich oom SSifdjof unabhängigere 
Stellungen. S)ie übrigen Sftitglieber beS Kapitels gemannen 



») SBcrgl. batüfiet (Einleitung ju CSn. U.=SB. I, ©. XXI. - 
2)ie erfte Slufftellung ber (Sinfünftc beS CSaptteliS, 3. $1). gebrucft 
Bei SKöfer, UU. ftr. 90, ift $ut Seit tropft ÖentftibS, otfo atoifcfjen 
1178-1207 mtfgeftellt. 



45] Qux Cänabrücfer ^crfaffungSgefdjufjte. 21 



crft größere @jelbftänbtgfett, nadjbem bad ßapitclSbermögcn, 
in fogenannte Dbebien^ien geseilt, ben einzelnen 2)omf)erren 
$u febftt)eranttt)ortltd)er 33crh?altung überliefen toorben mar. 
<£S fdjeint ba3 in DSnabrücf nidjt bor bem 13. ^afjrljunbert 
gefdjeljen §u fein. 1 ) 

2)a bie ^ßertobe ber 2lu3geftaltung be3 SiStljumS als 
geiftlidjer (Staat enna mit ber Regierung 33ifd)of Slbolf 
(f 1224) als abgefdjloffen angefeljen roerben mufe, ift Ijicr 
ntd^t ber Ort, barauf nä'fjer einzugeben, unb cbenforoenig auf 
bie ©rtneiterung be$ (£a}ntel3 burcrj ®rünbung ber yify,* 
reichen 33icarienftellen, roeldje toieberum mit ber ©rünbung 
Zahlreicher neuer sßfrünben an ben allenthalben im 3)ome 
unb beffen Capellen neu geftifteten Elitären §anb in §anb 

SBicfitigcr, ja am roidjtigften für bie 9lu3geftaltung be3 
Grengels als geiftlidjer (&taat ift bie Organifation 
ber Seelforge, tneldjc im Söefentlidjen audj nodj in ber 
eben umgrenzten ^ßeriobe burdjgefüJjrt mürbe. 

3Sir roerben burdj ©ingeljen auf biefen ^ßunft $u ben 
erften Anfängen beS SBtStfmmS zurütfgefüljrt. 

Sftadjbem ba^ ©djroert unb bie Uebergemalt ber granfen 
ben ©adjfen ba£ (£{jriftentfmm aufgezwungen Ratten, erfdfjten 
eS als Aufgabe, äftaftregeln $u treffen, tncldje biefen Erfolg 
fidjer ftettten. Sftan begann baS Canb, hrie bie übrigen djrift* 
liefen Sänber §u organifiren unb Sftrdjen unb Capellen 2 ) zu 

») obedientiarius, juerft ermähnt 1237, C6n. U.=S8. II, 9tr.356. 

2 ) Mon. Genn. Legg. II, 1, Capitularia ed. Boretius <5. 68, 
Capitulatio de partibus Saxoniae Caput 1 : ecclesiae Christi que 
modo construuntur in Saxonia. 

3Son ©türm ttnrb baS in feiner vita befonberö bertdjtct. Mon. 
Germ. SS. II, S. 376. Cum per regiones quasque singulas ecclesias 
construxisset. — Sine tntcrefftmtc Urfunbe über eine Sircfjengrün; 
bung im sßaberbontfdfjcn aus ben erften Qaljren beS 9. 8a§rf)Mt= 
bertS unb bereu Erneuerung etma 863, f. ($rl)arb Codex dipl. XX 
ba$u £)iefamp (Supplement 9lr. 248. 

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22 



flippt. 



[46 



Bauen, beten ®eiftltd)e bie weitere Belehrung ber neu 35e* 
festen, iljre Seftigung im ©lauben, bie ©penbung ber 
©acramente, mit einem SBorte bie ©eefforge übernähmen. 

Utfort) ber Stnfchauung ber alten ®irdje, Welche aud) 
bie frimfifdje ^eic^gfircfjc twHfommen beherrfdjte, war bie 
bifchöflidje $atfjebrale bie einzige mit allen SRedjten auäge* 
ftattete Kirche, bie eigentliche ^farrfirdje be£ ganzen ©pren* 
gel3 unb ber SBtfdjof war ber eigentliche Pfarrer feiner 
Diöcefe. Sie übrigen im Bistum befmblicfjen Kirchen 
waren je nach & em Umfange ber SBefugniffe ber an ihnen 
amtenben ®ei)tlidjen fogenannte £auffirdjen, welchen ©rj* 
priefter borftanben, ober Bafiüfen, einfache Ätrdjen mit ein* 
fachen ^rieftern. Söährenb bie lederen etwa ben jefcigen 
Capellen gleichstellen ftnb, fyatten bie £auffirchen eine 
ähnliche Stellung Wie unfere heutigen *ßfarrfirchen. 2lber 
bie (£r$>riefter befafcen ihre ©teilen nicht ^u eigenem fechte, 
fonbern fie galten als Beauftragte ber Sifcfjöfe unb »er* 
walteten bie ©acramente nicht in bem Umfange, Wie heute 
bie Pfarrer; inäbefonbere war bie ©rtfjeUung ber ©acra* 
mente unb urfprünglidj auch & er £oufe ben SSifdjöfen öor* 
behalten. 1 ) 

@3 ift flar, bafe bei einer berartigen Wnfdjauung, eine 
ftyftematifdje Organifation norauSgefe^t, bie bem SBifdjofe 
unmittelbar unterftellte Somfirche baä auSgebefjntefte ^irdt)* 
ftriel be3 ©Grengels umf äffen mufcte, unb e3 läfct fich bie§ 

») $>ie ^acf)toeifc für biefe £)arftellung gtebt 2öalter£ JHrcfjeii* 
recfjt (10. Stuft.) §. 138 ff. — $oroel)alt ber £auf e unb be3 Slöenbmafjlö 
f. eßenba §. 139 Sin. g unb §.279. Stajj aud) in unferen ©egenben 
im 8. u. 9. 3af)rf). biefe Stnfdjauungen nodj teöenbig Waren, ßeweift 
u. Sl parrochia saneti Pauli al£ Sejei^nung ber SMöcefe fünfter 
(819). C3n. U.4B. I, 9ßr. 7 u. 36 unb Vita Sturm. Mon. Germ. 
SS. II, ©. 376 [Karolus Saxoniam] in paroehias episcopales divisit ; 
parrochia im neueren ©Urne pnbe idj juerft 1097 (Cßn. U.=S5. I, 
9fr. 216). 



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47] 3ur DSnabrücfer S3erfaffungSgefdjicfjte. 23 



audj für DSnaorüc! nodj urfunblidj nadjtneifen. Sag $)om* 
ftrd^f^tet umfaßte nidfjt nur bic ©eftirfe ber je^igen ftäbtt* 
fdjen ^farrfirdjen fämmtlidj, 1 ) fonbern audj be3 Sotter 2 ) 
,Sl ird^f^ieLS ftdjer, toafjrfdfjeinlicfj aber aud) noefj SSallenljorft, 
SBelm, 3 ) 33tffenborf mit §olte fonrie Defebe. Sieben btefer 
älteften ®rünbung treten als kfonberS alte SHrcfjen Ijerbor 
bic öier fogenannten ©ocellanote: 9JMe, 93ramfdje, ®iffen 
unb SBiebenbrürf. ©tfjon t^re SBejeicfjnung als btfd)öflid)e 
©acettanate ober ^aploneien unb bie 93eftimmung, baf; fte 
ftetf mit aflitgliebem bc3 Gottels Bcfc^t toerben foUtcn,*) 

l ) ^re Slbfjängigfcit bom£)om brütft praftifdj bie @rtljcilung 
be£ bannus civitatis an§ (Sapitet (1218, OSn. II, 9h. 97, 

worin aujserbem bie SDtarienfirdje bem (Sapttcl incorporirt wirb) 
fowie baö Statut Oon 1248 (ebenba 9fr. 534) au§, wonach bie 
(Seelforge an ben ©tabtftrcfjen burdj ©omOtcare ober anbere WliU 
güeber be3 (Sapitelä ausgeübt werben fott. $ergt. ferner bie inter* 
cfiante Urfunbc mttl). XIV, ©. 205. 

*) ßotte würbe 1312 oom 3Jlartenfird)fptct abgezweigt, ©tüOe, 
£>odjftift I, ©. 163. 

8 ) Selm war (Sortoetjer $arronat, ferjeint jeboet) ntdjt auf 
uralten (Soroeüer SBefu) surürfjugeljen ; eö möchte eine ©rünbung 
<Bifd)of 9Karquarb3 (1088—1093), ber ja augletdj 8lbt üon (Sorben 
war, fein. 

4 ) sacellanas, capelanus ift ber £ü(f8getftüdje. £>ie Dtfdjöfüdjen 
(Suptäne, foweit fie im erften 93anb be3 U.=33. erwähnt werben, ftnb 
2)omljerren, alfo ^nfjaoer jener ftirtfjen ; bic im 13. 3af)tf>. er* 
wähnten ftef)en mit ben Notaren unb scriptores auf einer <5tufe, 
finb alfo Oon ben SBeftfcern ber alten (Saplaneien ju unterfdjetben. 
gür bie (Saplaneien befonberS wichtig D3n. U.4B. n, 9tr. 429 Oon 
1243. £)ie 0 i e r (Sapianeien fmbc id) juerft ermähnt in bem Gibe 
SBibefinbä Oon Söalbecf (1265, amttlj. II, ©. 336) ; namentlid) auf* 
geführt ftnb fte bann in bem (SapitutationSentmurf oon 1308, 2)e= 
cember 20. (f. Stnfjang ju n), b. f). bort pnben ftrfj Riffen, 3KeUe, 
©djlebeljaufen, ßaer; <Sdjlebef)aufen war jebod) 1243 anstelle Oon 
SBiebenbrücf (D3n. U.=93. II, 429) unb ßaer an ©teile oon 93ramfrfje 
gefegt (U. o. 1276 [1275], 90lärs 16. ; erwähnt ©ubenborf, Beiträge 
©. 35). 



24 



[48 



läßt fie beurlicf) als gilialen beS 2)omeS, als urforünglidj 
non i^ni abgeneigte Saufftrdjen erfennen. ©S berbient 
nun gan$ befonberS Betont 51t werben, baft baS ^omca^itel 
auf bie roeiter t>on DSnabrütf entfernten nadjtueiSbar älteften 
SHrdjen, befonberS auf bie bon Slntum unb 2)ammc ähnlich 
auSgebeljnte Stnfyrüdje nidjt gemalt fjat, obrooljl gerabe bie 
Pfarrei $)amme getooljnljeitSmäfeig toenigftenS feit 1187 
$ur ^frünbe beS StomfüfterS gehörte. 1 ) $)iefe Beobachtung 
füfjrt $u ber $lnnafjme, baft bie bier als ^acettanate ge* 
nannten SHrdjen mit ifjren urfprünglidj feljr auSgebefmten 
®ird)ft>ielen alfo ben älteften SSeftanb beS DSnabrücfcr 
©Grengels gebilbet fjoben. 

gaffen mir nun bie älteften Äirdjen genauer inS9luge, 
fo gewinnt es ben Stnfdjein, als ob biefelben urfprünglid) 
als für je einen ©au beftimmte £auf* ober Sföutterftrdjen 2 ) 
gegrünbet loären, unb gtoar DSnabrücf für ben ©au £rec* 
ttutlji, SJtelle für ben ©au ©raingau, £>iffcn für ben ©au 
(subcrberge unb Söiebcnbrücf für ben ©au ©inet§i(?). 
£em entfpridjt bie ^Beobachtung, bafc 3)amme u n $ ro e t f e l - 
Ijaft bie 3Jiutterfircr)e beS ©aueS $)erfeburg, Sln!um mit 
faft an ©id^er^cit gren^enber 2öa§rfd^etnüc^fett bie urfprüng^ 
lid)e ^farrfirdjc beS SarngauS mar. 3 ) @o liegt benn bie 

») ©Sn. U.=93. I, 9fr. 390; bcr in bcr Urfunbe genannte 
pastor ber ftirdje Stamme „Dietmar" ift berfetbe mie ber als 
Qeuge genannte 2)omfüfter gleiten Samens ; btefem SBerfjättmffe 
entfpredjenb erhält benn audj ber 3)omffifter baS 2trdf)tbiaconat in 
3)amme II, 9fr. 132). 

*) Ueber Saufftrdjen bergt, kalter a. a. C, §. 147 u. 279. 

8 ) $)er Stamme, b. I). bem 2)omfüfter jugcnHefene 2trd)tbta- 
conatSbejirf (bannus) fiu)rt notfj 1221 ben alten ©aunamen unb 
umfaßt aUe tfircfjfpiele btefeS ©aueS, DSn. U.=93. II, 9fr. 132 ; in 
berjefben Urfunbe ftnb als bie §ur ecclesia Stnfum gehörigen banni 
angegeben, Slnfum felbft, SBippen, 33abbergen, SBerfenbrütf, 2llfl)aufen, 
alfo ber Umfang ungefähr beS SßarngaueS, mte er auf ber ©aufarte 
bei OSn. U.-93. I angegeben ift. 



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49] Qux OSnabrüdter 33erfajfung3gefd)id)te. 25 



33ermutfjung nafje, bafe 93ramfd)e ebenfalls bie SJhttterfird^e 
cineS ©aueS barftellt, etneS ©aueS allerbingS, toon toeWjem 
bie Odetten uns audfj nid^t einmal ben Tanten überliefert 
Ijaben. 3)aft bie Äirdjen in $fo£um unb ®amme urfyrünglidf) 
nidfjt als gilialen bon DSnabrüdt angelegt finb, erfdjeint 
nadj bem obigen aiemlidfj fidjer; 1 ) toem fte aber if)re ©rün* 
bung berbanfen, fönnen toir aus ben Cuettcn nidjt erfeljen, 
unb eS ttrirb audj tüofjl nie gelingen, eS fcft^uftellen. 2)a* 
gegen finb bie ©rünber ber £>aiU)tttrdf)en ber ©aue 8eri, 
$afegau, 33enfigau, Slgrotingau nnb ©mSgau befannt ober 
leidjt $u bermutfjen. $)iefc Slirdfjen toaren, tote oben bar- 
gelegt, anfangs unabhängig bon ben OSnabrücfer 93ifdfjöfen. 
3)ie §auptfirdje beS CerigaueS 93tSbecf, urforünglid(j eine 
felbftänbige SfliffionSaelle, toar bie 2ftutterfird(je fotooljl für 
Söningen, bie §au{>tfirdfje beS $afegaueS, als Freren im 
SSenftgau. 2 ) $m Slgrotingau beftanb, toie fdfjon oben er* 
toäljnt, bie urforüngltd) felbftänbige ^ifftonSjeae Wlcppcn, 
beren Sodfjterfirdfje toieber Slfdjjenborf, bie .^auptfirclje beS 
fädfjfifdjen ©mSgaueS getoefen $u fein fdjeint. S)iefe le&teren 
Sirenen fielen fpöter fämmtlicfj mit 33iSbecf unb 3Jiety)en, 
toie ebenfalls fdjon oben angebeutet tourbe, an bie 2lbtei 
ßorbeq. Slucf) bie fyäter jur DSnabrücfer ®iöcefe gehörigen 
^irdjjen im ©römngenfdjen SBeftertootbe, bie beiben Söebbe, 
33riefdfjelo unb gallingen müffen bon Beppen aus gegrünbet 



l ) @S toäre freilid) benfbar, bajj audj biefe ftirdjen urfprüng(id) 
€>acellanate getoefen toären, biefen tarnen aber berloren hätten, ba 
fte ja 1221 (f. Slnm. 3, ©. 48) an ben $)omcantor be^ro. fdjon bor 
1187 an ben 3)omtu)ter getuiefen mareit/ idj ben StuSbrudC ßapettanet 
ober ©acettanat nitfjt bor 1243 Belegen fann, toäljrenb baS 8Cmt 
beS 2)omcantor§ erft fel)r fpät (1221) gegrünbet tuorben tft. 

8 ) OSn. U.*SB. I, 9er. 7. 819 Castus abba ecclesie quae 
vocatur Fiscbechi cum subjectis aecclesiis in eodem pago Leriga — 
et ceteris ecclesiis in Hesiga et Fenkiga. 



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[50 



fein, toeil fic fpöter ald Soroety'fdje $atronate erf djetnen. 1 ) 
lieber bie älteren SSerfj&ltmffe ber in ben ©raffdjaften 
Lattensberg utib £e<flenburg lieg,enben Sttrcfjeit mtfctcS StS* 
tf)um8 melbcn bie GueHen fo toenig, baft e3 fdjtoer fein 
wirb, audj nur $u bermutljen, oon too au£ ftc tljren Anfang 
nahmen, falls nic^t, mie für Sötte btc ©tiftunggurftmbe er* 
galten ift.*) 3>ie oben angebeuteten ©rünbmtgen bon je 
einer $>mtytfird)e in jebem ©aue fonnte mm fetbftoerftdnb* 
lid) nur einen erften Anfang barfteüen unb auf bie 2)auer 
loeber ben SBünfdjen ber BÄtffionarc nodj ben rtligiöfctt 93c* 
bürfniffen ber Sfteube?eljrten genügen. fcaljer fdfjen toir im 
Saufe ber ftaljrljunberte bie alten ^ujrtfirdfjen erftarfen 
unb neben tfnten, b. Ij. innerhalb tljrer alten Se^irfe, $aljl* 
reidfje Äeugrünbungcn entftefjen. &ber biefer VLufc unb 
Durd^bau be3 ^farrfefiemS l>at ftdfj mc^t fo foftemattfdj 
unb oon allgemeinen ®eftdfjit3}>unften aus öoffjogen, tote bie 
urftHrünglidfje ©rtmbung be$ $farrft)ftem3 in unferer ^Dtöcefe. 
(£3 iffc baljer fefjr fdjtoer, biefe (Sntttricflung im ©injelncn 
üotttommen $u oerfrigen, gumal e3 $u beren 3)arftellung 
nodfj $af>lreicl)er etngeljenber ©onb erarbeiten über bie all* 
imUjlicfjen Unterteilungen ber urtyrimgltdfjen großen *ßfarr* 
be^trfe bebarf. 3)a3 oorliegenbe Sttatertal genügt jebod) 
anbererfettS, um toenigftenS in großen Sügen e * n 8 tt 
i]eiomnen. 

Sefjr allm&Ijlidj muß fidfj bie Umtoanbelung ber alten 
®aufirdjen oon Saufftrdfjen $u felbftänbigen Sßfarrftrdfjen im 
fyäterei* Sinne oou^o^en ijaben. SBftljrenb im 9. ^aljrljunbert 
nod) bie Stfc^fSfrrengel als ^farrbejirfe (parrochiae) unb 



*) Cßn. tt.=». I, «Rr. 279. $ort aud) nod) bie vetteren alten 
£odjtertttdjen öon SKeppen unb 35i$&e<f fonrie aufjetbein Satnftorf, 
mau rooi)i utlpiungiia) nur -55t0oect jutammeuoing/ eutJaoitt. 

*) ®. Stnm. 2, (5. 47. 



51] 



3ur CSnabrücfer $$erfaffunn,3gef(f)icfjte. 



27 



bementfyredjenb bie Sorfteljer bcr Sauffirchen als archi- 
presbyteri episcoporum begeidjnet werben, finbet fid) in 
unferen Urfunben ftum erften 9»ale meinet SBiffenS ber 
s *(u£brurf parrocbia für ein 8anb£irchft>iel 1097 gebraucht, 1 ) 
um bann im 12. ^aljrljtinbeTt regelmäßig unb ^äuftg hrieber* 
jufc^ren. ©egen ©nbe beS 11. ^ahrhunbertS wirb alfo in 
unferem SBiStlrame fid} bie Untroanblung toottenbet ge^aBt haben, 
burdj welche bic Pfarrer nunmehr $u eigenem Sftedjte unb 
nidjt mehr als bloße Beauftragte unb ©tefloertreter ber 
33ifc^öfe ihre ©teilen einnahmen unb Derwalteten. 

gut bie SfoSftatrung unb Unterhaltung ber Rirchen, 
b. h» ber alten |>aujrtfirchen, beftanben urfprüngltd) $wei 
(SVnuibf a£e : nad) bem (Sapitutare 8ubwigS beS frommen 
oon 818 follte jebe ftirche mit einer Dollen, freien §ufe 
auSgcftattet werben,*) aujjerbem follte aber jeber alten Ätrdje 
Don ben urfprtinglich burdj ben Söifc^of als ben Inhaber 
ber eigentlichen *ßfarrfirche eingebogenen Reimten ein gemiffer 
Styii jur ^nftonbfjaltung ber Sürcfje unb ^um Unterhalte 
ber ®etftlicf}cn augewiefeu werben. SHefe leften dtnfünfte 
aber jogen bie $m$en nicht unmittelbar r»on ben Slbgabe* 
Pflichtigen, fonbern jte erhielten fie bow ben SBifdjöfetr, welche 
bie ©efammt^ehntenmaffe einnahmen unb öeiwalteten, über* 
toiefen.*) BIS fetöftönbige Einnahmen ber Pfarrer finben 



l ) 33ergl. Slnm. \, <S. 46 am ©cfjluffe unb über archipresbyteri 
lt. 21. C>3n. IUSB. I, 9lr. 36, ©. 22: principales presbiteri — 
archiyn'esbiteroram effieio fiingerentur, fotoie 53, ©. 41 arehipres- 
biter aut arehidiaconus. 

*) Mo». Gen». Lege» seet. II, 1. <S. 277, §. IG: sanccitam * 
e9t, nt raictrique ecclesiae unus maust» integer absque alio servitio 
adtribuatiuv 

s ) Hebet bie Sehnten, fBalter, 5Hra>nrec^t, %. 247 ff. — ©6 
in ber C£na&rütfer $töcefe bie cinjefnen sßfcrrtftrcfjerr überhaupt 
unmittelbar 3ef)ntense(ber erhalten §a6en, müfjte etft burcfj be= 



28 



[52 



toit außer ben ©tolgebül)ren foäter einige fleinere Se^tige 
Bef. ba3 Sfleßforn. Ob biefe Abgaben fdfjon Big in bie $aro* 
linger*3eit aurüdfreidfjen ober fyäter eingeführt ftnb, erfeljeint 
^mcifel^aft. ®S ift nun beutlidfj, baß nacfjbem über bie 
3efjnten einmal $u fünften einer Befrimntten 2ln5aljl bon 
Sirenen berfügt toar, für toeitere ©rünbungen au8 biefent 
gonbS ©elber nidjjt meljr Pffig gemalt werben fonnten, 
ofjne bie älteren Anlagen $u fc^ftbigen. (£$ ergab fid^ ba* 
burclj bie Üftotljtocnbigfeit, für bie 9lu£ftattung ber 9leu* 
grünbungen anbertoeitig $u forgen. £)iefe Sorge mußte felbft* 
berftiuiblidf) ben Privatleuten überlaffen loerben, auf beren 
SBunfd) bie neue ®irdje gegrünbet tourbe. ©djloß fd&on 
biefer Umftanb einen foftematifdjen Ausbau be3 PfarrfoftemS 
auS unb geftattete nur ein 35orgeljen bon $u gatl, fo 
toar e3 bod§ nidjt bie einige ©djjtoierigfeit, toeldje Sfteu* 
grünbungen bon ®ird|jen fidj entgegenftellte. ©ine weitere 
lag in bem Umftanbe, baß burdj bie Ereirung einer neuen 
Pfarre ber Pfarrer ber älteren Slirdje, au3 beffen ©Grengel 
ba£ ber neuen augettriefene ©ebict auSgefdjieben tourbe, 
burdfj ben tljeiltoeifen SöegfaU be£ SÄeßfornS, ber ©toi* 
gebühren unb ber Opfer in feinem ©infommen fidjtbar ge- 
fdjjmalert tourbc. (£$ mußte baljer für bie ©eiftlidjen biefer 
SHrdjen eine ©ntfdjäbigung ausgefegt unb gemährt toerben. 

£ro£ biefer ©djbnertgfeiten aber madfjtc fidf) ba3 33e* 
bürfniß nadfj einer SSermeljrung ber Pfarrfirdjen burdjj eine 



fonbere Uuterfuctyung feftgeftcüt Serben ; e3 ift fetyr untualjrfdjemlidj. 
©erabe bic Qe^ntett al3 regelmäßige ©infimfte maren c3, roeldjc 
bon ben SBifdjöfen baju bertt-enbet würben, um bic Unterführung 
ber iüetttidjen Qkoßen $u gewinnen unb ftdj einen &riegSftaat in 
ber $)ienftmannfd)aft 51t fct)affcn. SDßidt)tig für biefe Singe ftnb Ur- 
funben mie D§n. U.^SB. I, 138, 139 (1037-1052), 157, 158 (1060 
m 1070), 162 (1070-1088), 170 (1074), 189 (1080-1088), 205 
(1090), 213, 214 (1096), 216 (1097). 



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53] 



3ur JDSnabrücfet 93 c rf a f n i t nv^ ö c f cf> i t c . 



29 



Sfjeüung her alten auSgebeljnten ®irdf>ft>iele fo lebhaft 
geltenb, bafe toix im Saufe ber 3af)rf>unberte in allen feilen 
ber Dtöcefe galjlreidje neue ^ßfarrf treten entfielen feljen, 
eine Setoegung, welche ettoa in ber ÜUfttte beS 14. Safjr* 
ljunbertS erft ^um attmäf)lid}en, im 15. faft ^um tooUftÖnbigen 
vStittftanb fommt. 

($8 ftnb ung aber ü6er jene Vorgänge htöbefonbere au£ 
ber älteften geit nur toenig Urfunben erhalten unb e£ ift 
bafjer ntdjt nur ntdjt au3gefd)loffen, fonbern oft fe^r roafjr* 
fdjeinlidj, baft eine ^ßfarrf trdje, toeldje ttrir als folcfje zufällig 
in einer Urfunbe ertuäfjnt pnben, Safjraejjnte, ja ^afjrljun* 
berte früher entftanben ift, al$ biefe iljrc erfte Gfttoäfjnung. 
2)ie älteften Soälöfungen gefonberter $ßfarrbe$trfe öon ifjrer 
SRutterpfarre, über toeldje toir urfunblidje Sftadfjridjten be* 
ftjett, ftnb bie 33egrünbung bon 93ofelof) um 919, Sabber* 
genS 1149 (al$ £odjterfirdf)e t?on Sengerig), ®aty)eln3 1159 
(als $b$tueigung toon CmSftecf) unb ©teinfelbS 1187 (al£ 
Filiale üon Stamme). 1 ) Dbtooljl biefe Urfunben über bie 
2lu3ftattung ber neuen Äircfjen im (Sinaelnen SfticfjtS fagen unb 
in Setreff SabbergcnS erft in einer tyäteren Urfunbe öon 
1170 ettoaS ü6er bie ßmtfdjäbigung ber SDhitterfirdje Sen* 
geriet feftgefefct hnrb, 2 ) toäfjrenb bie ü6rigen genannten Ur* 
funben biefen $unft mit ©titffdnoeigen übergeben, fo geben 
fic bodj in 9lücffid)t auf bie 33efteHung ber ©etftltdjen 
intereffante 2luffd)lüffe. $a in Sabbergen fdfjon eine alte 
Spelle beftanb, toeldje ein Sftünfter'fdjer Storniere $u ber* 
leiten Jjatte, fo blieb biefeS Serljältnife unberührt unb bie 
2lebtifftn öon £>crforb, obtoofjl ifjr bie Sftutterftrdje Sen- 
gerig aus föniglidjer ©djenfung juftanb, erfn'elt feinerlei 
föedjte an ber üfteugrünbung. $n Äa^eln bagegen unb 



l ) D3n. U.*93. I, Sflx. 80, 278, 307, 390. 
«) D3n. U.=ö. I, 9lx. 325. 



30 



Output. 



[54 



®tetnfelb, roo bie ©rünbungen auf bcn Sßunfdj bcr *ßfarr* 
etngefeffenen erfolgten, würbe betreiben einerfeits bie 9lu£* 
ftatiung ber Pfarre auferlegt, anbererfeits aber aud) bie 
253af)l bc£ 'priefterS freigeftcllt ; e3 roirb jebodj in bemeinen 
$atte (in Damme), wo ber Domfiifter urfyrüngltdjer Pfarrer 
War, bemfclben bie ^noeftttur be3 ©etoiiljlten toorbeljalten. 
Den cllteften mir bekannten gatt, in roeldjem eine Urfunbc 
genau über bie SluSftattung einer neugegrünbeten Pfarre 
SluSfunft giebt, bilbet ba8 ©tiftungSbocument ber Pfarre 
Ueffeln au3 bem 3a$te 1292. 1 ) 

2Bir fjaben um fo Weniger ©runb baran 5U §roetfeln, 
bafc bie bort gegebenen SBeftimmungen bem attgemeinen 
uralten ©ebraudje entfyradjen, als fie an uralte ©afcungen 
beutlidj anfnityfen unb ben bei ber ©rünbung ber Sonette 
in (Engter im gatjre 1229 getroffenen Stnorbnungen burdj* 
aus analog ftnb. 2 ) <Sie lauten fur$ folgenbermafcen : Die 
(Singefeffencn ber neuen Sßfarrei fcerpflidjten fidj bie $trdjc 
311 bauen, ausstatten unb mit bem notljwenbigen ©erätfje 
au^urüften. (£ie erwerben baju einen früher bem Sifdjofe 
fßefeenben ©runbättiS, bauen ein für einen sßriefter paffenbeä 
SBofjnljauS unb überroetfen baju 28 äftorgen 2l<f erlaub, inbem 
jebeS Sollerbe einen beifteuert, foroie eüten Slntljeil (eine 
SBare) in ber gemeinen äßarf. gerner oerpflidjten fie fic§ 



*) ©ebrueft bei §arlmg, ©efdjicfjte ber ßirdjc unb Deformation 
in Ueffeln, 1692, <S. 4. 

*) 08n. U.=93. II, 9fr. 241. #ter wirb beftimmt, baft bie 
Sapette unb ein 2öoljiu}au3 für ben „pastor a gebaut unb bemfelben 
8 borgen Sttferlanb *u feinem ©ebraudt) überliefen toerben fotlen ; 
jur SBegiftung ber $trdje aber (dos) fotlen 20 borgen in ber ge= 
meinen SHarf ju Stcferlanb gemalt unb bem barauf $u crridjtenben 
(Srbe foü eine SBare in ber SRarE gum SBeften ber Pfarrei ange- 
liefen toerben. ©ngter unb Ueffeln toaren £ocfjterfirdjen oon 
«ramfdje. Engter toirb nod) 1276 (1275) als foldje bejei^net. 



55] Qux Oanobrücfet $etfaffung8öefdjtd)te. 31 



3ur Steferung oon äßeftforn unb yoar fott jebeS (ErBe einen 
ASd^effel Joggen, jeber £ötter einen Senat (Cöfe) bellen. 

©enügt fo bie freiließ nur geringe Saljl alter Urfunben 
einerfeiiä, um bie äußeren Vorgänge Bei ber SteuBegrünbung 
fcon Sßfarrfirchen $u erfennen, fo geBen biefe $>ocumente 
anbererfeitS auch SÄufidjluß üBer bie inneren ©rünbe, toelche 
biefe Sttaferegeln in ben meiften hätten oerantofet fjaBen. 
3)ie SabBerger Äir^e mar hervorgegangen au$ einer $aj>elle 
auf bem .$ofe SabBergen, bie ^irclje in Säbeln, bie in 
(stetnfelb, (Engter, Ueffeln erfdjeinen aU tJottftänbige Sfteu- 
^rünbungen. 35erban£te bie erftere bem SEBunfdje be3 §of* 
BeftfcerS, ftcf) unb feinen Seuten häufiger unb Bequemer bie 
Söoljltjjat bed ©otteSbienfteS $u 5£§eil werben $u laffen, ihre 
(Entfteljung, fo ueranlafete bie Beiben anberen ©rünbungen 
oer gleiche SBunfdj ber jerftreut mo^nenben SBauern, meiere 
wegen ber roeiten (Entfernungen üjre unb ber irrigen ©eelen, 
BefonberS aBcr bie ihrer Äinber unb Sfranfen ber ©efafjr 
ber geiftlidjen $ernadf)läffigung auägefefct fa^en. 1 ) 

grommer (Eifer unb ber Söunfdj nach regelmäßiger 
$erforgung mit ben Sröftungen ber Religion jtnb bie 3ttotiue 
ber ^eugrünbungen. $afe biefe Sttottoe fid) nur oerljaltmfc 
mäßig langfam unb allmählich Betätigten, ift toohl nur 
^um %f)til ^ urc § °& cn Betonten materiellen ©djioierig* 
feiten, toelche fid) Bei jeber SfteuBegrtinbung geltenb machten, 
311 erflären. Ser fromme (Eifer fonnte erft leBfjafter unb 
ba^ Sebürfnifc nach häufigerem (Empfange ber ©acramente 
fonnte erft bringenber h^roortreten, alä baS Shtiftentlmm 

l ) OSn. lUSÖ. II, ®. 390 (1187) : Eine est, qöod homines 

&(!) pericali8 et negligentiis qoas in se et suis infirmis et 

parvulis ex remotione locorum se crebrios passos esse conquesti 
sunt. — e&enba n, 291 (1229): asserentibus vobis et evidenter 
ostendentibus propter aqnarum innndationem et viarum distantiam 
tos saepias festo nativitatis Domini divinis caruisse. 



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32 



flippt. 



[56 



fidj feft eingebürgert fjatte. gerner fonnte bte {ebenfalls 
fefjr (jodj anaufdjlagcnbe $erme(jrung ber ©eoölferung unferer 
©egenb in jenen ^o^unberten erft attmäljlidj baS S3e* 
bürfnife, gal}lreu$ere Ätrdjen $1 beft|en, fühlbar werben 
(offen, toäljrenb bie frühere fyörlicfje 93eftebelung ben großen 
Umfang ber alten Ätrcf)ft)iele oollauf er Kört. 

$)ie grage, i n toie tt>cit bie Ueberfpannung beS ganzen 
SprengelS mit einem Sfte&e oon *ßfarrfirdjen bis etwa jum 
Saljre 1224, in toeldjem hur bie 9luSgeftaltung beS geift* 
liefen ©taatS in unferer 3Möcefe im ©rofeen unb ©anjen 
als beenbigt anfefjen fönnen, burdjgefüljrt mar, ift bei ber 
Cücfenfjafttgfeit beS CueffenmaterialS ferner ju beantworten. 

(£ine SSergleidjung jebodj ber 3 Q ^ & cr * m Urfunben* 
budjc jufällig oor bem Safjre 1200 ermähnten JHrdjen 
möchte ben ©djlufe erlauben, baft bis §u bem oben ermahnten 
Saljre minbeftenS bie £älfte ber in ber SWttte beS 15. 
SafjrfjunbertS befteljenben ^iretjen unb Capellen 1 ) fdjon ge* 
grünbet War. 

l ) Ueber ben Seftanb an ftrd^lid^en Stiftungen giebt 3W)c. 82 
(1458) beS (StaatSardjtbS, ju ©teueratoeefen angelegt, öollftänbige 
9tuSfunft. Qm Urfunbenbucfje pnbe id) an Circfjen im «Sprengel 
ertt-äfjnt SMSbecf 819, Steppen 853, SBünbe 853, 93ofeloI) 919, @ffcn 
bei Duafenbrücf 970, ®t. Sodann in OSnabrücf 1011, ©olbenftebt 
1080, 2öettingljoltl)aufen 1090, SSßaUenbrücf 1096, Sramfcrje a.|>afe, 
£>agcn 1097, greren, 33tppcn, Satten, $tfcf)enborf, Sßerlte, Ärapen* 
borf, SBafum, SarnSborf um 1100, Sengerig i. 20., ßabbergen als 
Capelle 1149, Selm, (Sögel, Oijtf)e, Cnetljen, Höningen, SMtifapcüe 
in OSnabrücf, Oeftroebbe, SGßefterwalbe, SKtebbe, 3eötngen, SBlacrjt- 
roebbe, 3$rtefdjelo um 1150, SBerfen Capelle 1150, ©rnfteef, Cappeln 
bei Cloppenburg 1159, Spenge, 8ttemSlol>, SReuenfirdjen bei 2ftetle, 
33orglo$, ©olte, ©eSmolb, 93iffenborf 1160, &nfum, Sllftaufen, 
SWeae (parrochiae) 1169, SRarienftrdje in OSnabrücf 1177, Scfjüttorf 
Pfarrei 1184, 9Hjebe Capelle, $>efepe a. b. ©mS Capelle um 1185 
bejm. 1190, Steinfelb gegen 1187, fttefenbeef, (SdjttmgSborf, Sab* 
bergen, ©eften, ßoljne, Söeftercappeln, ©UbefjauS, ßangförben, Oua* 



57] Qux OSnabrüder $erfaffungSa.efcfjidjte. 33 

3)ie fcC6ftänbtgerc ®eftattung ber alten Stouffircfyen unb 
bie Dielfad^c a6er regettofe ©rünbung neuer $farrfirdf)ett 
reifte jebodfj nidjt aus, um eine regelmäßige Ausübung 
ber Seelforge &u gemäljrleiften; um fo weniger als 
gerabe batmt ba$ SBanb, burdfj weldjeS früher bie bifdjbf* 
ltdje Äirdje mit ben ®irdjen auf bem Sanbe gufammenljing, 
gelocfert, ja fjäuftg gang jerrtfjen unb bie unmittelbare 33e- 
auffirfjttgung unb Seitung ber in immer größerer $af)l ents 
ftefjenben Sfteugrünbungen fefjr erfdjwert würbe. 

(£3 machte ftdj bafjer für bie SBifdjöfe baS 33ebürfniß 
geltenb, auf bem Sanbe ftänbige Vertreter, für bie in einem 
beftimmten 93e§irfe liegenben SHrcfjen, $u Beftetten, meldte 
äfjnlidj Wie bie archipresbyteri ober archidiaconi in ben 
alten italtenifdjen unb fränf tfcfjen ©prengeln in ber © t a b t 
felbft, bie S3eauffidfjtigung ber im 8anb jerftreut amtenben 
Pfarrer übernehmen fonnten. 1 ) 69 ift nun dfjarafteriftifcf) 
für bie gang aHmöljlidje Ausübung biefer ^erfjältniffe, baß 
eine berartige Drganifation nidjt etwa burdfj einen ©tmobal* 
befdjluß, ein SapitelSftatut ober eine SSifdfjofSconftitution 
mit einem ©djlage gefdfjaffen würbe, fonbern nadj unb nad) 
unb mit ber 33ermeljrung ber ^ßfartfttdjen §anb in ^>anb 
oon felbft IjeranwudjS unb fdjließlidj burd) SBifdfjof Abolf 
im Allgemeinen bie Ijölfere ©anetion erhielt. ®iefe £)rgani* 
fation beftanb in ben feit bem (£nbe beS 12. Safjrlj. häufiger 
genannten Ardfjibiaconaten ; fie entfpredjen ben in anberen 
Diöcefen ftd) finbenben Sanbbecanaten 3 ) ober ßfjriftianitäten, 8 ) 

fenbrücf?) 1188, «Rede 1189, ©rodjterbecf 1198, in bem 1180-1207 
abgefafeten ©eberegifter be8 2)omcapttel3 (9Röfer, U. 9fr. 90) ftnb 
bann noefj bie Pfarreien (parrochiae) g&benbüren, Cftercappeln, 
SRerjen, Suer unb Dettingen ermähnt. 

l ) Söalter, SHrrfjenredjt, §. 144, 145. 

») 3. 8. tat SKatn^cr ©prengel als Unterabteilungen ber 
Erdjibtaconate. 2)a3 SSeraetdjmfc berfelben gebrueft bei «ßürbtwein, 
Dioecesis Moguntina in archidiaconatus distineta. 

*) 3- 33. bie (Srjbiöcefc $öln ; bef. ber raeftfätifdfje Sljeil. 

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34 



[58 



aber fdjon ber gan$ oerfdfjiebene Umfang ber einzelnen läfet 
ernennen, baß fte nicht eine ftjftemattfdj mit einem ©djlage 
aufgeführte (Einrichtung jtnb. 2)emiodj fear biefe Drgani? 
fation im Sa^re 1230, als ber Carbinattegat Otto im 2fof* 
trage be$ ^ktßfteä bie Sltdubiaconate neBft anbeten refor« 
matorifdjen ßinridEjtungen in ben SiSthümem fünfter, 
DSnoBrücf, SßaberBom unb SÖftnben einzuführen ftd^ Bemühte, 
in unferem SBtöthume fo feft gefügt, baß bie SSeauftragten 
be3 <£arbinal$ luer jur Ausübung ihrer Zlßtigfeü feine 
(Gelegenheit fanben. 1 ) 

3)er Vorgang ftettt fidfj im SCttgemeinen folgenber* 
maßen bar. 

©o gut roie Sei ^eugrünbungen öon ^faröirchen ber 
©eiftlidje ber äftutterfirdje, aus beren ©Grengel bie neue 
Stiftung loSgelöft mürbe, regelmäßig für ben Ausfall an 
Einnahmen entfthäbigt rourbe, Behielt er außerbem, roie fchon 
angebeutet mürbe, häufig geroiffe föedfjte, fei eg ber Collation 
unb Sn^eftitur ober roenigftenS ber Snbeftitur an ber 
neuen Stiftung, ferner mürbe aber meiftenS Vorbehalten, 
baß bie ffiingefeffenen ber neuen Pfarre nach roie nor baä 
©enbgeridjt ber äfluttertfarre fuchen, b. h- bem firdjlithen 
©erichtS^mange ber SKutterfirche unterworfen Bleiben follten. 2 ) 
3)iefe S5eftimmungen erhielten alfo bem Pfarrer ber Butter* 

») D3n. U.=SB. II, 9h. 259—261, 264 ; über bie fcptigfeit 
biefer SMittatoren in ^aberborn f. SBeftf. U.=8. IV, 9h. 184—186, 
198, 199, 204 unb in Sttmben »ejfcf. U.=33. VI, 9h. 207-209. 3n 
DSnafcrütf unb SWünfter finbet ftdj toon ü)rer SBtrffamfett leine ©pur ; 
audjüon ben SeglairoiöungSfdjrei&en, ofcmoljl fie oudj anOSnaörüef 
gerietet ftnb, Ijat ftd) im cjieftgen Slräjtb lein €>tüdE boraefunben. 

*) £5§n. Ü.«8. I, 9h. 325 (1170) et in recognitionem prioris 
matris sinodis ejus interessent et prima die processionnm qui(!) 
ante ascensionem Domini cetebrantur vexillo erncis procedente, 
populo subseqnente sollempniter occurrerent. — D$n. U.=$B. II, 
241 (1229) : jura synodalia Bramsche exspectabitis. 



59] Qux Oänabrücfer SBeTfaffunö$gef(f)id)tc. 35 



firdjc einen njeitgcljenben (Bnfluft auf bie Sodjterftrdjen, 
toenn biefe aud) im Uebrigen als felbftänbige ^farrftrdfjen 
neben fie traten. Daraus entnntfelte fidj benn ein 3luf* 
fidfjtSrecljt, meldjeö befonberS in Sejug auf bie geiftltdfje 
©eridjjtöbarfeit unb bie Serleifjung ber ^frünben in 2öirf* 
famfeit trat. 2)iefe3 SlufftdjtSredjt tourbe al£ SIrdjtbtaconal* 
gcridfjtöbarfeit, alä bannus bezeichnet unb e£ ift, obtuoljl 
fpäter mancherlei (Sdfjroanfungen eintraten, inbem einjelnc 
Sirdjjen inäbefonbere Älofterfirc^en bie ^rdjibiaconalgericf>t3s 
barfeit felBft erhielten/) ferner Äirdjen, toeldje fcfjon felBft 
9lb$toeigungen barfteHten, al£ 3)lutterfird§en angefeljen unb 
umgefeljrt alte ättutterfirdjen foäteren ©rünbungen gleid)* 
gcftettt würben, nocfj bei einer Sicifjc Don Slrd^ibiaconaten 
bcfonbcrS bem be3 DerfagauS in Damme unb bem be$ 
$arngau$ in Slnfum bie oben angegebene Cfrttfteljung biefeS 
SerljältniffeS nodfj beutlicij gu erfennen. 2113 befonbcrä 
ajarafteriftifdj ift c3 angufeljen, bafe alle ©acellanate $u 
Slrcfjibtaconaten fidjj au£roucf}fen. 2 ) Dag bie meiften Slrdfji* 
biaconate — aud^ aufeer ben ©acellanaten — an Sttitglieber be$ 
Domcapitela fielen, erflärt fidfj bann roieberum aus bem 
alten ©runbfafce, baß bie alten £au£türd(jen mit Sflitgliebern 
be$ Domcaj>iteU befefct toerben fottten. 8 ) Diefe Organifation 
be$ ©tifteS in $lrdjibtaconate fyat fidj bis $u feiner Sluf- 
Ijebung erhalten, ©ie fjatte aber fdjon im 17. Safjrlj. ftdö 
fo nerfnödfjert, ba& fie iljren gtoecf nidjt mefjr erfüllte unb 
bafjer 1653 toon SBifdjof gran$ SBilfjelm burdj bie Sfteuein* 



*) 8- 33. $>eraeötocf, €>3n. U.=93. II, 9h. 40 (1209). 
2 ) SBeraeitfjnife unb SBcftanb ber Slrdjibiaconate in 2Rtttl). XVI, 
@. 228 ff. 

8 ) @Ö befafe a6et aud) ber Sßropft unb ber ©edjant toon <St. 
Sodann ein «rdjibiaconat, ©3n. U.=35. I, 368 ; erfterer toar ftctö 
ein TOtßUeb be$ $)omccUntel$. 



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36 $$tlippi. [60 

fe|ung ber Canbbedjaneien $toar nidjt erfe£t, a6cr in anbcrcr 
gorm erneuert tmtrbe. 1 ) 



3*ür bic Jöefriebigung religiöfer 33ebürfniffe fommcn 
o6er inSBefonbere tuö^renb be3 fj* er Befjanbelten gezäuntes 
aufeer ben oon ben SBeltgeiftltdfjen bebienten unb für bie Säten 
6efttmmten SHrcfjen unb Reffen nodfj tTöftcrlidje (Stiftungen 
tuefentlidj mit in SJetradjt. 

SSenn toir beren 95eftanb in unferem §odjftifte mit 
bem ber Benachbarten 3)iöcefen inäbefonbere fünfter, äftin* 
ben unb *ßaberborn dergleichen, fo fällt fofort auf, bafe er 
gering ift fotooljl in STnbetradjt ber Qafyl toie ber S3ebeu= 
tung ber flöfterlidjen Sftieberlaffungen. 

Raffen toir biefe Stiftungen in i^rer ©efammtfjeit tn£ 
Sluge, fo läftt ftdj nidfjt berfennen, bafe fie in ben berfdfjie* 
benen 3oh r § unoerten e * nen toefentlidfj berfdu'ebenen ©fjarafter 
tragen. $m 9. unb 10. $aljrfjunbert fjerrfcfjen bie gamttieit' 
ftiftungen mit Senebicttnerregel bor. %üx unfere $)iöcefc 
fommt ba nur 2öilbe3f)aufen als ©rünbung be3 Söibuftn* 
bifdfjen ©efdjledjtS, ©nger bie ©rünbung ber Subolfinger 
unb als g-rauenflofter ^ergebroc! in SBetradfjt. $a£ elfte 
Sa^rhunbert fe|te feinen ©tofg barin, bie ©omcajntel burclj 
©rünbung bon (£ollegiatftiftern geringeren SRangeS in ber 
33ifdfjof3ftabt felBft ober beren nftdfjfter Umgebung in feinen 
geiftlic^en gunftionen $u unterfrü&en unb $ugleidf) ber 
Sifc^ofSftabt felBft einen größeren fird^lid^cn ©lang gu ber* 
leiten, SBäfjrenb in ben BenadjBarten SBifrfjofSfifcen im 11. 
unb 12. $aljrfjunbert §njei, brei unb nodf) mefjr berartige 
Slirdjen burdj bie 23ifd)öfe angeorbnet tourben, pnbet fidj in 
D&taBrücf nur eine, bie ©t. ^o^anni^ftift^firc^e. S)iefe an 



*) Acta Synodalia <S. 213. 



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61] Qux CSna&rücfet $erfaffung§gefdjid)tc. 37 



ficf) auffattenbe (£rfcheinung ift too^l baburdj $u erflären, 
bafc bic SJtfdjöfe unfercS ©tifteS überhaupt, t>or ädern aber, 
efje Me (Xort-e^fchen 3^jnten äurücf fielen, eher arm alä 
reich §u nennen, unb bafjer feine (Stiftungen in bem Um* 
fange toie bie S5ifd^öfe bon fünfter unb ^ßaberborn 5U 
machen im ©tanbc toaren. 9luch bie ^o^anni^friftSftrd^c 
war, inte bie Urfunben auSroetfen, in ben erften 100 3öh ren 
iljre£ 95eftehenS eine feljr arme Äirdje. 1 ) $n ber 2. §ölfte 
beä 11. ^a^unbertö grünbetc bann noch S3enno ba3 93enc* 
bictinerflofter 3#urg, ba3 fid) aus fdnoachen Anfängen all* 
mählich ju einer geroiffen 35ebcutung heraufarbeitete, ffir 
^atte auch ocn ^ an 9 c f a f& au f oem ©ertrubenberge ein 
^rauenflofter $u errichten; e3 fcheint i§m jeboct) baju an 
Mitteln gemangelt $u h^6en, unb fein *ßlan ttmrbc erft faft 
60 gafjre nad) feinem £obe burdj prümte Stiftungen äur 
Ausführung gebracht. 2 ) 2)em fräftig entborblühenben Orben 
ber ^ßrcunonftratenfcr gelang bann mit §ülfe ber ©belherrn 
oon ©teinfurt bie ©rünbung einer SRiebcrlaffung in (£lar* 
ho%; fie ift bie einzige in unferem £ocf)ftifte geblieben, 
toährenb für (£ifterctenfer burch ©raf ©imon öon £ecflen* 
bürg in <£ffen bei &uafenbrücf ein Sftomtenflofter geftiftet 
tourbe (1175), toeldjeä toahrfchetnlich tyäter nach SHalgarten 
oerfefct roorben ift. 3h m folgten im 13. Safjrhunbert noch 
mehrere ßiftercienfer^onnenflfy'ter in £afte (1230), foäter 
in 9Me, Serfenbrücf (1231), Seeben (um 1240) unb 
9flen3lage*23örftel (1246), tüöhrenb ba8 1170 mohl auf 
ber ©tammburg be3 ©efd)lec^t^ gegrünbete gamilienfloftcr 
ber ©belfjerren öon Oefebe urfyrünglich (ebenfo roie ©er* 



l ) OSn. tUSB. I, 156. 3m Uebrigen bic betreff. Urfunbcm 
Büdner toergleidjen. 

*) Vita Bennonis (Mon. Germ. SS. XII, <S. 67), Oön. U.--93. I, 
ftx. 258 unb 268. 



38 



I 



trubenberg) ber alten 8enebictiner*$egel gefolgt ju fein 
fcfjeint. 3)ie SRieberlaffungen ber 93ettelorben unb bie 35c* 
ginenljaufer gefjören einer anbeten firdjlidjen SHdjtung imb 
einer füäteren 3«* fl* 1 - 1 ) 



Ueberblitft man ben gangen fjier in großen $ügen 9 Cs 
l'ii) iiberten 3etrraura, fo ift nid)t yx oerfennen, bafc bie 
bifdjöflidje SKrdje £)8nabrücf, ber üj>r bei tljrer ©rirabmtg 
gepellten Aufgabe, für ba8 neue unb erft oberfladjlid> junt 
l£^iftent$ume belehrte Gtebiet ben äRittetyunft ber djrift* 
liefen (Sfaubeitölefjre BUben unb bie bielf adj bettmfjt ober 
imbetnujjt tmberftrebenben 93ero ofmer btöfefben 5« lebenbigen 
33ef ennern bcr iljnen SlnfangS aufge&toitngenen neuen Religion 
umjunjanbeln, tn$ oielfad» entgegenftefjenber ©djtoierigfeiten, 
nidjt jmn toentgjtenS materieller Statur, burrfjauS gercajt 
geworben ift. mürbe t>on befanberem ^ntereffe fein,, ben 
2to|eü ber einzelnen »tfdjäfe an biefem Erfolge, je naaj 
ben ifpten erroadtfenben Aufgaben genauer bariegen $u Ahmen, 
aber bie Sürfenfjaftsgfeit ber Cueflen geftattet nur in feltenen 
Ratten über allgemeine föebetoenbungen Jjtnauä $u fommen, 
tticil jebe$ Wlal nur wenige £$atfad)en burc^ nereinjelte 
Urfunben in ein fetteres Stc^t geftettt werben. 2>er einzige 
SStfdjof, über beffen S^ütigfeit in ber bereglen Sprung 
$aljlreidjer erhaltene Ur!unben genauere $unbe geben, ift 



l ) ©el)r &emerfett8wert$ erfdjemt, ba§ bte sßtebtgermöncfje, 
lange, e^e fie baju famen, eigene 8löftet in unferer ©egenb §u 
grünben, auf bie (Stiftung ber (Stftercienfernonnenflöfter Bebeut* 
famen ©tnftujs übten unb fte, toie auef) im übrigen SBeftfalen (bergl. 
5. 95. bie ©rünbung toon «ßarabieS bei ©oeft) lebhaft förberten, 
f. (Umleitung §u £>3n. U.=33. II, <&. IX. — 93eginen juerft ermähnt 
1237, DSn. U.=S3. II, 378. 



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63 1 3ur ©Snabrütfer EerfaffungSgefcfodjte. 39 

»tfc^of «bolf (1216-1224) and bcm §aufe ber Saften* 
Jurger. ©eine meifac^c ftürforge für Regelung ftreitiger 
Jtec$t3öer$äfouffe be * »M>eii, »or Ottern aber feine erfolg* 
reichen Semüljungen, baS ^rdjibiaconalmefen enbgititig 51t 
fefttgen, üerbienen §ter eine Befonbere ^erborljebung. 1 ) 

©einen SRadjfolgern erumdjfett anbere Aufgaben: bie 



toelcrjen fdjoit «bolfc Vorgänger ©erwarb (119S— 1215) 
e««9tfcfj aber nidjt immer erfolgreich gearbeitet §atte. 

*) 3Me »efege OSn. U.=33. n, 9*r. 70—186. $te Ctbmmg bcö 
^rc^tötoconotätoffeng fcergl. 6ef. 132. 



40 



^ilippi. 



[64 



IL 

$ie SfoSbilbung be$ £odjftift$ CSnabriict pm 

tocftlidjen <£taatt. 

3)er Vorwurf, melier auch als „bie (£rroerbung bcr 
SanbeSfjofjeii burdj bie Stfc^öfc oon OSnabrücf" bekämet 
werben fönnte, bietet in fetner Ausführung unb 33egrünbung 
nicht unerhebliche ©d^toieriöfeiten. 

£)ic lanbläufige in ben 8ef)rbüchern ber beutfdjen $er* 
faffungSgefdH'chte burd)roeg oertretenbe Anfdjauung über bie 
(Sntroicflung forooljl ber beutfdjen 33erfaffung im 9lffgemeinen 
($erfaffung be8 EReic^ejg) toie im ©ingeinen (SBerfaffung ber 
ßin^elftaaten) ift oorroiegenb bie, baft man biefe (£ntttHcf= 
lung als eine organifdje, menn auch burdj je befonbere 
5$erhältmffe fotooljl seitlicher toie örtlicher Statur bebingte 
anjufehen habe. 2)iefc 2lnfc&auung geftc^t alfo ber geftalten* 
ben Sijfttißfeü oer einzelnen gerichtlichen *ßcrfönlichfeit gar 
feine ober boch nur eine geringe ffiinroirfung $u, unb er* 
rennt geroaltfame 33eriinberungen, oerbunben mit mehr ober 
weniger berfchleierten SRedjtSbrüchen (Resolutionen unb Ufur* 
Rationen) faum an. ©ie fann aber m. ©. bei einer ein* 
gehenben ^Beachtung ber einzelnen Vorgänge nur in fc^r 
befchrönftem Sffcafte aufrecht erhalten werben. & mehr ein* 
$elne § rö 9 en ber allgemeinen beutfehen SSerfaffungagefdjichte 
einer genaueren Unterfuchung unterzogen werben, um fo 
beutlicher tritt e3 Ijertoor, bafe bie 2flachtü er^ältniffe 
fortroöhrenb eine gewaltfamc Serfdjiebung ber ber* 

faffungSmäftigen SBefugniffe h eröor 9 cru f cn h a & cn - 3 u 9 e ' 
ftanben wirb ba8 ja fchon in ben grorfdjungen über beutle 
©täbteentwicflung, nicht minber aber bei ben neueren 2lr* 
beiten über bie ©nifteljung einzelner SReidjSgewalten, wie 



65] Qnt Oönabrücfer $erfaffungSgefcfjidjte. 41 



be£ ÄurfürftencottegtumS, ber §er$ogthümer u. f. to. 5ludfj 
mirb anertannt, baft bie ftänDifche 53erfaffung fotoofjl be3 
ganzen SReicheS, mie bcr ©itt^clftaaten eine grojjen 2:^eilö 
geroaltfam burdjgefüljrte SBeiter* ober boHtommene Stteubtl* 
bung geroefen ift, unb bafj bereit 93eifeitefdjiebung ober 
böllige 93emichtung in ben meiften ©in^elftaaten ebenfatt^ 
geroaltfam, nicht ofjne SRechtöbrüche, erfolgt ift. 

©o wirb benn auch Bei ber Unterfudmng über bie 
2lu8bilbung be£ §ochftift3 OSnabrücf jum weltlichen ©taate 
biefem ©efidjtSpunfte SRedjnung 31t tragen fein. 

(Sine gtoeite nodj erheblich größere ©dfjroierigfeit bietet 
bie ättangeüjaftigfeit unb Unbollftänbigfeit ber Duetten, 
tueldje über bie einfdfjlägigcn ^erfjctltniffe, <£ntroicflungen 
unb 33ernricflungen 2lu3funft geben, drjä^lenbe $>arftellungen 
ber ben einzelnen 3$erfaffung3ber<inberungen borauSgeljenben 
©treitigfeiten, ober gar eine foftematifdje Darlegung ber 
SerfaffungSberhältniffe be3 früheren äRtttelalterS big in 
ba£ 14. ober 15. 3°h r § un & ert h me * n ' finb nicht erhalten, 
unb fogar bie Verträge über neue üerfaffungSrec^tlidje !Re= 
gelungen finb nur in geringer 3aljl auf uns gefommen; in 
ben meiften gütten belehrt erft eine ^fällige Gfrtoäljnung 
rechtlicher Einrichtungen in Urfunben, welche fonft gan$ 
gleichgültige SRedjtSgefchäfte befunben, über beren Seftehen. 1 ) 

Um nun ber befonberS au3 bem gule^t ermähnten Um* 



*) 2tl§ Hafftfcf)e$ SBeiftnet für biefe SBeljauptung biene ber im 
13. gal)rljunberte ben gürften btelfadj jur ©ette geftellte ftänbifdje 
töatt). Heber bie (£infefcung cineS folgen für spaberborn unb Sorbett 
belehren uns bie Urtunben im SBeftf. U.=93. IV, 188, 935. $)afe 
aud) ein foldjer in OSnabrücf hjäljrenb ber ©ebtöbacan-j 1226 &e= 
ftanb, bemeift D£n. U.=S5. II, SRr. 210 ; bann ttnrb er gelegentlich 
ermähnt junt 22. (Sept. 1285 ; bergt. SJUtrfj. n, ©. 325. Ob unb mic 
lange er fonft beftanben Ijat, fann nur eine genaue Unterfucfjung 
ber 3eugenreif)en ber Urtunben ergeben. 



42 



y i) i Ii p p t. 



[66 



ftanbc entftmngenben ©efaljr nach äftöglichfeit $u entgehen, 
ber ©efaljr nämlich, aus unflarcn, fdjtoer $u beutenben, 
tocil gelegentlichen Cfrtoähnungen ein falfdjeS ober bodj 
toenigften fc§r beraerrte£ 95tlb $u enttoerfen, em^fte^It e$ 
fidj, sunöc^ft bie ölteften für uns au$ ben Gueffen f lax 
erfennbaren 3uftanbe un£ 3U bergegentoärtigen unb Don 
biefen fidjer erfennbaren 3Ser§äItniffcn rücftüärtg fdjreüenb 
ben SBerfudjj ju toagen, beren ffintfte^ung flar $u legen. 

©ine beutliche unb einigermaßen gefiederte SSorftellung 
ber $erfaffung8t>er§ältniffe unfereS $ochftifte3 fönnen toix 
un3 ober erft für ba£ erfte Viertel be$ 15. Sfah 1 ^ 1 * 11 ^ 1 ^ 
machen, toeil erft bie bon ben 23tfd)öfen Heinrich bon $ol* 
ftein (1402) unb Sodann bon Stfe^olg (1425) nach ihrer 
SBa§l gegebenen $echt3berftcherungen bie SBefugntffe ber 
einzelnen berfaffungSmäjjig an erfter ©teile berechtigten 
gfactoren mit (Sicherheit erfennen laffen. 1 ) ^n ber gulefct 
ermähnten Urfunbe finbet fich auch ä um er f ten SD^alc ber 
Serritorialbegriff burch ben 2tu8brucf: „©cmeineS 8anb" 
flar ausgebrochen, toüh ren & i n & en früheren Verträgen nur 
öon bemSBtöthume (episcopatus) ober ber Kirche (ecclesia) 
bie Sebe tft. 2 ) 

StoS ©tift erfcheint nun in biefen Itrfunben als ein 



») Slbgebrucf t : mttf). H, ©. 349 ff. $er erfte lateintfthe @tb 
jeigt eine gormultrung, ftelcfje mit geringen Slenberungen feit 1321 
nngemenbet ift. 2)er jroette beutfdje geigt erljeöltdje ©rmetterungen 
oef. ju (fünften bcr ©tobt unb bcr $)tenftmamten. S)tc älteftc 
toeiter unten angebogene Kapitulation bon 1265/ fotoie ein Qjntttmrf 
bon 1308, ben aber SBtftfjof ©ngetöert nidjt angenommen $u Mafien 
fdjeint, im 9hu)ange. 

') $)te Sifdjöfe bon SJcünfter fpredjen fchon 1134 bon ü)rer 
terra (C8n. U.=5B. I, 255) ; ber SluSbrucf dominium für bie @raf* 
f haften 2trn8berg (1237), Sippe (1245), 33entljetm, £edftenßurg 
(1246) ftnbet ftd) gleichfalls früher (bergl. OSn. 1U93. n, SRegifter 
unter dominium). 



67] £ur OSnnörficfcr $crfaffungSgcfcfjtcf)tc. 43 



20 a Ij l f ü x ft e n t f) u m mit ftönbif djer Skrfajf ung. 3u ber 
Sßaljl be3 SBifcfjofS, toeldOe nadi) betn SSormfer (Soncorbate 
unb ^rnar nodj bi3 in baä 13. ^a^r^unbert bem 3)omca})itet 
allein juftanb, 1 ) erfdjeinen im 15. Saljtfjunbert audj bte 
übrigen (Stänbe, bie ©tiftSmannen unb bic Stabt, toie au3 
anberroetten Urfunbcn Ijerborgeljt, in getntffer SSejie^ung 
mitbcrccr)tigt. 2 ) 3)aljer ftcttte bcr gürft feine 9tedf)t3berfidje* 
rung audj nicrjt allein bem Eapitel, fonbern aucij ber Zitters 
fdjaft unb ber ©tabt au3. (£r bcfafe neben feinen geiftlidjen 
SBefugniffen, auf meldte fu'cr nicf)t einjuge^en ift, bie 
©eridjtS* unb Sflilitörgernalt, fotoic eine getoiffe 
bei ber großen 9lu3bc!jnung ber ©elbftbertoaltung atlerbingS 
fc§r befcljränfte SSertoaltungSbefugnife. 3Son einem 
$3efi£e bc3 „©ebotS unb Verbots", einem Slnforudfj auf bie 
8anbfolge, Sftedfjten, toeldje ettoa ljunbert Igaljre f^äter als 
.jpau^tfennjeid^en bcr fianbeäljoljett angefe^en tourben, finbet 
fidfj in ben Kapitulationen nodfj üftidfjtS. 3 ) ®er SanbeSljcrr 
fjielt fidj biclmeljr nodj tum einer ©inmifdjung in bie 5ln= 
gelegensten feiner Untertanen nadj 9ftöglidjfeit fem unb 



l ) ^ergl. oben ©. 42 ff. 

*) ©dfjon 1349 »Qnbten ficfj (Sattel, 9Htterf<$aft unb <5tabt 
an ben *ßapft mit ber @mpfel)lung bc£ £ombecfjanten (Sonrab bon 
dffen jum 33tfcr)ofc. gribericis®tübe, ©efdj. ber^tabt, O.U.78,79. 
m «rt, »ic bic ©tnbt t§r 9iedjt ber Stjeilnafjme an ber SBifdEjofe* 
toar>( 1424 mit bewaffneter &anb maljrte, ift bcfannt. (SBcrgl. (grübe, 
©efcfjidjte be§ $o$ftift£ I, ©. 317, 318.) 

3 ) Sftan fönntc baS ettna mit ber ^oliaeigemalt bergletdjen. 
$)afe bte durften fte übten, Beruht ntdjt auf altem §erfommen. 
©ebot unb SSerbot fomic bte golge fptelten befonber3 in ben (Streitig^ 
feiten ber 93ifd)öf e mit ben ©raf en bon Stecflcnburg über bie 8anbe§- 
t)ol)cit in SRt)e&a/ bann aber audj in ben ©ren§ftreitigfeiten mit 
föabenSberg unb fünfter eine große SRoltc neben ©eteit unb ©c= 
ridjtSbarfett alö Stcnnjetdien bcr „©errtidjfeit", bergt, ben 2Tlöferfcr)cn 
Sluffafc in Wlittf). II, 1 ff., bcfonberS ©. 9. 



44 



[68 



befdjäftigte fid) nur bann bamit, wenn Bei Streitfällen eine 
Berufung an feine ©ntfc^etbung erfolgte. 

$n feiner ©eric^t^^o^eit ttiar er femer inforuett 
burdj bie ©tänbe eingefdjrctnft, als er oertyredjen mußte, 
bie alten IRcc^tc unb ©etooljnljeiten aufregt gu erhalten/) 
b. % burdj feine Beauftragten nadj ©etoofjnijettaredjt bie 
9tedjtft)red)ung fjanbfjaben $u laffen. 2 ) 3)arau3 folgt benn 
weiter, baß ifjm bie Befugnift ber ®efc£gcbung nur 
in fo weit §uftanb, als er in fefjr befürchtetem SDßafee ein 
BeftätigungS* ober 93erroerfung3redjt ber uon ben einzelnen 
gfactoren gefaxten Sa^ungen befaft. $lm unbefdjränfteften 
übte er biefeS 9ßed)t ben feiner gciftlidjen ©eridjtSbarfcit 
Unterworfenen, fotoie ber ©tiftömannfdjaft gegenüber aus, 3 ) 
roüljrenb ©töbte unb ©emeinben aller Slrt felbftänbig Sta- 
tuten (@aten ober Sötlfüren) $u oerfaffen berechtigt toaren. 
Unb biefe fonnte ber CanbeSfürft nidjt für ungültig erf Jären ; 
er §atte barüber nur in bem ftalle gu entfd)eiben, baft 
einige feiner Untertanen fid) burdj biefelben in tfjrem 



*) Sftittl). II, <S. 353. Dat wy gewonheyden, olden erlicke 
unde togelaten unde de gezette der kerken vorraydst unzen vor- 
varen unde den capittele togelaten zolen holden unde de rechte 
der kerken to Osenbr. unde des capittels to Osenbr. der collegien, 
monsteren unde kerken Stades unde stichtes to Osenbr. personen 
derzulven beschermen zolen na unzen vormogen unde de laten by 
eren vryheyden, zeden, gewonheyden unde rechte. 

*) $)te SRedjtforedjung erfolgte ja nur formell buxfy ben föidfjter, 
materiell miefen bie Urweiler ba§ föetfjt. 

8 ) £)ie (Statuten beö $omcapttel3 foroie ber (Stifte unb 
SMofterfirdjen beburften ber bifdftöflicr)c« Seftätigung ; ba§ Seljnredfjt 
mürbe aucr) bon ben ©cnoffen gemiefen ; bergl. bie SDttttl). HI, 
@. 100 ff. mitgeteilten ßehntagö^rotocolle unb an älteren Urlunben 
inSbefonbere D3n. U.=S3. II, 101. 



69] Qux CSnabrücfcr $crfaffung$gefd)icf)te. 45 



altbefteljenben SRedjte benadjtfjeiltgt glaubten unb bafjcr 
f legten. 1 ) 

S)tc 2» i 1 1 1 ft r fl c to a 1 1 übte ber gttrft ebenfalls nur 
nadj 3«afega6e alter ©erooljnfHnten. 3Mc größte Sttadjt befafe 
er über bie Stitterfdjaft ; SSürger wnb 93auern teuren bem 
Aufgebot nur $ur eigenen $ertf)eibigung innerhalb örtlidj 
unb aeittidj fe^r befdjränfter unb genau ooraeaeidjneter 
©rengen $u geljordjen nerbunben. 2 ) Stcfe ©efdjrftnfung 
5iuang fdjon im 15., nodj meljr aber im 16. !3afjrljunberte 
jjur Slnnafjme oon©ölbnern; im 17. ^djrfjunbert führte ftc 
allmciljlid) $ur 2(ufftetlung einer ftefjcnben Sru^e. 8 ) $ie 
gürftengetoalt toar alfo nadj allen ©eiten l)tn Befdjränft 
unb 3toar nidjt, nrie bie mobeme gtirftengeroalt burdj mit 
tljrer 3 u fti mmun 9 ober gar auf ifjre Anregung erlaffene 
®efcfce, fonbern buret) alte ifjrer föinhnrfuna, gänglidj enfc 
jogene ©etoofjnfjeitörcdjtc ber Untertanen. 

9?on ben oben ertoafjnten bret ©täuben, 4 ) toeldjc 



*) 3)aö SRedjt, (Safcungen mit für alle Sfcitglteber geltenber 
:öcr&inblicf)fett erlaffen, ftanb ben 93auerfdjaften noef) bis in baS 
lefcte Qaljrfnmbert unbeftrttten ju, gan$ entffcrctfjenb ben Slrttfeln 
55 unb 56 im jmeiten SBudje be$ ©adjfcnfüiegelS. 

2 ) 3)iefc Verpflichtung ftanb in SSerbinbung mit ber ©öbing§= 
folge, toergl. SlöntriU), &lpf)aüettf(r)e$ £>anbbud) ber ©Snaör. 9Rectjte 
unter ©öbing, ßanbfolge unb aKittl). XVII, <5. 79 ff. 

8 ) 2113 erfte ftefccnbe Gruppe möcfjte ba£ bon granj 2Bilf)elm 
1628 angenommene Sßartenbergifdje Regiment ju be$eicr)nen fein, 
lieber feine fomie feines Vorgängers Philipp <SigtSmunbS unb feiner 
Warfjfolger 93eftrebungen jur 9ieorgantfation beS SanbaufgeboteS 
oergl. 2Rittf). XVII, @. 32 ff. 

4 ) Heber baS Stuffommen ber ©täube f. unten. (SS fann in 
biefer furjen ®nj$e nietjt untcrfucfjt werben, marum gerabc (Sapitel, 
SRitterfcfjaft unb <&tabt, nidjt aber roic in anberen Territorien bie 
Prälaten — nur ber Slbt oon ^burg erfdjeint fpäter auf ben 
Öanbtagen — ober Slbgcorbnete ber 33auerfrfjaften biefe Vorrechte 
cvtnarOcn. 



40 



[70 



and) bei ber Sßoljl ber gftrften ein SBort mitfpradjen, War 
ber mädfjtigfte baä 3)omca^ite(. (£8 nafjm $war im 
15. Safjrfjunbcrte nodj nidf)t, wie im 16. unb 17. ba8 SRec^t 
ber ättitregierung (3. 33. ein 3ufrimmung3red)t bei ber 2(n* 
ftettung ber ©tiftSbeamten) in9lnf}mtdj, ftellte ober bodj bei 
bem Söedjfel ber dürften ba$ bleibcnbc dement in ber 
Obergewalt bar unb Ijatte baljer fdjon feit lange ben Sin* 
fyrud) erhoben unb burdjgefefct, bafe bie widjtigften Beamten 
auä) iljm ciblidje Sreue gelobten. ®aburcfj unb burdj anbere 
äßafjregeln fieberte e£ fidj einen Weitgeljenben (Einfluß auf 
bie Verwaltung be3 <stift3üermögcn3, fogar bc$ Sfjeileä, 
welker als fogenannteS Safelgut beut SBifdjofe felbft $ur 
üftuknieftung eingeräumt war; 1 ) wäfjrenb c£ ben ifjm feI6ft 
jugewiefenen £Ijcil be3 ©tiftocrmögenS fo gut wie felbft- 
ftänbig öerwaltete. ®iefer £fjeil bientc, fo weit au3 ifjm 
nidfjt in genau feftgeftelltcn Einzelfällen bie SSeftrcitung bon 
GuItuSEoftcn unb äfjntidjeS $u beefen war, lebtglidj bem 
Unterhalte ber Sflitglieber be3 Kapitels, unb ßeiftungen au$ 
bemfelben jum gemeinen ©eften unterlagen jebeSmal feiner 
befonberen Bewilligung. 

2>ie SRitterfdjaft (SUcannfdjaft, <£tift$mannen), Worunter 
bie 00m 33ifdjofe mit Celjen begabten ©djilbbürtigen 2 ) 31t 
oerftefjen finb, fjatte nid)t nur auf bie Regelung üjrer eigenen 
Slngelegenfjeiten, be3 SefjnSWcfenS, 3 ) einen bcbcutcnbcu 

*) $3ergl. bie oben angebogenen 2öal)lco^itulationcn. 

*) 3)afc übrigen^ auefj nod) im 15. $aljrl)unbert ntd)t „$um 
SBmjpen gefrorene" &ufiuu)me üt bie ©tiftSmannfdjaft fmben tonnten, 
beweift ba£ SBcifptel ©rtwin Grünaus, ber, obwohl ber <5ofyi einer 
#öferin, fogar als Celjnridjter fungirte. 

*) SBergl. 2tnm. 3, <S. 68. 3)a£ 2>ienftmannSred)t wirb wefent; 
Ud) baSfelbe gewefen fein, wie baS OSn. II, 9?r. 123 mit; 
geseilte $etflenburgcr; b. f). bie Stetflenburger ©raf en werben tljren 
Surgmannen ebenfo baö OSnabr. Sttenfrredjt berlteljen fjaben, wie 
bie SRaOenöberger ©rafen ben irrigen baö *ßabcrborncr. (SöilmanS, 
»eftf. XX. =93. m, Wx. 541.) 



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71] &nx ©§nct6rücfer ©erfaffung3gefd()tdjte. 47 



©tnftufe, fonbern öcfafe ober erhielt nadfj ber SBaljlcajHtu* 
lation öon 1425 nodfj baä IRcc^t, mit Kapitel unb ©tabt bie 
9tbfe£ung M unnü$er" Amtleute verlangen $u fihmen; femer 
follten oljne iljre guftimmung feine ©feuern auSgefdfjrieben, 
feine neuen eingeführt unb feine neuen Surgen ge= 
baut werben. 

britter ©tanb erfdfjetnt bie ©tabt DSnabrücf. ®ie 
Drbnung ifjrer eigenen Angelegenheiten ftonb iljr tone bie 
®ertdjt3barfeit in bergelbmarf faft uneingefdfjriinft $u. %m 
Uebrigen toar üjre ©tntoirfung auf bie allgemeinen ©tift3* 
angelegenfjeiten öon ctfntlidjem Umfange, toie bie ber 9tttter= 
fc^aft. 1 ) 3)aBei ift bemerfen&oertfj, baft 1425 bie übrigen 
©täbte be3 gürftenthuntf, n>eld)e in festerer 3eit mit auf 
ben Canbtagen Vertreten toaren, nodfj nidf)t ermahnt toerben. 2 ) 
$)iefe fo in ben ertoftfjnten 2BafjlcaJ)itulationen in flaren 
gügen ^ert)ortretenbe 3Serfaff ung beruht nun aber toeber auf 
einem öon ben mafcgebenben gfactoren bereinbarten ©taatS* 
grunbgefefce nod(j laffen fidfj einzelne Verträge nadjjtoeifen, 
burdft meiere je bieSRedjte biefer einzelnen gactoren oon ben 
anberen anerfannt finb; bie Serfaffung ift nielmefjr ba£ 
Krgebnife einer Safjrfjunberte langen (gnrtoicflung, eines 
ebenfo langen ^ntereffenfampfeS. (£lje aber ber Serfudj ge* 
macf)t toirb, biefe Snttoidflung barjulegen unb gu erflören, 
ift noef) auf einen allerbing§ auS ben Kapitulationen nidjt 
erficfjtlidfjen, aber für ©rfenntnift biefer SBerfjaltniffe feljr 
tmdjtigen *ßunft ^in^uhjeifen, ben räumlichen Umfang niimlidj, 



l ) lieber bie ftaatSredjtUdje ©teUung ber ©tabt unterrichtet 
am &eften baö §eft bon <5tübe: S3er^ältnife ber ©tabt ©Sncibrucf 
jum <s?tifte (§cmnober 1824). 

*) <3le ftnb fcf)on in ber legten Qtit be§ 15. 3al)rljunbert£ 
mit jugejogen hjorben. 2öenigften§ beftfct bie @tabt DuafenÖrücf 
OriginalcmSferrtgungen ber SBa^lcapitutationen feit ben 3**ten 
S3ifd)of SonrabS bon 5Dic^r>ot3 (1456) in iljrem Strdjibe. 



48 



?ß i) i 1 i p p i. 



[72 



innerhalb roelcheS biefe Serfaffung (Geltung Ijatte: bie Um* 
gren^ung be3 ^ürftbi^t^umS. 

SBäljrenb bic greftlegung ber 2>töcefatigren$e be3 Sprcn- 
gelS, innerhalb beffen ber 95ifc§of feine geiftliche 2lmt3* 
geroalt ouMöte, in fe^r früher Seit, rooljl fdjon im 9. %afc 
hunbert erfolgt ift, 1 ) Ijat fid) fein äftacfjtbereich al$ ber eines 
weltlichen dürften erft feljr oiel fpäter abgefcfjloffen unb feine 
©renken ftimmen nur auf geringe ©treefen mit ben «Sprengel* 
grenzen überein. 

3m 15. 3teh r * mIwer * ftanben ^roar bie ©renken im 
©rofeen unb ©an$en feft, aber über ihren Verlauf im ®tn* 
feinen mar foft auf bem ganjen Umfang noch Bis in bie 
legten %afyxtff)ntt be3 oorigen ga§r§unbertg ©trett ; ja bie 
legten enbgültigen Regelungen finb erft in biefem 3fah t5 
Ijunberte erfolgt. 2 ) Sic Urfadjen biefer (Sntrotcflung unb bic 
babei roirfenben Gräfte finb nun aus einer Betrachtung ber 
Dfttabrücfer Serfjctltniffe allein faum genügenb flar $u er- 
fennen; e3 bebarf bielmeljr ber ^eranjie^ung benachbarter 
ähnlicher ©taaten*33ilbungen gur SSergleidjung. 

©an^ 2)eutfdjlanb, ja bie gan^e chriftüdje SBelt ift in 
bifdjöfüche ©iöcefen eingeteilt. Selche ©rünbe beroirften 
e3 nun, ba& gerabe im heften, inSbefonbere im Sftorbroeften 
3)eutfchlanb8, biefe SJtöcefen nicht nur in geiftlid)er, fonbem 
auc^ m weltlicher ^infidjt gang ober $um Xfyil unter bie 
§errfdjaft ber Sifdjöfe gelangten? gür einen großen Zfyil 
biefer ©taatenbtlbungen ift bie Beantwortung biefer grage 
einfach. $)aburch, baft bie beutfdjen Könige im ahnten, 
elften unb zwölften S^hrhunberte ©raffchaften 8 ) ober §er* 

*) <S. oben ®. 37 ff. 

*) $te ©renabefttmmungen gegen ClbenÖurg fanben j. 93. erft 
1849 ifjren 2löfd)luö. 

8 ) 95ef. ^obetboni, (Stumpf, 9*eid)§fanaler 1246, 1542, 1757, 
1758, 2028, 2045 gebrueft &ei 2BilmanS^f)UtWi, Saiferurf . Söeftf . II. 



Td] 3ur OSnabrücfer 25crf äff ung^gcf c^id^tc. 49 



äogSredjte 1 ) an bie SHrdjen fdfjenften, ftattcten ftc biefelBen 
bcrartig mit tueltüdjen Seiten au8, bafc fie Bei ber Balb 
nadjfjer etntretenben Socferung ber SfteidjSberfaffung fidfj $u 
toeltlidjen Staaten auSBilben tonnten, ja mußten, ©o ift 
ed 3h>eifeHo3 in bem ©SnaBrücf Benachbarten SBtötfjume 
$abcrBorn, 2 ) toaljrfdjeinlidj audj in fünfter getoefen; 
ÜOMnbcn 8 ) unb OänaBrücf 4 ) bagegen IjaBen nie ober jeben* 
falls nur in äufjerft Befdjränftem Umfange ©raffdjaftSredfjte 
Befeffen ober crtoorBen. ÜDer Umfang ber ©raffdjaften, ber 
inSBefonbere für ^ßaberBorn bie ©runblage für bie Um* 
grengung be3 toeltlicf)en ©ttftSgeBieteS Bilbete, fommt alfo 
für £5£naBrücf nicf)t in 95etracf)t. dagegen fällt ba8 ©eBiet 
— mit (Hnfdjränfungen aHerbingS — im Allgemeinen mit 
bem Umfange be3 ben 23ifcr)öfen oon ben^aifern oerliefjenen 
§orftBanngeBiete§ 5 ) ^ufammen, eine SfjatfacJje, toeldfje bodj 
faum auf 3 u f a ß Berufen fann. (£8 ift baljer anzunehmen, 
bafe bie 93ifdjöfe fdjon geitig auf ©runb biefeS 33annredjte3 
ein DBereigentljum in ben innerhalb beS 33anngeBiete3 liegen* 
ben Sttarfengrünben in Slnfyrudjj genommen fjaBen, tote ba8 
benn audj tfjatfädjliclj in fpäteren ^^r^unberten mehrfach 
Ijerüortritt. Sluf biefen Slnforucf) muß fid) bann ber toeitere 
2lnfarudj auf ©eBot unb Verbot gegrünbet IjaBen, toie ba£ 



*) 8-55- &öfa/ ba3 ©ergogt^um Söeftfalen burci) bie berühmte 
(Scfjenhmg griebrttijS I. 1180, ©tumpf, 4301. £)ruc? SßitmanS^ 
^fjiltWt, SSaiferurfunben Sßöeftfaleng II, 9fr. 240. 

2 ) @. 2lnm. 3, @. 72. 

8 ) Ueber bie im 13. Q;cu)rlj. öon SWtnben getauften unb im 
14. an SDtmben öerUefjenen greigraffcfiaften, f. unten ©. 87. 

4 ) Unter ben ÄönigSurfunben ermähnt nur bie im DSn. U.*93. 1, 
Wir. 75 gebruefte Urfunbe $rmilf£ bie ©djenfung ber ©raffefjaft 
beö SfUo ; aber audfj bie ©djtljeit bief er Urfunbe ift berbädjtig; bergt. 
STCüIpacfjer, Regg. imp. I. 1860. 

5 ) Ueber bie ©renken beS gorftbannbejirfS bergt. 2Rittt). II, 
©. 88 ff. 



50 



[74 



aus ben 93erI)anMungen ü6cr 93efugnifc unb ©renaftreitig; 
fetten fid) ergieBt. 3)ie ©adje Bcbarf jebodj nodfj einet ein* 
geljenberen Unterfudjung. 1 ) 

®a nun ben SSifdjöfen bon DSnaBrücf, roie oBcn fc^on 
angebeutet, bon afterSljer fraatSredjtlidfje Sefugntffe in roei* 
terem Umfange mdjt berliefjen toaren unb aud) Bis in bie 
erfte 3eit beS 13. ^aljrfjunbertS ntdjt bon i§nen ausgeübt 
toorben ftnb, fo ift eS ungtoctfel^aft, baft fte bie im Anfange 
beS 15. SaljrJmnbertS bon i§nen nadj SluSroeiS ber $8af)U 
capttulationen ^uftefjenbe SanbeSljoljeit in ben ba^nufd^en 
liegenben Safjrfjunberten erroorBen fycibm mfiffen. ®aS 
fonnte nur burdj redfjtmäfeige (£rroerBung ober geroaltfamc 
Hnmafeung bon ®önigSrecfjten gefdfjefjen. ©o ftnb benn 
audfj unzweifelhaft unmittelBare Sftedjte ber 9Geid)Sgeroalt, 
roetdfje baS ^bnigtljum in feiner ©djmädje felBft auszuüben 
nidfjt mefjr im ©tanbe mar, bon ben 33ifdjöfen in Hnfyrucf) 
genommen ioorben, anbererfeitS ftnb aBer aud) fdfjon in 
früheren ^a^r^unberten an roeltlidfje ©roften übertragene 
$önigSrecfjte biefen entriffen roorben. 

$)ie meljr ober weniger ftittfdjroeigenbe ^Inmaftung bon 
$önigSredf)ten läfet fid(j nur in ifjrem ©djlufeergeBnift feft* 
fteffen. Sta^u gehören bie in foäteren ^afjrfjunberten mit 
ben tarnen ©ebot ober Verbot Bezeichneten SBefugniffe, 
meldjc man etroa als SSerraaltungSfjotjeit 2 ) Bezeichnen fönnte, 

*) $)iefe teueren 93erf)ältniffe jeigen fid) befonberS bei ben 
<5treitigfciten mit ben 9?abenSbcrger ©rafen üBer bie $>ofjett in bev 
Umgegenb bon ftburß. 

*) Sflan fönnte fte audf) mit ber ^ßolijeigenjalt bergteidjen. @8 
brautfjt Ijier ntdjt Ijerborgeljoben ju werben, bafe ber (Staat im 
•äfttttelalter biet weniger in bie ^ribatber^öltniffe be3 ©in^elnen 
etngugreifen Befugt unb ber^fttdjtet mar, tote t>eut §u £age. 5)te 
©efugniffe beS (Staats ba§u ftnb ebenfo tme bie Stnforberungen an 
bie (Staatsgewalt, feit ben legten Öatjtljunbertcn beS 2ftittelatter§ 
bis in bie ^eujett ftetig gefteigert morben. 



75] Qux OSna&rücfer $crfaffunö$öefd)idjte. 51 



ferner bie SÄe^a^l ber nufcbaren ^Regalien, beren 
btlbung bem Röteren SKtttelalter angehört, waljrenb ba3 
Sttüns*, 3oö^ unb SergwerfSrcgal, ba$ mit bem Wlaxtu 
retf)t eng jufammen^ängenbe ©eleitSredjt in befchränftem 
Umfange ben Sifdjöfen oon ben Königen fcfjon früh oer= 
liefen korben waren. 1 ) 

®mfyfc unb Stfilitärholjeit bagegen tonnten bie 93i* 
fdjöfe nur auf bem SBege ber Ufurfmtton unb burdj Berau- 
bung ber biefelben burdj föniglidjc Verleihung befifcenben 
weltlichen (Gewalten erwerben. 

®iefe weltlichen Gewalten waren in unferen ©egenben, 
wo ba^ §erjogt§um, Wenn überhaupt, fo nur ganj oorüber* 
geljenb unter #einridj bem Söwen t^atfäc^Iic^ feine Sftadjt 
auggeübt fyat, 2 ) bie ©rafen. 8 ) 

Unb ba ift e3 benn befonberS $u betonen, bafe nid)t, 
Wie feit (SrtmanS Qzit bie ©ericfjtSf djretbung immer wieber* 
holt Ijat, biefe (Gewalten bie »ifchöfe in ihren wohlerwor^ 
benen unb lange befeffenen fechten ftörten, fonbern bajj bie 
33ifd)öfe e3 gewefen ftnb, Welche auf ber ©rafen Soften 
planmäßig bie 2(u3bilbung unb Erweiterung t^rcö £erri* 
toriumä betrieben h&ben. 

MerbingS gwang fie bagu üftotfjwehr unb bie Pflicht 
ber ©elbfterhaltung. $ic ftaatSrechtliche ßrganifation, welche 
Sari ber ©rofee feinem deiche auf ©runb ber 3bee be3 
alten römifchen SmperiumS gegeben \)Mt, erwies ftdj im 
Saufe ber ^a^r§unbcrte immer mehr als ungenügenb $ur 



l ) maxtU, 2Rüns* unb SoUredjt für Oönabrütf, Dön. U.=93. I, 
54, 55, fomie für SBiebenorütf ebenba 95. — §©enn bie juerft an* 
gezogenen Urtunben aud) ßefälfdjt fmb, fo wirb bod) ber biefe 93e= 
redjtigungen flewä^renbe Sfcfjetl eckten Vorlagen entnommen fein. — 
Sergwerföregal, Dän. U.*5B. n, 335. 

») 33ergl. barü6er ©tüöe, ©oöeridjte <3. 78 ff. 

8 ) SBergt. Zf). Sinbener, Seme ©. 165 ff. 



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52 



[76 



Slufredfjterljaltung be8 g-riebenS im Innern unb ^um ©dfjufce 
ber ^Rec^te ber ffiinaefoen, inSBefonbere ber toirtljfcfjaftlicf) 
Sdfjtoadjen, tnenn fie audj geittt>eifc eine glänaenbe 9ttadjt* 
entfaltung naefj Stuften ermöglichte. Sei ber 5lu3beljmnig 
be3 SReicljeS fonnte bie ben ©rafen erteilte föniglidje 
Autorität in iljnen ntc^t genügenb totrffam ftdfj ertoeifen, um 
bic ©rofeen im Säumt $u fjalten, unb $h>ar um fo toeniger, 
al$ gerabe biefen ©rojjen bie oBrigfeitlidfje Autorität üBer* 
tragen toerben muftte, unb fie mit (Erfolg barnadf) ftreBen, 
ba$ perfönlidfj übertragene 2lmt ^u einem erblichen, nu&* 
Baren 33efifc ber gamilte $u machen. Sogar bie je einzelne 
Stämme mit einer grofeen gafjl t>on ©raffdjaften umfaffenbe 
'ßer$og3getoalt, toeldje aU 3ttrifdjenglteb fid) feit bem 9lu3* 
gange be8 neunten $afjrljunbert3 jtoifc^en ben Sönig unb 
bie ©rafen fdjoB, §atte im Horben unb Söeftcn nid)t ober 
bodj nur, toenn BefonberS fräftige ^erfitalidjfeiten, toie 
$einrid(j ber 8ött?e fie fjanbfjaBten, 1 ) burdjbringen fönnen. 
@3 BlieB bafjer ben Sttfcpfen, tuenn fte fidfj öor ber 33er* 
gehxtltigung burdj bie toeltlidjen ©roften, BefonberS burdj 
ifjre eigenen 93ögte, fd)ü|en toollten, nichts übrig at8 jtdj 
gu BeftreBen, bie toeltlidje ©etoalt, unb §toar $unädfjft bie 
©rafengetoalt, in iljren 93efi| $u Bringen. £>en DSnaBrücfer 
SifdEjofen toar baS im 10. unb 11. Saljrljunbert, als bie 
$aifer freigebig ©raffctyaften berfd)enften, 2 ) ntdjt gelungen. 
33i£ in bie erften Satjrge^nte be& 13- ^a^r^unbert^ übten 
fie fo gut toie feine toeltlidfjen §errfdjerredjtc in ifjrer 
$>töcefe aus. 3)ie ©raffdjaftSredfjte in berfelBen toaren im 
toefentlidjen im Sefifce ber SRatoenSBerger unb SecflenBurger 
©rafen. 3 ) S)ie ©ifcfjöfe Ratten $ft>ar für ifjre UntergeBenen, 



1 ) ©. Wnm. 2, ©. 75. 

2 ) ©. 8lnm. 3, ®. 72. 

3 ) ©. *nm. 3, ®. 75. 



3ur DSnobrütfer 93erfajfung3gefd)id)te. 53 



b. f). bie auf ben ©ütern bcr ©omfirdje unb bcnen ber 
anbeten Äirdjen fi|enben hörigen, 1 ) bie 3)ienftmannen ber 
großen ^irdjen 2 ) unb bie in ben ©dju$ ber $trdjen einge* 
tretenen freien (Sföunt* unb SWa^tmannen) 3 ) eine ejemte 
©eridjtsbarfcit ertoorben, mußten biefelbe aber, ba fie als 
©eiftlidje feinen 35ann empfangen fonnten, burdj iljre $ögte 
ausüben laffen; bafjer Ratten alle biefe ^ßerfonen tfjren 
©eridjtSftanb nidjt meljr bor ben ©rafen in beren orbent* 
liefen ©eridjten, ben ^reigeridjten, fonbern in ben ©engten 
ber bifchöflidjen Ätrdjenbögte. 

3) iefe ^Befreiung ber 6ifd^5fXtd^en Bejro. Äirdjenleutc 
bon bcr ©rafengetoalt aber ioar nur eine nominelle, feine 
tljatfädjlidfje, fcoeil bie Ätrdjenbogteien im erblichen ©efifce 
gerabc ber audj bie greigeridjtSbarfeit auSübenben ©rufen* 
famtlien ftanben. 4 ) ©o befaften biefe ©efdjledjter alfo fyau 
fädjlidj bie gan^e ©eridjtsbarfeit im Sprengel. SBäre e3 ifjnen 
gelungen, biefe ^Berechtigungen feft^u^alten, fo fjätten ftdj bie 
Sifdjöfe auf Ujre geiftüdjen Sefugniffe befdjränft gefeljen, 
unb c3 toürben fid) aud) bei uns SBerfjcilrniffe ^erau^gebilbet 
^aben, toie fie im Sftorboften (Sranbenburg, sßommem) unb 
©üboften (Oefterreidj fotoie 3. £fj. Samern) foäter $u Sage 

x ) £>a$ gehören bie fogenannten 3mmunttätsprtbilegien, 
bereu crftcS tüofyt fdjon bon ®arl bem ©roßen ertfjeilt ift. 

2 ) fieljnöljöfe befaften außer bem SBifdjofe ber 3)ompropft, ba£ 
(Sapitel bon (5t. Qofjann, bie $löfter Sburg unb ©erjebroef. @.£)«n. 
U.=99. n, 9fr. 101. 

8 ) Homines famulatum monasterii facientes qui saxonice, 
malman dicuntur. 2ßilmanS, Saiferurfunben, SB. I, 9fr. 44. 

4 ) 2)ie £ecflenburger Ratten bie SSogtet in ber ©tobt (£>3n. 
U.,93. 1, 412) unb über bie meiften ©üter beS SBifdjofS unb (SabitclS 
(CSn U.=33. n, 351) ; baneben fommen noer) bie ©rafen bon 9ta= 
benöberg als 33ögte be3 ßlofterö ©ertrubenberg (£>3n. U.=93. II, 421) 
unb bie Herren bon SBlanfena (OSn. ü, 144, 169, 171) unb 
£olte (£)3n. U.=93. ü, 354) in «Betradjt. «ergl. (Stübe, ©ogertdjte 
®. 85 ff. 



54 



*ß § i 1 i p p i. 



[78 



traten. 2)aburdj märe ober nid^t nur bie ©elbftänbigfeit ber 
33ifc^öfe als geiftlidjer 2Bürbenträger bebrofjt gemefen, fort* 
bem eS lag aud) bie ©efafjr nahe, bafc fie einer großen 
3a^l ifjter 33eftfcungen ober bodj toenigftenS beS größeren 
SheilS ber ffiinfünfte aus benfelben berluftig gegangen 
waren. 1 ) 

Um biefer ©efafn: $u entrinnen, ^a6en bie Stfdjöfe 
©erfjarb, (Engelbert unb $onrab am (£nbe beS zwölften unb 
in ber erften $älfte beS 13. S^^junbertS oen großen 
$ampf äunäcfjft gegen bie ^auptoögte ihrer JKrdje, bie 
©rafen t>on £ecf lenburg geführt, ber nur in ber gett SSifdjof 
SlbolfS, eines SSruberS beS Setftenburger ©rafen Otto, 
ruhte. 

3Sir ftnb über feine Sinjel^eiten fdjlecht unterrichtet. 
(£r fdjeint jebodj feinen SluSgang bon ©treitigfeiten ge* 
nommen $u h<*ben, meldte burdj bie $lnfprücfje ber Secflen* 
burger ©rafen auf bie ©Snabrticfer CanbeSbefte 3&utg Ijer* 
borgerufen mürben. 2 ) ®S liegt außerhalb beS Gahmens biefer 
feine einzelnen &tabkn $u oerfolgen. 9(13 roidjtigfteS 
berfaffungSgefo^ichtlicheS SÄoment fei nur §unädjft ^erborge* 
^oben bie mit ttrfunbe öom 3. (September 1225 bem Sifdjofe 
Engelbert bon $önig .ßeinrid) (VII.) erteilte 33efugnij$, 
„baS fogenannte ©ogeridjt in OSnabrütf, ^burg, 9DMe, 
2)iffen, Slnfum, 93ramfche, Söiebenbrüo! burdj bon i^m ein* 
gefegte eigene ©ografen frei ausüben $u bürfen, bamit er 
eine uneingefd)ränftere Möglichkeit habe, bie Vergehen feiner 



') 3)iefe (Streitigfeiten um unb über bie33ogteien entbrannten 
ganj fcefonberS ^eftig tn SBeftfalen in ber erften ©älfte beS 13. 
^afjrljunbertS, unb ©ngcl&ert ber ©eilige öon £ß(n trat barin &e* 
fonberS fcfjarf fjerbor. gttfer, (Engelbert ber ©eilige <2>. 145 ff. unb 
Söinfelmann, 3a!)r6ittf)cr griebridjS II. 1, ©. 465 ff. 

*) CSn. U.=93. I, ftr. 385. 



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79] gur DSnabrücfer SSerfaffungSgefcfjtdOtc. 55 



Untergebenen Belferen. 1 ' 1 ) äflöfer 2 ) fotoo^I tote ©titoe 3 ) 
Ijaben mit bollern SRedjte in biefer Urfunbe bte Stiftung^* 
ur!unbc be£ ^odjftif tc3 als weltlichen ©taateS gefefjen unb woljl 
erfannt, bajj fte barauf ausging, ben ^irdfjenüögten bic ($e* 
ridjtabarfeit über bte Seute ber $trdje $u entwhtben. ©ie 
[cremen mir aber Ujre t^atfäc^ltd^c 93ebeutung etroaS über* 
fdjafct 51t Ijaben. Sinmal mu& nämlid§ barauf Ijingewiefen 
werben, bafe biefe unb ^mar gunädjft nur geplante (5 in* 
ridfjtung uon ©ogeridfjten eine fdjon früher eingeleitete 
Neuerung barfteUt, meiere auswärtige ffiinrtdjtungen in 
unferem #odpfte Ijetmi|cfj &u machen befrtmmt 4 ) mar. 2)enn 
e$ ift bodj fein 3ufall, bafe 93ifdfwf Engelbert, ber SRcffc 
be$ Sr^bifdfjofS bon ÄÖln, be£ fjeiltgen (Engelbert, c3 mar, 
melier biefe Urfunbe fidj erteilen liefe, nadf)bem fdjon feine 
Vorgänger im äufeerften heften bc3 ©tiftö in Söiebenbrütf 
einen ©ografen eingefefct Ratten unb audj im Stifte fdjon 
feit Stohren ein ®ograf geamtet fjatte. ty\ Sßiebenbrücf ift 
nämlicf) mtnbcftenS fdfjon feit 1201 ein ©ograf tljättg 5 ) unb 



>) €>3n. U. -35. II, 9h\ 200. 

2 ) ©Sn. ©efdjidfjte, Ijcr. b. SIbefcu III (VII), ®. 55 ff. 

8 ) ©ogeridjtc ©. 119 unb ©efdjidjte beö C>oc^ftfftö I, (5. 24. 

4 ) 3<fj ttjcidje barin roefentlidj öon <Stüüe3 Sluffaffung ob. 
®r Ijält bic ©ogcridfjte für ettoaS öon 2ttter3 Oer bcftet>enbcö : „(Sin 
meljrereä a(3 bog SBeftättgungSrcdjt mar in biefer 33eld)nung fdjtoer* 
lidj enthalten.'' 3)cm möchte ber oben mitgeteilte Sßortlaut ber 
Urfunbe nicfjt entfpredjen. Qc§ muß annehmen, bafe bie roeftfätifdfjen 
©ografen ftd) mefentltdj öon ben ®ografen be3 <Sad)fenfoiegel8 
untertreiben, <5ie finb toebet fatferltdjc SRia^ter, toie bic 5rei= 
grafen, notfj S3olf$rid)ter, wie bic ©ograf cn beS (SadjfenfoiegelS unb 
ttJo^t aud) ber rurensis gogravius be§ <Soefter 9te<ijt8 ; fte erfdjeinen 
als bon §erren über tljre hörigen (im toeiteften (Sinne: subditi) 
eingelegte SHdjtcr. 

R ) CSn. U.:$B. n, 8. SRan fönnte bei biefer Urfunbe jroeifet 
tyaft fein, ob man nicfjt barin einen (StHjarb bon Stljlen, ber ettoa in 



56 



sßf)iltbbi. 



[80 



im ©efolge ber 2Mfdf)öfe ©erljarb unb Slbolf erfdjeint fcfjon 
fett 1215 ein SBeffel bon ©djlebehaufen alz ©ograf. 1 ) Sttefe 
fd^cinSar mit ber Verleihung bon 1225 in SBiberfprud) 
ftefjenben £Ijatfadjcn vermag id) nur fo 51t erflären, baft 
fdjon bie Vorgänger Sifdjof Engelberts baran gebaut unb 
boran gearbeitet Ratten, ba$ im toeftfälifdjen Steile be£ 
©Griftes Söln fdjon länger pr SluSbilbung gelangte ^nftitut 
ber ©ograffdjaft 2 ) auch in ifjr ©ttft $u übertragen. 3uerft 
wirb e8 in Söiebenbrücf als bem jenen tueftltc^en ©egenben 
am nädjften Benachbarten Steile be3 ©prengefö eingeführt 
roorben fein. $a$ toirb um fo weniger ©chtoierigfeiten be* 
reitet hoben, als bort bie Vögte feine größere Stacht au& 
geübt 5U h^ben fcheinen. £)ann fteHte man offenbar für ba£ 
ganje ©tift einen bifchöflidjen 3)ienftmann al3©ografen an, 
melier bie ©eridjtsbarfeit über be3 ©tifteS ©igenbefjörige 
unb ©df)u|freie, fotoeit ba$ ohne ^Beeinträchtigung ber fRec^te 
ber Vögte ober roenigftenS ohne bereu ©infpruch gefdfjehen 
fonnte, 8 ) ausübte, toie benn bie ©ografen auch noc § oer 
ffiönigäurfunbe ton 1225 bie ©eridjtäbarfeit über bie Unter* 
thanen (subditi) be3 SBifchofS üben follten. $>iefe allmähliche 



SBetfum ©ograf toar, fefjen mü^te; 1219 fommt aber §etnricf) als 
©ograf in Sötebenbrücf bor (SBümanS, SBcftf. U.*8. III, 142), ber= 
felöe ©einrief), ber norf) 1227 (£>8n. U.=8. II, 226) amtet. 

1 ) SSergl. OSn. U.=8. II, SRegifter unter ©lebefen. — $ic 
ältefte ©rmäfimmg eines £>3n. ©ografen finbe td) in DSn. U.48.I, 
Sftr. 385 5U 1186: Gerardus gogrexc unter OSnabrücfer 2RtnU 
ftcrialen. 

2 ) 33ergl. barüber bie Sufammenfteaung bon Stnbner, 
bie S3eme ©. 139 ff. unb (Stube, ©ogeridjte <&. 49. 

8 ) 3>a bie Sogtetredjte bietfatfj als 2tfterlef)en toeiter bergeben 
tourben, tonnten bicfelben feljr rooljl bem SBifdjofe Ijeimfaücn. 
Stufoerbem aber ift ber gatt benfbar, ja ttjaljrfdjeinlid), baß bie 95U 
fdt)öfe ©erljarb unb Engelbert ben ©belbügtcn tfjetlmetfe bie 33c- 
teljmmg geweigert ^aben. 



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81] 



Qux Oönabrütfer 5Betf a ff mi g e g c f rfj i cf) t c . 



57 



t&infugxung einer |eiu]tanDtgen tnjajoutajen i^enctuöoaitett 
ift bann tooljl nach bem Sobe 33ifchof 9R>olf3 bon feinem 
Nachfolger energifcher betrieben toorben. Noch fetn^a^r im 
9lmte, noch nid|t bom $apfte beftärigt, erttmrb er, offenbar 
nicht ohne bie Itnterftttfung feines mächtigen DljeimS, baS 
!Red^t, in bem OTÖfeten Steile feinet Grengels ©ogerichte 
einrichten $u bürfen, ober richtiger gefagt feinen Sprengel, 
fotoeit fein Einfluß reifte, in ©erichfSbeatrfe ein^ut^eilen, 
beren ©ertoaltung bon ihm ju ernennenben ©og*afen über* 
tragen werben fottte. 1 ) ®ie äRa&regel laßt alfo beutlich er* 
fetmen, bafe (Engelbert ben im SBeften fc^on befannten unb 
angeroatibten begriff beS Territoriums unb bamit ben $En* 
forudj auf SanbeShoIjeit (menigftenS ©erichtsholjeit) in bem* 
felben auch auf fein StSthum angutoenben gefcittt mar. $>ag 
biefeS Vorhaben nid)t mit einem ©daläge burchgefüljrt toer* 
ben fonnte, fonbem nur nach ferneren kämpfen mit ben 
bisherigen Inhabern ber ben ©ografen $u Übertragenben 
©eroalt burdföufe#en mar, mirb fidf) (Engelbert mofjl faum 
bereit §aben. $a trat nun — eine munberbare $er= 
fettung ber Umftftnbe — noch in bemfelbeb $aljre 1225 
ein Ereignift ein, meldjeS Engelbert felbft an ber 2luS* 
füljrung feiner $läne funberte, inbem es feine Entfernung 
bom SifdjofSftuhle $ur golge ^atte, anbererfeits aber feinem 
Nachfolger bie Durchführung berfelben mefentlich erleichterte, 
roetl eS eine aufeerorbentliche ©djtoäcfjung ber SWac^t beS 
^auptfirchenbogteS, beS Secflenburger ©rafen, herbeiführte. 
— Es mar bie Ermorbung beS Ersehofs Engelbert bon 
Höln burch ben SBruber 93ifdf)of Engelberte bon ©Snabrüdf, 
griebrtch ©rafen bon 5lltena^fenberg. 2 ) Der SBifdfjof mürbe, 



J ) glauöe idf) ben Qnljalt ber SBerleifjung cmffnffen 51t 
fotten ; bergl. Jebocfj 2lnm. 4, ©. 79. 

*) Sötnfelmann, Saljröücfjer grtcbrtdjS II. 1, ©. 465 ff. 



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ob mit ©runb ober nid^t / toirb too^l nie feftgeftettt ioerbcn 
fönnen, aU äJfttttnffer beS äftorbeS abgefegt; 1 ) ber ©raf 
uon £ecflenburg als aKit^elfcr be3 körbet« in bic Sicht 
erflärt. 2 ) 3)er Nachfolger (JngelbertS, toelcher in feine ftufc 
topfen trat, ^atte e£ bat)er leidjt, gegen ben Xecflenburger 
£)ülfe gewinnen unb e$ gelang iljm benn auch, freiließ 
erft nadf) elfjährigen erbitterten dampfen, ben ©rafen (1236) 
jur Stufgabe ber Stirtfjcnoogtei, allerbingg gegen 3 a ^ u »Ö 
einer Ijoljen Summe, $u gtomgen. 3 ) 

@o toar e£ benn bem 93ifdjofe gelungen, fid^ Dom (Sin* 
ftuffe be$ £ecflenburger£ als £>au£toogte3 51t befreien, aber 
ber $rei3 be3 Siegel fiel nicht ihm alleine, fonbem $um 
größten Steile ben 93unbe$genoffcn, bic er in bem Kampfe 
5U feiner Unterfrü^ung fjatte heranziehen müffen, $u. £)ic 
Soften be§ ÄantyfeS unb ber Slbfoufung ber Wogtet h attc 
ber SBifdjof nicht ober bodj nur sunt geringen tytik auf* 
bringen tonnen. £)ie ©ttfter, bie 3)ienftmannen unb bie 
Stabt fyattm ba$u beigefteuert. 3)aft fie ba£ nicht, ohne 
eine ©egenleiftung 51t bcanforudjen, gctljan fydbtn, oerfteljt 
ftch öon felbft ; toortn biefc ©egenlctftungen aber beftanben 
haben, laffen bie Urfunben nicht burdjauS mit toünfcf)enStt>erther 
Klarheit erfennen. ^ebenfaffö gelang e3 nicht, bie (Sinfe^ung 
ber ©ogeridfjte im gauzen $odjftifte unb als nur Dorn S3i* 
fchofe abhängiger SBeljörbcn nach äßafegabe ber Urfunbe oon 
1225 burch^uführen ; benn bie betreffenbe Urfunbe 4 ) tyricht 
toohl bauon, bafe ber 33ogt unmittelbar burdf) ben SMfdjof ein* 
gefegt toerben foll, aber fie ertoäfjnt nicht bie ffimennung öon 
©ografen. Sin (£in§elheiten hriffen toir nur, bafe bie bom 



») CSn. U.=SB. II, 208. 

*) DSn. U.=SB. U, 206 ; bergt, eöcnba 231. 

3 ) 03n. U.=33. II, 351, b%n ju öergl. 362. 

*) OSn. U.=93. H, 362. 



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83] 3\ix Döna&rütfct ^crfafiuuflSgefdjidjte. 



59 



$ogtgericf)tc ü6er Bürger bcr Stabt DSnabrücf oerljängtcn 
Strafgelber jur $älfte bcr ©tobt ^fallen folltcn. 2Bcr 
bie auf ©igenfyörige be$ SSifdjofS unb beä (£a|Htel£ gelegten 
Strafgelber ^ieljen foHte, fjören mir nidjt; bie Strafgelber 
öon Seutcn ber $lofterfirdjen unb ber $>ienftmannen follten 
bem 33ifd)ofe zufallen. (£a(Htel unb Sütterfdjaft müffen alfo 
anbertoettig entfdjftbigt toorben fein. $)a nun, tote gejagt, 
oon ©ografen unb inäbefonbere Don bem OSnabrücfer ®c* 
grafen nirgcnbS bie Üicbc ifr, geljt man tooljl ntdjt fef)l mit 
bcr 2fnnafjme, baß bic Gmtfdja'bigung biefer betben ©ewalten 
in bem mcfjr ober weniger boUftönbigen Aufgeben be§ ^$lan$, 
ben ganften Sprengel, fotoeit er in ber ©ctoalt be3 9Sifdjof3 
war, in ©ogcridjte einautfjeilen, beftanb. Denn ba£ ergeben 
bie Urfunben, bafe nur toemge ©ografen toirfüdj angefteHt 
mürben unb c$ läßt ftd^ babei mdjt einmal ertennen, ob fic 
lotrflicfj in uoUer ^Ibfjftngigfcit oom SBifdfjofe ftanben, ober 
oon mit bem ©ogeridjte erblid) belehnten gamilien eingefe^t 
mürben. 93i3 511m ^aljrc 1250 ftnb nur nadföumeifcn ein 
©ograf ©erfjarb in Sramfdje l ) unb ein ©ograf ^ermann,*) 
ber ebenfo mic 2Beffcl oon Scfjlcbcfjaufcn im ganzen Stifte 
geamtet $u Ijabcn fdjeint. S)afe nur biefc in ben un$ er^al* 
tenen Urfunben ermäljnt toerben, fann ja freiließ auf 3ufatt 
berufen, benn eS fteljt anbererfeitS feft, baß, menn bielletdjt 
audj erft in gitteren Sfcfjrcn, in $burg unb Stjfen eben* 



*) gut ba$ golgcnbe ift befonber$ auf Stüoe, Qtogerirf)te 
<S. 119 ff. $u oernjeifeu. ©erwarb nrirb al3 ©ograf fd^on 1235 ge* 
itannt, C3n. U.=SÖ. II, 328. 

*) <2>. Dän. U.-33., Otcgifter unter Gogravius ; er ift miles. S)te 
anbeten im U.=SB. öorfommenbcn ©ografen ftnmmen ntdjt au£ bem 
Stifte. (Sine befonbere <Sd)njicrigfcit für bie (Srfcnmmg biefer Sßer- 
fjältniffe liegt barin, bajj bcr 9lmtötttel im 13. Saljrlmnbert fdjon 
— »emgftcnS bei bem ©erforber ©cfcr)lccr)tc — jum gamiliennamen 
mürbe. 



60 



spijilippi. 



[84 



fattS ©ogertdjte emgefe£t toorben ftnb. Slber ba$ ©ogeridjt 
in Riffen *) ift, foroeit mir toiffen, Big §um Qafyxt 1664 im 
SBeft^c ber ©rafen Don Sftabenäberg geroefen. £)b btefe 
©rafen e3 bort ufurpirt fjaben, ober ob bic 33ifdjöfe e3 
üjnen für iljre moJjlroolIenbe Haltung mäljrenb be3 ftampfeS 
mit ben £ecf lenburgern oerlieljen Ijaben, ftefjt nid^t feft. 3)a£ 
©ogeridjt aber in $burg befanb fidj im 14. Saljrljunberte 
im erblichen SBefi^e bcr Herren oon 3?arenborf, 2 ) ba§ in 
SBramjrfje im 33eft|c ber fetten bon 93raren, genannt oon 
Sögeln. <£rftere8 fauften bie SBifdjöfe erft 1457, lefctereS 
1323. 3 ) $)tefe $lnfauf3urfunben fyre<f>en nidfjt oon ^ßfanb* 
beftfc, nidjt oon 9^ü(f faitf. ®ie betreffenben gamüien fdjeinen 
alfo bie ©eridjtc ju ßigentljum befeffen $u IjaBen. ©ie 
fonnten biefeS (Rgentfjum aber nur burdj SSerleüjung oon 
einem 35ifdjofe erlangt Ijaben, benn fein anberer mar ju 
einer folgen 93erleiljimg beredjtigt 4 ) unb bie Familien 
felbft fonnten fte — als ber fttftifdjen Sienftmannfdjaft 

1 ) ©. <5tübe a.a.O. ©.131. SBefonberS leljrreicr) bic Uvfunbe 
oon 1277 über bic $crsmolber Wlaxl, naefj fajlerfjtcr Slbfdfjrift ge^ 
brutft bei Samctj SftaoenSberg, U. 51 unb barauö übernommen in 
©rimmS SDSeiStpmer IU, <3. 186. 2>cnmädfjft beffer in C3n. 

III. — $)icf e Urf imbc tjanbelt snnätijft Dom ©ogcrit^te in 93er3molb ; 
icrj mötf)te nidjt, tote <Stüöe a. a. O. aus bcrfelöen übet ein ganj 
gleiches 53cr^ötttiife bc$ SMffcner ©ogeritfjteS {djUefcen. 

2 ) ©ntnmrf ber Skrletfjung Oon SBigbolböfreiljeit an ^burg; 
sßfjitibpi, 3ur 33 er f affungögef d) id^ t e bcr Sßcftf . SMfdfjofsftäbte, <S. 89 : 
wat deaser stucke de hir vorscreven staet drepen an dat goghe- 
richte hern Amelunges unde hern Everdes van Varendorpe riddere 
unde des rychtes olde wonheyt und rechte were, dar scal inen se 
bylaten. 

s ) 2)ie Urfunbc mit mannen geljlern gebrntft bei (Sanbljoff, 
Hist. An. Osnab., U. 9?r. 172 ; baju bic 33crbeffcrnngcn Bei @tübe, 
©efdfjid&te be3 £odfjftiftö I, ®. 185, 9ln. 1. 

*) $)a ber &önig ja bie (ginfe&nng bcr ©ertdjte bem ©tfdjofe 
1225 übertragen Jjatte. 



85] OSnabrütfer $erfnfiung$gefäic$tc. 61 

angeh&rig — nicht $u eigenem SRedjte beft^cn. brängt 
ftdj bafjer bie $ermuthung auf, baft biefe ©eric^te fdfjon im 
13. ^a^r^iotbert teilen nnb mächtigen Familien au£ ber 
Dienftmannfchaft be8 ©tifteS als Sntgelt für lebhafte Unter* 
ftü&img im Äampfe gegen bie Secflenburger erblich »erliefen 
worbeu finb, 1 ) Wie benn ein ähnliche^ SSerhältnift Bei bem 
1332 $uerft im 23efi£e ber t>. b. fwrft erfdjeinenben @o* 
geriete Damme oor^uroalten fdfjeint. 2 ) 

Dod) fei bem im ßmgelncn wie ihm Wolle, ba3 ftefjt 
feft, baft bie ©ifchöfe in jenen kämpfen n>ä^renb ber erften 
Wülfte be8 13. 3ö^unbertg fidf unb ihre Äirdje $war ber 
äJtodjt unb bem Cftnfluffe ber £ecflenburger ©rafen endogen 
Ratten, aber ben grojjen $lan 85ifdjof ©ngelberts auf (Er* 
Werbung ber ©erichtSfjoheit nicht $ur Döllen Durchführung 
Ratten bringen fömten. 2(uch er felbft §at biefen ^ßlan, 
als er 1239 wieber an bie <Sj>i|e be8 Stiftet berufen 
würbe, fotocit wir feljen fönnen, nid^t lieber aufgenommen. 
Der ©runb ift Woljl barin $u fudjen, bafe ber ffiampf mit 
ben Secflenburgcr ©rafen unb bie mannigfachen weiteren 
$erwicflungen, in Welche bie ©ifdjöfc §um Ztyil burch i^re 
gamüienbe^iehungen hineingezogen Würben, eine boHftänbige 
3errüttung ber g-inanjen herbeigeführt hatten, fo bafe man 
fid) nur mühfam über SBaffer halten fonnte, auf bie Durch* 
führung eigener größerer ^olitifchen *ßlänc aber belichten 
mufete. 3 ) 



*) Dann müfeten bie traten 511 (Sögeln 9tacrjfommen ober 
ftedjtSnadjfolger jenes Hermann, ©ografen bon ©ramfdfje, fein ; bie 
$arenborf werben bie ©cridfjtc in Diffen unb Qftmrg woljl fdjon 
bon Anfang an befeffeu Reiben, ba fte $u ben erften fjamilien beS 
StiftSabelS fdjon im 13. 3af)rlj. gehörten. 

2 ) b. Abenberg, Dic^oljer U.=93. I, 9fr. 31. 

3 ) ©Sn. U.=58. II, 383 3U 1239: Cum — Osnaburgensis 
ecclesia tanto prematur eris onere alieDi, quod, nisi ei celeri 



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«P 1} i I i p p i. 



[86 



$cr SBerfudj alfo, eine Sanbcsljoljeit auf @nmb ber 
(StogericljtöDarfeit §u errichten, war jum größten 2:§cilc ge* 
fächert; erreicht war nur bie Befreiung bon bem ©inftuffc 
be3 Setflenburger ®rafcn, aber bie 3ttadjtftetlung ber föa* 
benSberger (trafen im Stifte, welche fid^ ^au^tfäd^lict) auf 
ben 23cfi$ jaljlreidfjer greigeric^te x ) unb flctnerer SBogteien 2 ) 
grünbete, War nidjt nur ntdjt crfdjüttcrt, fonbem Waljr* 
fdjeinlidj nod§ gcwadjfen. ^ebenfalls waren fie cS, Wcldjc 
in ber feiten «£>älftc be3 13. $al)rf)unbertg ben SBifdjöfen 
bie meiften ©djwierigfeitcn Bereiteten. ^nS&efonbere nahmen 
fie fiel) ber ©tiftsftcinbe in iljren ©treitigfeiten mit ben 
33ifdfjöfen an unb fdjloffen mit iljnen Verträge 51t gegen* 
feitigem ©dfjufcc, Verträge, 3 ) Weldje fidj, obwohl cö nidjt 
ausgebrochen war, bodfj un^lucibeutig gegen bie 95ifdjöfc 
fe|rten. <&rünbe unb Verlauf biefer kämpfe fönnen fjier 
nidfjt im einzelnen verfolgt Werben ; 4 ) es muft jebodfj Ijernors 
gehoben werben, bafe biefe Sfttntyfe gu einem fefteren Qu* 



remedio succuratur, verendum sit, ne absorbeatur penitus voragine 
usuranun ad quarum solutionem universi ejus redditus et proventus 
vix sufficere asseruntur. — StamalS würbe audj baä erfte «#er= 
Seidfjntjj ber Stafclgütcr aufammengeftcllt. «JHöfer, U. «Rr. 323; eä ift 
nadj «Maßgabe ber barin erwähnten «Rainen nadj bem Stöbe SBifd^of 
$onrab§ I. (©. 409) aufgeteilt. Safe biefe finanziellen <5djtmcriß= 
feiten ftcfj ttid^t berminberten, fonbern bermetyrten, beit-etfen 33. 
bie berätoeifelten biö an bie ©renjc ber (Strafbarfeit geljenben «3er 
furfje SBtfdfjof ßonrabä II., ber 1282 iljm anbertraute QJelber ber 
päpftlicfjen (Suric äiirütfäubcljalteu berfucfjte (ginfe, «ßapfturfunben 
SBefrf. «Kr. 708, 728). 

*) Zf). Ctnbner, Sic 33eme ©. 170. 

2 ) Ueber bie OJuter beö $lofter$ ©ertrubenberg, 1242 ain> 
gegeben. ©Sn. U.=33. I, 421 unb Söcttcr, al£ «öef^t^um bau «Reueiu 
Ijeerfe, ©8n. U.=33. II, 211. 

3 ) 1295. grieberici^tube, ©efdjidjte ber ©tabt I, U. 46, 47. 
*) StarfteUung bei ©tübe, ©efdfjitfjte bc$ $ocf}ftift$ I, ©.114 ff. 



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87] Svlx OSnabrücfer ©erfaftungSgeftfjidjte. 63 



fammenfrfUuffe ber ©tiftSftänbe innerlmfb bcr einzelnen 
Qdxuppen unb unter etnanber Seranlaffung tourben; baburd) 
berftdrfte ftdj) aud) Bei irrten ba3 Seroufttfein ber territorialen 
3ufammengeljörigfeit. 1 ) 3" Mcfen kämpfen fonnten ftd) bie 
^Btfc^öfe nur müljfam einer SSergeroaltigung burdj ifjre eigenen 
©tänbe unb burdj bie (trafen bon SftabenSberg erwehren, 
jebenfatts n>aren fte nidjt ftarf genug, um, toie ifjre SßadffBarn 
bie 9ßünfteraner, au$ ber 93ertfjeibigung junt Angriff über* 
jugeljen unb bie 5 re i8 cr ^ tc au( *) mx uerfudjStoeife an ftdj 
ju $iefjen. 2 ) 3)ie attgenteine <£nttt>icf(ung unb ba£ ©djicffal 
be3 3iaben3berger ©rafenljaufeS Begünftigten fte aber unb Be* 
freiten fte bon ber UeBermadfjt biefer 9tad)Barn. $ie 3aljl 
ber greien toar aud) in unferen ©egenben im Saufe be$ 
13. unb 14. 3a!jrl)unbert3 immer meljr ftufarnmengefdjmolaen ; 
fo berloren bie gfreigeridjte iljre 33ebeutung unb nadfjbcm 
ein SRabenäBerger ©raf 10 3af>re baS ®tift als 33ifdf>of 
geleitet fjatte, mar ber lefcte ©raf bon SRaoenSberg, meldjer 
1348 ftarB, feit 1316 £>otro;ro:p|t ber ©SnaBrütfer Sftrdfje. 
2(13 foldjer fyatte er mit OänaBrücf ju biete gemeinfame 
Sntereffen, um ben 23eftreBungen feiner SBifdjöfe nadjjbrücfltclj 
entgegenzutreten; feine (£rben aber, bie trafen, fpäteren 
^er^öge bon $Ülidj*93erg, luaren in ifjren Stammlanben am 
SRfjein gu fefjr in Slnfyrudj genommen, um bie SluSbelmung 



*) £)a$ §etgt 5. 93. ber Vertrag ber SBurgmamten bonduafen= 
Brücf mit ber $tenftmannfcijaft unb ber <&tabt bon 1278, Sttitrlj. II, 
©. 337. 

*) «udj bie ©tfcfjöfe bon SRtnben berfudjten blefen SSBeg, inbem 
fte baS greigeridjt in ben ©tenrmer ©ergen 1253 bon ben ©rafen 
bon ©Naumburg erhmrben. §oogetoeg, SBeftf. tt.*©. VI, 9h. 597, 
598, 612. — ©efonberS ©tfrfjof ©berfjarb bon fünfter mar e$, 
melier bie Herren bon Oefebe, ©teinfurt unb ©djonebeef jwong, 
bie ttjnen jufte^enben Sreigraff djaften bon feinem ©tifte au fielen 
3U nehmen. Sinbner, $>ie SSeme ©. 24, 49, 55, 56. 



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64 



$ f) i Ii p p t. 



[88 



üjrer Sefugniffe in bem entfernt gelegenen 2fof)ängfel mit 
Sftodjbrucf in'S ?luge gu faffen ober burdföufüfjren. 

(£inen grsften ©etohm aber brachten biefe unau6ge)e|ten 
ftäm^fe ben SBtfd^dfen ; fie lernten in iljnefl nadj bem 3Sor* 
bübe iljrer ^adjj&aren ein neues Littel finben, um in ifjrem 
Sanbe fefter g-ujj $u faffen unb iljrer §errfdjaft fräftigere 
©runblagen $u geben. 3)tefe3 äftittel fear ber Sau öon 
SanbeSburgen, bereit 93efe£ung mit SJurgmännem unb üjre 
äuSgeftaltung $u aRittetyutrften ber SJeritmfomg. 1 ) 

®ie ältefte berartige ©rünbung ift ^burg. ©ie hrirb 
)d)on $u 33enno3 Qeittn ertoälnit; er grünbete in üjrem 
Geringe baä Softer. (£nbe beä jjtoölften IJaljrjjunbertö be* 
fafcen fie bie ©rafen oon £edlenburg als btfdjöflicljeS Seijen 
unb toürben fidj iljrer topljl gang bemächtigt fjqben, menn 
nidjt SMfdjof Slrnplb iljren 33eftfc bor $aj>ft unb Haifer uer* 
t^eibigt (jiitte. 2 ) Um fie fjerum am Slbljange be3 ©urg* 
^erge« erhmdja fdfjon im 13. ^aljrljunberte ber glecfen. 3 ) 
^ie hmrbe, als ber £ifd}ofd$of in ©Snqbrücf auf ber 

l ) 3n grojjem Umfange, tüte überhaupt alle feine *ßläne, Ijat 
drabtfdjof WfyP toon 8öln e8 berfudjt, feine #errfdjaft unb be= 
fonbetö feine ©renjen burefj Bürgen fdjöfcen. 6t atoang ober 
oeranla&te bo# faft aüe gröfceren ©belfjerren unb ®rafen 9ttjem* 
lanbä unb ^Beftfalenö, ü)m i^re Lütgen au toerfaufen unb bon tljm 
roieber als „Offenljäufer" ju Seijen aurücf juem^fanßcn ; bergt. ba& 
SSeraetrfjntfj ber erlauften »urgen Bei ©eiberfc, U.=©. b. 20., 1072. 
$>ie btelfa^en ©täbtebauten ber HJlünfterftfjen SBifdjöfe in ber erften 
$älft? beS 13. Qa&rljunbertS berfolgten benfelben Qteed ; fefjr häufig 
wirb bie munitio betont. SBUmanS, 95*. U.=93. III, 68, 174,207, 282, 
29G/ 348, 349, 434, 437, 438, 459 u. f. to. 3n ^aberborn fällt bie 
gleite (5?ntnntfelung toefentlia) in bie adelte §älfte beS 13. unb bie 
erfte W 14. Qa^r^unbertö. SBergl. aud) $>artmann$ Stuffafc, SPlittf^ 
W/ «. 148 ff. 

») OSn. U.*©. I, 386. 

3 ) yü1* 1225, OSn. U.^®. U> 200 ; oppidani, jus civile 1254, 
2«itt^. II, 6. 143 ff. 



89] Sux OSnabrucfet SöerfaffungSgefdjtdjte. 65 



DomSfreüjeii berfaffen Begann, bie 9tefibcn§ ber ötfdjöfc 
unb bübeten ben feften £altyunft gegen fünfter, 9laben$* 
berg unb Secflenburg tmSBeften unb ©ttbtoeften, beljerrfdjte 
audj bie 3ugang0|trafee nadj Dftmbrücf bon biefer 9hd>tung 
bei intern Eintritt ins Odnabrütfer Serglonb. 

Die ^toettäkefte ©tiftsburg ift, toenn totr ben ©agen, 
bie fieb um iljre (ärünbung tueben, einen flcidjtcfjtlicfyen ®ern 
äufatedjen tooOen, Ouafenbtücf, 1 ) beftimmt ben SRorboften 
be3 ©tifteS gegen bie 9iaben$berger unb Ujre SRadjMö«* 
im iMorblanb, bie Stfdjjöfe bon fünfter $u fdfjüfcen. ©ie 
bedfte bie Ijauptfäcljlidjfte t>on Horben ins ©tift füljrenbe 
Strafte unb beljerrfd&te bie $afe. 3$re Surgmannen {teilten 
fid) fdfcm frülj bem 33ifd>ofe gegenübet feljr felbftänbig 2 ) unb 
e$ bübete fidf) £toifdjen ber 33urg unb ber ©tiftsEird&e %w 
®t. ©tlbefter balb eine ftäbttfdje Slnftebelung. 

gerner pnben toir fdjon 1250 3 ) in bem bom übrigen 
^odjftifte abgetrennt liegenben SBiebenbrücf bie 8urg 
Stettenberg (9tebefenberg) ertoäfjnt, mitten ^tuifc^en bem 
feften £>au£ dii)?ba, bamal£ im Sefifce ber föbeUjerren bon 
ber 8iW)e, unb bem ©tammfdf)loffe ber jüngeren Sinie ber 
trafen bon Arnsberg (SRietberg). ©ie toar beftimmt, bie 
borttgen Seftfcungen, befonberä gegen bie Uebergrtffe ber 
Herren bon Sifjeba, $u bertljeibigen unb ^at biefem 3 toec ^ c 
Saljrljunberte lang erfolgreich gebient. 

%n ber Oftfeite grenzte bog ©tift befonberS an ba3 



*) &ie «Sagen über bie Qfrünbung, Oön. ®cfcf)icfitöque[Ien I, 
<3. 71, 74. — ©tift unb 9Ru$len auerft ertoä&nt 1235 (€>3n. U.=93. 
II, 342) ; SBurgmönner um 1250, ebenba 567. 

2 ) Stauet mattete bort aud) lein bifcf)öjiidfjer $>roft unb dualen* 
brütf routbe {ein atteS 8lmt. 

8 ) OSn. ü, 570. 3)er 9came mofjt in fpottenber 2ln= 
lefywng an Bethe (9Hjeba) unb Retberg (töietberg), bteUeidjt auä) 
mit Slnfoielung auf ba$ föab im OSnabr. $&appm gewägt. 



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6ti 



[90 



SBtötijum Ü)J?tnbeu. ©3 gelang bort gemeinsam mit beffen 
§erren oon bcr 93urg Gehlenberg l ) bei Sübbecfe unb einem 
fester lieber untergegangenen ©dfjloffe am Stimmer ficf) 
gegen bie ©rafen Don ManenSberg $u galten. 2 ) 3m Anfange 
be3 14. Safjrfjunbertö (um 1309) würben bann an ben 
^aitytftraften nadj äftinben bie SBittlage, 8 ) nadfj Diepljols 
unb Damme §unteburg 4 ) (1324) angelegt, Daran fdjlofe 
ftd) ettuaS me^r nadfj 2Beften, ingbefonbere $ur 33efjerrfdjung 
ber Dammer ©trage, körben als Ic^te um« %af)t 1370 5 ) 
gegrünbete ©tiftöburg. ©egen ©üben fd(jü$te ber bei SWettc 
erbaute ©rönenberg, beffen erfte <£rn>äf)nung [ty 1285 finbe. 6 ) 
Die SBeftgren^e toar burdf) bie auSgebeljnten äftoore unb 
Lüftungen an pdf) gefidfjert, nur bie Sftorboftetfe hxtr 3U* 
gänglidj unb bort tuurbe fdjon um 1299 ein ©djloft §$ r f* e,1s 
berg, 7 ) im Anfang be£ 14. 3fl§rljunbert3 aber ba$ §au3 
an ber ©egelfafjrt gegrünbet; 8 ) beibe fjatten fo tuenig 93e* 
ftanb, bafe nidf)t einmal tfjre Sage mit ©tcfjerljeit fcft^uftellen 
ift. ffittoa 1335 baute Sifdjof ®ottfrieb fttirftenau 9 ) bei 
©dfjnmgSborf, ba8 aufrecht erhalten toerben fonnte unb fpäter 
ber äRittefyunft ber bifdjöflidjen §errfdjaft im STCorbtoeften 



*) 2)le Verträge über ben SRetnenöerg toon 1280 unb 1300. 
gtnfe, Sö. U.=8. IV, 9fr. 1617a unb 2619a unter ben 9tad)trägcn. 
*) CSn. U.=33. II, 526 unb $oogett>eg, SB. U.=S. VI, 489. 

8 ) Oön. ©efdfjttfjtgqueUen, <5. 91 : Hic Engelbertus (1309 öiö 
1321) fortalicium inWytlage ob defensionem jurium ecclesie Osna- 
burgensis scribitur construxisse. 

«) ©tftbe, ©efdjidjte beS $od)ftift8 I, ©. 185. 

6 ) SSörben bertfänbetc SBifdjof 2Reldjtor (1366-1376). OSn. 
©efcfjicfjtSqueUen I, ©. 106. 

6 ) «Stammtafeln ber «Bar, U. 9ßr. X. 

') Ungebrucfte Urf. im Strd^itoe beö ©ttft* SBörftel. 

•) 2fltt ttrfunbe oom 2. SRooemöcr 1309 öer^tete ®raf Otto 
öon £etflenourg auf ben SSBteberauföau ber (Segelfahrt. 

9 ) OSn. ©efdjidjtSqueflen I, ©. 12 unter öotfridus. 



91] Qnt ©Snaörücfer ScrfaffungSgctdncfjte. 67 



mürbe. ®iefe geftungen ttmrben theilä t>on bcn Sifdjöfen 
alif eigene Soften, theilä unter ©etfjülfe ber ©tiftSftänbe, 
befonberS ber <&>tabt, gegrtinbet, ttue mir ba£ z um S3eif^tel 
oon £unteburg genau miffen. 1 ) Sollten ftc ihren 3mecf er* 
füllen, fo mar e3 erforberlidj, fte mit jutjerläfftger ftänbiger 
SBefafcung ju öerfeljen.*) ^terju bebienten fidj bie dürften 
ihrer S)ienftmannfc^aft. @ic miefen nadj alter ©itte einzelnen 
in ber nädtftcn 9töh c angefeffenen HbelSfamilten 93urglefjen 
in benfelBen an, unb Verpflichteten fte gleichzeitig in ber 
93urg ju motten ober menigftenS im SRotfjfaße fofort ein* 
Zureiten. $>a£ erftere gefdjah befonberS in ber älteren 3eit. 
2Bir fmben baljer befonberS in Duafenbrücf zahlreiche 33urg* 
mann^wfer im 33eft^c be3 ummohnenben SanbabelS. Sbcnfo 
mohnten zahlreiche 93urgmänner in 3& ur g lin & in um 
9Jiette (für ben ©rönenberg). $ie 93urgmünner üon §unte- 
bürg, SBtttlage, körben unb gürftenau fcheinen bagegen 
gar nicht ober nur zum geringften in ober ganz nahe 
bei ben Surgen felbft genant zu h a & cn - ©tänbig °bzx 
häufte in ihnen ber 95efel)(öhaber, ber $roft, meinem gc* 
möhnlich bie SBurg zu 9$fanbbefi$ beschrieben mar. 

3)iefe £Ijatfad}e ™ intereffanteS Sicht auf bie 
<£ntftehung unb SBeiterbilbung ber fpäter als $aty)tglieb 
ber $ertoaltung8organtfation h er bortretenben (Einrichtung 
ber 2)rofteien ober Remter. Um bie 5(beligen zur Annahme 

be3 Soften« eines 33urgbefehl3hö&^ ^ neg ®wjkn, z« 
vermögen unb fie in biefer Stellung feftzuhalten, mar e£ 
nothmenbig, ihnen baftir eine (£nt|rf)öbigung, mte mir fagen 



') 93crgl. bie feljr iutcreffanten föedjmmgen, 9fött$. XIV, @. 121, 
tt)clcf)c ertoeifen, bafe e* ftd) 1357 im toef entließen um eine ^tonfen 
Befestigung fycmbeltc. 

») 33ergl. für baö golgenbe, ©titoe, ©efö). be$ ©odjftiftä I, 
@. 185 ff. unb $artmatui in 2mttl). XX, @. 143 ff. 



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68 $$iHppi. [92 

mürben, ein ©e^ctli auswerfen. S)ie gat^e SBtrtljfdmftf* 
einrtdjiung jener $eit roar ö & cr berart, baft ba&u ®elb* 
mittel faurn $ur Verfügung ftanben; bie £Bijd)öfe mußten 
fidj bafjer ba$u fcerftel)en, einen ^et( üjrer (£infünfte $u 
üerfdjretben. (£$ ift bog ja nun moljl öfter audj in her 
Sßeife gefc^e^ett, bafe ben 2>roften 8ejjen in ber 9iä$e ber 
betreffenben 93urgen übertragen würben, derartige ®üter 
waren a6er nidji in ötten ffltLtn $ur Serfügung. %x\d) 
fehlte es meift an bem gum 23au unb $ur &u3rüftung ber 
geftungen notfjtoenbigen ®elbe. $a pflegte man Don bem 
3um Droften befttmmten 2lbeligen ein $>arleljn aufzunehmen 
unb ifjm für fein (Kapital unb beffen 3 m ) en f oro ^ e ^ m 
jä^rlic^ al£ ©cfjatt ausgeworfene ©umme eine $lnroeifung 
auf bie ffiinfünfte beS Sifdjof aus ben in ber SKalje ber 
©tiftäburg gelegenen ©ütern u. f. ro. auf SKbredjnung *) §u 
erteilen. ®urdj eine folcfje ÜRafcregel Würbe bem Droften 
bie ^in^ie^ung unb Verrechnung ber bem 33ifd)of jufteljen* 
ben ©efätte in ben feine S3urg umgebenben SanbeStyeilen 
tljeilweife ober gan$ übertragen. ©o Ijaben benn allmäljlidj 
bie urfprünglidj al£ SBurgenbefef)l3ljaber etngefe|ten 3)roften 
bie ®efammtt>ermaltung beS im Umfreife ber betreffenben 
Stiftsburgen liegenben bifdjöflicf)en £afelgute£ in bie §anb 
befommen unb fo attmäljlidj bie ©tellung als Vertreter beS 
StfdiofS in i^rem 9Äadjt6ereidje erhalten. Um ©treitigfeiten 
ber 33eamten unter einanber gu üermeiben, mußten bann beren 
3Serwaltung3be$irfe beftimmt umgrenzt herben; baS führte 
$ur ßint^etlung beS ganzen ©ebieteS in bie tyätcren Slmtg* 
be$irfe, beren öerfdjiebene ©röfee biefe 3 u f^^igfett ifjrcr 
(£ntfteljung $ur Genüge erftärt. ©o umfaßte baS um bie 
©tiftSburg ^bnxq grutynrte 9Cmt bie je&tgen Steife Sfturg 



*) @tne folrfje «&redjnung (teilt 8. bie SRtttf). V, <5. 192 ff. 
gebruefte 23örbener $lmt8rett)nung bar ; fcergl. bic ©cfjlufj&emetftmfl. 



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93] Qux OSnabrücfev SSerfaffimgägcfcfjtdjtc. 69 



unb OSnabrücf, taäljrenb ba£ bcm Droftcn bcr 33urg ©rö* 
ncnbcrg anvertraute &mt ftdj mit bem jefcigen Streife Spelle 
(©rönenberg) betfte; ber jefcige f leine ÄreiS SBtttlage aber 
war urfrrünglicfj ben 3)roften ber fleinen ©tiftSburgen 
SBittlage unb $unteburg je jur $älfte unterteilt, ba3 alte 
$Lmt gfttrftenau aber bilbete nur einen Sljeil be8 jejjigen 
£reife8 Berfenbrücf, roäljrenb ber Sfteft bem 3)roften $u 
«örben überwiefen war. <££ bauerte jebodj lange bis biefe 
SSerfjftltniffe ftd) feftigten, unb nod) im 16. ^afjrljunbertc 
lam e3 öfter oor, bafj felbft bie größeren Remter 3burg 
unb Qförftenau ober $burg unb SWette in ber $anb eineä 
3)roften vereinigt waren, totö bei SBtttfagc unb $unteburg 
fidj fyäter $ur Siegel IjerauSbilbete. 

3)ie urtyrünglidj al£ 33urgbefefjl$l)aber, alfo als reine 
äftilttfttö, eingefe|ten 3)roften ober Amtleute mürben auf 
biefe Söeife $erwaltung8beamte unb übten atö Vertreter 
ber SBifdjöfe beren §of)eit§redjte nkfyt nur in militärifdjer, 
fonbern audj in $erwaltung8* unb ^oli§eilic^er innfidjt au$. 
Mut bie geiftlidften unb ridjterltdjen gunftionen fielen ifjnen 
m'djt $u, weil für beren Verwaltung fdfjon länger Organe 
beftanben. ®a aber audj bie Ausübung bcr ©erid)t3f)ofieit 
eines ftarfen, im Sftotfjfatte fogar eine3 milttärifdjen Sftütf= 
Ijalteä beburfte, glieberte man bie allmäfjlid), tote oben er* 
mälmt, erworbenen ©ogeridjte, bie ju allgemeinen 8anb* 
gerieten auSgebtlbet mürben, ben Remtern möglidjft an, fo 
baß nad) ber Röteren Drganifation jebe3 9lmt aus bem 
3)roften, ben ifjm beigefettten tecfjnifdfen 93erroaltung3beatnten 
(SRentmeifter) unb bem ©ografen mit feinem ©Treiber be= 
ftanb. Damit mar bie $ermaltung$organifation in ityren 
©runbftügen gefdjaffen, wie fie fidj big $ur &uff)ebung ber 
©elbftänbigfeit be$ |>odjftifte3 erhalten fjat. C5& liegt außer* 
Ijalb be£ fjier geftellten SfjemaS, biefe ßntwitflung, inSbc* 
fonbere bie ©tnfüfjrung ber ttnterbcijb'rbcn (Vögte), fowic 



70 



$ [) i 1 1 p p i. 



[94 



bte ©Raffung uon Berufungsgerichten in ber Sufti^Äanjlet 
unb theilweife bem ©efjetmen SRathe unb Offoialgerichte 
weiter 511 Verfölgen. 1 ) 

©0 ^aBen fidf) bie SBifc^öfe allmählich btc ßanbeShoheit 
in garten kämpfen erworben unb bie Organe $u beren 
Ausübung gefchaffen. ©S tft nun flar, bafe bie lanbftftn* 
bifd^en 33efugniffe beS S)omcal)itelS, bcr SRitterfcljaft unb ber 
©tabt, welche fich ta'elleicht als ein 2lufftdjt3redjt ber@ttftS* 
ftänbe bezeichnen laffen, ebenfo allmählich fich im 9lnfdjluft 
an biefe 93cftrebungen ber Sifdjöfe auSgebübet §aben. 2)te 
©runblage unb ber SluSgangSpunft Waren baS 2$af)lrecht. 
23ei jeber Neuwahl fonnte bie 3 u f^ mttiun 9 öon oer 
Währung neuer, jebenfallS aber ber Seftätigung alter fechte 
abhängig gemacht Werben. 3)afe baS auch fo gefdjeljen tft, 
beWeifen eben bie SBafjlcajntutationen, t>on benen oben aus* 
gegangen tft. $lber nodfj eine anbere (Gelegenheit §ur (£r* 
Weiterung ihrer Siedete bot fidf) ben ©tänben unb würbe 
rei^lic^ t>on tlmen auSgenu&t. ®S War bie auch im mobernen 
ftänbifdjen 2öefen eine fo grofee SRollc fpielenbe gtnan^frage. 

5)ie Clueffen, welche uns über bie finanziellen $ülfS* 
mittel ber 93tfdf)öfe unterrichten, fliegen foärltdj unb Marren 
noch ber Durcharbeitung; fobiel aber läfet fid) tro^bem be* 
hausten, bafe biefe SÖftttel auch bei guter SStrt^fc^aft faum 
ausgereicht fyahtn würben, um mit ihnen allein bie oben 
entwicfelten $läne auszuführen. 2lber gerabe eine gute 
ginan^mirthfehaft mar bie fchroache ©eite beS Mittelalters 
unb auch unferer S3ifchöfe. 2 ) 2lHerbingS waren aber auch 
alle Unternehmungen, Welche plö£ücf) größeren &elbaufwanb 
forberten, als ihn btc regelmäßigen Sinnahmen barboten, 
baburch feljr erfriert, baft ßrebitinftitute im 13., 14. unb 

*) 93ergl. barüber: to. ©ugo, Ueberfidjt iiöer bic neuere 33er = 
faffung beS f)odjfttft$ OSnobrücf. 
*) 33cröt. 9(nm. 3, @. 85. 



95] 3ur CSnaorürfer ^erfaffunoSgcfdjtcfjte. 71 



15. ^tfjunfarte fo gut lote gor ntdjt beftanben; nur bie 
Italiener (Combarben) unb Qfaben getodljrtcn Stotteren gu 
f)of)en 3i"f en - 1 ) Mm * m ßanbe felbft let^locife (Mb $u er* 
galten, mußte man fidj $u Serpfänbungen ftänbiger (Ein* 
normen ober richtiger ber ®ütercomple£c, au8 benen biefc 
(Einnahmen auffamen, entfdjlteßen. liefen 58eg gu Befreiten, 
fafjen fidj bie £>3nabrücfer SMfdjöfe fdjon im 13. %afyr* 
fmnbertc mcfjrfadj gelungen, ein 2Beg ber um fo bebenf* 
lieber toar, al$ eine 2lu3fid)t auf (Einlöfung mit ben regel* 
mäßigen (Einnahmen faum beftanb. (E8 lag fo bie ®efaf)r 
oor, baß ba$ gange bifcfjöflidje Vermögen tlmtfädjlidj ber 
Verfügung berSSifdjöfe entzogen werben toürbe. Um ba3 gu 
Oermten falj fidj ba$ $)omca}ntel oeranlaßt, baburdj eingu* 
fdjreiten, bag e$ gum erften Sßale bei ber Sfteutoaljl im 
3ftfjte 1265 ben gu toäfjlenben £ompro£ft bon fünfter, 
SBibefinb oon ©djtoalenberg, etblidj oetyflidjtetc, fein £afel* 
gut mcfjr gu Oeräußern unb bie größte äftülje aufeutoenben, 
um fdjon Oeräußerte Steile toieber #x getoinnen. 2 ) 9lbcr e3 
toar nidjt nur Sorge für ba3 äöoljl ber $ird)e, audj nidjt 
nur ber SBunfdj, auf bie SMfdjöfe größeren (Einfluß burdj 
Uebertoadjung iljrer $ermögen80crtoaltung $u getoinnen, 
toeldjc ba£ (Eapttet §u biefen 9ttaßnaljmen Oeranlaßtc, fon* 
bern eö toar gugleidj ein Slft be3 Selbftfdju^eS. 3)er einzige 
28eg nämltdj, toeldjer nad) ber ©djmälcrung iljrer (Einfünfte 
burdj bie galjlreidjen 3?erpfänbungen ben Sifdjöfen blieb, 
um für iljre notfjtoenbigen Ausgaben 3>ecfung gu getoinnen, 
toar bie (Erhebung oon Steuern. (Ein Sftedjt, berartige 23ei* 
fjülfen oon feinen Untertanen gu begehren, Befaß ber 93ifd)of 
nidjt. 33itttoeife an jeben einzelnen SBetoofjner be8 SanbeS 
fidj toenben fonnte er ntd)t. (Er mußte alfo mit ben fdjon 

») ^ergl. 2Rittlj. VI, ©. 136 ff. 

*) SJcrgl. biefc Kapitulation im Sln^ange <5. 100, §. 2 ; ätm* 
iidje SBeftre&ungen äußerten ftd) fdjon 1203 (CSn. U.=SB. II, 21). 



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72 



[96 



beftehenben Vertretungen ber ©euölferung oerhanbeln, fetner 
$ienftmannfdjaft unb bem Somcapitet, in beren^anben ftd) 
ein gro&er Sfyil beä l&nbftdjen ©runbbejtfceä befanb, fotote 
bem SRatfje ber ©tabt, als Vertreter ber äahCuugSfähtgften 
©inroohner bed 33i3thum3. S)afe e3 ftdj, tote bemerft, bei 
ber gforberung ber Steuern ntdjt um ein altes roohlbegrün- 
beteS Siecht, fonbern um $u erßittenbe Sfteugeroährungen 
Rubelte, bemeift fdjon ber gemeinhin ben iüteften Steuern 
gegebene Sftame petitio auf beutfdj „Seebe". 1 ) $ie ülteften 
Ver^anblungen aroifdjen gttrft unb ©tänben über berartige 
einmalige SBeroittigungen $u ben ©taatsbebttrfniffen fmb 
nid^t erhalten, e$ geht aber aud) au8 ben fyäteren auf ba* 
beutlichfte heroor, bafe bie©tänbe foldje ©elegen^eiten nicht 
vorübergehen tieften, ofme für ftdj Vort^eile $u erringen. 2 ) 
2luf biefe SBeife unb bei ben üfteutoaljlen gewannen bie 
©tänbe nadj unb nadj ben Sinflufe auf bie ©tiftöregierung, 
ber erft als ein toeitauSgebefjnteS 2(uffidjt$redjt ftdj geigte, 
bann aber faft gu einem ätfitregieren ausartete. 3 una,( # 
verfugte man im 13. 3fa^rljunberte mehrfad) bem dürften 
einen ftünbifdjen Sftatf) beiguorbnen, an beffen .ßuftimmung 
er bei feinen Segierungg^anblungen gebunben toar, eine 
3ttaftregel, bie freilich SBeftanb nicht gehabt gu haben fa>tnt. s ) 
^m 14. ^a^r^unberte aber erwarben ftdj befonber$ ©tabt 
unb $ienftmannfdjaft allmählich bie fechte, toeldje in ben 
oben angeführten $e^t3üerftd)erungen im öin^elnen aufge* 
führt finb. 

3n ben SBirren be$ 15. $afjrhunbert3, bie mehrfach, 
roie in ber rbntifrifjen Kirche, fo auch bei un3 burdj atme* 
tyäitige SBa^Ien hervorgerufen umrben, roudjä bann noch 
bie Wlafy ber ©täube, fobafe fte im 16. unb im Anfange be$ 

') ©. unten ©. 105, §. 10. 
s ) $ergl. SKitt^. II, ©. 330 ff. 

.«) 1226 u. f. to. ©. «hm. 1, ©. 65. - SBergl. @. 103, §. 4. 



97] ßut ©Snnfcrücfcr $erfaffunn$flefrf)idjtc. 73 



17. 3fafjrljittibcrt3, befonbcrg baä Domcapitcl, gerabe^u in 
Dielen Dingen ein 9fcdjt ber Sttitregicrung beantragten. 
SMe biefer übermächtige ffiinflufe burdj grang SBil^elnt 
unb fpiiter inäfcefonbere burdf) bie dürften au3 fjannoberfdjem 
§>aufe cingebämmt tourbe, fonn fykt ntdfjt roeiter üerfolgt 
werben. 



Stoffen mir nun bie fcorgängigen Darlegungen fur^ $u* 
fammen, fo ergtebt fidj, baß ba3 ©tift Oänabrücf als roelt* 
lieber Staat gefcf)affen ift burd) feine dürften, feine »ifdjöfe, 
unb jluar in ftolfte ber üftotfjtoenbigfett, ftdj gegen bie lieber* 
griffe ber fie in iljrer Srifteng bebroljenben toeltltdjen ©roßen 
aufrecht &u erhalten. Die ©runblage bilbete ber burdj ba# 
Äaifertfmm in bie 2lnfdjauungen be3 c^riftli^en 9Wittelalter^ 
übertragene rBmifdje Segriff beS imperiuni, ber Staate 
geroalt. ©in SRedjtSgrunb aber für bie 93ifd)öfe, biefeS 
imperium für fidj in ^Infprucr) ^u nefjmen, ift ntdfjt erfind 
lid); fie l>aben e3 nadj bem $orbilbe, befonberS iljrer roeft* 
liefen Sftadjbaren, fid) angemaßt. Der erfte SSerfucfj, bie 
Canbeäfjoljeit auf eine neu erworbene ©eridjtsbarfett $u be* 
grünben, fcfjlug jum größten Steile fefjl. §unbert %dfyxe 
fpöter gelang e3 auf ©runb einer angemaßten unb burdj 
bie 8anbe8burgen gefeftigten ÜRilitftrljofjeit, bie lanbeSljror* 
lidfje Stellung aHmftljlidj $u erringen unb ben Umfang beä 
©tifteS in ben ©renken be£ im 10. ^aljrfjunbert üerlieljenen 
gorftbannS territorial gu fdjlicßen. Diefe SBeftrebungen ber* 
riefelten bie SBifdjöfc in fc^toerc kämpfe, bereu Erfolge fie 
nicljt allein genoffen; fie mußten bie ifjnen barin Don ifjren 
©tiinben getoä^rte $tilfeleiftuug burdj ba§ ^uöeftänbntft 
etnc3 rocitgefjenben 9lufftrf)t$red)te3 begaben. 

Da3 fo gef djaffene StaatSgebäubc ermöglichte eine 
Vertretung nadjj außen unb h a ^ e ©cridfjtSbarfeit foroie 



74 



$ f|i 1 1 p p t. 



[98 



ba3 £>eerwefen in feiner ©eWalt ; bte Verwaltung aber übte 
ber CanbeSljerr nur in fo Weit au£, als fie feinen eigenen 
unb ben gwedfen ber ftönMfdjen ^örperf Ruften biente, b. fj. 
bag regelmäßige Sinfommen ber Sejüge non ifjrem in ©runb* 
eigentfjum angelegten Vermögen geWäfjrleiftete. $lHe unteren 
VerwaltungSetnfjeiten bagegen, alle Weltltdjen ©enoffenfdjaften 
unb ©emeinben waren burdjauS felbftänbig unb iljre Angelegen* 
fjeiten regelte bie Versammlung ber berechtigten ©enoffen 
burdj felbftgewäfjlte Organe. 1 ) ift wäljrenb ber 3 C ^ & cr 
©elbftänbigfeit be8 gürftentljumS nur feljr mWollftänbig ge* 
hingen, auf biefe ©ebtlbe einen regelmäßigen ffiinjtuß 51t 
gewinnen. 

@rft aU fie in unferem Safjrljunberie $erfdjlagen 
burdj anbere Organifationen bei @eitc gebrängt waren, gelang 
e§ ber Staatsgewalt, autfj biefe Verfjältniffe in i§ren9ttadjt= 
beretdj 31t gWingen. 2>ann werfte bie neuere $eit bie früher 
toollftänbig unabhängige unb locale ©elbfttoerwaltung alö 
@djattenbilb wieber auf in ber fettigen, centralifirten unter 
ber Slufftdjt be3 ©taateg fteljenben ©elbftbcrwaltung. 

$5te ftaatenbilbenbe Sfraft aber, Welche ber au$ ftdj felbft 
herauf entwicfelten localen ©elbftnerWaltttng§organifatton inne 
wohnte unb bie im äußerften Horben wie im äußerften ©üben 
2)eutfdjlanb3 Sunbeöfreiftaaten ljert>orgebradjt §at, ging in 
unferem 8fürftentl)ume berloren, ba eine Bereinigung üon 
^in^elgemeinben nidjt ftattfanb, fonbem pdj tttelmeljr, befonberS 



') &auptfäd)Iitf> fommt in SBctradjt bte 93auerfcf)aft mit bem 
SBauerridjter an ber ©ptfee unb bte 2ftar! mit u)rem ^ol^rofen 
unb iljren SWa^Ueitten. @3 nmrbe nodj im 18. gafjrfyunbert offtctell 
anerEannt, bafe bie SBefdjlüffe ber SBauerfdjaft für bie ©enoffen 
Mnbenb finb unb einer 93eftätigung ber ^Regierung iiidjt bebürfeu. — 
3n bie 9lna,elegenfjeitcn ber Warfen gelang cö beu ^Beamten leidjter 
fidt) cinsumifdjen, ba ber grürft in Dielen oetljetligt mar, über Meie 
bie .£>olsaraffrifjaft Bcfafj ober Deanfprudjte. 



991 3"* OSnabrücfet $erfaffunfl8ßef(f)tcf)te. 75 



bei ben SWarfgenoffenfdjaften unb Sauerfrfjaften, ein 35c* 
ftreben auf 2 Teilung, alfo SSeretu^elung, bemerkbar 
machte. 

©o ift benn bog gürftentfjum DSnabrücf lebtglidj eine 
Sd)ityfung feiner ©ifdjöfe. SEßenn audj bie erften Anregungen 
ba^u feI6ftfüc§ttgen Regungen unb bem 3Äod§tBebürfntffe 
cntfyrangen, fo entf^rac^ bie baburdj gefdjaffene ©inridjtung 
bodj einem lebhaften Sebürfniffe unb erfüllte — freilid) 
nidjt immer oollftönbig unb eintoanbSfrei — eine bzxfaaupU 
aufgaben jebeä ©taatStoefenS, bie Aufredjterljaltung be$ 
griebeng unb ber £)rbnung, mit einem SEßorte be3 SRedjtS* 
fdntfcea im Innern. S)ie $ertljeibtgung be3 ©anjen unb be3 
(£in$elnen gegen Aufeen allerbtngS — bie $n>eite Aufgabe 
jebeö ©taatSroefenS — öermodjte biefe £)rgantfation iljrer 
Sleinfjeit unb ifjrer geringen ^ülf^mtttel falber je länger, 
je weniger bur^ufü^ren. 

$113 ba^er an ben ©renken be3 Stedums fidj immer 
größere ©taatengebilbe ^ufammenbattten, mujjte c3 $uerft 
balb nadj Offen balb nadj Soften Anlehnung fudjen unb 
uerlor bann in ben großen SBirren im Anfang biefeS 3<*(j* s 
ljunbertö feine ©elbftänbigfeit toollfommen, um attmiüjlidj in 
immer größere ©taaten aufeugeljen, roeldje im Sßettftrette 
ber Sölfer Europas aud) bie ^ntereffen unfereS engften 
SSaterlanbeS mit [tarier §anb ju toa§ren im ©tanbe ftnb. 



TB 



«ß ^ 1 1 1 p p i. [100 



DSnabrärf, 12G5, 9»at 7. 

«erpfüdjhmg beS ^ünfterfdjcn $omi>rop|te£ äkbc* 
finb (toon <SdNualcn6erg) als ertoäpen SBifc^of^ uon 

SIBfdjrtft be$ 15. 3al)rlj. in 3Wfc. 189, f. 99*. Stauf : 
mittf). II, <3. 336. 

Nos Wedekindus Monasteriensis ecclesie prepositus 
et ecclesie Osnaburgensis electus sub religione sacra- 
menti post electionem nostram ipsi Osnaburgensi ec- 
clesie facti presenciuin tenore nos obligamus et pro- 

1 mittünus, quod consuetudines honestas et jura ecclesie 
ejusdem Osnaburgensis observabinms et defendemus 

2 pro posse nostro. Bona episcopatus non alienabimus et 

3 alienata pro posse nostro revocabimus et fideliter. Ec- 
clesias quatuor que capellanie dicuntui* et bannos 
ecclesiaruin episcopatus et preposituras in Quakenbru- 
gen et Wydenbrugen extra capitulum majus nulli con- 
feremus nec plures uni de Ulis quatuor ecclesiis 

4 conferemus quam uni(!). Bona et jura capituli tamquam 

5 propria defendemus. Prelaturas ecclesie nulli conferemus 
nisi canonico existenti in perceptione sue prebende sive 

6 puerilis sive majoris. Magnis feudis sine consensu et 

7 consilio capituli nulluni infeudabimus. Item bonis ec- 
clesie nunc vacantibus et tempore nostro vacaturis 

8 sine consensu capituli nulluni infeudabimus. Item nullam 
guerram preter consensum et consilium dicte ecclesie 

9 inchoabimus. Item fideliter procurabimus cum nostris 
officialibus quod prebende, que dicuntur spentprevene 
pauperibus prebendariis fideliter ministrentur. Et quia 
sigillum nostruin ad presens apud nos non habuiuius, 
presens scriptum sigillo domini nostri G(erhardi) Mona- 
steriensis episcopi fecimus sigillari. Datum apud Osenbr. 
anno Domini MCCLXV; Nonas Maii. 



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101] 3 ur Ctfna&rfKfct ^crfaffMuv&ßcfdjidjtc. T7 



1308, $eceut6er 20. 

3>om Galtet entworfene Kapitulation für einen $u 
utfljlciiben SMfdjof betreff. IjauVtfädjlid) Srfjaltung 
ber 2>orrcdjte ber ©ciftlicfjfeit unb be3 btfdjöfüdjcn 
Xafcla,ut$, ©tiftäburgen, SSejtfmtnung über Krieg 
unb ^rieben, SefjuSleute, ^rovftetcn in äßiebcnbrücf, 
Drebber unb Srautidp, bie fog. gaceftanate, <£r* 
Ijebuna, uou 33ceben u. f. tu. 

«bförift bc3 15. 3&f)xX). in SWfc. 189, f. 9T. 

Ad evidentiam presentium et perpetuam memoriam 
futurorum decanus et capitulum ecclesie Osnaburgensis. 
Infrascriptos articulos electus in episcopum Osnabur- 
gensem post electionem de se factam ac ipsius consen- 
sum de eadem electione subsecutum de indempnitate 
ipsius ecclesie, de ejusdem consuetudine antiqua et 
approbata et hactenus observata a tempore cujus me- 
moria non existit jurare debet. Dicet itaque electus : 
Ego talis abbas vel prepositus seu alius prelatus talis 
ecclesie talis diocesis nunc Dei gratia in episcopum 
Osnaburgensis ecclesie electus post consensum meum 
electioni de ine facte prestitum promitto Deo et beato 
Petro ac sanetis martiribus Crispino et Crispiniano 
patrouis ecclesie ac capitulo Osnaburgensi, quod con- 1 
suetudines antiquas, honestas et approbatas et jura 
ecclesie Osnaburgensis, bona capituli Osnaburgensis ac 
aliorum capitulorum, collegiorum, monasteriorum et 
ecclesiarum civitatis et diocesis Osnaburgensis ac per- 
sonas ipsorum conservabo ac defendam pro posse meo. 
Item promitto Deo ac beato Petro ac sanetis martiri- 2 
bus Crispino et Crispiniano ac capitulo Os., quod mu- 
nitiones et castra ac bona immobilia et proprieta[tem) 



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bonorum, forestas, piscarias, pascua, nemora, prata 
episcopatus et ecclesie Osna. et specialiter et princi- 
paliter bona ad mensam episcopalem pertinentia, que 
vulgariter orbare dicuntur, et eorundem bonorum 
redditus, fructus, obventiones et proventus quibuscunque 
nominibus censeantur tarn in civitate Os. quam extra 
sita et existentia non obligabo nec vendam nec quo- 
quomodo alienabo alicui seu aliquibus perpetuo vel ad 
tempus nec aliquo modo separabo a mensa mea episco- 
pali sine consensu et consilio capituli Osnaburgensis ; 
et obligata, alienata de bonis, proprietatibus, forestis, 
piscariis, pascuis, nemoribus, pratis prelibatis sine con- 
sensu capituli et contra juris tbrmam pro posse meo 
3 Meliter revocabo. Item promitto Deo et beato Petro 
ac sanctis martiribus Crispino et Crispiniano patronis 
ecclesie et capitulo Osnaburgensi, quod a castellanis 
et municipibus sive civibus castrorum ac municionum 
ecclesie Os. et a custodibus turrium eorundem hoc 
modo fidelitatem, que vulgariter huldincge dicitur, 
presentibus duobus canonicis ecclesie Os., quos capi- 
tulum ad hoc deputaverit recipiam videlicet, quod ipsa 
castra et municiones et turres iidem castellani et 
municipes sive cives ac custodes turrium manuteneant 
ac possideant nomine beati Petri et sanctorum mar- 
tirum Crispini et Crispiniani patronorum ecclesie Os. 
ac ad manus meas et capituli Os. Et si me infirmari 
vel captivari contigerit et post mortem meam vel si 
eadem castra et municiones seu turres alicui vel ali- 
quibus, quod absit, obligarem vel venderem seu aliquo 
modo alienarem perpetuo vel ad tempus sine consilio 
et consensu capituli Osnab., dicti castellani, municipes 
sive cives ac custodes turrium a fidelitate quam michi 
super eisdem castris, munitionibus et turribus presti- 



103] Qixx OSna&Tfttfer $(rfftffunß$9c[djtdjtc. 79 



terunt sint quiti ac penitus absoluti, nec super dicta 
fldelitate tunc michi, si eos impeterem, respondere tene- 
antur, sed prefata castra, municiones et turres iidem 
castellani, municipes sive cives ac custodes turrium ad 
manus capituli Os. teneant et possideant nec ad ipsas 
turres aliquem vel aliquos extunc ascendere faciant 
nec aliquid de eisdera castris municionibus et turribus 
ordinent vel facient sine consilio et consensu capituli 
Osn. Postquam vero sanitatem recepero vel a capti- 
vitate liberatus fuero, dicta castra, municiones et turres, 
memorati castellani, municipes sive cives ac custodes 
turrium teneant nomine beati Petri ac sanctorum pa- 
tronorum ecclesie ac meo et capituli Osnaburgensis, 
ut superius est expressum, et proraitto, quod de presta- 
cione dicte fidelitatis secundum forman istius articuli 
fieri faciant litteras infra octo dies computandos a 
tempore receptionis fidelitatis predicte sub meo et 
castellanorum et municipum sive civium sigillis castri 
illius vel municiones (!) qui fidelitatem prestant. Que 
littere apud capitulum Os. ecclesie conservari debe- 
bunt. Item promitto Deo et beato Petro ac sanctis 4 
martiribus Crispino et Crispiniano patronis ecclesie ac 
capitulo Os., quod nullam discordiam sive guerram 
ad versus quemcunque sive quoscunque incipiam vel 
movebo sine consensu et concilio juratorum jurati con- 
silii ecclesie Os., si fuerit vel si consilium juratum non 
fuerit, nullam discordiam incipiam sive guerram sine 
consilio et consensu capituli, ministerialium ac scabi- 
norum ecclesie et civitatis Os. Item promitto Deo et 5 
beato Petro ac sanctis martiribus Crispino et Crispi- 
niano patronis ecclesie ac capitulo Os., quod nec per 
me nec officiales meos aliquas exactiones vel rapinas 
capitulis, monasteriis, ecclesiis civitatis et diocesis Os. 



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ac eorum personis et bonis scienter faciam vel fieri 
perraittam, sed si casu vel ignoranter aut alio uiodo 
quocunque eisdem capitulis, monasteriis et ecclesiis ac 
eorum personis et bonis per officiales meos aliqua 
dampna illata fuerint, illa refundam in amicicia vel in 
jure infra duos menses proximo sequentes, postquam 
requisitus fuero ab illo vel ab illis qui dampna per- 

6 tulerunt. Item promitto Deo et beato Petro ac sanctis 
martiribus Crispino et Crispiniano patronis ecclesie 
et capitulo Os., quod prelaturas ecclesie Osnaburgensis 
ac bannos episcopatus et preposituras ecclesiarum in 
Wydenbr., in Drebbere, in Bramesche et quatuor ec- 
clesias parrochiales videlicet in Dissene, in Melle, in 
Sledesen, in Lodere Os. diocesis, que capellanie dicuntur 
nulli conferam nisi canonico Osnab. emancipato et exi- 
stenti in perceptione prebende s[i]ve majoris sive minoris 
nec plures uni canonico quam unam de prelaturis, 
bannis, preposituris, ecclesiis parrochialibus antedictis. 

7 Item promitto Deo et beato Petro ac sanctis martiribus 
Crispino et Crispiniano patronis ecclesie et capitulo 
Os., quod aliquem vel aliquos de feudis ecclesie Os. 
de novo non infeudabo vel antiquum feudum ipsius 
ecclesie quod vacare contigerit nulli conferam, nisi sit 
ejusdem conditionis et Status cujus fuit ille a quo 
feudum vacavit, sine consilio et consensu capituli Os. 

8 Item promitto Deo et beato Petro ac sanctis martiribus 
Crispino et Crispiniano patronis ecclesie et capitulo 
Os., quod nullum dapiferum vel officialem aliquem, nisi 
sit ministerialis ecclesie Os., recipiam sine consensu 

9 capituli Os. Item promitto Deo et beato Petro ac 
sanctis martiribus Crispino et Crispiniano patronis ec- 
clesie et capitulo Os., quod prebendas, que spentprevene 
dicuntur, annis singulis iideliter ministrabo et quod 



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105] CSna&rftcfer 2$crfaffimQSöefd)idjte. 81 

dictas prebendas habentes residere faciam in civitate 
0s. vel quatuor de eisdera personis easdem prebendas 
tenentes residere possint in Yborch, ita quod officiis 
divinis in majori ecclesia Os. vel in monasterio in 
Yborch possint competenter interesse. Item promitto 10 
Deo et beato Petro ac sanctis martiribus Crispino et 
Crispiniano patronis ecclesie et capitulo Os., quod nullas 
peticiones pro elemosinis fidelium ad quascunque causas 
colligendas concedam in civitate vel diocesi Os. sine 
consilio et consensu capituli Os. Item promitto Deo n 
et beato Petro ac sanctis martiribus Crispino et Cris- 
piniano patronis ecclesie et capitulo Os., quod hos 
predictos articulos infra octo dies inmediate sequentes, 
postquam super eisdem juramentum prestiti, sigillabo 
sigillo meo quo usus fui et uti consuevi, antequam in 
episcopum Os. essem electus, vel alterius seu aliarum 
personarum autenticaimm sigillis, prout placuerit decano 
et capitulo Os. ; et quam cito sigillum episcopale habuero, 
supradictos articulos illo sigillo infra sex dies, postquam 
a decano et capitulo Osnaburgen. super hoc requisitus 
fuero, omni occasione et defensione postpositis roborabo. 
Et ego talis abbas vel prepositus talis ecclesie talis 
diocesis nunc in episcopum Os. electus omnia et singula 
supradicta promitto Deo et juro : sie me Deus adjuvet 
et hec sanctaDei evatogelia per me corporaliter tacta, 
fideliter observare. In cujus prestationis juramenti 
omniumque predictorum testimonium ego talis abbas 
vel prepositus talis ecclesie nunc, ut premittitur, in 
episcopum Os. electus sigillo meo talis abbatie vel 
talis prepositure quo usus fui et uti consuevi, antequam 
in episcopum Os. essem electus, duxi presentibus appo- 
nendum vel talis persone vel talium personarum sigillum 
vel sigilla ad preces meas, quod et ego talis confiteor 



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vel nos tales confitemur et protestamur presentibus 
litteris est appensum vel sunt appensa. Actum iu 
capitulo Os. vel in tali loco, presentibus decano et 
capitulo memoratis ac talibus et talibus sub anno 
Domini 2c, tali die talis mensis. Et nos decanus et 
capitulum ecclesie Os. sepedicte, ne super prelibatis 
articulis dubitari contingat et qualiter servari et si- 
gillari ac forma juramenti super eisdem per electum 
in episcopum ecclesie nostre prestari debeant, presen- 
tibus litteris in quibus omnia et singula, prout utilitati 
ecclesie nostre videtur expedire, sunt specificata et 
declarata sigillum ecclesie nostre ad privilegia duximus 
apponendum. Actum in capitulo nostro Os. anno Domini 
MCCC octavo in vigilia Thome apostoli. 



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