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Full text of "Freiburger Geschichtsblätter"

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FREIBURGER 


GESCHICHTSBLÄTTER 


lierausgegeben 


vom deutschen geschichtsforschenden Verein 


des 


Kantons Freiburg. 


XI. Jahrgang. 


Freiburg i. De. 1905. 

Verlag der Universitäts-Üuchliandlung. 


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Suh^3SlA • I & 

ls 

HARVARD COLLEGE LIBRARY 
MINOT FUND 


Inhaltsverzeichnis. 


A. Geschäftliches. 

Seite. 

1. Bericht über das Vereinsjahr 1903/01 m 

2. Statuten x 

3. Kassaberieht über Jas Geschäftsjahr 1003/04 \v 

4. Mitglicderverzeichnis xvi 

•>. Schriftenau s tau.sch sls 

B. Abhandlungen. 

1. Johann Killin, Franz Guillimann, ein Freiburger Historiker 

von der Wende des XVI. Jahrhunderts 1 

2. Franz Handrick, Bibliographie der Freiburger Litteratur für 

das Jahr 11*04 224 


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Bericht über das Vereinsjahr 1903-04. 


Der Verein zählte Ende 1 1H)3 189, heute 199 .Mitglie- 
der; das bedeutet einen Zuwachs von 10 Mitgliedern. Der 
Abgang betrug 15. der Zuwachs dagegen 25, sodaß wir 
mit einem erfreulichen Überschuß abschließen. Der Tod hat 
uns 4 Mitglieder entrissen, die HU, B. Veith, Buchhändler, 
den langjährigen Verleger unserer Geschichtsblätter, I*. 
Bruno Müller Franziskaner '), einem tüchtigen Schulmann, 
J. Schoch, Metzgermeister und Peter Zurkinden, Lehrer. 
Eine vielversprechende junge Kraft verlor unser Verein 
durch den allzufrühen Hinschied von Dr. W ladimir Levee ! ) 
aus Leibach (Krain), der seit Herbst 1903 an der Universi- 
tät als außerordentlicher Professor für deutsche Hechtsge- 
schichte gewirkt und sich durch seine bisherigen Publika- 
tionen als Hilfsarbeiter im Institut für österreichische Ge- 
schichtsforschung in Wien sowie auch in den Kreisen der 
Historiker vorteilhaft eingeführt hatte. Auf der Universität 
Graz hatte er als Student speziell die mittelalterliche Rechts- 
und Wirtschaftsgeschichte gepflegt und im Aufrag des 
üsterreichen Unterrichtsministeriums die Archive von Civi— 
dale, Udine, Venedig durchforscht und das Material zu einer 
Geschichte des friaulischen Parlamentes gesammelt. Er ver- 
öffentlichte in den angesehenen Sitzungsberichten der kaiserl. 

*) Vgl. den Nekrolog in den Freiburger Nachrichten vom 31. 
Mai 1904." 

’) Vgl. die Nekrologe von Prof. Dr. Zwjierzina] in den Freiburger 
Nachrichten 1904 No. 135 und Prof. Dr. Luschin von Ebengereuth 
(Graz) in Mitteilungen des Institut* für Österreich. Geschichtsforschung 
1905. S. 195-198. 


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IV 


Akademie der Wissenschaften zu Wien im Jahre 1898 
« Pettauer-Studien » über Kolonisation, wirtschaftliche und 
rechtliche Verhältnisse des steirischen Bezirkes Pettau, und 
im Jahre 1903 gab er im Verein mit Prof. Dopsch in Wien 
den ersten Bau eines großangelegten Werkes : « Die öster- 
reichischen Urbarien » heraus. Von kleineren Arbeiten ist 
noch zu erwähnen : « Die ersten Türkeneinfälle in Krain und 
Steiermark », in Mittgn. des Musealvereins für Krain. Un- 
serem Verein war er von Anfang an zugetan und freudig 
beigetreten. B. I. P. 

Den Austritt haben erklärt die HH. Direktor J.J. 
Spörri, der seither gestorben ist, und Karl Nußbaum- 
Blaser. Herr Epards ist infolge Wegzugs aus dem Kan- 
ton ausgetreten, wählend die Herren Philipp Buchs, Hoberl 
Faver. Anton Felchlin, B. Kaiser, Paul Schalter, Her- 
mann Schmidlin, Joh. Spicher und Joh. Stutz durchXicht- 
annahme der Geschichtsblätter ihren Austritt veranlaßt 
haben. Der Appell um Gewinnung neuer Mitglieder, um 
die Lücken auszufüllen und den Mitgliederbestand mindestens 
aufrecht zu halten, ist nicht fruchtlos geblieben ; dagegen 
hat sich der Wunsch nach größerer Stabilität der Mitglied- 
schaft noch nicht erfüllt, indem die Zahl der Ausscheiden- 
den sich noch nicht vermindert hat. 

Unser Schriftenaustausch hat nun eine Ausdehnung 
erreicht, die eine weitere Entwicklung so lange ausschließt, 
als unsere Einnahmen keine Vermehrung aufweisen. So 
ist denn auch im Berichtsjahre nur eine Änderung zu ver- 
zeichnen, die Anbahnung des Tauschverkehrs mit dem 
Historischen Verein Donau wörth. 

Die laufenden Geschäfte wurden in zwei Vorstands- 
sitzungen. die beide in Freiburg slaltfanden, erledigt. Die 
Zusammensetzung des Vorstandes war die gleiche wie letz- 
tes Jahr. Mit Rücksicht auf die durch Erstellung einer 
gemeinsamen Festschrift mit der Societe d’Histoire beding- 
ten Änderungen in Satz und Papier für das letzte Heft der 
Freiburger Gesehichtsblätler wurde beschlossen, den Anli- 
qua-Satz sowie das neue Papier auch in Zukunft beizube- 


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V 


halten, und die Druckerei verstand sich wegen der dadurch 
veranlagen Verminderung der Zeilenzahl zu einer entspre- 
chenden Preisreduktion für den Druck unserer Zeitschrift. 

Donnerstag, den 14. Januar 1904, fand die allgemeine 
Herbstversammlung im Gasthof zum Strauti in Freiburg 
statt, bei allerdings schwacher Beteiligung von nur 14 Mit- 
gliedern. Mit Rücksicht auf die Generalversammlung der 
Allgemeinen geschichtsforschenden Gesellschaft der Schweiz 
im September 1903 in Freiburg, zu der auch die Mitglieder 
unseres Vereins geladen worden waren, hatte man die 
Herbstversammlung so spät angesetzt und von einem 
Vortrage abgesehen, um für die Statutenrevision Zeit zu 
gewinnen. Der vom Vorstande vorgelegte Revisionsent- 
wurf wurde durchberaten und die seit Gründung beste- 
henden Statuten in verschiedenen Punkten in l'bereinstiin- 
mung mit den seither gewonnenen Erfahrungen abge- 
ändert. Darauf wurden die so revidierten Statuten von 
der Versammlung angenommen und beschlossen, dieselben 
alsbald in Kraft treten zu lassen, im Jahrgang XI der Ge- 
schichtsblätter abzudrucken, sowie die erforderliche Zahl 
von Sonderabdrücken zu erstellen. Dieselben folgen hier 
im Anhang zu diesem Berichte. Es wurden 19 Mitglieder 
neu aufgenommen, nämlich die Herren Jos. Vaucher ; Chr. 
Vögeli ; K. Nutibaum -Blaser ; Daniel Wäber ; Am. Andrey; 
Peter ßrülhart; Joh. Piller ; Dr. Eriolet; Alph. Horner; 
Theodor Piller; Jos. Biedo ; Jak. Jenny; Walther Rainer; 
Martin Schwaller ; Prof. Levee: Arn. Käser; Ludw. Meny; 
Dr. Gschwend, sowie der deutsche katholische Männer- 
verein Freiburg mit 10 Fr. Jahresbeitrag. Ein gemeinsames 
Mittagessen vereinigte die Teilnehmer, wobei Beden und 
humoristische Vorträge das treffliche Mahl würzten. 

Zur allgemeinen Frühjahrsversammlung fanden sich 
Sonntag 12. Juni ungefähr 25 Mitglieder und über 40 Teil- 
nehmer in der Pfarreiwirtschaft in Heitenried zusammen. 
Der Präsident entbot den Mitgliedern und Gästen den 
Willkoramsgruß und verband damit einen kurzen Überblick 
über die Geschichte des Ortes. Heitenried dürfte eine alte 


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VI 


deutsche Siedelung sein und erscheint unter dem welschen 
Namen Essert in dem Verzeichnis des Propstes Cuno von 
StälTis (1228) als eigene Pfarrei; allerdings in Abhängigkeit 
von der benachbarten Kirche in Düdingen. Haid nachher 
haben wir Kunde von einem Ritter Ulrich von Heilen ried als 
Besitzer der gleichnamigen Herrschaft im Jahre 1278. Reich- 
licher fließen die Nachrichten erst um die Mitte des 15. 
Jahrhunderts. In der dem Savoierkriege vorausgehenden Span- 
nung mit Hern äußerte Hensli Hoyo von Schwarzenberg 
Drohworte gegen die Stadt Freiburg wegen ihres Verhal- 
tens im Armagnakenkrieg, die von Nikli Alwan entstellt hin- 
terbracht wurden, so daß die Freiburger es Hugo entgelten 
ließen. Dieser schickte darauf der Stadl einen regelrechten 
Fehdebrief und entführte bei Nacht und Nebel zwei Hauern 
von Heitenried, Cunlzi Poffet und Niggli Thomi, 5 Pferde, 
um sich für den ihm durch die Freiburger zugefügten Schaden 
zu rächen. Die Geschädigten klagten im Juli vor dem Ge- 
richt in Hern auf Ersatz gegen Hoyo und Genossen, 
wurden aber abgewiesen, da der Raub in ehrlicher Fehde 
geschehen sei '). Während des bernisch-savoischen Krie- 
ges wurde Heitenried 1448 durch die in Guggisberg liegende 
bernische Besatzung eingeäschert. Im Jahre 1309 gelangte 
die Herrschaft Heitenried an die Familie Felga in Freiburg 
und dann nach mehrmaligem Besitzwechsel an die Diesbach 
in Freiburg, welche dieselbe 1820 veräußerten *). 

Sodann erhielt Herr Pfarrer Schwaller das Wort zu 
einem Vortrag über « Die Grasburg ». In schwungvoller 
Sprache schilderte der Redner die Schicksale der roman- 
tisch gelegenen, benachbarten Grasburg seit deren nach- 
weisbaren Existenz (1223) bis zu ihrem Verfall (seit 1525). 
Dabei äußerte er die ansprechende Vermutung, daß schon 
in römischer Zeit am gleichen Platze ein befestigter Brü- 

') Vgl. die Akten über diesen Prozeß, herausgegeben von H. 
Tarier, Drei bernische Urteile über Privatfehde, in der Schweiz. Zeit- 
schrift f. Strafrecht IX (1896) S. 291—301. 

’) Vgl. Max de Diesbach. Le dernier seigneur de Heitenried, in 
Etrennes fribourgoises, 1902. 


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VII 


ckenkopf bestanden haben dürfte, an dessen Stelle später 
die Grasburg getreten, eine Annahme, die in der nachfol- 
genden Diskussion von Mgr. Kirsch mit dem Hinweis auf 
die burgundischen Ausgrabungen im nahen Ellisried unter- 
stützt wurde. Da der Vortrag in den Freiburger Nach- 
richten im Wortlaute abgedruckt wurde ’), so möge ein 
Hinweis darauf an dieser Stelle genügen. 

Darauf machte Hr. Max von Diesbach der Versamm- 
lung Mitteilung von einer Episode, die sich im Frühjahr 
1799 in Heitenried abgespielt hatte. Am 14. April wurden da- 
selbst eine Kompagnie helvetischer Truppen unter Hauptmann 
Varnery durch 800 von Wachtmeister Job. Gobet von Geren- 
wyl geführte Aufständische aus der Umgebung angegriffen, ein 
Teil in schmählicher Flucht davon gejagt, ein kleines Häuf- 
lein belagert und zur Kapitulation genötigt. Auch dieser 
Vortrag, ein verdankenswerter Auszug aus einer großem 
Abhandlung, die schon früher veröffentlicht worden *), er- 
schien im Wortlaut in den Freiburger Nachrichten *), sodaß 
eine nähere Skizzierung überflüßig erscheinen dürfte. 

Herr Emil Zurkinden legte der Versammlung alsdann 
noch eine Abbildung des alten Schloßes Heitenried vor, 
die er aus dem Nachlaß des Herrn v. Epinay erworben hatte 
und die zu dem letztgenannten Vortrage eine willkommene 
Ergänzung bot. Auch haben die meisten Teilnehmer nach 
der Sitzung dem nahen Schlosse einen Besuch gemacht. 

Der geschäftliche Teil wurde eröffnet durch einen 
schriftlich eingereichten Antrag des am Besuche unserer 
Versammlung verhinderten Vereinsmitgliedes Redaktor Gut- 
knecht in Murten. Derselbe wünscht, der Verein möge in 
Verbindung mit den historischen Vereinen von Bern und 
Freiburg und gemeinsam mit den Lokalbehörden von Mur- 
ten Schritte tun, um die Stadtmauern von Murten vor Zer- 
störung und deren Umgebung vor Überbauung zu schützen ; 

') Jahrg. 1904 Nr. 75, 76, 79, 82. 83. 

’) Unter dem Titel : Les troubles de 1799, in Archive» de la 
Sociötd d’Histoire du canton de Fribourg IV. vol. 

’) Jahrg. 1904. Nr. 71. vom 18. Juni. 


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VIII 


auch seien die Lasten des Unterhaltes zu schwer für Mur- 
ten ‘). Nachdem die Diskussion sich durchaus mit der An- 
regung einverstanden erklärt hatte, beschloß die Versamm- 
lung, dieselbe energisch zu befürworten und erteilte dem 
Vorstande Auftrag, dem Stadtrat von Murten Mitteilung zu 
machen, daß unser Verein mit allen Kräften für Erhaltung 
der Ringmauern der Stadt Murten einlrete und alle darauf 
abzielenden Schritte mit seinem ganzen Einflüße unterstütze. 

Endlich wurde ein Antrag des Vorstandes der Dis- 
kussion unterstellt, der bezweckt, die alte historische Be- 
zeichnung Freiburg im Uechtland, die heute vielfach außer Ge- 
brauch gekommen und darum selbst bei der eidgen. Post nicht 
mehr durchweg verstanden wird, dadurch wieder zu Ehren 
zu bringen, daß auf dem Poststempel außer der bisherigen 
ausschließlich gebrauchten französischen Form « Fribourg » 
auch die deutsche Bezeichnung « Freiburg i./Ue. » einge- 
führt werden soll in ähnlicher Weise, wie auch Murten und 
Biel, ja sogar das ganz deutsche Dorf Tafer eine doppelspra- 
chige Bezeichnung auf dem Poststempel führen. Der An- 
trag wurde nicht ohne Widerspruch der Mitglieder franzö- 
sischer Zunge von der Versammlung angenommen und der 
Vorstand beauftragt, die erforderlichen Schritte zu tun. 
Auf eine bezügliche Eingabe vom 15. Juni erfolgte am 12. 
Juli eine ablehnende Antwort der Kreispostdirektion in 
Lausanne, aus der wir folgende Motivierung hier anführen 
wollen : « Obwohl wir in Prinzip absolut mit Ihnen der 

Meinung sind, daß eine zweisprachige Bezeichnung der 
Stadt Freiburg sich berechtigt, so ist es hingegen unbe- 
streitbar, daß die gewünschte deutsche Nebenbezeichung 
eine wichtige Ueberzahl von Verwechslungen zwischen Frei- 
burg (Schweiz) und Freiburg i. Br. zufolge haben würde. 
Dieser Meinung sind auch der Gemeinderat Ihrer Stadt, 
welcher uns benachrichtigt hat, sich einstimmig für die 
gegenwärtige einsprachige Bezeichnung ausgesprochen zu 
haben und unsere Oberpostdirektion, die uns Auftrag er- 
teilt hat, Ihnen in obigem Sinne zu antworten. » 

’) Vgl. eine Einsendung im « Bund » 1904 Nr. löö. Bl. 9. 


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IX 


Mit lebhaftem Danke hat die Versammlung Kenntnis 
genommen von der Mitteilung, daß der hohe Staatsrat auf 
unser Gesuch um einen einmaligen und außerordentlichen 
Beitrag an die Kosten der « Festschrift der beiden histori- 
schen Vereine des Kantons Freiburg zur Jahresversammlung 
der Allgemeinen historischen Gesellschaft» uns am 2f>. Jan. 
1904 einen solchen von 500 Fr. gleichwie der Sociötö d’his- 
loire zuerkannt hat. Unsere Festschrift fand sehr anerken- 
nende Besprechung von Prof. Dr. G. Meyer von Knonau in 
der Neuen Zürcher Zeitung (Oktober) und von Dr. J. Kälin 
in der Schweizerischen Rundschau IV., 410. 

Unsere Jahresrechnung, die regelmäßig mit einem 
Defizit abschließt, dem keinerlei Vereinsvermögen gegen- 
übersteht, legt uns nahe, Mittel und Wege ausfindig zu 
machen, um aus dieser prekären Situation, die uns an 
größere Aufgaben heranzutreten verbietet, möglichst bald 
herauszukommen. Da die Einnahmen sozusagen ausschließ- 
lich für den Druck unserer Zeitschrift Verwendung linden, 
und diese als Jahresheft alljährlich erscheinen muß, so ist 
an eine Verminderung der Ausgaben nicht zu denken und 
muß auf eine Vermehrung der Einnahmen Bedacht genom- 
men werden. Eine Erhöhung des Mitgliederbeitrages er- 
scheint nicht angezeigt, weil ein erheblicher Bückgang der 
Mitgliederzahl zu befürchten ist und an eine erhebliche 
Vermehrung der Mitgliederzahl ist auch nicht zu denken. 
Darum beschloß die Versammlung auf Antrag des Vorstan- 
des, nochmals bei der h. Begierung einzukommen um Er- 
höhung des Jahresbeitrages von 150 auf 500 Fr. motiviert 
besonders auch mit den dem Staate erwachsenden Vorteilen 
aus unsenn Tauschverkehr mit 52 Gesellschaften des In- 
und Auslandes, deren Publikationen an die Kanlonsbiblio- 
thek abgegeben werden müssen. 

Freiburg, den 1. Dezember 1904. 


Der Präsident : 

Dr. A. Büchi. 


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X 


Statuten 


de* 

deutschen geschichtsforschenden Vereins 

des Kantons Freiburg. 


8 i. 

Der Verein bezweckt, durch selbständige Forschung ins- 
besondere die Geschichte des Kantons Freiburg klar zu 
legen, durch Herausgabe seiner Arbeiten und durch öffent- 
liche Vorträge das Verständnis für die historische Entwick- 
lung unseres Staates in weitere Kreise zu tragen und die 
Liebe zum engern und weitern Vaterlande zu fördern. 

8 2 - 

Zu diesem Zwecke unterstützt der Verein die Sammlung 
vaterländischer Altertümer gemeinsam mit der bestehenden 
Societe d’histoire du canton de Fribourg und sucht ihr alle 
historischen Funde zuzuwenden die auf dem Boden unsets 
Kantons gemacht werden. 

Derselbe widmet seine Aufmerksamkeit auch den im 
deutschen Kantonsteil gelegenen Archiven und wird dahin 
wirken, daß die in Staats-, Gemeinde- und Kirchenarchiven 
vorhandenen Schätze verwertet werden. 

Ebenso wird der Verein sein Augenmerk haben auf 
historisch merkwürdige Gebäude, Ruinen. Kunstantiquitäten, 
und nach Kräften die kantonale Kommission für Erhaltung 
der geschichtlichen Denkmäler in ihren Bestrebungen unter- 
stützen. 


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Kl 


8 3 . 

Jedes Mitglied verpflichtet sich, zur Erreichung dieser 
Zwecke nach Maßgabe seiner Kräfte mitzuwirken, insbe- 
sondere auf historische Funde jeder Art zu achten, davon 
dem Vereinsvorstand rechtzeitige und genaue Kenntnis zu 
geben und die Interessen desselben bestmöglichst wahrzu- 
nehmen. 

8 4 . 

Der Verein versammelt sieh in der Hegel zweimal des 
Jahres (Frühjahr und Herbst) und bestimmt am Schlüsse 
der Verhandlungen den Ort seiner nächsten Zusammen- 
kunft. Sollte sieh das Komite veranlaßt sehen einen andern 
Ort für die Sitzung zu bestimmen, so sind der Versamm- 
lung die Gründe hiefür mitzuteilen. Die Einladung zu den 
Versammlungen geschieht durch wenigstens zwei öffentliche 
Blätter und durch Einladungskarten. 

§ 5 . 

Die Versammlungen des Vereins sind öffentlich ; doch 
haben nur die Mitglieder das Hecht, in Angelegenheiten des 
Vereins abzustimmen. 

8 «• 

Zu Beginn jeder Verhandlung wird das Protokoll der 
vorhergehenden Sitzung verlesen, die Zahl der anwesenden 
Mitglieder und Gäste festgestellt, worauf der Vorsitzende 
die Tagesordnung vorlegt. Wofern die Versammlung keine 
Abänderung derselben beschließt, gelangen die Traktanden 
in der angegebenen Heihenfolge zur Behandlung. 

Angekündigle Anträge sind im Anfänge der Sitzung 
mitzuteilen und werden am Schlüsse der Tagesordnung be- 
handelt. 

8 7 . 

Die Anmeldung zur Aufnahme in den Verein geschieht 
bei einem Mitglied des Vorstandes. Derselbe legt das Ge- 
such der Versammlung vor. Wenn keine Einsprache er- 
folgt, ist der Angemeldete ohne weiteres aufgenommen. 


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XII 


Bei Einsprachen entscheidet das absolute Mehr der Vereins- 
mitglieder in geheimer Abstimmung. 

8 8. 

Auf Antrag des Vorstandes können solche Männer zu 
Ehrenmitgliedern ernannt werden, die außerhalb des Kantons 
wohnen und sich um den Verein besondere Verdienste er- 
worben haben. Sie sind als Ehrenmitglieder von jeder Ver- 
bindlichkeit frei und erhalten die ordentlichen Vereinsschrif- 
ten gratis. 

8 9. 

Die ordentliche Vereinsversammlung hat sich mit fol- 
genden Verhandlungsgegenständen zu befassen : 

u) Genehmigung von Geschäfts- und Kassabericht. 

b) Vorträge geschichtlichen Inhaltes. 

c) Kleinere Mitteilungen über geschichtliche Gegenstände 
und Kragen. 

d) Vorlage von Altertümern, Zeichnungen, Urkunden, 
Quellenschriften, Münzen mit deren Erläuterungen. 

e) Wahlen und Vereinsgeschäfte. 

§ 10 . 

Die Einnahmen des Vereins sind : 

a) Der Jahresbeitrag der Mitglieder. 

b) Staatsbeiträge. Zuschüsse von andern Gesellschaften. 

c) Der Erlös von Vereinsschriften. 

d) Geschenke und Vermächtnisse. 

Der Jahresbeitrag des Mitgliedes beträgt 3 Franken. 
Indessen kann derselbe durch Beschluß der allgemeinen 
Versammlung auf i Franken erhöht werden. 

8 H. 

Die Auslagen aus der Vereinskasse sind : 

a) Die Druckkosten für die Veröffentlichungen des Vereins. 

b) Kosten für historische Untersuchungen und Anschaf- 
fungen. 

c) Anschaltungen von Geschäftsbüchern, Porto in Ve- 
reinssachen und ähnliche Anlagen. 


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XIII 


S >2. 

An der Spitze des Vereins als geschäftführender Aus- 
schau steht ein Vorstand von fünf Mitgliedern, die jeweilen 
in der Herbstversamndung für drei Jahre gewählt werden. 

Der Vorstand besteht aus einem Präsidenten, Schrift- 
führer, Kassier und zwei Beisitzern. Die Versammlung 
wählt im ersten Wahlgang den Präsidenten, im zweiten die 
übrigen Vorstandsmitglieder. Der Vorstand constituirt sich 
im übrigen selber und ernennt einen Vizepräsidenten, der 
den Präsidenten im Falle der Verhinderung zu vertreten hat. 

Sämtliche Mitglieder des Vorstandes sind nach Ablauf 
ihrer Amtsdauer wieder wählbar. 

§ 13 . 

Der Vorstand vollzieht die von der Vereinsversammlung 
gefaUlen Beschlüsse, prüft die Jahresrechnung des Kassiers, 
unterhält die Tauschverbindungen, bestimmt den Inhalt der 
Geschichtsblätter, bereitet die Geschäfte für die allgemeine 
Versammlung vor und erledigt jene allgemeine Vereinsge- 
schäfte, die nicht speziell der Generalversammlung über- 
wiesen sind. 

8 14 . 

Der Präsident leitet die allgemeinen wie die Vorstands- 
silzungen, er beruft die letztem ein nach MaUgabe der Ge- 
schäfte oder auf Antrag von zwei Vorstandsmitgliedern ; er 
vertritt den Verein nach außen, überwacht den Schriften- 
austausch sowie den Druck der Geschichtsblätter; er führt 
das Mitgliederverzeichnis und erstellt jährlich für die Herbst- 
versammlung einen Geschäftsbericht, der in den Geschichts- 
blättern veröffentlicht wird. 


§ 15 . 

Der Schriftführer führt das Protokoll der allgemeinen 
sowie der Vorstandssitzungen und besorgt die Einladungen 
zu denselben. 


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XIV 


§ 16. 

Der Kassier verwaltet die Kasse und das Vereinsver- 
mögen, er erhebt die Mitgliederbeiträge und er stellt je- 
weilen für die Herbstversammlung die Jahresrechnung, die 
im Auszug in den Geschichtsblättern zu veröffentlichen ist. 

8 n. 

Der deutsche geschichtsforschende Verein des Kantons 
Freiburg tritt mit der schweizerischen geschichtsforschenden 
Gesellschaft sowie mit andern historischen Vereinen, Insti- 
tuten und gelehrten Gesellschaften in Verbindung, nament- 
lich um einen regelmäßigen Schriftenaustausch mit den- 
selben zu unterhalten. 

S 18. 

Statutenrevision findet, statt, wenn die Mehrheit einer 
ordentlichen Vereinsversammlung dieselbe beschlossen hat. 
Sie kann jedoch erst in der nächst folgenden Versammlung 
vorgenommen werden. 

Durchberaten und angenommen in der allgemeinen 
Vereinsversammlung. 

Freiburg, den 14. Januar 1904. 

Der Präsident 

des deutschen geschichtsforschenden Vereins 
des Kantons Freiburg : 

Dr. A. Büchi. 


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XV 

Kassabericht 

des deutschen geschichtsforsch. Vereins des Kts. Freiburg pro 1904. 


A. Einnahmen. 

4 Jahresbeiträge Fr. 12.20 

5 Jahresbeiträge von ausw. Mitgi » 18.40 

188 Mitgliederbeiträge » 533.45 

Jahresbeitrag d. k. Männervereins in Freiburg » 10. — 

Jahresbeitrag der Stadt Murten » 20. 

I Jahresbeitrag » 3.20 

Jahresbeitrag der tit. Regierung » 150.— 

Ertrag verkaufter Geschichlsblätter .... » 34. — 

Erlös aus dem Buchhändler- Vertrieb ...» 32.25 

Total der Einnahmen Fr. 813.50 

B. Ausgaben. 

Defizit von 1903 Fr. 11.52 

Bibliographie zu den Geschichtsblättern X. . » 10.— 

Postauslagen » 19.50 

Rechnung des Buchdruckers für die Geschichts- 
blätter X » 425.05 

Dem Buchbinder für Broehieren » 84.20 

Der Druckerei bezahlt » 219. — 

Restzahlung: für den Druck der Geschichtsbl , X. » 40.90 

Total der Ausgaben Fr. 816.17 

C. Bilanz. 

Einnahmen Fr. 813.50 

Ausgaben • . . »816.17 

Mehrausgaben Fr. 2.67 

Täfers, den 30. Nov. 1904. 

J. Bärlswyl, Kassier. 


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XVI 


Verzeichnis der Mitglieder 

des deutschen gechichtsforschenden Vereins des Kantons Freiburg. 

Dezember 1904. 


Vorstand : 

Biichi, D' Albert, Professor, Freiburg, Präsident. 
SchalTner. Sal., Pfarrer, Kerzers, Aktuar. 
Bäriswyl, J., Staatseinnehmer, Täfers, Kassier. 
Wattelet, D r Hans, Advokat, Murten. 

Sehwaller, Viktor, Pfarrer, Alterswil. 

Ehrenmitglied : 

Sclineuwly, J., Staatsarchivar, Freiburg. 

Mitglieder : 

Aebv, Johann, Substitut, Täfers. 

— Johann, Pfarrer, Plasselb. 

— Lehrer, St. Antoni. 

Affolter, Oekonom, Conradsbaus bei Heitenried. 
Andrey, Am., Großrat, Täfers. 

Albrecht, Anton, Buch bindermeister, Freiburg. 
Auderset, Albert, Advokat, Freiburg. 

Baldegger, Jak., D r phil. Einsiedeln. 

Balmer, Melchior, Angestellter, Täfers. 
Baumhauer. D' Heinr., Prof., Freiburg. 

Beek, b' J., Prof., Freiburg. 

Beeli, Franz, Oberamtsschreiber, Murten. 
Benninger, J. Amtsrichter, Salvenach. 

Bertschi, Tierarzt, Düdingen. 

Betschen. Adolf, Mehlhändler, Freiburg. 

Bichsei, Tierarzt, Courtepin. 

Birbaum, Jos., Oberrichter, Freiburg. 

Blancpain, Achilles, Bierbrauer, Freiburg. 
Blanchard, Philipp, Freiburg. 

— Theod., Betreibungsbeamter, Täfers. 
Blumenstein, Emil, Pfarrer, Murten. 

Böschung, Ulrich, Wirt, Ueberstorf. 

Brügger, Peter, Möbelschreiner, Freiburg. 


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Brühlhart, Fridol., Pfarrei-, Font. 

— Joh., Gefänguisdirektor, Freiburg. 

— Peter, Posthalter, Täfer«. 

Buchs. Gemeinderat, Montilier. 

— Paul. Großrat, Jaun. 

Buomberger, D' F., Redaktor, St. Gallen. 

Cornuz, Gustav, Stadtauimann, Murten. 

Daniel«, D r Franz, Professor, Freiburg. 

Derungs, Job., Professor, Coli. St. Michael. Freiburg. 
Desfossez, J., Pfarrer, Jaun. 
v. Diesbach, Max, Großrat, Uebewyl. 

Dinichert, Gonstantin, Nationalrat, Montilier. 

Dossenbach, J., Sehuhhandlung, Freiburg. 

Duerest, H., Prof., Colleg St. Michael, Freiburg. 

EfTmann, Wilh., Prof., Bonn-Kessenich, Burgstr. 18 S. 
Egger, Ch., Lehrer, Guschelmut. 

Eggis, Adolf, Banquier, Freiburg. 

Erlebach, Schlosser, Freiburg. 

Fasel, Ludwig, Geiichlsschrciber Täfers. 

— Peter, Lehrer, Düdingen. 

— Wilhelm, St. Antoni. 

— Wirt, Bösingen. 

Favre, Karl, Hufschmied, Freibuig. 

Felder, D" P., Hilarin, O. C. Freiburg. 

Fleck ner, Karl, Glasmaler, Freiburg. 

Fleury, P. Bernhard, ü. Fr., Freiburg. 

Förster, Christian, Lehrer, Bennewyt bei Alterswvl.' 

— Rob., Handelsmann, Heitenried. 

Fragniere, Gebrüder, Buehdruckerei, Freiburg. 

— D' Jos. Prof., Priesterseminar, F’reiburg. 

Friolet, D' Max, Advokat, F’reiburg. 

F’reiburg, Kath. deutscher Männerverein der Stadt. 

Gabriel, Paul, Kürschner, Freiburg, 

Gart.raan n , M., Lehrer, Flamatt. 

Genoud, Leo, Großrat, Freiburg. 

Gottlob, D' Ad., Prof., Bonn, Buschstr. öö. 

Grimme, Dr. Hubert, Prof., F’reiburg. 

Gschwend, Dr. F’ridolin, Redaktor, F’reiburg. 

Gutknecht, H., Redaktor, Murten. 

Haas, Paul, Musikdirektor, Freiburg. 

Hafner, Hugo, Advokat, Murten. 

Handrick. Franz, Hilfsbibliothekar, F’reiburg 
Hanpttnann, D r F. Prof. Berlin S. W. Prinz Albrechtstraße 
Havoz, P. Leo, O. Fr. F’reiburg. 



Will 


Haimoz, P. Franz, ö. Fr. Freiburg. 

Heinemann, D' Franz, Bibliothekar, Luzern. 

Helfer, Oberlehrer, Freiburg. 

Henzen, Jo»., Arzt, Täfers. 

Hess, D' J. Jak., Prof. Freiburg. 

Hofmann, Heinrich, Lehrer, Heitenried. 

Holder, D r Karl, Prof., Freiburg. 

Horner, Alphons, Tiitzenberg, Schmitten. 

Horni, Albert, Lehrer, in Berg bei Schmitten. 

Jenny, Jakob, Gemeindeschreiber. St. Antoni. 

Jungo, Wirt Schmitten. 

— Jos., Notar, Frei bürg. 

Kälin, Job.. Redaktor, Zürich, Kreuzstraße H5. 

Kapper, P. Alb., O. Fr., Freiburg. 

Käser, Arnold, Kaufmann, Freiburg. 

Kerzers, Volksbibliothek von (Regionallehrer SarbachJ. 

Kilian, P. Lucas, O. Fr., Superior Reisbuch a. Vils., ßaiern. 
Kirsch. Mgr. D' Peter, Prof. Freiburg. 

— Vincenz, Glasmaler, Freiburg. 

Klaus, Johann, Pfarrer, Ueherstorf. 

Köhler S. Apotheker, Freiburg. 

Kostanecki, D' Anton, Professor, Freiburg. 

Krnker, Mgr. Regens, Albertinum, Freiburg. 

Kuhn, P. Cyrill, O. Fr., Freiburg. 

Lantpert, D' Ulr.. Professor, Freiburg. 

Lapp, K., Droguerie, Freiburg 

Leicht, Fritz, Großrat, Salvenach. 

Lerch, D' Matthias. Prof., Freiburg. 

Liebig, P. Paul, O. Fr., Freiburg. 

Lieehti, Hermann, Großrat, Murten. 

Lombriser, Joseph, Professor, Freiburg. 

Lutz, Adolf, Großrat, Greng bei Murten. 

Lüthi, Emanuel, Gymnasiallehrer, Bern. 

Manser, D' Gail, Professor, Albertinum, Freiburg. 

Mazzoni, P. Pfarrer, Täfers. 

Meny, Louis, Viear, Täfers. 

Meyer-Brender, Bürstenhandlung, Freiburg. 

Merz, R. Schulinspektor, Merlach. 

Michel, P. Leo, Prof., Albertinum, Freiburg. 

Moser, Othmar, Sekundarlehrer. Freiburg. 

v. Mülinen, Dr. W. Fr. Professor. Bern, Schwarztorstraße. 

Müller, P. Verwalter, Löwenberg bei Murten. 

— Reinhard, Lehrer, Freiburg. 

Murten, Gemeinderat von. 


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XIX 


Nicolet, Peter, Betreibungsboa tnter, Murten. 

Nomiast. Julius, Regionallehrer, Düdingen. 

Nösberger, Joh., Pfarrer. Schmitten. 

Nussbaumcr, C., Kleiderhandlung, Freiburg. 

Offner, Felix, Sekretär, Düdingen. 

Oser, D' Hugo, Prof.. Freiburg. 

Passer, J., Oberammtmann, Täfers. 

Perroulaz, R., Pfarrer, Düdingen. 

Pfänner, Dionys, Uhrenmacher, Freiburg. 

— Karl, Wirt, Freiburg. 

Pfyifer, Goldschmied, Freiburg. 

Pbilippona, Pius, Publizist, Bern. 

Filier, Peter, Gemeindekassier, Gomma, Rechthalten. 

— Theodor, Spengler, Seeli, Alterswil. 

Poflet, Franz, Wirt, Mariahilf, Düdingen. 

— Jos., Oberammtsschreiber, Täfers. 

Rappo, Johann, Grottrat, Bösingen. 

— Joseph, Regionallehrer, Alterswil. 

Räuber, Lehrer, in Düdingen. 

Rechsteiner, Albert. Dr. jur., Herisau'. 

Reichien, Franz, Freiburg. 

Reichlin, Leonz, prakt. Arzt, Düdingen. 

Reinhardt, Heinrich, Prof. Freiburg. 

Reroy, Leo, Privatier, Bulle. 

Riedo, Joseph, Organist, Täfers. 

— Lehrer. Piaffeyen. 

Riener, Walther, Tierarzt, Piaffeyen. 

Roche, Paul i*s, Lehrer, St. Antoni. 

Rody, Albert, Buchbinder, Freiburg. 

Ruflieux, Pfarrer, Piaffeyen. 

Ruprecht, Oekonom, Fillistorf. 

Rytz, J , Lehrer, Freiburg. 

v. Savigny, D' Leo, Prof., Münster, Westfalen. 

v. Schaller, Romain. Prof., Freiburg. 

Schenker. Emil, Schuhhandlung, Freiburg. 

Schläpfer, Konrad, Prof., Freiburg. 

Schmid, Eisenhändler. Freiburg. 

Schmutz, Gemeindeschreiber, Ueberstorf. 

Schnürer, D' Gustav, Prof., Freiburg. 

Schwaller, Martin, Kaufmann, St. Antoni. 

Schwarz, Pfarrer, Freiburg. 

Schwenter-Trachsler, D' med., J., Bern, Marktgasse 22. 
Siffert, Emil, llc. jur., Notar, Freiburg. 

Solothurn, Kantonsbibliothek von. 


NX 


Sourlier, Stationsvorstand, Düdingen. 

Späth, J. G., Civilstandsbeamtcr, Freiburg. 

Speiser, D' Fr., Professor, Freiburg. 

Spieher, Franz, Gerichtspräsident, Freiburg. 

Stadelmann, D r Joh., Professor. Freiburg. 

Steffens, D' F., Prof., Freiburg. 

v. Stockaiper, Petermann, Prior, Niedergestein, Wallis. 

Stoll, Oekonom, Salvenaeh. 

Stritt, Jos., Pfarrer, Heitenried. 

Süsstrunk, Jak.. Sekundarieh rer, Murten, 
v. Techtermann, Max, Museumsdirektor, 

Tschachtli, Alfred, Gerichtspräsident, Murten. 

Vaeheron, Max, Kantonsrichter, Freiburg. 

Vaucher, Jos., Wirt, Alterswil, 

Vogel, Fr., Banquier, Freiburg. 

Vögeli, Christian, Schönfels, Heitenried. 

Vogt, Ed., Musikdirektor, Freiburg. 

Vonlanthen, B., Hypothekarverwalter, Täfers. 

— Jos., Sigrist, Heitenried. 

Wäber, Daniel, Wirt, Täfers. 

— Jos. Vice-Präsident des Amtgerichtes, Täfers. 

— Moritz, Professor, Freiburg. 

Wagner, [)' Peter, Professor, Freiburg. 

Wasmer E., Eisenhändler, Freiburg. 

Wattelet, Gustav, Murten. 

Weber, Huinbert, Dekan, St, Antoni. 
v. Weck, Paul, D r med., Freiburg. 

Wegmüller Armin, Apoth;ker, Murten. 

Weitzel, Alfred, Reg. Sekretär, Freiburg. 

Wenger, Pfarrer, St. Antoni. 

Wohlhauser, Franz. Advokat, Freiburg. 

Zapletal. P. Vinc., Prof., Albertinum, Freiburg. 

Zemp, D r Jos., Prof., Zürich, Dufourstrabe 5. 

Zosso, Alois, Heitenried. 

— Joh. Jos., Heitenried. 

Zurkinden, E., Schlossermeister, Lenda, Freiburg. 

— Johann, GroiSrat, Düdingen. 

Zwierzina, D r Konrad, Prof., Freiburg. 

Tausohverk«*!!!* s. Verzeichnis in Heft X. 

Neu hinzugekommen : 

Donauwörth: Historischer Verein für Donauwörth u. Um- 
gebung. Zisch r. : Mitteilungen. Adresse : .1. Traber, Biblio- 
thekar am Cassianeum, I. Schriftführer. 


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Franz Quillimann 

ein Freiburger Historiker 

von der Wende des XVI. Jahrhunderts 

von Johann Kälin. 


Einleitung. 

Freiburg hat, im Vergleich mit andern Städten, spät 
erst der Buchdruckerkunst eine bleibende Heimstätte inner- 
halb seiner Mauern gewährt 1 ). Der hauptsächlichste Grund 
liiefür liegt in dem Hingen zwischen dem alten Glauben 
und den Anfängen der neuen Lehre, die bereits ihren Weg 
durch die Tore der alten Saanestadt zu finden hoffte. Auf- 
fallenderweise war es hier der Rat, der mit Strenge und 
Energie eingriff : aber mit den Anfängen der Neuerung im 
Glauben wurden auch die Anfänge einer neuen Kunst unter- 
drückt. Gleich den freiburgischen Vertretern des Humanis- 
mus, die wegen ihrer Hinneigung zur Lehre Zwinglis die 
Stadt verlassen mußten, wurde auch der erste Buchdrucker, 
der sich in Freiburg niedergelassen, wegen wiederholter 
Herausgabe neugläubiger Schriften aus Stadt und Land- 
schaft verbannt. 


') Heinemann Fr. Geschichte des Schul- und Bildungslobens 
im alten Freiburg bis zum 17. Jalirh. Freiburger Geschichtsblätter, 
2. Jahrg. 1895, S. 104. Ferner Holder K. Kleinere Mitteilungen zur 
Geschichte der Buehdruekerkunst in Freiburg in der Schweiz, Zen- 
iralblatt für Bibliothekwesen 1898, S. 59-00. Lieber die religiösen 
und geistigen Zustände in Freiburg im 15. und 10 Jahrhundert vgl. 
auUerdem : Fontaine Ch. Notice historique sur la chambre des sco- 

larques de la ville de Fribourg. Frib. 1850. A. Daguel : Coup d’ceil 
g^niral sur le mouvement intellectuel de Fribourg au XVI** sidcle, 
in Arch. de la societc d'hist. du canton de Fribourg , II. vol. p. 
171-185, Frib. 18. Ebendesselben : Notes sur le mouvement intellectuel 
de Fribourg au XVI' si6cle in Arch. II. vol., p. 180-198. 


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2 




Nachdem aber die Stadt am Saaneübergang durch das 
große Reformwerk, welches Propst Petrus Schneuwly in 
Kirche und Schule begonnen und im Verein mit dem aposto- 
lischen Nuntius Bonhomini und mit dem Beistand des Haies 
durchgeführt hatte, zu einer Hochburg des Katholizismus 
geworden, in welcher die .lesuiten. damals die hauptsäch- 
lichsten Vorkämpfer des Katholizismus , ihren Sitz auf- 
schlugen, da tauchte der Plan einer eigenen Druckerei 
neuerdings auf. Denn jetzt begann man den Mangel jener 
Waffe, zum Angriff wie zur Abwehr gleich geeignet, bitter 
zu fühlen. 

Doch erst im Jahr 1585 trat in Freiburg die Buch- 
druckerpresse wieder in Tätigkeit, um fortan nimmer stille 
zu stehen. Nachdem die kirchlichen Behörden ein zustim- 
mendes Gutachten abgegeben hatten, ging der Bat auf das 
Anerbieten des Meisters Abraham Gemperlin aus Freiburg 
i. Br. ein, bestellte ihn zum Staatsdrucker und lieli Presse 
und Lettern von Basel kommen. 

Noch in den letzten anderthalb Dezennien des sechs- 
zehnten Jahrhunderts nahm eine stattliche Anzahl Schriften 
großem und kleinern Umfanges ihren Weg in die Öffent- 
lichkeit. Es waren Gebetbücher. Reisebeschreibungen, Hei- 
ligenlegenden, kurz zumeist Schriftwerke erbaulichen und 
religiös polemischen Inhaltes, seit 1590 auch einige latei- 
nische Profandichtungen ')• 

Das erste wissenschaftliche Buch, das von Freiburg aus 
seine Wanderung in die gelehrte Welt antrat, ist zugleich 
das Erstlingswerk eines seiner berühmtesten Söhne, die 
fünf Bücher De rehus Helvetiorum von Franz Guillimann, 
die 1598 erschienen sind. Fürwahr ein ehrenvoller Anfang. 
Denn das Werk begründete den Ruhm seines Verfassers. 

Schon zu Guillimanns Lebzeiten erkannten dies jene 
Männer, welche damals die Geschicke seiner Vaterstadt 


’) Es geht dies hervor aus der Zusammenstellung von .V/. Meyer: 
Notice historique sur la bibtiothdque cantonale de Fribourg in Arch. 
II. vol. p. ’20ü, ss. 



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3 


lenkten, und sie ehrten ihn mit Worten und Geschenken. 
Wenn auch sein Streben, sieh ganz der wissenschaftlichen 
Forschung zu weihen, und seine eigentümliche Vorliebe für 
die Habsburger ihn weitab vom väterlichen Herde führten, 
in fremder Herren Sold , so erinnerten sie sich immer 
wieder dankbar, daß von seinem Huhme ein Strahl auch 
auf seine Heimat fiel. Und als ihr Mitbürger noch in der 
Blüte der Jahre stehend, aber aufgerieben von Sorgen und 
Arbeit im Dienste des Hauses Habsburg, voll bitterer Ent- 
täuschung ins Grab gesunken war, bemühte sich der Rat 
von Freiburg, in den Besitz der ungedruckten Fortsetzung 
jenes Erstlingswerkes zu gelangen. Durch ihre Herausgabe 
sollte dem verdienten Gelehrten das schönste literarische 
Denkmal gesetzt werden, sein eigenes Werk. Es konnte 
aber nicht sein ; denn längst schon hatte der vergrämte 
Verfasser mit eigener Hand die Frucht seines Fleißes zer- 
stört. 


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Erster Abschnitt 


I. 

Jugendjahre und erste Studien in Freiburg 
und Mailand. 

1568—1587. 

% 

Franz Guillimann erblickte das Licht der Welt um das 
Jahr 15ti8 zu Freiburg im Üchtland ’). Mit manch anderer 
Berühmtheit teilt er das Schicksal, von unbekannten Litern 
abzustammen. Sein eigentlicher Familienname war Guillio- 
mens *). Dies Geschlecht hauste schon seit Ende des 14. 
Jahrhunderts in der Stadt. Einem Geistlichen dieses Na- 
mens, Pierre Guillomen, begegnen wir schon vor Mitte des 
15. Jahrhunderts auf literarischen Pfaden, freilich nur als 

') Unsere Nachforschungen im Staatsarchiv Freiburg nach dem 
Geburtsdatum waren erfolglos. Auch sonst besitzen wir keine authen- 
tische Angabe, welche einen absolut sichern Schluü gestattet. Die 
Annahme, Guillimann sei 1508 geboren, legt mir eine Stelle in dem 
Brief Guillimanns an den Kardinal Federigo Borromeo nahe. Guilli- 
mann will nämlich zu Freiburg im Breisgau dem hl. Karl einen 
Altar errichten, seinem Wohltäter, « cuius vivi in me tune quidem 
pene puerum et amentiorem et duodccimtim annnm nondum egres- 
sum plurima fuerunt benellcia » — Damit mögen die Verdienste des 
hl. Karl Borromeo um die Einführung der Jesuiten in Freiburg, bei 
denen Guillimann seine ersten Studien machte, gemeint sein ; denn 
als Guillimann wirklich nach Mailand kam, war Karl schon tot: 
der Schreiber fügt auch zu obiger Stelle noch hinzu: « sed nmlto 
plura (seil, benellcia) dcfuncti. » Die Berufung der Jesuiten nach Frei- 
burg fällt ins Jahr 1580; wenn Guillimann 1580 ungefähr l'J Jahre 
zählte, so fällt seine Geburt auf Ende 1568, vielleicht auf Anfang 
1569. Anhaltspunkte welche eine andere Interpretation der « vivi in 
me... benellcia» wahrscheinlich machen würden, habe ich bis jetzt 
nicht gefunden. ’) Siche den ersten Exkurs im Anhang. 


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5 


Abschreiber und Übersetzer des Traktates De consolatione 
philosophiae von Boethius *). 

Es ist nicht sehr wahrscheinlich, daß die Eltern des 
kleinen Franz dem Ratsbefehl von 1572 : « man soll die 
Kinder im Hus tütsch machen reden und nicht die grobe 
welsche Sprach gewöhnen, » *) pünktlich nachgelebt haben. 
Denn die Kenntnis der französischen Sprache dürfte Guilli- 
mann am ehesten im Elternhause erworben haben. Dagegen 
scheint er selbst mehr auf die Bestrebungen der « gnädigen 
Herren » von Freiburg, Stadt und Land mit « tapfern dvit— 
sehen und eidgenössischem Volk » zu besetzen 8 ), einge- 
treten zu sein. Denn seine Vorliebe für deutsches Wesen, 
deutsche Sprache, muß schon in seiner Jugendzeit in ihm 
Wurzeln gefaßt haben. 

Zur Zeit, da Guillimann heranwuchs, befand sich das 
freiburgische Schulwesen in einer Übergangsperiode. Es 
gab da eine deutsche Schule, welche von Ulrich Burgknecht 
geleitet wurde. Größere Bedeutung kam der städtischen 
Lateinschule, auch Trivialschule genannt, zu. Dank den 
eingreifenden Reformen des Propstes Schneuwly war die- 
selbe merklich aufgeblüht. Ihre Statuten fanden einen end- 
gültigen Ausbau im sogen. Katharinenbuch. Es ist nicht 
unwahrscheinlich, daß der Schulmann Schneuwly, welcher 
sich um die damalige Jugend Freiburgs so verdient ge- 
macht. auf die Talente des jungen Guillimann zuerst auf- 
merksam geworden ist, ihn « entdeckt » hat. Ob Guilli- 
mann die deutsche oder die Lateinschule besuchte, läßt 
sich nicht feststellen. Es ist nicht einmal bestimmt, ob er 
diese städtischen Schulen überhaupt besuchte. Sichere Daten 
erhalten wir erst, nachdem die Trivialschule bereits durch 
die Studienanstalt der Jesuiten, welche im Jahre 1580 be- 
rufen wurden, ersetzt war. Im Dezember 1580 kamen die 


') Handschrift auf der Kantonsbibliothek Freiburg (L87), vgl. A. 
Daguet in Arch. II. vol. p. 187. Es ist aber ein Anachronismus, die 
viel spätere, germanisierte Namonsform auf den welschen Pierre zu 
übertragen. ’) Hciuemann, S. 55. 3 ) Ebenda. 


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6 


ersten Jesuiten nach Freiburg : aber erst am 18. Oktober 
1581 eröffneten sie ihre Lehrtätigkeit in dem « Sehulge- 
bäude », das noch Schneuwly erbaut und wohnlich einge- 
richtet hatte ’). Sie begannen nur mit 3 Klassen : Rudi- 
mente, Grammatik und Syntax. Unter den Zöglingen dieser 
jungen Pflanzung finden wir nun auch Guillimann. Wahr- 
scheinlich hat er erst bei den Jesuiten seine humanistischen 
Studien begonnen. Er absolvierte in diesem Falle 1582 die 
erste, 1583 die zweite und 1584 die dritte der damals allein 
bestehenden Klassen. 

Die steigende Schülerzahl machte bald Veränderungen 
in Bezug auf die Schullokalitäten nötig, und schon 1584 
mußte man zum Bau eines eigenen Kollegiums auf dem 
Biseeplatze schreiten *). Im September desselben Jahres 
wurde den bestehenden Klassen noch eine vierte angefügt, 
in welcher Fr. Jakob Gretser, der spätere berühmte theo- 
logische Schriftsteller, die Humaniora zu lehren begann. 

Ebensosehr wie die Ausbildung von Geist und Körper, 
war diejenige des Herzens den Vätern der Gesellschaft ein 
Gegenstand ihrer Pflege und Sorgfalt Die Religion bildete 
die Grundlage ihrer Erziehung. P. Canisius, der berühmte 
Apostel des durch die Reformation zerrissenen Deutschland, 
war selbst ein feuriger Verehrer der Gottesmutter. Wie in 
allem suchte er auch hierin Anhänger, Genossen zu werben. 
Deshalb gründete er am Feste Allerheiligen 1581 die ma- 
rianische Kongregation im Freiburger Kollegium 3 ). Der 


') Lieber die Gründung des Jesuitenkollegs vergl. .4. titichi . 
Urkunden zur Geschichte des Kollegiums in Freiburg in Ge.schichts- 
blatter 4. S. 62 (I. Berchtold : Fondation du collige St-Michel ä 
Fribourg in Eniul. d. Frib. III. p. 59. Meyer: Notices pour servir 
ä l’histoire de ta fondation... des Colleges... catholiques de la Suisse, 
Revue de la Suisse cathol. vol. 1. (1870). J. G rennt tu! . College St- 
Michel de Fribourg, notes eh ronologiques (1560-1583) in Etrennes XXI. 
(1887) p. 77 ss. 

’) Bücht. Geschichtsbl. 4. S. 81. 

’) Dieses Datum geben gleichzeitige handschriftliche Aufzeich- 
nungen, betitelt : Congregatio Mariana Friburgensis ; bona opera 
1584-1633, auf der Kantonsbibi. Freiburg, L 193. Vergl. auch J. 


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7 


erste Präses, « Vater » genannt, dieser freiburgischen So- 
dalität war P. Robertus Andrew, der Gefährte des P. Cani- 
sius ; der erste « Vorsteher » war ein Pankraz Pithon, der 
zwei andore Freiburger, Nikolaus Meyer und Karl von 
Diesbaeh zu « Assistenten » hatte. Aus den Wahlen des 
folgenden Jahres gingen als Assistenten hervor : Franz 
Guillimann und Johann Zaupo '), wohl ein Zeichen, daß der 
junge Guillimann bei seinen Mitschülern in Liebe und Ach- 
tung stand. 

Gerade diejenigen Jahre, in denen sieh Guillimanns 
Geist zu entwickeln begann, brachten, wie wir angedeutet, 
ein außerordentlich bewegtes Leben in seine Vaterstadt. 
Der Reform des Erziehungswesens folgte die Anwesenheit 
des päpstlichen Nuntius Bonhomini und die damit verbun- 
denen religiösen Reformen, dann die Berufung der Jesuiten, 
mit denen ein neuer Geist in die Stadt einzog ’). Der 
frische Hauch, der nun in Freiburg wehte, das Aufstreben 
und Aufblühen in geistiger und religiöser Hinsicht rings 
um den reichbegabten Knaben, konnten auf das Gedeihen 
seiner Erziehung und die Entwicklung seines Geistes nur 
förderlich wirken. 

Allein die aufblühende Jesuitenschule konnte nur die 
Grundlagen höherer Bildung vermitteln. Wer darüber hinaus 
trachtete, war auf den Besuch fremder Schulen angewiesen. 
Mancher junge Mann indes, von dessen Kräften für den 
Dienst des Staates oder der Kirche viel zu erwarten stand, 
hatte nicht die Mittel, um fernem Studien obliegen zu kön- 


Genottrl : La congregation latine du College de Fribourg in Revue 
Cathol. de la Suisse romande 21, p. 385 (1890), wo jedoch nicht das 
richtige Griindungsdatum angegeben ist. 

') Pater Antonius Kauti. qui offleiales habuit Prmfectum F. 
Martinum Stielin, Assistentes Franciscum Guitimanum et Joannem 

Zaupu (sic) oiunia anno 1583 contigeruut. Kantonsbibl. Freib. 

Handschrift L 193. 

’) Vergl. die Einleitung von P. J. J. Bcrthier zu Lettres de 
Jean-Francois Bonomio, Nonce apostolique en Suisse ä Pierre Schnewly 
etc. Fribourg 189-1. 


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— 8 — 

nen. Darum wandte Propst Schneuwly seine Sorge auch 
dem Stipendiatenwesen zu. Er vermehrte die Stipendien 
und regelte deren Verteilung '). 

Der Gründung der Jesuitenschule in Freiburg ging 
diejenige eines andern Kollegiums, welches für Freiburg 
wie für die übrigen katholischen Orte von großer Bedeu- 
tung wurde, nur um zwei Jahre vorher. Wir meinen das 
Collegium hdveticum in Mailand, von Karl Borromeo ge- 
schaffen, um den katholischen Schweizern insbesondere zu 
gut gebildeten Priestern zu helfen. Die Freiburger halten 
von dem Anerbieten des Kardinals, zwei Freiplätze zu be- 
setzen, im Oktober 1580 Gebrauch gemacht und zwei Jüng- 
linge, Jakob Haberkorn und Franz Bugniet, hingeschickl *). 

Zwar hatte Kardinal Karl Borromäus Land und Leute 
von Freiburg nicht wie diejenigen der Urschweiz aus eige- 
ner Anschauung kennen gelernt. Dennoch bekümmerte er 
sich angelegentlich um diese wichtige Position des Katho- 
lizismus, zumal da ein Begleiter des päpstlichen Nuntius 
Bonliomini, Markus Antonius Beilinus, 1579 dem Kardinal 
die Freiburger über die Maßen gerühmt hatte *). Die Be- 
rufung der Jesuiten in die Saanestadt ist neben den Bemüh- 
ungen des Nuntius nach eigenem Geständnis auch seinem 
Einfluß gutzuschreiben 4 ). Borromäus bietet überdies in 
einem Brief vom Jahre 1583 an Schneuwly seine besondere 
Obsorge für die religiöse Wohlfahrt des freiburgischen Vol- 
kes an. Schneuwly nahm die Gelegenheit wahr, dem Kar- 

') Heinemann , S. 124 IT. 

’) Fontaine, Notice page 40. Wir begegnen den beiden auch in 
mehreren Studenten Verzeichnissen des Coli, helvet., welche noch zu 
Lebzeiten des Kardinal« angefertigt worden. Siehe Wt/mann V.. der 
heilige Karl Borromeo und die schweizer. Eidgenossenschaft, S. 274 
ff. Stans 1903. 

’) Wymann, S. 234, drittes Regest und Steffens-Reinhardt, Nun- 
tiaturberichte I, S. (523. Borromeo correspondierte nicht bloß mit 
Generalvikar Schneuwly, sondern auch mit P. Canisius und Stadt- 
pfarrer Seb. Werro. 

*) Liebenau , Karl lioromco und die Schweizer. Monatrosen 
1884/ 85. 


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9 


dinal alsbald die Aufnahme seiner zwei « ehrbaren und wohl- 
gesitteten » Schützlinge, Guillimann und Zaupo. in das 
helvetische Kolleg zu empfehlen'). Allein die Aufnahme 
für das Jahr 1583/84 war offenbar nicht möglich, indem 
die Freiplätze schon besetzt waren*). Bis im Herbst 1584 
blieb Guillimann nachweisbar noch an der Schule der Je- 
suiten in Freiburg 3 ). 

Die genauen Daten von Guiilimanns Aufenthalt in Italien 
vermögen wir nicht zu geben, weil sich bisher keine urkund- 
lichen Zeugnisse darüber auffinden Hellen 4 ). Die Tatsache 
aber, dali Guillimann, noch ehe er nach Deutschland zog, 
in Italien seine Studien betrieb, steht fest *). Er bezeugt 
es selber. Alle Wahrscheinlichkeit spricht auch für das hel- 
vetische Kollegium in Mailand®). Die Lücken, die sich 


’) Wymann, S. 244. Das Postskriptuni lautet: « duo honesli et 
bonis moribus priediti juvenes Joh. Zaupo et Franeiscus Guiilimanns 
uterque ditionis Friburgensis petunt in nntucrum rer i p i Coliegii 
Helvetiei, quos Ill m * c Amplitudini V r « comendainus, si locuni habere 
possuni. » Der Brief ist datiert vom 25. Oktober 1583. 

’) Durch Haberkorn und Franz Odet. Wymann, S. 278 ff. Ha- 
herkorn kehrte auch 1584 wieder nach Mailand zurück. Wymann, 
S. 253 

’) Im Syllabus Discipulorum, Kantonsbibi. Freib. L 204, (fol. 37) 
ist Guillimann unter dem Jahre 1581 an letzter Stelle aufgeführt. 
Daun folgt eine Lücke (1585-1503). 

l ) Unsere Nachforschungen im Staatsarchiv Freiburg ergaben 
keine Anhaltspunkte. Auch in den Verzeichnissen der Ambrosiana, 
des erzbischöfl. Archivs, der Staatsarchive Mailand und Luzern, die 
freilich unvollständig und vielfach undatiert sind, kommt der Name 
Guiilimanns nicht vor. (Private Mitteilung von HH. Wymann) 

') In einem Brief an Riieger v. Januar 1802 schreibt er: «Tu 
doce neque enim earum regionuni fSulgoviae seil.] satis peritus, etsi 
semet transierim, sed admodnm adolescens, studiorum et moruni 
causa, cum Germaniae haut patica, sienti ante fcceram I Inline, vi- 
serem. Unieersitätsbibl. Basel. Hdschr. Ep. vir. cl. Cod. G I 47, 
fol. 85. 

*) Vgl. die oben S. 4 zitierte Stelle, wo Guillimann den Kar- 
dinal Karl Borromeo als seinen Wohltäter preist, ln einem Brief- 
entwurf ohne Adresse, ohne Datum, (doch ist er an eine Persönlich- 
keit aus der Umgebung des Erzbischofs v. Mailand, Kardinal Fede- 


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10 


im urkundlichen Material finden, gestatten es, vorläufig 
sein Verweilen auf italienischem Boden in die Jahre 1584- 
1587 zu verlegen '). Wir dürfen wohl auch annehmen, daß 
eine der Früchte, welche der junge Freiburger aus dem 
Süden heimbrachte, die Kenntnis der italienischen Sprache 
war. 

In der großen Schulordnung von 1576 fordert Schneuwlv, 
daß nur solche auf Hochschulen geschickt und in ihren 
weitern Studien unterstützt werden sollen, welche die oberste 
Klasse der Lateinschule mit Erfolg beendet, die lateinische 
und griechische Grammatik und die Rudimente der Dia- 
lektik und Rhetorik kennen, sowie in ziemlich fließendem 
Latein « argumentieren » können. Guillimann mochte ver- 
möge seines bisherigen Bildungsganges und seiner Be- 
gabung wohl im Stande sein, diesen Forderungen gerecht 
zu werden, und auch genügende Reife des Charakters be- 
sitzen, um, die Brust voll froher Hoffnungen, hinauszu- 
ziehen zur hohen Schule. 


rigo Hornunco gerichtet) fragt Guillimann der Helvetica Bibliotheca 
nach: « quo ea in loco? Quam cupiu attentius eam et liberius 
lustrare. .. St. A. J. Ctxl. 138, I, 21 a. Damit ist wohl die Biblio- 
thek des helvetischen Kollegs gemeint. 

') Wir führen hier noch eine Möglichkeit an, die bei Guilli- 
nianns Aufenthalt in Mailand in Betracht kommen dürfte. Auf der 
Tagsatzung v. 28. Nov. 1Ö84, welche in Baden stattfand, wurde l>e- 
schlossen, den Kardinal von Ems zu ersuchen, je einen der zwei 
Knaben, welche er von jedem der V kathol. Orte nach Mailand 
schickt, sich den |x)litischen Künsten und Wissenschaften w idmen 
zu lassen. (Eidgen. Absch. 4. Bd. b. S. 847 litt, d; siehe auch 
litt, c.) Der Kardinal von Hohenems hatte dem Einlluße Karls 
nachgeliend 1582 dem Kollegium Helveticum die Kommende Mirasole 
zugewendet im Werte von 2700 Dukaten. Wgmann, S. 175. Sala, 
Doeumenti I. S. 421. Guillimann könnte auch von der Freiburger 
Schulherrenkammer mit einem Stipendium ausgestattet nach Mailand 
geschickt worden sein ; er hatte dann im Kolleg. Helv. einen ähnli- 
chen Platz eingenommen. 


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11 


If. 

Auf der Hochschule zu Dillingen. 


1587-1589. 

Das düstere Bild, welches die Akten und zeitgenös- 
sischen Quellen vom damaligen deutschen Hochschulleben 
vor unsern Augen entrollen, läßt es uns verstehen, dali 
Schneuwly die Eltern abmahnt, ihre Söhne allzufrüh auf 
die Hochschule zu bringen, <• dann wvl fast ulf allen hohen 
schulen kein rechte wvß, weder zu leeren noch zu lernen 
observiert und gehalten wird und gemeinlich auch eine 
solche disziplin an solchen orthen, das auch gute ingenia 
und wolerzogene Knaben ehe dort corrumpiert und verderbt 
werden, dann daß uß denen, so böß, etwas guts daruß 
werde » '). 

Wirklich waren die Hochschulen des ausgehenden 16. 
Jahrhunderts, wenigstens in Deutschland, in einem Zustande 
tiefer Zerrütung. Die alten Kollegien und Bursen waren 
im Verfall : sowohl unter Professoren wie Studenten nah- 
men Trunksucht, Ausschweifung, Zänkereien und blutige 
Baufhändel, letztere oft mit tötlichem Ausgang, überhand. 
Während die Hörsäle verödeten, füllten sich die Wein- 
schenken ; die Zahl der Studierenden war an den meisten 
Universitäten in stetem Sinken begriffen f ). Nur wenige, 
vereinzelte Stätten gab es, wo die gute Sitte eine Zuflucht 
und die Wissenschaft eine edle, reine Pflege fand. Die 
mächtige Strömung, welche wir als katholische Gegenrefor- 
mation bezeichnen, bemächtigte sich auch des höhern Stu- 
dienwesens. Namentlich war es die neugegründete Gesell- 
schaft Jesu, welche eine stattliche Zahl neuer Anstalten 
errichtete oder schon bestehende zu neuer Blüte brachte. 
Unter letztem befand sich die bischöfliche Universität zu Dil- 


') Heinemann, S. 1Ä. 

’) Janssen, Gesell, des deutschen Volkes, Bd. /, B. l-'i> H. 


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12 


lingen '). Sie verdankte ihre Gründung dem Bischof Otto 
Truchseß von Waldburg, welcher 1543 die Regierung des 
Bistums und Hochstiftes Augsburg unter schwierigen Ver- 
hältnissen angetreten hatte. Mehr als 200 Pfarreien seines 
Sprengels waren an den Protestantismus verloren gegangen ; 
bei den Katholiken selbst lag das religiöse Leben darnieder, 
der Seelsorgklerus war seiner Aufgabe weder durch Zahl 
noch durch Schulung und Lebensführung gewachsen. Fürst- 
bischof Otto suchte eine Gesundung der Verhältnisse na- 
mentlich durch Heranbildung eines tüchtigen Klerus einzu- 
leiten. Oer Gedanke, ein Klerikalscniinar zu gründen, ließ 
sich endlich 1549 verwirklichen. 1551 wurde dieses « Kolle- 
gium zum hl. Hieronymus » von Papst Julius III. zur Uni- 
versität erhoben. Diese Bildungsanstalt erwarb sich in 
Bälde einen guten Ruf, dank der Tüchtigkeit und dem 
Ansehen ihrer Lehrer. Allein der häufige Wechsel der 
anderswohin berufenen Professoren beeinträchtigte ihre 
Blüte. Dpi' Dominikaner Petrus de Solo gab deshalb dem 
Bischof den Rat, die Jesuiten zu berufen und ihnen ein 
Kollegium zu bauen. Otto ging um so eher auf den Rat 
ein, als er bereits den Geist und die erfolgreiche Wirksam- 
keit des jungen Ordens kennen und schätzen gelernt halte. 
Im Oktober lf>63 begannen die Jesuiten ihre Lehrtätigkeit 
in Dillingen. In den achtziger Jahren des 16. Jahrhunderts 
stand diese Jesuitenhochschule in schöner Blüte. Rin vor- 
trelfliehes Zeugnis stellt besonders auch der erzieherischen 
Tätigkeit der Dillinger Jesuiten ein reformierter Bündner, 
Fortunat von Juvalta, aus. In seinen « Denkwürdigkeiten » 
berichtet er über seinen zweijährigen Aufenthalt auf dieser 
Hochschule : « Ich widmete mich in dem dortigen Jesuiten- 
kollegium dem Studium der Rhetorik, Logik und Philoso- 
phie mit keineswegs ganz zu bedauerndem Erfolge. Man 


') Ueber Dillingen besitzen wir nun eine umfangreiche Mono- 
graphie von TV Thomas Specht : Geschichte der ehemaligen Univer- 
sität Dillingen (1549-1ÖW) und der mit ihr verbundenen Lehr- und 
Erziehungsanstalten. Kreiburg i. Br. 100 -. 


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13 


braucht dort nicht zu fürchten, daß die Jünglinge durch 
lasterhaften Umgang angesteckt oder verdorben werden ; 
denn alle werden durch eine enggezogene und strenge 
Schulzucht in Schranken gehalten ; keiner hat freie Ver- 
fügung über sein Geld, keiner darf das Kollegium verlassen 
und unnütze oder unnötige Ausgaben machen ; keinem wird 
das Tragen kostbarer Kleider zugestanden, damit nicht ein 
solches Beispiel andere zu schädlichem Luxus anreize, und 
damit nicht die Eltern durch die Verschwendung ihrer Söhne 
mit übertriebenen Ausgaben belastet werden. Die Lehrme- 
thode der Jesuiten, ihren Fleiß und ihre Sorgfalt kann ich 
nur loben und billigen. Keinem Bekenner der reformierten 
Lehre möchte ich indes raten, ihnen seine Kindei- zur Er- 
ziehung anzuverlrauen : denn aus allen Kräften arbeiten 
sie beständig daran, den Jünglingen die Irrtümer und aber- 
gläubischen Ansichten der Dapisten einzutlößen und einzu- 
prägen, und haben dieselben einmal tiefere Wurzeln ge- 
faßt, so können sie nicht leicht wieder entfernt und aus- 
gerottet werden » '). Juvalla brachte die Jahre 158(5 und 
1587 dortselbst zu und beurteilte die religiöse Erziehung 
von seinem protestantischen Standpunkte aus. Was er aber 
an seinen Lehrern tadelnswert fand, war in katholischen 
Kreisen nur eine Empfehlung mehr. 

Schon bevor die Jesuiten nach Dillingen gekommen, 
studierten daselbst auch einzelne Mitglieder der schweize- 
rischen Klöster St. Gallen und Kreuzlingen *). Seit 1568 
ist auch das Stift Einsiedeln vertreten a ). Mit dem Jahre 
1580 wurde Dillingen in den Gesichtskreis der Freiburger 
gerückt, welche bisher ihre jungen Leute mit Vorliebe nach 
der Schwesterstadt im Breisgau geschickt hatten *). Die 

') Commentaria vitae, herausg. v. Hold 1833. Die Stelle wird 
auch zitiert von Specht, S. 74, Janssen-Pastor, 7. Bd., S. 147. 

') Specht, S. 43. 1) Specht, S. 417. 

*) So hatte Sehneuwly selbst in Freiburg i. Br. doktoriert, 
Fontaine, Notice historique etc. p. 4t«. Berliner vermutet, auch Tech- 
termann habe in Frei bürg i. Br. oder in Besanqon studiert. Lettres 
de J. F. Buoomio, Einleitung, S. LX.XV. 


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14 •— 


Jesuiten, welche in den ersten Jahren nach Freiburg kamen, 
hatten entweder unmittelbar vorher, oder doch früher in 
Dillingen gewirkt '). Dies scheint uns eine ziemlich aus- 
reichende Erklärung dafür zu bieten, daß Guillimanri nach 
Dillingen kam. 

Bestimmte Daten für seine Ankunft und Immatrikulation 
besitzen wir nicht *). Indes legen seine noch erhaltenen 
Kollegienhefte den Schluß nahe, daß er um Ostern 1587 
seine Studien in Dillingen begann 3 ). Vielleicht daß er 
noch die Geißlungsszenen, welche sich damals in der Stadt 
abspielten, mit ansah. In der Passionswoche 1587 geißelten 
sich nämlich große Scharen, unter denen sich auch Stu- 
denten der Universität befanden, in der Jesuitenkirche, ein 
bis anhin in Dillingen ungewohntes Schauspiel 4 ). Im glei- 
chen Jahre wurden an der Donau bei Dillingen sieben 
Hexen verbrannt s ). 

Da wir von Guillirnann selbst keine Aufzeichnungen 
über seine Hochschulstudien in Dillingen besitzen, müssen 
wir uns ein Bild davon aus allgemein bekannten Zügen des 
dortigen Lebens und einzelnen Überresten seiner Lehrjahre 
zusammenfügen. 

Im Jahre 1583 betrug die Zahl sämtlicher Studierender 

') So der erste Rektor P. Petrus Michael, (vgl. J. Kälin, in 
Freiburger Geschicbtsbl. Bd. 8 1901, S. 89 fl.); ferner P. Michael Sa- 
baudus, P. Antonius Balduinus, und ein P. Samuel. Ueber diese 
persönlichen Beziehungen, sowie das interne Leben der Dillinger 
Jesuiten geben uns Aufschluß : Historia Collegii S. J. Dilingani, 
Hdschr. auf d. Kantonsbibt. Freiburg. L 89. Litterae annuae Colleg. 
Diling. 1573-1659. Hdschr. auf d. Kantonsbibi. Freiburg L 88. z. 
Teil gedr. in Litterae annuae Societatis Jesu, Ad patres et fratres 
ejusdem Societatis. ad. a. 1581-1591, Romae 1583-1594, 9 vol. 

*) Die Studentenverzeichnisse und Universitätsmatrikeln lassen 
uns hierüber im Stich (gütige Mitteilung des Herrn Professor D' 
Th. Specht). 

*) Der erste Traktat, der sich in seinen Kollegienheften findet, 
ist so umfangreich, daß er ein ganzes Sommersemester beanspruchen 
mochte. 

*) Litt, annuae Coil. Dil. unter 1587. 

! ) Hist. Coli. Dil. fol. 16. 


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i50 '). Hin Teil derselben waren Adelige, welche gewisse 
Ehrenrechte vor den übrigen Studenten genossen. Die 
Mehrzahl der Studenten wohnte im Städtchen als «Externe» 
in Kosthäusern zerstreut. In dem von den Jesuiten gelei- 
teten Konvikt wohnten 1585 etwa 170 Studierende*). Die 
Konviktoren setzten sich zusammen aus Adeligen, Ordens- 
angehörigen, bischöflichen und päpstlichen Alumnen, an- 
dern Theologen, sowie aus Juristen, Philosophen und Gym- 
nasiasten. Unter den « Alumnen » befanden sich im 10. 
und 17. Jahrhundert solche, die nicht von Bischöfen im 
Konvikt untergebracht waren , sondern auf Kosten von 
« Gönnern » lebten, die für sie bezahlten. Für arme Stu- 
denten, auch « llafenisten », lateinisch ollarii, genannt, be- 
stand schon 1580 ein eigenes Haus, in welchem sie Auf- 
nahme und Unterhalt fanden a ). Ob Guillimann auf Kosten 
eines « Gönners » im Konvikt wohnte, oder zu den « Hafen- 
schuelern » gehörte, oder als Externe in die Stadt lebte, 
diese Frage muß vorläufig offen bleiben. 

Das Schuljahr begann Ende Oktober. Vakanzen gab 
es seit 1567 zwei, eine größere Sommervakanz, vom i. Juli 
bis zum St. Afratag (7. August) und eine kleinere Herbst- 
vakanz. Die meisten Studenten mußten aber während die- 
ser Ferien in Dilligen bleiben. Nur aus schwerwiegenden 
Gründen und mit Erlaubnis der Eltern oder Vormünder 
durften sie heiinreisen *). Es ist kaum anzunehmen, daß 
Guillimann Dillingen in der Zwischenzeit verlassen. 

Die Universität zählte bei ihrer Übernahme durch die 
Jesuiten drei Fakultäten, die theologische, philosophische 
und linguistische, von welchen letztere zum Gymnasium ge- 
rechnet wurde s ). Offenbar hatte Guillimann bis anhin nicht 
Gelegenheit gefunden, die Humaniora abzuschließen. Denn 
er hörte die Rhetorik bei P. Johannes Holonius, einem aus- 
gezeichneten Stilisten, welcher seit 1586 die oberste Klasse 


’) Specht, S. .m ’) Specht, S. 401 f. ’) Specht, S. 405 f. 
*) Specht, S. 1/9. s ) Specht, S. 185. 


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— Hi — 

des Gymnasiums leitete *). Neben den Vorlesungen gingen 
auch praktische Übungen her. Es war den Schülern vor- 
geschrieben, alle vierzehn Tage, oder doch wenigstens 
jeden Monat lateinische und griechische Vorträge in Poesie 
und Prosa in öffentlicher Versammlung zu halten. Die Vor- 
träge mußten von den Schülern verfaßt, aber von den Leh- 
rern verbessert sein *). 

Im folgenden Schuljahr, 1587 88. treffen wir den jun- 
gen Freiburger als « Philosophen ». Hei P. Bacherius hörte 
er die Logik nach Aristoteles 3 ). Wie Thomas von Aquin 
in der Theologie, so war Aristoteles in der Philosophie 
Führer und Autorität. Im November war dieser Traktat zu 
Ende. Ihm folgte die Erklärung der acht physischen Bücher 
des Aristoteles. Aus ihnen sollten die Schüler die Kenntnis 
der Naturlehre, die Grundzüge der Kosmologie, Zoologie 
und der Himmelserscheinungen schöpfen. Iin April 1588 
schloß sich die Erklärung der vier Bücher über die Gestirne 
und ihre Bewegungen an. Weiter folgten die Bücher vom 
Entstehen und Vergehen der Naturdinge. Mit Aristoteles 
Schriften über die Seele wurde das Schuljahr geschlossen 
und das neue 1588/89 eingeleitet. Anfangs Januar 1589 
war man auch damit zu Ende, und nun folgt in Guillimanns 
Kollegienheften noch ein kurzer Traktat über das Gewollte 
und dessen Gegenteil, das Unwillkürliche, und die Willens- 
freiheit. Mehr ist uns nicht erhalten 3 ). 

') Geboren 1542 zu Sivry-sur-Meuse, trat er 16 Jahre alt zu 
Köln in das Noviziat. Holonius lehrte Grammatik, Humanität, Rhe- 
torik während 26 Jahren, die Dialektik 6 Jahre und war Studien- 
präfekt während 20 Jahren ; er starb zu München am 12. Juni 1622. 
Bibliothöque de la Comp, de Jesus, nouv. edition 1892-1900, I. part. 
Tome IV Col. 434, 435. Tome X suppl. Col. 495, s. a. Spcc/it, S. 67, 
186, 281. *) Specht, S. 258. 

3 ) Geboren 1557 zu Antwerpen, trat er am 3 Jan. 1578 in da« 
Noviziat der oberdeutschen Provinz, lehrte Philosophie und Theolo- 
gie in Dillingen und Ingolstadt, starb in Altötting 1. Jan. 1636. A. 
a. O. I. part. Tome I Col. 749. Tome IV. coli. 572 n. 90. Tome VIII 
col. 1721, s. a. Specht, S. 283, 286, 310. 

') Von Guillimanns Kollegien heften liegen mehrere sehr gut 


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17 


Diese sauber geschriebenen und musterhaft geführten 
Kollegienhefte geben Zeugnis von dem Fleilie, mit welchem 
der junge « l'chtländer » die Vorlesungen besuchte und nach- 
schrieb. In ununterbrochenem Flulie laufen die einzelnen 
Traktate vorwärts, und nachträgliche Randbemerkungen und 
Unterstreichungen zeigen, dali er dieselben mit der Feder 
in der Hand durchstudierte. 

Kinige Lücken und Einträge von anderer Hand in den 
Heften von 1587 legen die Vermutung nahe, Guillimann sei 
durch zeitweilige Krankheit am Studium gehindert worden. 

Im Jahre 1588 tritt Guillimann zum erstenmal schrift- 
stellerisch vor die Öffentlichkeit, indem er als erste Gabe 


erhalten in der Stiftsbibliothek Einsiedeln. Die verschiedenen Trak- 
tate wurden wohl von P. Christoph Hartmann in drei Pergament- 
bände geordnet, denn iin Inventar des tiuillimannschen Nachlasses 
sind sie noch getrennt aufgeführt. 

Cod 881 enthält: P. Petri Bacherii S. J. in universam Aristotel. 
Logicam commeutarius. fol. 1-131. Finis Cal. Novemb. hora praeme- 
ridiana tertia 1587. Es folgen (fol. 133-213) gedruckte Dillinger Uni- 
versitätsschriften. Ferner : (fol. 214-230). De recta ratione explicandi 
oratorum excellentium orationes sive Rhetorici artillcii iuvestigandi. 
P. Joanuis Holonii tractatus. 

Cod. 880 enthält : Fol. 1-161. Reverendi ac docti Petri Bacherii 
S. J. Phiiosophiae professoris ordinarii in Aristo telis Stagiritae octo 
de auscultatione physica libros commeutarius. Finis XV cal. April. 
1588). Am Schlüsse die Worte : Ad majorem Dei matrisque Mariae 
gloriam et honorem. Franciscus Guillimauus Frib. Helvetius (fol. 
162-1/7. Die Kydylla melica von Guillimann, s. u. 

Cod. 882 enthält : (fol. 1-56) Bacherii in quattuor de ccelo 
libros commentarius. (Finis XU cal. Junii 1586) (fol. 57-117) P. 
Bacherii Commentarius de subiecto libri de generatione et corruptione. 
(Finis 18. calend. Oetobr. 1588, hora antemeridiana nona), (fol. 121- 
136) P. Bacherii in tres Aristotelis de anima libros commentarius. 
(Finis quaestionum proomiialium 6. Idus Oetobr. 1588, mane), (fol. 
137-211.) Summa et generalis expositio libri de anima Aristotelis. 
(Finis: Nonus Januarii anno ineunte 1589, hora nona antemeridiana) 
(fol. 211-216). Tractatus brevis de voluntario ejusque opposito invo- 
luntario, nec non libertate. Dieser Codex enthält auUerdem gedruckte 
philosophische Disputationeu ; auf fol. 77, 191, 206, u. a. linden sich 
Randxeicbnungen, welche Guillimauus geschickte Hand verraten. 

2 


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1K 


seiner Muse fünfzehn Gratulationsgedichte auf die neukre- 
ierten Baccalauren des Sommers 1">88 im Druck erscheinen 
ließ, die Eidyllia mclica ')• Solche « Lobgedichte » waren 
bei allen Promotionen, namentlich bei Erteilung des Doktor- 
grades, Brauch. Sie wurden gewöhnlich während des Pro- 
motionsaktes. zusammen mit den Katalogen, welche die 
gedruckten Thesen enthielten . verteilt und auch an die 
auswärtigen Kollegien versandt *). Derjenige der jüngern 
Mitschüler, welcher diese Lobgesänge verfassen durfte, 
konnte das wohl als eine Auszeichnung betrachten. War 
auch der Inhalt dieser Gedichte mehr geistreiche Rhetorik 
als wirkliche Poesie, oft in echt humanistischer Weise mit 
mythologischen Bildern und Anklängen überladen, so er- 
forderten sie dennoch große Vertrautheit mit der lateinischen 
Sp rache und Verskunst und mit dem klassischen Altertum 
und Gewandtheit im Ausdruck. 

Was die Oden unseres jungen Dichters vor andern 
derartigen Schuldichtungen auszeichnet , ist der schöne 
Fluß der Verse und Maßhalten in Verwendung der Mytho- 
logie. Dem « gelehrten » Matthias Agricola. von Wisen- 
steig, der unter den neuen Baccalauren an erster Stelle 
glänzte, widmet er diesen Kranz : 

Primam, primus ades, Laureolam cape, 

0 Phoebi et Sophiae praesidium et decus, 

Solae deliciae Pieridum chori. 

Dum laudes meditor currere per tuas 
Et pando auspicio vela tuo Notis, 

Me laudum subito ceu temerarium 


') Eidyllia melica syncliaristica. Virtute at<|ue eruditione con- 
spicuis Domini» Candidatis. Cum ante Diem V. Calend. Juliar. in 
Catholica et eelebri Academia Üilingana, suprema in Philoeophia 
laurea eondecorarentur, honoris ergo inscriptiones dictae aeelamaliones 

A 

Francisco Guillimanno Nuithone Philoaopliiae sludioso. Dtliugae, 
Excudehat Joannes Mayer lötftj. 

’) Specht, S. *JU. 


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19 


Immensus numerus, littora prendere 
Vix deserta prius, cogit all aequore. 

Nain quin sis variis cultus ab artibus, 

Qui Suadae, et Sophiae, quin Heliconio, 

Orator, Sopbus, et carminibus bonus, 

Pectus prolueris tlumine, nullus est. 

Qui te iam meritis cernit honoribus 
AITectum, dubius : quin animo magis 
Virtus, et pietas insideant tuo, 

Solus nescit adhuc, caetera quem latent. 

Ergo pro meritis quae meritos manent 
Digna istis studiis, digna labnribus, 

Virtuti capias praemia debita ; 

Supremum Sophia hoc quod tribuit decus, 

Quod pauci memores versiculi notant, 

Dignum Maeunii carminis alite. 

Matthias reduci more fit impiger 
Ex omni numero primus agonifer 
Cursorum, rapit et laureolaiu citus. 

Guillimann bewahrte fortan der Muse der Dichtkunst, 
in deren Dienst er sich voll jugendlicher Begeisterung be- 
geben, die Treue bis in sein reiferes Mannesalter. 

Unter den Namen, deren Lob er sang, ist keiner, dem 
wir in seinem späteren Leben wieder begegnen. Dies schließt 
jedoch die Möglichkeit nicht aus, daß zwischen ihm und 
dem Fr. Martin Gartenhäuser aus dem Kloster Einsiedeln, 
den er in der zwölften Ode als neuen Magister begrüßte, 
eine Annäherung stattgefunden hat '). Auch mit andern 
Mitschülern mögen ihn dauernde Freundschaftsbande ver- 
knüpft haben. Sicher wissen wir dies von Ferdinand Kröndel, 
welcher in den Jahren in Dillingen vielleicht schon als No* 


‘) Gartenhäuser, ein Appenzeller, hatte 1582 seine Proieß abgelegt, 
war, noch bevor er Weihen erhalten, von seinen Obern nach Dillin- 
gen geschickt worden, 1588 wurde er magister artium, 1581» empfing 
er die Priesterweihe. Er starb schon 1590, erst 33 Jahre alt. Gütige 
.Mitteil, des hochw. Stiltsarchivars P. Odilo liingholz. 


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vize der Jesuiten studierte '). Seine spätere Briefe geben 
dem im Leben draußen stehenden Freunde Nachrieht von 
dem Leben und Treiben an ihrer einst gemeinsamen Bil- 
dungsstätte. 

Um Ostern oder im Sommer 1589 grilf Guillimann zum 
Wanderstab, um nach der Heimat zu eilen *). Die Gründe, 
welche ihn Dillingen verlassen hielten, bevor er sich einen 
akademischen Grad erworben, sind uns unbekannt. Viel- 
leicht war es die Aussicht, sich an der immer noch glän- 
zenden und gefeierten Hochschule von Paris den Lorbeer 
holen zu dürfen. Wenigstens bemühte sich sein Gönner, 
der freiburgische Generalvikar, beim Rate, für ihn einen 
Freiplatz in Paris zu erhalten 3 ). An gutem Willen seiner 
« gnedigen Herren » fehlte es nicht. Sie beschlossen in der 
Sitzung vom 15. Oktober 1589, ihrem hoffnungsvollen jun- 
gen Mitbürger « ein fürdernult umb das Stipendium zu 
Paris, samt einem Pasporten, wann es füglich, daß er da- 
selbst kommen möge ». zu teil werden zu lassen 4 ). 


') Kröndel (Croendelinus) war schon vor 1590 in den Orden ge- 
treten. 1590 wurde er magister artium, lehrte dann in Dillingen 
Griechisch und Geschichte. 1598 wurde er in das Kollegium zu Frei- 
burg i. Ue. gesandt; er kehrte wieder nach Dillingen zurück, von 
wo er 1597 nach Innsbruck ging, 1600 trellen wir ihn in Luzern als 
Lehrer der Rhetorik. Hisl. Colloj. Üilling. a. a. O. fol. 20, 24, 27. 
Ficisehlin, Geschichtliches über das Gymnasium v Luzern, in Mo- 
natsrosen des Schweiz. Studentenver. 1881-82, S. 87. Von Kröndel 
sind drei undatierte Briefe an Guillimann in St. A. J. Cod. l.‘!8. 1. 
fol. 56, 56, 57. 

*) Es finden sich keine Traktate, welche nach dem Januar 158!» 
nachgeschrieben sind, ln den Dillinger Promotiousverzeichnissen fin- 
det sich keine Spur von Guillimann ; es ist somit ziemlich sicher 
ausgeschlossen, daß er das Baccalaureat oder gar einen höheren aka- 
demischen Grad erlangt hat. (Gütige Mitteilung von Herrn Prof. 
D' Specht). 

’) Der König von Frankreich bezahlte nämlich jährlich 29 Louis 
d'or für zwei junge Freiburger, damit sie sich in Frankreich ausbil- 
den konnten für den Eintritt in den Staatsdienst. Wurden die Plätze 
nicht besetzt, so zahlte der König das Geld an die Schulherrenkaiii- 
mer. Fontaine, Notice hist. p. 8, Anmerk. 1. 

‘) H. Vieaiius (Schneuwly war Generalvikar) Francisco Guilli- 


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21 


Allein die Zeitläufe waren wirr und stürmisch und den 
Musen nicht günstig. In Frankreich war eben der welt- 
historische Kampf zwischen dem alten katholischen Frank- 
reich und dem Kalvinisten Heinrich von Bearn in eine neue 
Phase getreten '). Aus dem häretischen Thronprätendenten 
war ein König geworden, dessen Königtum allerdings von 
einer mächtigen Partei im Lande bestritten wurde. Als 
nämlich am 1. August Heinrich III., der letzte Valois, von 
Mörderhand gefallen war, stellte die katholische Ligue 
in Kardinal Karl von Bourbon, den sie schon 1584 als 
Thronfolger proklamiert hatte, einen Gegenkönig auf. Zwar 
befand sich der Kardinal, ein gebrechlicher Greis, in der 
Gewalt seines Gegners. Aber seine Sache führte der Her- 
zog von Mayenne als Generalstatthalter des Staates und der 
Krone, als Haupt der Ligue. Noch im Oktober 1589 wieder- 
hallten die nördlichen Provinzen Frankreichs vom Schlach- 
tenlärm. Paris selbst starrte in Waffen, und nachdem im 
März 1590 das Schlachtenglück bei Ivry, im Mai darauf 
der Tod selber durch Hinwegnahme des Kardinals von Bour- 
bon, Karls X., zu Gunsten Heinrichs von Navarra entschie- 
den, verweigerte die Hauptstadt diesem trotzdem ihre Aner- 
kennung. Namentlich die Sorbonne erneuerte ihre feierliche 
Erklärung, Heinrich könne als rückfälliger Ketzer niemals 
die Krone von Frankreich tragen. Selbst die nun folgende 
vier Monate dauernde Belagerung durch Heinrich, der sich 
der IV. nannte, vermochte den Widerstand der volkreichen 
Stadt, obwohl sie unter den Qualen des Hungers entsetzlich 
litt, nicht zu brechen. Ehe sie dem Elend erlag, sprengte 
das Erscheinen des Herzogs von Parma mit dem vereinten 
spanisch-liguistischen Heere den Belagerungsring. Dennoch 
drehten sich in der Folgezeit um die Eroberung oder die 
Erhaltung von Paris alle Operationen der beiden feindlichen 

manno soll ein fiirdernutl u. s. w. s. o. i. Text. Ratsntanuul 15X9. 
15. Ort. StaaUarch. Frcih. abgedr. bei Daguet, Biogr. p. 3. 

') lieber diese religiös-politischen Kampfe in Frankreich s. Ranke, 
französ. (reschichte. /’/i. .4. SegcMer. Ludwig Pfyfter ; spez. 4. Bd. 
1-HO. 


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Armeen. Und wenn sich auch zeitweilig der größte Kriegs- 
lärm von seinen Mauern verzog, mußte es doch stetsfort 
Ueberfälle gewärtigen und Zusehen, wie Heinrich durch 
Eroberung der umliegenden Städte und Sperrung der Flüsse 
ihm die Zufuhr abzuschneiden suchte. 

Unter solchen Umständen war es für (iuillimann, als 
Bürger einer Stadt, aus welcher Mannschaften im Dienste 
der Ligue standen, nicht ratsam, das kampfdurchwühlte 
Land zu durchwandern, zumal wenig Aussicht vorhanden 
war, in der kriegerischen, stets bedrohten Hauptstadt, der 
Wissenschaft sich hingeben zu können. Zum ersten mal 
kreuzen hier die politischen Ereignisse in Frankreich Guil— 
limanns Geschick ; sie bringen ihn um den krönenden Ab- 
schluß seiner Studien. Ein zweitesmal sollten sie ein paar 
Jahre später in seinem Leben eine verhängnisvolle Holle 
spielen. Wir müßten übermenschliches Wissen besitzen, 
um sagen zu können, wie seine Laufbahn sich gestaltet 
hätte, wenn es ihm gelungen wäre, die höchste akademische 
Würde zu erringen; allein es möchte einem fast scheinen, 
als ob ihm die Verhinderung am Doktorieren mehr gescha- 
det habe, als die spätere Verbannung aus Solothurn. Weil 
augenscheinlich kein anderer Freiplatz olfen stand '). blieb 
Guillimann in unfreiwilliger Muße in seiner Vaterstadt. 
Vielleicht beabsichtigte er, günstigere Zeitumstände abzu- 
warten, um schließlich doch noch auf die Hochschule von 
Paris zu ziehen. 

Wohl aus dieser Zeit stammen seine näheren Beziehun- 
gen zum Stadtpfarrer Sebastian Werro *). der gerade I ÖN!) 
Dekan des Stiftskapitels von St. Nikolaus wurde, zum 

’) In Turin genossen die Schweizer seit 1577 von seiten der Her- 
zoge von Savoyen Vergünstigungen Eiligen. Abtchieile, Bd. 1. II. 
S. 1550: speziell die Freiburger bezogen jährlich nach dem Abschluß 
des Allianzvertrages 40 Sonnenkronen. Bertitier, preface p. Hi . Fon- 
taine, Not. hist. p. 8, Amn. 1. 

*) Außer dem Brief vom 35. Oktob. 1000 fand sich nichts in 
Werros (unterlassenen Papieren, das auf Guillimann Bezug hätte. 
Vgl. a. Rom. Werro, Notiees sur la vie et les eerits de Seb. Werro, 
etc. Fribourg 1841. 


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23 


Slaalskanzler Wilhelm Techtermann '). den die gemein- 
same Neigung für die Poesie ihm näher bringen mochte, 
zu P. Petrus Canisius ’), dem geistigen Haupte der Frei- 
burger Jesuiten, und zu P. Petrus Michael H ), dem dama- 
ligen Rektor des Jesuitenkollegs. Diese bedeutend ältern 
Männer konnten nun mit Genugtuung auf ihren Schützling 
und ehemaligen Zögling blicken. 

Gewiß wirkte der Umgang mit solchen Männern eben- 
falls bildend auf Guillimann ein. Die Grundlage war ja 
gelegt und so konnte er sich mit Hilfe von Büchern, welche 
ihm diese Freunde zur Verfügung stellten, immerhin selb- 
ständig weiterbilden und sein Wissen vervollständigen. Auch 
Guillimanns politische Gesinnung mag sich jetzt und unter 
dem Einflüße dieser Männer gebildet haben. Ein N’achzil- 
tern der vorausgegangenen Kämpfe von 1587 und 88 um das 
spanische Bündnis wird noch 1589 und länger zu verspüren 
gewesen sein. 

Ebenso intim wie anregend mochte auch der Verkehr 
mit den Gebildetem seiner Altersgenossen, seinen einstigen 
Studienkameraden, sich gestalten. Während dieses Aufent- 
haltes in der Heimat schrieb Guillimann ein lateinisches 
Gedicht auf die Hochzeit des jungen Patriziers Hans Wild 
mit Margareta Fruyo 4 ). Wild, etwas älter als sein Sänger, 
mochte, als Meister der freien Künste, wohl eine besondere 
Freude über die poetische Hochzeitsgabe, welche sich in hüb- 
schem Drucke gefällig vorstellte, empfinden. 

') S u. 8. Abschn. 8 Kap. lieber Techterinann s Berthicr pref. 
p. LXXIII ft. In dieser Zeit dürfte derselbe die Verse gemacht haben 
auf unsern Guillimann, die Dat/itcl biogr. p. 8, n. 5 abdruekt, die 
sich aber nicht in dein zitierten Einsiedler Codex finden. 

*) S. u. im 2. Abschnitt. 

J ) S. u. 2. Abschn. ; über Michael, s. m. Notizen in Gesehiehtsbl. 8. 
S. 8tl ff. 

*) Gatneiium, Musicum, Enimetrum etc. s. Anhang. Hans Wild 
war magister artium, wurde 1Ö91 Großrat und spater Schultheiß. 
(Mitteil, von Herrn Staatsarchivar Schneuwlv.) Doch fehlen uns 
jede Spuren brieflichen Verkehrs mit Guillimann, was übrigens auch 
bei Nie. Meyer der Kall ist. S. a. Leu : Helv. Lex. 18. Th. S. 448 ff. 


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24 


In der großen Sehulordnung von 1 570, war die Bestim- 
mung enthalten, daß derjenige, welcher Stipendien genos- 
sen, seine Kräfte aber fremden Diensten anheimstelle, ohne 
die Erlaubnis der Obrigkeit eingeholt zu haben, zur Rfick- 
gabe der empfangenen Gelder verpflichtet sei '). Nur gegen 
ganz Arme sollte auf Verlangen nachsichtiger gehandelt 
werden. Allein wie es scheint, war Guillimanns Vaterstadt 
nicht in der Lage, ihrem Sohne eine passende Stellung zu 
gewähren, um seine Kräfte in ihrem Dienste zu betätigen. 
Mächtiger als obrigkeitliche Satzungen, als Heimatliebe und 
Dankbarkeit, war das Geschick, welches ihn Freiburg auf 
immer entriß. 


') Heinemann, S. 12t>. 


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Zweiter Abschnitt. 


Der Schulmeister in Solothurn. 

1590—1.'«.'). 

Solothurn war dem Beispiele der zwei andern katholi- 
schen Städte, Luzern und Freiburg, durch Berufung der 
Jesuiten das höhere Schulwesen zu heben, noch nicht gefolgt. 
I>ie Stellung des Sliftskapitels, welchem die Lateinschule 
angehörte, war zu mächtig. Bedurfte es doch mehr denn 
fünfzig Jahre später des ganzen Einflußes hochangesehener 
Männer, um dessen mannigfachen Widerstand zu besiegen 
und den Einzug der Jesuiten in die alle, zerfallende Latein- 
schule zu ermöglichen 

Ähnlich wie später Schneuwly in Freiburg, hatte im 
ersten Viertel des 15. Jahrhunderts in Solothurn ein Mit- 
glied des Stiftskapitels, der Propst Doktor Felix Hemmerli, 
sich um die Reorganisation der Stiftsschule in hohem Maße 
verdient gemacht. Allein, während er die Lateinschule mög- 
lichst unabhängig vom Rate zu machen suchte, indem er 
die Stelle des Schulmeisters den übrigen Stiftsämtern an- 
reihte und dessen Wahl dem Kapitel vorbehielt, betrachtete 
der Rat die Stiftsschule auch als städtische Schule und 
sprach es alsbald bestimmt aus, daß Propst und Kapitel 
einen Schulmeister « nach seinem Gefallen » anzunehmen 
hätten. Entsprang die Einmischung des Rates auch gut- 
gemeinten Absichten, so war dennoch dieser Gegensatz dem 
Gedeihen der Schule hinderlich. 

') F. Fiala, Geschichtliches iitier die Schule von Solothurn I. 
Die alte Stifts- und Stadtschule bis zum Ende des 10. Jahrh. Pro- 
gramm der Solothurn. Kantonsschule, 1875. 



26 


Noch zu Reginn des 16. Jahrhunderts konnte sich So- 
lothurn nicht rühmen, dali die Männer, deren Händen die 
Bildung seiner Jugend anvertraut war, ihrer Aufgabe gerecht 
wurden. Und in jenen Tagen, da zum ersten Mal die Stürme 
der Reformation auch in Solothurn Wellen warfen, verlor 
die Stiftsschule rasch nach einander ihre Schulmeister, meist 
junge Männer, darunter Kleriker, welche von den Ideen der 
Neuerung ergriffen, mit dem Stiftskapitel in Zwiespalt ge- 
rieten. 

Für die Lateinschule brach eine bessere Zeit eist wie- 
der an, als ein Neffe des Stiftspropstes Aal, der junge Jo- 
hannes Wagner von Bremgarten, zum Schulmeister bestellt 
ward. Seine Vorbildung hatte er an der Universität Frei- 
burg i. Br. unter Glarean erhalten. In Solothurn wirkte er 
mit Vorliebe und Erfolg für die humanistischen Studien. 
Mit wenig Unterbrechung halte er der Sliftsschule ein hal- 
bes Jahrhundert vorgestanden, als er 1585 endgültig von 
seinem Amte zurücktrat. In Anerkennung seines Wirkens 
wurde er vom Rate zum Seckelmeisler ernannt. 

Der nächste Nachfolger Wagners im Schulmeisteramt 
war ein Ulrich Friesen, dem die Stelle vom Kapitel an der 
St. Johannisvigil 1589 noch auf ein Jahr übertragen wurde'). 
Neben ihm versah Johannes Götz aus Freiburg i. Br. die 
Stelle des « Provisors », welcher den Schulmeister in außer- 
ordentlichen Fällen zu vertreten, ihm sonst als (jehülfe zur 
Seile zu stehen hatte *). Trotz seiner Jahre scheint Götz 
ein unsolider Geselle gewesen zu sein, der die Arbeit nicht 
besonders schätzte, aber desto mehr einen guten Trunk 3 ). 

Das folgende Jahr war man am Vorabend des St. Jo- 
hannstages noch nicht in der Lage über die Besetzung der 

') « Vigil St. Joann. löst). Die Schul ist Meister Ulrichen Frie- 
sen zugetdcllt, noch ein Jahr zu versehen, samt der singend Miitt, 
dal» er sie versehe, wo er's aber nieht verträte persönlich, so soll's 
dem Provisori folgen. » Protokoll ilrs Stiltukopitehs 1Ö02 bis I ötH i, 
S. 748. Hdschr. im Staatsarchiv Solothurn. 

’) Fitiht , S. 40 und 42. 

') Siehe unten. 


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27 


Schulmeisterstelle Neues beschließen zu können. Immerhin 
scheint es, dal! Friesen nicht mehr bestätigt wurde Da- 
gegen muli dem Generalkapitel vom 21. Juli 1590 ein An- 
gebot von seiten unseres Guillimann Vorgelegen haben. Das 
Kapitel beschloß ihm zu antworten, man wolle gegenseitig 
einen Versuch auf ein halbes oder ganzes Jahr machen *). 

Wir werden kaum fehlgehen mit der Annahme, die 
Freundschaft zweier hervorragender Männer habe die Brücke 
gebildet, über welche Guillimann von Freiburg nach Solo- 
thurn gelangen konnte. Der eine ist der uns schon bekannte 
Generalvikar Schneuwly in Freiburg, der andere sein Freund 
Johannes Jakob von Staal, der damalige Stadtschreiber von 
Solothurn s ). Aus den übrigen solothurnischen Trägern 
von Bildung und Wissen ragt seine Figur hervor als Mären, 
der getreu den Traditionen seiner Familie, nicht bloli die 
studierenden Solothurner protegierte, sondern, «alle jungen 
Männer, die zu Solothurn sich durch wissenschaftliche Bil- 
dung hervorthaten, all die tüchtigen Köpfe, die er als Lehr- 
kräfte oder zu irgend einer andern Stellung in seine Vater- 
stadt ziehen konnte » *). 

Er selbst war. wie Johannes Wagner, einst Schüler 
Glareans gewesen. Das Schicksal aber hatte es ihm versagt, 


') Generalkap. v. 'Si. Junii 1500. Scholarclne ollicium dilatum 
est ad futurum generale capituluin, Protok. S. 775. 

’) Generalkap. v. St. Maria Magdal. 21. Juli 1500- Hetreffendt 
den Schulmeister, soll dem von Fryburg geschrieben werden, wils 
ein Stift mit line versuchen, ein Jar, oueh ein halbes, detiglichen 
soll er ouch mit dem Stift einen Versuch thun. /‘rot. S. 7X2. 

‘) Lieber Staal, dessen Lebensbild noch zu schreiben ist, siehe 
Frans Ha/fner : Solothurn, Schauplatz. II. Teil, S. 71. Leu : Hel- 
vetisches Lexikon, 17. T. S. 44-I II. Meyer J. : Etwas über die bei- 
den Hans Jakob v. Stall, Solotli. Wochenblatt 1845, 1840 und 1847. 
Mvsyer J. J. : Johann Jakob Riieger, Chronist v. Schatfhausen 1850. 
( Huts- Hart manu, im Neujahrsbl. des hist. Vereins Soloth. für 187ti. 
Bächtold C. .4. in der Einleitung zur Hiigerschen Chronik. 1. Md. 
Tatarinojf, die Briefe Glareans an Johannes Aal. Stiftspropst in So- 
lothurn, aus den Jahren 1558-1500, Urkundin, II Bd. 8. Heft 1805. 

‘) Finla, S. 51. 


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28 


sein Leben im Dienste der Wissenschaft zuzubringen. 1367 
hatte ihn seine Vaterstadt auf den Kampfplatz in Frankreich 
geschickt '), seil seiner Rückkehr gehörte seine ganze 
Kraft ihrem Dienste 4 ). Die vielen Geschäfte des Stadt- 
sehreibers und « der Lärm des Forums » wie sich Staal 
selber ausdrückt, Hellen ihm keine Mulle, zu humanistischer 
Tätigkeit. Dennoch blieb seine feine Bildung, die geadelt 
war durch einen vornehmen Charakter, nicht unbeachtet und 
erwarb ihm die Schätzung der bedeutendsten Männer seiner 
Zeit a ). 

Gewiß hat der um die höhere Bildung in Solothurn so 
besorgto Sladtschreiber dem freiburgischen Schulmanne das 
Mißgeschick geklagt, daß die Lateinschule seiner Vaterstadt 
keinen rechten Schulmeister habe. Nun befand sich Schneuwly 
in der Lage, zweien zu helfen, einem jungen Mann, der 
seit langem seine Gunst erfahren, und der Stiftsschule in 
Solothurn, welche als Bildungsstätte der. lugend zum voraus 
auf seine Sympathien zählen durfte. 

Was sollte auch Guillimann länger ohne Stellung in 
Freiburg. Die Solothurner anderseits hatten, wie wir zwi- 
schen den Zeilen des Protokolls lesen können, auch keine 
Auswahl, und wo Schneuwly seine Hand dabei halte, durf- 
ten sie eines guten Griffes sicher sein. Um die Milte des 
Septembers I .'»90 hielt der neue Schulmeister in Solothurn 
seinen « UITzug ». I m ihm seine erste Kinrichlung zu er- 
möglichen, ordnete ihm das Kapitel die « verschiedenen 

*) Als Feldschreiber. 

*) Er bekleidete das Amt eines Stadtschreibers bis lütKi, in wel- 
chem Jahre ihm Hans Georg Wagner nachfolgt, so llnflhcr, Soloth. 
Schauplatz II. S. 58. 

*) Dies beweist sein ausgedehnter Briefwechsel, wovon ziemlich 
viel erhalten ist, zunächst in Kopien von Staal selbst herrührend, 
<Epistolae Staali, 'i Bde. Hdschr. der Stadtbibliotli. Solothurn), 
dann seine Briefe an Riieger, 17 Stück, in Cod. G. I .V) der Uni- 
versbibl. Basel : andere sind wenigstens verzeichnet in mehreren 
Kalendern, aus den 70ger und HOger Jahren, die Staal als eine Art 
Tagebuch benutzte, und die deshalb von höchster Wichtigkeit sind : 
(ebenf. a. d. Stadtbibliotli. Solothurn.) 


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29 


Fronfasten », d. h. die von St. Johannstag Itis zum St. 
Malhäuslag (21. Sept.) fälligen Einkünfte zu '). Die Neben- 
einkünfte aus den Chorübungen und der « Singendt Mali » 
belieli man vorläufig noch dem Provisor, bis der neue Schul- 
meister sieh erkläre, ob er darauf Anspruch mache oder 
nicht. Gerade dieser Punkt deutet auf die enge Verbindung 
zwischen Schule und Kirche hin, welche dem Amte des 
solothurnischen « Ludimagisfer » einen kirchlichen Charakter 
verlieh. 

In den Statuten, welche H2i Doktor Felix Hemmrrli, 
bekannt durch seine Hetzschriften gegen die Schwyzer, für 
die solofhurnische Schule als Stiftspropst niederschrieb, — 
diese Statuten blieben bis ins 17. Jahrhundert hinein in 
Kraft — sind auch die Verpflichtungen des « lateinischen 
Schulmeisters » deutlich umschrieben : « Der Schulmeister 
erfülle seine Amtspflicht mit großem Fleitie, sowol gegen- 
über seinen Schülern, damit sie im Schulunterrichte nicht 
vernachlässigt werden, als auch im Chore, damit der Got- 
tesdienst, insofern er ihn zu fördern hat, nicht gehindert 
wird : er ist verpflichtet, alltäglich in den passenden Stun- 
den persönlich Schule zu halten, und wenn er wegen ge- 
wichtiger Ursachen abwesend sein mutt, durch einen andern 
tauglichen und getreuen Lehrer für die Schule zu sorgen. 
Er wohnt an Sonn- und Festtagen der Frühmesse und jeden 
Tag dem Choramte und den kanonischen Tagzeiten bei ; er 
unterrichtet auch seine Schüler, daß sie an Sonn- und Fest- 
tagen am Stiftsgoltesdienste mit Lesen und Singen teilneh- 


') 18. Septemb. 1590. Franziskus Guillimanus. Am 18. Septem- 
bris ward abgerathen wägen deß newen Schulnioisters von Freyburg, 
so hie angenommen ward und uifzogen, daß man Imo die verschie- 
nenen Fronfaslen von Joannis Baptistae biß Mathei volgen wölle 
lassen, zu Versorgung sines L'fTzuges. Demnach wßtle man es mit 
Jine ein halb euch ein ganz Jar versuchen, so dann das Jar umhin, 
mag man der Sach wyter Ihätig werden zu beyden Siten. BeträlTendl 
das Chor, und die Singendt Mäß, soll söliehs Joannes Gotz versähen 
biß man erfareu mag. ob sv der Schulmeister begärc oder nitt. 
Protokoll, S. 787. 


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- HO — 

men können, und hält an hohem Festtagen alle Schüler 
zum Besuche der Frühmelle, alle Tage durchs ganze Jahr 
die Größeren zur Beteiligung am Stiftsamle und den Tag- 
zeiten, sowie zum Besuche der Gräber und bei andern Fei- 
erlichkeiten an, wie das von alters her in lobenswerter 
Weise hergebracht ist. Dafür empfängt der Schulmeister 
das Präsenzgeld und die Emolumente wie die Chorherren, 
wenn er nämlich den Vigilien und Messen beiwohnt und 
mitsingt. Ei 1 bewähre sich seinen Schülern in und außer 
der Schule in fleißigem Unterrichte und gutem Beispiele, 
damit er vor dem Herrn von allen ihm Anvertrauten einst 
würdige Rechenschaft geben kann, indem ihre Nachlässig- 
keit sowohl von Gott als von den Menschen ihm und nicht 
den Schülern aufs schwerste angerechnet wird ')• 

Daß der Stiftsscholastikus in so weitgehender Weise 
zum Gottesdienst herangezogen wurde, wobei er stets im 
Chorrock erscheinen mußte, erklärt sich aus seiner Stellung 
als Offizial des Kapitels. Allein dies paßte nicht Jedem. 
Der Walliser Thomas Platter z. B., der 1518 als fahrender 
Schüler nach Solothurn gekommen , berichtet über diese 
Episode in lakonischer Kürze : « Wir zugen hinweg (d. h. 
von der Schule in Schlettstadt) gan Soloturen, do was ein 
ziemliche gute schul, auch beßre narung, aber man mußt 
So gar vill in der kilchen stäcken und zyt versumen, das 
Wir heimzugen. » ‘). Auch Guillimann fand, wie wir sehen 
werden, den Chorrock oft unbequem. 

Das Einkommen des Schulmeisters setzte sich damals 
zusammen aus den Präsenzen eines Chorherren, die sich 
auf 30 Solothurnerpfund und 30 Viertel Korn beliefen, dem 
tronfastengeld der Schüler, und einem Beitrage des Hates, 
alle Fronfasten 10 Pfund 3 ). Auch an den Gehalt des Pro- 
visors leistete die Stadt einen Beitrag, und zwar einen 


') Fiala, S. uud ’-iH. 

*) Thomas und Felix Platter, Autobiographien hgg. von Fechter 
Basel 1840, S. 33. 

3 Fiala , S. 40. Amiet , S. '143, 


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— 31 — 

gröllern als an den des Schulmeisters, nämlich « den Tisch » 
oder 50 dulden und alle Fronfasten 10 Pfund. Die Stadt 
erlegte ihr Fronfastengeld zu Weihnachten, in der Fast- 
nacht. zu Pfingsten und im Herbst gewöhnlich auf Kreuz- 
erhöhung '). Neben dem Provisor gab es noch einen zweiten 
dehilfen, den Kollaborator oder Lokaten. Dieser hatte sich 
hauptsächlich dem Unterrichte der jüngern Knaben zu wid- 
men. Gewöhnlich versah dies Amt ein junger Kleriker, der 
vor den Weihen stand. Neben Guillimann war es Daniel 
von Hören, ein armer Kleriker, welcher die Stelle des Lo- 
katen bekleidete, bis sie 1594 abgeschabt wurde. Wie Gütz, 
der Provisor, war auch der l.okat, Daniel von Büren, älter 
als Guillimann ; er war, bevor er das theologische Studium 
begonnen, verheiratet gewesen und war nun Vater mehrerer 
Kinder*). So lange er in Solothurn als Lokal amtete, wurden 
keine Klagen laut über seine Lebensführung, und verschie- 
dene Gunslbezeugungen des Hates lassen darauf schliellen, 
dall man mit ihm zufrieden war 1 ). Dagegen scheint er 
später die Mahnung, er soll « priesterlich hulihalten », welche 
ihm der Rat 1594 bei seiner Abdankung gab. auller Acht 
gelassen zu haben, obwohl er 1597 Chorherr geworden *). 


') Amtet , S. 243, Journal v. 1594 der Stadt Solothurn, Hdsehr. 
im Staatsarch. Sol. <i Der Amptleuthen Fron [astengell » : Humanist 
10 ff, Provisor 25 ff. Der Provisor bezog also, in diesem Jahr we- 
nigstens, mehr Fronfastengeld als der Ludimagister. — Es sei hier 
auch ein Ifrtum erwähnt, der sich oft in biographischen Notizen über 
Guillimann findet. Schon der redselige Haffher hat unsern Guilli- 
maon zum u Provisori » degradiert und selbst .4. Daguet nennt ihn 
« proviseur u. Begreiflicherweise ging diese irrtümliche Bezeichnung 
In andere Schriften, die unsern Guillimann etwa gelegentlich er- 
wähnen, über. ’) Amiet, S. 539. 

’) 1592 bat er den Hat um eine Teuerungszulage, die ihm ge- 
währt wurde, 1003, 23. Dez. reichte ihm der Hat 10 Gulden aus dem 
« Almusen u, damit er sich könne weihen lassen. 1594, am 1. Juli 
gab er die Lokatenstelle auf, dankte dem Hat für die empfangenen 
Guttaten und bat um Schenkung des Tisehens und des « Giinterli # 
welche man ihm geliehen. (Fiat», S- J1-) 

*) 159/ treffen wir ihn als Pfarrer in Greucben ; im gleichen 


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Die Lateinschule war in einem eigenen Sehulhause unter- 
gebracht, welches auf Betreiben des Stadtsehreibers v. Staal 
erbaut und I58N bezogen worden war'). Dem Schulmeister 
dagegen hatte das Stiftskapitel eine Behausung bauen 
müssen s ). 

Ober die Unterrichtsfächer, die Lehrmethode, die Schul- 
bücher und Schriftsteller, welche beim Unterrichte benutzt 
wurden, schweigen sieh die Duellen vollständig aus 3 ). Von 
Guillimann erfahren wir ebenfalls sehr wenig. Er las und 
kommentierte mit seinen Schülern die Geschichte des Gal- 
lischen Krieges von Cäsar. Um dem Verständnis bei seinen 
jungen Lateinern naehzuhelfen , verfalle er selbst einen 
kurzen Kommentar und eine Einleitung dazu, die er all- 
mälig zu einer kurzen Geschichte der XIII Orte erweiterte 4 ). 
Diese bildet den Anfang der geschichtlichen Stadien und 
Arbeiten des nachmaligen Geschichtschreibers. 


Jahr wurde er auf sein Ansuchen Chorherr, hüeb alier noch bis 1004 
« foraneus » : 1002 wurde er gebülit, weil er mit seinen Bauern ein 
Osterspiel aufgeführt, ohne es vorher der Zensur des Kapitels zu unter- 
stellen (Amiet, S. 543) : 1000 wurde er wegen Verstol! gegen das Sit- 
ten tnandat vom Kapitel um 100 Pfund gehüllt (Amid, S. 540). 

') Fiaht, S. 45. *) Amid. S. 585. *) Finiu, S. 41. 

*) Eine Kopie dieser Soctes fribiiryenscs, wie die L'ebersehrift 
lautet, liegt auf der Kantonsbibi. Freibit ry. Dieselbe ist 17! 4 unter 
der Leitung Franz Gablers nach der damals in Innsbruck liegenden 
« Urschrift » hergestellt worden. Der Verfasser selbst gibt uns üljer 
diese Arbeit einige Aufklärung : « Cum primum librum Commen- 
tariorum Caesaris, in qno bellum Helveticum et Suevicum describi- 
tur, hic in Helvetia explicare et quantum tetn porig brevitas patietur, 
Commentariis illustrare statuerim, non abs re forte fuerit, proleyo- 
nieiin nonnulla eonfleere, quae universae Helvetiae et omnium eorum, 
quae Caesari lumen praepandere possunt, historiam brevem complec- 
tantur, dueto initio ab eneomiis, quibus veteres Helvetios cohones- 
tarunt. » Diese encomia hat er auch seinen Autiquitates ein verleiht. 

In der Stißsbibl. Kinsicdeht lindet sich ein Exemplar Julii 
Caesaris commeutarii, ed . v. Ulareanus, Frib. llrisg. 1540. (Cod. 
1054, 1”), mit Randglossen von Guillimanns Hand, die sich durch 
das 111. IV, u. d. IT. Bücher ziehen. Gerade das 1. u. II. Buch hal>en 
keine Glossen, wohl deshalb, weil Guillimann sich einen eigenen 
Kommentar über diese i Bücher an legte. 


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33 


Die Aufsicht über die Lateinschule war einein Chorherrn 
als «Scholarcha » oder « Superattendens Schol®» übertragen. 
Unter diesen Schulherren waren die tüchtigsten Männer 
des Stiftes. Von 1379 bis 1594 bekleidete der damalige 
Stiftsprediger, Nikolaus Feusi von Beromünster, dieses 
Amt '). 

Indes bestand seit 1582 auch eine weltliche Schul- 
herrenkommission von drei Mitgliedern , mit dem Stadt- 
schreiber an der Spitze. Diese Schulherren, sowohl die 
geistlichen wie die weltlichen, sollten wenigstens alle Fron- 
fasten die Schulen besuchen und fleißig erforschen, wie 
jeder Schulmeister seine Kinder in Zucht, Gottesfurcht und 
andern sein Amt betreffenden Sachen unterweise und för- 
dere ; wenn in der Schule Unordnung ausbrach, hatten sie 
einzuschreiten *). 

Guillimann hat sich mit Eifer und Geschick in seiner 
Lehrtütigkeit zurechtgefunden. Basch hatte er sich die 
Gunst des Haies erobert. Besonders wurde es ihm ange- 
rechnet, dass er mit seinen Schülern auch « Comedien ge- 
übt i) *). Unter den Comedien haben wir wahrscheinlich 
die damals üblichen Schulaufführungen am Schlüsse des 
Schuljahres zu verstehen. Mit dem Schuldienst nahm Guil- 
limann es genau und hielt auf Ordnung. Auf geistliche 
und weltliche Obrigkeit mochte das einen uin so bessern 
Eindruck machen, als der Provisor Götz seine Pflicht arg 
vernachlässigte, so daß sich das Kapitel genötigt sah, ihn 
ernstlich zurechtzuweisen. Man hatte vielerlei über ihn zu 
klagen 4 ). Statt die zwei « Choraulen », welche man ihm 


9 Fiala, S. 45 u. 46. Dies Amt war übrigens mit dem des 
Stiftspredigers verbunden. Vergi. ferner Fiala, Geschichtliches u. s. w. 
II. Die Stiftsschule und das Jesuitenkollegium iiu XVII. Jahrh. 
1876. S. 4. *) Ebender s. S. 46. 3 ) Stiftsprotokoll, S. 816. 

*) Stiftsprotokoll S. 798. In Vigil. S. Mariae Magdalen. 1591. 
(Das Datum kann nicht richtig sein, weil dieses Kapitel vor dem- 
jenigen vom 23. Juni protokolliert wurde und am Schluß unserer 
Notiz noch direkt auf das St. Johanneskapitel hingewieseu wird. Es 
kann aber auch nicht auf den 22. Juli 1590 fallen, weil ihm mehrere 

3 


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34 


in Kost und Unterkunft gegeben, damit er mit seinem 
Haushalt besser bestehen könne, in strammer Zucht zu 
halten, und im Singen auszubilden, Hess er sie mit den 
Kindern auf der Gasse herumlaufen und vernachlässigte 
die Gesangsübungen. Auch wußte er seine Zunge nicht zu 
zügeln und ließ wider die Mitglieder des Stiftskapitels 
allerlei nachteilige Heden fallen, was man von ihm « nicht 
leiden » wollte. Offenbar löste der Wein dem guten Gütz 
die Zunge zu seinen giftigen Heden wider die Stiftsherren. 
Sein Kollege Guilliman beklagte sich nämlich, dass Götz 
oft betrunken in die Schule komme und den Anordnungen 
des Schulmeisters nicht Folge leiste. In seinem unerbau- 
lichen Lebenswandel wurde er wohl durch gute Freunde 
bestärkt, weshalb ihm das Kapitel rundweg untersagte, die 
Wohnungen zweier Stiftskapläne, welche vielleicht gute 
Tropfen in den Kellern halten, zu betreten. Der eine der- 
selben, der Frühmesser, wurde dann im folgenden Jahr 
wegen « Politisierens » und Scheltens auf den König von 
Frankreich, vom Kapitel auf Verlangen des Hates gebüsst ’). 
Der andere, Adam Schnider — sofern unsere Vermutung 
richtig ist — wurde zwar 1595 Chorherr, mußte aber 1608 


Sitzungsprotokolle aus der zweiten Hälfte des Jahres 1590 vorangehen. 
Es handelt sich somit um eine Sitzung in den ersten Monaten von 
1591.) «Dem Provisori Götz ist anzeigt worden, man habe ihm die 
Choraules zu einer Besserung übergän, damit er sie in Zucht und 
Straft halte, den Gesang mit ihnen übe ; so schicke er sie mit den 
Kindern auf die Gasse und lerne wenig, so verkleinere er auch ein 
Stift mit Hinterreden, das man ab Ime nicht leiden werde. Dannethin 
soll er aach Herrn Adams und des Frühmessers Haus müßig gan. So 
klagt auch der Schulmeister ab Ime, wann er in die Schule komme, 
sye er vieimal voll und so er läsen sölle, heiße er sy disputieren und 
wo er solcher Sachen nit werd abstan, möge er bis Johannis um eine 
andere Condition lugen. » 

') Amtet. S. 537. Den Namen des betreffenden Frühmessers 
konnte ich nicht ermitteln ; auch in P. Alex. Schmid's «die Kirchen- 
sätze, die Stifts- und Pfarr-Geistlichkeit des Kantons Solothurn », 
(Solothurn 1857)) lindet sich nur die Aufzählung der Stiftskapläne 
ohne nähere Bezeichnung. 


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35 


wegen Verstosses gegen das städtische Sittenmandnt seines 
Kanonikates entsetzt werden '). Dem Provisor Götz drohte 
das Kapitel mit Entlassung auf St. Johannslag 1591, im 
Falle er sich nicht bessern sollte. Götz indes scheint we- 
nigstens für den Augenblick die Mahnungen beherzigt zu 
haben. Er wurde vom Generalkapitel vom 23. Juni 1591 
wieder bestätigt *). 

Etwas umständlicher dagegen gestaltete sich die definitive 
Anstellung Guillimanns als Oberlehrer der Lateinschule. Als 
die Zeit nahte, zu welcher das Kapitel seine Aemler neu zu 
besetzen pflegte, ließ der Schulmeister die Mitglieder des 
Rates in die Lateinsschule kommmen, wohl um ihnen in 
einem kleinen Examen zu zeigen, was er mit seinen Schü- 
lern geleistet, und sprach dann den Wunsch aus, der Rat 
möchte durch einen Zweierausschuss an das Kapitel ge- 
langen und für ihn ein gutes Wort einlegen. In der Tat 
sprachen am 23. Juni Oberst Urs zur Matten und der 
Stadtschreiber Staal beim Kapitel vor, und stellten Guilli- 
manns bisherigem Wirken ein gutes Zeugnis aus. Sie 
legten den Chorherren ans Herz, Guillimann doch ja in 
Solothurn festzuhalten, indem sie seine Stellung in mate- 
rieller Hinsicht sowohl wie in Rezug auf Autorität gegen- 
über den beiden andern Lehrern, — und darauf scheint 
Guillimann nicht wenig Gewicht gelegt zu haben — zu 
einer würdigen und annehmbaren gestalteten. Auf Antrag 
des Propstes Urs Häni, wurde die Angelegenheit auf das 
nächste Generalkapitel vertagt und dem Rat ein « guter 
Rescheid » in Aussicht gestellt") 


*) Wir vermuten « Herr Adam # sei niemand anders als der Kol 
lege des Frühmessers, der damalige Stiftskantor Adam Schnider von 
Oberstein brun n. Er war 1588 in Solothurn Stiftskaplan geworden, 
kam l.>89 als Pfarrer nach Dörnach, kehrte 1590 wieder als Kantor 
nach Solothurn zurück. 1595 wurde er Chorherr, wurde aber 1608 auf 
Verlangen des Rates dieser Würde entkleidet. Vgl. P. .4. Schmid, S. 
1289 und Amiet, S. 549. s ) Stiftsprotokoll, S. 819. 

’) StiJUprotokoll. S. 818 u. 819. 1591. Generalkapitel vom A3. 
Juni. « Paedagogi otlieium dilatum est in futurum generale capitulum, 


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— 36 — 

Am 20. Juli versammelte sich das Kapitel zu einer 
Sitzung, zu der auch der Schulmeister eingeladen wurde. 
Man eröfTnete ihm nun die Beschlüsse des Kapitels. Da er 
« vilicht der Condition ein thuren ghan », an seiner Stel- 
lung keinen Gefallen gefunden, so hätten beide Obrigkeiten 
ein Einsehen gehabt ; insbesondere sei ihm sein « Sala- 
rium » vom Stift um 24 Viertel Korn aufgebessert worden. 
Auch sei es Wille und Meinung der geistlichen wie der 
weltlichen Obrigkeit, daß er in der Schule allein zu re- 
gieren habe, und daß Provisor und Lokat ihm in allen 
« billichen Sachen » gehorsam seien. Bei Anständen sollen 
sie sich an den Scholarchen wenden. Allein nun kommt 
auch eine Gegenforderung. Nachdem das Stift Guillimanns 
Begehren willfahrt, so möge andrerseits auch er sich der 
Vorschrift fügen, derzufolge er in geistlicher Tracht an 


uß Rath Herrn Propstes. — Es sind für Kapitel Gesandte von einer 
Oberkeit abgefertiget worden, Herr Stadtschryber und Herr Oberst Urs 
zur Matten, mit solchem Befeleh : Es zeigt Herr Oberst an, wie min 
Herren (d. h. dem Rate) Bericht worden, daß ein Kapitel ire Empter 
von newem uff hütt besetzend!, habe derhalben der wohlgelehrt Mgr. 
Franziscus Guillimannus von Remond min Herren uff die Schul be- 
sammein lassen, von irns begärt, daß man Ime /wen Uschütz vom 
Rath für Kapitel senden wolle. Hend vor Kapitel anzeigt, wie er 
sich in der Zyt der dryen (Juatcmber so er Schulmeister gsin, wohl 
gehalten, Comedien und anders geübt, in maßen, daß min Herren für 
In bitten, diewil er versehyner Zyt ein ziemliche Bestallung ghan 
habe, daß ein Kapitel mit Ime überkommen wolle, damit er bliben 
möge und solle ein Kapitel Herrn Schultsn die Antwort wüssen 
lassen. Ist die Antwort uff künftig Generalkapitel differiert worden. 
Uß Rath Herrn Pröpsten werde dann guet Bescheid werden. » — Im 
Iiats/jrvtokolt ist unterm 22. Juni 1591 folgender Beschluss notiert: 
«Gerathen, daß min Herren Stattschriber, Obristen zur Matten, Lud- 
wig Grimm, dem Franzisco Guillimanno, dem latynischen Schul- 
meister zugeben sollen werden, für Herrn Propst und Capitel ze 
keren, Ime Zeugniß zegeben sines Thuns und Lassens, und daß min 
Herren ein guet Vernueg ab Ime haben : und das Kapitel Ime Besol- 
dung geben, daß er all h ic möge verblieben. » Wie wir gesehen, er- 
schienen tatsächlich nur v. Staal und zur Matten, nicht aber Grimm 
vor dem Kapitel. 



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37 


den Prozessionen zu erscheinen habe, damit man sehe wer 
Schulmeister sei. Das sei von altersher Brauch gewesen ; 
daneben möge er auf der Gasse nach seinem Gefallen ge- 
kleidet gehen '). Man sieht das Kapitel sträubte sich mit 
aller Kraft gegen die Tendenz, das Amt des Schulmeisters 
gleichsam zu verweltlichen, und die besondere Gunst, welche 
die weltliche Behörde Guillimann erwies, mochte es geraten 
erscheinen lassen, in diesem Punkt feste Hand zu zeigen. 
Ebenso wenig wie für den Chorrock scheint Guillimann für 
den liturgischen Gesang, große Neigung, wohl auch keine 
Begabung, besessen zu haben. Die Choralübungen, die je- 
weilen um Mittag stattfinden sollten, waren bereits allmälig 
in Abgang geraten. Deshalb schärfte ihm das Kapitel ein, 
dafür zu sorgen, daß der Provisor mit den Sängern von elf 
bis ein Uhr übe. Man wollte eben den « Pauperibus », den 
Stipendiaten, ihre Unterstützung nicht umsonst geben*). 

’) Stiftsprotokoll, S. 830. Generalkapitel vom 20. Juli 1391. 
«Magister Franziscus Guillimannus, der Schulmeister, ist für Kapitel 
kommen ; ist Im anzoigt worden, wie man mit Ime vor einem Jar 
und er dargägen mit dem Stift der Schul halber überkommen sye. 
Nun habe er vilicht der Condition ein Thuren ghan ; derhalben so 
habendt beyde Oberkeiten ein Insähen tlron, inmaßen daß sin Sala- 
rium um 24 qr. von dem Stift erbessert worden sye. Dorzu so sye 
es geistlicher und weltlicher Oberkeit Will und Meinung, daß er 
allein die Schul zu regieren habe und der Provisor und Locat Ime 
gehorsam sygendt in allen billichen Sachen : so dann etwas witers 
fürticle, sollendt sy es dem Schulherrn anzeigeu. Diewyl nun Kapitel 
nach synem Begären Ime willfahret, so solle er sich auch nit 1 rö- 
sch waren, mit einem Überrück des Prozeßion nachzegan in die Kü- 
chen, damit man sähe, wer Schulmeister sye, wie von altem har der 
Bruch gsin ist, darnäbeu möge er uff der Gassen nach synem Gfallen 
gan wie er wolle. » 

’) Ebendaselbst. « Zum andern, beträffendt die Übung mit dem 
Choral ist Ime anzeigt worden, damit cs nit gauz in Abgang komme, 
wie dann schon ul! dem Wäg, solle crs am Morgen, wann er uff 
Mittag will veuiam gän, dem Götzen anzeigen, damit er die Knaben 
um dieEylfe beyein ander beige, und do söliche biß um das Ein üben 
möge, damit der Chor versähen sye. Daun man den Pauperibus don 
Parten und anders nicht vergebens geben wolle, wo sy der Kilchen 
nicht können vorstehen. » (Am 21. Dezember 1591 verordnet« das 


Diy lo: C i ^ 



38 


Guillirnann war mit den Bedingungen einverstanden, ge- 
lobte Gehorsam gegen Propst und Kapitel und legte in die 
Hände des Statthalters des Propstes das feierliche Ver- 
sprechen ab '). 

Dem Provisor Götz wurde aufs neue Gehorsam gegen 
den Schulmeister anbefohlen *). Allein eine strengere 
Lebenshaltung scheint ihm auf die Dauer nicht behagt zu 
haben. Kurz darauf wurden ihm die zwei Chnraulen ent- 
zogen. So verzichtete er denn schon anfangs Oktober 1591 
auf die Provisorstelle. Das Kapitel war dessen froh ; es 
hatte auch schon einen provisorischen Nachfolger bereit in 
Melchior Rund von Willisau, Holundus genannt *). Rund 
war um 1583 oder 1584 in Mailand gewesen, wo er den 
einen solothurnischen Freiplatz innehatte 4 ). Es ist nicht 
ausgeschlossen, dass er dort schon mit unserem Guillirnann 
Bekanntschaft gemacht. Rund brachte es später bis zum 
Propst von Schönenwerd 4 ). 

Die snlothurnische Schuljugend lieb neben des Lebens 
Mühen und Plagen auch dessen heitere Seile gehörig zur 
Geltung kommen. Alle Jahre erhielten die Schüler der 
lateinischen wie der deutschen Schule vom Rate die Er- 
laubnis, einen oder zwei Tage lustige Fastnacht, mit dem 


Kapitel : « Diewyl der Schulmeister den Chor nit verträten kann, 
soll er um einen lugen, ders für ihn könne. » Sliftsprotokoll, S. Kll. 
Nach Gotzens Abgang hätte Guillimaun die Gesangsstunden wieder 
selber versehen sollen. Allein augenscheinlich mangelte es am 
Können.) 

') Ebendaselbst. « Und uff soliches hat er Propst und Kapitel 
obedientiam verheilten zu prestieren, und Herrn Propst» Statthalter 
die Geliibdt gän. » ’) Ebenda. 

’) Stijtsprotokoll. S. Beschluß vom 8. Oktober 15M1 ; Jo- 
hannes Götz erbot sich zwar, die Schule noch bis Martini zu ver- 
sehen, allein man ließ es « dabei bleiben » und übertrug die Stelle 
dem Melchior Rund, der vor den Weihen stand, « bis man einen 
andern bekomme. » *) Wtjmnnn. S. 'Ä<0. N' 10. 

*) 1598 wurde er Priester, 15M-1U80 war er Stiftsprediger, 1505 
wurde er Chorherr in Solothurn, 1081 Propst in Schünewerd. Er starb 
1*U>. /’. A. Sehmül. S. 'AU. 


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39 


Alter angemessenen Belustigungen und Umzügen, halten zu 
dürfen. Am St. Niklaustag, dem Feste des Kinderheiligen, 
zogen die Lateinschüler in feierlichem Umzug mit ihrem 
« Schülerbischof », d. h. einem als St. Nikolaus verklei- 
deten Knaben, in die Kirche '). In besonderer Weise wurde 
der Schluß des jeweiligen Schuljahres gefeiert. So be- 
schloss der Bat 1591 schon am 30. August, der Stadt- 
schreiber und der Oberst zur Matten sollen, als Schulherren, 
« etliche ßüechlin » kaufen und aus dem « Almusen » be- 
zahlen *). Am 29. September, dem St. Michaelstag, der 
dies Jahr auf den sogenannten St. Ursensonntag fiel, fand 
die Schlussfeier statt. Erst wurde in den Schulen die Ju- 
gend « examiniert » ; dann nahm der Stiftsschulmeister, 
Franz Guillimann, im Angesichte «les versammelten Volkes 
die Breisverteilung vor. Wohl am Nachmittag führte er 
auf einer « Brüge vor der Kronen », welche ihm der städ- 
tische Werkmeister auf Befehl des Rates eigens aufge- 
schlagen, « mit seinen jungen knaben » ein Schauspiel 
auf *). Er selbst war dessen Verfasser ; allein nicht ein- 
mal der Titel davon ist uns überliefert. 

Im Laufe des Jahres 1591 entstanden noch einige an- 
dere poetische Gaben seiner Muse. Am 3. Mai war der 
Stadtschreiber v. Staal Vater eines Söhnleins geworden. 
Guillimann feierte das frohe Familienereignis in einem la- 
teinischen Geburtstagsgedicht *). Es mag dies bereits Aus- 
fluß und Spiegelbild des zwischen dem jungen Manne und 
seinem väterlichen Freund bestehenden Verhältnisses ge- 
wesen sein. Denn, daß Guillimann gleich im Anfang 
seiner Wirksamkeit in Solothurn Anlehnung an Staal ge- 
sucht, und wohl auch Entgegenkommen gefunden, ist 


') Fiala. S. 40 f. 

’) Fiala. S. 47, Anm. ü. Das « grolle Almosen » hatte seinen An- 
fang 1547 vermittelst ansehnlicher Vergabungen genommen, damit 
arme Bürger, Weib und Mann, Söhne und Töchter unterstützt und 
ausgesteuert würden. Amtet. S. '210. Anm, 130. 

') Fiala, S. 40. Anm. 3. 

‘) Genthliacum Syncharisticum etc. s. Anhang. 


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— 40 - 

kaum zu bezweifeln. Immer mehr sehen wir Staal seinen 
ganzen Einfluß aufbieten, um die Lebenslage seines jungen 
Freundes möglichst angenehm zu gestalten. 

Die Gunst einer Persönlichkeit von dem Ansehen und 
Einflüße Staals war für einen jungen, unerfahrenen Mann 
in Guillimanns Stellung doppelt wertvoll. Wir haben die 
entgegengesetzten Tendenzen von Stiftskapitel und Ma- 
gistrat in Bezug auf ihr Verhältnis zur Lateinschule bereits 
erwähnt. Es bedurfte für einen Schulmeister ein großes 
Maß von Klugheit, um sich die Geneigtheit beider «Obrig- 
keiten » zu sichern. Das war um so schwieriger, als 
zwischen dem Kapitel, dem Stadtklerus überhaupt, und der 
Mehrheit des Hates auch in der Politik tiefgehende Gegen- 
sätze bestanden. 

Seit den Burgunderkriegen stellten die eidgenössischen 
Orte den französischen Königen zahlreiche Kriegsmann- 
schaften. So konnte der grosse Kampf um die Thronfolge, 
den wir oben zu erwähnen Gelegenheit hatten, auf die 
Eidgenossenschaft nicht ohne Hückwirkung bleiben. Wäh- 
rend alle katholischen Orte, mit Ausnahme Solothurns sich 
auf die spanisch-liguistische Seite schlugen, beließen die 
protestantischen Stände ihre Truppen im Dienste Heinrichs ML 
Auch Solothurn berief seine Mannschaften nicht zurück, 
als der offene Kampf zwischen dem letzten Valois und der 
Ligue losbrach. Wohl vollzog sich in Solothurn eine 
Scheidung der Geister, aber die Mehrheit der Stadlväter 
nahm Stellung zu Gunsten des Königs. Und hierin trat 
selbst nachdem Heinrich III. gestorben und Heinrich von 
ßearn, König von Navarra, als König von Frankreich 
Schwort und Szepter führte, kein Wandel ein. Gleich 
den evangelischen Orten in der Eidgenossenschaft erkannte 
die Mehrheit des solothurnischen Bates denselben formell 
als König von Frankreich an '). Der Bat befand sich im 

') Die Stellungnahme Solothurns hatte freilich auch ihre finan- 
ziellen Gründe, wie Soldrückstände und eine Verschreibung der Stadt 
Solothurn für die Krone Frankreich in der Hiihe von 1‘A), 000 Kronen. 
(ph. A. Seycssor, Ludw. Pfyffer, Ild. 4 S. 171 f.) 


V 


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41 


Einklang mit dem französischen Gesandten, der in Solo- 
thurn seine Residenz hatte und gleichfalls in Heinrich IV. 
den rechtmässigen Nachfolger Heinrichs III. sah. Solo- 
thurn blieb auch fernerhin Sitz der französischen Gesandt- 
schaft, die nun im Namen Heinrichs IV. ihr Amt führte. 
Dieser Gestaltung der Dinge gegenüber war die spanisch- 
liguistische Minderheit, welche in Heinrich IV. nur den 
rückfälligen Ketzer und Usurpator sehen musste, und zu 
der auch der Stiftsklerus gehörte, machtlos. 

Nun bot sich unserem Guillimann eine günstige Gele- 
genheit, auch in jenen Kreisen, welche mit dem Stifts- 
kapitel nicht in allen Dingen einig gingen, der damaligen 
solothurnischen Politik aber die Richtung gaben, eine ihm 
günstige Stimmung zu erwecken. Am 22. Mai 1591 hatte 
der Tod dem Obristen Ritter Wilhelm Tugginer das 
Schwert, das er zeitlebens geführt, aus der Hand genom- 
men ')• Jung war Tugginer in das Regiment seines Oheims, 
des Obersten Wilhelm Fröhlich, und damit in den Dienst 
der französischen Krone getreten. Seit 1544 hatte er die 
blutigen Gefilde Italiens und Frankreichs durchzogen und 
war in mancher Schlacht, in manchem Sturm dabeigewesen. 
Seinen Ritteradel und den Oberstenrang brachte er als 
Auszeichnung heim nach Solothurn, das ihm, dem Zürcher, 
zur zweiten Heimat geworden und ihn mit hohen Ehren- 
stellen bedacht hatte. Tuggjner hatte unter den Fahnen 
Heinrichs III. gedient und unter Heinrich IV. seine militä- 
rische Laufbahn abgeschlossen. Das erklärt, wieso er trotz 
seines religiösen Sinnes ein Hauptvertreter der « franzö- 
sisch », d. h. legitiinisch- dynastisch -national, gesinnten 
Kreise und ein heftiger Gegner der Ligue und ihrer Parlei- 


’) J.J. r. Staat: Vita Wilhelmi Tuggineri, verölt, v. Th. von 
I.iebenau im Anz. f. Sohwg. 4. Bd. S. 394. Über seine I.aufbah n 
vgl. Lea. Helv. Lexik. Abt. 18. S, 384., ferner Scgcsscr, L. Pfyfler. 
4. Bd. S. 335 ff. Obwohl dreimal verheiratet, hinterlicß er keine 
Leibeserben. Über die sogen. C horaulenstiftung Tugginer» am P/'arr- 
slijtc St. Urs und Viktor , s. Amiet. S. '419. 


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42 


gänger in der Schweiz, insbesondere Ludwig PfvfFers ge- 
worden '). 

Auf den Hingang dieses Kriegsmannes verfaßte der 
Stiftsschulmeister eine lateinische Ode, worin die Taten des 
Heimgegangenen gefeiert werden i ). Hierin dürfen wir 
keineswegs ein Eingehen auf die Ideen der Kreise Tug- 
giners erblicken. Guillimann halte gerade als Angehöriger 
des Stiftskapitels hinreichend Grund, ein Loblied auf Tug- 
giner anzustimmen. Denn ihm verdankte das Stift eine 
Institution von großer Bedeutung, das Chorauleninslitut, 
durch welches das Kapitel in den Stand gesetzt wurde, 
seit ! 585 bis in die neueste Zeit hinein, beständig zwei 
Knaben zu unterhalten, um sie für den geistlichen Stand 
heranzubilden. 

In der ersten Hälfte dieses Jahres ist noch ein anderes 
(iclegenheitspoem unseres jungen Dichters entstanden, näm- 
lich ein lateinisches Glückwunschgedicht auf die Erhebung 
des damaligen Nuntius in der Schweiz, Ottavio Paravicini, 
Bischof von Alessandria, zum Kardinal 3 ). Er war 1587 von 
Sixtus V. zum Nachfolger Santonin’s ernannt worden. Seine 
feine. geschmeidige Art und Weise, mil den Staatsoberhäuptern 
der katholischenOrle zu verkehren, sicherte ihm bald auch in 
politischen Dingen einen bedeutenden Einfluß. Seine Stellung 
war in diesen Jahren eine überaus schwierige. Als nach der 
unglücklichen Schlacht bei Ivry (14. März 15510) die Hilfs- 
truppen der Ligue aus den VI katholischen Orlen unbezahlt 
nach Hause zurückkehrten, kam es wegen ungeregelter 
Soldansprüche derselben an Spanien und den Papst in Uri 

') Kr sagte einst in Freiburg, bald nach der Ermordung der 
Guisen zu Blois (1589), es sei noch ein Guise in der Eidgenossen- 
schaft, aber man soll ihn nur nach Frankreich reiten lassen, so 
werde ihm sein Lohn aueh werden. Segcsser, a. a. O. 8. Bd. S. 3öS> 
u. S. 428, Anm. 8. 

*) Monodia in obitum strenui ac magnüici LIerois Domini Gui- 
lelmi Tugineri etc. s. Anhang. 

ä ) Carmen gratulatorium etc. s. Anhang. Paravicini starb 1811, 
59 Jahre alt. Er war ein Mann von holten Geistesgaben. Sein Cha- 
rakter war einzig von Habsucht befleckt. S. Moroni, Dizionario, vol. 
51, p. 162, Scgeater. a. a. O. Bd. 3. S. 287 fl. Bd. 4. S. 155 fl. 


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und Luzern zu stürmischen Auftritten *). Mehrmals drohte 
ein Bruch mit Hom. Allein Paravicini wußte immer wieder 
das Schlimmste zu verhüten. Seiner diplomatischen Tätig- 
keit blieh denn auch die Anerkennung des römischen Hofes 
nicht versagt. Am 5. März 1591 ernannte ihn Gregor XIV. 
zum Kardinal und zum Legaten in Frankreich. Am 24. 
und 25. März fand in Luzern die offizielle Gratulation des 
Rates, feierlicher Gottesdienst und die Überreichung des 
roten Birettes statt *). Nachdem es ihm noch gelungen war, 
die katholischen Orte zu einer bedeutenden Truppensendung, 
in päpstlichem Sold, an die Ligue zu vermögen, rüstete er 
sich zur Abreise ’). Allein die schwer geschädigten Haupt- 
leute. voran Oberst Sebastian von Beroldingen, wollten ihn 
nicht ziehen lassen, bevor der hl. Stuhl ihre Forderungen aner- 
kannt hätte. Diese peinlichen Szenen in Altdorf, wo Para- 
vicini sich Ende Juni vom Rate von L'ri verabschieden wollte, 
trübten die letzten Wochen, die er auf Scliweizerboden 
zubrachte ‘). Milten in den aufregenden und anstrengenden 
Verhandlungen wegen des Aufbruches der päpstlichen 
Truppen dürfte Paravicini die Gratulation Guillimanns er- 
halten haben. Diese Huldigung des « Helvetiers » mochte 
dem feingebildeten Kirchenfürsten nicht geringe Freude 
bereiten, zumal in jenen nichts weniger als frohen Tagen. 
Ob sich der Dichter der Gunst des neuen Kirchenfürsten 
in irgend einer Weise zu erfreuen hatte, wissen wir nicht. 

Die Annahme liegt nahe, bei der Abneigung des 
Stiftsschulmeisters gegen den Chorrock seien Heiratsge- 
danken mit im Spiele gewesen. Im Dezember 1591 be- 
gegnen wir ihm als Bräutigam. Seine Braut war Agnes 
Wiel, aus Freiburg im Breisgau 6 ); wahrscheinlich weilte 

') Segesser. Bd. 4. S. 8? fl. 

*) Über diese « Solen ni tat » s. Balthassars Hcteetia, VIII. 10'.' IT. 

*) Die Kapitulation kam Ende Mai 1591 zum Abschluss. I'h. 
.4. Segesser. 4. Bd. S. 17g. 

*) Ph. A. Segesser. S. 176. 

*) Wir müssen es Guillimann glaulien wenn er (Habsburg. p. 
149-150) sagt: «l)e quibus (seil. Zoringonsibus) quaccumque so per 


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44 


sie aber damals in Solothurn '). Leider fällt aus den Akten, 
die uns zur Verfügung standen, fast gar kein Licht auf 
diese Frau, welche neunzehn Jahre unserem Guillimann als 
Lebensgefährtin zur Seite stehen und des Widerwärtigen 
genug zu kosten bekommen sollte. 

Guillimann erinnerte sich bei diesem Anlasse auch 
seiner Wohltäter und Freunde in seiner Vaterstadt, und 
Einladungen ergingen an den Generalvikar Peter Sch neuwly 
und den Hektor der Jesuiten, P. Michael. Der Stadtschreiber 
Staal selbst bat seinen Freund Schneuwly, die Hochzeits- 
feier, die auf den 7. Januar 15B2 festgesetzt war, mit 
seiner Gegenwart zu beehren, und so nicht blos Guillimann, 
sondern auch ihm und seinen andern Vertrauten in Solo- 
thurn die Freude zu schenken, ihn hegrüssen zu können*). 

Offenbar gefiel es dem jungen Schulmeister in Solo- 
thurn; denn er gedachte sein Leben fortan dieser Stadl zu 
widmen. In Solothurn hoffte er auch für sich und seine 
künftige Familie eine neue Heimat zu finden. Jedenfalls 


euram et diligentem veterum scriptorum investigationein obtulerunt, 

haut inferiori sludio referani priratini quo'/uc illis rlecinctas et 

itreotu .«, quatenus, utrumque Helvetiorum Friburgum et Brisiaeorum 
urbes clarissiinax condidere, quarum altera inea, altera meae patria 
esl, etsolum natale. » Dafür spricht auch der Umstand, daß Agnes in 
Frcihurg i. Pr. ein Haus besaß. Nach Schreiber (Geschichte der 
Universität Freiburg i. Br. II. S. 112, Anm.) war 15(>t ein Melchior 
Wiel als Hofmeister der adeligen Brüder v. Leichtlin in Freiburg. 
Dagegen ergaben die eingehenden Nachforschungen des Hrn. Stadt- 
archivars D r Albert nicht den mindesten Anhaltspunkt für die Existenz 
dieses Geschlechts in Frei bürg i. Br. 

') Wahrscheinlich bei Verwandten. Es gab damals Wiel in 
Solothurn. Im Jahrzeitbuch 1 1 1 des Stiftes v. St- Urs und Viktor 
findet sich ein Anton Wiel als Gatte der Margaretha von Staal, (l'r- 
kuinlio IST.'). S. 122) und Staal selbst nennt Guillimann « Computer, » 
Bf. an Riieger, 8. Dez. 1-VJ8. Unirersitätsbibl. Hasel. Cod. G. I. 53. 
foi. 23. 

*) Dies entnehmen wir aus dem Briefe Staals an Schneuwly v. 
25. Dez. 1591. Der Brief Guillimanns an Schneuwly ist uns nicht 
erhalten, ebensowenig der an P. Michael, dagegen die Antwort des 
letzteren. 


\ 


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mit Wissen und Willen, wenn nicht gar auf Anregung des 
Junkers Staal, stellte er um Neujahr 1592 an den Hat das 
Gesuch um Aufnahme ins Burgrecht. Sein Ansuchen fand 
warme Befürworter am Stadtschreiber und am Stiflsprediger 
Nikolaus Feusi. Ihre Stimmen hatten um so mehr Gewicht, 
als Staal, das Haupt der weltlichen Schulherrenkommission, 
und Feusi, als Stiftsseholareh, am besten in der Lage waren 
Guillimanns Wirken in der Lateinschule zu werten. Diesen 
beiden Männern « zu Ehren » und in Anbetracht der « Ge- 
schicklichkeit und Wohlgelehrte » des Meisters Franz, wurde 
dieser am 3. Januar vom Bäte « zu einem inneren Bürger 
uf- und angenommen ». Die hundert Gulden, welche er 
von Hechtes wegen dafür hätte erlegen müssen, wurden ihm 
geschenkt, ebenfalls dem Junker Staal und dem Stifls- 
prediger zu Ehren und weil der Schulmeister versprochen, 
« die Juget desto geflissentlicher zu unterwysen. » Es war 
dies eine Begünstigung, bezüglich deren der Bat gegen 
« gelehrte und künstliche Meystern » freie Hand hatte 1 ). 
Noch mancher der solothurnischen Hatsherren mochte hie- 
bei das Beispiel des vor einem Jahr verstorbenen Johannes 
Wagner vor Augen haben, und von dem nunmehrigen 
Schulmeister ähnliche Erwartungen hegen s ). 


*) Ult biUlich Ansuchen des wohlgelehrten Meyster Franzisci 
Guillimann von Remunt us Fryburgbiet, in Ansehen siner Geschick- 
lichkeit und Wohlgelehrte,, haben min Herren Ine Herren Nikolaus 
Föusin, dem Fredigor, und Junker Hansen Jakoben vom Staal, dem 
Stattschryber zue Khren, zu einem Innern Burger uf- und ange- 
nommen, so fern er syn Mannrecht, daß er mit keiner Ly beigenschaft 
verhaftet sye, bringe, und lme. diewyl in der Ordnung des Burg- 
rechten, mine Herren, die Hand ihnen selbst offen behalten, gegen 
gelehrte und künstliche Mystern daß Burgrechtens dialber gnädige 
Nachlaß ze thun, gedachten Herrn Prediger und Herrn Stattschryber zu 
Ehren, auch von wegen, daß er sich anerboten, die Juget desto ge- 
flissentlicher ze underwysen, wie wohl er hätte 100 Gulden zu burg- 
recht erleggen sollen, gnädiglich geschenkt und nachgelassen. Rats- 
prot, 159 3, 3. Januar. 3. Seite. Staatsareh. Soloth. abgedr. im Soloth. 
Wochenbl. 1815. S. 431. vgl. a. bei Daytiel, biogr. p. 4, den Eintrag 
ins Bürgerbuch. 

*) Wagner hatte es bis zum Seckelmeister gebracht und war als 


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Nicht ganz so optimistisch sali P. Michael, der durch 
die Statuten der Gesellschaft verhindert war, Guillimanns 
Vermählungsfeier beizuwohnen und sich deswegen brieflich 
entschuldigte. Der solothurner Neubürger hatte ihm voll 
Freude und Stolz die widerfahrene Khrung zu wissen 
getan. Der kluge Pater erwiderte ihm darauf : Bürger von 
Solothurn sei er nun auf dem Papier ; er rate ihm aber, 
den Verkehr mit seinen allen Freunden nicht zu vernach- 
lässigen, bevor er erfahren, ob er es auch in Wirklichkeit 
sei '). Vielleicht ahnte P. Michael, dali Guillimanns poli- 
tische Anschauungen ihn mit der Solothurner Politik in 
Konflikt bringen könnten. Doch was kümmerte jetzt solche 
Schwarzseherei den jungen Schulmeister. Der freute sich 
seiner neuen Heimat und des jungen Eheglückes. 

Im Februar 151)2 wurde endlich die Stelle des Pro- 
visors. welche Melchior Bund einstweilen versehen, definitiv 
besetzt. Der Willisauer Johannes Sebastian Bärtschi, ge- 
nannt ßarzäus, der vorher in Disentis « Präceptor » gewesen, 
hatte vernommen, dass die Stelle vakant war und bewarb 
sich nun darum. Er erhielt sie auch. Das Kapitel schärfte 
ihm aber Gehorsam gegen den Schulmeister ein *). 

Sorgen und Unannehmlichkeiten lielien auch in Guilli- 
manns Haushalt nicht lange auf sich warten. Im Juni kam 
er in Konllikt mit dem Apotheker Peter Byti, wegen 50 
Gulden, welche der Kläger forderte, Guillimann aber ein- 

liocliangesehener Mann 1590 gestorben, als Gründer der « Magistraten- 
Familie » Wagner. Fiala, S. 42 f. 

') P. Michael beglückwünscht zwar Guillimann zu seiner Ver- 
mählung, neckt ihn aber, daß er nun aus einem freien Mann Sklave 
eines Weibes geworden sei. Dazu bemerkt er warnend: « Civis Sa- 
lodorensis scriptus es, sed vide, ne quam e re patriam tuam esse 
cognoveris ad amicos perscribere negligas. » Hf. v. 2»>. Jan. 1592. St. 
A. J. Coil. 138, I. f. 00. 

*) Stiftsprotakoll S. 845. Silz. v. 8. Febr. 1592. « Erschien vor 
dem Kapitel J. Seb. Barcius (!) von Willisau, mit Beistand seines 
Schwägers von St. Urban. Er sei in Graubünden zu Isidis (!) pr:e- 
eeptor gewesen. Er hielt an um eine Kondition, die frei geworden 
sein soll » u. ». w. 


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47 


gezogen haben sollte '). Der Handel endete am 19. August 
damit, dati Guillimann verurteilt wurde, dem Apotheker 25 
Gulden zu bezahlen ’). 

Auch die Unzufriedenheit des Stiftskapitels hatte er 
erregt. Den Cliorrock scheint er seit seiner Verheiratung 
erst recht vernachlässigt zu haben. Nicht einmal in der 
Kirche trug er ihn. Deshalb sah sich das am Vorabend 
von St. Johannistag 1592 versammelte Kapitel veranlasst, 
den Schulmeister, der wieder für eine Amtsdauer bestätigt 
wurde, zu ermahnen, in Zukunft im Chorhabit in der Kirche 
zu erscheinen, und seinen Platz bei den Kaplänen einzu- 
nehmen. Die Gesangsübungen der Chorknaben waren eben- 
falls vernachlässigt worden, weshalb das Kapitel neuerdings 
darauf drang, dali der Schulmeister einen bestimmten Tag 
dafür ansetze. Ferner wurde ihm anbedungen, weder in 
Bezug auf die Stipendiaten noch sonst Neuerungen vorzu- 
nehmen ®). 

Im Juli darauf ließ das Kapitel des Schulmeisters Haus 
vollständig restaurieren. Dem Schulmeister band man dafür 
aufs Herz, es fortan in Ehren zu halten 4 ). 

Mit dem Chorgesang indes hatte man trotz aller Mah- 
nungen die liebe Not. Im Januar 1593 wurde der Provisor 


') « Zwischen Peter Bies (!), dem Apotheker ein», deine Mcyster 
Francisco Guillimanno dem latinisch Sehulmevster am andern spä- 
niger 50 Gulden halb, so der kleger forderet, und dio der Antworter 
sollt ingezogen haben, ist erkannt, dal» die Spruch [herren] wider zu- 
sammen gan. » Ratsprotokoll 1592 Juni 17. Staatsarch. Soloth. 

*) RatsprotokoU. 1592 Aug. 19. 

*) Stiftsprot. S. 852. Kapitel vom 23. Juni 1592. « Scholarch» 
oflieium commissum D. M. Francisco Guillimanno ; ist Ime Vorbe- 
halten, dal» er nüt nüwes macht mit den pauperibus oder andern 
Dingen. Er soll auch einen Tag bestimmen, doran man singen möge, 
domit der Chor versähen sv und soll in Chorauli habitu ze kilehen 
gan und sin Stand drundeo bei den Sacellanis, wo Imegfallt, innän ». 

4 ) Stiftsprot. S. 855. Juli 1592. « Die Buwherren sönd Ordnung 
gän, das dem Schulmeister sin Haus uUgemacht werde, vom Maurer, 
Zimmermann, Tischmacherund Schlosser, Glaser; dannenthin soll ers 
in guten Ehren halten, u 


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48 


wiederum aufgefordert, die « singend Meß » zu halten, sonst 
werde man sich um einen andern umsehen '). Und vom 
Generalkapilel am 23. Juni 1593 wurde an eine fernere 
Bestätigung Guilliinanns geradezu die Bedingung geknüpft, 
dass er den alten Brauch mit dem Gesang beibehalte, am 
Freitag Mittag « übersinge », und über das Gelernte am 
Samstag Morgen « examiniere » *). 

Doch das waren nur vorüberziehende Wölklein ohne 
weitere Folgen und trotz der bewegten Zeiten scheint die 
Lateinschule sich in regelmäßigem Gang erhalten zu haben ; 
weder Lehrer noch Schüler gaben Anlass zu ernsthaften 
Klagen und zum Eingreifen von Bat oder Kapitel. So blieb 
es zwei Jahre. 

Anders wurde es 1594. Am 21. Januar fand es der 
Hat für nötig, die Schulherren in die Lateinschule zu 
schicken, um die Unordnung abzustellen, welche dort herr- 
schen und den Knaben ungestraft hingehen solle 8 ) Un- 
ordnung in der Schule war zwar auch in Solothurn kein 
außerordentliches Ereignis 4 ). Indes scheint es, daß die 
eben berührten Verhältnisse einen ernsteren Hintergrund 
gehabt haben. 

Kaum zwei Monate darauf liefen nämlich beim Bäte 
ernste Klagen ein : Der lateinische Schulmeister habe sich 
in der Schule wie anderwärts in heftigen Worten gegen 
den König von Frankreich, Heinrich IV., ausgelassen®). 


’) Stiftsprot. S. 871. 

*) Stißsprot. S. 880. Kapitol vom 23. Juni 1593. « In Seholar- 
cham (seil, electus) M. Franciscus Guillimannus hac conditione, das 
er den alten Bruch behalte mit dem Gsang, am Frvtag zu Mittag 
übersinge, am Samstag am Morgen dasselbig examiniere. » 

3 ) (i Die Schulherren sollen in die latinische Schul gan und die 
Unordnung abstellen, die sin und under den Knaben ungestraft für- 
gen soll. » Ruthsprot. 1594. Jan. 21. abyedr. i. Soloth. Wochenbl. 
S. 423. u. Daijaet. biogr. p. 4. 

') So hatte am 20- Dez. 1593 der Sliftsprediger vor versam- 
meltem Rate über die Unordnung in der deutsehen Schule geklagt. 
Finta S. 4(5. 

6 ) Am 25. Jan. 1592 hatte das Kapitel selbst auf Verlangen des 


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Stoff zu solchen Äußerungen bot die damalige politische 
Lage zur Genüge. 

Zwei grosse Ereignisse hatten sich im Laufe des Jahres 
1593 in Frankreich vollzogen : Die Versammlung der Gene- 
ralstaaten der Ligue in Paris und der Rücktritt Heinrichs 
von Navarra zum katholischen Glauben. « Erstere sollte 
dem Reiche einen König geben, aber nicht nur fehlte dem 
König das Reich, sie selbst konnten nicht dazu gelangen, 
einen König auf den Schild zu heben » '). An den sich 
kreuzenden persönlichen Interessen Philipps II. und der 
französischen Thronbewerber und Parteiführer scheiterten 
alle Pläne, und ohne den Zweck erreicht zu haben schloß 
man die Versammlung der Stände am 8. August. Ihr 
Mißerfolg kam Heinrich von Navarra zu Gute, dessen Über- 
tritt im katholischen Adel und Volk um so freudiger be- 
grüßt wurde, je mehr der Verlauf der Ständeversammlung 
den Glauben an jede andere Erlösung von dem langen und 
grausamen Rürgerkrieg erschüttert hatte. 

« Auch in Solothurn triumphierte man über die Be- 
kehrung Heinrichs. Man glaubte durch sie die von diesem 
Stande in den französischen Angelegenheiten eingehaltene 
Politik gerechtfertigt », namentlich den katholischen Orten 
gegenüber *). Letztere, obwohl die Nachricht von Heinrichs 
Übertritt auch auf sie Eindruck machte, glaubten nicht an 
die Aufrichtigkeit dieses Schrittes. Und mit Recht ; « denn 
sie war kein Ergebnis religiöser Begeisterung, sondern eine 
Tat kühlster politischer Berechnung» 3 ). Der Plan war von 
den katholischen Royalisten im Lager Heinrichs ausge- 
gangen. Sie hofften durch seinen Übertritt seine allgemeine 
Anerkennung zu erwirken und so dem Lande den ersehnten 
Frieden zu geben. Allein als rückfälliger Ketzer bedurfte 
Heinrich der Absolution des Papstes. Clemens VIII. indes 


Rates zwei politisierende Kaplärie, die den König von Frankreich 
gescholten, gebüßt. Amiet. S. 537. 

') Segcsscr. Bd. 4. S. 235 und S. 223. 

*) Segesser. Bd. 4. S. 263. s ) S. 235. 

4 


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behandelte die Angelegenheit mit grosser Vorsicht und 
Zurückhaltung. Etwelche Klärung der Sachlage trat erst 
ein, als gegen Ende des Jahres 1593 der Herzog von Nevers 
als Gesandter Heinrichs IV. in Rom eintraf. Er wurde 
zwar vom Papste in Privataudienz empfangen, erreichte 
jedoch nichts, weder Heinrichs Anerkennung als König von 
Frankreich, noch dessen Absolution. Zu Anfang des Jahres 
1594 mußte der Herzog Rom unverrichteter Dinge verlassen. 
Zu gleicher Zeit wie Nevers weilte in der Hauptstadt der 
Christenheit eine Gesandtschaft aus den katholischen Orten '). 
Einer der Gesandten war Staat ; Solothurn hatte darauf 
bestanden, seinen Stadtschreiber milschicken zu dürfen, 
obwohl Luzern, Schwyz und Uri die Mission übernommen 
hatten. Diese Gesandtschaft sollte vom Papste besondere 
Weisungen heimbringen, wie man sich in Rezug auf die 
von den evangelischen Orten gewünschten allgemeinen 
Friedensunterhandlungen mit Frankreich zu verhalten habe. 
Allein die Gesandtschaft mußte sich mit dem begnügen, 
was ihr aus der päpstlichen Allokution im Consistorium 
vom 28. Dezember 1593 bekannt war: Die Bemühungen 
Heinrichs von Navarra um Aussöhnung mit dem hl. Stuhl 
seien gescheitert. Besondere Weisungen zu geben, ließ 
sich der Papst nicht herbei. 

Trotz der Verweigerung der Absolution fiel nun in 
Frankreich in den ersten Monaten des Jahres 1594 die 
Entscheidung zu Gunsten Heinrichs. Die Tatsache seines 
feierlichen öffentlichen Übertrittes und seine Bemühungen 
um Aussöhnung mit Rom genügten bei dem allgemeinen 
Friedensbedürfnis zur Beruhigung der meisten Adeligen, 
wie der Massen. Über Fragen wie die, ob die Bekehrung 
eine aufrichtige, ob Heinrich noch absolviert werden könne, 
u. a. wurde nur noch in gelehrten Kreisen gestritten *). 
Selbst die vornehmsten Häupter der Eigne, mit denen 
Heinrich separate Unterhandlungen angeknüpft hatte, unter- 
warfen sich mit den Truppen, die sie befehligten, und den 


*) S. 263 II. >) S 230 II. 


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Provinzen, die sie verwalteten. Ihrem Beispiele folgten die 
wichtigsten Städte, am 22. März sogar die Hauptstadt, 
Paris. 

Diese Geschehnisse vermochten aber die VI katholischen 
Orte nicht zur Änderung ihrer bisherigen Stellung zu be- 
wegen : sie verweigerten Heinrich immer noch die Aner- 
kennung als König von Frankreich und verboten ihren 
Leuten bei hoher Strafe, in seinen Dienst zu treten. Da- 
gegen aus den protestantischen Orten strömten, mit Wissen 
und Willen der Obrigkeiten, Freifähnlein und Ersatzmann- 
schaften zu den Regimentern Wichser und von Grissach 
und den 5 Kompagnien des Obersten Heidt von Freiburg, 
die unter Navarras Fahnen standen, sowie auch auf den 
savoyschen Kriegsschauplatz, wo Mannschaften aus den VI 
Orten unter dem Herzog von Savoyen Heinrichs Truppen 
gegenüberstanden ’). Es ist begreiflich, dali jetzt, wo die 
Anhänger der Ligue für ihre letzten Holfnungen kämpften, 
und zwar, trotz der Haltung des hl. Stuhles, mit wenig 
Aussicht auf Erfolg, die Stimmung auch in Solothurn hüben 
und drüben eine gereizte ward. Auch in der Stadt und im 
Bäte mag sich der Widerspruch gegen die herrschende 
Richtung geregt haben. Staal *), der immer mehr eine ver- 


’) S. 245 ff. 

*) Über seine eigene Haltung in den französischen Angelegen- 
heiten sowie die Motive, «eiche die damalige eidgenössische Politik, 
nicht ain wenigsten die solothurnische, bewegten, sagt Staal fol- 
gendes (Bf. an Rüeger v. 11. Aug. 15U7): « Tria kappa kakista (sic!; 
i. e. commodum proprium, Consilium juoenile et apud omnes 
ctandestinum odium, omniuni ordinum homines invaluisse conspi- 
ciuntur. Equidem quoad potui et licuit, ne Helvetia nostra factionibus 
scindcretur, tarn publice quam privatus impedire conatus sum. Sed 
eo nunc res redactae videntur, ut ego meique similes in nullo fere 
amplius simus numero apud eos, qui privatis acti cupiditatibus, ea 
duntaxat vident, quae modo ante pedes fuit, nulla earum rerum habita 
ratione, quae olim contigerunt et similes ob causas cervicibus nostris 
(nisi Deus avertat) necessario impendere creduntur. » So zeichnet er die 
Politik der freien Hand. Dali damit auch die solothurnischen Poli- 
tiker getroffen werden sollen, ergibt sich aus der feinen Ironie, welche 


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mittel nde Haltung beobachtete, mochte im geheimen gleich- 
falls die Stellungnahme der übrigen katholischen Orte für 
korrekter ansehen. 

Offen aber wagte sich der junge Stiftsschulmeister mit 
feindseligen Äusserungen hervor, obwohl er durch die 1592 
erfolgte Bestrafung zweier politisierender und Heinrich IV. 
anfeindender Stiftskapläne hätte gewitzigt sein können. 
Er sollte seinen Übereifer büßen. Der Kat, der sich da- 
durch selbst getroffen fühlte, ergriff die Gelegenheit, das 
Kapitel abermals fühlen zu lassen, wer am Regiment sei, 
indem man einen seiner Offiziale maßregelte. Der Zeitpunkt 
war um so günstiger, als der Hauptvertreter der spanisch- 
liguistischen Ideen in der Eidgenossenschaft, Ludwig Pfyffer, 
am 17. März unerwartet rasch ins Grab sank. Sein Tod 
erweckte in den katholischen Orten große Bestürzung, un- 
verhohlene Freude dagegen in den evangelischen ’). 

Nicht ganz zwei Wochen darauf, am 28. März, kamen 
die Klagen gegen Guillimann im Kate zur Verhandlung *). 


obigen Worten folgt: « ln horas expectatur Gallus thesaurarius, qui, 
si venerit, ita multis refrigerium, ita quibusdam, ul putatur, dis-- 
plicentiatn adfert, proptera quod aurifer ille lluvius in tot rivos dis- 
traetus haud esse poterit navigabilis ». Unioer stätsbibl. Beuel. G. I. 
53. abgedr. von C. A. Bächtold , Einleitung, S. 64 f. 

') Sie n frohlocketen und freudliiteten, als were Inen jetz die 
Katz ab dem Keil und sie niemand mehr zu fürchten hettent», 
schreibt sein Stiefsohn Heinrich Murer. Seyesser 4. Bd. S. 386, 
Anmerk. 

’) Geraten, daß dem Meister Wilhelme) (!) Guillimanno, dem lati- 
nischen Schulmeister, durch Herrn Schults Stellen Schwaller, nach 
allem Ernst angezeigt werde, daß er sich der Worten, so er ufl der 
Schul und andern Orten wider den König us Frankrych gebrucht, 
müeßige, und jetzundt von wegen mines Herrn Stattschreibers das Best 
thon ist worden. So er aber mehr fäle, so wollen mine Herren Ine 
schicken, dannenher er kommen ist. — Ist nachwertz erkannt, daß er 
ingelegt und Ime fünfzig Pfd. Buß abgevordert werde, demnach durch 
den Schultheißen angezeigt, daß er Ime gefallen lasse, was minen 
Herren gefalle, oder aber dahin zeuche, dannenher er khommen. 
Ralapvot. 1594. März 38. abgedr. Soloth. Wochenbl. 1815. S. 433. 


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Erst hatte es den Anschein, als ob alles mit einem scharfen 
Verweise und mit Androhung der Ausweisung für den 
Wiederholungsfall ablaufen wollte, da der Stadtschreiber 
für den Angeschuldigten sein vielvermögendcs Wort einge- 
legt hatte. Unglücklicherweise konnte aber Staal dieser 
Sitzung nicht beiwohnen, weil er auf die allgemeine Tag- 
satzung, die auf den folgenden Tag nach Baden angesagt 
war, hatte verreisen müssen '). So gelang es andern 
Stimmen durchzudringen, welche strengere Malinahmen for- 
derten. Der arme Schulmeister wurde also « nachwertz » 
verurteilt « ingelegt zu werden und eine ßuiie von 50 Pfund *) 
zu erlegen, wenn er nicht lieber « dahin zeuche, dannenhar 
er kommen. » 

Der Gemaliregelte fand es aber besser, die verhängten 
Strafen über sich ergehen zu lassen, als sein Bürgerrecht 
aufzugeben und sich einem ungewissen Schicksal anzuver- 
trauen. Wahrscheinlich banden ihn auch Rücksichten auf 
seine Gattin an Solothurn, da sie ihn 1593 oder 1594 zum 
Vater machte 8 ). 

Die kluge und versöhnliche Politik Heinrichs IV. Hell 
Frankreich wieder einigermaßen zur Ruhe kommen. Auch 
in Solothurn scheint die Spannung der Geister etwas nach- 
gelassen zu haben. Meister Franz griff wieder zur Feder, 
um in grollender Zurückgezogenheit seine historischen Ar- 
beiten zur Reife zu bringen. Die Einleitung zu Cäsar wurde 
erweitert. Der Anlage nach hat sie viele Ähnlichkeit mit 


Daguet, biogr. p. 5. Für des letztem Behauptung, Staal und andere 
Freunde hatten für Guillitnann die hohe Buße bezahlt, haben wir 
keine Belege. 

’) F.idg. Absch. Bd. 5n S. .‘WO. Man brauchte nach Baden 1 '/, Tage. 
So ritt Staal 1598, 15. Nov. nach der Sitzung noch bis nach Aarau, 
« quo postridie eius diei, observato consueto menso, Salodorun) usque 
pervenire posseni. » Bf. an Rücger v. 8. Dez. 1598. 

’) Daß Pfund gemeint sind, ergibt sich daraus, daß eine Ruße 
von 50 Pfund der Landesverweisung, die für Guillimanu beantragt 
war, gleichgehalten wurde, s. Amiet , S. 538. 

*) Staal sagt, (Ep. a Staal l. S. 268) daß Solothurn Guillimann 
o prima virum pulcbrae fecit et prole parentvm. » 


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den spätem Antiquitates, in der Ausführung jedoch ist 
sie weit kürzer, mangelhafter und unselbständiger. Sie 
enthält auch Angriffe auf Zwingli und Kalvin. Die Schrift 
ist in lateinischer Sprache abgefaßt und mochte für den 
Schulgebrauch berechnet sein. Es ist anzunehmen, daß der 
Verfaßer die Handschrift noch 1594 dem Buchdrucker Jo- 
hann Faber in Pruntrut übergab '). Aus uns unbekannten 
Gründen schob Faber die Drucklegung Jahre lang hinaus, 
bis Guillimann endlich sein geistiges Eigentum zurückver- 
langte. 

Am 23. Juni 1594 trat wie gewohnt das St. Johanns- 
kapitel zusammen. Guillimann wurde ohne weitere Bemer- 
kung wieder für ein Jahr bestätigt. Leider fehlte dies 
Jahr im Kreise der Stiftsherren ein Gönner und väterlicher 
Freund Guillimanns, der Stiftsprediger Nikolaus Feusi, der 
am 5. Juni, also kaum drei Wochen vorher gestorben war. 
In eben dieser Sitzung wählte das Kapitel an seine Stelle 
als Stiftsprediger Melchior Bund, der kurze Zeit neben 
Guillimann als Provisor der Stiftsschule gewirkt ! ). 

Auch an der Lateinschule trat eine Veränderung ein. 
Der Lokal, Daniel von Büren, der nunmehr Priester ge- 
worden, gab sein Amt auf. Der Bat ließ die Stelle über- 
haupt eingehen und ordnete eine Teilung der Schule in 2 
Klassen an, von denen der Provisor die eine, der Schul- 
meister die andere zu übernehmen hatte *). Ende Juli fand 
es das Kapitel für zweckdienlich, dem Schulmeister wie 
dem Provisor die Schulordnung in Erinnerung zu bringen 
und ihnen durch den Schulherrn ihr « Thun und Lassen » 
vorzuschreiben 4 ). 

Am 23. November nahm das Kapitel , abermals auf 
Empfehlung Schneuvvlys einen Freiburger in seine Dienste, 


') Staat schreibt 1597, Febr. 9. an den Bisch, v. Basel: « Suas 
de rebus Helvetiois lueubrationes, quas ante annos ali'/noi typographo 
vestro Bruntrutensi praelo subciciendas et in publicum edendas bona 
fide concredidit. » 

*) Stißsprot. S. 914. *) Fiala , S. 41. 

4 ) St. Magdalenenkapitel v. 21. Juli 1594. Stiftsprot. S. 920. 


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indem es Johann Forner, der wohl Neupriester war, als 
Frühmesser unter die Stifskapläne einreihle ‘). Wir werden 
kaum daran zweifeln dürfen, daß die beiden Schützlinge 
des freiburgischen Generalvikars sich rasch miteinander 
befreundet haben ; gekannt haben sie sich vielleicht von 
früher her. 

Es liegt etwelche Ironie darin, daß der Stadtrat von 
Solothurn ein paar Monate nach Guillimanns Bestrafung sich 
genötigt sah, den Gemaßregelten in einer intimen Ange- 
legenheit zu Rate zu ziehen. 

Als nämlich 1594 P. Ganisius in Freiburg seine « Wahr- 
hafte christliche Historie von St. Mauritzen und seiner the- 
baischen Legion, auch insonderheit von St. Urso » dem 
Rate von Solothurn, auf dessen Ansuchen er das Buch ge- 
schrieben, zustelile. wandte man sich an Guillimann um 
Auskunft, wie man dem gelehrten Jesuiten seine Mühe und 
Bereitwilligkeit am angemessensten lohnen könnte. Der 
Befragte, der offenbar mit P. Ganisius in nähern Bezieh- 
ungen stand, riet, demselben die Werke des hl. Hierony- 
mus und des hl. Ambrosius zu schenken. Sein Rat fand 
Gehör, nur kostete es große Mühe und drei Jahre Zeit, um 
die Werke ausfindig zu machen. Erst 1597, im letzten 
Lebensjahr des P. Ganisius. sollte sein Rat zur That werden *). 

Es mochte damals gerade kein besonderes Vergnügen 
sein, als Stipendiat der Ghoraulenstiftung hin und her ge- 
schoben zu werden zwischen Schulmeister und Provisor, 
Provisor und Schulmeister und Kaplänen. Man war mit 
dem Provisor Sebastian Bärtschi sehr unzufrieden und 1595 
wurde er wegen seines l'nfleißes und seiner Pflichtvernach- 
lässigung entlassen 9 ). Die Choraulen hatte man ihm offen- 
bar schon früher weggenommen und sie dem Kaplan Erhard 
Sehwaller übergeben. Im Dezember 1594 wurden ihm auch 

’) Stiftsprot. S. O'i’i. « Den 23. Novemhris ist D. Johannes 
Fornerius zu einem Frühmesser angenommen worden, wyi er sin 
Commendntion vom Vieario von Frvburg hat. » 

’) Die in dieser Angelegenheit gewechselten Briefe sind abgedr. 
im Üoloth. Wochenbl. 1H1Ö. S. 77 ff. 9 Stifisprot. S. 934. 


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die 50 Kronen dafür zugesprochen l ). Sehwaller kam aber 
Ende November als Pfarrer nach Flumenthal*) und so wun- 
derten die Knaben wieder an den Tisch des Magister Guilli- 
mann. Es mögen auch da nicht allzufette Speisen aufge- 
tragen worden sein. Denn wir können es jedenfalls der 
Dürftigkeit der Schulmeisterfamilie zuschreiben, daß Guilli- 
mann die Holzscheite, welche die Schüler ins Schulhaus 
bringen mußten, nach Hause nahm, statt damit das Schul- 
zimmer zu heizen, und selbst den Armem, die Unterstützung 
genossen, das Holzgeld abnahm, sie aber dennoch allesamt 
« übel erfrieren » ließ. Am 17. Dezember kamen die einge- 
laufenen Klagen in einer Sitzung des Kapitels zur Sprache. 
Guillimann wurde aufgefordert, künftighin nach Bedarf 
heizen zu lassen und dafür zu sorgen, daß keine Klagen 
mehr laut werde, « wo nitt, so werde man anders mit Ime 
reden werden » *). Sorgen und solche kleine Reibereien 
mögen ja des üftern die Stimmung der kleinen Haushaltung 
etwas niedergedrückt haben. Indes wartete ihrer eine viel 
schwerere Prüfung. 

Bereits zog sich in Frankreich ein neues Gewitter zu- 
sammen, dessen Ausbruch auch für Guillimann Unglück 
bedeutete. Besondern Haß der Hugenotten hatten die Jesuiten 
auf sich geladen. Heinrich IV. aber, obwohl mit dem Papste 
nicht ausgesöhnt, zeigte anfangs keine Neigung, auf die 

') Stiftsprot. S. 928. Dez. 1594. « Census Sacellaniae St. Vin- 
centii gehören dem D. Erhardo, gar wie sie zu Weihnachten aus u. 
angehen. Auch gehörendt ime die 50 Kronen gar von den Cborauli- 
bus, doch das er ein Willen mache um den letzten Monat mit dem 
Schulmeister, der sy die Zyt hat am Tisch ». 

*) P. A. Schmid. Kirchensätze, S. 109. 

') Stiftsprotokoll, S. 930. 1594, Sabbato quattuor temporum. 
« M. Franz dem Schulmeister ist anzeigt worden, wie große Klag 
kommen von Burgerskindern, daß er Fuderholtz nämme von Knaben 
und verbräune es in einem Huß, müssen sy in der Schul übel er- 
frieren ; dorzu nämme er ouch von den Fauperibus das Geld vom 
Holtz. Ist Ime anzeigt worden, das er nach Nothurft heizen lasse, 
das kein Klag mehr komme, wo nitt, so werde man anders mit Ime 
reden werden ». 


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57 


Pläne der Gegner dieser Gesellschaft einzutreten. Erst, als 
der König am 27. Nov. 1594 von einem überspannten ehema- 
ligen Jesuitenzögling im Antlitz verwundet worden, brach das 
Verhängnis über den Orden herein. Ein Jesuit wurde ge- 
hängt, der ganze Orden gezwungen, Frankreich binnen 14 
Tagen zu räumen '). Vom Auslande her, führte derselbe 
nun die Verteidigung in zahlreichen polemischen Schriften. 
Der Federkrieg, welcher darob entbrannte, erhitzte aufs 
neue die Gemüter. 

Dies war dasVorspiel zu dem neu ausbrechenden Kampfe 
zwischen Frankreich und Spanien, Heinrich erblickte in 
Philipp II. den Anstifter aller Feindseligkeiten und erklärte 
demselben am 17. Januar 1595 ollen den Krieg. Philipp 
antwortete : er stehe nicht mit Frankreich im Krieg, son- 
dern mit Heinrich von Bearn, der vom Papst nie als König 
von Frankreich anerkannt werde. Alsbald brachen Hein- 
richs Regimenter in die Freigrafschaft Burgund, die sich 
durch ihre Neutralität geschützt glaubte, ein. 

Diese Ereignisse riefen in der Eidgenossenschaft einer 
lebhaften diplomatischen Tätigkeit. Auf der Tagsatzung zu 
Baden vom 19. Februar 1595 beschwerte sich der burgun- 
dische Gesandte, Scudier Benoit, bitter über diesen Neu- 
tralitätsbruch und ermahnte die Eidgenossen, gestützt auf 
die österreichische Erbeinigung, um bewaffneten Beistand *). 
Mit den gleichen Forderungen trat auch der spanische Ge- 
sandte, Alfons Casate, auf. Überhaupt war im Verhältnis 
der evangelischen Orte und Solothurns zu Heinrich IV. da- 
mals eine Trübung eingetreten. Als es sich im Vorjahre 
um einen Truppenaufbruch aus den katholischen Orten, in 
spanische Dienste, gehandelt hatte, war der französische 
Gesandte, Nikolaus Brulart, Herr von Sillery, auf jede Weise 


') Ranke, (ranz. Gesch. 2. Bd. S. 8. (8. Aufl.) 

*) Eidgen. Absch. Bd. 5 a. S. 365 f. u. S. 378. Eduard Roll , 
Histoire de la representation diplomatique de la France, II., 1559-1610. 
(Berne 1902) S. 481 ff. Rudolf Xlaag : Die Freigrafschaft Bur- 
gund und ihre Beziehungen zu der schweizerischen Eidgenossenschaft 
(1477-1678). Zürich 1891. S. 63. 


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58 


bemüht gewesen, denselben zu verhindern '). Es war ihm 
nicht gelungen. Ja selbst mit denjenigen Orten, welche 
auf Heinrichs Seite standen, bekam er ernste Schwierig- 
keiten. Auf einer Conferenz zu Aarau am 23. und 24. 
Januar 1595 führten die Gesandten der evangelischen und 
der zugewandten Orte eine ernste Sprache gegenüber Sillery 
wegen der immer noch unbefriedigten Soldansprüche an den 
König. Es wurde beschlossen, eine Gesandtschaft an den- 
selben abzuordnen. Diese sollte sich am 27. Februar in 
Solothurn zusammenfinden, um von da aus die Reise anzu- 
trelon *). 

Das gab der niedergehaltenen Opposition in Solothurn 
neuen Mut; sie mochte hoffen, neue tumultuarische Auftritte 
von seilen unbezahlter Söldner würden endlich den Bruch 
mit Heinrich herbeiführen, und verhüten, dali, wie es das 
Ansehen hatte, Mannschaften aus Solothurn gegen katho- 
lische .Miteidgenossen in die Schlacht zögen 5 ). Die Herren 
vom Stiftskapitel, auch andere Geistliche, lielien heimlich 
und öffentlich wider den « Navarresen » Schimpfreden hören 
und nahmen sich sehr der Politik an. 

Namentlich der Stiftssch ulmeistor, Guillimann. glaubte 
er müsse bei solcher Lage der Dinge mit seiner Entrüstung 
nicht zurückhalten. Das Vorgehen des Königs gegen die 
Gesellschaft Jesu, welcher er seine Erziehung, sein Wissen 
und Können verdankte, in deren Reihen er liebe Freunde 
besaß, mußte ihn im Innersten getroffen haben. Seiner 
Erbitterung machte er Luft in harten « ehrverletzlichen » 
Worten gegen den mit dem Kirchenbann belasteten Bearner. 
Wohl im Vertrauen auf sein Bürgerrecht — vielleicht auch 
in der Hoffnung, in der Gunst des Stiftskapitels wieder zu 
steigen, wagte er es sogar in das Getriebe der Politik, 

') Segesser Bd. 4, S. 270 tt. 

*) Eidg Absch. Bd. 5 a. S. 358. 

3 ) Derartige Soldanstdnde batten schon im Sommer 1593 in dem 
« allergetreuesten » Solothurn tumultuarische Auftritte von seiten un- 
bezahlter tvriegsleute verursacht. Scyener. Bd. 4. S. 247. 


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59 


wenn auch nur im Geheimen, einzugreifen. Dazu war aber 
seine Hand weder stark noch geübt genug : er wurde davon 
erfaßt und beiseite geschleudert, während das diplomatische 
Räderwerk seinen Gang keinen Augenblick unterbrach. 

Diesmal konnte ihn auch kein Staal mehr retten, der, 
so wenigstens sieht es aus '), selbst unter dem Mißtrauen 
des Rates zu leiden hatte, ln der Sitzung vom 13. März 
1595 fiel die Entscheidung über Guillimanns Los : Wegen 
« heimlichen Praktizierens » und « ehrverletzlicher » Worte 
wider den « Künig » soll Meister Franz sein Burgrecht 
verlieren und aus der Stadt gewiesen werden ! ). 

Diese Ausweisung mußte Guillimann und seine Familie 
um so härter treffen, da ihm der Rat nur 14 Tage Zeit 
ließ sich nach einer neuen Stellung und einem andern Wohn- 
ort umzuschauen. Am Mittwoch nach Ostern, am 29. März, 
sollte er die Stadt verlassen. Wir wissen nicht, wie das 
Kapitel den Ralsbesehluß aufnahm, der ihm am 14. März 
von einer Abordnung des Rates, bestehend aus Schultheiß 
Oberst Aregger. Oberst Zur Matten, Urs Gugger und zwei 
andern Ratsmitgliedern, mitgeleilt wurde H ). Wir glauben 
aber, die Stiftsherren haben doch den unglücklichen Schul- 


') Von der Tagsatzutig zu Baden am 29. März 1594 bis zur 
nächsten allgem. Tags, am 24. August 1595 erscheint Staal auf kei- 
nem der besondern Tage als Vertreter Solothurns ; statt seiner Aregger, 
Urs Gugger und ZurmaUen, die wir gleich noch kennen lernen, und 
welche in dieser Eigenschaft vor und nachher selten erscheinen. 
Eidgen. Alisch. Bd. 5, a. 1594 — 1595. 

’) « Gerathen, diewyl der lateinische Schulmeister Frantz ein 
heimliches Praktizieren wider den Künig und viel ehrverletzliche 
Wort hab usgen lassen, soll er angentz abgewiesen, das Burgrecht 
ufgeben and fortgeschickt werden, und Herr Georg im Kloster mit 
ime. » — Ratsprot. 1595. 18. März, abgedr. im Soloth. Wochcnbl. 
1815. S. 429. 

*) Das Stiftsprotokoll registriert S. 933 einfach : « 1-395. Martius. 
14. Martii Ist Magister Franciscus Guillimannus der Schulmeister 
vom Herrn Schultsn und dryen der Räten vor Cappitel geurloubet 
worden, von wägen das er sich der küngischen Sachen in Frankrych 
zu vil annämen wollen. Ist sin Zil gsetzt usque ad 4. feriam Paschae. 
Dorzwüschen soll Propst und Cappitel um einen andren lugen. » 


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60 


meister bedauert, zumal der zweite Teil der stadträtlichen 
Mission deutlich erkennen ließ, daß man den Schulmeister 
getroffen aber anderswohin zielte. Schultheiß Aregger ver- 
bot nämlich im Aufträge des Rates den Chorherren und 
Kaplänen bei Verlust ihrer Pfründen, fernerhin beim Trunk 
über die politische Lage auch nur zu sprechen'). Das Ka- 
pitel zahlte Guillimann die drei verfallenen « Quatember » 
aus ; der vierte wurde zwischen beiden Teilen verrechnet 
für die Beköstigung der Choraulen während der drei letzten 
Monate *). 

Es ist kaum anzunehmen, daß an dem rücksichtslosen 
Vorgehen des Rates gegen Heinrichs IV. Widersacher, 
dessen Gesandter, Herr. v. Sillery, ganz unbeteiligt war*), 
übrigens mag bei Guillimanns Ausweisung ebensosehr wie 
die Rachelust einiger zumeist beteiligter Politiker, die Absicht 
mitgespielt haben, mit Gewalt die mißvergnügten Stimmen 
zum Schweigen zu bringen. Die solothurnische Obersten- 
partei war durch ihre Interessen zu sehr mit Heinrich ver- 
bunden und trotz der augenblicklichen Anstände, nicht 
gesonnen, die bisher gewandelten Bahnen zu verlassen. 
Einen Beleg liiefür bildet die Verwarnung des Kapitels. 

Letzteres war nun um einen Schulmeister verlegen und 


') « Herren Schutts Aregger, Obrist Zurmatten und Urs 

Gugger für Kap|>itel klieren sollen und daselbst anzeigen, daß sy, die 
Geistlichen sich des Künigs nüzit annehmendt noch denselben einichs- 
wegs schelten sollen, weder heimlich noch öffentlich, sonst auch hin- 
weggewisen würden. » Rdtsprot. 1595. Id. März. Über die Aus- 
führung dieses Ratsbeschlusses meldet das Stiftsprotokoll (S. 933) : 
« Item band sy Chorherrn und Capplanen gewarnet, by Verlierung 
lrer Pfründen, das sy solcher Lygischen Sachen beim Trunk müssig 
gangendt, niemandt dem andern Anloß gäbe, sondern man solle die 
Sache ein weltliche Oberkeit verantworten lassen. » 

’) Stiflsprot. S. 933. 

3 ) Die französischen Gesandten liebten es gegen unbequeme Wider- 
sacher bei deren Obrigkeiten klagbar zu werden : so verklagte Le 
Fövre Coumartin 1646 Heinrich von Fleckenstein beim Rate v. Lu- 
zern, du Luc 1715 Alfons v. Sonnen berg ebenda, freilich ohne Erfolg. 
S. Anz. f. Schweizergesch. Bd. 5, b. S. 20 und Bd. 4, S. 470 und 473. 


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61 


mußte, nachdem es am 4. April auch den Provisor Bärtschi 
wegen Unfleiß entlassen '), froh sein, daß der alte Götz, 
der so unrühmlich von der Provisorstelle weggekommen, 
sich als Schulmeister meldete *). 

Der verbannte Guillimann aber zog mit wundem Herzen 
aus der Stadt, wo er Ehren, Heimat und häusliches Glück 
gefunden. Nicht so bald vergaß er die ihm angetane 
Schmach und Bitternis. 


') Stiftsprot. (S. 934.) 4 April 1595 : « Johannes Seb. Han aus 
entlassen, weil er unfleiüig gewesen in Metten, singend ten Messen, 
in der Gesangsübung, im Vorschreiben in der Schule, selten über- 
sungen, und auf die Jugendt kein Acht gehabt. » 

’) Stiftsprot. (S. 935.): « Götzig, der alt Provisor, halt um den 
Schul meisterstand geschrieben, ist angestellt bis Johannis Baptistae. # 


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I 


Dritter Abschnitt. 


Im Dienste der spanischen Gesandtschaft 
in Luzern. 

1506 — lfiOü. 


I. 

Als Sekretär bei Alfons Casate. 

Die Hoffnungen, welche man früher an Guillimanns 
Niederlassung in Solothurn, seine Aufnahme in das Burg- 
recht halte knüpfen können, waren nun vernichtet. Die 
Lage der kleinen Familie, die sich so plötzlich der Heimat 
und der Unterhaltes beraubt sah. mag in jenen Tagen eine 
recht ernste gewesen sein. P. Michael hat es noch erlebt, 
daß seine Ahnung von 1592 Wirklichkeit geworden. Und 
doch ist es dieser Schicksalsschlag, dem wir es verdan- 
ken, dali Guillimanns aufstrebender Geist in neue, weitere 
Bahnen gelenkt wurde, dali sich sein Leben nicht in dem 
engen Rahmen des solothurnischen Stadtbildes abspielte. 
Man hat kaum Grund daran zu zweifeln, dali seine Freunde, 
voran der Stadtschreiber, ihn nicht im Stiche ließen, son- 
dern sich eifrig daran machten, dem Verbannten eine 
neue Heimstätte zu schaffen. 

Wie es gekommen ist, dali wir Guilliraann noch in 
demselben Jahre im Dienste der spanischen Gesandtschaft 
wiederfinden, können wir nur ahnen. Junker Hans Jakob 
von Staal besali in Luzern, der Gesandtenresidenz, Ver- 
wandte und Freunde. Zu erstem zählte der Schultheiß, 


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63 


Jost Pfyfler. Vielleicht hat Guillimann dank ihren guten 
Diensten den Weg nach Luzern gefunden. Oder besaß der 
solothurnische Stadtschreiber selbst EinfluLl und Ansehen 
genug, um den Botschafter der katholischen Majestät, 
Alfons Casate, zu vermögen, dein Manne eine Anstellung 
zu gewähren, über den der Streit zwischen seinem Herrn 
und Heinrich IV. so großes Unheil gebracht? Allerdings 
kann man auch an Sebastian Werro, Schultheiß Hans 
Meyer und Nikolaus Meyer in Freiburg denken. Casate 
selber mag das Bedürfnis nach einer zuverlässigen und 
tüchtigen Hilfskraft um so mehr empfunden haben, als er 
in den schweizerischen Angelegenheiten noch wenig erfah- 
ren war. Bekleidete er doch diesen ehrenvollen, aber 
schwierigen Posten seit kaum sechs Monaten '). 

Im August 1594 war der alte Pompejus della Croce 
nach dreiundzvvanzigjähriger erfolgreicher Wirksamkeit bei 
den katholischen Orten, seinem Freund Ludwig Pfyfler ins 
Grab gefolgt. Sofort nach dem Tode della Croces hatte 
der spanische Statthalter in Mailand, Fernan de Velasco, 
über den freigewordenen Posten verfügt. Schon am 30. 
September 1594 begrüßte der mailändische Patrizier Alfons 
Casate als spanischer Ambassador die katholischen Orte 
auf einem Tage zu Luzern. Er war damals 29 Jahre alt. 
Erst hatte er sich dem Hechtsstudium zugewandt und den 
Doktorhut erworben und war schon mit 22 Jahren an sei- 
nes Vaters Stelle im Kollegium der « Decurionen ». dem 
Generalrate der Stadt Mailand, gelangt. Dann war er als 
Offizier in die Armee getreten, welche Philipp 11. seinem 
Schwiegersohn, dem Herzog Karl Emanuel von Savoyen, 
gegen Heinrich von Navarra zu Hilfe schickte. Diesem 
« Bearner » also, den unser ehmaliger Schulmeister mit 
W orten und « Praktizieren » bekämpft hatte, war Casate 
im Felde gegenübergestanden. Das war gewiß in seinen 

') Über Alfons Casate und seine Tätigkeit, s. Reinhardt, Cor- 
respondenz von Alfonso und Girolauio Casati u. s. w. Collect, frib. 
fase. 1. 1894. Einleitung. 


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64 


Augen eine Empfehlung für Guillimann. Es trat noch ein 
persönliches Moment hinzu, welches eine Annäherung för- 
dern m uüte. 

Im Laufe des Jahres 1595 ließ nämlich Guillimann 
ein Händchen « Oden » auf Christus und bekannte Heilige. 
— auch auf Patriarchen des alten Testamentes, — sowie 
auf Kirchenfeste und die drei Tugenden, Glaube, Hoffnung 
und Liebe, erscheinen Diese Odensammlung, welche 
wohl während der letzten Jahre entstanden war, widmete 
der Verfasser Alfons CaRate. 

Ob Guillimann, als diese Oden die Presse Johann 
Fabers in Pruntrut verließen, schon als Sekretär bei Casate 
war, ist mir nicht bekannt *). Doch dürfen wir als sicher 
annehmen, daß er noch 1595 diese Stelle angetreten hat. 
So sehen wir nun diese beiden Männer, fast Altersgenos- 
sen, den einen als gewandten Diplomaten, den andern als 
emsigen Gelehrten, Einer Idee leben, und für sie ihre 
ganze Persönlichkeit einsetzen, nämlich : den Glanz und 
Ruhm des Hauses Habsburg zu erhalten, zu vermehren, zu 
verkünden. 

Es ist nicht leicht, in Guillimanns Thätigkeit als Se- 
kretär einen Einblick zu erhalten, weil deren Spuren sehr 
spärlich und schwer zu verfolgen sind. Nie erscheint er 
als Vertreter auf den Tagsatzungen und Conferenzen der 
eidgenössischen Orte, oder in sonstigen diplomatischen Ge- 
schäften des Gesandten. Damit ist aber keineswegs gesagt, 
daß er an dessen Geschäften nicht regen Anteil, vielleicht 
mit Rat und Tat, genommen hat. Als Sekretär mußte er 
ohnehin dem Lauf der Dinge unverwandte Aufmerksamkeit 
zuwenden, damit er jederzeit im Stande war, seinen Herrn 


') Francisci Guillimanni Odaruni sive Hymnorum Natalitiorum 
libri duo, etc,, s. Anhang. Ein anderes Schriftchen « Silvula ele- 
giarurn » Guillimanns ist gleichfalls Casate gewidmet. Das Büchlein, 
von dem ich nur ein einziges Exemplar, im Besitze des Hm. Dr. Th. 
v. Liebenau, kenne, wurde bei Gemperlin in Freiburg gedruckt. Die 
Angabe des Druckjahres fehlt. 

') Aus der Widmungsode läßt es sich nicht entnehmen. 


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- 65 - 

über alles zu orientieren, besonders wenn derselbe auf 
längeren Reisen abwesend war , ). Eine weitere Aufgabe 
war, die Briefe, Berichte und sonstigen diplomatischen Ak- 
ten in Form zu bringen und auszufertigen *). Gingen solche 
Schreiben ein, so kam es ihm zu, sie Casate. dessen Mut- 
tersprache Italienisch war, zu übersetzen und zu erläutern. 
Er bezeichnet sich selber als Interpret für die deutsche, 
französische und lateinische Sprache *). Auch des Spanischen 
muß er einigermaßen mächtig gewesen sein. Neben Guil— 
limann stand noch der Urner Philipp von Mentlen als Dol- 
metscher im Dienst Gasates. Besuchte der spanische Ge- 
sandte die Tagsatzungen und Conferenzen, so ließ er sich 
meist von seinem Sekretär begleiten. Dieser hatte wahr- 
scheinlich über die Vorträge und Verhandlungen, welche 
Spanien oder seine Interessen berührten, Protokoll zu 
führen. Auch auf andere Reisen nahm Casate den Sekre- 
tär mit sich, so 1597 nach Appenzell, und des öftern nach 
Mailand. 

Als sich Heinrich IV. 1595 auf die spanische Freigraf- 
schaft warf, erschienen wiederholt burgundische Gesandt- 
schaften auf den Tagsatzungen, welche dringend die Hülfe 
der Eidgenossen verlangten. Casate hatte diese Hülferufe 
mit seinem ganzen Einflüsse zu unterstützen. Trotzdem 
der Papst noch 1595 Heinrich IV. vom Banne löste, dauerte 
der Krieg zwischen Heinrich, Philipp II. und Savoyen fort. 
Selbst nachdem der zum Sterben müde Philipp 1598 mit 


') Nel resto il Guillimano mi ha avertito «teile nove che corrono 
per dila,... Casate an Stadtsehr. Ctjsat, Bf. v. 31. März 1603. Staats- 
arch. Luzern. Akten: Spanische Gesandtschaft. 

’) Solche Stücke von seiner Hand geschrieben finden sich noch 
im Staatsarch. Lusern, Akten : Spanische Gesandschaft. 

’) «Conditionem Interpretis et secretarii,» neunter seine Stelle in 
d. Sehr, an Erzherz. Maximil. v. 6. Febr. 1607. St. A. J. Cod. 138, 
!, 19, a/b; und in dem Schreiben v. 1605 an König Philipp 111. 
heißt es : « secretario de la lengua Allamana y francesa y latina en la 
casa de su Embaxador ordinario de Esgui$aros Alfonso Casato, ha 
viendose allado y empleado en todos los tratados y negoeios...» 

5 


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66 


Heinrich zu Vervins Frieden geschlossen, versuchte der 
Herzog von Savoyen noch einen WafTengang, der indes 
unglücklich verlief und 160! zu dem Vertrage von Lyon 
führte. 

Auch in der Eidgenossenschaft gestaltete sich die 
Lage für Spanien und die katholischen Interessen nicht 
günstig. Zwar trat im Januar 1508 die katholische Lan- 
deshälfte von Appenzell dem spanischen Bündnis hei. Casate 
ging selbst, begleitet von Guillimann, zu dessen Abschluß 
nach Innerrhoden; allein das bedeutete nicht viel, im Ver- 
gleich zu dem, was in den südlichen Alpenländern Wallis 
und Graubünden, den Hütern kostbarer Pässe auf dem 
Spiele stand. Das Wallis öffnete sich seit 1580 immer 
mehr dem Einflüße Berns, des Vorortes der protestantischen 
Westschweiz, während Zürich, das an der Spitze der nord- 
schweizerischen Protestanten stand, dem glaubensverwand- 
ten Zehngerichtenbund 1590 die Hand zum längst ersehnten 
Bunde gereicht hatte. Im Jahre 1600 reichten sich sodann 
die beiden Alpenrepubliken Wallis und Rätien, letztere in 
der Mehrheit protestantisch, die Hand. 1602 traten die 
drei Bünde auch in ein Bundesverhältnis zu Bern. Gerade 
in den ersten Jahren von Casates Tätigkeit in der Eidge- 
nossenschaft drohten Wallis und Graubünden immer mehr 
sich dem großen « System politisch-religiöser Opposition 
gegen das katholische Habsburg » eingliedern zu wollen. 
Auch die Erneuerung des alten eidgenössischen Bündnisses 
mit der französischen Krone (1602), ohne daß auch nur 
Mailand geschweige denn Spanien Vorbehalten wurde, be- 
deutete einen Mißerfolg des spanischen Botschafters, dessen 
Stellung durch den mißglückten Anschlag des Herzogs von 
Savoyen auf Genf, die sogenannte Escalade, noch schwieri- 
ger wurde. 

Als Sekretär eines mit so wichtigen Aufgaben betrau- 
ten Diplomaten erhielt Guillimann ohne Zweifel einen Ein- 
blick in das Werden der zeitgenössischen Geschichte, der 
nicht ohne Wirkung auf seine historischen Forschungen 
und die Darstellung der früheren Zeiten bleiben konnte. 


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67 


Werfen wir an dieser Stelle einen Blick in Guilli- 
manns häusliches Leben. Wo Guillimann Wohnung bezo- 
gen, ist nicht mit Sicherheit zu ermitteln. Doch scheint 
uns eine Stelle in einem Bittgesuch an den König von 
Spanien darauf zu deuten, er habe im gleichen Hause ge- 
wohnt mit Casate '). Dieser bewohnte den « Freienhof », — 
sicher seit 1599 — ein grolies Doppelhaus mit Erkern und 
Treppengiebeln, das noch heute am linken Ufer der Beuß 
das untere Ende der Kapellbrücke überragt. Die Familie 
Guillimanns vergrößerte sich ziemlich rasch. 

Am 17. Wintermonat 1596 wurde dem glücklichen 
Vater ein Töchterlein getauft, welches den Namen Anna 
erhielt ’). Taufpathen waren der damalige Schultheiß, Bit- 
ter Jost Krepsinger, und Anna Fleckenstein. Jost Krepsin- 
ger war ein Freund Ludwig Pfyffers gewesen, mit dem er 
seit 1 589 im Schultheißenamt gewechselt hatte s ) 

Im August 1600 schenkte Frau Agnes ihrem Gemahl 
einen Knaben. Der spanische Ambassador selbst hob die- 
sen Sprößling aus der Taufe und gab ihm seinen Namen 
Alfons 4 ). Ende November des nächsten Jahres folgte aber- 
mals ein Söhnlein, welches den Namen Johann Franziskus 
erhielt B ). Mitte Januar 1603 wurde Guillimann Vater eines 


') n En la casa de su Embaxador, » s. o. S. 65, Anm. 3. S. a. 
Liebenau : Da» alte Luzern, S. 106 u. S. 151. 

*) 1596. 17. Wintermonat. Anna (Eltern) Guilronini Franz und 
Agnes Weil. Taufzeugen : Jost Krezsteiger und Anna Fleckenstein. 
Kopie der Taufregister der Stadt Luzern 1561 — 1600 und Fortsetz. 
Stadtarchie. Luzern; darüber, daß in obigen drei Namen, Guilronini, 
Weil und Krezsteiger, eine falsche Lesart des Kopisten vorliegt, ist 
kein Zweifel. Die Fleckenstein zählten zu den zuverläßigsten Stützen 
der spanischen Partei in Luzern. Reinhardt , Korresp. Nachträge, 
S. 200. Auch Krepsinger war jedenfalls spanisch gesinnt. (Private 
Mitteil.) 

’) S. Th. e. Liebenau ; Die Schultheißen v. Luzern, im Ge- 
scbichtsfr. 35. S. 149 U. Krepsinger starb schon am 21. Jan. 1598. 

*) Taufregister. 13. August 1600. Stadtarch. Luz. 

5 j « Heri sero literas a Guillimanno nostro recepi, quibus pridie 
eius diei se familia auctum, id est mascula prote ab uxore donatum 


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68 


Töchterleins, welchem Frau Elisabeth Pfyffer und Ritter 
Heinrich Cloos, — ein Haupt der span. Partei und später 
Schultheiß — zu Gevatter standen '). 

Wir sehen, es waren vornehme Luzernerfamilien und 
angesehene Persönlichkeiten, welche unsern Gesandschafts- 
sekretär ihrer Gevatterschaft würdigten, ein Zeichen, daß 
er sich nicht geringer Gunst und Achtung erfreute. Zudem 
war seine Thätigkeit als Sekretär ordentlich honoriert *), 
und so war seine Lage in Luzern derart, daß sie wohl 
einen Vergleich mit derjenigen in Solothurn vertrug. Allein 
Guillimann war nicht für die politische Tätigkeit geboren ; 
sie hatte ihm auch schlechte Früchte eingebracht : immer 
mehr verlor er allen Geschmack daran. Was ihn trösten 
konnte, war, daß nach Zeiten, die eine erdrückende Ge- 
schäftslast mit sich brachten, auch Tage der Muße anbra- 
chen, an welchen er sich seinen geliebten Musen, poeti- 
schen oder historischen Arbeiten und Studien widmen durfte. 
Zumeist jedoch am Abend, statt von Last und Lärm des 
Tages zu ruhen, griff er zur Feder, um in den alten Zeit- 
büchern zu forschen, um die Kopien von Inschriften und 
Urkunden zu studieren, die gedruckten und handschriftli- 
chen Werke anderer Schriftsteller zu prüfen und zu sich- 
ten, an seinen eigenen Arbeiten zu sinnen und zu schreiben, 
oft tief in die Nacht hinein s ). Vieles hat er auf Reisen 
geforscht und geschrieben. Wie ein von schwerer Last 


esse scribit. » (Staut an Rüeger, Bf. v. i 2 . Dezemh. 1001. Universitäts- 
biblioth. Basel). Der Kleine scheint den vollen Namen des Vaters 
erhalten zu haben. Das Solothurner Stiftsprotokoll nennt S. 914 
Guillimann ebenfalls Johannes Franziskus. Indes findet sich diese 
Namensform nur vereinzelt. Weder Guillimann noch seine Freunde 
gebrauchen sie. 

') Taufregister, sJO. Jänner 1603. Stadtarob. Luz. Über Hein- 
rich Cloos s. Liebenau, Geschfr. 35. S. 154 f. 

*) Guillimann bezeichnet sie als « neque contemnenda neque in- 
honorata. » Bf. an Maximilian, v. 6. Febr. 1007. a. a. O. 

’) « ...diurnis et nocturnis laboribus et (corpus), animura et in- 
genium exhausimus. » Brief G's. an Ungenannt, v. 6. Februar 1607. 
Nf. A. J. Coit. 13ti, I. f. 15a. 


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69 


Befreiter jubelte er später, als die Stunde schlug, welche 
ihm die ungern getragene Bürde von der Schulter nehmen 
sollte und eine schönere, freiere Zukunft anzukünden schien. 
Was er, dieser ersehnten Stunde entgegenharrend, mit 
rastlos fleißiger Hand geschaffen, wie er sich dadurch den 
Weg zu den erträumten « Höhen des Parnasses » gebahnt, 
dies zu schildern ist unsere nächste Aufgabe. 


H. 


Das Werk „De rebus Helvetiorum" ; der Briefwechsel 
mit Staal. 

Was Guillimann einstens als Schulmeister mit Absicht 
auf den Unterricht der Jugend begonnen, das führte er 
jetzt, mitten ira politischen Leben stehend, in größerem 
Maßstabe weiter, viel höhern Zielen zu. Er selber bat diese 
vor unsem Augen klargelegt. 

Wie bei den alten Hörnern, — so schrieb Guillimann 
an den Rat von Luzern J ) — habe sich bei den alten Eid- 
genossen jeglicher beflissen « recht zu thun, statt voll zu 
reden, und daß seine Wohlthaten von andern geprießen und 
gerumet, dann daß er der andern lobe und erhelle. — Dann 
wie fürsichtig und weyß, männlich und großmütig die ge- 
wesen. bezeugen ihr treffentliche Thaten, nit allein, nach- 
dem sie sich in ein Pundt und etwaige Einigung eingelaßen, 
sondern schon bei den alten Römern und darzwischen. » 


') Begleitschreiben bei Überreichung des Werkes « De rebus 
Helvetiorum » an den Rat von Luzern ; es ist undatiert, trügt aber 
den Vermerk von anderer (Cysats?) Hand: Anno 1603. Ob dies das 
richtige Datum, ist allerdings zweifelhaft. Das Stück befindet sich 
in der Bürgerbibliothek Lusern, M. 111. Bd. P. S. 314 ff. 


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70 


« Da aber gemehlte Thaten uU mangel der Historien 
und Geschichtschreibern in maßen beschallen, daß die Ding, 
so der gantzen Welt laut bracht und herlich sein sollten, 
kümmerlich denen bekannt, bei und um welche sie besche- 
hen und vollbracht seint worden, alß das der Helvetier und 
Schwitzeren Namen zwar weit erschallen, wo sie aber har- 
kommen, weß ihr stand und Wesen vor Zeiten gewesen, 
auch für Enderungen und Krieg erlitten wie sie dennoch 
so manlich ihr alte Freiheit erhalet, die vor meniglichen 
mit der Hand errettet, und lestlich bei Fürsten und Poten- 
taten, Völkern und Nationen in Ansehen und große Depu- 
tation klimmen, solches wird bei und von Wenigen recht 
und uß dem Grund erkundiget und erwißen. » Der Grund 
liege darin, daß vordem ein jeder mehr darauf bedacht ge- 
wesen, den alten Ruhm durch seine Thaten zu mehren, als 
ihn vor der Welt zu verkünden. Deshalb können die Nach- 
kommen die Fußstapfen ihrer Altvordern « alß verborgen 
gleichsam und des historischen Liechts und Wahrheit be- 
raubt, nicht so ring erreichen und mit Ernst nachstreben. » 
wie dies bei griechischen und römischen Helden und Staats- 
männern nach ihrem eigenen Geständnis der Fall gewesen 
sei. 

« Dicßer und dergleichen dingen oftgehabte Betrach- 
tung, sonderlich weil mir solches bei den Fremden, und 
von ansehlichen Leuten mehrmalen mit Verwunderung für- 
geworffen, die nichts höheres begehren, dan ein wahren 
und gewüßen Bericht und Information von Eidgenoßischen 
Sachen, haben mich lestlich bewegt, gleichwohl kleinfügigen, 
dießes Werklein in die Hand zu nehmen und mit sonder- 
lichem Fleiß und Ernst nachzusuchen und ergründen, was 
die alte und allerley Schribenten [nicht nur] mit griechische 
und lateinische, sonder mehrley andern Sprachen von den 
Helvetiern oder Schwitzern geschrieben, und hinder ihnen 
gelaßen haben, und dasselbig in füglicher Ordnung in dießem 
Buoch einzeschließen, dem ich deßhalben den Titel geben, 
von Schweitzerisehen Sachen oder Anliquiteten. daßelbig in 
Latin ußgohn lassen, damit es von andern Nationen möge 


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verstanden werden. — Darin werdent angezaigt nit allain 
gemeller dreyzehn Orten Harkoiumen, Ursprung, Zunehmen, 
Enderung, Stand und Wesen, sondern auch allerley Thaten, 
Krieg, Regiment, Zufäll, von der Römeren Zeiten har und 
vor Christi Geburt biß uf den ersten Pundt, mit gründl- 
ichen Berichten, Zeugnußen, Instrumenten, Briefen, Frei- 
heiten und Privilegien. <> 

Guillimann hat in diesem Schreiben nicht zu viel ge- 
sagt. Dies lehrt uns ein rascher Blick auf den Stand der 
schweizerischen Geschichtschreibung im wissenschaftlichen 
Sinn des zur Neige gehenden sechszehnten Jahrhunderts 1 ). 

Aegidius Tschudi, der gelehrte Landammann von Glarus, 
dessen Name und Chronik in späterer Zeit die größte Volks- 
tümlichkeit erlangt haben, die je einem unserer vaterländi- 
schen Geschichtschreiber geworden ist, war 1572 gestorben, 
ohne sein Werk, für das er seit 50 Jahren mit ebensoviel 
Gelehrsamkeit als Emsigkeit den Stoff zusammengetragen, 
gedruckt, ja nur vollendet zu sehen. Nur sein Erstlings- 
werk, die « uralt wahrhaftig alpisch Rhetia » war 1538 von 
Sebastian Münster in Basel verötTe ntlicht worden. Tschudi 
hat den Plan gehabt, eine Schweizergeschichte größten Stiles 
zu schreiben. 

Die Einleitung sollte eine Beschreibung des alten Gal- 
lien, von Land und Leuten, desgleichen der « Germaniern, » 
sowie ihrer Bekehrung zum Christentum, bilden. Hiefür 
hatte Tschudi weitausgreifende Forschungen unternommen: 
auf seinen Reisen in der Schweiz, in Südfrankreich und 
Italien hat er eine gewaltige Materialsammlung über das 
römische Altertum zusammen gebracht. Er hat auch das 
Verdienst, der Erste zu sein, welcher die römischen In- 
schriften in der Schweiz sammelte und erklärte. 

Diese Einleitung lag 1572 vollendet vor und wurde 
vom Verfasser dem Zürcher Theologen Josias Simmler über- 


') Wir verweisen kurz auf Georg c. IVgas : « Geschichte der 
Historiographie in der Schweiz. » wo die Spezialliteratur über die 
hier in Betracht kommenden Historiker aufgeführt ist. 



72 


geben. Simmler hatte sich anheischig gemacht, das ganze 
Werk ins Lateinische zu übertragen. 

Schon vorher hatte Tschudi, auf Drängen seiner Freunde, 
die Zeit von 1000 bis 1470 im sogenannten « Mittelbuch » 
beschrieben. Für diese Zeit standen ihm ebenfalls umfang- 
reiche Sammlungen zu Gebote, die er zusammengetragen 
aus dem eidgenössischen Archiv in Baden, aus den Kanz- 
leien von Luzern und Zürich, und vielen Gotteshäusern der 
Schweiz, die ihm, wie die Gerichtsherren des Thurgau ihre 
urkundlichen und handschriftlichen Schätze zugänglich 
gemacht hatten. 1509 hat er die Archive der Urschweiz 
eigens durchforscht. Es war ihm aber nicht mehr ver- 
gönnt, diesen massenhaften Stolf in der geplanten Weise 
zu verarbeiten. Jene Einleitung, unter dem Namen « Gallia 
comata » bekannt, und das « Mittelbuch, » von den Spätem 
« Chronicon helveticum » genannt, verbreiteten sich nur 
durch Abschriften, bis sie endlich vom 18. Jahrhundert 
dem Schweizervolke in Druck geschenkt wurden. 

Bevor Tschudi selber zur Verarbeitung seines Stolfes 
gekommen ist. hat er seine Inschriftensammlung dem zür- 
cherischen I’farrers Johannes Stumpf zur Verfügung ge- 
stellt. Dieser verwertete sie neben selbstgesammelten, aber 
von Tschudi erklärten Inschriften in seiner Chronik, die 
1548 erschien. Stumpf erfreute sich zudem der Mitarbeit 
des Stadtarztes und Reformators von St. Gallen, Vadians. 
Dieser berühmte Humanist, von Kaiser Maximilian 1515 
öffentlich mit dem Dichterlorbeer gekrönt, lieferte ihm in 
kurzen Terminen überaus gründlich und kritisch gearbeitete 
Abschnitte über die St. Gallischen und Thurgauischen Lande, 
und wurde so der wahre Verfasser großer Teile des Stum- 
pf’schen Werkes. Dagegen blieben Vadians eigene chron- 
nikalischen Arbeiten bis ins 19 Jahrhundert ungedruckt. 

Trotz gelehrter Mithilfe entspricht die Chronik von 
Stumpf bei weitem nicht den Anforderungen, welche man 
bei dem damaligen Stand der Wissenschaft stellen konnte, 
abgesehen davon, daß sie wegen ihrer Abfassung in deutscher 
Sprache nur einem Teile der gelehrten Well zugänglich war. 


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73 


Die eigentümliche, meistens annalistische Anordnung des 
Stoffes riß denselben aus seinem Zusammenhang und machte 
eine wissenschaftlich kritische Durchbearbeitung des in 
Masse herbeigesell leppten Materials sehr schwer. « Stumpf 
war reiner Berichterstatter, ohne Reflexion und Nutzan- 
wendung i) '). 

Dem Ziele, das Guillimann voschwebte, war, gleich- 
falls von protestantischer Seite, der Professor für neutesta- 
mentliche Exegese am Karolinum in Zürich, Josias Simmler, 
näher gekommen. Nach Tschudi’s Ableben hatte er sich 
anerboten, dessen Werk zu vollenden. Allein die Tschudischen 
Erben forderten alles zurück. Nunmehr war Simmler ge- 
zwungen, sich den Weg selber zu suchen. In Tschudis 
Arbeiten und Absichten eingelebt, hätte er wahrscheinlich 
dessen Unternehmen zu Ende geführt ; jetzt aber konnte 
auch er nicht das vorgesteckle Ziel erreichen. Bevor er 
mit Tschudi in Fühlung getreten war, hatte er Stumpfs 
Chronik durchgearbeitet. Jetzt machte er sich an die Ver- 
arbeitung des schon früher gesammelten Materials, das 
stetsfort durch Mitteilungen seiner Freunde bereichert wurde. 
Allein Berufspflichten und Kränklichkeit hinderten ihn, so 
daß er 1574 beim Erscheinen eines Probestückes, der « Des- 
criptio Vallesiae, » sich bereit erklärte, der Ausführung seines 
Planes zu entsagen, falls ein anderer sie auf sich nehme. 
Er entschloß sich aber, wenigstens einen gedrängten Aus- 
zug des geplanten großen Werkes zu geben. Dieser er- 
schien 1576 unter dem Titel : « De Republica Helvetiorum libri 
duo ». Noch im gleichen Jahre erschien eine deutsche Aus- 
gabe : « Von dem Regiment der löblichen Eidgenossen- 
schaft, » die binnen kurzem mehrere Neuauflagen erlebte. 
Schon im Jahre 1597 lagen fünf französische Übersetzungen 
des Werkes vor. In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts 
wurde es ins Holländische übersetzt. Editionen erschienen 
in Zürich, Genf, Paris, Leyden und Antwerpen l ). 


') G. e. If'i/ss, a. a O. S. 195. 

*) Ein Verzeichnis derselben siehe am Schluß der Biographie 


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Diese Verbreitung verdankt das Simmler’sche Buch 
nicht so sehr dem ersten Teil, welcher eine kurze Geschichte 
der alten Eidgenossenschaft, ihrer Verbündeten und Unter- 
thanen gibt, als dein zweiten Buch, das eine ausgezeichnete 
Beschreibung der Slaatsverfassung der alten Orte, ihrer 
Zugewandten und Unlerthanen im gesamten wie im einzel- 
nen gibt. Von höchstem Wert mußte ein solches Werk für 
die Rechtswissenschaft sein. In der Tat, es ward « das 
vollständigste Nachschlagebuch für das schweizerische Staals- 
recht für dritlhalb Jahrhunderte » ‘). 

Als Guillimann sich ans Werk machte, war die außer- 
ordentliche Verbreitung dieses Buches erst in den Anfängen 
begritfen. Es lag auch nicht in seiner Absicht, eine aus- 
führliche Staatsbeschreibung, sondern eine politische Ge- 
schichte, zu liefern. Während Simmler den Zuständen des 
Landes vor und unter den Römern keinen Raum gegönnt, 
sie höchstens gelegentlich gestreift hatte, nahm jetzt Guil- 
limann den Plan Tschudi’s wieder auf, und widmete dieser 
Periode mehr als den dritten Teil seiner Darstellung*). «So 
wenig jene Vorperiode ein Teil der Schweizergeschichte ist, 
so wichtig ist sie insofern dafür geworden, als sie einen 
Teil der Elemente bereitet hat welche die zum großen Teil 
heutzutage noch bestehenden Eigentümlichkeiten hervorrie- 
fen, » sagt einer ihrer besten Kenner “). Diese Auflassung 


Simmler» v. G. e. Wygs im Neujahrbl. z. Best, des Waisenhauses in 
Zürich. 1855. 

') G. r. Wyss. a. a. O. S. 212. Ein interessanter Beleg, wie 
ein solches Werk auch höchst praktische Bedeutung gewinnen konnte, 
ist die Berufung des Dr. A. Ruinella, der 1807 wegen seiner Agita- 
tion für ein Bündnis Rhätiens mit Mailand vor das Strafgericht zu 
Chur und llanz gestellt wurde, auf Simmlcrg Autorität, der die fl Mey- 
ländische Freundschaft mit der Eidgenossenschaft » für die beste und 
nützlichste angesehen habe. Barth. Ahorn, Püntner Aufruhr im 
Jahre 1607, hgg. v. C. Moor, Chur 1862, S. 178. 

’) Dies erklärt sich auch daraus, daß das Werk hervorgegangen 
aus jener Einleitung zu Cäsars de bello Gallien. 

*) Th. Mommsen : Die Schweiz in römischer Zeit, in Mitteil, 
d. Antiqu. Gesellsch. in Zürich. Bd. 9. S. 4. 


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darf man freilich nicht unserm Historiker aus dem 16. Jahr- 
hundert zumuten. Darin aber hatte Guillimann Hecht, daß 
er die Kenntnis jener Zustände als notwendige Voraus- 
setzung betrachtete für das volle Verständnis der histo- 
rischen Entwicklung all jener Ländergebiete, welche die 
spätere Eidgenossenschaft bildeten. Ein derartiger Versuch 
lag zwar vor in der Schilderung, welche der berühmte 
Philologe Glarean in seinen Lobgedichten über die Lage 
Helveliens gegeben hatte ')• Allein er war kurzgefaßt und 
fand von seiten Guillimanns, der dieser literarischen Größe 
zwar seine Anerkennung zollte, doch nicht volle Zustim- 
mung ä ). 

Mit diesem Überblick haben wir die Vorarbeiten ken- 
nen gelernt, auf denen Guillimann weiterbauen konnte. Die 
Chronik von Stumpf bot ihm die römischen Inschriften in 
Abbildungen. Besonderes Gewicht legte er auf die « Gallia 
comata » von der er eine Abschrift besaß *J. Auch das w Mittel- 
buch » Tschudis stand ihm zur Verfügung. Guillimann ist 
der erste, welcher es in so weitgehender Weise ansbeutete, 
und in vielen Dingen finden wir Tschudis Resultate schon 
von Guillimann verwertet und bekannt gegeben. Daß die- 
ser sein Gewährsmann ein so weitgehendes, fast unbe- 
dingtes Vertrauen nicht verdiente, hat er freilich nicht ein- 
gesehen, was ihm aber nicht zuin Vorwurf gemacht werden 
kann. 

Ausgegangen ist Guillimann, wo es ihm immer mög- 


') « Heleetiae dcscriptio et in laudatUsimnm Heteetiornm foedus 
panegyricon, » gedr. bei Adam Petri Basel 1515, ferner zusammen 
mit dem Kommentar von Oswald Mykonius bei Proben, Basel 1519, 
Thesaurus hist. Helv. I an vierter Stelle. Eine bisher un- 
bekannte geographische Beschreibung der Schweiz von Glarean ist 
im Zentralblatt für Bibliothekswesen, Jahrg. 1888, S. HO fl. abgedruckt. 

’) De rebut Hele. p. 8. 

') De rebtis Hclc. p. 67. Dies beweist auch die Vergleichung 
beider Werke in Bezug auf die abgedruckten Inschriften. Vgl. 
Mommscn. Inscriptiones Conf. Helv. lalinae i. d. Mitteil d. Anti- 
quar. Gescllsch. in Zürich. Bd. X 1854. 


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76 


lieh war. von den Quellen *). Für die römische Periode 
erscheinen die alten griechischen und römischen Geogra- 
phen und Historiker zum erstenmal in solcher Vollständig- 
keit herangezogen. Für die folgende Zeit benutzte er die 
einschlägigen mittelalterlichen Quellenschriftsteller und Do- 
kumente, soweit sie ihm zugänglich waren. Zur Vervoll- 
ständigung seiner Arbeit dienten ihm die humanistischen 
Schrifltseller, mit denen er sich kritisch auseinanderzusetzen 
liebte. 

Wenn ihm auch jetzt noch bei weitem nicht solche 
Hilfsmittel und gelehrte Freunde zu Gebote standen, wie 
seinen oben genannten Vorgängern, bot doch seine nun- 
mehrige Stellung namhafte Vorteile gegenüber derjenigen 
in Solothurn. Auf den Tagfahrten traf er mit Männern 
aus den verschiedenen Gebieten der Eidgenossenschaft zu- 
sammen, welche nicht nur die Politik ihres Ortes vertraten, 
sondern meist, auch dessen religiöse Gesinnung, Bildung und 
Sitten darstellten, mit Leuten, welche bald als schlachter- 
probte Kriegsmänner, bald als staatskluge Räte und Lenker 
ihres Standes selber ein Stück Geschichte machten. Der 
geschäftliche und persönliche Verkehr mit diesen Männern 
schärfte seinen Blick für die Eigenart eines jeden der Ge- 
meinwesen. die sich zu einem großen Bunde zusammenge- 
tan, führte ihn auch ein in das Leben und Weben der 
politischen Welt, reifte sein Verständnis für das Werden 
der politischen Geschichte. Wie groß übrigens der Wert 
persönlicher Bekanntschaften und Beziehungen für den Hi- 
storiker ist, zeigt die Geschichte unserer Wissenschaft auf 
jeden Schritt. 

Man darf wohl annehmen, Guillimann habe ebenfalls 
solchen Beziehungen seine Abschriften von erzählenden 
Quellen und Urkunden, die Kopien von Tschudi’s Nachlaß 
u. a. m. verdankt. Über Solothurn z. ß. machte ihm Staal 


') Guillimann zitiert fast immer sowohl seine Quellen wieseine 
Gewährsmänner, den Namen im Text, den Fundort am Rande. 


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J 



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Mitteilungen in einen) Briefe, den er, um seinem gelehrten 
Gönner ein Andenken zu setzen, in sein Werk aufnahm. 

Nicht wenig kamen ihm die verschiedenen Reisen zu 
statten, die er als Begleiter seines Herrn, des spanischen 
Gesandten, unternehmen konnte. Auf einer Reise ins Wallis 
kopierte er in St. Mauriz die dortigen Inschriften '). 15% 
begeisterte ihn die herrliche Gebirgswelt Appenzells in sol- 
chem Maße, daß seine natürliche Veranlagung die Unlust 
am poetischen Schaffen, die seit längerer Zeit über ihn ge- 
kommen, überwand und unter dem augenblicklichen Ein- 
druck die Verse hervorsprudeln ließ, welche den Abschnitt 
über Appenzell in seinem Werke schmükten *). Die Tag- 
fahrten nach Baden boten ihm Gelegenheit, sich in jener 
an Altertümern so reichen Gegend umzusehen. Zu Beginn 
des Jahres 1597 weilte er mehrere Wochen, wohl in Urlaub 
auf väterlichem Boden, in Freiburg. Seine Vaterstadt öffnete 
ihm die Archive und vertraute ihm ihre urkundlichen Schätze 
an, weshalb dieser Abschnitt seines Werkes auch einer der 
originalsten geworden ist 3 ). Es ist unwahrscheinlich, daß 
er in diesen Tagen nicht auch das nahe Aventikum und 
Umgebung nach Inschriften abgesucht, und die schon vor- 
handenen Abschriften mit den Denkmälern selbst verglichen 
habe. 

Unter diesen einigermaßen günstigen Umständen war 
das Werk schon im Anfang des Jahres 1597 so weit ge- 
diehen. daß Guillimann daran denken konnte, sich nach 
einem Verleger umzusehen. Immer noch hatte Johann Faber 
in Pruntrut jene Erstlingsarbeit des ehemaligen solothurni- 
schen Schulmeisters in Händen und man würde erwarten, er 
hätte ihm kurzerhand die erweiterte neue Arbeit übergeben. 
Allein Guillimann wandte sich statt dessen an die Druckerei 

*) De reh. Heb. p. 86 u. p. 157. ') Ibid. p. 389. 

’) S. das Schreiben des Rates v. 4. Januar 1613 an die Univers. 
Freiburg i. D. in Daguet's Biogr. p. 80 ss. Auch Al/onso Casnte 
kam im Februar 1597 nach Freiburg. Der Magistrat hat am SO. 
Febr. im « Jäger » ihm zu Ehren a Gesellschaft gehalten. # Cowptcs 
de tresor. A > 389, c. ß. /. scm. 1397. Staatsarchiv Freiburg. 


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in seiner Vaterstadt. Hiebei kann ihn der Gedanke gelei- 
tet haben, seiner Vaterstadt zu vergönnen, das erste wissen- 
schaftliche Werk ihres Sohnes den eidgenössischen Mit- 
ständen zu schenken. Möglich ist auch, daß man ihm dort 
günstigere Bedingungen in Aussicht stellte. Welcher Ver- 
fasser hätte übrigens nicht Bedenken getragen, die Frucht 
so vieler Heisen, ungezählter Nachtwachen '). ein Stück 
Lebenskraft, einem Drucker anzuvertrauen, der die Erfül- 
lung seiner vertraglichen Verpflichtungen Jahre lang, über 
die bestimmte Frist, hinauszögerte. 

Jetzt mußte aber Guillimann vor allem darauf bedacht 
sein, auf glimpfliche Weise jene frühere Arbeit, deren Ver- 
öffentlichung ihn, wie er selbst betont, bloß gestellt hätte, 
vom Verleger zurückzuerhalten. Faber scheint jedoch etwas 
von des Verfassers Vorhaben geahnt zu haben und wehrte 
sich mit zäher Ausdauer gegen die Rückgabe, wobei er 
sich auf den seinerzeit geschlossenen Vertrag steifte. Als 
unser Historiker alle seine Vorstellungen. Bitten, und Droh- 
ungen an Fabers Hartnäckigkeit abprallen sah, wandte er 
sich mündlich, auf Tagen in Luzern und Baden *), sowie 
schriftlich an seinen väterlichen Freund, den Stadtschreiber 
von Solothurn. Jedoch auch sein Einfluß vermochte nicht 
den Pruntruter Drucker zu erweichen *). So wandte sich 
Staat auf Guillimanns Bitte an den Bischof von Basel, Ja- 
kob Blarer von Wartensee. welcher in seiner Residenz 1592 
die Druckerei errichtet hatte. Ihm war der Buchdrucker 
auch zinspflichtig 4 ). Wenn jemand, konnte somit er Faber 
zur Rückstellung eines Manuskriptes verhalten. 


') «.... tot labores vigiliaeque » Staat an d. Bischof v. Basel 9. 
Februar 1597. 

*) Solche Tage waren zu Luzern am 18. Juni 1596, und am 96. 
Nov. 1596, zu Baden am 30. Juni 1590. Ei dg. Abgeh. Bd. 5 a. 

*) Staat versuchte durch den bischöfl. Kanzler (Nomophvlacem) 
zum Ziele zu kommen. Bf. an Guillim. v. 31. Jan. 1597, Stadtbibi. 
Sol. Ep. a Staat I. p. 950. 

*) Vautrey Hist, des 6v6ques de Bäte. Einsiedeln 1884/1886. 
II. vol. p. 174. 


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In einem Briefe vom 9. Februar 1597 führt Staal dem 
Bischof in beredten Worten aus : der Zauderer habe sein 
Versprechen nicht gehalten, indem er die Arbeit Guilli- 
manns nicht in der festgesetzten Zeit veröffentlicht habe. 
In der Zwischenzeit habe der Verfasser sein Werk derge- 
stalt verändert und vergrößert, daß es ein anderes gewor- 
den und er jene frühere unreife Frucht nicht länger als 
die seine anerkennen könnte, vielmehr dem vorbesagten 
Buchdrucker die strengste gerichtliche Verfolgung androhe, 
wenn er gegen seinen Willen und sein ausdrückliches Ver- 
bot zur Herausgabe eines solchen Werkes schreiten würde. 
Weil aber bisher weder Bitten noch Drohungen von Erfolg 
gewesen, so hoffe er nunmehr durch das Ansehen und die 
fürstliche Gewalt des Bischofs zu bewirken, daß das Kind 
seinem Erzeuger zurückgegeben werde '). Auf wiederholte 
Anfrage 4 ) erhielt endlich Staal auf Ostern 1597 vom Bi- 
schof eine Antwort, die aber nicht nach seinem Wunsch 
lautete. Der Bischof zeigte keine Neigung, die wirklichen 
oder vermeintlichen Hechte seines Untertanen hintanzu- 
setzen “). Eine Veröffentlichung war zwar nicht mehr zu 
befürchten, denn das Werklein sei in sicherem Hafen ; so- 
viel wenigstens hatte Staal erreicht. Die Rückgabe dagegen 
verweigerte der Drucker beharrlich, solange nicht seinen 
Forderungen vom Verfasser Genüge geleistet würde. Es 
hat den Anschein, als habe man in der Bischofsresidenz 
Staal sein Eintreten für Guillimann übel genommen ; denn 
in seiner Antwort an den Bischof entschuldigt er sich : 
auf Bitten seines Freundes habe er sich aus Freundschaft 
für denselben verwandt. Er wisse ja nicht, welche Beding- 
ungen die beiden einst vereinbart. Wenn sie aber seinem 
Rate folgen wollten, würden sie die Angelegenheit ohne 
Galle und Bitterkeit zum Austrag bringen. Gefährlich sei 


') Bf. v. 9. Febr. 109 7. Stadtbibi. Sol. Ep. a Staal. 1. p. ‘dC-k 
*) «..bis in eandern sententiam scriptis literia » an den Bischof, 
nicht gerechnet das Schreiben an den Kanzler. 

*) Staal an Guillim. Bf. v. 13. April 1307. Ep. a Staal 1. p.'d98. 


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es, Poeten zu verletzen : indes sollte man mit Gutgewillten 
in Güte verfahren *). Der Ausgang dieser Sache ist in 
Dunkel gehüllt. Doch war sie Ende Mai 1598 noch in der 
Schwebe *). Erst später ist Guillimann wieder in den Besitz 
seines geistigen Eigentums gelangt. 

Diese Angelegenheit hat zu Beginn des Jahres 1597 
Anlaß zu einem ziemlich regen Briefwechsel zwischen dem 
alten Stadtschreiber und seinem jungen Freunde gegeben. 
Deshalb möge an dieser Stelle diesen Zeugen einer treuen, 
edlen Freundschaft unsere Aufmerksamkeit vergönnt sein ”). 

Staal suchte seinen Schützling jenes Leid, mit dem 
die Solothurner dessen gute Dienste vergolten hatten, durch 
doppelte Liebe vergessen zu machen. Wie werden «ich die 
beiden die Hand geschüttelt haben, wenn die Tagungen in 
Luzern und Baden sie zusammenführten. So oft ein Brief 
zu einem dritten Freund wanderte, hatte der Empfänger 
zugleich einen Gruß von Guillimann an Staal oder von Staal 
an Guillimann auszurichten. Der direkte Verkehr zwischen 
ihnen ging meist durch die Hände des Schultheißen Jost 
Pfyffer *). So läßt Staal durch ihn Guillimann grüßen und 
seine Glückwünsche auf Neujahr 1597 übermitteln 6 ). Guilli- 


') « Rescribam Guilimanno nostro prima quaque oppoztunitate 
quid obsistent, quo minus nostra commendatio nostro [atnico] in 
recuperando suo opere speraturn pondus habeant. Rogatus rogara, et 
quidum amieus pro amico. N'etcio quibus conditionihus inter ipsos 
eonventum eit, sed si me consultore uti velint eo rem redigent, ut 
cilra bilem et amaritudinem transigatur. Periculosum est, poetas lae- 
dere, interea cum bonis bene agere oportebit ». Staal a. d. Bisch, v. 
Basel. Bf. v. 6. April 1597. Ep. a Staal t. p. 293. 

*) o Salutetur D. F. Guillimanus, cuius petitioni in reposcendis 
eiusdem Commentariis, diligenter satisfeci, quicuuque tandem sequa- 
tur effectus». Staal an Jost Pfyffer, Bf. v. 28. Mai 1598. Ep. a Staal II. 
p. 45. *) Bf. v. 31. Jan. 1597. Ep. a Staal i. p. 250. 

*) Schon 1595 war Hans Georg Wagner, der Sohn de» ehema- 
ligen Schulmeisters Carpentarius, als StaiUschrcihcr gefolgt. 1598 
Juni 18, Tag zu Luzern (Eidgen. Abseh.) erscheint Staal als « Alt- 
Stadtschreiber. » 

*) Bf. v. 6. F^br. 1597. Ep. a. St. I. p. 282. 


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mann beeilte sieb zu antworten. So viel uns bekannt, sind 
seine Briefe leider verloren und ihr Inhalt läßt sich nur 
aus denjenigen Staals erraten. Mit Freude vernahm dieser, 
dali bei seinem Freunde alles im alten sei, d. h. daß der- 
selbe auf den eingeschlagenen Bahnen der Freundschaft 
fortschreite und sich durch keine Veränderung der wandel- 
baren menschlichen Dinge von seiner Beligion abbringen 
lasse. Wenn auch Guillimann nicht ausdrücklich geschrie- 
ben habe, wohin seine Entrüstung ziele, habe er es doch 
zwischen den Zeilen herausgelesen. Es scheint die Gestal- 
tung der politischen Verhältnisse gewesen zu sein, welche 
dem Sekretär der spanischen Gesandtschaft Mißbehagen 
verursachte. Der Stadtschreiber selbst wußte kaum mehr, 
was von den umherschwirrenden Gerüchten zu glauben, 
was nicht. Er meint, wenn ein Liebhaber von Buhe und 
Frieden all dem Gerede und Geschreibsel, das täglich von 
Zu- oder Abneigung und Parteilichkeit ausgebreitet werde, 
sein Ohr leihen wollte, so würde er in die heftigste Auf- 
regung versetzt. Gar vieles mißfiel auch ihm und er ge- 
stand, wegen des Zustandes des « allerchristlichsten Staates » 
(Frankreich) in banger Sorge zu sein. Dann kommt die 
Sprache vom Allgemeinen auf das Besondere. Staal sucht 
Guillimann zu überzeugen, wie sehr es ihm, als Christ, 
gezieme, der Stadt, welche sich so wenig um ihn verdient 
gemacht, trotzdem das Wohlwollen, das sie ihm entzogen, 
für die Zukunft zu bewahren. Sie verdiene es nicht wegen 
des Barbarentums gewisser dickköpfiger Leute , sondern 
wegen der ewigen unwandelbaren Freundschaft, die einige 
edle Bürger für Guillimann hegen. Und es dürfe nicht die 
Undankbarkeit weniger Menschen ein Vorurteil bilden gegen 
eine so berühmte, alte und durch das Blut und die Reli- 
quien thebäischer Märtyrer geweihte Stadt '). 

Im Februar 151)7 trug sich Staal auch mit dem Ge- 
danken, die Segel einzureffen, d. h. sein Amt*) niederzu- 

') Bf. v. 31. Jan. 1597. Ep. a. St. I. p. 50. 

*) Schon 1595 war Hans Georg Wagner, der Sohn des ehema- 

6 


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legen und andern die Sorge für den Staat zu überlassen. 
Er teilt dies seinem Freunde mit, auf daß derselbe, falls 
etwa in dessen Beisein das Gespräch auf Staal sich lenke, 
ihn verteidigen könne. Dem Gerechtigkeitssinn des solothur- 
nischen Volkes schreibt er es zu. daß ein Mann wie er, 
welcher in keiner Weise um die Volksgunst gebuhlt, so 
Großes habe leisten können '). Es sieht aus, als habe Guilli- 
mann etwas allzulebhaft seine Freude bezeigt über die in 
Aussicht stehende Muße des Junkers von Staal, wie über 
dessen endlichen Entschluß, sich andere mit der Sorge um 
den undankbaren Pöbel abmühen zu lassen und fortan mit 
ihm auf dem Parnaß einem unsterblichen Namen entgegen 
zu träumen. Möglicherweise hat er zudem wieder auf die 
ihm selbst widerfahrene Unbill hingewiesen. Kurz, Staal 
entschloß sich, ihm darüber einmal ausführlicher zu ant- 
worten, selbst auf die Gefahr hin, alten Schmerz zu er- 
neuen und scharf zu werden. Er glaube für Gott, das 
Vaterland und seine Freunde in diese Welt gesetzt zu sein 
und halte es für die Pflicht eines rechten Mannes, sich den 
Zustand des Staatswesens, wie er nach seinem Ableben 
sein werde, ebensosehr angelegen sein zu lassen, wie den 
gegenwärtigen. Er halte es für einen Frevel, dem Vater- 
lande seine Dienste zu entziehen zu einer Zeit, wo die 
Obrigkeit in Besorgnis schwebe, oh dem gefahrdrohenden 
Stand der Dinge. « Ich hoffe, eine neidlose, ehrliche Nach- 
welt werde einst über unsere Pflichttreue und eifrige Sorge 
für sie, richtiger urteilen, als gewisse Zungendrescher un- 
serer Tage. Wie es in unserer, vor der Zeit geschriebenen 
Grabrede, steht, habe ich, zufrieden mit dem Kulime wahrer 
Tüchtigkeit, niemals mit den gewöhnlichen Kunstmitteln 
nach dem Gerede und Beifall der launischen Menge ge- 
hascht; das ist so klar, wie der lichte Tag. Weder dich. 


Ilgen Schulmeisters Carpentarius, als Stadtschreiber gefolgt. 1596, 
Juni 18: Tag zu Luzern (EiHgen. Abseh. Hd. V. 1. S. 40H) erscheint 
Staal als « alt-Stadtschreiber. » 

') Bf. v. 6. Febr. 1597'. Ep. a. St 1. p. 263. 


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83 


noch die andern Wackern darf es Wunder nehmen, wenn 
ich den Beifall derer, die lieber den Diskus sausen als den 
Philosophen reden hören, nicht finde. » Hierauf beschwört 
er seinen Freund aufs neue, den Groll gegen die Stadt, 
welche ihn zum glücklichen Gatten und Vater gemacht, 
fahren zu lassen. Es sei ja doch die Heimat Staals ; er 
solle nicht der unschuldigen Stadt zur Last legen, was der 
Neid und das Böotentum einiger weniger ihm zugefügt. 
Es zieme sich nicht, alle um der Schuld weniger willen zu 
verurteilen und die schließiiche Beleidigung dürfe nicht die 
frühem Gutthaten verdunkeln '). 

Als Mitte Februar der Freiburger Buchbinder*) auf 
der Durchreise nach Basel in Solothurn vorbeikam, vernahm 
Staal von ihm, daß Guillimann in seiner Vaterstadt weile, 
was er mit Verwunderung und Freude hörte. Wenn jemand 
von Freiburg auf den Solothurner Markt komme, so berich- 
tete Staal eiligst nach Freiburg, werde er demselben ein 
Bündel Briefe an Guillimann initgeben, andernfalls aber 
werde er bis zur Bückehr des Buchbinders warten, damit 
sie nicht in unsichere Hände fallen und ihrem Verfasser 
Schaden oder Gefahr bringen, da man heutigestags wohl 
Zusehen müsse, wem man sein Vertrauen schenke, indem 
die Welt voll Treulosigkeit und nirgends mehr rechte Red- 
lichkeit zu finden sei. Von den Solothurnern, welche in 
Geschäften am französischen Hofe weilen, seien gestern 
Briefe eingetroffen, welche berichten, daß man auf baldigen 
Frieden zwischen dem König und dem Herzog von Savoyen 
hoffe. Er wünsche, daß endlich unter guten und Gott ge- 
fälligen Bedingungen ein fester und dauernder Friede unter 
den Fürsten der Christenheit zu stände komme, auf daß sie 
mit vereinten Kräften dem gemeinsamen Feind, welcher an 
Deutschlands Zerstörung arbeite, (den Türken) sich entgegen 
werfen können. Zum Schlüsse bittet er Guillimann, ihre 

') Bf. v. 15. Febr. 1597. Ep. a. St. I. p. 267-369. 

') Johann Straßer, s. d. Bf. d. P. Cauisius an den Rat von 
Soloth. im Soloth. VVochenbl. 1818. S. 77. 


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84 


gemeinsamen Freunde zu grüßen, namentlich P. Petrus 
Canisius und den Schultheißen Meyer *). 

Im Jahre 1597 fanden in Luzern, Sonntag den 20. und 
Montag den 2. April, die großen Osterspiele statt. Auch 
Staal hatte die Absicht, dieselben zu sehen 5 ). Er schreibt 
deswegen an seinen Freund Guilliraann : Er hätte erst be- 
schlossen, bei ihm gastliche Herberge zu nehmen. Allein 
der verehrte Herr Schultheiß, sein lieber Verwandter, habe 
ihn so oft und inständig eingeladen, daß er, wenn er nach 
Luzern komme, es nicht wage, anderswo abzusteigen als 
bei Jost Pfyffer. Dieser habe auch das Haus seines Schwie- 
gersohnes dem Sohne Staats und dessen Familie angetragen 
und für sie herrichten lassen. Dagegen würde ihm Guilli- 
mann einen Gefallen thun, wenn er ihre weibliche Diener- 
schaft in seinem oder eines Nachbarn Hause für die Dauer 
der Osterspiele unterbringen konnte. Er möchte den Schwie- 
gersohn des Schultheißen nicht zu sehr belästigen, indem 
dies Völklein im gleichen Hause mit der Herrschaft zu- 
sammen einen allzu lebhaften Geist entfalten und die Stirne 
zu hoch tragen könnte, wie er es von seiner Gemahlin, die 
er in zwei Tagen hinschicken werde, ausführlicher verneh- 
men könne a ). 

Am gleichen Tag übergab Staal einen zweiten Brief 
an Guillimann einem Solothurner, Georg Gotthard, der die 
Osterspiele in Luzern zu sehen wünschte, zur Verwunderung 
Staals, weil derselbe ein ungebildeter Mann, kein Jünger 
der Musen, sei. Derselbe kenne in Luzern niemanden ab 


') Bf. v. 31. Febr. 1597. Ep. a. St. I. p. 371. 

*) Aus dem Briefe Staals an den Bischof von Basel (2 Apr. 
1597) geht hervor, daß auch der Bischof die Osterspiele zu besuchen 
gedachte. Fteisc/ilin II.: Die Sehuldramen am Gymnasium zu Lu- 
zern, im kath. Schweizerbl. 1885. S. 304 tf. D' Ren ic a rd- Brand- 
stetter : Die Regenz bei den Luzerner Osterspielen, im I.uzerner Kan- 
tonsschul bericht 188*5. S. B&chtold : Gesell, der deutschen Lit. i. d. 
Schweiz. Frauenfeld 1893, S. 259 ff. in den Aum. S. 57 ff. Tabelle. 
Litt. S. 67. 

*) Bf. v. 13. April 1597. Ep. a. St. 1. 298-399. 


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85 


Guillimann, durch dessen Verwendung er einen billigen und 
ordentlichen Platz zu bekommen holfe. Staal hätte ihn an 
den Stadtschreiber Renward Cysat gewiesen ; allein weil 
dieser Spielleiter sei, möge er ihn nicht plagen. Während 
Staal diese Zeilen schrieb, ritt der Oberst Ludwig Wiechser 
von Glarus 1 ), auf der Heimreise aus Frankreich begriffen, 
unter seinem Fenster vorbei. Der Solothurner Stadtschrei- 
ber war offenbar dessen Freund nicht, weder seiner Per- 
son noch der durch diese Person vertretenen Politik. Er 
meint, wenn ihn die Neugierde stechen würde, so hätte er 
sich rasch ins Gasthaus begeben, um auszuforschen was 
Wiechser bringe. Allein er habe den Herbergen und Trink- 
gelagen längst entsagt, indem er schon des öftern sich 
nicht sehr der Geneigtheit der Menschenrasse, die dort 
verkehre, zu erfreuen gehabt habe. Wahrscheinlich singe 
Wiechser, dem anderwärts umgehenden Gerede nach zu 
schließen, das alte Lied. Im Vertrauen wolle er Guillimann 
seine Befürchtungen mitteilen *). 

Wenngleich das .Mitgeteilte nur aus Bruchstücken zu- 
sammengelesen, und mangels der Gegenbriefe nicht immer 
ganz verständlich ist, gibt es uns doch einen Einblick in 
den vertraulichen Verkehr der beiden Freunde. Nichts ent- 
halten sie einander vor. Ihre Geschäfte, die Vorkomnisse 
des häuslichen Lebens, persönlicher Kummer und Mißmut, 
Wissenschaft und Politik, alles wird besprochen. Kann 
einer dem andern einen Dienst erweisen, so tliut er es mit 
Freude, um bei nächster Gelegenheit wiederum einen Freund- 
schaftsdienst zu heischen. Der vornehme, hochherzige Cha- 
rakter des Junkers von Staal, welcher der Gesinnung nicht 
weniger als der Geburt nach ein ganzer Edelmann war, 

') Derselbe cnstamrate altedlem Glarnergeschlechte ; er war 
1589 Oberst geworden über ein Regiment, das fortan seinen Namen 
führte, und hatte mit demselben 1590, im Dienste Heinrichs von 
Navarra, teilgenommen an der Schlacht bei Jvry, sowie an vielen 
Belagerungen und wurde 1596 samt seinen Nachkommen in den 
Adelsstand erhoben. Leu. Helv. Lex. Abt. 19. S. 408. 

*) Bf. v. 13. April 1597. i. p. 300. 


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tritt uns wohl nirgends unverhüllter entgegen, als in seinen 
Briefen '). 

Außer in den persönlichen Eigenschaften Guillimanns 
haben wir den Grund dieses freundschaftlichen Verkehrs 
darin zu suchen, daß der hochgebildete Staatsmann die- 
jenigen, welche an der Darstellung der Vergangenheit ihre 
Arbeitskraft erprobten, überaus liebte und schätzte. Er 
aber hatte seine Lebenkraft im « Lärm des Forums » und 
in Rechtshändeln aufgebraucht. Die erdrückenden Sorgen 
und Mühen für den Staat hatten sein Haar gebleicht und, 
wenig fehlte, ihm das Augenlicht geraubt. Er empfand dies 
Mißgeschick um so schmerzlicher, als jene Männer der 
Wissenschaft sich mit dem Ruhme eines unsterblichen Na- 
mens schmückten , während er von der Nachwelt rühmlos 
vergessen werde, wie er meinte ’). 

So mögen es gemischte Gefühle gewesen sein, mit 
denen der solothurnische Mäcen Mitte November 1598 auf 
der Tagsatzung in Baden wohl aus Jost Pfyflers Hand ein 
Buch entgegennahm *), auf dessen Titelblatt er las : « Fran- 


') Wie gewissenhaft Staat seines Amtes als Stadtschreiber ge- 
waltet hat, zeigt folgendes : Er legte sich eine grölte Sammlung von 
Stadtrechten an. 1099 war er schon im Besitze der meisten « Con- 
suetudines » der deutschen Fürstentümer, sowie einiger Reichsstädte, 
soweit dieselben gedruckt waren. Aber die sogen. Baierische Refor- 
mation hat er nicht erhallen können, « sive i Ha divulgata sit, sive 
solis conscripta Bavaria , in eorundem asservetur Nomophylaciis, 
qua quidem ratione, me sperari nec requiri deberet. Sunt euim uti 
cuique relligioni sua sacra, ita otiam cuiquc provinci® su* consuetu- 
dines, quas profanari citra eorum, quorum interest, assensum, nefas 
esset. Id quod cyo, dum ad huc pr.eessem archivis, quantumvis 
sa?pe, et quidem a maximis sollicitatus viris, neinini mortalium 
coramunicare nec volui nec debui. Ne ab aliis quidem Rerum publi- 
carum Secretariis expetenduin esse, eodem iure, arbitror. » Bf. an 
Rüeger, v. 29. März 1509. U. li. Basel. Cod. G. /. 53, fol. 25. 

’) Staat an Rüeger, Bf. v. 25. März 1600. U. B. Basel. G. I. 
53, fol. 30. 

*) Jost Pfyffer war Vertreter Luzerns auf dieser Tagsatzung 
und so wird diese Übermittelung der Anliquitates an Staat ebenfalls 
durch seine Hand geschehen sein. 


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cisci Guillimanni de rebus Helvetiorum sive Antiquitatum 
iibri V. » 

Dieses Buch Guillimanns von « Schweizerischen Sachen 
oder Antiquiteten » hatte soeben die Presse des freiburgi- 
schen Buchdruckers Wilhelm Maß verlassen. Was die 
äußere Ausstattung anbelangt, konnte es sich in seinem 
bescheidenen Gewände mit dem Werke von Stumpf nicht 
messen ; selbst hinter den weniger prunkvollen Oklavbänden 
Simmlers stand es in Bezug auf Eleganz und leichte Les- 
barkeit des Druckes zurück. Um so höher steht sein In- 
halt. Zwar hatten ihm die andern auch vorgearbeitet; den- 
noch ist Guillimanns Werk das, als was man es Staal be- 
zeichnete : etwas Neues, wie uns schon eine kurze Durch- 
sicht zeigt '). 

Das erste Buch stellt den Zustand des alten « Hel- 
vetien » vor der Eroberung durch die Römer, dann unter 
römischer Herrschaft bis zur Christianisierung dar. Das 
zweite Kapitel dieses Buches, welches die vier Gaue Hel- 
veticas gewesen seien, von denen bei Cäsar die Rede, gibt 
ihm Anlaß zu philologischen Erörterungen über den Begriff 
des Wortes « Gau » *). 

Im dritten Kapitel s ) unternimmt er es, festzuslellen, 
welches die 12 Städte gewesen seien, die von den Helve- 
tiern vor ihrem Auszug verbrannt worden, und im folgenden 
Kapitel behandelt er die andern Städte, die « von altersher 
bekannt » 4 ). Nachdem uns Guillimann einen Blick in das 
staatliche Leben der Gallier und Helvetier hat werfen lassen, 
erfahren wir etwas von ihren Taten, freilich nicht viel, 
weil der Verfasser sich nicht in Fabeln ergehen wolle, wie 
andere damalige Schriftsteller, die, sei es um Gunst oder um 
Geld, gar viel geschrieben, noch mehr erfunden haben, und 
welche in « neuerer und neuester Zeit, » von hochgebildeten 


') Wir müssen uns hier auf eine allgemeine gehaltene Bespre- 
chung beschränken, behalten uns aber vor, in einer eigenen Arbeit 
das Werk einer eingehendem kritischen Würdigung zu unterwerfen. 
*) De reb. Hdc. p. 7. f. *) lbid. p. 1«. ss. 4 ) Ibid. p. 33. eg. 


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Männern, die alles aufgreifen, was demjenigen Volke, das sie zu 
feiern unternommen, zu Huhm und Lob gereicht, für sichere 
Zeugen genommen worden seien ’). Wir müssen datier zu- 
frieden sein, an Hand der spärlichen Nachrichten der alten 
römischen Schriftsteller von den Wanderungen und Gescheh- 
nissen der umwohnenden Völkerschaften zu hören ; dagegen 
sucht Guillitnann zu beweisen, daß die Gessaten, welche in 
Italien einbrachen und sogar Rom besetzten, Helvetier ge- 
wesen seien *). Als dann die Cimbern nach Gallien kamen, 
haben sich die Tiguriner und Tuginer, verlockt von der 
reichen Beute derselben, angeschlossen. Während aber jene 
Gallien und Spanien kreuz und quer durchzogen, drangen 
letztere geradewegs nach Italien vor und vernichteten im 
Gebiete der Allobroger den Konsul L. Kassius und sein 
Heer. Diese Kriegstat vollbrachten die Helvetier ohne 
Mitwirkung der Cimbern, wie unser Autor aus Cäsar gegen 
Tacitus beweist 3 ). 

Im 7. Kapitel beschreibt der Verfasser die Kämpfe 
der Helvetier gegen Cäsar; in den folgenden acht Kapiteln 
die Zustände in Helvelien unter römischer Herrschaft und 
des Landes Bekehrung zum Christentum. Bemerkenswert 
ist. daß er die Ansicht aufstellt und verficht, der hl. Petrus 
selbst sei der erste Glaubensbote der Helvetier gewesen *). 
Kr habe den hl. Beat als Apostel des Landes eingesetzt, 
in Bezug auf den hl. Beat beruft er sich auf P. Canisius, 
der vor einigen Jahren dessen Lebensgeschichte geschrie- 
ben 6 ) hatte und hier hat die persönliche Verehrung für 
P. Canisius seiner Kritik einen Streich gespielt. 

Im zweiten Buch fürt Guillimann dem Leser die wei- 
tern Schicksale des Landes bis zum Ursprung der Freiheit 


') lbid. p. 49. *) Ibid. p. öl s. s ) lbid. p. 55. 

*) Ibid. p. 135 s. Guillimann irrt auch, wenn er behauptet 
Petrus sei je auf der britannischen Insel gewesen, dies wird vom 
Völkerapostel Paulus angenommen. 

5 ) Von dem uralten apostolischen Mann St. ßeato, ersten Pre- 
diger im Schweizerlaude. Freib. 1589. 


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der drei Waldstätte vor Augen : die Zeiten des Augnstus, 
die Kriege gegen die germanischen Völkerschaften ; die 
Geschicke der römischen Cäsaren und die innern Kämpfe 
des römischen Reiches ; das Eindringen der Alemannen in 
Helvetien, die Völkerwanderung, Galliens und Helvetiens 
Ruin und teilweise Besiedelung durch die Burgundionen ; 
dann ziehen an uns vorüber die Könige der Burgundionen. 
Es folgte die Herkunft, Ausbreitung und Talen der Franken, 
die Unterjochung der Alemannen unter fränkisches Regi- 
ment, die Lage « Helvetiens » nach der Schlacht bei Tolbia- 
cura, das salische Gesetz, die fränkischen Herrscher, die 
Wiederherstellung des burgundischen Reiches, der Unter- 
gang der burgundischen Könige, die Zähringer als Rektoren 
von Burgund, endlich die Entstehung der Schweizerfreiheit, 
das erste Bündnis der drei Waldstätte '). 

Diese beiden Bücher umfassen mehr als die Hälfte des 
ganzen Bandes. In engster Anlehnung an die Quellen- 
schrifsteller selbst, und an die damals bekannten Überreste 
aus alten Zeiten *). geht unser Geschichtschreiber seinen 
Weg. den Spuren der Besten folgend, die vor ihm ge- 
schrieben hatten ; wo ihm aber diese in die Irre zu gehen 
scheinen, verläßt er ihre Pfade, ohne Rücksicht auf Alter 
und Namen und bahnt sich selbst den Weg durch scharf- 
sinnige, oft allzu spitzfindige Untersuchungen und Inter- 
pretationen *). Manche Kapitel sind deshalb eher philolo- 
gisch- oder historisch-kritische Untersuchungen zu nennen, 
als Geschichtsdarstellungen 4 ). Es durchzieht ein lehrhaft 
kritischer Ton das ganze Werk. 

Während Simmler und noch mehr Stumpf, in erzäh- 
lendem Ton den Leser unterhalten, sucht Guillimann durch 
Beweisen und Erörtern uns zu überzeugen. Er wendet sich 


') lbid. p. 289 ss. 

*) d. h. die Inschriften, Urkunden. Grabschriften u. s. w. 

3 ) z. B. über Tacitus, p. 55. 

*) z. B. lib. I. capp. I, II, III, IV. V, X, lib. II, capp III. 
VIII, XV, XVI, u. a. 


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lediglich an die gebildete Welt. Dem entspricht sein Stil, 
der gedrängt und gedankenreich nicht bloß auf schmückende 
Wendungen und Wörter verzichtet, sondern oft statt eines 
ganzen Satzes ein einziges Wort hinwirft, deshalb stellen- 
weise hart und schwer verständlich wird. Oft auch gibt 
ihm eine kleine Polemik Anlaß, kritische Grundsätze aus- 
zusprechen oft veranlaßt ihn der Gegenstand zur Reflexion 
und zu Vergleichen mit der Gegenwart *). Stumpf und 
Simmler erzählen, Guillimann lehrt. 

Die gleichen Eigenschaften zeichnen die folgenden 
Bücher aus. Im dritten Buch werden die XIII Orte der 
Reihe nach beschrieben, Lage, Zustände, Bewohner und 
staatliche Entwicklung bis zum Eintritt in den Bund. Ob- 
wohl Guillimann mit kritischem Blick die Fabeln, welche 
die Urgeschichte dieser Gemeinwesen verschleierten, zu 
durchdringen sucht, verliert er sich doch selbst im Dunkel 
grauer Vorzeit in haltlose Hypothesen, die aber immerhin 
das Ergebnis mühsamer Quellenstudien und Interpretationen 
alter Schrifsteller sind *). 

Zum erstenmal linden wir hier eine Anzahl wertvoller 
Urkunden aus Uri, Schwyz und Unterwalden auch aus 

') p. 40. Nachdem er die Fabuliersucht anderer getadelt hat, 
fährt er fort: « Hoc tantura, meo labore relicturus, qund scriptoribus 
antiqua tide, et auctoritate traditum comperero, et ralioni, iudicioque 
consentaneum, cetera procui habiturus, etc. » 

’) p. 81. « lila prisca Francorum pietas, et religio fuit. At 

nunc, o tenipora o mores. Sexcenta sunt alia, etc.» Wie sehr sich 
Guillimann als Deutscher fühlte, geht aus folgenden Worten 
(p. 81/82) hervor: «Sed et nostri homines Germanien modo docti, et 
educti, etiam ignavissimi (!) quique et omni humaniori cultu ex- 
pertes, si in Galliam militatum abierint, tan tum non stalirn liriguam 
Gallicam imbibunt, sed etiam mores, et primo corruptissimos citius 
quam necesse, aut bonura »it. Nescio enim quam facilis sit ex Ger- 
manico in qwmcumque germonem, transilns et ileclinatio, regrVMus 
veto asperrimua. » Diese letztere Beobachtung ist auch heute noch 
überall zu machen. 

’) So, wenn er beweisen will, daß die Urner von den Tauris- 
kern abstammen (p. 312 ff.). 

') Diese sind höchstwahrscheinlich dem «Milteibuch» Tschu- 


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Freiburgs Archiv, veröffentlicht. Die übrigen urkundlichen 
Schätze waren ihm noch verschlossen. Die Entstehung der 
Freiheitsbünde hat er noch in den Rahmen des zweiten 
Buches aufgenommen. Während Guillimann endlich den 
Mut gefunden hat, alle die Sagen, welche die Gründung 
der Städte Zürich ') und Solothurn ") ins graue Altertum 
hinaufrücken, endgültig abzuthun, ebenso die Verjagung 
des Adels aus den Waldstätten in den Jahren 1260-1277 
ins Reich der Sage zu weisen"), folgt er in der Darstellung 
der Befreiungsgeschichte dem sogenannten Mittelbuch Tschu- 
dis. Nicht, daß er diesen angeblichen Ereignissen eine 
solche wesentliche Bedeutung beimessen würde, wie es die 
urschweizerischen Chroniken von Ruß, Etterlin, besonders 
aber das « weiße Buch » gethan '). Er erkannte zu wohl, 
daß die Befreiung der Waldstätte das Ergebnis langer Ent- 
wicklung ist, deren treibende Kräfte einerseits allmälige 
Ablösung von den geistlichen Grundherrschaften durch 
Kauf oder auf andere Weise , anderseits Privilegien 
waren, welche eine Entfremdung vom Reiche durch Tausch 
oder Verkauf an weltliche Grundherren verhindern sollten. 
Der springende Punkt liegt nach Guillimanns Ansicht in 
der Beseitigung fremder Gerichtsbarkeit ; deshalb erklärt 
er geradezu König Rudolf I. als wahren Begründer der 
Schweizerfreiheit 8 ), weil er 1291 den Freien im Tale Schwyz 


dis entnommen. Beweis: In der Urkunde Friedrichs II. an die 

Schwyzer hatte die Tschudische Abschrift einen Schreibfehler, der 
auch in die gedruckte Ausgabe des Chronikon Helv. übergegangen 
ist; derselbe ist sinnstörend : « rin ad nos conversione » statt « rra ad 
nos ». Diesen Fehler, es ist nur Mißkennung einer paleogr. Abkür- 
zung, hat auch der Text der Urkunde in den Antiquitales p. 292. 
Diese Urkunde ist also Tschudis Mittel buch entnommen, und ebenso 
die übrigen Urkunden, die Guillimann bringt, mit Ausnahme der 
freiburgischen. 

’) p. 343. f. ») p. 375 f. •) p. 294. 

*) Dagnci (biogr. p. 38) irrte, wenn er glaubte, Guillimann 
habe die Chroniken von Ruß, Etterlin und Schodeler nicht gekannt. 
In seinen Auttriaca, Hdschr. d. Haus-, Hof- u. Staatsarch. in Wien 
erscheinen sie wiederholt zitiert. *) p. 294. 


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die Zusicherung gab, es dürfe nie ein Unfreier, d. i. ein 
Angehöriger einer fremden im Tal begüterten Grundherr- 
schafl. ihnen zum Richter gesetzt werden. Diese freilich 
zu weit gehende Äußerung ist überaus bezeichnend für 
seine Auffassung'). Es folgt die Schilderung, wie Albrecht 
mit List den Stiften ihre Vogteien ahgezwungen und die 
Grundrechte abgekauft, um in jenen Gegenden seine Haus- 
macht zur Alleinherrschaft zu bringen. An dem Widerstand 
der drei Länder scheiterte sein Plan. Weil diese seinen 
Abgesandten erklärten, sie seien Glieder des Reiches, sie 
können sich demselben nicht entfremden lassen und sich 
der Macht des Hauses Habsburg unterstellen, schickte Al- 
brecht den Ländern, weil sie soviel auf dein Reiche hielten, 
von des Reiches wegen Vögte, die aber seine Werkzeuge 
waren , um die Widerspenstigen gefügig zu machen *). 
Hierauf erzählt uns der Verfasser die allbekannten Sagen 
von den Vögten ziemlich getreu nach Tschudis Mittelbuch. 
Durch die Antiquitates wurden also weitere Kreise zum 
ersten mal mit der Fassung und Datierung Tschudis be- 
kannt*). Der Tellgeschichle fügt Guillimann einen neuen 
Zug hiezu ; er gibt ßürglen als Heimaisort Teils an 4 ). 

Damit hat Guillimann, seinem Führer blindlings fol- 
gend, den festen Boden der geschichtlichen Wahrheit, auf 
dem er bisher stand, verlassen. Aber er hat auch das Ver- 
dienst. der erste zu sein, der seine Überzeugung von der 
Unhaltbarkeit der Überlieferung ausgesprochen hat ; aller- 
dings erst mehrere Jahre später und nur sozusagen einem 
guten Freund ins Ohr*). Wie hätte er es damals auch 


') Auch Schulte hier St. Gotthard und die Habsburger, i. d. 
«Kultur» 1. Jahrg. 1899/1900, S. 171) erblickt in der Verhinderung 
des Beamtenstaates den Kerngedanken der ersten Hunde. *) p. 297. 

*) Und zwar mit dem ersten Entwürfe Tschudis, der sich jetzt 
auf der Zürcher Stadtbiblioth. findet, wie die Datierung beweist. 
Vgl. das gedr. Bruchstück tc. H. Wattelet) im Archio f. Schweiz. 
Gesch. Bd. 19. (1874) S. »17. Cf. 

4 ) IV. Visclter : Die Sagen von der Befreiung der Waldstätte 
nach ihrer allmählichen Ausbildung, Leipzig 1803. 

*) Bf. an Goldast v. 27. März 1607. 


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wagen dürfen, im Dienste der spanischen Linie des Hau- 
ses Habsburg stehend, die als unumstößliche Tatsachen 
geltenden Überlieferungen vor aller Welt in Zweifel zu 
ziehen ! Welches Ungewitter hätte er, der mit Casale oft 
nach Alldorf kam, über sich heraufbeschworen, wenn noch 
mehr als anderthalb Jahrhunderte später das Schriftchen 
des Pfarrers Uricl Freudenberger : <i Der Wilhelm Teil ein 
dänisches Märchen, » zu Altdorf auf öffentlichem Platze 
vom Henker verbrannt wurde ! 

Das vierte Buch beschreibt die Herkunft, die Wohn- 
sitze. Zustände und die Verfassung der Zugewandten, als 
da sind : Abt und Stadt von St. Gallen, die drei Bünde, 
Wallis und die Städte Hottweil, Biel und Mühlhausen. 

Das fünfte Buch handelt von den Bündnissen und Ver- 
bündeten ; von der österreichischen Grbeinung, den Bünd- 
nissen mit Mailand und Savoyen, der ewigen Dichtung mit 
der Krone von Frankreich. Die Bündnisse mit dem hl. 
Stuhl, den Kaisern, den Königen von England und Ungarn, 
den Herzogen von Württemberg, Florenz, Burgund, den 
Bischöfen und Städten von Konstanz, Straßburg, Basel und 
andern liegen außer dem Rahmen des Werkes '). 

« Doch wuchs mir ein Buch unter den Händen, von 
der alten Tapferkeit, von Sitten, Reden und Thaten der 
Schweizer, des Andenkens wert, in welchem nebst anderen 
die meisten Bündnisse nach ihrem Wesen, Wert und gegen- 
seitigen Verhältnis zur Sprache kommen, wenn anders dies 
Buch trotz der herrschenden traurigen Zustände in Leben 
und Wissenschaft, aus meiner Hand kommt. 

Bis dahin fromme es, daß wenigstens die Altertümer 
der Helvetier erforscht, veröffentlicht und zu einem Ziele 
geführt sind. » Mit diesen Worten schließt Guillimann sein 
Werk. 

Es waren in der Tat schon Vorarbeiten zur Weiter- 
führung desselben bis zum Ende des IG. Jahrhunderts vor- 


') p. 457. 


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handen. Auf uns ist aber davon nur ein armseliger Über- 
rest gekommen, kurzgefaßte Annalen, welche Jahr für Jahr 
die wichtigsten Ereignisse in der alten Eidgenossenschaft 
und, sofern es von Interesse und Wichtigkeit, auch in den 
Nachbarländern, verzeichnen '). 

Noch in dem Schreiben an den Rat von Luzern spricht 
er die Hoffnung aus, in Bälde auch « den andern Teil » in 
Druck zu sehen ; freilich fügt er vorsichtig bei : « Wan 
aber mt were, wird ich mir doch verniegen, wo ich andere 
hochgelehrte und verständige Leut hiemit anreitzen und 
Ursach geben wird, daß sie dasselbig in gleicher Matery, 
so sie vor vil Jaren mit großer Geschickligkeit und Erfar- 
nuß, mehr Fug und Commoditet, Zeit und Gelegenheit zu- 
samrnengelesen und vielleicht in ein Werk gebracht, auch 
trucken laßen und gleichfalls gemein und der Welt bekannt 
machen ». 

Die Ahnung, welche in den Schlußworten durchklingt, 
sollte sich leider erwahren. Die Aufnahme der Antiquitates 
und die Hinneigung des Verfassers zu andern Arbeiten in 
eigentümlicher Wechselwirkung von seinen Lebenschicksalen 
beeinflußt und hinwider diese beeinflussend entfremdeten 
Guillimann mehr und mehr dieser Aufgabe. 


9 « F. Guillimanni Chronicon ab 1313-1385», Handschrift. 
Cod. 436. Stiftsbibi. Einsiedel». Eine Notiz auf dem ersten Blatt 
besagt, daß P. Christoph Hartman» aus dieser « Chronik » vieles 
wörtlich in seine Annalen aufgenoinmen habe. 


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III. 

Aufnahme der „ Antiquitates “ und Erweiterung des 
Freundeskreises ; erste Annäherung an Habsburg- 
Österreich ; die „Apostolica.“ 

Staal fand, wie er selbst schreibt, in Baden keine 
Zeit, das erhaltene Werk Guillimanns sofort zu lesen. Er 
holfle auch bald wieder in den Besitz einiger Exemplare zu 
gelangen und so verpackte er die « Antiquitates » auf der 
Stelle und übergab sie dem Gesandten von Schallhausen, 
Georg Müder. Dieser halte das Buch dem mit Staal be- 
freundeten ersten Frühprediger am Schalfhauser Münster, 
Johannes Jakob Büeger, zu überbringen, welcher es ihrem 
gemeinsamen Freund Georg von Werdenstein als einstweiliges 
Gegengeschenk für so viele von ihm erhaltene Bücher, über- 
senden sollte 1 ). Büeger war vielseitig gebildet : als Botaniker, 
Mathematiker und Astronom war er tätig, vor allem aber 
ein eifriger Sammler von Münzen und andern Antiquitäten. 
Schon mehrfach hatte er sich in kleinern genealogischen 
Arbeiten versucht und 1595 eine Übersicht über die Welt- 
geschichte erscheinen lassen. 1596 hatte er den Auftrag 
bekommen, das Archiv des Klosters Allerheiligen zu ordnen 
und zu registrieren, was Anlaß gab zur Entstehung seines 
Hauptwerkes, die Chronik der Stadt und Landschaft Schaff- 
hausen *). 


') « Quod unum in tanta tem poris angustia lieuit, oblatum 
mihi ibidem fscil. Badae] nec lectum Guiiimanni nostri de rebus 
Helvetiornm tractatuin (uti rem novam et insolita m) pro tot acceptis 
munusculis antidori loco, pro tempore, communi nostro amico Do- 
mino a Werdenatein tua opera transmittere volui, arbitratus meipsum 
simul ac te (cum hisce in partibus exemplaria prostent. quavis occa- 
»ione tale opus recuperare posse). i> Bf. v. 8. Dez. 1598. Unicers. 
Bibi. Basel. Cod. G. I 53 f. 95 . 

’) S. Bächtold. Einleitung zu Rüegers Chronik, I. Rüegers 

Leben. 


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Schon hatte auch der berühmte Augsburger Magistrat 
Markus Welser, dessen eigenes Werk über die Augsbur- 
gischen Altertümer vor kurzem in Venedig erschienen war. 
dem Verfasser der schweizerischen Altertümer nachgefragt. 
Rüeger wandte sich an Staal um Einzelheiten über Guilli- 
manns Person, welche nicht lange auf sich warten ließen, 
damit er den begierig darnach verlangenden Welser be- 
friedigen könne '). Letzterer wünschte übrigens auch mit 
Staal in Verbindung zu treten, weil er sich davon einen 
Vorteil versprach, eine Freundschaft, die Junker Staal mit 
Freuden einging; denn bei einem solch bedeutenden Manne 
in Gunst zu stehen, galt ihm für ehrenvoll. 

Staal war doch etwas zu voreilig gewesen, als er 
jenes erste Exemplar ins Reich hinaus verschickte, denn 
es dauerte ziemlich lange, bis er sich in der Lage sah, 
dem Verlangen Rüegers zu entsprechen, das Werk des neu 
aufgehenden Gestirnes genauer kennen zu lernen. Beim 
Solothurner Buchhändler war keines erhältlich : ein Exem- 
plar, welches der freiburgische Venner Lamberger als Ge- 
schenk an Staal schickte, trug dessen Namen und Buch- 
zeichen *). Erst Ende März 1599 fand sich ein Bote, der 
das Werk von Freiburg her mitnahm. Hätte derselbe nur 
warten können, bis das Buch in Freiburg in Leder gebunden 
und mit Goldschmuck verziert gewesen wäre, hätte es Staal 
in einem der Rüeger’schen Bibliothek würdigen Zustand 
seinem Freunde geschenkt ; allein der Bote mußte gleich 
nach Solothurn zurückkehren und deshalb mußte Rüeger 
den Fremdling in schlichtem Gewände aufnehmen s ) ; doch 
der ward ihm gar bald ein lieber Freund und Lehrer. 

Während Guillimanns Werk hinauswanderte in die 
Stuben der Gelehrten, in die Ratssäle der Regierungen, in 
die Hände der Gebildeten, nicht bloß in der Eidgenossen- 
schaft, sondern auch jenseits ihrer Grenzen, traten Ereig- 


') Staal an Rüeger. Bf. v. 8. Dez. 1598. a. a. O. 

’) Staal an Rüeger. Bf v. 2. März. a. a. O. f. 24. 

’) Staal an Riiege.. Bf. v. 29. März 1599. a. a. O. f. 25. 



D igitiz edjjiüflögle 


97 


nisse ein, die für den Verfasser von höchster Bedeutung 
geworden sind, weil sie seine Studien und sein Streben in 
eine Richtung lenkten, welche ihn der Eidgenossenschaft 
entfremden mulite und schließlich in den Dienst Österreichs 
führte. Wir müssen sie an dieser Stelle berücksichtigen. 

Kardinal Erzherzog Albrecht von Österreich, ein Bru- 
der des Kaisers Rudolf II., war 1595 von Philipp II. von 
Spanien zum Statthalter der Niederlande ernannt worden. 
Im Alter von 40 Jahren legte er mit päpstlicher Dispens den 
Kardinalspurpur nieder und vermählte sich mit der spani- 
schen Infantin Klara Isabella. Philipp II., nicht im Stande 
des niederländischen Aufstandes Herr zu werden, hatte die 
nördlichen Niederlande, falls sie wieder zu gewinnen seien, 
seiner Tochter zum Brautscliatz bestimmt, um so ein un- 
abhängiges Königreich der Niederlande zu stiften. 1598 
fand zu Ferrara die Trauung durch Prokuration statt. Zu 
Ende des Jahres reiste der Erzherzog selbst nach Mailand, 
um seine Braut zu empfangen und von da nach den Nie- 
derlanden zu geleiten. In Mailand wurden großartige Fest- 
lichkeiten vorbereitet. Um denselben beizuwohnen, so wie 
um Geschäfte zu erledigen, reiste Alfons Casate, Ende No- 
vember oder anfangs Dezember 1598 nach Mailand. Auf 
dieser Reise begleitete ihn sein Sekretär '). Guillimann 
begann, wir wissen nicht ob aus eigenem Antrieb oder 
ermuntert von Casate, im Sattel sitzend, inmitten der Fähr- 
lichkeiten und Schrecknisse einer wilden winterlichen Ge- 
birgswelt, belästigt von Wind, Regen und Schnee, drei 
lateinische Lobgesänge auf Albrecht und seine Braut zu 
dichten. Diese panegyrische Dichtung überreichte Guilli- 
mann dem Erzherzog im Februar 1599. Albrecht nahm 
dieselbe huldvoll entgegen, so wenigstens schien es dem 
Verfasser. 


') Allgem. deutsche Biographie. Bd. I. S. 290 ff. — « |(iuilli- 
manus] si quid iudico, utia cum preedicto Oratore, vel petiit, vel 
iamiam petit Mediolanum, ut novse regirue sive nuptre «ponsalitiis. 
qua; ibdem Regia poiupa adparari dicuntur, interesse possit ». Staal 
an Rüeger, Bf. v. 8. Dez. 1598, a. a. O. f. 23. 

7 


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98 


Erst im Juli 1599 röstete sich der Erzherzog zum 
Aufbruch nach seiner Residenz Brüssel. Mit Erlaubnis der 
übrigen mit Spanien verbündeten Orte batte Luzern den 
Erzherzog eingeladen, den Weg dahin duich die Lande der 
Eidgenossen zu nehmen, ein Angebot, dem der Fürst ent- 
sprach. Alfons Casate der inzwischen nach Luzern zurück- 
gekehrt war, ritt ihm bis an die mailändische Grenze entge- 
gen und geleitete das fürstliche Paar nach Flüelen. Daselbst 
harrte ihrer sein eigenes Schiff, daraufhin « mit vielen 
schönen seidenen fliegenden Fahnen vertapeziert. wohlge- 
ziert und bedeckt *» '). 

Es war am Abend des 2. August, als man das fürst- 
liche Schilf in Begleitung anderer Fahrzeuge sich der Stadt 
Luzern nähern sah. In einem prächtig mit « Tapeten und 
anderem» gezierten Schiff, über dem das seidene, mit Fran- 
sen verzierte Sladtbanner flatterte, fuhren eine Anzahl Bais- 
herren samt Weibel, Stadttrompetern und Batsdienern den 
hohen Gästen entgegen. Vier andere große Schilfe führten 
hundert Musketenschülzen hinaus. Als man die Schilfe der 
Gäste fast erreicht, « haben die Schützen die erste Salve 
geschossen » ’). t'nler dem Donner der großen Geschütze 
landeten die Schilfe. I nter einem schönen Triumphbogen 
hindurch, « in der Stadt kosten uffgericht. » herrlich geziert 
mit Gemäld, Epitaphien, Lobsprücheln und dergleichen *) — 
eine der Inschriften hat Guillimann verfaßt 4 ) — hielt das 

') « Substanzliche Verzeichnis mit was Oeremonien und Solen- 
nität der Durchlauchtigst Hochgobohren Fürst-Erzherzog Albrecht von 
Oesterreich samt siner Gemahl Isabelia der Königin von Hispauien 
heraus von Mailand nachher Luzern in der Eidgenossenschaft empfan- 
gen und geehrt worden. Monse Augusto anno 1599». (Aus Cysats 
ungedruckten Manuskripten) abge lr. im Unterhaltungsblalt z. Luzer- 
ner Eidgenossen Jg. 1872 (12! S. IW (f. Ferner « Formula wie Erz- 
herzog Albrecht von Österreich zu Luzern empfangen worden, anno 
1599 ». Staatsarchiv Lusern. 

*) Substuns. Vers. J ) Formula. *) Dieselbe lautet: 

1 . 

Qui novus Hesperio digressus ab orbe maritus 

Hic ades, e lauro serla parata capc. 




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99 


Fürstenpaar seinen Einzug in die festlich geschmückte Stadt. 
Besonders reich mit Kränzen, Laub und Wappen verziert 
war der « Freiehof » . Denn der Gesandte hatte Familie 
und Gesinde in einem andern Hause untergebracht und 
seine Wohnung den fürstlichen Gästen eingeräumt '). 

Am folgenden Tag fand ein feierlicher Gottesdienst 
statt, und hierauf zeigten die Stadtväter ihren Gästen die 
Merkwürdigkeiten von Luzern. Auch « haben die beide 
Ambassadoren von Hispanien und Savev Ihr fl. Durchlaucht 
alle zeyt uli, derwyllen sy da still gelegen, flyssig gedient, 
ja auch mit vil kostens, sonderlich aber und voruß der von 
Hispanien, der neben anderem Ihren fl. Durchlaucht herr- 
liche Present von Gewild » gemacht hat. Welche Holle 


Aurea serta novi decorabant tempora sponsi, 

Ornant victricem laurea serta eomain. 

O vireat terris semper tua didita fama 
Et vigeant san[c]ti foedera coniugii ! 

2 . 

Intentas viden’ut percurrit polliee chordas, 

Gratani concilians auribus harmoniam ? 

Una hine si pereat cborda, aut tendatur inepte. 

Inserit illa omnis funditus harmonia. 

Sic, si composita» nerven tu r foedera pacis, 

Grande bonuni pariunt, grande soluta nialum. 

3 . 

Arctis impliciti inter sese nexibus angues 
Pestiferum ta_*tro virus ab ore vomunt. 

Hos necat aetherea lapsus Jovis armiger aula, 

Et rapit iniecto Helgicus ore leo. 

His etiam armatur nodoso stipite dextrum. 

Contundit crebris ictibus ora gvgas. 

4 . 

Quid color hic la>tis notat? et color iste cruoris ? 

Ille nivem aequiparans, aemulus iste ross»? 

Ille animos lenes color indicat, atque benignos: 
Terribiles animos hostibus ille notat. 

Parcere subiectis, et debellare superbos, 

Olim Romanis, nunc proprium Austriacis. 
Staatsurchie Lusern Akten : Spanische Gesandscbaft. 
') Form nla. 


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100 


hiebei Guillimann als Sekretär Casates zufiel, wird uns nicht 
berichtet. Er dürfte indes während dieses kurzen Aufent- 
haltes kaum Gelegenheit gefunden haben, sich dem Erzher- 
zog abermals zu nähern. Am Nachmittag des 5. August 
nämlich, zog Albrecht mit der Infantin zu den Toren der 
gastlichen Stadt hinaus gegen Sursee. wo die Oberen von 
Luzern bereits alle Anordnungen zur Nächtigung des Ge- 
folges getroffen '). Luzern legte sein Festkleid ab. Verhallt 
war der Donner der Geschütze, verrauscht der Jubel der 
festlichen Tage und auch bald vergessen. 

An Guillimann aber ging diese Festlichkeit nicht spur- 
los vorüber ; seine Sympathien für das Haus Habsburg waren 
durch die großartige Huldigung der katholischen Eidgenos- 
senschaft mächtig gestärkt worden und wohl diese Tage 
mögen in ihm den Entschluß zur Reife gebracht haben, 
seine Arbeitskraft der Geschichte des von ihm so bewun- 
derten und verehrten Hauses zuzuwenden. 

Zwar dürften ihm gerade diese Tage auch einige Ent- 
täuschung gebracht haben. Für die Tätigkeit, welche er 
1595 im Interesse der Freigrafschaft Burgund, somit des 
Erzherzogs, der in eben diesem Jahre die Regentschaft der 
Niederlande antrat, entfallet halte *), glaubte er auf einige 
Anerkennung hoffen zu können, nachdem er sich dem Re- 
genten zu Mailand mit seinem Poöm ins Gedächtnis ge- 
schrieben. Allein diese Erwartung wurde nicht erfüllt, sei 
es, weil Albrecht im Strudel der Festlichkeiten seiner ver- 


’) S ii bst. Verieichn. 

*) «Aliquot preterierunt anni cum in rebus Comitatus Burgun- 
dise, et aliis negociis, qu* se in bis Helvetiorum parlibus obtulerunt 
pro servitio su® Allitudinis Serenissim® cam dedi et pr®stiti ubiquc 
operam, licet haetenus absque ulla omnino compensatione » etc. Guil- 
limann an ungenannte Persönlichkeit in Albreclits Li mgebung (vielt. 
Giromus) Bf. vorn September oder Oktober 1539. St. A. J. /. 8 a '/,. 
Am 25. Juni 1595 kam der Einfall Heinrichs IV. in die Kreigraf- 
schafl abermals zu Baden zur Sprache Kidg. A bsc/i . Bd. s. S. 878. 
Es ist möglich, daß in dieser Angelegenheit Guillimann die hier 
erwähnten guten Dienste leistete. 


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101 


gaß. sei es, weil er die Absicht des um seine Gunst Wer- 
benden nicht merkte oder nicht merken wollte. 

Guillimann begann bereits Zweifel zu hegen, ob seine 
drei Panegyriken dem ernsten, Schmeicheleien abgeneigten 
Pürsten überhaupt gefallen. Er muß diese Befürchtung 
seinem Herrn, Alfons Casate, mitgeteilt haben. Auf dessen 
Rat und Geheiß ging er endlich auf die Anregung ein, 
welche der ordentliche Gesandte der Freigrafschaft, Scudier 
Benoit, gemacht hatte : Er verfaßte eine Bittschrift an den 
Erzherzog, um die Begünstigungen, welcher sich die Bürger 
von Freiburg in Betreff des Salzbezuges aus dep burgun- 
dischen Salinen erfreuten, auch für seine Person auszuwir- 
ken. Dieses Gesuch sandte er, zugleich mit einem gedruckten 
Exemplar seiner Panegyriken an den Hof in Brüssel, und 
zwar an eine hochgestellte Persönlichkeit mit der Bitte, 
dieselbe möge beim Fürsten für ihn ihre Fürsprache einle- 
gen '). Für allfällige Mängel an seinen Lobgesängen führt 
Guillimann als Entschuldigung an, daß sie auf der Reise 
entstanden seien. So dürfe sie kein billiger Beurteilersei- 
ner Zudringlichkeit und absichtlicher Mache auf Rechnung 
schreiben, sondern müsse sie betrachten wie einen Apfel 
vom nächsten Baume gepflückt und dargeboten, oder einen 
Trunk Wasser, mit hohler Hand aus dem nächsten Brunnen 
geschöpft, was doch, wie die Alten erzählen, großen Köni- 
gen und Fürsten angenehmer gewesen sei. als Gemmen 
und Margariten. Wenn er nun dem Fürsten wegen der 
Panegyriken mit Recht als Schmeichler erschienen sei, so 
habe er vor, ihm durch ein monumentales Werk seine auf- 
richtige Ergebenheit zu beweisen *). Allein das Bittgesuch, 
noch 1599 abgeschickt, zeitigte keinen Erfolg"). Dennoch 


') Vielleicht Ferdinand Gironius, eine Persönlichkeit, von der 
wir aus dem uns zur Verfügung stehenden Material kaum mehr als 
den Namen erfahren. 

') An den Erzherzog selbst richtete er ein französisches Schrei- 
ben. St. A. J. Cod. 138. I.f. 7. 

’) Noch 1611 mußte Guillimann sein Bittgesuch von 1599 
wiederholen, weil es bislang keine Berücksichtigung gefunden. 


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102 


führte Guillimann sein Vorhaben, das er soeben angedeutet, 
durch. 

Die Enttäuschung, welche unserem Geschichtschreiber 
die Aufnahme seines Werkes in der Eidgenossenschaft 
brachte, war nicht dazu angetan ,* ihn von der nunmehr 
eingeschlagenen Bahn abzubringen. 

Gewiß, die Antiquitates hatten ihre Mängel. Der Ver- 
fasser selbst fühlte dies wohl und forderte es von seinen 
Freunden geradezu als Zeichen ihrer guten Gesinnung, ihn 
auf die Schwächen seines Werkes aufmerksam zu machen. 
Schon im November 1Ö90 halte Rüeger Guillimanns Buch 
durchstudiert und sein Urteil darüber Staal brieflich mitge- 
teilt. Leider kennen wir dasselbe nicht im Wortlaut. Wir 
müssen uns mit den paar Andeutungen bescheiden, welche 
Staals Antwort enthält. Dieser entgegnet nämlich dem von 
verschiedenen Seiten erhobenen Vorwurfe, Guillimann habe 
vor der Herausgabe seine Freunde zu wenig zu Rate gezo- 
gen : Er zweifle nicht, daß Guillimann bei der Lauterkeit 
seiner Gesinnung, dies von Herzen gern getan hätte, wenn 
ihm nur der Zutritt zu Männern, deren Rat und Einsicht 
seinem Werke zu Nutz und Frommen gereichen konnte, 
olfen gewesen wäre. Allein was jetzt daran zu bessern, zu 
ändern, zu mehren sei, könne geschehen bei einer zweiten 
und dritten Auflage, wenn der Verfasser durch hinreichende 
Gründe und genügenden Stoff in freundlicher und wissen- 
schaftlicher Weise von Gelehrten und Freunden zu einer 
Überarbeitung veranlaßt werde. Wer Geschichte schreibe 
und neue Häuser, zumal an öffentlichen Wegen, baue, könne 
unmöglich alles dermaßen absehen, daß er nicht die ver- 
schiedensten Urteile und manchen Tadel sich müsse gefal- 
len lassen '). 


*) « Quod de Guilimanno nostro scribis, ipsum ante su® histo- 
riffi editionem amicos consulere debuisse, ab aliis eliam quibusdam 
dictum mihi fuit. Nee dubito, quo est candore, quin id fecit et 
libentissime, si quin ei aditum ad tales viros patefectisset, quorum 
consilio et experientia opus suum illustrare ae dolare potuisset. Sed 
deuterai phrontides syphoterai. Si quid addendum, demendum, aut 


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103 


In den Augen des Augsburger Mäcens, Markus Welser, 
batten die Antiquitates (inade gefunden und ihn veranlaßt 
mit deren Verfasser in nähere Bekanntschaft zu treten. 
Durch Rüeger schickte er Ende 1599 Briefe an Guillimann 
und Staal. welch letzterer seinem Freund in Schaffhausen 
dafür nicht genug danken konnte. 

Weniger Anklang als jenseits des Rheines fanden die 
« Schweizerischen Sachen » bei denen, welche sie zumeist 
angingen. Das Buch erfuhr die verschiedenste Beurteilung 
und manchen Tadel. Es scheint, daß die Kritiker und Nör- 
geler ihre Arbeit schon damals mit Vorliebe mündlich getan 
haben. So sind wir nicht im Stande, ihre Vorwürfe zu 
präzisieren und zu würdigen. Greifbar sowol an Anerken- 
nung wie an Tadel ist nur weniges. 

Guillimanns Vaterstadt, Freiburg, erwies sich aner- 
kennend und freigebig ; sie verehrte dem Verfasser 20 Weiß- 
thaler'). Nicht so Solothurn, wo man dem Verfasser nicht 
wenig grollte, «laß er es gewagt hatte, die Stadt ihres 
ehrwürdigen Alters zu entkleiden ; umsomehr, als man in- 
folge von Vorkommnissen, die kaum vier Jahre zurücklagen, 
etwas wie persönliche Hache wittern mochte. Wie früher 
bemerkt, hatte Staal seinem Freunde brieflich mitgeteilt, 
was seine Ansicht über die geschichtliche Entwicklung von 
Solothurn war s ). Guillimann, in der ehrlichen Absicht, 
seinem väterlichen Gönner eine ganz besondere Aufmerk- 
samkeit zu erweisen, druckte den Brief ab. Das machte 
in gewissen Kreisen böses Blut ; Herabsetzung des vielver- 
dienten Mannes und Gehäßigkeiten waren die Folgen von 


immutanduru. editionis iteratione sive tertiatione Neri poterit, si ra- 
tionibus et arguinentis ad retraelationem sutticientibus amice ac docte, 
a doetis et amicis admonitus fuerit. Qui historias scribunt et novas 
aedes (praesertim publicis vii* vicinas) construunt u*queadeo oculati 
ae circumspecti esse nequeunt, quin multorum repraehensiones incur- 
rant, et varia variorum iudicia subeant». Staal an Rüeger, Bf. v. 
6. Dezember 1599. U. B. B. G ■ !. 53 f. 28. 

l ) Vgl. Meyer S. Notices hist. etc. A rch . d. I. soc. h. II, p. 20. 

*) De reb. fiele . S. 


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- 104 — 

Guillimanns Unklugheit. Staal war über die « Ehrung » 
nicht erbaut. Er glaubte, wenn er einen edlen Freund sei- 
nes vollen Vertrauens würdige, auf dessen Verschwiegenheit 
rechnen zu dürfen. Hätte er nur im Traume geahnt, was 
Guillimann im Schilde führte, so würde er seinen Brief 
wenigstens vorsichtiger und druckreif geschrieben haben. 
Nun, da der Würfel gefallen, schickte sich seine edle Natur 
ins Unvermeidliche, dem Unbedachten die wohlmeinende Ab- 
sicht zu Gute haltend '). Wenn Staal auf diese Weise in ein 
schiefes Licht kam, wie wird man in Solothurn erst über 
Guillimann geurteilt haben ! Noch fast siebzig Jahre später 
klingt die Entrüstung des verletzten solothurnischen Patrio- 
tismus nach in den bittern Worten des damaligen Chro- 
nisten der Stadt, Franz Haffner, der es nicht unterlassen 
mochte, dem «ehmaligen Provisori eine temperierte Laugen » 
aufzugießen 

Auch in des Verfassers nächster Nähe ließen sich 
Stimmen der Mißbilligung hören. Besonders unter unge- 
bildeten Leuten, welche das Werk nur vom Hörensagen 
kannten und, wie Guillimann klagt, in unbilliger Einseitig- 
keit nichts für wohlgetan erachteten, was nicht ihrer Hände 
Werk. Seiner Ansicht nach lag seine « Hauptschuld n da- 
rin, daß er alles rückhaltslos der Öffentlichkeit übergeben 
habe, während es besser gewesen wäre, solche Dinge für 
sich zu behalten, als « eine ganze Nation » der Undankbar- 
keit zeihen zu müssen. So schreibt Guillimann am Iß, 


') « Ad magis amicam, quam veram nostri mentionem (qua 
Guilimannus candorem quidem suum erga nie testatus esl, sed inte- 
rea multorum invidia; et obtrectationibus obnoxiam me reddidit) quod 
attinet, ut amici ingenui tidem amplector, ita discretionein requiro. 
Si, vel per somnium coniicere aut prascire potuissem, eundem eius 
fuisse animi, vel epechein vel certe circumspectius scribere et limam 
extemporali epistolre (ut luceni ferre potuisset) superaddere voluissem. 
Nunc cum iacta sit atea, patienter ferendum est, quod vitari ac revo- 
cari nequit ». Staal an Rüeger. Bf. v. 2. März 1599. U. B. B. G ■ l 
.53 f. 24. 

*) Haffner: Solotb. Schauplatz II. S. 11. 


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105 


Juni 1600 an Rüeger '). Es ist dies der erste Brief, der 
zwischen ihnen gewechselt wurde. Die Beziehungen zu 
einem Manne, der bereits als sachkundiger Sammler von 
Antiquiläten und Ordner eines bedeutenden Archives reiches 
geschichtliches Material in die Hände bekam, mochten Guil- 
limann ganz besonders wertvoll erscheinen und wir begrei- 
fen seine Bitte an Büeger, um ihres neuen Freundschafls- 
bundes willen, ihm allfälligen Stoff nicht vorzuenthalten, 
und gute Winke geben zu wollen, wo er es könne. Vor 
allem aber möge er ihm mitteilen, was er über Herkunft, 
Alter, Stammbaum, Wappen und Ehen der Grafen von 
Habsburg habe, und daran werde es ihm gewiß nicht feh- 
len. Denn mit diesen Dingen sei er, Guillimann. nunmehr 
beschäftigt und er glaube, ein solches Werk sei im An- 
schluß an seine Schweizerischen Altertümer am meisten zu 
wünschen. Er wisse zwar, daß sicli schon mehrere Schrift- 
steller diesen Gegenstand zum Vorwurf genommen haben, 
aber wie es scheine, seien sie zu wenig bei der Wahrheit 
geblieben. So rasch war also Guillimann an die Aus- 
führung seines l’lanes von 1509 gegangen. 

Büeger war gerne bereit, seinen neuen Freund in den 
Forschungen über die Habsburger zu unterstützen, aber er 
mochte nicht Zusehen, wie Guillimann sich voll Unmut von 
seinen schweizergeschichtlichen Studien abwandte. Der Brief, 
der alsbald von seiner Seite den freundschaftlichen Verkehr 
eröflnete, spendet dem gekränkten Historiker das höchste 
Lob für seine Leistung, und sucht dessen Verstimmung 
gegen den o Unverstand », dem die « Antiquitäten » nicht 
zusagten, zu verscheuchen *). 

Büeger wußte Staal dafür Dank, daß er ihn mit Guil- 
limanu befreundet hatte ; er wünscht sich selber Glück 


>) Bf. v. 15. Juni 1600. 

*) Ftiiegers Brief (undatiert) muß im Juli geschrieben sein. 
Staal schickte nämlich Guillimanns Brief am 23. Juni von Solo- 
thurn fort, am 4. August antwortet Guillimann bereits auf Rüegers 
ersten und letzten uns erhaltenen Brief. U ■ I). Ii- G I. 47, abgedr. 
b. Bäehtold, Einleit. S. 67, 68. 


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106 


dazu, weil er die Gunst und das Wohlwollen solcher Ge- 
lehrten wie Guillimann über alles schätze. Wenn ihm Staal 
in dem Sinne Andeutungen gemacht, als ob er, Rüeger, die 
Antiquitates mit Rat und Tat hätte fördern können, so 
sei dies leider weit gefehlt. Eine solche Lobeserhebung 
sei wohl der Ausfluß von Slaals Freundesliebe ; er aber 
müsse das Lob gänzlich zurückweisen. « Denn, — so fährt 
er fort — ich bin mir wohl bewußt und gestehe es gerne, 
daß ich nicht im Stande wäre, so gelehrten und erfahrenen 
Geschichtforschern, wie du und deinesgleichen, auch in der 
kleinsten Sache in etwa zu nützen. Deine Schweizerge- 
schichte habe ich gelesen, wiederholt gelesen und habe sie 
jetzt noch nicht aus der Hand gelegt. Gleichsam einem 
Naturtrieb folgend, liebe ich die Geschichtschreiber und 
linde in den Darstellungen vergangener Zeiten mein schön- 
stes Vergnügen. Ohne dich zu kennen, beginne ich dich 
zu lieben und zu verehren : ich wünschte mir und unserm 
gemeinsamen schweizerischen Vaterlande Glück, daß uns 
ein Mann geschenkt wurde, der sich, mein Lehrer, in der 
Verherrlichung des Vaterlandes auszeichnet. Schon seit 
vielen Jahren hegte ich den heißen Wunsch, es möchte 
einer der vielen Gelehrten diese Aufgabe in lateinischer 
Sprache durchführen. Du hast also keinen Grund, deine 
Veröffentlichung zu bereuen oder gar ungeschehen zu wün- 
schen, wie du schreibst ; denn immer finden sich Undank- 
bare, wie es anderseits nicht an ungelehrten Leuten fehlt, 
welche deine Arbeit mit dankbarer Gesinnung aufnehmen. 
Du kennst ja das Sprüchwort : Nicht allen gefällt alles 
dies möge dich über Undank hinwegtrösten. Es kann auch 
nicht jeder alles ; » Guillimann z. R. sei bei der Beschrei- 
bung von Schalfhausen einigemale in die Irre gegangen, 
freilich weniger aus eigener Schuld, als irregefürt von sei- 
nen Gewährsmännern. 

Auch andere Freunde unseres Gelehrten, welche die 
Verdienstlichkeit und den Wert seines Werkes zu schätzen 
wußten, redeten ihm zu, dasselbe zu überarbeiten und neu 
herauszugeben. Er selbst gesteht ihnen, daß er allerdings 


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107 


um die Hälfte mehr neues Material in Händen habe. Allein 
was wolle er unter solchen Leuten damit anfangen? Er 
finde es für besser, seine Aufzeichnungen für sich zu be- 
halten. Wenn sie auch weder Gewinn noch weitverbreitetes 
Ansehen eintragen, so betrachte er sie doch mit großer 
Freude und einem Gefühl des Trostes '). Noch später 
sammelte er Stof! zur Geschichte der Eidgenossenschaft und 
machte in seinem Handexemplar Notizen. Zu einer Neuauf- 
lage aber konnte er sich nicht entschließen. 

Worauf sich diese tiefe Verbitterung Guillimanns im 
einzelnen gründete, werden wir kaum je in Erfahrung brin- 
gen. So viel ist wohl anzunehmen, als es in weitern 
Kreisen bekannt wurde, daß er sich nunmehr der Geschichte 
der Habsburger zugewendet habe, blühten für ihn auf 
Schweizerboden gar keine Hosen mehr ; ) Wenn es wahr 

') (i De antiquitalibus renovandis urgent amici una tecum, seit 
iam dm. quam vis non negem additamentum me sub manu habere 
ferme dimiditate tnajus. Sed quid viä lleri hos inter honiines. Satius 
has nobiscum versari lileras, quam si non quiestum aut honorem 
vulgarem sccum una ferant, voluptatis tarnen Minimum expertes non 
sint, ct solatii. Nam quid aliud bis rerum versionibus quarramus ». 
Guillim. au Riieger. Bf. v. 27. Jan. 1601. U. B. II. G I. 47, .V* 74. 

’) Hier ein Wort über die angebliche Mißhandlung Guillimanns 
durch Schweizerbauern. Senckenbert/ Select. iuris et histor. III, p. 
.‘56, läßt Guilliiuann, einem erst von ihm vernommenen Gerücht zu 
folge, sterben infolge eilittener Mißhandlung. Die Herausgeller des 
Thesaur. Helvet. (die prolcgemena sind von J. J. Breitinger geschrie 
Iren) folgten einer Erzählung des Zürcher Theologen J. J. Ulrich. 

In der Streitschrift « Vindici* pro Bibliorum Translalione Ti- 
gurina » (Zürich 1616) welche gegen die Angriffe des Jesuiten Jakob 
Gretser auf die zürcherische Bibelübersetzung gerichtet war, verteidigt 
Ulrich auch das Alter der Städte Zürich und Solothurn gegen die 
kritischen Anfechtungen seines Gegners. Er schließt das fünfte Ka- 
pitel (Confutatio nugarum historicarum quibus Gretserus Antiquitatis 
inelytae civitatis Tigurinae proterve illusit) mit folgenden Worten : 
« Contisce igitur, Gretsere Jesuita, .... ne tibi idem aliquando obtin- 
gat, quod Fr. Comandro cuidam, rerum Helvetiorum indagatori nupero, 
delicatulo, nasutulo noviter evenisse fertur; is euim ad Cantouem 
inter Pontificios Helvetios non obscurum, profectus, honorarii alicujus 
pro studiis laboribusque Historicis adipisccndi gratia, a masculis ejus 


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108 


ist, daß jenes mehrfach berührte Schreiben an den Rat von 
Luzern im Jahre 1603 abgefaßt wurde, so könnte man in 
dem Versprechen, wenn möglich einen zweiten Teil folgen 
zu lassen, einen Versuch Guillimanns erblicken, die sich 
gegen ihn erhebende Mißstimmung zu beschwichtigen. 
Eine solche Fortsetzung war auch vorhanden. Sie war im 
Stil und in der Art des Historikers Julius Florus ver- 
faßt ; das war freilich ein bedenkliches Muster '). Die un- 
günstige Aufnahme der « Antiquitates » hieß den Verfasser von 
der Veröffentlichung abstehen. Nicht zufrieden damit, ver- 
nichtete er mit eigener Hand den größten Teil des Manu- 
skriptes s ). Indes glauben wir, noch mehr als der L'nter- 

loei incolis in publicum fontem, magno spectantium risu, projeetus, 
lepidissimum aris eion (!) reportavit », p. 23. 

All diese Gerüchte sind wahrscheinlich auf ein Vorkommnis 
zurückzuführen, das Guillimann in einem Briefconcept an einen 
Ungenannten in Mailand, am Hofe des Erzbischofs Kardinal Federigo 
Borromeo, andeutet: « Jam enim diu est, cum ingens me rusticorum 
prnsionet stuis ßaijitantinm prestolatur et interpellat pree foribus 
turba, ut aegro et vix ha?c potuerim ». St. A. J. Cod. 138. I 21 a,. 
Das Stück dürfte aus dem Jahre 1808 stammen. Die angebliche 
Mißhandlung reduziert sich somit auf heftige Reklamationen, — wo- 
bei drohende Gesten nicht gefehlt haben «erden — von soite unbe- 
friedigter Bauern, «eiche selber an Spanien noch Soldansprüche 
hatten, oder solche für Angehörige geltend machten. Das Zufällig- 
kcilsmoment, daß der Sekretär der spanischen Gesandtschaft, der so 
stürmisch « interpelliert » wurde, zugleich Verfasser eines üeanstan- 
deten Geschichtswerkes war, scheint in der Folgezeit zur Hauptsache 
geworden zu sein, der wahre Hergang wurde in seinen Ursachen \er- 
schoben und in seiner Derbheit übertrieben. 

') Florus schrieb a lediglich aus historischen Gesichtspunkten, 
nicht ohne Geist, doch mit wenig Geschmack und viel Phrasen, 
sowie mit zahlreichen wesentlichen und unwesentlichen Entstellun- 
gen der geschichtlichen Wahrheit ». Teil /fei, Gesch. der römischen 
Literatur, 4. Aufl. Leipzig 1882, S. 815. 

’) <i Fateor, scripseram res gestas Helvetiorum modo et stylo 
Lucii [Annei) Flori. Et eorum fredera cum Romanorum feederibus 
contenderam explicueramque, Sed adeo ingratas antiquitates habue- 
runt ut coepta et adfecta protinus abjecerim maximam jam pattem 
in usus posticos ut ita tecum loqui liceat: » Guillimann an Goldast. 
Bf. v. 12. Sept. 1807. vir. dar. ad Goldast epist. p. 209. 


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109 


gang dieser Fortsetzung ist das Unterbleiben einer Neu- 
auflage der (i Antiquitates » zu bedauern ; denn nachdem 
sowol er selber, wie auch seine neuen Freunde alle Mühe 
und Sorgfalt auf die Vervollkommung derselben angewandt 
halten, wäre Aussicht gewesen, ein Werk zu schaffen, das 
in jeder Beziehung alle älteren Werke weit hinter sich ge- 
lassen hätte. 

So bitter es Guillimann ankommen mußte, seine Er- 
wartungen, die sich auf redliche, mühevolle Arbeit gründe- 
ten, enttäuscht zu sehen, einigen Trost mochte er darin 
finden, daß sein Name zwar nur wenige, aber geistig be- 
deutende Verehrer gefunden, die in aufrichtiger Ergeben- 
heit dem Mißkanulen zugetan waren. 

Bald nach dem Erscheinen der « Antiquitates » finden 
wir Guillimann mit der Herausgabe einer lateinischen Dich- 
tung beschäftigt ; sie bestand aus einer Reihe von Lobge- 
sängen auf die Apostel '). Kurz nach seinerRückkehr von 
Mailand *), am 24. April 1599. schickte er die zwei ersten 
Oden gedruckt, an den Stadtschreiber von Freiburg, Wil- 
helm Techtermann, als den « Vornehmsten » ihres Dich- 
terkreises 8 ). Sollten diese Probestücke seinen Beifall finden, 
so würden die andern gleichfalls veröffentlicht werden. 
Besonders werde dies der Fall sein, wenn Techtermann 
selbst ein Gedicht, oder ein Epigramm, gleichsam als 
Leuchtturm voranstelle, mit der Fackel voranleuchte. Als 
Erkenntlichkeit verspricht Guillimann dem gelehrten Staats- 
kanzler den gleichen Dienst zu erweisen, wenn derselbe 


’) « De aliis Guilimanni nostri lucubrationibus in lucem editis, 
mihi non conslat, exceptis Apostoloruro vitis et aliis quibusdam 
opuscnli» in gratiam amicorum versibus conscriptis ». Bf. v. 8 Dez. 
1598. a. a. O. 

’) Am 29. März 1599 nennt Staal Guillimann « recens reditum. » 
Bf. an Rüeger. U. Ii. H. G. /. 53, f. 25. 

9 Dieser Brief, im Privatbesitz v. Herrn Max v. Techtermann, 
der mir ihn gütigst mitteilte, ist gedruckt v. Dagnel, im Anz. f. 
Schwgesch. Bd. III. S. 27, und v. Berthier : Lettres etc. prtiface, p. 
LXXV1. 


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— 110 — 

seine Hoffnung erfüllen würde, indem er dem Beispiele oder 
der Kühnheit des jünger» Landsmanns folgend, seine eige- 
nen Poesien in Druck erscheinen lasse. Allein weder das 
eine noch das andere ging in Erfüllung. Teehlermann 
unterließ es, den Gedichten seines Freundes das Geleite in 
die Welt hinaus zu geben ; seine eigenen Dichtungen sind 
verloren gegangen. Warum? Wir wissen es nicht. Ander- 
weitige Nachrichten, welche das Dunkel, das über dieser 
Freundschaft liegt, lichten könnten, fehlen uns. 

Dennoch erschienen die « Apostolica » oder Loblieder 
auf die Apostel, so nannte Guillimann dies jüngste Kind sei- 
ner Muse, in Freiburg, seiner Vaterstadt. Ansehnliche Män- 
ner begrüßten und empfahlen die « Apostolica » in Epigram- 
men, welche Guillimann an den Anfang des Büchleins stellte. 
Zuerst kommt ein bedeutender Kriegsmann und Magistrat 
der Urschweiz, der Oberst Sebastian von Beroldingen, der 
nicht bloß Schwert und Kommandostab, sondern auch die 
Feder zu führen verstand '). Er halle ein lateinisches Lob- 

') Als Sohn des politisch bedeutenden Ritters und Landam- 
manns Jusua v. Beroldingen stammte er aus altedlem, hochangesehe- 
nem Geschlecht des Landes L’ri. Sebastian bekleidete 1576-1588 das 
Amt des Landvogtschreibers zu Lauis. Dann trat er in den Dienst 
der Ligue, deckte 15811 in der unglücklichen Schlacht bei Arques den 
Rückzug des liguistischen Heeres. Nach dem Tode des Obersten 
Tauner wurde am 4. Februar 15'JO Beroldingen von den Hauptleuten 
des verwaisten Regimentes der Länder zum Obersten gewählt. In 
der verhängnisvollen Schlacht bei lvry (14 März 1590) waren die 
Regimenter Beroldingen und Pfyffer die einzigen Truppen, welche 
bei der Auflösung der liguistischen Armee dem Feinde stand hielten, 
was ihnen wenigstens einen ehrenvollen Abzug sicherte. Nach seiner 
Rückkehr in die Heimat war Beroldingen der Wortführer jener 
Hauptleute, welche 1591 zu Altdorf die Abreise des Nuntius Paravi- 
cini verhinderten. 1592 wurde Sebastian v. Beroldingen Landammann 
1593 Pannerherr. 1588 ernannte ihn Papst Clemens VIII. zum Aul» 
Lateranensis et Palatii apostoliei Comitem, ac au rat», militi» Equi- 
tem. Beroldingen starb wahrscheinlich um 1604. Vgl J Schneller : 
Josue und Sebastian v. Beroldingen, Geschichtsfr. Bd. 21. (1866) S. 
1-23; Th. r. Liebenau : La famiglia Beroldingen, im Bolletino storico 
della Svizzera italiana, XII 1890. Scgesser: Ludw. Pfyffer, Bd. 4. 
S. 52 und 53. P. G. Meier ; Sebastian von Beroldingens Bibliothek 
u. s. w., bistor. Neujahrsbiatt v. Uri, 1904. S. 1-12. 


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— Hl — 

gedieht auf Bruder Klaus verfaßt, dasselbe 1590 überarbei- 
tet und dem Nuntius Paravicini gewidmet, auf dessen Be- 
treiben die Heiligsprechung des Seligen ernstlich an die 
Hand genommen wurde. Dies Epigramm ist leider der ein- 
zige Zeuge von Beroldingens Beziehungen zu Guillimann, 
die vielleicht von persönlicher Anwesenheit des letztem in 
Allorf herrühren. 

Ein Epigramm, in griechischer Sprache, hatte den 
Professor für Griechisch und Geschichte an der Universität 
Freiburg i Br., Johann Jakob Beurer, zum Verfasser. Es 
ist wiederum der einzige Überrest dieser Bekanntschaft. 

Es müßte uns überraschen, wenn nicht auch Junker 
von Staal dem literarischen Erzeugnis seines Freundes ein 
Geleitwort mit auf den Weg gegeben. Nicht so leicht zwar 
hatte Guillimann erhalten, was er wünschte. Staal klagte 
nämlich, daß seine poetische Ader, von Natur aus unbe- 
deutend und ohne Feuer, durch die Tätigkeit im Lärm 
des öffentlichen Lebens, zumal als das Greisenalter sich 
eingestellt, ganz vertrocknet und nicht ein Tröpflein von 
Anmut und Eleganz übrig geblieben sei 1 ). So ist es 
begreiflich, warum die Bitten Guillimanns so lange kein 
Gehör fanden. 

Endlich am Sonntag Septuagesima muß Staal in be- 
sonders guter Stimmung gewesen sein. Er war soeben von 
einem achttägigen Besuch bei seinem Sohne, der auf der 
Burg Falkenstein als Landvogt hauste, zurückgekehrt, und 
erhielt nun durch den Sekclineister Peter Sury einen Brief 
von Guillimann. Das Schreiben überfloß von Liebe und 
Ergebenheit, was Staals Herz also rührte, daß er dem 
liebenswürdigen Dränger endlich nachgab. Er schickte ihm 
alsbald den Entwurf zu einem Epigramm, mit der Bitte, 


l ) o Gestiebam versibus aliquot frontispicium libelli [d. h. der 
Antiquitäten] in nostri memoriam insiguire, sed per se lenuis et hurai 
repens Vomstalli venuia, iamdudutu 1 iteris, tympanis, ac forensibus 
curis, ita exaruit aceedente senio, ut ne guttula quidem ullius leporis 
aut elegautiae doctis tuis auribus dignie supersit ». Staat an Rüegev, 
Bf. v. 29. März 1599, a. a. O. 


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Guiilimann solle es ums Himmelswillen keinem Menschen 
zeigen, sondern erst die Keile ansetzen, es nach Belieben 
formen und glätten, es zu dem seinigen machen. Sein Fleiß 
möge aus so viel Dornen sechs oder acht Verslein heraus- 
lesen, welche als Empfehlung für Guillimanns Gedichte, 
Staals gute Gesinnung gegen seinen Freund kundgehen 
mögen. Gerade die Besten sollen dieselbe kennen lernen. 
In neuer Fassung möge es dann zusammen mit dem Epi- 
gramm des Landammanns von Beroldingen ins Joch ge- 
spannt und ohne erröten zu müssen der Kritik der gebil- 
deten Welt ausgesetzt werden. Wiewohl es Staal bekannt 
war, daß Wesen und Gesetz des Epigrammes nicht viele 
Verse gestatten, hatte er es dennoch nicht lassen können, 
aus Liebe und Verehrung den glücklichsten Nachahmer 
Pindars, Johannes Auratus und den vorzüglichsten zeitge- 
nössischen Dichter, Bonsart, der Staals Freundeskreise an- 
gehörte, zu erwähnen. Gerne hätte er auch ein reicheres 
Lob Freiburgs und der Jesuiten eingellochten '). Nichts von 
all dem findet sich in «len zwei gedruckten Epigrammen, 
die Guillimanns Hand formte ; olfenbar hat er der strengen 
Hegel die überflüssigen Lobsprüche geopfert. 

Über den Erfolg dieser Lobgesänge, deren Ton und 
Metrik den Siegesgesängen des größten Lyrikers von Hel- 
las, Pindaros, abgelauscht war, vernehmen wir nichts l ). 
Von jetzt an ruhte die dichterische Betbätigung unseres 
Schriftstellers, der sich ganz der ernsten Historie zuwandte*). 


’) Bf. v. 30. Jan. 1600. S. A. J. Cod. t3d. / 5Ä/5.9. 

') Die Apostolica sind dem Herzog Karl Emanuel von Savoyen 
gewidmet, dem Schwager des Königs Philipp 111. und der Infantin 
Klara Isabella. Am Schluß folgt noch eine Ode an den Savoysehen 
Gesandten in Luzern, Prosper Maillardoz, Graf von Tournon. 

’) a Poenia «Aliquid» dictum exstat in Molnar, Lusibus po6- 
ticis variorum authorum et Casparis Dornavii amphitheatro sapientiie 
ioco-seria; ».' Senckenberg, sei. iur. etc. III. 40. — Dieses Gedicht (es 
ist mir nur im Abdruck Domänen im « Amphistheatrum sapienti® 
socratic® ioco-seri* » etc. Hanau 1619, I Bd. pag. 7‘J9 f, zugänglich 
gewesen) muss wie aus einigen Versen hervorgeht, im Jahre 1611 
abgefasst worden sein, und wird später zu berücksichtigen sein. 


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113 


Jedenfalls haben ihm die « Antiquitates » mehr Freunde 
geworben als die « Aposlolica », so den Domherrn Georg von 
Werdenstein, welcher dem Augsburger Gelehrtenkreise an- 
gehörte. Seine freundschaftlichen Beziehungen zu Staal 
leiteten sich wohl aus den Jahren 1558 und 1559 her, da er 
gleichzeitig mit Staal im Pensionat« Glareans zu Freiburg 
i. Br. weilte. Werdenstein war weitbekannt durch seine 
hohe Bildung aber auch wegen seiner freien religiösen An- 
schauungen ’). Er kannte Guillimann dem Namen nach, 
seit ihm Staal dessen Werk zugeschickt ; als durch Rüegers 
Bemühungen der persönliche Verkehr zwischen beiden an- 
gebahnt war, begrüßte der Domherr mit Freuden Guilli- 
manns Handschrift und versprach, ihm hie und da zu 
schreiben *). 

In manchem das Gegenteil des feingebildeten und frei- 
sinnigen Wordenstein, war der derbe Spaßvogel Junker 
Hans von Schellenberg, ein eifriger Katholik, der es selten 
unterließ, mit seinem intimsten Freund Rüeger in den 
überaus häufigen Briefen zu polemisieren 3 ). Sogar die 
Briefadressen benutzte er, um den reformierten Pfarrherren 

') Werdenstein besaß Weib und Kind und war ein bitterer 
Feind der Jesuiten, s. Biichtold. Einleitung S. 38. Er besaß eine 
Bibliothek, wie sie nach der Meinung gelehrter Freunde in ganz 
Deutschland bei keinem Privatmann gefunden wurde. Sie soll 6000 
Goldgulden gekostet haben. ScboD 1602 konnte Werdenstein infolge 
von Krankheit nicht mehr schreiben. Schellenberg an Rüeger Bf. 
v. 18 Oktober 1602 U. B. B. G' I 31. 

Werdenstein an Rüeger. Bf. v. IS). Dez. 1600. U. B. B. G. I 
45. Staal äußert sich über diese Freundschaft also zu Rüeger : « Optime 
fecisti. quod eundem [Guillimann] Antiquitatis et historiaium avi- 
dissimo patrono, aut (debita tanli viri cum reverentia si dicere liceat) 
helliconi, nimirum Domino a Werdenstein, notum et amicum red- 
dere conatus sis. Est enim talis Herois notitia et familiaritate dignus, 
cum ob raras et insignis animi doles, tum etiam ob candorem et 
humanitatem, qua nihil magis pacatum et »quabile excogitari posset». 
Staal an R. Bf. v. 2. Jan. 1601. 

') Joannis a Schellenberg ad Joann. Jacobum Rüegerum. U. B. 
B. G’ l 81. Aus den Jahren 1595-1606 sind 158 Briefe Schellenbergs 
au Rüeger erhalten. Über Schellenberg s. Büchtold, Einleit, S. 58 fl. 

8 


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114 


von SchafThausen zu necken ; aber auch dieser verstand 
Spaß und so litt ihre Freundschaft keinen Schaden. Schel- 
lenberg war ein gelehrter, eifriger Sammler von Antiqui- 
täten, bekannt als Liebhaber der Musik und freigebiger 
Gastfreund von Gelehrten. Sein Schloß Randegg, nur zwei 
Stunden von SchafThausen entfernt, war oft das Stelldichein 
gebildeter Männer. Auch Guillimann muß Rüeger gegen- 
über den Wunsch geäußert haben, mit diesem Liebhaber 
von Altertümern, in Verbindung zu treten. Als Junker 
Hans das hörte, schrieb er an Rüeger; « das ich Francis- 
cum Guilimanum, bonum historicum zu einem Ruelen be- 
kommen, hab ich gern gehört. Man weiß von meiner 
Schöne weit und breit zu sagen. Ir wollen mir zwar gern 
vorm Liecht ston, aber es hilft dennoch nit '). Noch könn- 
ten Ir’s nit lassen und wollen mir gern vorkummen. Möchte 
sonst sein Historiam Helvetieam wohl sehen ; ja wann ers 
besser gemacht denn Stumpfius, derselbig hat zu Zeiten 
gar zu grob an die Stauden geschlagen » s ). Rüeger schickte 
ihm hierauf die Antiquitates. Schellenberg, den vielleicht 
das Guillimanische Latein etwas sauer ankam. las « hin 
und her etwas darinnen » und fand, daß sein neuer Freund 
ein « wohlbelesener Autor sei » 3 ). 

Der gute, derbe Humor mußte dem Junker von Schel- 
lenberg freilich auch über die bösen Stunden hinweghelfen, 
in denen ihn das « Fräulein Podagra » plagte. Als Guilli- 
mann dem Gequälten sein Mitleiden äußern ließ, dankte 
dieser herzlich dafür und forderte Rüeger auf, wenn Guil- 
limann etwa nach Schaffhausen komme ihn mit nach Ran- 
degg zu nehmen 4 ). Daß « Doktor Guillimannus » ihn immer 
so freundlich grüßen lasse, sei ihm desto lieber und ange- 


') Ein andermal neckl er Riieger : « Besorg aber Ir werden 
ewer alte List und Henk brauchen, damit ler mir ihn ab dem weg 
halten, damit ler deß großen Hunds Gefatter allain sein «.... Bf. v. 
26. April 1602. II. B. Fi. n. u. O. .V“ 74- 

') Bf. v. 29. Dez. 1601. V. B. B. n. a. O. N’ 03. 

3 ) Bf. v. 26. April 1602 a. a. O. 

Bf. v. 9. Juni 1602 a. a. O. N* 76. 


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— H5 — 


nehmer, « die weil er ein guoter Katholikus ist, lind sielt 
die bösen Christen nit verfüeren last ». Wenn derselbe ein- 
mal zu ihm herauskomme, wolle er schon sehen, ob er 
Rüeger nicht um dessen Gunst bringen könne. So neckt 
er seinen Rüeger '). 

Keine Freundschaft aber sollte sich inniger und dau- 
erhafter gestalten, als der Rund mit einem Konventualen 
der Fürstabtei Einsiedeln. Es war der Bibliothekar des 
Stiftes, P. Christoph Hartmann. Derselbe, in Frauenfeld 
geboren, wo damals Pfarrer Kaspar Lang als theologischer 
Schriftsteller fruchtbar wirkte, hatte in Ralien höhern Stu- 
dien obgelegen, war dann im Alter von 18 Jahren ins 
Kloster getreten, und noch unter Abt Ulrich III. Bibliothe- 
kar geworden *). Die Anfänge des Briefwechsels zwischen 
Guillimann und Hartmann sind verloren s ). 

Der Mönch im finstern Wald sammelte Material zur 
Geschichte seines Klosters. Dies mag ihn mit Guillimann 
zusammengeführt haben. Im Jahre 1600 muß die Freund- 
schaft mit P. Christoph bereits intim gewesen sein ; so 
schließen wir aus dem ersten der uns erhaltenen Briefe an 
P. Christoph, datiert vom 12. August dieses Jahres 4 ). Guil- 
limann konnte sich das lange Schweigen seines Freundes 
nicht erklären ; sei er selber Schuld gewesen, weil er sei- 
nen Brief nicht nochmals ausgefertigt und geschickt, oder 
waren es die Geschäfte des Bibliothekars. Letzterer hat 
ihn kurz vorher darüber aufgeklärt. Es scheint, daß P. 
Christophs Mitbrüder es durch ihre Unbedachtsamkeit ver- 

*) Bf. v. 18. Oktob. 1602. 

’) Schon am 12. August 1000 nennt Guillimann seinen Freund : 
« principalis Eremitarum Monasterii Bibliothecarium ». Damals aber 
lebte noch Abt Ulrich III. Wittwiler; der erst am 11. Oktober starb. 
Am 15. Oktober wurde Augustin 1. Hofmann von Baden (Aargau) 
zum Abte gewählt, der 1602 den Bau einer Bibliothek begann : vgl. 
P. Gabriel Meier in Allgem. d. Biographie. Bd. X. S. <‘>81 f. 

s ) Die noch erhaltenen Briefe befinden sich im Stiftsarehiv 
Einsiedeln (A G B 2) in 2 Faszikeln: vom ersten Fasz. ist eine Ab- 
schrift in der Bibliothek (Cod. 456). 

4 ) Stißsarch. A G B 2 fas. 11. N* 1. 


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116 


schuldet hatten. Der Dichter der Apostnlica schickt sein 
« 1’indaricUm » dem Freunde, damit er sie in der Mulie 
lese, in Stunden der Mulie seien sie auch geschrieben wor- 
den : wenn sie ihm gefallen, so werde ihm selbst seine 
Arbeit um so angenehmer sein. In einer Nachschrift bittet 
er den Hüter der einsiedlischen Bücherschätze, in Bezug 
auf ein Huch, das in gewissen handschriftlichen Chroniken 
« über Vitarum ’) » genannt werde und als schätzbares Alter- 
tum im finstern Wald aufbewahrt sein soll, nachzusehen. 

Fast jeder Brief an den nimmermüden Bibliothekar 
enthält eine Bitte um dies oder jenes Buch, diese oder jene 
Nachricht. Guillimann selbst schätzte «seinen» P. Christoph 
mehr als alle andern Freunde, er räumte ihm in seinem 
Herzen den « ersten Platz » ein 4 ). Was er ihm im Lauf 
der Jahre Gutes zu danken hatte, das hat er ihm bei der 
Ausarbeitung der Klosterannalen reichlich heimgezahlt. Wir 
werden es an anderer Stelle sehen. 

Wenn unserm Historiker der alten Kidgenossenschaft 
auch die allgemeine Anerkennung seiner Zeitgenossen ver- 
sagt blieb, so erkannten und schätzten doch gerade die 
Besten die Arbeitskraft und das Talent 3 ), welche die « Anti- 
ijuitates » geschaffen, und die Nachwelt hat ihnen Hecht 
gegeben *). 

’) Gemeint ist der sogen. Liber vite eine verlorene Klosterge- 
sclin-hte aus Anfaug 14. Jahrh. s. darüber G. o. H'i/ss : Ober die 
Antiquitates Monasterii Einsidlensis und den Liber HLeremi des Agi- 
dius Tschudi. Im Jahrb. I. Schweizergesch. Bd. 10 S. 251 II. der 
"Liber vittc » ist abgedruckt S. 338 tf. 

*i « in quorum [seil, amicorum] profecto tu tuo merito. 

tua humanitate, ordine primo » Guillim. an P. Christoph. Bf. 

v. 1603 fundat.) A G B 2 late. II. V 2. 

J ) Es scheint, daü Guillimann auch mit Felix Platter von 
Basel in Beziehungen gestanden hat. G. schreibt nämlich an Rüeger, 
er habe « Oeonis thesaurum numarium », noch nicht durchsehen 
können, « nisi quod nuper mecum 1). Felix Platerus admoduin com- 
mendabat ab quantitate et varietatc ut volebat ineredibili ». 

*) S. die Urteile v. Gtuulling im Vorwort zu seinen Annales 
lx>ici, a. abgedr. im Tlies. hist. Itelv. prolcgoni. woselbst auch das 
Urteil Breitiiif/rrt. Vgl. a. Haller i. Bibliothek der Schweizergeschichte. 


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M7 


IV. 

o 

Das Werk vom Ursprung des Hauses Habsburg und 
der Übertritt in Österreichs Dienst. 

Es ist uns schon bekannt, daß Guillimann ohne Zögern 
das Werk über den Ursprung der Habsburger in Angriff 
nahm. Aus verschiedenen Gründen. 

Die vielfach ungünstige Aufnahme, welche seinen 
schweizerischen Altertümern geworden, hatten ihm deren 
Fortsetzung verleidet und ihn bewogen, sich ein anderes 
Arbeitsfeld zu suchen, das ergiebiger zu sein schien an 
neuen Resultaten und wo er hoffen durfte, mehr Anerken- 
nung zu ernten. Ein solches, so glaubte er. war die früheste 
Geschichte desjenigen Hauses, welches damals die halbe 
Welt beherrschte. Dies Fürstenhaus hatte zwar schon da- 
mals um so mehr Erforscher seines Ursprunges gefunden. 
« als es die Herrschergeschlechter aller Zeiten an Macht 
und Grüße überstrahlte » '). Bis dahin jedoch haben die 
meisten dieser Schriftsteller fast jeder einen andern Weg 
eingeschlagen, indem sie, so glaube er, um so größere 
Anerkennung erhofften, je mehr sie auseinandergingen, oder 
je scharfsinniger die einen zu neuen, den andern nicht 
bekannten Ursprungshypothesen sich durcharbeiteten. Er 
aber wollte Vordringen auf dem einzig richtigen Weg der 
Urkunden- und Denkraalforschung. 

Es hat auch das Ansehen, als ob seine Stellung als 
Sekretär der spanischen Gesandtschaft ihm nicht zu genü- 
gen vermochte. Er fühlte in sich den Beruf zu Höherem ; 
seine Natur drängte ihn. sein Leben ganz in den Dienst 
der Wissenschaft zu stellen. Wie hat er nur an Rüeger 
geschrieben? «Glücklich diejenigen, welchen im Glanz 
der Ruhmessonne großer Männer und in deren Gesellschaft 
das Leben hinfließt in gelehrtem Thun ! Wir dagegen sind 


’) Hababnnjiaca , Vorrede an den Kaiser 1. 


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— i 18 — 

in diesen Bergen mitten unter den Menschen menschenfern. 
Gott aber wird auch dem ein Ende setzen » '). 

Derlei Gedanken und Hoffnungen werden lange bevor 
sie in voller Klarheit vor seinem Geiste standen, Wurzeln 
gefaßt und gekeimt haben. Allein wohin sich wenden, woher 
winkte solchen Wünschen Erfüllung? Sein Versuch, die 
Aufmerksamkeit und Huld des Regenten der Niederlande 
auf sich zu lenken, war, wir haben es gesehen, nicht ge- 
glückt. Auch von spanischer Seite erfuhren seine Dienste 
nicht allzureichen Dank s ). 

Seit 1576 saß auf dem deutschen Kaisertron Rudolf II., 
eine der eigentümlichsten Herrschergestalten, welche dem 
Hause der Habsburger entstammten. Selbst ein Gelehrter, 
namentlich in den Naturwissenschaften erfahren, Liebhaber 
der Musik und der lateinischen Dichtkunst , gewährte 
er den Jüngern der Künste und Wissenschaften eine 
glänzende Heimstätte. Sein Hof zu Prag glich einer Aka- 
demie. Ihn beherrschte auch die Sammelwut seines Zeit- 
alters ; in vier großen Sälen des Palastes in Prag waren 
Altertümer, Seltenheiten, ja Wunderlichkeiten aller Art 
aufgeliäuft. Wenn auch Rudolfs Hof keine Historiker auf 
die Dauer beherbergte so erfreuten sich diese dennoch 
seiner Gunst: namentlich liebte er es, die Widmung von 
historischen Werken entgegenzunehmen 3 ). 

Von Luzern nach Prag war allerdings ein weiter Weg. 
Doch Guillimann war eine von jenen Naturen, deren Sache 
kühnes Hoffen und mutiges Wagen ist. Zudem waren es. 
wie Guillimann erzählt *), Männer aus der nächsten L'mge- 

') « Felices illi, qui in ea doctores magnorum virorum luce et 
consortio aetatein habent.... At nos his in montibus prope extra ho- 
mines inter homines. Sed dabit Deus his quoque finem ». Bf. v. 
4. Dez. 1001. B. 11. G. I 4 7. ,V 82. 

*) Er hat 10 Jahre Spanien gedient « sin haver jaraas havido 
alguna recompcnsa ». Concept. d. Schreib, an Philipp 111. (1605) 
St. A. J. Cod. 138. fasse. I.f. 5 b. 

’) S. Gindely; Kaiser Rudolf II. und seine Zeit 2. Bde. 1862 ff. 

*) Schreiben an Erzherz. Albrecht. v. 10. Mai 1611. St. A. J- 
Cod. 138. 1. f. 44 b/a. 


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119 


bung des Kaisers und des Regenten der Niederlande, na- 
mentlich einer der Feldherren des Erzherzogs Albrecht, 
Ferdinand Gironius, reich an Einfluß bei Rudolf II. wie bei 
den Erzherzogen, welche ihm also zuredeten. Wenn er, mit 
Beiseitesetzung aller andern Sorgen einzig der Geschichte 
des österreichischen Fürstenhauses seine Arbeitskraft widme, 
so trage ihm dies nicht bloß des Kaisers und der Erzher- 
zoge Huld ein, sondern man werde ihm auch die über alles 
notwendige Unterstützung von seiten der fürstlichen Archive 
bereitwilliger und anstandslos gewähren. Wahrscheinlich 
sind es diese Männer, welche ihm Aussicht machten, wenn 
er sein Werk über die Habsburger dem Kaiser widme, 
von Rudolf mit einem Jahrgeld bedacht zu werden, das ihm 
die Möglichkeit gewähren würde, sich ganz der Geschichte 
hingeben zu dürfen, ohne mit seiner Familie Mangel zu 
leiden. 

Zu all dem kam seine angeborne Neigung für die 
Dynastie der Habsburger. Er sagt es selbst wiederholt, 
seit früher Jugend, da er vom Hause Habsburg weder Gutes 
noch Böses erfahren, habe er sich zu demselben hingezogen 
gefühlt '). Ist es nicht, als ob Traditionen, welche in Frei- 
burg mehr denn hundert Jahre zuvor durch den Übergang 
an Savoyen und vollends durch den Anschluß an die Eid- 
genossenschaft zu Grabe getragen worden, in diesem Einen 
Mann nochmals aufleben wollten, und das mit solcher Macht, 
daß Freiburg einen seiner größten Söhne im Dienste des 
einstigen Herrscherhauses seine Lebenskraft opfern und 
allzurasch aufzehren sehen mußte. 

Seit 1599 geht Guillimann eifrig den Spuren nach, 
welche die alten Habsburger hinterlassen hatten. Er forscht 
nach ihnen in Klöstern, Stiften, abgelegenen Ortschaften, 
in Gräbern, Denkmälern, Urkunden und alten Papieren, die 
er teils selbst durcharbeitet, teils von Freunden oder be- 


') Undat. Schreiben (ca. Aug. ltfOtS) an den erzherz. Sekretär. 
Faber in Jnnsbr. St. A. J. Cotl. 138. I 24 b t . 


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120 


zahlten Leuten durchgehen läßt und sichtet das zusaromen- 
getragene Material mit scharfer Kritik ’). 

Unter seinen Freunden sind es besonders P. Christoph 
und Rüeger, der 1600 Pfarrer am Münster zu Schaffhausen 
geworden, welche ihn unterstützen. Festerer lieferte ihm 
Material, welches die österreichische Geschichte beschla- 
gend, in Archiv und Bibliothek des Stiftes Einsiedeln ruhte. 
Letzterer schickte ihm auf seine Bitten Abbildungen und 
Beschreibungen alter Münzen und Wappen, auch sonstige 
Mitteilungen, selbst Bücher. Mit Sehnsucht erwartete Guil- 
limann jeweilen Rüegers Briefe, ihn « dürstete darnach », 
wie den Hirsch nach der Quelle ; denn in jedem sei etwas 
über Altertümer, was ihm von Nutzen sei *). Sogar der 
ferne Werdenstein lieh seine Hilfe ®). 

So rasch war Guilliraann mit seiner Arbeit vorange- 
kommen, daß er schon Anfang November 1601 seinem hilf- 
reichen Freund in SchafThausen berichten konnte, die « Aus- 
triaca » lägen nunmehr so ziemlich vollendet vor 4 ). Er wünsche 
nur, daß sie der erlauchten Familie, der sie gelten, in dem 
Maße zur Genugtuung und Befriedigung gereichen, als sie 
ihm Mühe und Kosten verursacht. Das leere Geschwätz 
eines Lazius und anderer habe er dergestalt vermieden und 
widerlegt, daß sie hoffentlich auch Rüegers Billigung finden 
werden. Einen Verleger habe er noch nicht, Rüeger möge 
ihm behilflich sein, einen solchen zu gewinnen # ). Guilli- 
mann war auch nicht gesonnen, sein neues Werk dem 
ersten besten Buchdrucker anzuvertrauen, er gab zu viel 
auf einen schönen eleganten Druck "). Mancherlei Umstände 

’) Hababurgiaca, Vorrede, 1. 

>) Bf. v. 21. Juni 1602. U. B. B. G. I. 47. N’ 94. 

’) So machte er Guilliraann auf die Werke des Trithemius 
aufmerksam. Guiilim. an R. Bf. 20. Juni 1603. a. a. O. N ' 107. 

‘) « Austriaca nostra qualia qualia postremo absolvi ».... Bf. v. 
5. Nov. 1601. a. a. O. N‘ 80. 

') Ibid. 

“) (i Habsburgiaca nostra sane qualiacumque, utinam Augusta- 
nam [d. h. v. Augsburg] elegantiam typi impetrare possint, sed non 
Video commoditatem ». Bf. an Rüeger, v. 4. Dez. 1601. «. n. O. .V" 82. 



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121 


mögen es gewesen sein, welche das neue Werk noch über 
drei Jahre dem Tageslicht entgegeharren ließen. Wir ken- 
nen sie zu wenig, um uns darüber auszusprechen. 

Inzwischen mögen noch einige Vorkommnisse Beach- 
tung finden, von denen wir aus Guillimanns Briefen Kunde 
erhalten. 

Im Frühling des Jahres 1602, reiste Guillimann in 
Geschäften nach Ensisheim, dem Sitz der vorderösterreichi- 
schen Regierung ’). Es ist kaum daran zu zweifeln, daß 
er dorlselbst ebensosehr seine eigenen Angelegenheiten be- 
sorgte, wie seine Aufträge. Jedenfalls war die Gelegen- 
heit günstig, um das Terrain zu sondieren, inwiefern Aus- 
sicht vorhanden sein mochte, in österreichischen Dienst zu 
gelangen und darin ein Auskommen zu finden. 

Es muß uns auffallen, daß aus den Jahren 1601 und 
1602 nicht ein einziger Brief auf uns gekommen ist. der 
für den freundschaftlichen Verkehr zwischen Staat und Guil- 
limann zeugen würde. Ein Brief Staals aus dem Jahre 1603 
klärt uns darüber auf ’). Guillimann hat sich in Schreiben 
an seinen frühem Provisor, den nunmehrigen Stiftspredi- 
ger. Melchior Botundus, über seines alten Freundes Still- 
schweigen beklagt. Staal bekam diese Briefe zu Gesichte 
und beeilte sich, dem peinlichen Zustand ein Ende zu ma- 
chen. Er vermutet, Guillimann habe seinen letzten Brief 
vom vorigen Jahre gar nicht erhalten. So müsse er wenig- 
stens annehmen, weil er darauf bis zur Stunde keine Ant- 
wort bekommen habe. Deshalb lege Guillimann dieses 
Schweigen, das ihrer Freundschaft allerdings nicht w'ohl- 
anstehe, mit Unrecht ihm zur Last, der Anfang dazu sei 
vielmehr von Guillimann ausgegangen. Er dürfe sich nicht 
wundern, wenn Staal seit jener Zeit das Beispiel der Sera- 
phischen Frösche nachahmend, stumm geblieben sei. Er 
habe es nur gemacht wie Guillimann selbst. Als Entschul- 


*) Bf. an Rüeger. v. 21. Mai 1602. n. a. O. A'* 92. 

’) Staal an Guillimann, Bf. v. 12. März 1603. Stmlibibl. So- 
loth. Ep. a. St. II p. 194. 


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122 


digung könne er überdies Vorbringen : er, Staal, habe im 
sichern Glauben gelebt, Guillimann sei mit seinem Herrn, 
der mehrmals in der Ferne geweilt, nach der Lombardei 
und nach Piemont gereist und noch nicht zurückgekehrt : 
denn beide seien schon auf mehrern Tagen nicht erschie- 
nen. Es freue ihn aber zu vernehmen, daß Guillimann dem 
geliebten Vaterland zurückgegeben sei und sich guter Ge- 
sundheit erfreue. Was Staal selbst anlange, möge Guilli- 
mann wissen, wie es ihm zu Anfang des letzten Jahres 
ergangen. In ein und derselben Woche habe er durch den 
Tod zwei süße Kinder verloren, oder vielmehr nach dem 
erstrebten Ziele vorausgeschickt. Des Jahres Ausgang aber 
habe einen mehr ehrenvollen, als von ihm angestrebten 
Abschluß gefunden : man habe ihn zum Seckeimeister ge- 
macht. Dieses Amt sei ihm, der nicht im Traum daran 
gedacht oder darauf gehofft hätte, einstimmig von Hat und 
Volk |d. h. vom Großen Hat) von Solothurn übertragen 
worden. So sei ihm ein besseres Schicksal geworden, als 
er verdient habe und er danke dem Geschick, welches ihn 
dem Lärm dieser Welt entrißen und der Philosophie zuge- 
führt. Es freue ihn, daß Welser, diese glänzende Zierde 
und der berühmteste aller Augsburgischen Stadlpfleger in 
seinen Briefen Staals gedacht und er bitte Guillimann, den- 
selben gelegentlich in seinem Namen zu grüßen. Er. Staal. 
zähle bald zu denjenigen, welche zum zweitenmal ins Kin- 
desalter treten, und er wage es nicht mehr, solchen Be- 
rühmtheiten ins Handwerk zu pfuschen und gleichsam mit 
Unrat das Wasser zu trüben. Deshalb verlange er noch- 
mals dringend von Guillimann, der, mit reichem Geiste 
begabt, in der kraftvollen Blüte der Jahre stehe, daß er 
bei Welser dem vom Alter geschwächten und durch die 
beständigen Sorgen und Arbeiten, daheim wie im Felde, 
gebrochenen Staal ein Sachwalter sei « Lebe nun wohl, 
mein gelehrter, lauterster Freund Guillimann, und hege 
immerdar von deinem Staal jene Meinung, welche nur sel- 
tene und aufrichtige Freunde von einander haben sollen 
und können. Meine Frau, die guter Hoffnung ist, läßt dich 


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123 


samt deiner Gattin und deinen Kindern auf das verbind- 
lichste grüßen. » Mit diesen Worten schließt das letzte 
Schreiben, das uns aus dem Briefwechsel der beiden edlen 
Freunde erhalten geblieben ist. 

Auch mit P. Christoph ist Guillimann nicht zufrieden, 
weil er ihm seine Briefe nicht beantwortete. Scherzend 
droht er, sich für das Schweigen desselben zu rächen : 
P. Christoph solle ihm in Zukunft nur nicht mehr schrei- 
ben. er würde seine Briefe doch nicht annehmen '). P. 
Christoph, nicht sehr erschrocken ob dieser Drohung 5 ), 
antwortet Guillimann. es sei nicht seine Schuld, daß er 
so lange geschwiegen. Er habe inzwischen nachgesucht, ob 
er Guillimanns Forschungen mit den Handschriften des 
Klosters unterstützen könne; aber umsonst. Er finde nichts. 
Was in den Büchern, die schon herausgegeben worden, 
stehe, davon besitze Guillimann bereits Kopien, und über- 
dies sei es fast durchwegs unzuverlässig. Dennoch schickt 
er Guillimann einige der verlangten Handschriften. 

Ein schöner Zug von dem Vertrauen des ehemaligen 
Sodalitätsassistenten auf seine Patronin leuchtet uns aus 
Briefen des Jahres IG04 entgegen. Am 2G. April meldet 
Guillimann an P. Christoph : Heute sei Frau Agnes mit 
knapper Not dem Grabe entronnen, nochmals sehe sich ihre 
Seele zurückgebannt in den Körper, der infolge von Magen- 
schwäche fast aufgezehrt sei. P. Christoph erweise ihnen 
beiden einen großen Gefallen, wenn er die Gesundheit seiner 
Gemahlin recht oft der Gottesmutter im Gebet empfehle. 
Maria rufe sie an, ihr habe sie sich in den letzten Tagen 
durch ein Gelübde verpflichtet. Unter dem glühendsten 
Durst leidend, spreche sie stets von dem Brunnen der aller- 
seligsten Jungfrau. Sobald sie genesen, worauf er holfe 
und was er durch das Gebet der Mönche von Gott erhalten 
werde, schicke er sie nach Einsiedeln, ihr Gelöbnis zu 

') Bf. v. 14. April 1*403 . Stift&arch. Eins. n. «. O. fase. /, A r " /. 

’) P. Christoph an Guillimann. Bf. v. 19. Mai 1608. Sliftsar. 
Eins. a. a. O.fase. /, .V* 20. 


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lösen. P. Christoph möge mit diesen wenigen Zeilen vor- 
lieb nehmen, weil er der Last der Geschäfte fast erliege •). 

Allein nochmals stellte sich die Gefahr des Todes ein. 
In höchster Angst und Not schickt Guillimann einen eige- 
nen Boten mit einem Zettel an seinen Freund in der Mein- 
radszelle, mit der Bitte, heute oder morgen zu Ehren der 
allerseligsten Jungfrau das hl. Meßopfer darzubringen, da- 
mit Gott seiner Gattin wieder Gesundheit und guten Mut 
schenke und ihren gemeinsamen Gelöbnissen und Wünschen 
seine Gnade angedeihen lasse. Zugleich erwartet er durch 
seinen Boten eine Flasche Wermutwein ’). 

Wirklich zog der Todesenget diesmal noch vorüber, 
um erst sechs Jahre später die, wie es scheint, stetsforl 
kränkelnde Frau hinwegzunehmen. 

Wie der Briefwechsel mit Staal und mit P. Christoph 
Hartmann, war auch der Austausch zwischen Guillimann 
und Bürger ins Stocken geraten. Warum ? Im Mai 1603 
schreibt der vielbeschäftige Gesandtschaftssekretär an den 
Pfarrherrn in Schaffhausen, daß seine vielen Reisen und 
die hieraus entstehenden Geschäfte ihn am Schreiben gehin- 
dert hätten. Auch habe er die zwei Briefe, welche Büeger 
im letzten Winter an ihn habe abgehen lassen, gar nicht 
erhalten. Guillimann wünscht nun von seinem Freunde 
Aufschluß über die Grafen von N'ellenburg. Er interessierte 
sich für dieselben, weil er im Sinne hatte, auch die Vor- 
fahren der habsburgischen Frauen festzustellen *). Oie 
Ausführung dieses Planes machte natürlich eine Überar- 
beitung der « Habsburgiaca », wie Guillimann sein Werk 


’) Bf. v. ‘Ai. April 1004. Slifisarch. Hing. «. a. O. fase. I, X' 2. 

*) Ebend. fa»c. //. ,V* 10. Alles verrät die Eile des Schreiben- 
den, i< An H. Christofei Hartmann Franciscus Guilimanus rogat D. 
Christophorum Hartmannum, ut pro Agnete Viel cara coniuge sacrum 
face re in honorem Deiparae matris hodie vel eras non gravetur, ut 
eam Deus sanitati restituat, animo conlirmet, utriusque vota, et desi 
deria sua gratia prosequatur. Simul per präsentem latorem vini 
absvnthiaci poculum expectat ». 

') Bf. v. 29. Mai 1608. U. B. B. G. 1 47. V* 100. 




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nannte, notig und dürfte die Hauptursache der Verzögerung 
des Druckes sein. 

Im Ganzen wurde die Korrespondenz mit Rüeger llei- 
tiig geführt. Jeder Brief enthält eine Bitte, der Rüeger zu 
entsprechen hatte, des üftern hinwieder erteilt Guillimann 
Auskunft auf Anfragen Büegers. 

Am 8. Februar 1604 war in Baden eine allgemeine 
Tagsatzung versammelt, auf welcher auch der spanische 
Gesandte mit seinem Sekretär erschienen war. Allerlei 
Geschäfte hielten die beiden über acht Tage in Baden fest, 
von wo Guillimann am 14. Februar in Eile seinem vernach- 
lässigten Rüeger schreibt: Was Rüeger mache? «Hundert 
Jahre sind es her, daß ich nichts von dir noch von unsern 
Augsburgerfreunden erhalten habe. Sind sie gesund ? Leben 
sie überhaupt? » Es hätte wenig gefehlt, daß er im Flug 
nach SchafThausen gekommen wäre, hätte er nur gewußt, 
daß der Aufenthalt in Baden so lang dauere. So möge 
dies denn bei nächster Gelegenheit geschehen '). Wenn 
Rüeger etwas für die « Habsburgiaca » in die Hände ge- 
kommen sei, solle er es ihm bei nächster Gelegenheit mit- 
teilen. Er denke nun an deren Herausgabe, oder vielmehr 
er bereite sie vor. Er wolle dies Rüeger zu wissen thun, 
damit es durch diesen seine Freunde erfahren. Mehr könne 
er nicht schreiben unter tausend Störungen und Zerstreu- 
ungen, abgesehen von den Trinkgelagen und Schmause- 
reien *). 

Rüeger schickte seinem Freund am 31. März Antwort, 
welche denselben auf weilen Umwegen erreichte. Erst 
wanderte das Fackel von SchafThausen nach Solothurn, von 
da nach Morges am Genfersee, von Morges nach Bern, von 
da wieder nach Solothurn. Hier endlich übergab es Staal 
am 25. April dem Seckeimeister Peter Sury der nach Um 


') Bf. v. 14. Febr. 1604. a. a. U. AP Ul. 

’) « Meditor sive potius |>a rata in habeo editioncm. Hoc quoque 
te scire voiui, ut per te amici, plura non possuni inter m i 11c turbas, 
et. avocamenta, prteter compotationes et convivia »■ 


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126 


zern zur Tagsatzung der VII kathol. Orte ging und es am 
26. dem Adressaten ablicferte '). 

Unterdessen war Guillimann mit der königlichen Hof- 
Buchdruckerei der Gehrüder Malatesta in Mailand in Ver- 
handlungen getreten. Eben jetzt, im März 1604 halte er 
von dieser Druckerei Voranschläge über die Kosten des an- 
zufertigenden Papieres und der Drucklegung erhalten. Ein 
Punkt, den sie dem Verfasser nicht genug ans Herz legen 
können, ist, ja für einen dienstbereiten, fertigen Korrektor 
zu sorgen. Wie sehr diese Anregung begründet war, sollte 
die fertige Ausgabe zeigen. Den Briefen lagen gedruckte 
Muster bei. damit Guillimann seine Auswahl treffen und 
allfällige Wünsche äußern könne. Die Drucker berechneten 
den Umfang des ganzen Werkes auf öl Bogen. Der Setzer, 
so bemerkten sie, könne im Tag nicht mehr als einen hal- 
ben Bogen leisten, weil das Setzen ziemlich verdrießlich 
sei *). 

Offenbar war Guillimann mit den gesandten Druck- 
proben wie mit den gestellten Bedingungen, unter denen 
nicht die geringste war 100 Scudi auf Abschlag zu erlegen, 
zufrieden. Denn in seinem Antwortschreiben an Rüeger, 
vom 30. April, berichtet er, daß sein Werk im Laufe des 
nächsten Monats dein Drucker überliefert werde. Der Ter- 
min des Erscheinens sei unsicher, wegen der sehr oft ein- 
tretenden Fahrlässigkeit der Buchdrucker. Doch werde 
Rüeger das Werk binnen wenig Monaten zu Gesicht be- 
kommen und hoffentlich billigen können. Denn wahrlich 
mit großer Mühe und auch mit großen Kosten sei es zu- 
sammengesucht und geordnet worden *). 

Rüeger hatte seinem Freund auch von den Neckereien 

') Guillim. an Rüeger, Bf. v. ;X). April 1604. u. a. O. N" 112. 
Guillimann nennt Sury noch «Vernier», obwohl dies Amt Dezemb. 
1603 an Staat übergegangen war. 

0 Es sind noch 2 Schreiben von Marco Tullio Malatesta vor- 
handen, das frühere undat., das spatere vom 18. MSrz 1004. St. .4. 
J. Corl. 138. I f. 64 u.f. 63/63. 

') Bf. v. 30. April 1004. a. a. O. 


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Schellenbergs erzählt und wie sie beide im Dienste des 
« Fräulein Podagra » leiden. Guillimann meint, die beiden 
seien um ihre liebenswürdigen Neckereien fast zu beneiden, 
weniger freilich um die Gicht, eine übrigens eher lang- 
wierige als gefährliche Krankheit '). Dem Junker Schel- 
lenberg spendete er wohl brieflich Trost. Dieser freute 
sich überaus, hei so hochgelehrten Männern, aus ihrem 
Briefstil habe er dies nämlich sehen können, wie Staal und 
Guillimann. in einiger Achtung zu stehen. Kr läßt sie 
freundlichst grüßen und stellt ihnen all seine Studien und 
guten Dienste zur Verfügung *). 

« Hola ! Das hotten brodt will ich haben und das un- 
verzogen ! » so begrüßt Guillimann seinen Freund im Stift 
Ginsiedeln ain 18. Mai 1(504. Er hatte das Botenbrod ver- 
dient für die guten Dienste, welche er dem Stift leistete, 
als es sich um die Ausführung einer kostbaren Lampe 
handelte, welche Philipp III, für die Gnadenkapelle als 
Weihegeschenk gestiftet hatte 8 ). Guillimann, dessen An- 
sicht hiebei zu Rate gezogen wurde, batte alle großen 
Künstler von Mailand zusammenrufen lassen, um einen 
Entwurf zu bekommen, der seinen Wünschen entsprochen 
hätte. Allein dieselben erklärten keine Form finden zu 
können, welche gestatten würde, mehr als fünf Lichter 
sichtbar anzubringen. Aber die Größe des Werkes und 
der Preis werden demjenigen jener Lampe gleichkommen, 


*) Ebenda. 

*) Ausnahmsweise schreibt Schellenberg lateinisch : « D. J. 
Jacobi a Staal, Senatoris ac Qusestoris Salodorensis et D. Francisci 
Guillimanni, Virorum (ut nimirum ex stylo eorum perspiccre potuij 
doctissimorum literas magna cum voluptate perlegi. Et quatnvis 
illoruni praconiis nie indignwn indicein , cum me non lateat, quam 
curta sit mihi supellex, attamen in aliqua icstimatione et pretio 
apud ipsos esse pergratuni mihi est. Eis nie« nomine plurimam 
salutem dicere et omnia mea sludia et offivia öftere ne graveris ». Bf. 
an Riieger v. 18. Mai 11304. a. a. O. 

’) Beim Einfalt der Franzosen (17(18) ging die Lampe verloren. 
Gütige Mitteil, des hochw. Stiftsarchivars P. Odilo Kingholz. 


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welche die katholische Königin, da sie in Mailand weilte. 
Unserer lieben Frau von St. Celsus geweiht habe, ein 
wahrhaft königliches Werk ! Es habe tausend Goldgulden 
gekostet. Er teile dies P. Christoph mit, auf daß er sich 
mit ihm freue und erkenne, wie sehr er dem Stifte ergeben. 
Er dürfe es auch dem « Gnädigsten Herrn » mitteilen, aber 
nur im Vertrauen, damit es nicht weiterkomme und auch 
dem « Herrn Gesandten » gegenüber, der wohl die nächste 
Woche zu ihnen komme, nichts merken lassen, weil der- 
selbe nämlich selbst ausführlichem Bericht erstatten werde*). 
Ob nicht am Ende die Anregung zu diesem Geschenk im 
Grunde von Guillimann ausgegangen? Jedenfalls hatte P. 
Christoph keine Ursache, seine Gefälligkeiten und Freun- 
desdienste gegenüber dem Sekretär der spanischen Gesandt- 
schaft zu bereuen, der es so gut mit ihm meinte, daß er 
sogar auf das « Botenbrod » verzichtete, unter der Bedin- 
gung, daß P. Christoph den größtan Becher des Stiftes in 
seinem Namen auf die Gesundheit des « Hochwürdigslen 
und Gnädigsten » leere ‘). 

Die nächsten Monate allerdings hüllte sich Guillimann 
ihm gegenüber in undurchdringliches Schweigen. Der 
Grund dieser Saumseligkeit lag — wie er seinem Freund 
klagte — in der Lähmung, welche seine geistige Lebens- 
kraft damals umfing ; vielleicht war das die Folge von 
Überarbeitung, vielleicht auch die Wirkung einer trüben 
Gemütsstimmung. Als der fleißige Bibliothekar zu seiner 
Verwunderung, ja Entrüstung davon erfuhr, rief er ihm 
zu: « Die Hand ans Schreibrohr! Der Göttin der Trägheit 
ein Sühnopfer gebracht ! — Sieh, was ich inzwischen ge- 
leistet habe aus den vollendeten Kommentaren. » Seit er 
des Weihnachtsfestes wegen ins Stift zurückgekehrt sei, 

’) Bf. v. 18. Mai 1004. Stiftsurch. Eins. « a. O. fase. I. S’ 3. 
Es ist unbestimmt, wann Guillimann in Mailand weilte. Wahr- 
scheinlich im Januar 1004, jedenfalls vor dem 30. April, unter wel- 
chem Datum er Rüeger schreibt, daß er auf der nächsten Tagsatzung 
erscheinen weide. 

') Ebenda. 


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habe er an manchen Tagen sieben, acht und neun Stunden 
mit Schreiben und Zusammenstellen zugebracht. Das Ge- 
tane reue ihn freilich nicht. Er glaube «las Werk, nämlich 
die Annalen, könne dem Kloster zur Ehre gereichen. Das 
wisse er, daß es in Deutschland, vielleicht in ganz Europa 
kein Kloster gebe, das seine Vorfahren in der gleichen 
sichern Reihenfolge aufzeigen könne. Mit dem letzten 
Konrad. d. h. Konrad III. von llohenrechberg, habe er die 
Keihe der Äbte beendet *)• Ob wohl P. Christoph jetzt 
sheon ahnte, wie viel kostbare Zeit und Arbeit seine An- 
nalen denjenigen, den er jetzt aus der Lethargie aufrüttelte, 
noch kosten sollten, bis dieselben in Wahrheit ihm und 
dem Kloster zur Ehre gereichen konnten? 

Jene Männer, welche Guillimann überredet halten, 
seine Hoffnungen auf den Gelehrten auf dem kaisertron zu 
stellen, waren nicht müßig geblieben. Ohne Zweifel haben 
wir es ihrem Einfluß anzurechnen, wenn Rudolf II., ehe 
nocli die Habsburgiaca erschienen, von den Arbeiten des 
spanischen Gesandtschaftssekretärs Kunde erhielt und seinem 
Bruder Maximilian, dem Regenten von Tirol und der vorder- 
österreichischen Lande den Befehl zugehen ließ, dem Histo- 
riker ihres Hauses auf Neujahr 1605 ein Geschenk von 200 
Gulden zu verabfolgen *). Am 17. Dezember erteilte der 
Erzherzog Maximilian 3 ), selbst ein hochherziger Fördern- 
der Geschichtschreibung, ein freigebiger Gönner namentlich 
der Erfoscher der habsburgischen Hausgeschichte, seinen 
Kammern die nötigen Anweisungen *). Um aber die kaiser- 
liche Gunst ja nicht an einen Unwürdigen zu verschwenden, 
ließ er durch die Regierung in Ensisheim zuerst Erkundi- 
gungen über den seiner Fürsorge zugewiesenen Schützling 
einziehen. So schickten denn die Ensisheimer Räte den 


v. • 

21 . 


‘j Bf. v. .10. Dez. 1004 Stißsareh. fnac. 1. A‘‘ 14. 

’) Dies erhellt aus dem Schreiben Maximilians an den Kaiser. 
25. Mai 1607. St. .4 ./. Cod. 138. f. 116/117. 

') Über Maximilian s. Zeissbcrg ; in d. Allg. d. Biogr. Bd. 
S. 72 ff. 

*) Schreiben v. 25. Mai 1607. 


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Amtmann von Rheinfelden, Johann Jakob Eggs, Licentiat 
der Rechte, auf Kundschaft aus '). Eggs machte sich am 
Morgen des 24. Januar IfiOä, einem Montag, auf und ritt 
zunächst nach Bremgarten « in der Hoffnung, » er würde 
Guillimann « beschehenem Andeuten nach » daselbst finden*). 
Allein derselbe war noch zu Luzern im Dienste Casatis, 
wohin sich der Amtmann alsbald begab. Am Mittwoch end- 
lich traf er den Gesuchten und lud ihn zu einem « Imbis » 
ein. Während desselben forschte er Guillimann über alles 
aus, was man in Ensisheim zu wissen verlangte ; « doch 
(soviel möglich geweßen ist) unvermerkter Dingen, » weil 
er ja aus dem Schreiben seiner «Gnädigen Herren nit ver- 
stehen khünden, zu was Inlent diße Inquisition angestellt : 
da vielleicht der Inquirent hievon, da man die sich ver- 
merken sollte » Gefahr ahnen könnte. Des Amtmanns Vor- 
sicht war freilich überflüssig ; denn wenn Guillimann auch 
ahnte, in wessen Auftrag der Neugierige gekommen, so 
mochte ihn, der besser wußte als der Fragende, um was 
es sich handeln konnte, eher freudige Hoffnung als Angst 
erfüllen. Durch Eggs erfahren wir, daß damals bereits ein 
Teil des « Ruoches von Ankunft und Alter der Grafen von 
Habsburg » gedruckt war, daß der Verfasser « noch zwen 
andre theil und underschidenliche Büecher, so er auch al- 
berait zu redt gebracht, daselbsten zu Mevlandt trucken 
laßen welle, » das eine über die Fürsten dieses Geschlechtes, 
das andere über die Kaiser aus dem Hause Österreich. 
Guillimann « verhoffe auch, der mittlere Theil » über die 
Fürsten. « so etwas weitläuffig beschriben, solle noch dist 


') Schreiben der Kammer zu Ensisheim an Maximilian, dat. 
v. 31. Jan. 1006. 

*) Bericht des Amtmanns Jäh. Jakob hd/i/s an die Kammer zu 
Ensisheim, dat, v. ‘JO Jan. 1605. St. A. ./. Corf. IHM. f f. OU TO. Die 
Eggs stammten aus dem ElsaU. Jnh. Jakob war der Sohn des Lud- 
wig Eggs. der 1”>?7 Salzburger zu Kheinfelden geworden war, der 
l.ölTJ von Rudolf II für sich und «eine Nachkommen den Adelstitel 
erworben hatte S. K. Schrater: P. Ignatius Eggs, i. Programm 
der Schulen v. Rheinfelden 1859 18(10. 


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131 


Jahr, und nechstfolgenden Jars der übrig Theil auch ge- 
truckt werden, welches er alles der Römischen Kayserlichen 
Mayestät und meinem allergnedigsten Herren underthenigisl 
dedizieren welle. » 

Das Werk über die schweizerischen Altertümer war 
damals in Luzern nicht mehr zu bekommen. Der Verfasser 
selbst hatte in seinem Besitz nur mehr ein einziges Exem- 
plar, « deßen er nit ermangeln khönde, weil er solches in 
vielen Sachen, die er nach und nach durch lelien und hö- 
ren erkundige, augiere. » Endlich gelang es dem Amtmann, 
von Junker Hans Kaspar Sonnenberg eines zu erhandeln. 

« Soviel nun vilgedaehten Herrn Guillemanns Thuen, 
Laßen und Vermögen anlangen thuet, ist er gebürtig von 
Freiburg in Üchtland, derendts er noch seinen Vater hat ; 
ist verheürat und hat alberait drei Kinder, so alles Döch- 
tern ') ; soll noch zuer Zeit eines geringen Vermögens sein. » 
So lautet des Kundschafters Bericht. 

Diese Meldungen müssen die Kammer zu Ensisheim 
befriedigt haben : sie gab dem Amtmann von Rheinfelden 
Anweisung, « die für diesmal zu einem neuen Jahr be- 
stimmten 200 Gulden ehestens zu bereinigen. » Den Bericht 
aber beförderte sie weiter an den Hof zu Innsbruck ’) 

Den weitern Bemühungen Eggs, der sogar nach Frei- 
burg im Üchtland reiste, gelang es daselbst noch zwei 
weitere Exemplare der Antiquitates zu erhandeln, welche 
ebenfalls dem Erzherzog überschickt wurden 8 ). Wir finden 
es begreiflich, daß Maximilian so sehr darauf hielt, dies 
Werk seiner persönlichen Durchsicht zu unterwerfen. Mußte 
seinem Auge nicht aus jenen Kapiteln, welche dem Ent- 
stehen der ältesten eidgenössischen Bünde gewidmet waren, 
des Verfassers Gesinnung gegen Habsburg klar entgegen- 


') Somit waren die beiden Söhnlein schon nicht mehr am Leben 
’) Schreiben der Kammer zu Ensisheim an Maximilian dat. v. 
5. Kebr. 1605. Sr. A.J. Cod. 138. 1 f. 68/71 . 

’) Sehr. d. Kammer zu Ensish. an Maximilian dat. v. 1*2 Febr. 
1605. St. A. J. Cod. 138. 1 /: 7 2/73. 


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132 


treten ? War er nicht darauf angewiesen, nach diesem 
Werke zu beurteilen, ob der Schriftsteller, welcher um 
seines Hauses Gunst warb, auch wirklich fähig sei, dem 
Ruhm und der Grölte seines Geschlechtes gerecht zu wer- 
den, ob er nicht vielleicht dessen Geschichte in stümper- 
hafter Weise entstellen würde? 

Vier Monate später war Erzherzog Maximilian in der 
Lage, sich seine Fragen an Hand des neuerschienenen Buches 
über den Ursprung und die wahre Herkunft des Hauses 
Österreich beantworten zu können. Am 18. Mai 1605 trafen 
die ersten sechs fertigen Exemplare in Luzern ein. Eines 
davon mußte Guillimann gleich seinem Herrn, dem spani- 
schen Ambassador, überlassen. Die andern fünfe schickte 
er am 20. Mai an den kaiserlichen Hof, nach Prag. Das- 
jenige Exemplar, welches dem Kaiser überreicht werden 
sollte, hatte er malen lassen ; freilich eine kunstgerechte 
Bemalung der im Werke abgedruckten Wappen war in 
dieser kurzen Frist unmöglich gewesen. 

Dieser Sendung, welche ein eigener Bote, ein Luzerner, 
nach Prag tragen mußte, gab Guillimann zwei Schreiben 
an seine Protektoren am Kaiserhofe mit, deren eines wahr- 
scheinlich dem kaiserlichen Sekretär Johannes Barvitius 
galt ')• Sie geben uns einen klaren Einblick in die Pläne 
und Holfnungen, welche der Verfasser der Habsburgiaca 
an deren Widmung an den gelehrten Kaiser knüpfte : Vor 
allem wünscht er vom Kaiser ein ehrenvolles, der kaiser- 
lichen Majestät würdiges Jahrgeld zu erlangen, damit er 
sich ausschließlich der Schriftstellerei hingeben könne. Für 
diesen Fall hat er die Absicht, den Wohnsitz nach Freiburg 
in Breisgau zu verlegen. Dann aber will er ein kaiserliches, 
für alle Zukunft geltendes Privileg, für alle seine nachfol- 

') Von diesen Schreiben sind uns nur die Coneepte erhalten 
das eine, ohne Adressat, trägt das Datum ^0. Mai 1605. St. A. J. 
Cod. 138. 1 t. 21b,/ti,. Das andere ist undatiert und ebenfalls ohne 
Aufschrift, doch wahrscheinlich am gleichen Tag geschrieben und an 
den kaiserlichen Sekretär Barvitius gerichtet. St. A. J. Cot!. 138. 
1 f. -31b,. 


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133 


genden historischen, poetischen und kritischen Werke, na- 
mentlich für alle Ausgaben von Schriftstellern, welcher 
Gattung immer sie angehören, die er verbessern oder mit 
Anmerkungen versehen und kommentieren würde ‘). Wir 
sehen, Guillimann glaubte, noch ein fruchtbares Gelehrten- 
leben vor sich zu haben, viele Jahre ruhmvoller Thätigkeit, 
nach alter Humanistenart Geschichte, Poesie und Philologie 
zugleich umfassend. Was er seit dem Ausgehen seines 
Erstlingswerkes neben den politischen Geschäften, vollbracht, 
durfte so stolze Hoffnungen wohl erwecken. Aulier den ge- 
druckten Habsburgiaca lagen schon zehn Bücher über die 
Fürsten habsburgischen Stammes und zum großen Teil die 
Geschichte der Kaiser des Hauses Österreich vor. Allein, 
um diese beide Teilen des begonnenen grolien Werkes 
über die Dynastie der Habsburger vollenden zu können, 
bedurfte er der Unterstützung von seiten der österreichischen 
Archive. Einen vierten Teil : Das Haus Österreich, oder von 
dessen Größe und Ruhm, glaubte er ebenfalls, mit Gottes 
Hilfe, in kurzer Zeit unter Dach zu bringen *). 

Auf seinen Reisen war es ihm gelungen, — es ge- 
hörte Glück dazu — an den verschiedensten Orten die au- 
thentischen Bilder der österreichischen Fürsten von Rudolf I. 
an bis auf Maximilian I.. ja sogar mehrerer Grafen von 
Habsburg, aufzufinden oder zu bekommen. Dieselben, so 
versichert er, seien weit verschieden von den Bildern, welche 
gemeinglich im Umlauf seien. Guillimann selbst hatte be- 
reits an deren Herausgabe gedacht, aber seine Freunde, 
namentlich Casate hatten ihm davon abgeraten, indem sie 
es für passender fanden, solche Bildnisse nicht der gemei- 
nen Welt preiszugeben 3 ). 

ln dem einen der zwei Briefe berichtet Guillimann 
seinem Gönner am Hofe Rudolfs, welches Vergnügen ihm 
die 200 Gulden gemacht, die er auf Anordnung des Kaisers 
und des Erzherzogs Maximilian vor wenig Wochen empfan- 

') St. A. J. Cod. 138. 1 f. 21t> Ja,. 

•) St. A. J. Cod. 138. [ f. 21l>,. ') Ebenda. 


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134 


gen, als « Ehrengeschenk und Anreizung », und er wisse 
wohl, daß der Adressat dieses Schreibens, — vermutlich 
Barvitius — der wahre Urheber dieses Gnadengeschenkes 
sei ; er sehe aus dieser Thatsache, daß sein mühevolles 
Unternehmen Anerkennung finde. Er bittet seinen Gönner, 
seinen Bestrebungen beim Kaiser ein warmer Befürworter 
zu sein und verspricht : « Wir werden dem Reiche nicht 
zur Unzier sein. » 

Rudolf II. nahm das Werk, dessen Widmung ihn in 
schmeichelhafter aber unverdienter Weise als staatsklugen 
Herrscher und glücklichen Schlachtengewinner feierte, sowie 
dessen Überbringer huldvoll auf. Den Roten behielt er 
aulierordentlich lang, länger als Guillimann lieb, am Hofe 
und ließ ihn endlich reich beschenkt ziehen 1 ). In die Hei- 
mat zurückgekehrt, verlangte er von seinem Auftraggeber 
noch GO Gulden Botenlohn. Mit Rücksicht auf das vom 
Kaiser gespendete Geld wies Guillimann, dessen finanzielle 
Kräfte durch die hohen Druckkosten der « Habsburgiaca » 
fast erschöpft waren, ein solches Ansinnen zurück. Allein 
vor der Obrigkeit von Luzern tat der Bote dar. daß die 
erhaltene Geldsumme ein kaiserliches Gnadengeschenk an 
seine Person sei und so mußte Guillimann seine Forderung 
anerkennen *). 

Ende Mai oder zu Anfang des Juni erhielt Guillimann 
von Mailand her die 300 bestellten Exemplare zugeschickt. 
Die Kosten dafür betrugen beiläufig 320 Gulden a ). Wohl 
nicht am wenigsten in der Erwartung auf klingende Aner- 
kennung, um die großen Auslagen desto leichter zu tragen, 
schickte er Exemplare an die Höfe in Brüssel und Madrid. 
Es findet sich nämlich unter Guillimanns hinterlassenen 
Papieren ein in spanischer Sprache abgefaßtes, von seiner 
Hand geschriebenes Conzept, in dem aber von Guillimann 
stets als Drittperson die Rede ist 4 ). Das Schreiben selbst, 

') Bittgesuch Guillimanns an Rudolf II., undat. (wohl zu Ende 
lfiOö oder Anfang 1606). Untrere. Arch. j. Freiburg i. Br. XV ?, A. 9. 

*) Ebenda. ') Ebenda. ') St. A. J. Cod. 138. I fol. 5b. 


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135 


wird somit zweifelsohne unter dem Namen des spanischen 
Gesandten Casate dem König Philipp III. berichtet haben, 
wie der Verfasser des Werkes vom wahren Ursprung der 
Grafen von Habsburg, der aus dem mit Spanien verbünde- 
ten Freiburg stamme, seit früher Jugend, seit dem Beginn 
seiner hohem Studien den Wunsch im Herzen getragen, 
einst in den Dienst seiner Majestät und des Hauses Öster- 
reich zu treten wie er dann als Sekretär bei der spa- 
nischen Gesandtschaft Dienste genommen, dabei Gelegen- 
heit gefunden, seinen Wünschen nachzuleben *), und so habe 
er mit vieler Arbeit und ungezählten Nachtwachen, ohne 
Geld und Gesundheit zu schonen, dies Werk zu Stande ge- 
bracht, das er hiemit Seiner katholischen Majestät zu Füßen 
lege. Des Fernern wird noch der Plan zur Weiterführung 
des unternommenen Werkes dem König unterbreitet. Wir 
haben keine Kunde vom Erfolg dieses Schreibens : ob es 
einer Antwort gewürdigt wurde oder nicht, ob die zehn- 
jährigen treuen Dienste Guiilimanns, die bisher ohne An- 
erkennung geblieben, die erwartete Auszeichnung gefunden, 
oder nicht. 

Der Regent der Niederlande, Erzherzog Albrecht, aber 
konnte jetzt einsehen, daß jene drei Panegyriken von 1599 
in der Tat nicht als bloße Schmeichelei aufzufassen waren l * * * * * * 8 ). 

Es ist nicht anzunehmen, trotz dem Mangel an Be- 
weisstücken, daß Guillimann es unterlassen habe, dem Erz- 
herzog Maximilian, der sich so rasch und bereitwillig seiner 
angenommen, die « Habsburgiaca » als Ausdruck seiner 
Ergebenheit zu überreichen. 

l ) a et quäl sienipre ha desiderado desde su m<x;e : dad y 

principio de estudios de emplearse eu el real servitio de V. M. y de 

su |toda casa) D' Austria. » Ebenda. 

*) «. ... con occasion de hallar comodidad para poder conseguir 
es tos sus deseos. » Ebenda. 

*) « Post editionein Mediolani Habsburgiaeorurn. quorutn exem- 

plar Serenitati tuae eodem, quo prodierunt anno 1605, per Ferdinan- 

dum Gironium » Schreiben v. 1611, Mai 9. St. A. J. Cod. 138. 

/ /. 41bla t . 


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13 « 


Wohl die Hauptmasse der Abzüge, fünf Ballen, schickte 
Guiliimann von Luzern nach Basel an den Buchhändler 
Ludwig Künig, damit derselbe die Exemplare auf der Frank- 
furter Messe an die Buchhändler vertreibe. Später ver- 
kaufte er die sämtlichen in den Handel gegebenen Exem- 
plare dem Freiburger Buchändler Johann Straßer, das Stück 
für 23, höchstens 24 « Nothatzen » 

Den Freunden aber, mit denen er im Bücheraustausch 
stand, beeilte er sich das Erzeugnis seiner eigenen Schaf- 
fenskraft zu übermitteln, um sie sich in Gewogenheit und 
gutem Willen zu erhalten. 

Schon am 13. Juni 1605 ließ er seinem Freund Hüeger 
das längst angekündigte Werk, an welchem derselbe nicht 
geringen geistigen Anteil hatte, zugehen *). Doch beschwört 
er ihn, außer den Titel nichts anzuschauen, bevor er das 
Verzeichnis der Druckfehler durchgesehen. « Es sind ihrer 
unendlich viele, und beinahe schändliche. Meine Abwesen- 
heit hat sie verschuldet. Da ich beschlossen hatte, in Mai- 
land, wohin mich ursprünglich andere Geschäfte geführt, 
so lange zu bleiben, bis das Werk vollendet wäre, rief 
mich anderes anderswohin ; erst nach Rhätien, kurz darauf 
in die Schweiz, und zog mich dermaßen davon ab, daß ich 
dem Druck nicht die gewünschte Aufmerksamkeit schenken 
konnte •>. Int übrigen möge Bürger selber darin lesen und 
sich ein festes Urteil bilden und endlich ihn, als treuen 
Freund, auf alles, worin er fehlgegangen, aufmerksam ma- 
chen. Wie hätte er neben so vielen Geschäften und Zer- 
streuungen ein reiflich durchdachtes und allseitig abgewo- 
genes Werk schaffen können. Den gleichen Dienst fordere 
er auch von den andern Freunden. 

') Undatiertes, höchst verw orrenes Concept eines Ausweisscheines 
für den Freiburger Buchbinder Johann Straßer (Stiefsohn des Druckers 
Wilhelm Maß. s. Soloth. Wochenbl. 1818, S. 77 f.). St. A. J. Cod. 
138 1 f. 3. 

*) Das Begleitschreiben Guilliraanns in Cod. G. /. 47. JV* 11 
d. U. B. B. Mit Weglassung von Einleitung und PS. lindet er sich 
auch in dem geschenkten Exemplar, das sich jetzt auf der Stadtbiblioth. 
Solothurn befindet. 


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137 


Dieser Sendung legte Guillimann auch ein Exemplar 
an Markus Welser bei. An Werdenstein, der schon seit 
1602 nicht mehr im Stande war zu schreiben, gedachte er 
bei anderer Gelegenheit eines zu schicken. 

Am 23. August übermachte Guillimann seinen « gnä- 
digen Herren von Freiburg » das « buoch von den alten 
Grafen von Altenburg und Habsburg '). Er vermeine, das- 
selbe werde den « gestrengen Herren » nicht unangenehm 
sein, weil es auch von Herkunft und Taten der « Grafen » 
von Zähringen, «so ein löblich Statt Freihurg gehauen und 
gestiftet ». Kundschaft gebe. 

Wie sehr Guillimann trotz aller Wechselfälle seines 
Lebens der Vaterstadt von Herzen zugetan war, drücken 
diese Worte aus : « Bitt demütiglich. Euer Gestrengen wel- 
lend diü mein tleiti und arbeit, so in ansehen Euer Ge- 
strengen sonderlich zu gefallen, wie auch dem Vaterland 
zu ehren, von mir aufgenommen, gnediglich empfahen und 
mich alü iren gringsten Underlhanen in allweg günsliglich 
für befohlen haben. » 

Dank und Anerkennung seiner Mitbürger blieben ihm 
nicht aus. Am 9. September beschloß der Hat : « Man soll 
iine bei erster Gelegenheit danken und wann die Gsandten 
das nächstmal gan Luzern reisen, werden sie ime auch mit 
der Verehrung ehrlich meinen » s ). 

Die Forschungen über die älteste Geschichte der Habs- 
burger führten Guillimann mit einem andern Gelehrten zu- 
sammen, der als überaus fruchtbarer Herausgeber von (Juel- 
lenwerken vielfach sein Arbeitsfeld kreuzte. Es war Melchior 
Goldast von Haimisfeld, ein Thurgauer, dem ein unstetes 
Geschick nur selten eine dauernde Ruhstatt vergönnte 3 ). 
Im Dienste fremder Fürsten fristete er sein Leben, vielfach 
mit Armut und Entbehrung kämpfend, die schon an seiner 


') Das Begleitschreiben a. d. Slaatsarch. Freihurg. Stailtsachen 
A. N‘ 464. 

*) Ratsmanual , 1605, Sept. !(. Staatsareh. Frcib., abgedruckt 
Daguet, Biographie, etc., p. ‘14. 

s ) Vgl. G. r. %VgM : Historiogr. S. 343 i. 


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138 


Wiege gestanden. Gerade im Jahre 1605 erschienen seine 
« Suevicarum rerum scriptores aliquot veteres ». Goldast war, 
wie Hüeger, Protestant. Dennoch war ihm Guillimann in 
aufrichtiger Freundschaft zugetan und voll Bewunderung 
für seine wissenschaftliche Fruchtbarkeit. Als Zeichen seiner 
Verehrung sandle er ihm im Oktober die « Habsburgiaca »'). 

Auch der Mönch im finstern Wald ward nicht ver- 
gessen. Am 16. September übergab Guillimann sein Buch 
dem alten Schaffner des spanischen Gesandten, der sich 
nach seiner Heimat aufmachte, auf dem Wege aber noch 
die Muttergottes von Einsiedeln grüßen wollte. Guillimann 
bittet seinen getreuen P. Christoph, dem alten Mann eine 
Freude zu bereiten, indem er demselben des Stiftes Kirchen 
schätz zeige 5 ). Es ist ein Vorzug geistig wirklich bedeu- 
tender Menschen, für ihren ungebildeten unter ihnen stellen- 
den Bruder ein fühlendes Herz zu haben *). Des fernem 
läßt Guillimann seinen Freund wissen, daß sein Herr, Casati, 
nunmehr nach Italien abgereist sei, um die Lampe für das 
Kloster zu besorgen ; er werde nicht zurückkommen, ehe 
dieselbe vollendet sei, selbst auf eigene Kosten hin. Er 
weile somit ganz allein in Luzern, wo ihn aber P. Christoph, 
der seiner allbereits überdrüssig sei, nicht mehr lang suchen 
müsse noch finden werde. 

') Bf. v. 2. Oktober 1605. Ep. 105, p. 131. Ouiliinianns Briefe 
an (jroldast sind abgedruckt in : « Virorum cl. et dnctorum ad Melcli. 
Goldastum epistolae ex bibliotbeca H. G. Thülemarii. » 168M. 

’) Stiftsarch. Einsied. a. «. O. fase. I, S" /. « Vetulo huie 
latori si quid bene feceris, res saeras et ornamenta reliquiasve osten- 
deris. gratuni feceris. Fuit noster oeconomus : abit domuni suam, 
sed non nisi salutata Deipara Heremitana, cui tu me quoque com- 
mendabis. Dominus legatus abiit in Italiam sollicitatum vestrain 
lampadem. Nec redibit nisi ea perfecta vel suosumtu. Solus ego istic. 
Sed neque diu quaeres me, neque reperies, quem modo fastidls. » 

’) Am 23. Juni 1600 entschuldigte sich Staal durch Rueger bei 
dem Boten, der ihm die Briefe von Schaffhausen brachte, wegen der 
Unbedachtsamkeit seiner Familie, die in Staats Abwesenheit den 
Boten mit zu geringem Lohn abgefunden, und verspricht, wenn der 
Bote wiederkomme, dies gut zu machen, denn der Arbeiter sei seines 
Lohnes wert. U. B. B. G- I 53, f. 33. 


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139 


Es scheint aus diesen Worten hervorzugehen, daß 
Guillimanns Familie bereits nach Freiburg im Breisgau, der 
Heimat seiner Gemahlin, übergesiedelt war. Das Haus zur 
« Feder» in der « Vambeßgasse » gehörte der Frau Agnes als 
Eigentum '). Diese Stadt empfahl sich außerdem durch ihre 
herrliche, gesunde Lage ebenso wie durch ihre altberühmte 
Hochschule, unter deren Lehrern Guillimann den ein oder 
andern verständnisvollen Freund seiner Studien zu finden 
hoffen konnte. 

Es ist nicht möglich, den Austritt aus dem Dienste 
der spanischen Gesandtschaft zeitlich genau zu bestimmen, 
sowenig als den Eintritt. Soviel ist sicher, derselbe er- 
folgte noch im letzten Viertel des Jahres 1 60f> *). 

Die « Habsburgiaca » verfehlten ihre Wirkung auf den 
kaiserlichen Förderer der Wissenschaften nicht : er bewil- 
ligte dem Verfasser ein Jahrgeld von 200 Gulden. Darauf- 
hin gab Guillimann sein Sekretariat in die Hände Alfonso 
Oasates, der ihm während zehn Jahren ein wohlwollender 
Herr und uneigennütziger Förderer seiner Bestrebungen 
gewesen zurück *). 

Zwar hielt er sich noch zeitweise in Luzern auf, um 
endlich im Dezember Luzern als sein eigener Herr zu ver- 
lassen. 

« Sei gegrüßt und lebe wohl, mein Christophorus ! » 
schreibt er am 10. Dezember 1005 in letzter Stunde seinem 
Freund im Stift Einsiedeln 4 ). « Ich begebe mich an be- 

sagten Ort ; frage mich nicht, wie gern. » Er habe end- 


') Laut Inventar über ihre Hinterlassenschaft, aufgen. am 28. 
Mai 1612. Unirers. Arch. Freib. i. Hr. III G, 43. 

’) Denn in dem Briefe an P. Christoph, v. Ul. Dez. spielt er 
sich als freien Mann auf. 

’) « Neque eam (pecuniam seil.] solum, sed duceutos quoque 
Ule ros annuos, quos ante triennium decrevit Caesarea Altitas et Tua 
Serenitas per duos praeteritos annos (d. h. 1605 und 1606) benigne 
solvi curavit. » Schreiben an Erzherzog Maximilian, datiert vom 6. 
Februar 1607. St. A. J. Coil. ISS, /, /'. t9a,'b. 

*) Bf. v. 10. Dez. 1005. Stißsarch. a. a. O. fase. //, .V" I. 


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— 140 — 

lieh Menschen gefunden und unter ihnen ihren Freund 
Zimraermann ’). Von dessen Nüchternheit wüßte er vieles 
zu sagen. Cm es doch herauszusagen : derselbe habe ihn 
so nüchtern gehalten, daß niemals, so glaube er. jemand 
trunkener gewesen sei. als er. L'nd, was P. Christoph 
mehr freuen werde, er sei Guillimanns nächster Nachbar. 
Kaum drei Häuser weit sei er entfernt ; so werden sie täg- 
lich beisammen sein, P. Christoph möge ihn darum beglück- 
wünschen oder darüber entrüstet sein, — P. Christoph hätte 
wohl Grund gehabt, denn der allzugastfreundliche Zimmer- 
mann war Theologieprofessor an der Universität — dem 
gnädigsten Herrn und Fürsten von Kinsiedeln biete er rück- 
haltslos seine ganze Dienstbereitschaft an, und das umso 
freier und bereitwilliger, als er nunmehr, keines andern 
Mannes Knecht sich allein untertan und verpflichtet, sich 
selbst, seinen Freunden und solchen Gönnern zu leben ge- 
denke. Frei möge der Abt von ihm fordern, was immer 
er wolle. Kr habe sich demselben, ja ihnen allen, ganz 
angelobt. Wenn anders es hätte sein können, hätte er 
diesem Schreiben zuvor des Fürsten Hand geküßt. Doch 
werde er die nächste Gelegenheit an sich reißen, um dies 
sein Verlangen zu stillen. Inzwischen möge P. Christoph 
weitere Nachricht aus dem Breisgau erwarten, freilich nicht, 
bevor Guillimann auch einen Brief von seiner Seite im Breis- 
gau zu Gesicht bekommen habe. 

Die Quellen verschweigen uns die Ursachen, denen 
diese Ergebenheit Guillimanns gegenüber Abt und Convent 
des altehrwürdigen Stiftes entsprang. 

Damals trug sich unser Gelehrte auch mit dem Ge- 
danken, eine Neuausgabe der Briefe des Humanisten und 
spätem Papstes. Kneo Silvio Piccolomini, zu besorgen, ein 
Plan, der aber nie zur Tat wurde *). 

') Johann Andreas Zinimermann, von Freiburg i. B. gebürtig. 
1.179 in die Matrikel der Hochschule eingetragen, 1583 Magister der 
philosophischen Fakultät, »eit 1595 Professor der Theologie. Er starb 
lfVJO, vgl. Schreiber, Gesell, der Univ., S. Ul 7 u. f. 

*) u Epiatolas Silvii referam ad vos proxima commoditate, forte 
enim curabo ut de novo edantur. » h'bciula. 


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141 


Andere Pläne, andere Arbeiten traten jetzt in den 
Vordergrund und füllten seine Tage aus. Vor allem galt 
es das Vertrauen und die Gunst des Kaisers und seiner 
Hi Oder ganz zu erobern. Denn auf ihnen ruhte sein ganzes 
Helfen, eine bessere Zukunft. Nicht ein Ton der Wehmut 
oder des Bedauerns dämpft den Jubel, der aus seinen 
Worten an P. Christoph klingt. Das Gefühl, er ziehe sei- 
nem Glück entgegen, ließ kein anderes aufkommen und 
machte ihm selbst das Scheiden aus der Nähe so lieber 
Freunde leicht. Sein Auge war noch geblendet vom Glanz 
der Gnadensonne, die im Osten über sein Haupt emporstieg ; 
noch erschien ihm der österreichische Hoden wie ein ge- 
lobtes Land. 


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Vierter Abschnitt. 


Der Geschichtschreiber des Hauses Österreich. 

IW»— 1612. 


I. 

Guillimanns Lebensplan. 

Sein Lehramt an der Universität Freiburg. 

Nicht lange nach seinem Austritt aus dem Dienste der 
spanischen Gesandtschaft, reichte Guillimann seinem kaiser- 
lichen Herrn eine Denkschrift ein, welche Kudolf II. zur 
Regelung des neuen Dienstverhältnisses veranlassen sollte 1 ). 

Er führt darin aus, wie er mit der allergrößten Sorg- 
falt, er sage dies ohne sich zu rühmen, eine habsburgische 
Geschichte geschrieben und unter dem Namen Seiner kaiser- 
lichen Majestät veröffentlicht. Für deren Druck habe er an 
die 320 Gulden ausgelegt. Der Briefbote, den er mit dem 
Buche nach Prag geschickt, habe dort Geld empfangen : 
Guillimann habe dasselbe als Entlohnung angesehen. Der 
Bote aber habe vor dem Kate von Luzern erklärt, das Geld 
sei ein persönliches Gnadengeschenk des Kaisers. Also sei 
er gezwungen worden, für Botenlohn wiederum 60 Gulden 
auszulegen. 

') V. A. F. XV, 7, .4. 9. Abschrift des Schreibens. Es ist 
undatiert, die Abfassung muß aber in die Zeit vom September 100T« 
bis Mai lfSOü fallen. Im Sept. 1HÜ5 nämlich war Guillimann noch 
im Dienste Casates und am 13. Mai WOfl hatte der Kaiser darüber 
schon seine Entschlüsse gefaßt. 


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143 


Weil er nur über ein gar geringes Vermögen verfüge, 
bitte er den Kaiser, ihm die Kosten tragen zu helfen. 

Zum andern, soll der Kaiser den Jahresgehalt, den 
er ihm zugesprochen, auf einen bestimmten Ort anweisen, 
wo eine stete und ihm bekannte Auszahlung stattzufinden 
habe. 

Zum Dritten erbittet sich Guillimann ein kaiserliches 
Privilegium für alle Bücher, welche er noch herauszugeben 
gedachte. 

Viertens möge ihm der Kaiser ein Diplom ausstellen, 
lautend auf alle Klöster in Schwaben, im Breisgau und El- 
saß. damit er deren Briefe und Bücher durchforschen könne, 
um die Geschichte der erlauchten Familie Sr. Majestät, 
desto fester zu gründen. 

Endlich bitte er den Kaiser, die Bildnisse seiner Vor 
fahren, die er zusammengebrachl, und welche durchaus 
verschieden seien von den gemeinhin bekannten, aber ganz 
echt, auf seine Kosten in Kupfer stechen zu lassen. 

Er habe seine Beamtung beim spanischen Gesandten 
in der Schweiz, welche bisher seiner Familie den Unterhalt 
gewährt, niedergelegt und sich mit ganzer Kraft an die 
Aufhellung der österreichischen Geschichte gemacht Schon 
überarbeite er die « Habsburgiaca, » welche in kurzem ver- 
mehrt ausgehen werden. Denselben gebe er zugleich das 
Buch von den österreichischen Herzogen und Erzherzogen 
mit, in dem jene neuen, noch nie gesehenen, aber echten 
Bildnisse erscheinen werden. In nicht ferner Zeit soll der 
dritte Teil, von den Kaisern dieser Familie und ein vierter, 
von den bewunderungswürdigen Taten des Hauses Österreich, 
folgen und, so hofft er, der Nachwelt bleibe nichts übrig, 
was sie darüber hinzuzufügen hätte. 

Damit er aber an diesem Unternehmen, das sein Leben 
ganz in Anspruch nehmen werde, nicht mit seiner Familie 
zu Grunde gehe, bitte er S. Majestät inständig, sie wolle, 
als allergnädigster Kaiser, dem treuen Diener, der nichts 
anderes verlange, als dem erlauchtesten Hause eine neue 
literarische Leuchte anzuzünden, und darüber sterben werde, 
in Güte zu Hilfe kommen. 


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Dies hoffe er zu erlangen ; der Kaiser aber werde es 
nicht umsonst tun noch einst bereuen. 

In diesem Schreiben ist klar und bündig das Lebens- 
programm enthalten, dessen Verwirklichung alle seine noch 
übrigen Tage erfüllte, demgemäß sich sein ganzes Leben 
und Streben gestaltete. Die Lösung dieser hohen Aufgabe 
schwebte als höchstes Ziel vor seinem Geiste. 

Allein das Unternehmen war nicht vom Glück begün- 
stigt. Punkt für Punkt mußte er seine nichts als billigen 
Forderungen erstreiten, erobern, erharren. Dies schwere 
Ringen mit widrigen Umständen und menschlicher Nach- 
lässigkeit brach schließlich seine starke Willenskraft und 
seines Leibes Kraft zugleich : angesichts des winkenden 
Sieges sinkt er tot zusammen. Dies bildet den Inhalt un- 
serer noch übrigen Darstellung. 

Schon vor Guilliinanns Niederlassung in Freiburg im 
Breisgau bereiteten sich Dinge vor, die ihm wenig Freude 
brachten. 

Im Juli 1605 schied der Professor der Geschichte an 
der Universität, Johann Jakob Beurer, den wir früher im 
Guillimanischen Bekanntenkreis getroffen, aus dem Leben. 
Beurer hatte nach dem Tode Glarean’s seine Lehrtätigkeit 
begonnen. Kr dozierte Griechisch Poesie und Geschichte '). 
Letztere behandelte er anfänglich mehr als moralisch-poli- 
tische Nutzanwendung von Stellen alter Klassiker, wobei 
er die Dichter ebenso heranzog wie die Historiker. Noch 
später mußte ihn die Universität zu einem mehr selbständi- 
gen Vortrag ermahnen. Auch sein Leitfaden der Geschichte, 
eine Blumenlese von Stellen aus klassischen Schriftstellern, 
ließ die ursprüngliche Behandlungsweiso noch durchblicken. 
Im September 1595 bat er die Universität um Anwartschaft 
auf eine medizinische Professur, wofür er sich innerhalb 
Jahresfrist vorbereiten wolle, denn er wußte sich in seiner 
Dürftigkeit nicht mehr anders zu helfen. 

Rudolf II. verlieh ihm zwar 1602 Titel und Prädikat 

') Schreiber: Gesch. d. Univ. Fr. II, S. 23Ö-241. 


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145 


eines kaiserlichen Histnriei und Graeci Inlerpretis und 
befahl der Universität, an Beurer zu seinem bisherigen 
Salarium auf Lebenszeit jährlich 100 Taler zu verabfolgen. 
Hierauf erklärte die Universität, Titel und Ehren gönne sie 
Beurer wohl, aber die 100 Taler könne sie nicht bezahlen. 
Im .lahre 1005 endlich verwendete sich Erzherzog Maximi- 
lian bei der Universität für die Auszahlung. Allein Beurer 
starb, ehe es dazu kam. 

Durch Beurers Ableben war eine neue Aussicht eröff- 
net, dem nunmehrigen Historiker der Habsburger eine hin- 
länglich einträgliche Stellung zu schaffen. Erzherzog Maxi- 
milian. dessen Kassen sonst übermäßig in Anspruch ge- 
nommen waren, suchte sich naturgemäß die Last, welche 
der Kaiser ihm. als dem Gubernator der vorderöslereichi- 
schen Lande, aufgebürdet, so leicht als möglich zu machen, 
indem er die Universitätskasse in Anspruch nahm '). 

Es scheint, daß er alsbald beim akademischen Senat 
Schritte tat. daß derselbe seinem neuen Schützling die ver- 
waiste Lehrkanzel überlasse. Denn in der Senatssitzung 
vom 16. September 1605 kam bei der Beratung über Neu- 
besetzung der erledigten Professur bereits Guillimanns Per- 
sönlichkeit zur Sprache. Man war aber nicht geneigt, den- 
selben in den Lehrkörper der Universität aufzunehmen, 
« weil in Teutschland kein historicus Professor » sei. « der 
allein dieß lese». Es wurde beschlossen, die Geschichte mit 
den « Humaniora » zu verbinden und somit das Fach dem 
Professor der Rhetorik , Joseph Langius, übertragen *). 

Es wäre aber gefehlt anzunehmen, dieses Vorgehen 
des akademischen Senates habe unseren Gelehrten leid ge- 
tan. Ganz im Gegenteil : So wenig er vielleicht den Be- 


') 1604 mußte Erzlier/.. Maximilian von den vorderöslerreichi- 
sehen Landständen die Übernahme einer Schuldsumme von 'JüO.OOU 
Gulden, sowie die Bewilligung des . Maßpfennigs auf 10 Jahre ver- 
langen. (J. Bader, Geschichte der Stadt Froiburg i. Br., Freiburg 
1886, 11. Bd., S. 198.) 

’) Prot. Sen. Conv. 16. Sept. 160ö. 

10 


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146 


weggründen dieser ablehnenden Haltung beipflichtete, so 
sehr entsprach sie selbst seinem geheimen Wunsche. Kr 
hatte gehofft, vom Kaiser ein so hohes Jahrgeld zu erlangen, 
dalS er sich ungeteilt seinen schriftstellerischen Arbeiten 
hingeben könne. Ks sieht ganz aus, als ob Guillimann eine 
jener stillen Gelehrtennaturen gewesen sei, die nur in der 
unbelauschten Stille ihrer Studierstube zu fruchtbarem Schaf- 
fen aufgelegt sind, denen, was sie zu ihres Geistes Eigen- 
tum gemacht, nur allinälig aus der Feder flieht, welche der 
Gabe des raschen Wortes entbehren. 

Maximilian ging jedoch nicht von seinem Plane ab. 
Um sieh seinen fürstlichen Gönner nicht schon im Anfang 
zu entfremden, fügte sich Guillimann seinen Wünschen '). 
Als er im Dezember 1605 nach Freiburg kam, nahm er die 
Angelegenheit abermals an die Hand und bewarb sich neuer- 
dings um die historische Lehrkanzel. 

In einem Schreiben an Rektor und Senat erklärte 
Guillimann, er habe, angezogen durch die Berühmtheit und 
das geistige Leben dieser Stadt und Akademie, beschlossen, 
den Rest seines Lebens hier zu verbringen *). Um aber 
mit der Hochschule in Fühlung zu kommen, zumal falls 
diese sich von ihm etwelche Hilfe oder einen Vorteil ver- 
spreche, biete er ihnen in bereitwilligster Weise seine gu- 
ten Dienste an, die, wir er hoffe, der Universität nicht zur 
Unzier sein würden. 

Am 20. Januar wurde im Senat über «lies Angebot 
Rat gehalten und beschlossen, Guillimann zu vernehmen, 
was für eine « Profeßion » er begehre *). Ei- antwortete 
hierauf schriftlich : er habe gehört, daß man einen Profes- 


') Während jenes Aufenthaltes in Freiburg (Nov. 1605), von 
dem Guillimann am 10. Dez. an P. Christoph berichtet, trug er seihst 
der Universität seine Dienste an. 1‘rot. Sen. Conv. •£!. Febr. 1606. 

’) Abgedr. v . Schreiber : Geaeh. d. Univ. II. S. 5M5. Die Ori- 
ginale sind seither verloren gegangen. 

’) « Guillimann solle erscheinen zu vernehmen, was er begehre 
für ein profeUinn n. Prnr. Sen. Conv. "JO. Jan lfiOO. 


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— 147 — 

sor für die Geschichte suche. Hiezu, wenn anders man 
ihn geeignet finde, trage er abermals seine Kraft an '). 

Am 23. Februar kam Guillimanns Anerbieten wieder 
zur Verhandlung : die erledigte Stelle wurde endlich ihm 
überlassen 

Ostern 1006 feierte Guillimann wohl in Luzern, denn 
am Weißen Sonntag, den 1. April, schickte er von da aus 
ein Schreiben an seinen Freund I’. Christoph, das voll lau- 
niger Neckerei ist; nur die Nachschrift ist ernster und be- 
spricht was die Hauptsache war. den Plan für die Ausar- 
beitung und Illustration der Sliftsannalen “). 

Der neue Universitätsprofessor muß aber noch im Laufe 
der ersten Aprilwoche nach Freiburg zurückgekehrt sein. 
Wollte er ja am Montag. 10. April, seine Vorlesungen über 
Geschichte eröffnen 4 ). 

Unterdessen war auch seine Denkschrift an den Kaiser 
nicht ohne Krfolg geblieben. Am 13. Mai 1006 ließ Rudolf 
dieselbe dem Hegenten der vordem Lande, seinem Bruder 
Maximilian, zur Begutachtung zugehen, indem er ihm zu- 
gleich seine eigenen Kntschließungen mitteilte 5 ). Mit den 
finanziellen Forderungen des Bittstellers ist er einverstanden 
und gewillt 180 Gulden an die Druckküsten der ;< Habs- 
burgiaca » beizusteuern : er bittet deshalb seinen erzherzog- 
lichen Bruder, diese Summe « von unseres gemainen Haußes 
wegen bezahlen zu lassen ». — « Also und dieweil er andere 
seine gehabte Dienstglegenheiten ausgelassen, und sich 
allain in unseres Haußes diensten gebrauchen laßt, und in 


’) Schreiber : II. S. 34ö t. 

') « mentis declaratio eins grata, et lectio [rerumj historiarum 
ei conceditur. # Pro/. Seit. 

3 ) St. A ■ Pi. a. a. O. fase. 1, N* 5. In dem Briefe sind allerlei 
Details, die mangels anderweitiger Beleuchtung unverständlich sind. 

*) « Guillimann will bis Montag sein principium lectio nun) 
fürnehmen und halten, welches zu alligieren ad diem solis. » /'rot. 
Sen. Conv. v. 7. April 1(500. 

i ) Abschrift im St. .4. J. Cod. 138. I. f. 74/75. Diese Ab- 
schrift stammt aus der Prager Kanzlei und trägt Rmlnlß Unterschrift. 


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148 


demselben sein zeitliches Leben zu beschließen fürgenom- 
men. auch sonsten anderswo kain HillT noch underhaltung 
zu suchen hat. erachten Wir, daß Ime zu den anvor bewil- 
ligten zwayhundert : noch Järlich zwayhundert : und also 
in allem Jahrs vierhundert Gulden Dienst- oder Gnadenge- 
halt. Iiinfür ordentlicher, und an ainem gewißen Ort, daß 
er wißen mege, wo er dieselben zu suechen. »Signiert und 
richtig gemacht werden ». 

Was aber das begehrte Patent für die Klosterarchive 
und Bibliotheken anlange. « deßwegen wellen uns Euer 
Liebden Ir brüderlich Guetachten ertailen. was Sy vermainen. 
daß dißfalls zu thuen , auch ob und welchergestalt Ime 
Guillemano hierinnen zu willfahren sye ». lind doch wäre 
die Ausstellung dieses Patentes ebenso notwendig ge- 
wesen, wie die Erhöhung des Jahrgeldes. Ehe diese so 
überaus wichtige Forderung erfüllt wurde, sollte er freilich 
noch manche Enttäuschung erleben. 

Sein Widerwille gegen eine Professur war nicht un- 
begründet gewesen. Guillimann mit Beurer einst befreundet, 
konnte wissen, wie wenig glänzend, wie undankbar die 
Stellung des Geschichtsprofessors an der Universität war, 
und jener Beschluß vom Hi. September 1605 zeigt deutlich 
genug, daß das historische Lehrfach bei den « Vätern » 
der Universität nicht in hoher Achtung stand ')• 

Zudem, wie sollte er, akademischer Titel und Würden 
bar, sich unter diesen Doktoren, die für die Jesuiten und 
die Jesuitenschule nur Worte der Mißachtung hatten : j. die 
ferner viel älter als er oder doch schon längere Zeit im 


') Als Beurer am 1. Febr. 1572 an die philosophische Fakultät 
die Bitte stellte, als Professor der Geschichte in ihrem Rat aufge- 
iiommen zu werden, trug matt großes Bedenken, ihm zu willfahren, 
weil sein Lehrfach nicht, notwendig gehört. auch kein Zeugnis da- 
rüber in das Absolutoriuni aufgennmmeii werden müsse. Schließlich 
wurde er aus Rücksicht auf seine /’erson in den Rat aufgenommen. 
SrhreibiT, II. S. 23ß f. 

») S. Srhrrilirr, II. S. 309. 


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149 


Dienste der l'niversität standen '). heimisch fülilen ? Jene 
zweimalige Nichtbei-ücksiclitigung seiner Kandidatur im ver- 
flossenen Herbst mußte Guillimann all das klar zum Be- 
wußtsein bringen. 

Zwar sprachen für ihn seine Werke. Die rasche Ent- 
scheidung im Februar jedoch dürfte ihre Ursache in dem 
bestimmten Wunsche des Regenten, Maximilians, gehabt 
haben, dessen Wünsche zuweilen auch die Form von Be- 
fehlen annahmen. Gerade das war aber kein Umstand, der 
den Fremdling den Vätern der Universität, welche eifer- 
süchtig ihre Privilegien und Freiheiten, ihr freies Selbsl- 
bestimmungsrecht. zu hüten bestrebt waren *), genehmer 
machte. Fs macht den Findruck, als hätte Guillimann sich 
durch sein Anerbieten, auf Grund dessen, was ihm Beurer 
(i eommuniziert », eine Geschichte des Breisgaues und der 
elsässischen Lande zu schreiben, die Geneigtheit seiner 
Kollegen erwerben wollen a ). 

Trotzdem konnte man sich nicht entschließen, ihm das 
akademische Bürgerrecht zu schenken : die Matrikel blieben 
seinem Namen verchlossen 4 ). 

Unter solchen Umständen ist es leicht erklärlich, daß 
Guillimann mit dem Theologieprofessor Paul Windeck, der 
in ähnlicher Weise von Erzherzog Maximilian der Hoch- 
schule als Lehrer aufgezwungen worden a ), in besonders 

'j Angerer Christoph, der erste Pandektist, war schon seit 1587 
Professor und seit 1Ü88 im Kat der Universität. Der Professor der 
Ethik, Damian Wertheimer war seit 1584 Professor. Dr. Joh. Arho- 
gasf Hochherr, ungefähr Altersgenosse Guiliimanns, hatte sämtliche 
Würden der philosophischen und juristischen Fakultät erlangt. 

’) Als 1604 diu Universität notgedrungen dem Dr. Paul Wiudek 
eine neue Lehrstelle geschaffen, um Maximilian zufrieden zu stellen, 
bemerkte sie dem Erzherzog gegenüber: Sie holte, er werde wohl zu 
zufrieden sein, und es werde auch das Einkommen der Universität 
gemehrt und selbe bei den alten Privilegien gegen alle Perlnrbatores 
geschützt werden. Schreiber , II. S. •'£&). 

’) Prot. Sen. Conv. v. h. April 1606. 

*) Sein Name ilndet 9ich nicht in den Universitätsmatrikeln. 

') Über Winileck s. a. Al lg. deutsche Biogr., Bd. 4M. S. M8M tftl. 


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intime Beziehungen trat. Doktor Windeck hatte immerhin 
zu Freiburg von 1555 bis 1558 seine artistischen Studien 
gemacht. 1594 war er Rektor des Seminars zu Ensisheim 
geworden. Von 1602 bis 1604 wirkte er als Kanonikus 
und Kustos der Kollegiatkirche zu Markdorf, im Bistum 
Konstanz. Nebst andern Schriften hatte er 1603 sein « pro- 
gnosticon futuri Status ecclesiae » erscheinen lassen und dem 
von hohem Eifer für die katholische Sache erfüllten Erz- 
herzog Maximilian gewidmet, was ihn bei diesem also in 
Gunst setzte, dali er ihn sofort in seine Dienste zog und 
ihm einen Lehrstuhl an der theologischen Fakultät z. Frei- 
burg verschallte. Wenn sich auch die freundschaftlichen 
Beziehungen der beiden Gelehrten nicht verfolgen lassen, — 
zu Briefen lag ja keine Veranlassung vor, — so spricht 
doch der Umstand, dali Windeck in Guillimanns Arbeiten 
eingeweiht war, ja der Erbe seines literarischen Nachlasses 
und Nachfolger in der Arbeit wurde, deutlich genug. 

Den allzugastfreundlichen Doktor Johann Andreas Zim- 
mermann, welcher seit 1595 die vierte theologische Lehrstelle 
inne hatte, kannte Guillimann von frühem Jahren her '). 

Auch einen Landsmann, aus dem grünen Greyerzer- 
land, fand der neue Professor unter seinen Amtsbrüdern, 
den Petrus Curdinus. Es ist dies niemand anders als jener 
Pierre Cardinaux von Bulle, der 1597 zu Freiburg ein 
lateinisches Gedicht, den Gebrüdern Reitf gewidmet, hatte 
drucken lassen *). Es war 1587 in die Universitälsmatrikel 
von Freiburg eingetragen worden, halte sich 1591 die Ma- 
gisterwürde erworben und wandte sich dann der Theologie 
zu. Dieser letztere Umstand verschaffte ihm 1593 die erle- 
digte Lehrstelle für Metaphysik, die er bis zu seinem Ab- 


') ln jenem Brief nennt Guillimann den Andreas Zimmermann 
« noster amicus communis. » Zimmermann war schon 1579 an der 
Universität Frei bürg immatrikuliert worden. Srhreiber , II. S. :tlü f. 

’) Meyer Meiiir., Archive» de la soc. d’hist. du canton de Fri- 
bourg, II. vol. p. '217. Uiiyiivl , Arcli. II. p. IS.'!. 


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leben versah '). Guillimann war ihm bis in den Tod ein 
treuer Freund ’). 

Derjenige, welchem die Geschichte provisorisch über- 
tragen worden, Joseph Lang, scheint die Abtretung dieses 
Faches an Guillimann nicht bedauert zu haben. Man über- 
trug ihm dafür später die Mathematik (!) *). Mit Guilli- 
mann haben ihn ziemlich bald gemeinsame Interessen ver- 
bunden *). 

Den grollten Vorteil gewährten unserem Gelehrten die 
guten Beziehungen zu dem weitbekannten Doktor Johannes 
Pistorius, der für die katholischen Schweizer eine besondere 
Vorliebe haben mullte. Obwohl ein Hesse, war er Land- 
mann zu Uri und Schwyz und hatte sich 16U4 anerbolen, 
die Religion seiner urschweizerischen Landsleute in einem 
Gespräch gegen die zürcherischen Predikanten zu verteidi- 
gen 4 ). Wie Joseph Lang, war auch er Convertit •). Erst 


*) Schreiber, II. S. 384. 

’) Uardinaux starb vor Guillimann, dem er noch sein Inven- 
tariuni und Papiere sowie einige Baarschaft anvertraut hatte, es den 
Erben einzuhändigen. Doch dürfte ihn Guillimann nicht lange über- 
lebt haben, denn diese Dinge fanden sich noch in seinem Nachlasse 

und wurden dann den Erben zugestellt. U. .4. Fr. GniUitn's Inven- 

tar. III. G. 43. I'ol. ‘31a. 

’) Schreiber, II. S. 386 II. 

1613 wurde er von Guillimann beigezogen zur Inventarisier- 
ung des Nachlasses seiner ersten Gemahlin. U. .4. Fr. III. G. 43- 
S. Allgem. deutsche Biogr. 17. Bd. S. 602. 

*) Eidgen. Abtrh. Tta. S. 678, 777 , 778. 780 u. a. O. 

*) Als Rat des Markgrafen Jakob III. v. Baden, war er 1588 

zum kathol. Glauben übergetreten Nach der Besetzung Badens durch 

den protestantischen Bruder Jakobs. Friedrich Ernst, hatte er Baden 
verlassen müssen. 1589 hatte er in Freiburg ein Haus gekauft und 
um Aufnahme desselben unter Schutz und Privilegien der Universi- 
tät nachgesucht. Nachdem (1591) Jakob III. v. Baden gestorben war, 
ging er zum Bischof v. Konstanz, der ihn in das Priestertum ein- 
führte. An seinem Sterbebette (Anf. Juni 16U8) stand neben andern 
Universitätsprofessoren auch Guillimann. S. SchluJI'hanss der ab- 
trünnigen Mainmclucl.cn latein. v. Jakob Gerster, Ingolstadt 1616, 
deutsch v. C. Vetter. S 83. Über Pistorius : s. Allgem. deutsche 
Biogr. Bd. 36. S. 199. 


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152 


in reiferem Alter in den geistlichen Stand getreten, war 
er einer der feurigsten Vorkämpfer des Katholizismus. 
Zum kais. Kat ernannt weilte er als Beichtvater Kudolfs II. 
am Hofe in Prag '). Als Guillimann nach Freiburg kam, 
lebte er wieder dortselbst. hoch geehrt von den Mitgliedern 
der Universität *). Pistorius besaß eine Bibliothek, von der 
Junker Hans Schellenberg, dem er sie einst zeigte, an 
Kfleger schrieb: Kr hätte nicht geglaubt eine solche bei 
einem Fürsten in Deutschland zu finden *). Guillimann 
wußte es zu schätzen, daß ein so hochberühmter Mann ihm 
freien Zutritt zu einer solchen Küstkammer der Wissen- 
schaft gewährte 4 ). Hätte man ihm von anderer Seite das 
gleiche Vertrauen entgegengebracht, wäre sein Hauptwerk 
kaum unvollendet geblieben. 

Es dauerte gar nicht lange, bis die Abneigung Guilli- 
manns gegen seine Professur neue Nahrung erhielt. Die 
vielen Ausschreitungen von seiten der Magister und Stu- 
denten mußten ihn um so mehr abstoßen ft ), je ferner er 
selbst in seiner Studienzeit einem solchen Treiben gestanden, 
je besser er die stramme Ordnung und den gleichmäßigen 


') Allgem. d. Biogr. 29. Bd. S. 494. 

*) Am 16. April 1590 wurde beschlossen, dem Dr. Pistorius, 
wenn er Aufzügen der Universität beiwohne, ehrenhalber seinen Hang 
unter den altern Mitgliedern der Universität einzuräumen. Schreiber, 
II. S. 243. — ') Bf. v. 10. März 1002. a. a. O. 

*) o habeamque historiarum editarum maximal» copiam, 

non pauca etiam manuscripta ex instructissima biblintheca Hevend*' 
Domini Pistorii, qui uti omnia sua studia, vota et desideria vertit ad 
gloriam. exaltationem et perennitatem Ser™“ Doraus Austriacae. ita 
in iis suppetitandis, et promovendis perlargum se exhibet et benevo- 
lentem. » Guillimann an Maximilian. Bf. v Anf. Januar 1007. St. 
.4. J . Cod. 138. I. f. 16a. 

4 ) Die Universität war ins Sinken geraten. 1570 waren die 
Universitätsstudenten von fast tausend auf ca. 250 herabgesunken. 
1616, also 4 Jahre nach Guillimanns Ableben, wiesen alle vier Fakul- 
täten nur noch 78 Studenten auf. Französische Adelige hatten in 
Freiburg zuerst das Duellunwesen aufgebracht, von wo aus es sich 
über sämtliche deutsche Universitäten verbreitete. S. Schreiber, II. 
107. tl. 


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153 


Gang der vielverkannten Jesuitenschulen aus eigener Er- 
fahrung zu schätzen vvulite '). 

Was er nun als Lehrer erleben mulite, war ganz dazu 
angetan, ihm das Amt ernstlich zu verleiden. 

Dali die Geschichte sich an der Universität von seiten 
der andern Professoren keiner grollen Wertschätzung er- 
freute. wissen wir bereits. Noch weniger Achtung für den 
neuen Lehrer und sein Fach bezeigten die Studenten. Die 
eigentlichen Universitätssludenten hielten sich nicht ver- 
pflichtet, seine Vorlesungen zu besuchen, weil dieselbe 
« freie » seien *). Auch die Gymnasiasten kümmerten sich 
wenig um die Geschichte 8 ). So kam es, daß oft kaum 
einer oder zwei, noch öfter gar niemand zur Vorlesung 
erschien, wählend der Dozent trotzdem gezwungen war, 
auf die Universität zu gehen, um gegebenenfalls zu lesen ')• 
Kein Wunder, daß Guillimann, dem auf diese Weise so 


') Wie gerade die Freiburgerprofessoren über die Jesuitenkolle- 
gien urteilten, s. Schreiber, II. S. .‘WO. Ähnlich war es auch an der 
Univers. Wien und Ingolstadt, wo man die Jesuiten als Eindringlinge 
betrachtete und ihnen alles Schlimme in die Sehuhe schob : s. Janasen- 
Pattor, 7. Bd. S. 143 II., 153 fl. 

’) Prot. Scu. Conv 2Ö. Juli (D. S. Jacobi Apostoli) 1603. 

’) An der Artistenfakultät wurden die Fächer in Jahreskursen 
gelehrt. Diese sollten in folgender Ordnung besucht werden. 

1. Jahr: Logik, Geschichte und Hebräisch. 

2. » Physik und Mathematik. 

3. » Metaphysik und Ethik. Das waren die filTentlichen 
Vorlesungen (publicae lectiones) Schreiber , II. S 133 f. Mit der 
Artistenfakultät war aber noch das Gymnasium academicum ver- 
bunden, dessen Lehrstellen von Lehrern der Artistenfakultät versehen 
wurden. Schreiber, II. 134 und 138. 

*) o Praesgrtim cum saepe contingat. ut vix unus aut alter, 
saepius etiam nemo ad eam lectionem accedat. et nihilominus necesse 
sit, in omnem eventum accedere lectorem paratuni.» Hl', an Mnxi- 
milian. Juli 1601). Sl. .4. ./. Cofl. 138. I. f. HOI/. Die Professoren 
standen in dieser Hinsicht unter der Kontrolle des Senates : « Dominus 
Guillimannus Unam lectionem omisit, ad conventuni universitatis 
vocatus. » Defcctm examina in die S. Hilarii (14. Jan.) 1607. Prot. 
Sen. wo sich auch die « Absente* Alumni » verzeichnet linden. 


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154 


viele kostbare Stunden verloren gingen , sieh schon im 
ersten Vierteljahre nach Antritt seines Lehramtes beim aka- 
demischen Senat bitter über den schlechten Besuch be- 
schwerte. Er glaubte auch, die für seine Vorlesung ange- 
wiesene Stunde liege ungünstig, da sie unmittelbar der 
Mittagsmahlzeit vorangehe, und er bemühte sich um deren 
Verlegung '). 

Im Oktober ltit)6 ward er neuerdings vorstellig: wegen 
allzugrolier Unruhe in nächster Nähe habe er den gewohn- 
ten Hörsaal verlassen und einen andern beziehen müssen. 
Auch möge man doch die Stunde verlegen, damit er zahl- 
reichere und aufmerksamere (I) Zuhörer bekomme 1 ). Allein 
noch im Dezember hatte man keine andere passende Stunde 
gefunden, weil keine mehr frei war und so überwies der 
Senat die Angelegenheit dem Professorenkollegium der 
Artistenfakultät*). Endlich am 12. Januar 1007 konnte der 
Dekan derselben dem Rektor als Ergebnis ihrer Beratungen 
mitteilen, man sei übereingekommen, Guillimann « die dritte 
Stunde» — wohl von 10-1 1 Uhr — zu überlassen, «zu sehen, 
wie es sich welle unlassen » *). Allein das half nichts. 
Noch lange nachher beklagt Guillimann in einem Schreiben 
an den Erzherzog den schlechten Besuch seiner Vorlesung 
und die nutzlos verlorene Zeit. 

Die Stundenfrage war noch in der Schwebe, als sich 
bereits auch ernste Anstände mit den Universitälsbehörden 
selber ergaben. Es war ein Mißverständnis, dem sie ent- 
sprangen. 

Am 27. Oktober 1606 war im Senat die Gehaltsfrage 
zur Sprache gekommen und beschlossen worden, Guillimann 
anfangs ein jährliches Honorar von 100 Talern zu bewil- 


') Prot . Sen. Conv. gft. Juli 1606. « Guilimarmus de ineoin- 
modiiate.... illius horae, quat» proxima est refectioni meridianae. » 

*) Prot. Sen. Conv. v. 16. u. g?. Oktober 160*5. « ....nt habest 
Auditores alten tiores et frequentiores. » 

*) Prnt. Sen. Conv. v. 1. u. gl. Dez. 1*506. 
l ) Prot. Sen. 


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155 


ligen '). Guilliinann, dem die vom Kaiser zugesprochenen 
Gelder noch nicht ausbezahlt worden, überschickte Rudolf II. 
eine Bittschrift, um deren Ausfolgung zu beschleunigen ■). 
Rudolf II. aber scheint die Angelegenheit dem Regenten 
Maximilian, als der zuständigen Behörde überwiesen zu 
haben. Maximilian, in der besten Absicht, die Geldfrage 
in möglichst rascher und günstiger Weise zu erledigen, 
gab sofort die nötigen Befehle an die Kammer in Ensis- 
heim. Ob die Ensisheimer Räte, welche an dem Nichter- 
folgen der Gelder nicht schuldlos waren, ihren guten Willen 
kundgeben wollten, oder ob Guillimanns Bittschreiben in 
den durchlaufenen Kanzleien eine Umdeutung erfahren, kurz 
am 21. oder 11 . November erhielt die Universität von der 
Kammer zu Ensisheim den « Befehl », sich über die eidliche 
Verpflichtung der Professoren auszuweisen, sowie darüber, 
woher die Salarien für Guilliinann und Lang geschöpft und 
erhöht werden möchten !1 ). Dies Schreiben beschäftigte den 
Senat schon am 23. November und verursachte nicht ge- 
ringe Erregung. Man war nicht recht im klaren darüber, 
ob die beiden nur für sich oder auch für andere Profes- 
soren angehalten *), deshalb mußten alle beide vor dem 
Senat erscheinen. Guilliinann und Lang erklärten sich beide 
dahin, niemals seien sie, weder beim Kaiser noch beim Erz- 
herzog um Erhöhung der Salarien eingekommen und wiesen 
Abschriften ihrer Eingabe an den Kaiser vor, welche dies 
bestätigten 4 ). Die Antwort der Universität auf den Befehl 

') /‘rot. Sen. « Den Tlialer zu 18 Hatzen verstanden. •> 

’) « Qu;e mihi antea |d. h. bevor er sich um die Professur be- 
worben! ab Caesare et prineipibus dccreta, petere et sollicitare nemo 
recte prohibeat. Id vero egisse fateor et agere. » Guilliinann an |AII 
stetter?) Bf. v. Jan. 1607. Sl. A. J. Cod. 138. 1. f. 13. 

’) Schreiber. II. S. 246. « Der Landvogt und Camer 

vermelden, das Gwillimannus und Langius sich beschwert, das sie 
nit gnueg eins Stipendium haben». Prot. Sen. Conv. v. 28 Nnv. 1606. 

*) t’rot. Sen. Conv. v. 1. Dez. 1606; am 9. kam die Sache 
abermals zur Sprache. 

*> So berichtet der Senat, i. d. Sehr, an die Kammer v. 22. 
Juni 1607. Liber epist. et coucepl. 1602-1610. fol. 287-00. I . A. h'r. 


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156 


vom 20. November blieb deshalb aus *)• Auf ein Mahn- 
schreiben der Regierung vom 9. Juni 1607 *) erwiederten 
die « Väter n der Universität in kurzen Worten : Sie hätten 
wider Brauch keine Kopien von den Bittschriften der beiden 
Professoren erhalten. Diese aber haben sich vor versam- 
meltem Senat mit ihren Universitätssalarien zufrieden er- 
klärt. Übrigens lasse sich die Universität nicht « befehlen » 
und erinnere hiemit die Kammer an die alten Privilegien *). 
Die Bäte zu Knsisheim ließen sich diese Zurechtweisung 
nicht gefallen, und, um wenigstens das letzte W'ort zu haben, 
forderten sie Rektor und Regenten der Universität auf, 
künftighin solche « Ungebühr » zu unterlassen, ansonst sie 
sich veranlaßt selten würden, die « (iebüli r fürzenehmen » 4 ). 

Solche Vorkommnisse mußten dem Betroffenen seine 
widerwillig übernommene Bürde nur unerträglicher machen. 
Schon im Januar 1607 war er fest entschlossen, sie von 
sich zu werfen 6 ). Er machte gegen Niemanden eine Held 
daraus, daß er dieser Professur überflüssig sei und mil- 
dern Erzherzog zu Gefallen sie auf unbestimmte Zeit noch 
heibehalte *). Denn wozu sollte er noch länger in diesem 
Durcheinander, in dieser « Schmutzerei i> sich aufhallen. 
Mehr wage er nicht zu sagen T ). Dem erzherzoglichen Se- 

’) Deshalb glaubte die Regierung in einein Schreiben v. :&). 
Januar 1H07 die Universität erinnern zu müssen und ihr die Sache 
zur « befürderung zuegleich allzubefehlen. » Allein es erfolgte keine 
Antwort, U. .4. Fr. .YV’. 7.4 /. 

’) Die Kammer « befahl » innert längstens 14 Tagen den so 
lange ausstehenden Bericht einzusenden. U. I Fr. AT. 7.4 i*. 

*) U. ,4. Fr. Lib. epist. et concept. 

*) Sehr. v. Juli lßOT . .4. Fr. .YV 7.4 .7. 

s ) « Pergo, et ut melius pnssim, professionell! meam historicam.. 
abdicare constitui. Non enini haut cuntenmcndam apud legatutn in 
Helvetia Hispaniensem conditionem deserui, ul istic professorem age- 
rein. quaiuvis eo amici quotidianis pene conviciis anno prnximn pi-r- 
pulerint ... » Bf. an Faber. 3. Jan. 1007. St. .4. J . f’otl. /.7<V. /. /. Wli 

*) « Professionem aliquaindiu adhuc retinebo, nnn quia volo, 
sed quia princeps. » Bf. an Altstetter (?) Jan. 1007. 

7 ) n Nam cur diutius in hac rerum confusione et sorde nun 

audeo totum dicere. Noc est cur raeliura sperem » [d. h. in Bezug auf 
die Universität). Fhenila. 


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157 


kretär, Michael Faher, gestand ec offen, er habe nicht seine 
ansehnliche Stellung beim spanischen Gesandten verlassen, 
um in Freiburg den Professor zu spielen, obwohl im ver- 
llossenen Jahr seine Freunde täglich in diesem Sinne auf 
ihn einredeten, sondein vielmehr um den begonnenen histo- 
rischen Arbeiten zu leben, sie um so ruhiger und rascher 
zu fördern. Und er habe sich hierin auf die Hochherzig- 
keit und Freigebigkeit so g rotier Fürsten verlassen und um 
so sicherer darauf gerechnet, je mehr er sich aus aller 
Kraft für deren Verherrlichung und Unsterblichkeit abmühe. 
Ui ese Hoffnung sei es, die ihn auch noch jetzt aufrecht er- 
halte und tröste, mehr als das, ihn zur Verfolgung seiner 
Plä ne anlreibe '). 

Mit Freimut sprach sich Guillimann hierüber sogar 
dem Erzherzog Maximilian gegenüber aus. Er deutet, auf 
die jüngsten Vorkommnisse anspielend, seinem hohen Gön 
ner an, es habe sich in seiner Bittschrift an den Kaiser 
nicht um das Universitätssalar gehandelt, sondern um die 
Jahrgelder, welche man ihm versprochen, bevor er an eine 
Professur gedacht, und die man ihm immer noch zurück 
hielt 5 ). Frei müsse er es gestehen, gerade sie seien der 
Hauptgrund gewesen, warum er seine angesehene und ein- 
trägliche Anstellung bei der spanischen Gesandtschaft ver- 
lassen und sich nach Freiburg hegeben habe. Aus diesem 
Gelde habe er, von allen Sorgen befreit, ganz allein der 
österreichischen Geschichte zu leben gedacht. Die Professur 
wolle er noch einige Zeit beibehalten, einzig dem Erz- 


') Bf. v. 3. Jan. 

*) « Nihil illi [seil. 200 floreni) ad professionis salarium, ut- 
pote ante decreti, quam de ea numquam cogitaverim. Et ut ecru ft 
Hbf re fatear, ea maxima causa fuit, cur conditionem Interpretis et 
Secretarii quam per annos decem sustinui apud legalem in Helvetia 
Hispaniensem ncque conteinnendam neque inhonoralam deseruerim, 
et huc me contulerim, nempe ul ea |>ecunia inter cetera Omnibus alii, 
curis abiectis in scriptione Historiae Austriacae (non oninino, ut spero, 
infeliciter susceptae) atteudere et invigilare posMin. » Bf. v. 0 . Febr. 
100/. .SV. A J. Cm/. 138. /. f. 19a/b. 


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158 


herzog zu Gefallen. Wenn derselbe das Salarium erhöben 
wolle, so versichere er ihn nicht blos seines Dankes, son- 
dern auch desjenigen seiner Amtsnachfolger'). 

Weit ehrenvoller und herrlicher werde es sein, wenn 
der Geschichtschreiber des Hauses Österreich einzig und 
allein aus der Freigebigkeit der Fürsten lebe, frei von allen 
andern Fesseln. Denn desto heller und glänzender würde 
darum ihre fürstliche Milde und Grölte leuchten, dem Ge- 
schichtschreiber aber wachse dann der Mut wie die Arbeits- 
kraft *). 

Jedoch fanden diese dringenden und begründeten Vor- 
stellungen keine Erhörung. Guillimann muhte seine Last 
weiterschleppen, bis es ihm während seines ersten Inns- 
bruckeraufenthaltes gelang, sich davon zu befreien. 

') « Eius salarium [seil, professionis] si augere Tua Seren ita* 
voluerit, non mea jarn solum de ea, sed cuiuscumque *ucce*suri pro- 
fessoris, erit quod oinnium nomine laetnr et novas debitasque graliax 
referam. » lilteiiila. — a i 


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1159 


II. 

Guillimann als Historiker. 

Seine Forschungen über die Fürsten Österreichs. 

Voll froher, stolzer Zuversicht schrieb der nunmeh- 
rige Geschichtschreiber des Hauses Habsburg-Österreich 
an seinen hohen Gönner Maximilian, niemals habe Öster- 
reich ein gleiches Werk, wie er versprochen, gesehen, ja 
auch nur erhoffen können. Wie habe er immer die Bemü- 
hungen des Kaisers Maximilian I., das Haus Österreich zu 
festigen und zu verherrlichen, bewundert ! Und es würde 
ihn selber schmerzen, daß dessen Eifer, das Gelingen und 
der Erfolg ausgeblieben, hätte er nicht eingesehen, daß 
letztere dem Erzherzog gleichen Namens Vorbehalten seien '). 

War es Schmeichelei und Selbstüberhebung, welchen 
diese Worte entsprangen, oder war es allzuhohes Vertrauen 
auf eigene Kraft und auf das Glück? Vielleicht beides, 
zumeist wohl letzteres. Denn sechs Jahre später klang 
seine Sprache zwar resigniert und bescheiden, der Gedanke 
aber war sich gleich geblieben ; und doch hatte sein Miß- 
geschick jene Zuversicht gebrochen, seinen Charakter ge- 
läutert. 

Es soll hier nicht Ursprung und Werdegang seines 
Hauptwerkes im einzelnen geschildert werden. Groß zwar 
ist die Zahl der Briefe und Kammerschreiben, welche zwi- 
schen dem bedrängten und drängenden Gelehrten und den 
zögernden kaiserlichen und erzherzoglichen Kammerräten, 
dem nur für sein Werk denkenden Forscher und dem viel- 
beschäftigten und viel in Anspruch genommenen Mäcen 
und Regenten ausgetauscht wurden, aus denen auch uns 
von dem jeweiligen Stand der Arbeiten Kunde zukommt. 

') (< Nemo Austriacorum promissum aut similia vidit aut spe- 
rare |>otuit. » Guillimann an Maximilian, Bf. v. 11. Okt. ltiOti. 
Si. A. J. Cod. m. / Sin,. 


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160 


Nur soviel dürfen sie hier sprechen, als notwendig ist zur 
Erkenntnis, daß Guilliinann in Wirklichkeit daran war, ein 
überaus großartiges Werk zu schaffen, wie es damals über 
das Haus Österreich noch keines gab und erst Jahrhunderte 
später geben sollte ; denn nicht eine Sammlung von Sagen 
und Anekdoten sollte es werden, bestimmt ein einzelnes 
Herscherhaupt mit Ruhmesglanz zu verklären, sondern eine 
Geschichte des tiesamthauses Habsburg, aufgebaut auf den 
alten Dokumenten und Chroniken, geschmückt mit den 
echten Bildnissen und Wappen der Fürsten und Fürstinnen 
des erlauchten Hauses, ein hellstrahlendes Zeugnis für 
dessen alte unvergängliche Majestät und ehrwürdigen Glanz, 
vor dem alle Neider und Verleumder verstummen sollten. 
Jene Briefe mögen uns ferner noch überzeugen, daß es 
nicht Guillimanns Schuld gewesen, wenn auch dem Erz- 
herzog Maximilian wie seinem Ahnherrn Gelingen und 
Erfolg ausgeblieben, wenn der Ausgang dieses großange- 
legten Unternehmens in keinem Verhältnis stand zu den 
langjährigen Opfern an Zeit. Geld und Lebenskraft. 

Ehe wir unserem Geschichtsschreiber in seinen Ar- 
beiten weiter folgen, müssen wir in seine Ideenwelt ein- 
dringen, um darüber klar zu werden, wie er das Wesen 
der Geschichte aulfaßte. was nach seiner Anschauung die 
Aufgabe des Geschichtsschreibers war, mit welchen Mitteln, 
auf welchen Wegen er dieselbe erfüllt wissen wollte. Dann 
erst mag man seiner Arbeitsweise gerecht werden, sein 
allerdings verhängnisvolles Zögern, sein Werk auszugeben, 
verstehen und den tiefen Schmerz begreifen, mit dem er 
die Feder aus der Hand gab. um sich zum Sterben nieder- 
zulegen. 

Seitdem er zum erstenmal den Griffel Klios geführt, 
um dem Verständnis lernbegieriger Knaben das alte Hel- 
vetieri, wie es Cäsar schilderte, näher zu bringen, hat er 
bis zu diesem Zeitpunkt eine ernste historische Schulung 
durchgemacht. 

Seine Auffassung von der Geschichte tritt uns schon 
in der Vorrede zu den Antiquitates entgegen : « Also ist 




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ir,i 


der Menschengeist beschaffen, daß er, obwohl für alles 
andere leicht mit Bewunderung zu erfüllen, doch nichts 
mit mehr Begierde und Freude aufnimmt, als die Kunde 
von sich und seinesgleichen. Und nicht selten entspringt 
von daher die Anregung zur Tugend denn die Ge- 

schichte ist die Führerin durchs Leben, die Mutter der 
Weisheit. Und Knaben gleich sind solche, die von ihrem 
Kuhm und Glanz, von ihrer Herkunft nichts wissen. » 
Diese Auffassung von der Geschichte ging freilich nicht 
über diejenige hinaus, welche das alle Born schon hatte, 
dessen größter Redner sie in die Worte faßte : historia 
magistra vitae. 

Also dachte Guillimann noch später, als er schrieb, 
der Kaiser Maximilian habe wohl erkannt, daß auf dieser 
einen Wissenschaft zwei Hauptpfeiler menschlichen Glückes 
ruhen : die Weisheit und Klugheit, daß sie die wahre Seele 
der Staatskunst, der Königin aller anderenWissenszweige sei : 
Maximilian habe mit Recht Mißfallen empfunden, als sein 
Lehrer den jugendlichen Geist vielmehr der Poesie zuzu- 
wenden trachtete, während Max lieber aus den Geschichts- 
büchern die Taten großer Könige und Fürsten kennen und 
verstehen gelernt hätte 1 )- 

Gewiß jedes seiner Werke hatte neben dem pragma- 
tischen allgemeinen noch einen besondern Zweck : die An- 
tiquitales die Verherrlichung der alten Helvetier, die For- 
schungen über die Dynastie der Habsburger denjenigen, 
die Rechte und Privilegien des Hauses Habsburg gegenüber 
den damals sich häufenden Angriffen als rechtmäßig zu 


') <i Hoc eniin uno literarum genere, duo parari felicitatis huma- 
nae inaxima instrumenta, sapientiam ct prudcntiam, perspexerat, et 
istam politicae rei verain esse animam. reliquarum omnium discipli- 

narom reginae Non igitur absque ratione est. quod adtlrmat Maxi- 

milianus »ibi summe displicuisse, quod eum institutor adolescentem 
potius atiimum adplicare ad pocsiu cuperet, quia. inquit de se, in 
historiis magnorum regum ac principum gesta intelligere ac addiscere 
magis voluit. » Guillimann an Maximilian, undat. Bf. v. Ende 1611. 
S(. A. J. Cod. 138. I 46. 

11 


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— ir.2 — 

erweisen und die Verdienste seiner Fürsten um das Reich 
und ihre Macht, ihren Ruhm in das gebührende Licht zu 
rücken. 

Welcher Historiker des 17. Jahrhunderts hätte dies 
nicht auch getan ! Erst dem IS. Jahrhundert war es Vor- 
behalten, die Entwicklung der Geschichtschreibung zur 
völlig selbstständigen Wissenschaft einzuleiten, in welcher 
die historische Erkenntnis um ihrer selbst willen Endzweck ist. 

Doch ist es aller Anerkennung wert, daß er bereits 
die Geschichte, als Darstellerin der strengen tatsächlichen 
Wahrheit, gewissermaßen in Gegensatz bringt zur frei ge- 
staltenden Dichtkunst, daß er, obwohl selbst dichtend, die 
Geschichtschreibung als Wissenschaft . nicht als Kunst- 
übung betrachtet. 

Klar war ihm der Unterschied zwischen primären und 
sekundären Quellen, eine Scheidung, zu der eine der besten 
damaligen methodologischen Schriften, diejenige des Fran- 
zosen Rodin. nocht nicht durchgedrungen war. 

Sein Werk über die Habsburger z. R. sollte sich zu- 
meist auf die Quellen. Urkunden und Chroniken stützen, ja 
aus ihnen erstehen '). « Wie soll ich mich selber, ge- 

schweige denn die Nachwelt zufrieden stellen, ohne die 
fürstlichen Archive je gesehen zu haben»? 1 ) ruft er ein- 
mal mißmutig aus. 

Dann aber zog er auch die gedruckte Literatur, soweit 
sie ihm nur immer erreichbar war, heran. ltiON wollte er 
einen eigenen Schreiber anstellen, um die sich auftürmende 
Masse von Literatur bewältigen zu können 8 ). 


') Guilliinann an Maximilian, Bf. v. 2. Mai 1607. Coneept. 
Sl. A. J. I /9b/ 20",. 

*) « Quomorlo cnim rnilii, multn minus posteritati satisfaciam, 
qui principurti archiva nulla viderim ». Guilliinann an Falicr, Bf. 
v. 3. Januar 1007. Cnne. .S7. .1. J. Cm/. I3S. I. 16b. 

'■') Guilliinann bittet Maximilian um 101* Gulden Zulage zu 
seinem Gehalt, « causae. quia amplior adhuc librorum eopia coinpa- 
randa et in operam seiibo alius adsumendus ». Undat. Bf. v. Jahre 
IGO«. St .1. ./. ('ml. 1. 7.V. /. 101, . 


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163 


Wenn er auch mit Feuereifer historische Bildnisse, 
Münzen oder Münz- und Siegelbildcr und Wappen sammelte, 
so darf man doch sagen, daß ihm die Wichtigkeit der 
spätem Hilfswissenschaften der Münz- und Wappenkunde 
nur praktisch, nicht teoretisch zum Bewußtsein gekommen. 

Der Ideenkreis unseres Historikers wuchs natürlicher- 
weise, je mehr er mit andern gelehrten Zeitgenossen in 
Gedankenaustausch stand. Wir begegnen hier klangvollen 
Namen, Goldast, Erycus Puteanus, Marquard Freher, Mar- 
kus Welser. 

Puteanus, obwohl jünger als Guilliinann, war damals 
bereits Historiograph des Königs von Spanien. 1606 wurde 
er auf den erledigten Lehrstuhl des verstorbenen Justus 
l.ipsius nach Löwen berufen. Sein Kuhm drang bis an 
den Hof Clemens VIII. Ungeheuer war seine Correspon- 
denz : in seinem Nachlasse fanden sich 16000 Briefe. 

In das Jahr 1607 fällt die Abfassung jenes bekann- 
ten Briefes Guillirnanns an Goldast, in welchem der Erfor- 
scher des Urgeschichte der Habsburger, die Überzeugung 
ausspricht, die Erzählung vom Schützen Teil sei eine Fabel, 
und auch bereits die Gründe hiefür angibt. Zum ersten 
gebe es keine Chronik und kein Buch, das vor mehr denn 
hundert Jahren geschrieben worden sei und der Teilge- 
schichte Erwähnung tue — tatsächlich sind die ersten Teil 
erwähnenden Quellen doch beträchtlich älter — zum andern 
scheine ihm. die Fabel habe sich im Volksmund aus der 
Legende vom Schützen, der sich rühmte, seinem Knaben 
einen Apfel vom Haupt schießen zu können , entwickelt 
und habe zum Zweck, den Haß gegen Habsburg zu nähren. 
Überdies seien die Urner selbst nicht einig über dessen 
Heimatsort, auch können sie weder seine Familie nachwei- 
sen, nach seine Nachkommenschaft, während die meisten 
Familien aus jener Zeit noch existieren. « Ich habe noch 
viele andere Gründe, aber wozu dich mit solchen Dingen auf- 
halten », so schließt Guilliinann seinen Bescheid '). Er hat 

') « De Tellio quod requiris etsi in Antiquitatibus Helveliis 
famam secutus, quie vulgarem tradiderim, tarnen si serio et pensitato 


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- 164 — 

wohl dieser Frage nicht die Wichtigkeit zugemessen, welche 
man ihr noch in jüngster Zeit beilegte. Bemerkenswert 
ist, daß der nämliche Historiker, welcher der Teilgeschichte 
den letzten vollendenden Zug anfügte, indem er zuerst 
Bürglen als Teils Heimat nannte, wiederum der erste war, 
der — kaum neun Jahre später — einen ernsthaften Schlag 
dagegen führte. Goldast ließ sich jedoch durch die Aus- 
kunft tiuillimanns nicht von anderweitigen Anfragen abhal- 
ten. Sein Zürcherfreund, Markus Widler, der Pfarrer in 
Kilchberg war. und sich ebenfalls mit Geschichte beschäf- 
tigte, erwiderte ihm kurz, man könne sieb ob dem Still- 
schweigen der älteren Quellen nicht wundern, wenn man 
den tiefen Bildungssland jener Zeiten in Betracht ziehe und 
den Hali(!), den die Nachbaren den ersten Eidgenossen 
damals entgegenbrachten *). Ob Goldast nicht Guillimanns 
Gründe doch schwerwiegender erschienen?*) 

Leider verschwinden mit dem Jahre 1(505 die Spuren 


sententiatn proferre lubeat, falmlam meram arbitror, pransertim cum 
scriptorem aut Chronieon nullum adluie re per im, qui ante centum 
annos vixerit aut scriptum sit, in quo ejus rei inentiu sit. Ad 
maiorem invidiam ticta videntur ea omnia, et tabu tarn ortam ex 
more loquendi vulgi. qui Sagittarium eominendans potnum de verlies 
ülii posse impune et innoxie dejicere lelo, cum jactitat Ipsi Uranii 
de ejus sede non conveniunt, nee familiam aut posteros ejus osten- 
dere possunt, cum pleracque ali® familino eorunden) temporum super- 
sint. Mulla alia argumenta liabeo. Sed cur te mortr in tali re? i> 
Bf. v. 27. März 1007, in Vir. cl. ad M. Goldastuni epistol®. Frankf. 
und Speier 108«, S. 178 f. 

*) « De W. teil io quod rogas. Nullam ejus (leri apud anliquos 
scriptores inentionem. Mirum non est, nosli enim illius seculi Bar- 
bariem. Et qua invidia tum lalsn-abant apud exteros primi confcede* 
rati # Widler an Goldast. Bf. v. 1. Mürz lilOS. Eltendtt S. 081. 

*) Auf den Briefwechsel Guillimanns mit seinen geleinten Freun- 
den können wir hier nicht näher eingehen. Einmal verbietet es die 
Beschränktheit des Baumes. Außerdem bedarf unser Material einer 
mühevollen Ergänzung durch systematische ins Breite getriebene 
Nachforschungen, sofern uns nicht glückliche Zufälle ihrer entheben : 
dann aber würde es sich lohnen, es im Zusammenhang zu verar- 
beiten und \tillig zu erschließen. 


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165 


seiner Freundschaftskorrespondenz mehr und mehr, beson- 
ders derjenigen mit seinen Schweizerfreunden. So zwingt 
uns schon das Material, unser hauptsächlichstes Interesse 
Guillimanns Forschungen über das Haus Habsburg und sei- 
nen Beziehungen zu dessen Fürsten zuzuwenden. 

Wir haben diese Arbeiten von dem Zeitpunkte an 
weiter zu verfolgen, wo Guillimann sich endgültig in Frei- 
burg niedergelassen hat, seit dem Frühjahr 1606. 

Seine Absicht, den einen Teil, über die Herzoge, noch 
1605 in Druck geben zu können, den andern, über die 
Kaiser, im folgenden Jahre, wurde nicht zur Tat. 

Worin die Gründe dieser Verzögerung lagen, gibt der 
Forscher selbst in einem Schreiben an : Fs sei kein Zwei- 
fel, dal» in den fürstlichen Archiven überaus viel Material 
zur Geschichte des Hauses Österreich liege, das für ihn 
durchaus notwendig sei zur Vollendung seines Unterneh- 
mens. In Bezug auf die « llabsburgiaca » sei das ganz 
anders gewesen. 

Ohne zu prahlen dürfe er sagen, Niemand habe den 
Ursprung der Habsburger mit mehr Wahrhaftigkeit, Sicher- 
heit und Ausführlickeit darstellen können. Alle frühem 
Versuche seien gescheitert, wie man u. a. an Jakob Menlius 
und Uazius habe sehen hönnen ; der eine sei von Kaiser 
Maximilian I. mit ungeheuren Geldsummen unterstützt wor- 
den, um alle Denkmäler, welche zur Verherrlichung des 
Hauses Österreich dienen könnten, in der Schweiz und in 
Süddeutschland zu durchforschen. Die Ergebnisse seien in 
ihren Schriften niedergelegt und ernten jetzt noch nur Spott 
und Entrüstung von seiten aller scharfsinnigen und gewis- 
senhaften Gebildeten. Und doch sei die Benutzung der 
heutigen Archive zur Vollendung seiner « llabsburgiaca » 
nicht so notwendig gewesen, weil die Taten und Rechts- 
handlungen dieser Fürsten damals nicht so weit umher 
wirksam gewesen und das meiste nur aus den alten Ur- 
kunden und in der Schweiz, ihrem ursprünglichen Boden, 
habe erklärt werden können. Nachdem sich aber Macht 
und Familie dieser Fürsten ins Ungemessene ausgedehnt 


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— 1fi<> — 


und verbreitet haben, sei das historische Material größer 
geworden, wie auch die Zahl der Schriftsteller, welche da- 
rüber geschrieben '). 

Um der wachsenden Aufgabe gerecht zu werden, suchte 
Guillimann ähnlicher Vergünstigungen vom Kaiser teilhaftig 
zu werden, wie seine beiden Vorgänger Menlius und Lazius, 
sie einst genossen : Geldmittel in genügender Fülle und 
Hinsicht in die Archive und Bibliotheken der Klöster und 
besonders der österreichischen Fürsten selber. 

Während Rudolf das .lahrgeld für seinen neuen Ge- 
schichtschreiber ohne Zögern auf 400 Gulden erhöhte, ISO 
Gulden an die Druckkosten der « llabsburgiaca » bewilligte, 
trug er doch einiges Bedenken, die verlangten Patente zu 
gewähren. Zwar dürfte das Gutachten seines Bruders Maxi- 
milian in günstigem Sinne gelautet haben. Dennoch sah 
Guillimann sich genötigt, beim Kaiser abermals vorstellig 
zu werden. Auch an den Erzherzog Maximilian, in welchem 
er in kürzester Frist einen überaus wohlwollenden Gönner 
und eifrigen Förderer seiner Bestrebungen erkannte, wandte 
er sich. Der Erzherzog war, soweit es an seiner Person 
lag, den Entschließungen, welche der Kaiser bezüglich 
Guillimanns Finanzieller Unterstützung getroffen halte, pünkt- 
lich nachgekommen. Auf Bitte des Gelehrten drang auch 
er in den Kaiser, dem Forscher ihres Hauses die verlang- 
ten Privilegien und General patente auszustellen. Wie der 
Kaiser wisse, hätte Guillimann auch gerne einen Ehrentitel. 
Weil all dies seinen Eifer wecken und dem geplanten Werk 
zu Gute kommen würde, bitte er. Maximilian, seinen kai- 
serlichen Bruder, Guillimann den Titel eines österreichischen 
Historiographen zu bewilligen '). 

Das Verlangen unseres Historikers nach einem Titel 
entsprang gewiß nicht seiner Eitelkeit oder Ruhmsucht — 
sondern der richtigen Erkenntnis, daß ein prunkvoller Titel 

') Bf. an Maximilian. Da« Schreiben ist in den ersten Tajien 
des Januar 1607 abgefaßt worden. St . A. J. Cod. 138. I. 16a. 

') Bf. vom ■&. Mai 1607. St. ,4. J. Cotl. 138. 1. 116/117. 


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— lf>7 — 

Zugänge aufschließt, Wege ebnet, welche dem schlichten 
Manne, sei er sonst noch so tüchtig, unzugänglich bleiben. 

Die Verwendung des Erzherzogs zu Gunsten seines 
Schützlings, war von Erfolg. Schon Mitte Mai 1(107, so war 
Guillimann vom Kaiserliofe her benachrichtigt, waren die 
Schreiben nach Innsbruck abgegangen, welche die Bestäti- 
gung der verordnten Jahrgelder, die Zusage zur Über- 
nahme der Kosten, welche der Kupferstich der fürstlichen 
Bildnisse verursachen würden enthielten '). im Juli oder 
August gelangte auch das Diplom zur Eiusehung der Ar- 
chive an den Hof zu Innsbruck : es erstreckte sich aber 
nur auf diejenigen der ober- und vorder-österreichischen 
Lande, während Maximilian es auf das ganze Beich ausge- 
dehnt wissen wollte. 

Immerhin hätte es dem sehnsüchtig harrenden For- 
scher für einstweilen genügt und guten Dienst getan. 
Unglücklicherweise war aber das Diplom nebst andern 
Schriften unterwegs vom Begen beschädigt worden *). So 
war Guillimanns frohe Erwartung getäuscht und sollte es 
für lange sein. Das an sich kleine Mißgeschick wurde für 
Guillimanns Werk zum schweren Verhängnis und ist zum 
guten Teil an dessen Scheitern schuld. 

Der Erzherzog richtete zwar unverzüglich ein Schreiben 
an die kaiserliche Kanzlei, worin er das Unheil meldete und 
zugleich um eine weitere Fassung des neuen Patentes bat, 
dahingehend, daß Guillimann von allen Prälaten im römi- 
schen Beich. sowol in Klöstern als anderswo, die Archive 
eröffnet und die Dokumente anvertraut werden sollen a ). 
Wäre ein anderer Herrscher als Budolf II. auf dein Kaiser- 
trone gesessen, hätte alles noch gut werden können. Bu- 
dolf. der seinen Körper durch ein ausschweifendes Leben 
geschwächt hatte, litt beständig unter seiner Kränklichkeit 


') Guillimann an Kaber, undatiert; das Stuck muß indes Mitte 
lßOJ geschrieben sein. St. A. J. Cod. 138. 1. 23b. 

’) Kammerschreiben an den Kaiser v, 23. Aug. 1H07. St. .4 
J. Cod. 138. I. 114. *) Ebenda. 


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— 168 — 

auch an der Seele. Die Schwermut, die sich in ihm ent- 
wickelt hatte, war schon 1590 zur vollen Knifaltung ge- 
kommen. Seit jenem unheilvollen 26. September, da er, 
von Wut befallen, seinen Obersthofmarschall Graf Trautson 
aus dem Dienste gejagt, war in seiner Umgebung ein steter 
Wechsel des Personals eingetreten, der eine ordentliche 
Geschäftsführung zur Unmöglichkeit machte. Rudolf war 
der seiner harrenden Geschäftslast nicht gewachsen ; den- 
noch wollte er alles selber entscheiden : nicht das mindeste 
durfte ohne sein Vorwissen geschehen. Keiner seiner Hüte 
durfte es wagen, ein an Rudolf II. gerichtetes Schreiben 
zu erbrechen. So harrten oft hunderte von Schreiben mo- 
natelang ihrer Erledigung. Rudolfs Launenhaftigkeit machte 
auch seine Räte unsicher, nachlässig und verdrossen. Der 
einzige unter ihnen, der sich von früher her in seiner Stel- 
lung behauptet hatte, war der kaiserliche Geheimsekretär 
Johann Rarvitius. Seit 1594 besaß er das ganze Vertrauen 
seines Herrn ; mitten in der Nacht ließ er ihn rufen. Zwar 
auch er fiel mehrmals in Ungnade : aber Rudolf konnte 
seiner nicht entbehren, und so stand er noch an seines 
Herrn Sterbelager '). 

Glücklicherweise war gerade Rarvitius der besondere 
Protektor Guillimanns am Kaiserhofe. Es könnte aber leicht 
sein, daß eben das Jahr 1607 eine solche böse Periode 
war. in der Rudolf seinen treuesten Dienern das Leben ver- 
bitterte *). Vielleicht auch getraute man sich nicht, dem 
Kaiser von dem Unglück des armen Couriers, dem der 


') S. den Art. über Rudolf II. in der Allg. deutschen Biogr. 
Bd. Ü9, S. 29S ff. 

’) Gerade damals tauchten die ersten Anzeichen auf, daß der 
oberste Kammerdiener Philipp Lang, der den Kaiser völlig beherrschte, 
sich die kaiserliche Ungnade zugezogen. Am 1. Juni 1008 erfolgte 
denn auch der tatsächliche Sturz des allmächtigen Mannes, der seinen 
Einfluß auf Rudolf 5 Jahre lang in unheilvollster Weise mißbraucht 
hatte. Über diese interessante Persönlichkeit und das Treiben der 
Dienerschaft am Hofe Rudolfs II. s. F. Harter : Philipp Lang, 
Kammerdiener Kaiser Rudolfs II. Schaffhausen 1851. 


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169 


Kegen die ganze wichtige Aktensendling verdorben, Mittei- 
lung zu machen. Rudolf hatte seine Launen ; von Sachen, 
die ihm unangenehm waren, mochte er nichts hören, und 
der Zutritt zu ihm war nur wenigen offen. 

Auch die politischen Verhältnisse mögen ihr Teil an der 
Verzögerung verschuldet haben. Seit 1606 kämpfte Rudolf 
gegen jene Bestrebungen, welche ihm die Leitung der Ge- 
schäfte aus den Händen zu winden suchten und schließlich 
zu kriegerischen Verwirktdungen mit seinem Kruder Mat- 
thias führten. 

Fast ebenso schwer hielt es, sich einen Weg zu bahnen 
in die Archive und Bibliotheken des Krzherzogs selber. 
Guillimann beklagt sich darüber im Jänner 1607 in einem 
Brief an Maximilian ')• Desgleichen in einem Schreiben an 
Maximilians Sekretär. Michael Faber. mit dem er besonders 
vertraut war *). Niemand, so wiederholt er, werde ihm 
einreden, daß in Innsbruck z. B. keine handschriftlichen 
Chroniken, keine tirolischen Überreste seien. Das gleiche 
gelte in Bezug auf die andern Provinzen : Österreich, 

Kärnten, Steiermark. 

Rin Verzeichnis von solchen Akten, um welche Guilli- 
mann gebeten, das er anfangs Mai 1607 vom Krzherzog 
erhielt, zeigte ihm überdies, daß deren Zahl weit größer 
war, als er nur geahnt halte ®). Sofort stellte er des- 
wegen an Maximilian das Gesuch, ihm Abschriften davon 
zu schicken, oder ihn selbst zu deren Durchforschung zu 
berufen. Letztem Wunsch scheint der Erzherzog erfüllt zu 
haben, denn im Sommer 1607 äußerte Guillimann. trotzdem 
das Frühjahr seine Gesundheit angegriffen hatte, die Ab- 
sicht, nach Innsbruck zu reisen. Allein die Bündnerwir- 
ren *) des Jahres 1607 trugen l'nsicherheil und Kriegs- 
lärm über die Grenzen hinüber, in die Thäler der Etsch 
hinein und verhinderten Guillimann an der Ausführung 

') St. A . J. Co«/. 138. /. I6n. — ’) Ehern tu /. /.7. 

’) Bf. v. 10. Mai 1607. St. A. J. CoJ. 138. /. XOI, 

‘) Guillimann an Puteanus, Bf. v. 11. Sept. 1007. St. A. ./. 
Cud. 138. /. -30. 


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170 


dieses Planes. Auch seine Hoffnung, die Reise noch im 
Herbst wagen zu dürfen, ward hinfällig, infolge der Ereig- 
nisse um das bischöfliche Schloß Fürstenburg. Außerdem 
halle Guillimanns Gesundheit unter der Hitze des Sommers 
1007, die sich im September noch nicht verzogen, sehr 
gelitten. 

Damit doch etwas geschehe, sandte er am 19. Septem- 
ber die Inhaltsangabe, den Grundriß, seiner drei Hände, 
soweit diese bisher gediehen waren, an den Erzherzog und 
berichtete ihm über den Stand der Arbeit ’). Wieder be- 
tont er die Notwendigkeit archivalischer Forschungen, ob- 
wohl auch jetzt schon überaus viel Neues und Unbekanntes 
in seinem Werk enthalten sei. was bei einem Vergleiche 
mit den bisherigen Geschichtswelken sofort in die Augen 
springe, um so mehr als es zugleich mit der Lebensbe- 
schreibung jedes Fürsten auch dessen Bild bringe. In der 
Veröffentlichung dieser Bildnisse liege auch der Grund, 
warum er sich nicht entschließen könne, das bisher Ge 
schriebene drucken zu lassen, weil er demselben die in 
Kupfer gestochenen Bildnisse der österreichischen Fürsten 
von Rudolf I. bis auf Maximilian I. mitgehen wolle. Mit 
großen Kosten, äußerster Emsigkeit und beinahe unglaub- 
lichem Glück habe er sie an den verschiedensten Orten auf- 
gefunden und nun malen lassen, auf das Versprechen des 
Kaisers hin, die Kosten für deren Ausführung in Kupfer- 
stich zu tragen. 

Als er dies schrieb, war er schon mit der Geschichte 
der österreichischen Kaiser beschäftigt ; denn auch jener 
Teil, der von der « Lobpreisung und bewundernswürdigen 
Größe » des Hauses Österreich handelte, war nahezu vol- 
lendet. 

Noch fehlten ihm geographische Tafeln von allen Teilen 
Österreichs und einzelnen Städten. Mit deren Herstellung 
war er selbst beschäftigt, zum Teil suchte er sich dieselben 
von anderwärts zu erwerben. 

') Bf. v. 10. Sept. 1007. St. A. J. Coit. 138. I. 32,h/a. 


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171 


Man wird es Guillimann nicht verdenken können, daß 
er der Ansicht war. wenn seine Arbeit einst in ihrem ganzen 
Umfang und ihrer glänzenden Ausstattung vor die Öffentlich- 
keit getreten sei, werde nichts mehr übrig bleiben, was 
die lebenden oder kommenden (jeschlechter zur Erhellung 
der Geschichte dieser Familie und zum Preise ihrer ehr- 
würdigen Größe hinzuzufügen hätten. 

Seinen Ritten, Maximilian möge die Aushändigung der 
(leider, welche ihm der Kaiser schon vor Monaten ange- 
wiesen, ernstlich betreiben, kam der Erzherzog nach. Am 
3. November 1607 erteilte er seiner Kammer zu Ensisheim 
strengen Befehl, die rückständigen 100 Gulden dem harren- 
den Gelehrten sofort auszufolgen und ihm inskünftig sein 
Honorar ordentlich zu entrichten '). Allein so bereitwillig 
der Erzherzog im Anweisen und « strengen Befehlen » sein 
mochte, so säumig waren die Bäte irri Auszahlen. Was lag 
ihnen auch an dem über die Grenze gekommenen Schreibe! 1 
und seinen historischen Forschungen ! War dem Hause 
Österreich mit solch gelehrtem Suchen und Schreiben ge- 
dient zu einer Zeit . wo Verwaltung und Erhaltung des 
Landes, zahlreiche Defensionsanstalten gegen allenthalben 
drohende Kriegsgefahr die Landstände und die fürstlichen 
Kassen über ihre Kräfte in Anspruch nahmen ? Mußten sie 
nicht pflichtgemäß die ihnen spärlich genug zur Verfügung 
stehenden baren Mittel erst dahin wenden, wo es in ihren 
Augen not tat ? Niemand könnte solche Erwägungen an- 
fechten. Allein das half dem harrenden und bangenden 
Mann und seiner Familie nicht über beständige Verlegen- 
heiten hinweg : denn wie er sein Geschick nun einmal an 
dasjenige des Hauses Österreich gekettet, dieses aber seinen 
Dienst angenommen, so war es auch gehalten, für sein 
Auskommen Sorge zu tragen. 

Wohl nicht mit Unrecht glaubte er, daß. wenn von 
Prag her Patente und Privilegien erfolgen würden, seine 

’) Abschrift v. Kameralbschr. v. 3. Nov. 1H07. St. .1. J. Co<l. 
138. I. I tii. 


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172 


Forderungen auch anderweitig Gehör finden würden ; so in 
der Ausrichtung seines Jahrgeldes, in Sachen der Kupfer- 
stiche, womit man in Innsbruck aus ihm unbekannten Grün- 
den bis zur Ankunft der ausstehenden Privilegien zurückhalte. 

Welchen Erfolg seine Bitte vom Jahre 1008 zeitigte, 
seinen Jahresgehalt auf 500 Gulden zu erhöhen, damit er 
einen Schreiber anstellen könne weil noch eine Menge von 
Büchern abzuschreiben waren, wissen wir nicht genau '). 
Aber da er noch 1009 jiur 400 Gulden bezog, scheint deren 
Erhöhung ausgeblieben zu sein. Was hätte eine solche Er- 
höhung auch gefruchtet ? Waren doch die Kammern nicht 
einmal dahinzubringen gewesen, Guillimann seine 400 jähr- 
lich auszufolgen. Nur die zuerst verordneten 200 hatte man 
ihm jährlich bezahlt. Die später vom Kaiser dazu bewil- 
ligten 200 auszufolgen, weigerte man sich oder schob es 
wenigstens hinaus und auf Guillimanns wiederholte Frage 
nach dem Warum erfolgte keine Auskunft *). 

Mehr Förderung fanden seine Bemühungen um den 
Stich der fürstlichen Bildnisse. Zu Anfang 1008 konnte 
Guillimann durch Vermittelung seines Freundes Markos 
Welser mit dem Augsburger Kupferstecher Lukas Kilian 
in Unterhandlungen treten. Im März 1008 konnte er schon 
dem Erzherzog berichten, daß der Siecher versprochen habe, 
seine größte Aufmerksamkeit auf Ausführung der Bildnisse 
zu verwenden a ). Vorläufig habe er ihm nur eines zum 
Stechen geschickt, während der Maler die übrigen vollende. 
Natürlich fehlte auch diesmal nicht die Bitte, die Auszahl- 
ung des rückständigen Gehaltes und die Ausstellung der 
Privilegien und Patente zu beschleunigen. 

Kaum zwei Wochen später hatte Guillimann von Maxi- 
milian den Bescheid, daß der Vertrag mit Lukas Kilian 
bestätigt sei *)■ Des fernem wolle er darauf Bedacht nehmen, 
wie ihm die Innsbrucker Archive geöffnet werden können. 

') Bf. au Maximilian v. Anfang 1608. St. A. J . Cod. 138. 1. ‘30. 

') Ebenda. 

*) Bf. v. 5. März 1608. St. A. J. Cod. 138. I. 3‘3u,. 

‘) Schreiben v. 18. März 1008. Ebenda. I. 110/130. 


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173 


Wegen der Privilegien habe er bei Barvitius Schritte ge- 
tan und der Kammer zu Knsisheim neuerdings die Entrich- 
tung seines (iehaltes strengstens anbefohlen. 

Zugleich überschirkte Maximiliam seinem Historiker 
das spanische Büchlein von « (Servern » über den Tod Phi- 
lipps II., damit er es. seinem « erbieten nach, in Latein 
transferiere ». 

Guillimann suchte nun von seiner Arbeitskraft durch 
anderweitige Veröffentlichungen Zeugnis zu geben, als er 
sein rnlernchmcn über die Geschichte des Hauses Öster- 
reich infolge des Ausbleibens der nötigen Hilfe an Geld 
und Material ins Stocken geraten sah. 


III. 

Kleinere Veröffentlichungen aus den Jahren 1608 u. 1609. 

Um seinen gelehrten Freunden ein Zeichen zu geben 
von seiner Schaffenskraft, wie um die huldvolle Gesinnung 
seiner fürstlichen Gönner zu festigen, unternahm Guillimann 
einige kleinere Arbeiten. 

Sein Anerbieten, die Schrift des Spaniers Cervera über 
den Tod Philipps II. ins Lateinische zu übersetzen, kam, 
so scheint es, dem Erzherzog erwünscht '). Guillimann aber 
ergriff mit Freuden diese Gelegenheit, um seinem Gönner 
zu zeigen, mit welcher Aufmerksamkeit und Bereitwillig- 
keit er dessen Aufträge erwarte und auszuführen bestrebt 
sei. In wenigen Tagen, freilich auch mit wenig Sorgfalt, 
so sagt er selbst, übersetzte er das Werklein ; denn die 
Buchdrucker drängten *). Schon Mitte September ff>08 kün- 
dete er des Schriftehens baldiges Erscheinen an. Doch 

') Vgl. Perei l'astor, bihliografia Madritenna. (Madrid 1801 ). 
S. 3ÖÜ-360. 

’) Guillimann an Goldast. Bf. v. 18. Scpt. ItHW. 


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174 


konnte er es erst am 14. Dezember dein Erzherzog über- 
schicken '). 

Ebenfalls im September 1608 vollendet waren die 
« Kommentare » über die Bischöfe von Straßburg*). Guil- 
limann selbst nennt dieselben ein Fliekwerk. In der Tat 
scheinen sie auch nicht allgemein Beifall gefunden zu 
haben *). Doch erklärt ihre Entstehung die flüchtige Arbeit. 

Als der Erzherzog Leopold, der damals den Bischofs- 
sitz von Straßburg inne hatte, auf seiner Durchreise durch 
Freiburg Guillimann in Audienz empfangen und ihm mit- 
geteilt, er werde binnen weniger Monate wieder daselbst 
vorbeireisen, stieg in dem Gelehrten sofort der Wunsch auf, 
den Erzherzog bei seiner Rückkehr mit irgend einer Hul- 
digung zu empfangen. Es schien ihm am empfehlenswer- 
testen zu sein, dem Erzherzog-Bischof seine Vorgänger auf 
seinem Bischofsstuhle vor Augen zu führen, so gut es in 
der beschränkten Zeit möglich war. Auf eine aktenmäßige 
Darstellung mußte er mangels an Zeit und Gelegenheit für 
archivalische Forschungen verzichten. Er hoffte aber, hie- 
zu werde sich später Gelegenheit bieten, und wirklich sehen 
wir ihn noch 1609 zu Innsbruck dafür Material sammeln. 
Vorläufig aber grilf er mehr zur Feder, um sich die Gunst 
des Erzherzogs zu sichern, und so brachte er zu Papier, 
was ihm gerade in die Finger kam. ohne daß er systema- 
tisch gesucht hätte 4 ). Fehlt diesem Werk auch Gründlich- 
lichkeit und Gediegenheit, so ist det starke Band doch ein 


') « De obitu Fhiiippi il regis Hispaniarum historia versa in 
latinum per F. Guillimatinum. Friburgi 1008 ». Bf. an Maximilian! 
v. 14. Dez. 1608. St. .4. J. Cod. 138. I. i '3t/,. Den vollen Titel 
s. u. im Verz. v. G's. Schriften. 

*) Bf. an Goldast v. 18. Sept. 1608. « Francisco Guillimanni 

De Episcopis argen tinensibus über eommentarius » ete. Frib. Brisg, 
« Apud Josephum Langium » 1008. 

*) So muß man au* einem Brief Guillimanns an den Straß- 
burger Domherren Bezius v. 8. Nov. 1609. (St. .4. J. Cod. 138. 
I. 38 n b.) schließen. Dagegen spricht sich Wcgele, Deutsche Histo- 
riographie, S. 399 anerkennend über das Werklein aus. 

') Bf. au Bezius, s. o. 


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175 


Re weis, wie rasch Guillimann arbeiten konnte — das haben 
übrigens schon seine frühem Werke bewiesen — und daß 
er, wo keine wichtigen Fragen im Spiele waren, sich auch 
leicht entschließen konnte, eine Arbeit aus der Hand zu 
geben. Um so höher ist seine Gewissenhaftigkeit und sein 
Zögern in Bezug auf sein Hauptwerk in Anschlag zu bringen. 

Fine andere Arbeit jener Monate ist der Stammbaum 
des salischen Kaiserhauses. Der Verfasser wollte damit die 
Seitenlinien dieser Familie der Vergessenheit entreißen, in 
welche sie durch die berühmtere llauptlinie gedrängt wor- 
den. Gedruckt wurde das Werklein erst nach seiner Rück- 
kehr von Innsbruck, im Herbst I(i09; der Verfasser wid- 
mete es als Beweis der Freundschaft und Dankbarkeit dem 
erzherzoglichen Kanzler. Friedrich Altstetter, dessen per- 
sönliche Bekanntschaft er in diesem Sommer gemacht hatte 1 ). 

Die vierte Arbeit, diejenige welche damals am meisten 
praktischen Wert hatte, weil im Hinblick auf die Zeitereig- 
nisse abgefaßt, sind die Stammtafeln des Hauses Jülich *). 

Der Jülicher Erbfolgestreit *), veranlaßt durch sich wi- 
dersprechende Privilegien Maximilians I. , noch verwirrt 
durch Heiratsverträge der ernestinischen Linie des Hauses 
Sachsen und durch Privilegien Karls V., trat mit dem 25. 
März lt)09, dem Todestage des letzten Herzogs v. Jülich. 
Cleve, Berg. Johann Wilhelm, in ein akutes Stadium : hatte 
man bisher nur über die von mehreren Seiten erhobenen 
Ansprüche unterhandelt, so stand man jetzt vor der tatsäch- 
lichen Besitzergreifung. Rudolf II., den nach den Landen 
gelüstete, hatte für dieses Herzogtum den Markgrafen Karl 
von Burgau in Aussicht genommen. Doch waren dessen 
Rechtsansprüche zu schwach und die österreichische Regie- 
rung nicht hinreichend gerüstet, um die Frage in Rudolfs 

') « De vera origine et stemmate Cunradi II. Imperatoris Salici 
syntagma Kriburgi 1609 ». Guillimann an Altstetter, Bf. v. Nov. 
lUÜft. St. A. J. Cod. 13S. I. 33a,. 

’) Genealogiae Juliaeenses. Kriburgi 100!». 

J ) Über den Jülicher Erbfolgestreit, s. M. Kitter in den Abhandl. 
d. Kgl. Bayr. Akademie, Bd. I-i. 2. 


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— 170 — 

Sinne gewaltsam zu lösen. Deshalb ließ der Kaiser sämt- 
liche Bewerber vor den Beichshufral laden, um hier ihre 
Rechtsansprüche geltend zu machen und über sie entschei- 
den zu lassen. Zwei jedoch. Johann Sigismund von Branden- 
burg und Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg, nahmen die 
Lande in tatsächlichen Besitz und behaupteten sich auch 
mit Hilfe der l’nion gegen den vom Kaiser gesandten Erz- 
herzog Leopold, der sich in der Festung Jülich festsetzte 
und Truppen warb. Trotzdem studierte man an sämtlichen 
beteiligten Höfen, namentlich zu Prag, die rechtliche Seite 
der Frage, an der sich ein europäischer Krieg zu entzünden 
drohte. 

Am 14. Januar 1609 hatte Guillimann dem Markgrafen 
Karl von Burgau seine « Habsburgiaca » und die übersetzte 
Schrift vom Hingange Philipps II. überschickt und seine 
guten Dienste angetragen Weil bei diesem Streite auch 
dessen Person in Frage kam, konnte Guillimann sowol ihm 
als auch den übrigen österreichischen Fürsten und dem 
Reichshofrat einen Dienst erweisen, wenn er ihnen das 
Studium der verwickelten Frage durch übersichtliche, aus 
den besten und zuverlässigsten Autoren zusammengestellte 
genealogische Tafeln erleichterte. 

Durch einen Vertrauten am Hofe des Pfalzgrafen war 
Guillimann inne geworden, daß sämtliche Räte dieses Kur- 
fürsten mit dem größten Eifer sich mit dieser Angelegen- 
heit zu schaffen machten. So glaubte er, seine Tafeln 
würden dem Erzherzog Maximilian höchst willkommen sein, 
und schickte sie ihm am ti. Mai 1609*). Desgleichen über- 
mittelte er ein Exemplar dem Erzherzog Leopold :l ). 

Wir erfahren nur, daß Erzherzog Maximilian diese 
Arbeit, aus der er Guillimanns « Hingebung an das Haus 

') Bf. v. 14. Jan. 1609. St. .4. J. C od. 138. 1. 25 h,. 

*) Bf. an Maximilian v. 6. Mai 1009: da* Concept ist datiert 
v. 5. Mai. St. A. J. Cod. 138. /. 25a,. 

’J Guillimann an Leopold, Bf. v. 12. Mürz 1610. St. A. J. 
Cod. 138. /. 36a,, 


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177 


Österreich aufs neue ersehen », huldvoll aufnahm. Ob sie 
für die Entscheidung der Frage, die übrigens ihre endgül- 
tige Lösung auf dem Wege der Gewalt fand, irgendwie in 
Betracht kam, entzieht sich unserer Kenntnis. Um so größer 
war der Erfolg für den Verfasser selbst, indem sie die Er- 
füllung seiner Wünsche und Begehren beschleunigte. 


IV. 

Wiederaufnahme der habsburgischen Forschungen ; 
neue Hindernisse. 

Wahrend sich Guillimann von seinen « Austriaca » 
weggewendet hatte, war der Augsburger Kupferstecher 
Lukas Kilian desto eifriger an der Arbeit gewesen. Mitte 
April KiOS hatte Maximilian mit demselben folgendes Ab- 
kommen getrulfe» : Kilian sollte monatlich zwei Bildnisse 
fertigstellen und dafür 13 Gulden erhallen. Damit die Sache 
einen sichern und raschen Fortgang gewinne und der Kupfer- 
stecher sicher zu seinem Geld komme, soll Guillimann das 
Geschäft einem eigenen Agenten in Augsburg, Friedrich 
Lebzelter, übertragen. Kilian soll je zwei fertige Bilder 
dem Agenten überbringen und dafür sein Geld erhalten. 
Die Kupferstiche aber sollten wohlverwahrt nach Innsbruck 
geschickt werden 

Anfangs Mai ltiÜ9 konnte Guillimann dem Erzherzog 
berichten, daß Kilian alle Sorgfalt und seinen ganzen Fleiß 
darauf verwende, so daß nur noch wenige Bildnisse fehlen, 
und zwar, weil Guillimann sie zurückbehalten, im Glauben, 
Maximilian könnte noch bessere Vorlagen haben. Ebenso 
ziehe er vor. die Bildnisse von Fürsten, deren Portraits schon 


') Maximilian an Albertinelli. Sehr. v. lü. April ltiüö. St. A ■ 
J. Cori. 138. /. 127/128. 


12 


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178 


von andern Autoren veröffentlicht worden , nach den in 
Maximilians Besitz sich findenden Originalen herauszugeben. 
Zugleich bitte er den Erzherzog inständig, ihm endlich aus 
seinen Archiven Unterstützung zu gewähren, andernfalls 
könne er sein Werk nicht vollenden, und die Kosten, welche 
für die Kupferstiche aufgewendet worden, seien umsonst'). 

Dies ist der nämliche Brief, der die Jülicher Stamm- 
tafeln zum Erzherzog geleitete. Maximilian hatte Ende März 
beim Reichsvizekanzler, Leopold von Strahlendorf, wieder 
Schritte getan, uin das längst verlangte Patent und Drucker- 
privilegium zu erhalten, da beide schon längst bewilligt 
waren *). 

Im Mai 1(109 endlich sah er sich in der Lage, Guil- 
limanns neue Aufmerksamkeit zu belohnen. « Zu dessen 
Ergetz und Forttreibung » ward der treue Diener zum 
« Rat und Historiographen des Kaisers und der mitinteres- 
sierten Erzherzogen gemacht » und ihm alle Rechte und 
Freiheiten dieses Titels verliehen. « Schein und Brief » 
darüber werde ihm die erzherzogliche Kanzlei zustellen. 
Was aber die angedeuteten Schriftstücke in den Archiven 
anlange, möge Guillimann « ehestens einen Postritt » nach 
Innsbruck machen, wo man ihm so gut als möglich will- 
fahren werde 

Noch am 4. Juni hatte Guillimann keine Ahnung von 
seiner Rangerhöhung und Berufung nach Innsbruck 4 ). In 
einem Brief, den ihm eine Pilgerin an P. Christoph mit- 
nahm, berichtet er seinem Freund, er erwarte eine Antwort 
von Maximilian, nach deren Empfang er eine kleine Reise 
unternehmen werde, mit der Absicht jedoch, auf Peter und 
Paul wieder zu Hause zu sein. Bestimmt könne er letzte- 
res zw f ar nicht versprechen, denn wie er seinen Fuß nur 


') Bf. v. 5. Mai 1008. Elend», I. 25 a, 

•) Bf. V. 28. März 1000. Elend n, /. 133113-1. 

*) Schreiben Maximilians an Guillimann '. 20. Mai 1009. 
St. .4. J. Cod. 133. I. 133. 


') Guillimann an P. Christoph. Bf. v. 4. Juni 1009. St. ,\. Ei. 


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179 


schwer aus dem Hause setze, so setze er ihn auch schwer 
wieder hinein. 

Wohl wenige Tage später erhielt er aber das Schrei- 
ben Maximilians. Ungesäumt muß er sich noch Anfangs 
Juni auf den Weg gemacht haben. In Innsbruck ange- 
langt, wurde er auf seine neue Würde als kaiserlicher Hat 
und Historiograph vereidigt, worauf ihm der Erzherzog 
seine Archive und Bibliotheken erschloß. Namentlich erstere 
bildeten für unsern Forscher eine kostbare Fundgrube. Zu 
Ende Juni hatte er bereits vieles gefunden und « hoffte nun 
ebenfalls in Archiv und Bibliothek » des Schlosses Ambras 
weitere Funde zu thun. Zu diesem Zwecke gab ihm Maxi- 
milian ein Empfehlungsschreiben an den Markgrafen Karl 
von Burgau mit, worin er ihn bat, Guillimann « als einem 
verpflichteten Hat und Diener des Hauses Österreich » seine 
Sammlungen zu eröffnen und Einsicht zu gestatten '). 

Zu Beginn des August 1609 muß Guillimann bereits 
wieder reisefertig gewesen sein. Der hauptsächlichste 
Grund, daß er den so lang ersehnten Aufenthalt abkürzte, 
war die Krankheit seiner Gattin, die seit dem Johannis- 
tage 1609 bettlägerig war. 

Im Begriffe abzureisen, richtete er an Maximilian noch 
einige schriftliche Worte : Mehr als alles andere haben ihn 
die gemachten reichen Funde in dem Willen bestärkt, die 
einmal begonnene Geschichte des Hauses Österreich fortzu- 
führen. Dies ganz besonders, wenn erst die beiden Haupt- 
schwierigkeiten beseitigt wären durch Befreiung von seiner 
Professur und Sicherstellung seines Gehaltes. Wäre er 
dieser unfruchtbaren Bürde, der Professur, entledigt, so 
könnte er in einem Jahre mehr leisten, als sonst in zweien 
oder dreien *). 

Nicht umsonst waren diesmal seine Vorstellungen. Es 


’) Sehr. v. 1. Juli 1009. Sl. A. J. Cod. 138. I. 137/138. 
Markgraf Karl von Burgau war der Sohn Ferdinand» II. v. Tirol u. 
der Philippille Welser. 

*) Bf. v. Auf. August 1609. Sl. A. J Cod. 138. 1. 30b. 


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— 180 — 

hat den Anschein, als ob es Maximilian mit seiner bisheri- 
gen Unnachgiebigkeit bezüglich der Professur nur darum 
zu tun gewesen , Guillimann ein höheres Einkommen zu 
sichern. Jetzt, da es unter einem andern Titel vermehrt 
werden konnte, war die Professur nicht mehr nötig. So 
wurde denn der Geschichtschreiber des Hauses Österreich 
der Vorlesungen enthoben und ihm dagegen noch 100 
Gulden « Hatssold » bewilligt, so daß sein Jahresgehalt 
nunmehr 500 Gulden betrug ')• 

Ein Kammerbefehl vom 12. August 1009 machte hier- 
über der Ensisheimer Regierung Mitteilung und befahl ihr 
zugleich, die rückständigen Gelder « bei erster Gelegenheit » 
Guillimann auszufolgen. In Zukunft aber sollen ihm seine 
Gelder jeden Quatember ausbezahlt werden, ohne « seine 
Heiligung oder Nachlaufen ». Guillimann habe vor, wieder 
nach Freiburg zurückzukehren. Zur « Erzeigung unserer 
gnädigen Gesinnung » habe ihm Maximilian eine goldene 
Kette im Wert von 200 Gulden bewilligt. Der Kammer zu 
Ensisheim wird befohlen, dies Geschenk alsbald zu bestellen 
und an die Innsbrucker Hofkanzlei zu senden. Auch Reise- 
kosten und was er in Innsbruck « in seiner Herberge ver- 
zehrt ». werde ihm bestritten. Letzteres besorgte die Inns- 
brucker Kammer, die einige « Reitungen » des « Frölich 
Würt » zugestellt erhielt « über die Zehrungen, welche 
Johann Lintner — der Kanzler von Ensisheim — und Franz 
Guillimann bei ihm schuldig verblieben », mit dem Hefehl, 
den Wirt, « alli der die Kreiden zimblieh gebraucht » 
gemäß den Wirtsordnungen zu bezahlen. Die Reisekosten 
dagegen waren ihm von der Kammer zu Ensisheim zu ver- 
güten 4 ). 

Nach einer Abwesenheit von ungefähr zwölf Wochen 
traf Guillimann wieder im Kreise der Seinen ein •'*). Das 

') Schreiben Maximilians an die Kammer in Ensisheitn v. 13. 
Aug. 1609. St. A J. Cod . 133. I. 141/142. 

>) Relation v. >/. Juli 1609. St. .1 J. Cod. 138. I. 140. 

’) « Redii tandoitl Oenipnnt« post duodooimam prope hebJoma- 
dem i). Uf. an Bidermann v. Aug. 1*100. St. .4. J. Cod. 138. /. 


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181 


erste war die Gunstbezeugungen, die er in Innsbruck er- 
fahren. einem der Ensisheimerräte, Johann Georg Bidermann 
zu berichten, wobei er namentlich des Erzherzogs Verfü- 
gungen in Geldsachen heraushob und den Regierungsrat 
hat. seinen ganzen Einfluß aufzubieten, damit ihm nicht 
blos die Reisekosten, sondern auch die rückständigen 600 
Gulden ausbezahlt und in Zukunft seine jährlichen üOO 
regelmässig bezahlt würden. 

Die wenigen Wochen, welche unser Historiograph am 
erzherzoglichen Hofe geweilt hatte, waren bei weitem nicht 
hinreichend, um all das Material, welches für die Ausar- 
beitung der österreichischen Geschichte notwendig war. 
abzuschreiben oder sonst auszubeuten. Auf Guillimanns 
Ansuchen eintretend beschloß daher Maximilian, seinem 
Rat das Material nach Freiburg zu schicken. Dasselbe, 
«Schriften und Bücher» sollte ordentlich verzeichnet « flei- 
ßig eingemacht » dem « Schatzregistraturamtsverwalter» Joh. 
Anton Kribel übergeben werden : derselbe sollte die Akten 
« gen Freiburg füren, all dort etliche Wochen verbleiben 
und nach verrichten Ding wiederum allherein füren lassen», 
und das alles auf Kosten der Kammer ')• 

So schien es, als ob endlich eine entscheidende Wen- 
dung vor sich gegangen, die allem Zaudern ein Ende be- 
reiten sollte und die sehließliehe Vollendung des großan- 
gelegten Unternehmens in die allernächste Nähe rückte. 
Von der Professur befreit konnte sich der nunmehrige 
kaiserliche Historiograph ganz und ungeteilt seinem Werke 
widmen ; sein Jahresgehalt war auf eine ansehnliche Höhe 
gestiegen : für Erstattung der Reisekosten und Auszahlung 
der rückständigen Salarien hatte Maximilian die gemessen- 
sten Weisungen erteilt ; die Zusendung des nötigen Akten- 
materials war zugesichert; Patent und Privilegium konnten 
jeden Tag vom Kaiserhofe eintreffen. Dazu der Ehrentitel 
und die persönlichen Gunsterweise Maximilians — Guilli- 
manns langjährige Wünsche und so oft getäuschte HofT- 


') Kam merscli reiben v.6. Oktob. 1009. St. A. J ■ Cod. 133. I. 31. 


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182 


nungen waren ihrer Erfüllung nahe. Mit neuem Mut und 
frischer Schaffenslust heimgekehrt, erwartete er nun begie- 
rig das aufgefundene Material, um sich sofort nach dessen 
Ankunft mit ganzer Kraft ans Werk zu begeben. 

Bald indes wurde diese Zuversicht herabgestimmt. 
Der Amtsverwalter Kribel säumte merkwürdig lange mit 
seiner kostbaren Fracht'). In jenen Tagen des Wartens 
besorgte Guillimann, um doch nicht der Unthätigkeit zu 
verfallen, die Drucklegung der Stammtafeln des salisehen 
Kaiserhauses. Schon Ende Oktober konnte er sie dem 
erzhurzoglichen Kanzler, Friedrich Altstetter, dein er sie 
widmen wollte, zur Einsicht übersenden. 

Kurz nachher erfuhr Guillimann auch den Grund, wa- 
rum Kribel mit den versprochenen Akten nicht erschien ’). 
Erzherzog Maximilian waren nachträglich Bedenken aufge- 
sliegen, so wichtige Akten über Land zu schicken. Des- 
halb lautete sein endlicher Bescheid dahin; Guillimann möge, 
da er der Akten durchaus benötige, nach Innsbruck kom- 
men, um Auszüge daraus zu machen. 

Am 18. November antwortete Guillimann dem Erz- 
herzog, er glaube zwar die Akten so geordnet zu haben, 
daß sie leicht und ohne Gefahr überschickt werden könn- 
ten. Allein er füge sich aufs bereitwilligste und demütig- 
ste seinem gnädigsten Urteil ; sobald seine häuslichen An- 
gelegenheiten sich etwas besser gestalten werden, wolle er 
Maximilians Wunsch willfahren und so gut und so bald 
als möglich durch die Tat zeigen, daß er dem Willen seiner 
Durchlaucht alles andere hintansetze *). Klingt der Ton 


') « At interim neque Kril«lins apparet, neque qui promissa et 
consignata deferat moiiuinenta aut scripta.... » Bf. v. '■i'i. Okt. 1000. 
St. .4. J. Cod. 133. I. 33a t . 

’) Schreiben Maximilians v. 1. Nov. 1»J0S). Ebenda 1. 145. 

’) « Etsi quae mei judieii est tenuitas, arbitrahar ita instru- 
mentorum veterum.... disposuisse, ut alia illic describi, alia luto et 
absque ullo periculo hue transmitti posse viderentur. Tarnen quia Tuae 
Ser" aliter Visum, proniptissime et humillime in Eius clementissinia 
sententia quiesco #. Bf. v. 18. Nov. 1809. Ebenda I. 33a,. 


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183 


dieses Schreibens formell und resigniert, so brechen Unmut 
und Klage desto heftiger durch in dem gleichzeitigen Brief 
an den Kanzler Altstelter '). Guillimann kann keine Gründe 
finden für die unerwartete Entschließung des Fürsten. Von 
ihm selbst, so glaubt er, dürfte füglich aller Verdacht 
fern bleiben ; die Wege seien alle sicher, dennoch werde 
er sich fügen, sobald der Gesundheitszustand seiner Frau 
beruhigender sei. 

Nach kurzer Unterbrechung ihrer Leiden wurde näm- 
lich Frau Agnes eben im November 1609 wieder völlig ans 
Lager gefesselt und schwebte zwischen Leben und Tod. 
Um inzwischen nicht alles ins Stocken kommen zu lassen, 
bat Guillimann den Kanzler, ihm von gewissen Akten, die 
er dem Amtsverwalter Kribel genau bezeichnet hatte, Ab- 
schriften zu schicken. 

Indes halte auch Erzherzog Maximilian bereits für 
seinen Rat eine Arbeit bereit. Im Jahre 1608 halte sich 
nämlich der Reichshofrat neuerdings mit dem badischen 
Erbfolgestreit zu befassen. Erzherzog Albrecht, der Statt- 
halter der Niederlande, war neben dem Grafen von Isenburg 
Vormund der Erben des Markgrafen Eduard Fortunat, 
welche von der Durlacher Linie aus Baden-Baden verdrängt 
worden. Neben der persönlichen Teilnahme für die Kinder 
Fortunats mochten die Habsburger noch ein besonderes 
Interesse daran haben, die protestantischen Durlacher von 
der Regierung der katholischen Lande von Baden-Baden 
fern zu halten. Umsomehr als sich namentlich seit Grün- 
dung der Union (1608) die evangelischen Fürsten offen 
gegen Anerkennung der Fortunat'schen Erben als Mark- 
grafen und Regenten von Baden-Baden erklärten. In den 
Jahren 1608 und 1609 wurde auf Fürslentagen zu Speier 
und Worms ein Ausgleich versucht, jedoch ohne Erfolg. 
Dabei wandten sich beide Parteien in Denkschriften an die 


*) « Ecquod enim periculum ? A me nempe etiam suspicio- 

nem abesse debere confldo. Et per viam tuta omnia ». Bf. v. Nov. 
lCSOtt. Ebenda I. 33a t . 


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A 



184 


deutschen Stände, um die Successionsfähipkeit der Kinder 
Fortunats, die aus unebenbürtiger Ehe stammten, zu bewei- 
sen oder zu bestreiten ’). 

Im Aufträge Erzherzog Maximilians arbeitete auch 
Guillimann eine Denkschrift aus, zu der ihm das hinter- 
lassene Material, das Pistorius für eine Geschichte der 
Markgrafen von Baden zusammen getragen, Stolf lieferte. 
Doch scheint diese Denkschrift nicht mehr Erfolg gehabt 
zu haben, wie die andern, indem erst 1 <122 nach der für 
die Union so unglücklichen Schlacht bei Wimpfen Georg 
Friedrich zum Verzicht auf die obere Grafschaft gezwungen 
werden konnte. Noch im Dezember 1609 erscheint Guilli- 
mann mit der Ausarbeitung dieses Memorials beschäftigt 
und die Übersendung an den Besteller dürfte erst zu An- 
fang 1610 slattgefunden haben *). 

') Markgraf Christoph I. hatte seine Lande geteilt. Die obere 
Grafschaft, Baden-Baden, kam an Bernhard III , während die untere 
Grafschaft, Baden-Durtach an Markgraf Ernst fiel . In der Folgezeit ging 
die untere Grafschaft mit ihrem Keguntenhaus zum Protestantismus 
über. Ein Nachkomme Bernhard’» Hl., Eduard Fortunat, hatte durch 
Mißwirtschaft und leichtsinnigen Lebenswandel die Grafschaft Baden- 
Baden fast ruiniert. Da auch die untere Grafschaft in Mitleiden- 
schaft gezogen wurde, besetzte 1594 Markgraf Friedrich Ernst von 
Baden-Durlach Fortunats Lande. Nach des letztem Tode (1000) nahm 
er Baden-Baden ganz in seinen Besitz, indem er gellend machte, die 
Kinder Fortunats seien nicht successionsfähig, weil sie aus uneben- 
bürtiger Ehe hervorgegangen, und er sei folglich der nächste Erbe. Er 
wollte Fortunats Erben auch die Grafschaft Spanheim wegnehmen, 
was aber von Rudolf II. verhindert wurde, der die Successionsfrage 
dem Reichs-Hofrat zur Entscheidung übertragen wissen wollte. Als 
Friedrich Ernst 1004 starb, trat sein Bruder Georg Friedrich mit 
seiner Erbschaft auch den Successionsstreit an. Vgl. « SchOp/liiw g, 
Historia Zaringo-Badensis u (1768), 4. Bd. Benutzt u. ergänzt wurde 
Schfipflins Darstellung von J. dir. Such.-*, Einleitung in die Ge- 
schichte des markgräflichen und fürstlichen Hauses Baden. (Karls- 
ruhe 1770.) 8. u. 4. Bd. 

’) « Memoriale Actionis primae Badensi». Sl. A. J. Coil. 138. 
111. fol. 1-35. Ebenda 11. fol. 109-12 findet sich ein Fragment von 
4 Blättern « Relatio historica rerum Hachbergensium et Badensiuin », 
welches aber nur bis ca 1415 geht. Über seine Beschäftigung mit 


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— 185 — 

Im Dezember 1609 wurde Guillimann gleichfalls von 
Krankheit ergriffen ; er litt noch zu Ende des Monats am 
Fieber ; vom Fasten und Hungern war er ganz abgemagert 
und geschwächt '). Seine Gattin Agnes litt immer noch 
auf dem Krankenlager. Obwohl man kein Mittel unver- 
sucht lieti, so daß Guillimann selbst fast zum Arzt wurde, 
verließ das Fieber die arme Frau nicht mehr seit Anfang 
November 1609 bis zum Februar des nächstfolgenden Jahres. 
Seine eigene Krankheit, Kummer und Sorgen und die vielen 
schlaflosen Nächte setzten ihrem Galten derart zu. daß die 
ganze Zeit für seine Studien verloren war *). 

In diese trüben Tage hinein leuchtete Mitte Februar 
1610 ein Sonnenstrahl. Der Franziskanerguardian von Frei- 
burg überbrachte dem schwergeprüften Gelehrten die gol- 
dene Kette, welche der erzherzogliche Sekretär Faber dem 
Pater zu Innsbruck übergeben. Guillimann beeilte sich, dem 
Erzherzog in warmen Worten seinen Dank abzustatten für 
das große und denkwürdige Zeugnis seiner Güte und Nach- 
sicht. das « süße Hand » ; eher würde er sterben, als es 
ausziehen •'*). 

Noch lieber als Gold wären ihm wohl Patent und Pri- 
vilegium gewesen. Schon einen Monat später sah er sich 
gezwungen, dem durch die Politik stark in Anspruch ge- 
nommenen Erzherzog mit der Bitte lästig zu fallen, ihm 
die Dokumente vom kaiserlichen Hofe auszuwirken. Denn 


dieser Angelegenheit berichtet Guillimann in zwei Briefen vom 9. u. 
23. Dez. 1009 an Maximilian. St. .4. ./. Cot/. 13H. I. 33h , u. 3 In,. 

') Brief an Altstetler, (Conc.) v. 23 Dez 1609. St. A.J. Corf. 
133. I. 34a,. 

*) Brief an Altstetter v. 2. Febr. 1010. Ebvmta l. 34li,. 

3 ) « Scilicet quidein ita me obligavit, nt prius vita descrat, 
quam exui ea possim aut velini. O dulce vineulum... » Merkwürdiger- 
weise sind diese Worte im Cnncept, das uns vorlag, gestrichen. Offen- 
bar fand Guillimann es für besser, seiner Freude nicht zu lauten Aus- 
druck zu geben. Bf. an Maximilian (Conc.) v. 17. Feb.. 1610. Hbendn 
1. 33a. 


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186 


dies seien die Klippen, an denen sein ganzes Unternehmen 
zu scheitern drohe '). 

In eben diesen Tagen erhielt Guillimann vorn Abt 
Augustin von Einsiedeln. wahrscheinlich für die selbstlose 
Mitarbeit an den Klosterannalen ein Kruzifix, «ein herrliches, 
seiner freigebigen Hand würdiges Geschenk ». Eben jetzt 
bereitete Guillimann die Herausgabe dieser Annalen vor. 
Der Buchdrucker Lang ließ von der Frankfurter Messe die 
auserlesensten Schriftarten kommen, welche dem Abt zur 
Auswahl überschickt werden sollten. Über dies und andere 
das \'erk beschlagende Einzelheiten wollte Guillimann am 
17. April 1610 an den Abt berichten*). Schon war der 
Brief adressiert und versiegelt und harrte des Boten, der 
ihn mitnehmen sollte. Da erlöste endlich, wohl in der 
Nacht vom 17. auf den 18. April, der Tod seine Gemahlin 
von ihrem schweren Leiden. 

Statt dieses ersten Briefes llog nun ein anderer hin- 
über und brachte die Trauerbotschaft den Mönchen im 
finstern Wald, welche sie mit inniger Teilnahme lasen. 

Ungesäumt suchte der Abt den schmerzlich getroffe- 
nen Mann über den Verlust zu trösten. So schön und in- 
haltsvoll die Worte sind, durch welche der Abt seines 


') « Forum mihi saue magnus usus, ncque tarnen magis incum 
in emolumentum quam profecto totius Domus Tuae Ser" laudem et 
gloriam, ad quam omnia mea facta conata et consilia tamquam in 
uniciim sropum con versa ta sunt et (i\a ». Bf. v. 1? März ltilO- 
hbcntlu /. .77«,. 

*) Guillimann an Aht Augustin. Bf. v. ,17. April 1H10. Sl. A- 
J. fW. IHN. I. 39tt/b,. — Der Umstand daß dieser Brief noch ganz frisch 
erscheint, und auf dem 2. Blatt mit dem Coneept eines Briefes an Casate 
überschrieben ist und in Guillimanns Nachlaß aufgefunden worden, 
deutet darauf hin, daß er gar nicht abgesandt, sondern vom Schreiber 
zurück behalten und wieder aufgeschnitten wurde. Daraus schließen 
wir, daß wohl in der Nacht \oui 17. auf den 18. April der Tod seiner 
Gattin eintrat. Am 20. April spricht er in einem gelegentlichen 
Schreiben an Casate vom Tode seiner Frau, und am 25. April kon- 
doliert ihm bereits Abt Angustin. Das Coneept des Briefes an Casate 
lindet sich ebcntla I. 4Un 


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187 


Freundes Leid zu lindern suchte, so mußte doch das Aner- 
bieten der weitgehendsten Gastfreundschaft noch wirksamer 
seine herzliche Teilnahme an Guillimanns Geschick bekunden. 
Nicht wenig stille den Schmerz, so schreibt er nämlich, 
eine Ortsveränderung, eine Heise. Denn zu Hause pflege 
der Anblick der Örtlichkeiten das Andenken und die Sehn- 
sucht aufzufrischen und unwillkürlich zur Trauer zu stim- 
men. Deshalb lade er Guillimann von ganzem Herzen ein, 
ja er bitte ihn, auf zwei oder drei Monate nach Rinsiedeln 
zu kommen und unter ihnen zu weilen, so lange es ihm 
gefalle. Wenn dieser Vorschlag nach seinem Sinne sei. so 
brauche es nur ein Wort und schnelle Pferde werden ihn 
in Freiburg abholen und nachher wieder zurückbringen '). 

Guillimann nahm das hochherzige Anerbieten nicht 
an. Er fand seinen besten Trost in Agnes’ glückseligem 
Hinscheiden, welches ja, wie er sich ausdrückt, als Preis 
eines guten Lebens, das Leben nicht raubt, sondern nur 
in ein besseres verwandelt. Agnes hatte, nach dem Zeug- 
nis ihres (iatten, immer so gelebt, als ob sie jeden Tag 
sterben würde und war so gestorben, als ob sie ewig leben 
würde. Nie hatte sie Überfluß, Reichtum, Wohlleben, Hul- 
digungen. Vermögen, und all das, was die gemeine Welt 
liebt und erstrebt. Rei|uemlicbkeit und Vergnügen begehrt, 
und als ihr diese zu teil geworden, halte sie dieselben nur 
genossen wie fremdes Gut, wie etwas, das sie bald ver- 
lassen mußte. Als ihr eigenstes unvergängliches Eigentum 
dagegen betrachtete sie Bescheidenheit und Züchtigkeit ; 
sie pflegte also der Frömmigkeit, daß es offenbar war. daß 
sie anderswo als hienieden köstliche Früchte ihrer Tugend 
erhoffte. In ihrer langen Krankheit aber hatte sie immer 
so hellen, fröhlichen und standhaften Mut gezeigt, daß 
jedermann einsah, sie habe nach den langen Irrgängen der 
verflossenen Jahre endlich jenen Weg eingeschlagen, der 


') Das Schreiben findet »ich im Stiftgarchir Hins. a. a. O. 14a; 
unvollständig abgedruckt bei Ilaguet, biogr. p. >7 f. 


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188 


sie an das Ziel ihrer Wünsche führe, daß der Tod ihrem 
Sehnen die Pforten öllne '). 

Mit ihrem Vater trauerten zwei Töchter um die ver- 
storbene Mutter, Susanna und Veronika. Allein der ver- 
lassene Gatte hatte nicht Zeit, sich langer Trauer um seine 
Agnes, die als stillwaltende treubesorgte Hausfrau und 
Mutter all sein Mißgeschick und die schweren Enttäusch- 
ungen der letzten Jahre mit ihm durchgekostet und ihm 
unter fremden Menschen eine eigene Heimstätte bereitet 
halte, hinzugeben. Denn bereits warteten andere Aufgaben 
des Unermüdlichen. 


V. 

Letzte Arbeiten, Hoffnungen und Enttäuschungen. 

Seit dein Jahre 1608 wurden zwischen Maximilian und 
dem Bischof von Basel weitläufige Unterhandlungen gepllo- 
gen über die geplante Deform der Hochschule zu Freiburg, 
welche von Guillimann mit Interesse verfolgt wurden. Da 
wurde er selbst im August lfilO vom Erzherzog beauftragt, 
darüber ein Gutachten auszuarbeilen Maximilians Plan 
war es, den Bischof von Basel zum ständigen Kanzler zu 
ernennen *). Es sollte aber die Universität auch ein be- 
ständig daselbst residierendes Haupt haben. « wie an andern 
geordneten Hochschulen ». Dazu war, als Vizekanzler, aus- 
ersehen Dr. Thomas Hendl. Obwohl dieser Mann sich hiezu 
eignete, « redete » der Bischof von Basel sich seinelhalben 
<i aus i). Wenn schließlich Hendl oder jemand anders der 


') St. A. J. Coil- 138. I. 33 Es sind Rellexionen Guillimann* 
über den lod seiner Gemahlin, stellenweise in sehr gelehrtem Tone 
gehalten : jedoch deutet nichts darauf hin. dali er sie in Briefform 
gebracht und verweilet hätte. 

*) Kam merseh reiben an Guillimann v. 21. Aug. 1610. St. A. 
J. Co//. 138. 1. 117 148. 


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189 


dazu laugte, nicht zu bewegen wäre, das Amt eines stän- 
digen Vizekanzlers zu übernehmen, so würde Maximilian 
sieh schließlich begnügen, wenn derselbe wenigstens vor- 
übergehend die Deformation und Visitation auf sich nehmen 
wollte. Wäre Hendl auch hiezu nicht zu vermögen, so 
sollte (iuillimann einen andern Vorschlägen. Ferner teilte 
Maximilian seinem Hat die « Bedenken » mit, welche er 
übei' die Art und Weise des Vorlesens allen Fakultäten 
« erteilt » hatte. I ber alles sollte Guillimann ein ausführ- 
liches Gutachten abgeben, auch eine beiläufige Instruktion 
ausarbeiten, « wie sie für die zukünftigen Visitatoren und 
Reformatoren, damit die Universität ihren alten Ruhm wie- 
der erlange, zu geben sei ». 

In diesem Auftrag mußte Guillimann eine Ehrung und 
einen Akt des vollsten Vertrauens erblicken. Das war eine 
glänzende Genugtuung, für die Geringschätzung, die ihm 
und seinem Fach einst von seilen der Hochschule zu teil 
geworden. 

Anfangs November IG 1 0 weilte Guillimann bereits in 
Innsbruck. Daselbst trafen ihn Briefe von P. Christoph 
Hartmann. 

Schwere Bedenken waren nämlich dem Stiftsbibliothe- 
kar aufgestiegen, seinen Namen auf dem Titelblatte prangen 
zu sehen. Dagegen wandte nun Guillimann seine ganze 
Reredtsamkeit auf. Wen P. Christoph denn für den eigent- 
lichen Baumeister halte, den Maurer oder den Zimmermann 
oder denjenigen, der jedem der Arbeiter das Material lie- 
fere? Warum er in Bezug auf den Stil Bedenken habe? 
P. Christophs Stil gleiche dem seinen wie die Milch der 
Milch, ein Ei dem andern. Er sei viel zu gewissenhaft und 
zu ängstlich, daß er dermaßen einige Kritiker fürchte. Diese 
werden ihn entweder für einen bekannten Autor halten oder 
aber gar nicht wissen, wer er sei. Von jenen habe er 
nichts zu fürchten, noch weniger von letztem, Zudem er- 
fordere es die Würde des Stiftes und so eigne sich nie- 
mand besser zum Verfasser als P. Christoph. Was sollte 
denn er [Guillimann?] P. Christoph lasse sich von der Liebe 


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190 


irre führen, vom Scheine blenden. Selbst wenn der Abt es 
ausdrücklich anders befehlen würde, gäbe er, Guillimann, 
seine Zustimmung nicht '). 

Vieles hielt Guillimann in Innsbruck zurück. Doch 
hoffte er. Weihnachten zu Hause zu feiern. Auch die in 
Freiburg herrschende Fest hätte ihn nicht aufgchalten. 
Allein seit der Kückkehr des Frzherzogs nach Innsbruck 
hatten sich die Hofgeschäfte gemehrt, zu denen vielleicht 
auch Guillimann als kaiserlicher Hat in einzelnen Fällen 
herangezogen wurde. Außerdem häufte sich die wissen- 
schaftliche Arbeit. Je länger er blieb, je mehr er hinein- 
griff, so berichtet er. desto weiter öffnete sich das Meer ’). 

Inzwischen drängten noch die Huchdrucker in Frei- 
burg, Guillimann möge ihnen für Drucklegung einer Schrift 
des nunmehrigen Karthäusers Jndokus Lorichius und der 
•Annalen des I*. Christoph vom Erzherzog und vom Abt 
Augustin die nötigen Unterstützungen verschaffen. Diese 
Sorge überwies Guillimann seinem Freund I*. Christoph, 
ebenso die Obsorge für den Stich der Wappen durch Lukas 
Kilian, welchen Guillimann auf der Heimreise zu besuchen 
gedachte. 

Am 4. Dezember 1GI0 verlieh Maximilian dem Historio- 
graphen und seiner Familie Adelsfreiheit und Wappenbesser- 
ung. Guillimann war damit in den Adelsstand erhoben und 
dieser Adel sollte laut Urkunde auch auf die Nachkommen- 
schaft vererbt werden können « fürohin in ewig Zeit » *). 

‘) Guillimann an • Christoph, Bf. v. 15. Nov. ltilO Stift m- 
nrchic Eins. a. a. O. 7. a. P. Christoph hat laut Guillimanns Briet 
zwei Schreiben geschickt, eines am 1. Nov., das andere am 2.: 
Guillimann erhielt beide am 14. November. Guillimann setzte in 
dieser Angelegenheit seinen Willen tatsächlich durch und so nennt 
denn auch das Titelblatt der Annalen P. Christoph als Verfasser. 
Dieser noble Streit zeigt indes, in welchem Maße Guillimann am 
Werke mi (arbeitete. 

*) Guillimann an P. Christoph, Bf. v. 29. Nov. 1010. Stifts- 
nrchic Einsietlvln a. a. O. 7. 

*) Der Adelsbrief (ludet sich in den Tirolischen Wappen bäc/icrn 
im k. k. Ministerium des Innern in Wien. Er ist. datiert vom 4. 


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191 


Nicht geringere Freude aber bereiteten ihm die kaiser- 
lichen Privilegien, die ebenfalls anfangs Dezember in Inns- 
bruck eintrafen. Er schrieb dies der lebhaften Verwendung 
des kaiserlichen Sekretärs Uarvitius zu. Weil aber das 
Druckprivilegium nur auf die « Austriaca » lautete, während 
Guillimann es ausgedehnt wissen wollte auf alle Schriften 
und Schriftsteller, die er je herausgeben werde, ferner auf 
solche Schriften anderer zeitgenössischer Autoren , deren 
Herausgabe er für zweckdienlich erachten würde, so hatte 
er die Absicht, mehrere Bändchen über die Geschichte des 
deutschen Reiches zu veröffentlichen. Deswegen erbat er 
sich von Barvitius die Ausfertigung eines neuen Privilegs, 
das gleichsam einen Anhang zum ersten bilden sollte und 
dessen Entwurf er seinem Briefe an Barvitius beilegte '). 

Diesen Anlaß benutzte er, um einem ehemaligen Stu- 
diengenossen, der ihn zu Innsbruck traf, die Gunst des 
einflußreichen Hofbeamten zu Gute kommen zu lassen. Es 
war Dr. Andreas Ruinelia aus Graubünden, der in den po- 
litischen Wirren der letzten Jahre eine Rolle gespielt, 1607 
landtlüchtig um 700 Kronen gebüßt worden *). Er hatte 


Dezember 1610. Danach war Guiliimann berechtigt fürderhin fol- 
gendes Wappen zu führen : « Als mit namen einen roth oder rubin- 
farben Schildt, darinnen erscheint ein gelb oder goldtfarben Kreuz in 
der mitten, und zu allen vier seitten desselben ein roth oder rubin- 
farbe Rosen. Auf dem Schildt ein offner Adelicher Thurnierhelm 
mit vergultem Timbrys (?) [gemeint ist der Rost] und einer umb- 
hangenden roth oder rubin : und einwendig underzognen gelb oder 
goldtfarben Helmdeckcn geziert, darauf ein güldene künigliche Krön, 
ob welcher abermaten eine deren unden im Kreuz des Schildts gleich- 
förmige roth oder rubinfarbe Rosen ». — Das Wappen, welches Guil- 
limann bisher geführt, weist nur kleine Verschiedenheiten auf : Das 
Kreuz war weiß oder silbern, der Helm offen, die Krone fehlte, die 
Helmdecke war inwendig weiß oder silbern. Vgl. Kindirr r. Knobloch, 
Uberbadisches Geschlechterbuch (1808), Bd. 1, S. 488, wo Guilli- 
manns früheres Wappen, das noch im Museum in Freib. i. Br. ver- 
banden ist, beschrieben wird und abgebildet ist. 

') Bf. an Barvitius v. 6. Dez. 1610. St. A. J. Co/l..l38. I. 43a. 

*) Ebenda. Cher Ruiuella siehe a. o. S. 74, Anm. 1. 


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192 


jetzt einige Geschäfte am Kaiserhofe und Guillimann hoffte, 
ihm durch seine Empfehlung das Vertrauen des kaiserlichen 
Sekretärs zu gewinnen. 

Der Aufenthalt in Innsbruck zog sich diesmal in die 
Länge. Noch Mitte Februar Kill weilte Guillimann mit 
seinem Amanuensis, David Schmidlin, in der Innstadt. Die 
Kosten trug wiederum die Regierung ') 

Nach seiner Rückkehr nach Freiburg im Februar oder 
März 1611 widmete er seine ganze Kraft der Ausarbeitung 
der « Austriaca ». Um die 7 noch fehlenden Rildnisse der- 
jenigen Erzherzoge, welche Albrechl hietien, zu erlangen, 
wandte er sich an den Regenten der Niederlande, Erzher- 
zog Albrechl. Nachdem er ihm berichtet, wie er in den 
Dienst des Hauses Habsburg gekommen, welche Ehrungen 
ihm zu Teil geworden, bittet er Albrecht, sein Bildnis, so- 
wie das seiner Gemahlin erst zu prüfen, bevor sie dem 
Kupferstecher übergeben würden. Auch holft er von ihm 
zuverlässigere Bildnisse einiger spanischen Infanlinnen zu 
erhalten, als aus der Innsbrucker Schatzregistralur. Schließ- 
lich erneuert er sein Gesuch um Ermäßigung des Salz- 
preises *). Ob seine Schritte diesmal von Erfolg gekrönt 
gewesen, erfahren wir nirgends. 

In die Zeit nach seiner Rückkehr von Innsbruck fällt 
auch die Abfassung des Gedichtes « Aliquid », welches dem 
Kanzler Maximilians. Altsletler. gewidmet ist a ). 


') Schreiben der Hofkanzlei Innsbruck an die Ob. Österreich. 
Kammer, v. lt>. Febr. 1611. St. A. J. Cod. 138. 1. 149. 

') Bf. v. 9. Mai 1611. Ebenda 1. 44b/n,. 

‘) «Aliquid i> Francisci Guillinianni ad Fridericuin Altstetterum 
cancellarium amplissimum, gedruckt im Amphithcatrum Sapientiae 
Socraticae .locosoriae etc. a Canparc Dornario, Hanoviae 1619. I Bd. 
S. 729. Das Gedicht ist ein Wortspiel mit den beiden Begriffen 
aliquid und nihil als Thema. Wir zitieren daraus einige Verse, die 
uns über die Zeit der Abfassung orientieren : 

Me quoque, ne dubies, Aliquid tot mensibus Aeni 
Ad pontem tenuit. Toleravi frigora, ventos 
Imbres atquc nives, et adusli sidera Cancri. 

Ut spectarem Aliquid. Per iniqua, per aspra warum 


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— 193 — 

Aulfallenderweise war Guillimann seit seiner Rückkehr 
von Innsbruck im Herbste 1609 von seiten der Stadl Frei- 
burg unbehelligt geblieben. Erst am 18, Mai 1611 wurde 
dem Stadtschreiber aufgetragen, « mit dem Herrn Francisco 
Guillimanno, so khein Lektor mehr bei der Universität, das 
er sich under die Stadt begebe, zu reden » '). 

In die Mitte des Jahres 1611 fällt auch wohl seine 
Wiederverehelichung. Den Namen seiner zweiten Frau konn- 
ten wir nicht feststellen. Schon im Mai 1610 hatte er bei 
dem Ensisheimer Rat Job. Georg Riedermann um die Hand 
seiner Tochter, obwohl er sie vorher nie gesehen, angehalten 
und gewünscht, wegen der bevorstehenden Abreise nach 
Innsbruck die Hochzeit zu beschleunigen*). Allein es wurde 
nichts daraus, und so besorgte denn Guillimanns Schwester 
das Hauswesen. 1611 nahm er seine Heiratspläne wieder 
auf. Erst fragte er abermals bei Biedermann an. Allein 
das « Töchterehen » wollte nicht ihr Jawort geben, was Guil- 
limann nicht wenig ärgerte und das geheime Spiel glück- 
licherer Nebenbuhler dahinter vermuten liess*). Wir wissen 


Perque tot aufraetus, valles, inontesque veredo 
Quatripedante Aliquid quaesivi, eodemque reperto 
Si usque frui liceat, Nihil est. quod iaiu immorer ultra. 

lmo agite, atque novae sophiae mysteria puris 
Auribus accipite et mea dicta recondite lidis 
Mentibus. Este procul blaterones atque saperdae. 

') Ratiprotokoll v. 18. Mai 1611, v. Freiburg i. Br., Stadtarchiv. 
Guillimann war auch Gesello der Zunft zum « Gauch »: die Stadt- 
ordnung schrieb vor, daß jeder Bürger einer Zunft angehöre. 

’) Es mag auffallend erscheinen, daß Guillimann so bald nach 
dem Tode seiner Gattin schon wieder auf Freiensfüßen erscheint- 
Der Umstand indes, daß er diejenige, um deren Hand er warb, vor- 
her noch nie gesehen, muß jeden etwa auftauchenden Verdacht be- 
seitigen. Es war Guillimann, der eine längere Abwesenheit von Frei- 
burg vor sich sah, wohl besonders daran gelegen, noch vorher einer 
zweiten tüchtigen Hausfrau seine Familie an vertrauen zu können. 
Vielleicht auch daß die mißliche finanzielle Lage ihm etwelche Mit- 
gift willkommen erscheinen ließ. Über diese Heirat geben uns zwei 
Briefe einigen Aufschluß. Der erste ist datiert vom Monat Mai 1611. 
St. A. J. Cud. Idti. I. 4lb. In diesem Brief erwähnt Guillimann 

13 


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194 


nicht, ob sich die Umworbene nicht am Ende doch ent- 
schloß, dem kaiserlichen Hat und Historigraphen, der da- 
mals 42 Jahre zählen konnte, ihre Hand zu reichen. Fest 
steht nur, dass Guilliraann 16H sich wieder verheiratete. 

Im April 1611 waren auch die Annalen des P. Chri- 
stoph fertig geworden. Guillimann hatte sie einer letzten, 
äusserst sorgfältigen Durchsicht unterworfen, verbessert, 
vermehrt oder verkürzt, je nach Erfordernis von Zeit und 
Umständen. Nun begann der Huchdrucker Lang mit seiner 
Zustimmung deren Druck. Der Abt wünschte das Werk 
dem Erzherzog Maximilian zu widmen, weshalb ihm Guilli- 
mann, der zuversichtlich auf huldvolle Aufnahme zählte, 
eine Widmungsformel überschickte. Den Abt selber aber 
beglückwünschte er zu dem Werke, das den übrigen Prä- 
laten der Nachahmung w'ert erscheinen müsse '). 

Auch die Austriaca lagen nunmehr druckfertig vor. 
Der Verfasser wandte sich nun an den Erzherzog mit dem 
Vorschlag, in Freiburg eine eigene Druckerei zu errichten. 
Maximilian wollte darüber « in Gnaden beschließen », sobald 
Guillimann « beiläufig andeuten » würde, wie hoch sich die 
Kosten der Drucklegung belaufen werden und wie es mit 
dem Absatz der Exemplare aussehen werde. In Bezug auf 
sein « Anhalten » um die Errichtung einer Druckerei wolle 
er sich « gegenwärtig halten », daß eine solche eingerichtet 
werden und wie die Universität den Namen Archiducalis füh- 
ren soll *). Die Nachrichten über diese Druckerei fließen 
überaus spärlich. Doch scheint es, daß Guillimann die Ab- 
sicht hatte, mit dieser Buchdruckerei ein gewinnbringendes 


seine frühere Anfrage und erneuert sie. Im zweiten v. 8. Juni 1611, 
(St. A. J. Cod. 138. 1. 42 h) bedauert Guillimann bereits seine Ab- 
weisung, verspricht aber dem Vater der Abweisenden trotzdem die 
frühere Freundschaft bewahren zu wollen. 

’) Guillimann an Abt Augustin, Bf. v, 10. Mai 1611. Original 
im SliftMirchic. Einaied. a. a O. 8a. Concept St. .4. J. Cod. 138. 

I. 45a/h. 

’) Sehr. Maximilians an Guillimann v. 80. Mai 1611. St. A. 

J. Cod. 138. 1. 150/151. 


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195 


Unternehmen zu begründen, wofür ihm die vom Kaiser ver- 
langten weitgehenden Druckerprivilegien die besten Aus- 
sichten eröfTnelen. 

Ein ganz besonderes Interesse brachte Guillimanns 
Werk der Markgraf Karl von Burgau entgegen. Er fühlte 
sich offenbar geschmeichelt, dass Guillimann ihm in diesem 
Werke einen Platz unter den Fürsten Habsburgs einzuräu- 
men gedachte. Deshalb bemühte er sich eifrig um den an- 
geblich gedruckten ersten Teil. Sein Augenmerk galt be- 
sonders den « Contrafettura », welche Guillimann besaß, und 
er bat ihn, ihm zu denselben zu verhelfen '). 

Bereits hatte der Markgraf in Augsburg naehfragen 
lassen, jedoch den Bescheid erhalten, daß das Werk « nit 
allerdings verfertigt und die Kupferstiche noch nicht vor- 
handen sein sollen». Er mochte dies nicht glauben und 
wandte sich an den Verfasser persönlich mit der Anfrage, 
wo etwa dieser erste Band samt den angedeuteten Kupfer- 
stichen zu finden sein möchte ». Guillimanns Antwort wird 
ausweichend gelautet haben *). 

Noch fehlte viel zum endlichen Abschluß des Werkes, 
vor allem — Geld. Unser Geschichtschreiber sandle seinen 
fertigen Band dem Sekretär Faber, damit Maximilian nach 
dessen Durchsicht die nötigen Mittel bewillige, namentlich 
eine Anleihe von 50U Gulden, wohl zur Einrichtung der 
Druckerei. Maximilian, hilfsbereit wie immer, gab der vor- 
derösterreichischen Kammer Befehl, dem Bittsteller alsbald 
ein «Subsidium» von 500 Gulden einzuhändigen, fernerden 
rückständigen « Sold ohne Verzug erfolgen zu lassen » ; ebenso 
dem Amanuensis, welcher Guillimann in Insbruck geholfen, 
die bewilligten 50 Gulden « gutzumachen ». Dagegen erwar- 
tete er, daß der Verfasser einige Exemplare an seinen Hof 
einliefern werde"). 

') Sehr, des Markgrafen an Guillimann, vom 14. Juli 1611. 
Ebenda /. 152/153. 

') Sehr, des Markgrafen an Guillimann, vom 25. Juli 1611. 
Ebenda 1. 154/155. Eine Antwort Guillimanns findet sich nicht. 

3 ) Sehr. Maximilians an Guillimann v. 1. Aug. 1611. Ebenda 
I. 156/157. 


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— 1% — 

Die Kupferstiche sollte Faber von Innsbruck mit der ge- 
wöhnlichen Post nach Freiburg senden. Ein erzherzogliches 
Buchdruckerpatent sollte die erzherzogliche Hofkanzlei binnen 
kurzem ausfertigen. So standen die Dinge im August 

1611. 

Jedoch abermals vermochte die Kammer in Ensisheiin 
mit ihren Zahlungen den Anweisungen Maximilians nicht 
zu folgen. Von dem Vorschuß an die Druckkosten zu 
schweigen, war sie noch mit der Gehaltszahlung an Guilli- 
mann um sechs Quatember, d. h. um 750 Gulden imRück- 
stand. Und wenn Guillimann geholfl hatte, diese Summe, 
welche ja schon verfallen, endlich ausgefolgt zu erhalten, 
so sollte er bald eines andern belehrt werden. Nach vielen 
Bemfihungen erhielt er am 5. Oktober 1611 ein Kammer- 
schreiben von Ensisheim, worin ihm eröffnet wurde, daß die 
Hegierung nicht im Stande sei, jetzt schon die verordneten 
500 Gulden auszugeben; ebensowenig die 50 Gulden für 
den Arnanuensis ; hinsichtlich seiner Salarien wolle man 
sehen, ihm so bald als möglich etwas zukommen zu lassen’). 

Das Ausbleiben der finanziellen Unterstützung gereichte, 
so klagte darauf der bedrängte Gelehrte, namentlich in so 
teuren Zeiten, seinem Hauswesen wie seinem Werke zum 
schwersten Nachteil. Am meisten Kummer aber bereitete 
es ihm, daß er den Erwartungen und dem Wohlwollen der 
Fürsten nicht genügen könne, trotz aller aufgewendeten 
Arbeit, und so grossem Geldaufwand. Eine Huchdruckerei 
ließ sich nicht unterhalten ohne Geld, und Guillimanns 
Mittel waren völlig erschöpft, zumal da ihm auch sein Ge- 
halt ausblieb. So wandte er sich am 12. Oktober 1611 
neuerdings an den Erzherzog, selbst auf die Gefahr hin, 
dem Vielbeschäftigten lästig zu fallen*). Allein ein mehreres 

') Sehr. Guillimanns an Maximilian v. 12. Okt. lßll. Ebenda 
I. 47n. 

*) Bf. v. 12. Okt. lßll. Ebenda 138. I. 47. Dieser Brief 
schildert Guillimanns trübe Lage so klar, dali wir ihn hier nach dem 
Concept mitteilen wollen : « Importunus esse nolui, etsi decreta ab 
1 uae Serenilatis benignitate pecunia ad editionem primi lomi Austria- 


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197 


zu tun stand nicht in dessen Vermögen. So trat jene 
letzte verhängnisvolle Stockung ein, welche den sehwerge- 
täuschten Gelehrten vollends um die Früchte seiner Arbeit 
brachte. Eine tiefe Entmutigung hatte sich seiner be- 
mächtigt. 

Um wenigstens dem Erzherzog Maximilian all seine 
Güte und Gunst einigermaßen zu vergelten, ordnete und 
kommentierte Guillimann in diesen Monaten die lateinischen 
autobiographischen Aufzeichnungen Maximilians I. Er hatte 
sie aus Stäub und Moder ans Licht gezogen, als er die 
erzherzoglichen Archive durchforschte, und überreichte nun 
diese Arbeit als Zeugnis seiner Verehrung für das Haus 


eae historiao sicuti neque mihi iam per sex Quatvmbrca debita sa- 
taria nondum post tot menses procederent ac solverentur. Aiiqua enim 
spes adhuc supererat, fore ut tandem ea summa, quae neque magna 
(et in magnum tarnen opus) et pro maiori parte iam debita esset, re- 
praesentaretur tandem post plures sollicitationes die mercurii proximo 
praeterito (d. h. 5. Übt.) literas a Cainerae Consiliariis accepi, qui- 
bus significant, sibi imposaibile esse, iam persolvere quos Tua Ser'-» 5 
ordiuavit quingentoa ßorcnos, sicuti neque quinquaijinut mei ama- 
nuensis. De saiariis meis vero eos curaturos, ut aliquid quam primum 
fieri poterit recipiam. Quod etsi mihi gravissimum et rei ineae do- 
mesticae uti et studiis incommodissimum et alienissimum aeeidat, his 
inaxime angustis tcmporibus, tarnen eo magis doleo, quod Tuae Ser"‘ 
spectationi et singulari erga me gratiae ac benignitati in primis sa- 
tisfacere non possum et post tot laborcs mcos, eigitiaa, et impensas, 
diligentiae qualiscumque meae et profecto summae erga totam Ser m,m 
domum observantiae specimen aliquod paullo illustrius exhibere ne- 
queo quam meam devotionem et omnem opinionem. Ita enim res 
typographicae se habent, ut non nisi praesente peeunia suscipi et per- 
lici queant ; et res meae sunt absque solutione saiarii et liberali sub- 
sidio [ut'mia iam quidem imbeciltac etcxhauslae], Igiturad Tuam Ser 1 '* 
tamquam ad certum portuni et refugium recurro, eamque quam hu- 
milime et supplieiter precor, ut aliud quod optiuium videbitur hoc 
in negotio instituere, ordinäre, et mandare dignetur neque permittere 
velit ut quorum Principum suorum antecessorum gloriosissimae me- 
moriae exactae eftigies magno et laudatissimo sumtu aere incidi cura- 
vit et curat, eorundemque vita gestaque et decora amplius deside- 
rentur. Sed potius typorum luce et splendore publicari, et posteris 
Tuae Ser 11 * erga maiores suos et aeternum eorum memoriam peculiaris 
affectus testimonia relinqui ». 


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198 


Österreich und seines hohen Eifers in der Verbreitung 
dessen Ruhmes dem Erzherzog'). 

Aus dem Dezember des Jahres 1611 besitzen wir auch 
einen wertvollen Brief Guillimanns an den Kardinal Fede- 
rigo Borromeo in Mailand. Aus dem Schreiben geht her- 
vor, daß Guillimann dem Kardinal seit dem Wegzuge von 
l.uzern keine Nachricht mehr hat zukommen lassen. Er 
gibt in dem Briefe vom 29. Dez. 1611 als Entschuldigungs- 
grund an seine Übersiedlung nach Freiburg i. Br., seine 
vielen Reisen in burgundische Landesteile, ins Elsaß. nach 
Schwaben, nach Böhmen, Oesterreich und Tirol, die er im 
Aufträge seiner fürstlichen Herren unternommen, um deren 
Archive zu durchforschen*). So sei ihm wenig Zeit und 
Gelegenheit für Korrespondenzen geblieben und manchmal wie- 
derum habe es ihm an der Gelegenheit, Briefe zu übermitteln, 
gefehlt. Dieser Brief ergänzt leider nur andeutungsweise 
eine gewaltige Lücke, die sich in Guillimanns Korrespon- 
denz findet Aus dem Jahre 1609 haben wir vom 8. April 
bis zum 8. November keine Spur von Guillimanns Aufent- 
halt und Tätigkeit, so daß die Annahme, Guillimann habe 
in diesen sieben Monaten einzelne größere Reisen unter- 
nommen, nicht ungerechtfertigt erscheint. 

Noch ein anderes erfahren wir aus dem gleichen 


') Guillimann an Maximilian. Der Brief ist undatiert. St. A. 
J. Cod. 138. I. 40. Vgl. unser Verzeichnis v. Guillimanns Schriften. 

’) « Sed profecto mutatio prim» meae conditionis, ut et regionis, 
mox variae in diversas provincias Burgundiae, Alsatiam, Sueviam, 
Bohemiam, Austriam, Tvroliam iussu meorum Principum [inspioien- 
dis et pervolvendis eoruin archivis| susceptac peregrinationcs, haut 

parum temporis et occasionuin absuinere » Bf. v. 29. Dec. 1611. 

St. A. J. Cod. 138. /. 48. — Pederigo Borromeo, geh. d. 18. Aug. 
1564 war der Sohn Giulio Caesare's, Vetters des hl. Karls Borromeo. 
1587 Kardinal, 1595 Erzbischof von Mailand ; er starb 1631. Der 
obenerwähnte Brief und einer v. 8. Mai 1612 sind die einzigen Über- 
reste aus der Korrespondenz zwischen Guillimann und dem Erzbischof. 
Vielleicht, daß der Zufall noch mehr zu Tage fördert. — Im Briefe 
v. 8. Mai 1612 dankt Guillimann dem Kardinal fiir ein « magnum 
et venerabile pignus B. Caroli » wahrscheinlich eine Reliquie. 


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Schreiben, nämlich, daß Guillimann ein eifriger und dank- 
barer Verehrer des Vorgängers und Verwandten Federigo’s, 
Karl Borromeo, der 1610 von Paul V. kanonisiert worden 
war. Voll Freude berichtet er dem Kirchenfürsten, daß er 
nach seiner Rückkehr vom Kapuzinerprovinzial P. Alexander 
die Erlaubnis erhalten, im Haus der Kapuziner, in dem 
noch zwei Altäre fehlen, einen zu errichten, und diesen 
habe er dem heil. Karl Borromeo geweiht. Man möchte sogar 
herauslesen, Guillimann habe noch an andern Orten dem 
hl. Karl Kultstätten errichten lassen. Der Umstand, daß 
Freiburg eine von allen Nationalitäten besuchte Universität 
habe, schien ihm diese Stadt noch besonders als Ausgangs- 
punkt für die Verehrung des hl. Karl zu empfehlen. Guilli- 
mann erbittet sich von Federigo noch einige Reliquien Karls, 
um sie in den Altären einschließen zu können, wodurch die 
Verehrung in Freiburg gefördert und gleichsam approbiert 
werde. Guillimann hatte auch bereits in Mailand ein Bild- 
nis Karls für seinen Altar malen lassen '). 

Im Frühjahr 1612 endlich verließen die «Einsiedlischen 
Annalen» die Presse, der nun doch, vielleicht auf Guillimanns 
Kosten — daher w r ohl »Ohren seine 1500 Gulden Schulden 
— errichteten erzherzoglichen Druckerei. Als P. Christoph 
das Werk erhielt und seinen Namen auf dem Titelblatt er- 
blickte, brach er in Tränen der Freude aus; er konnte 
seinen heißen Dank für solche selbstlose Freundesliebe kaum 
in Worte fassen*). Als Guillimann vom Abte das Wid- 


’) « Atque huius meae devotionis [seit, erga noinen Borromaeum] 
testimonium quäle quäle jamquoque haut volo te latere, lmpetravi 
praeteritis diebus, cum ab Oeniponte domurn rediissem, ab R. P, 
Alexandra Capucinorum Provinciali, ut in ipsorum aede (ex aula Sere- 
nissimi Archid. Maximilian! quam hic habent elegantissimara, sed 
duobus adhuc altaribus destitutam, ununi ex illis] constituere possim. 
Id altare nomini et cultui S. Caroli, cuius vivi in me, tune quidem 
pene puerum et amentiorem et duodecimum annum nondum egres- 
sum, plurima fuerunt benefleia, sed multo plura defuncti et in bea- 
torum seriem percepti, ac quibus pluria alias consecrare et dedicare 
decrevi ». St. A. J. Cod. 138. 1. 48. 

’) « Benedicta manus tua, benedictaque hora i 11a. qua opus abs 


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200 


mungsexemplar für den Erzherzog erhielt, weilte Maximilian 
gerade in Wien. Deswegen trug er Bedenken, den Folianten 
den Kährlichkeilen einer so weilen Heise auszusetzen und 
fragte erst den Erzherzog an. was zu geschehen habe. 

Dieses Schreiben vom 11. Juli 1012, das letzte, welches 
wir von Guiilimanns Hand besitzen, ist gleichsam in Vor- 
ahnung seines nahen Todes abgefaßt 1 ). Es gibt einen zu- 
sammenfassenden Überblick über seine Tätigkeit als Ge- 
schichtschreiber des Hauses Österreich und sollte die Schuld, 
daß der Erfolg so gar nicht den aufgewandten Mitteln ent- 
sprach, von seinen Schultern wälzen. Noch immer vermißte 
er die 500 Gulden für die Einrichtung der Druckerei: von 
seinem Gehalt erhielt er nur kleine Beträge, statt der ver- 
fallenen 6 Baten höchstens drei. Diese kleinen Summen 
gingen sofort im täglichen Lebensunterhalt auf, so daß er 
hilllos, aller Unterstützung bar, nichts zur Herausgabe des 
Werkes unternehmen konnte. 

Hätte man ihm, so schreibt er, den Verordnungen 
des Fürsten gemäß, Vorschuß und Gehall verabfolgt, so 
läge der erste Band zum großen Teil gedruckt vor, da 
ja alles andere bereit sei, auch die Bildnisse und Wappen; 
wahrlich zu keiner andern Zeit wäre es so nötig gewesen, 
die Herausgabe eines solchen Werkes zu beschleunigen, als 
eben jetzt, wo dem Hause Österreich so viele Neider und 
Verleumder erstehen, welche durch dies Werk widerlegt 
und zum Schweigen gebracht würden. Mit Hecht beklage 
er sein Geschick, sehen zu müssen, wie seine langjährigen 


te aeeeptum et tain fei ieiter. .. O amorem ! quem ego tarnen serio bis 
serio inquam et calidissime repono. et spe tui sola incordatione li- 
queseani insolvarque in lacrimas. Angenter illae et plenicae quasi 
alvoo proftuunt, dum earissimi genitoris, elieu, olim mei, sitnul rc- 
eordor ». Bf. an Guillimann, v. 1'?. Jan 1612. St. A. J. Cod. 138. 
I. 160/161/162. 

*) St. A. J. Cod. 138. I. 5H52. Dies ist die Reinschrift, welche 
Maximilian tatsächlich erhielt, während das Conzept, welches Gaßler 
kannte, vom 9. Juli datiert ist. Daguet hat letzteres aus Gaßler her- 
nbergenonunen, p. 77. 


» 


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201 


tiefgreifenden Studien wegen Mangel einer Summe Geldes, 
die zum Umfang des Werkes und der Größe seiner Arbeit in 
keinem Verhältnis stehe, nicht zu dem erstrebten und er- 
forderten Ziele führen. Dies alles bringe er vor, von der 
äußersten Not gedrängt, nicht allein zu seiner Entschuldi- 
gung, um alle Schuld der Verzögerung und Vernachlässi- 
gung von sich zu wälzen, sondern auch, damit der Erzherzog 
darnach seine Schlußnahmen treffe. Er selber glaube dieses 
Geschichtswerk in einer Weise geschrieben und mit einer 
solchen Sorgfalt und so viel Eifer für dessen würdige Aus- 
stattung gesorgt zu haben, daß die andern Königs- und 
Fürstenhäuser Europas ein ähnliches wohl eher wünschen 
als erhalten werden. Gleichzeitig bitte er um Bestätigung 
und Erneuerung der kaiserlichen Privilegien durch Matthias, 
Rudolfs H. Nachfolger im Reich, und zwar in der dem 
Schreiben beigelegten Form. Auch ein Verzeichnis jener 
Akten und Dokumente legte er noch bei, von denen ihm 
das Archiv in Wien Abschriften besorgen sollte. 

Uber den Erfolg dieses letzten Hilferufes läßt sich 
nichts sicher ermitteln. Doch scheint er die Ausrichtung 
des Vorschußes von 500 Gulden bewirkt zu haben, da 
Guillimann kurz vor seinem Ableben noch fünf Drucker- 
gesellen einstellte, um mit möglichster Raschheit den Druck 
zu fördern, weil er vielleicht selbst fühlte, daß seine Tage 
gezählt waren. 

In der Tat, ehe «las Ziel seines Lebens erreicht, bevor 
er die Frucht der sieben Jahre voll Arbeit in vollendeter 
Reife prangen sah, trat der uncrbitlerliche Tod an ihn 
heran. Uber seine letzte tötliehe Krankheit ist uns nichts 
überliefert. Doch muß seine Gesundheit schon im Mai 
dieses Jahres (1612) erschüttert gewesen sein. Denn auf 
sein Verlangen wurde ein ins einzelnste gehendes In- 
ventar über die Hinterlassenschaft seiner ersten Gemahlin 
zu Gunsten der beiden Kinder aufgenommen ')• Offenbar 

') « tnventarium Fraw Agnes Guiilimänniu geborne Wielin ». 
Laut Einleitung wurde das Inventar aufgenonimen am 33. Mai 1613, 


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202 


wollte er ihnen das mütterliche Gut für den Fall seines 
Ablebens vor seinen Gläubigern schützen. 

Ks ist ein rührendes Zeugnis für die Vaterliebe des 
edlen Mannes, daß er lieber seinen Namen und sein Grab 
mit Schulden belasten wollte, als seine Kinder. 

Am I i. Oktober 1612, einem Sonntag, berief ihn der 
Allmächtige weg aus dieser Zeitlichkeit'). An seiner Mahre 
trauerten eine Witwe und zwei arme Waisen, Susanne und 
Veronika, sowie seine Schwester. 

Dem Begehren der Hinterbliebenen, den Toten in der 
Gruft der Universität zu bestatten, wurde zwar vom akade- 
mischen Senat nicht entsprochen, jedoch angeordnet, dali 
seine sterbliche Hülle von Alumnen aus verschiedenen Kol- 
legien zu Grabe getragen werde *). 

Das war der Abschluß dieses kurzen, aber an Arbeit, 
Opfern und Enttäuschungen so reichen Menschenlebens. 


mittags zwischen zwölf und ein Uhr, auf Verlangen Guillimanns und 
des Vormundes der Kinder, Veronika und Susanna, Johann Sommer- 
vogel, im Beisein von Professor Joseph Lang und des Richters Theo- 
bald Frauenfelder. 

') Schreiben der Universitatsbehörden von Freiburg an die vor- 
derösterreichische Regierung v. Io. Okt. 1612. St. A. J. Corf. 138. 
/. 16 4. 

’) Schreiber : Geschichte der L'nivers. Freib. Bd. 2, S. 243. 


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203 


Schluß. 

Kaum war Guillimann zur Ruhe eingegangen, als die 
Universität in Erwägung, daß dem Verblichenen als Rat 
und Historiograph des Hauses Österreich allerlei wichtige 
Sachen anverlraut worden, « die Gemach darinnen der- 
gleichen Sachen vermuetlich möchten verwahrt sein ». mit 
ihrem Siegel verschließen ließ. Folgenden Tages sandten 
Rektor und Regenten einen Bericht darüber an die Regie- 
rung zu Ensisheim '). 

Als Erzherzog Maximilian « mit Betauwren » Kunde 
erhalten vom Hinscheide Guillimanns, der ein « fromber, 
gelerter und forderist lieber und getrewer Mann » gewesen, 
lobte er die Maßnahme der Universität. Er befahl, l)r. 
Paul Windeck und der Verwalter der Schatzregistralur, 
Anton Kribel, sollen ein Inventar über die hinterlassenen 
Bücher und Schriften durch den Notar der Universität auf- 
nehmen lassen, damit man alles nach seiner Herkunft be- 
stimmen könne’). 

Am 10. November 1012 machten sich die Beauftragten 
unter Beiziehung des Notars Adam Meister an die Arbeit ; 
am 21. war dieselbe beendet. Noch am nämlichen Tag be- 
richteten sie ausführlich über deren Ergebnisse an Maxi- 
milian. Uns interessiert besonders der Zustand der Arbei- 
ten des verstorbenen Gelehrten ®). 

Guillimann hatte, so berichtet Windeck zwar für alle 
drei Bände vieles gesammelt und in Bücher und Kapitel 
eingeteilt, und zusammengeschrieben : doch sei dies Mate- 
rial noch nicht chronologisch geordnet, auch Deutsches und 
Latein unter einander geschrieben. 


') St. A. J. Cmt. 13 ft. 1. fol. 101. 

') U. A. F. XV. 7a 4, Sehr. v. Ti. Okt. 1618. 

’) Laut Bericht der Inventarkonimission v. 81. Nov. 1618. St. 
A. J. Cotl. 138. I. fol. 1721173. 


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204 


Sowol in den Büchern über die Erzherzoge, wie in 
denjenigen über die Kaiser, sei noch Raum offen gelassen, 
für Material, das ihm noch etwa in die Hände kommen 
würde. Für den dritten Band, über die Größe und Herr- 
lichkeit des Hauses Österreich, sei gleichfalls eine Disposi- 
tion vorhanden, « aber derzeit noch weniges dafür gesam- 
melt oder zusamraengeschrieben ». Guillimann sei « noch 
immerdar in lleißiger Zusammenbringung und conscription 
seiner historischen materi gewest ». Deshalb sei, trotzdem 
er kurz vor seinem Ableben Druckergesellen eingestellt, 
doch nichts zum Drucke gelangt als ein einziger Muster- 
bogen. 

Maximilian beauftragte schon am 20. November den 
Doktor Windeck und den Prof. Joseph Lang, darüber sich 
zu beraten, wie die langjährige fleißige Arbeit des hinge- 
gangenen Gelehrten ans Tageslicht zu fördern wäre und 
darüber ein Gutachten abzugeben ')• Unterdessen sollte 
Windeck die zu einer Überarbeitung nötigen Notizen sam- 
meln und seiner Zeit ebenfalls nach Innsbruck schicken. 
Ferner soll man die Schriften und Bücher, die Guillimanns 
Eigentum waren, « zusammenrichten und in einen Anschlag 
bringen », diejenigen, welche nach Innsbruck gehören, ge- 
sondert verwahren, die entliehenen gegen Bescheinigung 
zurückslelien. 

Im schweizerischen Freiburg, Guillimanns Vaterstadt, 
weckte die Kunde von seinem Hinscheid aufrichtige Trauer. 
Auf Antrag des Generalskommissärs Nikolaus Meyer, der 
mit Guillimann befreundet gewesen war, beschloß der Rat, 
die Fortsetzung der Antiquitates von den Erben käuflich zu 
erwerben *), um sowol die sonst verlorene Arbeit ihres ge- 
lehrten Mitbürgers der Vergessenheit zu entreißen, als auch 
der katholischen Schweiz ein Werk zu schenken, das man 
den durch die kirchlichen Behörden verbotenen Geschichts- 
büchern von Stumpf und Simulier gegenüber stellen könnte. 

*) Sehr. v. 28. Nov. 1012. St. .4. J. CotL 138. I.fut. -308/209. 

*) St. A. F. Katsmanual, de dato 4. Jan. 1613. 


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— 205 — 

Dieser Antrag kam zur Ausführung in einem Brief an den 
akademischen Senat der Universität Freiburg ') ; das Schrei- 
ben, verfallt vom damaligen Kanzler Daniel Montenach, ist 
in Wahrheit « eine ehrenvolle Leichenrede, gehalten am 
Grabe des großen Geschichtschreibers, im Namen des trau- 
ernden Vaterlandes » *). 

Wir wissen, warum die Schritte Freiburgs umsonst 
gewesen sind H ). 

Guillimann hat die Seinen in sehr ärmlichen Verhält- 
nissen zurückgelassen. Deshalb ersuchte deren « verord- 
neter Vogtmann », Johann Sommervogel, Prokurator beim 
Universilätskonsislorium , den akademischen Senat , beim 
Erzherzog für die « arme pupillen und wittiben » ein Gna- 
dengeld auszuwirken. Diesem Ansuchen wurde zwar am 
25. Januar 1613 vom Senat entsprochen 4 ). Allein wir hören 
nicht, daß dieser Schritt von Erfolg begleitet gewesen. Die 
Lage der Hinterbliebenen gestaltete sich immer trüber. 

Sommervogel, der anfangs gemeint hatte, mit dem 
immer noch ausslehenden Best des Salariums Guillimanns 
Schulden abtragen zu können, sah sich bald getäuscht, es 
wäre denn, daß die Gläubiger sich entschlössen, « einen 
ziemlichen Nachlaß zu tun» 0 ). Die Schuldenlast betrug un- 
gefähr 1400 oder 1500 Gulden. An Gegenwerten waren 
noch vorhanden die Bibliothek, die halbe Druckerei und 
das Haus zur « Feder ». Letzteres, sowie der größte Teil 
des Hausrates gehörte als mütterliches Heiratsgut den Kin- 
dern. Die goldene Ratskette hatte schon im Mai 1613 ein 
Verwandter der Wittwe, welche übrigens von vermöglichen 
Eltern war, verlangt und erhalten ®). 

') St. A. F. Missivenbueh 1612-1622, fol. 164; abgedr. bei 
Daguet, biographie, p. 80 ss. 

*) Daguet, biogr. p. 60. 

3 > S. o. S. 108. 

*) st. A. J. Cod. 138. I. fol. 234/333. 

') Bericht Wimlecks an Maximilian v. 21. Mai 1614 Ebenda 
I. fol. 243/244. 

*) Ebenda. 


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206 


Es hat den Anschein, die Witwe habe sich bald von 
den Kindern getrennt '). Ende des Jahres 1613 soll sie 
bei den Franziskanerinnen zu Säckingen den Schleier ge- 
nommen haben *). Als die Stürme des 30 jährigen Krieges 
die Klosterfrauen aus ihrem Heim vertrieben, fand sie bei den 
Franziskanerinnen in Bisenberg (Montorge), in der Vaterstadt 
ihres Gatten, eine Zulluehlstätte. Nachdem sie « bei guten 
Brunnen etlicher Mängeln kuriert worden », schenkte ihr 
der Rat von Freiburg 1637 sechs Kronen, damit sie wieder 
in ihr Kloster zurückkehren möge, und den freiburgischen 
Klosterfrauen « ab den Kosten komme » ®). 

Von den zwei Töchtern war Susanna die ältere, unge- 
fähr 19 bis 20 Jahre alt 1 ). Sie sollte bald «an einen ehr- 
lichen Orth zu Diensten einkommen». Die jüngere, Veronika, 
werde, so glaubte man, « geistlich », und auf Anfragen 
Windecks hatte sich ein « ansehnlich Gotteshaus » bereit 
erklärt, das Kind seinem « frommen Herrn Vattern seligen 
zu Ehren » aufzunehmen. Es schien aber nichts daraus zu 
werden ®). 

Die Schwester Guillimanns versorgte sich als Laien- 
schwester in dem adeligen Benediktinerinnenstift Günters- 
thal in der Nähe von Freiburg i. Br. "). 

Mit Umänderung von Guillimanns Grundplan hatte 
Windeck endlich 1617 ein zweibändiges Werk fertig ge- 
stellt. welches die Geschichte sämtlicher österreichischen 
Fürsten und Fürstinnen umfaßte. Der erste Band war größten- 


') Schon 1613 bei Revision des Inventars hatte sie 2 « Reiß- 
troge » hinweggeführt. U. A. F. III G. 43. fol. 15a. 

’) St. .4. 3. Cod. 138. 1. f. 243/244. Meine Schritte, ihren 
Namen u. s. w. aus Verzeichnissen des Klosters in der Montorge bei 
Freiburg i. d. Schw. festzustellen, blieben leider erfolglos. 

*) Ratsmanua! 1637. Mai 26. St. A. F. vgl. Daguet, p. 58, 
An in. 53. 

*) Da sie noch in Solothurn geboren. 

s ) Bericht Windecks an Maximilian v. 21. Mai 1614. St. A. 3. 
Cod. 138. I. 243/244. 

*) Ebenda. 


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207 


teils Guillimanns Werk, der zweite aber von Windeck auf 
Grund des von Guilliraann gesammelten Materials selbstän- 
dig ausgearbeitet und dem Erzherzog Maximilian gewidmet 
worden, l'berreicht wurde das Werk wohl erst 1618 ; denn 
am 21. Oktober 1618 verordnete Maximilian von Wien aus. 
jedoch ohne die Bände noch gesehen zu haben, daß Windeck 
für seine Arbeit von der vorderöslerreichischen Kammer mit 
1000 Thalern entschädigt werden soll. Dies solile zugleich 
eine Aufmunterung sein, damit Windeck sich auch die Fort- 
führung des Werkes angelegen sein lasse ‘). Allein diese 
sowohl wie die Drucklegung des Vorhandenen unterblieb. 

Zwölf Tage nach Ausfertigung obigen Schreibens — 
noch war es nicht zur Kenntnis Windecks gelangt — weilte 
Erzherzog Maximilian nicht mehr unter den Lebenden. Mit 
ihm war einer der besten Fürsten des Hauses Habsburg, 
ja der damaligen Zeit überhaupt, ein kunstsinniger und frei- 
gebiger Förderer alles Schönen und Guten, von dieser Welt 
geschieden. 

Zwei Jahre später, am 12. Dezember 1620, folgte ihm 
Windeck ins Grab. Damit waren alle, welche an den Aus- 
triaca persönlichen Anteil gehabt, zur Buhe gekommen, 
und schon wälzten sich aus Böhmen die Wetter eines fürch- 
terlichen, verheerenden Krieges über die deutschen Lande 
hin. Die habsburgischen Fürsten hatten nun anderes zu 
tun, als Druck und Ausstattung gelehrter Werke zu be- 
sorgen. 

Lange Jahre nach Guillimanns Tod sollte P. Christoph 
seine Liebe zum verstorbenen Freund und zu dessen Waisen 
nochmals betätigen können. Die Kinder beklagten sich, daß 
ihr Vormund, Sommervogel, « auf sie nicht acht habe und 
keine Rechnung ablege ». So seien Kleinodien verloren, Bücher 
und anderes verschleppt worden. P. Christoph wandte sich 
in ihrem Namen an den akademischen Senat von Freiburg 
. i. Br. mit der Bitte, man « wolle Inspektion halten und 

’) Sehr. d. Erzh. Maximilian an Windeck. St. .4. 3. Cod. 
338. /. fol. 246. 


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208 


Heilung nehmen » '). Als im folgenden Jahr Susann» sich 
verheiratete *), kaufte er für die Propstei St. Gerold in Vor- 
arlberg die Bibliothek seines Freundes, aus der freilich die 
wertvollsten Bücher auf Befehl Maximilians dem Doktor 
Windeck käuflich überlassen worden Ä ). Jetzt ist sie der 
Stiftsbibliothek in Einsiedeln einverleibl. 


Guillimann war keine genial veranlagte Natur ; wohl 
aber besaß er hervorragende Talente, hellen Verstand, eine 
seltene Willenskraft und ein weiches, empfängliches Gemüt; 
seine Seele schwang sich in idealem Flug empor über die 
Niederungen des gemeinen Lebens. 

Aus kleinen Verhältnissen war er durch verständnis- 
volle Gönner emporgehoben worden in höhere Kreise, in 
denen er sich aber bald so heimisch fühlte, als wäre er 
darin geboren. Aber eben diese Herkunft und der Mangel 
an Glücksgütern lasteten wie Blei an seinen Sohlen und 
drohten ihn mehrmals wieder in den Strudel des Gewöhn- 
lichen, Vergänglichen hinabzuziehen. Wenn er es doch 
bis zum kaiserlichen Hat und Historiographen brachte, so 
verdankt er das seiner unverwüstlichen Schaffenslust, seinem 
starken Willen, der unter lausend Schwierigkeiten unwan- 
delbar sein Ziel verfolgte. Mit Unrecht würde man ihn 
« Emporkömmling » nennen. Sein Streben galt nicht vorab 
zeitlichem Wohlsein, sondern den höchsten idealen Gütern 
der Menschheit. So starb er zwar reich an Geist und 
Wissen, aber arm, bettelarm, an Geld und Gut. 

Ein reiches umfassendes Wissen war allerdings sein 
Eigentum, das er sich im Leben draußen erworben ; denn 

') U. A . F. Prot. Univ. 1631, April 26. s. a. Schreiber, II, 
S. 249. 

’) 1628 urkundet ein Johann Rethaler als Elievogt der Susanna. 
Heil. i. Inventar. 

Bericht von Rektor und Regenten der Univ. Freiburg an den 
Erzherzog Leopold v. 4. Juli 1623. L. ,4. F. XV. 7a, 10 u. 11. 


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20 !» 


v 


mißliche Umstände halten es ihm unmöglich gemacht, sei- 
nen Talenten jene Ausbildung und Schulung zu teil werden 
zu lassen, wie es manch minder begabtem Kopf mit glän- 
zenderm Namen vergönnt gewesen ist. 

Sein äußeres Leben ist arm an Abwechslnng, wenig- 
stens im Vergleich zu andern Zeitgenossen. Ks war nicht 
vom Zufall geleitet und beherrscht, sondern von dem unab- 
änderlichen Plan, im Dienste der Wissenschaft stehend die 
Festigung und Verherrlichung des Hauses Österreich zu 
fördern. Wenn dieser Plan nicht ganz zur Tat geworden, 
ist es nicht seine Schuld. Der Unstern, der dieses Mannes 
Leben ein Ziel setzte, ehe seine Aufgabe gelöst war, wal- 
tete auch fernerhin über seinem Namen. Nicht einmal so- 
viel ward ihm zu teil, daß seine unvollendeten Arbeiten ihre 
Ergebnisse hätten an andere hervorragende Werke abgeben 
können, um so wenigstens der Wissenschaft einen wirklichen 
Dienst zu erweisen. Sie blieben verschollen, um erst Jahr- 
hunderte später und nur zum Teil den Staub von sich zu 
schütteln, zu einer Zeit, da sie, längst überholt und ent- 
wertet, nur mehr antiquarische Bedeutung haben. Auch den 
gedruckten Werken, obwohl sie zu ihrer Zeit einen Fort- 
schritt in der Forschung bedeuteten, geht jener aktuelle 
Wert ab, welcher die Werke eines Aventin, Sleidan und 
Cochläus, u. a., weil aus dem vollen Leben ihrer Zeit ge- 
schöpft, für die Mit- und Nachwelt so bedeutsam macht. 
So erklärt es sich, daß unseres Geschichtschreibers Name 
neben andern verdunkelt blieb; sein Lob und Ruhm hat 
sich leider nach dem Erfolg allein bemessen. 

Wollte man ihm seine Verehrung für die Habsburger 
zum Vorwurf machen, so müßte man zuerst von seinen 
Lebensumständen absehen. Gewiß, diese Vorliebe hat ihm 
oft den Blick getrübt, aber man hat zu bedenken, daß die 
Vorliebe für eine Nation, eine Dynastie, einen Helden, von 
jeher die Klippe war, an der selbst die größten Geschicht- 
schreiber nicht unbeschädigt vorbeizogen; und noch eines: 
je höher und weiter — so lang die Einzelheiten noch er- 
kennbar bleiben — der Historiker durch seine Zeit empor- 

14 


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210 


gehoben wird über die Ereignisse vergangener Jahrzehnte, 
Jahrhunderte, desto weiter wird sein Blick dieselben über- 
schauen und desto richtiger ihr gegenseitiges Verhältnis 
abschätzen. 

Was aber von jedem Geschichtschreiber unbedingt ge- 
fordert werden muß, ist, daß er wenigstens lautern Herzens 
und festen Willens gewesen sei, die Wahrheit zum Siege 
zu führen ; daß er sich nicht vielmehr von Haß und Liehe 
als vom Verstände habe leiten lassen. Deshalb je edler, 
ruhiger und abgeklärter der Charakter, desto besser taugt 
sein Träger zum Historiker. Und edles, selbstloses Menschen- 
tum, verklärt durch tiefernste Religiosität, leuchtet uns aus 
dem Leben, das in diesen Blättern an uns vorübergezogen 
ist, entgegen. Schon Staal hat gesagt, es lasse sich nichts 
abgeklärteres, leidenschaftsloseres denken, als Guillimanns 
feingebildete Menschlichkeit. 




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Übersicht über Guillimanns Schriften. 


A. 

Poetische. 


a. Gedruckte. 

1. Eydilla Meliea Syneharistica, virtute ct eruditione conspicuis 
Dominis Candidatis; cum ante dieni V. Calend. Juliar. in catholica 
et eeiebri Acadetnia Diiingana suprema in Philosophia laurea con- 
deoorarentur, honoris ergo inscrib die. accl. a Francisco Guillimanno 
Nnithone, philosophiae studioso. 

Dilingae, excudehat Joannes Mayer 1588. in 4* 

2. Gamelium musicum, emmetrum: Viro illustri, palladiisque 
artibus, qua bellicis, qua litterariis, inclito D. M. Joanni Wild: cum 
virginem, indoie et virtute praestabilem Margaretam Frueyo sibi con- 
iugem solemni ritu adiungeret : benevolentia Franciscus Guillimannus 
cecinit. 

Friburgi, tvpis Abrahami Grem perlin, 1590. in 4* 

3. Genethliacum Syncharisticum, Virtutis, et eruditionis laude, 
stemmatisque antiqua nobilitatc clarissimo et spectatissimo Domino 
Joanni Jacobo vom Staal, Archigrammateo Salodorensi : cum V. Nonas 
Maii tlliolo feliciter auctus esset, benevolentiae et observationis gratia, 
Franciscus Guillimannus Helvetius accinebat. 

Friburgi Helv. ex offlcina typographica Abr. Ge mp. 1591 in 4*. 

4. Monodia in obitum strenui ac magnitlci herois Dom. Guilelmi 
Tugineri, Fquitis Aurati, Caroli IX. Gail. Regis Christianissimi, 
quondani dapiferi, strategi, Helvetici somathophylacii praefecti, nec- 
non senatoris Salodorensis prudentissimi, auctore Francisco Guili- 
manno Helvetio. 

Friburgi Helv. ex oflicina typographica Abrahami Gemper- 
lini. 1591. in 4*. 

5. Carmen Gratulatorium in illustrissimum Dominum, dominum 
Octavium Paravicinum, episcopum Alexandrinum, apud Helvetios 
Apostolicum Legatum : recens vero a S. D. N. Gregorio XIV. Ponti- 
tlce Max. creatum S. R E. Cardinalem, auctore Francisco Guillimanno 
Helvetio. 

Friburgi Helv. ex otüeina tyograph. Abrah. Gernp. 1591. in 4“ 

6. Francisci Guillimanni Odarum sive Hvmnorum N'atalitio- 
rum libri duo, ad Nobilissimum et praecellentissimum D. Alphonsum 


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Ca.satum, regii quondam magni thesaurarii apud Insubres F. Philippi 
II. Catholici, apud Helvetios legatuni. 

Bruntruti, apud Joanuem Fahrum 15%. 

7. In laudem geslaqne et nuptias Sereniss Arehiducis Alberti 
Austriaci. Imppp. Max. Aemiliani. II. F., Ferdinandi. I. N., Ro- 
dolphi II. Frater. For. CI. Val. Bouo Reipubl. Cbristianae Nati, 
panegyres trcs, auctore Francisco Guillimanno. 

Mediolani, ex otlicina Regia Pandulphi Malatestac. Su- 

periorum Perniissu. in 4°. 

8. Francisci Guillimauni Aposlolica sive Ajiostoloruni gesta et 
laudes, stiloet numeris Pindaricis, ad Serenissiinum Sabaudiae Ducem- 

Friburgi. 1800. in 8°. 

9. Sivula elegiarum, gedruckt bei Gemperlin in Freiburg 
s. S. 04. 

10. Aliquid Francisci Guillimanni ad Fridericum Alts teile runt. 
Das Gedicht ist gedruckt im Amphitiieatruin Sapientiae So- 

craticae Joeoseriae etc. congesturo tributumquc a Caspare Dornario, 
Hanoviae 1019. 

b. Ungedruckte. 

1. Vier lateinische Strophen auf Erzherzog AI brecht von Oester- 
reich ; gedieht, fiir dessen Empfang in Luzern. 

Stantsarchic i.tuern. Span. Niederlande. Statthalter, 1599. 

2. In Natalem Reverend! iuxla atque Doctissimi P. Christo- 
phen Hartmann Imperialis Monaxterii Einsiedlensis Bibliotheearii 
amoris ergo dedicatum a i/noilain bene notu. 

Stiflaarch. Einsiedeln, ,, fase. II. No 12. 

8. Christoforo Hartmanimin dien) onomasticuni. 

Ebenda No 13. 

c. Unvollendete oder verlorene. 

1. Marly rica. 

2 Pindarica Poe-is. 

Erwähnt von Puteanus in einem undat Briefe an Guillimann. 
S. Eryci Puleani epistolarum Bellnria. Cent. III. Löwen 1812 Ep. 
5. pag. 8-7. 


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213 


Ü. 

Historische. 

a Gedruckte. 

1. Franeisci Guillimaimi de Rebus Helvetiorum, sive Antiqui- 
talum libri V. ; ex variis scriptis, tabulis, monimentis, lapidibus, 
optimis plurium linguaruin auctoribus. Cum Sac. Caes. Maiest. 
Gratia et privilegio. 

Friburgi Aventicorun). ex ollk-ina ty pographica M. Wilhelmi 
Maess. 1598. 457 S. in 4* und in fol. 

Nach 29 Jahren folgte eine unveränderte Neuauflage, die nur 
im Titel einige Aenderungen aufweist : 

Fr. Guillimann. Helrctia, etc. Amitrrni , ex. off. t. Rapliaeli 
Camiletli, 1627. in gr. 4°. 

Zedltn Lexikon (9. Bd. S. 1317) verzeichnet eine Ausgabe ton S. Vitorino. 
Ich konnte kein solches Exemplar ausfindig machen. 

1710 erschienen sie neuerdings in Leipzig (in fol.) zusammen 
mit den Annales Boiorum des Aventinus, herausgegeb. v. Gumlliug. 

Zum vierten mal gedruckt ist das Werk im Thesaurus histo- 
riae helveticae, an 8. Stelle, 1M8 Seiten in fol. 

2. Franeisci Guillimaimi Habsburgiaca sive de antiqua et vera 
origine Bomus Austriae vila et rebus gestis com i tum Vindonissensium, 
in primis Habsburgiorum libri septem. Ad Rudolfum II. Habsburgi- 
Austriaeum Imperatorein semper Auguslum. Cum Sae. Caesareae 
Maiest. privilegio. Mediolani, ex oflicina Regia Pandulphi et M. 
Tulli Malatestae 1605. Superiorum permissu. 344 S. in 4°. reale. 

F.inen unveränderten Neudruck besorgte: Jo. Zacharias Seide- 
lius. Ratisbonae 1696. in 4° reale. 

Dritte Ausgabe, ohne Wappen, im Thesau r. hist. Helv. an 9. 
Stelle, 104 Seiten in fol. 

Dayutl «ruaehnt ,biogr. p. 93) auch eine deutsche I Übersetzung von Lang. Bis 
jetzt war es nicht möglich, die Richtigkeit dieser Behauptung zu kontrollieren. 

3. Franeisci Guillimaimi De episcopis Argentinensibus über 
commentarius, in quo super episeoporum seriem, gesta et quamplu- 
rium veras genealogias : opidnrum, urbium, in primis amplissimae 
Civitatis Argeutinae, itemque Monasteriorum, Collegiorum, aliorum 
locorum sacrorum Episcopalus, origines, iucrementa, conversiones. 

Ad Reverendiss. et Serenissimum Leopoldutn Austriae Archi- 
ducem, Argentinensem et Passaviensem Episcopum. Anno 1608. Cum 
S. Caes Maiest. privilegio perpetuo. Friburgi Drisgoiae. Apud Jo- 
seph um Langium. 463 S. in 4°. 

Daguel irrt, wenn er S. 17 sogt. Obrecht (Prodromus rerum Alsaticarum! habe 
diese Schrift ganz in sein Werk herübergenommen. Obrecht hat sich in Wirklichkeit S. 
176 IT. nur mit Guillimann Uber Einzelheiten kritisch abgefunden. 


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21 \ 


4. Antonii Cerverae Cappellani turriani regii ordinis Calatravae 
libri III de feliei excessu Philipp! II. Austriaei Hispaniarum regis 
sive de rebus memorabilibus, quae in eius inorte aeciderunt, testimo- 
nium authenticum. - Apud Georgium Hain, Friburgi Brisgoviae 1609. 

5. Genealogiae Juliacenses. Friburgi Brisg 1609. 

6. De vera Origine et Stemmate Cunradi II. Iniperatoris Salici 
svntagma. Friburgi Brisg. 1609. Abermals gedruckt in H Chr. 
Senckenberg: Selecta iuris et historiarum, 3. Bd. Frankf. a. M. 1735. 

7. Hieher zu rechnen ist Guillinianns Mitarbeit an den Atinales 
Heremi Deiparae Matris in Helvetia etc. Friburgi Brisg., ex Typo- 
graphio Archiducali. 1612. 

b. Ungedruckte. 

1. Noctes friburgenses. Kopie K. B. F. 

2. Schweizerische Annalen. (latein.) 1313-1585. St. B. Fi. 
Cotl. 436. 107 Bl. in 4°. 

3. Catalogus Episcoporum Constantiensium. St. A. J. Cod. 138, 

II 12 Bl in fol. 

4. Leben K. Friedrichs IV., Maximilians I. und Philipps d. 

Schönen, 1461 — 1518. K. k. Haus- Hof- u. Staatsarchiv in Wien. Cod. 
7. 264 Bl. in fol. 

5. De Principum Habsburgi Austriacorum vita, moribus, rebus 
gestis, coniugiis, liheris et variis dominiis aquisilis etc. opus absolu- 
tuni, in duos tomos divisum, quorum primus a Nobili Clarissimo, 
Doctissimoque Viro Francisco Guillimanno Sac. Caesareae Majestatis 
Cousiliario et Historiographo inchoatus, et majori ex parte summo 
Studio et labore congestus, ipso vero praematura morte e vivis abrepto 
a Reverendo Nobili Clarissimoque Viro Joanne Paulo Windeckio SSac. 
Theologiae Doctorc et in Alma L'niversitate Friburgensi Professore 
ordinario, cui hoc in mandatis datum erat, multis in lociB non sine 
exiguo et vigilanti labore auctus. complectus et in hanc formam re- 
dactus est. 

Anno Nativitatis Christi 1617. H. H. St. A. IC. Cod. 6. I. Bd. 
(löT u ' Fui) * n (P Hr 8 anlente > nl:, and). 

Als Verfasser des II. Bds. u. ^jj 1 , 1770 S. in fol.j nennt 
sich !V indeck ; das Material aber hatte Guillitnann gesammelt. 

c. Verlorene. 

1. Die Fortsetzung der Antiquitates. 

2. Brisiaca. (Erhalten ist ein Fragment, 2 Blatter, welche eine 
Inhaltsübersicht und den Anfang des ersten Buches enthalten. St. A. 
J. Cod. 138. II. t. 4 ii. 5.) 


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215 


8. Historiae Caesareae scriptores a Carolo Magno usque ad Ru- 
dolfum M. Habsburgicum. Franciscus Guiltimannus collegit, digessit, 
notis, emendationibus illustravit. Handschr. Titel bl . St. A. J. Cod. 
138. II. fol. IO. 

4. Geschichte der Markgrafen von Baden. (? — 1415). (Als Frag- 
ment ist erhalten die Relatio historica rerum Hochbergensium et 
Badensium v. 1609/1610 St. A. I. Cod. 138. II. J’. 109-112.) 

Als 5. Verlorene Schrift muß man wahrscheinlich auch den 
« Commentarium ex ipsius (Maximiliani 1.) manuscriptis schedis a me 
collectum, et picturis, ut voluit, et jussit, illustratum », den Guillimann 
1611 dem Erzherzog Maximilian überreichte, betrachten. 

Meine Nachforschungen darnach waren bis jetzt erfolglos. Eine 
von Alw. Schulz im Weitskunig (Jahrbuch der kunsthistorischen 
Sammlungen des allerhöchsten Kaiserhauses, VI. Bd. 1888.) teilweise 
abgedruekte Handschrift (K) au« dem K. k. H. H. u. Staatsarchiv 
zu Wien, die ich anfänglich dafür hielt, erwies sich bei näherer Ver- 
gleichung und Untersuchung der Schrift als viel spätere (Ende des 
17. Jahrh.) Handschrift. 

So ist wenig Aussicht vorhanden, die an sich wertvolle Arbeit 
Guillimanns wieder zu linden. 




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- 21 « 


Handschriftliche Quellen. 


Die beiden bisherigen Biographen Guillimanns bauten ihre 
Arbeiten nur auf beschränktem Quellenmaterial auf: Franz Gastier*) 
hatte den umfangreichen Innsbrucker Akteubüudel. freilich noch nicht 
in der heutigen Vollständigkeit, zur Verfügung und damit den Grund- 
stock und die Hauptsache. So war er im Stande, bereits eine ziem- 
lich zuverlässige Biographie zu liefern, der allerdings wertvolle Ein- 
zelheiten, namentlich soweit sie Guillimanns größer» Lebensabschnitt 
in der Schweiz betrafen, fehlten. Ihn zu ergänzen gab Alexander Dagnet 
1 84ö seine « Biographie de Francois Guillimann » heraus. Daguet be- 
nutzte für Guillimanns «österreichische!) Lebensperiode hauptsächlich 
Gabler ; einige Ergänzungen boten ihm eimeine Kopien von den Briefen, 
die im Stiftsarchiv Einsiedeln liegen. Für die «schweizerischen Periode 
stand ihm wenig handschriftliches Material zu Gebote : Die freibur- 
gischen Katsprotokolle, Auszüge aus Guillimanns handschriftlicher 
Chronik in Einsiedeln, und schon erwähnte Briefabschriften aus Ein- 
siedel». Im folgenden Verzeichnis der von uns benützten ungedruckten 
Quellen, ist dasjenige, was Gaßler bekannt war mit einem Sternchen 
(*), was Daguet — wenn auch nur teilweise — zugänglich war, mit 
einem Krcuzlein (•]•) gekennzeichnet. 

I. Universitätsbibliothek Basel. Aus der Sammlung Epieto- 
hte autogruphitc eironim doetoruni. Die Bde. G' 131. Joannis a 
Schellenberg ad Joan. Jae. Kiiegerum. —Gl 53. Joannis Jacobi a 
Staal ad Joan. Jac. Kiiegerum. — Gl 15. Joannis Georgii a Wer- 
denstein ad Joan. Jac. Kiiegerum. — G I 47. Variorum ad Joan. 
Jac. Riiegerum epistolae. 

II. Einsiedeln, a. Stifisarchir : ,■ h } , Epistolae Francisci 
Guillimanni ad P. Christophorum Hartmannum.x b. Stiftsbibliothek. 
1. Coihl. SSO, KH1 n. Wi* enthaltend die Dillinger Kollegienhefte Guil- 
limanns. ■{• 2. Cod. 436. F. Guillimanni Chronicon ab 1313— 1586. f 

Vgl. die Beschreitung des Cod. 436 bei P. Gabriel Meier. Catalogus codicum 
manuvcriptonim, Tomus 1. Einsidlae 1899. 


•) Abhandlung Uber Guillimann österreichischen Geheimrat und Geschichtschreiber, 
Wien 1183. 


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■1 17 


III. Freiburg i. Breisgau. Unicersitäisarchic, cit. U. A . F. 
1. Inventarien von Franz Guillimann und Frau Agnes Viel. ///. G 
43. — 2. Protocoltis Senatus pars /.V. 1605 — 1609. — -‘1 Briefe 
auf Guillimann bezüglich, fase. .VF. / A. — 4. Liber epistolar. et 
coneept. ab a* 1602-1610. 

IV. Freiburg i. d. Sc/urch. a. Kantonsbibliothek. cit. K. B. 
F. 1) Hist. Collegii Friburgensis. 3) Syllabus Discipulorum. 1.294. 

3) Congregatio Mariana Friburgensis ; Bona opera 1584 — 1633 L 193. 

4) Noctes friburgenses. 5) Die hinterlassenen Papiere von Seb. Werro. 
6) Hist. Collegii Soc. Jesu Dilingani, I. 39. b. Staatsarchic. eit 
St. A. F. 1) Erstes großes Bürgerbuch in Pergament — 2) Rats- 
manoale seit 1580.f — 3) Ratserkanntnußbuch. 1686-7 — 4) Missi- 
venbuch \ 011 1612— 1622.-}- — Kriegsrödel von Freiburg (Stadt), Ro- 
mont, Corbiere, Rue. 

V. Innsbruck, k. />. Statthaltereiarchie, cit. St. A. / C 01 I. 

133. Franz Guillimanns nachgelassene Schriften.' fase. I. Auf 
GuilRnaun selbst Bezügliches, fol. 1—2/1. a. Oiigiualschreibcn- und 
Coneepte von Guillimann. b. Schreiben an ihn oder ihn und seine 
Werke lietrefTend. fase. II. Guillimanns Werke (Fragmente) 152 BI. 
fase. III. Historisches Material aus Guillimanns eigener Zeit; C2 Bl. 
fase. IV. Materialien (Exeerpte, Urkunden) 110 Bl. fase. V. Genea- 
logisches. 77 Bl 

Dieses Material besteht »um grtesslen Teil aus Konzepten und Fragmenten. Ks 
ist, tiesunders was die Briefeinwürfe des 1. Faszikels anlietrillt, sehr schwer, sich zurocht- 
zudnden, zumal viele Stucke doppelt llberschriebon sind, oder bunt durcheinander Bruch- 
stacke aus verschiedenen Zeiten enthalten. I'm die getane Arbeit möglichst fruchtbar zu 
machen, haben wir in unsern Anmerkungen eine susserst genaue Bezeichnung der Fund- 
stellen durchgefilhrt. Der allgemeinen Bezeichnung .ST. A. J. Cent. I3S folgt jexveilen die 
Angabe des Fa-zikels (I— Vj, sodann in arabischen Ziffern die Ordnungsnummer des Blattes, 
die Buchstahen a und 6 bezeichnen Vorder- und Buckseite, die kleinen den Buchstaben 
atigeh*ng(en Ziffern, das Alinea auf der betreffenden Blattseite. 

VI. Luzern: a. Staatsurchir ; fase. Niederlande, Spanien, Ge- 
sandte. b. Sladtarchir : Taufenbücher der Stadt Luzern 1581— ItiOO u. (• 
, Kopien a d, J. 1818, Orig, verloren). C. Bürgerbibliothek : M- 111. Bd. P. 

VII. Solothurn: a. Stnutsarchir : 1) Ratsprotokolle, (1590- 
1595-j - ). 2) Protokoll des Stiftskapitels (1562--159t i). B) Journal der Stadt 
Solothurn (15144). b. Stadtbibliothek : Epistolae a Staal. 2 Bde. 

VIII. Wien : K. «. /.. Ila ns- Hol - mul Staatsurchir : C 01 I. fl. 


4 Bde: 


Sa H h H r « ,/ 

lui ini im 101 


(in fol.) De Principttm Habsburgi. Austriacorum 


vita etc. v. Guillimann und Windeck. Cod. 7. 1 Bd. (in fol.) ® ot * Leben 
K. Friedrichs IV., Maximilians I. und Eizherz. Philipp d. Schönen 
v. Guillimann. 

Advlsarchie im k. k. Ministerium des Innern. Tirolisohe Wap- 
penbücher. (Amtliche Kopie von Guillimanns Adelsbrief) 


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218 


Nachträge und Berichtigungen. 


In letzter Stunde vor Abschluß des Druckes gelangt mir durch 
jtufall Cod. 422 der Stiftsbibliot/iek Einsiedeln, der bisher unserer 
Beachtung entgangen war, zur Kenntnis. Derselbe enthält 16 Briefe 
von Pistvrittg, und einen — den einzigen, der bis jetzt bekannt — 
von fiüegcr an Guillimann. Die Briefe von Pistnrius datieren aus 
den Jahren 1598 (17. Juli) bis 1605 (30. Januar). Aus ihnen geht 
hervor, daß die Beziehungen zwischen Guillimann und Pistorius 
schon vor Erscheinen der « Antiquitates » begannen und daß Pi«torius 
einer derjenigen war, welche Guillimann dem Kaiser Rudolf so warm 
empfahlen. Der Brief von KQeger stammt vom 12. September 1602. 

Auf Seite 80 fällt Anmerkung 4 dahin ; sie wurde aus Versehen 
dort hineingeschoben, gehört aber auf S. 81. 

Auf Seite 189, unterste Keile, gehört das Fragezeichen nicht mehr 
in die Parenthese. 


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Inhaltsverzeichnis 


Einleitung 

S. 1-3. 

Erster Abschnitt. 

I. Jugendjahre und erste Studien in Freiburg und Mailand 

1568—1587. 

Guillimanns Herkuuft 4. — Erste Erziehung 5. — Seine erste 
Schulbildung 5. — Als Zögling der Jesuiten 6. — Sodalitütsassistent 
6. — Zeitströmungen 7. — Freiburg u. Karl Borromeo 8. — Guilli- 
manns Studien in Mailand 9. 

II. Auf der Hochschule zu Dillingen 1587 — 1589. 

Zustunde an den deutschen Hochschulen 11. — Die Jesuiten- 
hochschule zu Dillingen ; Juvaltas Urteil darüber 12. — Guillimanns 
Übersiedlung nach Dillingen 13. — Einrichtung der Anstalt und 
Studienplan 14. — Guillimanns Studien 15. — Der erste Schritt in 
die Öffentlichkeit; die Eidy 11a Melica 17. — Freundschaftliche Be- 
ziehungen 19. — Heimkehr nach Freiburg ; Bewerbung um einen 
Freiplatz in Paris 30; Die Tronwirren in Frankreich 31. — Aufent- 
halt in der Heimat 33. — Hochzeitsgedicht für Hans Wild 33. — 
Endgültiger Abschied von Freiburg 34. 


Zweiter Abschnitt. 

Der Schulmeister in Solothurn 1590 — 1595. 

Die solothurnische Lateinschule 25. — Guillimanns Bewerbung 
um die Schulmeisterstelle 27. — Seine Wahl; Amtsverpflichtungen 
38. — Einkommen 30. — Provisor und Lokat 31. — Erste historische 
Arbeit 33. — Die Schulaufsicht 33. — Guillimanns Wirksamkeit; 


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220 


Reibereien mit dem Provisor Götz 33. Guillicnanns definitive An- 
stellung 35. — Götzens Entlassung: sein Nachfolger Melchior Rund 
38. — Schulfeste von 1591 39. — Geburtstagsgedicht auf Staals Söhn- 
lein 39. — Stellung Solothurns zu den französischen Tronwirren 4Ü 
— Guillimanns Gedicht auf Oberst Wilhelm Tugginer 41. — Gratu- 
lationsgedicht an den Nuntius Paiavicini 42. — Guillimanns Ver- 
mählung mit Agnes Wiel 4-3. — Aufnahme ins Burgrecht von Solo- 
thurn 45. — Der neue Provisor Bflrtschi 43. — Zwist mit dem Apo- 
theker 4*5. — Mahnungen von seiten des Kapitels 47. — Unordnung 
in der Schule 48. -- Guillimanns Einmischung in die Politik 48. — 
Heinrich von Navarra; die Frage der Tronfolgc in Franrcich 49. — 
Guillimanns Maßregelung 52. — Die « Noctes friburgenses » 53. — 
Abschaffung des Lokatcnamtes 54. — Guillimann und P. Canisius 
55. — Unregelmäßigkeiten in der Lateiuschule 55 — Verfolgung der 
Jesuiten in Frankreich : Krieg mit Spanien 56. — Rückwirkung auf 
die Schweiz 57. — Wiedererwachen der Oppositionspartei in Solo- 
thurn 56- — Guillimanns Agitation gegen Heinrich IV. 58. — Seine 
Ausweisung; deren Bedeutung 59. 


Dritter Abschnitt. 

Im Dienste der spanischen Gesandtschait in Luzern. 

1595—1605. 


I. Als Sekretär bei Alfons Casntc. 

Guillimanns Eintritt in den Dienst des spanischen Gesandten 
62. — Casates Persönlichkeit 63. — Guillimanns Oden an Casate 64. 

— lätigkeit als Gesandtschaftssekretär 64. — Familienleben 67. — 
Hinwendung zur Geschichte 68. 

II. Das Werk ct [hs rebus flelcetiorum i) ; der lirivftccchsel mit Slaal. 

Veranlassung des Werkes 69. — Überblick über die damaligen 
Beschreiber der Eidgenossenschaft, Tschudi, Stumpf, Situier 71. — 
Guillimanns Plan 74. — Seine Quellen und Hilfsmittel, Methode 75. 

— Vorbereitung des Druckes 77. — Schwierigkeiten mit Faber; In- 
tervention Staals 78 — Freundschaftlicher Briefwechsel zwischen 

Staal und Guillimann 80. — Staals Charakter 85. — Er erhält die 
Antiquitates 86 — Deren Inhalt 87. — Vergleich mit Stumpf und 
Situier 89. — Guillimann über die Entstehung der Schweizerfrei- 
heit 91. — Inhalt der letzten Bücher 93. — Aussicht auf Fortsetzung 
des Werkes 93. 


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221 


III. Aufnahme der Antiquitäten u. Erweiterung den Freundeskreisen ; 

ernte Annäherung an Habsburg-Oster reich ; die Apostotica. 

Übersendung der Antiquitäten an Georg Weidenstein 95. — 
Welsers Erkundigungen nach Guillimann 96. — Staal schenkt das 
Werk Rüeger 96. — Guillimann in Mailand ; Panegyriken an Al- 
brecht 97. — Albrcehts Reise nach Brüssel ; Empfang in Luzern 98. 

— Guillimann bewirbt sieh um Begünstigungen für den Salzbezug 
101. — Aufnahme der Antiquitäten in der Gelehrtenwelt 102. — In 
Freiburg; in Solothurn 103. — In der Urschweiz 104 — Guillimann 
wendet sich der Geschichte der Habsburger zu 105. — Lob und Trost 
von Rüeger 105. — Zureden der Freunde betreffend Neuauflage und 
Fortsetzung 104. — Guillimann vernichtet die Fortsetzung 108. — 
Die Apostolica : Guillimanns Brief an Techtermann 109 — Die Epi- 

•gramme von Hcroldingcn, ßeurer, Staal 110. — Beginn des Verkehrs 
mit Werdenstein 113. — Schellenberg 113 — P. Christoph Hart- 
man n 115. 

IV. Dan Werk eoni Ursprung des Hausen Habsburg und der 
Uebertritt in Oesterreichs Dienst. 

Guillimann und die Geschichte der Habsburger 117. — Hoff- 
nungen und Plane 117. — Kaiser Rudolf II. 118. — Zureden einfluß- 
reicher Hofbeamter 118. — Guillimanns Sympathien für Habsburg 
119. — Seine Forschungen 119. — Unterstützung durch Freunde 120. 

— Heise nach Ensisheim 121. — Stockung im Briefwechsel mit 
Staal 121. — Desgleichen mit P. Christoph 123 — Krankheit »einer 
Gemahlin 123. — Korrespondenz mit Rüeger 124. — Vorbereitungen 
zun) Druck der Habsburgiaca 126. — Guillimann und Schellenberg 
127. — Seine Bemühungen um die « spanische Lampe » für das 
Stift Einsiedeln 127. — Erlahmen seiner Arbeitskraft und Aufmun- 
terung von P. Christoph 128. — Rudolfs II. Interesse für Guillimann ; 
Erzherzog Maximilians Erkundigungen 129. — Bericht des Amtmanns 
von Rheinfclden 130. — Ein Neujahrsgeschenk 131. — Maximilian 
und die Antiquitates 131. — Erscheinen der Habsburgiaca; Sendung 
an den Pragerhof 132. - Guillimanns Erwartungen und Absichten 
132. — Aufnahme der Widmung von seiten des Kaisers; Anstände 
wegen Botenlohn 134. — Sendung an die Höfe zu Madrid und Brüs- 
sel 134. — Verkauf im Buchhandel 136. — Schenkung an Rüeger 
und Welser: Druckfehler 136. — An den Rat von Freiburg 137. — 
An Melchior Goldast 137. — An P. Christoph 138. — Übersiedelung 
der Familie Guillimanns nach Freiburg i. Br. 139. — Austritt aus 
Casates Dienst ; Jahrgeld vom Kaiser 139. — Abschiedsbrief an P. 
Christoph 139. — Plan einer Edition der Briefe des Enea Silvio 140. 

— Überschwängliche Hoffnungen 141. 


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999 


Vierter Abschnitt. 

Der Geschichtschreiber des Hauses Österreich. 

1005—1612. 

t. tluillimanns Lebensplan ; 

Sein Lehramt an der Vnieersität Freihnrg. 

Denkschrift an den Kaiser 142. — Beurers Tod 144. — Maxi- 
milians Absichten mit der erledigten Professur 14T>. — Provisorische 
Besetzung durch die Universität 145. — Guillimantis Stellungnahme 
145. — Seine Bewerbung 146. — Deren Erfolg 147. — Guillimann 
in Luzern 147. — Antritt seines Lehramtes 147. — Schreiben des 
Kaisers an Maximilian 147. — Guiltimanns Stellung an der Univer- • 
sllät 148. — Verhältnis zu seinen Kollegen : Beziehungen zu Windeek, 
Zimmermann, Curdinus, Lang, Pistorius 149. — Seine Unzufrieden- 
heit mit der Professur 152. — Anstände wegen des Gehalles 154. — 
Entschluß seinen) Lehramt zu entsagen 156. — Klagen und Schritte 
beim Erzherzog Maximilian 157. 

II. Guillimann a Ix Historiker ; 

Seine Forschungen über die Fürsten Oesterreichs. 

Stolze Zuversicht 159. — Seine Anschauungen über Geschichte 
und Geschichtschreibung 160. — Beziehungen zu gelehrten Zeitgenos- 
sen ; seine Ansicht über die Teilgeschichte 163. — Gründe der Ver- 
zögerung in der Herausgabe der Austriaca 165. — Bemühung um 
Hilfe 166. — Deren Erfolg 167. — Mißgeschick mit den Privilegien 
und Patenten 167. — Rudolfs II. geistiger Zustand 107. — Barvitius 
168. — Guillimann und die fürstlichen Archive 169. — Verhinderung 
seiner Reise nach Innsbruck durch die Bündnerwirren 169. — Stand 
der Arbeit im Herbst 1607 ; die Bildnisse der Fürsten 170. — Schwie- 
rigkeiten in der Auszahlung des Jahrgeldes 171. — Vertrag mit dem 
Augsburger Kupferstecher Lukas Kilian 172. 

III. Kleinere Veröffentlichungen aus den Jahren 1608 u. 1609. 

Übersetzung der Schrift von Cervera über den Tod Philipps II. 
173. — Das Werk über die Bischöfe von Straßburg 174. — Der Stamm- 
baum der Salier 175. — Die Stammtafeln zur Jülicher Erbfolge 175. 

IV. Wiederaufnahme der habsburgischcn Forschungen ; 
neue Hindernisse. 

Lukas Kilian an der Arbeit 177. — Ernennung Guitlimanns 
zum kaiserlichen und österreichischen Kat und Historiographen, Mai 


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— 223 - 

1609: Berufung nacli Innsbruck 178. — Forschungen in Innsbruck 
und Ambras 179. — Enthebung von der Professur 180, — Erhöhung 
des Jahrgeldes 180- — Maximilians Zahlungsbefehle an die Kam- 
mern 180. — Guillimanns Warten auf die versprochene Aktensen- 
dung 182. — Zurücknahme des Versprechens durch Maximilian 182. 

— Guillimanns Unmut 182. — Relation Uber den Badischen Erb- 
folgestreit 183. — Guillimanns und seiner Gattin Krankheit 187. — 
Die goldene Ratskette 187. — Die Klosterannalen von Einsiedeln 186. 

— Tod seiner Gemahlin Agnes im April 1610 186. — Trostbrief des 
Abtes Augustin 186. — Guillimanns Lob auf seine Gattin 187. 

V. Leiste Arbeiten, Hoffnungen und Enttäuschungen. 

Reformpläne fiir die Universität Freiburg 188. — Guillimanns 
Anteil 189. — Abermalige Forschungen in Innsbruck 189. — P. 
Christophs Bedenken wegen der Autorschaft seiner Annalen 189. — 
Adelsbrief und Wappenbesserung, Dez. 1610 190. — Eintreffen der 
Privilegien 191. — Empfehlungen für Dr. Ruinelia 191. — Rückkehr 
nach Freiburg ; Arbeit an den Austriaca 192. — Schreiben au Erz- 
herzog AI brecht 192. — Das Gedieht « Aliquid » 192. — Wiederver- 
mählung 193. — Vorbereitungen zum Druck der Annales Hcremitani 
194. — Pläne behufs Einrichtung einer eigenen Druckerei 194. — 
Nachfrage des Markgrafen Karl vou Burgau 197. — Maximilians 
Geldbewilligungen 197. — Unvermögen der Regierungskassen 196. — 
Stillstand in der Arbeit 196. — Ordnen und Abschreiben der auto- 
biographischen Aufzeichnungen Kaiser Maximilians I. 197. — Kor- 
respondenz Guillimanns mit Federigo Borromeo 198. — Erscheinen 
der Annales Heremitani (Frühjahr 1612) 199. — Rechtfertigung Guil- 
limanns wegen der Verzögerung der Austriaca 200. — Todesahnung ; 
Vorsorge für die Kinder 201. — Sein Hinscheid (14. Okt. 1612) 202. 

Schluß. 

Mailnahmen der Universität und Maximilians betreffend Guil- 
limanns Bücher und literarischen Nachlaß 203. — Schritte des Rates 
von Freiburg um Erhaltung seiner Schweizergeschichte 204. — Trübe 
I^rge der Hinterbliebenen 205. — Ausarbeitung der Austriaca durch 
Windeck : Maximilians und Windeck's Tod 206. — P. Christophs 
Sorge für die Waisen : Ankauf der Bibliothek für St-Gerold 207. — 
Guillimanns Bedeutung und Charakter 208. 

Übersicht über Guillimanns Schriften 211. — Handschriftliche 
Quellen 216. — Nachträge und Berichtigungen 218. 

-* — 


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« 


Bibliographie der Freiburger Litteratur 

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106 S. 8". 

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gang 1904, Basel. XVIII, 7 fl 8 S. 8° 

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— Armenpflege im • Kirchlichen Handlexikon I. Bd. S 340-344 

— Winterprogramm, — Praktische Aufgaben der staatlichen Ar- 
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XXVI. 19ii4. S. 136-142.) 

— Der praktisch-soziale Kursus in Zürich, 11.-15. April 1904. 
(Monatsschrift für christliche Sozialreform. XXVI 1904. S. 
271-275.) 

— Wirtschaftliche Misstände unter dem Landvolke. (Monats- 
schrift für christliche Sozialreform. XXVI. 1904. S. 196-204.) 

- Die Wobnnngsreform. I. Private Mittel und Wege der Woh- 
nungsreform. II Die Vorkehrungen der Gemeinde in der Wob- 
nungsreform. III. Die Tätigkeit des Staates in der Wohnungs- 
relorm. (Monatsschrift für christliche Sozialreform XXVI. 
1904. S. 253 258 ; 305-314 ; 371-376.) 

— Die Wohnungsfrage auf dem Lande. — Der Kinderschntz. I. 
(Monatsschrift für christliche Sozialreform. XXVI. 1904. S. 
504-515.) 

— Der Vereinskalender. - Der Kinderschutz. II. (Monatsschrift 
für christliche Sozialreform. XXVI. 1904. S. 581-586; 703-708.) 

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La möre de Dien, reine de l’Univers (dessin de Hans Fries). — 
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de Grimoux). — La Pfelerine (peinture de Grimoux). — L’An- 
nonciation (tableau conservd dans l’Eglise de la Tour-de-Treme). 
— La Vierge (un dötail du tableau de l'Annonciation de la 
Tour-de-Treme). (Fribourg artistique 1904.) 

— Le nouveau vitrail de Saint-Nicolas par J. Mehoffer (L’adora 
tion des Mages). (Fribourg artistique 1904.) 

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Folietöte, E. De la prötendue införioritö des nations catholiques. 
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Fragniere, L. M. le Rd Doyen Tschopp ; M. Charles Chardonnens; 
M. Xavier Schorderet; M. Francois Corpataux ; M. Louis Gri- 
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Soussens. (Nouvelles ötrennes fribourgeoises. 1904. p. 69- 73 
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— M. Jules Glasson; M. Fölicien Gillet; M. Romain Dupasquier; 

M le chanoine Horner, professeur; M. Louis de Raemy d’Agy; 
M. Martin Strebei; M. Fran^ois-Xavier Menoud; M. le doyen 
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— Ueber die Gesänge der Totenmesse (Gregorianische Rundschau. 
1904. 3. 165 -167; 181 — 183) 

— Gregor der Grosse und die gregorianische Restauration. Zum 
12. iliirz 1904. (Gregorianische Rundschau. 1904. 8 33 - 89.) 
Die Artikel « Alleluja » und « Alphabet > im • Dictionoaire 
d’archöologie chrötienne et de liturgie ■, von Cabrol, col. 1226 
und 1257. 

— Ueber die Aufgaben der Choralwissenschaft in Deut-chland 
(Cäcilia, Strassburg, Oktober 1903 ) 

— Veröffentlichungen der gregorianischen Akademie zu Freibnrg 
(Schweiz), flerausgegeben von - . I. Heft : F. Krasuski. Ueber 
den Ambitus der greorianischen Messgesange, Freiburg (Schw.) 
1903. VII. 132 S und 3 Tabellen. 8“ 


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241 


Wagner, P. Das Dreikönigspiel zu Freiburg i. d. Schweiz. (Freibur- 
ger tieschichtsblätter. X. 1903. S. 77 — 101.) 

— Origine et döveloppement du chant lituigique jusqu’ä la fin du 
moyen äge. Traduit de l'allemand par l’abbö Bour. Tournai 
1904. 338 p. 8". 

— Kyriale sive Ordinarium missae cum cantu gregoriano, quem ex 
vetustissimis codicibus manuscriptis cisalpinis collegit et ho- 
dierno usui accomodavit — . Graecii 1904. VIII, 64 p. 8". 

— Kyriale. Die gewöhnlichen Messgesänge nach unsern ältesten 
Handschriften bearbeitet und in moderne Notation umgeschrie- 
ben Graz 1904 XII. 64 S. J2*. 

Orgelbegleitung zum Kyriale. (Lesart unserer ältesten Hand- 
schriften.) Bearbeitet von — . Graz 1904 78 S. 4°. 

VValtelet, H. Zur Geschichte des Stecklikrieges (Freiburger Ge- 
schichtsblätter X. 1903. S. 53— 76.1 

Weinniann, C. Hymnarium Parisiense Das HvmnarderCistercienser- 
Abtei l’airis irn Eisass. Aus zwei Codices des 12. und 13. Jahr- 
hunderts herausgeheben und kommentiert Freiburg i d. Schw. 
Philo*. Dissertation. Regensburg 1904 VI, 73 S. 8’. 

W eiss. A. M. Apologie des Christentums. 4. Ild. Soziale Frage und 
soziale Ordnung oder Handbuch der Gesellschaftslehre. Vierte 
Auflage Freiburg i. Br. 1904 2 Teile. XVI, 1—582 und XII. 
583 1220. 8-, 

— Lebensweisheit in der Tasche 10 Auflage Freiburgi. Br. 1904 
XVIII. 504 S. 

— Die religiöse Gefahr. Freiburg i llr. 1904. XX. 522 S. 8*. 

— Die religiöse Gefahr. Zweite und dritte unveränderte Auflage. 
Freiburg i. Br. 1904 XX. 522 S. 8\ 

— Zeitfragen und Zeitphrasen. IV. Das Mittelalter als Hindernis 
für die Aussöhnung mit der modernen Kultur. (Theologisch- 
praktische Quartalschrift. LV1. 1903. S 151 -764) 

— Dogmatische Repetitorien. I. « Idem Dominus omnium * II. 

Jansenistische und katholische Lehre von der Kirche. Ul. Re- 
gula fldei. IV. Die grosse Lücke. (Theologisch-praktische 
Quartalschrift. LVII. 1904. S. 1 13; 241—252; 493 — 504; 

741—752.) 

W irz, J. Landwirtschaftliche Berufsbildung. (Freiburger Nachrichten - 
1904. Nr 25 28-29.) 

— L’enseignement agricole (Libertö. 1904. No. 45. 46) 

— Der schweizerische Bauernverband und das Bauernsekretariat. 

ifi 


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(Monatsschrift für christliche Sozialreform. XXVI. 190t S. 611. 
-617; 657 664 ) 

Wyminn, E. Pompeo Campagnano di Musso creato cittadioo friborg- 
hese. (Bolletioo storico della Svizzera italiana XXV. 1903. p. 
156-157 ) 

Zapletal, V. Le räcit de la Cräation dans la Genäse (Ch 1, 1 ä II, 3) 
expliquä d’apräs les däcouvertes les plus räcentes. Traduit 
de 1’allemand par P. Meyer- Boggio de Stadelhofen. Genäve et 
Paris 1904. XI 158 p. 8“. 

— Die Metrik des Buches Qohelet. Kreiburg (Schwtiz). 1904. 2l) 
S. 8*. 

— Der Unsterblichkeitsglanbe Qohelets. (Der Katholik. 1904. 3. 
Folge. XXX. S. 321 -327.) 

— Die vermeintlichen Irrlehren Qohelets. (Schweizerische Rund- 
schau. IV 1903-1904. S. 463 468.) 

Zemp, J. Die Kunst der Stadt Freiburg im .Mittelalter. (Freibnrger Ge- 
schichtsblätter. X. 1903. S 182 — 236.) 

— Banneret de Fribourg (Gravüre de Grägoire Sickinger). — Le 
tombeau du Christ au couvent de la Maigrange - Le Christ 
du tombeau au couvent de la Maigrange. (Fribourg artistiqne. 
19041 

Zwierzina, K. Krauenfelder Bruchstücke von Flecks Floire. (Zeit- 
schrift für deutsches Altertum. XLVD. S 161— 182.) 


FHEIBIJRGER 


GESCHICHTSBLÄTTER 


lierausgegeben 

vom deutschen geschichtsforschenden Verein 

des 


Kantons Freiburg. 


XII. Jahrgang. 





Freiburg i. Ue. 1905. 

Verlag der L'iiivctsiUlts-Bucllliandltlüg. 


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Inhaltsverzeichnis. 


A. Geschäftliches. 

Seil« 

1) Bericht über das Vereinsjahr 1904/05 

2) Kassabericht über das Geschäftsjahr 1904/05 x 

3) Mitgliederverzeichnis xi 

4) Schriftenaustausch xit 

B. Abhandlungen. 

- ITT* 

1) Josef Zimmeriuann, Peter Falk, ein Freiburger Staatsmann 

und Heerführer 1 

Exkurs Nr. 1 : 

Kritische Würdigung der Berichte über den Arsent- 

Prozeß Seite 127 

Exkurs Nr. 2 : 

Falks Verhältnis zu Frankreich .... » 132 

Exkurs Nr. 3 : 

Daguets Urteil über Falks Verhalten . . n 133 

Anhang (13 Urkunden) » 137 

Personenregister » 140 

Inhaltsverzeichnis » 150 

2) Alb. Büchi, Schießwesen und Schützenfeste in Freiburg bis 

zur Mitte des XV. Jahrhunderts 152 

3) G. Schnürer, Karl Holder 171 

4) Joh. Kälin, Ein Schreiben von P. Petrus Canisius an P. 

Joachim Müller 178 

5) Kleinere Mitteilungen 181 

0) Öffentliche Anfrage 184 


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Bericht Uber das Vereinsjahr 1904-05. 


Das Mitgliederverzeichnis weist einen Bestand von 203 
auf; der Abgang beträgt II, der Zuwachs 15, was einer 
Vermehrung von 4 Mitgliedern entspricht gegenüber dem 
letzten Berichtsjahr. Durch den Tod wurden dem Verein 
entrissen die Herren; Großrat Ulrich Böschung, ge- 
boren 1832 zu Eggelried, seit seiner Verehlichung in Übers- 
dorf niedergelassen, 1883-90 Beisitzer des Friedensgerichtes 
Schmitten. 1890-92 Friedensrichter, seit 1891 Mitglied des 
Großen Rates und seit 1898 Vereinsmitglied ; er starb am 
10. April 1905 '). Fast zu gleicher Zeit, am 6. April, schied 
Amtsrichter und Großrat Josef Wäber von Täfers aus 
dem Leben. Geboren 1858 zu Gurmeis wurde er 1875 
Friedengerichtsschreiber in Täfers, 1882 Civilstandsbeamler, 
1890 Mitglied des Gemeinderates und 1891 Mitglied und 
seit 1893 Vizepräsident des Amtsgerichtes in Täfers, seit 
1894 Mitglied unseres Vereins*). Ferner Ökonom Stoll 
in Salvenach, unserem Verein seit dessen Gründung ange- 
hörend. Endlich Professor Karl Holder, ein Mitbegrün- 
der und eines der tätigsten Mitglieder des Vereins, dessen 
an andrer Stelle ausführlicher gedacht wird. — In Folge 
Wegzugs aus dem Kanton ist aus dem Vereine ausgetreten 
Karl Favre, während die Herren Gartmann, Franz Poffet, 
Lehrer Riedo, Rainer, v. Savigny, v. Stockaiper die Nach- 
nahme nicht mehr eingelöst haben. 


') Vgl. Nr. 44/51 der Freiburger Nachrichten vom 15. April 
und 4. Mai 1905. — *) Vgl. ebenda Nr. 47 vom 22. April. 


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IV 


Im Schriftenaustausch ist dies Mal keine Änderung 
zu verzeichnen. Ein Gesuch um Anbahnung eines solchen 
mußte vorläufig zurückgestellt werden. 

Die laufenden Geschäfte fanden ihre Erledigung in zwei 
Vorstandssitzungen sowie in drei Fällen auf dem Cirkular- 
wege. Auf Grund von § 12 der revidierten Statuten wählte 
der Vorstand zum Vizepräsidenten F)r. Hans Wattelet. An 
Stelle des wegen häufiger Verhinderung an der Teilnahme 
von Sitzungen zurürklretenden Pfarrer Schaffner wurde Pfar- 
rer Schwaller von Alterswyl zum Schriftführer gewählt. 
Einem Beschlüße der Generalversammlung nachkommend 
nahm der Vorstand die Frage der Erstellung von Gemeinde- 
chroniken an die Hand und beauftragte Pfarrer Schwaller 
mit Abfassung eines Aufrufes an Geistlichkeit und Lehrer- 
schaft des Kantons. 

Die allgemeine Herbstversammlung fand statt Donners- 
tag 1. Dezember im Gasthof zum Bahnhof in Düdingen, bei 
einer Beteiligung von über 40 Mitgliedern und Gästen. 
Nach kurzer Begrüßung hielt der Präsident einen Vortrag 
über die Freiburger Deduktionen der Schilling’ sehen Chronik 
der Burgunderkriege. Es kommen 4 verschiedene Hand- 
schriften in Betracht, die sämtlich undatiert und bis jetzt 
noch wenig beachtet worden sind ; zwei davon sind im Be- 
sitz von Graf Max von Diesbach, zwei andere gehören der 
Bibliothek der Ökonomischen Gesellschaft in Freiburg. Die 
älteste Handschrift, Kopie einer wahrscheinlich noch ins 
Jahr 1477 gehörigen Handschrift, ist uns nur in einer Über- 
arbeitung vom Jahre 1645 erhalten ; die zweite dürfte aus 
dem Jahre 1478 stammen und zeichnet sich durch bildne- 
rischen Schmuck aus, der auf den bekannten Freiburger 
Künstler Hans Fries als Illustrator hinweist. Die dritte, 
etwas jüngerer Handschrift, vielleicht noch von 1480, ent- 
hält einige Zusätze, die in den älteren Handschriften fehlen, 
während die vierte eine Kopie des bekannten Notars und 
Chronisten Ludwig Steiner darstellt auf Grund einer Vor- 
lage, die zwischen 1480 83 anzusetzen ist. Als Verfasser 
der ältesten Freiburger Bearbeitung dürfte der Johanniter 




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Komthur Peter von Molsheim, ein Zunft genösse des Berners 
Diebold Schilling, mit großer Wahrscheinlichkeit in Betracht 
kommen. Wegen des Anteils des Rates an der Redaktion 
dieses Manuscriptes ist dasselbe als eine offizielle Freiburger 
Chronik der Burgunderkriege anzusehen. Einige charakte- 
ristische Proben aus den Abweichungen und Zusätzen dieser 
Handschrift ergänzten den I'/fStündigen Vortrag, der nur 
einen Bestandteil einer längeren Abhandlung bildet, die an 
andrer Stelle ') ausführlich veröffentlicht wurde. 

Darauf erstattete Herr Pfarrer Sehwaller in einem 
bündigen und volkstümlichen Referate Bericht über die Er- 
stellung von Gemeindechroniken. Als Inhalt derselben kom- 
men in Betracht Vorkommnisse aus dem Naturlauf, aus dem 
Leben der Gemeinde, kulturhistorische Merkwürdigkeiten. 
Sodann erläutert er die Wichtigkeit solcher Aufzeichnungen 
für die Zukunft als Stücke und Splitter zum großen Spiegel 
der Zeit : « Der Wert einer Chronik hängt nicht ab von der 
Größe des Umkreises, über den sie berichtet : die Chronik 
bekommt einen besonderen Wert von dem Verständnis und 
der Liebe, womit ein Chronist seine Aufgabe erfaßt und 
durchführt. Wer aufmerkt auf den Lauf der Natur, wer 
Sinn hat für Sage, Sitte und Brauch, wer die Menschen 
beobachtet in ihrer Art und Sitte und Sprache, in ihren 
Bestrebungen, Arbeiten und Erfolgen ; in ihren Freuden und 
Leiden, in ihrem Witz und Humor ; werden Ereignissen folgt, 
die tiefer ins Leben der Gemeinde eingreifen, und die in ge- 
meinsamen Festen gefeiert werden, der kann wohl um den 
Stolf seiner Chronik nicht verlegen sein. Das eine Mal schreibt 
er eine kurze Notiz, ein ander Mal schildert er ausführlich 
und mit innerer Ergriffenheit. Ein solcher Chronist, sagt der 
St.Galler Johannes Keßler, ist der Historie Leben und Seele. » 
Als Probe läßt der Vortragende sodann Aufzeichnungen von 
Pfarrer Roggo in Alterswil sowie von seinem Vater Joh. 


') Unter dem Titel : Die Chroniken und Chronisten von Frei- 
burg im Üehtland, Jahrbuch für Schweizergesehichte, Bd. XXX und 
auch als Sonderabdruck im Buchhandel, Freiburg 1905. 


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VI 


Jakob Schwaller von St. Antoni folgen ‘). In der sich an- 
schließenden Diskussion wünscht Professor Kirsch Ausschei- 
dung von eigentlichen Überresten und chronistischen Bei- 
trägen, Sammlung der alten kulturhistorischen Überreste 
in Volksgebräuchen, Lokalnamen, Inschriften und dergleichen. 
Ferner stellte es sich heraus, daß schon mehrere Geschichts- 
freunde derartige Aufzeichnungen angelegt oder wenigstens 
begonnen haben wie die Herren Max v. Diesbach. Oberamt- 
mann Passer, Kantonsrichter R. de Weck, Gonzague Reynold, 
Emil Zurkinden, der seine Sammlung dem Vereine zur Ver- 
fügung stellt. Mit der weiteren Verfolgung und praktischen 
Durchführung der gemachten Anregungen wird der Vor- 
stand beauftragt. 

Endlich werden noch folgende 8 neue Mitglieder auf- 
genommen : die Herren Otto Gschwend, Franz Leitschuh, 
P. C. Greller. Paul Zeberli, Jos. Vogelsang, Paul Rody, 
Karl Meyer und Spielhofer. 

Donnerstag 1. Juni wurde die allgemeine Frühjahrs- 
versammlung in Fla matt abgehalten bei einer Beteiligung 
von etwa 50 Mitgliedern und Gästen von Nah und Fern. 
In seiner Begrüßung gedachte der Präsident in pietätvoller 
Weise des allzu früh verstorbenen Professors und Bibliothe- 
kars Dr. Karl Holder, der durch mehrere Vorträge und zahl- 
reiche Aufsätze in den Geschichtsblättern sich um den Verein 
ganz besonders verdient gemacht hat, so daß wir ihm stets 
ein dankbares Andenken bewahren werden. Zu seiner Ehrung 
erhob sich die Versammlung von den Sitzen. 

Alsdann erhielt Herr Prof. Schläpfer das Wort zu 
seinem Vortrag über Topographische Veränderung der Stadt 
Freiburg in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, unter- 
stützt und erläutert durch eine Anzahl anschaulicher topo- 
graphischer Planskizzen. Der Vortragende zeichnete den 
Lauf des ehemaligen Stadtgrabens, der das Burgquartier vom 
Spitalviertel trennte ; die Reichengaße schneidend zweigte 


') S. den wörtlichen Abdruck des Vortrages in Freiburger Nach 
richten 190-1, Nr. 145—47 vorn 10.— 15. Dezember. 


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VII 




sich ein Seitengraben gegen das Alt’sche Haus davon ab, 
um sich ebenfalls in die Saane zu ergießen. Der Ausgang 
des Burgrings gegen Reichengasse und Besengäßlein war 
durch einen Torturm befestigt, der samt der anschließenden 
alten Festungsmauer im Jahre 1463 u. If. geschleift wurde. 
Seine Überreste dienten zur Ausfüllung des Grabens und 
zur Errichtung von zwei Stützmauern gegen den Graben- 
saal und unterhalb des jetzigen Rathauses. Zur Erinnerung 
an die Grabenausfüllung dürfte um 1467 die heutige Linde 
gepflanzt worden sein. Die Anhaltspunkte für all’ diese 
sorgfältigen und gut dokumentierten Aufstellungen ergaben 
sich aus den ausführlichen Angaben der Seckelmeisterrech- 
nungen des Staatsarchives. Die nachfolgende Diskussion, die 
von den Herren Hauptmann, Kirsch und dem Vorsitzenden 
benützt wurde, äußerte sich entweder zustimmend zu den 
Äußerungen des Referenten oder brachte noch kleinere Er- 
gänzungen dazu. 

Zum Schlüsse las Hr. Emil Zurkinden noch eine Anzahl 
von ihm gesammelter Hausinschriften aus dem Sensebezirke 
der Versammlung vor. Dieselben, meist religiösen, manch- 
mal auch humoristischen Inhaltes, stammen aus neurer und 
neuester Zeit; doch fehlt es nicht an solchen, die ins 17. 
Jahrhundert zurückreichen. Oft ungelenk und holperig ver- 
raten sie in der Regel den frommen Sinn des Erbauers, 
der sein Haus dem Schutze Gottes und seiner Heiligen be- 
fiehlt, oft aber auch einen derben Volkswitz und schalk- 
haften Humor, der nicht der Originalität entbehrt. Während 
sie uns neben dem Eigentümer häufig auch den Baumeister 
nennen, bleibt der Name des Dichters stets verschwiegen. 
Die Inschriften sind sämtlich und im Wortlaut publizirt 
worden ‘). Herr Zurkinden, der seine Sammlung noch fort 
zusetzen beabsichtigt, verdient den Dank des Vereins für 
seine uneigennützigen mit persönlichen Opfern verbundenen 
Bemühungen. Möge man ihm darum allerorts freundlich 
entgegenkommen, statt, wie es auch schon geschehen, ihm 

') Freiburger Nachrichten 1964, Nr. 70—74. 


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vm 

Schwierigkeiten zu bereiten ! Als Ergänzung hiezu trug 
auch Herr Max v. Diesbach einige von ihm gesammelte In- 
schriften vor, die ebenfalls gelegentlich veröffentlicht werden. 
Die Diskussion wurde benutzt von den Herren Prof. Beck 
und P. Ignaz Hess aus Engelberg, die beide auf die kul- 
turhistorische Bedeutung der vielfach wenig beachteten oder 
verkannten Hauszeichen aufmerksam machten. 

Zum Schlüsse erfolgte die Aufnahme von 7 neuen Mit- 
gliedern : den Herren Hüegg, F. Willi, Vonlanthen, L. Potfet, 
Jos. Bertschi, Jos. Pauchard und Fr. Böschung. 

Auf Wunsch der Generalversammlung in Düdingen 
veranstaltete der Vorstand ein Abendessen für die Vereins- 
mitglieder im Gasthof zu den Alpen in Düdingen am Mitt- 
woch 25. Januar, um der Gemütlichkeit, die bei den Ver- 
sammlungen zu kurz kommt, zu ihrem Rechte zu verhelfen. 
Allein trotz der vorzüglichen Eisenbahnverbindung, unge- 
achtet des gewählten Menüs und billigen Preises, blieb der 
Besuch weit hinter den Erwartungen zurück. Doch ließen 
sich die Teilnehmer deswegen nicht verdrießen ; es herrschte 
eine ungezwungene Fröhlichkeit, die durch Reden und musi- 
kalische Produktionen noch gehoben wurde. Nur die Fahr- 
gelegenheit verhinderte, daß sich die Feier nicht über die 
mitternächtige Stunde hinaus erstreckte. 

Auf unsere Eingabe vom 20. August 1904 um Erhö- 
hung des Staatsbeitrages an unsern Verein antwortete der 
Staatsrat am 2. Mai 1905, indem er mit Rücksicht auf die 
von uns geltend gemachten Gründe den Beitrag in Zukunft 
auf 300 Fr. festsetzte. Im Namen des Vereins sprach der 
Präsident der Behörde für ihr freundliches Entgegenkommen 
den lebhaftesten Dank aus. 

Endlich ist uns noch ein köstliches Geschenk von einem 
fernen Gönner zugekommen, der unseres wärmsten Dankes 
dafür versichert sein kann. Herr August Ammann zur See- 
burg bei Kreuzlingen hat unserin Verein ein Exemplar der 
Geschichte der Familie Ammann von Zürich, bezeichnet mit 
der Nr. 159 und begleitet von einer Mappe dazugehörender 
historischer und anderer Kunstbeilagen und Namentafeln 


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IX 


freundlichst gewidmet. Diese Familiengeschichte ist ein 
Prachtwerk in vornehmster Ausstattung, dessen Inhalt viel 
reicher ist, als der Titel ahnen läßt. Da dasselbe nicht fin- 
den Buchhandel bestimmt ist, so ist der Verein dem hoch- 
herzigen Schenker um so mehr verpflichtet. 

Für die Leser der Geschichtsblätter diene noch die 
Notiz, daß die Bibliographie in diesem Jahre leider weg- 
bleiben muß, dafür aber im nächsten Jahrgang nachgeholt 
werden wird. 

Freiburg, im November 1905. 

Der Präsident : 

Dr. A. BÜCHI. 


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Kassabericht 

des deutschen geschichtsforsch. Vereins des Kts. Freiburg pro 1905 


A. Einnahmen. 

'/» Erlös aus dem Verkauf der Festschrift abzügl. 

Porto Kr. 3.55 

Reitrag der Stadt Murten pro 1905 .... » 20.— 

Staatsbeitrag pro 1905 . . »150.— 

201 Mitgliederbeiträge abzügl. Porto u. Spesen » 587.70 
Beitrag des deutsch. Männervereins Freiburg . » 10. — 

Erlös aus dem Verkauf von Geschichlsblältern » 21.75 

Vorschuß des Präsidenten an die Kasse. . . » 48. J5 

Total der Einnahmen Fr. 84 1.15 

B. Ausgaben. 

Passivsaldo des letztjährigen Erzeigs . . . . Fr. 2.67 

Portovergütung an den Präsidenten .... » 20. — 

Druckkosten von Geschichtsblättern Jahrg. XI , » 767. — 

Entschädigung für Bibliographie » 10.— 

Für Brochieren etc » 53. — 

Total der Ausgaben Fr. 852.67 

C. Bilanz. 

A. Tolaleinnahmen Fr. 841.15 

B. Totalausgaben » 852.67 

Mehrausgaben Fr. 11.52 

n) Vorschuß des Präsidenten . . 48.15 

b) Defizit pro 1905 11.52 

Total der Passiven . Fr. 59.67 

Täfers, den 30. Nov. 1905. 

J. Bäriswyl, Kassier. 


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Verzeichnis der Mitglieder 

des deutschen geschichtsforschenden Vereins des Kantons Freiburg. 

Dezember 190ö. 


Vorstand : 

Büchi, Dr. Albert, Professor, Freiburg, Präsident. 
Wattelet, Dr. Hans, Advokat, Murten, Vizepräsident. 
Schwaller, Viktor, Pfarrer, Alterswil, Schriftführer. 
Bäriswyl, J., Staatseinnehmer, Täfers. Kassier. 
Schaffner, Sal., Pfarrer, Kerzers. 

Ehrenmitglied : 

Schneuwly, J., Staatsarchivar, Freiburg. 

Mitglieder : 

Aeby, Johann. Substitut, Täfers. 

— Johann, Pfarrer, Plasselb. 

— Lehrer, St. Antoni. 

Affoltor, Ökonom, Conradshaus bei Heitenried. 
Albrecht, Anton, Buchbinderineister. Freiburg. 
Andrev, Am., Großrat, Täfers. 

Auderset, Albert, Advokat, Freiburg. 

Baldegger, Jak , Dr. phil., Einsiedelu. 

Balmer, Melchior, Angestellter, Täfers. 

Baumhauer, Dr. Heinr., Prof., Freiburg. 

Beck, Dr. J., Prof., Freiburg. 

Beeli, Franz, Oberamtsschreiber, Murten. 

Benninger, J., Amtsrichter, Salvenach. 

Bertschi, Tierarzt, Düdingen. 

Bertschl, Jos., Gastwirt, Düdingen. 

Betschen, Adolf, Mehlhändler, Freiburg. 

Bichsei, Tierarzt, Courtepi». 

Birhaum, Jos., Oberrichter, Freiburg. 

Blancpain, Achilles, Bierbrauer, Freiburg. 

Blanchard, Philipp, Freiburg. 

— Theod., Betreibungsamter, Täfers. 


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XII 


Blumenstein, Emil, Pfarrer, Murt-'ti 
Böschung, Franz, Gemeindeammann, Übcrstorf. 

Biiigger. Peter, Möbelsohreiner, Frei bürg. 

Brülhart, Fridol., Pfarrer, Font. 

— Job., Gefängnisdirektor, Freiburg. 

— Peter, Posthalter, Täfers 
Buehs, Gemeinderal, Montilier. 

— Paul, Großrat, Jaun. 

Buomberger, Dr. F., Redaktor, St. Gallen. 

Cornuz, Gustav, alt Stadtammann, Murten. 

Daniels, Dr. Franz, Professor, Freiburg. 

Derungs, Joh., Professor, Coli. St. Michael, Freiburg. 
Desfossez, J., Pfarrer, Jaun. 
v. Diesbach. Max. Bibliothekar, Übewyl. 

Dinichert, Constanlin Nationalrat, Montilier. 

Dossenbach, J., Schuhhandlung, Freiburg. 

Ducrest, H., Prof , Colleg St. Michael. Freiburg. 
Eilinann. Willi., Prof., Bonn-Kessenich, Burgstraße 188. 
Egger, Ch., Lehrer, Guschelmut. 
v. Eggis, Adolf, ßanquier, Freiburg. 

Erlebach, Schlosser, Freiburg. 

Fasel. Ludwig, Gerichtsschreiber, Täfers. 

— Peter, Lehrer, Diidingen. 

— Wilhelm, St. Antoni. 

— Wirt, Bftsingen. 

Felder, Dr. P., Hilarin, O. C., Freiburg. 

Fleekner. Karl. Glasmaler, Freiburg. 

Fleury, P. Bernhard, O. Fr., Freiburg. 

Förster, Christian, Lehrer, Beunewy! bei Alterswyl. 

— Rob., Handelsmann, Heitenried. 

Fragniere. Gebrüder, Buchdruckerei, Freiburg. 

— Dr. Jos. Prof., Priesterseminar, Freiburg. 

Friolet, Dr. Max, Advokat, Freiburg. 

Freiburg. Kath. deutscher Männerverein der Stadt. 
Gabriel, Paul, Kürschner, Freiburg. 

Genoud, Leo, Großrat, Freiburg. 

Gottlob, Dr. Ad., Prof., Bonn, Buschstraße .V». 

Greber, Peter Canisius. Inspektor, Freiburg. 

Grimme, Dr. Hubeit, Prof., Freihurg. 

Gscbwend, Dr. Fridolin, Redaktor, Freiburg. 

— Otto, Buchhändler, Freiburg. 

Gutknecht, H., Redaktor, Murten. 

Haas. Paul, Musikdirektor, Freiburg. 

Hafner, Hugo. Advokat, Murten. < 


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Hftimoz, P, Franz, O. Fr., Freiburg. 

Handrick, Franz, Hilfsbibliothekar, Freiburg. 

Hauptmann, Dr. F. Prof., Berlin S. W. Prinz Albrechtstraßc 
Hayoz. P. Leo, O. Fr. Freiburg. 

Heinemann, Dr. Franz, Bibliothekar. Luzern. 

Helfer. Oberlehrer. Freiburg. 

Henzen. Jos., Artzt, Täfer«. 

Hess, Dr. J. Jak., Prof., Freiburg. 

Hofmann, Heinrich. Lehrer, Heitenried. 

Horner, Alphons, Tiitzenberg, Schmitten. 

Hurni, Albert, Lehrer, in Berg bei Schmitten. 

Jenny, Jakob, Gemeindeschreiber, St. Antoni. 

Jungo, Wirt, Schmitten. 

— Jos., Notar, Freiburg. 

Kälin, Dr. Joh., Redaktor, Solothurn. 

Kapper, P. Alb , O. Fr. Freiburg. 

Kaeser, Arnold, Kaufmann, Freiburg. 

Kerzers, Volksbibliothek von (Regionallehrcr Sarbach). 

Kilian, P. Lucas. O. Fr , Superior Reisbach a. Vils., Baiern. 
Kirsch, Mgr., Dr. Peter, Professor, Freiburg. 

— Vincenz, Glasmaler, Freiburg. 

Klaus, Johann, Pfarrer, Überstorf. 

Köhler, S., Apotheker, Freiburg. 

Kostanecki, Dr. Anton, Professor, Freiburg. 

Kruker, Mgr. Regens, Freiburg. 

Kuhn, P. Cyrill, O. Fr., Freiburg. 

Lampert, Dr. Ulr., Professor, Freiburg. 

Lapp, K., Droguerie, Freiburg. 

Leicht, Fritz, Großrat, Salvenach. 

Leitschuh, Dr. Franz, Professor, Dildingen. 

Lerch, Dr. Matthias, Professor, Freiburg. 

Liebig, P. Paul, O. Fr., Freiburg. 

Liechti, Hermann, Großrat, Murten. 

Lombriser, Joseph, Professor, Freiburg. 

Lutz, Adolf, Großrat, Greng bei Murten. 

Lüthi, Emanuel, Gymnasiallehrer, Bern. 

Manser, Dr. Gail, Professor, Albertinum, Freiburg. 

Mazzoni, P., Pfarrer, Täfers. 

Meny, Louis, Vikar, Täfers. 

Meyer, Karl, Notar, Düdingen. 

— -Brender, Bürstenhandlung, Freiburg. 

Merz, R., Schulinspektor, Merlach. 

Michel, P. Leo, Prof., Albertinum, Freiburg. 

Moser, Othmar, Sekundarlenrer, Freiburg. 



XIV 


v. Mülinen, Dr. W. Fr. Professor, Bern, Schwarztorstraße. 
Müller, P. Verwalter, Löwenberg bei Murten. 

— Reinhard, Lehrer, Freiburg. 

Murten, Gemeinderat von. 

Nicolet, Peter, Betreibungsbeamter, Murten. 

Nonnast, Julius, Regionaliehrer, Düdingen. 

Nösberger, Joh., Pfarrer, Schmitten. 

Nussbaumer, C-, Kleiderhandlung, Freiburg. 

Offner, Felix, Sekretär, Düdingen. 

Oser, Dr. Hugo, Prof. Freiburg. 

Passer, J., Oberamtmann, Täfers. 

Pauchard, Jos., Vikar Dreifaltigkeitskirche Bern. 

Porroulaz, R., Pfarrer, Düdingen. 

Pfänner, Dionys, Uhrenmacher, Freiburg. 

— Karl, Wirt, Freiburg. 

Pfyffer, Goldschmied, Freiburg. 

Philippona, Pius, Publizist, Bern. 

Piller. Peter, Gemeindekassier, Gomma, Rechthalten. 

— Theodor, Spengler, Seeli, Alterswll. 

Poffet, Lucian, Gerichtschreiber, Täfers. 

— Jos., Oberamtsschreiber, Täfers. 

Rappo, Johann, Großrat, Bösingen. 

— Joseph, Regionallehrer, Alterswil. 

Räuber, Lehrer, in Düdingen. 

Rechsteiner, Albert, Dr. jur., Herisau. 

Reichlen, Franz, Freiburg. 

Reiclilin, Leonz, prakt. Arzt, Düdingen 
Reinhardt, Heinrich, Prof., Freiburg. 

Remy. Leo, Privatier, Bulle. 

Riedo, Joseph, Organist, Täfers. 

Roche, Paul de, Lehrer, St. Antoni. 

Rody, Albert, Buchbinder, Freiburg. 

— Paul, Pfarrer, Bösingen. 

Ruegg, Ferd., stud. phil., Freiburg. 

Ruffieux, Pfarrer, Plaffeyeu. 

Ruprecht, Ökonom, Fillistorf. 

Rytz, J. t Lehrer, Frei bürg. 

v. Schaller, Romain, Prof., Fribourg. 

Schenker, Emil, Schuhhandlung, Freiburg. 

Schläpfer, Konrad. Prof., Frei bürg 
Schmid, Eisenhändler, Freiburg. 

Schmutz, Gemeindeschreiber, Überstorf. 

Schnürer, Dr. Gustav, Prof., Freiburg. 

Schwaller, Martin, Kaufmann, St. Antoni. 


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Schwarz, Pfarrer, Freiburg. 

Schwenter-Trachsler, Dr. nied., J., Bern, Marktgasse 32. 
Siflert, Emil. !ic. jur., Notar, Freiburg. 

Solothurn, Kantonsbibliothek von. 

Sourlier, Stationsvorstand, Düdingen. 

Spät, J. G., Civilstandsbeamter, Freiburg. 

Speiser, Dr. Fr., Professor, Freiburg. 

Spicher, Franz, Gerichtspräsident, Freiburg. 

Spielhofer, Lehrer, Kerzers. 

Stadeimann, Dr. Joh., Professor, Luzern. 

Steffens, Dr. F., Professor, Freiburg. 

Stritt, Jos.. Pfarrer, Heitenried. 

Süßtrunk, Jak., Sekundarlehrer, Murten, 
v. Teehtermann, Max, Museumsdirektor. 

Tschachtli, Alfred, Gerichtspräsident, Murten. 

Vacheron, Max, Kantonsrichter, Freiburg. 

Vaucher, Jos., Wirt, Alterswyl. 

Vogel, Fr., Banquier. Freiburg. 

Vögeli, Christian, Schönfels, Heitenried. 

Vogelsang, Jos. Seeli, Alterswii. 

Vogt, Ed., Musikdirektor, Freiburg. 

Vonlanlhen, B., Hypothekarverwalter, Täfers. 

— Stationsvorstand, Düdingen. 

— Jos., Sigrist, Heitenried. 

Wäber, Daniel, Wirt, Täfers. 

— Moritz, Professor, Freiburg. 

Wagner, Dr. Peter, Professor, Frei bürg. 

Wasmer, E., Eisenhändler, Freiburg. 

Wattelet, Gustav, Murten, 

Weber, Humbert, Dekan, St. Antoni. 
v. Weck, Paul, Dr. med., Freiburg. 

Wegmüller, Armin, Apotheker, Murten. 

Weitzel, Alfred, Reg. Sekretär, Freiburg. 

Wenger, Pfarrer, St. Antoni. 

Wille, Flitz, Direktor, Düdingen. 

Woblhauser, Franz, Advokat, Freiburg. 

Zapletal, P., Vinc., Professor, Albertinum, Freiburg. 
Zemp, Dr. Jos., Professor, Zürich, Dufourstraße 5. 
Ziberii, P., Professor, Lausannengaße, Freiburg. 

Zosso, Alois, Heitenried. 

— Joh. Jos., Heitenried. 

Zurkinden, E., Schlossermeister, Lenda, Freiburg. 

— Johann, Großrat, Düdingen. 

Zwierzina, Dr. Konrad, Professor, Freiburg. 



Vereine und Institute, 

mit denen wir in Schriftenaustausch stehen, Dezember 1905. 


1. In der Schweiz. 

1. Aarau: HistorischeGesellschaftdes Kantons Aargau. Zeitschrift : 

Argovia. Präsident J. Hunziker, Professor, Aarau. 

2. Bastei: Historische und antiquarische Gesellschaft. Zeitschrift: 

Beiträge. Präsident Chr. Bernouilli, Oberbiblioth. Basel. 

3. — Schweizerische Gesellschaft für Volkskunde, Zeitschrift ; Archiv 

für Volkskunde. Adresse: Prof. Dr. E. Hoffman n-Krayer, Hirz- 
bodenweg Basel. 

4. Bellinzona : Bolletino storico della Svizzera Italiana. Redaktor : 

Emilin Motta. Bibliotecario della Trivulziana in Mailand. 

5. Bern : Historischer Verein des Kantons Bern. Zeitschrift : Archiv. 

Adresse : Stadtbibliothek in Bern. 

ti. — Allg. Geschichtsforschende Gesellschaft der Schweiz: Jahrbuch. 
Anzeiger und Quellen. Adresse: Stadtbibliothek Bern. 

7. Briff : GeschichtsforschenderVerein von Oberwallis. Zeitschrift: 

Blätter aus derWallisergeschichte. Präsid'eutProf. Dionys Imesch. 
Brig. 

8. Chur: Historisch-antiquarische Gesellschaft von Graubünden. 

Zeitschrift: Jahresbericht. Präsident: PI. Plattner, Reg. -Rat, 
Chur. 

9. Krauen feld : Historischer Verein des Kantons Thurgau. Zeit- 

schrift: Thurgauischc Beiträge zur vaterl. Geschichte. Präsident 
Dr. Joh. Meyer, Krauenfeld. 

10. St. («allen Historischer Verein in St. Gallen. Zeitschrift : Mit- 

teilungen zur vaterländischen Geschichte und Neujahrsblätter. 
Präsident Dr. Hermann Wartmann, St. Gallen. 

11. Genf : Soctetä d'histoire et d'archeologie de Gondve. Zeitschrift : 

Bulletin und Mömoires etdocuments. Adresse : 1, rue de l’Evtehö, 
ä GenÄve. 

12. Glarus: Historischer Verein des Kantons Glarus. Zeitschrift: 

Jahrbuch. Präsident Dr. Dinner, Glarus. 


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XVII 


13. l.iuisann«* : Sociöte d’histoire de l;i Suisse romande. Zeitschrift : 

Mihnoircs et Documenta. Präsident B. van Muyden, Lausanne. 

14. Luxem : Historischer Verein der fünf Orte Luzern. Uli, Schwiz, 

Unterwalden und Zug. Zeitschrift: Der Geschichtsfreund, Prä- 
sident Dr. J. L. Brandstetter. Luzern. 

15. Neuenburjg s Soci6t4 Neuchäteloise de Göographie. Zeitschrift: 

Bulletin. Bibliothekar C. Knapp, prof.. Neuenburg. 

16. HehalTliHtisen : Historisch-antiquarischer Verein des Kantons 

Schafihausen. Zeitschrift: Beiträge zur vaterl. Geschichte. Prä- 
sident Pfarrer Bächtold, Schallhausen. 

17. Schwitz: Historischer Verein. Zeitschrift: Mitteilungen. Präsi- 

dent Kanzleidirektor J. B. Kälin, Schwiz. 

18. Solothurn : Historischer Verein des Kantons Solothurn. Zeit- 

schrift: Urkundio. 

19. Trogen : Appenzellische gemeinnützige Gesellschaft. Zeitschrift: 

Appenzellische Jahrbücher. Adresse: Appenzellische Kantons- 
bibliothek Trogen. 

20. Winterthur: Stadtbibliothek. Zeitschrift: Neujahrsblätter. 

21. Zürich: Sladtbibliolhek. Zeitschrift: Neujahrsblatt. 

22. — Antiquarische Gesellschaft. Zeitschrift : Mitteilungen. Adresse: 

Stadlbibliothek Zürich. 

23. — Schweizerisches Landesmuseum. Zeitschrift: Anzeiger für 

schweizerische Allertu mskupde. 

2. im Ausland. 

1. Aachen : Aachener Geschichtsverein. Zeitschrift des, herausge- 

geben von Dr. Emil Fromm. Adresse: Cremersche Buchhand- 
lung. Kleinmarsehierstraße 3. Aachen. 

2. Augsburg- : Historischer Verein für Schwaben und Neuburg. 

Zeitschrift des etc. Adresse : Ausschuß des historischen Vereins 
für Schwaben und Neuburg in Augsburg. 

3. ILtrmslurit : Historischer Verein für das Großherzogtum Hessen. 

Zeitschrift : Archiv für Hessische Geschichte und Quartal blätter. 
Adresse: Direktion der Großherzogi. Hofbibliothek Darmstadt, 
Residenzschloß. 

4. Dillingi-n : Historischer Verein Dillingen a. Donau. Zeitschrift: 

Jahrbuch. 1, Vorsitzender: Dr. Th. Specht, Dillingen. 

5. Itonou<-s<-hing<-n : Verein für Geschichte und Naturgeschichte 

der Baar. Zeitschrift: Schriften des Vereins für etc. Adresse: 
Dr. Tumbült. Donaueschingen, Vorstand der histor. Abteilung. 

6. Donauivürth : Historischer Verein für Donauvvörth und Um- 

gebung. Zeitschrift: Mitteilungen: Adresse: J. Traber, Biblio- 
thekar am Cassianeum, Donauwörth, 1. Schriftführer. 

** 


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XVIII 


7. KsNon : Historischer Verein für Stadt und Stift Hessen. Zeit- 

schrift: Beiträge. Vorsitzender Dr. K. Ribbeek. Essen. 

8. Frankfurt a. M. : Verein für Geschichte und Altertumskunde 

zu Frankfurt a. M. Zeitschrift: Archiv für Frankfurts Ge- 
schichte und Kunst. Adresse : Stadtarchiv I. Frankfurt a. M. 
Weckmarkt 8. 

9. Freiburg' i. Br. : Gesellschaft für Beförderung der Geschichts- 

Altertums- und Völkerkunde (Historischer Verein). Zeitschrift 
der Gesellschaft etc. 

10. — Kirchengeschichtlicher Verein für das Erzbistum Freiburg. 

Zeitschrift: Freiburger Diözesan-Archiv. Freiburg i./Br. Lud- 
wigs trat!« 35. Ad resse : Schriftleitung des Kirchengeschichtl. 
Vereins Dr. Julius Mayer. 

11. Friedrirbahafen : Verein für Geschichte des Bodensees und 

seiner Umgebung. Zeitschrift: Schriften des Vereins etc. Adresse: 
Bodensee-Verein, Friedrichshafen am Bodensee. 

12. Giessen : Oberhessischer Geschichtsverein. Zeitschrift: Mittei- 

lungen. Präsident Dr. Haupt, Oberbibliothekar, GieOen. 

18. Gniz : Historischer Verein für Steiermark. Zeitschrift : Steie- 
rische Zeitschrift für Geschichte. Vorsitzender Prof. Dr. von 
Zwiedineck. 

14. Halle a. d. S. : Thüringisch-Sächsischer Gesell ich ts- und Alter- 

tumsverein. Zeitschrift : Neue Mitteilungen aus dem Gebiet his- 
torisch-antiquarischer Forschung. Vorsitzender Prof. Dr. G. 
Herzberg in Halle a. S. 

15. Heidelberg': Historischer- philosophischer Verein. Zeitschrift: 

Neue Heidelberger Jahrbücher. Adresse: Grodherzogl. badische 
U n i versi tätsbi bliothek . 

16. Jena : Verein für Thüringische Geschichte und Altertumskunde, 

Zeitschrift des Vereins etc. Adresse: Universitätsbibliothek. 

17. Innsbruck : Zeitschrift des Ferdinandeums für Tirol und Vor- 

arlberg, Bibliothekar Dr. J. Egger, Gym.-Prof., Innsbruck. 

18. Karlsruhe : Badische historische Kommission. Zeitschrift für 

Geschichte des Oberrheins Adresse: Grodherzogl. Generallandes- 
archiv in Karlsruhe. 

19. Meiasen : Verein für die Geschichte der Stadt Meissen. Zeit- 

schrift : Mitteilungen des Vereins etc. Vorsitzender Dr. Markus, 
Realschule Meissen, Sachsen. 

20. Mülhausen : Historisches Museum. Zeitschrift: Jahresheft 

Präsident Mathias Mieg. 

21. Nürnberg;: Germanisches N’ationalmuseum. Zeitschrift: Anzei- 

ger des Germanischen Nationalmuseums. I. Direktor G. v. Bezold. 

22. — Verein für die Geschichte der Stadt Nürnberg. Zeitschrift: 

Mitteilungen des Ver. etc. 1. Vorstand : Freiherr vou Kress. 


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XIX 


3M. KaveiiHburgf : Diözesanarehiv von Schwaben, provinzial- und 
kunsthistorische Zeitschrift, herausgegeben von Amtsrichter a. 
D. Beek. 

34. Kegensbiii'g : Histor. Verein für Oherpfalz und Regensburg. 

Zeitschrift des hist. Ver. etc. Vorstand Dr. C. Will, Regensburg. 

35. S«-h\vt*rin : Verein für Nleklen burgische Geschichte und Alter- 

tumskunde. Zeitschrift : Jahrbuch. 

36. Speier ; Histor. Verein der Pfalz. Zeitschrift: Mitteilungen. 

Conservator Dr. L. Grünenwalder, Kgl. Gymnasiallehrer. 

37. Stockholm : Kong. Vitterhets Historie och Antiquitets Akade- 

mien (König!. Akademie der Geschichte und Altertumskunde). 
Zeitschrift: Publikationen. 

38. Strnstsburf^ : Historisch-litterarischer Zweigverein des Vogesen- 

Clubs. Zeitschrift: Jahrbuch für Geschichte, Sprache und 
Litteratur ElsalJ-Lothringens. Adresse : Kais. -Universität«- und 
Landesbibliothek. 

39. Stuttgart : Königliche öffentliche Bibliothek. Publikation : 

Würtembergisehes Urkundenbuch, herausgegeben von der kgl. 
Direktion des Haus- und Staatsarchive.«. Vorstand der Bibliothek : 
Prof. Dr. Steiff. 

:K). Tübingen : Königliche Universitätsbibliothek. Universitätspu- 
blikationen. Bibliothekar Dr. F. Thomae. 

Ml. I’lm ; Verein für Kunst und Altertum in Ulm und Ober- 
schwaben. Zeitschrift: Mitteilungen. Bibliothekar C. F. Müller, 
Stadtbibliothekar. 

32. Vaduz: Historischer Verein für das Fürstentum Liechtenstein. 
Zeitschrift: Jahrbuch. 

MM. Werden : Historischer Verein für das Gebiet des ehemaligen 
Stiftes Werden. Zeitschrift: Beiträge. Vorsitzender Dr. P. Jakobs. 


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Peter Falk 

Ein Freiburger Staatsmann und Heerführer 

von 

Jos. Zimmermann. 

Einleitung. 

Im Jahre 1448 war das Bundesverhältnis zwischen 
Bern und Freiburg zerrissen worden. Das Zusammengehen 
von Bern mit Savoyen brachte sodann i. J. 1452 Freiburg 
unter savoyische Herrschaft. Bern strebte nun darnach, 
Freiburg untertänig zu machen oder es gemeinschaftlich 
mit Savoyen zu regieren. Beim gelangte aber nicht zu 
seinem Ziele, darum änderte es seine Politik gegenüber 
Freiburg, um sich wenigstens Freiburgs Freundschaft zu 
sichern, wenn es nicht gelang, es zu beherrschen. Der Zu- 
sammenhang zwischen Freiburg und Savoyen war immer- 
hin locker und äußerlich. Freiburg, nicht unempfänglich 
für die Liebeswerbung Berns, begann nun allmählich, an 
Bern und durch Bern sich an die Eidgenossenschaft anzu- 
lehnen. So schlossen die beiden Städte schon im Jahre 
1453 ein ewiges Bündnis, wobei man sich gegenseitig zur 
llülfeleistung verpflichtete ; indirekt wurde schon damals 
Freiburg zum Verbündeten der Eidgenossenschaft. An der 
Seite Berns und der Eidgenossen treffen wir die Freiburger 
bei der Eroberung des Thurgaus, bei den Zügen ins Sund- 
gau und bei der Belagerung von Waldshut, trotzdem Öster- 
reich damals noch nicht auf seine llerrschaftsrechte über 
Freiburg verzichtet hatte. Dann beginnen die Freiburger 
ebenfalls durch Vermittlung Berns, an den Beratungen der 
Eidgenossenschaft teilzunehmen, anfänglich spärlich, dann, 
seit dem Jahre 14t>2, immer häufiger. Savoyen mochte mit 


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2 


Mißvergnügen auf diese Entwicklung der Dinge hinsehen 
und auf seine oberhoheitlichen Rechte sich berufen ; Freiburg 
und Bern kehrten sich nicht daran. Lässige Soldzahlungen 
Savoyens an Freiburg führten sogar beinahe zu einem Kriege 
zwischen Freiburg und Savoyen ; Bern versprach den Frei- 
burgern seine Unterstützung. Der Herzog von Savoyen 
mußte nachgeben. Herzog Amadeus IX. besuchte sodann 
im Jahre 1460 die Städte Freiburg und Bern, um sie enger 
an sich zu fesseln. Es wurde ihm gehuldigt und er in 
aller Form anerkannt Aber im Übrigen hielt man sich 
nicht an Savoyen gebunden. Im Jahre 1407 wurde das 
Burgrecht zwischen Bern und Freiburg erneuert. Freiburg, 
beseelt vom Bestreben nach Freiheit und Unabhängigkeit, 
wurde durch das freundschaftliche Entgegenkommen Berns 
immer mehr in die Interessenkreise dieser Stadt und der 
Eidgenossen hineingezogen, während die Bande, die es mit 
Savoyen verknüpften, sich immer mehr lockerten. Im näm- 
lichen Jahre (1467) schlossen die drei Städte Bern, Frei- 
burg und Solothurn mit dem Herzog von Burgund ein Bünd- 
nis zur Sicherung von Handel und Verkehr. In dieser po- 
litisch hochwichtigen /eit wurde in Freiburg ein Mann ge- 
boren, der für die Geschichte von Freiburg von außeror- 
dentlicher Bedeutung wurde ’)■ 

') Vergl. Tiüehi : Freiburgs Bruch mit Österreich. (Collectanca 
Friburg. V 1 1 . ) Freiburg 1897. S. 10*7 ff. Hisloire de ta v i Ile et sei- 
gneurie de Fribourg etc. par Daguet in Archive« V. S. 117. fl. Ferner 
Dierauer : Geschichte der schweizerischen Eidgenossenschaft,, Bd. II 
S. 189 ff. 


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3 


Ausführliche Titel der öfter angeführten Werke 
und handschriftlichen Quellen. 


I. Gedruckte Litteratur : 


a. Darstellungen : 

Fachs: Die mailändischen Keldzüge der Schweizer, St. Gallen 1812, 
Ud. II- abgek. cit. Fuchs. 

Kühler: Les Suisses dans les guerres d'ltalie de 1506—1512, in Mt5- 
raoires et documents publies par la soei6t6 d'Histoire et d’Ar- 
ch&dogie de Gen^ve Bd. XXIV, (N. F. Bd. IV, Paris 1897). 

abgek. cit. Köhler. 

Gluls-Btoiheini : Fortsetzung der « Geschichte der Eidgenossen u von 
Jobaunes von Müller, Zürich 1816, Bd. VI. 

abgek. cit. Glutz-Blozheim. 

Heinemann: Geschichte des Schul- und Bildungswesens im alten 
Freiburg bis zum 17. Jahrhundert, Freiburg 1895. 

abgek. cit. Heinemann. 

b. Zeitschriften mit Monographien oder publiziertem 
urkundlichem Material. 

Freiburger Geschichtsblätter, herausgeg. vom deutschen geschicht- 
forsehenden Verein des Kantons Freiburg, Freiburg 1894 fl. 

abgek. cit. Geschichtsbl. 

Anzeiger für schweizerische Geschichte, herausgeg. von der allgemei- 
nen geschichtforschenden Gesellschaft der Schweiz, Bern 1870 II. 

abgek. cit. Anzeiger. 

Der schweizerische Geschichtforscher, Bern 1812 — 1840. 

abgek. cit. Geschichtforscher. 

Mitteilungen der vaterländischen Geschichte, herausgeg. vom hist. 
Verein des Kantons St. Gallen, davon Bd. XXV (N. F. V) : 
Die Vadianische Briefsammlung II, herausgeg. von E. Arbenz 
(No. 141). abgek. cit. St. Galler Mitteilungen. 

Archives de la socidUi d'Histoire du canton de Fribourg, Fribourg 
1850 ff. abgek. cit. Archives. 

Archiv für schweizerische Geschichte, herausgeg. von der allg. ge- 
schichtforschenden Gesellschaft der Schweiz Bd I. Die Infor- 
matio Dominorum Friburgensium. abgek. cit. Informatio. 


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4 


c. Chronikalische und lexikalische Werke. 

Die Bernerchronik de» Valerius Anshelm, herausgeg. vom hist. Ver- 
ein des Kt. Bern, Bern 1884—93. abgek. eit- Anshelm. 

Apollinaire Dellion : Dictionnaire historique et statistique des parois- 
ses du canton de Fribourg. abgek. eit. Apollinaire Dellion. 


II. Handschriftliche Quellen : 


1. Im Freiburger Staatsarchiv 

wurden benutzt 


abgek. F. St.-A. 


•> 


Ratsmanuale (z. B.) No. ‘18. Fol.od. S.14. 
Besatzungsbuch (büchen 
Seckei meisterrech nu ngen 
Misaivenbuch (bücher) 

Das grobe Biirgerbuch 
Reisrodel (lödel) 

Das Manuskript des Wilhelm vou Pra- 
roman 


abgek. R. M.28. 14. 
abgek. B. B. 
abgek. S. R. 
abgek. M. B. 
abgek. Gr. Bb. 
abgek. R. R. 

abgek. M.dAV.v P. 


Auf der Freiburger Kantonsbibliothek die 

Schreiben Falks an den Rat in Freiburg abgek. F. a. F. 
in der Collection Girard (z. B.) Bd VIII. 

No. 97. abgek. C.G.V1II.97. 


3. Auf der Ribliothiique de la soci6t4 economique in Freiburg 

Die Chronik Montcoach abgek. Chr. Montenach. 

Andere vereinzelte handschriftliche Quellen, so z. B. der Nach- 
laß der Praroiuan im Besitz von Herrn Max von Diesbach, und ihre 
Fundorte linden sich jeweilen an gehöriger Stelle erwähnt. 


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5 


Kap. 1. 

Die Familie Falk in Freiburg; 

Peter Falks Jugend und Lehrzeit ; Berührung mit dem 
elsässischen Humanistenkreis. 

Das Geschlecht der Falk ist vermutlich in der ersten 
Hälfte des XV. Jahrhunderts in Freibtirg eingewandert. 
Kinzelne schwache Beziehungen, welche die Familie zu An- 
fang des XVI. Jahrhunderts mit Paycrne hegt, möchten die 
Annahme erwecken, dal» Payerne ihre frühere Heimat ge- 
wesen ist. 

Der erste dieses Namens, der in den öffentlichen Bü- 
chern der Stadt Freiburg genannt ist, war Peter, der Groß- 
vater unseres Peter Falk '). Er war öffentlicher, geschwo- 
rener Schreiber in Freiburg, Notar. Von 1450—1469 amtete 
er als Stadtschreiber von Freiburg ; gestorben ist er im 
Jahre 1470. Seine beiden Söhne waren Wilhelm und Bern- 
hard. Wilhelm wurde Geistlicher; Bernhard widmete sich 
dem Berufe seines Vaters und wurde zuerst Notar. Diese 
Stellung bekleidete er von 1459 bis 1480. Nach dem Tode 
seines Vaters wurde er dessen Nachfolger als Stadtschrei- 
ber. Verehelicht war er mit einer Tochter von Peter Ramü; 
dadurch war er mit einer der vornehmsten Familien der 
Stadt Freiburg in verwandtschaftliche Beziehungen getre- 
ten s ). Mit seiner Familie bewohnte er ein Haus im Burg- 
quartier, das zwischen der Kräraerzunft und dem Gerichts- 
gebäude stand, und das auch schon seinem Vater gehört 
hatte 8 ). Bernhard hatte vier Kinder, zwei Töchter: Klara 

') Das gr. Bb. nennt ihn « elericus », d. h. clerc oder Schrei- 
ber. — ’) Vergl. Anhang No. 1. Peter Ramü saß im kleinen Rate 
vom J. 1474—1507. 1497 — 1499 war er auch Seckeimeister. 

•) Gr. Bb. Fol. 10öb u. 1Ü7>> . 


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(5 


und Antonia, und zwei Söhne : Hans und Peter ‘). Diesem 
letztem der beiden Söhne sollte es Vorbehalten bleiben, 
während einer Reihe von Jahren die Geschicke Freiburgs 
in hervorragender Weise zu beeinflussen und auch auf die 
übrige Eidgenossenschaft und ihre Politik in ganz beson- 
derer und mächtiger Weise einzuwirken *). 

Wann Peter geboren wurde, ist uns nirgends überlie- 
fert. Aus Gründen jedoch, die wir weiter unten anführen 
werden, ist anzunehmen, daß seine Geburt in das Jahr 14(58 
fällt. Einzelne Vorkommnisse aus seinem Jugendleben sind 
uns allerdings nicht bekannt. Dagegen bietet uns die poli- 
tisch und kriegerisch stürmisch bewegte Zeit, in die seine 
Kinderjahre fallen, die Gewähr, dati sie in dem Herzen des 
empfänglichen und intelligenten Knaben tiefe Eindrücke 
hinterlassen hat. Er war etwa zwei Jahre alt, als sein Groß- 
vater starb, und sein Vater Stadtschreiber wurde. Als 
Söhnchen des Stadtschreibers wächst der Knabe heran. Da 
kommen die Burgunderkriege. Nach langem Zögern und 
Hadern mit seinem politischen Gewissen schließt sich Frei- 
burg der Sache der Eidgenossen an und kämpft in der 
Folge in den vordersten Reihen in den ruhmreichen Schlach- 
ten gegen die Burgunder. Männer wie Petermann von Fau- 
cigny. Rudolf von Wippingen, Perrotet, Willino d’Avrie, 
Ulmann von Garmiswil mochten dem Kleinen als Muster 
von Mut und Tapferkeit zum leuchtenden Vorbilde werden. 
Der Großvater Falks, Peter Ramü, begleitete die Fahne der 
Freiburger nach Murten als Kriegsrat. Peter war etwa 13 
Jahre alt, als Freiburg endlich nach langem Ringen in den 
Bund der Eidgenossen aufgenommen wurde. Wie oft mochte 
er wohl mit andern Knaben seines Alters den glänzenden 
Gesandtschaften, die in jenen bewegten Tagen in Freiburg 
ein- und ausritten, gefolgt sein. Wie mußten alle diese 


’) Diese wie die folgenden Notizen über Falks Verwandtschaft 
in aufsteigender Linie verdanke ich den gefl. Mitteilungen von Hrn. 
Staatsarchivar Jos. Schneuwly in Freiburg. 

’) Peter scheint der jüngere der beiden Brüder zu sein. 


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7 


Krieger und Gesandten ihm als hehre Beispiele voran- 
leuchten und in ihm den Wunsch erwecken, einst es ihnen 
gleichzutun. In seinem väterlichen Hause waren es stets 
dieselben großen Eindrücke, die auf sein empfängliches 
Gemüt einstürmten, war ja doch der Vater bei allen Rats- 
verhandlungen und verkehrte mit den Gesandten, während 
der Großvater selber im Rate mittagte. 

An der städtischen Lateinschule in Freiburg, die da- 
mals von Rottweiier Schulmeistern geleitet wurde '), bekam 
l'eter Falk, wie nicht anders anzunehmen ist. seinen ersten 
Unterricht. Doch da starb ihm sein Vater. Beide Söhne. 
Hans und Peter, — Peter war nicht mehr als 14 Jahre alt 
— wurden aus der Schule genommen *). Womit sich Peter 
Falk in den nächstfolgenden Jahren beschäftigte, wissen wir 
nicht. Indessen müssen die Talente des viel verheißenden 
Jünglings die Vormünder auf andere Gedanken gebracht 
haben. Sie schickten ihn zu seiner beruflichen Ausbildung 
ins Elsaß. 

Dort nämlich begegnen wir zum ersten Mal seiner 
Spur. Doch diese läßt uns im Unklaren darüber, ob Kai- 
sersberg oder Kolmar oder beide nacheinander als sein dor- 
tiger Aufenthalts- und Studienort anzunehmen. Wenn aber 
eine Hypothese eine gewisse Berechtigung zu haben scheint, 
so möchte man glauben, daß Sebastian Murr in Kolmar 
Falks Lehrer war. In allen Disziplinen, die Sebastian Murr 
pflegte, hebräische Sprache und Theologie ausgenommen, 
finden wir Falk später wissenschaftlich tätig. Dort näm- 
lich war Falk die Gelegenheit geboten, sich die nötigen 
Kenntnisse zu holen in der lateinischen und italienischen 
Sprache, in Geschichte, Astronomie, Geographie, Architek- 
tur, Musik und in der Rechtswissenschaft 3 ). Auf diese 


') Heinemann , S. 82 ff. 

*) St. Gatter Mitteilungen No. 141. Schreiben Falks an Vadian 
Freiburg i. Ü. vom 18. Febr. 1Ö19. 

') Über Sebastian Murr vergl. : Schmidt: Histoire lituiraire du 
l’Alsace, Paris 1879, Bd. II. S. 38. ff. und Geiger in der al lg. deutsch. 
Biographie Bd. 23. S. 81. 


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8 


letztere Wissenschaft legten seine Vormünder das Haupt- 
gewicht, denn er sollte dort zum öffentlichen Schreiber, 
wie Vater und Großvater es gewesen waren, sich heranbil- 
den, um nachher in den Staatsdienst eintreten zu können. 
Ein Formelbuch '). worin Falk eine ganze Anzahl von Mu- 
sterbeispielen für die verschiedensten Arten und Fälle des 
Notariatsgeschäfles sammelte, legt Zeugnis ab für den Eifer, 
mit welchem er seinen Beruf ergriff. Ober diesen Aufent- 
halt aber gibt uns Falk keine weitern Aufschlüsse*). Nur 
das läßt sich mit ziemlicher Sicherheit annehmen, daß die- 
ser Aufenthalt im Elsaß oder wenigstens die letzte Zeit 
desselben in die Jahre 1489—91 fällt 3 ). Obwohl Peter An- 
lagen und wohl auch Lust zu weiterem Studium zeigte, 
fanden es die Vormünder nicht geraten, der nicht sehr be- 
mittelten Familie Falk weitere Kosten zu verursachen. Nach 
1491 finden wir Peter wieder in der Heimat. 

Es war nicht von ungefähr geschehen, daß man Peter 
Falk ins Elsaß schickte, damit er sich im Notariatswesen 
ausbilde, ebensowenig, als es von ungefähr geschah, daß 
man in Freiburg durch Rottweiler Schulmeister den Laiein- 
unterricht erteilen ließ. Oie damalige Eidgenossenschaft 
war ein prinzipiell deutsches Staatswesen, Freiburg hinge- 
gen, wie heute noch, zweisprachig mit t 'herwiegen des 
französischen Idioms. Diese Zweisprachigkeit schien zu den 
neuen Verhältnissen, da Freiburg ein Ort der Eidgenossen- 
schaft geworden war, nicht mehr zu passen. 

Um in Zukunft äußerlich wie innerlich als ein volles und 


') Dasselbe belimiel sieli im Besitz von Grat Max von Dies- 
baeh in Übewil bei Freiburg. 

Nur ein Ereignis hielt Falk der Aufzeichnung für würdig. 
Auf der tnnenseite des Einbandes des besagten Buches nämlich 
schreibt er : Margarethen tag, d. i. der dritt tag nach St. Jakobstag 
zum ersten mal geschröpft zuo Colmar in der Kruter badstuben. 

’) Falk pflegte die eingetragenen Musterbeispiele zu datieren. 
Die ersten derselben tragen in chronologischer Reihenfolge die Daten 
des Jahres 1480, alle übrigen, insofern sie datiert sind, die Jahres- 
zahl 141*0. 


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9 


ganzes Glied der Kidgenossenschaft zu erscheinen, erlangte 
das Deutschtum, das bisher um seine Existenz rang und müh- 
sam seine Duldung erkämpft hatte, nicht bloß die Guthei- 
ßung der Obrigkeit, sondern deren ausschließliche Anerken- 
nung. Es ergingen von der Obrigkeit Spracherlassc zu einer 
systematischen Zwangseinführung der deutschen Sprache. 
Diese Verordnungen trafen fast gleichzeitig Schule und 
Kanzel, Kapitel und Slaatskanzlei '). 

Diese Sprachumwälzung erstreckte sich nicht nur auf 
die Umgangs- und offizielle Sprache, sondern man ging so- 
gar in diesen Bestrebungen so weit, daß man die franzö- 
sischen Familiennamen ins Deutsche übersetzte oder, wenn 
dies nicht möglich war, für sie an deutsche, ähnlich klin- 
gende Wörter durch die verschiedenste Zustulzung und 
Verstümmelung Anlehnung suchte. Auch der Name der 
Familie Falk machte diese Wandlung durch. 

Ursprünglich nennt sich das Geschlecht: Faulcon, 
dann beginnt (zwischen 1490 — l.'iOD) der deutsche Name 
Falk, gewöhnlich Valck od Falrk geschrieben, die Oberhand 
zu gewinnen, während sich Faulcon auch in der Folge als 
Unterschrift in französisch abgefaßten Aktenstücken noch 
erhält : bei latcin. Aktenstücken nennt sich Falk vielfach 
Falco. 

Wenn somit Peter Falk in deutschen Gebieten seine 
Ausbildung holte, so entspringt dies einzig dem Bestreben, 
den neuen Verhältnissen gemäß deutsch sprechende und 
schreibende Staatsbeamte zu besitzen. Eine glänzende Be- 
amtcnlaufbahn konnte einem auf solche Weise gebildeten 
Manne nicht fehlen. 


') Heinemann, a. a. O. S. 42 — 82. — Die schweizerische Rund- 
schau III. Jahrg., Heft II. S. llö g. Die deutsche Sprache in der 
Westschweiz von A. Büchi. 


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10 


Kap. 2. 

Falks erste amtliche Stellungen. Gründung eines 
eigenen Herdes. 

Nach Hause zurückgekehrt, lebte Peter Falk seinem 
Berufe als Notar, welches Amt nun in der Familie Falk 
schon beinahe traditionell geworden war. Als Erbe des väter- 
lichen Hauses wurde er im Jahre 1493 ins freiburgische 
Bürgerrecht aufgenommen '), während sein Bruder Hans 
das Bürgerrecht sich erst erwarb, nachdem er im Jahre 
1500 das Haus des Hans Krummeostoll, das an das Haus 
seines Bruders Peter anstieß, käuflich erworben hatte *). 
Da Peter Falk gleichzeitig mit seiner Aufnahme ins Bür- 
gerrecht die Ämterlaufbahn betrat, was in der Regel nicht 
vor dem 25. Altersjahr zu geschehen pflegte, so dürfen 
wir aunchmen, es habe nur das mangelnde Alter ihm vor- 
her den Zutritt dazu versperrt. Peter wurde nämlich im 
Jahre 1493 zugleich mit seinem Bruder Hans in den Rat 
der Zweihundert auf der Burg gewählt *). Dieser Rat ver- 
trat die Bürgerschaft bei den Ratsverhandlungen und vor 
Gericht ; gewählt wurde er durch den Rat der Sechzig 4 ). 
Beiden Brüdern zusammen wurde für die Jahre 1493 und 
1494 gemeinsam das Amt des Gerichtsschreibers übertra- 
gen. Von da ab bis 1305 versah Peter diese Stellung 
allein, ohne seinen Bruder. Auch walteten sie im Jahre 
1494 als Wagschreiber und Schreiber des Kornmeisters. 
Mit dem Jahre 1494 trat Peter Falk in den Rat der Sechzig 
ein, während Hans in diesem Jahre noch Mitglied des Rates 
der Zweihundert blieb 5 ). 

’) Gr. Bb. Fol. 103>» . — *) Ebenda. — ’) Lt. B. B. 

’) Gesehichtsbl. M. Ja Ing. : Die Gerichtsverfassung von Freiburg 
. Ü. von J- Benz, S. SJO fl. — *) Laut den B. B. 


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it 


Der Rat der Sechzig, anfänglich nur zur Vereinfa- 
chung der Wahlen, der Wahl der 200 und des kleinen Rates 
der 24 bestimmt, war nach und nach eine eigene Behörde 
geworden, die sich zwischen den Rat der 200 und den 
kleinen Rat hineinschob und jährlich erneuert wurde. Die 
Sechzig konnten so auch die gesamte Bürgerschaft ver- 
treten, besonders vor Gericht. Die Wahl der Sechzig ge- 
schah durch die vier Venner ')• 

In den Jahren 1495 — 1506 saß Beter neben andern 
Mitgliedern des Rates der Sechzig in jenem Siebener- Aus- 
schuß, der jeweils dazu abgeordnet war, am Vorabend von 
St. Johann, (d. i. der 23. Juni) die Bürger zu den Berat- 
ungen und Neuwahlen des Schultheißen, der Venner und 
der übrigen Ämter aufzubieten und während der Zeit der 
Wahl die polizeiliche Ordnung in der Stadt aufrecht zu er- 
halten *). 

Die Wahl des Rates der 60 durch die Venner und die 
Wahl des Rates der 24 und der 200 durch den Rat der 
Sechzig wurde immer schon am Sonntag vor St. Johann 
vorgenommen 3 ). 

Neben ihren Beamtungen trieben beide Brüder Man- 
del. Welche Artikel ihre Handelstätigkeit sich zum Ziele 
setzte, ist nicht immer so recht klar; allem Anschein 
nach war es Wein- und Viehhandel '), nebenbei auch Ilolz- 


‘) Gesehiehtsbl. 3. Jahr«, a- a. O. 

M Näheres über diese Organisation in ('Emulation II*' ann<5o, 
Fiibourg 1342—44, S. 162 u. 163; ferner Josius Simlvr : Vom Regi- 
ment der Eidgenossenschaft, Zürich lt'45, S. 4UO tf. — Lt. den B. B. 

3 ) Benz a. a. O. 

*) Im Jahre 1302 sehrieb Hans als Vogt von Granson an Peter: 
« Ich schicke den Vorzeiger dieses Briefes zu meinem alten Statthal- 
ter von Pont (Niki. Lombard), damit dieser mir Fuhrleute sende, um 
den Wein, den ich gekauft habe, heimzuschalTen ». Und : « Es hat 
mich gefreut, da ich vernommen habe, daß dein Ochse gut gewesen 
ist und meiner Schwester, deiner Hausfrau, gefallen hat». (M.d. W. 
v. P. 221.) — Daß hier Hans Falk die Frau seines .Bruders «seine 
Schwester» nennt, darf uns gar nicht irre machen. Es ist dies nur 
eine liebenswürdige Benennung, der wir in der familiären Korres- 


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12 


handel '). Im Aufträge der Regierung geben sie sich auch 
mit der Salzeinfuhr von Salins her ab *). Nach damaliger 
militärischer Einteilungsweise gehörten beide Brüder der 
Reisegesellschaft der Krämer an “). 

Die Mutter Kalks hatte nach dem frühen Tode ihres 
Gatten Bernhard wiederum geheiratet und zwar einen vor- 
nehmen Bürger und Ratsherrn in Payerne, namens Aymon 
de Treytorrens *). Doch die Ehe war nicht glücklich. Ay- 
mon de Treytorrens mißhandelte seine Gattin, so daß sich 
Hans Falk veranlaßt fand, ihm drohende Vorstellungen zu 
machen und in einem Schreiben an Peter sich ernstlich die 
Frage stellte, ob es nicht besser wäre, um ihre Mutter vor 
den rohen Behandlungen von Seite ihres Gallen zu sichern, 
sie wieder zu sich nach Freiburg zu nehmen (1503)*). 

Bald nach der Heirat der Mutter mit de Treytorrens 
oder schon vorher hatte eine Schwester Peters, Antonia Falk, 
geheiratet, auch der olfenbar ältere Bruder Hans war in 
die Ehe getreten Antonia Falk hatte sich mit Daniel 
Meyer, einem Straßburger, der nach Freiburg eingewandert 
und H9I als Bürger aufgenommen worden war, verehe- 
licht 7 ). Auch Peter sah sich jetzt nach einer Lcbensge- 


pondenz immer und immer wieder begegnen. So nennt Falk den 
Schwiegervater seiner Tochter « Bruder». Vgl. auch das Schreiben 
Margaretha Arsen ts an Falk bei Uaguet im Anzeiger IV. S. 226. 

’) Siehe No. 10 im Anhang. — An Hans Falk für (i Fackeln 
bei der Beerdigung des Herrn von Scharnachthai etc. : Deine Hins 
Valken untb 0 torischen in tod des von Scharnental 8 fl. S. R. No. 221. 

’) Murten 1536, Nov. 2. Aus d. M. d. W. v. P. 92. 

’) Lt. den R. R. v. 14'.H)-i:>00. 

‘) Vergl. im Anhang Schreiben No. 1. — Diese Heirat muß 
vor dem Jahre 14147 erfolgt sein. 

*) Ebenda. 

Schon 1302 schickte Hans einen Sohn zu Peter auf Besucli ; 
er schreibt: Icii schicken dir min sun Anthoni ; ich empfilchen dir 
inen, dan ich nützit erlichs us im kan ziechen. Hans an Peter 1302 
Juli 24. Aus den M. d W. v. P 92. 

’) Lt. dem gr. Bb. Wir werden weiter unten noch von ihm 
zu handeln haben. Von seinen Söhnen wurde Nikolaus 153G und 
Franz 1536 als Bürger aufgenommen. L t. dem gr. Bb. 


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13 


fähi-tin um (1495?). Seine Erkorene war Julie Bonoesa, 
die, wie es scheint in Payerne wohnte '). Doch das Glück 
war Peter für den Anfang nicht günstig. Die Einwilligung 
zu dieser Heirat, um die Falk bei seinem Stiefvater und 
seiner Mutter nachsuehte, wurde aus irgend einem Anlali 
verzögert s ). Mittlerweile erschien ein anderer Freier auf dem 
Plan, der Julie Bonoesa dann wirklich heiratete. Dieser 
Mann war ein Sohn des Stiefvaters von Peter Falk, aus 
erster Ehe, oder doch ein ganz naher Verwandler, Wilhelm 
de Treytorrens aus Payerne, den wir später in Born wieder 
finden werden. Die Verschleppung der elterlichen Einwil- 
ligung zur Ehe Peters mit Julie Bonoesa erklärt sich daraus 
zur Genüge. 

Kalks zweite Werbung war von mehr Glück begleitet. 
Peter Falk wandte sich diesmal an eine der vornehmsten 
Familien seiner Vaterstadt, an die Familie von Garmiswil 3 ). 
Fast ununterbrochen saßen Glieder dieser Familie im klei- 
nen Bäte der Stadt. Ulmann von Garmiswil gehörte vom 
Jahre 14(i9 bis zu seinem Tode 1505 diesem Bäte an, nach- 
dem er schon 1453 in den Bat der 200 und 1460 in den 
der 60 eingetreten war. Hugo, sein Sohn, saß von 1475 im 
Bäte der 200 und vom Jahre 1487 im Bäte der 60 '). Um 
die Tochter dieses Hugo, um Anna von Garmiswil, bewarb 
sich Peter Falk. Peter mochte selber fühlen, daß er mit 
dieser Werbung hochgegriffen habe, und sich selber wenig 
Erfolg von seinem gewagten Versuche versprechen. Aber 
fast wider Erwarten, nachdem er kurz vorher bei Hugo 
um Annas Hand angehalten hatte, wurde ihm seine Bitte 
gewährt. Am 31. Januar 1497 nämlich trat Hugo von Gar- 
miswil, der wohl die Wünsche seiner Tochter kannte und 
selber an dem jungen, strebsamen Mann sein Gefallen fin- 
den mochte, fast unvermittelt an Falk heran und fragte ihn, 
ob er Willens sei, seine Tochter Anna, um deren Hand er 


’) Aus den M. d. \V. v. P. 66. 
‘) Schreiben im Anhang No. 1. 
•) A. a. O. - *) Lt. den B. B. 


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- 14 — 

kürzlich angehalten hätte, zur Ehe zu nehmen. Ganz be- 
täubt von dieser plötzlichen Anfrage, aber schnell entschlos- 
sen erklärte er, dies wäre sein höchster und längst geheg- 
ter Wunsch. Hugo von Garmiswil hatte nur mit vieler Mühe 
die Zustimmung seines Vaters Ulmann von Garmiswil zu 
dieser Heirat erlangen können, und daraus erklärt sich 
das Erstaunen Falks als ganz berechtigt. Peter Hamü, 
der Großvater Falks von mütterlicher Seite, gab sofort da- 
zu seine Zustimmung, an derjenigen von Mutter und Stief- 
vater war nicht zu zweifeln, nur bat sie Peter, dieseHeirats- 
angelegenheit vorläufig geheim zu halten, jetzt aber schnell 
und umsichtig alle Vorbereitungen zur Heirat an die Hand 
zu nehmen und nicht zuzuwarten, damit nicht etwa ge- 
schehe, was schon früher passiert sei ’). Haid darauf wurde 
vermutlich auch die Heirat abgeschlossen, denn noch im 
gleichen Jahre 1497 teilte Peter mit seinem Bruder Hans 
das väterliche Erbe s ). 


Kap. 3. 

Falks Teilnahme am Schwabenkriege (1499). Weitere 
amtliche Stellungen. Wirken als Gerichtsschreiber 
(bis 1505), als Vogt von Villarepos, als Schultheiß 
von Murten (1505-1510). Erstes Hineintreten in die 
große Politik ; Berührung mit Schinner und den 
Walliser Verhältnissen (1506). 

Beim Ausbruch des Schwabenkrieges linden wir Falk 
als Bannerträger und Feldschreiber der Freiburger Trup- 
pen unter Hauptmann Wilhelm Felga auf dem ersten Zug 
ins Hegau ’). Nachdem am 4. März die Truppen wieder 


') Ebenda. 

’) Gefl. Mitteilung von Herrn Slaatsarchivar Schneuwly. 

’) Chronik des Hans Fries S. 36. — R. M. Iß, 51h «. 53 b . — 
Quellen zur Schweizergesehielite Bd. 30., herausgeg. von A. Büchi, 
die Schreiben No. 73, 93, 118 u. 135. Sie stammen, wie sich aus 
dem Schriftvergleich ergibt, alle aus der Feder Peter Falks. (C. G. VII.) 


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15 


nach Hause zurückgekehrt waren '). brachen die Eidgenos- 
sen am 11. April neuerdings auf, um ins Hegau zu ziehen. 
Falk begleitcle die Freiburger wiederum in der Eigenschaft 
eines Feldschreibers 2 ). Über Bern, Aarau und Kaiserstuhl 
zogen die Freiburger unter Hauptmann Dietrich von Englis- 
berg zu den Zürchern, Luzernern und Schaffhausern vor 
Thiengen. Die Stadt wurde genommen und später samt 
dem Schlot» verbrannt. 

Doch die Belagerung von festen Plätzen fanden die 
Eidgenossen bald zu langweilig und zu wenig einträglich. 
Da sie nun vernahmen, daß kaiserliche Truppen sich im 
Sundgau sammelten, beschlossen Bern, Freiburg, Solothurn 
und Zug trotz den Bitten der Schalfhauser, die den Kampf 
im Hegau fortgesetzt wissen wollten, ins Sundgau zu zie- 
hen, um sich dort auf offenem Felde mit dem Feinde zu 
messen 8 ). 

Die Berner und Freiburger nahmen den Weg von 
Schaffhausen über Lenzburg, Aarau, und die Schafmalt 
nach Liestal. Gemeinschaftlich mit den Solothurnern und 
Luzernern zogen dio Truppen von da ins Sundgau. Da aber 
die Feinde nirgends stand hielten und auch dio Bezahlung 
von Brandschatzungsgeldern verweigerten, so rückten die 
Eidgenossen, bis an die Grenze sengend und brennend, über 
Liestal nach Hause zurück. Mangel an Speise und Geld, 
besonders bei den Bernern, hatten die Truppen ungeachtet 
der Bitten der Solothurner, ihnen bei der Eroberung von 
PfefDngen und Landskron bebülflich zu sein, zur Heimkehr 
bewogen . 

Da sich nach der Schlacht an der Calven (22. Mai) 


Schreiben No. 118 hatte mir im Autograph nicht Vorgelegen, trägt 
aber stilistisch alle Merkmale und Eigentümlichkeiten der Schreiben 
Kalks. 

') Fries a. a. O. S. 36. 

’) A. a. O. Schreiben No. 305, 316, 335, 337, 366, 382, (alle 
von Peter Falk ausgetertigt), ebenda Freiburger Chronik d. Seliwa- 
benkrieges a. a. O. S. 5tM. ff. 

*) Die Zürcher zogen nach Hause zurück (ebenda). 


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— 16 — 

wiederum Truppenansammlungen und feindliche Einfälle im 
Sundgau bemerkbar machten, zogen die Berner und Frei- 
burger über Biel, Tavannes, Bellelay, Glovelier und den 
Hipetsch ins Elsaß. Beter Falk begleitete das Freiburger 
Fähnlein als Kriegsrat. Dirlinsdorf wurde angesichts des 
an Zahl weit überlegenen Feindes verbrannt. Die Eidge- 
nossen brannten die Geschütze auf die Feinde los, aber 
diese wagten den Angrilf nicht zu erwidern. Da unter- 
dessen ein obrigkeitliches Schreiben eingetrolfen war. das 
zur Rückkehr mahnte, so zogen die Eidgenossen, alles 
verbrennend, auf dem Wege, auf dem sie gekommen waren, 
in die Heimat zurück '). 

Kaum waren die Freiburger zu Hause wieder ange- 
langt, da wurde schon ein neues Aufgebot unter Haupt- 
mann Martin Teehtermann ausgesandt. Falk begleitete auch 
diesen Auszug als Kriegsrat *). Der Weg ging diesmal, 
da die Feinde vom Etschtal aus in die Schweiz einzu- 
dringen drohten, über Chur und den Strelapaß nach Davos. 
Die Schwyzer, Unlerwaldner und Zuger waren schon vorher 
dort angekommen. Da aber die Eidgenossen durch sichere 
Kundschaft erfuhren, daß die Feinde sich zurückgezogen 
hatten, so marschierten sic durch das Prätigau nach Mayen- 
feld. Nach einem erfolglosen Demonstratiunszug des Kai- 
sers von Feldkirck aus in der Richtung gegen die Luzien- 
steig zogen die Eidgenossen nach Hause a ). 

Daß auch Falk an diesen Zügen einen hervorragenden 
Anteil nahm, ist wohl anzunehmen, kennzeichnete ja schon 
damals Mut und Entschlossenheit, ja Verwegenheit den 
jungen Mann *). 

Nach diesem Kriege amtete er weiter als Gerichts- 
schreiber bis zum Jahre 1505. In den Jahren 1502-1503 

') Quellen z. Sch weizergesch. a. a. Ö. Schreiben No. 417 vom 
8. Juni durch Falk. Chronik des Schwabenkrieges, ebenda, S. 000 ff. 

*) R. R. von 1499. 

’) Quellen z. Schweizergesch. Bd '20. a. a. O. Schreiben No. 
457 u. 481 (beide von Falk). Ebenda Chronik des Schwabenkrieges 
S. 612 ü. — *) Vergl. Beilage No. 2. 


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17 


und 1504 war er auch Landrichter '). Das Landgericht 
war eine Instanz für die Entscheidung von weniger wichti- 
gen Angelegenheiten für die Bewohner der Landschaft. 
Für das Jahr 1503 erscheint er als Vogt von Villarepos a ). 
Seine Tätigkeit als Notar verringert sich beim Anwachsen 
der Ämter von Jahr zu Jahr, indem diese seine ganze Ar- 
beitskraft in Anspruch nehmen. Vom 24. Juni 1505 bis 
24. Juni 1510 bekleidete er im Namen und Auftrag von 
Ilern und Freiburg die Würde eines Schultheißen von Mur- 
ten *). Zu dem Zwecke siedelte er mit seiner Familie von 
Freiburg nach Murten über. Gleichzeitig waltete auch 
Hans Falk als Vogt an verschiedenen Orten zu Pont (1497- 
1499), zu Orbe (1501), zu Granson (1502-5) und zu Orbe 
(1505-1507 4 ). 

In di eser Zeit stammt aus Peter Falks Feder ein ju- 
ristisches Gutachten zu Händen seiner Herren in Freiburg, 
welches die rechtliche Grundlage schaffen sollte für die 
Säkularisation der Propstei Münchenwiler durch die Städte 
Freiburg und Bern 6 ). 

Im Mai 1506 finden wir Falk zum ersten Mal in der 
« großen Politik » tätig ; währenddem er das Schultheißen- 
amt zu Murten bekleidet, reitet er neben Petermann von 
Faucigny und dem Alt-Venner Peter Adam als Abgeord- 
neter Freiburgs nach Bex zu den Verhandlungen, in wel- 
chen die eidgenössischen Orte zwischen Savoyen einer- 
Schinner und dem Wallis anderseits vermittelten. Vielleicht 
hat Falk bei diesem Anlasse Schinner näher kennen gelernt. 

* Dann treffen wir Falk nicht wieder an eidg. Verhand- 
lungen beteiligt bis zum September 1510, nach dem Chias- 
serzuge. 

•) Lt. B. B. 

’) Die B. B. Villarepos, zu deutsch Rupertswil oder auch Ru- 
wenwyler genannt, hatte fiir das Jahr 1503 ausnahmsweise einen ei- 
genen Vogt. 1504 wurde die Vogtei derjenigen von Montenach ein- 
verlcibt. B. B. von 1503. 

») Lt. B. B. 

4 ) Lt. den B. B. 

5 ) C. G. XIII. 2X> — 98, Autograph, 30*4 u. 307 (ohne Datum). 

2 


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18 


Im Juni 1510 wurde P. F'alk Venner auf dem Burg- 
viertel in Freiburg '). Als Venner auf der Burg war er der 
Vorvenner, das Haupt der vier Venner. Einzelne Befug- 
nisse der Venner haben wir gelegentlich schon erwähnt; 
von großer Wichtigkeit waren indessen ihre vielen und 
bedeutenden polizeilichen Kompetenzen. So stand ihnen 
das Hecht zu, alle hervorragenden Verhandlungsgegen- 
stände auch zur Beratung vor den großen Hat. den Hat 
der 200 oder der Bürger, zu ziehen *). 


Kap, 4. 

Übertragung der Wirren im Wallis auf 
Freiburger Gebiet. 

Im Frühjahr 1500 war das Bündnis zwischen Ludwig 
XII. von Frankreich mit den Eidgenossen zu Ende gegan- 
gen und nicht mehr erneuert worden. Um so leichter 
konnte jetzt der Papst mit seinen Anträgen Eingang finden. 
Sie wurden den Eidgenossen durch den Bischof von Sitten, 
Matthäus Sehinner, übermittelt. Schinner war von jeher 
ein entschiedener Gegner der französischen und ein über- 
zeugter Anhänger der päpstlichen Politik, welche mit der 
Forderung auftrat : Italien den Italienern. Anfangs des 
Jahres 1510 erölfnete er als Beauftragter des Papstes .die 
Unterhandlungen zu einem Bund der Eidgenossen mit dem 
Papst. Trotzdem es in der Schweiz eine starke französisch 
gesinnte Partei gab. wurde doch der Bundesvertrag im 
März 1510 zwischen den 12 Orten samt dem Wallis mit 
dem Papste endgültig ratifiziert. 

Gleichzeitig oder schon im Februar hatten die sieben 


’) Lt. B. B. 

’) Josias Siniler a. a. O. — Geschichtabl. 3. Jahrg. a. a. O. 
S. ^0 «. 


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19 


Zehnten des Wallis auf Anstiften des Jörg auf der Flöh ') 
mit König Ludwig XII. als Gegensehlag gegen Scliinners 
Bestrebungen ebenfalls ein Bündnis geschlossen. Ks war 
dies nicht das erste Mal, daß hier die Gemeinden ohne 
Befragen des Bischofs, ihres Landesherrn, solche Verträge 
eingingon. Die Gemeinden fühlten sich als kleine Repu- 
bliken, die sich frei von einander und unabhängig stellten. 
Nur die überlieferte Oberhoheit des Bischofs hielt sie noch 
äußerlich zusammen. Gegen diese aber hatte die demo- 
kratische Strömung unter dem Volk schon längst den Kampf 
begonnen. Jörg war dieses Mal der Vertreter des demo- 
kratischen, ja revolutionären Gedankens, der sich gegen 
den Bischof erhob *). Trotz der Aufforderung der Kidge- 
nossen an die Walliser, vom Bündnis mit Frankreich zu- 
rückzutreten, ratifizierten die drei obern Zehnten dasselbe 
am 2. April. Im Wallis begann darum bittere Feindschaft 
und Verfolgung zwischen dem Bischof und Auf der Fluh 
und ihren Parteien. 

Im Juli 1510 forderte der Bischof von Sitten im Na- 
men des Papstes laut Bündnis 6000 Mann von der Tag- 
satzung. In der ersten Hälfte des Monats August rückten 
die Eidgenossen — auch Peter Falk machte den Zug mit — 
ins Feld, doch der Zug — Chiasserzug genannt — fand ein 
unrühmliches Ende 3 ). Man schrieb das Mißlingen dessel- 
ben unter dem gemeinen Volke, während die Gründe dafür 
hauptsächlich anderswo lagen, vielfach der Bestechung der 
Anführer durch französisches Geld zu. Der Papst verwei- 
gerte dazu wegen des Mißlingens die versprochene Sold- 
zahlung. Daher wandte sich der Zorn des Volkes, das 
hiedurch natürlich den größten Schaden erlitt, gegen die 
französische Partei in der Schweiz und deren führende 
Häupter. 

') Auch Georg Supersaxo genannt. — Vergl. z. B. Furrcr : 
Geschichte von Wallis, Sitten 1850 Bd. 1. S. 341 II. u. Zimmermann 
in den Gosch ich tsbl., IX. Jahrgang, S. 114 II. 

’) H. Guf/ : Histoire du Vallais, Genf 1903. S. 103. 

’) R. R. vom J. 1510. 


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20 


Im Wallis war während der Zeit der Abwesenheit 
Schinners, des Chiasserzuges, Auf der Fluh nicht Untätig 
geblieben. Er hatte die Gelegenheit benutzt, die Walliser 
gegen ihn aufzuhetzen. Um der kommenden Verfolgung 
zu entgehen und eidgenössisches Recht gegen Schinner 
anzurufen, auch um eine französische Gesandschaft böi der 
Tagsatzung in ihren erneuerten Bundeswerbungen zu unter- 
stützen, wollte er sich nach der Rückkehr Schinners über 
Freiburg nach Luzern begeben, fn Freiburg aber wurde 
Auf der Flüh durch die erregten Bürger, die in ihm einen 
Hauptschuldigen an dem mißglückten Feldzug erkennen 
mochten, festgenommen und ins Gefängnis geworfen in 
der Absicht, ihn über das Fehlschlagen des Feldzuges und 
die vermuteten Bestechungen zu verhören (25. September 
1510 '). Da man jedoch nichts von ihm erfahren konnte, 
wurde er wieder freigelassen *). 

Seit dem 12. September trelfen wir Falk als Gesand- 
ten Freiburgs auf einer wichtigen Tagsatzung zu Luzern, 
dann auch zu Zürich, wieder zu Luzern, im Dezember zu 
Baden mit seinem Bruder Hans, im Februar zu Baden mit 
Tavernier, im Juni zu Luzern mit Venner Hans Schwendi ®). 


') R. M. 28. 19. 

’) F. St.-A. Geistl. Sachen No. 90, Informatio Dominorum 
Friburgensium, abgedruckt bei Furrer a. a. O. Bd. 3. S. 302 und im 
Archiv für schweizerische Geschichte, Zürich 1843, Bd. I. S. 1(53 II. 
Es ist dies ein amtliches Aktenstück, das von der Regierung in 
Freiburg Ende des Jahres 1312 Peter Falk mitgegeben wurde, als er 
mit andern Gesandten nach Rom reiste. Es enthält eine Darstellung 
der Wirren in Freiburg zur Zeit des Prozesses gegen Auf der Flüh 
und Arsent; besonders hebt es den Anteil hervor, den der Leutprie- 
ster Ludwig Löubli an der Befreiung Auf der Flühs hatte und die 
üblen Folgen, die seine Einmischung in diese Angelegenheiten zeitigte. 
Geschichtsbl. a. a. O. S. 116 u. 123. Vcrgl. auch S. 118 Anmerk. 
3. — Anshelm III. S. 277. — Vgl. weiter unten. 

’) Eidg. Abschiede. 


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21 


Kap. 5. 

Die Prozesse gegen Jörg Auf der Flüh und Franz Arsent 
Der Furno-Handel. 

(1510-1511). 

Mittlerweile war auch der Bischof von Sitten auf dem 
Wege nach Luzern nach Freiburg gekommen, und da er 
von der Anwesenheit seines Gegners hörte, trat er vor dem 
Hat der Stadt klagend gegen denselben auf. Die Folge 
war, daß Jörg wieder gefangen genommen und ins Ge- 
fängnis geworfen wurde (25. September 1510 '). Nach der 
Abreise des Bischofs trat dessen Bruder, Kaspar Schinner, 
klagend gegen ihn in die Schranken (6. November *). 

Schon lange hatte der Prozeß gedauert ; Auf der 
Flüh war mehrmals gefoltert worden 8 ). Nun wurde Alt- 
Schultheiß Franz Arsent, ein Parteigänger Frankreichs, 
trotzdem er sich weigerte, damit beauftragt, als Schöffe 
sein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklag- 
ten abzugeben. Es wurde ihm zu dem Zwecke Bedenkzeit 
bis zum 14. Januar gewährt *). Doch die Sache schien für 
Auf der Flüh einen bösen Ausgang nehmen zu wollen. 
Das Volk war erbittert und durch geheime Wühler, die 
Feinde Frankreichs, aufgehetzt l * * 4 * 6 ). Da verlangte man von 


l ) R. M. 28. 19. 

*) R. M. 28. 28. - Gesch ich tsbl. a. a. O. S. 119. Anm. 1. 

’) Geschichtsbl. a. a. O. S. 125. 

4 ) Franz Arsent war Schultheiß in den Jahren 1507 u. 1509. 

B. 11. Er war in zweiter Ehe mit Margareta, der natürlichen Toch- 
ter des bernischen Schultheißen Wilhelm von Diesbach, verheiratet. 
— Vergl. Geschichtsforscher I. S. 117 u. 118. — In den R. M. 28 
vom Samstag vor Wienachten 1510 (21. Dez.) findet sich die Auf- 
zeichnung: Hat sich min her Alt-Schultheiß genomen zu bedenken 
bis Zinstag nach Hilari (14. Jan.). 

‘) Welcher Grad der Erregung unter dem Volke schon zu die- 


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Arsent, daß er endlich sein Urteil spreche. Arsent wußte 
sich im vollen Gegensatz zum Volk und zu dessen Führern, 
die alle von der Schuld Jörgs überzeugt waren. Hätte er 
in diesem Augenblicke sein Urteil auf unschuldig ausge- 
sprochen, so würde er dadurch den Zorn der ganzen Ge- 
meinde gegen sich selber wachgerufen haben ; dein Volks- 
willen aber soweit nachzugeben, daß er gegen seine Über- 
zeugung sein Schuldig gegen den Angeklagten ausgesprochen 
hätte, dem widerstrebte sein Gerechtigkeitsgefühl und sein 
Gewissen. 

Als aber Arsent in einer der folgenden Sitzungen 
vom Schultheißen begehrte, er möge die Häte und Venner 
versammeln, damit er mit ihnen nach alter Gewohnheit und 
nach dem Stadtrecht das Urteil berate, da erwiderte ihm 
Peter Falk, er werde mit seinem Urteil den Unwillen der 
Gemeinde gegen sich erregen, wenn er dasselbe nicht im 
Verein mit Rat und Bürgern berate '). 

Arsent hatte die Hoffnung gehegt, in einer Versamm- 
lung des kleines Rates und der Venner, bei welch erstem 
viele Freunde Frankreichs und Gesinnungsgenossen sich 
befanden, in einer Urteilsberatung für sich eine Mehrheit 
der Stimmen zu gewinnen. Die Gemeinde aber, in deren 
Namen Falk hier sprach, und welche die Sache selber als 
eine wichtige betrachtete, verlangte, daß bei der Beratung 
hierüber auch der große Rat herbeigezogen werde. Dies 
zu verlangen, hatte die Gemeinde das Recht ; ihre Mitwir- 
kung aber bedeutete das Verderben des Angeklagten. Daher 

sor Zeit herrschte, zeigt folgende Eintragung ins Manual vom 10. 
Januar 1511: 

Hans Lauper zu den Plistern soll mit wütenden Worten gesagt 
haben, wie der ehrsame Spalter und auch Peter Itäschi eidlich be- 
zeugen, niemand sei daran schuld, als die Großhausen, die deutschen 
Franzosen, daß es nicht möglich wurde, nach Mailand zu gelangen 
(Chiasserzug), und daß vom Papst den Knechten der Sold nicht aus- 
bezahlt worden sei. Die Bürger hätten guten Grund, diesen Großhan- 
sen ihre Häuser zu stürmen, und das wolle er ihnen raten. R. M. 
28. 51. 

') Vgl. tnformatio. 


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23 


verzichtete Arsent lieber auf jede Beratung mit andern ; er 
nahm sich vur, das Urteil bei sich selber zu erwägen und 
auf den festgesetzten Tag dasselbe gewissenhaft, sollte es 
auch dein Willen des Volkes widerstreben und ihm selber 
schaden, abzugeben. Offenbar war Arsent zu dieser selbst- 
ständigen Handlungsweise berechtigt, frei über Räte und 
Bürger hinweg sein Urteil zu fällen, allerdings auf die Ge- 
fahr hin, es mit allen zu verderben. 

Unterdessen gelang es dem Leutpriester von St. Niko- 
laus, Ludwig Löubli, unter dem Vorwände des Beichlhörens 
Zutritt zu Auf der Flüh zu erlangen ’). Löubli hatte eben 
erst durch Verwenden seines Vetters Franz Arsent diese 
Stellung an St. Nikolaus erlangt *). Der Besuch bei Auf 
der Flüh wurde zur geheimen Abmachung zwischen den 
beiden, einen Fluchtversuch zu wagen. Löubli verwickelte 
die Frau und Tochter Auf der Flühs, die in Freiburg an- 
wesend waren, in das Geheimnis. Er gewann für seine 
l’läne auch Franz Arsent trotz langem Widerstreben. Der 
Pförtner am Rathaus, worin Auf de Flüh gefangen lag, 
ein mit Arsent eng befreundeter Mann, wurde bestochen 
Ein Taglöhner, Uldri Rosset 4 ), trug Auf der Flüh, der 
wegen Podagra und der ausgestandenen Folterqualen weder 
stehen noch gehen konnte, durch das Schlachthaus an die 
Saane, wo er auf einem bereit gehaltenen « Weidling » 


') Die Informatio (S. ltV») nennt Arsent den « sororius » des 
Löubli d. i. sororis maritus nach Ducange. — Löubli war seit dem 
15. Sept. 1508 Stiftsdekan zu Bern. Er war von 1509 — 12 Pfarrer 
und Chorherr in Freiburg. — Über ihn G. Kcttig in der «Sammlung 
berniseher Biographien» Bd. 1. S. 100 ; auch Apollinaire Dellion, 
Dietionnaire des paroisses VI. S. 317 u. 358. 

’) Die Informatio (S. 105) nennt auch die Unregelmäßigkeiten, 
unter welchen die Wahl desselben zu stände gekommen war. 

a ) Informatio a. a. O. - Schreiben Franz Arsents an einen 
Ungenannten, abgedr. bei Berchtold : Histoire du canton de Fribourg, 
Bd. 11. S. 390/91 ; Original im F. St.-A. unter Geistliche Sachen 
No. 90. 

*) H. M. 34. 12. (9. August 1516). — Die Chronik Montenach 
nennt ihn Hugonin Bosset (Fol. 74 b ). 


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— 24 — 


hinübergeselzt wurde. Hier erwartete ihn Michael Glaser 
von Bern mit einem Pferd '). Dieser brachte ihn glücklich 
nach Laupen und von da nach Neuenburg. Mit Jörg war 
auch einer seiner Wächter, Hans Helbling geflohen, wäh- 
rend man seinen Genossen durch einen tüchtigen Trunk 
die Pflicht des Wachens vergessen zu machen sich hatte 
angelegen sein lassen 5 ). Dieses geschah in der Nacht vom 
10. auf den II. Januar 1511 *). 

Als am Morgen des tl. Januar die Flucht Jörgs 
bekannt wurde, erhob sich ein gewaltiger Aufruhr in der 
Stadt. Das Volk erschien in Wallen. Kincr beschuldigte 
den andern als Urheber der Flucht. Die vier Wächter 
Jörgs, die sich hatten übertölpeln lassen, wurden gefangen 
genommen und hätten das Leben eingebüßt, wenn nicht der 
Korathur Peter von Englisberg ‘) sich für sie verwendet 
hätte. Die Priesterschaft fand kein anderes Mittel, die 
Gemüter zu beruhigen, als das, daß sie eine Prozession 
durch die Stadt veranstaltete. Löubli, der Pfarrer, war 
nicht dabei ; er hatte sich schon am 10. Januar, also vor 
der Flucht Jörgs, in klarer Erkenntnis der kommenden 
Dinge davongemacht 6 ). Jetzt flohen auch andere aus der 
Stadt, so der Stadschreiber Nikol. Lombard, der Gerichts- 
schreiber Jost Zimmermann, der Abt von Hauterive u. a. 
Die Frau und die Tochter Jörg Auf der Flühs nahmen Zu- 
flucht im Franziskanerkloster. 

Gegen Arsent, der durch Verzögerung der Urteilsab- 
gabe, soviel man vorerst wissen konnte, zur Ermöglichung 
der Flucht Jörgs mittelbar beigetragen hatte, erhob sich vor 
allem der Zorn des Volkes. Er sowie der Wirt, der für die 
Verkostung Auf der Flühs gesorgt halte, der Hat Hans Krum- 

') Ebenda. — Anshelm, III. 278. 

’) Kantousbibl. Freiburg, Freiburger Geschichte, kopiert von 
einem Manuscripto Wettingensi. Msc. Fol. 64. 

’) Informatio (S. 169). — Geschichtforschor a. a. O. S. 116 IT. 

0 Über ihn : E. F. v. Mülinen in der Sammlung bernischer 
Iliogr. 1. 021. 

’) Informatio a. a. O. 


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25 


menstoll '). und Peter Jänny, der Pförtner am Rathaus, hatten 
nicht mehr fliehen können. Nach der Prozession hatten sie 
sich wieder in die St. Nikolauskirche begeben. Hier wurden 
sie von der Stimmung des Volkes gegen sie benachrichtigt 
und gewarnt, ja in der Kirche zu bleiben. Da sie dies taten 
und die Kirche nicht verließen, wurde der Verdacht auf ihre 
Schuld nur noch bestärkt. Von (50 Mann wurden sie jetzt 
den ganzen Tag und die Nacht über in strenger Winter- 
kälte ohne Speise und Trank in der Kirche bewacht, und 
da man die Wut nicht an ihnen selbst ausüben konnte, 
wurden wenigstens ihre Kirchenstühle zerschlagen und ver- 
brannt. In Massen drängte sich bald das Volk in die 
Kirche und besetzte alle Ausgänge, um die Gefangenen 
durch Hunger zu nötigen, das Asyl, das ihnen die Kirche 
gewährte, zu verlassen. Indes wußte der Klerus der Kir- 
che für ihren Unterhalt zu sorgen. 

Am 13. Januar erfuhr man durch einen der mit 
Steckbriefen ausgeschickten Boten, daß Auf der Flüh und 
Helbling nach Neuenburg entkommen seien *). Die drei 
Gefangenen wurden auf Bitten der Boten, ihrer Verwandten 
und Freunde von Bern an demselben Tage ins Franzis- 
kanerkloster gelassen und am 10. Januar wurde ihnen auf 
Bürgschaft der Verwandten hin erlaubt, in ihre Häuser 
zurückzukehren. Bei diesem Ortswechsel begleiteten sie 
jeweils auf ihre eigene Bitte zum Schulze vor der Bevöl- 
kerung zwei Venner und der Großweibel Fridli Marti *). 

Freiburg hatte bald nach der Kntdeckung des Auf- 
enthaltsortes der beiden Flüchtlinge von Neuenburg die 
Auslieferung derselben verlangt 4 ). Doch auf Befehl des 
Herzogs Ludwig von Orleans, des Gemahls der Anna von 

') Hans Krummenstoll wurde 1502 Venner, von 1503 — 08 war 
er Feldzeugmeister, von 1503 weg bis in die zwanziger Jahre des 
Jahrhunderts (das Jahr 1513 ausgenommen) sitzt er im kleinen Rate. 

*) M B. No. 5. S. 214 u. 215, No. 0. S. 137. — R. M. 28. 51 »> 
u. 52 h . — Aich. f. sch. Gesch. a. a. O. S. 1159. 

*) R. M. 28.52. — « Information a. a. O. 

*) Ansholm III. 278. 


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26 


Hochborg-Röthel n, der Herrin von Neuenburg, verweigerten 
die Neuenburger die Auslieferung '). Die Freiburger be- 
schlossen daher am 16. Januar, mit dem Banner und mit 
.'500 Mann und Geschütz nach Neuenburg zu ziehen, um die 
Flüchtlinge mit Gewalt herauszuholen *). Um der Gefahr 
eines Umbruches feindlicher Truppen in ihre Stadt aus 
dem Wege zu gehen, übergaben die Neuenburger Jörg und 
Helhling an Bern *). Der Mißerfolg des Zuges nach Neuen- 
burg übte natürlicherweise seine Rückwirkung auf die 
schon lief erregte Stimmung der Bevölkerung in Freiburg 
gegen Arsenl und Jänny. Da diese vor der Gemeinde in 
ihren Häusern nicht sicher zu sein schienen, so führten 
sie zwei Venner und der Großweibel wieder ins Franziska- 
nerklosler zurück (22. Januar). 

Wohl bald nach der Gefangennahme der vier Wächter 
des Auf der Flüh, waren diese einem Verhör unterworfen 
worden. Einer derselben bezeichnete nun in einem einfa- 
chen Verhör den Pförtner Peter Jänny als Mitschuldigen •). 
Sogleich wurde Jänny aus dem Franziskanerklosler geholt 
und in den Turm geworfen, wo er ohne Zwang ebenfalls 
in einem einfachen Verhör gestand, daß er durch Überre- 
dung von Seite Ludwig Löublis und Franz Arsonts, seines 
geleisteten Treueides vergessend, in die Flucht Auf der 
Flühs eingewilligt habe 4 ). 

Nach der Übergabe Jörg Auf der Flühs an Ilern 
halte Freiburg an den Rat dieser Stadt das Begehren um 
Auslieferung der beiden Gefangenen gestellt. Der Zufall 
wollte nun gerade, daß man zu dieser Stunde schon die 
definitive Erklärung Berns erhalten hatte, daß diesem Ge- 


’) Musee NeucliAtelois Hd. 18. S. ß-1 : Georges Auf der Flüh ou 
Souporsax, ii Neuchätel en 1511 par A. Daguet. 

’) Geschiclitbl. 9. Jahrg. S. 126. — Hauptmaun war bei diesem 
Zuge Dietr. v. Englisberg, seine Rate: Willi. ReilT und Jak. Viiguilli ; 
Peter Falk war Venner; das Banner trug Peter von Garmiswil. R. 
M. 38. äJb . 

*) Anshelm III. 278 79. 

') ’) Informatio (S. 169). Siehe dazu Exkurs No. 1. 


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27 


suche nicht entsprochen werden würde '). Es ist begreif- 
lich, daß unter diesen Umständen der Zorn des Volkes 
seinen Höhepunkt erreichte und sich gegen diejenigen rich- 
tete, die mun in Händen hatte. 

Sofort trat jetzt auf das Begehren Peter Falks der 
kleine und der große Rat zusammen und beschloß die Ein- 
kerkerung Arsents. Er wurde aus dem Kloster geholt und 
in den Schelmenturm gesteckt. Darauf machte Falk mit 
den übrigen Vennern und dem Großweibel Haussuchung in 
der Wohnung Arsents, trieben die Insassen hinaus, schlossen 
das Haus ab und nahmen im Namen der Stadt Besitz von 
Arsents Gütern. Die Frau Arsents floh nach Bern (23. 
Januar 1511 *). 

Dei' Prozeß gegen Arsent und Jänny konnte jetzt sei- 
nen Lauf nehmen. Verwandte und Freunde Arsents such- 
ten zu wiederholten Malen Gnade für Arsent zu erflehen ; 
doch ihre Bemühungen blieben ohne Erfolg. 

Diese Bittgesuche mußten um so mehr ihren Zweck 
verfehlen, ja gerade das Gegenteil von dem bewirkten, was 
sie erreichen sollten und die aufgeregte Gemeinde nur noch 
mehr zum Widerstande reizen, je mehr man sich durch 
kleine Erfolge der Gegner gewissermaßen überlistet sah. 
Das geschah gerade wieder während dieser Ereignisse. Die 
Frau des mit Jörg flüchtigen Wächters Hans Helbling, die 
im Gefängnis streng bewacht wurde, wußte zu entweichen 
und kam nach Bern. Die Folge davon war ein Aullauf und 
die Stimmung ward nachher erbitterter denn zuvor *). 

Am 17. Februar gestand Franz Arsent frei und offen, 
ohne eigentlich verhört zu werden, seine Mitwissenschaft 
an der Flucht Auf der Flühs ein 4 ). Darauf beschloß der 
Rat (20. Februar), Arsent und Jänny zur Aburteilung vor 


*) R. M. 38, 53*> u. 54. - Anshelm III. 379/80. 

') Gosch ich tforseher I. 133 33. 

*) Memorial de Fribourg Rd. IV. S.58. — Chronik Montcnach, 
Fol. 77 h . S. Exkurs No. 1 im Anhang. 

*) F. Arsent Irat gestern sein Vergicht « 4n marter » getan. R. 
M. 38. G2. — Informatio a. a. O. S. 170. 


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28 


Gericht zu stellen. Schon jetzt faßte der Rat auf Bitten 
der Freunde Arsents, in deren Namen Peter Falk sprach, 
den Beschluß, daß, falls es zur Hinrichtung Arsents kom- 
men sollte, derselbe in Rücksicht auf seine angesehene 
Verwandtschaft, seine hochgestellten Freunde und seine 
Vorfahren heimlich hinzurichten sei. und daß man den 
Verwandten die Leiche übergeben wolle, damit sie von 
diesen in der Franziskanerkirche bestattet werden könne '). 

In der Zwischenzeit schrieb Arsent aus dem Gefäng- 
nisse an die Venner im allgemeinen und an Falk im beson- 
dern *) und bat sie, ihn in seiner Not nicht verlassen zu 
wollen, sondern vor dem Rate seine Fürsprecher zu sein. 
Kinen Freund in Bern a ) bat er dringend, bei Ludwig 
Löubli alles zu versuchen, damit dieser auf sein Pfarramt 
an der St. Nikolauskirche in Freiburg verzichte, was mög- 
licherweise zur Beruhigung der Gemüter beigel ragen und 
einer bessern Stimmung gegen Arsent Platz gemacht hätte ; 
Löubli selber bat er innig, auf seine Pfarrstelle zu resi- 
gnieren, doch ohne Erfolg 4 ). Löubli scheint nicht fällig 

') Ist dann sach, daß man in richten wurd, ko söl I man in uf 
bitt s>inr fründen durch den Vänner uf der bürg dargelan, oucli in 
ansechcn sinr fründschaft und sinr vordrn in heimlich hinrichlcn 
und den fründen den iib erlouben zu den barfüßen zu begraben lassen. 
It. M. 28. «Mb . 

*) Original im F. St.-A. unter geistliche Sachen No. HO. man- 
gelhaft abgedruckt bei Berchtold a. a. O. II., No 4 im Anhang S. M91. 

') Original im F. St.-A. unter geistl. Sachen No. 90, ebenso 
bei Berchtold II. S. 390. Anh. No. 4. — Vergl. auch Chr. Monte- 
nach Fol. 77 1 ' u. 78. — Wie aus dom Schreiben hervorgeht, ist der 
Adressat einer von denen, die i. J. 150« mit Arsent eine Jerusaleui- 
fahrt unternahmen und zwar offenbar ein Berner. Reiaegenosssen Ar- 
sents aus Bern waren damals Hans Rud. v. Scharnachthai, Kasp. von 
Müliuen und Bastian von Stein. (Chr. Montenach Fol 123). Die 
Frage bleibt offen zwischen Hans Rudolf von Scharnachthai und 
Bastian von Stein, die beide in der folgenden Ratssitzung vom '25. 
Februar zu Gunsten Arsents zu vermitteln suchten. R. M. 28. l>4 h . — 
Darüber auch Max von Diesbaeh in Nouvelles Etrennes fribourgeoises 
1891. S. 67. ff. 

*) Chr. Montenach Fol. 78 u. 7Ö h . 


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29 


gewesen zu sein, diese für ihn doch unhaltbar gewordene 
l'farrstellung dem Leben des Verwandten und Freundes, 
der ihm doch diese Stellung selber verschafft hatte, zum 
Opfer zu bringen. 

Am 6. März erschienen die Abgeordneten der Stände 
Bern, Luzern, Unterwalden, Zug und Solothurn und baten, 
in Anbetracht der langen Gefangenschaft Arsents und 
.1 Sonys und der Angst und Schmach, die sie bei dem öftern 
Erscheinen vor Gericht erduldet, Gnade walten zu lassen 
und die Gefangenen freizugeben '). Am 7. März wieder- 
holten sie im Verein mit den Freunden Arsents diese Bitte. 
Sie wurde ihnen beide Mal abgeschlagen. Mit der weitern 
Bitte, den Prozeß bis nach Miltefasten (26. März) zu ver- 
schieben. erreichten sie wenigstens so viel, daß man be- 
schloß, die Rückkehr einiger Bäte und Bürger abzuwarten, 
die auf dem Markt in Genf sich befanden, von wo sie nach 
einer Frist von 6-8 Tagen zurück sein konnten *). Denn 
in Freiburg besaß der kleine Kat das Blutgericht. IJm ein 
Todesurteil fällen zu können, mußten mindestens zwölf Bais- 
mitglieder zugegen sein. Der große Bat hatte nur Stimme 
bei der Begnadigung s ). 

Trotz dieses Beschlusses — es mochte ihnen die Gele- 
genheit besonders günstig erscheinen — ließen am 10. März 


') Offenbar erschienen die Gesandten infolge der Beschlüsse 
der Tagsatzung vom 3. Februar, an welcher auch Falk teilnahm 
(Eidg- Absch. No. 391 d.) und vom 19. etc. Februar (Eidg. Abseh. 
N. 394 b). Es kanten von Bern : Kitter Bastian vorn Stein, Peter 
Tittlinger, Hans von Wyngarten, Simon Schöni und Peter Torman ; 
von l.uzern : Melchior Zurgilgen ; von Unterwalden : Ammann zum 
Höfen; von Zug: Seckeimeister Stöcker und von Solothurn: Bene- 
dikt Hugi. Im Namen der Gesandten führte Melchior Zurgilgen das 
Wort. R. M. 38. ti»i. 

*) ln der Gerichtssitzung vom 7. März waren anwesend die 
Kate: Dietr. v. Englisberg (Statthalter), Perroman, Velg, Tochter- 
mann, Villing, Nusspengel, Werli, Hans Falk, Schwendi, Fries» und 
Gäeh (dazu die 4 Venner). R. M. 38. 67. — Geschichtforscher 1. 
S. 137. 

*) Simler a. a. O. S. 490. 


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30 


die Tags zuvor angekommenen Gesandten und Freunde Ar- 
sents die anwesenden Räte und Rürger versammeln und 
erlangten, daß ihnen irgend eine günstige Zusage, die wir 
nicht kennen, gegeben wurde. Riese Zusage wurde aber 
schon am 11. März zu rück genommen und zwar auf das 
Drängen eines Mannes, der in der Sitzung vom 10. März 
nicht anwesend war '). 

Am 18. März wurden beide. Franz Arsent und Jänny, 
vor Gericht gestellt, um ein endgültiges Urteil zu verneh- 
men. Der Spruch lautete dahin, daß Peter Jänny, obwohl 
des Hochverrates schuldig erkannt, aus besonderer Gnade 
mit dem Schwert hingerichtet werden und sein Vermögen 
der Stadt Freiburg zu kommen solle *). 

Auch Alt-Schultheiß Franz Arsent wurde des Hoch- 
verrates schuldig erklärt und verurteilt, « aus besonderer 
Rücksicht und Gnade » mit dem Schwerte hingerichtet zu 
werden. Vor der Exekution des Urteils sollte er noch der 
Abzeichens seiner Ritterwürde entkleidet worden. Seine 
Güter fielen ebenfalls der Stadt anheim 8 ). 

') Gesell ich tforscher h. a. O. S. 127. Der Herausgeber vermutet, 
es sei Falk gewesen. Vergl. Exkurs I. 

») R. M. 28. 88h . 

*) Zinstag vor oeuli 1511 presentes: Endlisberg scultelus, Per- 
romann, Velg, Tochtermann, Stoß, Larin, Stutler, Villing, Werli, 
Nusspengel, Swendi, Ramü, Friess, Gay: Venner : Valk, Sneuii, 
Gurni u. Schmid, dazue min lierrn die burger von Herrn Frantz Ar- 
sent und Peter Kiirssners (Jänny war ein Kürschner) sach wogen. 

Noch verhörung Peter Jännys vergicht, so ist er us besundern 
gnaden, wiewol sin Handlung u ( vcrrelcrie dienet an das swert er- 
kannt und sin teil des gutz ininen gnäd. Herrn der Statt Friburg, 
den rechten gelten unschädlich. 

Darnach ist oucli der Franz Arsent für gericht gestelt, sin ver- 
gicht geläsen, dero er anred worden ist. So hat recht und urteil 
geben, das man im den ritterlichen orden abnemen und darnach us 
gnaden und nit nach siner verräterliehen Handlung, das er mit dein 
swert gericht werd, sin teil des gutz mit wib und kind minen herrn 
der Statt E r riburg erkant, den gelten an schaden. Protokoll der Sit- 
zung vom 18. März 1511. R. M. 28. 08 1 ’ . — Gesell iehtforscher a. a. 
O. S. 12y u. 110. — An diesem Tage war auch noch eine Gesandt- 
schaft vom Herzog von Savoyen angekommen, die für Arsent Für- 
bitte einlegte. R. M. ebenda. 


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31 


Di« Hinrichtung scheint unmittelbar nachher noch am 
gleichen Tage, am 18. März 1511, vollzogen worden zu sein. 
Warum man den frühem Beschluß umstürzte, wonach Arsent. 
im Falle es zur Hinrichtung kommen sollte, nicht öffentlich, 
sondern heimlich, d. h. mit Ausschluß der Öffentlichkeit 
hingerichtet werden sollte, ist uns nicht bekannt. Wahr- 
scheinlich wollte man sich das Ansehen def Unparteilich- 
keit nach außen wahren und Arsent nicht rücksichtsvoller 
behandeln als den Wächter Peter Jänny, der an der Ange- 
legenheit keine größere Schuld trug als Arsent. Gefaßt 
und ergeben schickte sich Arsent in das harte Urteil. Sein 
Leichnam wurde seinen Verwandten übergeben, die ihn in 
der Franziskanerkirche links am Hingänge beisetzten und 
ihm dort eine Gedenktafel errichteten '). 

* * 

* 

Hei dem ganzen Prozesse gegen Auf der Flüh sowohl 
wie gegen Arsent hatte sich ein Teil des Volkes und der 
Bäte von blinder Abneigung gegen die Angeklagten und 
Parteilichkeit leiten lassen. Diese feindselige Stimmung hatte 
immer, mehrmals sogar von Seiten der Angeklagten und 
ihres Anhanges selber, neue Nahrung erhalten. Dadurch- 
wurde allmählich der Erbitterung der gegnerischen Gemeinde 
aufs Äußerste gesteigert, die nun ungestüm das Verderben 
der Angeklagten forderte. Ja in der Wut vergaß man ge- 
legentlich sogar den Parteistandpunkt, den man vertrat. Die 


') Dietrich von Griglisbcrg entkleidete Arsent seiner Ritter- 
würde vom hl. Grabe; barfuß und barhaupt (Arsent schnitt sich 
selber die Strümpfe von den Füßen, um barfuß gehen zu können) 
schritten die Gefangenen unter dem Klange der neuen großen Glocke, 
die zu einem solchen Zwecke zum ersten Mal gelautet winde, durch 
die Stadt zum neuen Richtplatz beim Weihertor. Gesell ich tforscher 
I. 131. — Anshelm III. 280 nennt als Tag der Hinrichtung den 2f. 
März, was offenbar unrichtig ist. Im Gegensatz dazu nämlich steht 
der Bericht des Ratsmanuals 38. <5!) vom 20. März : Die gegenwärti- 
gen Unruhen sollen abgestcllt werden, « diewil doch Franz Arsent 
und Beter Jänny, die rechten schuldigen sächer dorumh gelitten 
haben» 


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32 


Stimmung wurde wegen der Umtriebe Löublis so, daß die 
Freiburger die Pfarrkirche St. Nikolaus wie verpestet mieden 
und vom Papste selber, der doch wahrlich nicht daran 
schuld war, daß der Priester Löubli den Freiburgern einen 
so schlimmen Streich gespielt hatte, sagten, der Papst sei 
der « nequissimus vir » '). 

Was Peter Falk anlangt und den Anteil, den er an 
diesem Prozesse nahm, so ist nicht zu leugnen, daß sein 
Vorgehen besonders hei denen, die den Verhältnissen ferne 
standen, als höchst egoistisch und brutal erscheinen mußte. 
Man kann ihm auch tatsächlich den Vorwurf nicht ersparun, 
daß er — obwohl oberster und erster Vertreter der Bürger 
— sich doch allzu sehr vom blinden Volkswillen leiten und 
tragen ließ. Vielleicht wäre es ihm — allerdings auf die 
Gefahr hin, seine Existenz zu vernichten — bei seinem 
großen Einlluß auf das Volk gelungen, dessen bessere Em- 
pfindungen wachzurufen. Hingegen die Verurteilung Arsenls 
lediglich auf einen Bacheakt Falks zurückführen zu wollen, 
was die bisherigen, auf einseitiger Berichterstattung fu- 
ßenden Darstellungen tun, ist durchaus falsch. (Vergl. Ex- 
kurs im Anhang N° 1). 

' Mit dem Tode Arsenls war freilich der Prozeß beendet, 
aber die Buhe noch lange nicht wieder hergestellt, beson- 
ders unter dem Volke, während in den regierenden Kreisen 
der Aufregung bald eine sehr nüchterne Stimmung folgte. 
Die Hegierung mußte sich gerüstet halten, die Vorwürfe, 
die ihr jetzt von Arsenls Freunden und Verwandten wegen 
des allzustrengen Gerichtverfahrens gemacht wurden, zurück- 
zuweisen und zu widerlegen. Dieses wollte ihr allerdings 
nicht recht gelingen, sodaß sogar ächte Freunde Freiburgs 
sich nicht enthalten konnten, ihrem Zweifel Ausdruck zu 
geben, Freiburg möchte an Arsent einen Justizmord began- 
gen haben *). Ein Glück für Freiburg, daß jetzt andere 

’) Informatio (S. 170). 

’) Anzeiger N. F. III. S. 294 : Lettre de Ludovic Stcrner A 
Hans Teelitermann, ancien bourgmestre de Frilxiurg par Alex, üaguet. 




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33 


Tagesfragen auftauchten, die geeignet waren, diu Blicke 
von ihnen ab und auf andere Dinge hinzulenken. 

* * 

* 

Im Jahre 1508 war Jean de Furno, ein armer savoyischer 
Edelmann, der vorher Schreiber des Herzogs gewesen, nach 
Freiburg gekommen in der Absicht, wegen einer Beleidi- 
gung, die ihm der Herzog zugefügt, an demselben seine 
Bache auszulassen. Er übergab zu dem Zwecke den beiden 
Städten Bern und Freiburg eine testamentarische Schenkungs- 
urkunde des verstorbenen Herzogs Karl II. von Savoyen, 
die zu Gunsten beider Städte 350,000 rh. Gulden bestimmte. 
Da infolge dessen der Herzog die Güter De Furnos mit Be- 
schlag belegte und dessen Verwandte und Freunde in Sa- 
voyen verfolgte, so gab dies De Furno Anlaß, dasselbe auch 
bei den Orten Zürich, Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden, 
Zug, Glarus und Solothurn zu versuchen. Er wies densel- 
ben also eine ähnliche Urkunde vor wie ehedem Bern und 
Freiburg. Nach derselben beschenkte sie der verstorbene 
Herzog mit einer Summe von 800,000 rh. Gulden (Nov. 1510). 
Dem Herzog gelang es, die Unechtheit der Urkunde nach- 
zuweisen, er verweigerte darum die Auszahlung. Dieses 
führte zu einem Zug einiger eidgenössischer Orte, Uri und 
Schwyz voran, gegen Savoyen (Juni 1511) Indessen wurden 
doch in Solothurn die Friedenspräliminarien aufgestellt ; die 
Truppen wurden zurückberufen. Der definitive Friede kam 
in Bern am 17. Juni 1511 zu stände. De Furno scheint 
auch mit Falk auf gutem Fuß gestanden zu haben. Im 
Jahre 1512 beglückwünschte er Falk zu seinen Erfolgen auf 
dem Pavierzug und lud ihn, seinen gemeinen Charakter 
nicht verläugnend, zu einem Gastmahl ein, das er bei der 
Kückkehr Falks im Hause Arsents, welches er soeben er- 
standen hatte, geben wollte '). 


') Vergl. Anzeiger N. F. III. S. 395 und Quellen zur Schwei- 
zergesch. Bd 20. Einleitung S. XLIX. — Schreiben des Furno an 
den Hauptmanu der Freiburger Truppen in Italien, Peter Falk, iiu 
Anzeiger N. F. IV. S. 313 durch Daguet. Nur begann die Belage- 

3 


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34 


Kap. 6. 

Falks weitere Beamtungen. Der kalte Winterzug im 
Jahre 1511. Der Pavierzug 1512 '). 

Nach diesen stürmischen Ereignissen trat Falk am 24. 
Juni 1511 in den kleinen Hat ein, während sein Bruder 
Hans, der diesem Hate seit 1507 angehört hatte, zurück- 
trat *). Einen Monat später, am 15. Juli, wurde Peter Falk 
auch zum Bürgermeister ernannt 8 ). 

Unterdessen drohte eine neue kriegerische Verwicklung 
mit Mailand. Auf dem Chiasserzuge (1510) waren drei eid- 
genössische Staatsläufer, ein Berner, ein Schwyzer und ein 
Freiburger 4 ) vom französischen Kommandanten des Schlosses 
in Lugano gefangen genommen und eingekerkert worden. 
Der Berner konnte nach langer Gefangenschaft entfliehen, 
von den beiden andern wurde der eine erstochen, der andere 
ertränkt. Die Kunde von diesen Ereignissen rief in der 
Schweiz eine unglaubliche kriegerische Stimmung wach. 
Die Schwyzer vor allem schrien nach Hache. Ihnen schlossen 
sich bald mit mehr, bald mit weniger Begeisterung die 
übrigen Orte an. Die Tagsatzung suchte zurückzuhalten 
und zu vermitteln. 

Freiburg halte auf die erste Aufforderung von Schwyz 
am 20. Oktober die Aushebung von 500 Mann beschlossen 
und diesen den Bürgermeister Peter Falk zum Haupt- 


rung von Pavia erst am 14. Juni, das Schreiben (vom 14. Juni) 
kann sich daher noch nicht auf die Einnahme dieser Stadt beziehen, 
wie Daguet glaubte. 

') Fuchs: Oie mailünd. Feldzüge der Schweizer Bd. III. S. 
127. tl. — Köhler: Les Suisses dans les guerres d'ltalie. — Glut/ — 
Biosheim : Gesell, d. Eidgenossen Bd VI. S. 230 II. 

’) Lt. B. B. 

s ) li. M. 29. 7" . 

*) Hentz Kummo von Freiburg, II. R. 1511. 


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35 


mann gegeben *). Über Bern, Burgdorf und Luzern mar- 
schierten die Freiburger mit ihren sechs Geschützen dem 
Gotthard und Italien zu *). Langsam und ohne Ordnung 
folgten die verschiedenen Orte. Es brauchte über zehn 
Tage, bis alle in Varese zusammengekommen waren. Fürch- 
terliches Hegenwetter machte fast jede Operation zur Un- 
möglichkeit. Bald stellte sich auch Mangel an Geld ein ; 
die Disziplin der schweizerischen Truppen wurde immer be- 
denklicher. Dazu begann der französische Feldherr Gaston 
de Foix den Kleinkrieg gegen die Eidgenossen. Zwar rückten 
sie vor bis nach Mailand, aber überall wichen ihnen die 
Feinde aus. Daher beschloß man, das Feld zu räumen (20. 
Dez. 1511). Schon jetzt hatte die Zügellosigkeit und Un- 
gebundenheit so überhand genommen, daß es schlechterdings 
unmöglich war, die Ordnung wieder herzustellen a ). Mit 
dem Beschluß zurückzukehren aber lösten sich die Bande 
jeglicher Ordnung. Keine Autorität galt mehr. Mordend 
und brennend zogen die einzelnen Kontingente der Heimat 
zu. Am 31. Dezember langten auch die Freiburger zu 
Hause wieder an. 

Am 5. Oktober schon war zu Rom zwischen dem Papste, 
dem König von Aragon und den Venetianern die hl. Liga 
geschlossen worden zum Zwecke der Vertreibung der Fran- 
zosen aus Italien 4 ). Durch Schreiben des Papstes vom 26. 


') R. M. 29. 34b. — Seine Räte waren : Wilh. Reiff, Niki. 
Nusspengel, Hans Schmid und Ulli Schnewli. Venner war der Ven- 
ner auf der Burg Niki. Burger (auch Bourgey od. Borgey). Die R. 
M. nennen diesen Burger «Hans», das Besatzungsbuch und die Chro- 
nik von Pavilliard (Anzeiger V. S. 21/.) o Nikolaus » und die Chro- 
nik des Ludw. von Affry (Anzeiger 1901. No. 3. u. 4) « Peter ». Das 
Banner trug Peter von Garmiswil auch (von) Garmiswil(er]. R. 
R. d. J. 1511 ; R. M. 29. 34b, 42 u. 43. 

’) Aus der Kriegsrechnung Peter Kalks von diesem Zug, F. St.-A. 
Kriegswesen, den Reisrödeln beigelegt. — C. G. VIII. 25. F. a. F. 

’) Anshelin III. 261. 

*) Über das Abkommen der Eidg. mit der hl. Liga vergl. 
Köhler S. 285—323. — Fuchs II. S. 305. ff. — Gisi : Der Anteil der 
Eidgenossen an der europ. Politik in den Jahren 1512—16. Schaff- 
hausen 1866. S. 35. ff. 


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36 


Dez. 1511 wurden auch die Eidgenossen zum Beitritt auf- 
gefordert. Nach langem Schwanken und Zögern erklärte 
auch die Tagsatzung den Beitritt. Es wurde nun auch so- 
fort der Befehl erlassen, daß alle Truppen am 6. Mai in 
Chur sich cinzufinden hätten. 

In wenigen Tagen stand ein schweizerisches Heer von 
24,000 Mann auf dem Kriegsfuß 1 ). Freiburg stellte 400 
Mann s ) ; ihr Hauptmann, der schon am 26. April ernannt 
worden, war wiederum Bürgermeister Peter Falk s ). Große 
Eile hatten die Freiburger nicht, denn als nach Vorschrift 
der Tagsatzung sie schon in Chur hätten sein sollen, da 
marschierte ihr Kontingent erst von Freiburg ab 4 ). Auch 
waren die Freiburger mangelhaft ausgerüstet“). Von Chur 
rückte des eidg. Heer in Eilmärschen über die Lenzerhaide 
und den Albulapaß ins Engadin und über den Ofenpaß ins 
Münstertal und Etschtal *). In Trient wählte das Heer den 
Freiherrn Ulrich von Hohensax zum Anführer. Am 25. 
Mai erreichte man Verona T ). Auch die Truppen des Papstes 
und der Venetianer rückten jetzt ins Feld. Schinner über- 
reichte den schweizerischen Hauptleuten als Gesandter des 
Papstes die Geschenke desselben : Ein goldenes Schwert 
und einen Herzogshut 8 ). Von Villafranca zog das vereinigte 

‘) Gisi a. a. O. S. 4«. - Köhler 323. fl. - Fuchs S. 330 ff. 

— Glutz-Blozheim Bd 6. S. 262. ff. 

’) Chronik von Pavilliard S. 217. 

*) R. M. 29. 77" . — Seine Kriegsräte waren : UUi Schnewli, 
Ludwig Pavilliard und Tsehan Pavilliard ; Venner war Jakob Tech- 
termann, Fähnrich : Hans Heymo. R. R. d. J. 1512. 

•) R. M. 29. 79b u. 80" . - Chr. d. Pavilliard (S. 217). 

‘) F. a. F., Trient vom 22. Mai 1511, C. G. VIII. 71. 

*) Auszug aus Burkhards von Erlach Rechnungsbericht im Ge- 
schichtforscher Bd I. S. 213. — Kollier (S. 332. Anmerk.) nenntden 
Übergeber des kaiscrl. Geleitbriefes Georg von Birchenstein und als 
den Ort der Übergabe Glarus. Das Ganze stützt sich auf eine irr- 
tümliche Lesung von Fuchs (S. 335. Anmerk. 92.) aus dem Briefe 
Falks in C. G. VIII. 71. Der Übergeber heißt Jörg von Lichtenstein 
und der Ort Glurns. 

’) C. G. 71. a. a. O. — Glutz-Blozheim VI. Anhang. No. 19. 

— Gesell ich tforscher I. 213 fl. — Anshelm III. 314. 

') Anshelm III. 318. — Glutz-Blozheim a. a. O. Anhang No. 19. 


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37 


Heer der Schweizer und Venetianer in ununterbrochenem 
Siegesläufe über Valleggio bis Cremona. Nirgends begeg- 
nete ihnen energischer Widerstand. Durch aufgefangene 
Briefe des Feindes — Peter Falk übertrug sie den Haupt- 
leuten in deutsche Sprache — hatten die Verbündeten 
übrigens die mißliche Lage der Franzosen kennen gelernt. 
Cremona ergab sich nach kurzen Unterhandlungen. Am 8. 
Juni zog Schinner, begleitet von etwa 1000 Mann, wie ein 
Triumphator und Befreier in die Stadt ein und wurde 
jubelnd empfangen. Der Hauptmann von Bern, Burkhard 
von Erlach und Peter Falk ritten an seiner Seite ; nie- 
mand anderem gewährte er diese Ehre, obwohl viele Edle 
aus Venedig und Mantua zugegen wuren *). Von da folgten 
Eidgenossen und Venetianer den zurückweiehendon Franzosen 
auf dem Fuße bis nach Pavia. Am 14. Juni begann die 
Belagerung der Stadt s ). Nachdem die Belagerung einige 
Tage gedauert hatte, drangen etwa 100 Eidgenossen ohne 
Wissen der Hauptleule in die Stadt ein. Sobald es ihnen 
möglich wurde, riefen sie auch die übrigen Eidgenossen 
von den Mauern aus zur Hülfe herbei. Diese stutzen zu- 
erst, sie glaubten an eine Kriegslist der Franzosen 3 ). Aber 
auf einmal kam eine gewaltige Bewegung ins eidgenössische 
Heer, jeder eilte, wie er nur konnte, über die Bollwerke in 
die Stadt; das Freiburger Fähnlein unter Peter Falk, ge- 
tragen von Hans Heymo, war das erste, das die Mauern 
überstieg *). Bald waren die Feinde aus der Stadt hinaus 
und über die Brücke des Tessin gejagt "). 

Groß war die Beute der Sieger, besonders an Kriegs- 
material. Vier Fähnlein der Landsknechte hatte man erbeutet. 
In einem Hause außerhalb der Stadt fanden die Freiburger 
ein ganz neues Banner, ein sog. Hoßbanner, wie solche die 

') C. G. VIII. 73, F. a. F., Pavia vom 19. Juni. 

*) Glutz-Blozheim VI. Anhang No. 20. 

’) Zuinglii Opera IV. 170 Traktat über die Schlacht bei Pavia. 

♦) C. G. VIII. 73. a. a. O. 

*) Zwinglii Opera IV. S. 171. a. a. O. — C. G. VIII. 73. 
a. a. O. 


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38 


Reiterei führte, von ausgezeichneter Schönheit. Es wurde 
ihnen als Eigentum gelassen '). Eine Stadt um die andere 
unterwarf sich jetzt der Liga. 

Der Papst gab zum Dank den Eidgenossen den Titel : 
Beschirmer der Freiheit der Kirche. Als Zeichen der An- 
erkennung ihrer Treue ließ er ihnen zwei Ranner übergeben’). 
Zudem erhielt jedes Ort überdies eine eigene Fahne mit der- 
jenigen Verzierung, die es wünschte. Freiburg wählte auf 
den Vorschlag Falks als Fahnenbild die Darstellung, wie 
Veronika Jesus das Schweißtuch darreicht 8 ). 

Nach der Einnahme Pavias ergaben sich die Soldaten 
dem üppigsten Lagerleben. Aber bald entstand Mangel an 
Geld und Lebensmitteln. Das Leben in Saus und Braus, 
der schnell darauffolgende Mangel, sowie die Sommerhitze 
und die sumpfige Gegend, das ganz ungewohnte Klima über- 
haupt erzeugten in diesen Tagen vielfach Krankheit unter 
den Truppen. Unter den Freiburgern waren es besonders 
die Oberländer aus den Gegenden von Greyerz und Charmey, 
die mit Krankheiten heimgesucht wurden, während die Unter- 
länder sich widerstandsfähiger erwiesen, so daß nur wenige 
von ihnen erkrankten *). 


’) C. G. VIII. 73. a. a. O. — Reproduzierte Abbildung in Fri- 
bourg artistique ä travers les äges, 1893. Tafel XV. ; dazu Beschrei- 
bung von Max v. Diesbaeh. 

’) Anshelm III. 396 u. 398. — Abgebildet in Stumpf: Gemei- 
ner löbl. Eidgenossenschaft, Stetten, Landen und Völkern Chro- 
nikwirdige Thatenbeschreibuug, Zürich 1000, S. 460, nebst den frü- 
hem Geschenken, dem Schwert und dem Herzogshut. (Diese beiden 
letzten Gegenstände im Landesmuseuni in Zürich aufbewahrt). 

*) Falk (C.. G. VIII. 85) machte in seinem Schreiben vom 3. 
Juli seinen Herren den Vorschlag, dieses Fahnenbild zu wählen. Wohl 
hatte er bei Schinner seinen bezüglichen Wunsch schon früher ge- 
äußert, trotzdem zeitlich das Schreiben Schirmers an Freiburg (1. Juli) 
früher abgefaßt ist als dasjenige Falks. F. St.-A., Geist). Sachen No. 
61 u. 93, abgedruckt bei Borchtold a. a. O. II. S. 39T). — F. a. F. (C. 
G. V 1 1 1 . 75.) — Die Fahne ist abgcbildet in Fribourg artistique a. a. 
O. 1897. Tafel XVI. 

') C. G. VIII. 85. a. a. O. 


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39 


Am 4. oder 5. Juli verließ das Heer der Verbündeten 
Pavia und zog gegen Alessandria. Doch die Krankheiten 
mehrten sich in den sumpfigen Gegenden um Alessandria. 
Scharenweise verließen beurlaubte Kranke in Begleitung von 
gesunden Kriegsknechten das Heer, das bis Mitte Juli 
höchstens noch 12,000 Mann zählte '). Nach verschiedenen 
Beratungen wurde dann beschlossen, heimzuziehen *). Am 
24. Juli verließen 4 — 5,000 Eidgenossen Alessandria und 
zogen — Bern, Freiburg und Solothurn mit ihrem Geschütz 
über den großen St. Bernhard — in die Heimat zurück. Mit 
sich führten sie die Beute und die geschenkten Banner*). 
Falk hatte eine Anzahl Beutestücke, worunter acht oder 
neun sehr schöne Banner, die seinen Einzug in Freiburg 
als Siegestrophäen verherrlichen sollten, schon zum Voraus 
heimlich an seine Frau nach Freiburg geschickt 4 ). 

Ende Juli und anfangs August erschienen die Truppen 
wieder in der Heimat und wurden allenthalben mit Ehren- 
bezeugung und Freude empfangen. Am 4. August langte auch 
Falk in Freiburg wieder an *). Die ganze Stadt war in 

’) C. G. VIII. 74. Schreiben F. a. F., Alessandria vom 16. Juli. 

— Geschichtforscher 1. S. 226 u. 227. 

’) C. G. VIII. 75. Schreiben F. a. F. Alessandria vom 23. Juli. 

*) Anshelui 111. S. 331. — Geschichtforscher 1. 226, 226 u. 247. 

- C. G. VIII. 75. a. a. O. 

') Anzeiger 111. 335. Wir stimmen im allgemeinen den Aus- 
führungen von Daguet vollkommen bei ; nur in einem Punkte müs- 
sen wir aber Max von Diesbach (Fribourg artistique 1897, Tafel XVI) 
beipllichtcn, dat> nämlich Falk die Fahnen aufbewahren wollte bis 
zu seinem feierlichen Einzug in die Stadt, wo sie die Feier des Ein- 
zuges zu einem Triumphzug gestalten sollten. Freilich sollten sie 
später nach dem Wunsche Falks die St. Nikolauskirche zieren, wenn 
sie eiumal zum Kollegiatsstift erhoben würde. Aber der Zeitpunkt 
der Errichtung des Stiftes war im Juli 1512 doch noch zu weit in 
der Ferne liegond. — Eine dieser Fahnen, die des Grafen von Pavia, 
ist abgebildet in Fribourg artistique a. a. O. 1896. Tafel XVII, Be- 
schreibung von Stajessi. 

s ) Chronik des Anton Pavilliard S. 217. — « Den jungen kna- 
ben, so den panner und venline entgegen zogen sind für wissbrot, 
lepkuchen und in barem gelt für ir usrüstung, Wartung des houpt- 
manns und gemeiner knechten etc. 8 ff 10 s. 6 d. # S. R. von St. 
Johann zu Weihnachten 1512. 


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40 


Festfreuden. Am 6. August erstattete er dem kleinen und 
großen Rate der Stadt Bericht über den italienischen Feld- 
zug, worauf ihm und seinen Truppen von der Regierung 
alle Anerkennung für diesen ehrenvollen Zug ausgesprochen 
wurde. Auch ein päpstliches Breve spricht Falk und den 
Freiburger Truppen für ihre ausgezeichnete Haltung den 
Dank des Papstes aus ’). 


Kap. 7. 

Falks römische Gesandtschaft (Nov. 1512 — Mai 1513). 
a. Sein erster Aufenthalt in Rom (Nov. -Dez 1512). 

Die Rückeroberung Mailands war vor sich gegangen, 
ohne daß man zum Voraus bestimmt wußte und abgemacht 
hatte, was für eine Regierung im Falle des Gelinges des 
Feldzuges in Mailand einzuselzen sei s ). Während des Feld- 
zuges begannen indes, von den Schweizern angeregt, die 
bezüglichen Verhandlungen. Als dann am 11. August 1512 
die Tagsatzung zu Raden sich für die Einsetzung des 
jungen Maximilian Sforza aussprach, da erklärten sich der 
Papst, Venedig und Mailand mit diesem Plane einverstanden. 

Der Kaiser war bisher der hl. Liga noch nicht beige- 
treten, denn noch immer stand er im Kriege mit Venedig. 
Da aber beide Teile hartnäckig sich zeigten, der Kaiser 
weder seine Forderungen mildern, noch auch Venedig diese 
gewähren wollte, so bestand keine Aussicht auf eine end- 
liche Verständigung. Um durch einen Umschwung in der 
politischen Konstellation vielleicht doch zum Ziele gelangen 
zu können, trat jetzt der Papst zum Schaden für Venedig 
auf Seite des Kaisers. Um aber nicht willenlos dieser neuen 
politischen Richtung sich hingeben zu müssen, auch um 
Venedig nicht erdrücken zu lassen, lud der Papst die Schwei- 


') R. M. 30. 7. - Vgl. Berclitold II. S. 395. 
’) Vergl. Kollier S. 421. ff. 


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41 


zer, an denen er eine Stütze zu finden hoffte, nach Rom ein '). 
Er verschwieg ihnen aber seine Abmachungen mit dem 
Kaiser und den Vertrag gegen Venedig. In der Schweiz, 
wo diese Einladung am 29. September bekannt wurde, be- 
grüßte das Volk sie freudig. Eine Gesandtschaft von den 
verschiedenen Orten wurde auserwählt, um die Reise nach 
Italien anzutreten *). 

Peter Falk war von seinen Herren als Vertreter Frei- 
burgs zu dieser Sendung abgeordnet worden. In seiner 
Begleitung befand sich der neue Pfarrer von St. Nikolaus, 
der Leutpriester Nikolaus Bugniet ’). Am 18. November 
langten die eidg. Gesandten in Rom an , ). Der päpstliche 
Gardehauptmann Kaspar von Silenen war ihnen bis Florenz 
entgegen gegangen 6 ). In der feierlichsten Weise hielten 
sie darauf am 20. November ihren Einzug in die Stadt. 

Unterdessen aber war die Arbeit, um deretwillen die 
Schweizer nach Rom berufen worden waren, schon getan 
worden. Die Friedensunterhandlungen mit Venedig hatten 
sich zerschlagen ; der Papst hatte die Anträge des Kaisers 
gegen Venedig angenommen, und der Kaiser war der Liga 
beigetreten. 

Damit nun die Schweizer nicht sogleich erfahren 
sollten, was geschehen war, wurden ihnen in einem vom 


') Köhler S. 479. — In oltizicllen Kreisen scheint übrigens diese 
Einladung schon früher bekannt geworden zu sein. In Freiburg 
steht schon im Protokoll der Ratssitzung vom 34. September die Ein 
tragung : Bedenk dem Bürgermeister Falken eredenz und instruction 
gan Rom zue machen. R. M. 30. 18 b if. 

’) Instruktion an Falk in R. M. 30. 2t. 

’) M. d. W. v. P. S. 259. Unser pfall, der mit dir geritten ist, 
wellest mir fast grüesson, und daß er sich forderlich harus mache. 
Schreiben des Hans Falk an Peter Falk nach Rom. 

*) Die Namen der Gesandten nennt Anshelm III. 345. — Vergl. 
Köhler S. 505. 

*) Köhler ebenda. — Anshelm III. S. 345. — Auch im Ge- 
sandtschaftsbericht des Ritters und Schultheißen Dietrich von Englis- 
berg und Peter Taverniers au Freiburg vom 10. Dez. 1512 (Mailand,). 
C. G. VIII. 81. 


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42 


Vatikan entfernten Stadtviertel Herbergen angewiesen. Erst 
vier Tage nach ihrer Ankunft wurden sie zur päpstlichen 
Audienz zugelassen. Doch ihre Anliegen, die sie im Namen 
der Eidgenossenschaft vorbrachten, die alte Forderung des 
Soldes vom Chiasserzug her und die Befreiung der heimat- 
lichen Pfarreien und Pfründen von den Kurtisanen, wurden 
rundweg abgeschlagen. Am 25. November, nachdem den 
Schweizern schon vorher der kaiserliche Statthalter Mat- 
thäus Lang bezügliche Andeutungen gemacht und sie aufge- 
fordert hatte, von Venedig abzulassen, wurde nach einem 
feierlichen Aufzug des Papstes und aller Gesandten (Vene- 
digs ausgenommen) nach Santa Maria del popolo das Bünd- 
nis in feierlicher Weise verkündet. Die Überraschung und 
der Unwille der Schweizer war groß, da sie sahen, welches 
Spiel man mit ihnen getrieben hatte '). Um sie zu beru- 
higen, sah sich der Papst genötigt, am folgenden Tage in 
aller Frühe sie in geheimer Audienz zu empfangen. Der 
Papst machte ihnen den Vorschlag und bat sie, ihre Bot- 
schaft samt der Seinigen nach Venedig zu senden, um 
alles zu versuchen, damit Venedig den Frieden annehme 
und Buhe und Frieden in Italien hergestellt werden möchte. 
Die schweizerischen Abgesandten waren mit dem Antrag 
einverstanden. Hans von Erlach von Bern und Bürgermeister 
Peter Falk wurden als Abgeordnete nach Venedig ausersehen. 
Der Papst bestimmte zu seinem Vertreter den Bischof Jo- 
hannes Stafileo. 

Falk hatte von seiner Begierung den Auftrag erhallen, 
eino Anzahl Bittgesuche an den Papst zu bringen. Beson- 
ders handelte es sich dabei um die Genehmigung der Wahl 
des Nikolaus Bugniet zum Pfarrer von St. Nikolaus und die 
Erhebung dieser Pfarrkirche zu einem Kollegiatsstift. Doch 
erst am 5. Dezember erhielt er, nachdem er den ganzen 
Tag in St. Peter ad vincula hatte stehen und warten müssen, 
mit großer Mühe spät in der Nacht Zutritt zum Papste ’). 

') Anshelm III. 340. — Köhler S. 512. 

’) F. a. F., Koni vom 6. Dez. 1512. C. G. VIII. 72. 


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43 


Die Audienz war aber nur ganz kurz. Falk übergab ihm 
die « Informatio Dominorum Friburgensium », die Erläute- 
rungen der Herren in Freiburg über die Anteilnahme Ludwig 
Löublis an der Flucht Auf der Flühs und ihren Folgen, 
um darzutun, daß die Stellung Löublis als Pfarrer von Frei- 
burg ganz und gar unmöglich geworden — denn dieser hatte 
noch immer nicht demissioniert — und um die Genehmigung 
der Wahl Bugniets zu erreichen '). Das Breve zur Geneh- 
migung des Gesuches konnte allerdings in jener Nacht nicht 
mehr ausgefertigt werden, der Papst versprach es aber zu 
tun. Auch versicherte er Falk auf seine Bitte in Erwä- 
gung, daß er nach Venedig zu reisen bestimmt war und 
keinen Stellvertreter zur Besorgung seiner Geschäfte in Born 
zurückließ, seiner Bittgesuche bestens gedenken zu wollen. 
Gleichwohl ging Falk nicht so ohne weiteres von Rom weg, 
sondern seine Gesuche empfahl er einem Diener des Car- 
dinais Fieschi, namens Cotini 1 ), und beauftragte D r Konstanz 
Keller von Bern *) ihm nach Venedig zu berichten, wie es 
um dieselben in Born bestellt sei 4 ). 

Schon zur Zeit, als Julius II. in Bologna weilte (1510), 
hatte Freiburg durch den Freund Falks, Peter Tavernier“), 


') Am 15. Juli 1512 war Nikolaus Bügniet, trotzdem Löubli 
nicht resigniert hatte, — und darum war die Wahl eigentlich ungül- 
tig — , zum Pfarrer ernannt und in Gegenwart der Bürger feierlich 
als Pfarrer in St. Nikolaus eingesetzt worden. R. M. 30. 4., M. B. 
No. 5. Fol. 219 u. 239. 

*) Im F. St.-A. findet sich in einem Faszikel aus dem Nach- 
laß der Praroman ein von Falk geschriebenes Verzeichnis aller seiner 
Gesuche. — Nikol. Fieschi, ein Genuese; Ciaconitts u. Oldoinus : 
Vitae Pontificum Romanorum et Cardinalium. Romae 1677. Bd III. 
S. 204 u. 205. 

*) Er war gebürtig aus SehafThausen und wurde Chorherr in 
Bern. Von den Herren in Bern wurde er zu einer ganzen Reihe di- 
plomatischer Sendungen verwendet. Anshelm; — weitere Angaben bei 
Wirz, Quellen z. Schweizergesch. Bd. Iß. S. 20, Anm. 5. Biographie 
fehlt. - C. G. VIII, 72. 

') Gewöhnlicher Taferney od. auch Taferneir. Von dort hatte 
dieser damals ein päpstl. Breve gegen Auf der Fiüh mitgebracht. In- 
formatio S. 168. 


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44 


an den Papst das Begehren gerichtet, daß das Benediktiner- 
Priorat von Grandson der St. Nikolauskirche in Freiburg 
oder dem daselbst zu errichtenden Chorherrenstift inkorpo- 
riert werden möchte. Diese Bittschrift war, wie viele an- 
dere Schriftsachen, bei der Einnahme Bolognas durch die 
Franzosen vernichtet worden, also nicht mehr vorhanden. 
Zufällig erfuhr nun Falk, daß die Berner unter anderm auch 
ein Gesuch an den Papst zu bringen hätten, das die Inkor- 
poration des Priorates von Grandson an das St. Vinzenzstift 
in Bern bezweckte. Falk protestierte gegen dieses Vorgehen 
Berns und zeigte dun Berner Gesandten die Kopie jener 
Bittschrift, die in Bologna verloren gegangen war. Die Ab- 
geordneten von Bern wollten jedoch anfänglich keine Rück- 
sicht darauf nehmen. Schließlich verglichen die Berner mit 
Falk sich so, daß man überein kam, ein Gesuch an den 
Papst zu stellen, wonach die Priorate von Grandson und 
Payerne ') mit einander zugleich den beiden Städten oder 
ihren Stiften inkorporiert werden sollten. Weiter konnte 
Falk nicht gehen, und er war hoch erfreut, wenigstens das 
erreicht zu haben. Die Ansprüche Freiburgs auf Grandson 
waren damit gesichert. Die ganze Abmachung mußte aber 
geheim gehalten werden, da der Herzog von Savoyen schon 
seit acht Tagen in Rom war und einen Erzdiakon von Cham- 
bery beauftragt hatte, die Sache zu hintertreiben. Da Falk 
darum in Besorgnis war, so sprach er darüber mit dem 
Papst, und dieser sagte ihm zu, den Erzdiakon nicht ver- 
hören und noch weniger dem Bittgesuche der Berner und 
Freiburger hindernd in den Weg treten zu wollen. 

Damit war die Audienz vorüber, aber es war mittler- 
weile so spät geworden, daß Falk, wenn er nicht einen 
Burschen und seine beiden Vettern Benedikt von Ponlherose ä ) 
und Wilh. von Treytorrens bei sich gehabt hätte, seinen 
Heimweg nicht mehr würde gefunden haben. Trotzdem rit- 


■) Ein Cluniazenser-Stift. 

2 ) Ueber ihn Geschichtebl. IX. Jahrg. S. 161. Anmerk. 5. 


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45 


ten sie noch eino Stunde lang irrend umher, ehe sie die 
betreffende Gasse und seine Herberge fanden J ). 

Schon waren die drei Gesandten : Erlach, Falk und Sta- 
fileo 4 ) zur Abreise nach Venedig gerüstet, als dieselbe eine 
unliebsame Verzögerung erlitt*). Der Papst war, als sie 
bei ihm Instruktion einholen wollten, nach Ostia gegangen. 
Da Matthäus I.ang ihm dorthin nachgeritten war, so befürch- 
teten sie, derselbe möchte vielleicht den Papst dazu bewegen, 
von der Gesandtschaft nach Venedig Abstand zu nehmen. 
Dazu kam es nun freilich nicht. Am 3. Dezember war der 
Papst wieder in Rom, ritt nach St. Johann vom Lateran, 
wo das Konzil tagte, und von da nach St. Peter ad vincula, 
wo man sich einigte, daß der Weg nach Venedig anzutrelen 
sei. Die drei Gesandten erhielten am 5. Dezember ihre 
Instruktion. Stafileo machte sich noch am gleichen Tage 
auf ; die Abreise Hans von Erlachs und Peter Falks verzö- 
gerte sich noch bis zum 7. Dezember. Der Papst hatte 
jedem von beiden 100 Dukaten auf den Weg mitgegeben, 
damit sie die Fahrt nicht auf Kosten ihrer Regierungen 
machen müßten, und damit man sehen sollte, wie sehr es 
ihm um die Wiederherstellung des Friedens zu tun sei <). 

Im Falle des Erfolges seiner Gesuche in Rom hatte 
Falk die Absicht, sich von Venedig direkt nach Mailand zu 
begeben. Doch er hatte wenig Hoffnung auf das Gelingen 
und machte sich gefaßt, wieder nach Rom zurückkehren zu 
müssen. In Rom sagte man sich laut, daß Venedig und 
der Herzog von Ferrara sich mit Frankreich verbunden hätten, 
woraus Falk viel Unheil und Krieg erstehen sah. Er mahnte 
daher in seinem Schreiben die Räte in Freiburg, sich ge- 
rüstet zu halten und, wenn Geld von Mailand und Savoyen 
in ihren Händen liege, dasselbe gut zu hüten, um im Falle 
eines Krieges nicht mittellos dazustehen. 


’) C. G. VIII. 72. 

*) Er war Titularbischof von Spalalo, Sanuto : Diarii, 454 IT. 
') Ebenda No. 105. (Schreiben vom 26. Dez. von Venedig). 

*) Ebenda. 


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46 


Daß Venedig mit Frankreich und Ferrara wegen eines 
Bündnisses verhandelte , sollten die Gesandten bald er- 
fahren ’). 


b. Falk auf seiner Gesandtschaft nach Venedig. 

(Dezember 1512— Januar 1513). 

In einiger Entfernung vor den Toren Roms trafen Erlach 
und Falk auf Stafileo, der früher abgereist war. Nach neun 
Tagreisen (15. Dez.) gelangten die drei Gesandten nach Ri- 
mini in der Absicht, von hier aus zu Schilf nach Venedig 
zu fahren *). 

In Rom hatte Peter Falk seinen Vetter Wilhelm de 
Treytorrens 3 ) aus Payerne, der in Rom als päpstlicher 
Gardeknecht diente, wiedergetrolfen. Da Julie Bonoesa bei 
ihrem Gatten Wilhelm sich aufhielt, war natürlich Falk auch 
mit ihr in Berührung getreten. Dies scheint in der Seele 
Falks bittere Jugenderinnerungen wachgerufen zu haben. In 
einem Schreiben auf seiner Fahrt von Spoletlo aus an Wil- 
helm de Treytorrens hatte er seine Gefühle verraten. Darum 
schickte ihm Wilhelm ein Schreiben nach, in welchem er 
ihn zu trösten suchte mit der Bemerkung, er habe ja nur 
ihrer schönen Haare wegen sie zur Gattin genommen*). 


*) Ebenda. 

*) Ebenda. 

’) Wilh. von Treytorrens, Ritter, Edelmann aus dem Waadt- 
land, erscheint als außerordentlicher Gesandter in der Schweiz im 
Aufträge des Gouverneurs von Mailand in Begleitung von Ludw. von 
Erlach im Juli 1521. Rotl Ed.: Histoire de la representation di- 
plomatique de la France auprös des cantons suisses etc. Bd 1. Bern 
1!KX). S. 204. u. a. O. u. S. 5dl. 

*) — dont suys estez marrye specialement pour les chevaulx 
(choveuxj, car il navyon poinct a pourter la penitence de cella qua- 
vyes rornpu ou atloibli vostre mariage avecque la Julyez Bonoesa, la- 
quelle se recommande fort 4 vous. 

Adresse: A monsieur le bourgmaystre de la ville de Fribourg 
nostre treshonnorö cousin 4 Venise (von Guillaume Deth'rethareyn. 
Rom 1513. Dezember 21.) Aus den M. d. W. v. P. 66. 


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47 


Eine Zeit lang warteten unsere Gesandten in Rimini wegen 
des stürmischen Meeres auf besseres Wetter. Aber zuletzt be- 
stiegen sie doch auf Anraten Stafileos ein Fahrzeug, eine « barca 
longa », wie Falk es bezeichnet, um nach Venedig zu fahren. 
Von dem widrigen Wind wurden sie aber in den Hafen von 
Ravenna getrieben. Da es Nacht war, hatten die Schiffs- 
leute die Einfahrt zum Hafen nicht gefunden, denn der Fluß, 
der dort ins Meer mündet, hatte den Durchgang zum Hafen 
so mit Kies versperrt, daß man kaum bei Tage die Furt 
treffen konnte. Daher lief das Schiff mit seinen Insassen 
auf und konnte weder vorwärts noch rückwärts gebracht 
werden. Der Wind wurde zudem immer stärker ; die Wellen 
schlugen über die Barke und warfen sie fast um. Zuletzt 
sprangen die Schiffsleute ins Wasser und zogen das Fahr- 
zeug in den Hafen. Die Nacht brachte die Reisegesellschaft 
in dem Augustinerkloster zu, das verödet und beinahe eine 
Ruine in der Nähe stand. Am Morgen gingen sie zu Fuß 
nach Ravenna. Dort warteten sie zwei Tage auf besseres 
Wetter, vergeblich ; das Wetter blieb schlecht. Zuletzt über- 
redete sie Stafdeo und die Schiffsleute, am Abend wieder 
aufs Meer zu gehen, indem sie den Schweizern versicherten, 
daß das Wetter sich bessern würde. Als sie wieder zum 
Kloster und zu ihrem Schiffe gelangt waren, hatte sich der 
Himmel wirklich aufgehellt, und der Sturm hatte nachge- 
lassen. Nun eilten sie, ihr Fahrzeug wieder zu besteigen. 
Bei Anbruch der Nacht fuhren sie ab. Von günstigem Wind 
getrieben, kamen sie in kurzer Zeit bei 50 Meilen weit. Da 
auf einmal kehrte sich der Wind und kam ihnen gerade ent- 
gegen. Trotzdem fuhren sie vorwärts, denn sie hatten 22 
starke Ruderer bei sich. Doch der Wind wurde immer stärker 
und das Meer ungestümer ; dazu wurde es so finster, daß 
die beiden Führer des Schiffes gar nicht mehr wußten, in 
welcher Richtung sie fuhren, und wo sie waren. Das Schiff 
selber ließ vieles zu wünschen übrig, es war schmal, mit 
geringem Tiefgang, hingegen von bedeutender Länge. Die 
Schiffsleute fingen an ängstlich zu werden und zu verzagen. 
Es wurden Gebete verrichtet und Gelübde getan zu Gunsten 


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48 


aller Wallfahrtsorte jener Gegend, in denen man Maria be- 
sondere Verehrung zu erweisen pflegte. « Da mögt ihr denken, 
was wir andere taten ». Fünf Stunden lang schwebten sie 
in dieser Gefahr, wo sie keinen Augenblick ihres Lebens 
sicher waren. « Wir sind nicht ohne die Fürbitte der Mutter 
Gottes und des hl. Nikolaus erlöst worden ». Als es Tag 
geworden war, fuhr man weiter, um möglichst bald aus 
dieser fürchterlichen Lage befreit zu werden. Bald erblickte 
ein Führer des Schiffes einen Hafen. Dieser aber lag auf 
dem Gebiete des Herzogs von Ferrara, des Verbündeten der 
Franzosen und Feindes des Papstes und der Venetianer. 
Aber lieber wollten die Heisenden sich seiner Gnade anver- 
trauen, als den Tücken des Meeres sich länger ausselzen. 
Sicher gelangten sie in den Hafen und von da durch einen 
zwei Meilen langen Kanal durch das Land des Herzogs, ohne 
bemerkt zu werden, auf venetianisches Gebiet, wo sie in 
der Stadt Chioggia übernachteten. Tags darauf, nämlich am 
heiligen Abend, langte die Gesandtschaft glücklich in Vene- 
dig an '). 

Die Signoria in Venedig hatte ihnen ein eigenes Haus 
bestellt. Da sie aber nur ihrer zwei waren, so zogen sie 
es vor, in einem deutschen Wirtshause Herberge zu nehmen. 
Am Weihnachtsfeste wurden sie von zw r ei Edelleuten in die 
Markuskirche abgeholt und in den Chor geführt, wo sie der 
Doge gnädig empfing. Er ließ sie mit andern Botschaftern 
neben sich Platz nehmen. Falk war ganz bezaubert von 
dem Ungeheuern Prunk, der hier durch die Schaustellung 
von Gold und Edelsteinen entfallet wurde. Am 26. Dez. 
gab der Doge dem ordentlichen Hate der Stadt bei sich ein 
Gastmahl, wozu auch unsere Abgeordneten eingeladen waren*). 

Am 23. Dezember schon hatte Venedig mit den Ge- 
sandten Ludwigs XII. die Artikel eines Bundesvertrages auf- 
gesetzt ; freilich war derselbe noch nicht unterzeichnet wor- 
den. Denn Venedig wollte Zeit gewinnen, um sich über die 


•) C. G. VIII. 105. 
') Ebenda. 


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49 


Pläne des Kaisers und vielleicht auch des Königs vorerst 
genauer zu orientieren. Trotzdem die beiden schweizerischen 
Gesandten schon zu Ravenna von der Anwesenheit franzö- 
sischer Botschafter in Venedig erfahren hatten, so waren 
ihnen dieselben am 26. Dezember noch nicht zu Gesicht 
gekommen. Falk glaubte, es werde wohl nichts an dem 
Gerede sein, und Venedig werde sich nicht unterstehen, die 
Franzosen nach Italien zurückzurufen. Erst am 27. und 28. 
Dezember wurden die drei Gesandten vom Dogen vor dem 
ganzen Rate in Audienz empfangen. Auf ihre Anträge er- 
widerte ihnen der Doge Leonardo Loredano, der sonst für 
schweizerische Freundschaft sehr empfänglich war, mit Un- 
mut '). 

Nachdem dann die Signoria in Venedig unsere Ge- 
sandten 14 Tage lang auf eine Antwort hatte werten lassen*) 
und diese vor dem Rate erklärt hatten, nicht länger warten 
zu wollen, da ihre eidgenössischen Mitgesandten von Rom 
wieder abgezogen seien, da wurde ihnen am 8. Januar die 
Antwort Venedigs, die Zurückweisung ihrer Friedensanträge, 
übergeben. Dieselbe sagte nichts mehr, als was sie schon 
vom Dogen mündlich auf die Rede Stafileos vernommen hatten. 
Nur am Schlüsse wandte sich die Antwort noch ganz be- 
sonders an die Schweizer Gesandten und bat sie, die Ent- 
schuldigung Venedigs an ihre Herren und Obern zu bringen, 
und versicherte sie der Freundschaft der Republik. Die 
beiden Abgeordneten ersuchten die Venetianer, daß man 
ihnen die Antwort schriftlich geben möchte, da ihnen das 
Italienische bezw. Venetianische nicht sehr geläufig sei. Zwei- 
mal wurde ihnen die Gewährung abgeschlagen ; schließlich 
schickte man doch einen Sekretär in ihre Herberge, der 
ihnen die Antwort in lateinischer Sprache vorlas, womit sie 
sich begnügen mußten “). Darauf — es war wohl am 10. 
oder 11. Januar 1513 — reisten die drei Gesandten von 


') Ebenda. — Anshelm III. 352. 

’) Sanuto : Diarii, 45-1. 

’) Ebenda, 457, 462, 464, 465 u. 406. 

4 


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50 


Venedig ab ') und begaben sich über Chioggia auf dem Land- 
wege nach Rimini, wo sie ihre Pferde zurückgelassen hatten’). 
Eine venetianische Bedeckung begleitete sie dahin und be- 
zahlte die Kosten der Reise. Auch der Herzog von Ferrara, 
dessen Gebiet sie zu passieren hatten, gab ihnen einen Ge- 
leitsbrief mit, der ihnen wohl zu statten kam. 

Die schweizerischen Gesandten Erlach und Falk hatten 
wirklich keine Lust mehr verspürt, sich dem tückischen 
Meere anzuvertrauen. « Gott hat uns geholfen, daß wir auf 
dem heillosen Schiffe hergekommen sind ; wenn ich aber 
von dannen ziehe, so will ich kein solches Schilf mehr haben, 
denn wir haben mehr Glück gehabt, als recht war » J ). 
Wahrscheinlich mag auch das schlechte Wetter, Wind und 
Regen, ihnen jede weitere Lust zu einer Meerfahrt benom- 
men haben. Falk wäre froh gewesen, wenn er hätte heim- 
kehren können, da aber seine Geschäfte in Rom noch nicht 
vollständig erledigt waren, so sah er sich genötigt, wieder 
nach Rom zu gehen *). 

Ungefähr am 25. Dezember waren die schweizerischen 
Gesandten von Rom weggegangen, erbittert, denn ihre Sen- 
dung war ganz und gar erfolglos geblieben. Dieselbe Stim- 
mung entstand bei der Kunde davon auch in der Heimat, 
aber die Verhandlungen mit Venedig weiter zu führen, wagte 
man doch nicht mehr 6 ). 

c. Oie Einsetzung Maximilian Sforzas als Herzog von Mailand. 

(29. Dezember 1512). 

Falks zweiter Aufenthalt in Rom, 

(Febr.— Mai 1513). 

Unterdessen waren die Verhandlungen der Mächte be- 
treffs der Einsetzung Maximilian Sforzas als Herzog von Mai- 

’) Ebenda, 493—493. 

*) Tsiosa-Chioggia, Eidg. Abscii. 111. 2. No. 475. 

*) C. G. VIII. 105. a. a. O. 

•) Ebenda. — Anshelm III. 352/53. — Die Bulle der Errich- 
tung des Stiftes war zwar am 20. Dez. ausgefertigt worden ; ob Falk 
davon Kenntnis hatte, ist fraglich. 

‘) Köhler S. 522 ff. 


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51 


land beendet worden '). Am 25. November empfing Maxi- 
milian Sforza in Cremona den Besuch des Verwesers des 
Herzogtums, Oktavian Sforzas, und Schinners. Der Eindruck, 
den der junge Mann auf die Besucher machte, war durch- 
aus kein günstiger. Bei seiner Hartnäckigkeit, Unerfahren- 
heit in den Geschäften und geringen Intelligenz war von 
ihm nichts für den Ruhm seines Hauses und das Glück des 
Herzogtums zu erwarten *). Aber gerade so, wie er war, 
paßte er als Herzog den interessierten Mächten. Ein schwa- 
cher und unfähiger Fürst sollte der künftige Herzog von 
Mailand sein, in dessen Land man selber nach Belieben 
schalten und walten könnte. 

Um seine Einsetzung ins Herzogtum vorzunehmen, ka- 
men jetzt die Gesandten der Liga von allen Seiten herbei. 
Am 12. Dezember erschien auch eine schweizerische Gesandt- 
schaft mit dem strengen Auftrag ihrer Regierungen, niemand 
anders die Wiedereinsetzung Maximilians in sein Erbe zu 
überlassen, sondern sie selber vorzunehmen. Und ihrer 
Energie gelang es trotz der heftigen Protestalion des Ver- 
treters des Kaisers, Matthäus Längs, und desjenigen des 
Königs von Aragon, Cardonas, die Ehre der Einsetzung eines 
Herzogs in sein Fürstentum für sich in Anspruch zu nehmen. 
Das geschah am 29. Dezember 1512. Nach diesem feier- 
lichen Akt blieben die schweizerischen Gesandten auf die 
Bitte des Herzogs noch einige Zeit bei ihm, um ihm bei der 
Einrichtung seiner Regierung behältlich zu sein. Am 5. 
Januar endlich gab er ihnen in Anwesenheit der fremden 
Gesandten auf dem Rathause eine feierliche Abschiedsau- 
dienz. In der anerkennenswertesten Weise empfahl er sich 
und sein Herzogtum dem schweizerischen Schutze. Reich- 
lich beschenkt wurden sie entlassen *). 


') A. a. O. 

*) A. a. O. 

‘) Schultheiß Dietrich von Englisborg war während den Ver- 
handlungen schwer erkrankt. Auf dem Heimweg war er in Lugano 
genötigt, sich wieder zu Bette zu legen. Englisberg an Freiburg, 
Lugano 1513, Febr. 12. C. G. VIII. 101. 


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52 


Schinner, Lang und Cardona standen noch während 
des ganzen Monats Januar ihm zu Seiten. Als am 30. Ja- 
nuar Lang verreiste, ließ er als seinen Vertreter, Andrea 
de Burgo aus Cremona, beim Herzog zurück. Cardona mit 
seiner spanischen Armee und Schinner mit einer starken 
Anzahl Schweizertruppen blieben ebenfalls bei ihm. Die 
ganze Verwaltung Mailands war jetzt den Händen dieser 
drei Männer übergeben, während Sforza von den Geschäften, 
die scheinbar auch keinen Heiz auf ihn auszuüben vermoch- 
ten, fern gehalten wurde. 

* m 

• 

Falk war, nachdem er von der venetianischen Begleit- 
schaft bei Rimini sich verabschiedet hatte, über Ancona und 
Loretto nach Horn gelangt (Ende Januar ‘). Überall, wo er 
durchzog, herrschte ein «großer Sterbet». Julius II. war 
erkrankt, und da es hieß, er sei am Sterben, so traf Falk 
das Volk in wüster, wilder Aufregung. Wem es seine Ver- 
hältnisse erlaubten, der beschützte sein Haus mit gehar- 
nischten Kriegern und sonstiger Wehr, die einen um andere 
zu schädigen und zu plündern die andern um sich vor Über- 
fällen zu schützen. In Begleitung des Gardehauptmanns 
Kaspar von Silenen ging Falk vier Tage nach einander zum 
Vatikan bis vor das Zimmer des Papstes ; eine Audienz aber 
konnte er nicht mehr erhalten. Ein Kardinal, der mit seiner 
Angelegenheit betraut worden war, erschien nicht einmal. 

Unter solchen Umständen reute es Falk, daß er nicht 
alles hatte liegen lassen und nach Hause zurückgekehrt war, 
besonders weil er wegen der Krankheit des Papstes nichts 
ausrichten konnte. Jetzt aber Rom zu verlassen, war nicht 
ratsam ; man warnte ihn davor, indem man sagte, daß er, 
falls der Papst sterbe, kaum lebend die Grenzen des Kirchen- 
staates erreichen oder doch zum mindesten bis aufs Hemd 


') F. a. F., Rom 1513, Febr. 5. C. G. VIII. 102., vergl. auch 
Daguet : Extrait de la Correspondence diplomatique du bourgmestra 
Pierre Falk etc. auprAs des papes Jules II et Ltion X (1512 — 13) im 
Anzeiger N. F. VI. 371. ff. 


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53 


ausgepündert werden würde. Er blieb daher, um zur Er- 
reichung seiner Ziele entweder die Genesung Julius II. oder, 
wenn er sterben sollte, die Wahl eines neuen Papstes ab- 
zuwarten. Falk halte nämlich in Erfahrung gebracht, daß 
alle Verfügungen eines verstorbenen Papstes jeweilen von 
seinem Nachfolger widerrufen würden, wenn sie nicht schon 
zur Ausführung gekommen seien. Daher wäre mit dem Ab- 
leben Julius’ II. auch die Errichtung des Kollegiatstiftes in 
Freiburg hinfällig geworden. Falk war darum entschlossen, 
in diesem Falle sofort vor dem neuen Papst zu erscheinen 
und um Bestätigung alles dessen nachzusuchen, was Julius II. 
bewilligt halte '). 

Bisher hatte Falk mit seinem Diener in einer « Herren- 
lierberge » gewohnt und auch seine drei Pferde da unterge- 
bracht. Da dies ihm aber zu kostspielig wurde und auch die 
Sicherheit in der Stadt viel zu wünschen übrig ließ, so mie- 
tete er sich in der Nähe der Engelsburg, nicht weit vom 
Vatikan, bei einem Deutschen zwei kleine Zimmer und eine 
Stallung. Hier, in der Nähe der die Stadt beherrschenden 
Engelsburg und der Schweizergarde, fühlte er sich sicherer *). 

Auch in der Folgezeit konnte Falk keine Audienz beim 
Papst mehr erhalten, denn der Papst bekümmerte sich in- 
folge seiner Schwäche um nichts mehr. Alle Hoffnung auf 
Genesung war übrigens geschwunden, und so mußte Falk 
sich gedulden. Um die Sicherheit der Person war es nach 
wie vor übel bestellt. Bei jedem Gerücht von dem Hin- 
scheiden des Papstes wiederholten sich stürmische Aufläufe. 
Überall in der Stadt standen Wachen aufgestellt, besonders 
auf der Engelsburg. Es sah in Rom aus, wie wenn die 
Stadt von einem feindlichen Heere belagert würde*). 


') C. G. VIII. 103. a. a. O. 

*) Ebenda, u. Daguet a. a. O. 375. 

’) Nach Falk hatte das Konsistorium Truppen ausgerüstet, um, 
wenn der Papst stürbe, die französischen Kardinale abzuhalten, da 
das « kaum glaubliche » Gerücht ging, dieselben würden mit einer 
Flotte den Weg nach Rom zu erzwingen suchen. (Rom, Febr. 18.) C. 
G. VIII. 99. F. a. F. 


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54 


Trotzdem Falk gesund und ungeachtet der Unruhen in 
Rom ganz außer Sorgen war, so verdroß ihn doch der un- 
tätige Aufenthalt, so daß er in seiner drastischen Art 
schrieb : « Wenn ich in Hosen und Wams heimzukommen 

wüßte, so wollte ich lieber so heimkommen, als länger hier 
bleiben ». Doch tröstete er sich bei dem Gedanken, daß 
bei dem baldigen Tode des Papstes Kardinal Schinner nach 
Rom reisen würde, um ihm heim neuen Papste zu seinem 
Ziele zu verhelfen. Für den Fall, daß der Papst wieder 
gesund werde, hatte ihm der kaiserliche Botschafter, Alherto 
Pio, Graf von Carpi, zugesagt, seine Sache so zu fördern, 
wie wenn es des Kaisers eigene Angelegenheit beträfe ')• 

Was man schon lange mit Besorgnis erwartet hatte, 
trat ein: Julius II. starb am 21. Februar 1513. Am fol- 
genden Tage zeigten die in Rom versammelten Kardinäle 
der Eidgenossenschaft und den Ständen das Ableben des 
Papstes an. 

* * 

* 

Nachdem am 7. März 1513 Giovanni de’ Medici als 
Papst Leo X. aus dem Konklave hervorgegangen war, wurde 
Falk am 14. März im Beisein dreier Kardinäle, wovon der 
eine Schinner war, zur Audienz beim neuen Papste zuge- 
lassen *). Als darauf Falk dem neuen Papste im Namen 
Freiburgs seine Anerkennung und Huldigung aussprach, 
erklärte ihm dieser, wie er die Eidgenossen allgemein und 
besonders liebe und ihnen nicht weniger Gnaden zukommen 
lassen wolle, als dies Julius II. getan hatte. Schinner machte 
dann den Papst darauf aufmerksam, daß Falk gelegentlich 
einige Bittgesuche stellen werde, und hob die Verdienste 
Freiburgs um die Eroberung Mailands besonders hervor. 
Der Papst ermunterte Falk, nur fröhlich zu begehren, er 
werde Freiburg in seiner Person zu ehren wissen. Als 
ganz besondere Ehre durfte es Falk ansehcn, daß ihn der 


') Ebenda. 

’) F. a. F. aus Koni vom 14. März 1513. C. G. VIII. 59. 


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Papst nach dieser Audienz noch zwei volle Stunden bei sich 
behielt, während er andere Leute in Audienz empfing. Dar- 
auf wurde er huldvoll entlassen. Falk war voll Anerken- 
nung und Lob für das ganze Wesen des neuen Papstes, 
von keinem Menschen hatte er, wie er sagt, je ein schöneres 
Latein sprechen hören, als es der Papst bei dieser Gelegen- 
heit gebrauchte. Diese Audienz berechtigte Falk zu der 
frohen Hoffnung, sich seiner Aufträge glücklicher und voll- 
kommener entledigen zu können, als dies unter Julius II. 
der Fall gewesen wäre '). 

In Freiburg war man unterdessen über das Verbleiben 
Falks, von dem man lange keine Nachricht mehr erhalten 
hatte, in großen Sorgen. Die Wirren in Italien hatten näm- 
lich alle Verbindung der Schweiz mit Mittelitalien unter- 
brochen. Schultheiß und Rat erließen daher an einen päpst- 
lichen Protonotar in Rom s ) eine Anfrage. Man verwunderte 
sich, daß Falk, dessen gute und löbliche Sitte es sonst 
immer gewesen war, sie oft mit seinen Nachrichten zu er- 
freuen, nichts mehr von sich hören ließ. Die Freiburger 
waren überzeugt, daß das größte Unglück geschehen sei, 
das ihnen begegnen konnte, daß Falk ein Unfall getroffen 
habe. Sie baten daher den Protonotar, ihnen alles zu be- 
richten, was Falk erlangt habe und, im Falle er nicht mehr 
am Leben wäre, ihre Angelegenheiten selber zum Abschluß 
zu bringen, wenn aber Falk noch lebe, so sollte der Pro- 
tonotar ihn bitten, so bald wie möglich nach Hause zurück- 
zukehren 8 ). 

Bald darauf aber müssen die Herren in Freiburg über 
Falks Verbleiben Aufklärung erhalten haben, damals als 
das Schreiben eintraf, worin ihnen dieser über seine Au- 
dienz berichtete. Am 14. April schrieben nämlich Schult- 
heiß und Rat an Falk nach Rom, er solle die Wahl des 
Aymon de Gingins zum Bischof von Genf beim Papste auf 


') Ebenda. 

’) Wahrscheinlich der genannte Bened. v. Pontherose. 
•) M. B. N* 7. Fol. 19b ( 1513 . März 8.). 


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jede Weise fördern, damit dieser gute Herr, der Freiburg 
und auch ihm ein guter Freund sei, als Bischof bestätigt 
werde '). Auch die besten Freunde Falks, Peter Tavernier, 
Hans Techtermann und Hans Seitenmacher traten noch ein- 
mal ganz besonders bei Falk für die Wahl des Aymon de 
Gingins ein *). Doch diese Anstrengungen, durch welche 
die Freiburger schon als Beschützer der Freiheit Genfs sich 
hervorzutun strebten, scheiterten an der dynastischen Politik 
des Papstes, der Johann von Savoyen, dessen Verdienst 
einzig in der Verwandtschaft mit Herzog Karl III. bestand, 
einem frommen und ehrwürdigen Priester vorzog a ). 

Auch Falk hatte während der ganzen Fastenzeit (6. 
Febr. bis 27. März 1513) keine Nachricht aus der Heimat 
erlangen können, was ihn sehr beunruhigt hatte 4 ). Endlich 
aber gelangte doch aus der Heimat ein Schreiben zu ihm, 
das ihm sehr zum Vorteil diente 6 ). Es war nämlich den 
Freiburgern daran gelegen, ihrem Chorherrenstift St. Niko- 
laus möglichst viele Ablässe zuzuwenden. Falk hatte aber 
ohne eine besondere, bezügliche Zuschrift aus der Heimat, 
auch auf die Fürbitte Schinners hin, nichts vermocht, in- 


’) Schulth. u. Rat an Falk (1513, April 14.) in den M. d. W. 
v. P. S. 95. 

•) Ebenda S. 27 u. 28 (April 28.). 

3 ) Wörtlich nach Daguet im Anzeiger. VI. 377. 

4 ) F. a. F. Rom vom 29. April 1513. C. G. VIII. 103. 

s ) In Freiburg hatte man das Schreiben Falks vom 14. Marz 
(C. G. 59) erhalten und an das Lob des Papstes die grollten Er- 
wartungen geknüpft. Unterm 12. April dankten ihm die Freibur- 
ger für seiue Mühe und Arbeit und meldeten ihm, was sie alles von 
der päpstlichen Heiligkeit noch zu erhalten wünschten. Sie erwähn- 
ten ihm auch die Friedensunterhandlungen mit Frankreich (M. B. 
N* 8. Fol. 147.). Dieser Bericht von Friedensunterhandlungen brachte 
Falk so in Harnisch, daß er im Arger darüber im Schreiben vom 
29. April in einer sarkastisch bissigen, ja wütenden Apostrophe gegen 
die französische Partei in Freiburg seinem Herzen Luft machte. — 
Dem Schreiben an Falk war auch ein anderes an den Papst beige- 
legt, worin Schultheiß und Rat denselben zu seiner Wahl beglück- 
wünschten und ihm Falk und ihre Gesuche wärmstens empfahlen. 
M. B. N* 7. Fol. 20*. — C. G. VIII. 108. a. a. O. 


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57 


dem die päpstliche Kurie geltend machte, daß es dem hl. 
Stuhl und der Peterskirche zum Nachteil gereichen würde, 
so viele Indulgenzen einer einzigen Kirche zu gewähren. 
Wie sich Falk auf der päpstlichen Kanzlei vergewisserte, 
waren alle ähnlichen Begehren abschlägig beschieden worden. 
Der Papst war darum aus Konsequenz genötigt, auch das 
Begehren der Freiburger abzuschlagen, trotzdem er gerne 
ihnen willfahren hätte. Dessenungeachtet erhielt Falk spä- 
ter vom Papste die Zusage, daß er Freiburg aus besonde- 
rer Huld bewilligt habe, was niemand anders habe er- 
langen können, nämlich daß er ihnen die Ablässe auf 
fünf Jahre nach römischer Sitte gewähre, nach welcher 
Zeit sie dann um die Erneuerung derselben einzukommen 
hätten (28. April). Leo X. versprach ihm auch die Bestä- 
tigung der Wahl des Leutpriesters Niki. Bugniet'), sowie 
die von Freiburg geforderte Inkorporation einiger Pfründen. 
Der Papst war aus Freundschaft zu den Schweizern, und 
weil Falk der erste schweizerische Orator bei seiner Heilig- 
keit war, willens, den Freiburgern auf ihre Bitte (Jehör zu 
schenken, und auch Falk gab sich zufrieden, da er wenigstens 
die drei wesentlichen Punkte seines Auftrages glücklich er- 
ledigt hatte *). 

Freilich ging die Ausfertigung der auf seine Gesuche 
bezüglichen Aktenstücke nicht so schnell von statten, wie 
er wünschte. Die zur Begutachtung und Ausfertigung be- 
stellte Kommission wies, wie Falk annimmt, um ihn zu 
ärgern und ihm die Sache zu verleiden, dreimal seine Ge- 
suche zurück. Immer fanden sie an denselben etwas auszu- 
setzen, was er ändern mußte. Zuletzt nötigten sie Falk so- 
gar, drei Zeugen zu stellen, die eidlich versicherten, daß 
die Anklage Freiburgs gegen Löubli, die « Informatio Do- 
minorum Friburgensiuni, » wahr sei. Erst nach dieser Be- 
weisführung gelang es ihm, das päpstliche Breve für die 
Bestätigung der Wahl Bügniets zu erwirken. Diesen Erfolg 


') Er war aui 15. Juli 151<J gewählt worden. 11. M. 30. 4 
*) C. G. Vlll. 103 a. a. O. 


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hatte Falk vor allem der Hülfe des Kardinals Schinner zu 
verdanken. Ohne sie würde er nichts erreicht haben '). 
Es galt jetzt nur noch, die Bulle der Errichtung des Kolle- 
giatstiftes St. Nikolaus zu erhalten. 

Doch die Hoffnung auf eine schnelle Ausfertigung 
dieser Bulle und auf die Abreise von Hom erwies sich als 
illusorisch. Als Falk die Bulle in Empfang nehmen wollte, 
da hielt ihn der päpstliche Sekretär Balthasar Tuerdus 
wegen der Indulgenzen noch elf Tage lang auf *). Auch 
der Papst, der gesagt hatte, er werde diese Indulgenzen 
auf fünf und mehr Jahre gewähren, hatte seine Zusage ver- 
gessen. Als der Sekretär daran ging die Bulle zu besiegeln, 
da erklärte er Falk, der Papst habe diese Gnade auf nicht 
länger als ein Jahr bewilligt. Doch Falk war nicht der Mann, 
der alles das ohne weiteres hinnahm. Er begann von neuem 
zu unterhandeln, bis er nach viertägiger Arbeit mit vieler 
Mühe und Not, wobei ihm Schinner wieder tatkräftig zur 
Seite stand, endlich erlangte, was der Papst zugesagt hatte 
(14. Mai 1513) *). 


d. Rückreise von Rom (Mai 1513). — Falk bei den Truppen inj 
Felde (Juni). — Heimkehr (Juli 1513). 

Des andern Tages (15. bis 17. Mai) nahm Falk hoch 
erfreut von Hom Abschied *). Aber am Tage nach seiner 
Abreise schon traf ihn die Nachricht, die Franzosen hätten 
wiederum das Herzogtum Mailand zurückerobert ; Herzog 
Maximilian Sforza sei mit den eidgenössischen Truppen in 

') Ebenda. — Breve abgedr. im Anzeiger. N. F. VI. .‘ISO. 

’) C. G. VIII. 57. (Mailand 1513, Juni 12. F. a. F.). 

*) Die Bulle Julius II. für die Errichtung des Stiftes von 
St. Nikolaus datiert vom 20. Dez. 1512, abgedr. bei Berchtold a. a. 
O. Bd. II. S. 398, auch abgedr. in der Chroniquc fri bourgeoise, 
herausgeg. von H. Ramiy de Bertigny, Freiburg 1852, S. 188-8!*. 

Leo X. bestätigte nun durch Bulle vom 22. April 1513 die von 
Julius II. gemachten Inkorporationen und fugte noch andere bei. 
Ebenda. S. 193 (4). 

*) F. a. F. Mailand vom 12. Juni 1513. C. G. VIII. 57. 


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59 


die Schweiz zurfickgewichen '). Die Betrübnis Falks über 
diese Botschaft läßt sich denken. Aber nichtsdestoweniger 
ritt er weiter, mit dem Gedanken beschäftigt, wie und wo 
er wohl am besten aus Italien hinaus gelangen möchte. 
« Zuletzt nahm ich mein Herz in beide Hände und be- 
schloß, nach Piacenza zu reiten ». Er hoffte fest darauf, 
die Eidgenossen würden den Verlust des Herzogtums nicht 
ohne weiteres auf sich beruhen lassen, sondern all ihr Ver- 
mögen daran setzen, ihre Ehre zu wahren. Auf dem Wege 
nach Parma erfuhr er sodann, daß die Venetianer zwischen 
Borgo St. Dennio und Fiorenzuola ständen und jedermann 
anhielten und ausraubten. Darum blieb er in Parma, um 
abzuwarten, was die Dinge für einen Ausgang nehmen wür- 
den. Nach fünftägigem Aufenthalte kam dann die frohe 
Botschaft, daß die Eidgenossen die Franzosen bei Novara 
besiegt hätten. Da infolge dessen der Weg frei geworden 
war. ritt er mitten durch das spanische Lager, das sich in der 
Nähe befand, und wo er mit großen Ehren aufgenommen 
wurde, nach Mailand. — Sein Plan war ursprünglich, so- 
fort nach Freiburg und zu den Seinigen zurückzukehren, 
die er so lange nicht mehr gesehen hatte, jetzt aber, da 
er erfuhr, daß die Freiburger und die andern Eidgenossen 
in Vercelli ständen, brachte er es nicht übers Herz, er 
mußte hineilen, die braven Leute zu sehen, die sich so 
mannhaft geschlagen hatten. « Nehmt mir das nicht für 
übel, denn die große Liebe, die ich zu den Leuten trage, 
drängt mich dazu » *). 

* * 

* 


') Diese Nachricht war insofern richtig, als der größte Teil 
des Herzogtums in den Händen der Franzosen lag, bevor eine Ent- 
scheidung durch die Waffen erfolgte. Mailand und andere Städte 
waren mit Jubel zu den Franzosen übergegangen, nur Como und 
Novara waren dem Herzog treu geblieben. — Vgl. Gisi a. a. O. 
S. 98. ff. 103. 

') C. G. VIII. 57. a. a. O. 

Freiburg beschloß am 25. April einen ersten Auszug mit dem 
Fähnlein und 200 Manu unter dem Venner auf der Burg, Peter 


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60 


Als es nun Falk endlich gelungen war, seiner Sehn- 
sucht genugzutun, und seine Freunde, die Sieger von 
Novara, zu begrüßen, da ließen ihn diese nicht mehr von 
sich. Man hielt ihn hin von Tag zu Tag, wie man einen 
guten Freund hinzuhalten vermag, über den Kummer seiner 
Familie mochte man ihn beschwichtigen, da der Aufenthalt 
nur wenige Tage dauern sollte und die Seinigen von seinem 
Wohlbefinden längst unterrichtet seien. Er blieb, da er 
einsehen mußte, daß er doch bald mit den Truppen werde 
heimkehren und an dem siegreichen Einzug in seine Vater- 
stadt, der auch ihm gebührte, werde teilnehmen können. 
Im ganzen Freiburger Kontingent wußte auch keiner besser 
mit der Feder umzugehen als er, und Schreiben war seine 
Lust. Kein Wunder, daß von da ab auch alle Feldberichte 
von ihm abgefaßt sind. Ohne offiziell am Feldzug beteiligt 
zu sein, folgte er doch dem Heere in der Stellung eines 
erfahrenen Ratgebers und Berichterstatters Von Novara 
ging das Heer über Vercelli und Asti nach Alessandria, um 
den Herzog von Savoyen, Asti und die Markgrafen von 
Monferrat und Saluzzo für den Vorschub zu bestrafen, den 
sie den Franzosen geleistet hatten *). 


Räschi als Hauptm. R. M. 30 25. Am 15. Mai wurde ein zweiter 
Auszug mit dem Banner und 800 Mann beschlossen. Hauptmann 
war Schultheiß Dietrich von Englisberg; Räte: Hans Krummen- 
stoll, Ludwig von Praroman, Niklaus Borgey und Louis Raintt ; 
Venner Kaspard, Vögeli. Im R. R. N* 45 sind beide Aufgebote 
durch einander geworfen und der Auszug, aber bloß mit 200 
Mann, auf den 4. Mai angesetzt. (Auch in der Chronik von Pavil- 
lard im Anzeiger. V. 217.) Jedenfalls ist der 4. Mai der Tag des 
Aufbruches des ersten Aufgebotes. Daß beide Aufgebote im Heis- 
rodel gemischt sind, rührt davon her, daß nach der Schlacht bei 
Novara beide Abteilungen sich vereinigten und sich neue Vorge- 
setzte bestellten. — Ein 3. Aufgebot von 400 Mann mit dem Fähn- 
lein wurde am 24. Mai anbefohlen und rückte am 27. aus. Haupt- 
mann war Uli Schnewli; Räte: Hans Studor und Hans Schmied. 
R. M. 30. 71 b . 

') C. G. VIII. 96. (Alessandria 1513, Juli 4). F. a. F. Sein 
Schreiben von Asti ist nicht mehr erhalten. 

’) C. G. VIII. 100. (Eidg. Hauptleute an die Tagsatzung 1513, 
Juni 20.) — Anshelm III. 429 ff. 


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61 


Am 25. Juli rückten die Freiburger wieder in ihre 
Stadt ein '), und am 28. Juli erschien Falk nach langer 
Unterbrechung wieder im Rate *). 


Kap. 8. 

Falk als Gesandter in Mailand. 

(Nov. 1513-Nov. 1514). 

a. Sein erster Aufenthalt daselbst. 

(Nov. 1513-April 1514). 

Falk hatte in der Ratssitzung vom 26. September 1513 
von seinen Herren in Freiburg den Auftrag erhalten, ge- 
meinschaftlich mit den Gesandten der übrigen Orte an den 
Hof des Herzogs von Mailand abzureisen *). Ein Empfeh- 
lungsschreiben an den Herzog, dessen er übrigens kaum 
bedurft hätte, wurde ihm vom Rate mitgegeben *). In den 
Tagen vom 20. November bis zum 5. Dezember 1513 tagten 


') Chronik von Pavillard. 217. 

*) R. M. 31. 9. — Falk erhielt als Entschädigung für diese 
Gesandtschaft nach Rom (223 Tage) die Summe von 548 PfunJ, 16 
Schilling und 6 Pfennige, ferner als Entschädigung für die Petitio- 
nen und Ausfertigung der Breven und Bullen 75 Pfund, 16 Schilling 
und 8 Pfennige. S. R. N* 222. 

3 ) Arnold von Winkelried, Hauptmann der Garde zu Mailand, 
bekam gleichzeitig den Befehl, auf seinem Platz zu bleiben, bis Falk 
hineinkomme, und an Schinner wurde ein Dankschreiben abzu- 
senden beschlossen für all’ das Gute, das er Freiburg und Falk auf 
seiner Romreise erwiesen hatte. R. M. 31. 24. 

') Das Schreiben beginnt : Non opus esset, nobilem proconsu- 
lem nostrum dilectissimum Petrum Falk illustrissima: Dominationi 
vestric commendare, cujus virtus ac prudentia approbata illum satis 
ac satis comraendant. — Am Schlüsse: Eundem ill* e D°‘ vestr;c 
commendamus, ut sibi auxilio esse dignetur, cujus medio id consequi 
possit, quod sibi jure debetur. In hoc flet nobis res non minus grata 
ac si nobis ipsis impensa esset, etc. 1513. Sept. 17. M. B. N* 7. Fol. 
34 b . — Die Abreise geschah nach den R. M. zu schließen am 28. 
oder 29. September. 


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62 


nämlich in Mailand und Pavia die Abgeordneten der eidge- 
nössischen Orte. Ihre Aufgabe war, die Interessen der 
schweizerischen Nation im Herzogtum zu schützen '). 

Am 1. Dezember war die Konferenz vorüber*). Bevor 
jedoch die eidgenössischen Abgeordneten verreisten, bestell- 
ten sie zwei aus ihnen als ständige Vertreter der Eidgenos- 
senschaft am herzoglichen Hofe : Vogt Flecklin von Schwyz 
und Bürgermeister Peter Falk aus Freiburg 3 ). Dali die 
Wahl gerade auf Falk fiel, ist wohl seiner Sprachkenntnis, 
seiner scharfen Beobachtungsgabe und seiner diplomatischen 
Erfahrung und Tüchtigkeit zuzuschreiben. 

Im Feldzuge vom Jahre i 51 0 waren drei Leute von 
Alterswyl (Freiburg), als sie mit andern durch das Gebiet 
des Markgrafen von Monferrat zogen, zwischen Casale und 
Ivrea von Bauern überfallen und getötet worden. Ein 
Vierter blieb halbtot liegen. Schon damals würde das 
eidgenössische Heer einen Bachezug unternommen haben, 
hätte man sicher gewulit, in wessen Gebiet die Tat gesche- 
hen sei. Falk ermittelte die Urheberschaft im Gebiete des 
Abtes Hannibal von Lucedi. Er begann daher für die 
klagende Partei die Verhandlungen wegen ihrer Entschä- 
digung und der Sühne für den Mord. Hans von Diesbach 
wurde dann als Vermittler in diesem Streite bestellt, um 
richterlich oder in Minne denselben beizulegen. Als dann 
die Freiburger drohten, mit Waffengewalt in das Gebiet 


’} Vergl. Glutz-Blotzheim a. a. O. Bd 6. S. 393. 

’) Die Abreise derselben war auf den 3. Dezember festgesetzt, 
wurde aber noch um 2 Tage verschoben (Anshelm III. 494). Bei 
dieser Gelegenheit gab der Herzog jedem Boten als Ehrengeschenk. 
50 rh. Gulden. Falk hatte dies zu berichten vergessen, holte es 
aber in seinem Schreiben vom 16. Dezember nach, damit er es 
später nicht vergesse, und damit nicht das Sprichwort auf ihn An- 
wendung linde; So es is gessen, so wurt sin vergessen. C. G. VIII. 
61. F. a. F. aus Mailand. — Eidg. Absch. III. 2. N* 528, p. 

’) Vogt Flecklin von Scbwytz , ein redlicher Eidgnoli , und 
burgermeister Falk von Freiburg, ein witziger, tütscher, welscher 
und latinischer sprachen berichter man. Anshelm III. 494. — Eidg. 
Abschiede III. 2. N* 528. o. 


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— G3 — 

des Abtes einzubrechen, falls er ihrem Begehren nicht 
nachkomme oder die Vermittlung des Hans von Diesbach 
zurückweise, gelang es diesem, einen Vergleich herzu- 
stellen (8. Apr. 1514)'). 

Falk war zum ständigen Gesandten am Hofe in Mailand 
bestimmt worden, ohne daß man, wie es scheint, beim Rat 
um die Bewilligung dazu eingekommen war. Und dieser 
war wirklich mit der Abwesenheit Falks nicht ganz ein- 
verstanden. Zwar wußten die Freiburger die Ehre, die man 
ihnen durch diese Wahl antat, wohl zu schätzen. Doch ihr 
Wunsch wurde es — infolge der immer verwickelter wer- 
denden und schnell wechselnden politischen Verhältnisse 
und Konstellationen — täglich mehr und mehr, ihn bei sich 
zu haben, weil man einen umsichtigen Mann von Nöten hatte 
und auch besorgt war, sein langes Ausbleiben in fremden 
Landen möchte seiner Gesundheit schaden. Darum baten sie 
ihn, er möge nach Hause zurückkehren *). Doch Falk war 
es zu dieser Zeit noch nicht möglich, dem Wunsche seiner 
Obern zu willfahren, denn da Vogt Flecklin verreist und 
noch nicht zurückgekehrt war, so ruhte die ganze Last der 
Geschäfte, welche die politischen und administrativen Ver- 
hältnisse des Herzogtums betrafen, auf seinen Schultern ’). 
Er war daher von Arbeit überladen, und täglich kamen neue 
Anforderungen an seine Kraft hinzu. Zwar hatte er einen 
Gehülfen, der ihm vorarbeitete, daher sagt Falk von sich, 
er sollte billigerweise « Maltre des regestes » genannt wer- 
den. Aber trotz dieser vielen Geschäfte erklärte sich der 
unermüdliche Mann bereit, bei der bevorstehenden Tagung 
der eidgenössischen Gesandten in Lugano zur Ordnung der 
Verhältnisse in den gemeinen Vogteien im Tessin den Stand 
Freiburg nach seinem besten Können zu vertreten, trotzdem 


') C. G. VIII. 96 u. 107. F. a. F. aus Alessandria vom 4. Juli 
1513 und aus Mailand vom 15. Dezember 1513. — M. B. M* 7. Bl. 27*> 
u. 38 (5. August 1513), Bl. 45 b u. 46 (8. April 1514), 43 b u. 44 (37. 
Januar 1514) ; N* 8. Bl. 9 (11. Okt. 1513). 

•) M. B. N* 8. Fol. 12 b (9. Januar 1514). 

») F. a. F. 1514, Januar 30. C. G. VIII. 158. 


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64 


er wußte und die Sorge nicht verhehlen konnte, daß auch 
diesmal die Eidgenossen keinen des Italienischen kundigen 
Schreiber mit sich bringen würden, und daß darum auch 
diesmal die Last der Geschäfte wieder hauptsächlich ihm 
zugeschoben werden würde '). « Wie mir scheint, dürft ihr 
wohl glauben, die letzten Boten haben mich dermaßen und 
so gebraucht, daß ich genug von ihnen habe. Ich denke, 
es werde mir weiter auch so ergehen. Ich habe vor der 
vielen Arbeit gar keine Buhe ; es gereicht mir aber zur 
Freude und zur Lust, euch zu dienen und zu gefallen » *). 
Falk ging nicht gern nach Lugano, wie seine Herren hätten 
herausmerken sollen, weil er die mißlichen Verhältnisse 
zwischen den eidgenössischen und italienischen Besatzungs- 
truppen im Schlosse zu Mailand und die Gefährlichkeit der 
Lage zur Genüge erkannte*). Seine Freunde Fridli Marti 4 ) 
und Uli Schnewly *) hatten Falk von der Tagsatzung aus 
geschrieben, seine Herren in Freiburg denken nicht an die 
Kosten , welche diese Gesandtschaft verursache (?) , nur 
seien sie besorgt, das Klima und die Lebensweise in diesem 


') Demnach hatte Falk in den Sitzungen der Gesandten Ende 
1513 alle Schreibereien selber bewältigen müssen. 

*) C. G. VI 11. 158. F. a. F. vom 30. Jan. 1514. 

’) Die Haltung der eidg. Basatzungstruppen gegenüber den Ita- 
lienern wurde dort täglich frecher und herausfordernder. Ihre über- 
mütigen Reden und Handlungen mußten über kurz oder lang zu 
einem Krawall führen. So wagten einige zu Galeazzo Visconti zu 
sagen, der Herzog sei nicht der Herr, sondern sie, die Schweizer, daun 
wieder, der Herzog sei so arm, daß er seine Kleider habe verkaufen 
müssen, und doch könne er ihnen nicht den Sold bezahlen, aber die 
Franzosen stehen am Mont Cenis, die werden schon für bessere 
Besoldung sorgen. Solches redeten sie laut vor den Würdenträgern 
des Staates, die wohl deutsch verstanden, selbst in Gegenwart des 
Herzogs, nur um ihn zu ärgern und zu reizen. Falk an Bern : Mai- 
land 1514, Januar 25. in der Sammlung des Herrn Architekten 
Ed. von Rodt in Bern (Kopie). 

*) Fridli Marti saß im Rate der Sechzig von 1501—1511 und 
von da im kleinen Rat bis 1522. B. B. 

*) Uli Schnewli gehörte dem Rat der Sechzig an von 1503 — 
1509, von 1509 — 1511 war er Venner in der Au, und von 1511 (das 
J. 1514 ausgenommen) bis 1543 Mitglied des kleinen Rates. B. B. 


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65 


fremden Lande möchte ihm schaden. Auf diesen leisen 
Wink, den Falk recht wohl verstand, erwiderte er dem 
Kate entschlossen : « Meine Herrn ! Von dem Tage an, als 
ich von Zürich hergeritten hin, habe ich keinen Pfennig 
auf euere Kosten gebraucht, und ich werde dies auch nicht 
tun. Nur die Ausgaben für die Keisen nach Lugano, Lo- 
carno und Domo d’Ossola werde ich mir merken. Wenn 
ich mich aber dafür hier durch einige Abgaben und Ge- 
fälle, auf die ihr Anspruch habt, entschädigen kann, so 
werde ich mich daran schadlos halten. Aber um die Aus- 
gaben hier zu Mailand und im ganzen Herzogtum habt ihr 
euch nicht zu bekümmern, denn der Herzog hält mich 
mehr als kostenfrei, was mir genügt. Ich selber erleide 
auch keinen Nachteil, denn ich lasse alles selber einkaufen 
und im Hause eueres getreuen Bürgers ßarthelemy Tyon 
besorgen, der zu meinem Gebrauche eine eigene Stube mir 
angewiesen hat. Es gebricht mir an nichts, und weil ich alles 
eingerichtet habe, so steht trotz der außergewöhnlich lang 
andauernden Kälte einem langen Aufenthalt nichts im Wege.» 
Und weil man seiner Gesundheit halber Besorgnis geäußert 
hatte, schrieb er : « Ihr braucht nicht zu besorgen, daß die 
hiesige Luft meiner Gesundheit nachteilig sei, denn ich habe 
erfahren, daß mein Dableiben nicht gegen meine körperliche 
Verfassung sei, denn ich bin Phlegmatikus. Darum be- 
kommt mir die trockene Luft besser, als die Feuchtigkeit, 
und die Hitze besser, als die Kälte» 1 ). 

W'ie bestimmt worden war, ging Falk dem Wunsche 
seiner Kegierung gemäß als Vertreter Freiburgs zur Tagung 
der eidgenössischen Gesandten nach Lugano *). Er war der 
erste Bote, der dort anlangte. Dem Abschiede gemäß hätten 
diese am 2. Februar in Bellinzona sein sollen, um des andern 
Tages nach Lugano weiter zu reiten. Tatsächlich erschie- 


’) Gegensatz zwischen dem feuchtkalten Klima von Freiburg 
besonders im Winter, und dem trockenen und warmen von Mailand. 
C. G. VIII. 158. a. a. O. 

*) F. a. F„ Mailand 1514, Febr. 13. C. G. VIII. 154. 

5 


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66 


nen sie aber erst am 5. und 6. Februar in Lugano. Der 
Empfang, den die Gesandten Falk bereiteten, war sehr ver- 
schieden ; die einen freuten sich über seine Ankunft, die 
andern ärgerten sich darüber. Anfänglich glaubten sie, 
der Herzog oder die llauptleute hätten ihn Geschäfte 
halber zu ihnen gesandt ; als sie aber hörten, daß er 
als Vertreter Freiburgs gekommen sei, da enthielten sie 
sich nicht , ihm darüber ihren Tadel auszusprechen : 
« Hätten wir gewußt, daß die Freiburger kein Geld gehabt 
hätten, einen eigenen Hatsfreund zu diesen Verhandlungen 
herzuschicken, so hätten wir ihnen lieber so viel Geld vor- 
geschossen, damit sie dich beim Herzog gelassen hätten, 
zu dem dich die Eidgenossenschaft gemeinschaftlich ver- 
ordnet hat, und es gefällt uns nicht, daß weder Vogt Flecklin 
noch du in diesen schwierigen Zeiten beim Herzog bist '). 
Es machte Falk sichtlich Vergnügen, den Verweis, den er 
hier im Namen und als Vertreter Freiburgs erhielt, an die 
richtige Adresse gelangen zu lassen, denn die Freiburger 
hätten aus seinem Schreiben ersehen können, daß er die 
Vertretung nicht gerne übernahm. Ihrer Weisung hatte er 
zwar als gehorsamer Diener nicht widersprechen wollen, 
aber er sah voraus, was die andern dazu sagen würden. 
Er entschuldigte indes seine Herren und Obern, so gut es 
ging, und erbot sich den eidg. Abgeordneten, ihnen seine 
Geschäfte anzuvertrauen und zum Herzog zurückzureiten, 
falls man ihm oder Freiburg wegen dieses Verhaltens zür- 
nen sollte. Sie gaben sich indes mit seiner Antwort zu- 
frieden und erklärten sich mit seiner Anwesenheit einver- 
standen, worauf er eine ganze Woche bei ihnen blieb (5.-11. 
Februar). Auch diesmal gab es für ihn wieder viel Arbeit, 
trotzdem er sich « des Schreibens und Lesens » wenig an- 
nahm. also seine Befürchtung als nicht ganz zutreffend 
sich erwies. Und weil er schon in der Tagung vor Weih- 
nachten mehr als genug gearbeitet hatte, schrieb er : « Ego 
tanquam surdus non audiebam » *). 

') Ebenda. 

’) Ebenda. 


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67 


Der Weggang Falks von Mailand war, wie zu be- 
fürchten stand, von üblen Folgen begleitet. Am 11. Febr. 
berichtete ein Hellenzer, der von Mailand herkam, daß im 
Schloß zu Mailand zwischen schweizerischen und italienischen 
Besatzungstruppen am 9. Februar ein Zusammenstoß statt- 
gefunden habe, wobei mehrere Knechte getötet und ver- 
wundet worden seien. Kin gleicher Bericht des Ilauptmanns 
im Schlosse zu Mailand traf drei Stunden später ein ; der- 
sefbe war in einem so aufgeregten Tone abgefaßt, daß man 
hätte glauben mögen, daß alles in Aufstand und Meuterei 
gegen einander begriffen und viele umgekommen seien. Die 
erschreckten Tagsatzungsboten traten nun sofort zusammen 
und beschlossen, daß Falk augenblicklich nach Mailand zu 
reiten habe. Doch diesem mochte es, sollte es sich wirk- 
lich um eine Meuterei großem Stiles handeln, gewagt er- 
scheinen, allein dorthin zu gehen. Es wurde ihm darum 
der ehemalige Landschreiber von Glarus, Marx Maad, mit- 
gegeben. Auf dem Luganersee begegnete den beiden ein 
herzoglicher Edelmann, der Falk abholen sollte. Dieser 
erklärte übrigens, daß der Streit bereits beigelegt und die 
Bedeutung desselben übertrieben worden sei. Trotz der be- 
ruhigenden Nachricht fuhren Falk und Marx Maad docli in 
solcher Eile weiter, daß sie am gleichen Abend noch nach 
Mendrisio und Tags darauf nach Mailand gelangten (II. 7 
Februar). Von den schweizerischen Hauptleuten und Andrea 
de Burgo ') ließ sich Falk den Verlauf des Streites erzählen. 
Doch der Hergang wurde von den Parteien so verschieden 
dargestellt, daß vorläufig der wahre Sachverhalt nicht zu 
ermitteln war. Es stellte sich übrigens bald heraus, daß 
der Streit nicht von der vermuteten Tragweite w r ar. Tote 
hatte es nicht gegeben, nur Martin Hegispach von Freiburg 

') B. stammt aus dem Venetianischen, von einem in Tyrol 
begüterten Geschlecht und starb 1532. Im Dienste Venedigs begin- 
nend, dann unausgesetzt in dem des Hauses Habsburg hat er zahl- 
reiche Missionen vollzogen. — Er ist damals Vertreter des Kaisers 
am mailändischen Hofe. Röster in der Alig. deutsch. Biographie, 
111 . 610 . 


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68 


war am Kopf, aber nicht besonders schwer, verwundet wor- 
den ; aucli einige Schwyzer waren verletzt. Viel Gesindel 
und Abenteuerer, denen jeder Streit willkommen war, um 
ihre Taschen füllen oder auch bloß, um dreinschlagen zu 
können, hatten sich eben unter die Truppen gemischt. Schon 
auf der Tagsatzung, die am 9. Januar 1514 begann, war 
beschlossen worden, Falk und Flecklin zu beauftragen, alle 
eidgenössischen Knechte, die ohne Erlaubnis der Obrigkeit 
nach Mailand gezogen seien und nicht im Sold des Herzogs 
ständen, bei ihrer Eidespflicht heimzubieten oder im Wei- 
gerungsfälle gefangen zu setzen '). Vielleicht war der Auf- 
trag nicht in richtiger Weise ausgeführt worden; jedenfalls 
aber trägt die Abwesenheit der beiden Vertreter*) der eidg. 
Obrigkeit die Hauptschuld an dem Vorkommnis, denn 
Flecklin war von seinem Urlaube immer noch nicht zurück- 
gekehrt. Falk sagt selber : « Ich glaube fest, wenn ich hier 
gewesen wäre, so wäre der Streit nicht entstanden»*). 

Trotz den verschiedenen Aussagen ist es aber ziemlich 
sicher, daß Schweizer die Urheber des Streites waren. Aus 
ihnen konnte Falk nichts herausbringen. Als er mit ihnen 
reden wollte, warfen sie ihm ein, ob er denn den Welschen 
mehr glauben wolle, als ihnen. Auch dem Herzog gaben 
sie keine Auskunft. Ihr Gebahren zeigte klar genug ihr 
Schuldbewußtsein. Doch ihrer Frechheit tat das gar keinen 
Eintrag. Jetzt verlangten sie keck, daß man ihnen zur 
Sühne die Bewachung der Tore, Bollwerke und Brücken 


’) Eidg. Abseh. III. 2. N* ö.'!8 p. 

1 ) Flecklin war schon längere Zeit zu Hause Schwyz wurde 
daher in der Tagsatzung, welche am 30. Jan. 1514 begann, — Flecklin 
war selbst anwesend — , aufgefordert, seinen a Ammann Flecklin» 
wieder zu Bürgermeister Falk an den Hof nach Mailand zu schicken, 
um in den schwierigen Zeiten Falk und dem Herzog zu helfen. 
Eidg. Absch. III. 2. N* '40 f. — Flecklin, sonst immer «Vogt» 
betitelt, ist hier ausnahmsweise «Ammann» genannt. Ein Martin 
Flecklin war Ammann von Schwyz 6. Juli 1513, 15. Nov. 1514, 
28. Juni 1515. Vergl. Kälin in Geschichtsfreund 32. 120. 

•’) Ansbelm III. 20. — Falk (C. G. VIII, 154 a. a. O.) bringt 
die beiden sich widersprechenden Berichte beider Parteien. 


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69 


übergebe. Die welschen Söldner unter ihrem Huuplinann 
Silvio Savelli, einem Römer, der im Juni zuvor in der 
Schlacht bei Novara tapfer milgekämpft hatte, waren ge- 
nötigt, den Platz zu räumen. Nur mailändische Truppen, 
getreue Untertanen des Herzogs, mit denen die Schweizer 
nie Streit gehabt, blieben neben den eidg. Besatzungs- 
truppen im Schlosse zurück '). Um Reibereien zu vermei- 
den, ließ man Gänge und Tore, durch welche welsche 
und deutsche Kriegsknechte Zusammentreffen konnten, ab- 
sperren. Diese Maßregel bewährte sich. Während dreier 
Monate hatte man jetzt Ruhe, bis die Begehrlichkeit der 
eidgenössischen Truppen neue Unruhen hervorrief *). 

Falk wäre nun gern wieder nach Lugano zurückge- 
kehrt, doch das ging jetzt nicht an, besonders da der Herzog 
Briefe zu den eidgenössischen Boten geschickt hatte, worin 
er Falk ganz und gar für sich beanspruchte. 

Maximilian Sforza hatte zwar alles getan, um den 
beiden eidgenössischen Gesandten Falk und Flecklin den 
Aufenthalt in Mailand möglichst angenehm zu machen. Zum 
Danke für seinen hervorragenden Anteil am Feldzuge des 
Jahres 1512 und als Anerkennung für seine wertvollen 
Dienste auf dieser Gesandtschaft hatte Peter Falk vom Her- 
zog in Pavia ein Haus und in Casclli ein Landgut mit Ge- 
bäulichkeiten zum Geschenk erhalten •'*). Durch herzogliches 
Dekret vom 24. März 1514 erhielt er auch den Rang und 
Titel eines Capitano della Martessana *). Falk war aber 
schon vorher entschlossen gewesen, auf Mittefasten (22. März) 
nach Hause zurückzukehren 4 ). Trotz aller Gunstbezeu- 


') Anshelm ebenda. — Falk ebenda. 

’) Der Herzog bezahlte überdies, obwohl er nicht dazu ver- 
pflichtet war, den Arzt für die Behandlung der Verwundeten. Ans- 
helm IV. 23. 

’) Opera Zuinglii, Bd. VII, S. 11. Schreiben Falks an Zwingli, 
Zürich 1515. Jan. 23. 

4 ) Documenli svizzeri del quattrocento in Milano (ohne Angabe 
des Vert.) in Bolletino storico della Svizzera Jtaliana Bd. 20, S. 130. 

*) F. a. F., Mailand vom 23. Febr. 1514, C. G. VIII, 116. 


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70 


gungen hielt er an diesem Plane fest. Auch der freibur- 
gische Hauptmann im Schlosse zu Mailand, Dietrich von 
Englisberg, war seiner Stellung überdrüssig geworden und 
hatte sich vorgenommen, sobald Falk abreise. auch mit ihm 
zu gehen. Nur mit vieler Mühe war es Falk gelungen, 
ihn noch so lange zurückzuhalten. Für die dadurch vakant 
werdende Stelle empfahl Falk den Peter Alt aus Freiburg '), 
der auch anderswo im Dienste Freiburgs schon Vorzügliches 
geleistet hatte. Es kam dem Kandidaten der Umstand zu 
gute, daß er von zu Hause frei und an das italienische 
Klima gewohnt war ’). 

Falk hatte unterdessen von der in Zürich versammelten 
Tagsatzung Urlaub erhalten, um von Mailand verreisen 
zu können. Allerdings stand ihm vor der Heimkehr noch 
einiges bevor. Am 6. März sollte er mit dem Herzog zum 
Kardinal Schinner nach Vigevano reiten, von da sollte Falk 
allein nach Turin weiter gehen zu den Räten des Herzogs 
von Savoyen und zum Markgrafen von Monferrat aus dem 
Grunde, weil die vertriebenen und verbannten Mailänder in 
jenen Gegenden sich sammelten und von da aus Mailand 
aufzuwiegeln suchten. Ob die Reise wirklich ausgeführt 
wurde, ist nicht sicher, aber wahrscheinlich 8 ). 

Wann darauf Falk seinen Posten in Mailand verließ 
und nach Hause zurückkehrte, ist uns nicht bekannt. In 
Zürich referierte er in der Tagsatzung, welche am 4. April 
begann, über seine Gesandtschaft *). 

') Auch (d. h. der ursprüngl. Name) Veillard, seltener Wei- 
hart, wie ihn Falk nennt. Später verdeutscht in « Alt ». Die Emp- 
fehlung batte, wie aus Manualen und Missiven hervorgeht, Erfolg. 

') Es wäre vielleicht auch nicht Jedermann passend, von der 
Heimat wegzuziehen und Haus und Hof zu verlassen. Desgleichen 
kommt jetzt der Frühling und mit ihm die Hitze, und wer nicht in 
diesem Lande überwintert hat, der muß in Erwartung der sommer- 
lichen Hitze um so größere Sorge haben. Ich rede und schrei!« 
darum, weil ich es erfahren habe, etc. Falk in C. G. a. a. O. VIII. 
116. 

’) Der Bericht F. a. F. vom 4. März ist fast unmittelbar vor 
der Abreise abgefaßt. C. G. VIII. 161. 

*) Eidg. Absch. III. 2. S. 519. — Erst vom 18. April ab er- 
scheint er auch wieder im Kate in Freiburg. R. M. 31, 67 b . 


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71 


Aber schon am 24. April erging an ihn von der in 
Bern versammelten Tagsatzung der Befehl, wiederum als 
eidgenössischer Gesandter zu Vogl Flecklin nach Mailand 
zurückzukehren '). Doch die Abreise verzögerte sich noch 
lange. 

Da indessen seine dreijährige Amtsperiode als Bürger- 
meister von Freiburg mit Ende Juni ablief, so übergab er 
am 16. Mai 1514 seine amtlichen Bücher und Register den 
Behörden *). Am 18. oder 19. Mai verreiste er wieder auf 
seinen Gesandtschaftsposten nach Mailand 3 ). 

b. Sein zweiter Aufenthalt am mailändischen Hofe. 

(Mai — Nov. 1514). 

Auf die Trennung der verschiedenen Nationalitäten in 
der Besatzung des Schlosses zu Mailand war für längere 
Zeit Buhe gefolgt. Aber bald fingen die eidgenössischen 
Truppen an über Unsicherheit zu klagen. Sie brachten da- 
mit zu wege, daß die Tagsatzung vier Boten an den Herzog 
absandte mit der Forderung, daß die Schlösser in Mailand 
und Cremona der Ruhe und Ordnung halber ganz in die 
Hände der schweizerischen Truppen zu übergeben seien *). 
Vogt Flecklin befand sich schon in Mailand. Falk, der 
etwas später als jene abgereisl war, gelangte am 28. Mai 
über Lugano dorthin 6 ). Am gleichen Tage noch ritt er 
von da weiter bis Vigevano zu Kardinal Schinner und traf 
hier auf die eidgenössischen Boten. Am 30. Mai gelangten 


') Eidg. Absch. III. 2. N* 550 r. 

’) Peter Falk, burgermeister, hat sich vor minen herren, raten 
und 60 einzigen siner registern und schriberampt und solich sine 
register Josten Zimmermann sinem vertruwten fründ luterlich über- 
geben mit aller nutzung und was im davon langen mag. Das haben 
wir herren also von im ufgenommen. R. M. 31. 73. 

*) Am 17. Mai war er im kl. Rate noch anwesend, am 19. 
fehlt er. R. M. 31. 73 1>. 

*) Eidg. Absch. 111. 2. N* 551h (9. Mai). — Anshelm IV. 18. 

•) F. a. F. 1514, Mai 30. C. G. VIII. 157. 


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72 


sie dann miteinander nach Pavia, wo sie vom Herzog wohl- 
wollend empfangen wurden. Der Auftrag aber, den sie im 
Namen der Tagsatzung an ihn ausrichteten, verstimmte ihn 
im höchsten Grade. Lange wurde darum mit dem Herzog 
verhandelt, doch ohne Erfolg. Schon waren die Boten ohne 
Beschluß und unwillig von Pavia nach Vigevano abgereist 
in der Absicht heimzukehren, als ihnen der Herzog persön- 
lich nachritt und ihnen einige Vertragsartikel schriftlich 
übergab mit dem Aufträge, sie der Tagsatzung zu über- 
bringen. Diese waren damit einverstanden, wollten die 
Artikel aber doch noch vorher den Hauplleuten und Knech- 
ten im Schlosse zu Mailand vorlesen, um deren Ansicht 
darüber zu hören. Diese nun erklärten einhellig, daß die 
Zugeständnisse des Herzogs, wonach den Schweizern im 
Schlosse zu Mailand weitere Freiheit eingeräumt werden 
sollten, sie befriedige. Hiemit schieden die vier Boten von 
Mailand mit dem Bescheid, dem Herzog von der nächsten 
Tagsatzung die Antwort derselben zusenden zu wollen '). 
Falk und Flecklin blieben zurück. 

Die weniger bevorzugte Stellung von Freiburg und 
Solothurn als Glieder der Eidgenossenschaft kennzeichnet 
der Bundesvertrag des Jahres 1181, wonach für die Bundes- 
erneuerung mit diesen beiden Ständen bestimmt war, daß 
der Bundesvertrag nicht wie bei den andern Ständen be- 
schworen, sondern bloß verlesen werden mußte s ). Jedem 
Ort war es natürlich freigestellt, diese Pflicht der Minimal- 
leistung zu Gunsten der beiden Stände zu überschreiten, d. h. 
den Bund mit ihnen zu beschwören. Daß es das Bestreben 
der beiden Stände und ihrer Staatshäupter war, die gleiche 
Bangstellung mit den übrigen Orten, wo man die Bünde 
gegenseitig beschwören mußte, sich allmählich zu erobern, 
liegt auf der Hand. 

Gerade jetzt rückte die Zeit der Bundeserneuerungen 


’) Ebenda. 

’) Vgl. Oechsli, Orte und Zugewandte, im Jahrbuch für Schweiz. 
Geschichte XIII. 40 u. 52 IT. 


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73 


wieder heran. Falk hatte sich darüber schon mit den vier 
eidgenössischen Boten in Mailand insgesamt und im be- 
sondern besprochen. Doch die Hoffnung derselben, daß die 
acht Orte Freiburg den Bund beschwören würden, war ge- 
ring. Daher glaubt l'alk, es wäre gut gewesen, wenn man 
mit jedem einzelnen Ort darüber vorher verhandelt hätte. Da 
aber das nicht geschehen war und wegen der Kürze der Zeit 
nicht mehr geschehen konnte, so rät Falk : « Ihr erweiset 
unsern Eidgenossen die größte Ehre, die erdacht werden 
kann, wenn ihr ihnen enlgegenreitet und sie wohl empfan- 
get. Es scheint mir auch geraten, daß ihr alle Geschütze 
auf dem roten Turm, dem Dürren-Bühl und den beiden 
Bisenbergtürmen ihnen zu Ehren losbrennet, während sie zu 
den Toren hineinreiten. Ich hoffe, daß sie das für gut und 
für einen Ausbund von Ehre halten und es nie genugsam 
werden loben können. Zudem wäre meine Meinung, daß 
ihr die Gemeinde im Festschmuck versammeln läßt und diese 
in den Vordergrund rückt, damit nicht die « Liederlichen » 
vornanstehen, wie es schon oft geschehen ist und noch täg- 
lich geschieht. Überhaupt soll nichts unterlassen werden, 
das euch zu Ehren dienen kann. Doch ich glaube nicht, 
daß man die welschen Ringtänze aufführen solle, denn die 
Eidgenossen wissen ohne das schon, daß wir Welsch ver- 
stellen ')• Schwören sie dann oder schwören sie nicht, so 
wißt ihr euch in jedem Fall darnach zu lichten. Mir scheint 
es, daß es aber dann das Geratenste wäre, wenn ihr gleich 
darauf eine Botschaft von Ort zu Ort in die acht Orte schickt. 
Ich hoffe, daß ihr gute Antwort erhalten werdet und zum 
mindesten wißt, welcher Ort zu schwören geneigt ist oder 
nicht. Diese Meinung mögt ihr euch merken, und ich will 
unterdessen an diesem Hofe im Namen der ganzen Eidge- 
nossenschaft so handeln, daß es euch zu Ehre und Lob ge- 
reichen soll » ’). 


’) Falk hielt es offenbar für geratener, die eidg. Boten nicht 
d-:ran zu orinnern, daß Freiburg ira Grunde immer noch eine fran- 
zösische Stadt sei. 

*) C. G. Vlll. 157. Mailand 1514, Mai 30. F. a. F. 


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74 


Die Herren in Freibur" dankten Falk für diese Rat- 
schläge ’). Man brachte aber, wie man vermutet hatte, die 
Boten der Orte nicht dazu, daß sie Freiburg schworen *). 
Daher befolgte man den Rat Falks. Am 20. Juni bestimmte 
der Rat in Freiburg die Boten, die nach den verschiedenen 
Orten zu reiten hatten mit dem Aufträge, nur denjenigen 
zu schwören, die Freiburg auch schwören wollten. 

Zum Danke für seine ausgezeichneten, der Stadt Frei- 
burg geleisteten Dienste und als Anerkennung für dieses 
sein stetiges Interesse für die Heimat, auch wenn er in 
weiter Ferne weilte, rückte Falk bei dem folgenden Wahlen 
am 24. Juni an die zweite Stelle im kleinen Rate vor und 
wurde Statthalter des Schultheißen *). 

Das erste, was nun Falk nach Ablauf des ersten halben 
Jahres mit Ende Juni zu tun hatte, betraf die Bezahlung, 
Ablösung und Versetzung der schweizerischen Besatzungs- 
knechte 4 ). 

In dieser Zeit schwebten Gerüchte in der Luft von 
allen möglichen Verbindungen der Fürsten , von einem 
großen Bunde zwischen Frankreich, dem Kaiser und Spa- 
nien, auch hieß es, daß der Papst demselben vielleicht bei- 
treten werde. Kein Wunder, daß Falk gesteht, daß er in 
den Winkelzügen der Politik sich gar nicht mehr zurecht- 
finde. Immerhin erkannte er, daß das zu einem Kriege in 
Italien führen müsse. Daher ermahnte er die Eidgenossen, 
sich klug zu drehen und zu wenden, wie es die unruhig 
wechselnden Zeitläufe erforderten, und wenn es zum Kriege 
kommen sollte, die Sache im Namen Gottes tapfer an die 
Hand zu nehmen *). 


') R. M. 31. 85. (12. Juni.) 

’) Die Beschwörung des Bundes sollte am 25. Juni Rlattllndcu. 
Die vier letzten Orle Freiburg, Solothurn, Sehafthausen und Ap|>en- 
zcll begehrten, daß mail ihnen auch schwören möge. Eidg. Absch. 
III. 2. N’558b. Die Antwort auf dieses Begehren, bei Anshclm IV. 32. 
*) R. M. 31. 86. (16. Juni). — B. B. 

•) C. G. VIII. 157. a. a. (3. - R. M. 32. 1 *. — M B. N* 8. 
Fol. 17. 

*) Sunt nobis undique angustiae, sed nulla rei novitas ]>erver- 


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75 


Falk fühlte sich unterdessen trotz der vielen Arbeit 
und Unruhe, welche ihm die Besatzungstruppen stets ver- 
ursachten, und der andauernd gewaltigen Sommerhitze in 
der kühlen Wohnung seines Mitbürgers Barth. Thyon frisch 
und gesund. Er bat daher seine Herren, demselben für seine 
Gastfreundschaft zu danken. Dies zu tun, halten sie ge- 
rade jetzt die beste Gelegenheit. Freiburg hatte nämlich 
von Thyon eine Anzahl Harnische anfertigen lassen, doch 
die Arbeit hatte ihnen nicht gefallen, und darum hatte er 
dieselben mit ihrer Bewilligung nach Genf auf den Markt 
geführt, wo sie aber infolge eines Irrtums von Burkhard 
von Erlach als Kriegskonterbande konfisziert worden waren. 
Daher bat Falk seine Herren, für die Herausgabe der Har- 
nische an Thyon Sorge zu tragen *). 

Viel Mühe und Unruhe bereiteten Falk stets die freien 
Knechte, die im Lande sich aufhielten und ihn baten und 
drängten, er möge ihnen eine Stelle in irgend einer Be- 
satzung oder der Garde verschaffen und daher warteten, 
bis eine Stelle frei würde. Doch Falk war nicht gewillt, 
diese Stellen init Leuten zu versehen, die ohne die Erlaub- 
nis ihrer Obern nach Mailand gelaufen kamen, zumal da 
ihm auch die Begierungen verboten hatten, solche Stellen 
mit freien Knechten zu besetzen. Daher wies er alle diese 
Gesuche ab ’). 

Viele Sorgen verursachten Falk auch die Streitigkeiten 
zwischen den Knechten und Hauptleuten wegen des soge- 


tcre forcia debet. Ferner : Aber das beste, das vortianden, ist die 
Furcht und die Ehre Gottes, ihn anzurufen, damit er seine barm- 
herzige Hand nicht von uns zurückziche. F. a. F. 1514, August 5. 
C. G. VIII. 159. 

') Ebenda. — Im Schreiben vom 81. August 1514 ersuchte 
demgemäß der Rat in Freiburg den Herzog von Savoyen, ihrem 
Mitbürger in Mailand die Harnische wieder zurilckschicken zu wollen. 
M. B. N* 7. Fol 31 *■. 

') C. G. VIII. 159. a. a. O. — Es gab willige Leute genug, 
die mit vollen Freuden eine Stelle in einer Besatzung angenommen 
hätten (Bittschreiben des Bastian Techtermann an seinen Vetter 
Peter Falk, ohne Datum). M. d. W. v. P. 62. F. a. F. 


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76 


nannten « ßubensoldes ». Alle Orte, drei ausgenommen, 
gewährten ihren Hauptleuten die Vergünstigung, sich zu 
ihrer Bedienung einen Burschen halten zu dürfen, der dann, 
wie es scheint, aus der allgemeinen Kasse bezahlt wurde, 
so auch Freiburg. Wenn nun auch dadurch die Verminde- 
rung des Soldes für einen jeden einzelnen Mann nur gering 
war, so gab das doch Anlaß zu Reibereien und Händeln 
mit den Hauptleuten. Zu wiederholten Malen war darum 
Freiburg genötigt, seine Knechte zu mahnen, daß sie ihren 
Hauplleuten ebensoviel erlaubten, wie andere Orte auch. 
Dieselben Schwierigkeiten ergaben sich auch noch, als Peter 
Falk längst nicht mehr in Italien war '). 

Diese Streitigkeiten zwischen den Knechten und ihren 
Hauplleuten waren aber nicht die einzigen. Es bestanden 
schon seit längerer Zeit auch wieder Reibereien zwischen 
den schweizerischen Besatzungstruppen insgemein mit dem 
Herzog. 

Dieser hatte von den vier eidgenössischen Abgeord- 
neten auf seine Konzessionen an die schweizerische Be- 
satzung in Mailand die Antwort der Tagsatzung zu ver- 
nehmen verlangt. Da aber keine Antwort eintraf, so ging er 
auch in seinen Maßregeln zu Gunsten der schweizerischen 
Besatzung nicht weiter, darum der Streit *). Um mit den 
beiden Gesandten Falk und Flecklin über die Herstellung 
der Ordnung zu unterhandeln, schickte nun die Tagsatzung 
wiederum eine Abordnung von vier Mann im Namen der 
Eidgenossen nach Mailand*). Ihre Instruktion ging dahin, 
es sei vom Herzog zu verlangen, daß das Schloß in Mai- 
land ganz in die Hände der schweizerischen Besatzung zu 
übergeben und die Anzahl der Besatzungstruppen zu ver- 
mehren sei. Im Weigerungsfälle wollten die Eidgenossen 


') R. M. 31, »6. (16. Juni). - 32. 15 (18. Aug.) - 31 b <13. 

Ükt.) - M. B. N* 8. Fol. 20 und 21. — 24 * (14. Dez. 1514). — 
F. a. F., Mailand v. 8. Juti 1514; C. G VIII. 156. 

’) Anshelm IV. 21 ff. 

’) Ein Berner, Luzerner, Basier und Glarner, Anshelm IV. 
18. — Eidg. Absch. III. 2. N* 566, m. (31. Juli). 


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77 


ihre Knechte nach Hause zurückberufen, um sie nicht wei- 
tern Gefahren auszusetzen, — denn immer beklagten sich 
dieselben wegen Unsicherheit vor den Welschen '). — Der 
Herzog verantwortete sich daher bei der Kidgenossenschaft 
über die ungerechtfertigten Klagen der Besatzung. Am 
18. September gelangte der Bericht der vier Gesandten an 
die Tagsatzung. Sie schilderten die bestehenden Zustände, 
die Verantwortung des Heizogs und seine Beteuerung für 
die Sicherheit der Schweizer, aber auch die abschlägige 
Antwort desselben bezüglich der vollständigen Übergabe 
des Schlosses an die eidgenössischen Knechte einer- und 
die Vermehrung der Truppen andererseits. Schon jetzt 
wurden Stimmen laut, daß man die Knechte zurückberufen 
und die Bundesbriefe vom Herzog zurückfordern solle. Doch 
wollte man noch die Ankunft der Gesandten aus Mailand 
abwarten, bevor man weitere Beschlüsse faßte, und schrieb 
den Knechten und Hauptleuten, sich ruhig zu verhalten*). 

Vogt Flecklin von Schwyz reichte nun der Tagsatzung, 
welche am 3. Oktober begann, ein Gesuch ein um Ablösung 
und Entlassung von seiner mailändischen Gesandtschaft. 
Doch faßte man vorläufig noch keinen definitiven Entschluß; 
man war aber doch wohl entschlossen, Flecklin zu ersetzen. 
Es handelte sich nur darum, ob man auch Falk ersetzen 
oder auf seinem Posten belassen wolle. Auf dem nächsten 
Tage wollte man endgültig entscheiden "). 

Die Tagsatzung zu Baden, die vom 23. Oktober ab 
tagte, brachte im Beisein der Gesandten die Verhältnisse 
im Herzogtum Mailand wiederum zur Sprache und die Frage 
wegen der Gesandtschaft zur Entscheidung *). Nachdem 
diese Bericht über ihre Gesandtschaft gegeben, auch einen 


') Anshelm IV. 19. Instruktion an die Gesandten. 

*) Eidg. A beeil. III. 2. N* 572 f. 

*) Eidg. Absch. III 2. N* ."»74 p. 

') Am 12. Okt. war Falk wieder in Freiburg. (R. M. .32. 31 b ). 
An dieser Tagsatzung zu Baden kann er nicht teilgenommen halten, 
da er am folgenden Tage (24. Okt.) in der Ratssitzung in Freiburg 
sich lindet. (R. M. 32. 36 b ). 


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78 


genauen Bericht des Herzogs vorgelegt hatten '), erklärten 
einige Orte nochmals, man solle vom Herzog die ßundes- 
briefe- ÄBrÄeklmdeni, die Besatzungen ab- und heimberufen, 
für die noch schuldigen Summen mit Laad, sich entschädigen 
und sich aller Beziehungen mit den ungetreuen Ufaifänder» 
enlsehlagen. Aber der Antrag ging nicht doreli. Die 
meisten Orte waren der Ansicht, es sei nicht ehrenvorf, 
ein ruhmreich erobertes Land so leichtsinnig aus den Hän- 
den zu lassen. Auch Falk begehrte jetzt neben Flecklin 
die Entlassung von seinem Gesandtschaflsposten, — sie 
mochten beide diese schwierige Stellung durch Kummer und 
Verdruß satt bekommen haben — ; daher glaubte man, daß 
vielleicht durch einen Personal Wechsel mit den Gesandten 
das Ziel zu erreichen wäre. Die Tagsalzung genehmigte daher 
die Gesuche der beiden und schickte als ihre Nachfolger- 
Junker Albrecht von Stein von Bern und Heinrich Erb von 
Uri zum Herzog nach Mailand *). 

Auf das Gesuch des mailändischen Kämmerlings, man 
möchte dem sprachenkundigen Falk vergönnen, als Bote 
der Eidgenossen in des Herzogs Kosten nach Rom zu ge- 
hen und anzuhören, was zwischen dem Papst, dem Kaiser, 
dem König von Spanien, den italienischen Städten und Sa- 
voyen verhandelt würde, wurde beschlossen, diese Bewilli- 
gung zu geben, doch so, daß Falk sich lediglich auf das 
Anhören und Berichten beschränken und an keinerlei Ver- 
handlungen mitwirken sollte. In diesem Sinne wurde auch 
ein Schreiben an Falk erlassen 8 ). 

Sei es nun, daß der Herzog in Anbetracht der vielen 
Kosten, die ihm die Sendung Falks nach Rom verursacht 
hätte, auf sein Vorhaben verzichtete, oder daß Falk dieser 
Auftrag zuwider war, und das ist auch das Wahrscheinliche 
— vermutlich hatte der Herzog ihn nicht einmal angefragt, 
ob er, dorthin zu gehen, bereit sei 4 ) — Falk ging nicht 

') Abgedr. bei Aasheim IV. 19 ff. 

’) Eidg. Absch. III. 2. N* 577 m. (23. Okt.) u. Anshelm S. 26. 

’) Eidg. Absch. ebenda, 1. p. 

*) Der mailändische Abgeordnete hatte schon auf der Tag- 


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79 


nach Rom. Das Schreiben übrigens, das ihm nm der T5»g- 
satzung zukam, war kein Befehl, sondern nur die Anzeige, 
daß man dem Gesucli des Herzogs, ihn nach Rom senden 
zu dürfen, entsprochen habe. Falk hatte am römischen 
Hofe offenbar zu viele Enttäuschungen erlebt, als daß er 
das ruhige Heim und seine Familie, in die er nach langer 
Abwesenheit erst vor einigen Tagen wieder zurückgekehrt 
war, jetzt schon wieder auf unbestimmte Zeit verlassen 
wollte. Man hielt ihn auch wohl zurück, und zudem stand 
für das Jahr 1315 eine andere Reise in seinem Plan, eine 
Jerusalemfahrt. 


Kap. 9. 

Falk in der Heimat. (Do*. 1514-April 1515.) 
a. Die Familie Peter Falks. 

Falk nahm unterdessen in seiner Heimat an den ge- 
wöhnlichen Geschäften des Rates seiner Vaterstadt und 
der gesamten Eidgenossenschaft an Tagsatzungen kräftigen 
Anteil. 

Nachdem er schon im Dezember 1514 in Zürich Frei- 
burg an einer Tagsatzung vertreten hatte '), wurde er am 
8. Januar 1515 wieder dorthin abgeordnet *). Hier hatte 
Falk noch einiges zu erörtern über seine Gesandtschaft beim 
Herzog von Mailand. Die beiden neuen Gesandten hatten 
wahrscheinlich in Mailand den Bundesvertrag mit dem Herzog 
sich vorlegen lassen und gefunden, daß derselbe von Seite 
des Herzogs ja überhaupt noch nicht einmal besiegelt wor- 


salzung zu Luzern die Sache vorgebracht, allerdings nicht in der- 
selben Formulierung. Eidg. Absch. III. 2. N* 576. d. 

') R. M. 82. 50. — Eidg. Absch. III. 2 . (S. 842.) N* 584. 

*) R. M. 32. 61. — M. B. N* 8. Fol. 27 b . Art. a. — Eidg. 
Absch. III. 2. N' 586 a. 


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80 


den war. Sie hatten diese hübsche Entdeckung der Tag- 
satzung gemeldet. Sofort fiel auf Falk und Flecklin der 
Verdacht, sie hätten darum gewußt. Falk verantwortete 
sich daher, sowie seinen Kollegen Flecklin, der nicht zu- 
gegen war. Um seine Unschuld an dieser schweren Ver- 
nachlässigung zu beweisen, bat er, daß man einen Brief 
vorlege, den er auf einen Tag zu Bern geschrieben, und 
worin er begehrt habe, ihm und Flecklin eine Kopie jenes 
Bundesbriefes zu senden. Dieses geschah, und es gelang 
Falk, an Hand dieser Schrift seine und seines Kollegen 
Unschuld darzutun. Damit gab sich die Tagsatzung zu- 
frieden '). 

* * 

• 

Peter Falk und seine Gattin Anna von Garmiswil waren, 
wie anzunehmen ist, im Jahre 1498 durch die Geburteines 
Töchterchens erfreut worden. Es ist dies das einzige Kind, 
das der Familie erhalten blieb. Ein anders Kind starb Ende 
des Jahres 150G, als Falk Schultheiß zu Murten war ! ). 
Kein Wunder, daß Falk für eine gute Erziehung dieses 
einzigen Lieblings, Ursula, besorgt war. Nach ihrer ersten 
Jugend schickte er Ursula, wie sein Bruder Hans seine 
Tochter Katharina zur Erziehung und Bildung ins Zister- 
zienserinnenkloster Fraubrunnen bei Bern Ä ). Wir haben 
nur ein Schreiben der Tochter an ihren Vater aus jener 
Zeit, ein kleines aber äußerst liebenswürdig gehaltenes 
Briefchen 4 ). Wie lange dieser Aufenthalt Ursulas im Kloster 
zu Fraubrunnen dauerte, wissen wir nicht, aber anfangs 
des Jahres 1511 finden wir sie wieder in der elterlichen 
Familie. Da in diesem Jahre die erste bekannte Freiburger 
Mädchenschule gegründet wurde & ), konnte die weitere Aus- 

') Die eidg. Absch. ebenda Art. b. sagen, daß auch Ammann 
Kiitzi von Schwyz namens des angegriffenen Vogt Flecklin sprach. 

*) Hans, sein Bruder, suchte dem tief Betrübten darüber christ- 
lichen Trost zuzusprechen. Vergl. im Anhang N* 4. 

•) Vergl. Anhang N* 5. 

*) Vergl. Anhang N* 6. 

*) Heinemann S. 92. 


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81 


bildung Ursulas in der Heimat stattfinden. Es war damit 
sowohl für die häusliche Erziehung, wie für die wissenschaft- 
liche Ausbildung gesorgt Falk gab denn auch seiner Frau 
den Auftrag, Ursula zur Schule zu schicken *). 

Falk war, nach den hinterlassenen Schreiben zu schlie- 
ßen, ein äußerst liebenswürdiger Gatte und Vater. Die Briefe 
an seine Frau und Tochter sind in einem so warmen und 
wohltuenden Tone abgefaßt, daß ihre Lektüre uns einen 
wahren Genuß bietet. Es scheint fast unglaublich, wie in 
dieser kriegerischen Zeit solch duftende Blüten echter Zärt- 
lichkeit sprossen konnten und zwar gerade bei einem Manne, 
der wie Falk in seinem Leben als Krieger, Staatsmann 
und Diplomat völlig aufzugchen schien *). Als Vater war 
er sehr streng gegenüber seiner Tochter. Freilich können 
wir aus unser heutigen Zeit heraus kaum einen Maßslab 
an seine erzieherischen Verordnungen anlegen. Er mußte 
wissen, was für ein Mädchen aus vornehmer Familie in 
jener Zeit schicklich und erlaubt war. War er streng, so 
hatte er wohl seine guten Gründe dazu. So verbot er 
seiner Frau, Ursula, die damals etwa 12 bis 14 Jahre 
zählen mochte, allein im Hause zurückzulassen. Wenn sie 
ausgehe, so möge sie Ursula mit sich nehmen oder ins Haus 
seiner Schwester Antonia schicken. Auch solle sie dieselbe 
nicht zu weit herumziehen lassen, da solch junge Töchter 
dadurch leicht in einen üblen Ruf kommen könnten, der 
ihnen zeitlebens nachgehen würde. « Darum sorge dafür, 
daß wir einst Freude an ihr erleben. Ich habe ihr oft 
gesagt, wie sie sich halten solle, damit sie mein herzliebes 
Kind sei und bleibe» s ). Nie vergaß Falk, in den Briefen 
an seine Frau dieser besonders einzuschärfen, seine Tochter 
zu unterweisen und für ihre Erziehung alle mögliche 
Sorge zu tragen. 


') Vergl. Anhang N* 7 u. 8. 

’) Ein Schreiben aus der Sammlung des Willi, v. Praroman 
ist von Daguet im Anzeiger N. F. III. :i‘£i veröffentlicht. — Die übri- 
gen siehe im Anhang zu dieser Arbeit. 

’) Vergl. im Anhang N" 10. 

C 


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82 


Begreiflich, daß das reiche und wohlgebildete ßiirger- 
meisterstöchterlein sehr bald einen Verehrer fand. Freilich 
hätte man dies bei ihrer Jugend damals noch kaum erwar- 
ten sollen. Doch Falk war mit der Werbung einverstanden. 
Der Freier war nämlich kein Geringerer als der aus vor- 
nehmer und hochangesehener Patrizierfamilie stammende 
Petermann von Praroman. Er war ein Sohn des Sebold von 
Praroman und wohnte an der Reichengasse '). Im Jahre 
1513 war er in den Rat der Zweihundert eingetreten und 
in darauffolgenden in den der Sechzig. Im Jahre 1517 
wurde er Mitglied des kleinen Rates und Bürgermeister für 
eine Amtsdauer von drei Jahren. Dem kleinen Rate ge- 
hörte er (mit Ausnahme der Jahre 1526 und 1527) an bis 
zu seinem Tode 1552. In drei je dreijährigen Perioden be- 
kleidete er das Schultheißenamt 1531 — 34, 1537 — 40 und 
1543—46 *). Noch im Jahre 1514, als Falk aus seiner mai- 
ländischen Gesandtschaft zurückgekehrt war, wurde die 
Hochzeit gefeiert 8 ). Ursula mochte das 16. Altersjahr noch 
nicht überschritten haben. 

b. Die Errichtung des Kollegiatstiftes St. Nikolaus in Freiburg. 

Vor allem galt es jetzt, ein wichtiges Geschäft zum 
Abschluß zu bringen, eine Angelegenheit, die Falk schon 
Monate und Jahre lang in Atem gehalten hatte, die Errich- 
tung des Chorherrenstiftes in St. Nikolaus. 

Schon im Dezember 1513 hatte Kardinal Schinner Falk 


') Lt. dem gr. Bb. 

*) Lt. B. B. — Vergl. Beilage N* 11. 

*) Gratulationsschreiben zu dieser Vermählung von den beiden 
Klosterfrauen: Schwester Benedikta Fontaine und Schwester George 
de Liüront vom 27. Dez. 1514 an ihren Vetter Peter Falk. Es sei 
ihr großes Verlangen gewesen, schreiben sie, daß es Gott dem Herrn 
gefallen hätte, ihr (Ursula) die Gnade zu verleihen, daß sie eine gute 
Klosterfrau in ihrem Kloster werden möchte. « Aber auch jetzt beten 
wir für sie, und wir empfehlen uns ihr sehr und ihrem vornehmen 
Gemahl etc. ». Aus den M. d. W. v. P. 244. 


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83 


seine Verwunderung darüber ausgesprochen, daß man jahre- 
lang an der Errichtung des Stiftes habe arbeiten können 
und jetzt, da die Erlaubnis dazu der Obrigkeit vorliege, die 
Organisation desselben nicht sofort an die Hand nehme. 
Er gab Falk in Anbetracht des in Italien allgemein herum- 
laufenden Gerüchtes, daß Leo X. nicht länger als ein Jahr 
regieren würde, den Rat, daß man sofort einen Propst und 
sechs Domherren erwähle, damit, wenn der Papst sterbe, 
die großen Kosten, Mühen und Arbeiten nicht verloren gingen. 
Falk entschuldigte zwar damals seine Herren, indem er die 
Gründe für die Verzögerung dem Kardinal mitteille, er- 
mahnte aber zugleich den Rat in Freiburg, der Aufforde- 
rung Schinners unverzüglich nachzukommen 1 ). Allein man 
tat nichts. 

Als dann Schinner mit dem päpstlichen Großzeremonien- 
meister in der Schweiz und besonders zu Bern und auch 
in Freiburg sich befand *), da hielt Falk den Zeitpunkt für 
höchst geeignet, seine Herren in Freiburg zu ermahnen, daß 
es gerade jetzt am besten sich schicken dürfte, an die Er- 
richtung des Kollegiatstiftes zu denken, indem er glaubte, 
Schinner und sein Begleiter würden persönlich erscheinen 
und die Zeremonien und Feierlichkeiten vornehmen und leiten. 
Falk hätte das für eine große Ehre gehalten, besonders da 
er hoffte, daß der Kardinal in der Eigenschaft eines päpst- 
lichen Legaten bei der Errichtung sich beteiligen würde, 
indem er davon überzeugt war, daß auch der päpstliche 
Zeremonienmeisler seinen Herren ganz zu Diensten sein würde. 
Darum schrieb er am 8. Juli 1514 : « Denkt darüber nach 
und stellt es der Ehre Gottes anheim. Wie ich euch kürz- 
lich im Abschied geschrieben habe, handelt es sich nur noch 
um wenige Kosten. Die Hauptsache ist getan. Es würde 
mein Lebtag mich grämen, wenn ich auf euern Befehl so 
viel Mühe und Arbeit, ja tötliche Sorge gehabt habe, ein 
Stift zu errichten, und jetzt das alles umsonst gewesen sein 


’) C. G. VIII. 107. F. a. F. Mailand v. 15. Dez. 1513. 
*) C. G. VIII. 150. F. a. F., Mailand vom 8. Juli 1514. 


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84 


sollte. Ach Gott, wie sind jetzt die Herren des Kapitels 
gegen euch so ungeschickt ') und besonders wegen des 
Gottesdienstes! Darum so denkt und strebt darnach, in 
künftigen Zeiten andere tapfere, andächtige und geschickte 
Leute an diese Stellen zu setzen. Jetzt steht es aber in 
euerer und euerer Nachkommen Hand, diese Herrn zu 
wählen*). Niemand wird dann an deren Ungeschicklichkeit 
schuld sein als diejenigen, welche die Gewalt haben werden, 
sie zu erwählen und einzuselzen. Darum verzagt nicht. Faßt 
die Sache im Namen Gottes tapfer an, so wird das Glück 
täglich mit euch sein 3 ). 

Die Herren in Freiburg waren nun auch wirklich sofort 
daran gegangen, seiner Aufforderung Folge zu leisten. Als 
sie sich aber anschickten, seinen Wunsch zu erfüllen, da 
erfuhren sie von den beiden geistlichen Würdenträgern, daß 
die Errichtungsbullen des Papstes durch das Konsistorium 
widerrufen worden sei, und daß es darum einer neuen Be- 
stätigung bedürfe. Schinner hatte versprochen, für die Er- 
langung derselben in Rom tätig zu sein, und man gab sich 
der Hoffnung hin, daß sein Vorgehen mit Erfolg begleitet 
sein werde. Betreffs der Bezahlung der Annalen wollte 
man mit ihm verhandeln, um möglichst günstige Zahlungs- 
bedingungen zu erlangen, was man nach der Schilderung 
Falks über die Freigebigkeit des Papstes und der Freund- 
schaft Schinners mit ihm zu hoffen berechtigt war®). 
Doch war am 4. September noch nichts geschehen ®). Die 


') d. h. sie kehren »ich nicht an die Wünsche des Rates und 
haben sich auch nicht um sie zu bekümmern, weil ihnen der Rat 
nichts zu befehlen hat, sondern nur der Bischof. 

’) d. h. sobald ihr das Stift aufrichtet, so habt ihr eigenes 
Wahlrecht. 

*) C. G. VIII. 15ti a. a. O. 

4 ) Falk hatte in einem Ungern Schreiben an Freiburg vom 5. 
August 1514 aus Mailand die verschiedenen Gesichtspunkte in betrel! 
der Bezahlung der Annaten seinen Herren u. Obern vorgclogt. C. G. 
VIII 150. Autogr. 

‘) M. B. N“ 8. Fol. 20 und 21. (17. Aug.) 

") Zur bessern Oiicnticrung in der Angelegenheit, die den Herren 


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85 


Herren in Freiburg baten daher den Kardinal Schinner zu 
wiederholten Malen um seine Verwendung beim Papste '). 

Endlich, als Falk aus seiner mailändischen Gesandt- 
schaft zurückgekehrt war, geschah doch ein Schritt in dieser 
Angelegenheit vorwärts. Die Hülle hatte man schon längst 
erlangt. Darum beschloß der Rat in seiner Sitzung vom 
12. März 1515, die Errichtung vorzunehmen. Zum Propst 
wurde schon jetzt, mit Vorbehalt der Annahme der Wahl, 
Burkhard Tavernier ernannt *). Doch war allem Anschein 
nach noch nicht alles, was zu einem Chorherrenstift gehörte, 
vollkommen geregelt. Wir schließen das aus der Abwesen- 
heit Falks von Freiburg vom 14. März bis zum 2. April, 
in welcher Zwischenzeit nichts Weiteres vorgenommen wurde 3 ). 

Am 11. April schritt dann der kleine Rat zur Wahl 
der Mitglieder des Chorherrnstiftes. Die frühere Wahl Burk- 
hard Taverniers zum Propst wurde, nachdem dieser seine 
Zusage zur Annahme gegeben, wiederholt ; Wilhelm von 
Praroman ernannte man zum Dekan und Hans Wannenmacher 
(Vannius) zum Kantor 4 ). 


iu Freiburg wohl nicht ganz klar war, ließ man »ich in der Rats- 
sitzung vom 21. Aug. das Konkordat der Stadt Bern über die Errich- 
tung des St. Vinzenzstiftes vorlegen. R. M. 32. 16 b . Mangel an 
Klarheit und Einsicht scheint die Ursache der Verzögerung der Er- 
richtung gewesen zu sein. Solange daher Falk abwesend war, hatte 
man keine Eile. 

') M. B. N* 8. Fol. 22 C 

') R. M. 32. 83 k. 

’) Wo sich Falk in dieser Zeit aufhielt, bei Schinner, dem 
päpstl. Legaten, bei Tavernier oder den übrigen für die Wahl zu 
Chorherren in Aussicht genommenen Geistlichen, um sie für die An- 
nahme einer Wahl anzufragen, wissen wir nicht. An der Tagsatzung 
befand er sich nicht. An andern Unternehmungen war Falk auch 
hervorragend beteiligt, so am Orgelbau (R. M. 32. 76 k ) und am Bau 
des Rathauses. R. M. 32. 90 b (2. April). 

*) Weiter wurden ernannt: Wilh. Pavillard, Magister Mat- 
thäus Rollenbatz (Rclibati), Hans (Jakob) Goltschi, Magister Wilh. 
v. Garmiswil, Peter Salo, Niki. Velg, Wilh. Rono, Wilb. Piteli, 
Niki. v. Wattenwil, Dr. Konstanz Keller und Bened. von Pontherose. 
R. M. 32. 91. — F. St.-A. Geist). Sachen N* 63. — Borchtold a. a. 


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86 


Damit hatte ein Werk seinen Abschluß gefunden, an 
dem Falk seit Jahr und Tag mit aller Knergie seiner eiser- 
nen Willenskraft gearbeitet, alles Ungemach einer langen 
Entfernung von der Heimat erduldet, ja sich selbst der Todes- 
gefahr ausgesetzt hatte. Was Wunders, wenn er jetzt mit 
seinem Vorhaben, das er längst als lieben Plan gehegt, 
ernst machte, um damit seinem Werke die Krone aufzu- 
setzen, nämlich eine Wallfahrt nach Jerusalem zu unter- 
nehmen. 

In der nämlichen Sitzung, in welcher die Wahlen der 
Mitglieder des Chorherrenstiftes vorgenommen wurden, er- 
klärte Falk nach Schluß dieses letzten wichtigen Aktes der 
Stiftserrichtung dem versammelten Rat, dass er beschlossen 
habe, nach Jerusalem zu pilgern. Der Eindruck, den diese 
Erklärung hervorrief, muß ein erhebender gewesen sein, da 
derjenige auf solche Weise dem Himmel für die glückliche 
Vollendung seines Werkes danken wollte, dem man selber 
so sehr zum Danke verpflichtet war. Der ganze Rat wünschte 
ihm Glück und Heil zu dieser weiten und gefährlichen Fahrt. 
Als Anerkennung für seine Verdienste gab ihm der Rat 
die Erlaubnis, in der St. Nikolauskirche für sich und seine 
Nachkommen und Erben eine Kapelle zu erbauen und einen 
Altar zu errichten *). Auch die Mitglieder des Kollegiat- 
stiftes wollten sich ihrem Wohltäter gegenüber dankbar er- 
weisen, indem sie Falk zu ihrem Ratgeber, in der Eigen- 
schaft eines Stiftsvogtes, erkoren, womit auch der Rat ein- 
verstanden war ! ). 

O. II. S. 130. Anmerk. — Apollinaire Dellion a. a. O. VI. 317 ff. 
Nachdem Pfarrer Rügniet gestorben war, wurde am 11. Okt. 1510 
Goltschi vom Rat rum Pfarrer in St. Nikolaus gewühlt und am 12. 
Okt. durch die ltiirger bestätigt. Ebenda S. 358 und R. M. 31. 30. 

') Min herren haben minein herren alten burgerrneister Peter 
Falken glUck und heil gewünscht /. uo sinr heilgon fart gon Jerusalem 
und vergönnen im ein Capell in Sanct Niklauscn kilchen neben 
Sanct Jakoben altar zue brechen mögen und die sinetn willen nach 
zue buwen und das er und sin erbsn oder ander die gabuug derselben 
haben mögen. — R. M. 32. 91 k . 

*) R. M. 32. 92 k (13. Apr.) u. 94 (17. AprJ. 


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Kap. 10. 

Falks erste Wallfahrt nach Jerusalem '). 

(April 1515— Jan. 1516). 

Am 20. April war der Zeitpunkt der Abreise nach dem 
hl. Lande für Falk und seine Freunde gekommen. Er ver- 
ließ, begleitet von Hans Soitenmacher, seine Vaterstadt ; in 
Romont schloß sich Bernhard Müsy der Fahrt an. Über 
Hauteerßt, Vevey und Aigle gelangten die Reisenden nach 
Ollon, wo Jakob von Roverea, Herr von CWR f ). auf sie 
wartete, um die Reise mitzumachen, am 26. April über 
Martigny nach Sitten, wo der Bruder Schinners 8 ) aus be- 
sonderer Hochachtung für Falk sie sehr freundlich empfing 
und bewirtete. Von Leuk über Brig und den mit Schnee 
bedeckten Simplon erreichten die Pilger Pallanza und Mai- 
land. Hier machten sie sieben Tage Rast. Sie warteten 
nämlich auf Falk, der in die Gegend von Novara abgegangen 
war, um den Kardinal zu besuchen. Am 9. Mai verließ 
die Reisegesellschaft Mailand. In Lodi traf sie den Nellen 
des Kardinals von Sitten, den Johanniter Peter Schirmer, 
der nach Rhodos verreiste 4 ). Auch fanden sie dort den 
Johanniter Petermann von Englisberg 6 ) von Freiburg, der 


') Vergl. dazu die einläßliche Beschreibung dieser Fahrt nach 
den Aufzeichnungen eines Teilnehmers (Musy) in Archives, Bd. V. 
durch Max von Diesbach. 

*) Über ihn und seine Familie: Ad. Fiuri im Berner Taschen- 
buch, Jahrg. 1901, S. 107, ebenda sein Bild Tafel Xll b durch Niki. 
Manuel. — Chr. Montenach. Fol. 101. 

*) Wahrscheinlich Kaspar Schinuer, vergl. Geschicbtsbl. 9. Jahrg. 
S. 119, Anm 

‘) Vergl. Geschichtsbl. 9. Jahrg. S. 119, Anm. 
l ) Vergl. oben, und Fribourg artistique 1891, Tafel XVII, 
von Max v. Diesbach, von ihm auch in Archives, V. S. 321. 
Peterni. v. Englisberg war Komthur der Johanniterhäuser in Frei- 
burg, Basel, Münchenbuchsee bei Bern, Thunstetten, Rheinfelden, 
Hohenrain und Reiden. Er starb am 28. Febr. 1545 und wurde in 


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88 


ebenfalls nach Rhodos gehen wollte und Humbert von Pra- 
roman aus Freiburg '), sowie einen Kaplan von Rheinfel- 
den, namens Bertholf Rüdi, deren Reiseziel Jerusalem war. 
Von Lodi aus erreichte man Venedig zu Schiff am 15. Mai. 

Hier gab es Zeit genug, noch ein letztes Lebewohl an 
die Angehörigen in die Heimat abzusenden. Auch Falk 
machte sich die Gelegenheit zu nutzen. Obwohl er Ursula, 
seine Tochter, als verheiratete Frau zurückgelassen halte, 
wollte er es doch an Ermahnungen und Ratschlägen nicht 
fohlen lassen, zumal sie derselben bei ihrem jugendlichen Alter 
noch wohl bedurfte. Darum schrieb er ihr : « Lebe friedlich 
mit deiner Mutter, sei deinem Manne gehorsam, halte dich 
an gute Gesellschaft und sei eines ehrbaren, züchtigen 
Wandels. Schweife nicht zu weil herum, sondern halte 
dich zu Hause. Bitte für die armen Seelen. Erhalte dir 
die Gewogenheit deines Schwiegervaters und deiner Schwie- 
germutter ». Der gleiche Brief zeigt auch die ernste, tiefe 
Frömmigkeit Falks, wenn er schreibt: « Du weißt, mein- 
allerliebstes Kind, daß ich dich immer gelehrt habe durch 
Wort und Schrift, daß du immer und vor allen Dingen Gott 
den Allmächtigen ehren und nach deinem Können ihm die- 
nen sollst. Daran ermahne ich dich noch heutzutage in 
väterlicher Treue. Laß dir die Welt nicht zu lieb sein, die 
aller Untreuen voll ist. Du hast durch die Gnade Gottes 
lesen gelernt. Darum laß dir in frommen Andachtsbiichern 
deinem Herzen Trost erholen. Du wirst fürwahr Gott dem 
Herrn schwerere Rechenschaft ablegen müssen, als andere, 
die nicht lesen können, und wenn sie es noch könnten, doch 
Tag und Nacht arbeiten müssen, um für sich und die Ihrigen 

Freiburg begraben, wo er 44 Jahre lang als Komthur gelebt halte. 
Mülinen in Sammlung Bern. Biogr. I. 521). Chr. Monteuach a. a. 
O. Fol. 221 

') Er ist ein Sohn dos Rudolf von Prarotnan. Sebold (der 
Vater von Falks Schwiegersohn) und dieser Rudolf waren, wie es 
scheint, nicht Brüder, sondern Geschwisterkinder. F. St.-A., das 
gr. Bb. — Humbert war Mitglied des kl. Rates in Freiburg von 1510 
ab, von 1528-30 Schultheiß und starb 1548. B. B. 


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89 


ihr tägliches Brot zu erwerben, was du nichl zu tun brauchst. 
Du hast von Gott fünf Talente empfangen ; siehe zu, daß du 
ihm andere fünf dazu gewinnest ». Auch ermahnte er sie, 
für ihn täglich ein kleines Gebet zu verrichten, bis er 
wieder zurückkehre : « Sprich aber die Gebete so, daß du 
die Worte wohl verstehest, denn ein Mensch, der nur mit 
dem Munde betet, dessen Gebet nicht aus dem Grunde seines 
Herzens hervorgeht, das Gebet eines solchen istwertlos» 1 ). 

Nachdem er dann auch ein ehrenvolles Begleitschrei- 
ben von Leonardo Loredano, dem Dogen von Venedig, er- 
halten hatte 8 ), bestieg Falk am 1. Juli, d. h. nach andert- 
halbmonatlichem Aufenthalt in Venedig, mit den übrigen 
Pilgern eine Galeere. — Die Rhodeserritter waren schon 
einige Tage früher auf einem Segelschiff abgefahren. Es 
war ein buntes Völkergemisch, das sich da zusammenfand: 
Leute aus aller Herren Länder, im Ganzen 88 Pilger, die 
Frauen, Nonnen und Mitglieder religiöser Bruderschaften 
und Orden nicht mitgerechnet. Am 2. Juli wurden die 
Anker gelichtet, und am 29. erreichte man Rhodos, wo 
den Pilgern ein ehrenvoller Empfang bereitet wurde. An 
der Küste von Cypern vorübersegelnd, landete das Schilf 
am 15. August vor Jaffa. Nach fünftägigem Warten auf 
dem Schiffe, während welcher Zeit mit den Stämmen und 
Städten des Landes die Verträge wegen des Durchzuges 
abgeschlossen wurden, konnten die Pilger endlich ans Land 
steigen. In einer Grotte am Meere wurden sie indes noch 
bis zur Abreise nach Jerusalem, die des andern Tages an- 
getreten wurde, zusammengesperrt. S 7 on den Eingeborenen 
wurden sie übel behandelt, viele blutig geschlagen. 

Der Bericht, von Bernard Müsy selber verfaßt, geht 
nicht weiter und läßt uns daher über das fernere Schicksal 
der Pilger im Unklaren. 


') Vergl. im Anhang N* 12. 

’) F. St.-A. Sammlung Praroman, Faszikel des Jahres 1515. 
Orig, auf Pergament. Veröffentlicht von M. v. Di es hach in Archive» 
V. S. 273. 


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90 


Humbert von Praroman wurde in Jerusalem von Niko- 
laus von Lusignan, dem Wächter des hl. Grabes, zum 
Ritter geschlagen *). Verschiedentlich hat man auch be- 
hauptet, daß Falle mit der Ritterwürde vom hl. Grabe be- 
kleidet wurde. Es beruht das offenbar auf einem Irrtum. 
Falk hat die Rilterwürdo nicht erhalten, denn Müsy, der 
bei jedem Namen der Pilger, die den Ritterschlag erhielten, 
beifügte: « Creatus eques sancti sepulcri », würde dies bei 
seinem Freund und Genossen zu tun nicht vergessen haben. 
Falk nannte sich in dieser Zeit überhaupt nie Ritter. Als 
z. R. nach dieser Reise Zwingli in einem Schreiben an 
Falk diesen « eques aureatus » betitelt hatte , welcher 
Titel nur vom Papste verliehen wurde, so bat ihn Falk, in 
Zukunft ihn nicht mit diesem Titel beehren zu wollen, weil 
er kein « eques aureatus » sei. Die Möglichkeit, in Be- 
zug auf Falks Ritterwürde sich zu irren*), ist insofern ge- 
geben, da die Zeit zwischen der Rückkehr Falks bis zu 
seiner Reise nach Paris, wo er dann von Franz I. zum Ritter 
geschlagen wurde, nur ein Jahr beträgt und Falk sich in 
dieser Zeit vom politischen Leben möglichst ferne hielt, so 
daß sein Name weniger genannt wurde. 

Über Venedig kehrten die Pilger nach Hause zurück. 
Peter Falk, der sich den Fremden gegenüber sehr gefällig 
und aufmerksam erwies, hatte aus Palästina einen lang- 
geschwänzten Alfen mit sich genommen, dessen Possen die 
Reisenden auf dein Schiffe höchlich ergötzten *). 

Im Januar 1510 trafen die Wallfahrer in ihrer Heimat 
wieder ein 4 ). Falk brachte von seiner Reise auch ein kleines 

') Die Urkunde, vom 28. Aug. 1515 datierend, ist veröffentlicht 
in l’Emulation, Freiburg 1811. N* 22. S. 4 und von Berchtold a. a. 
O. II. S. 389. 

’) Falk an Zwingli, Freiburg 1516, August 21., in der Simler- 
schen Sammlung auf der Zürcher Stadtbibliothek (Kopie). 

’) John Watson an Erasmus aus Venedig in Ep. Erasmi I. 
23 und bei Braver, Leiters and papers of the reign of Henry VIII, 
II. 1. N* 2728. 

Ara 25. Januar finden wir Falk wiederum in der Ratssitzung. 
R. M. 32. 45. 


I 

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91 


Heiligtum als Andenken mit, das aus Partikeln von den ver- 
schiedensten, biblisch bekannten Orten des neuen Testaments 
zusammengesetzt gewesen sein soll '). Was es aber war, 
wissen wir nicht. Wie ihm der Hat erlaubt hatte, errich- 
tete dann Falk in der St. Nikolauskirche eine Familienka- 
pelle mit einem geschnitzten Altarbilde, das Christus am 
Ölberg darstellte ’). 


Kap. 11. 

Der Friedensschlufi mit Frankreich"). 

Falks Gesandtschaft nach Paris. 

(Jan.— März 1017). 

Während der Abwesenheit Falks waren große und 
wichtige Veränderungen in der Eidgenossenschaft und in 
Italien vor sich gegangen. In ganz andern politischen Ver- 
hältnissen als bei der Wegreise fand er bei seiner Rückkehr 
die Heimat wieder. 

Ludwig XII. war am i. Januar 1515 gestorben. Sein 
Nachfolger, der jugendliche und ehrgeizige Franz von An- 
goulöme, ließ sich sogleich bei seiner Thronbesteigung den 
Titel eines Herzogs von Mailand beilegen und auch bei 
seiner Krönung in Heims als solchen ausrufen. Man konnte 
dadurch seine Pläne offen durchschauen. 

Die Ausweisung des französischen Gesandten aus der 
Schweiz (23. Mai 1515) gab dem König einen Vorwand zu 


') M. d. W. v. P. S. 251-03. 

") Die Kapelle ist die heutige Herz-Jesu Kapelle, die vorderste 
Seitenkapellc neben dem rechten Seitenschiff ; das geschnitzte Altar- 
bild ist durch ein Gemälde ersetzt. Noch heute sieht man auf dem 
Schlußstein der Kreuzungspunkte der Diagonalrippen des Gewölbes 
das Wappen Falks mit dem Kreuz des hl. Grabes und dem Datum 
1515. Auf der Altarwand ist auch das Wappen der Familie von 
Praroman, an welche die Kapelle durch Erbschaft überging, ange- 
bracht. Vergl. dazu Archives a. a. O. S. 217, von Diesbach. 

*) Vergl. dazu Gisi a. a. O. S 147. ff. 


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92 


Rüstungen. Die Schweizer sandten darum anfangs Mai 4000 
Mann zur Verteidigung des Herzogtums nach Mailand. Es 
geschah das gerade in der Zeit, als Falk seine Jerusalem- 
fahrt antrat. Bei seinem Besuche, den er dem Kardinal 
Schinner abstattele, erfuhr er wohl als sicher, was er schon 
lange als unvermeidliches Schicksal vorausgeahnt hatte. 
Denn einem gewiegten Staatsmann und Diplomaten mochten 
die Zustände in Mailand längst als unhaltbar erschienen 
sein. Die beständigen Sold- und Pensionsforderungen der 
Soldaten und der Eidgenossen, die Bezahlung der Kriegs- 
kosten an dieselben, die verschwenderische Hofhaltung des 
Herzogs, der dadurch seine Untertanen mit unaufhörlichen 
Kontributionen belastete, seine Unkenntnis in den Geschäften 
und die beständigen Wühlarbeiten der mailändischen Ver- 
bannten, das alles war geeignet, die Untertanen zu ent- 
täuschen, zu erbittern und die Festigkeit des Staates, die 
auf der Treue der Untertanen, vor allem aber auf der Hülfe 
der Schweiz beruhte, zu untergraben. Und wie war es mit 
der Hülfe der Schweiz bestellt? Die stetigen Klagen der 
Schloßbesatzung, die Wirren und Streitigkeiten, die dort 
herrschten, hatten auch die treuesten Anhänger der italie- 
nischen Politik mißmutig und verstimmt gemacht. Ihre 
Gegner, die Franzosenfreunde hingegen, wagten sich schon 
so weit vor, daß man sich ernstlich die Frage stellte, ob 
man nicht besser täte, sich der italienischen Politik zu be- 
geben und Mailand seinem Schicksal zu überlassen '). Falk 
und Flecklin aber, die schon Monate lang diesem Jammer 
zugeschaut, reichten damals ihre Demission ein. Mailand 
war verloren, wenn unter diesen Verhältnissen Franz I. 
einen Einfall in sein Gebiet unternahm. Mochten nicht viel- 
leicht auch solche und ähnliche Erwägungen nebenbei auf 
Falk eingewirkt haben, sich von der Heimat fortzubegeben, 
um bei der fast unvermeidlichen Katastrophe erbitterten 
oder gar blutigen Parteikämpfen in der Heimat aus dem 
Wege zu gehen. Sei dem wie ihm wolle, aber auffällig 


') Vergl. ebend. S, 157. 


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müßte die Abreise in diesem Augenblicke, wo sich augen- 
scheinlich wichtige Ereignisse vorbereiteten, doch erschei- 
nen, wenn nicht die Errichtung des Kollegiatstiftes schon 
an und für sich Falk Grund genug gegeben hätte, zum 
Danke dafür eine Wallfahrt nach dem hl. Lande anzutreten. 

Aber in den ersten Tagen des August (1515) war es 
Franz I. geglückt, über fast ungangbare Pässe in die Po- 
ebene einzudringen. Unter dem beständigen Rückzug der 
entzweiten Eidgenossen begann er, mit diesen Friedensver- 
handlungen anzuknüpfen. Am 8. September wurde zu Gal- 
lerate Friede geschlossen. Die westschweizerischen Städte 
Bern, Freiburg und Solothurn zogen heimwärts, zwischen 
den übrigen Orten aber, die den Frieden nicht angenommen 
hatten, und den Franzosen kam es am 14. September zu 
der für die Schweizer verhängnisvollen Schlacht bei Marig- 
nano. 

Am 8. Oktober schloß Maximilian Sforza trotz der 
Abmachung der päpstlichen und spanischen Gesandten und 
der Weigerung der schweizerischen Besatzung mit Franz I. 
einen Vertrag, wonach er auf alle Ansprüche auf das Her- 
zogtum verzichtete und die Schlösser in Mailand und Ore- 
mona dem König übergab. Auch der Papst trat von der 
Liga zurück und am 13. Oktober zu Franz über. 

Auf das Betreiben von Bern, Freiburg und Solothurn 
kam dann am 7. November der Entwurf zu einem Frieden 
und Bund zu stände. Alle Orte waren mit dem Frieden 
einverstanden, einige dagegen dem Bunde abgeneigt. Doch 
wurde an verschiedenen Tagsatzungen nichts erreicht, da 
besonders das gemeine Volk gegen Frankreich war und 
durch Nachrichten von Bestechungen im letzten Krieg noch 
gereizt wurde. Erst im Januar wurde die Stimmung für 
eine Versöhnung mit Frankreich unter dem Eindrücke ver- 
schiedener Umstände wieder günstiger. Der Papst forderte 
am 7. Januar die Eidgenossen zum Frieden mit Frankreich 
auf. Dies und weil der König ihren Anteil an der vertrag- 
lich auszubezahlenden Summe zu begleichen beschloß, be- 
stimmte die Orte außer Zürich, Uri, Schwyz, Basel und 


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Schaffhausen, beim Genfer Frieden zu verharren. Am 28. 
Januar wurde zu Bern an die annehmenden acht Orte die 
erste Zahlung geleistet. 

Das war die politische Lage, als Falk die heimatliche 
Erde wieder betrat. Auch in Freiburg hatte sich alles ge- 
ändert. Als das Haupt einer starken päpstlichen Partei 
hatte er seine Vaterstadt verlassen. Jetzt standen seine 
Verwandten und Freunde, ja das ganze Volk iin Dienste 
neuer, den einstigen ganz entgegengesetzter Ideen. Falk 
vermochte sich anfänglich olfenbar in der neuen Politik 
noch nicht zurechtzufinden. Aber eine päpstlich-mailändische 
Politik war nicht mehr möglich, weil der Herzog von Mai- 
land sein Herzogtum und sich selber aufgegeben, der Papst 
dagegen mit Franz I. sich verbündet hatte. 

Falk fand sich festen Verhältnissen gegenüber, an 
denen sich nichts ändern ließ ; er mußte sich mit denselben 
wohl oder übel abzufinden suchen. Seine Freunde erkannten 
seine Lage ; sie überließen ihn daher längere Zeit sich 
selbst, damit der Umwandlungsprozeß in seinem Innern sich 
allmählich vollziehen konnte. Nebenbei aber suchten sie 
durch alle möglichen Hücksichtcn, die sie ihm gegenüber 
übten, ihn mit den neuen Ideen vertraut zu machen. 

Der Mißerfolg des Feldzuges, den im März der Kaiser 
unternahm, um Mailand zurückzuerobern, und wobei ihn 
15000 Schweizer hauptsächlich aus den 5 Orten, auch aus 
dem Thurgau und Graubünden und viele Nalionalgesinnte 
aus andern Kantonen in der Eigenschaft als Söldner unter- 
stützten, war für die Schweiz selbst ein Glück. Diese Ereig- 
nisse waren geeignet, allen verständigen Eidgenossen die 
zwingende Notwendigkeit einer innern Annäherung und ge- 
meinsamen Lösung der französisch-italienischen Frage klar 
vor Augen zu führen. Sie gingen daher den Anerbietungen 
des Königs von England und des Kaisers mit höflicher Ent- 
schuldigung aus dem Wege '). Sie fühlten das Bedürfnis 
nach Ituhe und Einigung, wozu jetzt dadurch der erste 


') Ebenda. S. 213. — Dierauer a. a. O. Bd. II. S. 460. 


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. 4 


95 


Schritt geschehen war, daß alle Kantone wieder gemein- 
schaftliche Sitzungen hielten. Zwar sträubten sich die 5 
Orte immer noch gegen die Annahme der Genfer Verträge. 
Als aber die andern 8 Orte in versöhnlichem Entgegen- 
kommen das eigentliche Bündnis mit Frankreich fallen ließen 
und nur den Frieden aufrecht erhalten wissen wollten, kam 
es am 12. September in Zürich zu einem einstimmigen 
Beschluß eines allgemeinen Friedens, dessen Entwurf am 
27. September von den französischen Bevollmächtigten an- 
genommen wurde. Am 29. November fand dann das Frie- 
denswerk auf einem Kongreß in Freiburg seinen formellen 
Abschluß. Es wurde als eine ewige Richtung bezeichnet, 
und diese « ewige Richtung » ist bis zur Revolution die 
Grundlage aller Verträge zwischen Frankreich und der 
Schweiz geblieben. 

Peter Falk hatte an den Friedensverhandlungen immer 
steigenden Anteil genommen. Nachdem man ihn längere 
Zeit in Buhe gelassen hatte, fing der Rat an, ihn anfäng- 
lich für kleinere, dann aber für immer wichtigere Dienste 
in Anspruch zu nehmen, um ihn auf diese Weise allmählich 
mit der neuen Politik vertraut zu machen. Um ihn ganz 
für dieselbe zu gewinnen, wurde dem verdienten Staats- 
mann am 24. Juni 1516 sogar das oberste Amt im frei- 
burgischen Staatswesen, die Würde des Schultheißen, über- 
tragen 1 ). In der Folge sandte man ihn auch zu den Tag- 
satzungen, an welchen wegen des Friedens mit Frankreich 
unterhandelt wurde. Mit Ehrenämtern und Würden wußte 
inan den ehrgeizigen Mann für die neuen Ideen einzunehmen. 


*) Den letzten politischen Flüchtlingen aus den) Jahre 1511 
wurde durch diese Veränderung Amnestie gewährt. Min lierren 
haben Uldri Bosset (der Jörgen Zurfliie durch das Schindhus über 
die Saanen nächten getragen) sin handel Verzügen und im ir stadt 
und land erloupt R. M. 34. 12. — An) 13. Nov. bekam der Sohn 
Auf der Flühs, der päpstl. Notar und Dekan zu Sitten Franz Auf 
der Flüh, von Freiburg ein freies Geleite. M. B. N’ 8. Fol. 41 b . — 
Auch den) Wilh. Arsent, dem Sohn des Franz Arsent, erlaubte man 
Stadt und Land zu betreten (27. Nov.) R. M. 34. 37. 


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- % — 

Als im Monal August Ren6, der Bastard von Savoyen, der 
Oheim Franz I., als französischer Gesandter in der Schweiz 
erschien, um Frankreich in den Friedensverhandlungen zu 
vertreten, da wurde Schultheiß Peter Falk beauftragt, an 
der Spitze des Freiburger Rates ihm entgegenzureiten und 
ihn ehrenvoll zu empfangen. Der Rat spendete bei dieser 
Gelegenheit ein Faß Wein und erteilte Falk und seinem 
Freunde Hans Techtermann ') den weitern Auftrag, Renö 
nach Rei n zu begleiten ; Hans Krummenstoll *) und Jakob 
llelbling 3 ) schlossen sich ihnen an. Alle wurden von dem 
Gesandten reichlich beschenkt 4 ). Gleichwohl oder vielleicht 
gerade wegen seiner Teilnahme an der neuen Politik und 
der Annahme von Geschenken. — der Rat erklärte sich 
zwar mit deren Annahme zufrieden — , wurde Falk auch 
jetzt noch, wie schon früher, verleumdet und angefeindet 4 ). 

Die Friedenskonferenz in Freiburg gab den französi- 
schen Abgesandten Gelegenheit, mit den Freiburger Staats- 
männern “) bekannt zu werden, besonders mit Schultheiß 


‘) Hans T. linden wir für das J. 1496 im kl. Rate. 1500 trat 
er in den Rat der t>0 ein und 1502 wieder in den kl. Rat über, in- 
dem er zugleich das Amt des Bürgermeisters für eine Amtsdauer 
übernahm. Er starb 1521. B. B. 

*) S. oben Anmerk. 

*) Jak. H. war von 1503 ab Mitgl. des Rates der 130 auf der 
Burg, 1512 aus der Liste gestrichen, wurde er 1513 wieder aufge- 
nommen und trat 1514 in den kl. Rat ein. Von 1520 ab war er 
Seckeimeister und starb 1523. B. B. 

‘) R. M. 34. 14 (14. Aug.) und 1(3 (20. Aug.). 

*) R. M. 33 48 (13. Kehr.). — Am 1. Oktober: Als sich dann 
min herr Schultheiss Peter Falk abermals erelagt etlicher erlogener 
reden, so uf in gebiucht sind, ist im für ein antwurt worden, min 
herren wüssen von im nützit denn liebs und guots und halten in 
für einen biderben Friburger, etc. H. M. 34. 27. 

*) Im kleinen Rate saßen 151(3-1517 : Peter Falk (Schultheiß), 
Hans Studer (Statthalter), Hans Techtermann, Uli Seiler, Antoni 
Villing, Petermann Bugniet (Seckelm.), Bened. von Arx, Peter Ta- 
vernier, Hans Fries, Fridli Marti, Thoman Pur, Hans Schmid, 
Ludw. von Praroman (Bruder Petermanns It. gr. Bürgerbuch), Niki. 
Bourgey (Burger), Hensli Gribolet, Dietr. von Englisberg (Bürger- 


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97 


Falk. Als der Friede von Freiburg abgeschlossen worden 
war und der Bastard von Savoyen die eidgenössischen Ab- 
geordneten bat, daß man zwei Boten bezeichnen möchte, 
um mit ihm die Friedensurkunde dem König zur Besieglung 
zu überbringen, da wurden Beter Falk und Ammann Hans 
Schwarzmurer von Zug für diese Mission bestimmt '). 

Daß man gerade das Staatsoberhaupt jenes Ortes da- 
für bestimmte, wo der Friedenskongreß getagt hatte, ist 
durchaus nichts Auffälliges. Daß aber gerade Falk, der 
frühere Feind des französischen Namens, es sein mußte, 
den man dazu auserwählte, geschah wohl nicht ganz ohne 
Berechnung ; mit derselben Berechnung — von andern Grün- 
den abgesehen — hatte man wohl auch den Kongreß in Frei- 
burg abgehalten, das sonst nicht oft die Ehre hatte, eidge- 
nössische Tagsatzungen innert seinen Mauern zu beherbergen. 
Offenbar wollte man Beter Falk durch diese ehrenvolle Sen- 
dung ganz für Frankreich gewinnen ! ). Andererseits war 
er auch gerade der Mann, den man mit einer solchen Mis- 
sion an den glänzenden königlichen Hof von Frankreich am 
ehesten betrauen durfte. Seine Sprachkenntnis, seine di- 
plomatische Tüchtigkeit und Geschmeidigkeit, seine Um- 
gangsformen, die ganze Eleganz seines Wesens, Vorzüge, 
die schon bei seinen Sendungen nach Venedig und Mailand 
ausschlaggebend gewesen waren, mußten bei seiner jetzigen 
Wahl noch entscheidender ins Gewicht fallen. 

Die Abreise Falks und Schwarzmurers nach Baris ver- 
zögerte sich indes noch lange. Erst gegen Ende Januar 1517 
verreisten die beiden von Freiburg nach Lyon zum Bastard 
von Savoyen, um mit ihm gemeinschaftlich nach Baris wei- 
ter zu gehen *). Auch hier gab es wieder einen längern 

meister), Hans Krummenstoll, Jak. Helbling, Hans Ammann, Uli 
Schnewli, Tschan Vögeli, Humb<jrt von Praroman (Ritter), Niki. 
Nusspengel, Jak. Techtcrmann. Lt. B. B 

’) Eidg. Absch. III. 2. N* 682 r. 

’) Vergl Exkurs N* 2 im Anhang. 

s ) R. M. 34. 47. — Eidg. Abschiede. III. 2. N* 6Ö5 b. — Der 
Bastard hatte als Gouverneur der Provence, Generallieutenant und 
Großsenechal seinen Sitz in Lyon. 


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98 


Aufenthalt. Erst am 6. Februar zogen sie weiter gegen 
Paris. Der Bastard folgte ihnen auf dem Fulie nach. Er 
iiatte sie mit einem Geleitsschreiben vorausgesehickt, um 
nicht etwa in kleinern Ortschaften, wo man zu übernachten 
genötigt war, wegen Mangel an den nötigen Herbergen — 
denn er halte ein großes Gefolge bei sich — bei der Winters- 
kälte in eine üble Lage zu geraten '). 

In Paris fanden die beiden Gesandten eine äußerst 
freundliche Aufnahme, sie wurden wie Fürsten gehalten. 
Der König machte wegen der Besieglung der Friedensur- 
kunde gar keine Schwierigkeiten, sondern erledigte sie so- 
gleich. Ein nachträglicher Beschluß der Tagsatzung halte 
ihren beiden Abgeordneten auch einige Artikel zur Behand- 
lung in Auftrag gegeben, die nicht in die Friedensartikel 
aufgenommen worden waren und daher eigener Beratungen 
bedurften. So handelte es sich unter anderm auch um die 
Erhaltung von Freiplätzen für schweizerische Studenten an 
der Universität in Paris. Wegen dieses Punktes verhandelte 
der König selber mit ihnen. Für jedes Ort wollte er IOO 
Franken aussetzen, damit es einen Studenten in Paris halten 
könne. Nur machten die Boten noch zur Bedingung, daß 
man mit ihren Studenten in Zukunft passend und geziemend 
verkehren und sie namentlich vor nächtlichem Unfung sicher 
stellen möge *). 

Die Gesandten waren voll des Lobes über die ehren- 
volle Aufnahme, die ihnen von der Mutter des Königs, dem 
Dauphin, dem Bastard von Savoyen und Galeazzo Visconti 
im Namen aller Eidgenossen erwiesen worden war. Sie 
wurden reichlich beschenkt, und Falk wurde auf dieser Ge- 
sandtschaft von Franz I. zum Bitter geschlagen. 

Nachdem sie dein französischen Hofe im Namen ihrer 
Obrigkeiten Dank gesagt, verließen Falk und Schwarzmurer 


') Vergl. Anzeiger. N. F. IV. S. SH6. Correspondance de 
Mcssire Renö, bätard de Savoie, herausgeg. von Daguet. — Vergl. 
aucli den Exkurs X* 3 im Anhang. 

’) Eidg. Abscli. III. 2. X' «£i b und 70.">n. 


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99 


Paris, um Ende März wieder in der Heimat anzukommen '). 
Am 31. März berichtete Falk vor dem Haie in Freiburg 
über seine Gesandtschaft und nannte auch die Geschenke, 
die er erhalten. Seine Herren und Obern zeigten sich herz- 
lich erfreut über die ihm zu Teil gewordene, ehrenvolle 
Beschenkung und beglückwünschten ihn zu der erlangten 
Ritterschaft 1 ). Am 21. April erstatteten Falk und Schwarz- 
murer auch der Tagsatzung in Luzern Bericht über ihre 
Sendung, nachdem sie schon anfangs April ihre Rückkehr 
den eidgenössischen Abgeordneten angezeigt halten 8 ). 


Kap. 12. 

Falks Tätigkeit in den Jahren 1517 — 19. 

Nach der Schlacht bei Marignano und dem ewigen 
Frieden mit Frankreich hörten die F.idgenossen auf, selbst- 
ständig in die Welthändel einzugreifen 4 ). 

Die drei Städte Bern, Freiburg und Solothurn befaßten 
sich wieder mit ihrer eigenen Politik. Zwistigkeiten und 
Bündnisse wechselten mit einander ab. 


') Am 30. März saß Falk wieder im Rate iu Freiburg. R. 
M. 34. 62. 

’) Uf hütt bat min hcrr Schultheiß Peter Falk, ritter, wider- 
bracht, was er zu Paris an des Königs hof gefunden, besunders gc- 
rümbt, was im der König geschenkt. Das haben im min herren 
einhellenklichen vergönnt und nachgelassen. Wollt Gott, das es mer 
wäre I Und wünschen im siner angenommenen rittcrschaft glück 
und heil. R. M. 34. 63*>. — Anshelm IV. 205 und nach ihm Stettier: 
Annales oder gründliche Beschreibung der filrnembsten Geschichten 
und Thaten, etc. Bern 1627. S. 565, schätzten, nach einem ironisch 
bissigen Seitenhieb auf Falk und Schwarzmurer wegen ihrer Gesin- 
nungsänderung, den Wert der silbernen und goldenen Gefäße, die sie 
in Paris erhielten, auf 10,000 Franken. 

*) Eidg. Abseh. III. 2. N* 705 n u. N* 703a. 

*) Gisi a. a. O. S. 228, ferner: Derselbe, Der Anteil der 
Eidg. an der europ. Politik während der Jahre 1517 bis 1521, im 
Archiv für Schweiz. Geschichte. Zürich 1871. Bd. 17. S. 63. if. 


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100 


Vorerst kamen Bern und Freiburg mit Savoyen und 
dem Kardinal Fieselii in Streit wegen der Inkorporation 
von Pfründen in ihre Stifte. Wie Falk zur Zeit, als er auf 
der römischen Gesandtschaft tätig war, gefürchtet hatte, 
war ihm der Gesandte des Herzogs von Savoyen in Rom mit 
der Inkorporation der Priorate Grandson und Payerne zu- 
vorgekommen oder hatte dieselben hinlertrieben '). Es wäre 
zwar Falk ein Leichtes gewesen, dieses Abkommen Savoyens 
mit dem Papste wieder rückgängig zu machen, aber um 
den Herzog nicht zu erzürnen, hatten die Herren in Frei- 
burg und Bern lieber darauf verzichtet. Damit aber auch 
die beiden Städte nicht leer ausgingen, gab ihnen der Papst 
die Hälfte der Einkünfte der Abtei Filly *). Als nun an- 
fangs des Jahres 1517 der Abt des Klosters starb und die 
beiden Städte sich anschickten, von ihrem päpstlichen Breve 
Gebrauch zu machen, da erfuhren sie, daß der Kardinal 
Fieschi von Papst Leo das Recht auf die Einkünfte dieser 
Abtei erlangt und auch der Herr von Coudröe*) sich der 
Abtei bemächtigt hatte. Sie schrieben daher am 13. Juni 
an den Herzog und baten ihn, Ordnung zu schaffen. Der 
Streithandel zog sich dann allmählich in die Länge und 
durch das Jahr 1518 hindurch *). Der Kardinal erlangte 
sogar vom Papst, daß dieser ihm erlaubte, die beiden 
Städte nach Rom zu zitieren. Bern und Freiburg aber er- 
klärten ihrerseits dem Papst, wenn er ihnen nicht gemäß 
des Bündnisses entgegenkomme, so fühlen sie sich auch 
nicht verpflichtet, dasselbe zu halten. Nun legte sich Sa- 
voyen ins Mittel. Zwischen zwei Vermittlungsvorschlägen 
entschieden sich die beiden Städte für den, daß jedes der 


') Vergl. oben. — M. B. N* 7. Fol. 65. 

’) M. B. ebenda. — Filly liegt etwa 2 St. sfidwestl. von Tho- 
non, rechts an der Straße nach Genf. 

’) Ein Schloß bei Filly am Genforsee. 

•) M. B. N* 8. Fol. 44 (16. Juni 1517 u. 7. Juni 1518). Fol. 
51, 60, 68, 69. — K. M. N» 35 S. 91 u. N’ 36 S. 29 u. 35. — Ans- 
hel m IV. 240. 


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101 


beiden Orte mit einer jährliche Rente von 100 Dukaten von 
der Abtei sich begnügen wolle '). 

Falk leistete bei allen diesen Verhandlungen die Haupt- 
arbeit, denn er mochte es als eine Ehrenpflicht betrachten, 
das begonnene Unternehmen der Errichtung des Stiftes, das 
nun einmal sein Werk war, glücklich zu Ende zu führen. 
Er unternahm darum mehrere Reisen nach Genf, Filly und 
Rein. Die von Freiburg ausgehenden Schreibereien, deren 
es viele gab, besorgte er teils selber, teils redigierte er sie*). 

Das Jahr 1517 brachte auch eine Erneuerung des Burg- 
rechtes zwischen den drei Städten Bern. Freiburg und So- 
lothurn mit dem Herzog von Savoyen. Mit glänzendem Ge- 
folge kam der Herzog selber über Freiburg nach Bern. 
Falk, Humbert von l’raroman, Junker Dietrich von Englis- 
berg und Jakob Techterraann gaben ihm dorthin das Ge- 
leite s ). Während der Herzog über Murten nach Savoyen 
zurückkehrte, waren die Freiburger, von ihm reichlich be- 
schenkt, mit den Gesandten Berns und des Herzogs nach 
Freiburg zurückgegangen, wo am 27. November vor Rat 
und Bürgern zwischen Savoyen einer- und Bern und Frei- 
burg andererseits das Burgrecht beschworen wurde 4 ). Un- 
mittelbar darauf wurde auch das Burgrecht zwischen Bern, 
Freiburg und Solothurn erneuert B ). und am 24. Dezember, 
schlossen dieselben ein Burgrecht mit Besannen *). 

Überall, auch in eidgenössischen Angelegenheiten, 
finden wir Falk neben den Vertretern der übrigen Orte an 
der Spitze der Aktion. Nie ist er in Ruhe. Kaum war er 


') Anshelm, ebenda. — Chr. Montenach, Fol. 105. 

*) ln den Missiven sind alle Korrekturen und Zusätze von der 
Hand Falks angebracht. 

') R. M. 35 (14. Nov.), Fol. 35 b u. 37. 

4 ) Anshelm IV. 238. — R. M. .35. 39E 
■) R. M. .35. 41. 

*) R. M. .36. 48. ff. — Chr. Montenach, Fol 106*>. - Der 
Kaiser als Vertreter der Österreich. Hausmacht hatte, wie scheint, 
Bedenken gegen dieses Bündnis. M. B. N' 8. Fol. 65, 66 b u. 8ß b . 
— Anshelm IV. 271. - Eidg. Absch. III. 2. S. 1134 u. 1185 1. 


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wieder einige Tage in Freiburg, so wurde er von neuem 
weggesandt bald in freiburgischen, bald in eidgenössischen 
Geschäften ‘). 

Das Jahr 1518 war übrigens für Falk ein Jahr der 
Trauer. Zu Anfang des Jahres starben ihm seine Gattin 
und sein Bruder Hans Falk. Doch nur das Todesdatum von 
Hans ist etwas genauer bekannt. Am 18. März war der- 
selbe mit seinem Sohn Wilhelm nach Freiburg gekommen ; 
er hatte die Ankunft seinem Bruder, dem Schultheißen, 
schriftlich angezeigt *). Nicht volle 14 Tage später, am 1. 
April, liegt uns schon das Beileidsschreiben zum Tode Hans 
Falks von seiten des Dekans von Neuenburg, Hugo Pantzard, 
an Peter Falk vor 8 ). Über den Verlust klagte dieser in 
einem Schreiben an Glarean. Glarean tröstete Falk mit dem 
Hinweis auf das eigene Leid, das ihn durch den neulichen 
Verlust seines Vaters und Bruders getrolfen habe. « Wir 
müssen die Sache Christus anheimstellen, da der, welcher 
seinem Willen widerstrebt, im Bunde mit den Giganten 
gegen den Himmel anstürmt » '). 

Im Juli des Jahres 1518 begab sich Falk zur Erho- 
lung in die Ferien, nämlich auf eine « Badenfahrt, » die 
zwei Monate dauerte (28. Juli bis 28. September) 8 ). Wenn 
er aber geglaubt hatte, durch diesen Aufenthalt in Baden 
vor den Staatsgeschäften für einige Zeit eine sichere Zu- 
lluchtstätte gefunden zu haben, so halte er sich getäuscht, 
denn schon am 12. August kam ihm der Befehl zu. er 
möge als Vertreter Frciburgs an die Tagsalzung nach Zü- 
rich gehen. Auf seine schriftliche Heialion von diesem 

') Die Seckelmeistcrrechnungen zahlen 68 Tage auf, für die 
er mit 251 if, 12 Schilling und Pfennigen entschädigt wurde. F. 
St.-A. S. R. N- 283. 

*) Vergl. N* 13 im Anhang. 

*) Aus den M. d. W. v. P. 72. 

‘1 Geschichtsbl. IX. S. 165. 

6 ) Auch Joach. Vadian glaubte, daß die Bäder ihm und den 
Seinigen sehr lohnend und heilsam sein dürften. Zürich 1518, Aug. 5. 
Vadian an Falk. Aus dem Nachlaß der Familie von Praroman, 
Faszikel des Jahres 1518 im F. St.-A. 


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103 


Tage dankte man ihm sehr (7. Sept.), gab ihm aber gleich- 
zeitig den Befehl — indem man sich höflichst entschuldigte, 
daß man ihn nicht in Buhe lasse — , er möge auf der 
nächsten Tagung am 14. September in Zürich Freiburg wie- 
derum vertreten ’). So nahm seine Badenfahrt ein Ende. 
Am 29. September war er wieder in Freiburg *). 

* * 

* 

Schon längst hatten die Herzoge von Savoyen darnach 
getrachtet, die alte Reichsstadt Genf sich untertänig zu 
machen. Bei Bischofswahlen hatten sie stets Abkömmlinge 
ihres Hauses auf den bischöflichen Stuhl von Genf zu brin- 
gen gewußt. Jetzt aber ging der Herzog eigentlich darauf 
aus, das Werk der Angliederung Genfs an sein Herzogtum 
zu vollenden 8 ). 

Die Freiburger hatten schon früher mit Genf und ein- 
zelnen Persönlichkeiten in der Stadt Beziehungen angeknüpft 
und diese wegen des Vorteiles, der daraus dem Freiburger 
Gewerbe und Handel erwuchs, ins Bürgerrecht aufgenom- 
men *). 

Als die Aufforderung des Herzogs, ihm ihre Freiheiten 
und Herrlichkeiten zu übergeben, an Genf gelangte, riefen 
daher die Genfer Ende 1518 Freiburg zu Hülfe, und dieses 
fühlte in sich die Kraft, als Beschützerin der genferischen 
Freiheit aufzutreten. Anfangs des Jahres 1519 fanden wei- 
tere Bürgeraufnahmen statt 4 ). 

Der Rat in Freiburg mit Falk an der Spitze der Be- 
wegung wandte sich durch diesen an Bern und die Eidge- 
nossen, um sie zum Anschluß an die Freiheitsbestrebung 

') M. B. N* 8. Fol. 59 b . 

’) R, M. 36 (Ratssitzungen von den betreffenden Daten). 

’) Vergl. Kampschulte: Joh. Calvin, Bd. I. S. 21. If. 

*) Chr. Montenach, Fol. 10? b . — Vergl. Kampschulto a. a. 
O., ferner Berchtold: Fribourg et Genöve in den Archives a. a. O. 
Bd. 11. 

*) R. M. 36. öl. (3. Januar), ebenda vom 4. u. 7. Januar 1519. 


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— I(H - 

Genfs aufzurufen. Doch die Bittsteller wurden überall ab- 
gewiesen '). Die Eidgenossen hatten zwar die Pflicht, den 
Freiburgern im Kriegsfälle zu Hülfe zu kommen; doch war 
diese Pflicht der Hülfeleislung durch eine Zone beschränkt, 
über welche jetzt die Operationen Freiburgs weit hinaus- 
greifen zu wollen schienen *). Die eidgenössischen Stände 
beriefen sich daher auf den Buchstaben des Bundesvertra- 
ges. 

Der Herzog marschierte auf die Weigerung der Genfer, 
sich zu unterwerfen, mit einem Heere in die Stadt ein. Da 
die Freiburger von den Vorgängen in Genf genügend unter- 
richtet gewesen, so war am 5. April ein Haufen freier 
Knechte von 3—400 Mann gegen Genf aufgebrochen. Uli 
Schnewly und Venner Jakob Werly wurden ihnen zwar nach- 
geschickt. um sie mit Gewalt zurückzuhalten ; auch die 
Boten Berns mahnten, von weitern Schritten abzustehen, 
umsonst. Da Freiburg die Not, in der Genf schwebte, er- 
kannte, mahnte der Hat Bern zu getreuem Aufsehen und 
rückte am ü. April mit dem Banner aus gegen Genf 3 ). 

Auf die Nachricht vom Herannahen der Freiburger 
änderte der Herzog sofort seine drohende Haltung gegen 
die Genfer 4 ). 

Die Mission Falks an die eidgenössischen Stände konnte 


') Anshelm IV. .'Ul u. .“142. — Chr. Montenach. Fol. 107 b . — 
R. M. 3*3. (17. u. 21. l ehr., 10. u. 27. März). — M. II. N‘ 8. Fol. 
72-75. — Eilig. Absch. III. 2. N* 7091, 770 m, 773 (S. 1144) Spruch 
der Eidgenossen als Vermittler zwischen dem Herzog von Savoyen 
und dem Bischof von Genf einer- und Freiburg und Genf anderseits. 

’) Eidg. Absch. III. 1. Anhang S. 099 lf. (22. Dez. 1481). 

3 ) M. B. N* 8. Fol. 72-75 (4. 5. u. 6. Apr.), Fol. 77 (11. Apr.) 
u. 78 (12. Apr.). — R. M. 36. (5. u. 11. Apr.). Anshelm IV. S. 
344/345. — Der plötzliche Abmarsch ist aus der Kriegsbereitschaft 
derselben wegen des wilrttembergischen Krieges, die jetzt auf einmal 
hinfällig geworden war, zu erklären. Vergl. Gisi im Archiv für 
schweizer. Geschichte Bd. 17. S. 103 fl. und Düring: Ulrich von 
Württemberg und die Eidgenossen bis 1521 im Geschichtsfreund. Bd. 
41. S. 131. lf. 

‘) Anshelm IV. S. 1344. 


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105 


jetzt der Rat in Freiburg als gescheitert betrachten. Zu- 
dem wurden die Verhältnisse immer verwickelter. Daher 
rief man Kalk, der bisher zu Bern und Zürich an den 
Tagsatzungen für den Anschluß der Eidgenossen gearbeitet 
hatte, nach Hause zurück '). Daß die Ost- und Urschweizer 
keine Handelsinteressen in der fernen Rhonestadt zu ver- 
fochten hatten, ist begreiflich, andere, Bern vor allem, 
mochten befürchten, durch diese Verbindung in weitere 
kriegerische Händel mit Savoyen oder Frankreich ver- 
wickelt zu werden, während sic jetzt mit diesen beiden 
Staaten eng befreundet und verbündet waren. Das Bedürf- 
nis nach Ruhe und Frieden überwog den kriegerischen 
Geist der Nation, deren Häupter jetzt lieber die reichen 
französischen Pensionen in Muße verzehrten, als sich in 
Kämpfe einließen, die ihnen im besten Fall doch keinen 
großen Gewinn bringen konnten. 

Boten um Boten mahnte daher Freiburg von seinem 
Vorgehen ab, gingen auch wohl weiter nach Morgcs *), wo 
die Truppen auf Befehl Freiburgs Halt gemacht hatten 3 ). 
Die Stimmung dieser war sehr kriegerisch. Da sie aber 
vernahmen, daß der Generalrat in Genf, um den Streit los 
zu sein, gemäß dem Abschied von Zürich auf Bündnis und 
Burgrecht mit Freiburg verzichtet habe, da erklärten sie 
sich bereit, über den Frieden zu beraten 4 ). 

Der Rat in Freiburg sprach sich sehr befriedigt über 
die Friedenspräliminarien aus und war sogar geneigt, weitere 
Konzessionen zu machen s ). Falk mahnte die Truppen, die 
Geldforderungen nicht zu hoch zu schrauben, damit uicht 
der Friede daran scheitere, und zu bedenken, daß die Eid- 
genossen, ihre lieben Mitbürger, die sich um die Friedens- 


’) H. M. 36. (8. April). 

•) Anshelm IV. S. 346. - R. M. 36. (7. April). 

*) M. B. N* 8. Fol. 76. — Anshclm IV. 315 u. 346. 

*) Eidg. Abseh. III. N* 776 (S. 1156). — Anshelm IV. 316. 

*) Abgedr. b. Anshelm IV. 347 u. Eidg. Absch. III. 2 . N* 777 
(S. 1159 ff.) - M. B. N* 8. Fol. 78. (12. u. 13. April). 


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I0ß 


Vermittlung verdient gemacht hätten, nachher glauben und 
sagen möchten, die Freiburger hätten nur ihren Eigennutz 
gesucht und darum eine vernünftige Vermittlung abgeschla- 
gen. Er erinnerte sie an die ablehnende Haltung der übri- 
gen Orte im Falle eines Krieges. « Man habe den Zug 
unternommen, um die Ehre Freiburgs betreff derer von Genf 
zu wahren, und diesem sei hierait Genüge geschehen » '). 
Laut Bestimmung der Bundesurkunde von H8I war näm- 
lich Freiburg verpflichtet, bei einem Kriege mit einer andern 
Macht den Frieden anzunehmen, wenn die Eidgenossen oder 
die Mehrzahl derselben ihn als nützlich und ehrenvoll er- 
klärten *). 

Nachdem dann der Friedensvertrag, gegenüber welchem 
man noch den Schiedsspruch der gemeinen Eidgenossen vorbe- 
hielt, angenommen worden war, zogen die Freiburger mit ihrem 
Banner nach Hause zurück, wo sie am 20. April anlangten ’). 
Damit schien die ganze Angelegenheit abgetan zu sein, da 
man nicht annehmen konnte, daß der Vertrag von Morges, 
der unter Mitwirkung der eidgenössischen Abgeordneten 
von beiden Teilen angenommen worden war. nicht ratifiziert 
würde. Daß man sich hierin argen Täuschungen hinge- 
geben hatte, sollte die Zukunft lehren 4 ). 


Kap. 13. 

Falk als Humanist und Förderer der Wissenschaft. 

Peter Falk hatte, wie wir sahen, eine gute humani- 
stische Bildung genossen, die freilich eher abgebrochen 
wurde, als es dem lernbegierigen Jüngling lieb war, und 

’) M. B. N* 8. Fol. 37. 

•) Eidg. Absch. III. 1. Anhang. S. 809 If. 

») R. M. 38. (20. Apr.) 

4 ) Vergl. darüber Anshelm IV. 371. ff. — Eidg. Absch. III. 2. 
N* 778q, 780 m, 782 (Bern 29. Juni 1519). — dir. Montenach, 
Fol. 108 IT. 


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107 


mehr auf das praktische Leben im Dienste des Staates ge- 
richtet, ihre Verwertung finden sollte. Seine Stellung als 
Notar und Gerichlschreiber erlaubten ihm anfänglich nicht, 
in besonderer Weise sich wissenschaftlich zu betätigen und 
hervorzutreten. Indes fanden seine Kenntnisse doch bald 
nach den Verhältnissen seiner Vaterstadt ihre Würdigung. 
Frühzeitig wurde ihm nämlich das Amt eines freiburgischen 
Schulrektors übertragen. In dieser Stellung beginnen seine 
ersten Beziehungen zu den Gelehrten '). Die Gesuche um 
Lehrstellen an der Schule in Freiburg und das Aufsuchen 
passender Lehrkräfte erst brachten Falk in Fühlung mit 
humanistischen Kreisen *). Einen Freund hatte Falk an 
dem für die schweizerische Geschichtschreibung wichtig 
gewordenen Ludwig Sterner 3 ). Im Stillen und für sich 
erweiterte er unterdessen seine humanistischen Kenntnisse; 
als Schultheiß von Murten besaß er schon eine Bibliothek*), 
die sich nachträglich offenbar immer noch vergrößerte. 
Zwar sind diese Jahre spärlich an Nachrichten über seine 
humanistische Tätigkeit. Nur die Abschrift einer Berner 
Chronik durch Falk aus dem Jahre 1512 ist uns überliefert 6 ). 

Die Feldzüge nach Italien und seine vielen Beisen er- 
weckten in Falk, wenn er nicht in der Lage war, am poe- 
tischen Schalfen der Humanisten selbsttätigen Anteil zu 
nehmen, die Liebe und Freude an einem andern Zweige 
dieser neuen Bestrebungen, an einem Zweige, den er schon 
in Kolmar bei Sebastian Murr näher kennen zu lernen 
offenbar Gelegenheit gehabt hatte, die Liebe zur Geographie 
und Erdkunde. Ein Bergsturz im Blegnotal gab ihm im Jahre 

’) Heinemann. S. 7t* u. 80. 

’) Unter den M. d. W. v. P. linden sich zwei solcher Gesuche 
(S. 255 u. 218). 

’) Vergl. über ihn A. Büchi in : Quellen zur Sehweizerge- 
schichte, Bd. 20. Einleitung S. XLI ft., sowie in : Die Chroniken 
und Chronisten von Freiburg im Uechtland im Jahrbuch f. Schwei- 
zer Gesch. XXX. 252 ff. (u. separat, Freiburg 1906). 

*) Vergl Anhang N* 12. 

s ) Anzeiger, Bd. II. Jahrg. 18(31 S. 44 u. 18(32 S. 1 und Büchi 
a. a. O. S. 204. 


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108 


1513 Anlaß, über die Ursachen dieser Naturerscheinung seine 
Forschungen anzustellen. Mit klarem Blick beschreibt er 
die Ursachen dieses Vorganges. « Das habe ich geschrieben, 
damit das Volk nicht verzage aus dem Grunde, als ob dies 
jetzt gerade eine besondere Strafe Gottes sei, denn das hat 
ganz natürlich geschehen können wegen des hohen Berges 
und des engen Tales. » Er gibt auch Auskunft über die 
Lagerung der Erd- und Steinmassen und Schichten, die den 
Absturz der steilen Bergwand zur Folge haben mußten '). 

Es ist begreiflich, daß man bei der Besetzung der 
Chorherrenstellen im neu errichteten Kollegiatslift St. Ni- 
kolaus vor allem auf die Wünsche Falks Rücksicht nahm. 
Der Kantor Wannenmacher *), der Prediger Rollenbatz. Ma- 
gisler Garmiswil, Dr. Konstanz Keller 3 ) nnd Bened. von Pon- 
therose, sowie später Volmar und Kother mögen die Auf- 
nahme unter die Zahl der Chorherren besonders seiner Für- 
sprache zu verdanken haben 4 ). Sein Wunsch und Auftrag 
war es auch gewesen, Franz Kolb, den Prediger bei St. 
Vinzenz in Bern für das neu errichtete Stift in Freiburg zu 
gewinnen. Doch die Berner ließen ihn nicht fort & ). Schon 
1503 war in St. Nikolaus ein Gesangchor eingeführt und 
eine Kantorstelle damit verbunden worden *). Diese Sänger- 
schule — denn Falk gab dem Gesangchor eine teilweise 
Verknüpfung mit der Schule — wurde für die Gesanges- 
pflege, insbesondere für den kirchlichen Gesang Freiburgs 
von Bedeutung ’). Von Wichtigkeit, besonders für das frei- 

') C. G. VIII. 56. F. a. F., Pavla vom 3. Nov. 1513. 

’) Allg. d. Biogr. Bd. 41. S. 158 von Eitner, auch in der 
Sammlung bcrnischer Biographien III. S. 54 von Fluri. 

3 ) H. Türler: Der Berner Chorherr Constanz Keller, S. ‘239 — 
309 der « Festgabe der Allg. geschieht!. Gesellschaft der Schweiz etc., 
Bern 1905. 

*) Daguet im Educateur, Bd. 20. S. 262 ff. 

J ) Allg. deutsch. Biogr. Bd. 16. S. 456. v. Mösch, auch durch 
denselben in der Sammlung bernischer Biographien I. S. 119. — An- 
zeiger X. F. III. 394, fl. u. 397. Ferner Eissenlbffel, Franz Kolb, Zell 
i. W. (ohne Jahr), S. 397. Beilage I. (seine Berufung nach Bern). 

*) Vergl. Blich i im Anzeiger 1901. S. 452. 

') Vergl. Heinemann, Schulgeseh. S. 79. 


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109 


burgische Schulwesen und die Kantorei in St. Nikolaus 
wurde die Freundschaft Falks mit Glarean. 

Als zu Anfang des Jahres 1515 Glarean den eidge- 
nössischen Abgeordneten auf der Tagsatzung zu Zürich je 
ein Exemplar seiner « Descriptio Helvetiae » überreichte, 
wurde er mit Peter Falk bekannt '). Auf dessen besonderes 
Betreiben geschah es wohl, daß man Glarean beim Herzog 
von Mailand ein jährliches Stipendium von 100 rh. Gulden 
erwirkte, das er an der Universität Pavia genießen sollte. 
Durch seinen Freund Ulrich Zwingli, den Falk wahrschein- 
lich auf den italienischen Feldzügen als Feldprediger der 
Glarner kennen gelernt hatte, war er auf den jungen Dichter 
aufmerksam gemacht worden. Doch hatte sich bisher keine 
Gelegenheit geboten, mit ihm je in nähere Beziehung zu 
treten. Jetzt aber schrieb Falk von Zürich aus an Zwingli, 
daß er mit Glarean eine ähnliche Freundschaft wie mit ihm 
geschlossen habe ’). In der Folge nahm Falk Glarean mit 
sich nach Freiburg. Sie besuchten die Altertümer der Stadt 
Avcnches und bereisten auch einen Teil der Freiburger und 
Berner Alpen a ). 

Zwingli stand, wie es scheint, in ziemlich regem Ver- 
kehr mit Falk. Schon längst hatte ihm Falk den Vorschlag 
gemacht, er möchte zu seiner weitern Ausbildung oder Er- 
holung Pavia besuchen»). Auch jetzt (1515) munterte er 


') Vergl. Fiitzsche: Glarean, sein Leben und seine Schriften, 
Frauenfeld 1890. S. 15. — Geschieh tsbl. Jahrg. IX. S. 158. 

’) Zuinglii Opera VII. S. 11. Falk an Zwingli, Zürich vom 
23. Januar 1515. 

*) Centralblatt f. Bibliothekwesen, Jahrg. 1888. — Fritzsche, 
Glarean, S. 89. 

*) Von der Absicht Falks, Zwingli nach Freiburg zu ziehen 
oder einer bloßen Einladung dorthin ist nirgends die Rede. Daguet 
(l’Educateur, Bd. 20. S. 262) kam aber doch zu einem solchen 
Schlüsse, da er übersah, daß das betreffende Schreiben F'alks an 
Zwingli (Opera Zwingli VII. S. 11) nicht von Freiburg, sondern von 
Zürich aus, ab der Tagsatzung, gesandt wurde. Heinemann (a. a. O. 
S. 73) dadurch irregeführt, mußte diese Stelle auch bei Fritzsche 
(Glarean a. a. O. S. 16) falsch verstehen. 


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! 


— 110 — 

ihn wieder auf, dorthin zu ziehen, indem er ihm sein Haus 
in Pavia und seine Besitzungen in Oaselli, die von der Stadt 
12 italienische Meilen entfernt waren, auf zwei Jahre zum 
Aufenthalt anbot. Kr riet ihm auch, seinen getreuen Diener, 
der mit den dortigen Verhältnissen genügend vertraut sei, 
in Dienst zu nehmen '). Die Besprechungen zwischen Zwingli 
und Falk scheinen meist zu Zürich hei Gelegenheit von Tag- 
satzungen stattgefunden zu haben. Der letzte vorhandene 
Brief Falks an Zwingli datiert vom 21. August 1516 und 
gipfelt ebenfalls in der Verabredung zu einer Besprechung 
auf einem Tage in Zürich *). 

Die Freundschaft Falks mit Glarean hatte zunächst zur 
Folge, daß auf Ansuchen Falks Glarean für die Freiburger 
Schule einen Lehrer auslindig machte, und diese besondere 
Bolle, die Glarean hier im Dienste Freiburgs begann, näm- 
lich für die Schule in Freiburg passende Lehrkräfte und 
für das Kollegiatstift tüchtige Prediger und Kantoren zu 
suchen, setzte er fort bis an sein Lebensende. Dadurch 
blieb er zeitlebens mit den Häuptern des Freiburger Staats- 
wesens in engster Verbindung “). 

Da indes die genannte « Descriptio Helvetiae » Gla- 
reans dem Bedürfnis nicht genügen konnte, so baten zu- 
nächst Schüler Glareans, dann auch Zwingli und Vadian 


') Opera Zuinglii VlI. S. 11. — Die Rede « De metuenda 
morte» schickte Falk ihm zurück, da es ihm wegen der vielen Ge- 
schärte nicht möglich sei, dieselbe abzusebreiben (Ebenda.). Dieses 
Letztere ist es, woraus Daguet glaubte, den Schluß ziehen zu dürfen, 
als habe Falk von Zwingli häretische Schriften bezogen. (L’Emula- 
tion 1841-42. N* 12. S. 4.). Ihm folgt auch Heinemann irrtümlich 
a. a. O. S. 76. — Vergl. auch Allg. d. Biogr. Bd. 4f>. S. 547 über 
diese « Oratio od. Rede » von Egli. 

’) Falk an Zwingli, Freiburg 1516, Aug. 21., in der Simmler- 
schen Sammlung auf der Stadtbibliothek in Zürich. 

’) M. B. N’ 8. Fol. 29 b . — Heinemann, S. 86. — Es ist 
schon mehrmals die Annahme ausgesprochen worden, daß Falk in 
Beziehung gestanden habe mit Cornelius Agrippa, der 1523 nach 
Freiburg kam. (Archives II. 136 (I. u. Heinemann, S. 73). Doch 
lassen sich für diese Annahme, so wahrscheinlich sie auch klingen 
mag, keine Beweise erbringen. 


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111 


den Oswald Mykonius. der damals Lehrer in Zürich war, 
dieses Gedicht Glareans durch Erläuterungen dem Verständ- 
nis zugänglicher zu machen. Falk gab bei der Abfassung 
dieses Kommentars Mykonius verschiedene Winke 

Glarean war wirklich nach Pavia gereist ; bald aber 
kehrte er nach Basel zurück, da ihm sein Stipendium nicht 
ausbezahlt wurde. Unterm 15. Mai 1516 widmete dann 
Glarean seinem Maecen Falk seine « Isagoge in musicen etc.», 
eine Anerkennung der musikalischen Kenntnisse Falks *). 

Als dann anfangs des Jahres 1517 Falk und Schwarz- 
murer nach Paris reisten und Glarean sich an die eidge- 
nössiche Tagsatzung wandte mit der Bitte, daß man ihm 
ein Stipendium beim französischen König erwirke, damit er 
in Paris eine Burse für schweizerische Studenten errichten 
könne, da wurde Falk beauftragt, sich deshalb bei Franz I. 
zu verwenden. Glarean reiste in der Folge nach Paris. Da 
bei Beginn des Jahres 1518 der bekannte Humanist und 
Professor an der Pariser Universität Publius Fauslus An- 
drelinus starb, so bewarb sich Glarean um die Nachfolge 
in dessen Amt, mit welchem der Titel eines « Porta regius » 
verknüpft war. Durch besondere Verwendung Falks beim 
französischen Hofe und vor allem bei Bene von Savoyen 
erreichte schließlich Glarean wenigstens zum Teil, was er 
gehoflt und angestrebt hatte 8 ). 

In Paris lebte auch eine Anzahl Studenten, welche 
die Gunst und Fürsprache Peter Falks genossen und in 
der Burse Glareans wohnten. Namentlich ragt unter den- 
selben einer hervor, Peter Richard Giraud, oder einfach 
Petrus Ricardus, wie er sich nennt *). Derselbe hatte schon 


') St Galler Mitteilungen, Bd. 25. S. 208 (1(5). 

’) Fritzsche : Glarean a. a. O. S. 88. 

*) Ober die Beziehungen Falles zum französischen Hofe siehe 
die von Daguet verödend. Briefe im Anzeiger N. F. 4. S. 3(55 fl. 
— Geschichtsbl. IX. S. 171. — Fritzsche a. a. O. S. 23. 

*) Es ist dies der Mag. art., Notar und Stadtschreiber Pierre 
Girod (Ziro od. Giroud) in Freiburg. Ein Schüler Farels in Paris, 
holte er sich dort 1519 den Grad eines Mag. art. und war einer der 


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112 


im Jahre 1514 durch Falk einen Freiplatz an der Universi- 
tät Pavia erhalten, jetzt erfreute er sich wiederum dessen 
Gunst in Paris'). Im Aufträge Peter Falks dichtete im Jahre 
1518 Glarean eine Grabinschrift auf Hans Falk ; über eine 
Grabinschrift auf Peters Gattin, Anna von Garmiswil, ver- 
sprach er, nachdonken und den Brief wieder suchen und 
durchlesen zu wollen, worin ihm ihr Gatte zu dieser In- 
schrift die nötigen Angaben gemacht hatte : er konnte ihn 
aber nicht finden *). Offenbar hatte er denselben verloren 
und wagte den Verlust nicht recht einzugestehen. Als Peter 
Giraud von diesem Aufträge Falks erfuhr, machte er sicli 
selber auch daran, diese Grabinschriften abzufassen. Er 
schickte seinem Gönner drei Epitaphien, und dieser sprach 
sich darüber sehr anerkennend aus. wiewohl Giraud ge- 
stand, dieselben nicht genügend ausgearbeitel zu haben. 
Er versprach jedoch, wie Falk auch wünschte, sie bei ge- 
legener Zeit in bessere Fassung zu bringen *). Da Giraud 
auch Unterricht im Griechischen nahm, so gab er Falk ge- 
legentlich auch hierin Proben seines Wissens und Könnens, 
er übertrug jedoch immer die griechischen Sätze ins La- 
teinische, da er wohl wußte, daß Falk nicht griechisch ver- 
stand '). Peter Giraud kannte aber auch die Vorliebe seines 
Gönners für Geographie. Als daher die Schüler des Grie- 


ersten Anhänger der Reformation, mußte darum (1523) Freiburg ver- 
lassen und begab sieh nach Bern, wo er G525) Ralsschreiber wurde. 
Vergl. Apollinaire Dellion, VI. S. 378, auch Daguet in Archive«, II. 
180. Ein Vorfahr von ihm, cbenfall» Richard Giraud trat 1493 in 
den Rat der 200 ein und blieb darin (das J. 1497 ausgenommen) bis 
zu seinem Tode 1504. B. B. — Geschiehtsbl. IX. Jahrg. S. Ifi3. 

') Bollettino storico della Svizzera ltaliana XIX. S. 105. 

’) Geschiehtsbl IX. S. 164. 

3 ) Aus den) Nachlaß der Familie von Praroman im F. St.-A. 
Faszikel des Jahres 1518. 

*) Als Zwingli i. J. 1516 in einem Briefe an Falk griechische 
Ausdrücke gebraucht hatte, so bemerkte ihm Falk (21. Aug.), er 
möge nicht etwa glauben, daß die vielen Geschäfte ihm erlauben, 
sich mit Griechisch abzugeben. Simmlerschc Sammlung auf der 
Stadtbibi. Zürich : De rebus secretis 1515-1518. S. Mscr. 3 b . 


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113 


chischen in den häuslichen Lesungen die Schriften des grie- 
chischen Geographen Strabo durchgenommen hatte, so er- 
griff er die günstige Gelegenheit, um Falk die große Freude 
zu bereiten, die bedeutendsten Stellen daraus griechisch 
und in lateinischer Übersetzung wiederzugeben ')• Andere 
Freiburger, die damals in Paris studierten und durch Giraud 
ihre Grüße an Falk gelangen ließen, waren Thomas Schnewli, 
der Sohn des Ulli Schnewli, und Rudolf Praderwan. Auch 
ein Jakob Ernst läßt Falk grüßen ’). 

ln diesem Jahre 1518, wo Falk erst eigentlich als 
Humanist und Förderer des Humanismus hervortritt, finden 
wir ihn auch in Beziehung mit dem Augustiner Henricus 
Cimerius in Konstanz, der sich dort nicht recht wohl fühlte 
und darum Falk bat, eine Ausgabe des hl. Chrysostomus 
und die Interpretation des neuen Testamentes durch Erasmus 
ihm zu senden, damit er etwas habe, womit er sich unter- 
halten könne 8 ). Ob und in wie weit Falk mit Erasmus in 
näherer Beziehung stand, läßt sich nicht sicher ermitteln. 
Auf der Rückreise von Jerusalem machte er neben einer 
kurzen Empfehlung durch den Engländer John Watson an 
Erasmus die Anzeige, daß es sein Wunsch sei, ihn bal- 
digst zu besuchen. Weitere Anhaltspunkte fehlen 4 ). 

Ulrich (Ullmann) von Garmiswil, ein jüngerer Bruder der 
Gemahlin Falks, befand sich damals als Student in Mainz. 
Da ihm Falk schon längere Zeit keine Unterstützung mehr 
halte zukommen lassen, so wandte sich dieser an den dort 


') Damit dem Brief das richtige Motto nicht fehle, das nun 
allerdings an den Schluß gehörte : 

Zzfi'j/i'ir* l'tvr/pOLZilxüv Siß\i'a ()( frvOsuroi uaXl'Tru utueovrac ro : j; 

SlO-jf, VTKV IVIJ9y(T4-j?tV. 

Mortale» tune maximo Deos imitantur. quurn benelici sunt. 
(Nachlaß d. Farn. v. Praroman. F. St.-A. Faszikel 1518). 

') Ebenda. — Über andere Stipendiaten vergl. l’Educateur IM. 
20. S. 264, Heinemann, S. 80 fl. auch C. G. VIII. 107, F. a. F. 
Mailand, vom 15. Dez. 1513. 

’j F. St.-A. Nachlaß der Familie von Praroman. 

*) John Watsou an Erasmus in Leiters and papors a. a. O. 

8 


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114 


anwesenden Augustiner-Provinzial Konrad Treyer aus Frei- 
burg, der ihm in Anbetracht seines hohen Schwagers und 
Gönners 15 rh. Gulden gab. Als Garmiswil noch in dem- 
selben Jahre nach Mailand ging, lebte er dort beim Herrn 
de Grangis '), der ihm die Pension ausbezahlte, die Falk 
für ihn bestimmt hatte. Auch Junker Hans von Diesbach 
und Harth. Thyon. ein Freiburger, bei dem Falk früher 
in Mailand gewohnt hatte, nahmen sich seiner in Hücksicht 
auf seinen hohen Gönner und Schwager Falk liebevoll an 1 ). 

In Mainz war Ullmann von Garmiswil mit einem jun- 
gen Gelehrten — Longicampianus nennt er sich — in Ver- 
bindung getreten und hatte ihm eine Beschreibung der 
Schlacht von Marignano, die von Falk stammte, gezeigt. 
Dieser Longicampianus ermangelte nicht, sein Erstaunen 
über die Sprachfertigkeit Falks und die bei Marignano voll- 
brachten Heldentaten der Schweizer auszudrücken. In der 
Begeisterung darüber faßte er sogar den Entschluß, jene 
Schlacht in einem Liede zu besingen. Vorerst aber wollte 
er die Gelegenheit ergreifen, um mit Falk schriftlich in 
Verbindung zu treten. Er tat dies in einem Briefe, worin 
er Falk in der begeistertsten Weise feiert 8 ). 


') Sr. Geoffroy de Grangis war Rat des französischen Königs. 
Er wurde in vielen ordentlichen und außerordentlichen Missionen in 
die Schweiz geschickt. — Rott Ed.: Histoire de la reprösentation, 
etc. a. a. O. S. 545. 

’) Nachlaß der Familie Praroman, F. St.-A. Faszikel des 
Jahres 1Ö18. 

’) Nur zwei Stellen daraus seien hier angeführt: «Tu pru- 
dentia Catonem illum ut nosti Censorium, Nestorem consilioque 
vinces in iustitia, cuius auspicatissimo instinctu longe lateque sparsi 
reguntur populi, Seleuco Locrensiuni principi Agesilao, Minoique 
comparandus. — Tu fulmen belli Marti ut dicitur arquandus, nedum 
priüstantissimorum cuipiam imperatoiuui ». Indem er auf Falks Ver- 
dienste um die Wissenschaft zu sprechen kommt, fährt er fort: «Tu 
quidem inter tot tantaque negotia, (quibus reipublicze Helvetiorum 
gratia subinde districtus cs), assiduo studio, ut de Agesilao perhibet 
Xenophoti, semper exultas, ocio vero tristaris. Nec desidia, tnarcore 
elangues, nec ut alii torpescis inexertia. O fortunatissimum Fribur- 
gum, o beatam Helvetiorum rempublicam, quod ei contigit, ut egre- 


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115 


Falk unterstützte neben der humanistischen Wissen- 
schaft auch die Kunst. Darum wurde sofort nach der Rück- 
kehr von seiner Gesandtschaft nach Mailand zur Fertigstel- 
lung des neuen Rathauses in Freiburg ein neuer Anlauf 
genommen. Wir müssen, da Peter Falk bei der Ausfüh- 
rung in hervorragendster Weise beteiligt war, annehmen, 
daß der Beschluß auf seine Eingebung hin gefalit wurde 1 ). 
Als dann der Bau fertig gestellt war, bekam er als Schult- 
heiß den Auftrag und die Vollmacht, die Bestuhlung im 
neuen Rathaus nach dem Vorbild derjenigen des Rathauses 
in Bern anbringen zu lassen *). 

Auch die Privatkapelle mit dem Ölberg, einem ge- 
schnitzten Altarbild, die Falk durch den Werkmeister des 
Rathauses *), Hans Felder, errichten ließ, legt Zeugnis ab 
von seinem Kunstsinn. 

giu» atque insignis admodum ille philosoplius Plato memoria pro- 
didit: Sapiens gubernator frustra profecto labores, conatus perieu- 
laque vel bello, vel pace suscipiuntur, niai litcrarum, quibus maxiine 
respubiica constat turnen excesserit ». Wie sich Falk zu diesen 
Schmeicheleien verhielt, wissen wir nicht. 

') R. M. N* 32, Fol. 50 b . — Vergl. auch : Rahn : Zur Statistik 
der Schweiz. Kunstdenkmäler im Anzeiger (ür Schweiz. Altertums- 
kunde, Jahrg. 188.3. S. 448, über den Rathausbau S. 470 fl. ; auch 
('Emulation, II*" annle, 1842-43, S. 172; und Fribourg arlistique ä 
travers les Ages, Jahrg. 1901. Tafel XXIII. von Kirsch. Darnach 
wurde der Bau i. J. 1500 begonnen. Gylian Atterli war am Neubau 
des Rathauses seit 1502 tätig gewesen. J. Jahre 1506 übernahm den 
Weiterbau Hans Felder der Jüngere. Vergl. Jos. Zemp : Die Kunst 
der Stadt Freiburg im Mittelalter. Geschichtsbl. 1903 S. 365. Doch 
scheint damals wenig oder nichts von den ganz neu und völlig ver- 
änderten Bauplänen ausgetührt worden zu sein. Im Gegensaz dazu, 
daß schon i. J. 1506 der Weiterbau energisch an die Hand genommen 
wurde, steht nämlich der Ratsbeschluß vom 2. April 1511, wonach 
in dieser Sitzung der Plan zur Weiterführung des Baues und zur 
Anwerbung dos nötigen Bauplatzes vorgelegt und genehmigt wurde. 
R. M. 28. 74 b . 

’) R. M. .35. 62 b (15. Febr. 1518). Die Ausstattung des Innern 
zog sich übrigens noch bis zum Jahre 1522 hinaus. J. Zemp. a. a. 
ü. S. 365. 

’) Der Bau der Kapelle geschah, wie es häufig in gothischen 


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1 16 


Mit dem Maler Nikolaus Manuel in Bern stand Falk 
in Beziehung. Diesen Beziehungen ist es zu verdanken, daß 
er in dessen Totentanz als « Schultheiß » Aufnahme fand. 
Der Totentanz wurde von Manuel, wie ziemlich sicher an- 
zunehmen ist, in den Jahren 1517 — 1519 an der Ringmauer 
des Dominikanerklosters in Bern gemalt. Die Deutung des 
« Schultheiß » als ein Porträt Falks gründet sich auf das 
zu dieser Figur gemalte Jerusalemkreuz, das jedoch nicht 
in Wappenform wiedergegeben ist und also ofTenbar nur als 
Erinnerung an die Jerusalemfahrt Falks zu betrachten ist. 
An diese Figur tritt der Tod im Ritterhelm, das Visier auf- 
schlagend und mit dem Wappen der Familie Falk ausge- 
rüstet, heran, während den Händen des bürgerlich ge- 
kleideten Schultheißen ein Rosenkranz entfällt. — Falk 
dürfte als Spender eines Beitrages an die Todesbilder zu 
betrachten sein. Der erste Blick überzeugt uns übrigens, 
daß die Figur des « Schultheißen » ein Porträtbild ist, denn 
die ganze Gestalt und die Züge tragen ein individuelles 
Gepräge. Wenn wir uns an die Worte erinnern, die Falk 
anfangs des Jahres 1519 Vadian gegenüber tat, nämlich 
daß er immer dicker und fetter werde, und annehmen, daß 
das Bild gerade zu dieser Zeit von Manuel gemalt wurde 
so finden wir, daß jene Aussage mit dieser Darstellung 
vollkommen übereinstimmt. Sie zeigt uns eine wohlbe- 
leibte schöne Gestalt. Ein kurzer Vollbad umrahmt sym- 
pathische Gesichtszüge ’). 

Es ist mit der größten Wahrscheinlichkeit anzunehmen, 
daß Vadian durch Zwingli in diesen Jahren auf Falk auf- 


Kirclien gemacht wurde, indem man die Umfassungsmauern an die 
äußere Flucht der Strebepfeiler hinausrilckte. Ebenda. S. 366. 

') Vergl. dazu Anshelm IV. S. -At r > ; zwei! fiirpflndig, wolgestalt, 
giert und gschikt man (Falk und Sehwaizmurer), und o wan si 
biad (Falk u. Meleh. Zur Gilgen) zwen groß, faß Miann warend » 
in : Heimfahrt von Jerusalem Hans Stockars von SchaQli. Schalfh. 
18 :». 

*) Niki. Manuels Totentanz im Berner Taschen buch, Jahrg. 
1901, von Flury S. TJ8, 131 u. 193, Tafel loa. 


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H7 


merksam gemacht wurde. Vadian war im Jahre 1518 plötz- 
lich von Wien abgereist und nach St. Gallen zurückge- 
kehrt Jetzt machte er sich daran, die drei Bücher des 
Geographen Pomponius Mela mit vielen Verbesserungen und 
einem Kommentar für die schweizerische Jugend herauszu- 
geben. Er war, da er Falk in Zürich anwesend glaubte, 
dorthin gegangen, um ihn. den er vorher nie gesehen hatte, 
kennen zu lernen und ihm die Ausgabe dieses Werkes zum 
Geschenk zu übergeben. Als er ihn jedoch in Zürich nicht 
traf, so schickte er die Arbeit nach Baden, wo Falk damals 
zur Kur weilte, und bat ihn, alles nach seiner Gewohn- 
heit genau durchzulesen und darüber ein genaues Urteil 
abzugeben, damit er bei einer Neuauflage seine Verbesse- 
rungen und Berichtigungen anbringen könne. Zwar verhehlte 
er sich nicht, daß er damit Falk eine unerquickliche Arbeit 
aullade, indem er glaubte, die vielen mißverstandenen Stel- 
len würden ihm viel Mühe und Kopfzerbrechen verursachen; 
er sprach aber doch die llollnung aus, daß Falk die Arbeit 
entgegennehmen möge. Vadian hätte ihn damals gerne in 
Baden besucht, allein dringende Geschäfte riefen ihn nach 
St. Gallen zurück ; doch hegte er die llollnung, wenn Falk 
längere Zeit in Baden verweile, ihn dort besuchen und end- 
lich von Angesicht zu Angesicht kennen zu lernen ’)• Kurze 
Zeit darauf scheint die gewünschte Begegnung stattgefunden 
zu haben. Am 18. Februar 1519, als Falk offenbar das 
Werk gelesen halte, sprach er Vadian noch einmal seinen 
wärmsten Dank dafür aus 1 ). 

Peter Falk hatte einst Glarean aufgemuntert, eine 
Geschichte der Schweiz zu schreiben. Doch wegen seiner 
Wallfahrt nach Jerusalem im Jahre 1515 und des Wegzuges 
Glareans nach Paris war aus dem Plane nichts geworden.' 1 ) 
Falk setzte nun alle Hoffnung auf Vadian ; dieser sollte die 
Schweizergeschichte schreiben. Er hielt ihn dazu an, in- 


') Nachlaß d. Fam. v. Praroman im F. St.-A. Faszikel d. J. 

1518. 

’) St. Galler Mitteilungen, Bd. 25. S. 21ß (24) ff. 

’) Ebenda. 


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118 


dem er ihm vorstellte, wie er durch ein solches Geschichts- 
werk sich für alle Zeiten einen unsterblichen Namen machen 
werde. Kr versprach Vadian, ihn bei dieser Arbeit mit Hat 
und Tat zur Seite zu stehen. Doch wollte Falk nicht nur 
bei solchen wissenschaftlichen Arbeiten als Helfer tätig sein, 
sondern er wünschte, für die Heimat auch etwas Selbständi- 
ges zu leisten. Die Geographie sagte ihm vor allem zu. Schon 
früher halte er sich mit geographischen Arbeiten abgegeben. 
So wissen wir, daß er auf seiner ersten Jerusalemfahrt 
(1515) in seinen Mußestunden auf dem Schilfe an einer 
Reisebeschreibung arbeitete. Auch war in Aussicht genom- 
men, dieses Werk zu illustrieren '). Leider ist es uns nicht 
mehr erhalten. 

Jetzt plante Falk, eine Beschreibung der Schweiz zu 
verfassen. Dieselbe sollte sich auf die Gebiete von der 
Quelle der Rhone westlich bis zur Erluse unterhalb Genf 
und von da auf den ganzen Jura bis zum Hauenstein er- 
strecken. Die Behandlung des Nordens, dem Rhein ent- 
lang und bis zu seinen Quellen, wollte er einem in den 
dortigen Gegenden erfahrnem Manne überlassen. Berge, 
Flüsse, alte Städte, die von ihrem einstigen Bestand nur 
durch ihre Ruinen erzählten, und neuere Städte und Ort- 
schaften sollten in der Behandlung Platz finden. Doch ver- 
sah er sich dabei seinerseits der Unterstützung Yadians *). 

Falk hätte sich noch im Frühjahr 1519 an die Arbeit 
gemacht, wenn es nicht schon beschlossene Sache gewesen 
wäre, wiederum nach Jerusalem aufzubrechen. Dazu kam 
noch eine zweite Verzögerung. Anfangs Februar 1519 war 
der berühmte Humanist und Doktor beider Rechte, der 
Pole Johannes Dantiskus®), ein Ritter vom hl. Grabe und 

') John Watson an Erasmus a. a. O. 

*) St. Gatter Mitteilungen a. a. O. 

’) Er war ein berühmter Humanist, Diplomat und Priester, 
D r beider Reehte, gekrönter Dichter und Ritter und starb als Bischof 
von Ermeland i. J. 15-18. Allg. d. Biog. 4. S. 746 von Hirsch. — 
Die Reise nach Spanien führte er in der Folge wirklich aus. St. 
Galler Mitteilungen, £3. S. ('J01) 393. 


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— 119 — 

Fi •eund Vadians nach Freiburg gekommen und von Falk 
mit drei edlen Freiburger Ratsmitgliedern zu Tische ge- 
laden worden. In der gemütlichen Unterhaltung erfuhr 
Dantiskus von der Freundschaft zwischen Falk und Vadian, 
was sofort zu einem nähern Anschluß von Dantiskus an 
Falk führte. Als nun im Verlauf der Unterhaltung Dantis- 
kus die Absicht kundgab, nach Spanien und Santiago del 
Compostella zu pilgern, da versprach Falk und die ganze 
Tischgesellschaft, ihn dorthin zu begleiten '). Doch sollte 
noch vorher die Reise nach Jerusalem ausgeführt werden. 


Kap. 14. 

Falks zweite Reise nach Jerusalem *). 

(Mai-Okt. 1519). 

Sein Tod und sein Testament. 

Schon am 18. Februar 1519 halte Schultheiß Peter 
Falk an Vadian geschrieben, er beabsichtige, um Ostern 
{24. April) eine Wallfahrt nach Syrien und dem hl. Grabe 
anzutreten *). Da der Plan Falks schnell in der Schweiz 
bekannt geworden sein muß, so benützten eine Anzahl Eid- 
genossen die günstige Gelegenheit, um unter der erfahre- 
nen Leitung Falks die Reise mitzumachen. Es waren dies 
aus Freiburg die beiden Brüder Wilh. und Peter Arsent, 
Söhne des Schultheißen Franz Arsent l * * 4 ), und Anton Pavil- 
lard ft ) ; von Luzern Melchior Zur Gilgen, der spätere Venner 

l ) Ebenda S 216 (24) ff. 

*) Hans Stockars von Schaffhausen Heimfahrt von Jerusalem 
1519, etc. etc. Schaffhausen, 1839. — Vergl. Max v. Diesbach in 
Archive» a. a. O. Üd. V. S. 218. ff. — Bemerkenswert ist auch die 
kurz gefaßte Biographie des Melchior Zur Gilgen im Geschichts- 
freund 1856. Bd. XII. S. 205 ff. von Jos. A. Zur Gilgen. 

’) Falk an Vadian vom 18. Febr. 1519 in St. Galler Mittei- 
lungen. Bd. 25. N* 142. S. 218 (26.). 

*) Archives a. a. O. S. 218. 

*) Ebenda. 


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120 


und Schultheiß Niki, von Meggen und der Chorherr Werner 
Huchholzer ; von Schwyz Martin Heichmulh, der Sohn des 
Landammanns Gilg Heichmuth ; von Unterwalden Heinrich 
Stulz, ein Konventuale von Engelberg ; von Zug Werner 
Steiner, der bekannte Held von Marignano, Thomas Stöcker, 
Sigismund Schwarzmurer und Hans Brandenburg; von Gla- 
rus Ludwig Tschudi 1 ); von SchalThausen Hans Stockar ; 
von Neuenburg Etienne Besancenet, der Pfarrer von Locle ; 
aus dem Waadtland Niki. Gachet, ein Geistlicher aus Payerne, 
und von Graubunden ein Geistlicher aus dem Engadin. 

Schultheiß Peter Falk wurde von diesen Leuten ge- 
beten. die Reise zu organisieren und sich an die Spitze zu 
stellen. Gegen Mitte März (1519) fand zu dem Zwecke zu 
Baden eine Versammlung statt 4 ). 

Da nun aber um Ostern Freiburg in kriegerischen Ver- 
wicklungen mit Savoyen begriffen war, so wurde es Falk 
schlechterdings unmöglich, die Heise schon zu dieser Zeit 
anzutreten. Als aber mit dem Vertrag von Morges der 
Krieg beendet schien, da machte man sofort mit der Reise 
ernst. 

Falk und Ludwig Tschudi hatten den Auftrag erhallen, 
bei den eidgenössischen Gesandten auf dem Tage zu Zürich 
die Pässe und Empfehlungsschreiben an Lautrec, den Gene- 
ralstatthalter des Königs von Frankreich in Mailand, und 
an den Dogen und die Signoria in Venedig in Empfang zu 
nehmen. Die Urkunden wurden am 12. Mai ausgestellt. 
Darauf verreiste die Pilgerkaravanne gegen den St. Gotthard. 
In Altdorf wurden sie und vor allem Falk mit besondern 
Ehren empfangen s ). Am 3. Juni erreichten die Pilger über 


’) Er ist Bruder von Gilg Tschudi, vielleicht auch ein Schüler 
Zwinglis wie dieser. Falk mochte er von den ital. Feldzügen her 
kennen. Er, wie Stulz und Stockar haben Aufzeichnungen von 
dieser Reise hinterlassen. Siehe u. a. den Artikel Tschudi von 
Oechsli in der Allg. d. Biogr. 

’) Archiven a. a. O. S. 218. 

3 ) Diesbach (Archive* V. S. 219) nahm irrtümlich an, die Fahrt 
sei über den St. Bernhard gegangen. — Die Freiburger sprachen naeh- 


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121 


Mailand und Pavia Venedig. Hier machte Falk, wie die 
Pilger zu tun pflegten, sein Testament. Anton Pavillard 
und Wilh. Arsent wirkten bei diesem Akte als Zeugen mit. 
Auch der Priester Gachet aus Payerne war zugegen. Nach- 
dem sich die Reisenden in Venedig am 21. Juni eingeschifft 
hatten, landeten sie am 27. Juli in Jaffa. Am Abend dos 
4. August langten sie endlich in Jerusalem an. Die Reise 
ging diesmal auch- nach Bethlehem, Jericho, an den Jordan 
und ans tote Meer. Anton Pavillard, Ludwig Tsehudi und 
Melchior Zur Gilgen wurden am 14. August nebst vielen 
Pilgern aus andern Ländern mit der Ritterwürde vom hl. 
Grabe geziert '). 

Einige Tage nachher verließen die Pilger Jerusalem 
und schifften sich am 20. August in Jaffa wieder ein. Bei 
einer Begegnung mit Seeräubern wurde den Schweizern die 
Ehre zu teil, daß die Pilger den Ritter Zur Gilgen zum 
Anführer für das erwartete Seegefecht und Hans Branden- 
burg zum Geschützmeister ernannten, während sich einzelne 
soeben in Jerusalem zum Ritter geschlagene fremde Herren 
scheu zu drücken suchten *). Die Seeräuber getrauten sich 
indes nicht, einen Angriff zu unternehmen. Auf Cypern 
besuchte Tsehudi mit den Schweizern in der Stadt Nikosia 


traulich den Urnern für den ehrenvollen Empfang Falk» ihren Dank 
aus. H. M. »5. (36. Mail 1319. - M. B. N* 8. Fol. 88. 

') Als Redingung für die Erlangung der Ritterwürde war nach 
den Satzungen verlangt, daß einer aus adeliger oder aus alter, ehren- 
werter Familie stamme, die zum mindesten durch vier Generationen 
hindurch freie Leute wareu. Er sollte ein genügendes Vermögen 
besitzen, um als Edelmann leben zu können, und dieses Vermögen 
sollte weder durch Handel noch durch Wucher erlangt sein. Wer 
ohne diese genannten Eigenschaften sich in die Ritterschaft aufneh- 
men ließ, dessen Aufnahme sollte null und nichtig sein und er selber 
als ein treu- und ehrloser Mensch gelten. Archive« a. a. O. — 
Gerade hier liegt augenscheinlich die Ursache, warum Falk, der von 
bürgerlicher Herkunft war und in seiner Jugend mit seinem Bruder 
Hans adern Krämer» Handel getrieben hatte, nicht unter die Zahl 
der Ritter vom hl. Grabe aufgenommen worden konnte. 

’) Geschichtsfreund XII. a. a. O. S. 213/18. 


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122 


einen guten Freund und Militärkameraden, Philipp Stram- 
bollo. Er war einer der hervorragendsten Männer der Stadt 
und entzückt, seinen Freund wieder zu sehen. Nach vielen 
Ehrenbezeugungen durch die ganze Stadt kehrten die Schwei- 
zer nach einem siebentägigem Aufenthalt in Nikosia wieder 
auf ihr Schiff zurück. 

Da jedoch eine Windstille auf dem Meere herrschte, 
kam das Schiff nur langsam vorwärts; dazu stellte sich 
eine erstickende Hitze ein. Infolge der Miasmen, die sich 
bildeten, entstand auf dem Schiffe eine ansteckende Krank- 
heit unter den Reisenden, der mehrere erlagen. Ende Sep- 
tember verspürten Zur Gilgen und Falk die ersten Anzeichen 
der Krankheit. Falk legte sich gegen den 1. Oktober zu 
Bette. Melchior Zur Gilgen starb am 4. und Peter Falk 
am 6. Oktober. Es ereignete sich dies auf dem offenen 
Meere zwischen den beiden Inseln Cypern und Rhodos. Die 
Trauer der Schweizer über den Hinscheid dieser ihrer Freunde 
und einflußreichen Miteidgenossen läßt sich denken. Sie er- 
laubten nicht, daß die Leichen nach Seemannsbrauch ins 
Meer versenkt wurden, sondern setzten es durch, daß die- 
selben in gut verschließende Särge gelegt und diese einer 
kleinen Barke anvertraut wurden, welche die Galeasse ins 
Schlepptau nahm. Das auf den Wellen hüpfende und tan- 
zende Fahrzeug, ein Sinnbild des Spieles des Todes mit den 
Lebenden, muß einen eigentümlichen, tiefen Eindruck auf 
die Überlebenden gemacht haben. 

In Rhodos angekommen '), sandten die Pilger Wilhelm 
Arsent und Werner Buchholzer zum Großmeister, um von 
ihm die Erlaubnis zu erbitten, die beiden Toten in geweihter 
Erde bestatten zu dürfen. Nach vielen Schwierigkeiten, 
weil die Johanniter wegen der Ansteckungsgefahr Bedenken 
trugen, wurde die Erlaubnis erteilt *). Die Beerdigung fand 


') Drei Tage führte man sie nach; hätte die Fahrt länger ge- 
dauert, so würde inan die Leichen wegen des unausstehlichen Lei- 
chengeruches ebenfalls ins Meer haben werfen müssen. Stockar a. 
a. O. S. 41. 

*) Der Patron des Schiffes mußte schwören, daß es nicht die 


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123 


am 9. Oktober 1519 feierlich in der Franziskanerkirche statt. 
Als das Jahr darauf Heinrich Wölfli aus Bern auf einer 
Pilgerfahrt nach Jerusalem sich befand, schmückte er in 
Rhodos die Gräber Falks und Zur Gilgens mit Marraortafeln 
mit lateinischen Inschriften '). 

Die manigfaltigslcn Betrachtungen sind schon an diese 
Pilgerfahrten Falks und an das eigentümliche Zusammen- 
treffen geknüpft worden, daß gerade Wilhelm Arsent, der 
Sohn des unglücklichen Schultheißen Franz Arsent, es sein 
mußte, der für Falk das Begräbnis besorgte. Man spricht 
von dem blutigen Bilde Arsents, das Falk überall in den 
Ratssitzungen, auf eidgenössischen Tagen, im Felde, auf 
seinen diplomatischen Sendungen, an den Höfen der Fürsten, 
bei festlichen Gelagen, zu Hause, wie auf seinen Pilger- 
fahrten bis in den Tod verfolgt habe. Doch auch nicht die 
geringste Spur in den Schriften Falks findet sich, die einen 
Anhaltspunkt und die Berechtigung zu solchen Erörterungen 
gäbe. Im Gegenteil, sagt darüber Falk in einem Schreiben 
an Vadian : « Ich werde um Ostern, wenn kein Hindernis 

eintritt, zum zweiten Mal nach Jerusalem verreisen. Nach 
einer hoffentlich glücklichen Rückkehr von dieser Pilger- 
fahrt werde ich kurz nachher wieder verreisen, um Anda- 
lusien, Portugal und ganz Spanien zu durchqueren. Es 
treibt mich nämlich die Lust, diese Gegenden zu sehen, da 
ich anders, wenn ich zu Hause bleibe, so dick und fett 


Pest sei, woran sie gestorben seien.* Stockar ist überzeugt, daß der 
Eid falsch und die Krankheit nichts anderes als die Pest war, 
iwa einar 3 drig tag lag und schlief, darnach wutt er, und glich 
darnach starb er ». Stockar a. a. O. 

') Diese Inschriften waren auf Bitte Ulrichs von Garraiswyl, 
des Schwagers von Falk, durch Quintinianus, Professor an der Uni- 
versität in Pavia, verfertigt worden. Während des griechischen Be- 
freiungskrieges wurden die Inschriften um das Jahr 1830 mit dem 
Fransziskanerkloster zerstört. Diesbach in Archive», Bd. V. S. 227. 
Nach Diesbach war Ulrich von Garmiswyl Schüler dieses Quintinianus. 
Wahrscheinlich hatte Falk seinen Schwager nach Pavia geschickt. 
St. Galler Mitteilungen S. 265 (73). 


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124 


wurde, wie du mich neulich (da du mich vorher nie sähest) 
kennen gelernt hast » '). 

* * 
t 

Wie wir wissen, hatte Falk in Venedig sein Testament 
gemacht. Als er dann auf dem Sterbebette lag und ihm 
Gachet als Priester Beistand leistete, da gab ihm Falk den 
Auftrag, das Testament dahin zu erweitern, daß den Kin- 
dern des Daniel Meyer in Freiburg die Krmächtigung ge- 
geben werde, den Namen « Falk » anzunehmen *). 

Daniel Meyer halte durch die Verbindung mit der Fa- 
milie Falk sich bedeutende Vorteile gesichert. Peter Falk 
unterhielt mit ihm und seiner Familie stets die besten Be- 
ziehungen. Beide Männer schlossen gemeinschaftlich Käufe 
ab. So erwarben sie in V i I leite , Grandvaux und Lütry am 
Genfersee große Besitzungen, besonders Weinberge, aber 
auch Wiesen und Gebäude. Gemeinschaftliches Eigentum 
hallen sie auch in Payerne "). Daneben hatte Falk aller- 
dings auch eigene Erwerbungen gemacht; so besaß er in 
Friesenheil bei Bösingen ein großes Landgut <). 

Falk hatte nun in seinem Testament die Kinder Daniel 
Meyers und seiner Frau Antonia als Milerben neben seiner 
Tochter Ursula eingesetzt. Durch den Auftrag an Gachet 
war diese Miterbschaft zu einer eigentlichen Adoption er- 
weitert worden. — Es scheint demnach Falk sehr nahe ge- 
gangen zu sein, daß er, ohne männliche Nachkommen zu 

') F.s handelte sich um eine Wallfahrt nach Santiago de 
Compostella. St. Gatter Mitteilungen S. 218 (26). — Wir haben 
noch darauf zurückzukommen. 

’) R. M. Sitzung vorn 1. August 1520. (Auch schon in der 
Sitzung vom 6. Mürz 1520). 

’) Alle gemeinsch. Erwerbungen finden sicli aufgezeichnet in 
einem Heft, betitelt: « Les possess io ns acquiruez par discret home 
Pierro Fautcon jadix advoye de Fribourg et par Danvel Meyer et 
Anthonyin, sa femnie, de noble Andre Güat et par Francesca, sa 
femme, fllliez de noble Jehan Loy deVirsyney». Dieses Heft befindet 
sich im Nachlaß der Familie von Praroman, im Besitz von Herrn 
Max von Diesbach (Erben der Praroman). Auch in den M. d. W. 
v. P. 868. 

*) C. G. VIII. 156. F. a. F. Mailand vom 8. Juli 1514. 


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125 


liinterlassen, sterben sollte. — Das Testament wurde aber 
von Ursula und ihrem Manne Petermann von Praroman an- 
gegriffen mit der Begründung, daß Falk nach dem Stadl- 
rechl keine Kompetenz gehabt habe, die Kinder Daniel 
Meyers als Milerben einzuselzen. Nachdem der Streit lange 
Zeit gewährt und zuletzt immer erbitterter geworden war, 
wurde endlich auf Anraten von Freunden und Gönnern der 
Familie Praroman und Meyer durch Schultheiß und Hat der 
Stadt zwischen den streitenden Parteien ein gütlicher Ver- 
gleich geschlossen, nach welchem zwar das Testament als 
ungültig aufgehoben, den Kindern Daniel Meyers jedoch 
eine entsprechende Abfindungssumme in barem Geld und 
Liegenschaften zuerkannt wurde ‘). 

Ursula Falk und Petermann von Praroman hatten zwei 
Söhne: Wilhelm und Nikolaus. Beide studierten bei Gla- 
rean in Freiburg i./B. Der Festere hat uns die wertvolle 
Briefsammlung hinterlassen, von der wir hier oft Gebrauch 
machten. Wegen Kränklichkeit scheint er der Ämterlauf- 
bahn fern geblieben zu sein. Nikolaus wurde ebenfalls 
Schultheiß von Freiburg, wie es Vater und Großvater ge- 
wesen waren. Nach dem Tode ihres Mannes (1552) ver- 
heiratete sich Ursula als ältere Dame wieder mit einem ge- 
wissen Hans Wunderlich, einem Bürger von Bern *). 

* * 

* 

') Ratserkenntnisbuch N # 4. Fol. 69 b ff. auf dem F. St.-A. — 
Eine Originaluikunde dieses Abkommens auf Pergament befindet 
sich im Besitze von Herrn Max von Diesbach. Das Testament 
selber, das wegen seiner Nichtigerklärung offenbar vernichtet wurde, 
ist nicht mehr vorhanden. — Die beiden Söhne Daniel Meyers: 
Nikolaus, der im Jahre 1536 uud Franz, der 1556 zu Bürgern aufge- 
nonimcn wurde (F. St.-A., das gr. Hb.), tragen demnach nie den 
Namen Falk. 

*) Ihr Sohn Nikolaus verwaltete ihre Güter in Bärfischen, von 
denen sie die Nutznießung bezog. — Wahrscheinlich ist dieser Be- 
sitz aus den verwandtschaftlichen Beziehungen der Falk mit den 
Techtermann, den Bärfischern oder Berferschern, wie sie auch ge- 
nannt wurden, herzufeiten. — Ursula quittierte den Empfang der 
Nutznießungssumme jeweils mit ihrem Mädchennamen, nennt sich 
aber Frau des Hans Wunderlich, Bürgers zu Bern, und siegelte mit 
dem Wappen Falks. Zwei solcher Quittungen im Original als 


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126 


Wir scheiden hiemit vom Bild eines Mannes, der 
durch eigene Energie und Tatkraft von der Stellung eines 
einfachen Notars zur höchsten Würde im Staate sich em- 
porschwang, der als Krieger und Diplomat von der Heimat 
und fremden Fürsten gleich geehrt, seinem engern und wei- 
tern Vaterlande zur höchsten Zierde gereichte. Eine mar- 
kige Gestalt, hat Falk in eidgenössischem wie in freibur- 
gischem Dienst, an den Tagsatzungen wie an fremden Höfen 
Werke und Taten vollbracht, für die ihm heute noch die 
Schweizer, vor allem aber die Freiburger und auch die 
spätem Geschlechter seiner Vaterstadt zu Dank verpflichtet 
sind. Er ist ein Gelehrter und Humanist, durch den in 
Freiburg die humanistische Bewegung eingeleitet wurde, 
ein Förderer von Wissenschaft und Kunst, ein Mann, der 
auf seinen Wallfahrten seine religiösen Zwecke mit den 
wissenschaftlichen Bestrebungen zu vereinigen wußte, ein 
Muster eines liebevollen Gatten und Vaters Auf dem Gipfel 
seines Ruhmes stehend, im besten Mannesaller, fern von 
der Heimat, mitten auf dem Meere hat ihn der Tod aus 
diesem Leben abberufen. Viele und schöne Pläne, die be- 
sonders der Wissenschaft zu gute gekommen wären, wurden 
mit ihm zu Grabe getragen. Aber der Tod hat es gut mit 
ihm gemeint, denn er verschonte ihn vor den schweren 
innern und äußern Kämpfen, die zur Zeit der Glaubensspal- 
tung über den Einzelnen wie über das Vaterland hereinbra- 
chen, viele herzliche Freundschaften zerrissen und aus alten 
Freunden oft die erbittertsten Gegner machte. Auf welche 
Seite sich Falk gestellt hätte, läßt sich nicht entscheiden. 
— Sein Grab auf der fernen Meeresinsel Rhodos ist zwar 
zerstört und verschwunden, doch sein Andenken verdient, 
in Freiburg ewig fortzuleben. Unter den großen Männern 
aus Freiburgs Blütezeit gebührt ihm ein Ehrenplatz ! 

Nachlaß der Familie von Praroman finden »ich im Besitz von Herrn 
Max von Diesbach in Cbevvil. Wahrscheinlich ist Hans Wunderlich 
identisch mit Jean Merveiileux, dem Vogt an der Zilil, Staatsrat der 
Johanna von Hochberg in Neuenburg. Siehe Bott Eid. a. a. 0. Bd. 
I. Register. — Vergl. auch Eidg. Absch. 111. 2. N' 703. Art. a. 


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Exkurs N" 1. 


Kritische Würdigung der Berichte über den Arsent-Prozefi. 


Die bisherigen Darstellungen des Prozesses gegen Ar- 
sent beruhen im Grunde genommen auf einer einzigen Quelle, 
während die « Informatio Dominorum Friburgensium i> un- 
berücksichtigt blieb. Ks ist diese Quelle der oft genannte 
Bericht , der sich im schweizerischen Geschichtforseher 
(Bd. 1, S. 1 15) abgedruckt findet. Dieser Abdruck stützt 
sich auf zwei Originalhandschriften, die beide im Freiburger 
Staatsarchiv unter « Geistliche Sachen » N° 90 eingeordnet 
sind. Wir bezeichnen beide Handschriften der Einfachheit 
halber mit a und b. 


x a ist unvollständig, bricht plötzlich ab, besitzt 

.R jedoch größere Korrektheit als b. b gibt an einer 
/ \ Stelle eine falsche Lesung des Wortes Luzern. 
^ ^ Weil a diesen Fehler nicht hat und unvollständig 

° " ist, während b vollständig ist — beide Fassungen, 

besonders aber b, sind übrigens nach der Schrift zu schlie- 
ßen bedeutende Zeit nach dem Jahr 1511 entstanden — , so 
muß man annehmen, daß für a wie b eine nicht mehr vor- 
handene Aufzeichnung x zur Vorlage gedient hat. Die Ver- 
schiedenheit der Schrift und wohl auch des Alters in a und b 


unterstützt diese Annahme. 

Der Verfasser von x war offenbar ein Freund und Zeit- 
genosse Arsents, der in Freiburg wohnte, die Vorgänge 
beobachtete und sie tagebuchartig auf einzelnen lliegenden 
Blättern aufzeichnete. Daß er ein Freund Arsents war, 
geht aus jeder Zeile hervor, und daß er in Freiburg wohnte, 
beweist die Genauigkeit, mit der er alle Einzelheiten erzählt: 
Wie die Gesandten und Freunde Arsents, die mit Namen 
genannt sind, nach Freiburg gekommen und wieder w’eg- 


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128 


geritten seien, und was während ihrer Anwesenheit und 
Abwesenheit alles geschah. Kr schildert in ganz kurzen 
Zügen die öffentlichen Gerichlsitzungen. Aber in die ge- 
heimen Sitzungen, in die des kleinen Haies, sah er nicht 
hinein ; diese kannte er nicht, liier mußte das Stadtgespräch, 
die allgemeine Vermutung dessen, was vorging, gründlichere 
Berichterstattung ersetzen. 

Während der Verfasser von x ein Zeitgenosse der von 
ihm beschriebenen Vorgänge war, sind die Verf. von au. i 
diesen Zeiten schon zu weit entrückt. Die Verfasser von 
a u. b linden die Aufzeichnungen x und ohne jemand um 
Rat zu fragen, ohne jede eigene Zutat, ohne auf die Zeiten- 
folge Rücksicht zu nehmen, stellen sie, besonders aber der 
Verfasser von b die losen Blätter mit ihren Berichten so 
zusammen, wie es ihnen gerade am besten paßt und natür- 
lich erscheint. Verfasser von b springt vom 14. Februar 
über auf den 2. März und behandelt die Zeit bis zum 10. 
März, dann beschreibt er die Ereignisse vom 21. Februar 
mit der Beichte und Kommunion Arsents ; und um zum Emp- 
fang der Sakramente gleich den richtigen Abschluß zu 
haben, folgt unmittelbar darauf die Verurteilung und Hin- 
richtung der Angeklagten vom 18. März. 

Die sog. Chronik Montenach in der Bibliothek der 
cekonomischen Gesellschaft in Freiburg verwertet für den 
Prozeß gegen Auf der Flüh das Schreiben des Jörg Auf 
der Flüh an die eidg. Tagsalzung (Geschichtsbl. IX. Jahrg. 
S. 118 ff), die Ratsmanuale, Ralserkenntnisse und Missiven, 
für den Prozeß gegen Arsent den besprochenen Bericht und 
zwar die Fassungen a und b. Der Verfasser derselben be- 
nutzt dann ferner das übrige Material im Freib. St. -Archiv 
unter geistl. Sachen N° 90, während die Ratsmanuale, deren 
Angaben mit dem besprochenen Berichte oft im Gegensatz 
standen, einfach von ihm unberücksichtigt blieben. 

Daß aus solchen Quellen bisher nur eine einseitige 
Darstellung dieser Vorgänge möglich war, ist leicht erklär- 
lich, und somit sind auch die harten Urteile, welche die 
Darsteller gegen Falk fällen, begreiflich und, da ihnen das 


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129 


Quellenmaterial nicht vollständig zur Verfügung stand, zu 
entschuldigen. Der Vorwurf aber, daß Falk Arsent, « seinen 
Todfeind », aus Hache oder Ehrgeiz vernichten wollte, ist 
entschieden zurückzuweisen. Diesen Halt zwischen beiden 
Männern auf einen alten Zwist zurückführen zu wollen, er- 
weist sich als ganz verfehlt. Wohl standen im Jahre 1495 
beide gegen einander vor dem Richter, und Falk wurde laut 
dem Urteil angehalten, eine ehrenrührige Aussage gegen 
Arsent zurückzunehmen '). Die Sache wurde aber bald ver- 
gessen. und bald sehen wir die Familien Falks und Arsents 
in bester Freundschaft *). Beim Ausbruch der Parteiungen 
zwischen den französisch Gesinnten und den Anhängern 
des Papstes trat allerdings die Politik trennend zwischen 
die beiden Freunde. Daß dann Kalk Arsent, den Schöffen 
im Prozeß gegen Georg Auf der Flöh, ermahnte, bei der 
Urteilsberatung auch die Bürger zuzuziehen, das ging jeden- 
falls nur aus der wohlwollenden Gesinnung Falks für Arsent 
hervor. Peter Falk wollte Arsent Unannehmlichkeiten er- 
sparen. Falk war von der Schuld des Auf der Flüh über- 
zeugt ; darum konnte er Arsent diesen Rat erteilen, — der 
allerdings für den Angeklagten das Verderben bedeutet 
hätte, — ohne daß darum ein Makel auf ihn selbst zurück- 
fällt ; dabei rechnete Falk freilich nicht mit der Gewissen- 
haftigkeit Arsents. 

Bei der Beurteilung der Handlungsweise Falks muß 
man im Auge behalten, daß die Venner auch polizeiliche 
Befugnisse hatten, und daß Arsent als Angehöriger des Burg- 
viertels in dem Bereich der amtlichen Funktionen Falks, des 
Venners auf der Burg und Vorvenners, stand. Diese Ver- 
hältnisse sind bisher noch gar nie genügend gewürdigt 
worden. Die Nebenumstände, die so schwerwiegend den 
Gang des Prozesses beeinflussen, waren zu wenig oder gar 
nicht bekannt. Dadurch ercheint die Gestalt Falks in so 
nachteiligem Lichte gegenüber dem unglücklichen Arsent 


’) R. M. 13 (13. und 15. Juli). 

*) Anzeiger IV, S. 225, und Anhang, Beilage N* 2. 

9 


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130 


und seine Handlungsweise so leidenschaftlich. Bei gehöriger 
Berücksichtigung der Nebenumstände muß das Vorurteil 
gegen Falk verschwinden. Baß er seine amtlichen Funktio- 
nen im Begleit anderer Venner und des Großweibels oder 
der Burggesellen (der niedern Polizeiorgane auf dem Burg- 
viertel) vornahm, zeigt deutlich, daß alles das in höherem 
Aufträge geschah. Erst die Chronik Montenach, soweit uns 
einschlägiges, chronikalisches Material bekannt ist, stellt 
die Vermutung auf, daß vielleicht Falk der Mann gewesen 
sei, der am H. März die tags zuvor den Freunden Arsents 
gegebene Zusage vor Hat und Bürgern zurücknehmen ließ. 
Alle dieser Chronik, wenn auch bloß indirekt folgenden 
Darstellungen des Prozesses nehmen diese vage Vermutung 
sofort als feste Tatsache. Es war aber jedes Ratsmitglied 
wohl dazu berechtigt, zu verlangen, daß man auf einen 
Beschluß zurückkomme, besonders wenn derselbe auf eine 
Art zu stände gekommen war, die beanstandet werden konnte. 
Der Beschluß vom 10. März war aber offenbar nicht einwand- 
frei ; darum wurde er zurückgenornmen, denn er widersprach 
dem am 7. März gefaßten Beschlüsse, in Sachen nichts 
weiter vorzunehmen bis nach der Rückkehr der in Genf 
weilenden Räte und Bürger. 

Wenn alle bisherigen Darstellungen Falk als den grim- 
migsten Feind Arsents bezeichnet haben, so kommen wir hin— 
widerum zu der Annahmen, daß er im Gegenteil noch zu 
den geheimen Freunden Arsents zu zählen sei. Allerdings 
durfte Falk zu Gunsten desselben sich nicht genügend her- 
vorwagen und ist dadurch indirekt nicht frei von Schuld am 
Tode des unglücklichen Alt-Schultheißen. Er tat für ihn, was 
mit den Pflichten seines Amtes vereinbar war. Daß Falk bei 
Beginn des Prozesses gegen Arsent für diesen im Namen 
seiner Freunde und Verwandten sprach, schließt jede An- 
nahme einer Feindschaft Falks gegen ihn aus. — Falk 
schrieb nach der Flucht des ihm eng befreundeten Gerichts- 
schreibers Jost Zimmermann die Protokolle der Verhand- 
lungen in den Gerichtssitzungen selber. Am 21. Februar 
bemerkt Falk eigenhändig am Schluß des Protokolls : « Uti- 


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131 


nam Deus summus et optimus his mediis diebus (die Prozeli- 
verhandlungen gegen Arsent wurden wegen des Festes Petri 
Stuhlfeier vom 21. bis 23. Februar ruhen gelassen) fala 
horum pauperuni feliciter perducat animosqne eorum, qui 
in eos sunt, mitigal » '). Kann ein Feind so schreiben ? 
Der genannte Brief Arsenls an Falk zeigt, daß jener wirk- 
lieh nor.h die Hoffnung hegte, daß dieser vielleicht für ihn 
etwas würde tun können und auch etwas tun würde. Ob Falk 
seinem Wunsche entsprach, läßt sich bei den spärlichen 
Nachrichten der Protokolle nicht ersehen. Nur die Pflicht 
vermochte einen Keil in die feste Freundschaft zwischen 
Arsent und Falk hineinzutreiben, aber der Biß ging nicht 
lief und zeigte sich vielmehr nur an der Oberfläche. Peter 
Falks Bruder, Hans, war selber Anhänger der französischen 
Partei, und trotzdem waren die Beziehungen zwischen beiden 
Brüdern herzliche nach wie vor. Freilich erntete Falk durch 
seine Haltung den Haß der Freunde und Verwandten Arsents, 
besonders der Familie von Diesbacli in Bern s ). Aber konnte 
das anders sein, wenn ein alter Freund, auf den man alle 
Hoffnung gesetzt hatte, einen in der Not im Stiche ließ? 
Falk befand sicli als Venner und Vorvenuer in einer schwie- 
rigen Lage ; er sah sich einer Pflichtenkollision gegenüber- 
gestellt. Einerseits mahnte ihn die Freundschaft zu Arsent 
und andererseits sein Amtsgefühl, das Gefühl, daß sein 
Amt den Pflichten privater Freundschaft vorgehe, verbun- 
den mit der Sorge um seine eigene Existenz. Dieses alles 
hielt ihn ab, für den Freund so einzustehen, wie er wohl 
gerne getan hätte. 

') R M 28, 64. 

*) M. d. \V. v. P. S. 87. Margret von Böttingen, Klosterfrau 
zu Fraubrunnen, warnt Falk vor den Diesbacli. 


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Exkurs N° 2. 

Falks Verhältnis zu Frankreich. 

In dem Maße, wie die Schweiz und Frankreich im 
Jahre 1,'ilG sich näherten , entfremdeten sich Franz I. 
und Leo X. Dagegen warben jetzt die päpsll. Abgeord- 
neten in Zürich ganz offen um die Gunst Englands, so daß 
alles Volk das Einverständnis zwischen Leo X. und Hein- 
rich VIII. sehen konnte. Da deswegen Frankreich beim 
Papste sich beklagte, so sah sich der päpstl. Vieekanzler 
veranlaßt, die Nuntien zu tadeln und ihnen größere Vorsicht 
zu empfehlen. Man riet ihnen auch, von Leuten, die ihre 
Verhältnisse zu England ausgeplaudert hätten, sich ferne 
zu halten, besonders sich vor Peter Falk in Acht zu neh- 
nen. Wirz *) geht aber zu weit, wenn er darum Falk einen 
Verräter nennt, viel weiter als der Bericht des Kard. von 
Medici an den Nuntius Gambaro selber, der vielmehr nur 
eine Verdächtigung gegen verschiedene und besonders ge- 
gen Falk ausspricht. Wer mag Falk dem Kardinal als 
einen Verdächtigen bezeichnet haben ? Frankreich hätte sich 
wohl gehütet, ihm befreundete Leute zu denunzieren. Viel- 
mehr scheint nur der Ärger über die Haltung dieses wich- 
tigen Mannes, der jetzt zu Frankreich zu hallen schien, in 
de Medici den Verdacht erweckt zu haben, daß Falk nicht 
ehrlich handle. Und wenn man auch annimmt, er habe 
ausgeschwatzl, so mußten doch die Nuntien in jedem die 
Ansicht erwecken, als handle es sich in ihren Beziehungen 
zu England durchaus nicht um ein Geheimnis. Sie ver- 
rieten sicli selber *). Daß Falk kein Verräter des hl. Stuhles 
war und die Erwähnung Falks als Ausschwatzer nur auf 
einem unbegründeten Verdacht beruht, zeigt uns der Nach- 

’) Emio Filonardi, der letzte Nuntius in Zürich. S. -17. 

’) Quellen zur Schweizergesch. Bd. 16. herausgeg. von Kasp. 
Wirz, S. 111. 


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133 


feiger Filonardis, Antonio Puoci. Peter Falk erhielt von 
ihm am 18. August 1518 als Privatpension 150 Gulden, 
und über ihn berichtet Pucci folgendes : Peter Falk ist, 
wenn er auch im Gefolge Frankreichs stellt, immer noch 
der Unserige. Kr ist ein Mann, der zu jeder großen Un- 
ternehmung fähig ist und mit sich reden läßt, und wenn 
ein Unternehmen den König von Frankreich nicht beleidigte 
oder zum Vorteil des Papstes wäre, so glaube ich, er 
würde es immer mit seiner Gunst unterstützen. Er ist das 
Haupt der Patrizier in Freiburg, und wer ihn auf seiner 
Seite hat, hat mit ihm auch noch den größten Teil von 
ihnen '). 


Exkurs N* 3. 

Daguets Urteil über Falks Verhalten. 

Alexander Daguet hat im Anzeiger (N. F. Bd. IV. S. 
3IV2 II.) einige zum Teil undatierte und auch ein falsch um- 
datiertes Schreiben an Falk veröffentlicht. Die Art und 
Weise, wie dann Daguet nach seinen irrtümlichen Aufstel- 
lungen die Schreiben einführt und erklärt, ist geeignet, 
jedem Leser seiner Einleitung ein schreckliches Bild von 
der Bestechlichkeit Falks vor seinen Augen zu enthüllen. 
Auch Daguet knüpft daran Betrachtungen über die ver- 
werfliche Moral Falks. Das Ganze beruht aber auf einem 
Irrtum Daguets. Seine Darstellung ist vom Grund aus falsch 
und eine fast unverzeihliche Voreingenommenheit gegenüber 
einem verdienten Staatsmann. Prüfen wir die Schreiben ! *) 
Das erste Schreiben ist das Begleitschreiben des Ba- 
stards von Savoyen an Falk und Schwarzmurer 8 ). Daguet 


’) Ebenda S. 175 ff. 

’) Sie stammen sämtliche aus dem Manuskript des Wilhelm 
von Praroman, des Enkels von Falk, in der Sammlung Praroman 
im Staats-Archiv Freiburg. 

*) Anzeiger IV. S. 3ßt 5. 


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- 134 — 

sagt, der Bastard habe verlangt, man möge zwei Abgeord- 
nete an den König schicken, und er habe auch die beiden 
Staatsmänner bezeichnet, die seinem königi. Nelfen am 
besten gefallen würden. — Davon aber, daß der Bastard 
Falk und Schwarzmurer als Gesandte begehrt habe, findet 
sich weder in den eidg. Abschieden noch anderswo eine 
Spur *). Ferner glaubt Daguet an die Richtigkeit des Da- 
tums des Briefes ((>. Februar 1516) und nimmt darum an, 
der Paß sei vom Bastard an die beiden Gesandten wirklich 
schon am 6. Februar 1516 ausgestellt worden, aber ihrer 
Abreise seien Hindernisse begegnet. Das hätte doch Daguet 
aufmerksam machen sollen, er findet es auch wirklich als 
eine « chose curieuse », tritt aber auf die Sache nicht näher 
ein. Aber was hätten denn auch die Beiden in Paris da- 
mals tun sollen. Die Friedenverhandlungen waren am 6. 
Februar 1516 noch ganz in ihrem Anfangsstadium begriffen, 
Falk war erst in den letzten Tagen des Januar von Jeru- 
salem nach Hause zurückgekehrt, seine politische Gesinnung 
war noch ganz anti französisch, und zudem konnte der 
Bastard seine Rückkehr kaum erfahren haben. Daguet 
behauptet, Falk und Schwarzmurer seien im Oktober 1516 
nach Paris gereist, und daraus schließt er, daß der 6. Fe- 
bruar 1516 das richtige Datum sei, da ein späteres Datum 
z. B. 1517 keinen Sinn mehr hätte für einen Reisepaß, 
wenn die Reise selber schon im Oktober vorher ausgeführl 
wurde. Hätte aber Daguet in den Ratsmanualen nachge- 
schen, so würde er gefunden haben, daß Falk sogar anfangs 
Januar 1517 noch in Freiburg war und erst nach dem 9. 
Januar abreiste. Hätte er sieh die Mühe genommen, den 
Brief etwas genauer durchzulesen, so würde er gefunden 
haben, daß derselbe an den « Avoyer » (Schultheiß) Peter 
Falk ausgestellt ist. Falk aber war nicht schon im Februar 
1516 Schultheiß, sondern wurde es erst Ende Juni .1516. 
Daguet hätte einsehen « müssen », daß das Datum 1516 
unrichtig ist und daß statt dessen 1517 stehen sollte, weil 


') Eidg. Abseli, III. Ü. S. 1010. 


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135 


man in Savoyen und einem Teile Frankreichs bis nach 1560 
nach dem Oslerstil datierte, und diesen brachte der Bastard 
als Savoyarde hier zur Anwendung. 

Wie dieses sind auch alle andern Schreiben an den 
« Schultheißen » Peter Falk gerichtet. Diesen Umstand 
übersah Daguet ganz und gar. Darum war er im Stande, 
sie vor den 24. Juni 1516 zurückzuverlegen. So z. B. kann 
das Schreiben vom 3. April (im Anzeiger S. 365) nicht vom 
3. April des Jahres 1516 datieren, es ist auch wohl nicht 
aus dem Jahre 1517, da Falk damals erst etwa 10 Tage 
von Paris fort war, sondern höchst wahrscheinlich vom 3. 
April 1518. Weil auch ein Gruß an Falks Gattin darin 
sich findet, kann es nicht von 1519 sein, weil diese damals 
nicht mehr am Leben war. — Das zweite Schreiben ebenda 
vom 26. Februar (ebenda S. 365) kann wieder nicht von 1516 
stammen, vom Jahr 1517 ebensowenig, weil Falk zu jener 
Zeit gerade mit dem Bastard am Hofe in Paris sich aufhielt ; 
es muß daher aus dem Jahr 1518 oder noch eher 1519 sein. 
Und dieses Letztere ist wahrscheinlicher, weil der Bastard, 
der sonst die Frau Schultheiß in seinen Grüßen nie vergißt, 
sie diesmal, die im Frühjahr 1518 starb, nicht mehr nennt. 
— Das vierte Schreiben des Bastards an « Schultheiß und 
Bitter » Peter Falk vom 17. November aus Tours belehrt 
uns schon durch den Titel « Bitter ». daß es nicht vor dem 
Jahre 1517 abgefaßt ist. Im vergangenen Jahre (« l’annöe 
passee ») hatte der Bastard Falk und seinen Freunden 
eine Anzahl Käse zum Geschenk zu machen versprochen. 
Es war dies offenbar auf der Friedenskonferenz zu Freiburg, 
da der Bastard bei Falk zu Gast war, möglicherweise aber 
auch erst in Paris geschehen. Wenn Falk das Geschenk 
im November 1517 erhielt, so ist die « annöe passöe », in 
welcher der Bastard dasselbe versprach, das Jahr 1516, 
welches aber nach dem Osterstil damals erst mit dem 
12. April seinen Abschluß fand. Die Schenkung muß im 
November 1517 erfolgt sein, weil Falks Gemahlin, für die 
auch ein Teil des Geschenkes bestimmt ist, im November 
1518 nicht mehr lebte. 


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Die Darstellung Daguets beruht auf Irrtum und Vor- 
urteil gegen Falk. Gerade gegen den Vorwurf der Bestech- 
lichkeit müssen wir Falk in Schutz nehmen. Inmitten der 
in dieser Beziehung sonst bösen Zeit steht er mit blankem 
Schild und ohne Makel vor uns. Nicht umsonst ist seine 
Fntrüstung, als er von den Bestechungen auf dem Zuge 
nach Dijon hörte '). Falk wäre der größte Heuchler, wenn 
die Darstellung Daguets nicht von Grund aus falsch wäre. 
Im Gegenteil, wenn Falk Geschenke erhielt, so zeigte er 
es seinen Obern an, wie wir schon vielfach gesehen haben, 
und wie es uns in den Batsmanualen noch mehrmals be- 
gegnet. 


') Das sind schreckliche Sachen, daß wir solche Leute in der 
Eidgenossenschaft haben sollen, die mit solchen Verrätereien umge- 
hen. Gott möge sich ihrer erbarmen. F. a. F., Mailand v. 15. Dez. 
1513, C. G. VIII. 107. 


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Anhang. 


N‘ 1. Falk an seinen Stiefvater, Aymon de Treytorrens : 

Anzeige wegen der Werbung um Aenticli roit Garmisteil, Bitte, den 
Abschluss der Ehe möglichst zu beschleunigen. Freiburg 1497. Febr. 
4. (M. d. W. v. P. 50.) 

Sincere sese recommendat, carissimc pater! Nescio quo spiritu 
is Hugo de Garmiswilr, ductus, feria tertia proxi me praeterita me 
mutuis verbis allocutus est, dicens si forem eiusdem voluntatis sci- 
licet filiaj soo? mihi matrimonio eopulare, cuius in proximo exstite- 
ram, coi (quasi illius collocutionis semivivus) respondi, non minoris, 
sed pristitue et inaioris voluntatis me esse. Ipse vero super lioc dixit, 
labores maximos pro assecutione liuiux rei, maxime causante amici- 
tia, qua erga me frueretur, cum genitore suo Domino Ualmanno 
habuisse, sed iinaliter benignum responsum ab eo concepisse. Ita 
quod adhuc precibus ipsain voluntatem rncam consequi possein, quia 
vobis tanquam specialiori refero amicitiam vestram ex corde orantem, 
quatenus gressus vestros hucusque dirigere dignemini pro eommuni- 
catione habenda cum avo Petro Ramii qui iam satis promptus est. 
Non tarnen cuiquam de verbis dicti Hutjonis manifestare curatis, 
quia ipse me precibus multis deprecatus est, id secretum tenere, 
prout etiam vobis confido. Et bene valete per cuncta, xa lutes pluri- 
mos genitoii meie referens, et me in his recommendatum tencatis, ita 
quod tarn cito ut poteritis istud conducatis ad efTectum, ne prolon- 
gatione temporis ut prius defortunium incombat raptum. 

Friburgi, sabato post Purifieationis anno 97. 

Totus vester 


Petrus Faulcon. 


Adresse.' Provido et honesto viro Agmoni Detorculari, consuti 
Patcrniaci, patri meo ex corde dilectissimo. 


N" 2. Hans an Peter Falk: Trauer um die guten Freunde, 
die ihnen infolge einer ansteckenden Krankheit täglich sterben. 
Gott der Allmächtige möge die Trauer bald in Freude verwandeln. 
Bitte, nach den Festtagen (Johannes des Täufers und Peter und 
Paul, 24. u. 29. Juni) zu ihm zu kommen, um ihm zu helfen, damit 
er bezahlt werde. « Hüet dich allwegen, an denen sorglichen enden 


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zue gnn, [wo die Krankheit regiert], darzuo nim etwas von dem 
appotcker, dich vor einem bösen goschmack zue helfen. Wiltu das 
nit bezahlen, so lass michs bezalcn. Bis nit gar, als du gewent hast, 
ein Waghals zue sind ». Bei seinen Herren in Freiburg teilt er 
sich entschuldigen, dass er Frans Arsen! seine Pferde nach Salins 
geliehen habe. Grüssc an Aenneli Falk. 

La Lance [am NeuenbUrgersee] 1502, Juni 22. (M. d. W. v. 

P. 9). 

N“ 3. Hans an Peter Falk: Klage i regen der üblen Behand- 
lung ihrer Mutter durch Agmnn ron Tregtorrens, ihren Stiefeater. 
Massregvln, urn künftig ähnliche Auftritte zu cerhindern, ? 1503, 
Sept. 20. (M. d. W. v. P. 93). 

Getrüwer bruoder ! Vil glücke und guoter gesundheit wünsch ich 
dir us grund mins herzens etc. 

Als ich zuo diser stund gan Betterlingen bin kommen, hab ich 
vernommen, wie der onmächtig hündisch wücterich man mit unserer 
lieben muoler so uncristenlich geliibt hab, si übel geschlagen, das davon 
nichts zuo sagen si, darzuo sin tochb-r Jaque gescheut '). das si us dem 
hus nit bedarf kommen und unverschuld. Söllichs alles han ich mit im 
geredt: ob er anderst nit mit unser muoter wöllte l.lben, vil w.'iger wore, 
das wir si bi uns annemeu, darzuo seche er uns nit dafür an, das 
wir sölichs von im liden wollen, sunderst erzöugcn, was liit wir dau 
sind. Harumb lieber bruoder wellest im darvon schriben und im er- 
zöugen, das wir ouch lüt sind uf die meinung, ob dir und mir söl- 
lichs zinstag gester vergangen uns söllichs zuo Friburg gesagt si, wil 
er si nit gern haben, das er si uns lasse, wollen wir si gern haben. 
Han wir je söllichs nit liden wollen, von im in iren allen tagen ge- 
schlagen werden. 

Datum ilends, Vigilia Mathey, anno 1503. 

Din getrüwer bruoder Hans Falk. 

N" 4. Hans an Peter Falk: Beileidsbezeugung and Trost trorte 
beim Totle eines Kindes, — Weinhandel. (Ort?) 1606, Dez. 17. (M. 
d. W. v. P. 17). 

Türgeliebter, getrüwer, lieber bruoder ! 

Dins zuovallenden großen kummers weis ich dir nicht gnüeg- 
samlichen schriben noch klagen, sunders in brüederiiehen trüwen mir 
nit leiders möcht gsin. Ist es sach, das der almechtig gott si hat 
wellen haben, sollt du dinen willen ouch darzuo geben. Gott der 
herr mag dir wol din leid in einer ander gestalt noch mit vil kinden 
anders ersetzen, das du dich soverr nit so gar wellest erifren und di- 
nem lib dadurch und gott damit nit erzürnist. Hüet du dich, dau 

’) Dialekt gschande=verletzen. 


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das du nit in grösser leid möchtest kommen. Sodann, getrftwer bruoder, 
schicken icli minem herren dem Seckeimeister von Bern 8 vas» mit 
win, hat er mich nun zuouechst gar tiüwlich darumb gebetten. Bitten 
ich dich, dinen wastein einer lassen usgan, uiub 8 guot karrer, die 
gewüss sigen, und nit Uber nacht hinneu liggen. Das der win nit 
vergöuschet vverd, sollt du inen ernstlich bi trUwen gebieten. Hiemit 
sigest Gott dem Herren in brüderlichen trüwen befolchen, der dich 
vor diesem verfluechten und anderen gebresten beschirmen und be- 
hüeten well. Griiess mir min Schwester din husfrouwen. Die sollst 
du von mir und miner husfrouwen tiüwlich klagen. 

Datum Donstag vor Thomao anno 1508. 

• Ganz din getriiwer bruoder Haut Falk. 

Adresse : An minem getrüwen lielier bruoder Puttern Falk 
Sehullhessen zuo Murten. 

N' 5. Hans an Peter Falk : Dank /Sr ein Scujahrsgcschcnk. 
Vorschlag , ihre Tächter in Fraubrunnen auf Scajuhr tu betuchen 
und su beschenken. ? 1510, Dez. 24. (M. d. W. v. P. 204). 

Hruederliche tiüw und was ich vermag alzit zuovor ! Vor allen 
dingen, so weit» ich dich nit gnuogsam liehen dankens der hünere, 
die du mir in bruoderlichen trüwen zuo einem guoten jars wis ge- 
schenkt hast Du sollest mir nichts geben, dan ich das noch anderes 
umb dich nit kan und mag verdienen. Der allmechtig Gott well dir» 
altes bezalen. Unser tochteren halb zuo Frouwenbrunnen bin ich 
des willens, wenn du will, mit dir hinab zuoriten und inen selbs das 
guotjar zuo bringen. Der Vetscheryneu ’) halb, die hau ich nach 
minem vermögen kouft, als guot als ich die hab mögen finden. Und 
wan du wilt, so schick mir dinen knecht, will ich die imnassen in- 
bas len und iubinden, das die ganz und erlich darkoinmen müessen. 
Ich kümmerlichen des tags erwarten, diner schlitten halb; und du 
von mir begärist der kisten oder kästen, die ich dan hab, wie diesel- 
ben sind, die sind diu und nit min. Du sollt mich nichts bitten 
und deheinerlei Sachen willen, dan alles das ich hab und vermag, ist 
warlieh ganz din. Mich will bedunken, ee wir hinab kommen, und 
besser es were, darumb wellest mich des tags berichten und dinen 
knecht harschicken. Grüess mir min schwöster zuo lusend malen und 
damit sigest Gott dem Herrn befolchen, der uns allen gäb ein gut 
selig jar. 

Datum vigilia Noe[l| anno lliOO. 

Ganz din williger bruoder Hans Falk. 

Adresse; Wie N' 4. 


') Spezialität in Rase, frz. vachcrin. 


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N’ 6. Ursula an Ihren Vater Peter Falk: bank für ein Ge- 
schenk. Schickt ihrem Vater ein Gebetbüchlein. IVunsch, ha hi be- 
sucht ;n werden. (Ohne Dalum). M. d. W. v. P. J 41 . 

Min herzlieber vatter ! 

Min kindiehe triiw, min herzlicher vatler und min herzliche 
mülterli! ich lat> üch wüssen min gesund heit von den gnaden goltes. 
Desglichen wer mir ein besondere grolle frc'iud von üch zuo verneinen. 
Min herzlieber vatler! Ich danken üch der hübschen sch üben, so ir 
mir geschickt hand ; ich will rediicli leren und mich in üweren willen 
und gefallen halten zuo aller zit. Min hcrzlieber vatter! Ich schicken 
üch hie ein büechlin, hau ich selber geschrieben, da sönd ir in beten 
und sönd es 11 it verlieren, und kommend bald zuo uns oder schicken 
mir min müeterlin bald. Damit sig Gott mit üch allen und griiessent 
mir, wer mir nachfraget und wer üch lieb ist und min gölten ’)• 

Urteil, iiwer tochter. 

N' 7. P. Falk an seine Frau : Auftrag, einen Brief be- 
sorgen und Ursula sur Schule j« schicken. ? 1511 , Januar 31 . (M. d. 
W. v. P. 13 ). 

Mins liebs Rnnnclgn. Ich grüeÜ dich von ganzem grund mius 
herzen» und bitt dich, dal) du von stund an, als bald du disen brief 
ufgetan hast, das du disen brief, der harin verschlossen ligt, schickest 
dem Viinner in der Nüwenstadt s ) oder im Spital 3 ) und luog, das du 
das nit underwägen lassest. Sutl hab im hus guot sorg und schick 
Urseli unser tochter zuo der Lärr. 

Datum Fritag vor der Liechmess anno 1511 . 

Beter Fulh. 

Adresse : Der ersamen frouwen Fnnelin Falkin, Vännerin zuo 
Friburg, miner lieben elichen frouwen. 

N" 8. Falk an seine Frau : Bericht con seinem und anderer 
Wohlergehen. — Ursula u-ird. besonderer Fürsorge empfohlen. — 
Grösse an Verwandte und Freunde. ? 1511 , Dez. 4 . (M. d. W. v. P. ttl.) 

Min liebes Fnnelin, ich grüeü dich in elichen trüwen und von 
ganzen grund mins herzen und lab dich wüssen. das ich früseh und 
gesund bin von den gottes gnaden. Des glichen begär ich von dir 
zuo verneinen und von uuser lieben tochter Ursel und bitt dich, du 
wellest es allwegen in züchten leren und halten und in allem das best 
tuon, als ich dir wol vertruw. Min Schwager Hans*), din bruoder, 

') Taufpatin. 

*) Konrad Gurny (Venner von 1509 — 1512). 

*) Hans Schmid (nur für 1510 Venner; tritt 1511 in den kl. Rat 
ein). B. B. 

') Hans von Garmiswil war i. J. 1507 in den Rat der 200 in der 
Au gewählt worden und blieb in diesem Rat bis 151 1. Nachdem er 1512 


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und wir all sind früsch und gesund; der tuot dich fast grflessen und 
sin liebe husfrouw. Grüess mir jedermann besunders minen bruoder 
und minen vettern Hans und Jakob 1 ) Techtcrniann , Jakob flelbling , 
min Herren bcitl Schtitlhcsscn *), Statt- 1 ) u. Gerichtsckribcr') u. all 
ander unser guot frtlnd, min »chicagcr Daniel und min Schwester 
all. Und lass min Muoltcr wilssen, das mir wol gat und uns allen. 
Hiemit sigest gott triiwlieh befolchen, dem wellest mit andacht die- 
nen und tuon, als ich dir befolchen hab. 

Datum uf Sant Bärbeln tag anno 1511 . 

Din getrüwer huswirt Peter Falk, houptman. 

Adresse: Der ersamen frouwen Enndin Falkin, burgermeisterin 
zuo Friburg, miner herzlieben husfrouwen. 

N' 9 . Ursula an ihren Vater Peter Falk; f Punsch, dass er 
bald heimkommc. — Einkerkerung einiger Freunde. — Grosse. — 
(Freiburg 1512 ] März 17 . (M. d. W. v. P. 247 ). 

Min frilntlichen gruoß und alles guotes zuovor ! Min herzlieber 
vattcr. Mine mutterlin heißt üch fast grüetzen zuo hundert tusend 
inalen und betten üch, ir wellent bald harheim kommen, dan uns 
belanget gar übel, uns dunkt, wir haben üch ir hundert jaren nüt 
gesechen. Ouch min herzlieber vatter, wüssend das wir fast fro sind 
gesin, das ir uns geschriben hand und danken üch zuo hundert malen 
üwer schriben, ouch min herzlieber vatter, wir bitten üch. ir wellend 
bald us dem land kommen, dan es sind untrüw litt daheim, wie 
wir wol vernommen. Ouch min herzlieber vater, etlich lüt mang- 
len üwer gar übel, dan iren sind viel in der Käßin gelägen : min 


nicht wieder gewählt worden, gelang es ihm doch 1515, wiederinden Kat 
hineinzukommen. J. J. 1520 trat er in den Rat der Sechzig in der Au 
über und starb i. J. 15)0. B. B. 

') Jakob T. ist von 1505 bis 1515 mit Unterbrechung im Rat der 
Sechzig in der Au. Nachdem er 1516 in den kl. Rat eingetreten, starb er 
i. J. 1526. B. B. 

’) Schultheiß war im J. 1511 Ritter Dietrich von Englisberg, Alt- 
schultheiß Ritter Petermann von Faucigny. Der erstere war Schultheiß 
von 1512 — 15, 1 s 1 9 — 21, 1522 — 2.) und 1525 — 27, d. h. 12 Jahre, Bürger- 
meister von 1514 — 17. — P. v. Faucigny war Schultheiß in den Jahren 1478, 
1480—82, 1486—88, 1492—94, 1498— 1500, 1504—06, 1507 und 1510, 
d. h. 18 Jahre. B. B 

*) Nikolaus Lombard war Stadtschreiber von 1495 bis zu seinem Tode 
( 1 6. Dez. 1515), wo ihm 

*) Jost Zimmermann im Amte folgte. Dieser war Gerichtschrei- 
ber vom Juni 1505 (Nachfolger Peter Falks in diesem Amte) bis 24. Juni 
1515. Vom Tode Lombards bis 1525 war er Stadtschreiber. B. B. 


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142 


vetter Hans Garmiswgl, Jakob Helbling, Jakob Techlemw.no, Bern- 
hardt Garmiswyl ') und Ludwig Pajfilgard *) eou des Fransen 
icegen. Ooch min herzlieber vatter Ion wir üch wüssen, das uns 
die hundert guldin von dem Basler worden und das Kyss(?) ouch 
mit und üch heißt jederman griiessen : min herr Altschuttheiss und 
min vetter Daniel und min bcslin s ) und min vetter Haus Garmiswit 
und sin husfrouw und min bcslin in der Magernoute *) und all 
frouwen. Damit sigent ir gott dem almecliligen trüwlich befolchen. 

Geben uf Montag vor Milterfasten. 

Adresse: Diser brief gehört minem lieben vatter Peter Falk 
burgermeister zuo Friburg. 

N' 10. Falk an seine Frau : Sein Befinden. — Aufträge für 
Hohtransport. — Besorgung des Hauswesens und Erziehung der 
Tochter. — Grüsse. — Trient 1512 , Mai 20 . (M. d. W. v. F. 1153 ). 

Min herzliebes Ennelin ! 

Ich grüeß dich us eiiehen trüweu und sollt wüssen, das ich 
früsch und gesund bin und es mir fast wol gat von den gnaden gotles. 
Darumb so bis du ouch rüewig und guoter dingen, wan ich trüw 
und hoff, mit großen eren und froideu wider heimzuokommen. 

Ich hab 2 dotzet bömen zuo Wengliswgler ‘). Sagdinem bruoder, 
minem lieben schwager Hansen, das er versuche bi den frommen 
landlüten zuo Täfers, ob si mir die wollten zuoher füeren, das weit 
ich umb si verdienen. Und ob sie die brächten, so laß si entladen 
vor Unser Frouwen *) und bitt min herren Gericlitschrieber, das er 
mir lüt bestelle, die si recht leggen. Er weiß wol, wie man im tuon 
soll. 

Hab sunst guot sorg zuo dem hus und zuo miner lieben tochter 
und laß si nit allein im hus, für si mit dir, wan du hin gangest, 


’) Er war seit 1506 im Kat der 200 in der Au und seit 1510 ini 
Rat der Sechzig. Nachdem er 1512 nicht wieder gewählt worden, kam er 
mit 151} wieder in diesen Kat und mit 1528 in dem kl. Rat, dem er bis 
1553 angehörte. Von hier ab wieder im Kat der 60, starb er 1557. B. B. 

*) Ludwig Pavillard, von 1507 im Rat der 200 (auf der Burg), kam 
mit 1509 in den Rat der Sechzig. 1512 wurde er nicht wieder gewählt, 
wohl aber wieder für 1313. Mit :;i6 scheidet er aus dem Rate aus. B. B. 

’) Daniel Meyer und seine Frau Antonia. 

*) Man wäre versucht anzunehmen, dass dieses die Schwester P. Falks, 
Clara Falk, sein möchte. Ursula nennt sie « bcslin », mit welcher Be- 
zeichnung dieselbe auch die Antonia, die Frau des Daniel Meyer, und 
Schwester Peter Falks, zu belegen pflegt. 

') Wengliswil, eine halbe Stunde obcrlialb Alterswil, Kt. Freiburg. 

*) Liebfrauenkirche, d. h. vor dem Hause Falks. 


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143 


oder schick si ininer sclnvester Anthonien und laß si nit zuo wit 
schweißen, damit ir nit ein böser natu ufgelegt werd. Wan sollichen 
jungen lö.'htern valt zuo ziten zuo, das inen niemermer abgat. Da- 
rumb underwis si hüpschlich, das wir iren gefröuwt mögen werden. 
Si weiß wol, was ich ir oft und dick gesagt hab, wie si sich halten 
sölle, damit si min herzliebes kind blibe und sie. 

Griieß mir min bruoder, min schwöster, mine schwäger alle, 
min vetter Hans Techtermann, Gerichtschriber , Jakob Hetbling, 
Herr Taferney '), Hensli Seitenmacher, min Herren bed Schultheissen 
und Stattschriber, ouch den Herren von Lirics und all ander unser 
guoten fründ und friindin, besunders minen bichtvatter und Herr 
Matheus den Prediger 1 ) und laß min herstiebe muotler wüssen, das 
es mir vast wol gat. Hiemit sigest der heiligen drivaltigkeit trüwlich 
befolchen. 

Datum zuo Trient uf Sambstag nach der L’tfart anno 1512 . 

Din getrüwer gemachel Peter Falk, houptmann. 

Adresse: Der ersamen frouwen Ennelin Falkin, burgermeisterin 
zuo Friburg im Uechlland, miner herzlieben elicben frouwen in ir 
liand, 

N” 11. Falk an Petermann von Praroman : Geschenke an ihn. 
— Trauer um den Tod Ludwig Schncwlis. — Empfehlung seines 
Hauses. — Grüsse. — Mailand 1514 , Juli 8. (M. d. W. v. P. 21 ). 

Min herzliebster sun ! Ich griieß dich von ganzen grund rains 
herzen. Und hat mir gefallen din schriben, solt ouch nit underwegen 
lassen, mir filr und für zuo schriben, so du botschaft haben magst. 
Din baretli schick ich dir nach aller notdurft versorgt ; hoff ich, cs 
werd dir gefallen, wan ich dir es von ganzem herzen gern und un- 
gebeten geschenkt hab. Will dich ouch für und für witer begaben, 
so ver du in mis bruders Sebalden 3 j und minem guoten willen be- 
harrest, des ich dir fast wol vertrüw. Mir ist fast übel beschechen 
an raiuein getrüwen fründ Ludwigen Schnewlin *). Der almechtig got 
wel siner sei barmherzig sin. Er was fürwar ein frommer, redlicher 
gesell. Nun wol an, wir nnlessen all den weg faren. Er rüwt mich 
aber fast übel. Tuo du dinem müeterlin das best; laß dir si befolchen 


') Darunter ist wohl das Ratsmitglied Peter Tavernier zu verstehen. 
Derselbe war von 1 504 ab Mitglied des Rates der 60 auf der Burg, von 
1506 bis 1517 (seinem Todesjahr) im kl. Rat. B. B. 

’) Mathäus Rollenbatz war Prediger in St. Nikolaus von 1509 bis 1519. 
Vergl. Deutsche Seelsorge in der Stadt Freiburg, Freiburg 1893. 

•) Vater des Petermann v. Praroman. Das gr. Bb. Fol. r i6 b . 

') Wahrscheinlich ein Bruder des mit Falk eng befreundeten Venners 
und Ratsmitglicds Ulli Schnewly. Er scheint übrigens im Staatsleben keine 
Rolle gespielt zu haben. B. B. 


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144 


sin ; des sollt du fast wol gemessen, ouch min herzliebe tochter be- 
filch dir in ganzem trüwen. leb lian ir ouch ein sclifincn kram kouft. 
als du sechen wiirst. Griieli mir min vetter Ludwigen und Hansen '). 
Hiemit sigent all gott den) herren trüwlich befolchen. 

Datum zuo Mailand uf Samstag nach St. Ulrichstag. Ich wünsch 
dir vil glücks zuo dinen ereil ’)■ 

Din getrüwer Valter Peter Falk. 

Adresse: An minen fürgeliebten sun Petermann von Perroman. 

N‘ 12. Falk an seine Tochter : lieber sein Beiinden. — Väter- 
liche Ermahnungen an sic. — Aufmunterung :um Gebet, besonders 
für ihn. — Wie ein rechtes Gebet beschallen sein soll. — Verhol- 
lungsmassregeln gegenüber dem Gatten unil den Schwiegereltern. — 
Venedig 1515 , Juni 22 . (M. d. W. v. P. M 7 1 ). 

Min vätterliche trüw zuuvor. Herzliebe Tochter ! Wüß, das ich 
frusch und gesund bin von den gnaden gottes. Desgiichen wer mir 
ein große fröud von dir zuo vernemmen. (Ermahnung zum fleißigen 
Gebet, siehe oben). Du lindest in miner libery der heiligen und 
der alten vätter laben. So ist der granatöpfel und die vierund- 
zwentzig alten, ouch der seelen wurzgarten vorhanden, darin laß diner 
seelen wol sin. Es kouipt die zit, das es dir wol kumpt. Laß dir 
wol sin mins liebs kind, so du mins guot liest. So findest du under 
den latinischen büchern zuo obrist bi dem kemin ein buoch, ist nit 
zuo groß, mit wissem lader Überzogen und ist am rucken ein wenig 
verbrent worden, da ich zuo Murten zuo nacht darin las, als du wol 
weist, das heißt ein psalter und ist in latin, aber danebeut ist der 
psalter ouch zuo tütscli. Und bildest du ob iedem psalmen sineu 
tittel vor dem psalmen gemacht hab und warum b er gemacht sie. 
ouch wartzuo er guot sie zuo bitten. Ist min vätterlicb begeren an 
dir, du wellest das für dich neraen. Darin findest du etliche psalmen, 
die guot zuo sprechen sind den lüten, die über meer faren, tuo als 
ein from trüw kind und sprich mit andacht derselben psalmen einen 


') Brüder Petermanns. Das gr. Bb., Fol. 1 1 7 b (wie Petermann i. J. 
1520 als Bürger aufgenommen. 

Ludwig war von 1 507 ab Mitglied des Rates der 200 (auf der Burg), 
trat 1510 in den Rat der 60 und 1512 in den kl. Rat (der 24) über, dem 
er bis 1517 angchörte. Von 1520—22 gehörte er wieder dem Rat der 
Sechzig an. Er starb 1526. 

Hans schied, nachdem er :52a in den Rat der 200 eingetreten, 1525 
aus diesem Rat wieder aus. 1550 wurde er wieder gewählt, verläßt aber 
die Stelle schon wieder 1554. B. B. 

’) Am 24. Juni 1514 war Petermann in den Rat der Sechzig (auf 
der Burg) gewählt worden. B. B. 


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145 


oder zwen all tag, bi« ich wider harheitii kom mit goltes hilf, oder 
du veruämest, ob ich todt oder lebendig sig und I iß oder sprich so be- 
scheidenlich, und das du die wort wol verstände». (Wie soll 
inan beten. Siehe oben.) Darumb laß mich dir befolchen sin, so 
lieb als du mich haben magst. (Verhaltungsmaßregel gegen ihre 
Mutter, ihren Gatten, die Gesellschaft, gegen Schwiegervater und 
Schwiegermutter. S. oben.) Hiemit sigest gott dem allmechtigen 
trüwlich befolcheu, der uns mit fröuden widerumb zuosamen helf. 

Datura zuo Venedig uf Fritag vor St. Johanstag zu Sungichtcn 
anno 1515. 

Luog, das du mine büecher niemand» hinlichest noch tragest, 
dan in mine» bruoders Sebolds oder miner Schwester Anthonyen 
hitser. 

Din getrilwer vatter Peter Falk. 

• Adresse : An miner herzlieben tochter Ursel von Perroman. 

N* 13. Hans und Wilhelm Falk an Peter Falk : Anzeige 
ihrer Ankunft in hreiburg. [Freiburg] 1518, März 19. (M. d. W. v. 
P. 7.) 

Kindliche darzuo vetterliche triiw und was wir noch unser 
kindlichen schuldigen vermögen alzit zuovor, insunder unser fürge-- 
liepter herr und vetter ! Wir lassent üwer liebe wüssen, das wir 
gestert harkomen sind, wellendt nit achten, das wir jetzunt nit zuo 
vil sehriben, dann wir jeztmal ungeschickt sind, und befelchen uns 
hiemit allzit in üwer getrüwe vetterliche liebe zuo sin. Hiemit sie 
der allmächtig gott üwer trüwer behüeter. 

Datum Fritag vor Judica me anno 18. 

Von uns, Hans u. Wilhelm Falken üwer Sün und Vettern. 

Adresse: Dem strengen wisen herrn Peter Falk, Schultheiß zuo 
Fribury, unserem Insunder» lieben herren und vetter. 


10 


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Personenregister 


A. 

Adam Peter 1 L 
Agrippa Cornelius 110. 

Alt Peter IQ, 

Amadeus IX. 2, 

Ammann Hans QL 

Andrelinus Publius Faustus 111. 

Arsent Franz 2Ü -33, 95. 110. 133. 

127—131, 138, UL 
Arsent Margareta 21_, 22. 

Arsent Peter 119. 

Arsent Wilhelm 95, 1 111— 123. 
v. Arx Bened. täL 
Ätterli Gylian 115. 

Auf der Flüh Franz 95. 

Auf der Flüh Georg (Jorg) 19 — 28, 
31. 43. 93. 128. 120. 
d' Avrie Willino 8. 

B. 

Besancenet Etienne 120. 
v. Bötlingen Margret 131. 

Bonoesa Julie 13, QL 
Bosset Uldri 23, 95, 

Bo(u)rgey siehe Burger. 
Brandenburg Han» 120. 121. 
Buchholzer Werner 120. 199 
ßügniel Niki. 41 — 43, 57, M. 
Bügniet Petermann QtL 
Burger Niki. 35, 80, 9LL 
de Burgo Andrea 52, OL 

C. 

Cardona 51, 52. 

Cimerius Henrieus 113 
Cotini QL 


D. 

Dantiskus Johannes 118, 110. 
Detorculari siehe Treytorrens. 
Detrethareyn siehe Treytorrens. 
v. Diesbach 131 . 
v. Diesbach Hans 62, 63, 114. 
v. Diesbach Wilh. 21. 

E. 

v. Englisberg Dietrich 15, 28, .29-31 , 
41.51. 80. 70. 118. 101 , 141 , UQ. 
v. Englisberg Petermann 24, 82. 
Erasmus v. Rotterdam 90, 113. 

Erb Heinrich 28. 
v. Erlach Burkhard 38, 37, 25. 
v. Erlach Hans 42, 45—50. 
v. Erlach Ludwig 41L 
Ernst Jakob 113 

F. 

Falk Anna 13, 39. 80, 81, 102, 112, 
135. 137 — 143. 

Falk Anton 12. 

Falk Antonia 8, 12, 81, 124, 142. 
143, 145. 

Falk Bernliard 5» 6, 12, 

Falk Hans (Q7, 10,11.12. 14, 20, £1, 
34i iL SL 102, 112, 131, 137- 
139, 145, 

Falk Katharina 81L 
Falk Klara 5, 149. 

Falk Peter (älter) 5, fi. 

Falk Ursula 80-82. 88, 124, 125, 
140-145. 

Falk Wilh. (älter) 5, 


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- 1 47 — 


Falk Wilh. (jünger) IO’- 1 . 145. 
v. Faucigny Petermann tL 17, 141 — 

m. 

Felder Han» 115. 

Felga Wilh. LL 
Ferdinand von Aragon 35, 5L 
Fieschi Card. Niki. 43, 100. 
Flecklin (Vogt) 62, 68, 66, Cd, Cl>. 

71, 72, 76, 72, 80, ai. 
de Foix Gastori 35. 

Fontaine Benedikta 82, 

Franz L v. Frankreich 90, 92— 94, 
96, 98, 111, 132. 

P’ries Hans 29, 60, 91L 
de Furno Jean 33. 

G. 

Gachet Niki. 120, 121. 121 
Gambaro 132. 

v. Garraiswil Anna s. Falk Anna, 
v. Garmiswil Bernhard 1 19. 
v. Garmiswil Hans 140. 1 1-, 
v. Garmiswil Hugo 13, LL 137. 
v. Garmiswil Peter 26, 35. 
v. Garmiswil Ulmann (älter) 6, 13, 
LL 12L 

v. Garmiswil Ulmann (jünger) 113. 
114. 121 

v. Garmiswil Wilh. 85, 108 
Gay siehe Gäch. 

Gäch Peter 29, 3a 
de Gingins Aymon 55, 5a 
Giraud Richard (älter) 1 12. 

Giraud Peter Richard 111 — 113. 
Giroud siehe Giraud 
Glarean 102, 109-112. 117. 125. 
Glaser Michael 2L 
Goltschi Hans (Jak.) 85, 8lL 
de Grangis 114. 

Gribolet Hensli 2Ü. 

Gurny Konrad 30. 140. 

H. 

Hegispach Martin ßL 


Heinrich VIII. v. England 1.'!2. 
Heibling Hans 24 — 27 . 
j Heibling Jakob 96, 97, 111-113. 
Heyrao Hans 36, 32. 
v. Hohensax Ulrich 3a 
Hugi Benedikt 21L 

J. 

Jänny Peter 25—31. 

Johann von Savoyen, Bischof von 
Genf 51L 

Julius II. Papst 18, 35, 40—45. 
52—54, 5a 

K. 

; Karl II. Herz. v. Savoyen 33. 

Karl III. Herz. v. Savoyen 56, 75. 

100. 101. 103. laL 
Kätzi (Ammann) 8a 
j Keller Dr. Konstanz 43, 85, 108. 

Kolb Franz 108. 

! Kother 108. 

I Krummen stell Hans 10, 24, 25, 60, 
96, 97. 

Kummo Henz 3L 

L. 

Lang Matthäus 42, LL 51, 52. 
Larin Heinz 30» 

Lauper Hans 22. 

Lautrec 120. 

Leo X. Papst 34 —08. 83, 8L, 93, 
9L 100, 132. 
v. Lichtenstein Georg 3a 
v. Liriez 143. 
de Liuront Georges 82, 

Lombard Niki. 11, LL 141, 143. 
Longicampianus 1 1 1 
Loredano Leonardo 48, 49, 811. 
Löubli Ludwig 20. 23. 24, ‘26. 28. 
32. 43, 52. 

Ludwig XII. König v. Frankreich 
18, 19, 48, i)L 
v. Lusignan Niki. SO, 


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148 


M. 

Maad Marx UL 
Manuel Niki. 110. 

Marti Fridli 35 — 37, 04. 90. 
Maximilian L Kaiser 10, 41, ~>1 , 9L 
v. Medici Card. 1-33. 
v. Meggen Niki. 1 AI. 

Mervoilleux Jean siehe Hans Wun- 
derlich. 

Meyer Antonia siehe Falk Antonia. 
Meyer Daniel 13, 134, 135, 141, LM 
Meyer Franz 13, 135. 

Meyer Niki. 13, ML 
Murr Sebastian 7, 10L 
v. MUlinen Kaspar äi. 

Miisy Bernhard 87. SO. 90. 
Mykonius Oswald 111. 

N. 

Nusspengel Niki. 30, .30, 35, 9L 

P. 

Pantzard Hugo 103. 

Pavillard Anton 119, 12L 
Pavillard Jean 3fL 
Pavillard Ludwig 30, 149. 
Pavillard Willi. 85. 

Perrotet !L 

Pio Alberto, Graf v. Carpi 5L 
Piteli Wilh. ÖL 

v. Pontherose Benedikt 44. 55. 85. 
108 . 

Praderwan Rudolf 1 13. 
v. Praronian Hans 144. 
v. Praroman Humbert 88, 90. 97, 
101 . 

v. Praronian Ludwig 00, 90, 144. 
v. Praronian Niki. 135. 
v. Praronian Peterman 83, 96, 135, 
143, 144. 

v. Praroman Rudolf 31*. .‘IQ. 88. 
v. Praroman Sebold 83, 88. 143, 145. 
v. Praroman Wilh. (älter) 85. 
v. Praroman Wilh. (jünger) IV., 12L 


v. Praronian Ursula s. Falk Ursula. 
Pucci Antonio 133. 

Pur Thoman 96. 

Q. 

Quintinianus 133. 

R. 

Ramii Ludwig 30, !ÄL 
Ra m ü Peter L 0, 14, 137. 

Räschi Peter 33, 59, 0Ü. 

Reichmuth Gilg 130. 

I Reichmuth Martin 130. 

Reiff Wilh. 36, .2SL 
Relibati siehe Rollenbatz. 

Rene von Savoyen (Bastard) 96— 98, 
111. 133-1.30. 

Rollenbatz Matthäus 85, 108, 14.3 
Rono Wilh. 85. 
v. Roverea Jakob ÖL 
Rüdi Bertolf 88. 

S. 

Salo Peter 85. 

Savelli Silvio 69. 
v. Scharnachthai Rudolf Ü 
Sch inner Kaspar 31, 8L 
Schinner Card. Matthäus 17—21, 
36— i 38. 51. 53. 5-1. 56. 58. 6L 
20. TL 83-84, 87, 02. 
Schinner Peter 8L 
Schmid Hans 30, 35, 00, 90, 140. 
Sehnewly Ludwig 143. 

Schnewli Thomas 1 13. 

Schnewli Uli 30, 35, 36, 00, 64, 97, 
101. 113. 143. 

Sehüni Simon 29. 

Schwarzmurer Hans 97—99, 111, 
116. 133. 134. 

Schwarzmurer Sigismund 120. 
Schwendi Hans 30, 39, 30. 

Seiler Uli 96. 

Sei teil maclier Hans 56, 87, 143. 


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— 1 49 - 


Sforza Massimiliano, Herz. v. Mai- 
land 40j 50—52, 58. 61. 02. 
>'4. 65, 08—72. 77, 79. 92-94, 
109. 

Sforza Oktav ian 5L 
v. Silenen Kaspar 4L, 52. 

Snewli siehe Schnewly. 

Stafileo Johannes 42, 45—47, 42. 
v. Stein Albrecht 28. 
v. Stein Bastian 28, 22. 

Steiner Werner 120. 

Sterner Ludwig 32, 107. 

Stockar Hans 120. 123. 

Stöcker Thomas 120. 

Stoss Hans 30, 

Strambollo Philipp 122. 

Studer Hans 30, 00, 20, 

Stütz Heinrich 120. 

Supersax siehe Auf der Flüh. 

T. 

Taferneir siehe Tavernier. 
Tavernier Burkhard 85. 

Tavernier Peter 20, 41 , TL 50. 90. 1 1: i. 
Techtermann 125. 

Techtermann Bastian 75. 
Techtermann Hans 29, 30, 32, 50, 
90, 141, 142. 

Techtermann JakobdO, 97, 101, 141. 
142. 

Techtermann Martin 10. 

Th von Bartholomäus 05, 75, 114. 
Tittlinger Peter 22. 

Tormann Peter 22. 

Treyer Konrad 114. 
de Treytorrens Aymon 12—14, 137. 

m 

de Treytorrens Jaque IMS. 
de Treytorrens Wilh. 13, 44, 40. 


Tschudi Gilg 120, 

Tschudi Ludwig 120. 121. 

Tuerdus Balthasar 58. 

V. 

Vadian Joachim 102. 110. 116—119, 
123. 

Vannius siehe Wannenmacher. 
Veillard siehe Alt. 

Velg Niki. 85. 

Velg Wilh. 29, 30. 

Villing Anton 29, 30. 9*1. 

Visconti Galeazzo 04, 28. 

Volmar 108. 

Vögely Jakob 20. 

Vögeli Kaspar 00. 

Vögel i Tschan 22, 

W. 

Wannen macher Hans 83. 108. 
Watson John 90, 113. 
v. Wattenwil Niki. 85. 

Werli Jakob 104. 

Werli Uli 29, 30. 
v. Winkelried Arnold liL 
v. Wippingen Rudolf 0, 

Wölfli Heinrich 123, 

Wunderlich Hans 125, 120. 
v. Wyngarten 22. 

Z. 

Zimmermann Jost 24, 2L 130, 141 — 
143, 

Ziro siehe Giraud. 

Zum Höfen 22. 

Zur Gilgen Melchior 29, 110. 119, 
12L 122. 123. 

Zwingli Ulrich 90. 109. 110. 112. 

110 . 120 . 


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Inhaltsverzeichnis 


Einleitung S. 1 —3. 

Ausführliche Titel der öfter angeführten Werke und handschriftli- 
chen Quellen S. 6 — I . 

Kap. L Die Familie Falk in Freiburg S. 5—6 ; Peter Falks Jugend 
und Lehrzeit S. 6— 7 ; Berührung mit dem elsäßischen Hu- 
raanistenkreis S. 7—9. 

Kap. 2. Falks erste amtliche Stellungen S. 10—13 ; Gründung eines 
eigenen Herdes S. 13 — 14. 

Kap. 3. Falks Teilnahme am Schwabenkriege S. 14—10. Weitere 
amtliche Stellungen S. 16—17 : Wirken als Gerichtsschreiber 
(bis 1505). als Vogt von Villarepos, als Schultheiß von 
Murten (1505—1510). Erstes Hineintreten in die große Po- 
litik ; Berührung mit Schinner und den Walliser Verhält- 
nissen S. 12 u. M. 

Kap. 4, Übertragung der Wirren im Wallis auf Freiburger Gebiet 

S. 18-30. 

Kap. L Die Prozesse gegen Jörg Auf der FlUh und Franz Arsent 
S. 31 —Ui. Der Furno-Handel S. Üi 

Kap. 6, Falks weitere Beamtungen S. UL Der kalte Winterzug in» 
Jahre 1511 S. 64 —'15. Der Pavierzug 1513 S. .15—40. 

Kap. Z. Falks römische Gesandtschaft (Nov. 1513— Mai 1516). 

a. Sein erster Aufenthalt in Korn (Nov.— Dez. 1513) S. 40-40. 

b. F'alk auf seiner Gesandtschaft nach Venedig (Dez, 1513 — 
Jan. 1516) S. 16 58 . 

c. Die Einsetzung Maximilian Sforzas als Herzog von Mai- 
land (Dez. 1513) S. 50—53. — Falks zweiter Aufenthalt in 
Rom (Febr. — Mai 1516) S. 53— 58. 

d. Rückreise von Rom (Mai 1516) S. 58—59. — Falk bei den 
Truppen im Felde (Juni) S. tül — Heimkehr (Juli 1513) 
S. lLL 

Kap. &. Falk als Gesandter in Mailand (Nov. 1516— Nov. 1515). 

a. Sein erster Aufenthalt daselbst (Nov. 1516 — April 1514) S. 

61 - 71 . 

b. Sein zweiter Aufenthalt am mailändisehen Hofe (Mai- 
No v. 1514) S. 71-2.1. 


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151 


Kap. 9. Falk in der Heimat (Dez. 1514 — April 1515). 

a. Die Familie Peter Falka S. 79—82. 

b. Die Errichtung des Kollegiatstiftes St. Nikolaus in Frei- 
burg S. 82— t </■ 

Kap. KL Falks erste Wallfahrt nach Jerusalem (April 1515 — Jan. 
1516) S. 87 —ill 

Kap. tL Der Friedeusschluß mit Frankreich S. 91— 95. — Falks Ge- 
sandtschaft nach Paris (Jan.— März 1517) S. 95—99. 

Kap. 12. Falks Tätigkeit in den Jahren 1517—1519 S. 99 — 106. 

Kap. 13. Falk als Humanist und Förderer der Wissenschaft S. 106— 
11 9 . 

Kap. 14. Falks zweite Reise nach Jerusalem (Mai-Okt. 1519) S. 119 
—122. — Sein Tod und sein Testament S. 122—126. 

Exkurs No. 1» Kritische Würdigung der Berichte über den Arsent- 
Prozeß S. 127 - 161 . 

Exkurs No. 2. Falks Verhältnis zu Frankreich S. 182—138. 

Exkurs No. 3. Daguets Urteil über Falks Verhalten S. 188—136 

Anhang S. 137—145. 

Personenregister S. 147—150. 


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Schiesswesen und Schützenfeste in Freiburg 

bis zur Mitte des XV. Jahrhunderts 

von 

Alb. Büchi. 


Das Schützenwesen der Stadt Freiburg hat bis jetzt 
noch nie eine zusammenhängende Darstellung gefunden, ob- 
schon es an Material hiezu keineswegs mangelt. Außer 
ein paar gelegentlichen Notizen in den kulturhistorischen 
Partieen der Freiburger Geschichte von Berch told-Beau- 
p r 6 ' > und Daguets Freiburger Geschichte bis zum Jahre 
1481 *) sowie einem Aufsatz über das Schießen auf dem 
Welschen Platz in Freiburg 8 ) 1517 — 1757, ferner einer sehr 
gehaltvollen Abhandlung von Stajessi 4 ) über die Feuer- 
waffen in Freiburg in der Vergangenheit und einer Über- 
sicht über das Freiburger Schützenwesen vornehmlich in 
der zweiten Hälfte des XV. Jahrhunderts, verfaßt von dem 
Unterzeichneten 8 ). ist mir keine einschlägige Darstellung 
bekannt. Als Hauptquelle kommen die ungemein reichhal- 
tigen Seckeimeisterrechnungen des Freiburger Staatsarchives 
(S. R.) in Betracht, von denen der Freiburger Chorherr 
Fontaine einen Auszug veranstaltet hat, der zwar nicht 
erschöpfend aber leichter verständlich und vielfach mit An- 
merkungen des gelehrten Kopisten erläutert ist, daneben 
das Freiburger Urkundenbuch (Recueil diplomatique) ge- 
legentlich. Da die Chroniken für diese Zeit sehr dürftig sind, 

') Histoire du canton de Fribourg I. vol. 233, II. vol. 76, Fri- 
bourg 1841 et 1845. 

*) Archive» de ia Sociötö d’histoire du canton de Fribourg V. 
vol., p. 68. — *) Etrennes fri bourgeoises 1872. 

*) Vergl. weiter unten S. 153, A. 1. 

') Offizielle Festzeitung für das eidgenössische Schützenfest in 
Luzern. Luzern 1901, S. 245—46. 


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153 


so ist ihnen fast gar nichts zu entnehmen. Kinzig über die 
Schützenfeste von 1441 und 1442 haben wir eine sehr schätz- 
bare Angabe in den Aufzeichnungen des Chronisten Hans 
Greierz, die wiederholt verölfentlicht wurde '). Der vor- 
liegende Aufsatz ist bereits in französischer Übersetzung 
herausgegeben aber an einer Stelle, welche den Abdruck 
in dieser Zeitschrift mit erweiterten Beilagen rechtfertigen 
dürfte *). 

Soweit die Freiburger Seckeimeisterrechnungen zurück- 
reichen. solange finden wir auch schon das Schülzenwesen 
organisirt und staatlich subventionirt, vermutlich aus mili- 
tärischen Rücksichten. Die Anfänge dieser Organisation 
dürften darum schon um die Mitte des XIV. Jahrhunderts 
liegen : doch geben uns darüber keine Quellen Aufschluß. 
Die schlimmen Krfahrungen des Sempacherkrieges, der für 
Freiburg so verlustreich abschloß, dürften den Anstoß ge- 
geben haben, dem Schützenwesen erhöhte Aufmerksamkeit 
zu schenken. Bereits im Jahre 1378 hatte Freiburg einen 
Armbruster (maistre arbellestier) für 16 Gulden in seine 
Dienste genommen — es scheint nicht der erste gewesen 
zu sein — auf die Dauer von 10 Jahren mit der Verpflichtung, 
jährlich zwei Armbrüste zu liefern, die man mit den Füßen 
spannen konnte“). Sein Nachfolger von 1 388 — 97 war ein 
Einheimischer, Petermann von Duens, der nur 8 ff jähr- 
lich erhielt, während im Jahre 1397 der Armbruster Fritz- 
mann aus Worms an seine Stelle trat, ebenfalls auf 10 
Jahre und mit der gleichen Verpflichtung, jährlich zwei Arm- 
brüste zu liefern gegen ein Jahresgehalt von 18 ff und eine 
Kleidung alljährlich gleich dem Weibel *). 

Diese Armbruster hatten nicht bloß neue Instrumente 
zu erstellen sondern auch die alten auszubessern und im 


*) Von P. Niklaus Rädle im Anzeiger für Schweiz. Geschichte 
I, 108 aber unvollständig und neuerdings mit Ergänzungen in der Aus- 
gabe der Annalistischen Aufzeichnungen des Hans Greierz von A. 
Büchi in Freiburger Geschichtsbiätter X. lt ff. 

’) Journal de Ff'te du Tir cantonal, Fribourg 1905, Nr. 1 — 5. 

’) Berchtold 1. 231. — ‘) Recueil diplomatique V. 111. 


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154 


Stand zu halten, wie aus den regelmäßigen Einträgen der 
Seckeimeisterrechnungen leicht ersichtlich ist. Die Arm- 
brüste mußten bewacht und probirt werden, was auch in 
der Hegel mit Extraauslagen verbunden war. Eine Armbrust 
kostete im Jahre 1405: 50 Schillinge und 1416: 55 Schil- 
linge, wie uns durch Rechnungsposten belegt ist '). Das 
Gehalt des Armbruslers war im Jahre 1412 noch 18 ff ; 
ein Deutscher, Johann Obccz, genannt Störenfried, aus 
Mengersdorf*), bekleidete seil 21. September 1411 die Stelle. 
Als derselbe über Konstanz nach Hause gereist war, wurde 
ein Meister Peter vom Haie 1416 auf Lebenszeit angestelll 
und sein Gehalt 1426 auf 36 ff erhöht und zwar auf 5 Jahre 
vorausbezahlt und dazu noch jährlich eine neue Armbrust 
von 2 Kuß als Geschenk ausbedungen 3 ). Trotzdem scheint 
es nicht gelungen zu sein, ihn auf die Dauer festzuhalten; 
denn in den Jahren 1429 — 43 finden wir einen Armbruster 
Namens Schöbly, der mit 20 Gulden (27 — 28 ff) jährlich 
angestellt ist. Im Jahre 1436 wurde ihm das Gehalt herab- 
gesetzt auf 20 ff nebst einer Kleidung und ihm dafür ein 
junger Armbruster zur Seite gegeben mit 100 Schilling Lohn 
nebst einem Gewände *). 

Daneben gab es auch eine Gesellschaft der Ho gen- 
schützen (archier) die ebenso organisirt und staatlich 
unterstützt war und jedenfalls seit 1430 einen eigenen Vor- 
stand hatten (magistri et gubernatores societatis deis archier). 
Die Gesellschaft besaß Vermögen, spendete daraus eigene 
Preise (1440) und war im Jahre 1430 und 1431 im Falle, so- 
gar ziemlich beträchtliche Darleihen auf Unterpfand zu ma- 
chen. Die Bogenschützen hatten, wenn auch seltener, eigene 
Schützenfeste und besuchten auch solche auswärts. Im Jahre 

') Item a maistre Fritz per 12 arblestes vendu a larbelesta 
50 s. per 1% niain dou grosoutliier 30 ff. S. R. Nr. 9 (1406). — Item 
a Peterman arbclewteir por 2 ar belegtes achitaes per la main de Mongr. 
lavoye et de plusour autres, 110 s. S. R. Nr. 27 (1416). 

*) Vgl. Recueil diplomat. VII, 242. 

J ) Vgl. S. R. Nr. 27 und 47\ Miss. com. und Rec. dip. VII, 855. 

*) Vgl. Rec. dipl. VIII, 224 und S. R. Nr. 54. 


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155 


1416 wurden beim Pfeilmacher Hans in Bern 500 eiserne 
Pfeile angeschafft und dafür 53 s. 4 d. bezahlt. Mit dem 
Aufkommen der Büchsenschützen verschwinden allmählig 
die Bogenschützen um die Mitte XV. Jahrhunderts. 

Schon seit 1401 finden wir auch die Büchsenschützen 
(canoniers) als eigene Gesellschaft mit einem Büehsenmeisler 
(maistres deis boeistes), der vom Staate fest angestellt und 
besoldet war. an der Spitze, um die Büchsen und anderes 
Kriegszeug imstande zu hallen und Schießpulver zu verfer- 
tigen ')• Freiburg war jedenfalls seit Beginn des XV. Jahr- 
hunderts schon im Besitze von Feuerwaffen. Im Jahre 1401 
wurde Hanso Gresy. Sohn eines Freiburger Bürgers, als 
erster Büchsenmeister angestellt, mit der Verpflichtung,. 3 — 4 
Lehrlinge heranzubilden, die Büchsen zu beaufsichtigen und 
Salpeter zu fabrizieren s ). Allein man scheint mit ihm nicht 
zufrieden gewesen zu sein, so daß man künftig wie die 
Annbruster auch die Büehsenmeisler mit Vorliebe aus 
Deutschland bezog. Im Jahre 1403 kaufte der Bat 8 Büchsen 
(bueistes) zum Preise von 18 ff und ließ durch Petermann 
Bugniet 2 Zentner und 8 ff schwarzen Salpeter aus Basel 
beziehen für 29 ff 14 s. *). Im Jahre 1406 ist von einem 
Büchsenmeister aus Mainz (meister deis bueistes de Maynz) 
ilie Bede, der schon längere Zeit im Dienste der Stadt ge- 
standen haben dürfte. Derselbe hatte der Stadt zwei ge- 
malte Büchsen (2 pintes bueistes) verkauft und 3 große 
Büchsen erstellt, wofür er mit 161 ff 6 s. 8 d. entschädigt 
wurde 4 ). Vielleicht ist es der Meister Simon Zinckfeld, 
der 1410 wieder angestelll wird und neben ihm kurz da- 
rauf noch ein zweiter, lludolf Metzer von Bheinegg*). 

Hin Meister Johann von St. Claude lieferte damals 
I Dutzend Büchsensteine für 66 s., und die Ausgabe von 
4 s. für Beparatur eines Büchsenrades im gleichen Jahre 


') Vgl. Charles Stajessi. Les armes ä feu dans le passe ä Fri- 
bourg en Suisse. Archives de la SocieW d’histoire du canton de Fri- 
bourg VII. vol. — ’) Stajessi I. c. 101. 

*) S. R. Nr. 8 Mession pour sehengar. 

*) S. R. Nr. 8, Messions communaul. — h ) Stajessi I. c. 


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156 


beweist uns, daß es damals auch schon Radbüchsen gab. 
Im Jahre 1416 kehrte der Büchsenmeister aus Rotlenburg. 
der hier in städtischem Dienste eine Zeitlang gestanden, 
über Konstanz nach Hause zurück und erhielt von Schultheiß 
und Rat an die Kosten seiner Rückreise 2 Gulden '). Dann 
scheint für die Stelle eines neuen Büchsenmeisters ein Wettbe- 
werb ausgeschrieben worden zu sein, woran sich ein Straß- 
burger Büehsenmeisler und ein Meister Lamprecht beteilig- 
ten. Während ersterer für Hin- und Rückreise mit 5 Gulden 
entschädigt wurde, ging Meister Lamprecht als Sieger her- 
vor und wurde am 21. Mai 1416 auf ein Jahr als Büchsen- 
meister angestellt mit einem Jahresgehalt von 76 rhein. 
Gulden und einer Kleidung. Ferner wurden ihm für jeden 
Arbeitstag von der Stadt 4 Ambrosanen zugesichert. Dafür 
mußte er sich anheischig machen, 2 eiserne Büchsen zu 
verfertigen und 4 Jünglinge in seiner Kunst zu unterrichten. 
Im folgenden Jahre wurde der Vertrag wieder auf ein Jahr 
erneuert *). Man hatte offenbar die Absicht, durch Aus- 
bildung einheimischen Nachwuchses sich von den auswär- 
tigen Büchsenmeistern zu emanzipieren und darum sich den 
ganz außergewöhnlich hohen Jahreslohn nicht reuen lassen. 
Kin Meister Hermann Murer steht 1436 an der Spitze 
der Büchsenschülzen und wurde neuerdings auf 5 Jahre 
angestellt mit einem .lahrgehalt von 30 Gulden Rh. mit der 
ausdrücklichen Bedingung, daß er auch seinen Kindern das 
Schießen und sein Handwerk beibringe *). Im Savoyerkriege 
wird ein Büchsenmeister Niklaus besonders rühmend er- 
wähnt durch den Chronisten Hans Greierz, bei Anlaß eines 
Kampfes bei Chamblot am 20. April 1448 *). 

Tragbare Feuerwaffen, sog. Hand büch sen (canons, 
couluvrines) erscheinen in Freiburg zuerst um 1409; sie 
wurden aus Bronze angefertigt beim Glockengießer®); später 


') S. R. Nr. 27, Mission communaul. 

*) Vgl. Recueil dipl. VII, 24?. - *) A. a. O. VIII, 225. 

4 ) Narratio belli ducis Sabaudiae et Bernensiuni contra Fribur- 
genses i. Quell, z. Schweiz. Geschichte I. .‘J09. 

*) Item a Claudo Gatubach por lesmenda de quatre solflet qui 


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157 


bezog man sie auch aus Nürnberg. Seit 1440 linden wir 
auch li a c k e n b ü c h s e n aus Rronze (canon ä croc) daselbst, 
etwas länger als die Hundbüchsen und ohne die Holzmontur 
24— 30 if schwer, es ist der Anfang der eigentlichen Ar- 
tillerie. Wir besitzen übrigens ein interessantes Verzeichnis 
der Bewatfnung und Munitionsvorräte auf den Festungs- 
türmen und Wällen der Stadt vom Jahre 1431 '). 

Der Freiburger Chronist Hairs Greierz spendet dem Frei- 
burger Schießwesen besondere Anerkennung in seiner Be- 
schreibung des Savoyer- Krieges, was um so höher anzu- 
schlagen ist, als er sonst auch mit dem Tadel nicht zurück- 
hält. Er schreibt nämlich : « Auch ist wahrhaftig zu wissen, 
« daß uns Handbüchsen (pixides), Hackenbüchsen (coluvri- 
« nae) und Armbrüste (balistae) sehr nützliche und gute 
« Dienste taten ; denn wenn wir dieses Geschütz nicht ge- 
« habt hätten, so wäre ohne Zweifel die ganze Stadt Frei- 
« bürg mit allem, was darin sich befindet, durch unsere 
« Feinde ringsherum zerstört und vernichtet worden, wenn 
« nicht Gottes Wille es verhindert hätte. Darum sollen die 
« Freiburger darauf achten, Büchsen- wie Bogenschützen 
« hoch zu ehren und vor Augen zu haben ; denn gerade die 
« Schützen (sagitarii) haben gegen die mit großen und langen 
« Speeren (lancea) bewaffneten Feinde so tapfer sich gehal- 
« ten und gestritten, daß sie gelobt zu werden verdienen. » s ) 

Kurz zuvor sehen wir die Freiburger Büchsenschützen 
sich auch an Schützenfesten beteiligen (1445), und bei einem 
solchen holte sich der Venner des Spitalquartiers, Claude 
Cordeir, beim Schießen mit dm- großen Büchse einen 
Preis ;l ). Im Jahre 1453 besuchten Freiburger Büchsen- 
schützen bereits ein Schützenfest in Bern. 


fucrent arz quant Ion fondit les boeistes ordinaz per mesgr. lavoyer 
et len consel, 44 s. S. R. Nr. 27 v. J. 1410 1. Miss. comm. und Stajessi 108, 
') Abgedruckt Rec. dipl. VIII, 5 ff. 

’) A. a. O. S. 318. — *) Fontaine. Compte des Tr&wriers. 144A, 11 : 
A Claude Cordeir, banneret des Höpitaux. pour le prix qu'il gagna en 
tirant avec les grosses boistos 29 sols. Ich konnte diesen Eintrag in 
den Originalien der Seckelmeisterrechnungen nicht auflinden. 


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158 


Zur (’bung im Schienen und zum Sporn des Wett- 
eifers wurden seit Beginn des XV. Jahrhunderts in größere 
oder kleineren Abständen sogenannte Blumenschießen (tiaire 
la flour) in Freihurg wie anderwärts abgehalten, mit Vor- 
liebe und auch mit größerer Ausdehnung im Anschluß an 
gewisse feierliche Anläße z. B. die Beschwörung des ber- 
nisch-freiburgischen Burgrechtes wie in den Jahren 1407. 
1421 und 1453. Da dieselbe gemäß der Erneuerung vom 
8. November 1403 alle drei Jahre am Dreifaltigkeitssonn- 
tage stattfand, so erklärt es sich, daß die Schützenfeste 
gerne mit diesem Zeitpunkte Zusammentreffen, obwohl ge- 
naue Zeitangaben sich in den Seckeimeisterrechnungen nur 
ausnahmsweise finden. Gelegentlich mochten wohl auch 
Verschiebungen bald in den Juli oder September aus 
verschiedenen Gründen eintreten. ln der Begel scheint ein 
solches Schießen an einem Sonntag begonnen und wenigstens 
2 bis 4 Tage gedauert (1440), gelegentlich (1420 und 1441) 
aber sich auch bis auf eine Woche ausgedehnt zu haben. 
Einmal fand das Schießen im September, in der Woche vor 
St. Michael, statt (1421). Die Zahl der Teilnehmer dürfte 
sehr verschieden und von der Ausdehnung des Festes wie 
der Zahl der Preise abhängig gewesen sein. Leider haben 
wir nur ausnahmsweise einigermaßen zuverläßige Zahlen- 
angaben ; meistens sind wir auf Schätzungen angewiesen. 
Da der Staat Ehrenwein und oft auch ein Festmahl verab- 
reichte, an dem Vertreter des Bales sich beteiligten, so 
können uns die Zahl der geschenkten Krüge Wein oder 
der Gedecke am Festmahl über die Frequenz einige An- 
haltspunkte liefern. 

Im Jahre 1402 wurden je 14 Krüge Wein und Claret 
(Wein mit Gewürz) gespendet, 1403 dagegen 108 Krüge 
Wein. 1407 waren es ungefähr ebensoviel (109), 1412 sogar 
177 Krüge; 1420: 98 Krüge; 1421 : einmal 108 und ein 
zweites mal 118 Krüge; 1420: 106 Krüge; 1430: 30 
Krüge. Im Jahre 1441 wissen wir, daß es 150 Teilnehmer 
waren, und das war eines der größten Feste. Wir dürfen 
annehmen, daß diese Zahl nur selten überschritten wurde. 


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- 159 — 

Allein auch durch direkte Geldbeiträge erleichterte der 
Staat die Abhaltung solcher Feste, abgesehen von Verab- 
reichung von Wein, Claret. Brod und ab und zu auch 
Kirschen oder Hackwerk. So spendet er 1402 den Arm- 
brustschützen an die Auslagen des Blumenschießens II if 
und außerdem noch den Bogenschützen einen Beitrag von 
4 s. Desgleichen i. J. 1400 wieder 1 1 if an die Kosten des Fes- 
tes, 48 s. 0 d. an die Bewirtung der Gäste. 1420 erhielten die 
Bogenschützen einen Beitrag von 00 s. Im folgenden Jahre 
1421 gaben Bat, Sechzig und Zweihundert an die Kosten 
des Festmahls, das die Schützen ihren auswärtigen Gästen 
veranstalteten, 10 if und 1426 für ein gleiches Mahl 26 if 
2 s., sowie im Jahre 1440 an die Kosten des Blumenschießens 
7 H 5 s. Das große Fest vom Jahre 1441 erforderte wegen 
außergewöhnlicher Zurüstungen einen Zuschuß von 22 if 
16 s. 3 d. Dazu kamen noch die Auslagen für Festmahl 
und dgl. mit 117 if 19 s. 2 d. 

Während des Jahres und besonders vor den Schützen- 
festen wurden regelmäßige Schießübungen abgehalten, an 
denen alte und junge Schützen gruppenweise sich beteilig- 
ten. Der Staat subventionirte diese Schießübungen mit 6 
d. pro Mann und Tag ') wie er die Neuanschaffung und 
Ausbesserung, die Bewachung von Armbrüsten und Bogen, 
das Bemahjen und Entspannen, ja selbst das Probiren der- 
selben bezahlte. Es scheint, daß die Büchsen auf Staats- i 
kosten verfertigt wurden, da die Büchsenmeister für ihre 
Arbeit fest angestellt wurden. Die Zahl der Preise für ein 
Blumenschießen wechselte je nach der Größe und Dauer des 
Festes von eins bis sechs. Sie sind von allem Anfang an 
teils in Natura teils in Geld verabreicht worden; so linden 
wir als Preise eine Hüstuug, ein Pferd, goldene und sil- 
berne Becher, Schalen oder Hinge, selbst Tuch. Der Bat 
nahm die Bekleidung und Ausrüstung der Schützen auf 
seine Rechnung. Als Schießplatz wird die obere Matte 


*) Vgl. S. R. Nr. 43Jalirg. 1424 1, Mission pour archief et ar- 
belestier u. a. 


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— 160 — 

(planche de St-Jean) am rechten Saaneufer genannt für 
die Schützenfeste von 1406, 1412, 1426, 1441. während in 
den Jahren 1420. 1421 und 1453 das Schießen auf den 
welschen Platz außerhalb des Komonttores verlegt wird 
(la Place). Bei dem großen Feste von 1441 wurden Zelte 
aufgespannt für die Schützen und für die Zeiger eigene 
Häuschen errichtet '). 

Solcher Schützenfeste lassen sich für diese Zeit in 
Frei bürg eine ganze Anzahl mit Sicherheit ermitteln. Im 
Jahre 1402 haben wir ein Armbrust- und Bogenschießen, 
im folgenden Jahre 1403 dagegen lediglich ein Armbrust- 
schießen; ebenso ein solches 1406, das von Bernern, 
Deutschen und Welschen besucht wurde *). Dabei wurden 
den Berner Gästen noch besonders 24 Krüge Claret gespen- 
det. Im September 1412 wurde ein Blumenschießen abgehal- 
ten, wozu sich wiederum Armbrustschützen aus Deutsch- und 
Welschland einfanden. Zu dem Blumenschießen von 1416 
erschienen auswärtige Gäste aus Bern, Soloturn, I, a 
Cluse und Bomont, ferner ein Schütze von Jougne. 
Dagegen scheint 1418 nur ein kleines Preisschießen für Arm- 
brustschützen ohne auswärtige Gäste stattgefunden zu haben. 
Im Jahre 1420 wurde ein zweitägiges Bogenschießen ab- 
gehalten und zwar ausschließlich für Gäste aus dem 
Welschland, von Lausanne, Roraont, Yverdon, Mur- 
ten. Stäffis und Pete rl in gen. Der Bat gab daran 
60 Schilling. Von Bern nahm nur der Armbrustschützen- 
meisler teil. Im folgenden Jahre 1421 haben wir dagegen 
wieder ein Armbrustschießen in der Woche vor St. Michael. 
Dabei kommen die Armbrustschützen von Bern, Zürich, 
Aarau, Biel, Murten, Peterlingen, Milden, Romont, 
Greierz und Aubonne (?) und werden von den Freiburger 
Schützen in der Galerie des Gesellschaftshauses zum Spital 
mit einem Mahle bewirtet. Acht Tage währte das Armbrust- 
schießen vom Julil426, wobei vier Schützenmeister und die 

’) Vgl. die S. R. in Freiburger Geschichtsblätter X, 43. 

*) Die Einträge in S. R. Nr. 10, v. J. 1407, I. dürften sieb 
noch auf das vorausgehende Jahr beziehen. 


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161 


Weibel die Aufsicht führten. Den auswärtigen Gästen, die 
nicht näher bezeichnet sind, wie den einheimischen Schützen 
wurde wiederum eine Mahlzeit von 106 Gedecken zu 4 s. 6 d. 
servirt, wobei auch eine Abordnung des Rates inbegriffen war. 
Dabei wurden auch « bresel » und « niebles » nach Tisch 
aufgewartet. Ein Wettschießen wurde 1435 veranstaltet um 
einen Preis, den die Freiburger in Murten gewonnen hatten; 
daran nahmen teil die Armbrustschützen aus Murten, Wiff- 
lisburg, Peterlingen und Laupen sowie die Bogen- 
schützen aus Stäffis. Im Jahre 1440 fand hingegen ein 
viertägiges Bogenschießen statt, an dessen Kosten der Rat 
den Freiburger Schützen fünf Gulden bewilligte. Von aus- 
wärtiger Beteiligung erfahren wir nichts. An dem bekannten 
großen Armbrustschießen vom Juli 1441 waren Gäste an- 
wesend von Basel, Luzern, Biel, Bern und Aarau; 
es wurde ihnen zu Ehren vom Rate ein Festmahl gegeben 1 ). 
Endlich geben uns die Seckeimeisterrechnungen Kunde von 
einem Büchsenschießen vom Jahre 1453 in Freiburg, wozu 
sich auch die Büchsenschützen von Bern einfanden. 

Allein die Freiburger begnügten sich nicht damit, Preis- 
schießen zu veranstalten ; sondern sie pflegten auch den 
Einladungen zu solchen nach auswärts zu folgen, und der Rat 
munterte sie dazu auf durch Verabreichung von Beiträgen 
an die Reisekosten. In der Regel sind es die gleichen Orte, 
die wir auch an den hiesigen Festen vertreten gefunden 
haben. Offenbar einer durch die Armbrustschützen von 
Cluses bei Anlaß des Freiburger Schützenfestes vom Jahre 
1416 übermittelten Einladung folgend begaben sich die Frei- 
burger Armbrustschützen im gleichen Jahre nach Cluses 
in Faucigny und erhielten an die Kosten einen Staatsbeitrag 
von 11 8 . Im Jahre 1423 fand mit den Berner Armbrust- 
schützen ein Preisschießen in Laupen statt, woran der 
Rat 10 8 beisteuerte, desgleichen im Jahre 1433 an der 
Sense; der Ehrenwein wurde auf einem Pferde auf den 
Schießplatz befördert. Im folgenden Jahre 1434 nahmen 


*) Freiburger Gesell ich tsblätter X, 43. 

11 


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162 


die Freiburger teil an einem Armbrustschießen in Bern 
und erhielten dafür einen Beitrag von Rat und Sechzig im 
Betrage von 15 Gulden. Dagegen erhielten die Bogenschützen 
für ihre Beteiligung am Schießen in Beimont bloß 2 Gul- 
den im gleichen Jahre. Die Armbrustschützen von Laupen 
überbrachten 1435 den Freiburgern eine Einladung zu einem 
Schießen in Laupen, und wahrscheinlich wurde im gleichen 
Jahre auch ein Armbrustschießen in Murten abgehalten, 
wo sich die Freiburger einen Preis holten. Ferner waren 
Freiburger Ambrustschützen an einem Blumenschießen in 
Basel (1440), vermutlich anläßlich der Erhebung Felix V. 
zum Papste ; der Bat gewährte eine Reiseunterslützung von 
insgesamt 28 Gulden an die Kosten und in Anerkennung 
dessen, daß sie einen Preis heimgebracht hatten. Wir wissen 
ferner, daß die Bogenschützen 1441 einer Einladung zu 
einem Schützenfest nach Jougne folgten und dort einen 
Preis davontrugen, worauf der Rat ihnen an die Kosten 
100 Schilling schenkte. Und im gleichen Jahre zogen die 
Armbrustschützen zu einem Feste nach Zürich und er- 
hielten dafür einen Beitrag von 12 Gulden. 1442 folgten 
dieselben einer Einladung nach Bern offenbar in sehr großer 
Zahl, da ihnen durch Rat und Sechzig ein Beitrag von 45 
Gulden zuerkannt wurde. Wiederum nach Bern zogen die 
Freiburger Armbrustschützen im Jahre 1453 zur Erneuerung 
der alten Freundschaft , als ein Schiedsspruch das alte 
Burgrecht zwischen Bern und Freiburg wieder in Kraft 
setzte, und hollen dort einen Ochsen als Preis, der beim 
Einzug mit einem roten Band bekränzt wurde. Dort fanden 
sich auch Armbrustschützen von Peterlingen, Yverdon, 
Jougne und Vivis ein, die bei ihrer Heimreise in Frei- 
burg einkehrten und vom Rate bewirtet wurden. 

So sehen wir das Schützenwesen in Freiburg von An- 
fang an reich gegliedert, sorgfältig organisiert und vom 
Rate in jeder Weise direkt und indirekt gefördert. Zur 
Hebung desselben dienten die Schützenfeste, die in kürzeren 
Abständen stattfanden, und wo die näher gelegenen, durch 
Bündnisse und Freundschaft besonders verbundenen Städte 


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— 16.1 — 

sich einzufinden und gegenseitig zu besuchen pflegten ; 
manchmal aber zogen die Freiburger, schon in ansehnliche 
Knlfernung, nach Zürich und Basel. Die Mahlzeiten, die 
da gegeben und die Aufmerksamkeit die den auswärtigen 
Schützen vom Rate erwiesen wurden, deuten darauf hin, 
daß bei solchen Anläßen auch politische Anknüpfung ge- 
sucht und wohl auch gefunden wurde, obwohl uns nach 
dieser Richtung leider alle Quellen im Stiche lassen. Kinzig 
der Chronist Greierz verrät uns, aus welchen Gründen die 
Freiburger ihr Schützenwesen so hoch hielten. Ihm hatten 
sie es zum großen Teile zu danken, daß ihnen in der Stunde 
schwerster Bedrängnis das köstlichste Gut, die Freiheit und 
Unabhängigkeit, nicht verloren ging. 


Beilagen. 

1. Auszüge aus den Seckeimeisterrechnungen des St.-A. Freiburg. 

JV* l. Jahrgang 1402. II. Semester. 

Mission communaul : 

Item pour ayteire deis arbelesteirs tait in segant les tlours, or- 
dinelz per les xm 11 lib. 

Pour sehengar ; 

Item pour schengar eis arbellesteiis quant on treysoit la flour 
por vin, claret et fremage et pain 60 s. 

Item eis archiers quant il traysirent la flour 4 s. 

Item por 14 pot de vin et 14 claret (vermutlich zum gleichen 
Zweck) 25 s. 8 d. 

N‘. 3. Jahrgang 1403. 11. Semester. 

Mession pour schengar : 

Item eis arbellestiers qui traisirent la flour pour 108 pot de 
vin venduz per pot 8 d. 72 s. 

item a cellours mesnie pour pain et fromage 12 s. 

Mession communaul : 

Item a meister Johane patissiere pour despin fait por lo meister 
arbellestiers et ses compagnions por essayer les arbellestes 19 s. 
Item pour achet de 8 bueistes 18 fl 

Item a Petermann Bugniel por 2 quintal et 8 libr. de salpeter 
noir achitecz a Bala 29 ff 14 s. 

Item pour la veitire de cellours 25 s. 6 d. 

Item a meister Fritz pour melliorar 1 arbellesta 20 s. 


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1(14 


Item pour 3 auincs et demie de theila pour les palottes de plon 
faites pour les (meiste» 2 s. 10 d. 

Item au dit Perrot pour gouvorneir les arbelleste accordeir per 
les xui 40 s. 

Item a meister Julian patissiere pour despiu fait per Io meister 
arbellestier et ses compagnions por esseyer les arbelleste» 19 ». 

Item a Perrot et ses compagnions pour esseyer les arbellesles 
per 6 jornee 12 s. 

(Ferner tindet sich von jetzt ab regelmäßig unter den Ausgaben 
eine besondere Rubrik, überschrieben * pour les bueistes » enthaltend 
die hiefur gemachten Aufwendungen). 


N' 8. Jahrgang 1406. I. Semester. 

Messions communaul : 

Item a meister Frit; por melliorer 11 arbellestes outres 100 s. 
de que ly borseir a renduz compte S2 s. 

Item quant Ion chargast les pierres de bueisty por les mettre 
enz et les escuriez por le vin pris per Hanso Gresg, Francois Froneir, 
Willy Schicerfuess et dautres 2 s. 

Item por despens pris inchief Thomy de Flstrile per Yanny 
Chenens quant Ion esseyast les arbellestes 3 s. 

Item ou meister deis bueistes de Maynts por plin payemantde 
tot quant que ly villa ly pocit devoir dou teinps passeiz in especiaul 
por le 2 piutes bueistes achitayes de luiz outre la faezon deis autres 
3 grant bueistes par luiz faites de que ly borseir a renduz compte 

161 ff 6 s. 8 d. 

Item por melliorer les sofllet de la funaigv deis pieires de 


bueisty 6 s. 

Item a Perrod Sauta por melliour una rua de bueisty 4 s. 
Item a meister Johan de Saint Glande por 1 dozanne de pierres 
de bueisty 66 s. 

Item por despens fait quant Ion esseyast les arbellestes, recehuz 
per Perrot per Io comand dou bänderet dou Bor 20 s. 

,V 9. Jahrgang 1406. II. Semester. 

Mession por schengar : 


item a tot les arbellestiers en chief lour hostes quant Ion tiri- 
sist la flour por vin 48 s. 6 d. 

Item eis dit arbelestiers, por vin pain et frumages sus la Planchi 

55 s. 4,d. 

Mession communaul : 

Item por aytero de la flour deis arbellestes 11 ff 

,V 10. Jahrgang 1407. I. Semester. 

Mession por schengar : 

Item eis arbellestcirs qui hont traliit in la flour tant a Berneis 


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165 


quant a dautres de Romagniez et d'Allamagniez schengar per plui- 
sours foys inchief lour hoste et sus la Planchy por 109 pot de vin 

4 ff 21 d. 

Item eis dit arbelesteir por 24 pot de claret schengar a Berneis. 

W 20. Jahrgang 1412. II. Semester. 

Mission por schengar : 

Item eis arbelestiers estranges d'Alamagni et de Romagni schen- 
gar per plusour foi quant Ion treisi la flour ou moix de Septembre por 
177 pot de vin lo pot por 8 d., somma 118 8. 

Miss, comm : (3. u. 4. Woche September). 

Item a Xico Chenens por pain et frumage schengar eis arbeles- 
tier en la Planchi de Saint- Johann. 32 s. 

N ' 27. Jahrgang 1416. I. Semester. 

Mission communaul : 

Item a Johani dAcric por despens de ciliour qui furent derra 
lo maistre qui traisi le boeistes et a Johani Monneir por tel fait intre 
dues foy 10 s. 8 d. 

Item a Sluder chappuis por 2 jor derra ciliour qui essearent 
le bueste 4 s. 8 d. 

Item a Hougonin pour 2 jor enqui mesme 3 s. 

Item a meister Peter larbelestier por les despens dou meistre 
deis boeistes de Rottemburg 30 s. 

Item a Willy chappuis por despens dou dit maistre 6 s. 

Item ou dit maistre deis boeistes por despens de retorna a Cos- 
tance per lo commandemant de ingr. lavoie et dou consel 2 flor. 
dAlamagny 35 8. 6 d. 

Item a Hans philmagkcr de Bema por 500 de fleches de fer 
compta per la main de Francei Freneir et de Perrot 53 s. 4 d. 

Item a Johani dArri por despens de ciliour qui furent en qui 
ant maistre Willy chappuis et Albogko treiseront les boistes 7 s. 6 d. 

Item ou maistre deis boeiste que Jacob Stader haz ammineir de 
Straborg por ses despens alent et venant et per sa pena compta per 
la main de Rae ff' Kuebler et Jacob Sluder 5 flor. dAlamagny qui 
vallient 4 ff 8 s. 9 d. 

Item a maistre Lamprecht maistre deis boeistes por aytaire de 
ses despens quant il von ist in la villa 22 s. 

Item a Peterman Bari por despens fait per les bänderet et les 
autres awoit lour a ung dignar quant Ion esseyat maistre Laniprech 
maistre des bueistes 24 s. 

Item a celluy mesme (sc. bänderet deis Hospitaul) por despens 
quant Ion esseat lo maistre deis boeistes 2 s. 4 d. 


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166 


.V. 28. Jahrgang 1416. II. Semester. 

Mission pour schengar : 

Item pour cillour de Bema arbelestier qui traisirent en la flour 
por 6 pot claret et 6 pot vin 18 s. 

Item eis arbelesteir de Salourro por 4 pot claret et 4 pot vin 

8 s. 8 d. 

Item a ung arbelestier de Srhiiy por 3 pot claret et 3 pot vin 

6 s. 6 d. 

Item eis arbelestier de Cluss por 3 pot claret et 3 pot vin 

6 s. 6 d. 

Item eis arbelestier de Roinont por 3 pot claret et 3 pot vin 

6 s. 8 d. 

Item eis arbelestier qui treiseront la flour pour pain, vin et 
frumage 4 ff 6 s. 

Mission communaul: 

Item eis arbelestier qui furent por traire la flour a Cluscs en 
Fancignye pour aiteire de lour dcspens per consel et uc 11 ff 

N’ 32. Jahrgang 1418. II. Semester. 

Mission communaul : 

Item a nostre arbelestier quant lour traisirent la llour por 12 
pot vin 8 *• 

.V* 36. Jahrgang 1420. II. Semester. 

Mission por schengar : 

Item por schengar eis archief quant lour traiseront la flour por 
vin, pain et frumage eis Grant Places 20 s. 

Item eis archief de Lausanne por 8 pot vin 4 s. 8 d. 

» » Rommont u ti » » 3 s. 6 d. 

» » Mural » 0 » » 3 s. 6 d. 

» » Stacayer » 6 d i> 3 s. 8 d. 

» » Pagerno » 6 » # 3 s. 6 d. 

Item eis dit archie eis Grant Places quant lour traiseront la 
flour per 2 jor por 40 pot de vin et en pain et frumage 33 s. 6 d. 

Item eis archie de Losena pour 8 pot vin roge 4 s. 4 d. 

» » Rommont » 6 » » blain 3 s. 3 d. 

i) » Paierno d 12 o » blau et roge 

6 s. 6 d. 

Item eis dit archief sus la Place lo Dymenge et Io Lundi por 
pain vin et fromage 33 s. 8 d. 

Mission communaul : 

Item eis archie ordinaz per consel por aytaire deis tnission que 
Ion lour hont heue de cen que lour hont trait la flour 00 s. 


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JV 3 Tb. Jahrgang 1421. 1. Semester. 

Mission por scliengar : 

Item eis arebie d' Yverdon, Estacaye, Payerno et Rommont 
quant iour traisirent la flour eis Grant Places por .‘X) pot de vin 
schengar enchie Iour hoste 22 s. (I d. 

Item mex eis dit archie sus les Grant Places Io Dimenge et 
Io Londy por 36 pot de vin et por pain et fromage 37 s. 

Item ou maistre arbelestier de Borna por 6 pot vin 4 s. 6. d. 

Eis archief de Yverdon, de Paierne et de Rommont por 18 pot 
de vin in chief Iour hoste 18 s. 6 d. 

Item a cellour rnesme sur la Placi por 18 pot de vin aussi 
pain et frumage 17 s. 6 d. 

N“ 38. Jahrgang 1421. 11. Semester. 

Mission por schengar: 

Item eis arbelesteirs de cestour villes quant Iour veniront traire 
la tlour in la semman devant la Saint-Michiel cest a saveir de Ber- 
na, Je Zürich, de Arouica, de Beyna, de Mural, Ae Payerno, d eMou- 
ilon, de Rommont, de Gruery, de Bouna, a cillour de Bema encore 
due foy et eis autres a chascone une foy por 38 pot claret et 38 pot 
vin 104 s. 6 d. 

Item eis dit arbelestier quant Iour marendarent in laloye de labey 
deis Hospitaulx por 18 pot claret 36 s. 

Item eis dit arbelestier sus la Place quant Iour retresirent les 
llours in tre quatre foy 118 pot de vin por pain et por frumage a 
Johnn Agno 6 ff 14 s. 6 d. 

Item eis arbeloster per consel 60 et ‘100 por aytaire de la ma- 
renda que Iour flrent eis arbelestier estranges qui estoient venuz traire 
la flour 10 ff. 

N’ 42. Jahrgang 1423. II. Semester. 

Mission communaul: 

Eis arbelestier por aytaire de Iour mission quant Iour fuirent 
a Loyes pour traire awei les arbelestier de Berna 10 ff 

.V* 48. Jahrgang 1426. 11. Semester. 

Mission communaul : 

Item pour pain, vin, frumage, serieses quant Ion haz schengkar 
per 8 jor eis arbelestier qui hont trait les troys flours in la Planche 
de Saint Johnn ou ruoys de Julliet et por les depens deis quatre 
maistre esliet por gardeir le droit eis arbelestier et por les soutiers 

21 ff 12 s. 9 d, 

Item a Berhard Chaucy per la marenda deis arbelestier qui 
traisirent les flour qui fuyront a la marenda tant deis estrangier quant 


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dauoons de messgr. de conseil quant deis arbelestier de la Villa qui 
fuvront a la marenda C et VI fait marchie a 4 s. 6 d. per pas auxi 
por 14 pot claret apres table et por bresel et niebles et por vin apres 
table 26 ff 2 s. 

N’ 62*. Jahrgang 1433. II. Semester. 

Miss. com. : 

Item pour claret et pour niebles quant les arbelestier furent en 
laz Seingina traire avec les arbelestier de Bema et auxi mesme pour 
pain que les dit arbelestier despendiront et pour loyer duu cheval qui 
portast les boteillier 7 ff 7 s. 

Item a maister Schoebly, maistro deis arbelestes pour son soliayre 
de cy an linist a cestes Challandes lan 1433 20 11. dAlam. = 27 ff 10 s. 

N* 64. Jahrgang 1434. II. Semester. 

Miss, pour schengar : 

Item a notres arbelestier quant lour veniront de Bema de traire 
la flour pour 6 pot claret, 6 pot vin 17 s. 6 d. 

Item eis archief ordonnar per messg" conseil et 60 pour laitaire 
de lour despens quant lour traisiront la flour a Bclmont 2 flor. qui 
valont 57 s. 

Archief, arbelestiers : 

Item eis arbelestiers qui fuyront a Borna tramis trayre la flour 
en aitaire de lour missions ordonne per messg" conseil et 60 15 flor. 
qui valont 21 ff 7 s. 6 d. 

iV* 66. Jahrgang 1435. II. Semester. 

Mission pour schengar: 

Item eis arbelestier de Murat et de Aeencho por 6 pot claret 
6 pot vin 22 g. 6 d. 

Item eis arbelestier de Payerno por 3 pot claret, 3 pot vin 

11 s. 3 d. 

Item eis archief d'Estacayer pour 3 pot claret 3 pot vin 

11 s. 3 d. 

Item eis arbelestier de Locs qui veniront requerir les arbeles- 
tier de Fribour pour traire a Loes pour 3 pot clarey 3 pot vin 

11 s. 3 d. 

Item pour clarey, vin et frumaige que Ion haz schengar eis ar- 
belestier estrangie et eis notres quant lour traisiront una flour que 
lour havoent gaigne a Murat 29 s. 6 d. 

N* 76. Jahrgang 1140. II. Semester. 

Mission communaui : 

Item eis arbelestier qui furent tramis traire a Bala en aitaire 
de lour mission ordonnar por messg" 15 flor valiont 21 ff 15 s. 


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- IW) — 

Item mais eis dit arbelestiers quant lour retornarent et appor- 
tarent une flour en aitaire de lour despens ordonne per messg" 13 flor. 
valiont 18 ff 17 s. 

Item pour pan et frumage que Ion schengast eis archief quant 
notres archief donnarent certainne» flour fürs, lour heurent per4 jours 
pan et frumages qui coste 00 s. 

Item eis archief de Fribourg en aitaire deis missions que lour 
hont heuz por les flour» que lour havoent donner fürs, ordonner per 
messg" 5 flor. valliont 7 ff 5 s. 

N* 81. Jahrgang 1443. I. Semester. 

Miss. com. : 

Item a meister Schäbig arbeiestrier pour appareliier et schürphar 
40 arbelestes de la vilie per compte fait avec luy en la presence de 
cellour qui estoent ordonneir pour oyre les comptes por le fait dou 
Roy 171 fl 

iV' 102. Jahrgang 1453. II. Semester. 

Miss, conimunaul : 

Item eis arbelestiers de ceste vilie qui sont alle traire a Berne 
pour la flour en aitaire de lour despens ordonne per mess'* 

30 fl. videlicet 30 ff. 

Item a Mathe de lalea pour la marenda dez compaignons arbc- 
lestiers de la vilie quant ii ameuarent la flour de Bcrna eest assavoir 
ung buef et y furent dez arbelestiers de Pagerne, de Yeerdon , de 
Jognge et de Vieeis ou retor de la dite flour de Berne ordonne per 
messg' 1 4 ff 10 s. 

Item oudit Bocskuny pour aulters despens fait per lez canoniers 
de ceste vilie qui furent a Berne traire la flour 30 s. 

item a Hans von Tacers pour demie aulna de drap roge por 
la flour que Ion donnast es arbelestiers au retor de Bema 30 s. 

Item pour pain et frumage pris etdespendu sur la Place quant 
lez canoniers de Bcrna sy furent et traisirent les flour» ordonne per 
mess'* flti s. 0 d. 

Arbaletiers et canoniers : 

Item ou dit [Peter] Zwinger pour les trois paires de chaucez 
que furent donees per mess" es canoniers quant lez canoniers de Bcrna 
sy traisirent la flour 75 s. 


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2. Auszug aus dem Notariatsregister von Ulrich Mano Nr. 8. 

St.-A. Freiburg. (1430.) 

p. 205 v . Johannes dou Pont habitens Friburgi debet Johanni 
Guebnt ct HvnsHno Vanion habitantibus F riburgensibus tamquam ina- 
gitlris ct gubernatoribus societatis deis archie nomine et ad opus 
diele societatis centum et decem solidos Laus, monete predicte causa 
mutui liabiti soivendos jure et obligatione bonorum suorum infra 
unum niensem post primam requisitionem dictorum creditorum et(?) 
cum dampnis, quam pecuniam implicare tenetur in mercantiis ad se- 
miluerum etc. Laudatum cum clausuiis appositis ut supra- (Jahr 
1430). 

Ebenda Nr. 9. (Jahr 1431.) 

p. 43. Petras Boneisin junior, credo burgensis Friburgi, debet 
Petro Bosset, Henstino Fannio i burgensi Friburgi tamquam magistris 
gubernatoribus societatis deis archies octo libras Laus, monete cursus 
Frib , causa mutui habiti soivendos jure etobligatione bonorum suorum 
infra unum mensetu post primam requisicionem dictorum creditorum 
vel suorum cum dampnis etc. Laudatum cum clausuiis appositis 11* 
die mensis Junii a’ d ni 1431*. 


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D R KARL HOLDER 

Universitätsprofessor. 


Am 5. Mai 1905 wurde zu Bitschweiler im Elsaß ein 
junger Gelehrter zur ewigen Buhe bestattet, der es verdient, 
an dieser Stelle besonders gewürdigt zu werden als ge- 
treues Mitglied des deutschen Geschichtsvereines wie als 
eifriger Mitarbeiter an den Freiburger Geschichtsblätlern. 

Karl Richard Holder wurde zu Berentzweiler im Ober- 
Elsaß am 23. September 1865 geboren. Sein vor einigen 
Jahren verstorbener Vater war ein allgemein geachteter 
Volksschullehrer, der in dein Knaben schon frühe jene Ar- 
beitsamkeit weckte, die ihn in hohem Grade auszeichnete. 
Ein außergewöhnlich schönes Familienleben erblühte in 
dem elterlichen Hause, und die große Anhänglichkeit, mit 
der der Verstorbene von seinen Eltern und seinen Ge- 
schwistern sprach, besonders aber seiner Mutter oft gedachte, 
läßt den herben Schmerz wohl ^begreifen, den sein Hin- 
scheiden bei den Seinigen hervorrief. Nachdem er das 
bischöfliche Gymnasium von Zillisheim absolviert hatte, wid- 
mete er sich im Großen Seminar in Straßburg von 1885 — 
1890 theologischen Studien und empfing am 10. August 
1880 die Priesterweihe. Sein Wissensdurst wollte sich 
mit den theologischen Studien nicht begnügen, und so er- 
bat er sich als Neupriester von seinem Bischof die Erlaub- 
nis, an die eben gegründete Universität von Freiburg gehen 
zu dürfen, welche sich von Anfang an großer Sympathien 
im Elsaß erfreute. 

Hier traf der junge Geistliche im zweiten Studienjahr, 
zu Beginn des Wintersemesters 1890/91 ein und ließ sich 


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in der philosophischen Fakultät einschreiben, wo er sich 
hauptsächlich historischen Studien widmete ; aber auch in 
andern Fakultäten hörte er Vorlesungen, und besonders 
waren es juristische Fächer, denen er nächst der Geschichte 
seine Vorliebe zuwandte. Am 15. Dezember 1892 erhielt 
er von der philosophischen Fakultät die Doktorwürde auf 
Grund einer historischen Dissertation über die Designation 
der Nachfolger durch die Päpste. Die Dissertation erregte 
ein über das gewöhnliche Maß hinausgehendes Interesse 
wegen der großen Fülle des Materials, welche in der kleinen 
Schrift zusammengestellt war. Der Verfasser hatte aus 
der gesamten Geschichte des Papsttums die Fälle zusam- 
mengestellt, in denen davon die Hede war, daß ein Papst 
daran gedacht hatte, seinen Nachfolger zu designieren. In 
den letzten Jahren des Pontifikates Leos XIII. wurde die 
von Holder behandelte Frage in gewissen Kreisen aktuell, 
als die Möglichkeit erörtert wurde, daß Leo XIII, viel- 
leicht über die Wahl seines Nachfolgers Wünsche äußern 
könnte. 

Nach dem philosophischen Doktorgrad beabsichtigte 
Holder sich auch die Doktorwürde in der juristischen Fa- 
kultät zu erwerben und ließ sich deshalb noch zwei Jahre, 
von 1892 — 94, in der juristischen Fakultät einschreiben. 
Aber seine Absicht mußte er bald aufgeben, da unterdessen 
nach einer andern Seite seine Kräfte ganz in Anspruch ge- 
nommen wurden. Der Kanlonalbibliothek wurde nach der 
Gründung der Universität eine Universitätsbibliothek ange- 
gliedert, welche durch reiche Schenkungen und Ankäufe 
sich rasch mehrte, sodaß der Bibliothekar Gremaud eine 
Unterstützung dringend notwendig hatte. Als solche bot 
sich ihm Dr. Holder an, und es war eine Freude zu sehen, 
wie der bejahrte Gelehrte und der junge Doktor sich immer 
näher traten und aneinander schlossen. Nicht nur die Liebe 
für die Bücher vereinte sie ; als Priester, als Historiker 
fanden sie überall gemeinsame Interessen. Durch Gremaud 
wurde Holder vortrefflich in die Verwaltung der Bibliothek, 
vor allem auch in die Freiburger Geschichtsforschung ein- 


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geführt, so daß bei dem plötzlichen Tode Gremauds (20. 
.Mai 1897) niemand im Zweifel war, wem an seiner Stelle 
die Bibliothek anvertraut werden sollte. Bald darauf habi- 
litierte sich Holder als Privatdozent für Freiburger Ge- 
schichte und historische Propädeutik mit einer Arbeit be- 
titelt : Les professions de foi ä Fribourg au XVI* - sifcele ; 
als er dann im Januar 1898 der philosophischen Fakultät 
noch eine andere Arbeit über « Die staatsrechtliche Stellung, 
die Verfassung und Verwaltung Aventicums unter den Rö- 
mern » vorlegte, wurde ihm die Lehrbewilligung auch auf 
die alte Geschichte ausgedehnt, und am 17. März 1900 
wurde er auf Vorschlag der philosophischen Fakultät durch 
den Staatsrat zum außerordentlichen Professor für alte Ge- 
schichte ernannt. So ist Holder durch alle Stadien der 
akademischen Laufbahn in Freiburg durehgegangon, und 
es war wohl berechtigt, wenn er mit einem gewissen Stolz 
darauf hinweisen konnte, daß er durch eigene Kraft sich 
die Wege gebahnt habe, nicht durch Glück und Gunst em- 
porgekommen sei. 

Wie kaum einer stand Holder hier am rechten Platz. 
Die Leichtigkeit, mit der er beide Sprachen, Deutsch und 
Französisch, beherrschte, ermöglichte es ihm, nicht nur in 
beiden Sprachen nach Belieben Vorlesungen zu halten, 
sondern auch als Bibliothekar allen, die zu ihm kamen, zu 
entsprechen. Er war wie geschaffen zum Bibliothekar. 
Seine Vorliebe wie seine besondere Anlagen wiesen ihn 
darauf hin, weniger in die Tiefe als in die Breite zu gehen 
und sich fortwährend über die neuen Erscheinungen auf 
allen wissenschaftlichen Gebieten zu unterrichten. Oft über- 
raschte er die Vertreter der verschiedensten Fächer durch 
die Genauigkeit, mit welcher er über Neuheiten auf ihrem 
Gebiet orientiert war. Darum legte man bei allen Neuan- 
schaffungen auf seinen Bat großen Wert ; sein Urteil wurde 
bei Abschätzungen von Bibliotheken und Funden nie ohne 
Nutzen zu Rate gezogen. Dazu kam eine große Geschäfts- 
gewandtheit. Wie vielerlei konnte er in den Bibliotheks- 
stunden, als er noch völlig gesund war, erledigen, und das 


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während der eine nach dem anderen an seiner Bureautüre 
klopfte! Die Bücher und Antiquariatskataloge studierte er 
mit scharfem Blick, und wer einmal, ohne ihn gefragt zu 
halten, einen Ankauf machte, konnte bald hören, daß er 
durch ihn viel billiger zu seinem Ziel gekommen wäre. 
Seine Fähigkeiten zeigte er vornehmlich bei der Einrichtung 
der Seminar-Bibliotheken, diesen so überaus wichtigen La- 
boratorien für die Fächer der theologischen, philosophischen 
und juristischen Fakultät. Hier hat er sich Verdienste ge- 
schaffen, die ihm dauernden Dank sichern. Die Gelegenheit 
zu noch viel großem Verdiensten stand ihm bevor bei dem 
Elan, ein dringend notwendiges Bibliotheksgebäude zu er- 
richten, dessen Verwirklichung sein sehnlichstes Streben 
war. Die größte Freude gewährte es ihm, von der Ein- 
richtung der neuen Bibliothek zu sprechen. Aber ein tücki- 
sches Geschick wollte es, daß er gerade an dem Tage, ja 
zu der Stunde, als der Große Bat die Genehmigung zum 
Ankauf eines Grundstückes für den Bibliotheksbau erteilte, 
seine Augen schloß, so daß die frohe Kunde von dieser 
wichtigen Entscheidung nicht mehr sein Ohr erreichen 
konnte. 

Auch insofern trat Holder in die Fußstapfen Gremauds, 
als er den Vereinen für die Geschichte Freiburgs ein leb- 
haftes Interesse zuwandte. Eine zeitlang war er Sekretär der 
Sociüte d'histoire du canton de Fribourg. Bei dem deut- 
schen geschichtsforschenden Verein war er von Anfang an 
einer der eifrigsten Mitarbeiter. In den Zeitschriften dieser 
beiden Gesellschaften veröffentlichte er hauptsächlich seine 
Studien. Aber auch viele andere Zeitschriften erhielten Bei- 
träge aus seiner Feder, so das Archiv für katholisches 
Kirchenrecht, die <c Revue de la Suisse catholique », « Se- 
maine catholique », « Bevue de Fribourg », die « Etrennes 
fri bourgeoises », die « Katholischen' Schweizerblätter », das 
« Centralblatt für Bibliothekswesen », « Der Katholik », die 
« Pädagogischen Blätter » und « Monatrosen », wie die 
« Schweiz. Rundschau », die « Monatsschrift für christliche 
Sozialreform » und die « Theologische Revue » ; den Lesern 


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der « Liberte » und der « Freiburger Zeitung » (Nachrichten) 
war sein Name ein wohlbekannter. Seine Publikationen 
kamen dadurch nicht recht zur Gellung, daß sie fast aus- 
nahmslos in Zeitschriften uiedergelegt wurden ; keine ein- 
zige Schrift erschien selbständig in einem buchhändlerischen 
Verlag, so daß sein Name in den Buchhändler-Katalogen 
und in den Verzeichnissen, welche nur die Verfasser selb- 
ständiger Bücher aulführen, fehlen dürfte, und sein Beispiel ein 
neuer Beleg dafür ist, wie man aus solchen Verzeichnissen 
nicht voreilige Schlüsse ziehen darf Wollte man alle Pub- 
likationen Holders zusammenheften lassen, so würde man 
einen sehr stattlichen Band erhalten, wenn man nicht gar 
mehrere Bände dafür hersteilen lassen müßte. Holderarbeitete 
mit einem fast fieberhaften Eifer, gleich als ob er voraus- 
geahnt hätte, daß ihm nur wenige Jahre für literarische 
Tätigkeit gegönnt waren. Er war voll von Arbeitsplänen, 
und auf Schritt und Tritt stoßen wir in seinen Veröffentli- 
chungen auf Ankündigungen von neuen Arbeiten und grö- 
ßern Werken, die er vorbereitete. Der liebste Tag war ihm 
der Sonntag, weil er an diesem Tag von früh bis spät un- 
gestört in seiner Studierstube weilen konnte. Noch auf sei- 
nem Sterbebette erledigte er Korrekturen ; die letzten trafen 
ein, als seine irdische Hülle schon in den Sarg gelegt war. 

Aus den verschiedenen Publikationen, deren gesamte 
Aufzählung hier überflüßig erscheint, ’) wollen wir nur noch 
einige anführen, vornehmlich solche, welche den Kanton 
Freiburg betreffen. Zunächst wählen wir die Studien aus, 
welche Sitten- und Rechtsgeschitchte des Kantons be- 
handeln: Quelques renseignements sur les ötudiants ä Fri- 
bourg aux XVI* et XVII« siöcles (« Monatrosen » 1896/97), 
Über das Freiburger Studentenleben im XVIII. und in der 
ersten Hälfte des XIX. Jahrhunderts (ebenda 1899), Luxe 
et loi somptuaire ä Fribourg jusqu’au milieu du XVIPsiöcle 


9 Sie finden sieh sämtlich registriert in der Bibliographie der 
Freiburger Geschichtsblätter I— XI. 


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(Etrennes fribourgeoises 1897), Introduction a l’histoire du 
droit fribourgeois (« Liberty » 1896), Etüde sur l’histoire du 
droit fribourgeois («Liberty» 1901/3/4). Etüde sur l’his- 
toire eeonomique de Fribourg («Liberty» 1901/2), Ueber- 
blick über die Freiburger Verfassungsgeschiehte («Freibur- 
ger Zeitung » 1900). Kleinere Beiträge zur Hechts- und 
Wirtschaftsgeschichte des Kantons Freiburg (ebenda), Kul- 
turhistorisches aus Freiburgs Vergangenheit (« Freib.-Zlg. » 

1901) , Rechts- und Wirtschaftsgeschichtliches aus dem 
Sense- und See-Bezirk (« Freiburger Nachrichten » 1904), 
Das Landrecht von Jaun (« Freiburger Geschichtsblätter # 

1902) . Daran schließen wir eine noch stattlichere Reibe von 
Arbeiten, welche Kirchengeschichte und im besonderen Ge- 
schichte des Kirchenrechts betreffen : Notice historique sur 
quelques confröries et congrögations du canton de Fribourg 
(« Semaine catholique » 1898), Das Patronatsrecht der Ge- 
meinde und des Rates von Freiburg und das Kollegiatstift 
St. Niklaus im 16. Jahrhundert (« Kalhol. Schweizer-Blät- 
ter » 1899). Ein Traktat des Propstes Peter Schneuwly (f 
1597) in Freiburg über das Verhältnis von Kirche und 
Staat (Archiv für kath. Kirchenrecht 1899/1900), Etudes 
sur l’histoire ecclösiastique du canton de Fribourg (Revue 
de la Suisse catholique 1 897 / 98/99/1 90 1 ) . Beiträge zur Ge- 
schichte der Synodal-Gesetzgebung der Diözese Lausanne 
(«Kalb. Schweizer Blätter » 1901 2), lieber Kirchenvisita- 
tion und Visitationsberichte in der Diözese Lausanne (Eben- 
da 1902), Les visites pastorales dans le dioeöse de Lau- 
sanne depuis la fin du XVI e siöcle (Archives de la sociötö 
d’histoire du canton de Fribourg 1903), Zur Geschichte der 
Basler Synodal- und Diözesanstatuten bis zur Reformation 
(« Kath. Schweizer Blätter » 1904), Das kirchliche Vermö- 
gensrecht des Kantons Freiburg (« Freiburger Geschichts- 
blätter o 1897 (1902), Beiträge zur Geschichte der Amorti- 
sationsgesetzgebung unter der Regierung der Kaiserin Maria 
Theresia (Arch. f. kath. Kirchenrecht 1904). Ueberblicken 
wir die vielen Artikel und größeren Abhandlungen, so sehen 
wir deutlich, wie sein Interesse zuletzt immer mehr der 


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Geschichte des Kirchenrechts sich zuwandte. Die Arbeiten 
auf diesem Felde, das leider — um einen Ausdruck des 
Bischofs Keppler von Hottenburg zu gebrauchen — nach 
katholischen Gelehrten schreit, zogen auch die Aufmerk- 
samkeit weiterer Kreise auf ihn, so daß vor zwei Jahren 
sein Name bei der Vakanz einer kirchenrechtlichen Profes- 
sur an einer deutschen Universität genannt wurde. Leider 
war es ihm nicht vergönnt, seine Studien über die Syno- 
dalstatuten der schweizerischen Diözesen zu einem großen 
Ganzen zusammenzuschließen. Wie dankbar wäre ihm die 
Forschung dafür gewesen ; dann hätte es ihm auch an lau- 
terer Anerkennung nicht gefehlt. Die meisten seiner Pub- 
likationen sind entweder zusammenfassende Uebersichten 
oder Ausgaben neuer Funde, überall sind es seine beson- 
dern bibliothekarischen Talente und Interessen, die sich 
dabei offenbaren. Bei allen denen, die sich mit Freiburger 
Geschichte beschäftigen, wird sein Name immer neben dem 
Gremauds mit Ehren und aufrichtigem Dank genannt wer- 
den. 

Diejenigen aber, die mit ihm zusammen hier gewirkt 
haben, werden ihm noch ein besonders treues Andenken 
bewahren. Sie werden seiner nicht vergessen. Wie nahe 
ging ihm doch alles, was die Universität berührte! Erstritt 
mit ihr ; er freute sich und trauerte mit ihr. Von ganzem 
Herzen kam ihm der Wunsch, den er in der « Freiburger 
Zeitung » einst niederschrieb : « Möge die aufblühende Hoch- 
schule immer mehr eine Quelle geistigen Lebens und ma- 
teriellen Fortschritts für das opferwillige Freiburger Volk 
werden ! » Wir sind überzeugt, daß auch die Freiburger 
ihrem mustergültigen, fleißigen Bibliothekar von ganzem 
Herzen nachrufen : Möge er in Friede ruhen ! ') 

G. Schnürer. 


‘) Dieser Nekrolog ist im wesentlichen gleich in den Freiburger 
Nachrichten vom 23. Mai 1905 abgedruckt. 


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Ein Schreiben 


von 

P. Petrus Canisius an P. Joachim Müller'). 


[Dank für Zusendung von Material überden hl. Beatus, 
dessen handschriftliche Lebensgeschichte bei einem Bild- 
schnitzer in Solothurn gefunden wurde. Absicht, die Bio- 
graphie der schweizerischen Hauptheiligen zu schreiben. 
Anfang mit der Vita Fridolins. Wunsch, das in verschiede- 
nen Klöstern liegende Material zu erhalten. Bedauern über 
die Grausamkeit und Verblendung der Sektierer, die Gott 
lästern und auch das 7. Sakrament preisgeben]. 

Freiburg i. Ue., 1. Juni 1588. 

Pax Christi nobis aeterna, Heverende Pater! 

Missum ad me librura, qui capita de Divi Beati *) his- 
toria indicat, perlibenter accepi, aliasque plura huc spec- 
tantia videre cupio. Dignus est ille Helvetiorum apostolus, 
qui multorum scriptis, et linguis celebretur. Testatur typo- 
graphus noster codicem de hac historia isthic acceptum non 
apud se, sed in manu efformatoris imaginum apud Solo- 
thurnum [!] reperiri, parvamque spem nobis praebet, hoc 
exemplum recuperandi atque recipiendi. 

') P. Joachim Müller, Conventuale des Benediktinerstiftes Ein- 
siedeln, war damals Pfarrer der dortigen Gemeinde. Seine hohem 
Studien hatte er, schon Religiöse, zu Dillingen gemacht. Über seine 
Tätigkeit als Chronist seines Klosters s. P. Gail Morel: Das Büch- 
lein vom Anfang der Hofstatt zu den Einsiedeln etc. im Geschiehtsfr. 
XIII. S. li>8 u. 169; s. a. Chronique d'Einsidlen, ou hist, de l’abb£ 
princtere etc. Einsiedeln 1787. p. 228 s. : vgl. a. P. Odilo Ringholz, 
Wallfahrtsgesch. U. L. Frau v. Einsiedeln. S. 186 u. 191. 

’) 1590 veröflentl. Canisius eine Lebensgeschichte des hl. Beat, 
s. Meinr. Meyer, Notice historique sur la biblioth. cant. in Arch. 
de la s. h. de Fribourg. II. p. 215. 


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179 


Veilem et ego Sanclorum historias, qui apud Helvetios 
vineam Domini primum et maximum coluerunt, scriptasex- 
tare, ut ejusmodi Patronorum et Doctorum vestigia, si non 
haereticis, at certe catholicis notiora et comraendatoria essent. 

Verum doleo, non suppetere nobis veterum monumenta 
tide digna, in quibus desiderata historiae lux appareat, quod 
forlasse maiores, sui temporis simplicitate contenti, tenuiter 
et parce admodum, quae ad vitarn, doetrinam et mortem 
sanclorum spectant, attigerint. 

Ego in depingendo Divo Fridolino versor, ‘) ut initium 
aliquod historiae indicandum proponam lectoribus, quos hoc 
tempore tarn nasutos experimur, ut illorum exspectationi 
diffieile sit respondere. 

Utinam unum habeamus antistitem, cui sit cordi, ex 
variis monasteriis ea conquirere. quae de Sanctis et Patro- 
nis Helvetiae dicta, scripta, facta reperire licet, sic enim 
ex tenebris multa in lucem proferri, et silva quaedam rerum 
postea disponendarum constitui posset. 

Recte tu quidem ac merito deploras insaniam et insa- 
nam crudelitatem Sectariorum, qui suis contentionibus po- 
tius quam disputationihus hoc efliciunt, ut tantum non caeci 
cognoscant Babylonicae turris aedificatores et legatos eius 
bestiae, cui datum est os ad omnem blasphemiam contra 
Deum et tabernaculum eius et Sanctos, qui in coelo ha- 
bitant, profundendam. Vere iratus est Draco in Mulierem 
et pergit facere praelium cum reliquis de semine eius, qui 
custodiunt mandata Dei, et habent testimonium Christi, ut 
caelestis Aquilae verbis utamur. 

0 miseros et infelices, quibus satis non est sacramenta 
Ecclesiae sex repudiasse, nisi septimum et unicum illud pau- 
latim quoque deserant, suosque et aliorum liberos secum 
perdant. Sed hostibus Ecclesiae mentem saniorem prece- 
mur, ne tandem ex haereticis athei 3 ) plurimi efficiantur. 

’) Diese Schrift erschien 15S9 ebenfalls bei Gemperlin. s. Meyer. 
Arch. II. p. 215. 

*) Man rühmte P. Canisius nach, er vor allen habe die Ten- 
denzen des Protestantismus durchschaut. 


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Dominus Jesus valde afflictum nobis catholicismum 
conservet et erigat missis in vineam suam liclis operariis, 
qui passim hodie desiderantur. 

Bene in Christo vale, Pater, cum observandissimo an- 
tistite ') et domno decano *) aliisque fratribus, quorum pre- 
cibus Domino eiusque Matri velim esse eommendatus. 

Friburgi Helvetiorum, Calendis Junii Anno 1588. 

Ex animo tuus 

P. Canisius. 

Ad resse : Reverendo in Christo Patri Joachimo Müllero. 
0. D. B. et concionatori in Coenobio Einsidlensi tanquam 
fratri. 

Original : verloren. 

Copie: Stiftsbibliothek Kinsiedeln : Cod. i 1 6. p. 52 
und 53. 


') Abt Ulrich III. Wittwiler (1585— 1000). 

*) P. Augustin Hofmann, Dekan seit 1585. Er wurde 1800 Abt. 


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Kleine Mitteilungen. 


Erhaltung der Kunstdenkmäler. Unterm 28. Juni 
1904 erließ der Staatsrat von Freihurg an sämtliche Ober- 
ämter. I’farrei- und Gemeinderäte des Kantons ein Cirkular, 
worin er die im Einverständnis mit der Kirchenbehörde am 
15. September 1900 eingesetzte Denkmälerkommission in 
Erinnerung bringt. Ihre Aufgabe besteht besonders darin, 
den Interessenten Rat und Wegeleitung und den Oberbe- 
hörden Gutachten über angelegte Pläne abzugeben. Die 
Oberäniter werden angewiesen, die Beobachtung dieser An- 
ordnung zu überwachen. 

Freiburg. Bei der Einrichtung einer Cenlralheizung in 
der St. Niklauskirche (1904) mußte die Gruft mit der Grab- 
stätte der verstorbenen Chorherrn geöffnet werden. Alle 
Gebeine, die man vorfand, wurden sorgfältig aufgehoben 
und in die Gruft unter der hl. Grabkapelle am südlichen 
Ende der Kirche gebracht. Wertgegenstände fanden sich 
nicht vor. Die Leichname waren meist gut erhalten, da die 
Gruft trocken ist. In einem Leichnam, der seit etwa 300 
Jahren in der Gruft liegen soll, von etwa 2 Meter Länge 
mit gut erhaltenem rötlichen Bart glaubte man die irdischen 
Überreste von Propst Sehnewly (7 1597). dem bekannten 
Pädagogen und verdienten Gelehrten, zu erkennen. 

(Freiburger Nachrichten). 

Grandson. Laut Libertö vom 15. November 1904 hat 
Archivar Milloud im Archive zu Grandson die von Ame- 
deus VII. besiegelte Stadtfreiheit in einer Pergamenturkunde 
entdeckt. 


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- 182 — 


Donatyre. Laut Gazette de Lausanne fand man bei 
den Restauralionsarbeiten in der dortigen Kirche unter dem 
Fußboden Särge mit menschlichen Gebeinen aber mit Erde 
ausgefüllt; zwei davon befinden sich im Chor, die andern 
iiu Schilf. Dieselben scheinen der letzten Zeit der römischen 
Herrschaft anzugehören. Gleichzeitig fand man neben die- 
sen Särgen im Chor Gräber, die aus dem Mittelalter her- 
rühren. Liberte 1905, September 3. 

Die Zünfte In Freiburg, Staatsarchivar J. Schneuwly 
verbreitet sich in einer Zuschrift an das Journal de Genöve 
über die Bedeutung der französischen Bezeichnung abbaye 
im Sinne von Körperschaft oder Handwerkerinnung. Solcher 
Innungen gab es sowohl in der Hauptstadt als in den Be- 
zirkshauporten und zwar Zünfte der Jäger oder Junker, der 
Krämer oder Kaufleute, derTuchweber, der Gerber, Schmiede, 
Maurer und Metzger; diese letzten drei bestehen heute noch 
unter den Namen Zünfte und so werden auch ihre Häuser 
noch benannt. 

Diese Innungen haben ein hohes Alter und reichen 
jedenfalls bis ins 14. Jahrhundert hinauf, damals allerdings 
vielfach noch andere Namen führend. So ist die Gesell- 
schaft der Schmiede schon 1385, die der Bäcker und Müller 
1390 und 1392 eine solche der Gerber nachweisbar. 1390 löste 
sich bereits eine erste Maurerinnung auf. Im Jahre 1418 
begegnen wir der großen Zunft von Freiburg d. h. der 
Junker bestehend aus 49 Mitgliedern, welche nur durch 
einstimmige Wahl aufgenommen wurden ; allein Ende 15. 
Jahrhunderts geriet diese Zunft in Verfall. Im Oktober 1423 
gab der Kleine Rat sämtlichen Zünften eine Verordnung über 
Einrichtung und Betrieb der Zunftstuben. An der Spitze 
einer solchen Zunft standen ein Abt (abbe), 4 Meister und 
ein Prior, wie aus einer Urkunde des Notars Manot vom 
20. Mai 1414 ersichtlich ist. Die Bezeichnung Abt mußte 
bald derjenigen eines Zunftmeisters (regent) Platz machen. 

Liberte 1905, Aug. 31. 

Freiburg. Das Historische Museum erfuhr in neue- 
ster Zeit eine wesentliche Umgestaltung durch Einräumung 


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eines eigenen Saales für Ikonographie und Holzschnitzereien 
wobei die zahlreichen Werke von Hans Geiler ganz beson- 
ders zur Geltung kommen. Auch die. Glasgemälde, eine 
Zierde der Sammlung, wurden neu geordnet in streng chro- 
nologischer Folge; das Museum besitzt gegenwärtig unge- 
fähr 150 Stück. Anderes, wie die schönen Holzschnitze- 
reien aus dem 16. Jahrhundert, die von der Centralheizung 
gelitten hatten, sowie die durch Alter schadhaft geworde- 
nen Burgunderteppiche, Beutestücke aus der Schlacht von 
Murten, wurden mit Hilfe des Schweiz. Landesmuseums 
einer glüchlicken Restauration unterzogen. 

M. v. Teehtermann 

im Anzeiger f. Schweiz. Altertumskunde VII. 


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Öffentliche Anfrage. 


Herr Dr. Albert Hellwig in Perleberg (Preußen). Nach- 
tigallstraße 0, richtet an die Leserder Freiburger Geschichts- 
blätter folgende Anfragen, deren Heanlwortung auch der 
Herausgeber Prof. Dr. A. Büchi gerne entgegennimmt und 
dem Fragesteller übermittelt: 

1. Ist Ihnen etwas über den Volksglauben bekannt, 
man könne getrost einen Meineid schwören, wenn man ge- 
wiße Zeremonien vornähme, z. B. die Innenfläche der Schwur- 
hand dem Richter zukehre oder den linken Arm auf dem 
Bücken halte oder einige der Eidesformel auslasse u. s. w.? 

2. Kennen Sie den Brauch der Diebe, den Tatort durch 
ihre Exkremente zu verunreinigen ? Weßhalb geschieht 
das? Nur von Gewohnheitsdieben? Kennen Sie den Aus- 
druck « Wächter », « Nachtwächter », « Posten », « Schild- 
wache », « Hirt » oder einen ähnlichen für menschliche Ex- 
kremente ? Was ist der Sinn? 

3. Ist (i das ti. und 7. Buch Moses » oder ein « son- 
stiges Zauberbuch » im Volke verbreitet ? Ist durch den 
Glauben des Volkes daran schon Unheil geschehen ? 

4. Glaubt das Volk, die Zigeuner raubten Kinder ? 
Ist ein solcher Fall etwa wirklick passiert? 

Auch alle sonstigen Angaben über kriminellen Aber- 
glauben sind für den Fragesteller sehr erwünscht, da er 
über diesen Gegenstand Spezialstudien betreibt, die durch 
solche Auskünfte eine besondere Förderung erhalten. 

A. B. 


aAAAAAV- 


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