LEONE BATTISTA
ALBERTI'S
KLEINERE
KUNSTTHEORETISC
HE SCHRIFTEN, ...
Leone Battista Alberti
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QUELLENSCHRIFTEN
KUNSTGESCHICHTE
UND
KUNSTTECHNIK DES MITTELALTERS
UM1> PEK
RENAISSANCE
HERAUSOKORBKN Vf»N
V R. EITKLBERGER v. EDELBERG.
LEONE BATTISTA ALBERTI S^
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KLEINERE KUNSTTHEORETISCHE SCHRIFTEN.
IM ORIGINALTEXT HERAUSGEGEBEN,
iibersetjt, erläutert, mit einer Einleitung und Excursen versehen
TOK
HUBERT JANITSCHEK.
' FÜR Eid
PRO ORT.
WIEN, 1877.
WILHELM BRAUMÜLLER
K. K. IIOK- irjJD rjnVKlWITÄTS-ntrcilMÄXDLEU.
Im Verlage
m WILHELM BRAmOLLER, t i M- uä DiiTenittttlHUilliiller U WIEN
sind erschienen:
QUEULENSCHRIFTEN
KUNSTGESCHICHTE UND KUNSTTEGHNIK
de«
MITTELALTERS UND DER RENAISSANGE
IM VEKCIN£ MIT FACHGCNOSSEN HERAUSGEGEBEN
von
B. BITELBEBßEB TU BDELBEB&.
I.— X. Band, gr. 8, 187 1— 1876. PreU: 17 fl. 70 kr, — 35 Jlf. 40 Pf,
I. CvMiIno CwMiiiii da «all» di VaMMta. Oot BuA mm» der KtoM oder Tractat der
Malerei, nberwtit, mit Anleitung, Not«n und Regiitar versehen von Dr. Albert
II g. i«7i. I fl. 20 kr. — 2 M. 40 Pf.
II. Dolce, Lodovico. Aretino oder Dialog über Malerei. Nach der Ausgabe von i557 aus
dem Italieailchen übersetzt von Ca jetan Cerri. Mit Etnleftung, Noten und Index ver-
sehen von R. Eitelberger v Edclberg. 1871. i ß. — 2 M.
III. DUrer's Briefe, Tagebücher und Reime nebHt einem Anbange von Zuschriften an und
fSr Dflrer, fibersetzt und mit Einleitung, Anmerkungen, Personenverzeichniss und dner
Reisekarte verschen von Hr. Mori/ Thausiug. 1872. 2ß — 4 \f.
IV. HeraoliiM. Von den Farben und Künsten der RSmer. Originaltext und Uebersetzung.
MitEinleitang, Noten und Ezenrsen versehen von Dr. Albert II g. 1H73. \fl. 5o Itr. — 3 Af.
V. Biondo, MIehel An^elo. Tractat von der hochedlen Malerei. (Venedig 1549.) Uebersetzt,
mit Einleitung und Noten versehen von Hr. AI bort Ilg. 1873. 60 kr. — i M. 20 Pf.
VI. Condivi, Asoanio. üas Leben des Michel .\ngelo Buonarroti. Zum <;rsten Male in's
Deutsche fibersetst durch Rudolph Valdek. 1874- »o »r. — » M. 40 Pf.
Vn. Thaophilu« Presbyter. Schedula diversiirum artium. I. Band. Revidirter Text, Ueber-
setzaoA und Appendix von Dr. AI bcrt Ilg. — i4nonpRi» Bemensis. Zum ersten
Male herausgegeben und übersetzt von Professor Dr. Hermann Hag,en. 1874.
3 ß. 5o kr. - 7 M.
VIII. Die Kunstbettrebttngen am bayerischen Hofe unter Herzog Albert V. und seinem Nach-
folger Wilhelm V. Nach den im k. ReichsarchiT voriiandenen Correspondenaactea
zusammengestellt von Dr. J. .Stockbauer, Professor, für Kunstgeschichte aa der
königl. Kunstgcwerbcschule in München. 1S74. i /7 kr. — 2 M. 40 Pf.
IX. Donatelio, seine Zeit und Schule. Eine Reihenfolge von Abhandlungen von Dr. Hans
Semper in Rom. Im Anhange: Das Leben det Donatelio von Vaaarl, fibarsetzt von
Obigem. Der Tractat de» Frameeeeo SoedU über den S. Gaoi^ dea Donatelio, übersetzt
von C Cerri. gr. 8. 1875. 3^. — 6 M.
X. Des JalMna NandBrfar, Schreib- und Rechenmeisters zu Nfimberg, NaekridOen wo«
/CÜHStiem und Werkleuten daselbst aus dem Jahre i547, nebst der Fortsetzung des
Andreas Gulden, , nach den Handschriften und mit Anmerkungen herausgegeben von
Dr. G. W. K. Lochner, Stadtarchivar zu Nürnberg, gr. 8. 1875. 2^. 5o kr. — 5 M.
Im Druclte befindlich:
SIL Byaanlintaalia KnnstgesohieMa ans den Quellen geschöpft von Prot Ungar in GCttiogea.
In Vorbereitung begriffen :
Pomp. Gaerffll NMpolHaai „de sauptara". Uebersetzt, mit einer Einleitung vnd ErUnte-
rangen versehen von Eduard Chmclarz.
Theophilut Presbyler: Schedula diversarum artium. Band IL Commcntar von Dr. Alb. Ilg«
ANsstasivs Bibliotheearius : Kwt^uUoeMi« Amtedet tau dem vitac paparum, übersetzt, mit
Commeniar und Excnrsaa von Dr. Scliain s in Berlin.
Giorgio Va»ari's Einleitung zu seinem ganzen Werk, mit der Biographie des Künstlers
und kunstiiistonschen Excerpten aus B. Facius, übersetzt und erläutert von Eduard
Chmelarx and Dr. Alb. Ilg.
Die Prafop Malarbadi mit Vaiwi a wd l aw, haraus g a gab a n von Prot A. Woltmann in Prag.
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LEONE BATTISTA ALBERTl.
Kleinere kunsttkeoretische Schriften,
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QUELLENSCHRIFTEN
FÜR
KUNSTGESCHICHTE
UND
KUNSTTECHNIK DES MITTELALTERS
UND DER
RENAISSANCE
ffiiV IMterstütiung des k. Ir. ötterr, €^nistenuna für Kultus und ühterricht,
im Vereine mit Jachgenossen herausgegeben
von
R. EITELBERGER v. EDELBERG.
XL
LEONE BATTISTA ALBERTl's
KL.B1NBRB KUNSTTHBORETISCHB SCHRIPTfiN.
iM OBlCHHALTBaCT HBBAUSOBOBBBir, CimunESST, SMJLOTBBT, MIT BOIER BniLKITDNO
UHD BZGÜBaUl TBBSBBBB
VON HUBERT JAHIT8CUBK.
WIEN, 1877.
WILHELM BRAUMÜLLER
K. K. Bop« mno ubiveksitItsbüchbImdibb.
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LEONE BATTISTA ALBERTI'S
KLEINERE
KUNSTTHEORETISCHE SCHRIFTEN.
IM ORIGINALTEXT HERAUSGEGEBEN,
ÜBERSETZT. ERLÄUTERT, MIT EINER EINLEtTUNO UND EXGDRSEN VERSEHEN
D»- HUBERT JÄNITSCHEK.
WIEN, 1877.
WILHELM BRAUMÜLLER
K. K HOK- UNO UJtmn8IT&TSBUCHB2llDI.VR
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INHALT.
Seile
Vorrede.
Kinicitung 1
Drei Bücher fiber die Malerei (Deila Pictura libri tre) 43
Ucber das Bildwerk (De Statua) ifiS
Ucber die fünf SaulenorJnungen (l cinque ordini Architcttonicij . . . 207
Krlftutcrungen 226
Anhang.
I. Widmungsschreiben Leone Battista Alberti's an Giovanni Francesco
Marchese von Mantiia bei Uebersendung der drei Bücher ^De
pictura** 204
7. Maso di Bartolomeo, genannt Masaccio 237
3. Codices manuscritti und Ausgaben der in diesem Bande publicirlen
kunstheoretischen Tractacte Alberti's 262
4, Namen registcr 26?
5« Sachregister 268
L i y Google
VORREDE.
Mit dem vorliegenden Bande bringen die Quellenschriften
die erste deutsche Ausgabe der kleineren kunsttheoretischen
Schriften des Leone Battista Alberti. Doch beschränkt sich
diese nicht auf die Uebersetzung; die Edition des Originaltextes
erschien auch nach der Ausgabe Bonucci's (Opere volgari di
Leone Battista Alberti, 5 volumi, Firenze 1843 — 49) eine drin-
gend geforderte. Die Gründe dafür werden in der Einleitung
angegeben werden.
Die Herausgabe des kunsnheoretischen Hauptwerkes des
Alberti, die zehn Bficher De re sdificatoria muss einer späteren
Zeit vorbehalten bleiben. In der Einleitung könnte eine kurze
Kunde über das Leben des Autors vermisst werden; ich liess
mir diese Unterlassungssttnde zu Schulden kommen, weil ich
ein Ganzes noch nicht bieten konnte und ein Halbes nicht
bieten mochte. Schon seit Jahren mit der Sammlung des Ma-
teriales tür eine Monographie dieses gewaltigen Repräsentanten
des Geistes der Frührenaissance beschäftigt, hoffe ich dieselbe
in nicht zu ferner Zeit der Oeffentlichkeit fibergeben zu können.
Vorläufig weise ich hin auf den geistvollen, gründlichen Essay
Springers über Alberti, in dessen „Bildern aus der neueren
Kunstgeschichte" und auf den Artikel von Julius Meyer in
der neuen Ausgabe von Nagler's „Allgemeinem KQnstlerIexikon*\
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Der Uebersetzung musste treues Anschmiegen an den
Originaltext höher stehen als stylistische Eleganz; doch mochte
ich dies Anschmiegen an die Aasdrucksweise des Originales nicht
bis zur Dunkelheit und Misshandlung der Consiructionsweise
des deutschen Idioms treiben.
Die zahlreichen Anmerkungen sind nicht aus leidiger
Citirwuth hervorgegangen. Den Quellen nachzuspüren, woraus
einer der erlauchtesten Vertreter eines neuanhebenden geistigen
Weltaiters schöpft, erschien mir nicht blos interessant, sondern
auch . nothwendig.
Dem Maler Herrn H. Ludwig in Rom, der als praktischer
Kfinstler gleich tfichtig wie als Theoretiker, sage ich herzlichen
Dank für die Bereitwilligkeit, mit welcher er die im Tractate
De pictura auf malerische Perspective bezüglichen, oft schwer
verständlichen Stellen mit mir besprach und deren Verständniss
mir so erschliessen half.
Rom, Anfang April 1876.
Dr. Hubert Janitschek.
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EINLEITUNG.
Nicht mehr der Beweise bedarf es, wenn die Behauptung
aufgestellt wird, dass der Umschwung, welcher in der italieni-
schen Kunst in • der ersten Hälfte des 1 5. Jahrhunderts sich
vollzieht, unbegreifbar ist, bringt man dabei nicht jene gewal-
tige Geistesbewegung in Anschlag, welche den Namen Humanis-
mus führt. Die grossartige Ankündigung desselben waren schon
Dante und Giotto ; sein völliger Sieg aber und damit seine
Omnipotenz der Herrschaft vollzieht sich erst mit Beginn des
1 5. Jahrhunderts. Dass der Humanismus keine einseitige Wieder-
belebung des classischen Alterthums ist, ward genug oft hervor-
gehoben^ zu lebendig war das stolze Bewusstsein, im Verhält-
nisse directer Nachkoomienschaft zu dem gefeierten Volke des
Alterthums zu stehen, um nicht das Recht sich zusprechen zu
dürfen : selbst zu sein. Wohl führt man jubelnd die halb
verschollenen Schätze der Kunst und Literatur des Alterthums
wie ein theueres, verloren gewesenes und nun wiedergefundenes
Eigenthum in das helle Licht des Tages ; antike Vorstellungen,
Anschauungen, Ideen brausen sturzbachgleich Über die Epoche:
aber das starke Lebensgefühl lässt es nicht dazu kommen, dass
das Volk zu einem Volke verstaubter Antiquare und Philologen
wird. Mit bewunderungswerther geistiger Energie werden die
neu zuströmenden Vorstellungen im Innern wenn nicht völlig
verarbeitet, so doch mindestens in Verbindung mit den vor-
Quellenschriften f. Kuostgescb. XI. I
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II
handenen gebracht und damit als treibende Kräfte in das eigene
und in das Leben der Zeit geführt. Ab humanistisches Ideal
aber krystallisirt sich in völliger Deutlichkeit heraus : Auslebung
der Persönlichkeit nach allen ihren Anlagen und Kräften hin.
Damit ist auch die geistige Regsamkeit der Epoche bedingt,
die wir wie ein Wunder anstaunen. Die Verbindung der antiken
Vorstellungen mit den vorhanden gewesenen modernen ergibt
neue Ideale : alle Daseinsformen sollen darnach gestaltet werden.
Ein thatfreudiges und innerlich stark lebendes Volk duldet keine
harten Widersprüche zwischen den Zielen seines Denkens und
seinem praktischen Thun. Kunst und Wissenschaft als die exe-
mirtesten Offenbarungen der doppelten Thatigkeit des Geistes,
der begreifenden und schalenden, müssen vor Allem der Ein-
heit und Dieselbigkeit ihrer Ziele bewusst sein; schauend be-
greift der Künsder die Welt, denkend der Gelehrte; wie aber
die Schöpfung des Kunstlers die Wahrheit des Lebens in höch-
ster Energie besitzen und ausströmen muss, so muss der Wissen-
schaft bei ihrer Arbeit die Schönheit als Ideal vorleuchten, denn
nur so verliert sie nicht das. All Über dem Einseinen aus dem
Auge und begreift die Welt als ein harmonisches Ganzes. Dem
modernen Menschen mag ein Schauer über den Rücken laufen,
wenn er von der Identificirung von Wahrheit und Schönheit
hört; zu gross ist die Desorganisation des fistfaetischen Lebens
unserer Zeit, zu sehr mangelt ihr die bildnerische Kraft und
das Auge des Künstlers, um darin mehr zu sehen als die anti-
quirte Schrulle unserer Philosophie der Romantik: aber gesagt
muss werden, dass in der Einheitlichkeit der Gedanken und
Ideale, welche jede ThStigkeits-SphSre im humanistischen Zeit-
alter oder dem Zeitalter des Risorgimento bestimmte , die Ur-
sache der Grösse und Herrüchkeit dieses Zeitalters liegt.
Da aber der Process der Assimilation neuer Vorstellungen
im theoretischen Bewusstsein sich viel schneller vollzieht als
im praktischen, d. h. im Thun, so ist dadurch bedingt, dass
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III
das Ideal auf jedem Lebens- und Scfaaffensgebiete sich zuerst
theoretisch darstellt, dem dann die Gestaltung nachzustreben
hat. So finden wir zwar schon am Anfange des i5. Jahrhunderts
eine kleine Schaar von Künstlern, wie ßrunellesco, Donatello,
Ghiberti, in deren Schöpfungen der neue Geist m aller Kraft
pulsirt, im Allgemeinen aber und vornehmlich in der Malerei
wirken vergangene Traditionen noch fort ; Giotto's Formen und
Gedanken bestimmen noch mehr oder minder das Schaffen der
meisten Künstler der Zeit, ohne dass sie doch des hohen Lebens-
gefiihls des Stifters ihrer Richtung theilhaft geworden wären.
Da tritt Leone Battista Alberti auf und leitet den Strom der
neuen Anschauungen und Gedanken direct auf das Gebiet der
Kunst, vornehmlich der Malerei; präcisirt die neuen Aufgaben
und Ziele der, Kunst, formulirt die Forderungen, welche das
humanistisch gebildete Italien an das Kunstwerk stellt, welche
zu erfüllen der Künstler also bewusst anzustreben habe : das
ist die Bedeutung von Alberti's Tractat Deila Pictura.
Ueber die Zeit der Entstehung dieses Werkes ist genauer
Bericht vorhanden. Es existirt in der Bibliothek von San Marco
in Venedig eine Abschrift von Cicero's „Brutus sive de daris
oratoribus^; dieselbe war einst Eigenthum des L. B. Alberti.
Auf dem letzten Blatte finden sich einige Ricordi von seiner
Hand geschrieben; darunter auch die Nachricht, dass er am
7. September 1435 zu Florenz die drei Bücher über Malerei
vollendet habe Es ist von geringem Belang, zu entscheiden,
ob diese erste Redaction in Volgar-Sprache abgefasst war, wie
Bonucci verficht, oder ob in lateinischer Sprache; ich ver>
muthe das Letztere aus folgenden Gründen. Wohl hat Alberti
dem Volgare grosse Liebe und Aufmerksamkeit zugewendet und
Der Codex gehörte der Naniana an. Er ist bezeichnet : Cod. Membr.
LXXXII in 8. Vergl. Jac. MorcUi, Codices Manuscripti Latini Bibliothecae
Nanianae (Venetiis, 1776).
I*
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IV
war bestrebt, es in die Literatur einzuführen, aus der es nach
Dante, Petrarca und Bocaccio fast verschwunden war; bei der
Erörterung wissenschaftlicher Fragen aber mochte er sich wohl
der Anschauung der Zeit fügen , welche dahin ging , dass
stets eine Schrift- und eine Volkssprache existirt habe, und dass
zu Cicero*s Zeit das Volk dasselbe Volgare gesprochen habe,
welches jetzt vom Volke gesprochen werde, dass es sich dess-
halb auch jetzt so wie damals zieme, in der Schrift die ^lingua
grammatica", d, h. Latein, anzuwenden '). Es sind dann schwer
die Gründe zu finden, zu welchem Zwecke er den Tractat aus
dem Italienischen in das Lateinische Übersetzte, da der italieni-
schen Sprache doch Alle mächtig waren, welche er als Leser
im Auge haben konnte. Anders ist dies bei den „Elementa
Picturae", die er notorisch zuerst im Volgare abfasste, dann
aber in das Lateinische Übersetzte; da aber war der, welcher die
Uebersetzung forderte, Theodorus Gaza, ein Grieche (aus Thes-
salonich), dem also das italienische Idiom völlig fremd war^.
Soaderlich ist es dann , dass von der italienischen Redaction
bis jetzt nur Eine Handschrift auffindbar war, während die
lateinische Redaction in mehreren vertreten ist; und das scheint
niemals besser gewesen zu sein, da im anderen Falle denn doch
kaum die italienische Redaction schon 7 5 Jahre nach dem Tode
•) Das interessanteste Document darüber: Flavio Biondo, De Roniana
locutione. Cod. Magl. XIII. 38.
*) Die Widmungsepislcl nennt blos den Namen Theodorus; doch
scheint es mir zweifellos, dass damit der Aristotcliker und auch in
allen anderen humanistischen Wissenschaften erfahrene Theodorus Gaza
aus Thessaionich gemeint sei, der nach 1430 nach Italien kam. Nicht bloa,
dass Theodorus Gaza mit den intimen Freunden Alberti's, wie z. B. Hierony-
mus Aliottus und Franciscus FiJelphus in gleichfalls innigen Beziehungen
steht, Papst NicoUus V., der wArmste Gflnner Alberti's, ruft 1451 auch den
Theodorus Gaza an den päpstlichen Ho£ Ausfohrlicber Ober Tbeodonis,
sowie ober seine Beziehungen zu Alberti zu sprechen , muss für einen an-
deren Ort Terspart werden.
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V
Alberti's so verschollen gewesen wäre , dass sich nacheinander
Cosimo Bartoli und Ludovico Domenichi bestimmt fanden,
eine Uebersetzung aus dem Lateinischen in das Italienische
vorzunehmen. Bonucci hat als Hauptbeweis fOr seine Behaup-
tung angeführt , dass in der lateinischen Redaction Einzelnes
breiter und systematischer ausgeführt sei, dass solches aber nur
aus einem zweiten Zurückkommen auf dieselbe Sache zu er-
klären sei. Dem kann man mit nicht minderem Recht entgegen-
halten, dass ihm in einer für einen praktischen Künstler be-
rechneten Umarbeitung und Uebersetzung des Tractats eine
an einzelnen Stellen minder breite und minder systematische
Darstellung zweckdienlich schien. Die Widmungsepistel der
lateinischen Redaction, gerichtet an Giovanni Francesco, Mar-
chese von Mantova, ermangelt mindestens in den von mir ein-
gesehenen Codices eines Datums ; die italienische Redaction, mit
der Widmung an Brunellesco, bringt am Schlüsse die Worte:
Finis lau» Deo, die XVII mensis Julii MCCCCXXXVl.
Nichts hindert, dies Datum als den Termin der Voll-
endung der Uebersetzung anzunehmen ; nicht blos , dass die
zwei oder drei Correcturen von Alberti's Hand selbst herzu-
rfihren scheinen, das Blatt vor der Widmung enthält auch die
Zeichnung eines Adlers mit dem Ciceronianischen „Quid tum**,
welches die Devise Alberti's war. Der Satz endlich in der Wid-
mung an Brunellesco, „quäle a tuo nome feci in lingua toscana",
lässt bei unbefangener Lesung kaum eine andere Deutung zu,
als dass Alberti ffir Brunellesco speciell die Uebersetzung in's
Italienische vornahm <). Ob nun diese oder jene Meinung richtig
') lionucci behauptet auch, d;is Werk „De re aeJiticatoria" sei gleich-
falls ursprünglich in der Volgarsprache niedergeschrieben und erst später
in's Lateinische übertragen worden. A. Springer, der dieser Behauptung bei-
pflichtet, führt dazu weiter an, nach „Politian's Zeugniss" ereilte Alberti
während der Uebersetzung der Tod. Das ist denn aber doch anders. Antonio
Filarete, der seinen Tranato di Architeuura (Magl. XVll. 3o) vor 1460
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VI
sei, immer wird jede neue Publication auf den italienischen
Text zurückgehen müssen, indem diesem die höhere kunst-
geschichtliche Bedeutung zukommt, da Alberti sich damit an
den praktischen Kfinstler wendet, worin sich die Absicht in
voller Klarheit ausspricht, lebendiger einzugreifen in das Kunst-
leben seiner Zeit, als er es mit der lateinischen Redaction ver-
mochte. In der lateinischen Redaction führen die drei Bücher
des Tractats die Namen : I. Rudimenta ; II. Pictura ; III. Pictor.
Damit ist die Verth eilung des Inhalts des ganzen Werkes be-
zeichnet. Vor Darlegung dieses Inhalts aber muss der Widmung
des italienischen Textes an Brunellesco gedacht werden. Sie ist
von hohem culturgeschichtlichen Interesse. Völlig klar spricht
daraus das Bewusstsein, dass eine grosse Zeit angebrochen, dass
sie eine Fülle schöpferischer Kraft in sich birgt, welche Thaten
erzeugt, die sich als ebenbürtig neben das Schönste und Grösste,
was die Antike hervorbrachte, stellen dürfen. Doch hat Alberti
schrieb, sagt nach einigen b^eisterten Elogen auf Alberti : «Lui anoora a fatto
in latino una hopera elegantisaima" (fol. t a terg.) sc. Ober den Gegenstand,
Ober wdcben er zu schreiben Willens ist. Er fbgt dann hinzu, dass er der
lateinischen Sprache zu wenig mtchtig, um in derselben schreiben zu
können; doch wOrden die minder Gelehrten Ihn sicherlich mit VergnOgen
und Vortheil lesen, wahrend die Gelehrten zur Arbeit Alberti's greifen
mögen. Dem entspricht auch die Stelle bd Mathia Palmieri; da heisst es
auf das Jahr 145a bezOglich: „Leo Baptista Albertus vir ingento praedictus
acuto et perspicaci, bonisque artibus et doctrina exculto eruditissimos a se
scriptos De Architectura libros Pontifici ostendit." M. Palmieri De tempori-
bus suis in Tartini Rer. Ital. Scriptores I. Pg. 239 seqii. Gewiss hätte die
Abfassung der Arbeit im Volgare besondere Erwähnung gefunden. Thatsächlich
sagt auch F*olitian nichts Anderes, als dass den Alberti über einer nochmaligen
verbessernden Revision des Werkes der Tod ereilt habe. „Kmendatos per-
poHtosque" heisst es an der betreffenden Stelle in der Widmungsepistel
Politian's an Lorenzo Medici zur ersten Ausgabe dea Werkes 1486. Dass
uns schliesslich von der italienischen Redaction nur die drei ersten BOcher
Oberkommen sind, Hast achliessen, dass Albwti die Uebersetzung nicht
vollendete.
VII
nur in den Werken der Bildhauer und Architekten die Offen-
barung des neu erwachten schöpferischen Geistes gesehen ; denn
nur die Namen von Bildhauern und Architekten führt er an:
Brunellesco , Donatello, Ghibcrti , Luca della Robbia und Ma-
saccio, den Bildhauer; denn der Maler kann unter den letzteren
Namen nicht verstanden werden, will man nicht den Thatsachen
Gewalt anthun Befremdend darf dies immerhin erscheinen ;
denn mochte auch ein Fra Angelico dem Kunstideale Albcrti's
nicht genug thun, die Malereien der Brancacci-Capelle athmen
schon völlig jenen neuen Geist, den Alberti fordert Die Wid-
mung an Giovanni Francesco von Mantova ist nicht von sach-
licher, sondern nur persönlicher Bedeutung. Ich gehe desshalb
zur Darlegung des Inhalts des Tractates. Das erste Buch führt
den besonderen Titel ,,Rudimenta", es entspricht dies seinem
Inhalt. Alberti entwickelt darin die Fundamentalprincipien der
Malerei. Er beginnt mit Erklärung der Grundbegriffe- Diese
wolle er — so meint er — zwar von den Mathematikern ent-
lehnen, doch werde er stets als praktischer Künstler, nicht als
Mathematiker sprechen; und als einen nicht geringen Vorzug
wird er es sich anrechnen, wenn seine Rede so klar sein sollte,
dass sie von jedem nur einigermassen in der Malerei Bewan-
derten verstanden würde. Die kurze Darlegung der geometri-
schen Grundbegriffe sowohl, wie später die Erörterung der
optischen Grundbegriffe zeigt eine grosse Vertrautheit mit Eukli-
des , den Alberti im Original studirt haben mochte , da seine
Kenntniss des Griechischen wohl zweifellos ist. Alberti gibt
also die Definitionen vom Punkte, der Linie, der FlSche; er
unterscheidet an der Fläche beharrliche und veränderliche (zu-
fälligej Eigenschaften. Als beharrliche Eigenschaften führt er
an die Art der Umgrenzung und die Art des Flächenrückens
') Vergl. darüber meinen Excurs: Maso di ßartolomeo, genannt
Masaccio.
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vin
(eben, sphärisch, concav). Die zuflUigen Eigenschaften definiit
er dahin, dass dieselben geändert erscheinen können^ ohne dass
doch desshalb das Wesen der Fläche alterirt würde. Solche zu-
fällige Eigenschaften sind Beleuchtung und Lage. Letztere wieder
kann im doppelten Sinne eine scheinbare Veränderung an der
Fläche hervorbringen; einmal, wenn die Entfernung geändert
wird, dann aber, wenn die Richtung eine Aenderung erfährt,
was durch die Aenderung der Lage des Centralstrahls (Ge-
sichtslinie) ausgedrückt ist
Bei Er5rtening der Veränderungen, welche die Verände-
rung der Lage an der Fläche hervorbringt, legt Alberti seine
Sehtheorie dar, welche als eine freie Combination der dies-
bezüglichen Ansichten des Piaton, Demokrit und Euklides an«
gesehen werden muss. (VergL Anm. 6.) Man mag heute Über
die narve Erklärung des optischen Processes lächeln ; sie behält
ihre Geltung bis in das 17. Jahrhundert hinein. Vom Auge
gehen Sehstrablen aus, welche die gesehenen Dinge ummessen
und die Formen davon dann zum Sitz des Gesichtssinnes tragen.
Desshalb sehen wir jede Linie mittels eines Dreiecks, jede
Fläche mittels einer Pyramide. Die Spitze des Dreiecks oder
der Pyramide liegt im Auge; die Basis ist die gesehene Linie
oder Fläche. Es gibt äussere, mittlere und Centraistrahlen. Die
äusseren Sehstrahlen vermitteln uns die Kenntniss der Form
und Ausdehnung der Dinge; die mittleren vermitteln uns die
Kenntniss von deren Lichtern und Farben ; der Centraistrahl
ist das, was wir Gesichtslinie nennen. Im Anschlüsse an die opti-
schen Theoreme des Euklid gibt Alberti dann die Gründe an,
warum die Entfernung die Dinge kleiner erscheinen lasse und
die Näherung grösser, und in welchem Verhältnisse dies zum
Sehwinkel stehe. Bei Erörterung der Ursache, warum die „Be-
leuchtung'* die Fläche, resp. die Dinge geändert erscheinen
lasse, entwickelt Alberti in Kürze seine Farbentheorie; denn
unter Beleuchtung (Ricevere de' lumi) versteht Alberti stets die
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IX
f
Gcsammterscheinung der Flächen in Bezug auf Licht und Farbe
zugleich , da ja , wie er meint, jede Verschiedenheit der Farbe
im Wechsel des Lichtes ihren Ursprung bat. Unabhängig von
der Farbentheorie der Alten, insbesondere von der Autorität
des Aristoteles, sind -fttr Alberti Schwarz und Weiss keines-
wegs Farben, sondern nur Alteratoren derselben — also höch-
stes Licht und höchste Finsterniss, in welcher Anschauung ihm
hernach Lionardo wie in vielen anderen Dingen folgte. Als
Hauptfarben nimmt Alberti vier an, welche der Vierzahl der
Elemente entsprechen : Roth , Grün , Blau und Bleigrau oder
Aschgrau. Das erste entspricht dem Feuer, das zweite dem
Wasser, das dritte der Luft, das vierte der Erde. Diese
vier Farben aber können einerseits durch Mischung unter-
einander, andererseits durch Hinzutreten von Schwarz und
Weiss eine unendliche Menge von Unterarten bilden. Nachdem
dann noch die verschiedene Art des Lichtes — verschieden
nach der Art des lichtgebenden Körpers — in Erörterung ge-
zogen , kommt Alberti auf die zusammengesetzte Sehpyramide
zu sprechen. Jede einzelne Fläche besitzt ihre besondere Licht-
und Farbenpyramide; da aber der Körper von vielen Flächen
bedeckt ist, man aber nur unter Einer Sehpyramide sehen
kann, so muss diese nothwendiger Weise aus eben so viel ein-
fachen Pyramiden zusammengesetzt sein, als das gesehene Ob-
ject uns Flächen zuwendet. Die Malerei hat nun die Aufgabe,
einen Querschnitt dieser Sehpyramide auf die Bildiläche zu
bringen. So definirt Alberti die Malerei richtig und präcis als
die auf Einer Fläche mittelst Linien und Farben zu Stande ge-
brachte künstlerische Darstellung eines Querschnittes der Seh-
Pyramide, entsprechend einer bestimmten Entfernung, bei einer
bestimmten Beleuchtung und bei Beobachtung eines bestimmten
Augenpunktes. Nach so gewonnener BegrifiTsbestimmung der
Malerei sucht Alberti einige Fundamentalgesetze der Linear-
perspective zu eruiren. Hier steht Alberti wohl ganz auf dem
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X
Boden selbständiger Speculation ; allerdings mag auch er gleich
Brunellesco von Paulus Tuscaucllus manche Anregung empfan-
gen haben ; der geistige Verkehr , in welchem er mit diesem
stand , lässt darauf scbliessen Doch wird man nicht irren,
wenn man unter der „Prospettiva**, die Tuscanellus lehrte und
worüber er schrieb, nichts Anderes als Optik versteht; denn
in solchem Sinne ist der Name „Prospettiva" zu jener Zeit
verstanden ; Brunellesco und Alberti versuchen dann auf Grund-
lage dieser optischen Gesetze einige Grundregeln fftr die male-
rische Perspective festzustellen. Aber wShrend Brunellesco es
bei der Darlegung im praktischen Beispiel bewenden lässt, ver-
sucht Alberti deren theoretische Formulirung Die ersten
Versuche also sind es, die hier gemacht werden, die Gesetze
der Linearpe rspective zu ergründen und festzustellen. Daraus
mag man das Umständliche und nicht selten Dunkle des
Ausdruckes erklären. Alberti beginnt damit, das Wesen hori-
zontaler und verticaler ParaJlelflächen zu erörtern, dann er-
läutert er den Begriff der Aehnlichkeit und Proportionalität an
dem concreten Beispiele zweier Dreiecke, wovon das zweite so
*) In der „Vita Anonyma** des Alberti hettst es: «extaiit ejus Epi-
stolae ad Paulum PhTsicum**. Diese Briefe schdnen leider verloren gegangen
zu sein. Paulus Tuscanellus starb in Florenx im Mai 1483 in seinem
85. Jahre; er war also nur um sieben Jahre Alter als Alberti (Fontius, An*
nales auf 1483. Abgedruckt in Lami Gatal. BibL Riccard, pag. 19$ sequ.)
Dass Paulus Tuscanellus nicht blos Perspective lehrte, sondern auch dar-
Ober schrieb, erwfthnt Verinus, ein jongerer Zeitgenosse desselben:
„Quid Paulum memorem, ttrramque qui norat et astra
Qui Perspectivae libros descripsit, et arte
Egregiiis medica multosa mortc rcduxit."
Ugolini Verini Je illustratione urbis florcntiae libri trcs ed. Lutetiae
i383. lib. II. fol. 14 tergo.
Wie Alberti's persönlicher Kinfluss dann weiter wirkt, namentlich
auf Luca Paccioli und dann mittelbar auf Piero della t ranceschi , wird an-
deren Ortes darzuthun sein.
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XI
entstanden ist, dass man zur Basis eines gleichschcnkeligen
Dreiecks eine Aequidistante zog. Nun überträgt er sein Rai-
sonnement auf den Querscbnitt der Sehpyramide. Auf Grund
der früher gewonnenen Resultate zeigt er nun, dass jeder neue
Querschnitt, parallel zum früheren vollzogen , diesem propor-
tionirt ist, wie er auch proportionirt ist der geschauten Fläche,
die ja als Basis der Sehpyramide jedem der zu ihr parallel
vollzogenen Querschnitte proportionirt sein muss. Er kommt
dann zu den nicht aequidistanten Dimensionen und deren Ein-
wirkung auf den Querschnitt, resp. das Bild, zu sprechen. Von
den aequidistanten Dimensionen sind einige den Sehstrahlen con-
linear ; diese werden dann selbstverständlich fCUr den Querschnitt
ohne Bedeutung sein, d. h. sie werden auf ihm als Punkt er-
scheinen; andere sind den Sehstrahlcn aequidistant, diese werden
einen um so grösseren Raum im Querschnitt einnehmen, in je
spitzerem Winkel sie gegen den Querschnitt, resp. Bildfläche,
geneigt sind. Nachdem er so die Bedeutung aequidistanter und
conlinearer Dimensionen fttr den Querschnitt dargelegt, gezeigt,
wie das Bild durch sie alterirt werden kann , macht er eine
kurze Disgression, indem er darlegt, welche Kraft dem Ver-
gleiche innewohnt, wie es also nicht auf die Grösse des Bildes
ankommt, sondern auf das Verhfiltniss, welches zwischen den
Figuren des Bildes herrscht. Darnach kehrt Alberti zum Thema
zurück, um zu zeigen, wie der Querschnitt zu vollführen sei,
da bis jetzt ja nur erörtert wurde, was er ist. So folgt nun
der Versuch der Construction eines perspectivischen Quadrat-
netzes. Man stelle sich die Bildfläche vor wie ein geöffnetes
Fensler, wodurch man das sieht, was auf der Bildfläche gemalt
erscheinen soll. Als Mass nehme man die Armlänge (Elle) an;
die Grösse des Menschen ist auf drei Armlflngen zu berechnen.
Auf der Basis der BildfiSche wird nun das EUenmass so oft
aufgetragen, als dies möglich ist. Hierauf wird der Augenpunkt
fixirt, den aber Alberti nicht höher von der Basis angenommen
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XII
wünscht, als die Höhe des Menschen, d. h. des gemalten, be-
trägt — eine Gepflogenheit , die von fast allen Malern der
Renaissance betrachtet worden ist. Nun ziehe ich mir die
Fluchtlinien, d. h. ich verbinde den Augenpunkt mit den Theil-
punkten der Basis durch Gerade. Es könnte nun Einige geben
— so fährt Alberti fort — welche in der Weise nun die gegen
den Horizont hin sich verjüngenden Bodenfelder bestimmten,
dass sie eine Aequidistante auf den Zufall hin zur Basis zögen
und dann so weiter fortfahren, dass jeder folgende Plan um
ein Drittel der Grösse des vorausgehenden, also um die Hälfte
der eigenen Grösse sich verkleinerte. Dies aber wäre ein falscher
Weg; schon weil ohne Bedachtnahme auf einen bestimmten
Distanzpunkt die erste zur Basis Aequidistante gezogen würde,
mOsste man zu irrigen Resultaten gelangen, auch wenn im
Uebrigen die Methode eine richtige wäre.
So gibt nun Alberti an, auf welchem Wege er die Auf-
einanderfolge der zur Basis aequidistanten Transversalen bestimme.
Er macht sich auf einer kleinen Fläche eine Hilfsconstruction,
theilt dort die Basis in gleich viele Theile wie auf der Bild-
iläche, nimmt wie dort in der Höhe von drei Ellen (seiner) ihrer
Art (d. h. drei Theilen der Basis) den Augenpunkt an und
zieht sich von demselben die Fluchtlinien zu den Theilpunkten
der Basis. Nun stellt Alberti die Distanz fest und zieht von da
aus eine lothrechte Linie gegen die Bildflächc ; da nun , wo
diese Linie die gezogenen Fluchtlinien in Aufeinanderfolge
schneidet, sind auch die Punkte, durch welche die Aufeinander-
folge der Transversalen und damit die Verjüngung der Pläne
bestimmt werden. (Vergl. Anm. 22). Nachdem diese Resultate auf
die Bildfläche übertragen, wird der Horizont (Geniraiünie) durch
den Augenpunkt (Centraipunkt) gezogen, als Grenze für alle
Gegenstände, die nicht oberhalb des Auges des Beschauers sich
befinden sollen. Alberti ist sich bewusst, dass seine Erörterung
an dieser Stelle nicht ganz klar und leicht verständlich sei; er
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XIII
führt als Entschuldigung das Schwierige und Dunkle der Materie
an, indem er auf die alten (sc. italienischen) Maler hinweist,
von welchen kaum ein perspectivisch richtig componirtes Bild
existire. Es braucht dies nicht besonders erhärtet werden,
mag man auch zugeben, dass ein unbedingter Fortschritt in
der richtigen perspectivischen Zeichnung von architektonischen
Hintergründen und Scenerien in dem Grade merkbar ist, als
man der Renaissance sich nflhert. Mehr aber noch; die
praktische Kunstübung hatte schon Meisterstücke schwieriger
perspectivischer Aufgaben gelöst , ohne dass man über dem
praktischen Wissen zur theoretischen Formulirung des Gesetzes
gekommen wäre. Ich kann es mir nicht versagen, einen beson-
deren Fall aus Lionardo's Tractat anzuführen. Er schreibt:
„Trovö per esperienza, che se la cosa seconda sara tanto
distante dalla prima quanto la prima ^ distante dall' occhiö,
che benchö infra loro sieno di pari grandezza, la seconda fia
la metä minore che la prima: e se la terza cosa sara di pari
distanza dalla seconda innanzi a essa , fia minore due terzi e
cosi di grado in grado per pari distanza faranno sempre dimi-
nuzione proporzionata, purche V intervallo non passi il numero
di 20 braccia, e infra dette venti braccia la figura simile a te
perdera due quarii di sua grandezza ed infra quaranta pcrdera
tre quarti e poi cinque sesti in 60 braccia e cosl di mano in
mano fara sua diminuzione, facendo la parete lontana da te
due volte la tua grandezza, cht U farla una sola, fa gran diffe-
renza dalle prime braccia alle seconde** <).
') „Durch Versuche fand ich , dass, falls ein zweiter Gegenstand vom
ersten so weit entfernt sich befindet, als der erste vom Auge, jener zweite
dann, obgleich er von derselben Grösse ist wie der erste, doch um die
HSlfte kleiner als dieser erscheinen wird; wird dann weiterhin ein dritter
Gegenstand in gleicher Entfernung vom zweiten postirt, so wird er um zwei
Drittel kleiner erscheinen (als der erste), und so wird man von Stufe zu
Stufe bei gleicher Distanz stets t»nt dieser proportionirten Veritleinerungen
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XIV
Wir sehen hier, dass es auch Lionardo noch schwer wird,
vom einzelnen Fall zum Gesetz vorzudringen; er hätte sonst
finden müssen, dass das gleiche VerhSItniss herrschend bleibe,
wenn nach geänderter Distanz des Beschatters von dem Gegen-
stande, dem entsprechend auch die Distanzen der Gegenstände
zwischen eintiider geändert werden.
Nach Erörterung dieser perspectivischen Gmndprobleme
sind die Elementarprincipien der Malerei Überhaupt dargelegt;
es kann nun übergegangen werden zu dem Werke der Malerei
selbst und zur Entwickeiung der Principien und Forderungen,
welchen dasselbe genügen muss. Das bildet den Inhalt des
zweiten- Buches. Es beginnt mit einem schwungvollen Hymnus
auf die Würde der Malerei. Nicht blos der Freundschaft gleich,
vermag sie uns Abwesende gegenwärtig zu halten , mehr als
diese zeigt sie uns Verstorbene noch nach Jahrhunderten in der
täuschenden Gegenwart des Lebens. Sie ist auch die hilfreichste
Dienerin der Religion, indem sie die Abbilder der Götter vor
das Auge der Sterblichen stellt, und so das Band fester knüpft,
welches uns mit den Himmlischen verbindet. Nichts gibt es
Kostbares, das durch Hinzutreten der Malerei nicht noch kost-
barer würde; nichts Geringes gibt es, das durch ihre Gegenwart
nicht kostbar würde. Alle Künste stehen ihr zu Lehn; keine Kunst
und kein Handwerk gibt es, das ihrem Einduss sich entziehen
könnte, selbst die Architektur entlehnt ihre Formen der Malerei,
erhalten, wenn nur der Zwischenraum 20 KUcn nicht überschreitet. Und
innerhalb der 20 Ellen wird eine dir ähnliche Gestalt ^'^ ihrer Grösse ver-
lieren, innerhalb 40 Ellen ^/^ und dann ^/^ innerhalb 60 Ellen, und sie
wird so fort und fort ihre Verkleinerung erhalten, wenn die Bitdä&che in
einer Entfernung von dir sich findet, welche deiner doppelten Grösse ent-
spricht; denn wenn die Entfernung nur einmal deine Grösse betragt, so
wird dies einen grossen Unterschied von den ersten (so) Ellen zu den
zweiten madien.** Trattato della Pittnra di Lionardo da Vind. 6d, Manzi,
Roma. 1817. Üb. III. (pag. a3o.)
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XV
eine Aussage, die Burckhardt mit Recht als das stärkste Zeug-
niss für den malerischen Standpunkt der Frdhrenaissance gegen-
über den Baufbnnen bezeichnet So kann die Malerei wohl
mit Narcissus verglichen werden ; denn, abgesehen, dass sie die
ßlüthc von Allem, ist sie ja auch nichts Anderes, als der Ver-
. such, künstlerisch das Abbild der Dinge festzuhalten, wie es
Narcissus versuchte, da er die Arme ausstreckte nach dem
eigenen Bilde, das ihm ans dem Spiegel der Quelle ent^gen*
blickte. An dieser poetischen Interpretation lässt es sich Aiberti
genfigen ; nach den Ursprüngen der Maierei ernsthaft zu suchen
— meint er — sei nicht seine Aufgabe, da er nicht gleich
Plinius vorhabe, eine Geschichte der Malerei zu schreiben, son-
dern er ein Lehrbuch derselben abfassen wolle.
Nach dieser kurzen Disgression kommt er auf die Würde
der Malerei zurück. Hat er früher die in der Malerei selbst
liegenden Vorzüge entwickelt, so zeigt er nun, dass diese auch
anerkannt worden seien, da Fürsten und Vornehme, Philosophen
und Dichter betiissen waren, dieselbe zu üben. Dabei zahlt er
mit grosser Beiesenheit in den antiken Autoren all die Namen
von Herrschern, Edlen, Philosophen u. s* w. auf, die es nicht
verschmähten, nach dem Ruhme des Malers zu streben. Aber
nicht blos wer sie übt findet Freude an ihr , auch dem Un-
kundigen wird sie zu einer Quelle des Genusses. Wenn es dem
so ist, wenn die Kunst der Malerei eine so hochedle, so gezieme
es sich wohl, auch allen Fleiss und Eifer ihr zuzuwenden; so
allein wird es auch möglich sein , dauernden Ruhm und un-
sterblichen Namen sich darin zu erwerben ; dies aber sei allein
das Ziel des Malers, nicht Gewinn. Diejenigen, welche den Ge-
winn über den Ruhm setzen, erwerben zumeist weder das Eine
noch das Andere. Nach solcher Einleitung kommt Aiberti auf
die Bestandtheile zu sprechen, in weiche die Malerei zerfällt;
^ J. Burckhardt: Geschichte der Renaissance in Italien. S. 43.
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XVI
diese sowohl wie auch ihr gegenseitiges Verhliltniss ergeben
sich ihm aus der Betrachtung der Naturdinge. Wir nehmen an
einem Dinge zuerst seine allgemeine Form wahr, welche in der
absoluten Grenze des Dinges ihren Ausdruck findet; Übertrage
ich mir diese mittels Linien auf eine Flfiche, so erhalte ich den
Contur. Bei genauerer Betrachtung des Dinges fasst das Auge
nicht blos dessen absolute Grenze, sondern nimmt dessen Ge-
sammthaltung wahr, erkennt, wie das, was sich ihm darstellt,
ein Complex von Flfichen ist, die in bestimmter Weise an- und
zusammengeordnet sind. Schliesslich sehen wir dann, dass die
OberHäche jedes Dinges in bestimmter Weise beleuchtet und
gefärbv erscheint. Darnach ergeben sich dann als Bestandtheile
der Malerei der Contur, die Composition und die Farbengebung,
resp. Beleuchtung. In der Art der Ableitung dieser drei Be-
standtheile spricht sich die Riclitung der Zeit völlig aus, deren
hoher Formensinn zuerst das Wesentliche des Dinges schaut,
wie dieses in der festen Abgeschlossenheit von Linien und
Flächen seinen Ausdruck findet und dann erst zur Erscheinung
desselben übergeht, die sich in Licht und Farbe äussert.
Der Contur fordert höchste Feinheit, denn er hat ja nur
die absolute Grenze der Flächen anzuzeigen, nicht aber einen
Riss oder Einschnitt in denselben. Da in erster Instanz die
Wahrheit der Darstellung von der Richtigkeit des Conturs, als
der Formbestimmung des Dinges, abhängt, so ist auf diesen die
grösste Sorgfalt zu verwenden. Um in dieser Beziehung völlig
genügen zu können, empfiehlt Alberti den Gebrauch des von ihm
erfundenen Schleiers. Dieser ist ein dünnes durchsichtiges Gewebe
von beliebiger l arbe, welches durch gröbere und verschieden
gefärbte Fiidcn in Parallelogramme getheilt wird. Dieser so be-
schaffene Schleier wird vor den zu zeichnenden oder zu malen-
den Gegenstand gebracht, dessen Umrisse und dessen einzelne
Flächen nun in ganz bestimmten Parallelogrammen sich fixirt
finden. Merke ich mir diese an, so kann ich einerseits den
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XVI
Körper auf leichte Weise immer wieder in dieselbe Haltung,
in welcher ich ihn früher schaute, zurückversetzen — was für
das Abmalen schon von grossem Vortheil ; — andererseits kann
ich — habe ich meine Bild- oder Zeichnenfläche ähnlich dem
Schleier in Parallelogramme getheilt — nun genau mir darauf
bestimmen , wo , entsprcchenci dem Schleier , jedweder Grenz-
punkt jeder Fläche hinzufallen habe. Das wird die Mühe des
Künstlers verringern und zugleich für Richtigkeit des Conturs
von Vortheil sein. Gegen den Vorwurf, dass durch derartige
mechanische Hilfsmittel der Bequemlichkeit des Künstlers Vor-
schub geleistet werde, wendet Alberti ein, dass man vom Kunst-
werke zwar mit Recht Natur , Wahrheit und Schönheit ver-
lange, nicht aber das Gefallen daran von dem Aufwand an
Kraft und Mtthe bedinge, welchen der Künstler daran wandte.
Will aber Jemand dennoch ohne Hilfe des Schleiers arbeiten,
so bediene er sieb der Parallelenmethode mindestens im Geiste,
d. h. er möge, wo immer der Grenzpunkt einer Fläche sich
findet, diesen sich bestimmt denken durch eine Lothrechte , die
von einer Wagrechten geschnitten wird, und das so gewonnene
Resultat auf seine Bildfläche auftragen. So verzeichnet man sich
die Abgrenzungsltnien kleiner Flächen; man wende aber auch
grösste Achtsamkeit darauf, diese zu schauen. Naturbeob-
achtung wird da Alles thun. Man sehe nur, wie jede concave
oder sphan^Llic Flache in eine unendliche Anzahl ebener F'lächen
sich gleichsam zerlegt, von welchen eine jede ihre bestimmte
Beleuchtung und Färbung hat. Da sind die feinsten Licht- und
Farben-Nuancen, und doch hat jede ihre bestimmte Abgrenzung.
Dies von der Zeichnung der kleinen Flächen ; in Bezug auf
Zeichnung der grossen Flächen, welche schon in directem Bezug
zur Composition steht, gibt Alberti den Weg an, auf Grund-
lage seiner im ersten Buche erörterten Constructionen eines
perspectivischen Quadratnetzes, Winkelflächen, wie z. B. Mauern
und Kreisflächen in richtiger perspectivischer Verkürzung zu
Quellenschriften f. Kunttgesch. XI. 3
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XVIII
construiren. Nun kommt Alberti auf die Composition zu sprechen.
Er definirt die Composition als das Verfahrea^ welches die eia-
zelnen Theile in einem Bilde zusammenordnet und zusammen-
stimmt. Das grösste Werk des Malers ist die ^Historie" ; Theile
der Historie sind die Körper, Theile der Körper die Glieder,
Theile der Glieder die Flächen. Von der Composition der
Flfichen hat also die Erörterung auszugehen. Die höchste Auf-
merksamkeit ist ihr zuzuwenden, denn von der Composition
der Flächen hängt vor Allem die Schönheit ab. Im sechsten
Buche von „De re aedificatoria" definirt Aiberti die Schönheit,
als die völlig geschlossene Hannonie der einzelnen Theile und
Glieder, in einer Wdse, dass nichts dazugethan, nichts hinweg-
genommen, nichts geSndert werden könne, ohne SchSdigung
des Ganzen Diese „Concinnitas" ist also auch gefordert von
der Composition der Flächen zum Gliede und zum Körper,
denn der Effect soll gleichfeUs die ideale Schönheit (pulchritudo,
bellezza) sein. Wenn er hier noch der Schönheit Anmuth
(gratia) substituirt , so ist damit nicht etwa die Schönheit als
blosse Gefälligkeit gefasst , sondern es erscheint mir in Erinne-
rung an Cicero's Eintheilung der Schönheit in „gratia** und
„dignitas" gesagt zu sein, der unter „gratia** nur eine mehr
weibliche, „dignitas" mehr männliche Schönheit versteht (Cic.
De offic. I. 36). Dass die Begriffsbestimmung noch nicht so
streng ist wie später, ist' durch die Jugend Alberti's, in welcher
er „De pictura** schrieb, begreiflich. Alberti beschreibt dann,
wann man ein Gesicht anmuthig, resp. schön werde nennen
können; es wird dies der Fall sein, wenn Licht und Schatten
in entsprechender Weise in einander weben, wenn die Theil-
flächen so zusammengestimmt und angeordnet, dass alle Härten
') Nachdem er die Wirkung der Schönheit gefeiert, heisst es: Nos
tarnen brevitatis gratia sie difBniemtu: tit sit pulchritudo quidem certa cum
ratione concinnitas univeraarum partium, in eo cujus aint ita ut addi aut
diminui aut immutari poasit nihil, quam improbabilius reddat.
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XIX
und Kanten verbannt bleiben. Als Mittel , das Auge dalür zu
erziehen, ist nichts mehr anzurathen als Beobachtung des Vor-
gehens der Natur, der wunderbaren Werk- und Lehrmeisterin
aller Dinge. Selbstverständlich ist Schönheit dann auch wiederum
das Ziel der Composilion der Körper. Wiederum liegt sie nur
in der Harmonie der Glieder unter einander. Diese Harmonie
wird dann erreicht, wenn die Glieder in Bezug auf Grösse und
Farbe zusammenstimmen und dem Charakter der dargestellten
Persönlichkeit, resp. Gegenstandes entsprechen. Es hängt dies
ab von der genauesten Kenntniss des Organismus, welcher her-
nach die richtige Anordnung der einzelnen Theile entspricht.
So genfigt es Alberti nicht, dass man den Körper zuerst nackt
zeichne und dann erst die Gewandung darum lege; er fordert
zuerst Zeichnung des Skelets, um so der Naturwahrheit und
Richtigkeit vöUig Genüge leisten zu können. Denkt man, wie
sehr die Wahrheit des Organischen auch bei den glänzendsten
Vertretern der Schule Giotto's und der ganzen giottesken Rieh-
tung hintangesetzt wurde, so kommt die Forderung Alberti's
nicht Übertrieben vor. Die Massverhältnisse der einzelnen Glieder
zu einander und zum ganzen Körper richtig einzuhalten, wird
es gut sein, ein einzelnes Glied als allgemeine Masseinheit an-
zunehmen. Alberti schlägt die Grösse des Kopfes als solche vor.
Es entspreche dann ferner jedes einzelne Glied völlig seiner
ihm von der Natur gewordenen Bestimmung. Bei dem Leben-
den sei das Leben noch gegenwärtig in dem kleinsten Partikel-
chen; beim Todten zeige jedes Glied völlige Entseelung.
Drittens mögen dann die Glieder in ihrer Form und 1 arbe
dem Charakter der dargestellten Persönlichkeit entsprechen.
Abgeschmackt wäre es z. B. : Helena mit vertrockneten rauhen
Händen oder Milon mit feinen dOnnen Hüften auszustatten.
Hat man so allen Forderungen in Bezug auf die Composition
von Flächen zu Gliedern und von Gliedern zu Körpern genügt,
so möge man dann seine ganze Aufmerksamkeit der „Com-
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XX
Position der Körper zur „Historie" zuwenden. Von der „Historie''
werden zuerst Mannigfaltigkeit und Reichhaltigkeit gefordert.
Fülle und Mannigfaltigkeit ergötzen; so mögen diese sich auch
auf dem Bilde offenbaren. Die Mannigfaltigkeit zeige sich in
der Darstellung der verschiedenen Lebensalter, der verschiedenen
Geschlechter, dann der verschiedenen Wesen der belebten und
unbelebten Natur; die Reichhaltigkeit möge sich in gleicher
Weise zeigen , doch überschreite man darin nicht ein gewisses
Mass, damit der Ueberblick über das Ganze nicht schwer werde>
und statt schöner Ordnung Verwirrung zu herrschen scheine.
In der lateinischen Redaction des Tractats gibt Alberti eine
concrete Andeutung Über die Zahl, der Personen , die für die
Historie ihm am günstigsten erscheint: er möchte die Zahl lo
nicht gerne überschritten sehen. Das mochte dann bei der Ueber-
tragung in das Italienische .Mberti zu beengend und nicht ganz
mit der Forderung der Reichhaltigkeit übereinstimmend er-
schienen sein f so dass er diese genaue Bestimmung der Zahl
bei Seite liess und nur die Forderung des Masshaltens stellte.
Wie viel Personen aber auch auf dem Bilde erscheinen mögen,
Alles zeige sich als im Dienste der treibenden Idee des Her-
ganges stehend ; Alles empfange sein Leben und seine Bewegung
von dorther, denn dadurch kommt Einheit in die Mannigfaltig-
keit und Reichhaltigkeit. Doch bei aller Mannigfaltigkeit seien
Ziemlichkeit, Anstand und Würde nie ausser Acht gelassen;
das Hässliche bleibe Überhaupt nach Möglichkeit ausgeschieden,
ohne doch der Wahrheit einen Abbruch zu thun; gleichwie die
alten Künstler, wenn sie Fürsten malten, die mit einem Ge-
brechen behaftet waren, dieses zwar nicht unangcdcutet Hessen,
jedoch dasselbe, so sehr sich dies mit der AehnUchkeit vertrug,
verbesserten.
Schon früher wurde gesagt, die Handlung jeder einzelnen
Persönlichkeit im Bilde sei bedingt durch den dargestellten Vor-
gang. In der Aeussening derselben zeige sich Kraft und Stärke.
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XXI
Die „Historie" soll uns erfassen, in's Herz greifen, ja in Mit-
leidenschaft ziehen : wenn es nun aber Gesetz der Natur ist,
dass wir mit dem Weinenden weinen und mit dem Fröhlichen
fröhlich sind, so ist damit die Forderung ausgesprochen, dass
die Träger der Historie voll starken inneren Lebens und innerer
Bewegttieit seien, damit sie auch den Beschauer bewegen und
rühren. Und so weit geht Alberti, vom starken Lebensgefühl
seiner Epoche getrieben, dass er den Beschauer aus seiner ob-
jectiven Stellung herausgerissen haben möchte und ihn in den
Hergang der Historie unmittelbar hineingezogen sehen will. Die
Träger der Handlung auf dem Bilde sollen in unmittelbaren
Contact mit dem Betrachter gebracht werden, indem Einige
demselben drohen, oder ihm heranwinken, oder ihm den Her-
gang gleichsam erklären sollen. Die Gemüthsbewcgungen können
aber nur durch das Mittel von Körperbewegungen zum Aus-
druck gebracht werden, und zwar sollen sie durch diese einen
völlig äquaten Ausdruck erhalten, so dass kein Zuviel oder Zu-
wenig dabei unterläuft. Das erheischt die grösste Aufmerksam-
keit und die genaueste Kcnntniss der Körperbewegungen. Eine
Kehntniss, die aber sehr schwierig ist, wesshalb auch nur wenige
Künstler in dieser Beziehung genug gethan. An dieser Stelle ist
es, wo Alberti den einzigen modernen Malernamen nennt, der
sich in dem Tractat findet: den Giotto's, dessen Navicella er
als Muster anführt, wie Gemüthsbewegungen durch Körper-
bewegungen zum Ausdruck gebracht werden sollen. Die Kennt-
niss der Körperbewegungen ist also dem Maler dringend zu
wissen nöthig. Aus diesem Grunde findet sich Alberti veran-
lasst, über dieselben besonders zu handeln. Im Anschlüsse an
Aristoteles nimmt er dreierlei Bewegungen an, welche wir mit
modernem Schulausdruck als quantitative, qualitative und locale
bezeichnen. Für den Maler kommt nur die locale Bewegung in
Betracht. Bei der localen Bewegung unterscheidet er sieben
Arten, die alle um der Reichhaltigkeit willen in der Historie
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1
i
XXII
ihren Ausdruck finden sollen. Er gibt dann praktische Finger-
zeige, in welcher Beziehung die Bewegung der einzelnen Glie-
der unter einander stehen, und welcher Einfluss durch die Be-
wegung des einen Gliedes auf die Stellung der anderen Glieder
geübt wird. Weiterhin ist es gefordert, dass die Bewegungen
dem Alter und dem Geschiechte entsprechen, an dem sie zum
Ausdruck kommen ; der Knabe, der Jüngling, die Jungfrau, der
Mann, der Greis, sie Alle bewegen sich in ganz bestimmter
Weise. Albcrti schliesst dann die Lehre von den Körper-
bewegungen mit der dringenden Ermahnung, bei allem Streben
nach Wahrheit und Lebendigkeit des Ausdruckes doch Mass
einzuhalten, damit die handelnden Personen der Historie nicht
„l'echtmeistern und Gauklern" ähnlich werden. Schönheit ist
auch hier das oberste Gesetz.
Doch nicht auf die Körperbewegungen allein beschränkt
sich das Raisonnemen^ Alberti's; er spricht auch Über die Be-
wegung, wie sie steh im Haar, in der Gewandung und schliess-
lich in der unbelebten Natur, z. B. im Laub der Bäume,
offenbaren soll. Und besonders ist es die Darstellung der Be-
wegung in der Gewandung, Über welche er sich ausführlich
verbreitet. Das Gewand fällt in Folge der natürlichen Schwere
stets gegen die Krde; Leben und Abwechslung wird man da
hineinbringen, wenn man es vom Winde bewegt darstellt, wobei
zugleich der Vortheil erwachsen wird, dass einige Theile des
Körpers auf der Seite, wo das Gewand vom Winde in die
H(")hc getrieben wird, dem Auge sich nackt zeigen werden.
Anmulhig ungekünstelte Eintachheit aber sei das Gesetz, welches
hier unumschränkt walte; der Faltenwurf errege nur Wohl- l
gefallen, er fordere aber nicht zum Staunen Über die Virtuo- |
sität des Künstlers heraus.
Nun kommt Albcrti auf den dritten Bestandtheil der Malerei
zu sprechen, auf die Farbengebung. Er darf sich dabei berufen
auf das, was er schon im ersten Buche darauf Bezügliches vor-
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XXIII
brachte. Dort sprach er sich auch schon aus über die Stellung,
welche Schwarz und Weiss in der Farbengebung einnehmen.
Doch zu wichtig erscheint ihm dieser Gegenstand , um sich
nicht nochmals darüber auszulassen. Beruht doch in der rich-
tigen Anwendung dieser beiden Potenzen, d. h. in der richtigen
Vertheilung und Abwägung von Licht und Schatten, in letztem
Grunde die Körperlichkeit, also die Naturwahrheit jeder Malerei.
Er ermahnt y die höchsten Lichter nicht hart am Umrisse auf-
zusetzen, sondern }ede Fläche zuerst — je nachdem sie be-
leuchtet oder beschattet — mit Weiss oder Schwarz, wie mit
einer d&nnen Thauschichte zu Übergehen und dami gemach mit
kräftigerem Aultrage vorzuschreiten, bis dass der stärker be-
lichteten Stelle ein kräftigeres Weiss und der tiefer beschat-
teten Stelle ein kräftigeres Schwarz entspräche, gegen den Um-
hss hin aber sich gleichsam in Duft verhere. Man darf es
dann als eine Forderung der Transponirung der Naturfarbe
Oberhaupt betrachten, wenn Alberti verlangt, dass man einer
Fläche niemals ein so kräftiges Weiss gebe, dass es nicht noch
kräftiger sein könnte, so dass man auch dann nicht das leute
Weiss anwende, wenn man eine blendend weisse Gewan-
dung zu malen hätte. Vernehmlich spricht sich darin die
Ahnung des Gesetzes aus, „dass das Bild mindestens um so
viel tiefer gehalten werden müsse, als die Differenz zwischen
dem höchsten Licht des Bildes und dem der Naturerscheinung
beträgt, wenn ein wahrer Parallelismus zwischen Kunistwerk
und Naturerscheinung zu Stande kommen soll" Die Mittel
müssen in richtigem Verhaltniss zu einander so herabgestimmt
werden, als es die Möglichkeit des Ausdruckes der Kräfte be-
dingt. So möchte denn Alberti um der Mässigkeit willen, die
im Gebrauche von Weiss und Schwarz so dringend gefordert
ist, dass Weiss und Schwarz dem Maler so theuer verkauft
1) Vergl. M. Unger, Das Wesen der Malerei. §. 15.
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XXIV
würden als üold und Perlen. Was die eigentlichen Farben be-
trifft, SO ficht es Alberti nicht an, wo sie gefunden und wie
sie zubereitet werden. Nur einige Winke will er geben über
ihre ästhetische Bedeutung im Bilde. Alle Gattungen der Farben
möchte er im Bilde sehen, doch aber nur in wohlgefälliger,
sinniger Zusammenstellung. Es gibt zwischen einzelnen Farben
eine Art Freundschaft, d. h. setzt man sie neben einander, so
geben sie sich gegenseitig Haltung und Anmuth. Rosa, Gr&n,
Himmelblau z. B. geben einen schön klingenden Accord, er-
höhen gegenseitig die Schönheit ihrer Erscheinung. Das Weiss
bringt fast stets, neben welche Farbe immer gebracht, eine
heitere Stimmung hervor; die dunklen Farben stehen neben
den hellen nicht ohne Würde, die hellen nehmen zwischen den
dupklen eine zutreffende Stellung ein. Gegen den Gebrauch des
puren Goldes, der bei Alberti's Zeitgenossen so sehr im
Schwange, erhebt er energische Einsprache. Des Künstlers wür-
diger ist es, die Wirkung des Goldes durch eine Farbe zu er-
zielen, als durch das Material selbst; ausserdem wird durch
dasselbe die coloristische Wirkung des Bildes überhaupt beein-
trächtigt. Zum äusseren Schmuck des Bildes, also für den
Rahmen, möge man Gold nach Belieben anwenden; ja noch
mehr, eine gutgemalte Historie verdient zur Zier nicht blos
Gold, sondern die kostbarsten Perlen und Edelsteine.
Das Wesen der Malerei wäre damit eigentlich dargelegt und
erläutert ; da aber Alberti es nicht vermag, im Sinne der Neueren
Künstler und Kunstwerk von einander zu trennen, sondern das
Kunstwerk ihm als die reife That der ganzen vollen Persönlichkeit
erscheint, so erörtert er nun noch in einem dritten Buche das
Verhältniss von Künstler und Kunstwerk, d. h. die Pflichten,
welche der Maler zu erfÜUen hat, will er das letzte Ziel, Ruhm
und unsterblichen Namen für die Zukunft, und Gunst und
Wohlwollen in der Gegenwart, sich erwerben. Das Talent allein
vermag den Künstler aber nicht zu solchem Ziele zu führen
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XXV
die ganze Persönlichkeit ist dabei intercssirt. — Vitruv hat die
universelle wissenschaftliche Bildung von dem Archi-
tekten gefordert (lib. I. c. i); Alberti geht darüber hinaus;
neben der universellen Bildung ist Charaktertöchtigkeit , sitt-
liche Güte, feiner ausgebildeter Sinn für Anstand und Würde
die Bedingung für Erreichung der Ziele, welche der Maler, resp.
KQnstler anstrebt. Sittliche Güte, Sinn für Anstand, leutseliges
Betragen erwerben ihm das Wohlwollen der Mitbürger, die
beste Schutzvvehr gegen die Noth ; ein zu aut brausender Geist
wird, wie Alberti schon im zweiten Buche andeutete, auch in
der Darstellung die schönen Bande des Masses sprengen ; Festig-
keit des Charakters wird ihn bd dem Begonnenen verharren
lassen; starker Wille und Fleiss ihn die Grenzen, welche die
Natur seinem Können scheinbar steckte, erweitern lassen;- die
wissenschaftliche Bildung kommt seiner Phantasie zu Hilfe, in-
dem sie ihm interessante schöne Stoffe für die Gestaltung zu-
führt. Es prägt sich in dem letzteren Satze eine Anschauung
aus, welche der Kunst der Renaissance überhaupt eigen. Man
kennt noch nicht die Jagd nach originellen Motivchen; Stoffe,
wo immer sie herkommen, sind wiUkonmien, zeigen sie sich
nur der Gestaltung günstig und ISsst sich nur in sie ein be-
deutender geistiger Inhalt hineinlegen. Wer rechtet mit Shake-
speare, dass er seine Stoffe aus italienischen Novellenbüchem
und schwachen Dramen seiner Vorgänger holte, und wer suchte
emstlich nach dem Antheil, welchen Raphael's gelehrte Freunde
an dessen Disputa und Schule von Athen haben konnten ? In
solchem Sinne ist es zu nehmen, wenn Alberti die Maler an-
weist, mit den Rhetoren und Poeten sich vertraut zu machen,
da von dort her ihrer Erfindungskraft Succurs zukommen
könnte, indem er dabei Phidias citirt, der nach Homer's Schil-
derung seinen olympischen Zeus bildete.
Alberti kommt dann auf die künstlerische Erziehung zu
sprechen. Wie das Kind, welches schreiben lernt, zuerst der
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XXVI
Buchstaben sich bemächtigt , dann diese zu Silben und die
Silben zu Worten zusammenfügt, so möge auch der Maler mit
den Elementen beginnen , dann möge er vorschreiten, Flächen
zusammenzusetzen zu Gliedern und die Glieder zu Körpern, wo-
bei er aber genau Acht habe auf den Reichthum der Formen-
bildung in der Natur , die sich ja in jedem Wesen , in jedem
Alter, in jedem Geschlecht modificirt. Hat er dann die Natur-
ähnlichkeit in seiner Gewalt, so bleibe er dabei nicht stehen.
Das letzte Ziel der Kunst ist nicht äussere Natur- '
treue, sondern Schönheit, welches dann allerdings auch
Naturwahrheit im höchsten Sinne ist. Die Schönheit ist durch
die ganze Natur ausgegossen ; desshalb besitzt auch kein ein-
zelnes Naturwesen sie ganz; der Maler möge desshalb von den
einzelnen Wesen die schönsten Theile wählen, um sie dann in
seinem Bilde zu einem schönen Ganzen zusammenzusetzen.
Naturwahrheit und Schönheit muss also in der künstlerischen
Bildung in Eins zusammenfallen. Damit er aber ja nicht miss-
verstanden werde, als predige er einen inhaltslosen, schwind-
süchtigen Idealismus, der seine Gestalten aus einem Wolken-
kukuksheim herholt, so schalt Alberti einen Thoren jenen Mann,
der ohne ununterbrochene Naturbeobachtung seine Gestalten
und Formen nur nach seiner Phantasie zu schaffen wagt. Es
erläutert Alberti's ganze Anschauung in diesem Punkte, wenn
er hier Zeuxis citirt , der , um das Bild der Helena zu malen,
fünf der schönsten Jungfrauen Krotons auswählte, um von jeder
jene Form für sem fiüd zu entlehnen, die am meisten an ihr
gerühmt wurde. Dass er Zeuxis dem Naturverächter, dem
idealistischen Phantasten entgegenhält, zeigt, dass er das Thun
des Zeuxis im richtigen Sinne fasst, und dass er auch seine
eigene Anweisung in diesem Sinne gefasst haben möchte. Nicht
um todtes, geistloses Nachbilden des einzelnen Theiles des
Modells handelt es sich, „sondern vornehmlich um das Frische,
Wahre und Lebenswanne, das der Künstler nur, entzündet von
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. ZXVII
der Schönheit der lebendigen Natur, seinen Werken mittheilen
kann** i). Denn nicht in der mangelhaften , sondern in der
mangellosen Bildung ist die Natur in höchster Energie thfitig.
Dies über den Gang der künstlerischen Bildung ; Alberti kommt
nun noch auf einige allgemeine Verhaltungsmassregeln zu
sprechen. Er räth es ab, im Anfange auf kleinen Täfelchen zu
zeichnen, da grobe Fehler sich dabei allzuleicht der Beachtung
entziehen und so die Hand gemach ihre Sicherheit einbOsst.
Desgleichen soll der Maler sich nicht damit begnügen, die Werke
Anderer zu copiren, sondern sich unmittelbar an die Natur
halten ; tfaut er Ersteres dennoch, so ist es besser, sich an eine
Sculptur als an eine Malerei zu halten, weil seine künst-
lerische Wachsamkeit sich dann mindestens in Feststellung von
Beleuchtung und Farbe thätig zeigen kann. Bei dieser Gelegen-
heit äussert Alberti auch, dass es vielleicht g&nstiger sei, seine
künstlerische Erziehung mit Modelliren statt mit Zeichnen zu
beginnen, da die Bildnerei dazu führt, aufmerksamer den
Lebensäusserungen des Körperlichen nachzuspüren und diesem
Ausdruck zu geben: ein Fingerzeig, den man völlig versteht,
bedenkt man, dass es der Malerei der Renaissance in erster
Linie um Wahrheit und Richtigkeit des Organischen, also des
Körperlichen in seiner Wesenheit zu thun war und dann erst
um dessen Erscheinung, wie diese durch Beleuchtung und
Farbe bedingt ist. Der Satz, den dabei Alberti anfahrt, seine
Forderung zu unterstützen : „dass uns fast zu jeder Zeit einige
mittelmiissige Bildhauer begegnen, man aber last keinen Maler
findet, der nicht bis zur Lächerlichkeit ungeschickt wäre" —
mag uns bis zur Unverständlichkeit hart erscheinen, zumal
wenn man dabei an Masaccio's Schöpfungen in der Brancacci-
Capellc denkt; er wird aber doch mindestens zum Theile be-
1) VergL E. Möller, Geschichte der Theorie der Kunst bei den Alten.
Bd. II. S. 314
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XXVIII
greifbar, wenn man an all die Forderungen denkt, die er bis-
her in seinem Tractat entwickelt und die nicht zum geringen
Theile als directe oder indirecte Polemik gegen die giotteske
Richtung betrachtet werden müssen. Klarheit der Wege und
Ziele legt dann zunächst Alberti dem Maler an's Herz, will
dieser nicht dem Blinden gleichen, der nach rechts und links
tastend langsam seinen Weg sucht. Man entwerfe sich zuerst
von Allem Skizzen: in der Ausführung aber vereinige man Ge-
nauigkeit und Sorgfalt mit Schnelligkeit. Hat man ein Werk
begonnen, so verbleihe man bei diesem, häufe aber nicht Ent-
wurf auf Entwurf, um schliesslich keinen dem Ende zuzuführen.
Man wisse dann ferner zu rechter Zeit auch die Hand von dem
Werke zu ziehen. Vor der Einseitigkeit wahre man sich nach
Kräften; wohl hat die Natur den Künstler zumeist nur auf
Einem Gebiete besonders begabt, durch Fleiss und unermüd-
liches Streben aber wird es möglich sein, diese Grenzen min-
destens zum Theile zu erweitem. Das Historienbild ist die
höchste Leistung der Malerei; dies aber verlangt, dass der
ganze Reichthum der Erschcinungswelt darin zur Darstellung
komme. Schliesslich scheue man während der Arbeit nicht die
Kritik kunstgebiideter Menschen, ja man suche dieselbe auf:
das Werk ist für die Oeffentlichkeit bestimmt, so höre man
denn auch schon früher deren Forderung. Verkleinerung fürchte
man nicht ; das Werk selbst muss für sich zeugen , muss die
Ruhmestafel des Malers sein: also man höre Jeden, überdenke
Alles und folge dann der Weisung der Erfahrensten.
Damit schltesst Alberti seine Anweisungen. Er ist sich be-
wusst der Bedeutung seines Werkes, ohne aber das Geständniss
zu unterlassen, dass das von ihm Gebotene noch sehr der Voll-
endung bedarf. Die, welche nach ihm kommen und ein gleiches
Ziel verfolgen, für Erreichung desselben aber reichere Erfahrung
und grösseres Talent als er mitbringen, mögen unbefangenen
Geistes hinnehmen, was er biete und das von ihm J^rstrebte
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XXIX
dann zur Thatwerdung führen; ihr Urtheil über sein Werk
aber mögen sie bestimmen lassen durch den Gedanken, dass
Entstehung und Vollendung niemals neben einander liegen.
Aus diesem Inhalt ergibt sich klar der Grundgedanke des
Tractates : die Malerei zu befreien aus den Banden des Hand-
werkerthums , in welchen sich die Vertreter der noch nach-
klingenden giottesken Richtung in minderem oder höherem
Grade noch fanden, den Maler zum bewussten Künstler zu
erheben, in die Strömung der Zeit ihn zu stellen, ihn zum
Vertreter ihrer Ideen und damit das Kunstwerk zum Abdruck
und Ausdruck der die Zeit bewegenden Ideen und Ideale zu
machen.
Kaum ist es möglich, zu Cennini*s Tractat, der doch nur
wenige Jahre früher entstanden sein kann*), einen schrotferen
Gegensatz zu finden als den Tractat Alberti's. Bei Cennini fast
keine anderen Vorschriften als solche, welche auf das Handwerk
in der Malerei Bezug haben, und dadurch allerdings von höch-
stem Interesse sind ; wo sie aber darüber hinausgehen und auf
den Künstler oder den künstlerischen Process Bezug nehmen,
zeigen sie eine kleinliche Engherzigkeit und beschränktesten Ge-
sichtskreis. Bei Alberti dagegen eine fast souveräne Verachtung
gegen alles das , was das Handwerk in der Kunst ausmacht,
dagegen ein gründliches Eingehen auf Jenes, was einerseits dem
eigentlichen Processe des künstlerischen Schaffens angehört, an^
dererseits, wenn es der Technik zugehört, doch jenen Theä
derselben ausmacht , der unbedingt unter der Controle des
denkenden Geistes steht, die völlige Geistesgegenwart des Künst-
lers erfordert. Wenn Cennini's Tractat als das leUte Vermächt-
niss einer sterbenden Kunstepoche erscheint, so stellt der Tractat
Alberti's das Programm der Kunst der neu heranbrechenden
Gegenwart auf. Der begeisterte Naturcult, welcher das Zeitalter
1) VergL Cennino Cennini, das Buch yon der Kunst etc. ed. A. Ug.
Quellenschrift I. Einleitung.
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XXX
der Renaissance zu einem Zeitalter der Entdeckungen macht,
inspirirt diesen Tractat von Anfang bis Ende; die begeisterte
Liebe der Schönheit, in den erregten Gemüthern entzündet
durch die platonische Botschaft, die von Hellas herkam, und
durch das pietätvolle Anschauen der Reste und Trümmer an-
tiker Kunst, welche das ästhetische Ideal zur Allherrschaft
führt, sie athmet uns mit voller Wärme aus Alberti's Tractat
an, sie befreit das Kunstwerk von aller Abhängigkeit äusserer
Zwecke und Ziele, und erklärt als seinen alleinigen Zweck die
Schönheit. Und wie auch jede einzelne ästhetische Forderung
ganz aus dem Geiste der Zeil herausgestellt sei, dafür möchte
ich zwar nicht anführen, dass Alberti's Tractat fast ein Jahr-
hundert später zweimal nacheinander Übersetzt wurde, oder dass
Michelangelo Biondo missverstandene oder verballhornte Stellen
aus Albcrti als originale Heilesbotschaft ausrief) (denn schon
wich damals das schöpferische Zeitalter dem papierenen), wohl
aber, dass ein Lionardo da Vinci . in fast allen seinen ästheti-
schen Forderongen von Alberti abhängig erscheint, ja einige
Paragraphe seines Tractates geradezu den Eindruck von Ex-
cerpten aus Alberti machen Das ist um so höher anzuschlagen,
weil Lionardo's Werk im Uebrigen einen Alberti weit Über-
*J Michelangelo Biondo, Von der hochedlen Malerei, ed. A. Ilg.
Quellenschriften V. Vergl. bes. Gap. 3, 5, 6, 7, 8, 9. Auf Alberti bezQglich
dtkrften in Cap. 4 die Worte sein: ^l^ngcachtct dessen hält mich ein Ge-
wisser, dem icii bc.L;c^nctc, der gelehrter ist in der Malerei als die Anderen,
zurück und bestärkt mich wieder aufzuathmen; dieser ist ein scharfsinniger
Mann, der in Klorenz aufgezogen wurde, er hat mich wieder in's Leben
gerufen."
2) Um nur auf einige Paragraphe hinzuweisen üb. II: Precetii del
pittore (pag. Sy — 58 in ed. cit.); come il pittore debb' essere vago di udire
nel fare dell' opera il giudizio di ognuno (pag. ü6); di non iiriitare Tun
l'altro (pag. 69); varietk d' uomini nell' istorie (pag. 108); della varieta
neU' istorie (pag. 111); della niistione de* colori Tuno con Taltro (pag. laS)
u. S. Vf.
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XXXI
ragenden Reichthum von künstlerischer Einsicht und besonders
praktischem Kunstverstande in sich birgt. Denn nicht blos, dass
Lionardo die reiche Kunstbildung eines stark schöpferischen
halben Jahrhunderts zu Gute kommt, ein Künstler schreibt ja
da über seine eigenste Materie, an dessen Werken wir als einzig
bewundern die von keinem anderen Meister in solchem ürade
erreichte Vereinigung von Wahrheit und Richtigkeit des Or-
ganischen, d. h. der leiblichen Bildung und des süssesten Zau-
bers der Farbe, des tiefsten geistigen Inhaltes und der be-
strickendsten Schönheit der Form ; und dessen geistige Persön-
lichkeit durch die völlige Harmonie des schöpferischen und des
denkenden Vermögens — beide in gleich einziger Kraft vor-
banden — ihre Signatur erh81t. Wie demnach Lionardo*s
Tractat als die Vollendung des von Aibcrti Erstrebten und Be-
gonnenen genommen werden darf, so ist Lionardo auch Alberti's
neidlosem, edlem Wunsche gerecht geworden, seine Arbeit un-
befangenen und bereitwilligen Geistes hinzunehmen und darauf
weiter zu bauen. Die tiefe Geistesverwandtschaft, welche zwi-
schen diesen beiden Naturen herrschte, hat sich damit nur in
einer besonderen That manifestirt
In Bezug auf das Textgeschichtliche habe ich nur wenig
zu sagen. Vorläufig ist, wie ich schon erw^ähnte, nur eine Ab-
schrift des Tractates Alberti's im Volgare bekannt. Sie findet
sich in der National-Bibliothek in Florenz und ist gezeichnet
Cod. Magl. IV. 38. Der Tractat Deila pictura beginnt mit foh 120.
A. Bonucci hat denselben im vierten Bande seiner „Opere vol-
gari di Leone Battista Alberti" zum ersten Maie publicirt. Wenn
ich • neben der Uebersetzung auch eine neuerliche Publication
1) Hoffentlich lässt eine revidirte, kritisch gesichtete Ausgabe des
Vaticanischen Textes nicht mehr zu lange auf sich warten; wQnschenswerth
wBre es wohl, dass sich zu dieser Arbeit der Kunsthistoriker mit dem
praktischen KOnsder, der zugleich die genügende theoretische Bildung be-
utst, ▼erbande.
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XXXII
des Originaltextes folgen lasse, so bestimmten mich dazu die
zahlreichen unrichtigen Lesarten, die sich bei Bonucci finden
und die ich, um eine Controle zu ermöglichen, unterhalb des
Textes setze; eine nicht selten sinnstörende Interpunktion, will-
kfirliches Zerreissen in Capitel erheischten dazu nicht minder
eine Correctur. Die Orthographie, die Bonucci in seiner Aus-
gabe modernisirte. behielt ich bei auch in ihren Schwankungen.
Was von letzteren auf Rechnung Alberti*s und was auf Rech-
nung des Copisten kommt, ist nicht zu entscheiden und wäre
auch von keinem Belang. Im Uebrigen gestehe ich gern, dass
mir Bonucci's Ausgabe manche Erleichterung verscbaifte: auf
den Schultern Anderer stehend wird die Aussicht immer freier
und grösser. Eine Zusammenstellung sämmtlicher, mir bis Jetzt
bekannter Codices Manuscritti der lateinischen Redaction dieses
Tractates, sowie der anderen hier publicirten, desgleichen der
gedruckten Ausgaben gebe ich im Anhange.
Hier erwfihne ich nur noch, dass der Tractat zuerst von
Ludovico Domenichi 1547 übersetzt wurde; i568 folgte die
Uebersetzung des Cosimo Bartoli. Beide Uebersetzungen wurden
wiederholt abgedruckt. Panagiotto Cavalier di Oossara fertigte
circa 1720 eine griechische Uebersetzung desselben an, wovon
eine Handschrift in der Naniana, jetzt Marciana, in Venedig
sich befindet. In's Spanische wurde dieser Tractat 1784 durch
Diego Antonio Ripon de Silva übertragen.
Von minderer Bedeutung ist der zweite an dieser Stelle
publicirte Tractat Alberti's : „De Statua". Darf man die Widmung
dieses Tractates an den Giovanandrea, Bischof von Aleria, an-
nähernd als Termin der Entstehung dieses Schriftchens be-
trachten, so wäre es von allen kunsttheoretischen Schriften
Alberti's am letzten entstanden. Giovanandrea wurde erst von
Paul lt. zum Bischof von Aleria gemacht; da nun Paul II. 1464
>} Vergl. ober diesen Anmerkung 73.
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XXXIII
den pfipstlichen Stuhl besteigt, so könnte der Tractat also erst
nach 1464 entstanden sein. Diesem späten Entstehungstermin
entspricht auch der Inhalt. Hatte die Sculptur auch noch nicht
ihre höchste Höhe erreicht, weder nach der Seite formeller
Vollendung hin, wie sie die Schöpfungen Andrea Sansovino*s
später offenbaren, noch in Bezug auf bedeutsamsten Gedanken-
inhalt und spielende Beherrschung der schwierigsten anatomi-
schen Probleme, wie dies bei Michelangelo der Fall: immer-
hin konnten die Schöpfungen der plastischen Kunst, seitdem
diese die Wege des Lucca della Robbia und Donatello wandelte,
auch einen verwöhnten SchÖnheits- und Wahrheitssinn be-
friedigen. So findet sich Alberti nicht hemussigt, eine ästhe-
tische Directive zu geben oder die Bedingungen zu formuliren,
welche das Kunstwerk zu erfüllen habe, sondern er lässt es
sich genfigen, einige Hilfsmittel anzugeben, welche im Stande
wären , die sichere und correcte Umsetzung der künstlerischen
Intention in die Wirklichkeit des Kunstwerkes zu fördern.
Aus der Widmungsepistel weht uns die grosse Stimmung
an , aus welcher die Besten ihrer Zeit heraus schufen, die dann
auch wieder ihren Werken den ihnen eigenthümlichen Zug von
Grösse und Geistesvornehmheit aufdrückt: was wir schreiben
— so sagt er dem Freunde, dessen Wirkensspuren wir aller-
dings noch heute segnen — schreiben wir nicht ffir uns, son-
dern für die Menschheit; wer fördernd eingreift in das Werk
eines Andern, thui nur was ihm ziemt. Die Einleitung des
Tractates lässt sich deutlicher als es in der Schrift über Malerei
geschah, Über den Ursprung der bildenden Künste aus. Die
Natur gab den Anstoss zu jeder Kunstübung; dadurch, dass
sie an den Piruchstellcn eines Marmors oder Baumstumpfes ge-
wisse Lineamente zeigte, welche der Form dieses oder jenes
Naturdinges ähnelten, wurden die Menschen veranlasst, durch
Correctur der von der Natur vorgezeichneten Linien diese Aehn-
Hchkeit zu verstärken; das stärkte mehr und mehr ihre nach-
Quelleoschriftea f. Kunstgescb. XI. 3
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XZXIV
bildende Kraft, bis dass sie völlig selbstständig' an die Nachbil-
dung der Form eines oder des anderen Naturdinges zu gehen
wagten. Hierauf nimmt Alberti eine Eintheilung der bildenden
Kunst im engeren Sinne vor. Die Einen bringen ihr Werk
durch Zugeben und Wegnehmen zugleich zu Stande, das sind
. die eigentlichen Bildner (Fictores); ihr Material ist Thon,
Wachs u. dgl. Die zweiten bringen ihr Werk nur durch Weg-
nehmen zu Stande, indem sie wie (üe Bildhauer z. R. durch
Abschlagen des üeberHussigen die im Marmorbiock potentiell
vorhandene Figur zu Tage fördern — (eine Anschauung, die
bekanntlich der ganzen Zeit der Renaissance eigen und die in
ganz stricter Weise die Art des Schaffens Michelangelo's be-
stimmt); diesen verwandt sind die Gemmenschneider. Die
Dritten sind diejenigen, welche ihr Werk durch „Hinzugeben"
vollenden, wie z. B. die Silberarbeiter, welche durch Hammer-
schläge das Erz zu jeder beliebigen Grösse und Form aus-
dehnen. Den Erzt^uss zieht Alberti nicht in seine Eintheilung,
da ihm derselbe schon ausserhalb der eigentlich künstlerischen
Thfitigkeit liegen mochte. Die Maler aber — meint er — mfissen
desshalb von dieser Eintheilung ausgeschlossen bleiben,- da sie
nach einer ganz anderen Kunsttechnik mittels Farben und
Linien die Naturdinge nachahmen.
Der künstlerischen Intention vollständigen und sicheren
Ausdruck zu geben, dazu wird die Kenntniss einiger technischer
Behelfe unerlässlich sein. Er will nun die tür den Bildhauer
wichtigsten Behelfe angeben. Es gibt Merkmale, welche an allen
Individuen einer bestimmten Gattung sich wiederholen, welche
eben diese Individuen zur Gattung vereinigen. Dann besitzt
wieder Jedes Individuum Merkmale, wodurch es sich von seines
Gleichen unterscheidet, und wodurch es eben auch im physio-
logischen Sinne Individuum wird. Darnach stellt sich auch die
bildende Kunst, resp. die Bildnerei zweierlei Ziele: entweder
sie geht darauf aus, den Menschen an sich, d. h. hier den
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XXXV
Gattungsmenschen oder vielmehr den Idealtypus nachzubilden,
oder sie setzt es sich zum Ziele, ein besonderes Individuum in
bestimmter ZustSndlichkeit darzustellen ; da wir heute für Alles
Schlagworte haben, so würden wir dies als idealistische und
realistische Sculptur bezeichnen. Entsprechend diesem doppelten
Ziele der Bildnerei gibt nun Alberti seine technischen Behelfe
an. Das Allgemeine, Dauernde an Körpern wird mittels der
Messung festgestellt; das Zuständliche durch die Definition
(Grenzbestimmung), d. h. die Bestimmung der Entfernung der
absoluten Grenze jedes einzelnen Gliedes im bestimmten Momente
vom Centrum aus. Zur Messung dienen zwei Werkzeuge: der
Massstab und das Winkelmass, zur Definition aber der Definitor.
Bevor Alberti zur Beschreibung dieser Werkzeuge übergeht,
preist er deren Vortheile. Er hebt dabei hervor, dass man mit
ihrer Hilfe die Hälfte einer Statue in Faros, die andere Hälfte
ZU Carrara vollenden könnte, und dass dennoch beide Theile
genau zu einander passen würden ; ebenso könnte man darnach
ein Modell in jeder beliebigen Vergrösserung oder Verkleinerung
durchführen. Er führt als weiteres Beispiel endlich an: hätte
man z. B. eine Statue des Phidias so dick mit Thon oder
Wachs bedeckt, dass sie einer Säule gliche, so könnte man,
gestützt und geleitet durch die angegebenen Hilfsmittel, sicher
sein, an bestimmter Stelle den Augapfel, die Nase, die Knie-
scheibe mittelst Einbohren zu erreichen, ohne nur im Gering-
sten das Kunstwerk zu verletzen. Dabei verkennt aber auch
Alberti die Grenzen der Wirksamkeit seiner Hilfsinstrumente
keineswegs: nur die richtige Zeichnung der Formen des plasti-
schen Werkes wird dadurch gesichert, für die Darstellung des
inneren Lebens der Gestalten bieten sie nichts. Ihre Anwen-
dung gibt uns z. B. keine Hilfe an die Hand, den Unterschied
in den Gesichtszügen eines liebenden und eines kamptenden
Hercules zu veranschaulichen. Nun kommt Alberti zur Beschrei-
bung der Instrumente. Zur Messung dienen der Massstab (Exem-
3»
XXXVI
peda) und ein Doppelwinkelmass. Die Grosse des Massstabes
ist stets gleich der Grösse des zu messenden Modells, also wie
dieses variabeL Immer aber wird er eingetheilt zuerst in sechs
gleiche Theile, welche Fuss genannt werden (daher auch der
Name Kxempeda) ; jeden Fuss theilt man sich dann in lo Zoll,
jeden Zoll in lo Minuten, so dass die ganze Länge des Modells
600 Minuten beträgt. Diese £xempeda bringt man an das
Modell heran und verzeichnet sich dann, wie gross der Abstand
eines Jeden Gliedes zuerst vom Boden und hernach von jedem
anderen Gliede ist. Das Doppelwinkelmass dient dann dazu,
uns die Kenntniss der Dicken der Glieder zu vermitteln; die
Verfertigung und Anwendung dieses Instrumentes gibt Alberti
mit völliger Klarheit an.
Hat es die Messung mit der Feststellung der am bestimm-
ten Modell unveränderlichen allgemeinen Grössen, wie es die
Längen, Breiten, Dicken der Glieder sind, zu thun, so bringt
uns die Definition die temporären Veränderungen der Glieder,
wie sie durch die jeweiligen Bewegungen bestimmt sind, zur
Kennmiss. Das Instrument, dessen man sich dabei bedient und
das von Alberti auf das Umständlichste und Klarste beschrieben
wird, ist der Definitor. Der Definitor ist wohl die eigenste Er-
findung des mechanischen Problemen so gern nachsinnenden
Alberti. Emeric David's Vermuthung, dieses Instrument habe
man vielleicht schon bei den Egyptem gekannt und sei von
diesen zu den Griechen gekommen, ist eben nur Vermuthung
in des Wortes verwegenster Bedeutung ') — mindestens man-
gelt bis jetzt für diese Annahme auch der Schatten jedes
Beweises.
Dass dann die Punktirung das Mittel ist, die mit den
Messinstrumenten und dem Definitor gewonnenen Resultate zu
1) Emeric David, Ricerche suU' arte statuaria. Trsd. ital. per U. Me-
did. (Fimue, 1857) L pag.* 173.
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XXXVII
verwerthen, ist selbstverständlich. Schliesslich gibt Alberti eine
Art eines in Zahlen ausgedrückten Canons; dass die mühe-
volle Zusammenstellung desselben — mUhevoU, weil wie Al-
berti ausdracklich versichert, derselbe das Resultat zahlreicher
am lebendigen Modell vorgenommener Messungen ist — keine
nutzlose Spielerei genannt werden darf, braucht nicht beson-
ders versichert zu werden. Polykiet bat zu gleichem Zwecke
nicht blos eine Art akademischer Figur — Canon — angefer-
tigt, er hat auch die darin angewandten Normen in einer be-
sonderen Schrift niedergelegt Von da an bis zur Proportionali-
tätslehre Gottfried Schadow's sind es gerade nicht unbedeutende
Geister gewesen, die immer wieder diese Materie behandelten,
ohne zu ffirchten, dass das individuelle Leben des bildnerischen
Werkes durch strenge Einhaltung der Masse Eintrag erleiden
könnte, dagegen aber hofften, dass durch sie die formen an
Wahrheit, Reinheit und Bestiimntheit nur gewinnen könnten.
Von den von Alberti beschriebenen Werkzeugen ist heute in
den Ateliers der Bildhauer keines mehr zu finden.
Meiner Ausgabe des Tractates liegt der lateinische Text
zu Grunde; bevor ich die dabei benützten Codices Manuscritti
anführe, habe ich es zu rechtfertigen, dass ich nicht wie Bonucd
den Tractat im Volgare bringe. Vor Allem muss gesagt werden,
dass bis heute keine Abschrift einer italienischen Fassung dieses
Tractates bekannt ist, dagegen aber kenne ich nun schon vier
Abschriften der lateinischen Fassung. Worauf stützt nun Bonucd
seine Behauptung (IV. pag. 1 5y sequ.), der von ihm gebrachte
italienische Text rühre dennoch von Alberti her und sei keine
Uebersetzung des Cosimo Bartoli? In der Sammlung der
kleineren Schriften Alberti's, welche Cosimo Bartoli in Venedig
i568 unter dem Titel: „Opusculi morali di Leon Battista Alberti,
gentilhuomo Fiorentino, tradotti e parte corretti da M. Cosimo
Bartoli" publicirte, gebrauchte er in der Widmung des Trac-
tates DeUa Statua an Bartolomaeo Ammanati die Phrase: „usdre
XXXVlll
dalle tenebre e venire in luce*' ; da nun Bartoli einen ähnlichen
Ausdruck in der Widmung des Theogenio, der unzweifelhaft
von Alberti im Volgare abgefasst wurde, anwendet, so schliesst
Bonucci, auch der Tractat Deila Statua müsse zuerst im Vol-
gare niedergeschrieben worden sein. Diese Conjectur ist denn
aber doch zu voreilig. In der Gesammtwidmung der Opusculi
morali an Francesco Medici schreibt Bartoli mi deli-
berai di appresentarmi con quelle dl altri et cavando quasi
dalle tenebre molte Operette di Leonbattista Alberti, parte
delle quali non sono State sino a qui se non per pochi vedute,
e parte se pur giä furon stampate in lingua l,atina, essendo
quasi che come separate e distaccate membra sparse in diverse
parti, io ho ricolte, come mi t parso in un corpo ragionevole.**
Ganz deutlich wendet also hier Bartoli den Ausdruck „aus der
Verborgenheit (dem Dunkel) hervorziehen" auf die von ihm
publicirten Schriften Alberti's überhaupt an, und er erklärt dies
näher, indem er sagt, sie seien entweder nur von Wenigen
bisher gesehen worden, oder falls sie ja gedruckt wurden, ge-
schah dies doch nur in lateinischer Sprache. Aber auch die be-
sonderen Fälle mangeln nicht, dass Bartoli in der Widmung
von Schriften, die notorisch von Alberti nur in lateinischer
Sprache abgefasst, demgemäss von Bartoli Übersetzt wurden,
es nicht besonders erwähnt, dass er sich dieser Uebersetzung
unterzogen, sondern nur den Ausdruck „uscire in luce" an-
wendet. So heisst es z. B. in der Widmungsepistel zu dem
Tractat La Cifra (De Cifhs), gerichtet an B. Goncini, „mi son
risoiuto che sotto il nome di V. S« ella esca in luce". Da-
mit zerföllt das Argument Bonucci*s in Nichts. Nun kommt
noch die gründliche Verschiedenheit der Ausdrucksweise hinzu.
Dies muss zwar Bonucci eingestehen, aber er führt diese auf
eine willkürliche Modemisirung der Sprache Alberti's durch
Cosimo Bartoli zurück. Damit ist aUerdings die Integrität des
ursprunglkhcn Textes preisgegeben und so auch die Berech-
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XXXIX
tigung benommen, den Text des Baitoli als Originaltext Alberti's
zu publiciren. Schliesslich darf nicht ausser Acht gelassen wer«
den, dass die Widmungscpistcl — die bis jetzt allerdings völlig
unbekannt war — das Werkchen De Statua einem der hervor-
ragendsten Vertreter des Humanismus zueignet; in solchem
Falle mochte sich auch der wärmste Verehrer des Volgare
des Gebrauches nicht entschlagen, das lateinische Idiom anzu-
wenden. Aus diesen Gründen muss der lateinische als alleiniger
Originaltext angesehen werden; die hier gebotene Publicacion
ist abo die erste Publication des; Originaltextes Überhaupt.
Die Grundlage fOr meine Ausgabe gab der Cod. Ottob. 1424
in der Vaticana. Von Werken Alberti's entliält derselbe ausser
„De Statua" (lol. 3i 38) noch „De Pictura" (lateinische Fas-
sung), jyElementa Picturae**, ferner die zwei ersten Bücher von
„De re aedificatoria** (Lineamenta und Materia), Momus (unter
dem Namen Polycratis de principe), endlich einen bis jetzt un-
bekannt gewesenen schönen moral-philosophischen Dialog, über
den zu sprechen anderen Orts Gelegenheit sein wird.
Die Abschrift, welche durch Sorgfalt und Schönheit sich
auszeichnet, dürfte am Ende des i5. oder Anfang des 16. Jahr-
hunderts angefertigt worden sein. Die hier sich findende W^id-
mungsepistel an Giovanandrea, Bischof von Aleria, mangelt in
allen anderen Codices. Ausser dem Cod. Ottob. 1424 konnte
ich noch drei in Florenz befindliche Codices zu Rathe ziehen.
Es sind dies die Codices 767 und 927 in der Riccardiana und
der Cod. Magl. IV. 39 in der Nationale. Cod. Rice. 767 in fol.
bringt neben Werken anderer Autoren Alberti's Vita Potiti und
De Musca in der Handschrift Alberti's ; die Tractate De Cifris,
De Pictura {Int. Red.j und De Statua sind von anderer Hand
und spater Anfang des 16. Jahrhunderts — niedergeschrieben.
Der Cod. Rice. 927 in 4^ enthält nur Werke Alberti's, und
zwar: 1. die Elementa (mit der Widmungsepistel an Theodo-
rus), 2. Breve compendium de componenda statua (sc. De
L lyi i^üd by Google
XL
statua), 3. De componendis cifris, 4. Tri via Senatoria, dann
5. aber von anderer Hand geschrieben, Alegorismus proportionum
brevis. Die Handschrift gehört dem Ende des 16. Jahrhunderts
an. Der Cod. Magl. IV. 3g endlich, der neben Werken anderer
Autoren, von Alberti De componenda Statua, De componendis
Cifris und Elementa picturae enthält, gehört dem Anfange des
17. Jahrhunderts an. De componenda statua ist genau copirt
nach dem Texte des Cod. Rice. 927 ; bei Angabe der Varian-
ten habe ich ihn dcsshalb nicht berücksichtigt.
Der dritte kunsttheoretische Tractat, der hier zum Ab-
druck kommt, handelt Über die fQnf Säulenordnungen (De
cinque ordini Architettonici). Ueber die Entstehung desselben
liegt keine bestimmte Angabe vor; doch möchte ich dieselbe
vor die Abfassung des Werkes De re aedificatoria setzen —
also vor 1452 — da das siebente Buch des letztgenannten
Werkes die fünf Ordnungen neuerdings beschreibt und darin
in der Beschreibung genauer und strenger verfährt als es in
unserem Tractat der Fall. Man dürfte kaum irren, wenn man
als Zweck dieser kleinen Schrift annimmt, Alberti habe damit
den Werkmeistern, welche seine Baupläne durchführten, kurze
präcise Precetti an die Hand geben wollen, womach sie ihre
Arbeit zu regeln hätten — es spricht dafür auch, dass diese
Precetu nur im Volgare niedergeschrieben wurden. Mit Recht
wurde von Julius Meyer hervorgehoben, dass Alberti darin un-
abhängig von -Vitruv die Masse von Säulen und Gebälk-
theilen bestimmte.
Das mathematische Gesetz geht nicht in dem Masse in
das Detail, wie dies bei Vitruv der Fall ist. Wenn man von
Raphael sagte, er habe den Zirkel im Auge, so gilt dies im
grossen Ganzen von den hervorragenden Künstlern der Renais-
sance überhaupt. Ein Staunenswerth sicheres Gefühl leitet die
Hand bei Feststellung schöner Verhältnisse, ohne dass Zirkel
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XLI
und Maasstab eine hochnothpeialiche Herrschaft Übten. So
brauchte sich Alberti also nicht zu tief in das Zahlendetail zu
verlieren. In localpatriotischem Eifer setzt er die toscanische
Ordnung, die Vitruv zuletzt behandelt, den anderen vor; nicht
als ob er ihr damit den Preis der Schönheit zuerkennen wollte,
sondern nur aus dem Grunde, weil sie die festeste und trag-
fähigste ist. Loniazzc) tolgt ihm darin später aus eben demselben
Grunde, indem er noch hinzufügt, sie sei eigentlich nur für
den Fortbau und die Errichtung von Stadtthoren anwendbar ').
Bei der toscanischen Ordnung sowohl wie bei der dorischen,
jonischen und korinthischen Ordnung zeigt sich als Vorbild
nicht die reine ursprüngliche Form, sondern die romische Modi-
fication derselben. Auf die Massdifferenzen Alberti's mit Vitruv
nehmen meine Anmerkungen wiederholt Bezug. Auch dieser
Tractat wurde von Bonucci (IV. 377 sequ.) zuerst publicirt.
Die einzige bis jetzt bekannte Handschrift desselben befindet
sich in der Bibliothek Sr. Eminenz des Cardinais Chigi in Rom.
Durch Vermittlung des hohen k. k. österreichischen Unterrichts-
Ministeriums ward es mir möglich, meiner Ausgabe auch hier
die Handschrift selbst zu Grunde legen zu können; die unrich-
tigen Lesarten, welche der Pubiication Bonucci's eigen, recht-
fertigen wohl genügend einen zweiten Abdruck des Original-
textes. Der betreffende Codex in 4^ ist gezeichnet VII. 149. Die
Schrift ist sorgfältig und gehört der ersten Hälfte des 16. Jahr-
hunderts an. Drei Schriften Alberti's enthält dieser Codex. Die
erste führt den Titel: Romae Imago^; unmittelbar darauf und
>) Trattato dell' Arte della Pittura, Scultura ed Architettura (i. ed.
Milano 1584, zuletzt Rom 1844), lib. I. cap. XXIV.
*) Dies Werk meint wohl Bonucci unter der von ihm im Katalog der
Werke Alberti's (V. p. 3jb) aufgezählten: „Dcscriptio urbis Romae." Doch
gibt dieser Tractat keine Beschreibung Roms, sondern nur die Anleitung
zu einer topographisch richtigen Zeichnung Roms von der Vogel-Perspec-
tive aus.
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XLII
ohne Titel folgt dann unser Tractat. Neben jeder Seite Text
ist eine Seite leer gelassen; wohl mit der Bestimmung, die
Zeichnungen aufzunehmen, die aber eben nie hinzukamen.
Den Schluss bildet dann der von Bonucci in seine Sammlung
der „Opere volgari** nicht* aufgenommene Tractat „De* pondi
e lieve di alcuna rota" etc. Bonucci stand mit Recht von einer
Publication desselben ab, da die fehlenden Zeichnungen, worauf
der Text fortwährend hinweist, desgleichen die zahlreichen
TextlQcken den Inhalt kaum verstindUch werden lassen.
In einer Sammlung der kleineren kunsttheoretischen
Schriften Alberti's könnte man vielleicht auch dessen „Elementa
picturae" und „Prospettiva" suchen Von der Aufnahme der
„Elementa picturae'* konnte schon desshalb abgesehen werden,
weil diese durch Girulamo Mancini eine niuslcrgiltige l^ibli-
cation (Cortona, 1864) gefunden haben; dann aber enthalten
diese „Elementa Picturae" auch nichts Anderes als die knappe
Erlfiuterung geometrischer Grundbegriffe (welche sich in nuce
im ersten Buche von De pictura wiederfindet), verbunden mit
einer Reihe von Constructions- Aufgaben, die vom Leichten zum
Schwierigeren allmälig aufsteigen. Wie ich schon erwähnte,
wurden die Elementa zuerst im Volgare abgefasst und dann
für Theodorus Gaza in's Lateinische Übertragen. Diese latei-
nische Uebertragung ist in mehreren Handschriften vorhanden;
eine Handschrift der ursprünglichen (Volgare-)Abfassung befand
sich im Besitze des veronesischen Historikers Scipione MafTei ') ;
') Zum Unterschiede von dieser kleinen Schrift nennt Alberti seine
drei Bücher „De Pictura", wenn er von diesen spricht, „Rudimenti di pit-
tura" (z. B. im hb. I. des Tractates De tranquillitä dell' animo). Möge dies
endlich der Namenverwechslung in der Citirung der beiden Wcrkchen ein
Ende machen.
2) Pozzetti (Leo Baptista Alberti laudatus; als Anhang: Memorie c
docnmenti inediti per servire alla vita litteraria di L. B. Alberti, Florentiae
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XLIll
ob dieselbe noch vorhanden und wo sie in diesem P'alle sich
beQndety gelang mir noch nicht zu eruiren.
Der j^Trattato della prospetdva" hat mit einer Perspectiv-
lehre im modernen Sinne nichts zu thun; er ist nichts Anderes
als eine Optik nach dem damaligen Stande der Wissenschaft.
Der Tractat zerfällt in drei Theile. Der erste erörtert, wie und
wann wir auf directem Wege sehen, d. h. ohne Brechung
oder Reflexion der Sehstrahlen. Der zweite Theil behandelt die
Reflexions- Erscheinungen , resp. die optischen Erscheinungen
vor einem Spiegel. Der dritte Theil endlich behandelt, wie und
wann wir mittels Refraction der Strahlen sehen, wie dies z. B.
der Fall ist, wenn wir einen Stein im Wasser sehen. Die opti-
schen Theoreme des ersten Theiles, welche die Grundlage der
malerischen Perspectivlehre bilden, hat Alberti im ersten Buche
De Pictura wiederholt. Eine Handschritt dieses Tractates mit
erläuternden Zeichnungen in margine, aus der ersten Hälfte des
i6. Jahrhunderts stammend, befindet sich in der Riccardiana
(Cod. Rice. 21 10 in gross folio). Dieselbe wurde von Bonucd
im vierten Bande der Opere volgari von pag. 93 an publicirt.
1789) erwähnt dies (pag. 3 14). Dasselbe führt den Titel : Elemenu Ficnirae
vulgaris per antedictam D. Leonem Bapdstam de Albertis.
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L. B. ALBERTI'S
DREI BÜCHER ÜBER DIE MALEREI.
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LEON BATTISTA ALBERTl AN FILIPPO DI
SEK BRUNELLESCO. (0
Verwunderung und BetrÜbniss zugleich pflegte es in mir
hervorzurufen, dass so viele treffliche und erlauchte Kttnste
und Wissenschaften, die nach Zeugniss der Geschichte und der
noch sichtbaren Werke bei den von der Natur so hochbegab-
ten Alten in solcher BlQthe standen, gegenwärtig so selten ge-
übt, ja fast gänzlich verloren gegangen sind. Maler, Bildhauer,
Architelcten , Musiker, Geometer, Rhetorcn, Auguren und ähn-
liche edle und bewundernswerthe Genien trifft man heute nur
sehr selten und (dann) nur wenig zu loben. So dachte ich denn —
und Viele bestätigten mich in diesem Gedanken — die Natur,
die Meisterin aller Dinge, schon alt und müde geworden, bringe
nun ebenso wenig mehr Giganten als grosse Geister hervor,
wie sie dies in ihren (gleichsam) jugendlichen und ruhmreiche-
ren Zeiten in bewundernswerther Fülle gethan.
Dann aber, als ich nach langer Verbannung, in der wir
Alberti gealtert sind, in unser vor allen andern ausgezeichnetes
Vaterland zurückgekehrt war, erfuhr ich ta, dass in Vielen, be-
sonders aber in dir, o Filippo, und in dem uns so eng be-
freundeten Donato, dem Bildhauer, und in jenen andern Nen-
cio und Luca und Masaccio ein Geist lebt, der zu jeder rühm-
lichen Sache fUhig ist, und der durchaus keinem der Alten, wie
berühmt er auch in diesen Künsten gewesen sdn mag, nach-
zusetzen ist (2). Nun aber sab ich stets, dass es nicht minder
Sache unseres Fleisses und unserer Sorgfalt, als Gabe der Natur
und der Zeiten sei , sich in irgend welchem Dinge den Ruhm
der Tüchtigkeit zu erwerben. So bekenne ich dir denn, wenn
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A flLIPPO DI SER BRUNELLESCO LEON
BATTISTA ALBERTl.
Jo soiea maravigliarmi insteme et dolermi, che tante op-
time et divine arti et scientie, quali per loro opere et per
le bistorie veggiamo cboptose erano in que' virtuosissimi pas-
sati antiquiy ora cos) siano-manchate et quasi in tucto perdute:
pictoriy sculptori, architecti, musici, geometri, rhetorici, auguri
et simili nobilissimi et maravigliosi intellecti oggi si truovano
rarissimiy et pocbo da lodarli. Ondc stimai fusse, quanto da
moiti questo cosi essere udiva» cbe giä la natura, inaestra delie
cose, fatta anticha et straccha, piü non producea cbome
giganti, cos'i n6 ingegni, quali in que' suoi quasi giovanili et
piu gloriüsi tempi produsse ampiissimi et maravigliosi.
Ma poi che io dal longo exiÜo, in quäle siamo noi Alberti
invecchiati , qui fui in qucsta nostra sopra V altre ornatissima
patria riducto, cbompresi in moiti, ma prima in te, Fiiippo et
in quel nostro amicissimo Donato sculptore» et in quelli aitri
Nencio et Luca et Masaccio, essere a ogni lodata cosa ingegnio
da non posporli acqual si sia stato antiquo et famoso in queste
arti. Pcrtanto m' avidi in nostra industria et diligentia non
meno, che in beneiicio della natura et de' tempi stare 11 potere
acquistarsi ogni laude di qual si sia virtCi. Confessoti, se a quelli
antiqui, avendo quäle aveano chopia da chi imparare et immi-
tarli raeno era diäicile salire in cognitione di quelle supreme
1) Bei Bonucci: in ing^no.
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48 LEON BATTISTA ALBERTI AN FIL1PP0 DI SER BRUNELLESCO.
es jenen Alten bei dem thatsächlichcn Reicbthum dessen, wo-
von sie lernen und was sie nachahmen konnten, minder schwer
war zur Kenntniss jener höchsten Künste, deren Ausübung uns
heute so mühsam wird, zu gelangen, so muss desshalb auch
unser Ruhm grösser sein, wenn wir ohne Lehrer und ohne
Vorbilder Künste und Wissenschaften, von welchen man früher
nichts gesehen und nichts gehört, auffinden. Wer vermöchte je
so hochmüthig oder so neidisch zu sein, dass er nicht den Ar-
chitekten Pippo rühmte, wenn er dessen Bau hier sieht, so ge-
waltig , himmelragend , gross genug , um mit seinem Schatten
alle Völker Toscanas decken zu können und aulgcrichtet ohne
jede Hilfe von Holzstützvvcrk (Lehrgerüst) ; ein Kunstwerk
meinem Dafürhalten nach, das vielleicht von den Alten ebenso-
wenig gewusst und gekannt war, als dessen Ausführung der
Gegenwart unglaublich erschien (3). Doch es wird anderen Ortes
sein, Über deine Vorzüge und zugleich die Tüchtigkeit unseres
Donato und der Anderen, die mir durch ihren Charakter so
theuer sind, zu sprechen (4). Du aber fahre so fort, wie du es
thust, Tag um Tag Dinge auszusinnen, durch welche dein be-
wundemswerther Genius sich ewigen Ruhm und Namen er-
wirbt, und wenn dir einmal Müsse zufällt, so wird es mich
freuen, falls du dieses mein Werkchen über die Malerei durch-
lesen würdest, das ich in toscanischer Sprache deinem Namen
widme (5). Es zerfällt in drei Bücher; das erste ist ganz mathe-
matischen Inhalts, es zeigt, aus welchen natürlichen Wur-
zeln die holde und erlauchte Kunst emporwachse. Das zweite
Buch legt die Kunst in die Hände des Künstlers, sondert deren
Bestandtheile und erläutert Alles. Das dritte Buch belehrt den
Künstler, auf welche Weise er sich vollendete Kunstübung und
vollkommene Kenntniss (der Theorie) der Malerei erwerben
könne und müsse. So mag es dir denn gefallen, mich mit Acht-
samkeit zu lesen und falls dir etwas der Verbesserung bedürf-
tig erscheint, verbessere es. Niemals war ein Schriftsteller so
gelehrt, dass ihm gebildete Freunde nicht von grösstem Vorcheile
gewesen wären. Und ich besonders wünsche es, von dir in
meinen Irrthümern berichtigt zu werden, um dem Angriffe der
Verleumder zu entgehen.
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A FILIPPO W SER BRUNELLESCO LEON BATTISTA ALUERTl. 49
arti, quali oggi annoi sono fatichosissime, ma quinci tanto piü
el nostro nome piü debba essere maggiore, se noi sanza pre-
ceptoriy sanza exemplo alchuno truoviamo arti et scientie non
udite et mai yedute. Chi mai sl duro o <) si invido non lodasse
Pippo architecto vedendo qui structura si grande, erta sopra e
cieli, ampla da coprire chon sua ombra tucti e popoli toscani,
facta sanza alcuno ajuto di travamenti o di copia di legniame,
quäle artificio certo, se io ben judicho, come a questi tempi
era incredibile potersi, cosl forse apprcsso gli antichi fu non
saputo nc conosciuto. Ma dcUc tue lodi et della virlü dcl nostro
Donato insietne et degli altri, quali amme sono per loro costumi
gratissimi, altro luogho sara de recitarne. Tu tanto ^ persevera
in tniovare quanto fai di di in d) cose, per quali il tuo in-
gegnio maraviglioso s' aquista perpetua fama et nome: et se in
tempo t' acchade otio, mi piacerä, rivegha questa mia operetta
di pictura, quäle a tuo nome feci in lingua toscana. Vederai
tre libri; el primo tutto mathematicoy dalle radid entro dalla
natura fa sorgiere questa leggiadra et nobilissima arte. El se-
condo libro pone 1' arte in mano allo artcfice, distinguendo sue
parti et tucto dimostrando. £1 terzo instituisce V artefice quäle
et come possa et debba*) acquistare perfecta arte et notitia di
tutta la pictura. Piacciati adunque leggermi con diligentia: et
se Cosa vi ti par da emendarla, correggimi. Niuno scriptore
mai fu si docto, al quäle non fussero utilissimi gli amici eru-
diti; et io in prima datte desidero essere emendato per non
essere morso da' detractori.
1) Bei B.: ,e".
^ Id.: Tu persevera.
*) Id. : come possa acquistare.
Finito il prologo vel proömio.
Qa«llenicbriftcn f. Kunttgetcb. XI. 4
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LEONE BATTISTA ALBERTI'S DREI BÜCHER
OBER DIE MALEREI.
BRSTBS BUCH.
Zweck des Da ich vorhabe, in diesen ganz kurzen (drei) Büchern
VS'erkes und Art
der Behandlung über das Wesen der Malerei zu handeln, so will ich, auf dass
meine Rede an Klarheit gewinne, zuerst von den Mathema-
tikern jene Sätze entlehnen, welche auf meinen Gegenstand Be-
zug haben; sobald diese bekannt, werde ich, soweit meine
geistige Kraft reicht, das Wesen der Malerei von ihren Gmnd-
principien aus entwickeUi.
Darum aber bitte Ich, stets halte man bei meiner Rede
im Auge, dass ich nicht als Mathematiker, sondern als Maler
&ber diese Dinge spreche. Denn während jener, absehend von
jedem Stoff, allein mit dem Verstände die Form der Dinge
misst, wiU dieser, dass die Dinge von dem Auge geschaut
werden. So werde ich mich denn einer mehr sinnen£tiligen
Darstellung bedienen, und Überaus hoch werde ich es schätzen,
wenn ich bei der — meines Wissens von mir zuerst versuch-
ten — Behandlung einer gewiss schwierigen Materie von jedem
Leser völlig verstanden würde. So bitte ich denn, alle meine
Aussprüche seien nur wie Aussprüche eines Malers gedeutet.
Vom Punkte. Zuerst ist es nöthig zu wissen , dass der Punkt ein
Zeichen sei, der nicht weiter in Theile getheilt werden kann.
, Ein „Zeichen" nenne ich hier das, was immer auf einer Fläche
sich befindet, und zwar dergestalt, dass es von dem Auge
wahrgenommen werden kann.
Von Dingen, die wir nicht sehen, wird wohl Keiner be-
haupten, dass sie auf den Maler irgend welchen Bezug haben.
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DEILA PITTÜRA DI LEON BATTISTA
ALBERTI LIBRI TRE.
LIBRO PRIMO.
Scrivendo de Pictura in questi brevissimi Comentarij, ad-
cid ch* el nostro dire sia ben chiaro, piglieremo da mathematici
quelle cose in prima, quali alla nostra materia appartengano,
et conosciutola, quanto 1' ingegnio ci porgiera exporremo la
Pictura da i primi principij della natura.
Ma in ogni nostro favellare, molto priegho, si consideri
me non chome mathematico ma come pictore scrivere di queste
cose. Quelli col sulo ingegnio, separata ogni materia, misurano
le forme delle cose; noi, perche vogliamo le cose es^ere poste
da vedere, per questo useremo, quanto dicono, piü grassa Mi-
nerva, et bene stimeremo assai, se in qualunque modo, in
questa certo dtfTicile et da niuno altro che io sappia descripta
materia, chi noi leggerä intendera. Adunque priegho i nostri
detti sieno come da solo pictore interpretati^).
Dico in prindpio, dobiamo sapere, il punto essere segnio,
quäle non si possa dividere in parte. Segnio qui appello,
qualunque cosa stia alla superficie per modo che 1 occhio possa
vederla.
Delle chose quali non possiamo vedere, niuno nega nuUa
apaitenersene al pictore; solo studia il pictore fingiere, quello
1) Dieser letzte Satc fehlt bei B.
4^
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52 LEONE BATTISTA ALBERTI'S DREI BÜCHER ÜBER DIE MALEREI.
Der Maler geht einzig darauf aus, das nachzubilden, was
man sieht. Wenn Punkte, in bestimmter Ordnung aneinander-
gereiht, sich verbinden, so wachsen sie zu einer Linie an. Die
Die Linie. Linie werde ich bestimmen als ein Zeichen, dessen Länge man
theilen kann , dessen Breitenausdehnung aber eine so geringe
sein wird, dass sie nicht gespalten werden kann. Von den
Linien wird man die einen gerade, die anderen gekrümmt
nennen. Die gerade Linie wird ein langes Zeichen sein, das
von einem Punkte zu einem anderen ohne Abweichung gezogen
wurde. Die gekrümmte Linie wird die sein, welche von einem
Punkte zu einem anderen nicht direct, sondern nach Art der
^ ^md^derlS^** KrÜmmung eines Bogens gezogen wurde. Wenn mehrere Linien
EigcBKtaaften. „^^i, Fäden in einem Leinengewebe aneinandergereiht
werden, so bilden sie eine Fläche. Die Fläche ist ein gewisser
äusserer Theil des Körpers, der nicht durch irgend eine dritte
Dimension, sondern einzig aus seiner Länge und Breite und
seinen noch weiteren Eigenschaften erkannt wird. Von den
Eigenschaften haften einige der Fläche so unveränderlich an,
dass sie sich von derselben nicht trennen können, ohne das
Wesen der Fläche zn alteriren. Andere Eigenschaften sind der
Art, dass sie für den Anblick des Beschauers verändert er-
scheinen können, obgleich das Wesen der F'läche dasselbe bleibt.
Eiffnwbfftcn. 8*^^ stetige Eigenschaften. Die eine erkennt man
aus jener letzten Grenzlinie, welche die Fläche einschliesst, und
zwar wird diese Umgrenzung (Saum) aus einer oder mehreren
Linien gebildet. Wird sie nur durch eine Linie gebildet, so ist
es die Kreislinie, wird sie aus mehr als einer Linie gebildet,
so wird sie aus einer geraden und einer gekrümmten oder nur
Die Krdsiinie. aus mehreren geraden Linien bestehen. Eine Kreislinie wird
jene sein, welche einen Kreis einschliesst. Der Kreis ist die
Form jener Fläche, welche durch eine einzige Linie, nach Art
eines Kranzes, umschlossen wird. Findet sich dann hier in der
Mitte ein Punkt, so wird die Grösse aller Linien, die von
diesem Punkte aus zum Umkreis gezogen werden, gleich sein;
diesen Punkt in der Mitte nennt man Centrum.
Jene gerade Linie, welche durch den Mittelpunkt läuft
und den Kreis in zwei Punkten schneidet, nennt man bei den
Mathematikern „Dianieier"; mir gefällt es, sie „Centrallinie"
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DELLA PITTURA DI LEON BATTISTA ALBERTI LIBRI TRE. 53
si vede. Et i punti, se in ordine costäti 1' uno al altro s' ag«
giungono, crescono una linea; et appresso di not sarä linea
segnio, la cui longitudtne si puo dividere, ma di larghezza
tanto sara sottile , che non si potra fendere i). Delle linee al-
chuna si chiama drilta, alcuna Flessa. La linea ritta sara da uno
punto ad uno altro dritta trattu un lungho segnio. La flessa
linea sarä da uno punto ad un' altro, non dritto, ma come uno
arco fatto al seno. Piü linee, quasi come nella tela piü fili ac-
cöstäti, fanno superficie: et 6 superficie certa parte estrema dei
corpo, qualc si conosce non per sua alcuna proionditä, ma solo
per sua longitudine et latitudine, et per sue ancora qualitä.
Delle qualitä alcune cosi stanno perpetue alla superficie, che se
non alteri la superficie nulla indt possano muoversi. Altre sono
qualitä tali, che rimancndo il mcdcsimo essere della superficie,
pur cosi giaciono ad vcderle, che pajono a chi Ii guarda mutate.
Le qualitä perpetue sono due : 1' una si conosce per quello
ultimo orlo, quäle chiuda la superficie; et sara questo orlo
chiuso d' una o di piü linee. Sarä una la circulare, saranno
piü come una flessa et una rctta, o insieme piu diritte linee.
Sara circulare quella quäle incbiude uno circolo. Sarä circolo
forma di superficie, quäle una Intera linea, quasi come una
ghirlanda V advolge ; et se qui in mezzo sara uno punto, qual-
unque linea da questo punto sino alla ghirlanda, sarä d' una
mensura al' altre equale, et questo punto in mezzo si chiama
centro.
Quella linea dritta, la quäle coprirä il punto, et tagliera in
duc luoghi il circolo, si dice appresso de' mathematici dia-
metro; noi giovi chiamarla centrica '^). Et qui siä da' mathe-
*) »tanto sara sottile che'* fehlt bei B.
*) Bei B. «centro**.
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54 LEONE BATTISTA ALBERTl^S DREI BÜCHER ÜBER DIE MALEREI.
ZU nennen. Hier sei der Lehrsatz der Mathematiker angefahrt,
wornach keine andere Linie mit der Peripherie des Kreises
gleiche Winkel bildet, ausser jener geraden, welche durch den
dcr^Fofm der Mittelpunkt geht. Doch kehren wir zur Fläche zurück. Merke
hier, dass mit Aendcrung der Begrcnzungslinie die Fläche so-
wohl Gestalt als Namen ändert; was man Dreieck nannte, wird
man Jetzt Viereck oder Vieleck nennen. Man sagt, die Um-
grenzung sei geändert, wenn die Linien mehr oder weniger
länger oder kürzer, oder aber die Winkel spitzer oder stumpfer
sein werden. Dies ermahnt mich über die Winkel zu sprechen.
Der WinkeL „Winkel" nenne ich einen gewissen äussersten Flächen-
theil, welcher von zwei sich gegenseitig durchschneidenden
Linien gebildet wird.
Es gibt drei Arten von Winkeln: rechte , stumpfe und
spitze. Der rechte Winkel wird einer von den vieren sein,
welche zwei gerade Linien bilden, die sich in der Weise schnei-
den, dass die dadurch gebildeten Winkel untereinander gleich
sind. Daher sagt man auch, dass alle rechten Winkel einander
gleich sind. Ein stumpfer Winkel ist jener, welcher grösser als ein
rechter ist; jener, der kleiner als ein rechter ist, wird spitzer
Winkel genannt. Doch kehren wir zur FlSche zurück.
Weiteres von
den ^j8<:ns^af- Sei also Überzeugt, so lange die Umgrenzung (der Saum)
der Fläche ihre Linien und Winkel nicht ändert, so lange wird
auch die Fläche dieselbe bleiben Demnach hätte ich eine der
Eigenschaften dargcthan , welche von der F'läche (sc. von dem
Wesen einer bestimmten Fläche) untrennbar ist; ich habe nun
zu sprechen über eine andere Eigenschatt, die sich gleichsam
^dcr*!foiicaven"' ^^"^ Hülle Über den ganzen Flächenrücken hinbrciret.
vcx"c1iodcrsphä- (^^^' '^'^c^) erhält man drei Arten von Flächen. Einige Flächen
fischen Hache. ^^^^ eben, einige sind nach innen ausgehöhlt, einige nach aussen
gewölbt und sphärisch; diesen ist eine vierte Art hinzuzufügen,
welche aus zwei der vorgenannten Arten zusammengesetzt ist.
„Eben" wird jene Fläche sein, die sich jedem Theile eines
darüber weggezogenen geradlinigen Lineals anschmiegen wird.
Dieser sehr ähnlich ist die Oberfläche des Wassers.
Die sphärische Fläche gleicht dem Rücken einer Kugel.
Kugel nennt man einen runden, in jedem Theile drehbaren
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DELLA PrrrURA DI LEON BATTISTA ALBEKTl UBRI TRE. 55
matici persuaso, quanto essi dicono^ che niuna linea segnia alla
ghirlanda del circolo angoli equali, se non quella una quäle
dritta cuopra il centro. Ma torniamo alla superficie. Qui vedi,
che mutato 1' andare de 1' orlo, ia superficie muta et faccia et
nome, et quello si dicea triangolo^ ora si dirä quadrangolo o
di piü cantl Dicesi mutato V orlo, se le linee overo Ii angholi
saranno piü o meno piü lunghi, piü corti, piü acuti o piü
ottusi angholi. Questo luogo admonisce, si dica delli angoli.
Dico angolo essere certa extremitä di superficie fatto da
due linee quali V una 1* altra segni^).
Sono tre generi d' angoli: retto, ottuso, acuto. L' angolo
retto sarä uno de' quattro fatti da due ritte linee , ove 1' una
sega r altra in modo, che di loro ciascuno sia equale ai' aitro.
Di qui si dice, che tutti ü angoli retti sono ad se equali.
L' angolo ottuso h quello che sia maggiore che il retto; et
quello che sia minore che il retto si chiama acuto. Anchora
ritorniamo alle superficie.
Sia persuasoy quanto al' orio, sue linee et angoli non si
niutano: tanto sarä medesima superficie. Abiamo adunque
mostro una qualitä, che mai si parte datorno dalla superficie:
abiamo a dire deir altra quaiitä quäle sta quasi comc buccia
sopra tutto^) ü dosso della superficie. Q.uesta si divide in tre.
Sono alcune superficie piane; alcupe cavate in dentro; alcune
gonfiate fuori et sperice; et a questa adgiugni la quarta quäle
sia composta da duc di queste.
La superficie piana sara quella quäle sopra trattoli uno
regholo diritto ad ogni parte se 1* achostera; a questa molto
sta simile la superficie dell' acqua. Sperica superficie s' asso-
miglia al dosso della spera; dicono la spera essere uno corpo
ritondo, volubile in ogni parte, in cui mezzo siede uno punto
1) sc. aeglu.
^ B. nur: »sopra il <losso della superfidCf**
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56 LEONE BAITISTA ALBERTl'S DREI BOCHER ÜBER DIE MALEREI.
Körper, in dessen Mitte ein Punkt sich befindet, von dem aus
jeder beliebige Punkt der Mantelfläche gleichwcit entfernt ist.
Die concave (Hohl)fläche wird der innere Theil einer
sphärischen (Kugel) Fläche sein, ähnlich dem Innern einer Eier-
schale. Eine zusammengesetzte Fläche wird die sein, welche eines
Theiles eben, anderen Theiles concav oder sphärisch ist, wie es im
Innern die Röhren und von Aussen die Säulen sind. So geben
also Umgrenzung (Saum) und Rücken den Flächen ihren Namen.
fimgen Eige"n jcueu Eigenschaften aber, welche geändert erscheinen
■cbaften. können, ohne dass das Wesen der Fläche alterirt oder ihr Name
wechseln würde, gibt es zwei; es resultirt nämlich diese Aen-
• derung aus dem Wechsel des Ortes und der Beleuchtung. Ich
will zuerst vom Orte, hernach von der Beleuchtung sprechen
und untersuchen, in welcher Weise dadurch die Beschaffenheit
der Fläche geändert erscheint. Dies hangt zusammen mit dem
Sehvermögen ; sobald iKinilich die Lage geändert wird, werden
die Dinge entweder grössei" oder von anderer Begrenzung, oder
von anderer Farbe erscheinen, da wir alle diese Dinge nach
dem Auge beurtheilen. Nach den Gründen dieser Erscheinung
suchend, beginne ich mit dem Lehrsatze der Philosophen, wo-
nach die Flachen mit einigen Strahlen, gleichsam den Dienern
des Sehens und desshalb „Sehstrahlen" genannt, ummessen
werden, weiche die Form der Dinge (dann) zum Sinne tragen. (6)
Und ich möchte mir hier die Sehstrahlen wie überaus feine Fäden
vorstellen, innerhalb des Auges, wo der Gesichtssinn sitzt, in
Einem Punkte, wie zu einem Bündel auf das Engste verknüpft,
von wo aus jener Knotenpunkt, gleichsam als der Stamm aller
Strahlen, seine Überaus feinen Aeste in völlig directer Richtung
wMoienhdt dier entgegenstehende Fläche ausspannt. Zwischen diesen
Sebstrahien. Strahlen aber findet man einen Unterschied, den zu wissen
nöthig ist. Und zwar gibt es einen Unterschied in Bezug auf
ihre Wirkungskraft und auf ihre Dienstleistung. Einige dieser
Strahlen (nämlich) ummessen, zum Saume der Fläche gelangt,
deren sämmtliche Dimensionen. Weil sie so die letzten und
äussersten Theile der Fläche berühren , nennt man sie also
äusserste oder, wenn du willst, äusserliche Strahlen. Andere
Strahlen gehen vom ganzen Rücken der Fläche aus zum Auge
hin; ihre Dienstleistung besteht darin, dass sie die Pyramide
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DELLA FITTURA DI LEON BATTISTA AI.HERTl LIBRl TRE.
dal' quäle punto qualsisia parte extrema di qucl corpo al' altre
sitniie &ia distante.
La superficie cavata sara dentro sotto T ultimo extremo della
SU perfide sperica quasi come drento ü guscio deil' uovo. La
superficie conposta sara quella che per uno verso sia piana
per un' altro verso sia cavata o sperica , qual sono drento i
cannonj et di fuori le colonne.
Adunque V orlo et dorso danno suoi nomi alle superficie.
Ma le qualitä per le quali non alterata k superficie nh mutatolj
suo nome pure possono parere alterate sono due, qualj pilliano
variationc per mutationc dell' uogho o de lumj. Diciamo prima
de iuogho poi de lumi et investighiamo in che modo per questo
le qualitä alla superficie pajano mutate. Questo s' apartiene ad
la forza del vedere, impero che mutato il sito le cose parrano
o maggiori o d' altro orlo o d* altro colore quali tutte cose
raisuriamo col vedere. Ccrchiamo a queste sue ragioni comin-
ciando dalla sententia de filosofi, i quali affermano misurarsi
le superficie con alcuni razzi quasi ministri al vedere'), chia*
mati per questo visivi, quali portino la forma delle cose vedute
al scnso Et noi qui inniaginiamo i razzi quasi cssere fili sot-
tilissimi da uno capo quasi come una mappa molto strctissimi
legati dentro all* occhio ove siede il senso che vede et quivi,
quasi come troncho di tutti i razzi , quel nodo extenda dritis*
siroi et sottilissimi suoi virgulti per sino alla opposita super-
ficie. Ma trd questi razzi si truova ditierenza , necessaria a
conoscere. Sono loro diäerentie quanto alla forza et quanto
air officio. Alcuni di questi razzi, giugniendo all' orlo delle
superficie, misurano sue tutte quantitä. Adunque, pcrche chost
cozzano 1' ultime et extreme parti della superficie, nominialli
extremi o vuoi extrinsici. Altri razzi da tutto U dorso della
1) „Quasi ministri al vedere** fehlt bei B.
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58 LEONE BATTISTA ALBERTl'S DREI BÜCHER UBER DIE MAEEREI.
(über welche ich weiter unten sprechen werde), mit jenen
Farben und jenen kräftigen Lichtern anfüllen , von welchen
die Fläche glänzt; man nennt diese desshalb Mittelstrahlen. Unter
diesen Sehstrahlen führt einer den Namen Centraistrahl. Wenn
dieser die Fläche tnftt, so bildet er (mit dieser) nach allen Seiten
hin rechte und gleiche Winkel. Man nennt ihn „Ccntralstrahl"
wegen der Aehnlichkeit mit Jener oben genannten Centrallinie,
Wir haben also drei verschiedene Arten von Strahlen ge-
funden: äussere, Mittel- und Centralstrahlen. Nun ist zu unter-
suchen, welchen Antheil jeder Strahl an dem Sehen hat. Ich
werde zuerst über die äusseren , dann über die Mittelstrahlen
Von d r gleich darnach über den Centraistrahl sprechen.
tion der äusse- Mittels der Äusseren Strahlen misst man (sieht man) die
Dimensionen. Dimension nennt man jede Ausdehnung auf einer
Fläche, welche sich zwischen zwei entgegengesetzten Punkten
des Saumes befindet. Das Auge misst diese Dimensionen mit
den Sehstrahlen wie mit den Schenkeln eines Zirkels. Bei jeder
Fläche unterscheidet man so viele Dimensionen als es Zwischen-
räume zwischen je zwei Grenzpunkten gibt, also: die Höhe
von oben nach unten; die Breite von rechts nach links; die
Dicke zwischen näher und ferner, und welch andere Dimen-
sion immer, dieser letzteren entsprechend, man sich zur
Wahrnehmung bringt, man bedient sich dabei jener äusseren
Strahlen. Daher pflegt man zu sagen, dass man beim Sehen
ein Dreieck bilde, dessen Grundlinie die gesehene Dimension,
und dessen Schenkel jene Strahlen seien, welche sich von den
Endpunkten der gesehenen Dimension bis zum Auge hin er-
strecken , und es ist völlig gewiss , dass man keine Dimension
ohne Dreieck sehen kann. Die W^inkel in diesem Seh-Dreieck sind
erstlich an den beiden Endpunkten der Dimension; der dritte be-
findet sich in entgegengesetzter Lage zur Basis im Innern des Auges.
Hier gibt es folgende Regeln : Je spitzer der Augenwinkel
sein wird, um so kleiner wird die gesehene Dimension er-
scheinen. Dies erklärt es auch, warum eine sehr weit entfernte
Dimension fast nicht grösser als ein Punkt erscheine. Doch
obgleich es sich so verhält, so findet man doch auch Flächen-
Dimensionen, von welchen man einen um so kleineren Theil
sieht, je näher, und einen um so grösseren Theil, je weiter
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DELLA PITTURA Dl LEON BATTISTA ALBERTI UBRI^TRE. 5g
superficie escono sino all* occhio, et questi anno suoi ofTicij
pero che da que' colori et que' lumj acicsi, da i quali la super-
ficie splende, erapiono la pyramide deile quäle piü giü diremo
al suo luogo: et questi cosi si chiamino radj medianL Ecci
fra i razzi visivi uno detto centrico. Questo, quando giugnie
alla superficie, fa di qua et di qua torno ad se gli angoli retti
et equaii. Dicesi centrico a similitudine di quelia sopraddetta
Centrica linea.
Adunque abiamo trovate tre differenze di radj: extremi,
mediani et centrici. Ora invistighiamo quanto ciaschuno razzo
sadoperi al vedere. Prima diremo delli extremi, poi de mezzani,
et ivi appresso del centrico. Coi razzi extremi si misurano Je
quantitii.
Quantitä st chiama ogni spazio su per la superficie, qual
sia da uno punto dell orio al' altro. Et misura V occhio queste
quantitä con i razzi visivi quasi come un paro di seste; et sono
in ogni superficie tante quantitä, quanti sono spazij tra punto
et punto; perö che Y altezza da basso in sti, la larghezza da
man destra a sinistra, la grossezza tra presso et hinge, et
qualunque altra dimensione vel misuratione si faccia guatando
ad quelia, s* adopera questi razzi extremi. Onde si suoie dire,
che al vedere si fa triangolo la base del quäle sia la veduta
quantitä, et i lati sono questi radij, i quali dai punti della
quantitä si extendono sinö all' occhio: et e certissimo, niuna
quantitä potersi sanza triangolo vedere. Li angholi in questo
triangolo visivo sono, prima i due punti della quantitä; il terzo
quäle sia opposto alla base sta drento all' occhio.
Sono qui regole: quanto all' occhio 1' angholo sarä acuto,
tanto la veduta quantitä parrä minore. Di qui si conosce, qual
cagione facci una quantitä molto distante quasi parere non
maggiore che uno punto. Et benchi cosi sia, pure si truova
ilcuna quantitä et superficie di quäle, quanto piü Ii sia presso,
meno ne vedi, et da lunge ne vegga molto piü parte. Vedesi
6o LEONE BATTISTA ALBERTTS DREI BÜCHER ÜBER DIE NALEREL
sie uns entfernt sind. Man findet hiefUr den Beweis an einem
sphärischen Körper. In Folge der Entfernung also erscheinen
die Dimensionen grösser und kleiner. Und wer wohl versteht,
was gesagt worden, der, glaube ich, begreift auch, dass bei
geänderter Distanz die äusseren Strahlen zu Mittelstrahlen
werden, ingteichen wie die Mittelstrahlen zu äusseren. Und er
wird auch verstehen, dass eine bestimmte Dimension sofort
kleiner erscheinen wird, sobald die mittleren Strahlen zu äusseren
wurden. Und so auch im Gegentheil; wenn die äusseren Strahlen
innerhalb des Saumes fallen werden, so wird die gesehene Dimen-
sion in demselben Masse grösser erscheinen, als jene vom Saume
weiter entfernt sind. An dieser Stelle pHege ich meinen Freunden
eine dem Gesagten verwandle Regel zu geben: Je mehr Strahlen
du beim Sehen beschäftigst, um so grösser erscheint dir das ge-
sehene Object, und je weniger Strahlen, um so kleiner.
^pyramid«!'*' Indem diese äusseren Strahlen die Fläche so umgeben,
dass einer den anderen berührt, umschliesscn sie die ganze
Fläche ähnlich dem Weidengeilecht eines KäBgs und bilden
das, was man Sehpyramide nennt. So scheint es mir nun
am Platze, zu sagen, was eine Pyramide sei, und in welcher
Weise sie von diesen Strahlen gebildet werde. Ich werde sie
nach meiner Weise beschreiben. Die Pyramide wird eine KÖrper-
figur sein, bei welcher alle von ihrer fiasis aus nach der Höhe
gezogenen geraden Linien in einem einzigen Punkte endigen.
Die Basis dieser Pyramide wird die gesehene Fläche sein. Die
Seiten der Pyramide sind jene Strahlen, welche ich äussere
nannte. Die Spitze, d. i. der Endpunkt der Pyramide, steht
innerhalb des Auges, dort, wo der Winkel der Dimensionen
(sich befindet). Bis hieher handelte ich von den äusseren Strahlen,
von welchen die Pyramide gebildet wird; (auch) scheint es mir
bewiesen, welchen Unterschied eine mehr oder minder grosse
F^ntfernung zwischen dem Auge und dem gesehenen Gegen-
tion der mittle" Stande bedinge. Es ist nun zu sprechen über die Mittelstrahlen,
na Strablca. jgpe Strahlenmenge sind, die sich in der Pyramide inner-
halb der äusseren Strahlen befindet; diese thun das, was man
vom Kamäleon behauptet — einem Thier, das von jedem ihm
nahen Gegenstand die Farbe annimmt. Denn von da an, wo
sie {die mittleren Stahlen) die Fläche treffen, bis zu dem Auge
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HELLA PITTURA Dl LEON BATTiSTA ALBERTI LIBRl TRE. 6l
di questo prova nel corpo sperico. Adunque le quantitä per la
distantia pajono maggiori et minori. Et cbi ben gusta quello
che detto e, credo, inteiida come, mutato V intervallo, i razzi
extrinsici divenghino mediani et cosi i mcdiani extrinsici. Kt
intenderä, dove i mediani radij sieno facti extrinsici, subito
quella quantitä parere minore. Et contrariö: quando i razzi
uxtremi saranno dentro al* orlo adiritti, quanto piü distanti
dal orlo tanto paua la veduta quantitä maggiore. Qui soglio
io appresso ad i miei amici dare simiie regola: quanto a vedere
piü razzi occupi, tanto ti pare quel chfi si vede, maggiore; et
quanto meno razzi, tanto minore.
Et qucsti razzi extrinsici, cosi circuendo la süperticie,
cbe r uno tocchi V altro, chiudono tutta la supcrticic quasi
come vetrici ad una gabbia, et fanno, quanto si dice, quella
piramide visiva. Adunque, mi pare da dire, che chosa sia pira-
mide, et a che modo sia da questi razzi costrutta. Noi la de-
scriveremo a nostro modo. La piramide sarä ligura d' uno
corpo 1) dalla cui base tutte le linee diritte tirate in su, ter-
minano ad uno solo punto. La base di questa piramide sara
una superficie che si vcde. I lati della piramide sono quelli
razzi i quali io chiamai extrinsici. La cuspide cioe la puiiia
della piramide, stä drento all' occhio quivi dove l'angholo delle
quantitä. Sino ad qui dicenmio dci razzi extrinsici dai quali
sia concepita la piramide; et parmi provato, quanto differentii
una piü che un altra distantia tra 1' occhio et quello che si
vegga. Seguita a dire dei razzi mediani, quali sono quella molti-
tudine nella piramide dentro ai razzi extrinsici et qucsti fanno,
quanto si dice il Camaleone, animale che piglia d' ogni ad s6
prossima cosa colore. Impero che da duvc toccano le superficie
per fino ad 1' occhio, cosi piUiano colori et lume, qual sia alla
») Bei B.: «figura d* uno raxio.** (!)
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62 LEONE BATTISTA ia.BBm*$ DREI BÜCHER ÜBER DIE MALEREI.
bin, nehmen sie eben dieselben Farben und Lichter an, welche
die Fläche besitzt; so dass, wo immer auseinander gebrochen,
du sie durchwegs auf gleiche Weise erleuchtet und gefärbt
fändest. Nun aber steht es fest, dass sie in Folge weiter Ent-
fernung an Kraft verlieren. Ich glaube, die Ursache hiefür liege
darin, dass die Strahlen in Folge ihres Durchganges durch die
(durch verschiedene Stoffe) verdichtete Luft etwas von den Massen
an Licht und P^arbe, von welchen sie erfüllt, einbüssen. Hieraus
leiten wir folgende Regel ab: Je grösser die Entfernung, um
so farbloser und lichtloser wird die gesehene Fläche erscheinen.
Function des £s bleibt nun noch übrig, (Iber den Centraistrahl zu
'sprechen. Der Centraistrahl wird jener einzige Strahl sein,
welcher die Dimension in der Weise berührt, dass die Winkel,
welche er nach der einen wie nach der anderen Seite hin bildet,
einander gleich sind. Dieser Strahl unterscheidet sich von allen
anderen durch seine Kraft und Lebhaftigkeit; er bewirkt es,
dass keine Dimension jemals grösser erscheint, als wenn sie von
ihm getroffen wird. Man könnte von diesem Strahl Vieles sagen,
doch genüge dies Eine: dicht umdrängt von den anderen
Strahlen, verlässt er, der letzte, die gesehene Sache; um dieses
Verdienstes willen nennt man ihn wohl mit Recht den Fürsten
der Strahlen. Es scheint mir hinlänglich bewiesen zu sein, dass
mit Aenderung der Entfernung und mit Aenderung der Lage
des Centralstrahles sofort auch die Fläche geändert erscheinen
wird. Also die Entfernung und die Lage des Centralstrahles
sind von grossem Einflüsse auf die Zuverlässigkeit des Sehens.
BekochluDg. Nun gibt es noch ein Drittes, welches bewirken kann,
dass die Fläche verändert erscheint. Dies kommt von der Be-
leuchtung her. An concaven und sphärischen Flächen sieht
man, falls ein Licht auf sie fällt, diesen Theil erhellt, jenen
dunkel. Sobald du nun das Licht an einen anderen Ort stellst,
so wirst du, obgleich die Entfernung und die Lage des Central-
strahles ungeändert blieben, doch jene Theile, welche zuerst
hell waren, nun dunkel, und jene, welche dunkel waren, nun
hell sehen. Und wären es mehrere Lichter gewesen, so würdest
du, entsprechend der Zahl und der wirkenden Stärke derselben,
auch zahlreichere Flecken von Hell und Dunkel wahrnehmen.
Dies ermahnt mich Über Licht und Farbe zu sprechen.
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DELLA PrmntA DI LEON BATTISTA ALBBRTI LIBRl TRE. 63
superficie; ch& dovunque K rompesse, per tutto Ii troveresti per
uno modo luminati et colorati. Er di questo si pruova, che per
molta distantia indeboHscono. Credo ne sia ragione, che carichi,
di lume et di colore trapassano 1' aere, quäle humido di certa
grassezza, stracca i caricbi razzi. Onde traemmo regola: quanto
maggiore sara la distantia , tanto la veduta superhcie parra
piü fusca.
Restaci a dire de] razzo centrico. Sarä centrico razzo
quello uno sdo quäle s\ cozza la quantitä, che di qua et di
qua cieschuno angholo sia all altro equale. Questo uno razzo
fra tutti Ii altri gagliardissimo et vivacissimo, fa che niuna
quantitä mai pare maggiore che quando ia ferisce. Potrebbesi
di questo razzo dire pitk cose, roa basti che questo uno, stivato
da Ii altri razzi, ultimo abandona la cosa veduta: onde merito
si puo dire principe de ra/zi.
Parmi avere dimostrato assai che, mutato la distantia et
mutato 11 porre del razzo centrico, subito la superficie parrii
alterata. Adunque la distantia et la positione del centrico razzo
nujltc) valc alla certezza del vedere. licci ancora una terza qual
facci parere la superficie variata. Q.uesto viene dal ricevere il
lume. Vedesi nelle superficie speriche et concave, sendo ad uno
lume, anno questa parte obscura et quella chiara. Et bene che
sia quella medesima distantia et positione di centrica linea,
ponendo il lume altrove vedrai, quelle parti, quali prima erano
chiare, ora essere obscure, et quelle chiare, quali erano obscure.
Et dove attomo fussino piü lumi, secondo loro numero et
forza, vedresti piü macole di chiarore et d* obscuro. Questo
luogo ra' amonisce a dire de colori insieme et de lumi.
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64 L£0Tli2 BATTISTA ALBERTPS DREI BÜCHER OBER DK MALEREI.
vordcnFÄ Es scheint mir offenbar, dass die Verschiedenheit der
Farben vom Lichte herkommt, da jede Farbe, in*s Dankel ge-
setzt, nicht mehr als jene erscheint, die sie im Hellen ist. Der
Schatten macht die Farbe dunkel; vom Lichte getroffen wird
sie hell. Die Philosophen sagen, dass man nichts sehen könne,
was nicht beleuchtet und nicht farbig sei (7). So haben also
die Farben eine innige Verwandtschaft mit dem Lichte; wie
gross diese sei, siehst du daraus, dass wo Licht mangelt, auch die
Farben mangeln, und wo das Licht zurückkehrt, auch die
Farben wiederkehren. Es scheint mir nun am Platze, zuerst
Über die Farben zu sprechen, hernach zu untersuchen, in
welcher Weise sie sich unter dem Lichte verändern (8). Ich
will als Maler sprechen.
im^MoMkra? sage, durch die Mischung der Farben entstehen un-
zählige andere Farben, eigentliche Farben aber gibt es nur vier
— gleich der 2^hl der Elemente — aus welchen dann mehr
und mehr andere Arten von Farben entstehen. Die Farbe des
Feuers wird das Roth sein, die der Luft das Blau, des Wassers
das GrQn und der Erde das Bleigrau oder Aschgrau.
Andere Farben, wie die des Jaspis und des Porphyrs sind eine
Mischung von diesen. Also vier Gattungen von Farben gibt es,
welche ihre Arten bilden, je nachdem man ihnen Licht oder
Dunkel, (d. h.) Weiss oder Schwarz hinzufügt ; von diesen (den
Arten) gibt es fast unzählige. Wir sehen das grüne Laub von
Stufe zu Stufe das Grün verlieren, bis dass es gelblich wird.
Aehnlich sieht man in der Luft gegen den Horizont hin nicht
selten einen weisslichen Dunst, der sich weiter nach vorwärts
(gegen den Zenith zu) allmälig verliert. Und bei den Rosen
sehen wir, wie einige dem Purpur, andere den Mädchen-
wangen, andere dem Elfenbein gleichen. Und in gleicher Weise
macht auch die Erde ihre Farbenarten je nach Mischung mit
Weiss und Schwarz.
Also: die Vermischung mit Weiss ändert nicht die Gat-
tungen der Farben, wohl aber bildet sie Arten. In gleicher
Weise besitzt die schwarze Farbe die Kraft, durch ihre Mischung
eine gleichsam unendliche Zahl von Farbenarten zu bilden. Man
sieht die Farben in Folge des Schattens verändert; bei zu-
nehmendem Schatten werden die Farben tiefer, bei zunehmendem
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DELLA PITTURA Ol LEON BATHSTA ALBERTI LIBRI TRE. 65
Panni inanife$to che i colori pilliano variatione dai lumi|
poi cht ogni colore posto in ombra, pare non quello che h nel
chiarore. Fa 1' ombra il colore fusco et il lume fa chiaro ove
percuote. Dicono i filosofi nulla potersi vedere quäle non sia
luminato et colorato (7). Adunque teogono gran parentado i
colori coi lumi a farsi vedere; et quanto sia graiide, vedilo che,
mancando il lume, mancano i colori, et ritornando il lume tor-
nano i colori. Adunque parmi da dire prima de' colori , poi
investigheremo come sotto il lume si variino. Parliamo come
Pictore.
Dico per la permistione de' colori nascere infiDiti altri
colori, ma veri colori solo essere, quanto Ii hclcmenti quattro,
dai quali piü et piü altre spetie di colori nascono. Fia colore
di fuoco el rosso, dell aere cilestrino, dell acqua el verde,
et la terra higiaetcenericcia. Li altri colori come diaspri
et porfidi sono permistione di questi. Adunque quattro sono
i geaeri di colori, et fanno spetie sue, secondo se alli agiunga
obscuro o chiarore, nero o btancho; et sono quasi innumerabili.
Veggiamo le fronde verzose di grado in grado perdere la ver-
dura per insino che divengono scialbe. Simite in aera circha
al orizonte non rare essere vapore bianchiccio et a poco a poco
seguirsi>) perdendo. Et nelle rose veggiamo ad alcune molte
porpora, alcune simigliarsi alle gote delle fanciuUe, alcune allo
avorio. Et cosi la terra secondo il biancho e* *1 nero fa seu
spetie di colore.
Adunque la permistione del biancho non muta Ii generi
de* colori, ma ben fa spetie. Cosi il nero colore tiene simile
forza con sua permistione fare quasi infinite spetie di colori.
Vedesi dall* ombra s* empiono i colori, et crescendo il lume,
diventano i colori piü aperti et cbiari. Per questo assai si puö
Bei B. «v«nirai**, was nicht den prftgnanten Sinn gibt.
Quellenacbriftea f. Kunstgesch. XI. 5
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66 LEONE BATTISTA ALBERTTS DREI BOCHER OBER DIE MALEREI.
Lichte klarer, leuchtender. Dat kann den Maler genugsam fiber-
zeugen , dass Weiss und Schwarz keine eigentlichen Farben
sind, sondern nur eine Alteration der anderen Farben hervor-
bringen; hat er ja doch kein anderes Mittel als das Weiss, den
höchsten Lichtglanz darzustellen und desgleichen nur das Schwarz,
die letzten Tiefen auszudrücken.
^ b'?sdndl.-ren'" hiuzu, dass du nie ein Weiss oder Schwarz
finden wirst, es sei denn in Mischung mit einer der vier Farben.
Nun Über das Licht. In Bezug auf das Licht sage ich, dass es
entweder von den Gestirnen kommt^ wie von der Sonne, dem
Mond und jenem anderen schönen Gestirne, der Venus, oder
von künsrlichen Beleuchtungsmirteln ; zwischen diesen beiden
Arten herrscht aber ein grosser Unterschied. Das Licht der
Gestirne macht den Schatten gleich gross dem Körper; wogegen
das Feuer grössere Schatten wirft (9). Ein Schatten bleibt da
zurück, wo die Lichtstrahlen unterbrochen werden. Die unter-
brochenen Strahlen kehren entweder zurück, woher sie kommen,
oder sie schlagen eine andere Richtung ein. Das Letztere siehst
du (z. B.), wenn die Lichtstrahlen auf eine Wasserfläche treÖ'en
und von da nach den Dachbalken eines Hauses reflectirt werden.
In Bezug auf diese Lichtbrechungen könnte man ein Mehreres
sagen; auch jene Wunder der Malerei gehören hieher, weiche
mehrere meiner Freunde mich zu anderer Zeit in Rom voll-
führen sahen (10). Hier genüge es zu sagen, dass diese reflec-
tirten Strahlen jene Farbe mit sich führen, welche sie auf der
Fläche vorfinden. Du ersiehst dies daraus, dass Derjenige,
welcher Über sonnige Wiesen wandelt, im Gesichte grün erscheint.
Bis jetzt sprach ich Über die Fliehe, ich sprach Über die
Strahlen, zeigte, in welcher Weise man beim Sehen eine Pyra-
mide bilde; ich that dann dar, von welchem Belang die Ent-
fernung und die Lage des Centraistrahles und die Beleuchtung
Pyramide """und sei; nun aber, da man mit einem Blick nicht blos eine Fläche,
sehen ü«r«ei- sondern mehrere sieht, werde ich untersuchen, in welcher
löw«- Weise viele Flächen zugleich und mit einander verbunden
gesehen werden.
Du siehst, dass jede Fläche tür sich ihre Licht- und
Farbenpyramide enthält. Weil aber die Körper von Flächen
bedeckt sind, so kommt es, dass alle zugleich gesehenen Flächen
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DELLA FITTURA DI LEON BATTISTA ALBERTI L1BRI TRE. > 67
persuadere al pictore, che' 1 biancbo e* '1 nero non sono veri
colorif ma sono alterarione delli altri colori, perö che W pictore
truova Cosa niuna , colla quäle elli riprescnti I' ultimo lustro
de' lumi altro che il biancbo, et cosi solo il nero a dimostrare
le tenebre.
Adgiugni che mai troverai biaacho o nero il quäle non
sia sotto qualchuno di quelli quattro colori. Seguita di lumi.
Dico de' lumi alcuno essere dalle stelle, come dal sole, dalla
luna et da quell' altra bella Stella Venere. Altri lumi sono dai
foochi; ma tra questi si vede molta differentia. II lume delle
stelle fa 1* ombra pari al corpo, ma il fiioco le fa maggiori.
Rimane ombra, dove i razzi de' lumi sono interotti. I razzi in-
terotti o ritornano onde vennono o s' addirizzano altrove.
Vediio addiritti altrove quando adgiunti alia superficie dell'
acqua feriscono i tra vi della casa. Circa a qoeste riflessione si
potre ') dire piü chose quali appartengono a quelli miracoli
della pictura, quali piü miei compagni videro da me fatti altra
volta in Roma. Ma basti qui, che questi razzi flessi seco por-
tano quel colore, quäle essi truovano alla superficie. Vediio che
chi passeggia su pe' prati al sole, pare nel viso verzoso.
Dicemmo sino a qui della superficie; diccmmo de' razzi;
dicemmo in che modo, vedendo, si tacci piramide; provammo,
quanto facci la distantia et positione del razzo centrico insieme
et ricevere de* lumi: ora, poi che ad uno solo guardare, non
solo una superficie si vede ma piCi, investigheremo in che modo
molte insieme giunte si veggano.
Vedesti che ciascuna superficie in s6 tiene sua piramide
colori et lumi. Ma poi che i corpi sono coperti dalle superficie,
tutte le Vedute insieme superficie d* uno corpo faranno una
^) sc. potrebbe.
5*
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68 LEONE BATTISTA ALBERTTS DREI BÜCHER ÜBER DIE MALEREI.
eines KÖrpen, eine einzige Pyramide bilden, welche so viel
kleinere Pyramiden enthält» als man beim Sehen Flfichen wahr-
nimmt. Hier nun aber könnte Jemand sagen: was hilft solches
Spintisiren dem Maler? Halte doch Jeder Maler wohl im Auge,
dass er ein tOchtiger Meister nur dann ist, wenn er die Ver-
hältnisse und die Art , wie sich die Flächen mit einander ver-
binden, genau kennt, eine Kenntniss, die bei den wenigsten
vorhanden ist. Und wenn du fragst, was sie denn eigentlich zu
thun suchen, wenn sie eine ßildfläche mit Farben überdecken,
so werden sie dir über alles Andere früher reden als über das,
wornach du fragtest.
So bitte ich denn die eifrigen Maler, sie mögen sich nicht
schämen, mich zu hören. Niemals war es eine Schande, von
wem immer etwas zu lernen, das zu wissen nützlich ist. So
mögen sie denn wissen, dass sie, wenn sie die BildBäche mit
Linien beschreiben und die umrissenen Steilen mit Farben be-
decken, nichts Anderes versuchen, als auf dieser Bildfläche die
Formen der gesehenen Dinge so darzustellen, als wäre jene von
durchsichtigem Glas, welches die Sehpyramide (sc der im Bilde
zur Erscheinung kommenden Gegenstände) durchschritte, bei
Festhaltung einer bestimmten Entfernung, einer bestimmten
Beleuchtung, einem bestimmten Augenpunkte und richtiger
(durch die Wahl dieses Augenpunktes normirter) Lagerung der
Gegenstände (ii). Dass dem so sei, beweist jeder Maler,
wenn er sich, geführt durch den natürlichen Instinct, in eine
gewisse Entfernung von dem von ihm gemalten Gegenstande-
stellt, als suche er jenen Punkt und Winkel der Pyramide, von
welchem aus er den gemalten Gegenstand besser zu betrachten
verstünde. Wenn wir aber sehen, dass es nur Eine Fläche
, sei — entweder eine Wand oder eine Tafel — auf welche der
Maler jene mehreren Flächen, die in der Sehpyramide enthalten,
nachzubilden bestrebt ist, so wird es nÖthig erscheinen, an be-
stimmten Punkten diese Pyramide quer zu durchschneiden, auf
dass der Maler jene Umrisse und Farben in Zeichnung und
Farbe ausdrücken könne. Wenn es dem so ist, wie ich sagte,
so sieht man also in einer Malerei nichts Anderes als einen -
gewissen Querschnitt einer Pyramide. Die Malerei wird also
Mtiierai!''^ nichts Anderes sein als die auf einer Fläche mittelst Linien und
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DELLA PITTURA DI L£ON BATTlüTA ALBERTI LIBRI TRE. 69
piramide di tante minori gravide, quanto in quello guardare si
vedranno superficie. Ma dirä qui alcuno che giova al pictore
cotanto investigare? Eztimi ogni pictore ivi essere optimo
maestro, ove bene intende le proportioni et adgiugnimenti dellc
superficie, qualc cosa pochissimi conoscono. Et domandando,
in SU quella quäle e' tingono superficie, che cosa essi cerchino
di fare? diranti ogni altra cosa piü a proposito di quello, che
m domandi.
Adunquc priego Ii Studiosi pictori iion si vergognino
d* udirci. Mai fu sozzo inparare da cbi si sia cosa quäle giovi
sapere. Et sappiano che con sue linee circuiscono la superficies
cl quando empiono di colori et luoghi descritti, niun altra cosa
cercarsi '') se non che in questa superficie si presentino ie forme
delle cose vedute, non altrimenti, che/se essa fiisse di vetro
tralucente, tale^ che la piramide visiva indi trapassasse, posto
una certa distantia, con certi lumi et certa positione di centro,
in aere et ne' suoi luoghi altrove. Qual cosa cosi essere, di-
mostra ciascuno pictore, quando se stesso da quello dipignie,
se pone a lunghe, dutto dalla natura, quasi come ivi cerchi la
punta et angolo della piramide, onde intenda le cose dipinte
meglio remirarsi. Ma ove questa sola veggiamo essere una sola
superhcie o di muro o di tavole, nella quaie il pictore studia
figurare piü superficie, comprese nella piramide visiva, con-
veralle in qualche luogho segare atraverso questa piramide,
acciö che simili orli et colori con sue linee il pictore possa di-
pigniendo exprimere. Qjaal cosa se cosi e, quanto dissi, adunquc
Chi mira una pictura, vede certa intersegatione d' una piramide.
Sara adunque pictura non altro che intersegatione della pira-
mide visiva, secondo data distantia, posto il centro et constituti
1) Bei B: «tengono.**
*) B. cercasi.
B. tisst ntale'* weg.
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yO LhONt UATTISTA Al-BtRirS DKtl liUCHtR UllliK Ulli MAI.tKlil.
Farben zu Stande gebrachte künstlerische Darstellung eines
Quer- (Durch-)schnittcs der Sehpyramide gemäss einer bestimm-
ten Entfernung, einem bestimmten Augenpunkte und einer be-
stimmten Beleuchtung.
Da wir nun aber sagten, eine Malerei sei der Durchschnitt
einer Pyramide, so stellt sich nun die Forderung, zu unter»
Kinthc.iun« der suchen, wic dlesef Durchschnitt wohl zu Stande komme. Da-
r lachen in con- '
«eJofibiiiDiB. neuer Grund vorhanden, über die Fläche zu handeln,
von welcher, wie wir sagten, die Pyramide ausging.
Ich sage, es gibt FUlcben, welche eine horizontale Lage
einnehmen, wie die Fussböden und Decken der Gebäude und
alle mit diesen aequidistanten Flächen. Andere Flächen stehen
auf die Seite gestützt, wie die Wände, und andere Flächen
(wieder) sind den Wänden conlinear (12). Aequidistant
werden zwei Flächen dann sein, wenn der Abstand zwischen
der einen und der anderen an jeder Stelle gleich sein wird.
Conlinear werden Flächen genannt werden, die so beschaffen,
dass eine gerade Linie sie in jedem Theile in gleicher Weise
tangiren würde, wie es bei den Vorderseiten der Pylaster eines
Portikus der Fall ist. Das hier Gesagte sei dem zugesellt, was
ich oben über die Flächen vorbrachte, dann dem, was ich von
den äusseren und inneren Strahlen und dem Gentralstrahi und
endlich über die Pyramide äusserte. All' dem wäre dann hinzu-
zufügen der Lehrsatz der Mathematiker, wonach es feststeht,
dass in dem Falle, als eine Linie zwei Seiten eines Dreieckes
schneidet, und diese Linie, die nun ein neues Dreieck bildet,
Vondc,i ro||or.j^jj der Linie des grösseren Dreieckes aequidistant ist, das
kleinere Dreieck dem grösseren proportionirt sein wird; soviel
sagen die Mathematiker. Ich aber werde mich, um klarer zu
sein, noch eines Weiteren darüber auslassen. Vorerst ist es
hier nöthig zu wissen, was ^^proportionirt" sei.
Man nennt jene Dreiecke einander proportionirt (^^ähnlich"),
zwischen deren Seiten und Winkeln eine gewisse Ueberein«
Stimmung stattfindet. Ist nämlich die eine Seite eines bestimmten
Dreieckes zweimal länger und die andere dreimal länger als
die Basis, so wird jedes diesem ähnliche Dreieck, sei es nun
grösser oder kleiner, falls dessen Seiten dasselbe Verhältniss
zur Basis haben, jenem ersteren proportionirt sein. Denn das-
linnalital
hrcicckc.
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DELLA PITTURA DI hliON BATTISTA AUBERTI LIBRI TRE. 7 1
i lumi in tina certa superficie con linee et colori artificioso
rappresentata. Ora, poi che dicemmo, la pictura essere inter-
cisione della piramide, convienci investigare qualunque cosa ad
noi faccia questa intersegatione. Conosduta^ convenienci avere
nuovo prindpio a ragionare delle superfide, dalle qualj dicemmo,
che la piramide iisciva.
Dico, la supcrricie alcuna essere in terra riversa et giacere,
come i pavimenti et i solari delli bedificj, et ciascuna superficie
quäle equalmente da questa sia distante. Altre stanno appoggiate
in lato, come i pareti; et 1' altre superrtcic conlinearij ad i
pareti. Le superticic equalmente fra se distanti saranno quando
la distaatia fra T una et 1' altra in ciascuna sua parte sara
equale. Conlinearij superficie saranno quelle, quali una diritta
linea in ogni parte equalmente toccherä, como sono le facce de'
pilastri quadri posti ad hordine in uno porticho. Et sono queste
cose da essere adgiunte ad quelle, quali di sopra dicemmo alle
superficie; et ad quelle cose, quali dicemmo de' razzi intrinsici,
extrinsici, et centrici; et ad quelle, dicemmo della piramide.
Adgiugni la sententia dei mathematici, ondc si pruova che se
una dritta linca taglia due lati d' uno triangoio, et sia questa .
linea, qualora fa triangoio, equedistante alla linea del primo
et maggiore triangoio, certo sarä questo minore triangoio ad
queilo maggiore proportionale: tanto dicono i mathematici.
Ma noi per fare piü chiaro il nostro dire, parleremo in
questo piü largo. Conviensi intendere qui che cosa sia propor-
tionale. Diconsi proportionali quelli triangoli, quali con suoi
lati et angoli abbiano fra st una ragione, chh se uno lato di
questo triangoio sarä in lunghezza due volle piü che la basc,
et r altro tre, ogni triangoio simile, o sia maggiore, o sia
minore avendo una medesima convenienza alla sua base, sarä
a quello proportionale. Inperochi quäle ragione $ta da parte ad
Bei B.: «Icuna quäle etc. . ^
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72 LEONE BATTISTA ALBERTI*S DREI BÜCHER ÜBER DK MALEREI.
selbe Verbfiltnias, welches zwischen den Theilen des kleineren
Dreieckes herrscht, besteht auch zwischen den Theilen des
grösseren. Also alle in solcher Weise construirten Dreiecke
werden einander proportionirt sein. Um dies verstSndlicher zu
kirrung^defwe- machen, will ich ein Gleichniss gebrauchen. Sicher nimmst du
''^"lonaiität!'*''^" wahr, dass ein kleiner Mensch einem grossen proportionirt sei,
denn dasselbe Verhältniss von der Spanne bis zum Schritt,
vom Fusse bis zu den übrigen Körperthcilen war sicher bei
Evander, sowie bei Herkules, von welch' Letzterem Aulus
Gellius der Meinung, dass er alle anderen Menschen an Grösse
überragte (13). Und sicherlich herrschte kein anderes Massver-
hältniss bei dem Körper des Herkules, als bei den Gliedern
des Giganten Antaeus, indem bei dem Einen wie bei dem An-
deren gleiche Regel und gleiche Ordnung das Verhältniss
. zwischen Hand und Ellenbogen, Elknbogen und Kopf und so
jedem anderen Gliede bestimmte. Ein ähnliches Verhältniss
findest du bei den Dreiecken, wornach das kleinere dem grös-
seren — eben abgesehen von der Grösse — gleich ist. Sieht
man dies ein, so werde ich — auf unseren Gegenstand bezüg-
lich — mit den Mathematikern behaupten, dass die Durch-
schnittslinie jedes Dreieckes, Falk sie aequidistant zur Basis, ein
neues Dreieck bildet, das dem ersteren grösseren proportional
. ist. Also jene Dinge, die einander proportional sind, entsprechen
sich einander in einzelnen Theilen; wo die Theile unter ein-
ander verschieden oder sich in doch nur geringem Masse ent-
sprechen, da wird sicherlich auch die Proportionalität mangeln.
SukI nun, wie ich sagte, Theile des Sehdreieckes die Strahlen,
so werden diese sicherlich bei proportionirten Dimensionen an
Zahl gleich, bei nicht proportionirten ungleich sein, d. h. eine
der von diesen nicht proportionalen Dimensionen wird mehr
oder minder Strahlen in Anspruch nehmen. Du weisst nun also,
auf welche Weise ein kleineres Dreieck einem grösseren pro-
Anwendang der portional Sein kann und du weisst auch, dass die Pyramide aus
Proportionali- . , . , , ^
latsiehrc au» den Dreiecken bestehe: so werde ich denn mem Raisonnement auf
Querschnitt der
Pyramide, diese Pyramide Ubertragen. Sei überzeugt, keine zum Durch-
schnitt aequidistante Dimension vermag in dem Bilde irgend
welche eigentliche Veränderung hervorzubringen, denn bei jedem
ne^uidistanten Durchschnitt sind alle aequidistanten Dimensionen
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DELLA PITTURA Di LEON BATTISTA ALBERTl LIBRI TRE.
parte nel minore triangolo^ quella anchora sta medesima ncl
maggiore. Adunque tutti i triaagoli cosi fatti saranno fra sh
proportionali. Et per meglio intendere questo, useremo una
similirtidine. Vedi uno picdolo huomo certo proportionale ad
uno grande; inperochd medesima proportionc dal palmo ad
passo et dal p\t all' altre sue parti del corpo fu in Evandro,
qual fu in Hercole, quäle Aulo Gellio conjecturava essere stato
grande sopra Ii altri huotnini (14). simtle fu nel corpo di
Hercole proportione altra che nei membri d' Antaeo ') gigantc,
ove all' uno et all* altro si congiungeva compari ragione et
ordine dalla mano al cubito, et dal cubito al capo; et cosi per
ogni suo niembro. Simile truovi ne* triangoli misura per la
qualc il minore al maggiore sia, excetto che nella grandezza,
equale. Et se qui bene sono inteso, istatuiro coi mathematici
quanto ad noi s* appartenga, che ogni intercisione di qual sia
triangolo pure che sia^ equidistante dalla base, fa nuovo triangolo
proportionale ad quello maggiore. Et quelle cose, quali fra s6
sieno proportionali, in queste ciascune parti corrispondono: ma
dove sieno diverse et poco corrispondaao le parti , questi sono
certo non proportionali. Et sono parte del triangolo visivo
quanto io dissi i razzi, i qüali certo saranno nelle quantitä
proportionali quanto al numero pari et in le non proportionali ^)
non pari; inperoch^ una di queste non proportionali quantitä
occupera razzi o piü o meno. Vedesti adunque come uno minore
triangolo sia proportionale ad uno maggiore, et inparasti dai
triangoli farsi la piramide visiva. Pertanto traduchiamo il nostro
ragionare a qucsta piramide: ma sia persuaso che niuna quantitä
equedistante dalla intercisione potere ncUa pictura t'are alcuna
*) Bei B: „antico gigante**.
2) B. liest: „pare che sia".
Bei B. fehlt das „non", wodurch die Stelle widersinnig wird. Im
Manuscripte befindet es sich in allerdings flüssig gewordener Tinte hinein*
corrigirtj desgleichen zeigt es der lateinische Text (p. 33).
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74 LEONE BATTISTA ALBERTl'S DREI BÜCHER ÜBER DIE MALEREI.
den entsprechenden (des früheren Durchschnittes) proportionirt.
Ist es dem so, so folgt daraus, dass bei nicht geänderten
UmfangsUnien (des Darstellungs-Objectes) auch der Contour in
der Malerei keine Veränderung erleiden wird (14). Damit ist auch
offenbar, dass jeder zur gesehenen Fläche aequidistante Quer-
schnitt der Sehpyramide jener geschauten Fläche proportionirt
sein wird.
Ich sprach von Flächen, welche dem Durchschnitt pro-
portional, d. h. der gemalten Fläche aequidistant sind; da sich
aber auch viele nicht aequidistante Flächen finden, so ist es er-
forderlich, auch hierüber eine sorgfältige Untersuchung anzu-
stellen, damit das gesammte Wesen des Durchschnittes klar
werde. Ein langer, dankler und schwieriger Weg wäre es, in
diesen Untersuchungen über den Durchschnitt des Dreieckes
und der Pyramide ganz nach Weise der Mathematiker zu ver-
lahren; so werde ich wie bisher als Maler sprechen.
Ich werde in Kürze über die nicht aequidistantcn Dimen-
sionen sprechen; kennt man diese, so wird man dann leicht
das von den nicht aequidistanten F'lächen Gesagte verstehen.
Von den nicht aequidistanten Dimensionen sind einige den
Sehstrahlen conlinear, andere sind einigen Sehstrahlen aequidistant.
Die den Sehstrahlen conlinearen Dimensionen nehmen keinen
Theil an dem Querschnitte, da sie kein Dreieck, bilden und
keine (Seh)strahlen in Anspruch nehmen. Was aber die den
Sehstrahlen aequidistanten Dimensionen betrifft, so werden sie
umsoweniger Strahlen in Leidenschaft ziehen und desshalb
einen um so geringeren Raum an der Querschnittfläche haben
als der Winkel, welcher im Dreieck der grössere, an der Basis
stumpfer sein wird. Ich sagte im Gange der Erörterung, dass
die Fläche von Dimensionen bedeckt (gleichsam gebildet) werde;
wenn nun, was nicht selten vorkommt, irgend eine Dimension
aul der Flache aequidistant vom Querschnitte sein wird, so wird
diese so beschaffene Dimension auf dem Bilde sicherlich keine
Alteration hervorbringen; die nicht aequidistanten Dimensionen
aber werden eine um so grössere Alteration erzeugen, je grösser
der Winkel an der Basis ist (i5).
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bELLA PrmJRA hl LEON BATTISTA AUERTI LtBRI TRE. yb
alteratione, inperoch^ esse sono in ogni equedtstaote inter-
segatione pari alle sue proportionali; quali cose sendo cosi, ne
seguita che non altcrate le quantitä onde se ne fa 1' orlo, sarä
del medesimo orlo in pictura niuna alteratione. Et cosi resta
manifesto che ogni intersegatione della piramide visiva qual
sia alla veduta superficie equedistante, sara ad quelk guardata
superficie proportionale.
Dicemmo delle superficie proportionale alla intercisione,
cioö equedistanti dalla dipinta superficie; ma poi che molte
superficie si truovano non equedistanti« conviensi di queste
avere diligente investigatione, adcio che tutta la ragione della
intersegatione sia manifesta. Sarebbe cosa lunga, ditficile et
obscura in queste intersegationi di triangoli et di piramide
seguire ogni chosa con la regola de mathematici: seguiremo
dicendo pure come pictore.
Recitiamo dellc quali tä ') non equedistanti brevissime, quali
conosciute , facile conosceremo le superficie non equedistanti.
Delle quantitä non equedistanti alcune sono ai raszi visivi
conlinearij, altre sono ad alcuni razzi visivi equedistanti. Le
quantitä ai razzi visivi conlinearij, perchfe non fanno triangolo,
ne occupano numcro di razzi: adunque niuno iuogo anno alla
intersegatione. Ma le quantitä ad i razzi visivi equedistanti,
quanto 1' angolo quäle h maggiore nel triangolo, alla hase
sarä piti ottuso, tanto quella quantitä meno occupera dei razzi
et per questo alla intersegatione meno spatio. Dicemmo atorno,
coprirsi la superficie dalle quantitä; ma ove non raro advicne
che in una superficie sarä qualche quantitä equedistante dalia
intersegatione, quella cosi fatta quantitä certo nella pictura fara
niuna alteratione. Quella vcro quantitä non equedistante, quanto
aranno 1' angolo alla base maggiore, tanto piü faranno alteratione.
1) sc „quantit«*'.
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76
LEONE BATTISTA ALBERTTS DREI BÜCHER DBER DIE MALEREI.
^kungskratti'' ^™ PUtzc, dcm hier Vorgebrachten eine Ansicht
^giäSiMiogt,'' Philosophen anzufügen. Diese behaupten nämlich» wenn
der Himmel, die Gestirne, das Meer, die Berge, alle Lebewesen
und alle Körper nach dem Ratbschlusse Gottes um die Hälfte
kleiner würden, sie uns doch keinesfalls verringert erschienen.
Dies aber desshalb, weil die Begriffe: gross, klein, lang, kurz,
hoch, niedrig, breit, schmal, bell,' dunkd, erleuchtet, finster und
Aehnliches von einer Art sind, dass ihre Kenntniss nur durch
Vergleichung gewonnen werden kann; da sie einem Gegen -
Stande anhaften und nicht anhaften können, so pflegen sie die
Philosophen Accidentien zu nennen (i6). Aeneas, der nach
Aussage Virgil's über die Schultern aller Menschen hinüber-
ragte, würde neben Polyfem sehr klein erscheinen. Nisus und
Euryalos genossen den Ruhm grosser Schönheit; verglichen
aber mit Ganymed, der von den Göttern entführt wurde, er-
schienen sie vielleicht hasslich. Bei den Hispaniern erscheinen
viele Mädchen von weissem Teint, welche bei den Deutschen
für brünett gelten würden. Das Elfenbein und das Silber sind
weiss; neben dem Schwan oder dem Schnee aber würde deren
Farbe gelblich erscheinen. Aus diesem Grunde erscheinen die
Dinge auf einem Bilde licht- und glanzreich, wenn ein rich>
tiges Verhältniss zwischen Weiss und Schwarz, entsprechend
dem Licht und Schatten an den Dingen selbst herrscht. So be-
ruht denn die Erkenntniss all dieser Dinge auf der Vergleichung.
Der Vergleich birgt in sich die Fähigkeit, sofort zu zeigen, was
an einer Sache Entsprechendes, was zu viel und was zu wenig
sei. So nennt man „gross" das, was grösser ist als jenes kleine,
und „sehr gross", was grösser ist als dieses grosse; »licht",
was heller ist als dieses dunkle; „sehr licht", was heller ist als
dieses helle. Zuerst stellt man aber einen Vergleich nur zwischen
völlig bekannten Dingen an. Da uns nun der Mensch unter
allen Dingen das bekannteste ist, so verstand vielleicht Pytha-
goras mit seinen Worten, der Mensch sei das Mass aller Dinge,
dass man alle Accidentien der Dinge nur im Vergleiche mit
den Accidentien des Menschen erkenne (17). Das hier Gesagte
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DEUA PmtJRA DI LEONE BATTISTA ALBERTI ÜB» TSE. 77
Et conviensi a queste dette cose aclgiugnere quella opinione
de* philosofi, e quali affermano se il cido le stelle et il mare,
et i monti, et tutti Ii hanimali, et tutti i corpi divenissono —
cosi volendo Iddio — la metä minori, sarebbe che a noi nulla
parrebbe da parte alcuna diminuta. Inperochö grande, picciolo,
lungo, brieve, alto, basso, largo, stretto, chiaro, obscuro, lumi-
noso, tenebroso et ogni simile cosa • — quäle perchö puo essere
et non essere adgiunta alle cose, perö quello sogliono i philo-
sofi appellarle accidenti — sono siffacte, ch' ogni loro cogni-
tione si per comparatione. Disse Virgilio, Henea vedersi sopra
Ii huomini tutte le spalle, quäle posto presso a Polifermo
parrebbe uno piccinacolo. Niso et Heurialo furono bellissimi,
quali comparati ad Ganimede rapto dalli Idii forse parrebbono
sozzi. Appresso de V Ispani molte fanciuUe pajono bianchose
.... et brune^. L* avorio et 1* argento sono bianchi, quali
posti presso al cignio o alla neve parrebbono palHdi. Per qnesta
ragione nella pictura pajono cose splendidissime ovc sia , quivi
buona proportione di biancho a nero, simile ad quella sia nelle
cose dal luminoso all* ombroso: cosi queste cose tutte si conos-
cono per comparatione. In s6 tiene questa forza la comparatione,
che subito dimostra in le chose qual sia piü, qual mcno, o
equale. Onde si dice grande quello che sia maggiore che questo
picciolo et grandissimo quello che sia maggiore che questo
grande; lucido qual sia piü chiaro che questo obscuro, luci-
dissimo quäle piü sia piü chiaro che questo chiaro. Et fassi
con le cose notissime. Forse Pythagora, dicendo, che V huomo
era modo et misura di tutte le cose, enteadea che tutti Ii
accidenti ddle cose comparata fra gU accidenti del huomo si
conoscessero. Questo, che io dico appartiene ad dare ad inten-
1) Bei B. „quindi**.
^ Hier hat der Copist einige Worte abersehen, die nich dem latei-
nischen Texte erglnzt werden mOssen: »che fra Germani le sarrebbero
fiische et brune**.
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I
78 L£ONE BATTISTA ALBERTI'S DREI BÜCHER OBER DIE MALEREL
«oU es einleuchtend machen, dass Gegenstände , in welch*
kleinem Massstabe immer sie gemalt sein mögen, auf dem ßilde
klein oder gross erscheinen werden, je nachdem das Grösse-
verhältniss ist, in welchem sie zu den Menschen im Bilde
stehen. Es scheint, dass unter den alten Malern besonders
Timantes die Tragweite dieses Verhältnisses kannte; dieser
malte auf einer ganz kleinen Tafel einen Kyklopen und dazu
einige Satyre, welche dessen Daumen abmassen; verglich man
nun den Kyklopen mit den Satyren, so schien der erstere
von wahrer RiesengrÖsse zu sein (18). Bis nun erörterte ich
Alles, was auf die Natur des Sehens und auf den Durchschnitt
Bezug hat; da es nun aber nicht genug ist, blos zu wissen,
was der Durchschnitt ist, sondern es für den Maler auch er-
^eiTe der forderlich ist^ diesen Durchschnitt machen zu können, so werde
^sSpyramide*'^ '^-^^ "'^^^ ~ ^'^^^ Andere bei Seile lassend — hierüber allein
genachtwlrd. sprechen. Ich werde angeben, wie ich es mache, wenn ich
selbst male.
Vorerst beschreibe ich auf die Bildfläche ein rechtwinkeliges
Viereck von beliebiger Grösse, welches ich mir wie ein geöff-
netes Fenster vorstelle, wodurch ich das erblicke, was hier ge-
malt werden soll. Dann bestimme ich mir nach Belieben die
Grösse des Menschen in meinem Bilde. Hierauf theile ich mir
dieses Höhenmass des Menschen in drei Theile, welche Theile
proportional sind zu jenem Mass, welches man Elle nennt, da
man findet, dass die Grösse eines normalen Menschen ungefähr
drei Ellen (Armlängen) beträgt. Mit diesem Masse theile ich
die Basis des Viereckes in so viele Theile als dies möglich,
und eben diese Linie (d. b. die Basis des Viereckes) ist dann
jeder nächsten dazu parallel gezogenen Querdimension propor-
tionirt (19). Innerhalb dieses Viereckes bestimme ich dann nach
dem Augenschein einen festen Punkt, welcher jene Stelle ein-
nimmt, die der Centraktrahl (Gesichtslinie) trifft, wesshalb ich
ihn Centraipunkt (Augenpunkt) nenne. Gut wird es sein, wenn
die Distanz zwischen diesem Punkt und der Basis nicht mehr
beträgt als die Höhe des Menschen, welcher hier gemalt werden
soll, da dann der Beschauer sowohl, wie die gesehenen gemal-
ten Gegenstände sich auf einem und demselben Plane zu befinden
scheinen. Ist der Gentraipunkt (Augenpunkt) bestimmt, wie ich
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DELLA PITTÜRA DI LEOK BATTISTA ALBERTI LIBRI TRE. 79
dere che quanto bene che i piccioli corpi sieno dipinti nella
pictura^ questi parranno grandi et piccioli a comparatione di
quäle ivi sia dipinto huomo. Et parmi, che Thimantes pictore
fra H airri antiqui gustasst; questa forza di comparatione, il
quäle in una picciola tavoletta dipigniendo uno Cydope gigante
adormentato, fece ivi alcuni Satyri iddij, quali allui misuravano
il dito grosso tale, che comparando col* lui che giaciea ad
questi satyri, parea grandissimo. Persino a qui dicemnio tutto
quanto apartenga alla forza del vedere et quanto s* appartenga
alia intersegatione. Ma poi che non solo giova sapere che cosa
sia intersegatione, ma') conviene al pictore sapere intersegare,
di cio direino. Qui solo, lassato 1* altre cose, diro quello fo io,
quando dipingo. Principio dove io debbo dissigniere.
Scrivo uno quadrangolo di retti angoli quanto grande io
voglio, el quate reputo essere una fenestra aperta per donde io
miri quello que quivi sara dipinto. Et quivi determino quanto
mi piaccino nella mia pictura huomini grandi et divido la lung-
hezza di questo huomo in tre parti, quali a me ciascuna sia
proportionale ad quella misura si chiama braccio, pero che,
come misurando uno commune huomo si vede, essere quasi
braccia trc; et con quesle braccia segnio la linea di sotto qua
giace nel quadrangolo in tante parti, quanto ne riceva. Et emmi
questa linea medesima proportionale a quella ultima quantita,
quäle prima mi si traverso inanzi. Poi, dentro a questo qua-
drangolo, dove a me paja , fermo uno punto, il quäle occupi
quello luogo, dove il razzo centrico ferisce; et per questo il
chiamo punto centrico. Sara bene posto questo punto, alto dalla
linea che sotto giace nel quadrangolo non piü, che sia V altezza
de|r huomo quäle ivi io abbia a dipigniere; pero che cosi et
chi vede et le dipinte cose vedute, pajono medesimo in su uno
piano. Adunque posto il punto centrico cooae dissi, segnio diritte
*) Qei B.!
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80 LEONE BATTISTA ALBERTTS DREI BOCHER OBER DIB MALEREI.
angab, so ziehe ich dann von ihm aus gerade Linien 2U allen
Theilungspunkteii der Basis des Viereckes, welche Linien mir
zeigen, in welcher Weise jede Querdimension gleichsam in*s
Unbegrenzte hinaus fortlaufend sich verändere (verjünge). Nun
könnte es Einige geben, welche innerhalb des Viereckes eine
von der Basis aequidistante Querlinie zögen und den Zwischen-
raum dieser zwei Linien in drei Theile theilten; nachdem sie
dann zwei von diesen genommen, zögen sie in solchem Ab-
stände neuerdings eine Aequidistante zur Basis, dann noch
eine und wieder eine, immer nach der Regel verfahrend, dass
jener in drei Theile getheilte Raum, welcher zwischen der
ersten und zweiten Aequidistante sich befindet, dem zwischen
der zweiten und dritten immer um einen Theil voraus sei; so
fortfahrend würde es geschehen, dass — um mit den Mathe-
matikern zu sprechen — jeder vorausgehende Raum den nächst-
folgenden um die Hallte von dessen Grösse überragte. Diese
nun, die also vorgehen, würden meiner Meinung nach irren,
obgleich sie auf richtigem Wege zu sein vermeinen, indem sie
nämlich die erste Linie (sc. die zur Basis erste Parallele) auf
das Ungefähr hin zogen, nicht aber dabei einen bestimmten
Distanzpunkt (Punkt an der Spitze der Sehpyramide) im Ge-
danken hatten, so erwachsen nun daher — obgleich sie im
Weiteren einer richtigen Regel folgen — ihrem Bilde nicht ge-
ringe IrrthÖmer. Dem beizugesellen ist das fehlerhafte Vorgehen
Derer, welche den Abstand des Gentraipunktes von der Basis
grösser oder kleiner annehmen als die Grösse des (auf dem
Bilde) gemalten Menschen.
Wisse nämlich, dass keine Malerei der Wirklichkeit ent-
sprechen wird, wofern nicht eine bestimmte Distanz vom Be-
schauer festgehalten ist. Die Gründe fQr dies jedoch werde
ich angeben, wenn ich je dasu kommen sollte, Über jene von
mir gemachten Demonstrationen zu schreiben, die von meinen
Freunden wie Wunder angestaunt wurden. Schon Vieles, was
ich hier sagte, gehört auf jenes Gebiet; ich kehre also zu
meinem Gegenstande zurück. Ich fand also dies als die beste
Verfahrungsweise, ganz so vorzugehen, wie ich es oben beschrieb,
den Augenpunkt zu hxiren und dann von da aus Linien zu
den Theilpunkten der Basis des Viereckes zu ziehen.
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DELLA PITTURA DI LEON BATTISTA ALBERTI LIBRI TRE.
8l
linee da esso a ciascuna divisione, posta nella linea del qua-
drangoio, che giace. Quali segnate linee a me dimostrino in
che modo, quasi pcrsino in infinito, ciascuna traversa quantita
segua alterandosi. Qui sarebbono alcuni i quali segnierebbono
una linea a traverso, equedistante dalla linea che giace nel
quadrangolo, et quella distantia quäle ora fusse tra queste due
hnee , dividerebbono in tre parti, et preso ne le due a tanta
distantia, sopracignerebbono un altra linea et cosi a questa ad-
gtugnerebbono un' aitra et poi un' altra: sempre chosi misu-
rando, che quello spatio diviso in tre qual fusse tra la prima
et la seconda , sempre una parte avanzi lo spatio, che sia tra
la seconda et la terza et cosi seguendo, sarebbe, che sempre
sarebbono Ii spatii, superbi partienti — come dichono i matbe-
matici — ad i suoi seguenti. Questi forse cosi farebbono, quali,
bene che segniascro buona via da dipigniere, pure dico erre-
rebbono peroche, ponendo la prima linea ad chaso, ben che
r altre seguano a ragione, non pero sanno ove sia ceno luogo
aila cuspide della pyramide visiva. Onde loro succedono errori
alla pictura non piccioli. Adgiugni a queslo, quanto la loro
ragione sia vitiosa, ove il punto centrico sia piü alto o piü
basso che la lunghezza del dipinto huomo.
Et sappi che cosa niuna dipinta mai parra pari alle vere,
dove non sia certa distantia a vederle. Ma di questo diremone
sue ragioni, se mai scriveremo di quelle dimostrationi quali
fatte da noi Ii amici veggendole et maravigliandosi chiamavano
miracoli. Ivi cio, che sino ad qui dissi molto s* apartiene: ad-
unque torniamo al no.->tro proposito. Trovai adunque io questo
modo optimo. Cosi in tutte le cose seguendo quanto dissi,
ponendo il punto centrico traendo indi linee alle divisioni della
giacente linea del quadrangolo.
QuelieDschriflUsn f. Kunstgesch. XI. 6 ^
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82 LEONE BATTISTA ALBERTTS DREI BÜCHER ÜBER DIE MALEREI.
Was aber die Aufeinanderfolge der Querlinien betrifft, so
schlage ich folgenden Weg ein. Ich nehme einen kleinen Flächen-
räum (20), auf welchem ich eine gerade Linie beschreibe, die ich
in ebensQviele Theile theile als die Basis des Viereckes Theile
enthält. Ueber diesen Geraden fixire ich mir dann einen Punkt,
der von derselben eben so hoch absteht als der Central • (Augen*)
punkt von der Basis des Viereckes, von welchem Punkte aus
ich mir dann Gerade zu den.Theilungspunkten der erstgenann-
ten Linie ziehe. Hierauf stelle ich die Entfernung fest, in
welcher der gemalte Gegenstand (die Malerei) dem Auge er-
scheinen soll, und ziehe von da aus eine — wie die Mathema-
tiker sie nennen — lothrechte Linie, die, welche Linie immer
sie treften mag, schneidet. Jene gerade Linie nenne ich „loth-
recht", welche, wenn sie sich mit einer anderen Geraden schneidet,
mit dieser nach rechts und Hnks rechte Winkel bildet. Die auf
solche Weise lothrecht gezogene Linie wird mir in ihren Durch-
schnittspunkten die Aufeinanderfolge sämmtlicher Transversalen
(Querdimensionen) geben. Auf diese Weise werde icli siimmt-
liche Parallelogramme, d. h. die Ellenfelder des Estrichs auf
dem Bilde beschrieben erhalten. Ob dies in richtiger Weise ge-
schah, werde ich daran erkennen, dass in solchem Falle ein und
dieselbe Gerade den Durchmesser mehrerer auf dem Bilde ge-
zeichneter Felder bilden wird (21).
Durchmesser eines Viereckes wird von den Mathematikern
jene gerade Linie genannt, welche von einem Winkel zu einem
anderen gezogen, das Viereck derart in zwei Hfilften theilt, dass
aus dem einen Vierecke zwei Dreiecke werden. Habe ich dies
gethan, so beschreibe ich auf der Bildfläche eine mit den unteren
Querlinien aequidistante Gerade, welche von der einen Seite des
Viereckes zur anderen laufend, den Centralpunkt schneidet. Diese
Linie bezeichnet die Grenze, welche keine gesehene Dimension
überschreiten kann, die nicht höher steht als das Auge des
Beschauers. Weil diese Linie durch den Centraipunkt geht,
nennt man sie Centrallinie, Daher kommt es, dass i-^igurcn,
welche auf das let/.te Ellenfeld des Bildes gesetzt sind, kleiner
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DELUV PITTÜRA DI LEON BATTISTA ALBERTI UBRI TRE. 83
Ma nelle quantita transverse come 1' una seguiti l'altra cosi
seguito. Prendo uno picciolo spatio nel quäle scrivo una diritta
linea, et questa divido in simile parte, in quäle divisi la linea
che giace nel quadrangolo. Poi pongo di sopra uno punto alto
da questa linea, quanto nel quadrangolo posi el punto centrico
alto dalla linea« che giace nel quadrangolo; et da questo punto
tiro linee a ciascuna divisione segniata in quella prima linea.
Poi constituisco quanto io voglia distantia dall' occhio alia pic-
tura, et ivi segnio, quanto dicono i mathematici, una perpen-
diculare linea tagliando qualunque truovi linea. Dicesi linea per*
pendiculare quella Hnea dritta quäle tagliando un' altra linea
diritta la appresso di se di quä et di quä angoli retti. Questa
cosi perpendiculare linea, dove daU' altre sara tagliata, cost mi
darä la successione di tutte le traverse quantitä. Et a questo
modo mi truovo descripto tutti e paralleli, cioh le braccia qua*
drate del pavimento iiella dipintura; quali quanto sieno diritta-
mente descripti ad me ne sara inditio se una medesima ritta ünea
continovera diametro di piü quadrangoli descripti alla ') pictura.
Dicono i mathematici diametro d' uno quadrangolo, quella
retta linea da uno angolo ad un' altro angolo, quäle divida in
due parti ii quadrangolo per modo, che d' uno quadrangolo solo
sia due triangoli. Fatto questo, io descrivo nel quadrangolo della
pictura ad traverso una dritta linea dalle inferiore equedistante,
quäle dal uno^) lato all' altro passando su pel centrico punto
divida il quadrangolo. Questa linea a me tiene uno termine,
quäle niuna veduta quantitä non piü alta che l'occhio che vede,
piü sopra giudicare. Et questa perchö passa pel punto centrico
dicesi linea centrica. Di qui interviene che Ii huomini dipinti,
posti nell^) ultimo braccio quadro deUa dipintura sono minori
^ ^ t
«) „Piu" fehlt bei B.
3) Bei B.: altra.
') Bei B.: „d' alcuno" (!)
*) Bei B.: „all".
6»
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$4 LEONE BATTISTA ALBERH'S DREI BÜCHER OBER DIE MALEREI.
* sind als die anderen; dass es so sein muss, beweist die Wirk-
lichkeit selbst. In Tempeln sehen wir (z. 6.) die Köpfe der
Leute fast sämmtlich unter einer Höhe, die F&sse der Entfern-
teren jedoch entsprechen ziemlich den Knieen der näher Stehen-
den. Doch diese Anleitung , die Bodenfläche (des Bildes) in
Felder zu sondern, gehört zu jenem Theile, welchen ich seiner
Zeit „Composition'* nennen werde. Sie ist derart, dass ich
einerseits wegen der Neuheit des Gegenstandes, andererseits
wegen der Kürze der Krorterung daran zweifle, dass sie leicht
von dem Leser verstanden werden wird. Wie schwierig sie sei,
sieht man an den Werken der alten Bildhauer und Maler. Viel-
leicht weil sie dunkel war, blieb sie ihnen verhornen und un-
bekannt. Zum Mindesten wirst du kaum ein altes Bild sehen, das
reflexion^ber richtig componirt wäre (22). Bisher wurden von mir nützliche
\n erste Kiich. «-t.. • l i
Unterweisungen gegeben, zwar kurz, doch, wie ich meine, nicht
ganz unverstandlich. Wenn ich nun aber auch wohl begreife,
dass ich mir mit ihnen keinesfalls den Ruhm der Beredsamkeit
erwerben kann, so meine ich doch, dass Derjenige, welcher sie
nicht im ersten Augenblicke versteht, sie kaum je, trotz des
Aufwandes aller Mühe verstehen wird.
Wie immer also die Form des von mir Vorgetragenen sei,
feinsinnigen und mit Verständmss für die Maleret begabten
Geistern wird es leicht fasslich und im höchsten Grade angenehm
erscheinen; wem hingegen das Verstiindniss und die Begabung
für diese hochedic Kunst von der Natur versaj^l wurde, dem
wäre dieser Gegenstand unerquicklich, auch wenn er mit grösster
Beredsamkeit vorgetragen wurde; meine Vortragsweise aber,
welche der Beredsamkeit ermangelt, wird ihn vielleicht geradezu
mit Widerwillen erfüllen. Doch bitte ich, man möge es mir
verzeihen, dass ich, wünschend, in erster Linie verstanden zu
sein, mehr darauf Rücksicht nahm, dass meine Rede klar, als
dass sie schön sei. Das Folgende wird für den Leser vielleicht
minder langweilig sein.
Ich sagte, was mir zu sagen qÖthig schien von den Drei-
ecken, von der Pyramide, vom Durchschnitte; gewisse geo-
metrische Beweisführungen; welche ich in knapper Form, wenn
ich diesen Gegenstand meinen Freunden vortrage, daran zu
knüpfen pflege, glaubte ich in diesen Coninientaren der Kürze,
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DELLA PITTURA DI LEON BATTISTA ALBERTI LIBRI TRE.
85
che gli altri; qual cosa cosi essere la natura medesima ad noi
dimostra. Veggiamo ne tempi i capi delli huomini quasi tutti
ad iina qualila'), ma i picdi de' piCi lontani quasi corrispondcrc
ad i ginochi de' piü prcsso. Ma questa ragione di dividere il
pavimento s* appartieae ad quella parte quäle al suo luogo
chiameremo compositione. Et sono tali che io dubito, per
la novitä della materia s*i etiam per questa brevitä del nostro
commentarc , i>aru non molto iorsc inicsa da che leggera. Et
quanto sia difiicile, veggasi nell* opere deüi antiqui scultori
et pictori; forse perche era obscura, loro fu ascosa et incognita.
Appena vedrai aicuna storia antiqua attamente composta. Da
nie sino a qui soik) dette cose utile ma i,^rievc et comc cxtimo
non in tutto obscurc; ma beiic intendo quali sicno che dove
in esse io posso acquistare laude niuna di eloquentia, ivi ancora
Chi non le comprende al primo aspetto costui appena mal con
quanta sia faticha la aprendera.
Ma ad i sottilj ingegni et atti alla pictura queste nostre
cose in qualunque modo dette , saranno facili et bellissime;
et a cbi altri sia rozzo et da natura poco dato ad queste arti
nobilissime. saranno queste cose bene che da heloquentissimi
scritte ingrate. Da noi lorse, perche sono sanza cloquentia
Scripte, si leggeranno con tastidio. Ma priego, mi perdonino, sc
dove io in prima volii essere inteso ebbi riguardo a fare il
nostro dire chiaro molto piü che ornato. Quello che seguira
credo sara meno tedioso ad chi leggera. Diccmmo de triangoli,
della Pyramide, della intercaesione, quanto parea da dire, quäle
cose mia u sanza soglio appresso de miei amici prolisso con
certe dimostrationi geometrice explicare, quali in questi com-
mentari per brevitä mi parve da lassare.
Qui solo raccontai i primi dirozzamenti del' arti et per
questo cosi Ii chiamo dirozzamenti qualj ad i pittori non eruditj
*) Sc. quantitii.
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86 LEONE BATTISTA ALBERTl'S DREI BÜCHER ÜBER DIE MALEREI.
wegen bei Seite lassen zu müssen. Hier trug ich blos die ersten
Elemente der Kunst vor; Elemente, weil das Vorgetragene dem
in seiner Kunst noch nicht ausgebildeten Maler die ersten Grund-
lagen gibt, gut zu malen« Dieselben sind so beschaffen, dass
der, welcher sie gut inne haben wird, eine ebenso genaue
Kenntniss des Wesens der Malerei gewinnen wirdj als der Ab-
sicht derselben, so weit ihm dies förderlich ist. Und meine
ja Niemand, dass der ein tüchtiger Maler sein könne, der
nicht wohl versteht, was zu thun er vorhabe. Vergeblich
spannt man den Bogen, wenn man das Ziel des Pfeiles nicht
kennt. Ich wünschte, dass Jeder überzeugt sei, dass allein der
ein tüchtiger Künstler sein wird , welcher sich die Kenntniss
der Begrenzung der Flächen und der Eigenschaften denselben
erworben hat, wo hingegen niemals der ein tüchtiger Künstler
sein kann, der nicht die grösste Sorgfalt daran wenden wird,
das, was ich bisher sagte, genau zu kennen. Das also von mir
über die Durchschnitte und die Flächen Vorgebrachte war iioth-
wendig zu sagen; es ist nun zu erörtern, in welcher Weise der
Maler die vom Geiste erworbenen BegriÖe in praktisches Thun
umzusetzen vermag.
Ende des ersten Buches.
1
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ÜELLA HTTURA DI LLüN BATTISTA Al.BtRTI LlBRl TRE.
87
dieno i primi londamcnti a bcn dipignicrc. Ma sono si fatti
che cbi bene Ii conosceia costui come allo ingegnio cosi a
conoscere la definizione della pictura intendera quanto Ii giovi.
Ne sia chi dubiti quanto mai sara buono alchuno pictore colui,
il quäle non molto intcnda qualunque chosa si sforza di farc.
Indarno si tira T arco ove non ai da dirizzare la saepta. Et
voglio sia persuaso appresso di noi, che solo colui sarä optimo
artefice, el quäle ara imparato conoscere Ii orli della superficie
et ogni sua qualita. Cosi contrario mai sarä buono artefice
chi non sarä diligentissimo ad conoscere quanto abbiamo sino
ad qui detto. Furono adunque cose necessarie queste inter'
segationi et superficie. Seguita ad iscrivere il pictore in che •
modo possa seguire colla mano, quanto ara chol ingegnio chom-
preso.
Finis del primo libro.
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LEONE BATTISTA ALBERirS DREI BÜCHER
ÜBER DIE MALEREI.
ZWEITES BUCH.
der^ Malerei!'* nufi aber vielleicht das eifrige Erlernen des von mir
Vorgebrachten den Jünglingen allzu mühevoll erscheinen könnte,
so scheint es mir am Plaue, hier zu zeigen, dass die Malerei
es wohl würdig sei, dass wir all' unsere Mühe und unseren
Eifer ihr zuwenden.
Die Malerei birgt in sich eine wahrhaft göttliche Kraft,
indem sie nicht blos gleich der Freundschaft bewirkt, dass
ferne Menschen uns gegenwärtig sind, sondern noch mehr, dass
die Todten nach vielen Jahrhunderten noch zu leben scheinen,
so dass vrir sie mit hoher Bewunderung für den Künstler und
mit grosser eigener Lust wieder und wieder betrachten. Plutarch
erzfihlt, dass Cassander, einer der Hauptleute des Königs
Alezander, am ganzen Leibe zitterte, als er das Bild desselben
erblickte (23). Der Lazedämonier Agesilaos gestattete nicht,
dass ihn irgend Jemand male oder meissle; die eigene Gestalt
misshel ihm so, dass er es scheute, dass diese den Xachkonimen
bekannt werde {24). So ist es denn sieher, da;>s die Gestalt
eines schon längst Verstorbenen durch die Malerei ein langes
Leben lebt. Und dass die Malerei die Götter, welche von den
Völkern verehrt werden, uns gegenwärtig mache, das ist sicher
ein hohes Geschenk für die Sterblichen , indem so die Malerei
jene Frömmigkeit fördert, die uns mit den Himmlischen ver- .
bunden hält und unseren Geist mit religiöser Verehrung anfüllt.
Man erzählt, dass Phidias zu Elis einen Jupiter bildete, dessen
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DELLA PITTURA DI LEON BATTISTA
ALBERT] LIBRI TRE.
LIBRO SECONDO.
Ma perche torsc qucsto imparare ad i giovani puö parere
Cosa tadcosa parmi qui da dimostrare quaoto la pictura sia non
indegnia da chonsumarci ogni nostra opera et studio.
Tiene in s6 la pictura forza ') divina non solo quanto si
dice ddr amicitia qualc ia Ii huomini assenti csscre prcsenti ma
piü i morti dopo molti secoli essere quasi vivi, tale che con
molta admiratione del artefice et con molta volupta si ricono-
scono. Dice Plutarco, Cassandro uno de* chapitani di Alessandro
pcrchc vidc la imniagiiic da Alcs^aiidro re"'') trciriö con tutto
il corpo. Agesilao Lacedacmonio mai permise alcuno il dipigniesse
o isculpisse; non ipiaceva la propria sua forma che fuggiva
essere conosciuto da chi dopo lui venisse. Et cosi certo il viso
di chi gia sia morto per la pittiira vive lunga vita. Et che la
pictura tenga expressi Ii iddij quah siano adorati dalic genti,
questo certo fu sempre grandissimo dono ai mortali, pero cht
la pictura molto cosi giova ad quella pietra^) per quäle siamo
congiunti alli idij insieme et a tenerc Ii animi nostri pieni di
religione. Dicono che hidia icce in thdc uno iddio Giovc, la
>) Bei B.: forse.
>) Bei B.: «perch& vide Alessandro tremo'* etc.
sc. pietiu
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90 LEONE BATTISTA ALBCRTl'S DREI BÜCHEU OBER DIE MALEREI.
Schönheit nicht wenig dazu beitrug, jene nun verschwundene
Religion zu kräftigen (25). Welche edlen Geistesfreuden aber
die Malerei zu spenden vermag und um wie Vieles sie die Schön-
heit der Dinge steigere» das kann man vor Allem daraus er-
sehen, dass es nichts Kostbares gibt, das nicht durch Hinzu-
treten der Malerei (der bildenden Kunst) noch preiswOrdiger
und anmuthiger würde. Das Elfenbein, die Perlen und ähnliche
kostbare Dinge werden durch die Hand des bildenden Künst-
lers noch kostbarer, und selbst das Gold erhält durch künst-
lerische Bearbeitung einen weit grösseren Werth. Ja noch
mehr; das Blei sogar, das doch unter allen Metallen den nied-
rigsten Werth hat, es wird kostbarer als das Silber erachtet
werden, wenn es durch die Hand eines Phidias oder Praxiteles
zur Gestalt geformt wurde. Der Maler Zcuxis fing an seine
Werke zu verschenken, da diese, wie er sagte, nicht gekauft
werden könnten. Er meinte damit nämlich, dass kein Preis ge-
funden werden könnte, der dem zu genügen vermöchte, welcher
Wesen nachbildend und malend sich gleichsam wie ein gött-
liebes Wesen vorkommen müsste (26).
So schliesst denn die Malerei jene hohe Auszeichnung in
sich, dass der, welcher sie mit Meisterschaft ausübt, seine
Werke verehrt sehen und sich selbst gleichsam wie einen Gott
geschätzt hören wird. Und wer zweifelte daran, dass die Malerei
die Lehrerin für alle Künste oder sicher eine nicht geringe
Zier derselben sei ? Wenn ich mich nicht irre, nahm der Archi-
tekt von niemand Anderem als dem Maler die Architrave, die
Basen, die Capitäle, die Säulen, die Gesimse und ähnliche
andere Dinge herüber, und Regel und Kunst des Malers leitet
jeden Handwerker und jeden Bildhauer, jede Werkstätte und
jedes Atelier (27). Und kaum wirst du irgend eine Kunstfertig-
keit, auch von noch so niedriger Werthstufe finden, die nicht
auf die Malerei Rücksicht nähme, so dass du sagen kannst, wo
immer einige Schönheit an den Dingen sichtbar werde, nehme
Ihr Ursprung, diese ihren Ursprung aus der Malerei. So pflegte ich, anlehnend
an einen .Aussprucii der Dichter, zu meinen Freunden zu sagen,
jener Narcissus, der in eine Blume verwandelt wurde, sei der
eigentliche Erfinder der Malerei gewesen. Denn wie einerseits
dit; Malerei die Blüthe jeder Kunst ist, so stimmt die Geschichte
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DELLA PITTURA DI LEON BATHSTA ALBERTI LIBRI TRE. 91
belezza del quäle non poco confermö la ora presa religione Et
quanto alle delitie dell' animo onestissimo et alia belezza delle
cose s* adgiunga dalla pictura puossi daltronde et inprima di
qui vt'derc, che a me darai cosa iiiuna tanto pretiosa -) quäle
non sia per la pictura molto piü cara et molto piCi gratiosa
fatta. L* avorio, le gemme et simili care cose per mano del
pictore diventano )^iü pretiose ed anche l'oro lavorato con arte
di pictura si coiitrapcsa con molto pui oro. Anzi ancora il
piombo mcdisimo, mctallo in Ira Ii altri vilissimo fattone tigurc
per mano di Fidia o Praxiteles si stimera piti pretioso che
l* argenta Zeuxis pictore cominciava a donare le sue cose quali
come diceva non si poteano comprare. Ne exstimava costui
potersi venire acto pregio quäle satisfacesse ad chi üngendo di-
pingniendo animall se porgiesse quasi uno iddio.
Adunque in se tiene queste lode la pictura che qual sia
pictore maestro vedra le sue opere essere adorate et sentira se
quasi giudicato un altro iddio. Et chi dubita qui appresso la
pictura essere maestra o certo non picciolo hornamento a tutte
le chose? Frese 1' architetto, se io non erro, pure dal pictore
Ii architravi, le base, i chapitelli, le colonne, frontispicij et
simili tutte altre cose; et con regola et arte del pictore tutti
i fabri, i scultori, ogni bottega et ogni arte si regge. Ne forsc
troverai arte alcuna non vilissima la quäle non raguardi la
pictura tale che qualunque truovi bellezza nelle^) cose quella
puoi dire nata dalla pictura. Perö usai di dire tra i miei amici
secondo ia sentenzia de' poetj quel Narcisso convcrtito in tiore,
essere della pictura stato inventore. Che gia ove sia la pictura
fiore d' ogni arte ivi tutta la storia di Narcisso viene a proposito.
1) Der Satz: „Dicono — religione** fehlt bei B.
2} Rci B.: „prupria**.
3; Bei B.; „sulle".
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92 LEONE BATTISTA ALBERTFS DREI BÜCHER ÜBER DIE MAI.EREI.
von Narciss auch noch nach anderer Seite hin. Denn könntest
du wohl sagen, dass die Malerei etwas Anderes sei, als künst-
lerisch ein Ebenbild zu umfassen (festzuhalten) suchen, gleich
jenem, welches dort aus dem Spiegel der Quelle blickte (28).
Quintilian sagt, dass die alten Maler die Schatten, welche
die Körper im Sonnenlichte warfen, mit Linien zu umschreiben
pflegten, und dass von da aus die Malerei gemach empor-
gewachsen sei (29). Einige erzählen, dass ein gewisser Filocles,
ein Egyptcr , und ich weiss nicht, was tür ein Kleanthes
unter die ersten Erhnder dieser Kunst gehören. Die Egypter
behaupten, dass bei ihnen die Malerei schon 1^1 it 6000 Jahre in
Uebung gewesen sei, bevor sie nach Griechenland gebracht
wurde. Nach den Siegen, welche Marcellus auf Sicilien errang,
soll dann die Malerei von Griechenland aus zu uns gekommen
schnttstciier sein. Doch hier verschlägt es nicht viel zu wissen, welche die
über die Malerei. ^
Erfinder dieser Kunst, oder wer die ältesten Maler gewesen,
da ich nicht wie Plinius Geschichten erzählen will, sondern
von Neuem ein Lehrbuch der Kunst der Malerei anfertigen
möchte. Findet sich doch keine Schrift hierüber in unserem
Zeitalter vor, wenngleich Euphranor vom Isthmus ich weiss
nicht was über Masse und i-arben , Antigonos und Xenokrates
über ich \vci>s nicht welche Gemälde, Apelles an Perseus über
das Wesen der Malerei geschrieben haben sollen; Diogenes
Laertius berichtet (dann), dass Demetrius eine Schritt über die
Malerei ablasste (3o). Ingleichen meine ich, wenn von unseren
Vorfahren alle schönen Künste in wissenschaftliche Erörterung
gezogen wurden, so wird mit jenen zugleich von unseren latei-
nischen Schriftstellern auch die Malerei nicht vernachlässigt
worden sein, zumal die ältesten Bewohner Toscanas die tüch-
tigsten Meister der Malerei in Italien gewesen sind (3i).
Trismegistes, ein sehr alter Schriftsteller, stellt die Meinung
auf, dass zugleich mit der Religion die Malerei und die
ScbaLun«, S c u 1 p t u r geboren w urden (32). Aber wer könnte hier leugnen,
^r^^jt^Jj gj^*"' dass die Malerei es ist, welche an allen Öffentlichen und privaten,
fahren. profanen und heiligen Gegenstünden die vornehmsten Theile tlir
sich in Anspruch nimmt, so dass es mir erscheint, als wäre
niemals irgend etwas wie sie von den Sterblichen geschätzt
worden?
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DELLA PITTURA DI LEOS B.VTHSTA ALBERTl LlBRl TRE. 93
Che dirai tu essere dipigniere altra cosa che simile abracciare
con arte, qucUa ivi superficie dei fönte?
Diceva Quintiliano che pictori antiqui soleano circon-
scrivere 1' ombre al sole, et cosi indi poi truovö questa arte
cresciuta. Sono chi dicono uno ccrto l^^iloclc , F^gypto , et non
so qiiale altro Cleante lurono di questa arte tra i primi inven-
tori. Li Egyptii afifermano fra loro bene anni sei milia essere
la pictura stata in uso prima che fusse traslata in Grecia. Di
Grecia dicono i nostri translata la pictura dopo le victorie di
Marceilo avute di Sicilia. Ma qui non moitü si richiede
sapere quali prima fussero inventori dell' arte o pictori, poi chö
noi non come Plinio recitiamo störte ma di nuovo fabrichiamo
una arte di pictura, dclla quaic in questa hetii quäle io vegga
nuUa si truova scritto. Henche dicono Heuiranore Ischimi
scrivessc non so che delle misure et de* colori et dicono che
Antigono et Xenocrate misono in lettere non so che picture et
dicono che Appelle scrisse a Pelleo de pictura. Racconta Lacrtio
Diogenes che Demetrio fecc commentarij della pictura. Et cosi
extimOy quando tutte le altre buone arti furono da i nostri
maggiori acomandate dalle lettere, con quelle insieme da i
nostri latini scriptori tu la pictura non negletta, gia che i nostri
Toscani antiquissimi iurono in Italia maestri in dipigniere peri-
tissimi.
Giudica Trimegisto vechissimo scriptore che insieme con
la religione nacquc la pictura et scolplura. Ma chi puo qui
negare in tucte le chose publiche et private, profani et religiöse,
la pictura ad se avere prese tutte le parti honestissime taie che
mi pare cosa niuna tanto sempre essere stata extimata da i
mortali:
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94 LEONE BATTISTA ALBERTPS DREI BOCHER ÜBER DIE MALEREI.
Man erzählt von unglaublichen Bikierpreisen. Der Thehaner
Aristides verkaufte ein Bild allein tür loo Talente. Rhodos soll
von dem König Demetrius nur desshalb nicht verbrannt worden
sein, weil er fürchtete, dass dabei eine Tafel des Protogenes
zu Grunde gehen könnte. Man kann desshalb wohl sagen, dass
die Stadt Rhodos blos um den Preis eines Bildes erkauft worden
sei (33). Viele ähnliche Nachrichten sammelte Plinius, wornach
du erkennen wirst, in welcher Ehre tüchtige Maler Überall ge-
halten wurden, so dass sogar viele der vornehmsten Bürger,
Philosophen und selbst nicht wenige Könige sich nicht allein
an Gemälden ergötzten, sondern auch mit eigener Hand malten.
Lucius Manilius, ein römischer Bürger, und Fabius, ein Mann
von vornehmster Hcrkuntt , waren Maler. Turpilio, ein römi-
scher Ritter, übte die Malerei zu Verona aus. Siiaedius, der
Prätor und Proconsul gewesen, erwarb sich als Maler Ruhm.
Der Tragiker Pacuvius, ein Schwestersühn des Dichters Ennius,
malte aut dem römischen Forum einen Herkules. Sokrates,
Piaton, Metrodor, Pyrrho waren in der .Malerei erfahren. Die
Kaiser Nero, Valentinian und Alexander Severus befliessen sich
mit Eifer der Malerei (34). Doch es wäre zu lang, hier all' die
Fürsren und Könige autzuzählen, welche an der Malerei Ge-
fallen fanden. Desgleichen scheint es mir nicht am Platze, die
ganze Schaar der alten Maler aufzuzählen. Wie gross diese ge-
wesen, ersielist du auch daraus, dass für Demetrius Phalereus,
den Sohn des Fanostratus, innerhalb 400 Tagen 36o Statuen,
theils zu Pferde, theils zu Wagen, vollendet wurden; denn
würdest du wohl meinen, dass in einem Lande, welches eine
solche Anzahl von Bildhauern besass, die Maler in Minderheit
gewesen seien? (35). Sind doch sicher diese beiden Künste auf
das Innigste verwandt, und die Malerei sowohl wie die Sculptur
schöpfen aus einer und derselben natürlichen Anlage ihr Da-
sein. Ich memestheils stellte allerdings das l aleiit des Maiers
stets höher, da es sich in schwierigeren Dingen versucht; doch
ich kehre zu meinem Gegenstande zurück (36). Sicherlich war
die Zahl der Bildhauer und der Maler eine grosse zu jener
Zeit, da Fürsten und Leute aus dem Volke, Gelehrte und Un-
gelehrte sich an der Malerei ergötzten und da man als vor-
nehmste Beute aus den Provinzen in den Theatern Tafel-
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DELLA. PITTURA DI LEON BATTISTA AL.BERTI LIBRl TRE. 9 5
Racontasi i pregi incredibili di tavole dipinte. Aristide Thebano
vende una sola pictura talenti cento et dicono che Rodi non
tu arsa da Dcmetrio rc, ove temea che una tavola Ji Proto-
gcnes non perisse. Possiamo adunque qui aflermare che la cipta
di Rodi fu ricomprata da i nemici con una sola dtpintura.
Simile molte cose raccolsc Plinio, per le quali tu conoscerai
i buoni pictori sempre stati apprcsso di tutti in molto hoiiorc,
tanto che molti nubilissimi ciptadini, phiiosoh ancora et nun
pochi rö non solo di cose dipinte ma et di sua mano dipignierle
assai si dilettavano. Lucio Manilio ciptadino Romano et Fabio
huomu nobiüssinio luronu dipiutori. Turpilio chavaiicrc Romano
dipinse a Verona. Sitedio huomo statu praetore et proconsolo
aquistö dipigniendo nome. Pacuvio po€ta tragico, nipote ad
Ennio poeta dipinse Hercole in foro Romano. Socrate, Platope,
Metrodore, Pirro furono in pictura conosciuti. Ncrone, Valen-
tiniano et Alessandro Severö imperadori iurono studiosissimi in
pictura. Ma sarebbe qui lungo racontare ad quanti principi et
rd sia piaciuto la pictura ; et ancora non mi pare da racontare
tutta la turba dclii anliqtji picrori, c]uale, quanto lusse grande
vedilo quinci cheaDemcirio Phalereio hgliuolo di Phauostrato
furono fra quattrocento di trecento sessanta statue parte ad
cavallo parte fu i carri compiute. Et in questa terra, in quäle
sia stato tanto numero di sculptori , credi che manco fussero
pictori? Sono certo queste arti cogniate et da uno medesimo
ingegnio nutrite la pictura insieme con la scolptura. Ma io
sempre preposi IMngenio del pictore , perche s* aopera in cosa
piü ditlicile. Pure torniamo al tatto nostro. l'u ccrto grande
numero di sculptori in que' tempi et depictori quando i principi
et plebei, et dotti V indotti si di lettavano di pictura, et quando
fra le prime prede delle provincie si extendeano ne' theatri
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90 LliONt BATTISTA ALUER FI'S DRKI liÜOtiÜR ÜUER DIE MALEREI.
malereien und Bildwerke ausstellte. Ja soweit ging es, dass
Aemilius Paulus und nicht wenige andere römische Bürger
ihren Söhnen unter den anderen schönen Künsten, deren Kennt-
niss um gut und schön zu leben nöthig, auch die Malerei lehren
liessen, welche ausgezeichnete Sitte auch bei den Griechen sehr
im Schwünge war. Sie wollten, dass gut erzogene Söhne zu-
gleich mit der Geometrie und der Musik auch das Malen lernen
möchten. Sogar für die Frauen war es eine Ehre malen zu
können. Martia, die Tochter des Varro, wird von einigen
Schriftstellern gelobt , weil sie malen konnte (87). Bei den
Griechen stand die Malerei in solcher Ehre und Ansehen, dass
ein Edict und Gesetz erlassen wurde, welches den Unfreien ver*
bot, die Malerei zu erlernen; sicher thaten sie recht, da die
Malkunst stets der freien und edlen Geister völlig würdig
war (38j. Und was mich betrifft, so erachte ich es stets für
das beste Anzeichen eines tüchtigen Geistes, wenn sich Jemand
mit Freude und Ausdauer mit der Malerei beschäftigt, mag
^*d«r iftlenrfl'*' ^"^"^^'^^^"^ dieser einen Kunst zukommen, was kaum einer anderen :
dass sie in gleicher Weise den Gebildeten wie den Ungebildeten
erfreut, auf den Verständigen wie auf den Laien Eindruck
macht. Und selten wirst du Jemanden finden, der nicht innig
wOnschte, in der Malerei bewandert zu sein, scheint doch die
Natur selbst sich daran zu erfreuen, wenn wir sehen, dass sie
an den Bruchstellen von MarmorstQcken nicht selten Centauren
und bärtige Gesichter von Königen male. Ja man erzählt, dass
Pyrrhus einen Edelstein besass, auf welchem man, von der Natur
gemalt, alle neun Musen, unterschieden nach ihren Attributen,
sehen konnte (Sq). Dem füge hinzu, dass es keine Kunst gibt,
die zu erlernen und auszuüben Gebildete und Ungebildete
jeder Altersstufe so gerne sich abmühen. Es sei erlaubt, von
mir selbst zu sprechen: Immer, wenn ich zu meinem Vergnügen
an das Malen gehe - wozu ich nicht selten erst nach meinen an-
strengenden Arbeiten Müsse finde — verharre ich mit solchem
Vergnügen an der Arbeit, dass es mich oft Wunder nimmt, so
drei oder vier Stunden verbracht zu haben (40). So verschafift
denn diese Kunst Vergnügen dem, der sie überhaupt Übt; Lob,
ReichthÜmer und unsterblichen Namen aber dem, der darin
Meister ist. Ist es nun so wie ich sagte, ist die Malerei die
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DELLA FITTURA DI LEON BATTISTA ALBERTI LIBRI TRE.
97
tavole dipinte et immagini. Et processe intanto che Paolo
Aemilio et non pochi altri ciptadini Romani fra le buone arti
et bene et beato vivere ad i figliuoli insegniavano la pictura
quäle optimo costume molto appresso de Greci s' observava.
Voleano che i figliuoli bene allevati insieme con geometiui et
musica iroparassono dipigniere. Anzi tu ancora alle femine honore
sapere dipigniere. Martia, figliuola di Varrone si loda adpresso
dellt scriptori che seppe dipigniere. Et fu in tanta lode et honore
adpresso de' Greci la pictura , che fecero editto et legge non
essere ad i servi licito imparare pictura ; fecero certo ') bene pero
che 1* arte del dipigniere sempre fu ad i liberali ingegni et a
Ii animi nobili dignissima. Et quant' io, certo cosi exdmo optimo
inditio d* uno perfettissimo ingegnio essere, in chi molto si
diletti di pictura, benchd intervenga che questa una arte cosi
sta grata a i dotti quanto a T indocti; quai cosa poco accade
in quäle altra si sia arte, che quello quäle diletti ai periti muova
chi sia imperito. ispesso troverai, che non molto desideri,
sc essere in pictura ben dotto. Anzi la natura medesima pare
si diletti di dipigniere, quäle veggiamo quanto nello fessure de'
marmi spesso dipinga ipocentauri et piu facce di barbate et
chrinite. Anzi piu dicono, che in una gemma di Pirro si trovö
dipinto dalla natura tutte et nove le Muse distinte con suo
segnio. Adgiugni a questo che niuiia si truova arte in quäle
ogni hetä di periti et d' inperiti cosi volentieri s' a£faticbi ad
impararla et a exercitarla. Sia qui licito confessare di me stesso;
io se mai per mio piacere mi do a dipigniere qual cosa fo non
raro, ~ quando d*all' altre mie maggiori faccende io truovo otio
ivi — con tanta voluptä sto fermo al lavoro ch6 spesso mi
maraviglio cosi avere passate tre o quattro ore. Cosi adunque
da voluptä questa arte a chi bene la ezerciti et lode, richezze
et perpetua fama ad chi ne sia maestro. Quäle cose cosi sendo,
') Bei B.; ,,conto".
Quellauchriftaa f. Kntt»tges«h. XI. 7
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9$ LEONE BATTISTA ALBERTrS DREI BÜCHER ÜBER DIE MALEREI.
verwenden.
beste und älteste Ausschmückung der Dinge , würdig freier
Menschen , beliebt bei Gebildeten und Ungebildeten , so kann
Eriernen^^d^esef ^i^ige Jünglinge nur dringend ermahnen, dass sie alle ihnen
..StSP!* iSi.f'** mögliche Mühe auf die Malerei verwenden.
Und dann: wer immer der Malerei sich befleissigt, der
lerne diese Kunst vom Grunde aus. Wer sich in der Malerei
hervorthun will, der habe nur die Eine grosse Sorge, sich jenen
Ruhm und Namen zu erwerben, wie ihn die Alten erreichten.
Und hier ist es gut, in das Gedüchtnlss zu rufen, dass die Hab»
sucht stets die Feindin der Tüchtigkeit war. Ein Geist, der nur
auf Gewinn bedacht, wird sich kaum irgend welchen Ruhm er-
werben. Ich sah Viele, die nur desshalb weder Reichthümer
noch Ruhm erwarben , weil sie schon in der besten Zeit des
Lernens dem Gewinne nachjagten; sicherlich wären diese zu
hoher Auszeichnung gelangt und hätten sich Reichthümer und
Vergnügen verschafft, hätten sie ihr Talent durch Studium fort-
gebildet. Doch genug davon; ich kehre zu meinem Gegenstand
zurück. Man theilt die Malerei in drei Theile, welche Theilung
von der Natur selbst entlehnt ist.
Wenn die Malerei darauf ausgeht, sichtbare Dinge darzu-
stellen, so haben wir zuerst zu merken, wie man die Dinge
sieht. Der Anfang ist also, dass ich (Überhaupt) einen Gegen-
stand sehe; einen Gegenstand nennen wir das, was einen Raum
einnimmt.
Indem der Maler diesen Raum umschreibt, wird er diese
seine durch Linien zu Stande gebrachte Umgrenzung passend
„Umriss" (Contour) nennen.
Bei weiterer Betrachtung erkennen wir, dass mehrere
Flächen des gesehenen Körpers sich (in bestimmter Weise) zu-
sammenfügen; indem der Künstler dies an richtiger Stelle be-
zeichnet, wird er solchem Thun den Namen „Composition" geben.
Endlich unterscheiden wir genauer die Farbigkeit; da diese
Eigenschaft der Flächen in der malerischen Darstellung all* ihre
Verschiedenheit vom Lichte hernimmt, so kann man sie wohl
richtig „Beleuchtung" nennen.
Die Malerei zerfftUt also in drei Theile: Umriss, Compo-
sition und Beleuchtung (resp. Farbengebung).
Darüber ist nun in Kfkrze zu handeln.
Absicht 4er
Malerei.
Bestandtheile
der Malerei.
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OELLA PTTTÜRA DI LEOK BATTISTA ALBERTI UBRI TRE. 99
quanto dlcemmo, se la pictura sia optimo et antiquissimo orna-
mento delle cose, degnia ad i liberi huomini, grata a i dotti et
al indoctiy molto conforto i giovani studiosi, dUno quanto sia
licito, Opera alla pictura.
Et poi admonisco, che sia studioso di dipigniere imparino
questa arte ; sia ad chi imprima cerca gloriarsi di pictura questa
una cura grande ad aquistare fama et nome , quale vedete Ii
antiqui avere agiunta. Et giovera ivi ricordarvi, che 1' avaritia
fu sempre inimica della virtü. Raro potra adquistare nome animo
alcuno che sia dato al guadagnio. Vidi io molti quasi nel primo
fiore d' imparare subito caduti al guadagnio, indi acquistare n^
richezze nö Ibde, quali certo, se avessero acresciuto suo ingeg-
nio con studio, facile sarebbono saliti in molta lode et ivi areb-
bono acquislato richezze et piacere assai. Ma di queste assai
sino ad qui sia detto; torniamo a nostro proposito. Dividesi la
pictura in tre parti , qual divisione abbiamo presta dalla natura.
Et dove la pictura ^) studia representare cose vedute, noti-
amo in che modo le cose si veggano. Principio, vedendo qual
cosa; diciamo questo essere cosa quale occupa uno iuogo.
Qui il pictore, descrivendo questo spatio, dira questo suo
guidare uno orlo con linea, essere circonscriptione.
Appresso rimirandolo, conosciamo piu superficie del veduto
corpo insieme convengano et qui T artetice, segniandole ^) in
suoi luoghi dira fare compositione.
Ultimo, piu distinto determiniamo colori et quaütä delle
superficie, quali ripresentandoli , che ogni differenza nasce da
lumi, proprio possiamo chiamario receptione di lumi.
Adunque la pictura si compie di conscrittione , compo-
sitione et ricevere di lumi.
Seguita adunque dirne brevissimo.
>) So im Manuscripte und im lateiniscben Texte. B. liest: „natura**,
s) Bei B: nS^guendola".
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lOO LEONE BATTISTA ALBBRTI'S DREI BÜCHER ÜBER DIE MALEREI.
. Zuerst will ich über den -Umriss" sprechen. Unter „Um-
riss" wird man in der Malerei die Umfangslinien eines Körpers
verstehen. Hierin soll Parrhasius, jener Maler, der bei Xenopbon
mit Sokrates disputirt, sehr erfahren gewesen sein und auf das
Genaueste diese Linien untersucht haben (41). Ich sage so:
man beobachte, dass die Linien des Umrisses von grösster
Feinheit seien, so beschaffen, als flöhen sie gleichsam gesehen
zu werden. In so beschaffenen Linien pflegte Apelles sich zu
Üben und mit Protogenes hierin zu wetteifern (42). Die Um-
reissung ist nichts Anderes als die Zeichnung der Umfangs-
linien; sobald aber diese Linien zu kräftig sind, werden sie nicht
ein Aufhören der Fläche, sondern einen Riss in derselben
zeigen; ich aber möchte, dass man im Umreissen nichts An-
deres bezwecke als den Ausdruck der ßegrenzungslinicn. So
betone ich denn, dass man sich hierin sehr üben müsse. Weder
Composition noch Beleuchtung (Farbengehung) kann man loben,
wenn sich nicht ein guter Umriss (Zeichnung) hinzugesellt: ja
nicht selten sieht man, dass ein guter Umriss, d. h. tüchtige Zeich-
nung, f&r sich allein auf das Angenehmste wirkt. Darauf ver-
wende man also hauptsächlich seine Mühe; soll dies mit gutem
Erfolge geschehen, so meine ich, könnte man kein besseres Mittel
DcrSchi«i«r Anden als jenen Schleier (Netz), welchen ich meinen Freunden
^*"^* gegenüber „Intersegation" (oder Intercision, Querschnitt) zu
nennen pflege. Die Sache verhält sich so (43). Man nimmt
einen ganz feinen, dünn gewebten Schleier von beliebiger Farbe,
welcher durch stärkere Ffiden in eine beliebige Anzahl von
Parallelogrammen getheilt ist; diesen Schleier bringe ich nun
zwischen das Auge und die gesehene Sache, so dass die Seh-
pyramide in Folge der DQnnheit des Gewebes hindurchzudringen
vermag. Sicherlich gewShrt dir dieser Schleier nicht geringe
Vortheile.
Vortheik des Der erste ist schon der , dass dir vermöge desselben der
Scbtaien. Körper stets die gleiche Ansicht zukehren wird, da du, sobald
du die Grenzlinien (an dem Schleier) fixirt , sofort die wahre
Spitze der Sehpyramide wiederzufinden vermagst, eine Sache,
die ohne Schleier sicherlich sehr schwierig wäre. Du weist aber,
wie es fast unmöglich ist, einen Gegenstand richtig abzubilden,
der uns nicht stets unter derselben Ansicht erscheint — aus
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. DELLA PITTURA DI LEON BATTISTA ALB£RTI LIBRI TRE. lOI
Prima diremo della circumscriptione. Sara circumschptione
quelia che descriva V attoraiare dell* orlo nelU pictura. In
questa — dicono — Parrasio, quel pictore el quäle appreuo
Xenofonte favella con Socrate, essere stato molto perito et molto
avere queste linee examinate. lo cosi dico, in questa circon-
scriptione molto dovcrsi observare cb' ella sia di linee sottilis-
sime fatta, quasi taii, che fuggano essere vedute. In quali solea
se Appelles pictore exercitare et contendere con Protogonie.
Pero che la circonscriptione e non altro che disegniamento del
orlo, quäle ove sia fatto con linea troppo apparente, non dimo-
strera ivi essere margine dl superficie ma fessura ; et io desiderei,
nulla proseguirsi circonscrivendo che solo 1* andare del' orlo.
In qual cosa, cosi affermo, debbano molto exercitarsi. Niuna
compositione et niuno ricevere di lumi si puo lodare, ove non
sia buona circonscriptione aggiunta. Et non raro pur si vede
solo una buona circonscriptione, ciot uno buono disegnio, per
se essere gratissimo. Qui adunque si dta principale opera ad
quäle se bene vorrcmo tenerla nulla si puo trovare, quanto io
extimo piu acomraodata cosa altra, che quel velo, quäle io tra
i miei amici soglio appellare intersegatione. Quello stä cosi.
Egli ö uno velo sotilissimo tessuto raro, tinto di quäle atte
piace colore, distinto con fili piu grossi in quanti atte piace
paraileli; qual velo pongo tra V occhio et la cosa vcduta, tale
che la Pyramide visiva penetra per la raritä del velo. Porgeti
questo velo certo non picdola commoditä; primo che sempre
ti ripresenta medesima non mossa superficie, dove tu posti certi
termini subito ritruovi la vera cuspide della pyramide , qual
cosa certo senza intercisione sarebbe difQcile. £t sai quanto sia
impossibile bene contraffare cosa quäle non continovo servi
una medesima presentia; di qui pertanto sono piu facili ad
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1 02 LEONE BATTISTA ALBERTI*S DREI BÜCHER ÜBER OK MALEREL
welchem Grunde auch eine Malerei leichter nachzubilden ist als
ein Bildwerk. Dann weisst du auch, in welchem Masse dir ein
gesehener Gegenstand verändert erscheint, sobald die Entfernung
von demselben und die Lage des Gentralstrahles geändert
wurde. So wird dir denn also, wie ich sagte, der Schleier von
nicht geringem Nutzen sein , sobald es von Wichtigkeit, einen
Gegenstand fortwährend unter derselben Ansicht vor sich zu
haben. Ein anderer Vortheil wird der sein, dass es dir mit
Hilfe des Schleiers leicht werden wird, die Umlangslinien der
dir (von einem Kürper) zugewendeten Flächen festzustellen.
Erblickst du nämlich in diesem Parallelogramme (des Schleiers)
die Stirne, in jenem die Nase, in einem anderen die Wangen,
in jenem unten das Kinn, und so jedes Ding seiner Lage ent-
sprechend gesondert , so wirst du all' dieses in entsprechender
Lage auch auf deiner Tafel oder Wand sehen, sobald du diese
dem Schleier gleich in Parallelogramme getheilt und dann jedes
einzelne Ding genau wie dort postirtest. Endlich wird dir der
Schleier von grosser Hilfe sein für das Verständniss, IcÖrperliche
Dinge zu malen. Um all* dieser Gründe wegen wird dich Nach-
denken und Erfahrung Überzeugen, von welch' grossem Vortheil
der Gebrauch des Schleiers sei.
Ich werde desshalb nicht auf diejenigen hören, welche da
meinen, es gezieme dem Maler wenig, sich solcher Dinge zu be-
dienen, die wenngleich von grossem Vortheü für das Malen,
doch so beschaffen sind, dass man hernach ohne dieselben nichts
zu Stande zu bringen vermag. Meiner Meinung nach fordert
man vom Maler nicht (schlechthin) unendliche Arbeit, wohl
aber mit Recht, dass der gemalie Gegenstand aus der Fläche
gleichsam heraustrete und dem (körperlichen) Vorbilde ahnlich
sei — eine Forderung, der ich nicht zu genügen wüsste ohne
Hilfe des Schleiers. So bediene man sich denn des „Quer-
schnittes", d. h. Schleiers, wie ich sagte. Wem es aber gefallen
sollte, sein Talent ohne Gebrauch des Schleiers zu versuchen,
dennoch möge er sich dieser Parallelenmethode im Geiste be-
dienen, d. h. so vorgehen, dass er sich immer eine Querlinie
fingirt und dort , wo diese von einer anderen lothrechten ge-
achtcn^ wo"sich Schnitten wird (auf dem Bilde) jene Grenze fizirt. Da aber nicht
^nm. selten den mit ihrer Kunst noch nicht vertrauten Malern die
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DELLA PITTURA UI LEON BATTISTA ALBERTl UBRl TRE. to3
ritrarre le cose dipinte che le scbolpite. Et conosci, quanto,
mutato la distantia et mutato la positione del centro, paja
quello , che tu vedi, molto alterato. Adunque il vdo ti dara
quanto dissi non poca utilita ove sempre ad vederla sara una
medesima chosa. L' altra sara utilitä che tu potrai facile coa«
stituire i termini delli orli et deUe superficie. Ove in questo
parallelo vedrai il fronto, in quello e il naso in un altro le
guance, in quel di sotto il mento et cosi ogni cosa distinto ne'
suoi luoghi , cosi tu nella tavola o in parete vedi, divisa in
simili paralleliy ogni cosa a punto porrai« Ultimo ad te dara il
velo molto ajuto ad imparare dipigniere quando vedrai nel velo
cose ritonde et rilevate^ per le quali cose assai potrai et con
giudicio et con experienza provare, quanto ad te sia il nostro
velo utilissimo.
io qui udiro quelli che dicano, poco convenirsi al
pictore usarsi a queste cose, quali bene che portino molto ajuto
ad bene dipigniere, pure sono sifatte che poi senza quelle potrai
nuUa. Non credo io dal pictore si richiegga infinita taticha, ma
bene s* aspetti pictura, quäle molto paja rilevata et simigliata
a chi ella si ritrae; qual cosa non intendo io sanza ajuto del
velo alcuno mai possa. Adunque usino questa intercisione, cioft
velo qual dissi j et dove alloro piacera provare 1' ingegnio suo
senza velo pure imprima notino i termini delle cose drento da
paralleli del vdo, owero cosi seguitino rimirandole, che sempre
immaginino una linea attraverso, ivi da un altra perpendiculare
essere segata, ove sia statu ito quel termine. Ma perche non raro
ad i pictoh ioexperti sono Ii orli deUe superücie non conosciute
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1 04 I tONE BATTISTA ALBERTl'S DREI BÜCHER ÜBER DIE MALEREI.
Umgrenzungslinien der Flächen unbekannt, zweifelhaft und un-
gewiss sind, so dass sie z. B. in den Gesichtern der Menschen
nicht zu unterscheiden wissen, welches die Grenze sei zwischen
Stirne und Schliiten, so ist es nÖthig, ihnen zu lehren, wie sie
die zu erkennen vermöchten; die Natur ist uns hierin eine
treffliche Lehrerin. Wir sehen es an den ebenen Flächen, wie
sich jede dem Auge darstellt mit den ihr eigenthümlichen
Linien, Lichtern und Scharren ; in gleicher Weise sehen wir
auch die sphärischen und concaven Mächen gleichsam getheilt
in viele fast quadratische Flächen, entsprechend den verschie-
denen beleuchteten und beschatteten Stellen. Man mag also
jeden beleuchteten Tbeil (einer concaven oder sphärischen
Fläche), wie er sich von dem beschatteten Tbeil absondert,
als eine Fläche für sich betrachten. Doch selbst wenn ein und
dieselbe Fläche aus dem Dunkel gemach in das volle Licht fort>
schreitet, hat man sich dann die Grenze zwischen Einem und dem
Anderen mit einer ganz feinen Linie anzudeuten, damit es minder
zweifelhaft sei, wie bei der Farbengebung zu verfahren.
Es bleibt nun noch weiter ttbrig, etwas Ober die Zeich-
nung zu sagen in ihrem nicht geringen Bezüge auf die Com-
position (44). Dabei wird es erforderlich zu. wissen, was in
der Malerei Composition sei. Ich nenne Composition jenes Ver-
fahren beim Malen, durch welches die einzelnen Theile des
Werkes ihre Anordnung und Zusammenstimmung erhalten.
Das grÖsste Werk des Maiers wird das Geschichtsbild sein;
Theile des Geschichtsbildes sind die Körper; Theile der Körper
sind die Glieder; Theile der Glieder sind die Flächen. Weil
man nun aber theils kleine Flächen antrifft wie Jene bei den
Lebewesen, anderen Theiles grosse wie an den Gebäuden und
Colossen , so ist der Contour demnach nichts Anderes als das
bestimmte Verhalten in der Zeichnung der ümfangslinien der
Flächen.
In Bezug auf die Zeichnung der kleinen Flächen mag das
bisher Gesagte genügen, welches auch zeigte, mit welchem
Nutzen man sich hiebei des Schleiers bedient; was aber die
Zeichnung grösserer Flächen betrifft, so habe ich hiefQr neue
Mittel und Wege anzugeben. Hier muss ich aber erinnern an
Alles, was ich in den grundlegenden Erörterungen Qber die
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DEIXA PITTUKA DI LEON BATTISTA ALBERTl LIBII TBE. lo5
dubbie et incerte come ne' visi delU huomini, ove non discer-
nono che mezzo sia tral fronte eile tempie pertanto conviensi
loro insegniare in che modo possano conoscere; questo ') bcnc
ci dimostra la natura. Veggiamo nelle piane superficie che cias-
cuna ci si dimostra con sue linee, lumi et ombre. Chosi ancora
le speriche concave superficie veggiamo quasi divise in motte
superficie quasi quadrate con diverse macchie di lumi et d' ombre,
pertanto ciascuna parte con sua chiaritä divisa da quella che
sia obscura, si vuole avere per piu superficie. Ma se una me-
desima superficie cominciando ombrosa, a poco a poco venendo
in chiaro continua, allora qucUo che tra loro sia il mezzo, si
noti con una sottilissima linea, adcio che ivi sia ia ragione del
colorire men dubbia. Resta da dire della intersegatione*) cosa
quäle non pocho apartiene aüa compositione ; per questo si
conviene saperc che sia in pictura compositione. Dico compo-
sitione essere quella ragione di dipigniere, per la quäle le parti
si compongono nella opera dipinta. Grandissima opera del pic-
tore sara 1' istoria; parte della istoria sono i corpi, parte de*
corpi sono i membri, parte de' membri sono le superficie. Et
dove la circonscriptione non altro sia che certa ragione di seg-
niare V orlo delle^) superficie, poi che delle superficie alcuna
si truova picciola come quella delli animali, alcuna si truova
grande come quella delli hedificij et de' colossi.
Delle picciole superficie bastino i precepti sino ad qui
detti, quali dimistrano quanto s* apprendano col veio; alle super-
ficie maggiori ci convien trovare nuove ragioni. Ma dobiamo
ricordarci di quanto di sopra ne' dirozzamenti dicemmo della
>) Bei B.: «quanto**. •
Ich emendir» «drconscriplione*'.
f) Bei B.: .ddU*'.
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to6 LEONE BATTISTA ALBERTTS DKEI BÜCHER tfBER DIE MALEREI.
icl^zcrchnun ^^^^ SchstraWcn, Über die Pyramide und den Querscbmtt,
^ 'Michen'^ dann femer Uber die Parallelen des Bodens (das perspectiviscbe
Quadratnetz), den Centraipunkt und die Centrallinie (Horizont)
sagte. Es seien auf dem entworfenen Grundriss Mauern und
diesen ahnliche Flächen , welche ich sich aufstützende nenne,
* *^flic1i^ errichten. Ich werde nun in Kürze sagen, wie ich es in
solchem Falle mache. Der Anfang ist, dass ich mit den Funda-
menten beginne. Ich trage die Länge und Breite der Mauern
in die entsprechenden Parallelen auf; in der Zeichnung folge ich
hiebei der Natur, welclie lehrt, dass ich von keinem viereckigen
rechtwinkeligen Körper auf einen Blick mehr als zwei mit ein-
ander verbundene Seiten sehen könnte. Solches also beobachte
ich bei der Zeichnung der Mauerfundamente; ich beginne dabei
immer mit den näheren Flächen, ganz besonders aber mit jenen,
welche vom Querschnitte (also der Bildfläche) gleichweit ent-
fernt sind (d. h. mit ihm parallel sind). Jene also lasse ich den
anderen vorausgehen, indem ich ihre Länge und Breite in die
entsprechenden Parallelen der Grundfläche einzeichne, und zwar
in der Weise, dass ich ebensoviele Parallelen nehme als ich
will , dass (die Mauer) Ellen (lang und breit) sei. Die Mitte
einer jeden Parallele finde ich da, wo sich zwei Diagonalen
durchschneiden. So beschreibe ich mir nach Belieben die Fun-
damente. Die Höhe bestimme ich dann auf nicht sehr schwierige
Weise. Die Höhe der Wand wird nämlich von demselben
Massverhäitniss bestiipmt, welches zwischen der Centrallinte
und jener Stelle der Bodenfläche herrscht, von welcher aus
sie (die Wand) sich erhebt. Wenn du demnach annehmen
würdest, die Distanz von der Bodenfläche bis zur Centrallinie
betrüge die Höhe eines Menschen, so wären dies also drei
Ellen; willst du nun aber, dass deine Wand zwölf Ellen hoch
sei, so wirst du um dreimal so viel in die Höhe gehen, als der
Abstand von der Centrallinie zu jener Bodenfläche beträgt (46).
Nach dieser Methode können wir alle Winkelflächen zeichnen.
3. runder Es erübrigt nun zu sagen , wie man bei Zeichnung von
Flächen CO»
Kreisflächen vorgeht. Man leitet das Verfahren aus dem für
Winkelfiächen her; dies mache ich so. Ich errichte mir ein
rechtwinkeliges Viereck, dessen Seiten ich in ebensoviele Theile
theile, als ich die Grundlinie meines Viereckes auf der Mal-
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DELLA PITTORA DI LEON BATTISTA AIAEMTFl LIBKI TRE.
107
superficie, de* razzi, deila pyramide et deUa intersegatione, an-
com et de* paralleli del pavimento et del centrico punto et
linea. Nel pavimento, scritto con sne linee et paralleli sono da
hedificare muri et simili supcrficie quali apcllamo giacenti. Qui
adunque diro brevissimo quello che io faccio. Principio comin-
cio dai fondamenti, pongo Ja largezza et la lungbezza de* muri
ne* suoi paralleli, in quäle descriptione seguo la natura in qual
veggo che di niuno quadrato corpo, quäle abbia retti angoli
ad uno tratto posso vedere dintorno piu , che due faccie con-
giunte. Chosi io questo observo descrivendo i fondamenti dei
pareti et sempre inprima comincio dalle piu prossimane super-
fiele f massime da quelle, quali equaimente sieno distantt dalla
intersegatione. Queste adunque metto inanzi 1' altre, descrivendo
loro ktitudiae et longitudine in quelli paralleli del pavimento
in modo, che quante io voglia, occupare braccia, tahto prendo
paralleli. Et a ritrovare il mezzo di ciascuno parallelo, truovo
düve r uno et V altro diametro si sega insieme-, et cosi quanto
voglio i fondamenti descrivo. Poi V altezza seguo con hordine
non difficilissimo. Conosco, 1' altezza del parete in se tenere
questa proportione, che quanto sia dal luogo onde essa nasce
sul pavimento persino alla centrica linea, con quelia medesima
in SU crescere. Onde se vorrai questa quantitä da] pavimento
per sine alla centrica linea essere V altezza d' uno huomo, sar-
anno adunque queste braccia tre, tu adunque volendo il parete
tuo essere braccia dodici, tre volte tanto andrai su in alto,
quanto sia dalla centrica linea persino ad quel luogo del pavi-
mento. Con queste ragioni cosi possiamo disegniare tutte ie
superficies quali abbiano angolo.
Restaci a dire in che modo si disegnino Ie circulari. Tra-
gonsi le circulari delle angulari et questo fo io cosi. Fo in su
lo spazzo uno quadrangolo con angholi retti et divido i lati
di questo quadrangolo in parte simili a quelle parti, in quäle
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to8 LEONE BATTISTA ALBERTFS DREI BÜCHES ÜBEk DE MALERBL
fläche theilte. Hierauf ziehe ich von jedem einzelnen Punkte zu
dem ihm entgegengesetzten Linien, so dass der ganze Raum in
viele kleine Vierecke getheilt wird.
Hier beschreibe ich mir nun einen Kreis von beliebiger
Grösse» derart, dass die Linien der kleinen Quadrate und die
Kreislinie sich gegenseitig schneiden; alle diese Durchschnitts-
punkte bezeichne ich mir nun und Übertrage sie hierauf in
entsprechender Weise auf die Parallelen der Bodenfltche meines
Bildes. Da es aber eine zu grosse, ja gleichsam endlose MOhe
forderte, mit neuen, immer kleiner werdenden Parallelen den
Kreis in so vielen Punkten zu sclineiden, bis diese dessen ganze
Peripherie bildeten, so führe ich desshalb, nach Bezeichnung
von acht oder mehr Durchschnittspunkten, die Peripherie des
Kreises auf meiner Bildfläche von Punkt zu Punkt nach freiem
Ermessen weiter. Vielleicht wäre es ein kürzerer Weg , ihn
dem Schatten nachzuzeichnen? — ja, gewiss, sobald der Körper,
welcher den Schatten würfe, in richtiger Weise postirt wäre.
Ich gab also an, wie man mit Hilfe von Parallelen grosse eckige
und runde Flächen zeichnen könne. Somit ist das, was Über
den Umriss , d. h, über die Art der Zeichnung ZU sagen war,
beendet. Ich habe nun über die Composition zu sprechen; da
^^jKnftioo^'"' zuerst wiederholt, was Composition sei. Composition nennt
''d^Eä«?" "^^^ Malerei jenes Verfahren, nach welchem die einzelnen
Theile der gesehenen Dinge angeordnet und zusammengestimmt
werden. Ein wahrlich grosses Werk des Malers wSre ein Coloss;
doch höheres Lob seines Talentes bringt ihm sicher das Ge-
schichtsbild. Theile des Geschichtsbildes sind die Körper, Theile
der Körper die Glieder, Theile der Glieder die Flächen. Zuerst
handelt es sich also beim Malen um die Fliehen. Die Zu-
sammenstimmung der Flächen bewirkt es, dass Körper jene
Anmuth besitzen, welche Schönheit genannt wird. Sieht man
ein Gesicht, welches hier grosse, dort kleine, hier zu stark er-
hobene, dort zu sehr eingesunkene Flächen zeigt , wie dies an
dem Gesichte alter Weiber der Fall ist, so gewährt dies einen
ganz hässlichen Anblick. Jene Gesichter dagegen, deren Flächen
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DELLA PITTURA. DI LEON BATTISTA ALBERTl UBRI TRE. 109
divisi la liaea jacente nel primo quadraagolo della pictura et
qui da dascuno punto al suo oposito punto tiro linee et cosi
rimane lo spazzo diviso in molti piccioli quadrangoli.
Qui vi') io scrivo uno cerchio quaiito el voglio grande
cosi che le linee de' piccioli quadrati et la linea del circholo
insieme V una con 1' altra si tagli et noto tutti i punti di questi
taUiamenti quali laoghi segnio ne* paralleli del pavimento nella
mia pictora. Ma percbft sarebbe faticha extrema et quasi infinita
con nuGvi minori paralleli dividere il cerchio in molti luoghi
et cosi con moito numero di punti seguire continovando il cir-
cholo, per questo, quando io aro notato otto o piu taUiamenti,
seguo con ingegnio il mio circulo nella pictura, guidando la
linea da terminc a termine. Forse sarebbe piu brieve via corlo
al ombra? certo si, dove il corpo quäle facesse ombra, iusse in
mezzo posto con sua ragione, in suo luogho. Dicemmo adunque
in che modo coli* ajuto de* paralleli le superficie grandi acan-
tonate et tonde si disegnino. Finito adunque la circumscrittione,
cioh il modo del disegniare, restaci a dire delle compositioni. Con-
vienci repetere che sia compositione. Compositione t quella ragione
di dipigniere con la quäle le parti delle cose vedute si porgono in-
sieme in pictura. Grandissimo opera del *) pictore con uno colosso!
ma istoriä, maggiore loda d'ingegnio rende V istoria die qual sia
colosso. Parte della istoria sono i corpi, parte de' corpi i membri,
parte de' membri la superficie. Le prime adunque parti del dipig-
niere sono le superficie^. Nasce della compositione della superficie
quella gratta ne' corpi quäle dicono bellezza. Vedesi uno viso
il quäle abbia sue superficie chi grandi et chi piccole , quivi
ben rilevate et qui ben drento riposto simile al viso delle vecchi-
erelle, questo essere in aspetto bructissimo. Ma quelli visi saranno
») Bei B.: „quindi".
2) Bei B.; „el".
*) Dieser Sau fehlt bei B.
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I lO LEONE BATTISTA ALBERTI'S DREI BÜCHER ÜBER DIE MALEREI.
in der Weise verbunden sind, dass sie ein anmuthiges Ineinander-
weben von Lichtern und Schatten zeigen, und aller harten
Kanten und Ecken ermangeln, wird man sicherlich schön und
lieblich nennen. In der Composition der Flächen suche man also
in erster Linie die Anmuth und Schönheit der Dinge; wer diese
anstreben will, der scheint mir keinen passenderen und siche-
reren Weg zu nehmen, als wenn er auf die Natur hinblickt,
Acht habend, auf welche Weise die Natur, die wunderbare
Werkmeisterin der Dinge, an schönen Körpern die Flachen zu-
sammengeordnet habe; deren Thun dann nachzuahmen, erfordert
ebensoviel geistige Aufmerksamkeit als Sorgfalt und emsiges
Benützen unseres früher beschriebenen Schleiers. Wollen wir
dann in's Werk setzen, was wir der Natur abgelauscht, so
mögen wir uns zuerst immer die bestimmten Grenzen anmerken,
und dann erst nach der bestimmten Stelle unsere Linien ziehen,
'dafofied«"?" wurde gesprochen von der Composition der
Flächen; es ist nun zu handeln von der Composition der Glieder.
Hier hat man sich in erster Linie Mühe zu geben, dass die
einzelnen Körpertheile (Glieder) einander wohl entsprechen.
Dies wird der Fall sein, wenn sie nach Grösse, Charakter (der
dargestellten Erscheinung), Bestimmung, Farbe und anderen
ähnlichen Dingen zu einer Schönheit zusammenstimmen. Wäre
auf einem Bilde der Kopf sehr gross, die Brust klein, die Hand
breit, der Fuss angeschwollen und der Körper aufgedunsen, so
böte diese Zusammenstellung sicherlich einen hässlichen Anblick.
So ist es also nothwciiLiig, ein bestimmtes Massverhältniss bei
den Gliedern festzuhalten; dies einzuhalten wird es von grossem
Vortheile sein, zuerst das Knochengerüst des Lebewesens zu
zeichnen, jedem Knochen hernach die Muskeln hinzuzufügen
und dann das Ganze mit Fleisch zu umkleiden. Hier aber
könnte mir Jemand entgegenhalten, was ich oben sagte, dass
für den Maler nur das Sichtbare der Dinge von Belang sei.
Richtig erinnern Jene an dies; doch so wie man den Menschen
erstlich nackt zeichnet und ihn erst dann mit der Gewandung
umgibt, so mögen wir, wenn wir den nackten Körper malen,
mit der Lagerang der Knochen und Muskeln beginnen und
diese dann mit Fleisch bedecken, damit es nicht schwierig sei,
die Lage jedes Muskek darunter zu erkennen. Und da die
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DELLA nmjKA DI LEON BATTISTA ALBERTl LIBRI TRE. I 1 1
ie superficie giunte in modo che piglino ombre et lumi ameni
et suavi abbino asperitate alcuna di riievati canti, certo
diremo questi essere fonnosi et delicati visi. Adunque in questa
compositione di superficie molto si cerca la gratia et bellezza
delle cose, quäle ad chi voglia seguirla pare a me niuna piu
atta et piu certa via che di torla dalia natura, ponendo mente
in che modo la natura maravigliosa artefice delle cose bene
abbia in be' corpi composte le superficie; ad quäle imirarla si
conviene molto avervi continovo pensieh et cura insieme et
molto dilettarsi del nostro qual disopra dicemmo velo. Et
quando vogliamo mettere in hopera quanto aremmo compreso
dalla natura prima sempre arcmo notato i termini dove tiriamo
ad uno certo luogo nostre linee. Sino ad qui detto della com-
positione delle superficie; seguita de' membri. Conviensi inprima
dare opera che tutti i membri bene convengano. Converrano
quando et di grandezza et d' offitio et di spetie et di colore
et d' altre simili cose corresponderanno ad una bellezza. Che
se fusse in una dipintura il capo grandissimo et il pecto pic-
ciolo, la mano ampia et il pih enfiato, il corpo ghonfiato, questa
compositione certo sarebbe brutta a vederla. Adunque conviensi
tenere certa ragione circha alla grandezza de' membri; in quäle
commensuratione giovera prima allegare ciascuno osso deli'
animale, poi appresso agiugniere i suoi muscoli, di poi tutto
vestirlo di sua carne. Ma qui sara, chi incontraponga, quanto
di sopra dissi , che al pictore nuUa s' appartiene delle cose
quali non vede. Ben rammentano costoro, ma come ad vestire
r ttomo prima si disegnia ignudo, poi il circondiamo di panni,
cosi dipigniendo il nudo prima pogniamo sue ossa et musculi
quali poi cosi copriamo con sue caroi, che non sia ditiicile in-
tendere ove sotto sia ciascuno moscolo. Et poi che la natura
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112 LEONE BATTISTA ALbERTI'S l>RbI BÜCHER ÜBER DIE MALEREI.
Natur diese Massverhältnisse deutlich erkennen lässt , und es
von nicht geringem Vortheile ist, sich diese Kenntniss zu er-
werben, so mögen eitrige Maler hierauf alle Mühe verwenden,
und nicht minder eifrig sei ihr Bestreben, die erworbene Kennt-
niss sich zu erhalten. Auf Eine Sache mache ich besonders auf-
merksam; um richtig die Massverhältnisse eines Lebewesens zu
bestimmen, nehme man irgend ein GUed desselben ab gemein-
sames Mass an. Der Architekt Vitruv mass die Grösse des
Menschen mit der FussgrÖsse. Mir erscheint es wQrdiger, alle
anderen Glieder mit dem Kopfe in Beziehung zu bringen, wenn-
gleich ich beobachtet habe, dass bei fast allen Menschen die
Grösse des Fusses gleich ist dem Abstände vom Kinn bis zum
Scheitel des Kopfes. Hat man so ein Glied als Norm fest-
gestellt, so passe man dem jedes andere in der Weise an, dass
alle einander durchaus in Rücksicht auf Länge und Breite ent-
sprechen.
Hernach sehe man vor, dass jedes Glied seinem Zwecke
und Auftrag nachkomme. Richtig ist es, wenn der Laufende
nicht minder die Hände als die Füsse bewegt; aber ich möchte,
dass ein Philosoph, während er disputirt, viel mehr Bescheiden-
heit als Fechterkunst zeige. Man lobt in Rom ein Bildwerk, welches
die Fortschaffung des todten Meleager darstellt; das Gewicht
drQckt die Träger nieder, an dem Todten erscheint jedes GUed
völlig todt; jedes Glied hängt herab, Hände, Finger, Kopf;
jedes Glied fällt erschlafft nach abwärts; kurz Alles vereint
sich, den Körper wirklich todt erscheinen zu lassen, was gewiss
sehr schwierig ist und nur kQnstlerischer Meisterschaft gelingen
wird (46). So beachte man also in jeder malerischen Darstel-
lung, dass jedes Glied seiner Bestimmung nachkomme und auch
noch im kleinsten Partikekhen seiner Schuldigkeit entspreche.
Bei den Todten sei jedes Glied todt bis zu den Fingerspitzen hin,
an den Lebenden zeige auch noch das kleinste Partikelchen
Leben. Lebend nennt man einen Körper, wenn er aus eigener
Kraft heraus eine gewisse Bewegung besitzt; todt, wenn die
Glieder die Lebensfunctionen, d. i. Empfindung und Bewegung
nicht mehr zu versehen vermögen. Will also der Maler in den
Dingen Leben ausdrücken« so wird er jeden Theil derselben in
Bewegung bilden, in jeder Bewegung aber mag er Schönheit
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DBLLA PITTÜRA Dt LEON BATTISTA ALBERTI LIBW TUE. 1 1 3
ci a porto in mezzo le misure, ove si traova non poca utilitä
a riconoscerle, dalla natura ivi adunque pillino Ii studiosi pictori
questa faticha , per tanto tenere a mente quello che pillino
dalla natura quanto a riconoscerle^ aranno posto suo studio et
opera. Una cosa ramento , che a bene misurare uno animante,
si pigli uno quäle che suo membro col quäle Ii altri si misurino.
Vitruvio, architecto, misurava la lunghezza del huomo coi piedi;
a me pare cosa piu degnia V altre membra si riferiscano al
capoybenchö 6 posto mente quasi comune in tutti Ii huomini che il
piede tanto t lungo quanto dal mento al cocuzolo del capo.
Cosi adunque preso uno membro s' accommodi ogni altro
membro in modo che niuno di loro sia non conveniente a Ii
altri in lunghezza et in larghezza.
Pot si provegga che ciascuno membro segua ad quello
che ivi si fa al suo officio. Sta bene a chi corre non meno
gittare le mani che i piedi; ma voglio un filosofo mentre che
favella dimostri molto piu modestia che arte di schermire.
Lodasi una storia^) in Roma nella quäle Meleagro morto por-
tato adgrava quelli che portano il peso et in se pare in-) ogni
suo membro ben morto; ogni cosa pende, mani, dito e capo;
ogni cosa cade languido, cio che ve si dä ad exprimere uno
corpo morto, qual cosa <erto e difficilissima; pero che in uno
corpo chi sapra hngere ciascuno membro otioso sara optimo
artefice. Cosi adunque in ogni pictura si observi, che ciascuno
membro cosi faccia il suo officio che niuno per minimo arti-
cholo che sia resti otioso. Et steno le membra de* morti sino
al unghie morto; de' vivi sia ogni minima parte viva, Dicesi
vivere 'il corpo quando a sua posta abbia certo movimento;
dicesi morte, dove i membri non piu possono portare Ii offici
della vita, cioö movimento et sentimento. Adunque il pictore
«) Bei B.: „statua**,
2) in tchlt bei B.
Quellenschrtttcii t. Kuastgeäcli. XI. ®
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1 14 LEONE BATTISTA ALBERTI*S DREI BÜCHER ÜBER DIE MALEREI.
und Anmutb bewahren. Am anmuthigsten und lebendigsten
sind jene Bewegungen, welche nach aufwärts gerichtet sind.
Ich sagte dann weiter in Bezug auf die Composition der
Glieder, dass der Charakter (des bestimmten Darstellungs-Ob-
jectes) festgehalten werden mOsse. Es wfire Ificberlichy wenn
man die Hände der Helena oder Iphygenia vertrocknet und
rauh bildete, oder man dem Ganymed eine runzlige Stirne und
die Schenkel eines Lastträgers gäbe, oder wenn Milo, kräftiger
denn alle Sterblichen, magere und schmale HQften zeigte. Und
nicht minder abgeschmackt wäre es, wenn man bei einer Figur
einem Gesichte, frisch wie Milch und Blut, Arme und Hände
hinzufügte, die vor Magerkeit wie ausgetrocknet erscheinen.
Ingleichen würde Der, welcher den Acamenides, wie er auf der
Insel von Aeneas gefunden wird, malte, nur das Gesicht der
Schilderung Virgil's anpasste, nicht aber auch die Glieder von
gleicher Ahgezehrtheit bildete, ein ganz lächerlicher Kauz sein.
So ist es also erforderlich, dass alle Theile dem Charakter (des
Dargestellren) entsprechen. Noch wünsche ich dann, dass die
einzelnen Körpcrtheilc auch in Bezug auf Farbe zusammen-
stimmen. Denn wahrlich , wenig passte es zu einem liebreizen>
den rosigen, weissen Gesichte, wenn die Brust und die anderen
Glieder abstossend und schmutzfärbig wären. So hat man also
bei Composition der Glieder das einzuhalten, was ich in Be-
zug auf Grösse, Bestimmung, Charakter und Farbe sagte. Da-
bei entspreche dann auch alles Andere dem Wesen des Dar-
gestellten. Es wäre unzukömmlich, Venus oder Minerva mit
einer Kutte zu bekleiden; ähnlich wäre es, Mars oder Jupiter
in ein Frauengewand zu stecken. Wenn die alten Maler Castor
und PoUux darstellten, sorgten sie zwar dafür, dass sie sich
wie BrGder ähnelten, doch aber in dem Einen mehr eine kampf-
gestählte, in dem Anderen mehr geschmeidige Natur zum
Ausdrucke kam. Und ebenso sahen sie darauf, dass bei Vulkan,
trotz der Gewandung, dessen Fussgebrechen sich andeute: so
gross war ihr Eifer, Bestimmung, Charakter und Wesen jeder
Sache, die sie malten, zum Ausdruck zu bringen. (47).
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DELLA mrURA DI LEON BATTISTA ALBERTI LIBRl TRE.
volendo exprimere nelle cose vita, fara ogni sua parte in moto.
Ma in ciascuno moto terrä venusta et gratia. Sono gratissimi
i movimenti et ben vivaci quelli e quali si muovano in alto
verso r atire.
Dicemmo ancora alla compositione de' membri doversi
certa spetie; et sarebbe cosa assurda, se le mani di Helena
o di Efigenia fiissero vecchizze et gotiche; o se') in Nestor
fusse il petto tenero et il collo dilicato; o se a Ganimede
fussc la fronte crespa o le coscie d' un fachino ; o se a Milone,
fralli altri gbalUardissimo, fussero i fianchi magrolini et sottiluzzi
et ancora in quella figura in quäle fusse il viso fresco et lattoso
sarebbe sozzo s'obgiugniervi le braccia et le mani seche per
magrczza. Gosi chi dipigniessc Acama^nide, trovato da Hcnca
in SU queir isoia, con quella taccia quäle Virgilio il descrive/
non seguendo Ii altri membri a tanta tisichezza sarebbe pictore
da farsene beffe. Pertanto cosi conyiene tutte le membra con-
dicano ad una spctic. Et ancora voglio le membra corrispon-
dano ad uao colore, pero che a chi avessc il viso rosato can-
dido et venusto, ad costui poco, s* affarebbe il petto et V altre
membra brutte et sucide. Adunque nella compositione de
membri dobiamo seguire quanto dissi della grandezza, officio,
spetie et colori. Poi appresso ogni cosa seguiti ad una dignita;
sarebbe cosa non conveniente, vestire Vcncre o Minerva con
uno capperone da sacomanno; simile sarebbe vestire Marte o
Giove con una vesta di femina. Curavano Ii antiqui dipintori
dipignicndo Castor et Poluce fare che paressero fratelli, ma
neir uno apparissce natura pugniace nell' altro agilitä. Facevano
ancora che a Vulcano sotto la vesta parea il suo vizio di
zopicare: tanto era in loro studio exprimere officio, spetie et
dignita ad qualunque cosa dipigniessero.
») Bei B.: „che".
8»
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1 1 6 LEONE BATTISTA ALBERn*S DREI BÜCHER ÜBER DIE MALEREI.
^Position de™ '^^ ^^^^^ Composition der KÖrpcr zu handeln,
Körper, j^, j-j^-j^ Talent des Malers offenbart, woher ihm aber
auch aller Ruhm fliesst; manches gehört hieher, was schon bei
Gelegenheit der Composition der Glieder gesagt wurde. Hier
stellt sich die Forderung, dass die Figuren eines Geschichts-
bildes sowohl an Grösse als auch in Bezug auf gegenseitiges
Thun einander entsprechen. Wenn Jemand Centauren malte, wie
sie nach der Mahlzeit in Streit gerathen, der würde sich lappisch
zeigen, wenn ein Centaure, vom Weine trunken, bei solchem
Tumult schlafend verbliebe. Ebenso wäre es ein Fehler, wenn
bei gleicher Entfernung die eine Figur grösser als die andere
gebildet wäre, oder die Hunde von gleicher Grösse mit den
Plcrdcii oder — was ich oft sehe — Menschen in einem
Gebäude wie in einem Käfig zusammengepfercht, dass kaum
Raum da ist, dass Jemand sich niederzusetzen vermöchte. So
möt;cn denn alle Figuren, sowohl was Grösse als was Function
betrifft, in innigem Bezug zu dem stehen, was auf dem Ge-
schichtsbilde sich begibt. Jenes Geschichtsbild wirst du loben
und bewundern können, welches derart mit gewissen, ihm
eigenthümiichen Reizen ausgestattet ist, dass jeder Beschauer
desselben, ob gelehrt oder ungelehrt, dadurch erfreut und be<
wegt wird.
Das was an dem Geschichtsbilde zuerst Vergnügen her-
ti"kut dcs'^Ge* vorruft, ist der Reichthum und die Mannigfaltigkeit der Ge-
schichtsbiides. gjj^jjgj,^ -^j^ j^^j Speisen und in der Musik Neuheit und
Abwechslung umsomehr gefällt, als sie vom Alten und Ge*
wohnten abweichen, so erfreut sich der Geist Überhaupt an
jeder Fülle und jedem Wechsel, und desshalb gefällt auch in
der Malerei Reichhaltigkeit und Mannigfaltigkeit. Jenem Bilde
werde ich Fülle und Mannigfaltigkeit zusprechen, wo man in
richtiger Postirung alte und junge Manner, Knaben, Frauen,
Mädchen, Kinder, Hühner, Hundchen, Vu^cl, l^icrdc, Rinder,
Gebäude, Ortschaften u. dgl. Dinge vermischt 5>ichr. Und jede
[Reichhaltigkeit werde ich loben, wenn sie nur zum Cicgenstand
der Darstelluni; in Bezug steht, und sicherlich wirtl die Reich-
haltigkeit des Malers sich viele Anerkennung erwerben, wenn
der Beschauer im aufmerksamen Betrachten all der vorgeführten
Dinge lange Zeit verweilt. Doch möchte ich, dass diese Reich-
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DELLA PITTURA Dl I.EON BATTISTA ALBERTI LIBRI TRE. 1 17
Seguita la compositione de* corpi nella quäle ogni ]ode
et ingegnio del pictore consiste, alla quäle compositione certc
cose dette nella compositione de' membri qui s' appartengono.
Conviensi che i corpi insieme si contacciano in istoria con
grandezza et con adoperarsi. Chi dipigniesse Centauri far briga
appresso la cena, sarebbe cosa innetta in tanto tumulto che
aicuno carico di vino Stesse adormentato Et sarebbe vitio se
in pari distantia !' uno fusse piu che 1' altro maggiorc , osse
ivi fussero e cani equaii ai cavalli , overo se quelio che spesse
volte veggo ivi fusse huomo aicuno nello hedificio quasi come
in uno scrignio inchiuso^ dove apena sedendo vi si assetti.
Adunque tutti i corpi per grandezza et suo officio s* acon-
faranno a quello che ivi nella storia si tacci. Sara la storia
qual tu possa lodare et maravigliare taie, che con sue piace-
volezze si porgiera si omata et grata, che ella terrä con diletto
et movimento d' animo qualunque dotto o indotto la miri.
Quello che prima da volupta nella istoria , viene dalla
copia et varietä delle cose; come ne' cibi et nella musica semprc
la novitä et abondantia tanto piace quanto sia differente dalle
cose antique et consuete, cosi V animo si diletta d' ogni copia
et varietä; per questo in pictura la copia et varietä piace.
Diro io quelia ') istoria essere copiosissima, in quäle a suo
luoghi sieno permisti vecchi, giovani, fandulli, donne, Fan-
ciuUe, fanciullini, poUi, catellini, ucellini, cavalli, pechore,
hedifici, province et tutte simili cose. Et lodero io qualunque
copia quäle s' apartenga a quella istoria; et interviene, dove chi
guarda sopra stä rimirando tutte le cose ivi la copia del pic-
tore aquisti molta gratia. Ma vorrei io questa copia essere ornata
V Bei B.: ,U**.
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1 l8 LKDSt. ÜAl TISTA ALULRTl'S ÜRLl liüCHbR UbER DIE MALEREI.
Iialtii^keit sich durch Mannigfaltigkeit auszeichne, dann auch
massvüll sei und der würdevollci! Haltung und Siltsair.kcit nicht
enlraihc. Jene Maler tadle ich, die, um des Scheines der Reich-
haltigkeit willen, kein Fleckchen des Bildes leer lassen: wodurch
statt der „Composition" zügellose Verwirrung hervorgebracht
wird und der Schein entsteht, dass es sich auf dem Bilde nicht
um einen Hergang, sondern einen Tumult handle. Und viel-
leicht wird dem, welcher auf würdevolle Haltung ganz beson-
ders bedacht ist, in seinem Bilde eine sehr beschränkte Anzahl
von l' iguren zusagen. Wie es Gewohnheit der Herrscher, durch
Wortkürze ihren Befehlen Ehrwürdigkeit zu geben, so verleiht
eine i;c\visse beschränkte Kigurcnanzahl einem Bilde in nicht
gcrinucni Grade würdevolle Haltung. Figurenmangel misstallt
mir auch in einem Geschichtsbilde, doch ebensowenig lobe ich
eine lleiciiiialtigkeit (4''l, n\ eiche würdevoller Haltung cntl>ehrt.
In jedem Bilde aber erlrcut die Mannigtaltigkeit und ganz be-
sonders setzte sich stets jenes Bild in Gunst, welches in den
Stellungen der Figuren grosse Verschiedenheit zeigt: dcsshalb
mögen also einige aufrecht stehen und das volle Gesicht zeigen,
mit emporgehobenen Händen und lebhaftem Fingerspiele, ge-
stützt auf einen Fuss. Andere mögen dastehen mit abgewandtem
Gesicht, herabhängenden Armen und geschlossenen Füssen. Und
so möge Jeder seine besondere Haltung und Giiederwendung
zeigen: Einige mögen sitzen, Andere sich auf das Knie nieder-
gelassen haben, wieder andere liegen. Ingleichen, wenn es so
der Gegenstand erlaubt, zeigen sich die Einen nackt, Andere
zum Theile nackt, zum Thcile bekleidet, doch nie lasse man
dabei Sillsamkeit und Schamhaltigkeit aus dem Auge, ünan-
Die Wahrung ständige Theile des K(')rpers und jene, welche von gerinuer
desAnstindes. ^ . ' ' ' " , .
Wühlgetälligkeit , bedecke man mit der Gewandung oder mit
Laubwerk, oder mit der Hand. Die Alten malten das Gesicht
des Antigonos blos im Profil, und zwar von jener Seite, wo
das Auge nicht fehlte. Ebenso erzählt man, dass Perikks,
dessen Kopf lang und missgestaltet war^ aus diesem Grunde
von den Malern und Bildhauern — ungleich den Anderen — stets
mit behelmtem Haupte abgebildet wurde (49). Und Plutarch
meldet, dass die alten Maler, wenn sie Könige porträtirten,
welche ein körperliches Gebrechen besassen, dieses zwar nicht
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DELLA PITTURA DI LEON BATTISTA AlilERTI LIBRI TRE. I ^9
di certa varieta, ancora moderata et grave di dignitä et*vere-
cundia. Biasimo io quclli pictori quali, dove voglioiio parere
copiosi, nuUa lassando vacuo, ivi non compositione ma dis-
soluta confusione disseminano; pertanto non pare la storia facci
qualche cosa degnia, ma sia in tumulto aviluppata. Et forse,
chi molto cerchera dignita in sua storia, ad costui piacera la
solitudinc. Suole ad i principi la carestia delle parole tenerc .
maest^ dove fanno intendere suoi precepti, cosi in istoria uno
certo competente numero di corpi rende non poca dignitä.
Dispiacemi la solitudine in istoria pure, nt pero laudo copia
alcuna qualc sia sanza dignitä. Ma in ogni storia la varielä ')
sempre iu joconda et inprima sempre fu grata quella pictura
in quäle sieno i corpi con suoi posari mOlto dissimili. Ivi ad-
unque stieno alcuni ritti et mostrino tutta la faccia, con le
mani in alto et con le dita liete-), Icrmi in su un pic. A Ii
altri sia il viso contrario, et le braccia remissc, coi piedi agiunti:
EÜ cosi ad ciascuno sia suo atto et flessione di membra:
altri segga, altri "si posi su un ginocchio; altri giaceano. Et se
cosi ivi sia licito, sievi alcuno ignudo et alcuni parte nudi et
parte vestiti , ma sempre si serva- alla vergognia et alla pudi-
citia. Le parti brutte a vedere del corpo et 1' altre simili quali
porgono poca gratia, si cuoprano col panno, con qualche fronde
et con la mano. Dipignievano Ii antiqui V immagine d* Anti-
gono solo da quella parte del viso, ovc non cra manchamento
deir occhio; et dicono che a Pericle era suo capo lungho et
brutto et per questo dai pictori et dalli sculptori non come Ii
altri era col capo armato ritratto. Et dice Plutarco, Ii antiqui
pictori dipignicndo i Re, se in loro era qualche vitio, non volerlo
1) Bei B.: „verita".
2) Bei B.: «lieta" und durch loterpunction von dita getrennt, wohin
es iedenftlls gehört.
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1 20 LEONE BATTJSTA ALBERTTS DREI BÜCHER ÜBER DIE MALEREI.
unangedeutct Uessen, jedoch dasselbe, soweit es sich mit der
Aehnlichkeit vertrug, verbesserten.
So wünsche ich denn also, dass man in jedem Geschichts-
bilde den Anstand und die Sittsamkeit wahre und dass man
sich bemühe, dass jede Figur ihre besondere Haltung oder
\ on Jen Bc Stellung zeige. Ein Geschichtsbild wird dann das Gemüth be-
wegiin(;cn über- ^ "
I Von "Jen Ge-^^^^"' Wenn die in demselben vorgeführten Menschen selbst
müths starke Gemüthsbewegung zeigen werden. Denn in der Natur
bewegangen. ^ o o o
— in welcher nichts mehr als das Aehnliche sich anzieht —
liegt es begründet, dass wir weinen mit dem Weinenden, lachen
mit dem Lachenden und trauern mit dem Traurigen. Diese
Gemüthsbewcgungen aber erkennt man aus den Korper-
bewegungen. Wir sehen es, wie der Betrübte, da die Sorge
ihn beklemmt , und (jedanken schwer auf ihm lasten , dasteht,
gleichsam beraubt aller Kraft und Emphndung, bleich, in allen
Gliedern , die jede Spannkraft verloren , von schlatler, träger
Haltung. Du wirst sehen, wie bei dem Melancholiker die
Stirne gefurcht , der Nacken schlaff ist , kurz , jedes Glied
gleichsam müde und nachlässig herabfällt. Dem P>zürnten hin-
gegen — weil der Zorn das Gemüth in heftige Bewegung
setzt — schwellen vor Grimm Gesicht und Augen an, er wird
glühend roth und jedes seiner Glieder ist in um so wilderer
Bewegung, als die Wuth ^össer ist. Heitere und fröhliche
Menschen zeigen Freiheit in ihren Bewegungen, verbunden mit
einer gewissen Anmuth in jeder Wendung. Man erzählt, dass
der Thebaner Aristides, sowie Apelles sich besonders auf diese
Bewegungen verstanden, was sicher auch uns gelingen wird, wenn
wir hierauf Studium und Sorgfalt verwenden werden (5o).
So wird es für den Maler also nothwendig, alle Körper-
bewegungen genau zu kennen, worin uns die Natur eine gute
Lehrerin sein wird — wenngleich es immer eine schwierige
Sache bleibt , die vielen Gemüthsbewcgungen durch entspre-
chende Körperbewegungen auszudrücken. Wer ghiubte wohl,
wenn er es nicht selbst erfahren, dass es für den, welcher ein
lachendes Gesicht malen will, so schwierig sei zu vermeiden,
dass er dies nicht viel eher weinend als fröhlich mache? Und
wer könnte auch je ohne sorgfältigstes Studium ein Gesicht
darstellen, an welchem Lippen, Kinn, Augen, Wangen, Stirne,
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DELLA PITTURA bl LEON BATTISTA ALBERll LlBRl TRE. I2i
perö essere noii notato, ma quanto potevano, servando la simi-
litudine, T emendavano.
Cosi adunque desidero in ogni storia servarsi, quanto dissi,
modestia et vereciinvii;i , et cosi slorzarsi che in niuno sia un
mcdesiino gesto o posamcnto che nel' ultro. Poi movera T istoha
i' antmo quando Ii buomini ivi dipinti molto porgeranno suo
proprio movimento d* animo. Interviene da natura, quäle nulla
piu che lei si truova capace di cose ad se similc, che pianL;ni-
amo con chi piangc et ridiamo chon chi ride et dolianci con
Chi si duole. Ma questi movimenti d' animo si conoscono dai
movimenti del corpo. Et veggiamo quanto uno atristito, perche
la cura estrignie et il pensiero V assedia, staiino con sue lorzc
et scntimenti quasi balordi, teaendo se stessi lenti et pigri in
sue membra palide et malsostenute. Vedrai a chi sia malin-
conicbo il fronte premuto, la cervice * languida , al tutto ogni
suo memhro quasi stracco et negletto cade; vero a chi sia
irato , perche 1' ira incila ') T animo, perö ^) goiifia. di stizza
negU occhi et nel viso et incendesi di colore et ogni suo membro
quanto il furore, tanto ardito si getta. A Ii buomini lieti et
giocosi sono i movimenti hbcri et con certe inflessioni grati.
Dicono che Aristide Thebano equale ad Appelle molto conosceva
questi movimenti quali certo et noi conosceremo quando a
conoscerli porremo studio et diligentia.
Cosi adunque conviene , sien o ai pictori notissimi tutti i
movimenti del corpo quali bene impareranno daila natura, bene
che sia cosa difiicile imitare i molti movimenti dello animo. Et
chi mai credesse, se non provando, tanto essere difficile volendo
dipigniere uno viso che rida, schifare di non lo fare piu tosto
piangioso che lieto? et ancora chi mai potesse scnza grandis-
simo studio exprimere visi nel quäle la bocca, il mento, Ii occhi,
») Bei B.: „muta**.
Bei B.: ^po' •
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1 32 LEONE BATnSTA ALBERTPS DREI BÜCHER OBER DIE MALEREI.
Augenbrauen, kurz Alles zu dem Ausdruck des Lachens oder
Weinens zusammenstimmt? Dcsshalb ist es sehr nöthi^% zur
Natur in die Schule zu gehen und sich stets in der Nachbil-
dung vollkommener Dintje und ganz besonders jener zu üben,
welche den Geist des Beschauers weit hinausführen über das,
was er blos mit den Augen sieht (5i).
pcriicliui "ife- '^^^^ einiges auf diese Bewegungen Bezügliche zu cr-
wcgunfittii. vvahnen - das ich zum Theile durch eigenes Nachdenken fand,
zum Theile der Natur ablauschte so erscheint es mir als erste
Forderung, dass die Bewegun^^ alier Figuren durch das be-
stimmt werde, worum es sich auf dem Bilde handelt. Es ge-
fiele mir dann, dass Jemand auf dem Bilde uns zur Antheil-
nähme an dem weckt, was man dort thut, sei es, dass er mit
der Hand uns zum Sehen einlade, oder mit zornigem Gesichte
und rollenden Augen uns abwehre heranzutreten , oder dass er
auf eine Gefahr oder eine wunderbare Begebenheit hinweise,
oder dass er dich einlade, mit ihm zugleich zu weinen oder
zu lachen: so sei Alles, was immer die Figuren des Bildes
cicr"c^imnhs^'* ^^'^^^ ^'^^^^ Bczug auf dich (den Beschauer) thun, dar-
bewqjungcn ^^^^^ angethan, die dargestellte Begebenheit hervorzuheben oder
dich über den Inhalt derselben zu belehren. Man rühmt den
Timanthes von Kypros wegen jener Tafel, mit welcher er den
Sieg über Kolotes davontrug; auf derselben war die Opferung
der Iphigeneia dargestellt, und nachdem der Künstler die Be-
trübniss des Kalchas, dann die noch grössere des Ulysses zum
Ausdrucke gebracht, dann in Menelaos alle seine Kunst er-
schöpft hatte, um dessen Schmerz darzustellen, und er nun
kein Mittel mehr besass, die Trauer des Vaters auszudrücken,
so verhüllte er dessen Haupt und liess es so frei, dessen Schmerz,
der in seiner Grösse nicht auszusprechen war, zu ahnen (52), In-
gleichen lobt man ein Bild unseres toscanischen Malers Giotto in
Rom, welches ein Schiff darstellt, in welchem sich die elf Jünger
betinden; siimmtliche sind von Furcht bewegt, da sie einen ihrer
Genossen über das Wasser schreiten sehen ; bei Jedem aber ist in
Miene und Geberde die Gemüthserregung in besonderer Weise
ausgedrückt, so dass bei Jedem die Haltung und die Bewegungen
verschieden sind (53). Doch es sagt mir zu , dies ganze Capitel
von den Bewegungen hier in grösster Kürze vorzuführen.
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DELLA PlTTüRA IJI LEON BATTISTA. AUBERTi LIBRI TRE. 123
le guance, il troate i cigLi tutti ad uno ridere o piangere con-
vengono. Per questo molto conviensi impararli dalla natura et
sempre seguire.cose molto prompte et quali lassino da pensare
a chi Ic puarda molto piu che elli non vede '). Ma che noi
racontiamo alcune cose di questi movimenci, quali parte fabri-
cammo con nostro ingegnio parte inparammo dalla natura,
parmi imprima tutti e corpi ad quello si debbano muovere,
ad che sia ordinata la storia. Et piaccmi sia nella storia chi
adnionisca et insegni ad noi quelio che ivi si facci; o chiami
con la mano a vedere o con viso cruccioso et chon Ii occhi
turbati minacci, che niuno verso loro vada; o dimostri qualche
pericolo o cosa ivi maravii^hosa ; o tc inviti ad piagnierc con
loro insieme o a ridere: et cosi qualunque cosa tra loro o teco
facciano i dipinti, tutto apartenga a hornare o a insegniarti la
storia. Lodasi Timantes di Cipri in quella tavola, in quäle elli
vinse Colocentrio che ncUa imolatione di Erigenia avciido
iiato Calcante mesto, Ulisse piu mesto« et in Mcnelao poi
avesse consunto ogni suo arte ad molto mostrarlo adolorato,
non avendo in che modo mostrare la tristezza del padre, allui
avolse uno panno al capo et cosi lassö si pcnsasse , qual non
si vedca suo acerbissimo mcrore. Lodasi la nave dipinta ad
Roma in quäle el nostro toscano dipintore Giotto pose undici
discepoli, tutti commossi da paura, vedendo uno de' suoi com«
pagni passcggiare sopra V acqua, che ivi cxpresse ciascuno con
suo viso et gesto porgere suo certo iaditio d* animo turbato,
tale che in ciascuno erano suoi diversi movimenti et stati.
Ma piace mi brevissimo passare tutto questo luogo de* movimenti.
>; Bei B.: „crede".
2) „a vedere" fehlt bei B.
>) sc: Kolotes.
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124 BATTISI A ALUtRTI'S DREI BÜCHER UBER DIE MALEREI.
Die Bewet^iingcn sind cinesthcils Gcmüthshewcgungcn,
„Artcctioncn" genannt, wie Schmerz, Furcht, Freude, Sehn-
sucht und ähnliche; andcrentheils sind es Körperbewegungen.
Die Körper bewegen sich in verschiedener Weise, insofern sie
wachsen oder abnehmen, krank werden oder der Genesung zu-
schreiten, oder von einem Orte zu einem anderen sich begeben.
Da wir Maier aber mittelst der Körperbewegungen nur Gemüths-
bewegung ausdrücken wollen, so werde ich nur Über jene
Bewegung handeln, die aus der Ortsveränderung hervor*
geht (54). Jedes Ding, welches sich von seiner Stelle bewegt,
kann sieben Wege machen: i. nach aufwärts, 2. nach abwärts,
3. nach rechts hin, 4. nach links, 5. von uns sich entfernend,
6. uns sich nShernd, 7. sich im Kreise drehend. All diese
Arten von Bewegungen mögen also auf einem. Bilde vorkommen.
Es seien da einige Figuren, die sich gegen uns hin bewegen,
andere, die sich von uns entfernen nach hierhin und dorthin ;
einige mögen sich dem Beschauer zuwenden andere sich von
ihm abkehren; einige mögen erhöht stehen, andere in der Tiefe.
Da man aber nicht selten bei diesen Bewegungen jede Rich-
tigkeit vernachlässigt findet, so will ich über dieselben Einiges
mittheilen , das ich durch Naturbeobachtung gewann , woher
es dann klar werden wird , welches Mas.shaltens wir uns in
diesem Punkte betieissen müssen. Ich nahm wahr, wie der
Mensch in jeder Stellung den ganzen Körper dazu verwendet,
den Kopf als das schwerste Glied zu unterstützen, und wenn
Jemand sich auf einen Fuss stützt, so steht dieser immer senk-
recht unter dem Haupte, wie die Basis einer Säule; ebenso ist
das Gesiebt eines Aufrecbtstehenden fast immer dahin gewendet,
wohin er den Fuss richtet. So sehe ich denn fast bei allen Be>
wegungen des Kopfes, dass dieser irgend einen Theil des Kör-
pers zu seiner Stütze hat: so gross ist das Gewicht des Kopfes;
oder aber es wird sicherlich ein KÖrperglied nach der ent-
gegengesetzten Seite ausgestreckt, um wie bei einer Waage das
Gegengewicht gegen den Kopf herzusteUen. Ingleichen sehen
wir, dass Derjenige, welcher auf ausgestrecktem Arme ein Ge-
wicht hält, den ganzen übrigen Theil des Körpers dem ent-
gegenstemmt, um das Gegengewicht zu leisten , indem er hie-
bei den Fuss autstelit, ähnlich dem Griticl einer Waage. Ferner-
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DELLA PrmntA DI LEON BATTISTA ALBERTI LIßRI TRE. 125
Sono alcuni movimenti d' animo detti affezione, come
era dolore, gaudto et timore, desiderio er simili altri; sono
movimenti de' corpi. Muovonsi i corpi in piu modi crescendo,
discrescendo, infermandosi, guarendo et mutandosi da luogo a
luogo. Ma noi dipintori i quali volHamo coi movimenti delle
membra mostrare i movimenti dell* animo, solo riferiamo di
quel movimento si fa mutando el luogo. Qualunque cosa si
muove da luogo puo fare sette vie: in su, uno; in giu, V altro;
in destra il terzo; in sinistra, il quarto; colä lunge movendosi
di qui o di lä movendo in quä; et il settimo andando atorno.
Questi adunque tutti i movimenti de:>idero io essere in pictura;
sianvi corpi alcuni quali si porgano verso di noi, alchuni si
porgano in quä verso et in lä, et d' uno medesimo alcune parti
si dimostrino ad chi guarda , alcune si retriano , alcune stieno
alte et alcune basse. Ma pcrche talora in qucsti movimenti si
truova, chi passa ogni ragione, mi piace qui de' posari et de'
movimenti raccontare alcune cose, quali ö raccolte dalla natura ;
onde bene intenderemo con che moderatione si debbano usare.
Posi menre come 1' huomo in ogni suo posare sotto statuisca
(utto il corpo a sostenere il capo, membro fra Ii altri gravis-
simo; et posandost in uno pid, sempre ferma perpendiculare
sotto il capo, quasi come base d* una colonna; et quasi sempre
di chi siia diriuo il viso si porge dove si dirizzi il pic. I mo-
vimenti del capo veggo quasi sempre essere tale, che sotto asse
anno qualche parte del corpo a sostenerlo; tanto et si grande
peso quello del capo; overo certo in contraria parte quasi come
Stile d' una biiancia distendc uno membro, quäle corrisponda
al peso del capo. Et vegiamo, che chi sul braccio disteso sostiene
uno peso, fermando ii piö quasi come ago di biiancia, tutta
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1 26 LEONE BATTISTA ALBERTFS DREI BÜCHER OBER DIE MALEREI.
hin erscheint es mir, dass man bei einer Erhebung des Hauptes
das Gesicht nie mehr nach der Höhe wende, als wenn man
gegen die Mitte des Himmelsgewölbes hinschaut; dass man das
Gesicht nie mehr nach irgend einer Seite kehrt, als wenn das
Kinn die Schulter berfihrt. Niemals fast drehst du dich in den
Hüften so sehr, dass das Ende der Schulter senkrecht über
dem Nabel steht. Die Bewegungen der Beine und Arme sind
sehr frei; doch möchte ich nicht, dass dadurch irgend ein edler
und anständiger Körpertheil verdeckt würde. Ebenso habe ich,
die Natur beobachtend, es fast nie gesehen, dass man die Hände
über das Haupt oder die Ellenbogen über die Schultern, oder
den Fuss über das Knie erhebe, oder dass zwischen den beiden
Füssen ein grösserer Zwischenraum sich finde, als die Länge
eines P'usses betragt. Ich habe endlich wahrgenommen, dass,
wenn man eine Hand in die Höhe streckt, die entsprechende
Körperseite bis zum Fusse herab dieser Bewegung lolgt, ja dass
selbst die Ferse des Fasses sich vom Boden erhebt.
Viele ähnliche Dinge wird ein tieissiger Künstler von selbst
wahrnehmen ; und vielleicht hat er das, was ich sagte, so sehr
vor Augen, dass dessen Erwähnung Überflüssig erscheint. Da
ich aber nicht Wenige gerade darin irren sah, so schien es mir
nicht am Platze, hierüber zu schweigen. Es kommt vor, dass
ugkcMtTm' Ai»-^^^'§® heftige Bewegungen darstellen, dass man an ein und
tcliiiui haue<J«raclb«n Pig"»* un^er Einem Anblick Brust und Rücken sieht;
man ferne, ^jj,^ ebenso unmögliche wie unschicksame Sache; sie halten
dies aber für löblich, weil sie hören , jene Bilder erscheinen
sehr lebendig, wo die einzelnen Figuren jedes Glied wild um-
herwerten: so machen sie aus denselben Fechtmeister und
Gaukler ohne jcJe künstlerische Würde. Aber nicht blos, dass
dadurch die Maierei jeder Anmulh und Lieblichkeit beraubt wird,
solches Thun lässt auch den Geist des Künstlers allzu aut-
brausend und wild erscheinen.
In der Malerei sollen also die Bewegungen anmuthig und
lieblich sein und angemessen dem Gegenstand , von dem sie
ausgehen. Die Bewegungen und Stellungen der Jungfrauen
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DELLA PITTÜRA DI LEON BATTISTA ALBERTI LIBRl TRE. 1 27
l'altra parte del corpo si contraponga a contrapesare il peso.
Parmi anchora, che alzando il capo, niuno piu porga la faccia
in alto, se non quando ') vcgga in mezzo il cielo , ne in lato
alcuno piu si volge il viso, se non quanto'^) il mento tochi ia
spalla; in quella parte del corpo ove tt cigni quasi mai tanto
ti torci, che la punta della spalla sia perpendiculare sopra il
bellico. I movimenti delle gambe et delle braccia sono molto
liberi ma non vorrei io, coprissero alcuna dcgnia et honesta M
parte del corpo et veggo ; dalla natura quasi mai le mani levarsi
sopra i! capo, nö le gomita sopra la spalla, sopra il ginocchio
il piede nh fra uno piö ad un altro essere piu spatio che d' uno
solo piede; et posi mente distendcndo in alto una mano che
persino al picde tutta quella parte del corpo la subsegua tale
che il caicagnio medesimo del piö si leva dal pavimento.
Simile molte cose uno diligente artefice da se a se notera
et forse quali dissi cose tanto sono inpronto, che pajono super-
tiue recitare. Ma perchc veggio non pocchi in quelle crrarc,
parsemi da non tacerle. Truovasi, chi exprimendo movimenti
troppo arditi, et in una medesima figura facendo che ad uno
tratto si vcdc il pclto et Ic rcni, Cosa impossibile et non con-
dicente, credono essere lodati, perche odono quelle immagini
molto parer vive, quali molto gettino ogni suo membro et per
questo in loro figure fanno parerle schermidori et istrioni senza
alcuna degnitä di pictura. Ondc non solo sono senza gratia et
dolcezza , ma piu ancora mostrano V ingegnio dell' artefice
troppo fervente et furioso.
Et conviensi alla pictura avere movimenti soavi et grati»
convenienti ad quello ivi si facci. Siano alla vergini movimenti et
posari ariosi, pieni di semplicitä, in quali piu tosto sia dolcezza
1) Bei B.; „quanto".
2) SC. quando.
3) Bei B.: „onorata".
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1 28 LEONE BATTISTA ALBERTI'S DREI BÜCHER ÜBER DIE MALEREI,
seien edel, voll von Einfachheit und es zeige sich darin viel-
mehr ruhige Anmulh als Lebi)aftigkeir, wenngleich Homer --
dem Zeuxis folgte auch an den P>auen das Kräftige liebte (55).
hd?'^d?r"B?"^- Bewegungen der Jünglinge seien leicht, gefällig, mit einer
guiigcu. gewissen Schaustellung hohen Muthes und tüchtiger Kraft. Bei
dem Manne seien die Bewegungen durch grössere Festigkeit
ausgezeichnet y verbunden zugleich mit Stellungen, die eine
durch Leibesübungen erworbene Anmuth auszeichnet. Die Greise
mögen in allen ihren Bewegungen und Stellungen Müdigkeit
zeigen; sie mögen sich nicht blos auf beide Füsse, sondern
auch auf die Hände stützen. Dann mögen auch die Körper-
bewegungen, welche Gemüthsbewegung immer sie ausdrücken,
entsprechen der äusseren Würde eines Jeden; endlich seien bei
mächtiger GemÜthsstÖrung auch die Körperbewegungen von
entsprechender Mächtigkeit. Und dies Verfahren in der Dar-
stellung der Bewegungen beobachte man bei allen Lebewesen.
Es wäre z, B. unpassend , einem PHugstier jene Bewegungen
zu geben, die du dem Bucephalus, dem feurigen Pferde Ale-
xanders geben würdest. Eine Jo malend, die in eine Kuh ver-
wandelt wurde, würde es eine ungemessene Darstellung sein,
diese zu bilden im Laufe mit aufgehobenen Füssen, hoch auf-
gerichtetem Nacken und mit nach aufwärts gedrehtem Schweif.
Dies Gesagte genüge in Bezug auf die I'^ewegungen bei den
Von jem Aus- J 5*^^ ^^^^ ^^^^^ Unbelebten Dinge in
weßung*^an 'feb- angegebenen Weisen bewegen, so ist nun auch
losen Dingen, hierüber zu sprechen. Es gefällt, im Haare der Menschen und
der Thiere, in den Zweigen, im Laub, in der Gewandung eine
gewisse Bewegung zu sehen. Ich sicherlich wünsche in den
Haaren jene von mir genannten sieben Arten von Bewegungen
wahrzunehmen. Sie mögen sich im Kreise drehen, als wollten
sie sich verknüpfen; oder in die Luft wallen, ähnlich den
Flammen, oder sich untereinander verschlingen gleich den
Schlangen, oder sich emporsträuben nach dieser oder jener
Richtung. Ingleichcn mögen die Zweige bald bogenförmig nach
der Höhe sich wölben, bald sich herabbeugen, bald nach innen,
bald nach auswärts sich kehren, bald wie Seile sich mit ein-
ander verflechten. Auf dieselbe Weise verfahre man bei der
Drapirung; wie vom Baumstämme aus die Aeste, so mögen die
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HELLA PITTURA DI LEON RATTISTA ALBERTI LlBRl TRE.
129
di quiete che galliardia; bene che ad Homero, quäle seguitö
^euxis, piacque la forma fatticcia persino in le femine. Siano*)
i movimenti ai garzonetti leggieri, jocondi, con una certa de-
mostratiüiie di graiidc animo et buonc forze. Sia nell liuomo
movimenti con piu fermezza ornati, con belli posari et arti-
iiciosi. Sia ad i vecchi loro movimenti et posari^ stracchi, non
solo in SU due pi^, ma ancora si sostenghino su le mani. Et
cos'i a ciascuno cun Jigiiita siano i suoi movimenti dcl corpo
ad exprimcre qual vuoi movimento d'animo; et delle grandis-
sime perturbatione dell' animo, simile sieno grandissimi movi-
menti delle membra. Et questa ragione dei movimenti com-
muni si observi in tutti Ii animanti. Giä non si aconfä ad uno
buc aratore, darli que' movimenti quali darcsti a Rucefalos,
gaUiardissimo cavallo d' Alexandro. Forse facendo Jo^ quäle
fu conversa in vaccha, correre colla coda ritta rintorcilliata, col
collo erto, coi pih levati, sarebbe atta pictura. Basti cos\
avcre discorso il movimento delli animanti; ora poi che an-
cora le cose non animate si muovono in tutti queUi modi quali
di sopra dicemmo, adunque et di queste diremo.
Dilettano nei capelli, nei crini; ne* rami, frondi et veste
vederc quakhe movimento. Quanto certo ad me place nei
capelli vedere quäle io dissi sette movimenti: voigansi in uno
giro quasi yolendo anodarsi et ondeggino in aria simile alle
fiamme, parte quasi come serpe si tessano fra Ii altri, parte
crescendo in quä et parte in lä. Cosi i rami ora in alto s*
torcano, ora in giü, ora in tuori, ora in dentru, partes! con-
torcano come funi^). A medesimo ancora le pieghe tacciano;
et nascano le pieghe come al troacho deir albero i suo* rami.
1) Bei B.: »erano**.
5) „et posari** fehlt bei B.
^) Bei B. fehlt der Satz von ^ora in dentro** an bis „funi**.
Quellciischritten t'. Kunst gesch. XI. q
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I 3o LEONE BATTISTA ALBERTrs DREI BÜCHER UBER DIE MALEREI.
Falten sich verbreiten. So bringe man denn also auch hier alle
Bewegungen zur Erscheinung, so dass auch nicht der kleinste
Theil der Gewandung derselben entbehre. Doch, wie ich immer
wieder ermahne, es seien die Bewegungen massvoll und lieblich,
derart, dass sie bei dem Beschauer viel mehr Wohlgefallen als
Anstaunen der dabei aufgewandten MCibe hervorrufen. Ist aber
solche Bewegung erwQnscht, so wird bei dem Umstände, dass
die Gewandung in Folge ihrer natürlichen Schwere beständig
erdwärts fällt, es gut sein, auf dem Bilde den Kopf des Zephy-
rus oder Auster anzubringen, wie er durch Wolken hindurch-
bläst , wodurch dann die Gewänder in Bewegung kommen.
Dabei wird man auch noch dies gewinnen, dass die Körper auf
der Seite, wo die Gewandung vom Winde getroffen und em-
porgehoben wird, sicii zum guten Theil nackt zeigen werden,
wohingegen aul der anderen Seite die vom Winde ertassten
Gewänder anmulhig durch die Luit tiattern werden; in letzte-
rem achte der Maler nur darauf, dass keine Falte der Wind-
richtung entgegen sei. So möge denn der Maler Alles beobach-
ten, was ich Über die Bewegung belebter und unbelebter Wesen
vorbrachte; ebenso befolge er auch mit Sorgfalt, was ich von
der Composition der Flächen, Glieder und Körper sagte; es
^leuchtuilg ' ^^^^ Beleuchtung (Colorit) zu sprechen. In
(Cotorit). den ^Grundlinien*' zeigte ich genugsam, welche Kraft der Be-
leuchtung innewohnt die Farben zu verändern, indem ich dar-
that, wie eine und dieselbe Farbe entsprechend dem Lichte oder
Schatten, welchen sie empfängt, ihr Aussehen ändert; ich sagte
dann, dass dem Maler das Schwarz und das Weiss den Schatten
und das Licht ausdrücken wird, und dass die anderen h^irben
ihm gleichsam ein Stotf seien, zu welchem er mehr oder minder
Licht oder Schatten hinzufüge Dies also bei Seite lassend,
bleibt hier nur zu sagen, in welcher Weise der Maler das W^eiss
und das Schwarz zu brauchen habe. — Mit Verwunderung be-
richtet man, dass die alten Maler Polygnot und Thimantes blos
vier Farben, Aglaophon sogar nur eine einzige angewandt hätten,
als wäre es gleichsam allzu mässig, wenn diese ausgezeichneten
Meister aus der vermeintlich Überaus grossen Farbenzahl nur
so wenig für den Gebrauch ausgewählt, indem man glaubte, dass
ein reichbegabter Künstler sich der gesammten Fülle der Farben
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DELLA PITTURA DI LEON BATTISTA ALBERTl LIBRI TRE. 1 3 1
In queste adunque si seguanü tutti i movimenti*) tale che parte
niuna del panno sia senza yacuo movimento. Ma siano, quanto
spesso ricordo i movimenti moderati et dolci, piu tosto quali
porgano gratia ad chi miri, che maraviglia di fattcha alcuna. Ma
dove cosi vogliamo ad i panni suoi movimenti sendo i panni
di natura gravi et continuo cadeodo a terra, per questo starä
bene in la pictura porvi la faccia del vento Zeffiro o Austro
che soffi fra le nuvole onde i panni ventoleggino. Et quinci
verrä ad quella gratia, che i corpi da questa parte pcrcossi
dal vento sotto i panni in buona parte mostreranno il nudo,
dair altra parte i panni gettati dal vento dolce voleranno per
aria; et in questo ventoleggiare guardi il pictore non ispiegare
alcuno panno contro il vento. Et cosl tutto observi quanto
dicemmo de' movimenti delli animali et delie cose non animate.
Anchora con diligentia seguiti quanto racontammo della com-
positione delle superficie de' membri et de* corpi. Resta a dire
del ricevere de' lumi. Ne' dirozzamenti di sopra assai dimo-
strammo quanto i lumi abiano forza a variare i colori, ch^ in-
segniammo come istando uno medesimo colore secondo il lume
et V ombra che riceve, altera sua veduta. Et dicemmo che '1
bianco et el ncro al pictore cxprimca 1' ombra et il chiarore;
tutti Ii altri colori essere al pictore come materia a quäle a —
giugniesse piu o meno ombra o lume. Adunque lassando V altre
cose qui solo resta a dire, in che modo abbia il pictore usare suo
bianco et neru. Dicono che Ii antiqui pictori, Polignoto etThimante
usavano solo colori quattro; et Aglaophon si maravigiiano
si dilettasse di dipigniere in uno solo semplice colore, quasi
come fusse poco - in quanto extimeano grandissimo numero
di colori- — se quelli optimi dipintori avcssero eletti quelli pochi;
et ad uno copioso artefice credeano convenirsi tutta la molti —
tudine de' colori. Certo affermo che alia gratia et lode della
Nun fAlk bei B. die Textstelle bis „moderati et dolci" aus.
9*
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I Bs LEONE BATTISTA ALBEKTTS DREI BOCHER OBER DIE MALEREI.
ZU bedienen habe (56). Gewiss bin ich der Meinung, dass Reich-
thum und Mannigfaltigkeit der Karben zur Wohlgefälligkeit und
Vortrertlichkeit eines Bildes viel beitragen; doch will ich, es
mögen es aucli die tüchtigen Meister anerkennen, dass aller
eitrige Flciss und alle Kunst in der richtigen Verwendung von
Weiss und Schwarz liegt. Desshalh aber ist es nöthig, alle Acht-
samkeit und allen Eilcr dem hrwerben dieser Kenntniss zu
widmen, weil das Licht und der Schatten die Dinge körperlich
erscheinen lassen , also das Weiss und Schwarz den gemalten
Dingen den Schein der Körperlichkeit und damit jenen Ruhm
verleiht, den der athenaische Maler Nikias besass. Es wird
berichtet, dass der alte und hochberOhmte Maler Zeuxis allen
Anderen voraus gewesen sei in der Kenntniss der richtigen
Anwendung von Licht und Schatten ; ein Lob, das Anderen in
nur geringem Ma^se gespendet wurde (Sy). Ich aber möchte
jeden Maler für roittelmSssig halten, der nicht genau weiss,
welche Bedeutung Licht und Schatten für jede Fläche gewinnt.
Ich behaupte, Kenner und l.aicn werden ein Gesicht loben,
das wie gemeiselt aus dem Bilde herauszutreten scheint, wo-
gegen ich ein Gesicht tadeln werde, an dem man keine andere
Kunst sieht, als höchstens eine gute Zeichnung. - Ich wünsche,
dass richtige Zeichnung mit richtiger Composition. und gutem
Coiorit sich verbinde. So möge man sich also mit Ernst
auf das Studium der Lehre von Licht und Schatten verlegen
und man möge darauf Acht haben, wie jene (gefärbte) Fläche,
auf welche Lichtstrahlen fallen, heller erscheint als die andere,
und wie da, wo die Wirksamkeit des Lichtes mangelt, jene
gleiche Farbe dunkel wird. Sie mögen dann merken, dass einer
beleuchteten Stelle stets nach der anderen Seite hin eine be-
schattete entspricht, so dass es kernen Körper geben wird, an
welchem einem beleuchteten Theil nicht auf der entgegengesetz-
ten Seite ein dunkler entspräche.
VomGebrauche Was aber die Darstellung des Lichtes durch Weiss und
**^Schwarz. die des Schattens durch Schwarz betrifft, so ermahne ich, allen
Eifer daran zu wenden, zu erkennen, wie weit von verschiedenen
Flächen jede einzelne vom Licht oder Schatten bedeckt sei.
Dies wirst du von selbst der Natur absehen. Rist du im vollen
Besitz dieser Kenntniss, dann wirst du beginnen, das Weiss,
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OELLA PITTÜRA DI LEON BATTISTA ALBERTl UBK TRE. 1 33
pictura la.copia et varietä de' colori molto giova. Ma voglio,
Coa\ extimino i dotti. che tutta la somma industria et arte st i
in sapere usare il biancho et il nero; et in ben sapere usarc
questi due conviensi porre tutto lo studio et diligentia, pero
che il lume et 1* ombra fanno parere le cose rilevate. Cos) il
bianco et il nero fä le cose dipinte parere rilevate et da
quella lode quäle si dava ad Nitia pictore Atheniese. Dicono
che Zeuxis antiquissimo et tamosissimo dipintore .fu quasi pren>
cipe delli altri in conoscere la forza de* lumi et deir ombre;
ad Ii altri poco fii data simile loda t). Ma io quasi mai extimero
mezzano dipintore quello, qualc non bene intende, che forza
ogni lume et ombra tenga in ogni superficie. Jo dico, i dotti
et non dotti lodero quelli visi, quali come scolpiti parranno
uscire ftiori della tayola; et biasimero quelH visi, in quali vegga
arte niuna altra che solo ferse nel disegnio. Vorrei io un buon
disegnio ad una buona compositione, bene essere colorata.
Cosi adunque in prima studino circa i lumi et circa al ombre,
et pongano mente come quella superficie piü che 1* altra sia
chiara, in quale feriscano i razzi del lume, et come, dove manca
la forza del lume, quel medesimo colore diventa lusco. Et
notino, che sempre contro al lume dal altra parte corrisponda
r ombra tale che in corpo niuno sara parte alcuna luminata a
chui non sia altra parte diversa obscura.
Ma quanto ad imitare il chiarorc col bianco et 1' ombra
col nero admonisco, molto abino studio ad conoscere distinte
superficie quanto ciascuoa sia coperta^) di lume o d' ombra.
Questo assai datte comprenderai dalla natura et quando bene le
conoscerai, ivi con molta avaritia dove bisogni comincerai a porvi
*) Bei B. lautet dieser Satz; „ad altri fu dato per6 simile lode*.
2) Bei B.: ,aperu".
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l34 l.tONt BATTISTA ALHhKTrS DREI BUCHLR UiltR DIE MALEREI.
da wo es nöthig, mit grosser Sparsamkeit auizutragen und zu
gleicher Zeit an entgegengesetzter Stelle, wo es nöthig, das
Schwarz, da bei solchem au>glcichenden Auttrag von Weiss und
Schwarz man gut wahrnehmen kann, in welchem Masse die
Gegenstände von der Mäche sich abheben. Auf solche Weise
tahre mit Sparsamkeit fort, gemach immer mehr Weiss und
Schwarz hinzusetzend, bis es genügt. Hier wird dir der Spiegel
ein guter Richter sein. Ich weiss nicht, aus welchem Grunde
gut gemalte Dinge im Spiegel viel WohlgeföUigkeit zeigen;
wahrhaft wunderbar aber ist es dann, wie jeder Fehler einer
Malerei, im Spiegel dann in noch grösserer Entstellung auf-
tritt (58). Also der Naturbeobachtung helfe man hier mit dem
Spiegel nach. Nun will ich aber erzählen, was ich der Natur
absah.
Ich nahm wahr, dass auf einer ebenen Flache die Farbe
ihre bestimmte Erscheinung auf jeder Stelle bewahrt; auf con-
caven und sphärischen Flächen hingegen erleidet die Farbe eine
Veränderung, indem eine Stelle im Lichte, eine andere im
Dunkel, eine dritte im Halbdunkel sich hndet. Dieser Wandel
der Farben wird nun unwissenden Malern Schwierigkeiten be-
reiten, wo hingegen sie die Lichter mit Leichtigkeit aufzusetzen
wbssten, wenn sie, wie ich es oben sagte, die Grenzlinien der
Flächen richtig gezeichnet hätten. Sie würden (dann) so vor-
gehen, dass sie zuerst jede Fläche, welche Weiss oder Schwarz
nöthig hätte, bis zur Scheidelinie mit diesem oder jenem wie
mit einer ganz leichten Thauschichte überzögen, darauf dann
eine andere legten und noch eine andere und so fort, bis dass
da, wo ein stärkeres Licht, auch ein kräftigeres Weiss wäre,
und da, wo das Licht schwächer würde, sich auch das Weiss
wie in Duti verlöre; ähnlich würden sie es mit dem Schwarz
machen.
Doch stets denke man daran , einer Fläche niemals ein so
kräftiges Weiss zu geben, dass dies nicht noch kräftiger sein
könnte; selbst wenn du eine blendend weisse Gewandung mal-
test, so ist es doch zukömmiich diese unter dem letzten Weiss
zu halten; der Maler besitzt nichts Anderes als das Weiss, um
den höchsten Glanz einer wohlgeschlififenen Degenklinge auszu-
drücken, und nichts Anderes als das Schwarz, um die dichteste
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HELLA PITTCRA DI LEON BATTISTA ALBERTI LIBRI TRE. 1 3 5
il bianco et subito contrario ove bisogni il nero; pero che con
questo bilanciare il bianco col nero roolto si scorgie quanto le cose
si rilievino; et cosi pure con avaritia a poco a poco scguirai
acrescendo piü bianco et piü nero quanto basti. Et saratti a
conoscere buono giudice lo specchio; so come le cose ben
dipinte molto abbino nello specchio gratia, cosa maravigliosa
come ogni vitio della pictura si manifesti diforme nello spec-
chio. Adunque ie cose prese daiia natura, si emendino collo
specchio. Qui vero racontiamo cose quali im parammo dalla
natura.
Posi mente che alla superfide piana in ogni suo luogo stä il
colore unitorme ; nelle superticie cave et sperice piliia il colorc
variatlone, perd che qui chiaro ivi obscuro, in altro luogo mezzo
colore. Questa alteratione de' colori inganna Ii sciochi pictori, quali
se come dicemmo bene avessono disegniato Ii orli delle superficies
sentirebbono tacile ii porvi i lumi. Cosi farebbono: prima quasi
come leggerissima rugiada persino al orlo coprirebbono la su-
perficie di qual bisogniasse bianco o nero; di poi sopra ad
questa un altra et poi un altra et cos\ a poco a poco fareb-
bono, che dove lusse piü lume ivi piü bianco datorno, man-
cando ii lume il bianco si perderebbe quasi in fumo. Et simile
contrario* farebbero del nero.
Ma ramentisi, mai fare bianca alcuna superficies tanto che
ancora non possa tarla vic piü bianca. Se ') bene vestissi di
panni candidissimi convienti fermare molto piü giü che 1* ultima
bianchezza. Truova il pictore cosa niuna altra, che V bianco con
quäle dimostri 1* ultimo lustrod'una forbitissima spada, et solo il
nero a dimostrare V uitime tenebre della nocte. Et vedesi forza in
•) Bei B.: ,E'\
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|36 LEONE BATTISTA ALBERTl'S DKEl BÜCHER ÜBER DIE MALEREI.
Finsterniss der Nacht anzuzeigen. Welche Wirkung aber die
richtige Zusammenstellung von Weiss und Schwarz hervorbringt,
ersiehst du, dass gemalte Getiisse aus diesem Grimde so erglän-
zen, als wären sie von Gold, Silber oder Glas. — Desshalb
mag man jeden Maler tadeln, der sich des Weiss und Schwarz
ohne grosse Mässigung bedient. Ich wünschte, die Maler müssten
das Weiss theuerer als die kostbarsten Steine erkaufen. Und
gewiss wäre es von Nutzen, man bereitete das Weiss und Schwarz
aus jenen grossen Perlen, welche Cleopatra in einer Säure auf-
löste; wären die Maler doch dann gezwungen, damit sparsam
umzugehen, wodurch ihre Werke an Wahrheit und Anmuth
gewännen.
Ja, man kann wahrlich nicht sagen, wie viel Sparsamkeit
in dieser Beziehung dem Maler erforderlich ist ; wenn nun aber
schon einmal in der Vertheilung (von Weiss und Schwarz) ge-
fehlt wird, so ist jener weniger zu tadeln, der zu viel .Schwarz
anwendete, als jener, welcher das Weiss nicht richtig vertheilt.
Tag um Tag führt uns die Natur dazu, das Lichtlosc als etwas
Abstossendes zu hassen; und je mehr dies der Fall, umso-
mehr wird die Hand gewinnender Anmuth geneigt. - Sicher
lieben wir von Natur aus das Klare und Lichtvolle; desshalb
sperre man mehr jenen Weg ab , auf welchem zu fehlen es
leichter ist.
Nachdem über den (Gebrauch) des Weiss und Schwarz
gehandelt, will ich auch über die anderen Farben sprechen; aber
nicht wie der Architekt Vitruv fwerde ich angeben)^ wo jede
einzelne gute und wohlerprobte Farbe gefunden werde, sondern
ich werde sagen, auf welche Weise man die gut verriebenen
Farben in der Malerei anwenden möge. Es wird berichtet, dass
Euphranor, ein sehr alter Maler, ich weiss nicht was, über die
Farben schrieb; es findet sich heute nicht mehr vor(59). Ich
aber habe in Wahrheit, wenn je von Andern Ober diese Kunst
geschrieben wurde, dies wieder aus der Unterwelt emporgeholt;
wenn aber niemals darüber geschrieben wurde, dann habe ich
oder Farben ^ Himmel herabgezogen; Ich will also, wie bisher, ein-
henncmie. zig meinem Geiste folgen Ich wünschte, man sähe in einem
Bilde alle Farbengattungen und Arten in einer für das Auge
wohlgefälligen und ergötzlichen Anordnung. Wohlgefallen wird
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DELLA rnrURA DI LEON BATTISTA ALBERTI LIBRl TRE. 1 37
ben comporre bianco presse a nero, che vasi per questo pajano d*
argento, d*oro et dt vetro et pajano dipintt risplendere. Per
questo niollo si biasimi ciascuno pictorc, il quaic sciua mollo
modo usi bianco o nero.
Piacerebbemi appresso de' pictorl il bianco si vendesse piü
che le pretiosissime gemme caro. Sarebbe certo utile U biancho
et ncro si tacesse di quelle grossisime perle, quäle Cleopatra
distruggeva in aceto , che ne sarebbono quanto debbono avari
et massai et sarebbero loro opera piü al vero dolci et vezzosi.
si puo dire quanto di questi si convenga masseritia al di —
pintore; et se pure in distribuirli peccano, meno si riprenda chi
adopcri molto nero, che chi non bcne distendc il biancho. Di
di in dl la la natura, che ti viene in odio ie chose orride et
obscure; et quanto piu faccendo inpari, tanto piu la mano si fä
dilicata ad vezzosa gratia. Certo da natura amiamo le cose aperte
et chiare; adunque piü si chiuda la via qualc piu stia iacile a
pcccare.
Detto del bianco et nerodiremo degU altri colori; non come
Vitruvio architetto in che luogo nasca ciascuno optimo et ben
provato colore, ma diremo, in che modo i colori ben triti ') s*
adoperino in piclura. Dicono che Eufranor, antiquissimo dipintore
scrisse non so che de' colori; non si truova oggi. Noi veroiquali,
se mai da altri fu scritta, abiamo cavata quest* arte di 80tterra;o
se non mai fu scritta 1* abbiamo tratta di cielo. Seguiaino quanto
sino a qui facemmo con nostro ingegnio. Vorrei nella pictura si
vedessero tutti i generi et ciascuna sua spetie con molto diletto
et gratia^ ad rimirarla. Sara ivi gratia, quando 1* uno colore
*) Bei B.: „ben tutü".
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1 38 LEONE BATTISTA ALBERTrS DREI BÜCHER ÜBER DIE MALEREI.
dort entstehen, wenn iinc Farbe von der danebenstehenden sich
kräftig ablieben wird. Wenn man Diana malen wollte, wie sie
den Chor der Nymphen anführt, so thäte man gut, die eine
Nymphe in GrQn, die andere in Weiss, die dritte in Rosa, die
vierte in Gelb zu kleiden und so eine jede in eine andere Farbe
und zwar derart, dass immer eine helle neben einer der Gat-
tung nach verschiedenen dunklen Farbe zu stehen kSme. Durch
solche Nebeneinanderstellung wird die Schönheit der Farben
klarer und fesselnder werden. Man findet eine gewisse Freund-
schaft zwischen (bestimmten) Farben, indem solche nebenein-
ander gesetzt, einander Haltung und Anmuth geben.
Rosa, Grün und Himmelblau nebeneinander gestellt , er>
höhen gegenseitig die Schönheit ihrer Erscheinung. Das Weiss
bringt nicht blos neben das Grau oder Gelb (Safrangelb) ge-
stellt, sondern labt neben jeder anderen eine heitere Stimmung
hervor. Die dunklen Farben stehen zwischen den hellen nicht
ohne Würde und gleicher Weise nehmen die lichten zwischen
den dunklen eine zutrertende Stelle ein. So viel also darüber,
wie der Maler seine Farben zu disponircn habe.
imKa^Gofdä Es kommt vor, dass Derjenige, welcher in seinen Bildern
den. ' viel Gold anwendet, vermeint, diesen dadurch Hoheit zu ver-
leihen; ich lobe dies nicht. Selbst wenn Jemand jene Dido
des Virgil malte, die einen goldenen Köcher, goldiges Haar in
ein Goldnetz geschlungen, ein Purpurkleid mit einem goldenen
Gürtel besitzt und deren Pferd einen goldenen Zaum, sowie
jede andere Sache aus Gold hat, so wünschte ich doch nicht,
dass er Gold selbst anwende, da es mehr Bewunderung und
Lob dem Künstler einbringt, den Glanz des Goldes durch Farben
nachzuahmen. Dann sehen wir auch, dass auf einer ebenen
Tafel mit Goldgrund, einige Flächen wenn sie dunkel sein sollen
erglänzen und wenn sie hell erscheinen sollen, sich schwarz
zeigen. Dies sage ich, obgleich ich es durchaus nicht tadeln würde,
wenn die andere handwerkliche Ausschmückung einer Malerei,
als da sind, gemeisselte Säulen, Basen, Capitäle, Fries, von reinstem
und gediegenem Golde wären ; im Gegentheil, ein gut vollendetes
Geschichtsbild verdient einen Schmuck aus kostbarsten Edel-
steinen.
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DELLA PITTURA Dt LEON BATTISTA ALBERTI LIBRI TRE. 1 39
apresso molto sara dal altro differente; che se dipignierai
Diana guidi il coro, sia ad questa Nynipha panni verdi, ad
ijuclla bianchi, ad 1' altra rossati, al altra crocei et cosi ad
ciascuna diversi colori, tale che sempre i chiari sieno presso
ad altri diversi coiori obscuri. Sara questa comparatione, ivi
la beliezza de* coiori piu chiara et piu leggiadra. Et truovasi
certa amicitia de' coiori, che 1' uno giunlo con 1' altro Ii porgie
dignitä et gratia.
II colore rossato presso al verde et al cilestro si danno
insieme honore et vista. II colore bianco non solo adpresso
il cenericcio et apresso il croceo ma quasi presso a tulti posto,
porge letitia. I coiori obscuri stanno fra i chiari non sanza
alcuna dignitä et cosl i chiari bene s* avolgano fra Ii obscuri.
Cos\ adunque quanto dissi il pictore disporrli suo coiori.
Truovasi chi adopera molto in sue storie oro, che stima
porga maesta; non lo lodo. £t benche dipigniesse quella Didone
di Vergilio, ad cui era la pbaretra d' oro, i capelli aurei nodati
in oro, et la vesta purpurea cinta pur d' oro, i freni al ca>
vallo et ogni cosa d' oro; non perö ivi vorrei, punto adoperassi
oro perö che nei coiori imitando i razzi del oro, stä piii
admiratione et lode al artefice. Et anchora veggiamo in una
piana tavola alcune superficie, ove sia loro, quando deono
cssere obscurc, risplendcre et quando deono cssere chiare, parere
ncrc. Dico, bene che Ii altri fabrili hornamenti giunti alla pic-
tura • qual sono colupne, scolpite base, capitelli et frontispicii
non Ii biasimero , se ben fussero d' oro purissimo et massiccio.
Anzi piu, una ben perfctta storia merita hornamenti di gemrae
pretiosissimc.
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140 LEONE BATT15TA ALBERTPS DREI BÜCHER ÜBER DIE MALEREI.
Resume^des Ich sprach bis nun in Kürze von den drei Tbeilen der
Malerei, ich handelte von dem Umriss der kleineren und grös-
seren Flächen; ich handelte von der Composition der Flfichen,
der Glieder und der Körper; ich sagte dann so viel Ober die
Farben, als ich für den Zweck des Malers für nöthig erachtete. *
Damit habe ich das gesammte Wesen der Malerei erläu-
tert, welche, wie ich sagte, aus drei Theilen besteht: Dem Um-
riss, der Composition und der Beleuchtung (rcsp. Farbengebung).
Ende des zweiten Buches.
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DELLA PITTURA ÜI LEON BATTISTA ALBERTI LlBRt TRE. 141
Sino ad qui dicemmo brevissime di tre parti della pictura.
Dicemmo della circonscriptione, delle minori et maggiori super-
fide; dicemmo della compositione delle superficie, membri et
corpi; dicemmo de* colori quanto al uso dcl pictore extimemmo
s' apartenesse.
Adunque cos) exponemmo tutta la pictura quäle dicemmo
stava in queate tre cose: Circonscrittione, compositione et ricevere
di lumi.
Finis secundi libri.
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LEONE BATTISTA ALBERTrS DREI BÜCHER
ÜBER DIE MAuEKEi.
DRITTES UND I.ETZTES BUCH.
Da nun aber noch einige Dinge erübrigen, welche den
Maler darin fördern werden, den höchsten Ruhm mit Erfolg
anzustreben, so scheint es mir angezeigt, sie in diesen Com-
mentarien nicht bei Seite zu lassen, ich werde in aller Kürze
darüber sprechen.
Aiiffjahe d\q Aiifsabc des Malers bestimme ich dahin, die von irsend
.ie>; MjIlts und ^ ■ ' o
Zweck seines einem Körper gesehenen Flachen mittelst Linien und Farben
auf einer gegebenen Tafel oder Wand so darzustellen, dass sie
bei einer gewissen Distanz und einer bestimmten Lage des Au«
genpunktes (aus der Tafel oder Wand) herauszutreten scheinen
und starke Aehnlichkeit mit den Körpern (selbst) haben. Der
Zweck der Malerei aber sei, dass der Künstler sich dadurch
viel mehr Gunst, Wohlwollen und Ruhm als ReichthÜmer er-
werbe. Jene Maler werden dies erreichen, deren Werke nicht
blos die Augen, sondern auch das Gemüth des Beschauers er-
greifen ; auf welche Weise dies zu thun, erörterte ich dort, wo
ich Über die Composition und die Beleuchtung handelte. —
Fordcruiiß Meine Meinung aber ist dann, dass der Maler, um all dies wohl
•iiilich^cr^Tuch- ^^^gj^j^^i^ zu können, ein tüchtiger Mensch und wohl bewan-
dert in den schönen Künsten sein müsse. Jeder weiss, wie die
sittliche Güte des Menschen in weit höherem Grade als jeder
emsige Fleiss oder Kunstfertigkeit es vermag, das Wohlwollen
der Mitbürger zu gewinnen, und Niemand zweifelt wohl, dass
das Wohlwollen Vieler dem Künstler viel helfe, sowohl Ruhm
wie Geld zu erwerben. Oft geschieht es, dass die Reichen, viel-
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DEILA PITTÜRA DI LEON BATTISTA
ALBERTI LIBRI TRE.
LIBRO TERZO ED ULTIMO.
Ma poichö ancora altre utili cose restano, affare uno pic-
tore tale, che possa seguire intera lode, parmi in questi com*
mentarij da non lassarlo. Dironne molto brevissimo.
Dico r uficio del pictore essere cosi: descrivere con linea
et tigniere con colori, in qual sia datoli tavola o parete simile
Vedute superficie di qualunque corpo, che quelle ad una certa
distanzia et ad una certa positione di centro pajano rilevate et
molto simili avere i corpi. La finc della pictura: renderc gratia et
benevolenza et lode allo artefice molto piü che richezze. Et
seguiranno questo i pictori, ove la loro pictura terra Ii occhi et 1*
animo di chi la miri ; qual cosa, come possa farlo, dicemmo di sopra,
dove tratamrno della compositione et del ricevcre de' lumi. Mapia —
cerammi, sia il pictore per bene potere teuere tutte queste cose,
huomo buono et docto in buone lettere. Et sa ciascbuno
quanto la bontä del huomo molto piu yallia, che ogni industria
o arte ad acquistarsi benevolenza da* ciptadini; et niuno dubita
la benevolenza di molti molto all' artefice giovare a lode insieme
et al guadagnio. Et interviene spesso che i ricchi, mossi piu
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144 LEONE BATTISTA ALBKRTrS DREI BÜCHER ÜBER DIE MA1.EREK
mehr durch Wohlwollen als Künstlich haberei bestimmt, zuerst
diesem bescheidenen und wackeren Maler einen Verdienst geben,
hingegen sie Jenen anderen bei Seite lassen, der vielleicht in
der Kunst tüchtiger, aber nicht so tüchtig in seinen Sitten ist.
So ist es denn dem Künstler nöthig, sich in hohem Grade edler
Sitten zu befleissen , besonders aber der Leutseligkeit und eines
feinen Gefühles für Anstand und Schicklichkeit; so wird er sich
Wohlwollen erwerben, die kräftige Hilfe gegen Armuth, und
Verdienst, die beste Hilfe, sich in seiner Kunst zu vollenden.
nSdKai^iml Ich wünsche dann, dass der Maler in allen schönen Kün-
^**"?uiS-^"' ^^^^ erfahren sei. Es sagt mir die Ansicht des Pamphilos,
eines alten ausgezeichneten Malers sehr zu, bei welchem vor-
nehme Jünglinge den ersten Unterricht im Malen nahmen. Er
meinte, dass kein Maler richtig malen könnte, wenn er nicht
in der Geometrie wohl bewandert sei (60). Meine „Grundlinien",
in welchen das Wesen der Malerei vollständig und vollkommen
dargelegt wird, werden von einem Cicometric -Kundigen leicht
verstanden werden; wer aber von Geometrie nichts weiss, der
wird nicht diese und keine andere wissenschaftliche Darstellung
der Malerei verstehen.
Desshalb behaupte ich, dass dem Maler die Kenntniss der
Geometrie nothwendig ist. Gut wird er dann thun, sich fleissig
mit Dichtern und Oratoren zu beschäftigen. Diese haben viele
künstlerische Mittel mit dem Maler gemein, und da sie reich
an Kenntniss vieler Dinge sind, so werden sie von grosser Hilfe
für die treffliche Composition eines Geschichtsbildes sein, dessen
erster Ruhm in der Erfindung (der Fabel) besteht. Von welchem
Beispiele. Belang dies ist, ersehen wir daraus, dass schon die schöne Er-
findung für sich allein, ohne malerische Darstellung, anmuthet.
Man lobt jene Beschreibung welche Lucian, von der Verleum-
dung*', die von Apelles gemalt wurde, gibt. Es scheint mir nicht
ausserhalb mdnes Themas zu liegen, sie hier wieder zu er-
zählen, um die Maler aufmerksam zu machen, welche Sorgfalt
sie auf die Erfindung zu wenden haben. Es zeigte jenes Bild
einen Mann mit sehr grossen Ohren, z.u dessen Seiten zwei
Frauen standen, von welchen^ man die Eine die „Unwissenheit"
die andere den „Argwohn" nannte. Von der anderen Seite her
kam die „Verleumdung" ; diese war ein Weib von prächtig
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UELLA PITTURA DI LEON BATTISTA ALBEim UBRI TR^. 145
da beneyolenza che da maravigliarsi daltrai arte, prima danno
guadagnio a costui modesto et buono, lassando a drieio quell'
altro pictore, forse migliore in arte, ma non si buono in co-
stumi. Adunque conviensi all' artefice molto porgersi costumato^
massime da humamtä et fadlitä; et cosi arä benevolenza fermo
ajttto contro !a povertä, et guadagni optimo ajuto ad bene im-
parare sua arte.
Piacemi 11 pictore sia dotto in quanto et possa in tutte
1' arti liberali; ma imprima desidero, sappi geometria. Piacemi
la sententia di Panfilo antiquo et nobilissimo pictore, dal quäle
i giovani nobili cominciarono ad im parare dipigniere. Stimava,
niuno pictore potere bene dipigniere, se non sapra molta geometria.
I nostri dirozzamenti, dai quali si exprime tutta la perfetta ab-
soluta arte di dipigniere, saranno intesi facUe dal geometra, ma
a Chi sia igniorante in geometria, intendera quelle , nö alcun'
altra ragione di dipigniere: pertanto aüermo sia necessario al
pictore inprendere geometria.
Etfarassi perloro dilettarsi de' poetj et delli horatöri; questi
änno molti ornaroenti comuni col pictore, et copiosi di nötitia
di molte cose, molto gioveranno ad belle componere V istoria,
di cui ogni laude consiste in la inventione; quale suole avere
questa forza, quanto vediamo, che sola senza pictura, per se
la bella inventione stä grata. Lodasi leggendo quella dischri-
tfone della Calupnia, quale Luciano raconta dipinta da Apelle.
Parmi cosa non aliena dal nostro proposito qui narraria per
admonire i pictori in che cosa circa alla inventione loro con-
venga essere vigilanti*). Era quella pictura uno huomo con
sue orecchie molte grandissime, apresso del quale una di quä
et una di lä stavano due fcminc; 1' una si chiamava Ingniorantia,
r altra si chiamava Sospectione. Piü in lä veniva la Calupnia;
questa era una femina a vederla beilissimay ma parea nel viso
«) Bei B.: „regolati".
Quelleoachrilten f. Kuastgescb. XI.
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146 LEONE BATTISTA ALBERTl'S DREI BOCHER ÜBER DIE MALEREI.
schönen Anblick , doch zeigte der Ausdruck ihres Gesichtes
allzuviel Verschlagenheit. In der Rechten trug sie eine brennende
Fackel, mit der anderen Hand schleppte sie einen Jüngling bei
den Haaren herbei, welcher seine Hände zum Himmel empor-
streckt. Dann war ein Mann da, bleich, missgestaltet, ganz mit
Schmutz bedeckt, von schaurigem Ansehen, Einem vergleichbar,
der durch langes Mühsal auf dem Schlachtfeld abgezehrt und
entkräftet wurde; dieser fQhrte die „Verleumdung** und man
nannte ihn den „Neid". Es folgten dann zwei andere Frauen
als Geleiterinnen der Verleumdung, welche sie mit Gewandung
und Schmuck versahen: ^Es scheint mir, man nannte die Eine
„List", die Andere „ l auschung". Hinter diesen folgte die „Reue",
eine Frau, gekleidet in Trauergewandung und sich selbst ganz
zerfleischend. Endlich kam ein Mädchen, züchtig und anspruchs-
los; man nannte sie die „Wahrheit".
Wenn schon die Beschreibung dieses Bildes gefällt, be-
denke, welches Wohlgefallen und welchen Reiz es dem Anblick
böte, gemalt von der Hand des Apelles! Ein gleichfalls gefäl-
liger Anblick wären jene drei Schwestern, welchen Hesiod die
Namen Euphrosyne, Aglaja und Thalia gab, und die man malte,
einander 'an den Händen haltend, lächelnd, in ungegQrtetem und
durchsichtigem Gewände; es sollte mit ihnen die Wohlthätig-
keit dargestellt werden, indem die eine dieser Schwestern spen-
det, die andere empfängt, die dritte die Wohlthat vergilt, welche
drei Momente in jeder vollkommenen (Allegorie) der Wohl-
thütigkeit vorhanden sein müssen (62). Man sieht also, welche
Anerkennung ähnliche Ertindungcn dem Künstler bringen. Dess-
halb rathe ich jedem Maler, er möge sich mit Dichtern, Rhe-
toren und anderen ähnlichen in der Wissenschaft Bewanderten
wohl vertraut machen, einerseits weil diese ihn mit neuen Er-
findungen beschenken, andererseits weil sie ihm sicherlich für
eine schöne Composition seines Bildes förderlich sein werden, durch
welches Beides der Maler sich gewiss Anerkennung und Ruhm
seines Werkes erwerben wird. Phidias, berühmter als alle anderen
Künstler, bekannte, es vom Dichter Homer gelernt zu haben, den
Jupiter mit so viel göttlicher Majestät darzustellen (63). So
werden wir, mehr lernbegierig als gewinnsüchtig, von unseren
Dichtern mehr und mehr der Malerei förderliche Dinge erlernen.
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DELLA PimiRA DI LEON BATTISTA ALBERTI LIBRI TRE. 1 47
troppo astuta; tenea nella sua destra mano una face incesa,
con r altra mano tratnava preso pe' capelli uno garzonetto, il
qualc stendea suo mani alte al celo. Et eravi uno huomo palido,
bructo, tutto lordo, con aspetto iniquo, quäle potresti assimi-
liare ad chi ne' caropi dell* aitni con lunga faticba fusse magrito
et riaceso; costui era guida della calupnia et chiamavasi: Livore.
Et crano due altrc temmiiic, compai^nic alla calupnia, quali al
lei acconciavano suoi ornamcnti et panni'); chiamasi V una
Insidia et 1' altra Fraudc. Drieto ad queste era la penitentia,
femmina vestita di veste funerali, quäle se stessa tutta strac-
dava; dietro seguiva una fanduUetta, vergogniosa et pudica,
chiamala: Veritä.
Quaie istoria, se mentre che si recita, piace, pensa quanto
essa avesse . gratia et amenitä ad vederla dipinta di mano d*
Apelle! Piacerebbe ancora vedere quelle tre sorelle, a quali
Hesiodo pose nome Eglie, Heufronesis et Thalia , quali si di-
pignievano prese fra loro 1' una 1* altra per mano, ridendo,
con la Vesta scinta et ben monda; per quali volea s' intendesse
la liberalitä, chö una di queste sorelle dä, V altra riceve, la
terza rende il .beneficio, quali gradi debbano in ogni perfetta
liberalit^i esscre. Adunquc si vcde quanta lüde porgano simile
invcntioni al artcficc. Pertanto consiglio, ciascuno pictore molto
si laccia familiäre ad i poeti, rhetorici et ad Ii altri simili dotti
di lettera, sia che costoro doneranno nuove inventione o certo
ajuteranno ad hello componere sua storia , per quali certo
adquisteranno in sua pictura molte lode et nome. Fidias,
piü che Ii alth pictori famoso, confessava avere imparato da
Homero poeta, dipigniere Jove con molta divina maestä
CosV noi Studiosi d* imparare piü che di guadagnio, ds^ i
nostri poeti impareremo piü et piü cose utili alla pictura.
Bei B.: nparmi".
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148 LEONE BATTISTA ALBERITS DKEI BÜCHER ÜBER DIE MALEREI.
^Lermm^*^'^ Nicht selten aber kommt es vor, dass Eifrige und Lern-
begierige, weil sie nicht zu lernen wissen, nicht minder er-
müden, wie Jene y welche jede Mühe verdriesst. Desshalb werde
ich sagen, auf welche Weise man in dieser Kunst ein Kundiger
wird. Zweifle Niemand, Anfang und Ende dieser Kunst, und
somit jede der Sprossen, die zur Meisterschaft führen, haben
wir von der Natur zu entlehnen ; Vervollkommnung in der Kunst
wird man finden durch Ausdauer, Achtsamkeit und Eifer. Ich
wünsche, dass die Jünglinge, welche sich eben als Neulinge der
Malerei widmen, es so machen, wie ich es bei Jeneta sehe,
welche das Schreiben lehren. Diese lehren zuerst die Form jedes
Buchstabens für sich, was die Alten „Elemente" nannten; her-
nach unterweisen sie, wie die Silben und dann wie die ein-
zelnen Worte zusammengefügt werden. Die gleiche Methode
möge man beim Malen befolgen. Zuerst lerne man die Umrisse
der Flächen richtig zeichnen, und hierin übe man sich, als
gleichsam in den Grundclementen der Malerei; hernach lerne
man die Flächen miteinander zu verbinden; dann lerne man
die bestimmte Form eines jeden Gliedes kennen und präge sich
jedmögliche Abweichung an jedem einzelnen Gliede genau ein.
Unemfldlichc gQ|j,jjgjj. Abweichungen (von der normalen Form) der Glieder
beoboditung. ^.j^^ nicht wenige und nicht leicht unterscheidbare. Du wirst
Einige sehen, deren Nase höckerig ist, Andere bei welchen sie
wie bei den ACTen breit und aufgestülpt ist; Einige werden
hängende Lippen haben, Andere sind mit einem fein geschnit-
tenen Munde ausgestattet: und so prüfe denn jeder Maler ganz
genau jede Einzelheit eines Gliedes und bilde es dann dem
entsprechend mehr oder minder verschieden. Auch beachte er,
dass unsere Glieder in der Kindheit rund, gleichsam gedrechselt
und wohlig für das Anfühlen sind, während sie in mehr vor-
geschrittenem Alter rauh und kantig werden. AU' diese Dinge
wird so der Maler durch Beobachtung der Natur sich zur
Kenntniss bringen und dann bei sich genau prüfen, auf welche
Art dies Alles so sei, und ununterbrothen wird sein Auge und
sein Verstand auf solche Untersuchung und solches Thun ge-
richtet sein. Er wird Acht haben auf den Schoss bei dem
Sitzenden, er wird Acht haben, wie die Beine bei diesem in ge-
falliger Weise herabhängen ; er wird bei einem Aufrechtstchenden
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DELLA PITTORA DI LEON BATTISTA ALBERTI LIBRI TRE. 1 49
Ma non raro adviene, che Ji studiosi et cupidi d' imparare
non xneno si straccano^ ove non sanno imparare, che dove V
incresce la fatica; per qucsto diremo in che modo si diventi
in qucsta arte dotto. Niuno dubiti, capo et principio di questa
arte, et cosi ogni suo grado a diventare maestro, doversi pren-
dere dalla natura; il perficere V arte si trovera con diligenza,
assiduitate et studioso. Voglio che i giovani, quali ora nuovi
si danno a dipignicre, cos\ facciano quanto veggo di chi impara
a scrivere. Questi in prima separato inscgniano tuttc Ic forme
delle lettere, quali Ii antiqui chiamano helementi ; poi insegniano
le silabe, poi apresso insegniano conponere tutte le dizzioni;
con questa ragione ancora seguitino i nostri a dipigniere. In
prima imparino ciascuna forma distinta di ciascuno membro
et mandino a mente quaJunque possa essere ditferenza in
dascuno membro. Et sono le differentie de* membri non poche
et molto chiare. Vedral a chi sara il naso rilevato et gobbo,
altri aranno le narici scimmie et arovesciate aperte, altri por-
gera i labri pendenti, alcuni altri aranno hornamento di labrolini
magruzzi et cosi ezamini il pictore qualunque cosa ad ciascuno
membrOi essendo piü o meno il facci differente. Et noti ancora
quanto veggiamo che i nostri membri fanciulleschi sono ritondi
quasi fatti a tornio et dilicati; nella hetä piü provetta sono
aspri et canteruti. Cos'i tutte queste cose lo studioso pictore
conoscerä dalla natura, et con se stessi molto assiduo le
examinerä, in che modo ciascuna stia. Et continuo starä in
questa investigatione et opera desto con suo occhi et mente;
porrä mente il grembo a chi siede; porrä mente quanto dolce
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I 5o LEONE BATTISTA AI.BERT1*S DREI BÜCHER ÜBER DIE MALEREI.
den ganzen Körper beobachten, so dass nicht ein Theil
desselben sein wird, dessen Verrichtung und Massverbältniss
er nicht kennen wflrde. Und es wird ihm nicht genügen, alle
Theile blos Ähnlich zu machen, sondern noch mehr wird ihm
daranliegen, ihnen Schönheit zu geben, da in der Malerei die
Schönheit nicht blos wohlgefällig, sondern auch gefordert ist.
Der alte Maler (?) Demetrios vermochte nur desshalb nicht die
höchste Anerkennung zu erwerben, weil er weit mehr darauf
ausging, die Gegenstände naturtreu als schön zu bilden (64).
Noch höher aber . .. ^, . . . %r ■ , n
als (äussere )Na- Aus dicscm urunde wird es von Vortncil sein, von allen
lurwahrheii ... , .. . . t-i i
steht dieSchüii- schonen Körpern jeden (besonders) gepriesenen Iheil auszu-
wählen. — Und stets strebe man mit allem Eiter und Heiss sich
des Schönen in reichem Masse zu bemächtigen, wie schwierig
dies auch sei, weil man eben nicht an einem Körper allein alle
Schönheit vereinigt sieht , sondern sparsam vertheilt an ver-
schiedenen Körpern; darum eben muss man alle Mühe daran
wenden, sie au&usuchcn und sie sich zu geistigem Eigenthum
zu machen. — Sicher ist es, dass der, welcher es gewohnt,
schwierigere Dinge anzugreifen und sich mit ihnen zu beschäfti-
gen, um so leichter die geringfügigeren Überwältigen wird. Und
keine Schwierigkeit wird man finden, welche nicht durch Fleiss
und Beharrlichkeit überwunden würde.
Um aber nicht Fleiss und Mühe zu verlieren, so fliehe
man den Brauch einiger Thoren, die ganz eingenommen von
ihrem Talent sich bemühen, ohne jegliches der Natur entnom-
menes Vorbild, das sie mit den Augen oder mit dem Verstände
studirten, einzig aus sich selbst heraus sich Anerkennung in
der Malerei zu erwerben. Diese lernen es niemals tüchtig zu
malen, sondern sie gewöhnen sich an die eigenen Fehler, hs
flieht den erfahrungslosen Geist jene Idee der Schönheit,
welche kaum die Wohlerfahrensten zu erkennen vermögen.
Als Zeuxis, ein ausgezeichneter und alle Anderen an (künst-
lerischer) Erfahrung Übertreffender Maler, ein Bild für den
Tempel der Lucina zu Kroton anfertigen sollte, vertraute er
nicht thöricht, wie heute jeder Maler, einzig auf sein Talent,
sondern bedenkend, dass er nicht alle Schönheiten, die er suchte
an einem einzigen Körper finden könnte, da sie von der Natur
nicht einem allein gegeben wurden, erwählte er aus der gesammten
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DELLA PITTÜRA DI LEON BATTISTA ALBERTI LIBRI TRE. I 3 I
Ic gambe ad chi scgga sieno pcndenti; iiotera di chi stia
drittOy tutto il corpo, sara ivi parte alcuna, della quäle aon
sappi suo officio et sua misura. Et di tutte le parti Ii piacerä
non solo renderne similitudine, ma piü adgiugni^rvi bellezza;
perö che nella pictura la vaghezza non nieno c grata che
hdiiesta. Ad Demetrio, antiquo pictore manchö ad acquistare V
ultima lode, che fii curioso di fare cose adsimilliate al naturale
molto piü che vaghe.
Per qucsto giovcra pilliare da tutti i belli corpi ciascuna
iodata parte et sempre ad impararc molta vaghezza si contenda
con istudio et con industria, qual cosa bene che sia difficile
perchi nonne in uno corpo solo si truova compiute bellezze,
ma sono disperse et rare in piü corpi; pure si debba ad in-
vesligarla et impararla porvi ogni taticba. Interverrä come a
chi s* ausi volgiere e' inprendere cose maggiori, che facile
costui poträ le minori. Netruovasi cosa alcuna tanto difficile,
quäle lo studio et assiduitä non vinca.
Ma per non perdere studio et taticha, si vuole fuggire
quella consuetudine d' alcuni sciocchi, i quali presuntuosi di
suo ingegnio, senza avere essemplo alcuno dalla natura quäle
con occhi o mente seguano, studiano da se ad se acquistare
lode di dipigniere. Questi non imparano dipigniere bene , ma
assuefanno se a suoi errori. Fuggie T ingegni non periti quella
idea delle bellezze, quäle i beni ezercitatissimi appenadis-
cernono.
Zeuxis prcstantissimo et fra Ii altri exercitatissimo pictore,
per fare una tavola qual publico pose nel tempio di Lucina
adpresso de' Crotoniati, non fidandosi pazza mentequanto oggi
ciascuno pictore del suo ingenio, ma perchd pensava, non
potcre in uno solo corpo trovare quante bellezze elii ricercava,
perchö dalla natura non erano ad uno solo date, pertanto di
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l52 LEONE BATTISTA ALBERTI'S DREI BÜCHER ÜBER DIE MALEREI
Jugend des Landes die fünf schönsten Mädchen, um von
diesen das, was an Jeder als besonders schön gerühmt wurde,
zu entlehnen (65). Dem klugen Meister war es wohl bcwusst,
dass jenen Malern, die sich keines der Natur entnommenen
Vorbildes für ihr Werk bedienen, sondern einzig mit ihrem
Talente den Ruhm der Schönheit erreichen wollen, es leicht
widerfahrt, dass sie jene mit so viel Mühe gesuchte Schönheit
nicht finden, ja sicherlich in eine nicht gute Manier fallen werden,
welche sie hernach, auch wenn es ihr Wille wäre, nicht mehr
abzulegen vermöchten. — Wer sich aber gewöhnt haben wird,
in Allem, was er thut, die Natur nachzuahmen, der wird seine
Hand so geübt machen, dass stets, was immer er thue, dies
der Natur entnommen scheinen wird.
Von welchem Belang dies für den Maler sei, ersieht man
daraus, dass, wenn sich in einem Geschichtsbilde das Gesicht
eines wohlbekannten würdigen Mannes findet, dieses zuerst die
Augen aller Beschauer des Bildes auf sich lenken wird, auch
wenn die anderen Figuren von grosserer künstlerischer Voll-
endung und Gefälligkeit sind : solche Wirkungskraft birgt das in
sich, was der Natur entnommen ist. Desshalb wollen wir stets
das, was wir malen, der Natur entnehmen und stets wollen wir
die schönsten Dinge auswählen. Habe (weiter) aber auch
Acht darauf, es nicht wie Viele zu thun, welche auf kleinen
Täfelchen zu malen beginnen.
Man zeichne {q^ wttnsche, dass, wenu du dich übst in der Zeichnung
anfangs grosac ' '
^8«j|.»^^j^^e^io grosser Gegenstände, du diese fast in natürlicher Grösse dar-
GrSBse. stellst ; denn leicht ist es in kleinen Zeichnungen einen grossen
Fehler zu verbergen, wogegen man in grossen auch die aller-
geringsten Fehler stark wahrnimmt.
Der Arzt Galenus schreibt, dass er zu seiner Zeit einen
Ring gesehen habe, in welchem PhSton mit dem Viergespann
geschnitten war, und zwar so, dass man an den Pferden den
Zaum, die Brust und alle Füsse unterscheiden konnte. Solchen
Ruhm mögen aber unsere Maler den Gemmenschneidern über-
lassen; sie aber mögen sich auf grösseren Ruhmesfeldern tum-
meln. Wer es verstehen wird, eine grosse Figur gut zu malen,
der wird mit Leichtigkeit in einem Nu diese anderen stark ver-
kleinerten Dinge darzustellen vermögen. Wer aber in diesem
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DELLA PITTÜRA Dl LEON BATTISTA ALBERTI LIBRI I RE. l 53
tutta la giovcntu di quella terra clessc cinquc fanciulle le piü
belle, per torre da queste qualunque bellezza lodata in una
femmina. Savio pictore se conobbe che ad i pictori, ove loro
sia niuno essemplo della natura, quale elli seguitino ma pure
vügliono con suoi ingcgni giugnicrc Ic lodc dclla bcllczzu, ivi
facilc loro adverrä, che non quaic cercaao bellezza con tanta
faticha troveranno, ma certo piglieranno sue pratiche non buone,
quali poi ben volendo, mai patranno lassare; ma chi da essa
natura ausera prcnderc qualunque facci cosa, costui rcndera
sua mano si exercitata, che sempre qualunque cosa farä, parrä
tratta dal naturale.
Qual cosa quanto sia dal pictore a ricercarUy si pu6 in«
tenderc, ove poiche in una storia sarä uno viso di qualche conos-
ciuto et dcgnio huomo, bene che ivi sieno altre hgure di arte
molto piü che queste perfette et grate, pure quel viso conos-
ciuto ad se in prima trarrä tutti Ii occhi di chi la storia ra-
guardi. Tanto si vede in se tiene forza ciö, che sia ritratto dalla
natura. Per questo sempre ciö, che vorremo dipigniere, piglie-
remo dalla natura, et sempre torremo le cose piü belle.
Ma guarda non fare come molti, quali imparano diseg-
niare in picciole tavolelle; voglio, tc cxcrciti disegniando cose
grandi, quasi pari ai ripresentare la grandezza di quello, chettu
disegni ; perö che nei piccioli disegni facile s*asconde ogni gran
vitio, nei grandi molto i bene minimi vitü si vcggono.
Scrive Gallieno medico avere nei suo' tempi veduto scol-
pito in uno anello Phaeronte, portato da quattro cavalli, dei
quali suo freni, petto et tutti i piedi distinti si vedeano. Ma i
nostri pictori lassino queste lode alli scultori delle gemme;
loro vero si spassino in campi maggiori di lode qui saprä ben
dipigniere una gran hgura, molto facile in uno solo colpo
poträ quest' altre cose minute ben formare; ma chi in questi pic-
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l 54 LEONE BATTIS TA ALBERTPS DREI BÜCHER ÜBER DIE MALEREI.
kleinen Schnickschnack seine Hand und seinen Geist abgenutzt
haben wird, der wird leicht irren in grösseren Dingen.
Das NachbilJca i ■ i- i-- 1 , ■ ■ ■ ,
der Werke An- biHigc copiren die iMguren anderer Maler, indem sie da-
anzurathen; f:c- bei jene Anerkennung suchen, welche dem Bildhauer Kaiamis
»Cllicllt CS ddCll, I , , , 1 • 1 I
so ist CS besser gtispendet wurde, von welchem man berichtet, dass er zwei
Bildwerke als , . ,. , , 1 -y^ 1 • t
Malereien zu CO- "ebener ciselirte, in welchen er den /cnodoros so copirte , dass
man keinen Unterschied zwischen diesem und jenem wahrnahm(t)(') ).
Dem entgegen meine ich, dass unsere Maler sicherlich stark
irren, wollen sie nicht einsehen, dass wer da malt, sich bestre-
ben müsse, dir eine Sache darzustellen, die du gleichsam von
der Natur selbst in unserem oben genannten Schleier gefällig
und richtig gemalt sehen kannst. Wenn es dir aber durchaus
zusagt, Werke Anderer zu copiren, weil sie mit dir mehr Ge-
duld haben als lebende Wesen, so erscheint es mir genehmer,
eine mittelmässige Sculptur als eine ausgezeichnete Malerei zu
copiren , da du im ersteren Falle nichts gewinnst als die Aebn-
lichkeit zu treffen, im letzteren Falle aber du es lernst neben
der Aehnlichkeit auch noch die richtige Beleuchtung herauszu-
finden und sie darzustellen. Um diese richtige Beleuchtung
herauszufinden, wird es von Vortheil sein, die Augen halb zu
schliessen und die Schärfe des Blickes mittels der Augenbrauen
herabzusetzen, so dass man die Lichter gcdiimpft und gleich-
sam wie durch einen Schleier sieht. Dann wird es vielleicht
von grösserem Vortheil sein, sich (zuerst?) im Modclliren als
im Zeichnen zu üben; wenn ich nicht irre, so ist die Sculptur
bestimmter als die Malerei; selten wird es Jemand geben, der
irgend einen Gegenstand richtig zu malen verstünde, ohne jede
einzelne Hervorragung an demselben zu kennen, zu dieser Kennt-
niss kommt man aber viel leichter bildend als malend. Es diene
als passender Beweis, dass uns fast in jedem Zeitalter einige
mittelmässige Bildhauer begegnen, du aber fast keinen Maler
findest, der nicht durchaus bis zur Lächerlichkeit ungeschickt wäre.
Was vor und ^^'o^in immer aber man sich Qbe, stets habe man ein
TusnüfrulfJ wohlgewähltes und ausgezeichnetes Modell vor sich, das man
^'SMdhten^fstf'^sch&tiend nachbildet. In der Nachbildung hat- man meinem Da-
fürhalten nach Genauigkeit mit Schnelligkeit zu verbinden.
Niemals nehme man den Stift oder Pinsel zur Hand, ohne vorher
wohl Überlegt zu haben, was zu thun und wie es zu thun.
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DELLA PITTURA DI LEON BATTISTA ALBERTl LLBRI TRE. t 55
doli vezzi et monili arä usato suo mano et ingegnio, costui
facile errerä in cose maggiori.
Alcuni ritranno figure d* altri pictori et ivi cercano lode,
' qiialc iLi data a Calamidc scultorc, quanto rcfcriscono, che
scülpi due tazzc, in quali cosi riirattc cose prima siniili latle da
ZenodorOy che') niuna differenza vi si conosceva. Ma certo, i
nostri pictori saranno in grandi errori, se non intenderanno, che.
chi dipinse^si sforzö ripresentarti cosa, quäle piioi vedere ncl nostro
quatc di sopra dicenimo velo dolcc et bcnc da essa natura dipiiilo.
Et se pure ti piace ritrarre opera d' altrui, perche eile piCi techo
anno patienza, che le cose vive, piü mi piace a ritrarre una medio-
cre sculptura che una optima dipintura ; perö che dallecose dipinte
nulla piü acquii>ti che solo sapere asimiliarteli, ma dalle cose
scolpite impari asimiliarti et impari conoscere et ritrarre i lumi.
Et molto giova a gustare i lumi, sobchiudere V occhio et stri-
gniere U vedere coi peli delle palpebre ad dö che ivi i lumi si
veggano abacinati et quasi come in intersegatione dipinti. Et
forse piü sara utile cxercitarsi al rilievo che al disegnio. üt s'
o non erro, la sculptura piü stä certa che la pictura et raro
saräy chi possa bene dipigniere quella cosa, della quäle elli non
conosca ogni suo rilievo; et pio facile si truova il rilievo scol-
pcndo che dipigniendo. Sia queslo arj^onicnto aclo, quanto veg-
giamo, che quasi in ogni heta sono stati alcuni mediocri sculp-
tori, ma truovi quasi niuno pictore, non in tutto da riderlo et
disadatto.
Ma in quäle ti exerciti^ sempre abbi inanzi qualche ele-
gante et singulare essempio, quäle tu rimirando ritria; et in
ritrarlo giudico, bisogni avere una diligenza congiunta con
prestezza. Che mai ponga lo stile o suo pennello se prima non
bene con la mente arä^ constituito quello, che elli abbi afiiBtre
') Fehlt bei B.
3) Bei B.: »se prima con la mente nun ara" etc.
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1 36 LEONE BATTISTA ALBERTI'S DREI BÜCHER UBER DIE MALEREI.
weil es sicher viel weniger heikel ist, die Fehler im Geiste zu
corrigiren i\\s sie aus dem Bilde auszukratzen. Desgleichen wird
es sich ereignen, dass wir, falls wir uns gewöhnten, nichts ohne
frühere Ucberlegung zu thun, viel schnellere Maler sein werden,
als jener alte Maler Askicpiodoros, der schneller als alle Anderen
gemalt haben soll (67). Der durch Uebung in feurige Regsam-
keit gebrachte Geist zeigt sich schlagfertig und durch keine
Schwierigkeiten aufgehalten in der Durchführung^ und jene Hand
folgt am schneUsten, welche nach bestimmtem Plane vom Geiste
geführt wird. Findet man einen trSgen Künstler» so wird dieser
desshalb so trfige sein, weil er langsam und ängstlich das zu
thun versuchen wird, was er vorher seinem Geiste nicht bekannt
und klar machte.
Und indem er sich so in jener geistigen Finsterniss be-
findet, wird er gleichwie der Blinde mit dem Stock, mit seinem
Pinsel bald nach diesem, bald nach jenem Wege tasten. Dess-
halb lege man nicht anders als «elbewussten und wohlgeschulten
Geistes Hand an das Werk,
Einseitigkeit des Weil aber das Geschichtsbild die höchste Leistung des
Könnens ist ^
megiicbtt ztt Malers ist, hier aber jedwede Fülle mit Gcwahllheit in den Dingen
beseitigen. ' ^
gefordert ist, so ist es nothwendig, dafür zu sorgen, nicht blos
den Menschen allein richtig zu malen zu wissen, sondern auch
Pferde, Hunde und alle anderen Thiere und alle anderen sehens-
würdigen Gegenstände. Dies ist nothwendig um der Lcbensfülle
unseres Geschichtsbildes wegen, eine Sache, die, wie ich dir bekenne,
von höchstem Belang ist. Und wenn es von den Alten nicht leicht
Jemandem zugestanden wurde, dass er in allen Dingen, ich sage
nicht ausgezeichnet aber doch mittelmässig sei, dennoch behaupte
ich, müssen wir uns bemühen, dass wir nicht durch eigene Nach-
lässigkeit jener Dinge entbehren, die, erworben, Anerkennung
bringen, vernachlässigt, uns aber Tadel lassen. Der athenäische
Maler Nikias malte Frauen besonders sorgsam. Heraklides wurde
in der Schiffsmalerei gelobt. Serapion konnte keine Menschen
malen, alles Andere malte er treffÜch. Dionysios konnte nichts
Anderes als Menschen malen. Jener Alezandros, welcher den
Portikus des Pompejus malte, malte besser als alles Andere
Thiere, besonders Hunde. Aurelius, welcher immer verliebt war,
malte nur Göttinnen, welchen er die Züge seiner jeweiligen
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DELLA PTTTDRA DI LEON BATTISTA ALBERTI UBU TRE. t Sj
et in che modo abia a condurlo; chö ceito piü sarä sicuro
emendare Ii errori colla meate, che raderli dalla picnira. Et
ancora, quando saremo asati affare nuUa senza prima avere or-
dinutü, interverraci che molto piü che AscHpiodoro saremo
pictori velocissimi, quäle uno antiquo pictore dicono fra Ii altri fu
dipigniendo velocissimo. Et V ingegnio mosso et riscaldato per
exercitatione, molto si rende pronto et expedito^) al lavoro; et
quella mano scguita velocissimo, qualc sia da ccrta rai^iuiic d'
ingegnio ben guidata. Et se alcuno si troverä pigro artetice,
costui per questo cosl sara pigro, perchö lento et temoroso ten-
terä quelle cose, quäle non arä prima fatte alla sua mente co-
nosciute et chiare.
Et mentre che s' avolgerä fra quelle tenebre de' errori et
quasi come il ciecho con sua bacchetta, cos\ lui con suo pen-
nello tasterä questa et quell' altra via ; pertanto mal se non con
ingegnio scorgente bene erudito, mai porrä mano a suo lavoro.
Ma poiche la istoria e summa opcra del pictore, in qualc
del essere ogni copia et ekgantia di tutte le cose, conviensi
curare, sappiamo dipigniere non solo uno huomo, ma ancora
cavalli, cani, et tutti altri animali et tutte altre cose degnie d*
essere vedute. Questo cosl conviensi per bene fare copiosa la
nostra istoria, cosa qual ti confesso grandissima. Et ad chi si
fusse da Ii antiqui non molto concessa, che uno in ogni cosa,
non dico, excellente (iisse, ma mediocre, detto, pure affermo,
dobbiamo sforzarci, che per nostra negligentia quelle cose non
manchino , quäle acquistate rendono lüde et neglette lassano
biasimo. Nitias Atheniesc pictore diligente dipinse lemmine;
Eradides fu lodato in dipigniere navi; Serapion non potea
dipigniere huomini, altra qual vuoi cosa molto dipignea bene;
Dionisio nulla potea depigniere altri che huomini; Alexandro,
quello il quäle dipinse il portico di Pompeo, sopra Ii altri bene
>) Bei B.: „se experto".
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1 58 LEONE BATTISTA ALBERTFS DKEI BÜCHER ÜBER DIE MALEREI.
Geliebten gab. Phidias um (besser) die Majestät der Götter
auszudriickeiiy gab sich in nichts mehr Mühe, als die Schönheit
der Männer nachzubilden. Euphranor befliss sich besonders die
Würde der Heroen zum Ausdruck zu bringen und hierin über-
traf er alle Anderen (68). So besitzt also nicht Jeder gleiche
Fähigkeiten; doch wenn auch die Natur jedem Geiste seine
besondere Mitgift gab, so sotten wir doch mit denselben uns nicht
in solchem Masse begnügen, dass wir es aus Nachlässigkeit zu
versuchen unterjassen, wie viel wir noch ausserdem durch eigenen
Eifer vermögen. Es kommt uns zu, die Gaben der Natur durch
Eifer und Uebung fortzubilden und sie so Tag um Tag grösser
zu machen, und ingleichen ist es unsere Pflicht, nicht das zu
vernachlässigen, dessen Besitz uns Ehre einbringen könnte.
Wenn wir nun vorhaben, ein Geschichtsbild zu malen, so
werden wir zuerst bei uns bedenken, welche Art der Anordnung
hier die schönste wäre, und wir werden zuerst unsere Entwürfe
und Skizzen machen von dem ganzen ßiide sowohl wie von
Weitcrc Vor- dcsscii Thcilcn, dann werden wir alle Freunde rufen, um uns
hallimssmass-
re«ciii während mit ihnen darüber zu berathen. So werden wir uns es ance-
des bchartens.
leiten sein lassen, jede Einzelheit vorher in uns wohl bedacht
zu haben, derart, dass in dem ganzen Werke nichts vorkom-
men wird, von dem wir nicht wüssten, wie es zu machen und
wo es zu postiren sei. — Und um sicherer vorzugehen, werden
wir uns unsere Skizzenblätter mit Parallelen beschreiben, um
dann von unseren Skizzen, als gleichsam unseren Privat -Auf-
zeichnungen, Ort und Lage jedes einzelnen Dinges für unsere
für die Oeffentlichkeit bestimmte Arbeit zu entlehnen. In der
Durchführung des Bildes werden wir jene Schnelligkeit der
Arbeit verbunden mit Sorgfalt haben, welche Ekel oder Ueber-
druss von der Arbeit fernhält; doch werden wir auch jene Hast,
fertig zu werden fliehen, welche uns eine Arbeit liederlich ver-
richten lässt. Manchmal ist es dann nöthig, die Arbeit zu unter-
brechen, um den Geist zu erfrischen. Es ist auch nicht vortheil-
haft — wie es Einige thun — mehrere Werke zugleich in
Arbeit zu nehmen, heute dies beginnen und morgen jenes, ohne
das erstere vollendet zu haben; welches Werk man einmal be-
gonnen, das vollende man völlig. Als Jemand dem Apelles
ein Bild zeigte mit den Worten: dies habe ich iicute zu Stande
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DELLA PTTTÜRA Dt LEON BATTISTA ALBERTI LIBM TBE. | Sg
diptgniea animali, massime cani; Aurelio che sempre amava^
solo dipignienäo Dee, ritraeva i loro visi quali esso amava;
l'idias in dimostrare la macstri dclli iddij, piü dava opcra che
in seguirc la bcllezza delli huomini; Eufranore si dclcttava cx-
primere la dignitä de' signiori et in questo avanzö tutti Ii altri.
Cos) ad ciascuno Su non equali facultä; et diede la natura ad
ciascuno ingegnio sue proprie dote, delle quali non perö intanto
dobiamo csscrc content!, che per negligentia lassiamo di ten-
tare, quanto ancora piCi oltre con nostro studio possiarao. Kt
conviensi cultivare i beni della natura con studio et exercitio
et cos\ di d) in d\ farle niaggiori; et conviensi per nostra negli-
gentia nuUa pretennettere, quäle ad noi possa retribuere lode.
Et quando aremo a dipigniere storia, prima fra noi molto
penseremOy qual modo et quäle ordine in queila sia bellissima ;
et faremo nostri concepti et modelli di tutta la storia et di
ciascona sua parte prima; et chiameremo tutti Ii amici a con«
sigliarci sopra adciö. Et cosi ci sforzcrcmo avere ogni parte in
noi prima ben peosata, tale che nella opera abbi a essere cosa
alchuna, quäle non intendiamo ove et come debba essere fatta
et conlocata. Et per meglio di tutto avere certezza seguieremo
i modelli nostri con paralleli , onde nel publico lavoro torremo ,
da i nostri congetti quasi come da privali commentarij ogni
stantia et sito delle cose. In lavorare la istoria aremo queila
prestezza di fare congiunta con diligentia, quäle ad noi non
dia fastidio o tedio lavorando; et fuggereroo queila cupiditä
di finire le cose, qualc ci facci abboracciarc il lavoro. Et qual-
que volta si conviene interlassare la fatica del lavorare, ricre-
ando r animo. giova fare come alcuni intraprendere piü
opere, cominciando oggi questa et domani quest* altra, et cos\
lassarle non perfette ma qual pigli opera questa renderla
da ogni parte compiuta. Fu uno ad cui Apelles rispose, quando
I) Bei ß.: nlasarla imperfetta**.
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1 6o LEONE RATTISTA ALBERTFS DREI BOCHER ÜBER DIE MALEiOEl.
gebracht, antwortete dieser: Es würde mich nicht wundern/
auch wenn du mehrere dieser Art zu Stande gebracht hättest (69).
Ich kannte einige Maler, auch Bildhauer, Rhetoren und Poeten —
wenn es in unserem Zeitalter Rhetoren und Poeten gibt —
welche mit glühendstem Eifer ein Werk begannen, dann nach-
dem diese Glut des Geistes erkaltet , das begonnene Werk un-
vollendet verliessen und sich mit neuer Gier auf andere Gegen-
stände warfen. Sicherlich tadle ich so beschaffene Menschen,
weil, wer immer will, dass seine Werke den Nachkommen wohl-
gefällig und willkommen seien, vorher wohl bedenken muss,
was er zu thun hat, und dies dann mit grosser Sorgfalt der
völligen Vollendung zufQhre. In nicht wenigen Dingen schStzt
man die Sorgfalt höher als das Talent; doch fliehe man auch
die Scrupulosität Jener, in deren Händen ein Werk früher alt
und schmutzig als vollendet wird, und dies dcsshalb, weil sie
wollten, dass dasselbe völlig fehlerfrei und allzu gefeilt sei. —
Die Alten tadelten den Maler Protogenes, dass er nicht wüsste,
wann er die Hand von seinem Bilde zu entfernen habe (70).
Und dies mit Recht ; denn obgleich es unsere Pflicht, wie gross
immer unsere Begabung, auf die Ausführung eines Werkes alle
unsere Sorgfalt zu wenden, so scheint es mir doch mehr das
Zeichen eines hartnäckigen und bizarren als eines sorgßUtigen
Menschen zu sein, in allen Dingen das UnmÖghche zu wollen.
Also massvolle Sorgfalt wende man auf die Dinge und man
ziehe die Freunde zu Rathe, und während man malt, öffne man
Jedem, der da kommt und höre Jeden, — Das Werk des Malers
sucht das Wohlgefallen der ganzen Menge, also verachte man
auch nicht das Urthetl und die Meinung der Menge, solange
es noch möglich ist, ihrer Meinung entgegen zu kommen.
Man berichtet, dass Apelles hinter einer Tafel verborgen — da-
mit jeder freier ihn tadeln und er schicksamer zuhören konnte —
anhörte, was ein Jeder lobte oder tadelte (71). So will auch ich,
dass unsere Maler offen fragen und Jeden hören, der ein Urtheil
abgibt; es wird ihnen dies nützen, Gefallen zu erwerben. Es
gibt Niemand, der es nicht für eine Ehre hielte, seine Mei-
nung über die Arbeit eines Anderen zu äussern. Auch scheint
es mir wenig zweifelhaft, dass Neider und Verkleinerer der An-
erkennung des Malers Eintrag thun könnten. Stets lag jeder
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DELLA PITTURA DI LEON BATTISTA ALBERTI LIBRI TRE. 1 6 1
Ii mostrava una sua dipintura, dicendo: oggi feci questo
disseli ^non me ne meraviglio se bene avessi piü altre simili
fatte'*. Vidi io alcuni pictori et sculptori, ancora rectorid et
poSti — se in questa etä si truovano rectorid o po€d — con
ardenrissiniü studio darsi a quaklie opcra , poi frcddato qucllo
ardure d' ingcgnio, lassano 1' opera cominciata et rozza et con
nuova cupiditä si danno a nuove cose. Jo certo vitupero cos\
fatti huomini; perö che qualunque vuole le sue cose essere
ad chi dope viene grate et acepte, conviene prima ^ bene pensi
quello, che elli ä afifare et poi con molta diligenza il rcnda
bene perfetto. Ne ') in poche cose piü si pregia la diligenza che 1'
ingegnio; ma conviensi fuggire quella decimaggine di coloro,
i quali volendo ad ogni cosa manchi ogni vitio et tutto essere
iroppo pulito, prima in loro man! divcnta 1' opera vecchia et
sucida che hnita. Biasimavano Ii antiqui Protugcnc pictore, che
non sapesse levare la mano d* in su la tavola. Meritamente
questo; perö che ben che si convenga sforzare, quanto in noi
sia ingegnio, che le cose con nostra diligenza steno ben fattc; pure
volerc in tuttc le cose piü che atte non sia possibile, mi pare
atto di^pertinace et bizarro non d' huomo diligente. Adünque
alle cose si dia diligenza moderate et abbist consilio ddli amici;
et dipigniendo s* aprä a chiunque viene et odasi ciascuno.
Opera dcl pictore cerca essere grata a tutta la moltitudinc,
adunque non si spregi il giudicio et scntcnzia della moltitudine,
quando ancora sia lidto satisfare alloro oppinione. Dicono che
Apelles, nascoso drieto alla tavola, addö che dascono potesse
piü libero biasimarlo et lui') piü honesto udirto, ndiva quanto
ciascuno biasimava o lodava. Cosi io vogliu, i noslri pictori
apertamente domandino et odano ciascuno quello che giudichi;
et gioveralli questo ad acquistare gratia. Niuno si truova, il
<) Bei B.: .loro".
>) Bei B.: „Ma**.
Quellenschriften f. Konstgescb. XL 1 1
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1 62 LEONE BATTISTA ALBERTTS DREI BÜCHER 0BER DIB MALEREI.
Vorzug eines Malers offen : Zeugen aller seiner Vorzüge sind
die Dinge, die er gut gemalt haben wird. Also: man höre
einen Jeden, präge sich Alles wohl ein, überdenke es und ver-
bessere es bei sich; und hat man Jeden gehört, dann glaube
man den Erfahrenen. Dies hatte ich über das Wesen der
Malerei zu sagen; zeigt es sich von Vortheil und Nutzen für
die Maler, so fordere ich blos dies zum Lohne meiner Mühen,
dass sie in ihren Gemälden mein Bildniss anbringen zum Zeichen
ihrer Dankbarkeit und zum Zeugniss, dass ich mich um die Kunst
bemühte (72). Wenn ich aber ihren Erwartungen weniger ent-
sprach, so mögen sie mich doch nicht tadeln , dass ich den
d!» Werkel!'" ^"th hatte eine so grosse Sache zu unternehmen. Wenn mein
Talent nicht ausreichte, das zu vollenden, was Ehre war zu
versuchen, so pflegt doch schon allein das Wollen in grossen
und schwierigen Dingen löblich zu sein. — Vielleicht kommen
nach mir, welche die von mir begangenen IrrthÜmer berichtigen
und den Malern' in dieser erlauchten- und ausgezeichneten Kunst
mehr als ich hilfreich und nützlich sein werden; diese — wenn
es solche je geben wird — bitte ich und bitte ich abermals,
sie mögen meine Arbeit, in der auch sie ihre geistige Kraft
erproben , unbefangenen und bereitwilligen Geistes entgegen«
nehmen und diese hochedle Kunst zu einer wohl geleiteten
machen.
Ich jedoch werde es mir zur Freude anrechnen, zuerst
diese Palme in Besitz genommen, es gewagt zu haben, diese
feine und hochedle Kunst schriftlich zu behandeln. Konnte ich
bei so schwierigem Wagniss nur wenig der Erwartung der
Leser entsprechen, so mögen sie nicht minder als mich die
Natur anschuldigen, welche dieses Gesetz allen Dingen auf-
erlegte, dass man keine Kunst oder Wissenschaft findet, deren
Anfänge nicht mit Irrtbümcrn behaftet gewesen wären : niemals
findet man Entstehen und Vollendung vereint.
Wer mir folgen wird, der wirdy falls er mich vielleicht
an Eifer und Begabung Überragt, nach meiner Meinung, die
Kunst der Malerei zu ihrer letzten Vollendung führen.
Ende des drinen (und letzten) Buches.
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DELLA prmntA DI LEON BATTISTA ALBERU LIBKI TRfi. 163 .
quäle non estimi bonore, porre sua sententia neUa fatica altrui.
Et ancora poco mi pare da dubitare, cbe Ii invidi et detrattori
nuocano alle lode del pictore; sempre fu al pictore ogni sua
lode palese et sono alle sue lode testimoni cose, quäle bene
arä dipinte. Adunque oda ciascuno et iaprima tutto bene pensi
et bene seco ghastigbi; et quando arä udito ciascuno, creda ai
piü periti. Ebbi da dire queste cose della pictura, quali se
sono commode et utili a pictori, solo questo domando in pre-
mio .delle mie fatiche, cbe nelle sue istorie dipingano il viso
mio ad ciö dimostrino se essere grati et me essere stato
Studioso deir arte. Et se meno satisfeci alle loro aspettationi,
non perö vituperino me, se ebbi animo traprendere materia si
grande; et se il nostro ingcgnio non ä potuto finire qucllo che
fu laude tentare, pure solo il volere nei grandi et difficili fatti
suole essere lode. Forse dopo me sarä, cbi emendera e nostri,
scritti errori et in questa degnissima et prestantisstma arte
saranno piü che noi in ajuto et utile ad i pictori, quäle io, sc
mal alcuno sarä, priego et molto ripriego, piglino questa fatica
con animo lieto et pronto in quäle esserdtino suo ingegnio
et rendano questa arte nobilissima ben govemata.
Noi perö ci repuleremo ad vokiptä primi avere presa
questa palma, d' avere ardito commendare alle lettere questa
arte sottilissima et nobilissima. In quaie impresa difiicilissima,
se poco abbiamo potuto satisfare alla expettatione di chi ci ä
letto, incolpino la natura non meno che noi, quäle impose
questa legge alle cose, che niuna si truovi arte, qualc non
abbia avuto suoi initij da cose mendose: Nulla si truova insieme
nato et perfetto,
Chi noi seguira, se forse sarä alchuno di studio et d'
ingegnio piü prestante che noi, costui quanto mi stimo, farä
la pictura absoluta et perfctta.
Fiais, laus deo, die XVil. mensis Julii MCCCC 36.
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L. B. ALBERTI
ÜBER DAS BILDWERK.
0
LEONE BATTISTA ALBERTI
DEM JOH. ANDREAS. BISCHOF VON ALERIA
BESTEN GRÜSS.
Dass dir meine beiden Werkchen „De Pictura** und „De
Elementis picturae" gefallen haben , macht mir grosse Freude.
Erachte ich es doch mit als • Lohn meiner Mühen, wenn die
Früchte derselben deine Billigung erfahren, und dies ganz be-
sonders desshalb, weil du dich, trotz aller Liebe zu mir, in
deinem Urthcil hier wie anderwärts dennoch nicht mehr durch
diese, als durch die Schuldigkeit des unbefangenen Gelehrten
bestimmen lassest. — So hoffe ich denn, dass du auch dies
dritte Werkchen, welches ebenso sehr auf den bildenden
Künstler als auf das Thun des Architekten Bezug nimmt, mit
Vergnügen lesen wirst. — Es erörtert und zeigt nämlich, nach
welcher Methode du dir nach bestimmten Anmerkungen und
Messungen einen Koloss aufrichten könntest. Ich bitte dich um
ein genaues und ernstes Urtbeii Über dies Schriftchen; wenn du
irgend etwas finden solltest, was du in minderem Grade bil-
ligst, so verbessere und verändere es nach völlig freiem Belieben,
ja lösche es geradezu weg. Keinen von den Zeitgenossen kenne
ich, dem ich in meinen Arbeiten mehr zu gefallen wünschte,
als dir. Ausserdem schreiben wir das, was wir schreiben, nicht
für uns, sondern für die Menschheit, der du so — wenn du
als mein Führer und Helfer etwas förderst — thun wirst, was
sich für dich ziemt.
Lebe wohl.
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LEO BAP. ALBERTUS JOANNI ANDREiE EPO
ALERIEN. S. P. L')
Mea tibi placuissc opuscula, id quod de pictura et id qiiod
de elementis picturae inscribitur, vehementer gaudeo. Juditio eoim
probari tuo ad fructum laborum meorum deputo, idque prseseitiin,
quod, etsi me ames, tarnen hoc scio, non amore magis te, quam
intcgcrrimi doctissimi viri officio solere in hujusmodi atque in
caetcris omnibus rebus proferrc quid censeas. — Tertium hoc item
opusculum, quod non magis ad pictorem quam ex multa parte
ad architecti ingenium pertineat, spero futurum ut legas cum
voluptate. Colossum enim qua ratione notis et certis dimensio-
nibus possis astruerc disquirit atque dcmonstrat. Pcto a te
censoria tua circa litteras gravitatc et diligentia. Si quid oti'en-
derisy quod minus prebes, liberrime id ad arbitrium emendes,
immutes, demum oblitteres. Nemo est omnium hac State cui
mea icque atque tibi esse non ingrata cupiam. Praeterca
quae scribimus, ea nos non nobis sed humanitati scribimus, cui
tu, et ductor meus et coadjutor, si quid attuleris, facies quod
te deceat.
Vale.
Die Widmung fehlt In jeder anderen Handschrift.
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•
I
ÜBER DAS BILDWERK.
Ursprung d«r Die Kttnste Jener, welche darauf ausgeben, die von der
KuDKt. ^gtm. geschaffenen Körper künstlich ab- und nachzubilden,
haben meiner Meinung nach ihren Ursprung in Folgendem gehabt.
Man sah nämlich vielleicht an einem Baumstumpf, einer Erd-
scholle oder einem anderen leblosen Körper dieser Art einige
Lineamente, welche nach geringer Veränderung irgend etwas
darstellten, was der äusseren Gestalt eines wirklichen Natur-
dinges sehr glich. — Indem man Solches also bemerkte und
mit grosser Sorgfalt erwog, begann man zu versuchen, ob man
nicht dort und da hinzufügen oder wegnehmen und nicht (so)
erlangen könne, was noch zu fehlen schien, um ein völliges
Ebenbild vor sich zu haben. So erreichte man denn, Linien
und Flächen verbessernd und vervollkommnend, soweit die
Sache selbst es forderte, das Erstrebte; und dies wahrlich
nicht ohne Vergn&gen« Zweifellos wuchs von da an von Tag
zu Tag die Fähigkeit der Menschen, Abbilder zu gestalten, bis
dass sie jedes beliebige Abbild hervorzubringen vermochten,
auch wenn die Hilfe mangelte, die ersten Umrisse dazu in
irgend einem Stoffe schon vorgebildet zu schauen,
bintheiiung Doch lemteu die Einen dies nicht auf demselben Wege
K^fnsic'imenge- erreichen wie die Anderen. Die Einen nämlich, vwe z. B. die,
welche in Wachs und Thon arbeiten, bringen das angestrebte
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DE STATUA. ')
Artcs eorum, qui ex corporibus a natura procreatis etfi-
gies et simulacra suum in opus promere aggrediuntur oms
hinc fuisse arbitror. Nam ex trunco glebave et hujus modi
mutis ^ corporibus forcassis atiquando intuebantur lineamenta
nonnuUa, quibus paululum immutaüs pcrsimile quidpiam vcris
naturae vultibus redderetur Coepere id igitur animo adverten-
tes atque adnotantes adhibita diligentia tentare conarique pos-
sentne illic adjungcrc, adimereve atque ^) perfinire, quod ad
vcram simulacri speciem comprehendendam absolvendamque
deesse videretur. Ergo quantum res ipsa admonebat lineas su-
perficiesque istic emendando expoliendoque institutum adsecuti
sunt, non id quidem sine voluptate. Hinc nimirum studia ho-
minum similibus efliciundis in dies cxercucrc quoad ctiam ubi
nuUa inchoatarum similicudinum adjumenta in prsstita^) materia
intuerentur,ex ea tarnen ^) quam collibuisset efBgiem exprimerent.
Sed via alii alia non (id) eadem assequi didicere. Namque
hi quidem cum additamentis, tum ademptiombus veluti qui
Cod. R. 927: „Breve compendium de componenda statua'*.
^ Cod. R. 767: lyingrediuntur".
*) Id: „multis".
*) Id: ,,adiinere ne ac*'.
») Id: ,,pristin«"
^ Id: „tarn quam**.
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170
LEONE BATTJSTA ALBE^TI ÜBER DAS BILDWERK.
Werk ebensowohl durch Hinzugeben wie durch Hinvvegneh-
men zu Stande; diese werden von den Griechen wXao-Ttxs?
von uns „Bildner" genannt werden. Andere bringen es nur
durch Wegnehmen zu Stande, wie z. B. die, welche durch Ab-
schlagen des Ucbcrflüssigen die gesuchte, in einem Marmorblock
(potentiell) vorhandene und verborgene menschliche Figur an
das Licht fördern. Diese nennen wir Bildhauer; ihnen ver-
wandt sind wohl die, welche die Umrisse eines in dem Steine
eines Siegelringes verborgenen Kopfes durch Graviren zur Stelle
schaffen. Eine dritte Gattung derselben bilden die, deren Thä-
tigkeit sich auf Hinzugehen beschränkt, wie dies bei den Sil-
berarbeitern der Fall ist, welche das Erz durch Schläge mit
dem Hammer ausdehnen und so der Grösse der Gestalt bestän-
dig etwas hinzufügen, bis dass sie jedes beliebige Bild hervor-
gebracht haben (74). Hier dürften nun vielleicht Einige meinen,
dass auch die Maler hierher gezählt werden müssten, und dies
desshalb , weil es in deren Gebrauche liegt, Farben nebenein-
ander zu stellen; wenn du aber nachdenken würdest, so sähest
du ein, dass sie nicht so sehr durch Hinzufügen oder Hinweg-
nchmcn, als mittelst anderer ihnen ganz eigener Kunsttechnik.
bemüht sind, jene Linien und F^arben eines Körpers nachzu-
ahmen, welche derselbe ihrem Auge darbietet. Doch über den
Maler anderwärts. Die jedoch, welche ich aufzählte, streben Alle,
wenn auch auf verschiedene Weise dahin, dass die in Angriff
genommenen Werke für den Beschauer so sehr als möglich
den eigentlichen Naturkörpern ähnlich erscheinen; hierin aber
würden sie zweifellos weniger und immer weniger irren und
erreichen, dass ihre Werke durchaus als tüchtig anerkannt
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LEONIS BAPnSTAE ALBEBTl DE STATUA.
171
caera et creta qoos Greci'ffXoTTtxeCy nostri scultöres^) ap-
pellant, institutum perficere opus prosecuti sunt. AlH solum
dctrahcntes vcluti qui supcrflua discuticndo qua.'sitani ho-
minis iiguram intra marmoris glebam indicam atque abscondi-
tam producunt in lucem. Hos quidem sculptatores ^ appel-
lamus, quibus fortassis cognati sunt, qui sigillo interlitescentis
vultus lincamcnta ex cavationibus cruunt. ') Tcrtium gcnus corum
est, qui solum addendo operantur, quales argen tarii sunt, qui
aera -percudientes ^) malleo atque eztendentes ampiitudini formae
continuo aliquid adjiciunt, quoad quam velis effigiem produxe-
rint. Erunt qui forte istic addcndos censeant pictorcs , ca re
quod coioris appositionibus utantur; sed si cogites eos in-
telliges, non tantum addendo aut diminuendo, quam suo quodam
alio et proprio artifido eniti, ut, quaesub aspectu posita intueantur,
corporum lineamenta et lumina imitcntur. Verum de pictore alibi.
Hi quidem quos reccnsui, manu tamctsi varia, omncs tarnen una
tendunt eo, ut quae inclioarint ^) opera (quoad in se sit) veris
naturs corporibus persimillima esse intuentibus appareant. Quam
rjsm quidem, apud nos si recta et nota peterent ratione et via"),
Cod. R. 767: ^pictorcs" siciicrlich vom ersten Copistcn statt pFictores"
gelesen; die spateren suchten sich danti zu helfen und seUten : „sculptore&*',
was dem Sinne der Stelk aber nicht entspricht.
^) Cod. R. 767: «quam sitam"; Cod. R. 937: «qu« suam**.
Cod. 767 und 917: «sculptores**.
Die Worte: «ex cavationibus eruunt" fehlen im Cod. 767.
>) Cod. 767: apercutientes**.
>) Id: „rogites'*.
^ Id: „corporis**.
^ Id: „inchoarent**.
*) Cod. R. 767 und 927 : „quam rem tjuidcm si rcctam et notam apud
nos peterent rationem et viatn" etc.
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172
LEONIS BATTISTA ALBERTI ÜBER DAS BILDWERK.
würden, wenn sie sich bei uns richtige und erprobte Regel und
Lehre holten.
Diejechoik Was meinst du? — Werden die Zimmerleute nicht Win-
muM durch eine
^^iMie'geieitet' ^^^'^^^^y Richtschnufy Richtblei, Setzwage und Zirkel haben,
win* unter deren Lenkung und Leitung sie Winkel und Flächen und
Abgleichungen bestimmen und abgrenzen, in Folge dessen sie
ihr Werk auf ganz bequeme Weise fehlerfrei ausführen? —
Der Bildhauer aber sollte so rühmliche und so bewunderns-
werthe Werke ausführen können, mehr durch den Zufall als
durch eine bestimmte und feste Methode geleitet? — Meinem
Dafürhalten nach sind von Natur aus für jede Kunst und. Wis-
senschaft gewisse Principien, Vortheile und Regeln vorhanden;
wer diese durch Aufmerksamkeit wahrgenommen und tür sich
benützt haben wird, der wird seine Absicht seinem Vorhaben
entsprechend auf das Schönste erreichen. Denn gleichwie die
Natur in einem i3aumstumpf oder einer Erdscholle — wie wir
sagten — darthat, wie du es anzustellen, dass irgend etwas
durch deine Kraft ihren Werken ähnlich werden konnte, so
existirt ebenfalls von Natur aus etwas Leichtes und Bequemes,
wodurch du bestimmte und feste Mittel und Normen erhältst,
vermöge deren Kenntniss du auf angemessenste und geeignetste
Weise die höchste Schönheit an dem bestimmten Kunstwerk
erreichen kannst. Welches diese bequemen und nothwendi-
gen Mittel aber sind, die voü der Natur den Bildhauern dar-
geboten werden, damit sie ihr Werk auf das Beste vollenden
können, ist nun auseinanderzusetzen.
Da sie (die Bildhauer) aber nach Aehnlichkeit trachten,
'^''''''^^^"''Pf' >'tso ist zuerst von der Aehnlichkeit zu handeln. Ich könnte mich
der doppelten .
Absicht der hier Über die Ursache der Aehnlichkeiten verbreiten, wieso
Nachbildung. '
es komme, was wir in der Natur bei jedem Lebewesen bestän-
dig beobachtet sehen, dass jedes Einzelne (Individuum) jedem
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LEONIS BAPTISTAE ALBERTI DE STATUA. 173
procul dubio minus et iterum minus errarent assequerenturque,
ut eorum opera omni ex parte ') probarentur.
Quid censes? habebunt ne fabri tignarii normam, perpen-
dicuium, lineam, libeilam, circuluoiy quibus directoribus et
moderatoribus angulos, extensiones, coaequationesque diffinien-
tes et terminantes opus erroribus immune per quod commodis-
sime cxequantur? Statuarius vero tarn pra;clara tarn admirabilia
efficiet opera, casu magis quam certo constantique ductu ratio-
nis? — Sic statuo; cuiusque artis et disciplin« adsunt ^ naturae'')
prindpta quaedam et pi ospectiones et secutiones ') qiuc qui adhi*
bita diligentia advertcrit sibiquc adsumpscrit rem cx instituto
pulcherrime consequetur Quemadmodum enim prestitit ") na-
tura ex trunco — uti diximus — glebaye, ut fieri aliquid posse
a te^) suis operibus simile sentires, ita ab eadem ipsa natura
cxistit promptum habilcquc aliquid, quo tu quidcm modum
mediaque habeas certa et rata, quibus ubi intenderis, facilc
possis a(p)tissime atque accommodatissime summum istius arti-
ficii decus attingere. Qualia autem statuariis praestentur a natura
media commoda et pernccessaria ad opus bellissime periieicndum
exponendum est.
Quando igitur similitudines sectantur, a similitudine ipsa
ordiendum est.') Possem hic de similitudinum ratione disquirere;
') Cod. R. 767: »»procul dubio minus errarent assequercnturque ut
opera eorum ex parte probarentur" etc.
Cod. R. 927: »finsunt**.
^ Cod. R. 767: „natura**.
Id: „profectiones et assecutioneft**.
*) Id: «adsequentur** ; C. R. 957: „consequentur*'.
•) Cod. R. 767: „reatitit".
1) Id: „a se**.
8) Id: „exstitit".
^ Der Salz: ^()u;kuI() iuitur etc." fehlt in C. R. 927 und Mgl. IV. 39,
in Cod. R. 707 wird er mit ^»quum" eingeleitet.
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174 LEONE BATTISTA ALBERTI ÜBER DAS BILDWERK.
Anderen innerhalb derselben Gattung stehenden überaus ähnlich
sei. Andererseits aber wird man in der ganzen Menschenzabi
Keinen finden, dessen Stimme der Stimme, dessen Nase der
Nase u. dgl. von einem der Uebrigen völlig gliche. Füge dem
hinzu, dass du die Gesichtszüge derer, welche wir als Knaben
gesehen, dann als JQnglinge gekannt, und welche selben du als
Männer sahst, jetzt sogar nachdem sie Greise geworden, zwischen
Anderen herauskennst, obgleich die in ihren Zügen durch das Alter
Tag um Tag bewirkte Veränderung sehr gross ist. Daraus geht
hervor, dass an den Formen der Körper etwas ist, was sich im
Laufe der Zeit verändert, etwas aber, das ihm (dem Körper)
völlig angestammt und angeboren ist, wodurch er beständig
fest und unveränderlich in der Gattungsähnlichkeit verharrt;
doch dies zu verfolgen, wäre zu langwierig und vielleicht nicht
zum Gegenstande gehörig. Wir also wollen mit Wc^lassung
alles Uebrigen blos das, was zur begonnenen Erörterung gehört,
auf das Kürzeste abthun. Wenn ich recht deute, so wird bei
den Bildhauern dies Verfahren der Nachbildung von zwei Ge-
sichtspunkten aus bestimmt; der eine davon ist, dass irgend
welches Abbild, wenn es einmal vollendet ist, einem Lebewesen,
hier z. B. Menschen, sehr ähnlich sei. Sehr wenig verschlägt
es dabei, ob es (das Bild) dem Sokrates oder Piaton oder irgend
einem Anderm gleiche ; völlig genug ist, der Anschauung Jener
entsprechend, geschehen, wenn sie erreichten, dass das Werk,
welches sie zu Stande brachten, einem Menschen Überhaupt,
auch dem unbekanntesten ähnle. Anders ist die Richtung Jener,
welche nicht blos den Menschen im Allgemeinen nachzubilden
und darzustellen bemüht sind, sondern die Gesichtszüge und
die ganze Körpergestalt dieses oder jenes, z. B. Cäsar's oder
Caton's, in ihrer ganz bestimmten Art, in bestimmter Ilaltungj
z. ß. zu Gericht sitzend oder vor dem Volke sprechend und
Von der Mcs- in solcher Weise die irgend eines anderen bekannten Mannes.
'"isÄuifr' Solch' doppelter Absicht entspricht — um die Sache in Kürze
darzulegen — ein Doppeltes: die Messung und die Grenz«
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LEONIS BAFTISTAB ALBERTI DE STATUA.
quid ita sit , quod ex natura videmus, eam quidem in quovis
animante perpetao solitam observare, ut eorum quodque sui
gencris quibusque pcrsimillimum sit. Alia ex parte, uti ajunt^)
vox voci, nasus naso, et ejusmodi in toto civium numero similis
reltquoram nuUus invenietur. Adde, et^) vultus eorum, quos
pueros videramusy subinde factos adolescentes cognovimus et
quos eosdem juvenes videris, nunc factos senes etiam, dignoscas,
cum tanta per actatem eos inter vultus secuta in dies lineamentorum
sit *) diversitas: ut statuisse possimus, in ipsis formis corporum
haberi nonnuUa, qua» xnomentis temporum varientur, aliquid
vero insitum atque innatum penitus adesse, quod perpetuo ad
similitudinem gencris constans atque imniutabile perscvcrct,
quas res hic sequi longum et iortasse ab re esset. Nos igitur
csteris omissis solum^) quod ad coeptam eipUcationem faciat
brevissime transigamus. — Captandae similitudinis ratio apud
statuarios — si recte interpretor — destinationibus dirigitur
duabus, quarum altera est ut tandem qualc peregerit simulacrum
animali, huic*') puta bomini, persimillimum sit; Socratis an
Piatonis an cogniti alicujus effigiem, ut referant, id minims
curse') est, satis quidem se fecisse statuentes, si assecuti
sint, ut quod ctTecerint, opus homini vcl ignotissimo assimiletur.
Altera eorum est, qui non tantum homincm, verum hujus istius, •
puta Caesaris, Catonisve, hunc in moduro, hoc habitu, sedentis
pro tribunali aut concionantis, aut eins modi noti alicuius, vul-
tus, totamque corporis faciem imitari exprimereque elaborant.
His duabus destinationibus — ut rem brevissime cxplicem —
duo sunt qus correspondeant : dimensio et 6nitio. De his igitur
Cod. 937: «quod**.
*) Id.: «aut**.
3) Die anderen Codices haben «ut**, was wohl die richtige Lesart ist.
*) «Sit** fehlt in den anderen Codices.
^ „solum** fehlt in Cod. R. 767.
*) Die anderen Codices t^huc**.
^) Die anderen Codices : «id roiniine est**.
«
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176
LEONE BATTISTA ALBERTI ÜBER DAS BIU)W£RK.
beslimmung (75). Lieber diese beiden also ist zu sagen, wie sie
beschaä'en sind, und wer ihrer bedarf zur Durchführung eines
Werkes; doch vorher werde ich darlegen, welche Vortheile sie
überhaupt darbieten.
^ ""^iSScof ^''^ bergen in sich (nämlich) eine ganz wunderbare ja fast
unglaubüche Kraft. Denn wer jene inne haben wird, der wird
sicherlich an jedem beliebigen K5rper die Umrisse desselben, die
Stellung und Lagerung der einzelnen Theile sich mit zuver-
lässigen und festen Zeichen so vermerken können, dass er, ich
sage nicht folgenden Tags, sondern sogar noch nach einem
grossen Weltjahr, den Körper, wenn dieser Überhaupt an dieser
Stelle sich wieder vorfindet, nach Belieben in eine solche Lage
und Stellung wird bringen können, dass kein Theilchen daran
sein wird, welches nicht auf das Genaueste in seine Stellung
zurückversetzt wäre. Wenn du z. B. mit ausgestrecktem Finger
nach dem Mercur-Stcrn oder zu dem eben erst aufsteigenden
Mond wiesest und du wolltest, dass vermerkt werde, in welcher
Höhe sich genau die Spitze deines Fingers und der Winkel des
Ellenbogens und Aehnliches sich befinde: mit unseren Hilfs-
mitteln wirst du dies sicherlich in einer Weise können, dass
auch nicht der geringste Irrthum erfolgt; und man mag durch-
aus nicht zweifeln, dass es so sei. — Wenn es sich dann er-
eignete, dass du vielleicht eine Statue des Phidias mit Wachs
oder Thon so Überdeckt hättest, dass dies Werk zu einer Säule
wurde, so könntest du, unterstützt und geleitet durch die be-
sprochenen Hilfsmittel, behaupten, dass, wenn du bis zu einer
bestimmten Tiefe bohren würdest, du hier die Pupille des Auges,
dort die Kniescheibe und dort den Nabel, und Alles dieser Art
ohne Verletzung erreichen würdest: so gross wird daher deine
klarste Kenntniss aller Linien und Winkel sein und wie weit
diese von einander abstehen oder zusammenstimmen. Anderer-
seits wirst du dir von jedem beliebigen Modelle die Umrisse,
den Saum der Flächen, die Lage der Theile nicht blos dar-
stellend, sondern sogar schriftlich in der Weise verzeichnen
können, dass du es (das Modell) auf das treueste wirst nach-
bilden können in geringerer Grösse sowohl als in gleicher Grösse,
oder hundert Ellen gross oder — ich wage es zu sagen und
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LEONIS BAPTISTAE AKBERTI DE STATUA.
»77
dicendum est, quales sint, et qui veniant usu ftd opus perfi-
ciendum, si prius quid ea quidem de se praestent, exposuero.
Habent enim vim admirabilem propc aiquc incredihilem.
Nani qui ista tenuerit, is quidem, cx quo voles corpore lineamenta
et partium situs et collocationes ita adnotabit certis et firmissi-
mis consignationibusy ut, non dico postridie, sed etiam post
magnum annum, eodem precise ipso in loco ipsum id corpus si ')
adsit itcrato, ad arbitrium coliocet atque constituat ita, ut
nulla totius vel minima corporis pars non suo pristino repo-
sita et constituta sit aeris puncto. Veluti si forte intenso^) digito
Mercurii stellam, nunc primam aut novam sub apparentem lu-
nam ostcndens, velis adnotari, quo precise aeris puncto gemma
istic digiti tui, aut cubiti angulus aut quid tale sit, poteris tu
quidem hisce nostris adjumentis adeo, ut ne minimus quidem
sequatur error; nulla subveniat dubitatio rei, quaj ita sif').
Tum etsi dabitur, ut Phidicc fortassc statuam crcta aut cera
superinducta operuerim, quoad opus id crassa reddatur columna,
istorum de quibus loquimur adjumento et directionibus poteris
tu quidem hoc affirmare, istic ad tantam altitudinem, si perterrebra-
ris, illcsam attinges pupillam, istic vcro umbilicum, istic dcmum
poplitem et cuncta ejus modi: Tanta^) erit hinc apud te linearum
anguloruroque omnium quod inter se distent aut consentiant expli-
catissima certitudo. Rursus *) ex quo velis tu quidem ^xemplari
ductus linearum et ambitum supcrficicrum et partium positionem
ita mandabis non picturae modo sed ') üteris et commentariis ut
simillimam illius et minorem et tantam et centi cubitem: atque
1) ,ai** fehlt in Cod. R. 767.
S) Die anderen Codices richtig: „intento**.
^ Cod. R. 937: »quam**.
<) Cod. R. 767: „attingens**.
») Id; «Facta**.
«) Id: «Versus*'.
7) Cod. R. 927 : „sed vel**.
Quelleiischilfteii f. KvnstKmch. XI. <3
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178 LEONE BATTISTA ALBERTI ÜBER DAS BILDWERK.
du mögest nicht zweifeln — so gross wie der Kaukasus sein
soll 9 vrep.n dir nur zu so ungeheurem Werke die nöthigen
Mittel nicht fehlen. Was aber noch wunderbarer ist, du
wirst im Stande sein, die eine Hälfte des Werkes — wenn es
dir beliebt — zu Faros, die andere aber bei den Lunensem
aushauen und in der Weise vollenden zu können, dass alle
Theile sich miteinander so verbinden und vereinigen, dass sie
mit der Gesaninitcrscheinung des Abbildes stimmen und dem
Vorbilde (Modell) entsprechen. Die Bekanntschaft mit so grossen
Dingen und die Regel, nach welcher vorzugehen, wird dir so
leicht, so bequem, so zuverlässig und so schnell bei der Hand
sein, dass kaum ein Anderer als Derjenige, welcher absichtlich
und mit Aufwand von Mühe ihr entgegen zu handeln versucht,
in einen Irrthum wird fallen können. — Doch möchte ich auch
wieder nicht behaupten, dass es mit Hilfe dieses Kunstgriffes
geschehen könnte, jede Aehnlichkeit oder Verschiedenheit der
Körper durchaus festhalten und nachbilden zu können. Ich be-
kenne nfimlich, dass es nicht im Bereiche meiner Anweisung
liegt, dir genau die Mittel anzugeben, wie du die Gesichtszüge
des Herkules, während er gegen Antaeus kämpft, durchaus
lebenswahr bilden könntest, oder wie weit jene sich vom Ge>
Sichtsausdrucke des Herkules unterscheiden, welcher friedselig
der Dejanira zulächelt; wohl aber unterweisen sie dich, wie
immer wieder die Umrisslinien eines Körpers festzustellen sind,
so Ott in bolge von Aeiulerung der liiegurigen und Spannungen
der Glieder die äussere Erscheinung an einem Körper sich
ändert, wie dies bei dem Stehenden oder Sitzenden oder Lie-
genden oder nach irgend einer Seite sich Neigenden der Fall
ist. Hierüber ist von uns zu handeln, wie wir diese (verschie-
denen Stellungen) nach fester Methode und auf richtigem Wege
nachbilden könnten; wie ich sagte, bedient man sich dabei eines
doppelten: der Messung und der Grenzbestimmung; zuerst also
über die Messung. Die Messung ist eine zuverlässige und feste
Was die rMes- y^|]f2eichnung der Grösse der Dimensionen, wodurch ebensowohl
die Beschaffenheit und das Verhältniss der einzelnen Theile
eines Körpers untereinander als auch zur Grösse des Ganzen
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LEONIS BAPTISTAE ALBERT! DE STATUA.
179
adeo ut sie audeam dicere monti Caucaso parem tuis posse'j,
ut ajunt, auspiciis fieri non dubites modo ad opera tarn imania,
quibus ütamur, media nobis suppeditent^. Et quod magis
mirere, hujus dimidiam ad Paron insulam, si libucrit, dimidiam
vero partem alteram in Lunensibus excides atque periicies ita,
Ut junctiones et cohaesiones ^) partium omnium cum totius simu-
lacri facie conveniant exemplaribus et correspondeant. Tantarum-
quc rcrum cognitio effici undiquc *) ratio tarn erit apud tc facilis,
prompta, certa, expedita, ut nisi qui ex studio et dedita opcra
velint non obtemperasse, vix possint incidere in errorem. Non
tarnen is sum» qui fieri artificio posse hoc affirmem, ut universas
corporum similitudincs atquc dissimilitudines penitus, imitemur
aut teneamus; namque^) Hcrculis quidem vultus in Anthaeum
intentisy ut omni ex parte simiUimos vivo ^) exprimas, aut quibus
sit ille quidem differentüs ab ejusdem vultu Herculis pacato
atque in Dejaniram arridenti dissimilis, ut perscribamus nostri
non esse artiücii aut ingenii proiiteor, sed cum in corporibus
quibusque varise sequantur figurae, mutatis membrorum flexloni-
bus et tensionibus situque partium, quam et astantis et se-
dentis et prostrati aut in partem aliquam proni aliter et deinceps
aliter corporis lineamenta tiniantur. De bis nobis tractandum est,
quibus ista constanti ratione et via imitemur, quae ut dixi duo
sunt: dimensio et finitio, prius igitur de dimensione. — Est
enim dimensio quantitatum certa et constans adnotatio, qua
partium alterius ad alteram inter sese atque singularum ad
totam corporis longitudinem habitudo et correspondentia per-
I) «posse" fehlt in Cod. R. 927 und MgL IV. 39.
^ Die anderen Codices: «suppeditentur**.
>) C. R. 767: «caesiones**.
^) Die anderen Codices richtig: „effidendi**.
*) Cod. R. 927: «non".
•) Cod. R, 767: «vivos'*.
I3»
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i8o
LEONE BATTISTA ALBERTl ÜBER DAS BILDWERK.
Körpers zur Kenntniss gebracht und in Zahlen dargestellt wird.
Man bedient diese Kenntniss aber gewinnt man mit Hilfe zweier Dinge:
sich bei der Mes- .
«nng zweier der Exempeda (des Massstabs) und (zweier) beweelicher Win-
Wcrkzeuge: * , ' ' "
i.DerExempeda. kehiiasse. Und zwHf gewinnen wir mittelst der Exempeda
die Masse der Längen der Glieder, mit Hilfe der Wink ein? "^sse
aber deren Übrige Dimensionen. Die Exempeda ist nämlicb ein
schmales Holzlineal, von eben der gleichen Länge, als sie der
zu messende Körper vom Scheitel bis zur Fusssohle besitzt.
Daraus kann man ersehen, dass die Exempeda für einen zwerg- •
artigen Menschen kurz, für einen grösseren Menschen aber Utnger
sein werde; welches inmier aber diese Länge sei, wir werden
sie (die Exempeda) durch Punkte in sechs gleiche Theile theilen,
die wir „Fuss*' nennen; wir geben desshalb auch diesem Lineal
nach der Zahl der Fuss den Namen Exempeda. Wiederum
thcilcii wir dann jeden Fuss in zehn gleiche Theile, welche
wir „Zoll" nennen. Es wird also die ganze Liingc eines Menschen
sechzig solcher Zolle betragen.
Endlich theile ich auch den Zoll in wiederum zehn ganz
kleine einander gleiche Theilchen, welche „Minuten" benannt
werden. Es wird also die ganze Fxeinpeda, da sie sechs Fuss lang
ist, aus sechshundert Minuten bestehen und jeder Fuss wird hun-
dert Minuten enthalten. Diese Exempeda wenden wir in folgen-
der Weise an: Wenn wir etwa einen aufrechtstehenden Men-
schen messen wollten, so werden wir sie dicht neben demselben
anbringen und uns die Endpunkte der einzelnen Gliedmassen
vermerken, wie hoch sie vom Boden abstehen, wie weit sie
einem anderen Gliede entfernt sind, wie viel Zoll und wie viel
Minuten z. B. die Entfernung vom Knie, vom Nabel, vom
Schlüsselbein u. s. w. beträgt. Diese Sache ist von den Malern
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LEONIS BAFTISTAE ALBERTl DE STATUA. 1 8 1
cipitur ad namerumque redigitur Atque perceptio quidem
hsec duabus fit rebus: ezempeda et normis mobilibus. Exem-
peda qttidem extensiones membrorum , normis autem reliquos
membris diametros captamus et mctimur. Est enim excmpeda
lignea^) quaedam regula, graciUs, aeque longa, atque est tota
proceritas corporis, quod dimetiri velts a summo capitis vertice
ad infimum usque vestigium pedis. Ex quo intelligere convenit,
pusilli hominis cxcmpcdam tuturam brevem, majoris vero longio-
rem; verum cuiuscumque quidem^) ea sit proceritas eam divi-
dimus punctis in partes cosquales sex, quas pedes dicimus:
eaque de re a pedum numero imponimus regulae huic nomen
„Exempedae"*). Rursum istic pedem quemque in partes sub-
dividimus coabqualcs dccem, quas unceolas appellamus. Erit
igitur tota hominis longitudo unceolae sui generis LX.
Rursus et ipsaro unceolam subdivido in pusillas particu-
las, itidem decem coaequales, qu» minuta nuncupantur. Hinc
igitur tola exempeda pedibus constabit sex, hi erunt minuta
sexcenta, et pedi cuique minuta dabuntur centum. Hac
exempeda nos utimur sie. Nam si forte stantem hominem^
metiri velimus , statuimus hanc juxta , atque adnotamus sin-
gulos nicmbrorum terminos, quam alte a vestigio quam
longe altera ab articulo distcnt; puta ad') genu, ad um-
bilicum, ad jugulum et ejusmodi quot unceolae, quotve minuta
sint. Quse res pictoribus, sculptoribusque minime negligenda
est, mirum enim in modum utilis et penitus necessaria est.
') C. R. 927: „dirigitur".
^) Die anderen Codices richtig: „membrorum**.
3) Cod. R. 767: „linea".
Die anderen Codices: «cuius cuique ea"; Cod. R. 767 fehlt dann:
Rquidem**.
^) In C R. 937 und Mgl. IV. 39 fehlt der Satz; ,eam dividimus punctis
in partes sequales sex" bis „rursus i8thic'\
^ C R. 767: fehlt «stantem".
f) Id: ,ab".
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l82
LEONE BATTISTA ALBERTl ÜBER DAS BILDWERK.
es
<U
G
X
Ui
Der Wiokel-
mtste.
«0
und Bildhauern durchaus nicht gering zu schätzen, im Gegen-
theil sie ist ganz ausserordentlich nfitzlich und durchaus noth-
wendig. Denn sobald man die Anzahl der Zoll und Minuten
jedes einzelnen Gliedes kennt, wird die Grenzbestimmung der-
selben ohne jedes Dunkel und jede Schwierigkeit sein, so dass
IrrthGmer darin unmöglich werden. Und du wirst auch keinen
dünkelhaften Mahner zu hören brauchen, der da sagt: dies ist
zu kurz und dies zu lang; die Exempeda selbst wird ja die zu-
verlässige und wahrredende Leiterin von Aüem sein. Wenn du
nun reiflich überdacht haben wirst, welche Vor-
züge die Exempeda besitze, so zweifle ich nicht,
dass du aus eigener Kraft zur Keiintniss
kommen wirst, auf welche Weise die Läni^en an
einem grösseren Körper sowohl wie an einem
kleineren zu bestimmen sind.
Denn w^olltest du vielleicht eine Statue
machen, die zehn Ellen lang, so wirst du ein
dieser Länge entsprechendes Holzlineal von
ebenfalls zehn Pillen gebrauchen, das zwar in
sechs grosse Theile getheilt ist, die aber in
ihrer Grösse einander so entsprechen wie an dem
kleineren (Lineal) die kleineren (Theile)« und auf
gleiche Weise wirst du es mit den Zoll und
Minuten halten, an jeder Exempeda ohne Aus-
nahme. Denn die Hälfte der grössten Zahl
steht zu jener ganzen grössten Zahl, deren
Hälfte sie ist, in demselben Verhältniss, als die
Hälfte einer kleineren Zahl zu der ganzen klei-
nen Zahl, deren Hälfte sie ist.
Von solcher Beschaffenheit hat also die
Exempeda zu sein. Ich komme nun zu den Win-
kelmassen ; wir fertigen sie in folgender Weise
an. Das Eine von ihnen (ABC) wird aus zwei
s
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LEONIS BAPTISTAE ALBERTI DE STATÜA.
l83
Cognitis enim uncearum et minutorum quantitatibus cuiusque
raembri, habebitur eorum terminatio prompta atque explicatis-
sima, quoad nulli errorcs admittantur. Nequc
erity ut arrogantem admonitorem audias,
dicentem: hoc longum nimis^ est, hoc autem
breve : ipsa quidem exempeda omnium erit mode-
ratrix certa et veridica. Quod si, quas habcat
commoditates exempeda, haec satis pensitaris,
Don dubito ex te percipies, quo pacto et ma-
jore in statua longitudines *) aeque atque in
minore possis constituere.
Facturus enim statuam fortassis longam
cubitos decem, ad totam istam longitudinem
parem habebis regulam ligneam,cubitorum aeque
decem, distinctam magnis quidem ^) portionibus'i
o.
sex, sed isthic aique ad sui magnitudincm rc-S
X
spondcntibus atque brevioribus ^) in breviori par-^
que erit et *) unceolarum et minutorum quibus-
que exempedanim usus et ratio. Dimidium enim
maximi numeri ^) ad totum illum maximum
numerum cuius dimidium est, eadem proportio
est; quse dimidii minoris ad totum hunc ipsum
minorem et ejusmodi.
Itaque talem fecisse oportet exempedam.
Venio ad normas; cas^ tacinuis sei ; erit enim ^g]
altera earum ABC duabus constituta regulis
*) Id: «auditorem."
^ Cod. R. 927 fehlt ,niiiiis'*.
^ G. R. 767: nlongitudine longitudines".
*) Die anderen Codices: «magis quidem".
<^ C. R. 767: «in brevioribus in breviori**.
•) C. R. 937: ,ut".
f) Id: «numeri" fehlt.
•) C. R. 767: »tres".
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i84
LEONE BATTISTA ALBERTl ÜBER DAS BILDWERK.
Richtscheiten be-
stehen, von welchen
wir AB das „senk-
rechte" und B C, das
andere, dieBasis nen-
nen. Die Grösse die-
ser Richtscheite ist
so zu bestimmen,
dass die Basis eines
jeden nicht minder
alsi 5 Zoll „ihrer Art**
enthalte. Zoll „ihrer
Art" nenne ich sie,
wenn sie der Exem-
peda des zu mes-
senden Körpers ent-
sprechen, die also — wie ich früher sagte — grösser und
kleiner sein können, je nachdem die Exempeda grösser oder
kleiner ist. Diese Zoll also, wie immer ihre Grösse, der Exem-
peda ents]jrechend, beschatfen sti, wirst du, nachdem du sie
in Minuten und Punkte getheilt, auf der Basis BC, z. B. von
C an dir auftragen, doch eben gleich gross, wie ich sagte den
Zoll der geforderten Exempeda.
Dieses mit solcher Eintheilung versehene Winkelmass ABC
stellen wir Über ein gleiches anderes Winkelmass DFG in der
Weise, dass die aus den beiden Basen gebildete GC nun die
beiden Winkelmassen gemeinsame Basis sei. — Wäre es nun
der Fall, dass ich den Durchmesser des Schädels (AKD) bestimmen
wollte, so werden wir also die Winkelmasse heranbringen und
die senkrechten Richtscheite A B und D F so lange entfernen
oder näher heranschieben, bis sie den Umfang des Schädels be-
rühren, wobei die Basen der Winkelmasse gegenseitig zu einer
einzigen geraden Linie aneinander gefügt sind. Auf diese Art
werden wir nach den Punkten A und D, welche dort sind, wo
der zu messende Schädel die senkrechten Richtscheite der Winkel-
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LEONIS BAPTISl AE ALUERTl DE STATUA.
l83
AB, quam regulam
nos stantem appel-
lamus et BC qaam
alteram nos regulam
Basim dicimus. Is-
tarum regularum
magnitudo constitu-
enda est ut cuiusque
basis cupiat sui gene-
ris UQceolas nonpau-
ciores XV; sui gene-
ris apello unceolas ')
cxcmpedae istius cor-
poris, quod adnota*
turus sis, quae — uti superius dizi — ex magna exempeda majores,
ex minore minores habebuntur. Hasce igitur unceolas« quales-
cuiiquc illae quidem veniant ab cxcmpeda, punctis et minutis
distinctas ab normae angulo, puta B incipiens signabis in Basi
puta BC aequales ut dixt unceoUs praescriptae exempedae.
Hanc sie consignatam normam, puta ABC, superponimus *)
altcri parili nornKL'DKG ita,ul tota G C liiica una ambabus sit
linea et basis. Atqui esto, velim coronae capitis AK D diametrum
metiri,admovebimus ergo normas eo ^et seducemus'*)reducemusve
propius normarum ambarum stantes regulas AB et DF, quoad
coroiue ambitiim atrini^aiil, basibus normarum unam ad rectani
lineam mutuo applicatis. Hoc pacto ex puncris, contractus A et
D, qui 'ab adstantibus ^) iliis regulis normae ad coronam di-
1) „non pauciores XV; sui generis unctolas appello" fehlt in C R. 767.
2) Die anderen Codices „supponimus**.
>) ,co" fetalt in C. R. 767.
*) Die anderen Codices: nsubducemus'*.
Id: «ab stantibus".
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LtONE BATTISTA ALlitRTl UBER DAS BILDWERK.
masse berührt , zu sicherer Kenntniss brint^cn , wie gross
dessen Durchmesser sei. — Und nach gleicher iMeihode lässt
sich die Dicke und Breite jedes anderen CJhedes nach Zoll und
Minuten, wie diese auf der Basis BC angezeichnet sind, auf
das Beste in Erfahrung bringen. Vieles noch, was auf den Ge-
brauch und die Vortheile der Exempeda und dieses Winkel-
masses Bezug hat, könnte ich noch erzählen, wenn ich nicht
meinte, es der Kürze wegen übergehen zu müssen, zumal es
auch der Art ist, dass auch der nur mittelmässig Begabte es
von selbst wahrnehmen und erkennen wird, faUs er seine Auf-
merksamkeit darauf richtet, so, wenn er beispielsweise jenen
Durchmesser zu bestimmen hätte, welcher vom rechten Ohr
zum linken geht, oder genau wissen wollte, wo dieser jenen
Durchmesser durchschneidet, welcher von der Stirne zum Hin-
terhaupt geführt wird und dergleichen mehr. Uebrigens wird
der Künstler, falls er auf mich hört, sich der Exempeda und
Winkelmasse als der treuesten und zuverlässigsten Berather und
Führer nicht blos dann bedienen , wenn er das Werk in An-
griff nimmt und wahrend er es fortführt, sondern noch weit
früher; so wird er sich mit Hilfe dieser Werkzeuge auf die
Arbeit in einer Weise vorbereiten, dass es keinen Theil auch
nicht den kleinsten an dem Bildwerke gibt, von dem er nicht
alle Ausdehnungen und Durchmesser, sowohl in Bezug auf Grosse
als auf Richtung genau erforscht hätte, und die ihm desshalb
nicht völlig geläufi(( wären.
Wer wagte wohl die Schiffsbaukunst auszuüben, ohne
genau zu wissen, ob und wie viel Theile ein Schiff besitze, und
was ein Schiff von einem andern unterscheide und worin die
Theile eines jeden unter einander Übereinstimmen? Wenn da
aber bei unseren Bildhauern Nachfrage hieltest, wie viel wohl
werden sich — wie es schicklich ist — irgendwo genügend auf-
gezeichnet haben oder wüssten es in Gedanken sich vorzustellen,
welches denn die Einrichtung dieses oder jenes Gliedes ist,
welches das VerhSltniss des einen zum anderen oder dieser und
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LEONIS BAPTISIAE ALbERTI DE STATÜA. 187
meticndam tient quota sit diameter, compcrtum habcbimus.
Parique ratione ex unceoUs et minutorum numero quae isthac
in basi BC consignatae sint, cujusvis membri crassitudo et
latitudo bellissime adnotabitur. Multaquc quae ad exempcdae
normaequc istius usum et commoditates iaciant, cnarrurcm, ni
brevitatis gratia praetereunda censerem, prsesertim cum sint
ejusmodi, ut quivis mediocri praeditus ingenio, ex sese, animum
intendens, facile possit advertere et perspicere; veluti si Ubeat *)
diametri alicujus partem quotam adnotare, puta diametri illius,
quae a dextera ad sinistram aurem dirigatur, velis non ignorare,
quo persecet diametrum alteram, qus a fronte perducatur ad
occiput et ejusmodi. Cseterum bis exempedis atque normis ar-
tifex, si me audict, utetiir Hdissimis et constantissiniis coubul-
toribus atque directoribus, non solum ubi opus aggrediatur
atque perducat, verum longe ante; ita rem sibi comparabit
istarum adminiculis, ut nuUa vel nimia futuri simulacri pars
sit, quin illius omnes extensioncs et diametros quales et numero
et productionibus sunt, perspectum penitusque cognitum et per
quod familiäre habeat^). —
Quis") enim se audeat fabrum navalem profiteri, si et
quot"') sint partes na vis et quid navis a navi differat, et quid
cujusque operis partes inter se conveniant, non tenuerit? At ex
nostris statuariis, quotus quisque erit, qui si rogetur, quasnam
membri istius ratio, quaenam ad illud, aut alterius ad hoc, aut
istorum ad totam corporis habitudinem proportio sit, uspiam
satis notarit aut teneat, uti par est? — Suam quemque didi-
») C. R. 767: „fict".
2) Id; „commüditaiis".
3) 1(1: „habeat".
*) C. R. 927 richtig: „vel".
^) In den drei anderen Codices ist diese Steile gflnzlich verdorben.
C. R. 767: «puta, quis" etc.
^ C R. 927: «quo**.
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LEONE BATTISTA ALBERTi ÜBER DAS BILDWERK.
jener zur ganzen Grösse des Körpers ist. Es ist aber ziemlich,
jene Kunst (oder jenes Handwerk) völlig zu verstehen, welche
Dian ausübt. Und zwar erlernt man eine Kunst zuerst mittelst
einer (bestimmten) Methode und Regel, die Fertigkeit in der-
selben bewahrt man sich dann durch Ausübung, Niemand aber
wird irgend etwas künstlerisch darstellen iLÖnnen, dessen Be-
standtheile er sich nicht zur Kenntniss gebracht haben wird;
doch darüber genug. Wir handelten über die Messung und auf
welche Weise man sich hierbei der Exempeda und der Winkel-
Vüti der masse richtig bediene; es folgt nun, was Über die Definition
Dclinilion. /r>
ZU sagen ist. Definition (Grenzbestiromung) nennen wir hier
das, wodurch wir uns die Richtung der Linien, die Krümmung
aller Winkel, das Mass und die Grenze jeder Hervorragung
und jeder Einbuchtung, so wie Lage und Anordnung (der Theile)
nach einer richtigen, zweifellosen und klaren Methode zur
Kenntniss bringen. Definition (Grenzbestimmung) wird dies
Verfahren genannt, weil uns vermittelst desselben die "Entfernung
und der Abstand zur W ahrnehmung und Kenntniss gebracht
wird, welcher zwischen der Centrallinic des Körpers und dessen
äussersten Begrenzungslinicn stattfindet.
Zwischen der Vermessung also, über welche wir oben
handelten, und der Definition ist der Unterschied, dass die Ver-
messung uns das zur Kenntniss bringt und bestimmt, was von
der Natur den Lebewesen unveränderlich eingcpHanzt wurde
und das (desshalb) ziemlich allgemein vorkommt, wie es die
Breite oder die Dicke der Glieder sind; die Definition aber
die temporären (zufälligen) Veränderungen der GHedmasscn, wie
sie durch die Anordnung der Theile in Folge der jeweiligen
Wcrk/xnn, I'cwegungen hervorgebracht werden. Um diese Definition richtig
dessen man sich -
bei der Dcii- anzustcUen, bedarf es eines Instruments; dies besteht aus drei
nilioii bedient. . ^ . • i* •
Theilen: dem Orizon, dem Radms und dem Perpendiculum.
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LEONIS BAPTISTAE ALBERTI DE STATÜA. 1 89
cisse artem decet quam profiteator. Et discunt aites ratione
inprimis et via; proxime agcndo ') comprehcnduntur. Et faciet
nemo arte^) quidpium, cujus partes non didicerit. Sed de his
bactenus. Diximus de dimensione^ quo pacto exempeda et quo
pacto normis recte habeatur; scquitur ut^ de finitione dicen-
dum sit. Est enim hic finitio ca, qua linearum productiones et
Hcxioncs angulorumque omnium et promincntiarum et rctrac-
tionum omnium modum et terminationes et situs et coiloca-
tiones adnotamus vera indubitabilique ratione et perspicua. Dic-
taque finitio est, quod linearum omnium a medio quodam positi
ceiitri pcrpcndiculo ad Ultimos corporis tcrminos prodiictarum
prulixitatem extremosque fincs adnotet atque perscribat.
Inter dimensionem igitur» de qua sup'ra transegimus, et
finitionem hoc interest, quod dimensio quidem stabilius quid-
piam animantibus a natura insitum communiusque invcntum
sequitur atque usurpat, uti sunt mcmbrorum longitudines, cras-
situdines, latitudincs; finitio autem momentaneas membrorum
varietates, factas motionibus ex novissimis partium coltocationi-
bus, adnotat atque determinat. Ad diffinitionem hanc recte*)
habcndam instrumcnto opus est; cujus instrumcnli partes sunt
tres: Orizon, Radius et Perpendiculum. Est enim Orizon lim-
bus drculi inscriptus, particulis coaequalibus et numeris. Radius
vero est linea recta, cujus caput alterum in centro circuli istius ^)
speclat'), alterum vero caput circumducitur ad arbitrium, ut
voiens^jad omnes orizontis particulas dirigatur. Perpendiculum
*) Id: »praxima**; C R. 767: »prozima agendi*'.
^ Die anderen Codices: «artem"*.
^ ,ut" fehlt in C. R. 767.
^ C R. 937: ffRiodos*'.
*) Die anderen Codices: «rectam**.
^ C. R. 917: „infrascripti.*'
') Die anderen Codices: ,,perstat", welcher Lesart ich folge.
8) C. R. 7G7: „voles."
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igO LEONE BATTISTA ALBERU UBER DAS BILDWERK.
8
Der Orizon ist der Saum eines Kreises, welcher in gleiclie, mit
Zahlen versehene Theile getheilt ist. Der Radius aber ist ein
gerades Stäbchen, von welchem das eine Ende im Mittelpunkte
des genannten Kreises befestigt ist, dessen anderes Ende aber
berumgedreht und zu jedem beliebigen Theiipunlcte des Orizon
dirigirt werden kann. Das Perpendiculum endlich ist ein Faden,
der von dem Ende des Radius in senkrechter Richtung zur
Bodenstelle herabfällt, auf welcher das Modell steht, von welchem
die Definitionen aufzuzeichnen sind. Das Instrument selbst ver-
fertigt man in dieser Welse: Man nimmt eine ebene gut polirte
Tafel, auf welcher ein Kreis beschrieben wird, dessen Durch-
messer drei Fuss beträgt. Die Peripherie dieses Kreises theile
ich in gleiche Theile, ähnlich den Theilcn, welche die Astro-
nomen dem Astrolabium einschreiben. Diese Theile nenne ich
•Grade; dann theile ich diese Theile neuerdings in so viel klei-
nere Theile als mir beliebt z. R. sechs, welche Minuten genannt
werden, und schreibe zu diesen Graden der Ordnung nach
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UBONIS BAPnSTAE ALBERn DE STATDA. I9I
demum ') est linea rccta, a summo radio pcndcns orthotzona-
liter ad usque pavimenturriy in quo adnotandum iinitiotiibus
exemplar stat'^); fitque instramentum ipsum hoc sie. Tabula
sumitur plana, bene levigata» in ea inscribitur drculus, cuius
diameter pedes capiet tres; ambitum circuli istius extremamque
circuitioncm in partes divido coaequales, üimilcs partibus, quas
in Ascroiabio inscribunt Astronom!. Has partes gradus appello;
et particulam quamque istarum subdivido in quotas libuerit —
puta sex — minores particulas, quae minuta dicantur. Inscribo-
que gradibus ex ordinc numcros primo i, sccondo 2, icrtio 3,
* Isd : „demum" fchlL
2) C. R. 947 : „6at"
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192
LEONE BATTISTA ALBERTt ÜBER DAS BILDWERK.
I, 2, 3, 4 u. s. w. in dieser Weise hinzu, bis dass ich jedes
Tbeilcheo mit der entsprechenden Zahl bezeichnet habe.
Dieser in solcher Weise beschriebene Kreis also wird
Orizon genannt. Dazu füge ich nun einen beweglichen Radius.
Der wird auf folgende Weise verfertigt. Man nimmt ein gera-
des, dünnes, drei Fuss (von entsprechender Art) langes Stäb-
chen, dessen eines Ende im Centrum des dazu gehörigen Kreises
befestigt ist, so dass es dort haften bleibt, dessen anderes Ende
aber leicht und ungehindert um die ganze Peripherie herum-
geführt werden kann.
Auf diesem Radius zeichne ich mir so viele Zoll an, als
er fasst und zwar diese gleich den Zoll der dazu gehörigen
Exempcda, Über welche oben gehandelt wurde; und wiederum
thcilc ich mir dann die Zoll in kleinere Thcilchen, also Minuten,
die untereinander gleich sind, und gleich sind den Minuten der
Exenipeda. Die einzelnen Zoll aber bezeichne ich mit den Zahlen
1, 2, 3 u. s. w., indem ich hiebei von dem Centrum an ( wo
das eine Ende des Radius befestigt) beginne. An den l^uiius
befestige ich das Pcrpendiculum , bestehend aus einem dünnen
Faden und eigem Bleistüclcchen.
Dies ganze Instrument, welches aus dem Orizon eines
Kreises, dem Radius und dem Perpendiculum besteht, nenne
ich Definitor. Und es ist so beschaffen, wie ich es hier abge-
zeichnet habe. Diesen Definitor gebrauchen wir in folgender
Weise. Es sei z. B. das Modell, von welchem die Grenzbestim-
mungen (Definitionen) zu nehmen sind, eine Statue des Phidias,
welcher von der Biga aus mit der linken Hand das Pferd zügelt.
So postire ich nun den Definitor oberhalb des Kopfes der Statue,
so dass derselbe nach allen Seiten eine völlig wagrechte Lage
einnimmt, nachdem ich seinen Mittelpunkt genau in den Scheitel-
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LEONIS BAPTISTAE ALBERTI DE STATÜA. 193
quarto 4 et deinceps hujusmodi usque') omnes suas particulas
suis numeris nolaro.
Hic igitur limbus ita inscripcus Orizon nuncupatur. Ad
hunc ipsum circulum adjungo radium mobilem. Is fit sie. Capi-
tur regula recta, gracilis, pedes sui generis longa tres; alterum
istius -) Caput alfigitur centro sui circuli, ut applicatum haereat'*);
alterum vero caput producitur expeditum et liberum, ut posstt
drcumverti ^) ; in huncipsum radium adscribo^) punctis unceolas
quot capiat, parcs') unceolis suae exempede, de qua supra
dictum est.
Et itidem unceolas minutis subdivido particulis minoribus
atque inter se comparibus bis, que in exempeda sunt; inque
singulis unceolis, a centro incipiens, numerum inscribo primo i,
secondo 2, terzo 3 et ejusmodi. Ad radium autem huiic appendo
perpendiculuni) tilo tenui cum plumpeolo.
Totum hoc instrumentum, quod circuli orizonte et radio
et perpendiculo constat, finitorium appello; estque istius modi
quäle liic lineis") exscripsimus. Hoc finitorio instrumento sie
utimur. Esto sie exemplar, a quo linitiones sumenda.^ sint, Phi-
dis statua equum ad bigam sinistra manu concineris CoUoco
igitur finitorium hunc circulum» ut^) in Status caput supernei')
pendeat ex piano quoque undique ad libellam, centro sui prc-
cise in statuae vertice constituto; verticis autem punctum, super
Isd: nusque dum**.
R. 767: „isthic»'.
>) Ud: „hcreae regulee**.
*) C, R. 927: ^circumagi**,
») Isd: „describo".
c) C. R. 767: „partes".
") Isd: „cifris".
') Die rinderen Codices: ^coiuinens'', welcher I^esart ich foii^e.
9) In C. R. 767 fehlt „ut".
C. R. 7r)7: «capite".
In C. R. 9^7 foli^t „ut" n.ich superne.
Quellenschrittcn t. Knnstgescli. XI i3
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194 LEONE BATTISTA ALBERTI ÜBER DAS BILDWERK.
punkt der Statue verlegte; den Scheitelpunkt aber, auf welchem
das Centrum des Kreises liegt, bemerke ich mir dort mit einem
hineingeschlagenen Stahlstift. Hierauf bringe ich mir von einem
bestimmten Punkte aus mittels einer Drehung des Instrumentes
den am Orizon mit i bezeichneten Grad in eine solche Lage,
dass ich genau weiss, wohinwärts er gerichtet sei. Dies geschieht
so: Ich führe nämlich don Kadius, d. h. das bewegliche Stab-
chen im Kreise, an welchem das Perpeiidiculiiin beiestigt ist,
soweit, bis es zum ersten (irad des Orizon hingelenkt ist. Ist
er in solche Lage gebracht, so drehe ich iim zugleich mit dem
Kreise des Orizon, bis dass der b'aden, der von ihm hcrabhiingt,
irgend ein hervorragendes augenfälliges Glied dieser Statue,
z. B. den Daumen der rechten Hand, berührt. Von nun an
werde ich diesen so beschaffenen Definitor wann immer und
wie oft es mir beliebt, von der Statue entfernen und ihn wie-
der in eine Lage bringen können, welche die gleiche, wie die
frühere ist, d. h. dass, falls der Stift vom Scheitelpunkte aus
das Centrum des Definitors durchdringt und das Perpendiculum
vom ersten Grade aus herabhängt, es eben jenen Daumen der
\ erfahren bei Hand berührt. Nach solcher Vorbereitung wollte ich mir z. B.
der Messung * ^
eines bestimm- die KrÖmmunff des linken Ellenboffens dem GedMchtnlss ern-
ten Körper- ^ . .11 »1^
tbeilB. prägen oder schriftlich verzeichnen. Ich vcrlahre dabei so. Ich
befestige den Definitor in seinem Mittelpunkte im Scheitelpunkte
der Modell-Statue, in einer Lage zu derselben, wie wir sie oben
beschrieben, so dass die Scheibe, auf welcher der Orizon be-
schrieben ist, ganzlich unbeweglich sei; den Radius aber führe
ich so lange herum, bis dass der herabhangende Faden des
Perpendiculums eben jenen Ellenbogen der Statue berühre,
Über welchen ich mir die Aufzeichnungen machen will. Ist dies
geschehen, so ergibt sich nun ein Dreifaches, was hier zu thun.
Das Erste wird sein, dass du dir vermerkst, wie weit jetzt der
Radius am Orizon von jener Stelle entfernt sei, von wo aus
er fortbewegt wurde. Du wirst also schauen, welchen Grad am
Orizon der Radius selbst am Instrumente zeigt, ob den zwan-
zigsten oder dreissigsten oder dergleichen. Zu zweit wirst du dir
anmerken, wie viel Zoll oder wie viel Minuten jenes Perpen-
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LEONIS BAPTISTAE ALBERTl DE STATUA.
quod circuli centrum adsideat, adnoto illic inüxa acu ex xre.
Tum ex certo loco primum in Orizonte inscriptum gradum
versione instrumend coHoco, ut apud me constet, quo versus
directum sit. Id fit sie. Nam radium quidem, hoc est regulam
mobilem in circulo, cui appcnsum est perpendiculum, diduco eo,
ut ad primum ') dirigatur gradum orizontis et sie constitutum
una cum toto circulo orizontis inverto^), ut filum ex eo pen-
dens, attingat Status istius primarium aliquod et prse cseteris
perspicLiLim nicmbrum, puta dcxtriL' maiius polliccni. Potro hinc
adeo, quaiidocunque libucrit, tinitorium hoc tale instrumen*
tum^), iterum atque iterum ad arbitrium abmovere ab statua
rursusque restituere, ut »que adstet, uti prius steterat, hoc est,
ut acus ex vertice statua? per centrum finitorii pcnetrans et per-
pendiculum a prinio gradu orizontis pendens, pollicem hunc
ipsum attingat manus. His positis et comparatis esto, volo si-
nistri cubiti angulum adnotare, scripto memorieque mandare.
Facto igitur sie. Firmo finitorium instrumentum centro sui in
statuai exemplaris vertice positum ad cum ipsum, quem dixi-
musy statum, ita ut tabula, in qua inscriptus *') est Orizon, pe-
nitus sit immobilis; radium autem circumduco, quoad linea
perpendiculi dependens, ipsum hunc . attingat statuse^ quem
aJnotarc velimus cubituni. Kx hac re sie'') constitula, tria da-
buntur, quae taciant ad rem. Primum crit, ut hinc adnotes,
quam longe nunc distet in orizonte radius a pristino, unde di-
ductus sit, loco. Spectabis igitur, quem in orizonte numerum
radius ipse instrumenti petat vigesimum an trigesimum aut ejus-
modi. Secundum erit, ut ex particulis in radio consignatis ad-
notes, quot unceolis, quotve minutis illa distet perpendicularis
') C R. 937: „ad hunc ipsum primum*'.
3) In den anderen Codices fehlt: „et sie** bis „inverto*%
Dfe anderen Codices: „quamcunque".
C. R. 767: nhoc tale instrumentum iterum admovere".
Isd : „scriplus".
«) Isd: fehlt „sie".
i3*
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1 90 LEONE BATnSTA ALBERTI ÜBER DAS BILDWERK.
diculum (das den Ellbogen berührt) vom Mittelpunkte des Kreises
abstehe. Das Dritte wird sein, dass du die Kxcmpeda an das
Perpendiculum heranbringst und nun siehst, wie viel Zoll und wie
viel Minuten die Fllenbogenkrümmung vom Boden, auf welchem
die Statue steht, entfernt ist. Diese Dinge aber wird man sich
auf einem Schreibtäfclchen in folgender Weise vermerken: die
linke EUenbogenkrÜmmung zeigt am Orizon ii Grade 5 Mi-
nuten, am Radius 7 Grade (Zoll) 3 Minuten und einen Boden-
abstand von 40 Graden und 4 Minuten. Auf gleiche Weise
wirst du dir alle Übrigen hervorstehende Theile von deinem
Modelle zur Kenntniss nehmen, wie z. B. die Knie oder die
t^?en 'b^^~. Achseln und sonstige hervortretende Theile dieser Art. Sind
net werden, g^^j. Vertiefungen zu berechnen, welche dergestalt einwärts
liegen, dass das Perpendiculum an dieselben nicht herangebracht
werden kann, z. B. an die Vertiefung, welche sich auf dem
Rücken zwischen den Schulterblättern findet, so wird dies dann
auf bequeme Weise geschehen können, wenn du an den Radius
noch ein anderes Perpendiculum herangebracht haben wirst,
welches von dem ersten, früher daran befestigten beliebig weit
entfernt sein kann.
Mittels dieses so construirten Doppelperpendikels wird es
dir möglich sein, dies (diese Berechnung) erreichen zu können
aus der Richtung der beiden Fäden und (indem du das Stäb-
chen (Radius) gleichsam durch eine gerade Ebene so legtest,
dass es die beiden Fäden durchschneidet und weiter bis zur
Achse des Körpers, d. i. die Linie welche vom Mittelpunkte des
Finitors senkrecht herabfällt, und die desshalb Perpendiculum
der Mitte genannt wird, dringt) aus der Richtung dieses Per-
pendiculums der Mitte (76).
A'ortheiic soi- Weuu dir dies hinreichend bekannt ist, so wirst du es
eher Messun- '
gen. leicht wissen können, auf welche Weise — falls, wie wir oben
in Erinnerung brachten, eine Statue bis zu einer bestimmten
Dicke mit Thon überdeckt worden wäre — du jeden beliebig
bezeichneten Punkt der Statue mittels Einbohren auf beque-
mem, zuverlässigem und geeignetem Wege erreichen könntest.
Denn es ist klar, dass durch die Drehung des Radius von dem
Perpendiculum desselben in der Luft die Mantelfläche eines
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LEONIS BAPTISTAE ALÜERTI DE STATÜA. 197
a medio circuli centro. Tertium erit, ut adstituta et adplicata
ad filum perpendiculi exempeda, adnotes, quot unceolis, quot
item minatis angulus istic ipsius cubiti distet alte a pavimento,
quod vestigiis prematur statu«. Annotatio autem ') istarum rerum
fict scripta in codicBlis hunc in modum: puta cubiti sinistri
angulus in orizontc gradus XI, minuta V; in radio gradus Vll,
minuta III; a pavimento gradus XL minuta IV. Parique ratione
esteras omnes insignes partes ab exemplari, adnotabis, uti sunt,
puta genu, spatuloeve angulos et caeteras praeminentias et ejus-
modi. In retractionibus vero puncta adnotanda si erunt, seducca
introrsus quoad perpendiculi filum ^) eo adpelü non possit, puta
ad retractionem concavi, quod inter spatulas in dorso est, tunc
id belle fiet, si radio aliud quoque adegerts pcrpendens perpen-
diculum, quod ipsum ab primario et prius posito pcrpcndiculo
quantum lubeat distet.
Gemino enim perpendiculo istiusmodi dabitur, ut per
ambarum linearum directiones veluti, ad planam superficiem
applicatus, ambasque intersecans -'j lineas stilus, et introversus
ad statuam productus axim usque intimam, hoc est, perpetiden-
tero a centro finitorii intimam lineam, qu« medianum perpen-
diculum dicitur, ex sui directione possit petere.
Haec si satis cognita sunt, tacilc poteris didicisse, quo
pacto quod supra commonefecimus, si lortc statuam creta ad
quotam aliquam crassitudinem circumducta operuerint, possis,
perterebrandO) quodcumque velis punctum adnotatum in statua
peterC*) via expcdiia, CLrta, ajUissima. Nam promptum quidcm
est circumversione radii istius tieri ab linca perpendiculi, ut
in aere perscribatur curva cylindri supcrlicics, quo cylindro
•) C. R. 767: „animo**.
2) Isd: fehlt „tilum".
Isd: .inirasccans" ; CR. 927: „intrinsecans**,
*) C. K. 7Ö7: „patcre".
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1 98 LEONE BATTISTA ALBERTl OBER DAS BILDWERK.
Cylinticrs beschrieben wird, in welchem die genannte Statue
enthalten ist. Wenn dem so ist, so wirst du nach derselben
Metbode, nach welcher du die Luft durchdringend an einer
Statue, die frei und mit keinem (anderen) Stoffe umgeben oder
bedeckt war, einen bezeichneten Punkt, z. B. die Kniespitze
erreichen konntest, nach derselben Methode wirst du dasselbe
erreichen können, wenn der Luftcylinder in einen Thon- oder
Wachscylinder verwandelt wäre. Aus dem, was wir hier erzählten,
wird sich auch auf das bequemste ergeben, was wir oben er-
wähnten, nämlich, dass du die eine Hälfte einer Statue zu
Carrara, die andere aber, lalls es dir iK-lichic, aut l^iros voll-
enden konntest. Denn wenn z. B. eine als Modell benutzte
Statue des Phidias in zwei Theile geschniuen würde und dieser
Schnitt in einer ebenen Fläche gcmnciu worden ist, z. B. dort,
wo wir uns gürten, so wirst du dir ohne Zweilei, vertrauend
auf unseren Detinitor und unterstützt durch denselben, alle
Punkte anmerken können, welche du dir am Saume der Schnitt-
fläche anzumerken vorgenommen hast.
Wenn du mir einräumst, dass man dies könne, warum
solltest du dann nicht am unverletzten Modell jeden dir belie-
bigen Theil nach deinem Willen richtig zu Stande bringen
können? Du wirst dir nämlich mit Röthel an dem Modell eine
ganz feine Linie zeichnen, welche dir da den Saum der Schnitt-
fläche darstellt, wo derselbe sich fände, falls die Statue wirk-
lich durchschnitten worden wäre, und nachdem du dir dort die
Punkte angemerkt, welche für die Vollendung des Werkes för-
derlich sind, wirst du im Weiteren so vorgehen, wie wir es
dargelegt haben. Aus all' dem, was wir bis hieher vorbrachten,
ist es wohl nun auch hinlänglich klar, dass mau auch von
einem lebenden Modell sowohl die Masse als die Delinilionen
bequem nehmen und berechnen kann, um ein Werk mit Kunst
und Verstand zu vollenden. Ich wünsche, dass dies Werkchen
meinen Malern und Bildhauern wohl bekannt sei, weil, wenn
sie mich hören, sie sich selbst dazu Glück wünschen werden.
Einige Normal- Wir aber haben sosar — damit die Sache durch Beispiele klarer
masse de» *
meuschnchen werde, und damit unsere Arbeit noch grösseren Nutzen bringe,
uns der Mühe unterzogen, die wichtigsten Massverhältnisse am
Menschen zu berechnen. Aber nicht blos von diesem oder
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LEONIS BAmSTAE ALBERTI DE STATUA. 1 99
•
statua istaec concipiatur. Id si ita est, tu ') quidem qua rattone,
dum expedita et nulla materia circumillita aut obducta erat
statua, pulchre stilo isthic acrem penetrando potuisti^) punctum
adnotatum, puta menti praeminentiaro petere, eadem poteris
rationc ipsum id agere, ubi totus istic aer cylindri in ceram
aut cretam coiivertcrctur. Ex his etiam, quLf rcccnsuimus, da-
bitur, ut id etiam beJiissime possis, quod commondeceramus:
dimidiam quidem statu am in Lunensibus, alteram vero dimi-
diam volens in Paro perficies. Nam, esto, secetur exemplar
statux Phidise in partes duas, et sit Sectio facta ad planam
superficicm, illic pu[a, ubi incingimur, procui dubio Huitorii hujus
nostri instrumenti adminicuiis fretus atque adjutus, poteris
omnia quotcumque puncta adnotare, quae in limbo secantis
superficiei adnotanda constitueris.
Hx'C si posse conccsscris, quod ni cl inlci^iu ctiam ab'')
excmplari quamcunque tu quidem partem duxeris, recte ad
arbitrium perficies? Signabis enim rubricae lineam in exemplari
tenuissimam, qu» illic sit loco limbi sectionis, ubi sectio ipsa
finiretur, statua si esset secta; et punctis illic adnotatis, qu«
ad opus absoivcndum lacerent cictera , uli expo.-Nuimus, asse-
quere. — Dcmum ex omnibus, quae hactenus recensuimus, satis
constare ccrtum est, ab vivo etiam exemplari cum dimensiones
tum etiam ünitioncs captari adnotarique posse percommode, ad
opus arte et ratione perficiendum. Hoc opusculum cupio meis
pictoribus atquc sculptoribus tore tamiliarc, quod^j si nos
audierint congratulabuntur; quin'*) et nos, quo res exemplis
clarior baberetur, quovc plurimum nostra prodesset opera,. hunc
nobis suscepimus laborem adnotandarum dimensionum praeser-
•) Isd: »tum".
3) Die anderen Codices: „posuisti".
») C. R. 927: «ab** fehlt.
*) Die anderen Codices: «qui***
Die anderen Codices: „quam**.
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2uO LEONE BATTISTA ALBERTI t)BER DAS BILDWERK.
jenem Körper nahm ich diese, sondern ich war nach Moglich-
ivcit bestrebt, die höchste, von der Natur gleichsam zu bestimm^
ten Theilen an mehrere Körper verschenkte Schönheit zu be-
rechnen und schriftlich aufzuzeichnen, indem ich hierin Jenen
nachahmte, der, als er bei den Crotoniaten das Bild der Göttin
malen sollte, von mehreren durch Schönheit ausgezeichneten
Jungfrauen wiederum bei jeder Einzelnen jene Form auswählte
und in sein Wei'k übertrug, durch welche sie sich besonders
auszeichnete. So haben auch wir eine grössere Zahl von mensch-
lichen Leibern, die nach dem Urtheil von Erfahrenen von grosser
Schönheit waren, ausgewählt und von diesen die Massverhält-
nisse ^ciKJiiiincn, Diese vcri;lichen wir dann untereinander, und
indem wir dabei alle verwarten, welche unter einer bestimmten
Grenze blieben oder über dieselbe hinausgingen, behielten wir
nur jene Masse, welche das ubereinstimmende Resultat vieler
Exempeden als mittlere ergab. — Indem wir also die wichtig-
sten und vornehmsten Langen, Breiten und Dicken der Glieder
masscn, fanden wir Folgendes.
Als Längen der Glieder ergaben sich:
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Höhen vom Boden aus.
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Bis zu den Brustwarzen und der Magengrube
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LEONIS BAPTISTAE ALBERTI DE STATUA.
20 1
tim in homine. Ergo non unius istius aut illius corporis tantum,
sed quoad licuit, exitiiiam a natura plnribas corporibus, quasi
ratis pürtionibus dono distributam pulchritudincm, adnotare et
mandare litceris prosecuti sumus, iUum imitati, qui apud Cro-
toniates, facturus simulacrum Deae, pluribus a virginibus prae-
stantioribus insigncs elegantesque omnes formx' piilchritudines
delegit, suumque in opus transtulit. Sic nos plurima qu.v apud
peritos pulcherrimu habcrentur corpora, delegimus et a qui>
busque suas desumpsimus dimensiones, quas, postea cum alteras
alteris comparassemus, spretis extremorum excessibus, si qua
excederent aut excederentur, eas cxcepimus mediocrilates, quas
plurium exempcdarum cünücnsus comprobasset. Metiti igicur
membrorum longitudines, latitudines, crassitudines primarias
atque insignes, sie invenimus. Nam fuerunt quidem membroruin
longitudines sie.
TabultE dimcnsionuni iiominis:
Altituiiines a vestigio.
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A»i retravTlionL'iii sub proniinciitia ossis, vjuod est sab ticnu
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Ad ubi incingimur
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i) C R. 937: o. 3. I.
^ Id: 3. 7. 9.
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203
LEONE BATTISTA ALBERTl ÜBER DAS BILDWERK.
Höhen vom Boden aus.
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3
Bis zum (unteren) Ende des Kückenwtrbels
Bis zur OhröfTnung
Bis 2U den ftussersten Haarwurzeln auf der Stirne ....
Vom Kinn bis zum Scheitel des Hauptes
Vom Kinn bis zur OhröfTnung . .
Bis zum Mittelfinger der herabhängenden Hand -
Bis zum Gelenk di-r herabhängenden HanJ
Bis zum |]llenb<'gct)^clenk des herabhängenden Annes . . .
Bis zur höchsten Schulterspitze . •
Von der Fusssohle eines Sitzenden bis zur Kniescheibe . .
Von der Kniebeuge eines Sitzenden bis zu den Hinterbacken
Vom Ellenbogenwinkel bis zum Handgelenk bei gefaltetem Arm
Die Breite ist |ene Dimension, welche man von rechts nach links mtssi.
Die grösste Breite der Fusssohle
Grösste Breite der Fusssohle an der Ferse
Grdsste Breite zwischen den KnOcheln
Gr(^ss!c l^reite über dem Fussgc!enk
Breite in der Mitte des Scliienbeines unterhalb des Muskels
Grösste Breite des Scliicnbeii'. -Muskels
Breite unterhalb des Kniebeines
Grösste Breite des Kniebeins . . .
Breite, wo der Unterschenkel in die Kniescheibe übergeht . .
Grösste Breite in der Mitte des Schenkels
Grdsste Breite zwischen dem HQf^elenk
Grösste Breite zwischen den Seiten (Hoften) oberhalb des
Gesässes ...
Breite, wo wir uns gürten
Grösste Brustbreitc unter den Achseln
Grösste Breite zwischen den Achsel-Spitzen
Grösste Breite zwischen den Brustwarzen
Haisbreite • .
Brette zwischen den Backenknochen
Breite des Handtellers
Die BreitLt) und Dicken des Armes wechseln je nach der Bewegung;
doch können wir si<- annäherungsweise so bestimmen:
Breite des Armes am Handgelenk
Breite vles Armes am Muskel und Kllenbogen
Breite des Armes am Obermuskel unterhalb der Schulter . .
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AltitucUnes a vestigto.
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Latitudincs sunt, qua' a dcxtriä ad ^inistram metiuntur;
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Brachii latiuidincs et crassitudincs motibus inconstantes siiot: 6M tMiicn
fere tales esse adnotavimuä :
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») Fehlt in G. R. 767.
Die beiden letzten Angaben fehlen in C. R. 767; in unserem Codex
stehen sie in margine.
*) Fehlt in C R. 757. '
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204 LEONE BATTISTA ALBERT! ÜBER DAS BILDWERK.
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Die Dicken werden von vorn nacli hinten gcmeiscn; es seien folgende
angefahrt :
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An diir AusI^lIuiih dtis Schii^nbcintnuskcls * . ^
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Mit Hilfe dieser Massangaben wird es leicht sein, zu cr-
kennen^ welches das Yerbältniss der einzelnen Glieder zur Grösse
des ganzen Körpers ist, und in welchem Verhältnisse die Grösse
des einen Gliedes zu der des anderen steht, worin sie mit-
einander Übereinstimmen und worin sie sich unterscheiden, eine
Sache, welche meiner Meinung nach, man inne haben soll, da
hieraus grosser Nutzen entspringt. Vieles könnte dann auch
darüber gesagt werden, wie die Masse sich ändern bei einem
Sitzenden oder bei einem Menschen, der nach einer Seite sich
neigt; doch überlassen wir dies der Achtsamkeit und der Er-
findsamkeit der Künstler. Ausserordentlich förderlich wird es
aber sein, die Zahl der Knochen und die Muskel- und Nerven-
strang-Erhebungen zu kennen; doch darüber ein anderes Mal (77)
dann auch ist es ganz besonders Sache eines Jeden, der diese
Kunst ausübt, sich zu vermerken, wie weit die ausscrste Er-
höhung oder Kinscnkung eines jeden Gliedes von einer gewissen
Normallinie abstehe.
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LEONIS BAPTISTAE ALB£RTI DE STATUA.
205
AltitUiiines a vestigio.
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Crassitudtnes ^unt qua ah anterioribas ad potteriora:
Vcstigii latitudo a poIice ad calcancum ......
Crnssitudo a collo pcdis ad angulum calcanet . . .
Retractio super cullum pcdis
Retractio sub musculo ad medium tibiae
übi prominet musculus tibiae
Ubi prominet patella in genu .
Crasaitudo maMma in coxa
A pene ad prominenttas in natibus
Ab umbilico ad renea
Ubi incingimiir
A mnmmis ad promincntias dorsi , .
Ab jiiuulf) ad nodiiin colli
A fronte ad occiput
A fronte ad foramen auria
Craaaitudo maxima raanua
Brachü craaaitudo ad articulutn manua . . .
Bra^hii crassitudo ad musculum sub umbone
Et crassitudo ad musculum sub umbone .' .
Ex his promptum erit, singulas membrorum re
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ationes ad
[otam corporis proccritaiem atquc alterius ad aUcram inter se
proportiones prospexisse, quales sint, quid convenianr, quid
differant; quam rem habendam censeo piurimum enim juvabit.
Tum ^) et multa possent recenseri quae variantur in homine aut
sedente aut alteram in partem prono, sed ea nos artificum dili-
gentiae solercia;que relinquimus. Ossium vero numerum, mus-
culorumque atque nervorum prominentias non ignorasse, ad
rem vehementer conferet^). — Sed de his alibi; tum^ quan-
tum maxima cujusque membri prominentiave retractiove ab
certa linearum positionc distet, annotasse inprimis ad istius artis
professorem pertinet.
») C. R. 767: o. 6. 6.
^ Es folgt nun noch in den anderen Codices „umbonis crassitudo",
in C R. 767 bezeichnet mit o. 3. 4; in C. R. 927 mit o. 3. o,
') In C. R. 7'^)7 steht das „tum" vor „pliirimiim".
*) Nun in den anderen Codices ein Kinschiebsel ; s. darüber Anmerk. 77.
C. R. 927: w'l um de Iiis alibi, tum et ^uanta" etc.
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L. ß. AL BERTI
ÜBER DIE FÜNF SÄULENORDNUNGEN.
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DIE FÜNF SÄULENORDNUNGEN.
DIB TOSKANI8CHB ORDNUNG.
Obgleich Vitruv die toskanische Saulenordnung im vierten
Buche nach all' den anderen behandelt, so scheint es mir doch
am Platze, wenn alle vier Ordnungen im Baue verwandt werden,
jene, welche die festeste ist und am meisten Stützkraft besitzt,
aus ihrer Zurücksetzung hervorzuheben und über sie zuerst zu
handeln (78),
DBR SÄULENSTAMM.
Die toskanische Säule soll sechs Dicken haben, wobei man
immer die Dicke vom untern Ende des Schaftes nimmt.
DIE BASIS.
Ihre Basis wird man von einem Drittel der Saulcndicke
machen. Diese (Höhe) halbire man; die eine Hiilfte kommt auf
die Plinthe; die andere Haltte wird man wieder in drei Thcile
theilen, davon kommen zwei l^rittel auf den unteren Torus
(Polster), der Rest auf das Band (Abiaufriemchen, Apophysis)
am untern Ende des Stammes (79).
DAS KAPITAL.
Die Höhe des Kapitals wird man gleich machen der halben
Dicke des unteren Schaft-Endes, die Ausladung wird gleich sein
der unteren Säulendicke. Man theilt dann die ganze Kapitäl-
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I CINQUE ORDINI ARCHITETTONICI.
RAGIONB DELL OPERA TUSCANICA.
La ordinatione dcU' opcia Tuscanica, anchora che Vitruvio
la metta nel quarto libro ') dapo' le altre, a me pare di iarne
prima mentione percioch6, accadendo aedificare con tutti quattro
le ordini, & conveniente cosa per esser questa la piü soda et
havci c maiii^ior Icrmczza et suslcutameiitu , püila dabbasso
sotto Taltre et prima.
COLONNA.
La Colonna Tuscanica debb' esser di sei grossezze^ sempre
togliendo la sua grossezza dabasso nellu '^) imo scapo.
BASE.
La sua base si farä della terza parte della *) grossezza della
colonna. Et parta si per mctii, l'una parte se darü al plinto; il
rcsto sc dividerä per terzo, Ii dui terzi serviranno ai toro in-
feriore , il resto serli il quadretto dello imo scapo.
CAPn^LLO.
II Capitello se farä alto per meza grossezza della ima ^)
colonna; et haverä tanto agetto quanto c grossa la colonna dab-
i) Bei B.: «nel libro'*.
3) Bei B.: „porle**.
^ Bei B.: «ne lo**.
Bei B.: ,ch' & la*'.
») Bei B.: „sua**.
Queltenschrlften f. Kunstgesch. XI. 14
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2IO r,EONE BATTISTA ALBERTI ÜBER DIE FÜNF SÄULENORDNUNGEN.
Höhe in drei Theile; der eine Tbeil gibt die Plinthe, der an-
dere den Echinus (Kessel) mit dem Ring — wobei wieder der
Ring ein Sechstel dieses Theiles einnehmen wird; — der Rest
entfällt auf das H\ potrachelium ; der Kranz (Stab, Astragalus)
mit dem Bändeben (quadra) wird die Hälfte des Hypotrachelium
haben; getheilt in drei Theile, entfallen zwei auf den Kranz
I Rundleisten), der Rest auf das Bändchen. Das obere Ende des
Süulenstammes ist in sechs Theile zu theilen; nimmt man nun
nach rechts und links hin je einen 1 heil weg, so wird sich die
Säule darnach in der ihr zukömmhchen Weise verjüngen (80).
DAS EPISTYL.
Die Hohe des Epistyls wird gleich sein der Dicke des
oberen Schaft-Endes; die Taenia wird den sechsten Theil des
Epistyls einnehmen.
DER ZOPHORUS.
Der Zöphorus (Fries) wird so gross sein wie das Epistyl.
DAS KARNIESS.
Das Karniess wird gleichfalls in vier Theile getheilt,
davon entfällt ein Theil auf den Echinus ein anderer auf die
Fascia, die beiden noch übrigen Theile auf die Corona; seine
Ausladung wird gleich sein seiner Höhe.
DIB AUSLADUNG DER BASIS.
Die Ausladung wird in der Weise bestimmt werden, dass,
falls man ein Viereck um das untere Ende des Säulenstammes
legt und um die üussersten Kanten desselben einen Kreis zieht,
dieser die Ausladung der Basis gibt.
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LEONE BATTISTA ALBERTI: I C1NQUE OROINI ARCHlTETTONia. 2 1 1
basso. Et partirassi per terzo, Tuna parte serä*) ilplinto; faltra
10 echino con Tannulo, il quäle annulo serä la sesta parte;
l'altro terzo serä lo hipotrachclio -). Lo astragolo col suo qua-
dretto serä per la meta dello hipotracheiio; partito per terzo,
11 dui terzi serä lo Astragalo, ii resto il quadretto. II summo
scapo della colonna se debbe partire in sei parti, et le due
parti, una da destra T altra da sinistra, si levaranno: et tanto
se contraberä la colonna, dimimendola con la regola in essa
des^gnata.
BPISTILIO.
L' Epistilio scra lanto alt(), quam' e grossa la summa
colonna; la tcnia serä la sesta parte del epistilio.
ZOPPORO.
II Zoflbro serä quanto lo Epistilio.
CORNICE.
La Gornice, il medesimo; partita per quarto, 1' una parte
serä lo echino, V altra la fascia, le^) due restanti seranno^) la
Corona; la sua projettura, overo agetto, vole esser, quanto la
sua altezza.
PROJETTURA DELLA BASE.
La projettura delia base serä come k qui sotto designato,
che, ponendo un ^) quadrato fuori del imo scapo della colonna,
et dalli estremi anguli se tiri una circonferentia: et quella
serä ia sua projettura.
>) Bei B.: »fara^
2) Bei B. nun das sinnstArende Einschiebsel: «partito per terzo Ii due
terzi sara lo astragolo'*; dann weiter wie im Text.
'*) Bei B.: «che".
*) Bei B. : «feranno**.
») Bei B.: «iP.
•) Bei B.: •^sulli**.
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2 1 2 LEONE RATTISTA AI^Rft OBER DIE FÜNF SÄULENORDNUNGEN.
OER 8ÄULBNSTUHL.
Der Säulenstuhl wird an Höhe gleich sein der Ausladung
der Basis; dazu kommt oben und unten eine Fascia, welche
dann ein zweckmässiges Verhältniss haben, wenn sie den vierten
Thcil der genannten Höhe besitzen.
DIE DORISCHB ORDNUNG.
Mit der dorischen Ordnung (8t) ist es in folgender Wisise
zu halten : zuerst sei die Säule in vierzehn Moduli getheilt ; ein
Modulus gibt die Basis, ein anderer entfällt auf ihr Kapitäl.
Die Basis werde in drei Theile getheilt: ein Theil enttalit
auf die Pünthe; die beiden anderen Tiieiie theile man in vier
Theile; ein solcher Theil kommt aut den oberen Torus; die
drei restirenden 'I'heile werden lialbiri ; die eine Hüllte gibt die
Hohlkehle (scotia) mit ihren Leisten (quadra), die andere Hälfte
gibt den unteren Turus. — Ihre Ausladung wird dieselbe wie
in der toskaniscben Ordnung sein.
Die KapitälhÖhe theile man durch drei; der eine Theil gibt
die Plinthe mit dem Cymatium, wobei das Cymatium ein Drittel
der Plinthe haben soll; der zweite Theil ist für den Echinus
mit den Ringen bestimmt, und zwar entfallen davon zwei Drittel
auf den Echinus, das andere Drittel auf die Ringe, deren es
drei völlig gleiche gibt; das letzte Drittel des Kapitäls wird das
Hypotrachelium sein. Der Stab mit den Leistchen wird ein
Zwölftel der SUulendicke haben, welch' letzlere zwei Moduli
beträgt. Der Stab (Astragalus) wird in drei Theile getheilt;
zwei Drittel entfallen auf den Astragalus, der Rest auf das Leist-
chen. Die Ausladung wird so gross sein als der Stamm ara
unteren Ende dick ist.
BASIS.
DAS KAPITAL.
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LEONE BATTISTA ALBERTI ; I ONQUE ORDINI ARCHITETTONICI. 3 1 S
STILOBATA.
La stilobata serä tanta alta, quartto 6 la projcttura d* essa
basc, aggiuntc Ic duc lascic 1' iina et hi suiiinui , qiialc scranno
della quarta parte della dctta altezza et hayerä cummoda pro-
portione.
RAGIONE DELL OPERA DORICA.
L' ordine Dorico cosi debbe essere osservato: Primamente
la colonna*) sia partita in quatordeci moduli, et uno modulo
serä la base sua, et un altro serä il suo capitello.
BASE.
La base sia partita in parte rre; una parte serä il Plinto;
Ic duc altri parti se partiranno per quatro, 1* una delle quali
serä il toro superiore; le altre tre parte -) restanti, in due
seranno partite, una serä la scotia con le sue quadrette, 1* altra
serä il Toro inferiore. La Projettura sua serä come nella ordi>
nationc Tuscanica.
CAPITELLO.
Ii Capitello sia diviso per terzo; V una parte serä il
Plinto col dmatio, cV cimatio serä della terza parte del Plinto;
la secunda parte servirä allo echino con Ii annuli, 1* echino Ii
dui tcrzi et Ii annuli dell' altro terzo divisi in trc annuli equali;
r altra terza ^) parte del capitello serä**) lo hipotrachelio; lo
astragalo con il qua dretto serä della duodecima parte della
grossezza della colonna la quäle serä grossa de dui moduli ; lo
astragalo? serä partito per terzo, Ii dui terzi serä '')lo astragalo,
il resto serä la quadretta. Et haverä tanta projettura, overo
aggetto, quanto serä grossa la colonna dabbasso.
1) Bti B. fehlt: Ja colonna".
^ Bei B. fehlt: «parte**.
Bei B. fehlt! «terza'*.
<) Bei B.: nfara**.
») Bei B.: „farä'*.
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214 ^-^^^^ HATTISTA ALbLK I I tUKR DIE FÜNF SAULtNOKDNl NGliN.
VERJÜNGUNG DER SÄULE.
Die Säule muss sich um ein Sechstel, also nach jeder Seite
hin in der Peripherie um ein Zwölftel verjüngen; dabei beobachte
man das gleiche Verfahren wie bei der toscanischen Ordnung.
DAS BPISTYL.
Oberhalb der Säule wird man das Epistyl in der Höhe
eines Modulus machen; die Taenia desselben wird den sechsten
Theil eines Modulus haben; die Tropfen mit ihrem Leistchen
werden ein Viertel des Epistyls haben. Theilt man die (Höhe)
der Tropfen sammt dem Leistchen in vier Theile, so entfallen
drei Theile auf die Tropfen, der Vierte Theil auf das Leistchen;
dabei halte man in Acht, dass sechs Tropfen gefordert sind,
lieber dem Kpistyl werden die Triglyphcn postirt, sie haben
eine Höhe von i Mo'^uli; zwischen je zwei Triglyphcn findet
sich ein Raum der gleich der Höhe des Triglyphen ist; in
diesem Räume, welcher Metope genannt wird, werden Stier-
küpfe und Rosetten gebildet sein. Der Kopf des Triglyphen
wird den sechsten Theil eines Modulus betragen.
DAS KARNIESS.
Oberhalb der Triglyphen wird das Karniess postirt, welches
eine Höhe von einem Modulus hat, in welche Höhe auch schon
der Kopf des Triglyphen fällt. Der Rest, welcher darnach noch
übrig bleibt, wird in zwei Theile getheilt; der eine Theil ent-
fällt auf die Sima mit ihrem Leistchen, der andere Theil auf
die Corona mit dem unteren Echinus, welcher genannte untere
Echinus ein Drittel der Sima und der Corona haben wird (82).
Die Ausladung wird gleich sein der Höhe des Karniesses und
darüber noch so viel als die obere Sima über die Corona her-
vortritt.
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LEONE BATTISTA ALBERTI: I CINQUE ORDINi ARCHITETTONICI. 2 I 5
PROTRATTURA DBLLA COLONNA.
La colonna sc debbe protrahere la scsla parte per banda ')
che serä la duodecima in circonfereDtia et osservasi la regula
come nella^ Tuscanica.
EPISTILIO.
Sopra la colonna si farä lo epistilio di altezza^) d* un
modulo; la sua tenia serä della sesta^) parte di un modulo
le gutte colloro quadretto seranno la quarta parte della episti-
lio; le gutte col quadretto seranno partitc in parti quattro, dcUc
tre dette quali seranno fatte le gutte, et del altra quarta parte
il quadretto; nota che le gutte vogliono essere sei. Et sopra lo
epistilio seranno posti Ii triglifü ^) d* altezza di un modulo et
mczo; et sera tanto da un trii;lilfü all' altro, quanta e l' altezza
del triglirtb; nel ciii spatio seranno fatte teste de bovi, et rose,
et questo spatio fra Ii*') sera chiamato metopa; il capitcUo del
trigliffo serä la sesta parte del modulo.
CORNtCB.
Sopra il trigliifo serä collocata la cornice d' altezza d* un
modulo, ponendo in la delta altezza il capitcllo dcl tri^liflo;
quello che rcsla oltre al dctto capileUo, se partira in duc parti;
r. una delle quali serä la sima col suo quadrato, V altra parte
servirä allä corona col suo echino di sotto, lo quäle echino di
sotto serä la tcrza parte della sima et della Corona. La pro-
jetiura '') sera, quanto c alta detta cornice, et tanto piü, quanto
la sima ch* ö sopra, fuori della corona.
1) Bei B.: »bandet
Bei B.: »ne la**.
*) Bei B.: „altezze**.
*) Bei B.: nStessa**.
s) Bei B.: ,il tr^g1ifo^
«) Sc: ptrigllffi".
^ Bei B.: aapertura".
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2t6 LEONE UATTISTA ALBERTI Ober DIE FÜNF SXULENORÜNUNGEN.
DER SÄULENSTUHL.
Den SäulenstLihl wird man so breit machen als die Basis
und I '/^mal so hoch als er breit ist ohne den oberen und
unteren Sims. Genannten Stvlobat wird man in fünf Theilc
theilen und man wird den oberen und den unteren Sims ebenso
gross machen als einer der genannten Theile sein wird. Den
oberen Sims theilt man dann in vier Theile; zwei Theile da-
von dienen für das Cymatium, ein anderer Theil für dessen
Sima und der vierte Theil für den Astragalu s mit seinem Leist-
cheii. Der untere Sims wird in drei Theile getheilt; das eine
Drittel entfällt auf den oberen Torus mit dem Leistchen, die
zwei anderen Drittel auf den unteren Toms. Die Ausladung
wird so gross sein als das Cymatium hoch ist. Die Plinthe
unterhalb des Säulenstuhls kommt hierbei nicht in Rechnung,
sondern sie fällt dem Belieben des Architekten anheim.
DIB JONISCHB ORDNUNG.
DER SÄULENSTAMM.
Der Stamm der joniscben Säule muss acht untere Durch-
messer zählen.
BASIS.
Seine Basis wird so hoch sein, als dies in der dorischen
Ordnung der Fall ist. Auf die Plinthe entfällt ein Drittel (dieser
Höhe); den Rest theile man in sieben Theile; aus drei Theilen
davon macht man den oberen Torus, aus den Übrigen die Hohl'
kehlen (scotia) mit ihren Stäben (Astragali) und Leistchen. Die
Ausladung wird sein wie bei der toscanischen (Basis). Der
Stamm wird sich verjüngen wie in der dorischen Ordnung (83).
KAPITAL.
Das Knpitiil mache man ein Dzittel unterer Stammesdicke
hoch; die Voluten aber mögen r,o weit herabhängen als die
HäÜtc des Durchmessers beträgt (84).
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LEONE IIATTISTA Al.liüRTl ; I CINQUE ORDiM ARCHITETTüNICI. 217
STILOBATA.
La stilobata se farä larga, (^uanto la basc, et aita una
volta e meza quanto t larga, senza la cornice superiori et in-
feriori; la qual stilobata se partirä in V parti, et farassi tanta
alta la siiperiore cornice et la inferiore, quanto scrä una delle
dette parti, la cornice supcriorc serä partita in IV parti, le due
parti serä il cimatio, un* altra parte servirä aila sua sima et T
altra allo astragafo coi suo quadretto; la cornice inferiore serä
partita per terzo; V uno terzo serä il toro superiore col qua-
dretto, Ii dui terzi serä il toro inferiore; la sua projettura scrii
quanto e alto il cimatio. II Plinto sotto la stilobata non va in
questo conto, ma se fk a beneplacito deli* Arcbitetto.
RAGIONE DELL OPERA üONICA.
COLONNA.
La Colonna Jonica deve essere fatta de otto parti.
BASE.
La sua base serä, quauto se ^ detto nclla Dortca ragione ;
il plinto la terza, il resto se divida *) in sette parti, delle tre
parti se farä il toro superiore, delle restanti se farä le scotie
con Ii astragali et quadrettc; la projettura serä, comc nclla
Tuscanica. La colonna se contraherä, come la Dorica.
CAPITBLLO.
Facciast il suo capitello per la terza parte di una colonna,
ma le volute pendano in giu, quanto t la mita de la colonna.
») Bei B.: „divido*'.
i
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81 8 l^ONE BATTlbTA AI.UERTI ÜBER DIE FÜNF SÄLLENÜRDNÜNGEN.
DAS EPISTYL.
Die Hübe des Kpistyls hat ein Zwölftel der Höhe der
Siiule zu betragen; davon entfällt ein Sechstel der genannten
Höbe auf das Cymatium. Den Rest theile man in zwölf Tbeilc,
davon entfallen drei Tbeile auf den ersten Streifen, vier Theile
auf den zweiten und fünf Theile auf den dritten (85).
DER ZOPHORUS.
Wenn der Zophorus (Bilderträger) mit Bildwerk versehen
ist, so mache man ihn um ein Viertel höher, als das Epistyl
ist; entbehrt er des Bildwerkes, so mache man ihn um den
vierten Theil niedriger als das lipi^tyl ist.
DAS KARNIESS.
Oberhalb des Zophorus wird man das Cymatium machen,
und zwar wird seine Hulic ein Sccbsicl dci- Höbe des Zopliorus
betragen (S6); obcrlialb des Cymatium macht man den Zahn-
scbnitt (denliculi, Kalberzähne), und zwar ebenso lioch als der
mittlere Streifen des ICpistvls ist; oberhalb des Zahnschnittes be-
tindet sich die Sima mit ihrem Leistchen von gleicher Höhe.
Die Ausladung des ganzen Karniesscs wird gleich sein der Höhe
desselben.
DER 8ÄULENSTUHL.
Die Höhe des Säulenstuhles macht man gleich der Distanz
vom Grunde der Basis bis zum Anfang der Verjüngung der
Säule Genannter Säulenstuhl wird in acht Theile getheilt;
von diesen entfällt einer auf den unteren Sims, und einer auf
den oberen Sims.
DIE KANNELLUREN.
Wenn die Säulen mit Kannelluren (stria) versehen sind,
so werden sie solche in der Zahl von vierundzwanzig besitzen,
und zwar ist die Kehle dreimal so breit als der Steg.
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LEONE BATTISTA ALBERTI: I CINQUE ORÜINl ARCHITETTONICI. 2 1 9
BPISTILIO.
Lo Eptstilio si farä della duodecima parte dell* altezza
dcllu colonna. II cimatio dcUa sesta parte della dctta altezza;
11 resto sia diviso in dodcci parti, la prima fascia overo piano
serä tre parti, la secunda fascia serä di quatro parti et la
terza di cinque.
ZOPFORO.
II zolforo se 1' serä intagliato, se iara della quarta parte
piu dello cpistüio; et se 'l andarä senza intagliamenti, serä latto
della quarta parte manco del detto epistilto.
CORNICB.
Sopra del zofToro se farä il cimatio della sesta parte del
zotforo; sopra il cimatio sc fara il denticiilo tanto alte, quanto
la media fascia dell' epislilio; sopra il dcnticuio la smia col suo
quadretto di altro tanta altezza; la projettura ') della cornice
tutta serä quanto t alta.
STILOBATA.
La stilobata se farä tanta, quanto dal fondo della basa
intino al principio dcl diminuirc la colonna Et partes)
detta stilobata in otto partim de le quali una serä la ima
cornice et la summa serä de un* altra.
8TRIB.
Se la colonna serä striata, le strie seranno numero venti-
quatro; et ogni stria serä trc parti, et il suo quadretto serä
largo ^) un' altra parte.
*) Bei B.: „Ic projetturc**.
2) Diese lecrgelasscnc Stelle findet sich im Codex, doch scheint hier
kein Wort ausgefallen zu sein.
3) Bei B.: „sovra alte".
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220 LEONE ÜATTISTA ALBLRTl ÜBER DIE FÜNF ÜÄULENORDNUNGEN.
DIE VOLUTE.
Die Volute mit dem Cymatium theilt man in zehnthalb
Theilc; davon entfällt ein und ein halber Theil auf das Cyma-
tium; von den acht übrigen Theilen macht man die Volute.
Das Auge der Volute wird man in die Mitte dieser Höhe (also
in die Vier) verlegen, und indem man hierauf den Cirkel zix den
äusserstcn Theilen nach oben und unten hinführt, erhält man
den Vorsprung der genannten Volute (87).
DIE KORINTHISCHE ORDNUNG.
DER SÄULENSTAMM.
Die korinthische Säule wird man neun Köpfe hoch machen;
davon wird eine Kopflänge auf das Kapitäl entfallen.
BASIS.
Die Basis macht man von einer halben Kopfliingc; der
Rest wird auf den Stamm entfallen, wie von der jonischen
Ordnung gesaqt wurde. Die Plinthe der Basis wird man vom
vierten Thcil der Höhe der genannten Basis machen; den Rest
wird man (wieder) in vier Theile theilen; einer derselben wird
für den unteren Tonis dienen; die drei Übrigen Theile theilt
man neuerdings in vier Theile, von welchen einer auf den
oberen Torus entfällt; die drei restirenden Theile theilt man
wiederum in gleicher Weise und macht daraus die zwei Hohl'
kehlen (Scotia) und die Astragali (Stäbe), wie dies in der jonir
sehen Ordnung gesagt wurde (88).
DAS KAPITAL.
Das Kapitäl wird man in folgender Weise machen. Der
Abacus wird den sechsten Theil der Höhe desselben haben;
das Cymatium habe ein Drittel der Höhe des Abacus. Das
Leistchen des Kelches betrage ein Neuntel des Restes der Ka-
pitälhöhe. Den Kelch wird man in drei Theile theilen; zwei
davon werden für das Blattwerk dienen, der dritte für die
Voluten. Die Ausladung des Abacus muss so gross sein, dass
sie lothrecht zur Plinthe der Basis steht. Der obere Stab (Astra-
galus) mit seinem Leistchen wird so gross sein als die Aus-
ladung der Säule ist (^9)'
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LEONE BATTISTA ALBERTI: I ONQUE ORDINI ARCHITETTONICL 221
VOLUTA.
La Voluta col cimatio in parti nove e meza'); una parte
e mcza scrii il cimatio, et dellc otto parti rcstanti serä tatta
la voluta. £t ponerassi ii centro alle quatro, et girando il com-
passo alle parti estreme della summa parte et'^) del imo: et
tanto venirä'**) a sporgere la detta voluta.
RAGIONE DELL OPERA CORINTHIA.
COLONNA.
La colonna corinthia se tarü dinove teste, de una testa
se farä il suo capitulo.
BASE.
La base de meza testa, il resto servirä alla colonna, come
6 detto della ordinatione Jonica. II plinto della base se farä
della quarta parte della detta base, cioe dell' altezza; il resto
se dividerä in quatro parti, de una delle quali se farä il toro
inferiore, le tre parti restanti se partiranno in quatro parti, de
una se farä il toro superiore, le restanti se divideranno equal-
mente, iaccndu le due scotie et Ii astragali comc e detto nella
Jonica ordinatione.
CAPITELLO.
II Capitello se farä in questo modo: lo abaco serä la
sesta parte della sua altezza, il suo cimatio sia il terzo dell*
altezza dell' abaco, il quadrctto della canipana sia la nona parte
dcl restante del capitulo, et la campaiia serä divisa in tre parti,
le due delie quali .serviranno per le toglie^), V altra per le volute;
lo abaco deve haver di projettura tanto, che vada al perpendi-
culo del plinto della base, lo astragalo dt sopra col suo qua-
dretto serä quanto la projettura della colonna.
sc: ,si dividerä**.
2) „et" fehlt bei B.
^) Ik'i B.: „vcniva".
*) Bei B.: „la foglia".
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222 LEONE BATTISTA ALBERTI ÜBER DIE FÜNF SÄUI.ENORDNUNGEN.
DAS EPISTYLm
Das Epistyl wird so wie das joiüsche sein, ausgenommen
die Astragali oder Stäbchen, welche vom achten Theile des
dazugehörigen Streifens ausgehen*
DER ZOPHORUS.
Der Zophorus wird so beschaffen sein wie in der jonischen
Ordnung, doch wird er des Bildwerkes entbehren, wenn er
nicht noch ein Stück höher ist (90).
DAS KARNIBSS.
Das Karniess wird ahnlich dem jonischen sein, ausgenom-
men den Kchinus; und zwar wird es um so viel hüiicr sein (als
das jonischc Karniess) als die Hohe des Echinus betragt, für
welch letzteren das Mass des mittleren Streitens getordert ist.
DER SÄULENSTUHL.
Der Säulenstuhl ist ebenso hoch, als die Distanz vom
Begine der Basis der Säule bis zum Ende der Anschwellung
derselben ausmacht, wie dies bei der jonischen Ordnung aus-
einandergesetzt wurde.
DIE LATEINISCHE ORDNUNG.
STAMM UND BASIS.
Die lateinische Ordnung wurde von den alten Römern
zusammengestellt und angeordnet; indem diese eine Art von
Säulen bilden wollten, welche schlanker wären als die korinthi-
schen, bildeten sie die Säule — Kapital und Basis eingeschlossen —
zehn Kopflängen gross. — Die Basis kann man — nach Belie-
ben der Architekten — der jonischen oder korinthischen Basis
gleich machen.
DAS KAPITAL.
Das Kapitäl wird in folgender Weise eingetheilt: sein
Abacus wird sein wie der korinthischer Ordnung ; die Voluten
gleich den jonischen; das Blattwerk gleich dem korinthischen;
und verjüngen wird sich die Säule sowie die andere Ordnung.
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LEONE BATTISTA ALBERTI: I ClNQUE ORDINI ARCHlTETTONia. 223
EPISTILIO.
Lo Epistilio serä come lo Jonico excetto Ii astragali, cio
e Ii bastoncini che vanno della ottava parte della sua lascia.
ZOFFORO.
II Zoiforo serä come in la Jonica ordinatione, ma iion
pulvinatOy se*l non haverä altro pezo^) di sopra.
CORNICB.
La Cornice simile alla Jonica, excetto lo echino, et va
lanto piü alta, quanto scrä lo echino, il quäle liavera ad csscrc
della misura della media fascia.
STILOBATA.
La Stilobata va tanto alta, quanto ^ dal cominzare di
sotto la base della sua colonna smo al fine dello ingrossare della
detta colonna come ö detto nell* opera Jonica.
RAGIONE DELL OPERA LATINA.
* COLONNA ET BAS©.
La ordinatione Latina fu composta et ordinata dalli antichi
Romani, che') volendo fare una spetie di colonne piü gracile
delle Corinthie, fecero 'la colonna de diece teste con base et
capitulo: la sua base si puo fare come la Jonica, et anchora
come la Corintha al libito dell' Architetto.
CAPITELLO.
II Capitello serä partita in> questo modo: lo abacho suo
serä come quello del ordine Corintho, le volute come le Joniche,
Ic foglic come le Corinthc et cosi la colonna se contiaherii come
r altre.
>) „in" fehlt bei R.
2) Bei Ii.: „spazio".
3) ,che" fehlt bei B.
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224 LEONE BATTISTA ALBERTI ÜBER DIE FÜNF SÄÜLENORI>NüNütN.
DAS EPISTYL.
Das Epistyl wird so hoch sein, als der untere Stamm-
durchmesser gross; es ist so eingetheilt wie das jonische.
DER ZOPHORUS.
Wenn Kragsteine vorhanden sind, so wird man den Zo-
pborus von derselben Höhe machen, welche das Epistyl hat (91).
DAS KARNIBSS.
Das Cyniaiium des Kragsteines (mutulus) hat den sechsten
Theil von dessen Höhe; die Breite des Kragsteines wird gleich
gross sein dem unteren Sauiciulurchmcsser, d. h. wenn er in
grosser Hohe steht; wenn seine iMitiernung vom Auge eine
geringe wiire, so müssle seine Breite den vierten Theil weniger
enthalten. Und zum mindesten muss die Entfernung zwischen
zwei Kragsteinen gleich sein ein und einem halben Modulus, ja
sogar noch mehr, da sie dann dem Auge schlanker erscheinen
weriien. Seine Corona mit dem Cymatium muss so hoch sein
als der untere Stammesdurchmesser gross; wenn man diese
Höhe in zwei gleiche Theiie theilt, so entfällt ein Theil auf
die Corona, der andere Theil auf das Cymatium; die Corona
wird eine Ausladung haben, die der Höhe eines Kragsteines
gleich ist, und das Cymatium eine gleich der eigenen Höhe.
DER SÄULENSTUHL.
Den Säulenstuhl wird man so machen, wie es bei der
jonischen und korinthischen Ordnung auseinandergesetzt wurde,
d. h. seine Höhe ist gleich der Distanz vom Anfang der Basis
bis zum Beginn der Verjüngung der Säule.
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LEONE BATTISTA ALBERTt: I OKQUB ORDINI ARCHITETTONia. 325
EPISTILIO.
II suo cpistilio serä alto, quanto la ima colonna partito
come lo Jonico.
ZOPPORO.
II Zofforo dove andaranno Ii moduli se farä ditanta altezza
quanto lo epistilio.
CORNICE.
II Cimatio del modulo la sesta parte delia sua altezza, la
larghezza del modulo serä quanta la ima colomia, cioö quanto 6
altOy ma quando') non andasse molto distante daU' occhio, se
debbe fare il quarto manco largo et farli almanco distanti V
uno dal altro uno modulo et mezo, et piü prestodiu per che^)
seranno piü gracUi da esser veduti; la sua Corona col cimatio
debbe essere alta, quanto la ima colonna ^ dividendola in due
parti equali 1* una parte serä la Corona et Y altra il cimatio,
la Corona haverä tanta projettura quanto e alto il modulo j et
il cimatio quanto el serä alta.
STILPBATA.
La Stilobata se farä come h detto nella ordinatione Jonica
et Corintha, ciod quanto 6 dal nascimento della sua Base sino
al cominzare del diminuire della colonna.
') Bei B.
2) Bei B.
^ Bei B.
„quanto .
„distinti".
,,et piü presto dappoichi; ich corrigire hier: npiü presto piü^
gleich »piutosto piü".
QucUeDKbriften f. Kumtgwd). XI. i5
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ERLÄUTERUNGEN.
1. InGuhrs„KQnstlerbriefen** (Bd.I» pag.25) findet sich ein
Fragment dieser Widmung — merkwürdigerweise von Guhl
als das vollständige Widmungssebreiben publicirt, obwohl schon
sechs Jahre vor Erscheinen der Künstlerbriefe'' Bonucd im
vierten Band der „Opere Volgari'* des L. B. Alberti den voll-
ständigen Text gegeben hatte. — Dort verlegt auch Guhl die
Zeit der Abfassung des Tractats auf 1441 — 144^. Was es da-
mit auf sich hat, geht aus der Einleitung hervor. — Der latei-
nische Text des Tractats ist dem Giovanni Francesco Marchese
von Mantua gewidmet. (Giovanni Francesco stirbt am 23. Sep-
tember 1444 einem Alter von 54 Jahren 3 Monaten und 23
Tagen. Er war ebenso gewaltig als Feldherr, wie Freund allen
Wissenschaften und Künsten. Vergl. M. Equicola, dell' Istoria
di Mantova libri cinque Mantova 1607. III. Buch.) — Da diese
Widmung bisher keine Publication gefunden, so theile ich die>
selbe im Anhang mit.
2. Die hier genannten Künstler sind: Filippo Brunelleschi
(1377—1446), Donatello (i386 — 1468), Lorenzo Ghiberti (i38i
bis 1455), Luca della Robbia (1400— >i48i) und Maso di Bar-
tolomeo detto Masaccio, der Bildhauer (1406 bis circa 1457); in
Betreff dieses Letzteren verweise ich auf den Excurs zu Ende
der Erläuterungen.
3. In der Einleitung zu seinem Dialoge: „Della tranquil-
litä dell' animo'* ISsst sich Alberti Über den Dom von Florenz
so aus:
„Gewiss ist es, dieser Tempel zeigt ebensoviel Anmuth
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ERLÄUTERUNGEN.
227
als Majestät. Nie ermfide ich, zu bewundern, wie sich hier ge-
fällige Schlankheit mit Kraft und Festigkeit in einer Weise
verbinden, dass jedes Glied des Werkes ebensosehr im Dienste
reizender Anmuth steht, als es lur die Ewigkeit gemacht zu
sein seheint."
4. Dieses Vorhaben kam entweder nie zur Ausfuhrung,
oder die betretiende Schrift ist uns verloren gegangen.
5. „Fare" allerdings zuerst „produrre", dann aber auch
„trasformare", welche Bedeutung ich festhalte aus den in der
Einleitung entwickelten Gründen.
6. Die directe Quelle dieser Theorie vermag ich nicht fest-
zustellen, und L. B. Alberti mag sie auch auf eklektischem
Wege gewonnen haben. Der erste Theil derselben, das „Um-
messen*' der Flächen, resp. der Dinge, mit den Sehstrahlen
erinnert an Platon's Sehtheorie; der Nachsatz jedoch, „welche
die Form der Dinge dann zum Sitz des Gesichtssinnes tragen",
steht damit im Widerspruche und weist vielmehr auf die ent-
gegengesetzte Theorie, niimlich jene Demokrit's, nach welcher
Bilder von den Dingen sich ablösen, weiche die Formen der
letzteren zum Auge tragen. — Besonders aber wird an die Theorie
des Euklides zu denken sein, welche dieser in seiner Einleitung
zu den optischen Theoremen ausspricht: Si imaginibus proci-
dentibus passio visiva gignitur, et si ab omni corpore continuae
imagines profluunt quae nostros sensus commovent, qua de
causa fit ut quaerens acum, itidemque librum accurate legens
omnes litteras non perspicit (ed. Lucas PaccioU, Venetiis 1 509).
7. Nicht genau, doch dem Sinne nach, ist dies die Lehre des
Aristoteles. Vergl. De Anlma, II. 7.
8. In der lateinischen Redaction des Tractats heisst es
dann weiter:
„Missam faciamus illam philosophoruro disceptationem, qua
primi ortus colorum investigantur. Nam quid juvat pictorem
novisse quonam pacto ex rari et densi, aui ex calidi et succi,
i5«
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228
erlXdterdngen.
frigidi humidique permistionibus color exstet? Neque tarnen eos
pbilosophantes aspernor, qui de coloribus ita disputant, ut
species colorum esse numero Septem statuant, album atque ni«
grum duo colorum extrema. Unum quidem inter medium, tum
inter quodque extremum, atque ipsum medium binos, quod
alter plus altero de extremo sapiat, qua^i de limite ambigentes
collocant. Pictorem sane novissc sat est, qui sint colores et qui-
bus in pictura modis iisdem utendum sit. Nolim a peritioribus
ledargui, quidem philosophos scctantur duos tantum esse in
rerum natura integros colores asserunt, album et nigrum, cceteros
autem omnes ex duornm permistione istorum oriri". Pag. 19,
20 (ed. Basil. 1540). Der Inhalt dieser Stelle bezieht sich haupt-
sächlich auf Aristoteles' Farbentheorie. (De Coloribus, de sensu,
c. 3. He anima II. u. a. O.) Alberti's eigene Theorie steht der
Aristotelischen entgegen, da er, ungleich diesem, „Weiss" und
„Schwarz ' nur als höchstes Licht und tiefen Schatten, nicht
aber als Farben ansieht, und nicht wie dieser sieben, sondern
nur vier Hauptfarben annimmt.
9. Bekanntlich wirft auch bei Sonnenlicht der Körper nur '
dann einen seiner Grösse gleichen Schatten, wenn die Sonne
zum Kopf-Ende des beleuchteten Körpers unter einem Winkel
von i35« steht.
fo. Unter diesen „Wundern der Malerei" sind die sogenannten
„Demonstrationen*' gemeint. Alberti kommt gegen Ende dieses
ersten Buches noch einmal darauf zurück, wobei er auch das
Vorhaben kundgibt, über diese „Demonstrationen" zu schreiben,
falls er Zeit gewiinne. Bonucci (Opere Volgari IV, pag. 9?) ist
geneigt, in dem Tractat „Deila Prospettiva" die Ausführung
dieses Vorhabens zu sehen. Ich kann dieser Vermuthung durch-
aus nicht beistimmen, da in dem genannten Tractate mit keiner
Sylbe der „Demonstrationen" Erwähnung geschieht, hini^LLien
am Ende ein auf anderen Principien beruhendes und auf die
Malerei durchaus keinen Bezug habendes optisches Kunststück-
chen gelehrt wird.
Eine genauere Beschreibung der „Demonstrationen*' findet
sich in dem Fragment der Vita anonyma des L. B. Alberti
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ÜRLÄUTERÜNGEN.
229
(Muratori Scriptor. rer. Ital. XXV. Col. 295 sequ.) Dort
heisst es:
„Er schrieb einige Bücher über die Malerei, dann aber
brachte er auch mit Hilfe dieser Kunst unerhörte und den Zu-
schauern unglaubliche Dinge zu Stande; und zwar zeigte er
diese durch eine ganz kleine Oeffnung, die sich in einem kleinen
geschlossenen Kasten befand. Dort hättest du gesehen hohe
Gebirge, weite Landschaften und das unendliche Meer, soweit
sich hinstreckend, bis dass es im Duft der Feme dem Auge
entschwindet. Er nannte dies „Demonstrationen", und sie waren
der Art, dass KunstverstSndige und Laien darüber stritten, ob
man gemalte Dinge oder die Naturdinge selbst anschaue. —
Und zwar gab es zwei Arten derselben; die eine Art nannte
er „Tagesdemonstrationen**, die andere „Nachtdemonstrationen".
In den Nachtdemonstrationen siehst du den Arktur, den Orion
und andere funkelnde Sternbilder; der Mond steigt auf hinter
den höchsten Bergeshöhen und sendet sein Licht aus; allmälig
erscheinen dann die Gestirne, welche den Tag verkünden.
„In den Tagesdemonstrationen siehst du aufsteigen und
gemach den ganzen Erdkreis erleuchten den, welcher der Aurora
folgt, der lichtgebarenden, wie sie Homeros nennt. Einige hoch-
geborene Griechen, welchen das Meer wohlbekannt war, riss
er zur Bewunderung hin. Als er ihnen nämlich die unendliche
Fülle der Welt durch die ganz kleine Oeffnung — wie ich oben
sagte — im Abbilde zeigte und sie fragte, was sie denn sähen,
da antworteten jene: Eine Schiffsflottc sehen wir auf hohem
Meer; noch vor Mittag werden wir sie bei uns haben, wenn
nicht jene Gewitterwolke dort im Osten und ein heftiger Sturm
die Eilende angreift. Und schon sehen wir auch das Meer em-
porwogen und Zeichen von Gefahr ist es, dass die Wellen so
stehende Strahlen schiessen."
Man wird bei diesem wundersamen Guckkasten wohl an
eine Art „Camera obscura'* denken müssen, obgleich man die
Erfindung dieses Instrumentes dem Neapolitaner Giovanbattista
della Porta, der ein Jahrhundert später lebte, zueignet.
II. Ich zweifle, ob meine Uebersetzung des „in aere et ne*
suoi iuoghi altrove" {im lat. Text: eminus in aere suis locis
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23o
ERLÄUTERUNGEN.
constitutis) den Sinn der Stelle richtig wiedergibt. — Das
„eminus in aere" Hesse auch daran denken, dass hier gemeint
sei die Lage der Gegenstände, je nachdem sie über oder unter
der Horizontlinie erscheinen. — Am allerwenigsten dürfte hier
an eine Andeutung der Luftperspective zu denken sein. Da die
Wahl jedes neuen Augenpunktes auch das Lagerungsverhältniss
der Gegenstände verändert, so erschien es mir am naheliegend-
sten, die Stelle in diesem Sinne zu interpretiren.
12. Ich hahe die Ausdrücke j^aequidistant" und ^conlinear**
auch im Deutschen beibehalten; unter squidistanten Flächen ver-
steht Alberti parallele Horizontalflächen, unter ,}Conlinearen"
Flächen parallele Verticalflächen.
13. Aulus Gellius mit Hinweis auf Plutarch im Eingang
zum ersten Buche der ,)Noctes Attice". Auch die Proportiona-
lität der Glieder wird dort betont: „Comprehensa autem men-
sura herculani pedis secundum naturalem membrorum omnium
inter se competentiani moditicatus est etc. ..."
14. Selbstverständlich; wenn die Figuren in einer mit der
Bildfläche parallelen Ebene liegen, so kann jeder neue Quer-
schnitt der Sehpyramide, parallel vollzogen mit dem ursprüng-
lichen, das Bild zwar verkleinern oder vergrössern, doch aber
nicht verandern, da alle Linien der Gegenstände ihre ursprüng-
liche Richtung behalten.
15. In etwas breiter und umständlicher Weise wird hier
der Lehrsatz ausgesprochen, dass Dimensionen, welche in der
Höhe und Richtung der Augenaxe liegen im Querschnitt keinen
Raum einnehmen, resp. als Punkt oder Linie erscheinen; dass
sie aber einen um so grösseren Raum im Querschnitt behaup-
ten, je obliquer sie gegen die Bildiläche geneigt sind.
16. Es entspricht diese Ansicht der skeptischen Schule
und scheint aus Sextus ümpiricus geschöpft zu sein.
17. Den uns im Theaetiet von Piaton überlieferten Aus-
spruch: IlavTMV jfp)3^aT£üv |i£Tpov ivB-poiTzoi tcov fxev ovtcov
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ERLÄUTERUNGEN. 33 1
hri rösv 6i oux ovroov oux eortv that bekanntlich nicht
Pytbagoras, sondern der Sophist par excellence Protagons. Al-
berti*s Interpretation dieses Ausspruches ist keine richtige;
derselbe muss im erkenntnisstheoretischen Sinne gedeutet werden.
Protagoras leugnet damit jede absolute Erkenntniss: wir haben
kein Wissen, sondern nur ein Meinen und jede Meinung ist im
gleichen Masse berechtigt als unberechtigt.
18. Dies erzählt Plinius XXXV. 74. (Ich citire nach Sillig's
Edit.) Und zwar massen die Satyre den Daumen des Kyklo-
pen mit ihrem Thyrsus ab.
19. So interpretire ich diese scheinbar etwas verdorbene
Steile mit Hilfe des lateinischen Textes: ac mihi quidem haec
ipsa jacens quadranguli linea est proximiori transversa? et ceque-
distanti in pavimento vis» quantitati proportionalis. £d. c.
pag. 32.
20. Es wird wohl bei diesem „picciolo spatio" an eineii
Flächenraum zu denken sein, worauf Alberti die Hilfsconstruc-
tion macht, um die gewonnenen Resultate dann für das Qua-
dratnetz des Bildes zu verwerthen.
21. ThatsSchlich werden die Transversalen so gefunden,
dass man von den Theilpunkten der Basis gerade Linien nach
dem seitwärts vom Augenpunkt abgetragenen Distanzpunkte
zieht; die Lage der Transversalen ist dann mit den Punkten
bezeichnet, wo die zum Distanzpunkt gezogenen Geraden die zum
Centraipunkt gezogenen Huchtlinien schneiden.
Die nach dem Disianzpunkt gezogenen Geraden stehen also
nicht lothrecht auf der Horizontallinie, sondern sind vielmehr
als parallel mit der Diagonale des Quadrates der Distanz zu
betrachten.
Die Grösse der Distanz gibt man sich zwar durch eine
Senkrechte vom Augenpunkt abwärts an, zur Construction von
Quadraten aber bedarf man der Abtragung desselben rechts
oder links vom Centraipunkt aus.
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232
ERLÄUTERUNGEN.
c
/ 1
Die Punkte a, b, c, d geben mir die Aufeinanderfolge der
Transversalen an. Es leuchtet also ein, dass das, was Alberti
als Beweis der Richtigkeit angesehen wissen will, ursprüngliche
Construction sein soll.
22. Diese Anklage ist nicht gegen die antike Kunst im
eigentlichen Sinne, sondern gegen die altitalienische Kunst ge-
richtet; wie berechtigt dieser Vorwurf, bedarf wohl keines
Beweises.
23. Der lateinische Text setzt erklärend hinzu : Alexandri
defunctiy in quo regis majestatem cognovisset. Ed. c. pag* 44.
24. Bei Piutarch wird diese Thatsacbe constatirt in der
Vita Agesilai (Cap. II), und in dien Apophtegmata Agesilai (XII),
doch mit einer anderen Begründung als sie Alberti gibt. Hätte
er etwas Rühmliches getfaan — so meinte AgesHaus — so werde
ihm diese Tfaat sein Denkmal sein; wenn nicht, so könnte auch
die grösste Menge von Statuen seinem Ruhme nichts nützen.
25. Wenn an dieser Stelle Alberti Phidias anführt, so ist
dies nicht so zu nehmen als mache er ihn zum Maler. Auch
noch ein anderes Mal nennt er ihn „pictore"; dann bezeichnet
„pictore" den bildenden Künstler überhaupt. Dass Alberti in
keinem Irrthume sich befand, verbürgt schon seine umfassende
philologische und archäologische Gelehrsamkeit; dann aber spricht
er hier, wenige Zeilen weiter unten, davon, wie selbst das Blei
kostbarsten Werthes würde, falls es durch die Hand eines Phi-
dias oder Praxiteles zur Gestalt geformt wäre.
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ERLÄUTERUNGEN.
233
26. Plinius (XXXV, 62). Als besondere Beispiele fQhrt
Plinius dabei an die Alkmene, welche die Agrigentiner erhielten,
und den Pan, welchen Archelaos zum Geschenke erhielt. Die
schöne Interprclaiion solchen Handelns ist Eigenthum Alberti's.
27. Der letzte Gedanke dieser Stelle dürfte wohl directe
Polemik gegen Vitruv sein, welcher eben dieselbe Stellung der
Architektur zuspricht, die hier Alberti der Malerei geben möchte:
„Architecti est scientia pluribus disciplinis et variis eruditioni-
bus ornata, cujus Judicio probantur omnia, quae a caeteris artibus
perficiuntur opera". Lib. 1. 1, i (ed. Rose).
28. Alberti dachte dabei wohl in erster Linie an die wun-
derbaren Verse Ovid's (Metam. lib. III. S. 407—429). — Narciss,
müde durch den Eifer der Jagd und die sommerliche Glut,
lagert sich in lauschiger Waldeinsamkeit am Rande einer Quelle.
Dürstend neigt er sich herab; da erblickt er sein Bild und lei-
denschaftlich fühlt er sich ergriffen durch die eigene Schönheit:
„Cuncta miratur, quibus est mirabilis; ipse Se cupit impnidens;
et, qui probat, ille probatur; Dumque petit, petitur; pariterque
incendit et ardet! Irrita fallaci quoties dedit oscula fonti! In
medias quoties, visum captantia Collum, Brachia mersit aquas;
nec se deprendit in illis." Ein schöneres Bild, die Kunst der
Malerei zu symbolisiren, ist kaum denkbar.
29. Nicht bei Quintilian, sondern bei Plinius (XXXV, i 5)
findet sich diese Angabe. Dort auch die weiteren Nachrichten
Uber die ersten Künstler. Die Kritik derselben bei BrunU; Gesch.
d. griech. Künstler II. S. 5 fT.
30. Ueber Euphranor berichtet Plinius (XXXV. 128): „Vo-
lumina quoque composuit de symmetria et coloribus.*' Des-
gleichen zählt ihn Vitruv unter Jenen auf, welche „praecepta
symmetriarum'* niedergeschrieben haben (üb. VII. prsef. 14).
Was Antigonos betrifft, so erwähnt Plinius zuerst (XXXIV, 84)
einen Bildgiesser dieses Namens, der Über seine Kunst schrieb;
dann (XXXV. 38) einen Maler, der ebenfalls das Wesen seiner
Kunst schriftlich erläuterte. Man ist geneigt diese Beiden zu
identificiren (Vergl. Pauly, Real-Encykl. d. kl. Alterth. I. S. 33i).
ERLÄUTERUNGEN.
Mit Antigonos dem Maler nennt Plinius zugleich den
Xenokrates als praktischen Künstler und Theoretiker. Der schrift-
stellerischen Thätigkeit des Apelles gedenkt Plinius XXXV. 79
und III. Auf den von Alberti angeführten Demetrius bezieht
sich hei Diog. Laert. (lib. V. n. 11) folgende Stelle: TsrapxTO?
oLuroq yLi\ Cccyprt^fo: — mit dem ^irjyyyo-oty^at kann allerdings
auch eine blos niUndlicbe Erörterung in lehrhafter Form ge-
meint sein.
31. Es sind hier die Etrurier gemeint; Alberti's Ausspruch
stQtzt sich wohl kaum auf eigene Kenntniss etrurischer Wand-
malereien, sondern auf die Nachricht bei Plinius XXXV. 17 und 18.
32. Im lateinischen Text findet diese Stelle folgende Er-
gänzung: sie enim inquit(Trismegistus) ad Asclepium: Humanitas
memor naturas et originis suse deos ex sui vultus similitudine
figuravit. Ed. c. pag. 49.
33. Auf Aristides bezüglich Plinius XXXV. 100. Der Käufer
war der König Attalus; der Gegenstand des Bildes war ein
Dionysos. Die Geschichte von Demctrios Poliorketes findet sich
bei A. Gellius (Noct. Art. lib. XV. c. 3i) bei Plinius (XXXV.
104) u. a. O., und zwnr war dies Bild die berühmte Jalysus-
Tafel, welche sich später im Friedenstempel in Rom befand
(Pün. XXXV. 120).
34. Ein Lucius Manilius wird von Plinius nicht genannt;
wahrscheinlich ist hier Lucius Hostilius Mancinus gemeint, der
aber von Plinius nicht als Maler, sondern als Aussteller und *
Erklärer von Schlachten bildern, welche Kpisoden der Eroberung
Karthago's darstellten, erwähnt wird (XXXV. 23). Ueber Fabius
ebenda, XXXV. 19. Ueber TurpUius XXXV. 20. Mit Sitaedius
ist Titidius Labeo gemeint (Plin. XXXV. 20). Ueber Pacuvius
ebenda, XXXV. 19. Was Sokrates betrifft, so ist er nur als
Bildhauer beglaubigt; und zwar führt Pausanias (I. 22, 8.) von
ihm als Werk einen Hermes und die Chariten an, letztere nennt
auch Plinius. Plinius ist es auch, der es als „Meinung" Einiger
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ERl-ÄUTERUNGEN.
anführt, Sokrates habe auch gemalt (XXXVI. 32). P'ür Piaton
ist Diogenes Laertius (lib. III. n. 5) die Quelle. Doch klingt
die Aussage nichtsehr bestimmt: Ai'ysrat -/.a\ ypa'^txinc
giC8fx8X>j S-yj xat Troi^^^aTa iy^a'^s u. s. w. Ueber den Philo-
sophen Metrodor, der zugleich Maler war, Plin. XXXV. i33 und
falls dieser Metrodoros identisch mit dem Metrodor von Stra-
tonikea, Diog. Laert. lib. X. n. 5. Der Skeptiker Pyrrhon aus
Elis kam von der Malerei zur Philosophie, wie Diog. Laert.
(lib. IX. n. 4) mit Berufung auf Antigonus Carystius erzählt.
Ueber Nero*s Dilettantismus in der Malerei Sueton (Nero, cap.
LIII) Tacitus (Ann. lib. XIII. c. 3) u. a. O.; Valentinian's,
Amm. Marceil. (lib. XXX. 9, 4.), endlich des Alexander Severus
Lamprid. (c. 27).
35. Das Factum theilt Plinius mit XXXIV. 27.
36. RafiF. Borghini führt* in seinem „Riposo** da, wo er
den Streit berührt, ob der Sculptur oder der Malerei höhere
Würde zukomme (lib. I. pag. 33 in der ed. Firenze, 1730), den
L. B. Alberti mit Baldassare Castiglione als die beiden Haupt-
zeugen für die der Malerei günstige Entscheidung an. Man
weiss, dass die Debatte über diesen Streitpunkt noch das 16. Jahr-
hundert hindurch lebhaft geführt wurde. Die Citation des
Baldassare Castiglione bezieht sich auf die schöne begeisterte
Lobrede aut die Malerei, welche sich in dessen Libro del Cor-
tigiano" zu Ende des ersten Buches rindet. Die Vorzüge der
Malerei und der Sculptur werden discutirt, um dann der Maierei
die Ehre zu geben.
37. Unter dieser Malerin kann nur Lala oder Laja aus
Kyzikos gemeint sein; der Beisatz bei Plinius (XXXV. 147)
„Marci Varronis juventa" (zur Jugendzeit des M. Varro) dürfte
die Verwechslung verschuldet haben.
38. Aehnlich dachte Michelangelo; Condivi erzählt: „Auch
muss man wissen, dass er immer diese Kunst auf adelige Per-
sonen übertragen wollte, wie es die Alten pflegten und nicht
auf plebeische" (cap. LXVII), Quellenschrift. VI. S. 91.
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236
ERLAITTERUNGEN.
39. Es war ein Achatstein; nicht blos die neun Musen
waren darauf zu sehen, sondern auch Apollon mit der Leyer,
Der Besitzer war jener König Pyrrhus, welcher gegen die Römer
Krieg führte (Plin. XXXVIL 5).
40. Auch noch anderen Ortes erwähnt Alberti seiner Thä-
tigkeit als Maler, so z. B. im Dialog De tranquiUitä dell* animo.
Zahlreich sind dann die Aussagen Anderer darüber. Sein Freund
und jüngerer Zeitgenosse Christoforo Landini schreibt: Ne so-
lamente scripse, ma di mano propria fece e restano nelle mani
nostre commendatissime opere di pennello, dt scalpello, di bulino
e di getto da lui lattc" ( Apoloi^ia di Chr. Landini nella quäle
si difende Dante e Fiorenza da faisi calunniatori, vorausgeschiclct
der Ausgabe und dem Commentar Dante's).
Vasari besass Zeichnungen seiner Hand; er spendet ihm
auch als Zeichner manches Lob, doch lässt er ihn als Coloristen
nicht gelten. (Vasari, cd. Le Monnicr IV. pag. 61). Aehnlich
lautet das Urtheil des Selvano Razzi fVite de Pittori scultori
ed architetti Ms. Mgib. cl. XVil. cod. XXIIL fol. 56 und 57).
Borghini nennt ihn einen „pittore eccellenie". (U Riposo, ed.
Firenze 1780 üb. I. pag. 32.) Paulus Jovius berichtet aus eigener
Anschauung: Ex speculo quoque reflexis radiis suam ipsius
efißgiem arguto penicillo pereleganter est assecutus, quam
apud Pallantem Oricellarium in hortis vidimus'*. (Elogia Vir.
litt, illustr. Basil. 1 587, pag. 63.) Desgleichen gedenkt Alberti*s
Thätigkeit als Maler J. M. Toscanus (Peplus Italiae), Bocchi
(Elogia) und Andere. Eine Kritik all dieser Nachrichten ver-
spare ich mir für die Monographie Alberti*s.
4f. Der Contur des Parrhasios wird gerühmt von Plinius
XXXV. 67 und 68; dann von Quintilian XII. 10, 4. Sein Ge-
spräch mit Sokrates in Xenoph. Memor. III, 10.
42. Das bezieht sich auf die von Plinius (XXXV. 81 bis 83 j
mitgetheilte Künstler- Anccdote. Apclles, nach Rhodos gekom-
men, sucht sofort den Protogenes auf; er findet ihn nicht zu
Hause. Um ein Zeichen seiner Gegenwart zurückzulassen, zieht
er mit Farbe eine Linie von der höchsten Feinheit auf eine zu
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ERLÄUTERUNGEN.
■
einem GemSlde vorbereiteten Tafel. Protogenes» zurCkckgekehrt,
erkennt sofort den Urbeber dieser Linie ; zugleich aber zieht er
mit einer anderen Farbe eine zweite Linie in die erste hinein.
Nun schneidet Apelles diese zweite Linie mit einer dritten von
wieder verschiedener Farbe. Darauf erklärt Protogenes sich be-
siegt. Noch zu Plinius' Zeit wurde diese Linie, namentlich von
Künstlern, wie ein Wunder angestaunt.
43. Alberri kann den „Velo" auch „Intersegazione" nennen,
weil derselbe einen bestimmten Querschnitt der Schpyramide
fixirt.
Im lateinischen Text betont ausdruckUch Alberti, dass er den
Erfinder des „Velo" sei („cujus ego usum nunc primum adinveni"
ed. c. pag. 5(j) Vasari behauptet das Gleiche (IV. pag. 56),
Denn auf den „Velo" beziehe ich. mit den Annotatoren des
Vasari Le Monnier die etwas geheimnissvollen Worte Vasari's:
„L* anno poi 1457, che fu trovato Tutilissimo modo di
stampare i Hbri da Giovanni Guittemberg (!), germano, trovö
Leon Battista, a quella similitudine, per via d* uno strumento
il modo di lucidare le prospettive naturali e diminuire le figure,
ed il modo parimente da potere ridurre le cose piccole in mag-
gior forma e ringrandirle: tutte cose capricciose, utili all* arte,
e belle afifatto.** Wenn die deutschen Uebersetzer des Vasari
sie auf die camera optica beziehen , so scheint mir dies schon
wegen des „modo di lucidare le prospettive naturali" unrichtig
zu sein. Das kann nicht übersetzt werden mit „natürliche Aus-
sichten darstellen" sondern heisst (einen Gegenstand) „in natür-
licher Grösse durchzeichnen" mit Hilfe eines eigentlichen Pause-
mittcls, oder wie hier dem „Velo". Die Uebertragung in einen
beliebigen Grössemassstab steht völlig frei, da ich nur darauf
zu sehen habe, jeden Theil in das ihm zugehörige Quadrat zu
postiren. Die chronologische Angabe Vasari's ist eine müssigc
und stimmt nach keiner Seite. Und thatsächiich steht der Be-
hauptung und Angabe, welche Alberti als Erfinder des »Velo"
bezeichnet, nichts entgegen.
Pausemittel gab es allerdings vor Alberti; das Netz im
eigentlichen Sinne und in der umfassenden Anwendung kommt
vor Alberti nicht vor. Vergl. im Uebrigen A. Ilg's Bemerkungen
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ERLÄUTERUNGEN.
Über den „Velo" in Quellenschrift. I. pag. 144 und bes. V,
pag. 53. Nur einer an letzterer Stelle aufgestellten Behauptung
trete ich entgegen. Ilg meint, Alberti's Anwendung des ^Velo"
beschränke sich auf das Abzeichnen von Statuen. Das. ist nicht
der Fall. Erst als dritten Vortheil zShlt es Alberti auf, mittels
des ,|Velo" auch „cose ritonde et rilevate" nachzeichnen zu können.
Im dritten Buche aber spricht er geradezu das Verdict fiber
das Copiren der Werke Anderer aus und fordert, der Künstler
möge nur Dinge darstellen, die von der Natur in den Schleier
gleichsam gemalt erscheinen. Damit ist die umfassende Anwen-
dung des „Velo" ausgesprochen.
44. Dass statt „intersegatione" circonscriptione gesetzt
werden müsse, zeigt der lateinische Text (Restat ut de circum-
scriptione u. s. w. Ed. c. pag. 60); ebenso auch der ganze In-
halt dieser Stelle.
C ist der Augenpunkt; D der abgetragene Distanzpunkt;
als Höhe der Mauerflächen nahm ich vier Ellen an. Ich glaube,
dass ich keinen weiteren Commentar dieser Zeichnung hinzu-
zufügen brauche, um das von Alberti beschriebene Vorgeben
verständlich zu machen.
46. „Lodasi una storia in Roma", damit ist ausgesprochen,
dass das von Alberti beschriebene Kunstwerk sich zu jener Zeit
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ERLlOTERUNGEN.
in Rom befand. An ein Gemälde ist wohl hier ebensowenig zu
denken, als an ein Bildwerk in völlig runder Form — am wahr-
scheinlichsten ' ist eine Reliefdarstellung darunter gemeint. —
Solcher Reliefdarstellungen — Sarkophagen zugehörig — sind uns
mehrere erhalten, der Inhalt wird zumeist auf Meleager gedeutet;
Benndorf mÖclite sie als Heimtragung des gctüdtcten Hektor
interpretiren („Riscatto di Ettore", Annal. d. istitut. Archeol.
tom. XXXVIII. pag. 259); thatsächlich ist dasselbe Schema auch
für beide Stotle gebraucht worden. — Herr Professor Kekule,
(wohl die competentestc Autorität in dieser Sache), dem ich die
Beschreibung Alberti's mittheilte, wies mich auf das etwas be-
schädigte Relief im Vatican (Mus. Chiaramoaci Nr. 690); that-
sächhch stimmt hier auch die Beschreibung völlig, und auch
Alberti's Lob erscheint berechtigt, mag auch die Arbeit nur
Steinmetzarbeit sein und der heftige Ausdruck der Leidenschaft
(z. B. jenes Weib, das sich auf den Leichnam stürzen will) auf
die SpStzeit des Vorbildes weisen. — Eine ähnliche Darstellung
zeigt das Barberini'sche Sarkophag-Relief, dessen Abbildung bei
Bartoli-Bellori (Admiranda Romanarum Antiquitatum,Romae 1 69?)
auf Tafel 70 sich findet; endlich die Darstellung am Sarko-
phag im Casino der Villa Doria-Pamfili (Vergl. Kekule, De
fabula Meleagra, Berolini 1861, pag. 48 und Braun, antik.
Bildwerke, IL Dec, pag. 23 und Tafel 6 a und b).
Der lateinische Text führt dann noch als weitere Beispiele
an: Demon pictor Hoplitem in certamine expressit, ut illum
sudare tum equidem diceres, altcrumquc arma deponentem plane
ut anhelare vederent. Fuit et qui Ulyssem pingeret, ut in eo
non veram sed hctam et simulalam insaniam agnoscas. — Ed.
c. pag. 69.
Hier hat Alberti eine corrupte Lesart vor sich gehabt
oder den Plinius flüchtig gelesen. „Pinxit et Demon Athenien-
sium argumento quoque ingenioso u. s. w. heisst es dort.
Alberti macht nun das Bild des Demos, worin Parrhasios
den Charakter des athenäischen Volkes personificirte, zum Namen
eines KQnstlers. — Die weiter angeführten Werke sind dann
gleichfalls Werke des Parrhasios.
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ERLABTERUNGEN.
47. Bilder der Dioscuren malte Apelles (PUn. XXXV, 37,
und 93); Polyklet in Gemeinschaft mit Mikon (Paus. L
und Parrhasios (Plin. XXXV. 71). Was Alberti Ober die Dar-
Stellung des Vulcan sagt, beruht auf der Aeusserung Cicero's
Ober die Darstellung des Hephaestos in Marmor von Alkamenes
(Cic. de nat. deor. 1. 3o).
48. Der lateinische Text präcisirt dann diese Forderung
näher: „Mco quidem judicio nulla erit usque adeo tanta rerum
vanctatc rctcrta historia, quam novem aut dcccm homines iion
possint condigne ngere, ut illud Varronis huc pcrtinerc arbitror,
qui in convivio lumultum cvitans non plus quam novem accu-
bantes ad mittebat." Ed. c. pag. y5,
49« Der lateinische Text nennt Apelles als den Maler des
AntigonoSy entsprechend der Nachricht bei Plinius XXXV. 90.
Plinius und Quintilian (II. i3, 12) rQhmen den Tact des Künst-
lers^ dass er, um die Schönheit zu wahren und der Wahrheit
doch keinen Abbruch zu thun, den Feldherm, der das eine
Auge verloren hatte, im Profil darstellte. Die berühmteste
Portrfitstatue des Perikles rührt von Ktesilas oder Kresilas
(wie Brunn corrigirt o. c. I. S. 260) her. Der gesunde Idealis-
mus, welcher die PortrStbildung der Alten bis in die Diadochen-
zeit hinein auszeichnete, findet auch im Plinius den Bewunderer:
„Mirumque in hac arte est, quod nobiles vires nobiliores fecit"
(XXXIV. 74). Gemalt wurde Perikles u. A. von Aristolaos,
Schüler des Pausias; Plinius rühmt dem Aristolaos hohe Strenge
nach (XXXV. 137). Der lateinische Text bringt noch ein drittes
Ik'ispiel: „Et Homcrus, cum nautragem Ulyssem e somno
excitant, ex silva ad muliercularum vocem progredi nudum
faceret, homini ex frondibus arboreis ramum obscönarum par-
tium corporis tegumentum dedisse legitur." £d. c. pag. 76.
So. Plinius sagt von Aristides : Is omnium primus animum
pinxit et sensus hominis expressit, quae vocant Grocci ,,ethe",
item perturbationes . . . (XXXV. 98). Das Resultat der Exegese
dieser Stelle von Seite Brunnes (o. c. II. S. 174 fi) zeigt, wie
richtig Alberti diese Stelle verstanden. — Minder berechtigt
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ERLÄUTERUNGEN.
241
dürfte CS erscheinen, dass Alberti daran den Namen des Apelles
reiht, als dessen charakteristischen Vorzug Plinius „venustas"
nennt; dass aber Apelles nichtsdestoweniger dramatisch be-
wegte Scenen darzustellen liebte, zeigen mehrere seiner Stoffe,
wie z. B. die Darstellung von Sterbenden, des kämpfenden
Neoptolem, das grosse Bild die Verleumdung u. s. w. (Plin.
XXXV. 79—98).
Der lateinische Text fährt dann fort:
„Laudatur Euphranor, quod in Alexandre Paridis vultus
et faciem effecerit, in qua illum et judicem Dearum et amato-
rem Helenae et una Achillis interfectorem possis agnoscere. Et
Dicmonis pictoris mirifica laus, quod in ejus tabulis adcssc
iracundum, injustum, inconstantem unaque cxorabilem et de-
mentem, misericordem, gloriosum, humilem, ferocemque facile
intelligas." Ed. c. pg. 77. ff.
Der Alexander-Paris wird von Plinius fXXXIV, 77) unter
den statuarischen Werken Euphranor's angeführt. — Die fol-
gende Aussage über den Maler Da^mon beruht auf dem
früher bezeichneten Irrthum. Plinius bewundert eben, dass
Parrhasios in der Darstellung des athenaischen Demos dessen
ganzen Charakter in allen seinen Eigenschaften, den guten wie
den schlimmen, zu treuem Ausdruck gebracht habe.
51. Dies steht in directem Bezug zu den Worten des
Plinius, welcher sich bei Gelegenheit der Schätzung des Timanthes
(XXXV. 74) so äussert: ,yAtque in omnibus ejus operibus in-
telligitur plus Semper, quam pingitur: et cum sit ars summa
Ingenium tamen ultra artem est."
52. Der Wettkanipf des Timanthes mit Kolotcs von Teos
wird von Quintilian (lib. II. i3. 1 3) erwähnt. Das geniale Aus-
kunftsmittel des Timanthes — auch eine Art ,,Ei des Columbus"
— hat allseitit; begeisterte Anerkennung gefunden (Plin.
XXXV. 73; Quintilian II. i3. i3; Cicero ad Brutum c. 22 und
orat. 23 u. a. O.). Das pompejanischc Wandgemälde dürfte
eine treuere Copie dieses Werkes des Timanthes sein, als man
im Allgemeinen zuzugeben gewillt ist (Brunn, o. c. II. S. 3i).
Wenn Heibig (Untersuchungen Qber die camp. Wandmal.
Quellentchrifien f. Kimstges^. XI. 16
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ERLÄUTERUNGEN.
Leipzig 1873,5. 65 ff) es als charakteristisch an diesem Werke
anführt, dass es eines der wenigen GemSlde sei, deren Be-
handlungsweise vor die freie Entwickelung und die Durchbildung
des eigentlich Malerischen flBllt, so stimmt dies ganz wohl zur
Charakteristik dieses Künstlers wie sie Cicero und selbst Pli-
nius gibt.
53. Die ,,Navicella'*, wie sie jetzt noch gesehen wird, kann
kaum mehr als ein Werk Giotto's betrachtet werden, da wieder-
holte Restaurationen, ja ganz neue Zusammenstellung des
Mosaiks den giotteskcn Geist aus der Formenbildung ausgetilgt
haben.
54. Albcrti's Eintheilung der Bewegungen schliesst sich
der Lehre des Aristoteles an. Die erste Art der körperlichen
Bewegung „crescendo, dicrescendo" entspricht der quantitativen
Bewegung (x{vrj7iq xara fisys-d-o;); die zweite (infermandosi
guarendo (im lateinischen Text: cumque valentes in aegritudinem
cadunt, cumque a morbo in valitudinem surgunt) der qualitati-
ven Bewegung (xAnjo*«? xara ica^o$ i. e. ail^n? xou <p5ejcs) und
die dritte „mutandosi da luogo a luogo*' der Qrtsbewegung
{tiwfftq xara roffov).
Alberti's naive Ausdrucksweise für die zweite Art der
Bewegung mochte ich auch in der Uebersetzung durch keinen
„terminus technicus" ersetzen.
55. Bei Plinius XXXV. 64. Quintilian (XII. 10, 5) rechnet
diese Eigenheit dem Kunstler zum Lobe an.
56. Quintilian betrachtet es als antiquarische Schrulle,
wenn der „Simplex color" des Aglaophon und Polygnot seinen Zeit-
genossen noch gefalle (Xll. 10, 3). Cicero stellt jene älteren Maler,
die nur vier Farben gebrauchten, jenen entgegen, bei wx'lchen
man die Kunst in höchster Ausbildung erblicke (Brut. 18).
Unter den Letzteren zählt er neben Polygnot und Zeuxis auch
Timanthes auf; Brunn remonstrtrt dagegen (o. c. II. S. 122).
Plinius nennt als Diejenigen, welche nur vier Farben gebrauch-
ten, Apelles, Echion, Milanthios, Nikomachos (XXXV. 5o). Ein
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ERLÄUTERUNGEN.
Versuch, diese Aussagen zu deuten, bei C. L. Stieglitz, Archäo-
logische Unterhaltungen (Leipzig, r820. I. S. i54 ff).
57. Plinius ist es, der von Nikias rühmt:
„Lumen et umbras custodivit atque ut eminerent e
tabulis picturae maxime curavit" (XXXV. i3i).
Von Zeuxis berichtet Qutntilian als Hauptverdienst: „Lu-
minum umbrarumque invenisse rationem traditur'* (XIL 10, 4).
Dass dies aber nicht blosse Theorie verblieb, zeigt, dass er
auch als Meister des Pinsels sich den höchsten Ruhm erwarb
(Plin. XXXV. 61).
58. Der Spiegel wird bekanntlich auch jetzt noch von
sorgsamen Malern gerne während der Arbeit zu Rathe ge-
zogen.
59. Vitruv handelt über die Fundorte und die Beschaffen-
heit der Farben im VII. Buche von Cap. VII bis Ende dieses
Buches; Plinius hauptsächlich XXXV. 30 seq. Ueber Euphranor
vergl. Anm. 32.
60. Die Nachricht Über Pamphilos findet sich bei Plinius
(XXXV. 76): „ipse Macedo natione, sed primus in pictura Om-
nibus litteris eruditus, praecipue Arithmetice et Geometrice,
sine quibus negabat artem perfid posse . .** Dort findet sich
auch erwähnt, dass Apelles und Menanthios ihm jährlich
5oo Denare Unterrichtsgeld bezahlten. Desgleichen geschah es
— nach Plinius' Erzählung — durch des Pamphilos Ansehen,
dass zuerst in Sikyon, später im ganzen Griechenland die
Malerei als Lehrfach in den Unterricht der freien Knaben auf-
genommen wurde.
61. Die Beschreibung bei Lucian de calumn. n. tem.
cred. 5. — Lucian erzählt auch die Veranlassung der Ent-
stehung dieses Bildes. Was an dieser Erzählung Wahres, thut
Brunn dar (o. c. IL S. 208 ff).
Des Sandro BotticcUi bekanntes Bild „Die Verleumdung
des Apcllcs"" in der UlTizicn-Galcrie (Nr. 1182) schlicsst sich
an Lucian's Beschreibung völlig treu an.
16*
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ERLÄUTERUNGEN.
62. Hesiod, Theog. 907. Die Beschreibung der Allegorie
der Wohlthat entlehnt aus*Seneca (De benef. lit. I, c. 3.)
Nach Pausanias (IX. 35, 2) hat Pythagoras aus Faros
bekleidete Chariten gemalt.
63. Bekanntlich soll Phidias auf die Frage, nach welchem
Muster er den Zeus in Olympia bilden wolle, mit dfen Versen
Homerts geantwortet haben:
apißpocrtat o'apot _\-atTat sTrsppw^avro avaxro^
xpocTOf all' a3'avaToto, fteyav ^sXkXi^zy "OXr^^iCQV,
Am ausführlichsten diese ErzShlung bei Strabo, VIII. C.
354 (Iliad. I. V. 528—530).
64. Hier ist der Bildhauer Demetrios aus Alopeke ge-
meint, an welchem Quintilian es tadelt (XII. 10), däss es ihm
mehr auf Aehnlichkeit als auf Schönheit angekommen sei. Die
Schilderung, welche Lucian (Philopsad. 18 und 20) von dessen
Statue des korinthischen Feldherrn Pellichos gibt, zeigt völlig
das Berechtigte des Urtheils Quintilian's.
65. Diese Erzählung bei Plin. (XXXV. 64) u. a. O. Nach
Plinius hätte Zeuxis das Bild für die Agrigentiner gemalt. Es
stellte eine Helena dar (Aelian, Var. Hist. IV. 12).
66. Die Sache verhält sich umgekehrt. Zenodoros ist der
Copist; Kaiamis, der Bildhauer und Ciseieur, der schöpferische
Künstler (Plin. XXXIV. 47).
67. Von Asklepiodoros meldet weder Plinius (XXXV. 80)
noch Plutarch (De glor. Athen.) etwas Diesbezügliches. Es scheint
eine Verwechslung mit Agatharchos hier stattzufinden, der
sich seiner Schnelligkeit und Fertigkeit im Malen selbst dem
Zeuxis gegenüber rCkhmte.
68. Ueber Nikias Plm. XXXV. 130. Was HeraUides be-
trifft, so meint Plinius nur „initio naves pinxit'*, ohne des
Künstlers Trefflichkeit in diesem Zweige der Malerei hervor-
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ERLÄUTERUNGEN.
zuheben (XXXV. i35). Ueber Serapion und Dionysios, Plin.
XXXV. 113. Was die Aussage über Alexander betrifft, so hat
Alberti hier wiederum entweder eine falsche Lesart vor sich
gehabt, oder er hat flüchtig gelesen. Es heisst bei Plinius
bei Aufzählung der Werke des Nikias (XXXV. i32): ,,Fecit
et grandcs picturas, in quibus sunt Calvpso et Jo, et Andro-
meda, Alexander quoque in Pompeji portidbus praecellens, et
Calypso sedens. Huic qutdem adscribuntur quadrupedes.
Prospcrrime canes expressit. Hic est Nicias u. s. w. — Also,
der Alexander wird von Plinius als ein Werk des Nikias an-
geführt, wogegen ihn Alberti als Künstlernamen tasst. Zu
diesem Irrthum mochte auch beigetragen haben, dass Plinius
den Nikias, nachdem er ihn zuerst als besonders tüchtig im
Darstellen von Frauen rühmte, ihn nun als vortrefflichen Hunde-
maler nennt. Ueber die Liebhaberei des Aurelius Plin. XXXV.
119. Die Aussage über Euphranor bei Plin. XXXV. 128.
6n. Diese Anecdote bei Plutarch, De educ. puerorum,
cap. IX. Vielleicht ist eben jener früher genannte Agatharchos
hierunter verstanden.
70. Und zwar soll diese Aeusserung von Apelles herrühren.
Einen Vorzug — meinte dieser — habe er vor Protogenes
voraus: den, zu wissen, wann er die Hand von seinem Bilde
zu entfernen habe (Plin. XXXV. 80).
71. PUnius, XXXV. 84.
72. Die Maler scheinen diesen Grad der Erkenntlichkeit
nicht besessen zu haben; mindestens ist bis jetzt kein Zeugniss
vorhanden, dass dem Wunsche Alberti's Gewähr geleistet wurde.
73. Johannes Andreas, Bischof von Aleria (eigentlich
Giovanandrea de' Bussi) ist geboren 1417. <* - Auch er war
einer der „Armen aber Talentvollen", die im Hause des herrli-
chen Vittorino da Feltre in Mantua ihren Unterhalt und ihre
Erziehung fanden. Aller Mittel entbldsst, kam er später nach Rom.
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246
ERLÄUTERUNGEN.
Hier erwarb er sich Gönner und Förderer. Er wurde Bischof
von Acci (auf Corsica), unter Paul II. Bischof von Aleria (gleich-
falls auf Corsica), ohne doch je Rom zu verlassen. — Später
gesellte er sich hier als wissenschatllichcr Leiter den Deutschen
Pannarz und Schweinheim zu, welche 1467 die erste Buch-
druckerei in Rom errichtet hatten. Fast alle Ausgaben
griechischer und lateinischer Classiker, welche zu jener Zeit
aus dieser Buchdruckerei hervorgini;en , bringen eine von
ihm geschriebene Priitalion. Doch auch als Uebersetzer aus
dem Griechischen und Lateinischen war er thätig. — In dem
Streite zwischen Piatonikern und Aristotelikern stand er dem
Platoniker Cardinal Bessarion zur Seite, so dass ihn auch
LoUius (De infel. litterat.) unmittelbar neben Bessarion als
Gegner des Georg von Trapezunr nennt. — Johannes Andreas
starb am 4. Februar 1475» — Ausführlicher über ihn zu spre-
chen wird es anderen Ortes sein. — Vergl. Mazzuchelli, Scrit-
tori Italiani tom. I. pars 2. pg. 702 seq.
74. Diese Eintheilung der Plastik lehnt sich im Allge-
meinen an Plinius und Quintilian, doch tasst der Erstere die
Arbeit in Thon, Wachs und ähnlichen Stotfen nur als Vorbe-
reitung, als mater statuariae, sculpturce et cxlaturae auf. Unter
der ars statuaria war der Metallguss inbegrififen; die ars sculp-
turae war die eigentliche Bildhauerei, eine Unterabtheilung der
ars sculpturae die Holzschnitzerei; die Ausdrücke ^estv und
yXu^siv (scalpere und sculpere) kommen von Stein und Holz
vor. Die ars caelaturae (ropsunxi]) war die Bearbeitung der
Metalle mit scharfen Instrumenten, eventuell auch ein theil-
weises Glessen in Formen, besonders aber das Herausschlagen
oder Treiben mit Bunzen. (Vergl. K. O. Müller, Handbuch d.
Archäologie der Kunst, S. 404 tf.)
Den Erzguss hat Alberti unberücksichtigt gelassen, da er
kein eigentliches „Bilden", sondern ein rein technisches Vor-
gehen bezeichnet, eine Bildung in Erzmaterial zu übertragen.
— Die Gemmenschneider zählt Alberti im Anschlüsse an Quin-
tilian (II. 21) den Sculptoren zu.
75. Es geht später hervor, dass die „finitio" nichts Anderes
ist, als ein Vorgehen, wodurch mittelst Zahlen die Entfernung
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ERLÄUTERUNGEN.
247
jedes einzelnen Gliedes von der Centrallinie ausi;edrückt wird.
Ich habe dcsshalb im Deutschen den Ausdruck „Grenzbestim-
mung" gewählt; G. Bartoli übersetzte das Wort mit: porrc
de' termini.
76. Ein sehr einfacher Vorgang hat hier eine sehr um-
ständliche Explication gefunden. Die Sache ist die: Einbuch-
tungen erhalte ich bestimmt durch die Differenz der Abstände
der beiden Perpendicula von der Gentrai-Achse des Körpers^
weiclie Alberti das Perpendiculum der Mitte nennt.
77. Die florentinischen Codices enthalten nun folgenden
Zusatz:
^Tumetiam novisse vehementer conferret, qua ratione a
sectionibus corporis adnotemus limbos. Nam veluti si quis
stante cilindrum ita secet, ut ejus pars altera, quam intuens vi-
deas, a parte altera, quam eodem prospectu non videas, divi-
datur, fient nimirum isto ex cylindro gemina corpora, quorum
maxime basis aequalis inter sese uniformisque constabir, circum-
septa lineis et circulis quatuor (Ms. K. 927: circumscptx- lincis
et cingulis quorum); similis in sectionibus corporis de quibus
loquimur adnotatio est. Pricscriptio cnim ejus line^e , ad quam
conterminetur, et qua dividatur superficies hx'C quai istinc sub
isto prospectu videatur ab altera quie post hanc istius inter-
positioncm non videatur; quae quidcm linearum prxscriptio, si
in pariete quaii oporteat ratione adnotetur, persimilem refert
figuram ei, quam illic compleret umbra reddita ex interceptione
luminis si adstaret üluminaos, eodem ipso aeris (Ms. R. 927:
luminis) puncto, quo et prius spectantis exstiterat oculus. Sed
hujusmodi sectionis et limbi adnotandorum ratio magis ad pic-
torem pertinet, quam ad sculptorem.**
Die Stelle ist stark verworren, vielleicht durch Schuld des
Copisten; andererseits wenig zur Sache gehörig. — Sie mochte
wohl 9US diesem Grunde im vaticanischen Codex weggeblieben
sein. Cos. Bartoli bringt eine freie Uebersetzung davon; ich
möchte diese Stelle in folgender Weise fibertragen:
„Und in gleicherweise wird es von grossem Nutzen sein,
zu wissen, auf welche Weise wir uns die Schnittflächen eines
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«
248 ERLÄUTERUNGEN.
Körpers aulzuzcichncn haben. Durchschnitte Jemand z. B.
einen Cvündcr in der Weise, dass der eine dem Beschauer zu-
gewandte Tlieil von dem anderen (unter gleichem Anblick) deni
Beschauer abgewandten Theile getrcniu wird, so werden sicher-
lich aus diesem Cylinder Zwillingslvürper werden, deren Basis
einander völlig gleich und von Einer Form und umschlossen
von denselben Linien sein wird. Aehnlich haben wir auch von
den Körpern, von welchen wir sprechen, Schnittflächen darzu-
stellen. Die Beschreibung des Contours ist nämlich nichts
Anderes als jene Linie, durch welche die dem Auge zugekehrte
Fläche von der dem Auge abgewandten abgegrenzt wird. Wenn
ich diese Linien in entsprechender Weise auf eine Wandfläche
brächte, so würden sie dort eine Figur bilden, völlig ähnlich
der, welche dort ein Schatten — der durch Lichtunterbrechung
entstand bildete, wenn die Lichtquelle auf derselben Stelle
stünde, wo das Auge des Beschauers sich befand. Doch die
Metbode, wie dieser Durchschnitt zu machen, gehört mehr in
das Bereich der Malerei als der Bildhauerei."
78. Vilruv kennt nur vier Ordnungen, da bekanntlich
die lateinische Ordnung erst nach Vitruv aufkam; sie er-
scheint zuerst am Titusbogen. Und zwar behandelt er die
jonische Ordnung im III. Buche, die dorische und korinthische
im IV., dann im selben Buche, aber gleichsam anhangsweise
(Cap. VII) die toskanische. Der Localpatriotismus Alberti's
lässt ihn gegen solche Zurücksetzung remonstriren und die tos-
kanische Ordnung an die Spitze der anderen stellen. — Unter
der toskanischen Ordnung versteht er selbstverständlich nicht
die etrurische, sondern wie diese durch die römischen Archi-
tekten umgestaltet ward.
79. Alberti bildet „quadretta" von dem lateinischen „quadra",
doch hat ,,quadretta" bei ihm einerseits eine erweiterte, anderer-
seits eine verengerte Bedeutung als die Qoadra Vitruv's. —
Mit der „quadra" Vitruv's gleichbedeutend gebraucht i. Alberti
,,Quadretta" zur Bezeichnung der schmalen flachen Bänder,
welche die obere und untere Abtheilung bilden, zwischen der
„scotia" und dem „torus", 2. iür Stria, in der Bedeutung des
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ERLÄUTERUNGEN.
249
Leistens y welcher zwei Rinnen trennt. Dagegen kommt bei
Vitruv „quadra" auch für „pUnthus** vor; in solchem Sinne
wendet Alberti ^^quadretta" nie an.
80. Bei Vitruv (IV. 7, 4): „capitulique crassitudo divi-
datur in partes tres, e quibus una plintho, quae est pro (in)
abacoy detur, altera echino, tertia hypotrachelio cum apophysi".
— „Quae est pro abaco" interpretirt H. Ch. Genelli (Exegetische
Briefe Über des M. Vitruvius Pollio Baukunst, i. Abtheil.
Braunschweig 1801, 2. Abtheil. Berlin 1804 auf S. 52 ff.)
in der Weise, dass hier nicht an eine runde Platte zu denken
sei; für Vitruv sei das Massgebende an der Platte (Abacus) ein
Kronleisten; solle hier eine Plinthe anstatt des (Abacus) aufge-
legt werden, so hcissc das nur eine Piaitc ohne Kronleisten.
— Alberti gebraucht fast regelmässig ,,plinto" ebensowohl für
dicPhnthe im eigentlichen Sinne, als für die Deckplatte ( Abacus).
Vitruv erwähnt das Rinnchen unterhalb des ,,Echinus" (von
Alberti mit ,,annulo'' bezeichnet) nicht besonders; der ,,apo-
physis" Vitruv's entspricht der „astragalus" mit der quadretta,
dem Randleisten, welcher den Hals vom Schatte trennt. Genelli
wehrt sich gegen eine solche Trennung energisch und verlegt
daher Vitruv's „apophysis" unmittelbar unter den „Echinus"'.
81. Die von Alberti beschriebene dorische Säulenordnung
hat nichts mit der griechisch-dorischen zu thun, sondern be-
fasst sich nur mit der Form, welche die römische Architek-
tur der dorischen Ordnung gegeben. Die Basis aber ist bei
Alberti noch reicher gegliedert, als sie gewöhnlich in der dorisch-
römischen Ordnung erscheint, wo sie gleich der toskanischen
nur aus einem torus besteht. Über dem sich ein astragalus
erhebt.
82. Hier sowohl wie bei Beschreibung des Karniesses der
korinthischen Ordnung hat Alberti dem Worte „echino" auch
die Bedeutung des Cymatium (Kehlleiste) substituirt, vielleicht
bestimmt durch eine gewisse Verwandtschaft der Form, welche
durch die Weise der Ausladung diese beiden Glieder besitzen
(wie ja auch Cymatium hie und da eine dem Echinus verwandte
Bedeutung hat, z. B. am Kapitäl der jonischen Säule).
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ERLlirrERDNGEN.
83. Albertrs jonische Basis ist Vitruv's eigentliche jonische
Basis (III. 4, 3); Vitruv selbst scheint die andere von ihm
geschilderte Basis» „atticurges** genannt, der ersteren vorgezogen
zu haben. Die „trochili" sind Albertus „scotie". — Das räthsel-
hafte ^supercilium** Vitrav's (Genelli, o. c. I. S. 24, interpre-
tirt es als kleine Erhöhung zwischen dem Toms und dem
Trochilus superior) ist bei Alberti in den „Astragali" mit ein-
begriffen.
84. Selbstverständlich ist unter dem «quanto d la mita
de la colonna" die Hälfte des unteren Stammesdurchmessers
zu verstehen. Das entspricht der Vitruv'schen Angabe, wenn
man das „ejus dimidiam" (III. 5, 5) auf die untere Schaftsdicke
bezieht. Eine geringe Differenz entsteht mit der Vitruv*schen
Angabe, fasst man wie Genelli (a. O. I. S. 3o) dieses „ejus
dimidiam** als die Hfilfte der angegebenen Breite des «Abacus**,
welche neunzehn Achtzehntel eines Modulus beträgt. Die eigent-
liche Kapitiilhühe bestimmt auch Vitruv auf ein Drittel Durch-
messer (IV. I, i).
85. Bei Vitruv (III. 5, 8) wechselt das Verhältniss der
Höhe des Epistyls zu der der Säule, je nachdem deren Höhe
wechselt. Betrügt z. B. deren Höhe nicht über lüntzehn Fuss,
so soll das Epistyl die Hiilfte des unleren Durchmessers zur
Höhe haben. Wachst die Saulenhohe von fünfzehn bis auf
zwanzig Fuss, so soll die Epistylhöhc ein Drcizehntel davon
betragen u. s. w. Das von Alberti angegebene Höhenverhält-
niss hat bei Vitruv nur in dem besonderen Falle statt, wenn
die Säulenhöhe von fünfundzwanzig Fuss bis zu dreissig wächst.
Auf das Cymatium rechnet dann Vitruv nur den siebenten Theil
der Epistylhöhe.
86. Wiederum fordert Vitruv fUr die Höhe des Cymatiums
nur ein Siebentel der Höhe des Frieses (III. 5, 10); und eine
Ausladung des Cymatiums, die gleich ist seiner Dicke (resp.
Höhe).
87. Der Angabe des Massverhältnisses nach versteht Alberti
hier unter dem Cymatium nicht den Echinus mit seiner Ver>
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ERLÄUTERUNGEN.
25l
zierung (desshalb Eierstab genannt), sondern den Abacus (die
Platte); ist die Interpretation Genelli's richtig, dass hier bei
Vitruv die Höhe des „Abacus" nur in einem Kropf- oder Kehl-
leistcn bestehen könne (a. ü. II. S. 3i), so ist diese Benennung
keine allzu ungereimte; — im Vitruv'schen Sinne ist sie hier
natürlich nicht gebraucht.
Das Gentrum des Au^es verlegt Alberti in die Mitte der
für die Volute gebliebenen Capitülhöhe, während Vitruv das
Centrum des Auges an jene Stelle verlegt, „qui locus dividit
quatuor et dimidiam et tres et dimidiam partem** (III. 5, 6).
Die weiteste Ausladung der Volute erhält Alberti, indem er
vom Centrum des Auges aus einen Kreis beschreibt, welcher
die nach Abschlag der CymatiumhÖhe verbliebene Capitfilhöhe
zum Durchmesser hat (also den obersten und den untersten
Endpunkt dieser Höhenlinie passirt), so dass also die grösste
Ausladung vom Centrum des Auges aus die Hälfte der für die
Voluten bestimmten KapitSlhöhe besitzt. — Nicht völlig, doch
im Allgemeinen stimmt dies mit der Forderung Vitruv's.
88. Die von Alberti geforderte korinthische Basis ist die
sogenannte jonisch*attische Basis, welche dem doppelten Trochi*
lus der Spira Jonica noch den doppelten Torus der Spira Atti-
curges hinzufügt. Vitruv beschreibt sie nicht; sie kommt
thatsSchlich nur bei Geblluden korinthischen Styles vor.
Vitruv bestimmt für den Abacus den siebenten Theil der
KapitälhÖhe (IV. i, 12); unter Cymatium ist hier der obere
eigentlich ausladende Teil des Abacus verstanden, der zumeist
ähnliche Verzierungen trug wie der Echlnus des jonischen Ka-
pitals (Eierstab); bei Vitruv Cymatium an jener Stelle genannt.
Was die Voluten betrifft, so bedarf wohl kaum besonders erinnert
zu werden, da.ss Aibcrii dabei keinesfalls an Voluten denkt, wie
sie am jonischen Kapitiil und dann am lateinischen Kapital
vorkonmicn, sondern an jene äusseren Ranken, welche über
der zweiten Rlatterreihe emporwachsen und mit schnecken-
artiger Krümmung unter dem Abacus ausladen.
90. Die Stelle ^ma non pulvinato s'el non haverä altro
pezü di sopra" scheint verdorben zu sein; denn wiefern käme
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252
ERLlUTERUNGEN.
dem jonischen, resp. korinthischen Zophorus das Adjectiv
„pulvinatus" zu? — Die Bedeutung von „pulvinatus" (rcsp.
„pulvinato") ist: von wulstförmigen vollen Conturen, gleich
einem Polster oder Kissen; daher wird es gebraucht von den
Seiten der jonischen Gapiliile, die durch den Seitcnthcil der
Voluten eine runde schwellende Form erhalten; und nur in
solchem Sinne wendet Vitruv „pulvinatus" (I. 2, 6 und III. 5, 5)
an, von dem doch einzig hier die Krkliirung zu holen wäre.
Eine weit ausholende Interpretation wäre die, dass Alberti das
^pulvinato" von dem lateinischen „Pulvinar" herleite. Da die
hauptsächliche Bedeutung dieses Wortes die war, dass man ein
grosses Kissen darunter verstand, auf welches man an dem Feste
des Lectisternium die Götterbilder legte, so könnte das pulvi-
nato dann heissen mit Götterbildern geschmückt sein, indem
der Zophorus gleichsam das Lager dieser Gestalten bildet.
Dann vermag man aber doch wenig aus dem j^s'el noa havera
altro pezo di sopra" zu machen; dieser Satz wird auch noch
nicht verständlicher I falls man annähme, Bonucci habe für
„pezo*' mit Absicht „spazio'' ,,emendirt**. Meine Uebersetzung
ist nur Conjectur.
91. Hier wie weiterhin steht modulo in Verwechslung
mit mutulo (mutulus), welche Verwechslung wohl auf Rech-
nung des Gopisten kommt. Bekanntlich bezeichnet ^^Mutulus"
in der dorischen Ordnung einen hervorragenden viereckigen
Stein, der in regelmassigen Zwischenräumen über den Trigly-
phen und Metopen unter der Corona angebracht war und der
dazu diente, an der äusseren Wand das Ende der Dachstuhl-
säulen (^canterii) darzustellen. In der korinthischen Ordnung
erhielten die mutuli eine schon beiweitem künstlichere Aus-
arbeitung. In vielen römischen Bauten korinthischer und la-
teinischer Ordnung verschwindet aber ihr ursprünglicher Zweck
völlig, indem es Gebrauch wird, ihnen eine Reibe von „Dcnti-
culi" einzufügen. Alberti lässt diese letztere verwerfliche Zu-
that weg.
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WIDMUNGSSCHREIBEN LEONE BATTISTA ALBERTI'S
AN GIOVANNI FRANCESCO MARCHESE VON MANTUA,
BEI OBERSENDUNG DER DREI BOCHER
„DE PICTURA" ').
AD. JO. FRA. MARCH. MAN. L. BAP. AL.
Hos de pictura libros princeps Illustrissime dono ad te
deferri jussi, quod intelligebani) te majorem in modum his in-
genuis artibus delectari, quibus quidem quantum ingenio et
industria luminis et doctrinae attulerim^ ex libris ipsis, cum eos
per otium legeris, intelliges. Etenim cum ita pacatam et bene
tua virtutc constitutam civitatem habeas, ut otium tibi, quod
a republica vacans, litterarum studiis tua pro consuetudine
tribuas, non desit: futurum spero, ut pro tua solita humanitate,
qua non minus quam armorum gloria litterarumque peritia
cxteros omnes principes longe exsuperas , libros noslros minime
negiigendos ducas. Nam esse eos ejusmodi intelliges, ut quae
*) Diese Widmung, bisher unpublidrt, findet sich in keiner der floren-
tinischen Htndschriften; wohl aber in zwei vattcanlschen und swar im Cod.
Reg. t549 und Im Cod. Ottob. 3374. Giovanni Francesco wurde 1433 von
Kaiser Sigismund zur WQrde eines Marchese von Mantua erhoben. Er war
gewaltig als Feldherr, dabei GOnner und Freund der Wissenschaften
und Gelehrten. AusfOhrlich berichtet diesbezfiglicb aber ihn M. Equicola
(Dell* Istoria di Mantova libri cinque. In IMantova 1607). Giovanni Francesco
starb am 23. September 1444 in einem Alter von 54 Jahren, 3 Monntcn und
23 Tagen.
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%
ANHANG. 255
in illis tractentur, cum arte ipsa auribus eruditis digna, tum
rei novitate facile delectare studiosos queant; sed de libris bac-
tenus. — Mores -meos doctrinamque, si qua est, et omnem vitam
tum maxime poteris cognoscere cum dederis operam, ut possim, ,
ut mea fert voiuntas, apud te esse. Denique putabo tibi opus
non displicuisse, ubi me tibi deditissimum voles adniimerare
inter familiäres tuos et non in postremis commendatum habere.
Sis Felix.
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%
MASO Dl BARTOLOMEO, GENANNT MASACCIO.
L. B. Alberti nennt in einem Athem die Namen Brunei-
lesco, DönatellOy Ghiberti, Luca della Robbia und Masaccio
als die eigentlichen Restauratoren der toskanischen Kunst. Da
wahrhaftig jene That, welche Ghiberti und Donatello für die
Sculptur gethan, durch Masaccio lür die Malerei geleistet ward,
so lag es nahe unter dem von Alberti genannten Masaccio eben
den Maler zu verstehen. Nicht blos Bonucci sprach diese An-
sicht aus, auch Guhl und neuerlich die Verfasser und der
deutsche Bearbeiter des History of paintini^ in Italv sind gleicher
Meinung; allerdings hätte das absprechende Ürtheil über die
zeitgenössische Maierei, welches wiederholt in dem Tractate zu
Worte kommt, denn doch zu einiger Nachdenklichkeit stimmen
sollen. Zu erforschen, welche Stellung Alberti zu dem Maler
Masaccio einnahm, dafür mangelt jede Hilfe. Dass aber der
in der Widmungsepistel an Brunellesco genannte Masaccio nicht
der Maler Masaccio sein kann, dies zu erhärten sind der histo-
rischen Beweise genug da. Die Lebenszeit des Malers Masaccio
ist durch Gaye's Publication der Denuncia de' beni (Carteggio
I. 1 1 5), dann durch die von G. Milanesi zuerst im Archivio
Storico (Jahrg. 1860, Bd. IV. pag. igS), später in dessen Scritti
varj sulla Storia dell' arte Toscana (Siena 1873, pag. 2 89 — 90)
publicirten beiden Documente auf die Zeit von 140 1 — 1428
bestimmt. Damit kommt dann auch Christoforo Landini*s bisher
etwas unterschätzte Autorität zu ihrem Rechte, der in seinem
Commento zur Üivina Comödia, zuerst zu Florenz 1481 publi-
cirt, behauptet, dass Masaccio in einem Alter von 26 Jahren
gestorben sei. — Also; das Todesjahr des Malers Masaccio
ist 1428.
Quellensclirittcn t. Kuiutge»cli. XI. '7
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258 ANHANG.
Nun aber spricht Alberti von den in der Widmung ge-
nannten KOnstlem als von persönlichen Freunden» mit welchen er
in regem Verkehre stehe. — „Ma poi che io dal lungo exilio,
in quäle siamo noi Alberti invecchiati qui fui in questa nostra
sopra r altre ornatissima patria riducto, chompresi in molti,
ma prima in tc tilippo, et in quel nostro amicissimo
Donato scultore et in quelli aitri Ncncio et Luca et
Masaccio essere a ogni lodata cosa in ingenio da non pos-
porgii acqual si sia stato antiquo et famoso in questi arti."
Noch deutlicher aber spricht es folgende Stelle aus, dass
Alberti noch fort mit den genannten Freunden in persönlichem
Verkehre stehe: „Ma delle tue lodi et deiia virtu dei nostro
Donato insieme et delli altri, quali amme sonoperloro
costumi gratissimi, altro luogo sara da recitarne."
Nicht einen Moment also wäre man bei Lesung dieser
Stellen versucht daran zu denken, dass der Eine der genannten
nicht mehr zu den Lebenden gehöre. — Aber selbst wenn
man meinen sollte, Alberti habe bei Nennung der grossen Namen,
welche er als Restauratoren der toskanischen Kunst ansah, des
todten Freundes nicht vergessen wollen, so muss dem entgegen-
gehalten werden, dass Alberti den Maler Masaccio Überhaupt
nicht in Florenz kennen gelernt haben kann. Es wurden nämlich
die gegen die Familie Alberti 1400, 141 1, 141 2 erlassenen
Strafbestimmungen , wodurch die Alberti aus Florenz verbannt
und geachtet wurden, erst durch die Beschlüsse der Balia vom
22., 23., 26., 28. und 29. Octobcr 1428 rückgangig gemacht;
die Fähigkeit, Staatsämter zu bekleiden, erhalten sie sogar erst
1434 auf Betreihen des Cosimo de' Medici wieder').
Der früheste Termin der Rückkehr des L. ß. Alberti —
der in der Verbannung geboren — dürfte also auf das Ende
des Jahres 1428 angesetzt werden.
Aus diesem Grunde kann der von Alberti genannte Ma-
saccio nicht der Maler Masaccio sein, sondern man wird darun-
ter den Bildhauer, Erzgiesser und Architekten Maso di Bartolo-
meo, genannt Masaccio, zu verstehen haben.
>) Luigi Patserinh Gli Alb«rti di Fifense. Genealogia Storia. Docu-
menti P. II. Doc. XXXfX. XL. XLI.
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ANHANG.
25g
Mag es sonderbar erscheinen, ihn gleichsam als Ebenbürtigen
neben den hervorragendsten Wiedererweckem der Kunst genannt
zu hören : sein Wirken scheint denn doch nicht zu enge gewesen
zu sein, und es sind dann deutliche Fingerzeige vorhanden,
dass er jenem dort genannten Freundeskreise nicht ferne stand.
Rumohr hat zuerst die Existenz dieses Künstlers in histo-
rische Tageshelle gerückt (Forschungen, II. 365 seq.), wobei
er einen Moment versucht war, daran zu denken, ob nicht
vielleicht der Maler Masaccio mit ihm identisch sei — keines-
wegs aber hat er dies als Factum hingestellt, v\ie dies die
Jüngsten Annotatoren des Vasari glauben machen wollen (III.
I 57 n.). Ausführlich und das von Rumohr Gebrachte ergänzend
lässt sich dann G. Milancsi über den Bildhauer Masaccio aus
in dem mit Pini herausgegebenen Werke: Scrittura d' Artisti
italiana fotografata, Oisp. XI. Die Hauptquelle dafür bildeten
„Riccordi", welche von Masaccio selbst herrühren und die vom
Jahre 1447 — 1454 gehen. Darnach fällt das Geburtsjahr Ma-
saccio*s des Bildhauers in das Jahr 1406; sein Geburtsort ist
Capannole, ein kleines Castell im Valdambra. — Mit seinem
Bruder Giovanni kam er dann nach Florenz^ um hier, wie die
meisten seiner Kunstgenossen, die künstlerische Laufbahn in
der Werkstätte eines Goldschmiedes zu beginnen. ~ In den
Riccordi findet sich die Erwähnung einer diesbezfiglichen Arbeit,
die Masaccio tür Jacopo degli Alessandri machte: es war dies
ein silberner Helmschmuck im Gewichte von drei Pfunden und
stellte das Wappen Volterra's dar, d. h. einen Greifen, der mit
einem Drachen kämpft. Reicher sind die Spuren seiner bild-
nerischen Thätigkeit und vor Allem scheint er im Erzguss einen
bedeutenden Ruf gehabt zu haben. — Das muss schon vor
1438 gewesen sein, denn in diesem Jahre vermiethen ihm die
Operai della Cintola in Prato einen Theil des Gitters ihrer
Capelle. — Die Arbeit mochte Masaccio nicht zusagen, da sie
1446 noch ungethan ist und zu dieser Zeit auf Empfehlung
des Lorenzo Ghiberti und Filippo ßrunelcsco ihrem Mitcon-
currenten für den Kuppelbau, Bruno di Ser Lapo, vermiethet
wird. Allerdings hat auch dieser sie nicht zu Ende geführt,
sondern dies geschieht erst durch einen Schüler unseres Maso,
nämlich Pasquino da Montepuldano, in der Zeit von 146 1 — 1464
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a6o
ANHANG.
Die gleiche Genossenschaft beauftragte dann 1446 den Maso,
für das Tabernakel ihrer Capelle ein BronzethQrchen za machen.
Umgeben von reichem Arabeskenwerk zeigte es in der Mitte
in getriebener Arbeit die Madonna wie sie dem heiligen Thomas
den Gttrtel reicht. — Das Werk befindet sich nicht mehr an
seiner Stelle. — In unmittelbarer Verbindung mit Luca della
Robbia und Micbelozzo zeigt ihn dann der Auftrag vom
28. 1 cbruar 1 44^ (46), wonach diese drei Künstler eine mit reichem
Arabeskenwerk und Bilderschmuck versehene Bronzethüre für
die alte Sacristei von Santa Maria del Fiore in der Zeit von
drei Jahren gemeinsam fertigen sollten. — Anfänglich ging es
mit diesem Werke auch rüstig vorwärts; dann aber müssen
bedeutende Stockungen eingetreten sein ; denn nach dem Tode
unseres Maso nimmt noch sein Bruder Giovanni Anlheil an
der gleichen Arbeit (1461 — 1463), welcher dann Luca della
Robbia allein endlich die letzte Vollendung gibt. — Wird
man auch den Haupttheil der bildnerischen Arbeit dem Luca
zusprechen mQssen, immerhin darf man annehmen, dass Maso*s
' Arbeit, sich nicht blos auf das Nebensächliche beschränkte.
Vielleicht erklärt sich aus solcher Arbeitstheilung der Mangel
einer völlig harmonischen Totalwirkung, den Burckhardt empfin-
det (Cicerone II. S. 5go). Die Formvollendung aber, die allem
Einzelnen eigen, spricht sehr zu Gunsten der daran betheiligten
Künstler, also auch Maso's. — Im Jahre 1448 finden wir Maso
mit Aufträgen von Seite des Piero da Cosimo de* Medici be-
dacht; zuerst arbeitete er für dessen Cappella del Crocifisso in
der Kirche San Miniato al Monte zwei Bronzecandelaber, dann
goss er für ihn die zwei Bronzepfortchen , welche das Gitter
der Cappella della Nunciata a' Scrvi schliessen, welche Vasari
dem Pagno Portigiani da Ficsole zueignet. Im folgenden Jahre
wurde Maso nach Urbino gerufen, um das Hauptportal der
Kirche San Domenico zu errichten; es zeigte sich dabei, dass
Maso auch mit Steiomaterial gut umzugehen verstehe. Die
ganze Anordnung sowohl als auch das Ornament trägt völlig
den Charakter der Frührenaissance. Zwei hochbasamentirte
schlanke Säulen mit edler korinthischer Kapitälbildung nehmen
die Porta in die Mitte, lieber die Säulen legt sich ein Archi-
trav , von welchem aus zwei elegante Pilaster korinthischer
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ANHANG.
Ordnung aufsteigen; zwischen diesen läuft in Bogenform eine
Fruchtschnur hin, innerhalb welcher sich die glasirten Thon-
reliefs Maria's mit dem Kinde, des heiligen Petrus und Domenicus
von Luca Deila Robbia befinden. — Diese Arbeit existirt noch,
wenngleich in ziemlich verwahrlostem Zustande. — Im Jahre
1452 wurde Maso nach Rimini gerufen, um iür Sigismondo
Malatesta die Thüre des Gilters seiner Capelle in S. Francesco
anzufertigen; Alberti dürfte wohl diesen Auftrag vermittelt
haben. — Nach Florenz zurückgekehrt, sind es einige minder
wesentliche Arbeiten, welche die Riccordi verzeichnen; so das
Steinwappen für den Palast des Francesco Vettori, ein Gleiches
für das Grabmal des Pietro Melini in S^nta Croce u. s. w.
Schliesslich wird man ihm wohl jenen Crucifixus in der Sagrestia
von Santa Maria Novella zueignen müssen, welcher gewöhnlich
als ein Werk des Malers Masaccio genannt wird. — Fineschi,
welcher zuerst den Namen Masaccio mit diesem Crucifixus in
Verbindung bringt (Forestiere istruito di Santa Maria Novella,
pag. 85) mochte — wie die Annotatoren desVasari annehmen
(III. p. i56 n. 3) — eine diesbezügliche alte Aufzeichnung
unter den Augen gehabt haben. Da zu jener Zeit die Existenz
des Bildhauers nicht gekannt war, so findet es seine Erklärung,
dass Fineschi das Werk dem Maler Masaccio zueignete. — Der
Kopf dieses Christus ist stark traditionell gebildet; aber die Behand-
lung des Körpers zeigt resolutes Streben nach Naturwahrheit.
Die Riccordi enden mit 1454; Milanesi gibt es als sicher-
stehend an, dass Maso um 1437 schon todt war. Dass er in dem von
Rumohr (II. S. 368) mitgetheilten Actenstücke von 1461 als nicht
mehr am Leben seiend genannt wird, wurde schon erwähnt.
Zu wenig ist bis jetzt von Maso's Werken bekannt —
vielleicht weil von seinen Werken überhaupt wenig mehr vor-
handen, um ein Urtheil Über den Umfang seines künstlerischen
Vermögens erhalten zu können; auch die Riccordi geben nur
Attfschluss Über die Thätigkeit seiner letzten Jahre. — Dass
ihn Alberti neben den erlauchten Namen der Wiedererwecker
der Kunst nennt, dass er thatsächlich im Bunde mit Luca und
Michelozzo arbeitet, drängt darauf, die Grenzen seines Könnens
und seiner Begabung weiter hinauszusetzen, als es die dürfti-
gen Spuren seines Wirkens verstatten möchten.
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CODICES MANÜSCRITTI UND AUSGABEN DER IN DIESEM
BANDE PÜBLICIRTEN KUNSTTHEORETISCHEN
TRACTATE ALBERTi'S.
A. DE PICTURA.
I. Codices Manuscritti:
1. Cod. Magl. IV. 38 (Volgare. Dat. 1436).
2. Cod. Rice. 767 in fol. (lat. Textred.)
3. Cod. Otiob. 1424 in gr. fol. (lat. Textr.)
4. Cod. Reg. 1549 in 40 (lat. Textr.) Vaticana.
5. Cod. Ottob. 2274 in 4*^ (lat. Textr).
(Dieser letztere ist aber Fragment; er enthielt den Text nur bis zu
jener Stelle, wo im zweiten Buche die Bewegungen der Greise beschrieben
werden. Die Abschrift ist zugleich sehr schleuderisch.)
6. Cod. Nan. IV. 5o. aut gr. Marciana in Venedig
I Enthält die neugriccliischc Uebertraijung , wie sie durch Doxara —
lebte 1Ö62 bis 1727 — auf Grundlage der Ausgabe des Du Fresne ange-
fertigt wurde.)
II. Ausgaben.
1. De pictura prcestantissima et nunquam satisS laudata arte
libri trcs absolutissimi , L. B. de Albcrtis, viri in omni scieii-
tiaruni genere et praecipue mathematicarurn disciplinarum
doctissimi. Jam primum in lucem edili. Basil. MDXL. 8^.
(Mit eif)cni Widinungsschreiben des Herausgebers Thomas Venatorius an
Jacobus Milichius.)
2. La pictura di L. B. Alberti tradotta in lingua üorentina
da Lud. Domenichi. Vineziai547. 8<*.
3. Wiederabdruck derselben Uebersetzung und gewidmet dem
Franc. Salviati (zugleich mit der Uebersetzung von L*
Architettura). Nel Monte Regale, Appresso L. Fiorentino 1 565.
4. Uebersetzt von Cosimo Bartoli und publicirt in der Sammlung
der^Opuscoli Morali diLeon Battista Alberti'' etc. Venedig 1 568.
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ANHANG.
363
5. Wiederabdruck des lateinischen Textes mit Vitruv's D.
Architectura , Fragmenten aus Pomponius üauricus etc.
apud Ludovicum Elzevirium MDGXLIX.
6. Wiederabdruck der Uebersetzung des Cosimo Bartoli (mit
dem Tractat Deila Statua und einem Theile von Lionardo's
Tractat De pittura, besorgt von Du Fresne. Paris i65i.tol.
7. Zweite Ausgabe dieser Redaction, Napoli 1733. fol.
8. und 9. Deila Architettura di Leon Battista Alberti I Jbri X,
Deila Pittura libri III, e della Statua üb. I. Tradotti in
lingua Italiana da Cosimo Bartoli (ed. da Giacomo Leoni).
In Londra apresso Tomaso Edlin, i. edizione 1726;
a. ediz. 1739.
(Beide Aufgaben mit gegenOberstehender englischer Ueberaetsung.)
10. Desgleichen Wiederabdruck der Uebersetzung des Cosimo
Bartoli, zugleich mit dessen Uebersetzung von De re aedifi-
catoria und des Tractats De statua (auf Grundlage der
Ausgaben 8 und 9). In Bologna, Neil* Instituto delle
Scienze 1782.
1 1 . In spanischer Uebersetzung (durch Diego Antonio Ripon
de Silva) auf Grundlage der Ausgabe von Du Fresne.
Madrid 1784.
12. In der Uebersetzung des Cosimo Bartoli zugleich mit Deila
Statua.
Milane, Dalla Societä Tipografica de' Classici Italiani.
Anno 1804.
13. In der Sammlung der „Opere Volgari di Leon Batt. Alberti
per la piü parte inedite e tratte dagli Autografi annotate
e illustrate dal Dott. Anicio Bonucci. 5 volumi. Firenze,
Tipografia Galilejana 1843 — 49. Der Tractat Deila pictura
(in der von Alberti selbst besorgten Uebertragung in's Vol-
gare) in vol. IV.
B. DB STATUA.
I. Codices Manuscritti:
1. Cod. Ottob. 1424 (Vaticana).
2. Cod. Rice. 767.
3. Cod. Rice. 927.
4. Cod. Magi. IV. 39.
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364
ANHANG.
II* Ausgaben.
Der lateinische Originaltext fand vor der hier gebotenen
Ausgabe keine Publication. Uebersetzt wurde derselbe zuerst
und zugleich allein durch Cosimo Bartoli und publicirt in den
„Opusculi Morali". Diese Uebersetzung findet sich dann wieder
abgedruckt - stets in Gemeinschaft mit dem Tractate Deila
Pittura in den von mir unter den Zahlen 6, 7, 8, 9, 10, 12, i3
angezeigten Editionen jenes Tractacs.
C. DB CINQUB ORDINI ARCHITBTTONICI.
I. Codices Manuscritti:
Cod. M. VII. 149 (in 4") Bibliotheca Chigi.
II. Ausgaben.
Opere Volgari ed. Bonucct tom. IV.
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ALPHABETISCHES REGISTER
der
Personen-Naraen, welche in diesem Buche vorkommen.
Aemilius Paulus p. g6.
Aeneas p. -jG^ 1 14.
Agatharchos, griech. Maler p. 2^
Agesilaos p. 88, ili
Agiaophon, griech. Maler p. i30j 242.
Alberti, familia degli p. aifi.
Alexandros, König p. Sfi.
Alexander Severus p. 2iL
(Alexander, röm. Maler [ ! ]) p. ;38,
332, 244.
Alessandri, Jacopo degli p. aSg.
Ammanati, Bart., flor. Bildhauer
XXXVII.
Ammianus Marcel!., röm. Hist p. 235.
Antigonos, Feldherr Alexanders, p. 92,
118, 240.
Antigonos, griech. Bildgiesser p. 233.
Antigonos, griech. Maler p. 2IL
Antigonos Carystius, griech. Histor.
p. all
Apelles p. lOOj 14^ 160^ 234.
236^ 2^ 2^ 24^ 2^
Archelaos, König von Macedonien
p.
Aristides, griech. Maler p. cy^ 234,
240.
Aristolaos, griech. Maler p. 240.
Aristoteles p. IX, 222, 228^ 242.
Asklepiodoros, griech. Maler p. t 56,
244.
Attalus, König, p. 234.
Aurelius, röm. Maler p. 138^ 245.
Bartoli, Cos., Uebersetzer Alberti's
p.V,XXXIl.XXXVlI. 46,48.226.247.
Belori, Archäolog p, 239.
Benndorf, O., Archäolog p. 239.
Bessarion, Cardinal p. 246.
Biondo, Michelangelo, vencz. Poly-
histor p. XXX.
Bocchi, Franc, flor. Schriftst. p. 22fi.
Bonucci,A.,Herausg. Alberti's p.XXXI.
XXXVII, XLI, 226, 228, 25?.
Borghini, R., flor. Schriftst. p. 2l5*
Botticelli, Sandro, flor. Maler p. 243.
Braun, Arch. p. 239.
Brunn, H., Arch. p. 233, 240, 241,242.
Brunellesco p. III, V, VI, VII, X, 46^
25?, 259.
Burckardt, Jak., Hist. p. afifi»
Oastiglione, Bald. p.
Cennini, C, Maler p. XXIX.
Chigi, Card. p. XLI.
Cicero p. 240. 24t. 244.
Cleopatra p. i2fi*
Condivi p. 235.
David, Em., franz. Bildh. p. XXXVI.
Demetrios, v. Alopeke, griech, Maler
p. i5o, 244.
266
ALPHABETISCHES REGISTER.
Demetrios, Schriftst. p. qi, 334.
Demetrios Poliorketes p. a34.
Demokritos, gr. Phil. p. VIII, 226.
Diogenes, Laertius p. ^ 234. ^3S.
Dionysios, griech. Maler p. i56i 244.
Domenichi,Lod., Uebersetzer Alberti's
p. V. XXXII.
Donatello p. III, VII, XXXIll, 46, 48.
Dossara p. XXXII.
Echion, griech. Maler p. 242.
Equicola, M., Mant. Histor. p. 22b.
Euklides p. VII, VIII, 227.
Euphranor p. Q2, i36^ iSS^ 233. 241 ,
243, 24?.
Euryalos p. 76.
Fabiuc, picior p. ^ 234.
Fiesole, fra Giov. da p. VII.
Filippo V. Brunellesco.
Fineschi p. aJiLi
Francesco, Giov., March, von Mantua
p. V, VII, 226. 254.
Oalenus p. 1-S2.
Gaye, Kunsthist. p. 237.
Gaza, Theodoras, Humanist p. IV,
XLIII.
Gellius, Aulus p. 23o. 234.
Genelli, H-, Erklärer Vitruv's p. 249,
Georg v, Trapezunt, Humanist p. 246.
Ghiberti, Lorenz© p. III, VII, 226.
257, 239.
Giovanandrea, de' Bussi, Bischof von
Aleria p. XXXII, XXXIX, 166. 245.
Giovanni di Bartolommeo, flor. Bild-
hauer 259, ifisi.
Giovio Paolo, Histor. p. 2 36.
Guhl, Kunsthist. p. 226. 237.
Heibig, W., Archäolog p. 241.
Helena p. XIX, 1 14.
Herakles p. XXXV.
Heraklides, griech. Maler p. ib6^ 244.
Hesiodos p. 146, 244.
Homeros p. XXV, 128. 146, 240, 744.
Zig, A., Kunsthist. p.
Kaiamis, gr. Bildh. u. Ciseleur p. i54,
Kassandros, Feldh. Alex. p. fiS.
Kekuld, R., Archäolog p 239.
Kolotes von Teos, griech. Maler
p. 1 22, 241.
Ktcsilas oder Kresilas, griech. Bildh.
p. 240,
laala oder Laja aus Kyzikos, griech.
Malerin p. 23S.
Lampridius, röm. Hist. p. 235.
Landini, Christ., flor. Humanist p. 236.
257.
Lapo, Bruno di Ser, flor. Goldschmied
p. 259.
Lionardo da Vinci p. XIII, XXX.
Lollius, holl. Literat., p. 246.
Lomazzo p. XLI.
Lucian p. 144, 243, 244.
Mafei, Scip., veron. Dichter und
Archäolog p. XLII.
Malatesta, Sigism. p. 261.
Mancini, Gir. p. XLII.
.Manilius, Luc, röm, Maler, rect.
Lucius Hostilius Mancinus p.94, 234.
Marcellus, röm. Feldh. p. ^2,
Martia ( ! ) p- 96.
Masaccio, der Bildhauer p. VII, 46,
226. iäS sequ.
Masaccio, der Maler p. 267.
Medici, Cosmo de' p. liiS»
Medici, Franc, de' p. XXXVIII.
Medici, Piero da Cosmo de' p. 260.
Melanthios, griech. Maler p. 242, 243.
Melini, Pietro, flor, p. 261.
Metrodoros, griech. Maler p. ^35.
Meyer, Jul., Kunsthist. p. XL.
Michelangelo p. XXXIIl, 235.
Michelozzi, M. p. 260. 261.
Milanesi, G., Histor. p. 257, a5Q.
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ALPHABETISCHES REGISTER.
267
Varcissus p. XV, 2^ 222.
Nencio, s. Ghiberti.
Nero p. 24, 235.
Nikias, griech. Maler p. ]32, i 56,
343, MiL
Nikomachos, griech. Maler p. 242.
Nisus p. 76.
Oricellarius, Pallas, Rucellai p. 23h.
Ovid p. 233.
Paccioli, fra Luca, Mathem. p. X.
Pacuvius p. 24, 234.
Pamphilos, griech. Maler p. 243.
Pannarz, deutscher Buchdrucker in
Rom p, 246.
Pasquino da Montepulciano, flor. Gold-
arbeiter p. 25r)-
Paul II., Papst p. 246
Paulus Tuscancllus, flor. Math. u.
Med. p. X.
Pausanias p. 235, 244.
Pellichos, Feldh. p. 241.
Phidias p.XXV, XXXV, 88. 146. i58,
198, 233, 244.
Pippo, s. Brunellesco.
Pirrhus, König p. gö^ läfi.
Piaton p. VIII, 2^ 227. 23o. 223.
Plinius p. 212 alij 233, 234, 235.
236, 239, 240, 241, 242, 243, 244,
245, 2^
Plutarch p. 1 18, 23o, 232, 243.
Polygnotos p. i3o. 242.
Polvkletos p. XXXVIl.
Porta, Giovanb. della p. 229.
Portigiani,Pagno(da Ficsole), Ciselcur
p. 260
Praxiteles p. 88.
Protagoras p. jG^ zii^
Protogenes p. 100, 160, 236, 245.
Pythagoras (von Paros), Maler p. 244.
Quintilian p. Q2, 233. 236. 240, 241,
Mli Uli 244, 246.
Bafael p. XXV, XL.
Razzi, Selv. p. 236.
Ripon de Silva p. XXXII.
Robbia, Luca della p. VII, XXXIII,
46, 226. 257, 260, 261.
Rumohr p. 259, ^6'-
Bansovino, Andrea p. XXXIII.
Schadow, Gottfr. p. XXXVII.
Schweinheim, deutscher Buchdrucker
in Rom p. 246.
Senecn p. 244.
Serapion, griech. Maler p. i36, 244.
Sextus Empiricus p. ^'^f>-
Shakespeare p. XXV. *
Sitsdius, s. Titidius Labeo.
Sokrates p. g^ 100, 234.
Stieglitz, Archfiolog p. 243.
Strabo p. 244.
Tacitus p. i3S.
Thimantes p. 78^ 122, i3o. 241. 242-
Titidius Labeo p. 234-
Toscanus, J. M., flor. Dicht, p. 236.
Trismegistus p. g^i 234«
Turpilius p. 9^ 234.
Valentinian p. g^ 235.
Varro p. 240.
Va.sari p. 236. 23?.
Vettori, Franc, p. 26K
Virgil p. 76, lia*
Vittorino (da Feltre) p. 245.
Vitruv p. XXV, XL, n2, LZ^i illi
243. 248, 249. 25o, ihi^
Xenokrates, gr. Bildh. und Kunst-
schriftst. p. 22, 234.
Xenophon p. loo. q2£l
Zenodoros, Erzg. p. iS^^ 244>
Zeuxis p. XXVI, 90, [28, [32^ i5o,
2^2, 243, 244.
SACHREGISTER.
Achatstein (der — des Pyrrhus), p. gö^
Aehnlichkeit. Erklärung des geometr.
Begr. p. 26 seq.
Alexander Paris, Statue d.Euphranor,
p. 241,
Alkmene, Malerei des Zeuxis, p. 233.
Anmuth, p. 100, 108.
Ars cselaturae p. 24,6.
Ars sculpturae p. 24.6.
Ars statuaria p. 34.6.
Augenaxe p. 23o.
Augenpunkt p. IX, XI, XII.
Auster, Personif. d. Südwinds p, i3o.
Barberini Sarkophag, mit Meleager
Relief p. 239.
Basis der toskan. Ordnung p. 208,
210.
Basis der dorisch. Ordnung p. 210.
Basis der jonisch. Ordn. p. 21Ö. 2 5o.
Basis der korinth. Ordn. p. 220. iSfi.
Basis der lat. Ordn. p. 222*
Basis Atticurges p. 25o. i5i.
Beleuchtung p. VIII, 62^ 68,
Bewegungen, Lehre von den, p. XXI,
XXXIV, 120, 1 24, 128, 242.
Bildhauer p. XXXIV.
Bildner, fictores p. XXXIV.
Blau p. IX, 6^.
Bleigrau p. IX, 6^
Brancacci-Capelle p. VII.
Bucephalus, Pferd Alex. p. L2fi.
Capannole, Flecken imFlorent.p. 25q.
Centraistrahl p. VIII, SS^ ^
Chariten, Bildw. d. Sokrates p. 234»
Chiaramonti , Theil des Vatic. Mus.
p. 239.
Cintola, Cap. d. (in Prato, Dom) p. 259.
Color Simplex p. 234.
Composition p. XVIII, 58, 1 10. 116.
Contur p. XVI, g8j iSiSh
Copiren p, i54.
Definition und Definitor p. XXXV,
XXXVI, 126^ iSq seq., 188, 247.
Demonstrationen p. 22&M
Demos, Werk d. Parrhasios p. 239, 241«
Diana, mit Nymphen als Darstellungs-
object, p. i 38.
Dido, als Darstellungsobject p. i3£L
Dionysos, Gemfilde des Aristides p. 234«
Dioskuren p. 114.
Dioskuren von Apelles p 240.
Dioskuren von Polyklet und Mykon
p. 240»
S. Domenico in Urbino p. afio.
Drappirung p. 128, 1 3o.
Elementa picturae p. IV. XLII.
Epistyl der tosk. Ordnung p. 210.
Epistyl der dor. Ordnung p. 214.
Epistyl der jon. Ordnung p. 218, aiiu
Epistyl der korinth. Ordnung p. 222.
Epistyl der lat. Ordnung p. 224.
Erzguss p. 246.
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SACHREGISTER.
269
Erziehung, künstlerische p. XXVI.
Exempeda p. XXXVI, 182.
Farben, Haupt- p. IX, 6^
Farben, im Verhältniss zum Licht
p. XXII, 6^
Farben-Freundschaft p. XXIV, i28.
Farben-Reichthum p. lilL
F'arben-Pyramide p. IX, fiüi
Flächen, Lehre von der Eintheilung
und Zeichnung derselben p. VII,
52. 54, 104, 106. 1^0.
Fluchtlinie p. XVL
S. Francesco (in Rimini) p. 261.
Freigebigkeit, Allegorie der p. lA*^.
Ganymed,als Darstellungsobject p.i 14.
Gattung, bildende Merkmale p. 174-
üemmenschneider p. XXXIV, 246.
Gesichtslinie p. VIII.
Gold, in der Malerei p. XXIV, lifii
GrOn p. IX, 6^
Guckkasten p. 229.
Helena, Bild der, v. Zeuxis p. 200,
Hephaestos, Statue v. Alkamenes p. 240.
Hermes, Siatue v. Sokrates p. 234.
Historienbild p. llÖ seq.
Hopliten, Bild v. Parrhasios p. 23q.
Horizont p. XII.
Jalysos, Gem. v. Protogenes p. 234.
Individualisation p. 1 74.
Jo, als Darstellungsobject p. L28
Iphigenia, Gem. v. Thimanthes p. 1 14,
2^1.
Jupiter, s. Zeus.
Kalypso, Gem. v. Nikias p. 245.
Kanelluren, der jon. Säule p. 18-
Kapitäl der tosk. Ordn. p. 208.
Kapital der dor. Ordn. p. 2L2±
Kapitäl der jon. Ordn. p. 1 16.
Kapital der korinth. Ordn. p. t^o-
Kapitäl der lat. Ordn. p. 22^
Karniess der tosk. Ordn. p. 2lfi»
Karniess der dor. Ordn. p. 214.
Karniess der jon. Ordn. p. 218.
Karniess der korinth. Ordn. p. 222,
249.
Karniess der lat. Ordn. p. 224.
Kastor s. Dioskuren.
Kreislinie p. izi
Kritik p. 160.
Kunst, Ursprung der p. XX.\III, lü8
Kunst, Eintheilung der p. ir>8.
laectisternum p. 222»
Licht p.
Linearperspectivc p. IX.
Linie, Def. der p. VII, 22*
Haler, Bildung des, p. 144,
Maler, sittliche Tüchtigkeit des p. «42.
Malerei, Definition der p. IX, 68, 142.
Malerei, Entstehung der p. qT.
Malerei, Lehrmethode der p. 148.
i52. i54. i36, i58, 160.
Malerei, Zweck der p. 142.
S. Maria del Fiore in Florenz p. 48,
S. Maria del Fiore, Thoren der alten
Sakristei p. 260.
S. Maria Novella in Florenz Sakristei
Crucifixus p. 261.
Mars, als Darstellungsobject p. 144.
Masseinheit p. 1 1 2.
Massstab p. XXXVI.
Mcleager-Relief p. 1 12, 128^ 129.
Messung p. XXXV, 174, 176, 178.
Milo, als Darstellungsobject p. 1 14.
Minerva, als Darstellungsobject p, 1
S. Miniato, Capelle del Crocifisso
p. ^fio.
Haturbeobachtung p. 148.
Naturformen, Reichthum der p. 148.
Naturtreue p. 1 5o, 1 52.
Navicella p. XXI, 122, 242.
Netz, Velo p. XVI, 100, 287 seq.
270
SACHREGISTER.
Orizon, der p. lSS ff.
Pan, gern, v. Zeuxis p. 233.
Pausemittel p. 23j.
Perikles, Porträt p. 1 18, 240.
Pcrpcndiculum der Mitte p. 196, 247.
Perspective, malerische p. X.
Phaeton, Gemme p. 1 52.
Poliix s. Dioskuren.
Polyphem, Gem. v. Timanthes p. 76,
Proportionalität p. X, "^o.
Punkt, Dcfin. p. VU. 2fii
Punktirung p. XXXVl.
Quadratneiz, persp. XI, 78.
Querschnitt p. IX, XI, 22
Relativität der Grössenbegrilfe p. 76,
Roth p. IX, 64,
Bäuler.schaft der tosk. Ordn. p. 208.
Säulenschaft der dor. Ordn. p. 2x2
Säulenschaft der jon. Ordn. p. 2JiL
Säulenschaft der korinth. Ordn. p. 22SL
Säulenschaft der lat. Ordn. p. 222.
Säulenstuhl der tosk. Ordn. p. 111
Säulenstuhl der dor. Ordn. p. i\f>.
Säulenstuhl der jon Ordn. p. iiR.
Säulenstuhl der korinth. Ordn. p. 222.
Säulenstuhl der lat. Ordn. p. 224-
Schleier, s. Netz.
Schönheit p. XVIII, fo8. 1 10, 1 5o.
Schwarz p. IX, 6^, 1 32. 1 34. i2fi*
Sehdreieck p. VIII, 58,
Sehpyramide p. VIII, IX, XI, 60, 66,
23o.
Sehstrahlen p. VIII, XI, 36^ 38^ üfi*
Sikion p. 243.
Silberarbeiter p. XXXIV, 246.
Skizze p. läSx
Spiegel, Anwendung des, p. i34, 243.
Teogenio, ein Dialog Alberti's,
p. XXXVIII.
Titusbogen p. 248.
Transpor.irung der .Naturfarbe p.
XXIII, i3^
Ulysses, Gem. v. Parrhasios p. 239,
»40.
Velo, s. Netz.
Venus, als Darstellungsobject, p. 1 14.
Verleumdung, Gem. d. Appeles,
p.
Volterra, Wappen von, p. 23q.
Voluien der jon. Säule, p. 220.
Vulcan, s. Hephaestos.
lUTeiss p. IX, 6^ t32i '-H» 1^
Winkel p. 54.
Winkelmass p. XXXV, XXXVl, lM.
Zephirus p. 1 3o.
Zeus, Statue des Phidias p. 144, 146,
2^
Zophorus der tosk. Ordn. p. mo.
Zophorus der jon. Ordn. p. 218.
Zophorus der korinth. OrJn. p. 222,
Zophorus der lat. Ordn. p. 224.
j Google
CORRIGE ERRORES.
Seite 63, Zeile lo von oben dascbttno statt deschuno.
„ 71, n 14 , , come . p como.
Die zu Beginn des Druckes weite Entfernung des Herausgebers der
kunstth. Schriften des L. B. Alberti vom Druckorte mag es entschuldigen,
dass in den Bogen 4 bis 7 zahlreiche Accentfebler im Originaltexte stehen
geblieben sind.
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K. k. HottacMnickerel Carl Fromme in Wiea.
I
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Im Verlage
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für Besucher kunstgewerblicher Museen, Ausstellungen etc.
von B. Bncher,
Cuntu» am k. k. ÖatcrreichUcUen üuteuiu fllr Kuuiit und Induvtria.
13. 1876. Cart Preis: 1 3o kr, — 3 A/.
Ueber den kunstbistorischen Wertb
der
IE£3rp3aexotorrL€icl:Lia* IPoliplxili,
Ein Beitrag zur Geschichte der KuostUteratur in der Renaissance.
Von Albert lig.
gr. 8. 1873. Preis : t ß. 5o kr. — 3 Af.
DIE DREI MEISTER DER G EM MOG I-YPTI K.
ANTONIO, GIOVANNI UND LUIGI PICHLER.
Eine biograpbisch-kunstgeacbichtliche Darstellung
von Dr. Hermann Rollett
Mit «MB nUaltM eiomnal Fl AliV« uUh «Ibmb Iiila«Ue Laif! Pichtoi'«.
gr. 8. 1874. Preis: i 'ß. — 2 M.
Die Trachten -Bilder Dürer's
in der Albertina.
Sechs Blitter in Chromo-Xylograpbie ausgefQbrt von F. W. Bader in Wien.
» Groas-Folio. Preis: 6fl, — 12 J/.
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