I
Iii
Phrenologische Bilder
Gustav Scheve
Stovn tbe Slbxaxty of
Ptofejfot of Ff^cholocji^
r>art)Ar6 College
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3nx ^afurleljre beö ttt c n fd) f t d) e tt <3>ei|!es
itnb bercn
Üwujcndung auf das Stielt.
ttucfy ^iir Ctrftänbiguttfl
}tmfd)eii flbrtnologie anb ^niljroyologie.
hirn* fMitt , — >i* Qthtmif brt, — h.H M« Iftwnclt1 $i<
iHil 112 ilMifilua|jeii und ilrm $orlriit lies flrrfoffcr» in 8lufil|iiiL
•
Tritte, tiermeOrte linö oerbrfferte ^titffagc.
fleißig
$crfcifl t>on 0. 3. Selker.
1874.
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HARVARD C0LLF6£» Pp;!l
FROM THE LIBRARY Of
HUGO MÜNSTIRB RQ
MARCH 15, 197
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Vorwort gur erpen Sfuffttge.
Sa« ber ^Phrenologie in ihrem SSaterlaube toor Mein
uoth t^nt, ift bie $enntni{$ ihrer (Sin^eit in ihren mannig-
faltigen <5ä$en. 3<h fanb in £)entfc$(anb atfenthaften höchft
toerf($iebene, nach atten (Seiten anSeinanber ge^enbe, ftücf*
toeifeanerfennenbe unb a%re<henbe Urteile üfcer biefeSÖiffetu
fc^aft ©iefelfce tritt uu$ afcer, »on toeld^er ©eite toir fte
immer Betrauten, julefct als bie nämliche Sa^hett entgegen.
SM barjnt^nn, ftnb bie fofgenben Silber fcejrimmt, 2fof*
fa'$e, roel^e alle bie ^Phrenologie oon verriebenen ©eftd^t^-
punf ten aus klemmten, bereit jeber alfo bem ®egenftanbe
na<h ein anberer, für ftch toerftänbH^er ift, bie aber alle ein
unb baffere (£rge&ni§ liefern. 2)ie toorliegenbe <&ü)xi\t ijr
fo ein ftreng folgerichtige« ©aujeS, boch ohne $ünftelei unb
Cmtfö'rmigfeit ber 2)arfteflung : fte toitt beu €efer bur<h bie
Di
VI
SJortoott jur crftcit mit» jwcitcn "Auflage.
Sttannichfaltigfeit beS Stoffe« auftreten, ihn nur im Cntb^
ergebuifc oon jener einen Wahrheit überjeugenb.
Steinern oerehrten grennbe fthtgenbaS in 9)?itnd>eu
fage ich meinen £)auf für bie fchöne nnb roerthttellc Sittbe,
vorige burd; ihn biefeS Serfd^en erhalten §at.
DreSben, fcen 16. Ort. 1850.
3m: jwtlen Auflage.
2)ie oorttegeube ©chrift, roelche in ihrer erften fe^r
nntooüfommenen ©eftalt mit greger ^ac^fic^t aufgenommen
rourbe, ift in biefer Reiten Auflage ein neue« Berf geroor=
beu, an Umfang roeit ausgebender unb, roie ich ^offe, ihrem
3n>ecf, jur befferen Sürbigung ber Phrenologie in $)eutf(h'
lanb beizutragen, toeit mehr entfprechenb. 2)ie früher lefe
jufammengefteüten unb nur bttreh bie roiffenfehafttiche Siu^eit
©erbuubenen Stoff äffe ftub in eine fr/ftematifche Drbmmg ge*
bracht unb an 3ah* 5ur ^erfteßung eine« roiffenfer/aft-
liefen ©anjen oermehrt roorben. £)ie Slnroenbung ber ^hres
nologie, toe(c$e früher ju roenig, unb bie mebicinifd;c (Seite
ber SBiffenfchaft, roelche faft gar nicht Beiiuf (tätigt roar,
haben nun ihre ausführliche Bearbeitung gefunben* (Sin*
t^eUung beS 331%$ in mer £efte als ßauptabthetfungen:
I. 2)ie^«uoIogieimUmriffe. IL £)ie ©eifteStehre. III.2)ie
Drgauenlehre. IV. £)ie Sfttroeubung ber ^unoh^k.)
2)a§ ich mich bemüht ^abe, in bem Buche allgemein
oerftänbftch ju fein, brause ich dfy erft 311 bemerfen. ÜDie
«Phrenologie, felbft baS 93ilb ber BieJfeitigfeit, fc^Iicßt alle
(Eiufeitigfeit, aflen Äafiengeift tu ber SBiffenfchaft aus. ©e*
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SJortüort 3tir jweiten unb brüten Auflage.
VII
roiffeu ^P^tfcfo^en ift bie ^^ilofo^te ber ^^renefogie nic^t
p9t(of0$$tf$, geroiffen SD?ebicinern bereit Drganenfehre nicht
mebicinifch, geVoiffeit 3uriften bereu <3trafrec^t nicht juriftifch
genug :c. 216er bieg ift für bie ^Phrenologie nicht ein £abel,
fonbern ein £06. SDenn ber ^^i(ofo^ fott ^gleich 2)?ebU
einer :c, fein, bamit er nicht einfettig fei. $)ie tyfyxenc?
logie in ihrer AÜfeitigfett bereinigt ba^er alte $Btffenf$aften
3U einer einjigen unb — roa« ü;r ben ^iW^ften Serth gieBt
— ju einer fo%u, roefcf>e ut^t beut 28edf)fel ber Anflehten
unb ber ©tyfteme unterliegt, fonbern toelche auf ben fterfen=
gruub naturroiffenfe^afttic^er 2;^atfa^en ihr gunbament ge=
legt ^at unb barauf ihren grogartigen 33au errieten rotrb.
1852—1855. (1.— IV. $eft)
Sur briffen 3foffofle.
3toanjig 3aT;re liegen jtoif^eu ber vorigen unb biefer
neuen Auflage ber „ ^^renologifc^en ©Uber ©rog i(t ber gort*
fchritt, toetchen feitbem bie Siffenfcfyaft in ©eutfd^Ianb in
ber 8fanctyemng an bie ^Phrenologie gemalt ^at. 9?od; im 3.
1858, als ich gegenüber einem Ar$te bie groge gormfcerfchic=
benheit bcr ©ehirne Betonte, erroieberte er mir: „3<h fennenur
(Sin ®ehim ! " 2)te bamalige Siffenfchaft, roelche bie gorm=
toerfchtebenljeit ber ©ehirne noch nicht fannte ober nicht Be*
artete, festen toon einer ©ehirttfehre noch toeit entfernt gu
fein. ABer fchon hatte ftch im ©rillen Söeffereö toorBerettet.
3m 3. 1861 traten in ©Otlingen einige Anthropologen gu*
fammen unb Beriefen üBer bie Befren SRethoben, bie ©<ha"bel
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2?om>ort jur brittcn Auflage.
unb (Gehirne ju getanen unb ju meffen, um beren ftombex*
f3>iebem)etten ber Söiffenfchaft ju gewinnen ; fte fprachen anc^
fchon fcon einer „ ättorphologie " be« ®ehirn«, — einer £ehre
toou ben @e^irnformen , — toelcfye natürlich an<$ ba« $er-
ftänbnifj ber SSebeutung biefer Sennen in fich Begreift,
unb alfe <8e$trnte$re felBft ift. AI« ich ben Bericht über
biefe 33efprechungen la«, rief ich frenbig au«, ba§ ich bie
allgemeine Ancrfennuug ber ^Phrenologie in ©entstaub noch
trieften toerbe. $)enn bie Anthropologie unb bie ^Phrenologie,
Bcibe in ber ^au^tfac^e ®e hirnlehre, ftnb ja (Sin« unb
baffelBe, nur bafj bie Senologie Bereit« ®ehiwlehre ift,
bie Anthropologie e« erft noch toerben foll. £)ber fönute toiel*
leicht bie Anthropologie eine anbere (Sehirnlehre toerben,
alt bie ^P^renotogte e« ift? in ber Anthropologie tfl
niemal« nur toerfitc^t toorben , eine toon ber ^Phrenologie fcer=
fd^iebene ®ehirnlehre aufjuftellen ; auch ift ber 2Beg ber JJor*
f(hung in ber Anthropologie ber nämliche toie in ber ty^rc*
nologie, er muß atfo auch nun nämlichen &izt führen.
$ollenb« aBer ftnb Bereit« einzelne Anthropologen nigletd;
s$hrenelogen, toie fjriebr. fc. £)elltoalb, einer ber Mitarbeiter am
Archt* für Anthropologie, tiefer, fty ganj ohne ftüityalt
nir ^P^renotogte Befennenb, fagt 3. 33. Bei ber ^Beurteilung
eine« Sönche« toon Johanne« |mBer (IV. 93. ©. 171): „(£«
ift üBerrafchenb, bafj ber SBerfaffer bon ben (SrgeBniffen ber
teiffenfchaftlidhen ^P^reuorogie feine 9fotij nimmt". Sahr-
fcheiutich ftehen noch manche anbere Anthropologen auf bem
©tanbpunft £>elfa>aiV«, ba ber Anthropolog ohne ®ehirn=
lehre eine gar fonberBare 9Me fpielt. (2)er ©attyrifer hmrbe
ihn bem bitter toon ber traurigen ®eftalt vergleichen !) ÜDoch
haBen fich allerbing« bie meiften Anthropologen Bi« jefct mit
ben Blo§en tobten ®ehirnfovmen genügen laffen, ohne überall
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$orto«?rt jur fcrittcu Auflage.
IX
nach bereu ©ebeutimg jtt fragen. Aber tiefe grage muß
enbtich gefteüt uub beantwortet roerbcu, ba bie (Srforfchuug
ber 23ebeutung ber ©ehirnf ormeu ber eitrige ®runb unb 3tr>ecf
ift, roarum überhaupt biefe dornten totffenfchaftltch
Beamtet toerben. Aud; für bie Anthropologen fyahen ja
bie ©eljirnformcn nur bamm ba« h<>hc 3utereffe nnb bitben
ben üDftttelpuuft ihrer Stubien , toeil ba« ©ehtrn ba« Organ
be« ©eifte« ift. £)er (#runb, roe(rf;er bie Anthropologen
(in ber großen yRefoaty) bitycx beftimmt $cit, utcr>t nach
bcm £eben be« ©ehiru«, uid;t nach ber SBebenrnng ber $e*
hirnformeu 31t fragen, ift ber, bag biefe Banner ba« Gebiet
ber (55eifte6ler)re md;t Betreten rootten, roetf fte meinen, bag
biefe feine roatyre 2Biffenfd;aft, feine 9caturroiffeufchaft fei.
Sie fonberbar : man erforfcfyt bie ©ehirnformen um ber <3cU
fte«lehre roitten, unb toitt bocty JU gleicher Qcit von biefer
©eifte«Iehre nid)!« toiffen ! 316er bie ©ehirntehre ift ja im Söefeu
nicht« aubere« af« ®eifte«Iehrc , gerabe tote bie Authropo*
logie im Sefen nicht« anbere« al« ©e^irnle^re ift. 29? an
fann ba^er gar uid;t Anthropolog fein of;ue $enut^
utg ber ©ehirn* unb ®eifk«Iehre. 2Ber fuh ohne
biefe $enntnig Anthropolog nennt, maßt ftc$ unberechtigt
biefen Tanten au, toa« mau nur in ber 23orau«fe£ung aßge*
mein entfchufbigt unb geftattet, baß bie $enntnig ber (Gehirn*
unb @eifte«(ehre roenigfteu« ba« 3ie* fei/ nach roelchem ber
Anthropolog bei feinen gorfchungen ftrebe. Sürbe ber
Anthtopotog auf biefe« 3^ förmlich vernichten, inbem er
3. 33. jugeftänbe ober erftärte, bag er ba« ©ebtet ber Griftes«
(ehre, an« irgenb roetd;em ©runbe, ni^t betreten fönne ober
roofle, fo ginge er baburch be« fechte« verluftig, fich über~
haupt Anthropolog 31t nennen. Auch beruht toottenb« bie
Meinung, bag bie @eifte«Iehre feine toahre Söiffeufchaft, feine
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X
Vorwort jur fcrttteii Huflage.
9taturroiffenfd>aft fei, auf einem 3rrt£um. ÜDemt ba§ bie
^f^ologie, bie bi«ljer al« ®eifte«(e£re galt, feine toa^re
Siffenfdjaft ift, batf bocfy ben benfenbeu fEflam mä)t 31t beut
ge£tfdf>(uffe verleiten, baß e« barum eine toiffenfcfyaftttcfye
®eifte«Ie£re überhaupt nictyt geben fönne! Senn ber
c^olcg, ber fein Aftern ber ®eifre«Ief>re am (stubirtifctye
au«bad£>te, unb ber jumal oon einer ®etyirnteljre nicfyt« toufttc,
eine ®eifte«Ie^re 3U fcfyaffen uityt im ©taube toar, toirb
nicfyt ber ättamt ber 9iaturh)iffenfcf;aft burcfy ben freien $3(icf
über bie ganje 3)?enfd)f;eit unb burcfy umfaffeube ®etyiru*
toergfeid;ungcn 53effere« 31t erreichen vermögen? (5« gab ja
au<$ früher feine (i^emie, feine ^fjtyftf JC* toären aüe
naturtoiffenf^aftli^en $enntniffe, roenu man feiner 3eit
barum, toeil jte noc$ nicfyt toor^anben toaren, fte £ätte für
unmöglich galten unb bie £)änbe glitte in ben ©djjoft tegen
rootten! äfltt (Sinem Sorte, nic$t jtoar bie fpecutatioc
®eifte«Ie$re, bie $fy<$ofogie, too^I aber bie auf 9?aturbeob=
ad^tung unb ®el)irnberg(etc$ung beru^enbe ®eifte«fetyre , bie
^Phrenologie, ift eine toaf;re 91aturroiffenfd^aft , aßen übrigen
sjMurtmffenfcfyaften burd;au$ ebenbürtig. 3$ toie« bie« au«*
fü^rlid^ in einem Sluffafc nac$, toe(d;en tdf> für ba«„2lrcfyio für
SCnt^ropoIogie * beftimmte. 211« aber fürjlid^ mein §err
Serfeger mic$ mit ber 9tacfyrid)t erfreute, baß er eine neue
Auflage ber „^renologifd^enSöttber'' 3U toeranftalteutoüufd;e,
glaubte id^ beffer 31t ttyun, jenen Stuffafe juerft in biefem33u<$e
31t fceröffentf i$eu : benn e« toar immer uugetoiß, ob ber f (eine
2luffafc, in bem „2fr<$tfc für Anthropologie" allein fte^enb,
alle bie 3a^(rei^eu unb mannigfaltigen äWigoerftänbniffe, toeldjje
no$ über bie ^Phrenologie verbreitet ftnb, 3U befeitigeu fcer=
möchte. 3n bem toorftegenben 23u<$e aber toirb jener 2Juffafc
3ug(eid; burch einen jeben ber übrigen Sluffäfce nadj> ber einen
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Vorwort $ur brüten Äuffagc. XI
ober bet attberu <Seite In'u roeiter erläutert unb fefter Begrüubet.
Unb f o bitte ich bie Herren Anthropologen , roetd^e noch nicht,
roie £>eüroafb, ungleich ^^renclogen ftnb, biefeö 33uch in beut
©Utile in bie £mnb 311 nehmen, al$ ob ber 2luffafc„2(nthropo-
legte unb ^Phrenologie u ber erfte ober einige oon 33ebetttung,
unb alle üBrigen $u feiner Erläuterung gefcfyrieben feien. £>a*
dämliche gilt natürlich oon jebem anbern Slnffa^ biefeg 33u*
cheä: ber Prolog famt unb folf bieStuffäfce üBer^)3ft>chologie,
ber SKalet ober 33übhauer bie üBcr Bübenbe ftunft, ber Er=
3ie^er ben üBer Erziehung :c. at« bie erften ober einigen,
unb alle üBrigen oft not^roenbige Erläuterungen Betrachten.
£)a8 auch ift erft bie rechte Sa^hett, rodele oou alten
leiten Betrautet als feiere erlernt.
SDtefe britte Auflage ber „ $$wtobfttföat ©Uber " ift in*
fefertt eine vermehrte, als mehrere 2Xuffä^e neu ftnb (IX.
XIX. 2. 3. XX. XXI). dagegen ift auch ™¥ Weniges
ausgefallen. Jaft ber ganje Qxifyalt be$ erften £>efte$ ber
gtoeiren Auflage (bie r/ ^3^renelcgie iwt Umriffe") fonnte barum
roegBteiBen, roetl ich *>afur auf feeu »Äatc^ifnut« ber ^hrCs
nelogte" oerroeifen barf. £)en fttffafc „^Brenologie unb 9?e=
ligien" t)abt ich itt ber fütjfidh erfchienenen ©dt>rift „£>te
Ungöttttchleü be$ $atftt$um* unb bie Kirche ber 3ufunft"
aufgenommen. 2>er Sluffafc „Phrenologie unb ^olittf" ift
roeggefaflen, roett bie perfö'nftchen SBerhättniffe , rr>elct)e mich
gu beffen $eröffenttichung nötigten (meine SluStoeifuug aus
SBür^Burg), längft nach Sunfö georbnet ftnb. SXe Eiuthei*
(ung be$ SöucheS in |)efte ift nicht BeiBehalten. ©chttefjttch
noch eine 33emerf uug. $)ie $ahlreicheu, fo ganj neuen 8Ba$t*
-
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XII
Vorwort sur britten Auflage.
fetten, tvefc^e feie ^Phrenologie im 33ergtetc$ 311 beut, toaS
Bisher als ättenfcfyenfunbe galt, enthält, ftnb mcfyt nur für
Stiele ein (Stein be« Slnftoge« unb ein ®nmb jur Saftet*
fung ber ganzen Siffeufcfyaft, fonbern fie machen au$ bie
"ißfjrenologie für Me ertoaS fd^tüer oberfangfam toerftänbücfy.
Sine ^renologtfdjje Safjrtyeit, nur einmal ausgebrochen, toirb
enttoeber nic$t ober nur mangelhaft toerftaubeu : fte muß brei=,
viermal, toomöglicfy auf fcerfdn'ebene SBeife, toiebertyolt unb er*
läutert toerben. ift ba^er ein ^Sorjug be8 fcortiegeuben
S3i4e«, tüeld^eö aus ein^tnen, in ft<$ felBftftänbigcn 2(uffäfcen
üerf<$iebenften 3n$alt$ Befte^t, bafj baburc$ ©etegen^eit ge*
geben toirb, bie ^renotogif^en Sa^etten fcon mögli^ft
tiefen leiten ins 2fage ju f äffen, unb fo für ben Sefer bie
mögliche Margit be$ Skrftänbniffee $u erretten. Mein
^terBei muß eine regelnbe £)anb toalten, bamit nic^t eine
Sa^r^eit öfter, ai$ nöt^ig ift, Befprocfyett ober Berührt toerbe.
Unb in biefer iöejie^ung fönnte ic$ vielleicht ben £efer toegeu
Keiner Unregelmäjjigfeiteu, BefonberS in ber Reiten £>älfte
be$ 33u<$e$, um dntft^ulbigung 31t Bitten £aBeu. 2)enu bie
(£rtoeiterung be$ 2lBf<$nitte$ üBer Anthropologie, oon toelctyer
u$ ©• 462 er^lte, na^m mt$ fo ganj in Sinfonie^, bag
babnrch in betreff ber SIBrunbuug be$ 33u<$e$ meüetd^t Heine
Orefyler nnoerBeffert geBlieBen ftnb.
Seidig, int ftebruat 1874.
(Knflttti Sdjm.
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*
3nljaltBt>erjetd)m|L
Seite
»ortoort ¥
L
jgrngbjfifle ber fffrrenoloflie 8
IL
,^ur (Se)d;icfrte ber yftr»ioloflie 12
IIL
lieber bic BWflgjggt einer ®eiflc«fefrre 31
DL
lieber bie ginfreit bee ©ciftej ; ©eele nnb ©eift 37
2) er gfflfjj unb bog gftier; 3)arn>tn'e gefrre 43
YL
33erftonb nnb «ernunft 63
SIL
^lnenotofliffle gfrorotterifHf : $. ftotfre, ber 9ftnemomfer ... 69
¥IIL
H4o{oflte nnb ^frrenoloflte. (Sftofentrong, ©cfreibfer, ^Drobifc^, 8enefe.) 68
IX.
(Sine Pggjtjjjjjfl über Mtcnoloflie 152
2L
3) 0» Aftern 172
XIV 3n6alt*»er*eicbnifi.
Seile
XL
flu« meinen unffeufcfcaf tlichcn 33fflegniffen fyrnitafg 1H2
XII.
Dr. Watffan 191
XIII.
25fr Anatom flrnolb 202
XIV.
(Sine ©ifrmörberiu 211
XV.
Phrenologie unb ©trafreebt 219
XVI.
Phrenologie unb Srjielmng 223
XVII.
praftifeber Unterricht in fcer Phrenologie 307
XVIII.
Phrenologie nnb bilbenbe Ännjl 331
XIX.
©itbercjaUevie 3f»G
XX.
3nr Prüfung ber Pönologie. In $mn prof. $ird>on> .... 421
XXI.
«ntbro^ologie nnb ^^rcnolcgie 441
XXII.
Sin« meinem ?eben 511
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Derjeidniiß ber Abbildungen.
Seite
2>er ij^renologif^c 8op\, 4 «nfi^tcn * 7
Porträt ©aU"s lf>
Porträt §. ÄotbY« 60
flmicatal unb O^ofttal, 4 Umriffe 169
Sdjabcl bet ©iftmörberin SJecfenbaa), 8 9lnftd)ten 21 6
©c^äbet eine« neugeborenen Jtinbe«, 4 Slnfidjteu ....... 311
ftatetatat, 3 Umriffe; obere ©a}äbelanfta)t 315-310
Äfo|>flocf , Gonftantin b. ©r. , ©uflab Hbolpfc, 25er b.1. ©tepban, «i<
föof ©aUer, @t>inoja, Äaifcr Söiltjelm 317-319
Gautal, 3 «bbtlbungen 322
Gurtyibe«, ©roßer ©ef($lea)tefinn , ©a)lecbte Äotfbilbung , ©roße«
©elbftgcf m , ©tarfe unb f<fc>ac$e $)eobart)tung«gabe, «oltaire,
S«egct (Suftaaje, fcwater, ©ofrate« 325—329
SBincfetmaiui, 3af. »ityine, $an 2tyct, SR., SRörbcr, 2)., wenig (S&a*
ralterfcfrigfeit 337 -340
SUeranber »on #umboIbt, lütefliu* , $umbolbt mit SMteßiu«', 3Ji
tettiu« mit $uinbolbt'« ©tirn 344—345
©eberbenfpra^e be« ©a^erge« ober Sifce«, ber Sbealität, ber ©org=
üc&tcit, ber geftigleit, ber Äinberliebc, ber Eeifadaliebe , be«
©egenjtanbrtnn«, be« Äunftfmn« 348—355
1 ©teinbrueftafet (in 2 «lättern) mit 24 Äityfen : <S&rifhi«, äflabonna,
£erture«, Gere«, ftero, ©ofrate«, bj- $ierom?mu«, 9Röncb\ Wae
tyaotm, SRiajel «ngelo, $apft §abrian, yapft SÜeranbcr VI.,
©alitei, ©uftao Äbolpb, Voltaire, Äatbarina II. , @oetb>,
GufHue, Silomat »u. 9K. . A, fteuerlänber, 28. to. $umbolbt,
SWar JBaier, @tftmifa)crin ©ottfrieb, "45eftalo^i 350
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XVI Skr3eid>nifj ber ^bbübuntjen.
Sofft mit adit Köpfen: Napoleon III., 9Uyv. «i*maicf, Robert TOftttCT,
gubtoigll., &3nifl toon ffopetn, SPiinna ©flmibt, gifefter . . 361
itoowifl äofrfiimriffe 382—383
2) tci 2)owcIumtiffc . . .435
3) er mtnjcftlicfte Nerven Im» 472
(geitcnbiudMcftnitt bt« OMnrn« 473
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ll^renolaglfctie littet
»
Scfjette, ^tenoIoöMdjc »Übet. 3. Kup. 1
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L
{ßnmdäüge der |)hrcnofogic.
Brevia esse laboro.
Horat.
1. Pte töeifteeUljrf.
£>ie Phrenologie — (SeifteStefyre — ift bie Mjxc bom Reifte
unb »on feinen Organen.
$)ie erfte Hufgabe ber (SeifteSlefyre tft, bie ®runbfräfte
be« (SeifteS aufjufinben, b. i. bieienigen (SeifteSfräftc, welche ollen
®etfte«tljättgfeiten {tan ®ruub liegen ober auf toelcfye ftd? alle
(SeifteStljättgfeiten julefct jurücffüfjren (äffen.
£ie Phrenologie, als ®eifte$lefjre , ift eine neue ffiiffen«
föaf*- £)enn obgleich bou jefyer bie ®etfte«forfc§er bie ®nmb=
fräfte be« Reifte« aufeufinben fugten, fo ift tfynen btefe« bo#
sorbem ni$t gelungen. <Sie meinten alte, auf bem Sege ber
<Setbftbeobad&tung biefe« 3tel erretdjen ju fßnnen. Allein
ba$ eigene (Sefütjl, bie ©elbftbeobacfytung , ba« (Selbftbettni&tfein,
giebt und oon ber inneren Söefcbaffenljeit, gleicfyfam bon bem 53aue
unfere« (Seifte« — toenn ba$ 2M(b geftattet tft — ebenfo wenig
$enntnijj , al« bom inneren 38au, bon ben Organen unb Grin=
getoeiben unfereS Körper«. Wx füllen nur, b a § toir, aber nietyt,
tote mir geiftig unb fftrperlicfy leben.
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4 ©runbafige bcr ^renologie.
Die ganje ®cfc^td;tc bcr ®eifte«lefyre .ift nur ein fort*
laufenber Söetoei« für ba« ®cfagte. Sitte ®eifte«forf#er, toetf fie
immer fugten, nie fanben, loaren unter fic$ begebener Stnftcbt
über ben inneren ®eifte«bau, jeber natmt anbere (Srunbfräfte be«
Reifte« an, ber eine jtoei, ber anbere bret, ber anbere fieben,
ber eine biefe, ber anbere jene. Griner fagt j. Crmpfmbung
nnb ®ebäd>tnit? feien jtoet ®runbfräfte; ein anbercr, ba« ®e*
bäcfytnifc fei nur bie SÖiebcrljolung bcr (Smpfinbung, betbe feien
bafycr nur eine ®runbftaft. Gttnige neuere ®eifte«forfc$er meinen
bem ewigen Streite baburef) ein (Snbe ju machen, ba§ fie gar
f e i n e ©runbl räf te im (Reifte unterfdn'eben ttriffen motten, fonbern
alle, wenn au$ fcfyeinbar noefy fo oerfdfyiebenen ®eifte«fräftc, j. $8.
SBerftanb unb <&emüU), für im Örunbe eine« unb baffelbe er*
Karen. Slber ber alte Streit ift bur<$ bie neue Meinung nur
vergrößert, ein Streit, ber auf bem bisherigen Sege nicfyt eilt*
fcfyieben merben fann.
Sföeldjer anbere benffcare 2Öeg aber, aufcer bem ber Selbft*
beoba^tung, fßnnte jur tenntnif? be« ®eifte«baue« führen? 9ßodb
weniger, fbnntc e« flehten, bie ^Beobachtung be« ®eiftc« anbercr
3)?enf^en. (^leictymol ift nur biefer Söeg ber allein richtige
unb mo*glic$e.
Da nämlicfy ber ®etft ber einzelnen 9ttenf$en ein feljr ber*
fcfyiebencr ift, fo ift in biefer SBerfcfyiebenlj eit be« Reifte«
ba« 2Wittel jur $enntnijj be« ©eiftc«baue« gegeben. Da g. Sö.
ein 9ttenf$ fel)r biet 23erftanb unb fetyr loenig ®cmütlj, ein
anberer feljr wenig Sßerftanb unb feljr oiet ®emütlj Ijaben tann,
fo ift baburefy gtei^fam mathemattfd) oennefeu, baß 23erftanb unb
®emütty nidjit nur fdtyeinbar, fonbern im ®eiftc«baue felbft Oer*
fd&teben finb; gerabe fo mic (oon ben Organen abgefetyen) ba« *
" Seljoermögcn oom £öroermögen at« im ®eifte«baue babur$ al«
getrennt erfctyeint, bafj ein üftenfcf; gut feljen unb f^lcc^t hören,
ein anbercr fehlest fcfycn unb gut hören tann.
Die auf biefem Sege ber ftorfcfyung gefchaffene ®eiftc«lehre
ift bereit« mit oielem ftleij? unb oielem Ifrfolg bearbeitet roorben.
§ter eine furge Slnbeutung über ba« ®cfunbene.
Der ®etfte«bau jeigt fd^on im Sittgemeinen brei getrennte
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©runbäügc ber ^tyrenotogte.
5
Gruppen bcr ®eiftc«fräfte : bie „meberen" ober wtf;ierifd;en"
Sinne, bic „®emüt(;öftnne" unb bie „3$erftanbc«fmne". Denn
irgenb toeldfye biefer (Gruppen loirb oft bei einem Üftenfdjen fcfyr
ftarf ober feljr fcfymadj bot ben übrigen gefunben. (S$ giebt
9)?enfd)en, toelcfye borjugSmcifc letbenfefyaftücfy finb, anbere, melcfyc
®efüljt«menfcfyen, anbere, n?el(fye 2$erftanbe$mcnf<$en finb. 3cbocfy
bte ttnterfd&cibung ber brei SiuneSgruppen als fotd^cr ift belegen
t>on geringerem Söertfy, toetl toieber einzelne Sinne felbft;
ftänbig unb unter fid; getrennt finb: eö fann 3. 33. bei einem
9ftenf$en bie Gruppe ber tfyicrtfcfycn Sinne im Slllgemeincn ftarf,
aber einer biefer Sinne fcfytoa^ fein, Grin 2flenf$ fann oon
Gtfyarafter letbenfcfyaftlicfy in bcr einen 33e$icf)ung unb tcibcn=
fcfyaftsloä in ber anbeut fein.
Die aufgefunbenen einzelnen Sinne finb auf bcr folgenben
£afcf (S. 6) genannt. 2lfle biefc Sinne finb al« unter fiety
getrennt, als felbftfta'nbig im ©eifte borljanben baburefy na$gc=
triefen, baß jeber berfefben enrtoeber ftarf ober f$n>a$ bor allen
übrigen gefunben trirb. 3eber behält fi$ baljer $u jebem anberen,
irie $. Sd. bie Seßhaft fidj> jur §&rfraft berptt. Ueberljaupt
fmben 'jtrifctycn ben äußeren unb ben inneren Sinnen mefyr
2lermtic$feiten als ^erfdjiebenfycitctt ftatt. (Stnc SSerWieben^eit
ift aber, bafe in ber föegel bie äußeren Sinne in jiemlid) gleichem,
bie inneren in fyßcbft ungleichem 3)?aße sorljanben finb. (Kit
9ftenfcfy fieljt unb Ijört (in gefunbem 3uftanbc) StentUc^ fo gut
urie ber anbere; bagegen trirb feiten ein Sftenfcfy gefunben, beffen
ftärffter unb beffen fcfytoäc$fter innerer Sinn unter fi<$ im ffliaftc
nidjt äufjerft berfcfyteben toären. Dal)er bic fo unenblicfy grope
geiftige SBerfcfyiebenfyeit ber 2flenfcfyen.
Diefe 2lrt unb Söeife, bie (brunbfräfte be« Reifte« aufju=
finben, ift, wie toir feljen, eine Scfyetbefunft , älmlicfy beteiligen
ber $örpertoelt. 9cur ftnnett in ber teueren bie Trennungen be*
ttebig gemalt »erben, in ber erfteren tegt bie 9catur biefelbcu
Bereit« gemalt uns fcor. Slucfy ift bic Sctytoterigfeit ber ftor*
fcfyung bei ber geiftigen Scfyeibeftmft , entfprecfyenb bem leeren
Stanbpunftc ber 2ötffenfd)aft, eine größere.
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6
©runbjüge ber ^bjenologte.
fie inneren Sinne.
1. fiebere ©inne.
(x^ntrital, „9*abrung*fhtn\)
1. ©eneratat, „©inn btx ©ef<$teä>t«ltebe".
2. 3 n f a n t a 1 , „ ©inn btt Äinbertiebc" .
3. (Soncentratat, „ein&ett«finn".
4. «micatat, „©inn ber Bntyänglidjfeit".
6. o^ofitat, „Äampffmn".
6. Hctitat, „3erftörung«finn".
7. ©e er etat, w9$er&cimti$ung«ftnn".
8. Slcquif ttal, „(Srtoerbftnn*.
12. Gautal, „@inn ber 25orfiä>t".
2. ©emütMfinne.
10. 3^)fotoI, »Gitta be« ©elDfigeffibl«".
11. «mbitat, „©inn ber «eifaltetiebe".
15. ftirmital, „@inn ber gefHgfeit".
16. <£onfcien tat, „@tnnber®ennffen&aftigreit\
14. SJeneratat, „©inn ber $ere$rung".
17. ©peratat, „©Um ber Hoffnung".
13. ©onitat, „©inn be$ 2ßo$Itooflen«".
21. 3tnitatat, „©inn ber 9?a$abmuug".
18. 2Ktraculital, „@inn für SSBunberbares".
19. 3bcatitat, „©inn für Sbeate«".
20. (Somtcatat, „@inn für ©a)erj".
3. $erftanbe«finne. a. fiebere.
22. Realität, „©cgenftanbfinn".
23. gormitat, „ftortnenflnn".
(24. Smtotital, „töaum* ober frernftnn".)
(26. ^onberttal, „@e»ic&> ober SBägertnn".)
26. (Solorttal, „garbenftun".
(29. Orbttat, „Orbnungsfinn".)
28. 9?umeratat, „3ab. tenfinn".
27. Socatat, „Ortsfinn".
30. ftaetttat, „£$atfaä)enfinn".
(31. Semtoitat, „3eitftnn".)
32. SWuficatal, „£onftnn".
9. (Sonflructat, „Äunfc ober Saufinn".
33. ©erbotat, „ffiortfinn".
b. §öljere 5Jerfianbe«finne ober 2)entlräfte.
34. Com^aritat, „2$ergleia)ung8berut&gen".
35. (Saufatitat, „©äjtufjoermögen".
r
®runbjfigc ber ^tyrenologte.
7
Per »Ijrenologifdje Hopf.
2>ie ftnmmern ber Organe entfyreajen ben Hummern ber inneren
©inne auf ber &orfteb>nbcn fcafel.
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8 (Srunbjfige bcr «Phrenologie.
2. Die törganenleljre.
Obgleich biefe 2Betfc ber ®eifte«forfcfyung eine ftreng auffen-
fd)aftlidjc, genügenbe ift, fo iiutrbc babei boefy aufcerbem ein
jtoeitet $en?ei«, glcicfyfam eine $robe, für bie SRicfytigfett bcr
miffenfdjaftltcfycn Grrgebmffc baburd; fycrgeftellt, ba§ für jebe nad;
genriefene (9runbfraft bc« Reifte« auefy ein befonbere« Organ im
$efyim neu^getotefen mürbe. Daburd; mürbe bie an fidj fefyr
fdnmmgc 2Biffcnfcfyaft einerfeit« ergänjt nnb erleichtert, anbrer*
feit« umfangreicher, oermitfclter, leichter $ft&berftänbniffen aus-
gefegt. Da« Scfentlidje bcr Organenlefjre ift biefc«.
Da« (^eln'rn ift ba« Organ aller inneren Sinne. (5in Sdc*
mei« bafür unter triefen ift , baj? ba« Öeln'rn oon ben nieberen
£ljieren 31t ben fy&fycren unb jum SD?cnf<$cn übercinftimmenb mit
ben geiftigen ftäfyigfeiten an (^rij^e junimmt. Der Sttenfdj l)at
ba« größte ®efyirn, metl er geiftig am fy&cfyften fteljt, ober er ftefyt
geiftig am fye'cbften, n>cit er ba« größte ®eljirn l)at.
Diefer Scfyluü mirb, wie im fangen, fo im (Sinjcfnen gelten.
@o mürbe nun erften« ba« $tnter- nnb Untergcfyirn in ber ®röfcc
übercinftimmenb mit ber Stärfe ber „nieberen" Sinne, ba« Ober*
gefyirn in Ucbereinftimmung mit ben „$cmüt$«finnenÄ , ba«
iöorbcrgefyirn in Ucbereinftimmung mit ben „33erftanbe«ftnnen"
nad;gcmtefen. Der obige Safc mieberfyolt fiefy baljer im (Sinjelucn
5. 53. fo : biefer üD?cnfdj fyat .ein ftarfe« ^inter- unb Untergelnrn,
meit er ftarfc tfyierifcfye Sinne Ijat, ober er Ijat ftarfe t^tcrifd^c
Sinne, mctl er ein ftarfe« hinter* unb Untcrgeljirn Ijat.
Unb c«- mürben aud) jmeiten« befonbere c inj eine ®efjirn*
Ivette in bcr (tyrojk übercinftimmenb mit einzelnen ®riinbfraftcn
nacfygcmiefen , fo baß jener Safc fiefy nod; meiter im (Sinjelnen
j. Sd. fo mteberljolt: biefer üftenfa) jeigt ben unb ben beftimmten
Xljeit be« £rintergefytrn« grofe, er befifct alfo ben unb ben „nie*
bereu" Sinn ftarf, unb umgefeljrt.
(Sine gragc Ijterbci ift, ob aud) bie ©etyrngeftalt unb bie
Organengröfee äufeerlicfy au« bcr fötyfgeftalt erfannt unb. beurteilt
merben f&nne. Sie ift fo }u beantmorten. Die $erfc$iebentyett
. ber mcnfcfylicben ßopfgeftaltcn ift eine l>cd>ft bebeutenbe, fo ba§
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©nmbäüge ber «Phrenologie. , 9
j. 53. ber .Jrinterfopf im 23crgleich ju ben anbern $opftheilcn
bei bem einen äRcnfttyen oft um jtoei bi« brei £oU ftärfer, bet
Oberfopf jroei bi« bret 3ofl Wer gefunbentoirb, al« bei bem anbern.
!£>ic Unregetmäftigfeiten in ber ÜDtcfc bcr §trnfctyale bagegen finb
fefyr gering unb betragen gewöhnlich nicht über eine bis $toei
Linien. 9(n ber 33erfchiebenheit ber menfdtylichen topfgeftaltcn
hat baljer bie 23erfchiebenheit ber £)irngeftalten einen minbeften«
äefmfach größeren Xntfett, al« bie Unregelmäjngfett ber <S$äbel=
biete. Obgleich man bafyer bie Öröfje eine« ®ehirnorgan« nicht
matheutattfeh genau äußerlich erfennen fann, fo ift boch ein
großes ober ttollenb« fchr große« Organ oon einem fleinen ober
fef)r Keinen fidler ju untcrfchctbcn. £>ie« genügt fchlechthin für
bie ftorberungen ber ftrengen Sfötffenfchaft, ba biefe, als bie 91 a cfy *
toeifung ber ©runbrräfte be« (Reifte« unb ihrer Organe, nur
auf ber Grrfcnnung großer Unterfchicbe beruht.
§icrau« ergiebt fleh jugleich ber 3rrthum ber Anficht, al«
ob bie ^^renotogie ben ganjen ßharafter jebe« 3D?enfchen au«
feinet topfgeftalt ttriffenfehaftlich ftc^er beftimmen $u fönnen be*
Raupte. £)enn bie {frage, ob burch eine ljintängttcfye ga(l feljr
att«gefpro<hener gätle eine ©runbfraft ober ihr Organ im
3ftenf<$en überhaupt nach ge toi efen merben f&nne, tft fehr tocit
oon ber berfcjieben, ob ber gan$c (S^arafter jebe« ein»
$ einen 3ttenfchen au« feiner Äopfgcftalt jtt beftimmen fei.
!Dtc erftere tfrage ift unbebingt ju bejahen, unb barum ift bie
^renofogie eine ftrenge Söiffenfc^aft; bie teuere läßt nur eine
bebingte ^Bejahung ju . unb barum tft bie ftunft ber Phrenologie,
welche auf bie möglichst genaue ®r&ßenbeftimmung aller Organe,
auet) berientgen mittleren 3ftaße«, eingebt, eine, je weiter fie geht,
ftufenwet« unfichercr werbenbe, mehr bem Hüthum au«gefefete.
Ueberbie« treten hier (Sinflüffe auf (Temperament, Uebung u. f. w.),
Welche bei ben Organen ber äußerften ßntwicfelung nidt)t entfchci=
benb in {frage fommen. ®anj ebenfo fann bie förperltche <§<heibe*
fünft einen <§toff at« oon allen anbern wefentlich oerfc^ieben ober
al« ®runbftoff tt>iffenfc^aftti<^ fidler nadt)weifen, allein mathematifch
genau $u beftimmen, wie biet bon bem ober jenem (Srunbftoffe
in einem oortiegenben Körper, j. 33. einem SWlneralwaffer, ent*
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10
©runbjüge ber «Phrenologie.
galten fei, bie« oermag ftc nic^t. Sleljnlicfye« gilt oon aßen
übrigen 9ßaturmtffenf<$aften.
£>ie Organenleljre ber Phrenologie, obwohl toictfad^ bcfttitten,
beruht f$fe$$iti auf £Ijatf adjen. Cmtfletben mir fie auc$
aller ihrer allgemeinen <Säfce, bie £fjatfadjen fteljen feft. $)ie
®röj?e be« ®ehirn« fei ntd&t ein üttagftab feiner Straft, bie ®e*
himgeftalt (äffe fid^ ntc^t au« ber Äopfgeftalt erlernten, ba« ®e*
htrn fei nic^t ba« Organ be« (Seifte«. Slber in £aufenben oon
fällen, b. i. immer unb ohne eine etnjige 91u«nahme, mürbe
j. ©. bie ©teile be« f. g. $>aarmirbel« am Äopfe 10 ber
pljrenologifcfyen Organe) ba feljr erh&tjt ober feljr oertieft gefun=
ben, mo ba« „<Selbftgefühl" in einem 9Wenf$en fe^r ftar! ober
feljr fcfytoad) mar, unb fo bei allen Organen. Söenn mir ein
®elbftü(f in bie §ßhe murfen, unb e« fiele jehnmal auf biefelbe
(Seite nieber, f o mürben mir ba« auffallenb finben ; menn e« aber
taufenbmal unb immer auf gleite Sßeife meberfiefe, fo mürben
mir natfy einer (Srflärung biefer 2^atfac^e fu<$en. 9ßaturforf(her
SDeutfölanb«! $ier finb bie ^atfad^en ber ^renologtfd&en £*s
ganenlehre, fu^t $u ihnen bie (Märung, mel<$e e« immer fei;
ihr merbet ju benfefben <5rgebntffen fommen, ju benen bie $fyre*
nologen gefommen finb.
(3u ben tafeln 8. 6 u. 7.) Nähere« über bie 33ebeutung
ber inneren ©inne f. in meinem ,,$atechi«mu« ber ^Phrenologie",
6. Slufl. I5>ie mif fenf ctyaf tli^en tarnen ber @tnne („Oppo*
fttal" ic.) finb Ijauptfä^ltcfy barum nothmenbig, meil bie au« ber
gem^nli^en Sprache gern aalten tarnen („Äampffinn", „3eicf^s
rung«fmn" :c.) faft alle bie ®rimbbebeutung ober ba« Söefen ber
betreffenben Sinne nur mangelhaft ober unrichtig bezeichnen. <So
ift 3. 33. ber 9tame „tfampffinn" &u ftarf, „2Biberftanb«ftnn" mürbe
iu fchtoach fein; „3erftörung«ftnn" ift ganj einfeitig ic. 2luch
barum bebarf e« ber miffenfchaftlid&en tarnen, meil bie au« ber
Spraye gemähten tarnen faft 3ebermann ju ber irrigen 2J?ei*
nung »erleiten, bafj er mit bem tarnen eine« ©hüte« auch beffen
8ebeutung fenne*, baj? er j. meil er meifj, ma« $ampf ift,
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®runbjüge ber ^renotogie.
11
bamit auch fchon hriffe, tt>a$ bie SSMffenfchaft unter „$ampffinn*
oerftehe. SDiefer Uebetftanb finbet ftdt) nur in ber ^Phrenologie,
ti>ei( beren ©egenftanb bent 2Ncnfchen fo fetjr nahe liegt. Sftie*
nxanb toürbe meinen, fchon burch ba8 SB ort ju nüffen, n>as
„Sauerftoff" fei, unb ioaö bie Chemie barunter oerftehe, ohne
fic^ barüber juoor triff enfchaftlich unterrichten ju müffen. 2lu$=
führte« über bie miffenfchaftlichen Tanten ber Sinne (beten
ßnbftlbe furj $u fprechen: „Snfantall", nicht „3nfantahH f. in
meinen „^enologifcben töeifebitbern", @. 259 — 272. 2>ie
(gintheitung ber inneren Sinne in bie brei ©nippen ift,
toie leidet ju erfennen, eine mehrfach mangelhafte. SBeniger ift
j. 53. ba8, nüe man gemeint hat, ein üttangel, baß , Opfotal * unb
„Slmbital", bie ©runbtagen be$ Stoljeä unb be$ (Shrgeije«, unter
ben ©emüthsfmnen genannt finb : benn„3pfotar giebt bem 2Jienfchen
ba« ©effiljl feine« Söerthe« unb feiner Stürbe, unb „Hmbital" ba8
Gefühl für bie Slnerfennung oon Seiten feiner -ättitmenfchen ;
beibe bürfen baher infofern unter ben ©emüth«fmnen (®efühl8=
finnen) genannt fein. Slber toohl ift 3. 53. ba$ ein großer Langel,
ba§ „Slmicatal", toeil e$ ber 2ttenf<h mit ben Ztymn gemein hat,
unter ben nieberen ©innen genannt ift, loährenb e« zugleich ganj
entfehieben bie ©ebeutung eine« ®emüth$fmne$ ^at. Manche
tytyexioioQm ha&en anbere Gsintheilungen, als bie tym gegebenen,
gemacht, bie aber alle mehr ober toeniger mangelhaft finb. 53e=
merfenStoerth ift, ba§ ©all felbft feine Grinthetlung ber inneren
(Sinne »erfuebt hat, inbem eine ttnffenfchaftlichc 5Rothn>enbigfett
hierzu, mie fich »erfleht, nicht oortiegt. £>te Grtntheilung ber
©eifteSthätigfeiten, toelche bie -iftatur gemacht hat — in bie ein-
zelnen ®eifte8fräfte felbft — hn'trbe auch fut bie Sötffenfchaft
genügen. Sllle ©ruppirungen ber inneren «Sinne, beren
feine bie Sftatur gemacht hat, haben lebigtich ben bie
Ueberficht ju erleichtem.
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II.
Sur (ßcftfuefitc Atv $hrenofogi<?.
Quloonque a une trop baute idee de
la> force et de la justesie de ses rai-
BonnementH , pour ae croiro obligr de
leg aoumettre a une exp6rience mille
et mille fois r£p<H6e , ne perfoction-
nera jamaia la Physiologie du cerreau.
Call.
Ueber bic Slrt, tüte ®alt, geb. im Satyre 1757 ju Siefen*
Brunn bei ^forjtjeim, ju feiner @ntbecfung tarn, erjagt er fetbft
gotgenbe«. „23on meiner erften Sugenb an lebte tefy im @cfyoo§e
meiner Familie mit mehren ©rübern unb @<$ti>cftem unb mit
feljr otelen tameraben unb 3Witf^ü(em. 3cbe« bon iljnen tjatte
etma« ©efonbere«, ein Xatent, eine Neigung, eine ®abe, bie e«
»du Slnberen unterfcfyieb. 2öir beurteilten batb, mer bon und
tugenbljaft ober tafterljaft, ftotj ober betreiben, offen ober ocr=
fteüt, freunblicfy ober ftreitfüdt)tig , gut ober böfe mar. 3n ber
<Scfyute jeicfyneten fid^ (Sinige burefy itjre fctyöne @cfyrift au«, 8bv
bete burdj bie ßeicfyttgf eit , mit ber fie regneten, Rubere lernten
leicht ©efebietyte, ober ©eograpfyie, ober (Spraken. ©eljr SBiete
Ratten Neigung unb latent für Dinge aufcerfyatb be« Unterricht« :
fie f^nitten au«, jeic^neten f Slnbere matten, fugten ©turnen,
Snfeften k. ©o zeichnete fi<$ jeber burefy feinen befonberen
Gttjarafter, feine befonberen ftätn'gfetten au«, unb icb beobaefc
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3ur ©eföicfcte ber Senologie. ' 13
tete niemals, baß ber, melier ein 3aljr borget ein betrü&erifcher
unb untreuer tamerab toar, ba« nächfte 3aljr ein fixerer unb
treuer ftreunb tourbe, ober baß ber, mclcber fich ^eute burch ein
große« töechentatent auszeichnete , morgen biefc« mit bem für
(Spraken bertaufchte.
3n ber ©cfyule hatte ich am meiften bie ju fürchten, toelche
mit fo großer \?cichtigfeit auStoenbig (ernten, baß fte mir oft bie
©teile toieber abgetoannen, tccl^e id; burch meine Aufarbeitungen
ermatten ^atte. Später änberte ich meinen Aufenthaltsort unb
hatte ba« Unglücf, toieber 9)?itfchüler ju befommen, toelche fich
burch bie ®abe, leicht auStoenbig ju lernen, auszeichneten. 9htn
bemerfte ich unb e« fiel mir auf, baß fie meinen ehemaligen
Nebenbuhlern burch große, h^rborftehcnbe Augen glichen. 3^
3ahre nachher ging ich ««f Uniberfttät unb richtete nun $u*
erft meine Aufmerffamfcit auf bie meiner ©enoffen, toelche eben
folche heroorftehenbe Augen hatten. 9ftan rühmte mir allgemein
ihr gute« $Öortgebä<htniß. 3ch tonnte baher nicht glauben, baß
bie« nur ein zufälliger Umftanb fei unb fing an, einen 3U*
fammenhang jtoifchen biefer Augcnbilbung *) unb ber Veichtigfeit,
auStoenbig gu lernen, ju bermuthen. $)urch Beobachtung unb
Sfachbenfcn !am ich fc^hin, 51t fließen, baß auch rubere Xalente
fich burch äußere SDZerfmale berrathen fbnnten, unb fitö^tc nun
^erfonen auf, toelche befonberc ©aben hatten, um ihre Kopf*
geftalt JU ftubiren. 3ch glaubte anbere Kennzeichen $u finben,
toelche bei allen großen Katern, bei alten großen üttufifern, bei
aüen großen 2ttechantfern it. f. to. betnerflich toaren. 3n ber
3toifchenjeit l)atte ich 9>icbictn zu ftubiren angefangen. 9ttatt
fagte un« biet bon ben Verrichtungen ber SOhtSfeln, ber (Singe*
toeibe 2C., aber gar Nicht« bon ben Verrichtungen beS ®ehirnS
unb feiner einzelnen Xtyik. 3<h muthmaßte anfangs, toaS ich
balb jur ®etoißheit braute, baß bie Verfdn'ebcnheit ber Kopf*
•) 2>a8 ?(nge ift *om ©el?trn nur burcty eine büunc tfno#ent>latte gc*
trennt; e« fle^t metyr im Äopfe toor ober liegt me^r in ber $ityle jurücf , je*
na$bem ber ®ebjrnn)etl (bat Organ) über bemfetoen größer ober fleiner ifl.
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*
14 3»" ®ef<$i»$tc ber ^renofogte.
geftatt burch bie oerfchiebene ®efta(t be« ®ehirn« beranfafct toirb
imb ba§ bic oerfchiebenen ^ette be« ®ehirn« bie berfcbiebenen
Organe bcr menf$tt<$en ftä'higfetten finb.-
Scachbem ®att bie ÜRöglichfcit ber Stuffinbung ber ®runb*
vermögen be« (Seifte* unb ihrer Organe erfannt, betrachtete er
btefe Huffinbung, bie Schöpfung ber 9caturn>iffenfc$aft be« Reifte«,
a(« bie Hufgabe feine« Leben«. Seit bem 3ahre 1785 mar er
au«übenber $(r$t in SBien. Grine paffenbere Stellung für feinen
3*oecf, als bcn 39eruf eine« Slrjte« in ber großen ftaiferftabt,
fonntc er nicht finben. (fr Beobachtete unb fammelte mit eifement
gleiße, ftct« bor Willem auf SBielfeitigfeit unb Unbefangenheit
feiner ftorfchungen bebaut. £aufenb unb mleber taufenb Söeob*
acfytungen jur ©eftätigung einer jeben Söahrhett ju fammeln,
toar fein SBaljlfprucb. Orr befugte 3rrenhäufer, (Sefangmffe unb
«Schuten, er betoegte fich in ben haften unb in ben niebrigften
Greifen ber (Sefeltfchaft; too er bon 3emanbem hotte, ber fich a«f
irgenb eine Seife auszeichnete , entmeber burch auffallenbe 8te
gabtheit ober burch fanget an berfelben, ba beobachtete unb ftu*
bitte er in SSergleichung mit bem (Sharafter bie ©eftalt be« $opfe«
unb bei Leichnamen jugleich be« ®ehirn«. 9ßicht minber al« ben
(Sharafter ber Sftenfchen, ftubirte er bcn ber Spiere, ba er e«
für einen großen Achter hielt, bcn üDienfchen auch in geiftiger
^öejiehung abgefonbert oon feinen SDfrtgefchöbfen pi betrachten.
(§« giebt beinahe fein« ber oaterlänbtfchen Z§icxQe\(f)U$tcx, Befon«
bcr« au« bcr Slaffe ber 23ßgel, au« meinem (Sali nicht wenig*
ften« ein 3nbiotbuum felBft aufgewogen, beffen ganje 8e6en«$cit
hinburch beobachtet unb beffen (Eharafter ftubirt hätte. £)och fann
bei Xfymn biel toentger at« beim SDcenfchen bic (Sehirngeftalt
au« ber äußern Äopfgcftalt erfannt merben. «et Xfyexm ift
baher in ber 9ceget nur bie innere Schäbelfläche ober ba« ®e*
htm fetbft mit bem Gtharafter gu begleichen.
(Sleichjeittg mit biefen ftorfchungen ftubirte (Sali bie jfaa*
tomic bc« Gehirn«, unb feine Cnttbecfttngen unb Seiftungen fytxin
maren nicht minber Bebeutenb, al« feine (Sntbccfungen al« (Set*
ftc«forfchcr. früher nä'mttch mußte man Sfticht« bon einer Orga*
ntfation, einem lebenbigen Sau be« Gehirn«; benn baffetBe geigt
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3«r ©ef^i^te ber ^Phrenologie.
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ftch im natürlichen , frifchen 3uftanbe al« eine meiere, faft brei*
artige 3Waffe. ©alt machte nun juetft bie (Sntbecfung, bafc ba«
®ehim au« Däfern befielt , bie toom SDfittelpunfte au«, ba wo
ba« (Gehirn mit bem SRücfenmarf jufammenhängt, nach bem Um*
freife laufen, üflan fann ba^er ba« ®efnrn etwa mit ber ©lume
be« ©lumenfohl« begleichen, welche au« einzelnen, bom Stiele
ring« au«laufenben Sleftchen befte^t. Senn ba« @ef}im baburch,
bafc e« einige 3eit in üöeingeift gelegen, hart geworben ift unb
man jerreifet e« nach bem tfaufe ber ^fern, f° erfennt man biefe
fo beutlich, wie man bie ^flaujeufaferu beim 3erreifcen be« ©lu*
menfohl« in feine einzelnen 9left#en erfennt. 3Bir fehen leicht,
wie wichtig biefe (Sntbccfung war unb Wie fie mit (Sali'« (int-
beefung ber einzelnen (Sebirnorgane wefentlich jufammen^ängt.
Sar ba« (Se^irn nur eine unorgaiüfdje 2ftaffe, fo war e« nicht
möglich, an eine $erf<tyiebentyeit ber Verrichtungen ber einjelnen
(Seln'rntheilc ju benfen, aber bei bem ^aferbau beffelben fonnte
ieber £ljeit recht wohl für fich einem befonberen ©eifte«t>ermogen
al« $ßerf$eug bienen.
^achbem ®all bereit« biete ®runbbermögen be« (Seifte« unb
ihte (Sehiruorgane burch unjä'htige gefammelte £hatfachen ent*
beeft unb nachgewiefen , fing er im 3ahr 1796 an, feine <£nt*
bedungen in ^rioatoorlefungen t>er$utragen. £>iefe befugten nicht
nur bie Stubenteu ber üftebietn, fonbem auch biele au«übenbe
Herste, bie meiften ^rofefforen ber $t\U unb ber 9caturfunbe,
oiele @r^ieher, Üftaler, Staatsbeamte, barunter Banner oon ber
graten ®elehrfamfeit unb bem größten (Sinfluffe. 5luch biete
gebilbete tarnen fehmueften fein $lubitorium.
ftünf 3ahre lang ^atte ®all biefe Vorträge mit fteigenbem
Veifall fortgefefet. £)a machte pltffeüch ein faiferliche« $anb=
billet, welche« biefelben unterfagte, ©alf« öffentlicher i&irffam
feit ein @nbe. Darin war unter ^nberm gefagt, bafc über bie
neue ftopflehre, bon welcher mit fo biel Söegeifterung gejprocben
werbe, bieaeicht Manche ihren eignen Äopf berlieren bürften, baß
auch t>te[c Öehre auf 2ttateriali«mu« $u führen fcheine u. f. w.
Obgleich nun (Sali eine au«führlichc Vertheibigung ber oon ihm
borgetragen.en SBiffenfchaft einreichte, auch biele h^he Staat«*
S^e»c, ^nwiXo^W »Uber. 3. Stuft. 2
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3ur ®ef$i<$te ber ^Phrenologie.
Beamte ft<$ für ifyn oermenbeten, fo berieft e« boety bei jenem
©pruetye fein Bemenben unb bie Vorträge ®aU'$ mürben fo auf
immer in Sien eingeteilt. $>te Saljl ftanb tljm nun frei, ob
er bei einer auSgebeljnten ^rariä unb in glanjenben Berfyältniffen
in Sien bleiben, ober ob er feine föulje unb fein ä'ufcereS ®lücf
ber SGBiffenfc^aft jum Opfer bringen unb eine neue £eimat für
feine tfeljre auffliegen follte. <£x toaste ba« l'cfetere. 3m 3a$re
1805 oerlief} er Sien. Dr. @pur#eim, »eichet fieb it)m febon
feit einigen 3a$ren oerbunben fyatte unb meinem befonber« ein
Xljeil be$ BerbienfteS ber anatomifäen (Sntbetfungen jufommt,
begleitete Um auf feineu Reifen. &wrft menbeten fty bie beiben
^Teunbe na# ©erlin, too ©all bor ben Scannern ber Riffen«
fctyaft feine l'efyre mit großem Beifall oortrug. Sistig mar be*
fonberä auch ber ^öefiict; ©all'8 in ben ©efä'ngniffen oon Berlin
unb ©panbau, mo ©all in Begleitung tyoljer ©Staatsbeamten
mehrere Imnbert (befangene unterfucfyte unb tiberjeugenbe Bemeife
oon ber Satyrljeit feiner ßeljre ablegte. £>te große Slnerfennung,
meiere ©all in Berlin ju tljeil würbe, bezeugen unter Slnberm
bie Sorte £ufelanb'S. tiefer fetyrieb über ©all unb feine Öeljre :
„üttit großem Vergnügen unb Sntcrcffc habe ich ben mürbigen
3Ö?ann felbft feine neue t'eljre oortragen tyoxtn unb bin oöllig
überzeugt morben, baj? er ju ben merhoürbigften (Srf Meinungen
be« 3a(?r^unberte unb feine l'e^re ju ben michtigften unb fünften
ftortfehritten im Weiche ber 9taturforfdnmg geirrt". Bon Berlin
au« befugten bie föetfenben mährenb ber brei folgenben 3a^re,
überall ihre tfefyre oortragenb, bie hauptfächlichften ©täbte £>eutfcfy-
tanb$ unb ber ©chmeij. Sie mürben überall auf ba8 &ner*
fennenbftc empfangen, dürften, SJttnifter, ©elehrte, Beamte,
$tinftler aller $lrt mürben ihre Schüler unb maren ihnen be*
hilflich, it)rc Sammlungen ju oerme^ren unb ihnen bie SDftttel
ju neuen Beobachtungen $u bieten. Bon einzelnen «Männern,
meiere ber neuen i'efyre anerfennenb ba« Sort fprachen, nenne
ic^ nux Ooetye unb Salier (a(ft ©eh- «Webicinalraty in München
geftorben). Der Öefctere förieb : „Die Öuftgebäube ber rationellen
^f^ologie finb verfallen. (5$ giebt fein ontologifctyeä Siffen
mefyr unb bie Bernunft fer>rt nicht mehr in fo«mologifdt)en 2ln*
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3ur ©efc$i$tf ber ^rfnolegie.
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tinomien fcinbfelig ben Dolch gegen fich felbft. SDie £khn ift
mal frei unb u?er tad^t nun nicht übet bie felbftgenügfamen
Träumer, bte burch ihr fälfchüch fogenannte« Söiffen a priori
ber sJiac$ferfcfyimg im unermeßlichen 9?eid^ ber sJiaturerfdt)einungen
überhoben $u fein mahnen. $)ie« ift bie natuTphilofopfufche ©iir*
bigung ber ©all'fchen Unterfuchungen".
£>aß fich auch ©egner für bie £e^re ©all'« fanben, burfte
man, menn man auf bie (Sefcbicbte aller großen (Sntbecfungen su*
rücfblicfte, nicht anber* erwarten. 3$ nenne unter Zubern
Siefermann, ^ßrofeffor ber Anatomie in $)eibelberg, unb Äofcebue.
?(ber Slcfermann'S eigene Sorte betoeifen jugteich bie große %\\*
erfennung, melche bie neue £ehre allenthalben fanb. (Sr beginnt
feine im 3afyre 1806 erf dienen e ©ebrift gegen (Sali mit ben
Sorten: „Qr$ ttnrb oielleicht Üftanchem feltfam fcheinen, ttrie icb
e$ auf rnic^ nehmen möge, gegen bie i'ehre eine« üftanne« ju
treiben, welcher in bem aufgeflärten Horben ton £)eutjchlanb
fi<h nicht aUein bei Ungelegten unb ü'aien in ber 9caturmtffen*
fchaft, foubem auch bei ^erfonen oom hoffen föange, bei
Beuten oon wiffenfehaftticher SMfbung, ia felbft bei Siebten unb
l'ehrern ber 9lr$nettt>tffenfchaft burch eben biefe £ehre einen faft
ungeteilten iöeifall unb einen ausgezeichneten föuhm ermorben
hat". Uebrigen« finb alle <£inn>ürfe Stcferatann'S jefct längft
miberlegt. (Siner berfelben betrifft ben ^aferbau be$ ®ehirn$,
»eichen ber berühmte (Seiehrte burchauS in Slbrebe fteöt, toährenb
e$ heu*e feinen @tubenten ber üttebicin giebt, welcher fich nicht
burch ben 2tugenfchetn tum biefer £hatfa$e überzeugt hätte. 9coch
leichter al« Slcfermann'« Einwürfe wog ftofeebue"« ©pott über
bie neue &hre.
®all »erließ im 3ahre 1807* mit Spurjheim fein «aterlanb,
um nicht mehr bahin jurücf jufehren ; bie beiben ftreunbe menbeten
fich n<4 ¥«t«. $>aburch hauptfächlich gefchah e«, baß ®all'«
Öehre in ÜDeutfchlanb batb faft gang in SSergeffenheit geriet^
£)enn bte neue ßeljre mar nicht ein pr>ilofo^r>ifc^e« ©hftem, welche«
man fich *>ur$ ^etüre unb sJcachbenfen aneignen fonnte, fonbern
fie mar "eine auf ju prüfenben ^^atfac^en beruhenbe 9iaturwiffen»
fchaft, melche ein beharrliche« praftifche« Stubium unb einen
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3ur Offerte ber <ßbrenologte
fcharfen ©lief in« £eben jur Aneignung unb Sföeiterbilbung tocr=
langte. $)a aber faft nur ©all unb Spurj^eim biefe SSHffen*
fc^aft inne fyatten, fo ift e« faunt ju oermunbern, ba§ fich nicht
fobalb 2ftänner fanben, »eiche biefelbe fofort erf äffen, burch tfefyre
»eiter fortpflanzen unb bent Söiberfpruch ber Gegner entgegen*
treten tonnten, »eldje nun nach ®alf« Entfernung überall mit
groMpte^erifc^em Sftuthe fich erhoben.
3n $ari« befugte unter Zubern ber berühmte Euoier ®alf«
Vorträge unb fprach fich fehr günftig über bie neue Vefyre au*.
3u berfetben 3eit hatte ba« franjofifche 3nftitut bent (Snglänber
SDaoty für feine galoanifchen (Sntbetfungcn eine ^rei«mebaille
oerliehen. 211« nun Napoleon erfuhr, bafc ber größte feiner
oerglcichenben Anatomen einen ßurfu« oon Vorträgen bei Dr. (Satt
befugte, fuhr er bie Slfabemifer beim nächften Courtage barüber
an, bafc fie ß^emie ton einem Crnglänber unb Slnatomie oon
einem £>eutfcfycn lernten. £te« toirfte. (Suoier änberte feine
«Spraye unb fein Bericht über bie neue Sehre fiel jtoeibeutig au«,
obgleich in ber $auptfacfce bie (Sntbedungen ®aü'« anetfaunt
mürben. Die beiben <$elehrten festen übrigen« bi« jum 3afyr
1814 ihre Vorträge mit $eifatt fort. Später blieb ®all ju
«ßari«, mofelbft er bi« ju feinem Xobe (1828) jur meitern 23e*
grünbung feiner Entbedungen tljätig »trfte. ©eine bänbereichen
Söerfe, meiere noch lange bie unentbehrliche Örunblage ber oon
t^m gefdjaffenen $Biffenf$aft bleiben toerbeu, »aren nach unb
nach ju s}>ari« tu franjöfifcher (Sprache erfchienen. Sie enthalten
einen Scbafc oon unenblich oielen gefammelten £hatfa$cu unb
finb in flarer, ben Stempel ber Ueberjeugung unb ber ©ahrhett
an fich tragenber Spraye gefd;rieben unb burch foftbare Tupfer*
»erfe erläutert.
Spurjhetm »cnbete fich im 3ahre 1814 nach Englanb,
»eiche« burch tyu ba« jioeite SBatcrlanb ber (Sall'fchen Öehre
»erben follte. $alb mar burch Ml Vorträge, »eld;e er in mehren
Stäbten ©nglanb« fyelt, ba« ganje £anb in $3e»egung gefegt.
Ueberall ging er au« ben tämpfen, »eiche fich «oer bie neue
Öehre entfpannen, fiegreich heroor. So fyattt j. Sd. ein Slrtifel
in einer Ebinburger 3eitfchxtft ®all unb Spuret» mit
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3«r ©ef^ic^tc bcr Wrenofogic.
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Schmähungen überlauft, namentlich in ©ejug auf ben ftaferbau
be« ®ehirn$ unb bte anatomtfchen (Sntbecfungen. ©purjheim
berf Raffte fich einen GratpfehlungSbrief an ben 33erfaffcx jene«
9lrtifel«; er reifte nach Grbinburg, befugte ilm unb erhielt bon
ihm bte ßrlaubnifl, ein (Gehirn in feiner (SJegenmart unb in feinem
£>ßrf aale ju jergliebem. tiefer mar fo befugt als er es fein
fonnte. $)a ftellte ©purjheim mit jener 3ettfchrift in ber einen
unb einem (Sehirn in ber anbem §anb jenen Behauptungen
Ehatfachen entgegen, unb biefer eine £ag gemann über 500
3eugen für ben gaferbau bcr meinen ®ehirnmaffe.
©o bon (Srfotg unterftüfet, eröffnete ©pur^eim in (Sbin=
bürg einen Gurfu« bon Vorträgen über bie neue ®etfte«lehrc.
<$x pflegte ju ben ©Rotten ju fagen: 3h* feib langfam, aber
ihr feib fieser; idt> mu§ einige >$eit bei euch bermcilen, aber bann
fann ich bte ^rächte meiner Arbeit in euern £änbcn reifen (äffen.
£)iefe ^orherfagung ^at fich bemährt, ©purjheim fehrte nach
einiger %nt nach ^ßariS jurücf. Slber batb, im 3ahre 1820,
bilbetc fich &u Sbinburg eine phrenologifchc ®efellfchaft, unb im
3ahre 1823 erfchien baS erfte £>eft be« ^renologifchen Journal«
bon Öbinburg. $)enn ben tarnen ^hreitologie Ijatte bie neue
ßehre mittlermeile auf ©eranlaffung eine« engüfehen 2ft$teS an*
genommen. $a« Söort <iPh™tologte ift beutfeh ©eifteSlehre ;
man mahlte es, um bie neue ©etfteSlehre bon ber alten, ber
TOchologie, ju unterfcheiben. ©egen ba« ©ort ©chäbellehre
ober förantoffopie hat ®all felbft bon Anfang an proteftirt. ©eine
Öehre hatte e$ junächft nicht mit bem ©dt)äbet, fonbem mit bem
®ehim $tt thun; man hätte alfo (Sehirnlehre fagen müffen. ©och
mar es febenfall« beffer, bie Seljre (SeifteSlehre ober ^ß^renorogte
ju nennen.
3m ^ahre 1825 fehrte ©purjhetm nach <Snglanb gurücf,
mo ihn bereit« gro^e Triumphe feiner Seljre erfreuten. 3U ^am*
bribge g. 33. mohnten allein 57 ^ßrofefforen bem (SurfuS feiner
Vorträge bei. 3m 3ahre 1832 reifte er auf bielfeitige (Sinlabung
nach 9torbamerifa, erlag jeboch htet tot nämlichen 3ahre feinen
angeftrengten Arbeiten. <£r ftarb in ©ofton. bleich ®aü hat
©purjheim nicht blo« münbttch, fonbern auch burch jahlretche
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3ur ©efäid&tc fc« ^renologie
©erte, Welche er theil« in franj&ftfcher, theile in englifcher Sprache
herausgab, bic neue Setyre geförbert.
bem £obe ®alf« unb Spuraheim'« galt ®eorg (Sombe
ju (Soinburg al« ber etfte ber ^^renotogen. 93iele anbete tücfc
tige 9J?änncr in faft allen Vänbern Gruropa'« fatmnelten fich nach
unb nach um ba« ©anner ber (Salffchen l'efjrc. ^n fielen
Stäbten (Jnglanb«, ffranfreicfys unb Slmerifa'S »urben pljreno*
togifche ©efellfd^aften gegrünbet. &ie bebeutenbften mebieintfehen
unb populären 3"tf**ijten (5ngtanb$ Ijaben fkh $u (fünften ber
^Phrenologie auSgcfprochen.
3m SBergleich mit biefen (Srfolgen im $lu$lanbe waren bic
ftortförittc ber Phrenologie in $)cutfc$lanb, feitbem ®all e« Oer»
laffen, befto geringer. £>ic Literatur braute einige Uebcrfefeungen,
aber wenig ober nicht« Selbftftänbige«. ffienn ich oon mir
fprechen barf, fo lann ich mich toiellctcht rühmen, juerft felbft*
ftänbig beutfeh über ^^renotogie getrieben ju fyabm. 3$ machte
im Oaljre 1839 bic (£ntbecfung , bafj man burch einen $)ru<f auf
bie Stelle irgenb eine« Organe« einen biefem Organe entfprechen=
ben £raum (eOMVtttfcn fann. 9ftan berührt juerft leife ben
ßopf, um ben Schlafenben nicht $u erweefen, unb oerftärft wäh*
renb fünf ober jeljn 9Wtnuten ben $)rucf fo, bafc ber «Schlaf enbc
burch benfelben ertoacht. 3dj [teilte biefe Crntbecfung in einem
fleinen 2(uffafce bar, unb überreichte ihn ber 93crfammlung
beutfeher 9caturforfcher unb Slerjte ju Pyrmont. Sebodj mar bie
Phrenologie felbft in $>eutfchlanb noch gu wenig befannt, al« ba§
biefe Sache t>on erheblichem (Sinfluffe auf bereu Slncrfennung
hätte fein fönnen. (£rft im Söhre 1842 lenfte ®. (Sombe baburch,
bafj er $u £eibelberg einen Gurfu« phrenologifcher Vorträge gab,
wobei er unter Ruberem bie 2lnerfenmmg einiger ber erften Pro*
fefforen ber Unioerfität für biefe ©iffenfehaft gewann, bie 2luf=
merffamfeit ber ÜDeutfchen wieber mit Erfolg barauf, unb führte
fo bie faft toergeffene £ehre in ihr ^aterlanb jurücf. (Sine ^olge
biefer Vorträge war g. 33. bie ©rünbung einer phrenologifchen 3C^-
fchrift in $eibelberg, bereu (Srfcheinen bie Gmtftehung oietcr Schriften
für unb gegen bie ®alffche ßehre oerantafcte. Leiber mürbe bie
3ettfchrift burch ben Stob be« ftebacteur« Dr. $irfcbfelb in ©remen
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3ur ®«f$i#te fccr ^renologic. 23
unterbrochen. Gr« ift ju hoffen, ba& ber Stampf um tote ©ahrfyeit
ber Phänologie in $>eutfcfy(anb fic^> balb entleiben »erbe. (S. ba«
SJormort.) tiefer Äampf hrirb ton bieten (Segnern mit festen,
auch oft mit albernen Söaffen geführt. 5Da es für ben fünftigen <$e*
$ichtfchreiber ber $ Senologie Sntewffe haben mirb, <£ta>a« hier*
oon ju fennen, fo mag ba« in ber $tt>etten Auflage biefer Schrift
hierüber 9D?itgetheilte auch in tiefer neuen eine (Stelle behatten.
93on ber erften Ausgabe mar mir eine mirflicbe $ritif nicht $u
(Seficht gefommen : aber bie „Blätter für üterarif che Unterhaltung"
hatten einen ftuffafe gebracht, melcher unter ber ^orm einer $ritif
eine gröbliche Berleuinbung enthielt. 3ch mied bie* in ben fol*
genben 3eilen nach, t»etd^c ich ^m Herausgeber beS blatte« als
„nothmenbige Berichtigung* jur Aufnahme aufanbte.
„<5in Söort über bie #rittf phrenologtfcher (Schriften
in £>eutfcblanb.
@S ift ein günftigeS Reichen für bie Phrenologie, bafc bereu
(Segner in SDeutfchlanb ben mif f enfehafttichen $ampf auf*
äugeben beginnen unb burch anbere Littel, j. B. bie Bernichtung
Phrenologifcher Schriften, ihre Sache gu unterftüfcen fuchen. ©n
folcher 0atl liegt mir oor. $)ie „Blätter für literarifche Unter*
haltung" (9er. 18 b. 21. 3an. b. 3.) enthalten ehre („22/ unter*
jeichnete) Sfriti! meiner „phTenotogifchen Bitber". Der $ritifer
fchmeigt nicht nur ganj über ben mannichf altigen Inhalt ber 18
2luffäfce ber Schrift, um nicht biele einzelne Urteile über bie
begebenen Seiten ber Siffenfchaft geben unb begrünben ju
müffen; fonbern er berichtet fogar in ber Hauptfrage, ob bie
Phrenologie überhaupt mahr fei, auSbrücfltch auf ein Urtheil.
£>ieS alles, um als unpartetifch in ber <Sa che für einen befto
unparteilicheren unb competenteren dichter über meine (Schrift ju
gelten. Um biefe, maS an ihm lag, ju bemichten, brauchte er
bloS ju erflären, baj$ fie, abgefehen bon ihrem (Segenftanb, eine
merthlofe fei, ba§ ihr Berfaffer ber gur Befprechung eine* miffen*
fchaftlichen (SegenftanbeS nötigen Sogif entbehre. Die« hat er
auch in fo feefer ©eife gethan, bajj bie Unborfichtigfeit , mit ber
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24 3"* ®t\<S)\6)it ber Wrcnologie.
er ftcfy babei blofegeftellt fcat, auffallen mujj. ($x beginnt bie
©eurtfjeifung fo:
„©er H fagt, mu§ aucty © fagen, bie« gilt nicbt Wo« im
Seben, fonbern ebenfo unb nocty mefyr in ber ©iffenfdjaft , b. fy.
bie ©iffenftytft mufe confequent fein, fie mu§ au« ben ®runb*
fä'fcen, bie pe al« toaljr erfanut tyat, bie mit Slot^menbigteit au«
benfelben fjerborgefyenben ^otgefä^e ableiten unb anerf ernten, roenn
fte nidjt einem SBater gleichen nnll, ber feine eigenen $inber ber*
leugnet unb berftöfit. Sctyebe mac^t nun $n>ar in feiner neueften
Schrift w^renoIogifc^e Jöilber" barauf $nfpru$, für einen mif*
fenf$afttic$en ^tenologen $u gelten, aber er ift nicfyt« weniger
al« confequent. <£inerfeit« jietyt er Folgerungen au« ben pfyreno*
logifctyen %unbfäfcen, bie feine«fteg« au« i^nen Verborgenen, an«
brerfeit« läßt er biejenigen Folgerungen, bie mit Scottymenbigfeit
au« Ujnen Verborgenen, ganj im <§tic$ unb jiefyt bie entgegen*
gefegten. ©o getyt e« aber immer, menn man jumen $erren
bienen null, bereu 3ntereffen mit einanber in (Sonfüft fommen.
(Scfyebe mill nämlitfy einerfeit« ber loiffenfcbaftlicVen 5öa^r^eit
Vulbigen, unb boa) aucty anbrerfeit« ben mobernen praftifcfyen
Xenbenjen, ben. Ofartfc&ritt«- vmD 33efferung«beftrebungen in (Staat
unb Äirctye ficty ausließen, benen feine«n>eg« überall tinffenfcVaft*
tidj ertannte Söafjrfyett ju ®runbe liegt. £)aljer benn fein
£>in* unb £)erfc$tt>anfen , feine Unfic^ert?ett , feine Snconfequenj,
bie tyn balb bie ptyrenologifc^en ®runbfäfee burcty bie au« mo^
bemen &uffTärung«tljeorien gefc^Bpften Folgerungen, balb biefc
mieber bur$ jene aufgeben lägt."
3n biefen ©orten ift ebenfo fein al« entfäieben ba« 35er*
mcVtung«urtljeil über meine Schrift au«gefpro#en. Die ©orte
finb jugleidfy fo geftellt, al« ob fie auf bie ganje Scfyrtft ober
menigften« auf $iele« barin 59ejug Ijätten. Stilein bem ift ntebt
fo. 3n bem ganjen mannigfaltigen 3nljalt ber ©cfyrift tyat ber
Krittler nur ein ^lä^cben jum ©tanbpunfte für fein SWanober
aufjufinben genmjit. £)a« ganje Urtljeil breljt fiety um ben ein*
jigen ^unft ber Slntocnbung ber ^renologie auf ba« «Straf*
re$t. SDefto großartiger aber geftaltet e« fi# Vier. £>er $rt*
tifer läßt mieb fagen, ber Geratter ober bie ®eifte«fräfte be«
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3»v ®efd)id)te ter ^renofoflie.
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SWenföcn feien angeboren unb un beränberlid), unb bie
SBtaifd^en ftänben in £inftcfyt be« 9lngcborenfetn« unb bet Un*
beränberlicfyfeit ber (MfteGfräftc auf gleicher Stufe mit bem
Xffkx; menn man aber, meint et, biefer Slnficbt fei, fo bürfe
man nicfyt, mte iti), gerührt bon mobernen pfyüantljropifcben (Straf*
tfyeorien, bie Xobeäftrafe ungerecht finben, mett man fonft cen*
fequenter 3Q3ctfc ebenfo pljUantljrobifdj gegen bie granfamen, merb;
gierigen Xljtere fein müßte. „3ft e« nict)t abfurb", fagt er, „an
bem Schabet einer ®iftmorberin nacfaumeif en , batf fie jnr 9Wör*
bcrin geboren mar, unb bennod? von 9ftitletb unb bon 33effe-
rung ju forectyen?"
@« tft mir faft peinltcfy, micfy gegen eine fo fämäfylicfye mi|fen=
fcfyaftlicfye SBerleumbung $u bertfjeibigen, ju bemeifen, bafj id& ba«,
ma« mir ber Ärittfer luer in ben 3)?unb legt, nicbt gefagt Ijabe.
2Wtt §ilfe einer ©ortberbrelntng mar e« iljm möglich, feiner
fonberbaren flnfdmlbtgung einen fcfymad^en Schein bon ©afyr*
fyett ju geben. 3$ fagte, ber (Sljararter ober bie geiftige (Stgen*
tfyümüctyfett be« ÜDtfenfcfyen fei angeboren, roie ber 23l&bfinn, fo
befanntlid^ ba8 ®enie be« £)i<$ter«, be« 9ftatfjematifer« :c. unb
fo alle mirfü^en, (Sfyarafterjüge. „Dafyer eben, füge icfy Ijinju,
ba* ©ort (Sljarafter, meiere« ju beutfä ein fefte«, unoerän*
berücfce« aWerfmat bebeutet." (©. 16.) £tefe ©teile tä&t bet
Skittfer abbrnefen, legt mir auf ba« barin beftnbltc^e ©ort
„um>eränberlidr Inn alle« oben Sflitgetyeilte fätföHd? in ben
2ftunb unb grünbet fo auf biefe« eine ©ort ba« ganje SSernicfc
tungäurtfjeil meiner Schrift. 9iun frage idj iljn aber: ma« ift
feine Ueberfefcung be« Sorte« (Sljarafter? ©eber er nod) irgenb
3emanb mirb ba« ©ort im ©efentlicfyen auber« ju geben miffen,
al$ baj* e'$ „unberänberltcfye« <D2erfma{" bebeute. Ober, bon
ber Ueberfefenng be« ©orte« abgefefyen, roa« ift fein begriff
bon bem, ma« man (Sljarafter nennt? 39efyauptet er etma, ber
(Sfjarafter be« 2ttenf$en, ber #(5bfinn, biefe« ober jene« ®ente ic.
fei nietyt angeboren? 9iein, meber er no# irgenb 3emanb mirb
ben begriff @f?arafter anber« ju beftimmen miffen, als idj e«
gettyan, ba& er aifgeborene (Sigentfyümlicbfeit fei. ©arum nun gct)t
ber Krittler and) auf biefen ber ganzen tritif jum ®runbc
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26 3"* ®eföi<$te ber ^renotogtc.
liegenben $unft mit feinet (Silbe nctyer ein? ©o^er biefe« auf*
faUenbe «ermeiben jeber »iffenfc^aftli^en Erörterung? Die Sint-
bert liegt nafye: meil, menn er auf bie Sacfye einging, ba«
falfd&c ©ortfpiet unb mit ifnn bie ganje tritif unmöglich mar.
Die Sacfyc ift nämli($ biefc. Der (Sljarafter ift ein unoerä'nber*
Udje« iDJcrf mal, b. i. ba« SMerfmal ift al« fol$e« unoeränberlicfy,
toeil e« immer ein folcfye« ift, immer jum ÜWerfen ober Unter-
fctyeiben bient; aber bie al« üDierfmal bienenbe Sacfye in fi(fy
felbft ift m<$t unb !ann nicfyt unoeränberücfy fein, meil e« ja in
ber ganzen 9iatur nid?t« llnoeränberlicfje« giebt. Da« angeborene
Xatent be« Dichter« ift ein unoeränbcrlic^e« 2Herfmal, moburcb
er ficty oon bem geboreneu 9ii<$tbi$ter, bem geborenen ÜHatfjema*
tifer lt. immer unb „ unoer änberlid&" unterf Reibet , aber mie feljr
fann ba« Difyertatent fi$ in fic$ felbft oeränbcrn, ft$ mefjr
ober weniger, na<$ biefer ober jener «Seite tyin enttoicfeln :c!
3$ brause mofyl nicbt au«brücfli$ ^injujufügen, baß in
meiner Sctyrift oon bem> loa« micfy ber £rtttfer fagen tagt, 3. 33.
baß jene ©iftmörberin $um 9)2orben geboren mar (er fetbft unter*
ftreicfyt ba« ©ort), burctyau« $u finben ift. 3a ic$ fann
fogar ein merftoürbtge« Söetfpiel feiner oben gebauten Unoorftdj*
ttgfeit im Söloßftetlen feiner felbft mitteilen, ein Söeifm'el, meldte«
mofyl nur au« einer gemiffen bebad&tlofen ßetbenfc^aftti^feit be«
erbitterten Gegner« ber ^fyrenologte erftärtid^ ift. Da \$ nämltd)
mußte, baß in ber ^renotogte audty ber «Schein eine« 3rrtfyum«
ben Gegnern ein erfreulicher ftunb ift, fo habe ic$, um bie
3tt6glid?feit be« ftalle«, ber hier al« mirfttch oorliegt — ba«
falfdtie 5luffaffen be« ©orte« „unoeränberlich'' in jener lieber*
fefcung — gänzlich abjufchneiben, unmittelbar nach jenen (oon
bem Äritifer abgebrucften) ©orten hinzugefügt: „Der S^arafter
fann einigermaßen ober bi« ju einem gemiffen ®rab burch bie
Hebung (Erstehung) oeränbert merben, ma« jeboch ber £(jat-
fad&e, baß er al« foldjer angeboren ift, natürlich nict)t toiber*
fprtdt)t\ (S. 16.) ferner Ijabe ich ba, mo id? oon jener ©ift*
mörberin fprach, unmittelbar nach ben ©orten, mit benen ich
ihrer ungünftigen ®eifte«antagen ermähnte , • beigefügt : „Sie
war in $ertyä(tniffen herangemachfen, meiere fie, ftatt ben fanget
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3ur ®efc$i($te ber ^tcnotogie. 27
ber Anlage fettig bie SOfaty be« SBcifpiel« unb bct (Srjic^ung 311
oetbeffern, bcn pfab be« i'after« betreten mib barauf unaufhalt*
fam fortioanbcln lie&en." (8. 23.) Qrnbtich ^abe ich in ber
©ebrift an einer befonberen Stelle ausführlicher ton bem 33er*
hä'Itnifl, in welchem bie tlebung ober Crrjiefyung &um angeborenen
iSharafter fteljt, gefprodjen. (3. 115 f.) Änrj überall, u>o ich
baoon fprach, bafe ber (ifjarafter angeboren fei, fyabe id) zugleich
hinzugefügt, bafc er *ntd|t unoeränberlich " [ei.
»Schließlich nnb beiläufig toill ich noch einen loiffenfchaftlichen
unb loirflichen 3rrtfyum meine« ehrenroerthen ftritifer« fcertd>-
tigen. £>erfelbe glaubt, nach feiner Wegenüberftcllung oon Sttcnfö
unb X^ier $u f fliegen, ber (S^arafter ber Spiere fei unfceränber*
lieh- $)ie* ift ganj irrig. £>er ß^arafter ber Spiere ift ange*
boren tt>ie ber ber ÜÄenfchen, aber er ift auch ganj ebenfo oer-
* änberlict) toie ber menfcbliche. Sßie ber ÜNenfch gebittet , fo fann
ba« Xfytx gelähmt »erben, unb e« ift befannt, lote meit man
e« in ber (Sfyarafteränberung felbft ber retfcenbften Spiere gebraut
hat. 2flan fenute, menn btefe SSergleie^ung erlaubt ftärc, einen
gebefferten Verbrecher einem gelähmten toilben Z^im oergleicben.
geiftig, 24. 3uli 1851. Dr. @4«e/
3$ erhielt biefen Sluffafe 00m Herausgeber be« blatte«
mit ber «emerfung jurücfgefanbt, bafi ba« «latt auf Slntifrittfen
au« ®runbfafe fid^ nicht einlaffen fijnne.
5lucr) bie geitungSfämpfe gegen bie ^renologie finb etyarafte*
riftifcb genug, um einen berfelben ^ier aufzeichnen. 211« ich
i. 3. 1850 in i-eipjig über $ljrenologie Vorträge ^ielt, fiel e«
9ttemanbem ein, mich ober bie ^fyrenologie anjufeinben. £>ie
Gegner beobachteten ein ©tillfchmeigen ber Verachtung. Allein
mittlerweile Ratten fid? einige berfelben »er ber Phrenologie fürchten
gelernt unb al« ich jroci 3ahre fpäter eine öffentliche 91njeige
meiner Vorträge im blatte gab, la« ich in einer folgenben
Kummer bie ©orte:
„©erben bie Sflitgliebcr ber mebteinifchen ftacultät auch
biefe« Oahr ruhig jufehen, mie in einer ItnioerfttätSftabt burch
Vorträge über bcn phantafiereitben 3rrthum, welken man $hr^
nologie nennt, bie ©iffenfehaft oerhöhnt toirb?"
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28
3ur ©e|cf;t<$te bet ^reitologtc.
3n tiefen Sorten mar nicht etma anfeinen Unf f enf d>a f t*
Itcben Söiberftanb fyinfjebeutet , ben mir bie ftacultät entgegen-
fefeen ober oermittelft beffen fie ben »Srrthum' befämpfen fotlte;
nein, bie ftacuttät foüte ändere (bemalt gegen mich anmenben,
ctma ba« Verbot metner Vorträge bon leiten ber 5öet)Brbe er*
Wirten. Dafj erft baburch bie Sßtffenfchaft oer^ßt)nt worben
märe, bebaute ber bünbc (Siferer ntdt)t. 3ch ermtberte im
Häuften statte:
„3m ©ommerfemefter 1842 gab ber englifebe ^t)renotog
(5ombc einen (Surfu« bon Vorträgen über Phrenologie in $etbefc
berg, „einer Uniberfität«ftabt" ; er tyielt biefe Vorträge in einem
StubitorUrai ber Uniberfität fefbft, welche« ihm oon ber Uniber*
fitätsbeh&rbe bereitwillig baju überlaffen mürbe. 3lufcer ben ©tu*
benten au« allen fächern befudjten auch ^rofefforen bie Vorträge.
8m bluffe berfelben überreichten bie äußrer an (Sombe eine
Danf* unb 9inerfennung«abre|fe. Unter ben Unterzeichnern ber*
felben ftet)en bie üftebietner Üt)etiu«, Nägele, Holter, Männer
europäifcfyen tarnen«, oben an. 2öa« foll man folgen
5i:t)atfaöt)en gegenüber }it ber Anfrage be« namenlofen §errn
im geftrigen Tageblatt fagen? Dr. (genese."
£)en folgenbeu Xag ta« idt) biefe 3etlen:
„3UT gütigen ©eaetytung. Obgleich anzunehmen ift,
bafe in einer fo intelligenten unb aufgegärten <Stabt, wie ßeipjig,
fein Genfer) ph™™*0^? ©orlcfungen befugen wirb, fo märe
c« boch gewtft fe^r wtinfchen«werth , wenn ttnfer hochberbienter
.£>err prof. $ocf ober anbere fn'efige Sterjte ben Xtyii be« ^ie=
figen publifum«, welcher in feinem Urteil noch nicht gan3 ficher
tft, über bie 9licfyttgfeit unb gänzliche ®ehaltloftgfeit ber ^hrcuo*
logte auffläreu wollten, ftrtebrtch <§ali«."
$>a« folgenbe Sölatt brachte zwei Heine Sirttfet zugleich/
einen bon mir, ben anbern bon §errn Prof. ©ocf. 3<h fdt)rteb :
,,5Ba« $>err Biebrich @ati« für ßetpjtfl wünftht, ift in
^eutfehtanb feit 50 fahren fchon bielfach 8?Mehen; haben
Herste bie „Wchtigfeit unb gänzliche ®ehattlofigfeit" ber
nologie barjutegen oerfucht, allein — ber SBerfudt) tft eben nie*
mal« gelungen. £)iefe« am<ngen unb ba« Aufblühen ber Ph™s
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3ur ©efäufcte ber ^renologie.
29
nologie in mehren £änbern Ijaben anbere große unb beräumte
Slerjte, meldte bie ^^rcnologie näher fennen (ernten <n>ie j. B.
(Sheüu«, Nägele, Voller burch ben Befuch ber Vorträge (Sombe'«,
ebenfo £ufe(anb, Sa(tl;er , ben Anatomen $lrno(b) eine entgegen*
gefefete, günftta? Slnfic^t ton ber ^renofogie faffen (äffen. Sa«
folgt für ben Unbefangenen an« biefem 3miefpa(t unter ben
^er^ten? £>oc$ moh(, baß einige biefer £erren bi«mei(en habern
unb ftreiten, o(me über eine ©«che recht im Staren ju fein, fo
über Homöopathie, Allopathie, Safferheilfuube :c. £)er Eine
nennt ba« lächerlich nnb tfyörtdbt, loa« ber Slnbere al« Ijofye
Sei«heit erfennt. SDie6 gi(t noch mehr für bie Phrenologie, ba
biefe Siffenfchaft nicht unmittelbar in ber 9J?ebicin enthalten ift.
Sftan fann ber befte %x\t unb Hnatom fein, ohne etma« t>on
ber ^3^rein>Iogie ju nriffen. Cr« ift mir roa^rfc^cinlic^ — ba mir
oiele ähnliche ^ä((e oorgefommen — baß £>err ^riebrich Sali«
nur belegen gegen bie $(>mu>Iogie fo erbittert ift, rneif er nicht«
©rünbltche« oon if>r meiß. Se(cf>e Vorträge f^at er über fie
gehört, loelctyc Serfe über fie ftubirt? meiere« ift, fo barf id>
fragen, feine Berechtigung, um über eine fo große unb
oielfeitige Siffenfchaft fich jum öffentlichen dichter aufmerfen gu
moUen? Dr. Scheoe."
3)er jmeite Sättel lautete:
„£)er ^xmoioQk bient bie Behauptung al« ®runblage,
baß bie äußere Oberfläche be« Schäbel« ber innem Oberfläche
beffelben, unb biefe ber Oberfläche be« (Gehirn« entfpreche. Sem
fehr baran liegen follte, bie 9Uchttgfeit biefer Behauptung gu er=
grünben, bem liegen bei Unterzeichnetem zahlreiche ©chäbel gur
Anficht bereit. £)er große Anatom §\)xti in Sien treibt: „£)ie
einfache anatomifchc Sahrnehmung, baß ben Erhabenheiten be«
©chäbel« feine Erh^n^te» Gehirn« entfprechen, hat über
ba« (Sch'icffal biefer 23erirrung be« menfc^lichen Reifte« (ber ^hre=
nologie nämlich) für immer ben Stab gebrochen". Dr. Bocf."
3ch ermiberte herauf:
„$x. Dr. Bocf benoitft bie ^^Teriologic , „meil ben Er*
habenheiten be« ©cr/abel« feine Erhabenheiten be« (Gehirn« ent*
fprechen". üDagegen erfennt ber berühmte Slnatom unb s}5hV;
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30 3«r ©eföi#te fccr $&renologie.
fiolog Slrnolb bic Phrenologie al« toafyr an, inbem er (ßeljrb.
bei ^htyf. ©« 843) fagt: „$ie ©eftalt be« Jabels im ©anjeu
unb feinen einzelnen Slbtheitungen ift in hohem ®rabe bon ber
$orm be« £irn« abhängig; benn bie tnoctyen be« topfe« finb
nach bem (Gehirn gebilbet unb werben baher in ihrer etgentfyüm*
liehen gönn burch bie ©ehirnform beftimmt. müffen atfo
aud) bie geiftigen @tgenthümltchfeiten einzelner üftenfeben in be=
fonbern formen be« topfe« ju erfennen fein". Söofyer biefe
SBerfc^ieben^eit ber Slnfichten unter jmei berühmten Scannern?
Sie erflärt ficf> leicht burch bie Verfchiebenheit tu ben phrenolo*
giften (nicht ben anatomifchen) tenntniffen biefer üDtänner.
§err Dr. S&od !ennt bie ^Ijrcnologie in ihren ($runbfäfeen ju
menig; er meint, biefelbe ftüfce fich auf bie flehten (Erhabenheiten
unb Vertiefungen, bie ftdj am ©chäbet finben. $)icfe Slnficht,
obgleich fie noch immer bei bieten 9JJebicineru in £)eutf ertaub
(mie j. auch bei $tyrtl) fich finbet, ift burchau« irrig. ÜDtc
^tenologie tr-etß recht gut, . — ®all fetbft tuar ja ein großer
Anatom, — baß bie äußere Schäbelgeftalt nicht mathemattfeh
genau ber £>irugeftalt entspricht; fie legt baljer gar fein ®ett>icfct
auf bic Keinen (Erhabenheiten ober Vertiefungen be« Schabel«,
fonbent fie berüeffichttgt nur biejenigen großen 2$erf Unebenheiten
ber menf^lic^en topf g eftalten, bei benen man fich über bie
Skrfcfytebenfyeit ber £)irngeftaften nicht tauften fann. $lrttolb
unb biete anbere Sftebicmer toiffen bie« unb baljer ihre beffere
Anficht bon ber ^Phrenologie. Dr. Schebe."
£)amit hatte biefer Streit fein ^etoenben.
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m.
lieber die iMüijficfificit einer OSeilteslelue.
To be or not to be.
Hamlet.
L i>er töeiftaleljre erfte Aufgabe.
£)ie erfte Stufgabe ber ©eifteSlefyrc , ofyne beten 88fung an
irgenb eine anbete Aufgabe ntebt gebaut merben fann, ift, bic
jaljlreicfyen unb mannigfaltigen ®eifteStfyätigfeiten miffenfctyafc
tiefy 31t fixten unb }U orbnen, b. i. bie gleiten jufammenjuftellen
unb bie oerfcfyiebenen gu trennen. 3)enn otyne bie ßöfung biefer
Stufgabe feljlt ber (SeifteSlefyre bev ®egcnftanb ber gorfetyung,
ber (Seift felbft, meil bie ®eifte«tljätigfeiten in tljrer ®efammt-
fjeit gleicfyfam einen 3au^erfTC^ bilben, ber ofyne Slnfang unb
of;ne (£nbe ift unb ber ftorfdnmg ba$ ©nbriugen roefyrt.
Slllein ift e« auefy mogfiefy, auf bem (bebtet ber ©eifte«-
tljätigfeiten in biefer Söeife £>rbnung ju fc^affen? £)iefe ^ragc
fct)eitit verneint werben 31t müffen, ba mir nicfyt toiffen, toclcfyc
©etfteStfyättgfeiten an fiefy gteid), Kjelde tocrfcfyieben ftnb, ja, ob
nicfyt alle julefct bon berfelben ®eifte8fraft ausgeben. 3. ©• : wenn
n>ir beim Söefcfyauen eine« frönen ©emälbeS ein Vorgefallen
empfmben, unb menn mir bei einer $erlefeung unfere« felbft*
gefiel« oon Unmillen ergriffen merben, fo finb jmar im ©egen*
ftanbe — objecto — ba« ®emätbe unb bie befeibigenbe §anb*
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32 Uebcr bic ütt&ßli<$feit einer @eifte«le$re.
fang fc^r oerfcfyiebene Eilige , ob aber imfer 2öofy(gefal(en bort
unb unfer Unwille t)icr nicfyt in ftcfy — fubjeetto — burefy biefelbe
®eifte«tfyätigfeit oermittelt nrirb, ba« toiffen mir, n?ci( bie Statut
im« ben unmittelbaren 33licf in ba« * (betriebe unfere« Reifte«
üetfagt fjat, niefrt ju entfdjeiben.
9Uein wenn auefy fo eine Trennung nnb Sichtung ber an
fiefy oerfcfyiebcnen (^eifteÄtfyätigfeiteu unmöglich febeint, fo fcfyeint
un« boefy ein anberer 2öeg jnr Vöfung ber Aufgabe übrig 311
fein. $öir fönnen nämluty, fo fcfyeint e«, ganj Don ber ftrage
abfegen, loeldje ©eifte«tfyättgfeiten an fiety oerfcfyieben feien, ja
n>ir f&nnen eine fefcte ©nerleifyeit aller Weifte«tljätigfeiten oorau«*
fefcen nnb bann beten Sichtung nnb Crbnung nadj ber Stefm-
liebfeit unb 23crfd)iebcnfyeit beioerfftelligen , toeldje ber gefunbe
2$erftanb, ba« allgemeine Urtfyeit an ifmen mafyrnimmt.
3nbeffen ift, mic fofort bie nähere Betrachtung jeigt, aueb
biefe Hufgabe eine uicfyt ju löfenbe. Demi bie fämmtlicfyen (Reifte«*
tfyä' tigf etten (äffen fiefy jroar in 0 i e l e b e f 0 n b e r e (Gruppen trennen,
allein biefe (Gruppen finb feine feften unb beftimmten, beim fic
fcfymeljen, wenn man oon Urnen auf ber Stufenleiter ber 33er ^
allgemetnerung emporfteigt, in immer wenigere mib allgemeinere
(Gruppen gufammen. 3. : ba« latent be« 3ei$nen« unb ba«
ber garbenmalerei finb jioar al« folc&e gefonbert, aber gugteid?,
eine Stufe Ijöljer, al« 2ttalertalente überhaupt, unter fiefy Oer*
einigt; ba« üttalertalent unb ba« Talent gut Söilbfyauerei finb
al« folcfye gefonbert, aber zugleich eine Stufe fyityct, al« Xalente
$ur bilbenben ftunft, oereinigt; ba« Talent jur bilbenben
Stunft unb ba« gut 2)?ufif finb al« folcfye gefonbert, aber gugleicfy
al« Äunfttalente überhaupt oereinigt; ba« Talent für ftunft unb
ba« für SBiffcnfcfyaft finb als folcfye gefonbert, aber jugleidj al«
beibe in ben 93erftanbe«fräften begrünbet oeretuigt. Unb fo finb
alle ®eifte«tfyätigfetten gefonbert unb oereintgt jugtei<$, ienac$*
bem fie oon einer nieberen ober leeren Stufe au« in« ?luge
gefaxt »erben. 2öte tief ober toie fjoefy auf ber Stufenleiter follte
baljer bie ©nt^eilung ber ®eifte«tyätigfeiten gegriffen, mie oiele
ober toie toenige £fyätigfett«gruppeu follten feftgeftellt loerben?
Die roiffenfcfyaftlicfyc Beantwortung biefer $rage ift eine imm&g*
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Uefcr bie 3Köglic$reit einer @eifte«le&re. 33
lic§e, ba fie blo« ber Söillfür anheimgegeben märe, ber SBMÜfür,
toe(a?c bie Verneinung aller 9SMffenf<$aft ift.
Ü)a* (Srgebnig unfeier Unterfuctyung fctyeint alfo bie Unm&g*
tictyfeit $u fein, auf beut unbegrenzten (Gebiet ber (MfteStfyätig*
feiten eine hnffenfctyaftlicfye Orbnung r)er jufteüen , b. i. bie erfte
unerläfelicfyfte Slufgabe ber ®eifteSle!jre gu I5fen! £>ocfy es ift
mit bem ©emeife einer Unm&glicfyfeit eine eigene @adje ; e$ gehört
ba$u aufcerorbentlicfy t>tcf unb a(l$u leicfyt finbet babei Xäuföung
ftatt. Sit« eine War bemiefene Unmßgti^feit mufjte e« }. 33. im
Bttettfyiftt gelten, bon Italien ober ®rie$enlanb gu Skiffe nacfy
3nbien ju gelangen. Sluf bem äöege, auf bem man biefe ftafyrt
für unmöglich ^iett, mar fie eS in ber £l;at, unb an einen anbern
2öeg badete man ni$t. Sollte ni$t t>ielleic$t Sletynlictye« für
unfere ftrage gelten? 3luf bem Söege ber ^orfd^ung, ben mir
einfügen, tyat fi$ allerbing« bie Unmöglichen bet ©egrünbung
einer ®eifte$letyre ergeben. Willem fann ni<$t bielletcfct ein anberer,
ni<fyt gefannter unb nicfyt bermuttjeter SBkg bennocfy ju ber ge*
fugten 9)£öglictyfeit führen?
$)er »on un$ eingebogene Seg mar ber ber unmittelbaren
®eifte8forfcfyung , ber (Selbftbeobactytung , ber eigenen inneren
®eifte$anfc$auung , ein 2Beg, ber, meit ber unmittelbare, ''aller*
bingä ber näcfyfte unb befte, mo nicfyt ber einjig mögliche fdt)etnen
tonnte, «tiefen nur jefet, nacfybem berfelbe fidt) gleictymoljl al$
ein irriger etmiefen, bon unferem eigenen Reifte meg metter,
faffen mir bie ®eifte«erfd>emungen bet übrigen 9flenf$en in«
Sluge, um irgenb einen §altyunft ju erfreu, auf ben geftüfct
mir bie öegrünbung einer ®etfte«lefyre biellei$t mit befferem
Erfolg berfucfyen fönnen!
2. Sie geiftige JJerfd)tebenl)ett ber Rlenfdjm.
Sßenn mir, bon und fclbft abfe^enb, bie ®eifte$erf$einungen
ber 3ttenfd&en überhaupt in« Sluge faffen, fo tritt un« al« eine
unfere Stufmerf famfett t>or Mem in Slnforudt) nc^menbe 2^at«
faaV bie geiftige SBerf ^ieben^eit ber «Wengen entgegen.
Sc^ette, <p$renoIogtfc$e »über. 8. «ufl. 3
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34
lieber bie äRBglWcit einer ©eitfe«lef>re
$)icfe SBerfd&iebenfycit ift toieber erften« eine allgemeine,
feiten* eine befonbere.
Grrften«. So tt)ie einige 9Rcnf$en int Äffgemeinen förpertidb
grofc, anbere Hein finb, fo finb einige 9Reitf$ett im Allgemeinen
mit ftarfer, anbere mit f$n>ac$er ®etfte«tljätigfeit begabt. 3n
biefer £>infi#t fteljt bet geiftig fyeroorragenbc üflenfcfy, gleicfyfam
ber geiftige föiefe, bem ©löbfinmgen, bem geiftigen S^erg, gegen-
über. 3nnWen beiben in ber üJiitte liegt eine abgeftufte SRei^c
oon 3tMf$enfätten.
3n>eiten8. €>o mie unter ben 9)?enfcfyen, aut$ oljne ba£ fie
im Allgemeinen an Körpergröße oerfd;icbeu finb, bo$ eine ($röj$en-
oerfdjtebenljett baburd) eintritt, ba§ einige Körperteile ober
formen bei biefem, anbere bei jenem großer finb, fo finbet aneb
eine 33erfdfn'ebenljeit in ber ($eifte$ftärfe , oljne eine allgemeine
$u fein, auf bie SBeifc ftatt, baß einzelne beftimmte OeifteSfräfte
in einem 9ftenf$cn ftarfer finb, als in einem anbern. 3. SQ. oon
. jtoei im Allgemeinen geiftig gleidjftefyenben SWenfcfycn fann ber
eine einen befonber« großen (Sljrgeij, ber anbere einen befonbers
ftarfen (Srmerbtrieb , ober ber eine eine grope £>erjen«gtite, ber
anbere oiet ftefttgfeit nnb (Sfjarafterftärfe , ober ber eine ein
tjeroorragenbes Talent für SDtuflf # ber anbere für 3)?aterei
befifcen.
$)ie geiftige SBcrfctyiebenfyeit ber üDfenfcfyen, fotoofyl bie all*
gemeine a(8 bie befonbere, ift eine angeborene, nnb baljer im
(fangen eine fefte, unroanbelbare. <So roie ein föiefe fiefy m$t
in einen 3wcr3 unD 3tecr8 ™fy *n c*nen ^tiefen um-
loanbeln fann, fo fann ein ©löbfinniger nidtyt über furj ober
lang ein geiftooller Sttenfcfy, nnb ein geiftooller 9ftcnf$ (franf*
IjcttSfälfe natürlich ausgenommen) nietyt ein ölöbfinniger werben.
Ober toie ein 3ttenf$, ber fiefy bon einem anbern bur<$ bie
®rö§e ober Kleinheit einzelner Körperteile unterfcfyetbet , nict)t
mit biefem feine angeborene Kerperbcfd&affenljeit med^feln fann,
fo wirb ein 2ttenf$, ber bisher moljlmotlenb , ober d)arafterfeft,
ober mutfytg, ober offenherzig mar,, ni$t fünftig bo^aft, ober
manfetmütfyig, ober feig, ober oerftedt fein; ebenfo ift befanntlicfy
baö ®enie, 3. 33. be« £)idjter$, be$ ftelbfjerrn, be« 2ftattyemattfer«,
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Ue6er bie 9WflltyfeU einer ©eift<«fe*«. 35
m •pfjitofo^en angeboren. £)atyer eben ba$ 2öort @f)arafter,
»>elc$e« 51t beutfcty ein fcfte«, unoeränberlicfyeö ütterfmal bebeutet.
Sföenn mit bie geiftige 2$erfc$iebenf?eit bet 2ttenf$en mit
töütffufy auf ba« oben ausgekrochene unferer $o*f$«"fl in«
Huge f äffen, fo erfennen mir fofort, baj? iene jmeite 5trt ber
®eifte«oerfcbtebenljeit , bie befonbete ober in« (Sinjetne gefjenbe,
m$ hoffen tä§t, mit ihrer $itfe einen fixeren $3U<f in bie
Statur ober ben Bau be« ®eifte« ju thun, ja ba§ fie ba« bittet
,$ur Schöpfung einer ®eifte«lehre ju n>erben »erfprtcht. Qenn
ma« fuchen mir? eine beftimmte unb fixere, eine momSgüch oon
ber iftatur felbft gegebene ©nthetlung ber ($eifte«thätigfeiten : unb
ftehe, biefc tritt un« mit ber Schärfe bc« mat^ematifc^en Bemeife«
in ber Gfyarafterfcetfdjiebenljeit ber SWenf^en entgegen ; benn menn
mir 5. B. jmei ÜMenfchen finben, ton benen ber eine tief 25er*
ftanb unb menig ®emüth, ber anbere menig Berftanb unb otet
©emütt; h<*t, fo finb bamit ber Bcrftanb unb ba« ®emüth al«
jmei »erfchiebene, im Reifte fetbft getrennte Gräfte naebgemiefen.
2ttit biefer Trennung oon Berftanb unb ®emüth finb aber bie
beiben noch nicht al« einfache ober al« ©runbfra'fte ju er*
f ernten: mir haben meiter $u forfchen, ob nicht fotuoljl im Ber*
ftanb al« im ®emüth neue SBerfcfyicbenljeiten unb Trennungen
fich nachmeifen (äffen. Unb menn mir ba j. B. finben, ba§ ein
äftenfeh oiel Berftanb ober Talent im Sluffaffen unb Beurteilen
oon gormen, aber menig im 2luffaffen unb Beurteilen oon &afym
hat, ein anbrer umgefehrt, fo erfennen mir ben ftormenfinn unb
ben 3afylenfinn al« unter fich getrennte Berftanbe«fräfte. Ob nun
biefe (Sinne mieber meiter jerfallcn ober ob fie al« einfache ober
®runbfräfte $u erfennen finb, Cäft fich auch nicht auf bem SBege
ber Theorie ober ber Bermutljung, fonbem nur burch thatfächltcbe
Beobachtung feftftcllen. Söürbc bie ftorfdjung ergeben, bafe ein
9)?enfch für bie Huffaffung unb Beurtfjetlung gemiffer formen
oiel Berftanb ober Talent ^ätte, aber menig für bie Sluffaffung
unb Beurteilung gemiffer anberer, fo mären auch im formen*
finn mieber oerfetyiebene Gräfte $u erfennen : ergiebt aber bie tljat*
fachliche Beobachtung, bafj ein ftarfer ober ein f$mac$er formen*
finn fich ftarf ober fchmach jeigt in Be$ug auf Stüe« ohne Hu«*
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36 Uefcer bie 2K»fl(i$ffit einer ®eitfe«te&re.
nafyme, loa« gorm ift, fo ift baburd) ber ^ortnenfinn at« einfache
ober ®runbfraft be* Reifte« feftgeftellt. 3n biefer ©ejie^ung
fte^t bic Senologie j. *9. übet ber Chemie : ber ßfjemifer n>eig
Hilft, ob ein Stoff, ben er jefet al« ®runbftoff (Clement) fennt,
nietyt oieüeicfyt fpäter a(S weiter zerlegbar erfctyeint. Dagegen ift
jebe bis iefet naetygetoiefene ©runbfraft be« (Reifte«, toie oon jeber
anbern ®rnnbfraft getrennt, fo in fi$ fetbft al« einfach
nnb nntfyeitbar, at« jnjeifettofe (SJranbfraft nacfygenriefen.
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IV.
Hebet die (Einheit des (Beifite».
8»ei Seelen »oftnen, ad»! in meiiter «ruft,
Die eine n>ia fld) bou ber anbem Kennen.
©oetfje.
$ann bie Grinljeit be$ Reifte« bejtoeifelt toerben? ®enn§
nu$t. 3ebem 3flenf($en fagt fein iöettmftfem, bajj fein ®etft, b. i.
er fetbft ober fein lebenbigeä 3cfy, eine Grinljett ift. ($Hei$ti>oljt
fcfyeint biefer SBafyrljett eine anbere jn tütberfpred^en : bie SWannidj*
faltigfeit be$ ®eifte$. £)cr 9ttenfc$ befi|t mannigfaltige triebe,
(SJefiNjte, SBerftanbeSfräfte, ia er glaubt oft ben $ampf feiner oer=
fetyiebenen ©eifteSfräfte , 5. $&. feiner Seibenfctyaften unb feiner
Vernunft, in fi<$ ftit füllen. 3Ble ift biefer 2Biberfpruc$ $u l&fen,
ober toie tyat man tyn ju löfen geteuft?
«Wan tyat ben Söiberfpnuty bteljer fo au löfen gefugt, ba§
man nur bie ßinljeit be« Reifte« für nnrftic§, beten 2Ramuc$*
faltigfeit für f<$einbar erttärte. £)ie 3ttanni$faltigfett be« Reifte«,
fagte man, fei metyt« anbere« , al« bie (Sinljeit beffelben in iljrer
oerfdjiebenen £ljätigfett. @o nue ba« Huge, obtooljt e« naefy
oerfcfytebenen «Seiten ^inbüefe unb SBerfcfytebene« felje, immer eine«
unb baffetbe fei, fo feien bie »ergebenen ®eifte«tljättgfeiten gletc^
fam nur ©tiefe be« ®eifte«auge« nadj oerfcfyiebenen Seiten fyin,
oerföiebene SRtcfytungen ber einen ungeteilten ®eifte«tljatigfeit.
2Beit entfernt alfo, im Reifte ein Sßebeneinanber in fiefy getrennter
Gräfte, gteicfyfam eine ®lieberung be« Reifte« annehmen au btirfen,
38
Ueber fcic Giu^cit be« ®etfte«.
fonne man in ben »ergebenen ®eifte«tljätigfctten nicfyt« anbete«,
al« eine ungeteilte Crinljeit erfennen.
Mein biefe Anficht ift eine irrige. $ie 2ttanni<$faltigfeit
be« Reifte« ift nid^t eine Bio« fd^einbare, fonbern eine toirtttetye,
fo nne feine Gbi^eit £)tefe beiben ©genf^aften be« Reifte«
ftefyen fi<$ in ber SBa^rljeit gan$ gletcb. SDamit aber, roirb man
fagen, märe ber ©iberftorudf) nidjt gelöft, eine ö&fung, bie mir
eben fucfyen. 3lttein bie (Sinljeit nnb bie 3)?annicf>fattigfeit be«
(Reifte« tt>iberfprecfy e n f i d& n i $ t , e« ift ein Srrtfnim, bie« ju
glauben. 5tüe £)inge finb nnb muffen eine« unb biete« $ugleic§
fein: ba« ©anbforn unb bie Grrbfugel, ber ($ra«fyalm unb ber
menf$lid&e $orpcr. ^ie finb eine«, infofern fic biefc unb jene
beftimmten SDinge finb, fie finb oiele«, infofem fie Söeftanbtfyeile
fyaben. Ober mit aubern Korten: man oermccbfelte in ber bor*
liegenben ©ejtcfyung Grinfyett unb @inf acfylj eit mit einanber.
£>er (Seift ift eine ©nfyeit, aber er ift itt$i einfach, mie fein
$)ing in ber 9ktur einfach ift.
@« tagt fiefy leidet naetymeifen, mie man beranlafct mürbe ju
glauben, bafe ber (Seift eine 2lu«nalmtc oon biefem allgemeinen
(Sefefe ma$e, unb nur eine (Stnfjeit (einfach) fei. £)er Üttenfdj
ift ein unheilbare« SBefen, ein w3nbtbtbuum*, meil er auf er
bem tfyeübaren ÄSrper einen unheilbaren (Seift tjat, ober ber
$5rper ift eine gur unheilbaren dinfyeit berbunbene SSietljeit obn
Zeiten, ein „Organi«mu«*, Neil er befeclt (begeiftet) ift. &it6
biefer Safyrljeit glaubte man fd&liej?en ju btirfen, baß ber Körper
unb ber (Seift fi<$ in bie beiben <2rigenf$aften bc« £)rgani«mu«
gleicfy feilten, bafe ber Körper nur 33ietyeit unb ber (Seift nur
(Einfett fei. Slllein bie« ift ein fteWlufe. £)er (Seift felbft ift
ein £>rgant«mu«, Ijat ©eftanbtfyeile , mie ber Körper: er befreit
au« einer jur (Einheit berbunbenen 93ielljeit bon Gräften, mie
ber törper au« einer jur ©nfyeit berbunbenen SBiefyeit oon
«Stoffen befteljt. 5öeit entfernt baljer, bafe bie einzelnen (Seifte«*
. fräfte blo« at« oerfcfytebene £ljätigfeit«meifen ober 9?tcfytungen
einer ungeteilten 5?taft ju betrauten mären, müffen fie al« jtoar
jur (Sinljeit oerbunbene, aber al« unter fidty getrennte, al« neben
einanber beftefyenbe Gräfte gebaut werben.
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0
Ucbcr bic ßintyeit be$ ©etfle«. 39
£)er ©etoci« für bicfe Sahrheit ift ein mehrfacher ober [tu»
fentoeifer. $cr ganje ©eift ober tyex beffer : bic ganje Seele
be« 2Wenfchen ift juerft eine boppette, eine unbeloußte unb
eine betoußte. £)ic unbetoußte Seelenfraft begreift ba« £ebcn ber
förderlichen Organe unter fich. $)ie betoußte Seelenfraft ober
®eifte«fraft, bereu Organ ba« (Gehirn ift, umfaßt außer ben
äußeren Sinnen bie nieberen Sinne, bie ®emüth«finnc unb bie
3t5er|tanbee|tnne.
$>a ftiemanb behaupten möchte, baß bie unbewußte Seelen-
fraft unb bic ®eifte«fraft nur begebene Dichtungen einer un*
geseilten Sfraft feien, fo ift fchon bamit bie £>oppelhett, Da$
ftebeneinanber, bic Organtfation ber Seele unb be« Reifte« be=
toiefen.
betrachten toir, in« (Sinjelne eingeljenb, bie (unbewußte)
Seelenfraft felbft, fo erfennen toir auch tytac in beu gleichzeitigen
£ljätigfeiten be« |>er$en«, ber Hungen :c. eine Mehrheit unter fich
getrennter, neben einanber fte^enber Gräfte.
33et ber $eiftc«fraft ift un« in ben äußeren Sinnen ein
befonber« fpredjenber Söetoei« bc« Sftebeneinanber, ber ÖHieberung
ber ®etfte«fräfte gegeben. Sehen unb £i>ren ift fo toentg eine«
unb baffelbc, al« bie §anb unb ber $uß eine« unb baffelbc
finb.
Söa« bie Wtyti Stufe bc« «etoeife« betrifft, baß au* bie
inneren Sinne felbft unter fich getrennte Gräfte finb, fo bertoetfe
ich, um fürjer fein ju f&nnen, auf ba« in ben w®runbjügen ber
Phrenologie * h^eruDer ®efagte. Da j. S&. ber SBerftanb unb ba«
®emüth int SDfaße unabhängig bon einanber finb, inbem ein
üftenfeh biel SBerftanb unb toenig ®emüth, ober umgefehrt, höben
fann, fo finb baburch bie beiberlci <&etfte«fräftc al« unter fich
getrennt nachgetoiefen, ebenfo tote ba« ®eficht«oermogen bom ®e*
hörbernt&gen baburch al« getrennt erf<$eint, baß ein Üttenfch gut
fehen unb fehlest hören fann. ©ährenb baher bei ber Annahme
einer unbebingten Einheit be« Reifte« ba« theiltoeife ®enie, ber
theiltoeife «lob- unb ©afytftan, bie Söiberfprüche unb ber $ampf
ber berfchiebenen ®etfte«fräftc unter fich fchlechthin unerflärte
fcheinungen toären, fo finben biefe £hat1a$en in ber Organifation
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40
lieber bie <ginl>eit be« ©eifle«.
be« Reifte« eine ebenfo befriebigenbe (Srflärung, al« bie &ranfyeit
ober bie Sctymäctye be« Seljoermogen« neben be« <&efunbfyeit unb
©tärfc be« $>ikoermbgen«.
Ucbcrbic« fann bie 9)fel)rfacfyljeit ober bie £)rganifation be«
(Reifte« (unb bei Seele) fogar burefy ba« eigene <&efüljl tooljl er*
fannt »erben. SBenn i<$ rufyig unb innerlich gefammelt — etwa
in freier fcfy&ner 9ßatur einfant fteljenb — mir meiner felbft unb
ber Slufcenmelt füfylenb unb benfenb bemuftt bin, menn ba« Äuge
fieljt, ba« £)fyr Ijört, wenn icfy in ben (^liebem ba« öeben, in ber
S3ruft ba« Ät^men empfinbe, menn ity im ®emütlj bie Siebe unb
bie ®ottyeit, im ®eift bie 9catur unb bie ©iffenf($aft fityte unb
benfe, fürs, menn ^ter unb bort, unb bort unb bjer ein ftunfe
be« fprityenben Reifte« jum 33emu§tfein auffteigt, unb menn bie«
2lüe« mie ein ring« mi<$ umgebenbe« Söilb jugleicty oor bem
®eifte«auge ftefyt, fo fütyle ic$ flar bie mefyrfacfye ®lieberung
meine« Reifte« in feiner (Jinfjeit. *
$>ie 2lnfi$t oon ber JOrganifation be« Reifte« ift eine fo
na^e Itegenbe, fo notljroenbige , bafe man fiefy unmbem barf, bajj
bie 9lnfic$t oon beffen unbebingter (Jinljeit fo lange al« »bie
richtige galt. Allein ba« föätfjfet I5ft fi# fo. $)a« ©efen
be« (Reifte« — mie ba« aller £)inge — ift unferer (5r*
feiuitttijj unjugängltcfc. Somoljl bie (Sinljeit be« (Reifte«, al«
feine Sötctyeit in ber (Stnfyett fann jmar al« 2^atfa$e nactyge*
miefen, aber ni<$t irgenbmie erflärt ober begriffen toerben.
£)iefe gro|e ©a^eU mürbe oerfannt. Sei ber ©etra^tung be«
Tätljfelljaften SDinge«, ba« mir ®eift nennen, fetyien e« bie erfte
Aufgabe ju fein, beffen Sefen ju ergrünben. 3e fcfctoteriger
bie« bei feiner ÜDop^eleigenfd^aft al« Grinljeit unb Sttelfyeit fdbien,
befto meljr glaubte man bie Grinljeit, al« bie einfa<$ere unb be*
ftimmtere (£igenfc$aft, juerft feftljalten unb ergrünben ju müffen.
£>a biefe (Srgrünbung aber nicfyt möglich mar, fo fam man eben
über bie (Sinljeit be« ©eifte« bi« Ijeute nt$t Ijinau«!
£ie ^aturmiffenfd&aft Ijat in unferen £agen eine ftolje unb
felbftftänbige £b'lje erftiegen, aber bo# ift fie in großen unb
mistigen fragen ben fjerrf($enben 3been ber ^tytlofo^ie unter*
tljan. So in ber Heroen* unb ®etytruleljre. befangen in ber-
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tieftet bie (Siu&ett be« ©etftc*. 41
Slnficfyt bon ber unbebingten ©nfyeit be« ®eifte«, fud^t man in
ber Sftertoenletyre nach einem 33eretnigung«punft aller Herten !
(Sin £aupttljeil be« 9ieroenbauc« be« flttenfdjen — in ber Öeftalt
mit ber ^flanje be« SMumenfoljl« vergleichbar, ba« SKücfenmarf
unb bie in iljm jufammenlaufenben Herten mit bem Stengel unb
ben Söurjeln, ba« ®eljirn in feinen einzelnen Organen mit ber
©lume m ifyren einzelnen 9leftcb>n — biefer £aupttfyeU be«
:fterbenbaue« jerfäöt in feiner Sfjättgfeit in &toei grofee §älften,
in bie $5rpcrnerbcn mit bem 9fücfenmarf , unb ba« ($elnm.
£)ie erfteren bienen t^eit* &ur (Smbfinbung, tyeil« jur Söetoe*
gung be« törper«, ba« leitete beftefjt au« ben Organen ber
inneren Sinne. SDiefe beiben 9cerbenmaffen finb nun jtoar unter
fic^ jur Grinljeit oerbunben, aber iebe berfelbert Ijat u)r eigene«
felbftftänbige« tfeben. Crine 9)?enge bon ^atfac^en ift jur 53e-
ftätigung biefer Safjrfyeit gefammelt. §ier nur bie« ßrine. SBenn
ba« SRücfenmarf berlefct ober jerftSrt ift, fo finb bie (Meifte«fräfte
ungeftßrt, unb toc man — bei £tn'eren — bie ®efyirnorgane
toeggenommen , blieb bie (Smpfinbung unb bie 39en>egung be«
Körper« borljanben. 3ttan Ijat fi<$ alfo ba« Öeben be« Serben*
baue« fo ju benfen. 5Die einzelnen in fiety felbftftän*
bigen GJeljirnorgane (ber inneren Sinne) ftratylen alle
— auc^ unter fiefy bielfacfy oerbunben — bem Würfen marf,
unb biefe« ifyncn jur 33erbinbung entgegen, unb bie
beiben SRerbenmaffen bilben fo ein unheilbare« ®anje«, einen
Organi«mu«. 2tber einen S3eretnigung«*w^3unf t" für bie fämntt«
liefen S8en>egung«= unb <£mpfinbung«neroen !ann e« fo toenig
irgenbmo fonft ober im ®eljirn geben, al« ein folctyer SSereinigung«-
punft für bie einzelnen ©eljirnorganc fetbft benlbar ift. (Sefyr
2lu«füljrti($e« herüber f. in bem Sluffafc gnrfcfyfelb'« über ba«
®el>irn, toelctyer im 3. £eft ber jtoeiten Auflage be« oorliegenben
$u$e« au« ber w3eitfc^rift für ^fjrenologte" aufgenommen ift.)
•
2Ba« ift ber Untertrieb $nrifd?en Seele unb ®eift? £>ie
Antwort auf biefe ftrage ift fachlich fefyr flar unb beftimmt,
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42
Ucfcer bic <5in$eit bc8 ®fiftt«.
aber (eiber entffcrecfyen ber Haren ©acfye ntc^t aucfy ffare unb be*
ftimmte SB orte. T>\t ganje SebenStljätigfett int 9)Zenfcfyen ift
eine boppeftc, eine unbetont §te, meiere ba$ ganje förfcerlidje
Seben, Sltfymen, 3?erbauung :c. in fidj fajjt unb au$ ofyne unfer
©etoufetfein, j. ©. aud) im ©cfyfafe ftattftubet, unb eine betoufste,
n>el$e im @mfcfinben, Sotten, SDenfen befteljt. £)ie Organe ber
erfteren finb bie im ganzen Äörtoer verbreiteten Herten, bic
Organe ber lefcteren finb im (Sefjtrn vereinigt. 2öie fcfyon märe
eS nun, loenn man bie fo Kare <3ac$e aucfy mit fo flaren Sorten
bejeicfynen ober unterfd^eiben tonnte, toenn man bie erftere Xtffc
tigfett „<Seclentyättgfeit", bie (entere ,,®eifte«tyätigfeit'' nennen
fSnnte. 3lüein bie$ ift unm>ttty, meit ber (Sprachgebrauch un-
bebingt ©erbietet," bie benutzte Sebenätfyätigfeit be$ £fyiere8
®eifte$tfjätigiett ju nennen.
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>
V.
Der jflcnfdi und das ilüor.
„Srbe, Hviftoii, $flanje, Zfjier, SRenfcf) — \titi {Jolßenbe
enthalt bod^or^erfle^cnbe flanj, abet ba^u anbete« mein:
iebe* Solgcnbe tft fpectftfd» oora SBortjerflebenben »erfdbieben,
aber nur bur<$ baS, toai es mebr bat."
SWan fann bie Phrenologie bie oergteichenb e ®etfte«Iehre
nennen, ba bie Dcachmeifung ber ®runbbermögen be« (Reifte« au«
ber 5Berg(eichung ber ß^arafterberfc^ieben^ett (fotooht ber 2ttenföen
af« ber X^tere) hergenommen ift. £)ie X^iermctt liefert hier jum
2^ei( bie ft>re<henbften 9fta<hmetfungen. $)enn ba« S^araheriftif^c
ber St^tertoett fceftefyt eben barin, bajj bie tfjtetifctyen Vermögen,
bte beim 2D?enfc^en gewöhnlich mittelmäßig unb Ijannomfch mit
ben teeren menfd^en Vermögen gegeben ftnb, ftety bei ben
begebenen SThiergattungen nur in einfeitiger, feljr ftarfer ober
(ehr fd^toa^er €ntuu<fe(ung borfinben. @o treten biefe Vermögen
in einzelnen gieren gleichfam petfonifteirt auf, mie j. SÖ. 3n*
fantal im ttffen, Hmicatat a(« £reue im £unbe, Oppofitat at«
2Wutfj im §a^ne, Slctitaf, jur Oraufamfeit gefteigert, im £iger,
3lcquifita( a(« $)ie&«finn in ber Alfter u. f. tt>.
3a, bie 9iactyit>eifung fann ^ier eine noch bünbigere toerben.
@o toie bie Trennung ber äußeren @inne, be« (Sehen«, 4)ßren«,
nicht nur burch ba« gegenfeitig unabhängige 2ftaj3 berfetben, fon*
bem noch fchlagenber burch ben gänjttdjen 9)?angel eine« Sinne«
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2>er 9Weufd> unb bfl« Ztytv.
beim 93ort)anbenfein ber anbern beriefen toirb, fo tturb noct) fdr)la*
genber, af« burd; ba« gegenfeitig unabhängige Waft bet aüen
SDJcnftfyen gemeinfci)aftli(ben SBerm&gen, beren Trennung babutdj
berolefen, baß getoiffe SBerm&gen, bie bei einigen Spieren ober
beim Staffen fd)lecr)tr)in oort)anben finb, bei anbern gieren
fcr)lcd)tt)in fehlen. @o muffen bor Willem bie Vermögen ber t)5t)eren
£enffräfte unb ber ®emtitt)Sfinne, u>el$e bem 2Henf($en neben
ben tyierifäen Vermögen autjtyftegfitf angehören, eben baburety
al« bon biefen roefentlici) getrennt errannt »erben. <So enoeifen
fidt) femer ba« 2ttuficatal ber 9?acr)tigall , ba« (Sonftructal be«
iöiber«, ba« 3mitatal bc« Slffen ic. baburefy, bajj biefe Vermögen
bei bielen Steteren f<$lc(!r}tr)in nict/t gefunben roerben, als felbft»
ftänbig unb bon ben übrigen getrennt. Unb fo !ann man, SBer*
m&gen nadt) Vermögen abtrennenb, oon ben t)ör)eren gieren ju
ben nieberen t)erabfteigen, bi« auf ber nieberften <Stufe ber £r)ter*
roelt, beim $erfct)roinben felbft einiger <Sinne«tr)ätigfeiten unb
felbft be« ©eneratal, nur no^ ba* 9hitrttal übrig bleibt.
Staut toir mit bem 2ttenf$en bie t) öderen, it)m am näcfyftett
ftet)enben £t)iere oergleictyen, fo ermatten toir baburci) oor Slllem
über bie menfctylidt)e £5enffraft, fofern fie ficr) bon ber t^ierifc^en
unterfd&eibet, unb alfo über bie SDenffraft überhaupt, Karen Äuf»
f$lu§. prüfen roir bie« ettoa« näljer.
311« ba« niebere $5enfen ober als bie erfte ®runblage be«
2)enfen« roirb un« bon ber $5enflet)re (ber Sogif) bie SSorftel-
hing genannt. $)ie Phrenologie fommt un« t)icr wit it)rer 21n-
fctyaulictyfcit ju £ilfe, inbem fie jeigt, bajj 33orfrellung biejenige
®eifte«tr)ätigfett ift, burcr) bie „ Grrfenntnifebermögen* (roie im
(Segenfafc $u ben „SDenfbermögen* bie nieberen SBerftanbeSfinne
auep genannt roerben) bermttteit wirb. <s?o rann icty mir eine
®eftati, eine ftarbe, einen £on, eine 3at)l, einen Ort, eine £t)at*
fa$e, ja eine ganje ®egenb ober eine ganje @d?la<$t borftellen,
bei toeld^er legten Sßorftellung toielleicr)t alle einzelnen (grfenntmfc
bermögen jufammen trjärig finb. 3tfit (ginem Sßorte, i<$ !ann mir
alle« ba« borftellen, roa« entroeber in ber äußeren äöelt borljanben
ift, ober roa« id^, toenn e« bort)anben roäre, bermittelft biefer
Vermögen auffaffen fönnte.
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SDet 9Wenfö unb ba« Ztytx.
45
Um un« bie« noch anf<$auttc$er ju machen, tootlen toir un«
einen 2Renfchen benfen, bet Mo« bie niebern 93erftanbe«finne (unb
bon ben übrigen ©innen ntd^t bie ®emüth«ftnne , fonbern nur
bie tyieriföen Sinne) befäge. (Sin foldjer S»enf4 mürbe einer*
feit« ben Geboten feiner £*ebe folgen, feine Nahrung fu^en,
um biefetbe mit benen fämbfen, bie fie ihm ftreitig machen
motlten u. f. to.; anbrerfeit« mürbe er bie äußerliche Bett nach
aÜen ^Beziehungen überbauen, er toürbe tebtofe Dinge unb
lefcenbe (Sinjeltoefen nach ($eftalt, g'arbe erfennen, er toürbe fkfy in
Dertlichfciten jurecbtfmben, er mürbe, toenn einem ©enuffe nahe,
ficfy biefen, unb toenn bon einer (Gefahr bebroht, fich biefe nach
feinen gemalten (Erfahrungen borftetlen. Dennoch toürbe ein
folcher Sttenfch auch bei ber tängften ßeben«bauer, toeil auch noch
fo biete SBorftetlungen ohne oerfnüpfenbe« Söanb, bto« neben ein*
anber geftellt, nur ^orfteüungen bleiben, fich nicht über bie nie*
bere Bett berfelben ergeben tonnen. 9Kan toürbe jtoar einem
folgen ätfenfchen ein getoiffe« Deuten jufpre^en müffen, aber
boch nur ein oergletchung«toei« nteberc« teufen.
(Sin fotcfyer ^ter gefdnlbcrter , geiftig oerftümmefter 2ftenfch
fte^t im 2$iere oor un«. Da« £hier tebt ganj nur in ber 2S3ett
ber 33orfteüungen : e« befifct in biefen gleichfam nur bie erfte
©runblage be« Deuten«; ba« eigentliche Deuten geht ihm ab.
Ba« fteljt über ben SBorftellungen ? toa« fehlt bem Denfen
ber Spiere ju bem fytyexm menfe^tieben Denfen V Die Denf*
lehre nennt at« bie über ben Sßorftelfungen ftetjenbe höhere Denf*
t^ätigfeit ba« begreifen, ben «e griff. Sin begriff ift,
fo fährt bie Denflehre fort, ba« au« mehreren SBorftellun*
gen abgezogene Stilgemeine. 3ur SBeranfchaulichung biefe«
richtigen <Safee« mögen toir toieber ben geiftigen 3uftanb be«
XfyexQ ju £ilfe nehmen. 3. SÖ. ba« Xtym hat oft einen ©ach
gefehen, e« hat alfo eine SBorftellung bou bem 33ache unb zugleich
bon bem Baffer; ebenfo hat ba« £tn'er oft Regentropfen gefehen
unb hat alfo auch unter ber ©eftalt eine« Regentropfen« eine
SSorftellung bon bem Baffer. Beil e« aber nicht fähig ift, bie
beiton SSorfteUungen be« Baffer« unter biefen berfchiebenen ®e=
ftalten 5ufammen$uftellen , fo hat e« feinen begriff bom Baffer
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46
©er SWenfö unb ba« £fyer.
a(« folgern, fo fann e« nicht ba« Söaffer al« fotdje« beuten, ab*
gefehen bon beffen beTfchiebenen ®eftalten; e« fann j. 59. nicht
fich ben S3ach in Regentropfen aufgeloft ober biete Regentropfen
a(« Bach gnfammen benfen.
SDtefe« äufammenne^mcnr nun beffen, toa« jmei ober
mehrere Eilige ober SBorftetfungen ®emeinfame« Ija&en, ^ei§t
6 e g r e i f e n. £>a« Söort ift bom 3ufammenfaff en mehrerer Dinge
mit ber $anb, oom 3ufammengreifen entlehnt. (Sin anbere«
Söeifpiel: ba« ^ier meijj nicht« bon ®ut unb @<hlimm; benn
®ut unb (Schlimm fiub feine fichtbaren ober erfennbaren £) i n g e ,
(fernen alfo feine 23orftellungen fein, fonbern finb begriffe.
£)a« Zfyn fann unterfd^eiben $nrifchen einem guten unb einem
fdjttmmen £errn, jttnfchen einem guten unb einem flechten §ut*
ter, »eil e« ftdj beibc« oorfteflen fann. SBeil e« aber nicht ba«,
toa« ber gute £err unb ba« gute ftutter (Semeinfame« $aben,
Sufammenfaffen fann, fo hat e« feinen begriff bom ©uten:
benn taufenb gute SHnge nebeneinanber gefteüt ober nebenein*
anber im (Seifte borgeftellt, geben nicht ben begriff, ben abgejo*
genen (Sebanfen be« (Suten.
(Sin begriff alfo ift (nach ber ^enfte^tc) ba« au« mehreren
©ovftellungen abgezogene Slllgcmeine. $)te Stufgabe ber ^^reno»
logie ift e« nun, ba« geiftige (Srunbbermogen nacfyjutoeifen, auf
tuelchem biefe ®eifte«tfyätigfeit ber Slbjte^ung be« Allgemeinen
beruht, Söenufcen nur t)iex toieber bie obigen Söeifpiete. Um bie
(Sigenfctyaften be« Söaffer« im Söache unb im Regentropfen ju*
fammenjufaffen unb fo ben begriff SBaffer ju bttben, baju ge*
hört ba« Vermögen, ju erfeunen, n>a« ber iöadj unb ber Regen*
tropfen Gleichartige« unb toa« fie Ungleichartige« ^aben, um fo
ba« Gleichartige im ©egriff ©affer jufammensuf äffen unb ba«
Ungleichartige bon biefem begriff au«juf(^ttegcn. ßbenfo um
ben begriff „gut" ju f äffen, baju gehört, alle bie berfchtebenen
(Stgenfchaften biefer ober jener 3)inge ju erfennen unb einige
beftimmte gleichartige biefer (Sigenfchaften für ben begriff gut
au«$ufcheiben. $)iefe« (Srfennen ber (Sigenfchaften eine« 5Dinge«
aber unb biefe« 3ufainmenf äffen unD kennen gleichartiger (£i*
genfehaften bon ungleichartigen beruht lebigltch auf ber ©er*
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3>« 2Renfd> unb btt« £f>ier.
47
gteidtjung ber Dinge. Denn jtoei ober mehr Dinge oer*
gleiten ift nid^t« anbete«, al« bie gleichartigen unb ungleich*
artigen ßtgenfcfyaften biefer Dinge erfennen unb unterfcfyeiben.
Da« Vorft eilen alfo beruht auf einzelnen unoerbun*
benen <£rfenntniffen, ba« begreifen beruht auf bem 3ufammen*
[teilen unb dergleichen ber einzelnen (Srfenntniffe unter ein*
anber, — jene« auf ben nieberen Verftanbe«finnen , biefe« auf
beut fogenannten Vergteichung«oermogen.
Einige »eitere SBeifpiele gur Veranfchaulichung. Da« XfytT
hat eine Vorftellung oon bem Vergangenen unb eine Vorftellung
oon bem ®egemoärtigen , b. i. bon ben Dingen ber Vergan-
genheit unb ben Dingen ber ®egenn>art. 2Betl aber ba« 2$ttt
bie Dinge ber Vergangenheit titelt mit benen ber (^egentoart oer=
gleichen unb fo nicht ben allgemeinen ^Begriff ber Vergangen*
heit unb ber ©egemoart abjiehcn fann, fo fann e« auch ben
begriff ber 3"funft "ich* faffen. Denn ber begriff ber 3Us
fünft beruht nur auf einer Vergleich ung ber Dinge ber 3"*
fünft mit ben Dingen ber Vergangenheit unb ber Öegentoart.
(ibenfo hat ba« Xfjier eine Vorftellung oon lebenbigen Dingen;
e« fann aber au« bemfelben genannten ®runbe ben ©egriff
be« Seben« nicht faffen, unb atfo auch £obe«.
(Sbenfo (at ba« Ztyex eine Vorfteüung oon feine« (deichen, 2öetl
e« aber fich felbft nicht mit anbem oergleichen fann, fo fann e«
ben begriff ich nu^* faffeii unb fich fetbft nicht begreifen; e«
hat baher fein @ e 1 b ft b c n> u §tf e i n , e« ift feine e r f o n. 3)?an
beobachte ba« $inb, c« fpricht oon fich juerft (in ber früheften
ßlnbljeit) in ber britten Sßerfon ; erft toenn ba« $inb anfängt
„ich* $u fa8cu> 8*$* tym gtetchfam eine neue Seit auf, fängt
e« an, fich feiner at« 3)tenfch betoujjt 511 werben. $ant in
feiner Anthropologie fagt, bie (Srflärung biefe« $hän°™n« möcbtc
bem ^tychologen fehler fallen. 2öir fehen, loie leicht bie $fj™s
notogie ba« töäthfel löft. Die V e r g 1 e i ch u n g « g a b e be« tinbe«
ertoacht, e« thut ben erften freien ©tief in ba« geben, in bie e«
umgebenbe Seit, e« erhebt fich au$ *>ettt ®eifte«$uftanbe be«
Spiere«, in beffen Anfchauung alte Dinge ein ungeorbuete« Sirrfal
bitben, ju bem ®etfte«$uftanbe be« 3J?enfchen, beffen ®abe ber
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48
2)er SWenfd? unb ba« £&tcr.
SBergleictyung in bem SÖ3irrfal Orbnung fc^afft unb ttyn baburdj,
tnbem er bor Slllem ftcty felbft bon bcr Slu&entoelt unterfctyetbet,
Sunt Söeltbetoufetfein unb sunt ©e(bftbeh)ii&tfein ertoecft, jur
^erfon ergebt.
2»an glaube nictyt, bajj bie «photogen bie ®abe ber 23er=
glet<$ung ni$t al« eine £auptbebingung be« £)enfen« bon je^er
erfannt Ratten. STCetn, btefe @a$e ift gu Kar unb fonnte feinem
ftorfctyer leicht entgegen, ©et 3rrttyum ber ^3ft$ologen toar nur
ber, bajj fte, toeit entfernt, bie (Sinfac^eit unb ©elbftftänbigfeit
biefe« Vermögen« al« eine« ®runbbcrmögen« 51t erfennen,
btelmeljr nur juf antut engefe^te ober abgeleitete begriffe, j. Sö.
ben €>$ctTffinn, ben £tefftnn, ben SBerftanb, bie Vernunft, bie
UrttjeüSrraft u. f. to. als einfache ober ®runbbermögen aufteilten,
bereu ütterfmale ober (Stgenf haften ober ÜUtobif icationen
fie bann befttmmten , unter toel^en 2tterfataleu bann freiließ bre
SBergteic^iing al« eine« ber cTften galt.
Ueber ba« jtoette ber bon ber ^^renologie nachgetotefenen,
fogenannten eigentlichen ober leeren £)enfbermogen, ba« <Schlufe*
bermBgen, fönnen nur un« furj faffen. (So tote ba« &er*
gleichung«bermögen, nach beut SDMgen, bem begreifen, fo liegt ba«
<Schluj?bermögcn bem «Schliefen bon Urfacfye auf Söirfung jum
@runbe. 5Da nun, anerfannter Seife, ^Begreifen unb @c$liej?en
bie ®runblage alle« fy&ljereit ober menfcblichen &enfen« bilben,
fo ift fetyon in ber ^Benennung be« @chlufcbermögen« al« foldfye«
feine (Srflärung enthalten. Söenn ber Slffe ftch n)ärmenb am
fteuer fifet, fo fehlt ihm, toctl ihm ba« ©chlujjbermögen fehlt,
ber ®ebanfe, burch Siegen *™ $^1 fteuer i« unterhalten.
@o tote bafyer in bem 33ergleichung«bermogen bie erfte ©ebingung
be« <Selbftbetou§tfein« , ber ^erfßnli^feit liegt, fo ift in bem
©cfylufcbermogen bie $ebtngung ber §anblung, be« <$nt*
f bluffe«, be« betonten Söillen« gegeben.
(3n bem borftehenben 3luffafe ^a6e ich ba« SBort „ Reifte**
bernlögen" gebraust, too ich fonft „®etfte«fraft" gu fagen pflege.
3<h ^abc bie« abficfytlicfy nid^t geänbert, ba bie fceiben S&rter
natürlich gleich&ebeutenb gebraust finb. „©eifte^bermögen" ift
ba« richtigere, toeil baburdh oeffer al« burch „®etfte«fraft" $u*
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$er 9ttenfä unb ba« $bier.
49
gleich ba« Huf nehmen im (Reifte bezeichnet toirb. 3ch bin
burch ba« Söeftreben, möglichft populär gu fein (befonber« in
meinen 93orlefungen), baju gefommen, getüB^nlic^ ba« ©ort
„Geifte«fraft* gebrauten.)
3$ nehme ^ier Gelegenheit, ein ©ort über bie SDartom'föe
geljre ju fagen, ju melier bie Phrenologie in feiner näheren Söe*
Ziehung fteljt, al« jebe anbere SRaturioiffenfchaft. SWeine Anficht
barüber ift ba^er feine phrenologtfehe, fonbern nur eine perfonlicbe.
£)ie aDarttnn'fcbe Seljre ift befanntlich älter, al« ihr jefciger 9iame,
ba g. ©. fd^on £erber fie bem ©efen nach in feinen „3been &ur
Gefliehte ber 9Wenfchheit" bargeftellt ffoL 9?och al« Gtnnnaftaft
tourbe ich bUTCh ba« ßefen biefe« 23uche« mit ihr befannt unb
meine Ueberjeugung bon ber jmeifetlofen ©ahrljett biefer SRatur*
anfehauung »ar bon Slnfang an bi« heute fo feft, bajj e« mir
immer fchtoer fiel $u begreifen, toie ein benfenber 9Kenfch ihr im
©efen (bon (Sinjelnheiten natürlich abgefehen) nicht beifUmmen
fbnne. ©enn Gott bie töofe gefchaffen, bie am ©toefe blüht, fo
fönnen toir un« biefe« «Schaffen nur auf bie eine ©eife benfen,
bafc Gott bie SRofe machfen, fich enttoicfeln, tt) erben liefe; unb
nue au« bem fleinften Äeime biefe SKofe unb biefen SRofenftocf in
einigen Monaten, fo au« bem fleinften unb unbollfommenften Meinte
alle oorherigen föofenftßcfe in 9ttilliarben oon fahren. 3Bir
finben ja überall in ber Sftatur theil« ein fichtbarc« Getoorben*
fein, theil« ein fortbauernbe« ©erben, ©tr fehen an beu
©teiugebilben , wie feit ben Urjeiten unfere (£rbe fich f° ro^e f*c
ift gebilbet h<*t; mir fehen heute bei pflanzen unb gieren in
toenigen fahren ober Jahrzehnten ein (gntmicfeln unb ftortfehreiten
bom (ginfachen jum SWannichfaltigen , oom Unoollfommnereu aum
^ollfommneren. 3>iefe« ©ichentioicfeln unb ©erben ift ba«
©efen ber iRatur unb barum enrig. OJktur ^ c i § t : ©erben!)
(Sine anbere «Schöpfung, ein anbere« Getoorbcnfein ift nicht
benfbar.
SBiele berioerfen bie $>arn>tn'fche &hre, ohne nach ^em, toa«
e^eöt, ^Ijrcnolofltf^e »über. 3. Huf. 4
<
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50
35er 3Kenfä unb ba« Xljier.
bentbar ober nid^t benfbar ift, 311 fragen, unb ofyne (Drünbc
für ifyre 5(nfi$t $u Ijaben: fie bermerfen fie Mo« roegen falber
Folgerungen, bie fie au« Ujr gießen. SSiele j. 59. meinen,
0* »iberftreite ber menf^tic^en Söürbe, anjune^men, bafc bie
SWenfdtyelt fty au« ber 2tyer$eit entmicfelt ^abe. Stacht jeber
oon un« ift au« beut benfbar fteinften teime jutn 9Vtatf$en ge=
morben: er gli<$ anfang« ber uttboUfommenften $flan$e, bann
beut unooUfommenften £fyier, bann machte er aüe (Stufen ber
Ifyier^eit bur($ bi« jum 9Äenf($en — unbefcfyabet feiner Söürbe.
Unb biefen fetben SEöeg ber Grntmicfelung fottte bie Sttenfcfyfyeit
in ©eltaltern nicfyt fyaben bur<$f(fyreiten fönnen, ofyne an iljrer
3Bürbc Schaben 51t neunten? Gr« ift oielmefyr ein fyöcfyft ttntr*
biger unb erfyebenber Gebaute, baß bie 2)Jenfcfyfjeit fyoffen barf,
immer toeiter in ber SBerbollfommnung fortyufcfyreiten, ~ immer
fyßfyere 3iele ju erreichen, ©te traurig unb entmutljigenb bagegen
ift bie 9Weinung ÜDerer, meiere annehmen, baß ber üttenfety al«
ooltfommen erf Raffen morben, aber »on ber (Stufe biefer SBott*
fommen^eit Ijerabgefunfen fei!
£)erfelbc ober ein älmttd?er fteljlfdjluS ift e«, menn SBiele
meinen, ba§ nad? ber ^artoin'fd^en Cefjre jmiföen 2)?enfcty wnb
2tyer fein mefentlidjer Untertrieb fei. ©erfen mir
einen S8l\d auf bie Cnrbentmufelung. 9k($bem auf unferer im*
fang« flüffigen (£rbe eine fefte Trufte geworben, unb ba« fteft*
taub fid) 00m SBaffer gefcfyieben, bilbete fieb juerft bie nieberfte
^flanjenmelt, bie nieberften Skfyimmel«, ^iljs, 9Woo«arten, maljr*
fcfyeinlidj noefy tange oljne jebe ©pur bon einer £fH'ern>elt. könnte
man nun behaupten toollen, ba§ gtoifc^en ber ^flanjenmelt unb
ber Stemmelt, jmif^en bem tebenbtgen fätyftall ber ^flanje unb
beut tobten SfrtyftaU be« «Steine« barum fein tuefenttietyer Unter*
fäieb fei, toetl fi$ bie $flan$entoelt au« ber <Steinmelt entmicfelt
f>abe? ©etoifc nid>t : ber Unterfc^ieb &ttnf<$en beiben ift tnelmetyr
ein fet)r mefeutticfyer. Ctbenfo fyat fi$ bie £fyiermelt jmeifello«
au« ber ^flanjenmett entmicfelt; ja c« giebt fogar noc$ jefct
^flanjentfyiere ober % Zierpflanzen , oon benen man ni$t fagen
fauu, ob fie ^ftanje ober ob fie Xfyier finb: unb boefy ift ber
Unterf^ieb junfeben fflan^e unb Xfjier ein fefyr mefentltcber.
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2>er 9Kenf$ unb ba* Jbicr. 51
<9an$ ebenfo tt>cfenttic^ nun ift ber Unterföieb )n>tf(^en £fyier unb
Üftenfcfy. 2öeld? alberner @d;luB fänte auefy ju £age, MUI toir
annehmen wollten, bajj ba«, loa« fid? au« Ruberem entnjicfett §at,
nidjt tpefentlicb oon tym t>erfc$teben fein fönne: bann toäre ber
2ßenfö nic^t »efenttty terfdneben oom 3tyer, ba« Sfn'er nic$t
mefentlicb serfcfyieben oon ber s$flan$e, bie ^flanje nt$t mefentüd)
verhieben oom ©tein, — alfo wäre auc$ ber 9)fenfc$ ntc^t
mefentlu} bom ©tetn aerfc&ieben!
©enn fcfylie&ttcty $iele meinen, bie $>armin'fc$e tfe&re füljre
jum 9)?atertali«mu« unb miberftreite bem (Stauben an bie Un*
fterblia)feit, fo ift auefy bie« nur ein &c$(f$(u$. 3$ g. SB., wenn
ic$ oon mir fpred>en barf, bin nicfyt üftaterialtft, metl id> XfyaU
fachen fenne, meiere ungefähr bem äljnlicfy finb, n>a« 3f$offe in
feiner i*eben«befcfyreibung Don feinen SBifiouen erjäfjlt*), %\)aU
fachen, n>eld?e mtcfy gu ber $lnficfyt $n>ingen, bafj ber menfcfylicfye
(Steift etroa« ftnbere« unb etwa« metyr ift, al« ber Körper,
*) 3^°^c erjäbjt, bafj ibm beim Stublicf bicler jum erftenmal t«on ibm
gefeb.ener 2)ienfd)en bereit ganje* »ergangene* Üebeu mit aßen (Sinjelnbeiten
nox feinem geiftijjen &ugc »orüberfebwebte. (*ine «Stelle hierüber mag ^icv
worttteb. folgen. „SSir fbeiften an ber jablrei^ befefeteu 2Birtt)«tafel ju Wafy,
wo man ftc$ eben über allerlei (Sigentbümlia)reit«ru unb ©onberbarfeiten ber
ecbweijer, über 3«e«mer'* 2)cagneti*mu*, fatater'* ^^ftoßnomif u. bgl.
berjlidj luftig machte. (Siner meiner Begleiter, beffen ftationalftolj bie <5p$t*
terei beleibigte, bat mia), (Stwas ju erwiebern, befouber* einem bübfeben jungen
SDcanne, ber un* gegenüber fafj unb beu auägelaffenften ÜBife trieb, ©erabe
ba« Seben beffelbeu war an mir oorbeigcfdm>cbt. 3cfy wanbte mitb. an ilm
mit ber grage, cb er ebrtia) antworten werbe, wenn ia) ifym ba* ©ebeimfte
au* feinem Veben erjäblen würbe, wäfyreub er miefy fo wenig fenne, al* irb
ihn. 33a* wiire benn bodj mebr, meint' idj, al* Saoater'* ^Imfiognomif.
(Sr »erftradj, offen 511 geftebeu, wenn irb Sabrbeit berieten würbe, ©o er*
jäb.Ue ia>, waö mir mein iraumgefia^t gegeben, unb bie ganje $ifa>gefettfa^aft
erfuhr bie ©cfa;id?tc be« jungen Kaufmanns, feiner l'e^r jal>re , feiner fleinen
Serirrungen, enblid) aud? eine von ibm begangene Keine £ünbc au ber (Saffe
feine* ^rinci^at«. befa^rieb ibm babei ba* unbewohnte Limmer mit ge-
weiften ÜBanben, wo red)t«i ber braunen Sbür auf einem tifaie ber frinttarje
©etbfaften geftanben, u. f. w. ö* berrfa>te lobtenftitte in ber ©efeflfdjaft
bei ber (Srjäb, tuug , bie nl> nur juwcileu mit einer JVrage unterbrach , ob ut>
4Babrb,eit vebe? 3eben Umflaub beftätigte ber ©chwerbetroffene, fogar, wa*
ia) nid^t erwarten fonnte, ben legten."
4*
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52 2>«r 2flcnfc$ unb ba« £f?ter.
unb ba§ er na$ beut 3erfflÖ beffelben fortlebt. (Sa« bie menfcfy=
licfye Unfterbtictyfeit gegenüber bem Xljier betrifft, fo fann icfy mir
eine ftufentoeife Unfterblid^feit al« mögtt<§ benfen, ober kty
fann mir al« möglicfy benfen, bafc bie menf$lic$e UnfterbUcfyfeit
mit bem menfcfylictyen @etbftbetouj$tfetn, biefer grofcen ©treibe*
fcanb jtoifctyen äftenfcfy unb 2tyer, in 3ufammen^ang ftcfyt.) Ser
£l)atfac$en ber ermähnten 3Crt nic$t fennt, unb fie barum al«
ni($t oor^anben betrautet, ift in feinem föecfct, allein er mu&
feinerfeit« au$ ba« föed^t Derer anerfennen, melden foletye I^at*
fa<$en befannt finb unb toelcfye au« iljnen bie notljmenbigen (Scfylüffe
jieljen. darüber finb übrigen« jefct toofyl alle Scanner ber Söiffen*
fttyaft einberftanben , bajj bon ber 3(nna^me fo ju nennenber
„Sunber", b. f). bon fällen ber 9lufljebung ber ^aturgefe^c ober
Seltgefefce, memat« unb nirgenb« bie SRebe fein tann. 3n biefem
(Sinne nennt fid& bie materialiftifc&e Seltanfcfyauung montftifa)
unb Ijält fi($ für allein logif<$. Slüetn au« unerflärten ®egen=
fäfcen, Stoff unb Ärafr Körper unb (Seift, bie Seit erttären ju
motten, föeint mir, ganj fd^arf genommen, meber moniftifc$ no$
logif($ $u fein. (Sine Seltanfd^auung, meiere nietyt materialiftif<$,
aber in Saljrljeit monifttfety ift, unb meldte für in ber §aupt=
facr)e richtig ju Ratten i$ fefyr geneigt bin, ift bie bereit« in einer
SRettje größerer unb fleinerer Serfe niebergelegte ^ßljilofopljie
meine« oereljrten ftreunbe« 2J?ajcimi(ian Drofjbacfy. (Deffen
neuefte €>c$rift ift „Ueber bie berfcfyiebenen (Srabe ber Sntelligenj
unb ber ©ittlictyfeit in ber $atur\ «erlin 1873v ^od^ ginige«
über 90lateriali«mu« f. in metner @cfyrift: „Die Ungötttia^feit
be« ^apftt^um« unb bie Sirene ber gufonft*.)
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vt
Ucrthuul und Vernunft.
Um »orte IA%t R* tteffttd) flttiten.
®oet&e.
1. #n ber JJfndjologie.
»
©et mehreren <§<$riftftettern pnbcii ftc$ 3ufammenfteuungen
ber 2lnfic$ten bei $fjüofopf>en über bie begriffe SBerftanb imb
Vernunft, namentlich in tljrem Unterfd^icbe. Die fotgenbe ift
$unä$ft au« @<$eibfer (<S. 426 ff.) entlehnt.
9iad^ Seibntfc ift bie Vernunft bie Verfettung ber
Safyrfyeiten, befonber« au* bem menfcfylidjen <&eift felbft (ntcfyt
au« ber Offenbarung) gef^öpfte, int ®egenfafe gegen bie finn*
licfye, tfoUrte (Srfaljrung.
ßocfe erflärt bie Vernunft a(« ba« bem SDtatföen eigen*
tlntmltc^e (grfenntnifjbermttgen unb finbet in tyr bier <Stiufe:
1) Die (Sntbecfung unb Srfinbung ber #etoei«grünbe , 2) bte
regelmäßige unb richtige Slnorbnung berfetben, 3) ba« Vernehmen
ifjrer Verbinbung in jebem Steile ber SDcbuction, 4) bie (Sinfity
in bie töic$tigfeit eine« <§<$tuffe«. £)tefe bter @tücfe f^reibt
Öocfe einer bereiten $raft ju: bem <5dt>arffinn (Urteil«»
traft), burc$ melden bie Vernunft bie SWittetbegriffe empfinbet,
unb bem ©djliejjbermögen, bnrc$ meiere* fie fie orbnet.
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54
SJerftanb unb Vernunft.
g^ac^ ©off ift bie Vernunft bie <5tnfi($t in ben 3ufami
men^ang ber Saljrljeiten , toäljrenb ber 23erftanb nur einzelne
ÜBaljr^etten ocrbeutli($t, toefdje bic Sinne unb bie ßrtnbil*
bnng«fraft nur ttertotrrt ober fyöcfyften« blo« ffar liefern; Sößolf
be$og ben 23erftanb auf bie ©egriffe unb Urteile, bie Vernunft
auf bie Sc^lüffe, toetc^c ®egriff«beftimmung ftcfy fefyr (ange er;
Ratten Ijat.
& a n t (ber ft# übrigen« hierin gar nic$t gleid) bleibt) nimmt
im »eitern Sinn SBerftanb unb Vernunft gleid&bebeutenb für ba«
fogenannte obere ober fjöljere Grrfenntni§»ermbgen ; im engem Sinn
ift ifjm bie 93ernunft batb ba« Vermögen, ba« ©efonberc au« bem
Allgemeinen abzuleiten, balb ba« Vermögen, ti>el$c« ^rincipien
ber (Srfenntmj? a priori an bie §anb giebt unb jum Söebingten
ta« Unbebingte oerlangt; ber SBerftanb foll ein (ftegcnftanb für
bie Vernunft fein, melcfye feine ©egriffe fcfyafft, fonbem nur bie
$erftanbe«begriffe orbnet unb tynen <5in^eit giebt. $er SB er»
ftanb ift infonbertyett ba« SBermögen, SBorftellungcn felbftttyätig
fjeroorjubringen, unb foü al« Spontaneität ber föeceptioität ent*
gegenftefyen. 3m logif<$en Sinn foll 23 er ftanb ba« Vermögen,
ba« (Hn$elne im Allgemeinen barjuftellen ober ba« Vermögen ber
begriffe, Vernunft, ba« Vermögen, ba« Söefonbere au« bem
Allgemeinen abzuleiten, ober ba« ber Scfylüffe fein, jtoifdjen
toefctye eine befonbere Urt!jeil«fraft, al« Vermögen, ba« $3e-
fonbere unter ba« Allgemeine ju fubfumiren, eingefc^oben tirirb.
3acobi nannte anfang« Vernunft ba« Vermögen, au«
finnlicf» gegebenen (empirifctyen) SBorftellungen begriffe, Urteile
unb Scfylüffe ju bilben, ober bloße 23erljältniffc toafyrjunefymen ;
fpäter ben Sinn für ba« Ueberfinnlid^e (ober ba« Organ, toomit
ba« Ueberfinnlt#e, bie 3been, oernommen toirb, mie mit bem Auge
ba« finnli<$ Sichtbare) ; fobann bie Ueber$eugung oon bem an fid?
iföafyreu, Seinen unb (9uten (3been), toelc^e er anfang« glaube,
®lauben«fraft genannt unb ber Vernunft entgegengeftellt fyatte.
'Jcad) ^ i t c ift bie Vernunft (ober ber ®eift, bie 3nteüi*
gen$, 3cfyfyett) bie abfotute Selbfttljättgfeit, rooburdj ba« 3cfy unb
alle«, loa« für baffelbe ift, ba ift, ober ber unmittelbare Au«*
bruef be« ©o'ttlic^en, ja ba« ®öttli^e felbft.
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J
^erftanb unb Vernunft.
55
Sehnlich & $ c 1 1 i n g , ber übrigen« cbcnfatl« ftch nicht g(etd>
geblieben ift; nachliefern ift bic Vernunft felbft ba« ©ein
®otte«, ber 2(lie« in Allem, ober bie 3bentität be« 3bealen nnb
«Realen ift, ober bie totale 3nbifferen$ be« Subjectiben unb Ob*
iectiben, unb in toelcher Alle«, fo toie aufeer ihr nicht« fein fotl.
Der SBerftanb ift bie unentnucfelte , nur ba« (Sinjelne umfaffenbc
Vernunft, ja bie jerfallene Vernunft. Später erflärte Sctyellina,
bie Vernunft für ba« allgemein 9Wenfct>licf)e, Unperfönlicbc, Allen
3ufommenbe, SBerftanb für bie in einem (Sinjelnen begrünbete'
unb au«gebilbete Denft^ätigfeit ; bafyer er ben SBerftanb über bie
üBernunft fefet.
£>erbart leugnet, baj? bie Vernunft ber allgemeine, an*
gebome SJor^ug be« üttenfdjen bor bem X^iere fei, meldje« ledere
bie menfehliche geifrtge Au«bilbung nicht loegen einer fpeeififcheu
$erf$iebcntyett jtoifchen X^ier- unb 3)ienfc^enfeele, fonbern blo«
toegen be« üflangel« ber §änbe unb «Sprache nicht erlangen Efcmt ;
ber SB er ft an b fei ba« Vermögen, un« im Deuten nach ber Quan*
tität be« ®eba$ten $u rieten, bie Vernunft ba« Vermögen,
ju überlegen unb nach bem (£rgebmfj ber Ueberlegung fich 311 be*
ftimmen.
9ftt$ § egei ift bie Vernunft bie einfache Obentität ber
Subjectibttät be« begriff« unb feiner Objeetibttat unb AUge
metnljeit.
9cacb ftxxcQ ift Vernunft im Allgemeinen bie ganjc ©elbft-
thättgfeit be« ®eifte«bermögen« (im ©egenfafc gegen bie Sinn*
lic$fett ober föeceptioität) , im «efonbern bie ber (Srfenntnij?; ber
SBcrftanb ift ba« Den!« ober 9fefIerion«bcrmögen, ba« kernte;
gen ber DeutUchfeit ber (Srfenntnij? ; aber jugleic^ auch (tocgen
be« ©nfluffe« be« Deuten« auf bie übrigen ®eifte«bermögen) ba«
Vermögen ber SelbftbefyerrfdHmg.
9cach <S<hul$e ift bie Vernunft ba« Vermögen einer oon
ber <Sinnlichfeit unabhängigen, Ü?r unerreichbaren drfenntnij?,
ober ba« Vermögen ber (£rfenntm§ ber 3been; ber SBerftanb
ift bornämlich ba« ^erm&gen be« Denfen« be« Gaufaljufammen*
^ange« unb ber B^ecfe, manchmal im Dienfte ber Sinn*
lichfeit, ift aber auch für bie Vernunft unentbehrlich, ba er boch
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^erftanb unb Vernunft.
immer SRtcfciter über bie Söoljrljeit unb Slnloenbbarfeit ber 3been
bleibt.
Gr. föetnfyolb erflärt ben SSerftanb im »eitern <5tnn für
ba« £)enft>ermögen überhaupt, im engem ©inn für bie Urttjetl«*
traft, b. i. bie ftäljigfeit, burety Prüfung ber 33eljauptung«grünbe
ju einem Urteile, beffen 93ertt>irfü<$ung einer folgen Ueberlegung
bebarf, ftc$ fetbft ju beftimmen; im engften ©inn für ba« em*
pirifd&e (^fenntnijftermbgen. SG&a« ben 3lu«brucf Vernunft be=
trifft, fo müffe man, ber ©eife unferer @pra$e angemeffen, jtoei
Söebeutungen beffelben unterf Reiben. 3m toettern Sinn fei $er=
mmft bie allgemeine Ifraft ber geiftigen 8eben«ftufe, meldte im
9flenfc$en unter ber 93orau«fefeung unb ©ebtngung ber ftnnlid&en
ft$ ergebt. 3n biefer Söebeutung tuerben geiob,lmlid& Vernunft
unb ©innlictyfett im SWenf^entoefen einanber entgegengefefct, unb
gilt allgemein bie Vernunft für ba« c$arafteriftif($e Unterfc^ei*
bung«merfma( be« 2ftenfcfyengefc$le<$t« im 23erglet$ mit ber tljte=
rifcfyen 9ktur. 3n einem engern «Sinn fteljt bie SBernunft al«
ba« Vermögen ber rein rationalen (grfenntniffe unb Ueberjeu*
gungen bem empirif<$en Srfenntnijjoermögen entgegen.
2. 3n ber |%emilogie.
Söerftanb ift bie aflgemeinfte ©ejeic^nung ber ganjen
menf$ü$en 3)enttraft, b. t. be« SBergleictyungdrierm&gen« unb be«
<Sd)luf?oermÖgen« fammt ben nieberen 93erftanbe«finnen. 3ena<$=
bem bie einen ober bie anberen biefer einzelnen Gräfte bor$ug«*
meife tfjättg finb, ift ber 95erftanb ein feljr berfttyiebener unb toirb
au<$ fcerfcfyteben benannt. 3ft ba« 23erglei($ung«oerm&gen oor*
3ug«toetfe tfyättg, fo Ijeigt ber SSerftanb @<$arfftnn, bei oor*
mattenber ^ätigfeit be« ©cfylujjberm&gen« £teffinn. £)er
@<$arffinn unb ber £ieffinn finb aber toteber anbere, ienad&bem
fie mit biefem ober jenem nieberen 33erftanbe«finne in SBerbinbung
treten. @o fpri^t man bom ©^arffinn be« 5ftaturforfc$er«, be«
(5pra<$forfcfyer« 2c, son bem Stteffinn be« Sßlu'lofopljen, be« ®e*
f$i$t«forf$er« ic. öeibe, ber @c$arffinn unb ber £iefftnn, in
iljren berfd&iebenen SSejiefyungen merben auefy Talent 'genannt.
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SBerftonb unb Sermmft. 57
Da« f>öd?fte 2)?a§ be« Talente«, toenn unb rcetl e« nicht burd)
&hre unb Uebung erreicht werben tarnt, fonbern angeboten fein
muj?, fjei&t ®enie.
Da« ©ort SSerftanb tyat mehrere Bebeutungen, toeiteie unb
engere. Die eben betrachtete Bebeutung, toelche bie St^ätigfeit
bet ganjen brüten (Haffe ber ®eifte«oerm&gcn in ftch begreift,
ift bie toeitefte. ©ne engere Bebeutung ift 3. B. bie, toenn man
ben Berftanb bem £alent entgegenfefct. üftan pflegt fo 00m
praftifc^en Berftanb ju fprechen. 9flan oerfteljt barunter bie Xfy'fc
ttgteit be« 23ergleichung«oermegen« unb be« <Sc$tu6oermi?gcn«
mehr in Bejug auf bie getoB^nüc^en Berhättniffe be«
Öeben«, auf bie praftifc^e £ anblung«toeif e be« SWen-
fc$en; unter Talent bagegen bie £f}ättgfeit jener beiben ■©ermögen
in Berbinbung mit ber ^ätigfeit eine« ober einiger beftimmten
nieberen Berftanbe«finne , tüte toenn man 3. B. 00m latent be«
Sftaler«, be« 9fte$amfer«, be« ÜRufifer«, be« Rechner« :c. fpricht.
3n noch engerer Bebeutung ift ba« 2öort Berftanb gebraust,
toenn toir oon bem 2?erftanb ber 2^iere fprechett, too alfo Mo«
bie £ljätigfeit ber nieberen Berftanbe«ftnne barunter begriffen ift.
Der (gebrauch be« SBorte« in biefer oon ber gewöhnlichen fefyr
abtoetchenben Bebeutung fchetnt baburch gerechtfertigt, ba§ bie
nieberen Berftanbe«finne in fetyr oerfchtebenem 2Wa§e bei. ben eiu=
feinen Xfykxm unb fcljterclaffen oorfyanben ftnb, uttb ba§ man
alfo, toie oon (Kraben ber Dummheit, fo and; oon (Kraben be«
Berftanbe« ber Spiere fprec^en barf.
Berftanb — fagte ich ju Anfang — ift bie allgemeinfte Be-
zeichnung ber menfehlichen Denffraft. 3ch erweitere jefct biefe
Sorte burch folgenben 3ufafe: Berftanb ift bie allgemeinfte Be*
jeichnung ber alleinigen menfehlichen Denffraft, b. i. ber Denf*
traft ohne Be$iehung $u attbern ® etftc«thättgf eiten be« 9Wen-
fct)en. Die Vernunft bagegen ift ber Berftattb in Be*
jiehung ju, ober in gemeinfehaftticher ^h^tigfeit
'mit ben h&hcten ®emüth«finnen be« 3ftenfchen.
®ehen toir, um bie« beuttich ju machen, auf ben Begriff
jurücf. Der Begriff toirb bann 3bee genannt, toettn 311 ihm
eine Beziehung 311 einem ober bem attbern ber h^ten ®emüth«*
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58
33erftanb unb SJcrnunft.
fhme fyinjufommt. 3. 33. man fagt: bct ^Begriff Stein, ftarbe,
ber begriff bcS <$cl)en$ u. f. ro. £)enn barin liegt feine $e*
jie^ung $u ben fyityercn $efüf;(en. Slttein man fagt: bie 3bee
ber Vtebe, ber @*6n^eit, beS ®5ttli<$en, bc$ gortfcftttW u. f. to.
mit 33e$ug auf bie ®emüty«finne: be« Bonität, SScneratal
u. f. u>., eines einzelnen ober einiger. 2ttan fagt in gleicher
Steife ober mit berfelben ©cjielnmg: ein ocrftänbigeä SWittcI,
ein bernünftiger Biuecf. 38 te nun ber SScrftanb bafc$Rcid>
ber begriffe, fo umfaßt bie Vernunft ba« 9?e"id)
ber 3been.
(5$ berfteljt fid; bon fetbft, baj? man ofyne bie genannte
iÖe$tefnmg, b. i. at« bon Moj?eu 5$erftanbcSgcgenftänben, auefy
bon bem begriff ber Siebe, beö ®6ttlid;en, ber £ugenb n. f. n>.
fprec^en fanu. Slucfy ift ba* ©ort „3bec" oft in anberer, als ber
obigen Söebcutung, 5. 33. überhaupt mit „®ebaiuV gteictybebeutenb,
gebraust.
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t
vn.
J)firciiufugifcfic (f fuirufitcriltifi.
ryio&$ oavtov .'
«erne biet) lennen !
Sermann ftotljf, ber iHnemomhtr«
2ttter: 34 3a$r. Temperament: fanguinifcfcneroö«. Der ftopf
(b. i. bie (Seljirnljb'ljle , abgefcfyen ton ber ®r&fce be« ®eft$t$)
Ijat über mittlere ®röf?e, oljne ju ben großen ober feljr großen
{tt jagten.
Organenmaße : ©eneratal 3!/a — 4, Snfantal 4, (Soncen*
tratal 3'/a, «micatal 4, Oppofitol 3Va— 4, Petita! 4, ©ecre-
tal 3, SCcqutfitoI 4Va, Gautai 5, Spfotal 4, Embitat 4Va—5,
fttrmitat 4»/a, (Sonfctental 4 — 4'/,, SBenerataU, Speratat 4— 4*/s,
«onital 4 Vi, Smitatal 4, SWraculttat 3«/s— 4, Sbeatital 4,
domicatal 3, Realität 3*/a— 4, sJtumeratal 3V2— 4 (?), ßocatal
3\/a, gactital 3»/a-4, Sftuficatal 3\'2-4 (?), (Sonftructat 3«/» (?),
«erbotal 8*/«, ßomparital 4Va-5, (Saufalital 4%. (1 — fe*r
Kein, 2 = Hein, 3 = mittelmäßig, 4 = jiemtit^ groß, 5 =
groß, 6 = fe^r groß.)
Die Organifation im ®an$en ift eine feljr fyarmonifctye imfc
glücflt(fye. $etne« ber (Stngetorgane ift in oorragenb ftarfem ober
fäioactyem, fonbem bie meiften finb in gutem, ooltem Sflaße oor>
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«
ÖO ^renototjifäe (jtyarafteriftif.
fyanben, moburcb bie ©Übung at$ eine aüfeitige unb äug(ei<$
fräftige erjctyeint. 33ei biefer $räftigfeit fommt nocfj baä (eben=
bige, fangutnifd^neroöfe £emperament fel)r in 9(nfc§(ag.
3m @in$efaen ift ®eneratal etma« übet mittelmäßig,
faß jiemltcfy groß. £>a e« mit gutem 9(mkata(, au# überhaupt
Hermann Jtotbe.
mit jiemüd) großen fyöfyeren ®efülj(en oerbunben ift, fo toirb bie
®efcfy(c$t$ftebe nur infofern wahren (9enu§ gewähren unb
©eelenbebürfniß fein, a(8 fie jug(eid) Viebe im fyöfyern Sinne,
b. i. auf tjreunbfcfyaft, ?(c^tung unb SßofytooÜen gebaut ift. 3tmi=
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Wwnologiföe (S&aratteriflif. 61
catal ift $temlic§ groß; §err ftt^tt bem$ufolgc ba« 23ebürfniß
ber Slnfcfylicßung , bcr 3frcunbf$aft, be« gemütlichen ftamilien*
toben«; Slbgeföicbenfyeit, eiufieblcrtyum ift ba« ®egcntl?ei{ beffen,
toa« ilnt bcfricbtgt. tiefer 3ug ber ®enriHP$lett mirb bur*
ben für einen SWonn jiemUc^ großen ©inn ber Äinberliebe no$
unterftüfct. Oppofital ift jiemtie^ groß; trofc ber ®emütf>lichfeit
ift bafyer ber (Sfyaraftcr ein mutiger nnb männlicher; muttyig
auftreten, gegen eine ®efaljr fiefy ftellen, ^3d)nucrigfeiten über-
nunben, ift §errn eine ftreube. Petita!, metcfye« giemüc^ groß
ift, oerftärft toefentltdj bie Energie be« £)ppofital, iu&em e« bem
(Sljaraftcr neben bem 3>?utt)e aud; bie $raft be« $lu«füljren« , bie
Vuft unb ben g^eiß be« Schaffen« giebt. 3uf°^e eDcn btefe«
©inne« lann e«, n>enn berfelbe fefyr aufgeregt nnrb, (eidt)t bafym
omnten, baß §err jürnt, ^eftig, böfe mirb. Dodj gUt bie«
iücr>t für ben 3uftanb geifttger 3fuf>c; beim toegen ber übemrie*
genben (Sntnucfelung ber ©emütfyefinne liegt 5. S8. falte« Raffen
unb SKactycneljmen feinem (iljaraftcr fefyr fern. Da ©ecretal nic^t
eben fcfymadj, aber auch nic^t ftarf ift, fo metß £>err 511 oer-
fc^meigen, oljnc baß jener oorraaenbe ®cljeimtl)un« ober
be« inftinftmäßigen übertriebenen Verbergen« ber (Scfüljle unb
©ebanfen ifjm eigen ift. 9tcquifitat ift jiemüc^ groß ober groß;
§err ift alfo auf (5m?erb bebadjt, t)aud^ä(tertfd) , fparfam.
Dicfer 3ll8 wüjj fl<$ um fo getoiffer finben, al« auch (Sautal
groß ift, ein <Sinn, ber tut« an bie 3ufunTt beulen, bie Dinge
niebt $u teidbt nehmen, überhaupt mit Ucberlcgung unb Umfielt
hanbetn läßt.
3pfotal ift nic^t mehr al« ziemlich groß; alfo bilbet bcr
©tolj im tabelnben Sinne (§ochmuth, Sclbftgenügfamfett) jeben*
fall« feinen e^arafterjug. Allein al« ©etbftoertraucn nnrb biefer
©inn boch nicht gu fc^n>ac^ auftreten, ba er oon jiemlich großem
©peratal unb ©ppofital, befonber« auch oon fefyr gut ent=
riefelten Dcnffräften unterftü^t ift. Dagegen ift 9Imbttal größer
ober entfcfyieben groß. Der (5f?rget$, ber nach 9tu$ttt unb
$lnerfennung ftrebt, ift alfo größer al« ber fich felbft genügenbe
<3tolj unb bittet einen (il^arafterjug. Da fotooljl girmital at«
Sonfcicntal jiemlicb groß finb , fo befifct £>err ßntfe^ieben^eit
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62
^renologifäe Gljaraftfriftif.
unb ©e^arrli^fcit im $>anbeln, oerbunben mit einem eblen Sinne
für Wahrheit unb SRecht, ober Da«, wa« man in bet gewöhnlichen
Spraye „ßhatafter" gu nennen pflegt. 3uf°tflc M giemlich
großen SBeneratal ^at §err Ä. Gefühl für Autorität, für Auer*
fennung ftemben 33erbtenfte«, um fo mehr, ba Spfotat nur mäßig
groß ift. 33eneratal ift gugtei* ber Sinn ber föeligiofttät; ba«
religiefe Gefühl al« folche« ift baher iebenfall« in gutem 3)kße
»orhanbcn; ob aber £err Ä. eine fetbftbewufcte reügiöfe Dichtung,
einen feftgcftelltcn religtöfen (Glauben ^abe, hängt baoon ab, ob
unb' tele bie Denffraft fich mit bcm religiöfen ®efühl abgefunben
ober ausgeglichen h«t. (Daher ber häufig bemerfte SBechfel ber
9lnfichten über Religion bei einem unb bemfelben SDfenfchen in
oerfchiebenen £eben«perioben ; benn bie Sharafterjüge al« folchc
finb unb bleiben in jebem Sftenfchen fo ziemlich bie nämlichen,
aber bie Anfichten fönnen fich änbern.) Speratal ift ziemlich groß,
betnahe fo grojj, wie (Sautal; obgleich batyx Der ^haTa^er cul
forglicher ift, fo wirb boer) bie Sorge in $erm nicht ju trüber
Aengftlichfeit bor ber 3"*""^; e* toattet vielmehr, auch but$
ba« lebhafte Temperament unterftüfct, eher 3uoerfichtli<hfeit bor,
welche fich *>eT Sorgen auch bisweilen entfchlagen fann. Da Bonität
jtemttdb gro| ift, aber Petita! ebenfaü«, fo jählt $>err jmar
ju ben guten, aber fetneSweg« ju ben überguten, b. i. fanften,
weichen, fdt)wachen 2)?enfchen, fonbem neben ber*®üte macht fich
bie ®raft, bisweilen bie £>eftigfeit, ober wo e« nötljig ift, bie
burchgreifenbe Strenge geltenb. Auf ba« jiemlich grofje 3mitatat
grünbet fich e*nc flcwiffe ßebhafttgfeit ber Darfteöung, bie Äunft,
ba« (Gefühlte unb (Sebachte lebenbig unb anfehaulich wieber ju
geben. 3n bemfelben 9ttaße ift SWiraculital borhanben, gufolge
beffen ber ®eift nicht gern in ben Greifen be« Alltäglichen ober
$9efannten fte^en bleibt, fonbem eine allgemeine ©ißbegterbe,
einen 3ug nach Ungewöhnlichem, bleuem, bielleicht ©unberbarem
geigt. 3bealital ift faft groß; ber (Sharafter be« #errn ge*
hört baher nicht« weniger al« ju ben profaifc^en, troefenen; ba«
Streben nach Schönem, liblem, (Jrh^enem, ^oetifchem ift ein
borwaltenber 3"8 Ul i^tn. Dagegen jählt Jperr weil (Somi*
catat nur mittelmäßig entwicfelt ift, nicht ju Denen, welche e«
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WrenotogiiAe (SfaraftmfHf.
03
lieben, bie Dinge in« tomifcfye ju jie^en, ober meiere ficty biet
im (Schersen gefallen.
2öa« bie «Sinne be« ©erftanbe* ober bie Xalente betrifft,
fo ift bie Harmonie unter itynen aüen eine nicfyt getoötynlictye ju
nennen, mie au« bent oben angegebenen Stfafie berfelben ju er«
fennen ift. iftietyt nur finb bie nieberen $erftanbe«finne unter
fi# im ®lei(fymaBe, fonbern biefe ©inne im fangen genommen
ftefjen au$ mit ben Denffräfteu im befteu (SHeidjgemicfyt. Darau«
folgt, bajj bie ©rganifatton be« $errn St. ju allen ben oerfd)ie=
benen menfcfyltdjen ($eifte«tljätigfeiten ober $3eruf«arten , aber ju
feiner berfelben einfeitig ober auäfcfyltejjlitfy gefcfyaffen ift. Docfy
ift Ijier natürlich nur bon ben SßerftanbeSfräften ober ftäfyigfetten
al« folgen bie töebe, abgefefyen oon ben (Sefüljlen unb 9cei=
gungen, meiere un« beftimmen, benfelben biefe ober iene föicfytung
ober Slnmenbung ju geben. Da bei §errn bie ©efüfyl«finne
unb in«befonbere 3bealital fefyr gut entmicfelt finb, fo mirb er
ni$t eine troefene, gemütylofe ®eifte«tljätigfett lte*en ober mahlen,
fonbern eine folc^e, bei melier 3bealital unb bie übrigen ©efitylS*
finne jugleicfy tfyättg finb unb ifyre iöefriebigung finben. Söenn
i<$ übrigen« bem Reifte be« £errn ü. eine etnfeittge 9ti$tung
ober Jöefäfugung abfpraety, fo gehört bafyin g. 53. nietyt bie jur
QMnemonif; benn eben toeil bei biefer Äunft bie fämmtlid^en
®eifte«fräfte in gutem 2J?a§e oorfyanben fein müffen, fo t&nnte
mau ifyn, meil er biefe« ®lei$mafc befifct, unb befonber« auefy
mit föücfficfyt auf fein lebhafte« unb fetyneüfräftige« Temperament,,
einen geborenen üDinemonifer nennen.
Diefe Organifation be« £>errn t. ift barum no$ befonber«
intereffant, »eil fie un« gugtetc^ über ba« Sefen ber 2ttnemonif
«Kfftfof giebt «ietc, meiere bie ®ebä<$tnipe^re nity n%r
fennen, glauben, bafe nur Derjenige, melier au«naf}m«metfe »on
ber tfiatur mit einem aujjerorbentlidben ®ebäcfctniffe b^aht fei,
bie üühiemonif erlernen ober ©rofee« barin leiften fonne. Allein
bie« ift nufyt fo. Obgleich |)err Ä., toie 3eber meijj, ber ifyt
geirrt Ijat, in ber ®ebäc$tntBfunft ba« ^lußerorbentlicbfte leiftet,
fo läjjt fiefy boeb mit ©efttmmtljeit behaupten, baß er feine Äunft
uicfyt einer be fonbern s)caturanlage oerbanft, unb baß fefyr
4
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64
^rcnologiföe <5&ara!terifHt.
oiele Sftenfchen, welche jefct nut ein getoö^nttd^c« ®ebä<htnt§ be=
fifeen, ebenbaff elbe, nrie er (elften mürben, wenn fie bie ®ebäcfyt=
ni§funft fo toie er erlernt unb geübt Ratten. Denn fein (ginjel*
finn, meber SBerbotal, noch ^umeratal, noch Realität :c. ift bei
it)m befonber« grofe, alfo (einer ber @tnne befonber« ftarf, roefd^c
ein große« ßinjelgebächtnifj, Söort*, 3ahlen*, ^a^engebä^tniB k.
begrünben mürben. 9)Ut einem ©orte alfo, baS 2taturge =
bäc^tnife bei §erm ift nach allen einjelnen Dichtungen nur
ein gewöhnliche« unb feine @tärfe ift allein fein #unftge =
bächtnifc.
Söenn jebodt) fo bie beftrittenc ftrage, ob bie SDhiemonif im
Allgemeinen bon Sebermann mit (Srfolg erlernt »erben fann, nur
bejaljenb ju beantworten ift, fo fann e$ anbererfeit« nicht jmei*
felljaft fein, ba§ ber eine SWenfdt) oerm&ge feiner natürlichen
®eifte$befchaffenheit oiel mehr Ealent ju biefem ©tubium hat, al«
ber anbere, unb ba bie Phrenologie allein hierüber nähern 2(uf=
fchluft geben fann, fo mögen bie gur Erlernung ber SThtemonif
erforberlict)cn ©eifteSetgenfchaften ^ier fürs befproc^en unb fo ben
fielen, welche ftch an ben Seiftungen beS £>erm B. unb anberer
Sftnemonifer ftaunenb ergeben, für ihre Sünfche, Sehnliches felbft
ju leiften, baS £>oroffop geftellt werben.
33or Allem fommt tyier mehr bie Söef chaf f enheit, als
bie (Sröfce bcS ®ehtrnS (mehr bie tfebenbigfett unb ©eweglichfeit,
als bie Stärfc ober baS SJielfaffenbe beS (SeifteS) in Betracht.
(Sin SRenfch langfamen Reifte«, ein $$UglttariteT, unb wenn er
noch fo talentooll wäre, wirb boch weit weniger jur (Erlernung
ber 2ttnemonif getieft fein, als ein <3anguinifer ober §hofettf«/
wenn biefer auch an fich. Heinere Organe, geringere Xalente be*
fäfce. §err würbe in ber Aneignung unb wirb jefct in ber
Ausübung ber ©ebächtnif fünft burch ein fehr lebenbigeS, fangui*
nifch-neroöfeS Temperament gan$ befonberS unterftüfct.
ferner wirb jur Erlernung ber 2ftnemonif 3ugenb (ein
noch bilbfamer, elaftifcher 3uftanfe ®ehtrnS) erforbert. 3n
oorgerüefteren Sahren, im bollenbeten SWanneSalter, fann man
fich wohl leicht neue $enntniffe (»ie bie Regeln ber üttnemo*
nif), aber biet fehlerer neue f^ertigfeiten (wie bie Antuen*
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^reiiologifäe C&aralteriflif. 05
bung jener Regeln) erwerben. 3ebod? barf man nicht oergeffen,
bafe e« bisweilen Scanner unb Jrancn fdwn in mittleren Sauren
oon noch fo großer geiftiger 3ugcnb giebt, bafe fie beim (Erlernen
ber 2)fnemonif bie leibliche 3ugenb faum oermiffen würben.
(Silt weitere* wefentlichea (Jrforberntfj für ben genannten
3n>ccf ift außer einer nicht mangelhaften Üntwicfelung ber fämmt*
liefen Sßerftanbeäfräfte befonber« ein wenigftend jiemltcb gute«
SDtaß be$ (Somparitat (bc« oergleichenben ScharffmnS, hrie ®all
ed genannt), b. i. beteiligen Sinne«, weld;er und ?lelntltcfyfeiten
unb 3?er[^ieben^eiten ber ^Dinge leicht bemerfen unb auffinben
läßt. £)enn bie ganje ®ebächtni£funft beruht fyauptfäcfyüd) auf
ber fchnellen unb glücflicben ütfcrgleichung , ober auf ber Sbtffbt«
bung ber 2lehntid?feit unter ben fingen unb Gegriffen. 95Me
alle übrigen Sinne, fo ift aud; biefer bei ben einzelnen 2ftenfchen
in fehr oerf^iebenem üflafce oorhanben. x3ft er fchwacb, fo eignet
fid? ber 2ftenfch wenig $ur Erlernung ber 2ttnemonif, er mag in
einzelnen anbern ©ejielnmgen mit noch fo guten Talenten au«*
geftattet fein.
(Sin lefcte«, aber nicht ba« unmichtigfte Qrrforbernife ift ein •
tüchtiger, beharrlicher $ l e i ß in ber Uebung ber ÜRnemonif . Sie
ba« Spielen eine« mufifatifchen 3nftrument«, fo lange toir noch
feine ^ertigfeit bartn erlangt h^en, ttltf feinen ©enufc gemährt,
fonbern burch Schwerfälttgfeit ba« Ohr unangenehm berührt, fo
gewährt bie $enntnife ber Theorie ber 2flnemonif noch feinen
praftifchen Erfolg, feinen befriebigenben ®enufc, fo bajj Stiele,
weit ihrer Ungcbulb bie Slnwenbung ber Regeln alljufchwer unb
mühfam fcheint, bie ganje Sehre al« unpraftifch oerwerfen. Qrrft
bann fann bie 2)cnemonif lolnienb unb mahrhaft nüfctich fein,
menn bie babei erforberte fel)r bebeutenbe ®ctfte«arbett burch Uebung
eine gleichfam nnmillfürliche geworben ift.
SBenn mir alle« £)iefe« gufammennchmen , fo merben mir
und nicht munbern, baß oon ben fehr 25ielen, meldte bie üDhie*
monlf burch Vorträge ober burch ba« Öefen eine« 2öerfe« fennen
lernen, nur fehr Söenigc fich biefelbe 311 einem befriebigenben
(Gebrauch aneignen, menn auch ^ cent ^inen mehr ber eine,
bei bem Slnbern mehr ber anbere ber genannten ®rünbe mirft.
6 <t> e ö e , ^cenoloflif «c »Über. 3. Kuß. 5
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66 ^breuolofliföe GfaraftcrifHf.
@S ift bie« gu bebauern gegenüber bem Ijofyen ®rabe bon SSor*
treffltcfyfeit unb Grinfad(>beit , auf ben bie SDhtemeitil in bet neue»
ften 3ett »on SReoentlom unb tfotljc gebracht morben ift, fo ba{?
au« biefer Sefyre ein großer 9?ufeen für bie Erlernung aller ber
Dielen £>inge, bie man jefct im l'eben 311 lernen Ijat, Ijencorgefyen
mürbe. @« giebt, hrie mir fdjeint, nur einen SBeg, bie Üftne*
moitil praftifd? nfifclicö gu madben unb allgemein ju verbreiten,
nämlicfy: fie in ben Stuten 311 teuren. Unb bagu mirb e« au<$
metleicfyt noefy fommen, ba ba« mafyrljaft ®ute früher ober fpäter
feine Slufna^me finbet. 4öci roöcfyentlidb einer l'eljrftunbe fönnten
ba im Verlaufe weniger Saljrc aujjerorbentlicfyc (Srfolge erhielt
merben, unb ntct)t nur bie beften, fonbern fdjon gemölmlicfye Stüter
mürben e« baln'n bringen, roolu'n mir e« in biefer ftitnft iefct
nur bon berühmten SJinemonifern gebraut fefyen. £>abei fommt
uoety ein mtcfctiger ^un!t in «etracfyt. Söäfjrenb bie gemöfmlid^e
SWettyobe be« mec$anifd?en 2tu«menbiglernen« leidet ben (Steift,
bie £)enfrraft fcfytoäctyt, fo ift ba* 2krgleid?ung«oermogen ober ber
loergteicfyenbc Scbarfftnn, melier fcorgüglicty in ber aftnemomt
. geübt uürb, ber l;auptfä$ltd;fte 23eftanbtl)ctl be« menfdjlictyen
£)enfoerm&gen« unb 33erftantc« überhaupt, unb e« ift alfo bie
Uebung in ber üßnemonif gugleicfy eine Uebung berjenigen $er*
ftanbe«fräfte , melcfyc mir gur Sluffaffung unb ^Beurteilung aller
miffenfcfyaftlicfycn Ü)ingc bor Willem gebrauten. 2Bic bie 3)iat^e-
matif ben (Seift feft, beftimmt, logifcb ma$t, fo madjt bie 2)iue=
monif ben ®etft tebenbig, umfidjtig, oielfeitig.
9ttein lieber §err Dr. ©cfyebe!
Sic münfcfyen ba« SRefuttat 3fjrer an mir torgenommenen
pljrenologtfcbcn Unterfudjung ber Deffentltcfyfeit 31t übergeben. 3$
fyabe bagegen fcfyon be«fyalb nic$t« etngumenben, meil Sfyre £)ar*
legung einen rein miffenfcfyaftlidfjen ftioed berfolgt unb überbie«
gang geeignet ift, ba« noefy immer in meiten Greifen fyerrfcfyenbe
SSorurt^eil, al« bebinge bie Sflnemontf ein fetyon bon Dcatur bor=
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^rcnotogtföe G&ataftcriflif. 67
treffliche« ®ebäd}tni§, stemltcfy Hat ju hriberlegen. 3fyre ©ctyäfeung
ber an mir entbetftcn Steigungen, ®eifte$finne unb latente fcf>ctnt
mir naety forgfamer Prüfung im 2l((gemeincn eine fo richtige unb
genaue, ba§ id) föon fytcrnacfy einer ffitffenfd&aft , bie fo in bie
Siefen beft menf$(i$en Reifte« einzubringen »ermag, eine nt$t
unbebeutenbe 3ufunft nmnfc&en mu§ unb au# Probeseiten 311
bürfen glaube.
«ufrt^tifl ber 3f>rige.
ipermann $ottye.
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VIEL
})|ijcftofogic und ^hrcnofogic.
3um ©eginnen, jum Soüenbeit
Sirfel, lölei unb SBinfelroage ;
tod) e* flocft unb ftarrt in $änben,
Seiltet ntdit bct Stern bem Xagc.
®oetf»e.
1, Per |ll)ilofopl) ftofenhranj.
@S ift anjietyenb unb beletyrenb, bie begebenen Urt^cife
ber beulen ®etefyrten über bie ^fjrenofogie fennen ju lernen.
SSäljrenb natürlich alle ^fyrenologen über bie $>aupttoa{jrfyeiten
tfjrer ©iffenfcfyaft — einer Sßaturtoiffenf^aft — übereinstimmen
unb übereinftimmen müffen, fo geljen bie 2lnft<tyten atter Gegner
biefer £el)re feljr toeit auSeinanber.
(Sin in feiner Slrt merfmürbiger Gegner ift ber berühmte
§egelianer föofenfranj. tiefer beginnt fein Urtljetf über bie
^renofogie in feinem £anbbucfy ber (SetfteSfefyre (@. 192) fo:
„$)en ®etft, bie abfolute £tjäügfeit, in bem tobten $nocfyen
fua^en ju tootten, ift ba« 2Btberfprea>nbfte , loa« gebaut toerben
fann, aber biefer 3ufantmenfyang beruht barauf, bajj ba$ Serben*
Aftern ber Präger be« Reifte«, unb in tym ba« ®e^irn beffen
Stütze ift. Da« ®e^im ift nichts unberänberli<$ ftefteS. Die
£trnfd)a(e beränbert ft<$, wie bie oergtei^enbe Anatomie geigt,
jugteidb mit ber SSeränberung ber §irnbilbung. Da nun ber
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^fad&oIoQie uub «Phrenologie. 69
2)?enf# bte ganje ftatltt ausmalt, fo bereinigt aud? fein ®el)itn
alle Organe, melcfye bei ben Rieten in etnfettiger ©ctyrefffyeit
auftreten. Der Sanberfinn ber 3ngt>ßget , bie 9ca$aljmung«luft
be« Slffen, bie graufame ©efräftfgfeit ber föaubtyicre u. f. f. brüeft
fi$ in ifyrer £irnbttbung cutfettig au«, unb toirb atfo bei ben
3ttenfc$en fiefy in ä'fynlicfyen 33ilbungen barftellen. Der 2ftenfcty
ift bem SEtfenfd^eitSbegriffe naefy unenblicty, aber als Gjin^elroefen
ift er befcfyränft, unb gtoar ift e$ bie Sftatur, meldte iljm beftimmte
®ren$en anroeift. (Sin 3ebcr empfängt befonbere Anlagen al$
angeborene ; feine grreiljett fann biefelben meljr ober toeniger aufc
bilben, aber rceber bernidbten, noefy anbere an iljre «Stelle fefcen.
Der Sdjäbel ift in ben erften Sinberjatyren bor$ügli(ty, allein auefy
fpäterln'n noefy ir-eid?; ber fuocfyen erhärtet biHlig erft mit ber
bßüigen 9feife ber Sttannbarfeit. Unftreitig ift nun ba8 ®eljtru,
biefeS fo forgfältig in ben ftelfentempel be« Scfyäbet« eingegoffene,
fo mannigfaltige Organ niebt auf jebem fünfte in feiner SBirf*
famfeit baffelbe. Die Xtyätigfett beS Reifte«, fo f^ttefet man,
roirb fiefy atfo natfy ifyrer 23erfd)iebenl>ett auefy entfprecfyenb in ben
begebenen feilen be« ®efyim$ äußern. 2(ber bur$ bie £f>ä=
tigfeit üurb ein Organ ftärfer. ftelglicfy toirb bie §trnfcfyale burefy
bie (Srftarfung eine« iljrer Organe beränbert werben, eine S3er=
änberung, toelcfye nur bie ^orm einer (Srfyöfyung annehmen fann.
Der' in fiefy müfjlenbe ($eift toirft einen „2ftautnmrffyüge(" nadj
bem anbern auf. Durcfy bie Grrlje'Ijung entfielt unmittelbar auefy
eine Vertiefung, unb e$ fommt fomit barauf an, au« ben Hebungen
unb Senfungcn ber §irnfcfyalc bie Anlagen eine« 2ftenfc$en unb
ben ®rab i^rer SluSbilbung ju erfennen. — 5Bon Seiten ber
t>ergleic$enben 2(natomie unb ^fyfiologte §at bte ^fyrenofogie ifyr
bollfommene« föed)t; benn bie 3unal)mc ber geiftigen ftätjigfeiten
unb bie 25erf(^iebenr?eit berfetbeu in ber ©eftaltung ber Äo^ötjte,
atfo eine ©ebeutung ber Crrljityungen am grogen ober Keinen
®efyiro, lägt fiety nid&t leugnen."
5öenn ber ^renotog feine 2ötffcnfd)aft mit furjen Sorten
erftärenb unb bertljeibigenb «f^ilbem mottle, er fönnte e« faum
beffer tljun, als e« fyier bon SRofenfranj gefetyeljen ift. Mein
$ofenfran$ bleibt nidtyt feft bei biefem feinen Urteil ftefyen, fo
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70
"Pfadjologie unb ^Phrenologie.
entbieten c« a\v$ tautet. Crr ift Wtofopl), unb at« foteber
fennt et ettoa« .^öfyere«, at« bte oergteicfyenbe Anatomie unb
^fytyfiotogie, in ber, hrie er gittert fagt, bte ^tjrenotogie ityr
fRed^t f^at. £)icfe« §öfjere W Unfcfylbarfcit feinet Seattle,
feine« @tyftem«. er Wrt nämlich unmittelbar na* ben mitge*
ttjeitten Sorten fo fort:
„Unb bo# fagt £eget: bie ^ftognonuf, oollenb« aber bie
trantoffopte gu Siffenf duften ergeben 511 motten, ift einer ber
leerften (Einfälle, bie e« geben tonnte, nod> leerer al« eine signa-
tura rerum, toenn au« ber ^cftalt ber $ffott)en ihre £eilfraft
erfannt werben foüte. Slucf) in ber ^fjänomenologic hat £egel
ein tauge« fymnoriftifctyea Kapitel bagegen getrieben. "
SKofenfrang ficht jefct gtoifchen ber bon ihm eben al« tvcfyU
begrünbet anerfannten ^^renotegic unb gtoifchcn bem 2lnfeben
feine« 9)?ctfter«, ber bicfelbc fpottcnb bernnrft — rathle«, folitc
man meinen — mitten inne. 9Illein tiefe Stellung giebt ihm
Mo« (Gelegenheit gu geigen, toa« bie ^fn'tofovfjie bermag : nämlich
Stile«, hm« fie null. (Denn bie sWlofopl)ie (in ber fchltmmcn
©ebeutung) ift ba« gerabc ©cgentheil ber Scaturmiffenfchaft,
weit nicht« in ihr feftfteht, roeil man barin Stile« behaupten unb
Glicht« bereifen fann. SKofenfrang beeilt ftch bal;cr lieber gut
gu machen, toa« er gegen feine (Schule gefegt. £>iefcr guge*
ioenbet erflart er, bafe bie gu fünften ber ^renotogte bon ihm
gesprochenen Sorte nicht fo gu terfte^en feien, toie fie tauten,
unb bekräftigt biefe Behauptung bttreh $licfe ber ®crtngfchä£ung,
bte er auf jene gurücfunrft. §ier einige Säfce au« föofenfraug'
weiterer SRebe.
„$)er ®runbmanget ®alf« unb Spurgheim'« toar ihre jäm*
mertietye ®eifte«lehre unb ^^ilofop^ie ; man fann in ber £l)at
nicht« SBcrnurrterc« unb (Seichtere« benfen, al« biefe gang äußer*
ttche 3crftücfelung ber geiftigen ftähigfeiten, welche man auf ben
gebutbigen ©dhäbelfnochen ocrttjeilte." Oben fpricht föofenrrang
fetbft bon bem Sanberfinn ber 3ugbögct (£)rt«finn), ber 9iach=
ahmung«luft ber Slffcn, ber (Sraufcmtfcit ber föaubthicre (3er»
ftBrung«finn) , welche bie ^^«notogie at« ©runbbermogen mit
ihren Organen nachgewiefen ffat. 3n biefen wenigften« finbet
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«ßl'tydjofogie unb ^renofogic.
71
er iilfo nicfyt« Söcttpirrte^ unb Seilte«. 3htb aber, frage ttfy,
bie übrigen pljrenotogifdjcn Jßermogen anberer Statut? iföer
fSnnte in ber 9cad;n>cifung eine« 93erm&gen« ber Äinberticbe,
ober be« tampffinne«, be« ßrtoerbtriebe« , be« Sofjuootten« , be«
Sonfume«, be« ftarbenfinne« *c. ®ruub futben, GM unb ben
^fyrenologen ^erhurrt^ett unb Scictytfyeit oor$muerf en ?
3ebo$ 9fofeufran$ geljt nocfy näfjer auf feinen $orh>urf ein,
inbem er ein «eifpicl nennt. „Sie foüte 3. 53. — fagt er —
ber (^röfienfinu unb ber 3afy(enftnn befonberc Organe für fid)
Ijabcn, ba bedj bic ntc^tö anbere« ift, al« bie bcftimmte
©rftfje?" tiefer Qrintuaub ftingt fcfyarffmnig , aber biefe 5(rt
Scfyarffinn ift in ber ^fyrcnotogtc , einer 9faturuuffenfcfyaft, ofyne
(Geltung. Sottten SKofenfranj nicbt au« ber ®efd)icfyte ber 9?atur-
nnffenfcfyaft biete ftätfe befanut fein, 100 bie sJiatur ber fc^arf*
finnigften 53orau«fefcungen ber s}tyUofepI)en gemottet? Den 2cfy
rem finb bic 23eifptcle nicfyt fremb, 100 ein ßitabe ein grofcc«
9?ccfynenta(ent, aber ein geringes Xatent für geometrifdje Stubien,
ober umgefefyrt, fjatte. (Sin armer $nabc in <£nglanb, erjagt
Gombe, &eidmete fi$ burcfy ein ungeu>o(ntli$e« föefytentaleut
au«. Einige 2tfenf$enfreunbe untersten Upt, bamit ba«
latent feine Stelle finbe, unb beftimmten ifjn sunt Ingenieur-
fad?. (Sombe, ber ben Knaben pfyrenotogifcfy unterfudjte, fanb,
baß ber 3afy(eitfhm ftarf , ber Öreßenfinn bagegen, ber
ba« latent be« Ingenieur« mit bebingt, fet)r fdjtoacfy euttoicfelt
toar. «eine $orau«fagung, bafc ber $uabc ben gehegten (5r*
Wartungen nicfyt entfprecfyen toerbe, ging fo n>eit in Crrfüt*
lung, baß er au« fanget an latent 00m 3ngenieurfac§ ju*
rücftrat.
„$>ie Sdjäbeüeljre bergißt", fagt föofenfranj toeiter, „bajj
ber ®eift e« ift, n>et$er ben 9)?eufd)en 00m £ljter untertreibet,
unb bafj er, obfcfyon ba« (Sefn'rn ifmt bie ^öebingung feiner @nt*
nntfefung ift, baffetbe bocfy feine«toeg« jum ®runbe feiner £fyättg*
fett fyat. £>er ®runb ift »telmefjr er fetbft in feiner einfachen,
an unb für fid) oom £)rgani£mu« freien ^erfönlicfyfett." §ter
nennt 9?ofenfran$ ben ®eift frei oom ®efyirn, ofyne toeitcrc Qcin*
fcfyränfung. SDben l)at er, ber Sa^rt;eit entfpre^enbcr, gefagt,
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72
$fo$ofogte unb «Phrenologie.
bafc befonbere Anlagen angeboren — mit bem ($efyirn gegeben —
feien, baß bie ftreiljeit btefelbett mel;r ober weniger auSbilben,
aber Weber »ernteten, noefy anbere an iljrc ©teile fcfcen fann;
baß ba« ®efytrn be« 2ftenfcfyen alle Organe, welche bei ben £l)tercn
tn.einfeitigcr Schroffheit auftreten, vereinigt, ba§ bie Grrfyityungen
be$ (Munt« unleugbar iljre ©ebeütung Ijaben.
„$>iefe ftreifjett", fä^rt SRofenfranj fort, „mad?t e« Ult»
mögü<$, bie einjelnen Grfyityungen be« ©djrnbel« unb bie unter
ifynen verborgenen Organe mit ©eftimmtyeit auf bie einzelnen
(^eifteStf/ätigfeiten $u be$tefjen." föofcnfranj, ber fid> fyier nidjt
geiftreid^er gu Reifen weif, berfteeft ftd; hinter ba« Söort „mit
Sefttmmtljeit". 3lber wenn, wie er oben gefagt Ijat, bie ein*
jelnen Öeljirntljcile it)rc beftimmten Verrichtungen haben (welche
bie (Srhityungen be« ©ä}äbel$ oerurfad/en) , fo hat e« feinen
©hm ju fagen, baß biefe beftimmten Verrichtungen mit 33e^
ftimmthett ju erforfchen unm&gltch fei.
„^a« (Gehirn, alfo auch ber ©chabel, jeigt eine Slelmlich*
feit mit bem ganjen $Srper, tote mit bem 3(ntlifc. 3m Äflrper
unterftbeiben fich Unterleib, ©ruft unb ®opf, als bie ©egenben
be« (dementen ober ©innltchen, be« ®emütf)lichen unb be$
©eiftigen. (Sbenfo gliebert fich ba« 2(tttlifc; ba« untere, beweg*
liehe brüeft bie ©innlicbfeit , ba« mittlere, halbbewegliche bie ®e*
mütf}Ud?fcit, ba« obere, faft bewegttngSlofc bie Ontelltgenj für
fich au«, ©o ift min aud> ba« gittere ®eln'rn ber ©tfc
ber ©innlichfeit, ba« mittlere ber ber ®emüthlicbfeit , ba«
oorbere ber be« (Reifte«. Soweit fann mau nach ^tc^n(icr)=
feitäfcfylüfjen mitgeben." 2lffo (meint SRofenfranj) fotoett bie
©ad;e auf ber offenen £anb liegt, fotoeit fte fein mühfame«
^aturftubium erforbert, unb man am ©tubirtifche über fte ab*
urteilen fann, fo toeit fann man, b. I). föntten nur ^lu'fofo^en,
mitgeben. <£x bergtfct, baj? er oben fchon oiel weiter mit*
gegangen ift.
„3n (Snglanb unb ftranfreich madjt bie bort fyerrfd?cnbe
Wieste ^eifteöle^re ba« Slnfe^en ber Senologie erflärlich."
Ober, fo meine ich, in SDeutfchlaub erflärt ber flechte 3ttftanb
ber ®eifte«lefyre ben Äampf gegen bie ^renologte.
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<Pfbchelogte unb ^renologte.
73
„So geregt nun/ fo frf>lie^t Sfofenfranj, „ber Äampf
gegen bie flranioffoptc ift, trenn fic auf bie 3 ufällig leite«
ber Schäbelbifbung fich grünbet, fo nurb boch baburch bie all*
gemeine Wahrheit berfelben nicht aufgehoben." Unter btefer
allgemeinen ©afyrfjeit rerftel;t SKofenfranj jene $)reirt?eilung be«
(MehirnS. 9tofenfr<mg [teilt fyter auffallenb uulogifch ba$ „3Us
faütge" unb baS „ Allgemeine" cinanber gegenüber. (5r hätte bem
Allgemeinen gegenüber rom ©ef onberen fprec^en müffen. £)a$
Allgemeine mufc aber fein SBefonbereS ^aben, es beftefjt ja auf
ümt. $)a« Befonbere ift bafyer um nic^tö zufälliger, als baS
Allgemeine. Unb maß ift in unferem ^all baS 33efcnberc anbere«,
als toaS SRofenfranj oben SSanberfinn ber 3ugbßgel, Wafy
afmtuugSfuft ber Affen 2c. nennt?
((StnigeS mi)m über SKofenfranj, treiben ich fpäter in
Königsberg perfönlich fennen ju lernen baS Vergnügen hatte,
unb treuer meiner Grinlabung an ihn, meine SSorlefungen $u
befugen, freunbltd)ft entfprad?, f. in meinen ,,^renol.9MfebiIbern\)
2. din (Belehrter ber Sdjroei?.
3n St. ©allen, roo id? bor fchr sa^tretc^en 3uljBrem über
^Phrenologie Vorträge fydt, braute ber „(fahler" bom 5. £)ct.
1849 folgenbe 3eilen oon einem ungenannten Sßcrfaffcr, tote td?
fpäter erfuhr, *t>on einem geachteten (belehrten.
^renofogifc^ed. Dr. Schere hat toorgeftem einen 33or=
trag über trantoffopie gehalten, in welchem er biefeS Stubium
nicht nur als eine intereffante naturgefchichtlichc (Suriofität ober
Sammlung oon mehr ober minber erflärten Beobachtungen bem
vJ3ubltfum empfahl, fonbern es otelmehr rerfünbigte als eine
„ßntbeefung", eine „3J?ethobc", als bie gefchmähte unb »erfolgte
Jöahrheit felbft. Schäbellehre foll gleichbebeutenb fein mit Seelen*
lehre unb 9)?enfchenfenntni§. $>ie bisherige Söehanblung ber
^fhchologte als eine ber moralifchen Sföiffenfchaften nntrbe Stuben-
gclehrfamfeit unb Spcculation genannt (obwohl ^Phrenologie ohne
^hilofophte gar feinen Sinn i)at, unb irährenb i^reö furjen
33eftehenS felbft fchon oielerlei Styfteme erlebte). 2öir haben uns
babei umoillfürlich erinnert, baj? ^Srofeffor Scfceitlin faft 30 3ahre
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74
^fo(§dogie unb ^renologie.
$fty$otogte at« ein i'iebling«fach in ©t (hatten geteert hat, unb
$toar auf bie eruüfmte hergebrachte Seife; beim er war nicht
^hrenclog. Der gegenwärtige Öe^rer ber ^ilofop^te am ©tun*
nafiiun foll fein ^fjtenolog fein, unb feine Schüler, fall« folche
^hörten, werben ficf> oernmnbert &aben, ilm al« einen ft«C,
ber fpeculirt (nach ©oetfje'« 2lu«brucf), auf bie bürre £eibc ge-
fegt m fehen. 3n ber $anton«fchule richtet man fogar einen
neuen Cur« ber s^h^°f°V^e c^en Kfet em/ unb $er* Defan
(Greith, ber bie ^fbchologie ju lehren gebenft, ift unfere« KBiffen«
auch iiufyt ^hrcno^Ö- SlUc« umtäte Arbeit, nach £>errn behebe !
2)?an glaubte eben bt«jefct, ba« pftychologifche Material laffe fich
au« Beobachtungen an fich felbft unb bei 2{nbern, au« ($eberben,
Sorten unb Söerfen, ferner in 3rrenhäufern unb Strafanftalten,
au« ber $ef<$ichte unb ben Dichtem fchöpfen (nicht gerabe immer
mit ben ftingerfpifeen, fonbern mit offenem Öeift, Ofß unb 2tuge),
unb müjste bann rationell verarbeitet fein. Unb toer hat un«
gelehrt, bie 3ugenb naturgemäßer unterrichten, bie Verbrecher
richtiger beurteilen, bie 3rren vernünftiger behaubetn, tooburch
hat ber £e£en*, ®eifter* unb £eufel«glaube aufgehört? Durch
bie gemeine ^ftychologte, toeber burch ®all noch burch Spursheim.
Dürfen n>ir cnblich, at« Schweiber, nicht auch baran erinnern,
bajj ber SKuhm einiger unferer größten Schriftfteller in ber ge*
meinen Seelenfenntnifc beruht? 2öir nennen nuc ben (Genfer
Bonnet, ben Berner Bonftettcn (beibc Schriftfteller in ber $ftycho*
logie), SRouffeau in ben (Sonfeffionen unb beut Ghnil, peftatojji
in allen feinen Schriften, l'aoater ben $htyfi°a,nomen , Scheitltn
in ber SC^ierfcelcnf unbe , &\ü}otte in ber Selbftfchau, ben ächten
pfbehologen Bifeiu« u. %. m. deiner biefer SDiänner gehört jur
3unft ber <ßhTCnol°a,ie. alle« bewerfen roir nicht, al« wäre
etu>a« bamit gegen bie Phrenologie gefagt, oon ber Ijter 8ar
nicht bieföebe ift, unb welche bie W?f^logen beurteilen mögen ;
aber warum bleibt biefe (probtematifche) Sehre nicht in ihren
(Deusen?"
3ch gab hierauf in bemfelbcn Blatte bie folgenbe
„Entgegnung. 3m borigen Blatte be« Grr$ähler« finbet
fich em Keiner Slrtifel gegen bie ^J^renoto^ie ober gegen meine
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Wtyctyofogie unb ^renologie.
75
Seife ihrer £>arftellung , au* tem id; erfeljc, tafe im Stofaffet
ein (Gegner ber ^Phrenologie mir baä Vergnügen gemalt f;at,
meine erfte 2*orlefung 51t befugen. Senn berfelbe and; meiner
geseilten Söitte, bie ganje !Tarftellung tor einem ju gebenben
Urteil abzuwarten, nicht entfpwdfen hat, fo ftimmt bie* bod;
311 feljr mit ber Seife aller Segnet tiefer ©tffenfäaft, Welche
biefelbe näher fenneu 511 lernen fid; nicht leiebt bie SDMtye nehmen,
überein, alt bafi ich mtd> befonberS barüber befchweren bnrfte.
ÜJJetn (Gegner — ich ^atte il;n lieber mit tarnen genannt —
würbe fid;, wie er anbeutet, gern mit ber ^fyrcnologie befrennten,
wenn biefelbe nicht ©eiftetfetyre felbft fein wollte, fonberu neben
ober hinter ber $eifte$lehre al$ Sdjäbellefyre eiuherginge.
2(llein follte mein (Segnet in ber Xfjat nic^t wiffen, bafi baä
Sort Phrenologie 51t beutfeh nickte anbereä al$ eben ©elfte*«
lehre bebentet, unb baft (Statt unb alle folgenben pl;renologen
gegen baß ©ort 3rf;ätellehre , al$ eine unrichtige Ü>orftellung
oon ber Siffenfd;aft gebenb, protefttrt ^aben? (CSaruS, ber
c inj ige, melier fid? felbft 33efenner einer ^anioifofcie ober
Sdjäbellefyrc nennt, ift ein (Gegner ber ^rcnologie.) SHe
fonberbar ift et alfo oon meinem ®egner, mir einen Vorwurf
barauS ju macben, ba§ idf> in meinen Vorträgen lef;re, bie ^^reno*
logie fei ba£, Wafi fie fich nennt, eine ®eifteälel;re !
Senn nun beibe, fowol;l bie bisherige ©eiftesslchre , al<5 bie
ihr entgegenfteljenbe ^Phrenologie, bie w a 1) r e ®eifte$leljre ju fein
behaupten, fo ift bie grojle ftrage bie, welche ber beiten bie
wahre fei.
Natürlich fehlt mir t?ier ber Ütaum , biefe ftrage erfd;öpfenb
ju erörtern. ?Iber wenn id) bie bisherige (^eifteälehre eine oer=
fehlte ober niebt wiffenfcbaftlidje nenne, fo genügt al« öetoelfi
für biefe Behauptung eigentlich fd;on bie eine £f?atfa$e, baji
feiner ber bisherigen ®etfte«forfcher mit bem anbern auch nur
in ben erften $au))tf%it ber Siffcnfdiaft , in ber £ef;re bon
ben ®runbbermi?gen be$ Reifte«, nbereinftimmt, baj? ber eine
mehr, ber anbere weniger, ber eine tiefe, ber anberc jene (#runt=
oermtfgen annimmt. $)ie **ß^reitclejjic aber, im ®egenfafcc ba-
mit unb in Harmonie mit allen anbern s7l a t u r w i f f e n f ch a f t e n,
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76
!ßfo<$etogie unb ^rcnofogie
ftimmt fctite$tl)ui in aüen £aubifä(jen bet Siffenfcr/aften mit fi$
fclbft tiberein, b. i. bon ©all an fyat fein "ißljtenofog anbete
®tunbbetmegen be« (Mciftcö angenommen, al« ber anbete, nüe
bieö ja anc^ gat ntdjt mcgücfcj toäte; benn e« fommt fyiet ntcr>t,
mic in bet Mutigen ®cifte«Iefytc , auf ein beliebige« (pt;i(o-
fopln'fcbe« obct fpecutatibe«) Slnnefymen an, fonbetn auf ein
bittet bie £fyatfacfyen bet Statur gu beftätigenbe« Grntbecf en obet
9luffinben bet cinjefnen ®tuubbetm&gen. Senn einmal ein
©tunbbctm&gen be« ©eifte« unb fein Otgan butcfy £aufenbe bon
£fjatfacbcn als foldje« nacfc/gemiefen ift, fo ift e« nicfyt mäglicb,
baj$ aucfy nut ein einiget untet allen ^tenotogen übet baffelbe
abmcicfycnbet Sfnficfyt fei, gctabe fo menig, al« e« mtfglicb, mäte,
ba| fric ßfjcmifet obct bie "ißtjtyfifet übet bie ©tunbmafytfyctten
itjtet Siffenfcfyaft betfcfytebenet 9lnfid?t traten, fyreiüc^ giebt c« aucfy
befttittcne fünfte in biefen Siffenfcfyaften, toie aucfy in bet ^ßljteno*
(ogie, abet ben ©tunbftocf aüet biefet 91 atuttoiffenf cfyaftcn
biltet eine gto&e £aty feftfteljenbet unb unbefttittenet, untet allen
ÜRännern bom $a$e allgemein al« fold)c anetfanntet Saljtljeiten.
Diefe Uebctfegenljeit bet pljtcnologie übet bie bi«^etige
©eifte«lcl)te tonnte abet meinem (Segnet ni<$t unbefannt fein.
Sa« tijut et nun, um bet 'pfytenologie biefe Uebetlcgenljeit }tt
nehmen? (St taufet — letbet mufc icfy tfjn beffen auflagen —
ben 8efei butcfy eine Untuafjtfyeit ; et fagt nämücfy, „bafc bie
sßl)tenologie toa'tytenb iljte« futjcn Söefteljen« fcfyon bieletlei
Styftemc et lebte", @« giebt nicfyt« Unroaljtete« al« biefe
33eljauptung. £>ie fiebenunbgtoanjtg ©tunbbetmögen be« ©eifte«;
unb ifyte Otgane, bie juetft 0>3all entbecft unb nacfygennefen, finb
otmc eine einige 2tu«na(jme bon alten folgenbcn ^Ijtcnologen al«
in bet Saatbett begtünbet etfannt unb anetfannt motben. 9hit
nocb einige ©tunbbetmögen mc|r hmtben nacfy ©aß entbecft.
Ueberijaupt giebt e« in bet Senologie, mie in aßen anbetn
iUatutmiffenföaftcn, unb f ann e« gat feine betfctyiebenen «Sbjtcme
geben, meiere in ben ©tunbroafytfyeiten bet SSMffenfcfyaft bon ein*
anbet abmieten, liefen ftulnu bet ©tyftemmatfyetei unb be«
©tyftemtocct/fel« fann nut bie bi«^etige obet fpeeufatibe Reifte«*
(ef;te füt ftcr» in Hnftotucfy nehmen.
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^tydjologie unb Senologie.
77
2Ba$ nun nodj bie berühmten tarnen betrifft, mit benen
mein (Gegner bie btäfyettge ©cifteälefyte mie mit einet Scfyufemauet
ju umgeben glaubt, fo ift batübet golgenbed ju fagen. (5$ ift
ein gtojjct Unter fdtneb $n>ifdt)cn ber^öefetyreibung unb (Srflä*
rung ber menfcfyUdt)en ®eifte$tfyätigfeiten. £cr ©eifteSforfdjer
(¥fo$olog), tnbem et bie ®eifte$tl>ätigfeiten nut betreibt, ftetyt
auf bemfelben Stanbpunft mit bem £)id?ter, bem föomanfctyreiber,
bem £iftorifcr. £)ie bisherigen ^ty$ologcn nun maten gum
£l;eil «Weiftet in bet «cfdjreibung bet ©eiftcStfjättgfeiten , abet
fein ein 5 ig et hat bor ®alt bicfelben su etf täten bermoebt.
9ttan fuetyte immet unb immet nach tiefet Stflätung (jebes
fogenannte ©Aftern bet bisherigen ®eifte€teljte, b. i. jebcS neue
Slufftetten bon ©tunbbetmögen bc$ ®etftefc mar ein folget ä3erfudt)),
abet man fanb biefe (Srfläruug nicht (jebeS bet ©hfteine geigte
fich als ein betfefylteS). £)iefe$ bergebtiche Streben nach bem
unerreichten >Jiete hat Scbiüet in ben Kotten gefchtfbert:
»
Htteö Witt jefet ben 2Hen[a?en toon 3nnen , üon Stuften ergrünben ;
Safyrfyeit , too retteft bu bidj l)'m bor ber tüüt&enben 3agb ?
25iä) ju fangen äie^en fie an« mit Wefcen unb (Stangen :
4 2lber mit @eijte«tritt fc^reiteft bu mitten funbura).
3a ich fonnte meinem (Segnet eine grofce Stnjahl berühmter
^fo^elogcn fetbft nennen, toetche alte taut befragten, ba§ bie
®eifte«lehrc fo toentg nnrflicheS iBiffen biete, bajj cä an bet
@rflärung bet ®eifteäerf Meinungen, 5.©. bet Stbctfptücfye im
menfehlichen ©emüt^e, be$ tfyeiltoeifen 33töbftnn$, be$ theiuueifeu
2Bahnfinn$ u. f. m. fehle. (£rft bie ^fytenotogic i)at burch bie
Stuffinbung bet matten ($runbberm&gcn be$ ®eifte$ biefe (Sx*
ftäruug gegeben, unb beSmegcn batf man etft bie "ßljtenotogie
bie mahre ©if f enf djaf t be$ Reifte« nennen.
3dj fann biefen Untetfdjicb bc« ©efe^teiben« unb be« (St=
f täten« in «inet Üöiffenfchaft meinem (Segnet burdt) ein 4öeifpiet
bietteietyt noch anf^auüd;et machen. ä$or (Sopetnifu« gab e8 be*
fanntlich fd?on eine fogenannte 3öiffcnfc^aft bet 3tetnfunbe.
9Kan beobachtete bie Setocgung bet £immetetotpet, mau fagte
bie ©onuen* unb iDionbfinftcrniffc borau*, unb biete gelehrte
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78
<ßfa($ofogie unb ^Phrenologie.
9)tönner ettoatben fic^ großen 9iut^m burcb ihre gorfchungcn auf
btefem gelbe bcS ©iffen«. 2öar aber barum bic Sternfunbe,
toctdje beu £>tmmet unb bie 8onne fid^ um bic <£rbc bretycn lief;,
eine roafyrc SB i f f e n f d? a f t ? Stein, beim bic richtige (S r f 1 ä r u n g
ber beobachteten unb betriebenen £ha*1aaVn fehlte. Grrft (io?
pernifuS, inbem er bie Bewegung ber @rbc um bte @onne lehrte,
gab fo bie richtige (£rf(ärung ber Xfyatjadjen, erhob fo bte Stents
funbe gur Siffenföaft.*
3. SdjeiMer.
SöcU bte ^fychologte eine pr>Uofo^l?ifc^c , feine ^aturmiffen*
fct>aft ift, fo finb atte $fod>otogen @tyftemattfer. £tc (äffen fich
im Slügemetnen in ätoei (Staffen Reiten, in fetbftfa>affenbe (ori-
ginale) (Styftcmattfer , unb in foute, toefche fich begnügen, bic
Söiffenfcfyaft nach befter Sßahl au« bem borgefunbenen ©toff bar*
juftetten (efteftifche <Styftematifer). 2Bie (eicht $u bermuthen,
fommen bie ^ffychotogcn, toenn fic nur benfenbe Männer finb,
in bem Sftafj ber 28afjrljett när)er , ober beffer, fc^toeifen fie in
bem SDZafj weniger rocit bon ber 2öa^r^eit ab, ate fie weniger
original finb. Denn reo, wie in ber ^ftycfyologie, nict)t bie 9catur-
Beobachtung, fonbern bte ©peeufation bic gührerin ber gorfdntng
ift, ba giebt e« aueb gegen bic ärgften üBertrrungcn ber feffet-
tofen pjantafie feine Bürgfchaft, wogegen bie toäfylenbe Urtheil«*
fraft fote^e Skrirrungen leicht erfennt unb bemteibet. Ute einer
ber wenigft originalen unb babei als ruhig berftänbiger ©interna*
ttfer erfc^eint mir (Schetbler in feinem SBerf über bie ^fycho*
togie CDarmftabt 1833, 2. 2lu$g.). £>tefe« fann ba^er als eine
&urcbfd)mtt8barfteüung ir)rcö je^igen guftanbeS gelten, b. i. als
eine <Schilbcrung ihres neutralen, ring« bon unzähligen 2luS*
fchweifungen begrenzten (Gebietes. Seil aber bicfeS (Gebiet ein
an roiff enfdt)aftttct)cn ßrgebniff cn gänzlich leeres ift , fo fann
Scheibter'S ^erbienft natürlich nur ein negatioeS fein.
2öaS bie üJ?ctc)obe ber $orfd)img betrifft, fo betrachtet
©cheibter, wie a(le ^f^otogen , bie (öelbftbeobachtung als
ben erften unb eigentlich einjigen Seg ber ftorfchung. SOicm
frricht jroar in ber ^ftjdwtogic auch bon einer »Beobachtung
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^ftoc^ofogte unb ^renotogie.
79
3lnberer", aber nur als bon einer Ausnahme, in hätten, h)0 btc
. ©etbftbeobachtung nicht auörcicbenb ober nicht unbefangen genug
fcheint, j. SQ. beim 3uftanbe be$ 3ornc§- &er Gebaute an eine
SSergteichung ber ßfjaraf ter & c r f chiebenheit blieb hier natürlich
ebenfo fem, als bei ber ©elbftbeobachtnng fetbft. ©chetbler fagt
(©. 278): „£)te £aubtquette ber ^fychotogie ift bie <Selbft=
beobachtung, innere Erfahrung, bie Huffaffung ber £h«W™
be« eigenen BemufetfeinS, fobann bie (auf Analogie gebaute)
Beobachtung Slnberer, namentlich für fotdje ©eetcimiftänbe , mo*
bei eigene Beobachtung nid?t ftattfinben fann". @. 236, 2lnm. 2:
„Der Sprachgebrauch befchränft, loie bei ben Söörtern Anatomie,
s^ht;fioIogie, ^h^topic, Pathologie u. f. &>. bie pftychologie auf
bie menfehliche <Sectc , unb bie« mit um fo gröperm Sftecht, alä
oon einer roiff enfcb a f tl i d;en «Seetenfunbe ber Spiere bei bem
SDcangel aller eigentlichen Bafiä (3etbfterfcuntntf$) nie bie 9iebe
fein fann". $)amit ift alfo ba« große, fo hö<hft nichtige ftelb
ber ©eelenforfchung, ba8 ber thierifchen ©eelcnerfcheinungen, gänj*
(ich per Sßiffenfchaft auSgefchloffen ! £at <Scheibler nicht an
bie oerglcichenbe Anatomie u. f. ro. gebaut ? (Sr fefct tyinju :
„3ebod? foffetl fich einige allgemeine pf^ifche ®efefee ($. B. ber
fogenannten Sbeenaffociation, be« ®ebächtmffe« , ber triebe ober
Begierben u. f. to.) aöerbingS auch auf bie thierifchen Seelen*
erfcheinungen amoenben". (!)
35on ber miffenfchaftlichen Begrünbung ber ^ftychologie fagt
©cheibfer (©. 22): „3eber Üttenfch hat &on fich fetbft eine ge=
hriffe $enntni& feine« Innern: er meuj 5. B., bafe er nicht nur,
toenn feine Sinne gereijt loerben, oerfchiebene Grinpfinbungen er*
hält, fonbern aud/, bafe er fetbft bei Berfchloffenheit be$ äußeren
Sinne« berfchtebene SBorftellungen gu erzeugen bermag; ferner,
ba§ gemiffe £)inge ihm angenehme ober unangenehme (Gefühle
erregen u. f. m. £>iefe unmittelbare $enntni§ unfere« eigenen
Innern ift aber nicht fchon <pf Ökologie. 'Cafe fie biefe«
merbc, baju ttnrb
erften« eine möglichfte Bollftänbigfcit unb ba« ftirirthaben
jener Borftellungeu in beftimmten Begriffen erforbert. £)ie ein*
jetnen Seelenerfcheinungen müffen mit einanber berglichen, ba«
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80
*ß|>djo(ogie unb ^Phrenologie.
®emeinfc$aftlicfye in ßkuppirungen vereinigt ober unter begriffe
gebraut werben (3. 33. SinneSanfcfyauung , ®eba$tni§, (Sin*
bilbuugäfraft, Deuten, SBife, Sa^arffinn, £ieffinn, ®enie, (#e-
füljle, Slffefte, $3egierben, £eibenfd;aften , (Sfyarafter u. f. tu.),
weil nur burefy §ütfe biefer in begriffe gefaxten Qrrfenntntjj eine
Ueberficfyt be$ ®an$en, fotote fttjirung ber (Srfenntntj? im ®e=
bädjtmfe unb Sflittfyeilbarfett berfelbcu an Anbete möglicfy wirb.
£)ic$ ift jeboety nur ba$ eine unb erfte ®ef$äft, 311 welkem fo=
bann nod)
ba« 3 weite, bie 3urü<ffüfyrung biefeS Mannigfaltigen auf
bie ifjm jum ©runbe Itegenbe ßinfyeit, ober bie (Srftärung bet
pft$ifc§en £fyatfa<$en au« ifyren ®efefceu, I>in3ufommen mujj,
trenn eigentliche Söiffenfcfyaft ton ber menfcblicfyen Seele entfielen
fotC. @8 genügt mithin nicfyt bie fyiftorifcfye 3luffaffung, bajs
wir 3. $8. empfinben, uns erinnern, mit $3ilbern fpieleu, füllen,
begehren; fonbern e8 mut$ gejeigt werben, warum bie« fiefy fo
3utragt, ober meldte« finb btc ($efcfce 3. 33. be8 (5rfennen$ burc$
ben Sinn, ober bie be$ ©ebäcfytniffeS, ber (SinbtlbungSfraft, be«
DenfenS, ber ®efüf)le unb triebe it. f. w."
Mein bie beiben Stufen, auf bie l)ter Scfyeibler bie ^ftycfyo;
togie ergebt ober 31t ergeben fucfyt, finbnicfyt oorfyanben, unb
bie $ft$otogte finft bei näherer 33etracfytung oon biefer £>öl?e
gang fjerab. JDfe erfte Stufe — ba$ gieren ber pfycfyologifcfyen
SBorftellungen in begriffe — ift nid^t bie ScJ^pftmg unb ba«
S3erbienft ber ^fyctyofogie , fonbern ber Spraye. Die ^ft$o*
logen begnügten fiefy, bie 33ebeutuug ber SBorte 311 erflären, in
welche bie fcfyaffenbe Sprache längft bie begriffe ber Seelen*
tljätigfeiten gefaxt. Sin 33ewei$ bafür ift fdt)en barin gegeben,
ba§ bie ^ftydtwlogie , jenacfybem ein $3erf über biefelbe in biefer
ober jener Spraye gefcfyrteben ift, allemal mel;r ober weniger
aft eine anbere erfcfyeint. ®erabe bie für ben Stanbpunft ber
^ftycfyotogie wicfytigften ©orte, bie ber leeren 33egriff$ftufeu,
finb in ben oerfcfytebenen Spraken nie gait3 übereinftimmenb,
fi$ nie gan3 entfprcctyenb. Man überfefee 3. 23. bie Söortc ®eift,
®emütl>, Salent, SBerfranb, Vernunft, Sctyarffinn, Siefftun,
£rieb u. f. w. in'« ftrai^fifcfye, Gngttfte ober Öatcimfc^c. De«
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iMvcMogie uiib Wrenologie.
81
®egenfafeeö megen oergleiche man in btefer ^infic^t mit ben ptycbo*
logifdjen Serfen bie in oerfchiebenen (Spraken getriebenen Serfe
über Phrenologie (ober über irgenb meiere anbere SR aturmiffen=
Waft). 3n ber ^renolcgie ift bie Sache überall bie gleite;
beim Uir gegenüber bienen nnr bie Sorte, toelche in ber Pftycho*
logic ^errfc^en.
2luf ber erften @tufe alfo, bie ©cheibler für bie triff enfehaft*
liehe ^ffychotogie in Slufprudh nimmt, fteht fd?on jeber (Sebilbetc
als folcher, inbem er oon ben Gegriffen (3ebä$tmf{, (Gefühl :c.
deutliche ftenntnifj ^at. $>tefe Stufe fann ba^er nicht ba« (Jigem
tlntm irgenb eine« befonberen toiffenfehaftlichen (Gebiete« fein.
£>ie jtoeite Stufe aber, toelche febetnbar bem $orf$er toeit
mehr nnb Namhafte« bietet, ift nicht minber leer an magren
gebniffen. Sann unb oon toem ift ba« grofje 3ie( erreicht, finb
bie ®efefee ber ®cifte«thätigfeiten aufgefunben Korben? 3n mel*
$en nnbefannten Serfen finb biefe Schäle be« Siffen« nieber*
geregt? Stein, ber gelehrte Prolog hatte bi^er ton bem Sarum
nnb Sie be« Kenten«, ber Gefügte, ber l'eibenfchaften feine tie=
fere Äenntnife, als jeber £>enfenbe, ber niemal« einen «lief in
ein pft$olegtfd?e$ Sert getoorfen. @3 ließen fid^ auch, Scheibler
gegenüber, eine SHeifye oon 3lu$fprüchen älterer unb neuerer $fty$0'
logen gufammeuftellen, meiere bie pftychologie al« eine in ben
gebniffen ber gorfebung feljr arme Siffenfc^aft bezeichnen.
Sa« Scheibler in ben mitgeteilten Sorten oon ber „$uxM=
füfyrung beö Tännich faltigen auf bie üim jum ($runbe liegenbe
<Sin$eit" fagt, loft ^gleich treffenb ba$ ganje föäthfel beS bis*
herigen 3ufta»bc$ bet ^ftychologie unb ihres jefeigen gebauten-
lofen Kampfe« gegen bie ^Phrenologie, £>och e$ fei mir erlaubt,
hier ftatt einer troefenen 5tu«fü^rung ba$ folgenbe Söilb gu geben.
3unä# ber breiten Straße fteht baS große Sunbergebäube.
9eur beffen fleine SBorberfeite mit fünf oerfchtebenen architefto*
nifchen gelbern ift ber Straße jugetoenbet. föing« fteigen 9ln=
honett auf, meiere bie übrigen leiten be« ®ebäube« ben Slugen
ber Sauberer entziehen. £)a« offene Xtyox labet gum Eintritt
in'« 3nnere ein. Sßiele £aufenbe ber Pilger führte oon jeljer ein
natürlicher, untoiberftehtichet ©rang in ba$ ®ebäube, um bie
Scheue, $1jtenoloj}ifd)e »Übet. 3. «ufl. 6
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$fo$ologie «nb ^tyrenologie.
©unbex femer SÖaufunft lernten $u lernen, $u ftubiren. 3iitgenb»,
fo fchetnt e«, fann toiefeö ©tubium beffer unb grünblicher ge*
fd^en, als int Innern be« ©ebäubc« fctbft. Den ®runbrip, bie
3bee be« ftunbament« »or Mem nmnfcht nnb trautet man
tarnen; benn bamit, fo fcheint ce , ift ba* SRäthfel be« #aue«
felbft gefunben. Unb im langen Vaufe ter &titen glaubten fchon
gar lüele forföente 3)?äuner ben (Skunbriß erfannt unb au«ge*
funben $u haben, immer mit fünftlichen ©trieben, wa« fic bafür
gelten, aufjeichnenb. Allein — bie ®äuge be« ®ebäube« finb
tamfel unb tounberbar Verfehlungen. Die Höfling ber Aufgabe
war alljufchtver, fie ift feinem ber ftorfcfyer bi^er gelungen. 3eber
ber tielen aufgejeic^neten ®runbriffe ift toefentlid) ein anderer,
jum fixeren Söetoeife, bafe feiner ber richtige ift.
Siehe! oor etwa« mehr al« einem falben 3ahrhunbert jog
bie Strajje ein 2)2ann, oon Nation ein Deutscher, bem ®ott ben
ftunfen bc* ®enie* in bie Seele gelegt, 2luch er betrachtete ba«
^Bunbergcbäube. 3uug unb unbefangen, artete er nicht be« be*
tretenen Sege« unb ber ernfteu 9ftänner, bie barauf ju bem
£fyore be« $ebäube« $ogeu; er ftieg feefen 9Wuthc« auf fteilem
abgebrochenen $fabe , ben fein meufcblichcr ftujj t>or ihm betreten,
feitroärt« jut £i>he m<t> betrachtete uon ^iet au* ba« <&cbäube.
Der Slnblicf, umnberbar unb ^errttd^^ überwältigte, verwirrte ihn
juerft ; aber balb gewöhnte fich fein ?luge an bie fremben formen.
(£r »erfuchte, Einige« fcon bem, loa« er fah, einzelne Xtyile ober
leiten be« umfangreichen ®ebaube« in farbenreichen, treu ent=
morfenen Silbern mieber^ugeben. SBiele, benen er bie Silber
jeigte, betouuberten fie, aber jene ernfteu flWänner, al« fie bie
bunten färben unb feine mit bem gtneal unb bem 3irfel gc=
jogenen Linien fahen, toenbeten fich geringfchä'feenb baoon ab.
Der (Sntbecfer be« ^fabe« ftieg fort unb fort barauf jum ©tubium
be« Söauc« jur $d$e, lauge oon feinem ber trägen SBanberer be*
gleitet. (Sin ®enoffe enblich unb bann balb mehrere unb mehrere
theilten mit ihm ÜDtuhe unb <$cnufj. Schon ift ber 2öeg gang*
barer geworben, unb obgleich iener f ühne (£ r ft e , nachbem er fein
Veben bem Schauen ber Wahrheit geunbmet, mit bem ßorbeerfran$e
auf bem greifen Raupte bereit« feine irbifche föeife oollenbete, fo
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^fodjologie nrtb v4tyrenologie.
83
ift boc$ fcfcon bie 3atyl ber flei&tgen unb treuen $ilger be« neuen
Söege« eine grofe unb immer machfenbe.
£)ie 9)?änner ber alten SBeife be« ^orfc^en«, be« ftorfctyen«
nach bem ©runbrtfe be« (Sebäube«, bie biefe SBeife btfrch 3ri* unb
£erfommen für geheiligt, für bie einjige mahre unb mögliche
Ratten, blicfen mit Unmillen unb 3$erac$tung auf jene teuerer Ijin,
fie Seute ohne phtlofophifchen Sinn, ohne ®rünblichfeit nennenb.
©05U, rufen fie, bie bunten, abgeriffenen ©Uber bon ben einjel*
nen Reiten be« ®ebäube«, mo$u bie 3erfptttterung, bie 3^nriffen=
heit, ba mir nach ber Grinheit ftreben muffen!
3n ber %$at, man irrt nicht, menn man ba« föa'thfel be«
bi«hertgen merfroürbigen 3uftanbe« ber sPfochologie *>er Anficht
aller ^tychologen bon ber Einheit be« Reifte« gelöft finbet. Sllle
gelten bie Stnheit unb bie Tännich faltigfett be« Reifte« für in
nnberfprechenb unb meinten fo, bie (entere gegen bie erftere
aufgeben, fie in biefelbe bermanbeln ju müffen. Sflan fann bie
(Stnfyeit unb bie Sftannichfalttgfett be« ®eifte« jtoet g (einlaufen*
ben Sutten (^arallelltnien) oergleichen. (Statt baß in ber ^ßfyreno*
logie ber SHaum uotfchen ben gmei fiinien gleichfam bie Strajse
ober ba« (bebtet ber SSHffenfcbaft ift, fo fugten bie ^f^ologen
bie beiben hinten in eine ju berwanbeln, ober fie leugneten ba«
$>afetn batb ber einen balb ber anbern. £)aburch ging natürlich
ba« gange Gebiet ber 3Biffenfchaft, alle üftögltchteit ber trgebniffe
oerloren. Xtyite *>iefc unenbliche Seere, theit« bie fic^tbare 8elbft=
qual ber bon jenem bafür gehaltenen SBiberfpruch f)\n unb tyx
gezogenen Schriftfteiter macht ba« Öefen ber pftycfcologifchen Söerfe
äufcerft ermübenb, fo bajj e« nicht befremben barf, bafc bie $fh<ho*
logte, noc^ wehr & fpeculattoe ^ßhifofaPh^ fefbft , immer
eine fet)r unpopuläre ^Biffcnfct)aft gemefen ift.
$5a« (Sefagte ju beranfehaulichen, gebe ich h*er Stetten
au« Scheibler. @. 305 fagt er, ba« feinem inneren 2öefen unb '
ber ^orm feiner 2Btrfung«art nach auf gleiche 5öeife oorfyanbene
^rtneip ber Seele müffe urfprünglich at« überaü qualitativ
gleich angefe^en werben. ?ll« ©egrünbttng biefer Sluftcht folgen
bie ©orte: „gemäß ber 2J?arjme ber Sftaturforfchuug , bei ber
grojjten 9J?annichfaltigfeit ber Grrfchetnungen ber työtym (Einheit
6*
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84
$fo$ofogie unb ^reuologte.
ihrer ^rinctpien nach$ufpüren\ T)tefc fonberbaren Sorte Scheib
ler'ä 5cigen , tt>tc weit btc ^ftychologte entfernt ttar, StatuttDlffetu
fdjaft ju fein. ®ie liinheit ber SRaturerfcheinungen tft eine ganj
anbere, al« '©cheibler toorau«fefct. 9focfy feiner Anficht müBte 5. 33.
bie Aufgabe be8 @hemifer$ bie fein, bic (Einheit ber Qualitäten
ber Körper nachjuroeifen. sJtetn, bie (Sinfyett ber Statur ift nicht
eine (Stn^eit ber Dualitäten, fonbem eine Ciin^eit ber ©efefce
in ben toerfd^iebenen Qualitäten. ÜBir fyaben baljer otelmehr in
ber Grinfyeit ber 9catur neben ben ocrfchiebenen Qualitäten ein
anbereö 39itb oon ber (5htt>cit ber <Scele neben ihrer 9ttannich=
faltigfcit. Ueberbie« ift eS ein logifcbcr fteljler, ben (Schetbter
macht, menn er fcfyüefet, weit man ber (Sinhcit in ber SOiannid)^
faltigfeit nachfpüren muß, fo mujj man fie als oorhanben an-
nehmen. SBaS man Jucht, mujj man e« finben ober gefuubeu
haben?
3m 2ötberfprud;e mit ben mitgethcilten ©orten fagt <Sd^eib=
(er unmittelbar barauf: „T>amit tft nicht geleugnet, ba§ eö in
ben Gattungen unb 2(rtcn für unfere menfchlicbe Gntfenntnitf
nnrflich qualitative Unterfchtebe giebt, bei benen unfere SBiffenfchaft
fielen bleiben barf; eine folche SSerfchiebenarttgfeit mufr otelmehr
ba, tt>o fich burchau« fein ftetiger Uebergang jeigt, angenommen
werben \ Sehr bejeid^nenb für ben 3uftmu> ber ^Jft^otogie ftellt
Schcibler hier „unfere mcnfchttche Grrfenntnijj" ettoaä anberem, in
ber oorigen Stelle burch ba« Sßort „urfprfin glich" Angeben-
tetem an bie (Seite. Stiles ohne Ausnahme, toa« aufcer „unferer
menfdjüchen (Srfenntnhr liegt, ift ia nicht ©iffenfehaft , fonbem
Specutation, btefe« ©ort in feiner fchlimmen ©ebeutung ge-
nommen. Sticht minber bejeichnenb finb bie ©orte, „wo fich
burch au« fein Uebergang aetgt", b. i. wo bie (Speculation trofc
aller Bemühung nicht bie (Erfahrung bewältigen, fich anpaffen fann.
(Scheibler fagt ferner (@. 40) : ,,@« ift ein großer Srrthum,
wenn man bie öehre oon ben fogenannten (Srunboermogen ber
Seele bahin mijjttcrfteht , al« mären biefe Vermögen ober Gräfte
unabhängig oon einanber beftehenbe unb einanber gleichgeordnete
£>mge, unb als fonnte man bie einjelnen ®etfte$thätigfeiten unter
ba« iSrfenntnifc, (Befühle unb £h«tbermögen fo rubriciren, wie
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Wpdjologte unb ^rettologie. «5
man bie Xfyexc ober ^flanjen, bie neben« nnb au fjereinanber
beftefjen, cfaffificirt , ba bo<h im ®egentheil jene Vermögen mir
in nnb burch einanber finb*.
SWetn an einer anbem Stelle («. 382) oertheibigt Scheibler
bie toefentüd^c SBerfchiebenhett ber ®runbbermBgen. „£)aji jene
®runbbermögen ©runbbeft immun gen finb, bon benen feine
in ber anbem gan$ enthalten ift, mithin nicht an« iljr abgeleitet
werben fann, ift offenbar. (£« liegt nicht in bem (Srfcnnen, ba§
ein ftfyUn, nnb nicht in bem fttihlen, bafc ein §anbeln notf?*
toenbig mit itjrn berbunben ift, nnb bie Erfahrung jeigt auch eine
feljt berfchiebene 2lu«bilbung biefer Vermögen, e« giebt bloße 33er*
ftanbe«*, ®emüth«; nnb £f; atmenden , ober bto« braftifchc Na-
turen". 3n biefer Stelle bejaht Scheibler gerabeju, ma« er in
ber oorigen gerabejn berneint. $aum bafe eine ÜDHlberung be«
Siberfpruch« in bem Sßörtc^en „ganj" („feine ©runbbebingung
in ber anbem gan$ enthalten") gegeben ift. Slllein Nenn auch
noch mehr folcher 2ttilberung«tt>Brter bei ben übrigen S%n
(„ntebt an« ihr abgeleitet" n. f. tt>.) angebracht toären, ber ®egen*
fafc al« folcher Hiebe berfelbe. 3n «Streitfragen über %f)at\atyn
ober 9taturgefefce (äffen fid) feine ^ergteic^e f(^(iejsen. Sa« nicht
ganj in einem Slnbern enthalten ift, ba« ift, fotoeit e« niebt
in üjm enthalten ift, nicht in nnb burdb baffelbe, fonbem neben
ober aujjer ihm, ilmt gl eicfygeorbnet, u. f. to.
93or$ug«toeife aber mad)t fich biefer Äampf ber Speculation
gegen bie (Erfahrung in ber s$ftycfyologte bei ber £arftellung ber
®cifte«oermBgen felbft bemerfltcb. Schetbler (Nie faft alle ^3ftycfyo=
logen) beginnt bie £>arftellung ber ®eifte«berm£gen mit einer
ausführlichen 33efchreibnng ber einzelnen befonberen Sinne«--
thätigfeiten , be« ®eficht« , ®ehör« n. f. tt>. Unmittelbar baranf
aber geht bie SDarftellnng, plöfcltch ihten (Sharafter änbernb, bom
befonberen gum Allgemeinen über, inbem Scheibler au«füht*
lieh *w bem atigemeinen ©ebächtniB, ber allgemeinen Grinbilbung«*
fraft u. f. to. fpricht unb nur ganj furj unb nebenbei be« Untere
fchiebe« jmifchen 3Bort«, Sach*, ätth^fl^ächtnitf u- f- ertoähnt.
SZBarum fprach Scheibler nicht auch blo« oon ber allgemeinen
Sinne«thätigfeit, nebenbei be« Unterfchieb« jtoifchen bem ®efkht«finn,
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86
©efyörfinn :c. ern>al;nenb? ober otefatefyr, tuaruut fefcte Siebter
bie befonbere £)arftcllung , tote er fic Bei ben äußeren ©innen
begonnen, ni$t bei ben übrigen ©eifteSocrm&gen fort? $)a§ ber
Tiare Slugenfcfyein, ber in ber Trennung ber äußeren (SinneSttyätig*
feiten für bic Trennung ber ©etftesoermcgen gegeben ift, für bie
©eifteSlefyre fo gänjttcfy oerloren blieb, fdjeint mir ntdjt gan$ leicht
$11 erflären.
9io$ merftoürfciger ift Sdbetbler'S SDarftetlung ber inneren
©eiftcSoermögen felbft. üfta<$ tljm befifet ber SWenfcty bie Vermögen
ber ©efüfyle, ber Xricbe unb ber ßctbenfdjaften. $on biefen S3er=
mögen giebt e$ fefyr mele 2lbn>eicfyungen (9ttobiftcattonen).
311$ 2ttobificationen ber ©efüfyle nennt ©cfyeibler unter
anbern : bie burefy bie äußeren Sinne (£aften, <Sc$me<fen :c.) ent-
ftcljenbeu 8uft* ober Unluftgefüljle ; ba$ ©efüljl ber Öffnung unb
ber fturctyt, bie ©efüljte be$ Scfy&nen unb (Srfjabenen; ^uft am
Semen, Unluft am oölligen 9^icr)t«t^un ; Suft am (Spielen; ba«
Wohlgefallen am bleuen, Unerwarteten; ba« Wohlgefallen am
(Sanken, ©tjftematifd&en «SinheitStrieb ?) ; ba* Wohlgefallen an
ber Orbnung; ba$ Wohlgefallen am Wiegen, ©^arffinntgen, Sief*
finnigen, ©enialen; ba« Wahrheitsgefühl ; ba« Wohlgefallen am
fittlich ®uten, an £ugenb, @h™ u. f. m. ; ba« föechtSgefühl, eine
befonbere 2ftobiftcation (eine Üftobificatton ber 3Jiobificatton ! )
ift ta« S3illtgfeit$gefühl ; ba$ ©efühl ber 3Us wb ^oneigung,
be$ SDKtleibenS unb ber 5D?itfreube , ber Siebe unb be8 $)affe$;
ba$ religiSfe ober ^römmigfeitägefühl.
Unter ben 3ttobtficationen ber triebe finb unter anbern
genannt: ber £rieb nach <Sinne«rei3en , ©inneSftfcel; ber 9cahj
rungStrieb; ber Xrteb nach £fyätigfeit, enhoeber Arbeit«* ober
Spiettrieb, ber <£igentf;um$trieb ; ber ©efchlechtätrieb ; ber STrieb
nach geiftiger Nahrung unb ^ätigfeit; ber Web ber SRachah*
mung; ber £rteb nach töeichthum, Slnfehen, äußerer (S^re ober
föutnn; ber Srieb $u (grfinbungen, ber tec^niföe tunfttrieb, ber
äfthetifche £rteb nach Sluffaffung unb £)arftetlung be« Schönen,
ber moralifche Briefe nach ber töealifirung be8 ©uten, b. h- ber
Qfyxe, ber ©erecfytigfeit unb ber ftrömmigfett.
Unter ben SDiobificationen ber ßeibenfd^aften werben unter
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<Pfydjologie unb ^renefogte. 87
anbcrn aufgellt: bie grobfinnttcfye ®enufefucbt iftrctlfuctyt, txxmh
fuc^t, SMerei), bie <BpkU ober 2^ättg!eit0fu(^t ; btc <5rmerbfud;t
unb ber ®eir, bie Vcibenf^aft be« $cfeWgfcit$trieb«, ijicrfyer ge*
tyört bic ßetbenföaft *er ®efellfcWt$fi4t mit bieten SMobificatio
neu bet Sctymafc*, ©treit* unb anbcrn Sutten (!) ; bic Veiben*
fd^aft be« ©efc^le^tötrieb« ; bic Setbcnföaft *>cr 9tadMmung$;
f uc^t ; bic ßetbenfdjaft ber äftfyettfcfycn Öcnitffe; bic @$r* unb
.«perrfcfyfucfet ; ber leibcnfcfyaftücfye Xrteb $u uüffenfcfyaftlicfyer ober
fünfttcrifcfyer Xljätigfcit; bie i'eibcufcfyaft be$ moralifcfyen £rieb*
ber Söürbc, Stotj, §od)mutfj, (Sitelfeit ; bic ßeibcnfdjaft bc<5
föedbtSgefüfyte , \. $8. }Jro$ej?fuc$t ; bic £cibcnfcfyaft ber £iebe unb
bc« §affe$; bte Öeibenfcfyaft be* religiösen £riebe$, rcligiofer
Fanatismus. '
S<$cibler (tri au§er beu angeführten einzelnen (^cfüt)lcu,
Striefen unb fcetbenfcfyaften nodj biete auberc genannt. Obgteicty,
une mir fe$cn, bie ©orte ®efityt, £rieb unb tfetbenföaft bei
Scbeiblcr nur ben ®rabunterfcfyicb be$etc$nen unb fiefy a(fo
bie Slufeäfytuug ber begebenen ®eifte«eigenfctyaftcn unter beu
brei (Haffen im (Sausen nur nriebertyott, fo barf man boefy, ba
biefe ©genf c^aften btofte Sttobiftcattonen, gteicfyfam 3uf ä ttiflf citcn
fein fotten, babei feine (Senautgfeit ober Sßollftänbtgfett ermarten.
So fyat ^etbter ben iftaljrungStrieb , ben @c$onljeit$finn , bafc
(Sfyrgefüfyl, ben rcligiöfen Sinn u. a. unter ben ®efüljten, ben
trieben unb ben ßeibenfctyaften genannt, bagegen bte ®efd)lcd;ts*
liebe unb ben (Sigentljumsfinn, bie er unter ben trieben unb ben
Veibenfctyaften aufsäht, unter ben ©efitylen 511 ermähnen t>er=
geffen u. f. n>.
3>ic äujjerften fünfte berühren ftety; eine übermannte »it*
fiebtigfeit mu§ jur $ ur$fi<$tigfeit toerben. £)ie Speculatton ift in
ber mitgeteilten Darfteüttng ber ©etfteSbermögen ju einer Gin»
tyett gefommen, bie metyt« als eine fomiföe Ucbertrcibung , eine
(Saricatur berfetben natürlichen üWanntctyfaltigfeit ift, bic fie fo
eifrig ju leugnen ober ju umgeben fliegt. Scfyon ber ®runb=»
gebanfe jener Gmttfyeilung ift ein (ogifc^er ^et)ter. 3$or ber 9(n=
nafnnc b i e t e r ©runboermogen, ber $u erftrebenben (Sinljeit gegen*
über, einen nuffenfctyaftlictyeu Stbfc^cu fütylenb, na^rn man gtetcfc
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88 . Wtydjoloflte unb qtyrenologic.
tüofy brei (^runboetmögcn an, toeil biefe 3ah* ber Einheit näher
(ag, ohne ju bcbcnfen, baß brci gerabe fo toenig ein« fmb, al«
breiig ober bierjig. 2öie merftoürbig ift aber ooflenb« <§<fyetb*
ter'« breimat nriebethotte« Slufjählen berfelben einzelnen (Seifte«*
thätigfett unter ben brei »ergebenen X^ätigfcitdgraben,
unb tote folgerichtig ift boch biefe Söiebcrfyolung infofern, a(« bie
brei allgemeinen Vermögen ber (Gefühle, ber triebe unb bcr
tfeibenfchaften al« ®runboermögen ober al« bie £auptfache, bie
einzelnen befonberen Gefühle, triebe unb geibenfchaften bagegen
al« bie ÜKobipcationen biefer (Srunboermögen , al« bie 3ufaüig'
feiten biefer ^auptfache, bargefteüt »erben foüen. Sllfo ba« 811*
gemeine folt ber ©runb be« Jöefonberen, bie (Stgenfchaft, ber ®rab
foll ber ®runb ber «Sache fein ! 3n toelch fonberbarem ^uftcmbe
mujj fid; eine SBiffenföaft befinben, in ber fo auffallenb ba« Sßefen
ber ÜDtnge oerfehrt, ©djein unb SSJa^r^eit oertoechfelt, furj ba«
(Segenthetl oon bem, ma« ber einfache $erftanb al« richtig er*
fennt, geteert toirb!
2ttan fann ben bisherigen 3uf*ÄnD ber ^ßfocfyologte mit bem
ber Slftronomie bor (Soperntfu« »ergteichen. 2öa« Giopemtfu« al«
betoeglich nachtoie«, backte man ftch oor ihm al« feftftehenb, unb
umgetehrt, unb bie ®eifte«toermogen , toelche bie Phrenologie al«
toirflich nachtoetft, gleiten bie Prologen für 9ftobtficattonen, unb
umgefehrt.
3$ habe oben bemerft, bog bie ©chriftfteller über $tycho=
logie in bem SWajje, al« fie mehr originale ©tyftemattfer finb, fich
* toeiter oon ber SBaljrheit entfernen. £)ie fhftemotifcf>e Einheit ber
Siffenfchaft ift ein fo locfenbe« £itlr ba§ oon manchen Schrift*
ftellern über ^ftychologie, in ber Slbficht, biefe« 3*c* 8U erreichen,
alle« SCnbere htotangefefct, alle Erfahrung unb Wahrheit oerleug^
net mürbe. £>iert>on uritl ich e*n ftetae« ©eifptel anführen, im
(SJegenfafce ju ©chetbler, bem fidj biefer 35ortourf nicht machen
läjjt, unb ber, toie toir gefehen haben, bie thatfächliche Erfahrung,
fo fehr er baburch beengt unb beirrt mar, nicht oerleugnete.
@ine befannte 2$atfa$e ift bie geiftige ®eburt«oerfchteben=
tyett ber Sftenfchen. $r. 2lug. (Saru« bagegen hat in feinem ©erfe
über ^f^ologie (Seidig, 1808. 2 *Bbe.) feinem @tftem &u Siebe
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• *
^fed>logi< unb ^renologic. 89
alle SWcnfc^en ohne Ausnahme für o o n (M e b u r t g e i ft i g g l e i ch
erflärt. $)a$ angeborene $enie, ber angeborene 33l8bfinn, bie
geifttge ^eburtsoerfdnebenheit fcer fcerfchtebenen 9ttenfchenraffeu,
ber befannte fbtfllif, ben ber Hugcnblicf ber 3cu8ull8 auf
merbenben SWenfchen ^at (©löbfinn burch £runfenheit im Slugen*
Wirf ber 3cu8unS) «• f- _ aüc fcu1e ^atfacben müffen nach
(SaruS geleugnet, anbere (Srflärungen müffen für baS Scheinbare
gefugt merben. <§r fagt (@. 98, 1. ©b.): »Angeboren, toic an=
gejeugt fann bem 3)Jenfchengeifte nichts merben, alfo auch bem
fogenannten gentaüfehen SOTenfchcn nicht mehr (als anberen).
(Der ®eift fte^t nämlich über bem 33ebingten beS Organismus,
unb er ift überall nur Griner unb in jebem 3nbir>ibuum ein
menfe^tieber. SBMr finben feinen (tyrunb auf, in ihm eine ange^ ,
bornc 3?erfchiebenhett anzunehmen, meber ber Quantität, noch
ber Qualität nach- — 3eber 3tfenfch ^at alfo urfbrünglich fo
met unb fo menig ®eift, als ber anbere". ©ehr bejetchnenb
finb bie ©orte: mir finben (b. i. in ber ©peculation !)
feinen ®runb auf, anzunehmen. £>aft ber ©peculation
gegenüber bie Erfahrung ein folcfyer ©runb fein f&nne, lag
(SaruS fehr ferne.
4. frobtfdj.
£)robif ch *) ift fein ^^renolog, aber in einem ^unft fthnmt
er bolllommen mit ber ^Ijrcnologie überein, in bem Urteil über
bie bisherige ^ßftychologie. Söährenb manche ^ftydjologen bie
©chroäche ihrer ©iffenfcfyaft mögtichft ju bemänteln fuchen, ge-
hört Drobifdh jur 3ahl berjenigen, meiere laut unb offen bie
Öeerfyeit ber bisherigen $ft$ologie an uürflichen (Srgebniffen an*
erfennen unb barjiitljun bemüht finb. £)robifch fagt im 25ortoort :
„tiefes Söuch mag e« oerfucheu, faftifa) ben SBefceiS ju führen,
feaf eine anbere unb ^öffentlich natürlichere unb gefünbere Hn=
ficht, als bie noch immer gangbare, oon ben (Srfcheinungen unb
•) <&m$m\d)t ^fv^ologtc na<$ naturtotffenföaftlt<$er SWetyobe. (£etyjig,
1842.)
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90
l.*' ' t!1 et) T 1 C \ [ C 1 L 1 1 1 h V C 11 L' 1 V \ 1 (
uurflicbcn Vorgängen be$ geiftigen bebend ol;ne £ülfe ber 2)Jeta*
p^fif unb ber $^t(ofov^tc überhaupt, c^tc 3ujtehung ber Sttathe*
matif, burdt» Mof?c unbefangene Beobachtung, 3erglieberung, $er
gleidmng unb Berfnübfuug ber 2f>at|'acfycn unferer inneren (£r*
fahrung, ben n>efentlid;en ®runblinien nach ftch gewinnen tä§t.
Senn bie ^fyctyologie nod) immer rücftoärt« gefehrt, balb ben
alten abgeworbenen Stamm ber 9lriftotelifchen ©eelenoermögeiK
burd) ^fropfreifer gu oerjüngen fich abmüht, balb in platonifiren*
ben HaturVf;i(ofop^tfc^eu Träumereien ftch umhertreibt, bie gu
mefenlofc finb, alä bap fic bie Ohrfaljruug ju enträtseln unb $u
befyerrfcfyen bermßchteu, — fo mu|s fie fid) enbltcb, fo gut ttric alle
anbern ^caturnnffenfehaften et mufften, entfchliejjen, mit ihrer ®e-
( Wichte }u brechen, bie nun einmal oon wenig mehr al« bon einer
SReihe unbollfommencr ober verfehlter Begebungen gu ergäben
weife". £>robifch berwenbet einen großen Xfjcil feine« SBerfcd
barauf, biefefc Urteil näher }u begrünben, inbem er biete ^ft^o-
logen namentlich aufführt, 5. B. Slriftotele* , Söolf, Äant, #rie«,
Bcnefe, Stiebenroth, CS. ®. (SaruS, Säubert, §egel — unb bie
3rrigfeit ihrer pfpchologifchen flnficfyten nachjumeifen fucht. SDiefe
9cachwcifung ift $)robifcfy , wie faum einem ^ftycfyologen bor ihm,
trefflich gelungen.
Allein förobifch ift ^ftycholog, nod) mehr, er ift (S^ftclnat^CY/
inbem er im SefentUctyen beut Styfteme £>erbart'$ folgt. Damit
ift e« ausgebrochen, bafe feine ftorfchung« weife bie ber bi$=
herigen ^ft^chologen ift, unb ba| er belegen unmöglidt) $u wirf*
lieh befferen (£rgebnt[f en , al« fie, gelangen fonnte. Drobifch er*
Hart gleich allen fotogen bie @el bftbeobach tu ng al« bie
erfte unb eigentlich einzige Cuelle ber 8eelenforfdning , tote er
bie« fchon in ben oben mitgeteilten Korten ausbricht: „Durd;
blofce unbefangene Beobachtung, 3erglieberung, ^Begleichung unb
ißerfnüpfung ber Xhatfachen unferer inneren Erfahrung".
Die #eburt«oerfchiebenheit ber 2)ienfchen, ba« thetlweifc ®enie,
ber theilweife Blöb* unb Söahnftnn :c. werben oon ihm nicht nur
nicht erflärt ober ju erklären berfudfc»t, fonbern mir finben auch
bei ihm biefe X^atfatym, weil fie feiner folgerichtig burchgeführten
Setbftbeobachtung«wetfe aüjufern liegen, feltner al« bei anbent
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^fo^ologic unb Wrenologie.
91
^ftychelogen erwähnt. Sahrfcheinttch hat £)robifch, nachbem er
einmal burch baS Eingeben an fein @hftem ben freien S3licf ber
ftorfchung bcrloren, gar nicht an jene X^atfac^en gebaut ; beim er
hätte fonft fofort erfennen muffen, bafe gerabe baS .£crbart'fcbe
Aftern, meil ihm jene Sfyatfachen fc^lcd^t^in uuberfprec^en , am
menigften baS ü>a^re fein fönne.
dämlich baS Sßcfentliche beS £>erbart'fchen ©Aftern«, ober ber
magren Seelenlehre nach $)robifch' Anficht, ift bte nnbebingte
Einheit ber Seele, bie bermeintliche Söahrheit, baj$ es feine
berfchiebenen See! enb er mögen ober in fich getrennte Seelen-
fräftc giebt. Snbem X>rofcifc^ biefe Slnftcht mit bielem Scharffinn
nnb bielem (SHücf berftcht, hat er nur (Sine«, bie §auptfacfye, über-
fein, baj? baS SBort Seelenbcrmögen eine boppelte ©cbeutimg
hat, eine faifc^c unb eine mahre. Die falfche S3ebeutung, bie
ber bisherigen ^fochotogte, berftetjt unter bem ©orte bie abgc^
jogenen ©genf^aften ber unrflichen (^runboermogen ; bie n>al;rc
iöebeutung, bie ber ^renotogie, berftcht unter bem Sorte bie
inneren Sinne beS 9ttenfchen, benen jene (gtgenf^aften gemein*
fd^afttid^ jufommen. 3nbem alfo $)robtfch bie 9ci$tigfeit jener
fallen Seelenbcrmögen nachtoeift, tljut er nichts Ruberes, al*
maS bie ^^renotogie tyut, meiere feit einem halben 3ahrhunbert
biefelbe Sahrhett ber ®elehrtcmuelt begreiflich ju machen fudt)t.
3nbem er aber mit ber ^ictytigfeit ber falfc^en Seelenbermögen
bie 9iichtigfeit aller, auch ber magren, nachjumeifen glaubt, fo ift
bie« bamit ju begleichen, als menn er burch bie iJtactyroeifung,
bafe bie Sänge, breite unb $>i<fe ber Körper feine in fi<h trenn=
baren gigenfe^aften finb, auch nachgeroiefen ju f)aba\ glaubte, baß
alle Körper felbft in ihren (Sigenfcbaften bie gleichen feien.
Stujer bem grojjen SBerbienfte, bte 9c«htigfeit ber fallen
Seelenbermögen bom Stanbpunfte ber ^ftychotogie felbft aus nach*
gemtefen 311 h^^en, gebührt Drobifch no<h ein befonbereS Sob
toegen ber Klarheit unb ©eftimratheit , mit ber er bte Trennung
ber Scelenlchre als einer üftaturmiffenfehaft oon ber fpeculatiben
s^P^iIofopt)ie — ober bie Trennung ber ^rage nach *>en <5rfchei=
nun gen ber «Seele bon ber ^rage wach ihrem Söefen — als
nothmenbig erfennt unb ausbricht, <5r fagt (S. 3) : „So toie
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92
^fodjolcgie unb ^renologie.
feine Erfahrung ber ^ß^i^fif barüber 2Ut«funft geben fann, loa«
Shaft ober Materie fei, fo mie feie ^fiotogie smar bie ZfaU
fachen ber organtfirtcn Materie unb be« Seben« anerfennt, ofnie
fie jeboch ju begreifen, ebenfo giebt e« eine föeifje oon pf^otogif^en
fragen, auf bie auch bie aufmerffamfte ©elbftbeobacfytung feine
Stnttoort giebt, obgleich fie fich täglich aufbrängen. hierher gelten
bie Etagen nach bem SBefeu ber Seele fetbft, ihrer 3mmaterialttät
ober Subftantialität, ihrer gcrtbaucr ober Vernichtung, ihrem gl*
fammenhang mit bem Vetbe" u. f. m.
Stuf ber (rabern Seite mürbigt £)robifch ganj rüstig bie Ober=
ff äd^ltc^feit bcffen, toa« man btöfycr (5rfah™ng«fcelcnlehre genannt
(@. 17 f.). 2tuch loa« j. Scheitlin unb ©Urbach in ber £ljter-
feetenfunbe geteiftet, genügt nad) feiner Anficht ben ftorberungeu
ber SBiffenfchaft ni^t (©. 12).
2Äit einem SBorte, £>robif<h geigt ftch in 2U(em al« einen
SWann ber ächten SSMffenfchaft. ©enn ein $f>renolog fein SBerf
tieft, fo mufi er bebauern, baß fo otet gefimbe $raft hier oer=
loren gef>t — toeit fich eben au« lofem ftlugfanbe fein ®ebäubc
errieten läßt. 3$ gehe nicht auf £robtfch' £arftellung ber
Seetenthätigfetten fetbft ein, ba bie« für bie <Sacbe ofme Serth unb
für ben Öefer ermübenb fein mürbe. SDrobifch giebt, toa« ftch
immer oermittelft ber <Selbftbeobachtung«meife geben lä&t. (Sr geht
oon ber 23orftellung au« unb reiht an fie alte übrigen (Seelen*
tfyätigfeiten , fo gut e« geht, an. Sllle« ift fein beobachtet, fa)arf
beurteilt, moht ertoogen: aber nrie toenig fann $)robifch ben
Langel einer feften Unterlage feine« ganzen Söiffen« oerbergen,
mie oft mufe er bie Halbheit feiner Untertreibungen beoortoorten !
2öa« mürbe $5robifd) ber Sßiffenfc^aft fein, toenn er an bem ®e*
bäube ber ®etfte«lehre oermittelft ber «aufteine ber mähren ®runb*
oermögen mitarbeitete!
3eboch $>robifch ^at mehr al« irgenb ein Pföcholog in $>eutfcfc
lanb für bie Phrenologie getyan: er hat bie $f^o(ogie 3 um
(Snbe geführt. 2flan fann bie $fty$o(ogie unb bie ^hTen°s
togie jtoeten SBegen oergleichen, oon meutert nur ber eine jum
3tet fü^rt. SDrobifd) ift nun auf bem falfchen äöege bi« $um
legten (Snbe oorgegangen unb hat gezeigt, baf er in ben Sanb
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$foc$Qlogte unb ^renologie.
ausläuft ! 3efct ift ba« aligemeine Umfchren ber Söanberer imb
ba« betreten be« aubem $öege« ju ertoartcn — toenn biefer ben
zücmrerern nur erjt oetannt Ware !
Sie wenig aber bic Pfhdwlogen oon beut 2) afein biefe«
SegeS ber (ScifteSforfchung ftenntnift haben, jetgt wieber auf*
fallenb SDrobtfch fctbft. (£r weift bic 9ft$tigfett bet (fallen)
Seelenoermttgen fo nad>, bafc er jeigt, wie $. 53. ba$ itforftellcn
zugleich 011$ ein tßXfftm, ba« fühlen sugleich auch ein SSorftellen :c.
in fieb begreift; ganj fo, wie man uaebweifen würbe, bajj bie
(£igenfchaft ber Vänge ber Mörocr zugleich mit in ber (£igcnfcf>aft
ber breite :c. enthalten fei. titlein oon biefer Urt ber 9Ja$n>cU
fung macht er beim ®ebädjtnijj eine Ausnahme, inbem er fyier —
ein fcf>r feltener ^a« bei ihm! — auf bie ®eifte$oerfchie*
benfjeit ber Sflenfchen gu foreeben fommt imb meint, ba« ®e*
bächtniB fonnc bewegen fein ®runboermögen fein, weil ein SWcnfö
ein gute* 3ahlengebächtnifc , aber ein fcblechteS Sortgebäcbtntß,
ober nmgefe^rt, ein anberer ein gute« ©rtsgebächtnij? , aber ein
fehlere« £ongebächtni& , ober umgefehrt, haben fonnc. (@. 97.)
3u ber ^renotogie ift aber feit 50 3af;ren gang berfclbe @afc
bi« jur (Srmübung immer unb immer wieberhott worben, um bie
92icfytigfeU ber (SeelenoermÖgcn ber bisherigen pftychotogie bar-
Uit^un, unb ben ©eweiä oon einem @runb oermögen be$ 3ahlcn=
finn«, beS Söortfinn«, be$ £onfinn« :c. ju führen. £)aj? £>ro*
bifcb, ber auf biefe SBeife febon mit einem ftujse im ©ebict ber
Phrenologie fte^t, bie« nicht einmal weijj, erflärt fich barau«,
bafc er feine Ahnung oom £)afein ber Phrenologie at« einer
®eifte«lehre hat. Sc hält bie Phänologie lebtglich für eine ber
„ alten* öehre oon ben ©eelenoermögen angehängte £typetyefe oon
bem Sifc biefer Vermögen im Gehirn, eine ^>^pot^efe, bie ja mit
ber nachgennefenen ^i^tigfeit biefer Vermögen oon felbft falle.
(©. 16.) „fochten boch diejenigen, welche mit fo freigebiger £anb
(^ebachtnif, (SinbilbungSfraft, ^erftanb :c. unter bie oerfchiebenen
iötlbungen be$ (Gehirn« oertheilen , ftch bor allen fingen in ber
pfm^ologie belehren, waS e$ mit ihren ®aben eigentlich für eine
Söewanbtnifc hat, bamit fie nicht, in ihrer Untotffenheit, mit alten
Slffignaten h^noriren, bie fich nicht mehr realifiren laffen."
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94
«ßfocfalogie «nb ^Phrenologie.
3$ halte e$ nicht für unmöglich , bafe £>rebifch, wenn er
tote ^^renotogie fennen lernt , ihre 5öahrhett gern anerfennen
werbe. <£r ift bon ©eruf juglcich üftathematifer. <Sr fctbft unter*
Reibet aber jtmföen ber £anblung«foetfe ber 2Jcathematifer unb
ber ^^itofop^en beim (Srfennen einer neuen Sahrheit. <£r fagt
5. ®. bon ftrte« (@. 225): »Sir muffen bef lagen, ba§, al«
£)erbart baä ©effere gefunben hatte, $rie$, anftatt ein 3eu8nife
für ihn abjutegen unb mit ilmt ju wetteifern, fich nur ber Dppo*
fitton gegen ihn anfchlojj. $öie anbere Gewohnheiten , als bei
ben ^^ilofop^en, fyerrfcfyen boch bei ben ÜRathematifern ! $11«
tfagrange burch feine rein analtytifche 33egrünbung ber 35arta*
tionärechnung bie »orangegangenen bortreffü^en Arbeiten (Suler'S
überboten hatte, war biefer fo weit entfernt, noch bei feinen
eigenen 9ftetfyoben ^artnäefig beharren ju wollen, bat er btetmehr
Öagrange'S (Srfinbung in mehreren Slbhanblungen ju erläutern
fuc^te unb ihr, fie gleichfam an $inbe*ftatt annehmenb, ben
men beilegte, ben fie noch jefct führt". 2tteine Erfahrung ftimmt
Inet mit ber bon SDrobifd^ überein. 3$ fenne einen ^^Uofop^en,
ber früher, ehe er bie ^Phrenologie rannte, it)r (Segner war;
nact}bem er fie aber fpäter genauer fyatte fennen unb tt)re 2Öar)r*
t^ei t erfennen lernen, ift er it)r erbittertfter ^einb geworben.
3c^ bitte ÜDrobifcb um eine öffentliche ^Beurteilung ber bor=
liegenben (Schrift, wenn er fie anberä berfelbeu für wertt) $ätt
CDrobifch hat biefer ©Ute nicht entfproeben.)
5. i'cnrhf ,
„Sdjon bei ber (Etflfitung bet flemöbnlidjfien tttfabtungen
böten mit bie $f belogen übet unlö«bate SRdtbfel nagen;
nid)t einmal übet bie SRetbobe, nad) tucldjer bie Untetjucbimg
anjafiellrn fei, ift man einig; unb bat man bie üütfen bet
tteobaa)tung balb butdi pfncfioloßtf c^c , balb buräi plinfio
U>gif$e $npotbefen auÄsufülTen oetfudjt, fo finb bodj bie
meiften biefet ^bpotbefen ebenfo untauglitb \ut dtflätung
beä in bet (ftfabtung Botliegenben, al* ibte «nnabme un*
begtunbet." »enefe, $fb(bol. S«»en U, 65.
1.
Unter allen 9fcaturwtffenfct)aften ift bie (SeifteSlehre biejenige,
bon welcher ju erwarten ftanbe, weil fie bem 9ttenfct}en am nachften
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vJ}ty(fyotogie unb ^Ijrenologte
95
liegt, ba|? fie bte allgemeinft gefannte, populärfte wäre. Slllein
bie (hfafyrung jeigt und fuerbon bad <£egentfyeil. <S* gab bon
jeljer in Deutfölanb feine unpopulärere, unter aUen (Staffen ber
®efelff$aft weniger gefannte Söiffenföaft , ald bte $ft$ologie.
S8on einet praftifdjen ?Xuwenbung berfelben auf bie »ergebenen
Siffenfdbaften be« i'ebend, auf (Srjiefmng, Straftest :c. war
oollenbd nicfyt bie SRebc.
Jpietbon macfyt bie ^fbcfyologie iöenefe'd eine Sludnafyme.
Diefelbe ift nidjt nur bereits in »eiteren Greifen gefaunt unb
gerühmt, fonbem fie ift audj in ber tfeljrerwelt populär geworben,
fie Ijat auf bie (£r$ie(ning«M unb Unterria^tälefyrc praftifcfye $ln*
wenbung gefunben. Dtefc törfcfyetnung Ijat iljren ©runb tu bem
itfefen biefer s}$ft$ologte fetbft unb in ifjrem Unterfcfyieb bon ber
frühem Seelentefyre. Die vJ$fbctyologie Söenefe'd ftimmt närnüc^
in einigen wichtigen fünften mit ber sJtyrenologte überein unb nmf
fyierburcfy große ^orjüge bor ber beengen ^ft$ologte barbieten.
Die Scbmädjen unb hänget aber, welche ifyr eigen finb, rühren
nur baljer, bafc fie fi$ in anbem fünften meljr ober weniger
weit oon ber ^Phrenologie entfernt.
(Smer ber wia^tigften fünfte, wegen beffen bie Phrenologie
mit ber alten ^ßftyctyologic im Kampfe liegt, betrifft bie 5lnficfyt
oon ber (Sinfacfyfyett bed GMfted. Die bisherige pffycfcologie be=
fyauptete, bajj ber ©etft einfach fei, wad bie Phrenologie be*
ftreitet.
Stuf ber Seite ber Phrenologie fämpft auch ©enele, obgleich
tlnu nicht bie Haren ®rünbe ber s)iatur(ehre für feine Anficht &u
$ebot flehen, gegen bie falfc^e Anficht bon ber (Einfachheit bed
Reifte« («enefe fagt „ber Seele") für bie «ietfacb^eit feiner
ßinjetfräfte. . „Sttchtd $at", fagt er, „bie Sludbilbung ber SKatur*
erfenntniffe bom ©eiftigen mehr get;inbert, ald bie oerfefyrte S5or-
ftellung, bie man ft$ bon ber Grinf adrett ber Seele gemalt hatte."
„3n betreff ber jenigen Dualitäten unb Sfcrhältntffe , welche und
unfer Selbftbewuftfetn barftellt, ift bte Seele ni<htd weniger ald
einfach, ja weit entfernt, bajj burtfy eine 3ufammengefefctheit biefer
XUrt ihrer Roheit irgenb ^Ibbrucb gesehen foüte, tritt btelmehr
bte Roheit, in welker fie fic$ über alle« anbere bon und erfenn*
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96 $fo<$ologie unb ^renologie
bare ©ein erhebt, gerabe in nicht« Slnbenn entfchiebener §ex*ox,
al« barin, baß fic in ihrer Grntwirfelung einen ohne allen $er=
gleich größeren SRei^t^uui bon (dementen unb ^rojeffen barbtetet."
„Diefe 3ufammengefefcthcit gie^t fich burch bte gefammte (Reifte**
eutwicfelung in fo großer 9(u«behnung unb mit fo großer £nt=
fcfyiebenljeit Junkurch, ba§ man fid^ fchon »on ben frä^eften 3citen
her ihrer Huffaffung nicht ^at entfdtilagen fönnen. Ungeachtet
jener bis an bie gegenwärtige ^til ^erau feftgehalteneu 2khaup*
tung oon ber abfohlten Einfachheit ber Seele ift in einer eigenen
3nconfequen$ auch bie bisherige ^ftychologie fchon fortwährenb mit
ber 3er^dun8 0Der m^ &eni Stücfgangigmachen ber Pfeifchen 3"s
fammenbilbungen befchäftigt gewefen. Stber wa$ fich in biefer
Dichtung gcltenb machte, gefchalj eben nur in ^olge einer 3n*
confequenj, war nur eine 9lrt bon geheimem Strtifel, unb
tonnte be^^atb auch nur unbeftimmt unb nebelhaft gefaft »erben
unb nur f$u>ä$ü$ f ortwirf en." „Dop wir auch im Gebiete be«
©eifrigen oon „Elementen", ton „3ufammenbilbungen" tc. reben,
bem fönnen mir, wenn mir bie Sfyatfa^en oorurtheil«frei auf*
faffen, in feiner Söeife entgegen/' ,2>a*, womit wir eS tyex ju
tljun haben, bie praftifche Sluffaffung unb ©ehanblung ber ©eele
unb bie Slufftetlung oon pragmatifeben 33orfc^riften bafür, ift
rui'duutf uici>t mit ©enauigfett unb Söefttmmtheit aufführen,
al« inbem wir foweit in bie Üiefe ber pfty$tf$en Grntwicfelungen
eingeben, bafc wir fie in ihren Elementen unb beren 3ufanmen*
bilbungen faffen ; unb mau wirb fich affo fchon an biefe $luf*
faffungen gewonnen muffen, Wie fehr fie audb liefen ober 3enen
bid^er noch frembartig gewefen fein mögen." (Jöenefe, Slrchib L
& 9 ff., IL $. €>. 253.)
(Sine jweite, bie Hauptfrage ber @etfte«lehre, mit ber eben
befprocheneu nahe berwdnbt, ift bie nach ben ©runbfraften
be« ©eifte«. Sludt) rn'er finben wir »enefe mit ber $f>renofogie
gegen bieStnftc^t ber bisherigen «ßf^otogie anfämpfenb. £>iefe führt
al« folc^e ®runbfräfte j. baS Empfinben, ba« Erfennen, ben
Sitten, ba$ $ebächtnijj u. f. w. auf. ©enefe fpric^t fich eben fo ent=-
f Rieben Wie bie ^Phrenologie gegen biefe Sinnahme au$. „2öer
fagt un«, bat wir (wie man gewöhnlich behauptet) Eine Ein*
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$fod>o(o9ie unb sJtyrenoto3te. 97
btlbung«rraf*/ Sineti 33erftanb, bitten Sillen Ijaben? Dann
müßten äffe Gräfte, an« melden @inbilbung«borftellungen $«•
borgeljen, alle $erftanbe*fräfte, aüc Sillen«fräfte n. f. \i\ im 3n*
nern ber (Seele unmittelbar $u (Sincm (^efammtganjen berbunben
ober mit cinanber berfcfymoljen fein. 3tjre Weiterungen jeigen
$n>ar bie gleite ftorm: aber (Sinftimmigf eit ber^orm unb
(£in«fein in (5 in er ©efammtfraft finb boefy Jtoci burctyau«
berfcfyiebene Dinge." „Orbncn fiefy a(fo ienc Mräfte au$ für
unfer SBorfteUcn oberDenfcn unter (Sine (Gattung, fo Ijaben
wir be«ljalb feineu ($rimb, anzunehmen, bajj fie auefy in ber
SBirflicfyfeit unmittelbar Sind finb ober (Sin Vermögen au«macben.
Der SWenfcty hat nid;t (Sine CSinbilbuug«fraft , (Stnen 33erftanb,
©inen Sitten u. f. w., fonbern unzählige." ((Sr$ielning«lehre
I, 77 ff.)
Die ^fjrenofogie maebt für bie ^efyauvtung, bafe jene all*
gemeinen ®eifte«fräftc feine ©runbfräfte feien, jtoci «eweife
geltenb.. Der erfte ift oon ber (i^arafteroerfc^ieben^eit ber 9#enfdjen
hergenommen. Der eine iWenfch j. 33. erfennt beffer formen,
ber anbere beffer £6ne. Denfelben fo nahe liegenben 23ewei«
nimmt auch ©enefe für fiefy in Slnfprud). „SÖir feljen benfelbeu
Sftenfcben ba« (Sine gut, ba« Slnbere fcblccht berftehen, ba«
Sine träft ig, ba« 2lnbere unfräftig wollen u. f.' W. Sie
läßt fiety bie« mit (S i n e m Sßerftanbe u. f. w. $ufammenr ebnen?*
(pftychologie @. 46.) „3?on einem unb bemfelben 3)?enfcfyen
werben Sachen oon gewtffer 2lrt leicht unb oollfornmen gefaxt
unb behalten, aber tarnen nicht, ober oietteicht Tanten auch
mit. ähnlicher SSirtuofität, aber 3af;len ^ann er ™fy behalten
unb fo fort. 2öot;er nun biefe berfchiebenen ®ebächtniffe? Särc
ba« ®ebächtniB, tote wenigften« bie SMeiften annehmen, (Sine
Äraft, fo müfcte oon bemfelben üttenfehen Sitte« mit bemfelben
®rabe oon SBollfommenljeit aufgenommen unb behalten werben/'
(Die neue ^ftydjologie 8. 130.)
Der zweite Söewei« ber Phrenologie ift, bafe jene allgemeinen
($eifte«rräftc barum feine Öftuubfrafte fein f&nnen, weil fie nur
fety einbar unter fid; oerfc^i ebene, in ber Xl;at aber bie
nämlichen Gräfte finb, b. i. weil bie Sorte (Srfeuncn, (Smpftnben,
Sfleoe, Wirenoloflifdje »Uber. 3. «uff. 7
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98 $ftäo(ogic «nb ^renologie.
Sollen ic. nur berfd;iebene <5igcnfd?aften ober üDZcrfmale einer
tttlb berfet 6en £fjätigfeit bejeiebnen. Denn jebe (Seifte**
t^ätigfett olme Stu«naf?me tft (Srfennen, (impfinben, ©ollen :c.
51t gleich, nur je naefy bem Stanbpunfte, bon »eifern au« man
fic betrautet, berfdn'eben benannt, gunt Söetfpiel : Seim icb an
irgenb (Stwa« benfe, fo Ijeißt tiefer (Sctanfe entmeber ein Orrfcnncn,
mit 25ejug auf ben (Segenftaub (ba« Object) be* Denfeu«,
ober er heißt ein (Smpfinben, infofern tety, bie bentenbe ^3erfon
(ba« @ubject), mir feiner bewußt bin, ober ber (Gebaute heißt
ein Sollen, infofern er eine £fyätiajeit ber ^erfon, alfo bom
sBiüen abhängig tft , ober er fycifet ein Erinnern (®ebächtniß),
infofern er ein tote bereiter tft u. f. ro. 3Ufo fo wenig bie
gemeinfamen <£i g enf d? a f t en aller Körper (9lu«bchnung, Schwer*
traft :c.) (^runbftoffe ber ftörper finb, fo wenig tonnen jene
allgemeinen CaeifteSeigenfdjaften ©runbfräfte be« Reifte« fein.
Der 3rrtfmm ber bisherigen ^fyd;otogie ^ierin mar, beiläufig
bemerft, ein boppclter. 3o wie biefelbe jene bloßen (Stgenfchaftcn
für bie Sache felbft hielt, fo hielt fic gleicherweife umgefehrt bie
Sache für bie (5i$enfchaftcn : beim fic gab bie (jefet al« wirflid;e
(Srunbträfte ertannten) Gtnjclfräftc be« (Seifte«, 5. bie Gräfte,
bcrmittelft beren mir formen, Bahlen, Söotte, £«me ic. erfennen,
behalten ic. , für bloße Crigenfcfyaften (ober SDJobtficationen) jener
termeintlicheu (Srunbfräfte au«. ^cimlich fo hielt bie ?lftronomie
oor (Sopernieu« bie ftillftel;enben £immcl«förper für bemegt, bie
bewegten für [tillftctjenb. ©enefe fd;ließt fid; auch biefem *öe*
meifc au«brücfltch an. „2)fan ficht leicht, wie Inerburd; bie gan^e
bisherige 93orftellung«weife au« ben Ingeln gehoben, ia gleicfvfam
umgefehrt: ba« fälfchlid) Subftautiirte al« ein nur
Slbjecübifcfye« unb bagegen ba« abjectibifd/ (Siugcorbnetc
at« ba« pftya)if3> Subftantiel Ic erfaunt wirb. Die alte
^ftycfyologie ^at bem sJ)ienfc^cn j. Sb. ein (Scbächtniß jugef abrieben,
in meiere« bie erworbenen SEorftellungen aufgenommen unb fo
aufbehalten werben follten. Sllfo ba« ©ebäc^tniß follte ba«
eigentlich Subftantielle , bie SBorftcllungen ba« Slccibentielle fein.
Die neue sßftyd)otogie (©enetc'«) bagegen jeigt unwtberfprechlid;,
baß ba« (Scbächtniß gar nict)t eriftirt al« etwa« neben ben
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^fpcfyofogie unb ^brcnotoflic.
93orftellungen, fonbern nur an ober in Unten: al« ettoa« 2lbjectt-
»ifcfye« an Unten ober bestimmter al« ifyre innere SöefyatrungG*
traft. 3ebe ^orftellung , n?enn fic attö beut ©enuifttfein ent-
fcfynunbet , e r i ft i r t l mit mein* ober minber #raf t) im inneren
3eelenfein fort: bie* ift ba« ®ebäd?tnifc, unb auf?erbem (ober
für ft*) ift ba$ <$cbctytmg nid;t«." ^rjielningsle^re I, 77 ff.)
£>ie ftrage na* ben magren ®runbfräften bes (Reifte« ift
ni*t nur an unb für fi* bie erftc unb Hauptfrage ber ganjen
©etfteSleljre: ifyrc ©eauttoortung entfd;eibet au* nedj toeiter über
bie praf tif*e 91 n n> c n b b a r f e i t ber ® etfteSlefyre. Bo lange man,
tote oon ber bisherigen (Mftcölefyre gefdjaty, nur jene allgemeinen
(5Mfte«eigenfcf>aften für bie (^runbfräfte be« (Reifte« fyielt, fo
fonnte natürlich bie ®eifte«lel?re nur eine abftracte ober pfyilo*
foptyifctye fein; an eine praftifcfye Seite berfelben, an ifyre ?(n-
loenbung auf ba« l'eben, auf bie äiMffenfdjaften ber (*r$iefyung,
be« Strafrecbt«, ber OrteiftcSfycilfunbe :c. tonnte nicfyt gebaut
roerben. ®an5 anber«, toenn bie ÖeifteSleljre bie nnrflicfyen
®runb* ober (£tnjelfräfte be« Reifte« nadnoie«, bereu Äenntnig
ba« föättyfel ber menf*ltd?en (Sl?araftereigentf;ümlid?feiten l&fte,
ba mußte biefe £etyre, toie bie Phrenologie in i^rer reiben %\\*
loenbung jeigt, fofort in U?r natürlid;e« föed)t, bie ®runblagc
aller Öebeu6miffenf*aften 51t bilben, eintreten, ©cnefe fonnte biefe
Seite ber &Mffenfd;aft nidjt oerborgen bleiben: In'er eine Stelle,
roclcfye feine (£tnficbt in bie 3lntoenbbarfeit ber uatumuffenfebaft*
liefen ®eifte$lcfyre auf (Srjie^ung ober Unterricht bartlnit. „(£«
ergiebt fi* augenfcbetnlich, ba§ e« feine allgemeine formale
©ilbung geben fann; feine allgemeine ©ebä*tniBbilbung, $er*
ftanbcäbilbung, UrtheilSbilbung :c., fonbern jebe formale ©Übung
reicht nur fo toett, al« it>r ©egenftanb reicht. £)a« 2lu«-
toenbiglernen oon lateinifcfyen 3?ocabeln 5. 33. übt feineäioeg« (tote
man oft behauptet fjat) ba« ©cbä*tni{j überhaupt, fonbem eben
nur für 23ocabeln, ber matfyematifcfye linterriebt bie ?lnf*auung«^
bie ©eurtfyciumgSfraft nur für mat^ematif*c $crhältniffc, aber
nicht für fpra*li*e ober für (Sf?araftere, für ?eben«oerl;ältniffe 2c.
Denn inbem ba« 0»5ebä*tniB überhaupt nur an ben $or =
fte l hin g«f» hären ejiftirt, al* il;re innere Beharrung«*
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100
<ßfpdjologie unb ^Phrenologie.
fraft ; in welcher %xt fottten wofyl bie für 33orftettimgcn latcinifctyer
Setter gewonnenen Gräfte für ba« fräftige Stuf f äffen unb $luf=
behalten pfyrjfifalifcfyer Slnfcfyauungen , ober 5lnfcfyauungen ton
^ßflangen, bon SWenfcfyen :c. fruchtbar werben fennen? Unb in*
bem ba« Urteilen burd) bie ©cgriffe gefdn'efyt, fo fann ja aucfy
bie burdj ben (Srwerb gewiffer begriffe hierfür gewonnene föraft
nicfyt weiter al« ber 3nljatt biefer begriffe reiben. Unb
fo in altem Uebrigen." ((Srgiefyunggleljre I, 81.)
2.
Senefe ftimmt, wie wir fefyen, mit ber Phrenologie gegen
bie bisherige pffydjologie in einigen fefjr wichtigen fragen überein.
(Sfje wir aber noefy einige weitere wenig bebeutenbe fünfte biefer
Uebereinftimmung erwähnen, müffen Wir SSietcö unb Sichtige«,
worin Jöenefe bon ber Phrenologie abweist, befpre^en.
Unter biefem ftefyt bie 3Jiet^obe ber ®etfte«forfchung obenan.
£)ie bisherige ©eiftesleljre fannte al« 9flet(;obe ber $orfcbung nur
bie einfeitig ^ilofobln'fc^e Selb ft Beobachtung, wet^e, weil
fie im« nur einen 2ftenfcfyen ober nur ba«, wa« alle 2ftenfd?en
unter fich gemein haben, fennen lehrt, gu feinem Grrgebnij? führen
fonnte. tiefer 3)?ethobe gegenüber ftefyt bie naturwiffenfc^aftlic^e
ober phrcnologifc^c, welche, inbem fie bie gange 3)?enfchhett in bie
ftorfdmng gieljt, in ber geiftigen Sßerfcbteben^eit ber 9tten=
feben ben 2öeg gur sJkcfyweifimg ber ®runbfräfte be« (Seifte« auf*
gefunben t;at.
©enefe nun, weit entfernt, fich auf ben naturwiffenfdjaftlicfyen
«Stanbpunft gu ftellen, fennt biefen nicht einmal, (ix ift, weil
einfeitiger Phitofoph, ba« (Segentheit eine« 92aturforfc$er«. (Sin
©ewei« hierfür , bereit wir oiele fennen lernen werben, ift, bafj
er an ber 2)?etl)obe be« Selbfrbeobachten« Wroff fefthält. (5r
fagt: „$)ie auSneljmenbe S3erwicfelung ber Pfeifchen Stete unb
ber In'erauS ^erborge^enbe weit abweictyenbe unb anfeheinenb wun*
berbare Ctfyarafter mancher berfelben, ftellen un« bei biefer Stuf*
faffungSweife (ber ber Selbftbeobacfytung) fein ^inbernifc mehr
entgegen für bie Gewinnung einer burcfygängtg ftar beftimmten
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Wröologie wub ^rcnologie. 101
Grrfenntnifj ; inbem aud; I)ier nue überaß nur bic einfachen, tag*
ti$ unb ftttnblic^ uncberfebrenbcn (Srfolge ju umfaffcnben 9latur<
gefefeen führen. Die au feerorbenttidjen (Srfctyeinungen finb,
fctyon mett fie bie jufamm en gefegte ften finb, auch bie uw*
flarften, unb bie atfo nic^t otme ©eitere« über ifyre Statur
9ic($enf$af t geben f önnen ; unb überbieä fefyren fie ju fetten
uuebcr, unb berftatten bafyer nicfyt fo biete unb bon fo fielen
ju bottjietjcnbe Beobachtungen, nn'e fie fitr eine gegcnfeitige ion*
trete unb bie bierburcb allein 51t erwerbcnbc Sicberfjcit über bie
töictytigfcit bcr Beobachtung unb Verarbeitung uncrtäfctich finb."
f (^f^ot. 8. 13.) Sie bejeictynenb finb biefe Söorte für ben
©tanbbunft be« einfeitigen ^^itofop^en, ber Da«, tuaS i^m aU^u
berttricfett ober tuunberbar ober au&erorbentlich föchtt, b. i. loa«
itjm nicht loo^t in fein Softem pafet, umgebt, um ftch an baß
ihm ftügfamc, teic^t Grrftärtiche ju Ratten. Uebrigen« ift BenetYS
Behauptung, „bie amjerorbentltchcn (Hjaraftererfchctnungen feien
bie jufammengefetjteftcu unb unttarftcn", burchau« irrig. 2Öa8
tonnte er beut ^tjrenotogen antworten, toctcfyer behauptet, bafc 3. B.
ein bei einem BlBofinnigen borragenbe$ Grtnjeltatcnt (ber Sftuftf,
beä 3cichncn$, ber Nachahmung) bcr fterfchung gegenüber biet*
mehr eine fetjr „einfache unb ftare" ß^araftererf Meinung fei. 5luch
teuren bie ftältc auffattenber (S^aratterberf^ieben^eit bcr Sflenfcfyen
nicht« weniger at«, mie Bcnefe meint, „ju fetten nneber". @S
ift im ©egentbeif eher eine Ausnahme bon ber SReget, toenn bei
einem Sttenfchcn alte ©eifteSfräfte ^armontfc^ entmiefett finb, toetm
nicht irgenb ein 3US latent, eine Neigung, eine £eibenfd)afO
borragenb ftarf ober fchtoach bei ihm bor^anben ift.
, Noch mehr! Unfercr Behauptung, baf? Bencfe bic Selbft-
beobachtung für bie einjig richtige Üftethobe ber (&eifte$forfcfyung
halte, fennte e« ju miberfprcchen fc^einen, bajj berfetbe in einer
oben angeführten ©tette bie Sahrhett, baß ba« (Sebächtntjs fein
©runbbermögen be« (Seifte« fei, burch bie SBerfcfyiebentjcit
bcr Sharaftcrc nachreift, ba j. B.,ber (Sine ein beffere« SBort^,
ber Slnbere ein beffere« vgachgebächtnijj jc. habe. $lltcin biefer
Siberfpruch geftaltet fich nur ju einem neuen fehleren SBornmrf
gegen Beuefc, ju bem ber auffattenbften Halbheit unb 3nconfe*
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»
102 ^ftcMogie unb ^rcnelogie.
quenj. ©cncfe oermtrft für bie ®eifte«forfchung au«brücfttch bie
grunbfäfcliche Beobachtung ber (Sharaftereigenthümlichfeiten bct
SDtaifehen, unb bod) mad>t er oon btcfer Beobachtung (Gebrauch,
um eine SBctfjrfycit barjuthun, toelche ihm nur burch biefe
33cobad;tung allein $ur Grrfenntntft fommt unb fommen fann.
ftemtt Bcncfe nicht felbft biefe feine 3neonfcqueiu,? s}teiu, er ift
meit entfernt, auch nur 51t ahnen, bafc faft ber gange Jöertfy feiner
®eifte«lehre fammt bereu praftifebem Grrfofge auf ber untoillfür*
liefen Benufeung eine« oon tt)m au«brücflich 0 entworfenen
®runbfafce« beruht.
3a noch mehr! (S« ift heutzutage allgemein anerfannt, bafe
bie Serben unb ba« ®chmt bie Präger ober ©erzeuge (Organe)
ber ®eifte«thätigfettcn fiub. SBenn nun bie alte ®eifte«lehre früher,
fo lange man faum oon biefen Organen ctioa« nnifcte, biefelben
nicht beamtete, fo toar bie« t>er$eihlich. 3n unferen £agen aber
toenbet nach unb nach fogar bie bi«herige ober pfyUofopfyifcfyc
®eifte«lehre ben Organen be« ©etfte« ihr 5lugenmerf gu unb
fncf;t ftch baburch jur 9kturuuffcnfchaft 3U ergeben, ©anj anber«
Benefe, ber in biefer §>inficht fogar noch, fotoett er fann, hinter
bie alte ©eifte«lehre jurüefgeht. ©tatt bie 2Iufflärungen ju be=
nufeen, ioelche bem ®eifte«forf<her bie $enntnift ber ?Reröen* unb
©e^irnle^re geben fann, ober ftatt nur bie 2lbfi($t ju hegen, ben
Blicf in ba« (betriebe be« Reifte« burch bie Beachtung ber Or*
. gane beffelben ju erweitern, oertoirft Benefe fogar au«brücflich
biefe Erweiterung. (Sr fagt: „3toar (äjjt man nach ber fjMffto
liefen Anficht bie äußeren Ginbrücfe junächft burch bie „ leiblichen
Organe" aufnehmen unb erft oon biefen au«, oermtttelft ber
Serben unb be« (Gehirn«, auf bie ©cele übertragen. 5>ierbon
aber fagt un« unfer ©elbft bemüht fein, welche« nur al« ben
einigen ($runbqueü für bie pfhchologtfdjc (5rfenntnij$ bezeichnet
haben, nicht ba« 3}?inbefte. " w2W$gen alfo Slnatomie unb 5$hhfi°5
logie ba« auf ihrem (Gebiete beobachtete aufflären unb begrünben:
für bie ^tychologte l)atten \otr baran feft, bajj un« unfer
8 e 1 b ft b en) u t f e i n oon einer folgen SBermittelung nicht« fagt."
(W$oI. ©. 21 f.) gürtoahr, echte üföorte be« einfeitigften $$Uo*
fo^hen, nicht be« 9caturforfcher« ! Benefe gehört $ur £ahl Derer,
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^Vdjeleste unb ^rcnologie. 103
meldte bie Äugen bebecfen, in ber 2tteimmg, bat) Da«, loa« fie
nicht fehen looüen, ntct}t ba fei. Sie tocit ift er bon bcr (5infid?t
entfernt, bafc es mir e i n e Sat)rt;eit, mir eine 2öiffeufd;aft gtebt
unb geben faitnl Sic merftonrbig ift bollenb« feine 21rt gu
fchüefjen! Seil un«, fd)lieijt er, unfer <Selbftbenui§tfein bon ber
$crmittelung bc« $eifte* burdj .bic Organe nicht« fagt, fo fbnncn
biefe Organe fein ®egenftanb ber (#eiftc«forfchung fein ; ftatt bap
er umgerührt fo hätte fc^Uef?en muffen: roeil un« unfer @elbft=
beroufjtfein oon jener 33crmittelung , einem {ebenfalls wichtigen
gelbe ber ®cifte«forfchung , nichts fagt, fo ift fa>n barum ba«
. ©clbftbenuifctfein nicht al« bcr einjige ®runbquell ber ®eifte«*
forfd)ung ju erfennen.
3.
Senn ©euere mit ber alten ©cifte«lchrc an bcr üDiethobe
bcr (Sctbftbcobacfytung fefthält, 311 welchen anbero (Srgcbniffen t)at
üm feine $orfduing auf biefem nämlichen Sege geführt? Ober
beftimmter: n>ie unterf Reibet fid) im (Singetnen bie ©eifte«lehre
©enefe'« einerfett« bon bcr früheren pfhcbologie, anbererfeit« bon
ber ^t)reno(ogic ?
Sie bic Phrenologie, fo berroirft ©enefe bie ®runbbermßgen
bcr alten Pftychologie (ßrfenntnifjbermogen, @inbilbung«fraft, ®e-
bächtnift) at« irrig. Die Phrenologie berroirft fie, geftüfet auf bie
Beobachtung ber geiftigen ©erfchiebenheit ber 2ftenfchen. ©cnefc
aber ftcllt fykx — merfioürbigertocife ! — jtoei einauber ganj
frembe ©errocrfnng«grünbc auf, einen ihm unberourjtcn unb einen
ihm beroujjten. Der unbcrour}tc ©ertterfung«grunb ©enefe'* ift
ber ber PhTeno^3^e» toi* l^ben oben (§ 2) ©enefe benfelben
geltenb machen fer)en. Da biefer ©erroerfung«grunb aber auf bem
Örunbfafee ber Grrforfct)uug ber Gharafterberfdnebenheit beruht,
unb ba ©enefe an bie ^pifce feine« ©hftem« im ®egentheil ben
©nmbfafc ber alleinigen ©elbftbeobachtung ftellt, fo mufc fein be=
taugtet ober fhftemattfcher ©ertoerfung«grunb ein anberer fein.
Sir muffen ^iex einen ©lief in ba« Sefen be« ©enefe'fd>en
Aftern« tlmn.
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104
^tyctyologic unb ^tyrcnologic.
Um bic loafyre SNatur be« ®eifteS $u erlernten, fagt Söenefe,
müffen nur $ur (Sntftefyung unb SBilbung ber $eifte#fräfte
jurücfgcfyen ; toit inäffen fragen, nrie bet SBcrftanb, bie Vernunft,
bie Cnnbtlbungäfraft :c, bie bollcnbeten $eifte$fräfte, Don t \) r e nt
erften Sin fang an im üDJenfcfyen ftcfy gebilbet fyaben. So biel
berfpredjenb biefe Slnficfyt ©enefe'S auf ben erften S8i\d freuten
f Bunte, fo Ijätte er boefy tv>or)f fclbft feine große Hoffnung barouf
gebaut, wenn er fid> erinnert fyätte, bafe im Sßefen biefelbe 2tn=
fid;t fdjon früher ben Zubern, i. Sd. oon (Sonbillac, aufgeteilt,
bajj aber auety fte, loie ade anbem, als unbegränbet erfannt unb
toieber berlaffen tourbc. £>a e« aber bei ©cnefe al« Slriom feft* .
ftanb, baß bie ®eifte«lel?re ifyre Weugeftaltung nur oon ber (burd;
Selbftbeobacfytung $u etflärenben) Crntftefyung ber ®ciftc$fräfte ju
ertoarten fyabe, fo glaubte er fo tief al« ra&glid& erflären ju
müffen unb fd^rieb bem 3J?cnfd)en mSgücfyft menig ange-
borene ®eifte«fräftc ni. Waty tfjm ift bem SDieufcfyen nicfyt«
weiter angeboren, alä bie Gräfte beä Seijens, $i>ren$, SEaften« ic. ;
baä Uebrige, S3erftanbe£fräf te , Xalcnte, ®efül)le, Steigungen,
t'eibcnf^aften , alle« bieö, behauptet er, bilbet fiety erft naefy
unb naefy au« jenen angeborenen einfachen Gräften fjerauS.
üDiefe 33e!jauptung $3enefe'S fällt mit bem oon uns gefugten
betoufeten ober ffyftematifcfyen ®runbe jufammen, warum er bie
in ber alten ^ftycfyologie aufgehellten ©runbbermögen al« irrig
berwirft. Denn ba einfache ober ®runbbermßgen be« Reifte«
natürlich bem ÜNenfcfyen angeboren fein müffen, fo finb, behauptet
Senefe, jene ®runbbermögen ber alten ^fi$ologen belegen al«
irrig ju erfennen, weil fie bem SDZenfd&en nt d) t angeboren finb.
Den mistigen JöeweiS btefe« Sftidjtangcborenfeinä fucfyt JSenefe
fo nt führen: „Unftreitig", fagt er, „ift e« eine ganj unbegrün*
bete Wnnaljmc, baß bie GrinbilbungStraft, ber 33erftanb, bie 33er*
nunft unb bie übrigen gelneiniglicfy aufgeführten Vermögen ber
menfcfyli<$en Seele angeboren feien. 95Me wenig nur aud)
oon ber Seele be$ jum £eben erwacfyenbcn ftinbeft wiffen mögen,
fo lägt fi$ bo<$ fo biel al« unzweifelhaft nactyioeifen, ba§ baffelbe
noa) feine (SinbilbungSborftellungen, unb no<$ biel weniger S3e=
griffe, Urteile, Stt)lüffe :c. 311 erzeugen im ©taube fei. >Jwar
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W^ofogie unb ^rcuologi«.
105
f ollen jene 23ermSgen unentfaltct «tcr uncnttrirfett angeboren fein.
Hbcr woher ift man benn r>or ihrer (Sntfaltung unb Crntwicfeluug
ihrer Qrjciftena gewiß? Slnf biefc ftrage bürfen wir fchon be«halb
feine befriebigenbe Antwort erwarten, weil auch für btefe (Snt*
faltung nnb Grntwicfelung lieber alle 9lnfchaulid)fcit fehlt, ba fidj
wohl 9liemanb bei biefen fo vielfältig gebrannten 9lu«brücfen etwa«
deutliche«, ja überhaupt nur etwa« $u benfen oermag." O^fycbel.
^fi^en II, 22 f.)
£)iefe 33ewci«führung Söencfe'« ift ganj nichtig. fta« neu*
gebornc Ämb ift freiließ „noch feine (£inbtlbung«oorftellungen, #e*
griffe :c. }ti erzeugen im Staube". 9(ber alle biefe ®cifte«fräftc,
Wenn fic auch bem 2J?enfd?en angeboren wären, f&nnten ja natür-
lich erft nad) unb nach in ilmt jur (Sntwicfelung unb uir Xhätig*
feit fommen. fluch bie £)änbe unb ftüße, bie ber SDfcnfd? ton
(Geburt au« Ijat, weiß er anfang« nicht ju gebrauchen. (£« hat
ba^er feinen Sinn, barau«, baß jene $eifte«fräfte fich anfang«
noeb nic^t ttjättg jeigen, folgern ju wollen, baß fie noch flar Hwtyt
üorhanben feien, (Sbenfo wenig liegt barin ein 39ewci« für
iöcnefe'ä Anficht, „baß für bie Entfaltung unb (Sntwiefelung ber
®eiftc«fräfte alle 5lnf cha'ultchf cit fehlt", ober „baß wir
feinen näheren fluffdjluß barüber &eben f&nncn". 3n einem ph^°*
foptu'fchen Aftern freilich, einer felbftgcmachtcn Söiffenfchaft wirb
alle« geh&rig „ anfehaulich gemacht unb crflärt", wir erhalten über
ade« „3luffd;luß". 3n ben thatfächltchen ^aturwiffenfehaften aber
müffen wir SMele« al« wahr anerfennen , wofür e« noch an aller
(Srflärung fehlt. Warum gfefy ber Magnet ba« (Sifen au?)
Nimmermehr fann baher au« bem bloßen ÜKangel ber Erflärung
einer %%o\\<x§t beren Unwahrheit gefolgert werben.
Huf biefc 2öeife ^at fich alfo ber bewußte ober fhftematifd)e,
ber au« bem (^runbfa^ ber ©elbftbeobachtung hingenommene 33ct=
werfung«grunb Jöenefc'« gegen bie (^runbtocrm&gen ber alten
^ft;dt)oIogie al« ein burchau« irriger ergeben , . unb c« bleibt nur
Jöenefe'« unbewußter, auf ben (Srunbfafc ber ^Beobachtung ber
menfehlichen ßharaftertoerfchiebenheit geteilter, alfo ph^eno?
logtfeher $crwerfung«grunb al« ber richtige übrig.
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106 W^ologie unb Wreuofogte.
4.
Sehen mir $u, loa« Söenefe an bte Stelle ber bon ttjm ber*
morfenen $TunbOermegen ju fefcen ober tute er auf feine 9lrt bie
(Sit t ft e$ Uli g ber ®etfte«fräf tc }u ctflären toeijj. 3llle (Gattungen
oon ®etfte«thättgfeiten, fagt er, (Sinbilbung«oorfteüungen, begriffe,
Schlüffe jc. finb im $et$ättnt$ gu ben finnüdjen Wahr*
Hemmungen al« abgeleitete 311 erfcmien. Denn bie Sahrtteh*
mungen geben ben Stoff für bie eitibitbung«borftellungen unb
für bie begriffe, bie begriffe finb mieber bie (^runblage für bie
Urteile, Schlüffe unb alle $ufammcngcfcfcteften Denfthätigfeiten.
Die Wahrnehmungen erfebeinen un« bafjer al« bie urfprünglichften
unb einfaßten unter ben ®cifte«thättgfeiten. 9lu<h fchetnt über*
fyaupt faum eine einfachere ©ilbung al« eben bie ber Wahrnehmungen
gebaut merben ju fönnen. Denn ma« ift nach bem äeugnifc be«
unmittelbaren ©emufctfein« für bie Söilbung einer ®eficht«roahr=
uefnnung weiter nöthig, al« ba|? HWt ben und bon Slujjen fom-
menben tftchtreij mit bem Vermögen unfere« ®eficht«ftnne« auf*
f äffen V toa« für bie SMlbung einer $ehermahrnehmung , »al« bie
Aufnahme be« Schallre^e« burdj unfern ®efy&rfmn?
Unb bennoch, fät>rt ©enefe fort, muffen mir biefe Einfach*
heit ber Wahrnehmungen al« eine nur fcfyeinbare erfennen. Die
Erfahrung jeigt un« nämlich, ba§ ein SEReitfö fehen unb babet
nicht ma^r nehmen fann, bat? alfo ba« Wahrnehmen au« smet
Dingen, au« bem Sehen unb nod? au« einer anbern ®etfte«*
tfyätigfeit, Befielt. Die tilgen be« augefbannt ^aebbenfenben finb
nicht feiten fo entfe^ieben auf einen s]5unft gerietet, ba§ man
glauben folltc, er müffe ben bort oorhanbenen Öegenftanb mit
au«nehmenber Schärfe auffaffen ; fein Wahrnchmung«bermögen ift
völlig gefunb, bie Erleuchtung be« ®egenftanbe« fjell genug für
eine flarc finnltcbe Slurcgung; unb bennoch entfielt bielleicht gar
• feine Wahrnehmung ober nur eine fehr unbollftänbige in ihm.
Sehnlich fo bermag ba« Ä'inb in ben erften Wochen bie umgeben*
ben Dinge nur fehr unflar aufeufaffen, e« oermag nur finnliche
„(Jmpfinbungen", noch feine finnüchen „Wahrnehmungen" gu er*
jeugen. £unbcrtmal fäüt ba« ?lugc be« Säugling« auf ben
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^ty^ologie unb ^rcnologie.
107
Stoter, ehe ein Siebererfcnucn , alfo ein n>irfli<he« (bemußte«)
©ahrnehmen ftattfinbet. — 9Ufo e« muß jum (•unbemnßtcn) (5 m*
pfinben noch etma« ^injufommen , bamit e« ein (bewußte«)
Sahrnehmen werbe. £)a« Sahrnehmung«oermögen ift alfo
nicht eine einfache $raft, fonbern jufammengefekt au« ber @m^
Vfinbung unb einer weiteren ®eifte«fraft. Selche« aber ift biefe
($eifte«fraf t ? — eine ftrage, hinter Welcher ba« 9iäthfel ber
ganzen ©eifte«lehre verborgen liegt.
£>ic Erfahrung lehrt, — fo beginnt $enefc bie 33eant>
wortung biefer $rage, — baß eine finnliche Wahrnehmung um
fo botlf ommener oon un« gebtlbct werben fönnc,
je öfter biefelbc fonft fchon in un« gebilbet korben
ift. £)er in irgenb einem SftaturgeMet geübte Beobachter, ber
>W)fifer, ber (Shemifer, ber ?lrjt, bemerft fo SSiele«, wa« bem bie
gleiten ©egeuftänbe beobachtenben tfaien entgeht; warum bie« V
weil gleite ober ähnliche Wahrnehmungen fcljr oft oon il;m
oolljogen worben finb. (Srft burch öftere« Seijen muß ber 33linbc,
bem ber ©eficht«finn geöffnet ift, muß auch ba« Äinb in ben
erften £eben«wochen feljcn lernen. 3e Weiter wir hierbei auf ben
Hnfang uirücfgchen, um befto uitooUfommcuer werben bie (Um*
liefen Wahrnehmungen; gelten nur weit genug juruef, fo hören
fic auf, eigentliche Wahrnehmungen $u fein unb erfcheiuen
al« bloße (Smpftn billigen. Sa« aber oerftärft nun je ba«
fpätere Wahrnehmen gegen ba« frühere? 2)?an antwortet', bie
ttafjrnelnuenbc Äraft werbe geübt unb au«gcbilbet. eine fetyr
richtige unb ^wertmäßige Slntmert für ba« Denfen be« gewöhn-
liefen geben«; bie Wiffenfchaft a^r barf fich fn'erbei nid)t bc*
ruhigen, fonberu muß weiter fragen, worin benn biefc Uebung
unb 2lu«bilbung ber $raft beftcl;e, wa« babei eigentlich pfijdnfcfy
gefchehe, wa« bei ber tyateren Wahrnehmung ju ber früheren fyiti'
jufomme?
£>ie gewünfehte 9(u«funft hierüber finbet Benefe in ber fol~
genben (Erfahrung gegeben. Senn wir, fagt er, eine Wahrneh;
mung macben, fo bauert biefelbe jmar nur fo lange, al« bie 33er*
anlaffung berfelben mä'hrt (al« 5. 33. ber oor bem 2luge bef inb-
liche ®egenftanb bleibt); fic geht oorüber, fobalb ber ®egenftaitt
108
$f9$e(ogie unb Wrcnologie
bem Sluge cntfd)wtnbet : aber — f i e gefyt nidjt ganj bor*
über, beim nur bermögen fic ja ju reprobuciren , in bet 93er*
fteüung ju wieberfyeten. erhält ficfy alfo etwas bon
ber Söaljrnebmung inber Seele. £>iefe« <3icfy*Grrf)alten
ntufj aber aucfy fcfyon bei ber borigen unb fo weiter jurücf, unb
aud; bei ber erften ©afyrneljmuug , bie nur erft (Smpfinbung war,
ftattgefunben Ijaben; benn man fiefyt nicfyt, wie unb warum ba«*
fetbe, wenn e« ber erften Chnpfinbung gemangelt fyätte, bei irgenb
einer fpäteren fyätte beginnen follen. DiefeS Si<$*(Mjaltetj aber
ift SDa«, Iba* wir fucfyen, bie Safcfyeit, welche un« ba« föätyfel
ber ®eifte*lef>rc löft. «uf biefc ©a^cit nämlid> geftüfct, tonnen
wir ben gerammten (*ntwicfelungeprocefe ber ®eifte«bcrmogen bon
Anfang fyer folgenbermafcen crflären.
Der menfcfylidjen Seele angeboren finb einfache finnlicbc
(£mpftnbuug$bermBgen, nod> burcfyauS unerfüüt. Diefe Vermögen
eignen fiefy bie litten angemeffenen finnlid>en SKeije (i'icfyt, Scfyatl 2c.)
an unb, inbem fic einen £fyeit berfelben bauernb feftljalten, wer*
ben fie erfüllt unb tfyrer Statur nad) auSgebilbet. 2ttan fe^e,
ba8 £i$t ber rotten ftarbe fyabe auf baä ®eficfytbermogcn eine«
fo eben jum ßeben erwarten ftinbes gewirrt, fo ift biefeä $er^
mögen baburet) infofern ausgebildet worben, al« e« biefen Wv5
nict)t nur augenbltcflict) aufgenommen l)at, fonbem auet) (etwa«
babon) bauernb feftt)ält. >Jiun laffe man, nad; einer 3wtfct)enseit,
ba« rott;e &d?t &um zweitenmal auf ba$ SHnb cinwirfen, biefe
neue (Smpfinbung wirb ber Sacfye nad) ber erften gleict), aber an
Starte bon ifjr berfdt)ieben fein. Denn bei biefer neuen (Smpfin*
bung fanb fid), außer bem urfprünglicfyen (unerfüllten) (£mpfin*
bungSbermögen , in ber Seele be« $inbe« bon jener erften (£m=
pfinbung l)er ein gleichartige* erfülltes (SmpfinbuugSbermSgen bor,
weld)e$ feiner ®leid)artigfeit wegen mit ber neu gebtlbeten (5m*
pfinbung ju Crinem 5lct äufammenfliejjt. Die zweite Grmpfinbung
alfo muß ber erften um jenen 3u*m$$ an Starte überlegen fein.
(5benfo bei bem britten, bterten, fünften, t)unbertften, taufenbftcn
OrmpfinbungSacte; ber 91 rt na<$ finb fie bem erften gleict}, aber
inbem fie ba« je in ben borfyergetjenben (SmpfinbungSacten Singe*
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<Pfodjo(ogie unb ^renologie.
109
bilbete als Söeftanbtheü in fidt} enthalten, rnüffen fic an ©tärfc
ftetig june^men. , s
(5$ giebt alfo ^iernac^ jmeierlei 3eelcnoerm&gen, angeborene
unb fpäter gebilbete. £)te angeborenen Vermögen I^aben, n>cit
gänzlich unerfüllt, feine anbere ©eftimmtheit , a($ bajj fie
eben Vermögen für biefe ober iene Gattung oon finnlichen
ßmpfinbungen (für ®eftcht*, ®chor*, ®efchmacf= k. empfinbungen )
finb. sJteben biefen unauSgefüllten ober ungebilbeten Vermögen
aber entfielen fpäter gebilbete Vermögen, nämlich bic mehr ober
meniger boüfommenen ©puren, melche oon allen einmal er*
geugten Grmpfinbungen aurücf bleiben. £>iefe ©puren fonnen unb
rnüffen, inmiefem fie mit ben neu erzeugten gleichartigen Grmpftn*
bungen ju Grinem ®efammtacte äufammenfliefcen , unftreitig eben*
falls Vermögen für biefen ®cfammtact genannt merben. $ür iebe
(nicht erfte) Grmpfinbung alfo rnüffen mir jmei oon einanber ge-
trennte Vermögen untertreiben, ba$ unerfüllte unb unauSgebilbete,
roclc^eö äunächft ben finnüchen 9tei$ in fich aufnimmt, unb ba$
ober bie auSgcbilbeten , meiere, oon früheren gleichartigen (Smpftn*
bungen ftammenb, bie neu gebilbeten burch ihren 3ufluj3
ftärfen.
„£)ie Vermögen ber lederen (Gattung* — fo enbigt Söenefe
mörtlich feine £)arftellung , bie mir im ©irrige" nur abgefürjt
nriebergegeben ^ben, — „bie Vermögen ber lederen (Gattung
haben mir auch Slngelegtheiten genannt: Slngelegtheiten,
nic^t Einlagen, um fchon burch bie Ableitung oom partieipium
perfecti ba8 (Üemorbenfein^ichtangeborenfetn) biefer
Vermögen pi bezeichnen. £)a« ©efefc für biefe« SBerbeu, fo
meit mir bie« testete bi« jefct rennen gelernt haben, ift Überaua
einfach: inbem bafür nicht« meiter oorauSgefefct mirb, al$ bajs
fein mit einem gemiffen <$rab bon $räfttgfeit erzeugte« pffychifcheS
®ebilbe gänjlich mieber entfehminbe. £)a« auägebilbete $er
mögen ber ©eele befielt bann in ber ®efammthett be$ ton ben
früheren pf^if^en Hüblingen mehr ober meniger bollfommeu
Erhaltenen. £)a$ ift freilich" — fo föftegt «enefe, unb mir
rufen: f)$xt\ hBrt! — „nur eine £typothefe, melche burch bie
unmittelbare Erfahrung nie mirb botlfommen beftätigt merben
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HO $fpd?ologie unb ^Phrenologie.
fönnen: beim unfercr unmittelbaren (Erfahrung liegt ja nur ba«
bemühte Seetenfein offen, unb iene« SmVGrfyalten be$ früher
(tyebilbeten tmijj im UnbenuitHfein gebaut werben. 2lber biefc
£Mn?otfyefe ergiebt ftcfy au« ben unmittelbaren (Erfahrungen k>ra
beut 2Hiebercrfd>einen früher gebilbetcr Scelentfjätigfeiten mit
ber lüften ^aljrfdieinttcbfeit , \a mit ^otfm>enbigfeit.'' ($fl$.
m^m II, 50.)
9llfo eine £tjpotf>efe ift'«, fcaö ber ©eiftc«ler/rc «euere'«
mm (Stamb liegt, roa« ifm bie (Entftelnmg ber @etfte«fräftc auf
feine 9lrt erflären unb ba« 9ctcr)tangeborenfem berfelben behaupten
läj?t, eine £>typott)efe, ton it)m felbft bafür erfannt unb an*
erfannt! 9lber Söenefe vergißt al«balt> biefe« gugeftäubniB, beim
er fprtdjt burd? feine ganjc ^arftellung ton Söemeifen, bie er
für feine 33el)aubtung von ber (Sntftelnmg ber $etfte«vermcgen
gegeben fyabe. („3£ir fyabeu naebgemiefen", „mir r)aben im« über*
jeugr ic.)
5.
Unferer Prüfung ber "ntybotfjefe Söenefe'« fdn'cfen mir baffenb
eine borläufige furje Slubeutuug über $)a«, ma« Söeuefe auf biefe
£Vpotr)efe gebaut t)at, b. i. über fein Softem ber ©cifte«lel)re,
voran«. 2öie mir mtffen, finb nacb iöenefe bem iUtenfctyen nur
allein bie Vermögen bc« <Set)cn«, £ören« :c. angeboren, alle
übrigen ©eifte«vcrm&gcn entftel)en erft. £>iefe« (Sntftet)en gef$iel;t
fo, baft fict) juerft bie Saljrnelmumgcu , bann bie ^orftellimgen,
^Begriffe :c. bi« m ben ®efüt)len, Neigungen, Vcibenfdjaften :c.
ber Seele anbilben. 33cnefe fagt: „Die elcmentartfdjen ©ebilbe
ber 3cele^ (bie 9lngelegtt)eiten) tverben im 8auf it)rer Vorteilt-
mitfelung vertauf eubf ad) t unb taufenbmal vertaufenbfacfyt. @o
mirb bie (Entmtcfelung in« Unenblicbc verftärft unb buret) bie
Kombination jvoifcr}en jenen ©ebilben bie manuid?facr)ften qualitativ
eigentümlichen ^robuete erjeugt, mie man -f ic in ben bi«t)er an«
genommenen abftraften (Seelen vermögen ((Sinbilbungöfraft , Ü$er*
ftanb, Vernunft IC.) fubftantiirt t)at. 2lur}erbem gehören fyierfyer
alle ©emütl^befctyaffenfyeiten, Neigungen, gertigfeiten, Talente ic."
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!
^fodjologie unb ^renofogie. 111
„@S giebt feine angeborene Neigungen, SöillenSbeftimmungen,
ober fonft beftimmte praftifche Anlagen. 3a bie Öcmüth«* nnb
CS^arafterbtlbung finbet fieb im Allgemeinen fclbft noch »eiliger
präbetertmnirt (angeboren) al« bie Bitbung ber (frfcitntnijstalcntc."
„£)ie neue Pftychologic jetgt, baj? in moralifdjer Beziehung
gar nicht« angeboren ift: inbem alle formen bc« 2)?oralifcfyen
einen fo ^o^en ($rab oon Söilbung ober foldbe 3u1ammcngcfcfct*
l;ett enthalten , bap fich in bem Angeborenen «uch nicht einmal
ctma« Analoge« finben fann." (Orr$iefning«(efyre I, 51. 23Ü. 32.)
@« giebt batjer in Söcnefe'« Aftern eine getoiffc Stufenleiter
unter ben ®etfte«oermögeu, inbem fie bem Angeborenen näher
ooer entfernter liegen unb ba^cr — loa« für gleitete oon großer
Sichtigfeit ift ! — leichter ober fetterer ju erflären finb. ®e$eti
nur sur Prüfung oon Reliefe'« £hpothefc fclbft fort.
Sie loir gefehen fyaben, ftcllt 23cnefe bei (Gelegenheit Oer
£>arftellung feiner §hpothcfe oon ber Crntfteljuttg ber ®eifte«=
oermogen bie Behauptung auf, baß bie ($ctfte«thätigfeiten ju-
famm enge fester Statur finb, ba§ 5. B. fclbft bie fo einfact)
fcheinenoen finnlic^en Sahrnehmungcu jioei loefentlich ju unter-
fcheibenbe (Elemente enthalten, prüfen loir juerft biefe 53e-
Häuptling ®cncfc'&, fie einerfeit« mit ber Anficht ber alten
chologie, anbererfeit« mit ber ber Phrenologie oergleic^enb. £ie
alte pföchologie, welche ftd? bie Seele nicht anber« at« einfacl)
benfen fann, ftefyt natürlich im oolleu Siocrfpruch mit ber frag*
liefen Behauptung ; fie hat bei biefem Siberfpruch allerbing« ba«
geioölmüchc menfehtiche SBetoufjtfein auf ihrer Seite. Auf ben
erften Blicf ober oberflächlich betrachtet Kirnte man e« wohl für
unnatürlich unb unioahrfcheinlich Ratten, baß alle ®eifte«thätig=
feiten bt« ju ben Wahrnehmungen heraD boppelt, ja mehrfach
jufammengefe^t feien. Allein gleichioohl ift nur biefe Anficht
bie richtige. £)ie Phrenologie tritt hier Benefe entfehieben uir
Seite, gcftüfct, loie bei allen ihren Sä^en, auf beioeifenbe XljaU
fachen, wie bereu auch Bencfe, wenn aua) in minberer Sülle,
hier anzuführen weife. £)af$ Semanb einen ®egcnftanb fehen,
ihn burch ba« ihn auffaffenbe Sehoermögen empfinben, ihn aber
bennodh nicht wahrnehmen fann, ober umgefehrt, baß 3emanb einen
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112 ^fac^ologie unb «Phrenologie.
®egenftanb, melden et (äufjerlidj) nicfyt fielet , bennoefy getftig
(innerlich roafyrnefymen b. i. fiefy borftellen fann, bie« finb XtyaU
fachen, loelcfye ben oollgiltigen, n>cit matfyematiftfyen ©etoei« liefern,
bafc (unbetoufetc«) „Sefycn" unb (bemujjte«) „Söafjrnelmten" jroet
oerfcfyiebene ($eifte«tfjätigfeiten finb, ober bat? bie ®eifte«tl;atigfcit,
in melcfyer Seijen unb Söafyrnefmtcn jugleid) erfreuten, eine gtt«
fammengefefcte ift. 2öa« getrennte üDferfmale fyat, fann ntc^t einfach
fein. Die ^ßtjrewlogie al« Organenlefyrc oerftärft jum UeberfluB
biefen ©etoet« burd) ben ber getrennten Organe ber beiberlci Xfyätig-
feiten, inbem fie bie Organe be« bloßen (unbcrouBten) Qrmpftnben« in
ben Sinne«nerben be« Seiend, §>cren« :c., bie Organe be« benmjjten
Söaljrnefymen« in bent ®efjirn (bem ^orbergefjirn) nadjmetft.
$)icfe (5ntfc$etbung ber oorliegenben ftrage |tt (fünften Söenefe'«
ift natürlich nietyt auefy maBgcbenb für bie (£ntfdjetbuug über
<8enefeT« ftypotfyefe oon ber (£ntfter/ung ber ®eifte«fräfte.
tiefer £typotfyefe tritt befthnmt unb febarf bie Senologie ent-
gegen , meiere jmar bie beiben getrennten (demente ber ®eifte«*
tfyätigfeiten al« folcfye anerkennt, aber entfcfyieben fie beibe für
angeboren erftäTt. 3Bie begrünbet 33enefe feine 9lnficfyt be« sJMcfyt*
angeborenfein« ber ®eifte«i>ermb'geu, oor allen be« äöafjrnefymung«^
oermegen«? $öir finben mit (frftaunen, baj? tiefe 53egrünbung
bei ifym gänjlidj fefylt. 33enefe füfyrt in feinen jafylreicfyen Herfen
nirgenb« ben Söemci« bafür, bap ba« Saljrnelmuing«t>ermBgen
im Reifte entftanben unb nicf>t angeboren fei.
6.
©h geljen gti ben ®rünbeu fort, melcbe bie Phrenologie
für ba« Slngeborenfein ber ®eifte«bermcgen anjufüfyren weife.
£iefe ®rünbe finb oon gireiertet Slrt: ©afyrföctnltd?fett«grünbe
unb 33eh>ei«grünbe. beginnen wir mit ben erfteren.
£)a« 0nb mirb, wa« ben Körper in allen einzelnen Steilen
betrifft, ganj, al« ganjer üftenfcfy geboren; e« bringt felbft
bie $aare, bt«U)ei(en fogar fcfyon £<xi)\\c mit jur Seit. (Sollte
bie« in 33e$ug auf bie borpglicfyftc £älfte be« 9Wenfcfyen, auf
ben ©eift unb feine mefentlicfyen Gräfte, fo gauj anber« fein?
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fottten biefe träfte ctft »erben muffen? £>ie« ift Ijöctyft im«
toafyrfcfyetnlicty. Unb man betraute ba« ©efidjt be« Äinbe«: fprid&t
nid&t au« bem tfeben feiner £üge fcfyon bei geiftige 2)cenfcf> un«
an? 9)? an frage bie 9)Jutter, tote auf ben Säugling in tfjrem
Scfyofee niebcrblicft : gilt ü;r füjje« (Sntjücfen einem SBefen, ba«
au allem ®eiftigen noefy leer ift, ba« nur erft Jjören unb feljen
fann unb bie« nicfyt einmal , einem SBefen alfo, ba« geiftig nodj
fein 2ftenf<$ ift, fonbern erft ein folcfyer »erben foll? onein,
bie üflutter weife, bajs fie in tfyrem $inbe fcfyon ben ganzen
iDienfctyen an ifyr £er$ brüeft mit allen feinen menfdjlicfyen SRel*
gungen unb Weben unb SßMinfcfycn, wenn biefe auefy noefy erft
tote im SCraume unentmicfelt fdjtafen. Unb toer ferner, ber
Äinber in tfyrer @nttoicfetung beobachtet fyat, fyätte fie ni$t in
bem frübeften Hilter Gtyarafterjüge unb ®eifte«fräftc äußern fetyen,
meiere unmöglich bon äugen in fie fnn^iugefemmeu fein fönnen,
fonbern toetcfye, naetybem fie bon (Geburt au« in ifynen gelegen,
nur jur £fyätigfeit ermaßt finb!
©neu jroetten 3Baf;rfcr)einüc^fcitögTiinb für ba« 2lngeborcm
fein ber ®eifte«bcrmögen giebt un« bie 23ergleidjung be« 9)?enfd;cn
mit ben gieren. DJiemanb (eugnet, unb gennj? au$ Söenefe
nicfyt, bafc ber (Sfyarafter ber Xln'ere angeboren ift. SÖeldje fyolje
&Wjrfcfyeinlid;feit aber liegt fyierin für ba« 9(ngeborenfein toe
uigften« berjenigen (ifjarafterjüge beim 2)?enfd)en, toelcfye biefer
mit ben gieren gemein l)at. £)enn mir müjjten ja fonft 5.
bie ®efctylecfyt«Kebc, bie 3ungem ober $inberliebc, bie 8bi(ätlg*
lidjfett, ben Sttutlj, ben Sinn ber 93er(Kimlid^ung , bie $orfid&t
ober bie 8tft, ben 9cadjafymung«fiun tc. beim £fjier für ange*
boren, beim üttenfdjen für getoorben erflären. Söie uuenbUcfy
grojj ift bie Stufenleiter ber £ljiere bon ben niebrigften bi« ju
ben fyocfyften, eine Stufenleiter, in ber immer ba« Ijoljere Sln'er
je einen ober einige (ifyaraftcrjüge meljr befifct al« ba« niebrigere.
SQXe biefe (Sfyaraftcrjüge finb alfo ben Unteren taufenbmal (in
taufenbfacfy berfdjtebenen Skrbtnbungen) angeboren, unb bem
üftenfcfyen allein, infofern er£ljicr ift unb alle (£t;arafter$üge
ber X^iere beftfct, fotlten biefe Sljarafterjügc jum erftcnmal n i cfy t
augeboren fein ? Die« ift niebt benfbar. ftreiltcfy ift ber 9J?enfcfy,
S die » e, *ßl)reiioloflifd)c «Übet. 3.HufI. 8
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114 $ftK$ofogie unb ^^rcnotogic.
eben roeil er SOfenfdj ift unb bie mcnfcfy tiefen Gfjarafterjüge
metyr befifet, ein mefenttid? anbere« (Sefd&öpf al« bie Spiere,
nnb man leimte baljer fyier meiter fragen, ob ber »orüegenbc
3Öafjrf$eiuli$fett«grunb fiefy auefy auf ba« 9Jngeborenfcin ber
ntenf$fi$en Sfyarafterjüge erftreefc. Obgleich biefe ftrage un&c*
bingt $u bejahen fein motzte, fo fimnen mir fie Ijier bodj, ofyne
auf fie tiefer em$ugefyen, ganj unentfcfyieben (äffen. Denn menn
ba« 5lngeborenfetn ber tfyierifcfyeu (S^araftergüge beim 9)?enf$cn
als mafyrfcfyeinlicb erfaunt ift, fo ift bamit mentgften« Öenefe
fcfyon genugfam miberlegt. Denn ba biefer, mic oben angebeutet,
bie Neigungen, triebe unb Vcibenfcbaften bc« 3J?cnfcfyen für noc$
meniger angeboren fyält, al« bie (menfcfylidjcn) 33erftanbc«fräfte :c,
fc tonnte er, menn er »om 9lugeborcnfcin ber erfteren überführt
mürbe, fieb gegrn ba« 9lngcborenfetn ber (enteren nicfyt länger
fträuben. Dodf> lote? — fyito icb Ijier beiläufig ben ßefer
fragen, — foltte Söenefe in ber Xfyat glauben, bafe 5. 39. ber
dfjarafterjug ber ®ef<btecbt«liebe bem Sftenfcfyen nicfyt angeboren
fei? ftllerbing« mufj bie» leitete glauben, menn er feinem
Aftern confequent fein mtll, unb er glaubt e« aud? unb be=
Rauptet e$ mit Maren unb au«brüdftic$en Sorten. 28er an biefer
SftSglicfyfeit jtoeifeln tonnte, fyat nicfyt genutzt, ma« ein Softem
ift unb ma« e« fcermag.
(5in britter 3Öaljrfcfyemlicfyfeit$grunb enblicfy für ba« 9ln~
geborenfein ber ®cifte£oermögen liegt in ber $lrt unb SÖeife,
tote mir uns ben ®eift ober bie Seele be« üftenfdben befebaffen
beuten m ü f f e n , menn mir irgenb einen (Stebanfen barüber f äffen
molteu. $)er menfcfclicfye ®eift fann nur einer $raft ju oer=
gleiten fein, etma« ßebenbigem, Sßirfcnbem, ftcfy 39emegenbem,
nicfyt einer £>üllc, bie ba« öebenbige, bie ®raft umfcfyliefct; ber
(Steift fann nur Snfjalt, ntty ®efäfe fein. £>ie« mirb oietteity
am beften baburety oeranfcfyaulicfyt, bafe mir bie 3iatur ber ©inne«*
tyätigfeiten unb ifyrer Organe näf;er in'« %uqq faffen. $)a« <3efy=
oerm&gcn 3. $3. ift nidjt ein offener 2öcg, auf meinem bie Äenntnifc
ber ftcbtbaren 9Iuj$enmelt jum (Steift gelangt, ba« 3luge nidjt eine
Oeffnung im $opfc be« SWenfcfyen, mobureb ber in bemfelben
moljnenbc (Steift Siebt unb ftarbe empfängt unb emppnbet. Son*
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Wö($ologie nnb ^brcnolcgie. 115
bern fo tüte ba* liefet eine Bewegung be* 9letfycr* ift, fo befifct
bet ätljeräbnlid)e (Seift unter feinen Gräften eine, wcl<$e fi<$ bem
Vierte entgegenbewegt, Welche alfo lidnaljnltd) ift unb welche man
Vid&tfraft nennen (Stinte. (*in 3d?tag, ein £>rttcf auf* 2luge (auf
ben Selmerben) bringt bcfanntltcb eine t'icfytemvftnbung ^ert>or.
Grbenfo bei ben übrigen Sinnen; ein 9*et$, eine $ranff?cit be*
£6rnerben berurfacfyt ein £>Sren, ein SReij be* ®efctymacf*nert>en
(j. 33. bur$ (Sleftrieität) ein Scfcmecfeit u. f. w. 2Ufo bie ©in*
ne*tljätigfeiten finb gleidjfam Bewegungen ber Sittne*frafte.
Unb ba* 93erljättuiB ber inneren Sinne, al* wirtlicher lebenbiger
Gräfte ber 5lufjenwelt gegenüber, ift in fetner ?Jrt ganj baffelbc
wie ba* ber äußeren, 9ßämlicfy fo wie bie 33erfyältniffe unb Be-
dienungen ber 9tuj?enwelt }tim Üftcnfcben fcfyr mannigfaltig fttib,
fo ift ber 9ftcnfdj felbft nidjt* anbere*, al* eine fold?e mannigfaltige
flcitte Seit, b. i. fein (Seift ift ein Organismus bcrfcfyiebener
Gräfte, wcldje ben oerfdn'ecenen SBcr^ättniffett ber 2lufcenwett je
in entföre^enben Bewegungen fidj entgegeitfe^rcn. T)ie ttinber*
liebe ift eine befonbere ®eifte*f raft , Welche in tyrer £tyättgfett
ober Bewegung im* gu tfinbertt, bie (Sefdjled)t*ltebc eine fotct>c,
welche um* 31t ^erfonen be* attbent ®cf$(ecfyt* tyinjicfyt, ber
«ampffinn eine ftraft, roeld&e, gleicfy einer jifc^enben stamme, tut*
ber (Scfafjr al* einem (Scnitjj entgegenf übrt , bie $orfid)t eine
traft, wehte gleichwie in baugenber Bewegung unö na$ 3a)ufe unb
Sicfyerfyeit umblicfeu läftt, ba* Sclbftgef üljl eine ftraft, wclcbe, glcid>fam
fwcfy auflobcrnb, tut* über anbere 2)fenfcfycn im (Sefüljle erfycbt, u. f.w.
Benefc behauptet, baß bie angeborenen (Seifte*bermögen an
fang* „gänjlicfy utterfüUt" feien. SUlcin Wenn wir utt* ben (Seift
fo benfen , wie wir Um un* altein beuten f ö n n e n , al* eine tebenbige
Mraft (ein 93crmögcn) ober einen Organtemu* 0011 fträfteu, fo ift eine
unerfüllte, b. i. in^alttofe (Sciftc*fraft fcbled^in unbenfbar. T>enn
eine traft al* foldje ift felbft Snbalt, it;re (Siaenfd)aft ift Ü;r3tu)alt;
fie faiin bafyer wofyl noefy ungeübt ober nod) fd^waefy, aber fic
fann nia)t unerfüllt fein. £)er Snljalt ber Sefjfraft ift bie (Sigen*
fcfyaft be* i<ia}tcTfenncii* : Ijätte bie Scfyfraft biefe @igenfd;aft
niebt, fo wäre fie unerfüllt, aber fic wäre aud) feine traft. Unb
fo fyat jebe anbere ($eifte*fraft eutweber eine (5igenfcfyaft, nnb
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^fpt^ologic unb ^t?rcnofogic.
bann ift fte nicht unerfüllt, ober fic tyit feine Qrtgenfchaft, unb bann
ift fie feine ßraft. 9iach SSenefe müßten wir uns ben ®eift
gleichfam als einen ©ehälter mit fächern benfen, bie anfangs
leer, b. i. nichts als £ülle, ftnb, unb fpäter mit etwa« erfüllt,
b. i. etwas werben. Allein man müßte ja bann 3. *ö. niebt
einmal, Warum ein 3nfjalt, ber in baS eine ftadj beftimmt tft,
fich nicht tu ein anbereS verirrte. 9öenn leitete bagegen behaupten
wollte, baft jebeS ftach eben bie Grigcnfchaft habe, nur biefe ober
jene beftimmte (MeifteSfraft aufzunehmen, fo wäre ja biefe ©gen*
febaft ber 3nhalt beS ftadjeS, baffefte alfo nicht unerfüllt. 3Benn
wir uad> ber 9ft5glid)f eit fragen, Wie $enefe eine folcf>e nad;
allen Seiten Inn unhaltbare, gan> unbenfbare Anficht attfftcllen
fonnte, fo liegt bie (irflärung bafür abermals barin (infandum
renovare dolorem!), baß ^Öcucfe £tyftematiter ift. sJ0ian fann,
um einen fct)ev^l?aftcn 5>crgleid; 511 jielwn, bie 3hftematifer bie
3efuiten ber Siffenfay ft nennen. 3o wie bie3efuitcn bem^runbfafc
folgen, ber gweef heilige bie Littel, fo machen bie Stoftcmattfer, blinb
für alle« Rubere als für ben Aufbau ihres Suterns, bon ben im« _
logifebften unb unmiffenfehaftlichften Behauptungen unb (S^lüffeu
Gebräu*, wenn fte nur für jenen Aufbau bienlidj ober nothwenbig
ju fein f feinen.
7.
£>er ©eweisgrünbe für baS Slngeborenfein ber ®eifteS-
fräfte finb jwet, welche mit ben ^auptfäfcen ber Phrenologie jtt^
fammenfallen. £>er erfte <Safc ber Sp^renologic , bajj ber SWenfdj)
berfchtebene unter fid} felbftftänbige ©cifteSfräfte befifct, ift burch
bie thatfächlicbe (Sharaftertterf Rieben fett ber 2)?enfchen
nachgewiefen. Söenn eS aber einmal einen Chatafter giebt, fo
muß er angeboren fein: wenn er nicht angeboren wäre, fo fßnntc
er nicht fein. Tenn was ift Gharafter? Diejenige fefte geiftige
©genthümlichfeit beS Stfenfchen, woburdb fieb biefer bleibenb
unb für immer bon anbern. 2J?cnfchen unterfcheibet. 9Mjmen
wir an, alle 2flenfchen wären bon (Geburt aus einanber geiftig
gleich, unb ftßc Neigungen, Talente jc. entftünben erft burch bie
äußeren 3?erhältnif|c, fo müßte, weit biefe 93erhä(tniffe ewig wechfeln,
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$fy$elcgie unb ^rcnologic.
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eine ewige ^cifttQc 93eränberung in ben sH?cnfchcn ftattfinben.
©er ^ente burch oorragenben £>tolj ober flftuth ober Sohlwollen ,
oor Hnbcrn fiefy anzeichnete, (tarnte in $ur$cm burch ba« (Segen«
tl;cit ober burch ganj 2lubere$ fid^ oon ihnen untertreiben. 2)?an
tonn bagegen nicht fagen, biefer ewige SBechfel fänbe nur in ber
3ugenb ftatt, wo fid? eben ber (Sfyarafter erft bilbc, beim
enbeten SHeitfc^ctl aber feien bic £ügc feft geworben , [ei ber
rafter oorhanbeu. $)enn welche« ift bic 3ugenb be« fteftwerben«
ber 3üge? bilbet fid^ ber tSfyarafter in bem erften l'ebenSjafyr
bc« 2ttenf<hen, ober in ben fünf erften, ober in ben jtoanjlg erften V
$>iefe ftragc mag beantwortet werben wie fie wolle, immer muß
bie Antwort eine unrichtige fein. Sföirb behauptet, bafc ber tya-
rafter früh, etwa in ben erften fünf £ebcn«jahren, fidr) fchon al«
foldjer feftftelle, fo wiberfpriebt bem bie 3tuftdt)t ton ber @nt-
ftefjung be« (Sharaftcr« felbft, ba ja bann bie wichtigen 9lufeen-
oerljältniffe , in welchen ber 2)?cnfch oom fünften bi« jum ^wan*
jigften 3a^re lebt, feinen wef entließen 2(ntfyeil an ber (Sha*afttts
bitbung !ja&en follten. SSMrb im ®egentljeU gefagt, baß ber ($$a*
rafter erft fpät, beim erwachfeuen SWenfchen, ftd) al« foldt)er feft-
gefaßt frtbc, fo wiberfpriebt bem bie Erfahrung, ba& fich bei
ftinbern oon fünf, \a oon oier, \a oon brei Saferen fetyr oft fchon
ein entfdt)iebener (Sharafterjug finbet^ Wetter bem 3flcnfchen burd>
fein ganje« £eben bleibt. 3cnen SÖechfel in ben ®ctfte«$ügcn
alfo, welcher nacb ber Anficht oon ber Crntfteljung be« (Sharafter«
wenigften« einige $eit fuuburd; beim ÜDfrnfcfyen gefunben Werben
müßte, giebt e« gar nicht, auch in ber frühften 3ugenb be«
3)?enfchen nicht : beim f o b a l b fich beim $tnbe ein wirf lid)er (5ha;
rafterjug, b. i. eine fehr ftarfe ober fchr febwache ®cifte«fraft
jeigt, fo ift fie immer eine fefte unb bleibenbe. 3Benn e« alfo, —
bie« ift ber ©chlufefafe biefer Betrachtung, — einen Gljarafter,
eine fefte unb bleibenbe geiftige Grigcnthümlichfeit be« 9fleufd;cn
giebt, fo mujj biefe dtgenthümltchfeit , weil fie eine fefte unb
bleibenbe ift, eine angeborene fein.
Sine @harafteroerfchiebenheit ber 9#enfchen fonntc benfbarer*
weife aud; gar nid;t entfteheu, wenn nicht fchon oon Geburt
au« eine Trennung, eine ^erfchiebenheit be« ®eifte« in ben
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$fy$o(ogie unb ^l)renologie.
einzelnen Gräften Vorlauben toäre. Venn toenn ber Greift in
, feinem Sefett nur eine ungeteilte allgemeine traft bejahe, fo
f &nnten berfebiebene Xfyeile biefer traft, bie e« tticfyt gäbe, audj
niebt geübt toerben, unb bie Hebung ober Stärfung be« ®etfte«
tonnte nur eine allgemeine fein: fo tote etwa bie äufjere Scfy*
fraft eine feiere allgemeine traft ift, toelcfye burefy bie Betrachtung
eine« ®egenftanbe« juglcicfy für bie Betrachtung aller anberu
geübt toirb. £affelbe gälte natürlich bon ber $nfu$t, ba§ ber
2)?enfcfy nur b r e i allgemeine ®eifte«träfte , bie ber ßeibenföaften,
ber ®efütjle unb be« ^erftanbe«, befäfce. Senn alle geben*
fctyaften oon 9ktur auf einer allgemeinen traft beruhten, fo
fönnten nidjt begebene Seiten biefer traft, toettn fte nidjt ba
toären, au«gebtlbet toerben, unb bie Uebung ober Wartung in ber
einen £mtft$t müßte auefy bie in ber anbern jur ^olge fyabett:
furj e« fönttte nur eine l'etbenfcfyaft geben. SSIemi e« nur eine
allgemeine 33erftanbe«fraft gäbe, fo f&nnte bie Uebung in ber
iWatf;emattf ober in Spraken ober in ber 9ttufif :c. nicfyt Mos
bie 33erbollfommnung be« Berftanbe« in biefen einzelnen Xalenten,
fonbem jebe einzelne Uebung müßte bie allgemeine 33er*
bollfommnung be« 33erftanbe« mit fiefy führen: e« tonnte nur
einen S3erftanb, nur ein Talent geben. Sllfo fcfyon bafj bie
Xrennung be« Reifte« in bie einzelnen ®eifte«träfte beftefjt,
betoeift, baß fte in ber Watur be« Reifte« borgefcilbet, alfo an*
geboren fein mußte. Senn aber biefe Xrenttung in bie ein*
$etnen ©etfte«fräfte angeboren ift, fo finb natürlich biefe ein*
jetnen <$etfte«fräfte felbft angeboren; benn bamit ertoa« g etr ennt
fei, mufe e« in ber Trennung oorljanben fein.
$5a§ ber j to e i t c $auptfa$ ber ^Phrenologie, ba« Dafein
ber ®el)irnorgaiie ber ®etfte«fräfte , ba« Slngeborenfein biefer
lefeteren betoeift, berfteljt fiefy bon felbft unb bebarf faum eine«
erläuternben Sorte«. Soljer toeiß Bettete ober toarum giebt er
ju, bajj bie Seljtraft bem 9ttenfcfycit angeboren ift? ©eil ba«
3luge, ba« Organ biefer traft, biefe« tlngeborenfein betoeift.
Senn ber attettfefy ol;ne biefe« offenbare Organ fä'lje, fo toürbe
Bettete in feiner Seife au<$ bie (£ntftefyuttg«art ber Seßhaft
„nac$getmefen" Ijaben. Bo ift ttun in ber Seife ber Matur*
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^)>d?elpijie unb Ityrcnologie.
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miffenfctyaft burcty ba$ ®elnrn, ben Präger ber inneren Sinne bc«
SDJenfctyen, bereit Slugeborenfein nac$genncfeu. Senn Söeuefe mir
einigermaßen 9caturforfd?cr märe, menn er nur einmal ein ®efyirn
betrachtet unb bie grofce üKaffe ber Organe ber inneren Sinne
gegen bie feljr geringe ber Organe be$ SeljenS, $örcn$ :c. ber*
glichen hatte, fo hätte c$ i^in titelt einfallen tonnen, ju behaupten,
bafc $n>ar bie Sehfraft, bie §erfraft :c, aber nicht bie inneren
Sinne ober ®eifte$fräfte be« 9)tenfchen angeboren feien.
8.
bringen nur nun meiter in ba« Sefen unb bie Crrgebniffe
ber ®enete'f$en ^ft^ologie ein. 3U fünf äußeren Sinnen
ober „(Smpfinbungen* be« Seiend, $5tenf :c., nach ©enefe ben
einzigen bem SRenfchen angeborenen ®etfte$fräften, fommt ber
iöoüftäubtgfeit megen noch einige« 3lnbere fyin$u. Denn obgleich
©enefe in ber 'jßftydjotogie oon 9lllem, ma$ nicr)t bie« ©eift,
loa« Körper ober Organ ift, grunbfäfettch abfielt (§ 3) , fo ^aben
nur bodj auch im ©eifte eine (Smpfinbung oen unferem $i>rpei,
unb fo jä^lt alfo öenefe ju ben fünf Sinnen noch bie „33ttat=
finne" (bie Grmpfinbung ber SBerbauung, ber Slt^nung) intb ben
Sinn ber 2ftu«felbeu>egung hln$n. Da nun ©enete au« biefen
Sinnen ober „®runbfhftemen* be« geiftigen ütfenfehen alle 35er*
ftanbeSfräfte , <$>efüh*e, Seibenfehaften k. abzuleiten hat, fo läßt
fich ermarten, meliertet eigcntfyümlicfyer 35orau*fcfcungen unb Sin*
nahmen er hierju bebarf.
S5or Hllem macht er ju feinem B^eef bon ber Seljre ber
Temperamente (Gebrauch. Seil er aber feinem ®runbfafe, in
ber $fty$o(ogie ben Äßrper unberiieffic^tigt }u laffen, möglichft
treu bleiben toill, fo oermanbelt er fy$cfyft fettfamer Seife bie
IBrperltcfyen Temperamente in rein geiftige! xkbodj um ilm In'er
in feinem ®ebanfengang gu oerftehen, muffen mir einen furjen
gefdjichtlichen öltet auf bie Öeljre oon ben Temperamenten unb
bie föolle, meiere fie in ber s]5f^ologie gefpielt fyat, jurüefmerfen.
Die 3)tethobe ber alleinigen Selbstbeobachtung in ber $fochc*
logie mar auch baburch fchon al« eine unrichtige unb einfettige
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$u erlernten, bajj fic eine inconf equente mar. £) cnu toaf ber
^fh<holog burch bie Mo§e ©elbftbeobachtung ton ber 9catur bc«
®eifte« erforfcht hatte, ^ätte er auch wieber mir jur Grrffä*
ruitg be« eigenen Setbft benüfcen, fo wie umgefehrt bie (5r*
flärung ber menfchlidjen (iharafteroerfchiebenheit aud) nur auf
fcic torau«gegangene grünbliche Grrforfchung biefer Ü>erfchteben*
heit grünben bürfen. Mein fo folgerichtig fyanbelte man nicht.
Weil bie GharafteTfcerfdnebenbett ber 9)2enfdt)en fo mächtig im
geben hervortrat, meit fic felbft bem ^fhchotogen im ©tubirjimmer
uiS Sluge fiel, erlang fie fich einige ©eachtung nnb forberte eine
Grrflärung. T)a aber für biefe ba« einfeitig burch Selbftbeobach*
tnng (Srforfchte fic^ natürlich al« nicht au«reichenb ertote«, fo
nahm man in biefer felbftterfchulbeten s)coth be« Softem« jnr
Veljrc oon ben Temperamenten feine 3upucht, einer ?cfyrc, melche
bte ^ftychologie an« einer sJfaturmiffenfchaft jn fi<h hereinholte.
9Wan glaubte bie gan^e (£harafter= unc ®ctfte«oerfchiebenheit ber
SDtenfchen auf bie 23erfd)tcbeiü)eit be« Temperament« ober ber
$örperbefcfyaffenl)eit 3urücfführen ober barau« erMären ju tonnen.
$)er ^legmatifer follte nicht blo« tangfam unb träge, fonbern
auch getft* unb talentlo«, ber (S^otertfer nicht Mo« heftig, fonbern
auch bo«haft, ber Sanguinifer nicht blo« lebhaft, fonbern aud;
charafterlo« unb leichtfinnig fein u. f. unb u>o man mit ben
einfachen Temperamenten jur (Srflärung nicht ausreichte, nahm
man oietfache SÜiifchungen berfelben an, oermittclft bereu alle
benfbaren Sharafterjüge fcharffinnig erflärt mürben. T)iefe l'ehre
oon ben Temperamenten fanb nun, nrie faft bie ganje alte ^ftycho*
togte, in ben klugen ©euefe'« feine ®nabe, jumal ba fie an
fich einer ^aturnriffenfehaft angehört, unb, toie mir gefehen, ana*
tomifche unb phhfiologifche Wahrheiten oon ihm in ber ^ftychologie
oerpönt finb. %{k\n ba aud) oou ihm bie allenthalben hertortretenbc
menfehüche Sharatteroerfchiebenheit eine (Srflärung Ijeifc^te, bie ihm
bod) au« ber regten Duelle nicht ju ®ebot ftaub, fo mußte er fich lU£^t
beffer ju helfen, al«babttrch, ba| erbte ßefjre uon ben Temperamenten
jmar beibehielt, aber fie nach feinen ^meefen umgeftattete, b.i. fie au«
einem Thetl ber ^aturmiffenfehaft in einen Theü feine« @hf^*
oermanbefte. Söeuefe'« tfeljre oon ben Temperamenten ift biefe.
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$f94efogie unb ^renologie. 121
*
jDic Temperamente, fagt Söenefe, finb Tljätigf eit«arten
bcr ®eiftc«fräftc. Solcher Tl}ätigfeit«artcn giebt c« bret : Ä r ä f -
t ig feit, töei$einpfänglicfyfeit, 8 eben bigfeit. 3e nad)
bem <&rabc bcr träftigfeit ift bie ®cifte«tfyätigfett eine mefyr ober
loeniger ftarfe unb oielfaff enbe , ic naefy beut ®rab bcr 9icij*
empfänglicfrteit ciue leidster ober fernerer erregbare, je naefy beiu
$rab bcr Sebenbigfcit eine mefyr ober weniger fdmelle unb tafd>c.
£>er SWcnfö tonn aber nietyt, mie ua$ bcr bisherigen 2lnfia)t,
nur ein einzige* Temperament , ober, loa« baffclbe loärc, eine
einzige 9)fif<$ung au« ben brei Temperamenten traben, fonbern
j c b e « bcr einzelnen g e i ft t g c n ® r u n b f ft e m e ' 3ct)haft,
.s^örfraft k.) ^at fein eigene« Temperament ober tarnt e« fyaben.
sJllfo mäfyrcnb 5. 33. bic 3efyfraft eine« 9)2enf$cn ba« Tempera*
ment ber fträftigteit ober ein fo ober fo gemifdjtc« Temperament
t?at , fann bie £>örfraft ba« Temperament bcr ^ci^empfängüc^feit
ober ein fo ober anber« gemifötefl Temperament fyaben. £icfc
oerfetyiebenen Temperamente ober Tfyätigfeit«artcn ber (Sfailtb*
ft^fteme be« Reifte«, fügt ©enefe (itigu, finb bem Sftenfcijen gleich
ben ®runbfoftemen felbft angeboren.
Unfcre erfte ftragc an Söenefe ift natürlich bic, tootyer er
alle« ba« toiffe, loa« er im« fjier erjählt. Seitbem 00m Hilter*
tlntm her fo unenblicf) oielc 8irfteme ber ^ftydjologic ju Tage
getreten, ift alle« über bic "Natur be« Reifte« deutbare fd?on
erbaut unb oon bem einen ober bem anbem ftorfcher al« Söahr*
heit aufgeteilt luorben. 3n ben fpäteren Reiten fonntc taum
mehr eüoa« 9ßeue« au«gefonucn toerben, man fam immer nrieber
auf fchon SBerfudjte« jurücf. Stuch. ber ©runbgebanfe ber ^fydjo-
logte ©encre'«, ba« herleiten aller ®ctftc«fräfte au« ben äußeren
Sinnen, ift nicht neu, foubern fchon in ähnlicher 2öeifc oon
Sintern jur £)arftellung gebraut toorben. SÖenn alfo Söenefc
eüoa« ganj 9ceue« bringt, — unb bie« ift feine !*cl)re oon ben
Temperamenten, — fo finb mir berechtigt, grünblich nach bcr
Quelle biefer neuen Sahrljeit ju forfd^en. 3eboch toir ^aben
fchon au« einem großartigen ©eifpiel auf bie ©eföaffenfjeit oon
©enefV« $Biffcn«quette fchlicfcen gelernt, inbem er felbft ba« gim* '
tament feiner ganzen ßetyre, bie (Sntftehung ber ($eifte«rtäfte, für
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122 W>($ologic unb ^^rcnologic.
eine £typothefe ertlärt. 2öir bürfen bafyer nlc^t hoffen, in
weniger wichtigen Dingen auf einen reineren Örunb bei ihm ju
ftoRcn. 3)?an würbe fich in ber Xfyat. bergeblich nach einem
33 e w e i « ©enefe'« für feine neue 9lnficht bon ben Temperamenten
umfehen: btefer fehlt gänjlich. (5r nennt bie %nfi$t jwar ntc^t
au«brücflich eine £>typothcfe, aber er betrachtete wohl bie Sieber-
holung be« fchon in höherer ©ejtehung abgelegten ©eftänbniffe«
at« ftd^ ^ier ftiüfchweigenb bon felbft fcerftehenb.
§ierbei ift noch eine fettfante ^rage ju beantworten übrig,
welches nämlich bie wahre unb eigentliche Anficht leitete« bon
ber gewBh«*i<h *n Temperament«lehre unb bon bem 93erhältni§
btefer $u ber feinigen fei. hierüber bleibt ber l'efer ber 33e*
nefe'fchen Serfe im Dunfeln. Denn einerfeit« tabelt öeuefe au«*
führtich bie gewöhnliche Temperament«lehre wegen ihrer 9flängel,
au« beren 23erbefferung bann feine i'ehre ^erttorge^t ; anberer*
feit« theilt er in einem feiner Söerfe (^ftychol. Sfijjen II. ©b.)
bie gewöhnliche Anficht bon ben Temperamenten mit, ohne fie
ju mißbilligen unb }U wiberlegen. üttan barf mit Stecht behaupten,
baß 39enefe über bie Sache feine flare Anficht gefaßt hatte.
Diefe Unbeftimmtheit unb Dunfetheit in ben Schriften Jöenefc'«
ift aber für ben ©eurtheilcr feiner ®eifte«lehre fciel mißlicher al«
iene fühnen griffe ©enefe'« in ben offenbaren 3rrthum. Denn
ba ich mir bom tiefer ba« £ob berbienen möcbte, in ber burd;
ihre Schwerberftänblichfeit befannten $tydM°3ie «enefe'« bei ber
«eurtheilung fein buntte« ^läfechen gelaffen ju ha&c-n, fo fürchte
ich, e« möchte jene Schulb ber Unflarheit «enetV« am <£nbc
boch mir jur tfaft bleiben. Um biefer Gefahr ju entgegen, will
ich b** 33erhältniß ber SBenefe'fchen Temperament«lehre jur ge=
wöhnlichen, wie JÖeuefe e« nicht abgewogen unb abgegrenzt fyat,
aber bom richtigen Stanbpunft au« hätte abwiegen unb abgrenzen
müffen, Rar ju machen fuchen.
Die Temperamente ber gewöhnlichen tinficht ftnb eine tfyat*
facbliche, naturwiffenfehaftliche Wahrheit. Obgleich in berühre
»on ben Temperamenten unter ben Scannern ber ©iffenfehaft in
einzelnen fünften Unbeftimmtheit ober 9fteinung«\>erfchtebenheit
fich finbet, fo ift e« boch eine allgemein anerfannte Tljatfache,
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*ßfo<$ologie uub ^renologic. 123
bafc bic fttopcrbefchaffcnheit ber cmjehien 2)?enfchen eine fetyr
ocrfdjtebcne ift , fich aber auf einige allgemeine (Sigenfdjaften ju^
rücfführen läßt , unb ba| biefe Äorpcrbefchaffenbett je nad) ihrer
93erfchiebenheit einen oerfchiebenen Qrinflujj auf ben ®cift unb
feine X&ätigfeit übt. Ober mit antern Korten : c$ ift eine allge
mein anerfannte Xhatfache, ba§ ed ^^egmatifer, 3anguinifer :c.
giebt, unb baj? bie ©etftcsthätigfctt be« ^legmatiler« eine anbcr*=
befchaffene ift, ate bic be$ SangutniferS ober ßholerifer« :c.
£iefe Wahrheit, n^eit e« eine folche ift, burfte ©enefe unter
(einer Söebiugung verwerfen. SDafc er e« bennech tyut, gereift
ihm jum fchmerften nnffenfchaftlichcn Sßornuirf, noeb mehr, als
bajs er, mie mir gefeiert (§ 3), bie Organenlcfyte als fold)e ver-
wirft. £enn mährenb er ton ben Organen vermöge feiner ftetmt*
niffe wenig ober nichts toiffen fonnte, fo beburfte e$ ber größten
®en>altfamfeit unb Siüfürtic^feit von fetner ©eite, bie ftcb ihm
in bie 9tugen brängenbe £emperament$ocrfdnebenhett ber 3Rcnf£hcu
$u verleugnen ober aus feiner totff enf c^aftlic^en ftorfdntng au$=
Sufchlie&en. £)ie Ur fache biefer £anblung$wetfe «cnefe'S ift
fe^r Mar: er wollte grunbfäfelich bie 'pftyctyologie ™» erhalten
von allen naturwiffenfehaftlichen dementen, bie feinem fo fünftlid?
aufgebauten Softem ®efahr bringen mufften. £enn gerabe bie
Ve^rc von ben Temperamenten Unit augenfc^einli^er als alles
Rubere bie Sattheit !unb, baft es eine einfeitige, eine f^ftema^
tifche *ßtychologie gar nicht geben fann, ba{? namentlich bic ©elftes*
befchaffenheit o h n e bie Äorperbefcbaffenhett grünblich jii erf erfreu
fct)lec^t^tn unmöglich ift.
demnach fragt es fich alfo nur noch, fa^ ©enefe, n>ie er
im Siberfbruch mit fich fclbft auch ju thun fcheint, bic gewöhn*
liehe XemperamentStehre n i d? t verwerfen wollte, tt> i e w e i t feine
neue XemperamentSlehre neben jener sßlafc finbe. 3m 2lUge*
meinen ftimmen bie geiftigen Temperamente SBenefYS fo ziemlich
mit ben befannten förperlichen Temperamenten überein. 8enefeT«
Temperament ber Äräfttgfeit ift ungefähr baS cholerifche, fein
Temperament ber föeijempfänglichfeit baS nervöfe, fein Tempera*
ment ber £ebenbigfeit baS fanguinifche. (Näheres über bie Sem*
peramente in meinem „Katechismus ber ^hrenoto9ie"-) Wf» ber
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124
Unterfchieb $u>ifchen beiben Seiten ift nur ber folgende jmeifachc:
mährenb bic gewöhnlichen Temperamente förperliche (5ißenfd;aften
ftnb, ftnb bic ©ende** rein geiftige, unb mährenb nach ber ge-
möhnlichen Temperamentälehre bet ÜNenfch nur c i ti Temperament
ober eine Äörpcrbefchaffenheit ^at unb haben fann, fo fann nach
iöeuefc ber ÜDfenfdj mehrere ober viele Temperamente zugleich
unb neben einanber fyaben. Uebrigcn« ftnb bic Temperamente
8enete'6, eben meil e« geiftige finb, bon ber Äörperbefchaffenhett,
alfo bon ben förderlichen Temperamenten , gan$ unabhängig; fo
bafe nach 39encfe \. $8. bei einem ^ßh^gmatifer ba« Sehberm&gen
(mit ben au« ihm entftanbenen ®eiftc«fräften) ba« Temperament
ber Sfräftigfeit, ba« £örbermögcn (mit feinen ®eifte«fräften) ba«
ber 9fei$empfänglichfcit :e. ha&en fönnte.
Uufcr Urtivit über ©enefe'« TemperamentStchre mufe unter
jeber ber beiben 33orau«fet<ungen ba« folgenbe fein. Schon baf?
Reliefe befonbere g e i ft i g e Temperamente annimmt, ift nicht nur
burch nicht« gerechtfertigt, fonbern ift in ber That begriff«roibrtg,
berftöfct gegen alte natürliche unb naturmiffenfehaftttche Anficht
bon bem föefen ber ®cifte«fräfte. £enn ®etfte«fraft unb
(Reifte« e i g e n f chaf t ift für ttne ganj baffelbe, fäCCt in benfelben
begriff jufammen; mir fennen eine ®eifte«fraft nur, metf toir
fie al« ßtgenfehaft, unb eine ®eiftc«eigenfchaft nur, loci! mir
fic al« traft fennen ; eine ®eifte«fraft, bic nicht (§igcnf<haft, ober
eine ®eifte«eigenfchaft, bic nicht traft märe, ift unbenfbar. Senn
baher eine ®eifte«fraft eine mirfltcbe ®ruubfraft be« ©eifte«,
b. i. eine einfache traft ift, fo ift fie auch c"lc einfache ®eiftc«*
eigenfehaft, unb e« märe ein Siberfpruch in fich fclbft, eine folchc
einfache traft ober (Eigenfehaft für mehrfach erflären ju mollen.
Senn 5. 39. bie Sehfraft, mie 39enefe jufttmmt , eine folchc ein«
fache traft ober Grigenfchaft — bie bc« Ötchtempfinben« — ift,
fo fann fie nicht jugletch eine mehrfache fein, b. i. fie fann nicht
bei bem einen 3)2enfchen biefe, bei bem anbem jene noch anbere
Eigenfehaft haben, benn fie märe ja fonft feine einfache Origen*
fchaft mehr. @ine fofer/c traft ober (Sigenfchaft fann jeboch na*
türlich ftarf ober fchmach borhanben fein: aber bie« ift feine
ötgenfehaft, fonbern ein 9)?chr ober Weniger (fein quäle, fonbern
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»
vJ>fad>ologie unb ^renofoflie.
125
ein quantum). 5B3etf mm aber — fo füge icfy fyinju, um bie
dlatux ber imrflicfycn ober förperlicfyen Temperamente 511 erfla'ren, —
ber ®cift an ben Körper, bic C^eifteöfräfte an Organe gebunben
finb, unb n>et( ftikper unb Organe als foletyc au$ tyrerfeit« ifyre
(gtgenfcfyaft Reiben, fo tarnt biefe (Sigenfctyaft ber Organe einen
Gtinffofc auf bie ®eifte«fräftc felbft ausüben, unb bie« ift bann
bat, toa« toir Temperament — Stimmung — be« Reifte«
ober ber ®eiftc«fräftc nennen. Seil aber bic &ikperbcfd;affeuf>cit
be« Sftcnfcfyen au« pfytyfielogtfdjen Urfacben nur eine allgemeine
ober eine unb biefelbe burefy ben ganzen Körper, burefy alle Or*
gauc fein fann, fo fann ber SOtcnfd) nur c i n Temperament (ober
eine Tempcrament«mifcfyung), niebt mehrere jugleicfy ober neben
einanber fyaben.
9.
$on feiner XcmperamcntSlcfyre macfyt Söenefe einen jtoci^
facben ®ebraucb, tfycil« um bie SBerfc&iebenljeit ber menfcblidicn
Cljarafterc unter ft$, tfyeif« um ben geiftigen Unterfdjieb jnnfd>en
9D?enfcfy unb Tfyicr ju erflären. fernen mir biefe ledere Gxtlä
rung JBenefe'« werft fennen. (SBergl. oben ©. 50.)
Die <5rflärung be« geiftigen Unterfcfyieb« mnfdjen 9ttenfd>
unb Tfyier machte oon jefyer ben ^ftycfyologen grojje« ^opfbreeben.
Die« mußte fo fein, ba jene (Srftärung in bic ^ftycfyologie mit
ifjrcm oberften (Shnmbfafe ber Sei bftbeobaebtung ctgentlid?
nicfyt gehörte: fie n>ar fyier eine Snconfequcn, , nod) mefyr al«
bic (Srflärung ber Sfyarafterocrfdn'ebenfyett unter ben üftenfcbeu
felbft (§ 9). 3u ber 'Phrenologie bagegen, too man naefy natur*
nnffenfcbaftttcfyem ©runbfafc bie (Sljaraftcre foloofyl aller Sftenfcfyen
al« ber Tljiere in bie ^Beobachtung fyereinjeg, ergab ftcfy aud)
bie (SrUärung be« Unterfäieb« snnfdjcn 2)?enfd> unb Tln'er
oon fclbft. Der üflcnfd? befifct alle tljiertfdjen Sinne mit bem
Xfjier gemcinfcfyaftltch , aber bem Xfyiex fehlen bie leeren 2>er*
ftanbe«* unb ®efityl«ftnne be« ^enfe^en. Die« ift bie ebenfo
einfache al« oollftänbige (Märimg be« geiftigen UntcrfdnVb«
Sn>ifc$en SDttnfö unb T^ter. Sie ertfärte man nun oor ber f\)xc
nologie biefen Unterfcfyieb?
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126
$f9$ofogie unb ^hrcnofoflic.
Der 5D2enfd> hat ®eift, fagt bie $fty$ofogie, ba« X^icr
nicht. 3n biefem 2lu«fpruch ftitnmcn natürlict) ^ßftchologie, ^re*
nologte unb ©enefe, 2llle ohne 9lu«nahme übereilt; benn bte«
ift nicht bie $ltt«funft irgenb eine« befonberen Seffent über bie
borltegenbe Sache, fonbern ber einfache 9lu«bntcf ber Sprache.
Sa« ber gefüllte 9)?enfchenberftanb am inneren ober fcelifd>cn
9Wenfchen me|t fanb, al« am Xtyex, ba« fafjte er unter bem
Sorte (Seift $ufammen. 9flit biefem Sorte ift alfo nicht«
weniger al« ba«, wa« wir fuchen, eine ßr Harting be« Unter-
fdn'eb« jwifchett 3)?enfch unb £f;ier gegeben. Die« fc^eint fich
jmar bon fclbft ju berftehen, mußte aber au«brü<flich gefagt
werben, weit fcljr biete 'pf^otogen mit bem Sorte (Steift, welche«
fie ben ber menfchlichen Scelenbefchaffenheit jum Unterfchieb bor
ber thierifchen gebrauchten, eine wirfliche (Srflärung ber Sache
gegeben ju ^aben glaubten. S3enefe aber, ber barm mit ber
"Phrenologie £>anb in £>anb geht, bafc er biefem Spielen mit
allgemeinen Sorten ben trieg erflärt hat, uub ber ftolj barauf
ift, ben Dingen unb Begriffen felbft nad;$uforfchen , fragt auch
nach bem Wirtlichen Unterfcbieb jwifcheu 9ftenf<h unb Zfyex. <£r
erflärt nun biefeu wirtlichen Unterfcbieb — t>ert ! hört! - tebiglich
uub allein für einen £emperament«unterf chteb!
3a fc ift§, es ift hnrNtch fo; er bat e« anrochen!
Da« Xfyex tyA mit toesn 9ftenfchen ganj bte gleichen äußeren
Sinuc, unb weil bie äußeren Sinne nach ©enefe bie einzige
©runblage ber Seelen« ober ®etfte«frä'ftc finb, fo alfo ba«
3T^ier mit bem SDJenfchen an fid) biefelben Seelenfräf te ; allein,
fährt Bettete fort, bie Sinne be« ^h^crc^ ha&en lu(h* baffelbe
Temperament tote bie be« 9)?cnfchen, benn e« fehlt ifmen ber
holje ©rab bon fträfttgtett, welchen bie menfchlichen Sinne
befifecn, wogegen bie SReijempfänglichfeit ober bie Vebenbigfeit ber
thierifc^en Sinne bicfelbe ober felbft eine h&herc KM tann, al«
bie be« 9tfenfchen.
fragen mir bor Willem mieber nach bem ©e» ei« btefer Be-
hauptung, fo fehlt biefer, wie mir bie« bei ©enefe fchon gewohnt
finb, auch fyex gänzlich. Sitte« überhaupt, wa« fiel) ©enefe,
bietleicht mit 3>2n^e unb Slnftrengung , au«benrt al« ©aumaterial
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^fp^orogic unb ^prcnotoflie. 127
für fem Softem, ba« ift für ihn eine Sahrhctt unb Sebarf,
toie er meint, feine« vetteren Söeioeife«. Sie (5rtoä'gung ftört
ihn nict>t , ba§ Rubere fich oietleicht ganj Rubere« au«benfcn
loürben, ja bie« fogar ton feinem eigenen Stanbpunft, bem
feine« Aftern«, au«. Sa« f&nnte $. 33. ©enefe Dem entgegnen,
toelcher behauptete, nicht ba« Temperament ber Sftäfttgfeit fei
e«, welche« bie menfehliche Seele bor ber tln'erifchen au«$cicbne,
fonbern oielmehr ba« ber Oteijempfänglichfeit ; ba« Thier f^abc
gleich fräftige Sinne toie ber 9)Jenfcb, allein bie 9?et$cmpfäng-
lichfeit ber menfeblichen Sinne für 33iele«, gegen meiere« bie
tfyierifcfyen ftumpf feien, jeidbne bie elfteren oor ben teueren au«.
Ober toenn ein Ruberer behauptete, nicht bie Sfraftigfeit ned?
bie föeijempfängtichfeit , fonbern nur bie £ebenbigfeit fei ba«,
toa« ^icr in ftrage fomme; bie menfehliche Seele fei lebenbiger,
beweglicher, fchnellcr, unb ftcfye nur barum unb baburch ^B^cr
äff bie tl>iertfcr>e. Ober loa« fennte 33enefe überhaupt Dem ent*
gegnen, meiner behauptete, e« gebe nicht Mo« brei ju unter-
fc^eibenbe geiftige Thätigfeit«arten ober Temperamente , fonbern
fed?« ober jioölf, ein oierte« Temperament 5. ©. fei ba« ber
^ein^eit ber (&eifte«fräfte , ein fünfte« ba« ihrer Schärfe :e.
23enefc müfjtc aüen biefen 9(nficr)ten it)r oollc« stecht (äffen, fic
finb ganj fo begrünbet, toie bie feinige. So nur Stilfür gegen
Sülfür ficht, ba giebt e« (eine Gnttfcbetbung. Daher gilt au*
oon 33enefc'« Temperamenten al« einem (5rflarung«grunb be«
Unterfcbieb« stoijjhen 3J?enfch unb Thier ebenbaffelbe, toa«, iric
nur oben gefe^en, oon bem Sorte ®eift al« einem folgen (&r-
flärung«grunb gilt. So toie bie früheren $fhcf>ologen jur 33c-
Zeichnung beffen, loa« bie 9(J?enfchenfecle oor ber t^icrifc^en oorau«
hat, ba« in ber Spraye oorgefunbene Sort d^eift wählten unb
c« für eine (Srflärung hielten, fo wählte Söenefe gu bemfelben
3mecf ba« Sort Sfräftigfcit be« Temperament«, e« für eine @r-
flärung hattenb. ©enefe ^at ftch bei biefem Sort gerabe fo toiel
ober fo toenig gebadjt, al« bie "ißfh^ologen bei bem Sorte ®etft.
Doch hatten bie ^ftycbologcn ba« bor Söenefc oorau«, ba§ ba«
oon ihnen gewählte Sort ba« richtige, ba« oon Senefe ein unrich*
tige«, nicht in biefer ©cbeutung geltenbe« ift.
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128
^fo^Mogic imt> ^brenofogtc.
9iacfy bem 33orau«gegangenen finbct alfo na<$ ©encfe jtoifdjeir
bem äftenfcfyen unb beut Xfyiex fein mefentficfyer (fpecififcfyer),
fonbem nur ein Unterfcfyieb be$ (ftrabeS ftatt. £)a ba$ £em*
perament ber tfräfttgfett auef? unter beu emjetnen 9ftenf$en in
fefyr »ergebenem ®rabe borfyanben ift, fo fommen alfo bie*
jenigen 9ttenfdbeu, bei metcfyen btefe ßräftigfeit eine fefyr geringe
ift, ben £fn'eren fct>r nafy, ja bie ©töbfinnigen fommen ifnien
fogar gteicfy, fo baß Söenefe feinen getftigen Unterfcfyieb be« 331&b*
finnigen bom Spiere fennt unb fennen fann. ßum Ueberfluji
fyricfyt bie« 33cnefe auäbrücfttdb au«. (£r fagt (^ragm. ^ftycfyot.
I, 28): „'Sie $räftigfeit ift in ben menfcfytidjen «Seelen — bie
$Möbfinntgen ausgenommen, meldte eben feine toafyr*
fyaft meüfcfyUcfyc ©runbnatur Ijaben, — mefcntücfy in
fyefyeren (Kraben, in ben Seelen ber £f)iere mefentlid& in nieberen
(Kraben gegeben". £>a$u fommt noefy weiter, bafe SPenefe bon
bem $erljättnifi be« ^ölBbfinn« $ur oodfommenen ®eifte«ftärfe
bie in ber ^ßfycfyologie nidfot tjäufig gefnnbene gan$ richtige %\\*
fic^t l?at. £tefe« ^ertyättniB ift nämüc^ fein bur<$ eine ©ren&e
geriebenes , fonbem nur ein Stufenberljättniß. £)er JötÖbfinn
ift nur ber nieberftc ®rab ber bei ben etngetnen 9)fenfctyen in
ftufeutoeifem SMafee borfyanbenen (^eifte«fraft. ©enefe fagt.- „Die
äujjerfte Scfymäctyc in ben menfcfyltcfyen ®eifte«fräftcn bietet ber
^ötöbfinn bar. 9tber bie (^runbantage beffelben ift feineämeg«
a(« ermaß fpecififcfye«, burefy eine fcfyarfc ©renje gegen bie ma^r=
fyaft menfcfytidje Anlage ®efcfyicbene« anjufeljen, fonbem mir
Ijaben bon iBm auf biß $ur mittelmäßigen unb meitcr bi« ju
ber botffommenften ®ciftc«entn>icfehmg , ber ©runbanlage ober
ber SÖefcfyaffcnfyeit ber UrbermBgen naefy, nur eine ftetige 21 b*
ftufung". OJkagm. $ft$ol. I, 109.) <£)a§ bie« bie richtige
9lnfid>t fei, geigen befonber« fcblagenb bie ftätfe be« tfj eilte ei feil
Sölb'bfmn*- @in fogenannter ©töbfinniger fann irgenb eine
$eifte«fraft (eine Seibenfdjaft , ein latent «.) in bottem, ja fo=
gar in gegen bie mittlere ®eifte8entmufehmg fefyr Ijeroorragenbem
SOtfajje befifeen, unb ebenfo fönnen bei einem im 3U(gemeinen auf
mittlerer ober fyofyer «Stufe ber ®eifte«entmicfc(ung fteljenben
9)?enfcfyen irgenbmetcfye ehtgedie ®eifte«fräftc in einem bis jur
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^IV^ologic unb ^renotogic.
129
Stufe be$ Sölöbfinn« nieberem 3Wa§e oorfyanbcn fein, tiefer
Söafjrljett gegenüber ift aber bie 9{nftd?t Jöenefe's, uaefy mefctyer
ber geiftig nieber fteljcnbe üftenfcfy, ber ©töbfinmge , mit bem
Xl}\n gleich fteljt, na$ welker e$ alfo feinen fpecififd&en Unter*
fd^ieb smifetyen 2)fenfd& unb £fner giebt, eine Ij&d&ft unmürbige,
unb bie Stfenfd^eit fann fi$ bei Söenefe für ben SRang, auf
ben er fie ftellt, bebauten. Silber« bie Senologie ! 9ia$ i^r
ift ber 9ttenfc$ bom £fn'er mefentlicty (fpecififö) belieben, benn
er befifct aujjer ben tljiertfctyen Seelenfräften anbere, mefentltcfy
menf($tt<$e. £>afyer bleibt au<$ ber $3(öbfinnige, ber »erfümmerte
9)?enf<$, immer noefy 2tteufcfy, benn bie nietyt 3ur Gmtmufefung
gefommenen $eime feiner ($etfte$fräfte finb mefentücty anbere
af« bie be« Xfjier«.
2Äan fönnte glauben, SSenefe fyabe fiefy gegen ben ifym fyier
mit 9te$t geworbenen SBormurf beffer beroaljren fönnen, menn er
nic^t Mo$ eine £emperament«eigenfc$aft, bie $räftigfeit, fonbern
n>emgfteu$ aüe bem 3Eenf$en in fyöfjerem Sttafc al« bem £fjier
jugefd^rieben r>ättc. «enefe Ijätte bie« genujj getrau, menn er
gefonnt fyätte. 5(üein e« giebt £tyatfa$en, ju bereu „Srflärung"
Reliefe eine ober einige £emperament«eigenfc$aften au# für bie
Xfyiere jurüefbe^atten mußte, bie £(jatfacfye 5. baß manche
Stn'ere einige 8iuue (®eft$t, ®erucfy ic) in ftärferem 2fta&e ate
ber Sttenfdb befifcen. ©enefe fagt j. 38.: „£>iermit (mit btefer
im Untcrfdneb M Temperaments ber föräftigfeit gefunbenen
ftärung be$ Unterfcfyieb« jungen SDtenfcfy unb Xfyier) ftefyt e«
feinesmeg« im Siberfprucfy, baj? ber ®eficfyt$finn M Slbter« feine
^Öeute in größerer Grntferuung erfpäfyt, afö in meiner ber 3Kenfd;
biefetoe malzunehmen im ©tanbe ift; biefc unb älmlid(>e
fommenfyeiten geljen nur au« ber größeren 9fet$empfängltc^
feit fjeroor". «Srjie^ungStetyre I, 53.)
Wd&t glütflu^er als in ber ßrflärung be$ Unterfd&tebS jmifc^en
3ttenfö unb £fyier mar natürlich $enefe in ber oermittelft feiner
£emperament«lefyre berfud&ten Grrflärung ber Gtfyarafterocrfctyieben*
fyeit ber ÜKeufd^en. $)o$ mirb tym l)ier bie 3ad?c tief feister:
beim wäfjrenb er ben (Sfyarafter ber Sfyiere jebeufatt« für einen
angeborenen erfennen, alfo Uni auf ben angeborenen Sempera-
Sd>e&c, $l)renoIoflifd>o «Übet, a. «nfl. 9
130
^ftxftofogir unb "Jtyrenefogie.
meutSuntcrfctyieb jurücffüljren inufs, fo Ijat er bagegen freie £>anb,
benienigen Untcrfctyieb unter ben mcnfd>ücben (Sfyaraftereu, loeldjen
er niebt burd? einen Xcmpcramentsunterfcbier ber einzelnen „®runb'
tyfteme" erflären faun, für einen fpäter <>ermtttefft ber »finge«
legtfjeiten", § 5^ entftanbenen }tt erflären. (Sin Söeifpiel ift
feine Veljre t>om ftebädjtniK. (ir fagt : „ric angeborene Anlage
für ba« ©ebäcbtnifc ^at nur bie ©efenberfyeit oter 5>crfd?icbenhcit,
metebe burd> bie ^rfebicbenfycit ber „törunotyftcme" unb if>rer
orci Temperamente bebingt ift;* unb toa« man t>on einem am
geborenen befonberen Tanten*, ®cfta(ten*, Gegebenheiten*, gaffen« ic.
®ebädjtnifc gefagt tjat, ift unter bie ptydjologifd>en SMdjtungen
;u rennen. 2im meiften begrünbet ift nod> ber Unterfcbieb oon
angeborenem ©ort* unb & a cfygcbacfytnifi: benu ba# erfte gcfyt
altcrbingS au$ einer befonberen Uranlagc ((^runoftyftem), au* ber
be* ©efyerfinueS, fjeroer". ^tycfyot. 97 f.) 33enefe ift meit
entfernt, bie u>irf(id>e SBerfcfyiebcnbeit ber befonberen (Stusetgebädjt*
niffe in 9(brebe |tt fteücn, nein, er nimmt ein befonberen 9laQtCSl*#
®eftatten*, 3abten= 2C- ftcbäcbtnift an ; nur angeboren, f o be=
bäumtet ct , ftnb tiefe (Sin^clgcbäcbtniffe nid>t, meil fte fidj> »i<$t
auf bie angeborenen Ökuubfafteme jurücffütyren faffen. (Sin be=
fenbere« Scrtgcbäcfytnifc unb 3adjgebäcfytui§ jebodj, meint er,
fbnncn mir mofyl nod> al« angeboren gelten taffen, beim beibe be*
ruben auf ben befonberen (Ürunbftyftcmen be« ©etyörfinn« unb
be« ®efid()t«finn*. Sefyr bc$eid;ncnb für ©enefe'« ganje £efnre ift
ber $u«brucf „am meiften begrünbet": er (aßt erraten, bafj
in biefer £>Wotfyefenlefyre roofyl 3ßafyrf<$ein(icfyfett$* (unb Unmatyr*
fcbeinlid?feit$^ ®rünbe ju £>aufe ftnb , um bereu Üiang cd fidj
Rubelt, baß barin aber t>on Gerne ifen, n>ie in einer Sftatur*
nnffenfdjiaft, nid^t bie 9iebe ift.
£>a nac^ öenefe bie angeborene Ctharaftcroerfcfyicbenhett bc$
Sttenfctyen allein auf btc Xemperament«t>erfdjicbenfyeit ber einzelnen
(ikunbffyfteme mrücfjuftthren ift, fo ift biefe Gerfctyiebenljeit eine
fo meffacfye, aläeS ®runbftyftemc giebt. Sir fennen biefe bereit«:
e« finb außer ben geroehnüd; fogenannten fünf Sinnen nod? ber
Sinn ber 9ttu«?e(bemegung unb bie SBitatfinne beö Siemen«, ber
Gerbauung :c. Genefe jäfjlt bie 2$itatftnne nidjt au«brü<ffid> alte
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^fochologie unb ^renofogif.
131
auf, weil er ftc für gu unwichtig hält. £>ie £<i\}{ biefer Sinne
ober ©runbfhfteme toürbe fieh baljer, wenn Senefe uodb einige
SMtalfinne weiter als bie auSbrücflich genannten annehmen wollte,
auf hWen* getut bi« jw'clf belaufen. 9hm aber finbet fidj bei
Senefe tu einem fetner Serfe (pragm. 9ft$*t. *> 88^ *a ^o
er bon ben einzelnen $runbfyftemeu fpricht, bie folgenbe ^e*ft
auffallenbe Stelle: ,,3cbc« ®runbfhftem Conti eine toon ber be«
anbern uerfchiebene ftrunbbefchaffenhett (Temperament) haben; fc
bajs fich alfo bie 3fteglichfeit krauSftellt , bafe ein unb berfetbe
3Renf $ b r e i $ t g biä t> t e r $ i g »erfchiebene Temperamente in fich
bereinigen fann. tie berfdbiebenen ®runbfhftemc fönnen aller*
biug« auch g ( e i geftimmt, fie f&nnen aber audj jebe« in oer-
fchiebenem (Srabc geftimmt fein". 3$ bin Jöenefe aufmerffam
burch feine Serfe gefolgt unb glaube Um oollfommen in feinem
ganjen ®ebanfengang unb in ber @efammtheit feiner 9lnfichten
\n oerftehen; er Ijat gleichfam bor meinen tilgen nochmal« ba«
#artenhau« feine« Styftem« aufgebaut, nocbmal« jebe« einzelne
Slättchen balb mit feefer, balb mit jaghafter £anb angelegt:
aber boch enthält ein Heiner Siufet in biefem Saue etwa«, ba«
mir oerbeeft geblieben ift: c« ift bie obige Stelle, e« ftnb bie
brei§ig bi« oierjig Temperamente. Sföarum fonberbarer Seife
gerabe biefe %aty? Ttcfelbe wie bie ber Phrenologien ®runb-
frafte? Sollte Söenefc beim ^Jcieberfdjretben jener Stelle bie
Phrenologie im 5luge gehabt ha*>cu? Allein ich glaube au*
Ruberem überzeugt 31t fein, bafj ©enefe bie Phrenologie nicht
fennt. Ober follte er in einem liebten Slugcnblicf $wifd;en feinen
ftyftematifchen ^Dichtungen unb Träumen bie h^P^^^^^to
menfehlichen (Ehatafterjüge, wie fie und ba« i'eben entgegenbringt,
bor feinem (Seift haben borübergehen (äffen unb baburch auf jene
3al;l gefommen fein ? SBenn Senefc auf beu oorliegenben grttnb*
liehen unb fchweren Angriff gegen feine ®eifte«lehrc ausführlich,
tote ich Wfc U"D -wnt wa« ich ty« ottte, — benn au« biefem
Kampfe fann ein fehr großer (Gewinn für bie Söiffenfcbaft her-
vorgehen, — antworten wirb, fo bürfeu mir bon ihm wol?l auch
$luffchlujj über biefe räthfeltjaftc Sache ju erhalten hoffen. (23e-
nefe h«t weine Sitte nicht erfüllt.)
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132 WpcMoflie unb Wrcnoloflie.
10.
SDte geifttge SSerfcbiebenfyeit ber üftenfcfyen tarnt nacb ©enefe
entmeber in bei eben bargefteüten iöeife eine angeborene, ober
aber eine entftanbene, angebUbete fein, ©etracfyten mir bafjer
au$ bie anbere Seite ber ®ebäd>tm§(efyre Söenefe'«, [ein ent*
ftanbene« ober angebUbete« ®ebäc&tni§. Sir tyaben bereits oben
(g 2) 93enefe uac$meifen feljen, bat? ba« (9ebä<$tmfe fein ®runb*
term&gen be« Reifte« fein fonne, meil e« berföiebene befonbere
®ebäc$tniffe, ein $#ert-, 3at)lenßetäc^tnig :c. gebe, ©enefe ber*
ftetjt fyier ntc^t angeborene, fonbern, mie er au«oriufli<$ fagt,
angebilbete (£tn$etgebäcfytniffe. T>enn urfprüngücfy ober bon ©e*
burt an« ift nadj ir)m alle ©ebäcfytnifefraft (fefern fie nidjt auf
berfcbicbeuen „(ttrunbftyftemen* beruht) nur eine unb tiefetbe;
bie Herfcfytebenfyeit unter ben (£in$elgebä($tniffen entftefyt erft
burcfy bie 23erfcfyiebcnfyeit bcr (^egen [täube, metcfye in«
©ebäcfytnij? auf genommen merben.
Diefe 9lnfidf>t Söenefe'« ift eine burctyau« irrige, ©enn bie
©ebäcfytnifcfraft oon (Geburt au« nur eine einjige allgemeine ftraft
märe, fo fönnten ftdt> iitd>t beftimmte abgegrenzte Gruppen bon
@itn,elgebäd)tntffeu bitten , bie unter ficf> jufammcnfytugen unb
einanber unterftüfeten. Gr« fennte bann nur einerfeit« eine altge*
meine ©ebäcfytnifefraf t, anbererfeit« einzelne ®ebäd)tni§ g e g e n *
ftänbe geben. 3ebe« einzelne 2öort, jebe QaXji :c, bie mir be=
fetten, Ijätte bann itjr eigene« ©ebäcfytnip. $eine« biefer im*
$ät)ügen (9ebäcfytniffe fyinge mit einem beftimmten anbem enger
}ufammen, a(« mit allen übrigen. T)ie ftraft ober bie Uebung
im ©ehalten eine« (Megenftanbe« mitjjte gleidb biet ober gteieb
menig auf bie Shaft ober bie Uebung im SBeljalten irgenb eine«
anbem mirfen : furj e« f&nnte moljt biete berfcfytebene einzelne ©e*
bädnniffe, aber nict>t oerf^iebene beftimmte ©nippen ben ein*
^etilen ©ebäcfytniffen geben, ©enefe nun pflichtet au«brücftidj
ber Slnficfyt bon bem SSortyanbenfein un^Iig tiefer einjefner ®e=
bädbtniffe bei. <5r faßt: „®euau genommen fyat iebe e inj eine
$orfte(tung«angefegtfyeit Ujr eigentln'hnltdje« ®ebä^tni§, fo baß
oon mehreren Xaufenben bieüeid)t feine einjige eine b<tg gleite
Stärfe beffetben mit einer anbern l>at". („®enau genommen"!
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«Pfad^ologic unb ^Ijvenologie. 133
Bei Behauptungen über Xhatfa^en ber s)tatur follte fich ba«
©enaunehmen »du felbft terftehen.)
Allein u>ic fommt Benefe auf biefem Sege gleichwohl ju
befttmmten ©nippen ton ©ebächtnifjfräf ten ? $laä) fetner
ficht tnacht fich biefe ©rupptrung ton fetbft burch bie ©nippen
ber ©ebädjtmggegenftänbe. <5ine fotehe ©nippe ton ©egen*
ftauben finb, meint er, j. B. bie ©orte, ba^er ein Sortgebächtnife ;
foldje Gruppen finb 3ahlen, ESne, Satyrn, Begebenheiten jc,
baher ein Bahlen-, 2)?ufif», Sachen», ©efchtcht$gebächtni&. «(lein
Benefe ift auch fax lieber in einem grofcen gehlfölufe
befangen. @« giebt gar feine beftimmte (Gruppen ton ©egen*
ftänben unb fann bereu feine geben. £enn alle ©ruppirungen
biefer 3(rt finb nur ba« Crrgebnifj unferer bloßen Sitffür: e«
giebt feine (Gruppen, weil e« unzählige Gruppen, fo tiefe al«
©egenftänbe felbft, giebt. (Einige Beifpiele jur (Srläuterung.
' £>ie 9Äathematif begreift bie ?lrtthmettf unb bie (Geometrie
unter fich, bie festere ift roieber auf bie Slnfchauungen ber
formen*, föaum*, Ort«terhältniffe gegrünbet. Selche Gruppen
gelten nun hier? ©iebt H nur ein mathematifche« ©ebächtnit?,
ober giebt e« ein befonbere« (^ebädbhü^ für Slrithmetif unb ein
befonbere« für Geometrie, ober cnblich giebt e« mieber in ber
Geometrie ein befonbere« formen», töaum», OrtSgebächtnifc ? Born
Staubpunft ter Selbftbeobachtung au« ift bie Beantwortung
biefer ^rage eine unm&gliche. Ober : eine beftimmte Gruppe ton
©egenftänben fcheinen bie Sorte ju fein; aber in biefer (Gruppe
finb tiele anbere enthalten, bie lateinifchen, beutfehen Sorte jc,
unb in biefen (Gruppen bilben nrieber bie terfchiebeneu (Haffen
ton Sorten, unb in biefen ttieber bie Unterclaffen ihre ©nippen,
unb fo fort bi« in« (Sinjelfte. Daffelbe Berhältntfj finbet fich
nach *>er anbern Seite ffxn. Sinb wohl bie Sorte unbebingt
ton ben 3«h^u terfchieben? nein; ober ton ben X&nen? ebenfo
wenig; Sorte, 3ahl™> £&"c gehören alfo einer unb berfelben
©nippe an. Sinb femer Sorte, Rahlen, £i>ue unbebingt ton
Begebenheiten, ton Sachen terfchieben? nein, ein Sort, eine
3af>l, ein Xon ift im aügemeinften Sinn eine Begebenheit unb
eine Sache; baher bilbet auch bie« jufammen eine ©nippe unb
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134
^iwdjologic imb ^^renclpgie.
fo fort. So fitiben fidj alfo bei beit Örupptrungen nacfy bem
Grinjetnett fyin SBerfdn'ebenfyeiten bi« jur unenbttcfyen 33ietlyctt, unb
nacfy bem Mgemeinen fyin $lefjnti(tyfetten bi« jur (Sinljeit. sM\t
einem iB5orte atfo: trenn Söcnefe toeiß, baj? e« ein befonbere«
Sort*, Xon-, 3afylen=, ^onnengebäc^rniß :c. giebt, fo fyat et biefe
ÄenntniB nicfyt au« ber Statut ber (Webacbtniß gegen ft Sit b e tont
Stanbpunft ber Setbftbeobacfytung au« geköpft, fonbern allem
bie in ber (Srfatyrung gegebene unb in ber ^fyrenotogte nac$ge*
ttnefene £fyatfa$e, baß ein üttenfö ein ftarfe« SBort*, aber ein
fctytoacfce« Xongebäd;tmj? :e. fyabcn fann, nur biefe £fyatfacfye au«
einem t>on tlmt gruttbfä'kltcty verworfenen 2öiffen«gebtct tonnte
Um m biefer ftenntnifc führen.
11.
Um au« ben bloßen äußeren <Sinne«tfyätigfetten ben gattjen
geiftigen 3J?enfcfyen mit allen feinen latenten, Neigungen, Sün* *
fcfyett, Vetbenfdjaften 511 erttären, bam bebarf Söenete natürlich
ein große« (berufte t>on s2(unaljmen ober SSorerHärungen. 311«
eine |>älfte baoon fyaben nur feine fcefjre t>ott ben Temperamenten
feinten getentt, oermittetft roefcfyer er in feiner SSeife bic $er*
föiebenfyeit ber Ctyaraftere erflärt. Stbcr auety abgefeilt bon biefer
(Sfyarafteroerfdn'ebenljeit unb Mo« in £)infi($t auf ben 2)?enfd)en
int Mügemeinen ift ber Sföeg bom Seijen unb £i>ren je. bi« ju
ben menf$ü$en Neigungen unb l<eibenfcf>aften tocit unb
für 39enefe fefyr fteil. £>tefer menbet bafyer, um un« mit tym
ben 28eg nehmen 51t (äffen , ein großartige« $eförberung«mtttel
an. (5« ift ba« fofgenbc ©eftetle (man t>erjeÜje ba« 2öort!),
toelcfye« un«, toie er meint, bi« an« 3iet ber (5r!enntnig bringt, uttb
toe(a)e« toeitau« feine toicfytigfte uttb umfangreiche SdjBpfung ift.
£)ie <$etfte«oerttt5gen be« Sefyen«, £ören«, fagt Söenefe,
finb nur ein Factor, um bie ®etfte«tt?ättgfeiten fyerborjubringen ;
e« bebarf baju noc$ eine« 5 weiten, ttämttcfy be« äußeren
9? eise«, tiefer fattn im 33ert?ä(tniß mm Vermögen metyr ober
weniger ftarf fein, unb ber oerfetyiebene ®rab biefer fteijftärfe
fjat oerföiebenarügc ®eifte«tyätigfeiten ober ®eifte«jUftänbe mr
3o(ge. <§« giebt fotgenbe fünf ®rabe ber ^eijftärfe. 1) Der
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135
töcij tft ju gering für ba$ Vermögen , ma$ mir £>albrcijung
nennen f&nnen. £)urch tiefe entfielet eine (Smpfinbung ton Un=
befriebigung. 58tr fönnen alles ^ier^cr (gehörige unter besn
Sluäbrncf „Unluft" jufammenfaffen. 3- man ticktet feine
2(ugen auf einen ©egenftanb, beffen Siebt nicht mit gehöriger
Stärfc auf int* mtrfen fann, etma lueil er im Tmnfcln fteht
ober $u n>cit entfernt ift ; man horcht auf ein ®etyrä$, Neffen
£aute nur noch fo eben unfer Ohr erreichen unb \d)on jum
2$eU unbcrftänbltch merben; man müht fich, ben angenehmen
Geruch einer ©turne $u empfinben, bei einer biefer %xi oon
SBcrbünftungen ungünftigen Stimmung ber Sltmofphäre. 2) £>er
SHeij ift bem Vermögen g e r a b e a n g e m e f f e n , btefe* mirb
burrf) tlm bollftänbig erfüllt, otjne bafe er boch trgenbmie über
baffelbe überftänbe. X)ie* ift baß SBerhältntB ter 23 ol frei jung.
£>ier burd^bringen Vermögen unb 9tet$ einanber auf* 33olt-
fommenfte; mir finb und feiner befonberen Slffcction unfere*
Seht* benmfct, unb be^atb fann fich befto ungefdfmtälerter unb
reiner bic (Sigentlnimlidfjfeit bc* objectioen Factor* für unfer
©emuBtfein funb geben. So entfielt ein flarc« Sahtnchmen,
ein 33 orft eilen. Söei gerabe angemeffenem Sichte, bei nicht ju
ftarfem- unb niebt gu fchmachem Spalte :e. merben bic färben,
bie ®eftatten, bit Jene :c. bon im« wahrgenommen , oorgeftcllt.
3) £)er föeij tft im 33crt?ältnig junt Vermögen in au«n ernten -
ber ftülte ober überfließe ub gegeben, jeboch ohne bajj er
noch irgenbmie ein übermäßiger für baffelbe märe. £)te« ift
ba« 93erhältniß ber Suftreijung unb ba* ©runbberhältnij* für
bie fcuftempf inb ungeu. tiefem 33err>ä(tuiB geboren bte @in-
brüefe bon allen fräftigeren unb tebenbigeren färben unb %h
neu , bon ben angenehmen ®efchmacf* unb ©cruebreijen , oon
bem ba* Jaftbcrmögen angenehm ^clnben unb bem Sanften ic.
an. 4) £)er föeij ift im SBerhältniß jum 93ermi>gen ein über*
mäßiger unb jmar fo, bafe er plofclich auf baffetbe mtrft.
3n biefem 33erhältntß merbeu bie Schmerjcmpf inbungen
begrünbet, mie j. bie (Smpfinbungen bon einem blettbenben
Sichte, bon einem betäubenben Schalte, bon }u fcharfen ®e*
fchmacf> ober ®eruchrci$en , bon ber Berührung burch ^ci^c
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136
®egenft«nbe ic. 5) Der Wv5 überfüllt in a Untätiger Steige-
rung ba« Vermögen. Dann entfteht eine Grmpfinbung be«
Ueberbruff e«, ber Stbftumpfung , be« (Sfel«; j. B. bei bem
reichlichen <$enuß bon ?tebling«fpeifen , bei ju häufiger Siebet*
holung angenehmer 3)?ctobien , bei ju lange fortgefefcten ($e*
nüffen be« ®eficht«finne« , j. B. in einer fetjr au«gebehnten ($c*
mätbegallerie :c. (^f^ol. Sfi$jen II, 74 ff. ^ftychologie S. 52.
(SrjiefyungSlefire I, 85. s$ragmatifche ^ftycfyolcgie I, 48.)
Die "ißfhchologen Ijaben fchon Biele« unb SWancherlei auf
bent ftelbe ber ßrfinbungen geleiftet. 9lber unt Untuft, Bor*
ftetlung, Suft, Schmer$, Ueberbrufj $ur Grrflärung auf
eine Stufenleiter unb in biefer töetye 3ufammensuftelten, fo weit
hat e« außer Benefe noch fein ^fyctyolog gebraut, tUtcin bon
einem Softem ber ©eifte«lehre, nach meinem bem 3J?enfchen nicht«
$etftige« al« bie äußeren Stnne«thätigfetten angeboren ift, nach
welkem alfo alle« Rubere, auch bie 2)teglichfett ber ßuft, ber
Untuft, be« Schmerle« :c. erft im (Reifte entftehen nun}, läßt
fidb Rubere« unb Beffere« nicht erwarten. Soll aber, fo r)brc
ich ben Vefer fragen, bie l*uft, welche ber ^reunb am ^reunbe,
bie 2Wutter an ihrem $tnbe ^at, bie 8uft, welche ber Äampfluftige
am kämpfen finbet, bie Unluft bertefeter (Sitetf ett , ber S<hmer$
getäufchter Hoffnung, oerratljener Siebe, fotlen biefe ®etfte«thätig*
feiten, nach Benefe'« 3(nfic^t, auch au« jener bezeichneten Ouelle
entfpringeu? 3a, nach Benefe entfielen, — e« muß wieberhott
werben, bamit e$ geglaubt werben fßnne, — alte ®etfte«thätig*
feiten ohne 2lu«nahme au« ben urfprüngtich teeren („gänjtich
unerfüllten") Stnne«thättgfeiteu , unb eben jur Begrünbung
biefer merfwürbigen Behauptung h<»t er jene« gleich merfwürbige
Schema ausgebaut, in tr>e(ct)cö bon ihm, fo gut ober fo fehlest
e« geht, atte ®cifte«thätigfeiten eingepaßt, b. i. nach tyYCt Qärt1
ftehung erftärt werben. Bon ben Borftcltungen , u>ie wir fie in
bem Schema au« ber Bollretsung entftehen fahen, geht er jur
Grntftehung ber Begriffe unb be« Berftanbe« fort, bon ber Suft*
reijung ju ben Begierben unb ßetbenfehaften u. f. to. §äuftg
macht er bei biefen Grrflärungen bon feiner Xemperament«lehre,
feiner flräftigfeit, 9tei$empfänglichfeit je. Gebrauch- Die gaitje
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137
fcfyr weitläufige £>arfteÜung ift nicht nur eine burebau« tyatttefc,
ioeil fie auf falfdjetn (Srunbe beruht, fontern fie urintmelt aurf)
bon 3nconfequen$en unb bon Unrichtigteiteu in fich felbft. 3>nn
leitete ift, beiläufig bemerft, äufeerft oberflächlich unb nachäfft) ;
bon einet oetbftfritif , tote fie ber tüchtige S^tiftfleOet üben
foü, toeife er nicht«; ba$u fommt ein breiter, marflofer, oft bunfter
&tii, fo ba§ ba« Gefeit feiner umfangreichen Schriften uueublich
ermübenb ift. <5« fann ba^cr fcfyon um be« l'efer« mitten nicht
meine Slbficht fein, $enefe in bie (5in$eU)citcu feiner £>arfteltung
$u folgen: nur (Stnjetne« tljeite ich im 5«>igenben $ur ^ßrobe unb
$ur Söegrünbung meine« ftrengen, aber nur aufgerechten Itr«
theit« mit.
33on ber (5ntftel;ung be« 93erftanbe« gilt nach SÖenefe $et=
genbe«. 3m 3Wenf(^eu fann fich au« ben 3mne«thätigfeiten
ein Söerftanb bifben, im Spiere nicht, meil biefe Xfyätigfeiten
beim üKenfchcn eine ^&t>ere „Äräftigfett" tyaben. Die 33 er =
fdMebentyeit bei ^erftante« bei ben emjeluen Sftenfchen ift
infomeit angeboren, at« ber ÜBerftanb auf berfchtebenen „®runb*
ftflemen* bon terfchiebenem Temperament beruht. 2(Ue anbern
nicht ^ierau« abjuteitenben 33erfc^iebenr)etten be« Stferftanbe« flttb
fpäter entftanben unb berufen auf ber SBerfcfn'cbenbett ber Jh\
getegthetten", mefche für ben einen ober für ben anbern $e=
genftanb gefammclt finb. Gr« ergiebt fich fomit leicht, fagt ©ende,
„mie ein unb berfelbe üü?enfch einen fefyr reiben unb Karen 93cr=
ftanb für ba« eine (5rfenntni§gebiet , einen feljr armen unb im«
Karen für ba« anbere mirb befifcen fönnen. £)at 3emanb ton
menfcfylicfyen ^araftcreigent^ümlic^feiten fcfyr biete SBorfteltungen
unb begriffe, bon ®emätben aber ober bon mufifattfetyen Äunft-
elementen fcfyr menige gebübet, fo mtrb er über jene Itar ober
berftänbig, über biefe unttar ober unberftänbig beuten/ ($ft$o(.
^Rjjen II, 175.) «föir fe^en, bafc biefe ßcfjre ©enefc'« bom
23erftanb gan$ mit feiner Sefyre tom ©ebächtnifc übereinftimmt ;
mir fitanen bafjer für ihre ©eurt^eitung unb theilmei« nottnge
ÜBibertegung auf bie obige ausführliche ©efprechung ber teueren
(§ 11) bertoeifen.
39ene!c geht bei ber Sehte tom $>erftanbe auf biete Örinjel*
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13«
Reiten ober Söefonbcrljeiten ein unb fomntt auc^ auf bie ftcinfyett
be« SBerftanbe« 511 fprecfyen. 3Bie ift, fragt er, bie fteinfjeit be«
beobacfytenben SSerftanbe«, 5. *8. beim Äiinftler $u erflären, welcher
fogleid? bie feineren 2$erfd;tebenfyeiten in ben ®eficfyt«$ügeu , beu
Lienen ber SWenfc^cn, ocer bie parieren Ättancen ber ftüibm*
gebung unb be« £ellbunfel« bei ftemätben auffaßt? £)a SBenefc
fyier $ur (Srflarung nietyt ba« Temperament ber Äräftigfeit benufcen
fann, toetdje« er fd?on bem menf<$lic$en 33erftanb a(« folgern,
feinem Umfang unb feinem SMetfaffen, ju ®runb gelegt Ijat, fo
bleibt ifjm bafür nur ba« Temperament ber 9iei$empfäng(i$teit
ober ba« ber l'ebenbigfeit übrig. (Sr mäfylt ba« erftere. „T>ic
übermiegenbe 33egrünbttng biefer ^einfyeit be« $5erftanbe« in ber
$Kei$empfäng(icf;feit ber Urbermögen fäüt leidet in bie
Slugcn. £)er mit einer ausgezeichneten 9tei$empfäng(ictyfeit be«
®cficht«finn« au«geftattete 2flaler wirb in einer meufd)lid)eu *jtyt)*
fiognomic, in einer ßanbfcfyaft ic. eine SWenge bon feineren 3ttgen
unb ©d^nfyeiten bemerfen, melcfye einem bl&bercn ®efi$t«finne
gärijüct) entgehe».- ®ßft«i II, 177.) ©cnefe hat hier
ntd>t bebadft, bajj er bie Schärfe be« ®eficht«finn« mancher Totere,
mie be« Slbler«, auch toxxü) bie $Kei$empfängtichfeit erttärt, unb
bajs biefe beiben <5rf förmigen einanber gcrabeju ioiberfpreä>n.
Denn jene ju erflärenbe Reinheit ber Beobachtungsgabe ift ja
ein b^ere« ÖJeiftige«, ift ba« ®egentfjeU be« T^ierifc^en. iRoch
meniger ^at 53enefe erioegen, bajj biefe (Srflärung aller Erfahrung
nnberftreitet. (Sin 2)?enfch mit bem febärfften äußeren Selber*
mögen, mit einem 9(blcrauge, ^at bielletcht wenig ober nicht« bon
jener Reinheit ber gc ift igen 33eobacfytung«gabe, mährenb umge*
fefjrt ein 9)?enfch mit fc^mac^em ober bl&bem äußeren ®eficht«finne
biefe Reinheit in ^o^em TOa^e befifeen fann.
Sä^renb ber SSerftanb nach Bencfe au« ber feiten (Stufe
ber föeijftärfe, ber ^ollreijung, entfielt, fo nehmen bie Selben«
f haften ihren Urfprung eine Stufe ^b^er, au« ber Öufrrcigung.
3ft ber 9tei$ bem SBerm&gen gerabe angemeffen, fo entfielt ein
^orftellen, unb au« bielen Slngelegtheiten foleber Verkeilungen
entfte^t ber Vcrftanb; ift ber 9?ei$ ein „überfltefcenber" (aber
noch fein „übermäßiger''!), fo entfielt eine Suftempfinbung , unb
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au« melcn 2lngelegtl;citeu fold;er i'uftempftnbungeu entftefyen bte
i'eibenfcHt™- ?llfo 23erftanb unb t'etbenfdjaft, toeld>e ber Weufcb
in feinem 3nnern fid} befämpfen fitylt, entspringen naefy ©enefc
nid>t, lote man ermatten follte, au« begebenen, fonberu au«
einer unb berfelben Ouelle, nur bafe biefe im lederen ftall um
einen ®rab ftärfer fließt. 2W<m fonute fonadj ©enefe'« &tben-
fcf»aft einen gefiederten SBerftaub, ober ©enefe'« SBerftanb eine
fcfytoädjere l'etbenfcfyaft nennen! Sine jebe Veibenfcfyaft ift alfo
lu'ernacfy ntttytf anbere«, al« ba« Grrgebnife einer Waffe oon „Vuft*
Teilungen" trgenb eine« Sinne«, bie bereit« auf beu 9)fenfd)cn
eingennrft Ijaben. „£ie 8uft be« ftarbenfdnnel^e« , orer rer
frönen ftormen, ober ber angenehmen Welobie, toelcfyc nur oon
Beuern &u genteBen begehren, Ijaben mir früher fcfyon in iljrer
ganjen SBollfommenljeit genoffen/ „2öürbe ebt üftenfö nie in
ba« 5öer^ältnip ber £uftrei$ung gefegt, fo tonnte er auefy feine
Veibenfc^aftcn bilben: je meniger alfo 3emanb in biefe« SkrljältniB
tritt, um befto fc$loä(ber werben im Allgemeinen bie Veibcnfd;aften
in ifmt fiefy cuttoicfeln. 9flan fönnte hiergegen bie i'eibenfcbaf*
be« $ef#tecfyt«tTiebe« anführen, meiere ja fefyr oft" — eil? —
„oor allem ®enuffe fid) bilbe. 5lber in biefen fällen »erben
bie Vuftgebilbe bafür anber«mofyer entlehnt, auf eine älmlicfye
Seife, une Hur Silber bc«ienigen, loa« mir nie gefeljen fyaben,
au« anbern 5?orftclluugen jufammenfcfcen. " offtydjol. Sft^en II,
93. 216.) £)a« Staunen, wie nur fefyen, müffen mir bei Söenefe
oerlernen. 255 o^ er anber« bie l'uftgebtlbc für beu ®efd?led?t«*
trieb entlehnt merben, fagt Söcnefe nicfyt; er mei& e« auefy ntcfyt;
er brauet e« au$ — fo ift ungefähr babei fein (^ebaufengang —
toeber $u miffen, nod) ju fageu, ba e« in jebem ftaüe fo ift:
benn loäre e« ntcr>t fo, fo märe ja ba« ganje Softem, au« n>eld;em
e« nur eine einfache Folgerung ift, falfcfy: ba aber bie ©afyrfyeit
be« Softem« über aUen 3mcifel ergaben al« 5l^iom baftetyt, fo
müffen mir, ^öenefe unb feine \?efer, un« aud) ofyne nähere«
3Biffen über bie oollfommene Söafyrljeit ber obigen SPeljauptung
beruhigen. (£« ift fefyabe, ba§ Söenefe nicfyt aud) eine Q*x>
flärung barüber beifügt, — benn biefe märe nodj origineller
geworben, — loarum er j»ar beim Sftenfcben ben ®efc$led?t«=
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140
$fa<§ofogie unb «Phrenologie.
trieb für entftanben, beim Xtyn aber boch jebenfaü« für an*
geboren halt.
Diefe benumberitng«müroige 3utoerfi($t leitete'« , mit ber
er alle feine Behauptungen aufftellt, olme jemal« an eine mirf*
liehe Beu>ei«führuna, su beulen, begleitet ihn bureh feine ganje
Darftellung. (5r fennt eigentlich unb forbert ton fid^ leine
anbere Bewei«führung für bie Sahrhett irgenb eine« Safce«, at«
bafe biefer mit feinem ©Aftern, melche« tlnn bie Wahrheit felbft
ift, übereinftimmt. Dabei nimmt er gutn Ueberfluffe eine feljr
hohe @pradjc an, giebt laut unb offen feine Verachtung gegen
alle anbern ^ftychologen funb, roett fie ein anbere« Softem hüben,
al« er ; er nennt feine <ßfty$o(ogie, obg(cirf) ü)r noch fein anberer
^chotog beigetreten, nicht ettoa „eine neue", fonbem »bie
neue ^ftychologie", unb ^at fetbft eine« feiner Serfe unter biefem
Xitel erfcheinen laffen. 9iur fehr feiten fommen in feiner Dar=
ftellung febmache ^nbeutungen eine« (Gefühl« r>on mangelhafter
©etoeteftihmng für feine ©äfce ober oou Reifet an feiner Un=
fehfbarfeit oor. Deicht meit J. B. bon ber obigen ©teile über ben
®ef<htecht«trieb brauet er in Bejug auf eine anbere ©a$e bie
Sorte: Dafc biefe (Srflärung „fein blofeer Einfall, fonbem
in ber Sirflichfeit begrüntet ift, erhellt" :c. Da« Sort Einfall
flingt eigentümlich unb faft niebrig in Benefe'« troefener unb
hochgehenber Darfteilung; allein ba« Sort £)typothefe, melche« er
in ber fteber fyatte, burfte er nicht in biefem tabelnben «Sinn ge=
brauchen, ba ja alle feine £fypothefen mohtbegrünbet unb mit
3elbftbetv>ci«fraft auSgeftattet finb.
•
12.
Senn Benefe fagt, ba§ Borftellung, Segriff, Berftanb im
menfehlichen ®etft au« ben b(o§cn äußeren @inne«bermogcn herau«
fich bilbeu, fo fönnte biefe Behauptung bem Unbefangenen tooht
auf ben erften ©lief al« möglicher Seife begrünbet erfcheinen, fo
fchneü auch ein tiefere« Einbringen bie 3rrigfeit biefer Behauptung
erfennen läfjt. Senn aber Benefe auch noch weiter behauptet,
bafs etenfo bie ® cmüth«f räf te be« üDtatfchen, 5. B. Sohl*
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^facftofogte unb «ßfjienologie. 141
wollen unb XfyeUnaljtne , au« ben äußeren @inne«bermi>gen t>er*
borgeljen, baj? alfo ba« Xfjter nur be«wegen fein ®emütfy befifce,
weil feinen äußeren ©innen ntcfyt bie fttäffigfeit jufomme
wie ben tnenfc$ttc$en , fo liegt bie Unnatürlictyfeit unb ®ewatt*
famfeit biefer 2lnnalnne für jeben Unbefangenen fofort ju Xage
unb brauet nia)t erft bewiefen ju werben. Seit t<h aber nid^t
blo« für Unbefangene, fonbern auch für ^Befangene, ja auch für
©enefe fctbft frf?rcibe, welcher gewife feine Behauptung für feljr
wohlbegrtinbet unb für fet>r natürlich f)ättf fo müffen tt)ir auch
auf btefen ^unft noch etwa« näher eingeben.
üBä'hrenb ber eine 3)Jenfch, fagt ©enefe, ooll uneigennüfetget
£hetlnahme anbetet 9J?enfcfyeu ^teuben unb i'eiben nüt beinahe
gleitet t'ebenbigfeit unb ftrifdje, wie feine eigenen Sd^icffate fühlt,
unb mit gleichem (Stfcr wie gegen jene fo gegen biefe jurücfwirft ;
fcfyetnt ein anbetet nut füt ba« auf ifyn felbet fidj Söejieljenbe
(Smpfmbung ju Ijaben unb weift jebe 2luff otberung , für frembe«
Sohl mitjuwitfen, mit unbeweglicher Sclbftfucht ben ficfy. Softer
biefe 33etfd^ieben^eit ? Unftteitig au« ben inneren Sutgelcgtfjeiten,
welche bei ben einzelnen 3J?enfd?en berfcbieben gebammelt finb.
®efefct, 3emanb fei feljr wenig mit anbern 2J?enfd?en jufammcn*
gewefen, er tjabe eine gewiffe Vuftempfinbung, 3. S&. ba« Betrachten
bon ®emälben, ba« Anhören bon Sftuftf, feljr oft mit fia> f elber,
feiten ober gar nicht in Skrbinbung mit anbern SDtotftyn ge*
noffen, fo wirb bei ihm für jene« einfame Crmpfinben eine grofce
9ttenge bon Slngelegt^eiten, für biefe« gemeinfchaftltche werben fcljt
wenige ober gar feine fid) angefammelt ^aben. (Sine Seele bon
biefer Slngelegtheit wirb bähet bei bem teufen einer fremben
l'uft ober Untuft nur einen flüchtigen Slugenblicf berweilcn unb
al«balb sunt teufen be« bem eigenen ©ein anget;crigen 8wft-
ober Unluft*3uftanfrc$ hinübergezogen werben. Uebrigen« giebt
e« in btefen Hngetegtheiten infofern eine gewiffe Stufenleiter, a(«
fie in Be$ug auf weniger ober auf mehr Snbtoibuen angefammelt
finb. (Sine fefyr grofje 9ftenge oon Sntereff eingelegtsten für
einzelne 3nbibibuen conftttuirt ben wefentlic^en Sharafter ber
ftreunbfcfyaft, weniger inbtotbuelle, fchon in einem größeren
Greife bewegliche ®ebilbe biefer Art finben fich in ber Anhang*
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142 <ßfac$o(ogte wtb <ßf?rfnologic.
ücfyfcit an l'anbSteute, in bcr 33aterlanb$ltebe ic; bie
größte ®el&ftfjch nnb 33en?cgücfyfeit ber 3ntereffebitbung enblicfy
jeigt ft$ in bcr <$ ered? t igfeit unb in ber allgemeinen
9Wenfrtcn liebe. ($fycb. Sfijjen II, 292 ff.)
So trie man %Uc$f tt>a$ man roiU, behaupten fann, fo !ann
man, wie ber ?e[er «n bem fcorliegcutcn ©eifpiel fiefyt, Mc«,
n>a$ man will, erflären. . Sc wie aber, wa$ ftcfy t>on felbft Der
ftefct, fd?wer ju beweifen ift, fo aurb allen Crrflärungen $cncfe'ö
gegenüber bie wiffcnfAaftlicfye Söioerlegung babnrcfy febwer, bafe
fie ju (cict>t ift. (Difficile est, satyram non scrihere!) Um
ton allen inneren (9rünbcn afcjufetyen, weld>e fiefy ©cnefc am
Stubirtifcbc gegen bie obige Crrflärung auferängen mußten,
warum Ijat er c$ mfdnnäljt, mir einen einigen ©lief anf bie
alltägliche (Srfafyrung gu werfen, wobureb er fid> fofort ton ber
Srrigfcit biefer ßrflärung überzeugt fyättc? dx erftärt ben Sinn
für ftrcunbfcfyaft nnb bie allgemeine 90?cnfcfyenltebe gcwiffermajjcn
für (^egenfa^e, ba boeb bie Grrfafyrung iüd>t^ weniger als ein
umgefcfyrteS Stärfcocrljältntfc $wifcfycn tiefen beiben ®efüfyfeu
jeigt; bei einem ftarfen Sinn für ftreunbfcfyaft n>irb oft eine
grofee allgemeine 3)Jenfcbenlicbe gefnnben nnb bei einem febwadben
ftrcunbfcfyaftSgcfüfyl eine fcljr geringe. 3Zocb weniger finbet fid»
eine Uebereinftimmung $wifct/eu ber geführten VebenSweife be«
ÜMcnfcfycn nnb ber Stärfc ter fraglichen Ö^cfüfjte. sBer »on
$inbl>cit auf in ber öinfamfeit gelebt, (jat oft ein wärmere« £>er;
für bie s0)2enfcr)^ettf als wer ftet« in ben glücfüdjften 2>crl?ältmffen
in ®efcllfd)aft oieter 9J?ctifc^cn gewefen unb fo eine SDienge 33c*
nctc'fcfyer 2(ngclcgtf)eitcn für 2ftenfcbenlicbc gefammclt. 9(m aller-
wenigften aber finbet fiefy, wie Söcnefe bei feiner Crrflärung i>or^
auäfcfct, eine Uebereinftimmung $rotfd>en ber Stärfc bc$ 33 or*
ftcltenS unb ber be$ ©cfüljU in ber fraglichen $>infid)t.
derjenige, welcher fief; ba$ Unglücf Ruberer vermöge feinet Karen
:2>erftanfce$ am lebfyafteften t>orft eilen fann, Ijat feine$weg6
belegen auefy ba$ ftärffte ®efü$I für Söofylwoücn , ober 3Ren«
fdjenlicbe: im @egentl>ett , bei fcfywacfyem $orftellung«t>crmögcn,
befebränften SScrftanbeSfräften wirb oft eine (Mtc bc« $cr$cn*
unb eine 9lufopfcrung*fäfngfeit für Rubere gefnnben, bie man bei
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143
SJZcnfcbcn bon Harem (Reifte, lebhafterem 3?orftcllung$bermögen
bergeblia) fudjen mürbe. Äurj jebe einzelne ber unenblidb laty*
reiben Xfyatfacben, meldje bic ®eiftc£lcljre ber Phrenologie bon
bem felbftftänbigen TOaßc ber ©efüfjlSrräfte be$ üftenfaVn
gefammeft, einem SRape, meines fotvo^l bon bem ber 5>erftanbeS=
fräftc als -ben (£r$ielning unb Vebensmetfe fid) unabhängig $eigt,
jebe fotd^c X^atfad^c würbe genügen, bie ^rrigfett ber (Srflärung
Reliefe'« bon bem (Sit tfte^en biefer ®cfü#«frafte, unb bolleubS
bon ihrem (Sntftefyen au« ben folgeren StnneSbermögcn bar*
$utlmn.
(Sine anberc (5rflärung ®cnefc'ö, bic mir uns näl;er anfehen
motten, ift bic ben ber (Sntftctning ber Neigung jum (|5etbe ober
be$ ®ei$e£. „Sie feilen mir", fragt 39enefc, «bic fo meit ber*
breitete Neigung 311m (Selbe erflären? 3m Allgemeinen ift
bie 5lntmort hierauf fel;r leicht. Die Surjel ber V-uftempfinbung
liegt Incr in ber Horftcllung, nicht bc$ (Selbe«, fonbern berjenigen
Dinge, für metdje ba« (Selb iDi ittel merben fann. Der £ab*
füdjtige begehrt ba« (Selb bielleicht, um feinen (Säumen auf
mannigfache Seife ju fifeeln; juglcich aber mill er aud? fein
mit SKufif, fein 2(uge in bem (Senuffe einer reiben Statut
eber in bem (Senuffe bon (Semälben ergeben ; er mill , für "bic
(Srgöfeung burch (SinbilbungSborftcllungen , bic auSgefuehteften
2fteiftcrmerfe aller Helfer anlaufen, null burch (Slair, unb bracht
@l;rc fieb ertberben, mill 3lnbem mitt^cilen fönnen". „^abfuc^t
unb (Seij fann etnerfeit« au« ber SSegierbe nach einem reiben
unb luftigen £cben«genuff e ; anbrerfeit« au« ftux&t bor (Sutbety*
rangen entfpringen. Da« Streben babei fann ferner mehr ober
meniger ebel fein: balb finnlidbe (Senüffc, balb äft^etifc^e, balb
intellectuelle :c. ; e« fann fich auf imfer eigene« Sein, ober auf
anbete 9flenf<$en bejict;cn, ba« tefcte j. 23., menn 3emanb für
feine föinber ober für eine mehr ober meniger au«gebelmte (Saft*
frcunbWaft, ober für mohlthättge Bmccfc geijt." (^f^. Sfijjen II,
313 ff.) Stilein nun entftc^t bie ftrage, fährt öcnefe fort, mannt!
beim bie Neigung nicht auf biefe begebenen Dinge, fonbern
eben auf ba« (Selb belogen mirb, ober, ma« baffelbe ift, marum
bie Sßorftetlung be« (Selbe« in fo fjotyem (Srabe ^erbor-, bie SBor*
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144
ftellung ber burcfy baffelbe |ti erreicfycnben £>tnge fo weit jurücf-
tritt, ba§ wir un« ber Unteren faum ober gar ntcfyt
bewußt werben? £)ie Urfactye ift bie, antwortet 33enefe, baß
bei aUen ben »ergebenen Neigungen, welche burcfy ®elb $u be=
friebigcn finb, ba« ®elb bie gerne infame ober 9)? itteloor*
ftellung ift. 3ebe einjeine Neigung ift im ®etft nur einfach,
bie ütforftcllung be« ®elbe« aber, we% bei allen einjelnen Nei-
gungen ficb wieberfyolt, fe^x oielf aä) gegeben, unb biefe $iel =
facfyfjeit ober biefe« 3ufammenf ließen ma$t bie Starte
biefer Neigung au«, um fo mefyr .ba bie fcerfcbiebcncn einzelnen
Neigungen notfy burcfy ifyren ©egenfafc ei na über oer-
bunte In muffen. (Crbenbaf.)
^luct; biefe 2Ut«etnanberfefeung Jöenefe'« bebarf woljl unb
tterbient {ebenfalls feine ausführliche ©curtljeUung. Nur wenige
Sorte barüber. 23enefe will ben ®eij erflären unb meiß nicfyt
einmal, wa« ®eij ift. Vielleicht Ijat tyn ba« Sort „getjen" ine
gemalt, welche« eine anbere Söcbeutung hat, al« ba« Sort „®eiä".
3n bem ©orte geilen ift ein außerhalb liegcnber £)md au«*
gcfprochcn, bcr ®ei$ aber ift nur etwa« in fich felbft, er ift
fid; felbft 3wecf. Ser $u irgenb welchem 3wccfc gct$t, mit feiner
3eit, mit feinem Vermögen unb feinem (Mbe, ift nicht geijig,
fonbern nur fparfam. Sie unterfchctbet 23enefe <&ei$ unb Spar*
famfcit? Nach feiner (^flärung«weife würbe er woljl oem einen
begriff mehr ba« Temperament ber Nei$cmpfänglichfeit , bem
anbern mehr ba« ber Mftigfeit jum ©runbe legen. Senn öe*
nefe, wie er nicht getrau, auf ben magren Unterfchieb ber betten
begriffe jurttcfgegangen wäre, fo fyätte er bie richtige Söebeutung
be« Sorte« ®ei$ unb ba« Sefen ber Sacbc erfannt. Die Spar*
famfcit ift nicht etwa ein nieberer (&rab bc« ®ei$c«, fonbern ge=
wtffermagen ein ®egeufafc beffelben. Semanb fann auf« |)&chfte
fparfam fein, um fich ein Vergnügen $u beschaffen ober au« furcht
*or ber 3ur>unft ober um Zubern wohltun. Senn unb fo*
weit er au« biefen ®rünben fparfam ift, ift er nicht geizig.
Geijig ift 3emanb nur au« bloßer reiner (man f&nnte fagen fpe*
eififc^er) Neigung junt £aben, eine Neigung, bic, Weil fie eine
feiere ift, feinen anbern 3wecf haben fann, al« ifyrc Selbft-
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145
befriebigung. $)er (Seigige berfagt fich ja bie (Sentiffe, unb
oft bie nothtoenbigften, tocit er nur am £aben fctbft, am (Selbe
feCbft hängt. $)er ®etg ift ba^et bie h&#e «Stufe ober ba«
Uebermafc ber Neigung gum §aben, toelttye« ein (SJrunbberm&gen
be« menfehlichen Reifte« unb al« fotchc«, obtoohl in »erfchiebener
(Stärfe, allen SDienfchen angeboren ift. Schon ba« $mb n>ill haben
um gu ^aben. ©enefe leugnet bie« freiließ ; et fagt, ba«
Streben ber $inber nach bem Jöefife oon £)tngen gu anberem
Btoecf, al« um augenbttcfUdjen 9cufcen baoon gu gießen, fei um
natürlich unb im (Segenfafc gu ihrer @rfenntni§ftufe , weit fte ja
noch feine roeittei^enbe 93orftellungen bon bem Sftufcen ber
£)inge Ratten; toenn baljer £abfucht bei ben ftinbern fich finbe,
fo müfjten bie t^r gum (Srunbe liegenben $orftellungen, toeü
fie feine natürlichen feien, ihnen bon Zubern „etngebilbet
(hineingebilbet) ober eingeimpft* fein, „üftan §at ihnen
empfohlen, forgfam für fi<h gu begatten, loa« man ihnen gegeben
hat; b,at ihnen baffelbe heimlich gugefteeft, mit ber Söarnung, e«
bor Slnbern nicht feljen gu (äffen; fyat ihnen <Sparfamfeit, 2fttj^
trauen, furctytfame Klugheit unbebmgt unb unberftänbig ange*
priefen jc." ((£rgiehung«lehre I, 381.) $Me arm geigt fich überaß
Jöenefe'« (Sh«tafterfenntnij? ; toie toentg mufc er Äinber beobachtet
haben ! 2Beit früher al« ba« $inb jene vermeintlichen lehren nur
f äffen fönnte, feljen n>ir befanntlicb bei ihm bie £uft gum §aben
oft in ooller «Starte auftreten.
Wur biefer Langel an (Sharafterfenntnitf, ben mir bei mannen
^f^ologen finben, maebt e« begreiflich, tote btefe Männer über-
haupt an eine (Srflärung be« £ afein« ber menfehlichen @harafter-
güge beuten tonnten. (Sin eingiger freier ©lief auf ba« reiche
£eben be« menfehlichen Reifte« hatte f*e tyten 3rrthum erfennen
laffen. £er (Seift be« SDtenfchen ift bie Heine 2öelt. $)a« ÜDa-
fein ber berfchiebenen Gräfte be« (Seifte« erflären gu toollen, ift
bem gu vergleichen, al« toenn ber Sßaturforfcher ba« $)afein be«
ßifen« ober be« (Solbe« ober be« (Sauerftoff« ober ber SWenfchen
felbft, ober ber betben (Sefchlechter ber 9)cenf<hen, ober ber gangen
SCugentoelt, ober ber SBerhältniffe be« SWenfchcn gur Slu&emoelt
erflären tooüte. (So tote ber Waturforfcher biefe gange Söelt bet
Sdjeoe, $!>renolofltfd>e «Übet. S. «ufl. 10
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Grföetnungen, mie bie (Srfaljrung fie tljm als oorfyanben geigt,
t>ergtci^t unb orbnet unb betreibt, unb bie« feine Biffenfd^aft
nennt, auf bereu ftutfe unb föeic^um er ftolj ift, fo toirb ber
mafyre ®etfte$forfa)er bie ©ett be« Reifte« unb feiner utanni<$*
faltigen Gräfte, — ®efa)te$t«trieb , @igentl)um$fmn , Äampfftnn,
@to(j, SBo^lmotten zc — nicfyt erft fcfyaffen motten, benn fie ift
fcfyon oorfyanben, fonbern er mirb oerg(eid)enb unb befctyreibenb
unb orbncnb bie einjetnen (5rfa)einungen ober £l)atfa<$en fammetn
unb i^re Harmonie unter ftcfy fetbft unb mit ber Stufentoclt nacfy=
jutoetfcn fucfyen.
13. .
Weitere «eifptefe mitjutyeUen, mie «enefe na$ feiner Seife
bie nteitföttdten ®ei|te«fräftc .entfielen" (aßt, mürbe überflüffig
unb für ben Sefer ermübenb fein. <3o toie naa> ©cnefe ber ®eij
auf ber SBorfteUung oon bem ©ebraucty be« ®c(be« beruht,
fo beruht ber @tot$ auf ber SSorftetlung be« eigenen Sertfye«,
mornatfy ^Derjenige, tt>etc^cr bie flarfte 35orfteüung oon feinem
teeren SBertfy Jjätte, au$ ber ©toljefte märe; fo beruht ®rau=
famfeit unb 33o«!jeit auf ber ©ergfeictyenben SSorfteUung fremben
($lüc& unb eigenen Ungtücf«, mornaa) ber Ungtücfu'ctyfte ber S9o8*
fjaftefte fein mürbe; u. f. m. 3a 53enc!e fa)eut fia) nictyt, fetbft
(Sittficfyfeit unb £ugenb auf bie fatte SBorfteUung unb 3öer%
fa^äfeuug ber £>tnge unb SSerljättntffe jurüdfüljren }it motten!
(0 temporal o — systeniata!) @o ift ©enefe'S ganje £)ar*
fteüung im ©runbe eine fortmä^renbe Negation, unb mtrb eben
babura? matyrljaft unfyeimüd?. £)er menfc$fta> ®eift oerliert unter
feinen Rauben SÖJärme unb geben unb oermanbett fi# in ein
©erippe.
Unb im 2lngefia)t biefer SDarftettung , im Sfngefia^t feine«
Aftern«, meld&e«, mefyr ate irgenb ein anbere« »or ifym, blinb
unb fcfyroff ber 9ktur entgegenfteljt, erflärt 23enefe, um ba« 9J?af?
ber ©eltfamfeiten ju füttert, feine ^ftyd&ologie fü* eine Statur*
mtffenf<J)aft! 3n aßen feinen Schriften fybren mir iljn bi«
jur (Srmübung feine ®eringf$äfeung gegen bie bisherigen ^ßfi$o=
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147
logen ausbrechen, tt>cil fic in leeren Speculationen befangen
gewefen, fiten wir ihn fich felbft rühmen, ba§ et bie ^ftychologie
$ur sNaturwiffenfchaft erhoben; einem feiner ©erfe hat er fogar
ben £ttel gegeben: gehrbueb ber ^fochotogte als 9caturWtffenfchaft.
Dies oeranlajjt uns, grünblich bie grage ju unterfuchen, welches
bie Stellung einerfeite ber bisherigen, anbrerfeits ber ©enefe'*
Wen ^ftychologte &ur Statut ober gur Sftatnrwiffenfchaft ift. 23on
ber Phrenologie, welche SBenefe nicht tarnt, fefyen wir cinftweilen
bei biefer SBergleidning ab.
Den (S^rafter ber bisherigen pftychologte fönnen wir im
ungemeinen unb abgefehen oon bem wenig nichtigen Unterfd^ieb
$wifdhcn ben unenblich oielen einzelnen Styftemen als ben ber
Unnuffentjeit bezeichnen. ?Ule pfi$ologen gefangen in bem
Söeftrcben, jur fahren 9iatur beS ©eiftes oorjubringen , nur bis
ju ben SB orten, mit benen bie Spraye bie mannigfaltigen
®eifteSthätigfeiten beseitet; fich glcichfam in biefem ©ortnefce
fangenb, galten fie baffelbe für baS gefudjte 3iel felbft. 93er*
loirrt burch bie unenbliche 3ahl ber ©orte unb ben in ihnen
niebcrgelegten ©toffreichthum ber ©iff enfd^af t , fitzen fie erflä*
renb unb orbnenb biefe ©orte ju bewältigen unb meinen fchon
bamit auch über bie S a ety e ju herrfchen. Grin großer 9tangftreit
ber ©orte beginnt. Die allgemeinften unb umfaffenbften (93er*
ftanb, ©emüth, ®cbächtnij? jc.) werben als „©mnboermögen beS
®eifteSM, mit prächtigen ©ewänbern, Definitionen, angethan,
an bie «Spifcc beS ©örterreichcS, beS jeweiligen Softem« ber
pfhehologie, geftellt, unb alle übrigen je nach ihrem richtigen
9fange unb in forgfältiger SlmtSfteibung angereiht. 3n ber £hat,
toenn mir oon ben »ergebenen föangorbnungen unter ben ©orten,
ben oerfchiebenen @hftcinen abfehen, fo finb bie meiften pfacbo*
logifchen ©erfe im ©efen nicht« anbereS, als pfochologtfche ©örtcr*
bücher. Da man aber, um feine 3Wutterfprache 51t oerftehen,
fein ©brterbuch brauet, unb ba überbieS aus begreiflicher Ur*
fache iene ©ortcrllärungen oft gelungen unb unrichtig waren,
fo enthielten biefe ©erfe im ®runbe ©enig ober Vichts ; was
fie Nichtige« an ©orterflärungen gaben, oerftanb fich oon felbft,
unb bie föaugorbnung ber ©ikter, baS ©ttftem als folchcS, mar
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«Pfpc^otogic unb $&renologie.
{ebenfalls bebeutungSto«. 3nfoferu alfo fann man bic bisherige
sßftycfyotogtc fdjled^tmeg eine unmiffenbe nennen.
®an$ anbei« iöenefe'« ^ßfycfyologte. <S0 bleibt ba« SBerbtenft
$enele'6, baß er mit mehreren anbeut 'Photogen richtig er*
famttc, baß btefe« Rieten mit SBorten unb tieffimüge Specu*
Uren über i^re ©ebeutung merttylo« unb nutytig unb nichts meniger
at« eine SBiffcnf^oft ber ®etfte«lehre mar. «enefc fü^rt aus*
brücftid) einige jener <ßfocf>ologcn auf. ($ft$ol- @ftgjcn II, 577.)
Mein er fu'elt im heitern £fnm unb Waffen nidjt gleiten Stritt
mit Unten. Sie alle fucfyten einen ÜDtamant: fetner fanb iljn.
3ene anbern ^ftyctyologen belieben fiefy, nuffenb, baj? man nicfyt
$lllc« finbet, ma« man fuc^t. JBenefe belieb ftety ntcfyt, er grub
mit Orifer einen fcfyledjten Hiefel au« bem Sanbe unb glaubte
unb erflärte taut, bajj bic« ber gefugte Diamant fei. $u folgern
beginnen gehört fürftatjr aueb ein Spielen unb Speculiren, aber
meit großartiger unb meit fcfytimmer al« jene« anbere. £)ie frü*
tyeren sßtycbologen fpielten unb fpecultrten nur mit Korten, ©e*
nefc mit ber Sac$e. (£r ift ein §elb im Spielen unb Specu»
liren, bie Slnberu Sctymächtinge gegen ifnt. 3n ber ganjen Sßfy*
ctyologie ift niemal« au<$ nur etma« entfernt fo Unberftänbige«
unb ftaturmibrige« mic $enefc'« Öeljre bon ber ©runbbefctyaffen*
feit unb ben inneren Vorgängen be« ©eifte« erträumt morben : —
biefc Sefyre mit iljren $lngelegtl)etten unb gän$licfy unerfüllten Ur*
bcrm&gen, mit iljren geiftigen Temperamenten ber Äräftigfett unb
ber föeisempfanglicfyfeit , mit tljrer 33ollrei$ung unb t^rer £uft*
reijung! 3dj Ijätte gern leitete, »eil id) tljn ber Phrenologie
gegenüber fo fcfyfter tabeln muß, ben übrigen Pfr/cfjologen gegen*
über ioeniger niebrig geftellt, aber um geregt ju fein, fann tety
e$ nid^t. Söftyrcnb ®robifcfy unb föofenfranj Scanner bon ®eift
ftnb, mäfjrenb namentlich ^robifc^ bie ^f^otogte fo $0$ geftellt
^at, al« fte auf bem Stanbpunft ber Sefbftbeobactytung möglicher*
metfc fte^en fann, mäfyrenb Scheibler, ohne ®etft 311 Ijaben, ein
üflann bon miffenfchaftltcher ©npty ift, zeichnet fidt> «enefc burch
einen fchr großen fanget an gefunber Urtheil«fraft au«, hat er
bie $fty$o(0gie in feinem Softem fo niebrig geftellt, al« fie bor
ilmt mental« geftellt morben mar. 9iicht blofje Uunuffenheit alfo,
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^fa^ofogie mib ^Ijrenologic.
149
fonbern ettoa« tt>eit ©flimmere« ift ber ßljarafter feiner <ßty'
cfyologie.
Unb biefe feine $ffycfyotogte, melctye nid^t mir, toic bie frühere,
nicfyt« bon bet Diatitr toeife, fonbern iljr Ijßlntenb in« 9lntlifc
fcpgt, nennt ©enefe eine 9laturn>if f enf<$af t! Qx fütyrt
fotgenbe Sorte ©oettyc'S an. (^ragrn. $fod)ol. I, 300.) „KB*
gefd&macfte 3Wenfc$en! 3t;r mac$t es wie genriffe bentfdje ^ito*
foppen, bie fid^ eiubilben, menn fie fic^ breijng 3aljre in iljr
©tubirjimmer etufdpffeu unb fiefy lebigltcfy bamit befestigten,
bie Obeen, toeld&e fic au« ifyrem armen ®et?irn fierau^jic^cn , ju
fieben unb 311 beuteln, fo würben fie einen uncrfcfyöpflidjcn Oucll
bon Originalität erlangen ! Sipt tljr, toa« babei fjcrauöfommt ? —
Solfen, ntcfyt« at« Solfen! — 3a) n>ar tauge genug fo tfyiktd;t,
mid) über biefe $lbgefd)macftfyciten gu betrüben, fo baß mir nun
in meinen alten £agen toofjt geftattet werben mag, und) barüber
luftig ju machen unb barüber ju tacken." Senn biefe Sorte
oon ber früheren ^ftyd}ologie gelten Wunen, fo gelten fie in nod)
weit leerem 2ftaj?e oon S3enefe felbft. fragen mir tyn jum
Ueberflu§, ob er irgenb e i n e n ©etoei« oon naturtoif|enfc^aftli^en
©tubten gegeben, ob er eine neue £fyatfad)e, bereu bie Berniter,
bie Wfifer, bie ^renologen fo biele £aufenbe gefammelt, nad>
gemiefen Ijabe? 9tein, neue £fyatfad)en 311 gemimten lag Söencfe
fo fent al« mflgüd); er mar fo feljr in ber @elbftbeobad}tung,
in abftracten £)id)tungen unb träumen, befangen, ba§, menn fid)
ifmt eine £fyatfad)e bon felbft bargeboten Ijätte, er an iljr, oljne
fie gu beachten, borübergegangen märe. Sir Ijaben bereit« oben
(§ 8) gefefyen, tüie er über 9caturforfd)ung unb über neue ober
merfioürbige £l)atfad)cn benft. 3tt einer anbern ©teile legt er
ein nod) entfd)iebenere« ©eftänbnip in biefer ©egicljung ab; er
fagt: „Od) weife gu tooljl, toie biet in ftolge ber fteten Sin-
fpannung in abftracten ©tubien mir felber in allen biefen
(praftifd^en) «egielwngen abgebt", ((JrjiefumgSfeljre , 33orr. V.)
(Sollen Sorten gegenüber nennt 33enefe feine ^ßfocfyologte eine
^aturmiff enfd)af t !
3tod? ein töätyfet bleibt im« fd)tte§ltd) }u töfen übrig.
Sie fonnte 33enefe'« ^ftyd)ologie, fo befd)affen, fo in fid) toert^
1
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150
$foc$ofogte unb «ß^reitorogie
lo8, ürie mir fic fennen gelernt fyctfren, fotc^c Verbreitung unb
Slnerfennung unter ber Vehrcrmclt finben? £ie Vöfung biefeS
SRäthfcl« ift bereit« 51t Anfang biefer £>arftcllung (§ 1 unb 2)
angebeutet. GrtmaS anbereö fommt ffixqvi. Da* (Srtoachen ber
Denffraft in unferer £eit ift auch in ber t'ehrermelt ftd;tbar
herborgetreten. Söä'hrcnb bor Rimbert, bor fünfjig 3a^reu bic
meiften VolfSlchrcr geiftig felbft fttnber maren, unb ifjre Schüler
nicht fomohl ju unterrichten, at« meebauifeh abzurichten timfeten,
finb in unferer >5ett bie VolfSlchrer benfenbe Männer geworben,
bic mit .$er$ unb mit Seele ihrem Berufe leben, unb fich ein
ftitleä aber unenblich großes 23erbienft um bie beutle SBolfä*
bilbung ermorben haben. Slber eben ber erwachte (Gebaute mufitc
fie einen großen fanget in iljrem eigenen 2ß3tffcn erfenneu (äffen.
Um gut )it unterrichten, um ben ®etft beö Äinbeä ju bilben,
baju bebarf e$ bor 2111cm ber tenntntj? be$ Reifte«, einer
tenntnifc, — meld;e eö Bt«^cr nicht gab. Denn bie bis*
herige fogenannte ®etfte$lehrc tonnte natürlich, wie in jeber anbern
Beziehung, fo auch für ben fiehret nur burchauS unfruchtbar fein.
Da trat ber s13fh<h»>fo8 ©enefe mit ber Skrficherung auf, feine
($eiftcStehre biete Slnbcre« unb ©effercs als jene !*öort= unb Sdc
griffSerflärungeu , fie gehe ber Sache auf ben ®runb, fie ber*
folge ben ®eift bis ju feiner Cmtftehung unb Qrntnricfelung jurtief,
furj fie fei eben baS, was ber Lehrer bebürfe unb fuche. Diefe
23crftd;eruug ^ätte für fich, unb wie Benefe'S £ehrc im Uebrigen
befchaffen mar, ben gefunben Sinn ber i'ehrer nicht ju tauften
oermocht. Allein SSencfe's ^ftychologie enthielt ein wichtiges
naturttüffcnfchaftücheS ober ^hrenologtfcheS (Slement. Söir $aben
gefehen, wie Söenefe, olnic bafe er c$ fich f*W belauft mar,
feinen ausgekrochenen (SJnmbfafc ber Selbftbeobachtung bcrläfct
unb bie Beobachtung ber menfehlichen (Sharatteruerfchiebenheit
jur Stnwenbung bringt. Die Wahrheit hat eine fo überwälttgenbe
traft, baß fie bura) ben bichteften Srrthum ihre Strahlen wirft.
Da§ ber ®eift nicht einfach ift. «erftanb, ®ebächtm& 2c.
nicht ungeteilte Gräfte finb, fonbern mehrfache Elemente in ft<h
tragen, fchon biefe eine aus beut ßeben geköpfte unb befonbcrS
für (Srjiehung unb Unterricht fo fruchtbare Söahrheit mujjte bie
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Vfotyfoflie unb ^renefogie. 151
tfetyrer ju Stn^ängern einer ®eiftc$Ie^re machen, u>eld)e tynen fo
»tätige 2foff$ltiffe mefyr bot, al« jebe anbete. Söeu^c ftreube
nnrb unter ben Syrern fein, menn fie ble Duette felbft, au«
toelctyer «enefe mit unreinem ®efäji gefc$b>ft, in tyrer Wehu>it
unb in iljrer ganzen reiben ftüüe fennen fernen werben!
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IX.
(&\nc IWfcfung über Phrenologie.
Siel, ntd)t «telftlei!
T)ic $l}rcnologif<$en Silber böten einen 2ftangel bar, toenn
i($ nntcr ben berfcfyiebencn 9(uffäfeen, roel($e bie ^Phrenologie näljer
begrünben, ober bie 2Wtj$berftänbmffe über fie aufflären, ober
i^re 2tnn>enbung auf« öeben jetgen, nicfyt auc$ toenigften« ein
«eine« ®ru$ftü<f ber ^^renotogic felbft gur Earftellung brächte.
3u biefem 3n>ecf labe idj ben freunbli<$en Sefer ein, miety in
eine 33orlefung $u begleiten, toie tc$ fie bor 3u^örern ju galten
pflege, toetd^e <£ttt>a$ über ^Phrenologie ju ty&ren toünföen, aber
bietfei^t nur biefe eine 33orlefung befugen toollen ober fönnen,
fo ba§ i$ alfo ba« (Sange ber 2öiffenfc$aft in ben Vortrag bon
einer <Stunbe jufammen$ubrängcn beranlafct bin. 3$ beginne
mit ber furzen £)arftellung ber b e i b e ti £ a u p t f ä <j e ber ^fyreno*
logte, bajj 1) ber 9ttenf<$ befonbere unter fi<$ getrennte innere
©inne ober (Srunbfräfte be$ Reifte« Ijat (Stuftä^ung berfelben,
(Sintljeilung in brei (Gruppen, ungleiche <3tätfe berfelben al$
Urfadje ber menf^tic^en Gljarafterberf($iebenljeit jc), unb ba§
2) biefe <3inne Organe fjabeu, toetd^c im (Seljtrn bereinigt finb
((Srflärung ober 23eranfc$auttc$ung be« ®eljirnbaue$ , bie tfage
ber [je boppelten] Organe ober ®efyirnäft<$en, i^re unter fic$ ber*
fetyiebene ®rö§e bei ben (Hnjetmenfchen als Ur[a<$e ber 55er*
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Sine SSorfefitng ü&er ^Ijrcttofogic.
153
fcfyiebenljett bct $opfgefralten, ic). £iefe furje £>arftettung festlege
i$ mit ber 33emerfung, baft e« meine Aufgabe für ben heutigen
Vortrag (et, biefe beiben £>auptfäfce ber ^Phrenologie näljer ju
erläutern ober ju begrünben, unb bafc, mett naturioiffenfcfyaftlutye
Erläuterungen am beften burefy 39etfpte(e gcfcfyefyen, mir au«
ben inneren «Sinnen einige ljerau«Ijeben motten, für ben heutigen
Vortrag ba« Slmicatal unb ba« Oppofttal, bamit idj an biefen
©eifpielen be« SRäljercn jeige, ma« bie ^Phrenologie unter inneren
binnen berftefjt unb mic fie jur ßntbeefung unb 9kc$n)eifung
berfelben gefommen ift.
Slmicatal, Sinn ber 3(nljängli(tyfett , ber $lnfc$lie§ung,
ber Xreue, ber ^reunbfd^aft. 3e$ci$ming be« Organ« an ber
pfyrenologiföen ©üfte: $interfopf 9^r. 4 (S. 7) jmifc^en Oppo*
fitat unb Snfantal.
(StaU tarn baburc§ jur Grntbecfung biefe« «Sinne« unb feine«
Organ«, bag er ben $opf einer SDame naety Ujrem £obe ju unter*
fuetyen beranlafct mürbe, meiere ein dufter oon £reue unb $ln*
!>änglic$fctt mar, bie fie in ben berföiebenften SBerfjältniffen be«
t'eben« gegen iljre greunbe bemiefen t>atte. ®all fanb an bem
Äopfe nt$t« Slnbere« bemerfen«toertl?, al« eine fetyr ftarfe <£nt*
micfelung ber bezeichneten ©teile, ma« iljn bie $ermuttyung faffen
lieft, e« möge biellet<$t einen befonberen Sinn ber SlntyängUcfyfeit
im 9ftenfdt)en geben, ber an biefer Stelle fein Organ Ijabe. SDiefe
SJermutljung betätigte fiety im Verlaufe ber &\t burety £aufenbe
gefammelter Sinjetfäüe. $>er Sinn mit bem Organ ftefyt miffen*
föaftlid? feft.
S3ei ber ÜDarfteüung be« Sinne« müffen mir, um bon born*
herein bie mögliche tlarljeit in unferer bielfacfy mijberftanbenen
©tffenföaft ju magren, bie beiben $>auptfäfce ber Phrenologie, —
ben <Safc bon ben «Sinnen unb ben bon ben Organen ber Sinne,
— ftreng getrennt galten, ©ir fetyen batyer juerft bon Allein,
toa« Organ ift, ab unb fragen : hat ber üftenfcfy einen befonberen,
bon allen übrigen «Sinnen getrennten Sinn ber Slnfyängüdjfeit?
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154
(Sine Sgorlefung über «Phrenologie.
ÜDie $ftyd)otogte, tDctd^c bi«ljet ai« (9eifte«lel)te galt, — wm
auf fte einen ©lief jutücfattüetfen, — hwjste nicfyt« bon einem
folgen «Sinn, n>ie fte überhaupt oon feinen befonbeten ©innen
etwa« nnt§tc. @ie leitete oiefatefyt bie betriebenen Gifyataftet*
$üge be« 2JJenfd)en bie einen au« ben anbeten ab, ober etftätte
bie einen au« ben anbeten ober au« fonftigen Umftänben: unb
jeber $fod?o(og bie« in anbrer Seife. Gtnet fagt j. 33. (toenn
et übetfjaupt untet ben menfcfyficfyen £fjataftet$ügen eine« 3uge«
füt 2lnf#liefeung unb greimbfe$aft geben«), bet Sttenfdfr fcfclie§e
(idj au« £Uf«bebütftigfett an feine 2ftitmenf<$en an ; ein anbetet
füf;tt tiefen 3ug auf eine allgemeine <SJemütt)üc$fett obet ®ut*
müujtgfeit jutücf, u. f. tt). £>ie ^ßljtenologie bagegen behauptet,
baß biefe« (Stftäten obet Ableiten bet G^ataftetjüge au« einanbet
in je bet Söejteljung ittig ift. Sie toeift im (Sinjelnen naefy,
baft — um ju unfetem Xljema jutücfjufeljten — bet 3U8 bet
3lnfyänglid;fett ni$t anbet«N)ol)et abgeleitet toetben fann, fonbetn
auf einem fetbftftänbigen Sinn betuljen mu§, »eil biefet 3ug fai
Rieten unb bei SDfotftyeit in bet Statte gan$ unabhängig bon
allen anbeten Gfyataftetjugen gefunben nutb.
©ei oielen £fyieten »om octfdn'ebenften fonftigen (Sfjataftet
finben tott eine fefyt gtofee Slnfjänglictyfeit. ^fetbe unb O^fen finb
oft fo anfyängti($, bafc fte ftanf metben, toenn man ba« an einanbet
geto&tnite ^ßaat ttennt. attan fennt bie 2ltt Papageien, bie ben
tarnen: bie Unttennbaten (Insöparables) Ijaben, toeit fie ge*
loitynlicfy ftetben, wenn man fie ttennt. Sine SRobbe toat fo an*
fyängltcfy an (&all, bafe, toenn et wegging, fie in intern £tog alle
Slnfttengungen machte, um iljm ju folgen. 9ttan Ijat fcfyon oft
bie Ofteunbfcfyaft 311 betinmbetn ®etegenljett gehabt, toetcfye jtoif^en
einem ^ßferbe unb einem §unbe, einem 88u>en unb einem £mnbe :c.
befteljt. ÜDet £unb ift buttty feine £teue unb Slnljänglicfyfeit an
feinen §ettn, ioobon bie tnfytenbften unb metftoütbtgften JSeifpiele
befannt finb, jum <Spttd)toott getootben. (S^äfjmte Söölfe tyaben
in Slbtoefenfjeit be« §ettn aüe jWa^rung oettoeigett unb finb
junget« geftotben. 5tuf bet anbeten Seite finb bie ftätle fefyt
fyäüftg, tt)o bei Rieten betfelben %xt unb fcon gleichem fon*
ftigen ßtyataftet bie SfatyängUdjfeit fefyt ungleich ftarf ift.
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(Sine «ortefung über ^Phrenologie. 155
Söä'ljrenb 33. »tele £utnbc fo treu finb, fidj bon tljrem £errn
nicfyt trennen taffen unb ftetö lieber ju ifym juruiffetjren, taufen
anbere bon einem §au« in« anbere, ton einer "perfon jur anbern
unb finb Sftiemanbem treu. Grbenfo bei aßen anbern Spieren.
33on ben bieten Sögeln, <5i<$r)8rncfyen u. f. tt>., toe(c$e ®atf, um
ifjren (Sljarafter gu ftubtren, aufeog, geigten einige ®leicfygittig*
feit, anbere bie tebtjaftefte 3uneigung unb 2lnt>ängti$feit für it)n.
£)iefetbe Unabtjängigfeit be« 3ug« ber ?lnr?ängtic^eit bon
atten anbern £t?arafter$ügen finben nür beim 9flenfc$en toieber.
3Me Slntjänglicfyfctt ift bei mannen 2)?enfcfyen ein bor atten anbern
ftarfer (Sbarafterjug. $alt ergäbt bon einer Bäuerin, n>et$c
au« 2liü)äugUcfyfeit breimat oerrüeft toar, einmal beim Job ttjre«
©ruber«, bann bei bem itjre« 2$ater«, jutefct beim Job itjrer
9ftutter. Dlacfybem fie jum brittenmat Ijergeftettt toorben toar,
fragte fie ®att um 9?atlj, unb ftagte, ba fie feljr religtä« toar,
über tr)re ungtücfticfye Neigung, fid^ über ben SBertuft getiebter
^erfonen metjr gu grämen, at« e« bie Religion ertaube. SMdje
Stn^änglic^feit fyaben oft üDtener an ifyre Herren unb toc(d?er
Aufopferungen finb fie au« biefer 9(n$ängtid?feit fätjig! 2öie
groß ift bie 2lnfyängU<$feit mancher grauen an tyre Männer,
n>etc$e btefe 2tn^ängli$feit oft nicfyt einmat berbienen, toelcfye
itynen mit #ätte, £ärte, ®ertngf$äfeung begegnen, bereu Untreue
ttjnen befannt ift, bie fie nittyt einmal achten fönnen. 3n aßen
biefen unb ätjntic&ett gälten fann bie $nfyä'ngti$feit au« irgenb
tt>et(fyen anbereu Gfyarafterjügen nict)t crflart toerben. <So J. 33.
ntcr)t au« bem äßoljltüollen, ber atigemeinen §erjen«gütc: benn
bie 2(nfyängli$feit ift oft ftarf bei ÜWenfdjen, toetcfye fonft feine«*
toeg« liebreich unb menfcfyenfreunbltd) finb. @o ljat man nament*
lidj oft bei großen unb graufamen Verbrechern eine 2lnr;änglicf>*
feit unb SEreue an tyre greunbe gefunben, bie eine« befferen <5tjaraf=
ter« toerty getoefen märe. äftarty 3ttac 3nne«, bie in @ngtanb
ben £ob einer 23crbrec$erin ftarb, af no<$ auf bem <§c$affot
eine fyalbe Orange, bie fie bon ifyrem beliebten ermatten, unb
tpar no<$ im Slugenbticf be« £obe« glücfttcty burety ba« ^efti^t
itjrer ^reunbfd^aft. Sludb im reltgtofen ®efüfyt fann bie Mjäng*
ticfyfeit nic$t iljre Qrrftärung finben, benn bie @ef$tdt}te ber SReli*
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156
(Sine Sorlefung ttfccr ^renologic
gionen jeigt an ben Söeifpieten ber (Sinfiebfer, ba§ bie ©tärfe
ber 5tnljängücfyfeit mit ber ©tärfe be« retigtSfen ®efüljt« oft fo*
gar im umgefetyrten 33ertjältm§ fteljt. Slutfy au« bem ^flictytge*
füljt, ber ®etoiffcnljaftigfeit lä§t fi<$ bie Stntjänglictyfeit nietyt er*
Wären. 3n ben ebelften, getoiffenb^fteften Staffen ift oft ber
3ng ber 8n1?ängtt$!eU f($toac$. 3$ hatte al« ©tubent einen
ftreunb, ber ein toortrcffü<$er, getoiffenljafter, auefy fefyr tatent*
ooltcr 2ttenf<h toar, ben e« aber, toie er mir fagte, ni$t« foftetc,
fid? oon benen ju trennen, mit benen er fein ganje« Sebeu su-
fammengetoefen toar; er toar am liebften allein, ging aHein fpa*
Steren, nannte fi$ and? felbft einen gebornen (ginftebter.
SBir fönnen bie bt«ljerigen Slnbeutungen in biefen ©orten
jufamutenf äffen : toenn toir einen 2)2enfc^en in allen feinen fon*
ftigen @harafter$ügen genau Umtun, toenn toir toiffen, ob er toofyl*
toottenb ift ober nidjt, religio ober md^t, eitel ober nicht, ob
er biefe« ober jene« latent ^at ober nicht, fo toiffen toir bamit
noch nicht jugleich, toie ftarf ber 3U9 ber Slnhangltchfeit in ihm
ift. Grbenfo umgefehrt, toenn toir bie <Stärte btefe« 3ufl8 xn
einem 3ftenfchen fennen, fo Hüffen mir bamit noch nicht« oon feinem
übrigen Sharafter. Der 3ug ber Slnhänglichfeit ift atfo, — nnb
bie«, oerehrte Slntocfenbe, ift ba« thatfächliche ober toiffenfehaft*
liehe <£rgebnijj an« bem ®efagten, ober ba«, toa« @ic an« bem
bisherigen Vortrag 9teue« gelernt hätten, toenn 3^nen bie tyxeno*
logie noch nicht befannt getoefen toäre, — ber 3"S ber Slntjäng*
lic^feit ift ein befonberer, felbftftänbiger, oon allen übrigen ge*
trennter (Sinn, gerabe fo toie bie @>ehfraft nnb bie §örfraft
fetbftftänbige unb unter fich getrennte ®inne finb.
Die Phrenologie, toelchc un« bie felbftftänbigen inneren
@inne im 2flenfchen fennen lehrt, ift fo, toie toir feljen, sugteidt)
bie 2öiffenf<haft ber praftifchen 3ftenfcfyenfenntmj$. Denn bie häufig*
ften 3rrt!jümer, bie toir im Seben bei ber 23eurtheitung unferer
9J?itmenfchen begeben, entftehen barau«, bafc toir au« einem ober
einigen toenigen un« gerabe befannt toerbenben Sharafterjügen
eine« 3ftenfc$en auf feinen e^arafter überhaupt fchtte§en, unb
un« fo immer unb immer täufd^en mtiffen. 2öer bie ^^enotogie,
toer bie fetbftftänbigen inneren ^inne be« 9ttenfchcn fennt, oer=
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Sine Sorfcfung über ^renotogic
157
fällt in biefe Srrtfyumcr nit$t. SBenn et einen 3ug eine«
Sftenföen, einen befonberen Sinn fennen lernt, fo fragt er, efye
er über ben ganjen 3J?enfc$en urteilt, nacty ber Stärfe ber an*
beten (Sfjarafterjüge , ber anberen befonberen Sinne. 31?m
ift mit ber tenntnifj ber begebenen inneren Sinne ba« gtojje
aftenfd?enrätyfel gelöft, ba« Kaufet ber S5Hberfprüc$e im
9Wenf$en, ba« föätljfcl, bafc unb inwiefern ein üftenf<$ jugtetct)
gut unb bb*fe, $ugleicfy ftarf unb f<$u>a$, $uglei<$ betftänbig unb
unbetftänbig, ja felbft sugleidj bei gefunbem 33erftanbe unb n>alni-
finnig fein fann. —
3$ fjabe nun nocfy einige Sorte fu'nsujufügen, um 3fjnen
ba« $öefen, bte ®runbfrebeutung be« fogenannten Sinne« ber
9Infyängü$fett War gu machen, ®er Sinn jlefyt ba« £ljier jum
Spiere, ben 9J?enfc$en jum SNenfctyen in (Sefelügfcit ^inju unb
ift fo beim £fu'ere unb beim 2ttenf#cn bie ®runburfadje be«
3ufammenfein« unb 3ufammenleben«, unb be« ®enuffe« unb ber
ftreube, bie fn'erau« entftoringt. So mie e« £f>tere giebt, bie
allein, unb anbere, bie in (Sefellfc^aft kpen> f° {&nntc man ftaäen
unb man fyat gefragt, ob ber 2)Jenf$ bon Sftatur ein gefellige«
ober ein uugefellige« Siefen fei. £>er ^Ijttofopfy 3. 3. SRouffeau
Ijat befanntltcfy behauptet, ber Sttenfcfy lebe im ^iaturjuftanb allein,
unb nur bte 9iotljn>enbigfeit füfyre ttjn mit feine« ®tci<$en Jtt-
fammen. ?iein, fagt unfere SBiffenfd^aft, ber SDJenfd? ift, toeil er
ben Sinn ber Slnfyänglic^feit fyat, bon 9tatur ein gefellige« Sßefen.
$)ie menf<$li$e ®efettfd?aft, ober, toie toir fagen, ber Staat,—
fo unbollfommen ober fo bollfommen er im einzelnen $att fein
mag, — ift alfo ber ^aturguftanb be« 9ftenfc$en. Uebri*
gen« fucfyt ber 9ttenf$ noefy anbere, engere SSerbtnbungen auf,
tt>et$e ben Sinn mefyr beliebigen, al« bie allgemeine menfcfylicfye
®efeUf$aft bie« $u tfyun bermag. £)a finb bie Äamerabfctyaften
ber tnaben auf ben Spulen, bie SBerbinbungen ber Stubenteu
auf ben Uniberfitäten, bie $erbtnbung ber Freimaurer u. f. id.
ÜDie befte Söefriebtguug finbet ber Stnn ber $nljängli$feit natflr*
lidj in ben engften 91nfd)tie§ungen, in ber Slnfdjliejjung an bie
^reunbe, an Söetb unb Äinb, 5(nfd)liefjungen , bei melden jum
£fyetl noety anbere Sinne tfyätig finb, meldte batyer befto fefter
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158
(Sine SJorlefung über <ltyrenologie.
gufommenljalten , unb welche ber allgemeinen menfcfylicfyen ®e*
fellfdjaft ben fefteften £>att geben Reifen.
£>iernadj wirb bie berföiebene ©tärfe be« ©inne« ber 9ln*
tyängUctyfctt in einem üttenfcfyen [eine gr&ßere ober geringere Wu
gung jur ®efeüigfeit erflären. (Sin 2)?enfdtj mit ftarfem Sinn
ber 3ln^ängü^!eit wirb fic^ in ber (Sinfamfeit fe^r unglütfltcty
füllen. Slber e« ift md?t bie große Seit, bie große ®efeüfc$aft,
na$ ber e« tyn gietyt. 3m ®egentheil, 8eute mit ftarfer 2ln=
hängli<$fett ^aben gewötynli^ eine Abneigung gegen ba$ unruhige
nnb wecfyfelnbe betreibe oieler 9ftenfd)cn, wo U)r £rieb ber %n*
fcfylicßung feine ©efriebigung finben !ann. 5)ie ®efetlf(fyaft, na$
ber fiefy ein fotd&er 3Renf$ hingezogen füfylt, finb wenige auder«
wählte $reuube ober feine Siebe. $)aljer finb oft Seute, welaV
in bem engeren $ret« ihrer üBefannten nnb föreunbe al$ fehr
liebeuäwürbig, fehr gemüthli<h gelten, in ber großen <$efcflf$aft,
unter fremben 3Wenfd^en falt unb jurücf^attenb ; neue ©eftc^ter
fönnen für fie unangenehm fein. Slnbrerfeit« giebt e« Üftenf<hen,
wel^e fi$ beffer in ber großen ©efellföaft gefallen unb ba tieften*
würbig finb, bie« finb fol#e e^araftere, in benen ber ©inn ber Sin*
tjängtic^eit otelteicht fc^wach, aber bie Sinne be* ©elbftgefühl«
unb ber «eifatlsliebe, be« ©tolje« unb be« e^rgeige« ftarl finb,
meiere (entere 3«ge mehr in ber großen ®efellf#aft ©efriebigung
finben.
§ier mag noch bie ungleich ftarfe Neigung ber Üftänner
jum S^eftanb mit einem ©orte ermähnt werben. 9ftanc$e junge
Scanner, bereu SBerhältmffe fo geftetlt finb, baß fie fiefy red?t
wohl bcrfjeirathen tonnten, t^un bie« gleichwohl nicht; man weiß
nicht warum, fie felbft wtffen'S am (Snbe nicht: währenb bagegen
biete anbere junge SWänncr äußerft ungtücflich barüber finb, baß
bie ^erhältniffe ihnen oerbieten, in ben ©tanb ber <5^c gu treten,
eine ftreunbin für'« Öeben §u gewinnen, tiefer Untertrieb fommt
neben ben oerfetyiebenften fonftigen (Sharafterjügen bor, unb ftnbet
feine ßrflärung in ber oerfetyiebenen ©tärfe be* ©Urne« ber 2ln=
hänglichfeit.
Wati) ben bisherigen Slnbeutungen tonnte e« oielleicht fcheinen,
a(« ob bie 2$ättgteit be« ©inne« ber 3lnl;änglichfett fich Mo«
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Sine Borlefung über ^renologie. 159
auf ^erfonen ober auf lebenbe ©efen begehe: allein btefc $or*
au«fefcung märe eine irrige. 3Me ©ebeutung eine» jeben @inne«
ift getoitynltch toeit umfaffenber, al« ber mangelhafte iftame auf
ben erften Sölicf anjubeuten fcheint. Diefe «ebeutung reicht immer
ganj fo toeit uub fo tief, al« betifbar ift. <So ^at ber (Sinn
ber $lnljängli<$feit ebenfotoohl ©ejie^ung ju teblofen (Segen*
ftänben, al« ju ^erfonen. Gr ift e« 3. ber und nach ber
Stätte jteht, too toir geboren unb erjogen tourben, ofjne 9?ücf-
ficht barauf, ob bic 9£atur ober bie ftunft fie reich au«geftattet,
ber un« bie (£rinncrung«$eichen ber 33ergangenhett, bie (Stube,
bie mir betoohnt, bie 9ft$bel, bie nur benufet, bie £3ücher, bie nur
oft gelefcn, bie ©Uber, bie toir oft betrautet, manchmal lieber
unb toerther macht, al« 9tote« unb bteüetcht ©effere«.
£)er<Stnn ber Slnhänglichfeit hrirb, jenac^bem er mit biefem
ober jenem anbem <Sinn in SBerbinbung tritt, ftch oerftyebenarttg
thätig jeigen. 3n Sßerbinbung mit ©attenliebe unb tfinberliebe
bitbet er bie ®runblage be« ehelichen unb be« Familienleben«.
3n 55erbinbung mit bem (Sinn ber SSerc^rung ober ber Religio*
fität ift er bie ©runblage ftrehlicher Vereine. £)cr (Sinn ber
Slnhänglichfeit, abergläubifch übertrieben ober mitjoerftanben, liegt
ber f$recfli<$en (Sitte jum ©runbe, bajj bie inbifc^e Söitttoe fich
überreben läfet, mit ber Seiche ihre« ©atten oerbrannt ju toerben.
SBa« totr ftreunbfchaft in ber eigentlichen ©ebeutung, menfchlichc
^reunbfehaft nennen, ift etwa« anbere« unb ettoa« mehr, al« bie
Shätigfett uufere« „nteberen" (Sinne« ber ^nhängli<hfeit. 33ei
ber ftreunbfd;aft mujj gur SC^ätigfeit biefe« «Sinne« auch eine gc*
toiffe Harmonie ober Uebereinftimmung ber übrigen (Sinne Inn*
jufommen; bodj befteljt biefe Uebereinftimmung nicht in ber
<$ l e i ch h e i t ber ßharafter$tige : im ®egentheil, too ba« <S tr e ng e
mit bem garten, 'too <Starfeö ftd? unb 2JHlbe« paarten,
ba giebt es einen guten $lang. 3Mefc« Sßort unfere« dichter«
gilt nicht blo« oon ber ehelichen ^reunbfehaft, fonbem auth bon
ber greunbfehaft überhaupt. — Ü)ic j&eit, ^reunbfehaften ju
fchltefjen, ift bie Sugenbjeit: e« liegt i)kx ein allgemeine« ®efefc
au« ber (Seifte«* unb Organenlehre jutn (Sntnb. SfiMe ba«, toa«
toir in ber Sugenb gelernt haben, un« biet f efter unb beffer bleibt,
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160 @i«e «orlefung über ^rcnofogie.
*
af« ba« im fpäteten Seben (Metntc, fo ift au$ bie in bet 3ugenb
geföfoffene ftteunbfctyaft bie feftefte. 2J?an barf bet Sugenb bcn
föatlj geben, Wo nnb h)ie fie fönne, ftteunbföafteu ju fd&üefeen.
£at man bie« in bet Sugcnb berfäumt, fo läfet e« fi# im faäteten
hieben f$Wct nad^jolen.
£)ie ^tenofogte, wie fie fo manche« menfd&fid&e SRät^fel loft,
fucbt audj> bie «etfcbiebenfjeit be« Gtjataftet« bet beiben ©e*
fctyfed&tet butc$ bie betriebene Stätte bet einzelnen Sinne gu
etftäten. ©et Sinn bct ^inbetliebe j. Sd. ift butdrfc$mttli<$
ftätfet bei ben Stauen, bet Sinn be« Sefbftgefüfyf« bei ben 2)?än*
nctn. SSom Sinn bet 2lnljängtt<$feit behaupten bie 'pljtenologen,
bafc et butcfyfdjnittficfy bei ben Stauen ftätfet fei. ÜHefe $3e=
fyauptung betufjt gewtfc auf SZÖafytfjeit. 95Mt fennen ja bie aufcet*
otbentlid&e Snnigfeit, mit bet bie fttauen gewöljnli($ an ben
©cgenftänben ifytet 3une*pn9 Rängen. £>et tyocfyfjetjigfte, lieb*
teicbfte 3)*ann ift felbftfüd&tig in bet Siebe, im 3Betglei<$ jut
fttau. ©et SDZann fann lieben, abet et tfnit e« mit einem ge*
toiffen @goi«mu«, mit einem £inblidf auf fi$ felbft: wenn abet
eine $tau tljte Siebe fäenft, fo tljut fie e« bon ganjem £et$eu
unb bon ganjet Seele. 2Öet bie ftteunbfcfyaft einet fttau ge-
wonnen, fann ficbet fein, in bet Sa$e, in bet fie ifmt bient,
ben Sieg babon ju ttagen.
9ta$ biefen (£tläutetungen übet ben Sinn bet $lnJjängtid>-
feit geljen wit ju unfetet ^weiten $tage fott, gut ^tage nacfy bcm
Dtgan biefe« Sinne«. 3öit fennen beteit« "bie Stelle biefe«
Dtgan« am £intetfopfe. (S. bie Umtiffe S. 169.) $)et £intet*
fopf im (fangen läjjt ft<$ in jtt>ei ^äfften Reiten, eine obete unb
eine nntete. £)ie obete £älfte, ungefaßt bie Stelle be« foge*
nannten £aatwitbel« unb etwa« weitet abwärt«, befd&äftigt un«
Ijiet nicbt, fonbctn nut bie untete $>älfte. £)ie meiften 9ttenfcben
tyaben an bet fnntetften unb untetften Steüe be« §intetfopf«
eine (feine, bo<$ metfli<$e tnod^enet^o^ung, welche genau bie
(Stenge gwif<$en £tntetfopf unb £al« obet Untetfopf (bet un«
fytet aucfy nicfyt befcfyäftigt) begeicfynet. SSon biefet (Stenge an auf*
Wätt« geregnet l)at nun bie untete ©äffte be« ©intetfopfe«, mit
bet Wit e« l)ier gu tljun fyaben, ungefäljt bie öteite t>on 3 obet
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(Sine berief ung über qtyrenofogie. 161
oier Ringern unb toagrccfyt fang« ber §al«grcnse nicfyt gang bie
l'änge einer £anb. Sotten toir nun btefe $opfftellc in tyrer
(Jnttoicflung fennen lernen, fo legen toir bie fyoljle £>anb auf bie*
felbe, ni$t oon unten naety oben, fonbern toagredjt, unb nu$t
mit au«gef preisten, fonbern mit (ofe jufammcngelegten Ringern,
unb fuetyen nun burefy toicberfyolte« toagredjte« §in* unb £>er*
betoegen oermittelft ber toeiefy aber fatt aufgebrüeften inneren Ringer*
fläzen burety ba« Äopffjaar fyinburcfy eine 5lnfdjauung oon ber
$opfgeftalt ju getotnnen. Slnfang« nun, bei ben erften Äftpfen,
bie toir betaften, Ijaben toir nod& fein Urt^cit über bie fragliche
Äopfftelle unb toiffen nid^t ju fagen, ob biefelbe ftarf ober fd>toacfy
enttoicfelt fei: benn toir fennen noefy feinen Unterfctyieb, au«
beffen tenntnig erft ein Urtfyeil tycroorgeljt. ©o$l balb aber —
jenaetybem ber gufaU im« $&pfc unter bie £>anb bringt, —
fangen toir an, im« gu tounbem, toie bie ftopfgeftalt an jener
Stelle fo feljr oerföteben ift. 2öäf>renb jtoar bie meiften #b*pfe
eine mcfjr ober toeniger mittlere (Snttoicflung jeigen, finb einige
toenige an jener Steile fefyr fcfytoacfy enttoicfelt, feljr flad>, anbere
fefyr ftarf enttoicfelt, fcljr au«getoi>lbt, unb unter ben festeren
geigen toteber bie einen eine fptfce (fcfymale), bie anberen eine
breite 9lu«toölbung. ^tc ^renologie belehrt un« nun, bafj
an jener Stelle 3toei Organe liegen, ba« ber Äinbcrliebe in ber
9Jtttte unb ba« ber 9lnljänglia)feit 311 beiben Seiten. 3ft jene
gange Stelle flacfy, fo finb biefc beiben Organe Hein, bei ber
fpifecn ober fd) malen 2lu«toötbuug ift nur ba« Organ ber
toberliebe, bei ber breiten auety ba« ber Slnfyänglictyfeit grofj.
Soffen toir aber fyier blo« ben Sinn unb ba« Organ ber Smfyäng*
lic&feit in« Sluge unb formuliren ben Safc ettoa« genauer fo.
3Btr finben ben 3ug ber 3lnfyängüc$feit bi«toeilen fefyr ftarf,
biStoeilcn feljr fefnoad), in ben meiften fällen in mittlerer Stärfe
oorljanben, ebenfo finben toir jenen Xfyeil be« £rinterfopfe«,
toclcfyen bie Phrenologie al« bie Stelle be« Organ« ber 9lnljäng=
licfyfeit bejeicfynet, balb ftarf, balb fcfyroaa?, in ben meiften fällen
mittelmäßig enttoicfelt. 253enn toir nun, toie toir au« Dielen
(^rünben tfmn müffeu, oon allen fällen mittlerer Stärfe fotooljl
jene« eijarafterjug« al« jener topfftetle abfegen, unb nur bie
SdK.uc, ^rcnolofltfdje Silber. 3. «uff. 11
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162 Gine SJorrcfting üb« ^renofogic.
ftäfle ber entföieben ftarfen ober ffyoac$en (Sntancftung im $ugc
begatten, fo jagt un« bie "^renotogte, baß ofme Bittitafytic in
aHetl ptfen bic ftarfe (Snttoicflung be« Gtyarafterjug« mit ber
ftarfen, unb bie fcfyioacbe (Sntnricftung bc« Gifjaraftersug« mit ber
fc^ma^en (gnttoicftung ber ^opfftette jufammenfäflt, unb fie grünbct
auf biefe au«nafym«(ofe Uebereinfttmmung ben <Sd)tufc unb bie
Söetyauptung, bafe iencr ®etjirntl)etf ba« Organ jene« Gtyarafter-
jug« ift. ©tauben <Sie, bereite Slntoefenbe, nic^t biefer öe=
Häuptling ber ^Phrenologie, — n?o man miffen fann, foll man
nidjt Mo« glauben, — fonbern prüfen @ie! ftinben «Sie einen
einigen goß, h>o jene behauptete Uebcreinftimmung ättMfdjen
(^^arafterjug unb topfgeftatt nicfyt bor^anben ift, fo haben «Sie
bamit bie Unroafyrfyett ber ^renotogie barget^an.
Oppofttat, „$ampffinn", tfage be« Organ« (5), SBeran*
f^autic^ung burd? Äopfabgttffe.
©atf lam auf eine eigentümliche Steife jur (Jntbecfung
biefe« Sinne« unb Organ«. 35on feinen umfaffenbeu ß^arafter»
ftubien, toorin er wahrhaft grofc ift, ^aben £)ic , treibe bie
^P^renotogic nicht tennen, feine 2U)nung. (5« genügte ihm nicht,
jum 3roecfe biefer (Stubien Schulen, ©efängniffc, 3rrenhäufer
$u befugen, fonbem er pflegte Öeute au« ber niebeten (Haffe
ber ®efeüfc$aft unb oon ber (Strafe meg, bei benen fia> getoöfyn*
lieh bie S^arafterjüge am natürlichen unb ungefchmtnfteften au«-
fprechen, ßutfcfyer, iöebiente k., in ziemlicher 3a^( in feiner Soh*
nung ju bcrfammeln, unb nac^bem er bic Seutc burdj (^elbge*
fc^enfc unb Söein ^traulich unb gefprächtg gemalt, fragte er
fie über ba« au«, loa« fie gegenfcitig über ihre guten unb fcfylim=
men (Sigenfchaften ju fagen urnftten. £)abei fam einmal bie föebe
barauf, bafj fich (Sinige i^re« Sftutye« unb ihrer Strettluft rühmten,
mährenb Slnbere ihrer ftriebferttgteit ober ^urcfytfamfeit falber
berfpottet waren. ®atl ftellte bie ftreitluftigen Scanner jufammen
unb ebenfo bie ^ftiebferttgen ; biejenigen, bei benen toeber ber
eine noch ber anbere 3U3 fyeroortrat, tief er unbeachtet. Grr
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I
eine ©orfefung Über $&ren©Iogie. 163
fanb nun, bafe bei aller fonftigen 93erfa)iebenfyeit bte- Äöpfc ber
©treitfücfytigcn fid^ baburefy auszeichneten , bafe fic hinter bem
oberen £fjett be$ OljreS breit unb ooll maren, mäljrenb bie $öpfe
ber {^rtebfertigen an berfetben Stelle fdjmal unb fladt) erfdjienen.
®all faßte ba^er bie Sßermutljung , bafj an jener «Stelle be$ ®e*
fytrn« ein Organ be8 ftampfftmtö ober be« Üftutfyeä, ober, ttrie
er e$ anfangt unrichtig nannte, bc$ SKauffinn« liege. $)icfe SBer*
muttjung jeigte ftdt) balb al« begriinbet : ber Sinn unb ba« Organ
finb erliefen.
©ei ber £)arftellung be« „Äatnpffinn*" trennen totr mteber
bie ftrage naefy bem <Sinn fetbft bon ber ^rage naefy bem Organ.
SBtr fragen juetft, abgefetyen oom Organ: Ijat ber ÜWenfcty einen
felbftftänbigen, *on allen übrigen ©innen getrennten Äampffimi
ober Sinn beö SDhit^c« ? Dajj bie frühere ®eifte$leljre oon einem
folgen Sinn nidt)t$ loufcte, ift unä befannt. £)te Grrfaljrung ba*
gegen läßt un« biefen Sinn als einen felbftftänbigen feicfyt ba^
burd? erfennen, baß berfelbe bei £ljieren unb bei üflenfe^en in
ber Stärfe unabhängig bon allen anbem (Sfjarafterjügen ge*
funben toirb.
Unter ben £fneren fyält man getoöljnlicty bie fleifcbfreffenben,
bie föaubtfn'ere, für mutiger, al« bie pflanjenfreffenben , b. Ij.
man feitet nadj ber alten SlbleitungSiueife ben 2JJutf; oon ber
Oftgenfäaft be« ftleifcfyfreffenS bei ben Stieren Ijer. £>ie« ift
irrig. £er Söolf j. ©. ift fura^tfam ; menn tyn niety ber äufeerfte
junger treibt, fliegt er bor ber geringften ®efafyr. $)er mächtige
£iger fliegt oft *or bem ©üffel. £aum fielet eine $eerbe Jöüffel
ben £iger ljeranfd)tei$en, fo ftellt ft$ ber «Stier ooran, um mit
iljm gu fämpfen, unb fiegt geto&ljnlidt). ©ei einer Xljierljefce in
SÖten, erjäljlt ®all, fotlte ein $irfc$ mit einer ßöroin fämpfen;
fofrie bie Sötern auf iljn losging, fprang er auf fie ju unb jer*
trat tljr bie «Seiten mit feinen §ufen, ba§ fie an tljren Sßunben
ftarb. Sflancfye fleifcfyfreffenbe £§tere, mie g. SQ. ber Xljurm*
fatfe, alte Hrten be$ ^euntöbter* u. a. finb mutljtg unb ftreit*
(uftig, ber große Söei^e ober £>ütjnergeier bagegen fo furdt)tfam,
baß er bor SRabcn unb föcäfyen fliegt. $)er föabe ift feljr mutljig.
Unter ben flehten ^aget^ieren ift feine« bem §amfter an SMutlj
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164 <5ine »orlefung über ^brenofogie.
unb 93ert»egenfjeit gleich, mäfjrenb ba« $kerfd;mein$cn oon gleitet
®röfee fefyr friebttd^ unb furdjtfam ift. Kein Xfyicr ift mutiger
al« bcr $atyn, cm pflanzen feeffenbe« Xfyter.
<3o ungleich ftart ift ber 9Jhttlj bei ben oetf$iebenen Xljictcn,
fo unabhängig bon jebem anbeni ßljataftetjug. 3a btefe Un*
gletcfyljeit finbet fiefy* fogar bei gieren oon übrigen« gleichem
@tjarafter. @« gtebt j. 33. große unb Keine Jpunbe, bie fcl?r
mittag unb ftreitlufttg finb, unb felbft CSbcr unb ©tiere mütljenb
angreifen, anbere, bie furcfytfam finb, unb allem Kampf au«*
meinen. Gr« giebt 23ikfc, SBibber, (Stiere, Küfye, Üaubcn, Kana*
rienbögel u. f. to., bie unaufhörlich ftreiten, anbete Spiere ber=
felben 9lrt, bie metyr ober »eiliger friebfertig unb furttytfam finb.
(5ben biefelbe Unabfyängigfeit be« Kampfftnn« ober be«
9)iutf?c* oon alten anbern (Sfyatafterjügen finben mir beim 3Kenfd;eu
miebet. 3ttan Ijat ben 2flutf> bom ®eift, oom latent ableiten
motten, unb gemeint, ein gcifrooller 2ftenfcf> metbe au$ mutfyig,
unb ein geifttofer furcfytfam fein. SWein, benn ebenfo oft mirb
ein getftoolter 9)Jenfdj furcfytfam unb ein gciftlofet ututytg ge-
funben. (Sbenfo menig tagt fi$ bet 2)hitl; bon ben motaltfcfyen
(Sigenfcfyaften, ber 65cmiffeu^aftig!cit, bcr SReligiofität :c., ableiten.
(im eblcr, tctigi&jcr ÜDfenfcfy ^nn füljn unb mutljig, aber er
fann auefy furdjtfam, unb ein faftetfyafter 9J?enfcfy fann mutln'g
fein. Slua) au« bem £tol3 ift bet 2Äut$ nicfyt abzuleiten: ein
ftoljer aJicnfc^ bim furd)tfam unb ein bemütfyiget fann mutljig
fein. 2lu<$ Körpergröße ober Körperftärfe ift nidjt bie ®runblagc
be« flftutlje«. ($rope unb ftarfe üftenfdjen merben oft meniger
mutln'g gefunben, at« förperlid? fd)mä$cre, obmoljl natürlich Kör*
perfraft jur Sleu&erung be« SDhitlje« beitragen fann. 2luc$ au«
bem ®ef<$le($t ift bcr 2)?utl> m$t ju erflären: bcr 3)?ann ift in
bcr töegel mutiger af« ba« Sßeib, aber in mannen gfcaueit ift
bcr Sttutlj bi« gur ßiebc an Kämpfen unb ©<$la<$ten cntmicfelt
gefunben toorben. £acitu« ermähnt in feiner <äef$i$te be«
Krieg« bon Skfpafian unb SBitelliu«, baß fclbft grauen ftcfy in
bie Söurg mit emfcf (offen unb ben Krieg mitmachten. Unter
biefen mar bic bcmetfen«n>ertf?efte SBerulana ®racilia, eine ftrau,
bie, mie £acitu« fagt, nidjt Kiubern, gamilie noety SSertoanbten
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eine SJorfefung ü&cr ^renologie.
anfing, fonbern einjig bem Kriege. <5« finb au« ben grogen
SRapoIeonifdbcn Kriegen, unb aud^ nueber au« ben jüngften Kriegen
gätte Mannt, baj? grauen au« 9ttutfy unb Äampfluft fidj in
2ttännerfleibern ben Sotbaten anfctyloffen unb an SRuty ben
mutytgften Männern nu$t na#anben. Sbenfo ift ber 2Rut^
unabhängig bom £eben«aüer be« 2Renfd&en. ©ertranb bu ®uc«*
clin, Sonnetabte bon granfreid;, feinte fid^ oon ber garteften
3ugenb an nur nadj $ampf. (5r bifbete au« ttnbern feine«
SKter« ein Regiment unb ftettte e« in Sdjtadjtorbnung. (£« giefct,
fogte [eine SDhittcr, feinen ungerateneren Hungen auf ber SBeft,
er ift immer berttnmbet unb im ®eftcfyte jerfratst, immer geprügelt
ober trüget au«t$eifenb.
3)?it einem Sorte a(fo, menn toir einen Üttenföen naety aßen
feinen übrigen @fyarafter$ügen genau fennen, loenn nrir nn'ffen,
oB er tafentbofl ift ober nid?t, ftotj ober ba« ©egentfyetf, retigiö«
ober ni$t u. f. to., fo miffen nrir bamit ntctyt jugleicfc, ob er mefjr
ober toeniger mutfjig, ober mefyr ober weniger furd&tfam ift , unb
ebenfo* umgcfefyrt, menn nrir ba« 2fla& be« 2Wutf;e« in einem
attenfefcn fennen, fo nriffen u>ir bamit noa? nic$t« bon feinem
übrigen (Sljarafter.
%i\o bie jtoeite Sftottj für unfer ©ebäcfytnif;, bereite 5ln*
loefenbe, über ba«, n>a« nrir au« bem heutigen Vortrag 9ßeue«
gelernt hätten : fo nrie ber Sinn ber 3(tü)äng(i$feit, fo ift aud)
ber $amj>ffinn ober ber Sinn be« üDJutlje« ein befonberer, felbft«
ftänbtger, bon aßen übrigen getrennter Sinn im 9ftenfcfyen.
20?an fyat mtcfy oft gefragt, nrie nrir un« biefe Trennung
ober Selbftftänbigfett ber Sinne unter fi<$ erflären fotten?
£)cr menf<$lic$e ®cift, fagt man, ift unrettbar Sin«: nrie fann
er aber Sin« fein unb bo$ berfd&iebene unter fi<$ getrennte
Gräfte fyaben? anttoorte: bie Trennung unb Sefbfrftänbig*
feit ber inneren Sinuc unter fia) ift eine naturttriffenf<$aftlic$e
£fyatfa<$e, baburety bettriefen, baf? ein innerer Sinn ftarf, unb
baneben ein anberer fdjtoacfy fein fann. Sine ttrirfttctye (Srftärung
für biefe £ljatfad?c giebt e« nic^t unb fann e« ntcfyt geben : benn
feine naturnriffenfctyaftlicfye £fyatfa#e fann erffärt toerben. 3n«
innere ber Statur, fagt £aüer, bringt fein erfdntffener ®eift.
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(Sine SJcrlefung üfcer ^Phrenologie.
2öir roiffen nicht« »om Söefen be« menf glichen Reifte«, mir be*
greifen roeber feine Gtinhett, noch feine 2)?annichfaltigfcit in ber
(Sinhett, ebenfo wenig al« mir irgenb fonft ein Ding ober eine
$ljatfad?e bet 9ktur begreifen. 2ftan ftellt rooht neben eine &hats
fache eine anbere ähnliche Xf)at\aty nnb nennt bie« ein (5t*
Hären, toa« e« nicht ift. 2tfan fagt 5. SB.: ba« Sinken bc«
<£tfen« bürde) ben 2ttagnct wirb baburd? erftärt, baß ber Stein,
ben mit in bie £itye werfen, lieber herabfällt: tote bie (£rbc
ben Stein angießt, fo ber Magnet ba« (Sifcn. Oft ba« eine <5t=
ftämng ber ^iijie^img be« £ifen« burch ben 2)fognet? ®emiß
nicht : e« ftnb smei neben cinanber gcftellte unerflärte J^atfacben.
Da« ©unber bleibt für un« immer unb überall flehen. Uebri*
gen« eine folcfye fo genannte Grrflärung ^aben mir auch für
bie Trennung nnb Selbftftänbigteit ber inneren Sinne: nämlich
bie änderen Sinne in ihrer Trennung nnb Selbftftänbigfeit. 3öic
bie Sehfraft unb bie §örfraft unter ficr) getrennt unb felbft*
ftänbig, unb boch in ber Einheit be« (Reifte« ju einem r>erbunbcn
ftnb, ä^nlic^ fo ftnb auch bie inneren Sinne unter ftch getrennt
unb bo<h in ber Gruujeit be« Reifte« ju Grtnem oerbunben.
9coch einige Sorte jut S3eranf^aulic^ung ber ©runbbe*
beutung be« tampffinn«. Derfelbe ift in gehörigem 2tfaß ein
fe^r mefentlic^er 3ug be« mcnf^li^en, befonber« be« männlichen
ßlj<rcarter«. Ucberall im 2eben, in flehten unb in großen Dingen,
geigen fich §inbemiffe, bie ju befämpfen unb burch tampf ju
überminben finb. 3ttan fann nicht fetten Sftenfchen finben, bie
SSerftanb, ©eift %abmf aber im 33erhältniß baju boch nur roenig
würfen, roeit fie bor jebem Siberftanb ju leidet äurücfmeichen,
meil ihnen ber Sttuth jum ©irfen fehlt. Unb je höher bie
Stellung ift, bie ein üflenfeh einnimmt ober einzunehmen ftrebt,
befto mehr bebarf er be« SDhtthc«. Denn gerabe bei SBerfolgung
ebler, großer 3toe(*e/ M ©eförberung menfehlicher Sohlfahrt,
bei SSertretung ber Wahrheit ift oft ber ©iberftanb am größten,
unb ber tampffmn muß ben üDknn mit jener Kühnheit befeeten,
bie ihn befähigt, mit Unroiffenhcit, 93orurthcil, Schlechtigfeit in
bie Staufen ju treten unb ben tampf fiegreich ju beftchen.
Oft ber Äampffinn in einem 2ttenfchen bor ben höheren
(Sitte SJorlcfung über ^rcnologic.
167
(Sinnen aßju ftarf, atfo bon biefen nt^t, hrie er fett, $u Ijöljeren
3t»ecfen gefeitet, fo Ijat er niebere, unebte ©treittuft jur ftolge.
jDer (Streit nnrb bann um be« ©treite« mitten gefugt. Sotd^e
ätfcnfcfyen finb jene emigen Söiberfacfyer, bie immer nnb über
Sitte« Ijabern nnb ftreiten, ftcfy mir im (Streit tooljl füllen, eine
Öeibenföaft für'« Streiten tyaben (Ärafefyler).
3n ber 3ugenb, bei fprubelnber $ Srperfraft, ift ber $ampf*
finn, menn er grojj ift, loie überhaupt bie nieberen «Sinne, manefy*
mal ganj befonber« ttyätig. 2Betd&e £eibenf$aft Ijaben btelc
Snabcn für« kaufen! ©efannt finb bie bieten £)uefle ber @tu-
benten, bie feinc«tt?eg«, tote man motyl gegtanbt Ijat, bto« eine
«Sactye ber 2ttobe ober be« £erfommen« finb. 3$ fyatte noefy auf
ber (S^iUe einen ftreimb, einen Merjelmiäfyrigeu 3nngen, ber mir
einmal fagte, e« treibe Ifyt bajn, bei abenblicfyen ® äugen bur<$
bie ©trafen irgenb men mit ©erlägen anjufallen, um nur feine
unbejnungtid&e «Streitluft ju befriebigen. «Später auf ber Uniber*
fität beftanb er eine grofce 3^ bon Duetten, unb ift noefy freute,
menn auefy natürlich in anbrer Sßkifc, ein 9Wann be« «Streiten«.
(£« oerfteljt fiefy, bafc ber Kampffinn, mic jeber anbere «Sinn, ob*
flleicfy beim $inbe, beim 3üngling, beim Spanne immer ein unb
berfelbe 3ug, fi$ boefy in ben berfdn'ebenen 2eben«altern auf ber*
fcfyiebene Seife tfyätig jeigen toirb.
bon öerlidnngen, mie tfm ®oetfje fd^tlbert, bietet eine
fprecfyenbe SBerfinnlicfyung be« Kampfftnn«. £roJs ober bielmeljr
gerabe in ftolge alter ber ®efaljren, tt>c(ct)e ®b>n im Öauf ber
erften bier Slcte be« «Stücfe« umgeben, ift er Ijeiter unb frolj,
unb niebt« ftctyt ifyn an. Söie er aber bie Urfefybe gef^moren
fyat, auf feinem (Scfyloffe bleiben foll unb feine ®ef<$i$te ju
fd^reiben aufgeforbert nnrb, fagt er ju feiner ^rau: „9% «Schreiben
ift ein geftyäftiger Sftüjjiggang, e« fommt mir fauer an. Snbem
i<$ fdtyrctbe, loa« i$ getfyan, ärgere icfy miefy über ben 23erluft
ber 3e*1' DCr 1$ enoa« ttjun fßnnte". fennt feine anbere
$ef$äfttgung al« kämpfen, feine anbere giebt iljm (Senujj unb
©efriebigung. ®öfe ift fo ein fprectyenbe« Jöilb be« Sftittelatter«,
gleid^fam be« Knabenalter« ber menfctyttctyen ®efellf$aft, Wo man
fiefy raufte, um fiefy ju raufen. 3cfct ift bie .gett'eine anbere
168
ßinc 2?or(efung über ^I;reno(ogie.
gerootben, bei SBctftanb ift meljt in ber SWenfc^eit etn>a<$t.
2ftan tauft ft<$ nicfyt mefjt, man fäutpft ntefyt getftig, ober
rcenn man fiety tauft — toeiui man $tieg füljtt, — fo roiü
man toiffen, toatum. £)ie üftenfcfcfyeit batf bet 3C^ entgegen*
feljen, n>o fic bem setnünftigen, gefitteten üftanne gleicht, too
ba$ kaufen ganj wegfällt.
$loä) meljt als in ben tetfcfyiebenen ÖebenSaltetn be$ 3J?en-
f$en mitb bet tampffinn na$ bet 23etf Rieben fycit bet übrigen
geiftigen Grigenfdjaften fidj Detfcfytebenattig tljatig seigen, n>itb bet
©egenftanb be$ kämpfen« ein oetftyebenet fein. 3- ^
gtofcem Äampffinn in 23etbmbung mit gtojjcm @rttetb$finn ent*
fte^en kämpfe um baö 9ftein unb £)ein, obet bic Neigung baju
($tocejjfuc$t), in 35etbinbung mit 9teligiofität fti&rt bet ßampf*
finn ju teligiofen @tteitigfeiten, bet ©elefytte mit gtofeem $ampf*
finn neigt ju gelegten 8tteitigfeiten Inn, bet Dichtet mit gtofeem
$ampffinn mitb totjugömeife ftiegetifcfye ©ebicfyte, bet SWufifct
tootjug&ocife fticgetifcfye üDhifif lieben unb fcfyaffen, u. f. m.
Sftacty bem ®efagten nntb bic ^ebeutung bc$ ÄampffinnS
3Ijnen äiemltcfy Hat fein: c$ ift bet tfyätige, bet actittc ü)?utf),
beweif e et fieb nun in bet ©cfyladjt obet im Äampf mit ben SBct-
Ijaltniffen be« bebend. @o maten £coniba«, GolumbuS, Öutfyet
in gleitet Söeife mutfjig ju nennen, dagegen fptictyt man aud>
ton einem gteictyfam paffioen SDhtty, $3. einem ÜJhitlj im @t=
ttagen bc$ Unglütfs. Diefem 9Jhitl) liegt ni#t bet tampffinn,
fonbetn Stnbete«, 3. «. föeligtofität, fteftigfeit ic, $um ®tunbe.
<S* bütfte nidjit übetflüffig fein, iu'et nod? ein pufig gc=
funbene« ©tijfoetftänbnij? ju etmälnicn. SBiete t>etn>ed/feln üttutfy
unb £apfet!eit mit einanbet unb meinen, bet ©olbat mit
gtogem ftampfftnn metbe in bet (Schlad)* tapfer fein, bet mit
flcinem tampffinn nicfyt. SDte« ift fo, als wenn man fttommtg*
feit mit Äitc^engcljen , 2öoI)lrootlen mit Sttmofengeben »etwcctyfctn
Wollte. $)et SDfutlj ift ein (S Ij a t a f t e t j u g , bie £apfetf eit ift eine
$ a n b f ttttgftto elf t, jtoei fo ganj Betriebene $)inge, bo§ man
feinen nötigen @$titt in bet *|3ljtenologie tfyun fann, ofyne fic
ftteng au« einanbet gu Ratten. (Sin (S^ataftetjug ift immet (Sin«
unb £)affelbe, abet eine £anblung«tocife fann feljt »etfcfyie*
(Sine $orfefung über ^Ijrenofogie.
169
bene Gtljarafterjüge $ur ®runb(agc Ijaben. 9W$t alle ©otbaten
finb mutljtg, aber alle ©olbaten (in bct SRegel) finb tapfer: bie
e« nictyt au* SWutfy finb , finb e« au« 'tßflicfjtgefiifyf ober au«
£etoftgefü^ ober au« ©eifaü«liebe ,# ober au« Wotytoenbtgfeit
1. 2.
«mtc. (4) fltoß, Oppof. (5) grofj. Kufe fleiii, C^of- nein.
8. 4.
KttfC* Hein, £ppo\. fltofe. «mic. ßtoj», Cppo\. «ein.
u. f. to. SDie ^l^renologie tyat eben baburefy ©erty, bajj fie bic
loatyren $eu>eggrünbe ber Apanbtungen nadjtoetft.
Ueber ba« Organ be« ^amtffinn« fann id? mit) fe$r fur$
faffen, toeit baoon ba« SRämttctye gilt, n>a« t$ oben beim Organ
170
ßtne SJorlcfung über ^renclogic.
bct 91nfyängltcfyfeit gefagt Ijabe. (<S. bie Untriffc S. 169.) 9Zur über
bic $(rt ber Unterfucfyung, bie eine etma« anbere ift, al« bort, ift
©enige« ^injujufügen. ©äljrenb ber ju Unterfucfyenbe ben topf
in natürlich gcraber, roeber tor* noefy jnttiefgeneigtet «Stellung
Ijätt, legen nur, hinter feinem (Stuljle ftefyenb, bie (Spifcen ber
brei mittleren Ringer beiber §änbe unmittelbar über bem Öeljör*
gang auf feinen topf auf. Söir bemegeu bann bie Ringer, fie
immer metc$ aufbrütfeub, magrecfyt naety rücfroärt«, bi« etma brei
fingerbreit hinter ber (Stcüe, mo mir fie juerft aufgelegt (tyinter
bem (S&eljörgang), unb ebenfo uueber na# »ortoärt«, unb uueber*
fyolen bie« §in* unb £erbemegen brei*, bier», fe$«mal, bi« mir
un« bie topf geftalt brei fingerbreit (intet bem®efyörgang (bie <Steüe
be« Organ« be« tampffinn«) burety ba« t opfljaar Ijinburcfy jur
beftimmten Slnfcfyauung gebracht ljaben. (Sir müffen un« Ijicr*
bei bor einem f eljler fyüten, ben alle Anfänger machen, beim 5öe*
taften In'nter ba« Ofyr fyerab 31t fommen: bie finger müffen,
wie fie über bem (Belj&rgang aufgelegt merben, fo naefy rüefmärt«
auf ber gleiten £>elje bleiben.) £)cr menfefyticfye topf ift in ber
föegel gcrabe über bem (^efyßrgang am breiteten, unb mirb a\U
mälig naefy tn'nten fc^mätcr, ober er runbet fidj naefy hinten im
£albfreife ab. ©enn bie« ber fall ift, fo ift bie Stelle brei
fingerbreit hinter bem Vorgang (Oppofital) mittelftarf entuucfelt.
$9i«tt>eilen aber ift ber topf an jener (Stelle ebenfo breit ober
fogar no$ breiter, al« gerabe über bem (SetyÖrgang, bann ift
Oppofital grojj ober fe^r grofe. fällt bagegen ber topf an jener
Stelle feljr fctymal ab, fo bafe ftatt ber föunbung be« £albfreife«
eine fläche ober fogar eine Vertiefung erfc^eint, fo ift Oppofital
Hein ober feljr flein. (Scfyliejilicfy bemerfe icfy, bafc ba« Stubium
be« Oppofital, folool;! ma« ben (Sinn al« toa« ba« Organ betrifft,
merflicfy leitetet, al« ba« be« 9lmicatal, unb baljer bem Anfänger
bor bem festeren gu empfehlen ift. $Öir fönnen nicfyt lauge
3eit mit Semanbem in näherer Söerüfyrung fein, oljne ju roiffen,
ob er ein Streiter ober ob er frieblicfyen Sinne« ift: aber biel
leichter tonnen mir un« über bie <Stärfe be« f reunbfcfyaft«gefüJ)l«
eine« 9ftenf$en tauften, meil biefe« ftcfy weniger al« jener 3ug
in ©orten unb §anblungen au«fpri$t. Semanb mit ftarfem
(Sine SJertefimg über ^renofogte. 171
Secretat ober Spfotal fSnntc bem oberflächlichen Beobachter (oft
in ber ftreunbfchaft fc^etnen, mäljrenb er feljr marm ift.
3$ habe e« oerfucht, oerchrte Slmocfenbe, 3^ncn in biefer
einen furjen 93orlefung eine Kare Slnfchauung oon bem SBefen
ber ^renotogie 31t geben. £)iefe Aufgabe mar bei ber 33ictfcittQ=
feit unferer SBiffenfchaft eine fehr fdnoierige. Gr« fam barauf an,
nicht Vielerlei ju bringen, nicht alle cinjelncn Söahrheiten ber
^^renotogie Ofnten vorzuführen, bic ja in fo furjer %e\t nicht
Ratten flar bargeftellt merben f&nnen, fonbern bic Aufgabe war,
3^nen bie ©mnbtoafyrfyeit ber ^renologte flar vor Sittgen
ju ftcllen. £)iefe ®runbtoahrheit ift bie Selbftftänbigfeü
ber inneren «Sinne. £)ic« ift bic 3Öa^rt)cit , um bie fiel)
imfcrc ganjc 2öifj"enfd;aft brer)t, mit ber fie fteljt unb mit ber fie
fällt. Sinb, toic man bi«f)er meinte, bie verriebenen (Sharafter*
jüge be« 2)?enfchen bic einen au« ben anbern $u erflären ober ab-
zuleiten, fo ift bie ^fyrenotogie ein Srrthum : fyat aber ber üftenfd)
felbftftänbige innere Sinne, welche nicht an« einanber erflärt
ober abgeleitet werben fßnncn, fo ift bic ^renotogie eine Söahr*
* $ctt, ganj abgefetyen oon allen ihren übrigen Säfeen, meiere biefer
SBa^eit gegenüber nur eine untergeorbnetc Stelle einnehmen,
fragen Sie ba^cr, bitte ich, nicht nach ben bieten fingen, bie
ich ^eutc ni ct> t gegeben, unb bon benen Sie vielleicht erwarteten,
bafc ich ftc geben mürbe ober geben f elfte, fonbem fragen (Sie nur,
ob ba«, wa« ich gegeben, — unb ich ^abe ja faft nur bon ber Sclbft*
ftänbigfeit ber inneren Sinne gef proben, — 3tynen flar geworben.
SGBenn biefe« ift, fo barf idt) tynen bcrfprcchcn, bajj um biefe
Sßa^eit at« um ihren SWittelpunft alle übrigen SÖahrheiteu ber
s^rcnotogie fich leicht unb Aar anreihen merben. freilich ent»
hält bie ^renotogie biete unb verriebene SSahrhettcn: aber
gcrabc weil bic« ift, fam e« barauf an, ein gute« unb fefte«
ftunbament für biefc tenntniffe jii legen. £eute ^aben mir ben
©runbftein, ben (Scfftem jum SScrftänbnife ber ^^renotogie gelegt.
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X.
3)a8 SyJWm.
Eig xoiquvos lotta!
Sie jebe iRaturtmffenföaft eine mefenttitty boppcttc Aufgabe
hat, jucrft ju trennen (9iaturgefdjichte, 9ßaturfel)re) unb bann baö
Getrennte hiebet im einem ®anjen ju vereinigen (9?aturphifo*
fopfu'e, biefeS ©ort nic^t in ber fpeculatioen , fonbem in ber
naturtuiifenföaftti<$en Jöebeutung genommen), fo au$ bic Reifte«*
te^rc. $)tefe t^ut bar, bajj ber ®eift neben ber (Stntyeit eine
loirfüc^e SWe^eit oon Straften ift, aber fie hat bann bie oft
getrennt nadjgetoiefenen ®eifte«fräfte wieber gur phUofophif<hc»
(Sinhett aurücfjuführen , wenn man null, jum ©Aftern $u ber*
einigen. £)a$ ©ort Aftern hat eine boppette ©ebeutung: e$
ift 3uf anraten ftcthmg $u* Qrinheit. SDa man enttoeber etma$ ©c*
gebenes unb 33orgefunbene$ , ober aber etwa« ©elbftgemad?te£,
etwa« ®ebachte8 jur (Sinheit gufammenfteUen fann, fo giebt eö
bem entfprectyenb naturnüffenfchaftüdhc unb fpecu(ath>*phüofophifche
©fyfteme. brauet faum bemerft ju »erben, bafc tuenn i<$ in
ber bisherigen ©arfteltung bie ©tyfteme ate'fotctye tabelnb ber=
ioorfen, biefeä ©ort in ber (enteren Söebeutung, unb menn ich
jefct oon einem ©Aftern ber Phrenologie fprectye, baS ©ort in
t>er erfteren ^9ebeutung genommen ift.
2>ae @pft«n. 173
$to« (Srgefcnifj ber Hoengen ^ßftyctyologte war belegen
bon iefcer ein mutige« , Weil bie Speculation bet 9fty$ofogie
nietyt bon ber (finfyeit gur wahren ütfeljrljeit gelangen tonnte.
9J?an mm) befennen, ba{? bem gegenüber ba« (Srgebmfr bet Ij r e =
nologte bi«l)er tnfofem ein mangelhafte« war, al« biefe SSMffen*
fcfyaft bon ber 9ftefyrl)eit ni<$t $ur pljilofopljifcfyen Grinljeit gelangt
ift. $)amit ift jebo$ gegen bie ^Phrenologie fein £abel au«ge=
fproctyen; benn e« war gang in ber @a<fye begrünbet, baft bie
ScfyiJpfer ber neuen Söiffenfcfyaft juerft fammelten unb fic^teteu
nnb fctbft ba« ®efammelte praftifcb anmenbeten, nnb bafc erft
fpäter ba« ®an$e jur työtyeren Sföiffenfc^aft, jum Aftern vereinigt
mürbe. Obwohl i$ batyer ba« Aftern ber Phrenologie, ba«
wahre ©Aftern ber ®etftc«tehre, juerft aufgeteilt ju haben glaube
(qui si non tenuit, magnis tarnen excidit ausis!), fo bin icb
boa? gang überzeugt, baf biefe« ©Aftern, bie nothwenbige gofge
be« einmal betretenen richtigen Söege« ber Siffenfchaft, früt?cv
ober fpäter bon Zubern aufgeteilt korben wäre. (3$ werbe
mich hierüber im gofgenben feljr furj faffen nnb mir bie itfttylg«
ften ©runblinien anbeuten.)
$5er (Seift — bie bewujjte Seele — ift, wie alle Dinge
ber -Watur, nicht in feinem Sefen, fonbetn nnr in feiner (fr*
f Reinting für im« erfennbar. Die Grrfcheinung be« Reifte«
fallt mit feiner Xfyätigtett jufammen. ($)cr (Seift ruht aber
im Schlafe. (£« ift ein 3rrtlmm, wenn man glaubt, bafj ber (Seift
im Strafe ftet« träumenb tljätig ift. 3n ber töeget ober im
getoß^nti^en 3ufta»*>c £räume nur beim (Sinfchlafen unb
ermaßen ftatt (Ofen), weil bie oerf^iebenen <Seifte«berm&gen
nicht aöe ju gleicher 3eit gur föulje ober au« ber töuhe jur
^ätigfeit fommen.)
So wie ber menfcfylicfye ®6rper ber wiffenf^aftlic^en 23e*
tradt)tung jwei Seiten ober ©ejie^ungen, bie anatomif^e unb
bie phhfiologtfche, barbietet, fo ift auch ber (Seift thetl«
hinfichtlich feiner Organifation ober (Stieberung, ober in ana=
tomifc^er SSejiehung (wenn man ba« 33ttb geftatten will), thetl«
hinfichtlich feiner innem Statur unb ©efchaffenheit , ober in phty5
fiologifcher ©ejie^ung, gu betrauten. $)er (Seift, abgefefyen
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174
2>a« ©öflem.
oon feiner STfyätigfcit, ift in ber erfteren JBejieljung, bie (Steifte**
tätigtet t ift in ber leiteten (Stegenftanb ber Untcrfucfyung.
L Die Drgantfation be* (Steifte* (ber (Steift in anato^
mtfe^er 2te|tetyung) läßt fid^ jum 3roccf ber Söefcfyretbung t>ietfcicbt
am Beften mit ber ©rganifation be* menf$ü$en Körper« oer*
gleichen. @o tote ber $Brper ein toefentüdj einiger nnb untyeü«
barer ift, aber toefentlicfy unterfcfyiebene Steile nnb (SHieber fyat,
fo ift aud; ber (Steift einerfeit* ein toefentlicfy einiger unb untl)eü=
barer, anbererfeit* aber ein in fi<$ geteilter, mit toefentttefy oer*
fcfyiebenen Vermögen ober Gräften begabter. Die ©Kebe-
rnng be* Reifte* tä^t fiefy nicfyt genau mit ber äußeren (SMieberung
be* Körper* Dergleichen. Denn bie änderen ÄBrperglieber (%xmc,
^3eine) fiub toteber in fiety felbft abgeftuft (Oberarm, Unterarm,
£>anb, Ringer), wogegen bie einzelnen (Steifte*t>ermBgen un mittel*
bar in ber (Sintyeit be* Reifte« unter ftcfy jufantmcnljängen.
Die ctnjelnen (Steifte*oermBgen finb, ben Streifen be« Körpers
barin gleid/enb, in il?rer befonbern @nttotcfetung ton cinanber
unabhängig. <§o toie im einjelnen ftalle ein ober einige ftBrper-
tljeile groß ober in regelmäßigem 3uftan*V cin ^nbercr ober einige
anbere Hein ober in unregelmäßigem 3uftanb fcul Wunen, fo
!ann auefy ein ober einige (Steifte«\)ermBgen ftarf ober in regel-
mäßigem 3uftanb, ein anbere* ober einige anbere fcfytoacfy ober in
unregelmäßigem 3uf*anp feul- ®° m 91u*nal)m*fällen ein
ober einige ÄBrpertfyeile , fo fann anefy ein ober einige (Steifte*^
oermBgcn (toie ber äußeren, fo matjrfcfyeutficfy audfc* ber inneren
(Sinne) gan$ fetten.
II. ©a« bie p ^ f i o 1 o g i f cfy e Betrachtung be* Reifte« ober
bie ©eifte*t^ätigfeit al« folc^e betrifft, fo fommt hier toieber
3toeierlei ht ftrage, bte S3ef chaf f cnt)ett unb ber ®rab biefer
2:§ätig!ett, ober biefe Styätigteit in qualitativer unb in quantt«
tattoer £inficht.
A. Die «ef^affen^eit ber Gteifte&hätigfeit ift lieber
enttoeber mit föücfficht auf bie 2^ättgfeit ber einzelnen
(Steifte*oerm5gen, ober mit föücfftcfyt auf bie £t)ättgfeit ber (Steifte**
oerm&gen in it)rer ©efammtheit gu unterfuc^en.
1. Die 9ef$affeitfeit ieber einzelnen ®eifte*thätigfeit
175
ift eine toefentßd} br et fache, ober jebe ®etfte«thätigfett fann
oon breifachem ®eficht«punft au« betrachtet derben, erften«
infofern fie ein Subject hat, feiten« infofern fte ein JDbiect
hat, unb britten« infofem fie bie Bereinigung be« Subiect«
mit betn Object ift.
a. 3nfofern eine ®eiftc«thättgfeit ein Subiect hat, ift fie
eine empfinbenbe J^ätigfcit. 3- ®- Wh empfinbe bie Regung
ber $hü)änglicfyfcit an 3emanben, bie Regung be« SßMberftanbe«
gegen ^ßerfonen ober 33erhättniffe Oöppofital) , bie SRegung
be« 3UTürfhaften« °^cx Berbergen« meiner ©efüljtc unb (^ebanfen
(Secretaf), bie SRegung be« Söunfche« nach ^öefife, ober be«
Vergnügen« an bemfelben (Stcquifital) , ich empftnbe bie Regung
be« „Selbftgefühl«\ ber „Berehrung", be« „©ohfooflen«", ich
empfinbe enblidt) (ber Sprachgebrauch fagt hier: ich erfenne)
bie Berhättniffe ber Orte, ber ® eftalten, ber Bahlen, ber Xbne.
Stuf gleiche Söctfc ift bie Xh^tigfeit ber Vermögen aller
äußeren Sinne ein (Smpfmben, obgleich bie Sprache bie einzelnen
Sinne«thätigfeiten oerfchieben benennt.
b. 3nfofern bie ©eifte«thätigfeit ein Ob je et hat, ift fie
eine ertennenbe ^ätigfett. So roic nämlich bie äußeren Sinne
un« t>or Altern bon bem £) a f e i n ber SC ufj tnto et t $unbe geben,
fo geben un« bie inneren Sinne Äenntnij? oon ben
BerhäCtnif f en , ^Beziehungen unb Sagen ber ÜDtnge
unb ber üDtenfchen $u einanber unb ju un« felbft, j. 38.
oon bem SBerhältnijj be« ÜDienfdjen gu ben ^erfonen be« anbem
^efchlecht«, ju ber tinbermelt, bon bem Berhältnifc ber Spam
nung, be« SBiberftanbe« gegen bie anfämpfenbe Slufeemoelt , bon
bem Berhältntfe ober ber ©ejiehung ju ben fingen be« Eefifce«
unb be« flrigenthum«, bon bem üBerhättnip ober ber Sage ber
Gefahr ((Sautat), öon ber Sage be« ^öljerftehen« , ber SBürbe,
einem ST^ett ber Slu&emoelt gegenüber (Opfotat), bon ber Sage
be« iftiebrigerfteheu«, ber Untertoürftgfeit, einem anbern Zfyti ber
Siufcentoelt gegenüber (Beneratat) , oon bem Berhältnijj ober ber
Sage be« SRenfchen bem ftreunbltchen unb ®uten gegenüber (Jöo*
nitat), enblich bon bem Bcrhältnit? ber üDinge felbft in JBejiehung
auf 9toum, 3«t, ©eftatt, ftarbe, ®etoicht, 3ar)(.
176
Sföie mir batjer in fubjectioer iöejiefyimg bic £fyätigfeit aller
®eifte$oermögen cht (impfinben nennen, fo müffen mir in
objectioer ^ejiefyung bie Xljätigfeit aller ®eifte«oermögen ein (Sr*
!ennen (ber £)inge nnb Berfyältniffe bet ^nfcemoelt) nennen.
c. Snfofern eine ©eifteStfyätigfeit bie Bereinigung be«
SubjcctS mit bem Dbject ift, ift fie eine begef>renbe Sistig*
feit. <£e ift flar, ba& bie meiften ®eifte*tljätigf eiten , j. 33. bie
be« @ef(tyfa$t«rrie**, ber tfinberliebe, ber Stn^ngli^feit , be«
Äampffinn«, be« fctoeäfnutft, ber SeifallSliebc , in bicfer Seife
ein «egefjren, ein Streben, ein ©ollen finb. Sllfein au# bic
£f}ätigfettcn ber $erftanbe«fräfte , bei benen c$ weniger nafyc liegt,
finb ganj cbenfo, infofem au<$ fie einen j&tocd ober ein 3ict
fyaben, ein ©egeljren ober ein Sollen. Söcnn icfy an eine
ober einen Xon ober ein föaitmocrfyältntj; benfe, fo ift biefe
®eifte«tljätigfeit (btefer (Sebanfe) ebenforooljl eine SBillenäfyanb*
lung, al« bie ®eiftc$tljätigfeit (ber ©ebanfe) be$ 38unfc$e* na*
(Sigentljum ober nac$ (Sfyre ober na$ ftrambfctyaft.
$)a bie beiben 3tterfmale bc$ begriff« ber begeljrenben
tigfeit — b. i. ba$ ©egeljren nnb ba$ Sfynn — ber 2lnf*
faffnng gleid? natye Hegen, fo fann jebe ©eifteStljätigfeit , in*
fofern fie eine begetyrenbe ift, entmeber ein ©egetyren, ein
(Streben, ein Sollen, ober eine £f?ätigfeit fälectytyin, ein Sfym,
ein £anbcln genannt »erben. £fnm nnb Sollen als ©etfteS"
tyätigfeit ift fc$lectytl>in (Sin« nnb ©affefee; jeber ®ebanfe ift £$at
unb Sitte jngleidj.
9)?an Ijat bie fämmtlicfyen ®eifte«oermBgen in brei Staffen
eingeteilt, in bie fogenannten nieberen ©innc, bic ®emütfy$=
finne nnb bie 23erftanbe$finne. tiefer überhaupt mangelhaften
©intfyeilung gegenüber fteljt nac$ bem Ijter ©efagten (1, a. b. c)
in ber gleiten <$tgenfcbaft alter ®eiftc$tfyättgfetten al$ Qrmpfin*
ben, (Srfenncn nnb Sollen eine große ßinfyeit atter ®eifte«=
oerm&gen gegenüber ober liegt iljr jnm ©rnnbe.
£>er befannte @afe, ba§ ber 3Kenfd(> bie Heine Seit fei, ift be*
fonberfi andj infofern matyr, als fein ®eift in ber @umme feiner
Berm&gen ein ©pieget ber Seit nnb tyrer «er^ältniffe ift, —
baS S e 1 1 b e m n t f e i n giebt. 3ft irgenb einer ber (folgeren ober
2>a« ©pftem.
177
ber inneren) 8inne mangelhaft ober gan$ fefytenb, fo ift ba«
SÖ3ettbctt>u§tfein meljt ober weniger unbollfommen. 9(uf bet anbern
(Seite giebt e« natütlicty feine ®eifte«tyätigfeit , bie nic^t in
bet genannten SOÖcife ein tSmpfinben, (Erlernten unb Sollen toäte.
hierbei ift jebocb bie Söafytljcit recfyt feft $u Ratten, baß
jene Dreifache ^öefd^affen^ctt bet ®eifte«tfyätigfeit , meit entfernt,
in einer mirflicfyen SBetfcfyiebenljeit ober gar in einem ®etrenntfeiu
bet ®eifte«tljätigfeit $u beftefyen, bietmeljr nicfyt« Sfnbete« ift, a(«
eine betriebene S9ejei($nung einer unb berfelben Sadjc,
jena$bent fiebon biefem obet einem anbetn ©tanb =
punft au« bettac^tet roitb. ®tei$ rote jebet Ä&rper 9lu«*
befynung in bie Sänge, Söteite unb £>icfe fyat, unb fi<$ feine«
biefet 2ttetfma(e bon bem anbern aueb nur getrennt benfen lagt,
fo tft jebe (augcnbluflic$e ober f^wä^fte) ®eifte«tl>ätigfett ein
(gmpfinben, (Srfennen unb ©otten (£fjun) sugletcty, ober fo ift
ba« ßmpfinben fetbft jugteiety ein (Stiemten unb ein SSMcn, ba«
Crrfennen fetbft jugteid) ein (Srnpfmben unb ein 95Men, ba«
Statten felbft jugleicty ein Ghnpftnben unb ein ßrfennen. ©etyon
an eine berfetyiebene töicfytung ber ®etfte«tt)ätigfeit Ijier ju benfen,
toäte ein 3rttlntm.
9tud^ in bet Seife leibet bie fttenge ^olgericfyttgfett biefet
SÖtatjtljeit feine ©eftfytänfung , bafj man behaupten bürfte, in
einigen ®eifte«bermögen fyerrfcfyc tneljr biefe«, in anbern mcl)r
jene« üfterftnaf bor, 5. 23. im ®c)"c§le<$t«tTicb ober bem (Srroetb*
finn meljt ba« JBegeljten, in bem Ottfinn obet in bem ^aljlenftnn
meljt ba« (Stfemten. £)iefe« fd^eint tooljl infofern ber ftall ju
fein, a(« nur bie Sorte Smpfinben, (Srfennen unb Sotten in ber
©ebeutung be« getoitynüc^en ©pracfygebtaucfy« auffaffen. Hl lein
mir müffen fytet ganj bom <5ptac$gebtau$ abfegen
unb nut bie Sa(fye, nrie fie oben (1, a. b. c) batgeftettt ift,
betrauten. £>o<§ bie« fitytt un« $u einem neuen ®eftc$t«punfte,
bon bem im gleidj ftolgenben 51t fpred^en ift.
2. £)ie STfyätigfett bet einzelnen ®eifte«bcrmögen behält
ftcfy jut ®efammttfyätigfeit bet Vermögen (bie toir jefet betrauten
lootten) mie bie £fjeorie $ur ^ßtarj« obet tute bie Siffenfdjaft gum
Veben. SDie ©eifte«betmBgen finb nämücfy, nne fiefy berftefyt, tfyat-
S^eöe, ^renologitd&c »Uber. 3. Hufl. 12
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178 2>a* Aftern.
fädt}lich nie eingeht, fonbern immer meljr ober toeniger in ®e*
fammtfjett tljätig. ®(eidt)nne nun bie SKe^eit ber ®eifte«oer*
mögen ate fotct)er $ur t^atfäd^tid^en (®etfte«*)(£inheit berbunben
ift, fo mujj fi<h auch bie SWe^eit ber ®etfte$berm&gen in ihrer
Xfyättgfett $u einem einzigen ßrgebnife bereinigen. £>tc
qualitatib begebenen einzelnen ®eifte$tyätigfeiten finb berfchie*
benen 3ah(en iu vergleichen, au« benen bie Einheit be« ©eifte«
ba$ (Srgebnijj ber Rechnung jic^t. bie einzelnen £atyen
aber, fonbern nur ba« (Srgebnife ber Rechnung ift e« gen>&^n(ic^,
roaS a(S fceh>u§tc (BcifteSthätigfeit ju £ag tritt, n>a$ alfo, ba bie
Spraye ihrer 9iatur nach nid)t ber SBiffenfchaft, fonbern bem
Öeben ju entfbrechen pflegt, getoitynlicty (Stnpftnbung , (5rlenntni§
ober Siüe genannt toirb*). Da aber bottenb« eine beftimmte
(Staffe bon (SetfteSbcrmßgeu, bie ®emüth$ftnnc, in intern ®cgen*
ftanb »otjugStoeife bem fubjectiben, eine anberc beftimmte
(Slaff e, bie S3erftanbe$finne, bor$ug$u?eife bem o b i e c t i b e n , unb
bie britte beftimmte (Haffe, bie nieberen 'Sinne, bor$ug$toetfe
bem ^ertlichen begriffe ber ©eifte^ätigfeit entfernt (1, a. b. c),
fo h«t fich ber Sprachgebrauch fegar fo gefteüt, bafe bie ©orte
(Smpfmben , Erlernten unb Söoüen ganj im ©egenfafc ju bem
obigen (Gebrauch oorjugätoeife bon ben entfprechenben befon*
bereu (Staffen ber ©eifteäbermögen gebraust tuerben. «Statt
ba^er in jebe.r ®eifte«thätigfeit bie breifache tbentifche öefchaf*
fenljeit be« (Smpfinbens, be$ (Srfennenä unb be« SSMen« ju
erfennen unb burch bie ^Bezeichnung anjuerfennen , pflegt man
untoiffenfchaftHch ober unfhftematifch 3. $9. bie X^ötigfeit be«
Srmerbfinn« nur fd>ted^t^in als ein öegeljren, bie be« Schön*
hett«ftnn« nur fchtedt)thin at« ein dmpfinben, bie be« Schluß
oermögen« nur fd^ted^t^in al« ein Getonten $u bejetchnen.
*) Ober man fann bie ©efammtljeit ber ©eifieStoermögen mit einem
Parlament toergfetd&en, unter bem SBorftfc ber Sinfyeit be« 3dj«. 9ftdjt bie
(Stimmen ber einjelnen Sftitglteber af« fofcfye, fonbern nur ba« (Srgefenif? ber
äbftimmung fyat ^raftifc^cn SSertt), fommt als ba« @efiu)I ober bie (Sinfidjt
ober ber SßiUe ber Skrfammlung jur ©eltung. 2)oa> »erben in btefem
Parlament bie «Stimmen nu$t geaalt, jonbern gewogen.
179
(§S berfteljt fta) oon felbft r baft baS ^efagtc ntc^t bem
«Sprachgebrauch a(S folgern entgegentreten foll, eS foö baburdj
nur ber Unterfcfyieb steiften ben betbettet ©eben tun gen
ber Sorte (Smpftnben, (Jrfennen unb Sollen bargetljan »erben.
3a es ioärc bielmefyr iene erftere a(S ttuffenfd)aftlic$ ober tyfte*
matifä bejeicfytete ©ebeutung biefer Sorte (1, a. b. c) $u tabetn,
toenn eS m>tc$ tyäre, für jene neuen unffenfdjaftttctyen ^Begriffe
fofort bie au*Wlie(;tt4 bejettytenben Sorte gu topfen ober
ju f^affen.
£)a baß SBerftänbnifj eine« ttnf}cnfd?aftttdt)en ©fyftemS ent*
toeber ein boüftänbiges ober feine« tft, fo barf idt) tootjt bei ber
Si$tigfeit ber @a<$e nochmals auSbrücfftcty barauf Ijintoetfen,
baji tljeits auf ber Waren 2tuffaffung ber Grmljctt aßer ®eifteS*
bermögen, tl)ei(S auf ber mofytbcrftanbenen Trennung ber bei*
bertet SSebeutungen jener brei Sorte baS SBerftanbnijj beS
«Softem« ber Phrenologie Ijauptfächlich beruht. Olme boüftän*
bige Ätarljeit hierüber tum fein fixerer «Schritt in ber ^itofo*
^r>tfd^en ®ctfteS(chre gctfyan toerben.
B. Sir ge^en jur ^Betrachtung beS ®rabeS ber ®eifteS*
t^ätigfeiten fort, vorüber feljr SenigeS ^ier genügen fann.
Sie bie $orperbeioegung , fo ift bie ®eifte$tyätigfeit theitS eine
ftufenmeis fa>äd?ere ober ftärfere, theils eine mehr befchränfte
ober mehr allgemeine. <Bo toie ein ober einige Steile beS fb>
perüa^en Organismus ruhen, ein anberer ober einige anbere
5Tr)ei(c mehr ober weniger in ©emegung fein femnen, fo fann
auch ein ober einige ®eifteSbermögen ruhen, ein anbereS ober
einige anbere mehr ober weniger in ^ätigfeit fein.
($S berfte^t fich, baß ber ®rab ber öeioegung nicht mit
ber Stärfe ber üßermögen jufammen geht. <©o toie ein fdjmacher
$$rpertheil in Bewegung fein unb baneoen ein ftarfer ruhen
fann, fo fann ein f$twi$c6 ©eifteSbermögen in ST^ätigfeit unb
baneben ein ftarfes in Stühe fein.
SDie X^ätigfeit, mie eines ftfttpertyeitt , fo eines Reifte«-
Vermögens, fann nie eine ganj abgefcfytoffene fein. @o tote ich
nicht ein #örperglieb bemegen fann, ohne bajj ber ganje übrige
Körper biefe ©emegung fühlt ober baran Xf)tH nimmt, fo fann
12*
180
Xat ©uftem.
auch fein ®eifte«bermögen unbebingt thättg, bie übrigen VtnU*
bingt untätig fein.
Der ®rab ber ^ättg!eit jebe« $eifte$oermögen« im gege*
benen ftall tt>irb burch jtoei Urfachen beftimmt, einesteils burch
bie natürliche Starte be« Vermögen« fctbft ^ anberntheil« burd;
bie Stärfe ber Anregung be« 93ermögen8 burdt) bie Slußentoelt.
3ft ein 93ermögen , $. 53. £autal , oon 9ßatur fchtoach , unb bie
ändere Anregung, bie ®efaljr, eine geringe, fo tpirb bie £fyätig*
feit beS SBermögen« unbebentenb fein. Oft ba« Vermögen ftarf
nnb bie äußere Anregung fchmach, ober umgefehrt baS Vermögen
fchtoach unb bie äußere Anregung ftarf, fo toirb bie ^ätigfeit
beS SBermögenS mittelmäßig ftarf fein. 3ft bas SBermögen ftarf
unb bte äußere Anregung ftarf, fo toirb bie ^ätigfeit be« 33er*
mögend eine bebeutenbc fein.
Der 23jätigfcit$grab eines ®eifte$oermögen$ (ober ber ®ei*
fteäoermögen überhaupt) beftimmt rücftoärt«, nach bem ®efefc ber
Uebung (ober ber Grr$ieljung in ber toeiteften ©ebeutung beS
SBort«) in gemiffem 2ftaße bte Stärfe be« SSerm&gen« felbft. So
tote nämlich bie Körperteile, fo toerben bie ©eiftesoermögen
burd? eine ihrem natürlichen Stärfegrab entfprechenbe Uebung
bis $u einem gegriffen Ottaße geftarft. 3ft bagegen bie Uebung
geringer, als es bem natürlichen Stärfegrab entf priest, fo entfte^t
Schwäne au* 9ttange( an Uebung, ift bie Uebung ftarf er, fo ent*
fteht Sdtnoäche burdt) Ueberanftrengung.
Der (Shtfluß ber äußeren SBerhältniffe auf bie Chtttoicfelung
ber (SetfteSbcrmögen burdt) Uebung ift nicht ein bei allen ®et=
fteSbermögen g l e i dt) regelmäßiger. So toie ein jeber SDienfdt)
in ber fltegel gehen lernt, aber nicht ein jeber bie jum Spielen *
eine« 3nftrumentS ober jum Schreiben nötige ftingerfertigfeit
ertotrbt, fo toerben jufolge ber eigentümlichen Hußenoerhältniffe
unb im gewöhnlichen £auf beS geben« bie fogenannten nieberen
Sinne — ©ppofital, Slcquifital, Secretal — regelmäßiger geübt,
als bie SBerftanbeSfinne , gormital, (Solorital (beim 30?alerberuf),
SRuftcatal (beim ©eruf beS SDhtftferS) u. f. to. Die «erfdtueben*
heit ber 9ttenfchen toirb baher in #e$ug auf bie nieberen Sinne
eine oergletchStoeiS mehr angeborene, in ©c^iig auf oiele $er=
£a« ©Wem.
181
ftanbe«finne eine meljr burd& Uebung (bur$ @r$ieljung) erworbene
fein. £>o$ gilt biefe« nur bon bem 3"ftanb unfern ©Übung«*
ftufe, n>o bie fogenannte 33ertljcUung ber Slrbciten eine fo au«*
gebeljnte Slmocnbung finbet ; e« gi(t nietyt bon bem 3wftanb bietet
fegenannten toitben SBBtter.
(5« (äffen fi$ brei (Srabe ber ®etfte«tljätigfeit unterfd^etben.
$)er f^iräcfcfte ®rab ift ber ber bfoßen Regung einer Reifte«*
traft, g. SB. be« ®eneratal, be« 3pfotal, be« @omparita( ic. £)iefe
Regung nrirb bei ben oerfäiebenen dtaffen ber <$eifte$berm&gen
aerfcfyieben benannt; bei ben nieberen 93erftanbe«finuen l?eißt bie* •
fetbe (Srfennen, SBatyrnefjmen, Sluffaffen. £>er mittlere ©rab ber
©eifte«tf>ätigfeit ift ber ber g e ( ä u f t g e n ober g e to o n t e n £f?ä*
tigfeit. tiefer ®rab, oergtetetybar ber uttinUfürü$en ©etoegung
ber ÄBrpergtteber beim ©eljen ober beim Spielen eine« Snftru*
ment«, ttrirb bei ben t^ierifd^cn ©innen £rieb, Neigung, bei
ben ^ityeren ober ®emüty«finnen ©efüljl, bei ben 23crftanbe«*
finnen ^ebäd)tni§ (leidet 51t nneberlj otenbe £l)ätigfeit) genannt.
£)ic fy&cfyfte «Stufe ber £Ijätigfett ber ©eifte«&ermogen , bie ber
ftärfften Xljätigfeit, roirb erreicht entiocber au« innerer ober au«
äußerer 33erantaffung, b. i. enftoeber burefy feljr bebeutenbe Stärfe
ber ®eifte«oermögen felbft, ober burefy bie 9flac$t ber äußeren
Urfadfyen : äljnlicfy tote eine ftarfe f&rperlidtye Söetoegung (Springen,
Saufen) cntioeber au« innerer $raftfütte be« ß'örper« unb ofyne
äußeren j&teed, ober bur<$ äußere 33eran(aj"jung, um eine« äußeren
3tt>e<fe«,nnflen ftattfinben fann. 2)ic nieberen Sinne auf biefer
£ljätigfeit«ftufe Reißen ßeibeufd^aften, bie Weren ober ©emüty«*
finne S3egeifterung, Sdjtoärmerei, (Snt^uf ia«mu«,
bie 25erftanbe«ftnne ®ente, f d&öpf erifd^e <5inbitbung«*
traft, an tafle. (SSergl. meinen ,,#ate$i«mu« ber $tyre*
nologie". 6. «ufl. S. 87 ff.)
1
♦
XL
Mm meinen wiffcnfAnftfiAcn Jicgqjnillcn 511
Hamburg.
Ter alte kämpf belebt fifft neu;
3efct fomtnen erft bie rcdjten Tage,
■&o ftotn firf) foiiberu wirb »011 Spreu.
Urlaub.
£)te Vorträge über fjtywiiofogic, ioc(d)e idj in Hamburg im
9ftär$ 1851 ^ie(t, tiefen bafelbft einen fc^r lebhaften Streit für
unb unter unter ÖMefyrten nnb Sfticfytgclefyrten Ijeroor. 2(fS tety
in ber „Sefefyiitfe" jtoet Vorträge tor mehren Rimberten ton
3utjörern gehalten, trat ein 5lr$t, §err Dr. $8 . . ., in berfelben
®efeflf($aft mit einem Vortrag gegen biefe Setjre auf. £ie
2öiberlegung feiner (Stntoürfe ift ber ©egenftanb btefer 3«iten.
3dj gebe benfetben bamm eine allgemeinere Verbreitung, weit
bie lu'er befangenen SWi^erftänbniffc fe^r fyäuftg bei Sterjtcn
gefunben werben ; mie benn autty für §errn Dr. «ö. alsbalb nodj
ein anberer Slrjt ctnftctyt.
§err Dr. SB. Ijatte „über ben nuffenf^af tilgen Serty ber
^Phrenologie* jn fprectyen ange!ünbigt. @<$on biefe SBorte ent=
galten einen fogiftfyen fteljler. 3n ber SBiffenf^aft atö fol<$er
giebt e« ntcfyt SCBert^ ober ttmoertf?, fonbem nur SBafyrfyett ober
Umoaljrfyeit : benn auefy ba$ fc^einbar Unbebeutcnbe lann ben
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Stn« meinen n>iffenf<$aftti$en SBegegniffen ju $amfcurg.
183
#etm $um Größten unb St^ttgften in fiety tragen. 2)ie erfte
ftrage mar atfo fyter: ift bic ^Phrenologie loaljr? eine streite
tonnte fein: melden praftifcfyen ©ertl) Ijat biefefbe?
Mein §err Dr. 33. fünbigte h>ol)lbeba($t ni<$t einen Vortrag
„übet bie Unioafyrfyett" ober „über bie totffenfctyaftttttye 9ßtdjtig=
feit* ber ^Phrenologie an, toeil er füllte, baß biefe ntcfyt fd^Cec^t-
Ijin umoaljr genannt toerben bttrfe; auc$ bei ben 3u^tern war
er fi$ beffclben ©cfüfyte benutzt. £>aljer toicberljolt fu$ aiufy
jener fogifctyc ftetyfer in bem Vortrag fetfrft. 3n biefem oertoarf
ber SRebtter, n>eit er $ttr 3a^ ftrengften Gegner ber fftetto«
togie gehört, aüe itjre @% imb £tjatfactycn otyne Stitfnatyme, nnb
filmte <Punft für <Punft bereit 9ci$tigfeit mit <5rnft nnb Spott
barjntfjnn. Allein aljnenb, baß fjinter biefem Slüen bo$ eine
SBJaljrljeit berborgen fein mochte, Heß er, glctc$fam ju beren S?er=
fbfntung, in feinen Vortrag einige allgemeine ©orte ber 2tner*
fennnng einfließen, lote j. SB. „©aß loar ein ©citie", „bie ^tyre*
nologic f}at eine große 3u^tnP to0T W-
3$ Ijikte einen Sfteunb be$ .fScrrn Dr. J8. naefy bem Vortrag
fagen: „23. Ijat gut gefprodtyen, aber er Ijat ntd^t überzeugt".
3$ meine aber, §err Dr. ©. ^at m$t gut, n>ei( nic^t folge*
richtig, geftorocfycn, ba^cr fonnte er ntcfyt tiberjeugen. ©eiftrei^c
Sluffaffungen, SMfec, machen ben 9febuer nidtyt, fonbem bie £ogif,
ba$ fefte Steden auf ftar erfanntem @tanbpunft. £err Dr. ®-
Ijattc at« ®egner ber ^Phrenologie jioei Sßege oor ftcfy: er fonnte
biefe Setyre enttoeber ganj unb fc^fe^t^in, ober aber er fonnte fte
blo« tfjetuoetfe oermerfen. <£r ging ben erfteren 2Beg, moflte i^n
toentgften« gehen: er beftritt bie ^^renologie im ©anjen unb in
alten ihren ©itjefn^eiten ate eine Srrfehre. «fleht tote fann at«*
bann ®afl ein ®ente fein? toie fann bie ^fyrenotogte eine große
3ufunft oor ftch I?aben? £er töebner mußte biefe allgemeinen
©orte ber Hncrfennung , roenn unb fotoett fie einen <Stnn tjabett
foflten, auch im ©injelnen begrünben, ganj loie er auch fein aflge«
meine« 9$ertoerfung$urtfyeit im ©njetnen 51t begrünben fitste: er
mußte bann bie betbertet fünfte, bie ber 93ermerfung unb bie
ber Slnerfennung, — fo geringe« ©etoicfyt er auch auf bie festeren
legte, — ftar einauber gegenüberfteflen, fc^arf gegen etnanber ab*
184
2tu« meinen toiffenfäafta^en »egcgniffcn ju Hamburg.
grenjen. £>a« allein mar ber miffenfchaftliche , jur Ucberaeugung
führenbe Seg.
Sffein bet Sttangel an ftolgerichttgfeit ift nicht bcr einige
23orrourf, melden ich beut Vortrag be« £errn Dr. 39. machen ju
muffen glaube. iftoch mehr üermifjtc ich in bemfelben bic föufye
unb Unbefangenheit be« 2ftanne« ber Söiffenfchaft. §crr Dr. <8.
ift nicht fomohl ein ®egncr, er ift ein leibenfehaftlicher geinb ber
^^renofogie, unb bie« ma^t fein Urteil befangen. Denn hn'e?
nicht Mo« bie eigentlichen pfyrenotogtfcbeu fcljatfachen, b. i. bie
ctnjelnen ®eifte«oermbgen unb ihre Organe, fonbern auch alle
allgemeinen ©äfcc ber $fyreno(ogte f ollen nach £>errn Dr. $8.
blofce Unwahrheiten fein?
Sßerfen mir einen oerglcichcuben ©lief auf bie ptyrenotogifcfyen
9(nfid^ten ber Sierße £eutfchlanb«. £>iefe Hnfic^ten finb mir in
golge mehrjähriger Säuberungen burch £eutfchlanb in großer
3lu«behnung betannt gemorben. Sic bilben eine ununterbrochene
(Stufenleiter oon ber fehreffften 33crtoerfung bi« jur wolligen 2lu*
erfennung. Gebe auch mx erbenfbarc Anficht r)at ba ihre 3?cr*
treter. (Sehr eigentümlich ift e«, baf nicht blo« über ba« SDcchr
.ober Weniger ber Slnerfennung bie ütteimmgen getheilt finb, fon*
bem baf auch bic im Slllgcmeinen auf gleicher Stufe ftehenben
3lnfichten fich mieber vielfach im einzelnen freuten. <So gilt
3. 53. bem einen 2(r$te bcr Safc , bap bic ®eftalt be« ©ehirn«
im ®an$en au« ber äußeren ®opfgeftalt erfennbar fei, al« au«*
gemalte, unbeftreitbarc Salach, mährenb ihm ber Sat&, baj?
bic ®rö{je be« Gehirn« feiner $raft entfpreche, al« oölligcr Orr*
thum erfcheint; ein anberer bagegen ift ber umgetehrten Anficht,
ftür ben einen Slrjt fteht c« über allen 3^1^ f eft , baj? ba«
Organ be« <$efchlecht«finn« im fleinen (Sehirn liege, ber anbere
hält biefc Anficht für eine ganj irrige. 2öa« bie ©timmenjahl
betrifft, fo merben bie äußerften 9lnfichten, bie ber gänzlichen 93er*
merfung unb bie ber gänzlichen Slnerfennung , am feltcnften ge*
funben. S9ei ioeitem bic größte SDcchrjahl ber 2ler$te möchte fich
in ber flflittclanficht , toelche juerft \>on £aru« öffentlich au«gc=
fprochen mürbe, bereinigen, bafc jmar bie (Singelorgane auf
Orrthum beruhen, bafj aber ber oorbere Xfytil be« Gehirn« im
3tu« meinen n)iffenf$aft(i$cn 93egegniffen ju Hamburg. \S6
®an$en ben 33erftanbe^fräften , ber obere ben ($efü$(6finncn unb
ber Wintere unb untere ben nieberen Sinnen ober tfeibenfehaften
jum Organ bienc. ÜDiefc Anficht fchttefet bie 9Inerfennung ber
allgemeinen Säfee ber ^Phrenologie in fid), unb man ift tnertn
oon Seiten ber $(er$tc Oer >p^rcno(ogic entgegengefommen ; boeb
erwartet man nun auch, bafe btefe oon ihrer „thörtchten" <5in=
feitigfeit, ben (Sinjelorganen , ju jener „oernünftigen" Anficht ju*
rücffe^re.
«ei biefem Staube ber ärztlichen Hnfichtcn ift eö föftet ju
begreifen, wie ein %x$t fich ber großen 2Hchrjahl feiner ©enoffen
in ber ©eife feinblich gegenüberftellen mag, bafe er ba$, wa« fo
otcle, unb jutn Xtyil ^od^gefteUte 2)?änner, at« wahr anerfennen,
gerabeju irrig nennt. £iebemann, eine europäifche Autorität, ^at
in feinem berühmten Serf über ba$ SJJegergehirn ben Safc, bafe
bie (Mroßc be« ®ef;irn« feiner $raft entfpreche, für fo über allen
Bwetfet feftfte^enb betrautet, ba§ er benfelben, obgleich fein ganje«
Serf barauf ruht, nicht erft ju begrünben notljig hielt. 2Bte
mag nun £>ert Dr. ©< c&en tiefen Safe fpottenb al$ irrig ber*
toerfen? $)aj5 er c$ tl)at, erflärt fich nur au8 fetner alles Ur=
tljeil trübenben tfeibenfehaftlichfeit. Grr bebaer)tc nicht, bafe wer $u
biet beweift, nicht« betoeift.
2lllein betrauten wir bie unbebingte Verwerfung ber s£hve*
nologie ned) oon einer anbern Seite. 3ft c$ glaublich, ift c*
wiffenfcbaftlieh wahrfcheinlieh, fo frage id) §errn Dr. S&., baj?
bie unenbliche 33erfd^ieben^eit ber menfrtüchen Stopfgcftaltcn fo
gänjlidf; jufätlig unb bebeutungSlo« fei? (Saru* ^atte bor etwa
jm&lf fahren in feinem Söerf über ^fhdwtogic bie ^renotogie,
gerabe wie e« je^t oon £errn Dr. <ö. geflieht, gänjlid; berworfen
unb fie mit ber §aubwafyrfagefunft auf gleite Stufe gcftellt.
£)a führte ilnt einft Ücoel in £)re$ben in fein f<h$ne$ vhrcncfD£
gtfd?e$ Qtabtnet unb jeigte u)m au bieten ^obfabgüffen bon Ver=
brevem, wie bereu $o£fgeftalt oon ber gewöhnlichen fo übereilt
ftimmenb berfebieben fei. $)a wich bie borgcfafcte Meinung bor
bem einfachen ©tief auf bie 9?aturwahrheit , unb GaruS fd^rieb
fein SBerf über $rantoffo£ie, worin er bie gute §älfte ber $hrCs
nologie al« wahr anerfennt, 3n §amburg befugte ich ba« Straf*
186
2lu« meinen fciffenfct)aftlichen 33egegniffen ju Hamburg.
hau«, fto eine große 3atjl toon SSetbrechern , toofy Rimbert,
9)cann bor 9ftann an mir botübetgingen. Obtoohl ich baffelbe
fcfyon oft gefehen, -fo ift mit ber Stnfcücf immer neu, lote bie
$öbfe biefet Unglücf liehen , im Tittcbfchnitt aUe oorn fchmal unb
niebrig, erft gtoiföen unb hinter ben O^ren fic^ gut ©reite unb
£&he auSbeljnen. Söäre £>err Dr. 53. jugegen geioefen, ich glaube
nicht, baß feine teibenfehaftliche Befangenheit ber überjeugenben
Sal^cit ber ^atfac^en gegenüber Staub gehalten hätte.
$>ie« führt mich auf ben britten unb lefeten, aber auch
fchtoerften SSottoutf, ben ich §crrn Dr. 33. matten muß, e« ift
ber feiner gänzlichen Uli! enntniß ber ^renotogie. Söie mag
ein Sflann, toelcfyer, ben ©tanbbunft ber Siff enfeh aft *) für ftdt>
in Aufbruch nehmenb, gegen bie ^Mjreuofogie öffentlich auftritt
bie« fo gänjüch unvorbereitet ju t^un mageu! 3ft nicht bie
Phänologie, a^ ^rc ntenfehlichen (Reifte unb feinen
Organen, jebenfall« bie fchunertgftc , ba$ grünbltchfte @tubium
forbernbc sJtaturmiffenfchaft ? 3ft c$ ertaubt, über beten toichtige
©afee fich nur nach eignem ®utbünfen eine (Jrflärung felbft }tt
machen? §at nicht §err Dr. 53. ®all ein ®enie genannt?
mußte er alfo nicht toenigften« beffen grünbltthe (Srorterungcn
über bie Söiffenfchaft fennen? Unb boch hat §«r Dr. ©. nicht
nur nicht ®all, fonbern nicht einmal (Sombe ober irgenb ein an*
berc« ^anbbuch über ^hreni?to8ic getefen, fonbern er !ennt nur
— meinen Keinen Öeitfaben für meine Vorträge unb (ginige«,
ma« gegen bie Phrenologie gefchrieben ift, 3. $3. bon SBotfmann.
3ch fann biefe«, nachbem ich feincn Vortrag gehört, mit bollfter
Gewißheit aufrechen. . 3$ tonnte nur ftauneu über ben fanget
an tenntmffen, ben ber Vortrag in jebem Sorte funb that.
Der föebnet gab feinen 3uWrern> ftatt cul wahre« 53i(b bet
•) (Slje $err Dr. gum ©predjen auftrat, näherte id) mid) u)m, be*
grüßte ihn fytfflid) unb äußerte , e« gereiche mir gum Vergnügen, baß er über
bie ^breuologie fored)en toerbc. <5r erwieberte meine Begrüßung burd)au«
nicht unb fagte fe^r ftolg: er ttme ba« nid)t, um mir ein Vergnügen gu
machen, fonbern ber 2Biffenfd)aft mitten. 3n btefem Ülugenblic! mußte td),
baß id) einen fet>r fdjmachen ©egner »or mir b.atte. 2>a« Sort SMffenfd)aft
war ein <2>d)Iagmort in feinem Vortrag.
Slu« meinen toiffenf^aftlit^en ^egcgiiiffett ju Jpamfcurg. 187
Phrenologie, nur ein lächerliche«, ihr in nicht« ähnliche« JJmbttb.
3$ nenne ba« bie $crteumbung in ber Sölffenfchaft.
@« berringert nid^t ben fchweren Vorwurf gegen £errn
Dr. $8. , baft biefe Unfenntniß ber ^renologie bei allen ihren
Gegnern gefunben wirb. 3$ in Deutfchlaub unter fo bieten
Gegnern ber Phänologie f e i n e n e i n \ i g c n g e t r o f f e n , welcher
Gtollgefefen ^atte; e« ift mir bon einer ber größten Uniberfitäten
Deutfchlanb« befannt, baß ®aü"« Serfe, feitbem fic erfreuen
finb, nicht ein einjige« ÜM berlangt würben. Allein e« ift
immer etwa« anbere«, Ho« ju urteilen, etwa« anbere«, wie £err
Dr. mit feinem Urteil in öffentlichem Vortrag unb im tarnen
ber Siffenfchaft aufzutreten.
(Sine feljr allgemeine ©eite biefer Unfenntniß ber phrCi
notogie ift e«, baß man biefe 3öiffenfd;aft nicht al« ©elfte«*
lehre, wa« fie bor Willem ift, fonbern nur al« Organenlehre }u
betrachten pflegt. Die (^eifte«lehre ift aber namentlich für biele
5(er$te ein gar wenig gelaunte« Otelb. £>err Dr. glaubte, baß
nach biefCT ^eitc hin ein geiftreicher @<herj jum @ieg über bie
^renotogic genüge. 3n meinem fleinen tfettfaben finben fich bei
(Srflärung be« Grigenthum«ftnn« bie SBorte: „Der £>unb bewacht
ba« £au« wie fein ©genthum; er berfteeft feinen Knochen unb
tertheibigt ihn mit ber größten §artnäcfigfeit, wä'hrcnb er bagegen
im begriff, etwa« ju ftehlen, unb im Söewußtfetn, baß bie« nicht
fein (Sigenthum fei, bon einem $inbe bertrieben werben fann".
§err Dr. *ö. meinte nun, biefe (Srllärung fomme ihm gerabe fo bor,
als wenn man e« au« bem (£igenthum«fmn be« f>unbe« herleiten
wollte, baß er fchreit, wenn man ihm auf ben ©chwanj tritt.
Die merfwürbigfte unb wichtigfte Seite be« ®alTfchen ©erfe«
finb bie barin ntebergelegtcn umfaffenben @tubien be« großen
Spanne« über bie menfehlichen unb thierifchen (Shatoftere. ®*cfe
machen ba« Serf $ur anjiehenbftcn unb werben e« — wenn
man e« erft fennen wirb! — jur getieften Seetüre machen.
Diefe« ^eurtheilen unb Verwerfen ber ^Phrenologie olmc
Sachfenntntß läßt fich etwa mit jener (Srfchctnung begleichen,
al« bei ber Gmtbecfung Galilei'« ton bem Sauf ber Crrbe um
188 meinen toiffenfd?aftlid>en ^egegniffen ju Hamburg.
bie @onne bie ganje ®e(e^rtentt>c(t *) ftcfy mit einem <2>cfytet
bagegen erl?ob, otyne erft biefe Xijatfacfye, roeit fie einmal al«
unfinnig unb reügion«gcfcü;rli(fy galt, bet näheren $enntni§na(jme
unb Prüfung rocrtlj }tt atzten.
$lm ©cfyhtffc feine« Vortrage« berttue« ber SRebner bie 3Us
fyftrer auf einen Sluffafc bon |>errn Dr. 9ktfyan in ben Äritifd&en
33tättern ber Söörfenljafle (Satjrgang 1843), toorin „geiftretetyer
unb beffer, a(« er e« bermo$t" berfetbe ®egenftanb beljanbelt fei.
8H« £err Dr. feinen Vortrag beenbigt, ertjob i<$ miety
unb fprad^ bie Söittc gegen iljn au«, ben Vortrag bem $)rucf ju
übergeben; toenn er biefe« ni$t tyun toolle, fo toerbe i<$ meine
2>erttyeibigung ber ^tjrenotogie gegen bie bon itym gemalten 3ln=
griffe auf bie Arbeit be« $>errn Dr. 9ßatljan grünben, mit teelc^er
er fo entfetyieben feine Uebereinftimmung erftärt habe. (Segen bie
Buljörer äußerte ich, baß §err Dr. $3. bie Sßiffenfdjaft, über bie
er gefproetyen, nicht fenne, ba§ bom (Stanbpunft foteher Glicht*
feuntnifc an« bie ^Ijrenofogie fchon oft angegriffen unb ber-
meintlich „tobt gemalt" tt>orben fei, bafc i^r aber biefe« toenig
angehabt, inbem fie noch frifety am ßeben fei unb borau«fichtlid>
auch bleiben merbe.
£>e« folgenben £age« fragte ich bei §errn Dr. 53. fchriftüd)
in Setreff be« Drucfe« feine« Vortrag« an. £n'e Hnttoort ttar
eine verneinenbe. 3ch werbe atfo jur ßrgänjung beffen, ma«
ich über ben münbUctyen Vortrag be« §errn Dr. SB. fagte unb
nur fagen fonnte, ben Sluffafe be« £errn Dr. Nathan einer etma«
mehr in« (Stnjelne gehenben ©eurtyeUung unterbieten.
tye ich teboch baju fortgebe, muß ic^ ber SMftänbigfeit ber
Grrjählnng wegen noch eine« anbem Gegner«, welcher offentüch
gegen bie ^Phrenologie auftrat, erwähnen. (Sin 9lr$t, melier ben
einen Vortrag be« £errn Dr. 33. $ur Vernichtung ber ^Phrenologie
nicht für Ijinreicfyenb erfannte, fünbigte gleich eine ganje töethe
Vorträge gegen biefe Setyre an, meldte er auch in bem <3aat be«
(Stymnaftum« bor $unberten oon 3u^rer,t gehatten (at 3ch war
nur bei ben beiben erften gegenwärtig: meine Slbreife bon £am*
•) @. SEB^enoetC ©efc^te ber inbuetifcen Stffenföaften.
Hu« meinen wiffenfc!baftlid>en 23egegniffcn ju Hamburg. 189
bürg beraubte mich be$ Vergnügen«, n>cl^eö mir ber ©cfuch biefer
Vorträge gemährte. $)cr 3u^ret ^atte DU? Den ®cif* angenehm
befchäftigenbe SSahl, ob er ben SHebner wegen feiner gar gu
fchmachen, ja oft fomifchen (Sinroürfe enttoeber für einen geheimen
Anhänger ber ^renologte Ratten foüe, weiter U)r burch ironifc^e«
©efämpfen ju nüfcen fuche, ober aber für einen üftann, meinem
bi« ju einem faft unbegreiflichen ®rab alle tenntnijj ber ^h™*
notogie abging. 3n ber ^ef^ic^te ber ^fjrenofogte j. SB. jeigte
fich ber £err föcbner fo bezaubert, bafc er behauptete, biefe ßehre
fämpfe fc^on feit achtzig fahren um ihre Slnerfennung. 9luf
bie Anatomie legte er befonbere« t&mify ; er ben>ie$ }. 38. burch
ein oorgejeigteS menfchü<he$ ®ehtrn, bajj baffelbe in jioci ge*
trennte XljeUe, bie f. g. $>atbfugeln, verfalle, baß alfo unmög-
lich i" ber Mittellinie be8 $opfe«, tt>o gerabe bie Trennung fei,
einfache, unpaarige Organe liegen fonnten, tüte fie auf ben
phrenologifchen lüften angetrieben feien *j. ^cr,lcr geigte er ben
Schabet eines SöafferfopfcS oon fcl)r großem Umfang unb baneben
einen t»iel Heineren ^etrö^ntic^en Schabet, unb bewies barau«,
weil ber Sßafferfopf im ?eben oiel weniger SSerftanb gehabt, al«
ber anbere, bafe bie ®rofje be« $opfe« (er fagte nicht einmal : betf
©ehini«) lein flttafcftab ber ©eiftetfraft fein fßnne. Huch auf
bem ftelbe ber ®eifte$lehre jeigte ftch ber £err föebner fehr bc*
wanbert. <äx fagte, ber tinterfchieb in ber Schäbelgeftatt ber
oerfchiebenen Götter unb SWenfchenraffen fei fehr gro§, fo bafe
*) Stffo eine bbjrenologifche Süfie $atte ber 9tebner gefe&en! $a« er*
innerte tni^ an einen Hrtifel ber „freien f reffe", welchen id) einige Sage
früher gelefen OieHeid)t war unfer #err 3iebner ber $erfaffer), wo 3emanb
erjagte, er fei früher ein Slntjänger ber ^brenologie geWefen, naa)bem er
aber bie ptjrenologifche ©Ufte genauer betrautet, fei er von feiner günftigen
Meinung jurürfgefornmen, benn c« feien aud) auf ber 9iafenn?urjct Organen*
nummem angetrieben: ba aber bort gar feine Organe liegen fännten,
Weil, wenn man ba binburd)fted)eu würbe, man gar fein ©ebirn träfe, fo
folge barau« u. f. w. Sllfo man fragt nid)t nad), wa« bie Mummern auf ber
SNafenwurjel , auf ber 2Hitteüinic be« Äoöfe« bebeuten, fonbern man mad)t
fid) bie Antwort felbft, unb wenn biefe unvernünftig ausfällt, fo ift bie tyxt<
nologie unvernünftig !
190 meinen imffen|*c$afHic$en Segegniffen ju §am6urg.
fein anberer Unterfctyieb in bet menfcfyüdjen ©eftalt iljm gleich
fomme, unb bo$ (fyBrt! tyört!) — fei fcefanntüa) ber Gereifter
aller biefer betriebenen TOfer gang ber nämliche. £)erglei#en
foüte nun einem meift au« ßaien befteljenben 3uljßrerfreife unter
bem Tanten ber Siffenfctyaft ntcfyt geboten werben, bamit bie
3ufyörer nitfyt, ftatt* an toiffenf$aft(i$en Dingen ®ef$macf ju
gewinnen, bon ber £l)eUnaI/nie baran juri'ufgefcfyrecft »erben.
XII.
Dr. lathan.
34 bin bcr «eift, ber fiel« verneint,
Unb baS mit 9Jed)1 ; benn vu . roaä cntftrfct,
3ft wertl), boft e* &u «ninbe ge^t ;
Trum bcfier wir'«, bo6 nidjt« cnrftimbe.
Http | i ft o.
£)er £abel, todc^en icb gegen ben Vortrag be« §errn Dr. 33.
ausgebrochen , trifft in jeber ©ejieljung noch mehr bie Arbeit
be« $>errn Dr. Nathan; biefe ift noch Wroffer, toegtoerfenber,
felbftgefälltger gehalten. $err Dr. nennt ben Sluffafe geift*
reich, beftod^en burch bie ®eftnnung«gteuhheit be« SJerf.: aber
®eift in n>iffettfc^aftac^en Dingen ift nur ba, too Sogtf ift. 3n
bem Sluffafce ^errfd^t nur ber blinbe, untDtffenfd^aftüc^e ®eift ber
55cm einung. ÜDabei ^at ber 33erf. in großartigem Seifpiete
gejeigt, toaS au8 bcr ^renologie totrb, wenn ein ©egner fie fich
nach eignem ©utbünfen anfertigt. Orr fagt (©. 478): w3n ber
SBMffenfdjaft ftanb bie ^ß^renotogie oon »orn herein al$ 8üge ba".
X)iefe$ üo n oorn herein 23crurtheilen Ijat er con amore
burc^gefü^rt. 9iur Einige« baoon.
Sin oieten (Stellen be« SluffafceS behauptet ber 93erf., bie
p^renotogifc^en Organe feien /,®no$enljöcfer'', er fpridt)t oom
©chaben berfelben, um ein Drgan ju oerf (einem jc 9ftan fann
hier natürtid? meber eine Umotffenheit , noch bie Slbficht, Sin*
192
Dr. mafyan.
bere ju tauften, bei ihm borau«fefeen. Slber e« ift djarafteri*
ftifch für feine SDetitroetfe, baß er ftch barin gefällt , biefen geift-
lofen ©cherj 06 jur (Srmübung ju nrieberfjofen.
(©. 477.) w$iclleid;t nur al« eine Liebhaberei unb (Surio*
fität ^atte fi<h ®all eine Heine 9feil)c ton Beobachtungen ge-
fammelt, in welchen, n>ie er meinte, gcrriffe äußere Schäbelformeu
nüt gennffen ®eifte«anlagen ober Neigungen jufammenfielen."
$)iefe Söorte bebürfen feiner SBMberlegung ; fie mürben fchon allein
bclocifen, bafc £err Dr. Nathan ®alt'« grofje« 2öerf nicht einmal
gefeljen $at.
£)er SSerf. nennt e« (3. 478) „bie Beobachtung eine« mo*
bernen Phrenologen t eine Slblernafe 9)?uth bebeute". 31(fo
er fcertoechfelt fogar Phrenologie mit ^hhf^gnomü, jtoei fo fehr
berfcbiebene £>tnge. (93ergl. ben ÄatedjiSmuS ber Phänologie <&. 95.)
$)er SSerf. fagt (ebenbaf.): „9Ucht in ftranfretch, auch nicht
in Sonbon, fonbcm erft in ben £anbftäbten ©nglanb«, fo toie
in Slmertfa, n>o ber 3ufta"b be« Unterricht« ber ftäglichfte mar,
— erft an biefen £>eerben ber Untoiffcnheit über (Seelenleben
fchlug bie 'P^renoto^te 2öur$el". Söie untoahr btefe« ift, mögen
einige SThatfachen (au« ber £eit, ehe ber 93erf. feinen $uffafe
fchrieb) geigen. Slbernethh fagte: „3d? geftelje, bafe ich mich nicht
im staube fühle, irgenb gehaltvolle ®rünbe gegen bie Wahrheit
ber ^Phrenologie borjubringen" *). Dr. (Sonoüty, profeffor an ber
tfonboner Untoerfität, fagte : „3$ gewahre in ber nrirflichen ober
affectiven (^eringfchä'feung, melche fo manche Anatomen unb phh*
fiologen gegen bie Söiffenfchaft ber Phrenologie bilden laffen,
burchau« nicht«, h>a« barauf Slnforuch machen fonnte, ^Uofo^ifct;
genannt ju werben**). Slnbral, eine ber haften ärjtlichen Huto^
ritäten Europas, war Präfibent ber ph*enologifchen (^efeüfchaft
ju Pari«. $)a« Medico - Chirurgical Review, ba« British &
Foreign Medical Review unb The Lancet, welche unter ben
englifchen mebicinifchen 3eitfchriften mit ben erften Wang einnehmen, 1
erfennen fchon lange bie Phrenologie al« wahr unb begrünbet an.
*) Reflections on Gall and Spurzhcim's System, p. 48.
*•) On the Indications of Insnnity, p. 135.
Dr. 9?<ttf>an.
193
(@. 478.) „£)ie ^rcnofcgen t^eitcn bic (Seele wie ba«
£>irtt, ober bielmehr ba« £Mrn tote bie Seele; ihre Jöilbttttg«*
gefliehte ber (Seele ift eine mechanifchc äufammenfefcung." ©er
$erf. bringt auch biefett alten unbegfrünbeten Vorwurf, bafj bte
^hrenologett bie (Seele Reifen, ohne wiffen, wie grünbliche
uttb genügenbe Erörterungen hierüber bon ben ^renologett ge*
macht fmb. £>er Anatom Hrttolb, welcher gewiß für ihn eine
Autorität tft, fagt (^rbiich ber ^^ftotogie @. 874) : „Obgleich
bte Seele ein Einige« uttb Unheilbare« ift, fo werben bie inneren
Vorgänge bcrfelben boch nicht burd) einen, fonbern burch mehre
unb oerfchiebene £irtttheile vermittelt. £>iefe« ©ebingtfein ber
oerfc^iebenen ^rojeffe be« inneren (Seelenleben« burch bcrfchtebcnc
£nrnthcile fann ange-nommeit werben, ohne ba§ baburch, wie
mehre ^ftychologett uttb ^ßljtyfiologen glaubten, bte Einheit ber
*Scele aufgehoben wirb ; benn auch bie £eben«rraft ift ein ©attje«
unb Einige« unb fyat gleichwohl nicht ihren Stfc in einem ein*
jclnen ©ebilbe, fonbern tritt tiberall in befonberen formen auf,
welche auf eine beftimmte Seife sunt Seben bettragen ".
(S. 479.) „3c ttachbem $ttr nominellen Erflarung ber (Seelen*
erfcheinungen eine föubrif: ein Ort«*, Sprach*, Sort*, 33er*
el?rung«ftttn tc. erforberlich tft, Werben bem £>trn befonbere ©r*
gane angebietet." Um ba« Wilbich ten &u lernen., hätte ©alt
bei £erm Dr. Nathan in bie Schule gehen müffcn. Stein,
©all war Laturforfcher in ber bollften Söebeutung be« Sorte«.
Lüsternheit War fein Eljarafter, unb mit ber ftrengften ftolge*
richtigfeit unb mit eif entern ftleijje fyklt er an feinem ©a$f-
fprttch feft, taufettb unb wieber taufenb Beobachtungen jttr ©e-
ftättgttng einer iebett ^hTCno^°8^Wen Wahrheit &u fammeln. E«
beburfte für ihn immer iahrelangen Dörfchen«, *he er trgenb eine
neue Entbccfung (ein neue« Organ) als feft erwiefen betrachtete.
£)amtt finbet zugleich feine Erlebigung, wa« ber SBerf. weiter
äußert (ebenbaf.): „©all blieb babei noch einigermaßen in feinem
fechte, fo lange er feine Eombinatiotten jwtfchen gewiffen Seelen*
fräften unb gewiffen £>irnpartten für ©ermuthungen unb ihm
wahrfcheittliche §^pot^cfen hielt, bic ber Unterfudning unter*
worfen werben follten; feine 3ünger aber warfen bie hhPothe*
S$e*e, «HtwbalMe «Uber. 8. «ufl. 13
194
Dr. 9Jatt)cm.
tifd^c 9totur übet öorb , numerirten fid^ einen ©djäbcl" it. f. n>.
2öer au# nur SÖenigeä bon Cfafl'* Herfen fennt, toeijj, bafe
biefer bon ber Söaljrljeit fetner ßntbetfungen gang fo feft über-
zeugt h>ar, al« C^afitei bon ber üBafjrfyett, baß bie (£rbe unt bie
Sonne taufe. 9)ian begreift bie tecffycit ber fteber faum, tt>clcbc
alle biefe Grrbictytungen al« Söafyrfyeiten nieberf ^reiben tonnte.
9d( toäre begierig gu frören, tootjer £>err Dr. 9?atyan feine Staute
ntffe über ®ef(fyi<$te unb Siefen ber ^fjrenologic geköpft 511
fyaben sorgtebt.
<5eljr aitSfüljrlid? berbreitet ftcfy ber $erf. über bie Greifte«*
lefjre ber $l)renologie ; er fprtd?t ben ifyrcr „tfeicfytfertigfeit", ben
ber „entfefcliÄen 9ln$afyl ber Phrenologien ©eelenelentente".
„£)ie ältere Gmtpirie", fagt er, „Tjatte mit bem 7. ober 10. Tfyeil
genug/ $)te ?(rt ber Crintfyeilung felbft ift ifym bie „ungerehm
tefte". (@. 487.) „®erabe toetl allen (£intfyeilungen ein bc-
ftunntted TfjeilungSprincip gutn ©runbe liegen mu§, ift bie pljre-
nologifefye fo abftojjenb unb toafyrfyeitsfeinblicty , fte bennengt feljr
äJerfdn'ebeneS unb fonbert anbererfeita ba« Gleichartige." Als
Sonberung be« Gleichartigen begegnet ber üBerf. g. Sd. bie Tren-
nung be« „ÄantpffinnS" unb be$ „3erftBrung$finn8\ (ir urteilt
natürlich nach bem bloßen tarnen ber SSertn&gen, bie öebeutung
ber tarnen fennt er nicht; fonft loürbe er huffen, bajj g. ®. eine
einfeittg ftarfe Cmttoicfelung be« „ßampffinn«* gu üttuth unb
Äü^eit führt, be$ w3crf^rimfl^n^1' ju Graufamfeit, baj? alfe,
roeit ein SDienfd^ mutfyig, aber gut unb milbe, ein anberer graufam,
aber feig fein fann, eine Trennung jener beiben Vermögen als
in ber s3catur gegeben borliegt.
£)er SJerf. fotnntt, tote fich erwarten läfct, auch auf bie bon
ben Gegnern feljr ^äufig int SJhmbe geführten „$>interthürcn"
.ber Senologie gu fprechen. (£r fagt (©. 485 f.) : „£)ic T(;at
ift ein SRefttttat ber gangen (Seele unb ihrer (Bnflüffe, unb man
fann nicht einmal Hüffen, ob ber fätocfyenfyöcfer , ber bei einem
SJWrber oorherrfcht, gu befd)ulbtgen fei, ob nicht bielmehr bie
Untljätigfeit ber übrigen Seelenfräfte Jenem Trieb bte Obcrhanb
gab. ftotgt ein 9ttann mit 9tr. 6 (3erftörung«trieb) bem £>5cfcr
nicht, toohtan, fo toirb Kt. 6 oon Mx. 10—19 (ben ^ö^eren
Dr. 9?atfalt.
195
Gefüfjfen) überhnmben: fjat er einen ©djäbel, too 9lx. 10—19
oorljerrfcben , nnb morbet, fo gingen (entere einen- Hugenblicf
51t $9ctte. $)er abgefetmtefte 93erbrecf>er ttritb batyer feister in
Verlegenheit fonunen, al« bie ^ijrenologen : benn obgleid? it)rc
M;re letzter al« <5eifenbfafen ift , fo ift fie gerabe toegen ihre«
etr-igen $lu«weichung«oermögen« unangreifbar. Tie mahre SÖiffen*
fa^aft aber berfchmäht jebc X^eorte mit ljunberttaufenb §intcr=
thüren". $)ie Sattheit ijt fyiex btefc. £)ie menfcfytidjen §anb*
lungen f&nnen an« einer bereiten Urfac^c Verborgenen, entmeber
mehr an« bem (Sharafter, ober mehr au« ben äußeren Verhält*
niffen. Senn 5. 33. ein Sttenfch ftiehlt, fo fann er e« entmeber
au« §ang junt ^Diebftat)^ ober aber au« §unger nnb Sftoth tljun.
Senn ba^er ein ^renofog ben topf eine« £)iebe« unterfuhr,
fo loirb er, wenn ber £)iebftatj( au« £ang jum ©tehlen be*
gangen ift, biefen §ang in ber Organisation au«gefpro<hen finben,
im anbem ftall nicht. Sltfo — toofjtberftanben ! — bie ^fjreno--
logte ^at e« nicht mit ben bloßen £anblungcn al« folgen,
fonbern mit bem &harafter ju thun. freilich Hüffen bie
Gegner biefe« nicht, unb menn baljer ein ^renofog über bie
£anbhmgen eine« 9)?enfchcn al« folche, toeit fie nicht fein
Gegenftanb finb, feine 3lu«funft giebt, fonbern anbere Urfacben,
al« bie Geln'rnorganifation, in bie Crrflärung jieljt, fo befchulbigt
man ihn be« ßntmifchen« burefy eine £nnterthür! £>iefe Runter*
Untren finben fich alfo nicht an bem toafyren Söau ber 'pfyreno*
logic, fonbern an ben fatfehen "P^autafiebauten ihrer Gegner.
£)a entflicht eine foldje ^nnterthür immer einet fallen Vorber*
feite be« Gebäube«. Unfer Verf., ber im Albanen fo Groß-
artige« geteiftet, leimt fogar hnnberttaufenb Winterbüren!
3eboch (äffen mir e« genug fein mit biefen ©eroeifen ber
Unfenntmß be« Verf. im Gebiet ber ^Phrenologie. (Sehen mir
einmal ju, wie e« mit feinen flenntmffcn unb Urzeiten auf
feinem eignen ftelbe, bem ber Anatomie unb ^^fiotogie, befteüt
ift, einem ftelbe, meld;e« ber ^renofogie gemeinfehaftlich mit
biefen Stffenfchaftcn angehört.
(<3. 493.) „Sa« ben erften <3afe ber «Phrenologie, baß ba«
Geln'rn ba« Organ be« Geifte« fei, betrifft, fo ttuffen e« fchon
13»
196
Dr. 9*atb>n.
unfere Sctyüler, baj$ bie peripljertfctyen (Snben ber Letten mit
ben Ctentralenben im £>irn in ©csietjung fteljen, unb bafe bie
^eripfyerie rocber für baS (Zentral * Organ , nocfy beSljatb für bic
Seele inbifferent fei, ferner auefy, ba§ ber ®eift ben ganjen
empfinblt($en Organismus burctyroofynt unb nicfyt im §im ab=
gefperrt fei. 91u$ baS Unempfinbltcfye , &. bie Oberhaut,
gehört $u ben Organen beS ®etftcS" u. f. tt>. ®er S5erf. meifc
alfo nid)t, bat* baS <8e$lrn baS auSfc§ltej3lic$e Organ ber be*
nnifjten Seefentyättgfeit ober ber ©eifteStyätigfeit ift! dx fdjeint
ntd&t ben Unterfcfyieb jmifc^en ®etft unb Seele unb iljren Or*
ganen, ja felbft niebt bie ©ebeutung beS Portes Organ 511
f ernten. SWacty iljm nütrbc es unrichtig fein, baS $luge baS aus*
fcfyltefllidlje Organ beS Seijens, bie SöeroegungSneroen bie aus*
fcfyliejjitdben Organe ber 23emegung 511 nennen, beim audj biefe
Xtjätigfeiten finb nietyt abgefperrt, rote ja feine (Sinseltljätig*
feit im ättenfctyen. Senn Xiebentann*) bie ®eifteSfraft beS
Negers na<$ ber SDiaffe feines ÖelnrnS meffen roill, fo müfjte
ber 93erf. biefeS fcfyon barum für unvernünftig erffären, roeil ber
®eift nic^t im ®e^irn abgefperrt fei.
(S. 494.) „m Uuroaf^eit unb Unflarljeit, bie im erften
Safee liegt, ift inbefc nichts gegen bie SBcrroorrenljeit unb Öügen*
Ijaftigfcit beS itoeiten (bafe baS ®efyim in mefjre Organe jer*
fällt). 93or Hllem fctyeint er oom §irn ju fprectyen, roä^renb es
barauf anfäme, bie £ljcilbarfctt ber Seele ju begrünben. SWan
toergeffe aber ni$t, roas man nicfyt glauben mürbe, ba§ naefy
allen ^fyrenologen fein anatomifd^eS SRcffcr bie Organe ju finben,
b. Ij. bie pljrenologtfctyc Teilung beS $irnS toorjuneljmen im
Staube ift. Söenn aber fein objectioer, anatomifd^er ©runb für
bie äfteljrljett ber Organe oorljanben ift, fo ift bie entfefelid^c
2öillfürlt$feit eingeräumt, mit ber jene 9)W?rl?ett angenommen
*) 3$ nenne fyier belegen» Xiebemann »or Slnbern, h>ei( ber Skrf.
felbfi an einer ©teile be« Inffa^c« (@. 478) ifyn „einen SKann" nennt,
„welken 2)entfä)lanb wegen feiner Seifinngen in natnrforfd&enber Anatomie
toere&rt, unb werter a(8 eine erfle 3nf»anj jur S8enrtb>Uung ber £e$ren ber
«Phrenologie betrautet »erben barf".
Dr. Weithin.
107
tritt»/ SWaii fann fyter jioeifeln, ob e« tuirfttc^c Unfenntnig
ober nur augenbtieftiche Aufregung (ber 3uftanb bc« „(Sntfefeen«")
ift, loa« ben 23erf. fo Wft untotffenfc$aftltc$ urteilen unb
fliegen lägt. SBcig er ntd^t , bag Slnatomie unb $fafiologte
gang oerfd;tebene Dinge finb? bag bie Anatomie cbenfo toenig
ben 33eloei« für alle pfMtologifctyen , al« bie Ätiologie ben für
alle anatontifetyen ©afyrfyeiten geben fann? Grrfennt er nic^t au«-
brüeflid; an, bag bie "pljrenologen bie Trennung ber Organe
nicfyt auf anatontiftfjem, fonbern auf anberem (pfytyfiologifctyem)
3öege gefunben fya&eu toollen unb bereifen ju tonnen behaupten ?
Seig ber ^erf. ooflenb« nid^t — loa« ifyn gerabeju fc!t)lägt —
bag in ber tljatfäcfylicfyen , aber anatoinifcty auc$ nidjt na$n>ei«*
baren Trennung be« SRücfenmarf« in bie Heroen ber ©eioegung
unb bie ber (£ntyfinbung etloa« ganj 3leljnlidt}e« loie bie ©elu'rn*
trennung oorliegt? 3$ behaupte Ijter feine«toeg«, bag in ber
Organentreunung be« SKücfenmarf« ein birecter Betoei« für bie
Organentrennung au$ be« ®etyirn« gegeben fei; benn bie erftere
Trennung Ahmte oorljanben fein, bie festere nicfyt: aber fooie(
behaupte ic$ gegen ben SBcrf., bag fein auf bie Slnatomie fiety
berufeuber 33etoci« gegen bie Organentrennung bc« ®ctytrn«
fc^red^t^in nichtig ift unb at« nid/tig oon iljm fyättc erfannt
loerben müffen. 2htf bie pljrenologtfcfyeu SSeloeifc felbft für bie
Organen trennung be« ®eljirn« gelje i<$ Ijier nidt)t ein ; ich bemerfe
nur, bag unter biefe Söelocife audt»"bie ftäfle ber Äranf Reiten unb
ber Verlegungen be« ®el)irn« gehören. $)er Sßerf. fagt jioar
(@. 502): „(5« ift eine notorifetye toiffenfd^afttic^e £üge, bag
tfyetüoeifc Verlegungen be« (^eln'rn« eine entfpredjenbe tljetlloeife
Beeinträchtigung ber ®eifte«oermogen jur ftolge Ijaben follen".
3Ulein loie liege fiety enoarten, bag in be« Verf. grünblid;er Un*
fenutnig ber Phrenologie fiety eine tfücfe finben, bag iljm bie ja$l*
reiben fycxtyx gehörigen Xfyatfatyn ober nur bie Erörterungen
®alf« über glouren«' Verfuge befannt fein follten?
(@. 494.) „©a« ben britten Safe ber ^reno(ogie (bag
bie ®roge be« (SJelH'rn« bei übrigen« gleiten Verljälmiffen ein
Stfagftab feiner traft fei) anlangt, fo fommt er unglaublicher
Seife auf bie neue SSafyrljeit ^inau«, bag ein tlnfertau ftärfer
198
Dr. Kation.
fei al« ein £>anfbratyt. (5t ift c« übrigen«, ber bic ©eele aller
9taturforfcfyer erbitterte; beim er ^at in ber organifdfoen 3ßatur
nic^t feine« ®teic$en unb nid^t« , toa« für ifm fpridt)t. «Revuen
loir au$ „alte übrigen Vedjältniffe" als gleuty an, fo bleibt
bennodt) bie ®röße be« Organ« bebeutung«le«. Söenigften« Ijaben
fämmtli^e afleffungen be« §irn« nnb aller anbcrn &6rpertfyeite
al« SKefuttat ergeben, baß bie ®rb"ße unb ber Umfang ber Xljeilc
ebenfo bebeutenb fdt)tt)anfe, al« bie ®röße unb ber Umfang ber
ÜJttenfcfyen überhaupt, unb baß ein großer, bicfer ober langer Ringer
ntd)t burdfy feine ®rßße audt) ber gea>anbtere fei." (SUfo bi« |u
SBortberbrefyungen läßt fic$ ber falfdt)e Slnfläger ber ^fyrenologie
Ijerab, inbem er Ijier ba« 2öort „gercanbt" bem Sorte „ftarf"
unteriuf Rieben berfudt)t.) „Ruberen Männern, al« 'pljrenologen,
mürbe man e« jur @dt)anbe rennen, baß fie eine (Sigenfcfyaft ber
Materie ober allenfali« be« ftleifäe« auf bie ©eele übertragen
(al« f% man mit großen Singen beffer, al« mit flehten), bei ben
^Ijrenologen hingegen muß man fidt» an ben fraffeften SDtecfyani«*
mu« gemeinen. 3^Ötc in *>cr Mtim freiliefe, alle £fncre
etngefdt)loffen, um fo biet meljr intelligent, je großer ba« §irn
ift, bann märe ber @afc, na$ bem ÜDurc^meffcr ober mit ber
Grlle bie Seele ju meffen, einigermaßen unerfdt)ütterlidt)." „5ötr
wollen unfere ©Verlegungen au« Sichtung bor ber SBaljrljeit nütyt
metter fortfefcen ; man ficljt fetyon, n>ic biete naturfunbige Umftäubc
bei ©eurtljetlung ber p^renologifdt}en 3rrleljrc in ©etracfyt fommen
unb marum biefe in ßänbern unb Snbibtbuen, bie in natur* unb
feelenfunbigem Unterrichte jurücffteljen, am meiften Slnflang finben
mußte. 9htr fei nodt) bemerft, baß Vergrößerung be« Volumen«
unferer Organe mit Langel an Energie weit inniger aufammen*
tjänge, al« mit <3tärfe. (So null e« bie btmamifc^c Natur be«
Organi«mu«." ftürtoafyr, toenn e« jemal« einen ungtücfltctyen
2lu«teger beffen, loa« bie Sttatur mill, gegeben fyat, fo ift e« ber
Verf. ! £em legten @afe j. 23. gegenüber, baß bie Vergrößerung
ber Organe mefyr iljrer 3<$h>äcfye entfpredt}e, l)i?rt alle ©iber*
legung auf. SBeiß ber Verf. übrigen« nidt)t, baß bie ®röße be«
ganjen Slugentorper« be«u>egen nidt}t ein Üttaßftab ber ©tärfe ber
Seßhaft fein faun, roeil nietyt ba« Sluge al« folcfye«, fonbent bie
Dr. ftttyOX.
199
SWcrtaut, ber Sehnerb ba« Sehen »ermittelt? Oft c* ferner
bem 23erf. in ber Zf)at unbefannt, bap ba« £>irn ber Stiere mit
bereu fyitycrer Stellung an ©rBfje junimmt? Xiebemann, bc«
Sßerf. Autorität, fccrmenbetc in feinen Vorträgen über bie Anato-
mie be« ®ehtrn« bret »ölte Stunbcn auf bie ^Beweisführung, bafj
ba« ®ehim ba« Organ be« Reifte« fei, nnb grünbete biefen
23eü>ei« anf bie ausführliche 9cacfymetfnng , nuc »on ben niebereit
Xljierclaffen 31t ben Theten, »on ben Snfectcn, ftifchen, SBogeln,
Säugetieren bi« jnm SRenföen, bat (Gehirn in bcmfelten 2ttafte
mie bie 3ntelltgen$ an ®rßjje stmimmt. Unb £iebemann fitste
babet ben Safe, ba& bie ^röße be« ©ehirn« ein 2tfa&ftab feiner
traft fei, nicht einmal 31t begrünben, fonbern er fefete bie ©ahr*
heit biefe« Safec« al« felbftfccrftän blich borau«. Unb bie
Aufteilung ober Anerfcnnutig biefe« Safee« bon Seiten ber Ph™*
nologen foll „bie Seele aller ftatnrforfctyer erbittert" ^aben!
£)er Sßerf. tfjut noch einen Stritt au« ber (allgemeinen)
^^ftotogie in ba« (Gebiet ber ^renologie. Grr fagt (S. 495):
„$)iefer (julefet befproc^enc) Safe märe fctbft bann noch ganj
ttnamoenbbar (in ber ^^renologic) , memt er auch af« roaljr ju*
gegeben mürbe; beim bie „Gleichheit ber übrigen SSerhältmffe",
ber üDftfdntng, ber Drganifatton , Uebung, föetjung u. f. m. ift
nie 31t ermitteln". 3<h mufj bem 93erf. ^ier bie ®erechtigfeit
unterfahren laffen, ba§ er feine Unfenntnij? ber Phrenologie in
biefem ^unft mit allen anbern (Segnern tfjeift. 3<h fyafo nie-
mal« auch nur einen Arjt gefunben — anbercr (Gegner ju ge*
febmeigen — melier gemußt ^ätte , worauf e« bei bem oor*
liegenben Safee in ber >ßh™™togtc aufommt. Alle, toenn fie
aud), nüc am häuftgften, ben Safe al« maljr annahmen, glaubten,
biefer fönne ben Stachen ber Pönologie be&oegen nicht
jur feften (Srunblagc btenen, meil er ja eine Söebingung —
wmenn bie übrigen SBcrhältntffe gleich feien" — etnfchlie§c, eine
©ebingung, meiere nie fcorhanben ober nie al« fcorhanben nach*
jununfen fei. Allein hätte man ba« erfte beftc $anbbuch ber
Phrenologie nachgelefen, fo ha'tte man barau« erfchen, bafi bie
Organenlehre mit allen ihren Xhatfachen nicht auf ber 93er-
gleichung jmeier Gehirne »erfchtebener 9)2enfchen, fonbern auf
200
Dr. 9tatf>an
ber SBctgUic^uiiö ber bcrfchiebenen £heüc etncä unb beffet*
ben ®ehime8 unter fich beruht. ^Dic berfchicbenen Xtyiie eine«
unb beffctben Gehirne« finb aber in bem £emperamcnt, ber
2flifchung :c. unter fich gleich- £)er ^renoleg fann baher
mit oollcr nuffenfchaftlicher Sicherheit j. bie ©röße be« $orber*
fopf« eine« SWenfr$en mit ber be$ £interfopf$ begleichen, unb
ba8 Urteil nürb im 23erhältniffe ganj baffelbe bleiben, ob ber
topf einem ©angutntfer ober (Sljolerifer ober ^Jcamatifer
angehört.
(@. 495.) „£)cr bierte <Safc ber ^Phrenologie — bafc bie
©djäbelgeftalt im (Standen ber (Seljirngeftalt entfpricht — ift be^
merfenSipcrth alä ein Söeifpiel bon bem, *oa$ ftch ein ^ubttfum
aufbinben läj?t, toettu e$ frech unb oft genug behauptet toirb.
Die fogenannten phrenotogifchen §irnorganc finb nichts al«
Biegungen, Stiftungen, §Öcfcr ber ©chäbelfnochen , bie theil$
burch bie befonbere Grntnncfelung unb ^erbinbung ber einzelnen
(Schäbclfnochen, theils burd) üftu$felanfäfee , ioe^atb fid^ an allen
Knochen £i*cfer oorfinben, bebingt loerbcn." „3>ie £rirnfapfet,
ber Sd;äbel, untertreibet fich bei einzelnen burch müoef entliche
Biegungen unb £5cfer. Untvahr ift bie i'eljre, ba§ baä £nrn
ftch feine Zapfet Mibe." „£)er ©chäbel bilbet ftch nach ©efefeen
be« ÄnochcnftyftemS, nicht nacb tenen be« 9cerbenfhftem«; bie
englifche $ranfheit, aber nicht bie englifcbc ^^renotogie l)at ©e*
loalt über ihn." $um @chluffc ift ber SBerf. noch einmal au«
btinbem Söa^r^eit^affe recht tief in ben Orrtfuim fymetngeratljen,
inbem fich aud) fycx feine Unfcnntnife ber "Phrenologie mit ber-
jenigen allgemeiner naturtoiffenfchaftlicher Xhatfa^en berbinbet.
(5r bemerft, bafc fich ber (Schabet bei Grin^elnen burd; „umoef ent-
liche" Biegungen unb §ö<fer unterf Reibet, unb glaubt mit biefer
Sattheit ettoaS gegen bie ^P^rcnotogic gefagt $u haben; er loeifc
nicht, baj? biefc „umoef entlichen" ©ehäbefunebenheiten , ioelche
burch bie ftähte, burch 2)cu«fetanfäfce :c. entftehen, in ber ^xe>
notogie fehr toohl gerannt finb, aber gerabe belegen nur in*
fofern in ^Betracht fommen, als fie bei ber Söeurtheilung ber 35er*
fchiebenheit ber ßopfgeftalten abgerechnet merben. «Sollte eS
aber bem SScrf. unrflich unbefannt fein, baj es auper biefen
Dr. Nathan. 201
„umoefentüchen" ^chabel Unebenheiten noch anbere, fe^r loe-
fentliche 3$erfchicbenheiten ber ® chi* ngeftaü giebt? £er 3$erf.
Brandet nidjt auf btc fcerfchiebenen üDfcnfchenraffen jurücfjufle^en,
er fann, wenn ihm bie 33eoböd;tung«gat?e nid^t ganj fehlt, unter
ber täglichen Umgebung 33erfdn'ebenhciten ber Äopfgcftalt auf-
finben, toclchc um fehr SBtele« größer fiub, al« baß fic mit jenen
„uMoefentlichen" <Schäbelunebenhciten oertoechfelt werben f&nnten.
35on gleicher Unfenunuß in ber ^tyfiofogie jeigt e«, toemt ber
33erf. behauptet, baß ba« Gehirn fich nicht feine Stapfet (ber
®eftalt nad>) bitte. «efannttich giebt e« ein ®efym, ehe c«
einen «Schabet giebt. Sßötc fann alfo bie ©cftalt be« ®ehirn«,
toelche« fcorhanben ift, ton ber ®eftalt be« <Schäbel«, welcher
nicht fcorhanben ift, abhängen? 33efannttich nimmt @chäbel unb
(Gehirn im Ijoljen 3lltcr ab , ma« unmBgtid; wäre , wenn bie
ftorm be« (Gehirn« ton berjenigen be« @d;äbcl« abginge. 33ei
®efyirnfranfljeitcn, j. 5B. bem 2Saffcrfopf, wirb ber Schäbel fogar
bt«meilen 3U einer ungewöhnlichen ®rÖßc au«gebclmt. Oft biefc
2lu«behnung audj burd? SÖulftungen unb $nod;enhöcfer veranlaßt?
Söenn eine franffyafte 33ef<haffenheit be« (Mjtrn« eine franffjaftc
2tu«behnuug be« <§chäbel« $ur ftolge ^at, fo fann bo<h wofjl eine
gefunbe unb natürliche 2lu«behnung be« ®chirn« auch eine ge*
funbe unb natürliche HuSbefynung be« Schabet« jur ftolge haben,
üttit einem SBorte, fo gewiß bie Phrenologien Organe feine
^noeben^efer finb, fo gewiß ber Knochen tobt (nicht actib) unb ba«
®ehtrn lebenbtg ift, fo gewiß richtet fich bie ©eftatt ber tobten
tnochenfapfel nach ber ®cftalt Ü)xc% lebcnbtgen Inhalt«, be« Gehirn«.
^Der ©chluß be« 5(uffa^e« enthält bie Sorte: „@o fei,
liebe« SBaterlanb, Inp^burch getarnt, fo weit e« in meinen Gräften
ftanb, unb h"*e ^4 s>or bem töetj ^ SBunberbaren unb \>or
aller SSahrfageret". Sftit bem SBarnen ift e« wie mit bem £abeln.
©o wie ber £abel oon 3emanbem jum £ob gereichen fann, fo tann
eine Söarnung *>or ber ^renotogte, wie bie be« $erf., eine 3luf^
munterung jum @tubium biefer SBiffettfcbaft fein.
xm
3)cr Anatom Hrnofcl.
„3<fj flftBotirc in ber ttrirfltdjen ober affectiven Öctinfl;
fcfiabitug, roeldje fo manche Stiiotomcn unb $I)t)fioloßen
gegen bic SBiffenfdjaft ber ^Ijrenoloflic bliden laffen,
burcf)au$ nid)«, was barauf «nforudj machen lönnte,
pfjilofopljifdj genannt ju werben."
Dr. Co n o $rof. a. b. Untocrfität j. Sonbon.
£>ie ®ef<$icfyte .foirb eS einft Slrnolb junt gebütyrenben $er*
bienft rennen, bafc er ju einer 3ett, fco fo biete anbere berühmte
®eletyrte £)eutfc$(anb$ bie Phrenologie at« Irrlehre verwarfen,
gerabe al« Anatom offen unb ungeteilt al« beren SSert^cibigcr
auftrat. SBohl Hebt auch Hmolb no<$ SBteleS bon ber @chtoäc$e
an, tuetc^e bie meiften (Mehrten bei ber ©eurthetlung ber <{tyrc*
nologie barthun: au<h er glaubt über biefe 2Btffenf<$aft ab*
fttnmten ju fönnen ohne nähere unb namentlich ohne praftifdbe
Kenntnis berfelben. SMlein gerabe bajj Slrnolb, ohne ^rcnolog
ju fein, bie ^Phrenologie im ®an$en als toahr anerfennt, be*
loetft, ba§ biefe ße^re — oon ihrer thatfächtichen SÖafyrljeit
^ier abgefehen — aud? fo u>iffcnf$aftU$ loahr fd/einltcb ift,
bafe ihre 2$ertoerfung oon Seiten bieler belehrten feineötocgö
bur<h beren Langel an grünblicfyer Äenntnijj berfelben entfd^ul^
bigt toerben fatut.
2>ie fogenannten bier ®runbfä'fee ber <Phrmofogie — 1) ba8
©e^im ift ba$ Organ be$ Reifte«, 2) bie ®röj?c be« ®ehirnS
2>er Staaten Slntolb. 203
tft bei gleicher Skfcbaffenljett ein 9)cafeftab feinet Äraft, 3) bie
©eftaft be« ®efyirn« tft int ©an$cn an« ber Äopfgeftalt jn
erlernten, 4) ba« ®efH'nt ift eine 2)*el)rfyeit bon Organen —
fyat 3lrno(b boüfommen anerfannt.
3n öejufl anf ben jtoetten <Safe ttnrft Slrnolb (ec^rBud^
ber Biologie be« 2)?enfc$cn, II, S. 858) ber «Phrenologie in*
tfjümlic$ bor, otyne ßinf ^ränhtng behauptet ju fyaben, ba§
bie ®rö§e be« (9el>irn« ein HHafeftab feiner Äraft fei. Sföic oft
nntrbe biefer ^ommrf fcfyon bon ber ^Phrenologie at« unbegrünbet
Surütfgetoiefcn I 9htr bei gleicher ©cfctyaffenljeit ift nnb
fann bie ©ruße be« ®eJn'rn« ein Sftafcftab feiner Sraft fein. (Sa«
5lrno(b über ben britten «Safe fagt, f. oben S. 30. Grbenfo bom
bierten Safe <S. 193.)
«Seiner Unterfud^nng über bie einzelnen pfyrenoJogifcfyeit 3ÖaIjr*
Reiten fd^ieft Slrnolb bie ©orte borau« '(<S. 856): „SBir motten
bei ber 2(u«emanberfefeung ber inneren Sinne be« SKenfcfyen an*
geben, in uueioeit biefe nach ben Erfahrungen ber ^ßfyrcnofogen
au« genüffen. formen be« Schabet« ju erfemten finb, ba nur e«
für unftatthaft Ratten, in einer (5rfa^rung«toiffenfc^aft bie ©cob*
ac^tungen au«gejeicljneter Männer, ohne fie ttuberfegen 511 fönnett,
für nt<htig 31t erftären, unb ba nur überzeugt finb, bajj in ben
ftorfcfyungen ber ^hrenologen (Ötott, «Spurjheim, ßombe u. St.)
biete begrünbete 9ca#n>etfungen fich finben.
Sine ftotge biefer allgemeinen 5ltterfettnung ber p^renolo*
gifeben X^atfa^en bon Seiten Strnotb'« ift e«, bafc er t>or Mein
eine richtige Slnficht bon ben ©runbbermijgen be« ©eifte« gc*
ioonneit ^at. So finb ihm j. 33. (Jrfennen, Sölten, ©ebächtnifi
feine berfdjicbenen ©runbfräftc be« ©etfte«, fonberu allgc*
meine ©etfte«thätigfeitctt, bie nicht burch berfc^tebene ©ehtrn*
theite bermitteft toerben fimnen. dt fagt (S. 862): „Sitte
£hätigfeit be« Sitten« fann fich nur auf ein er fa nute«
Object begießen, unb ebenfo tft fein (Srfennctt ohne (Sinfluft
be« Sitten« möglich- <Somit fönnen fich beibe auch nid>t in
befonberen unb betriebenen formen- be« §irn« offenbaren".
Ebenfo fagt er bom ©ebächtniB: „£)erfetbe 2$eU ober ^unft
be« ®ehirn«, bura) ben eine beftimmte (Smpftnbung unb #or*
204
2)er Slnatom Strttolb.
ftetfung, eine ßrfenntnifc ober SBUteiuStfyätigfeit vermittelt wirb,
tjat auefy bie $raft, biefetbc 311 betoafyrcn unb 31t toi e ber*
Ijoten. liefern nacb ioäre c« unftatttjaft , bem ®ebäcfytni& ein
eignes unb befonbere« ©ebitbe im ®etjirn ober eine beftimmte
«fctyeifong beffetben anjutoetfen, tote bie« oielfacfy oon ^ttfio--
logen unb Wtycfyotogeu geffiefen ift". 9hm aber fäfyrt Strnotb
gegen bie ^fyrenotogie fo fort: „So fjaben mehrere ^fjrenotogen
«Stoß u. 2t.) ben @tfe be« ®eba*c$tntffe« in ber Orbitafportion
ber 5$orbertappcn be« großen Ökfytrn« angenommen unb fyter
felbft ein @pra(fy= unb sJkmengebäd6tnife unterf Rieben". Triefe
fonberbaren Sorte ?lmotbr« finb nur au« einer fefjr mangel-
haften ftenntntfj ber ^fytenotogte erftä'rticfy. £cnn biefe teuere
fttmmt ja gerabc mit ber 5(ufirf?t ^trnolb'« überetn, inbem fie
ba« <$ebä$tmR ni$t at« ein befonbere«, burdty einen befonbem
®eljirntfycit termittettc« ÖrunboermÖgen be« Reifte« anerfennt,
fonbem in jebem einlernen (^runboermtfgen ein ®ebäcbtnij? at«
mit bemfetben gegeben annimmt. 3um Ueberfluft fn'er eine «Stelle
au« ®all: „3$ t?abc feit meljr at« breiig Sauren geteert,
ba| ba« ®ebäcfytnif? uicfyt at« eine ®runbetgenfd;aft ber (Seele
betrautet »erben tarnt, ba e« ein attgemeine« Attribut jeber
®runbeigenfd)aft ift; bafc c« fo biete ®ebäc$tniffc geben mujs,
at« e« oerf<$icbenc Vermögen gtebt, unb atfo fein oerfcfyiebcne«
\ Organ für ba« (#ebäcfytnife oortjanben fein fann".
©ei ber Unterfucfyung über bie bcrfdjiebenen Verrichtungen
be« ®etM'ru« fd&tagt Strnotb einen eigentümlichen SBeg ein, ber
&ugletd) ba« 9fätl)fet erftären tu'lft, toarum bie Hnatomcn im
ungemeinen fiety fo fctyioer in bie Phrenologie tjineinfinben unb
ba^er fo ^äufig (Gegner biefer Siffenfd^aft finb. £ic Sefyre
oon ben Verrichtungen be« ®etjim« ift nämlich, loie fich Oer*
ftcl;t, sugletch bie £et)re 00m Reifte fetbft. ©e^irnte^re unb
®eifte«tef;rc fatten im (Srgcbnijj in Grin« jufammen. 9hm
giebt e« aber faum einen großem ®egenfafe in wiffenfc&aftti^eit
Stubien, at« ben jungen ber (Srforfdmng be« tobten, mit bem
Keffer ju jertegenben förper« unb ber ßrforfchung be« leben*
bigen, beweglichen, au« Neigungen, Gefühlen, 23erftanbe«fräften
jufammengefefcten ©eiftc«. @« nurb, ein ganj anber«artige« %a*
2>er Anatom flrnolb.
205
(ent ju beut einen unb ju bem anbem ©tubium erfotbert: ber
größte nnb talentoollfte Anatom fann möglicher SÖeifc mir ein
fe^r geringe« latent jitr ©eifteSforfityung mitbringen, nnb über=
bteS fann baS eine latent burdj ©ctoofmfyeit nnb Vorliebe nodt)
»erftärft, baS anbcrc bnrcty Abneigung gef$toä<$t fein. £)aljer
bürfen mir und mcfyt numbern, baf? oon jeljer t>icte Anatomen
fcfyoactyc ®eifteSforfc$er getoefen finb. Unb bo$ f ollen bie
Slnatomen, feitbem man baS ®efn'rn als baS Organ beS Reifte«
crfannt fyat, als (Sefyirnjergltebcrcr $ugtetc$ ®eiftcSforfdjer fein.
(So feljen mir benn oielc Anatomen befangen unb fctyroanfenb
»erfcfyiebene oerfe^lte SBege etnfctylagen, um mit ber ßetmtmfs
beS @efyirnS bie ®eifteSfenntnife 31t oerbinben. Oogamie« üttüller
j. SB. giebt neben ber Seljre 00m ($e$irn bie ®eifteSleljre <Spi=
noja'S, inbem er auf eine nrirftid^e Vereinigung beiber nocfy
gänjü^ oer$tcfytet. Rubere Anatomen tootlen bie ßeljre r>on ben
Verrichtungen ber Heroen jugleicty jut tfetjre fcon ben Serrig
tungen beS ®eljirnS machen ; fie erflären bie fämmttictyen (MfteS*
tljä'tigfetten für ein (Srgebnifc beS Sefyenfc, £)5renS u. f. h>. ober
aucfy für ein (Srgebnip ber Vereinigung oon (Sntyfinbung unb
Söetoegung, rote nur biefe beiben Gräfte in ben Bensen ber
ßorperglieber unb im föücfenmarf rennen. Slrnolb get)t mieber
einen anbem 2öeg. Seil er fi$ im Allgemeinen auf bie $t)re*
nologie, b. i. bie ^aturtoiffenfcbaft beS Reifte«, ftüfet, fo ift
feine Slnfidjt 00m (Reifte unb feinen einzelnen Gräften eine un*
gleicfy beftimmtere unb ber Sat)rr)eit mel)r entfpre^enbe, als bie
aller übrigen Anatomen. Qen (Steift in feinen mannigfaltigen
Gräften erfaffenb, crfennt er richtig ben ganzen $Rei$tr)um beS*
felben in ben oerf<$iebenen £eibenfc$aften , (Stefüljlen, Talenten
u. f. n>., unb fucfyt bie Organe berfelben in ben oerfcfytebenen
Steilen beS ®et)irnS auf. Slber gleich rote um aucb burd? fein
-Ssöeif^iel ju betoetfen, toie fcfytoer es bem Anatomen falle, eine
tl)atfäc$lic$e 9taturlet)re beS (Reifte«, meiere eS bisher niemals
gab, jum trften 9M in ber $t)renologie als oortjanben an$ucr*
fennen, roiberruft Slrnolb bur# bie £t)at fein oorljer auSbrücflid?
ausgekrochenes Urteil, bafc bie Senologie eine (SrfafjrungS*
toiffenWaft fei: benn anftatt, toie er hiernach Ijätte tfyun muffen,
20G
35er 2tnatom «rttotb.
(Jxfafyxung nur buxcb (frfaljximg ut pxüfen, benft ex fi($, na*
Kit bex ^ftydjotogen unb abgefcljen oon bcx ßxfafyxung, ein
<Styftem *>ex ®eifte«(etjxe auö unb n?tü bte SÖaljxljeit bex pljxeno*
fogif($en £ljatfa$en an beut 2Wa&ftabe biefeS ausgebauten
«Softem« meffen. (Sin fjatbe« 3afyxfyunbext fnnbuxd? fjat eine Sin«
jatjt toacfexex 9»ännex bie $raft tyre« Gebens auf bie natur*
nuffcnfcfyaftftctye Prüfung bcx pfjrenotogifctyen £ljatfa$en, auf bte
(Sntbetfung unb Jöeftätigung bex eingeben ©e^ixnoxgane oer*
menbet, unb nun unternimmt e« 2(rno(b, meljre biefer triff en*
fcfjaftücfyen drgebniffe, burer) Xaufenbe bon ©njelfäüen begxi'tnbct,
ate unrichtig jtt bcxtoexfen, nia^t tr>cit er fie geprüft unb unrichtig
gefunben Ijat, fonbem tr>ct( fie nicfyt in fein ausgebaute«
ftem paffen.
fernen mir in furjer Hnbeutung 9trno(b'« Softem unb ba*
bei feine %nfi$ten über einzelne pbrenotogifebe $l)atfa<$en fennen.
2fotolb untexfcfyeibet eine bxeifattye £>auptrid)tung ber ÖciftcS*
tljätigfeit be« SWcnfcben, jenacfybem biefe fiefy euttoeber auf bie
ÄuSenmctt, ober auf ein fyofyere« HbfoUtte«, ober auf
ba« geiftige 3$ bejieljt.
1. 3n ber «Be^ung bc« Reifte« auf bte Hufjentoeft Hegt
j. SB. ber <3<$arffinn, oorragenb bei tüchtigen praftifeben
®ef$äft«männern, toetc^c bie fiety ifmen bietenben ©egenftänbc
f^nett unb richtig überbauen :c. ; er giebt fiefy meiftenS in einem
£>erbortreten be« untern £fjcU« ber (Stirn gu erlernten. „$üx
biefe ttnnafyme fpxecfyen bie @xfaT;xungen bex ^bjenologen , beim
Unten jufotge finben fidj an biefex @tefle bex «Stirn biejenigen
SDrganc, toefetye ftdj auf bie (Jxfenntnip äujjcxex <$egenftänbe .
besiegen, SQ. ®egenftanb«finn , £t)atfacfyenfinn , (Seftattftnn,
Saxbenftnn, Ortfinn, 3a^cnf^nn ®0($ tabeft 9(rnotb bte
^Phrenologie toegen bex Untexf Reibung fo bieter Organe, ba es
„offenbar auffattenb" fei, toenn man aufter einem Organ fftx
©egenftänbe unb fttx Xljatfa<$en noety befonbexe Organe für bte
©eftatt, für 3a$(en tc. aufftefite. Süfo ^ter t*rt tra$ Slrnotb
bie „dxfafyxung bex $fyrenofogen }u fprec^en" auf, meit fie
ettoa« „Stuffalfenbe«" bringt. Allein toenn ba« Sluffaffenbe ein
3tterfmat ber Untoa^rfjeit märe, fo mürbe aüc ftaturtoiffenföaft
2)er Stnatom Slntofb. 207
itnb ber gortfcfyritt in berfetben bafb ein (£nbc Ijaben. So
2Me(e« in ber Statur, ja atte« roef entließ Reite at« fo($e« „fällt
auf*.' £>ie Grrfafyrung ber ^fyrenologcn, bafc ein üDcenfcfy einen
fefyr großen (Skftaltfimt , aber einen fefyr geringen 3al>(enfinn,
ober umgefetyrt, tjaben tarnt, „fpria^t tfjatfacfylia) bafür*, bajj
j. biefe Beiben ®eifte*träfte a(8 in ber Statur getrennt erfannt
werben muffen.
gerner gehört In'ertyer ber £icffinn, ober ba« Vermögen,
gebotene ©egenftänbe in« fteine unb Seite geiftig ftu anafyfiren
unb ba* SSefonbere auf allgemeine Säfee suri'uf juftt^ren ; er giebt
ficf> äufjerlicfy in einer etioa« bortretenben SÖMbung be« obem
£ljeU« ber Stirn 31t erfennen. £>ie "ißfjrenotogen nennen ^tcr
ba« Organ be« $erg(eic$ung«oermcgcn$ unb ba« M Scfy(u§*
bermegen«. £)amit ift aber ?(rno(b nic^t ganj aufrieben, „toeü
ba« (Sigentfyümttcfye unb ßtjaraftertftifcfye be« Xicffinn« niefct oor*
SugStoeife in biefen beiben Organen, fonbem aud? nod; in anberen
(Sigcufcfyaften begrünbet ift". Slrnotb bleibt fyter bic GrrHärung
fdmlbtg, in „toeteben anberen (Stgenfdjaften 110$" ber £tcffinn
begrünbet fei; a(fo feljlt feiner Unjufriebenljeit bteiöcgrttnbung,
ebenfo toie Ujr batyer bic nähere Söiberfegung fehlen mu&. Uebrt*
gen« ift bie ^Phrenologie nic^t ntinber unjufrieben mit biefer
Untcrfdjeibung unb (Srttärung 9(mofb'$ bon Sctyarffinn unb £ief=
(bin. £)er Sctyarffinn beftcfyt feincSroeg«, h)ie Strnolb meint,
b(o« in einer großen GrntnncfeUtng ber SöafjrneljmungSfinne (®egen=
ftanbfinn, $eftattfinn jc.); e« giebt roofyl einen tyierfyer gehörigen
Scfyarffinn be« Üftaler«, be« Slaturbeobad&tcrö ic. , aber c« giebt
auefy einen auf anberer ®runb(age berutjenben Scfyarffum be«
^i(ofopt?eu, be« Scfyrtftftefler« ; SlrnolV« ganje obige Untere
fcfycibung unb bereu SSegriiubung ift bafyer unrichtig.
ferner nennt 9lrnolb Ijier ben niebern Äunftfinn, naety
tfym ba« £a(ent be« 9ttea)anifer« , 5lrcfyiteften , 3cufytet*>
I;auer« unb $in>ferfted?cr«, ober be« 2Jca(er«, Üttufifer« :c. be*
grünbenb: er ift an einer ©reite be« untern £<jeite ber (Stirn
unb ber borbern Sd&töfengcgenb ju erfennen. Slmofo jieljt
fyierfyer au« ber ^l)reno(ogie ben £onfinn unb ben „Söautrteb",
tabett aber im lefetern ©ort bie Stylbe „trieb", morin er an
208
2)er Stnatom flrnofb.
fich ganj 9?cd?t hat unb ftch nur irrt, menn et meint, ba« fei
Setter alter ^htenotogen. Söeber ®att noch Spurjheim, weber
Orngtänber noch ^ranjofen ^aben biefen fteljler gemacht, fonbern
nur in SDeutfchtanb n>urbe bi«meüen au« Sftachföfftgfeit ber
Jöaufinn £3autrieb genannt, ©ehr fonberbar ift e« übrigen«,
ttenn 5(rnofo alle bie Iner genannten latente unb ihre Organe
in Grtn« jufammenf äffen ttriö, ba e« ihm boch gettrij? befannt
ift, ba§ Semanb ein fehr grofje« Talent für 9Merei ((^eftatt*
finn, garbeufinn jc), aber ein fehr geringe« für ÜÄuftl (£on*
finn, 3citÜ«n) ob« umgefehrt ^aben fann.
ferner ber „h ö h e r e $ u n ft f i n n , ftarf enttoiefett bei großen
Dichtern, töebnern unb Schriftftettern , giebt fich burch eine be*
trächttichc ©reite be« obern <Stirntf;eilS gu erteilten*. 9lrno(b
Sicht tn'er^er ba« phrenologifdhe Organ ber 3beatttät, tabett aber
„bie ©ejei^nung at« offenbar nicht ^ier^er gehörig unb unftatt*
r>aft". (!)
ÜDie ^uffaffung«* unb $DarfteÜung«gabe be« 2)?enfchen fpre*
d^en fich nach 5lrno(b aufterbem „noch burch getoiffe öefonber-
fyetten in bieten $äüen au«, hne namentlich in ber (Sabe be«
SSMfee« unb im mimifd^en latente". (Segen bie betreffenbeu
phrenotogifchen Organe Ijat 3(rno(b nicht« einjutoenben.
2. £)ie fttytung be« (Seifte« auf ein t> öftere« SIbfo*
tute« betrifft
ba« @c$one unb fabelte, äftfjcHfctyer ©tun. 9(mo(b
Sieht ^ier^et abermal« ba« phrenofogifche Organ ber 3beatität,
unb ift ^ier mit bemfetben beffer jufrieben at« oben; (!)
ba« ®ute unb «Sittliche, ethifcher (ginn. Sfrnotb sieht
hierher bie Organe be« Söohhoolfen« unb ber (Seroiffenhaftig*
feit, meint aber (oom <3tanbpunfte feine« «Softem« au«), bajj
bie oon ben ^h™10^" angenommenen ^Bezeichnungen einfettig
unb ungenügenb feien;
ba« fechte unb SÖa^re, poltttfdherSinn. Orr begrünbet
nach Ätnolb fefyr »erfchiebene £)inge, j. ba« Stecht«* unb
3Bahrhett«geftthf unb sugletch bie Klugheit unb Stforficht, jroci
SHnge, meldte Slrnolb burch einen einzigen 2Muf auf bie (ix-
fahrung al« getrennt hätte erfennen müffen;
2) er Anatom »rnolb.
209
baä ®i?ttlid;e unb £)ö$fte, rettgißfer <Sinn. Ueber bie*
fen Sbtn unb fein Organ ftintmt Slrnolb mit ben sJtyreuo(ogen
überein.
3. £)ie ba$ geiftige 3dj betreffenbe §aiu>tri<$tung ber
(SMfteStljättgfeit feegreift ben «Setbftfinn unb ben 9 enteilt*
finn unter fic$.
3(u« bem SBorljerrfcfyett be« «Sctbftftnn« entfpringen naefy
Slrnofb nid?t nur ©to($, ßitelfeit, §ocfymutfy, ©elbfttertrauen,
Selbfoufriebenljeit, Stnmajnmg, @got«mu$, fonbern auc$ geftig*
feit, Gntfd^offen^eit, 3)httf>; femer ^begierbe unb £abfud&t,
targ^eit unb ®ei$. (!) „frür oerfdjiebene In'erfyer gehörige (£igem
tfyümlic^feiten be$ menfcfyücfyen ®eifte$ fyaben bie ^Ijrenofogen
befonbere Organe angenommen, nämlich ba« ber 3e(bftacfytung,
ba« ber «eifallstiebe unb bat be« @infyeit$trieb$." Slrnotb be*
ftreitet biefe 5lnnafyme nicfyt. £)efto entfcfyiebcner aber beftreitet
bie ^^renotogte bie SRicfytigfeit ber Ijier bon 3lrno(b gemalten,
aöer Grrfaljrung miberfprecfyenbeu 3wfantmcnfaffWTI8 getrennter
©etfteStfjättgfeiten.
$)er ©emeinfinn ftimmt naefy Slrnolb mit ben pfyreno-
fogt[cr)en Organen be$ 9(nljänglic§fett$finn$ , ber Äinbcriiebc unb
au<$, toenigften« jum Xljeif, be« @inf)eit$fmn$ überein.
9cac$ bem SftitgettyeUten ift tooljf eine meitere unb befonbere
9?ac$meifung ber Sctymäcfye be« ganzen 2(rnolb'fdj>eu ©Aftern« ber
®eifte«tetyre ttberftüffig. £)ie ungrünbü^e Sfrt unb Seife , mit
ber Slrnolb bei ber Slufftetfung biefe« @t)ftem$ ©erfahren , jetgt,
bafc aud? er, menngfet<$ ein großer 9lnatom, nichts weniger ate
ein großer ®eifte«forfctyer ift. (£r mußte überbieä, bat? &°m
SHtertfyum fyer bi« auf unfere £age £aufenbe bon miUfürfidjen
Styftemen ber ®etfte$(eljre gefcfyaffen morben finb : burfte er ba^er
an einem bon Umt gef<$affenen , menn au$ mit §Ufc pljreno*
togifetyer Sbeen meniger tuftig geratenen taufenb unb erften
©Aftern bie ffiafyrfyeit ber ^ßfyrenotogte prüfen motten? Söarum
bertäßt Strnotb gerabe ber ^Phrenologie gegenüber ben ©oben
ber naturnnffenfdjaftlicfyen (Srfaljrung, melden er bo<$ fetbft tfjr
juerfannt, unb auf metd^em auefy er at« Slnatom fte^t unb feinen
töuftn gewonnen? Diur, fo fc^etnt c3, um $u geigen, tote ferner
ScfKtte, «U^tcnoloflü^c ©Über. 3. «ufl. 14
210
2>er ftnatom ?lrno(b.
auch er al« Anatom fich in bcn (Sebanfen 'ju finben weift, ba§
ber menfcbltche ©elft eine «Sache innerhalb ber Statur, bajj
atfo bie Phrenologie eine mit ber Anatomie ganj ebenbürtige
^aturtoiffenfchaft ift.
Ueberbie« gereicht Arnolb feine fo geringe $enntnifj ber
Phrenologie jum fehleren SBortourf. (Sr $at, nüe fict) an« feiner
ganjen $)arftetlung ergiebt, nicht einmal (Sali gelefen, fonbern
er fennt bie Phrenologie nur au« irgenb einer mangelhaften $ar*
ftellung berfelben. Glicht minber &u rügen unb mahrhaft ju be*
ftagen ift e«, bafe Arnolb nicht felbft, mie er unbebingt ntufjte,
bie Phrenologie praftifch geprüft hat. ©n 9taturforf<her barf
in ber Darftetlung einer 9ktiiTtoiffenfc$aft oon beren SBertretern
nicht in ber britten Perfon fprechen: bie Phrenologen glauben,
bie Phrenologen nehmen an, bie phrenologen h«fa" gefunben.
SDie Phrenologie beruht entioeber auf Xäufchung ober auf 2öahr^
heit. 2Öer, nüe Arnolb, ber lefctern Anft<ht ift, barf über bie
^^renologie nur at« ^tenolog fprechen.
SSergeffen toir jeboch bei allem liefen nicht, nüe fehr bie
Phänologie Arnolb gu £>anf oerpflichtet ift. Wify nur ber=
bient er rühmliche Anerfenmmg toegen be« geifte«freien ©liefe«,
mit bem er gegenüber fo manchen anberen Anatomen bie 2Öahr=
heit ber Phrenologie erfannt 1fatf fenbern biefe (grfenntnijj ift
auch gerabc belegen, meil fie bon einem großen Anatomen
fommt, bon befonber« höh™1 Serth- (5« gieht fo biete 2Wen=
fa>en, bie Autorität«gtäubige finb. £)ie Phrenologie, \}M man
oft fagen, fann nicht auf Wahrheit benihen, ba ja bie Anato-
men, benew ba« erfte unb nächfte Urtheit über fie juftehe, fie
toertoerfen. £)a Arnolb an Autorität tooht taum irgenb einem
Anatomen nachfteht, fo ift burch feine Anerfenmmg ber Phre*
nologie bie gegnerifche Autorität ber Anatomen gebrochen.
XIV.
din* (ßiftmürilcrin.
XaS üid)t bc3 m\M tfl ein Cueü ber lugeiiD,
Xaö üaflft ftommt aus 3inftfrni6 unb Wacftt.
$)er „3erfterung«finn" im nötigen 3)?age ift beftimmt, bem
Reifte bie nBttjige £fattrafi ju geben, um afle bie §inberniffe,
bie fidj un« im Selen entgegenftetten, au« bem Söege ju räumen,
ba« $5fe, ba« Scfylcdjte 511 jerftören. £>te Ij&cfyfte 2iu«artung .
biefe« SBerm&gen« ift bie $um 3erf^Ten ?xn& S0fenf<$enteben«,
511m 3)forbe füfyrenbe ®raufamfett be« ßfyarafter«. 9tf#t jeber
2)forb geljt au« (Uraufamfeit Ijerbor: aUetn ein (SHftmorb ift
immer borbeba<$t unb a(fo mit au« (Sraufomfeit berfibt. Da
e« bie ^Phrenologie ntcfyt mit ben oft meljr burdj ben 3ufflß ^4
ftimmten $anbhmgen be« üftenf^en, fonbern "mit feinem GHja*"
Tafter ju t$un Ijat, fo ttegt in einem (Siftmorbe immer ein für
bic ^l)reno(ogtc bebeutfame« ©&arafter$eugnij$ oor. §ier bie
fur$e ®eföi<$te eine« foulen 2)torbe«.
®eorg ©eefenbaety, tfanbmann bon SöityetmÄfelb bei Reibet*
berg, tourbe am 10. Hpril 1843 untoeit feine« Sofynorte« mit
bem 5Tobc ringenb gefunben. (Stne Sicherung, bie er am 2ftor*
gen, fiety unmoljf füfjtenb, getrau, ba§ er eine „böfe" Suppe
gegeffen, aud) ba« ©erücfyt, ba§ er mit feiner ftxau nid/t gut
gefebt, beranfafcte bie iöefyörbe, bie Unterfucfyung be« ßeittynam«
unb bie SBerfyaftung ber $rau be« Verdorbenen anjuorbnen. Die
212 Ginc ©tfttniJrberin.
i
-
Unterisling ergab eine unzweifelhafte Slrfenifoergiftung , unb
obgleich bie ©eefenbaety fyartnäcfig leugnete, fo üefjen bot$ bie
©emeife fie t>atb at« bie getoiffe Xljäterin erfctyeinen. <5iu £euge
j. $&. fagte au«, bajj fie tym einige 3eit juoor einen (Sarolin
unb bie Äteiber ifyre« SDfanne« oerfpro^en Ijabe, toenii er biefen
au« ber Söelt fc^affc.
£)ie ©eefenbatty (geb. 1815) n>ar eine« unter mehren un*
e^eüd^en ftinbern tljrer ÜDfutter. Sie befugte bie Schute ton
iljrem fiebenten 3aljre bi« gu ibvent Grinfegnung«tage, (ernte aber
barin nic$t«, nic^t einmal tefen, loa« fie fetbft „U;tein bunimen
#opfe" fcfyulb gab. 3nnerljatb 12 3aljren gebar fie 5 unetjelicfye
#inber, ba« erfte fetyon in iljrem 16. ober 17. 3aljre; nur ju ben
jioei ätteften loufcte fie einen SBater ju bejeic^nen. 3m October
1842 »erheiratete fie fic§ auf 3ureben ifjrer Butter mit «eefen*
bac$. 3m SBerfyafte gebar fie ein efyeüctye« Stinb. ©eefenbaeb toar
ein 2ttann in ben beften 3afyren, ber nic^t über feine $rau, fon*
bem über ben fie bie $errfc$aft geübt ju tyaben fctyeint. 9tf« er
j. an feinem £obe«tage auf bem Sege $ur Arbeit fi$ imrool>i
füllte, weigerte er fic$, »on feinen ^Begleitern baju aufgeforbett,
m naefy §aufe jurüd sufefyren , au« fturcfyt, mie er fagte, »on feiner
grau mit äSorioürfen toegen feiner £rägfyeit empfangen gu
loerben.
%m 3. 3uni, faft brei SJKonate naefy iljrer (Sinferferung,
lourbe bie befyarrticfy teugnenbe ©eefenbaety im ©efängniffe bc*
taufdjt, al« fie mit einer anbern, baju aufgeteilten befangenen
über Ujre £ljat fpraety, loobei fie fiefy rolj fctyerjenb änderte. 2tf«
nun ber Unterfu$ung«ricfyter eintrat unb fie fic$ glei^fam auf
ber £tyat ertappt faty, toeigerte fie fi# ni#t meiter, ein ßejfötfb«
nifi abzulegen, unb ttjat bie« in fotgenber Seife. Sie ijatte ba«
®ift (Strfenif, ba« af« Rattengift oerfauft tyr gugangüd^ loar)
auf ben Detter geftreut, au« bem tyr 9)*ann feine 2ttorgenfuppe
effen foltte. <Sf>e biefer in ber frritye $ur Arbeit ging', fdjüttetc
er bie (Suppe in ben Setter, unb fie fafy im ©ette üegenb ju,
tote er aß.
$U« ©eioeggrunb ifyrer Zfyat gab bie SSerbrecfyerin Sibnei*
gung, §afj gegen iijren 3Wann an. Obgleich fie n>ieber(;o(t oor
(Sine ©iftmtfrberin. 213
bem töidbter änderte, baß fie taufenbmat tt)re $t)at Bereut r)abe,
fo geigte bo$ 2töe«, baß bie« feine ®cmütr)«reue mar. 2öenn
bie £t)at, of)ne an ben Sag gu fommen, il)r gegtüdft toäre, fo
fjättc fie fätocrtidf) föeue barüber gefügt. 3^re 93erftanbe«frä'fte,
fo f$toa($ fie toaren, toaren burct)au« gefimb; an geiftige« 3rr*
fein toar nid^t gu benfen: aüein in bem gangen (St)arafter tag
eine fetyauberootte @ittenrotjr)eit gu £age. <g« toirb in ben Steten
at« fetjr merftottrbig begeicfynet, baß fid^ fein einigermaßen ge*
nügenber Söetoeggrunb ber Xljat ergab.
Sßerfen toir nun einen S&üd auf bie ©etjtrnbitbung ber
33erbrecberin. £)er ©cfyäbet, burety bie ©ä'ge geöffnet, geigt bie
ungetDofjnticfye SMcfe oon burc$f(^nittlic^ ftarf 3 ßinien. $)enno<$
laufen bie innere unb bie äußere föto<$enflätfye mit geringer tlb*
toei<$ung gtei#. 9iur an ben ©teilen be« Slctttat unb uurmttat
ift ber $noc$en bebeutenb biinner: fetbft an ber ©d&fä'fengegenb'
betjätt er bie ootte oon 3 Linien. £>ie genommenen 2)c*aße
be« im (fangen mittelgroßen topfe« finb biefe: ber Umfang be«
(grabet« über bie SRitte ber ©tirn unb ben £tnterfopf 19" 3'"
(t-artfer aftaß), oon ®cr)ergang gu ®et)Brgang über bie ©d&a'bet*
mBtbung 13" 9'", ber Sängcnburd&meffer be« @c$äbet« 6" 8'",
ber ©retteburcfymeffcr über bem Oljre 5" 6"', ber ÜHrntymeffer
oon ©d&läfe gu ©cfytäfe 4" 2"', oon einem @autaf gum anbem 5" 2"',
oon (Saufatitat gu Cauta( 4" 3'" (beibe auf ber Slbbitbung @. 216
mit f begegnet), oon (Sautaf gu Snfantal 3" 11'", oom ®er)ör*
gang gur SOfttte ber Stirn 4" 1'" , oom ®er)i}rgang gu (£aufa=
titat 3" 10"' , oom ®er)örgang gu (Sautat 3" 1"', oom ©erjBr*
gang gu Snfantat 4" 2"'. (fciefe 3Raße mit bem Eaftgirfet ge*
nommen.)
$)ie ®roße ber eingefnen Organe tjabe i$ fo gefunben:
®eneratat5*), 3nf antat 5, Stmicatat 3*/8, ©poofitat 4Vi*, 3teti*
tat 6**), ©ecretal 5, Slcquifitat 4, gautat 4, Hmbitat 3 (er*
•) 1 - fe&r «ein, 2 -Kein, 3 - mittelmäßig , 4 — jtemti^ groß,
5 — grofi, 6 — feljr grefe.
liefen Sluffafe fdjrieb id) i. 3. 1843, n>o meine £l?renotogif($en Sr*
fabrnngen nod) ju wenig rei<$ maren: idj mürbe »ob! jefct ba« SDtafi be«
Serital an biefem fto\>\t at« 6'/j bejeiebnen.
r
t
«
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2H
(Sin« ©iftmörbettn.
fd^etnt bon außen etu>a« ftärfcr, at« c» fi$ bon iunen jeigt), 3pfo*
tat 3, ftirmitat 5, Gionfcientat 2iji (bon außen ettoa« großer, als
bon innen), SBeneratat 2, ©peratal 3i/2, Bonität 3; ber ganje
borbere (DefyirnfaWen auffallenb Hein, fein« ton beffen einzelnen
Organen ftc$tü($ bot* ober jurüeffte^enb.
Die X$at ber ©ecfenba<$ mo^te fic$, mit «erücffid&tigung
tyrer ©eljirnbUbung , fo al« in intern ®eifte«$uftanb begrünbet
erftären (äffen. Cr« Hegt feljr nafye, bajj fie, fo (ange an ein
b&üig jügcltofe« 2eben getoitynt, batb am Dafein ifyre« Sftanne«
9infto|$ ftnben, iljn entfernt toünfcfyen, Üjn Raffen mo$te. 3cbocfy
ber 5aB ift nur ein ®ebanfe, unb ber ©ebanle be« ©ijfen fann
faft einen jeben 9ftenfcfyen bef<fy(eicfyen. Sagt boeb ber eble Sa*
bater: „Senn bu bir ni<$t gefielen fannft, ba§ bu bie ©ur^el
aüer Saftet in beinern $erjen füfytft, fo n>irft bu lein guter,
nmrbtger 2)ienfc$enbeoba<$ter unb 9JJenfdjenfenner toerben*. Da«
SRätfjfetyafte im bortiegenbeu $aü ift ber Stritt bom toimf^en*
ben ©ebanfen gur bottbracfyten £fyat. Sarum fyat bon bieten
Xaufenben, bie einen 3ftenf#en Raffen, benen btelletd&t ber
fcfytoarsc Gebaute auffteigt, ben £ob be« ®efyafcten $u toünföeu,
bie 38ecfenbac& allein bie £anb jur färecfitd&en Erfüllung it>re«
Sunfctye« erhoben? Die ^renotogie fann auf biefe ftrage,
bieüeicfyt in folgenber Seife, eine genügenbe $(nttoort geben.
SBäljrenb ber beffere 2)tenfd), toenn er ft<$ auf einem ®ebanfen
überraf^t, ioetcfyen augenblicflicfy unbetoacfyte niebere Neigungen
in iljm entfteljen Keßen, bor fic$ fetbft erfcfyrtdft, unb bie SBer*
m&gen be« 23erftanbe« unb be« ®emütf)« fdmeü in iljre red;t=
mäßige £errfd&aft toieber eintreten, erioeeften in ber Söetfenbadj
m$t nur ifjre nieberen Neigungen, befonber« ber jügettofe
fcfy(edjt«trteb , ben Sunfcfy, fia) be« hatten enttebigt ju fefycn,
fonbern ba« fefjr große, afle befferen ®efüfyfe befycrrfdjenbe „Sic*
Mal* leitete fie fogar ju bem ®ebanfen an bie grmorbung
be« hatten unb tief? fte babei ofyne Sctyrecfen bertoeiten. ©lcid^=
mo^ bebarf e« genjßlmlicty auefy bon bem ©ebanfen eine« 9J?or=
be« jur bottbringenben Styat eine« nietyt Keinen ©dritte«, beffen
2)coglic$feit fyier barin gegeben toar, baj? jebe« <£egengehuc$t
gegen bie übertoältigenbe §errfd^aft be« petita!" fehlte, bafj aüe
(Sine @iftmtfrberin.
215
ebleren Anlagen unb ®efüljle in bcbauerndnmrbigcr S>$toä$e
barnteberlagen. SDenn oft fann fdjon burcty einen getoriffcn ®rab
bon $erftanb unb 9iac$benten eine fold^e Xljat, bie inuner m*
gleich eine unberftä'nbtge ift, berhinbert werben. $lfein bie 23er*
ftanbefcfräfte bet ^öccfeubach n>aten überaus fehtoadt). Ober e«
fann neben bem Slctitaf ein einigermaßen fräftigeS ©onital bie
SBagfchalen ©emtith« im nötigen Gleichgewicht erhalten.
2tbcr auch ba« Bonität toat ^ier nur fümmerlich entwicfelt. Ober
ba« lebenbigc Gefühl bet SBerehrung, bie <Scheu bor göttlichen
unb menfehlichen Geboten fann eine folchc llnthat behüten. 9lllein
2$eneratal war bei ber $erbrccherin bebauerlich «ein. Ober enb*
Heb bie Gewiffenhaftigfeit, baS Gefühl für ftedjt unb Unrecht
fann bor ber Xljat be$ 9)Jorbc$ jurüeffchaubern (äffen. Slber auch
(Sonfciental entbehrte Üjier aller fräftigen Grntwicfelung. ftirmttal
bagegen, welche«, wenn e« fchwach gewefen wäre, bie Xfyat burch
Unentfchloffenhett wohl nicht hätte jur 2lu«führung fommen laffen,
untcrftüfcte burdt) feine bolle <8tärfe ba« SBoIlbringen ber Xljat.
3nbem alfo bie SSeränbemng ber borliegenben G^araftcrbilbung
in einem einjigen fünfte btefelbe m einer etwa« günftigern ^ätte
geftalten fbnnen, bereinigte fid> ?Ule«, fie ju einer ber ungün=
ftigften ju machen, bie gefunben werben fann, m einer S^arafter^
bilbung, bie auch gegen bie fchrecfllchftc Unttyat feinen Schüfe in
fich felbft finben fonnte. <§o erflärt e« fich beim eine«thei(«, wie
bie fcfcat ber SSecfenbach in ihrem ß^arafter ihre nothwenbige
©ebingung fanb, anberntheü« , warum ein fofeher (Sfjarafter
glüeflicher Seife nur feiten im Öeben und begegnet.
2öa« bie Slbbilbung betrifft , fo ift e« wohl überflüfftg , auf
bie einjelnen Organe, bereu üftafee meiften« genügenb fenntticr)
finb, befonber« aufmerffam ju machen. 3dj fyebe nur bie beiben
fünfte ^erbor. Grrften«. $)ie feljr niebere SBMbung be« Ober*
fchäbel« (ober be« Schäbelthetl«, Welcher über ber Sinic liegt, bie
man fich burch bie t t tingd um ben $opf gebogen benft) ift
ba« ftänbige 9fterfmal eine« nieberen, gemüt^lofen Gihctrafter«.
£>a« SBerhältuift ftellt fid? für unfern ^aH noch bebeutenb ungün=
ftiger, wenn man bie beträchtliche £)i<fe be« ©ehäbelfnochen« in
Unfchlag bringt. $ie £öhlung ber obern ^chäbelwölbung ift
216
(Sine ©iftmcrbcrin.
t>on innen betrachtet, befonberS an ber borbern ©efytrnljälfte,
anfcrorbentlicb gering. 3^e^en*- SWdjt ntinber bcmcrtcnerocrty
ift bie Äi'trje bcS borbern $cf)trntappens , bie freilieft erft *>on
innen unmittelbar, aber anncUjemb andj bon anfcen jnr Wnfcfyannng
tommt. s)tämlid> bie ßlnif a b (ftig. 1) ift bottt 2)?tttefpun!tc
S«g. l. $er;Sd)äbel ber öiftmörbedn SJrtfentatf» mm ber Seite.
eJifl. 2. 35erfelbe Sdjäbel toon born, gig. 3. Setfelbe St^fibel ooit oben.
ber (Stirn bis 311m roeiteft fcorftetjenben XljetI beS |)interfopfeS
gebogen; jie^t man mm fenfrecfyt anf btefe Sinie nnb bnreft bie
•äflitte beS ©eljörgangS bie Sinic c d, fo geigt fidt) ber borbere
Xtyil ber Sinic a b (bie Stnie a e) für&er, als ber Wintere Xty'ti
biefer &nie (als bie ßinic e b), ber SBorbcrfopf fürger, als ber
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(Sine ©tftmörberin. . 217
$>interfopf. Diefe« 33erhältniß be« Borbet* unb £ interfopfe«
tt>irb ebenfo getotß nicht bet fehr oerftänbtgcn , al« ba« toorige
bet niebem »Schäbeltoftlbung nicht bei fe^r gemüthoollen 9)Zen*
fc^cn gefunben. Die SBcrfchtebenheit ber Sänge beö toorbern
©ehimlappen* giebt jugleich Huffchluß übet ben imbegTünbcten
Grintourf, bet oft gegen bie ^Phrenologie gemacht toirb, baß
w^o^c" «Stirnen bei toentg oerftänbtgen 2)ienfcben gefnnben toerben.
Die bloße „$tyc" einer «Stirn ift fein ®ehirnmaß, fo toenig,
als bie bloße „©reite". üttan follte bafjer rtrenologifd^ nur toon
leeren unb ootten, ober flacben unb geto&lbten Stirnen al« allge*
meinen ®egenfäfeen fprechen.
3$ ^abe bie ©eefenbach im Sehen gefannt. <Sie war ein
ftarfe«, gefunbe« Jöauerntocib, fanguinifch<cholerifchen Xempcra*
ment«. Die regelmäßigen (SJefichtfyüge erhielten auf ben erften
33ticf nicht unangenehm: boch frei näherem Slnfchcn bemerfte
man einen äußerft rohen 3U8 um ben 9ttunb, befonber« aber
fiel ein unheimliche« , i(h mochte beinahe fagen, tljierifch toilbe«
Revier ihre« tiefliegenben bunflcn 2lugc« auf. SSom 2flaßc ihre«
33crftanbe« mag ba« ^olgenbe 3cu8n*fc geben. 2(1« icb i^r
loährenb ber phrc«o^0tWen Unterfucbung fagte, fie fei nicht
fromm, ba« iöeten fei nie ihre «Sache getoefen, fo entgegnete
fie: o boch, fie %abe ba« Unfer SSater unb ben (glauben beten
f ernten. Hl« ich ty* bemerfte, ich nuune ba« innere Söeten, fo
ertoieberte fie: nein, im „®'müth" h«*e fie „nicht brei ©orte"
octen tonnen.
Die iöecfenbach tourbe am 22. 3anuar 1844 ju £eibelberg
mit bem «Schtoerte ^ingertd^tet. Die SBerbrecberin oerbtent unfer
SJHtleib; fie toar mit einer höthft ungünftigen ®etftc«anlage jur
3Belt gefemmen, fie toar in 33erhältniffcn h^rangetoachfen, toclcbc
fie, ftatt ben SDiangel ber Anlage burch bie Stacht be« ©eifpiel«
unb 'ber (Srjiehung ju oerfreffern, ben ^Jfab be« ßafter« betreten
unb barauf unaufhaltfam forttoanbeln ließen. Da« ($cfcfc ift
nicht folgerichtig, toelche« eine Uebelthat, burch fehlerhafte J8il=
bung ber $Berftanbe«finne (burch Srrfinn) oeranlaßt, unjurech*
nung«fähig nennt, eine Uebelthat bagegen, burch fehlerhafte SBil-
bung ber ®emüth«finne (ben flimmeren 3rrfinn) h^roorgerufen,
218
Cine ©iftmerberin.
beÄ 2flitleib$ für un»erth fytiü. (Sine (Strafe fann nur bann
geregt fein, »enn fie nicht ju bem Unglticf be« 93erorechen$ nur
blo« ein neue« Unglücf hinzufügt, fonbem wenn fie gugteic^ . für
ben Uebelthäter eine Söohltljat ift, b. h- »enn pe i^n beffert.
Daher ift bie £obe$ftrafe , weit fte nur nimmt , ohne ju geben,
unb »eil fie fogar bie ÜDJSgficbfeit ber SÖefferung be« Verbrecher«
ausliefet, bot^elt ungerecht. Ueberbie« liegt in ber £obe«ftrafe,
infofern in ihr gleichfam ein 9Korb burch einen 2Korb gefügt
»erben foll, etwa« fitttich h&# Unheimliche«. <£« giebt nun
$»ar 33iete, meiere bie fyex au«gefprochene Anficht teilen, »eiche
aber glauben, ba§ bie £obe«ftrafe, obgleich an fid^ eine ungerechte,
eine noth»enbige fei, um bon Verbrechen abjufchrecfen. Slllein
fc^toerlid^ mochte biefer ®runb faltbar fein. (*« f&nnte btelmehr
burch bie £obe«ftrafe leicht ba« ®egentheil bon bem bewirft
»erben, »a« baburch be»irft »erben foll. (Sine Einrichtung ift
et»a« fürchterliche«, unb baß menfchliche ©emütt) ift befonber«
für fchtimme Crinbrücfe allju empfänglich- 2lu« einer 3^ &on
169 ^erfonen, bie in (ärnglanb innerhalb einer ge»iffen 3ett
hingerichtet »urben, »aren 164 jubor bei Einrichtungen gegen»
»artig ge»efen. SWan fann bem 2ttenfchen bie ®raufamfeit an*
lernen. 3n biefer gnftyt fann man nur beftärft »erben, »enn
man gefehen hat, »ic %. ®. bie Einrichtung ber JBecfenbach für
biete taufenb 2flenfchen ein $eft »ar, »ie Huftritte ber töohheit
fich hänften, »ie @ch»elgereien ben ftreubentag ausfüllten. Allein
»enn »ir auch bie Srage unentfehieben taffen, ob burch eine Ein*
richtung mehr ein guter ober mehr ein fchlimmer (Sinbrucf her*
borgebraebt »erbe, fo geht bo<h »oht ber irrenbe üWenfch am
ficherften, »enn er ben ®runbfafc ju bem feinigen macht, ba§ ber
3»ecf niemal« bie Littel ^eilige.
XV.
jPfrrinofogic und Strafwcfit.
ßin Clotri Uber (ütltdje ^retljett unb jtorrtytungafhljigkeit.
Xer SReitfrfi ift frei wie bet SBoßri im ftäfig.
Satioter.
SBenn man nadt» ber fittttdjen ober $ÖUien«freityeit be$ 9ften*
f$en fragt, fo fragt man nadt) ber SWenf^eit be« 9ftenfdt)en :
benn olme fittticfye ftreifyeit ift ber 2)?enf$ ein £ljier ober eine
9J2afcfytne. 9)Zan tljut immer gut, eine {frage ber 3SMffenf$aft
fcon Ujrer m&glicfyft proftifc^en Seite aufeufaffen. £)ie $rage
ber SöiüenSfreiljcit fjat iljre praftifcfye Seite im Strafre^t in
ber i'etjre oon ber 3ure$nung. 2$enn ein 33erbre<fyen begangen
ift, fo ift bie erfte $rage be$ SRecfytegcfeljrten, ob ber SBerbredjer
$ure$uung$fctytg ift, b. i. ob er ttHflenSfret gefyanbeU ijat. 3n
früheren 3"ten fefete bie Straf gefefegebung in atten ftäüen »ott*
fommene SBtßenäfreiljeit oorau«. fcafyer bie §ä'rte unb ®ar*
barei ber Strafe. 3n unferen mitberen unb oerftänbigeren Sagen
fing man an, unter anbern gätte ber fogenannten 2ttonomante
(be$ ©njelmatjnfinnS), $3. ber 2tforbmonomanie, gu beobachten,
i« »erben gcWe toie ber fotgenbe erjagt. £)a$ ©efic^t be$
tfeibenben rötete ftet) oor bem 2lnfatte, bie Äopfabern fd?n>otten
an: berfetbe bat, ifym bie $änbe 51t binben. 9ia<$bem ber Sin-
faß 3tt>ci £age gebauert fyatte, forberte ber Seibenbe felbft auf,
feine Ueffeln ju tßfen, ba jefct bie ®efaljr oorüber fei. <5r Ijabe,
fügte er ljtn$u, toäljrenb be$ 2(nfaü$ unenbtic^ gelitten, boefy banfe
er ®ott, bafe er feinen SDienfcfyen getßbtet fyabe. 9)2an ernannte
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220 ^rettofogte unb (Strafet.
leicht, ba§ es ungerecht märe, ben Unglücken, ber, bon einer
feigen 2flonomame befallen, einen 9J?orb begangen, gleich mie
toenn er unbebingt .Sperr feine« SöillenS märe, ju beftrafen; man
fefete a(fo (n'cr au«nahm«n>eife eine Aufhebung ber ©illcnSfrei*
heit borau« nnb berfügte «Straflofigfeit au« Unzurechnungsfähig*
feit. Mein e« ergab fiefy ^ier balb eine befonbere Schmierigfeit
baburch, ba§ man in ber Sinnahme bon fällen mangclnber ©tllen«*
freiljett faiun eine Örenje 51t ftnbcn tonnte unb faft baljin ge*
fommen märe, bie meiften Verbrecher für unzurechnungsfähig unb
ftraflo« ju erflären. @in SSeifpiel ift ftrieb reich in feinem
fronen unb berühmt geworbenen 253erfe über bie gerichtliche
®eifte«funbc. 9ttit ber ganjen Straft gefunber tfebenSanficht
fämpft er gegen bie ftarren formen eine« tobten föechtS. $)iefeS
SBerf allein, gleich einer haderen £$at, fonnte bie Ueberjeugung
geben, baj? baS 8trafrecbt ber 3ufutift ein anbereS fein »erbe,
als baS ber Vergangenheit, ©leichmohl aber ift eS ihm nic^t
gelungen, bie rechte ©eife ber Abhilfe, ben mähren 2öeg junt
Seffern borjujeichnen. ©einer funbigen SWenfchlichfeit erfcheinen
bie ftätte bon aufgehobener SBillenSfrciheit als äufeerft zahlreich-
9Hd>t nur bie Sftorbmonomanie , fonbem auch bie <S t e 1) 1 mono«
manie, ber ©ranbftiftungStrieb , bie <3inneStäufchungen (gallu*
cinationen), bie^eimmehfranfheit, bie Schtoangerfchaft, bieXrunfen*
heit, ber Slffect unb bie ßeibenfehaft , ber Slberglaube unb biete
anbere 3uftänbe f&iww nad^ feiner 9itft<$t bie SöillenSfreiheit
aufgeben unb fo Unzurechnungsfähig! eit unb @traflofigfeit begrünben.
<5ben baburch aber, ba§ bie ßeljre bon ber 3"te($nung auf biefe
Sföeife folgerichtig Durchgeführt ift, — unb toenn man fie über*
haupt als bie richtige anerfennt, mu§ man fie fo burchführen,
— hat fte fi$ als eine unhaltbare unb irrige gezeigt, ©eiche
Sürgfd^aft für ben (Staat, ben ®runbfäfeen eine* fo fyalbm unb
fchmanfenben <Strafrechts ju folgen!
ÜDie ßehre bon ber 3urechnung ift barum eine irrige, weit
fie bem 9J?enf<$en in bem einen ^aüe unbebingte SöillenSfreiheit,
in bem anbern unbebingte Unfreiheit beS 3öillenS zumißt. £>ic
menfehfiche SBillenSfreiheit ift niemals eine unbebingte, fonberu
immer eine mehr ober meniger bebingte. ©onft märe ber
^renotogie utib @trafre<$t.
221
3Wenf<$ nicht länger ein Üttenfch, fonbem ein ®ott, fonft mußte
au<$ ba« Äinb, au$ ber £hiennc»W unbebingt frei fein. Ober
träte ba« tyerantoadhfenbe Stnb, ber ^erangefcitbete £fn'erntenf$
ptb$i\$ $ur unbebingten Freiheit über? i'aoater in fetner
^fiognomif fagt: ȣ5er 2Henfc$ ift frei, toie ber SBoget im
£äfig. (£r fyat feinen beftimmten unüberfchreitbaren Strfung«*
nnb (Smpfinbung«frei«. 3eber tyat, nüe einen befonbern Umriß
feine« törper«, fo einen beftimmten unoeränberlichen Spielraum \
Unb ®aft fagt: „Pflicht alte SOJenfc^en genießen gleite fittticfye
Freiheit, je nach itjrer metjr ober weniger gtiufüchen ©eifte«-
bitbung, ben äußern Umftänben, ber (Srjieljung, 9ieügiou unb
ber Äenntniß ber ©efefce unb Pflichten ber ($efettf$aft £>te
üttenfcben mit großen ©aben fyaben bie größte, bie iötöbfinnigen
bie geringfte Freiheit". 23om Äinbe jum SWonne atfo, oom Um
gebUbeten jum ®ebübeten, oom Sporen jum Seifen, vom 2ftono*
mancn jum Seibenfchaftötofeften ift eine ununterbrochene, mannte^
faltig oerfcbtungene ftette, bereu ©lieber fich nur burch bie ft u f e n *
weis größere ober geringere SUtenSfreUjcit unterfctyeiben. %n
ben (Jnbpunften ber Äette finbet fid? einerfeit« niemat« unbebingte
Sitfen«freifyeit, anbererfeit« aber, toie j. in ber früfyeften
tinbljeit ober in ben äußerften gätfen ber Monomanie, unbebingte
Unfreiheit be« Siüen«.
£)ie Phrenologie macht biefe Satjrfyeit im (Sinjetnen unb
in i^rer ganjen 3)?annichfa{tigfett recht anfd)auttd^. 3rgenb ein
Sinn ober eine Sinne«gruppe iö. fann in richtigem üftaße
oorhanbcn unb bie anbem ju ftarf ober 31t fchtoach, ober irgenb
ein Sinn fann gefunb unb anbere fönneu franf fein. deicht
Mo« ber fanget ober bie tranfheit ber S3erftanbe«finne alfo,
toie man Ijaufig glaubte, thut ber Sitteu«freitjeit ©intrag, fom
bertt ebcnfotoofyl ber SOknget ober bie Äranfheit ber ®emüttj«*
finne, ba« ju große 2)iaß ober bie Äranfheit ber thicrifchen Sinne.
Senn nun alfe Vergehen, 00m geringften bi« jutn fötoer*
ften, in einer größern ober geringem Söefchränfung ber Sitten«»
freiheit iljre Urfache Ijaben, fo finb atte Verbrecher geiftig ftranfe,
fie fte^en nicht auf ber Stufe ber fttttichen traft unb ftretyeit,
auf ber bie 9)?eljr$aht ber 3)?enfd;en gtucflicjer Seife fteht. X)ie
222
$krtttofogie unb ©trcifrfdjt
einzige menfättdHrcaftiföe §tagc fann fyier nur bie be« $>i(fe*
bringen«, ber £ei(ung fein. Die ptaftifö ganj feere ftrage
nacfy ber 3urecfynung, nnb batnit au$ ber ©egriff ber föactye in
ber ©träfe, mufc notf)tt>enbig faßen. Dagegen fonnte man nun
chwenben, e« gehöre $ur SBürbe be« @efefee«, ba§ e« gleicfy tote
im tarnen eine« £>o>rn ba« ©&fe beftrafe. 9(ber angemagtc
Sfirbe ift feine ©ürbe. Der 2ttenfc§ begefjt eine Slnma&ung,
wenn er bie ©$ulb feine« üttttgefc$o>fe« mägen miü. 9tur ®ott
fiefjt in« £er3, nur ba« (betriff en ftraft auf Crrben geregt; ein
äu&erttcfy große« «ergeben fann eine Heine, ein äußerli^ Heine«
SBergefjen eine große Scfyutb fein. Ober man fönnte eine ju
große ÜDWbe toon biefem Straf gtunbfafce fürchten. 9tber bie
9J?Ube ift nicfyt ba« SBefen ber fittlicfyen £cütoeifc. <So mie ber
<S(fymer$ beim Hbnefymen eine« franfen (Stiebe« burety« innerfte
2J?arf bringt, fo fönnen bie au«gearteten triebe unb ®en>otjn*
Reiten, bie bem SKenf <$en fo feft terbunben unb ifym fo (ieb
geworben finb, baß fte tyn jum «erbrecfyer maebten, nur burc$
bie beljarrti^fte Stfüfyc unb unter großen ®c$mer$en oon tfjm
getrennt merben. Ueberfjaupt aber gilt ber Ijier gegen ba« ©traf*
red&t au«geforo$ene Jabel ni($t ber $rarj«. 3m ©egentyeif,
e« ift in ber testen 3eit in ben meiften Öänbern fo oiel für bie
SBerbefferung ber ©efängniffe unb bie SSeljanbtung ber Straf*
gefangenen gefcfyeljen, baß man beffen nur mit Ijofyer 2lnerfen=
nung gebenfen fann, unb no$ fcfy&nere Hoffnungen für bie 3U*
fünft barauf grünben barf. Oiur bie S5Mffcnf$aft , bie noeb
immer feft an ber £eljre oon ber 3ure$mm8 fy^ngt, W Vl*x
hinter bem $ortf$ritt be« ßeben« jurütfgebtieben. Unb bo$ ift
e«, bamit ber (Segen einer naturgemäßen ©eljanbfang ber «Straf-
gefangenen auefy auf bie Sittücfyfeit be« ganjen SBotfe« juriief*
toirfe, nottyoenbig, f$on im ®runbfafe (auLau«$ufpre$en, baß
bie Strafe eine 9ttaßregel ift, bie ben 9ttenf<$en bann trifft,
menn er ton ber (Stufe ber toa^ren 2ftenf$ü<$feit ^erabfinft,
b. fy. oon ber Stufe, auf toefcfyer er über ben Xfn'eren baburety
fteljt, baß ifym Den ber 9htur bie ebteren ©efityte unb bic «er*
ftanbe«fräfte jur ©etyerrfcfyung feiner nieberen (Sinne gegeben finb.
XVI.
JMircnofogie und dr^icliung.
In Ifr/iietyunfiälefjre golbne »örner fmbrt,
«Set ber WenMenfunbe tiefen e^adjt erflrünbet.
^Dcr ?l^jffl fftßt mcfjt totit vom towini .
1. ntWWtit luMtn @»era nitb ftinbcriu
£)ie tteljnli^feit jungen eitern unb tinbern ift nidbt Mo«
eine ftrperlitfye, fonbern auc$, tueif ba« ®efyiru, ba« Organ be«
Reifte«, ein Xljeil be$ ÄSrper* ift , eine geiftige. 3ebe* $inb,
obgleich geiftig au$ UrbUb (Original), ift bo$ $ugteitf) ntetyr ober
weniger baS geiftige (SbenMfo ber Ottern, balb meljr be« Katers,
ba(b metyr ber ÜDhitter. SDhn follte bei ber ®attentoafyl mefyr,
als geioöfnilidj gefdf>iefyt, auf bic geiftige ober ©cljirnorganifation
9ttuffi$t nehmen. SBenn eine gute Organifation mit einer ganj
niebrigen (too bie nieberen, tljierifcfyen (Sinne bebeutenb bie IjBfyeren
überragen) fi$ oerbinbet, fo ift nid>t nur ein ©tücf ber Crttern
felbft unmöglich, fonbern audj bie Äinber »erben meljr ober
weniger eine niebere Organifatton al« (Srotfjeil überfommen.
2. Sie mmttlt ber Qüm.
©er Ginflufe ber ®eifte$beföaffenVtt , ja ber jeittoeifen
©eifteSftimmung ber Altern auf bie ©eifte«bef($affenfjeit ber
224
^Ijretiofogie unb (Srjieljung.
Ätnber reicht toeiter, als man geroBIjnlicfy glaubt, toeiter g. ©. al«
baft, tote befannt, Xrunfenfyeit im Slugcnblicf bcr 3cu8unS ©Wb*
finn be$ ÄinbeS }ur golge fyat. £)ier einige ^äüc ber (Erfahrung,
toie beten »tele äljnltctye aufgezeichnet finb. Sin ^reunb feilte
mit mit, erjagt (Sombe, ba§ et in jüngeren 3a!?ren in einet
©egenb gelebt, too bie jungen Spännet feljr an ftarfe« Xrtnfen
gemofynt getoefeu toären, unb ba§ au$ et nut ju Ijäufig an iljren
(Belagen £fyeil genommen. 9We$rere feinet 3ö^ne, bie ju jenet
3eit geboten toaren, legten einen großen §ang jum £runf an ben
£ag, obrooljl fic fbäter in einet Ijorfylicty betriebenen ftttfic^en
Umgebung exogen ttntrben; bafyingegen neigte feine« bet ftinber
gu jenet Veibenfcfyaft , bie geboten toaren, na$bem er jenen Ott
berlaffen unb eine jtoecfmäBtgere 8eben«att angenommen Ijatte.
Q'm anbret feljr begabtet Sttann, cr$äljlt ßombe weiter, befcfyrieb
mit bie milben, unbänbigen 3lu«fcfymeifungen, benen et gut 3e^
feinet 33erljeitatfning" ergeben mar, unb toünfcfyte fi$ felbft ju feinet
^äuältcbfeit unb fittlictyen SBerboUfommuung ©Iticf. Sein ältefter
Sofyn, ber in jenen toüften £agen geboren mar,*crn>ie$ fid) trofc
einet ftteng moratifcfyen Grrjie&ung als ber berfonificirte $ater in
feinem bamaligen Sufta"W Ullb f"nc jüngeren Äinbcr toaren in
bemfelben $ertyättni& fittli<$er, je metyr fie ftcb oon ber 3eit jener
t>erberblic$en Sittentoftgfett entfernten.
3. mmUmmt ber «Item; «enorm Wtfaft )toifc^cn tfcttcn.
Da ber SSaljnftnn in feinen begebenen ©eftalten immer
auf einer ©efytmfrantyeit beruht unb fo befanntlicfy erblich ift, fo
f ollteu @oldje, beren (Sltern geifteäfranf waren, ober in bereu
Familie häufige $älle bon ©eifteSfranfljeit oorfamen, fic$ ber
$tnber wegen nidjt berfyeirattjen. £)ie (Srfaljrung Ijat auefy gejeigt,
bafc ^etratfjen jwifcfyen naljen SBerwanbten bon mefyr ober minber
nachteiligem (Sinftuft fowoljl auf bie forderliche als bie geiftige
©efc^affen^eit ber Äinber ju fein pflegen. 9iid?t feiten ift
Schwadt»finn, Xaubftummfyeit :c. ber ftinber als golge beobachtet
worben.
^renoloaie imb erjic^ung.
II. drnftljrttng unb Ifladjstljuin.
Sciebcr &ur Ifrbc gebeugt unb m u: Ii i oti trauert bie cr%im>.ntic :
aber bie feurige ftroft ioudtjet sum Gimmel empor.
1. Sie Bett unb ba« Biel De* ^ndjetljimt*.
ÜDet -Dfenfd? loäcfyft oon ber ©eburt an ungefähr 18 — 20
3aljre. 9lur biefe 3 ei t be« 2öac$«fljum« ift oorau«befthnmt,
ni#t cbenfo ba« 3tel beffelben, b. fy. nid^t ba« Wlai ber för*
periidjen unb getftigen traft. £>iefe« 2tta§, berf Rieben na$ bet
befferen obet minber guten (Srätefjung, ift mit bem beenbigten
2öa$«tyum fcftgefteüt. Söa« babei berfäumt ift, lägt fid> fpäter
nietyt nac^olen ober- erfefeen.
2. 2>er Stoff unb bie ftrtft.
£er Sftenfcfy toättyft an Stoff unb an traft. £>te traft ift
an ben <5toff gebunben. Söenn bet 3er8^ccereT *>e« £ei<$nam«
einen %xm $ertegt, fo fann et beffen traft beurteilen: tljeU«
au« ber Sftaffe ober (SfrÖjje, inbent ber Hrm eine« 3ttanne« ober
eine« liefen meljr traft ^at , al« ber eine« tinbe« ober eine«
3toerge«; tljeit« au« ber üöcfcfyaffenljett, inbem ein Sirnt oon
feften üttu«fe(n, tnod;en :c. ftärfer ift, al« ein 2lrm oon (ofen
2ttu«feln :c.
3. ftörperrrnft unb ©cif*e3Iraft.
£>te traft be« 9flenfcfycn ift eine mannigfaltige, beftefyt au«
tbrper* unb ® eifte«fräften. T)ie erfteren ftnb $. 38. bie
traft be« Verbauen«, be« Htfmten«, bie 3ttu«felfraft j bie (enteren
ftnb bie Gräfte be« teufen«, be« ptyten«, be« Söoüen«.
SDic törperfräfte fyaben tyren <Stfc im ganzen törper, bie
®etfte«fräfte b(o« im ©e^trn, n>el<$e« il?r Organ (^öerfjeug) ift.
£)af>er ift au# ba« 2flat? bet ®eifte«fräfte t^citö bon ber SWaffe
(®röj?e), ttyeil« oon ber öefc^affen^eit be« (Sefyirn« abhängig.
4. ©toffwcflfcl, 2>a$ »Int.
$)er Stoff be« 3)?enf$en (üttu«fe(n, ©elnrn tc.) toed^felt be*
ftänbig. Verbrauchte £fyeüe f Reiben fiefy ab, neue fefeen fiefy an
Sdjeoe, ^renologijd^e «Uber. 3.«up. 16
226
^«nologie unb (Srjte^ung.
3enachbem bte neuen Zweite bie abgefchiebenen (an 9Waffe unb
2)efchaffenheit) mehr ober weniger übertreffen, ift ba« SBachfen
ein mehr ober minber gebeihltche«.
Da« Crrnähren unb Söachfen geflieht burch ba« ©tut, toetche«
im ftret«(auf burch ben Körper fliefct, ifmi neue <3tofftheUe $u*
führt unb bie »erbrausten aufnimmt unb austreibet. Da« ©lut
erhält feine «eftanbtheüe unb (Sigenföaften theit« aus ©peife
unb Xxant, theü« au« 8uft unb iHd^t.
5. ©jiciic unb 2ram\
3ur guten unb reichlichen ©lutbübung fei ©peife unb £ranf
be« Ätnbe« toohlnährenb, nicht mager unb bürftig: Wity, iörob,
reife« Obft, ©uppe, ®cmüfe, ftleifch, bi«tt>eUen 28ein, $9ier, nicht
Kaffee, £hce- 9flUch ift für alle Ätnber eine treffliche Nahrung ;
ftarfe, mu«felfräftige Äinber mögen mehr £)bft unb ®emüfe,
fchioächliche Ätnber foßen mehr $(eifch, auch ctma« Söein genießen.
3u häufiger ober alleiniger $artoffe(genu§ ift al« fchtoächenb nach*
geunefen, befonber« auch in Söejug auf bie Ernährung be«
®ehtrn«.
3Bie bie Nahrung nicht bürftig, fo folt fie auch ""h* «ber*
mäjjtg fein. 9ttan (äffe baS $inb nicht ben ganzen Sag effen,
reije es auch nicht burch Secfercicn jur Unmäjjigfeit. 2ftan ge*
toöfme eS an beftumnte 9ftahl J e 1 1 e n unb taffe eS bann effen, fo
biet es mag: baS ©atteffen föabet nicht.
6. 2>te mt; WeiuliWcft.
Sttachbem ba« ©tut in feinem Kreislauf bie oerbrauchten
Stoffe in fich aufgenommen, tritt eS in ben Hungen jur i'uft,
wirft jene ©toffe aus unb empfängt bafür neuen ßebensftoff
(©auerftoff). Der ®enuf ber freien reinen ßuft ift baher bie
jtoeite Nahrung für baS #inb. Sluch bei ber beften ©peife gebeiht
eS nicht, wenn e« ber freien Suft entbehrt. §Bchft fchäbüch ift
oerborbene ßuft; eine feuchte SBofmung $. S&. ift für ba« $mb
eine Strt Vergiftung.
Die £uft toirft nicht nur burch bie ßungen auf ben Körper
ein, fonbem auch bu«h bte gauje $>autftäche. Daher hat mangetnbe
227
SReinlichfeit biefetbcn folgen, tote mangelnber £uftgenujj: fchle^te
Gmtät)rung, blaffe |>aut, fc^Iaffe -sDhiöfeln, mangelnbe ®eifte«=
frtfehe trofe reichlicher Speife. (Halte Söafchungen, lautoarme ©aber.)
7, 2>o« ©omtcttlitft.
9luch ba« «Sonnenlicht nttb bie Sonnemoärme finb al« all-
gemeine $Öelebung«mittel nott)toenbig jum fSrperlichen unb geiftigen
©ebett)en bc« $tnbe«. X)a« Ätnberjimtner fei ba« fomtigfte be«
£>aufe«. ©tele fd^n^äc^Ud^c unb fränfltche $tnber toürben gefunb
unb fräftig fein, toenit bie falte, bunfle SBolmung mit einer
toarmen, fonnigen oertaufcht tottrbe. („2öo bie «Sonne, fein Sltat.")
8. Sic gmngfte tfraft unb ba3 ftärlftc 2ßad)$nnim.
9llle biefe Regeln be« gebeit)ttct)en 2Öa<h«thum« l)aben eine
befto tyityexe (Bettung, ttjeil« je getinger bie $raft, tt)eil« ie
ftärferba«2öach«thumbe« tinbe« ift. Die geringfte färaft
unb ba« ftärffte 2öach«thum fallen im früt}eften Seben«atter JU*
fammen. ©efottber« auch ©et)im toächft befamttlich im erften
Satyre fel)r ftarf, toogegen bie ©erbauuttg«fraft am fchtoächften ift.
$>at)er fantt hier burch fcblechte ober fchtoere Nahrung, mangelnbe
9tottti<hfcit ic bem ®ebeifjen be« Körper« unb be« ®eifte« aufeer»
orbentlich gefchabet toerben. ÜÄilch fei §iex bie Hauptnahrung
unb fann bie einzige fein. Schlechte Nahrung ift 5. ©. rohe
SDfeblfpeife, Mehlbrei unb Hehnliche«, tooburch ber fceib be« $inbe«
aufgetrieben unb ®et)irn, Hungen, ® lieber am gefunbett Söach«»
tlnim oerfür jt toerben.
III. flftueguna,.
9etra<f)tc idi be« SReitfdjett (Skjtalt, tagte
gtiebric^ bet ®tof»e, fo fdjetttt et mit me&t
jutn öetiif bed $oftiCon4 auf« üßfetb, ol4
jum Setuf be* ÜWcbttcn an ben StfttibHffl
flefdjaffen.
1. 2>a« richtige 9Ka& ber öctocpng.
£)a« ©tut in feiner £rei«betoegung muß oon ber ©etoegung
be« Körper« im richtigen 9)iafee unterftü^t toerben.
15*
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■m
^renologie unb (Srjic&iutg.
3ft bic Körperbewegung gegen bie Jölutbetoegung ju gering,
fo fliegt ba« $lut liiert rafd& unb reietyliety genug burety ben
Körper. $)te ftolge ift, baß bie neuen ©tofftljeile tljette ntcfyt
retetyliefy genug juftrömen, tfyctls nur ju tofem ®ebilb fiefy anfefeen:
beibed Urfacfyen geringeren 2Ba$6t$um6, minberer Kraftfteigerung;
bann, bafc bie oerbraucfyten Stofftljeile nietyt oollftänbig genug ab*
gefcfyieben toerben unb tijetttoetfe im Körper jurticfbletben : bie
Urfacfye ber Kranfljeit.
3ft bie Körperbewegung gegen bie Sölutbetoegung gu ftarf, fo
toerben ju biete ©tofftfyeile berbraucfyt, unb neue fönnen ftt$ nietyt
reiepety genug anfefcen: bie Urfactye berfümmerten 2öa<$«tfyum$,
oermtnberter Kraftfteigerung.
£>te Körperbewegung foU alfo fo ftar! fein, bafc ber (5rfa^
rung jufotge babur<$ bie mögliche Kraftfteigerung errcid&t wirb.
£)ie Grrfafyrung fpricfyt für eine jiemlicty ftarfe Bewegung.
5lucfy ift bie ftarfe ©etoegung ein Naturtrieb, ©etyon ba$
Keine Kinb ift ben ganjen Jag auf ben $üfjen, oljne ju erntüben.
£)en Knaben treibt e«, im freien ju laufen, ju fpringen, $u
flettern. £>er 3üngling toenbet mit £uft im Junten feine fyöctyfte
Kraft auf. ^eljlt einem Kinbe ber Jricb ber Körperbewegung,
fo ift e$ mc$t gefunb, unb biefer £rieb mufc burefy (Gewöhnung
in itym getoedft »erben.
3. 2>ie ©ttoeßnng im 9ta&äitot| jtur Kraft,
Senn auefy ba$ Kinb faft ben ganjen £ag bei feinen «Spielen
gef?t ober läuft, oljne ju ermüben, fo fott es bo$ in feiner SBeife
angeftrengt werben, ^er Knabe möge wilb toben unb feine
ganje Kraft oerfuetyen, aber es ift ein Unglücf ber $rmutlj ober
ber Unwiffcnljeit, wenn Knaben ju anftrengenber Sirbett angehalten
toerben. £)er ßanbmann würbe e« für einen Trebel galten, ein
'Pferb, elje e$ erwachen ift, jttr Arbeit aiijiiftrcngen , überzeugt,
ba§ cd baburefy berfttmmertt unb bor ber 3ett altern mürbe. Da$
Kapital ber Kraft barf nicfyt, elje e$ gefammelt ift, angegriffen
unb oerbraucfyt toerben. 3Jttt bem erreichten 3üitgling$alter (naefy
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^renofoflie unb <5r$ie$ung.
bot (5iita>icf(uii0) Ijat bie 3cit bcr SWbeit begonnen. Die $raft
be« 3üngling« Wirb bur$ bte 2lnftrengung bet Slrbeit, bur<$
antyaltenbe nnb ftarfe Bewegung nid^t oerringert, fonbern erljityt,
4. Sie nW ermübenbe ©ctoegititg.
Die Bewegung fott wäfjrenb be« £age« (im 2Bacben) faft
ununterbrochen fein. Der <S$laf ift bie Öhrtje unb er genügt
bafür. 3ft aber bie ^Bewegung eine unterbrochene, fo fott fie
wenigften« eine täglicb regelmäßige (ein. sJhir bann fann
ftc Ijtntänglich ftarf fein, ofyne ju ennüben. 9ßur bie ni<$t*
ermübenbe ^Bewegung ift eine fraftfteigernbe. Die
Aufgabe ift bafyer, ba« $inb (ben Knaben) immer ftärferer 53e-
Wegung fäfyig ju machen, oljne baß c« baburety ermübet. Die«
fann nur burety bie tägliche föcgclmäßtgfeit ber Bewegung ge*
fct)e^en. £>cx$ft jweefwibrig wäre e«, (angbauembe förderliche Um
tyätigfeit burety barauffolgenbe befto anftrengenbere Bewegung au«=
gleiten $u motten.
5, 2>ie nttttrlitfje ober freitoittige »ctoegmtg.
Die praftifc^e grage, wa« Grrmübung unb wa« t^r richtiger
SDfafeftab fei, wirb am beften burety bie ^atur fetbft beantwortet.
Die Bewegung ift fomett eine jweefmäßige, ntc^t ($u fe^x) ermü*
benbe, a l « fie immer eine natürliche oberfrei mittige
ift. @o wenig batyer bem ßinbe eine anftrengenbe Bewegung
aufgen&tln'gt Werben fott, fo menig fott e« oon ber ^Bewegung ober
Jtnftrengung, bie es ftd; fetbft auflegt, jurücfgeljalten werben: e«
ift oietme^r auf alte SBeife jur freiwilligen Bewegung ju ber*
antaffen unb ju ermuntern. 3n biefer §inftcht fann außerorbentlidjy
biet erreicht unb ebenfooiel oerfäumt werben. Denn ba ba« (Sa*
pitat ber Äraft ftufenwet«, gleichwie bur$ gilt* bom 3tofe, Ott'
wächft, ba, wa« heute gewonnen wirb, f$on morgen ju neuem
©ewinn fetbft mitarbeitet, fo wirb bte ftufenmeife (Steigerung ber
5haft ju einem bebeutenb Theten Grnbjiete führen, wenn bie Jöe*
wegung fortwäfyrenb eine ^intanglic^ ftarfe, als wenn fie eine
bürftige ift. Sie groß j. ©. ift ber Unterföteb, ob ba« Amb
230
^renologie mib (Srjie&ung.
in ber freien Statur, ober ob es in einem gefchloffenen kannte
fi$ ju belegen ermuntert ift!
6. $te ©twtgunö im ^ciiinliiiii"; jitr yiahrmtn-
Da bie ©emegung nur bie gleite unb mittelbare, Nahrung
unb £uftgenuft bie erfte unb unmittelbare ©ebingung ber Grna>
rung unb Kraftftcigerung finb, fo fann bie Söetoegung nur tnfo*
fern ihrem 3tt>ccf entsprechen, al« bor HUem bie 9to$rung eine
$toecfmäjnge ift. Oft bie Nahrung eine bürftige, fo fann auch
bie ©etoegung, roenn ihr nicht <£rfchöpfung folgen foü, nur eine
geringe, unb bie Kraftftetgerung mufc eine fcfyr berfüminerte fein.
7. SlUßtmcint Äraft ift cm 4 ©cifteSfraft.
Da an ber allgemeinen Kraft natürlich aud) ba8 (Gehirn
Zijdi nimmt, fo mirb in gleichem 2)?a$, tote bie allgemeine traft
(burch Nahrung unb Körperbewegung) gefteigert roirb, auch bie
®eifteäfraft — b. h- bie Kraft be« Sillens, be« ©emüth«, bie
(5inbilbung«fraft , bie Kraft ber 5Iufmerffamf eit , ba$ ®ebacfytni£,
bie Denffraft — gefteigert werben. Daher fann 39. ein
9ttenfch mit fteinerem aber fräftigem (Gehirn an ®eift unb ®e*
mütl) h°he* flehen unb mehr leiften, at« ein 3flenfch mit größerem
aber minber fräftigem ®eljim. ©efannt ift auch ber 3ufammen=
^ang ber $erbauung$fraft mit ber ®emüth«ftimmuug unb ber
Denffraft.
IV. Pie Perfdjteknlieit ber Plenfdjen.
3ebet Slenfa) &at fein $funb empfangen,
ber eine ein arö&ere*, bet anbete ein Hei-
nttti. um bamit nu toutfiern.
1. 2)a3 ungleiche fflJnff ber Strafte.
Die Körper* unb bie ©eifteäfräfte finb bon 9ktur feljr im»
gleich bertheilt, deicht nur ift bei bem einen 2Henfchen ber Körper
im Allgemeinen ftarf, ber ®eift fchmacr), bei bem anbem umge*
fehrt, fonbem auch bie einzelnen Körper* unb ®eifte«fräfte finb
unter fich felbft ungleich ftarf. Der eine Sttenfch h^ bon Geburt
^renologie unb (grjic^ung.
231
ftärfcre (Stiebcr, bcr anbete ftätfere Cungen ic, ber eine ift meljr
(Sefüljte*, ber anbete mefyr 33erftanbc«menf<$ , bei eine Ijat meljr
Talent ju ©prägen, ber anbere 511m Steinen k.
2. ©in aWuftcrmcnfdj.
tiefer großen Ungteid^eit ber mcnfctyUcfyen törper* nnb
(SeifteSfräfte entftridit bie 23erf<$iebeiu>it ber menfd&licfyen ©e*
rufearten. £>er ßttnftler bebarf anberer Slitfagen, a(« ber (Se*
teerte, ber (Setefjrte anberer, at« ber Kaufmann 2c. (5« fann
ba^er feinen 9tegel* ober 9Jhtftermcnföen geben, meinem aße an
Körper nnb (Seift g(eid) [ein fottten. (Sin fotetyer 9J?uftermenfd),
loenn e$ einen geben Knute, loürbe in feinem Berufe (SrofteS
teiften fßnncn.
3. Tic SHannüttfaUigfeit öcr UcDunji.
$>ie Ue &nng ober 33 Übung be$ $&rper« nnb be$ Reifte«
fann eine fefyr manniebfattige fein. SKan fann fcfyon im Jansen
entioeber ben Körper ober ben (Seift bitben. Unb überbie«
fann foloofyt bie Körper* a(8 bie (SeifteSbUbung in fi<$ felbft fo
oerfdn'eben fein, als bie ßörbertyeUe unb <Seifte«fräfte biefe« finb.
3rgenb ein $örpertyetf, eine (SeifteSfraft fann geübt loerben, unb
baneben irgenb ein anberer ßorpertfyeit, eine anbere (Seifte«*
fraft ni<$t.
•
4. $ic Hebung eine Wienerin ber SRahir.
2M$e ßßrpertljetlc ober loefctye (Seiftc«fräfte fotten geübt
werben, ober toa« foü bie Uebung ben oerfefuebenen ^aturantagen
gegenüber tlnin? tiefer ^rage loirb paffenb bie oorangcfteUt :
loa« ober loieoief fann bie Uebung ber Sftaturanfage gegenüber
tytnt?
$)ie Uebung oermag gtoar an unb für fi# bief, aber boefy
loeit 10 eniger, al« bie Sftatur felbft. $)ie Uebung fann nur
ber SRatur bienen, nie über fie Ijerrfd&en. Die ^atur fttyafft unb
giebt, bie Uebung benufct nur ba« (Segebene. £)aljer fann bie
Uebung ntcfyt ba«, loa« bie ^atur ftein gefc^affen, gro§ machen,
unb nicfyt ba«, loa« bie Statur gro| gef Raffen, Hein. (Sin ge*
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232
^renologic unb (grBtc^unß.
borener 3*wrg tarnx nictyt burc$ anfyattenbe torperübung ein föiefe
»erben, ein geborener SRiefe nictyt bur<$ bernadjläffigte Äörper*
Übung ein 3*^*8 *» cin 9latur befd&ränfter 3)Zenfdj nt<$t bur$
©eifte«übung ein ©emc, ein ®enie nid)t burcfy bernactyläffigte
Uebung ein befctyränfter aftenfö.
SBa« fotl bie Uebung ber berfd&iebenen iflaturanlage gegen*
über ttyun? Raffen wir gur ©eanttoortung biefcr ftrage guerft
bie fBrperli^e Grrgietyung in« Sluge.
V. Pte uter $emj>framentf.
@ie gleiten föft ben fvntjcr angenommenen
oter Elementen . i5«uer, XJuft, »onet, irrbe.
£)ie für bie (Srgteljung »id^tigfte $5rperberfi$iebenljeit ift bie
Temperament«berfcfyiebenljeit. Sttan nimmt bier Temperamente an:
ba« nerbßfc, fanguiniftye, pfytegmatifcfye, d?oferif#e.
1) £errfc$t ba« 9ierbenfyftem bor, fo ift ba« Temperament
ba« nerböfe. £)ie $opff>«tyle ift berfyältntBmäftfg gr&jjer, al« bie
©ruft* unb bie ©auc^ityfe. T)ie« Temperament ift überbie« er*
fennbar burcfy feine« £>aar, garte |>aut, Heine 9ttu«feht, &<$\\cU
ügfeit ber 2ftu«fe(ben>egung , btaffe ®eftcf>t«farbe, feine 3üge, oft
garte ©efunb^cit. £)a« Stteroenftyftem (®efH'rn unb Serben) ift
borgug«toeife tfyätig, bie Steigerungen be« (Reifte« finb lebhaft, bie
Grmpfinbungen rege, bie ©etuegungen fcfynett.
2) £>errfcfyen bie Hungen, ba« §erg unb bie ©lutgefäße bor,
fo ift ba« Temperament ba« fanguinifcfye. (5« gicbt fic$ gu er*
fennen burcfy eine berJjctltnijmtäßtg grofce 5lu«beljnung ber ©ruft*
Wie, mäfnge ^üüe be« Körper«, gtemtictye fteftigfeit be« ftletfdje«,
ljeübraune« ober rßt^U^e« §aar, btaue Slugen, frifd&e ®cfid)t«*
färbe. @« geictynet ftc§ burcty eine große Tfyätigfeit ber ©lutgefäfje,
einen boüen unb raffen <ßu(«, Suft an förperücfyer ©ewegung
unb ein lebhafte« Slnfe^en au«. 2fa$ ba« ©efytrn, ber (Seift
nimmt an ber allgemeinen Öebenbigfeit Tfjeü.
3) ©ei ber bormaltenben @ntoncf(ung ber <5rnä$rung«organe
ift ba« Temperament ba« ptytegmatiföe. <$« ift erfennbar an
«Phrenologie unb (Srjiehung.
233
einer berhältnitlmäfeig großen ^luSbelmung ber JBauc^öhfe, einer
gemuteten $orm be« ßorper«, Söcicbheit ber fleißigen Steile,
hellem #aar, einer fchlaffen, Waffen §aut. <S« ift bon matten
geben«äufjerungen, mit <§($n>äc$e unb £angfamfeit im «lutumtauf
begleitet.
4) £>a« cholerifche Temperament wirb erfannt an fchmar$em,
hartem §aar, bunften $ugen, bräunlicher £>aut, mäßiger ftülte,
aber großer ftefttgfeit be« ^teifd^e«, (Warfen unb au«brucf«bollen
<&eficht«$ügen, ftarf gezeichneten Umriffen be« Körper«. ÜDie $raft
be« $8Tper« unb be« ®ehirn« ift groß unb au«bauernb.
£>iefe Temperamente finben fich nicht oft fo genau unb fdjarf
gerieben in ber Sftatur bor ; gettjb^nlic^ finb einige bermifcht. 3n
ben aftifcfyungen fmb jeboch bie ©runbtemperamente ju untere
Reiben unb e« lä&t fi<h beftimmen, in meinem 2Ha§e ba« eine
ober ba« anbere oor^anben ift.
VI. Pas (Temperament fces fiinbtt.
Äinb ift bem Sögel gleüfi,
2ctd|t ift fein »lut,
Jü(l£ llllD t reit DtMl Ettffl ,
$erj ift »Ott SKuttj.
L 3)ü« ttertiöfc Semöcrament.
$at ba« $inb ein ncrb&fe« Temperament, b. h- ein große«
®ehim, feine 2J?u«feln tc, fo ift ber ®eift borherrfchenb thätig,
bie 23erftanbe«rräfte unb (Gefühle ermaßen früh, bie Fähigkeiten
jeigen fich groß. SDte Grltern, erfreut über bie £ebenbtgfeit be«
Reifte« unb ber (Befuge be« $Hnbe«, finb berfucht, e« in feiner
cinfeitigen geiftigen Thätigfeit, feinem (gifer 311m Semen gefeit
ju (äffen ober felbft . anspornen. Slflein wenn bie« geflieht, fo
toirb bei ber übermäßig angeregten ©ehirnthätigfeit ber noch nicht
au«gebitbete tikper be« $inbe«, Hungen, 9J?agen :c. in ber Grnt*
toicflung jurttcfbleiben , unb fo balb in franfhafte <§chtt>äche ber=
fallen. (Solche Äinber müffen baher neben ihren geiftigen 33c*
fchäftigungen ju aßen Slrten oon ^Örperbetoegungen im {freien,
mm Turnen ?c. beharrlich angehalten werben, fonft geht mit
234
«Phrenologie unfc (Erhebung.
ber natürlichen Harmonie ätoifcfyen ®eift unb t&rper ni$t nur
bie ®efunbfyeit unb Äraft be« Körper«, fonbern mit biefer äugleid?
bic be« Reifte« berloren, ba ba« ®eb,irn Bei ber ©cfyoäd&e be«
übrigen Äorper« nidt)t gefunb unb fräftig bleiben !ann. Solche
äinber nerböfen Temperament« entfprecfyen bafyer oft ben (Srtoar*
tungen nicfyt, bie man bem ifnten ^egte. T)a« frühere SÖunber*
finb, ba« junge gfatlf geigt ftd^ a(« Üttann mittelmäßigen ®eifte«
— eine Trcibfyau«pflanje, meiere fcfycme ©lütten treibt, aber feine
ober geringe ftriicfyte bringt.
2* Sic 9lcrbe«f$n>äd)e.
sJ)iit bem (angeborenen) nerböfen Temperamente ift bie (an-
geborene) 9ierbenfd?n>ä<$e, eine franfr/afte «Scfymäcfylicfyfeit be« $ör=
per« unb be« Reifte«, ittcr)t ju bervocctyfetn. tinber nerböfen
Temperament« finb at« fo(d/e nicfyt nerbenfcfytoacfy j im $egcntljeU,
wenn it)re körperhaft ttict)t burd; eine fefyterfjafte (5rjieb,ung ber*
loren gegangen", fie niebt nerbenfebroaeb, geworben finb, fo fyaben
fie, toenn auefy fc^r regfame, boeb, ftarfe Heroen, eine jmar jarte,
boefy elaftifdje, innerlich fräfttge ®efunbb,eit. 23on Geburt nerben*
fc^roadbc $inber bagegen finb (nerbö«*)pb,(egmatifcb,en Tempera*
ment«, fie b>beh nid^t ein große«, fonbem ein mittelgroße« ober
Heine« ®efyim, fie ftnb fcfyroädu'icty unb fränfUcty, fie fyaben bie
9tetjbarf eit , aber nicfyt bie geifrige öeoenbigfeit ber Äinber ner*
böfen Temperament«. (5« finb Ätnber fcfytoacfyer, entnerbter <5(tern,
ober $inber, bereu Gütern btut«bermanbt finb ic. £)urc$ genti*
genbe Körperbewegung tc. fann bie förper(i$e unb geiftige ®e*
funbljeit fotd^er $inber — faÜ« ntcfyt entfcfyicbenc ®efyirnfd)tuäcfyc
ober ®elHTnfranffyeit borttegt — toefenttieb; gefräftigt toerben.
3. 5)a« faiifliitiiifdic Temperament.
£>at ba« fitnb ein fangutnifcfye« Temperament, b. b,. Ijerrföt
bie Tfyättgfett ber Sungen unb ber ©fotgefäfje bei Ujm bor, fo
ift biefe« bie naturgemäße Söefctyaffenfjeit, ba« roafyre Temperament
be« $ inbe«. £)enn ba« rafcb, unb lebenbtg ftrömenbe 33tut be*
wirft bie mögftcbjt boüfommcnc unb fyarmonifäe (Srnärjrung atter
Körperteile, au<$ mittelbar baburefy, baß ein Eint» biefe« Zern*
235
perament« fich gern unb biet im freien bewegt, mit Slppettt ij?t,
gefunb fchläft. £>iefe« Temperament führt bafyet beim Äinbe jum
(Guten, unb ba« 2(ugenmerf bet (Jrjie^ung muß nicht, wie beim
nerbb'fen Temperament, barauf gerietet [ein, e« ju mäßigen ober
Surücfäubrängeu, fonbern e« ju unterftüfcen, unb gu bereuten, baft
e« nic^t aurüefgebrängt unb berfümtnert wirb. 2öenn 5. 33. ein
fotehe« $inb mehrere ©tunben be« Tage« in ber ©dnitc ftiU
ftyen [oll, fo wirb ba« öebürfnift nach 9)?u«felthättgfett fich batb
mächtig regen. T)a« Ätnb fann e« mit bem beften Söiüen nicht
unterbrtiefen. (5* wirb unruhig unb berfäUt auf allerlei foge*
nannte Unarten. T>er l'efyrer [traft bann ba« $inb. Mein bie
33ebürfniffe ber sJcatur regen fich trofc ber ©träfe, beim [ic tonnen
burch tiefe nicht be[eitigt werben. ÜDJan fürje bielmcljr bie 3eit
be« ©ifeen« ab unb gebe bor Ädern bem tinbe (Gelegenheit, neben
ben geiftigen Untmt$t*ftunben [eine 9)hi«fe(fraft ju üben. 3{t
biefe« ©ebürfnifc bef riebigt, fo wirb e« ruhig fifeen unb — ba
auc^ ba« (Gehini be« fanguinifchen $inbe« feinen Sinket! an
Thattgfeit forbert — mit freute fich geiftig befchäftigen. fttyt
fetten geflieht e«, bafe man nüttelft beharrlicher ©trafen unb be*
fonber« burch beharrliche (Gewöhnung be« $inbe« an bie fifeenbe
tfeben«weife feinen übten 3wccf erreicht. T)urch ba« anhattenbe
Si^en leibet bie S3erbauung, ba« Äinb berltert feine natürliche
tfebhaftigfett unb (ernt e«, bie borgefchriebenen ©tunben ruhig
ju fein. ÜDie Ottern unb ßehrer wünfehen fich (Gtücf. Gittern fie
foflten trauern, bem Äinbc an feinem für ba« fpätere Ceben fo
niJthigen Kapital an Körper* unb (Geiftc«fraft Abbruch gethan gu
haben.
4. Tai piiicnmntti'fiic Temperament.
3ft ba« $mb phtegmatifchen Temperament«, fo bewegt fich
fein Sötut tangfam unb regt Weber bie 9ttu«fe[n noch ba« (Ge-
hirn genugfam an. T)a« $inb t)at Weber für fßrpertiche noch
für geiftige ST^ätigfeit Vorliebe, unb fein Verlangen ift befonber«,
gu effen, ju trinfen unb ttufye ju genießen. T)iefe« Tempera*
ment, wenn e« fich beim finbe entfehieben au«gefprochen finbet,
ift ein jfyeMfyn fbrperticher unb geiftiger Schwache. T)enuoch
236
^rcnotogic unb Crjie^ung.
glauben m'ele (Srgieher, auch biefe SRaturanlage burch ©trafen be*
fettigen gu tonnen, al« ob biefelben ©trafen gang entgegengefefcte
Sötrfungen herbeiführen, ba« fanguinifdjc #inb beruhigen unb
ba« phlegmatifche beleben fonnten. @« ift biefmehr auf $er*
minberung be« phlegmatifchen Temperament« unb Srroecfung ber
nerböfen unb fanguinif^en Temperament«beftanbtheile hingunurfen.
£)iefe« fann baburch gefchehen, bajj man folcbc $inber in bie ®e*
feüfcfyaft lebhafter ßinber bringt unb bafj man fie nicbt mit ®e*
matt gum langen ©tfcen unb fernen anhält, moburdt) ba« Uebel
nur bermehrt werben min), fonbem bajj man bie ©tunben be«
geiftigen Unterricht« mftglichft abfurgt unb befonber« burdt) alle
91rten *>on $5rperübungen bie £ebcn«fraft unb £eben«thättgfett
gu fteigem fud&t, moburch nad> unb nach audt> ber ®eift leben*
biger unb tljättger »erben mirb. Ueberhaupt reift ber ®eift bei
^Ic^en tinbern fpäter unb hrirb fpäter gur Thätigfeit gefehlt.
Oft finb ba^er biefe tftnber, menn nur bie ®efunbheit gemährt
bleibt, al« 2Wänner tüchtiger, al« fie al« ßtnber gu fein er*
marten liefen.
5. $a« t&olerifdjt Temperament.
®a« cfyoleriföc Temperament mirb bei tfinbern feltener ge-
funben, unb meun e« gefunben mirb, fo führt e« al« fold&e«
meniger auf Slbmege unb bebarf toemger einer befonberen Söerücf*
fid^tigung. <5« ift ba« Temperament ber foaft unb ber 2lu«=
bauer. bereinigt e« fich ieboch mit »orragenben nieberen ©innen,
fo trägt e« gur <pefttgfeit unb £artnäcfigfeit ber ßeibenfd^aften
bei (be« Oähgorn«, ber ©treitfucht tc). 3n biefen fällen ift auf
bie SWäfeigung be« cholerifchen Temperament«, befonber« burch bie
geeigneten Nahrungsmittel, «Bebaut gu nehmen. £>ie Nahrung
fei milbe, nicht reigenb: Dbft, ®emüfe, menig ftleifch, feine ®e*
mürge, feinen Söein, fSrperltche liebungen.
Obgleich, wie fdfyon gefagt, feiten eine« ber genannten Tem=
peramente — mit 3lu«nahme be« fanguinifchen — beim St inbe rein
für fich gefunben toirb, fo laffen fich bo<h bie ©eftanbtheile ber
a^ifchungen erfennen unb banach bie gegebenen Regeln ber <Sr=
giehung abmeffen.
237
VII. (fin drjteljunijsfeliler unfern Jett.
©öttlid) ljarmonifd} flcbaut iff ber SRenfäenleib : flelje, bie Ititnfunfl
VmLUE UL1II 1 1 u 1 1] 1 U [ 1 1 Hl 1 1 1 1 1 1 U llllCli LMl Dill IE1 L lllv oCImTI
1. »iangcl&aftc ftörjjcrii&ung.
iöei allen Temperamenten be« Äinbe« finb, toie mir gefcf;cn
tjaben, förderliche Uebungen an ifyrer Stelle, al« ba« befte SDfittel,
ba«jenige ®teict)getr>icr)t unter ben tßrperfräften ju erhalten ober
Ijer&uftellen, bei meinem allein bie förderliche unb geifttge ®c*
funbljeit beftefjen fann. ($U\ä)Wf>fy toirb befanntlia) gegen biefe
0orberung b«r (Jrjieljung biel unb oft gefehlt. $)a!jer jum Zffcxl
bie 33ern>eichli<$ung (^eroenfctytoäche) ber heutigen ®efc$lec$ter.
3lüe tüchtigen Slerjte brängen feit lange auf geringere geiftige
Slnftrengung unb oermefyrte törperübung bei ber @rsiel;ung.
2Heiften« bergeben«! SBo^er biefe« ^ic^tbeact>ten ber belferen
(Sinftty?
2. 3>a« ©tfefc ber ftraftftcigemnß.
33tele Srjie^er fuc$en bie ®efefce ber (Srjiefyung nietyt ba,
too fie allein ju fuetyen finb: in ben ^aturgefefeen. $>a« erfte
9iaturgefefc ber Ziehung ift bie «Steigerung, ba« jmette bie N
SMlbung (Uebung) ber Körper* unb ®eifte«fraft be« tinbe«.
Allein anber« meinen oiele Grrsieljer. £)te Statur, meinen fie,
gebe ba« (Sine, bie traft, ber (5rjtel)er ba« Rubere, bie SMlbung ;
bie Sftatur Ijabe it)re Aufgabe, ber (Srjieljer bie feinige. So f äffen
fie nur it)re oermeintlic^ einfeitige Hufgabe in« $luge unb feljen
ba« erfte unb grojje ®efefe ber (£r$iel?ung, ba« ®efefe ber traft«
fteigcmng, al« für fie nietyt oorfyanben an.
3. 3>ie ©e&irnlcfore,
SMele (Srjiefyer fennen titelt ba« 5BJecr>fc(t>ert)tiltnt§ $toifa?en
Körper unb (Seift, finb ftremblinge in ber (Mn'rnlefyre : fie motten
ben ©eift, ben ßfyarafter, ©emütl? :c. bc« tinbe« bilben,
ofyne an beren Serfgeug, ba« ©eljirn, unb an bie (Sefefee feiner
£l;ätigfeit ju benfen. Sie miffen nia)t, bafc bie traft unb ©e*
238
^renofogte unb ßrsie^uitfl.
funbljeit be« ftörper« äugletcty (burd> ba« ®efyirn) bic ftraft unb
©efunbljett be$ Reifte«, be« <5f?arafter«, M ©einü^S ic. ift.
4. Set 9Rawi, Da? 2ßtü> im »t«Ue.
35ielc Crrjieljer Ijaben bei ber Crrjieljung be$ $inbe$ ni#t
genug ben ÜDcann, ba« Söeib int 9(uge. £)er 9ttann brauet im
tfeben $eift, Gfyarafter, £fjatfraft, Xltfbmiet. Sitte* biefe« erhält
ba« Äinb nietyt babureb, ba§ e« ben größten %%t\{ be« Xage«
geiftig angeftrengt in ben 8cfyut$tmmcrn jubringt. $)ur$ bie
torjeitige Ueberanftrengung be« Reifte« tüirb beffen ftraft gc*
bTocfyen, burefy ba« ?Ui«tocnbiglernen gefyt bie ftrifctye unb ^Selbft*
ftänbigfeit ber $)enffraft, be« ßtyarafter« werteren. $>er ©ud&ftabe
tßbtet ben ©etft, ba« tobte SBMffen In'nbert bie Sfjat.
£)a« 3Wäbcfyen bebarf at« einftige Butter neuer ®ef$te<$ter
ber Ä&rperfraft unb ®efunbfyeit eben fo fe^r, at« ber SWann,
unb boc§ »erben bie jarten Stinber *on 8, 10, 12 Safyren einen
grojjen £ljeil be« Xagc« geiftig angeftrengt in ben Schimmern
eingefcfytoffen. @rt)o(ung unb Störperbetoegung ift fyatbftunben*
ober oiertelftunbentoei« jugemeffen, ftatt bafc in biefem 3Uter bie
tfßrpcrbetoegung bie §auptfad&e fein unb ber geiftige Unterridtyt
nur toentge 3ett in 9lnfprucfy nehmen foüte.
5. VlugtnDlitflidjcö ^oiilüciinöc» unb «adtöalttgc Straft.
SSiete Grrjietjer hnffen jnnfctyen augenbttcfücfyem 3öoljlbefinbcn
unb nachhaltiger Straft nt$t \\x unterfdjetben. £)a« Kapital ber
Straft ift in ber SRcget in iebem 9ttenfcfyen fo groß, ba§ baburd;
iventgften« in ber 3ugenb trofe bieter fcfyäblid&en Qrtnnnrfungen
bat förpcrttd&e ©ofytbcfinben ermatten bleibt. SBcnn batyer bei
ber iefet üblichen @rätef}ung«toeife ber $nabe, ba« 9ttäb$en, ber
Jüngling, bie Jungfrau ntcfyt erfranfen, ja bon blityenbem 9(u8*
fefjen finb, fo Ijält fiel) ber (Sr^iefjer leidet ber Unfd?äb(idtfeit biefer
(Sr$ieljung«toeife berftdjert; er bebenft nid&t, tote groß ber Unter*
fdn'eb ift ^teufc^en bem 2ttaj$ ber Morper* unb ®eifte«fraft, toeldje«
ber 38gltng Mo6 erreicht fyat, unb $totfc$en beut 9ttafj, toelcfye«
er bei einer tnöglicfyft gh>ecftucu)igen (Srjiclmng fyätte erreichen
fonnen; n>ie fetyneß unb batb ba« feljr oerfümmerte Kapital ber
^renologie unb (Srjiefjmtg.
239
$raft erfctyöpft fein tt>irb, ftatt bajj ba8 erteilte bolle Kapital bie
©efunbljeit unb baS ®lücf bc« OttanneS, be* Selbe« auf bie ganje
«eben«seit begrtinbet Ijätte.
6. Sic Waffe ber Äciumuffc.
£)ie Slnforberungen be« gebend an bie Äenntniffe be$ 9)?en*
fc^en finb in neuem &eit Ijocfy geftetgert : bie 9J?affe be$ ju 8«*
nenben ift feljr groß. (£$ fönnte (feinen, als ob ber £efyrer,
wenn et biefen §tnforberungen entfprecfycn toolle, auefy gegen feine
beffere Ueberjeugung genötigt fei, ba$ Äinb getftig alljufeljr an=
3uftrcngen. 3m ®cgentl)eil ! £)ie <S$äbltd)fett ber geiftigen lieber*
anftrengung be$ $inbe$ befielt ja mc$t bloä in ber <S<$toädf?ung
ber Äörperf raf t, fonbern bamit jugleicty auety in ber <3cfyn>äctyung
ber ® eifteöfraf t. ÜDer (£rjiel)er uurb bafyer gerabe barum,
weil bie 9ftaffe ber oom Öeben geforberten tenntniffe fo grofc
ift, biefe @d&toäc$ung behüten. <£r toirb ben ®eift be« tinbe*
nifyt bur<$ ben 33ud&ftaben tßbten, er mirb ba« $inb nit$t lehren,
toa& ber 2flann, ba$ 2Betb oergeffen mm), toirb e« nietyt 3al;re
lang 5um SluStoenbiglernen bon ©egenftanben anhalten, toeld^e
fi$ jum SluStoenbiglernen tüctyt eignen, er toirb enbütfy unb fyaupt*
fä<$ücfy mit bent geiftigen Unterrid&t auefy bie entfprecfycnbe Körper»
Übung berbinben.
7. Hoffnung auf Stfferung.
3ft tooljl ju fyoffen, baj? ber traurige Uebelftanb ein (Snbe
finben toirb? 3a, beim bie Sßtffenfctyaft bom 9ftenfcfyen formtet
mächtig fort ; auefy bie Senologie, ber 9J?ittefyunft ber 9)tenfd)en=
lefyr-e, geljt ber allgemeinen Verbreitung entgegen. #alb toirb
bafyer bie (&c$ieb,ung«leljre al« ba«, toa« fie ift, als ein praftifcfyer
arbeit ber Sftaturlefyre be« üflenfdjen, allgemein erfannt fein, tiefer
befferen einfielt toirb unmittelbar bie beffere £§at, bie fjar*
monifetyere (grjiefyung be« 2ftenfc$en folgen.
8. 2>a$ Snrnen.
$)iefe Hoffnung toirb no$ baburd) unterftüfet, bafc ein möc$*
ttgeS Littel ber jmecfmäpigften Üörperübung gefannt ift: baö
240
^tyrtnologie unb ßrjie^utig.
Eurnen. $00 Surnen beruht, tote bie ganje @rsietyung$le$re,
auf ber 3bee ber$>armonie ber ÜRenfäennatur, unb ift fo
eine große £ätfte ber (Srjtetyung. & mar bisher, too es m$t
einmal täglicher Unterricht mar, faft nur ein <Sptel ober ein
<5a>er$ : e« mirb einft eine große, fettige @a<$e fein.
VIII. ^örperkraft unt> «eifteskraft.
Stuf büjj mit Bfftetn IBcficS fidj ttermdljle,
t U»ßlcicWrit im gWajj ber Reiben fträfte.
£ie 2ftenfc$en finb meit ungleicher unter fi$ an (gefunber)
®etfte$fraft, at« an (gefunber) Äörperfraft. #on $mei (geiftig
gefunben) SDJenfchen fatdi ber eine feljr biet mefjr ©eift haben,
al« ber anbere, mährenb ber Unterfchieb in ber (gefunben) Körper*
traft lange nic^t fo grofc fein fann. £)er ®eift eine« Sttenfchen
fann fehr fchtoach unb babei immer noch gefunb, immer noch für
einen fefjr engen SSerufäfrete auöreic^enb fein, bie törperfraft
bagegen fann nicht unter ein gemiffeS üftittelmafj h^abfinfen,
ohne baß tränfüa^feit ober Äranfljeit babon bie not^toenbige
m& ift.
. !öcrute»cna)icueni)eit.
$)ie (Jrjie^ung foü bie $ßrpertraft unb bie ®eifte«fraft
gleichmäßig ober ^armonifc^, alfo in bem ®rabc ju enttoicfeln
fuc^en, als immer bie angeborene Slnlage ber beiben Gräfte es
juläfet. ÜDiefe für bie Grrjiehung be$ $inbe$ unb beS tnaben
gettenbe föegel behält ir)re unbebingte ©eltung nur bis ju bem
3eitpunfte ber Söerufstoahl. 3e nach ber $eruf$berfc$iebenljeit
toirb bei bem einen 9Jtenf#en bie $8rperfraft, bei bem anbern
bie ®etftesfraft mehr geübt unb cntmicfelt. £)a aber bie töegel
immer ihre allgemeine (Geltung behält, fo ift eS eine $luf*
gäbe ber Grrjtehung beS 3ünglingS — unb eine Lebensaufgabe
beS 9ftenfchen überhaupt — bie burdt} ben 39eruf berfürjte traft*
Übung mbglichft neben ober trofe bem ©eruf $u pflegen.
<Pfyrfnofogie unb (Srjietyung.
241
3. Sic »crufSmabl (im 9lHgcmeinen).
©et ber ©eruf&uafyl im 5lttgemeinen fommt weit mefyr baä
2)?ajj ber ©etfteSfraft, als ba$ ber törperfraft in ©etractyt. 3eber
gefunbe 9Wenf<$ beftfct in ber föegel oon ©eburt bie $u irgenb
»eifern Öettif nötige tförperfraft. @S ift ein 3rrtr/ttm, wenn
man glaubt, bafe ein för^ertie^ fctywäc^ltc^eS ßinb ju einem ©e*
rufef mit welchem eine ftpnbe l'ebeuSweife oerbunben fei, beftimmt
»erben müffe. <S« bebarf im ©egentfjeil &u einem folgen ©eruf,
bamit babei bie ©efunbfyeit erhalten bleibe, einer größeren Körper*
unb 9iert>enfraft , wäljrenb ein fcfcwäd&licfyer Körper bur<$ eine
etwa« ftarfe ©ewegung gefräfttgt wirb. (Sin oierjefynjäljrigcr
fcfywäc^licfycr Änabe wollte einen förperlicfy fefjr anftrengenben ©e*
ruf wählen. $)ie besorgte üJiutter Tu'elt bie« ntc^t für tfjutüicfy,
gab aber auf bie 3uftiwtmw"Ö e*ne$ berftänbigen Slrjteä enblicty
bem SBunfcfye naefy. $)er $nabe, ben sotten £ag über fßrperltdj
fyart angeftrengt, flagtc einen Sftonat lang über heftige @$mer$cn
im föücfen unb in ben ©liebem : allein bamit mar bie Schmierig*
feit übermunben. -iftaefy jwet 3at)ren waren bie fäwacfyen ©lieber
ftart geworben, bie ©ruft Ijatte fi$ ausgebest, ber junge SRann
war blüfycnb unb fräftig. 5lucb jene ^merjen mären gu »er-
meiben gewefen, wenn ber $nabe juoor bur# Turnübungen ge=
fräfttgt gewefen märe.
IX. Ute töeifteekräfte ty" Q^ant.
3e J)5l)et ein ©efäöp? fteljt, befto reibet bte ®Iie*
bcning beS OrgoniSmu«. 1er SRenfd) ift ba* l>öd)ft;
fteljeube, alfo aud) — fötpcrlidj unb flcijüg — metft-
gcgliebettc ©efen.
1. Sie äußeren mtb bie inneren Sinne.
$)ie angeborene ©tärfeoerfc^teben^eit ber einzelnen ©eifteä*
fräfte unter fi$ ift fefjr groß unb für bie (Srsietjung oon ber
lüften ©ebeutung. £>er 9Jlenfc$ fyat äußere unb innere (Sinne.
Sdjebe, ^tcnoloflifd)e »Uber. 3. Kufl. 10
242
$$renologic unb (grjie^ung.
£)ie erfteren finb bie fogenannten fünf Sinne be« Seijen«,
Spören« :c. $)ie testeten f. oben S. 6.
2. 2>fe Organe ber äufeeren unb bcr inneren Sinne.
$)ie Organe ber äußeren Sinne finb: ba« 9luge mit bem
Seljnemn, ba« Ofyr mit bem §örnert>en :c. unb bie <^cftil>I*-
ober Qhnpfinbung«nerben im ganzen Körper.
$>ie Organe ber inneren Sinne finb im ©efyirn bereinigt.
$)a« ©elu'rn beftcl)t au« ^erbenf afern, meldte bon ber unterften
mittelften Stelle au«, ba too baß ®efyirn mit bem föütfenmarf
jufammenljäugt, fä<$erförmig nadj bem Umfrei« Ijin au«ftraljlen,
fo baß ba« ®eljirn etiua mit ber ©turne be« ©lumenfofyt« , unb
bie einzelnen Organe ber inneren Sinne mit ben 9leftc$en (ba«
SRücfenmarf mit bem Stengel) biefer 'pflanje bergticfyen werben
fonnen. £)ie Organe ber nieberen Sinne finb bie ®rtjirnäftcfyen
am Unter* unb £tnterfopf, bie Organe ber ®emütlj«finne bie
am Obcrfopf, bie Organe ber 93erftanbc«finne bie an ber Stime.
^^^r t mtm^ ^^^^ *
-
Sie bie äußeren Sinne bon ben inneren getrennt finb, fo
fmb ntcfyt nur bie einzelnen äußeren, fonbern au<$ bie einzelnen
inneren Sinne unter ficty fetbft getrennt. £te Trennung ber
Organe ber äußeren Sinne bon ben Organen ber inneren (bie
Trennung be« Seljnerb«, be« §öroerb« tc. bom (Sefyirn) liegt
bor^ugen; ebenfo bie Trennung be« Seljnerb«, be« §örnerb« :c.
unter ftcfy. Scnigcr augenfällig ift bie Trennung ber Organe
ber inneren Sinne, ber ©elnrnäftc^en, unter ficfy, me«^alb biefe
Trennung lange unbefannt bleiben fonnte. SDoc^ ift biefe £ren*
nung ber Organe ber inneren Sinne unter ficfy au« ber ber*
fc^iebenen ®röße berfetben gu erfennen. ©ei einem SWenfctyen
fann biefe«, bei einem anbem jene« Organ (®eljirnäft<$en) gegen
bie übrigen fetyr groß ober feljr Kein fein.
4. Tic ©tärleberföjtebenbeit ber ©eifteSträfte.
SÖcgen ber allfeitigcn Trennung ber fämmtli^en Sinne fann
bie Stärfeoerfctyicbentyeit ber @eifte«fräfte bon mefjrfacfyer Slrt
^renologte unb Qrtfehmtg.
243
[ein. «Sie fann juerft eine allgemeine fein jnnfcben ben äufereu
unb ben inneren «Sinnen: ftarfc äufeere «Sinne neben flachen
inneren (neben menig (Seift), ftarfe innere «Sinne (biet ®eift)
neben fd;ti)a(^cn äußeren. (Sbenfo f5nnen triebet fotoohl bie äuje*
ren als bie inneren «Sinuc unter fich felbft bon feljr ungleicher
Stätte fein, £)och ift biefe Ungleichheit bei ben äußeren ©innen
toeit geringer, als bei ben inneren. 3m gefunben 3uftanp fietyt,
hört 2C. ber üDZenfch ungefähr gleich gut: benn bie Stärfe ber
äußeren Sinne fann nicht unter ein Üftittelmafc $erabfinfen, ohne
bafj biefe franf finb. dagegen ift bie Stärfeberfchiebenheit ber
inneren «Sinne unter fich — ber einzelnen triebe, Neigungen,
latente — auch bei boüfommenet geiftiger ©efunbheit eine fehr
bebeutenbe.
X. J)te inneren Sinne.
£cid)tftunig reblid) SJlcinn uub SHub jugleid)
Soll Ucbrrmutb, unb Xeumtli, ftart unb toeid),
SSon Sinnen toilb unb ftet« bamit im (Streit,
Verfolgt bon fiieb' unb bod) in £iebeSleib,
flu SBonbcroogcl ooü Begehr nad) 9iub/,
Sin SBclttinb, ba« fi di fefjnt bem Gimmel )u —
D SUb beo *ßiberjpnid)3, wann tommt ber %aq,
L L iltlt II 1 1 ] 1 1 1 1 ^ 1 U 1 1 ' ^Ht 1 1 t Iii) ILt El llltli^ •
«eitel.
1. Sic tiaraftcröcridiicöcnlicit im »Üßcmtinei!.
$)ie angeborene Stärfeberfchiebenheit ber inneren «Sinne
unter fich W fa$T 8ro&; fie ß*8* *er unenblich großen (Sharafter*
berfchiebenheit ber 2flcnfchen junt ®runbe.
SDiefe ^harafterberfchiebenheit fann, je nach ber begebenen
Stärfe ber bret (Staffen ber inneren Sinne, fchon eine allge*
meine fein. <Sinb bie „meberen (Sinne" bei einem Sttenfchen
oorragenb ftart, fo ift berfelbe ein leibenfehaftlicher 9Wenf<hi bei
bem SSortoatten ber „®emüth«finne" ift er ein ®emüth«*, bei
bem ber „©crftanbcSftnne" ein 23ctftanbe$menfch. 3eboch biefe
allgemeine Unterfcheibung ber G>haraftere hat toentg praftifchen
Söerth, toeil ba« 23ortualten einer ganzen (Sfaffe ber Sinne
16*
244
«Phrenologie unb grjiehung.
fetten ober nie gefunben mirb. 2öenn ein 9ttenfdj einige 2a=
(ente $at, fo fjat er barum nit$t alle, menn er eine tfcibenföaft
l;at, fo Ijat er barunt nic$t audj eine anbere.
2. Sie Gfarafteröerfätt&enljeit im ©meinen.
Um bie Aufgabe ber (Jrjiefyung gegenüber ber Stärfeber*
fdjiebenljeit ber einzelnen inneren Sinne moljl $u serfteljen, ift
e« n&tljig, baß mir biefe 33erf<$iebenl?ett etmaS näljer in« $uge
f äffen. 95Mr mollen nur tton ber äußerften, felljr ftarfen unb fefyr
f^mat^en Grntmicftung ber Sinne fpredjen, obmofyl natürlich in
ben meiften ^äüen bie Grntmicftung eine mittlere Ift.
I. „fiebere Sinne." ©ei feljr ftarfem 3nfanta(
ift ber üftenfcfy ein großer ßtnberfreunb , bei fefyr fcfymacfyem Ijat
er feine Vorliebe für ftinber.
Grin fefyr ftarfe« 9Imicatal ma$t fefjr mann nnb treu in
ber ftreunbfcfyaft, ein fefyr fcfymacfye« ma<$t falt, abgesoffen.
@in fefyr ftarfe« Dfcpöfitat ma#t fct)x mutfjig, fütni,
fampflufttg, bei fömactyem fefylt bie 2öiberftanb8fraft gegen ®efafyr
unb Angriff, ber p^fiföc 2flut$.
Petita! giebt bie Äraft unb ben £rieb $um £>anbeln, jum
SSMrfen unb Staffen, alfo au$ jum SSeränbern, jum 3erftören,
unb begrünbet fo jugleicfy bie £eftigfeit be$ (Sljarafterä. £)enn
$raft be« $anbefttd in ber 9htlje ift in ber Hufregung §eftig=
feit be$ £>anbeln$, Born, £>a§- ®er tljatfräfttge 2ftenfcfy
mirb teidjt heftig, Ija&t lebhaft (ba« Scfylecbte unb ©öfe). Oft
9lctita( bormattenb, befonberS vor ben „®emütfy8finnen", fo ftifyrt
es ju nieberer, ttyierifctyer, milber £ljätigfeit, b. Ij. ju allgemeinem
Xrieb $u jerftßren, ju allgemeinem $>ajj, auc$ be« ®uten unb
(Sblen. £)er Sinn fann bann fogar, menn ^Bonität fefyr febmadj
ift, Xxich ber 3erftörung be« SebenS, £rteb $u tobten, ®rau*
famfeit merben. Oft Hctital gegen bie übrigen, befonber« bie
„®emüty«ftnne", Wtoa#, fo ift Langel an ftraft, föulje
unb ®(ei$mutfj, Sanftmut^, ®ebulb, S$mäc$e au« ©utljett ba=
bon bie ftofge.
<$in fc^r ftarfe« S e c r e t a 1 begrünbet SBcrfc^loffentyett, 25er«
ftellung, ein fet)r fetymadje« 511 große Offenheit.
^Phrenologie unb Grjicfyung.
245
(5in fefjr ftarfeS Scquifital macfyt fct^r fparfam, bah*
füa^tig, geijig, ein fe^r fc^ti?ac^c« gleicfygiltig gegen @clb unb ®ut,
jur 23crfcfytr>enbung geneigt.
(Sin fefjr ftartcö Gautal macfyt furcfytfam, ängftltä), ein
fe^r fc^toac^e« untorficfytig, übereilt, leiefytfinnig.
II, „©cmütrjdfinnc." 9luS fc^r ftarfem Opfotal
entfpringt $e$tmit$, 9lnmafhmg, ^errfcfyfucfyt, au« feljr fd(>«?ac^em
Unfelbftftänbigfett, ^elbfterntcbrigung.
Stmbital begrünbet fe^r ftarf: (Sitetfeit, ^rgeij, föufyut;
fucfyt; fc^r fcfyioadj: ÖHcicfygilttgfeü gegen baö Urteil Slnberer
über im«.
ftirmitat fttb/rt fc^r ftarf 511 (Sigenftnn, .£>al«ftarrigfeit,
fe^r fcfyroacfy 511 üföanfelmutfy, Unentfcfyloffenfyeit.
(SoufcUntal fann fcljr ftarf ju unbilliger $eredjtigfeit,
fetyr fd>tt>ad? p llurcblidtfcit, ^euüffcnlofigfeit führen.
Venera tat, fefyr ftarf, begrünbet blinbe £)emutty, blinbe
ftrbmmigfcit ; fet)r fdnv<ad> : Uucljrerbtetigfeit, ©leicfygiltigfeit gegen
Religion.
^Spcratal fitr)rt fetjr ftarf ju überfdni>ängtid>em {»offen,
jiun Sauen ton ßuftf aSlöffcm , fefyr fduuad; 511 $offmmgölofig^
feit, Xroftlofigfeit.
©onttal füf)rt fcl;r ftarf 511 felbftfcergeffenber $tx$n&
gute, fet)r febteatty JU Srf>ctlnat?mötefigfeit, $efül;lloftgfeit.
ÜJMraculital begrünbet feljr ftarf 9}cuenmg8fucfyt, 2Bun*
berfner/t, &tcr)tgläubigfcit , fefyr febtoaeb blinte 2lbneigung gegen
9ieue£, kleben am Sitten.
3b ea Ii tat füfyrt fefyr ftarf ju 8d;roärmcret, Segeiftcrung
für Scfyöneö unb Sbcaleö, fefyr fdjtuacfy ju all$unücfyternem Sefeu,
$u 23eracfytung bc8 ^cfyimen unb 3bealen.
III. „23erftanbc«finnc." £)ie folgen ber fel)r ftarfen
ober fcfyr fcfyroadben (£uhtncflung ber 33erftanbe#finne finb btc ein-
zelnen Birten einerfeite be« ®cnie$ — für Malerei, SDZufif,
Sttecfyanif, 3)iatf;emattf :c. — , anbrerfeitö ber gänjlicfyen Xalent^
lofigfeit.
246
«Phrenologie ltnb (Srjie^unß
XI. Pie inneren Sinne unb ber Gljaranter.
ttt SRenfdj ift fdjroer ju etflrünben, aber un*
erfltünblid], rote man gemeint fjat, ift er nid)t.
1. HeWi*!eit unb Unä&nli<*!eit Der Sinne.
£)ie inneren Sinne finb tljetl« einanber cifynlicfy, ÜjeUS ein*
anber entgegengefefct. $)ie äljnlicfyen unterftttfeen, bie unähnlichen
befämpfen fiefy. So unterftüfcen {tc$ 5. SB. Snfantal unb ©onital,
Slmicatal unb Bonität, Secretal unb Sautat,- Oppofital unb 3p*
fötal. (5s befämpfen fid& j. 53. Slcquifitat unb 3bealttät, Umi*
catat unb Spfotal, Oppofital unb 23eneratal, 3pfotal unb 33enc*
ratat. Sin (SljarafteTäug ift bafyer ntd^t bie Trjätigfett eine»
einzelnen Sinnes, fonbern ba$ Grrgebnijj ber 3ufammenhnrfung
mehrerer ftety enttueber unterftüfcenber ober befämpfenber Sinne.
Söenn 5. in einem 3tfenfc$en 3pfotal ftarf unb SBeneratal
fetytoach ift, fo nrirb in ü;nt ber (Styarafterjug be« StofjeS bon
anberer SCrt fein, al« toenn neben ftarfem 3pfotal anäf 23eneratal
ftar! märe,
•
2. 2>te inneren Sinne im «cr&iütni& sum Semjjeranient unb jnr
©eftmb&eit.
£)te ßenntnitf ber Stärfe ber inneren Sinne giebt nietyt
einen ooÜftanbigen Äuff<$tu|j über ben GHjaraftcr. Stüter biefer
Stärfe fommt bor allem ba8 Temperament in Söetractyt. (Sin
Sanguinifer ift in gennffer ^)inftdt)t ein geiftig anberer 3Äenfdj,
als ein ^ßtylegmatifer. Allein bie gegenfeitige (Starte ber
einzelnen Sinne bleibt bei jebem Temperament gleich : benn biefe«
ift immer ein allgemeine«, ift ba$ gleite in bem ganjen
(Se^im, alfo in SBejug auf alle inneren Sinne, ffienn ba^er in
einem 2ftenf<$en j. ©. ba« 2ttalertalent bor bem 2tfuftftalent bor-
ragt, fo bleibt biefe« Vorragen gan$ ba« gleite, ob ber
2Kcnfc$ ein Ctyoferifer ober ein ^r/legmatifer ift. ©o^l aber
mirb ber üflenfcb mit feinem Talent mefjr nnrfen unb leiften,
menn er ein S^olerÜer, al« foenn er ein ^legmatifer ift.
SlefynlidjeS ttne bon bem Temperament gilt bon ber ®efunb=
^rcnologte unb Srjtc^ung.
247
Ijeit. Äranffycit unb $ränf(i<$feit fann fefyr bebeutenb auf bcn
(Sljarafter einnrirfen.
3. SBaftnfiun unb ©löbfimt.
(So fet)r grojj aucfy bic ©tärfe&erfdjiebenfycit ber ©inne,
bon bet wir Ijicr gefprocfyen, föon ift, fo begnügt ficfy bocfy bic
9tatur bamit nocb nic^t , fonbern fie gtebt bi«toeilen einen ©inn
tljeU« in franfljafter HuSattung (^äüc be« Orrfinne ober 2öar)n=
finn$), tycite bis ju einer ©<$tt>äc$e Ijerab, tt>efc$c ©erfrüppefong
ift (bie ftäüe be« ©c$to>ac$finn$ ober «lebfinnS). Segen ber
Trennung ber ©tnne fann fotootyf ber Söatynfinn al« ber ©cfytoacfc
ftnn ein tfjeitoeifer fein. (Sin 2ttenf$ fann geifteflfranf in ber
einen *8e$ie*jung unb bei gefunben ©innen in ber anbcm, f($toad^
finnig in ber einen, tatentooü in ber anbern ©ejie^ung fein.
Üiatürtid^ giebt eä audj einen allgemeinen ©aljnfinn, einen aflge*
meinen ©cfytoacfyftnn.
XII. Jpte ?roa,e, was ®ugenb fei.
3eber SRenfcb, w e i 6 , mai gut unb böfe ift,
aber e« fage n tiu erflätcii, su begriinben)
baben mancfje $b«'ofopb,at unb Itjeologen uer-
gebend berfudjt.
■
L $er Swcd ber (?rjtt&uii8.
SBa« ift bie Aufgabe ber (Srstefcung gegenüber ber großen
©tärfe&erfctyiebcnfyett ber inneren ©inne? Um biefe ftrage
grünblicfy gu beantworten, müffen toir auf bie ftrage na$ bem
3n>ecf ber ©rjieljung jurücfgeljen. £)ie ftragc n>irb im öeben auf
oerfttytebene Sßeife beantwortet werben. ÜDie SÖJutter in ber ßiebe
ju iljrem tinbe wünfcfyt, bafe e« fi$ einft be$ Öeben« freue, fie
würbe e$ gur frreube, jum ®lücf erjieljen wollen; ber ju ergic*
Ijenbc 2ttenfc§ felbft würbe wofyl ebenbiefetbe Antwort geben;
ber ©ittenleljrer wirb bie ©ittlictyfeit, bie £ugenb, ber {Religion**
teurer bie föeligiofität , bie ®ottfeltgfcit al« ben 3wecf ber
Sieljung nennen. 3ebo$ wir Wollen auf bie üBerfätebenljeit biefer
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248
^Phrenologie utib (Srjirljiung.
Slnficfyten ut$t }tt oiel $etoicfyt legen, toir tootten annehmen, ba§
jene oerfcfyiebenen 3wecfe im ($tunbe in Criu« $ufammenfaüen :
toir motten bie Sitttidjfeit ober bic £ugenb al« bert &med bet
(£r$ieljung betrauten, inbem mir oorau«fefcen, ba§ mit bicfem 3»ecf
jugleicfy bte übrigen, ftreube, ®lücf, GMtfeligfeit, erreicht feien.
2. Titflcitö unb Unhigrnb uinictrti.
£ie Aufgabe ber errjieljung ift alfo: bie jnr Sitttittyteit,
}tn Xugenb füfcrenbe Cmttoictfung ber einjetnen Sinne anju*
ftreben, nnb bie jur Untugenb füfyrenbe (Jnttoicfhmg ju behüten.
?Ittein bie frrage, mctcbe Crntmicftung ber Sinne jur £ugenb
nnb Cetebe jnr Untugenb fitere, läßt eine beftimntte ^Beantwortung
nicfyt $u, benn fotootyt bie ftarfe al«' bie fctymacfye Grntnutflung
eine« jeben Sinne« ift für ben ^medt, für melden fie gefcfyaffen
ift, gut ober füfjrt jnr £ugenb. £a aber biefer 3wecf Da^ »or-
liegt, balb nicfyt, fo füfyrt fomofyt bie ftarfe al« bie fcfymad)e Ghtt-
micfliuig balb jur £ugenb, balb jur Uiitugenb, ift balb ein
Cwjug, balb ein ^eljlcr be« (Sljarafter«. 3um öeifrlel: ein
ftarfe« Ctypofital ift ba ein 23orjug be« G> Ijarafter« , »o e« ju
famofen nnb ju ftreiten gilt, ba ein fteljler, mo Dtattygiebigfeit
nnb ftrieben«liebe am iUa^e, fo mie ein fcfytoacfye« Oppofitat in
jenem ftall ein ftefylev, in biefem ein 33orjug ift; ein ftarfe«
Seevetal ift ba ein &or$ug, mo bie SBerljältniffc 3urücf(jaltung
nnb SBerfctymiegen^eit, ba ein genfer, mo fie Offenheit forbem;
ein ftarfe« 3pfotal ift ba ein 93or$ug, too ber attenfö Stolj unb
£errfcfyertatent bebarf, ba ein genfer, mo er fi# fügen unb unter*
Herfen foll; ein ftarfe« ©onital ift ba ein SBotJUfl, mo ®ttte unb
üttilbe, ba ein freier, mo rücffktyalofe Strenge geübt »erben
mu§. 9J?it einem Sorte : meber bie ftarfe noefy bie fd?madf>e Gmt*
mieflung eine« Sinne« füljrt unbebtngt 311m (#uten ober jum
Schlimmen , fenbern fie fann nacb ben 3>erfyältntffen, na$ Ort
unb $eit, }U bem (5inen unb 311 bem Slnbern führen.
$öenn aber auf biefe SBetfe ntcfyt beftimmt »erben fann, ma«
ein 93or$ug unb ein fteljfer be« ßfjarafter« , ma« £ugenb unb
ma« Untngenb fei, auf meld&e anbere Söeife fann e« beftimmt
»erben?
249
XIII. JUttroort auf bie frage, toa* fcugenb fei.
SBenn bu baö grofte Spiel bet «8elt flefetjen,
So fdirft bu votier in bl$ (elbft jutüd:
$enn »er ben Sinn auf* (ftanae I)ält gerietet,
Xem ift bet 6tteit in feinet «tuft ßcf^Ii^tct.
Stillet.
1. 3>er SRtnftf bic Heine m\t.
2Wan fyat ben Stfenfcfyen bic Heine Söett genannt. <£r ift
biefe« im boüen Sinne be« SBorte«. So lote fein Körper bie
Elemente ber tyn umgebenben $5rpern>elt in ftd& bereinigt, fo ift
fein ($eift nicfyt« anbcree, a(« gfeicfefam ber geiftige Riegel ober
bic Söiebertyolung ber Stujjenroeft. £ie änderen Sinne entfpre^cn
ben materieflcn fingen nnb Gräften fclbft, bie Seljfraft bem Ctcfyte,
bie £orfraft bem Scbaüe :e. £>ie inneren Sinne entfprecfyen ben
berfcfytebenen 3krl)<tftntffcn ober \*agen ober Söejieljungen in ber
Hu&enmelt. Snfantal entfpricfyt bent $erfyältni§ be8 2ftenf$en
jur $inbertoelt, ©ppofitat ben Angriffen be$ VebenS, 3lcqnifita(
bem ©gentium, ßautal ber Sage ber ©efafjr; bie 58erftanbe#*
finne entfprecfyen ben Söejiefynngcn ber £>ingc nad) SRaum, 3eit,
®eftalt, ftarbe, 3a^ JC- SWit einem Sorte, naefy allen föidjtungen
mieber^oü fiefy bie Slufjcntocft im 3)?enfctyen, bie grofce ©elt in
ber Keinen. (5$ giebt feine $e$ielHmg, fein Eer^äftnij? ber Slufjem
meft, toetefieö fieb ni$t im menfölid?en ®eift toieberfjotte, fo toic
e* anbererfeit« feinen inneren Sinn giebt, ber nicfyt eine lieber =
Ijoiung ober Spiegelung ber Hutfenwclt toäre.
2. 2>er 9Wcnfdj in Harmonie mit H fclbft.
Söie bie $fu§enh>eft in fiefy felbft ein IjarmonifcfyeS ®anje«
ift, fo ift e$ au<$ ber 2ftenfcfy, a(« #itb ber Slu&emoelt, in för=
perlictyer hrie in geiftiger §infic$t. £)ie inneren Sinne finb unter
fiefy auf« ScfyBnfte in Orbnung unb (Sletcbgetotcfyt gefteüt: bem
3pfotaf j. 33. fteljt ba$ Slmtcatat $ur Seite, bem Oppofital ba«
@auta(, bem Secretat, bem Stcquifital ba$ CSonfciental, bem 93ene*
rata! ba« Spfotal, bem üttiracutttat ba$ ßaufatitaf, ber falten
2>enffraft bie „®emütb,$finne" mit iljrer ©arme unb «egeifterung.
250
$ur$, ntdjt minber al« ber ft&rperbau be« 9ftenf$en, jeigt bie
(Slieberung feinet inneren Sinne eine munbertolle (Jin^eit nnb
Harmonie.
3. 9Knn'cfi im Sttttfoalt mit fid) fclDft.
Ü)tc Harmonie bc« 3)2enf$en mit ber Slufjenwelt unb mit
fiety felbft beftefyt jetoeb nur infofern, al« mir ben 2ttenfcfyen al«
©egenftanb ober im Söübe, b. i. im 3«ft«wb ber töufce be*
trauten. 2)ie föufje ift aber nic$t ber 3uftanb be« 2tfenfc$en,
fonbem ba« geben, meiere« bie Unruhe ift. 3n bem ßeben liegt
ba^er bie 2J?öglt$feit ber 2lbmei$ung bon ber boUfommenen
Harmonie, meldte Seit unb 3Renf<$, biefe im ©ilbe ober im 3u*
ftanb ber föufye gebaut, jeigen. $)a« tfeben mirb ftufenmei« ein
Ijityere« im fttyftatf, in ber $flan$e, im Styer, im 9ttenf$en.
Da« ßeben be« Sßenföen ift ba« Wfte, ift ein geiftige« Seben.
3n biefem Ijikfyften, geiftigen ßeben ift aud> bie SfloglüfyfeU ber
$lbmeic$ung oen ber allgemeinen Harmonie am gr&jjten unb in*
fofern ift ba« «eben be« 9J?enf(fyen bielmeljr ba« ®egentl}eil
biefer Harmonie, ein beftänbiger 3roiefpatt unb Äampf mit
ber ttußoitoeß unb mit fid> fel&ft.
«Hein trofe biefe* 3aHefpaltc« be« attenföen mit fu$ felbft
ftefyt ba« «eben bc« 2flenfc$en in ber Harmonie nu$t niebrtger,
al« ba« «eben ber übrigen 9iatur, troft biefe« 3totefpalte« $at
ba« «eben be« SRenföen feinen 9f ücffdjritt , fonbern fogar einen
ftortfd&ritt in ber Harmonie gemalt. Denn im Öeben be« üften*
fd?cn ift in einer fyofyeren Seife bie Seit mieber ju ber
Harmonie, bon melier fie im 3uftan*> *>er 8hu?e ausgegangen,
jurücfgefeljrt. 3m «eben be« 9)?enfcfceu Ijat fiefy bie Harmonie ber
9tul)e in eine leben big e, geiftige Harmonie bermanbelt, bie
Harmonie ift eine begriffene, eine erftrebte, eine £ar*
monie ber Xfyat gemorben. £)iefe Harmonie ber £ljat, ba«
felbftbemufcte, gelungene Streben be« üttenf(fyen na$ ber $>ar=
monie mit fiefy felbft ift ba«, ma« mir £ugenb nennen. ÜDer=
jenige 2ftenfdj ift tugenbljaft, beffen £anblungen m$t bur<$ einen
^Phrenologie unb (Srjie^ung.
251
(gerabe angeregten) eilt) eitlen ©hm — ba8 Slcquifttal ober
ba$ Sbeatttal ober ba« Opfotal ober ba8 Bonität ic. — fon*
bem burch bie fä'mmtltdjen (Sinne in ihrer Harmonie — burch
ba« SImtcatal nnb ba$ 3bealital nnb ba« 3pfotat unb ba$
Bonität unb bie £)enfrräfte it. — beftimmt unb geregelt toerben.
Diefeö ^arntonif^e ©leichgetoicht in ber X^ätigfeit ber «Sinne ift
e« auch, roa« bem üttenfdjen bie £errfchaft über fich fetbft, roa*
ihm bie fittücfye ^ret^eit giebt. 2öenn baher bie Aufgabe
ber (Srjiehung (roie bie Aufgabe beö trbifchen tafeln« bc$ Wen*
fchen) in ber «Sprache beä getoö^ntic^en Gebens bie £ugenb ift,
fo ift in ber (Sprache ber SRaturnnffenfchaft (ber ^renologie)
biefe Aufgabe bie, baß ber üflenfeh gur h^chft möglich cn §ar =
mouie mit fich fclbft, gur h ^möglichen f ittlichen
Freiheit herangebildet toerbe.
XIV. Ha* Pafj Der fittlidjen Ireiljfit.
Kampf ift ba« flanke SRenfdjenleben,
lenn otjnc Kampf fein trb'fdjc« Streben.
1. 2>ie Stufen bicfe$ 9Ka&c$.
£a« 2>faj3 ber fittlichen Freiheit be$ 3)ienWen fte^t mit
feiner allgemeinen ®eifte$entmi<flung im 3Scrr>attnig. £>ie $rei*
heit bc« 3ttenfdjen im 2ttutterfchofce ift bie ber ^flanje, bie
ftretheit be« neugeborenen Äinbe« bie be« Eh^reS-, erft nach unb
nach enoac^t bie menfölicfye ober fittliche ftreihett, fie ftetgt ftufen*
ü>ei$ mit ber allgemeinen ©ilbung be« ®eifte$ (be$ (SharafterS,
®emüth$, 33erftanbefc) , unb erreicht bie gleite £öhe mit biefer.
(5$ giebt ertoachfene 2J?enfdjen, bereit (#eifte$bitbung faum über
bie be$ SHnbeS hinaufreicht, tl)rc fittliche Freiheit fteljt auf ber
nieberften (Stufe. ÜDie geiftig pchftgebilbeten Üttenfdjen haben
bie grö&te, bie geiftig roenigftgebilbeten bie geringfte Freiheit.
2. 3>te fütlitie ftreibeit feine nn&cötnQte.
$)ie fittliche Freiheit ift natürlich niemals, auch nic^t beim
geiftig höchftgebilbetcn Sttenfchen, eine unbebingte ober unbefchränftc,
252
^tyrcnologie uub ßrjic^ung.
unb foli es nic^t fein. Söäre fte e«, fo tyätte ber tamof be«
2J?enf<$en aufgehört unb fo fein Streben: ber üDienfcfy märe fein
9D?enfö meljr, fonbern ein £ngel ober ein ($ott. £)er ftttltd^e
Äampf be$ SRenföen ift ein enbtofer unb foü es fein. '
3. $ic UitgleicMeit ber Starte bcr Sinnt.
3n ben meiften ^äücn ftnb bic fittli^en Sctytoäcfyen fcfyon in
ber Unglcid(>fyeit ber Starfe ber Sinne begrünbet. ©alb $. 23.,
bei fefyr ftarfem Oppofitat, ift ber üDfenfcfy ftreitfüctytig unb Ijat
beftanbig gegen biefen fteljter auf ber $uit ju fein, ober, bei fefyr
fctyioac^em Oppofital, fet)lt tym ba, too eä gilt, ber nßtljige 9)Jutlj;
balb, bei fefyr ftarfem ober fcfyi»ad;cm Secretal, fyat ber Sföenfcb
gegen ju grofje 33erfc$loffenfyeit ober gegen ju grofee Offenheit,
bei feljr ftarfem ober fetyr fdbtoacfyem Spfotat Ijat er gegen Selbft*
Übergebung über 2tnbere ober gegen Üflangel an Selbftoertrauen
einen immertotebcrfcfyrcnbcn , eubtofen $ampf mit fidj felbft ju
beftefyen.
4. 2>te ©lei^mäfeigleit ber Sinne,
2öenn anbererfeit« bic Stärfe ber Sinne eine meljr gt etcr> =
mäßige ift, fo fann e« nicfyt festen, bafe bcr 3ftenf# oermöge
feine« Berufs ober feiner Stellung im &ben biefen ober jenen
Sinn enttoeber ftärfer ober f et) tt? ä c r befifcen foßte, unb
auf tiefe Söeife mit fiefy ober ber $luj?cntoett in 3®iefpatt gerä'tr).
ÜDenn jeber 33eruf, jebe Senbcrftcflung im £eben ift tocfentlicfy
cinfeitig unb forbert ni$t ein gleite« 2Jca§ alter Sinne, fonbern
eine ©orragenbe (Snttotcftung enttoeber biefer ober jener Neigungen,
Talente :c.
5. 2>er mm bcr ©erfrälnriffe.
Slber au<$ angenommen, bie ®eifte«bilbung be« Sittensen
ftimmte mit feinen VebenSoerc/ättniffen , toic fie jefet finb, ooß*
f ommen überein, f 0 10 e cfy f e 1 n boefy bie S3er^äUniff e : fie toecfyfetn
oft im ©roßen unb me^fetn jeben Slugenbücf im steinen, fo bajj
eine jc^t mit aßen 23err}ctftniffen im (Sinflang fteljenbe (Seiftet
bitbung im nädjften Stugenblitf mit fid) ober ber Slufceffloett in
$ampf geraten fann. £)afyer ift aiid^ ba« 9D?af$ ber fittli^en
253
ftreifjeit, ioeld^e« ein üftenfcb errettet fjat, niemate genau 51t be*
ftintmen. (Sin üflenfdj, toclc^er 5. 39. a(« Sofbat im Kriege in
feiner ^fad&terfüüung fittlidfr $od? fte$t, hrirb bietteiebt int $a*
milienCeben grojje Gtyarafterfefyler seigen, unb umgefefyrt. £>afyer
auefy bie mangctyafte fittüd&e (Selbftfenntniä bet meiften 9ttenfc$en.
Ser fyätte im roecfyfetooUen ßeben nietyt £anblungen begangen,
bie er bon fiety ni$t ertoartet, fic§ nid^t jugetraut ljätte!
6. D6 $üfe in htm fttttflt.
Au« bem fdnoeren Kampfe felbft erflärt fid^ auefy bie eigen*
tljümü^e Grrfcfyeinung , baft nic^t feiten bie Wengen, burefy ba«
enblofe fingen unb tä'mpfen faft jur 33erjn>eiflung gebraut,
baffetbe babur<$ auf ein geringere« 9)?ajj ju befcfyränfen fugten,
ba§ fie fi<$ einer gfttUc^en ober menfebücben Autorität bUnb unter*
warfen unb f 0 b t e ( e r einen Xljeil iljrer 5^i^eit, iljrer SSerant*
wortftcfyteit für iljr §anbehi ju übertragen hofften. 23ergebücfye«
$>offcn ! Söofyt barf unb foll ber 3JJcnf<^ ft$ ieber Autorität al«
folcfyer unterwerfen, aber ntcfyt btinb, nic^t fo, ba£ er auefy nur ben
fteinften £IjeU feiner fittlictyen ftreiljeit an fie oertöre: er behält
btefe, auefy hriber feinen Söiüen, ganj unb bott. £enn wenn ber
2ttenf$ au$ niebt, wie oft gefd&iefjt, jtoifc^en jtoei ober mehreren
einanber toiberftreitenben Autoritäten fetbft ju toä^en fyat, fo
nnberftreiten ftcb bodj oft bie Auslegungen ber ®ebote einer unb
berfefben Autorität, unb ber attenfdj muß unter biefen Au«*
Tegungen toasten: iebe SÖafyt aber ift ein $ampf, ein fittlicfy
freier $ampf.
XV. Pie förbernbe Cfrfieljung.
tet »öfc ift bet $fitft bet 5iuftetnifj genannt:
Sßon Je ift ®eifte*lid)t o« Suaenbquea ettaimt.
Söenn bie Aufgabe ber (grjielnmg bie ift, ba§ ber 3ttenf$
jur mBgttctyften Harmonie mit fi<$ felbft, gum fj8#en 2tfaB ber
fittti^en ftreibeit ^crangebilbet werbe, treffe prafttföe Regeln
ergeben fi<$ au« biefer <£rjie$ung«aufgabe?
254
(5 r ft e a ( l g c m e i n e 9* e g e t. 33or Klient follen bie inneren
Sinne in ihrer (Sefammtheit , in ihrem ^amionifc^en 3ufammen«
Wirten jrnn mögltc^ft hofften 9)*a§ ber <£ntwicfelung gebraut
werben, bamit ber ÜWenfö bem Äampf ber fittlichen Freiheit fo
wetyl als mSgtich ausgerüstet entgegengehe. £)ie (Srjtehung foll
alfo eine mBgltchft aUfetttg f5rbernbe, entwicfelnbc , nicht eine
hemmenbe, befebränfenbe [ein. ©iefe ftegel ift befottber« in im«
ferer &e\t bon großem (Gewicht: benn bie heutige ü)Jenfchenwelt
hat burch bie 9?aturnrif|enfcfyaften, bie Grifenbahuen, bie ®ewerb$*
thättgfeit, bie Rettungen nnb SBolf^biidher :c. eine aufjerorbentüch
grofce Umwanblung erfahren unb ift noch *n biefe* Gegriffen: fie
ift bie 3e^ ber Äufftärurig. 3)?an ha* barüber gefttitten unb
fann ftreiteu, ob bie üftenfctyen burch biefe Slufflärung, wie fie
befchaffen ift, fittltcher geworben ftnb, ober nicht. £)te richtige
Antwort auf biefe ftrage möchte bie fein, bajj bie heutige 9ttenfch*
heit in manchen Beziehungen ^ortfehritte , in manchen anbern
SRücffchritte in ber ©tttlichfeit gemacht hat. (.3. B. ftortfehritte
in ber allgemeinen 9)fenfchlichfeit, SRücffchritte in ber fittlichen Ein-
fachheit unb ©enügfamfett, burch bie gefteigerte 3erftreuung3* unb
SBergnügungöfucht.) Httein wenn wir auch biefe ftragc unent*
fchieben (äffen, ober toenn toir fogar einen allgemeinen föücffchrttt
ber heutigen 2ften[<hheU in ber «Sittüchfeit annehmen wollten, fo
folgt barau« für bie Grr$iehung fehteSweg«, — wa$ manche (Sr*
jieher barau« ha^en folgern wollen, — bafc bie (Srjtehung eine
hemmenbe, befchränfenbe fein folle, bamit bie 9ttenfchheit bon ber
fallen Slufflärung toieber ju ber früheren Sittlichfeit $uriicfgc=
führt werbe. Vichts weniger! 9ttcht bcSwegen finb ja bie 3tten*
fchen jefct (in einigen Beziehungen) weniger fittlich, weil bie (£r*
jiehung eine allju aufflärenbe geworben, $u fchnell ober ju weit
oorgefchrttten, fonbern im ®egenthei(, Weil bie <£r$iehung gegen
bie mächtig fortfehreitenbe SMelfeitigfeit be« SebenS ju weit ju =
rücf geblieben, weil bie Hufflarung feine genügenbe
ift. m neue 3cit ift ber 9Wenfchheit gteidt>fam über ben £opf
gewachfen: biefe unterliegt nur allzuoft in bem ftttüchen Kampfe
mit ihr, weit fie baffir nicht gerüftet genug ift, weil ba« grofie
Veben bie 9)?enfchen unoorbereitet unb unreif au« ber $anb ber
^renotogte unb @r$ie$uitg.
255
einfeittgen, mangelhaften <£rjiefjung empfängt. $>ie ftorberungen
unferer 3eit an btc <£#ietyung finb batyer grofc unb bringcnb unb
unter tiefen ftorberungen ift bie etftc bic, ba§ bie (Srjteljung eine
iraljrljaft aufflärenbe, b. Ij. eine mogltctyft otetfeitige, ffcrbernbe,
entuutfetnbe fei. dx\t bann nrirb bie Sfofflärung ber Bett, tüte
fie tljrem Söcfen nadj foll, auefy eine allgemeine Steigerung ber
fittü($en ftreiljeit ber 2Wenf(fyen werben.
XVI. Pie «riteljung ?ur fHenfdjHdjkttt
Xeine Staturen, o SWenfö, ftnb jroei: be* Iljier* unb be« 9Renjcf>en ;
Cinet nur ift bein »eruf: ftet* fei unb überaU 9»enf$.
1. $tr gebcnäbcnif tiro v.'icnfriir n.
(Sine jtoeite allgemeine Sieget, meldte ft$ au« ber
bon un« erlannten <£rjtelmng$aufgabe ergiebt, ift bie, baj? bie
f) öderen menf Alicen Sinne be« 2ttenfc$en jur £errf<$aft über bie
nieberen tyiertfctyen befähigt »erben follen. Obgleich nämlid& bie
$erljältmffe, in melden ber ju erjie^enbc 2Wenfö einft leben nn'rb,
ober fem iffta t>om Sd&itffal beftimmter 2eben«beruf, tljeil« un«
nic$t befannt, tyeit« bem Söed^fet unterworfen finb, fo finb bo$
in einer SBejteljung bie ßeben«berljältniffe, ber ßeben«beruf be«
•INenfcfyen un« ebenfo beftimmt Mannt / al« oon allem 9ß3etfyfet
au«gefc$loffen: e« ift ber 8eben«beruf be« Sittensen, Ü)ienf(fy ju
fein. £)er SWenfd? ift aber baburefy ein 3ftenf$, ein fittlicfy freie«
SBefen, bafc er neben ben nieberen tlnerifd^en Sinnen bie fyßfyercn
menfcfctictyen Sinne befifct, unb ba« 9fta§ feiner fittltctyen ftreitjeit
fte^t mit ber ßraft im SBerljältnijj , roomit feine leeren menf$=
liefen Sinne feine nieberen tljierifcfyen feiten unb befyerrfäen.
2. 2>a« meiere mtb ba« mtxt Scben.
£>a« Öeben be« 2Henföen tft tljetf « ein ntebere«, tyterifdje«,
ttyetl« ein fjotjere«, tnenf<$ti($e«. (Sin niebere« ift e« immer,
ein Ijöfjere« ift e« ni$t immer. £)enn bie nieberen Sinne be«
2Renf$en werben iebenfatt« unb immer burd; ba« £eben angeregt
25G
^rcnofogic unb Srjte^ung.
imb geübt. £)urc$ Xaufenbe immerwteberfeljrenber Söegegniffe
be$ täglichen geben* wirb ber üttenfö jum 2Biberftanb(eiften unb
kämpfen, 311m Raffen ober 3erftören, junt 93er(jeimlic$en, sunt
Erwerben 2c. angeregt, barin geübt. £tc bereit ©inne bagegen,
bie ®ewiffem>ftigfeit, bie 23eretyrung ober föeligiofität, ba$ tooty*
wollen ic. (ftnnen wof?l, aber fie müffen nietyt bom geben angeregt
unb geübt werben: fie »erben e« bann, wenn ba* umgebenbe
geben ein fyöljere« unb fie werben e« nic$t, wenn baffelbe ein
niebereS ift. SBtele SDienfcfyen (eben weniger ein Ij&(jere$,
menfcfylidjeS , meljr ein nicbercS fittlicty unfreies geben. Senn
bafycr ba$ ju erjietjenbc ®inb mit 9Wenfcfyen biefer 3lrr jit*
fammenlebt , fo werben [eine Ijityeren Sinne n i 6) t angeregt
unb geüfrt.
3. $a<? cniclicnöc Vcücn.
£ierau$ ergtebt fid^ felbftoerftanblicty bie Sfufga&e, ba« Äinb
mit fittlic$ m&gli$ft fyoctyftcfjenben SWenfd&en jufammenteben, ober,
wa8 baffelbe ift, oon ilnien erjte^en 5U (äffen. $)enn ba« er*
äiefyenbe geben unb bie eigentliche Ziehung finb eine« unb baf*
felbe. @S giebt feine anbere (Srjicljung, al« ba« erjieljenbe geben,
unb c$ giebt fein geben, welche« für ben 31t erjtefyenbcn SWenfcfyen
ni#t ^rjte^ung ift. 3eber ü)?enfd^ , ob er biefe« will ober nid^t,
jebe« $inb, ob e$ biefe« weiß ober nicfyt, ift für feinen ju er*
jie^enben 3ftitmenf<$en ein örjieljer. ÜDiefe« erjter/enbe geben
fann entweber ein jufälltgeS, ober ein für ben $wecf gewallte«
fein, Weltes (entere bann (£r$ielntng genannt wirb. $ln ftety
ift e$ ganj gleicfygitttg, ob bte (Srjte^ung bon ber einen ober ber
anbern 5(rt fei. Oft fann bte sufälltge (5rjie^ung eine gute, bie
(unweife) gewägte eine fetyleetyte fein.
4. Sie geifriße ©ebiirtStoerWe&enljeit ber ftiitber.
^Dic (Srjiefjung barf, wie fi<$ r>erfter/t, meljr bem 3ufall u&ers
(äffen bleiben, ober muß mefyr eine weife gewägte fein, ie naefy
ber angeborenen ®eiftc«bef$affenfyeit be$ 311 ergtefyenbcn ÄinbeS.
ein £inb, bei wettern bie fämmtltctyen höheren Sinne bon Ge-
burt in ttorragenbem, bie fämmtlicfyen nieberen in untergeorbnetem
^tyrenofogte unb Gsrjte&ung.
257
ÜJttajje oorfyanben finb, wirb faft bei jeber Grr$te!uing, faft unter
jebet Umgebung ju einem fittlidj tjocfy ober ^iemlicty fyocfyftefjen*
ben 9ftenfcfyen tjerantr»ac$fen. (£« giebt fotctye befonber« günftigc
©eifteSbitbungen , fotd^c unter faft allen $Bertjältut|feu ficfy felbft
erjieljenbe Äinber, aber fie finb feüen. Äinber, beren (Seiftet
bilbung eine gemifcfyte genannt »erben fann, wo im ®anjen bie
teeren Sinne oor ben nieberen borragen, aber einer ober ber
anbere ber erftercn fcfyr fdnoacfy, einer ober ber anbere ber tefcteren
fetyr ftarf ift, finb mit Sorgfalt, bur$ meife Söafyt ber Umgebung
ju erjie^en. $>ie Sdnuäcfye eine« einjigen ber fyöfyeren Sinne,
i>ie oorragenbe Stärfe eine« einjigen ber nieberen fann ben äßen*
fdjen auf ber Stufenteiter ber ftttlicfyen {fret^eit um biete Stufen
f?erabjiet)en. Oft bie ®eifte«bitbung be« fltnbc« eine rntföieben
ungünftige, inbem bie nieberen Sinne im ®anjen oor ben tjßtjeren
oorragen, fo ift bie QrrjieJjung oon ber früljeften $mbljeit an
mit ber fjöcbften Sorgfatt ju überwachen, bamit ber 2)?enfcb toe*
ntgftenä bie Stufe ber fittücfyen ^rei^eit erreiche, baß er ein ®tieb
ber menfdjlicfyen ®efeltfcbaft }U fein nicfyt umoertlj befunben »erbe.
Äeine« 33?enfcben angeborene ($eifte«bitbung ift eine fo niebere,
bafc er nictyt meuigften« bi« ju biefem 9)?a§ ber fitttictyen ftretljeit
erjogen werben fönnte. üBotjt ift ber eine üDfenfcfy bon (Geburt
menfd?lid?er, füttiety IjBtjer ftetjenb, ber anbere tljiertfcfyer, fitttidj
nieberer ftefyenb, aber be$ giebt e« feine geborenen, fonbern nur
geworbene, erjogene fcbtccfytc 2ttenfc$en, 23erbred;er.
XVII. Pte feibenfdjaft.
2«tben fdjafft,
Xfjatenfraft
greuben fcfjofft.
1. »a« ift Scibenfarnft?
(Sine britte attgemeine SReget enbticb, wetcfye fiefy au«
unferer GrrjiefyungSaufgabe ergiebt, ift bie, bajj bie Qrrjtelnmg bem
(Sntftefyen r?on Reiben f cfyaften im 2)?enfcfycu entgegentoirfen
S^eue, «Mrtttoloflifäe «Uber. 3. «uft. 17
258
$l?renofogte unb (Srgtefeung.
unb oorfreugen fofl. Der 2ttenfch ift jur ST^ätigfeit gcfc^affen,
bie fämmtücben Sinne finb nur infofern Reifte« f rä f te, a($ fie
thätig finb. Die fittlicfye ^rei^eit beS -tDJeufchen beruht auf ber
freien, ungehemmten ^ätigfeit feiner fämmtltchen (MfteSfräfte.
Die Veibenfchaft bagegen ift, wie fcfyon ba$ ©ort anbeutet, ba$
$egentfyeU ber ^ätigfeit, ift ein 3uf*anD Reiben«. Die
i'eibenfchaft ift berjenige 3uftan^ meiifcbtid^eu ®eifte$, wo
nicht mehr bie fämmtttdben ®eiftc$fräfte in Harmonie jufammem
wirfen, fonbern wo eine ober einige biefer Gräfte burch ihre maß*
lofe X^ätigfeit alle übrigen überwältigen unb betyerrfctyen. Der
3uftanb ber Veibenfchaft ift ba^er ba« ©egentyeit ber fittüchen
^rei^eit.
2. 2>ie Jötrfdjiebcnbcit ber Kcibtnfdjaftcii.
Da jebe ®eifte$fraft gu mafctofer £fyättgfeit ausarten fann,
fo giebt eä fo biete unb im ©efen oerfchiebene tfeibenfehaften, als
(SeifteSfräfte. Doch bezeichnet bie Sprache nicht alte« ba«, Was
äufeerfte ^ätigfeit einer ®eifte$fraft ift, mit bem Sorte i'eibem
fd?aft. ®ewBhnltch wirb nur bie äujjerfte X^ätigfeit ber meiften
nieberen Sinne unb einiger „(SemütfySfinne" (beS 3pfotat unb
Slmbital) ßeibenfdmft genannt. 9)Jan fagt: bie Veibenfcfyaft ber
®efchlecht$(iebe , ber Streitfucht, ber 3crf*örung$fu$t ober ber
§efttgfeit, ber £abfucfyt ober be$ ®ei$e$, beä Stolpe« ober $)och'
muth$, ber ©efaßfucht ober beS ^hrgeijes. 9tber man fpricht
nicht oon ber l'eibenfcfyaft beS föechtSgefühl« ober ber ©ewiffen*
haftigfeit, ber Verehrung ober ÜMtgtofität , ber Hoffnung, be«
©ohlwoüenS, ber Realität. SSon ber überwättigenben X^ätifl=
feit biefer fyityeren Sinne gebrauebt man gewöhnlich bie ©orte:
©egeifterung , Schwärmerei :c. (Sben fo fetten wirb ba« ©ort
Öeibenföaft t>on ber haften £hätigfett ber 93erftanbeSfinne ober
Talente gebraucht; man fpricht hier biehnehr oon ®enie, ^han*
tafie, j. S8. be« 2»ater«, 2)<ufifer«, Rechner«, 2tfechaniferS k.
3. ©infadjc unb uifammcnacfcBtc Sctbcnfcnaftcn.
Die ^eibenfehaft fann eine einfache ober jufammengefefcte
fein, jenachbem ein ober einige Sinne burch i^rc übermäßige
259
^ätigfett feie übrigen bemälttgen. $)ie Strettfucht faitti au«
übermäßiger 2^ätig!eit be« Oppofital allein, ober be« Oppofital
unb 3pfotal (^Rechthaberei), ober be« £tyVofita[ unb ftirmitat (eigen-
ftnn) hervorgehen. $)er ®eij fann auf ber übermäßigen £$ättg*
feit be« Slcquifital allein, ober jugteich be« (Sautal berufen. X>er
9ieib ift jufammengefefct au« ber ba« Bonität ttbertoältigenben
J^ätigfeit be« Opfotat (@goi«mu«) unb jugleich ber be« 9lcqui=
fital, be« 91mbita( k. — fenaebbem (S^ctb unb ©ut ober 9hu)m
unb $lnerfennung ber ®egenftanb be« 9ieibe« ift. @benfo ift bie
@iferfua)t (eine anbere $orm be« *fteibe«) eine berfcfyiebene , je-
nad>bem fie eine (Siferfucht ber <&efchlecht«liebe, ber ^reunbfd^aft jc.
ift. %uti) bie übermäßige 2^ätigfeit berjenigen Sinuc, toelcbe
fonft ntc^t l'eioenfc^aft fycißt, toirb bann fo genannt, wenn |n
biefer ^ätigfeit noch bie eine« ober einiger nieberen (Sinne fyinju*
fommt. So fann man j. Sd. bon einer tfeibenfehaft ber föeli*
giofität forechen, menn mit einer übermäßigen ^atigfeit be« 23e*
neratal noch bie be« Oppofital ober bie be« Petita! fich berbinbet.
4. 2ßa« öttfct Sctbenfcfpaft?
@« ift feine Unfofgericfytigfeit ber Sprache, baß bie über-
mäßige ^ätigfeit nur einiger Sinne, Ijauptfädjücfy ber nieberen,
getbenfehaft genannt mirb. £>a« Sßefen ber l'etbenfchaft ift bie
Beeinträchtigung ber fittüd^en Freiheit. £)iefe Beeinträchtigung
ift aber bei ben berfchiebenen Sinnen oerfchieben, fie ift fefyr be*
beutenb bei ben nieberen Sinnen unb finbet nicht ftatt ober ift
ioeit geringer bei ben ®emütlj«- unb ben 55erftanbe«finnen. $)a«
Sort £etbenfchaft mirb ba^er nicht einfeitig oon ber ^ätigfeit
ber nieberen Sinne al« folc^er gebraust, fonbem ganj allgemein
oon ber X^ätigfeit aller Sinne, u>enn unb fomeit baburch bie
fittlidje ^ei^eit beeinträchtigt ift. So toirb ba« SBort Seiben*
fc^aft oon ber I^öttglett ber tt)iexifc^cit Sinne bei ben gieren
felbft nitmal« gebraust, toeil bei ben £lucreu bon fittlicher ftrei*
fyeit nic^t bie föcbe fein fann. 2lnbererfeit« toirb ba« äöort ganj
ebenfowohl bon ben ®emüth«= ober 3?erftanbe«finnen bann ge*
brauet, menn burch bereu übertoältigenbc ^hätigfeit bie fittliche
, greiheit gefährbet erfcheint. 9ttan fpriebt nicht mohl bon einer
17*
260
^renologic mib Örjte&unfl.
£etbenfc$aft ber ®emiffenljaftigfeit , ber föeligiofität , bc« $öoljl*
wollen« ic. , weil bicfe ®eifte«tfyätigfeiten innerhalb ber fittlictyen
ftreiljeit fe^r groß fein f&nnen. Wenn aber $. $8. bie ©oljl*
tfjätigfeit eine« üflenfd^cu 3J?aß unb Vernunft überdrehet, fo
fann man ton ifym fagen, ftc fei bei ü?m eine Öeibenfc^aft.
2J?an fpric^t beim 9ftater, beim SRufiSn :c. nt#t ton einet
fceibenfd&aft ber Malerei, ber SRufif, »eil bie äußerfte £&äu>
feit biefet Sinne in ben entfprec$enben Söeruf «arten fogar eine
geforberte ift: allein man fann j. $8. oom Kaufmann fagen, er
treibe mit Vcibenfefyaft bie 2)Jälerei, wenn unb fobalb er baburefy
feine Pflichterfüllung , feinen Söeruf al« Kaufmann ocrnacfyläffigt.
5. ^errfäte Scibenft&aft ift feine Scibcnfajaft.
(Sine Vetbenfcfyaft al« folcfye ift niemal« angeboren, fonbern
erworben unb anerzogen. Sßo^l fann burefy ein angeborne«
große« 9ftaß eine« Sinne« bie Anlage ju einer Scibenfcfyaft an*
geboren fein, abeT e« ift bie Aufgabe ber Crrjielnmg, unb e«
fteljt in iljrcr 3)?acbt, ju oerljüten, baß biefe Anlage jur Reiben-
fcfyaft werbe. Sef;r oft ift ba« größte 3)^a^ unb bie ftärffte
£fyätigfeit eine« (nieberen) Sinne« oorljanben, oljne baß barum
biefe Xl;ättgfeit bie aller übrigen Sinne überwältigt unb be*
Ijerrföt, b. i. ofme baß fie Veibenfc^aft ift. £)enn nietyt fetyon
ba«, wie fi$ oerftcfyt, ift Seibcnfcfyaft / baß ein ftarfer Sinn ju
ftarfer £fyätigfeit bei entfpred^enber SBeranlaffung augenblicflicty
angeregt wirb, — bicfe Anregung ift naturgemäß unb finbet
immer ftatt — , fonbern erft ba« ift tfeibcnfcfyaft, wenn ber 9J?enfd}
burefy eine folcfye Anregung 51t Ajanblungen oeranlaßt ober in
bauembe ($emütfy«ftimmungen oerfefct wirb, welche mit feinen
($efammtftnnen in iljrer Harmonie (mit feinen fyöfjeren $5enf=
haften unb ®emütl)«finncn) im s&Mberfpru$ ftefyen. ©er feine
Streitluft, feine 23egicrbc ju fyaben, feinen Stolj :c. — feien
audj biefe Xfyätigfeitcn noefy fo mächtig — bcfyerrfcfyt unb fie in
ben richtigen, oemünftigen Scfyranfen fyält, bei bem ift bie
tfeibcnfcfyaft Per Strcitfucfyt, ber £abfu$t, be« £>ocfymuttyß ntcfyt
oorfyanben.
^Phrenologie unb erjlefang.
261
XVIII. drjieljttmjsmittfl gegen bie £eibenf(ijttft.
%aS «rftc unb fiefrte om SRenfdjen ift t^ätiflfeit.
©oetlj e.
1. ©efnnb&eit unb «br^trfroft.
Um bcr (Sntfteljung bon Ceibenfcfyaften borjubeugen, Ijat bie
(Srjiefyung bor 3l((em auf bie (Sefunbfycit unb $raft be« Körper«
(be« (Seln'rn«) ©ebacfyt 51t neunten. 3n einem fbrpcrticfy gefunben
unb fräfttgen 9J?enf<$en bttbet fiefy biet weniger leidet eine Reiben*
fctyaft au« , al« in einem förper(i$ fcfyroäcfyücfyen unb retjbaren.
£)enn mie ber frä'nfftd^e Körper at« fo(d)er leidet ben fd&äblicfyeu
Grinbrüdfen unterliegt, leicht erfranft, fo ber Ä&rper al« (Seifte«*
organ, ba« (Seln'rn. Söoljl ift bie tfetbenfcfyaft no<$ feine (Seifte«*
(ober (Sefyirn*) ftranffjeit (fein 3rr* ober SÖaljnfinn), aber fie
nähert fid& biefer, fie ift (Seifte«fränf liefert, fcie ftrantyeit, ba«
Reiben be« (Seifte«, bie einem ftieber ober einer gntjünbung gu
toefgleicfyenbe auflobernbe £fyätigfeit eine« @in$elfinne« , fteltt ftety
bei jeber SBeranlaffung ein. 9ftan tyat bafycr bie ßeibenfd&aft einen
oorüfcergefjenben (acuten) SSafynfinn genannt, £)atyer ift auety bie
Öeibenfcfyaft bann boppelt gefätjrttcfy unb oerberfclicfy, menn auefy
fie iljrerfett«, rote j. 33. bie £eibenfc$aft be« (Seneratal, bie (Se=
funbfycit unb $raft be« Körper« untergräbt. Sit« allgemeine«
93orbeugung«mittel gegen bie £eibcnf$aft, ober al« Heilmittel
ftellt fiefy au« biefen (Srünben bie möglicfyft umfaffenbe Uebung
unb «Stärfung be« Körper«, ober, um ba« ljauptfäcf>lic§fte bittet
biefer Uebung unb ©tärfung ju nennen, ba« turnen bar.
£)ie ^errfcfyaft be« Sftenfcfyen über feinen $5rper unb bie über
feinen (Seift finb, frei! ba« (Seifte«organ ein Xfyeil be« terper«
ift, im 5öefen niebt getrennt, iöeibc fallen audj im innerften
(Sefüfyl be« 3)?enfcben in @tn« jufammen. 3n gleichem 3D2af?c
bafyer, toie burefy ba« Xurnen ba« ^Öenju^tfcin ber £errfd?aft be«
9J?enf$en über feinen Körper, fo nrirb baburd) ba« ©etoujjtfein
feiner §errfcfyaft über feinen (Seift gefteigert. £uer finben @df)iller'«
SBorte eine ©teile:
Oönnc beut Änafcen 3U fpicfcit, in h>i(ber ©enterbe ju toben;
Rur bie gejättigte Äraft !et>ret jur Slnmutl? jurücf.
262
$brenotogU uub (Srjie&ung.
©a bie umfaffenbfte unb oollenbetfte Sättigung ber traft im
Surnen erreicht wirb, fo ift tiefe« ba« erfte unb mäctytigfte
ypHttet bet ©elbftbefyerrfctyung , ber ftttlicfyen ftteifyeit. Die Sln=
mutfy, Don ii)etct>er ©dn'tler fpricfyt, ift eben bie Slnmutfy bc$ 9flafee«
unb ber §>artnomc m SWenfäen naefy innen unb außen, bie $ln=
mutlj ber ©Ute in ber oollften ©ebeutung be8 Sporte«.
2. Sie SlrbeU.
(Sin toeitere« Stferptung«* ober Heilmittel ber Seibenfcl?aft
ift bie ®emitynung be« 9Jfcnf$en $ur geregelten £fjätigfeit, $ur
Arbeit. SBie nadj beut teuren ©orte bie Untyätigfeit, ber üttüßig*
gang, ber ßafter unb i'etbenfd?aften Anfang ift, fo ift bie Arbeit
bie «ebinaung ober bie ©runblage ber fittlictyen ftrei&eit, ber
Harmonie be$ ÜDfenfctyen mit ß$ unb ber Slufeemoelt. Die gan$c
sßJett ift eine lebenbige, ununterbrochen tätige, unb au<$ ber
üftcnfcfy, ti>ei( er lebt, ift jur £ljättgfeit flefcfyaffen, genötigt.
Diefe notfyroenbige Xljätigfeit be« 9)fenfcfyen ift enttoeber eine
Ijoljere (menfdjlicfyc) ober eine niebere (tfjiertfcfye). Die fyöljere
geregelte £l)ätigfeit, in n?c(cr)cr alle ©inne be$ SDtenfdjen fyar-
monifefy jufammennjirfen, ift Arbeit ; bie niebere ungeregelte 3$ätig*
feit, koo bie Harmonie aller ©inne be$ 9J}cnf$en feljlt, ift bie
£ljätigfeit ber fceibenfcfyaften, ber haftet. (Die leibenfcfyaftslofe
^räg^eit, toenn fie gefunben nrirb, ift $ranfl?eit, geiftiger £ot>,
unb in biefer Seife baö ®ecjentfycil ber Harmonie beS 2Kenfcfyen
mit ber lebenbigen SluBentoelt.) 9tur in ber Arbeit unb burefy
fie fann fiel; ber 3J?enf$ in Harmonie mit fiefy felbft unb ber
Hufeemoelt, fann er fk$ als 9ftenf$ an feiner ©teile, in feiner
äöürbe füllen nur in ber Arbeit erfreut ft$ ber SDtenfä feine*
SDienfcfyentljums , feiner fittlicfyen ^rei^ett, fo n>ie er anbrerfeits
in ber l'etbenfcfyaft fiefy feiner Sftenfcfyenftellung umoürbig füljlt.
2ttan fann baljer bie Arbeit bie Xljat ber fittlicfyen ^rei^eit ober
bie t(?atfäc^licr)e fittlic^e ftrettjeit nennen. (5$ oerfteljt fiety, bafc
fyier unter bem Söorte Arbeit bie mcnfcr)lict) lebenbige, »frei»
unllige" Slrbeit (bie £fyätigfeit be$ „freien 2ßillen$") oerftanben
ift. Die ©flauenarbcit al$ folcfye ift für ben ©flatoen eine
tobte Arbeit, feine fittUctye #xetytit ift tym bur$ biefelbc nidjt
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^rcuologic uub (Stji^uiig. 263
betätigt, fonbern, fo t»eit es möglich ift, berfürjt, ge*
nominell.
3. $ie »Mimg.
^üblich ift al« toichtigeä Verhütungsmittel ber ?eibenfd)aften
bic geiftige ©ilbung ju nennen, Schon bie ®efd)ichte ber 93er=
brechen nnb ber Verbrecher jeigt, bafi, je ungebildeter nnb Ott*,
roiffenber ber Sftenfch ift, \t mehr er fiel) bem <$eifte$5uftanbe
beä X^iere« nähert, er befto leichter feinen borherrfchenben ©innen
unterliegt. £>a jebod) eine mnfoffenbere (MfteSbilbung ben meiften
3)?enfcfeen ittct)t ju £ljeit werben (asm, fo fragt e$ fid^ , toe(d)e
<$eifte$bilbung als Schufcmittel gegen bie Seibenfd)aften bor allem
ober toenigften« geforbert werbe, trer^c für biefen 3roc(*
irtd?tigfte fei. $>te erftc Steife ober nimmt l)ier in jeber $e*
jichung bie ^l)rcnotogie ein, fd)on weil fie ba« allgemetnfte
©ilbungSmtttel ift. Sie giebt bem 9ftenföen triebt nur über fic*>
felbft IHcht, fonbern als Littel* unb VeretnigungSpunft ber ge*
fammten ^aturroiffenfchaft (als Körper - unb al« ®eifte$lehre)
erweitert fie feinen ©lief nad; allen ^Richtungen l)in. £>abei ift
fie in ihrer naturgefcfytd)tlic*)eii ^(nfcbaulidjifeit fo letd)t oerftänbtid),
audj ber gew?hnlichften $affung8fraft zugänglich. 3öer baljer
immer bie Sttcnfcbenfenntnil unb Selbftfenntnife befi^t, n?ic bie
^Phrenologie in ihren umfaffenben Stjarafterbilbern fie lehrt, ift
nicht länger „ungebübet", feien auch feine übrigen $enntmffe
nod) fo unbebeutenb. Slllein noch ungleich wichtiger ift biefe £el)re
baburd), bafc fie felbft unmittelbar praftifd)e (Sittenlehre ift. £)ie
Sftenfcfyennatur ober ba« Sftenfchenthum ift nichts anbere«, n>ie
wir gefeiten l)aben, als bie Sittlid)feit, bie fittlidfjc Freiheit. 3n*
bem alfo bie Senologie bem 2ttenfchen im Grinjelnen jeigt unb
nad)weift, burch welche Sinne, — Confciental, Veneratal, öo*
nital ic. — er 2ttenfch, fttttici? frei, ift, fich über bat unfreie
£l)ier ergebt, fo frridjt fie ihm eben baburch ba« ®ebot au«,
immer weiter auf biefer Stufenleiter ber äftenfd)ltchfeit, ber fitt*
lid)en ^reil)eit, emporjufteigen, immer fytyex über ba« Xlu'er fid;
ju ergeben. £)iefe$ iftaturgebot ber Sittlichfeit, biefer Unterriebt
ber Phrenologie in ber ftttlid)en Freiheit, — in ber SGßa^r^afttg*
feit, ber ®ered)ttgteit, ber föeligtofität, ber 2ftenfd)enltebe k. — -
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1
264 ^rcnologic unt> (Srjte&ung.
ift bon befto größerer SBirffamfeit, al$ er jugteich in ber Seben*
btgfeit unb bem ftteichthum ber naturgefchichtlichen J^atfac^en bem
üttenfehen fein eigenes fittlid>e$ #Mlb n>ie im Spiegel jeigt, ben
2)?cnfcheu untviberftehlich jur Selbftprüfung unb Selbftfenntnij?
führt. Senn bifyex fo biele üttenfehen, befonberS folche, benen
anbere SöilbungSmittel festen, ofnte ©elbftfenntntfe unb Selbft*
Prüfung nur ein äußere« t'eben führten, faum jemals einen ©lief
in ihr eigene* 3nncre marfen, unb menn bie (jauptfächltchfte Ur*
fache ber i'aftct, tfetbenfehaften, Verbrechen, biefe« ftch felbft nicht
fennenbe, fittlich gebanfenlofe £afem ift, fo nurb man leidet bie
Ucberjeugung teilen, bafc ber Unterricht in ber ^renofogie, *l«
einer anfd?auli$en unb thatfächltchen Sittenlehre, wenn er erft
ein allgemeiner geworben, bie 2}?enfctyl?eit auf eine Mißt nicht
geahnte Stufe ber fttttichen SEMlbung, ber ftttüchen ^rei^eit er*
heben mirb.
XIX. Pas «lUdt.
©lätf tf* 8"Weben^eit allein,
$enn e* mufe in bit feitet fein.
■
2ßir haben oben angenommen, ba§ bie begebenen mSg*
liehen Btoecfc ber Erstehung — ftreube, ®tücf, Sittltchfeit ober
£ugenb, föeltgiofttät — forooht unter fich, als mit bem bon ber
^htenologie erfannten (Srjiehung^toecf : Harmonie be« SDtatföen
mit fich unb mit ber Slu&enwelt, in <Sin8 snfammeufallen. prüfen
mir fürs biefe Annahme. 2öaä ift ®lücf? 3m Jöefen nicht«
Steuerliches. (Sin 2ftenfch !ann alle äußeren ®üter ber ©elt
beftfeen unb unglücflidt) fein, £>a« (Blücf ift mefentlich etmaS
innerliche«: e« ift bie 3ufr^ebe»^e^- £iefe« ©ort fommt bon
triebe: bie 3ufriebenhett ift ber triebe, bie Harmonie beS
2ftenf<heu mit fid; unb ber Slufeemuelt , baffelbe, ma« mir auch
als Sittlichfeit ober Xugenb erfannt haben, £)er SDtfenfch ift ber
glücflichfte, jufriebenfte, fittlich freiefte, melier fich ^er bollfom*
menften geiftigen ©efuubheit erfreut, melier einen flaren 23er*
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Senologie unb (Srjtefjung. 265
ftanb fyat, ba« Wichtige ju erlernten, ein warme« ®emütfj, ba«
®ute, <5ble, @cfyone $u füllen, eine frifd&e Sfyatfraft, um ftet«
nadt) [einet (Srfenntniß unb feinem ®efüfyl ju fyanbeln. Unglück
lu}, mit fidj unlieben, fifflity unfrei ift jener geiftig äränf*
li$e, wel^eut enttoeber bie gefunbe Grinft^t fetylt, ober ba« warme
©emtitfy, ober bie fctyatfraft be« richtigen ©anbeln«. Unb gerabe
biefe« maljre, innere ®lüdf, biefe geiftige ©efunbljeit wirb bem
Üftenfcfyen Ijauptfäcfylidj burefy bie (Srjielning enttoeber gu Xtyti.
ober tücfyt ju £fjeil. Söofyl giebt e« audj ein äußere« ©(tief,
toeldfye« in ber (Srfüllung ber meufcbltdjett Sttnfcfye oon «Seiten
be«» ©cfyicffal« befielt. 2lber biefe« (Slücf ift überall ein unooll*
fommene« unb toetfyfelnbe« : überall Ijat ba« <Scfykffa( bafür ge*
forgt, baß bie (5rbe ntcfyt ber £immet fei. Ü)ie Aufgabe für
ben Sftenfcfyen ift eben, baß er trofe ber Uuoollfommenfjeiten be«
äußeren ®lttcfe« fein toafyre« ®lticf in ftc§ felbft trage, in fid&
unb mit fid^ aufrieben fei. 2luc$ ba« erfte unb oorjügtiebfte
äußere ®lücf, baß ber 9Wenf<$ in feinem menfcirttcfyen ©eruf an
feiner ©teile fei, baß er fi$ na$ allen Stiftungen feine« Reifte«
unb §erjen« au«leben fönne (f. meinen „$ atec$i«mu« ber ^fyreno*
togie", 6. Slufl. § 71), biefe« äußere ®lücf fann ber 2Wenf<$
am leietyteften burd) ba« innere, bur<$ bie geiftige (Sefunbfyeit unb
£ü$tigfeit erringen.
XX. Wxt Jfteüöioptiit.
SRit bit felbft in ^rieben
Unb mit bfiiiem ®ott —
3ft bein Olüd bienieben,
3ft'« im fel'ocn Xob.
1. ©lottöc ober WcdjttoaffenljcU?
3Ba« ift töeltgtofität? fctefe ftrage wirb oft burtf jtoei
einanber entgegengefefcte Hnfict)tcn beantwortet. }ia$ ber einen
(ultra*ort^oborcn) Slnftd&t fann ber 9ttcnfdf> nur allein burdj» ben
(Stauben, b. i. bura) bie wafyre Slnbadjt unb ®otte«oereljrung,
fcurd? ba« geiftige ©idjljingeben, ^i^ueigengeben an bie (Sottfyeit
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266
^Phrenologie unb CSrgiebung.
mafyrbaft rctigtöö fein. tDiefe 21nfi*t behauptet moljl au*, ba*
mit ber Olaube, bie mafyrc 2lnba*t im üflenf*en re*t lebenbig
werbe, müffe biefer plle übrigen geiftigen Regungen in fi* tßbten ;
um ($ott 511 (eben, müffe ber 8Äenf* ber Söelt fterben. 2ia*
*
ber jmeiten (ultra*rationaliftif*en) Stnfid^t bebarf e« $ur Religio*
fität ni*t biefe« (Glauben«, fonbern nur ber $Re*tf*affenfyeit ; ber
2flenf* ift religie«, behauptet biefe 3lnft*t, wenn er na* ®otte«
(Geboten fyanbelt, trenn er 9?e*t t^ut.
2. $ei ©laubc unb bie SHcditfdiaffcnbeU.
©tc einfeitig finb oft bie 9J?enf*en in iljrer (Streitluft! ©ie
mu§ man oft bie einfaßten ©a^eiten in ber SWitte jroif*en
jtoei ftreitigen (SJegenfäfeen fu*en! ©ie leicht maT e«, ju erfennen,
bafc feine biefer einseitigen ?lnfi*ten bie matjrc fei, fonbern bajj
nur beibe in ifyrer Bereinigung bie ©aljrfyeit bilben! Der
S*ßpfer Ijat bem 3Renf*en ben Sinn ber 9teligiofität unb neben
biefem au* anbere Sinne gegeben. $ann e« fein ©ille fein,
bafc ber 2ttenf* entmeber jenen Sinn allein, ober ba§ er biefe
Sinne allein gebraute? $tein, jener Sinn unb biefe f ollen beibe
•im 9Wenf*en tljätig fein; bie« um fo meljr, ba bie beiberlei Sinne
ft* ni*t nur ni*t miberfpre*en , fonbern fi* oielmefjr ergänjen
unb unterftüfeen. <S« märe fetyr ferner, ja unmögli*, ben Sinn
ber föeligiofität in feiner £fyätigfeit oon ben übrigen Sinnen ju
trennen. üftan benfe fi* in bie Seele eine« üttenf*en, mel*er
alle übrigen menf*li*en ®efüf>le in fi* töbten unb nur religiös
nur anbä*ttg fein trollte, ftürmafyr, ba« märe eine gelungene/
eine unnatürliche, gleidt)fam eine tobte 9feligiofität. Die föeli*
giofität be« 9)?enf*en bagegen, mel*er religio« unb au* S^enf*
ift, toirb oon allen übrigen mcnj*lt*en ©efüljten no* gehoben,
fie ift eine freubige, eine lebenbige, fie ift bie maljre SKeltgiofität.
Slnbrerfeit« fann ber SRenf* ebenfo menig blo« bur* föe*t*
j*afrei*eit religio« fein, ©enn au* alle übrigen Sinne in ilnn
tljätig, alle übrigen £ugenben in tljm lebenbig finb, unb e« fefylt
tfmt bie £ljättgfeit be« «Sinne« ber flteligiofität , bie maljre Sin*
ba*t, ber ©lief na* oben, fo feljft tym eine n>efentli*e rnenf** *
ti*e Sugenb unb er ift ni*t gan$ tugenbtyaft, ni*t religiö«.
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267
2lu# bie töeligtofttät alfo befteljt in ber Harmonie ber menfcfy*
ticken ®eifte«tl)ätigfctt , eben tarin, worin ba« (Mitf unb bie
£ugenb befteljt. OJiäfyere« hierüber f. in meiner <S$rift: „Xrte
Ungöttlicfyfeit be« ^alpfttljum« unb bie fir^e ber 3ufunft" 3.74 ff.)
XXI. Ge^e ber «eiflejtljttttgheit.
»ift bu, «rjteljer, bo<$ oft ritt »ilb be* ftiitlettbeti 8otett:
©ielje bu tommft, aber, a$l Wieb« unb triebet ju \pät.
h 2>fc reiben ©Raffer Her ©ctftcSt&ätiflfrft.
9Bir ^aben gefefyen, ba§ ber 3ftenfcfy, wie förperlicty, fo geiftig,
bie flehte 5ffie(t ift, baß bie einzelnen inneren «Sinne nt#t« an*
bere« finb, al« SBieberljotungen ober Spiegelungen ber oerfcfyle*
benen Söerfyältniffe ber großen 3tu§entt>ett in ber Weinen Stuten*
weit be« ÜRenfcfyengetfte«. 3ebe £fyätigfeit eine« inneren Sinne«
ift alfo ba« (Srgebniß jweier Raffer (^actoreu), eine« befthnmten
2$erljältniffe« ber 2lufjenwelt, unb ber btefem Sßerljältniß ent-
fprecfyeuben ©etfte«fraft. Sleljnlicfy fo Wie bei ben äußeren Sinnen.
5öie bie £fjättgfeit be« Seijen« ba« Grrgebniß be« Sickte« außer*
fyatb unb ber Seßhaft innerhalb be« menfdjltcfyeu ®etfte« ift, fo
wirb j. 33. bie Sfyätigfett be« ©ppofttal angeregt burefy einen
Singriff auf bie ^erfon ober ba« 3ntereffe be« 9tfenf$en, bie
Styätigfeit be« Slcquifitat burd? bie bem «efife ftd? barbietenbeu
2Bertfyfac$en , bie be« (Sautal burefy eine entfteljenbe <&efafyr, bie
be« Realität burefy fcfyöne ober erhabene £>tnge ober £>anblungen,
bie be« gorwital burety gortnen, bie be« üftuficatal burefy 2)?ufif k.
£)iefe beiberiet ©Raffer reijen ftcfy immer, fuc&en unb finben fidj
immer; feboefy fo fel;r fte ftet« im üßkfen (qualitativ) überein*
ftimtnen, fo feiten ift bie« in ber Stärfe (quantttatio) ber gall.
39ei ben äußeren Sinnen jwar entfprecfyen ftdj gcwityulicfy bie
beiben Schaff er, $. 39. i*ict)t unb Sefyfraft, in ber Stärfe; 33et
ben inneren binnen bagegen ift balb ber äußere Scfyaffer ftärfer,
al« ber innere, g. Sd. ber Angriff ftärfer, al« Oppofital, Mb
ber innere ftärfer al« ber äußere, Oppofital ftärfer, al« ber
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^Phrenologie unb <2rjic&ung.
Angriff, fo bafe ettoa ber 9J?enfch *ine" Singriff nicht abmartet,
fonbern fclbft angreift. 2lu« biefet Ungleichheit ber beiberfei
©Raffer in ber Starte geht, toie mir mtffeiv ba« geiftige Veben
unb Streben, ber fittliche ftamtf be« 3»enf*en tywox.
2. 2>te aerrettttte Xbätiafcit ber inneren Sinne.
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911« eine mefentliche (Sigenfdjaft ber inneren Sinne (toie ber
äußeren) fyabm toir beren Trennung unb Selbftftänbigfett rennen
gelernt. $5iefe Trennung liegt nicht nur ber unter [ich berate*
betten Stärfe ber inneren Sinne bei ben einzelnen ÜDJenfchen,
alfo ber menfdjlictyen (5r)araftcrt>erf cr)tebent)ett jum ©runbe,
fonbern auch ber unter fich getrennten % h ä t i g f e i 1 ber einzelnen
Sinne bei einem unb betnfelben Sflenfehen. So mie bie Sehfraft
(bei gesoffenem Sluge) ruhen unb bie £c-rfraft in S^ätigfeit
fein fann, ober umgefehrt, fo fann bei einem SWenfchen jeber
einzelne Sinn in £hätigfeit unb baneben jeber anbere in föuhe
fein. £)aher bie ßeroß^nlidhe Srfchetnung , bafc ein unb berfelbe
SWenfch ju terfchiebenen ßeiten oerfchiebenartig geiftig thätig fein,
gut unb böfe, oeruünfjig unb tetbenfehaftlich, menfehlich ebel unb
thierifch niebrig hobeln fann. (Sin 2»enfdr) j. beffen Slctital
burch eine ©cleibigung auflobert, fann bie niebrigften 5lu«brüche
be« 3ornc* hQWn' un° berfelbe ÜWenfch fann ju einer anberen
Seit, inbem fein SffiohlrooUcn unb üDtttleib burch ba« Unglücf eine«
SWitmenfchen angeregt roirb, Xhaten be« (Sbetmuth« unb ber Un=
eigenntifctgfctt thun. $)ie« ftnb, rote toir fcljen, !lar oerftänbltche
®cifte«thätigfeiten , nicht, tote man fo lange ohne bie Äenntnifj
ber n>ahrensJcatur be« menf^licben Reifte« meinte, unerflarte unb
unerflärbare ©iberfprüche be« menfehlichen £er$en«: biefe« fo
toenig, al« roenn ber Sttenfch ohne $u fehen h<M, ober roenn er
bei ruhenbem ftu&e bie £anb, ober bei ruhenber §anb ben ftufe
bewegt.
3. Tic getrennte (^nrtoitflung ber inneren Sinne.
$)er 2Bechfefrei$, ba« gegenfeitige Sichfuchen unb Sichfinben
ber beiberlei Schaffer ber geiftigen üthätigfeit be« Sftenfchen be*
ginnt natürlich mit beffen (Geburt, jeboch nicht gleichmäßig bei
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^fjrenologie unb (Srjie^utig. 269
aßen (SeifteSfräften jugleicfy. $)enn bte Trennung imb Selbft*
ftänbigfeit ber einzelnen inneren ©inne macfyt fiefy auefy baburd?
geltenb, baß nid^t alle jugteid^ ermaßen ober gteid^ fd?neü fief;
enttoicfeln. £>ie nieberen, tr)tcrifc^en (Sinne fommen früher al«
bte fjityeren, menf(r)lic$en }itr (gntmidflung. Scutrital, ba$ (Sefüfyt
be* Söebürfniffe« toon Stoeife unb Xranf, tritt gleich bei ber ©e*
burt in tooller Xtyätigfett auf. Hümätig fommen, einer na<$ bem
anbern, bte übrigen nieberen «Sinne jur (Snttoicflung : Hctital
(beim ßinbe no$ „3erftörung«finn", Sinn ber £eftigfeit), ©totoo*
fttal, Hmicatat tc.j ebenfo — jugleid^ mit ben äußeren Sinnen
— töealital, gormital, ftactital ic. <£tn>a« ftoäter ober (angfamer
entmidfeln fidj bie (SemütfySftnne ; nodj fpa'ter unb notfy tangfamer
bie fyityeren T>enrrräfte ((Somtoarital unb (Saufalitat).
4* $te trübe ©rjic&ung.
§ierna<$ beginnt bie getftige Grrjtetyung be« üttenföen mit
beffen (Seburt unb erreicht feljr balb, ftfyon innerhalb be« erften
£eben«jaJjre«, it)re tooüe unb fyo$c ©ebeutung. Söenn au$ einige
Sinne, hrie bie Weren $)enffraftc, fo früfye no<$ loenig in ber
(gnrroicflung toorgefdyritten ftnb, unb an ber ®eifte«tyä'tigfeit nur
geringen Stntfyeit nehmen, fo finb boety bie meiften übrigen Sinne
fcfyon fefjr tt>ättg unb bilbfam, ja früher bilbfamer, al« fpäter.
£>enn eben n>eil bie Grrjiefnmg eine ©Übung, bie no$ nieijt ift,
föaffen foll, fo ift bie frülje, bie erfte Qrrjieljung, bie roaljre.
5Der (Setft ((Sfyarafter, (Semtttl)) fann eine richtige ©Übung «icr)t
erft bann ermatten, wenn er fcfyon eine unrichtige erhalten t)at,
ba« $inb tann nid^t erft bann erlogen merben, toenn e$ fcfyon
toer^ogen ift. UeberbieS nnrfen natürlich, je iünger ber (Seift unb
fein Organ ift, bie äußeren 9?eije befto mächtiger auf bie inneren
Sinne ein. Huer) trägt ba« toiel rafcfyerc §eranbilben be$
(Seiftee unb ©a$fen be« (SefnrnS in früher 3ugenb jur Sistig*
feit ber frühen Grrjiefyung bei. 3n ben reie brften ßeben«jat)Ten
entfaltet fi# ober toät^ft ber (Seift too^t ebenfotoiel (toa« @f;arafter
unb (Semütty, nic$t n>a« bie leeren £>enffräfte betrifft), at« in
ber ganjen übrigen 3ugenb. £>at)er fönnen fctyeinbar unbe*
beutenbe SSer^ältnlffe ober ^atfactyen ^ier mächtiger bitbenb
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270 ^renofoflic uitb erjtfbmtä-
auf ben ®etft euifoirfen, al« i>ie( bebeutenbere in fpäterctt
Oahren.
5. 3)te allfeitige (frjidning.
$)a bie einzelnen inneren Sinne unter ftch getrennt finb, fo
bajj einige ttjätig fein ober geübt werben fönnen, mährenb anbere
ruhen unb ber Uebung entbehren, fo töft ft<h bie allgemeine
geifttge Ziehung gleichfam in fo biete einzelne (Srjiehungen
ober Ucbungen auf, als e* fetbftftänbige innere Sinne giebt.
<S« ift baljer bie erfte unb unerläfclichfte ftorberung an ben (£r*
Sieker, baß er, um feine jener Uebungen ju bernacfyläffigen , um
nicht einfeitig in ber (*rjiel;ung ju fein, bie inneren «Sinne be*
3)2enfd^en fenne. $)er £>auptgrunb, roarum bie bisherige (£r*
giehung oft eine fo mangelhafte toar, ift, baß bie Phrenologie,
bie &hre oon ben inneren ©innen, eine neue SBiffenfctyaft, ben
meiften (£r$ietyem M*her fremb geblieben mar. So lange mau
oon einer Selbftftänbigfeit ber einzelnen Sinne nicht* mußte unb
nur eine einfache Straft al« im menfehlichen Reifte oorhanben
annahm, fo glaubte mau unb mußte man glauben, bat bie J8il=
bung be* ^erftanbe* unb be« ®emütfye$ im ©ruube (Sin* unb
baffelbe fei, baß baher ber 2ttenfö nur oermittelft feine* S3er*
ftanbe* erlogen werben fönne unb muffe, unb terna^täffigte fo
bie Uebung unb ©Übung ber ®emüth*fmne oft faft gänjlia).
£)iefelbe Anficht mar zugleich eine Urfache be* großen 3rrthum*
me^r, baß man bie fyoty SBichtigfeit ber frühen unb frfiheften
(Srjiehung oerfannte, ba, nue man meinte, ba* t leine tinb noch
nicht ben nötigen SUerftanb jur Ziehung habe. . Sin anberer
ähnlicher, ebenfo oft gefundener Srrthum ift ber, baß man glaubt,
ber ganje ®eift be* 3Kenfchen beftehe nur au« ben äußeren
Sinne*thätigfetten ober gehe nur au* biefen h^toor. 3>on biefem
©eficht*punfte au* ift man jioar auf bie frühe Srjiehung be*
baa)t, aber man bitbet nur bie äußeren Sinne unb baburch bie
ihnen entfprechenben 35erftanbe«finne au*, unb bie mistige $il=
bung be* (Sharafter* unb be* ®emüth* bleibt auch rnnacfc
««Igt
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271
XXII. Pie gonblung.
Selbft ift ber Itaini — benn felbft ift bie Ztjat unb felbft if! bie liiflenb.
«Ja* bu ju legten ba« irinb? tfraflft bu »od*? — IW e« ba« Selbf» !
1. 3)ic «tlöftcrjicljung.
ÜDie SMenfctyennatur be« TOenfd^eu, oon toelcfyer bie (Srjielning
ntcfyte wegnehmen unb ju toelc^er fic nicfyt« fyingutfyun fann, foH
bur<$ fie bie mögüctyft oollftänbige (£ntnncflung ermatten. $)iefe
(Sntwitflung gefd^ie^t burdj bie möglictyft jioecfmäBtge £fyätig*
feit (Uebung) ber fämmttid?en ®etfte$fräfte. 2Ule geiftige S^ättg*
feit Ijat, toie mir miffen, jmet ©Raffer, bie (Sinroirf ung ber
Slujjentoelt auf bie Sinne, unb bie ©egenmirfung ber Sinne
auf biefe (£tnn>irfung. £)ie (Sintoirfung ift ba$ SÖHttel, meldte«
bem (£rjiefyer ju ©ebote fteljt, um bie ©egentoirfung , feinen
3*oecf, fyeroorjurufen. 3Me gange (£r$iel)ung felbft be*
fteljt in biefer ©egenunrfung. 2Btr f&nneu, um uns
biefe mistige föa^eit no$ beffer ju oeranf$auli<$en , bie i£r*
jiefyung mit ber Leitung oergleicfyen. 2öte unmittelbar nu$t ber
5lr$t, ni$t bie Slrgnei tyeilt, fonbern bie ÖebenSfraft felbft, inbem
fie, bur<$ bie Slrjnei angeregt, in ©egemoirfung gegen bie Sfranf*
Ijeit tritt, fo erjie^t unmittelbar ntdjt ber £r$ie$er, ntyt bie (Sin*
mirfung ber lujjemoelt, fonbern ber ®etft fi$ felbft, inbem er
ber (Stnmirhtng entgegentritt.
2. 2)ie ©cfommtwtrtiing Her ©eifttäträfte.
5Dtc SinncStfyätigfeU ift boppelter 2lrt. £)ie inneren «Sinne
finb tljeilä naefy aujjen, naefy ben äußeren (Sinnnrfungen Ijin tfjätig,
tl)eil$ nadj innen, inbem jeber «Sinn in feiner £ljätigfeit auf bie
iljm bertoanbten «Sinne eimoirft, unb biefe mieber auf bie
Grintoirfung jurücfttnrfen. üDa ber menfd)lidje ©eift ein leben»
bige* unb IjarmomfcfyeS ©an$e$ ift unb fein fotl, fo foll ieber
Sinn möglkfyft toenig abgesoffen für fic$, fonbern er foll mb>
li^ft in S5erbinbung unb in Harmonie mit ben übrigen Sinnen
tfjätig fein. $)iefe naturgemäße ©efammttoirfungber ® etfteS*
fräfte ift baS, ma« mir £anblung nennen. CDiefe« Söort in
^Phrenologie unb (Srjictyung
ber roeiteften Söebeutung genommen, monac^ auch jebe &um W>*
fe^fuB gekommene ®etfte«ftlmmung ober ®efinnung £>anblung ift.)
3. 2>ic £anblung ift Hirtel uab &mä.
Da bte harmonifche unb" naturgemäße Xhättgfeit ober Uebung
ber fämmtlichen ©etfteSfräfte nur im ©anbeln beftefct, fo ift baä
einjige bittet ber @r$ielnmg, ba$ #inb ftc$ im $>anbeln üben
ju laffen. Unb bie £anblung ift nid^t nur ba« einjige Sftittel
ber (Srjieljung, fonbem au$ ber einjige &wed, ba« ehtjige $iel
berfelben. Denn biefe« Biet befielt, mie mir Hüffen, eben in ber
harmontfthen 3:^ätig!eit aller <3inne. Die (£rjiehung«lehre läßt
ftdt» baljer in biefe jmei Sorte jufammenf äffen: ber Btoecf ber
(Jrjie^ung ift, baß ber 2J?enfcfy richtig (b. i. naturgemäß ober fyar*
monifch ober fittfidt) frei) Ijanbeln lerne; ba« einjige Sftittel ju
tiefem ■ $mt& ift, baß ber ju erjtefyenbe 9Henfd) ftdi in biefem
richtigen §anbeln übe.
4. C^infeittgc Cf-rjicij min-
Dte ausgekrochene ©atyrhett ift fo flar, baß fie fidt) ton
felbft ju berfteljen fd^eint. Allein man erfennt unb befolgt all*
gemein bte in biefer Wahrheit für bie (£rjiehung gegebene 2$or*
fchrtft nur in gemiffen ein je Inen Sejtehungen. Um j. 23. bem
tinbe bie Äunft be« Schreiben« ober be« Singen« ju lehren,
läßt man c« fich in biefen Äftnften üben; man toeiß, baß bte«
ba« einjige Littel ift, biefelben ju erlernen. Söo^l macht ba«
Ätnb anfang« biete ftehler, aber man fyäit biefe, tote fie e« ftnb,
für unoermeibltcfy : benn bamit ba« $inb irgenb eine $raft ge=
brausen lerne, muß e« erft biefe Straft burd? ben (Gebrauch fennen
lernen, fie in feine (bemalt befommen. Die gemalten ftetyzt
ftnb nicht« anbere«, al« noch ungeregelte X^ättgfeiten biefer Äraft:
biefelbe bleibt enttoeber hinter bem erforoerten 9)£aß ber X^ättg*
fett jurücf, ober, gewöhnlicher, bte noch ungezügelte, lebenbige
^raft überfchreitet biefe« üftaß unb fchmanft ftberbte« allenthalben
feilroärt« bon ber SRegel ab. Die ©triebe finb ju ftarf unb un*
gleich, *™ £°ne r°l?/ unfid^er :c. Sllletn biefe richtige (Srfenntniß
in gemiffen einzelnen fünften ber (Srjtehung erftreefte fidt) nic^t
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Uübrencloatc unb ©riiefunta
273
auf ba« gro§e (^ange, bie §auptfa$e ber Grräiefyung. Die
<£rjieljung mar gemBfntüd? eine euifeittge unb mußte e« fein, tt>eil
man bie oerfdjnebenen einzelnen ®eifte«rräfte ni$t fannte, alfo
ifyre atifettige ober ©efammtarirfung ni$t in« Stoße faffen fonnte.
Söeit man }. S&. SSerftanb, Gtyarafter, ©emüty für gule^t Sin«
unb baffelbe fjielt, fo meinte man, ben S^arafter, ba« ©emütty
fc$on bur$ unb mit bem SBerftanb ju bilben. Die (grjie^ung
gli<$ fo — ba bie 23erftanbe«finne fi<$ ju ben übrigen ©innen
ettoa begatten mie bie 2^eotie jur ^rarte — ber 2lu«bi(bung
eine« fünftfer«, njel^em man bie £fyeorie, aber ntd^t bie ^ßrari«
fetner Shtnft gelehrt, eine« 3Ka(er« 3. 53., meiern man auf«
befte gefagt unb gezeigt, tote man malen müffe, bor beffen Slugen
man bie färben gemifa^t, meinem man ben (Stift unb ben ^ßinfet
in bie §anb gegeben unb bie £>anb geführt Ijätte, oljne baß
biefer jemal« fctbft unb felbftftänbig ft# im Sparen oerfucfyte.
2Bel$ $n fünftler! ©erat er felbft feine fünft ju üben be*
ginnt, meiere große unb ftnbifttye geiler mirb er in ber 3ufant*
menfefcung, in ben ^ormenberfyättniffen , in ber ^arbenmifc^ung
machen !
5. ©iffen unb Sonnen.
SGßeun man einem 9ftenf<$en bie große fünft be« Seben«,
bie fünft ju Ijanbetn, in ber betriebenen Söetfe geteert, ift e«
ein JBunber, toenn er trofc atte« ÜBiffen«, n>ie er Ijanbefa foU,
boefy bie fünft &u fyanbeln ni^t oerftebt! toenn er trofcbem, baß
fein ftuß, fo lange er geführt ttntrbe, mental« ftraucfyctte, bann,
toenn er allein geljen fotl, allenthalben unb gerabe an ben ge*
fä^rtid^ften ©teilen anftößt unb 00m regten Söege abirrt? 9ftan
!ann baljer ben $ortfd)tttt oon ber bisherigen einfeitigen <$r*
Sieljung, Ijerborgegangen au« ber mangelhaften fenntniß ber
menf$li$en ®eifte«natur, ju ber umfaffenben ober atlfeittgen <£r*
jie^ung, tote fie al« ein prafttfd^er 2$tü ber Phrenologie fi$
barftellt, unter anbern at« einen ftortfdjritt oom (einfeitigen)
©iffen jum (atlfeittgen) tonnen bezeichnen. Die bisherige St*
jie^ung tt>ar eine Ziehung jum ©iffen, bie Grratehung ber $u*
fünft mirb eine Stjtehung jum können fein. Da« SSiffen aber
@d)et>e, $t>renoIo9ifdje »Uber. 3. «ufl. 18
274 Wrenofogie unb <Sr$iefcung.
ift ©enig, ba« Tonnen ift 93iel, — ba« ©iffen ift bem 9Henf#en
ton Anbeten geteert, ift geliehene« $ut, ba« Tonnen ift t>om
9ftenfc$en felbft gelernt, fein (Sigentlnim, — ba« Sötffen ift ber
Liener, ba« fthuten ber £>err, — ba« ffiiffen ift <S($n>ä($e, ba«
können @tärfc, — ba« ©iffen fann ba« tfafter fein, nur ba»
können ift bie lugenb, — ba« Söiffen fann ber Job fein, nur
ba« können ift ba« tfeben.
XXIII. Pte Trciljrit ber ganMung.
Ia8 »inb mag immer finbifd> Rubeln,
So tinbifcb, wie ba# ffinb Ol tarnt:
60 tuirb ba* Mino jum Wann fidj »anbei«, —
(Sin rechte* ttinb, ein redjter iRann.
1. Tic eigene <£rf abrang.
£)te Uebung in ber tunft ju ijanbeln, ber ffyoierigften
unter allen fünften, tnujj au<$ am frtiljeften beginnen. ÜDie
®cifte«fraft — nüe bie $8rperfraft — muß frity fic$ „fälligen-,,
bamit fie frity $um üflaB, jur Harmonie, jur „Slnmuty" jurücf*
fefjre. £>te ®eifte«tyätigfeit be« tinbe« fei baljer bon tyrem
erften <£rma$en an na$ aßen Seiten fytn meg(i<$ft frei, unbe*
föränft: man (äffe ba« tinb felbft Ijanbeln, gebiete ober berbiete
itnn fo menig al« mflgltcfy, toenn ntcfyt ein befonberer unb fcrin*
genber (&runb für ba« ©egentljeü fpricfyt. 3ft eine Leitung n&t^ig,
fo (äffe man fie ba« $tnb nic^t füllen, e« glaube, felbftftänblg
ju fyanbefn. 3Bol)l Ijanbelt ba« $inb finbtfö tfjöricfyt, aber foü*
e« männlich toeife ljanbeln? 3ft nietyt bie eigene (£rfa!jrung bie
befte, ja bie einjige toaljre Celjrmeifterin be« Seben« ? 2flan neljme
bodj bem $inbe ntc&t biefe Öe^rmeifterin, jumal ba fte bom #inbe
feinen, bom 3üngling, bom Spanne einen allju tjoljen Sekrete
forbert. 3Me Unbefonnenljetten unb fc^orfyeiten be« SHnbe« fwb
itiiftyMty, toeil fie natürlich finb, meif biefe 3a$re bie SeWaljre
in ber Sfcmft be« $raftgebrau<$en« , be« §anbetn« fmb. £>at
aber ber Süngling, ber 9ttann biefe Äunft no$ mc$t erlernt,
bebarf e« für tyn jur Selbft* unb Seben«fenntnijj, jur Sättigung
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«Phrenologie unb (Srjie^ung.
unb {Regelung ber föraft erft nodj ber unbefonnenen unb ttyöric^ten
£anblungen, toelcfye tn« $inbe«* unb Knabenalter gehören, fo
Rängen fidj fyteran f#toere unb üble folgen, ungerechnet, baß bie
»erfäumte ßefyrjeit !aum nacfygeljott, bie $unft be« felbftftänbigen
£anbcln« nur ferner no<$ toom 9ftanne erlernt nrirb.
2. $er e$arafter.
9toc$ ein anberer ©runb fommt tjinju. 3e großer bie Kraft
be« Reifte«, be« (^araftcr«- ift, befto me^r mac$t fic fu} fc$ou
beim Kinbe, nac$ «Sättigung brängenb, auf naturgemäße, finbifdje
Seife, in £anblungen ber Unbefonnenljeit unb be« ättutljnriüen«
geltenb — trofe $afyfreidt)er (Gebote unb Verbote, ja jum SJT^eit
gcrabe in ftolge berfelben. (Spfotal, Oppofitat.) £>urcfy foletyc
Gebote unb Verbote ttrirb bafyer ba« tinb veranlaßt, feine an
fidj Ijarmlofen §anblungen für unerlaubt, für böfe $u galten,
unb toirb fo feine« foftbarften ftttltcfyen ®ute«, feine« reinen ®e*
Hüffen«, f$on frül) beraubt, liefern SBerluft folgen unmittelbar
anbere naefy. £)a« Ktnb fuebt feine §anblungen ju oerbergen:
feine 9lufri$tig?eit, feine Söaljrfyaftigfeit geljen berloren. (§« muß
beftraft, toicberljolt beftraft »erben, unb e« fcfytotnbet mit ber
fteigenben 0ur$t sor bem (Srjiefyer bie Siebe, ba« Vertrauen ju
ifym :c. So nimmt bie ganje ®eifte«tfyätigfeit bie falfctye tötefc
tung, fie toirb eine niebere, ftatt eine Ijoljere-sn »erben. Gr« ift
ber 3toecf ber Sraie^ung, baß bie nieberen Sinne, Dppofitaf,
Petita! , «Secretal it., toetc^e burety ifyre oorragenbe <5nttoicflung
beim ftinbe ber finbiföen Kraft unb £ljätigfeit $um ®runb liegen,
fo früfy als m&glt<$ unter bie Leitung ber fyityeren <Sinne, (Son=
fciental, SBeneratal, ©onital :c., treten. Unb bie« gefdjieljt, toenn
ba« Kinb offen unb frei, in ftreube unb ßiebe, in Unfcfyulb unb
Vertrauen feine finbifcfye Kraft ju Ijanbeln unter ben Hugen be«
Srjie^er« oerfucfyt, toclctyer gleicfyfam bie Xfjätigfeit ber pfyeren
Sinne beim Kinbe, fotoeit biefe noefy feljtt, erfefct unb oertrttt,
unb fo ba« Ktnb burety bie ungeregelte, unoerftanbene jur ge*
regelten, »erftanbenen Kraft, jur freien Sitte, Einleitet. Sinber«
bei jener tjemmenben Grr$ieljung«toetfc be« Gebieten« unb 35er*
bieten«, SBertoetfen« unb ©trafen«. §ier gefyt jugleu} mit bem
18*
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276
3mecf bet ßtjiebung au$ bie 9)?oglt$fctt bet notfjmcnbigen 9luf-
ftc^t übet bic #anblungen be« ätnbe« betloten. Unb fo metben
nic&t feiten getabe bic tücf>tigften Reiftet, beten fptubelnbe Sftaft
bei einet tid&ttgen Leitung ben SSotjug unb ba« <$lücf be« ÜWenfctyen
begttinbet Ijättc, but<$ eine falfctye <£tjieljung gebeugt, mtfcleitet,
oetbetbt. 3ft im anbetn $all bfr ®eifl be« Äinbe« ein minbet
ftäftiget, fo tuitb butefy bie gebadete (&r$ieljung«tt>eife bic <3elbft=
ftänbigfeit fetyon im Äinbe obet im Änaben etbtücft, beten Grt*
machen gefyinbett; c« ttitt niemat«, mebet fräßet noeb faßtet,
eine 3eit bet felbftftänbigen $taf täufcetung , ein ©ebütfnijj bet
Ätaftfätügung ein, eben mett bie $taft feljlt. £)ie %ol$e ift bie
gleite: ©d&mäd&c, Unfelbftftänbigfeit, SWangel an X^atftaft. $üt=
toa^t, eine $öljetc, fitttify? Staft tljäte bet SWcnf^^cit noty, be*
fonbet« in unfetet 3eit, ba mit bet fo mett ootgefötittenen Sil*
bung be« SBetftanbe« feine«meg« au$ bie fittlic&e Silbung gleid&en
ec^titt gehalten. Det G&ataftet ift'«, bet allenthalben fe^lt.
üflan bliefe in« geben ; ni#t fölety, nidjt böfe finb bie 3ttenf$en,
fie finb e« ni<$t unb finb e« nie gemefen, abet fie finb f($toa($,
unfetbftftänbig. «Sie motten nic^t ba« 8<$lecfyte, ba« fiebrige,
abet fie geben iljtn naety, roeil fie batübet 311 Ijettfcfyen nietyt bie
ittaft tyaben. Untugenb, Saftet, ©ünbe — e« ift <S($mäc$e!
XXIV. Die üilbung be« «fmütljs.
SBet bie Siebe be« ftinbe* burdj fliebe getoeeft,
Ter |rt ber drjietjuna ®el>eimmft entbeift.
1. 2)ie öielfö^e <£rjte&ttii8.
$)ie menWlüfye ®eifte«tbätigtcit ift immet eine mefjt obet
roeniget allgemeine, infofetn jebe (Sintoitfung bet SluBenmett
au* nut auf einen einzelnen Sinn utdu blo« biefen jut
©egenroitfung antegt, fonbetn butefy bie 333e$felttntfung biefe«
Sinne« mit ben ifym oettoanbten ben ®cift im Allgemeinen in
X^ätigfeit bringt. Riefet allgemeinen ®etfte«t!jätigfeit gegenübet
ift au$ bie Aufgabe bet (£t$ieljung eine allgemeine, e« ift bie*
jenige, t>on meldtet mit bi«ljet gefttod&en. Allein bie Reifte«*
tfyätigfeit ift au$ infofetn eine befonbete obet einzelne, al« ein
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^renoloflie unb (Srjiel^ung. 277
einzelner Sinn bur$ bie (£intt>irfung ber Slufeentoelt unmittelbar
unb borjugÄtoeife $ur £l?ätigfeit fommt. 3n Segug auf
biefe (£in$eltl?ätigfeit be« (Reifte« ift audj bic Aufgabe be« (Sr*
jieljer« eine einzelne ober befonbere, b. i. eine fo btelfacfye als
e« einzelne Sinne giebt. SDtol fann, toie nur eben getljan, bie
Sinne in bret Staffen einteilen, toornadj bie Hufgabe be« @r*
jietyer« im (fangen eine bretfaetye märe. Slüein ba wir bon einer
befonberen 2)etra<$tung ber nieberen Sinne tyier abfegen tönnen,
fo ift bie Aufgabe ber (Srjietyung im fangen eine jtoeifadje: bic
«Übung ber ®emüfy«finne unb bie ber SBerftanbe«fhmc. ©iefc
Trennung ift fetyon ber Spraye geläufig, tnbem man bie erftere
Mbung @r$iefjung (in engerer «ebeutung), bie (efetere Unter*
rietyt gu nennen pflegt.
2. ©o<ooflen.
©a« $inb mirb tljeil« bon feinem Qrrjieljer (bon SBater,
SJhttter, Seljrer), tljett« bon feinen Spietgenoffen, anbem ßinbern,
erjogen. 93or Altern metfe ber (Srjieljer felbft bie ®emütlj«fmne
be« ßinbe« jur £tyätigfett. ©er Grrgte^er fei loo^tmoflenb, gut
gegen ba« $inb, er liebe ba« $tnb: bie Siebe ift bie Seele
ber <5r$teljung. Siebe fc^afft 8ie*e, ®«te ma$t gut. ©er <£r*
Sieker fann nid^t ju liebebott, ju gütig gegen ba« $inb fein,
©er üttenfa) entbehrt für fein ganje« Seben biet, toenn er at«
Äinb bie innige, tiefe Siebe ber SWutter entbehrt $at. <S$rtftu«
t)at an bie Spifee feiner Se^re ba« ®ebot ber Siebe geftetlt.
Söelcfye geiler au$ unferer &\t Wulb gegeben werben fennen,
bie 3D?enf^eit ift gütiger, menfd^li^er geworben, al« fie mar.
28ie biet aber Ijter noefy $u tljun übrig bleibt, geigen bie fronen
unb ebten ©emüljungen gur SBerfyütung bon Tierquälerei.
«
3. ftcfttflfcit.
©er (Srgieljer fei feft, entf^ieben, fi<$er in feinem Söenefymen
gegen ba« ßinb. So wenig er au$ gebiete ober berbiete, loenn
ba« ®ebot ober Verbot gegeben ift, fei e« unwiberrufli<$. Otyne
®etyorfam ift jebe (Srjieljung unmftgft$. Unb ber ®e^orfam muß
ein unbebingter fein, benn ein bebingter ®efyorfam ift fein ®e*
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278
^Phrenologie unb erjiefcung. *
fyorfam. Slbgefeljen baten, bafe vernünftige fteftigfeit feft mat$t,
fo roirb aud> bem ftinbe bet (#cf>orfam fcfjr erleichtert, toenn e«
biefen al« einen unbebingten fennt, toenn e« ni(fyt mit fi$ erft
&u föatlj gu geljen terfucfyt ift, ob e« geljordfyen ober ntcfyt ge-
Ijorctyen foll. So tiele (Srjieljcr, befonber« 9Wütter, obiooljl im
Uebrtgen toll ©emütlj unb 33erftanb, machen fi<$ ba« Grräiefyen
unb bem Äinbe ba« ßrjogemoerben nur baburefy fd^toer, bafe fic
nicfyt feft ju fein hriffen. SDicfer in ifyrer Sltlgcmcinljeit nidjt
naturgemäßen ©d(m>ädje liegt tfyeil« bie irrige 2(nfictyt jum <&runbe,
bafe bie gute (Srsietyung in meglictyft tielem Gebieten unb 35er*
bieten beftetyc (ftatt umgefefcrt), tooburd? eine feftc Durchführung
ber (Gebote unb Verbote unmöglich »erben nun), theil« ber 3rr*
trnim, ba§ bie (£r$iefyung erft mit bem toll entioicfelten Söerftanbe
be« Äinoe« beginne, ttoburch man e« terfäumt, früh genug gegen
ba« ttinb feft $u fein, unb fpäter natürlich ba« 33erfäumte nicht
nac^^olen, ba« ^erborbene nicht leicht gut machen !ann. 2£a«
ton bem Gebieten ober Verbieten, baffelbe gilt auch tom Drohen.
(Sine Drohung ift ein $efefc. ü)can brofyc bem $inb fo ttenig
al« möglich, aber bie au«gefprocbene Drohung mufj unnachfi<htlich
ftolge ermatten.
4. ©ettiffcnWtiflifit.
Der Grjieher fei getoiffenhaft, b. i. n>afyr unb geregt gegen
ba« tinb. Der (Steher fei toahr gegen ba« äinb, menn er
toünfcfyt, bafe biefe« maljr gegen ihn fei. Die häufigen Säuföungen,
bie fith manche <5r$ieher (grjie^erinnen) gegen ba« $tnb gum
3toecf ber Leitung beffelben ertauben, finb fefjr tertoerflich. Da«
Einb terfteht tto^l Anfang« bie £äufchung nicht, aber e« fühlt
fie, unb fcfyon biefe« (Gefühl genügt, um bem $inbe ba« £äufchen
anzulernen. sticht einmal im ©djerje foüte man bem $tnbe bie
Unwahrheit fagen: ba« Äinb lernt im @<her$e baffelbe tlnm
unb tljut e« im (Srnfte. Der Crr^ieljer fei geregt gegen ba« $inb :
Unrecht erbittert, empört fd)on ba« Ätnb; ber (Srjie^er termeibe
baljer auch ben Schein be« Unrecht«, er begünftige nicht ba« eine
Hinb tor bem anbem, er ^alte bem $inbe fein 33erfpre$en , er
belohne unb beftrafe nach 93erbienft. Belohnungen, nicht $u häufig
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^rcnofogic unb ßrgie^ung. 279
gegeben, entfprectyen beut &tt>ed ber Grrjieljung beffer unb finb
urirffamer al« Strafen. $)a bie Strafe, ein ÜWittet, bie Stimme
be« finblid^en ®cttriffen« ju toerftä'rfen, ein beut finbe gefügte«
liebet ift, fo barf fie nur feiten, nur in ber SftoUj in 5tnmenbung
fommen. 3n ben meiften gatten, befonber« ioenn ntd&t ein »er*
jogene« tinb crft erjogen »erben foll, genügen bie ntilbeften
(Strafen. £>er @r$ietyer Ijat ba« $ß#e erreicht, menn f$on fein
Umritte sur Strafe genügt. £u häufige ober ju ftrenge Strafen
brücfen ba« ®emütlj be« f tnbe« nteber, f$ma$en ba^er bie £$ä*
tigfett ber ®emtity«finne, ftatt fie gu oerftärfen. 3u Ijäußge ober
ju ftrenge Strafen finb $u bieten ober $u ftarfen Slrjneien ju
tergleid^en : biefe machen ben ÄBrper, jene ben (Seift nur fränfer.
£>ie ftätte ftnb fo Ijäufig, baf? finber bur<$ eine Ijarte (Srjietyung
miberfpenftig , bo«ljaft, Ijeimtfitfifcfy geworben finb. ©ie fönnte
ber $>rucf anbcr« at« nieberbrücf en !
5. $ere$ntng.
3nbem bet Qrrjiefyer tiebebotl, feft, maljr, geregt gegen ba*
tinb ift, fo bitbet er, mie er foll, für ba« finb ben (Segenftanb
ber SBereljrung. £)ie Gritern fotlen beut ftnbe ni<$t fagen
müffen, baß e« feine $fli$t fei, fie ju eljren : aud) ermetfen ©orte
ni<$t ba« ®efü*l, meit fie fein ©efü^l finb. %n bie SBere^rung
gegen bie (Sltem rei^t ft<$ beim finbe bie 3Sere^rung gegen ®ott,
ben SSater 2111er, an. befonber« aucfy $ier toede man ba« ®e*
füljl bur$ ba« (gefiel, bermeibe bloße ©orte, «et paffenben
33eranlaffungen ftimme man ba« §erj be« finbe« jur 33ere$rung
gegen ben 23ater im Gimmel. üflan fprecfye be« borgen« unb
be« 9lbenb« au« ber Seele be« f inbe« mit üjm einige ©orte be«
lebete«, be« £)anfe«, ber Söitte. (5« ift ni<$t gut, ba« finb ein
®ebet, menn au<$ no<$ fo fur$, au«menbig lernen unb fagen $u
laffen. $)a« finb mag ber SWuttet einige ©orte nacfyfprec^en
ober blo« Juroren, bt« e« fetbft au« bem £erjen einige ©orte
fpre^en lernt.
9luc$ bie Anregung unb £fyätigfeit be« Sinne« ber Hoffnung,
ber $>eüerfeit be« (Semütfy« ift für bie (Srjteljung mistig, ©ir
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^tfnotogie unb (Sqiefang.
^aben oben gefefyen, ba§ C^tücf, ftreube, £ugenb ein* unb baffetbe
finb. So tote nun bie Xljätigfeit ber ljityeren Sinne jur Reiter*
felt, jur ^reube ftimmt, nüe ®utfjeit frolj ma<$t, fo regt tljrcr*
fett« bte $*cube tene Sinne jur £fjätigfeit an, fo mac^t bie
ftreube gut. 3Wan trage bafyer Sorge für bie ^reube be$ Äinbe«,
für bie ^eiterfeit feines ÖJemütfyS. (5in $inb, ba$ immer frofy
ift, toirb nic$t leidet ein böfer 9)Jenfc$ »erben.
7. Wadjalmtuiifl.
SSon großer ©iebtigfeit für bie (Eqitymg ift ber
afjmungsftnn, toeld?er beim äinbe fetyr frity ermaßt unb bie In'er
beftorodbene SRegel ber <£r$ieijung, — bie Sinne bur$ beren tä-
tige Anregung ju enttoufeln, — no<$ ganj befonber« unb toefeut*
ltcf> unterftüfet. Seit früher, al« ba« #inb bur# ben Eerftanb
ju unterfcfyetben oermag, ma$ gut unb böfe, ebe( unb niebrig,
tugenbljaft unb lafterfyaft ift, lernt e« bur$ ben bltnben Sinn
t>er 9ia<$afymung füllen unb beuten unb fyanbetn, mie fein Grr=
jieljer, feine Umgebung fti^lt unb benft unb Ijanbelt.
XXV. Die dniehuna brs Tttntirs burdi ba» fitnb.
- «in IKnb ift gflttüd&et Statut;
^rü^ettig cht' es. $a(f e« wie ben ««gel.
Scopol b Sdicf er.
1. Tic yiotötocitbigtctt ber gefelltgen Cvrueliuns.
$>a$ tinb toirb tfjeit« bon feinem (Srjteljer, tljeilS oon feiner
übrigen Umgebung, oon feinen 2lfter«= unb Soiefgenoffen, erjogen.
Unter biefen ©rjietyungen ift bie lefctere bie mistigere, ba nötigen*
fall* luoljl jene, aber nitfyt btefe entbehrt toerben fann. <£« märe
einem Crrjietyer unmögu'd), ein tfinb allein gut ju erjie^en,
trä^renb man anbererfeit« oon (SItem, toelcfye, bur<$ Jöeruf«-
gefcfyäfte oertnnbert, um bie ßrjiefyuug tyrer jaljfreittyen, aber boefy
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^Phrenologie unb (frjie^iutg.
281
moljlgeratyenen Ämter fi$ nur menig fümmerten, m$t fetten ba«
ma^re 2öort au«ftre#en fy&rt, mit ba« etfte flinb bebürfe bet
<5r$iefmng, *K anbeten erlogen ft$ felbft. £ie Sftot^menbigfeit,
baj? ba« Äinb in ©efellföaft mit anbevn tfinbern lebe, ift barin
begrfinbet, bajj ba« ©efen ber <£rjiefnmg in ber Uebung jttm
$anbeln beftefyt. $)a« $inb foll burety Uebung lernen, einft unter
feinen ÜÄttmenf^en ri^tig, b. 1). in allen ©ejieljungen menfc$li<f>
mürbig — fittlicfy frei — ju Ijanbeln. 3Mefc Uebung aber mürbe
bem $inbe, menn e« allein märe, fehlen; faft feiner feiner Sinne
fönnte ft$ au«leben, fi$ fättigen; bie praftifcfye Selbftfeimtnifi
unb ÜDfenfd&enfenntntj? ginge für ba« Äinb berloren. Grtn #inb,
meld&e« allein erjogen mürbe, mürbe j u tn Meinfein erjogen mer*
ben, ma« eben im bollften Siberfprucfy mit bem $wed Der ^ts
Jteljung ftünbe. $)a« 3ufammen^e^en mehrerer ßinber ift baljer
eine ©runbbebingung ber guten (Srjteljung. 3c jafylret^er bie
ßinber unb je berföiebeneren Sljarafter« fie fmb, befto beffer.
SBenn batyer in einer ftamilie m menig tinber etyntittyen 2llter«
fmb,. fo fotten fi<$ mehrere Familien bereinigen, tyre Äinber tag*
li$ einige Stunben — am beften im freien — aufammen fein,
jufammen ftrielen gu laffen.
* ^tr'W *"Vv»V*»V* » V • •* »■ V ♦
£)ie Aufgabe be« Orrjiefyer«, melier bie fpielenben Äinber
beauffietytigt , ergtebt fiefy na$ bem Bi«r)ex ®efagten bon felbft.
£>a« $inb Ijat jtoeierfei Neigungen, niebere unb ^5t)ere. Cr« fyat
bie Neigung ju ftreiten, Ijeftig ju fein unb $u jerftören, oerfteeft
unb ^interliftig $u fein, bie Sttnge au«f$üefctic$ fic$ anzueignen,
ftolj unb abftojjenb ju fein jc. Slber e« $at au<$ bie Neigung,
fügfam unb ehrerbietig $u fein, geregt unb mafyr m fein, gut,
ttebeboll, mUtfjcitenb ju fein, ba« ßble unb «Schöne $u lieben ic.
SBürbe ba« Ätnb, ober mürben alle Äinber nur jenen erfteren
Neigungen folgen, fo mären fie einer &aty fleiner milber £ljiere
äfjnli<$, e« mürbe fein allgemeine« 3ufantmen(eben / fonbem eine
allgemeine Trennung, ein Kriegen unb Streiten aller gegen alle
ftattfinben. golgen aber bie tinber ben teueren, leeren SRei*
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^«nofogie unb (Brjietyung
gutigen, fo gleiten fie 3D?ciifcf»cii , eblen 2ftenfctyen, toelctye in ge*
fettiger Bereinigung gufantmen leben, toeldjie fidt} achten unb lieben,
gerecht unb toafyx gegen einanber finb, ftreub unb Selb in Siebe
unb triebe mit einanber feilen, — alle mit allen unb ieber
mit fidt) felbft in Harmonie. Sollte e* fd&toer fein, bie Äinber
auf ben teueren Seg ju leiten? SKein, fte lernen ja balb er*
f ernten, bafe biefer ©eg jugleidt) ber be« ®lücfe«, ber $reube ift.
Sinber lernen lei$t, menfcfylidt) — fügfam unb geregt unb toafyr
unb Itebeoott — gegen einanber fein unb tyanbeln, toeil fie in
biefen <&eftmtungen unb §anblungen iljrc eigene ftreubc finben
lernen. Die $inber finb gern gut, toeil fie gern frolj finb,
toetl fie $tt>ifdt)en £ugenb unb ®lticf einen Unterfdt}ieb , ber nic$t
ift, nict)t fennen. SBoljl fcerfctyttnnben anbererfeitä bie nieberen
Steigungen be« ÄinbeS nidt)t unb f ollen nic$t fcerfdjtoinben, aber
ba$ $inb lernt e$, fie mit ben Ijöljeren Neigungen in ßtnflang
ju bringen-, iljncn unterjuorbnen. Da« $inb barf unb fott
ftreiten, aber für ba« ®ute unb 9tedt)te, e$ barf unb fott oer*
heimlichen, aber in ebler Slbficht, g. 53. um 2(nberen eine frohe
Ueberrafchung ju bereiten, e« barf unb fott ©gentium beftfeen,
aber nicht frembe« beeinträchtigen, e* barf unb fott ftolj unb
abftofccnb fein, aber gegen ba« fiebrige unb Schiebte zc.
SBoljl ift e« eine eble unb Ijofye Äunft, ba$ $lei<hgen>icht, bie
Harmonie unter atten biefen mannichfaltigen Neigungen ju
finben unb gu galten; aber toeil bie Äunft eine menf dt) liehe
ift, fo ttnrb beren (Friemen bem 9)?eufd)en nicht att$u fchtoer.
Doch lernen tnufc ber Sftenfch biefe Äunft, burch frühe eigene
Uebung lernen. Der <5r$ieher fyaite unoerrüeft im Sluge, bafc
er bem $inbe biefe tunft nicht unmittelbar lehren, bafc er tl)m
nur Anleitung geben fann, fie felbft ju lernen.
r
—
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^bjenologie uub ©rjieljung.
283
XXVI. Pir lilbung b« UrrRanbrs ober ber »nterrt^t.
9Jenne be* (ttjie^eri, nenne mit bei ßetyrer* fjobe $flid>ten,
Taft pir mit QJcic&e* £$ärfe bet »erufe «kttftteit fd|li#teii.
$er Crftteber unb bet Sebrer beben nur bie eine $flid)t,
In JBerufe inn're Sinbeit burd» bie Xbat ju trennen nidjt.
1. Uiitcrfrfjicb jtutfrljcn (?rjtclntmj unb Untcrrirfit.
Der Unterfdneb jw?ifct)en ben ®emütlj$ftnnen unb ben 5$cr-
ftanbe«finnen ift in 93e$ug auf bie (5rjieljung«frage fein mefent*
fidler. Die ©emütljäfinne tonnen gemiff ermaßen auc$ SBerftanbeä*
finne, bie SBerftanbeSfmne audj ®emüth$finne, alfo bie (Srjteljung
fann genriffermagen aiu$ Unterricht, ber Unterricht auch Grrjtefyung
genannt toerben. Denn inbem 5. ©. ba« $tnb bürde) ba« $ei--
fbiet.unb bie Anregung feiner Umgebung mohlmoüenb, religio,
genriffenhaft tc ju fein lernt, fo erhält e$ bamit jugfeich einen
Unterricht, e$ lernt bie betreffenben SBerljättniffe, feine eigenen
(Gefühle unb beren Sicherungen fennen. HnbrerfeitS ift j. $3.
SRealttal (baS unter 9lnberm bie Neigung begrünbet, (Sammlungen
bon Sachen anzulegen) gemifferma§en ein ($efüfyl für «Sachen;
ober e$ fann 9ftuficatal ein ©efüljl für X8ne, für 2)iufif genannt
merben, auch abgefehen baoon, baft biefer Sinn bie ®emüt^§finne
jur X^ätigfeit anregt. 3n 53ejug auf ben 3 * e ^ *>er ©rjietyimg
finbet ooüenb« jmifchen ber 33tlbung ber ®emüth«finne unb ber
3?erftanbe$finne gar fein Unterfchicb ftatt. Denn biefer $a>td ift,
toie n?tr roiffen, eben bie ^armonifc^e Efyätigfeit ber fämmttic^en
bereinigten «Sinne, als ®runblage ber fittlichen Freiheit be«
SRenften. Die fittliche ftretheit märe ebenfotoenig m&gltch, menn
ber aWenfcty außer ben nieberen ©innen bto« bie $erftanbe«finne
hätte unb ihm bie ©arme bc$ ©cmüth« fehlte, als menn er bloS
bie ©emütfjSfinne befäfee unb baS ßidfrt ber 2?erftanbeSfinne ent*
beerte. (SS mar einer ber SDfangel ber bisherigen Grr$tehung, baß
bie mefentttdje (Einheit beS 3toe(^c* üon (Srjietyung unb Unter*
rieht nur ju häufig berfannt mürbe ober unbeachtet blieb.
2. MtaUtal
3n SBejug auf bie Uebung ober <£nttt>icffung ber 33erftanbcS*
finne ift es — mie bei ben ®emüty«finnen — bie Hufgabe beS
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284
^rcnofegie unb (Srjie&unfl.
(Srjieher* ober SehrerS, bem Grnoachen ber einzelnen Sinne ju
folgen unb für bie naturgemäße T^ätigfett berfelben, gleichfam
für ihre sJiahnmg unb (Sättigung, (Gelegenheit unb 23eranlaffung
ju geben. (£iner ber tticbttgften unb beim $inbe am früheften
erroachenben 93erftanbe«fmne ift Realität, bie hauptfächlichfte ®runb*
läge ber Beobachtungsgabe. So trächtig biefer Sinn ift, fo groß
ift ber föeicfytljum an Stoff, ber ftch beut (Srjteher jur Anregung
M Sinne« barbietet ober aufbringt. 3n ber erften 3eit finb
bie Spiere bie aiyie^enbften Gegenftänbe für ba« $inb: man
gebe il)m ba^er früh Gelegenheit, ttele unb oerfd^iebene X^iere
ju fetyen, mad^e e$ auf bereu St&rpertheite, Belegungen, Stimm/ :c.
aufmerffam ; ein #unb, ein ^ferb, eine fliege geben reiben Stoff,
um bie Beobachtungsgabe f<hon be$ ganj Weinen Äinbe« ju be=
fchäftigen. Balb bienen auch tebfofe Oegenftä'nbe, Blumen,
Steine ic., jur Nahrung für ba« Realität be$ $inbe$. 2luch in
geiftiger Bejieljung ift baher ber Aufenthalt be$ ÄinbeS in ber
freien SRatur borjug«meife anregenb unb nüfclich.
3. ftormital, (Sonftructal, ftattital, SRnflcatttl, Kttmerattl.
ftormttat mirb beim ßinbe sunt £heil fchon burch Realität
angeregt, inbem bie »ergebenen . ®egenftänbe auch oerfchiebene
®eftalten bem tinbe &ur Slnfchauung bringen. Balb jeboch fann
man ba8 tob bie ®eftalt als folche erfennen laffen, bie äugel,
ben Sürfel ic. in $M&ernen gönnen jum 3ufammenfefeen unb
Sauen, tooburch jugletch (Sonfrructal geübt nnrb, meldte« burch
bie (Srtoecfung ber Selbftthätigfett beS $inbe$ fo BieteS ju beffen
geiftiger föegfamfett beiträgt, gactital ertoacht fehr früh ^m
$inbe: £)inge unb Sachen genügen ihm nicht, e$ miß auch
mit (Sreigniffen unterhalten fein, e$ miß Xfyaty&tfyütyS erleben:
boch ift baS 9lßtägltchfte , n>a$ geflieht, für baS Äinb eine in«
tereffante £hat[ö$c- Später finb Crrjähfangen ein oortreffltcheS
Wittel, bem Sinne Nahrung ju geben. 3Jcuficatat ift ein toich=
tigeS Littel für bie (grjiehung unb fchon früh beim #inbe au*
juregen, theil« burch 3Jaifif, toelche e$ f)M, theil« burch Heine
lieber, bie e« in Äefeflfäaft mit feinen Gefpielen fingt. 9lume=
ratal ift baburch anjuregen, baß man bem tinbe £)inge ,511m
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^renologic unb (Srjie&ung.
•
285
3äJjfcn giebt unb c« praftifcij bur$ S^len "n* Äfytylen ber
Dinge in ba« töed&nen einführt.
4. «erbotal.
Stuf bie Anregung be« ©erbotal beim Äinbe brauet nicfyt
fon>o^t Ijingettriefen , al« ton beffen ju ftarfer ober einfeitiger
Slnftrengung abgemahnt $u merben. Sfticfyt ba« ift ein Sttifcbraucfy
be« SSerbotal, bajj bie SMutter ju bem Äinbe fpri<$t, efye e« bie
Sorte oerfteljt. Denn ttjctl« fpridjt bie 9Jhitter nic$t bie Sorte
ftu bem Äinbe, fonbem bie <$cfülj(e burtfy ben Zon ber Sorte,
unb bie ®efüfyle berftefyt ba« fönb; tljeil« mufc ba« £inb bie
Sorte, elje e« fie berfteljt, berfteljen lernen, ©onbern ba« ift
ein 9W&braud& be« Sortfinn«, ba§ ba« Äinb ©orte au«toenbig
lernen, b. gebrauten foll, roetd^c e« nietyt ober nur tyalb ber*
ftetyt, ober an bereu ©ebeutung e« toätyrenb be« Semen« ni$t
benft. SBerbotal muß immer 3uglei($ mit ben übrigen ©innen
tfyätig fein, ba e« nur aüein jur ©ejetctynung ber ST^ättgfett biefer
©inne bient. Da« $tnb toerbe baljer nie jum ®ebrau<$ bon
Sorten bcranlaßt, oljne bafc e« bereu ©ebeutung, b. Ij. bereu
beftimmte ©ejteljung ju irgenb melden anberen ©innen, fennt
unb [itif Ujrer betoußt ift. 9D?an nu'Ü bur$ ba« 9(u«roenbtglernen
ba« ©ebäctytntjj, ba« Sortgeb äcfytnifc üben; aüein ba« roafyre
Sortgebäcfytnifj toirb bur$ ba« 9Iu«tt>enbiglemen nur beeinträd)tigt.
Da« toaljre Sortgebäcfytnifc befielt bartn, bajj un« bie Sorte
leidet unb fidler ju ®ebot ftetjen, roenn wir fte gum (Sprechen,
b. Ij. um bie £l)ätigfeit unferer übrigen ©inne ju bejeicfynen,
brausen. Diefe« Sortgcbäctyhüfj fann aber nur barunter leiben,
toenn bie Sorte au«menbig gelernt, b. ty. aufcer tätiger
SBerbinbung mit unferen ®cfityl«* unb 23erftanbe«finnen gebraust
toerben. Die toa^rc Uebung be« Sortfinne«, be« Sortgebä^t*
niffe« befielt baljer barin, bafc toir ba« $inb über eine ©aetye,
über ein (Jreignijs, über ein ®efüljl in iljm fprectyen, un« bon
tljm ettoa« betreiben, etwa« ersten (off au Die Sorte bienen
5 um Sprechen: bafyer mu§ auc$ ber Sortfinn, ba« Sortge*
bäd^tnifc burdj ba« Spre^en geübt merben. Shirj, ba« Sort*
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28<>
^fyrenotogte unb öryefyung.
letnen, tote jebe« anbete Kenten, barf fein * SluStoenbigtetnen",
fonbetn rnufc ein „ Sntoenbigletnen" fein.
5. <£omjiariral unb (Eaufalttal.
©btootyl biefe betben Sinne frei bem tfinbe fpätet jut 2lu«*
bilbung femmen, fo beginnt boefy beten (Snttoicflung fttty ge=
nug unb ift baljet oom (Jtjieljet toofjl 3U betücfftctyttgen. 9ftan
oetanlaffe ba$ Ätttb, bie ÜDinge, bie ®eftalten, bie Crteigniffe,
bie 3Botte jc. mit einanbet ju oetgteidjen, tljte 9leljnli($feiten unb
SBetfcfyiebenljeiten aufjuftnben , na<$ bent ®tunb unb bet Utfacfye
bet Xinge, bet <£teigmjfe jc. ju fragen. £>et abet ift bet toaljte
Vefytet, »et^et beut Äinbe auefy bie Slnttootten auf beffen fttagen
abutftagen toet§.
XXVII. Pas IHafj bes Kntffttdjts.
9tid)t ju wenig, nidjt \n ütcl
tfuijn am Dreien an oa« yici.
1. Die llcDuna im süctbäitntft utr Alraft.
$)ie Slntegung bet 93etftanbe$finne , bet Untettic^t, mu§ bet
natittltcfyen ®taft bet ©inne entfptecfyen, batf webet ju fcfytoacb,
no$ ju ftatf fein. ©etoofntlicfy ift bie Slntegung ju febtoaefy, gc^
fcfytetjt füt bie geiftige Gntttotcflung be« $tnbe$ ju toentg, inbem
bet tfefytet bie gto§e 9ftannt<$faltigfeit bet 33etftanbeäftnne ntcfyt
betücfftcfytigt. 9flanc$e« fc^5ne £alent getyt nut belegen oet=
toten, toctl man an beffen Slntegung unb (Snttoicflung nic$t ein*
mal benft. Allein ni$t feiten ift auc$ bie Slntegung $u ftarf,
toitb bie geifttge Grnttoicflung be« $inbc« babutety, bafc ju oiel
obet baf Gmtfetttge« bafüt gefcfyieljt, oetfümmett. SBentt ba«
Äinb natütlictye« Talent jetgt, fo toill man biefe« moglicfyft pflegen,
unb ubetfefüttet, übetfättigt ba« ßinb mit geiftiget sJcafytung, be*
fonbetä ba getoöljttlicfy ein (5tn$eltalent , — ba$ ber üühtfif, beS
Wehnen«, be$ SöottfintteS :c. — gepflegt toetben foll.
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«P&renotogie unb (£r$ie&ung.
2. Ta* leöcnbtac 2ßiffcn.
Die {frage, fretche« ba« nötige 9ftafe ber getftigen Anregung
fei, fteljt in genauer öejte^ung ju bet ©ahrheit, bafj ber einzige
3ti?ecf nnb ba« einzige bittet be« Unterricht«, — gleichwie ber
(Srjiehung, — ba« $anbetn be« ftinbe« ift. Da« $inb foll
bie oom ßehrer erhaltenen Äenntntffe einft im Seben gebrauten.
Diefe ftunft be« Gebrauchen« fann aber ba« $inb nur baburcb
lernen, bajj e« [ich barin übt, eine Uebung, tueCd^e fo fcör} be*
ginnen muß, at« ber Unterricht felbft, eine Uebung, metche ber
Unterricht felbft ift. SBie ber @rjieher ba« tinb nicht unmittet*
bar ersieht, fo unterrichtet e« ber Selker nicht unmittet&ar, fonberu
ba« tfinb unterrichtet fich fetbft, inbem bie Anregung ber 25er*
ftanbe«finne in SBechfetwirfung mit ben übrigen ©innen tritt unb
eine harmontfche 3:t)ätiötctt ber fämmtlichen (Sinne, be« ganjen
Gcifte«, hervorruft, b. h- «tbem ba« ©iffen lebenbig in bem äinbe
n>irb, fein $erj ermärmt, — inbem ba« SBiffen in ihm jum
tiJnnen mirb. §ierau« ergiebt fich nötige üftafc ber geiftigen
Anregung be« Äinbe« von felbft.. Die Anregung irgenb melier
35erftanbe«ftnne ift fo lange eine naturgemäße, gebcihtiche, al« fie
ein geiftige« £anbeln be« Äinbe« jur f^otge hat, b. h- al« ba«
$inb bie Anregung verarbeitet, gleichfam bie geiftige Nahrung
verbaut. Die« mirb (eicht barau« erfannt, ba§ ber ®eift be«
tinbe« ber Anregung mit Öuft entgegenkommt, fie lebenbig auf*
nimmt, von ber Nahrung mehr begehrt. Unb nur bi« $ur <5ätti*
gung, nicht bi« jur Ueberfättigung barf bie Anregung fortgefefct,
barf bie Nahrung gereicht merben. Dabei lege man nicht ben
SWaBftab ber ®eifte«fraft be« (Srtoachfenen an bie ®etfte«fraft
be« Äinbe«: biefe ift fehr biet geringer, für anfjattenbe
feit biet meniger geeignet.
3. 5>er «Bechfel be« Umtrritft«.
©ei ber gebotenen großen SSorficht in ber gebachten
jiehung fomntt (Sine« bem ßeljrer fehr ju ftatten, bag nämlich ber
S3erftanbe«ftnne, bereu aller naturgemäße Anregung feine Hufgabe
ift, fo biete finb: fo bajj fchon ber notljtoenbigen 3tüfeitigfeit
288
^ßbrenofagie unb Cir^iebun^.
be« Unterricht« wegen ein häufiger Söecbfet in ber Anregung
berfelben ftattfinben rau§. ©ei biefem 3öechfel wirb natürlich
eine (Srfchepfung ober Ueberfättigung eine« ©njelfinne« nicht fc
leicht ftattfinben. SBenn man betn &inbe fur$e 3eit ©ac^en
(Spiere, ütttneralien ic.) borgejeigt unb erflärt ^at, mag e« mit
friföer ßuft fingen, ober wenn e« geregnet, ober bem Sehrer etwa«
erjagt ober eine förjählung gebort hat, mag e« gern etwa« ju-
fammenfefcen, eine £anbarbeit machen :c. Uebrtgen« oerlangt,
wie fich oerfteht, bie ßorperbewegung beim ßinbe immer bie erfte
©erücffichttgung. körperliche Uebungen ober geiftige Anregungen,
bie mit förderlichen Uebungen oerbunben ftnb, foüen baljer bei
bcm Seifet am Ijäufigften in ber SReihe fein.
4. Sit Wctnöljmmfl ,ur Arbeit.
$)ie geiftige Selbfrthätigfeit be« Äinbe«, ba« tcbenbige €>elbft=
lernen im ©egenfafc jum tobten ®clehrtwcrben ift noch au« *>em
befonbem ®runbe föäfit wichtig, Weil barin jugleich eine Anlei*
tung be« fänbe« jut Arbeitfamf eit liegt. 2öir Wtffen, welchen
SSerth für ben 3tfenfchen bie Arbeit hat: fie ift gleichfam bie
thatfachtiche fittüche Freiheit. 2öa« aber für ben <£rwa<hfenen
bie Arbeit, ift für ba« fttnb bie f inbliche Ztyitigfett, beftehe fie
im fielen ober in irgenb welkem förderlichen ober geiftigen
Z1)\m. <So lange ba« tinb ty&tig ift, ift e« gut, froh, fltütf-
lieh- 3ft e« ohne Ihätigfett, fo wirb e« unjufrieben, „unartig",
unglücflich. 2ßeil ba« £hätigfein be« tinbe« feine Arbeit ift,
unb weil ba« Arbeiten ein Tonnen ift, welche« burdt) Uebung
erlernt werben mufj, fo erziehen wir ba« $tnb gur Arbeit
famfeit ober unterrichten e« im Arbeiten, inbem wir für feine
fortwährenbe Xifäti^Uit «Sorge tragen.
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^renofogie unb (Srgieftung. £89
XXVIII. Sröbfl's ütnbera.artm.
Stört ba8 iiinblein md)t in (einem (aßen Zraunte,
Sid) mit «Hern teilt« ju füllen in bem ©eltenraume.
Sknn'4 ben flrm entoeflenftmft bem €onnenltd)t,
SJenn e* feine @$tanfe fennt,
Xie e« Don bem Gimmel trennt,
3n bem fel'gen Iraume ftört ba« JHnbletn ntd&t.
L $it »inUctgörtncrin.
3nbem id? oon ber Grrgielntng, befonberd ber frühen (Srgiefyung
fprcdje, toic fic als ber praftiföe £fyeU ber ^Phrenologie ftcfy bar*
[teilt, barf icfy ftr&bel in* feinem Äinbergarten gu ermähnen nidjt
unterlaffen. 3dt) erlaube mir, ein bon einer Äinbergärtnerin ber-
öff entließe« Slatt „ftriebrich grt&ef« tfinbergärten* (gebrueft in
2fteiningen unb unterzeichnet: „Ä. . . I. £). @<$."), toetcfye« ben
©etft ber ^r&bel'^en (^iefnmgStoeifc (c^x gut anbeutet, ^ier
mtebergugeben.
„ 2öir werben in unferem gangen ©encljmen gegen*
über ben ftinbem bon bem Gebauten geleitet, ba§ nur gute Strafte
in ben 9Eenf$en niebergelegt finb, in bereu 3ufammentoirfen
feine Söcftimmung nu?t: baft bie in bie Gsrfctyeinung tretenben
8>efyler unb ®ebre<$en nur bie ^olge einer einfettigen Qrnttuicflung
finb. @o erfenne ic$ in ber fogenannten Ungegogenljeit , bem
ausgearteten Uebermutlj, nur einen tteberfcfyujj einer $raft;
fetyon ba$ Sßort begeietynet e$: tlcbermutlj. Die p^fifc^e ftraft
ift ber geiftigen übertoactyfen , man gebe iljr eine gute SKicfytung
unb ®ebanfen. 3U8W tufe t$ gern eine enttoicfelte gute ©gen*
fcfyaft in bem Äinbe mir 31t £ilfe auf gegen feine fteljler, bor*
^tigtict) aber ben eigenen guten SBillen, inbem i# ba« ®ute lebenbig
in tfmt mac^e. @o gelang eS mir in ^urgent, einen äu&erft
milben, unbänbigen ftnaben, bem eine ruhige ©cföäftigung ober
ein georbnete« Spiel eine Unmßgttctyfeit fetyien, 511 bänbigen. «Sein
treue«, leicht fi$ färbenbe« ®cficf>t berrietty mir balb ein gu
toeefenbe« 9te<$t»* ober ^rgefü^l in ifmt. 3$ (teilte tyn an
mir gu Reifen, föedjt unb Drbnung fycrjuftellen , ilmt
geigte, tote ityre Slbmefenfyett ba$ ®ange fte-rc ; idlj ließ i^n bie im
SdK»e, $l)renoIoflifdj<r «Über. 3. Hufl. 19
290
©arten ficfy berfüegenbcn ftinber fyerbeitjolcn , ober mit <Sorge
tragen, baß fte an iljren $(ä$en blieben, üorjügücl) burcty eigene«
gute« ©cifpiet: baß bie 33efcfyäftigung«mtttet rein gehalten unb
gut au$* unb eingepacft mürben; icfy lieft tyn beim kommen unb
beim gortgetjen oorau«gefyen , mit bem Auftrage, at« 93orbitb
guten betragen« gu bienen, unb e« mar munberbar, tote plöfclicfy
ba« gange SBefen biefe« Knaben gebügelt mar. 3Wit ma^r^after
«egeifterung fyiett er ficfy im 3aume, unb biefe öegetfterung über*
trug er gugteidfc auf micfy; meinen Stugen laufctyte er mirflicij ab,
ma« i# bon tym münfd&te. Ocfy bin öfter« gefragt morben, melier
3auber bie Äinber fo rafcfy an midj fcffctc unb fie gum ©efyorfam
gminge, ofyne bafj idj fie in gurc^t unb «Strenge tjatte? 9flein
unerfd&ütterüd&er ©taube an ba« ®ute in iljnen ift e«! unb in*
bem id? e« ifynen gum eigenen ©cfüfyl unb gur Grrfcfyetnung bringe,
merben fie mir banfbar unb liebreicty."
„drin einziger $nabe mad^te mir mirflicfy einen 2)?onat Sorge:
er fcfyien förmlich ^reube baran gu finben, anbere Äinber gu
quäten; er ftac^ unb fniff fie ljeimti<$, menn fie gang ruljig unb
unbefümmert ba fajjen. £)abct mar ifmt mie ein böfe« ©emiffen
in« ©eficfyt getrieben, unb mir ging er mBglid>ft au« bem SBegc.
SRatürlicty fonnte icfy foldje Uebettfyaten an anbern kinbern nictyt
otnie 23ormürfe fyingeljen laffen, i$ mufjte aber motyl, bafc biefe
nur bie anbcrn Äinber beföüfeten, aber ben ^äfjlictyen Erieb in
ifmt nid&t aufhoben, nur fein berftetfte« Sßkfen nodj begünftigten.
3$ fuc^te mir batbigft über bie Urfad&e feine« Söefen« flar gu
merben. 3$ bemerfte, bafj er für fein Sitter fetyr unentmicfelt,
geiftig gang gurücfgebtieben mar; bie körperhaft Ijatte ftcfy aud?
einfeitig entmicfett unb mirfte nun oljne ©emütlj unb oljne SBer-
ftanb; bie ©trafen aber, bie fein Sßefen iljm gugegogen, fyatten
iljm nur $)intertift geteert. 9J?eme Stufgabe mar nun, fein ©e*
mütlj gu ermannen unb SBerftanb in iljm gu ermecfen, i<$ gog tyn
in meine 9lätje, icfy heftete mein Slugc auf iljn, menn tc$ etma«
erftärtc ; menn idj ©Uber Ijerumgeigte, mie« it$ fie itjm guerft, i($
fragte itjn guerft bei ben ©emegung«fpieten, ob er mit unter ben
$)arftettenben fein motte; ba« gab tym, ber matyrf#einlic$ fcbon
tange nur an «Strafen unb 3urücffefeung gemeint mar, ben (Sin-
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^renotogie unb (Srjiefcung.
291
brucf einer ^eoorjugung oon metner Seite unb frtföte sugtetc$
immer feine Slufmerffamfeit an. Grs mäbrte ni$t fange, baß er
mi$ nt<$t mefjr mieb, fonbertt mid; inntgft liebte, un$ inbem fein
®emüty marm mürbe unb jugtetcf> 3ntereffe in ttmt rege, Nörten
oon fetbft jene Weinen ©Odetten auf. Sein ®eftd)t Karte ficb
förmüd) auf.*
„3$ fyatte nocfy ein Hebte* SWä'bd&en mit einem f?ä§tid^cn
9tu«brucf im (&efid?tcfyen: e« mar ber einer entfcfyieben rof)en Stnm
licfyfeit ; babet mar fie tj efttg, teibenfcfyaftticfy in aüm Weiterungen
unb geigte für jebcn ®egenftanb entmeber eine ungebänbigte 9fcel*
gung ober Abneigung. Stuf ba$ (Sffen fyattc fie eine mafyrfyaft
mitbe ®ier; menn ifyr ba$ ^rü^ftücfen einfiel unb e$ mürbe itjr
nocfy oermeigert, mottle fie ficfy ober ein anbercs &inb beiden, 3ljr
SBefen mar burc$ eine fetjr lebenbige unb ungesitgette $f)antafie
oerantajjt, unb e$ galt, biefe in eine angemeffene ®aljn ju teufen,
inbem fünftterifc^e (Stemente in iljr gemetft mürben ; tcfy fanb unb
regte befonberS Stift unb latent jum S3aueu in tyr an, mte ju
ctynttcfyen «einen «efdjäftigungen ; fie mirb fpäter mit ®efö"*
jeidmen. SBorjügltc^ fwfyte icfy fie ju eigenen (Srfinbungen auf--
gumuntcrn, inbem i$ $ugtei# ben Sd&&m>it$finn in ifyr anregte.
So mürbe tfyre ^antafte gebitbet unb gefeffett, inbem fie bo$
Sugleitty ben töaum getoann, ftd? frifdj auSjuteben. ÜDie (Sntmtcf*
tung ber georbneten ^ßrobucttonäfraft unb beä äfttjetifdfyen ®efüt)l8
tft ber Söeg jum moratifcfyen 9J?enf$en. £)a$ Heine 9ftäbc$en
mürbe gefitteter in iljrem ganjen $öefen unb aucfy ifyre $üge 8C=
mannen einen ebteren 2lu$brurf. bei einem Knaben tjabe i<$
SRofyfyeit, menn aucfy tu anberer ftoxm, burtfy fünfttertfd^e (5ttt*
mirfungen bedungen. (5r fanb nur Vergnügen im Schreien unb
£oben; i$ bemühte micf>, aucfy in itjm ba« äfttycttfctye ®efül)( gu
mecfen, burcty (Sefang, burdj ©auen, ftnnmetrtfctye Figuren u. f. m.,
inbem i$ tyn übcralt auf ba« S$5ne aufmerffam machte, unb fo
mährte e« nid^t tauge, baß itjm ba« Schreien unb atte« rol;e
£)ur#etnanber $umtber mürbe. Unb jur Anregung ber einen $in*
ber bienen bie $)arfteüungen ber. anbem: ba$ oon einem fönbe
©eteiftete mirft am tebenbigften mieber auf ein fttnb. So gelingt
e« mir immer mefyr, bei einem fefyr gebanfentofen Knaben, inbem
19*
292
icty bei allen 33efcfyäftigungen feine 9(ufinerffamfett auf bie pfjan=
tafiereitfyften ftinber lenfe, <{$l?antafie in ifym felbft $u meefen.
Bugleic^ Ott er an Vertrauen $u fid> felbft; aber ba* ©eifpiel
an anbern ftinbern, bafc fie etma* (elften fönnen, giebt ifmt mefyr
üfluty unb aöiUenSfraft."
fyaben nur ein <ßaar gäUe ftattgefunben , too i<$ mit
mitflutyer Strenge berfabren bin. (Sin noeb jiemlicfy Heiner tnabe,
energifefy in feinen formen, in offen ^Bewegungen, ging immer*
fort feinen eigenen $ßeg im $inbergarten, feine unferer $pf$äf*
tigungen rührte ifyn; icfy richtete aber auefy feine unmittelbare
ftufforberung an iljn, bt$ er 3clt fle^abt fyatte, fiefy ju geronnen
unb fein SSiberftanb Grigenfinn nmrbe. £)a Ijiclt icfy iljn einmal
bei einer befonberen äBtberfefclicfyfeit fo lange in einet (Scfe ge=
fangen, biä er fidj bereit crflärte, 511 tljun, toaä icfy bon ifym ber-
langte, n>a« erft naefy unjäljligen abfcfyläglic^en Slntroorten gefcfyafy.
iBon biefem Slugenblttf an Ijat biefer $nabe nie toieber eine «Spur
t>on Ungeljorfam gejeigt, er ift ber eifrigfte bon allen, unb no<$
baju liebt er mic$ unbef$reibli# feit jener «Scene. <Solc$e (£§a*
raftere gewinnt man nur, inbem man fiety ftärfer jeigt, als fie felbft
finb; aber man $üte fic$, ju frity, »enn ifyr Söiberftanb no$ in
tyrer urfprüngticfyen Sflatur begrünbet ift, mit Strenge einui*
f breiten : bann »irb man nie einen toofyltfyätigen (Sinflujj auf fie
üben, benn fie Ijaben ben (Sinbrurf einer Ungerectytigfeit empfangen.
Sin anbrer ftaU, too icfy »Strenge anmenben mußte, tt>ar bei einem
Knaben gatu, entgegengefefcter Slrt; e$ toar eine entfcfyiebene
Äünftlernatur, ber es fo ferner nrirb, mit ifyrer reiben ^fjantafie
fitfy an ®efe§ unb Orbnung ju fnüpfen. 3$ überlief? iljn erft
einige 3e*r feinen eigenen 3been unb eö mar toirflidj reijenb, iljn
in feiner ganjen Unmittelbarfett an$ufc$auen: er nimmt gern an
Spielen £fjett, bie irgenb eine fünftlerifdje ftorm Ijaben, aber
unroillfürlic^ trifft er überall Slbänberungen, e« ift ifym gar nicfyt
m&gli$, fi<$ ganj in fremben ©ebanfen ju bewegen, er mufj überall
eigene lu'nutfügen, bie fremben bienen ifjm nur jur Unterhaltung,
nur jur Anregung eigner. £ier laffe i<$ i$n ftet« gewähren:
boeb feine ftreiljeit muß genau ifyre ©renjen fyaben: ba namlid),
reo beu ©cfyorfam nietyt ®ebanfcn erfefeen, fonbern Saune unb
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^renologie unb erjie^uuß. 293
(Sigentoille eintritt. 3* kartete aber too^l ab, bi« i* ber giebe
btefe« ftinbe« gang fi*er mar, elje i* mit Strenge gegen feine
Zäunen eintritt: inbem er mi* aber liebte, mar er au* oon
meiner £iebe no* in ber «Strenge übergeugt, imb fo füllte er ba*
bei feine rautye $>anb."
„ 3* füfjre bte tinber au* felbft, fo meit i^re einfielt reicht,
mit ein in ba« 93erftänbnife eine« für ba« anbere, i* geige tljnen
bie S*toä*c be« einen unb laffe fie in Hjrem ®efütyle 9fltlbe
mit mir üben, unb geige ilntcn bie Gräfte anberer unb laffe fie
meine 5lnfprtt*e mit er!enncn. $u* roeljre i* ilnten nt*t, hn'c
e« geioBfynti* in ben S*ulen ber ftall tft, bafe eine« ba« anbere
unterfrüfce, fonbern forbere fie bagu auf; bie gange ©elt befteljt
ja au« ben Unterftüfeungen , bie Shter bem Hnbem leiftet: fie
forbern fi* aber fetbft auf, auf eigenen ftüfeen gu ftefjen, unb
nehmen gegenfeitig Slntljeil an ifyren Seiftungen. So regen fie
ft* gur ^ätigfeit an. 3nbem faft «de« gemeinf*aftlt*e 21tt=
gelegenljeit toirb, verbreitet fi* über ben tinbergarten immer metyr
®emtitfjli*fett, unb fie ift grofeentfjeil« mit ber Sauber, ben er
über bie tinber übt. (5« ift tounberbar gu flauen, meiere SBer*
änberung in ba« freie Spiel ber tinber tritt. 3m Anfange, in
iljrer freien &eit, toben fie nur toüft unb oereingelt untrer, jebe«
eigener £aune folgenb; balb aber fommen ®ebanfen in iljre
Spiele unb fie oereinigen ft*, fie geben ben Qrgoi«mu« auf, um
gu einem (fangen gu gelangen. 3Bie ber (§goi«mu« ben $inbern
überhaupt bei biefer <&emeinfamfett oerf*toinbet , baoon Ijabe i*
f*5ne Söeifpiele erlebt, rote benn oon Xag gu Xag meljr fittli*e«
Streben in iljnen rege mirb. So giebt e« au* feine 35er^eim*
li*ung eine« £$ergefyen« bei un«, inbem feine $ur*t bie kleinen
irgenb mir fem fyält; fie fommen unb flagen mir e« glet*fam,
toenn fie ctma« begangen, bamit tfynen ba« §erg mieber lei*t
toerbe, inbem i* e« ilmen oergetye unb tfmen aftutfy gu fi* fetbft
gurütfgebe, inbem i* für bie jjutonft an tfjren guten SfötHen
appclltre. Cr« ift lotrfli* rüljrenb, tote f*on na* einigen £agen
bie SHnber mir am SWorgen mit ber freubigen 23erfi*erung ent*
gegenf ommen : fie tooüett gut fein. ?llle Talente, alle SMlbung
gelten mir nirgenb« al« ftmed, fonbern al« Littel gur Sittlt**
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294
^renofogie unb (Srjte&ung.
feit. Dtefe« ®efüljl atfymct aucfy in meinen äinbern, unb mit
jebem Jage fingen fie ifyr ((eine« fromme« 3ftorgenlieb mit mefyr
$lnba#t, mit fid>tlid)erer Hebung. <S« taucht jumeiten ba« 35er-
urteil auf, ber ^übergärten fei atfjeiftifctyer ftatur. SWan mufe
nur bie ßinber iijx s3)torgenlieb fingen työren unb man toirb ben
3rrtfyum erfennen. Uebrigen«, ift ein itinbergarten au$ äujjerlicty
nadj ftr. gröber« ^orfdbrift au«geftattet, fo fcbmücft tyn ba« be*
fannte SBilb, mo Gljrtftu« oie &inber um fic$ oerfamtnelt mit bem
Spruche: „Vaffet bie ftinblein ju mir fommen unb mehret üjncn
nkfy, benn folcf>er ift ba« föeicfy ©otte«"/
2. Gräbel unb bie Wrcnoloßie.
3n ben oorfteljenben 3üa,en fyat bie Söerfafferin ben C^cift
einer wahren (5r$iefyung gejetcfynet. 9)?an fonnte oft glauben,
ftri>bel muffe bie Phrenologie gefannt ^aben, loa« nicfyt fo mar.
ftröbel hat mit genialem 23licf bie (Sinfjeit ton Grrjieljung unb
Unterricht erfannt unb burch feine SBefctyäftigungen unb Spiele
in« Veben geführt. 3eber (hjtefjer follte tenntnifc toon biefer
§actye nehmen. (Sin $inbergarten fann natürlich jebe ftamilic
fein, mo eine 3a^t oon $inbern auf oernünftige ©eife erlogen
toirb. Da probet bie Phänologie nicht fannte, fo verfiel er in
einige (Jinfeitigfeiten. So ift $. ^encratal al« ber @inn be«
religiBfen ©efühl« oon ihm gar nicht beamtet, ma« otelfach ge=
tabelt ift. Unfere 2?erfafferm meint jtoar, ba« $inb finge mit
5lnbact)t fein üDJorgenlieb ; allein ba« Singen ift für ba« $mb
nur eine allgemeine ®ef ü^I«anregung : für ba« befonbere
(Gefühl ber 9lnbacht aber bebarf e« auch eine« befonberen £ei$en6
ober 2lu«brucf«, ctma täglich einiger furzen ©orte ber 8tnbad;t
au« ben §erjen ber Sinber gefprochen: benn toicl foü nicht unb
c-arf nicht gegeben werben. Da« ftormitat unb ßonftruetat t)at
probet berhältmfemä&ig $u biet, ba« Realität ju menig berücf*
ficfyttgt. Da« ßinb brauet jur geiftigen Nahrung juerft bie Dinge
felbft in ihrer großen 2ftanntchfaftigfcit , bann erft bie formen
unb ba« «Schaffen mit ben Dingen. @« müffen in einem tinber*
garten paffenbe Dinge alter 2trt gefammelt fein : jeben Jag müffen
bie fttnber ctma« ihnen 3ntereffante« fehen unb erflä'rt befommen.
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^renologie uub erjic^ung. 295
£)ie Sache be« Sinbergarten« mirb feljr gefördert merben, menn
man fidt) enbtich toon ber b I i n b e n Nachfolge ftröbef« frei macht.
XXIX. $ut (6rl)irnlcl)Vf.
©elf «nb SHciifdien bcticrrft^t, o ©etoo&Hljeü, bcin typtet : — nur Chuet,
. t l > i t1 i C_ i *] i l . 1 1 i n LI t t n n Lh t du n 1 1 11 In i D i rt * *
1. $ic »cwepng m (WrnS.
$öir Ijaben gefehen, nrie genau bic ®ctfte«fraft (bic Äraft
be« SBerftanbe«, be« ©emütt}«, bie SBMllenSfraft ic.) burcfy ba«
©ehirn mit ber allgemeinen körperhaft $ufammenhängt. 9lüe«
baljer, ma« toir jutefet ausführlich über bie Jöilbung be« (Sha=
raftcr«, be« ®emüth«, be« SBerftanbe« beim Äinbe gefagt, fte^t
in ber engften Begehung $ur allgemeinen $raft nnb ®efunbl;eit
be« törper«. 2)ie ftrage liegt hier nahe nnb mirb oft geftettt,
ob, menn ber ©eift burd) bie (Srjie^nng einen oeränberten <5in*
flufe erfährt, auch ba« ©e^irn ein biefem ©nffojj entfyrechenbe«
38 ad? «thum jeige? 3a: benn ba« Gehirn at« Xtyii be« $ör*
per* unterliegt aßen förderlichen ®efefeen. £)a& bie Uebung be«
©ehtrn« in einer Bewegung beffelben befteht, oerfteht ftch oon
felbft: im ©ehirn ift eine Bemegung, inbem mir motten ober
füllen ober benfen, mte im Sluge beim ©ehen, im Ohr beim
Spören eine Bewegung ift. ü)ian ^at bei «Schäbelberlefcungen,
menn ba« (Gehirn blojj lag, Beobachtungen über biefe Belegung
gemalt. 2öenn ber kranfe fchüef ober ru^ig mar, fo jeigte ba«
■ ®efyim feine befonbere Bewegung: mar er aber geiftig aufgeregt,
fo f a^ man eine gemiffe befonbere Bewegung be« Gehirn«. 2öenn
mir angeftrengt nac^benfen, fo füllen mir — wenn mir auf un«
aufmerffam finb — bafc biefe« 9cachbenfen im Borberfopf an ber
oberen ©tirne geflieht, mir fügten babei uns förderlich marm
merben, ba« Blut un« nach ^«>Pf« fernen. £>aj aber biefe
Bewegung be« ®ehtrn«, metche eine größere Blutjuftrömung gur
ftolge hat, auch tim ftärfere (Srna'hrung, ftä'rfere« Sad?«*
thum beffelben jur golge haben mirb unb mu§, ergiebt fich bon
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296 ^reitolegie unb erjic&ung.
felbft. SStttl hat wohl gemeint, ba« ($ehitn fönne be« Ratten
©chabelfnochon* wegen iiic^t warfen, fich nicht au«behnen. $(bcr
ba ja auch bct Schäbel wächft, ba ber bc« 2)Janne« grefcer ift,
al« ber be« ttnbc«, f o tutrb et etwa« mehr ober w e n i g e r warfen,
jenacbbcm ba« (Gehirn mehr ober weniger wächft.
2. Sic ©cwolm&eit.
Die Uebung ober ©cwegung be« (Gehirn« untcrftüfet nicht
blo« in ber eben betrachteten Seife Ernährung unb 28ach«thum,
unb ift folglich eine .©ebingung ber traftftetgerung, fonbern bie
Uebung ober ©ewegung fyat auch einen Serth für fich, inbem fie
bie ©ebingung ber (förderlichen unb geiftigen) ©ilbung ift,
ober, toie man fagen Kamt, inbem bie ©Übung in ber Uebung
befielt, Uebung unb ©ilbung (Sin« finb. 3Bcnn wir eine fbrper*
liehe ©«wegimg jum erftenmal machen, fo foftet und biefelbe biet*
leicht einige Slnftrengung ; wicberljolen wir fie, fo wirb fie leichter
unb letzter, bis fie bei lange fortgefefcter ©ieberfyolung faft ohne
alle $luftrengung gefdjefyen, faft $ur unwillfürUchen werben fann.
©eint tlamerfptel $. ©. bebarf c« jwar eine«theil« ber traft
als folcher, aber anberntheil« borjügltch auch ber Uebung ober ber
©ilbung ber traft. 33om Reifte gilt ganj baffelbe. @« bebarf
|u allen geiftigen ^ätigfeiten oor allem ber traft, aber biefe
traft wirb befto mehr letften, je mehr fie burch ©ieberholung
b*>r Shätigfcit geübt, gebilbet ift. SDiefe Uebung ober ©ilbung
nennen wir auch (Gewohnheit. Die befannte unb biet berufene,
aber boch für bie Grrjtehung lange nicht genug benufetc Sftacht bet
(Gewohnheit ift nicht« anbere«, al« bie 2)tocfyt ber Uebung ober
ber ©ilbung. £)ic ganje Qrr$iehung beruht bafyer neben ber traft«
ftetgerung auf ber (Gewohnheit. 3Bie ba« £after, fo ift bie
Xugenb, unb fie foll eine (Gewohnheit fein. ÜDa« (Gefefc ber (Ge*
wo^n^cit ift, wie au« beut (Gejagten erhellt, bajj Jebe« (förderliche
unb geiftige) £hun ba« folgenbe gleite Xtntn erleichtert, unb ba«
folgenbe entgegengefefcte ober anber«artige £fjun erfchwert. 3n
biefen ©orten ift bie 2tfacht unb bie Pflicht be« (Richer« au«*
gefproc^en. 2öenn man ergehen will, fo ergehe man früh-
3Ean übertaffe nicht ba« erfte Sfym ber Leitung be« Bufalt«,
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^tyrenotogie unb (Srjtc^ung. 297
bcnn btefe Leitung fömtte eine fatfetye fein, unb eine fpätere ri<h*
tige Leitung f&nnte f#tt>er ober auch unmöglich toerben.
3. 2>ie Organcntetre.
£>ie ^tenologte at« Organ enterte ift in mehreren 53e=
jungen für bie (Srjiehung ton h*h« ©ichtigfett. 1) Vlify
toenige Hinber fjaben oon (Geburt eine mehr ober mtnber un*
günftige Organisation , b. h- ein ober einige niebere (Sinne
finb bei Unten oorragenb [tat! unb fo bie Anlage ju biefer ober
jener l'eibenfchaft sorhanben. £>ter ift e« wichtig, btefe Zutage früt)
genug ju fennen, um mit aller Sluftnerffamfcit ber SluSbilbung ber
Ceibenfchaftcn vorbeugen gu fönnen. 2) 33iele $tttber haben eine
jtoar nic^t ungünftige, aber mehr ober minber eigentümliche
Organifation, fo baß ifyr (Sfyarafter oom Crrjieher nur fd^toer unb
oft unrichtig oerftanben nnrb, ma8 bann leicht jtt einer fester«
haften Söehanbluttg be$ $inbe$ füfyrt. <So fann j. ©. ba$, toa8
man beim fönbe „(Stgenfinn* ju nennen pflegt, au« großem
ftirmital, ober großem 3pfotal, ober großem ßonf dental, ober
großem Oppofital, ober geringem SBeneratat :c. ^eroorge^en unb
mirb fo in beut einen ober bem anbern ftalte.bie eine ober bie
anbere Jöehanblung beS tinbe« forbertt. Uc&erfyaupt totrb in
alten fällen bie grünbliche ftenntnifj be* ^aratter« be« tinbe*
für bie (grjie^ung große (grletthterung gewähren. 3) ftür ben
Unterricht föon beö finbeS, unb noch mehr für ben be« 5hta*
ben unb b«S SüngtingS, atfo für bie ©erufStoahl , ift e$ not^
toenbig ju toiffen, ob mehr eine gleichmäßige ober, hnc nicht
feto, eine mehr einfei tige Organifation oorliegt, b. h« ob bie
befonbere Starte einiger Neigungen ober Talente ba$ $inb »er*
$ug«toetfe gu einem beftimmten ^Kiif befähigt, ober ju einem be*
ftiramten Jöeruf unfähig macht.
$)a in allen entfcfyieben ausgekrochenen, atfo in atten p r a f •
t i f ch toic^tigen hätten bie Organentehre über bie geiftige Dich-
tung be* ßinbe« toiffenf<hafttich fixere 2lu$funft giebt, fo toirb ber
©egen, ber l^rau« für bie (£r$tefnmg in atten ben genannten
Beziehungen hervorgeht, grofe unb oielfeitig fein.
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298
'■Phrenologie unb <5r$ie&ung.
XXX. 3ur tffiftotytt,
■ciitu t|t Dt» «uniaKiie uno oee vonrn» cpiri
3n vrget Vtenfdjfngeifter buntem fieben ;
«in« tft sulefct bet beißet einig 8icl,
«ad? oben ift'*, »ob,in fle aDe ffteben.
Dem, wa« wir bi«l)er über bie (Srjiefyung be« Keinen Sinbe«
gefagt, möge ne$ Senige« über bie (Jrjiefyung — bie ßntwtcfhmg
ber inneren @inne — metyr be« reiferen Stube« folgen.
(Sin gewiffer niebererSinn erwacht befanntüfy bei ben&inbern,
bei weld&en er fe^r ftar! ift, oft ungewelmli^ fdty. £ier ift bie
grö&te «Sorgfalt, unb früfy genug anjutoenben, um für ba« #inb
Unglücf JU oerpten. lluabläffige SÖefcfyäftigung be« tinbe«,
fikperttcfye Bewegung, wenig 3D?orgenfcf/laf, feine reijenben, erln'feen*
ben ^Speifen unb ©etranfe — ©eljtttung oor fd&limmer (Sefeüf^aft.
£>em Oppofitaf, welche« ftcfy beim Knaben früfy geltenb %\\
machen pflegt, wefjre man nidfyt aüjufe^r: ber $nabe möge ftdj
bi«weiten raufen. 9Weljr at« Oppofitat bebarf Slctital ber erjieljen*
ben Leitung beim Knaben, ba biefe Leitung ton Statur gew&ljnliify
etwa« fpät eintritt. Der tnqbe ift jerftßrimg«f listig, au<$ grau*
fam, $. Sb. gegen ©d^mettertinge. Dafyer fott ber Änabe nitfyt
fotcfye ©ammtungen anlegen, ©ei gutgearteten (Sljarafteren bebarf
c« tyier nur eine« Söorte« ber Vernunft unb ber 2ttenf$li#feit.
richtige Leitung be« gdital ift fe^r gut baburd& bejeidjnet, bafc
biefer ©inn im Sefen £$ätigfeit«finn ift. 3erftören unb Schaffen
ift in ©ejug auf ben baju fü^renben Naturtrieb (Sin« unb ba«*
felbe. Da« unvernünftige £inb jerft&rt, ber oernünftige 2ttann
fdfrafft. Senn ba« ßinb ni$t ben 3Kutytoiaen be« 3erft8ren«
fyat, fo n>trb ber 2ttann ber Sfraft be« ©Raffen« entbehren. Da«
$inb mujj aber nid^t jerftören, e« muj? nur tljätig fein. SBenn
ba« $inb feine Äraft red^t frtitj an richtig geleiteter £ljätigfeit
fättigen lernt, befto beffer.
Um ba« Stcquifitat beim Äinbe fitfy entwicfeln, fiefy ^fättigen"
ju (äffen, gebe man ifym früfoetttg ®e(b in bie §änbe. 2ttit bem
®e(be richtig umjuge^en, ift eine ftimft, welche ber Sftenfcfy fernen
muj?. Die (5rfafyrung jeigt, bajj wenn erwacfyfene junge Seute
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Wrenofoflic unb ersic^ung. 299
^l&felicty btefc Shmft, ofyne fie gelernt gu Ijaben, üben f ollen, fie
oft barin fd^tec^t befte^en.
SBenn (Sautat oon 9iatur fetyr groß ift, fo tritt e« Beim
ftütb oft at« (unbeftimmte) gurd^t auf. Aucty ba« f<$on ältere,
berftänbtgere Ätnb fürchtet ficfy j. ®. im £)unfetn $u fein ic,
ofme baß eine falfcty geleitete $tyantafie (burcfy Ammenmärchen ic.)
bte Urfacfye Neroon ift. Sftan fdjrette tyier nidjt getoaltfam ein:
biefe fturctyt oerliert fid? fpäter bon fetbft. 3ft Sautal bei einem
$inbc fefyr fcfyioacfy, fo fyalte man baffelbe, »0 e« fein fann, ntcfyt
oon feinen Ueberetluugen ab, fonbern taffe e« felbft beren ^»(gen
erfahren.
Spfotat ift bie ©runblage ber <Selbftftänbigtett. $)er SWenfcty
ift im ßeben £)a«, toa« er felbft au« ftcfy fcfyafft, er ift fein
eigener ©ctyßbfer. 8<$on ba« Ätnb muß biefe« ©etbftfcfyaffen,
biefe« fingen nacfy feiner richtigen «Stellung üben. Unb nur ba«
£fyätigfein, ba« können giebt bem 9ftenfc$en ba« richtige ©etbft*
gefügt, toelctye« ftcty felbft achtet, ofyne Anbere, bie au<$ felbft*
ftänbige ©lieber in ber großen Äette ber menf^lic^en £l?ättgfctt
finb, ju oerac^ten. £>a« ©elbftgefüfyl be« bloßen Siffen« ift oft
ein fatföe«, tturb oft (Sigenbünfel.
tlmbital, ber <5!jrgei$ be« tinbe«, erhält oon mannen eitern
oorjug«toeife eine $Rt<$tung na$ Außen; ba« Äinb toirb ange*
leitet, im äußern (Schein, in fcfy&nen Kleibern, in iooljlgefefcten
^Borten, in einer richtigen SSerbeugung tc. fein Öob ju fucfyen unb
px finben. Slnbere Altern meifen ba« $inb meljr auf ben inneren,
n>a!jren Söertlj be« 2ttenfc$en fyin, auf ba« tfob ber eblen ®efin-
nungen unb «£>anblungen. $)a Slmbital eine große 9Me im
®eifte«leben be« 3ttenfd&en fm'elt, fo ift e« nrid;tig, toelcfye 9tt$tung
e« beim #inbe erhält.
(Sonfciental ift al« SBertreter ber Harmonie ber fämmtlicfyen
©inne bie fy&cfyfte unb jugleicty bie geringfte menfctylicfye Eugenb.
2)fan le^re ba« $inb, in allen ©ejie^ungen tocntgften« gegriffen*
fjaft $u fein, feinen $fltc$ten ber ®erec$tigfeit nad^ufommen. <*«
giebt fogenannte gute 2flenf<$en, beren (SHttfjeit toenig fittlictyen
SOBertfy tyat unb nur <3$toä$e tft, toeil fie nicfyt einmal geregt ju
fein Hüffen.
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300 ^renologie unb örnehung.
$enerata( ift ein (Sinn ber ®emüth$melt, ein (Gefühl. <&e*
fühl fann nur burch (Gefühl angeregt werben, unb In'et bor Sülem
gilt ba« Sort, bafc nur baS jutn §erjen fpricht, ma* bom £er$en
fommt. Nux ber <£rjieher bafyer, in meinem fetbft baS religiofe
C&efühl lebenbig ift, fann baffelbe beim ßinbe anregen unb aus*
bilben. «ismeilen Jüchen SRetigionSlehrer ba« ihnen fe^lenbe re*
ligiofe Gefühl burch eine anbere, fatfe^c Statt gu erfefcen. 3met
Bester »erben in biefer #inficht oft begangen. Einige Religion«*
tehrer bringen ben (Sinn ber Weligtofität nicht mit ben übrigen
beeren ©innen, mit Bonität, (Sonfctental, ben SDenffräften ic,
fonbern mit nieberen ©innen, mit Obpofital, Aichtal it., in 23er=
binbung, inbem fie mit Grtfer gewiffe befonbere, bon ihnen für
mahr gehaltene ßehrfäfee al« bie unbebingt richtigen, unb getoiffe
befonbere anbere, bon Zubern für toafyr gehaltene <Säfce als ber*
folgung«* unb bernichtung«mürbig barftellen. ©abucch mirb bie
Religion, melche ben SWenfcben jur ^öe^ften 9)?enfchlichfeit — oor
Willem jur Viebe, n>ie (Shriftu« fagt, — emporheben foll, $ur
nieberen , ben SÄenfchen abmärt« jie^enben tfeibenfehaft berührt.
Rubere 9Wigion«lchrer glauben ba« Urnen fetjlenbe religiöfe ®e*
fühl baburch ju erfefeen ober JU heben, ba§ fie bei fidh fetbft unb
ihren «Schülern ben SSerftanb, meil biefer ia ba« religiöfe Gefühl *
beeinträchtige, auf ba« allergeringfte üflafc gu befchränfen, ober
mohl ganj gu unterbrüefen fuchen. £>amit ift aber, ba ba«
religiöfe (Gefühl natürlich etmaS anbereS ift, als bic Verneinung
beS 33erftanbeS, nichts gewonnen, fonbern nur noch mehr verloren.
Sohl ift eine Religion ohne (Gefühl nichtig unb merthloS, aber
eine Religion ohne (Gefühl unb ohne 33erftanb ift meniger al«
biefe«, fann ctma« fcl)r Schlimme« »erben. £)er Lehrer ber
Religion fteht an (S^rifti Stelle: er lehre, mie jener gelehrt, er
lehre fo, als ob nod; sJttemanb beffen ßehrc fenne unb er juerft
ber 2ttenfchheit (Sbangclium oerfünben folte. £)er Räuber,
»ooburch btefe« bie geiftig höchftftehcnbcn «ölfer ber (Srbe fid)
geioann unb noch alte 33ölfer gewinnen mirb, ift, bafc es
mit allen ®cmüth«finnen unb 23erftanbe«finnen bcS 9)?enfchen
fe fchön jufammenftimmt , bap e« bie Religion ber $Ktytal unb
fünften OWenfc^tid^feit ift. £>er Lehrer ber Religion lehre bief es
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4^renotogie unb (Srjichung
301
S^riftent^um unb feine Schüler derben U)n fegnen unb ihm nach*
folgen. (§r bleibe ferne ienem fogenannten ßljriftentfyum , nach
loelchem bie Sttenfchen, n>enn fie ihm nachlebten unb nicht glücf*
licher Seife beffer toärcn, at« bie 8e$te felbft, fidj gegenfettig
betagten unb Raffen, in ternt^teubem 3tt>tefpalt unb Äampf i^r
irbifc^e« SDafein Einbringen mürben.
Sbealital mirb ^äufig bei ber ßrjiehung nicht fo, mie e«
follte, beamtet. SJflanche maefere 2ttenfdjen fdjäfeen mety bie Züfy
tigfeit unb ben (Sbclmutb eine« CStyarafter«, aber fie beraten ba«
(Schöne, ba$ Sbeale in Äunft unb Söiffenfctyaft al« unnüfc, al«
unpraftifefy. £)ie8 ift ein ©iberfpruch. Hin fch&neS Söilb 5.
ein fernes ®ebicbt, eine fchöne SDfufif — unb eine fd^Önc Xljat
finb fid; feljr nahe bertoanbt, entfpringen $um ST^eit einer unb
berfetben geiftigen Duelle. (5$ ift bafyer für bie allgemeine ©itt*
lid;fett be$ $inbe$ bon großem SÖSerth, menn cd in einer frönen,
gefälligen äußeren Umgebung $eranroäc$ft. @tn &eiä)m, to™ fch*
). 23. ber beutle 23olf$charafter in ber neueren 3e^ w 2lUge*
weinen fich gehoben, ift ber allgemeine gortfehritt, ben ber ®e*
fehmaef, ber <Sinn für ba« ©c^öne gemalt $at. £)ie ®ebicfyte
Schillert, be« Vertreter« ber Sbealitat unter ben SMchtern, finben
ftch in jebem £>aufe.
3mitatal ift, n>ie fc^on früher angebeutet, für bie (Srjiefnmg
oon befonberem ®etm$t. 3Waiu$e (Srjtcher pflegen ben ®inbem
gleichfam ^rebigten barüber $u galten, mie fie ^anbeln, ma$ fie
tlnm unb toaS fie laffen müßten. £>te$ ift nicht gut. £)te sJcach*
ahmung, ba« lebenbige 23eifpiel ersieht meit mehr, als ba$ tobte
SÖort. Stenn (Sltern mollen, bafc ba« $inb gute ßetjren empfange,
fo bürfen fie nur felbft fo hobeln, nne fie ba$ $inb ^anbeln
Ichren mollen: e$ bebarf bann ber ^rebigten nicht. £>anbeln fie
nicht fo, fo nüfcen bie $ rebigten nicht unb führen nur gu einem
genüffen ©c^eintoefen.
föcalital ^at nicht bloß, tt>ie früher angebeutet, beim Keinen
fiinbe, fonbem e« behält burd? bie ganjc 3ugcnb feine bor$ügliche
Berechtigung für bie (£r$iefntng ober ben Unterricht. Htfei Unter*
riebt nmg nilefct auf biefen <§inn fieb grünben, muß ein gegen*
ftänblicher (obiectiber) fein. £a« teufen (ba$ dergleichen unb
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302 $&renotogic unb <Sr}ie$img.
(Schliefen) be« SWenfchen wäre merthto«, wenn e« ein Mo« fubjec*
tioe« (ein teere« pfn'tofophifche«) märe, toenn ihm ber @egenftanb
fehlte. Die ^Bereinigung alter ®egenftänbe ift bie 9catur. 2lUe
Sßiffenfc^aft ift baher SRaturmiffenfchaft. Sttiffenfchaft fteht heut*
jutage hauptfächlich belegen gegen früher fo §0$, »eil fie jur
ßrfenntnifj ihrer felbft gefommen, »eil fie felbftbemuBt SRatur*
miffenfehaft getoorben ift. Der bollfommenfte ©egenftanb, ba«
bollfommenfte (5in$elmefen in ber 9latur ift beT 9Jfenfch. Der
Sflenfch al« bie Heine Seit vereinigt in fich aUe ©egenftänbe ber
Statut unb bilbet fo bie (Einheit unb bie ©pifce aller ©tffenfehaft.
2öa« tu'er »on ber SSMffenf^aft gefagt ift, gilt auch oon beut Untere
ri^t, »elc^er niebt« anbere« ift, al« eine (Einführung be« ftinbe«,
be« Knaben, be« 3üngling« in bie föiffenfc^aft. Silier Unterricht
ift julefet ein naturnriffenfehaftlicher. 3$on ben nieberen unb ein*
jelnen 9laturgegenftänben au«gchenfc unb baburch jum SBerftänbnij?
ber ^ö^eren unb ber vereinigten borbereitenb, fc^reitet ber Unter*
rieht, alle Dinge unter ftety felbft unb mit bem SWittelpunft in
SBerbinbung bringenb, biefem feinem 2)ttttelpunft unb feiner 3pifce
— ber SWenfchentehre — ju. Seit ba« Sefen ber üftenfcfyenuatur
bie fittliche Freiheit, bie ©ittti^feit ift, fo fällt in ber flttenfehen*
lehre — b. i. in ber Sittenlehre ober £ugenblehre — ber Unter*
riefet mit ber (Srjieljung in (Sin« jufammen. 33i«her ift befannt*
lieh oon jeher ein großer ©treit über ben lüften @runbfafc be«
Unterrichts geführt, finb biete unb oerfcfyiebene fogenannte ©chul*
ptäne aufgeteilt toorben, inbem einige ßehrer ben gegenftänblichen
ober naturmtffenfchaftlichen, anbere ben menfchlichen ober menfc^(icr)
bitbenben Unterricht mehr herborljoben. Durch bie ^3r)Tcnoloöie
ift biefer au« ©nfeitigfeit hervorgegangene unb ju (Emfeitigfetten
fü^renbe (Streit für immer befeitigt.
Oformital toirb am beften burch ba« 3etchnen geübt. Diefe«
fei h«uptfächtich unb gleich *on Anfang an ein 3ei<h"en nach ber
Statur unb gehe bom (Einfachen gum 3uf<Hnmengefefceu fort; &rtyftaU,
^flange, tym, 2Kenfch. Stuch bie ©eftalten ber tfunftgegenftänbe
Iaffen fich befanntlich auf bie formen ber nieberen ober höheren 9catur*
gegenftänbe gurücf führen. Da« Zeichnen hat in imferer 3ett beT objec*
tioen Siffenfchafteii eine toeit größere ©ereutung at« früher erhatten.
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$&reno(ogie unb örjietyung.
303
Socatat ttirb ^auptfäc^lic^ burch ben Unterricht in ber (5rb*
befchreibung geübt nnb gebildet, tiefer Unterricht muß mit bem
^äc^ften unb öinfachften beginnen. £)er Schüler jeid^ne bie ©runb-
fläche be$ 3tnunerdf in ttelchem er fich befinbet, be$ §aufe$, be$
£of« unb (Martens, ber Stabt, ber Umgcgenb, fo tteü er fann.
hieran reiht fid), ttaä anbere gefeljen unb gezeichnet f)abex\, an,
bie ftarte beS «ejirfe, be* 2anbe$, be« @rbthei(S, ber <£rbe, unb
hieran bie tarte unfereS Sonnenfoftem« unb be« onjfternhimmete.
Wit beut Unterricht in ber (Srbbefchreibung ttirb am beften, bor
fehr großen unb umfaffenben ganbfarten, ber erjähfcnbe Unterricht
in ber ©efchichte oerbunben.
£)te Uebung be$ 9htmerata( ift einfacher, aU oft geglaubt
tttrb. 9Ule$ Rechnen ift gäfyen, enttteber 3"äähum ober äbjätyen.
33ermehren ift mehrfaches 3uia^en/ Reiten ift mehrfache« %fc
&ä$trn. $)a« $inb (ber $nabc, 3üngltng) terne, um ein oott=
fommencr Rechner gu »erben, oottfommen jähten. £)a$ jjfifyUn
beginnt mit bem einfachen 3&$tetl (bem 3&$fat mit ber einfachen
3aht) unb fteigt nach unb nach in bem jufammengefefcten 3^h^cn
(in bem 3ah^cn m^ jufammengefe^ten ober ÜUaff engten) h$her
unb h&her a*lf. Äinb jä^tt juerft einfach : 1, 2, 3, 4 . . .
bis 100 unb jurücf. £>ann folgt ba$ jufammengefefete 3&Wcn:
2, 4, 6 bis 100 unb gurücf. Unb fo fort: 3, 6, 9 ,
4, 8, 12 , 5, 10, 15 10, 20, 30 , je biß 100
unb jurücf. 3ft btefe« 3ählen bem Äinbe, bem Knaben geläufig,
fo geht man gu ben größeren 2Waffena<u)lcn fort: 11, 22, 33 . . . .,
12, 24, 36 , 13, 26, 39 u. f. tt., juerft bit 200 ober
300 unb enbtich bis 1000 unb jurücf. £>er Schüler $at ba*
§öchfte erreicht, wenn er bon ieber 3«hJ (unter fogIett( ju
beftimmen toeife, in ttelcher 3äh*reu?e fie liegt : er ttirb bann im
Rechnen HujjerorbentlicheS reiften. Erreicht er auch, bei geringerem
angeborenen £alent, nicht biefe h^f*^ fonbern nur eine mittlere
«Stufe in ber Äunft be8 &äf)Uni, fo bleibt ber (Dettum biefer
UnterrichtStteifc immer ein f ehr großer für ba$ praftifc^e Rechnen.
£)enn nur hierburch ttirb ba« fonft tobte unb troefene 3ä$(en unb
Rechnen im (Seifte tebenbig. £)a$ fogenannte (SinmaleinS barf
ba$ ftinb nicht „austoenbig" lernen, beim eben bie« mit noch
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304
^tyrenoloflie unb (Sraie^ung.
manchem Sfnberen in ber geu>6^n(icben SRechenfunft ift ein tobte«
fernen.
2Ba« mir oben übet bie Uebung be« SBerbotal beim $inbe
gefagt, gilt auch oon ber fpateren 3ugenb. (bleich toie ein 53fci-
getoicht hing faft an altem bisherigen Unterruht bie einfeitige unb
unrichtige Uebung be« Sßortrtnn«, „ba« 9tu«n>enbigternen\ 9ttan
!ann in biefer ©ejieljung bie bi«fjerige (Srsiehung«* unb Unter*
rtcht«n?eifc eine boppett einfeitige nennen. Glicht nur tourbe bie
felbftftänbige Uebung ber ®emüth«finne ju fünften ber einfeitigen
Uebung ber 33erftanbe«finne oernachläffigt (nicht nur mar bie (fr*
Siehung eine (Srjiehung gum ©iffen ftatt jum können), fonbern
bie Uebung ber weiften 33erftanfce«finne felbft tourbe $u ©unften
ber einfeitigen Uebung be« ©ortfinn« oerfäumt. 9ttfo beftanb bie
Qrrjiehung mit fammt bem Unterricht in tiefen Beziehungen in
ber unrichtigen Uebung be« ©ortfhm«. SSon ber Religion bi« ju
ben Regeln ber (Srammattf herab mürbe faft 9U(e« ,>au«n>enbig*
.gelernt! iftatÜTUch mürbe t)icx6et nicht« anbere« mebr oerfäumt,
at« eben ber toahre unb richtige ©ertunterricht, ba« *3ntoenbig*
lernen" ber ©orte. 3um 3lüec*c b\c\rt überau« toichttgen Unter*
rieht« müffen oom tinbheit«* bi« jum oollenbeten 3üngling«alter
umfaffenbe unb bietfeitige Uebungen im «Sprechen ftattfinben. £)er
Schüler mu| über bie berfebiebenften ©egenftänbe unb auf bie
berfefciebenfte ©eife frei fprechen, theil« inbem ihm 3eit gegeben
ioirb, feinen ®egenftanb $u überbenfen, theil« inbem er fofort
über feine Hufgabe ju fprechen $at. $)amit mirb für öftere
Schüler jtoecfmajjig ber Unterricht in ber SchneÜfchrtft (Steno*
graph^) oerbunben. ©a« ba« (Erlernen ber fremben ©brachen
betrifft, fo mujj natürlich auch biefe« ein „Sntoenbigtemen" fein,
b. i. ber ©ortfinn muß in febenbiger SBerbinbung mit ben übri*
gen S3erftanbe«finnen geübt, bie (Sprache mu§ im Gebrauche ber*
felben erlernt werben. Ü)er Safc befteht au« bem Subject (9fe*
alital), bem fich ba« ^ßräbicat in ftaetttat, £empitat, Öocataf :c.
anreiht. £)er Sprachunterricht fann unb foll fogleich mit biefem
(gebrauchen ber Sprache beginnen. Sir befifcen feit einiger $eit
Lehrbücher in biefem Reifte gefchrteben, mie 3. SB. ba« bortrefflichc
f leine 33ud) oon 311m Erlernen be« #ran$efifchen.
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<P&rettofogic unb (Srjic^ung.
305
(Sonftructal follte allgemeiner, al« getr>&hnlicb gefcbieljt,
geübt toerben. Cr« toäre fc^Sn, n>enn jeber Gfüngltn^ neben feinem
fonftigen 39eruf ein £anbmerf lernte. Die« mürbe audt) 511t all=
gemeineren 9lnerfennung ber Arbeit beitragen. Unfere $eit fräntelt
an ber fallen ©telfeit, bafc man fid^ in gehriffen Greifen ber
Arbeit nm ®elb föättt Unb bodj ift ba« (Selb ba« Littel $ur
Geltung, $ur <5elbfrftanbigfeit, affo |ttx (Sittlichfeit, «efonber« bie
meibliche Söett trifft biefer 55ormnrf. Weht bfo« ber Jüngling, auch
bie3ungfrau foll arbeiten, für (Selb arbeiten, um felbftftänbig $u fein.
2Bir feljen fo oft nur ein £änbeln ber Jungfrau unb ein Slbmarten
ber ©elbftftänbigfeit burch eine 33erbinbung. SÖohl ift bie 35er*
binbung bie eine Lebensaufgabe ber Sungfrau, aber bie anbere
gleichgeltenbe ift bie Arbeit. Unb gerabe bie Grrfülluug biefer
(enteren Aufgabe führt am leichteften jur (Erfüllung ber erftcren.
£>er üttenfety foll nicht müßig auf ba« ®lü<f rcarten: biefe« ift
bem ftteifce ^o(b.
3m (Somparital unb (Saufalital lehrt ber Unterricht, in«
bem er Bttrt umfaßt unb sufammenfaßt , inbem ba« (Subiect
zugleich Object, ba« Object @ubject mirb, 511 ftch fetbft jurücf;
ber Unterricht mirb fid) al« foleber fefbftbcmußt ; ber ^erftanb ber-
einigt fich mit bem ®efüf?l unb mtrb jur Vernunft. £>cr lefete
föing in bem großen Greife ber Harmonie fdt)ließt fich ab: bie
äöiffenfcfyaft mirb jur ^itofop^ie.
(Schlußwort.
£>ie fcorfteljenbc £>arftellung ber Grr$iehung«lehre al« eine«
praftifeben ober angetoanbten 2$eif6 ber ^J^renologie ift infofern
eine mangelhafte, al« ich fo oft, moJjl jur Grrmübung be« ßefer«,
auf bie (Sin^cit ber ganzen Grrjiehung unb alter ihrer 3mecfe hin-
gemiefen (a$e, — unb bodt) nicht oft genug! Sftie fyabc ich fo
lebhaft mie hier gefügt, mie biet bor bem <S<hriftfteller ber bil*
benbe $ünftter borau« $at tiefer giebt bie ©nhett feine« ®egcm
ftanbe« auch in einem Silbe, er fagt gleicbfam 2Hle« auf einmal.
£)em <3chriftftefler mirb bie Darfteilung feine« ®cgenftanbe« befto
fernerer, je größer bie Einheit bcffelben ift, je weniger er bei
©c$ct>e, ^tcnoloflif^e »übet. 3. Mufl. 20
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306 *Pf>renefegtc unb (5rjic6ung.
jcbem einjeuten fünfte auf beffen innere (Shujeit mit jebem an*
bern einjefaen fünfte ljtnroeifen fann. £ie Harmonie be« SWert*
fd&en mit fi* unb ber 8ug«ttBCft, — bie 2Hcnföfid>feit ,
3ttenföentyum , — bie geiftige ^efunb^eit, — bie «ilbung be«
Reifte« unb be« £erjen«, — bie fittfi<$e ftretyeit, — bie <§itt*
Ud&feit, £ugenb, — bie $etnünftigfeit, — bie <öefi>ftkf>errf*ung,
— bie 3ufrieben^cit, — bie Brbeitfamfeit , ber $(ei§, — bie
©elfcftftänbigfeit, — bie greube, ba* GM», — bie Religio*
fität, — atfc biefe 3iete, na* treiben ber junge (Jrbenbürget
an ber £anb be$ GrrjiefyetS wanbett, finb ein gtil unb auf
einem Sege gu erteilen.
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xvn.
PrafttifAer Unterricht in der fMrtnofogtt.
Äöl>n unb groft ift ber TOenfä: et miftt am fflctoölbe be« Gimmel«
Unb am ©fmölbe be« Cxiujjta bie utterntf&li(fie SBelt.
1.
£>ic praftifche ^retiofogic ober bic Organenleljre ift im
®anjen ui<$t ein fehtoterige«, fonbem ein teilte« unb üBerbie«
ein fe^r lohnenbe« unb genußreiche« ©tubium. %uäf ift fie einem
Seben, ber nur einige« S3eobachtung«talent beftfct, jugängtich, unb
man mufe nicht, mic 3. 23. bei ber ^tyfiognomif, ein Bcfonbere«
©enie bafür befifcen, um barin Süchtige« 511 leiften. @Benfo
menig brauet man baju (belehrter oon ftach, phtlofoph, 9flebi*
einer u. f. n>. $u fein. ©0 tt)ie mir ÜKnfif erlernen, otyne ÜJht*
fiter bon ftach ya fein, fo f&nnen (belehrte unb Ungeleljrte, SDfännet
unb grauen — mit geringeren Opfern an £c\i unb üttülje, al«
ba« Spielen eine« mufifalifdjen Snftrumcnt« erforbert — bie
praftifche ^renotogie mit ben baju nötigen mebicintfehen unb
pftychofogifchen $enntniffen erlernen, unb ber ®enufj unb ber
praftifche SRufeen btefe« Söiffen« ift, auch ohne bafe e« fich jur
9Keifterfchaft ergebt, ein fefyr großer.
£)er Unterricht in ber prafUfd)en Phrenologie fann nicht
paffenber al« mit ben ©orten eingeleitet merben, ba§ bie $hrcn°s
togie ba« nicht ift, für ma« man fie gemßhnUch tfilt, nämlich
ni^t bie Äunft, au« ber Grrforfchung ber Äopfgeftalt ben ganzen
20*
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308 $raftifcf>cr Unterricht in fcer ^tyrenotogie.
(S^araftcr be« üttenfchen nach allen einzelnen 3"8en ttnffenfcbaft*
lieft ftd>er ju beftimmen. £ie ^fyrenologtc fann bte« au« meh-
reren (&rünben nicht fein, unter ^Inberm be«n>egen nicht, n>eil bie
^nrnfdjale Heine Ungleichheiten wnb Unregelmäßigfetten in ber
Dicfe jeigt, meldje bie genaue ®ri>ße ber einzelnen ®ehirnorgane
jn erfennen fcerhinbero.
©enn aber, fo nieten ^ier Manche einwerfen, ber Phreno-
logie biefe miffenfchaftlicbe (Sicherheit im genauen ©eftimmen ber
(Sharafterjüge fehlt, fo fehlt ihr bamit bie echte 2Btffenfchaftlich<
feit unb ihr Urteil ift gebrochen, fciefe Sehrc ift bann eine
geifrreiche Spielerei, ttrie etwa bie $h*m»gnomif, »eiche auch Wohl
bielc« SBahre, aber nicht« wiffenfehaftlich ^eftftehenbe« enthält.
£er wahre ^aturforfcher , ber 9ftann ber ftrengen SSMffenfchaft,
ift baher in feinem fechte, wenn er ber ^t>rcnclcgic feinen ®e=
fehmaef abgewinnen fann unb fie au« bem Bereiche feiner $or=
fchungen au«fchließt.
Mein biefe« Urtheil beruht auf einem ftehlfäluffe. £)ic
Phrenologie befifct bielmehr ben (^harafter ber ftrengen Riffen«
fcbaftlicbfeit, fo rote jebe anbere ^caturwiffenfebaft, wie $. 33. bie
(Shemie ober bie phhftf- £enn bie ^3r)rcnotogtc bermag jmar
nicht bie ganj genaue ®röße ber einzelnen ®ehtrnthette ober
Organe au« ber äußern Hopfgeftalt ju erfennen, aber fie ber-
mag mit bollfommener mathematifcher , alfo wiffenfchaftlicher
Sicherheit ein große« ®ehirnorgan oon einem f (einen }ti
unterfcheiben. 9htr mit ber Crrferfchung folcher ©ehimorgane
aber hat e« bie Sß^rcnoroötc al« ^iffenfehaft ju thun, um fo
mehr, ba alle entfehiebenen (Sharafterjüge be« 9Eenfchen auf ber
ftarfen ober flachen (Sntwicflung ber ®tunbfräfte be« (Reifte«
unb feiner Organe beruhen.
£)ie ©ahrheit, baß ein große« ®ehiroorgan toon einem f lei-
nen wiffenfehaftlich ficher unterfchieben werben fann, finbet eine
nähere JBegrünbung unb ^adjweifung barin, baß bie Ungleichheit
unb SSerfchiebenheit in ber £>icfc ber £nrnfchale nur ^od^ft unbe-
beutenb ift unb gar nicht im 33erhältniß fteht $u ber großen &*er-
febiebenheit ber menfehlicben (Gehirn = ober Äopfgeftalten. £)ie
erftere ^erfdnebenheit beträgt nur etwa ben jelmten Xfyeü ber
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$raftt|d>er Unterricht in ter ^venologie. 309
lefetern, nur eine hafte bis anberthalb hinten, mährenb bic lefc>
tere einen falben bi« 311 jmei nnb bret 3oll beträgt. (5in $opf
fann an ber ©teile irgenb eine« Organ« um einen, $mei, ja brei
3oü ftärfer entmicfelt fein, at« ein anberer an berfelben Stelle.
3n folgen ftällen ift e« nicht möglich, ba§ man fich über bie
Stärfe eine« ©ehirntheil« im Söefenttichen taufet, menn ftch aud;
beffen ©röfee nicht mathematifch genau erfennen läfjt. £)iefelbe
UnooUfommenheit ber praftifchen flunft im Skrhältnijj jur 9ßMffen=
fchaft finbet fich befanntttefy bei allen 9faturn>iffenfchaften , toie
33. bei ber Sljemie. Senn ein 9)?ineraln>afjer chemifd; unter*
fud?t nurb, fo finbet ber ftorfcfyer bie Stoffe, tuelche in Spenge
fich barin befinben, mit »oder ttnffcnfcfyaftlicfyer Sicherheit auf,
aber er roeife ba« genaue Sttajj jebe« Stoffe« nicht mathemattfeh,
fonbern nur annähernb anzugeben.
2.
SDie Schtuierigfciten, ioelche für bie prafttfehe Senologie
in ber Ungleichheit ber SDicfe ber §irnfc^ale liegen, fBnnen noch
bebeutenb baburch verringert »erben, bafe man bie ©teilen ber
£)tmfc$ale fennen lernt, to>o fich fotd)e Ungleichheiten ju finben
pflegen, unb baf? man bann biefe Ungleichheiten bc« Schäbel*
fnochen« bei ber 23eurthetlung ber ©r&jse eine« ©ehirnorgan«
abrechnet. Serfen totr hier einen ©lief auf bie SMlbung«*
gefehlte be« Schäbel«.
©etm tverbenben 9)?enfchen ift ba« ©ehim in feiner SDfoffe
unb feiner ©eftalt fchon ganj oorljanben, ehe erft ber Schäbel*
fnochen fich 511 bilben unb e« 311 übertoachfen* beginnt. SDlefe
33ilbung be« Knochen« geht oon einigen befttmmten fünften au«:
an jebem berfelben fängt ^nochenmaffe an fich abjufefcen unb
toä'chft bann oon ba an ring« ftrahlenförmtg fort, fo toic ettoa
an einer genfterfcheibe bie fteuchtigfett ftrahtenförmig gefriert.
Ü)aburch entftehen fehr bünne Änochenplatten , bie man mit
Schuppen oergleichen fann unb bie an ihrem Sftittelpunftc etma«
ftärfer an ÜRaffe finb, al« an ber übrigen fläche. $)iefe Knochen*
fdnippen bebeefen enblicb ba« ganje ©chirn, ohne jeboch irgeubmo
fich über einanber ju fdn'eben, fonbern jetc Schuppe grenjt nur
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310
^3rattifd>er Unterricht in ber *p^rcnoIogie
an bie anbere an, ja bicö nicbt überaß beim an einigen (Stellen
bleiben jtotfe^en ben tnochenfehuppen leere, bon ftnochenmaffe un=
bebeefte SKäume, mekhc Fontanellen Ijcifcen. £)ie größte Fonta-
nelle finbet fid? auf ber Witte be« Obcrfopf«, ba mo bier tnochen*
fchuppen an einanber grenjen.
£>cr tnochenanfafcpunftc, alfo ber tnochenfehuppen, finb (ma«
bie obere 33cbecfung be« Gehirn« betrifft unb abgefehen bon ben
®eficht«fnochen unb ben Knochen an ber untern Fläche be« ®e*
hirn«) im Jansen fieben. 3mei (Schuppen Reißen (Stirnbeine;
ihre Littel« ober ftnochenanfafepunfte ftnb auf ber obern <Stirn
redete unb Itntt bei Gaufaütat, ba, too man bei bieten SÄen^en
bie fogenannten Sttrnhöcfer bemerft. 3toet anbere puppen,
bie größten bon allen, Ijeijjen (Seitenmanbbeine, unb beren üDttttet*
punfte liegen über unb hinter bem ©hr am höchften unb Ijinter*
ften XtyiU ber «Seitenfläche be« topf« bei Gautal. Söenn ba«
topf haar nidt)t bie Beobachtung Ijinberte, fo ioürbe man bei btelen
Sftenfchen bicr eine nodt) bebeutenbere tnodt}enerhöhung , al« bie
Sttrnhöcfer finb, bewerfen, meitere fleinere tnochenfehuppen,
bie fogenannten Schläfenbeine, liegen an bem untern Seitenteil
be« topf« bom ?luge gum 0\)x. $)ie fiebente unb lefctc Schuppe,
ba« Hinterhauptbein, h«t tyten üfltttclpunft am unterften Streife
be« £interfopf« gerabe auf ber ®renje jmifchen topf unb £al«,
jmifchen Onfantal unb ®eneratal. tiefer $erfnöcherung«punft
ift Geitau« ber ftärffte bon allen; faft jeber 2ttenfch fann ^iet an
feinem topfe eine bohnengroße ober oft noch größere tnodt)en=
erhöfjung bemerfen. £)a biefe «Stelle ber ungefähre SWittetpunft
be« Hinterhauptbein« ift, fo folgt, baß biefe« noch Sunt
bie untere Fläche be« ®ehirn« (nämlich ba« fogenannte Meine
(Gehirn) umfließt.
3ur &it b« (Geburt bc« ÜDfenfcheu, mo bie Schäbelfnochen
bie h^r betriebene Söefchaffenheit hoben, ift bie topfgeftatt nodt)
feine fefte, fonbem noch bon äußeren (Sinflüffen abhängig. SDcan
hört oft bie Anficht au«fprechen, baß e« in ber Sftacht bet £cb*
amme ftehe, bem topfe be« ttnbe« für« ganje Öeben biefe ober
jene ®eftatt ju geben. Sßetn, noch ^cit gemaltfamer, al« e« bie
Hebamme bermöchte, mirft bie Geburt fetbft auf bie topfgeftalt
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$rafttfcf>er Unterrtdji in bcr ^brenologie. 31 1
ein, aber felbft tiefe (£imoirfimg (loeldjer bafc Erliefen be$ Äopf«
oon ©etten ber §ebamme mir entgegcimurfen foli) ift nur eine
fnrj borübcrgeljcnbe, nnb geio&fmlicfy fcfyon nacfy toenigen Söocfyen
nimmt ber £opf (mit bem ®ef}irn) aud^ olmc alle äußere 33eb
fyittfe bie ®efta(t wteber an, toefcfye er bor ber (Geburt fyatte.
$)a« lebenbige nnb fdweU toacbfenbc ®efyirn bilbet ficfy feljr balb
Sdiüöel txnti neugeborenen Rinbe*: Seiten onfidit.
Corbete Hnfidjt.
■ttyty »on Oben. ^intetonfidjt.
ben tobten unb no$ unfeften Änocfyen in ber ®eftaft an, tote cä -
fidt) benfetben bor ber (Geburt angebitbet r)atte.
$)ie &no$enftfynWen »adjfen fefjr balb ganj gufammen, In*
bem au$ bie ftontanetten fitfy fließen (mit 3lu«naljmc bcr gro=
fjen, toeldjc längere ty'it offen bleibt). £)ie an einanber gren*
jenben Änodjenfd?iu?pen bewarfen an ben föänbcm einer
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312 ^rafttjd)et Unterricht in ter ^tjrenolpflte.
einzigen, ba* gan$c <&eljirn bctccfeutcu ^nocfyenfchale. £)ie 33er=
machfung*ftellcn tjcifeen ^ät^tc, n?elcr)c (mit 9lu*naljme bcr sJiafyt
jtütf^cn bcn beiben Stirn beinfcfyuppen) immer am ^noc^en fic^tbar
bleiben imb ba* ftutfefycu einer feingejaetten unregelmäßigen SBer
^afmung fyaben. Souper ^tätyte giebt e* fyaubtfäcfylich brei: bic
^ranjnafyt, meiere ba* Stirnbein mit ben Seitemoanbbeinen ber-
binbet, fie täuft quer über ben Oberfopf, ntebt gan$ in ber SDittte,
fonbern ctiua* nad? born 31t jungen Bonität unb SBcneratal;
ferner bie Vambanatyt, bic 2$crbinbung*nafjt jnrifctyen bem $nnter=
liauptbein unb ben Seitemoanbbeinen; cubli<$ bie ^feilnatyt
$nnfctyen ben beiben Seitemoanbbeinen auf ber üftittellinie be*
Oberfopfe*, fie reicht oon ber transna^t gut l'ambanatyt unb
geljt mitten über ^eneratat, uHrmital, 3pfotal unb (Soncentratal.
£)ie ^ät>te bitten fcfmmlc, fatan einen Meinen Ringer breite, batb
mcljt, balb weniger aufgetoorfene 3Bülfre ober (Srljityungen bc*
$noct)en*, toelctye über bie Starte ber barunter liegenben ($eljirn*
tljctle tauften fimnten, inbem man, burety jene Sßülfte oeranlajjt,
enttoeber bie b a r u n t e r liegenben Organe für größer, ober aber
bie unmittelbar b aneben liegenben für bergleicbung*toei* fleiner
galten f bunte, als fie finb.
£)ie genaue ßemttntfj fotoofyl ber Änocfyenanfakpunftc, aß
ber ^ät)tc ift auc$ barum bon SBictytigfeit , koett fie fetyt bie
$enntni§ ber Stelle ber einzelnen Organe erleichtert.
Obgleich mir nun aber btefe Uugteichmä&igfeiten in ber £)icfe
ber £itnfcfyale an ben begebenen ©teilen be* $opf* fenneu
gelernt fyaben unb im* alfo fetyon burd) biefe $ enntnijj bor großen
fehlem in ber Jöeurtfycilung ber ©efn'rngeftalt ju Ritten toiffen,
fo fann bod^ für bie praMifctye Phrenologie tttc^t cinbringlich gc*
nug bie 3Bal)r^eit rüiebert)olt »erben , baft mir nur bann, toenu
ein ($elnrntljeil ober Organ enttoeber gro§ ober Mein erfctyeint,
eine fixere unb ftreng u>iffenfc^aftlic^c Sßergleidjung jene« ®c!)irn=
ü)eil* einerfeit* unb be* entfprectyenbcn ®eifte*bctmi3gen* anbetet«
feit* 31t sieben im Staube finb.
»
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^raftifdtjcr Unterricht in ber ^^rcnclcgie. 313
3.
Um bei beut erften ©tubium ber Phrenologie ben ftreng
nuffenfchaftlichen Beg $u gehen, bürfen toir hier eigentlich ned?
nicht oon Organen feteeje«, ober wir müffen im« loenigften« bie auf
einem @$hiffc beruhenbe Bebcuhmg be« gebrausten Söorte«
Organ Kar oor 3lugen ftellen. $)enn ber pljrenologifctye Safc,
ba§ ein getoiffer ®efyirntfyeU ba« Organ eine« getroffen (Seifte«-
oermögen« fei, enthält fdfon einen @$ftifj au« ber £hatfad;c;
bie einfache ^atfa($e ift: in allen fallen ohne 3lu«*
nahine, too ein beftimmter Öe^irnt^eil grofc ift,
toirbetnbeftimmte«®eifte«oermögenftarf gefunben,
unbebenfo, too jener ©ehirntheil fleinift, $eigtfich
jene« Vermögen f d^toad^.
(£« oerfteht fich oon felbft, baf? ba, too e« fich oon jii er*
toerbenben Äenntniffen ^anbett, nur ba« Stffen, nicht ba«
(glauben gelten fann. 3Ber blo« ber Behauptung ber $f)reno*
logen glaubt, bafj ber obige @afc Söahrheit enthalte, beffen Glaube
hat toenig ober gar feinen SBertlj, beim ber ©laubenbe fönnte
fpäter ebenfotoohl ber Behauptung ber Gegner ber Phrenologie
glauben, bajj jener ©afc ein Srrtljum fei. £)aher ift eine ber
erften Bedingungen jum erfolgreichen ©tubium ber Phänologie,
bafj loir allen ©tauben an bereu Saf;rheit ju £aufe laffen uub *
nur ba« eifrige unb nüchterne Beftreben ju toiffett mitbringen,
b. i. i\\ toiffen, ob jene au«nahm«lofe Uebereinftimmung gtotfehen
ber ©ehirngeftalt unb ber ®eifte«enttrocfluug ftattfinbet ober nicht.
3ur Beobachtung genügt §icx bi«toeilen fchon ba« Sluge.
ÜDenn toeil nur bie $älte ber entfehiebenen Grnttoicflungcn eine«
©chimtheil« Geltung fyabm, fo toirb oft fchon ba« blo§c Be*
trachten eine« $opfe« mit fchtoachem §aartouch« im« erfennen
laffen, ob eine topfftelfe ftar! ober fchtoach enttoicfelt ift. Mein
theil« toeil oft bie ftülle be« §aare« ber Beobachtung be« 3luge«
im Söege ift, theil« toeil toir fo genau unb grünblich, al« immer
möglich, bei ber toiffenfehaftttchen (Srforfchung einer 3T^atfad^c ju
Serie gehen müffen, fo iß, toenn unr un« oon ber Gnttoicflung
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314
<ßraftifdjcr Unterricht in bet ^Phrenologie.
einer behaarten Stelle be« ßopfe« unterrichten wollen, ba« 33c=
taften beffelben unerläßlich.
hierbei ftnb befonber« jwet eben fo einfache at« wichtige
Regeln ju beobachten, an beren ^iichtfenntnif? pufig ' fchon ba«
Stubium ber pra!tifd;en ^hreno^flie gefächert ift. £>a« Se*
taften geflieht erften« nicht, wie man gewöhnlich glaubt, mit
ben <Spifeen ber au«geftrecften Ringer, fonbern bie bier Ringer
ber $anb werben lofe sufammengelegt unb burch ba« weiche unb
fatte Slufbrücfen ber ganjen inneren ^ingerflächen unb ba« t>ict=
faltige $in* unb £erbewegen berfelben fu^t man burch ba« §aar
hinburch eine Slnfchauung bön ber Sopfgeftalt ju gewinnen.
3weiten« mujj, wie fich berfteljt, ba bie ganje Unterfuc^ung nur
auf ber 23ergleichung ber einzelnen ÄopffteUcn unter fich beruht,
nicht blo« bie eine topfftelle, beren (Sntwtcflung mir fennen
lernen wollen, fonbern jugleich alle ring«um gelegenen betaftet
werben.
ÜDa bie ^hre»<>logie Staturwiffenfchaft ift, fo jerfällt fie für
ba« praftifche @tubium in ihre einzelnen Zfyatfatyn, b. t. in bie
al« erwtefen betrachteten Organe, gür ben Anfänger liegt nun
eine ©chwiertgfeit in ber großen 3a^ btx Organe. So foll
man mit bem ®tubtum beginnen, jumal wenn man bie leichter
unb bie fchwieriger ju erfenneuben Organe nicht ju unterfcheiben
weifc? SBir wollen hier brei ber in ihrer (Sntwicflung leicht
* ju unterfcheibenben Organe, 33eneratal, (Sautal unb Üpfotal, etwa«
näher in« Sluge faffen, um mit ihnen ba« praftifche ©tubium
ber ^renotogte beginnen ju f&nnen. Sic überall, fo ift auch
hier nur ber $*fang fchwer. $öer an ber Unterfcheibung biefer
brei Organe fein Urthcil geübt, ^at wettau« bie größten (Schwierig*
feiten be« «Stubium« ber praftifchen ^ßt>renotogte überwunben.
4.
SBeneratal liegt unmittelbar hinter ber Äranjnaht, gerabe
unter ber fogenannten großen Fontanelle auf bcrSDMttebe«
Oberfobfe«. £)a« Organ fönnte bann, wenn bie baoor
liegenbe SBulft ber ftranjnaht ftarf ift, wegen ber ffltt al«bann
gefunbenen febeinbaren Vertiefung für fleiner gehalten werben,
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^ßraftifctyer Unterricht in ber Phrenologie.
315
af« e« ift , ein 3rrtfyum , ber natürltd; (eicfyt bertnieben »erben
fann. (Sine »eitere SBorfid^t ift in Jöejug auf bie ^feifoafyt
nötfyig. £)te üBulft biefer 9ia^t (fcenn borfyanben) ift fefyr leietyt
burefy ifyre @cfymall)ett bon ber ftarfen Crntttricttung be8 Organ«
ftig. 2. Riet 11 1% SJeneratal.
ober btehneljr ber betben Organe, ftetcfye jufammen bie t>eUe
breite j^eier Ringer fyaben, ju unterf Reiben. Slm getröljulicfyften
aber ift bie Söutft biefer Sßaljt an ber fraglichen ©teile gar nicfyt
borljanbcn unb überhaupt ber ftnocfyen (au« Urfacfye fcer .ge*
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316
*Prattif<$er Unttrrity in ber $&renelogie.
mefenen Fontanelle) oft jtemlt^ Mtan, in meinem Falle bis*
»eilen bie beben fraglichen Organe getrennt »abgenommen
»erben fennen, jmifcfyen »eichen bann, »eil fie nic^t feft an ein*
anbei liegen, eine Meine fcfymale Winne ober Vertiefung gefunben
ftig. 3. ©rofec* SJfttctalal.
3ifl- 4.
a. ftraiipaljt. b. $fctlita|jt. o. üambanabt. d. Stirnbein, e. Seitemoanbbein.
f. .£>utterf)auptbein. (g. Schläfenbein.)
uütb, bie natürlich für bie 33enrtfyetfnng ber $r5fee be« Organ«
fo »enig JBcbcuttmg fyat, al$ im anbem Falle bie an berfelben
Stelle Innlanfenbe, bnr<$ bie fdmtale Söulft ber $feilnal>t gebtl*
bete Hebung.
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$raftift$er Unterridjt in ber «Phrenologie.
317
£)iefe <3cfyi(berung giebt mm aber unb fann nocb feine
nurfti^e Äenntnife beS Organ« geben, fonbern mir bie
Anleitung, fidj biefe burety eigene Änf djauung ju ermerbeu.
Ü)Jan glaubt oft fa[fd;Hdj , fein £afcnt für' pfyrenotogifdbc Unter-
fucfyungen \\\ Ijaben, roenn man beim erften Anfang eine Äepf*
fteUe gar nicfyt %\\ bcurtljeUen, fie toeber ftarf, nedb fcfytoad) ent-
micfelt ju nennen n>ei§. SWcin erft roenn man burdj 9mf$auuug
eine 53erg(eid?ung gewonnen, b. i. roenn man eine ftopfftette
UJrofjcä ttkiicratal: 3riebri(f> «ottlob ftlopftorf.
bei einigen ÄBpfcn ftarf, bei anberen fdjroacfy entroicfclt gefunben
fyat, erft bann unb mcfyt efjcr fann man möglicher Sföeifc ein
Urtivit über beren (Sntroicflung befreit.
2BaS ba« SBeneratal fclbft betrifft, fo ift barüber bem 2ln*
fänger, roetcfyer ausführlichere SBerfe nid^t jur §anb Ijat*),
*) 23er „ÄatectyiSmuä ber ^renologie" ift fcter nidjt an«reicbenb; liber-
al« ein SBerfdjen, toeldjes befonbere burd? bie Wenge ber SBeiftiele bem %\u
fänger n?ot^( ganj genügen nnrb, barf id> meine A,^>^rcuologifc^cn ftranen*
bitber" nennen.
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Conftontin ber Orofee. »eneratal flrofe. ©uftao «bolpf). »eiieratal flrofc.
Spinoza, ^eneratal nein .
Stephan bet «eilige, «cncratal grofi. Seiter. »eneraiql fltofe.
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^raftift&er Unterridjt in ber ^brenoloflif.
roenigften« ba« ftolgenbe $u Riffen nötyig. 3ft ©eneratal feljr
ftarf, fo äußert fiefy bie« fcfyon in bet frühen 3ugenb. Da« #inb
ift al«bann feiert ju er$ieljen, felgfam unb fügfam, n>a« bi«-
loeilen, bei feljr fcbn>ad>em Selb.ftgefüljl, bi« ju großer Scfyücbterm
fjeit fteigt. ©i«roeilen äußert fiefy ba« ftarfe ©eneratal au$ fd>on
beim Äinbe al« religiefe« ®efüljl: ba« Mtnb ton 8, 10, 12 3afyren
liebt e« ju beten, bie frircfye $u befugen, aueb einte bur$ Orr*
$iefyung ober ©eiftiel baju angeleitet gu fein, ©ei fc$n>ac§em
Sinn im ®egentfyeil $eigt ba« tinb einen fanget an (£1)x<
erbietung gegen Ottern unb tfe^rer, gegen ba« Hlter, e« ift unfüg*
fam, eigenfinnig, nnberfpcnfttg, ma« bi«ioetten bi« gur ftred^eit
gefyt. ©ei tnaben, roeldje toegen niebt ju jügelnber Söiber-
fpenftigfeit gegen bie l'eljrer au« ben S^ulanftalten entfernt
werben, ift immer ©eneratal fcfyrcadj. 3ebo$ oft fragen folebe
Hinber fräter sunt ®uten um, werben tüchtige unb roaderc
9J?enfc$en, bie« nämliify bann, wenn bie übrige Organifation eine
günftige ift.
©ei ben Grrroacfyfenen entfpringt au« einer ftarfen Öntmicf*
(ung be« Sinne« alle« Da«, toa« man ^5 i etat nennt, biefe«
Jöort in ber umfaffenbften ©ebeutung genommen. Sltfo Sinn
für Autorität in Sachen be« Söiffen« unb be« ßeben«, j. ©. in
Velittfdjer £rinftdjt bie conferbatioe , legitimifttfd&e, abfolutiftifäe
ftefinnung, toelcfyer eine £>errf<$aft «ic^t leitet ftar! genug gu fein,
SKajeftät genug $u tyaben f^cint. (Autorität, niefct Majorität!)
Dann ift ber ©inn in«befonbere bie ®runblage ber religi&fcn
^efinnung. Do$ ift bie föeügiofität ber ^renelogie nur allein
bie innere ftrommigfeit be« ®emütlj«, bie (ebenbige (gottgläubig*
feit be« $erjen«. Dagegen giebt ?« eine anbere, audj oft fo*
genannte 9Migiofität, toelc^e nietyt au« unferem Sinn Ijerborgeljt, .
nämlicfy bie äußere ®ottgtäubigfeit be« ©erftanbe«, ba« ^ür*
maljrfyalten befonberer beftimmter $Reltgton«(eIjrett (bie 9?e$t*
gläubigfeit). Docfy fallen biefe beiben Birten ber SReltgiofität au«
nafje liegenben ®rünben fcfjr. oft jufammen. ©ei fetytoad^em ©ene»
ratat finben fUf in ben genannten ©ejieljungcn bie entgegen*
gefegten 3uöc: ^Metät, ber Sinn für Autorität fefylt nadj
allen Seiten Inn ; in ber $olitif ift ber (5fjarafter ein ultralibera(er,
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*
«Praftifäer Unterricht in ber ^f>renotogte. 321
rabicater, welchem leicht jcbe wirfliche £>errfchaft ju ftreng, jebe
nothwenbigc Skfchränfung ber ftteiheit $u brücfcnb fchetnt, welker
oergifct, bafe bic größte SIriftorratin bie Statur fetbft ift, unb baß
In ber natürlichen Ungleichheit unb Unterorbnung ber Sttenfchen
ein $orbilb für bie polittfche liegt. 3n rcligiöfer £)inficht ge*
hört ber (Sfyarafter gu benen, tt>ctd^e bie Religion für etwas lieber*
ftüffigcs unb (SntbehrticheS galten, ober welche, n>enn fie auch baö
2öort beibehalten wollen, boch bie Sache oerwerfen, b. i. bie
Religion in allgemeine Sittlichfett auflöfen ober umwanbcln
möchten.
Das Bisher über bie (£fyarafterbef$affenfyeU bei ftarfem ober
bei fchwachem 33eneratal ©efagte hat nur bann unbebtngte ®el*
tung, wenn in ber Organtfation nicht noch anbere entfdtiiebene £üge
fid) ftnben, toeld^e auf jenen (S(;arafterjug ein wirf en. Seicht als
ob biefcr 3ug baburch aufgehoben würbe, nein, er bleibt oor=
hanben unb als oor^anben nachjuweifen , aber er tritt bann in
®efetlf<haft fogenanntcr Siberfprü^e auf. Solche auf bas
SBeneratat einwirfenbe Sinne ftnb j. S8. 3pfotal unb Oppofitat,
unb in 23e$ug auf bie Religion bie SBerftanbeSfinne. 3ft neben
ftarf em Sßenerataf auch 3pfotat unb Jöppofital ftarf, fo machen
fich biefe Sinne neben jenem oollftänbig geltenb. Der 9flenfch
ift bann oon (5h«ta!ter bemütljtg unb ftolj, fügfam unb wib,er*
fpenftig ju gleich- ©n ^efer ^rt h ®« ift leidet ober
fd?Wer ju erziehen ; leicht, wenn man es oerfteht, burch ®tite unb
23erftanb baS 33eneratat anjuregen, fehwer, Wenn man burch un*
oerftänbige £ärte unb Ungerechtigfeit 3pfotal unb Dppofitat jur
Xhätigteit aufruft. 3n ©e$ug auf bie Religion fommen mit
bem 25eneratal oft bie SBerftanbeSfinne , wenn fie ftarf finb, in
äöiberftrett: nicht Wenige 2ttenf<hen finb im £>er$en gläubig, im
Sßerftanb ungläubig.
Sehr ^äufig werben neben einem ftarfen SSeneratal anbere
ihm nicht unmittelbar, aber mittelbar wiberftreitenbe Sinne
ftarf gefunben, j. 38. ®eneratal, Secretat, Slcquifitat, Slmbitat k.
(Sin SQfenfch fann g. JS. fehr religiös, gottgläubig fein unb ba=
neben irgenb welche gro§e (Sharaftcrfehler h^oen, ftnnltch, falfch,
geijig ic. fein. 3n biefen fällen pflegt man bie 2ftenfchen ge*
6#et>e, ^renologifc^e SBilber. 3. Kuß. 21
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322
^Jraftifcber Unterridjt in ber ^brenologic.
toölmlicf) für religiöfe £eud>ler $u galten, allein meiften« mit
Unrecht.
5.
2(ucb ba« (iautal gebort ju ben Organen*), toelctye jiemlicty
leicht, forooljl tt>a« bic ©teile betrifft, d$ in ber ®r5fee ober
Steinzeit ju erfennen finb. Die Stelle be« Organ« ift gerate
unter bem tnocfyenanfafcpunfte ober tnocfyenljocfer be« Seitemoanb*
bein«. 3ft ba« Organ fletu, fo ift ber topf, toenn mir iljn auf
fetner oberu ftläcfye mit ben Zingent fpannenb überfaffen, Ijter
fo fcfymal ober loofyl noefy febmäler, al« oorn hinter ber Stirn,
©rofce* ttautal (12). «leine« Cautal. Wittlete« ffautal.
unb e« ift an btefer Stelle feine (Srljöljung, oft nid^t einmal bie
be« tnoctycnfyöcfer«, toenn biefer fe^r unbebeutenb ift, ju ernennen,
fo bafc für biefen ftall bie genaue Stelle be« Organ* für ben
Anfänger fdjmer 511 beftimmen ift. 3n biefem ftatt ift aber ju=
gleich au«gefprocbeu, baß ba« Organ flein ift.
3ft ba« Organ feljr grofe, fo ift ber topf an ber begeic^
neten Stelle fet)r breit, fo bafc oft eine grojje §anb bagu gehört,
il)u fn'er ju überfpannen. 3U8^C^ tagt ba« Organ über ben
unterhalb liegenben Xfyetl be« topfe« (Oppofital) Ijeroor, fo ba§
ber SDurcfymeffer be« topfe« gmifdjen ben beiben (Sautal größer
ift, al« ber £>urdmteffer am Oppofital. £)er tnocfcenljocfer, aiu$
menn er bebeutenb ift, ift ttjeil« an Umfang oiel gu flein, tfjeil«
ni<$t fo bie unteren Organe überragenb, al« bafj er nietyt feljr
leicht ton bem Organe ju unterfcfyetben wäre.
•) Xk nriffenjdjaftlidjen Warnen bcr Sinne werben aud? al« Organen*
namen gebraust.
»
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^raftiföer Unterricht in ber $t)rcnotoßie. 323
Senn ba« Organ mittelmäßig groß ift, b. h- loenn ber
topf an ber bezeichneten ©teile toeber fe^r breit, noch fefyr fchmal
erfcheint, unb toeber bie betriebene ftläche, noch bie große £er-
borragung, fonbem nur eine mäßige Solbung zeigt, fo fann fich
ber Anfänger am leichteften burdt) ben ^injnfommenben tnochen*
hocfer über ba« 3Waß be« Organ« tauften (äffen unb c« für
größer galten, al« e« ift. ©a« ficherfte Unterfcheibimg«merf*
mal ift bie Kleinheit be« Umfang«, loelchen ber bloße tnochen*
Dörfer hat.
3m UntCTfc^iebe »on SBcneratal, bei luelchem bie Unterfuchung
am beften bermittetft einer, ber regten, §anb gemalt nn'rb, ge=
flieht bie Unterfuchung bei (Sautat am leichteften fo, baß ber
Unterfuchenbe Ijtnter bie auf einem Stufte fifeenbe ^erfon tritt
unb mit beiben §änben bie ®eftalt be« topfe« an ber fraglichen
©teile an ber regten unb linfen ©eite ju gleicher >}ett — unter
genauer ^Beachtung ber oben gebauten boppetten föegel — fich
Sur Slnfchauung bringt.
Ueber ba« (Sautal felbft bebarf e« !aum weiterer (grläute-
rungen. Dct ©hin fann burdt) bie Sorte : SSorfid)t, ©orglidt»feit,
S9e^utfamfeit, 53ebadt)tfam!eit , Umfielt bezeichnet loerben, au«
melden Sorten, roenn n>ir fie in ©ebanfen $ufammenfaffen,
Ziemlich flar ber begriff be« ©inne« h^borgeht. Slnbere ©inne,
loelche neben biefem in"$rage fommen, finb t)auptfädt)Uch 3pfota(
unb ©ecretal, jene« bem (Sautat entgegentretenb, biefe« e« unter*
ftüfcenb. 9fft neben großem (Sautat auch 3pfotal groß, fo artet
jene« nie in zu große S8cba$tfamfcit ober Unentfd^foffcn^eit an«,
fonbem ber (Sljarafter ift einerfeit« ebenfo be^utfam unb um*
fidjtig, al« anbererfeit« entfdn'eben unb felbftuertrauenb. 3ft im
®egentheil neben mittelmäßigem ober Keinem (Sautal ba« 3pfotat
fe^r Hein, fo entfielt ein 3u>etfetn unb «Sorgen, eine Unfidt)erljeit
be« |>anbe(n«, meldte oberflächlich betrachtet unb irrtümlich au«
einem großen (Sautal abgeleitet loerben zu müffen fcheinen fönnte.
®roße« (Sautal neben fleinem 3pfotat macht fich befto entfehiebener
in jeber Seife in feiner ©tärfe, flcine« (Sautal neben großem
3pfotal befto entfehiebener in feiner Schwäche geltenb.
Da* umgefehrte S3erhättniß nrie sioifchcn (Sautal unb 3pfotal
21*
324 «Proftifäcr Unterst in b«r ^rcnologie.
finbet jroif^cn (Sautal unb Secretal ftatt. ®rofee« (Sautal totrb
oon großem Sccretal no# bebeutenb unterftfifet, flehte« (Sautat
fann oon großem Secretal, oberfläc$li($ betrautet, foft gang er*
fe|t gu »erben feinen. kleine« (Sautal tritt neben Keinem <Se*
cretal befto entfcbtebener in feiner Sdnoacbe Ijerbor, u. f. n>.
©ei (Sautal fommt in Ijofjem (Srabe nocfy ba« Temperament
ober bic ®efunbljeit in ^age. $ranffjafte ©efcfyaffenljett ber
Unter letbäorgane, au$ gefcfytoacfyte, entnerbte (^efunbfyeit überhaupt
gtebt feljr Ijäufig bem (Sljarafter eine Färbung ber Scfytoäcfye, be«
Staufen«, ber Unentf^iebenljeit , meiere mit einer ftarfen (5nt-
loicflung be« (Sautat &ertoe($fclt toerben fonnte.
£)a« Spfotal liegt (f. ben pljrenolog. #opf ©. 7) an ber
»Stelle be« fogenannten §aarn>irbel« auf ber Ü)?itteü1nie be«
ftopfe« unter ber ^fetlnaljt, ba too ber Oberfopf in ben £mtter*
lopf abfäüt. <S« Ijat etma bic ©reite jmeier Ringer. Oft e«
fe^r grofc, fo ftellt e« ftc$ al« eine länglich ooalc, ftar! f>erbor=
tretenbe 2öölbung bar, bte bon oben na# unten jene Stelle ein*
nimmt. Oft e« fefyr Kein unb befonber« ba* ju beiben «Seiten
liegenbe Organ ber ©eifall«liebe grofc, fo geigt bie Stelle eine
Vertiefung, in bie man einen ober jtoei Ringer legen fann. SGßenn
übrigen« ber <S$äbeffnoc$en , toie nietyt feiten, feljr bünn ift , fo
erfennt man, befonber« bei ftarfer (Snttoitflung be« Organ«, leitet
bie beiben Xljetle beffelben (ober bte beiben Organe) burefy eine
fcfymale fötnnc bon einanber getrennt. !£)te ©etaftung be« $opfe«
gefcfyiefyt bei biefem Organ oermittelft ber regten Jpanb, meiere
nidbt fenfrecfyt, fonbem toagredjt quer über ba« Organ aufgelegt
mirb. (Sine allgemeine praftifc&e föegel, bie ljauptfä($licfy auety
bei biefem Organe nid^t überfein »erben barf, ift no<$ bie,
bat ber gu betaftenbe Äopf in mßglutyft naturaler, geraber <Stel*
lung, toeber bormärt« no$ rücftoärt« geneigt, gehalten toirb.
Sa« ba« 3pfotal felbft betrifft, fo finb «Selbstachtung, <Setbft»
bertrauen, Selbftgenügfamfeit, ©tol$, Neigung gum £errf$en
einige 3Borte ä^nli^er ©ebeutung, tocl^e alle in ben Xljätigfeit«*
frei« be« Sinne« fallen unb für ben richtigen ©egriff beffelben
gufammenguf äffen finb. 211« auf Spfotal eintotrfenb ift oorgug«*
toeife SBeneratat gu nennen, toic fcfyon oben bemerft ift.
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^rartifdjer Unterricht in ber s}tyreitotogie. 325
gig. 2. ®ro&er @efdjlf<i)t$ftnn.
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326
$rafttfd>er Unterrt^t in fccr Wrenotogie.
Brie- 3- S^Ie^te Äopfbilbuiifl.
Obgleich ©emäfoe unb Zeichnungen ton köpfen ein t>er=
g(etc^ungdn?eife fcfytoacfyer Crrfafe füx bie ^Beobachtung ber Äopf*
geftalten lebenber 9Wen{4en finb, fo füge i$ bodt) borfteljenbem
Sluffafce jur 2$eranfd)auttd?ung einiger Unterfäiebe bct Äopfgc*
ftatten Ijier toentge 5(bbitbungen bei.
$tg. 1—4. $)iefe biet ÄSpfe finb in bet ©eftalt fo fpretfyenb
al« möglich £aum mBcfyte e» eine ungünftigere 33ttbung geben
fönnen, a(S bie ftig. 3, nnb launt eine günftigete, a(S bie ftig. 1
((SuripibeS). £>ort finb bie tljierifcfyen (Sinne fefyr grojj nnb jn=
gleich bie <$emüty6finne bis jum 3uftanb be« @d^ma^finn» Kein ;
bie ©ilbung ^ig. 2 tft eine günftige, mit Shiftiafyne be$ ju
großen ©eneratat: aüe (Gebauten , alle ©efüljle werben ^ier bon
biefem einen «Sinne be^errfd^t. (Da« feljr grofje Selbftgefüfyl
gig. 4 tritt in ®efettfcfyaft fo fcbtoacfyer £enffräfte unb ©efüfyle
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^raftil'c^cc Unterricht in bei Phrenologie.
327
Öifl. 4. ®ro&e8 Scl&figefütil.
auf, bafc e« jmn (ceren, täctyeriicfyen Grigenbünfet wirb. 3n
ftig. 1 ift baä ©elbftgefüfjl auefy giemtic^ grofc, aber in fotd^cr
2$crbinbung ift es nur oerftänbiger unb ebler <StoI$.
fttg. 5—7. $)er junge SWann mit ber aurüdWic^enben
Unterftim (5) ift ba$ ®egentljeU eineä guten, fixeren, teilten
^Beobachters ; er fieljt ntc^t, b. i. er beobachtet nic^t bie £)inge,
fe(bft menn fie oor iljm ftnb, fein f&rperltctyeä Sluge mag noc$ fo
gut fein. (5r toäre oertoren für einen 9Jaturforfdfc)er ober 3lr$t,
für einen ftünfüer, einen ®eometer, einen 9)?ilttär u. f. ti>. ttetni5
licfye* gilt üon ber «Stirn $o(taire'S (uUg. 6), nur baft fyier ju«
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<j3raftifi§er Unterri^t in ber ^Phrenologie- 329
gteicf; He g'anj auSnefymenb bolle SDberftirn in ftrage fommt.
£>iefe umfaßt (Sonnparttal, Saufalital, (Somicatal unb Obcalttal
(S$lx. 34, 35, 20, 19 ber pfyrenologiftfyen Organe). Voltaire fjat
buref) feinen untfaffenben ®eift, feinen üötjj, feine <&i$tungen
ein fyalbe« 3af)rl;uubert lang bie Viteratur Europa« bel)errfd;t ;
toatjrenb bagegen feinen ($efcfyt($t«n}erfen al« foleben, auefy feiner
^enriabe ber SDJangel an (§cgenftänblicfyfeit (Cbieetlbität), fyerbor-
gegangen au« ber Scfm>äd)e feine« gfaetttaf unb Realität (9tr. 30,
22), mit 9te$t borgeworfen mirb. Der Stopf be« Sieget« (§uftacf/c
(ftig- 7) ift für bie (Ürntaücflung ber ©emütfysfinne , befonber*
be« SBofyltoollen« (92r. 13), einer ber fünften, bie man fennt.
Gruftacfye erhielt bom franjöfifc^en Onftitnt itn 3afyre 1832 beii
£ugenbprei« unb ift baburd; bielfad,) befannt geworben. SBäfjrcub
ber ©flabenftreitigfetten auf 8t. Domingo u>arcn feine uneigen
Hürtgen ®emüf)ungen für feinen £>crrn grenzenlos. Durcb feine
(Sefcfyicf lidt)fctt , feine (Srgebeufyett unb feinen äftutf) uutrbc biefer
mit meljr als bierlumbert anberen Zeigen bor sJ?iebermcfcetung
bcmatjrt, unb fein SBermSgen mehrmals gerettet. Slllen ®enünn,
ben (Juftacfye au« feinen SScfcbäfttguugen gebogen, unb alle ®e*
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t
330
^raftityer Unterrity in bcr ^renologie.
fäenfe, bte et ju $ari« erhielt, toettoenbete et jut Untetftüfeung
Ungtucflictyer.
$tg. 8 u. 9. i'aöater unb ©ohate«. 3n Reiben tft 2*ene=
ratat groß, bie SWittc be« Obetfopfe« $o$ unb &oü\ unb fo in
Reiben bie entfd&ieben religtöfe 9tt$tung. 3n ©ofrate« ba« Com*
patitat (bet t>etgleic$enbe @cfyarffinn) fe^t gtojj, unb Sofrate«
n>ar, r>on feinem ©emütlj«Ieben abgefeljen, nut gtofj burefy feinen
&erg(eic$enben <5(fyarfftnn , toäljrenb bei l'afcatet bie (#r&jje btefe«
@<$arffinn«, fottrie be« Organ« feljlt. S3ei i'a&atet bie ftatf ent^
imcfette, »orragenbe Unterftirn, bie ®r&jje bex 3Ba!jrneIjmung«=
vermögen, h>el<$e iljn jum 9ktutbeoba<$ter matten, mätytenb ttnt
in Schate« bei ben toer^ättni^mä^ig fetytoaety enttoicfelten 2öaf>t=
nefymung«fcermögen biefe <$etfte«ricfytung nicfyt finben.
XVIII.
IJftrenofugie und bildende üun(lt.
«üiiftlet, bu malft bie IKatur : o fdjaiie bem Ijctrlithru SBeibf,
tffje ba« «Hb bu beßimiflt, tief in bie Seele hinein.
1. Phrenologie unb JJIjijfiognomih.
£>ie Aufgabe bei* bilbenbcit $unft ift, bie Matux barjuftetten.
T>a« SSefen ber Statur ift i^re •Ucannicfyfaitigfett in ber (Sinfyett,
ifyre £>armonte; es gtebt !einen S&iberfprucfy in ber 9totur
jhrifd&en Sleujerem unb innerem, jnrifeben ©eift unb $orm. $>a
bem barftellenben $ünftler uut bie eine «Seite ber Statur, bie
gorm, ju Gebote ftetyt, um ba« (Sanje, auc$ ben ®etft, mieber*
äugeben, fo ift feine gro§e unb unenblicty fetytoierige Stufgabe bie,
ni^t in ©iberfpru($ $u fallen jmifd&en £)em, ma« er gtebt, ber
gorm, unb £)em, ma$ er geben totö, bem (Seift. 3e ^Btyer ber
#ünftler fteljt, je genialer er ift, befto mefyr nrirb in feinen
<3d)ityfungen ba« begebene bem ®ebad)ten, bie ftorm bem (Seifte
entfprecfyen. ÜDeun ba$ (Senie be$ tünftterä ift eben nichts anbetet,
als ba$ (Srfaffen ber Harmonie in ber 'Jfatur, ba$ (Srfennen
ber emigen Uebereinftimmung jmifc^en (Seift unb ftoxm.
2)ie Äunft ift ober foü eine f el bft be mußte fein, fte ftefyt
befto Ij&ljer, je mefyr fie biefeä ift. £>ie erfte ftrage ber ftunft
ift bafjer, ob e« eine 2öiffenf$aft oon ber Harmonie in ber
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332
^renologic unb bilfccnbc Ämtft.
Statut gete? Söefctyränfen ttrir jebocty btefe umfaffcnbe ^tage Ijier
auf ein Heinere« (Gebiet, auf bic ^tagc na$ ber ©iffenfctyaft
oen ber Harmonie gtptföen beut 3nucm unb bei« 9leu§ern be«
SHenfcfyen. (Sine fotd^e Sötffenfc^aft mürbe bie ben SWenfcfyen
barftetlenbe &unft auf fefte Regeln grünben, fie mürbe ba« ($enie
be« tünftler«, mel^e« ja niemal« ein oollfommene« ift, bor 3rr*
tfjümern unb Fehlgriffen f($üfeen.
911« eine folcfye 95Mffenfcfyaft galt bi«ljer bie ^fytyfiogno*
mif, über bereu Söafyrljeit ober SG^crt^ ieboeb befanntlicty bie
Meinungen geteilt finb. (gütige finb ber Slnfidjt, bie ^fio=
gnomif gebe ooüftänbigen ?(uffcfctu^ über bie Harmonie smiföen
bem 3nnern unb bem Beugern be« ä*?enfc$en, fie leljre alfo einer*
feit« ben Gljarafter jebe« 9Kenfc$en au« feinem 3(eu§ern (®efi$t,
ftorperferm :c.) erfennen, anbererfett« gebe fie bem tffinftler fefte
Regeln barüber, welche formen für bie £)arftettung biefe« ober
jene« befttmmten (Sljarafter« ju mäljlen feien. ?lnbere, biefer 9fa=
fietyt nriberfprecfyenb, legen ber ^tyftognomtf feinen ober faft feinen
SÖcrtlj bei, toeber in ber einen, nodj in ber anbem jener Beiben
©cjteljungen. Diefc bie ^3^fiognomif oertoerfenbe Stnfictyt mag
looljl oen tünftlern fetbft faum jcmal« geseilt toorben fein.
£>enn ba ber tünftler, um ben ®eift barjuftetten, nt<$t« al«
bie Form l)atf fo fönnte e« feine barftellenbe ftunft geben, menn
e« fein 2$erftänbnij? ber Harmonie jtoif^en (Seift unb Form
gäbe. <&(eidm>oIjl maren bon jefjer auc$ bie ^ünftler fetbft über
ben ©ertlj ber ^fiognomif infofern geseilter 2tteinung, a(« e«
fieb fragt, ob biefe Se^re eine $ötf f enf <$af t bon ber §armonie
jtoifcben (Seift unb Form fei, b. i. ob fefte Regeln unb $e =
fcfce biefer Harmonie aufgefunben unb nadbgemiefen feien, eine
Fra^e, n>c(cfye bon (ginigen bejaht, bon ?lnberen berneint nnitbe.
jDtcfer (Streit ift fo ju entfdjetben. £)ic i$xa$e, ob e« ein
93er ftänbn ift ber Harmonie jwifcfyen (Seift unb Form gebe,
ift f$led;tljin ju bejahen ; bem ^toeifelnben toürbe jebe maljrc
Äunftf^Bpfung ben 3toc^fc^ ^fcu müffen. £>ie anbere Ftöge
aber, ob e« eine Siffenfc^aft biefe« Skr^ältniffe« gebe, ift
ebenfo entf^ieben ju bemeinen. Ober mit anberen Söorten: bie
^fiognomif, loetl fte burc^au« mafyr ift, follte tootyl eine
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^rcnofogie unb ttlbcnbe ftnttft. 333
Siffenföaft fein, aber fie ift e$ nid&t, t^rc Sonetten fo Ilten
auf Regeln unb ©efefce jurücfgefü^rt fein, aber bis jefct wenig*
ftenS ift bieS ni#t gefc^en. SBir fönnen biefes SBer^ältniß,
wenn wir wogen, bur<$ anbere äljnltc$e, 3. ©. burcty baS ber
menfölic$en ©eifteSlefjre ($fy$ofogie) t>eranfa>ulid(>en. SBoljl
giebt eS ein SBerftänbniß ber £$ätigfettsgefefee beS menfäticfyeu
©eifteS: benn wie weit fyaben es oft geniale SRenföen in ber
Kenntnis beS menfölictyen £erjenS gebraut! Slbcr fefte Regeln
unb ©efefcc, um biefeS SBerftänbniß nacfyjumeifen unb ju tefjren,
gab es btsfyer nufy, b. i. bie menfctylictye (^etfteSleljre, — wie
fdjon iljre nur toon SÖiberf prüfen ber ^orfc^er bcrictytenbe ($e*
fctyi<$te jeigt, — war bisher feine 3Biffenf$aft. €>o finb bie
Vetren twn ben ®runbftoffen unb oon ben Gräften ber Körper*
weit (bie Chemie unb bie Wfif), nactybem fie audj lange &c'\t
feine ©iffenfctyaften gewefen, eS erft in ber neuem £eit gewor^
ben. $)ie Söiffenföaf t , baS $öa?ftc, was ber 2Wenfc$engetft er*
reiben fann, ift immer baS fpäte (Srgebniß langen unb mülje*
tollen «Streben«.
3eboc$ mar um mar bie ^fiognomif bisher feine ffitffen*
fc^aft, wa* ober Wteoiel fehlte tyr bagu? 3n ieber ßefyre ift
(na$ bem befannten Sorte) fooiel <$ewißljeit ober $öiffenfd?aft,
als ÜJfatljematif. 3n ber ^fytyfiognomif nun fefjltc bisher baS
mattem atifcfye Clement, ba man no<$ feine © r ß ß e n oerljält*
niffe tu ben formen als bcftimmcnb ober bebeutfam für bie iöe-
jeicfynung bcS (SfyarafterS aufgefnnben Ijatte. @o fann 3. Sö. ein
9)ienfcty oon großem ober oon fleinem Körperbau ganj o^ne Un=
terfcfyieb wenig ober t>iel ®eift befifcen; ebenfo fann, im (Sinjel*
nen, eine große ober eine fleyie, eine fo ober fo geformte 9cafe,
ein großer ober ein fleiner SDfunb, ein runbeS ober ein breites
ßhtn 2C. bei biefem ober bei bem entgegengefefcten Buge beS
(SJemütfjS, ber Neigungen, ber Talente k. gefunben »erben.
£er ß&araftcr beS 2»enföen giebt fic3t> alfo ni^t in bem Größen'
oerfyältniffe ber formen funb, fonbern in einem getoiffen geifti*
gen SluSbrudfe, ber jmar 00m Talent ober Dom ©efüfyl leicht
waljrjunefymen unb $u oerfteljen ift, ber aber ni$t in ©efefcen ■
unb Siegeln wtffenfdjaftlicfy nachgewiesen werben fann. $)aS
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334 ^rcnologie unb feiibenbe Äunf».
®efagte crCcibet jebocb bie folgenbe Keine ©efchränfung ober
Ausnahme.
£)er menföücfye ß^arafter beruht theils auf beut 2fta&c ber
oerfchiebenen einzelnen ©runbfräfte beä Reifte« (bet Triebe, ber
ßefftyfe, ber Eerftanbetfräfte *c), theil« auf bem Temperament
ober ber allgemeinen &ßrperbefchaffenheit. 3ene erftere ®runb*
tage be« GharafterS tft bie ungleich michttgere, benn nur fie giebt
Sluffchlufe über ben befonbern eigentlichen <£harafter, mährenb
ba« Temperament nur bie allgemeine (fönelle, langfame, traf*
tige ic.) Thätigfeitfmeifc ber fämmtltchen ßharafterjüge au«*
fpricht. Sir miffen bafyer ocrgletch$meife fel)r mentg oon einem
3Wenfchen, menn mir nur fein Temperament rennen; benn ein
Sanguinifer 3. 39. fann toenig, ein ^^legmatifer oiel <$eift be*
fifcen, ton $mei 3anguinifem fann ber eine ein grofje« Talent für
Sprachen, ber anbere für 2ftect)aiiif ^aben; oon jmei (Sholerifem
ober oon sroei ^tyfegmatifern k. fann ber eine geijig, ber anbere
ocrfct/menbcTifch, ber eine mutljig, ber anbere feig, ber eine offen,
ber anbere oerfteeft, ber eine poetifchen, ber anbere profaifchen
®emüth« fein :c. Snfomeit nun ber ß^arafter be« 9ftenfchen
auf feinem Temperamente ober feiner allgemeinen äorperbe*
f$affen$cit beruht, befifet bie ^^fiognomif für ihr Urteil alter*
bing« eine m i f f e n f cb a f 1 1 i ct> e , meil mathematische, auf ®röj?en*
ocr^ältniffen berur)enbe ©runblage. 33ei bem ^^tegmatifer j. Sö.
finbet fich eine plte unb 9cunbung be« törper« unb feiner
Tljeile, volle ober fyängenbe Sangen, ftumpfe tfeafe, gerunbete*
Äinn ic, bei bem S^olerifer ftnb bie Umriffe bc$ iörperS
fcfyarf ge^etet/net, magere Sangen unb $inn, fpitje ober fct)arf*
gefchnittene 9ßafe tc.
Senn nun bie ^^fiognomif in ihrer ungleich mid^tigften
©ejiefyung, in ber jum eigentlichen (iljarafter be$ üftenfehen,
bie toiffenfehaftliche ©runblage bisher entbehrt r)at, bürfeu mir
TOofjt hoffen, bajj fie biefe noct) erhalten merbe? 3a, biefe £off*
nung ift fogar föon erfüllt. <8o lange bie menfebliche Reifte«*
le^re feine Siffenfchaft mar, fo lange fonnte natürlich bie ^*
•fiognomif, »eiche als Öehre ber Harmonie jmifchen ®etft. unb
ftorm t>auvtfäc6(ic^ auf ber ©eiftcSlehre beruht, feine Siffen*
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Wreriöfogte unb bübenbe tunfl. ' 335
fäaft fein. W\m ift aber bic ®eifte«(efjre in unferer 3eit in
bei ^tjrenotogte $ur Söiffenfcfyaft getoorben, unb toie baburcty
alte biejenigen Seiten, meiere bcn ättenföen gutn ©egenftanbe
Jjaben, bic lang entbehrte miffenföaftli^e ©runbtage erhielten, fo
anefy bie ^tyfiognomif. $)ie $l?renofogie ift eine boppette Söiffen*
fcfyaft, fie ift (Dcifte«(eljre unb Organenteljre, inbem fie erften«
bie ©runbfräfte be« mcnfdjücfycn (Reifte«, gleitend bie ®eljim=
organe btefer ©runbfräfte naetygennefen ljat. 3n btefer jh>eiten
(Sigenföaft , al« bie £cljre oou ben ©eljirnorganen ber menfety*
tiefen ®eifte«fräfte, bübet bie 'Phrenologie bie miffenfc$aftüc§e
©runbtage ber ^tyftognomif.
$)er (gegenfeitigen) (Stärfe ber einjelnen ®eifte«fräfte
mmtty entfpric^t bie (gegenf eltige) ©röfce ifyrcr ©efyirnorganc.
£)tc ©eftalt be« ©efu'rn«, be« ©efammtgan$en ber ©etfte«organe,
ift ba&er je na$ bem gegenfeitig terfetyiebenen 3)ta&e ber Organe
eine Ijöcbft mannigfaltige, fotoofyl ma« bie Gruppen ber Organe
Vbie Stirn, ben Oberfopf, ben §interfopf), als toa« bie einsei*
neu Organe (bie befonberen (Stellen iener topfttyeile) betrifft,
©o wie bie «Stirn, welche bic Organe. ber $erftanbe«fräfte ober
latente umfcfyliejjt, gegen ben übrigen $opf enttoeber int 9lllge>
meinen grofc ober Mein, t>oll ober flacfy fein !ann, fo fBnnen
aua) beftimmte einjelne Steile ber <SUrn , bic Stellen beftimmter
©eifte«organe , entroeber ftarf oorragen ober ftarf jurüeftreten.
@benfo beim Obcrfopf, bem Sifee ber Organe ber fyöfyeren ober
®emütfy«fumc, unb beim Unter* unb £interfopfe, bem Stfee ber
Organe ber nieberen ober tljieriföen (Sinne. £)ie ©eftalt be«
©efjirttf beljerrföt iebo$ auf biefe SBctfe nur bie ©eftalt ber
Stirn unb be« über unb hinter tyr tiegenben topfe«, nic$t bie
©eftalt be« ©efic^t« unterhalb ber Stirn, unb noc$ weniger
natürlich bic ©cftalt be« übrigen törper«. £>a« ©ebiet ber •
^renologte a(« Organente^rc reicht bafyer nietyt fo meit, al«
ba« ber ^fiognomif, unb menn bie erftcre ber Ickern jur
totffenfc^aftüc^cTt ©runblage bienen foll, fo !ann biefe ©runb*
tage ftcfy nur auf ba« gemeinfdjaftlicfye ©ebtet ber beiben Öetyren,
atfo nur auf einen £fyeil be« ©ebiet« ber ^Ijtyfiognomif
erftreefen.
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336 Phrenologie nnb bilfcenbe Äunft.
gleichwohl ift biefe ®runblagc, weil eine wiffenfehaftliche,
für bie ^^fiognomtf ton unenblichem Gerthe ; fte würbe e« fein,
wenn ba« an fieb feljr große (Gebiet bet ^tyrcnologte auch um
tiele« Heinet wäre. Denn e« ift werthooller, eine ©a^eit
feft unb beftimmt, al« unjähüge nur %aib, b. i. gar nicht gu
wiffen; eine STljatfactye ift gewichtiger, al« taufenb ber wahr*
fcheinlichften , tont ®enie gezogenen ©chlüffe. Die ^J^renofogie
ift aber gegen bie ^^fiognonüf , wa« ba« ©iffen gegen ba$
stauben, bie Zfyatfaty gegen baS (Schliefen ift. ÜÖa'hrenb bie
gan$e "^^fiognonttf ohne bie ^renologie nur eine 3«$wleljre
ober ßeichenbeutefunft ift/ beren Wahrheiten oom ®enie ober
tont (Gefühl erfaßt werben muffen, bie nidt)t wiffenfchaftltch nach*
gewiefen unb nicht geteert werben fimnen, bie enbüch ber Xäu*
f$ung unterliegen, fo fragt bie ^Phrenologie nicht nach bloßen
3eic^en, fie urteilt über bie Sache, bie Organe felbft, ihre
Wahrheiten alfo, weil auf ®röfjent>erhältniffe gegrünbet, fönnen
n>lftenfct>aftlict> nachgewiefen , leicht unb allgemein aufgefaft, alfo
allgemein gelehrt werben, fie ftnb enblich nicht ber Xäuföung
unterworfen, ©ei btefen Slnbeutungen ift übrigen« bie Satyr*
tyeit als befannt ooraufcgef efet , ba§ nur bann, wenn ein Organ
groß ober flein ift, ein wiffenfdjaftliche« Urttyeil barüber gegeben
werben fann; wa« aber gleichwohl nicht ein 3J?angel ber SBiffen*
fchaft ift, ba Da«, wa« wir im lieben (Etyarafterjug nennen, wa«
unö an 3emanbem auffällt, wa« ibn oor Ruberen au«jeichnet,
eben auf folcfyer entfe^iebener Starte ober Schwäche einzelner
feiner ©eifteSfräfte beruht.
Seit c« eine bilbenbe Äunft gtebt, waren bie Äünftler, weil
fie ^tyfiognomifer waren, unbewußte ^tyrenotogen. Stt
ftnben allenthalben geiftreichc 3J?änner mit toller ©tirn, ®e*
müth«menfchen mit hohem Oberfotfe, leibenfchaftltche 9ttenfchen
mit breitem Untcrfotfe bargeftellt. Die (kriechen gaben ihrem
3eu« eine ftarf gew&lbte Oberfttrn, ihrem £erfule« eine flache
Oberftirn, aber einen ftarfen Unterfopf unb Warfen u. f. W.
Doch e« bebarf für eine Wahrheit, für welche iebe« ©ilb 3eug*
niß giebt, ber einzelnen Jöeifpiele nicht. 91ber eben weil bie ^icr*
bei befolgten töcfefcc nur unbewußte roaren, fo fetyen wir auch
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«Pbrenofogie nnb SÜbenbe Äunft. 337
feljr t>iete 3?efy(er bagegen begangen, bie weiften t>on miiteftnäjHgen,
aber cinjefne aud? oon großen Äünfttern.
!£)te nnbettMtfjte fünft fann afe feiere nur eine allgemeine
fein. £te ftarfe ober f($toac$e (Juttoirfliing ber *5tirn, be$ Ober*
gifl. 1- ©. SBindelmcmn, fltofec Tcnrfräftf unb ßrcfsc 3bcalität.
fopfcä, be$ UntcrfopfeS, finb allgemeine 2)?erfmale oon ftarfen ober
fdjtuacfyen Qcnffräf ten , ®efüljlen, Vetbenfdjaftcn. £>er Gljarafter
be« SD?cnfcfyen ift aber fetten ober nie etn allgemeiner, oielmeljr
©d)«t>e, ^renologifcfje 4Hlbcr. 3. ftufU 22
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338
^renofoflic unb bitfcenk Äunft.
getoöljnttcty ein befonberer. @in 3)iann fann getftreidt) in ber
einen Söejieljung unb geiftlo« in bet anbem fein, er ift ein großer
ftelbljerr, aber ein fd?lecfyter £)tcfyter, er ift 3)?a(er , aber nicfyt
üttufifer u. f. n>. (Sbenfo mit ben (^efü^lcn unb t'eibenfctyaften.
@« fann 3cmanb ein ftarfe« ®efüty( für @#önl?eit unb für ftunft,
aber ein fcfyroactyeä für SMtgiofität unb ftrBmmigfett ljaben, 3e*
manb fann leibenfctyaftttcfy in ber ®efcfy(ecfyt$liebe, aber unempfinb*
licfy für iit)xt fein u. f. n>. ?llfo bie «Stirn be« ^elb^emi ift
5ig. 2. 3<rto& )ööl)me, grofeer Sinn bct SBcrefjrunQ ober »eligiofität.
anber« geftaltet, af« bie be« $)tcfyter«, ber ^interfopf be$ gfc
geijigen anberS, als ber be« Sinnlichen u. f. h). 3n btefer JBe*
jiefyung toirb aber unenbUcty ^aufig bon ben ftünftiern gegen bie
iftatuT gefegt, nia^t aüjufeltcn aua) bon großen üDieiftern. (Sö
möchte faft flehten, als ob bie pfyrenotogifctyen Äcnntniffe auc$
bei Dielen beutfcfycn ftünftfern Eingang gefunben Ratten, beim
»äljrenb tum mannen berfelben in ber fraglichen ©ejie^ung nod)
häufiger gefegt nnrb, muffen mir bei anberen ein faft immer
glücflicbe$ treffen be$ Nichtigen bemunbern.
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^Phrenologie nnb bilbenbe Äimft.
339
üftandje $ünftler unfercr £age fjegen bie 9(nficbt, bie ptyrenc
logifcfyeu Siegeln, Nenn fic aud; auf Safyrljeit begrünbet feien,
Ratten für bie ftunft nur untergeorbneteu 2öertfy; ein ©i(b,
meinen fie, fönnc bortrefftteij fein trofc bietet „pfyreuologifdjer"
geiler; c« fönnc fid? ben Seifaü unb bie Stnerfennung atfer
Anbeten erwerben, ganj unabhängig bon beut Söetfatte ber ^Ijreno*
(ogen. Slflein bieä ift ein großer unb fonberbarer Srrtljum.
(£in SBUb bcrliert burefy einen »^rcnofogifcfyen'' ^efylcr in ben
3ig. 3. San X tief, gro&c akobarfMuitflSgabc.
klugen beö 9ci#tpf)renofogen ganj genau ebenfomet, al« in ben
$(ugen be$ ^fyrenotogen ; ber Uutcrfcfyieb ift nur, batf ber ^(jreno=
log fidj über fein ungünfttgtf Urt^etl flfecfyenfcfyaft ju geben toetj},
ber 9W<$tytjreno{og ntctyt. X)enu alle 2flenfcfyen finb ja $!jfyftogno=
mifer unb a(fo, ba ber $opf fo gut jur ^^fiognomie gebort wie
ba« <&efic$t, jugfeiefy unbehnujte ^fyrenologen. £)ie (bettntBte)
^fyrenofogie behält fid? bafyer 3ur längft gefannten unb geübten
^tyfiognomit be$ $opfe$ nur ttne bie £fyeorie jur ^rari«, wie
22*
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340
<ßbrtnofogie unb fcübcnbc Äunft.
bie Crrttärung gut 'Sadje. SBenn j. SB. ein Äünftfer einen ben*
fenbcn ättann mit flauer, eingebrücfter Oberftirn barfteüen wollte,
fo fönnte bie« iljm trofc alle« in ben . übrigen ©eficfyt«jügeu
ausgekrochenen ©eifte« nid^t gelingen; ba« 23ilb mürbe Den,
ber nic$t meifc, ba§ bie Organe ber Denffräfte an ber obern
Stirn liegen, gerabe fo menig anfprecfyen, al« Den, ber e« toetfe.
<2>o lann ber Äünftler ben ftelbljerrn, ben ÜKaler nur barfteüen
mit fcoUer unb offner Unterftirn, ben SRätm be« 3bealen, ben
Dieter mit oben an ben (Schafen tollem <Seitenfopfe , ben reli*
Heine 3beaHtfit. Hl- 5- Wtni* «$«»tt«WK(|!eit.
giöfen, frommen üftenfcfyen mit in ber SOitttc fjoljem Oberfopfc,
ben feften (Sljarafter mit bon ttorn naefy fyinteu anfteigenbem
£)berfo£fe, ben (Stoljen mit an ber Stelle be« Söirbel« au«*
gemölbtem $»interfopfe , ben 3äfoornigen unb ben ®raufamen
mit smifcfyen ben Dfyren oollem unb breitem $opfe u. f. w.
Segelt ber Äünftler irgenbnne in ber ®eftalt be« $opfe« einen
fteljler, fo oerliert fein SBkrf gerabe fo oiet, al« ber fteljler be*
trägt, au SBirfung unb allgemeiner 2lnerfemumg ; finb anberer*
feit« biefe SBerljaltniffc richtig beobachtet, fo tft bamit fetyon bie
fyalbe Sirfung erreicht.
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sJtyreno(pgif unb bilbenbe Äunfi.
341
©o SBiete« bie ^renotogie Won an fty bem ^ünftter bietet,
fo mirb bocfy beffen Söcrty nodj toefenttu} baburd? ertyityt, bafc
fi$ an ba« begebene, at« an ben ibtffenj^aftü^en 9Wittelpunft,
tiefe« Rubere anreihen unb fo in unffenfdjaftli<$en 3ufammen=
fyang bringen lä'fjt. Sin fdj&ne« 33eifpiel ift bie tfetjre bon bet
3JJimif ober <&eberbenfprad?e ber $örperbemegungen , metcfye be=
fanntlicty burd> bie ^renotogie bereit« ifyre boüfommene mtffen*
ftfyaft(id?e Söegrünbung erhalten fyat. <So finb ferner fcfyon 35er*
fuc^e gemalt, unb fie tuerben immer meljr gelingen, mit ber
$enntni§ ber (^runbfräfte be« Reifte« unb ifyrer Organe bie
Söaljrncljmungen über bie iljnen entfprecfyenben bemeglictycn 3U0C
be« ©eficfyt« in erftärenbe Skrbinbung ju bringen. Äuf biefem
Sege fann atfo au$ bie ^fiognomif be« ©efic^t« felbft — at«
bie Se^re bon ben bemegltcfyen ober au« beweglichen ju feften
geworbenen ®eftd)t«äügen — jur 2öiffenf#af* »erben. 09 ift
in ber Sßjiffenfc^oft mte im Scben; nur ber Anfang ift fdjtoer:
»enn einmal ber ®runb angemiefen unb ba« fefte ftunbament
gelegt ift, fo lä§t fic$ barauf balb ba« ganje ®ebä'ube aufführen.
9ttan glaube übrigen« nutyt, bafc fc$on tn ber ßeljre bon ben
Temperamenten at« einem, mie oben angebeutet, töiff enf d^aftl id^en
Elemente ber ^Mjtyfiognomif ein folc^er Anfang«* ober -sÜftttelpunft
für bie SBiffenf^aft borfyanben gemefen fei. Die (Srfatjrung Ijat
ba« ®egentljeil gezeigt unb e« fonnte nic^t anber« fein. Denn
bie Reifte«* ober (Sfyarafterleljre , meit entfernt, bur<$ bie Seljre
bon ben Temperamenten aufgeftärt $u werben, tourbe burdt) bie*
felbe auf einen fallen Üß3eg geführt unb fo nur no<$ meljr ber=
Wirrt. Denn man wollte befanntlid) bie Sljarafterc felbft auf
bie Temperamente jurüeffü^ren. 2llfo audt) bie ßeljre bon ben
Temperamenten fyat bietmetyr tyrerfett« au« ber ^renotogte burdj
bte richtige Slbgrenjung tyre« Gebiet« einen bebeutenben Gewinn
gebogen.
Die ungleich widt)tigfte §ätfte ber Senologie ift tyre
®eifte«leljre, — aucl fogar für ben Äünftler. Denn
be« Sünftler« erfte« 2öiffen«felb ift ba« be« Reifte«, erft ba«
jweite barauf gegrünbete ba« ber 0orm. Söenn mir ben ©eift,
ber un« au« einem 2Mlbe anfprid^t, am lüften ftellen; wenn
342
^brenelogie unb bilbcnbe Äunft.
eine gemiffe [$toft$ft$c ftamilicnälnilicbfeit fi$ in ben 3ügcn
aller ftiguren manche« tfünftler« n>ict>crfinbct ; menn in ber bit*
benben tunft, mie beim Dieter unb Montan föreiber , bie Dar«
fteüung oollenbcter Ctyarafterc ben 2)?eifter macfyt: fo ift burety
biefe* Hllc« bet flünftler auf ba« Stubium ber ®eifte«letyre, ber
"Phrenologie , hingemiefen , meiere als bic tfetyre bon ben fänunt*
üd^en ®runbfräften beä ©ciftcS tym bic uucnblicty reiche 3)2onnic^-
faltigfeit unb ftülle ber mcnfdjlicfyen (Sfyaraftere erfctyltcfet.
Die menigen sur herauf ctyaulufmug be« Obigen gegebenen
Slbbilbungen bebürfen feiner nähern Grrflärung. <£« mürbe bem
ftünftler ni$t leicfct gelingen, einen gebanfenlofen unb gemeinen
aftenfetyen mit bem #opfe ben $ig. 1 bermtttetft irgenb melier 3fige
be$ UntergefictyteS barjuftellcn, ober einen unmoralif<$cn, irreligiösen
2)Jenf$en mit bem ftopfe bon ftig. 2, ober einen üttenf$en bon
mangelhafter JöeobadbtungSgabe mit bem $opfe bon 0% »ber
einen guten, fanftmütfytgen unb ibealen üftenfctyen mit bem $opfc
oou ftig. 4, ober enblicfy einen cfyarafterfeftcn 2)?ann mit bem
Äopfe bon $tg. 5 : mogegen jene (Sfjarafterjüge auefy bei g l e i ü) *
gültiger ($efi<$t$p!jtyfiognomte uns f«$on au« ber ^tytyfiognomie
bed ftopfe« entgegenfprc$eu mürben.
Die f Ijtyfiognomif ift bic Sftmft, au« ber £örperbefc$affcn*
Ijeit be« üDfenfctycn feine ®eifte$bef$affcnfyeit ju erfennen. Der
ganje Ä&rper beftimmt biefe Grfenntntft. Der geiftig
fteljenbe 3)tcnfcfy tyot $. 23. eine ganj anberc £anb, als ber
•) Obgtcid^ tiefer «eine SUiffafe nur ba« im toorigen Stuffafe enthaltene
in einem «eityiele ettoa« nä^cr ausführt, fo gebe i($ tyn boeb. bjer un&cr-
änbert, toie er juerft unabhängig ton bem erfteren Sluffafc getrieben ift.
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^tfnologie unb bilbeitbe Äunft.
343
gciftig niebcrfteljenbe. Sttein am mciften ma&gebenb ift hierbei
ba« $efi$t be« 2)?cnfchen, Sluge, 9ttunb, 9cafe, (Stirn ic. Die
^htyfiognomif ift fo eine ^e^enbeutefunft : fte fcfyttefct au» 3e^cn
auf bie ©aetye. Diefe (Sdpffe finb nid^t ma$catatif$tt, ober
wiffenfchaftli<her «Rqjtur, ba ftc fiety nicht auf ein ÖrBgenmafe
grünben. 9cur ber geiftige Hu«bru<f beftimmt ba« ph#oguo*
mifche Urteil, ein $u«brucf, Welcher leicht täuföt, »eil et nur
gefügt werben fann. Da auch biefe« ®cfiu)( Dem, welcher
e« nicht Ijat, nicht gegeben werben fann, fo tarnt bie 'Phtyfiognomif
nicht gelehrt werben. 2lu« Vaoatcr'« trefflichem Söerf über
^^fiognomit t)at wohl 9tiemaub pfaftifche ^^fiognomif gelernt;
wogegen feljr 33iele ohne alle tfeljre unb Weitung grofee ?^fto*
gnomifer unb 2)?enfchcnfenner finb. «Sogar $mber haben oft ein
feljr richtige« phtyfiognomifche« (Gefühl ober Urt^ctf.
Da« (SJefagte erleibet jeboch eine 2lu«nahme. Da« phh*
fiognomifc^e Urzeit über einen törpertheil grünbet fidt) nicht
-blo« auf ben geifttgen 2lu«brucf, fonbem auch auf
ba« ®rö§enoerhaltnij$ beffelben. Diefer törpertheil
ift ber topf be« 2ttenf#en mit ber Stirn ohne ba« übrige
®eficht, b. t. ber Streit be« Äopfe«, welker unmittelbar ba«
®chttn utnftyicjjt. Söäljrenb baljer j. ein geiftreic^er SWenfd)
eine fleine, ein geiftlofer eine große SRafc k. ^aben fann, fo wirb
ein Sttann oon feljr oielfaffenbem (Reifte immer unb ohne $lu«*
nähme eine ootle, au«gewb*lbte Stirn (ein grojje« SBorbergehirn)
haben; ebenfo wirb ein 2ftenfdj, ber eine feljr flache unb enge
Stirn (ein fefyr flehte« SBorbergehtrn) ^at, immer unb ohne $lu«*
nannte geift(o« fein, (JBlöbfum au« Kleinheit be« 23orbergehtrn«.
<S. $atecht«mu« ber "Phrenologie @. 48.)
Die Grrflärung biefe« phtyftognotnifctyen Unterfchiebe« jwifchen
bem topf unb ben übrigen ®eficht«= unb $orpertheiten liegt nahe.
Da« ®etn'm ift ba« Organ be« Reifte«. SBä'hrenb ba^er bie
^^fiognomif in öejug auf alle übrigen ÄerpcrtljeUe eine bloße
3eiä)enbeutefunft ift, welche auf eine <Sa$e au« gewiffen außer
i 1) r liegenben %dti)c\\ fließt , fo ha* c« bie ^r>^fiogttontit be«
topfe« nic^t mit bloßen 3c^en/ fonbem mit ben Organen
be« (Reifte« unb infofern mit ber Sache fclbft ju t^un. Da
Hlejranbet ». £untbolbt.
.{wnbolbt mit S>ttclliuS' SHtii.
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346
WrenofDjjie unb btlbenbe Äunft.
bie ©rb'&c bed ©eljirnd unb feiner einzelnen £!jcite ber <Stärf e
bed Reifte« nnb feinet einzelnen Strafte entfpricfyt, fo ^at baburd)
bie ^fiognomif bed Äopfe* jene oolle matyematifcfye ober Kiffen*
Waftücjc ®td?erf>eit unb 3mtt$ eilbarfeit , Kelche tyr in ©ejug
auf alle übrigen ft&rpertfyeile fe^Ct.
®ie ^fioguomtf bed topfed tyat in biefer Söeife eine
boppelte Ökuublagc, tyeild, nrie bie übrige *ßl>tyfiognomif, bad
blo§e unoerftanbenc, ni#th>i|fenf(fyaftlictye ®effil?l, tljeild bie flar
berftanbene nriffenföaftlid&e (Srfenntmfe. £)ie ^fytyftognomif bed
Äopfed erfyielt biefe (entere $runblage erft in unferer $eit Da;
burefy, bap fie mit ber erft tnd £eben getretenen SöMffenfcfyaft ber
^Phrenologie — in einer iljrer §älften, ber Organenlehre —
in (Sind jufammenfällt, nnb fo mit iljr jur Sötffenfc^aft geworben
ift. £>ie beiben ®runbtagen ber ^^fiognomif bed topfe«, bie
bed ®efühld unb bie ber 2öiffenfc$aft, fttmmen natürlich, ba ed
nur eine Wahrheit gicot, unter fich böllig überein. 3ur 33er*
anfehaulichung möge und ein ©eifpiel bienen.
©enn ber ftttnftler 33. bad $ilb Stferanber'S b. §um*
bolbt, ald eine« 2J?anned bon *iclfaffenbem (Reifte, olme ed gu
fennen, barftetlen follte, fo mürbe er bem 4öilbe eine grofce, boüe
©tirn geben; ober menn mir bad wirtliche 33tlb ^umbotbt'd,
gleich tüic bon und nidt/t gefannt, phhfiognomifch beurteilen feilten,
fo mürben mir biefem Äopfe einen bielfaffenben ® eift jufchreiben.
(Sbenfo mürbe bertünftler bad Jöilb bed römifchen taiferd SBitelliud,
eined befannten <öchlemmerd unb rohen 9ttenf$en, aud ber ^^antafie
mit nieberem unb breitem Äopfe barftellen , unb ber ^fytyfiognom
würbe in bem mitfüren Söilbe eben biefen @harafter audgefprocf>en
fiuben. Me biefe Urteile tonnten btogc Urteile bed ®efü$fd
ohne ade miffenfchaftliche GrfenntniB fein, tommt biefe <£rfenntni§
511 jenem Gefühle $in)tt, fo bekräftigt unb erflärt fie baffelbe ba=
burch, bafj fie bie ©efyirntyeile ber Oberftiro ald bie Organe
ber Denffrä'fte, bie Ztfdk bed untern ©e^irnd ald bie Organe
ber nieberen ober t^ierifeben @innc bed SÖicnfchen nachmeift :c.
3n ber ^^fiognomif bed ftopfed fteljt natürlich bie mtffen*
fchaftliche Grrfenntnift in ieber $inftcht an Söerth weit h$het ald
bie blojje ©efütjlderfcnntni^. $)ic teuere ift biclfacfyen £äufchun=
*
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^brenologic unb bilbenbc Äitnft.
347
gen unterworfen, bie erftere al« fotefee ntc^t. Die festere ift
gcioitynlid? nur eine unbeftimmte ober allgemeine, bic erftere giebt
SfofjtyhUj über bie befonberen beftimmteu <5l;arafterjüge. 2(udj
fyat bie ti>iffcnfct>aftlicf>c Gttemtnijj bte früher ganj berfannte
t)o\)c öebeutung ber 'ißfybfiognoinif be« Mobfc« felbft in« richtige
Bt($t gcftetlt. Sflan glaubte bi«t)er , getäuföt burefy bie Unftar*
Ijctt be« (logen ®efülj(«, ba« pfytyfioguomtfäe UrtljcU grünbe
ftdj biet weniger auf ben $obf unb bie Stirn, al« auf bie
übrigen ®efkfy«$üge, 9tugc, 2)htnb, 9?afe tc. SSkcfyfeln wir, um
bte (Smfetttgfeit biefer ?Inficfyt barjutlnin, bie Stirnen ber bei*
ben üttänner, toäljrenb bie übrigen ®efid)t«jüge biefetben bleiben.
Die beiben (Sljaraftere finb baburety meljr als jur §älfte geäubert.
9lo$ fei toenigften« eine« bon ben häufigen 9)fijiberftänb*
niffen über biefe neue Sactye fyier erwähnt. Die s}tyrenologic,
meint man oft, urtyeue nur über bic allgemeine ®r&fec be«
tobfe«, b. i. fic bergleicfye bie allgemeine ®rofee eine« ßotofe«
mit ber eine« aubern. $eine«meg«: bie ^renologie bergleictyt
bor 9111cm bie bcrfcfyiebenen Xtyite eine« unb beffelben
topfe« unter ftdt>- Die beiben Äobfe (®eljirne) bon £>umboIbt
unb SSiteüiu« fennen ganj bie gleite allgemeine ®rb*§e fyaben,
aber ber Unterfcfyieb ber beiben Ctljarafterc ift unb bleibt berfclbe
fer)r grojje: bei Apumbolbt ragen bie fyäljeren Sinne ftarf über
bie niebeten bor, bei S3itelltu« nmgefeljrt. Der §umbolbt mit
33iteüiu«' Stirn ift ein Sftann bon geringeren Dcntfräften unb
juglcicty fdjmäctyeren nieberen Sinnen, ber SSiteüiu« mit £umbolbt'«
Stirn ein 2flann bon ftärferen nieberen Sinnen unb juglei*
größeren Dcnffräften.
>
*
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348 Wrenolcgie uub bilbcnbc ititnfk.
3. Gin Port über «fberbrnfprndje.
£ie ^Phrenologie bittet al$ Orgauenlefyre auefy bie (^ruiib-
lage ber 9J?imif ober ®ebcrbenfyracfye. SÖäljrenb bie 2öortfbrad>e,
ßrcf?tentt>ci(« ba« örgebnifc jufälliger Safyl, taufenbfältig oer*
trieben ift, fo ift bagegen bie Webcrbenfpractye, loeil fie auf bet
meufcbticfyen (^elnrnbilbung beruht, bei allen 9J2enf$en unb aüeu
belfern ber Crrbe tuefentüct) eine unb tiefelbe. !£a$ ®efefc ber
ffifl. 1. ©eberbenfpradje be* Sd>ctje« ober SBtfef*-
®eberbenfprac$e ift ebenfo einfach als ftar. Söenn trgenb ein
(Sinn unb fein Organ befonber« tfyätig ift, fo nimmt ber topf
eine Jöctoegung naety ber 9H$tung ljm, too ba« Organ feine
Stelle fyat, unb oft ift bie$ bon einer entfpre^enben t&rper*
bewegung begleitet. 21uf biefem ©efefce 5. Sd. beruht e«,
wenn toir bei einem freunbücfyen ®riu) mit bem topfe niefen,
ober »enn nur bei einer Regung M StoljeS ben topf jurücf*
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I
^Phrenologie unb bUbenbe ffunft 349
ftifl. 2. Öc6erbeiifpra<$e bet 3bcatitot.
loerfen, ober Kenn nur in 23er(cgenfyeit ober im 3»>eifef mit ben
<3cfyuüern jnefen ober mit ber £mnb fyinterm Oljr „ 44 , ober
loetm toir beim iöefinnen auf ein $Ö$ort mit ben Ringern bte
klugen brütfen u. f. n>. §ier einige Silber gnr Söeranfdjau*
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350 s^renoloflic unb bübenbe Atunft.
ftifl. 3. förbrrbrnfpratfjf ber Sorfllidjfrit,
lidjung biefcr ®eberbcnfptacfye. £)te Silber fitib butdj fi$ felbft
»erftänbüd^. 3n ^tg. 3 wirb btc Stelle be8 Organ« ber Sorg*
licfyfeit mit beu Ringern berührt; in ftig. 4 Hävern fia? biefe«
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sJtyrenologie unb btlbcnbe Äunft.
351
3ifl. 4. ©ebetbenfpradjc ber Sorgltd)teit unb bet 3eftiß!eit.
Organ unb bic <§c$ufter einanber. S5on ber (SJeberbeufpraaV
be$ Äimftfum* (0tg. 8) fagt (Ml: „©ei ber Anregung be$
Organ« (ber beiben Organe) be$ fömftfumd »erben ber $opf
unb ber Körper balb auf bie eine, batb auf bic anbere <3eite
geneigt, unb machen eine ttynft$c öetoegung, tote ein 23ogeI,
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352
^(»renoloflif unb bübenbe Äunft.
3«fl. 5. ©cbcrbenfpradje ber Jtiuberliebc
ber eine <Sac$e betrachtete ba(b mit betn einen, bafb mit bem
onbem Buge, ober ein §unb, ber faitfc^t , unb balb mit bem
(taten, balb mit bem testen £)Ijr fyorctyt. Sttan betraute eine
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^renotogte wib Mlbcnbe Äunft.
353
gifl. 6. (»eberbeiifptadjc bet *eifall«Htbf.
Üttobeatbeitcrin , toeify einen $nit macfyt; nie tcirb fie, nm ju
beurtljeUen , ob et gut gelingt, ifjn gerabe bor fidj IjtnftcUen,
fonbern ftet« fcfyief unb ben $opf föief nact> t>orn neigen; fie
Betrachtet tfyn toedbfefoeife bafb \>on ber einen, bafo »0» ber
anbern «Seite; fie näfyert Ujn batb bem testen, bafb bem Kufen
Organ. <2>onft ttriirbe fie ifyn gerabe oor fiefo Ratten unb mit
*cln>ue, ^Uronoloflifd)c Silber. 3. «ufl. «23
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354 ^brenofoflie unb bifbenbe Jhmfl.
ijig. /. wrwcrocnipiaajc oee wcgcniiunoitnnö.
beibcn &ugen gugfeicty anfefyen. Senn ein Söitbfyauer feine Serfe
aufmerffam anfielt, fteljt et ettua« fcfyief; mit ber ttnfen £>anb
unterftütjt er ben (Söfcogen be« regten Htm«, nnb mit bem
9(u«brucf bc8 9ia<fcbenfen$ fefct er groci Ringer ber £anb gerabe
auf ba« Organ be« Äimftfinn*. Sein #opf ift fdbjef jur Seite
geneigt. (Srmübet er in biefer Stellung, fo nimmt er biefclfce
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•ipljrenologic unb 6Ubenbe Äunft.
355
3ifl. 8. ©eberbcnfptacfje bc« ftunft-- ober ^aufinud.
»on ber anbern «Seite an. %\\ bem ($rafre t>on $traneft fiefyt
man eine (Statue eine« nadjbenfenben ftßnftiert gerabe in ber-
ieten ©teütntg.*
2»*
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XIX.
«ßifdergoffcrie.
»öpff uifl unb maiic&erlri,
Untertrieb ift ßtofe babri.
/
«•
1. '
% «ine Stfinbruditttffl mit 24 Hopfen,
gcjei^net toon SWorife 9f»genba«.
ÜDte SBerfcfytebcnljeit ber menf<$Uc$en Kopfformen ift minbeften«
fo groß, a(« bic ber ®efidbt«formen. 3öir Ijaben uttfer $luge
mcfyt fo in ber ^Beobachtung jener geübt, befonber« tt>ctt uns nur
im ®efi<$te ba« ßeben entgegenfprid?t , wogegen bie Kopfgeftalt
ftarr, febfo« erfdtjeint. <£in $>inbernifc ift fn'er au# ba« £>aar.
£>oc$ fo gro§ ift bie SBerfötcben^eit ber Kopfformen, bafc ba«
$aar iljre Beobachtung nid^t Wled^t^in Ijhtbcrt. 3* fenne einen
(Snglänber, ber ein tüchtiger ^renotog mar, obgleich er niemaf«
einen Kopf Betaftete, fonbern nur bann über ein Organ ein Ur-
tfjcit gab, menn e« burdt) ba« §aar ober trofe feiner als entfcfyie*
ben groft ober Hein ju erfennen mar.
^oefy befetyränfter mirb unfer Urttyetl fein, menn mir au«
ber b(ojjen 3etctynung eine« Kopfe« über feine Organcnentmicftung
urtljeUen, befonber« audt) mei( un« fyier nur eine Seite be« Kopfe«
»orliegt, alfo eine £)ä(fte ber 93erg(etcfyimg megfäüt. £)ennodj mirb
audt) fn'er, eben megen ber fo grojjen SBerfcfyiebenljctt ber formen,
unfer UrtyeU fefyr oft ein fixere« unb entfduebene« fein fönnen.
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»
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1. Chris uif. . 2. Madonna.
!). Mai'Chiavell i. 10. Michel Angölo .
H. Goethe 18. Genera. Custine.
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V.
V:
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■
*
>
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«ilbcrgotterie. 357
aWetn bereiter ftreunb föugenba« ijat bie ®üte gehabt, auf meine
öttte eine $eifje töpfe auf ber beUiegenben £afel jufammenju*
ftetten, auf bie ber ßefer mit mir einen 23fuf merfen möge.
(StyriftuS unb bie attabonna (1. 2.), ebte, fööngebilbete ßöpfe;
bie Stirne bei 1. oielfaffenber. (SljriftuS unb ^perfuleä (3.),
Reifte« * unb ®emütlj$gröge unb ßörperftärfe. (^riftuS unb
9?ero (5.), jener $opf Ijocty unb fämat, biefer niebrig unb breit.
Ctyriftu* unb 3ttacd?iabeßi (9.), ber Öe^rer ber $immfif($en ©ei«*
ljeit unb ber ber irbifcfyen.
£erfu(e« mit ftarfem Laoten, grogent ®efötedjt«finn, aber
bie übrigen Sinne fc$tt>acfy, fofcoljt tinbertiebe unb Slnfjängtu^feit,
ate bie työljeren ®efüfyl«finne; unter ben 33erftanbe«finnen ba«
33eoba$tung«oermögen gut, bie £)enffrctfte fe^r mtttefotägig; ba«
ganje ®el)irn fidjtbar Kein. £erhrie« unb Schate« (6.).
(£ere$ (4.) mit größeren ®emütf)Sfinnen a(S £>erfule«, cbenfo
$iü)ängftdjfeit unb ßinbertiebe grog; ba« Heine ®el)im, obgleich
tfjeiüoeife burd^ ba« §aar berbeeft, ate Hein $u erfennen.
9lero mit burefy ben 3^f^rung«finn auSeinanbergetriebenen
Ofyren unb mit au<$ bon born ju ertennenbem grogen ®ef$fc$t^
finn. 9}eto unb (Mfei (13.), 9tero unb S. b. £umbotbt (21.).
59ei Sofrate« ba& $erg(ei$ung«bermögen — befanntU^ feine
Stärfe — befonber« grog. 2lüc töpfe, bie mir bon Sofrate«
befifeen, fo berf Rieben fie in einzelnen Keinen &üQm fein mögen,
fommen in biefem grogen 3uge unter ft$ überein.
ÜDer fjcüige §ierontymu« (7.) unb ein üflömty (8.). ©ei «ei*
ben ba« Organ ber 93ereljrung jtcmlic^ ftarf ; baneben bei 3enem
groge, bei liefern Keine $)enffräfte.
$8et üftacdjiabctt neben mtttetmägigem SSeobacfytungSbermögen
groge ©enffraft, befonber« Sd&lugbermögen , groger £ljatfacfyen-
finn, groger Sinn für SKeue« ober SBunberbare« , mittelmägigcS
Sofytooflen, groger SBerfyeimttctyungSfinn. Sttacc^iabell unb 3)?ia>l
Sfogefo (10.), unb ®alUei, — unb ®oetye (17.), — unb (Suftine
(18.), unb SB. b. §umbo!bt.
aWid^el Slngeto'« Stinte ift ber ®oetfje'S ätyüicty; fe^r gute
unb fetyr fyarmonifä entmirfette ^Beobachtung«* unb 2)en!oermögcn,
baneben au«gefptocfyene Ofoeatttat.
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358
©UbergaOerie.
3n ben ftdpfen ber beiben 'pätofte Alcranber VI. (12.) unb
£abrian (11.) fönnte ein 9iichttofjrenolog bielleicht ben fefoj großen
Unterfchtcb fo fange überfein, al$ er nicht auf bie (Stellung
bc8 Ot;rc$ anfnterffam tft. 3öte groß ift bte 33erfcl)tebenl)eit be8
$orber- nnb be8 £httergehirn$ in ben beiben köpfen! .f)abrian
würbe alö ^ßatoft gewählt, nin bie burch 9lleranber ber Sittlich-
fett gefdjtagenen Söunben ju feilen, ©eint £efeteren ift befonberä
ber ($efd;ted>t«ftnn ungewöhnlich groß, ©ei §abrian ftnb fowohl
bie SBcrftanbeSfinne als bie fteftigfett groß: er ^at Sföitlen nnb
traft, ber Deformation entgegen jn treten, olme ftanatiämuS
gu jeigen.
Sie Slleranber'« VI. mächtiger Äobf mir gur einntichfeit
beftimmt Weint, fo ber (Galilei'« mir jur ftorfchung, 5krgleichung,
Prüfung.
3n ®uftab Stboltoh (14.) ift ber ftelbherr — in bem großen
SBeobacfytungSbermbgen, — ber <$laufeen$fye(b — in bem großen
@inn ber Verehrung, — ber $)errfcher nnb Eroberer — in bem
großen <Sefl>ftgefiUjl — bereinigt, (5r mar jum £errfchen über
bie 3ttenf($en nnb jur frommen Unterwerfung unter bie (Gottheit
gleich befähigt. Um fyter ba8 Organ be« @inne$ ber SSerehrttng
at« groß su erfennen, muß man fich ben $obf, ber etwa« jurücf^
liegt, mefyr bormärt« geneigt beuten.
£)er fotgenbe flotof (15.) fotl ber Voltaire'« fein, tft e« aber
nicht, inbem ^ier föugenba« nach einem unrichtigen Original ge=
zeichnet hat. £>ier ift ber untere Xtyil ber ©Urne — über ben
Augenbrauen — breit unb boll, überhaupt ba« ®eftcht groß, ber
obere ©tirotheil biet fcfymäcfyer. 33ei SBoltaire mar e« umgefeljrt.
(@. unten ein Söitb 23oltaire'«, ba« jiemtict) richtig ift.) liefen
einen ®obf ausgenommen, finb Wohl alle übrigen ber £afel jiem-
lich wahrheitgetreu. 3ch bemerfe Ijier beiläufig, baß burd? biefe
#ötofe natürlich fein <BewcU für bie ©a^eit ber b^eno--
logifc^en Organe gegeben fein foü. tiefer ©eWei« ließe fidt> burch
fmnbert ober taufenb bem Sefer borgetegte tobfseichnungen —
wenn aua> gang Wahrheitgetrcu unb phrc«ologifch überein-
ftimmenb mären — ebenfo wenig führen, al« burch einen einigen:
benn neben biefen taufenb übereinftimmenben fällen fönnten
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»itSergatterie
359
ebenfo \oictc nic^t übereinftimmcnbe liegen. £>er .ätoetf liefet 3l|i
fammenftettung ift lebigli(fy ber, bie tljatfädjticfye grefee 35erf(^icbcii'
fyeit ber Organeneutnncflungeu ju oeranfdjauticfycn.
£>er $opf ber ftalferin ßatljarina (16.) ift betefyrenb burd?
bie Stirnform. ©cfanntttc$ giebt e« fetyr Ijofye Stirnen bei geift*
tofen SWenfd&cn, aber in folgen gälten ift bie <5tirne immer flacf>,
b. i. ber toorbere ®efM'rntappen fürs, atfo Hein, ©Urnen n>ie bie
oorliegenbe bagegen werben nie an geiftlofen üflenfcfyen gefunben,
fie finb nicfyt Ijocb, fönnten öielleicfyt eljer für niebrig gelten, jeigen
aber bnrd) il;rc 2(u$ioMbung, bag fie einen (oon ber Ökljirnmttte
naa) Dorn gemeffen) langen, alfo gro§en oorberen ®efyirnlappen
bergen.
(^oetlje'a topfbilbung ift eine feljr fcfyöne. 2lüe SJerftaube«;
ftnne finb befonberä fräftig nnb fyarmonifd; cntnridfelt. $>a$ Or=
gan ber Sbealität fommt an ®rßfce ben ^erftanbeäorganen glei$,
überragt aber mit i(;nen bie übrigen, ettoa« geringer gegebenen
®efüljl$finne. (Soetfye war ein ruhiger 2$crftanbe«menf<i?, befähigt,
ba« §ot$fte 511 benfen nnb gu erfennen, nict)t fyingeriffen , aber
rufytg ba$ 3beate erfaffenb, ba« ©ctybnfte in fidt> aufnefymenb,
näfjer bem GtjriftuS, als bem 2ftacc$iaoelt, aber tirie biefer talt
auf feine 3eit fcfyauenb. .
Guftinc (1 8.), ber ©enerat en ©jef ber Ütljeinarmee, ift, a>a8
bie 3*erftanbe8fmne betrifft, $um ftelbfyerrn geboren burefy bte
®rft§e feiner 33eoba$tung$finne. (5r Ijat biefe ©tirnform gemein
mit oielen talentooüen (Generalen Scapoleon'S, bie nidjt, nuc biefer
felbft, $uglei$ Staatsmann toaren. Cnftine nnb ©ofrate«, —
unb 9ftacd?iaoetl, — unb äftidjet Slngelo, — unb ®oettye, — nnb
SB. b. §umbolbt, — nnb ^eftafogji (24.).
»•. „$>er ^Diplomat ©n. 9tt...t (19.) loär ein geller $opf, ofyne
ein groger ®eift pi fein. £)aS ©etbftgefüfyl rnatye fiefy in tym
fetjr bemerfliefy, unb feine ©etfattsliebe oeranlagte ilm, felbft auf
feine 2leljnti(fyfeit mit Oofepl) Napoleon ^tnjubeuten. ©ei ben
grauen rougte er fidj feljr tooljl geltenb ju matten. "
„$)er ^ßatagone ober oielmeljr geuerlänber (20.) ift gleich
giltig gegen bie grauen; ©elbftacfytung unb SSetfallSltebe hntrbe
man oergeben« bei iljm fu$en, er fyat überhaupt oon allen ©innen
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360 SBtlbergaUetie.
nur ba$ Grrfenntnijjoerm&gen forne! auSgebitbet, ba§ et fein Seben
ju ftiften oerfteljt.* (£r fteljt an (Seift überhaupt fo niebrig, al*
ber 2ttenf$, otjne btöbftnnig fein, fielen fann.
SBifljetm b. £umbo(bt, (Staatsmann, £nmtanift, Sprach*
forf^er. fX>ic beiben an latenten fo reiben ©ruber £umbotbt
geigen au<$ eine entforettyenbe befonber« ooüe ©tirnbttbung. £)ie
®emütfj«finne feinen bei SBityctm in ben Organen faft no$ me^r
a(t bei SUeranber enttoicfelt. ®rofc ift bei ttityefot, fe^r t>icl
Heiner bei tUcranber ber <Spracfc ober Sßortfinn. Slteranber mit
ber gewaltigen Oberftirne ift ber SeUbetratyer in ber gangen
toettumfaffenben £ä'lfte ber menfdjUctyen 2tugentt>ett.
„£)er Leiermann ober 3itl)erfpieler 2ttar ©aier (22.), eine
oon jenen gemeinen Naturen, bie e$ im ®uten toie im @($(ecfyten
ntcfyt roeiter bringen, al$ gnr 2lbgefcfyma<ftljeit; fie finb im (Sofoaten*,
im Sägerftanbc gemein unb in ber bienenben (Sfaffe Ijäufig. SDiefer
Ijier ift ein gefeiertet Kumpan unter benfelben; er ift guter ®e=
feöföafter, luftiger «ruber, er friert bie 3ityer mit einer getoiffen
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I
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«
Stfbergatterie. 361
33irtuofität , fingt unb jobett , fpiett tomöbie. (5r bringt feine
3eit mit Sagen nnb tartcnfptelcn, mit Dirnen unb Printen ju.
Orr ift manberung«tufttg oljne 2öi§fcegierbe , üppig unb ftnntttfy,
otme ber Setbenfttyaft fäljtg $u fein, eitel otjne ©etbftgef üljt , fecf
unb bocfy feig. (£r ift nic$t fo fälimm organifirt, bag ju ertoarten
toäre, bajj ein ©ßfettnctyt au« tym mürbe, aber nicfyt gut genug,
um ettoa« STü^tigc« in ber <&efeüfc$aft SU merben. Die (£x*
jiefjung fruchtet nictyt biet an biefem topfe, er ift teer. Unferc
®ebtrg«bauern, unfcre 9?etruten jeigen fotcfye ©rganifationen feljr
Ijäufig. Der Umfang be« @(fyäbet« gefyt fetten über 20 j&Qtt."
Die ®iftmörbertn (Sottfrieb bon Bremen (23.) unb ^cftato^i
finb ®egenfä|}e, hrie fie faum fdjroffer aufgefunbcn werben fönntcn.
Die Phrenologie l)ö$ft merfmürbige topfgcftatt ber ®ottfricb
tä^t fidj in ber 3"^uung faum jur £)ätfte erfennen. 2)ian beute
ftcfy ben nieberen SBorberfopf aud) ganj befonber« fdmtal unb nadj
hinten ju beim Organ be« 3erft&rung«ftnne« über ben Citren gu
ungemitynticfyer güüe unb ©reite ftd? au«betjnenb. Unb baneben
ber Wßne topf <peftaloföi'«, be« 2ftenfc$enfreunbc«, be« 3ugenb-
freunbe« unb Öefyrer«!
2.
ßtne ©afel mit adjt köpfen.
■
Da« ®etjim (ber topf) bieter 2)?enfcfyen Ijat nur eine mitt=
tcre ober Dur#fcfynitt«geftatt : e« jeigt meber an bicfer, no$ an
jener «Stette eine befonber« ftarfe ober befonberö fdfymatye (5nt*
toitftung. (Sbenfo ift ber (Eljarafter Dieter 9ttenfc$en ein mittlerer
ober burd?fd;ntttttcfyer: fie jeid^nen ftcty meber burcfy bie «Starte,
nod) burd; bie ©$mäcfye einer Neigung, eine« latente« au«. Senn
e« nur folcfye SWenfcfyen gäbe, fo märe e« natürlich ni$t m>id),
bie ®rö§e ober ttetnljeit einzelner (&etjtrntl)cite mit ber @tärfc
ober ©$h>ä<$e einjetner S^arafterjüge gu bergteicfyen, unb c«
nmrbe eine auf biefer 23ergteicfyung beruljenbe ®efyirntefyre, eine
^fjrenotogte, ntd&t geben fßnnen. Slltein mir tonnen un$ burcfy
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362
SBübergatteric.
einen aufmcrffamen 33ltcf in'« Vcben leicht überzeugen, ba§ e«
oicfe ÜRenfdjcn giebt, bereu ($e$irn in ber $rbfec (einet Zweite
einen fcfyr bcbeutenbcn Unterfdjicb jeigt, unb bercn ßtyaraftcr aud;
fet>r attögefprodjene 3üge J«t Serai nun bie ®röf?e unb bie
SHeuttjeit eine« beftimmten ®ehirntheil« mit bcr <3tärfe unb
Schtoactyc eine« beftimmten I5harafter$ug« immer unb au«naintt«fo«
in £aufenben beobachteter (Sinjetfäüe jufammentrifft, fo ftnb totr
genötigt 51t fcbüefcen, bafc jener ©el;irntt;eit mit jenem CSfyarafter*
511g in Söejtehung ftefjt, ober, toie bie gBiffenftyaft fich au«brücft,
baft jener ©ebintthcU baß „Organ" jene« ßharafterjug« ober
jener ®eiftc«fraft ift.
3öir tootten für Diejenigen, loetcfye ben großen Unterfcfyieb ber
menfchüchcn &opf* ober (Mn'rngeftalten btö^er toeniger beamtet
traben, fjicr einige 33eifpiele btcfc« Unterfchtebe« oorführen, unb
sugtetd; bie 33ebcutung biefe« Unterfd;tcbc«, tote bie Phrenologie
fie fennen tehrt, anbeuten.
Der topf ^apofeon'« III. (1.) jeigt, fotocit bat 39Ub cd
erfennen tagt, eine allgemein ftarfe (Snttoicflung. (5r ift an ben
unteren Reiten (um bie Öftren) breit, ebenfo ift bie Stinte breit
unb ooü. Straft unb Klugheit, ^erftanb unb ^hantafie (äffen fid;
in ber Organbilbung erfennen. (^ä(;ercö über ben topf Siapo*
leon'« III., auch im Vergleich gu bemjenigen Napoleon'« I., f. in
meinen „^renologifdjen fteifebilbern".)
SÖenn auch einige (belehrte 00m theoretifchen Stanbpunft au«
ben Siegern (2.) bie gleiten geiftigen Slnlagen toie ber tucijjen
Stoffe jufpre^en toollen, fo ftimmen boch alte Diejenigen, toelcbe
bie 9?eger au« eigener 5lnfchauung fennen, barin überein, bajj bie*
fetben geiftig unter ber toeijjen 9toffe ftehen. Uebercinftimmenb
bamit jeigt bie Stinte ber Sieger burchfchntttlich eine mangelhafte
enttoieftung: fie ift flach unb fchmal. Sßo^t $eidmen ftdj etnjelitc
unter ben Negern burefy grbgerc ®etfte«gabcn au«, aber bei biefen
ift auch bie (Stinte beffer eutnucfelt. 23om t^eorettf^en Stanb=
punft au« behaupten 311 toollen, ba§ bie Sieger unb bie Setfeen
ober bafe bie Golfer überhaupt fich geiftig gleichftänbcn, ift baß*
felbc, al« toettn einzelne ^^itcfo^t^cii bie geiftige (Gleichheit alfer
2)Jenfchen behauptet haben. Die Stotur, ioelchc überall nicht i&kify
A l
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■
SSUbtcgattcric.
363
heit, fenbcrn 55erfc^iebcnr>eit imb 9Nannichfaltigfeit liebt, fotlte in
ihrer haften Schöpfung, beut menfchlicheu (Reifte, gmfermigfett
gesollt haben? Smb ja fchon bic ftinbet bcrfelben gantttie ocr*
fdn'cbcn geifttg begabt.
33t«marcf (3.), bcr crftc Statin £>eutfd?(anb« , toicllcicht bct
heutigen SSclt, gicbt und (Gelegenheit , bem l'efcr eine toidjtigc
^öa^rheit $ur 9lnfchauung m bringen, bafi nämlich bie getftige
(Gröfe ober l'eiftungSfälngfeit eine« 9)?enfd;en al« fo(d;c nicht
ein (Gegenftanb be« p^renoJcgtfcheti Urtheil« ift. 3öenu 3M«marcf
[ich phttMtogifch beurteilen lie&e (unerfannt unb mit tocrfyülltem
(Geficht), fo fimntc ber ^hrenotog, ba ba« (Gehirn <8i«marcf« ein
entfehieben große« ift, nur von ber SMegüchfcit ober 2Bahrfd)cti^
Uchfeit bcr geiftigen (Größe be« «curthcilten fprechen, ein Urteil,
loelche« fein ^rcnofogifdhc^ # fonbern ein allgemein anthrotoolo^
gifchcö unb barum ein fo unbeftimmte« ift, »eil neben ber Ouan*
tität be« (Gehirn« noch beffen Qualität, bie nur nicht genau
fennen, in frrage tommt. SGBenn ein großes (Gelnrn ein Vhlcg*
matifche« ift, fo toirb ber (Geift, ber e« bewohnt, fiefy nicht af«
ein großer geigen f tonen. Umgcfchrt jeboch, ttcim ein (Gehirn
Kein ift, fo fann ber ^J^renotog mie jeber Slnthretooleg mit iöc=
ftimmt&ett fagen, baß er feinen getftig großen SRann, feinen
SWann mit großer geiftiger &iftung«fähigfeit toor fich $ak. eitlem
biefem gegenüber mm betrifft ba« beftimmte p^renologifche
Urtheit immer nur ben etjarafter be« 9)*enfchen ober ba«, n>o-
burch ber 2ttenfch, — er mag toi et ober nun ig fein, toi et
ober toenig (eiften, — anber« ift, Rubere« teiftet, al«
Sintere. Unb in biefer öcjtehung (Junten tott beim auch u^cr
33i«marcf tohrenologifch urtheilen, obgleich bie untoollfommene $cnnt=
niß, loelche ein bloße« 33 i t b toon einem $otofe giebt, un« eine
fixere 23ergteichung nur mit anbern mefentlid; unähnlichen
ertaubt, 5. mit bem Sieger (2.), Robert Füller (4.), üflinna
8chmibt (6.). ©er tfotof 9catooteon'« III. fcheint an ber Seite
um bie Ohren breiter, ber 33i«marcf« fchmäler: „ SBerheimttchung«*
fhm* unb „SBorficht ober ©orgtichfeit" bei Scatoolcon III. ftätfer
at« bei $3i«mar<f. 3ebenfall« ift ber £opf 93t«marcf « an unb
für fich (bie (Gehimtheile unter fich felbft toerglichen) gegen bie
*
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364
•ÄÖilbcräQllprtp
«rette lang unb am ©Reitet $o$. ^eftigfctt* unb „Selbft*
gefü^l" ftnb ftarfer al« „93orfia)t ober @orgli($fett". ©i«marcf
ift fü$n unb fur^tlo«, fe^r feft, fetyr felbftoertrauenb , etma«
l;errif$, ettua« rücffi$t«lo«.
Sefet (feit 1870) tft ©i«mar(f mo^l oon aüen Deutzen
(aüen 9fti($trBmlingen) bcrefyrt unb bemunbert. ^rü^er aber n>at
blc« bcfanntlicty anber«, ba ftellten iljn bie (Stnen feljr Ijotfy, liebten
unb betounberten lljn, bie Zubern faßten tljn. 3dj fyabe bamal«
(1867) bei einer (Megenljett gefagt, baß fic$ biefe beibertei Ur=
tfjeile über SttSmartf pfyrenologtfa) oercintgen ober oerföfynen ließen,
nämtitty in biefer Seife. 3eber cntfd?iebene Gljarafterjug —
jebe fe^r ftarfe ober fefyr fömattye (Sntnncflung eine« Sinne« —
tft ein 33orjug unb ein fteljler be« (Styarafter« &ugleid&, ober ift
in ber einen ©ejie^ung ein SSorjug, in ber anbem ein fteljler.
3- ein ftarfe« „©elbfigeW ift ein SSorjug, mo bie Um*
ftänbe (Selbftoertrauen unb fixere« Auftreten, c« ift ein ftefyler,
too fie -23ef$eibcnl;ett unb Untertoürfigfcit forbern; ein ftarfer
„SBerljctmlicfyungSftnn" ift ein 33orjug, h>enn ber üftenfdj Oer*
fcfynnegen unb gurüdljaltenb, ein ftefyter, n>enn er gerabe unb offen
fein foll; ein ftarfer „£fyättgfett$finnÄ („3e*ftS™ng«finn"), ^ie
bei Robert Sflülfer (4.), ift ein $orjug, mfofern er große 2^at=
traft, ein Segler, infofem er Seibenfcfyaftlidfyfeit unb Apeftigfett
bcgrünbet. Sil« mir einmal bie Gattin attütler'«, meiner burd>
feine außerorbentlic^e Styätigfeit ein bebeutenbe« Vermögen ermor*
ben, über feine maßlofe §eftigfett Ragte, fagte i# ityr, fie fBnne
iljren SWann ruln'g unb fanftmütyig tyaben, menn fie auf feine
große 2trbett«fraft oergid&te. £)ie Dame,' toelctye eine Keine Reiben*
f<$aft für ba« ®elb Ijat, ernrieberte mir läa^elnb, fie motte tljren
9)Zann fo behalten, mie er fei. 3n gleidtyer SBeife ftnb 33i«marcf«
Ctyaraftcrjüge aucfy feine (Sljarafterfeljler, unb umgefeljrt. £)ur<$
fein fyoljc« latent unb bura) feinen unbeugfamen, rttdfficfyt«tofen
9Wut1j, — melier mit feinem rücfft#t«lofen $errf<$en au« ber*
fclben Duelle ftammt, — Ijat er bie (Jhujeit $)eutf$lanb« gc*
fctyaffen. 5Die« erfennt man benn aua) jefct, une gefagt, allgemein an,
unb läßt fi<$ feine toermeintücfycn freier, meldte feine finb, gefallen.
Robert üttüller (4.), ftabrifant, geigt eine feljr ftarfe <£nt*
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«Ubergattcrte.
365
micflung be« „^hätigfcitöfinne«" (bie Söreitc be« $opfe« über ben
Dtyren) unb eine fe^r fcfyftadje be« Sinne« ber „Sbealität" (bie
Schmalheit be« Sßorberfopfe« an ber Stirnfeite). ÜDtttüer mar ein
anwerft milber $nabe, nur menn er ausgetollt ^atte, fonnte er
vernünftig unb gehorfam fein. $)em 9)?anne ift jefct ununter*
brochene £fyätigfeit ©ebürfnife, er fennt faft feine (Srmübung unb
letftet in ongeftrengter Arbeit Unglaubliche*; er ift unglücfltch
unb launifch, menn er untätig fein mufj. <£r ift fefyr ungebulbig,
nicht« geht iljm rafch genug ; ma« er tlnit, foll biegen ober brechen,
unb bt«toeilen bricht e«. &c ift feljr ^eftig unb gum 3ähgorn
geneigt. 9D?an fann nicht fagen, baj* er böfe ift, benn er fann
feljr gut fein, aber er n>irb allguoft bbfe. $)abei ift er äufcerft
nüchtern unb praftifch, feine gange geiftige £ljätigfeit ift, ofyne
ba§ ihn irgenb anbere ©ebanfcn abgiehen, auf feine öeruf«*
gefc^äfte gerietet; ^oefte unb $unft finb ihm unbegreifliche £)inge,
meld&e er äußerlich anerfennt, »eil er bie« 5lnbere tlnm ftefyt,
. innerlich aber grünblich beratet. £)och ift er nicht geigtg, er lebt,
mie er e« feiner Stellung fc^ulbig gu fein glaubt, unb lägt feine
tinber, beren eine fefyr grofce 3afjl ift, mßglichft grünblich
richten, meil er bie (Sinficht ^at, bafe neben ftleifc unb S£$Ätigktt
bie ©Übung ber SBeg gum 9?cid)t^um ift.
Söeim $5nig bon Samern (5.) ift bie obere Sttrne ftarf ent*
hricfelt, etma« ftä'rfer al« bie untere; ber $Bnig ift mehr fubjec*
tio al« objectio, er benft mehr, al« er beobachtet. 9Sor SUlem
aber geigt „3bealität" (an ben oberen Schlafen) eine ungemöhn-
lieh ftarfe (Sntroicflung. £)er Sinn für Sbeale« ift ein $auptgug
im (Sharafter be« $önig« unb wirb c« barum burch'« gange §eben
bleiben. Der Äig mtrb fich glüeflich fühlen unb formen in .
feinen Sbeen für alle* ©ute, @ble, S^ne, boppelt glüeflich al«
gfixft, ba er fo SMele« gur SBermirflichung feiner Sbeen gu thun
oermag ; unglücflich baburch, bafj er im Vergleich gu feinen ibealen
3Bünfchen unb Hoffnungen toenig in ber äöirflichfeit erreichen mirb.
dx mirb ba« Schiebte, fiebrige, (demente ber 3JJenfchcn nicmal«
begreifen unb boa) einen beftänbigen $ampf bagegen gu führen
haben. (Sr nrirb gu ben beoorgugten Sterblichen gehören, welche
immer, bi« in« fpäte Hilter, jung bleiben.
366
©Ubergalltrie.
3d> füfyre Sflinna ©(fymibt (6.), ein artiges (ungeft SÜJäbcben,
in unfere ®efellfcfyaft ein, um über bie <2>ttrne ein 2Bort $u
fagen, über beren SöeurtfyeUung biet Unftarljeit fyerrfcfyt. (£$
fommt bei ber ©tirne bor Mcm weniger barauf an, ob fie fyocty
ober niebrig, at« ob fie bot! ober flacfy ift, b. Ij. ob fie biet ober
wenig ^e^im umfdjUefct. 2öir müffen ju biefem 3tr>ecfe bie
(Stinte bon ber (Seite betrauten. £)er Stirnraum reicht (bon
oorn nad> rücfwärtS gemeffen) bi« $um @nbe ber Augenbrauen*
bogen an ben unteren (Schafen. sBenu wir oom (Jnbe be$ linfen
AugenbrauenbogenS bis jutn (£nbe be$ recbten eine Öinie (in
dtebanfen ober mit einer Scfynur) im Söogen über bie Stirne
Siefen, fo fdjttefct biefer batb fefyr gerobbte, batb fefyr ftadbe
©ogen einen größeren ober einen geringeren <Stirnraum ein. 5Die
Sttrne Ü0?inna'6 ift fyodj, fo fyodj, als bie SSifdjer'S (8.), aber
gegen biefe auf bie bezeichnete Seife gemeffen, f(ad^ ober Kein.
ÜDiinna ift nicfyt ofyne alle ©egabung, fie fyat in ber «Schule feidrt
auSwenbig getcrnf, wenn fie audj nidjt alle« gelernte berftanben;
fie Räubert gern unb biet, über Alle« unb über 9cicfyt«, unb man
Ijort tfjr eine £eit (ang mit Vergnügen ju; fie gUt unter iljrcn
ftreunbinnen für redjt flug, unb fyat aOe bie Äcnntmffc unb gfix*
tigfeiten, welche bon Ujr al« £>au«frau werben geforbert werben,
unfebwer erlernt. Allein bon tieferem ober grünblidjem teufen,
ober bon bem, Wa« man ($eift nennt, ift nid>t$ bei ifyr ju finben.
Senn Robert Sttüller unb SQHnna eine 33orlefung SBifcfyer'S über bie
Xfycorie be« «Schönen anlj&rten, fo würbe 3ener n&tfn'genfatl«,
wenn er wellte, bie Sorte ber ^orlcfung berftefyen fönnen, wenn
er auety ben Sertfy be« ®efagten nietyt ju begreifen bermöa)te;
ÜÄtmw aber würbe ni$t einmal ben «Sinn ber Sorte ju faffen
fä^ig fein.
2Mtfe (7.) geigt bei ftarf gewölbter @tirne, alfo im Allge*
meinen ftarfen $)enffräften , befonbcrS audj einen ftarfen „3u=
fammenfefcungSfinn". ($)ie ©reite unb #ülle be« botberen Seiten*
fobfeS an ben unteren «Schlafen, unmittelbar unter „3bealität".)
£)ie getftige £(jätigfeit be« „ßufammenfefcenS" ober w3ufawmen-
ftellcn«" liegt ebenfowofyl bem Anfertigen beS $lane« eine« ftetb*
jug«, al« bem Anfertigen be« planes eine« SkuwerfcS $u ®runbe.
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©itberflaffcTte
3G7
$>o$ toerben jur etfteren £fyätigfeit, toeit e« ftcb babet 3. 53. um
bie «eredmung *on Urfadje unb Sföirfuttg Rubelt, äugleid; ftarfe
Ijityere £)enffräfte erforbert.
«ei Söifdbcr (8.) jetgert bie „Wesen Denlftäfte* (JBetfitei-
cbungSoermogen'' unb ,,@<$(uj?oermogen'') $ufammen mit „3bea-
ütät" eine fefyr ftarfe dnttoieflung. 2Ui$ bie Organe ber unteren
Stirne (ber „23eobad?tung«finne") fdjetnen im ®anjen siemlicfy
ftarf enttoiefett. (Unficbcrtjeit in ber «eurtfjeUttng ber unteren
©tirne Grrtoacbfener bttrdj bie ©tirnljefyte :c.) 3ebenfaü« jc^toa^
ift Bei $$ifcfyer im 3$ergtctcb 31t ben (fyöfyeren) Denffräften ber
„$Öortfinn". CDa« tiefttegenbe Auge.) 3öcnn 33ifcfyer föebner ift,
fo ift er e« burefy bie traft unb ^itüc ber ®ebanfett, ntebt bureb
bie ©itabc be« SBorte«. 3Me« im ®egenfafe 51t 3ttinna (Scr)mibt,
bei n>e(df>er f^macfye £)enffräfte unb ftarfer SBortfhm. — £>en=
jenigen, treffe oon ber „§of>e" ober „9Hebrigfeit* einer (Stinte
aß bem Sflafeftab tyrer ®rl% ober fleinfyeit ju fprectyen lieben,
giebt bie 'pfnrenotogie unter ber Söebmgung fyierju bie Qrrfaubnift,
ba§ fic fid) ben gu beurtljcilenben topf mit ber föücffeitc nad? ab^
märt«, mit ber <3ttrne nadfo aufwärt« (bie ^erfon auf bem dürfen
Itegettb) oorfteflen. £)ie untere fttädje (ber ftujj) be« Sttrnberge«
faßt bann mit bem Ghtbe ber Augenbrauen bogen an ben «Schläfen
jufammen, unb bie £)olje biefc« 23erge« giebt (neben bem Umfang
am $ubc unb am ©ipfet) einen richtigen Ü)?aj$ftab feiner ©röije.
£>er (Stirnberg SBifcfyer'« in biefer Seife gemeffen jeigt eine große
£öfye unb einen großen Umfang.
£)er ^efer totrb bie SBerfdjiebenljeit ber ®efyirn* ober £opf=
geftalten in biefen «eifptefen jum £f>ctt feljr bebeutenb finben.
(St toirb ben 23ortourf, melier ben Männern ber ,,©iffenfa)aft"
au« ber 9cic$tbea<$tung afler 93erf<$iebcnfyetten ber ®e^imgefta(t
gemalt toirb, al« mefytbcgrünbet erfennen. 3Ba« bie «ebeutung
biefer Sßerfcfyiebenljetten betrifft, fo ift ber tfefer 31t ber $rage be*
rednigt, ob bie pfyrenofogife^e Uebereinftimmung ätoifcfyen topf*
geftaft unb ßfjarafter, tueldje mir in unferen menigen «etfpielen
toafyrnefymen , immer, in allen $ätfen gefunben mirb? £)iefc
$rage ift, ba e« oon 9caturgefefcett feine ?(u6nafntten geben fann,
unbebingt gu bejahen. <3e tote c« teilten 9)Jenfcfyeu giebt, meldjer
368
«Ubergaflerie,
oljne Slugen fietjt, fo fann e« j. SQ. feinen üftenfcfyen geben,
metetyer mit Keinem SBorbergefyirn ein großer genfer ift. 3ebocty
icfy erfucfye ben ßefer, meiner Behauptung bet au«nahm$lofen Satyr*
Ijeit ber phreno(ogifd)en £ljatfachen nid?t ofme Weitere« (Stauben gu
föenfen, fonbern fte gubor burety einen ©lief in« Ceben gu
prüfen. $)ie Uebergeugung bon berSBahrtyeit ober Untoafyrljeit biefer
£hatfacfyen ift leietyt gu geminnen. SDenn eben meil bie ^tyreno*
(ogie bie au*nafym«(ofe ©a^eit i^rer Xljatfachen behauptet, fo
mürbe bie Sftacfymeifung einer einzigen Ausnahme gur Sfötbertegung
ber Behauptung genügen. £)ic ^renologie nennt g. 23. bie
®ehimtheüe an ber ©time bie Organe be$ $)enfen$. 2Bürbc
nur ein einziger $all nacfygemiefen , mo ein 9ftenfch mit Heiner
<3tirne (mie 2. ober 6.) ein großer genfer märe (mie 8.), fo
märe bamit feftgefteüt, bajj bie <&ehirntheite an ber <Stime n i ch t
bie Organe be8 £)enfen$ finb, nnb mit ber 3rrigfeit biefer einen
Behauptung ber 'Phrenologie märe natürlich fo gut al« bie Grrig*
fett aüer bargethan. ^Daffelbc märe, menn ber ®e^irntfjeil an
ben oberen Schläfen (Organ ber „3beatität") in einem einigen
ftalle fleht (mie bei 4.) gefunben mürbe, mo ber (S&arafterjug ber
„3bealität" ftarf ift, ober menn er groji (mie bei 5.) gefunben
mürbe, mo jener £ug fa?macb ift, u. f. m.
3.
jJroanjtg Jt$y fumriffe.
(«u« ber „©artenlaiifc".)
SDa« miffenfehafttich intereffantefte unb michtigftc, aber gu*
gleich tmglücflichfte Begegntü meine« gangen bebend barf idt) in
ber neuen Auflage beö borltegenbcn Buche« mitgtttheiten nicht
unterlaffcn. 3n einem ferneren Kampfe um bie ^^renotogte bin
idt) fchmachboll unterlegen, meit ich bon ben Staffen feine Slfynung
^atte unb fwben fonnte, bie mein (Gegner gegen mich in Slnmen*
bung braute, ©er Vorgang geigt gugleich, mie ein miffenfebaft^
lieber (Gegner ber Phrenologie, menn er fich bon bereu Sattheit
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SÖtlbergaffcric.
369
überzeugt lj«t, ein erbitterter unb bösartiger ftcinb bcrfelben mer*
ben fann.
—
©ä'hrenb meine« Aufenthalts in $>rc«ben bor jefet jehn
Sahren erlieft ich ba« folgenbe Schreiben oom Herausgeber ber
©artentaube, ,,Geebrter £>err! 3ch erlaube mir, 3fjnen in bem
mliegenben Slbbrucfe bie mir ton ausmärts tnttgctf;cilten ©chäbel*
umriffc einer ftieifje bon Scannern mit ber ganj ergebenen Bitte
ut überfenben, biefelben phrenotogifö begutachten unb mir bann
geftatten ju motten, ben Befunb Öftrer Unterfudmng in meiner
Gartenlaube ocröffentltchen 31t bürfen. $)a« Honorar fur fc*efe
Begutachtung [teile ich natürlich gau$ 3hrem eigenen (Srmeffen
anheim, ünb bemerfe nur noch, bafe Sie burch Abgabe 3hreS
UrtyeU* in feiner Söetfe irgenb in unangenehme (Solliftoncn fom=
men merben, unb bafe bie Schäbelconturen, tote mir auf ba$ Be*
ftimmtefte oerfichert mirb, burch ganj authentifche« 9#afenehmen
gewonnen morben finb. 3t! jebem $attc h^ben @tc mohl bie.
Gelegenheit , mir, menn irgenb möglich, umgehenb Anjeige gu
macben, ob <Sie meinem Söunfche ju entfprechen geneigt finb, unb
genehmigen :c. Vetpjig, 15. £)ec. 1863. Crrnft $eil."
tiefer Brief mußte mich überrafchen, ba ich ja Pro*
feffor Bocf al« entfehiebenen (Regner ber Phrenologie fannte. (£«
hanbelte fich tficx offenbar um eine thatfächliche Prüfung
biefer ffitff enfehaft , unb bie Aufgabe, t>on Gegnern geftellt, mar
eine (Schlinge, um barin bie Phrenologie 51t fangen. Erobern
mar ich 1°0tcicl entfchloffen, bie Aufgabe auf alle ftalle anju*
nehmen; nur jweifelte td;, ob es mir bei ber aujjerorbentltchen
Befchränftheit ber Aufgabe gelingen roerbe, für bie Gartenlaube
flar unb populär genug ju fein. 3ch bat baher §errn $etl im
Sntereffe feiner Vefer, bon ben §erren momogtich ut biefer einen
Vinte nod; bie Vinte über ben Oberfopf (bie ©eitenanficht be«
ftopfe«) ^tnsufügen ut laffen; boch mürbe ich attdh Won über
bie borliegenbe eine Vinte ein Urteil abgeben, ba gerabe biefe
große <Sch*>terigfeit ber Aufgabe einen befonberen föeij für mich
habe. 3<h ftellte an $errn Äeil feine weiteren fragen, obgleich
meine Vage ber (Schlinge gegenüber eine fel>r unheimliche mar.
SBor allem: tut e maren bie Umriffe genommen, unb mte genau
Sdjctoc, Wrenologiföe »Uber. a. *ufl. 24
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370
©itberaaUerie.
waten fie? £>err $eil hatte ton »gang aiit^entifc^em ÜRajjnehmcn"
gefprottyen. 3$ mußte ihm barin oertrauen, ba t(fy e$ für im*
möglich hielt, baß er fich bor feinen t'efern burcfy eine Unwahr*
^eit in biefem wefentlichften fünfte blojsftellen fönne. Sehnlich
behielt e« fidt) mit ber grage nach bem Umfang meiner Arbeit.
£err teil hatte mir barüber feine 2lnbeutung gemalt. <g$ ber=
ftanb fty ia bon felbft, bafe ich fobiel über bie ©ebeutung ber
$opfumriffe fagte, als ich $u fagen wufete, je mehr, befto beffer.
(5in Sluffafe mit 20 (Sharafterfchilberungen fonnte ntc^t ganj furj
fein. So fügte ich meiner bejahenben Antwort an £errn teil
außer ber gebauten iöttte feine weiteren Vorbehalte ober 3ln=
fragen ^ingu.
§err teil erwieberte mir: „Söobl fann id) begreifen, baß
e$ feine ©chwierigfett hat, nach ben 3fmen mitgeteilten topf*
umriffen Phrenologie (Gutachten abzugeben; allein ba mir bie
Sache fehr am £er$en liegt, fo erlaube ich mir, @ie gu bitten,
mir unter allen Umftänben unb fobalb at$ thunlich tyxe Urteile
jufommen (äffen ju »ollen. 3D?it bem (5rfu<hen um gleichseitige
gewogentltche geftfteüung 3^re« £onorar$ ^abe ich bie (S^re ic.
geipjig 19. £)ec. 1863. fotft teil."
2llfo £errn teil „lag bie ©acbe fehr am £er$en" ! £)iefe
Sleufjerung oerboppelte meinen (Jifcr. 3dt) fanb inbeffen bie
'Sdjwierigfett größer, al« ich anfangt gebadjt, befonbers auch wa$
bie populäre Sluffaffung unb Darftellung be$ (fangen betraf.
(5twa acht Xage braute ich bamit $u, bie Arbeit gu beginnen
unb ba« ^Begonnene wieber ju berwerfen. (Snblid) glaubte ich
ben Seg gefunben ju ^aben, ber mir ganj genügte, unb ber
micb auch an allen (Sulingen borüber an« JJiel führen mußte.
Die Arbeit würbe mir lieb, was ich für ein gute« Beiden ^ielt.
£err teil fragte (4. 3anuar 1864) ungebulbig nach bem ber*
fproctyenen Sluffa^e; ich bat Um, fich noch 8—10 £age ju ge*
bulben. £)iefe 3cit i^m ungewöhnlich lang, er begann gu
fürchten, wie er mir wieber fctyrteb, baß ich eine tfjeoretifcbe
wiffenf^aftlic^e Slbhanblung über Phrenologie aufarbeite, wa« er
boä) nicht wünfche. „Vielmehr/ finb feine Sorte, „geht meine
Slbftcht lebtglich balnn, eine auf bie ^l^rcnologic bafirte öegut«
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©ilbergatterie.
371
achtung ber fpeciell fyicr toorliegcnben unb ^nen in
§oljfc$mtt mitgeteilten, genau aufgenommenen topf formen
ju ersten." 3$ ermieberte ihm, bafe mir eine theoretifche
9tbhanblung über bie ^renotogte toietleicht jmet £age foften
mürbe, nicht toter $öo$eu; ich oerfprach ihm, baß er befonber«
auch mit berßtnheit meinet KuffafceS, bei bem ich uttch ftreng
an meine prafttfehe Aufgabe gehalten, jufrieben fein fotlc.
(Snblich fonnte ich ben fertigen 9tuffafe £crrn feil einfenben.
3ch fdjrieb ihm, bafe jebe« SBort auf bie Sßage gelegt fei, unb
baß feine« ofyne mich geänbert werben bürfe. 3$ erfuchte ihn,
menn er 9lenberungen münfebe, um Nachricht, bamit ich nach
Setpjig fomme unb bie Sache mit tym befpreche. Sit« feine $tnt*
mort einige £age auf ftch marten liefe, bat ich ihn, mich nicht
burch längere Ungeh>ij$eit $u benachteiligen, ba ich um be« 5tuf*
fafce« mitten alle übrigen ^ßläne unb ©dritte hintangefefct, j.©. einen
bereit« angefünbigten Gurfu« toon SSortefungen niebt gehalten hätte.
£ernt teil'« Slntmort fam: er fanbte mir ben Sluffafc ju*
rü(f unb febrieb: „Sie ^aben fich ber (Erfüllung metner neutic^en
33itte mit einem 9lufroanb »on ©charffinn unb SUcufye unterzogen,
bie ich auf ba« ÜDanfbarfte anerfennen nun}, allein ma« ich nach
einer 3hTer früheren Slnbeutungen befürchten ju müffen glaubte
unb 3^nen fc^on oorbeugenb au«fprach, ift eingetroffen: 3^r 2luf*
fafe, beffen SSerth ich nicht im 2flmbeften beftreite, tft für meine
3mecfe minbeften« um b r e i m a t ju umfänglich ausgefallen. 2öte
ich Sfynen toon Anfang an [toon £rn. feil unterftric^en] mit*
feilte nnb in einem fpäteren Schreiben au«brücflid) mieber*
^olte [toon §rn. feil unterfingen] , münfehte ich nur einen
Slrttfel ju ermatten, ber in einer Kummer meiner (Gartenlaube
jum 5lbfchtufc gebraut roerben f&nnte, mithin nicht länger, al«
haften« 5 spalten fein bürfte, 3hT Üftanufcript aber mürbe
minbeften« burch bret Hummern fortlaufen müffen. Htt6 btefem
©runbe fcl)e ich mich ju meinem Söebauern in ber Sage, tynen
in ber Slnlage 3hte Arbeit mit bem angelegentlichen (Srfuchen
mteber $ujuftetten, biefelbe auf ba« ermähnte üttafe toon etma
5 ©palten rebuciren ju motten. — Söenn <Ste eine folche Um*
formung at« unthunlich toon ber £anb meifen |u müffen glaubten,
24«
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372 SUbcrgaaerie.
*
fo wäre ich (eiber in t»tc ittothwenbigfeit oerfefct, auf bie ganje
Sache ju berichten. — §aben Sie mithin bie (Gewogenheit, bie
gegebenen Verhältniffe ju berüeffiebttgen, in jebem ftalle «** wich
ju benachrichtigen, ob ich auf eine (Gewährung meinet ©itte ju
rennen ^abe ober nicht."
3ch mar auf« Unangenehmfte überragt übet biefen ©rief
unb über bie Unwahrheiten, bie er enthielt, ba ich ja im JÖcfifc
ber ©riefe bc« $m. $cil war. 8t« id; wie oben erjagt) fooiel
länger, al« er erwartete, an bem 9luffafc arbeitete, unb er mir
feine Befürchtung au«fprach, bafl ich m™ theoretifche 9lbfchwetfungen
erlauben möchte, fyätte e« fo nahe gelegen, mir oon ber
Sänge be« Sluffafee« ju fprechen, wenn §r. teil einen Sunfch
in biefer^ejiehung gehabt hätte, aber er fprach einen folchen ©unfeh
nicht au«, weit er ihn nicht hatte, unb ihn ber ücatur ber Sache nach
nicht wohl h«&en tonnte. 3cmehr ich uper bie ftopfurartffe fagte,
befto leidster fonntc ja ber meiner (Gegner erreicht werben.
$)urch ba« Vorgehen be« $m. Seil (welcher für feine ^erfon
in meinen tilgen an ber Sache uufchulbig war) hielt iefc*
ba« föäthfet für gelöft. (Gegner ber ^ß^TenoIogic hatten ben
Verfuch gemacht, ob ich m^r vielleicht einige ©löfjcn geben würbe,
bie fich gegen bie ^^renotogte ausbeuten liefen. £)er erfte unter
biefen (Gegnern, glaubte ich, ^rofeffor ©oef, ben ich fürjlich
in meinen „ ^Ijrenofogifchen 9teifebilbern" wiberlegt ^atte , unb
ber über bie (Gartenlaube eine unbebingte $>errfchaft übte. Slber
ber 3Serfuch ber £>erren war mißlungen. 2)ieine Arbeit war gu
gut unb grünblich ausgefallen, um fid; irgenbwie gegen bie ^h*e=
nologte oerwerthen $u laffen. 3$ glaube wohl, bajj man in
jiemlicher Verlegenheit war unb nicht ganj leicht gu einem (Snt*
fchluffe fam. £)aher aud) bie Verzögerung ber Antwort an mich.
$Ba« biefe Antwort begweefte, war mir flar. 3ch h<*tte mix m ben
Sluffafc nicht bie geringfte Slbfchwetfung erlaubt, }a ich tyat*e §rn.
Äeil gefagt, baf? „jebe« $$ort auf bie Söage gelegt fei" : unb jefct
follte ich ba« (Ganje auf ein Drittel fürjen! 2flan h°ffte
wahrfcheinüch burch ba« (Smpörenbe unb Demüthigenbe tiefet
gorberung meinen Stolj berart 51t reijen, bafe ich ben Herren
bie Sache oor bie ftüjje würfe unb oon einer Aufnahme meine«
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SBilbergaffcric. 373
SluffafceS in bie Gartenlaube abfrünbe. Ober «tan hoffte auch,
nnb fcl?r mit Grunb, baß bcr 2(uffafc nad; großen #ür$ungen,
menn ich mich barauf eintiefe, beffere Gelegenheit $u Angriffen
bieten tt>ütbe.
£>er nrieberholten Slufforberung be« $tit. $eil, mit meinem
Sluffafc aiid^ meine §onorarforberung cinjufenben, mar ich nic^t
nachgefommen , hauptsächlich barum, h>cil mir ba$ Honorar mir
siebenfache mar. 3ch fyatte fchou oft bie gelegentliche Sleußerung
gethan, menn mir ein ©latt wie bie Gartenlaube auf gmet 3ahre
jur Verfügung ftünbc, fo mürbe ich tu biefer &\t *k ty^Ttno*
togie in ganj ®eutfchlanb jur Slnerfennung bringen. ®urj, e$
war mir ton fetyr großem Söerth, meinen Sluffafc in bie Garten*
laube aufgenommen ju fehen, nnb ich *?ätte ^n ^ei^ wenn
er e$ münfehte, anch ohne Honorar überlaffen. 3<h siehe, bei*
läufig gefagt, überhaupt au$ meinen Schriften feinen Gelbgeminn,
weit ich Su fongfam arbeite, über jebeS Söort nachbenfe unb mit
Seffern unb $ürjen nicht 3U (Snbe fommen tarnt. $ür ben 5luffafe
in bie Gartenlaube hätte ich m äfften ö^all ein §onorar nicht
fofbern unb * erhalten f önnen , welkes auch nur fyaih meinen
bafür aufgemenbeten Gelbopfern gleichfam. Slllein hictoon ganj
abgefehen, mar e$ immer als „fein gehanbelt" oon mir anguer*
fennen, baß ich eme £onorarforberung nicht [teilte. $>iefe meine
Reinheit mürbe nicht ermiebert: wenn ich ftorberung, ben
Sfaffafc auf ein drittel 51t fürjen, uic^t nachfam ober nicht nach*
fommen tonnte, fo follte ich fu* nrn™ ^¥ wib Opfer nichts
erhalten. SDaju fommt, baß wenn ich mit t>ex Grmfenbung bc«
^uffafces eine angemeffene §onorarforbcrung geftellt hätte, bamit
ba# ganje S0?auiJocr unmöglich gemorben märe. £)emt einer 8e*
rechtigten Gelbforberung oon mir hätte man natürlich mit jener
ganj unwahren ^Behauptung nicht entgegentreten f&nnen.
£)ie große ^agc für mich mar nun, wa8 ich thun follte.
£>er einige richtige Schritt mar, baß ich tlagte. 3to^W^n £rn.
$eil unb mir mar ein Vertrag gefchloffen, ber in feinen einjclnen
fünften unb 23ebingungen nicht flarer fein tonnte: ich ^atte
meine SBerbinblicbfeit erfüllt, er h«tte jefct bie fetnige ju er*
füllen, ben Sluffafe in bie Gartentaube aufzunehmen. 3$ tfaU e«
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374
33ilfcergaflcrie.
otelfach bereut, ba§ ich nicht in tiefer äiSeife »erging, jumal ba
bie flage nur formell gegen £>rn. teil, unb in ber Xt/at gegen
meine fteinbe gerietet mar. £ikhft tüa^rfd^einüc^ hätte §r. Äeil .
meinen guten Sfuffafc gerne in bie Gartenlaube aufgenommen unb
meine $lagc märe ilnu felbft fehr ttnllfommen getoefen, ba fic ilni
ton bem 3^anö/ *>«i w^ne Seitibe auf Uni übten, befreite.
Allein ich faf? bamals bie ^acfye nicht fo flar an: ieber
. ^rojefe ift mir ein ©reuet, ich badete nicht an einen folgen ober
mochte nicht einmal bannt trotten. X)a^er u>ar bie ^rage für
mich nur bie, ob id> bie gauje ©acbe falten taffen, ober
ob ich mich $ur Äürjung beä 91nffa}jc$ oerftehen folle. £)en
SluSfcfylag gab, baß td; ben fo fdmüerigen s4uffafc, ben ich lieb--
gemonnen, nicht umfonft getrieben tyaben wollte. ®erabe bafc
er »on ben Seinben jurüefgemiefen mürbe, machte meine Ucber*
ieugung noch fefter, bajj er gut fei unb ber Phrenologie nüfcen
tonne. 3$ burdjlaS ihn mit bem ftebanfen an toefentltche $ür*
jungen unb befcfyloü enblich, biefe ju fragen, mit bem ooUen
loujjtfein, nne gefährlich fie bei ben oielen SDtifcoerftänbniffen, mit
benen bie ^Phrenologie mie mit einem sJte£e umfpomten ift, für
mich locrbcn tonnten. 3ch fchrieb £>rn. Heil, ba§ ich ben Sbif<«
fafc fürjen merbe, rügte aber bie Unwahrheit , ba§ er mir über
ben Umfang beS 9luffa£cä irgenb eine 3)iitt^eilung gemalt Ijabe.
Üflan Um am (Snbe alle« machen, was* man n>ill. Wit
unenbticher 2Wühe gelang e« mir, ben 9luffafc auf faft ein £)ritt*
theil $u türjen. 9lber fehr oiele Vorbehalte, mit benen ich bei
ber Unbcfttmmtheit ber gegebenen Umriplinic meine Urteile
über bie (^arafterjüge gleichfam fc^it^enb umgeben hatte, mußten
tefct megf allen. 3$ legte ben Stuf faß einem ftreunbe oor, toeldjer
meinte, er mürbe fid; auf bie Sache nicht eingelaffen haben. 3ch
bebeefte eine stelle be$ 9uffa|€* mit ber £anb unb bemerfte,
um biefe eine Stelle (Nähere« f. unten) oerfaufe ich *>m ganjen
2luffafe; bannt biefe ©teile burch bie (Gartenlaube eine große
Verbreitung finbe, fefce ich wid; jeber (Gefahr au«, bie mir brohen
tönne. Uebrigen« mar mein 9luffafc nach ben Äürjungen für
mich ein mabreä Äinb ber 21ngft geworben ; ich tonnte ihn nicht
nach &ipatg f Riefen: e$ genügte mir nicht, £rn. teil brieflich
• \
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«Ubergaüerie. 375
gefaßt 51t (jaben, bafe fein Sföort geänbert werben btirfe, i$
mugte bie Ueberjeugung fyaben, baß bie« nicfyt gefetyaty.
3$ fam nad& Seidig. 311« id& #rn. Äei( meinen Stuffa^
übergab unb ilm bat, mir 31t fagen, ob berfelbe iefct feinem
2öunfd;e entforecfye, führte er mi# in ba« anftopenbe Limmer $u
einem §errn, meiner, nne er mir fagte, bie ganje @acfye fenne,
tuelcfyer au<$ bie ©riefe (in feinem tarnen) gefcfyrieben, unb mit
toeldjem idj 2Il(e«, mic mit iljm felbft, befpredjen f&nne. 3$
nueberljoltc bem §crrn ©ceretär meine ^rage, unb al« biefer ben
Umfang bc« 3luffa^cö berechnet Ijatte, fagte er mir, baß berfelbe
fidj jefct jur 2lufnaf)me eigne. 3dj fyielt bem $erm normal«
münbüc$ bie Umoafyrljeit ber ©efyauptung oor, baß mir in frü*
fyeren ©riefen irgenb 3ttittfyeilungen über ben Umfang be« 9luf5
fafce« gemalt morben feien, unb fragte ilm, ma« bann gemorben
loäre, toeun ber 2luffafc fid? Jttfallig niebt tyätte auf ein Dritttfjeil
fürjen (äffen? (ix fällig bie 2(ugen bor mir nieber, al« er ant*
mortete, er fyabe geglaubt, mir früher über ben Umfang be«
8liffa£e6 Sftittfyeilungen gemalt ju ^aben.
(£lje icfy meinen Sluffafe bem £erm enbgiltig überlieft, ftellte
idb jtoei fragen an Um, bie mir al« SÖebingungen galten; juerft,
ob er mir ertaube, auf ein Heine« SSerf oon mir, bie „'pijreno*
logtfeben flteifebilber" ju oerioeifen. 211« ber £err mir fyierju
feine 3uftimm"n9 Ü^r ityxieh icfy in feiner (Gegenwart bie Heine
9iote ju bem Sluffafc. 9)?eine jmeite ftrage toar, ob icf> bie (Sor*
rectur be« Sluffafce« jugeföicft ermatten f&nne? Anfang« erffarte
ber §err bie« nietyt toefjl für t^unlicr) ; al« icfy tym aber fagte,
bie @a$e fei mir fo lotcfyttg, baß idj bann, um bie Gorrectur ju
tefen, naefy tfeipjig fommen merbe, fo fagte er mir, er motte ben
9luffafc gleicfy abfegen (äffen unb mir bie (Sorrectur jufa^trfen.
3db fragte $n>eimal, ob id) mi$ feft hierauf oerlaffen f&nne, unb
ber £err bejahte jtoeimal biefe ftrage. £)er Huffa^ mürbe, fagte
mir ber £>err, in sJ?r. 9 ber Gartenlaube, etma nad> bret Sßßodjen
bon Ijeute (3. Februar) erfreuten.
Obgleich mir ber SSerftanb fagte, bafe tefy alle« ^Öt^ige ge*
tfyan, um mi$ gegen meine fteinbe fieser $u ftetten, fo »erliefe
icfy bo$ tfetyjig mit bem unbeftimmten Gefügt, »erraten unb
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376
«Ubergaflcrie.
oerfauft $u fein. Gr« ift eine eigenttn'tmücfye Sacfye, mit beuten
ju tljun $u fyaben, oon tonen man beftimmt ju triff en glaubt,
bafe fic 39&fe« im <Sdntb führen. 2Bar i$ uidjt ganj gefid;crt?
©efefet, ber §crr {Riefte mir bie (Sorreetur nid>t ju, fo fonntc icfy
immer jur entfprecbenbeu £eit naefy Seipjig fommen unb biefetbe
tefen. <3o t?atte icfy bie beften ©rünbe, rittng $u fein, unb bod?
mar ic$ e« nic^t. 3£a« meine au«briicftidje Anfrage betrifft, ob
' icfy in bem Sluffafee auf meine „^rcnotogifcfyen föeifebitber" Inn*
toeifen bürfe, fo f Bunte biefc Anfrage fonterbar, faft täcfyerlicb
erfdjeinen. Cr« oerftanb fiefy ja oon fetbft, baß icfy in meinem
ftuffafe fagte, loa« id; tootlte, alfo auefy meine SRetfebtlber er*
toätntte. Mein fo toürbe bie Sa$e unter getoBfntlicfyen 3$erfyält=
niffen ftefyen; jefct aber, too id? fteinben gegenüberftanb , beren
3ntereffe cd toar, baß gerabe btefe« ©uc(>, toetcfye« bie Söibcr*
legung 33ocf« enthielt, in meinem 2luffafee nidjt ermähnt
tourbe, toujste icfy fetyr toofyl, loa« id? tfyat, al« td? mir bie
au «brüefliebe (Srtaubnijs, jene Scfyrift $u ermahnen, geben tiefe.
3(1« icfy ettoa acfyt Xage oergeben« auf bie ^ufenbung ber
(Sorrectur geloartet fyatte, bat tefy Jperrn Üeil brieflich, mir burd)
bereu umgefyenbe 3ufenbung bie Steife nad> i'eipjig $u erfparen.
$)en anbern £ag erfu'ett icfy bie (Sorrectur, aber — ber 9uffafe
toar ^u tinfang oerftümmett, bie einteitenben 3eifat unb noa)
einige anbere Stetten umoeit be« Anfang« toaren toeggetaffeu.
(SmpBrt barüber, ging icfy (Samftag, 13. $ebr., 14 Jage, efye
sJir. 9 ber ©artentaube crfcr)ien) naefy Öeipjig, um $u oerljüten,
ba§ ber Sluffafe fo gebrueft würbe. 3$ fteüte £rn. Äeil toegen
ber ^erftümmelung meine« Kuffafect jur 9tcbe, ba id; t$m boety
gefdjrieben, bafe fein SB ort otntc meinen Sitten geänbert toerbeu
bürfe; überbie« fyabc ber ©ecretär au«brücfli$ ben SUtffafe fo,
loie tefy ifyn Üjm übergeben, gutgeheißen. 8uf meine Slnforbcrung
an £errn Äeit, baj? mein $tuffafc na$ bem ÜRanufcript tjergeftettt
toerbe, ertoiebertc er bebauemb, ba§ e« tn'erju $u fpät fei. $)er
Sluffafc erfcfyien nämücfy, toie tefy jefct erfuhr, nicfyt in Sit. 9 ber
©artentaube, loie mir gefagt toorben toar, fonbern fcfyon in Sftr. 8,
„inbem jufältig ettoa« Rubere« au«gef alten unb ber Stuffafc au
bie Stette genommen märe". (S« toar mir fyöcfyft peintic^, bafe
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«ilbcrgatterie.
377
mein Slnffafc, auf beffcn logifd;e unb fil>Iiftifc^c Slbrunbung ich
auch fttetfe unb 2Wühc berwenbct, tu biefet 28cife ocrftümmelt
werben fotfte, aber ich geftattete tu ©ottcö Tanten, baf? bcr Xtlf»
fafe, fo wie et war, bleiben bürfe. 28a* noch einige iDrucffehlcr
betraf, bie ich in ber mir überfenbeten Gorrcctur oorgefunben unb
angeftrichen , fo oerfidberten mir bie £erren, ba§ biefe gewife be=
reit« fcerbeffert feien, intern bie SHeotfion immer genau nach beut
3J?anufcript burchgefehen werbe. 2öir fa^cn jur 23orficht einige
ber bon mir angepriesenen gehler in beut statte bcr SKcbtfion,
tuclc^ce bcr £>crr «Secretär bor fich hatte, nach, unb fanben bic
geiler wirf lieh terbeffert.
Od) toertiejj btcSmal i'etpjig mit leichterem ^er^en, al« ba«
oorigcmal. £)ie ganje große (Gefahr, [bor ber ich gebangt, ^atte
fich, wie es fchien, auf bic {(eine ^erftümmelung be« tluffafcc«
rebucirt, weld)c ohne wtffenfchaftliche SÖebeutung unb am @nbc
ju berfchmersen war. £>te (St t Utting biefe« $Rücfgug« meiner
geinbc fchien mir jicmttch nahe $u liegen. 2)?an t>attc bei meiner
Söachfamfeit utd)t wagen fönnen, etwa« gegen ben 3luffafc gu
unternehmen, prüefweifen fonnte man Um nicht mehr, unb fo
^atte man ben föücfyug angetreten, gute Sfttene jum böfen ©piel
machenb.
(Gletd; nach meiner 3urncffuuft nach Lesben bat id; brtefüd;
(Sonntag, 14. gebr.) £>errn teil, wegen eine« 3)rucffchlcr« noch
befonber« Sftachfchau halten ju (offen , bcr mir fehr am ."perjeu
Jag, unb bcr jufäüig nidjt unter benen war, bic wir nachgefehen,
unb bon beren Serbefferung ich mich überzeugt hatte. Och erhielt
bon $etrn Mi auf biefen Sörief Antwort, iubem er mir zugleich
einige <£remplarc ber (Gartenlaube mit meinem Sluffafc jufenbete.
Ägen be« £)rucffehlcr« fchrteb er: „£)er beregte £)rucffchlcr ift
baburch bermiebeu, bafc mich taumlichc $erhältntffe ju einem
Söegtaffen be« Keinen ©afce« nötigten, wa« übrigen« für ba«
(Ganse unb ben dtnbrucf beffelben feinen (Eintrag gethan haben
wirbÄ.
Och war auf« §«>chfre erfchreeft unb traute meinen Slttgeu
nicht, att ich biefe Beilen ta«. §err «eil forid&t bon ber SSeg*
laffung ,,be« fleinen ©afce«": aber bcr £>rucffehler befanb fidt)
378
«ilbcrgalleric.
in ber für mich michtigften Steüe be« ganjen Auffa^e« (eben in
berjenigen, oon ber ich fchon oben gefprochen; Nähere« foglett^).
Dicf c ©teile- ftanb unter fich im genaueren 3ufammenhang : §err
$ei( mufcte atfc bic gan$e ©teile meggetaffen ^aben. Mein biefe
mar bon bebeutenberem Umfang, al« bie ©teile ju Anfang be«
Sluffafce«, beren SBeglaffung, roie £r. teil tonnte, mich nach
t'eipjig getrieben ^atte, um fic ungesehen ju machen. SJar e«
benn überhaupt möglich, ba§ £r. &ei( i r g e n b eine Jßeränberung
an meinem Kttffaf machte, fo auSbrücflich gegen meinen Sitten
unb gegen feine 3ufage? 5D«W nach ber ffürgung be* Stuffa%e€
auf ein drittel ^atte ich ihn nur gegen ba« mieberholte 93er*
fprccfyen, ba£ jefct tein 2öort mehr geänbert merbe ober wegfiele,
$tn. teil überlaffen. Unb — ma« noch oottenb« entf^eibenb
ift — Ijatte ich niebt bie (Sorrectur ju (efen berlangt unb gelefen,
um gegen aüe Äürjungen ober Säuberungen gefiebert ju fein?
1Me (Sorreetur eine« ©chrtftftücf« (efen fjeifet nichts anbere«, a(«
baffetbe fo (efen, mie c« im $)rucf erfcheint. Dan»
märe a(fo bie (Sorreetur, bie ich getefen, eine fatfd^e getoefen
unb ich in biefer unerfy&rten Söetfe getäufcht tuorben? Slttein ge*
genüber allen biefen Unbegreiflic^feiten ober Unmahrfcheinlichfeiten
gab mir gerabe bie Chrmägung, baj? bie fragliche ©teile bie
michtigfte be« ganjen Xuffafcel mar, ein befto flarere«
Vicht über bie ©ache. 3)?ein geheimer fteinb ^atte biefe ©teile,
meil fie bie michtigfte mar, (treiben laffen, um bem Sluffafc ba*
burch einen %f)cii feine« Söerthe« ju nehmen.
3dj erhielt ben Brief be« §rn. Mi bor bem $adet mit
ben «tattern ber Gartenlaube, meines ich erft oon ber $oft ab*
Idolen (äffen mu§te. 3$ mar in fieberhafter ©pannung, bis ich
ba« Blatt falj. 3ch fah e« unb fanb meine fchlimmften
Befürchtungen noch u>eit übertroffen. 2)Mn $einb fyatte nicht
Mo« jene ganje ©teile, morin fich ber gebaute &ru<f fester be-
fanb, geftrichen, fonbem noch anbete Stetten, unb $mat bie
praftifch unb miffenfchaftltcb michtigften be« ganjen
Äuffafce«, moburch e« ihm möglich mürbe, über meine Beur*
theitungen einige tabelnbe unb fpottenbe Bemerfungen beizufügen,
metche meit mehr, al« totrffiche grünbUche Ausführungen bte«
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S3i(bcigaaeric
379
bermocfct Ritten, in ben klugen aller berer, welche bie Senologie
nic^t fannten, biefe als SäHffenföaft bernid^teten. Ea^u tarn noety,
bafe bic Umriffe nid^t , tote mir gefagt loorbcn toar, bur$ „gan$
autfyentifdje« 2NajmcTnnen" gewonnen toaren, fonbern — bon einem
£utmacfyer Ijerrütyrtcn. $)ic« tmg biet baju bei, in ben klugen
aller Ununterrtcfyteten bie ganjc Sacfye mit fammt meinen Urteilen
a(8 inumffenfcfyaftlicfy unb ganj wertlos erfcfyeinen ju laffen.
$)er Sluffafc folgt Ijier. ^Dic mefyrfacfy ertoäfmte lotdjtigfte
Stelle ift bic lefcte gefahrene, faft ju <£nbe beä Sluffafceä
(S. 399 3. 6 — 21), in Neider icfy, bon ben ^erföntic^feiten ber
llmrtffe fctbft ganj abfefyenb, unb auf bie allgemeine, au8-
naljmStofe äBafyrtycit ber pljrenologtfcfyen £ljatfa$en Ijtmocifenb,
ben gefer jur eigenen praftifetyen Prüfung ber Senologie ein*
labe, £)urcfy biefe ©teile, in 35erbinbung mit ber gleicfy borfyer
geftric^enen (S. 397 u. 398), fcatte unb behielt ber Sluffafe unter
jeber 33orau«fefcung, — bie Aufgabe mochte Ijerrityrcn, bon mm
fie wollte, bie Umriffe motten bnrcfy einen namhaften ©ele^rten
ober burdj einen £utmad&er abgenommen fein, fie modjten bc=
fannten ober unbefannten ^crfönlic^feiten angehören, fie motten
richtig ober falfcfy fein, — unter allen SBorauSfefeungen, fage
id), Ijatte unb behielt ber 2(uffafc burc$ jene Stelle nnffenfdjaft*
liefen unb praftifetyen Söertlj. ©iSfyer bin icfy bon ftrcunb unb
geinb toegen be$ Sfaffafce«, weisen beibe wegen ber 23erftümme=
tungen untotffenfcr>aftttet> nannten unb nennen mußten, fcfyoer ge*
tabett toorben: ftreunb unb ftetnb Ratten ben unberftümmelten
Sluffafe, befonber« burety jene. Stelle, als nnffcnfd?aftlid? toertyboll
erfannt unb erfennen müffen. $ur$, burdj bie 93erftümmelungen
ift ber Sluffafc aus einem guten ober wertvollen -in einen f (bleuten
ober roertljlofen oertoanbett morben. £>ie$ ift jebem i'efer fofort
flar. £)er befte ^öetoeiß aber bafür, bafc bie Söafyt ber ge*
ftricfyenen Stellen nur bon einem fteinbe b*S StuffafceS beftimmt
fein fonnte, liegt In ber auffallenben Streichung be« f leinen
Steile« einer 9fote(S.385) mit ber 9Infüljrung meiner *^ljreno*
logtfcfyen föetfebilber". £>ie einjtg mögliche, aber toollfommen ge*
nügenbe <5rftärung bafür ift bie, bajj ein in bem genannten Jöuctye
380 «ilbcraattcric.
enthaltener Sluffafc (über §hrtl unb ©oef) in ber tforliegenben
Sache eine .Hauptrolle fpielt.
£>ie in ber (Gartenlaube fchlenben Stellen be$ ?luffafcc«
finb l;icr geile für 3eilc mit einem „ bezeichnet. 2)ie beiben
erften Seglaffungen (geile 1—10 nnb S. 384 beS SluffafceS) fanben
fich bereit« in ber mir jugefanbten (iorrectur ; alle folge nben
als fc^lenb bezeichneten Stellen waren in jener Gorrectur bor*
fyanben. £)a$ ftotgcnbe ift baljer ber genaue Slbbrncf be«
Stuffafeeä, wie ich Hw ÄetI übergab, unb zugleich (b. 3- 11
an) ber Gorrectur, welche mir &r. Keil gugefchieft. 9(1$ lieber*
fct)rift be8 9Iuffafce« hatte bie Gartenlaube gefegt: „Die SDtyfterien
beS SiDJenfchenf Jabels", unb in einer -Note ^attc fie bem Stuffafce
biefe geilen oorauäge febieft : „Söei einem neulichen Söefuchc tu
einer ber größten beutfehen £utmanufacturen tt)etlte un« ber
frcunblichc 2kfi§cr berfclbcu eine 9tahe bon Schäbelumriffen theil«
berühmter, tl;eil« in weiten Greifen befannter unb bielgenannter
SJcanner mit, bereu Kopfformen als bie bon ftehenben Kunben
be3 Gtabtiffementö für eoentuelle §utbebürfniffe aufbewahrt werben.
2öir waren frappirt über bie fu'er unb ba wahrhaft wunberfamen
unb groteäfen ©eftalten, Ausbauchungen, (Scfen unb Knüllen, welche
ber menfehliche Schabet bilbcn fann, unb baten um bie Grrlaubnifj,
einige ber merfwürbigften unb charafterifchften biefer burch genaue
abnähme gefunbenen Kopfformen — fomeit fidt> an btefelben bie
tarnen bekannter s}5erfönltchfctten fnüpfen — gewiff ermaßen als
ein phrenologifcheS Problem in ber Gartenlaube beröffentlichen ju
biirfcn. SDieS geflieht benn hiermit. Zugleich taffen wir bie
4öeurtheilung eine« geiftbollen ^$h™nologen folgen, bem Wir bie
Schabelconturen jur Begutachtung eiufanbten, ohne ihm bie
2)Jänner ju nennen, bereu Köpfe fie umjeichnen. gut $kr*
glcichung feiner phrenologifchen SluSfprüche mit ber öffentlichen
Meinung, wie fie Söebcutuug, Strffamfett unb (Erfolge biefer
2Wänner feftgeftellt h*fcn, geben wir bie Dcamen berfelben am
Schluffe unferer Kummer, werben uns aber erlauben, bei bem
einen unb bem anbern ein Fragezeichen beijufefcen. 5D. föeb."
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SMlbergaflme. 381
(Sine pljrenologifdje Deurtljrilung.
$>ou ©uftau Sd>cöc.
>>3e größer eine neue $öa(;rl)eit ift, je tueiter fic über ben
„gewohnten itreis ber 3been hinaufreicht, befto mehr Pflegt
„bie ÜI)ichr$ah( bet SReufchen i^t 511 hnberftreben. (iä ift eine
„beut SHenföcn faft ehrtoürbig geworbene Meinung, baß fein
„unfichtbarer ®eift ein unlösbare« föa'thfel fei, baß er über
„benfelben nicfyt fo tt?tc über bie fichtbaren ©inge, eine Kare
„^enntnip fjaben fönne. Unb biefer unfichtbarc ®etft (cfl je^t,
„toie man behauptet, in feinem Söunberbau, in feinen einzelnen
„Gräften erfannt, in feinen förderlichen Organen g(eid;fam mit
„klugen gefehen, mit §änben gefaxt »erben!?
33eim Söaue einer (irifenbahn toirb jufäütg eine große
alter Schabet ausgegraben. £)iefe, von ben Arbeitern jufammen*
getragen, gleichen fiefy alle, ieber macht a(S 33Ut> be$ £obc$ ben*
felben Crinbruif auf bie Umftehenben. ©er möchte fagen, welcher
Schabet einem kernige ober einem ©ettter, einem guten ober
einem bofen 9)?enfchen, einem Strieger ober einem sJJ?anne be$
ftriebenS angehörte? Unter ben 2lmuefenben finb einige Statur*
forfcher, u>efcr)e über bas SÜter ber Schabet tt>rc Anficht äußern,
männliche unb meiblichc unterfcheibeu k. Sein Urtfyeit über ben
®eift, bem bie Schabet als $ülle bleuten, toirb gehört. £a
tritt ein ^hTen°fog ^ingu. Einige Schabet feffetn oor anbem
feine 3(ufmerffamfeit. Orr äußert gegen einen $reunk/ fi<h
bei einem Schabet ber SJufl beS StoljeS, bei einem anberu ber
ber Öhitmüthigfeit ober ber (Siiclfett, ober beS 2)?uthcs auSgc*
fprochen finbe. $)te Arbeiter fchüttetn über ben §errn bie Stopfe,
bie ®elehrten betrachten itnt faum als einen 9)fann ber »Siffett«
fchaft". ^iemanb l>ä(t baS, toaS er fagt, für wahr.
Unter ben Schäbetn fiubet [ich auch bie btofce untere §älftc
eines folgen bor. £>cr S^äbel ift in feinem größten Umfange
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«ilbergallcrie.
burcty eine Säge getljetlt, unb bie obere £älfte, bie ganje Schabet*
toölbung fel)lt. Crin Arbeiter reicht bem ^^renologen läctyelnb
ba« Sctyäbelftücf bar. ©ein ftreunb fragt iljn, ob fic$ auch
(Herau« etwa« über ben (Sharafter beftimmen (äffe. @r erhält
btc Slntmort, baß.ba« phrenologifche Urt^cit immer nur auf ber
iBergleichung aller ©efyirntfyeile unter fid? beruhe, ba& es ba^er
l>ier nur ein äugerfit mangelhafte« fein fönnte. —
SBor ftargem erlieft ich oon >>erm Crnft $eil in Veipjig
ein £Matt mit 20 ftopfumriffen jugefenbet, mit bem Hnfutfeu,
„biefe Schäbclumriffe einer $Hei(;e oon SRännern phreuolegifcf)
beurteilen, unb ilnu bann geftatten ju mollcn, ben 33efunb meiner
Unterfucfyung in feiner (Gartenlaube bcrßffentttcfyen 511 Dürfen".
„3ch ertoicberte £errn Weil , ba§ bie phrenologifche ©eur=
„Teilung nach biefer einen Umtifelinie nur ^öd)fi mangelhaft
„fein fönnte, unb baß ich bebauern mürbe, bem Vefcr ber (Garten*
„taube ein fo ärmliche« unb barum etwa« ferner oerftänbliche«
„mtffenfchaftlid;e« Üttaterial ju bieten. 3ch fragte, ob c« ntc^t
„möglich märe, ba§ menigften« noch bie 9)iitteüinie be« Stopfe«
„oon ber ^cafcnmurjel über ben Oberfopf beigefügt mürbe.
„(Gleichmohl erbot ich mich, toeim £err ftcil e« au«brücflich
„wünfcfye, fchon nach ber vorgelegten einen Umrißlinie bie ©e-
„urthetlung ju oerf liefen, ba gerabe bie große Schmierigfeit
„ber Aufgabe auch mieber einen 9tei$ für mich tjabe.
„£>err $cil mieberholte mir feinen au«gefprochencu föimfö,
„inbem er fiety bafür auch auf meine lefcte Steu&erung berief.
„Unb fo ging ich an bie fernere Arbeit.
Da« Urteil nach unfercr Umrißlinie gleist bem nach jener
unteren ©cfyäbelfyätf te, ift aber noch um $telc« fchmieriger
unb befd;ränfter. Denn bort, mo ich ba« Stücf be« $opfe« fetbft
oor mir fyafce, fenne ich genau bie Stede be« Umriffc«* l;ier
aber weiß ich niebt, mo — ob etma« ^ö^er ober niebriger —
ber Umriß genommen ift. 3cfy fyabe alfo enoa« al« (Grunblage
für mein Urteil, aber id) metß nicht beftimmt, loa 9 ich habe,
unb ^abe fomit nicht« 2Bif f euf chaf tliche«. Grbenfo fchlimm
ift c«, baß td? t)kx nicht fo, tote bort, bie Stelle be« (Gehergange«
fenne. Der (Gcl;örgang fd>eibct 33otberfopf unb §interfopf, unb
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/ EilbergaOerie. 385
feine Äenntnig ift bürgern* netljig für bie ^Beurteilung einiger
unmittelbar ober mittelbar \>or ober hinter iljm gelegener Organe.
Tie Aufgabe mar alfo eine feljr mipidje, aber eben in iljrer
Scfymierigfeit lag aiufy ein fo großer SKeij für miefy, baß tcb bem
au miefy geftellten ^Infiniten millfafyrte. 3ebodj, nelmten mir bie
Umviffe jur Jpanb, fud^en mir trofe alter Scbmierigfeiten ben
tobten ©ilbern ^Itfyem nnb geben em}iu)au$en.
(1. «.)
Der $opf 1, grof? unb bebentenb, ift feljr geeignet, ben
?efer in bie Sarte einzuführen. Unfere ttittriftinie, etma ba ge-
nommen, mo ba« 2knb be$ meffenben £uttmacfycrS ben $opf be-
rührt, trifft (auf jeber Seite) jel;n Organe. $ i e r oon ber 9J?ittc
ber (oberen) Stirne bis )U ben (oorberen) Schlafen einfcfylteBlicfy :
s$ergleicfyung$oermögen , Scfylujjoermögen (an ber ©teile ber bis-
meilen gefunbeuen Stirnljöcfer) , Sinn für S$er$, 3bealität (an
ben ScfyläfciO. Dann brei bis jur breiteten Stelle unfefe«
ftopfeS einfctylteßlicfy : (Srmerbsfinn , iVrfyeimltcbungSfinn , Xfyätig-
feit«' ober „^erftÖrungSfinn" (gerabe über beut ®el?örgang). 3W*
lefet noefy brei: Äambffinu, Hnfyänglicbfeit, $inberttebe*).
Um ju erfennen, ob bei unferem $opfe eine« ober einige
biefer Organe groß ober flein finb, müffen mir ifm mit ber
mittleren Jilopfgeftalt vergleichen . Tiefe ift für bie ßinie unfere«
*) ©tatt ©inn ber .Hinbcrliebe ober Crgan bed (Sinne« ber Äinbertiebe.
3dj babe mir überall biete sÄbfürjungen ertaubt. — gür ben 2efer, n>eld>em
bie ^brenologic nnbefannt ift, nenne idj bicr nodj bie baiU>tfädjücbften ber
übrigen ©inne. Organe an ber unteren ©tirn : ©egenfianbSfinn , ©efmlt^
ober ftormenftnn, frarbenftnn, 3afylcnftnn; $batfad>enfinn , Ortsfinn, ion-
ober üttufiffinu, ttunft* ober ©aufinu, ©fcrac^ ober üBortfinn. Organe auf
bem Cberfotfe: Öoblrootkn, ^ad^a^mung, Sinn für Meue« ober Sunber*
bare«, $ereb>ung, Hoffnung, J^cftigreit, ©eroiffenfyaftigfeit, ©elbfigefü^l, «ei*
fattstiebe, Öinbeitflfinn ober (Sonccntrationeigabe. — .Site eine ©djtift, toetetye
«ftdj tbeil« jur erften Sinfübrung in bie Senologie eignet, tbeil« »on
-ber Slnwenbung berfclben auf öerjdjiebene l'eben«toerbältniffc unb fßiffen«*
„gebiete, $. auf SJölfergefdjidjte, (ir^iebung, i'iebe unb übt, Religion,
„}>olitit, ^bitoi^P^ic *c- töenntnife giebt, erlaube i<$ mir, meine „^bieno*
Jogifctjen SReifebilber" (£i<tf)en 1863) ju nennen.
e<f>e»e, ^^rcnoloflüc^e »übet. 3. Hufl. 25
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386 ȟbergaHme.
. • • .
Umriffeä, — melche un$ natürlich hier allein befcbäftigt , — bie
9t\ form, beren fchmälerc Seite ben ©orberfopf, bereu breitere
ben Junterfopf btlbet. «Sttoa mie bie $5pfe 5 unb 20.) Orin
erfter ©lief jeigt und, tafi unfer $opf bebeutenb ton ber Criferm
abtreibt. Um biefe Slbmeidmng im Crinjclnen fennen ju lernen,
Zeichnen mir mit einem ©leifttft — am heften nicht blo* in
(tyebanfen — bie ©form auf unferen ^opfumriß. 3n ber 2Wittc
ber Stinte (bei ©ergleicfmngStermcgen) beginnen mir einen über
unferen Umriß etwa« hinauSreichenben ©ogen unb fefeen biefen
feitroärtS innerhalb fo fort, baß mir einen großen Xfjeil ton
Schlujjtermögen unb 3ccalitat abfehneiben. ©et Crrroerbäfinn
läuft ber ©ogen roieber außerhalb, um balb, bei 2Tljätigfeit$finn,
abermals innerhalb fortzugeben, inbem er r>ier bie gr&ßte ©reite
be$ ftopfeä abfehneibet. (bleich fjinter XbätigfeitSfinn, ton Äampf-
finn bi« ßinberliebe, läuft bie ©leiftiftlinie mit unferem Umriffe
Zufammen, ba ber ganze ^unterfopf ungefähr bie Grigeftalt ^at.
2öir ^aben auf biefe Seife erfannt, bajj Sd>lu§oermogen,
Realität unb £t/ätigfeit«finn ftarfc, (SrmerbSfinn ein f$ma$er
3ug im (S^arafter beä £errn 91. ift. Triefe Urteile fmb febon
barum, roeil fie fo leidet ju fiuben fmb, untrüglich, unb mir
fönnen gleich ^ier unfer fccfeS pf>rcnolegifcbe$ Sort auäfprcchen,
bajj, menn ein einziges biefer Urteile fich als irrig errciefe, ba=
mit bie ganze Phrenologie (als Crganenlehre) roiberlegt märe.
©orauSgefefct mirb Sterbet, mic fich terfteht, baß baS (Gehirn beS
£»crrn 51. ein gefunbeS ift, b. h- baß fyex roeber mirfliebe
(#erfteSfranfheit (3rrfinu), noch jene öCTftißc ftränffiebfeit torliegt,
welche $. ©. mit einem zerrütteten ^certentyfrem , ober mit über*
mä&ig tormaltenbem phlegmatifchen Xemperamcnt terbunben $u
fein pflegt. — Die gefunbeuen Urtheile bebürfen einer furjen
Erläuterung.
Die Stirne unfereS Umriffe« ift bie breitefte ton aßen.
Unb ba« ©orbergehirn ift nicht Mos breit, fonbern auch (*om
£>hr ober ton ber TOitte beS MopfeS au gerechnet) lang , fo baß
bic ©reite bei biefer tänge eine um fo grßfjere ©ebeutung hat.
©or allem ift Schlußtermogen , bie (#abe ber ©erechnung ton
Urfacbc unb Söirfung, ber überlegenbe prafttfehe ©erftanb für ein
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öilbergafferie.
387
folgerichtige« jpanbeln ein ftarfer £ug fWCIl 51. (Sbenfo
ftarf ift ber Sinn für 3beafe« ober Schöne«. Söeibc 3u8e fta**
(#egenfäfce, fie befchränfen fiefy baljer unb febaffen bie nötige
^armonie. £err %. ift 33erftanbe«menfch , aber nicht troefener
5Berftanbe«menfch, er ift SRann ber ^^antafie, boch nicht $ntftu.fiaft.
Senn ber topfumrtfe nicht in fo {(einem ÜWajjftabe gegeben märe,
fo mürbe ich mahrfcheinlich auch ben Sinn für Scherj dufammcti
mit ftarfer Dcnffraft zugleich latent be« 28tfce«) al« ftarf be<
jeiebnen fönnen. Durch bie ftarfe ftülle bc« topfe« an ber
breiteten Stelle (über bem ®ef;örgang) ift ^ätigfeit«finn al«
ein ftarfer 3"8 bezeichnet, alfo bie traft unb bie p^igfeit, fehr
tfyätig jn fein, aber eben bamit .jugleuh bie traft unb bie
ftafyigfeit, auflobetn, ^eftig toerben $u fönnen.
^egen bie genannten Sinne ftefjt (£rmerb«ftnn meit jurücf.
£>err %. ift ba« ®egentheil jener ®efchäft«männer, bereu ganzer
Sinn mit &u«f$htj3 aller anbem ®eifte«thätigfeit auf Cnrroerb
gerietet ift. 3)'t er taufmann, fo fühlt er fich in feinem Berufe
nic^t gtütf üch unb fliegt unb finbet neben bemfetben au*>er«arttge
®cifte«befcl>äfttgungen. Den praftifchen SSerftanb, ein guter
taufmann gu fein, richtig $u fpecuüren, Ijätte $err % (burch
ba« Scfylu&bermBgeiO ; nur bie Sßetttenbung biefe« 23erftanbc« im
bloßen Dienfte be« Grrioerbe« märe nid^t feine Sache.
SSergtetcfyungSoermbgen, welche« bei £>errn 2(. jcfyon bur$ bie
Vänge oe« 35orberget;trn« al« ziemlich ftarf ober ftarf erfejeint,
haben mir etroa« fcfyroädjer al« Schlußoermögen gefunben.
?(6er fo geringe Unterfcfyiebe berechtigen un« ju feinem p^reno-
logifc^en Urteil. „9hir mo ein Organ grojj ift gegenüber einem
„Keinen, ober fletn gegenüber einem großen, liegt ein gatt ber
„Siffenfd^aft, liegt bie 9ftügli$feit eine« Urteil« oor. Die«
„au« mehrfachen, t^etl« ber ®eifte«fe^re, t^eil« ber Organen*
„lehre, theil« ber Schäbellehre angehörenben ®rünben.
( „llnfere Urteile über bie genannten ^arafterjüge be«
„£errn 51. finb nicht blo« barum mangelhaft, meil e« fo wenige
„finb gegenüber einer an entfötebenen 3ü8cn vielleicht
„reichen ^erf önlichfeit , fonbern auch, meil mir nicht toi ff en,
„mie bie oou uu« al« ftarf ober fchmacb erfannten 3üge ul
25*
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388
©Ubergaöerie.
„tiefen ber n?id)ti^ftcn ©c^iefumgen be$ VcbenS fieb äußern.
faßte j. 35., £err ?(. befi^e eine „gemiffe" ^bantafie,
„aber welcher 9lrt biefelbc, tverauf fie gerichtet ift, ob auf
„bilbenbe ftnnft, auf Literatur, ^cefic 2c. , baten Hüffen
„roir ntcbt£.
„Sir fyaben unferc UrtljeUe über ben' (Efjarafter be$
„£errn 51. auSgcfprcdjen, ofync $u nuffen, cb fein ®eljim (in
„^ergteiefc ju anbem ®efyirnen) grofj ober ob e« Wein ift*).
„Unb beefy ift £err %. in Süfem, roa« er geiftig leiftet, ein
„ganj anberer 30?cnf($ in beut erfteren unb in beut festeren
„ftalte. 5iber bic VeiftimgSfctyigfett — meiere tfjeil* auf ber
„®rßße, tfyeite auf ber guten ©eföaffcnfjeit be« ®cljirnc$ be*
„rutjt — gefjert niefct bor oa« UrtljeU ber ^renetegic.
„5öenn tdj baljer bei §errn 5(. bte Tenffräfte gegen Grm>crb$=
„finu ftarf nenne, fo tage icfy bantit nur, bafe bie ^äfyigfeit
„ober ber Xrieb 511 benfen, bei ifytn ftärfer ift, a(« bte ftäln'g-
„feit ober ber £rieb, 31t ertverben. ©ie ftarf aber bie
„T)en!fraft fetbft bei tfym ift, ober nueoiet er int £)enfen igegcn
„Rubere) feiftet, fyängt baoon ab, tote groß unb toic gut be-
gaffen fein (Mefyirn (gegen Rubere) ift.
(2. ©.)
©ei bem Umriffe 2 nurb unfere ©leiftiftünie bic Spifee in
ber 3Witte ber (Stinte (bei SBergteicbungSbermögen) abfer/tteiben,
bann (bei Sc$tußberm5gen unb 3beatttät) ein mentg über ben .
Umriß In'nauäreicfyen , toeiter an ber borbem £älfte be« Seiten-
fopfe« (bei (Srmerbäfinn unb 93erfyeimücfyung8finn) ebenfobiet bon
bem Umriß abfcfyncibcn, ate fie an ber Hinteren Raffte (bei 93or*
fi$t) Inn$ufefet. 33on bem Organ ber 33orft#t fyabe icfy oben bei
bem Sopfe 1 nid?t gefprodjen. Unfere Umrifjünie fann außer
ben bort genannten jefnt Organen no$ ein elfte«, $orfi<$t, bc*
rühren, jnjifc^en Xt;ätigfeit«finn unb ftampffinn, aber ü b e r biefen
*) -Sd) »äre uerfudjt ju glauben , baß bie sBerfleinerung unferer 20
^Umriffe in bem gleiten 9)tafjftab genommen iei, n?enn id> in biefer %n
„nafmie niajt bura) ben Ho\>\ 13, n>etd?er mir baju faft aUjuflein idjeint,
«etwa« irre gemalt mürbe.
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SBilbergattevie. 389
beibeu, fo baj? bie bret Organe ein Dreiecf bitben, mit ber Spifce
i^orficfyt) na$ otoi. 3ft bie Umrijjüme etwa* tiefer genommen,
fo berührt fic mcfyr £fyättgfcit*finn unb Äampfflnn , etma* fyityer,
mef;r 93orfid)t. £>icr febeint mir bte Umrtjjlinte auefy 33orficfyt
]u berühren.
Söäljrenb bei bem Umriffe 1 $ergletcbung*bermi>gen ctma*
fdjmäcfyer crfcfyeint, at* Scfytupbcrmb'gen, fo ift bei 2 33crgteidt)uug*=
bermbgen biet ftärfer at* Scfytnjfrermögen. Grbenfo ift bie 3bea*
lität bei 1 biet ftärfer, al* bei 2, wogegen @rmerb*finn, meiner
bei 1 fcfymacfy ift, bei 2 ftarf erfc^eint. $erfjetmlicfyung*finn , bie
Stette.bor £tjättgfeit*ftmt (mo mir im* biefen mit ber Ofyr=
offnnng ungefähr benfen mttffen) erfdjeint bei 2 ftarf , mogegen
bte @tetfe hinter £t;ätigfeit*ftnu (33orficfyt) fctymäcfyer ift.
39ei .fSerrn ift 3$ergteicfyung*bermögen , ba* allgemeine
£erntalent ober bie ®abe be* Raffen«, begreifen«, Urteilen*,
weit ftärfer, at* Sdjtujsbermbgcn, ber potttifcfye, bcrecfynenbc, praf*
tifcfic $erftanb für'« §anbetn. Diefe 33et;auptung ift infofern
etma* gemagt, als ba« f<$mäd)ere <Scfy(u&t>ermögen ton bem ftarfen
:öerfyeimlidnmgSfinn, melier (tnfttnetarttge) $tugl)eit giebt, feljr
unterftüfet tonrb, alfo baburefy ftärfer erlernen feinte, at* e« ift.
Slucfy fb'nnte Scfylufettermögen noefy burdj einen ftarfen ®egen=
ftanb*fmn unterftüfct merben, bureb melden im herein mit ftarfem
33ergteic^ung«bermögen ein objectioer, flarer $licf in bte Dinge
entfteljt, ma* bie ftäfyigfett, folgerichtig ju fyanbeln, bebeutenb
fteigert. 3tnbererfeit* ift Scfytujsbermögen tjier nur menig oon
ber fcfymäcfyeren sßorftcfyt unterftüfct. $)od) mirb $orftcfyt unter*
ftüfet bon $Berfyeimlicfyung*finn unb oft bamit bermecfyfelt. £)err $8.
tirirb in feinen £anbtuugen borficfytig fein, mo bie SBorficfyt im
'Scfymeigen beftefyt; mo aber 33erf#miegenfyett ober Offenheit nicfyt
in ftrage fommt, mirb bie SBorfidjt oft nicfyt ftarf genug fein.
Die* teuere Urzeit mürbe aber metyt gelten, im gaüe @elbft*
gefügt feljr fcfymacfy märe, metl baburd? bie SBorfic^t gefteigert mürbe.
(Sie oiete 335 enn unb 91 ber! Diefe brängen fidj un* nicr)t
Mo* barum auf, meü mir nur ein (Sfyarafterbrucfyftücf bor un*
fyaben, foubem £crr 33. gehört mof)t überhaupt $u ben etma*
febmer $u oerftefjenben 2)?enfd)en.) 3ft $err S8. (bon SRatur)
390 iFilbergallerie.
mefyr ®e(efyrter ober mefyr Vraftifdier (tyeföäftftnann ? (Irr tann
©eibes fein. 2U$ (Mefyrter ift er fein Otceloge, fein Utobift,
fonbern prafttfefy, IcbenSftug, auf (Srwerb bebaut (bie(leid)t nid?t
aüjti fparfam). %l* braftifdjer (9efcfcaft$mann fann er fid; leidet
burefy Äcnntniffe auäjeictynen.
tue 33(eiftiftlinie läfet uns (tet einen merf tiefen Unterfctyieb
ber beiben Linien fyauptfäcfyiicb bei bem l;ier fcfjwacfyen (Srw.erfcS-
ftnu erlenneu.
3 gleidjt mefyr 1 als 2, nur baj* bei 1 @(fy(u6bermögen
imb Obcatttät ftärfer finb. IHucb 3 ift [ebenfalls (ton 9tatur)
lücfyt ®efd)äft$manu , fonbern weit niefyr Wann beS SötffenS.
2krg(äc$ung$bermbgen ift lu'cr ntctyt nur ftärfer, als Sefyhifeoer*
mögen unb tfrwerbsfinn, fonbern es ift auefy überhaupt (im 35er*
gleich jum ganzen ftopf) ftarf, weit baS Eerberljirn (oon ber
mutfymaBtid/en ©fyrfteu'e an gemeffen) entfetteten lang ift. Um
fürs 3 mit 1 51t bergleieben, würben wir fagcu, bafe, wäfjrenb
,gerr baS latent ober ben berecfynenbcn 2*erftanb fjätte, (9e-
fe^äftSmann 311 fein, aber feine Neigung für biefen Söernf,
^err ß. mcber großes Xalent, noefy Neigung für benfelben fyat.
.; r (4. $).)
$>ie Steifriftlinic I?at t>tcr oon ber ©reite beS SWittelfopfeö
einen %f)cH abjufcfmeiten , um bamit ben 93orberfobf, bie Stirn
breiter unb böller ju matten.
£ie mangefnbe fömntmj? beS (Überganges ntadu mir biefen
Äopf fetywer berftä'nbtieb, unb mein Urteil feljr unfidfat. Weinte
td> ben ®eb^rgaug ba an, wo er mir am wafjrfe$emfi$ften ift,
ungefähr in ber Witte beS tfotfeS, fo wäre bie (Stirn fer)r Kein
t. fefyr furj bei ber ®$matljeit) gegen ben £>interfo)>f , bie ®enf*
fra'fre unb 3bealität biet fcfywactycr, als £fyätigfeitsfinn unb ^ampf*
firm. $err £). würbe bann weniger ein ÜWauu ber ruhigen
Grlnfidjt unb Ue&erfegtiug fein, ber gerne ®rünbe anhört unb fid>
fluten fügt, fonbern meljr ein SDfann beS raffen, etwas barfefyen
#anbelnS, geneigt {U jürnen unb $u ftreiten. (5r würbe baburtf
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Jöüfceraaflerie. 391
im Umgang iüd;t immer rüctfidfjtsboll genug, nföt immer (teBcn«=
nmrbig erföchten, man würbe oft mcfjr ©ebutb mit tfmt Ijäbcu
muffen, a(« er geneigt wäre, mit Slnbcrn ju tyaben. £>abei mürbe
er mafjrföetntfö fcfyr tfyätig in feinem Berufe fein, fer)r gut mit
feinen £)enffräften arbeiten unb , mettn ba« ®etn'rn an ffö grof?
ift, £ücfytige$ (eiften. 3Ba$ fö eben bon ber auflobemben $raft
ober ber bisweilen mangelhaften ViebenStofirbigfeit beS £»errn $>.
gefagt, tonnte, afc ju gemagt crföeinett, toeit fö ja bon $ßoljl*
wetten, 33ercljrung ic. ntcfyts weifj. 3n ber Xfyat f Bünte £>err
feljr gut unb wofynooUenb , fel)r ehrerbietig fein; aber benttoefy
bliebe fö bei meinem Urteile ftc^eti, baß abwecfyfetnb mit biefen
Bügen au$ bie bon mir genannten bei itnn Ijerbortrcten mürben.
£>er 2J?ettfö ift ja aus Söibcrfariföett jufammengefefet. 9ta ift
nur, bafc biefe bi^er unerflärten Siberfpnföe bur$ unfere
Siffeuföaft tyre (Märung finben.
"; • , :- ••- ■ • • xs. e,y:. • . -
^bgefc^en bon ber UnregetmäBtgfeit an ber Stirn, über
meföe fö: bei ber ftarfen ^erfleinerung feine SBerwutyung jn
f äffen Wage, fällt bie (Siform hier jtemffö mit unferem Untriffe
gufammen. feines unferer Organe erföeint ate feijr ftarf ober
fetyr fömacty; boefy fönnte baS eine ober baf anbere bur# fefyr
ftarfe, uns «id^t befannte Sinne befonberS unterftü^t herben.
3>ie rettyte unb bie tinfe Seite eine« Kopfes fittb natürlich
niemals gan,$ gtefö. §ner ift bie Ungleföfjeit eine jtemlfö be*
beutenbe. 3n allen foföen hätten bürfen mir un« ein Urzeit
über bie Starte ber betreffettben Organe nföt ertauben. . . ,
. . . .
Die Criform bietet aud) mit biefem Umriffc — abgefetjen
bon ber Ungfeföhcit ber regten unb ünfen «Seite — nur geringe
Untcrföiebe bar: fie föneibet an ber SDMtte ber Stirn (SSerglet*
djttngSbermögen) etwas ab , unb fefet an ber Seite be$ S3orber=
f epfeS (@rmerb$finn) , auety ItnfS , etwa« gu. SScrgteföungSbcr;
mögen ift ftärfer als erwerbsfinn , auch als Schlugbermogen,
392 Ctttergftferle.
Realität ift nicfyt fcbn>acfy. £err ft. ift mefyr SWann be« Sötffen«,
al« praftifdjer ®efcfyäft«mann.
(7. (9.)
®rofce ftelmltcfyfeit mit 1. £ocb finto bei 1 3bealität, Xtyä--
tigfett«finn, audj tuefyl .stampffimt nod> ftärfer, treten bafyer tt>ofyl
nod? energtfdjer auf, al« bei 7. ferner ift bei 7 23ergleidnmg«=
i>ermi>gen unb 5d?(uiftermcgen ungefähr gleid) ftarf, wäfyrenb bei
1 3d&fu§bermegen etwa« ftärfer erfdjeint. 3ebenfatl« finb aber
biefe Keinen Untermiete better Mcpfc für uns fattm bon ©e*
beutung, beim n>a« bei 1 ftärfer ift, fennte bei 7 burdj Rubere«,
un« nietyt 39efannte«, mefyr uuterftüfct werben.
(8.
9Man wäre faft terfudjt, ben $opf untmbrefyen, ben 3$orber=
topf mm £interfopf m madben. Vk «Stirn wäre bann jtemUcr)
regelmäßig gewölbt unb ber SBorberfepf, toif er foll, ftfymäler, al«
ber ^interfopf. Unfere ©leiftiftltntc fjat ba^er üiel an bem £opf
|tt änbern; fie mufe bie flache Stirn mcfyr au«wölben unb bie
größere breite be« SBorberfopfe« abfetyneiben unb bem £Mnter=
fopf jufefeen.
Sctylufjmmögen , beredjnenber ^erftanb, ift bei |>errn $.
ftärfer, al« $ergleidmng«r>crmögen , Xalent für wiffenfcfyaftlidfye
91nffaffungen. Orrtt>erb«finn unb 3*erfjeimlicfyung«finn finb beibe
ftarf; 5$orficfyt ift fdjtoä(fyer, aber fet^r fcon 8d>lui3t>ermögcn unb
23crljetmlicfyung«finn unterftüfct. 3bealität ift fcfywädier al«
werbdfinn. -Da« SBoitergefyirn fd&etnt nur furjf alfo %cx-
gleidntng«t>erm&gen nict)t blo« gegen Sd)tu§t>ermcgen , fonbern
überhaupt $iemltd> fdnvacb ju fein ; allein weil id; leiber ben ®e*
Vorgang nid^t fenne, fo tarnt id? miefy tner tauften, ^ebenfalls
ift £err £. mefjr fluger unb praftifcb bcrecfyneuber ®ei$äft«mann,
al« aflaun be« Riffen*.
3$ fefee f;ier unb fonft bem ®ef$äft«mann ben SDtann ber
SSMffenfcfyaf t , nidbt ben Äünftler entgegen; bie« nur, weil bie
Sinne, welche bie t>erf(fyiebencn ftünftlertalente begrünben, unferer
Beurteilung entjogen fittb. Senn j. 23. bei §errn £). ®egen-
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Söilberflaflerif. . 393
ftanbefinn, (Mcftaltfinu, ftarbenfinn tc. fct>r ftarf wären, fo föimte
er ein tätiget SWaler fein, aber beety luütbe mein Urtbcü, bafj
bei tt;nt auch SchUijfrermBgcn unb Crrioerbäfinn ftarf finb,
(Geltung behalten.
(9. 3.)
£>ie ©tetfriftlinic geigt und ben Äopf in ber sJ0Jitte unb nach
hinten $u etwa« fctymal.
£)tc gewölbte unb vcmltcb breite Stirn wage ich olme $cnnt-
nift be3 Gch&rgangcS aud) lang }U nennen, fo bap bie $aupt*
ftärfe biefe« ftopfe* in ber Stirn liegt. 33efonbcr<< ftarf ift ©et*
gleidMngäbermögen , fchu>ad;er SBorftdjt; and) X^ätigfeitö= ober
gerftorungSfinn ift nicht oorragenb. 3Bir haben l;icr jebeufatl«
einen Üflann be$ hnffenfcfyaftlicfycn Talente« bor im*.
(10. Ä.)
SDie «leiftiftltnic fdmeibet bei vlbcalität etwa« ab unb fefet
bei (frwcrbäfinn etwas 311. $5ie Vinte weiter 311 führen, verbietet
bie Unregelmäßigkeit bc« Seitenfopfe«.
£>a$ breite unb wofyl aud) lange $orbergcfnrn jetgt und
.'perni St. at« einen 2)iann ber Jöiffenfc^aft unb ber sJtyantafie;
bergletchungsweifc fchwächer ift Verficht.
(11. 8.)
Qa bie geringen Unterfctyiebc biefe« Umriffc« gegen ben Um*
rifc 7 in ber natürlichen Gräfte nicht 3ollc, fonbem nur einige
Linien betragen unb bafycr m&glicherwcife nicht nur ben Unter*
fdfyieb in ber Gri^e ber Gehirntheile, fonbern bureb bie Unregel-
mäftigfeiten in ber £)icfc ber £)irnfchalc oerur facht fein femnten,
fo fchltc&en fie jebeS p^renologifc^e Urteil über fie gänzlich au«.
Natürlich tonnte auch bei ber oollftänbtgften Gleichheit
unfeter Öinie ber beiben $opf= unb Gchtrnumriffe ber @ha=
rafter ber beiben Scanner bureb anbere und niebt befannte 3"fle
ber alleroerfchiebenfte fein. £>afwr ift e8 auch bei allen torlie-
genben Söeurtheitungen ein beengenbe« Gefühl für mich, bajj ich
fchlechthin nicht weiß, Wie biel ober wie toenig <8cbeutung bas,
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394 SBilberaaüerie.
* »
loa« id; über einen Gljarafter fagc, für iljn fyat. teilte Urt^cite
fönnen anbeten £>i\a,m gegenüber fo unbebeuteub fein, bafc icfy
fic t>ct einet g an J e n pljrenclogifcfyen 33eurtljcttung btefteidj>t nid;t
ber Gmuäfmnng mertt) gehalten fyättc unb bafe ber 33etreffenbe
felbft, ber btelktcfyt biet mistigere unb beftimmtere Seiten feine«
<5ljaraftcr8 fennt, 2ttüfye fyat, fiefy bie ftrage $u beantworten, ob
nieine Urtfyeilc begrünbet feien ober nicfyt. „So ioeijj iä) $. 33.
„Ijier überall Mo« über bie allgemeinen £enffräfte (S?er=
„gtcirfumgSbermegen nnb Sdrtnßbermogen) 511 fpretfyen, roäfyrcnb
,,c« *>rafttfcfy gctui>r)nticr> biel Hurtiger ift, 511 üriffen, met<$e
„ftadjtalente beä ßctcfyrten, Äünftler« :c. borfyanben ober nid;t
„borbanben finb.
■ * ■ 1 ' (12. SO?.) !
£)ie ©teiftiftltnic fcfcneibet Ijier biel bon 93erg(eid;nng$ber=
mögen ab nnb fc^t biet bei 33orfidt)t jn.
3Serg(eidbnng«bcnnÖgcn ift baä grBgte Organ biefeä Umriffeä;
^dJfiiRbcrmcgen unb befonber« 33orfid?t ift }d;n>ac^er. «fterr
ift biet mcfyr ein ÜÖfann bon talent nnb ®eift, a(S ein SWann
beä potitifd; beredjmenben $anbetn$ , ia er fyat biSioetfen Urfaefye,
fid) felbft barnber 511 ivuubcrn, lote er trofc großen Sctyarffinn«
unb rid?tigcr einfielt in bie £>inge unb SScr^ältniffe bodj oft
bie folgen feiner Stritte nid^t beregnet, eta>a« ju rafd» unb
unbebaebt banbett.
# e * 1 - *i • * ( » »* 1 • •* * * *. • . •
(13. SR.)
£ic ©tetftifttinic fefct etwa« bei Scfytn§bermb*gcn unb noefy
biet metyr bei Obeatttät $n, fdjneibet bann bei (SrmerbSfinn, 55er=
fyeimfidutngSfinn unb XptigfcitSfinn eüoaS ab, um e« bei 2In=
Ijängti^fcit jujufefeen.
So ift r?icr ber (^e^rgang? Sbeatität ift fe^r föhnig,
GrioerbSfinn, $ert?eimlidjung$ftnn, ^ätig!cit*ftnn finb ftarf. $Mr
fyaben fjier feinen Wann bon ibealer ®eifte$ri$tung, fonbern
einen SHann praftifd&c'n Streben« nnb Strien* bor im«. — Oft
ber Äovf fo Hein gegen bie übrigen , u>te er In'er erfef^eint ?
3^ö gli<^ loäre e», befonberä loenn er fc^r ' fjoti} ift. ,^err 3tt.
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»Ubergatterie. 3i>5
tonnte bann immer bei fräftigem Temperament burd; (*infid?t -unb
Xfyätigfeit etioaä £üd;ttges Ceiftcit. xHUciu jcbenfaUa nritrbc et
nicfyt tmpontren, fid> 5(nbern im $an$eu nicfyt überlegen jeigen.
■ i ■ ' ' ■ ./ "f - ■ *. ' " > • * ' * • • * .
■ i
(14. Ö.)
3?ou ber Unregelmäjngleit ber rechten unb linfen Seite ab-
geje^en, ift unfer Umriß jiemlicty ctfernttg ; bie ©leiftiftlinie
)d>neibet bei £l?ätigfeit*finu ein iuentg ab unb fefct c$ bei $ot*
ft#t ju. _ .
' : ' äs. so
2>ie ©teiftiftlinie &at In'er ber Seitenftim eine toett größer«
glitte *u geben unb bon ber grofcen «reite be« Littel- unb hinter*
topft* oiel ab$ufdmeiben.
SBcrgfeidjmtgSbermögen ftarf, Sbealttät merfüct) fcfytoä^er,
(Sru>erb$fimnuib !t&rfyeimlidning$ftnu jtcutUcr) ftarf, £ptfgfeit$*
finn fefyr ftarf, tampffum ftarf. £crr f . fyat bei $iemli$ grojjew,
tticUet<$t audj U)iffenfc$aftlid)em Xalent unb praftif^er fötdjtung
eine fetyr große 3^ätigfeit0fraft. $Senn er ein Biel in* Sluge
gefaßt fyat, fo f$aut er nidn tneC re<$ts unb Unit, jerfplittert fi<$
nietyt (toenn ni<$t etwa (Sinljeitsftnn fer>r fämfy ift), fonbern fefet
aUc unb jtoar eine fefyr groge unb unermübltctye &raft ein, um
ba« 3iet ju meinen. §err f. muß M au tfyun fyaben, feine
äraft im ^Berufsleben aufbrauchen, fonft ftellt fiefy innere Unruhe,
Unjufriebenfyeit unb tfaunenfyaftigfeit , Anlage jutn 3äfoorn, 31«
<Stteitfu<^t ein. 3ft babei ba« 2öo^lmollen fel>r fcfymacfy, fo ift
$crr ty. fdjroff, Ijart, graufam; ift e8 fefyr ftarf, fo ift mit beut
3ug be$ Huflobernä unb 33öfen>erben$ bie größte Jper$en$güte
oerbunbai. ...
. (16. O.) ■ • t'i
$)ie ©leiftiftlinic Ijat fyter oon ber ©reite be$ t>orberftcn
SBtcrtfjetlS be$ ÄopfeS tiel n>eg$unefjmen, um e8 ber ©reite te$
In'nterftcn $)ritttfyei(8 tjinjujulefeen.
Sftacfy meinem pljrcnologtfcfyen ®efüfyl bin t$ oerfudjt, biefen
topf ItebenStoürbig ju nennen. Unter aßen unferen Köpfen ift
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3%
Söübcrflatterie.
tiefe Stirne bie breiteftc gegen bie übrigen ftoßfttyeüe be« Um=
riffe«. !iBerghüd)ung«bermegcn, Sctylufcoermi^gen, 3beatität (biet*
leid?t and; Sinn für ecfyer^ finb ftar! gegen (£rtoerb«ftnn, 33er=
fyeimUdntngSftun , £ljätigfeit«finn , Stampffinn. $err Q. ift ein
SKaim, ber fteift nnb ffjantafie befifct, ber nic^t ijabfüdjtig ober
geizig, nietyt bcrfc^loffenen Cfjarafter«, nid^t ftrettfüd&tig tft, nie^t
ju Öetoalttfyat ober ju 3ornau«brüc$en tu'nneigt, bei toetebem biet*
mefyr in flehten nnb großen fingen bie ruhige (Stuftest bie £crr=
febaft über bie nieberen Söctoeggrünbe nnferer £anblungen be=
Rauptet. 91nbcrerfeit« ift ju bermutben, baf$ £>err C feine gro§en
Weifte«gaben niebt ganj fo gut bertoertfyet , al« maneber 5lnbere
e« tfyim toürbe. (tyeift unb ^fyantafie finb ftärfer, al« £f)atfraft;
oielleicfyt aueb jerfplittert er fid> ettoa« (e6 fei beim, ba§ (Sinfyeit«*
finn fcr)r ftarf ift) ; aud) ber SD?utl>, ba« 33orgefyen gegen §inbcr=
niffc nnb Scfytoicrigfeiten, bürfte tooljl bi«toeilen ettoa« festen.
mx fefjen, baf? bie beiben ftfyfe 15 unb 16 tote in ber ®eftalt
be« Itmriffe«, fo im Gfyarafter unter bie graten (Segenfäfee in
nnferer ffeinen ^erfammfung getreu. Da« günftige SSorurtfjeU,
toelcbe« id? nad> meinem toiffenfcbaftlicfyen ®cfüfyl für biefen Soßf
gefajU, ift natürlid; bei unfrer Unfenntnif? fo bielcr £üge bor
bem toi ff enfcfyaft liefen Sßerftanb nicfyt gerechtfertigt.
(17. SR.)
Der Umrifi ift jicmltct) fyarmonifcfy, ettoa tote 5; bo$ ift bie
Stirne länger. §err 9?, ift ein 9J?ann be« SSiffen«. Söa« tft bie
Unregelmä&igfeit an ber Stirn?
(18. @.)
Sa« bie <91eiftiftlinie tn'er an bem fn'ntcrften 33iertyeil be«
Stopfe* in ber breite toegnimmt, fefct fie au bem oorberften
DritttljcU ju.
'Da« SSorbergc^irn tft noefy länger unb ettoa« fcfymäler, al«
bei bem bortgen Umrife. @cljr groft ift ber Äampffinn. (Der
$opf behält bie belle Söreite, bie er über bem ®efyörgang fyat,
bi« $u ettoa jtoet $011 toagreebt rürftoärt«.) $err 8. ift ein
SOJann tc« üttutlje«, be« kämpfen« unb ©träten«, er tft fct)T toett
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©ilbergaUerie.
397
entfernt, in mistigen unb unmidjttgen fingen Hc Uebeqeugung
feine« Reifte«, bie Sttnföe feine« §erjeu« für 9hn> unb ^rie-
ben ju oerf'aufen. £>te 21 rt be« Wutfje« ober be« kämpfen«
fjängt bagegen bon Ruberem ab.
(19. St.)
^erni(id) bem Umriffc 11 unb 7. £err Z. ift fein Wann
be« örtoerbe«.
(20. U.)
Sftod? einmal ein faft eiförmiger ftb^f. £>ie $Meiftift(inie
fdmetbet an ber breiteften Steife, bei ^orfietyt, ctma« ab, um e«
eine <3tette roeiter jurücf, bei Sampffinn, aujufefcen. £err U. ift
borfidjtig, forjjüdf), friebliebenb, fein Wann be« kämpfen«. Satyr-
fd?einttdj ift fyier aud? Äiubertiebe ftarf, ma« icb bereit« auc^ bei
einigen anbem topfen t;ättc äupem fönnen. 3lber ba« Urteil
ift megen ber fyier häufigen Ungleichheiten beö 5d()äbctfncdben«
nac^ ^em Mögen, $umal fo fteinen Umriffe adju unfidjer. $le(m=
tid^e« güt ton 5lnfyänglicfyfeit bei einigen köpfen. ?(nfyäng(ic^
feit fd;cint mir 3. 33. ftarf bei 3, 11, 15, etma« fdnoad;
bei 13; bei 16 fctyetnt mir ^Intjänglichfeit ftarf neben jiemtid;
febmacbem $ampfftnn.
„Oben bei bem $opfc 1 fagte i$, bajj, toenn ein einzige«
„ber bort oon im« gefnnbenen Urtfyeite unridjttg märe, bamit
„bie ganje ^fyrenotogic mibertegt fei. ®enujj ! £)enn oon natur*
„miffenfd;aftlid)en SBafyrfyeiteu giebt e« feine 2lu«nafymen.
„Seil ba« 9luge ba« Organ be« Sefyeu« ift, f 0 giebt e« feine n
„Wenfctyen, ber ofmc 9(ugen fteljt. (Sin beftimmter (MnrntbeU
„fanu nur immer ober niemaf« ba« Organ einer beftimmten
„®eifte«fraft fein.
„£cr *ip^rcm>(eg fann nid)t fatfdj fefyen, niebt groß unb
„Hein, ftarf unb fd)mad? oertuedjfeln; aber er fanu fatfd)
„benfen, mit ben gefetjenen £fyatfad)en fatfd) re ebnen. Sa«
398 »ilbergatterie.
„felje icfy in unferen $opf umriff en ? meiere £$atfa$cn
„(legen mir in tfynen t>or ? £>err $eÜ bemerfte mir bei lieber*
„fenbung ber Umriffe, „baß biefelben, mie Üjm r>erfi$ert mor*
„ben, burefy ganj autfyentifcfye« 2)?ajjnefymen gewonnen Worten
„finb". 3cfy fefce btefe^ torau«: allein icfy toeifj nicfyt, wie bie
„Umriffe gewonnen würben, wie e« babei mit bem §aar, wie
,,e« mit ben $aumu«feln bei @rwerb«ftnn unb sBerfyeimUd&ung^
„finn gehalten Horben ift. 93or Willem weiß i$ nicfyt, Wo bc*
„ftimmt (3. 33. wie weit über ber ^afenwurjet unb über
„bem ©efy&rgang) bie Umriffe genommen finb. 3$ fetye ba*
„Ijer in ben Umrtffen etwa« t>on ben $b>fen, aber ic$ weiß
„ntcfyt genau, wa« icfy oon ttjnen fet)c. liefen üDfangel be«
„(Se^en« mußte icfy bei meinen Urzeiten burefy Vermutungen
„ergänzen, drrft mit biefen Vermutungen , ftatt mit Xljat-
„faetyen, mujjte i$ reebnen, erft auf biefe Vermtttlnmgen fyiu
„fonnte i<$ bie meiften meiner Urteile aufcfprectyen.
„£>ieS ift fo fcfylimm, baß icfy auf bie wif f enf cfyaf tlidbc
„£Bfung ber mir vorgelegten Aufgabe ganj Ijätte r>er$tcfytcn
„müffen, wenn bie '»Phrenologie in tyren Sa^r^etten nidjt fo.
„feljr flar unb beftimmt wäre. 3$ fann trofc aller <5c$wieTta/
„fetten bie fofgenben Urteile mit Sicherheit aufrechen,. , , n
Vergleichungäoermbgen ift (wenn ber Umriß über-
haupt über bie obere (Stirn genommen ift) groß in 2, 6, 9, 1 2,
15, 18; f$h)ä($er al« <Schlußt>ermb'gen in 8.
<Sdb(u ßfcermögen ift groß in 1, in 8 gegen Vergleichung«-
t-ermögen; in 16 jufammen mit VergleichungäoermÖgeu ; Hein
gegen VergletchungSoermßgen in 2, 6, 12, 13, 15.
3beafität ift grog in 1, gegen <£rwerb«fmn in 7, 10, 11,
16, 19; «ein in 4, 13.
@rw erb «finn ift (wenn bie Umrifclinie, wie über bie
obere Stirn, fo über bie $>ölje be« Seitenfopfe« läuft) gro§ in
8; mittelmäßig ober fchwach in 1, 3, 6, 7, 10, 11, 16, 19.
(£>ie tfinie niebriger laufenb gebadet , mürbe ftatt (hwerbsfinn
Jifrmft* ober Skuftnn treffen.)
ZI) ixt ig feit «finn ift groß in 1, 15, oiel Heiner ober
mittelmäßig in 9, 12, 16, wenn in ben brei testen ftäüen bie
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Sötlbergallerte. 399
Umrifjlinie nid?t etma fefyr entfernt über bem (Geljorgang läuft,
unfe.W niebt itöer lefctexem boe^. bie ftarfe SluSmölbung mie bei
1 unb 15 pnbet. : . . .
Äampffinn ift groj? in 18, mittelmäßig in 16, unb fcemt
bie fcinie gan$ genau ift, in 20. —
„pr bie fltichtigfeit biefer meiner Urteile bürge id) natür<
„üch nic^t bto« in Söe.uig anf uufere Umriffe, fonberu in $3e-
„jug auf alle gälleohnc^uSnahiuc Senn ber
„freuublictye Vefer ber (Gartenlaube bie Phrenologie in tyren
j,2$atfa$cn prüfen wollte, unb er fänbe einen 3)?enfc^en mit
„einer »Oberftirn, mie 2, 9, 12, unter beffen Xalcnten bie
„®abe be« miffenfchaftlichcn 33egreifeu8 nicht borragte, ober
„einen üttenföen mit einer Döllen ©eitenftiru, tote 1, 16, ber
„nur für nüchternes treiben Sinn fyätte, ober einen ättenfehen
„mit einer finalen Seitenftirn, mie 13, bei bem ber Sinn
„für 3beale£ ein herrfchenber 3ug märe, ober einen SWenfchen
„mit ftarfer plle über bem Ohre, mie 1, 15, ber metbifcb
„meich märe, ohne Äraft toeber jum £anbeln, noch jum 3»IV
„nen u. f, m., fo mürbe er gleich bei bem erften folgen Salle,
»ohne erft nach einem gmeiten fuchen $u muffen, bie Phrenologie
,,al« untpafyr erfennen, ,
3um fSchluffe erlaube \ä} mir, an bie Herren, oon bereu
köpfen bic Umriffe bor un8 liegen, eine ergebene $itte 31t rieten.
ÜJachbem i$ über bic Umriffe mit ber grölten üttüfye nur fo
tuenige unb meiftentheilS unfi^ere Urtf>eile auäfprectyen fonnte, fo
mürben mich bic £erren 511 oielcm &anfe ocrpfli^tcn, menn fic
mir freunblichft geftatten mollten, ihre Äöpfc ju unterfuchen unb
oon itnien olnie SD?ü^c biet botlftänbigere unb beffere, meit mtffeu-
fchaft liiere (Sharafyerbilber gu geiebnen.
$lm 8c^luffc be$ blatte«, ba$ ben borftel;enbcn $luffafc ent=
hielt, braute bie Gartenlaube aU 8llfafe J» bemfelbcu bie folgen*
ben geilen:
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40U
©Ubcrgaflerie.
Mameii ber Wänncr, bereu ^djäbelumriffe nnfere flbbilbmig
barfteüt:
1. <§c$utse*£)eü$fc$. (Einige ber £auptfetten int (St-
raftet be« großen 3$olf«ma)tne« reebt treffenb cfyarafterifirtJ - —
2. qjrofcfi er 33 o (f . ($ert>eimticbung«finn ? »tfaf (Srmerb bebaebt ?-
Seine bieten Patienten looüen nichts bai>on bemerft fyaben!) —
3. aar! ®ufefore. — 4. Sufitti ftauctycr, 9flitgtieb ber
preufcifcfyen jroeiten Cammer. — 5. ftnebrieb ®erftacfer. —
6. Dr. 3ofepty, ber frühere fräftbent ber fä$ftf$en streiten
Hammer. (ftetn praftifefeer ®efd?äft«mann? 3tcmft$ fefjlgefetyoffen,
$crr @$e*e!) — 7. ^rofeffor 9toBmä§ler. — 8. 9War 5öirtt>,
ber befannte ^attonal&fonem. (Crrroerbsfinn V 33erfyetmü$ung«finn
ftarf? mu niebt rec^t antreffen n — 9. t>6n ber $forbten.
(SBorfictyt f<$macfy? Sa« meint ber Sur,burger Diplomat ba-
ju?) — 10. ^rofeffor Dr. t>. © ächtet. (SWann ber $b<mtafie?
Verträgt fieb ba« mit bem Corpus juris, mit ^anbeften unb
3nftitutionen?) — 11. £ofratf> ^rofeffor 51 l brecht, einer ber
®ötttnger ©ieben. — 12. ÜKittifter ucn ftalfen ftetn tu
£)re«bcn. — 13. £tcfyatf cfyef. (Slnbern im (Sanken ntd?t über^
legen? SLMrb bem berülmtten Xenor ntctyt in ben Sopf trotten!) —
14. 2>(fyaufpieler t>ott fticlifc in Sefygig. — 15. 9lbolf
SBSttger. (3bealität fcfytoäcfyer, (5rroerb«finn jtemlicfy ftarf, )pxnt-
*tifc$c Atting? Unb bei atlebem ein beutfetyer £)t<$ter??> —
16. föo bertcr) «enebir. (95Mr ^retefttren nicht gegen bie
„t'teben&üürbigfeir biefc« ßopfe«.) — 17. ton ber lann.
«gm 9ftann be« ©iffen«? SMelleictyt fteeft feine ffiifienföaft in
ber (Scheibe feine« Säbel«!) — 18. Oberconfiftorialpräftbent
». $ atief in üflünctyen. (3a toofyl, tfampffinn, ber Äampfftnn ber
„Kcclesia militans".) — 19. <oofconbttor Stabtraty ©. g e t f d) c
in Veip^ig. (ftetn 2J2aun be« (Srmerbe«? Setter Sinn t?at al«*
bann bie großartigen (Stabltffement« unb $äuferbauten be« $errn
g. wrfdbufoet?^ — 20. Dr. ?trtl;ur Vufce in tSötfyen. (So
bleibt l>ier „ber 9)?ann be« ©iffen«", ber große „SöunberljeU*
fünftler"?)
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Söübjprgaaertt. 401
3ucrft ein SÖort über bie fpottenben Söemerfungen , welche
bic ©artentaubc $u meinem ?luffafe jn machen fid^ erlaubte. 2Ber
ofme alle tfenntuifc ber ^fcrenotogie fie nur barum für eine £fyor*
fyett fyält, weil er irgenb einen namhaften ©elefyrten fie fo nennen
fyert, ber fann leicht burefy einige richtige ptjrenotogifcfye ©eur=
Teilungen, ton benen er 3eu8c opcr burefy c*nc Populäre
Qjrtäuterung ber fo Maren sJiaturwiffenfcfyaft oou feiner fatfcfyeu
9(nfi$t jurücffommen unb oon ber Söafyrfyeit ber ^Phrenologie über*
jeugt werben, ^leljmen wir ba« ftolgenbe an. £>err Äeit fanb
bei einem §utmad;er eine Sammlung oerfcfyiebener Scfyäbetformen,
nnb fein erfter ©ebanfe babei war, wie ein 5luffafc über biefe tnter*
effante Sacfye fiety trefflicfy für bie ©artentaubc eignen würbe. (§r
mä^tte fid> eine Bafyl ber Umriffe an«, ließ fie in oerfteinertem
9)Jafeftab anf einem 23tatt jufammenftellen, unb legte biefe« fxo*
feffor $ocf oor, inbem er itnn feinen Sunfcfy au«fpradj, in ber
©artentaube @tma« barüber ju bringen. Da müffen 3ie fid>,
erwieberte S8od lätfyelnb, an einen ^fyrenologen wenben ; fetyretben
Sie an Sd?eoc, ber fabricirt 3fynen oieüeufyt einen fotcfyen Huf*
fafc. 9tber wa« Ratten «Sie oon ber Sacfye? fragte i>err Äeil.
X)ic Phrenologie, antwortete ©oef, ift ein Unfinn, wie tety in
meinen Söerfeu unb öfter fonft erflärt fyabe. ©Clauen Sie biefe
Umrtfjlinien an : fo wenig 3te etwas Sichere« über bie betreffen*
ben (Styaraftere 511 fagen miffen unb fo wenig tdj bie« weijj, fo
wenig weife e« irgeub ein anberer 9Wenf<$. Sa« ber ^fyrenolog
barüber fcfywafet, ift teere« ©efafel: ein ptjrenologifcfye« Urteil
ift richtig, ba« anbere falfcfy, lote e« ber ^ufatt giebt. ©0 fönnen
mir alfo, fragte §err fteif, einen ^luffafe über biefe Umriffe in
bie ©artentaube nietyt aufnehmen? 3m ©egenttjeil, erwieberte
Söocf: ba e« nod? fo oiete Dummföpfe gtebt, bie an ba« 3^8
glauben, fo märe c« t>on 3ntereffe, ben Scfyminbter fiefy in feiner
eigenen Scfyttnge fangen $u taffen; e« mirb für bie ©artentaube
ein grofje« ^erbienft fein, bie« toeranlafct 311 fyaben. So fenbet
atfo §err Äeit bie Umriffe an Scfyeoc unb fragt wegen eine«
Stuffafee« für bie ©artcnlaube an. £)ie Antwort ift bejatjenb.
Slber ber 5luffafc bleibt fet>r tange au«. £err ftetf, welkem ber
2lu«fprudj 39ocf« ba« 3utrauen $ur Phrenologie, aber nietyt ba«
Sdjeue, *l»renoIoflii^ »Uber. 3. *ufl. 26
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I
402 »ilbergaflerie.
3ntereffe für bie Umriffc unb für ben Suffafc genommen, n>irb
fefyr ungebulbig. SDtan fann bod>, äußert er, über biefe bloßen
Umrifjlinien unmöglich biet fagen! loa« toirb ber ^renotog ba
am (£nbe 2Ule« $ufammenfalbabern ? (Snbltdj fommt ber ftuffafc
an; er ift biet länger, alt §err fteil ermartetc: er lieft tyn fo*
gleicty gan$ burefy unb fommt bann bamit }u feinem ©ecretär.
£)er Siuffafe, fagt er, ift ba« gerabe (Segentyeil bon bem, n>a«
nur erwarteten, unb ®od ift mit feinem UrtyeU über bie ^^rc*
notogic auf bem ^otjroeg. !£er ?(uffafe ift ganj objeettb unb
loiffenfctyaftltcfy gehalten, ofme eine @pur bon leerem ®cf($tt>äfc
ober ^fyantafteret : bie meiften Urteile finb richtig, unb einige
fo auffaüenb, ba& fie unmöglich auf bem j&tfail berufen fßnnen.
Unb müffen benn niebt, — fügt £>err Steil, bur<$ ben 5luffafc
belehrt', (jinju, — müffen nidjt, ba ba« (Seljirn ba« Organ be«
(Seifte« ift, bie großen SBerfdnebenfyettcn ber (Seln'rngeftatten mit
ben großen Sßerfcfyiebenfjeiten ber Gtyaraftere in 3«U™tmenfyang
ftefyen? Senn ba« SSorbergefyirn bie Organe be« Kenten« ent*
fyätt, menn ber 2Mer einen großen Genfer mit boller, einen
<3cfyn)ad?finnigen mit flauer @time malt, warum foüten nicfyt
ebenfo bie übrigen ©elurntfyeile ir>rc Söebeutung für bie übrigen
®etfte«rräfte, für bie Xriebe unb Neigungen fyabcn? $ur$, ber
3tuffa^ fyat mtcfy tfyeil& burefy bie lmffenfcfyaftlicfye 33efyanblung ber
Sadje, tfycit« burd; feine 9iefultate bon ber Siffenfdjaftlicfyfeit, ja
im (Sanjen bon ber Safyrfyeit ber ^fyrcnologte überzeugt. §ätte
idj nun freie £>aub, fo würbe idj beu 5tuffafc fogleitfy in bie
(Gartenlaube aufnehmen unb jneinc bolle Slnerfennung mit 93er=
gnügen in einigen Sorten beifügen. Sie unfer Sölatt ben 3rr*
tljum befämbft unb ben Unfinn geißelt , fo I;at e« bie fcfyenc
$füc$t, bie mifefannte unb berfolgte Safyrfyett }ii befäüfcen unb
i^r nadj Gräften jur 2lnerfennung ju bereifen. £)ocfy tote
fdjabe, — fo fcfyliejjt £crr ÄciC mit einem feueren Scufjer feine
Sorte, — baf? bie« Slllc« wegen ©od unmögüd? ift! >)cdd)bem
er einmal bie ^fyrenotogie für Unfinn erftärt Ijat, fann er fie
nid;t, n>eber mit Sorten, no<$ tljatfäd;licfy bur$ bie 9Jufnalnue
btefc« Sluffa^e«, für eine Safyrljett erflären, wenn er auefy jefct
bon biefer Saljrljeit boUfommen überzeugt wäre. Uebrigen«
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SMlbcrgatteric. 403
fommen mir baburdj mit Scheue, gegen meieren ich mich $ur Sluf-
nähme be« 2tuffafce« verpflichtet habe, in einen fchltmmen (Sonflict.
ß« foU mid) munbern, tt>ie Jöocf fid? unb im« an« btefer ^atfe^c
$ieht. Diefe« mirb, bemerfte lächelnb ber Secretär, für ©ecf ein
Veichte« fein: er ftreicht bie beften unb michttgften Stellen au«
bem Süiffag meg, macht Um baburch au« einem guten unb totfjen*
($*ftft$en $u einem oberflächlichen unb merthlofen, unb befommt
fo Gelegenheit, ftatt 3^rer anerfennenben Sorte einige Sifce unb
Spöttereien bartiber beijufügen. ^fui! jagt £>err $eil, mir
motten boch fo Grtma« nicht fyoffen!
Senn ber i'efer bie ilmt borgefegten beiben Geftaltcn meine«
2foffafee«, bie wahre unb bie gefaxte, bie teuere mit ihren £u*
gaben, aufmerffam vergüten hat, fo !ann er fid) bielleicht meinen
©eelen$uftanb borftellen, al« ich, ba« Sölatt ber Gartenlaube in
ber £>anb, fo auf einmal bie gange SBermüftung meine« getfttgen
(Sigentfyume« unb meine fernere miffenfehaftliche s)iiebertage über*
flaute, Der Schlag, ber fyier gegen mich unb bie Phrenologie
geführt mar, mar für mich feljr hart- 3$ war geiftig fo ge*
brocken ober niebergebrüeft, mie ich nicht geglaubt hätte, e« jemal«
merben $u tonnen. So tauge ich bie ^(^renofogie fannte unb fo
tauge ich fte beitrat, mar nie ein üÖiafel auf fie gefommen; in
alten Hebten unb großen kämpfen, fo biete £mnbertc ich DCV™
au«gefochten, hatte ich fcen Sicfl baoongetragen. Unb jefct mar
ich ^ oen Stugeu be« gangen ungeheuren Öeferfreife« ber Garten*
laubc burch mich f c £ b ft getragen, bie ^Phrenologie, bie flare
9iaturmiffcnfchaft, fogar fchon burch bie Ueberfchrift meine« Äuffafee*
miffenfehafttich bernichtet, unter bie 3)? ^ f t c r i e n bermiefen. Denn
sJiiemanb fonntc ja bon ben gegen meinen Sitten gemachten $ür*
jungen ober ber gefällten Ueberfchwft be« meinen tarnen tragen*
ben Sluffafce« nur eine 2lhnuil8 ha^en-
Mein mein Gefühl ber geiftigen sJiieberlage ober 'Ohnmacht
mährte nicht länger, al« einige SWtnuten. Weine (SmpBrung
über bicApaublung richtete mich juerft mieber auf. Vebcn mirbenn im
2G*
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»
404 SMlbergatlerie.
neunzehnten Sahrfmubcrt, ober im fc^jctjnten? Sinb £intetlift
unb Gemaltthat, mie flc Inet borliegen, belfere uub eblere Stoffen
gegen bie SßSa^r^ett, als Werfer unb ©Weiterlaufen? Schnell
^atte ich weinen gangen üDhith lieber burch bic Hoffnung, baß
ich *n bewt beborftehenben Sampfe ben Sieg babontragen müffe.
SDie ftrage mar: ma$ ift gu tlnm? 3ch orbnete fa)ncUfteu6
meine Ilcinen Angelegenheiten in ÜDreSben unb fuhr nur gmei
Xage fpäter, als ich ^ berhängnißbolle 23latt ber Gartenlaube
erhalten, meinem, mte ich & iw Scherge, tyalb *w (Stufte
nannte, l'eipgiger Schtachtfelbe entgegen, 3>er $öeg, ben ich "«^
reiflicher Uebertegung in meiner Sad?e gu gel;en gebaute , mar
ber, fomehl gegen Aperru teil, als gegen meine mirflichen fteinbc
guerft m&glichft lieblich aufzutreten. 3dj tydt es nicht für im*
möglich, bafe id? £>errn $cit mit £ulfe feines SöemufttfeinS, mir
fchmcreS Unrecht gethan gu haben, gur Aufnahme eines ober eini-
ger aubrer Huffä'fce bon mir beftimmeu fonnte. 3n biefem ftallc
fonnte ich ben üblen (Stnbrucf bcS berftümmelten 3luffafceS burch
S3effereS bcrmifd;cn, unb SlllcS fonnte auf frieblichem SÖJege gut
metben. $or Willem auch *ww es nctln'g, baß ich $errn fteil gur
Aufnahme eine« 9cad>morteS gu meinem 5luffafc beftimmte, mo=
burch bie l'efer ber Gartenlaube meutgftenS bon ber Skrftümmc*
hing unterrichtet mürben. Auch bie« mar am befteu nur burch
gute Söorte gu erreichen. Uefaigen* mar es mir gar nicht ferner,
£errn teil meinen Groll gu bet bergen: ich hatte in bei £l>at
faft feinen Groll gegen tl;n , beim er mar ja , mie ich überzeugt
mar, nur baS 3Berfgeug in ber £>anb eine« Anbern: er mufjtc
gmar, als er gu ber Sache gegen mich bic $anb bot ober bieten
mußte, bajj er unrecht, aber er mußte nicht, mie unrecht er gegen
mich ^anbcltc. SJJein erfter Gang in l'eipgtg mar gu Unn: ich
fagte ihm, baß er gemijj felbft nicht miffe, maS er gethan, bafc
mein Auffafc burch bie großen tfürgungen fo gut als nnffcnfajaft*
Uch bemichtet, baß gerabc baS Sfllettoia)tigfte barauS geftticheu fei.
3ch erzählte Unit, maS ich ^tn ergäbt hak, — mir traten mähreub
beS GefprächS in baS anftofcenbe Limmer beS SecretärS, — baß ein
Bhceunb bon mit in Bresben mir abgerathen, mich auf üic fl^nge
Sache eingulaffen, baß ich <wV* «W einet Stelle millen bie itfer=
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«übergafleric. 405
&ffenttichung be« 3luffafce« getragt, unb baß gcrabe auch biefe
Stelle geftrichen fei. 9l(« ich oon meinem geheimen $einbc fpracb,
ber offenbar bie Stretdnmg oerantajjt habe, mtberfprachen mit bie
beiben §erren auf« (Sntfdn'ebenfte. 3d; berief mich gegen ben
Secretcir al« ben ftarften «ernei« für meine Behauptung auf bie
Streichung ber Keinen 9toft, in ber ich auf meine w^^renotogi=
fchen SRctfebUber" fn'ngemtefen , mofür ich mir ton ihm bie au«=
brütftiche Grrtaubnift erbeten ^atte. 3d; fefete ihn fcharf megen
biefer Streichung gur $ebe, bie ja boefy nicht oon ihm herrühren
fonnte. (Sr tonnte fein SBort ermiebern unb ich fah ihn auf £errn
Mi einen serftotjtenen «lief be« SBcrftänbntffe« merfen. $)ie S5er=
tegenl;eit ber Herren mar mir felbft fo peinlich, bafj id) au« 5D?it=
leib,* um biefetbe iüd>t noch gu fteigern, bie ftragc unterbrüdte,
bie ich auf ber 3unflc ^atte, oon mem bie fpottenben «emertungen
über meine Urtfjcitc herrührten? (S« mar ja fctbftoerftänbttcfy,
baß eine unb bicfclbc £>anb bie Streichungen unb jene Söemer*
hingen gemalt. 3d? fyätte au« bem 9)iunbe ber -Sperren bie Uu-
maljrheit, bie ja aflein für fic übrig Hieb, nicht hören mögen,
baß bie fpottenben «emerfungeu auch oon Knien tarnen. §err
teil geigte fich gegen mich fcl>r nachgiebig unb gefällig. 31t« ich
ihm fagte, e« fei jefct vor 9Wem nöthig, baß id; in einem «einen
Wachmort gu bem SCuffafee bie Vefer ber (Gartenlaube toon ben
Streichungen unb bereu Bebeutung für ben 9luffafe unterrichtete,
auch bie tabetnben «emerfungen über ben Süiffafe am Schliffe
be« «tatte« berichtigte, geigte er fich fogteid) gur Aufnahme biefe«
s)tad/morte« bereit unb mar fid;tüch froh, um biefen mohlfeilen
^rei« oon meinen ißormürfen frei gu werben.
Üflctn nächfter «cfuch gatt meinem geheimen $einbe,
menn bie« mehrere maren, einem berfelben unb jebenfalt« bem
hauptfächtichften : ^rofeffor S3otf . Da «od ber ^h^notogie feinb
mar unb ba er bie (Gartenlaube gang beherrfchte, fo mar e« mir
hechft loahrfcheintid;, baß er bie Äürgungen meine« Sluffafee« Oer*
anlaßt ^attc. ®emif?heit ^attc id) barüber nicht, meit ja außer
«od noch biete geinbe ber ^h^e"ot°gie in $eip$ig tebten, metche
oietfeicht fooiet (Sinftuß auf bie Gartenlaube hatten, um mit bereu
£üfe jenen Streich gegen mich Ju berüben. «efonber« mar mir
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406
SilbergaHerif.
ton früher ein gctvtffer Dr. <K. im (GebachtniB , ber mir immer
al« ba« dufter eine« nriithenben (Gegner« ber ^Ijrenologie galt,
ba er burch eine Slnjeige im tageblatte bie llnterbrücfung meiner
SBorlefungen 511 ben>irfen tcrfud>t hatte. Crin fol^er 2)?ann blatte
ebenfo gut n?te ©ecf ber Schulbige fein. Der (Srunb meine«
33efuche« bei $dod mar übrigen« ni^t ber, bem Urheber jener
Xfyal nach$ufpüren , fonbern ich mellte mit $ocf befannt tocrben,
meil ich nnr burch ilm meinen 3mecf, bie Aufnahme eine« ober
einiger ^luffa'tje ton mir in bie (Gartenlaube, erreichen tonnte.
3ch ^atte Söocf« Äopf nun bereit« zweimal öffentlich beurteilt,
einmal in meinen „^fyrenologtfdjen SReifcbilbern" nach einem
©Übe in ber Slluftrirten 3c*tlll,9 ^ anbere 2ttal unter ben
Äopfumriffen in ber (Gartenlaube, aber beibe 3Me nac? ber
mangelhaften Vorlage itatürttc^ fehr ungenügenb. 3dt) moHte nun
33otf « Äopf grünblich unterfuchen, barüber eine au«füljrli($e (Sha*
rafteriftif au«arbciten unb ihn bitten, 511 geftatten, ba§ biefe in bie
ÖaTtenlaube aufgenommen mürbe. 3$ fyielt e« niebt für unmöglich,
ba§ er hierauf einginge : ich meinte, er merbe entmeber eitel genug
fein, mir bie SMttc 511 geftatten, ober 511 ftolj, fie mir abju*
f plagen.
3$ trat bei S3ocf ein : ber (linbruef, ben feine ^erfbnlicfyfeit
auf mic^ machte, mar ein gemifc^ter. Söocf imponirt fofort burd>
feine entfdjiebene 2)fannlidjfeit unb #raft. ÜDer breite unb gro§e
Äopf mit ber entfprectycnben Äörpergeftalt macht einen in einer
£Mnfictyt fehr günftigen Grtnbrucf. dagegen finbet fich in ©oef
fein 3(u«brucf ton feinem (Gefühl: bie gan$e (Srfcheinung (a!
etma« äufeerft SWaffioe«. 9)Jeine freundliche 33egrü§ung, meiere
ich in einige Söorte über unfere literarifd?e (Gegnerfchaft einfleibetc,
mürbe oou Söecf eben fo freunblicb ermiebert. Unmittelbar baran
fnüpfte er bie Söemerfung, bafc er gebort, icb §abc mich &ei £errn
Ä'eil n)egen ber $ür$ungen meine« Huffafcc« beflagt unb ton einem
geheimen fteinbe gebrochen, ton bem biefelben au«gegangen. SWan
habe auch Won ton anberer <2eite ihm nachreben mollen, ba§ er
bei bem Stuffafce bie £>anb im spiele gehabt: aber er fßnne mich
terfichern, bafc nur £err Äetl unb fein ©ecretär bei ber (Sache
betheiligt feien ; er felbft h^e ben Sluffafc noch "tc^t einmal gauj
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«ilbergatterie.
407
gelefen. 3ch mar erftaunt über biefc Selbftcntfchulbigungen $ocf «,
bte mit al« fo biete Selbftanflagen erfreuten mieten ; noch meht
aber fiel e« mir auf, baß ©od ton meinem ®efu$ bei ^>crnt
fteH fclmn Äenntnlfe ^atte. ®egen bier Uhr hatte td) §crrn #etl
oetlaffen, ohne ton iöoef gefpxocheu 511 fyaben unb o^tie ju fagen,
baß ich ihn befugen mollc. 3d? mar ton ba in bte föeftauratton
jur ^oft gegangen, mofyin, mic ich mußte, SBorf menigften« früher
regelmäßig tarn, um mief; nach feiner Sohnung unb nach ber
3eit, mann ich ifni am mahrfd)cinlichften ju §aufe fänbe, ju er*
fimbigen ; unb al« ich bon ba gegen fech« Uhr ju 33orf fam, fanb
ich ihn fchon bon meinem S3efud()e bei £errn $eil unb ton meinen
SSer^anblungen mit bemfelben unterrichtet!! Stuf feine gegen*
^eiligen Behauptungen ober 23erftchcrungen ermieberte ich
bag bte Sache mit bem geheimen feinte feinen Bmeifel leibe,
ba bie Bemeife 51t Hat borlägen. 3d? fagte ihm bon ber Sich*
tigfeit ber geftrichenen Stellen für ben Äuffafc unb mie e« gang
unmöglich fei, baß bei biefen Streichungen ber 3uf«U opeT
guter Sillc gemaltet fyabtn fönne. Säljrenb unfere« motteten
®efpräch« fprang Söocf mobl breimal ohne nähere SBcrantaffung
mieber auf bie Sache be« ^luffa^e« über, inbem er mich immer
berfichern molltc, baß ich *m 3rrthum fei, tu>t an einen geheimen
$einb ju beuten, bafe er bie beiben getreu ganj genau fenno, um
ton ber Wahrheit ihrer 2lu«fage bollfommen überzeugt ju fein,
u. f. m. Da« eine 2)?al auch füflte W fymiu, ich Bnne mich ja
burch ben Slugenfchoin ton ber Sattheit überzeugen, inbem ich
(im SWanufeript ober bor ßorrectur) nachfehe, bon meffen $aub bic
Streichungen gemacht feien. Qx meinte alfo bamit, menn ich ^
Streichungen nicht bon feiner £anb gemacht fänbe, fo müffo mir ba«
ein Bemei« fein, baßfie nicht bon ihm herrührten ! (Srmiebero tonnte
td; ihm hierauf nicht«, bic Sache mar mir $u ftarf: jefct aber mußte
ich obonfo gemiß, baß bie Streichungen ton ihm gemad;t maron, al«
menn er mir bie« mit flarou, einfachen ^Borten eingeftanben hätte:
ich mußte nur ftaunen, mto ba« bijfe ®emiffen auch einem gefcheibton
ÜWonfchen fo gang bielleberlogung nehmen tonn. 311« ©od ba« lefcte
9)?al auf fein £h«na über fprang, fagte tdj ihm mit fttrgen unb bc*
ftimmten Sorten, baß er ja bie Sache nicht tonne unb baher un*
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408
3?tltcr3JÖerie.
mcglicb ein fieberet Urtfjeil barüber fyaben f einte, bafc, trenn er
fie fännte, er beftimmt meine Ueber^eugung teilen würbe.
?ll« id> ®od meine SMtte au*fpracb, bap, nacktem icb feinen
Äepf Wen zweimal fo mangelhaft unb wiffenfcbaftlicty uiigenügenb
beurteilt Ijabe, et mir eine wirttiefce unb grütiblictye Unterfuc$ung
geftatten möge, fo antwortete er, etyc icb tte* |U (*nbe gefpreetyen
unb ben weiteren 3wecf genannt, ben icb mit ber Unterfinning
rerbanb, mit einem triebt barfeben, aber fategorifetyen Kein. Dtefe
nnbebingte 3$crwcigcruitg aneb nur ber Äopfunterfudnutg felbft,
abgeben reit bereit 93eroffeutlicfyung , fyatte i($ !aum erwartet.
3d> 50g barauä $wci 3ct)(üff c , oor Ottern, baß 39ocf ron ber
©afyrfyeit ber ^breitelegie überzeugt ift. ©er bic Phrenologie
für ein £irngefpinft fyält, rertreigert nicfyt leicht bie Unterfucfyuiig
feine« $opfc$, fonbern freut fieb, einmal tfyatfäcblicb bie 3rrigfeit
biefer Veljre bargetl;an ju fefyen. 9)?ein jirciter 3d?ltt§ war, bap
S3ocf in feinen wirfttcfycn (Styarafter$ügen nicfyt ron mir gefanut
fein trollte.
£ur<$ 33ocf $ Verweigerung ber &opfuiiterfu#ung famen wir
auf bie Senologie felbft ju fprecfyen. $ocf wollte e« fonberbar
fitibcn, baß icfy ron einem 3°^c betragenben Unterfcfyieb unter
ben Äepfgeftaltctt fprecfye. 3$ bat ifnt, bie £anb auf meinen
&opf ju legen, wo i$ ifmt einige Stellen bemerflidj machen Wollte,
bereu fcljr ftarfe ober fefyr fdjwacfyc ^tttwicflung gegen manche
anbere ßopfe wcnigfteuä jwei £oii beträgt. Allein er weigerte
fi$, biefe Slnfdjauung }U gewinnen, tra« nur bie (Jrflärung 511=
läßt, bafc c« ifmt unangenehm gewefen wäre, fid? ron einer pljretto*
logifd?en 3Ba^r^eit überzeugt befennen 311 muffen. 3cty fagte SBocf,
ich rerftänbe bie Ätinft, iebett itheoretifchen) (Gegner ber $&reno=
logte burch einige fragen ju ihrer (t^eoretifc^en) Slnerfcnnung jtt
nötigen: ba$ Keine $unftftücf fei mir noch niemals mifjgtücft
unb ich bitte tytt, es auch bei ihm rerfuc^en ju bürfen. (5r gc=
ftattete bie« unb ich [teilte an ihn bie folgenben fragen. Crrftc
ftrage: 3ft nicr)t ba$ ®ehtrn ba$ Organ be« ®etfte$? (5r be*
jal)t. 3trette ftrage : Sinb nicht bie ©eifter ber einjeliien flJienfchen
fefyr rerfchiebett, inbem ber eine SWenfch (Gefühl«5, ber anbere
23crftanbe«mcnfch ift, ber eine biefe ^eibenfcfyaft, biefe« Xalettt ^at,
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«tlbergaffcric. 409
bot anbcrc jene« ? 33cja^inifl. dritte $rage: Sinb nid^t bie
Geljirne ber 3)?enfd)en fetyr ocrfdjieben in tf>rcr (^eftatt ober in
ber &rc§e iljrcr £fjctlc, inbent ein Gctjtrn fjodj, ein anbcrcS
niebrig, eine« breit , ein anbere* formal ift, bei einem bic der-
beren , bei einem emberen bic Hinteren X^eife großer finb? 33c*
jafjung. SSicrtc unb entfebetbenbe ftrage: 3ft e$ roat)rfc^etntirf;
ober anjuneljmen, baf? biefe beiben großen ^erfcfyiebcnfjeiteu —
bic bc$ (Reifte« in ber Starte feiner Gräfte, nnb bie be8 Geiftcfc
organ« in ber GrSfie feiner £ljci(e — unter fid) im 3ufammcn'
fyange fteljen ober ntc$t? Söocf fd;icn anfangt burdj bic etnfaebe
Satyr^it ber Sacfye ettoaS verblüfft ju fein, allein er buxcr)f>teb
mit Getpalt ben tnoten ber ©dringe, in ber ich tyit gefangen.
„Damit bemeifen Sie nichts", fagte er ungebnlbtg nnb ba« £fyema
lutj abbredjenb, „unb glauben Sie benn mirflich, bafe «Sie einen
9)?oljren , mie mich , meijjmafdjen fennen ?* W\\ anberen Sorten
fagte er bamtt: „Senn auch alle Grünbe für bie ^renotogic
fprechen: ich will einmal oon biefen Grünben unb Sattheiten
nichts nriffen". Ober: „Obgleich id) oon ber Sahrheit ber
^Phrenologie überzeugt bin; fo fiJnncn Sic boefy begreifen, ba§ ich
biefe Ucberjeugung nicht eingesehen fann". 3ch oerftanb 33ccf«
Sorte unb oerliefc ben Gegenftanb, tocil tcl> mir feinen guten
Stilen erhalten mufete. Da nämlich S9ocf nun einmal Derjenige
mar, burd) ben allein, mic ich hntfctc, id> meinen <ßlan erretten
tonnte, einen Sluffafe in bic Gartenlaube }U bringen, fo mar ich.
tebigttch an feinen guten Sillen getoiefen. 3$ bat ihn aud) fo*
fort, ilmt einen Keinen Sluffafc „lieber ben Scfyriftftcllcrbcruf ber
grauen", melden id) für bic Gartenlaube paffenb hielt, oorlcgen
ya bttrfen. (£r erlaubte gern, bafc ich ifym ben 9luffafc brächte,
unb ich verliefe ifni nicht ohne Hoffnung, meine Sache auf frieb*
liefern Sege georbnet ju fc^en. lieber ©ocf'S $opf fn'er noch
bie 9cotij, ba§ ber Umrij? in ber Gartenlaube (s^o. 2) in ber
SDfttte ber Oberftim ganj unrichtig ift; $erglctchung«bermc,gen ift
bei SBocf biel fchmächer, alö bort bezeichnet.
lieber baS Heine ^adjtoort }it meinem Huffafe, melcbe« £err
$eil in bie Gartenlaube aufzunehmen mir oerfprochen, t>atte ich
mit tfym einige unangenehme Verhärtungen. 3$ tonnte nicht
410
»ilbcrgaHeric.
umhin, ihm über feinen Langel an ®cfäüigfcit gegen mich, ben
er fo ferner oerlefct hatte, Vorwürfe ju machen, bie er mit einem
Slchfetytcfen beantwortete. 3ch fonnte beutlich fühlen, wie hinter
/perrn Steil mein fteinb mir gegenüberftanb. (£r geijte mit bem
Raum weniger &c\icn, [trieb fn'cr ettoafi weg nnb fefete bort etwas
|U« 3ch hatte ). 33. auSbrücflich flefagt, baß bie Sürjungen olme
mein ©iffeit gemalt waren unb baß ich fehr erfchraf, als ich
meinen 2luffafc fo oerftümmelt fanb : ich mußte bieS ftreichen nnb
baftir fegen, bie ^ürjungen feien bon ber föebaction gemacht,
was, wie £err $ctl meinte, fcfyon auSbrücfe, baß fie nicht bon
mir ober mit meinem SBiffen gemad;t feien, ftcxnn mufjtc ich
bie offenbare Unwahrheit fagen, ba§ bie ßftrumgen beS belauften
SHaumeS wegen gemalt feien. Unb fo noch Ruberes. 33et Bauchem
aud? behauptete idt> meinen ©illen. 3$ fagte j. bafe „trofe
ber großen Sdmnerigfeiten weit bie meiften meiner Urteile
richtig wären", nnb blieb babei ftefyen, obwohl §err teil mit
biefem „weit" nicht einoerftanben war. 3BaS fyatte cS £errn
Äcil $u fümmern, was ich felbft in meinem Sluffafc oon mir
fagte? deicht er, fonbem bie $efer Ratten barüber $u urteilen,
ob icb recht ^abe ober nicht. 211s wir uns enblich oerftänbigt,
battc ber flehte 9lrtifel otel bon feiner (Sin^eit unb Stifte ein*
gebüfjt. Um fidler ju fein, bafe er jegt wenigftenS fo bliebe, wie
er war , trug icb felbft bie legte (Sorrectur in bie ÜDrucferei, wo
mir ber $err Factor beftimmt berfteberte, bafe (eine Slenberung
mehr ftattfinben werbe. ?llS baS Sölatt erfchten, fanb icb baS
erwähnte „weit" in „wohl" oeränbert. 2ftit biefem „wohl"
aber, genau betrautet, fprach ich über bie Phrenologie ober über
mieb als ^hrenDf°8CI1 23ernid;tungSurthetl aus. £)enn ich
felbft j w ei fette bamit, ob bie meiften meiner Urteile richtig
ober unrichtig wären. Um jur £)älfte richtige , jur £>älfte un-
richtige Urtheile $u erhalten, brauchen wir nur ben 3ufall, Keilte
Söiffenfchaft. 3n biefer Keinen Sache fühlte ich techt lebhaft,
wie mir fein (Gegner ber ^^renofogte, welcher ber Sahth^t getne
bie gljrc gegeben hätte, gegenüberftanb , fonbem ein boshafter
fteinb, ber bem bamiebergefchlagenen fteinbe noch fliegt einen
fchmerjhaften Stoß berfegt.
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©itbergatlerie.
411
3d> laffe f;ier ba« «eine Wadnoort feinen, ba« in 9fr. 11
ber Gartenlaube, 3 2öo$cn naa) meinem Sluffafec, erfa)ien.
$nt Skrftänbipng.
£>ie geehrte föebacttcn ber Gartenlaube geftattet mir gemtß
einige aufflärenbe 23emcrfungen über meinen 9luffajj in s)lx. 8
imb bie frittfcfyen Stetigen barüber am <Scfyluffe jene« blatte«.
SDtait fann niebt au« bem bloßen Söeruf eine« Sftanne« auf feinen
ßfjarafter fcbließen. (Sin Surift fann rea)t mofjl ein 2ftann bon
^antafte fein, trofe „corpus juris unb ^anbeften". 33et einem
TOlitär, menn er etma« Süchtige« teiften foll, mn| ba« Söiffen
too anber« „fteefen, al« in feiner @äbelfd)etbe\ ©ei bem topfe 6
fagte tety: „metyr üttann be« Sötffen«, al« praftifeber Gefcfyäft«*
mann". Unter bem teueren 9lu«brucf berftanb tdj in biefem
Gegenfafc, rote au« Slllem Kar Ijerborgeljt, ben 2)?ann be« bloßen
(Jrroerbe«. 9iun fyaben mir aber In'er einen SWann be« Söiffen«
bor un«. 23ollenb« legt mir mein $exx Krittler ganj unnötig
ben $lu«bruct „fein praftifcfyer Gef#äft«mann* in ben ÜWunb.
*8et 19 fagte i$: „fein SMann be« (Srroerbe«", unb meinte ba*
mit na$ allem 93orau«gegangenen einen ÜNann, bei bem bie
3>nffraft ftärfer ift, al« ber (Srroerb«ftnn. dagegen beruft fidj
mein $err tritifer auf bie großartigen (Stabliffemcnt« be« §errn ft.
ittein, £$ättgfeit«ftnn unb ÜDenlfraft, roeld&e in bem Äopfe 19
borfyerrfctyen, erfläreu biet beffer al« (Srroerb«finn jene großartigen
,f>äuf erbauten. — 2lbgefeljen bon biefen unb äljnlidjen SDftßber*
ftänbniffen mar idj auf« £>öcfyfte überrafcfyt, ju erfahren, baß bie
Umriffe bon einer ,£mtmanufactur fyerrüfjrten. 39ei Ueberfenbitng
ber Umriffe mar mir gefagt roorben, baß fie „bur$ ganj autyen*
tifcfye« SD^aßne^men" (morunter idj ein ÜJWaßnefymcn bon Scannern
ber Siffenfa^aft berftanb) genommen mürben, baß fie bon au«*
märt« ber Gartenlaube jugegangen, unb baß id) mtcfy o^ne <Sa)eu
über ben (Sfyarafter ber ^erfßnli^fciten äußern fönnc. £>ie« ju*
fammen, aud) baß e« gerabe 20 Umriffe roaren, maa^te e« mir
in Söerbinbuug mit bem, ma« ia) in meinen ,,^renologif$en
SRetfebilbern" bon Güttingen erjä^lte, nicfyt ganj unroafyrfcbeinlicb,
baß bie ©acfye bon 9fubolplj ©agner unb einigen ju biefem 3roecf
412
SMlbergaHeric.
bereinigten 6*etttnger Geteerten ausgegangen. Da nun aber mein
£crr ßritifer ben Urfprung ber 9J?aßc fannte, ba er bebenfen
mußte, baß id> uiebt bie^&^fe unterste, über bie ic$ urteilte,
fonbern nur eine ttnffcnfcbaftlicb fo unfi^ere £inie bor mir ljatte,
fo burfte er nid>t, mie er getrau fyat, fefte Urteile gegen midj
auSfprecfyen ober gar 9luSbrücfe gebraueben, mie ber: „3iemlid>
fefylgefcfyoffen, «Sperr Scfycbe". 2Beit meljr wäre, ba trofc Ottern
toofyl bic meiften meiner Urteile richtig waren, ein allgemeines
$öort ber 9lnerfenmmg bon feiner Seite am ^lafce getoefen. —
Sdjücßud) unb fyauptfäd&licfy bemerfe td), baß mein Sluffafc burefy
bie föebactton beS befdjränften Staunte* megen bielfältige unb
wcfcntltcbe Stärkungen erfahren fjat, bie in meinen 5lugen bem
Xilffftfee fobiel bon feinem 3Bcrt^e nahmen, baß ia) benfelben in
biefer ®efta(t nic^t als ben meinigen betrauten fann,
mie aueb bie Ueberfä^rift nid&t bon mir ift. SBiffenfd^aftltcr)
SöeffereS unb $rünblicfyeS finbet ber Vefer, ber fidj für bie ^f)reno=
logic tntereffiren follte, in meinen „'ißfyrenotogifcfyen SRetfebilbern"
(Göthen 1863), einer Schrift, bic fidj audj jur erften (Sinfüljrung
in bie "Phrenologie looljl eignet.
Jufafc. Soeben fyabc icfy miefy überzeugt, um eS gerabc
noeb l;ier anfügen 511 fönnen, baß einer ber $opfumrtffe, $lx. 15
(Slbolf S&ttger), mefcntlia> unrichtig ift. <S$ebc.
?tußer biefem flehten 9cacbh>ort totfl i$ ^ier nod) SÖenigeS fu'n=
gufügeu. 9ttetn unberufener $rittfer in 9er. 8 ber Gartenlaube
geigte fiefy fo äußerft fcfytoacfy, alles pfty$ologifd)cn UrtljeilS fo
gänzlich bar, baß man Ijiernacfy in iljm eljer einen £aien, als
einen 2flann ber Siffenfcbaft bermuttyen follte. Allein biefer 2$cr=
mutlnmg fteljt bie £fyatfa$e entgegen, ber man, um fic ju glauben
ober ju berftefycn, fo oft, tote id?, im tfeben begegnet fein muß,
bie Xfjatfad&e, baß Männer, bie in anberen SBtffenSjmeigen für
fetjr tüdUtg gelten, oft gättftttg ummffenb unb befc&ränft in #e$ug
auf ©eifteSfenntniß finb. 3$ finbe oft bei bem erften beften
Vaien ober bei einer Dame me^r Sßcrftänbniß l>foa>logifc$er Söaljr*
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«tlbcrgatteric.
413
Reiten, als bei manchem berühmten ©elehrren, befonberS materia*
liftifdjer ftächer. (§S fann j. feine einfachere ptychologifche
Sahrfjeit geben, als bie, ba& jeber 9ftenfdj, n>ie alle Körpergliebcr,
fo alle ®runbftäfte bcS Reifte« befifet, bap btefe ®rimbfräfte bei
ben einzelnen 2D?enfä)en verschieben ftarf ftnb, baft aus biefer ver*
fdüebencn <3tärfc bet ($runbfräfte bie 33erfchtebenhett bet menfefy-
ticken (S^ataftete hervorgeht, nnb bafc bie $enntni$ bes (SfyarafterS
eines SRaiftyeu batauf beruht, möglichft genau $u Riffen, mie
ftarf ober f#n>ad) bei i^tn jebe ®runbfraft gegen jebe anbete ift.
Mein es begegnet nur täglich, baß, wenn ich bei etnev pfytcno«
logifd;en Unter [udjung eine ®runbfraft gtemlich ftarf nenne, biefes
Söort ins SWunbc bes Unterrichten in ber nächften SDttaite fich in
„ ftarf in ber nächften Stunbe in „fehr ftarf", am anbern läge
in „ungeheuer ftarf" venvaubelt ; ebenfo tvenn id? einen (Sinn
mittelmäßig nenne, fo verioanbelt fieb biefeS in „fdniKich in „fehr
fdnvach", in „nicht vorhanben". ©anj biefetbe Unnnffenfyeit ober
(Sebanfenlofigfeit finbeu nur bei meinem Kritifer. 9tteiu Urtheil
bei bem Kopfe 6 : „mehr ÜJianu bcS ÜBiffenS, als praftifdher
fchäftsmann ", venoanbelt er in „fein praftifcher ®efchäftsmann".
Iber noc^ gebanfenlofcr jetgt er fich barin, baß er glaubt, vom
Berufe eines ÜJianneS auf beffen beftimmte (Stjarafterjüge fd;liej$eu
$u fönnen. Sebermann weiß, weil er CS täglid? vor klugen fielet,
baß bie (Sfjarafterjnge , Neigungen unb 2etbenfd)aften nicht nach
ben SöerufSarten unter bie 2)Jenfchen vertbeilt fiub, bafe oft ein
Kaufmann Liebhaber ber 9Kalerei, ein 3urift 9)hifif f reunb , ein
<Solbat SMdjter ift :c. 9Uir ein Kiub fönnte glauben, ber Kauf-
mann beute nur aus (frtverben, bet Soloat mit ans Kämpfen,
bet 3utift mit an feine ^toceffe. 2öie fann batjer mein Kritifer
meine ftuftfage, baß ein Gurift ^hantafic> cm SDKßMta u>iffen=
fchaftlichen Sinn habe, von vorn herein &um Srrtlnim ftempcln?
ÖS erflärt fid; bieS nur aus feiner (^ebanf enlof igt eit auf
bem ihm ganj uubefannten SiffenSgebiet. ^Jiicht viel vcrftänbtger
ift, maS er über §errn ftelfche fagt, beffen „großartige (Stabtiffe*
mentS unb £äuferbauten" er nia)t anberS als burch beffen (Sr*
tt>erbsfinn ju erflären u>ei{j. Dies ift gerabe fo, tote mich
einmal 3emanb fragte, ob niebt Napoleon einen enormen (£rioctbS*
414
SMIbfrgaHerie.
fhttl befeffen fyabc, ba er ein fo unerfättticher Eroberer getoefen.
3d; habe £errn tfetfehe'« &opf unterfuebt unb mich überzeugt,
bafc ber Em>erb«finn in ber £fyat fein ^erborragenber £ug bei
ihm ift. £err ftetfebe ^fltd^tctc mir hierin bollftänbig bei nnb
geigte ungleich mehr ©erftänbmjj in biefer Sache, al« mein tritifer.
„3ch haDe"/ fagteer, „bei bem, loa« ich machte unb toi e ich e« maebte,
nie ba« ®elb geartet, id? würbe fonft (er nannte eine gute
Summe) mehr im haften h«ben. ■ £)er ÜDJenfch, bei meinem ber
(Srtocrbäfmn oorherrfcht ober ber §auptgrunb jur X^ättgfctt ift,
giebt feinen Pfennig über ba« Wothwenbigc ober ba« fieser ®e-
winnbringenbe an«. ^Dagegen üegt e« bem 2$erftänbnijs fo natye,
ba& ber thatfräftige SDtaifö auch burdt) bie ftreube an feinen
Schöpfungen fefbft gut Efjätigfeit getrieben werben fann, wobei
natürlich aua) ber <5rwerb«finn mttfprtcht, ber ja fo gnt wie
jeber anbere @hm bei feinem 2ttenfc$en fe^tt. — tiefer Un*
wiffenheit nnb ®ebanfen(oftgfett meine« tritifer« fommt nur nod>
ber $ochmuth unb bie 9hnnafcung gleich, womit berfelbe gen>agt
l;at, bie Urteile eine« SJianne«, welcher fein ganje« Sebcn im
StubUlm ber praftifchen ®eiftc«lehre Eingebracht fyat, im Jone
ber Unfehlbarkeit unb bc« Spotte« $u fritifiren. SDiefer Jon
allein würbe jum SÖeweifc genügen, bafj £err $eil unb fein
Sccretär btefe ftritif nicht gef ^rieben haben.
Schließlich füge ich hier noch bie für bie ganje oortiegenbe
Saa> r>oc^ft wichtige öemerfung bei, bafc idt> mid) überzeugt habe,
bafe nicht blo«, wie bereit« erwähnt, bie Umriffe 2 unb 15 (*öocf
unb ©öttger), fonbern auch 19 (§crr ftelfche) unrichtig finb.
2Mm legten Umriß ift bie Einbiegung am Seitenfopfe biet ju
ftarf ; ber Unterfc^ieb gegen bie mirfliche topfgeftalt (in ber natür*
ticken (Sköße) beträgt beftimmt mehr al« einen falben $oü.
£)urch eine Photographie bom SOitniftcr bon galfenftein, bie ich
fürjlich gefeljen, babc ich wich auet) bon ber Unrichtigfeit be«
Umriffe« 12, wa« ben Stirnbogen betrifft, überzeugt, ^(uet) bie
ttopfgeftalt (Sufefon)'« glaube ich genau genug im (&ebäcbtnij$ gu
haben, um bon ber Unricbtigfeit be« Umriffe« 3 (an ber Seite
be« SSorberfopfc«) überzeugt gu fein. S)ie übrigen topfe finb
mir tyeil« nicht befannt, theil« erinnere ich mich ty*** ™fy Qanl
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Söifberßaacrtc.
415
genau. Slbcr ich fchliefec au« tiefen fünf ©eifaielen, bajj alle
Umriffe (wenn aitdb biclleicht fein anberer in bem ®rabe wie 15)
* mehr ober minber wefentlich, b. h- um mehr ober weniger
ba« ^wnofogifd>e Urzeit gu beränbern, unrichtig finb. £>ajj
trofebem weitau« bie meiften meiner Urteile gntreffeUb fein Tonnten,
finbet in ber großen (5ntf chicbcnhcit ber phrenologtfcben
Sföahrheitcn feine (Srftärung. Unrichtigkeiten bon einem falben
$otf finb am @nbe ba bou einem untergeorbneten Gelange, wo,
wie in unferen Umriffen, Unterfchiebe bon einem, bon ^wei, ja
bon brei 3oll ($. Sd. jtüifcbcn 1 unb 13) oorliegen.
Da bon ftex ab meine Sache mit ber (Garteulaube räum
noc^ wtfienfdjaftfictyeS Sntereffe fyat, fo will ich nur ganj faq
ben Verlauf erjagen. Da fich £>r. teil (29ocf) gegen mich }ti
gar nicht« berftanb, mußte ich unoerrichteter Sache bon Seidig
abreifen. 5öenu ich auch "l meiner 5rtcbeu«liebe ben (Streit auf
fich hanc Truhen (äffen wollen, fo war bie« boch ber äufcerft ge*
febäbigten ^lym^^A^ wegen nicht möglich- ® blieb mir baher
nicht« anbere« übrig, af« ba« (Ganjc ju oeröffentüchen, unb ich
fchrieb ju biefem 3^°^ eutc ^CU1C Schrift unter bem Xitel:
„Die^h^Nokflic unb bie (Gartenlaube. (5tue Ittcrarifche ftä'lfchung«*
gefchichte, erlebt unb erjagt bon (Gnfta* Schcoe", in welcher ich
ben unberftümmeltcu Kuffafe neben bem oerftümmeltcn mittheilte,
unb alle« babei Vorgegangene erzählte. Drei föecht«gelehrte,
welchen ich M« bor bem Drucf in einigen (^cmplarcn abgesogene
Sd>rift oorlcgte, beruhigten mich barüber, baß £r. fceü nicht
etwa ber Verbreitung ber Schrift gerichtlich £unbemiffe entgegen-
fefcen ober flagenb gegen mid; auftreten fönne. (Iriner ber §erren
gab mir ein fchriftlicbe« Gutachten bahin, bap „gwar bie. 2(u«-
brüefe fcharf, aber ganj ber Sache angemeffen feien, unb baj? ich
nicht ju fürchten habe, barüber mit ben (Gerichten in GEollifion
ju fommen". Allein ich wtt bem Drucf, weil ich h°fftc>
bod; vielleicht noch «*f frieblichem Söegc mein 3iel erreichen gu
tonnen, unb weil bie Veröffentlichung ber Schrift nur mein lefcter
416
©ilbergaflerie.
unb äufecrfter Schritt fein burfte. 9(uch war ich £rn. fteil bte
tlnmlichfte Schonung fdudbig, mcil nicht er, fonbcrn ©od bei
Schulbigc war. Sic £r. Keil $u ©od ftanb, fonnte er fid;
beffen Stritten gegen mich fanm wiberfefeen unb n>ar fo, ofjue
recht ju wtffen wie, $u ber für itni fatalen Sache gefommen.
3ch fdn'cfte baljcr £>rn. Äeit ein (£remplar ber «Schrift jn unb
fa)ricb ihm, wie höchft ungern ich btefelbe beröffentlichen würbe,
unb wie leidet c$ für itju fei , ba$ an mir unb ber ^fyrenologie
begangene fchwere Unrecht mieber gut 311 machen unb babureb bic
Veröffentlichung ber Schrift ju oerhinbern. 3ch bat bafür nur
um bie Aufnahme einiger 8uff% über Phrenologie in bie ®arten=
laube, unb — wie ich »A<h reiftiebfter Uebcrlegung hin3ufügtc, —
um eine pecuniäre (Sntfchäbigung für bie pecuniären Verlufte, in
bie er mich gebracht. 3<h habe mir nämlich ben ferneren Vor*
murf ju machen, bafe ich gewöhnlich bie ®clbfrage au&er Sicht
laffe, ba ich auf *>a$ ®elb ju wenig $ßerth lege. ((Sin Ver=
mögen, ba$ ich toon 4>au1c gehabt, berlo'r ich baburch.) 3ch ^icCt
e$ baher für eine Pflicht gegen mich felbft, hier bie ©elbfragc
nicht unberührt ju (äffen , ba ich berausfefcte, bafj eä £>rn. Äeit
ein Vergnügen fein würbe, einen annen belehrten, ben er in
Verlegenheit gebracht, barauö ju befreien, (*$ mar ja auch fclbft*
uerftäublich , bafc ich ben Setrag einer ßntfehäbigung nicht be*
ftimmen fonnte, fonbem bieä feinem Silligfeitögcfühl anheimgeben
muffte. Uebrtgen« mar meine Schrift mefeutttch auch für $ocf
berechnet, inbem ich einem Anhang bie Siberlegung £tyrtf«
(unb ©cd'«) au« meinen „^eifebilbern" aufgenommen ^atte ^ fo
baß bie Veröffentlichung ber Schrift für Söocf noch unangenehmer
gewefen märe, als für £>m. ftett. £>aher Reffte ich faf* hwcx'
fichtlich, bafc c8 ber ^ufpradjic be$ Aprn. $eil gelingen merbe,
23otf jur (£inwilltguug in bic Aufnahme einiger p^reii o( o.qifc^ev
?(uffäfec in bic ©artenlaube 311 beftimmen. Sahrfchciulich wäre
ctf auch fo gefommen unb Ellies gut geworben, wenn nicht £>r.
kc'xi, ehe er einen (fntfchluB faßte, baffelbe gethan, maß ich that'
baj? er fich bei ben 9techt$gclebrtcn föath« erholte. Dicfe aber
waren $ufätlig anbercr Anficht al« meine föathgeber. £r. tfeil
flagtc nämlich gegen mid> wegen Söcleibigung unb (^rpreffung.
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©Ubergatterie.
417
(5r mürbe jtuar ton bcm Bericht, an ba« er ftch juerft manbte,
mit feiner Älage abgemiefen unb feine Älaggrünbe al« nichtig
bezeichnet, mie ich mit (Genugtuung fpäter in ben bieten la«.
aber bei einem anberen (Gericht fanb er großenteils (Geh&r:
benn ich rourbe megen Söeleibtgung in eine (Gelbftrafe (fobtcl mir
erinnedid? etma 20 %tyx.) unb megen „kJi5t(;igung ■ (meil id) $tit.
Äeil ju Grtma« hatte nötigen motten) $u 10 Jagen (Gefängniß
serurtheilt. 2J?eine Schrift mürbe bermdhtet.
90?an muß befanntltch beim föecht, mie bei allen anberen
fingen, ba« Steuere unb ba« innere, bie ftorm unb ba« üföefen
untergeben. (Sin ritterliche« Urteil fann äußerlich ba« ^ß#e
föecht unb innerlich ba« fyikbfte Unrecht fein. (Suromum jus —
summa injuria!) 3a) milt nicht behaupten, baß id) in ber bor-
liegenben Sache unbebingt ba« f&rmlidje 9Jed)t auf meiner Seite
hatte, baß ,j. 53. in meiner Schrift nia)t 21u«brücfe untertiefen,
bie man für Söelcibigungen fyatten fonnte. 9)?an fagt mir 5. 33.,
fd)on ber Xitel w^ätfd)ung«gefd)id)te" fönne al« Söeleibigung gelten.
Senn nun ein 9fiä)ter biefer S(nfiä)t mar, fo tonnte er mtd)
aud) megen ©eleibigung , bie ba« (Gefefe berbietet, berurthcilen.
(5« mar bann meine Sd;ulb gemefen, baß id) mich nicht beffer
unterrichtet, unb meine Schrift nicht ftatt breien fech« 9Jed)t«^
gelehrten borgelegt t^attc, bon benen boch bieüeicht einer mich auf
bie 9)ttglichfeit jener Anficht aufmerffam gemacht hätte. 3a id)
mußte, bon biefem (Geficht«punft au«, mit meiner milbeu 5*c-
ftrafung fc^v aufrieben fein, £>enu menn ba« (Gcfefc bie „Wfftyi*
gung* eine« 9)fenfchen ju einer £anbtung al« ein Vergehen mit
Strafe belegt, fo mar für mein ttorlicgenbc« gleichfam boppelte«
Vergehen, — ich hatte ia ui^t blo« £>rn. ileil nötigen motten,
fonbern ihn auch fcerfüfyren moüen, baß er feinerfeit« 33ocf nöthige,
— fo mar, fage icb, jelm Xage (Gefängniß bafür nur eine milbe
Strafe. Slud? tyattc ber Anmalt be« Jprn. tfetl gegen mich auf
w Grrpreffung " geflagt, unb meil mein ?lnfuchen um eine bliebt
bon mir beftimmte unb ju beftimmenbe) (Gclbentfchäbigung fich
nicht fo gang ju biefer Auflage eignete, fo hatte er abgeführt,
baß ich bie Aufnahme „einiger" ttuffäfec in bie (Gartenlaube ge-
forbert, „bereu Honorar eine niebt unbeträchtliche Summe aUÄ-
S^etie, UDrenoIogifdje «Über. 3. Wufl. 1 27
418 Stfitbcrjiallcrie.
#
gemacht hatte", taß ich alfo tiefe Summe ton ,\;>rn. Mctt ^abc
„ erpreffen " wollen <!). £$eun tcr Siebter tiefer ^cebft finnreichen
Anficht beigepflichtet uut mid> wegen (irpreffung, tie taS (55cfe(5
fc^r ftreng beftraft, $u einem ober jroei fahren ©cfängniß bet*
urteilt fyäite, fo tyfttte ich über tiefen Wicbtcrfpruch als gegen
bat »fo* tätliche " $ed?t oerftoßenb mich nn$t beftagen tonnen.
9)Jcine A^antlungswcife in btefer ganzen 2acbc £tit Heil
gegenüber war nicht nur in feiner 2Bc*fc ftrafbar, foubern fic
terbiente nicht einmal ben geringsten Vorwurf, fic tvar turchauS
tabelloS. 3d; fann ttc«< behaupten, olmc bamit ein bcfonbcreS
Vob meiner fclbft auSjufprechen : benn wie bie Sache tont Stnfang
an ftanb, mußte ich ftrt* «wf eine Veröffentlichung beS (Jansen
gefaßt fein lmt War barauf gefaßt, fo baß alfo ber leifefte Xatef,
tcr mich wegen eiltet Schrittes traf, mir mehr hatte febaten
muffen, als ber Sd?ritt fclbft mir nü^en fenntc. 5luf ber anbeten
Seite beging ,\>r. Heil gegen mid> eine ffieihe von £>antluugcn
(ober liefe fic begehen), welche mich m meinem pcrfönüdjeu unb
wiffettfcbaftlid;en Sntereffe ftarf verlebten unb freu fd;werftcu Xatcl
oertienten. JÜJenn wir taljcr nach bem Siefen tcS Wcd;tcs oter
nach bem »echte, wie cS fein feil, fragen, wenn mir fragen, mic
ber Urthcil^fpruch tes Md>tcrS gegenüber ber Klage tcS ."Tun. Heil
lauten mußte, fo mußte tiefet unbetiugt mit feinet Klage ab*
gemiefen werben; ber Siebter mußte ju Unu fprechen : bu ^aft
tem ©eflagtcn großes Unredjt gethan, Um fehwer Beriefet: was
et gegen tid> tyat otet thuu wollte, baß et betn benehmen gegen
Um öffentlich erzählte, war nur ein Umt allein übrig gebliebener
Sdjritt ber "Jcothwchr, ben er fich uut feiner 3&iffcnfchaft fchulbig
)U fein glaubte, unb ber an fid; iüd)tö Unrechtes war. 9)iögcn
bie Slusorücfe in ber Schrift etwas fdwrf fein, fo finb baS boeb
nur fcharfe &5ortc gegen beinc fdjarfen ftanbtagen, unb fefyr
tjcr^cihlid;. Sutern bu mich um bic Vernichtung ber Schrift an*
gehft, forberft bu, tafe id; rieh, ben Uebclthätcr, belohne, unb
teilten (Segnet, tcr nichts UcbleS gctl;an, beftrafc. s)cein, fo gcl)t
es in ber „rerf ehrten föeft* ju, aber bei uuS ift ber dichter
nicht ba, um Uttgcrccbtigfcit , fottbern um 6ercd?tigfett 311 üben.
Vollcnts aber ift tie 3d;rtft noch nicht erfebienen, bic 3Mcibigung
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Silfccrflatterie.
419
nod> nicfyt jnr £fyat gemorben: c« ift rücffid;t«ooll bon beinern
(Gegner, ba§ er c« in beine vSpanb legt, bie« jn oerljinbern,
inbetn bn ilnn für ba« ©cfcfyefyene geregt wirft nnb feinen be*
fcfyeibenen SBünfcben nacfyfommft. 9llfo nic^t meine, be« 9tid)ter«,
3ad>e, fonbern beine, be« Kläger« felbft, @a$e ift e«, bcn (Segen*
ftanb ber ftfoge 51t entfernen, ben Streit bnrcfy ein billige« 2tb-
Kommen s« fäftyten.
Die ^Phrenologie , welche und ben inneren sJ0ienfd>cn nnb
bie wahren $3emeggrünbc feine« Xtnm« nnb Vaffen« feinten tel;rt,
lcnjt nn« int Veben überall ba« Sefcn bon ber ftorm unter*
fdjeiben nnb bringt babnrcfy Mtar^cit in alte menfcblidj>en $er*
tyciltniffe. Sfiknn fie cinft allgemein gefonnt fein wirb, fo wirb
ba« menfd;lid>e Veben weniger al« {efct ein oberflächliche«, ein
Scheinleben fein, wirb weniger al« jejjt bie ändere ftorm eine
Wolle fpielett, werben \. 23. richterliche Urtfycilc, wie ba« hier
befprochene, meiere bie fterm be« 9?e0t6 haben, aber mit feinem
Siefen im &>iberfprnd; ftetjen, weniger leid?t möglich fein.
M) l;abe nod; fd?liejjlid> ju berid;tcn, »a« an« meiner $elnt*
tägigen ®efängiiifeftrafe geworben. SOian fagte mir, ich fönne
mid; mit einem ®nabengefnd> an ben Ütfnig menben, bajs er bie
®efängnij3ftrafe in (Mbftrafe nmmanblc ober fie mir and> gan$
erlaffe. 3d? glaubte nicht, mir etwa« ju bergeben, trenn ich
biefer ^Beijnng folgte: benn gerabe für bie Salle, wo ba« l;oc^fte
Stecht 311m fyöcfyften Unrecht geworben, fa^eint mir bie Önabe bc«
Zeitig« paffenb einzutreten. Doch bat ich in meinem ®efncf>
«ict)t um bie Unnoanblnng ber (^efängnißftrafe in ®elbftrafe,
weil id; babnreh meine Söeftrafnng al« gerechtfertigt anerfannt
hätte, fonbern id; begrünbete ba« ©nabengefnd; fo, bafj ich bie
Ungercdnigfeit meiner Söcftrafnng nad^nwetfen fnd;te. Da tdt>
natürlich and? auf bie s)iid)terfülfimg meiner 23itte gefaxt fein
mußte, fo fdnoelgte ich für biefen ftall fehon im iBoran« in
meinem 9)färttyrertt;um , nnb nalmt mir oor, bie ©efanfjmfj-
ftrafc bann jebenfall« in l'cipjig, wo ba« Urteil gefprod>cn
mar, $u bcftcl;cn. ÜDian mnfc l^eut^utage wegen feiner lieber*
$cngitng nicht mcf;r ben Scheiterhaufen befteigen, aber noch in«
(9cfängni§ manbern. 3d) ocrglidj mid> in meiner inneren 23e
27*
420 ' «ilbergatlerie.
friebigung, fftt bie Saf/rtjeit )u leiben, mit ®ocf, inbem ic$
mid? in feine Seele backte. <5r toeifc ebenfo gut, mie id>, ba§
bie Söafyrljeit betn SOianne ber Sötffenfcfyaft ba« $%<b)te unb
§eiligfte fein muß: aber gcrabe »eil er bie 'pfjrenologie als
iBatjrljeit fennt, ljafjt unb rerfolgt er fie. 3>er $enig bermam
belte meine ($efängntjjftrafe in eine ®elbftrafe r»on fünf £&alern,
' bie tefy beim audj erlegte, obgletd^ id& mir babureb melletcfyt
etma« bergab.
Ueber bie im ^orftebenben oft ernnibnten Streidmngen, fo über bie
©teUe <S. 412: „baß mein Xttffdfc burd> bie 9iebaction be« befdjränften
Staunte« wegen toielicUtige unb wefentlicbe Ättr^ungen erfabren bat", babe icb
eben fcor bem 2)rucfe ton einem ©adjtterftänbigen eine Hufflärnng erbalten,
bie idj bier gerabe nodj fürs wie folgt erhabnen fann. ©treidmngen in einem
Sluffafc im 3ntereffe ber (Sadje ober ber ?efer erlaubt fidj jeber JRebacteur
eine« blatte« unb muß fie fta) (wo nieb, t Rubere« fcorbebalten ift) erlauben
bürfen, weil er barin gewöbjilid) einen nötigeren $licf bat, als ber Ser-
faffer felbft. Mein (Streidmugen, bie nia>t im 3ntereffe ber ©adje ober ber
fcfei liegen, bie möglicher i&eife einen fluffafc febäbigen fönnen, alfo ®trei
dringen ,,be« beftbjänften Stoumc« wegen" fmb in einem statte fcon ber
9Irt unb bem Umfang ber ©artenlaube gar nidjt beul bar. märe aueb,
wenn e$ märe, ein fdjled)te$ Job. Xa ftnb nidjt nur bie me&rfadjeu "Jluf
fäfce mit Sortierungen, Wo e« fid> nid)t um ein @treid)en, fonbern um ein
"Abbrechen banbelt, fonbern bie 9iebaction bat aueb immer mehrere Keine
©adjen jur $anb, bie fie am ©djluffe giebt ober nidjt giebt, wie gerabe ber
nod) }u füflenbe SJaum e« erforbert ober julüfjt.
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XX.
Sur |)rüfung der jMirciiuluyic.
|Ln jjerrn >rofe(]Tor üitdjom!
SBcc gab bem Sieget ba« geflachte £>atqjt,
3Bet wölbte $Iaton'« iiniic 6ttcne?
Slugufi bon $latctt.
©eftatten «Sic mit freunbttcfyft, oereljrtefter £>err, eine Hüffen*
fcfyaftltcfye Sitte an Sie ju ridbten, toelctyer ein einteitenbc« 58ort
oorangefyen möge.
2J?an fyßtt oft bie ^Phrenologie ein Softem nennen. £>te«
ift fo unrichtig, al« wenn man bie (Sljemie ober bie ^Ijtyftf ein
Softem nennen wollte. ÜDie Phrenologie ift, rote jebe anbere
^aturunffenfebaft , eine roiffenfctyaftlicfye Sammlung bon Xljat;
fachen. Da^cr tonn man auc$ bie Phrenologie fo menig, al«
3. $3. bie tymk, bto« an« ©uc^ern fennen lernen, ober au«
Söüdjern ein Urteil über fic gewinnen. 3ur ©eurtfjeilung ber
Phrenologie befähigt nur bie Äenntnifc ihrer ^atfac^en.
£)ie ^^renologie ift in SDeutfcfyfanb noch menig gefannt.
Unter Rimbert 9J?ännern ber Sßtffenfcfyaft OJlaturforf ehern, Ph^0*
foppen je.) finb oieüeid^t jeljn, welche ein ptjrenotogifcfye« 3öevt
gelefen haben, deiner bon ben bielen. beutfehen (belehrten, welche
ich fennen gelerot, ^atte <M getefen. 2Bie feiten finb biejenigen,
welche bie Phrenologie praftifch, in ihren ^atfac^en, fennen!
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422
3itr Prüfung fcer ^(jrcnologtc.
(Gleichwohl fyöxt man allgemein übet bic Phrenologie ur-
theilen. 3cf> bin noch (einem (Gelehrten irgenb welchen gadjeS
begegnet, welcher fidb nid>t eine mehr ober weniger entfebtebene
2(nficbt über bie Phrenologie gebildet hatte. X^iefe 5lnftct)teii finb
unenblicb mannigfaltig unb reüben ton ber febroffen Verwerfung
bi« nix helfen 2tnerfennung.
Die Slnerfennung ober bic Verwerfung ber Phrenologie [teilen
nicht in S3e$iehung ju beftimmten wifjenfd>aftlichcn fächern ober
311 latent nnb (Seift, äöie ber tücbtigftc «13t, ber gro§tc philo*
fop^ bie Phrenologie möglicher SBeifc nicht tauten faitn, fo finb
unter ben ?lerjten unb philofophen, unter ben gctftbollftcn nnb
ben geiftlofeften Scannern einige, welche bie Phrenologie anerfennen,
anbere, welche fie berwerfen.
Die nnbebingte 9lnerfcnnung ber Phrenologie W f° fetten,
al« bie nnbebingte Verwerfung. SWan fytxt feiten fagen: an ber
Sß^rcuologic ift 5Nicht« wahr, ober Mc« wahr, fonbern gewöhnlich:
an ber Phrenologie ift wenig Lahres, manche« $Öahrc, bicle«
Safyrc. 2Ber aber fo bie Phrenologie t^citweife wahr, thetlwcife
irrig nennt, tommt in Verlegenheit, wenn er ba« SBahrc unb
ba« 3rrigc in ihr beftimmt bezeichnen foll.
Ungeachtet biefer unflaren Stellung ber meiften belehrten
jur ^Phrenologie zerfallen biefe im SlUgemcinen nur in zwei Staffen:
In (Gegner unb in Anhänger. Denn weil bic Urteile über bic
Phrenologie nur au« allgemeiner Veruuithung hervorzugehen pflegen,
fo geftalten fic fich — bei aller Unbeftimmtheit im (Sinjelncn —
boch im (Ganzen unb Slllgemeinen jur Parteianficht für ober gegen
bic Phrenologie.
gür Diejenigen, welche wenig ober nicht« bon ber Phreno*
(ogic wiffen, liegt beren Verwerfung am nächften. Denn ber
(Gegenftanb ber Phrenologie, ber unfiebtbare mcnfchlid;c (Seift,
fcheint einer ftreng wiffenfc^aftlichen Unterfucbung faum $ugänglicb
ju fein, lieber ben (Seift unb feine 9iatur, feine mancherlei
Gräfte, feinen 3ufammcnhang »tt kern Körper «. fann man,
fcheint e«, Wohl rtilofo^ircn, Vermuthungen anfftellen, Dicfc«
ober 3ene« glauben, aber nicht« 23eftimmtc« wiffen. Sluch finb
ja — fo hott mau bom ^taubpunlt biefer 2lnfid;t Wetter fagen —
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3ur Prüfung ber ^ljreuotogie.
423
fcfyon fo manche Xfycorteen $u £agc getreten, a>eld;e über ben
menfcfyticfyen (Seift ober über geiftige £)inge 9tuffc^(u§ ju geben
oerfucfyten , Xfyeorieen, für tocld;e man fid; aud) auf bie ^atnr
imb auf £fyatfac$ew berief, ioctd;e aber für bie tuafyre üMffenfdjaft
nic^tö weniger als fruchtbar erfunben mürben. Die ^fytyfiognomif
$. fyat fid? ned; nid;t {tan 9fange einer Söiffenfcfyaft ju er*
Ijcbeu ocrmocfyt, unb bie l'efyre oem 9Kenf<$en ^at ifyr irgenb
wertvolle Hufföftffe bt* jefet nicfyt 51t bauten. Oft bom tf;ie*
rifdjen 3Kagncti«imt«, oem «Somnambulismus (fanttnt bem £ell*
fetten) ©effere« 511 fagenV $3ebarf es erft eine« Ittadnoetfes,
baji alte biefe unb äfmlid;e £beorteen (bis gum fciförttcfen In'nab!)
ber 2Biffenfd;aft ni#t nur nicfyt ®en>iim, fonbem sJiadjtt)eil
brachten? •
Söofyl bürfeu nur und nicfyt tounbern, bafc oiele (Selcfyrte
oen biefem Stanbpuufte aus ber s}tyrenologie fcinbli<$ entgegen-
treten unb fie — wenn fie auefy nadj ifyrer üDfeinung mancbeS
Saljrc enthalten follte — bodj im (Saugen als ununffcnfd)aftlid;
unb loertfyloS oermerfen. ©cljr häufig finbet ftdj biefe 21nftd)t
felbft bei geiftoollen Üttännern, bei ftreunben beS $ortfd;rittS unb
ber 2lufflärung, n>eld?e eS für tyte ^ftic^t Ratten, cd/te Riffen*
fdjaftlicfyfeit $u förbem unb allem Dunfeüoefen entgegenzutreten.
£0 finb 5. oft gang tüd;tige unb nüchterne Slerjte, au# bie
9iebacteure frei|"iuniger Blätter, fct>roffc (Segner ber Phrenologie.
Ord tft fefyr übet, bafl bie Männer biefer Slnfidjt getoölntlicfy für
immer in ifyr befangen bleiben, ba fie nict)t beftimmt »erben f i>n=
neu, eine anbere Stnficfyt nur an$ul?örcn ober ettoaS über ^fyreno*
logie gu lefen.
2luf ber anbern Seite liegt alten £>enen, u>c(d;c nur einige
tenntnife oon ber ^fyrenologie fyaben, bereu Slnerfennung toeit
näfyer als bereu SSertoerfung. uDtc ^rcnologte tft bie t'cfjrc oon
ber $erfctyiebcnf>eit ber menföltdfren (Sljaraftcrc unb tfopfgeftalten.
Sollte cS bon biefer 23crfd;iebenfyeit, einer fo offenbaren, fo Itaren
Sad>e, eine Vefyre, eine 2öiftenfd;aft ntdjt geben f Sutten? Sie
feljr oerfdjteben finb cinerfettS bie Gfyarafterc , anbererfeits bie
&obH®efyirnO®eftalten ber üWenfcfycn ! Gin 3Jienfc^ tft <Sefü$fo«,
ein anberer il>erftanbesmcn[cfy, bei einem fyerrfcfyt biefe ^eibenfcfyaft,
424
„Hur Prüfung ber ^rcnologte.
biefe Neigung, biefeö Xalent oot, bei einem anbetn jene«. (Sbenfo
ift ein Äopf (®eljitn) Ijocty, ein anbetet niebtig, einet bteit, ein
anbetet fetymat, bei einem 3Wenf$en ift bie ©titne gtojj, bet
£nntetfopf Mein, bei einem anbetn umgefeljtt. ©inb toit nicfyt
fetyon bom ©tanbpunft bet 93etmutfyung au« 511 bet Slnnatyme ge*
jungen, baj? biefe beiben gtofcen SBetfdjiebenfyeiten, bie be« ®etfte«
unb bie be« ®eifte«otgan« , in Söejieljung 51t einanbet ftetyen?
bafe ba^et bie "^tenotogte, welche biefe ©ejie^ung im einzelnen
naeftoeift, auf SBa^eit betufjt? 2öa« fonnte gegen biefe Se^tc
fptectyen? (Sttoa bie aü>gto§e @$ioiettgfeit obet bie Unmöglich*
feit bet ftotfctyung auf biefem ©iffen«gebiete? ®en>i§ nid?t!
6« fann nicht fchnüetig, gefchmeige unmöglich fein, einen ftoljcn
SRenfc^en bon einem bemütljigen, einen mutigen bon einem
futchtfamen, einen poettfehen bon einem ptofaifcfymücfytetncn, unb
ebenfo einen hohen Äopf bon einem niebtigen> einen bteiten bon
einem fdnnaten :c. ju untetfeheiben. Obet follte ba« eine 23et=
mutfnxng gegen bie SBaljtfyeit bet ^tenotogie begtünben, ba§
biefe £ehte fo neu ift? SBenn bie ^^tenotogie n>a^t mäte, hat
man mit gefagt, fo nmtbe bei bem (Stfet, mit bem oon je^et bie
gt>en £)enfet ben 2ttenfchen jum ®cgcnftaub thte« Stubium«
gemalt haben, biefe SBa^eit längft gefannt fein. Mein „ teufen"
unb „beobachten" finb betfcfyiebene $>inge. ^ac^gebac^t hat man
feit 3a^ttaufenben übet bie 2Belt unb ben 3ftenf<hen, abet ttriffen*
fchaftttch unb gtünblich gu beobachten hat man etft in bet neueten
3eit geletnt. ÜDie 9iatutn>iffenfdt)aften , bie @fyemie, bie ^ß^fif,
bie ^fytyfiotogic, finb Schöpfungen bet neuen obet neueften 3e*t.
(5« entfpttcfyt ganj bet Ghrtoattung, bafc bie Sftatutlehte be« menfeh-
lichen ®eifte«, bie ^öd^ftc unb betgteichungSroei« fchnnetigfte allet
s)ktutttriffenfchaften , untet allen am fpä'teften etfe^eint. $)et
Sttthum S5etet, meiere bie ^^c"o(ogie bet $t$fiognomif an bie
Seite ftellen, bebatf tooljl !aum etft bet Söibetlegung. $)ic
^^fiognomif ^at e« mit ben bloßen äujjeren 3eichen be« Reifte«
%u tlntn, fie feljtt : eine folcfje Sfcafe, ein folget 3Wunb, eine folche
$anb, ein folchet gufj ift ba« £ei<fym biefe« obet jene« Gtljatäftet*
jug«. £)atf man fidt) nmnbetn, baj$ biefe 3"^enfeeutefunft feine
SSiffenfctyaft ift obet bis jefct geiootben ift? £>te $hretlotoÖie
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3ur Prüfung ter «Phrenologie. 425
hat e« nic^t mit blojjen 3c^en (Reifte« ju tljun, fonbern mit
ben Organen be« ®eifte«, bon melden bie pbtyfiognomtf nicbt«
wu§tc, an welche fic nicht einmal backte. $)aü aber bie PhrCi
nologte al« Or;anenIe$re eine 3Biffenfc$aft ift, liegt bocb wohl
ber Mermuth ung nicht fem, fonbcrn nahe.
T>k SWänner, welche auf biefem Stanbpunft ber 53eurt^et=
lung ber Phrenologie flehen, Ratten nicht föon oon bornherein
alte Xfyatfadjen, welche in berfetbcn al« folcbe gelten, für wahr,
(^letd^tüo^t Ahmen fie im Allgemeinen al« Anhänger ober ftrcunbe
ber Phrenologie gelten. «Sie erfennen an, ba§ bie Phrenologie
ben $öcg gefunben nnb eingetragen hat, bie ®eifte«lehre $ur
"Jiaturwiffenfchaft $u mad)en. $)iefe SJfänner finb geneigt unb
bereit, wenn Urnen (Gelegenheit baju geboten wirb, bie Phreno=
logie näher fennen ju lernen.
3d) glaube, berehrtefter £>err, baft id) Sie als einen 2ln-
hänger ober ftreunb *>ex Phrenologie in biefer öebeutung be«
Söortc« begrüben barf. Hl« ich im bcrfloffenen SBintcr in Berlin
einige Borlefungcn fyeit, nahmen Sie Gelegenheit, in einem 3$or=
trage im ©ewerbeberein fich über bie «Pönologie au«$ufarechen,
unb traten bie« fo, wie e« bon einem geifte«freien , roiffenfehaft*
lief) fo hochfteljenben üRannc, Welver biefe Setyre nicbt pt«ttif($
fennt, ju erwarten war, b. h- ®ie fpractycn ber Senologie im
Slllgemeinen ba« SBort, ohne fie in allen ihren £hatfachen anju-
erfennen. Söcnigc $leufeerungen , welcbe mir au« 3hrcm Vortrag
beftimmt mitgetheilt würben, finb bie folgenben. Sie erfannten
bie Xljeoric ber ^p^renofogic al« wahr an; Sie würben, wenn
Sljnen nicht bie 3cit baju gefehlt hätte, meine SBorlefungen be*
fucht haben; bie phrenologen fingen suwett"; ber Schluß 3h™«
Vortrag« enthielt bie SBorte: Sie Wollten mit bem, wa« Sic
gefagt, bic Phrenologie nicht anerfannt ha&en.
$>ie 93olf«$eitung braute bie unwahre Nachricht über 3hren
Vortrag, Sie hätten bie Phrenologie al« unwiffenfchaftlich unb
irrig bargeftellt. 3$ fyeü e« für meine Pflicht, biefe« Blatt |u
einer Berichtigung ber Nachricht $u oeranlaffen. £)a biefe«, tcr-
ehrtefter £)crr, am beften mit 3l)tcr «S>Hfc gefchchen fonnte, fo
wollte ich perfönlich begrüßen, mich SWöIcic^ freuenb, bic Be*
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4 2 * ;
3ur Prüfung ber ^ruioloflif.
fauntfchaft eine« 9)?anneö $u machen, für wetzen ich bie größte
Hochachtung ^ege. Mein vtyte 3ett mx bamalö in fo auger*
orbentticher Steife in ?lnfv*ruch genommen, bap id> ungeachtet
mehrmaliger 33erfucbe niebt ba$ 0>Hücf hatte, <gic ju treffen, ^a
meine Slbrcife oen Berlin nahe mar, fo ertaubte ich m™f
brieflich ju bitten, mir eine Staube für einen Befuch 51t beftimmen.
Mein Sie tonnten bie$ leiber nidtf, tote Sie mir fchrteben, ba
Sie noch an bcmfelben Xage eine mehrtägige fteife nach Bommern
anzutreten im begriff maren.
3ch bebauerte, oen Berlin abreifen ju muffen, ohne Sic ge=
fehen jn ^abeii. Mein ba bie Phrenologie nicht eine Sache bes
£age«intereffe* ift; unb ba ich meiner, bte Bolf^citung betreffen*
ben Bitte an Sie noch anbere, meit wichtigere hinzufügen
gebachtc, meldte eine recht reife unb befonnene fein follte, fo treftete
ich iwttj UDCr fcm 3(uffcbub, metcher, wie ich h°fftc> pcr Sadbe 511
©Ute fommen follte. N>ier biefe Sache unb meine Bitte.
©enu ich auf paö jurücfblicfe, maö id; feit einer föeihe ben
Vahren burch meine Borlefungcn unb meine Schriften für bie
Phrenologie gewirft, fo fühle ich mich einerfeit« burd; bie Erfolge
meiner Bemühungen auf« J>Mjfftc bef riebigt. 3d; ^ahe bie un*
enbüch zahlreichen 3)aßberftänbnif|c , melcbe über bie Phänologie
herrfchen, bietfach mit (Muf jerftreut, fyabc Xaufcnbe $um Stu*
bium biefer l'chre angeregt, bie Semttnig ber Phrenologie in
Weiten Greifen oerbreitet. bie Kaufte Erwartung hätte mich
beim Beginn meiner Laufbahn biefe (Erfolge, bie ich dfa Vehrer
ber Phrenologie mit meinen fdnoachen Gräften erreicht Ijabc, nicht
oorauöfehen (äffen. Slllein auf ber anbern Seite finb gleichwohl
biefe (Erfolge, im Vergleich jur allgemeinen 9(nerfcnnung ber
Phrenologie, nur gering. £>enn auf bie fo feljr zahlreichen eigent=
liehen (Gegner ber Phrenologie, b. h- auf bie Männer, toelche auf
bem oben bezeichneten Stanbpünftc ber Verwerfung ftehen, unb
weld?c, weil fie bie Phrenologie ben Vornherein für einen 3rr*
thum ober für wiffenfd;aftlid> wcrthloö Ratten, nicht« barüber
lefen noch ffitm mögen, habe id) natürlid; feinen Crinfluj? ge*
Winnen tonnen. £>aui fommt bie große SWaffe ber (^leidjgiltigeu,
welche an ber Phrenologie baruut fein Ontcreffc nehmen, weil fie
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3ur Prüfung ber Phrenologie.
427
bcu ber l)o\)C\\ praftifchcn SBichtigfctt biefer Veljre feine
2U?nung haben.
3luf bie fe^r gro&e $ahl aller biefer in Unnriffenfyeit Se=.
fangenen Kirnte ein gftann bon allgemeiner liuffenfchaftlicber
Geltung burd; [ein Urteil ben graten nnb cntfd;cibenbftcn Gin*
flufj üben. SBenn Sie, berehrtefter £err, bat* unbefangene Ur-
fyeü über Phrenologie, welches Sie in 3l;rem Vortrag im ®e=
werbeoerein ansprachen, veröffentlichten, fo würbe fdwn r>icrbiircr>
ber glimme CrinfUifj fo bieler gang unberechtigter unb unnriffen*
fd>aftlid;er Urteile (tute J. S. Don £tyrtl nnb Setf) befeittgt
werben. Slllein toenn Sie, wie e8 bc8 Oiaturforfd;er$ wohl würbtg
ift, aus 3f)XQX theorctifd;cn Stellung nir Phrenologie hervortreten,
biefelbc traftifet) prüfen unb ba$ (Srgebutjs öffentlich mitreiten
würben, fo würben Sie babureb bie 3öiffenfc6aft unb bie ©ahr*
heit aufecrorbentlid; förbern. Unb biefc praftifcf>e Prüfung ber
Phrenologie ift e$, um welcbe ich ®ie bertrauungSboll ju
bitten wage.
Unter allen 9tfännero ber iföiffcnfchaft in $eutfcblanb, ber*
chrtefter §crr, möchte faum ein anberer gefunben werben, welcher
fid? in jeber «'pinficht fo gan$ jur Prüfung ber Phrenologie eignet,
als Sie. Sic finb ein grojjer Anatom, unb gerabe unter ben
Anatomen giebt c$ fo maud>e, welche aus* gänzlicher Unfenntuife
bcr ^>r;renologie ihre (Gegner finb ; Sie finb ein SDfotttl bcö um»
faffenbften unb bielfcitigften sBiffcuS, ber fchärfften Beobachtung^
gäbe, ber freifinnigften unb unbeftothenften Prüfung ber 9Bahr-
l;eit auf iebem 2Biffen$fclbc. 3fyr 3CU9IUB f"* ober gegen bie
thatfächlichc Wahrheit ber Phrenologie wirb in ber beulten ®e*
lehrtemoelt ben entfeheibenbem (Gewichte fein.
£)ie Prüfung bcr Phrenologie toürbe für Sie allein, ber-
chrtefter §err, nicht unbebeutenbe Schwicrigfcitcn barbieten. $>cnn
ba man bie Phrenologie, um fie ju prüfen, praftifd; f ernten
muj?, fo wäre meine Sitte bann gtcichocbcutenb mit ber Sitte
be$ traftifcr)cn Stubium« biefer Siffenfcbaft. $>tefe$ Stubium
aber erfordert 2)Jühc unb 3eit. Siele belehrte, befonberä 3lcr$te,
welche bie Phrenologie praftifd) ftubiren wollten, Ragten mir über
bie Sdnuicrigfeiten gleich beim erften Stubium, 3)Jan finbet,
428
3ur Prüfung ber ^renoloflie.
fagen fte, ohne prafttfc^e Einleitung ferner einen Eingang in bie
Phänologie : wo foll man anfangen bei ben bielen Organen unb
©innen? woran erfennt man bic wtffenfcbaftüch bemerfenSwerthen
ftällc, unb wie unterfcheibet man fie bon ben n>iffcnfä)aftltc$
bebeutungSlofcn ?
3dj erlaube mir baher, berehrtefter $ttt, 3$ncn $ur Prüfung
ber ^^renotogic meine Untcrftüfcung anzubieten, etwa in ber fol*
genben Seife. 3$ beurteile mehrere bon tynm beftimmte Per*
fönen, bi« 8ie fich bon ber Sahrhett ober Unwahrheit ber Phre*
nologte (fofern meine Urteile bie Siffenfchaft bertreten f&nnen)
überzeugt ^aben. Senn tch 3. fünfzig (bunbert) Urteile über
beftimmte Gfjarafterjüge, Talente k. ausbreche, welche alle richtig
finb, fo wirb 3hncn biefe« oieüeid;t als ©eweis für bie 2Bat)r*
heit ber Phrenologie gelten, Sären bagegen unter meinen Ur=
teilen rtdbtige mit unrichtigen gemifcht, fo mürben <§ie biefeä
alä einen beweis ber Unwahrheit ber Phrenologie betrauten.
Natürlich barf ich ttM(t nur niebt wiffen, wer bie Perfon ift,
welche idt) beurteile, fonbern ich barf auch niebt« anbereSoon
ihr feljen, alä ben Äopftheit, welcher ba« ®ehirn umfct>(ic§t, atfo
nicht ba« (^eficht, auch nicht bie £anb, nicht einmal ben ®ang.
(®eficht unb (ikftalt werben bor ber Unterfuchung berhüllt.)
Sie oiele Perfonen mir jur Prüfung ber Phrenologie nöthig
haben werben, ift nicht borau« ju beftimmen. $)ic Phänologie
ift bekanntlich n i cb t bie Äunft, au« ber $opfgeftalt be« 9ftenfchen
feinen Ciharafter nach allen 3u8en su erfennen*). ©onbern
bie Phrenologie ift bi* Siffenfchaft bon ben ®runb*
fräften be« (Reifte« unb ihren Organen, unb biefe
Siffenfchaft ift nur au6 benjenigen fällen jufammen*
geftellt, wo eine ®runbfraft unb ihr Organ enttoeber fehr ftarf
ober fehr fcr)ru adh oorhanben ift. 33et einigen äftenfehen nun
finb wenige (feiten gar feine), bei anbern oiele (feiten bi« 10
*) 2)iee au« mehreren ©rünben nid&t: wegen ber UnmögU<$!e it , bic
©rtffie ber Organe — bei ber Unglei<$ljcit in ber 2)itfe ber £trnfd)ale, bei
bem SMangel n?ab.rneb^mbarer ©renjen jnnfdjen ben Organen :c. — genau
ju erfenneu, toegen be« Ginfluffeö ber (Srjtcljung, ber <Sc^icffa(e, ber Äennt*
mfle, ber ©efunbbeit auf ben CEljaratter u. f. to.
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3ur «Prüfung ber Phrenologie. 429
ober 12) folcfyc entfdjtebene 3üge borljanben. Üflan fann bielteidjt
bie £)ur$fdmitt«$afyl ber mit mtffenfdjaftlic^er Sidjerljeit aufyu*
fprecfyeiiben Phrenologien Urteile auf 4 bi« 5 beftimmtn, menn
ber ^fyrenolog ba« Temperament, bie (Srjieljung, bie @d>trf[ate
be$ Untersten fennt, imb auf 2 bis 3, menn bem ^r/renologen
ntcfyts weiter, als bie ®etn'rn* ober ßopfgeftalt befaunt ift*).
3$ barf mir too$l erlauben, oereljrtefter £>err, In' et einige
5lnbeutungcn für bie Safyl ber ju unterfucfyenbcn ^Serfonen ju
geben. 53ei großen köpfen (®el)irnen) finb burcfyfdmittlidj mefyr
Urteile auSjufpredjen, at« bei {(einen; ebenfo bei SOcenfdjen oon
lebenbigcm, fräftigem (fanguinifd)em ic.) Temperament mefyr, at«
bei 99ixenfcfyen pfylegmatifdjen Temperament«, ©ei Sftenfcfyen,
meiere fdjon buvdj tfyrc Grrfd}eimmg imponiren, melden (Steift unb
(Sljarafter auf bem ®eficfyte gefdjriebcn finb, bei tfyatfräftigen
9)?enf$en, meld;e fidj felbft eine «Stellung, einen gtojjcn ©irfung«*
frei« gefcfyaffen, bei 9)Jenfcben, meiere über biete 2)?enf<$en 511
tjerrfcfyen berftefyen, bei ^rofefforen unb ^rebigern, roelcfye biete
gufyörer, bei 9lerjten, toelcbe eine große ^rart« tyabeu, bei „großen"
©richten, <3d?riftftellern, üMdjtern, ilünftlern, furj bei SPfenfcben,
metcfye bura) Jpanblungcn unb Veiftuugeu berühmt, ober — burdj
große Verbrechen — berüchtigt finb, bei allen biefen finb butd^
fdniittlicf) mefyr pfyrenologifräe Urteile au«$ufpred>en , al« bei
•) 25ie 3abl biefer Urteile rönnte gegenüber ber &ab\ ber »orbanbeuen
Sinne mir gering unb fo bie Phrenologie praftifa) wenig bebeutfam feinen.
$urä?auö nicfjt: beim bie 3üge mittlerer ©tärfe (weldje ber SRenfö mit
ber SDiebrjabl ber Weltforen gemein bat,) finb feine wirflidjen <5b,araftcr
jüge unb intereffiren un« am 9Wenfa>en nidjt. «He« ba«, wa« ein 2)cenfd>
im (Sbarafter ©efonbere«, für un« 3ntereffante«, für bie ©rjiebung,
bie SÖabl be« ©erufe« ?c. 8ebeutfame8 bat, — fo wenig ober fo oie(
e« allemal fei, — fällt mit bem pfyrenotogifd) 9f anweisbaren 31t*
fammen. UebrigenS finb bie negatitoeu plnenologifcfyen Urteile, — baß
beftimmte ©inne nidjt fer)r ftarf ober febr fdjwad) feien, — im ©runbe
boef) wieber pofitio, fo baß ftreng genommen bie $afy ber pbi*nologtfdjen
Urteile faft immer (bisweilen mit Stusnatnne einiger, 3. ». an ber ©teile
ber ©tirnbityle gelegenen Organe) ber 3abl ber oorbanbenen ©inne felbft
gleiAfommt.
430 3"r Prüfung ber ^breiioloflie.
fold;en, welche eine niebrige, untergeorbnetc , bienenbe Stellung
haben, unb ft$ in ihr am ^lafcc füllen, ober bei folgen, welche
nicht« t^un unb Welchen nicfytä gelingt, ober bei folgen, weld>c
feine £ugcnben unb feine fehler f;aben.
23ei ftlnbcrn bi« 511 12 ober 14 3afyren ift an fiefy bic
Untcrfuchung feister unb fixerer, al« bei CSrmachfenen. £)ie6
wegen ber geringeren Ungleichheit in ber Dicfe ber £>trnfchale,
befonber« fang« ber unteren Stirne (Stiinhitylc tc). ®leid;
wohl fönnen iHnber für unferen gweef nicht bienen, weil bie
demttnif ihre« (Sharafter« ju unfid;er ift. £>ie« gilt auch nocb
bei jungen Vcuten bi« 511 20 ober 25 fahren. CS« bebarf für
im« fid;cr ju erfennenbe (5 tyaraf teigige, ^erfonen etwa bom 30ftcn
3ahre an aufwärt«.
33ei Orrauen flnb bie Uvtt)ci(c burcfefc^nittlid^ etwa« weniger
fieser, ober bie fieberen Urtfycüe etwa« weniger $ahlreich, al« bei
99iänncrn : bie« weniger barum, weit ba« weibliche (Gehirn bureb-
fdniittlich Heiner ift, al« ba« männliche, — benn bie« wirb ba*
burch aufgewogen, baß bic weibtiebe ^>irnfrf>afc büuner unb
weniger ungleich ift, al« bie männliche: — altein ber. weiblicbe
(Sharafter beruht mehr al« ber männliche aujjer auf bem ®ehirm
leben auch auf bem ^eroenleben, ift glctd;fam beweglicher, al«
ber männliche.
Unbebingt au«gefchleffen bon unferer Uuterfudumg finb na
türlid; geiftig f raufe (wahnfinnige) 9)?enfchen. £>ic .(^ro§e
be« (Gehirn« unb feiner Steile fann ya nur bann eine SBebcutung
haben, wenn ba« (Gehirn ein gefunbe« ift. 3lud; förderlich franfe
9)?cnfchen, wenn bie Atranfhcit eine langjährige ober fehr fd;merjs
hafte ift unb fo auf ben (Sharafter wefentltdjen Ginflujj übt,
finb au«jufchlicfeen.
Unfcrc llntcrfudjung wirb befto leichter jum Biete führen,
wenn ^erfonen berfchicbcncn CSf^arafterö $ur Söcurtheilung
fommen. $tm häufigften finben fidj berfdnebene (Sharaftcrc bei
^erfonen bon bcrfd;icbenem Staub ober 23eruf: bei (belehrten,
^auffeilten, $)aubwcrfern , ftünftlern, ©olbaten k. £)och fällt
uatürlid; nid;t ber 23cruf an unb für fich ober immer mit bem
(Sharafter jufaramen, ba er |a gegen bic Neigung gewählt fein
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£\iv $rftfmt0 ber ^Ijrenologie.
431
fann. So fann ]. Sö. ine>ilid>cr 3S5etfc ber Wampffinn bei einem
Soltaten fcfytoad), bei einem itünftler ftarf, ber (fm>erb$ftnn bei
einem Kaufmann fdnoad/, bei einem ®clefyrten ftarf, ber «Sinn
ber $ereffint0 bei einem $eiftlicfyen fdnoad;, bei einem 3nriftcn
ftarf fein it. f. n>.
(ibenfo menig nnc mit bem Söeritf atö folgern, fyat cd na*
türlid; bic *i>l>rcnologic mit ben .fi anbringen bc3 9Mcnfc6en
als foleben 511 ttjun, ba biefe ja bnrd> v> e t f ct> i ebene (Sbaraftcr-
ifkge ober bnrd? ändere ^erljältniffc veranlagt fein fonnen. (Sine
$<mbtitng ber Sofyltfyätigfcit fann bnrcfy ben £>ang toofjljntfnm
ober bnrd; Stteifallälicbc :c., ein Diebftafyl fann bnreb ben ,S>aiiA
\\i [testen ober bnreb junger nnb t)ietl? beroorgernfen fein ic.
Ta nur allein ber Ciliar aftcr be$ vJ!)Jenfcfyen als folcber
ber ©egenftant ber ^fyrenclcgie ift , fo fei mir Inerübcr nod) eine
furje Söcmerfnng geftattet. 3ebcr SDienfd; fyat alle Wrnnbfrafte
bc$ (Meifte* eber inneren Sinne, aber bei jebem finb fie un*
0 leid; ft a r f : bei einem 9)Jenfd>en ragt biefer, bei einem anbern
jener Sinn an Stärfe oor ben übrigen ber. ?lu* biefer un*
gleichen Starte ber Sinne gcfjt fyanptf ä ct> I i dj bie
m c n f et) ( i d) c CS fyaraf tert>crjd>iebcnl)cit fyeroor. die-
jenigen Sinne, metd>e fid) äfynlid? finb, nnterftü^en , bie nnatnt'
ticken befämpfen einanber. (£fi imterftüfcen fid> \. ®. 5lnt)äng-
licfyfeit nnb 2öoljfa>ollcn, $3crtjeimfi<$img«frnn nnb ^erfidjt, Setbft-
gefiifyl nnb Jyeftigfeit, iBercfyrnng nnb Ovbcalität. Iis befämpfen
ftc^> ?lnl>ängüd>feit nnb Sclbftgcfüfyl, r,,3crfti5riin^<5fiim " nnb S&ofyf«
wollen, (*rmcrbtfftnn nnb Sbcalität, Ü>orfid;t nnb Hoffnung :c.
^nfofern jebem Sinn ein anrercr ober einige anberc entgegen-
ftcfycn, fann man fagen, baj? ber geiftige SDtoifc^ gleid;fam an$
^tberfprücben ^nfammengefe^t fei. der }J?cnfct> ift &um S3cfr-
»erben, }iim Bürnen geneigt (bnrdj ben „ßerftenmgtffinn'' lt.)
unb gutmütig (bnrd> baö Schwellen) , er ift ftolj itnrcfy ba«
Sclbftgcfnfyl) nnb ehrerbietig (bnrd) bie ÜScretyrnng) , er ift bc*
fyarrlid; (bnrd? bie fteftigfeit :c.) nnb fd?tt>anfcnb (bnrd; bic 2>or-
fiebt it.), er ift praftifd? (bnrd) ben Grioerbflfinn :c.) nnb poetifcb
*tnrcfy bic Realität). Senn nun bei einem 9)ienfcben biefe ein-
aneer entgcgcnftcfyenKm Sinne, J. 33. Selbftgcfüfyl nnb 2$erefjrnng,
432 3U* Prüfung ttx ^brenofccjif.
betbe. ftarf finb , fo fann ber ^renolog fagen , ber 9Wenfd&
fei ftofj unb bemütfn'g jugleich. £>er 3Renf$ ift bann mcber (ju)
ftoig, noch (ju) bemütfng, ober et ift ba ftelj, n>o ber ©tolj, ba
bemütlng, n>o bie £)emuth am ^Jtafce ift. £)iefe fehr häufigen
ftälle, »o bie fogenannten Siberfprüthe im 3Henfchcn fich au«*
gleichen ober fich bie Sage galten, büben eine fcblimme flippe
für ba« 8 et ft ä n b n if ber praftifcben ^^rcnotogic. $>enu toenu
ber ^^renolog einen 9ttenfchen ftolj nnb bemtitln'g, praftifch unb
poetifdj :c. jugleich nennt, fo fctyeint er mit biefem Ihtheii menig
ju fagen; baffelbc fcheint fich am (£nbe bon felbft gu oerfte^en
ober fcheint bon allen SOJenfchen gu gelten. Die« ift. natürlich
nicht fo, beim ein OHenfch, bei bem j. Selbftgefühl unb «er»
etjrung ober (Srtoerb«finn unb 3bealität beibe ftarf finb, ift bon
IS^arafter ein gang anberer, al« ein 2)?enfch, bei bem bie beiben
(Sinne fdjmacfy finb. Slber boch merbe ich iregen ber Schwierig*
feit be« ^erftänbniffe« gälle biefer Slrt ju meinen Urteilen niebt
(ober nur au«nahm«n?eife) benufeen ; auch barum, meil in alten
biefen galten bie Crrjtehung, bie ^erhältniffe unb Sdncffale, toenn
fte fef;r einfeitig ober eigentümlich finb, für ba« Vorwiegen be«
einen ober be« anbern 3uße* ^cn $lu«f<hlag geben fönnen unb
fo ba« ptyrenofogifcfye Urteil unficher machen.
itfon gan* anbrer Slrt finb in jeber ©ejielnmg bie gäüe,
roo bon Jtoei einanber entgegenfte^enben binnen ber eine, j. Sö.
ba« Selbftgefühl, entfe^ieben ftarf, ber anbere, bie Verehrung,
entheben fchioach ift. £ier ift im (S^arafter be« 9Henfäen
unbebingt ber ^ug be« <Stol$e«, ba« ®egentfyeil be« 3ug« ber
Demuth, tor^anben. S)te« finb auch bie gälte, n>o im tfeben
oon einem (E^arafterjug be« Stolje« gefproc^eu toirb. £>er ^re=
uolog fann in feinem Sinne unb in feiner roiffenfchaftltchen <Spracbe
fagen, baß ein 2)ienfa) bon CS^arafter ftolj unb bemütln'g zugleich
fei: aber im tfeben ift biefe (Sprache nicht gebräuchlich, unb h>irb
eben barum leicht mißoerftanben. Senn man im £eben bon
einem 30icnfd)en fagt, bajj er ftolj fei, fo roill man bamit fagen,
baß er nicht zugleich ba« ©egentheil, nicht bemüt^ig fei. 3n
gälten biefer Slrt ftimmt alfo bie ^Sprache ber ^^"»logte mit
ber Sprache be« Veben« überein. % 21uch hat in biefen fällen bie
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Hur ^riifurifl ber ^tyreuofoftir
433
(Srgielning :c. nic$t loefentlidjen Einfluß auf ben (^arafter. SBei
ftarfem Setbftgefüljl unb fdjmactyer 33ere^rung mögen <£rgie*
fjung, «erfyältniffe, Sdn'cffatc fein bon mefdjer %xt ftc »offen,
immer mirb fid^ jener Sinn al« ftarf, biefer al« fduoacfy geigen.
$auptfädt)ltcfy ftäffe biefer 3lrt werben unb mtiffen batjer unfere
5Mfpie(e fein.
5(üe. meine Urtfyeile werben erft baburety SÖJertlj erhalten, unb
ifjren erfüllen, baß tefy fie 31jnen, oereljrtefter £>err, miffen*
fcfyaftlicfy begrünte. SÖJit werben einen pljrenologifdjen topf
Sur $anb (jaben, unb wenn i$ in einem ftaffe einen Sinn ober
(Sljaraftergug fefyr ftarf ober fefyr fcfywacfy nenne, fo »erbe icfy
3lmen (unb ben übrigen ettoa anwefenben §erren) auefy ba« Or=
gan biefe« Sinne« al« fefyr groß ober fefjr Hein geigen. üRan
fann befanntli<$ ba« ®etyirn mit ber 33lume be« ©himenfofyte
ocrgfeicfyen, unb bie Organe ber inneren Sinne mit ben Sleftcben
biefer $flange, welche äffe in ber 9J?ttte, im Stengel ber ^flange
(bem föücfenmarf) gufammentaufen. SDiefer ^unft ber SBeretni*
gung ber Organe mit bem 9fücfenmarf liegt in ber Süfitte be«
^ünterf opfe« , ober, genauer, in ber Mitte einer geraben Siitte,
meiere mir oon einer OfyrBffnung gitr anberu quer burefy ben
topf in Qebcmfen gießen. 9Son biefem Sflittelpunfte au« (welcher,
Wenn mir ben topf oon ber Seite, im Profit betrauten, mit ber
Ofyröffnung gufammenfäfft) fönnen mir bie oerfdnebenen Organe
(<^irn*s3Ieftc$en) (eidfrt meffeu, am (ei$teften biejenigen, wefa> in
ber ^roftüinie be« topfe« liegen, b. fy. in ber i'inie, meiere mir
bon ber SRafenwurget aufmärt« über ben gangen topf, biefen in
eine rechte unb linfe Wülfte tfyeilenb, gegogeu beuten. SBir werben
ba g. 38. ba« Organ be« Selbftgefüfyl« , an ber Stelle be« fo=
genannten Haarwirbel«, bei einem topfe oieffeicfyt 2 3off größer
finben, a(« bei einem anberu, b. I). menn mir bie Umriffe beiber
töpfe in natürlicher ®ri>ße über etnanber getanen, fo baß bie
Ofyröffnung beiber ben gemeinfctyaftlidjen Mittelpunkt bilbet, fo
mürbe bie Umrißlinie be« einen topfe« an ber begegneten Stelle
möglicher SBeife gmei £off über bie Umrißlinie be« anbern $in<
ausreißen. (£)ie« auefy bann, menn bie beiben topfe ober
®efn'rne im (Saugen ungefähr bie gleiche ®roße fyabeu, fo baß
Sdjeue, *l}n'uoloflif(De Ȇber. 3. Knfl. 28
3« $rfifttag ber ^renotoflie.
bie erftcrc Umrt§linie an anbern Stetten innerhalb ber testeten
(äge.) (£ben biefelben großen 93crfd;nebenljeiten »erben mir beim
Organ be« <Sume$ ber SBercfyrung, gerabe auf ber SDfttte be*
Oberfopfe«, miebcrfinben. (£in Äopf tt>irb fuer fyo$ unb au$*
gem&lbt, ein anbrer niebrig ober oertieft erf$einen. 2lelmtic$ beim
Organ ber geftigfeit, be« SofjftooUenS, be« $ergleic^img«'
oermogenö ic.
tiefer fo bebeutenbe Unterfctyteb in ber ®rö6e ber ®el?im<
t^cifc toiberlegt jugleidb ben Crnmmrf, freieren einige Anatomen
gegen bie ^fyreuologic ju machen pflegen, ban toegen ber Uuregel*
mäfjigfeit in ber ^icfe ber £)irnfdjale gro§e unb fleinc ®eljtm*
tfyeife (Organe) aus ber äußeren ftopfgeftalt mit ©icfyerljctt nicfyt
erfannt unb untcrfcfyiebcn werben fönncn. ^cr Unterfcfyieb in ber
SDicfe ber £>lntf$a(e beträgt einige Vinien, ber Unterfcfyieb in ber
®r&Be ber Organe fefyr oft jtoei 30U : ber festere Unterfc&teb
ift bafyer ettva $ einmal bebeutenber, als ber erftere, fo ba&
man fid? n i cfy t tauften latm, menn man in einem folgen Unter*
fcfyieb jroeicr $ ö p f e an einer beftimmten Stelle einen Unterfctyieb
ber ®efyirne erfennt. X>cr fragliche dinmurf ber 31natomen^
gleist ganj bem (S i nun t r f , loetcfyen idj oon einigen $$tfofo$cti
gegen bie Phrenologie erbeben Ij&rte, baj? e$ feine beftimmt $u
unterfdjeibenbcu Gljarafterjüge im 9)?enf cfyen gebe. £)er Unter*
fc^ieb unter ben (Sljaraftcrjügcn ber SDtenfcfyen ift ungefähr ebenfo
gro§, ift ebenfo (eicfyt ober ferner ju erfennen, als ber Unter*
fttyieb in ben topf* ober ®cfyirngeftalten. Söofyt giebt e$ oiele
2flcnfdjen, bei weisen beftimmte ß^arafterjüge faum ober fcfytoer
ju erfennen finb, 9J?enfd?eu, bon benen man ni<$t beftimmt fagen
fann, ob fie ftolj ober bemütyig, mutfug ober furcfytfam, feft ober
manfefatütyig le. gu nennen finb, gerabe tote e$ t>iele 9ttenfcben
giebt, bereu $opfgcftatten einen fo geringen Unterfcfyicb unter fü$
geigen, baj? man baraus (bei ber ungleid) bieten §imf$ale) auf
einen Unterfdjieb in ben ®et)trngeftalten mit ©ictyerfyeit nid^t
fdjliefjen fönnte. Mein foldjc ÜDJenfcfyen bienen eben nicfyt jur
Jöegrünbung ober ^Bereicherung ber Söiffenfc^aft ; e$ gäbe feine
^fyrenologie, menn e$ nur fo(c$c SWenfcfyen gäbe. 2lber bie SRatur
ift reieber, al« 23iele ju nriffeu f^einen. (£« giebt jenen 2ftenfc$en
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43fi
„Sur VrftfMift ber ^brcnctcgic.
gegenüber auefy fetd^e, bei benen bie Untertriebe fomofyl im (5fya*
Tafter, al« in ber ©efyirngeftalt feljr bebeutenb finb, unb bafyer
mit tfetcfytigfeit unb 3id)erfycit naetygemiefen werben tonnen,
9Wenfd;en, metcfye fefyr ftotj ober fetjr bemütljig, fct;r mutfng ober
fetjr furefytfam, fcl>T poctifefy ober fc^r profaifeb, in irgenb einer
33e$ieljung fct;r tatentfcott ober ganj talentlos :c. finb, unb bei
meleben bie ebenfo bebeutenben — $c\lc betragenben — Unter*
febiebe in ber Scopfgcftatt nur burefy bie Unterfdncbe in ber ®e*
fytrngeftatt unb nidjt burdj bie Unregelmäj?igfeiten in ber Diefe
ber .VSirnfcfyate begrünbet fein fftnncn.
3)Jit bem eben befpro^enen Grinrourf gegen bie ^renotogie
t>ermanbt tft ein anberer, wefdjer ein alt gemeiner genannt
werben !ann, unb melden audj Sie, fcereljrtefter £err, erhoben
fyaben, ber (Sinmurf, bafj bie ^Ijrenolegen ju weit gefjen. Ser
immer junt erftcnmal fcen ber ^^reuotogie tenntnijj erhält unb
eine pfyrenotogifcfye ©üjle mit ben fielen barauf msetebueten Or*
ganen erbtieft, unb noefy nid;t bie «ebeutung biefer Organe, ntebt
bie $orfefyung*meife fennt, burdj melebe fie aufgefunben mürben,
ber mufi faft in ba* 3Scrurtr)et( berfaüen, baß btefe Organe gti
jaljlreicb feien, um alle auf Safyrfyeit berufen $u tonnen, bafc
atfo bie ^renotogeu in ber SCuffteüiuig biefer Organe „ju meit
gefyen". 3n ber Xfyat fyat ber (Gebaute, batf ber in fic$ einige
menfcfylicfye (Steift fo biete befonberc träfte fyabe, auf ben erften
«tief etwa* fcfjr Sonberbarc«, faft l'äd>crttd;e*. Stuf ber @dm(e
fyat man un« geteert, ber menfd?lia> (Seift Ijabc brei, toier, I)i>a>
ften* feetys, fiebeu ©runbfräfte : SrfenntniB, (Smpfinbung, SBiüen«*
fraft, ®ebäcfytni§ ic, unb nun foü er naefy ber 'ißfyrenotogie gegen
tierjig folctye Gräfte Ijaben! 3cein, „bie* gefyt ju weit!" 5lttein
wenn mir bie ©acfye ein wenig näfyer anfeljen, fo werben mir
ba*, wa* un« auf ben erften ©tief fo unmaljrfefyemlicty bünft,
ooUfommen natürlich unb wafyr finben. 2lbgefel)en babon, bajj
bie ^fyrenotogen bte (Srunbfräftc niefyt erfunben, fonbem gefun*
ben Ijaben, fo fann un« bei bem unenbücfyen 9tei<$tfyum be$
menfefyUctyen ©eifte* an trieben, Neigungen, ©efüfyten, latenten,
bie äafjl ber rtrenofogifc^en Sinne an unb für fid? burctyau«
uiebt ju groß erfdjeinen. Da* wtffenfefyafttidje «Sctyieffat ber
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^ur Prüfung bcr ^brenologic.
437
®runbfräfte be« (Reifte« ift ein äfmlicfee« wie ba« ber ®runb-
ftoffe ber Äörpei'. 3d; (ernte al« $tnb in ber ©dmle, baß e«
bier (Sientente gebe : bie« waren erfunbene ober falf<fye, jefet fennt
man meljr al« ein Ijatbe« Rimbert waljre, gefunbene (Slemcnte.
Die ^renologte fennt al« ®runbfräfte be« Reifte« j. Sd. einen
Äampffinn, einen $erfyeimü<$ung«finn , einen <£rwerb«finn , einen
Sinn be« ©elbftgef ityl« , bcr «eifall«liebe , ber f^eftigf ett , ber
Skrefyrung, be« Sofylwollcn«, ber Gbeatttät :c. deiner biefer
Sinne tft gu t>iel , feinen fönnten wir wegftreictyen , oljne bamit
einen wef entließen £fjeil ber geiftigen Xljätigfett jn bernidjten.
3ludj feinen ber 23erftanbc«ftnne , beren große 3a^ pm weiften
2lnfto§ jn erregen ftfyeint. ,£uer fallen fogar — jum oollften
$cwei« ber Safyrljett ber <Sac$e — bie wiffenfc$aftticfycn Sorte
unb bie Spraye be« Veben« in (Sin« jufammen. £)ie Sorte
ftormcnfmn, ftarbenfinn, 3afylenftnn, Ortfinn, £onfinn IC. gelten
im l'eben xmb in ber Siffenfctyaft ; feiner biefer ©inne ift fdjon
im anbern enthalten. 2ßan tyört oft Oemanben fagen, baß er
wenig Ortfinn ober 3a^te»fmn £onfinn :c. fyabe, womit
felbftoerftanben ift, baß anbere ©inne ober Talente in ftär*
ferem 2ttajj bei ifnn oor^anben fein fßnnen. ftürwaljr, ein nener
ftunb be« Siffen« fann niemal« an alten Xnfutyten, fonbem
nur an ben £ljatfacfyen be« Öebcn«, an ber 9iatur felbft geprüft
werben: Stnfic^ten fönnen fo alt al« bie Seit nnb falfcfy fein!
Unb wie bie ^Phrenologie an« ber Sftatur, an« bem Veben
geköpft ift, fo füljrt fie im« mit fixerer £>anb in« fceben jurücf :
U>r praftifd^er Sertlj für alle menfe^en tfeben«fragcn ift
fefyr groß. Unfere 3ett ift eine fernere unb emfte 3eit geiftiger
(Währung, eine 3eit be« Uebergang« ber 3ttenfd$eit in neue
33afynen be« geben« unb be« £)enfen«. Sin bie ©teile ber Stuto*
rität (in geben unb Siffenfdmft, in Religion, ©itte, ^olitif :c.),
welche oon jeljer bie Seit bc!)errf$te, foll jefct bie Vernunft
treten. Sa« ift aber bie menfc^li^e Vernunft, wa« finb tl)re
®efefce unb iljre ©cfyranfen? Oljne bie fixere Beantwortung
biefer ^rage fann wofyl Slfte« unb ©cfylettyte« umgeftürjt, aber
nid^t 9te"ue« unb Söeffere« aufgebaut werben, oljne biefe ©eant*
wortuug gefyt unfere 3eit unenblicfyen Sirren entgegen, ja wir
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43«
£ui Prüfung bcr "Jtyrcnologic.
leben jum Xtyil fchon mitten in biefen Sirren : benn bie großen
materieUcn (Srfinbungen unferer 3«*/ (Sifenbahnen , SDJafchinen,
Telegraphen jc, haben noch ba$u beigetragen , bie Sirren ju
fteigern. 3n bem Strubel unferer materiell bewegten 3ett be*
barf bie sJ)^enf^eit einen ftärferen £>alt, alä ben bisherigen,
bie Autorität, unb boeb Ijat fie felbft biefen berloren. $ann
aber bie Vernunft ber SDJenfchhett ben verlorenen f)alt geben?
Sie tarnt tiefe« nur bann, wenn fie in ihren ßefefeen gefannt,
wenn fie eine felbftbewufjte ift. £>te Vernunft ift ber ®etft:
SBcnumf tiefte ift ®eifte$lehre. £>ie fragen: was ift bie „ber*
nünftige" Religion, bie „vernünftige" (Srjte^ung, ba$
„vernünftige" Staatsrecht tc finb fragen ber praftifchen
SBernunftlehre unb tonnen nur bon ihr beantwortet werben,
©teilen mir bamtt bie 33ernunftlefyre, bie Phrenologie, ju h<>$?
ermarten mir ju viel von il)r ? Wein, fdjon bie materiellen Ghit=
bedungen ifabm bor unferen klugen bie Seit umgeftaltet. Um
fo biet ber (Öeift iftyn ftefyt, als ber Körper, um fo biel um=
faffenber unb fegenSreicher , als alle materiellen ßntteefungen es
vermochten, wirb bie (Sntbecfung ber magren menfehlichen ®cifte«=
natur auf baS Sohl ber SKenfchhett jurüefwirfen.
Sie werben, verehrtefter £err, biefe meine Anficht bon ber
praftifchen Sichtigfeit ber Phrenologie nicht ganj theilen. So
löte bie ^^renotogic felbft in ihren £hatfa$cn auf ben erften
iÖlicf „5U meit gu gehen" fcheint, ähnlich fo bie praftifche 9n*
menbung ber ^J^renologic. (3n meinen Schriften haDe l$ au$s
führlich gegeigt, wie bie (SrjiehungSlehre, bie SReligionSlehre :c.
in ber Phänologie ihre wiffenfehaftliche ©runblage («Ben.) Allein
gewig werben Sie ber ^5r)renoIogie fo oiel theoretifche unb praf=
tifche Sichtigfeit beilegen, ba§ Sie meine 33itte ber Prüfung ber*
felben gerne erfüllen. SDiefe Prüfung ift für Sie mit einiger
2ttühe unb einem flehten ^ettopfer oerbunben. 3dj glaube, baß
jwet ober brei Sulingen, jebe bon wenigen Stunben, genügen
werben. 3m ftalle ©ie etwa« über Phrenologie ju lefen wünfehten,
erlaube ich wir, Shnen gwei meiner neueften Schriften $u über*
reichen. 3n ben „Ütetfebilbern" finb vielleicht einige ^uffäfee
(über bie Phrenologie als ®etfteSlehre, über Qtyxti, Öucae, Schopeu*
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,Sur Prüfung fccr ^renofegic.
439
hauer, bie rcligiSfcn ©irren ber ®egemoart, meine Söegegntffe in
Amfterbam, bie 23erfammlung ber Anthropologen in (Böttingen ic.)
für <©te t>on einigem Sntereffe. 3n ben „ftrauenbilbern" toürben
@ie Näheres über bie uuffenfehafttiche $ebeutung phrenologifcher
Gharafterbeurtheitungen finben.
£)aS (Srgebnifc 3^rer Prüfung ber Phrenologie — es fei
welches eS molle — toirb bom tykfytaff 3ntereffe fein, ©chon
bie Prüfung fetbft tonrb bie „©iffenfehaft Vielehe in #e$ug auf
bie ®etfteSlehre bis jefct im tiefften Schlafe lag, au« biefem er-
loccfen. 9Ja$bem bie ganjc übrige Statur oon ber w3Bi|fenfd;aft"
mit unenblichem ®lncf erobert unb ihrem $errfd;ergebiete ein*
oerletbt toorben, nac^bem bie Chemie, bie Phhfif, bie Afrronomie,
bie Ökologie, bie ^3^i>fiologie 3U ftoljen unb mächtigen >)iatur-
nriffenfehaften aufgeblüht, hat m* ie^t ber h&chfte $egenftanb
ber SRatur, ber menfehüche ®eift, für bie „Söiffenfchafr in ^aetyt
unb $>ergeffenhett gelegen. @S gab nicht nur feine ^caturlehre
beS®eifteS, fonbern bie w2öiffenf<haft'' badete nicht einmal baran,
eine ftftye ju [Raffen, ben ©eg gu einer folgen anzubahnen.
3eber öaie fennt bie grofce 33erfdt)iebenheit ber menfcblichen £ha*
raftere unb ber menfdjlichen $opf* ober ®ehirngeftalten : aber bie
w35M|fenfchaft" fennt biefe SBerfchiebenheiten noch nicht, hat fie
noch ,u$t beachtet, beibe nicht unter fich oerglichen, ba boch biefe
33ergleichung jur $enntnij? ber ©runbfräfte beS ©eiftcS, zur
Kenntnis ber iöebeutung ber ($ehirnoer[chiebenheiten ju führen
üerfpricht. £>iefe Trägheit ber „Siffenfchaft" ^at fürtoahr fchon
allzulange geroä'hrt: fie mirb unb mu§ ein (Snbc fyahen. 3hre
Prüfung ber Phänologie fchon als folche, unb abgefehen oon
jebem (grgebniffe, toirb bie „Söiffenfchaft" gu ihrer oerfäumten
Pflicht, bie fo nahe gelegten Beziehungen gioifchen ®etft unb
®eifteSorgan gti erf orfchen, mit gtoingenber ®etoalt gurücf führen.
ÜDie Phrenologie hat bie (SeifteSberfchiebenheit unb bie (Gehirn*
oerfchiebenheit unter fich verglichen unb bie (Srfunbe gufammen*
geftellt. Grrtoeifen fich *>k\t (£rfunbe bei 3hrcr Prüfung als
unrichtig, fo ift bie Aufgabe für bie ^Stffenfchaft" , nach *>en
richtigen ju forfchen, nur befto bringenber. (£rmeifen fie
fich als richtig, fo ift es, ba nur baS ©elbftfehen ben 9tatur*
440 8ur yrftfmtfl ter ^brenclegie.
forfc^er mad;t, bie Sacbe ber teutfcfyen ($elefyrten, Stylten nacfy*
juprüfcn. Unb fo ift Hoffnung, baj? aucfy bie (Steifteötefyre
entlid> jur allgemein gelaunten 3tatuinriffenf$aft werben, unb
banttt ber grofce föing tiefer gBijfcnföaftcn , mity alle Sin
(Sange« bitten, jiun 9hu)me unfere« 3afyrfyunberts gesoffen
toerben wirb.
33re«tau, 18. September 1865.
9Iuf bie torftefyente 9lnfpracfye an .£>rn. ^rofeffor SMrcfyoto,
ioeld;e, ate Sörofcfyüre getrueft, icfy Umt mit einem befonberen
Schreiben überfantte, erhielt icfy ton ifym feinen, a(fo einen ab*
letynenben Stefäeib. £)ie« bielleify, weit ifmt bie ^renologie
bodj mistig genug fd^ien, um tyr eine befonbere 3ftüfye unt
3eit $u »tonten, ober, loa« mir mafyrfcfyetnUctyer ift, »eil er eine
genriffe @d>eu tator fitste, fidj in bie iljm al« Anatomen frembe
unb fcfynricrige ($teifte«lefyre einjutaffen. Stenn ber (entere ®runb
ter toaljre ift, fo ertaube tefy mir, bem tereljrten SOianne, — tem,
tote Ärnotb, ic$ e$ fyocfy anrenne, bafe fie unter alten namhaften
Anatomen unb "ißfytyfiotogen !£eutf($tanb$ bie einzigen finb, bie
fi$ unparteiifcfy über bie ^Phrenologie ausgeflogen , — meine
frühere 5Mtte hiermit normal« torjutragen, intern idb bemerfe,
bag bie Prüfung ber ^renologie au$ in betreff ber (Steifte**
lettre nur bann cr^cbtic^c «Sdbtoierigfeiten bieten fann, menn man
ftc ofme .\;>ilfe eine« ^renotogeu tornefmten tritt. Wit meiner
£Ufe uurt tiefe Prüfung eine leiste fein, ba idj fetjr ftar atle
fragen beantworten unb alte 3lpe^f^ töfen Werbe, wetd;c bie und
tortiegenben £fyatfad;>cn betreffen, unb ba id) bie« gerne fo lange
Munt n>erbe, bis ber ^rüfenbe eine fefte unb beftimmte lieber ;
jeugung ton ter sBal)rfyeit ober llnwaljrljeit ber ^Phrenologie
gewonnen Ijat.
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XXI.
Untbropofoytc und Phrenologie.
„3fbc neue iNidjtuiifl Ijat mit nitflfQeiiftflKiiDfii ajtrn
W Iämpfeit unb laitn dcf) Üjre 4>alHi ittAt btfcftftt, oliue
Hut* utib redjt* a\u unb umauftofteii."
Nrcfno für «utbrobolofltc IV. »b. «oriuoct.
L
ÜDic Slnt^ro^ologic umfaßt, mic ftd; tterftetyt, nic^t Mos bic
8e$re bom Körper, fonbern aitd^ bie oom Reifte be$ 9)Jenfd;en.
£)ie$ ift audj auSbrücfüch int SBortuort bc$ oorliegenbcu „ArctyibeS"
auSgef proben*). („Die Anthropologie enthält bic ^ftychologie
gan$.") ©leichtoohl pflegen bie Anthropologen ftdj nicht mit bet
Unterfudmug be$ (Reifte«, fonbem mit mit ber bc« ilßrpera jn
befaffen. Selbft ba, roo bie Unterfudmug be$ t&rper« auf bie
be« ©eifte« unmittelbar ^injunjeifen fcheint, — in ber tfefyre bom
(Gehirn, — getreu bie Anthropologen nicht auf bie (#eifte$lel?re
ein, fonbem bleiben bei ber $ örperlchrc als fold;er fte^en. 3n
(Böttingen fanb t. 3. 1861 eine 33erfammlung bon Anthropologen
ftatt, ton bereu n>iffenfcfyaftlid;en SBerhanblungcn ein ausführlicher
*) 3$ gebe ben ?(uffa^ $ier un&eränbert, wie er für baö „2lrc^t^ für
tCnt^ropofogie" getrieben ift, unb fnü^fe baran bie ©itte an bie geehrte
9iebaction biefer 3eitf<fyriftf ben Stuffafc audj aufjunetymen, ba berfclbe ju«
gleicfy ald eine (t>on mir gefdjriebenc) $iim>eifitng auf bie „^brenologifdjen
Jöilber'^ gelten fann.
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442 Sntyropolcflie unb ^brenolc^ic.
Bericht im £>rucfe »orliegt. Triefe sD?änner fyaben ntc^t nur feine
ftrage bei ®eifte«lchre in bie Unterfucbung gejegen, fonbern, ob-
gleich tt>re breitägigen Befprechungen faft nur bie ^orment>er=
fchiebenheiten unb bie äReffungen be« menfehlichen ©chäbel« unb
^eln'rn« (bie „Morphologie" be« ®ehtrn«) jum ®egenftanb hatten,
e« alfo gtoingenb nahe gelegen hätte, aueb bie ftrage nach ber
Bebeutung biefer gormoerfchiebenheiten ju ftellen, fo nwrbe
boch biefe {frage oon ihnen nicht einmal berührt, gefebmeige au«*
führlicb bef prochen. 3n ber oortiegenben, bereit« ju einer 9?ci^e
oen Bänben angetoaebfenen, 3ettfcbrift ift ganj gegen jene ©orte
bet Gorrebe bie ^ftychologie nicht zum ®egenftanb ber Unter*
fuchungen gemacht morben.
Söoher biefe merftoürbige Gernachläffigung eine« ganzen großen
(Gebiete« ber Anthropologie, eine« Gebiete« jumal, »eiche« ba« etfte
unb toichtigfte biefer ©iffenfehaft ift? Denn bie Betrachtungen
unb Meffungen ber oerfchiebenen (^ehimformen fbnnen ja nur
ben toiffenfehaftüchen (^nbjmecf h<*ken, $ur Äenntnijj ber Bebeutung,
welche biefe Gerfchiebenheit be« ®eifte«organ« für ben ®etft hat,
ju führen. Allein fo räthfelbaft biefer Mangel ber gorfchung
auf ben erften Blicf erfcheinen mag, bie (Srflärung beffelben ift
nicht alljufchtoer : fie üegt bor Allem in ber fo fehr großen 35 er =
f$iebenheit ber beiben ©iffen«gebiete, ber fterperlehre unb ber
(9etfte«lchre , einer Geriebenheit, toelche ein nriffenfchaftlicbe«
£erübertreten oon jenem Gebiet in biefe« al« lattm möglich
erfcheinen lägt. Dort ber fichtbare unb greifbare, bem Stoffen,
3ählen, ©ägen zugängliche ®egenftanb ber ftorfchung, t/icr
bie ber unfichtbaren ©elt angeh'örenben menfebüchen ©cfühle,
Neigungen, t'eibenfchaften, toelche berm&ge ihrer SUatur einer toirf*
liehen toiffenfchaftlichen (Srforfchung unzugänglich zu fein freuten,
©te unenblicb oiel fchtoieriger ift jebenfall« bie lefctere #or*
fchung, al« bie erftere! ©enn jebe nuffenfchaftliche Seiftung eine
jahrelange Arbeit unb Uebung in bem betreffenben ftache oorau«*
fefet, toenn auch ber Mann ber ^Brperleljre fidt) in feinem gache
einer folgen Arbeit unb Uebung unterzogen haken mu£, ehe er
bie ©iffenfehaft burch feine Seiftungen $u bereichern hoffen barf,
toie toäre c« beufbar, bajj er ohne ©eitere« in bem ihm fremben
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aiit&voVologie unb ^renoloflte. 443
unb an ftcfy inet fctynrierigeren (Gebiet ber ($eifte«lefyre mit (Srfotg
al« $otfd;er aufzutreten oermikhte! Unb fetbft angenommen, er
fef^reefte oor bet jahrelangen neuen Arbeit unb Uebung ntd?t ju-
rütf unb fänbe au$ ba$u bie 3ett, fo ift e« immer fraglich, ob
er für tiefe gorfchung ba« nötige £alent mitbringt. <5r ift biet*
leicht bei ftarfem gormenfinn, Ort«finn, 3ahtenfinn 2c. ein ®enic
in ber $örperfefyre , unb ohne befonbere« latent in ber
©eifteSlefyre.
@c^on bie« toürbe gur (Srflärung genügen, warum bie 3(n=
thropologen, meiere nur Scanner ber ^örperleljre finb, ba« (Gebiet
ber ®eifte«lehre bi«her nicht einmal ju betreten toerfucfyt ^aben.
vJcoch ein weiterer (5rflärung«grunb ift ber folgenbe. Unfere $eit
ift auch in wiffenfehaftlicher ^pinfid^t merfwürbig unb groß burdj
ben erwachten (Seift echter ittaturwiffenfehaft , melier und einen
früher nicht geahnten $Reid>thiim wahren ffiiffen« erfchloffen t>at
unb immer mehr erliefet. 2öa« finb in öejug auf Siffen unb
tenntniffe bie berfloffenen 3a^rtaufenbe ber Wenfc^^ctt gegen
nnfer ^a^r^unbert! Ueberaü, in allen Gebieten ber Sftatur, wo
man früher nur ^^itofo^^irte, träumte unb irrte, tyat man jefct
gelernt, mit offenem 3luge ju feljen unb ju Hüffen, unb ift eben
baburdj auf bem fixeren $Öege, immer weiter in beut Grrfennen
t^atfä'c^lic^er SGßa^r^citen fort$ufd?fetten. 3eber gorfcher in ben,
Gebieten ber ^aturmiffenfdjaft ift fidj biefer wiffenfd;aftltchen
®röfjc unferer 3eit flar bewufct, ift ftolj auf ben gewonnenen
fixeren 2Beg ber gorfchung, unb macfyt nach feinen Gräften bar*
über, baß biefer Söeg niemal« wieber oerlaffen werbe. Sichere«
unb befrtmmte« — eracte« — ©iffen ift ba« groge Sort in allen
Gebieten ber 9caturwtffenfchaft geworben, im (Segenfafee ju bem
geträumten ober @tfyeimr>iffen ber früheren 3«tat. 2)tft 9Jed^t
wirb nur jene« griffen für werthbotl, biefe« für werthlo« gehalten,
wie benn auch biefe« feine, jene« unenbltch reiche praftifche (Sr*
gebniffe aufauweifen hat. £)a nun alle Anthropologen Scanner
ber erbeten sföiffenfd^aften finb, unb ba bie ®eifte«lefyre oermöge
ihre« ®egenftanbe« bafür gilt, nicht ju biefen ©iffenfehaften ju
gehören, bürfen mir und ba Wunbern, baf? bie Anthropologen
innerhalb be« Gebiete« biefer Siffenf duften ftehen bleiben wollen,
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444 Anthropologie unb Phrenologie.
ba§ fie ein (Gebiet nicht betreten mögen, toelche« an fich toerthlo«
lu fein fcheint?
hiermit fcheint jugleich ein SBormurf abgen>tefen gu fein,
ioelchen man oielfeicht ben Anthropologen jn macben berfncht fein
fönnte. .Senn auch biefe Scanner fetbft, — fo f&nnte man oiel*
leicht eimoenben moüen, — ba« bebtet ber ®eifte«lehre nicht bc*
treten Kimen, loarum oerbinben fie fich nicht mit ben Scannern
ber ®eifte«lehre (ben pftychologen), nm ihnen ben entfprechenben
ber ftorfchung ju übertragen, bamit bie große unb übte
V-ücfe in ber Anthropologie enblich ergänzt loerbe ? toarum merben
nicht 3. 33. oon ber 9?ebactton biefe« Arcbioe« namhafte $ftyc$o*
logen oeranla&t, bie Söebeutung ber erfanntcn nnb burch üKeffung
feftgeftellten ®ehirnoerfchiebenheiten jn erforfchen? Allein ba bie
ptychologen nicht Männer ber c^acten ©tffenföaft , ihre gw«
fchungcn alfo oon feljr nntergeorbnetem ©erth finb, fo f&nnen
fid; biefe ftorfchungen ntcbt $ur (Srgänjung ober 2$erfd;mcljung
mit ben ftorfdnutgen ©er Anthropologen eignen. $)ie« erhellt
auch \d}on an« bem bisherigen tl>atfäd^Uc^en fanget aller Hüffen*
fd;aftlichen (Srgebniffc ber pftychologifchen gorfchungen , ein
Langel, n>eld>en oiele pftychologen felbft laut befennen nnb be*
Hagen. Sticht einmal bie erfte miffenfcbaftlidje (^rnnblage ift bi«
iefet in ber *ßfhdr)ologie gelegt, nicht einmal eine loirfliche $enntnip
ber ®runb*räftc be« Reifte« ift in ihr gewonnen *).
3ft aber — eine anbere fich hier aufbrängenbe grage —
ift ba«, n>a« bie Anthropologie in ber ^ftydhologte ju finbcn nicht
hoffen barf, nicht etma anber«too, ift e« nicht in ber ^hte.»»*
logie $u finben? £>ic Phrenologie behauptet ja nicht blo«, bie
mahre ®eifte«lehrc ju fein, — bie toirf liehen ®nmbfräfte be«
*) Uebrigeu« bleibt bie ftrage ju beantworten übrig , tote ftdj hiermit
bie oben erwähnten ©orte in ber SSorrebe biefe« Archioe« — baß /;bie Anthro*
pologic bie ^fachologie ganj enthält", — bereinigen laffen. (SntWeber ent*
hält bie Anthropologie bie pfychologie: bann ift biefe bamit für eine toirf»
lid;e Siffenfdjaft erflärt unb bie Anthropologen bürfen fie nicht, Wie geflieht,
thatfächltch ignoriren. Cber aber bie pfodjologie ift feine wirtliche Siffen-
fdiaft unb bie Anthropologen haben 9?ed>t, ftc 3U ignoriren : bann enthält tic
Anthropologie fie nicht.
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445
Reifte« aufgefunkelt, bie fogenannten sBiberfprüche im 3Wenfchen*
geifte erflärt ju haben ic, — fonbern fie behauptet noch roetter,
ba«, toa« oor Willem bie Anthropologie 511 fucheu fyat, bie $ennt=
nt§ bet Söcbeutung ber berfchiebencn menfchltchen (Sehtrnge*
ftatten, bereit« ju befifccn. (SehriB ift e« bie Pflicht be« SIntfyro*
pologett, forgfättig 3tlle« gu prüfen, ma« bie große Öücfe in ber
SSMffenfcfyaft anzufüllen nur einigermaßen hoffen (äffen fann.
Mein toenn bie Anthropologen gerechtfertigt finb, baß fie ben
SBerfuch nicht machen, bie Öücfe burch bie Pftydjologie ju ergänzen,
fo bebürfen fie nad) einer getoiffen 9)feinung noch weniger einer
befonberen Rechtfertigung bafür, baß fie ben SBerfuch mit ber
^fyrenologie nicht machen toollcn. sJiach biefer getoiffen Meinung
trifft bie (Seringfchäjjung , toelche bon Seiten ber ÜDtönner ber
e^acten 2öiffenfct;aft auf ber Pftycljologie ruht, in noch ^ö^erem
S0?af3 ober mit noch größerem Recht bie Phrenologie. „£)te Huf*
fchlüffe, — fo lautet ungefähr biefe getoiffe Meinung, — n>e(ct>e
bie ^htenotogie über bie ®eifte«tf;ätigfeit ju geben behauptet, finb
nicht bto« teer uub ungenügenb, toie bie ber pftychologie, fonbem
fie tragen ben (Stempel ber fchlintmften Untoiffenfchaftltchfeit auf
fidj. £te ^hre»otoÖie jerfpaltet 5. 39. ben einheitlichen menfeh*
liehen (Steift in eine fehr große £aty befonberer @inne; einige
biefer <Sinne — ÜDieb^finn, 9)Jorbfinn :c. — finb toohl ba«
^tärffte, toa« jemal« in unbegrünbeten Annahmen geleiftet toorben
ift; ftatt bei ber (Srforfcbung ber (Sehtrnthätigfeit, fo toie bie
©iffenfehaft e« forbern roürbe, anatomifch oom innern 39au be«
(Gehirn« au«jugehen, geht bie Sß^renorogic bon ber äußeren ©e<
ftalt be« (Sehint«, ja bon ber ®eftalt be« Sd?äbel« au« it. f. tv.
Äutj, bie Phänologie m*** Sfabere« ober nicht« Söeffere«, al«
eine jener £)oetrinen, toelche, — toie j. $8. ber ütte«meri«mu«,
bie phhftognomif, manche $eitftyfteme, — gleich al« ßarteaturen
ber Siffenfchaft ober al« toiffenfchaftliche duriofa bon $eit 51t
3eit auftauchen, um balb toieber in ihr sticht« }u berfchtoinbeu.
äöährenb baljer bie Pftychologie trofc be« Langel« an totffen*
fchaftlichen (Srgebniffen burch ihre toiffenfchaftliche Haltung eine
getoiffe Berechtigung hat, unb bavum auch immer tfehrgegenftanb
auf ben £ochM>uten getoefen ift, fo hat bie ^^renotoAte burch tytttt
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446 Slntftrepoloflic itnb Phrenologie.
augenfcheinfichen Langel an 5öiff enf d^af ttic^f eit eine faft unbe^
bingte Nichtbeachtung bon (Seiten ber Sftänner bet SBiffenfchaft
erfahren. " <5o jene gewiffe Meinung, welche noch immer bei nam-
haften (belehrten gefunben wirb. <5o wirb j. 33., tt>ie ich be*
ftimmt wen}, auf einigen $atfjebetn beutfeher Uniberfitäten noch
t^eute bie Phrenotoflie als „Unfinn" unb „8dmnnbel" bezeichnet.
Sollte naa> aü bem ®efagten bie ?ücfe in ber «ntljro*
pologte für eine nothwenbige unb bleibenbe 511 erflären fein?
fcUtc bie JBiffenfchaft bom ÜWenfchen i^Te wichtigftc £älfte, bie
®eifte$lehre, für immer entbehren müffen? Nein, biefe #älfte
ift bereit« borhanben, unb jwar eben in ber Phänologie, welche
etwa« 9lnbcre« ift, als fie ben üttetften ju fein fcheint. Die
Phänologie ift nur bem s)l a m e n nach bbn Allen, in ihrem Inhalt
aber ober in ihrer wahren 33ebeutung nur bon fehr SÖenigeu ge*
fannt. >Die ^ß^renotogie ift in ber Xfyat biejenige naturwtffen*
fcbaftliche ®etfte«lehre, welche im (Segenfafc $ur pftyho*
logie ober einfettig philofopfnfchen ®eifte«tehre bie ergänjenbe
£ätfte ber Anthropologie bitbet. 9Q?an berachtete Bi«=
her bie Phrenologie, Weit man fie nicht fannte, unb man lernte
fte nicht fennen, weit man fie berachtete, ein übler Btrfel, Wetter
wie ein 3auberbann bie Ntchtfenntnijj ber Phrenologie berewigen
gu müffen fcheint. 3ch toill hier auf wenigen ©tattern ben SBerfuch
machen, ben Söann ju (öfen, ich totfl 3U hcWn fwc^cn, baft bie
Senologie gefannt, in ihren SThatfachen geprüft ju werben
terbient.
Die Phrenologie ift bor Allem ober in ber §auptfache nicht
®ehtrntehre (natürlich noch weniger ©chäbellehre), fonbern natur-
wiffenfehafttiche ®eifte«lehre. <3chon ba$ Söort Phrenologie
bebeutet, wie Pftychologte, (SJeifteSlehre (ober ©cetenlehre). 9)? an
wählte baffelbe, weit bie ^J^renologte eine neue, eine naturwtffen«
fchafttiche, alfo eine anbere ®eifte$lehre als bie Pftychotogie
ift, unb e8 für bie neue SÖiffenfchaft eine« neuen tarnen« bc*
burfte. Die Phrenologie at« naturn>tffenf^aftficr>e ®eifte«lehrc
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ftntyropotoflie imb ^renoloßie.
447
toäre eine große (Jntbetfung, eine große Söafyrfjett, wenn fie
aucfy nickte ton ®efyirn loüfcte ober teerte, ober
10 eil 11 aucfy alte« £)a«, n>a« fie bom ®efyirn a(«
®eifte«organ lefjrt, irrig toäre. $)enn bie ^renologie
tyat anf naturn>iffenf$aftlicfyem 2Bege bie ®runbfräfte be«
®eifte« anfgefimben. £>ie ®runbfräfte be« ®eifte« finb an
nuffenfdjaftlidjem Söcrtlj ba« für bie ®eifte«lef>re, loa« bie ®runb<
ftoffe ober (demente bcr $&r£er an toiffenfc^aftlic^em Scrtfj für
bie törpcrlefjre finb. @o toie e« eine loafyre (miffenfc^aftac^e)
ftörperleljre nicfrt gab, fo lange man ton bier (Elementen ber
Körper träumte, b. fy. fo lange e« feine kernte gab, fo fjate«
eine toafyre (natuümffenfcfyaftlicbe) ®eifte«lefyre ni$t gegeben, fo
lange man, toie in ber s]$ftycfyolegie , blofcc allgemeine ®eifte«*
rräfte, j. S3. ®ebäcfytni§, SöillenSfraft, drrfenntnijj JC für ®runb*
fräfte be« Reifte« fyielt. Sic fann man 33. ba« <$ebäd&tni§
für eine ®runbfraft be« Reifte« galten, ba bie einfache 38e<
obac^tung ber 9iatur jeigt, baf? baffelbe tljatfacfyticty toieber in
mehrere o er fetyt ebene ®ebä#tmffe jerfällt. $itt Wenfcb fann
g. «. ein ftarfe« OrtSgebädjtnij? unb ein fdjtoad?e« 3atylengebäc^
mfj fyaben, ein anberer umgefefyrt. (Sfrenfo fann ba« Sollen ober
©egefjren feine ®umbfraft be« Reifte« fein: benn ein üftenfd;
begehrt meljr uaefy ®elb unb ®ut, ein anberer nadj 9htf;m unb
dljre, einer naefy Ötebc unb griebe, ein anberer nad) (Streit unb
$ampf u. f. ro. £5er grojjc 3rrt1jum ber "pftnbologen finbet bariu
feine (Srflärung, ba§ alle ^ft^ologen bie (SJrunbfräfte be« (Reifte«
auf bem Scge ber bloßen <2elbftbeobacbtung auffinben 51t fönnen
meinten. £)ie ©elbftbeobactytung fann im« ni<$t fagen, ob ba«
Drt«gebä<$tni§ unb ba« äafylengcbä'ctytnife eine unb biefelbe ober
gtoei t>erf<$tebene dMftc«fräftc finb, ba un« bie Sßatur ben im*
mittelbaren 33licf in ba« betriebe unfere« Reifte« oerfagt fyat.
$)ie ^Ijtenologie fa^lug jur Ghitbetfung ber (Srunbfräfte be«
(Reifte« einen anbeni Seg, ben ber allfeitigen 9ftenfd)enbeobacfy*
tung, ein. Säljrenb un« bie <Selbftbeobacfytung nur einen
ü)?enf$en ober ba«, loorin alle 2ftenfcfyen einanber gleicfy finb,
fennen lefyrt, toarf bie ^Phrenologie ifyren 33ticf auf bie ganje
üttcnföljeit unb entbeefte in ber geiftigen $erfa)iebenljeit ber
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448
flntbrcMogie uitb ^brrnoiogif.
9ttenfc$en ba* Littel, bic @runbfräfte be« Reifte« auftufmben
unb nadbjutocifcn. Denn toenn bic «eoba^tung jetgt, bafc $. $3.
ein 9)fenfc$ mel Talent für bie Auffaffung &on OertUc^feiten unb
loenig Xalent für Bahlen fa*» cnl anberer imtgefeljrt, fo ift ba=
burd? bet Ortftnn (ba$ £)rt$talent, baä DrtSgebädjtnijj) unb ber
3afylenfinn als befonbere, als ($runbfräfte be$ Reifte« nacfyge*
triefen. (Scfyon bie »Spraye ift Ijier längft biet weiter in ber
(Srfenntnijj ber Söafyrfyeit borgebrungen, als bie fogenannte Siffen-
fdbaft ber pftodjologie. Die Spraye fennt einen befonbcren Ort*
finn, 3atylenfinn, £onfinn, gormenfinn, garbenfmn :c., wogegen
unter allen Prologen nicfyt ein einiger biefe (Sinne al« foldjc
ober al« ©runbfräfte be« Reifte* erlannte. Die* erflärt fid>
barau«, baß bie pfydjologen feine 9taturforf$er, fonbern einfeitige
plnlofopljen , blogc abftracte Denfer waren. 3e weiter fie auf
ifyrem irrigen 3öege, bem ber <Selbftbeobat$tung , vorgingen, je
metjr fie ftcfy in baö abftracte Deuten bertteften, befto mefyr ber=
loren fie ben freien ©lief in bie 9catur, faljen glei^fam ben Salb
bor Räumen nictyt.
©egen ba« fyier ®efagte fönnte man rielleid&t einen Einwurf
ergeben wollen. <So grojj aud&, — fonnte man fagen, — bie
geiftige Eerfäiebenfjeit ber SMenföcn j. Sd. in ber <Stärfe ber ein*
Seinen ©ebäctytniffe ift, fo ift bamit nocfr fein «eweiS für bie
wirftictye S3erf d) iebenty eit, für bie in ber Statur felbft
liegenbe Trennung biefer ©ebäcfytniffe gegeben. Söer fagt im«,
ob bie berfcfyiebene <Stärfe biefer (Sebäcfytniffe nicfyt lebiglicfy au«
ber Skrfcfciebenfyeit ber Crrjiefyung, ber $ertjä(tniffe, ber 3nter=
effen ber ü)2enf$en fyerborgefyt? Jöirb nid;t 5. ber Kaufmann
einen ftärferen 3^^enfinn, ber Porträtmaler einen ftärferen gor*
menfinn, ber föeifenbe einen ftärferen Ortfinn :c. barum fyaben,
weit ber Kaufmann für ba« (Srfennen unb galten ber 3atycn,
ber Porträtmaler für baö ber gönnen, ber föeifenbe für ba« ber
Dertlictyfeiten ein befonbere« 3ntereffe, audj bartn eine gr^erc
Uebung t;at ? Angenommen, bafc biefer (Einwurf begrünbet ift,
bap bon Statur, bon Geburt au8 alle Arten be8 <&ebädjtniffe$
(unb alle einzelnen Talente unb (£fyarafter$üge ) in ber «Stärfe
einanber gleicb finb, furj angenommen, bafc e$ oerfduebene unter
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vjlntbrot>oloaic unb sEbreno(oaie. 4.4.^
fich getrennte ®etfteSfräfte, fogunennenbe ®runbfräfte beS ®etfteS,
gar nt$t giebt, fo ift ber Stforgug, welker ber ^Mjrenofogte
wegen beS aufgefunbenen nenen Seges ber gorfchung gugefetyrteben
werten foll, nur ein fühlbarer, fo ift bie ^Phrenologie als ®eifteS=
lel;re fo wertlos, lote bie pftychologie.
%uf bent -Stanbpunft btefeS 3weifelS an bem iBorhauben*
fein oon ®rnnbfräften beS Reifte« unb beS In'erau« gegen bie
Phrenologie erhobenen bebingten Einwurfs, wie wir tyn §kx for*
nmlirt haben, fteht bie grojje 9)*ehrgahl aller t'aien in ber
®eifteSlebre. Natürlich! benn bie grage nach ben ®runbträften
bes Reifte« reicht in bie gange Xiefe ber ®eiftestehre hinab, unt>
wer bie grage wiffenfehaftüch gu beantworten unb gu entleiben
wüßte, wäre eben nicht mehr Öaie in ber ^eifte^e^re *). Doch
haben wir biefen bebingten Einwurf gegen bie Ph*en°l°Stc
hier nicht gu berüefftchtigen ober gu wiberlegcn, benn wer ihn
erhebt , gäfjlt barum nicht gu jenen (Gegnern ber ^ß^rmofogie,
welche biefelbe oon oornhereiu aU ber Prüfung uuwerth oerwerfen.
Diefer Einwurf, biefer $weifel ift ein oollfommen berechtigter,
gleichfam ein wiffenfchaftlich nothwenbiger , ba eS ja bie Pflicht
beS 9caturforfcherS ift, jebem Dinge ober ieber Xhatfache gegen*
über, bie er noch nicht fennt, noch ™fy geprüft hat, gu gwetfeln.
@S wäre ebenfo unwiffenfehaftlich, bie ^h^n^logie oon ooruhercin
(ohne Prüfung) als wal;r augunehmen, als fie oon oornherein
als unwahr gu oerwerfen. Sluch ift, wie ftch oerfteht, h^r niebt
bie Stelle, ben 3wetfel ausführlich gu befprechen unb gu heben,
ben SöeweiS, bafj eS ®runbfräfte beS @eifteS giebt, gu führen.
Die ^>t)renologie felbft als naturwiffenfchaftliche ®eifteSlehre ift
in ihrem gangen 3nhalt nichts anberes, als ber geführte
beweis, bafe bie geiftige SSerfchtebenheit ber 2)fenfchen (bie $er=
•) ?aien m ber ©eiftedlebje fmb'auch bic ^oebdogen. Xtnn ba bic
Pfoctjoloaie feine toirtliche 3Biffenfd>aft ift, fo tonnte in i^r bie grage na*
ben ©runbfraften be« ©eifte« nicht entfebjeben werben, toie benn att$ unter
ben ^fadjolotjen nid)t blo« über bie wahren (Smnbfrafte be« Öetfte«, fonbern
aua) barüber bie Bnftdjten geteilt ftnb, ob e« ttberbauot »erfcfyiebene (Ürunb
früfte be« (Reifte* giebt ober nid;t. 2>al?er ftebj ber ^focbolog auf bem *5tanb*
punft jebe« aubern l'aien in bei: (Seifte«leljre.
erfjeoe, ^IjrcHotoflifdic «Uber. 3. Inf. 29
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448
«nt^rc^clogic uiib ^brenologif.
9ttenfc$en ba« Littel, bie ©runbfräfte be« Reifte« auftufinbeti
unb nac&iutoeifen. Staut wenn bic ^Beobachtung jeigt, ba§ 3. $5.
ein 2)ienfcfy biet Talent für bie Auffaffung bon Oertlictyfeiten unb
wenig latent für 3a^cn *?öt/ CU1 ruberer umgefefyrt, fo ift ba*
burcfy ber Ortfinn (ba$ Ortätalent, ba$ OrtfcgebädjtniB) unb ber
3afytenfinn als befonbere, als ®ruubfräfte beä Reifte« na$ge*
wiefen. <3cfyon bie ©brache ift Ijier längft biet weiter in ber
(Srfenntnifj ber Söaljrljeit borgebrungen, al« bie fogenannte föiffm«
fcbaft ber pftydjologie. Die Spracbe fennt einen befonbcrcn Ort5
finn, 3<ri}(enfhm, £onfinn, ftonuenfinn, garbenfinn zc, wogegen
unter allen Prologen nic^t ein einiger biefc @hme al« folcfye
ober al« ®runbfräfte be« Reifte« erfannte. Die* erflärt fi<$
barau«, bafc bie Prologen feine 9caturforf$er, fonbent einfeitige
ptulofopfyen, bfo§e abftracte Denfer waren. 3e weiter fic auf
ifyrem irrigen Söege, bem ber <2elbftbeobacfytung , borgingen, je
mcfyr fic ftcfy in ba$ abftracte Denfen bertieften, befto mefyr ber-
loren fie ben freien ©lief in bie Statur, faljen gleicfyfam ben SBalb
bor Räumen nicfyt.
®egen ba$ fyier ®efagte fbnnte man btelletd&t einen Einwurf
ergeben wollen. <So grojj aud&, — fönnte ntan fagen, — bie
geiftige SBerfctyiebenfjeit ber 9ttenf<$en j. 38. in ber <5tärfe ber ein*
lebten ®ebäc$tniffe ift, fo ift tauft nodj fein beweis für bie
wirflietye 23erf c$ ieben^ eit, für bie in ber Statur felbft
liegenbe Trennung biefer <$ebä$tntffe gegeben. 2Ber fagt und,
ob bie bcrfcfyiebene <3tärfe biefer ®ebä<$tniffe ntcfyt lebiglicb and
ber $erfcbiebenfjeit ber Crrjiefyung, ber $crljältniffe, ber 3nter-
effen ber 9ftenfd>en fyerborgeljt ? Sirb nid&t 5. 38. ber Kaufmann
einen ftärferen 3«^enfinn, ber Porträtmaler einen ftärferen gor*
menfinn, ber föeifenbe einen ftärferen Ortfinn tc. barum Ijabcn,
weil ber Kaufmann für ba$ grfennen unb galten ber 3afyen,
ber Porträtmaler für baS ber formen, ber föeifenbe für ba$ ber
Ocrtlictyfeiten ein befonbere« 3ntereffe, audj barin eine größere
Hebung t;at? Angenommen, ba& biefer Einwurf begrünbet ift,
bajj bon 9catur, bon (Geburt au« alle Arten be« ®ebädjtniffe«
(unb alle einzelnen Talente unb (Sfyarafter$üge ) in ber ©tärfe
eiuanber gleich finb, fur$ angenommen, bafe e« berfcfyiebene unter
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Anthropologie unb ^renotoflie. 449
fich getrennte ®eifteSfräfte, fojunennenbe ®runbfräfte beS ®eifteS,
gar ntctyt giebt, fo ift ber $öor$ug, meldet ber ^renotogie
wegen beS aufgefunbenen neuen ÜßegeS ber gorfc^ung jugefc^rieben
werben foll, nur ein fcheinbarer, fo ift bie ^^renologte als ©elfte**
lehre fo werthlos, wie bie Pftydjologie.
2luf bem ©taubpunft btefeS 3 c 1 f e 1 8 an Dem SSorhauben*
fein bon ©runbfräften beS (Reifte« unb beS ^ietau« gegen bie
Phänologie erhobenen bebingten Einwurfs, wie wir ihn tficx for-
mutirt traben, fte^t bie große SOtefyQafy aller t'aien in ber
®eifteslebre. Natürlich! benn bie grage nach ben ©runbfräften
bcs Reifte« reicht in bie ganjc Xiefe ber ©eifteSlehre hinab, unb
wer bie ftrage wiffenfehafttich *u beantworten unb ju entfd;etben
wüßte, wäre eben nicht mehr &tie in ber ©eifteSlehre*). Doch
haben wir tiefen bebingten Einwurf gegen bie ^^renologie
hier nicht gu berüeffichttgen ober ju wiberlegen, benn wer ifyu
ergebt , jählt barum nicht gu jenen ©egnern ber ^Phrenologie,
welche biefelbe bon oornfyerem als ber Prüfung unwerty oerwerfen,
tiefer (Sinwurf, biefer 3weifel ift ein oollfommen berechtigter,
gleichfam ein wtffcnfchaftltch nothwenbiger , ba es ja bie Pflicht
beS sJcaturforfcherS ift, jebem Dinge ober ieber I^tfache gegen*
über, bie er nod> nicht fennt, noch nicht geprüft $at, ju zweifeln.
@S wäre ebenfo unwiffenfehaftlich, bie Phrenologie oon oomherein
(ohne Prüfung) al« wahr anzunehmen, als fie bon oomherein
als unwahr $u berwerfen. Sluch ift, wie fich oerfteht, i)iex niebt
bie Stelle, ben 3toeifel ausführlich ju befprechen unb ju heben,
ben SöewetS, baß eS ©runbfräfte beS ©eifteS giebt, |U führen.
Die ^3^renoIogie felbft als naturwiffeufchaftliche ©etfteSlehre ift
in ihrem ganjen Inhalt nichts anbereS, als ber geführte
beweis, baß bie geiftige SBerfchiebenheit ber 2ttenfchen (bie $er*
*) fiaien in ber ©eifte«leb> ftnb'aud; bic ^fodjologen. 2>enn ba bie
$fort)o{ogie feine n>irflid;e SBiffenfdjaft ift, fo lonnte in ifjr bie frragc nad?
ben ©mnbfräften be« ©eifte« nidjt entfehieben »erben, toie benn aud) unter
ben s^fpd)ologen nidjt Mo« über bie wahren Öknnbfräftc be« ©eifte«, jonbern
cuidj barüber bie Änftdjten geseilt finb, ob e« überhaupt öerfdjiebene ©runb
fräfte be* ©eifte« giebt ober nidjt. £aber ftebt ber Wttdjolog auf bem *Stanb»
punft jebc« anbern i'aien in bei; (Seiftesleljre.
Sdjföf , $f)renoIoflifrf>e «Uber. 3. «ufl. 29
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%
450 2lntf>ro$>o(ogie unb ^Phrenologie.
fctyiebcnfjeit in ber <Stärfe ber einzelnen ®ebäd;tniffc, Neigungen,
Stiebe jc.) ntc^t au« ber SBerfötebentyeit ber (Srjiefyüng ober
bet äußeren Sntereffen fyerborgeljt , fonbern auf ber angeborenen
oerfcfyiebenen @tärfe ber einzelnen unter fiefy getrennten (&runb=
fräfte beruht.
Uebrtgen« liegen bie 33eroei«grünbe für biefe Sföafytfyeit fo
nafje unb finb fo fcfylagenb, ba§ ber l'aie burd) einen aufmerf-
fameu SÖlicf in bie 9iatur beinahe fc&on bie solle Uebergeugung
oon berfelben gemimten fann. £um Söeifriel: bie ftinber ber*
felben ftamüic, ganj gleich exogen, finb, fo $afclrei<$ fic feien,
alle ocrfcfyiebcncn Gfyarafter«. £)ie Knaben in einer ©cfyule feigen
bie berfcfyiebenften Anlagen: — fetyon biefe« Üöort bejeidmet
etma« Angeborene«, oon ber Statur Angelegte«! — ber (Sine Ijat
Xalent für Spraken, ber Anbere für 9)catfyematif , ber Anbere
für 3eid?nen :c. , oljne ba§ biefe 33erfcfyiebeiü)eit auf borau«=
gegangene oerfebiebene Hebung ober äuf ein tterfcfyiebene« 3nter*
effe jurüefgefü^rt werben fann. Gr« ift allgemein anerfannt, baß
ba« ®enie — ba« Ijöcfyfte 9tta§ be« Talente« — angeboren ift
unb nicfyt anerzogen, nicfyt bur$ Uebuug erlangt werben fann;
aueft ift e« meiften« ein einfeitige«: ba« be« Siebter«, be«
3J?ec$anifer«, be« 9)Mer« :c. @benfo ift ber angeborene ©cfywac^
finn ober Sölobfinn, ebenfo ber angeborene (angeerbte) 3rr* ober
Söafmfinn meiften« ein einfeitiger ober t^eilweifer. Allein fo
fcblagenb auefy biefe $3emei«grünbe für ba« iBorljanbenfein oon
®runbträften be« Reifte« — für bie 2£afyrf;eit ber ^^renologie
al« (&cifte«leljre — finb, fo genügt bod; it)re blo« oberfläcfyltcfye
Betrachtung ntdjt, um ben S^f^ 8anS Su fyeben, um bie wiffen*
fdjaftlicbe Ueberjeugung toon jener Söaljrtjeit j« begrünben. (5«
bebarf baju be« ßingefyen« in bie Söiffenfdjaft , bie Senologie
felbft. £)a aber biefe« (Singefjcn bi« jefet fefyft, fo bürfen toir
un« ni<$t munbern, bafe bie 'große aße^a^l ber Öaien an bem
3$orf>anbenfein bon ®runbfräften be« Reifte« jweifelt, eine Ueber*
jeugung für ober gegen biefe« 23orfyanbenfem nietyt gewonnen fyat.
gegenüber biefer großen ÜDieljräaljl jweifelnber £aien giebt
e« auefy einige wenige nicfyt jweifelnbc, meiere ba« SBorljanbenfciu
getrennter ober al« getrennt \n erfennenber (^runbfräftc be«
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f
Anthropologie nnb ^renologte
451
Reifte« entfdn'cben leugnen, wetdje behaupten, bafj im (Srunbe
ober von Geburt au« alle Sftenföen getftig gleid? feien, baß ba$,
wa$ uns als r>crfcfytebene ($ljarafter$üge erfcfyeint, nur bie 8iOlge
»crfdu'cbener (£r$ieljung ober Uebung ober t>crfcr)iebener 3ntereffen
fei. (5m ^lulofopfy (fticfyte in Bübingen) War lange $eit
(Sinjige, ben td) als Vertreter biefer Stnfid^t fennen gelernt, unb
id> glaubte audj, baj$ nur ein $l)ilofopt>, toeldfap mefyr gewinnt
ifr, bie £>tnge, toie fic fein fimnten, fiefy in einem Aftern }it*
fammenmftelfen, al« bie XMfatben ber 9totur, toie fie finb, *u
beachten, — bafe nur ein foletyer sWlofopfj biefe $lnfi$t faffen
Ginne. Slllein id) fjabe in biefen £agen Ijier in Bremen (wo i$
biefe feilen fcfyreibe) gu meiner Ueberrafcbung fogar einen $lr$t
fennen gelernt, welcher jene 2lnfid)t tfjeilt. 3n einer £>ifcung
beS ärjtlicfyen herein«, in weldjer idj über ^fjrenologie fpracfy,
fagte Dr. A>orn, er fyabe fieb feit 17 3afyren mit biefer Doctriu
befcfyäftigt unb fei m ber Uebergeugung gefommen, ba§ biefelbc
burdjauS auf 3rrtl)um beruhe, ba c$ wirflicfye (fbarafter^üge im
ÜDienfcfyen n i et) t gebe: SÜle« fei nnbeftimmt im geiftigen 9)?enfcfyen,
Wicbtö mit ©icberfjctt jui erfennen, 3emanb, ben ber @inc ®e^
müty«menfcf> nenne, ben nenne ber Rubere $erftanbe«menfdj,
u. f. w. £>iefe entfdn'ebcne 3lnfid?t (orte'S unb £orn'$) , fo
merfwürbig fie ift, fyat im 9)?unbe ber (Gegner ber ^Phrenologie
vor jenem Bweifel ein grofeeS ^erbienft t>orau«: baö ber golge^
rietytigfeit. $om «Stanbpunft biefer 5lnficfyt au$ fann von einer
wiffenfcbaftlicben ^flicfyt, bie Phrenologie als (SetfteSleljre (ober
in irgenb einer ©ejie^ung) ju prüfen, nicfyt bie 9tebe fein. $£enn
e$ feine beftiramten ober beftimmt ju erfennenben (Sljarafterjüge,
alfo feine nachweisbaren ®runbfräfte beS Reifte« im 9)fenfd>en
giebt, fo fann eS auety feine naturmiffenfc^aftli^e ®elfteSlef;re *),
feine ^renotogie geben, unb biefe t>ermetnttid?e Siffenfctyaft barf
unb mufj von Dornt? er ein verworfen werben.
fragen mir, wie et möglich fei, bafc nicht nur ein ^In'lo-
foph, fonbero baf? ein 9)Jann ber s}Jaturwiffenfd?aft biefe aller
*) Unb toenn e« feine befonberen <$eifte«fräfte giebt, fo fann e* and)
feine bejonberen Organe biefer ©eiftc*fräfte , alfo feine Crganenlefjre geben.
29 •
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452
Anthropologie unb ^^rcnologt«
Diaturbcobachtung wiberfprcchcnbc Anficht f äffen tonne, fo famt
bic Beantwortung biefer ftrage $ur ftlarftellung ber borltegenben
Sache überhaupt beitragen, unb wir wollen bafycr gerbet einen
2tugcnblicf bcrmeiten. 3ebe (#runbfraft beä (Reifte«, jeber innere
Sinn Kann ftaxf , unb baneben jeber anbere fchwach fein. £)a$
2)iaj? reicht etnerfeitä fyinab btö jur äujjcrften Schwäche, jum
ftaftnichtborhanbenfein eine« Sinne« (bie ftälle beä SdniHicbfinnä
ober Bl&bfinne), anbererfeitd ^inauf bis jttt ^oebften Starte,
auefy bis sur franffyaft gefteigerteu Xhätigfeit be$ Stnneö (bie
gälle beS @eme*, ber t'etbcnfchaft , be* Sahnftnns). £ie gälte
ber fefnoachen unb bie ber ftarfen (Sntwicflung finb nic^t bureb
eine ®ren$linie gerieben, fonbern fie bitben eine ununterbrochene
Stufenletter oon ber fcfyroäcfyften über bie mittlere bi$ jur ftärffteu
(£ntwtcflung. Oft nun finb in einem üDienfcfyen ein ober einige
Sinne fchwach, unb baneben ein anberer ober einige anbere
Sinne ft a r f : oft aber auch teerten in einem 9Renf$ett alle ober
faft alle Sinne gleich ober $i cm lieh gleich (fchwach ober
mittelmäßig ober ftarf) gefunben. (*8 oerftefjt ftd), baß nur jene
erfteren gälte, bie ber e i u f e i t i g e n (Sntwicf lungen, wo ein Sinn
gegen bie übrigen entfetteten ftarf ober fchwach tft, baut bienen
fluten, ben Sinn überhaupt al* einen befonberen, felbftftänbigen
Sinn ju erfennen unb nachntweifen. Senn es nur SRenftyn
mit gleich ober ziemlich gleich ftarfen Sinnen gäbe, fo wäre es
nicht möglich, bie Sinne als einzelne ober unter fich getrennte ju
erfennen, unb es fbnnte feine ®eiftcslehre , feine ^^renolcgie
geben. Dalmer verfallen in ber borliegeubcn SBejiclning alle
3Renf$en für ben ®etfteSforfchcr in gwei große (Staffen: in
3Renf$en mit unb in folche otync entfehiebene @harafter$ügc,
ober in folche, meiere bem ®cifteSforfcher ntr Bereicherung feiner
Siffenfchaft oon 3ntereffe finb, unb in folc^c, welche eS nicht finb.
§luf ähnliche Seife fönnte bie grage gcftellt toerben, ob bie
9tf enfehen in förderlicher £tnftcht, etwa in ben ÖcfichtSjügen, unter
fich toefentltch berfchteben feien ober nicht? Diefe grage würbe
einmal mir gegenüber oon einem ^oli^eibeamten berneint, welcher
behauptete, baS Signalement ber ^äffe fei faft ganj nu^loS,
weil bie ®cfichtS$üge ber SOienfchen ^entlieft gleich feien; eine
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Süttfyropologic unfc s}tyrenolpgic.
453
Uiafc 5. $8., metdjic ber (ürine groß nenne, fönne ein Unterer mittel*
groß ober gar ftein ftnbcn. 2(ltein auef) biefc ftragc, mie bic
borige, läßt fid^ ntdrt richtig beantworten, otnte baß man babei
jmei Staffen ber 2)Jeuf$cn untcrfcbcibct. @S giebt otefc ÜJicnfdjen,
beren ®efid)t«jüge mcfentttd; niebt bcrfdjteben finb, bei benen man
mögticfycrmetfe barüber ftreiten fann, ob ifyre 9^afe groß ober ftetn
ju nennen fei, meit fie meber entheben groß noefy entfebteben
Hein ift. 2(ber c« giebt anbererfeit« audj biete 9Renf<$en, bereit
®efidjt«$üge fetjr mcfcntticfc unter ftd> oerfd;icbcn finb, bei benen •
5. 33. ein 2)?einung«ftrcit über bic ®röße ober lltcintjctt tfjrer
9cafe, meit biefetbe fetyr groß ober fetjr ftein ift, nidjt ntb>
lidj märe.
£ierna$ erftärt fid? bie 2(nficfyt fticfytc'ö nnb Dr. £orn'8 fo,
baj? ber 33licf biefer Männer iüct>t frei genug mar, nidjt meit
genug reifte, um fie noei (Staffen ber äftcnfdjen in ber fraglichen
#e$icl;ung untcrfa>iben 311 (äffen. Seit fie bei oielen 3Ncufd;cu
beftimmte (angebotene) eijarafterjügc ntc^t auffinben tonnten,
nahmen fie ofync Söeitcrcö an, bic« fei bei at ten ber ftatt.
Ucbrtgcns mirb bie Unterfcbcttung ber beiben (Staffen ber 9)ccnfd)cn
ein menig burefy enoa« erfcfymert, ma« mir nhfyt unermälmt (äffen
motten: nämtid; burd; ben Grinftuß, melden bie (Srjietyung auf
ben angeborenen (Sfyaraftcr übt. $öic groß biefer (Sinfluß fei,
läßt fid) natürlich genau, gteicfyfam matfyemattfd; ntd?t beftimmen:
nur fooiet ftefyt feft, baß ber Einfluß ber (£r$ieljuug auf ben
£l;araftcr um fefjr SBielcä geringer ift, at« ber Einfluß ber Natur,
ber Geburt. £)ie Natur giebt, bic (Sr$telHing fann nur mit bem
(begebenen arbeiten : bic (Eqietymg fann nidjt ba«, ma« bie Stator
ftein gegeben, groß machen, nnb ntcfyt ba«, loa« bie Natur groß
gegeben, ftein. Sin geboruer 3mcrg ofcer eul gc^orncr 33tbb=
finniger fann niebt burd) jmeefmäßige Körper- ober ®ctftc«nbung
• ein 9tfcfe ober ein ®enie merben , ein geboruer SKiefe ober ein
geberneö ®enie nicfyt burefy oerfäumte Körper* ober ®cifte«übung
ein £merg cil1 ^ötöbf inniger. (Sbenfo oerljält c« fid) mit
ben einzelnen ®eiftc«fräftcn. Söcnn mir bie oerfetyiebene Stärfc
ber inneren ©inne, tote fie in ber <5rfat>rung gefunben merben,
etma mit : fc^r fdjmad; (1), fömad& (2), mittelmäßig (3), jiemtic^
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454
Wntyx Ökologie unb ^Phrenologie.
ftarf (4), ftarf (5), fe^r ftarf (6) bejeicfynen, fo fann bie (£r*
jietyung bie angeborene Stärfe eineä Sinne« tuelleidjt um eine
biefet fecb« Stufen erfjöfyen, {ebenfalls nid?t um mefyr. Sollte
wettetet ber pjilofopt) ju glauben geneigt fein, bat? ber Einfluß
beT ßrsiefjung hiermit etwa« ju gering angenommen fei, fo fönnte.
bagegen ber üftann ber praftifetyen (ürrfafyrung, ber #eljrer, biefen
(SinfluB hier Ccid^t $u tyoc$ geföäfct Ratten. 3n einer geu>5f>n*
liefen Schule j. 33. finben fiety Schüler, meiere auf ben beiben
• unterften Stufen, fet>r fämä) (1) unb fcfytoacty (2), ben Stufen
be« bollftänbtgen unb be« annäfycmben 33lÖbfmnö, fielen, gar
ntcfyt t>or. Stucfy bie h&djftc Stufe (feljr ftarf (6), bie Stufe be$
®enie«) ift eine $lu«nat)me unb toirb feiten gefunben. 3n ber
SKegel alfo finben fid> in einer Schute nur Stüter ber brei
Stufen: mittelmäßig (3), $iemü$ ftarf (4), ftarf (5) oor. Unb
n>ic groß jeigt ftd) föon in biefen ©renken bie Stärfeoerf Rieben*
^eit beffen, ma« ber l'efyrer ^aturgabe, latent, ^ä^igfeit nennt,
unb loa« er faft für bie einjige ©runblage ber £eiftungen feiner
Stüter ju Ratten burefy @rfatyrung gelernt Ijat. X)ie an ifyn
gcftellte ftorberung, einen ber toenigftbegabten (auf ber Stufe:
mittelmäßig (3) fteljenben) S^üler burd? bie tunft ber Qrrjielntng
ober ber Uebung jur £eiftung«fäljigfeit ber meiftbegabten (auf ber
Stufe: ftarf (5) ftefycnben) emporzuheben, — au« einem ber
unterften Sattler einen ber oberften ju machen, — fönnte er nur
bclädjeln: er meiß, roie fcfytoer nur eine mäßige Steigerung ber
£eiftung«fäf>igfeit ju erreichen ift. 3ebo$ nur fönnen biefe hier
angenommene, bergleichungämei« geringe, aWemungSocrfdjiebenfyeit
(jtirifdjen bem ^hilofopljen unb bem Öefjrer) über ben (Sinfluß
ber Grrjielntng auf ben (Sfyarafter ober bie 9caturgabe auf ftdj
berufen laffen, ba eö feftfte^t, baß biefer Einfluß feljr toiel
geringer ift, al« ber (£inpuß ber Sftatur felbft. 9li$t bie ftölle
alfo, m ein Sinn nur etn>a« (um ettua einen ®rab) ftärfer
ober f^toä^er ift, al« bie übrigen, fonbern nur bie ftälle, too
ein Sinn gegen bie übrigen bebeutenb (um mehrere ®rabe)
ftärfer ober Wmä^er ift, fönnen al« «emei« für bie angeborene
Trennung, für bie Setbftftänbigfeit be« Sinne« bienen. £)urc$
biefe ©efdjxäufung ber 3atyl ber ftälle ift natürlich bie Schmierig*
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ftnttyrolsologie unb ^tyrenologie.
455
fett ber ftorfdnmg für ben ÜDZann bot Siffenfcfyaft niti^t ocrmetyrt,
ba bie ftällc ber einfettigen (Sntmicflung ber Sinne bodj immer
aufeerorbentlicfy jafylreid) finb. 5lber woljl erflärt e$ ftcty baburd?,
wie ber tfaie, Wetter jene beiberlei gälle nocfy nicfyt ju unter«
[Reiben gelernt hat, burcty beren Verwechslung beirrt, ficty weniger
leid)t in ber ÖeifteSlehre $urecht$ufinben weiß.
Unter allen ben ja^Creicben 2)iigt>erftänbnifi en über bie $$reno*
logie, welche bie Schulb tragen, baß man fic nähet fennen ju
lernen nicht ber 2ttüfye Werth ^ält, nimmt ba* eben befprochene
bie etfte unb wichttgfte Stelle ein. Senn wir jefet noch einige
anbere biefer Ütti&oerftänbniffe in« Singe f äffen, fo werben bafür
wenige Sorte genügen.
@in fdwn oben angebeutetcr Einwurf ift, baß bie ^^reno*
logie, auch wenn fie wahr fei, feine exaete, feine wirtliche
$öiffenfd?aft fei unb fein fenne. (Sin namhafter $^i?fifer, welker
bie Sahrljeit ber ^Phrenologie anerfennt, fagte mir, bie ^l?reno=
logic fttutc eben barum, weil fie jum %f)e\i (SeifteStefyre fei, nic^t
Siffenfchaft im ftrengen Sinne, am allerwenigften aber Dcatur*
wiffenfehaft genannt werben, unb bie ^Ijrenologen fd;abeten burch
biefc angemaßte ^Bezeichnung nur ihrer guten Sache. Allein
warum follte bie Senologie, welche ein fo umfangreidjeä
Siffen entölt, nicht Sffiiffenfc^aft ju nennen fein? Die $fo=
d^ologie freiließ ift feine Siffenfchaft , weil fie nichts weife,
weil e$ feine £fyatfad?e ober Sa^eit giebt, welche ber
" dwlog at« foldjer mehr wügte, al« ber sJttcfytyftyd?olog. Die
Phrenologie bagegen hat unenblich oieleS thatfächüch s)ceue ent-
beeft unb ntfämmengeftetlt, welche« bor ihr üiiemanb wußte unb
aufcer it)r s)ciemanb weifj. 2öenn e£ befonbere unter fich gc=
trennte innere Sinne giebt, einen Sinn ber $inberliebe, einen
tampffinn, einen GrrmerbSfinn, einen 3ahlenftnn, einen £onfmn ic,
fo barf unb mug biefe« wohlgeftchtete unb wohlgeorbnete Siffen,
ebenfo wie ba« ber ßhemie ober ber f^ftt eine Siffenfchaft ge*
nannt werben. Sohl ift ba$ ffilffen ber $eifte«lehre oon
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456 Anthropologie »nib ^^renologte.
anberer 2(rt al« $. B. ba« ber Gfyemie, weil ber (tyegen*
ftanb bort unb fyicr ein oerfcfyicbenartiget ift» 3it bct (Reifte«*
lefyrc wirb nicfyt n>ie in ber Gtyemie gebogen, gemeffen, ge^ctfjlt:
aber Dttcmanb wirb behaupten wollen, baj? e« für ben 9Wenf$en
feine anberen mit Beftimmtfyeit ju erfennenben Xtyatfactyen, fein
anbete« fixere« Stffen geben fönne, al« ein burä) 3ä^ten unb
SWcffen jn geminnenbe«. £>te t^atfäc^ttc^en (S&arafterjüge im
SMenföen, ber 3ug be« 9ttutfye«, be« Stotje«, be« ®ei$e«, be«
$öolj (wollen« :c. fönnen cbenfowotyl ®egenftänbe ber wiffenfdjafc
liefen Beobachtung nnb ftotfcfyung, unb be« feften unb fidleren
Söiffen« fein, al« bie £l)atfacfycn unb Söafyrfyeiten ber Chemie
ober ber ^fytyftf: nur ift jene« ftorfctyen fctywieriger unb tflü^
famer al« biefe«. Sßenn bem (Sfyemifer wenige übcrctnftimmenbc
Xfyatfactyen genügen, um oon einer ©afjrljeit feiner SfiHffenfctyaft
eine Ueberjeugung $u gewinnen, fo beburfte c« für ben (Seiftet
forfd&cr, um 5. 53. feftjuftcllcn, baß ftinberlicbe unb Söofjlmolten
jwet befonbere unter fiety getrennte Sinne fmb, ber Beobachtungen
oon fcfjr otelen (Stnjetfäüen , wo ber eine ber beiben 3uÖe cnts
f Rieben ftarf ober fcfywadj gegen ben anberen oorljanbcn war.
Söenn aber ber ®etfte«forfd?cr tiefe erforberten otelen ^äüe
beobachtet r)at , fo ftefyt fein Siffen oon ber Trennung ber
beiben Sinne ebenfo feft unb fieser al« immer ein Riffen be«
(Sfjemifer« ooer be« 'pijtyftfcr«. Unb warum oollenb« follte bie
}M;renelogic ni<$t 9ß aturwiffenfctyaft ju nennen fein, ba ber
menfdjüche (Seift ein ®cgenftanb innerhalb ber Watur ift? 3n
ber ^^renotogic ift bie ®eifte«lefyre jutefct jur 9iaturwi[fen»
febaft erhoben Worbcn, weit fie bie fctywierigfte ift, aber fie ift
olme ^rage unter allen 9faturwitfenfcfyaften bie erfte unb fyödjfte. '
ferner laffen fiety ÜWanctye oon ber näheren Äenntnißnalnne
ber ^^renofogie baburefy abgalten , baß fie meinen, biefelbe „ jer*
fpatte auf gan$ willfürlic$e unb unerhörte Söeife ben einheitlichen
menfehlichen ®eift in eine fetjr große 3aljl einzelner «Sinne*.
£)er Jon liegt tner nicht auf bem „jcrfpalten", fonbem auf ber
„fetjr großen" 3aljl ber Sinne, £ätte bie ^renologie ftatt
breißig bi« oicrjig ®runbfräfte bereu brei ober toier oorgefunben
unb naebgewiefen , fo t^ättc biefe« 3erfpaltcn be« einheitlichen
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s2lntbvoi>oli>gie unb s.ßt?renofogie. . 457
(fteifteä, — obj^tcid) brei ober bier fo menig (£in« finb, al*
breifng ober bterjig, — 9ciemanben bon ber Kenntnisnahme ber
Phrenologie abgehalten, Sllfo nur bie bermeintliche ju grefec
3a^( ber Sinne giebt Slnftof?. £cr borliegenbe ©ntmirf fällt
ba^er mit einem anbern jufammen , welchen man faft allgemein
auSfprechen hört, ba§ nämlich bie Phrenologen „ju n>eit gefeit"
tiefer (Sinmurf geht ttnS eigentlich ^icr nicht an, ba er bem,
melier ihn ergebt , nicht ba8 föecfet giebt, bie Phrenologie ofmc
Prüfung 511 bermerfen. $Öer ben (Sinttnirf macht, erfennt ja bie
Phrenologie in ber §auptfad;c alö toahr an, unb t)at bie Pflicht,
\\\ prüfen, um miebicl bie Phrenologen „$u meit gehen". £)ie
beiben Einwürfe berufen auf ber irrigen StforauSfefeung, bafe bie
^^renologie etma« bon beu Phrenologen SluSgcbachte«, ein
oon i^nen aufgehellte« „Softem" fei. (5in aufmerffamer Bltcf
int Veben genügt, um 511 erfennen, bap bie „fefjr grofte" £ahl
ber Sinne in ber üiatur borgef unbcir morben ift. S5om
Stanbpunft ber Phtlefoplne aus unb bon ber Erfahrung abge-
fehen/fönntc man j. iö. behaupten mollen unb hat mau oft be-
hauptet, ber Stirn ber $inberliebe unb ber Sinn be« Söohl*
loollenä feien ttnllfürltch als getrennt angenommen unb im (^ritnbc
(5tn$ unb baffelbc; ein 9)?enfch, ber ein #inberfreunb fei, fei
auch toohlwollenb, unb umgefehrt. £>ie Beobachtung be$ l'ebenö
bagegen }eigt, — unb bie Sammlung fold?er Beobad;tttngen bilbet
ben 3 n h a 1 1 ber Phrenologie al« ®etfte*lehre, — bafc ein SWenfcb
oiel Wohlwollen unb wenig Viebe $u tinbern h^en tonn, ein
anberer umgefehrt. Pfarrer SdjWalb tu Bremen fagte mir ftitj«
lieh, ct Wte c$ fUT unmöglich, ba$ ber Sinn für ,,3bcale«"
unb ber Sinn ber „SBerehrung" ober beä religiöfen <$efühl« unter
fich oerfchieben unb getrennt feien. 2lber eä giebt äftenfehen
mit ftarfem Sinn ber „Sbealität" unb fchwadjem Sinn ber
„SBerehrung", ebenfo wie umgefehrt. 2öte oft würbe mir gegen-
über fchon behauptet, ber tunftfinn fei im ®runbc immer unb
überall berfelbe, ein gebomer SWaler 5. .50. fei auch ein geborner
IWufifer, unb nur bie berfebiebene Hebung laffe ben tunftfinn
hier jum Talent für SWufit, bort jum Talent für Malerei fich
entwickeln. Stein, c$ giebt 2Nenfd?en, weldje für TOuftf fchr bie(f
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45«
s2tnU)re£ologic unb ^reuol^ie.
für Sttalerei fc^r wenig (angeborene«) latent befifcen. £)ajj ber*
gleiten Behauptungen, welche fo fehr ber Erfahrung wiberfprechen,
fo häufig aufgeteilt »erben, erflärt fich barau«, bafc e« natürlich
auch *iele gälle giebt, u>o Sinberliebe unb ©ohltoollen, Sbealität
unb Verehrung, latent für Sttufif unb für 9ftaleret gleich ober
ziemlich gleich ftatf ftnb, unb bag ber tfaie bie beiderlei gälte
nicht $u trennen oerfteht.
Sin (Einwurf gegen bie ^^rciiotoflie, welcher unter allen
fich vielleicht am beften anhört, unb welchen auch ber Unbefangene
leicht für begrünbet halten fcmnte, ift ber, ba§ bie phrcno*°8cn
bei ihren gorfchungen nicht fo, wie bie wiffenfchaftliche ©rünbtich*
feit eö f orbern toürbe, oom Innern be« (Gehirn« ausgingen, fon*
bern in oberflächlicher Söeife bei ber Betrachtung ber äußeren
©eftalt be« @e$irnft flehen blieben. <5in tüchtiger belehrter
£>eutfchlanb$, welcher oon ber Wahrheit ber ^ß^renotogie über«
jeugt ift, fprach mir fein Bebauern bartiber au«, bag bie Phren°5
logen bei ihren gorfchungen bitytx einen fo einfeitigen unb un*
wiffenfchaftlidjen 28eg gegangen feieH. Glicht eher, fagte er, barf
bie ^r)renologte hoffen, t>on leiten ber 3)iänner ber SBiffenfchaft
Slnerfennung }it finben, al« bi« ihre auf ber Beobachtung ber
äußeren ©ehirngeftalt beruhenben <Säfee burch bie (Srforfchung be«
inneren ©ehirnbaue« beftätigt unb Wiffenfchafttich begrünbet worben
ftnb. Stuch biefer (Stnwurf gegen bie ^3^reuotogie beruht nur auf
einem 3rrthum ober einem 3)?igocrftänbnig. Bor Slllem ift ja
bie Phrenologie, — wa« nicht oft genug gefagt werben fann, —
in ber ,£>auptfache nicht (Gehirn* ober Organenlehre, fonbern
®eifte«lehre. ©all hat m^ einem @$arffinn unb einer Be=
obachtung«gabe, welche unfere h^chfte Bewttnberung toerbtenen, bie
naturwiffenfchaftltche ©eifteSlehre gefchaffen, unb ben leeren $öort=
unb ^hpothefenfram ber Pftychologie, welcher hifyn al« ©elfte«-
lehre gegolten, in feiner 9ttchtigfett bargelegt. Söer in ber Phren0i
logie wiffenfehaftliche ®röge unb £iefe fud;t, wirb fich ™ biefem
ihrem £aupttheile oollftänbig befriebigt fühlen. 2luch bie gehler
in ber Sföahl ber tarnen ber (Sinne, welche anfang« in ©atf«
£)arftellung mit unterliefen (£>ieb«fimt :c.), hat er felbft balb
oerbeffert. Slllein ber oorliegenbe Einwurf ift auch bann un*
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Hnt&ropologie unb Wrenolosie. 459
—
gegrünbet, toenn nur bie Senologie blo« al« (^eln'rn* ober Organen*
lefjre betrauten. ®all ift ja befanntlicfy autty al« Anatom, burcfy
bie (Sntbecfung be« ftaferbaue« be« (Setyxn*, unfterblidj. Seit
entfernt, tym einen 93omntrf ttjegen ber mangelhaften (Srforföung
be« ®ehirn« mad)en ju bürfen, müfeten bie Anatomen nie ber*
geffen, laut anjuerfennen, bafe er e« ioar, n>eld>er fic ba« ®etn'rn
grünbli$ ttnffenfcfyaftlicfy ju erforf^en (eljrte. Unb ferner: toarum
tljun „bie Sttänner ber $öiffenfcfyaft" ba«, toa« fie bon ben *pijreno*
logen forbern, nicbt felbft? n>arum gefyeu fie nicfyt felbft, um bie
(9efcfce ber ®el)trntf}ätigfeit $u erforftfyen, oon bem inneren 39au
be« ®elurne« au«? $)ie Slnhoort ift: biele tyaben e« |it tfnm
berfuctyt unb berfuä)cn e« nod), aber bi«ljer ofyne allen Erfolg.
<5« t)at ba^er feinen <Sinn, $u berlangen, baß eine ftorföung«?
toeife, toc% biefe 2ttänner felbft al« erfolgto« tauten gelernt
haben, oen ben ^hreuologen befolgt toerbe, jumal ba ber ®runb
biefer (Srfolglofigfeit fo Mar ju Xage liegt. Sftämltch bie fet^r
zahlreichen untcrfchetbfcaren Xl^eile be« inneren G&ehirn« finb
in allen normalen (Gehirnen fo jtemlid? bie gleiten: toenigften«
ift e« toeber ®all, nod) irgenb einem anbern ftorfcfyer gelungen,
in etwaigen (5ntnncflung«bcrfchiebenheiten biefer £fyei(e beftimmte
Slnfnityfung«* ober 23ergletdning«vunfte mit geiftigen Verschieben*
fetten $u entbecfen. dagegen ift e« nicht nur eine jefet allgemein
anerfannte Safyrtjeit, bag bie Organe ber geiftigen Sfjätigfeiten
in ben äußeren Steilen, ben SBtnbungen be« ®e*
htrne«, $u fuchen finb, fonbem auch gerabe an bicfen feilen
(äffen ficfy ©uttuuflung«* ober ®eftaltoerfchiebenheiten nachreifen,
unb finb bon ber Phrenologie nad)gett)iefen loorben, toelche 3lu=
halt«* ober 33erg(ei^ung«punfte mit geiftigen SBerfcfyiebenfyelten
bieten, inbem j. 39. bie borberen äußeren <$ehimtheile in ihrer
Gnittuitflung mit ben SBerftanbe«fräften, bie gitteren unb unteren
mit ben nieberen Sinnen be« 2ttenfchen in Uebereinftimmung
fielen. £>ie 5ii^tigfeit be« $ter beforochenen (Simourf« gegen
bie ^Phrenologie ergiebt fich fchliefetich tooljt am fchlagenbften au«
ber gorf^ungötoeife ber Anthropologen. ®ehen biefe 9)?änner
bei ihren ^orfc^ungen bon ben inneren £l)eilen be« ®ehirn« au«?
Stein, ber ganje 3nhalt be« oovliegenben Slrc^ibe« jeigt ba«
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460 antfcrciwlogie uub $fyrenclcgie.
(9egentheil. £te Anthropologen fprcdjen bon einer „Stforpho*
togie", einer (Seftaltlehre be« @e$irn«, an melier fie eifrtgft
arbeiten. Dicfc betrachtet aber mit föectyt nict)t bie Cmtmtcflimg«*
toerfchiebenhett ber inneren, fonbern bie ber äußeren ®ehirutljetlc.
Unb biefe ®eftaltlehre be« Gehirn« ift in ber Wroiobgic bereit«
oorhanben. £)ie ^^renologic al« (Gehirn* ober Organenlehre ift
nidjt« anbere«, al« ®eftaltlehre be« (Gehirne im beften, tinffen-
fchaftlichen Sinne. Alfo bie Anthropologie \ n d) t ebenbaffelbe
nnb auf ebenbemf clben $öege, loa« bie Phrenologie fchon
längft gefunben hat.
An ben eben befproebenen (ShllDttTf gegen bie Phrcni>^Sie
reibt fid) ton Seiten einiger Anatomen noch ber anbere an, bafj
bie Philologen in ber Oberfläd;lichfctt ober Utm>i|fenfd;aftüchfeit
fo loeit gingen, bie ®eftalt be« (Gehirne fd;on au« ber änderen
Schäbelgeftalt erfennen 31t Kotten, toa« boch loegen ber Unregel*
mäfcigfcitcn in ber ^Dicfc ber .fnrnfchale unmöglich fei. Allein
bie ftrage, ob fich bie fäehirngeftalt au« ber äußeren Äopfgeftalt
erfennen (äffe ober niebt, wirb oou bieten anberen unb namhaften
Anatomen entfehieben bejaht, £>er Anatom $uf$fe fagt in
feinem berühmten Söerfc „Schäbcl, $tat<uitb Seele": „£)cr
Sd;äbel ift ein Abbrucf be« ®ef;irn«. Seine tobte Schate lägt
einen Schluß jieljen auf ben tebenbigen Äcrn, ben fie umhüllt".
3>er Anatom t'ueae fagt: „Die Stubien über bie (Sntmtcflimg
be« Schöbet« tfaben bie Ueberjeugung gebrad;t, baß im normalen
3uftanbe bie 33ttbung ber Knochen ber ftorm unb SMtbung ber
Organe folgt." .... „Sir fel)en e« für unb eft ritten an,
baß ba« Gehirn feine Schäbelhöhle f°wie ber 3ahn feuie Aloeolc
bilbet." „Ttoß im gefunben 3uftanb ba« Gehirn ber
Schäbetbccfe im Allgemeinen bie ®röße unb ®eftalt giebt, bebarf
gemtß feine« ©emeife« mehr." (£>ie ©orte be« Anatomen Arnolb
f. oben S. 30.)
ÜDiefe 9ttctnung«berfchiebenheit unter ben Anatomen erflärt
fich kty** menn mir ein menig näher auf ben Streitpunft ein-
gehen. (5« fymteU fich ^icr in ber Organentehrc — ähnlich fo
mie oben in ber ÖMfte«lchre — um bie Unterfchcibung jmeier
klaffen oon itftenfchen. 23ci oielen 2)?enfd;en ift ber Unterfchieb
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461
ber topfgeftalt nur Mn,t bei sielen anberen gro§. 9bxx in ben
(enteren gÄflen liegt $uglctd> ein beftimmt 31t eifennenber Unter*
fcfyieb ber ® e i r n gcftalt bor. Senn 3. 23. ein Stopf am Scheitel
(joefy ift, ein anberer bafelbft uiebrig, einer über bem Ohre breit,
ein anberer fctymal, bic Stinte ober ber -Jpinterfopf balb aus*
gcioöfbt, balb flac^ :c, loobei immer ®röfjenoerfcbicbenhetten oon
einem ober einigen Sotten oorltcgcn, fo finb biefe Unterföiebe
tu ber topfgeftalt $ugleich Unterfcfyicbe in ber (^e^irngeftalt.
Senn aber ein topf an einer Stelle eine «eine Crrfyöljuug , ein .
anberer bafelbft eine Keine Vertiefung Ijat, wobei ber Untcrfdncb
nur toenige Vinicn beträgt, fo ift — megen ber Ungleichheit in
ber $>icfe ber .Spirnfchale — biefer Untertrieb nicht jugteich als
Unterfc^icb ber ©efnrugeftalt ju betrauten. ift nun fonberbar,
wenn manche Anatomen biefe Untertreibung nicht 511 machen
roiffeu, ober loenn fic glauben, bic 'ip^renotogen loüpten bic
großen Unterfc^iebe ber Wopfgeftalten oon ben Ii einen nicht
ju untcrf(bcibcn unb Rannten bafjcr feine Beobachtungen übev bic
Bebcutung ber ocrfd;icbenen ® el; trubilbungen fammeln.
31 nm. 3u biefem Auffafe, wie er für tat „%T$it für Anthropologie"
beftimmt war, batte i<6 noch einige Sorte bi«3ua,efügt, in beuen ich mir er*
täubte, ben Herren Antbropotogen meine llnterftüfcung bei ber Prüfung ber
Phrenologie anjubieten. 2Mefe Sorte fann ic& ifkx weglaffen, weil ich auf
ba«, wa« ich am <3cbluffe bc* an §vn. s4>rof. Zirchow gerichteten Wuffafce*
gejagt babe, fcerweifen fann. sJJocb. eine Söemertung. 3>on ber Prüfung ber
Phrenologie abgefehen, bebarf eö auch einer (Sinfüfyrung in biefe Siffen
fd?aft. SRan wirb nicht in einem ober jn>ei 3ab.ren ^b.renologf befonber*
wenn eine prafttfehe Einführung gefeilt. 2)a j. mir jebe perfönlicbe An-
leitung abging , fo beburfte es einer -Mc'ük oon 3ab;reu , bi$ ich mich- burdt)
uuenblich oielc 3rrthümer in bie SÖiffcnf^aft rnneingefunben. tiefer aü}it
fdnmcrige Scg taun bureb. eine praitifche Einführung in bie Söiffenfchaft,
woju ich mit^ gerne erbiete, bebeuteub erleichtert »erben. Mach ber allge<
meinen Anertennung ber Senologie, bie nicht mebr ferne fein fann, wirb
fid) balb ba« «ebürfuifi junger wiifenfdjaftlichcr Gräfte fühlbar macben, be
fouber* für ta« 2ehrfacb an Uniöerfttäten. SBenn baber junge SRÄtuter,
meiere einen richtigen SMicf in baö fommenbc .Seitbebürfuifj baben, mit meiner
•Öülfe in bie ^Ijrcnologie eingeführt würben, fo tonnten fte fcor fpiiter Moni
meuben einen großen ^orfprnng gewinnen. ift uid)t <2clbftlob, wenn ich
fage, bajj idj etwa feit ber legten Hälfte meiner plneuologifd^cu Sirffamfeit
ein febr reiche* pbrenologifd^e« Siffen mein eigen nenne: beim man fann
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äntbjopologie unb ^renologie.
ft<$ ni$t eine SKetye ton 3<u)reu mit einer 9?aturtt>iffenföaft ^rafttf«^ bc
fdjäftigen , ebne ichr toiel ju lernen. (£« foQte mid; freuen, wenn id> nod)
etwa« bajn beitragen fönnte, baf? ftdj unter ben jungen Männern ber fBiffen
fdjaft einige tüchtige «phrenotogen beranbifben.
So — abgefchloffen unb bruef fertig — lag ba$ Ütfanufcrtpt
biefe« Huffafee* unb »artete ber £anb bc$ ©efcer«. $1« bor
$)rucf beä $uche8 etma bi# jur £älfte oorgefchritten mar, I>attc
ich burch (Einiges, ma« mir ju Citren fam, (Gelegenheit, mir rcdit
lebhaft oor ?(ugen &u ftcllen , mie tief in getroffen Greifen bie
SOiiftacbtung ber Phrenologie $tfurjel gefcblagen, unb mie febroer
e$ fein »erbe, batf bie Stimme ber Sß3afyr!jeit ^ier burchbringe.
3ch burd;la« fofort \>or Willem ben »erfte^enben Shiffafc, um mid»
ju überzeugen, baj? er oorausfichtlich biefer Aufgabe genügen fenne :
aber ftatt baft er mir früher gut unb ämecfentfpred)enb fcfyien,
fam er mir jefct matt unb faft oberflächlich Oer. Vielerlei ®e*
banfen ftürmten auf mich ein, mie idt> facbfidjier unb eingeljenber
t^ätte fein, mie 1$ bie$ unb ba$ nod) hätte fagen muffen. (So-
gleich jur jjfefcet greifenb, faßte ich pcn fc^ncUen <£ntfä)(ufj, ben
3uffa| nicht 51t änbern, aber, fomeit ber fchon jiemlicb nahe
gerüefte <Sefeer mir $iet}U 3eit (offen mürbe, burch einen ange^
hängten Keinen ftbfdmitt (II) \u ermeitern. SDerfelbe SBemeg*
grunb tief? mich aud> meinen (SntfcbluB in betreff be$ Sluffafce«
oon £rirfchfelb änbern, ben ich h* bet oorigen Auflage ganj auf-
genommen, in biefer aber, al« nicht Eigene«, nicht mehr bringen
mollte. Allein meit ber oortreffliche Sluffafe mir gerabe in ber
oorliegenben öejiehung fo fchön $ur Seite fteht unb, obgleich
breijug fahren gefchrieben, für bie Greife, für bie er be=
ftimmt, jefct noch f° 1,eu tft> «1$ ob er geftern gefdmeben
märe, fo 1)abe ich 2tu$meg gewählt, Um im 2tu$$uge (TO
ju geben.
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Hnt&ropologie mib *Jtyrcnol©flif. 463
■
II.
Die Anthropologie — SWenfchenfunbe — in bcr roeiteften
Söebeutung mürbe alle btejenigen Siffenfchaften umf äffen, »eiche
ben SDfcnfchen in irgenb einer $3e$iehung gum ($egcnftaub fyaben,
alfo nicht nur bie Anatomie, $htyfio(ogic, (&eifte«funbe, fonbetn
auch bie ®efcfyicfyte, auch al« ßulturgefchichte , Jtunftgcfchichte,
Wcligion«gefchichte zc, bie Sprachnnffenfchaft, bie @r$iehung«fehre,
bie £citfunbe n. f. m. Allein in bicfem toctteften ©inn mirb
ba« SBJort Anthropologie niemal« gebrannt nnb ift j. 23. auch
bamal« nicfyt fo gebrannt morbcn, al« mehrere (gelehrte unter
bem tarnen Anthropologen in einen herein jufammcntraten, um
über Anthropologie Söefprcchungcn jut fjdten, eine jjcttfchrift für
Anthropologie 511 grünben :c. Denn bie £fyeUung bcr Arbeit,
meiere heutzutage in allen menfehtichen Dingen eine fo große
Wolle fpielt, ift namentlich and? in ber l&iffenfchaft eine SRety
menbigfeit geworben. Wiemanb fenntc Antljropolog in bem Sinne
fein, bafe er aüe jene Sifienfchaften grünblich umfaßte. Au*
toürbe, menn eine ^erfammlung bon Anthropologen au« Ana*
tomen, Sprachforschern, C^fd?icht«forfchcrn k. juifammengcfefet
märe, in bcrfelben meber eine ^ragc ber Anatomie, noch ber
Sprad;n>iffcufc&aft, noa) ber <$efdjicfyt$forfdjung fo grünblidj nnb
mit folgern ^ortheil für bie Siffenfcbaft felbft befprochen merben
(Snnen , al« bie« unter Männern ber betreffenben ^aebmifien^
fchaften gefchehen fimntc.
Anthropologie in ber praftifchen ©ebeutung bc« Sorte« ift
bie äßiffenfchaft, meldte un« SDfcnfchcnf enntntfc lehrt. So
ift ba« Sort auch allgemein gebraust. (§« giebt bielc £anb^
ober Vehrbücher bcr Anthropologie, unb c« merben feit ben legten
brei ober bter Sahrjclmtcn an Untoerfitätcn unb fonft häufig
^orlefungcu über Anthropologie gehalten. Der Inhalt biefer
Bücher unb 2>orlefungen ift immer unb überall im Söcfcn ber
gleiche. Der üDienfch mirb in feinen beiben £)älftcn, menn man
fo fagen barf, feiner förderlichen unb geiftigen, möglichft genau
gefdnlbert ober %\\ fehilbern oerfucht. Dabei ift jebod? bie Schiff
bertrag bcr erftercu £älftc unglcicb oellftänbiger , al« bie bcr
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464 Anthropologie unb «Phrenologie.
legten. Sitte Zweite «"b Verrichtungen beS ÄörperS, Snochen,
SttuSfeln, Werben, Sölutlauf, (Ernährung :c.,, auch bie äußeren
©tnnesthätigfeiten mit ihren Organen werben ausführlich be=
fprochen. 9Ittein bie geifrigen X^ätigfeiten, bie £riebe, (Gefühle,
■Neigungen, latente beS SOfenfcben unb ihr Organ, baS (Gehirn,
werben bon ben metften Anthropologen, b. \j. ton allen benen,
welche bie Phrenologie nicht fenucn, nur äujjerft oberflächlich ober
fo gut als gar nicht bargeftellt: benn nichts 2:^atfäc^licf>e« wirb
barüber gelehrt, fonbern nur einige £>typothefen, unb oon iebem
Anthropologen anbere, bie alfo ohne Serth finb unb nichts
reuiger als wahre ü)?cnfcbenfenntni§ geben Kimen, »erben barüber
borgebracht. 2ttan barf bat)er behaupten, baB alles baS, was bis*
her (außerhalb per ^Phrenologie) als Anthropologie galt, nur in
ber Ä&rperlehre, ber untergeorbneten £>älfte ber Anthropologie,
beftanb. Aus bemfelben (Drimbe fann man umgefehrt bon ber
Phrenologie fagen, bafj fie im Sefen Anthropologie, bie t'ehre
ber SRenfchenfeimtmj? ift. $)aS oorliegenbe 23uch l- Knute
ich, ohne etwas ju änbern ober guftufefeen, ebenfowohl „Anthro*
pologifcbe Silber" ober „©Uber ber SJfenfchenfunbe" nennen, unb
baS fehlen bon ©tücfen über bie ßbrperlehre baburch begrünben,
baß baS 23ucb eine Grrganjung ber gewöhnlichen Sföerfe über An-
thropologie fein folle, in welken allen bie Äörperlehre fchon jur
(Genüge behanbelt fei.
(SS ift nicht wiffenfehaftlich gefproetyen ober gebaut, wenn wir
bie beiben £älften ber SD^nfcheufunbe u uberein igt neben ein-
ander [teilen, ba bie Bereinigung beiber in ber ® eh irn lehre
thatfächlich borltegt. £>aS ©durn ift ber ebelfte Xtyii beS meufaV
liehen Körpers, unb bie ©ehirnlehre ber TOttelpunft ber Körper*
lehre. Auch fann bie (^ehirnlehre nicht grünblich berftanben wer*
ben, olme bie mit ihr aufs (Sngfte $ufammenhängenbe Werbeulehre,
unb bie Werben lehre mieber nicht ohne bie anberweitige Körper*
lehre. Die ®ehirnlehre ift aber zugleich (als Organenfehrc)
ber Üftittelpunft ber (^eifteSlehre. Alfo ift bie (Sehirnlebre beibeS
zugleich, Äorperlehre unb ®etfteslehre, g e r a b e b a S W ä m 1 i ch e ,
was auch bie Anthropologie ift: unb fo bie Anthropologie
unb bie (Gehirn lehre im Sefen IS in es unb baffelbe.
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2tntt)rol>ofo8ie "nb ^renologic. 465
$)amtt ftefyt nicht im äöiberfpruch, bafe in ber bisherigen Anthro-
pologie ober in bem, loa« bafür galt, oon einer torcftic^en ®e*
hirnlehre fo roenig ober eigentlich nicht« gegeben rourbe, — man
tonnte nicht mehr geben al« man hatte — f man e r f a n n t e aber
boch bie ®ehirnlehrc al« bie ©pifce ober ben 9flittelpunft ber
Anthropologie nnb fprach bielfach ba« Bebauern au«, nicht mehr
al« iBermuthungen barüber geben ju fßnnen. $>a bie ^renologic
(al« Organentehre) nicht« anbere« al« ®eh*rnlehre ift, fo ift auch
hierburch flar, baß Anthropologie unb ^hrenoJo8ie ™ ®efen
(5in« unb baffelbe finb, ober ba§ betbe ben gleichen Sttittelpunft
haben.
£)ie obige Söemerfung, ba§ ba« $öort Anthropologie allge-
mein in ber richtigen Söebeutung gebraucht toerbe, leibet eine
grojje Au«nahme, unb jtoar burch ba« „Arcbib für Anthropologie*.
£)tefe 3^itfchtift bilbet infofern einen ®egenfafe ju allen übri*
gen Serfen über Anthropologie, al« fie nicht roie biefe bie
aflenfcbenfunbe gum (Segenftanb, bie (Sehirnlehre jum üßtttelpunft
hat, al« bielmehr faft ihr ganger Inhalt ber üflenfchenhmbe mög=
üchft fem liegt, unb baher auch &ur gorberung ber 2ftenfchen*
fenntnifc nicht beitragen fann. Sötr wollen biefe Behauptung
burch ein populäre« Beifpiel gu erläutern fuchen. (5in junger
®ut«herr ift burch feinen SReichthum in ber gtücf liehen Öage, ganj
feiner brennenben 25M§begierbc leben ju fönnen. 93or allem bie
^aturtoiffenfcbaften gießen ihn an unb unter biefen am meiften
bie SWenfchenfunbe. (5r lieft populäre unb roiffenfehafttiche Serie
über Anatomie unb ^hhfiologie , unb bie lefctere ©iffenfebaft
intereffirt unb erfreut ihn in manchen ©Reinheiten ungemein;
boch ift er noch ni$t befriebigt: je mehr feine $enntniffe bom
menfehlichen #&rper gunehmen, befto mehr toünfcht er auch etwa«
®rünbliche« unb £hatfä(hli<he« über ben menfehlichen ®eift ju
erfahren, worüber bie phhftologifchen Söerfe fo fehr toenig bieten.
$on ber ^Phrenologie weif? er nicht« unb will er niebt« nriffen,
weil S&cd, ber für ihn eine Autorität ift, fie eine Xfyoxtyit
nennt. Sefct hört er »on einem herein bon Anthropologen,
SJJännern ber iftaturwtffenfchaft, welche feit fahren eine ^eitfehrift
für Anthropologie he*au«geben. Orr lägt fich fogleich ba« Serf
Sdjetie, Wrertoloßifdje SBilber. 3. «ufl. 30
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406
2tnt^rot>oIo8tc unb «P&wnologie.
fommen unb freut fieb fa)on beim Slnblicf über beffen großen
Umfang, ber tym einen langen ®enug oerfpria)t. SBeim Oeffnen
eine« ber mächtigen Ouartbänbe fällt iljm eine ftetye auf-
geführter 9(bbilbungen* menfcfyücher Serfjeuge auf ber Steinjeit
in$ Bilge, wie fic in einer £51jle aufgefunben finb. Der <$egen*
[taub intereffirt ifnt fefjr, er lieft bie fcfybne unb grünbliche %\>-
tyanblung mit oiclem Vergnügen. SBcnn Dinge, fagt er 31t fieb
felbft, meiere ber Sftcnföenfunbc eigentlich fem liegen, fo ein*
ge^enb behanbelt finb, wa« barf td> erft oon ben 2(bf$nttten
über wirtliche Anthropologie erwarten I dx ftöfct weiter auf eine
Slbljanblung über bie Spraye eine« wilben $olf«ftainme«. 3luch
biefer ®egenftanb intereffirt ihn foweit, bafj er ben gut gejcfyrie*
betten Sluffafe mit $3efriebigung tieft. Allein e« fäüt ihm auf,
bag bie beiben Auffäfec, bie er jufällig gelefen, feine anthropo*
(ogifa^en, finb. Doch r)att ! fcr)on ift er beruhigt: ba fietjt er
£><fyäbelabbUbungen ; biefe Abljanblung greift mitten in bie An*
ttjropologie hinein, ^ier wirb er enbltch finben, wa« er fua^t; e«
finb Abbilbungen bon Schäbelu eine« SBolfe«, ba« ju ben Sang-
föpfen (Doüchocephalen) gehört. Gr burdpegt ben Auffafe, er
tieft ihn normal«, aber er finbet — nicht« bon bem wa« er
fucfyt, nicht bie geringfte ©ejietyung jur Anthropologie, gur tenntniß
be« 9)?enfchen. 2Ba« bebeutet benn, ruft er, ber lange $opf
ober ba« tauge ®el)trn gegenüber bem furjen? Da ba« (Gehirn
ba« Organ be« (Reifte« ift, fo muß ber 9)Jenfch mit langem
(Gehirn in irgenb einer SBejielnmg ein geiftig anbrer fein, al« ber
mit furjem. Söarum ift hierüber gar niebt« gefagt? warum niebt
einmat barnach gefragt? gu welchem an bem Bmecf fann man
bie (^eftaltoerfcfyiebenfjeiten ber Schäbel unb (Gehirne auffuchen
unb jeid^nen, at« um bie anthropologifche ©ebeutung birfer 35er*
f^ieben^eiten ju erforfa)en unb naefouwetfen ? Da« (£rftaunen
be« jungen- 2)ianne« über feine getätigten Erwartungen brohte
in einen fomtfehen 3orn überjuge^en, inbem er faft im begriff
mar, ba« ganje foftbarc Söerf jufammenjufaffen unb jur Erbe $u
fchleubern. Aber ba« Unbegreifliche ober 9tät^fe(^afte ber Sache
gab feinen (Gebauten eine anbere Stiftung. 3ch mu§ Aufflärung
barüber h«ben, ruft er, wie bie« $ufammenhängt. Auch bie leife
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Anthropologie unb v]>ljvettolocjic. 467
Hoffnung, bafe er t>teücic^t bodj nod) finben fihmc, ma« et fucfyt,
bcftimmtc ifyu 311 bem tufyigen (Sntfcfylujs, ba« gange $öetf bom
Anfang bi« gum (Snbc butcfygulefen , ma« er aucfy betjarrlidj im
Verlaufe einiger $ß$o$eu burd;füfyrt. $)a« ßrgebnij? ferne« steige«
ift (eiber fein anbete«, a(« c« m$ bem Vefcn ber brei Stuffä^e
genügen. T>a« gange große, an mannigfaltigem 3n(?a(t reidbe
Serf enthält beinahe nt$t« 2(ntfjropo(ogif a)e«; bie an*
tljropofogifdjcn SÖafyrr/eiten, bie e« entljätt, würben in einem an*
tt?ropotogifd?en £efjrbu$ nia)t eine (Seite füllen; bäumtet ift
g. 33. bie in einigen 9(uffäfeen erläuterte 2öafyrfyeit, bie tym
nicbt einmal neu ift, ba$ ein fetyr fteine« ober berfrüppette« ($e*
tn'rn mit SMöbfinn ucrbunben ift. 3c mefjr ber junge SOJann beim
Vefen biefe (*infid;t gewann, befto fyöljer ftieg fein (-rtftaunen unb
befto mefyr füllte er ftcfy auger ©taube, ba« Siät^fel gu töfen.
$>et Vorwurf, beu mir tjier gegen ba« „2Itd)tb für 2(nttjro*
pologie" ergeben, ift ein boppefter: er betrifft bat, ma« ba«
5trdt>it> nidbt giebt unb ba«, ma« c« giebt. Sltteti ^ntfjtopo*
logen ift e« f(ar, baß bie ®eljirnfef>re ber 2JUttelpunft ber Hit*
tbropotogie ift. jftum 33eroei« bafür fyaben au$ bie meiften 2luf*
fafce be« ,,9(tcfyib«" ben ©ctyäbet ober ba« ®efyitn unb beten ®e=
ftattfcerfcfyicbenfyeiten gum (Segenftanb. 3(bet alle biefe SUiffäfce
geljen nut bi« an bie ®efn'ru(efyre fyetan, feiner tritt in fie
fyetein. 3a, bie 23etfaffet ber 9luffäfce ttyun fo, al« ob e« eine
@e^irnter)re uicfyt gäbe ober at« ob fie t>on ifyr nic$t« müjjten
unb ntdjt« miffen rooUten, fie ermähnen it)rer gar nicfyt, fragen
gar ntcfyt na$ ifyt: fie ftnb, mit @inem 2Bott, btofce einfeitige
Anatomen be« @$äbe(« unb be« ®et?trn«. 2ttan fann bie
Anatomie unb bie ^fiotogie in ber ttjeoretifcfyen Siffenfa^aft bon
etnanber trennen, infofern bie Anatomie bie ÄenntniS be« tobten,
bie ^^fiotogic bie be« (ebenben Körper« ift, aber in ber praf*
tifdjen Söiffenfd^aft finb beibe immer bereinigt unb müffen e«
.fein. SBenn man bem ©tubenten ber SDfebtcin, bem fünftigen
$(rgte, nur anatomtfcb bie £fyei(e unb Organe be« tobten Körper«
Feimen teuren rooüte, oljne ifym ptjtyfiotogtfcfy etma« t>on bet ©e*
beutung, bet £()ätigfeit , ben Söetridjtungeu berfetben gu fagcn,
fo mürbe 3ebermann bie« für einen unbegreiflichen Siberfprud)
30*
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468
in fich felbft Ratten, ba ja bie Anatomie 31t bem 3^«*
lehrt mirb, um bamit bie ^Ijtyfiologic gu fcerbinben. SDie 23er*
faffcr bot fraglichen Auffä^e ober behanbeln ben Schabe! imb
ba« (Seijim au«brücflich nur anatomtfeh, obgleich fie ba« Sott
„ajjor^otogie be« (Seljirn«" im 9ttunbe führen, alfo re$t roohf
triff en, bafi biefe einfeittge anatomifche 33ehanblung antljrepolo*
gifd? (phhftologifd)) mcrtfjlo« ober nicfyt« ift. Sie betoeifen bamit
einerfeit«, bafc fie ba« 3icl, nad> meiern 31t ftreben if;rc tt>tffcn=
fcfyaftüc^e ift, gattj mohl feinten, aber $uglctch bemeifen fie
anbererfeit«, baft fie biefe« 3iel nicht oerfolgen sollen ober fennen :
fur$, fie fteljen im birecten SMberfprucb mit fich felbft, fie ftreben
nach ber (ftelu'rnlchrc unb fliegen oor iljr 31t gleicher $c\t, fie
fagen zugleich ja unb nein. (itma« logifch Unbegreifliche« finb
mir leicht oerfucht, un« burd? ein $Mlb ocranfdjaulichcn 511 motten.
(Sin SJcenfch ift nach einer Sache in Scfntfucht hingezogen nnb
im Söeftrcben, fich ifyr 311 nähern, ftreeft er ben 2(rm barnach au« :
aber 3 u g t e t df> ift er oon ber leb(;afteften fturcht oor biefer Sad?e
erfaßt unb ftreeft ben aubem Arm au« in beut (Sebanfen bor
tfyr ju fliegen: er tritt fid^ belegen, aber er ftctjt füll, fein 23e-
megen ift haften« ein 3ittern ; er tritt ctma« tfntn, toitt hanbeln,
aber fein Xfnm, fein £>anbefn ift nicht einmal Schein, ift nidbt«!
Sooiel in ©ejug auf ba«, toa« ba« „Artfüo für Antfjropo*
logie" nid)t giebt: feine Auffasse über ben Schabet unb ba«
(Sehirn, meldte antfyropologtfch fein feilten unb müßten, finb e«
nicht. $>ie oiclen anbeten, meiften« trefflichen Auffäfce be«
„Archio«" — übet Utgefä)ia^te, $&lferfunbc, Sprachmiffenfchaft ic.
— finb eben fo menig anthropologifd). $>ie feilten fie auch?
Sie fonnen oon Scannern gefchrieben fein, meldte mogttcfyermeife
nicht« oon Anthropologie triff en, niemat« einen S3lkf in ein an*
ttyropologifctye« 39uch geworfen haben. £iafycr fönnen fie aueb feine
^Belehrung jur SDcenfchenfunbc bieten unb mürben in einem an*
tfyropologtfcfyen Söerfc feine Aufnahme, ja nicht einmal eine (Er-
mahnung fiubcn. 9)?an hat jmar mehrfad; oerfucht, biefen 3$ortourf,
ber mohl nicht juerft bon un«, fonbern genüfc and) oon anberer
Seite gegen ba« „Arcfn'o für Anthropologie"- erhoben toorben ift,
3urücf$Moeifen. So finbet fid? 3- im Ara)io #b. V. $. 1.
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469
CSorrefponben$blatt @. 42 bie folgcnbe Stelle in einer SHebc über
9(nthropo(ogie : „Senn c« ber ®egenftanb ber ?lnt^to^o(ogte ift,
ba« Scfcn bc« Sfteitföen $u ergrünben, fo Hegt c« ja auf ber
£anb, bajs ber Sege gu biefer (Srgrünbung aufjerorbentlich »tele
[ein muffen, nnb bafj ade 2krfuct)e, toelcbc rutr einen Seg bc=
treten nnb auf biefcm einen Sege fcftjnftcüen fn^en, toa« ber
9ftenf$ eigentlich fei nnb uüc er jn beurteilen fei, minbeften«
einfeitig nnb mer)r ober weniger gefährlich finb". Cr« toirb noch
loeiter berfucht, ben fraglichen Startourf fogar in ein Sob, ba« ber
^ielfeitigfcit , umjiüoanbeln. ?Iber biefer SBerfuct) ift mtfcglticft,
n>eit ber SBcrfaffer, inbem er oon ben „aufeerorbentlicr) bieten
Segen gur (Srgrünbung be« äVcnfchen" fpricht, oergeffen hat ju
fagen, bag biefe Sege aüc nach einem 3)ftttelpunftc sufarnmen-
lanfen muffen, unb baj? biefer sJttittelpunrt ber 9tfenfchenfunbe bie
föehtrnlehre al« Sttpexidpe unb al« ®eifte«lel)re ift. Senn ba«
$lrcr)ib biefen üDZittclpuntt in« 3lugc faßte unb im 2luge behielte,
fo loürbc 9iiemanb fo engherzig fein, ihm einen 5Sortourf barau«
ju machen, toenn c« bt«m eilen in intereffanten-Söeiträgen recht
ioeit bon bemfetben abfdnoeiftc. £)er S3ormurf ift aber ber, baj?
ba« Slrcfnb, ioic »erat c« jenen ÜÜftttelpunft gar nicht rannte, in
Willem, ma« c« bringt (auger in ben einfeitig anatomifchen
?(uffäfcen über Schöbet unb (Schmie), oon bemfetben ganj ferne
bleibt. — 9Wan fonnte bicücicht noch oon anberer Seite $u
(fünften be« 9(rdt>it>ö fpi^finbig fragen: ba ja bie Slnthropotogte
im 9ttcnfchen einen gormenfinn unb einen Sprach5 ober Sortfinn
nachreife, ob c« nicht anthropelogifct) intereffant fei, ju totffen,
loelche gönnen jene Scrf$euge au« ber Steinjctt hatten °ber
ioelct)e« bie Spradje jene« nulben 93o(f«ftamme« n>ar? 3dt) ant=
motte: anthropologifcr) intereffant ift, toa« auf ben befonberen
Gt)araUcr eine« SWenfchen (ober eine« $otte«) 23ejug hat unb
baher 311 feinem SBerftänbnife einer anttjropologifchen drftärung
bebarf. Säre $. $8. bei jenen Serfjeugen eine befonbere tunft*
fertigfeit ober eine befonbere Schönheit aufgefallen, toetche einen
befonberen (St)arafter ber 25crfcrtiger borau«fefete, ober hätte fich
bie Sprache jene« 33olf«ftamme« burch eine (£igenthümlicl)fett au«*
gezeichnet, n>eld;c mit feinem Charafter in 33ejiehnng ftanb ober
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470
Slntljrcpologie unb »Phrenologie.
flehen fonnte, fo mären btefe Unterf Übungen oon antcjropolo*
gif ehern Sntereffe, unb al«bann jene Auffäfee in bem „Archib für
Anthropologie" an ihrer ©teile gemefen. Allein ba« ift e« gc=
rabe, loa« mir bem „Archib" jum 23ormurf machen, ba§ e« folche
Auffäfcc mit antfyropologifcfyeu ©ejielnmgcn nicht bringt, bat? e«
bielmehr feine Auffäfce au« 2öiffen«gebieten hernimmt, meiere ber
Anthropologie me'glichft fern liegen, 9iicht« anbere« j. liegt
oon ber Anthropologie fo meit ab, al« bie Urgefchichte be«
9ftenfchen, unb gerabe hierüber bringt ba« Ard)ib bie meiften
Auffäfce : benn je tiefer ein ®egenftanb in ber tobten Urjett be-
graben liegt, je meniger mir oon ben bamaligcn 2flenfchen
miffen, befto meniger ©ejichungen $ur Anthropologie bietet er
bar, befto leichter famt er ol;ne folche £inmeifungen ober ohne
gemaltfame Umgehung berfelben behanbelt merben. Sürbe ba*
gegen etwa« über 9)?enfchenfunbe au« ber ©efchid&te ber (Negern
mart in bie Unterfuchung gebogen, 2). ber topf ober Schäbel
etneT berühmten ober 'berüchtigten "ißerfb'nlichfeit, fo läge bie 33e*
jiehung jur Anthropologie fo fehr nahe, bafe fie nur gemaltfatn
unb auffalligerroeife umgangen merben fönnte. Daher bringt
ba« „Archib" folche Sachen nicht. (Sbenfo jieht ba« „ Archib "
au« ber SBblferfunbe ba« fternliegenbe, meiften« fogenanntc milbe
ÜSblferftämme, in bie Unterfuchung, meil babei bie 33e$iehung jur
Anthropologie fich leichter umgehen läftt. Sie fehr biel anthro*
pologifch intereffanter unb näher liegeub märe aber bie ©etracfc
tung unb 2$ergteichung ber im« befannten europäifchen SBb'lfer,
j. 33. ber Deutfchen unb ber (Jnglänber ober ber Deutfchen unb
ber ^ranjofen nach Äörperbefchaffenheit, Temperament, .fopfgcftalt
unb Shatatter! Ober mic intereffant märe eine authropologifchc
Stubte 3. 33. über bie beutfehe unb bie englifche Sprache, morih
bie (Sigenthümlichfeiten betber auf ben Giharafter ber beiben Völler
jurüefgeführt unb barau« erflärt mürben. Aber folche Dinge,
mie gefagt, bringt ba« Archib nicht, meil fie anthropologifcb
finb. Da« „Ar^ib für Anthropologie" ift alfo eine ^eitfehrift,
melche mefentlich ba« nicht ift unb niefct enthält, ma« fie ju fein
unb JU enthalten burch ihren tarnen oorgiebt. Die« ift fo uteri*
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Anthropologie unb. ^^rcnologie. 47 1
würbtg, bafc wohl, feit e$ überhaupt SGÖiffcnf chatten giebt, etu>aö
Aehnliche« nicht bagewefen ift.
@he wir biefe« grogc föäthfet ju IBfen berfuchen, waö uns
nicht fchwer fallen bürfte, muffen wir noch oon einem bamit im
3ufamment?ang fte^enben «einen, aber für im« ganj unlösbaren
föätyfet Bericht geben. 3m „Archib für Anthropologie" 4. 53b.
@. 171 fchreibt ftriebr. fc. £>ellwalb bei ber ©eurtheilung etneö
SBerfeS bon 3ohanne* £mber bie folgenben SBorte: *2öir glauben,
ba§ gerabe bie (Srforfd;ung beä £)enfproceffe$, unb hierauf läuft
ja Alles fyinauS, feinerjeit eine Hauptaufgabe ber Anthropologie
bilben wirb. Ucberrafchcnb ift, bafj ber Autor bei feinen 9te=
flejtonen übet bie @etbftftänbtgfeit be$ £)enfen8 bon ben 9tc*
fultaten ber tt> t f f enf $af tttchen Phrenologie feine
tttotts nimmt''. 3ch muffte biefe Söorte breU unb oietmal
tefen, bi« ich glauben tonnte was ich fafc. 2)0« $Hätt>fe( ift ein
boppelteS. 3uerft: loa« ift wiffenfchaftliche unb was nichtwiffen*
fchaftlichc Phrenologie? 3ch h<*oe wohl Won unwtffenfchaftliche
(angebliche) Phrenologen Kennen gelernt, aber eine unwiffenfehaft*
liehe Phrenologie fann es fo loenig geben, als eine untoiffen*
fchaftliche Chemie ober Phhftf- flfefo nur bie ctne Ph*™0*
logie, bie in ®alfS unfterblichen SBerten niebcrgelegt ift, unb mit
„ welker alte übrigen Phrenologen m Herfen überetn=
ftimmen, auch tch in ben meinigen. (SS ntug ja £errn £ellwalb
befannt fein, bafc bie Phänologie bon ben meiften belehrten
3>eutfchlanb«, namentlich ben Anthropologen unb Phhftologen,
noch berworfen wirb, unb bafj barunter Alle nur biefe Sine
Phänologie, bie es giebt, oerftehen. Auch bin ich Noch mental*
fonft biefer Unterfcheibung jwifchen wiffenfchaftlicher unb nichts
toiffenfehaftlicher Phrenologie begegnet. 3toe^cnö: §err ^ellwalb,
welcher bie Phrenologie fennt, wei|j bamtt, bajj fie ®ehtrnlehre
unb ©eifteSleljre ift, unb ba er juglcich wetg, ba§ ben Anthro=
potogen mit ber Äenntntfj ber Phrenologie bie ®ehtrnlehre unb
®etfte$(ehre noch fo W e* unbegreiflich, Warum er, ber
auSnahmSWcifc fo glncftich ift, biefe Äenntnig ju fceftfeen, unb ber
überbieS Mitarbeiter am „Archio für Anthropologie" ift, — warum
er biefe fo ungeheuer wichtige f enntnifj gleich wie h^b tat 93er*
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■
472 5lnt&toj>ologie unb ^reitologie.
borgenen Bei bet öeurtfyeilung eine« pljilofobljtfajen SöerfcS ge*
(cgentüc^ auSfpricfyt, unb nicfyt laut unb frolj unb glü(ftoünfa>nb
in bic antyropdogtfctye Seit IjiuauSruft. Unb bollenbS nennt
er es „überrage nb", bajj ein ^ilofot^ t>on ber ^reno*
Xer menfdjlidje «Retisenbou: ba* gtofic unb ba« Heine ©ebtrn, ba« SRüdenmarf
uno jeine »cetoen.
logie Jeine SRotis nimmt*. Selbes Sßort müfcte er erft bafür
gebrauchen, bog alle Slntyropologen , bereu @ein ober 9ct<$tfein
babon abfängt, t>on berfelben „ feine 9cott& nehmen!" 3n meiner
ganzen nnffenfcfyaftltcfyen tfaufbafyn bin icfy niemals einem Wätyf et be*
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&nü)rol>ofogte unb ^Phrenologie. 473
gegnet, auf beffen Ööfuug icfy fo gefpannt geioefen, a(S auf bie
bcö ootlicgenben. £ett £cüh>alb tjat genujs bie ftteunbttcfyfeit,
um btc iä) Um etgebenft etfucfye, mir bic oellftänbige Söfung
nic^t oot$uentl)alten.
SBir teuren gu unferem gtofjen 9tätyfe(, bem befptocfyenen
9D?tjjftanb in ber 9{ntfytopo(ogie jutücf, um barüber beu nötfn'gen
3luffctylu§ &u geben, tiefer SWijjftanb fyängt auf« Grngfte mit bem
allgemeinen ^uftanb bet (9cljitnlcfyte in ber ^fjtyfiotogic
Sciteitbutdjfdimtt be« mcnfcGlic^cii Wehjrn«: ba* fltofee OMjirn, ba* Hmie «fljirn, ein XfjftI
M SHüdmmarfä. (Der lurcbjdjititt ift mdit buvd) bie Witte beä Meijinie Genommen, bie
beiben #albtußclu t»on einanber trennenb, fonbern et gefjt bur$ btc eine (redjte)
tfalMugel (elbft.)
jufammen, motauf mit ettoaS näfyet eingeben muffen, tnbem mit
bie (SeJu'tntefyte bet ^Ijtenologte bet ®eljitnlefyte bet "ißljfyfiofogie
gegenübetfteÜen.
SBic mit oben (<S. 37 ff.) gefefyen, ift ba« Scben be$ ütten=
fcfyen ein boppelteS, ein unbennn}te# obet Seelenleben unb ein be*
rougteö obet <#eifte«feben. $)ie Otganc be£ etfteteu unb bie im
ganjen #btpct oetbteiteten Reiben, bie be$ leiteten finb in bem
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474 «nt&ro^legie unb ^renclegte.
bom Schäbel umfchloffenen (Gehirn vereinigt. Die dictum wie
ba« (Gehirn befteljen au« einer gweifachen 2Waffc, einer »eigen
ober ftafermaffe, u>etcf>c uir Veituug bient, nnb einer grauen (gratu
rMl)ti$fn) ftügelchenmaffe , welche ber eigentliche Sifc be« im
Körper unbewußten, im (Gehirn bemühten Befall ift. Die fröx-
pernerven jerfaUen wieber in jwei große £>auptparticn, erften«
in bie Grmpfinbung«* unb bie 39cwcgung«ncrbcn, welche bom
stumpf unb bon allen Äerpergliebern im SRücfenmarf ^ufammeu;
laufen (f. bie 9lbbi(bung @. 472), fetten« in bie große geflecbt;
artige Weroenpartie ber inneren £etbe«h&hlc, meiere bie $etj*
thätigfeit, ba« Verbauen :c. »ermittelt. Hfl aüen ben bieten
Stellen, wo ba« ^eben feine befonberen Sifee hat, finbet fich
graue ÜJcaffe. So ift ba* ganje innere be« föücfenmarf« , einer
au« ftafermaffe befte^enben föShre, mit grauer üttaffe aufgefüllt,
weil fym bie (Smpftnbung«* unb bie 33emegung«nerbcn au« bem
ganzen föb'rpcr ihre 3$crcinigung«ftcllen \jabcn. Die Serben be«
großen (Geflechte« in ber Veibe«h&hle haben an fcljr bielen Stellen
3lnfcr)wellungen ((Ganglien), meldte mit grauer SOkffe gefüllt finb,
unb bon benen au« ba« tfeben be« Sftagen«, be« $}er$en« »C
bermittelt wirb.
Da« gan^c ^ier betriebene ^erbenleben ift an unb für fia)
ein unbewußte«. Da« £eben ber inneren £eibe«hi>hle ift fogar
ganj fowohl unferem (Jmpfinben al« unferem ©illen entjogen,
inbem auch bie betreffenben Serben mit bem (Gehirn nur wenig
3ufammen^ang ^aben. 9Bir empfinben nicht« bon ber Verbau*
ung, ber Grrnä'hrung, bem Sölutlauf unb fönnen biefe Vorgänge
auc^ wtc^t burch unferen Sillen beeittfluffen. 9luch ba« Veben in
ben ©mpfinbung«; unb ©cwegung«ncrben, welche« im föücfcnmarf
feine SWittelpunfte fyat, ift an unb für fich ein fetbftftänbigc«
u n b e w tt § t e*. Gin enthaupteter ftrofd) j. 23. lütfc^t eine äfcenbe
ftlüffigfeit, mit ber man eine Stelle feine« Körper« betupft, mit
bem fruße ab. Gin bewußtto« geworbener Sflenfch bringt bie £anb
an bie ^örperfteüc, wo fein Hebet feinen Stfe ^at. 3m Schlaf
machen mir auf einen 9fei$ bie entfprechenben ^Bewegungen, ohne
e« ju troffen unb ju wollen. Sogar im ^Sachen, wenn unfere
9(ufmcrffamfeit auf Rubere« gerichtet ift, $aben »ir Inmbert Gm-
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fcnttyro^ologie utib sJtyrenologie.
475
tfutbungen, bie mir nic^t empfinben, unb machen Rimbert Jöeme*
gungcn, bic wir nid^t Wollen. 3cbocfy in bcr föegcl ift ba* in
bcn Grmpfiiibung*' unb 33cwegung*neroeu wotynenbe tfeben mit
bcm bewußten Beben oerbunben, lote beim auä) jene SRetten
burd) ba« ftüäenmarf mit bcm ©eljirn in unmittelbarem gu*
fammenfyang fteljen.
3u bem an fid? unbewußten 9icrbenteben gehört audj ba*
Veben ber äußeren Sinne«nerben, welcfyc im $opfe liegen, fo baß
bcr Safc, bag nur allein ba* im Sctyäbel cingefcfyloffene ® e i r n
ba« Organ be* bemühen ober ®eifte*lcben« ift, budrftäblicfy gc*
nommen »erben muß. Söir fönnen bcfanntlicfy fefyen ofmc $u
fcfyen, fyeren erme jtt tj&rcn, b. fy. mir »erben un« oft be« Sefyen«,
#&ren« :c. nic^t bewußt, wenn nämlid? mit ber £Ijätigfeit be«
Seljnerb« ic. bic £fjätigfett be« <$el?mi* fid? nidjt oerbinbet.
■Da« ©efyirn, ba« Organ ber bewußten Seele ober be«
®etfte«, welche« in feinem 53au mit ber $Hume be« Sölumen*
foljl« ocrglicfyen werben fann, beftefyt au« triefen einzelnen %e\U
cfyen, welcfye fiefy ring« um ben Stengel anreihen unb bie Organe
bcr inneren Sinne finb. (S. bie 2tbbUbung S. 473.) $>a«
©e^im ift in feiner äußeren $läa> in Söinbungen gefaltet, welche
mit einer überall gleichmäßig biefen, fiefy mit in bie tiefen galten
cinfenfenben Sage grauer 3ttaffe bebeeft finb. 3n biefen ßeln'rn*
öftren nun, unb jwar in bereu grauer 5Öelegung«maffe fyat bie
£Ijätigfeit bcr einzelnen inneren Sinne ftatt.
&a« t'ebcn fowoljl ber (unbewußten) Seele al« be« (bemußten)
©elfte* fönnen mir un« Melleicfyt in folgenbem S3ilbe beuten.
£)ie unbewußte Seele, meiere mcfyt einfach, fonbem ein Organi«=
mit* ift, brauet, um bem Seben eine* gegliebertcn ®efcfyb'pfe« al«
®runblage 51t bienen, erften« $enntniß fowofyl iljrer eigenen
(Meberungen al« bcr Seit außer tyr, foweit fie mit berfelben
in ©esic^ung tritt. Um fiety biefe tenntniß $11 fyolen, fenbet bie
Seele oon ityren Sifcen gütjtfäben, <5mpftnbung«fäben au«, £>ie
Seele brauet aber auefy jwetten« bie 9Kacfyt, t^eil* auf tfyre
eignen ($lieberungen, tljeil« auf bie mit ifjr in 33c$icl)ung ftcfyenbe
2lußenweft bie nötige Grttiwirfung $u üben. ÜDiefe 3ttacfyt übt
fie burefy anbere au*gefenbete gäben, gleictyfam 2$trfung*fäben
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476
flnttyropologie unb ^rcnologie.
au*. (Sßßenn wir tuer immer t?on ber ftenntnif;, ben öntpfin*
buitgen ber unbewußten Seefc — alfo ton einet ftetttttniß,
bie nictyt gefannt, bon einet (Smpfinbung, bie ni$t empfunben
ift, — fpredjen, fo liegen wir im Äricge mit ben mangelhaften
SSörteru, bie teil fyiet in Ermangelung befferer gebrauten muffen.
Die Sacfye ift abet wofyt für jeben ßefer Hat. Die unbewußten
yeben$oerri<$tungen gefycn barum fo fyarmonifdj unb fcbön bon
ftatten, weil 3. Jö. baS 2ltljmen, ber Sölutlauf, bie Crrnäljrung,
jebeä bom anbern Äenntniß fyat, wenn audj feine bewußte,
unb weit jebe« auf ba$ anbere einwirft, wenn aucfy oljne e$
bewußt ^u tljun.)
(Sine große (Stufe Ijbfjer al« bie unbewußte Seele ftefyt bie
bewußte (mir motten fagen bie mcnfcfylid?e) Seele. 3ene l)atte e«
nur mit ber förderlichen SBett at« f o t et) e r 31t tfjun.
2lber außer biefer 3öett giebt cd eine anbere, bie man geiftige
Seit nennen fann, b. bie Seit ber &e$ie$ tingelt, ber
S5ert;ältntf f e, ber £agcn, in welchen ber SJienfc^ ju feinen
üDJitmcnfctyen unb jur Außenwelt unb fo auefy 311 fiefy fetber ftefyt,
3. 39. ba$ 33erfyä(tniß be$ Sftenfcfyen 3U feinen Anbern, 31t feinen
®cnoffen, ju feinen fteinben, 311 ben Dingen bc$ ©gentium«,
jur £crrfcfyaft über 2lnberc, 311m Söeljcrrfcfytwerbcn bon tynen,
311m bitten unb Schonen, jum Scfyledjten unb Unfeinen u. f. w.
Um biefe geiftige 2öelt fennen 31t fernen, tyat bie Seele aua)
ftüfylfäben ober $enntntßfäben auSgefenbet, — bie Organe be$
®eljtrnS — unb ift fo gut geiftigen $enntntß bet geiftigen 95Mt
gefommen unb baburefy, weil geiftige ®enntniß SB c wüßt*
fein ift, bewußte Seele ober ®eift geworben. Da$ menfdjltcfyc
(Meljirn enthält auf feiner $ugetflädt)e ba$ ©ilb ber geiftigen
Außenwelt unb ift fo beren SBicberljolung unb ber üftenfdj bie
fleine Söelt. 3ebe« beftimmte menfd?lid?e 33ert)ältniß l)at auf ber
farblofen 33etegung«maffe ber $ugef fein beftimmte« geiftig färben*
reiche« 33tlb. 3c mistiger ba* cin3clne Eer^ältniß für ben
2ttenfctyen ift, je näfjcr e$ feinem menf (bitten 3ntereffe liegt, befto
gr&ßer ift ba3 ftclb be« SSilbcS. SMan fjat gefragt, warum
bie Organe ber nteberen Sinne unb ber ®emütfyöfmne fo gr*ß,
bie ber $erftanbcöfume im ^erglcid; bamit fo flein feien, ba
9
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' Mntljro^ologie unb ^fjrenologie. 477
bocfy ein latent etwas Sd;affenbeS unb infofern mc^t fei, als
eine Neigung ober ein ®efüljl. Sieht/ bie Neigungen unb ($e=
füfyle machen ben 5D?enf$cn, bie £alente brandet er Mo« ju
Ijaben (ober au$ nicfyt ju f;aben). Slnljänglicfy an bie ©einen,
mutfyig, tfjättg, fparfam, oorficfyttg, recfytlicfy, moljlwollenb mujj ber
SWenfdjf fein, aber jaulen ober rennen, fingen, jetefrten tnug er
blos fönnen (ober nid;t fönnen). i
So mie alfo ber Sttenfd; bie änderen Sinne (Seijen, §&reiuc.)
jnr tfenntnijmaljme ber materiellen Seit fyat, fo fyat er bie inneren
Sinne gnr $enntnijhialmtc ber geiftigen Seit. £)iefe einzelnen
inneren Sinne muffen nun nicht bloS oon ber (geiftigen) Seit
aujjer beut 9)?enfd)en ftetmtmfj neunten, fonbern fie muffen ftcfy
auefy gegenfeitig felbft fennen lernen. £>af)cr ftrafylen alle Organe
biefer Sinne naefy ber 9)?itte ju, mo fie tfjetls unter fidb felbft,
tfyeÜS mit ben Organen ber äußeren Sinne, tfyetls mit ben tför*
perner\>en bie manmcfjfaltigften Berbinbungen eingeben unb 2luS*
taufctniugen machen. £)ie bielen flehten unb größeren Streifeben
unb fünfte grauer Sftaffe, bie mir, gleid; hinter ber Belegung*«*
maffc anfangenb, in bie $afermaffe beS ($eljirnS eingeftreut finben,
unb bie fiefy naefy ber Witte 511 immer meifyr vermehren ober ber*
grßjjeru, finb nichts anbereS, als folcfye Bereinigung^* ober 9(uS=
taufctyftetlen.
£>ieS ift in für$eften Sorten bie pfyrenologtfdjc ®elnrnlefyre,
meiere auf bem im« befannten Sege — ber SBergletctyung ber
®ro> ber ©efjirntfjeilc mit ber Starte ber ®eifteSfräfte — ge*
»onnen morben ift. 3ßan fann bem gegenüber mit föecfyt fagen,
baß eS in ber ^tyfiologtc eine ®ef?imleljre nicfyt giebt, meil
bie ^ijtyfiologen ben vfyrenologifcfyen Seg, ber )ii it;r füljrt, niebt
fennen ober ju gefyen oerfdmiäfjen , unb meit fie einen anbern
bis jefct nicfyt aitfgefunben fyabcn. Sie fyaben gtoar einen folgen
Seg oerfuebt, fie l;aben nämücfy lebenben gieren einjelne Steile
beS ®eln'rnS ausgenommen, um fo burefy bie Grrforfcfyung beffen,
maS baS £ljier baburefy an feinen Seelenrräften verloren, bie
^öebeutung ber berfdu'ebenen (^eln'rntljeile 511 erfunben. 3lber biefer
Seg ift bis jefet olme Erfolg geblieben, Weil am gemarterten
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478 ^nt^ropologif unb ^brenofogte.
Ztyex Stubien über ba« Seelenleben mit <5rfolg nictyt gemalt
werben föntten.
33ei biefem Langel einer totrflicfyen ®efyirnleljre in ber
^Ijtyfiologie, ben bie ^ßljfyfiologen fclbft anerf ernten unb bef lagen,
(jaben bie ^>^pot^cfcn einen großen Spielraum. ©ir fefyen
uns ba in ber Xfjat, obgleich unter 99Jännern ber 9iaturtotffen*
föaft , auf ba« übel berufene (Gebiet ber Speculation berfefet , wo
jcber ftorfctyer Rubere« 511 toiffen glaubt, jum ©elwt« bafe Sllle
ntdjt« toiffen. @« fann un« Ijier fefyr Kar werben, toa« ©iffen
Ift, unb weisen ©ertfy e« fyat: c« ift faft 2Ule«, e« ift £>enfen,
3$erftanb, Urteil, Scfyarffiitn ; unb Di t cfy t to t f f e n ift t>ott biefem
Willem ba« ($egentfjeit. $)tc Dierbenlefyre ift im l'aufe unfere«
3aljrt)unbert« mächtig fortgefcbritten unb bie ^fytyfiologen fyaben
auf biefem tfyrem ©iffen«gebiet burcfy ifyren Scfyarffinn unb ifyren
ftletB toafyrfyaft ®ro§e« geleiftet, toooon jebe« Apanbbucfc ber ^Ijtyfto*
logie Beugnu) giebt. So fcf>arf fi# aber Unbetoufctfetn unb 33e*
toufctfem unterföeibeu, fo fd^arf abgefönitten ift ba« ©iffen unb
finb bte Seiftungen ber ffytyftologen in ber Diertjenleljre unb in
ber ®efytrnlefyre. 3n ber Dieroenlefyre Männer ber Diaturtotffen»
fcfyaft im bollften Sinn be« ©orte«, fctyarffinnig , frittfö, lieber
felbft fefjenb, al« fremben SSericbten glaubenb, gleiten fie in ber
(^e^imtc^re, too iljnen fo ganj ber £>alt be« ©tffett« feljlt, im«
oerftanbigen, gebanfenlofett , leichtgläubigen Öaien. (§« totrb mir
nia)t fcfytoer fallen, biefe« feljr fyarte Urzeit, meiere« i<$ leiber
nicfyt milber au«fpre$en fann, burefy einige ©eifpiele gu be«
grünben.
Stile Biologen toiffen natürlich, weil fie bie fctyätigfeit
ber Heroen al« eine an ftety unbetonte fennen, bafe ba« ©etoujjt*
fein im (^eln'rn feinen Stfc fjat. SStele nennen au$ ba« ®ef}irn
in beut Sinn (Sentratorgan, al« barin, toie fie meinen, alle
bie oerfcfyiebenen an fiefy unbetonten Heroen in bem fönen Organ
be« ©etoufetf ein« jufammenlaufen. SDiancfye fudben auefy im
®efyirn materiell nad? einem folgen 23ereintgung«puuft aller
Heroen, too bie betoujjte Seele, bie man fiefy al« einfach, alfo
einem $imft bergleid&bar benft, ifjren Sifc fyabe.
3>er 15l^fiolog ©ubge („Vetjrbud? ber fpeciellen Ätiologie
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ftnt^ro^ofogie unb Phrenologie.
479
bc« 2)?enfo>n." 8. üitff. ©. 737 ff.) erfcnnt int ®cfn'rn boräug«*
weife eine Bereinigung ber <&ttyfinbung$nerben unb ber 5öe*
wegungäneroen, unb macfyt in biefem <3inn feine (£$>erimente an
lebcnben gieren, um bie 33ebeutung ber t>erf$iebenen ©eljirn*
tfyeile fennen ju lernen. <5r fcjmeibet $. einem ftaiüntfyen
einzelne £tjeile be« (Sefyirn« au* unb prüft bann ba« Xfjier
barauf, wie roeit e« feine bewujjte (fm^finbung unb Bewegung
no$ fyat ober nu$t mefjr fjat, ob 5. $3. ein £>rutf auf ben ftufe
bem £fyier nodj ©c^merj berurfacfyt, ober ob ba« Silier feine
(^lieber nocfy willfürticty bewegen fann. $)er gefer wirb nitfyt
erwarten, ba§ wir auf bie meljrfacfyen ®rünbe näljer eingeben,
Warum biefe Gr^erimente bon oorn^erein al« für bie ®efytrnlefyre
uufrudjtbar t)citten erfannt werben müffen.
ÜJfanctye "»ßljtyfiologen , welche meinen, bap Söewufjtfetn im*
gefäljr fobiel fei, al« Genien, nennen ba« ®efn'm furjweg
Denforgan, wa« bom ®el)irn einen ganj fallen ^Begriff
giebt, ba baffelbe natürlich biet meljr a(« blofee« Denforgan ift.
sBenn ber §unb, ber oon feinem #erm getrennt wirb, bor <§etni*
fuc^t nac$ ifym franf wirb unb ftirbt, fo fyat biefer bewugte tiefe
Scfymcrj be« Sln'ere« feinen <5\i$ im ®efn'rn, aber niemanb wirb
benfelben auf ba« bto&e SDenten jurücffü^ren wollen. 2öenn ber
trafeljler burd) feine <Strettfuc$t fidj bielfad} unglücflia) macbt
unb oergebUcfy mit ber £)enffraft bagegen anfämpft, ba bie
Veibenfcfyaft attgu oft mieber bie ^crrfc^aft gewinnt, fo wirb au#
Niemanb biefe 00m Denfen befäntyfte £eibenfcfyaft ein SDenfen
nennen woüen. 2öenn ber ©et^at« im ©olbe wüfylt, unb babei
hungert unb friert, weil er fi$ in ber blinben i'eibenfctyaft für
feine ©djäfee ntdjt bom fleinften 3T^eit berfelben ju einem ber*
nünftigen (t>om £)enfen gebotenen) <&eferauc$ trennen fann, fo
ift gewijj aud? biefe Setbenfdjaft nictyt ein ÜDenfen.
2Bie allgemein ber Srrtfyum, baf? ba« (SJeJn'm Mo« £}enf*
organ fei, bei ben 'pfyfyfiofogen ift, geigt 3. 33. au$ fotgenbe
(Stelle im „%T$ir> für Slntfyropologte" ($b. V. £. 3. Literatur).
(£cfer fagt bei ber Söefprecfyung einer ©cfyrift bon Sßfyman:
„Die mittlere ©djäbelcapacitat ber 56 peruanifcfyen @<$äbel ift
ungefähr gleich ber ber Sluftralier unb Hottentotten, fo wie fte
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SWorton unb 2Heig« angeben. (Sine töace alfo ton einer {eben-
falls ^o^en Kultur in ©ejug auf Quantität be« ®etyirn$ auf
gleicher «Stufe mit einer föace, bie auf ber tiefften Stufe ber
2ttenfchheit fteht. ©tnnan betont e« ba^er fef>r, unb lote mir
glauben mit Stecht, baß man bie relatioe Schäbelcapacität nur
al« ein anatomische«, nicht aber als ein phtyfiologifche« (Sfyarafte-
rifticum betrachten bürfe, unb ba§ man, fo lange e« niebt möglich
ift, mit ber Quantität jugleid) auch bie Qualität bc« £urn« bar^
aufteilen, nicht berechtigt ift, $irnmeffungen al« Hu«brucf ber
intetlectuetlen Stufe, fomoh* bon föaeen al« Snbioibuen, $u be-
trachten". 9ftan fönnte berfucht fein, e« ferner begreiflieb ju
finben, bafe Grcfer hier ba« UnroahrfcheinlicheTe, ba« fternerliegenbe,
bie SBerfchiebenheit ber Gehiruqualität bei beiben Gödern al*
(£rflärung«grunb h^rbeigieht unb an ba«, loa« h*er am nächften
liegt, nicht einmal benft, ba| nämlich bie Sluftralier unb Hotten-
totten, n>enn fie ben Peruanern an 3ntelligen$ nachftehen, fic
oielleicht burch anbere geiftige (Sigenfcbaften, j. $8. burch 93?uth,
(luergie, (5harafterfeftigfeit, übertreffen tonnen, fo bafj babureb
bie einfaßte unb befte (grflärung ber Gleichheit be« Geturn*
quantum« bei beiben Elfern gegeben märe. (©gl. oben S. 347.)
9lber biefe« fttyfteufen an ba« ftächftüegenbe ift infofem be*
greiflich, Ott e« ftid^benfen überhaupt ift. (Scfer backte niebt
über bie fraglichen i£rflärung«grünbe nach, berglich f*e ™fy unteT
cinanber, toählte nicht unter ihnen, toeil er überhaupt bon biefen
(£rflärung«grünben nicht« mujte. Kenten, ©ergteieben ober
Schliefen ift, loie oben gefagt, nur ba mo Sßiffen ift; mo
ba« Siffen fehlt, fehlt ber Gegenftanb be« Kenten«, be«
©ergleichen« ober Schließen«. Sin berühmte« ober berüchtigte«
«eifpiel au« ber (Sulturgefchichte , ba« ^ierr>cr gehört, finb bie
§erenproceffe. £>ie erften 2ttänner ber Sntelligenj, bie fcharf*
finnigften Gelehrten, bie berühmteften ^ßrofefforen ber Itmoer*
fitäten berurtheilten bie $>e$en : benn ma« nüfcte ihnen ber größte
Scharffinn, ba e« bem ^erenglauben gegenüber nicht« gab, feine
$tufflärung, feine 92aturmiffenfchaften, mo biefer Scharffinn eine
Stelle, einen £>alt, einen Gegenftanb finbeu fonnte. £)te 9caaV
melt mirb einft ba« $mt\Q? gebanfenlofe unb miffeu«lofe 33e=
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Slttt&ro^olögie unb ^brenofogie. 481
fämpfen ber "Phrenologie oon «Seiten ber <Spifeen ber ©elefjrten*
weit immittelbar neben ba« Verurteilen ber Aperen bon Seiten
ber bamaligen erften ©eletyrten ftellen.
8. £ ermann fagt in feinem „®runbriß ber Ätiologie
be« Sflenfchen" (4. ^lufl. 1872. @. 455 f.): ,,£)a« ©ro^irn ift
ber ©ifc ber pftychifd&en £fjätigfetten. Söewetfe, ba§ ben ®rofc
birnfyemtfpljäTen feetifd^e Xhätigfeiten jugefchrteben werben müffen,
liegen in ^olgenbem: 1. 3n ber £hierreilje finbet man eine um
fo ftärfere (Sntwicflung be« $roj$im$ im Vergleich jur $&rper*
maffe unb gum ©efammtfu'rn, je mehr fich bie getfrigen ftafng*
feiten benen be« 3ttenfchen nähern, lieber ben ©rab ber (Snt*
muflung giebt ba« Gewicht Sluffchluß unb au&erbem bie 3atjl
ber ®t}xi, weil eine Vermehrung., ber (enteren bie oerhältniß*
mäßige ®r&ße ber Oberfläche unb fomit bie Spenge ber allein in
Betracht fommenben grauen €>ubftan$ bermehrt. 2. JSBei
angebomer Kleinheit ber ®elnrnfyemifpfyären (9)Jifrocepbalie, (Sreti*
ni«mu«), bei Entartung berfelben (Hydrocephalus jc.) finbet fich
eine entfprec^enbe Verminberung ber fyöheren €>eelenthätigfeiten
(^löbfinn). — — 4. Abtragung ber ®ro&ljimljemifpIjären (bei '
Vögeln unb Säugetieren) bringt einen fchlafäljnlichen 3uft£mi>
herbor, in welchem alle willfürlichen Bewegungen fehlen, ©ei
f^tn?eifer Abtragung fotl eine altmäfige Slbnahme'alfer
S e e l e n f u u c t i o n e n (!) eintreten (ftlouren«) , eine SJnbeutung,
baß biefelben nicht au befonbere Orte be« £irn« gebunben, fon*
bem gleichmäßig bertheilt finb. ftxtyexe eingaben über ba« ®e*
bunbenfein befttmmter (übrigen« willfürlich abgeneigter) ®eifte«*
gebiete an befonbere ^irnbejirfe, bor altem bie pljrenologifcfyen,
berufen fämmtlich auf ÜEäufchung". Da ^ermann ju Anfang
ber mttgcthetlten Sorte ben Sifc ber bewußten Seelenthätigfeiten
mit richtig geführtem (phrenologifchem) ©eweife in ba« (Srofc
hirn berlegt, fo hätte man erwarten bürfen, bag er biefem 33e=
weife noch wenigften« gu einem weiteren Stritt treu geblieben
märe unb fo gefolgert hätte: „Seil ferner bie ®rö§e be« Vorber*
$ixn& übereinftimmenb mit ber Stärfe ber 3ntelligenj gefunben
wirb, fo ift gu fließen, bajj biefe im SBorberfyim ihren ©ife
^at". Allein ftatt biefe« nafyeliegenben unb logifchcn Stritte«
Sc^föc, $l>ccnolo<iifrfje ©Uber. 3. Slufl. 31
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t^ut ^ermann einen ganj anbeten unb fefyr unlogifcben. £r
hätte bem 53erichte be« oberflächlichen Beobachter« fttouren« fchen
üon oornhercin feine 53eachtung febenfen bürfen, »eil er fich fagen
mufcte, ba§ e« gan$ unmöglich ift, an einem gemarterten Xfyme,
j. 53. einem $unbe, bei febichtmeifer Abtragung feine« ®roBhirn«
„eine allmälige 91 bn ahme aUer feiner (Seelen*
f nnetionen alfo 3. 53. feiner Xreue für feinen £erm, feine«
9)?uthe«, feiner }lafcbhaftigfeit, feine« Talente« für Äunftftücfe :c.
beobachten ober naebmeifen $u mollen. Unb boeb baut ^ermann
auf biefen gerabeju albernen Bericht bie auBerorbentlich toiebtige
Folgerung, „baß bie Scclenfunctioneu nicht an befonbere Orte be«
Gehirn« gebunben, fonbern gleichmäßig fcerthcilt finb". $iernacb
müßte alfo jebe einzelne geiftige Xfyätigfeit, j. 53. ba« Kenten,
jugtetch in allen Sailen be« C^irn« ftattfinben. Sir mollen
gar nicht anfangen bie ®rünbc aufzählen, melche gegen biefe
allen Xljatfacben ^tmurertaufenbe Annahme fpred)en. Stenn aber
$. B. ^ermann aufmerffam fich felbft beobachten will, fo !ann
er fehr wohl erfennen, bajj, wenn er angeftrengt nachbenft, biefe«
:)iadjbenfen im 5$orberfnrn an ber Stinte, nict)t anber«wo im
tfopfe ftatt h«t. Sa« noch *«e Iwhe« betrifft, mit benen
^ermann am Schluffe über bie Phrenologie abfpricht, fo märe
e« etwa« rühmlicher für Um gewefen, wenn er über eine Saa>c,
bie er augenfeheinlich fo wenig fennt, etwa« weniger fategorifcb
geurtheilt hätte.
£)ie fonberbarc Anficht £>ermann?«, baß jebe fingeine
(&eifte«thättgfeit jugleich in allen Zfycikn ®eh*rn$ ftattfinbc,
wirb burch eine ähnliche, aber noch fonberbarere Anficht bei
^h^fiologen Sunbt „ Vehrbuch ber ^hl?H°Nic 2Wenf<$en* . 2. 9lufl.
S. 668 f.) übertroffen. £>iefer nämlich, oerwirrt burch bie ein*
anber wiberfprechenben Berichte ber einzelnen Beobachter, ba bei
ben ®ehirnoerlefeungen ber @ine £>ie«, ber Rubere ba« gerabc
ßntgegengefefete gefehen h«&en toill, meint ba« grofce 9täthfel fe
l&fen ju fönnen, bafc er fagt, bie oerfebiebenen ®ehirntheile träten
bei theilroetfer Vernichtung gegen fettig ftelloertretenb
für ein an ber ein; wenn alfo \. 53., meint er, ber <$ehiro?
theil, ber ba« Starten vermittelt, burch itferlefcung oerloreu gehe,
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fo übernehme ber ®efn'rntyeil , ber ba« ®efü!jt bermitteft, nun
aiicb ba« Dcnfen, unb ba« ^üljlcn unb $)enfen merbe bann burcfy
tiefen (^djirntbcil gemcinfcfyaftlidj beforgt, unb ebenfo umgcfcfyrt.
5tnf bic Siberlcgung biefer natoen 2Infi$t finb ni$t biete Söorte
ju oermenben. Ühix $mci 33emerfungcn. 2)?an fyätte biefe ^(iifidbt
ain menigften bon einem $^fiologen ermarten follen, ba bie
Wert>cnlcfyrc, bie ja mit ber ®efu'rntcf>re niebt im ©egenfafc ftefyen
tarnt, fetjr cntfdjiebcn ba« ®egcntyeil biefer Hnfictyt prebigt. Seber
ber bieten unb Derfcbiebenen Serben ift nur allein für feine be*
fttmmtc befonbere Verrichtung befähigt erfannt morben. $)er
(5mpfinbung«nerb empfinbet nur, ber ©emegung«ncro empfinbet
ntcfyt, fonbem belegt nur, ber <Seljnert> embfinbet nid^t unb be=
megt nic^t, fonbem ftcfyt nur, u. f. m. 3mcitcn« märe nic^t ab*
jufefyen, toenn einmal ba« gegenfeitige Grrfefecn ber einzelnen ®e*
fyirntfyeile ftattfänbe, marum bie ^atur babei auf bie zufällige
Vernichtung eine« ^cfn'rntheU« martete unb biefen (Srfafc niebt •
auch bei ber ©ch mäche eine« folgen eintreten liefee. Söenn
V 33. einem 9)fenfcbcn irgenb ein latent, etma ba« 9)?ufiftalent,
faft ganj fehlt, fo baj? er trofc allem Unterricht unb altem ftteifc
nicht« in biefer Äunft $u leiften fcermag, fo märe nicht abjufehen,
marum bann nicht }. 33. ber <$e$irntheU , ber ben ^ormenfinn,
ober ben Ort«fmn, ober ba« ©cfyhifr&erm&gen oermittett, bie Ver-
richtung bc« SOcufiffinnc« mit übernähme.
$>er ^hhftolog V at entin ftcüt bie ^renotogte mit bem
thierifchen 9J?agneti«mu« $uf anraten unb termirft fie gä^lich at«
nur auf Xäuföung beru^enb: bic« natürlich ofme fie theoretifeh
ober in ihren ^atfad^en $u lernten. 2Ba« aber gegen bie
^^renotogie ju fpred)en fchetnt, unb menn e« ba« Xfyöricfytfte
märe, fteüt er tetd&t at« ^atfac^e hin. (£r fagt j. S&. („®runbri{?
ber ^fjtyfiologie be« SWenf^en." 3. Slufl. <3. 638): „£)ie Pjreno*
logen unb einzelne 9faturforfcher ^aben einen befonberen @influj?
auf bie ®efchlecht«merfjeugc bem Keinen (fteln'rn jugefchrieben ;
bie ftärfere Grntmicftung biefe« 9lbfchmtte« be« centralen sJier\>en*
ftyftem« foUte auch einen regeren ®ef$(ecfyt«trieb jur ftotge tjaben.
$ie Crrfahrung beftätigt aber biefen 9Iu«fpruch feine«meg«.
£atte fttouren« biefen Xty'ti be« centraten "ifterbenfhftem« in einem
»r
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484 antbroDoloflie unb ^^rtnologir
£ahne abgetragen, fo machte ba« It^ier beffenungcachtet beut»
liehe (!) $3egattung«oerfuche\ Bei einem ginn Xob bernwnbeten
Ztyex ift nur ba* £ine „beutn*", bajj feiner lei Seelen*
thätigfciten ohne vorgefaßte üWeinung „beutliaV'
\n eTfennen finb.
£)er $^jtclog Vubmig, mit bem mir unfere fleine ttmu>
fchau abfließen, hat eine Anficht bom ®elnrn, melche alle 3onber^
barfeiten ober Schmäcben ber übrigen ^fyDfiologen tbeit hinter
l'icb läßt, unb gang unerhört unb unbegreiflich ift. Die oben mit-
geteilten SBortc be« ^btyfiofogen ^ermann fprecben in ihrer erften
$älfte bie Anficht aller heutigen ^^fiolögen au*, baB nämlicb
bie £emtfphären ber Sifc ber bewußten «eelent^ätigfeiten finb,
theil* meil fie oen bcn nieteten $u ben t^^eren £tneren unb
$um SHenfchen im Verhältnis mit ben geiftigen ^ä^igfeiten ju*
nehmen, theil« weif bie graue SDtaffe, oon ber e« feftfteht, bap
fie bie 3eelentt;ätigfeiten ©ermittelt, it>re ftarfe Söelegung«mafic
bilbet. Die« ift fo jmeifello« unb fo Hat, baj$ jeber V'aie, acuter
j. Jö. bie obige ^bbilbung be* (Gehirn« (3. 473» betrautet unb
meinem man bie Wahrheiten , bie tycx in grage fommen, mit«
theilt, eine fo fefte unb beftimmtc Anficht Neroon faffen fann,
bafe fie flau* ber iriffenfcbaftlicbcn Uebcrjcugung be« (Meierten
gleichfommt. 2fuch teilen, wie gcfagt, alle heutigen ^^fiologen
biefe Anficht, — auger Vubwig. Vubwig beft reitet e« mit
flaren unb bestimmten Sorten, baB bie Jpemtfphärcn ber «Sifc
ber (Seelent^ätigfeiten feien. (*r $ählt brei Ü)Jethoben auf, bie
e« gebe, um bie Verrichtungen ober bie Bebcutung ber berfcfyie*
benen <^er)init^ci(c 511 erforfchen, nämlich ^ bie bergleicbenbc
SDJethobe, b. h- bie Vergleichung ber ®rin;e eine« ®ehirntheil«
mit ber 3tärfe eine« geiftigen Vermögen«, 2) bie @rafion«=
met^obe, ba& man lebenben ^fn'eren XljeiU be« ®ehirn« au«*
fctyneibet unb bann unterfucht, welche Scelenbermogen baburcb ber*
loren gegangen, 3) bie pathologifchc Beobachtung, baj* man bei
Äranfheiten bc« ©ehirn« bereu ^Birtlingen auf bie ©eefenfräfte
beobachtet. t*ubwia*fährt bann tr>ertltct) fort („Lehrbuch ber ^hh!*0*
logie be« 3Äeufchen." 2. 5fufl. <&. 607 f.) • „2llle brei üWethoben
häufen fcheinbar Sahrfd>einltchfeiten bafür, baß ®eetenthätigfeiten
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2Uitl>rot>ologie nnb ^tyrenologie. '485
unb namentlich bie t^ö^crcn in Söejiefmng flehen sur ?lu«bilbung
ber ftrofehirnlappcn <£emifphären). — 916er biefen zahlreichen
Shatfadjcn ftchcn anbcre entgegen, inbem grofce 9ftaffen bet ®rofc
hirnlappen bei SOTcnfcbcn burdj angeborene (5igenthnmlichfeit fehl*
ten, ober Mira) 5$eriounbungen, $3lutaufltritt, frembe ®cfchttutlfte
n. f. m. jerftört mürben, olme baj? auch mir bie geringftc 3lb-
meichung bon ben normalen geiftigen Functionen eingetreten märe;
menn eine nothmenbige SBerfnüpfung jroifc^cn (Seele nnb ben <$rofi-
turnlappen beftünbe, fo märe ba« lefcte föefultat unmöglich. —
Der Siberfprndj fonnte fich bann löfen, loenn etma nur einzelne
Legionen ber (^rojHn'rnlappcn mit ben ©celenoermogen in 35er- v
binbung [täuben; man hat biefe« in ber £fjat behauptet, inbem
eine bon Tutoren sor$ug«meife bie borberen, eine anbere
aber borjugämeifc bie {unteren Vappen al« bie £rä'ger ber «Seele
aufaßen. Der sßMberfpruch in ben SWeinungen rührt baljer, baf?
bie (Sinen nur $eiftc«fti>rung mit ^ernid^tung ber t>orberen, nid;t
aber mit 33ernid;tung ber lunteren Sappen fallen, mährenb Anbere
gerabe bie umgefefyrtcn Fälle beobachteten ; biefer Söiberfpruch in
ben 33eobad;tungen genügt jur $öibcrlegung ber einen ober anbern
§typothcfe". — Die grofee Frage ift nun, mic nur uns biefe merf*
loürbigc unb aller Vernunft fo fefa tinberfpredjenbe Slnficht be«
in feinem tfüdje hochgefchäfcten unb fc^arf finnigen (Mehrten er*
Hären follen? Da« föäthK* jerfällt, wenn mir ihm auf ben
(#runb gehen, in bie beiben FtaflM. Grrften«. SBenn tfubhrig
fieb ein (Gehirn ober bie ?lbbilbung eine« (Gehirn« ttorftcllt, toenn
.er gemift nicht an ber feftftcfyenben Sattheit jmcifclt, ba§ bie
Seelenthätigfeiten in ber grauen 33 e 1 e g u n g « m a f f e ber £>emi=
fp hären ihren Sifc ^aben, menn er felbft fagt, ba§ alle brei 9J?e=
thoben für bie Anficht be« Sifce« ber Seelenthätigfeiten in ben
®rof#irnlappen fpred)en, menn er meifj, ba§ eben barum alle
Biologen tiefer Anficht beipflichten, menn biefelbe alfo gc^nfac^
burch ®rünbe unb l;iinbertfa* ober taufenbfadb burd) ©njel*
Beobachtungen unterftüfet ift, melier ®rab bon 9ci<htbenfen ober
(^cbanfenlofigfeit gehört ba$u, fid; biefe auf miffenfehaftlicher
Ueberjeugung beruhenbe Anficht burch irgenb etwa«, ma« e«
auch fei, n e l; nie n -j u 1 a f f e n ? 3meiten«. SBenn irgenb melier
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ftntfyrcpclcgie uuc ^brenolcgic.
unbebeutenbe (Meljrte, ober wenn jwei ober brei foldje (^elefyrte
einige (Sinjelbeobactyiungen , weld)e mit jener 2lnfkbt, alfo mit
aller ©iffcnföaft in Siberfprucfr fielen, al« oon Unten gemalt
etilen, melier ®rab bon ^xttiUofigfeit unb geic^tgläubigfcit
gehört baju, biefe erjagten bermeintlicfyen Xljatfacben , fo wie
£ubwig tlntt, al« ausgemalte ©afyrfyeit fytn$unefymen?
$ur Beantwortung ber beiben fragen muß un« ba« genügen,
ma« n>ir oben »om Söiffen im (Begenfafc jum Sftidjtwiffen gesagt
fjaben. £)enfen, Ueberlegung, 33erftanb ift nur bä, wo Stffcn,
wo ^euntniß ift. ©o ba« Siffen fefylt, bleibt überall nur <$e-
banfenloftgfeit unb £ei#tgläubtgfeit übrig. 3d) will Iner au$
no$ einen (Sinjelfall mitteilen, melier jeigt, ba§ befrtmmte, be*
fonbere Äenntniffe baju gefy&ren, um überhaupt prüfen ju f&nnen,
ob bei einer ®efyirnberlefcung bie ®eifte«fräfte unterlegt geblieben
finb ober nity. (Sin 3Kann, erjagt (Sombe, welker bisher al«
$audt)rebner öffentlich aufgetreten war, erlitt eine ftarlc 33ep
lefeung be« (^elnrn« an ber Stelle bc« oberen §interfopfe« (3p*
fötal). (£r würbe bollftänbig geseilt unb bie 2lerjte tonnten
feinerlei 35eränberungen in feineu ®eifte«fräften finbeu. £)er
sJDiann falj unb fyörte fo gut wie früher, er fpradt), er la« unb
fct)rieb, er fannte alle $erfonen, bie er gelaunt, er ^atte fein
üollftänbige« ®ebäctytnii?, furj, e« war bei ber forgfältigften Unter;
fuc^ung ni<$t bie geringfte «erminberung feiner <#eifte«rräfte ju
entbeefen. 311« aber ber 2ttann na$ feiner (Sntlaffung feinen
früheren 2eben«beruf wieber ergreifen wollte, fanb fi<$, bag ba*
©elbftgcfüljl, ba« er früher befeffen unb ba« tytt jum öffentlichen
Auftreten befähigt fyatte, ifjm gänjlid) fehlte: er mufjte einen an*
bern £eben«beruf ergreifen. £)ie falfd)e ®cifte«funbe ber $er$te
ift ^eutjutage faft allgemein bie, baß bie (Mfte«tfyätigfetten au«
ben äujjeren @inne«tt)ätigfeiten abgeleitet werben. 2öa« bet
9)cenfd?, meint man, fic^t unb tyört unb riedt)t unb fömeeft unb
taftet, bie« 2llle«, inbem e« in ben (Steift aufgenommen unb in
tym »erarbeitet wirb, madt)t sulefet ben ®eift in feinen ber*
fötebenen £$ätigfeiten au«, ©enn bafyer nadt) einer ©efjirn*
oerlefcimg ber 9Kenfö no$ fieljt unb Ijört, no$ fpridt»t unb lieft
unb f treibt :c., fo ift man bereit ju fliegen, ba§ er nodt) alle
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■Jlntbroüoloaie unb ^brencfoaic 4X7
feine geiftigen ^ä^iglcitcn tote früher befifce. 9£ein, \\\ einet
folgen Prüfung gehört bor allem bie ftetttltttif aller ber »et*
fdnebenen im (Reifte borl)anbenen Gräfte.
m% haben hier ben £uftanb ber $ehirnfehre in bet V^fio*
logie an einigen SBeifpieten gefchilbert. SRtcmanb möd;te beftreiten,
and; bie %tytyfto(ogcn felbft nicht, baj? biefer 3uffcm*> ein wirf lieh
grauenhafter ift. Statu un« bar)er — um bat)in $urücf}ufei)ren,
ben wo mir ausgegangen finb — ba8 Verhalten ber s2lntfyro*
pologen gegenüber ber ®etütitfeljre rät^fetl)aft ober fct)tt>cr er*
Kärlich fct)ien, fo werben mir jefct baä fttäthfel jur genüge auf*
geflärt finben. ^ic 2lntt)ropologen wagten barum feinen ©ct)ritt
in bie ®ehirnlehrc ju thun, weil ihnen bor ber argen ginfter*
nifc barin graute.
2llö ich bie oorfteljenben ©lätter (II.) einem ftreunbe bor*
legte, wie tet) mit meinen Sadjen bor bem £rucf ju ttum pflege,
meinte er, tet) \}abc barin ben £on berfet)lt; meine Slbfid^t fei
bod), bie SDfänner ber 2öiffen[d;aft für mid; ober für bie $hrcn0:s
logie ju gewinnen: bie« werbe ict) aber burch bie rücfftchtSlofe
2lrt, wie ich mich gegen fie aufcfpredje, fchtoerlicb erreichen: bie
SWänner, bie eine fo h»he Stellung in ber Sötffenfchaft unb in
ber öffentlichen Slnerfennung einnähmen, würben fich burch meinen
Xabel oerlefet fühlen unb baher auch bon bem 2Bat)ren, ba$
meine $)arftellung unzweifelhaft enthalte, fich abwenben. <So un*
gefähr bie Söorte meine« ftreunbeS, bie mich nicht überzeugen
tonnten. £>ie Männer ber SBtffcnfchaft fyahen bisher ohne alle
^Berechtigung bie ^^renclogie gefchmäht unb geahnt, ohne fich
babei um ben £on ihrer Sorte ju rummern: unb wenn ich
jefet'mit bottftem föecbte unb pflichtgemäß btefem ^Benehmen ent*
gegentrete, fo folfte ich ängftüch meine Söorte abwägen müffen?
(Sin 3Wann, ber, wie ich, f«™ &ben lang für bie ©ahrheit ge«
fämpft unb gelitten, foll iefct, nahe am <£nbe feiner Sage, nicht
einmal bie Sattheit ganj unb ungefdnninft fagen bürfen? Unb
nur bie halbe, bie gefchminfte' Wahrheit fänbe ®et)&r bei ben
Männern ber SöiffenfthaftV 9iein,Aid) bente beffer bon ber großen
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488
anipropcicflie unc vprcncicgic.
TOe^rsa^l tiefer 2flänner. Einige wenige unter ihnen finb freiließ
für immer für t>ie ^brenologie oerloren, tte, wclcbe, wie j. 39.
£tjrtl, 39o(f, Vueae, fiefy an ber Phrenologie vergangen traben unb
bafür angemeffen befrraft worben finb. Einige wenige aueb meßten
oielleuty meinen fo ober anber« geftellten ©orten 511 Vieb ober
ju £eib ber Phrenologie fic$ freunblicfy ^uwenben ober beleibigt
ftd) con ihr abwenben. Sludj an ihnen wäre ni<$t« oerloren.
Slber weitau« bie große ÜWefyrjal^ wirb gewiß in ihrem $hun unb
Vaffen nur allein bureb ba« Streben naefy ©ahrheit geleitet. £ie
große unb einji^c ftrage ift: foll unb mn& bie Senologie enb*
lieh geprüft werben ober nicht? ©enn bie SKänner ber Riffen*
fcr>aft burety ba« tiefen meine« Söuctye« bie Ueberjeugung gewinnen,
bafe biefc grage $u bejahen ift, werben fie bann *o$l, ehe fic
naefy ihrer Uebcrjeugung hobeln, nach bem mehr ober weniger
unterwürfigen Xon meiner Sorte fragen? Sftein, wenn biefer
£en ber ber © a h r h e i t ift , fo werben ihn alle für ben richtigen
erfennen. 3ch felbft bin mir bewußt, ba§ icfy Dcwmanben oerlefcen
wollte unb icfy t>offc auch, baß ^ciemanb fic$ oon mir oerlefct fühlt,
©a« ich immer jagte unb wie iety c« fagte, ging nur au« meiner
rein fachlichen Slnfcbauitng unb meinem ©ahrhett«gefühl tyertor.
9lm Ijärteften $. 39. fyaben wohl meine ©orte l'ubmig getroffen,
aber id? glaube unb Iwffe, baß fie iljn nicht gefc^mergt Jjaben.
©enn er mir jufällig in ber ©efeüf^aft begegnete, fo würbe er,
benfe ich, al« echter SWann bet ©iffenfebaft ftolj auf feine
grofjen 55erbienfte in feinem ©iffen«felbe, bie $)tnge fo nehmen
wie fie finb, er würbe mir bie £>anb reiben unb in <S<$er$
unb Crrnft fprectyen: „£>te .... Schweren ßther! benn stieben«*
würbiger" fann tc$ nic^t fagen, ba Sie über alle äRaften uw
lieben«würtig finb. SIber i$ fann Sljnen trofcbem nicht bffe
fein, ba au« Slllem beroorgeht, baß e« 3^nen, fo wie un« allen,
nur um bie ©ahrheit gu thun ift. 3cb mu§ $ugeftehcn, at«
i$ auf ba« Gebiet ber ®elnrnlehre hinau«gerieth , habe
ich ein wenig gefd^lafen unb etwa« Unfinn gefchwafct; Sie tyaben
mich aufgeweeft unb aufgeflärt: id> mu§ tynm für $h* 33u<h,
weldje« gut ift unb feinen 3wecf erfüllt, meinen Danf au«fprechen.
3a! ja! ja! bie Senologie muß geprüft werben, ich ftimme ju,
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9lntl>ropol©flte unb %tyrenologie.
489
unb gemifc aud> bie Ruberen; ich werbe babei mithelfen. Söie
fchön, wenn wir eine ®ehirntehre befämen, wenn ba 2ag würbe,
wo fo tiefe Wacht war!"
III.
(£irfd?felb über foii^ct^ Nerven unb (Äclnrufeljrc.)
1.
ffia« vor 3ahrcn Bürbach im« ju geben bemüht war, ba«
hat feinen Vanb«lctitcn gonget in feinem Scrf über Anatomie
unb ^fiofoiiie be« Uferoenfoftem« 51t liefern gefuebt: eine 3u*
fammenftellung alte« beffen, loa« bi« bahin 28it|cn«mcrthe« über
ben Söau unb bie Verrichtungen be« Weroenfhftem« ermittelt
Werben ift. $öir benu^en Vonget'« 3Öerf, um ba« Verhältnis, in
welchem bic ftorfchungen ber sßfytyfiologic 311 ben Grntbccfnngen ber
Phrenologie ftehen, be« 9iä^eren 311 beleuchten.
3>te erfte 33 i ( b u n g be« Weroenfhftem« get)t in jebem fetner
Steile felbftftänbig unb unabhängig oon ben 9cacfybartfyeilen ober
oon einem gemeinfamen SOftttetyunft bor fidt> ; bie IDfittelpunfte
be« Weroenfhftem«, Wücfcnmarf unb Gehirn, bilben fieb oielmehr
erft au«, naebbem in ben einzelnen Organen (Äörpertl? eilen ober
^liebem) ba« SBorfjanbenfeiu ber Heroen fct)on beftimmt fjat wahr-
genommen werben fönnen. £ie Surjelfafern ber Heroen werben
in ben Organen gleich mit biefen felber fichtbar; ber <§elmero
»erlängert fieb erft nach unb nacb $um ©ehirn (In :c. 3eber
Xtyii be« ©Aftern«, jeber 9?ero, erfcheint fo fct)on in feiner
bnng al« ein Unabhängige«, für fich felbft ©eftehenbe«, wa« mit
einem gemeinfamen «Stamm in Verbinbung • tritt , unb burd;
biefen gut Harmonie be« SBtrfen«, jur ©nhett oerfnüpft wirb.
2.
üDte <#rc%nentmicflung be« Gehirn« folgt ganj anberen
®efefcen, al« bie be« übrigen sJceroenfhftem«. Die Heroen be«
Rumpfe« unb feiner einzelnen Organe entwicfeln fich beim 2)Jen-
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490 Anthropologie unb ^renologic
fc^en unb bei allen üBirbcU^teren in größerer ober geringerer
Stärfe, je nach ber Starte ber ^cerbentraft in bcn
' Organen. Gin längerer nnb ftärferer ftörpcrmit mehr £aut
nnb tWuSfelfläche — ber Körper einer Giraffe, eines SöallfifcheS,
einer föicfcnfd?langc — erforbcrt länger gebeulte Serben nnb ein
längeres nnb ftärfcreS föücfenmarf, als bie £(n'ere bon geringerer
(9röj?e nnb bon flcinercm Umfang. 5tubcrS beim (Gehirn. £>ie
(Sntwtcflung beffelben — im (Standen nnb in allen einzelnen
X^eilen gleich bon ben erften 2lnfdnoellungcn beffelben über bem
berlängerten Wücfenmarf an — $ctgt fid; gan$ unabhängig bon
ber ^ferbcnfraft beS ftbrpers ober einzelner feiner Steile: benn
cS finbet eine $erminberung ber (^eln'mmaffe je bei ben nieberen,
weniger intelligenten Spieren, unb eine 2*ermefyrung berfelben bei
ben ^ö^eren, intelligenteren bis jum Weltforen hinauf ftatt. 2)ie
Waffe ber .'palbfugeln inSbcfonbcre nimmt, t?emieberfteigenb bom
Wenfcben unb bcn Säugct^ieren 51t bcn SBögeln, Reptilien nnb
*vifchen, immer mefyr ab ; bie .ftalbhigeln oereinigen fich mehr unb *
mefyr mit ben (Ganglien ber geftreiften Ä'örper unb ber Se^ügel
\u einem gemeinfamcu Wanjen, einem $cfammtganglton, in wel-
chem es fcfyioer ffült, bie genannten einzelnen £ljcile noch genauer
oon einanber $u untertreiben. sJOiit ben ^e^ügeln incluftbe
aber erreicht biefe 2lbnalnnc ihre ®rcn$e. #wifd?en ben <Seh*
Ijügeln unb ben IMerfyügeln ift ein ©Reibung**
punft, über ben ^inau« abwärts bie 2J?affenabnatmie je tu ben
nieberen X^ieren im ($egentheil einer Zunahme ^(afe mad?t, b. i.
je mehr bon jenem ^ßunft aus aufwärts bie Xfyeile beS etgent*
liefen (Gehirns je in ben nieberen $öirbeltlncren an Waffe ab*
nehmen, befto mehr nehmen bon jenem ^unf t aus abwärts bie
-£t?eilc beS berlängerten 9fücfenmarfS an ®rbfcc ju. Söill
man bafyer baS berlängerte SRücfenmarf bom eigentlichen (Gehirn
Reiben, fo ift bereu ®ren$e jwifa>n ben SSierhügeln unb ben
Sehhügeln anzunehmen, nic^t wie man, phhftologifch nnb anato*
mifch ungenau, getrau hat, am Eintritt in bie SBarolSbrücfe, bicS
auch fd?on barum nicht, weil fidt» bie Sßarolsbrücfe nur bei ben
höheren ^XT^icrcCaffcn toorfinbet unb fomit für bie nieberen (Staffen
gar feine ®rcnjc abgeben fann. 3a) werbe bemgcmäjj, wo bon
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Hnt&ropologie Wrcnolegie. 491
einet Sonberung be« verlängerten töttefenmarf* vom eigentlichen
Gehirn bie Webe \ft, ferneren ben Slbfchnitt |intct ben $iet=
Mügeln nnb vor ben ©e^üßeln alö <&renje annehmen, jene alä
lefcte gangliöfe HnfchtoeHung be« föücfenmarfc, biefe al* erfteö —
ober richtiger vielmehr, n?ie fich ergeben tvirb, ebenfalls al«
lefcte« — (Ganglion beS ®ehirn« betrachtenb. Oberes Würfen*
marfSenbe, Behl« (Gehirn unb groj?e« (#ehim ftcKen fidt> auf biefe
Seife genau gerieben bar; in ben 33ierhügeln erfchetnt ba« obere
WücfenmarfSenbe al« tvahre« Grintgung«* unb SBerbmbungSgtieb
be« großen unb beö Keinen ®ehtni#, unb bie ganje 9lnfchauung unb
Deutung ber betreffenben #irngebilbe erhält eine einfachere ®runb^
tage. £>a« Wütfenmarf unb fein obere« (Ganglion, bie SMerhügel,
nehmen alfo an verhältnismäßiger ®re§e ju, fo tote ba« eigent*
tiche ©ehirn in ber ^ierreihe abnimmt unb einfacher tvirb. 3e
höher anbrerfett« bie geiftige ®tufc, auf melier ba$ ($cfchövf
fteht, um fo viclfeitigcr unb beträchtlicher merben bie (ftebilbe bc«
(Gehirn«, welche ben vereinigten ^Jervenftämmcn be« ganjen mate*
riellen Organismus entgegentreten, um fich mit ihnen auf viel-
fache Seife ju freuten, $u verflechten unb ju vertveben. £)tet
haben nur als veripherifche ©renje ber Nerven bie manmchfal'
tigften formen beS äußern Organismus, bort fchliefit fich ^
9iervenmaffe in fich felbft gerunbet ab; hier bilben materielle
Organe bie Umhüllung ber 9cervenenben , bort febeibet fich nut
bem höhereu geiftigen ßeben bie Umhüllung ber fügelchenförmtgen
grauen <5ubftan$ von bem ftrahligen meinen (heftige; fyex ift
2Bacf;>«thum nach 9tfa§gabe ber förderlichen, bort nach Maßgabe
ber geiftigen ^h^tigfett ; hier ein 5lufftrahlen $um (^ehitn
cm Vor, bort, fobalb bie homogene 3)?affe fich beutticher in Sftarf«
unb 9cinbenfubftanj gefchieben, ein lieber ftrahlen ber
toeifcen Däfern au« allen fünften ber grauen ©ftl*
bung ben törvernerven entgegen.
3.
3u ber Sinnahme tiefer tefctem 2lnfchauung«toetfe im ®egem
fafc ju ber bis jefct gebräuchlichen ber fächerförmigen 21 u S ftrahlung
beS verlängerten WücfcnmarfS in baS Gehirn fyalte ich wich aufcer
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492 «ntljrepolcgie unb Wrcnelcflic.
burch Rubere« fcbon burcb bie Sfyatfacbe berechtigt, bafe t>ie ein-
feinen iNerbenftrafjlen an tytem peripMfchen (Snbe Weber ftärfer
finb, al« an tyrem centralen, nocb an jenem burch eine
befonbere niMfcben typten angehäufte, nach beni SRücfenmarf $u
wegfallenbc SOtaffc ton etnanber getrennt finb. Vielmehr ficht
man in ber ^cripfyeric bc« (Gehirn« Strahl an ©trafyl bon glcict)*
mäßiger ©tä'rfc fief; einem gemcinfcbaftlichen sJWittelpuntt $uwenben,
nnb ba bei weiterer Annäherung an bcnfelben bie strahlen felber
fich nicht bitter lagern, wofyl aber bie (Mefammtmaffe ber weiften
©ubftanj, welcbe bnrd) ftc |ufatnmengefefct wirb, fo bleibt nicht«
anbere« übrig, al« anf eine ober anbere ^eife ein ^nfammen-
treten ber Straelen ber Peripherie, eine Bereinigung mehrerer
$u einem eingeben im Verfolg ir>rer AnnälKrung an bie <5cntra(=
[teile anjuerfennen. Bei fächerf&rmigcr ?lu«ftraljlung ift c« anber«:
ba legt fich gwtfchett bie einzelnen (Straelen ein trenneube« 9We=
binm, welcbe« nm fo breiter wirb, je mefyr jene aueetttattber*
gefyen: ^ier aber beftefyt ba« $Jebium felbft in Straelen, welcbe
alfo an ber Peripherie einen Ucberfdmfc im Vergleich 51t ben am
2Jcittclpunft gelagerten bilben. ((Statt) ähnlich fo ift aueb bie
Strahlenmaffe ber ftörpernerben an ihrem peripherischen <5nbe,
wenn wir fie l)icr $ufammengefafet beuten, fetjr biel größer, al«
an ihrem centralen Qrnbe, wo fie fieb al« obere« 9?ücfenmarf«enbe
mit bem (Swljirn bereinigen. £iefc ^ier au«gcfprochene, ber
gewöhnlichen entgegengefefcte $(nfchanung«weifc ber Strahlung in
ben ^atbfugeln, in ben geftreiften Körpern nnb ben Sehfyügeln
ift infofern für bie richtige Grrfenntnif; be« Werbenleben« ben
Söichttgfeit , al« fie bon bornfyerein ben ®egenfafc nnb ba« Jtt«
fammentreten unb Berfdnnel^en be« höheren geifttgeu Vcbcn« mit
bem ber materiellen äufjetti Organe auch ber ®eftaltung nad>
berfinnlicht , unb ich finbe mtd> um fo mebr beranlafit, fie fym
beftimmter fjert>or$uhcben , al« gerabe Gonget'« »r! einen fchla*
genoen 33ewei« liefert, wie eine irrtümliche ®runbibee in folgen
Beziehungen felbft ben nüchteruften ftorfet/er auf Abwege führen
unb feinen «lief für bie flare unb einfache Sluffaffung ber SBirf*
lichfeit berbunfeln tarnt.
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Anthropologie unb Phrenologie.
493
4.
Der ®runbgebanfe , nacfy einem einigen beftimmten iDättet-
vunft für bie gefammte im Organismus gn £ag fommenbe Nerven*
tfyätigfeit jucken ju muffen, jtefyt fiefy burefy gonget'« ganzes Söerf
lu'nourcfy; er ift e$, welcher ben itferfaffer ju ber Ueberjeugung
verleitet, „bafi ba« Stubimn be$ ßentralnervenfaftem« mefentlidj
in ber fteftftellung ber Bereinigungen (connexions) feiner
verfdu'ebenen Partien befteljen muß" (3. 148); er ift e$, melier
aud? in Saasen mie ber folgenbe feine geber geführt fyat. „(£ine
roabre s}$ln)fiologie be$ föütfenmarfä, alä Deiters ber ^Bewegungen
. unb Grmvfinbungen, erfdjeint un« als unerläßliche ®runblage*be8
StubiumS für einen 3eben, welker anatomtfcfye, p^fiologifd^e
unb felbft vatfyologifcf;e ftorfdmngen über baS <$e$irn aufteilen
null. Denn Dom anatomifetyen Stanbvunft au« tonnen mir nic^t
anberS als baS Wufenmarf als ein Organ betrauten, beffen ver<
fdn'ebene Strange in bie ®elnrnganglien verlaufen, unb menu
mir als bemiefen annehmen, baß bie Hinteren föücfenmarfsftränge
btt (Jmpfinbungen, bie vorberen bie ^Bewegungen vermitteln, folltc
es niebt vernünftig fein anzunehmen, baß man, inbem man ein*
jetu bie (Stränge bes 9?ücfenmarfS in baS (Gehirn verfolgt, baß
(Seilt tum au ff in ben müßte, von bem bie ^Bewegung
ausgebt, unb eben fo ben ^unft ber ®eiftc«tljättgfcit
(%er ölaborateur), in meinem bie (impf inbungen $u*
fammenlaufen? So formulirt fßnntc unfer aufgehelltes
v^fiologifd^e« Problem fi$ leicht in eine &rage ber befchreibenbeu
Anatomie aufaulöfen fo^einen, bie burch eine gefetyiefte £anb
früher ober f Väter eine befriebigenbe Vöfung fänbe. Otyne bie
9W5glicfyfett eine« fo großen SKefultatS leugnen $u
m ollen, fo liegen boä) nach unferem Dafürhalten ®rünbe vor,
welche bie Scbwierigfetten befouberS ju vergrößern fc^einen" u.f.m.
Die 3J^glict;feit, baß jeber X^cil beS 9fervenftyftemS ein für
fich beftehenbeS, ein $u feiner ihm befouberS oblicgenben 35er*
riebtung fich felber ®enügenbeS fei, nur mit ben übrigen Steilen
bcffelben WervenfhftemS $u gemeinfamen ^armonifa)en Steuerungen
nähere ober entferntere, mehr unmittelbare ober mer>r mittelbare
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494
SIntbrofcefogic unb <ß&reno{o$ie.
SBerbinbungen eingehenb, bleibt Songet t>Btüg fern. $)er "p^reno*
logie mar e« aufbehalten, btefe 9)iöglichfeit in betreff be« ®e=
Inrn« al« Söirflichfeit nachjumeifen , unb je t>orurtheil«lofer toix
bie über bie Xhättgfeit«äu§erungen be« 9cert>enfhftem« gefammetten
reiben %f)at\atyn betrauten, um fo mehr brängt (ich bie Ueber*
Beugung auf, ba§ ba« gleite Gefefc ber Selbftftänbigfeit unb
Selbftgenügfamfeit auch in bem gefamtnten übrigen %)ceroenapparate
maltet, unb ba§ e$ baljer ein oergcblicheS Söemühen ift, nach
einem einzelnen 9)Jittelpunft ju fuchen, oon meinem alle Heroen*
traft auäftrahlt unb ,u meinem fie al« gu ihrem ftocuS* unb
SammlungSort jurüeffehrt.
5.
gaffen mir bie betreff enben Erfahrungen alle furj $u-
fammen. £rei 3:^atfac^en mögen hier neben einanber ftehen.
Einmal miffen toir, ba& gänjliche Zähmung, Gefühl3 unb $e*
mcgungSlofigfeit im untern Körper oon ben ftufefpifeen bi« an bie
Jpüfte hinan ftattfiuben fann, mährenb ber gefammte obere Mörper,
bie Geifteäthätigfeit, ba$ SlUnnen, bie ^emegung unb Empfinbung
ber Staat ungeftört in ihren Verrichtungen beharren. $lnbrerfeit$
fimnen bei nieberen unb bei ^Ö^cren £tneren beibe Gehirnhälften
meggenommen merben, olme bafc bie Äraft ber ©emegung, ohne
ba§ baä Siemen baburch beeinträchtigt mirb. 3a, Dr. «öa^er
erfuhr 1830, baß ein ^inb, bei welchem bie (Snthirnung »orge*
nommen morben, bergeftalt, bafe beibe Scheitelbeine jerbrochen
unb bie @chäbelh&hle oöllig entleert morben mar, bret Minuten
nach ber Geburt au« ber Sermette, in melche e$ gehüllt lag,
einen beutlichen Schrei oernehmen lieft unb beim Deffnen ber Um*
hüüung ben erftaunten S3ticfen bie drrfcheinung eine« ^itittofen
Bßtuö barbot, melcher athmete unb £)änbe unb &ü§e bemegte.
$)a« Scbreien unb bie übrigen Öeben«jeichen bauerten mehrere
Minuten lang fort.
£ier faben mir alfo ba$ gehlen ganjer groger Heroen*
maffen bei ftortbauer ber eigentümlichen Stbätigfeit anberer;
bort Unthätigfeit ber unteren XtyiU be« ftütf enmarf«, bei unge<
ftörter gortoaner feiner oberen Functionen. 9hir menn mir, —
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BntbroMoflie unb ^renoloflie.
495
unb bie« ift unfere brittc mistige Xljatfactye, — bem fünfte
berlefeenb nafyc fommen, too in ber oberen §al«gegenb btc ba«
Sühnten bermittetnben Nervi vagi oon beiben Seiten fi$ im föücfem
mar! 31t einem gemeinfamen (Sfanjcn berbinben, ftoeft ptöfetieb
Sltljcm unb Veben, unb mit bem augenblicflicty eintretenben £obe
fyört oberhalb wie unterhalb jener ©teile iebe $en>egung, jebe
Xfyättgfeitdäufeerung auf. £rägt man g. bei einem jungen
£mnbc nad? unD nat$ £>wmfrtären be« ®etjivn«, bie ge-
ftreiften $orber, bie Sefyfyügel, $Merl)tigcl, ba« Heine ®efnru unb
bie itfarot«brücfe ab, leert mit Einern Seite faft bie ganje
^cbäDeUjityle au«, fo gcljt boefy bei unberfefctem föücfenmarf ber
?ltfmumg«proceB mit großer föegelmäjitgfeit bor fiefy. Sobalb man
aber mittetft freier Ouerfcfynttte bie «eine Portion be« dürfen*
marf« fortnimmt, toelctye ben @ingang«punft be« Nervus vagus,
fammt einigen 2Bur$eln be« Sptralnerb« umfaßt, fo Ijören
augenblicflicty alle 2ftljmung«ben)egungen auf unb ba« £fyier ftirbt
an (frftief ung. "
• föeidjen aber bie brei fner jufammengefteUten Xljatfad)en
niebt üoüfommen Inn, barjutfyun, bafe im ®ebirn, im obern £fyeil,
im untern £fyetl be« Wücfenmarf« ein burcfyau« felbftftäubige«
Veben unb Sfyätigfein borljanben ift? bafe, fo lange überhaupt
oou einem belebten Organt«mu« bie $ebe fein fann, jeber biefer
^ierbentfjeile gur ^öef^affuug ber tym eigenen Obliegenheiten
fid> f elber genügt, unb nur infotoeit mit ben anberen in Ü>er-
binbung fteljt, a(« ber £inflang, ba« notfymcnbige gufammen*
roirfen be« ganzen einigen unb ungeteilten Organi«mu« e«
erf orbert V
9tfag e« geftattet fein, ein Söilb au« bem 2)iafrofo«mu« $u
toäfylen, um eine anbere ^luficbt über tiefe ütferfyältmffe im üftifro*
fo«mu« be« tl;ierifd;en ^crbenlcben« ju berfinnlirten. 33ergleid>t
boa) Sofy. Füller bie (Sinflüffe, n>eld;e bom (fteljirn au« ben
©en>egung«nerben Ujren 3mpul« mitteilen, ben Xaften eine«
(ilabier«, bei bereu nafye an einanber Siegen leidet umoillfürlid»
bie eine mit ber anbem berührt mirb. (5« ift aber mit ber
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ftnt&ropoloaie unb ^brenoloflie.
^ieroenleitung be« SHücfenmarf« n>tc mit einet koppelten 23afyn*
linie, tun« unb jurürfftratylenb au« entfernten Steilen be« SReicfyö
naefy bem 9ftittelpunfte , ber großen £auptftabt (bem ©efytrn).
2(uf ber einen Söafnt gelten bie ®üter unb Sagen §tn (53e*
n>egung«neroen), auf ber anbem fahren fie fyer «5mpftnbung«=
nerben). ^öatmljöfe finb oon Station gu Station (in alten
Xfyeilen be« föütfenmarf«, in ben Ganglien). Suf biefen tauften,
freuten fiefy bie (Steife, fließen Seitenarme ein unb au«, unb
bringen, fyolen Saaren nad> unb bon ber $auptfrabt. 3n ber
£)auptftabt großem 38aljnfyof (bem oerlängerten fönefenmarf) ift
bie« . Xaufc^en unb tonnen ber Valuten , iljr SBermefyren na$
allen Seiten bielfad) ftarf, um alt ben anfommenben Sagen unb
Labungen tyren SRaum }ii geben. Die Sege ber §auptftabt
grenjen oon allen Seiten an ben Söatntfyof unb bringen in tyn
ein (3ufammenftra^len aüer ®ef}irnorgane in bem oerlängerten
töücfenmarf), bamit au« ben einzelnen (Waffen unb Käufern naa>
bem Stilen ber ©etoolnier 2llle« \af$ jut prberung burdj'«
SHeid; gelangen fönne. Sofyl ift t)ier jeber einzelne Äauf^err, jeber
Beamte, Sftintfter unb ftürft im Staube, bie gange ©abnftretfe
ju feinen ßwefen gu benu^en ; bod) fann ber ißerfefyr nid^t minber
in jeber einzelnen Slbtfyeilung ber iöalm oon Statten gefyen, oljne
baß ftet« ber eingebe ©emolmer ber £>auptftabt, ja oljne baß
ftet« bereu £errfd?er barum ju toiffen, baran £(jeil gu nehmen
brauet. 3ft In'nter irgenb einer Station bie fortleitenbe $3alm
burcbfdmitten , fo toerben oon ber £auptftabt au« feine Strand
porte meljr auf biefetbe gelangen tonnen, toenngleicfy bie £fyän>
teit auf ber abgefcfynittenen Söalmftrecfe no# naefy Maßgabe bet
:ftafyTung«quellen , meiere biefclbe befifct, fortbauem fann. 3ft
eine guleitenbe ©aljn burcfyfcfynitten , fo gelangen teine Saaren
oon ben getrennten Xfyetlen mcfyr gur §auptftabt, allein oberhalb
ber £)urcfyfdmitt«ftelle fönnen bie Saaren fdjon auf ber nä$ft*
gelegenen Station tfyrc Söefikberung mieber in« 9?eid? hinein*
befommen. So erregt ber burcfyfdmittene 33en>egung«nerb , an
feiner peripl)erifc$en Dur#fdmitt«fläcfye gereigt, noety 3ucfungen
ber betreffenben 9ttu«feln, rocnngleicty er bem Sitten, bem (Selnrn,
ntebt mefyr unterworfen ift, ber bürden ittene (Smpfinbung«nero,
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Anthropologie nnb «ßbrenologie. 497
an feinem centralen (5nbc geregt, erregt neben ber Ghnpfinbung
gleichfalls 2)hi«feljwcfen, ofme bafc für biefe« eine §in* unb 3u«
rücfftrahlung $um entfernten $eln'rn anzunehmen notbwenbig ift.
3n ber Xfyat möchte lfm ba« (Gehirn, wie in unferm ®(eidnrtffe
bie £>auptftabt, völlig festen nnb bennoch mürben bie gleichen
Wefultate erfolgen f&nnen. 9ln ber ©teile, wo viele ©citenarme
in bie Söafynen etnmünben, werben ihre 9(nfchwellungen , Ü;re
©atnt^efe, größer fein, nnb liegen fie nahe jufammen, fi<h felbft
faft jn einem fortgefefcten vereinigen (Ütttcfenmarf). £>a« i'eben
in ben einzelnen 23ahn$weigen ift überall ein für fich felbft be*
ftehenbe«, in ben verriebenen Stationen ju einem Verhältnis
mäßig unabhängigen ®an$en abgesoffene«, e« ift Weber allein
burch bie £)auptftabt bebingt, noch unmittelbar von berfelben au«*
gehenb; e« ift vielmehr in jebem einzelnen fünfte an bie Söahn
felber gefnüpft unb von beren Integrität abhängig. @o ift'«
auch mit ben einzelnen Herten, Gr« fönnen it)re äujjerften peri*
Pherifchen Gruben abgeftorben fein, unb weiter bem Üiücfen'marf ju
jeigt ber ©tamm noch <£mpfinblichfeit. SBom ftücfenmarf getrennt
fann ber Sttervenftamm burch längere <5inwirfung eine* föeije«
gegen benfelben fich abftumpfen nnb feine 9flu«felbewegungen mehr
hervorrufen, toätyrenb berfelbe SReij etwa« weiter gegen bie ^ßeri*
pherte fyn angebracht, biefe wieber auf« 9ieue anfaßt. „£>ie
£>i£e unb bie $älte fönnen 9)ht«felbewegungen hcTborrufen : biefe
finb fehr lebhaft, wenn man ba« freie Grnbe eine« eben burd^
fchmttenen 39ewegung«nerv« ber flamme einer Äerje au«fefct.
$)urch Berührung mit einem ©tücfchen <Si« erlangt man weniger
entfetyiebene föefultate. Uebrigen« fann bie §ifce unb bie $älte,
fo angewenbet, wie methanifche ober chemifche 9tei$mtttel wirfen,
inbem fie balb örtlich bie Sftervenfraft jerftört; reijt man aber
ben Heroen gwifchen bem gebrannten ober erfälteten ^unft unb
ben 9ttu«feln, fo jetgt er fich noch teilbar unb bewirft 3ucfnngen."
(©. 56.) ©ebarf e« noch fchlagenbern SSeweifc«, baj? auch ber
einzelne 9ßerv nicht blo« donbuetor, fonbern in feiner unb
für feine ©pfjäre auch felbftthätig ift? ÜDer vom ®ehirn au«*
gehenbc unb au«gcfenbete Sitte ift allerbing« im gefunben £eben«*
juftanbe fein natürlicher ^r)ätigfett«rcij ; allein im franfen 3lli
Sdjeöe, $ljrenoloflifd)e »Übet. 3. «ufl. 32
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498 Anthropologie nnfc Phrenologie.
ftanbe fönnen ohne, ja ttofc beS Sitten* butch abnorme orga-
nif<$e — , nach feinet Xtennung felbft butch »tele anbete mec^a-
mfcfye, chemifche nnb eleftttfche föeije bie oon ihm abhängigen
äußeren Crrfchetnungcn hervorgerufen merben. fBäre im gefunben
>$uftanbe eine anbete SReijftaft als bie beS Hillen« fut bie
(SHiebetbetoegungen oorhanben, fo mürben biefe, tote bie oon jenem
unabhängigeren SUhmungSbetoegungen, auch &w Trennung
be« SKücfenmarfS noch fottbeftehen.
7.
£ietmit finbet auch bie ftrage ihre Vöfung, ob rotr ben <5tfc
bet Seelenthättgfettcn allein im ®ehitn ober burch ben ganjen
DtganiSmu« oetbtettet anzunehmen haben. 2Bir haben bie beiben
HuSbrücfe: ©etft unb <Seele; beibe bettachtet man, fo lange baS
tfeben bauert, an ben irbifchen $örpet gebunben, unb bebient fich
bei einen unb bet anbetn Bezeichnung ohne beftimmten Unter*
fchieb. ^Öie bei otelen anbeten Bezeichnungen, toelchc fich auf
bie £hätigfett$äufjetungen be$ ^tetoenlebenS begehen, mußte erft
eine richtige p^^fiotogifc^e (frfenntnij? ootangeljen, um benfetben
bie etfotbetliche ©enauigfeit ju geben, kennen mir «Seele baS
Unbefannte, weiche« fich im gangen $ötper, in ben 2leujje*
tungen beS gangen 9ietoenfhftemS oom Gehirn bis in bie äujjerften
Meroenjroeige ju erfennen giebt; ®eift ba« unferen (Sinnen in
feinet Sefenhcit ebenfo Unetteichbate, infofetn e$ butch bie aus*
fchlieflichete 33ermittelung be« ®ehttn« in bie Grrfcheinung
tritt. £>ie «Seele, als baS Umfaffenbete , loolmt in bem ganjen
Äßtpet, an jebe sJietoenfafet als ihren £täget gebunben unb $u*
nächft mit unb in betfelben lebenb unb toebenb. ©ie ttägt ebenfo
alle geiftige £hä*igfeit, hrie fie bie 2;hätig!eit in ben förderlichen
Dtganen otbnet unb leitet. Det Ocift hingegen ift ausfchliejjlich
butch bie gtofce ^etoenmaffe bes ©efn'rnS oermtttelt, meines fein
alleiniget forderlich« Präger unb «ermittler ift. Ü)ie (Seele
mohnt übetall im tetpet, ber ®cift nur im ®ehirn. (Sin Äotpet
lebt, fo lange in ihm Sltlmten unb (£tna'htung fortbefteht; befeelt
bleibt er auch ol;ue £hatigfeitsäufcetungen beS ®ehimorganS ;
bet ®eift abet äujjett fich auSfchltejjüch butch biefeS, etftanft unb
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$lnt^ropo(ogie unb ^f^renologie. 499
gcfnnbet mit iljm, mirft burcfy beffen SBerbinbungen mit bcm
übrigen Organismus auf biefen ein, unb mirb auf bem gleiten
SBerbtnbungSmege feinerfett« mieber bielfacty bon bem Körper unb
ftftpequft&nben befttmmt. (Sie ba« ®etyim ber ebetfte Xtjetl,
glei^fam bie #lütye be$ t&rperS, fo ift ber ®eift, ba$ befugte
hieben, gtetcfyfam bie Sölütlje ber Seele, be8 unbemujjten Sebent.)
$)a$ ®elurn, ber Sofntftfc be$ Reifte«, ift bie £auptftabt in
unferm ®feic§uiffe, auf meiere bie gange Söaljnlä'nge ftcfy ate
Ujren 9J?ittelpunrt begießt, bon bem iljr in ber töegel alle 3m*
puffe ber £ljätigfeit gufommen; bie Seele umfaßt ba$ gange
l'eben ber Söaljn, in ber $auptftabt, toie in allen i^ren $ro*
»ingen. @« berftefyt fi$ übrigen«, bafj fyier, toie überall, mo
n>ir oom ©eifte ober ber Seele fprectyen, nur bie ®efammtyeit
ber ^leufeerungen in biefer <£rbeumelt, melcfye mit ienen Sorten
begeicfynet »erben, gu berfteljen ift. £)er oom Körper getrennte
®etft, bie bon iljrer irbifcfyen $ttttc entfeffclte «Seele gehört nid?t
meljr in ben 3erei$ toeber ber ^(jtyftotogie im Allgemeinen, nod?
ber Phrenologie inSbefonbere.
8.
£>urch unmittelbare Beobachtung, bafc ber Seljuero in bie
2ttitte be$ Augapfel« einbringt unb bafe ba« Auge gum Se^en
bient, gelangen mir gu bem Schliefe , bag burcty ben Sefmeroen
ba« Se^en oermittelt unb bebingt ift; mir finben, baß im SBer*
fyältnijj gu ber Seßhaft be< 9lerb ftärfer mirb unb abnimmt,
unb baß er bei mangelnber fSefyfraft beä einen ober be$ anbern
2luge$ entfprec^enb fchnunbe}. £)a biefe 35er^altnt||e ftets auf
bie gleite Seife fid^ ftellen/ fo bleibt intft über bie ©eftimmung
be$ Sefyneroen oernünftiger Seife fein ^toeifel me^r übrig.
£)affelbe gilt bom ®ehör= unb föiechneroen, bon ben BetoegungS*
unb <£mpfmbung«nerben. Auch hier ift es bie unmittelbare 93er-
gleic^ung ber äujjeren (5rfö)einungen mit bem ^ugegenfein unb
bem 3uftanbe beftimmter ^eroenfafem, meiere uns gu bem
Schluffe beS SöebingtfeinS ber einen burch bie anbere berechtigt.
£)ie Verfolgung beS Bufammenhange« ber 2terbenfaf ern , morauf
Vonget fo borgugsmeife meint ®emicht legen gu muffen, mürbe
32'
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500
am roenigften barauf geführt faUn, baj? e« gefonberte Herten
ber <£mpfmbung unb ber ©emegung gebe, ba beibe in berfclbcn
Scheibe berlaufen. ätfancbmal ift e«, mie beim Selmerb, junä^ft
bie Sage, welche un« auf bie Beftimmung fetner Verrichtung
hinführt; manchmal ba« ftetige (ftröfentterhältnifc einer 9lerben^
partie ju beftimmten ttorherrfchenben Grrfcheinungen , mie beim
C&ehirn unb feiner Beziehung 31t ber Ijöfyem getftigen X^ätigfeit;
manchmal cimlich, mie bei ben t>eTbcren unb Hinteren Strängen
be« töücfcnmarf« unb beren Bewegung«* unb @mpfinbung«ber*
mtttelung, gerabeju ber SBerfuch eine« auf ben iRerb angebrachten
9?cijc« unb bie Beobachtung ton beffen ©irfung. Kleber biefer
ßrfenntnifcwege ^at feine eigentümliche Berechtigung, unb ben
welcher (Seite mir auch Wahrheit juerft nahe treten: mir
bürfen fie al« erreicht anfehen, fobalb mir ohne ftttftnaffltc
auf bem einen 3Bege ju ihr gelangen, menn gleich ^ic übrigen
3öege noch niefet bi« ju ihr haben berfolgt merben fönnen ober
bielleicht in bem befonbem ftatle fich burch unfere menfchlichen
Gräfte gar nicht bi« fyin Su ty* berfolgen (äffen. $Bir mögen
bie berechnete $öhe eine« Sturme«, bie berechnete ®efchwinbig*
feit einer tugel burch ben finnlichen Söerfuch be« unmittelbaren
aReffen* beftätigen: bei bem ßrmeffen ber unb ber Bemc^
gung ber Sterne finb unfere Sinne nie im (Staube, burch tyxe
äftafcftäbe bie @rgebniffc be« jufammenftellenben Verftanbe« ju
bewahrheiten — unb boch finb mir zufolge ber Statur unferer
geiftigen Vermögen jur Sinnahme ber (Mtigfeit ber bon ben
Slftronomen ermittelten Wahrheiten nicht minber berechtigt, al«
;,ur Sinnahme ber Xfyatfatym, welche notlngenfall« auch n<>(%
mittelft unferer p^^fifc^en (Gegenwart fich als folche nachmeifen
(äffen. Sluf ähnliche Seife geigen fich bie höheren <Sinne«neroen
be« Sluge«, Ohre« u. f. w. gegen mechanifche unb eleftrifche töei$e
bollfommen unempfinblidh unb burch ben unmittelbaren SBerfucb
mit biefen mürben mir niemal« bahin gefommen fein, beren 3Scr=
Tötungen $u erfennen, mie bie« bei ben Serben ber Beroegung
unb (Jmpfinbung ftatt hat« dürfte aber Semanb mit $ug be*
haupten, unfere (£rfenntni§ bon ber Verrichtung be« Sehnerben
fei be*halb meniger beftimmt al« unfere (5r!enntni§ t>on ber $er*
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Hnt^ologte unb Wrenofogte.
501
ridjtung ber verriebenen sJiervenfafem, meiere ba« föücfenmarf
ausmalen? ®emig nidjt. Unb bcnnocfy mirb fo häufig im geben
einer neu ermittelten Söafyrfjeit bie Slnerfennung verweigert, weit
fie nic^t gcrabe auf bem 2öege juerft erreicht mürbe, ben 'man
ftcfy fetter für iljre Ghrforfdmng auägcmäfylt fyattc.
9.
®raue vgubftanj finbet fiefy überall gelagert, wo t>erfc^te-
' bene 9iervenf afern ber loei&en Subftanj auf einanber ftofcen unb
fid? |U gemeinfamer Söectyfelwirtung mit einanber vereinigen: fo
in ben (Ganglien ber vegetativen Nerven; in bem 9tüd enmarfe ;
beim äufammenftrablen von beffen vertriebenen «Strängen bem
®efyiru entgegen, im verlängerten Sßarfe, ben SMertyügeln, ber
Baroläbrücf e , — unb ebenfo anbererfeit« in ben Bereinigung«*
vunften ber <$eljirnfafern, ben- geftreiften Äörvem, ben «Se^ügeln
unb im ünnern be« fleinen (Scljirn«.
mir graue ©ubftanj gewahren, bürfen mir auefy auf
einen Littel* , Bereinigung«* unb 2lu«taufcfyung«punft verhieben
gearteter 9ierveufräfte fd^liegcn , unb eine fyikbft bebcutung«volIe
(Srfdjeimmg ift e«, baß biefe Trägerin be« ^ityeren Seelenleben«
alö Umlagerung«maffe be« ganjen ®etyirn« gleidjfam bie eine
©ren&e unb jugleid; ben Urboben einer großen 3)fenge von Nerven*
faferh bilbet, mäfyrenb na$ ber anbern Seite In'n bie gefammten
vielgeftaltigen äujjeren (Mulbe be« £)rgani«mu« bie ^renje unb
ben Urboben einer äljnlicfyen SReilje von sJtervenf afern abgeben.
ü)urcfy bie Söinbungen, meldte ftcfy ajt ben <$eljirnen ber fyöljeren
£fyierctaffen vorftnben, wirb bie Sttenge ber grauen Subftanj,
meiere überall fi<$ in biefetben mit einfenft, auf eine Söetfe ver*
mefyrt, wie e« olnie unförmliche 2lu«befmung jene« Organ« fonft
ntdjt tyätte geföetyen fönnen, unb eine ftolge ber SBinbungen, bie
ft$ bei bem Sftenföen unb naety tym junä^ft bei bem (Sekanten
am entmiefettften jetgen, ift e«, ba§ mir ju bem 2lu«fvrim)e be=
redjtigt finb, bie graue STOaffe be« ®efnrn«" nefyne im Behält*
niffe ju feiner meinen mit ber auffteigenben £fyierreüje immer
mefjr ju unb erreiche beim 9)?enf$en ba« Ijöctyfte 9Äajj be«
Uebergemidjt«.
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<
502 »nt^ologie unb ^rcnologie.
Cr« ift eine p^t)fiofogifd)e Söahrhett, ba§ im föücfenmarf unb
ben mit ihm in Verbtnbung ftehenben 9cerbenftämmen bei aller
(Gleichheit in ber äußern (5rf*einung eine föeilje bon Wersen*
fafefn neben einanber belaufen, beren Verrichtungen fo bBüig
t>on einanber getrennt unb belieben finb, toie bie Begriffe be«
(JtmpfmbenS unb Bewegen« e« au«brü<fen. Sägt e« bei biefet
Betrachtung fich tvofyi für fehr mahrfcheinlich Ratten, ba§ bie un-
gleich ^(reicheren $fterbenfafern , meiere oon allen Seiten be«
(Gehirn« ben gafern ber Bewegung unb ber Crmpfinbung ent-
gegentraten, uur mit einer einzigen unb gleichartigen 93errich;
tung begabt fein follten? gonget ^at feine „ftunbamentalfragc"
getrenntet Bewegung«* unb (SmpfinbungSnerben im ®ehfrne ber*
geben« ju oerfolgen gefugt; „faum finb hier einige tinfang«*
fpuren für eine tf&fung!" $ein ©unber, benn im ®ehirne ift
eben nach etwa« Slnberem al« biefen Mo« animalifchen Perrich5
tungen $u fuchen.
9lach allen Seiten hin werben oon ben 9fäcf enmarf«fträngen unb
ihren einzelnen 2^he^en bie mannichfattigften SBerbinbungen ge=
fd;loffen: allein bie Crigenfchaften , meldte fie au«jeichneten, bie
$raft, unmittelbar Belegung unb Crmpfinbung herborjurufen, geht
berloren, fobalb wir mit ihnen an ba« eigentliche (Gehirn ge-
langen. 9ttit ben Schenfeln junt großen unb jum Heilten Gehirn
enbigt bie (Mtigfeit ber «eilten Vehren; bi« ju ihnen unb in
ben vorhergegangenen Äreuntngen unb Verbinbungen ber dürfen*
marf«bünbel untercinanber (äffen fie fich ^titdeoen auf bie be*
ftitrimteftc Söeife berfolgen. (Smpfinbung«- unb Bewegung«thätia/
feit fommt ^iet jum oollftiinbigften 9lu«taufch , fie fließen fich m*
einanber ab, unb ti>a« barüber hwau« liegt, bie gefammte Berbern
maffe be« Gehirn«, fteht mit ihnen nur infofem in 3ufammcns
hang, al« bie h&h^e <3Mfte«thätigfeit , al« ber SBilfe, bie £rtebe,
bie (Befühle unb ber Verftanb be« 3nbibibuum« auf Belegung
unb <5mt>finbuna; (Sinflufc üben. Sir erinnern noch einmal an
ba« (SHeichnife ber £auptftabt unb ber 8anbe«bahn. Verlängerte«
SRücfenmarf, ^hramtben, 33arol«brü<fe, SMerhügel mit ihren 25er*
binbung«maffen finb ber groge Bahnhof , in welchen alle Bahnen
be« SReich« eingehen, ber £>auptftabt ihre £ran«porte jutragenb
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2lnU)rol5otoflte unb ^renotogic.
503
unb ihre SBeftimmungcn bon biefcr empfangenb. $11« — oft
(eiber noch recht rohe — Öanbbauern unb ^robinjialen fmb wir
tfultibatoren ber SJßiffenfd^aft bt« in ben Bahnhof hineingelangt;
oon ber $aubtftabt wtffen wir aber nur im Mgemeinen, bafe fic
ba unb bafe fie groß unb mächtig ift. Unb Wollen Wir ihr ®e*
triebe, ihren Bau unb Sfiöefen näher erfennen, fo mttffen Wir eben
mit feineren «Sinnen unb «Sitten baran gehen. ÜDie grob mate*
riellcn Slnfchauungen unb Prüfungen, wie fic auf ben weiten
ftelbern im (Gebrauch finb, reiben hier nicht au«; mit plumper
Bauernweife ermatten mir !aum 3ntrttt in ben untergeorbneten
Greifen, unb bie 2lnf länge ber jarteren «Saiten werben fo niemale
oon inH erlaufet werben. SRut im frieblichen 3uftanbe weben
unb regen fid^ hier bie mannigfachen Gräfte ber h&hern menfeh* .
ticken Bilbung; nur in ihm finben fünfte, Söiffenf elften unb
alle« eblere Streben ihr ®ebeihen; nur währenb eine« folgen
taffen fie fich erfennen unb ihrem 9ttafje nach Wfeen; toilbe 3er*
ftörung aber t&ft auch *n ber £>auptftabt alle Banbe auf, unb
wäl;renb ober nach einer foldhcu wirb fich bon h$he*er Sultur
aud; ™ ^r wenig bor bem fremben (Sinbringling enthütlen. @«
finb, in«befonbere bon franj&fifchen ^h#°^°3eu kenn biefe
tfnm e« in ber $raufamfeit allen übrigen jubor, unb in ftran!*
reich toor Ottern wäre ein entfehiebene« Beto in biefer Begehung
$u münfehen — eine unjähüge Spenge bon Beobachtungen übet
bie folgen angeftellt worben, welche Berlefeungen be« einen ober
be« anbern - Eljeil« be« oertängerten föücfenmarf« unb feiner
Umfchlingung«* unb Bereinigung«maffen gu Sßege gebracht höben.
3n« Grinjelnc berfelben einzugehen, würbe un« jeboch tycx ju
weit führen. Raffen wir nur ihre allgemeinen Grrgebniffe furj
jufammen.
ÜDa« ®efammtgehirn fcheibet fich in Bcptg auf (Smpfinbung«;
unb Bewegung«fraft in jwei Steife, Gnn Xtyxl feiner ®ebtlbe
ift, wie ftlouren« e« nennt, ercitabel, ber anbere nicht,
erfterem gehören ba« bertängerte töücfenmarf, bie großen £trn=
fd^cnfel, bie Corpora restiformia, bie Baro(«brücfe , unb, wenn
man tiefer in ihre «Subftanj einftiebt, fo ba§ nicht blo« bie graue
sJ9iaffe in ihrem Innern oerlefct wirb, aud; bie ^ierhügel; ju
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504
lefcterm bie @ehhügel, bie geftreiften Körper unb bie gerammten
.ftemifphären bes großen unb Keinen (Gehirns. £>iefe (enteren
®ebilbe fönnen baher, tt>ie wir bereit« oben gefehen, auch völlig
fehlen ober weggenommen fein, unb bie Bewegungen gehen in
ihrer ganjen 9IuSbehnung ungehinbert oor fich- Söenn auf ber
anbem <3eite biete pattjotogifche gälte oorfemmen, Wo nach ftranf*
heitsprojeffen , «lutergüffen , Verhärtungen ober Wäfferigen %vA*
fc^eibungen in ben nicht ercitabeln feilen bennoch Zähmungen
einer ober ber anbem Slrt, rechts ober (int«,- in ben oberen ober
unteren ®liebma§en bemerft werben, fo beweifen btefe, mit jenen
Ü^atfac^en gufammengchalten, nur fo biet, baf? bie £l)ätigfeit
beS eigentlichen (Gehirns — gleich beut Verhalten ber £>aupt-
ftabt - mit ben Verrichtungen bes OtücfenmarfS mittetft feiner
VerbinbungSfafern tu inniger Sechfelwirfung fteht, wie benn über;
haupt im Organismus tranfheiten au ber einen Stcüe nicht ohne
alsbalbige X^eitna^me anbercr mit ihr oerbunbener ftatthaben
fönnen: aber mehr als eine folche mittelbare Verbinbung anju-
erfennen, laffen bie entgegenftehenben Erfahrungen, wo nach 3lb-
tragung be« ®ehirnS bie Bewegung ungeftört fortbauert, burch*
au« nicht ju. Es liegt barin nur ber öewetS, bat? man bei
urfprünglichen .gunctionSbeftimtnungen in ber 33enufeung patholo^
gifcher Erfahrungen, gleichwie bei ben burch Vibifectionen er*
haltenen Ergebniffen, mit äugerfter Vorficht ju 3Berfe gehen mufc,
um ftch nicht burch b*n ftympathifchen ^ufammenhang beS Orga*
niSmuS, welcher atSbann in berftärftem 2ftafee heroortritt, in feinem
©chluffe irreleiten pi laffen.
10.
3n biefen furjen Umriffen Ijuhcn fich alle wefentlichen , phh;
ftologifch anerfannten Ergebniffe in 23e$ug auf unfere ftttmtnij
ber einzelnen Slbthetlungen beS 9ierbenfoftemS jufammenfaffen
laffen. Der ©ell'fche tfehrfafc unb bie unmittelbar unfeTen äußeren
binnen angehörige gunctionSbeftimmung ber Heroen nach *>cn
lörperlichen Organen, in welche fie fteh ausbreiten, — baS ift
5llleS, was wir über bie Verrichtungen ber ei^elnen Serben*
Partien Wiffen. 2£o bie einen ober bie anberen 3)ierfmale auf*
«nt&r^ologie unb ^renologtc 505
Ijoten, ba erreicht au* unfere (Srfetmtmfi t^r (5nbe. Söaä batübet
fyinauS liegt, bie ganje gewaltige 9iert>enmaffe beä ®efyttn«, mitb
$ti>at in feinet ®efammtyeit al« Otgan bet ®eifte«tyätigfeiten
pfyfyftotogtfcfy anetfannt, abet bic 33eftimmung feinet einzelnen
Steile ift ben gemöfntltd; bettetenen gotfd;ung«U)egen butcfyau«
fcetfcfylofjen geblieben. £>a$ SRücfenmatf, bie ©inneSncr&en, bie
93erbinbung$äfte be$ t>egetatit>eu sJien>enffyftem$ — fämmtlicfy fin-
ben fte iljten (Snb> unb SBeteinigung^unft innerhalb betjenigen
(Sebilbe be$ ©ammtgelutnS, melcfye, ald ejrcitable, ben butefy ä'ufjete
JReijmittet fidjtlicfy nid&t exritabeln gegenübetftefyen, unb toeldje
iljte nidjt e^cttabedi $afetn ebenfalls biefen felben ®ebilben junt
2lu«tauf$e unb jut SBeteintgung entgegeufenben. $)a« toetlängerte
töücfenmarf mit feinen Umgebungen erfetyemt fomit al« eine Sltt
gotbtfctyer tnoten, ju beffen bollftänbiget tföfung fteili<$ noefy
manche« 3af)t unb 3af}tljunbett etfotbetlidfc fein mitb, mäfjtenb
meldet mit abet ton ben ^äben, bie tljn fnüpfen, allmälig einen
naefy bem anbetn fennen ju letnen bemüht finb. 3ur richtigen
SBürbigung betjenigen unter Unten, melcfye toon bem $brpet (ut
bet ©cfyütaung be$ ÄuotenS auffttafjlen , Ijat ©eil, fyaben bie
ftorfd&ungen »ot ifnn im ©angen nrie im (Sinjelnen Mieles unb
2Bid?ttge« geleiftet: übet benen bagegett, bie aus bem ®eifte$=
ctgane $u feinet 33ilbung niebctfttafylen, ttttyt für bie meiften
^fiologen no# bie tieffte £>unfetyett. *Bo$( ift $iet bie ftot*
fdmng fo met jattet, fötpetlofet unb fcfymetiger; abet um eben*
fo&iel ift auefy bie ®etfteSetfennttuj$ eblet, einflugteid&et, etljeben*
bet, unb bet gtögete £ofyn entf^ri^t bet gtft&etn Sftülje. Um
($eifte$äu§etungen ticfyttg fcfyäfcen unb roütbigcn ju letnen, mufc
man fte in ifytet teinen sJiatütlicfyfeit beobachten. Staju teicfyt
ba« ©tubitjitnmet nicfyt au«. 33emegungcn mtfgen mit na<$
Söiüfür bei Rieten fyetttottufen. 3fyte ®eifte«eigcntf)ümlidjfetten
etlennen mit nut in bet ®efunbfyeit unb in bet natutgemäfjen
ftretyeit, unb auefy fyier bleiben im« biefelben noefy fyättfig genug .
unflar unb jmeibeutig, unb nut bie menfölid&e (Spraye toetmag
und im bemegten Veben bolle unb unjmeibeutige Huffdfytüffe übet
bie (Sigentljümlicfyfett beS tnbtoibuellen geiftigen £eben« $u geben.
9iut £)ty>otl}efen finb e$, welche, abgefefyen bon bet ?tyre*
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506
8nt&rot>ofo0tc u«b ^renofogte
nologie, bt«ljer übet bie ®ebilbe, bie über ba« föücfenmarf
au« liegen, über ba« eigentliche <&ehirn aufgeteilt toorben ftnb,
.$Wotljefen, beren gaffung in ber föegel fchon ba« wenige £u*
trauen beurfunben, welche« ihre Urheber felbft ju ihnen Ratten.
9hn fo weit ift bie Wtfiofogie in ber neuern 3eit entheben
gelangt, bag fie, geleitet burefy unb geftüfct auf ba« ®r&f?enber*
hältnij? be« (Sehirn« $u bem übrigen 9cerbenftyftem, ienem Cr*
gane bie SBermittelung be« fy&fyem geiftigen Seben« au«fchlie&lich
$ugefteht, unb e« bleibt bei ber Unumwunbenheit, mit welcher fiety
auch ßonget hierüber au«ftricht, beinahe unbegreiflich, wie ber*
felbe Öonget bennoch immer wieber auf« 9tfeue in 2luffaffungen
berfallen !ann, bie fi(h in ©orten wie: organes cephaliques,
elaborateurs des impressions et produeteurs du principe des
niouvements volontaires funb geben. <3. 585 im erften Sanbe
heigt e« bei tljm über bie £emifphären: „Sa« beim ©tubium
ber (Dehirnljemifphärcn be« 2ftenfcfyen juerft auffällt, ift ifyre
augerorbentttch ftar!e Grntwicfelung im Vergleich ju berjenigen bet
anberen (^eljirnganglien (geftreifte ftörper, €>ehhügel, SSier^üget ic.).
SMefe Grntwicffung ift oon ber 2trt, bafe in Söcjiehung barauf
wenige Xtytere bem 9J?enfc^en nahe fommen. £)a« eigentlich
fogenannte Gehirn ift gteid?fam bic&rone ober ber
Seherrfcher ber gefammten Säule be« föücfenmarf«;
e« ift ber ©ife ober ba« Organ ber fyöljeten Vermö-
gen, meiere ben SWcnfchen auf einen fo h<>hett föang
in ber (Schöpfung ftellen unb ifyn in fo ebler Söeife
oon ben übrigen Xtjteren untertreiben". £)a«®r5*
§enberljättni§ ber ,$emifphämt in ihrer ®efammtheit
ift e«, toa« un« biefege wichtige Sßa^r^eit offenbart, —
unb an ben ^emifpljären ift e« wteberum bie äußere graue ©e*
legung«maff e , welche termittelft ber SBinbungen beim 9ttenfcfyen
ganj oorjugsweife überwiegenb ^erbortritt. 2Ba« aber oon bem
®an$en gilt, follte ba« nicht auch auf beffen einzelne arbeite feine
oernunftgemäfce Slnwenbung finben? Söenn wir ber überwiegen»
ben ®r&fje be« Gehirn« beim 3flenfchcn bie (Srfenntmfc fcerbanfen,
ba§ e« ber Strager feiner geiftigen ^ä^tgtetten ift, ift ba nicht
ber (Gebaute nalje liegenb, ba§ auch für feine einzelnen £hcilc
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bad ®r&§enoerhältni& jtoecfmiijng |ttt (Ermittelung ber einzelnen
®eiftedfa'higfeitcn müffe bienen fönnen? Sage unb ®eftaltung
geben ^ier feinen 2luffc$luj?, bie geiftigen (Eigensten finb nid?t
nrie bie 9Wudfelben>egung gerabeju bureb unfete äußeren ©inne
maljrneljmbar. 31ud? l)at und webet ber SBerfucty, noety bie ftorm*
betra<$tung ju ber Ueber$eugung Eingeleitet, ba§ bad ®el)irn bad
Organ bed Reifte« fei. 2Bir fatyen ed in ber auffteigenben £tyier=
reilje an 9teroenmaffe ftetig guneljnten, unb bie entfpredjenbe 3Ui
nannte an bem Reifte ber £ln'ere gab und bie Ueber$eugung,
bafe beibe (Erfcbeinungen in bem SBerfyältniffe bon Urfactye unb
Söirfung^u einanber ftänben.
®all ^at juerft ben glücf liefen Gebauten , bad rutytige ®e-
fütyl gehabt, benfelben ftorfdnmgdtoeg, ttne für bie (Erfenntnifc
bed ®etytrnd, fo $ur (Ermittelung feinet befonberen ^robinjen
{« benufcen ; mit iljm ift bad erfte rofige i'tyt einer föbnen, oief*
oerfpreebenben SDiorgenrbt^c auf einem Gebiet erfreuen, toelcfyed
mit aß feinem geahnten Steinum bid balnn no<$ in djaotifdjer
ftinfterni§ balag.
£>eutfd)lanbd %^t?ftofogen ! Schaut mit Harem, offenen
freien Söticfe um (Eucfy ! £)er (Euern (Einer ift« , toeldjer (Eucb ein
neued mäd^tiged Söefifetljum ber SBiffenf^oft errungen fjat. «er*
folgt ben Söeg: ed ift fein anberer, ald ber <Eucty fcfyon bid an
bie ®ren$en bed neuen föeidjd geleitet. Utl biefer ®renje ftetyt
xtyr unb ftaunt: tyx m> (Eucty bem Seg nic^t ferner oertrauen.
D lagt boefy bie traurige (Erfahrung nicfyt fo oft unb immer ftcfy
toieberljolen , bafc toir n>otyl gu finben, aber nicfyt ju nüfcen, ju
ergreifen nnffen, bafe unfere größten SWänner bei und nicfyt $ur
Slnerfennung gelangen! 31)r wollt <&enrif$eit, nic^t ^tyantaften.
SBofyl, fo prüft: (Erfahrungen, 9taturbeobad?tungen , nic^t leere
SBorte, treten In'er (Euerm ftorfctyergeift entgegen. 3ft benn <#e*
unweit unb SBefriebigung aller träfte unfered SSerftanbed auf
anbere %xt ald auf biefe ju erretten? 3dj toeife, bie 5Biffen=
fctyaft, oor allem bie beutfdje, fcifl feinen <5nt$ufta*mu«. Unb
mit föecbt. £>ie ftorfdjung fei nüchtern, emft, rutng : nur menge
bad SBorurtljeil fiety nid^t ftörenb hinein unb bie <Sucfyt, oon oorn
herein 2lÜed ju negiren, weil ftdj Slüed oon oorn tyerein nidjt
"SOX SntbiofcolcMte unb Ubrenoleaie.
gleich erflären unb nadj allen Seiten (in fyarmonifcfy beleuchten
unb »erfnüpfeu ju laffen föeint. £)ocfy finbet bie ©egetftemna,
tyre riesige Steüe, u>o e«gilt, gefdjel>e»e« Unrecht mieber gut ju
machen, bie (Sfyre ju geben, mem fie gebührt, unb für eine Söafjt*
fyett, bereu weitere Verfolgung unfer Stolj fein mu&, in btc
Staufen $u forbern. Unb im 33emugtfein biefe« töedjt« ergebt
bie SWa^nung: Xretet ju un«, prüft unb mürbigt ben 2ßeg, ber
in bie innere ßenntnijj be« ®eifte« unb feiner Gräfte einführt:
ergreift unb nüfet bie Scfyäfce, melcfye (§ucfy auf itwt al« fo reiche«
(SrbtljeÜ zugefallen!
2öir miffen, ba§ bie graue Subftanj be« 9icrbenfm>m«,
meiere in bebeutenbem Uebergemictyte bie ganje frei naefy Slufcen
gefegte 9Haffe be« menfc$lic$en Oktroi« au«ma$t, al« am näd^
ften mit bem fyitycren Seelenleben toerfnüpft an$ufcfyen ift; mir
l^aben gefefyen, baf? oon iljr au« taufenbfältige meijje Serben*
fafern ben auffteigenben Stämmen unb feigen Äörper«
entgegentraten, unb bajj unb marum bie cntgcgengefefcte $lm
fcbauung«meife ber fächerförmigen 2lu«breitung be« SRücfenmarf«,
fo allgemein fie auefy Ijerrfcfyt, al« naturuubrig unb irrefüljrcnb
bermorfen merben muß; mir fefyen femer, bafj biefe jufammen*
ftrafytenben 9cerbenfafern junäcfyft unter fidj in ben geftreiften
Äfcrpern unb ben Se^ügeln, bann mit ben äörperftämmen unb
ben Sinne«nerben in befonberen (Ganglien fi$ oereintgen, in
beten grauer 3)iaffe mir naefy ber Analogie be« SKücfenmarf« be*
recfytigt fmb, eine Verfnüpfung unb einen 9lu«taufcfy ber fyinju*
geführten Gräfte anjune^men; mir erlernten, baj?, mie in ber
ganjen übrigen Statur, fo audj in bem 9tcrbenfirfteme ba« ®efefe
giltig ift, mornaefy unter übrigen« gleichen SBerfyältniffen bie größere
iDtaffe auf größere Äraftäufjerung fcfylte§en läfjt, unb baß in ^o(gc
biefe« ®efefce« ba« ®eljirn be« geiftig fyäljer begabten 9)tanfcfyen
an berfyältntBmäfjiger ®röfje unb 2lu«bilbung bie aller feiner
TOgefc$öpfe bei meitem überragt; mir gemäßen enblicfc, baj? bie
graue Söötbung, in melier ft<$ ba« työ&ere SReroengebilbe, in fieb
felbft gerunbet, abfäliejjt, beim 3Jtanfd)en gum bei meitem großem
Steile in ber ®eftaltung be« äufern Stöbet« ausgeprägt für
unferc äußeren Sinne offen baliegt: — erfcfyeint bei folgen 53or*
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509
fenntniffen ber «Schritt nicht ebenfo einfach , fttt natürlich, burch
2$erg(eichung einzelner getftiger I^ätig!eit«5u6enmgcn mit ber
(*ntn?icf(img unb HuSbUbung ber einzelnen Streife be« ®ehirn*
aemitfbcS bie Beftimmung biefer gu ermitteln? Die $crfahrung«*
n>eife, toetebe Urft für ba$ ®an$e a(« giftig amrf ernten, ^at ®alt
auf bie (grfetmtnifj feiner einzelnen 2$ei(e auSgebehnt; er gab
un6 bie erfte nähere, burch forgfättige ^Beobachtungen eine« fyafbcn
3ahrhunbcrtö nunmehr bemährte Äunbe, metche befonbere Gräfte
unb bon mefchen befonberen <$egenben au« unfer <&eifte«organ
bem gefanunten übrigen Organismus jur gegenfeitigen SBechfef*
mtrfung entgegenfenbet. 2Me( ift bereit* gesehen; biet aber
bleibt auc^ noch |ii (eiften übrig. „3ebe ©ahrheit einer f^ern
Orbnuug erreicht ihre (intmieflung nur bermittelft tangfamer unb
ftufenmeifer ttnftrengungen", ^eigt e« bei Vonget, unb mie tief
(9aü fetbft bon ber 9tothmenbigfeit ber Leitern forgfamen 35er*
folgung feiner tfeljrc burc^brungen mar, mie feljr er ju rafebe«
Urtheit für oermerflich tytit, jeigt fein 5UtSfpruch, treiben ba«
(Ibinburgcr $hreno(cgtfche 3ouraa( als 2)f otto geroäblt ^at : Qui-
conque a une trop haute idee de la force et de la justesse
de ses raisonnements, pour se croire oblige de les soumettre
ä une expe>ience niille et mille fois repö töe, ne perfectionnera
jamais la physiologie du cerveau. — Bietet fich noch niebt
nach alten ®eiten hin ^oUfommeneS bar, fo fei bie* ein ®runb
$ur $erboüfommnung , nicht aber jur SBermerfung oon Beobacb*
tungen unb (Sntbecfungen, bie ju ben nrichtigften unb fotgereidjften
gehören, welche feit SWenfcfyengebenfen in ber (Srtenntnig unferes
eigenen SefenS gemalt morben finb. 9ctcfyt mir allein legen folcb
hohen SBerth ben $erbienften, tr>e(d^e ®all fich um bie Riffen*
fchaft ermorben, bei; e$ ift bie Ueberjeugung 9Uler, melcbe mit
finnigem Huge bie toeitgreifenbeu folgen überbauten , bie im
£aufe ber 3eiten für bie michtigften Dichtungen unfere« menfeh*
liehen <StrebenS fich au« benfetben nothmenbig entnricfeln merben,
ja, jum Xtyit in ütorbamerifa unb in Britannien fich gu ent=
micfeln febon begonnen haben. SBohlan benn, prüfen mir bie Orr*
fahrungen ®all'S junächft auf bem t>on ®aü betretenen $8ege;
behalten mir als ^^t>fio(ofleu im tluge, batf nicht foroohl bie
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510 »nt&rot>otogte «nb Wrenofogie
£>ertu'c$feit, nicfyt materielles (Sjrperiment fyier bicnen fönnen, im$
bie ermünfcbten $uff$(fi|fe $u geben, fonbern bafc wir beim ©e=
turne tot Wem auf bie «eobac&tung be* ®röjjem>ertyältniffeS
tnngemiefcn ftnb, unb in ber #ergletdnmg beffelben mit ben gei*
ftigen XfyättgfeitSäufjerungen ber naturgemäße Seg $ur nähern
(ftfenntnifc bet einzelnen Functionen be$ ®eifte$organ8 un« t>or*
gejetdmet liegt.
Sie ba$ £immel$gemMbe erfdjtie&t aucfy baS ®emötbe beä
®efu'rn$ feine <$efe^e nur bem Sluge einer fyöfyern geifrigen %ox*
fcfyung. £)ie btojje Slnfcfyauung ber ©innc reicht nicfyt au$, fon-
bem bei iebem einjetnen ©dritte fcormärt« muffen unfere $)enf=
fcerm&gen, mujj eine umfaffenbe Urtfjcitefraft mit ber S8eobac$=
tung eng berbunben $>anb in £>anb gefyen. @S mirb immer
sJ)ienfcben geben, — unb mir fennen bereu unter l'eben«* unb
^ilbung^er^ältniffcn, n>o nur fie uicfyt metyr anzutreffen t>er*
mutzet, — meiere, gu fefyr bon bem £>anbgretflt#en befangen,
bie Siffenfcfyaft ber 9(ftronomie unb ifyre Öefyren bon ben ®rö§en,
bem ®efyalte ber <&efnrne unb uon tyrer ^öebeutung für bie
ftreifcbaljn unferer (Srbenmelt in« SHeicfy ber £typoiljefen bermeifen,
»on benen bie ®enut$eit ^iemanb iljnen ju geben im Staube
fei. ©ie foüte un« eine ölmlicfye Slnficfyt in betreff ber nodj fo
jugenbtictyen SEßiffenfc^aft ber ^(jrenologie ba mofyl befremben?
Allein mit bemfelben Qfofye, mit meinem ber ^tftronom feinen
über bie umnittelbarfte ©innenmelt erhabenen (Jntbecfungen ben
Stempel emiger So^eiten aufbrüeft, mit bemfelben Siebte
ftcmpelt auety ber ^fyrenolog bie feinigen als folcfye, menn fie fia?
ftets unb ausnahmslos unter ben gleichen Umftänben auf bie
gleiche SBetfe roieberljolen.
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XXII.
Hu* meinem .tieften.
«Benn icf> begreifen fönnte , roie eine Ra&e mouft, bie man gleitf» , nod>
flan* unerfahren in biefer 3acjb, oon ihrer SRutter »eflgenoromen hat, —
rote man jura Xiditcr roirb, roie Horner, Shatefpcare, iUiltoti unb Mlopftocf, —
wie man in einem moralifcb, uerborbeneu Staate ein redjtfdjaffener Wann
bleibt, — roie bie (PefeUföaft überhaupt mehr bur<b ben blofien «lauben an
lugenb unb Äeliflion, al« bie 6ad)e felbft beftetjt, — roie biefe beiben fi<b
autb in ber oerborbenften erhalten unb fortroirfen, — fo roollt td) tein Oucb
mehr lefen uub ali 9Renf<beulebrer auftreten. So fann ich nur träumen,
fehen, tjö«n, bemerfen unb »erflleiajen, unb bann fafeln, roie jeber «nbere,
roenn id) etroad mehr tbun wiU. Wap ö. ftlincjer.
3$ bin am 4. 3uni 1810 ju £eibetberg, mo mein Detter
Kaufmann mar, geboren. <Schon a(8 tnabe füllte ich mich jum
^etyrer gefc^affen : mein 3beat mar, etnft oom tatfyeber ^erab
über bie menfehtichen Seelenthätigfeiten $u fpre$en, benn ich
glaubte ein befonbere« Talent bafür ju ^aben, mich in bie Seele
anberer SJJenfchen gu benfen unb ebenfo meine (Gebauten 9(nberen
leidet flar ju machen, liefen £ug jU beliebigen, fuchte ich mir
bon meinem 15. 3ahre an Schüler, benen ich Unterricht im t'a*
teintfehen tc gab, unb bon jener 3eit an bie ljeMe bin ich un*
unterbrochen neben meinen Stubien ü?et)rer gemefen, in «Sprachen
unb meiern Ruberen. «Kit 18 3at)ren ging ich W Uniberfität,
um mich bem Mehrfache in ber föechtämiffenfchaft ju mibmen.
Schmierige unb oerroicfelte Rechtsfragen in« Älare ju ftellen, barin
meinte ich etwa* (elften ju fßnnen. Unter ben ^rofefforen galt
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512
91 u* meinem Sefcen.
mir 3acfyariä at$ pdbftc« 9)?ufter juriftifchen SSerftanhe«. ©eine
^^Bicrjifl Söücher Dom (Staate" roufcte ich t>om ^äufiflen £efen faft
auSrocnbig. sBenn mir einige Klarheit be$ Styl« eigen ift, roie
man mir fagt, fo oerbanfe ich baoon SMclc« biefem mit rounber-
barer S'ogif unb «Schärfe be« Urteil« gefchriebenen Söcrfe. s3?acf»
bem ich fünf Safyre bie fechte ftubirt, erfanntc ich, baj? ich mich
oiel weniger für biefe« Stubium, al« für ba« ber 9taturroiffen=
fchaften eignete. 3ch roenbete mich ben oerfdH'ebcucn mebicinifefeen
fächern ju. £>ier nahm balb ber bamal« lebhafte «Streit ber
Homöopathie nnb Allopathie meine 3btfntcrffantfeit in ^(nfpriidt).
$11« (Srgefrmfj meinet, roie ich glaube, grünblichen Oforfchungcn in
tiefer <Sachc, gab ich jroci Schriften in ben $)rucf. 9lm metften
fü^te id) mich jnr ^htyfiologie, befonber« jur Heroen- nnb ®e*
l>im(et?re hingezogen, obgleich e« biefe (entere eigentlich nicht gab.
3ch bef tagte bie tiefe, auf biefem Gebiete I>ercfc$enbe £>unfelhett,
in welche mein angeftrengte« Dfachbenfen fein Vic^t braute. 9cur
barüber glaubte icb im deinen gu fein, bafj oou Dielen (belehrten
für bie Qrrflärung ber ®eifte«thätigfeiten ju Diel betriebt auf bie
Heroen im Vergleich 311m (Gehirn gelegt »erbe. $öcnn nur ein
(^eln'rn unbefangen betrachten unb bie geringe SDfaffc ber ein«
feinen Heroen mit ber großen ÜDfoffe be« (Gehirn« Dergleichen,
fo geroinnen roir bie Ueberjengung, bafc ba« (Gehirn allein ba«
Organ ber fämmtlichen bemühten ®eifte«thätigfeiten fei, eine
Auflebt, welche fchon tauge Johanne« Mütter gegen Slnbcre oer-
treten.
3n biefer 3eit tarn mir ein Keine« «Schriftchen über bie
fogenannte ®atffche «Schäbcllehre jn bie £anb. Obwohl .mir
einige <Säfcc biefer Ve^re ganj rooljl begrünbet ju fein fchtenen,
unb e* namentlich mid> beftach, bafc ®all bie Organe fämmt=
licher Gefühle unb Vctbenf (haften im (Sehim nachroeifen rooüte,
fo bauchte mir roieber 5lnbere«, 5. S8. bie (Sintheilung unb bie
angebliche 33ebeutung ber einzelnen (Seelenfräfte, faft eine wiffen*
fchaftüche Barbarei ju fein, fo bafj icb einen ©iberroiöen gegen
bie (Sache fa&te unb fie gän&lich falten liefe. Allein, ba e« eine
anbere (befH'rnlehre nicht gab, fo fam ich nach einiger 3eit wie-
ber zur (Batl'fchen Mjre gurücf, unb bielleicht roeil fie mir jefct
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meinem Siebett.
nic$t meljr fo neu mar, erfdjien fie mir in ifjten (Singelljeiten
lange nid^t meljr fo fonberbar ober fo unoernünftig. 3n meinem
(i^aratter finb einige 3üge fe$r ftarf, anbete fe^r fämti) au«*
geprägt, unb ba bie oon ®all angegebenen Organe fid> in meiner
topfbitbung entfpre^enb au«gebilbet fanben unb oollenb«, ba
ia> bur$ ba« gefen einiger au«füljrli<$er pljrenologif($er Söerfe
eine beffere <ginfi$t in ba« SBefen biefer SBiffenfc^aft getoonnen,
fo mürbe iety balb au« einem (Gegner bet ®a(l'f<$en Seljre ein
eifriger ftorfcfyer in berfelben. £)ie SBeranberung, bie in meinem
Söiffen borging, fann ic$ nity beffer al« mit bem 2lu«brutfe
begeidjnen, ba§ mir bie «Schuppen t»on ben klugen fielen. $)ie
Phrenologie null mit 2fötye, oielleid&t mit SBMberftreben fennen
gelernt »erben , um bem gorföcr fofort al« bie erfte .unb Ijö^fte
unter allen menf$li$en Söiffenfc^aften gu gelten. <3te gleist
jenem oon einem bieten Salbe umgebenen fteenföloffe, in bem
eine munberföcne Pringeffm föläft; mer bur$ ben Salb tyin=
burcfybringt, metft bie ^ringeffin unb füfyrt fie al« ©raut heim.
3n bie 3afyre, mo tety fcfyon mit ber Phrenologie vertraut mar,
fällt eine oon mir bunt 3ufaÜ gemalte Grntbecfung, ba§ man
bei einem fcblafenben äRenfctyen einen £raum ^eröorrufen fann,
melier ber £fjätigfeit irgenb eine« Organ« entfpric&t, menn man
bie ©teile be« Organ« im ©c$(afe brüeft. 3$ ftellte biefe <£nt*
beefung in einem «einen Huffafce bar (i. 3. 1839) unb überreizte
ihn ber ^erfammlung ber ftaturforföer unb Herste in Ormont.
$on ben Gegnern mürbe bie ©aetye ohne Prüfung al« nichtig
oertoorfen. 9Kan fagte, ber ftane ©djäbel fönne auf einen Dnuf
nicht nachgeben. 2lber ber Schäbel ift fo gang ftarr nict)t: man
fann g. 39. eine ^enfterfcheibc , meldte noch ftarrer ift, merfbar
biegen. Ueberbie« mirb oielleuht ber £raunt nicht burch ben
£)rucf al« folgen hervorgerufen ; oiellcid^t mirft babei bie Särme
ober ein gemiffer tfeben«einflu&.
SRachbem ich in ber Phrenologie feft genug gu fteljen glaubte
unb mir im 3a$re " 1842 ben £)octorgrab ber ^t>ilo[o^^ie er*
morbeu h«tte, mollte ich an ber Unioerfität gu £eibelberg al«
£)ocent ber Phrenologie auftreten. 3Me @a^e fanb jebod>
©^mierigfeiten unb erft im 3a^re 1848 erregte ich biefe« mein
S$f»e, *ljrenolo8^c »Über. 8, «ufl. 33
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514
ftlift meinem 2thtn.
•
fange erfefjnte« 3ief. 3$ la« gum erften üMe im @ommet*
^albja^r 1849, a(« pl&|lu} ber *u«*nic} ber föebotuüon He
Bortefungen unterbrach, wa« miety- oerantafcte, naefy ber <S<$wet$
gu geljen, wo icfy wäfyrenb be« Pommer« in elf größeren unb
Heineren ©täbten Vorträge gab, beren guter Erfolg mir oon
Beuern £uft jum' Reifen machte. (3cty Ijatte nämtidj fetyon einmal
im 3afyre 1845 in <5art«rufye, {franffurt, 9Wain$ Vorträge ju
geben oerfuetyt.) 3$ fefjrte ba^er nicfyt naefy £eibelberg jurü<f,
fonbern ging ju Anfang be« Sinter« naefy ÜWünctyen, wo ic$ mic$
eine« grojjen <5rfolge« erfreute; i$ wieberljolte biermal ben durfu«
ber Vorträge. Bon 9Rfimfen ging icf> über bie ©täbte Bauern«
na$ Seidig, eine fc^r günftige Erweiterung metner ©itf*
famfeit babur$ eintrat, ba§ iety in ber 3üuftrirten 3eitung 3(uf=
fäfce über 'pfyrenotogie ju geben anfing. Bon t'eipjig befugte ic$
Jpatte unb bie <§täbte Düringen«, bann 3ttagbeburg unb £>re«*
ben, in wettfy festerer Stabt icfy näc^ft üftüncfycn ba« üfletfte für
bie ^fyrenologie gewirft ju fyaben glaube, ©äfyrenb be« Söinter«
1850/51 gab ic$ BÖrträge ju Bremen, £annooer, Berlin, #am*
bürg, Bre«lau. 3n Hamburg mürbe ber (Srfolg meine« Stuf*
treten« baburety erfy&fyt, ba§ gwei Herjte öffentliche Borträge gegen
bie Senologie gelten. <5« ift mir immer leidet, bie Oberljanfc
in folgen ©treitigfeiten $u begatten, ba bie Herren Gegner über
eine Sacfce fpre^en, bie fie faft gar nicfyt fennen.
^iac^bem ic$ im ©ornmer 1851 einige -ättonate ju meiner
Erholung in Baben=Baben bei meiner 0amiüe $ugebrac$t, er*
griff tety im ^erbfte beffelben 3aljre« ton Beuern ben ©anber*
ftab. £)enn nacfybem i$ einmal erfannt, wie biet ein einjelner
ÜÖtann für eine gute ©a$e ju Wirten .oermag, fyabe ic$ ba«
Slpoftetamt al« ßeljrer ber Senologie al« meine ßeben«aufgabe
betrauten gelernt. £)a§ idt) bon $rau unb £inb getrennt bin,
bafc i<$ mit einem feit früher ffmb^eit äugerft fömäc$lic$en,
Ijalbfeitig gelähmten Äßrper Wenig für bie ©trafen be« Reifen«
tauge , bie« wiegt nur leidet gegen ba« ®ef üljl ber Befrtebigung,
ba« iety in meiner geiftigen ^fttcfcterfütlung unb in ber ftetgenben
Bermcljrung meiner ftemttmffe finbe. 3cty trat juerft im Bat
Viebenftein mit einigen Borträgen auf, an melcben ber £erjog
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fcufi meinem jebert. 515
bon Sfteiningen thetlnahm unb mich beftimmte, in Stteiningen
einen (Eurfu« ju geben. SBon bort befugte ich Berlin, Pot«bam,
■äftagbeburg , Sötten, Öetyjtg. 23on ^ter ging t<h junächft nach
(5 Bin unb ben <5täbten be« SR^ein«.
£)ie SÖMrffamfeit meinet SBorträge mürbe um biefe 3«t noch
erh&ht burch bie jmeite Auflage meiner „Phänologien ©Uber".
SDajj bie erfte Auflage biefer (Schrift unb bie meine« „$atecht«mu«
ber Phrenologie" fo fchnell oergriffen mürben, mar mir auf er einigen
anberen *>et Bcit eUl 5Be»ei« , ba§ bie Anerlennung ber
Phrenologie in $)eutfchlanb nicht mehr affju fern, ®erabe bie
Aerjte, unter melden oergleichung«meife bie meiften (Regner ber
Phrenologie fich finben, finb im Allgemeinen einer beffern ©nficht
in biefer ©acfye fehr mo^t zugänglich. Unter meinen 3u^rern
habe ich immer Diele, gum tyeii ^oc^gefteüte Aer^te gejault,
meldte mit Vergnügen ein beffere« Söerftänbmji ber fo oielfach
mi&oerftanbenen Söiffenfchaft gewannen. 9iur biejenigen Sttebi*
jiner, toetc^e einmal gegen bie Phänologie in Triften ober
Vortragen öffentlich aufgetreten, befonber« einige belehrte oon
töuf, fogenannte Autoritäten in ber Söiffenfchaft , finb nicht fotoofjl
©egner, al« unoerf &^n(ic^e fteinbe ber ^ß^renotogie , unb ihr (Sifer
fteigert fich mit ber erfannten (Gefahr be« ©iege« biefer Sehre.
2Öa« bie (leinen Söegegniffe au« meinem £eben feit bem ßr*
fcheinen ber borigen Auflage ber „Phrenologien ©über" be*
trifft, bie etma ben Sefer intereffiren tonnten, fo barf ich bafür
auf meine „Phrenologien föeifebilber" »ertoeifen. 3$ fchlie&e
biefe 9coti$en mit einer ©emerfung über ba« Sttotto au« tlinger,
ba« ich ihn«* oorangeftellt. Sftiemal« bin ich *>nrdt) etma«, ba«
ich f° wpiffen morben, nrie burch biefe ©teile, melche faft
buchftäbtich mein Seben unb ben SBenbepunft barin zeichnet.
SBon meiner finbhett an ^atte ich iene öefettwth, tote man fie
nicht feiten fchon bei Äinbern trifft; biefe fteigerte fich fpäter
immer mehr: Jöücher maren mein 3beal unb mein Alle«. £)a
lernte ich Die Phänologie fennen: — ich fc™te ^greifen, mie
33*
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516
flu« meinem £efcen
eine $afce mauft, ohne H oon ihrer 9ttutter gelernt gu ^aBen,
mie man jum dichter wirb, tt>ie man in einem moralifch t>er*
borbenen (Staate ein rechtfehaffener 9ftann bleibt: — unb feitbem
hatte mein SBiellefen ein Grube unb idt) trat al« SWenfc^enteljrcT
auf. 2llle ©iffenfehaft, alle ^ilofop^ie, wie ftc bi«her in 33ü*
cfyem nicbergelegt war, ift gleich n>ie tobt im ^3ergtetd^ jur wahren
^enntnig be« menfehlichen Reifte«, wie bie ^^renotogie fie im«
erliefet. Scr burch biefe Äenntmf? ftd? felbft unb bie 2)?enf eben
»erftefjen lernt, ^at ba« ®cfü(;l be« <5rtoachen« au« bem £>alb=
Plummer ber ?hantaflc jum wahren, Haren, fetbftbetoufeten
Söiffen, welche« er allen 2ftenfc$en gönnen, aüen lehren mochte.
Allein gerabe Weit biefe« ©iffen fo §0$ über bem bisherigen
fteljt, fönnen Sßiele fiefy nicht hinein fiuben , füllen ftch bason wie
geblenbet. 911« in ber erften franjöfifchen föe&olution bie <$e=
fangenen au« ber erftürmten Söafttlfe befreit würben, tonnten
einige, bie ein lange« £ebcu im f^inftern zugebracht, bie XageS*
^elle nic^t ertragen unb verlangten in ihren Werfer jurücf. ^ieran
wirb man erinnert, wenn man manche heutige (Seiehrte fo feft
an ihrem ©cheinwiffen hängen fieht. (Sewöljnt ™ fünftlichen,
am ©tubirtifche au«gebachten , mit bem 3irfel unb bem Stneal
gezogenen treife unb Sinien, welche bi«her al« «Uber 00m get*
fttgen 2flenfchen galten, wollen fie an ben frifchen unb färben*
reiben @h<itafterbilbern ber ^hrcnoIoÖie b*c SBeihe ber wahren
Äunft oermiffen unb wenben fich geringfehäfeenb baoon ab.
Söährenb bie meiften 3u^ter m weinen 35orlefungen ftch an
ben Haren @chtlberungen ber ®eifte«fräfte unb an ber SBfung
fo mancher SRäthfel be« inneren SWenfchen erfreuten, fo waren
immer auch Einige, welche über bie grofje Klarheit unb 9iatür=
(ichfeit be« Vorgetragenen bie 9iafe rümpften unb ba« ®anje
untDiffenfchaftlich, mich einen „£albgelehrten" nannten. 28enn
ber ^h^nolog geiftreich |>$ifofi>)>$if4 $u erflitren oerfuebte, n>ie
eine tafee mauft ic, fo würbe er, wenn auch feine Grrftä'rung
^iemanben befriebigte, boch bon ben ^t>c^tt>cifen 9ftännern ber
„Siffenfchaft" gerne al« einer ber ihrigen anerfannt : bajj er aber
bei ber ftafce ein ftarfe« <Secretal, beim dichter ein ftarfe« 3bea=
lital, beim rechtfehaffenen ÜKann ein ftarfe« (Sonfciental blo«
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2tu« meinem Scfceit.
r
517
einfach a(« oorfyanben unb angeboren nacfymeift, moburefy ba«
kaufen bet tafee, ba« £>ic$teriDerbett , ba« töectytfcfyaffenbleibcn
fl<$ gletd; U)ie ton felbft erHärt, einet fünftüäen (Srftärung ntcfyt
erft bebarf, ba« fteüt in ben $(ugen jener Scanner bte ganje bis-
herige ©iffenfcfyaft auf ben topf nnb mufe untoiffenfc$afttic$ fein.
O ber armen ($ett)otNUjeit«uuffer! Wein, bic toaljre SBiffenfcfyaft,
aud? bic oom (Reifte, ift nur unb fann nur a t u r totffenfe^aft
fein. $öie ber "pljtyfifer ober (Stjenufcr ba« Si<$t unb bie Sdftoer*
fraft unb ben ©auerftoff ni$t erft macfyt , fonbem a(« oorljanben
natyoeift unb betreibt, fo lägt ber toatyre $eiftc«forfc$er bic
ßfyarafteraüge unb Ealentc nid>t fünftücfy pfytfo[opfyifd& entfielen,
fonbern er fetyttbert fie , nrie fie beim attenföen unb beim Stetere
oon Sflatur oorljanben finb. Unb fo ift bie ®eifte«tel;re au«
einer ßefyre bunfter unb ftfytoerfäfliger Qty>ot$efai jur Haren 9tatttr-
nnffenfcfyaft getoorben, aüen 3Renf$en jugängltd?, für aüc eine
t*efyre ber 2Bei«ljett. 3ebermann fann bie träfte be« (Reifte«
fennen unb ocrftcfycn fernen, meiere bie 9iatur iljm unb HUen
gegeben : bte nieberen Sinne, bie er mit ben Xlneren gemein l)at,
unb bie ben Söegterben unb £eibenfc$aften ju (Srunbc liegen, unb
bie tyityeren Sinne be« ®emütlj« unb be« $erftanbe«, bie tyn
jum üttenfctyen ma^en unb gur Leitung unb öeljerrföung ber
nieberen bienen. £>ur# biefe ®eifte«fctyre, — toetetye in ft$ felbft
Seben«(efyre unb ©ittenteljre unb (£r$ieljung«(eljre unb SHeügion«-
lefyre ift, — eroacfyt bie üDlcnfctyfyeit jur ftemttmfj unb (5rfenntnt§
iljrer fetbft, tritt fie au« ben ttnberfcfyuljen Ijerau« in« 9lftcr ber
Vernunft. £)ie fommenbe SWenfdföeit wirb einen großen <Stridj
bur($ bie ®ef<$ic$te gießen, um bte &e\t oor unb naefy biefem
ifyrem Grljrentage gu unterf Reiben. —
3$ gebe no$ bte Organenma&e meine« topfe«. Sempera*
ment: neroö«*fanguinif^*p^Iegmatif(^. Umfang be« topfe«:
58,4 Gm. Sänge oon Realität ju Snfantat: 19,s Gm. ©reite
über ben Ctyren oon Petita! 51t Hctital: 16,t (5m. ®eneratal 33/4,
3nfantal 574, (Soncentratal 5% Slmicatal 5*/i, Oppofitat 23/4,
Slctitat 4»/8, Secretal 3, Slcquifital 23/4, Gautal 3VS, Opfotat 5V2,
Slmbitat 43/4, girmitat 6, (Sonfcientat b% SBeneratal 3»/*, <3pe=
rata* 4»/a, Bonität 5, Omitatal 4, 2)HracuUtat ö'/a, 3bealital
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518
meinem feben.
48/*, Comicatal 4 V*, Realität 5!/4, gormital 51/«, SRumetatal 3,
SBetbotal 3'/«, Gonftructal 4, 3)2uficata( gactital 3»/s, £om*
patital 5*/«# ßaufatttal 43/|. $)er <3<$äbel ift auffattenb bütm
(toa« mit meinem übrigen fötoa^en Shtocfyenbau unb mit meinet
allgemeinen <ö($toä<$lic$feit jufammentyängt) , faft an bei ganjen
Hinteren £älfte beffelben taffen fi$ bie (Se^imminbungen am
äugeten <5$äbel etfennen. 3c$ fyabe feinen GtypäabguB meine«
Äopfe«, unb bie Otganenbeurtfyeilung be« eignen £opfe«, toa* ben
,<pintetfopf unb bie Hinteren ©eitentijette betrifft, ift jiemticfy
fd&toierig, weit ba« £afturtf)eü übet gönnen etwas unfietyer wirb,
fotoie ttrir bie £anb hinter un* btingen. Xbet iety Ijoffe bodj,
ba§ wenn tünftige ^ßfytenologen mit meinem <3$äbe( in bet £anb
bie obigen 3ttaj?e ptüfen, fie wenige obet nut gelinge geltet
finben Werben.
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£)ie beutfcfye Ötteratut ber ^fyrenotogte.
WU dinl^IuB bet in früiiidfifdjer unb eiißlifdjer Spraye erfc^ienenen 3Bcrte
»on ©all unb Sput^etm.
%vani Sofepb ©all Wfofopfyifch >mebijintfd>e Unterfua)ungen Uber Sfa*
luv unb -H mift im gefnnben unb tranlen Auftaute be« tPt enfdjcit. 1. $3b.
JEBien bei ©räffer, 1792. 8. — 2. «uff. Setyj. b. »aumgärtner 1800. 8.
XII u. 727 @. (©all auf beut SBege jut «Phrenologie.)
?ub. fjfriebr. ^xet'xtp 2)arftettung ber ganjen auf Unterfua^ungen ber
Serrityungen be« ©ebirn« gegrünbeten S^eorie ber Wtjfiognomtt be« Dr.
©äff in ffiien. »eimar im Sfnbuftriecomptoir (1800 u. 1801) 1802. 8.
2Kit $tpl — 9to$gebru<ft ffiien 1802. 8. (Suerft in $oigt'« neuem
3Ragajin.)
«eitrag ju $ra. Dr. ©all'« ®a)äbeae&re ober Äurje 2ebeu«bef$reU *
bung be« §ranj Sttttblberger« , eine« 3ttngling«, beffen, al« eine« »orjüg*
li^en Steiner«, ©Ufte in be« £ra. Dr. ©äff'« (Sammlung merftoürbiger
ttyfe aufgeftellt ift. SSien bei 3)ofl u. ©räffer 1801. 8.
$r. §einr. SWarten« etwa« Uber bie ^tyofioguomit a(« ©ettrag ju
©all'« ItKin-ie be« ©ebirn< unb Öajäbelbaue«. ?eity. b. Mittler. 1801. 8.
r critifc^e 2)arftettung ber ©atl'föen anatomifö * ^ftofogiföen
Unterfu^ungen be« ©ebirn* unb @ü>äbelbaue«. 9Kit beigefügten $iftortf($en
«Rotijen über #rn. Dr. ©all unb beffen neufte <3$i(ffale in SBien. 3üri<$
b. 3ieg(er. 1802. 8.
SDarfteffmtg ber neuen auf Uuterfuajungen gegrünbeteu £beerie ber
^^t>fiognomiI be« .§rn. Dr. ©all in Sien, dritte febr »ermebrte «ufl.
Jfflien 1802. 8.
«ort «iü er« Dr. ©all'« Barfleffung be« ©c^irn« al« Organ« ber
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flttbang.
©eelcnfäbigteüen unb ©emtttb«eigenfa)aften. Siebft bcr Äunft ba« 3nnere
be« SKenföen au« bcm Heufjeren feine« <S<$äbel« ju erfenuen. (Sin @<$rei*
ben an kubier. Ueberfcfet mit meint $emer!ungen, 3u^^n« ßrweiterun
gen unb ©att'« eigner SWatbricfjt an ba« tuiblitum mmcbrt t>on einem
©$üter ©all'«. Sien unb ?eij>j. b. @<$iegg. 1803. 8. SRit 1 Ä<>f.
(14 ©r.)
$r. $einr. harten« leid)tfa&liü)e 25arfteffung ber Xbeorie be« ©e
bjru* unb ©djäbelbaue« unb ber barau« entfaringenben ^b,oftogncmif(^en
unb pft6fctc$\\ä)tn Folgerungen be« Dr. ©att in Sien. 9Kit »fidft<$t auf
bie bi«ber barüber erfajienenen ©Triften, ?eib$. b. See. 1803. 4. (2 2tyr.)
SWariu« $ageborn ©eföreibung nnb bilblicfc Earftettung ber toent
Dr. ©all im ©ebjrn entbedteu Organe, in roelcber ftorm unb ?age fte ft<$
äufjerlicb am @$äbel barfteffen. SWit einem in @w« mobcairteu @<$abel.
2)effau u. ?eibj. b. Sienbratf 1803. 8.
3o. Äari ftriebr. ?eune Snttoidlung ber ©att'föen £l>eorie über ba«
©ebirn, »orjüglidj betrautet al« ein 3nbegriff ber Organe unferer tu teilet
tuetten unb moraltfäen (Sigenf haften. 3«. Äbff- Seibj. b. $inri($« 1803.
8. (1 2tyr. 12 ©r.)
3o. Dan. SRefeger über ben me nid) Ii eben topf in antfyropotcgifcfyer
9cü(ffta)t. 9iebft einigen ©emerfungen über Dr. ©all'« §ira* unb ©$abet;
t&eorte. £önig«berg 1803. 8.
3©. «bam »ergt »emerfungen unb 3»eifel über bie ©efjirn* unb
©^»bcltbeorie be« Dr. ©all tu Sien. ?eib$. b. «ein. 1803. 8.
Cßb. %x. bon) Saltber neue 2>arfteaungen au« ber ©att'fäen ©e-
tyirn* unb @<$äbeflebre, al« (Erläuterungen ber fcorgebrudften SJerttjeibigung«*
fd^rift be« Dr. ©all, eingegeben bei ber nieberbfterrei<$ifa)en ^Regierung.
3Rit einer Hb^anblung über ben Sabnftnn, bie ^äbagogi! unb bie ^b^fto*
lügte be« ©ebjrn« naa; ber @au"f($en Stbwrie. 3Rnn$en bei euerer 1804.
8. (18 @r.)
Äarl .<p einrieb Sdjunbentu« (2>jonbi) bie Organe be« ©ebjtn« nad?
Dr. ©att'« ©eobad)tungen. (Sine SJortefung. Sittenberg bei 3immermann.
1804. 8.
Sity. ©ottl. Äcla) über ben @<$äbel Äant'«, ein Beitrag ju ©att'«
$irn* unb @ä)abeffebre. £bnig«berg 1804. 8.
3o. fc&eob. &erb. Äajetan »rnolb ©att'« e»ftem be« ©etynu unb
<2><bäbelbaue« nacb ben bi« jetjt über feine Xbeorie erfebtenenen ©Triften.
911« Peitfaben bei afabemifeben Sorlefunaen baraeneflt. Spitt 1 erlüuternbeu
Äbf. Arfurt b. Penning«, 1806. 8. 304 <§. (1 Xblr. 10 @r.)
«u«ftit>rlia>e 2>arftettung be« ® a ( I ' fernen ©bftem« ber ©^äbeüe^re.
9?ad) ben neuefteu SJorlefungen be« ^rn. Dr. ©all bearbeitet, äftagbeburg
b. Äeil. 1805. 8. 112 ©. Sbenbaf. b. $etnrt$«$ofen. 1806. 8.
©. (5. ö. ©elbert Dr. ©aK'S ^orlefungen über bie herrief; tunken
be« ®et;trn« unb bic SRögli^leit, bie »nlagen mehrerer ©eifte«' nnb ©e*
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«Wang. 521
mütb«etgenfd)aften au« beut «aue be« @d)äbel« ber 2>tenfd)en unb i^icrc
gu erfennen. ©erlitt b. Uttger 1805. 8.
»ntt = ©all ober fraitioffobifd}e Fragmente für Sefer unb 5Hiä)tlefer
ber @ö>äbettebre. Seift, b. »ruber 1805. 8.
3o. ©ottl. Salter etwa« über £rn. Dr. ©all'« $irnfd>abeffebre.
2>em Berliner ^ublifum mitgeteilt, «erlitt b. Segeuer. 1805. .8.
2. ebenbaf.
Gfyriftotf #einr. (Sraft «ifd)off 2)arftettung ber @alVfd)ett ©ebjrtt*
unb ©djabefletyre ; nebft «emerfuugen über biefe £efcre bon (Stjrifto^b, Sil'
heim $ufelanb. «erlin b. Sittid) 1805. 8. (16 ©r.)
©cerg Huguft ftlemming 3*ectt ju einer fünftigett «eurtt)eüuug
ber ©all'fdjen llnterfudjungen ber Verrichtungen be« ©ebirtt«, ber ©etjtrn*
unb @d)äbeltt;eorie be« Dr. ©afl, mit befouberer 9^itcffi<^t auf bie «crgl'*
fd)en «emerfuugen unb 3»eifel. «erlin b. <Sd)öne. 1805. 8.
Bug. <5buarb Äefjler Prüfung be« ©att'fdjen ©bfcm« ber $irn» unb
<3A)äbellebre. 3ena u. getft. b. ©abler. 1805. 8.
(#einr.) «Steffen« bret «ortefungen über $rn. Dr. ©alT« Organeu*
lebre. £atte in ber eocietät«bud)b. 1805 . 8.
Äarl »ug. «löbe Dr. 3. ©all'« ?ebre über bie «errid)tuttgen be«
©etnrtt«, nad) beffen ju 2)re«ben gehaltenen «orlefungen in einer fafjlid)en
Orbnung mit gemiffenbafter £reue bargefteflt. 2Rit einer breifadjen »Ab*
bilbung eine« toon ©all be$eid)neten ©d)abel«. 3)re«ben b. Slrnolb 1805.
8. 2. vermehrte u. *erb. Büß. ebenbaf. 1806 . 8. XX u. 188 @.
«eleuditung ber ©att'fdjett ©et)irn* unb ©dtäbefletyre burd) Vernunft
unb Erfahrung geleitet ton einem toon aller ^arteilict)!cit freien «eobadjter;
für «erjte unb 5Rid)tär$te. ÜRit 1 Stpl «erlin b. @d)ime 1805. 8.
(1 ZtyT. 4 ©r.)
Reifen eine« €d)äbellehrer«. (Sine launige ©cfd) icb)te , julefet ein
crnftyafter Anhang, ^atte b. £enbel. 1806. 8. äRit iHumitt. £irelm>
nette unb 1 Äbf. in 4.
3of. ©alt meine Steife burd) Xeutfdtilanb , nebft battjognemifdten «e*
merhmgen über meine gemalten «elattntf haften unb einzig ttxtt)re E>ar
ftetlung meiner Set)re, für ftrcuube unb fjfcinbe. O^ne Spudort ($ena)
1806. 12. (t £bjr. 16 @r.) (©all erftärte in ber Hamburger 3eitung,
baß bie @d?rift nidtt toott ihm fei.)
Die $irnorgane be« ÜRenfd>en, nad> ©all'« «emerhmgen. 2Wit 2
.HiMf. £obent)agen b. «runner 1806. 8.
3o. äRenbel ©all'« «orlefungen fritifc^ analbftrt. «erlin b. @d)mibt
1806. 8.
3ac ftibeli« «derma nn bie ©all'fd)e #irn*, ©d)äbel* unb Organen«
leb.ret bom ©eftd)t«bunft ber Erfahrung au« beurteilt unb miberlegt. #ei*
belberg b. Mofa u. 3immer. 1806. 8. 203 @. (20 ©r.)
«eantoortung ber B<ter mannten «eurtyeiluna, unb Siberleguna.
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Entlang
ber ©aH'töen #irn*, @d)abel* unb Organeulebre t>om ©eftcht«putt!te ber
(Srfabrung ou«. ©ou einigen ©gittern be« Dr. ©all unb *on ibm felbft
berichtigt. Satt, in ber @ocietät«buchh. 1806. 8. X u. 407 @. (2£blr. 6©r.)
(Srnft ©artel« antbropologifd)e ©emcrfungen über ba« ©ebirn unb
ben i3(bäbei be« 2Renfd)en, mit beftänbiger ©ejtebung auf bic ©att'fcbcn
(Sntberfungen. ©erlin b. Oebmiglc. 1806. 8.
3o. ftricbr. Silb. $tmlü (Srörtcrung be« ©aU'fchen ©erfud)« eiuer
fortgelegten ©ehirnlehr« , nad) feinem pfod)ologifchen ©ehalte. #affe, in ber
@ocietät«bucbh. 1806. (1 Ib.fr.) »euer Xitel: »ubolftabt, $ofbud)banbl.
1807. (18 ©r.)
(<StcpbO lug. SB i ntel manu Beobachtungen Uber SBabnftnn, nebft
Prüfung ber ©alTfchen @d)abettebre. (Buch unter bem ütel: «ro>iü
für ©cmfitb> unb Wemnfranrbeiten. 1. GM.) ©erlin b. Oebmigle.
1806. 8.
3o. gricbr. Silb. $iml$ ©all unb 2a»atcr. ©citrag jur »ergleio>en*
ben ffiürbigung ber alten unb neuen ^btjftognomir. ©erlin b. ©raune«
1808. 8.
3o. (Sbriftian üoffiu« bie ©a^cbe ©chabettebrc in Iritif c^cr , pfocbo*
logifdjer unb moralifc&cr $inftd)t betrautet, (Erfurt b. ©ebbarb. 1808. 8.
(Söernbarb) £uber ©au"« ?ebre unb ba« ©efefe ber ©etoobnbrit.
©afel b. ftfid 1808.
ftranj 30f. ©all unb 3o. <Safp. ©purgheim Unterfudjungett über
bie Anatomie be« ftertocntyßcm« überhaupt unb be« ©ebirn« inabefonbere.
(Sin bem ftranjö'fifchen 3nftitut überreichte« 2Rcmoire. Webft bem ©ericbte
ber (Sommiffion be« 3nfHtut« unb beu ©emerfungen ber ©erfaffer über
biefen »erid)t. $ari« unb ©traßburg b. 2reuttel unb SBttrfc, 1809. 8. 2Rit
3 Äpff. XII u. 468 ©. (2 2blr. 12 ©r.) 3ugletd> mit ber franj. Bu«*
gäbe erfcbtenen.
Franc. Jos. Gall et J. Gasp. Spur l heim anatomie et Physio-
logie du Systeme nerveux en gcneral, et du cerreau en particulier,
avec des observations sur la possibüite' de reconnaltre plusieurs disposi-
tions intellectuelles et morales de l'homme et des animaux par la con-
tiguration de leurs tetes. Paris 1810 — 20. 4. ©ier ©be. unb 3tfa«
in 100 £af. ftol. (9htr bie betben erften ©änbe in ©erbittbung mit <3pur^
beim.) jDeutfd): Anatomie unb ^bwftologte be« 9Zert>enf Aftern« im 9flge*
meinen unb be« ©ebirn« iu«befonberc. 9Wtt ©eobad)tungen Über bie SWög*
ticbteit, bie Anlagen mehrerer ©eifte«; unb ©emüth«eigenfd)aften au« bem
©au be« Äopfe« bcr 2Jcenfd)en unb £biere ju ertenuen. 1. ©b. : (Stttbal*
tenb bie Anatomie unb ^ftologie be« 5Rert>enfoftem« im Allgemeinen unb
bie Anatomie be« ©cbirn« in«befonbere. 3Rit 17 Äbftaf. $art« b. Schöll,
1810. 8. (38 £blr.) 2. ©b.: (Sntbaltenb bie ^fwlogie be« ©ehirn«
iu«befoubere. 2Rit 27 tfpftaf. IJari« ebenbaf. 1812. 8. (42 Ztyx.)
Franc. Jos. Gall et J. Gasp. Spuraheim des dispositions innres de
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Anfang. 523
1'ämc et de l'esprit; du matdrialisme , du fatalisnie et de la liberte mo-
rale, avec des reflexiona sur l'cdueation et sur la legislation criminelle.
Paris 1812. 8.
(Jo. Casp.) G. Spurzheim the physiognomical system of Drs.
Galt and Spurzheim: founded on an anatomical and physiognomical
examination of the nervous system in general , and the brain in parti-
eular; and indicating the dispositions and manifestations of the mind.
Being at the same time a book of reference for Dr. Spurzheim's de-
monstrative lecturcs. Illustrated with 19 copperplates. London 1815.
8. — The second edition greaüy improved. London and Edinb. 1815. 8.
— on the physiognomical system of Drs. Gall and Spurzheim.
London 1815. 12.
— phrenology or the doctrine of the mind and of the rclation
between its manifestations and the body. London 1815. 8. Mit 15
Abbildungen.
— observations on the deranged manifestations of mind or insanity.
London 1817. 8. Mit 4 Taf.
— examination of the objections made in Britain against the doc-
trines of Gall and Spurzheim. Edinburg 1817. 8.
— observations sur la folie ou sur les derangements des fonetions
morales et intellcctuelles de l'homme. Paris, Strasbourg et Londres,
1818. 8. Mit 2 Taf.
— observations sur la Phrenologie ou la connaissance de l'homme
moral et intellectuel , fondee sur les fonetions du Systeme nerveux. Paris
1818. 8. Mit 1 Steindr.
— essai philosophique sur la naturc morale et intellectuelle de
rhomme. Paris et Strasb. 1820. 8.
— view of the elcmentary principles of education founded on the
study of the nature of man. Edinb. 1821. 12.
@. ©purjbetm pbilof. SJerfud) über bie moralifd)e unb intcttcltutöc
ftatur be« 2Jcenjd)en. %. b. ftranj. unt, mjt antnerf. begleitet bon 3. 3.
#ergenr3tber. SBttrjburg bei @tabel. 1822. 8.
Franc. Jos. Gall sur les fonetions du cerveau et sur celle de chacune
de ses parties, avec des observations sur la possibilite' de reconnattre les
instinete, les penchans, les talens et les dispositions morales et intellec-
tuelles des hommes et des animaux par la configuration de leur cerveau
et de leur täte. Paris 1822—25. 8. 6 Bde.
Fran$. Jos. Gall et J. Gasp. Spurzheim sur les fonetions du cer-
veau et sur celle de chacune de ses parties. Paris 1825. 8. 6 Bde.
(25a« üortge 3er! bauptfätfitid) mit SBeglaffung be« &natomifd)en.)
3. ©orott Slfroama über ®att'« ©djabeffebre mit nüfeltcben unb utt=
terbattenben 9?efler>!ten für gebilbete ?e[er. 3ittau bei @d)ity« 1825.
8. (4 Or.)
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«nbang.
(Jo. Casp.) C. Spurzheim a view of the philosophical principles
of Phrenology. London 1825. 8.
— the anatoray of the brain with a gencral vicw of the nervous
syntein. Lond. 1826. 8. Mit 11 Taf.
(Jo. Casp.) G. Spurzheim Phrenology in eonnexion with the
Btudy of phyaiognomy. Part. 1. Charactcr With 34 plates. London
and Edinb. 1826. 8.
— outline» of phrenology; being also a manucl of reference for
the marked busts. With a frontispice. London 1827.
ftr. 3of. ©all neue ^büftologie be« ©ebirn* unb Wttdjologie be«
menfcblitben ©eifte«. 21. u. b. X. : $oKftänbige ©etfte«funbe ober auf @r»
fabrung geftüfete 2>arfteffung ber geiftigen u. ntoral. gäbtglctten unb ihm-
lörperlitten iöebingungen. ftreie Ueberfefcung ber 6 sBänbe von ©all'« Dt
ganologte. 9Jiit 1 «Stcinbr. 9£ürnb. b. Seud)«. 1829. 8. 2. oerm. Stuft.
1833. (2 £btr.) (©uter Hu«jug au« ©all.)
S)a« ©att'fcbe ©öftem ber @d)äbel lehre (Sranioflopie). Ucber bic
Bftfaigteiten unb träfte be« 2flenfd)en unb bie Serricbtungeu be« ©ebirn«.
SWad) ben legten t>om Dr. ©alt !urj »or feinem £obe gemachten 93eobad)*
tuugen (!) unb nad) ber 2. »orn Dr. ftoffatt mit ber größten ©orgfalt »er*
mebrten unb »erb. Auflage. 9Kit iUum. unb ftbioarjen «bbtlb. ?eibjtg b.
©aumgärtner. 1880. 1 «latt in $ol. (16 ®r.)
$. Ungern Itter bie $aubtlebren ber ^bbftognomtf, ©£bäbellcl>re
unb anberer Xbeorien jur ©eurtbeilung be« äußeren SKenfdjen au« ber §aU
tung be« Äerber«, bem ©ange, ber $anbfd)rift u. f. n>. 9?ad) i'aoater, ©äff,
@ane,tto, Garnier u. 21. bearbeitet. SWtt 47 Bbbilb. auf 16 £af. Ilmenau
b. «oigt. 1830. 8. (1 2b,tr. 16 ©r.)
©eorge (Sombe ©bftem ber ^brenologie, Überfefet oon <S. öb. $trfd)fclb.
JSraunfd)tt>. b. SJiemeg. 1833. 8. XIV u. 498 <3. u. 9 litt). £af. (3 £btr.
12 ©r.)
— 2>a« fBefen be« 3Kenfd)en unb fein «erbättniß jur »ufjentoelt. Xu«
b. (Sngl. b. <Sb. $irfd)felb. «remen b $eofc. 1838. 8. XXII u. 423 @.
TO etngebr. $oljfd)n. (l £$Ir. 16 ©r.)
9lidjarb £bene»ir über ©efd)id)te unbSBefen ber sJtyrenotogie. Ueberf.
ton Sernb. Cotta. 2>re«ben u. Seidig b. Xrnotb. 1838. 8. (18 @r.)
91. 91. ÜJioel einige Sßorte über ^Phrenologie, hervorgerufen burd) einen
Xuffafe in bem 9ftagajin f. b. Literatur be« 2lu«lanbe«. 2)re«ben u. Scip}.
b. Xrnolb. 1839. 8. (6 ©r.)
einige SBorte über bie geiftige ©eljanblung ber erften #inbbeit. Eu«
b. (Sngt. be« Slnbr. Combc ton <5b. ^irfdjfclb. 3um Seften ber Bremer
tinberbetoabranftalten. ©remen b. £cbfe. 1841. 8. (4 @r.)
(Sari ©uftao <Saru« ©runbjüge einer neuen unb nnffenfd)aft(td) be*
grünbeten (Stanioftopie. 2Rit 2 lityogr. £af. ©tuttg. b. ©alj. 1841. VIII
u. 87 @. (1 Iblr.) ((Sine trefflidje «riti! biefer ben <Staubpunft ber <TCa>
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«nhang. * . 525
turtoiffenfchaft in merhoürbiger Seife oerteugnenben (anti^renologtf^en)
@($rift entert ba« fofgcttbc Serf oon SRoet, l. Suff.)
Dt 9t. 9Zoet ©runbjtige ber ^renofogie ober Anleitung jum ©tubium
biefer Siffenfcbaft , bargeftefft in fünf Sortefungen. 2>re«ben u. fieipjig bei
2lrnolb. 1841. 8. VI u. 378 <2>. mit 10 lithogr. $af. (1 fc^r. 6 ©r.)
3»eite ftarf oerm. u. oerb. Stuft. 1846. (3 Ztyx. 24 %r.)
3. S. 8. ©rohmann IJnterfuchungen ber ^renologie ober ©aU'fcben
©chäbeffehre. ftttr 2Jcenfchenf«mtnif?, ©eetenlunbe unb päbagogif. 3flit
5 lity. tafeln, ©rimma, $ertag«coml>t. 1842. 8.
Stttomtjr itjeoric ber Verbrechen auf ©runbfäfce ber Senologie baftrt.
i'eipjig b. ©. Siganb. 1842. 8.
?eitfaben ju ben ^renol. »orlefungen »on ©eorg <£ombe au« öbim
bürg, ätamjeim, gebr. bei $off u. Käufer. 1842, 8. 14 ©.
(5. ©. (£aru« Sttfaö ber (Sranioffopie ober abbübungen ber ©djäbel-
unb 9tnttifcformen berühmter ober fonft merhoürbiger perfonen, $eft 1.
Setyjig b. SEBetcharbt, pari« u. Sonbon b. SBailliere, 1843. ftol. 24 ©. u.
10 @teinbrucf tafeln. 2. §eft 1845.
©uftao o. @tru»e bie Senologie in unb außerhalb $eutfa)(anb.
9Kit Sitethtpfer u. 5 (eingebr.) Hbbilbungen. $eibetberg b. ©roo«. 1843.
8. 57 6.
— Sie @ei$ic$te ber Phrenologie. 2Rit l Sitetb. #eibelberg b. ©roo«.
1843. 60 @.
©uftao o. ©trutoe unb (Sbuarb $irfchfelb 3eitfärift fiir Phreno«
logie. Unter SWittmrtung oieter (belehrten herausgegeben. 3 S3be. ju je 4
Cuartatbeftcn. #eibetberg b. ©roo«. 1843—1845. 8. (k »b. 2 X^tr.)
5Df. fiaftfe pfyrenotogiföe Hnatyfe be« (Sharalter« be« $rn. Dr. 3nfti-
nu« Äerner. 9Äit einem ©riefe be« £rn. Dr. ferner über ba« Serf an
ben Serf. 3». Äerner'« SBilbnifj. #eibetb. b. ©roo«. 1844. 8. 75 ©.
9W. <£aftle Phrenot. Unterfu^ung be« Dr. 2)aoib Biebrich (Strauß,
burch affgemeine ^renologifäe unb ^^ttofop^tfc^e Änmerfungen erläutert.
$eübronn. 1844.
Dr. (5b. $irfchfelb Umriffe ber Phrenologie, ©er Waturforfcheröer*
fammlung in ©remen gaftlicb bargeboten, ©remen 1844. 8.
?ubto. (5h out an t »orlefnng über bie «ranioflo^ie ober ©chäbellchre,
oor einem Äreife gebitbetcr Wichtärjte gehatten. 9cebft einem «nbang : bie
©efammttiteratur ber tranioftofcie oon ©äff bi« auf unfere Seiten. 2>re«ben
unb Seidig bei »rnotb. 1844. 8. 8t <2>.
(Sin ©ort über bie Phrenologie ton einem Brjte. Seidig bei ©e*
bauer. 1844. 8.
JDie Phrenologie oom »iffcnidiaftiicbeu rtautiMtnfte au« beleuchtet oon
©. 2Jc e oer. Bübingen 1844. 8. (2)iefe unb bie oorige ©dhrift forecben
gegen bie Phrenologie oom Stanbpunfte ber 9Jichtfenntnifj ber @ache au«.)
©uftao ö. ©truoe unb Dr. @b. $irfchfelb Sula« jur örtöuterung
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526
ftnfrattg.
ber Setjre toon ben Verrichtungen te« ©ebirn« (12 oon ©all'« lafeln). 9ftit
beutfchem, frans, n. engl. £ert. gr. ftol. Jpetbelberg 1844, bei ©roo«.
(3 Xtyx.) (@etjr brauchbar.)
©ufta* ». <5tru»e #anbbuch ber Phrenologie. 2Äit 6 litb. £afeln
unb £ert*«bbilb. ?ei*jig bei «rocfbäu«. 1845. 8. (2 Styr. 8 ©r.)
Dr. 3». SafUe bie Phrenologie, mit 2 Safein Hbbüb. (Stuttgart
b. Ärabbe. 1845. 8. (2 Xtyx.) ((Sin gute« fcanbbucb bet Phrenologie,
boa> weniger für ben Anfänger geeignet, at« ba« ton (Sombe, ttberf. »on
$irfchfelb, ba« oon Moel ober ba« toon ©tru»e. Unter biefen brei febr
brauchbaren ^anbbüa>ern möchte ba« »on iKoel, 2. »ufl., ben Vorjug »er-
bienen. @ehr ju empfehlen ift auch ber in Dürnberg 1829 (1833) erfaßte*
nene recht gute Hu«jug au« ©all'« SBerf, f. oben.)
Dr. (ingelbue u. Dr. (SUiotfon jur Sttrbigung ber phöftologie
be« ©ebirn« unb be« 9)iateriali«mu«. 92ebft ÜRittheilungen Uber ben (SinfUifj
be« tbieviidtcu SDiagneti«mu« auf bie Xhätigfeit ber ©ebirnorgane. 3Äit
Sfitiiit. ber pbvonoi. Vttfte unb beren örtlärung nach ©eorge (Sombe. Berlin
b. Äraufe. 1846. ('/» Xtyr-) (2)ie $botfachen be« (Sinfluffe« be« tfcierifü)en
2Ragneti«mu« auf bie X&atigfeit ber ©ehirnorgane fmb hW intereffant.)
»ernb. Cotta »riefe über »ler. ». $umbolbf« £o«mo«. geizig bei
«rnolb. 1848. ((Snthält eine febr »orjüglia>e 2)arfteUung ber Senologie.)
3- @>among bie »okuläre Phrenologie ober fta)ere atterfmale ber
Neigungen, Talente unb ftähigfeiten ic. be« SMenfcben, ganj einfach an ben
Heineren ober größeren Erhöhungen unb Vertiefungen feine« ^irnfa>3bel«
ju erlennen. ?eiüjig bei pönicfc. 1850. 8. («/4 Xtyx.)
Prof. 3ul. 2 d) aller bie Phrenologie in ihren ©runb3Ügen unb nach
ibrem wiffenfcbaftl. unb »raftifchen SSerthe. 3)lit 1 £af. Bbbilb. Üei&jig
bei ©eibel. 1851. 8. («/, Xtyx.) (2>er Verf. Witt »on tont roiffenfehafttichen
Söertb ber Phrenologie f»recben, ohne auf feinem f»eculati»-»bi'°fatobif<hen
©tanbtounfte nur ju atmen, baß bie ^^renologie Stfaturmiffenfchaft ijt, —
oon beren &raftifa)em Söerth, ohne eine einjige ihrer £batfaa)en torafrifa)
geprüft ju hoben.)
©. @che»e Äate<hi«mu« ber Phrenologie. 2Kit Sitelbilb u. 18 in ben
Xtxt gebr. »bbilb. b. SBeber. 1851. 8. 6. «ufl. 1874. (»/3 Ztyx.)
— Phänologie unb aOlebijin. «u« meinen rotffenfchaftl. SBegegniffen ju
Hamburg. 3Rit £itelbilb u. 7 in ben £ert gebr. «bbilb. Seifo. b. SBeber.
1861. («/« Xf)lx.)
<£. @. «llhufen, ©ehirnlehre nach Dr. ©all. 1 Vog. gr. gol. Äiel,
«Itona Verlag«bureau. 1851. (1»/, Xtyx.)
9J. Si. 9?oel bie ©egrünbung unb ba« SBefen ber Phänologie. 2)re«-
ben b. »rnolb. 1852. 8. (6 5Rgr.)
3>ie Phrenologie ober öeifte«lehre , ein fixerer Bewei« für (ihrifti
unübertreffliche Sehren unbegrenzter aWenf^nliebe. Von einem ibrer SBer^
ehrer. »re«lau 1852. 8.
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fcnfong. 527
Dr. Äari @($mibt ant&ropofogifcbe »riefe. 3Me Siffenf^aft »om
9Renfd)en in feinem Se&en unb in feinen Sbaten. Sitten ©ebübeten, t>or*
jüglin) allen Sc^rern unb Gqieberu genubmet. SWit 56 litb. HbbUbungen.
2>effau b. Äafc. 1852. 8. 663 ©. ((Sin umfaffenbe« $anbbu$ ber pbxt*
nologifdjen Anthropologie.)
3. 3. 92a ue SWimifcfc^brenoJogifdje«. 2)ic Senologie iut ©erbältnijj
jur bilbenben £unfk be« «Itertbum« unb ber 3e^tjeit. 9Wit 14 litb. Bbbilb.
tfbtben b. «gtyettler. 1853. 8.
ibtologifc^e 3*>tfragen, beantwortet toon Dr. Äarl @d>mtbt. Äöt^en
b. ©Bettler. 1863. 8.
Dr. Äart @a)mibt. 2)ie Harmonie ber «Selten. Seidig bei ©eibef.
1853. 8. (*Bae »om *>breno(. ©efK$t«punft au« bie'^büofo^ie ift.)
ftr. Seinfnen>t. Umriß ber ^brenologie. ein ©eitrag jur «er*
breitung biefer ?eb.re be* ©eifie«. 8unjlau 1853. Xbjr.)
Dr. Äaii Schmitt söu($ ber (Srjieljung. 3Me (Sefefce ber (Srjiefmng
unb be« Unterricht« gegrttnbet auf bie 9iaturgefefee be« menfeb, lidjen ?eibe«
unb ©eifte«. sörtefe an (Sit an, Setjrer unb (Srjictjer. 9Hit 8 ^oljfdmitten.
Äötben b. Bettler. 1854. 8 536 @. 2 £t)(r. ((Srjietmng unb Unter*
ri$t nach pt)reno(ogifc$en ©runbfäfeen.)
©. @ct)eöe ^t)renofogifa;e fteifebilber. 9Rit $ol;ifc$nitten unb einer
@teinfcru(ftafei. Äötben b. e^ett(er 1863. (24 <Rgr.)
— $t)rcno(ogifc$e ftrauenbilber. 2>re«ben« @d)riftftetterinnen ber ©egen-
mart. 2>re«ben b. @a)b>ff. (24 <Rgr.)
— Die UngöttH^Ieit be« ^Japfttbum« unb bie Äir<$e ber Sntonft-
«Stuttgart b. $eifc. 1873.
kalter Wiaanb'd Dudibrurffrei in Ufioiia
3m ©eriage be« Unterjeicbneten ift fetner erfcbienen unb bnnb atte
$H(bbanbfungen jn bejieben:
tfiutcdusnuis der Ii r cn o I u i| i o
■
■
(Süßau Sditiif.
mit SitelbUb nnb 18 in ben Stert gebrueften «bbilbnngen.
@e<t#e, ütrbcffcrte «uflofle. 1874.
$rei« : 10 «gr.
«rfltr «kfiWtt. ©ninbjügc ber
^brenologie.
1. Die ©eifte«iebre.
2. Die Organenlebre.
Swrttcr ÄbfdMittt. 3ur ©efc&icbte
ber *ßbrenoIogie.
Dritt« »Mufti. Sier |>breno(©:
gifebe ©ä&e.
1. Dal ©ebirn ift ba« Organ
be« ©eifle«.
2. Da« ©ebiru ift nid>t ein ein*
fa(be«, fonbern ein jufammen*
gefegte« Organ.
3. Die ©röße be« ©ebiru« ift
bei gleicben übrigen Verbau
niffen ein SÄaßfiab feiner
«raft.
4. Die ©eftalt be« ©eljirn« ift
au« ber äußeren Äopfgeftalt
erfennbar.
Vierter Vlbfdjnttt. Die ©runbfräfte
be« Weifte» unb ibvc Organe.
1. Die nieberen ©iune.
2. Die ©emfitbtfcnne.
3. Die $erftanbe«fmne.
fünfter s.»lbfdjnitt. fragen au« ber
SSiffenfcbaft unb bem ?eben.
1 • fielst ti^Jcit*
2. Die befte ©eifte«; ober @e<
birnbilbung.
3. 2Renf<benrenntmfj.
4. ^bbfiognomit.
5. aWateita(i«mu« ; SBÜIen«freü
beit.
6. Die «nwenbung ber ^Jbre^
nologte.
Digiti^d by Googjj
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