Sa
elbände
International
Musical Society,
Oskar Fleischer,
DATE DUE
STANFORD UNIVERSITY LIBRARIES
STANFORD, CALIFORNIA
94^05
iL
Horausgcgcbcn von
Oäkar Fleigeher und Johauues W olf
Li:ii7j(f
imrrK und mim m uueitkoit & iiAiim
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4
INHALT.
Oswalil Koller Wien.
Die beste Methode, Volks und volksmußigc Lieder nach ihrer melodischen
Hcsrliaifcnheit lexikalisch zu ordnen . . . . . . 1
Friedrich Ludvrit; (Potsdam).
Die mehrstlmmitrc Musik des 14. Jahrhunderts K;
J nlicii Tic 1 si)t Paris .
Ronsard et la muslquc de soh tem])s . 70
Edward J. Dcnt Cambridge;.
The Operas of Alcssandro Scnrlatti
Rosa Newmarch (Londrcs).
Mily li.Uakireff 157
Otto Wagner (Galatt).
Da« nimänigche Volkglicd 1G4
Alfrril Einstpin fMOnchpn .
Zill» 48. l?aride der Händel- Ausgabe 170
S. de Laii^^o Stuttgart;.
Sat7.rclilcr " hei Bach 17:t
Rcrichtigutii^^ 17i
Alfred JIciil> Leipzig;.
Die Iiij>tnniiciit;ilstücke des >Orfco« 17.'>
W. Barclay Stjuire Lmidon).
PurccU's Musii- ot' thc Fuiicral of .Mary II 22.">
Arnold Schering; I.eiji/i'^'
Zur Bach-Forschung . . .
Wilhelm Altmann [Friedenau-Berlin .
Spontini an der Berliner Oper 244
Otto Heilig (Kttlingcn;.
Slowakische, griechische, wahuhischc und türkische Tänze, Lieder u. g. w. . 29'?
(). .\hrrilKim und F. M. v Ho r iib o s t c 1 lU rliii .
Studien über das Tonsystem und die Musik der Ja})ancr B()2
Hermann Müller Paderborn.
/um Text der Musiklrlin- des Joannes de Orochro 3(»1
Horace Wadham Nicholl London.
Entgegnung 3()t)
A- J. Hipkins (I/Ondon^
Dorian and PhrvL^nan ... IHl
Oscar Chilcsotli ;i{a86ano-Viccti7.a .
Francesco da Milano IW-J
^ d by Google
•V Inliall.
A 1 f r 0 (1 H c u l) 1 1 .cipzi^). ^
Die \ ( lu ti.tülsclu ii Opcrti-Sinfoiiicn . 404
Albert Mayer-KciuHch Berlin;.
Pari Heinrich Graun. La battaglia dcl llc Ji Prussin . . . . 47S
J.-G. Prodhommc Pari»'.
Marie Fei :1713-1794 m
Villlelm Altmann [Fricdcimu-lkiliii
Mc\ orhcer-Forschungen . . , , öU>
Uobert Lach -liussingrande,.
Alte "NVcilinachts- und ()stcr^csüii)^c :n>t' Lussi» -Wj
IL Uicmann (Leipzig.
IJic dorische Tonait als Gniiulskala der t^riccliisclicii NotensciiTlt ■"j">S
IL K. Wooldrid^c London'.
The T^atesst Collection of Karly ]"*nglisl» Mukic. TwO
Frederick Nicrks Kdinbur<ili .
The foundntions ol' Harmcny . . . .077
Uobert ]«ach {Lussingrandc:.
Über einen interessanten Spczittlfall von >Audition colorec* tVSH
Volkslieder in Lussint^randc fit>H
Umari Krohn [Hclsin^fors'.
"Welche ist die beste Methode, um Vidks- und volksmül3i^];c Lieder nach
ihrer melodischen 'uiciit tcxtliclicn Bcscluilfeuhcit lexikalisch zu ordnend . ('>4lt
F. W. G alpin (Hatfield, ncar Harlow .
Aztec Influcncc on American Tiidian Tiistruments GÜl
Hugo (toI ds fluni dt Tlrrlln .
MuutcvcrJi .s Uitdruu J ülissc <»71
J. W. Knschcde (Overveen!.
Zur Dattaglia del Rc di Prussia (»77
Amalie Arnheim Drrliii'.
Lc devin du villa^e von Jean Jacques Roussoati und die Parodie Lcs amours
de Basücn et BnBtiennc <'»St>
J.-G. Prod'hommc (Paris).
Les Musicieng Francais h Korne (1803—1903 72H
Hiigo Botatibcr M'icn;.
Mu.sicalia in der New York Public Librarv 7^W
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Die beste Methode, Yolks- und volksmäTsige Lieder nach
ihrer melodischen Beschaffenheit lexikalisch zu ordnen
Ton
Oswald Koller.
(Wieu.)
Melodien nach ihrer musikalischen Beschaffenheit lexikalisch zu ordnen
ist meines Wissens noch nicht Tersucht worden. Mittelalterliche Hand-
schriften ordnen, wenn sie einen Index der in ihnen enthaltenen Kompo-
sitionen anlegen, dieselben nach den Textanfängen, und auch bei neueren
Volkslied-Sammlungen hat noch immer der Text so sehr im Vordergrunde
gestanden, daß man die Melodien oft gar nicht aufnahm (Uhland) oder
sie doch nur als Beigabe ni rlon anderweitig — alphahetasch oder sach-
lich (Böhme, Erk) geordneten Texten ansah.
Sollen Melodien lexikalisch geordnet werden, so können je nacli Be-
schaffenheit ni;i! KiL'pnsrh.'iften der zu vt>r2eichnenden Musikstiieke ver-
.schiedene Anordnungen getroffen werden. Dieselben können entweder
von harmonischeui oder von rhythmischeui oder von melodischeu Prin-
zipien aus;;c'hen.
Eine Anordnung nach harmuniseheu Prinzipien stützt sich auf die
Tonart (Ml. Selbstverständlich ist durch eine solche Einteilung allein eine
ins Detail gehende Registi'ierung nicht möglich , sondern die Einteilung
nach Tonarten ergi^ht nur llaupte?nip(>en, die selbst wieder einer Glie-
deiung im Einzelnen Ix dürfen. Ks werdin auch nicht alle Gattunifen
von Musik eine Einteiluni: naeli Tonarten gleich gut vertragen. So alle
moderne Musik, weil wir darin nui" mehr zwei Tonarten, Dui und Moll,
hesitzen. Wohl aber ist es ganz gut durchführbar, giegorianische
Melodien, Messen- und Motetten-Motive mittelalterlicher Meister und
dergleichen nach diesem Prinzip einzureihen. Auch beim Volksliede,
namentlich wenn es in ältere Zeit hinaufreicht, sind die Tonarten so
Terschieden, daB es, wenn die Absichten des Sammlers dahin gehen,
sich inunerhin lohntj eine derartige Einteilung anzuwenden. Zwei Dinge
wären jedoch hierbei zu bemerken. Erstens, daß mitunter verschie-
a. 4. L M. IT. 1
2 0. Koller, Die beste Methode, Volks- und volksmäßige Lieder lexikalisch zu ordnen-
dene Helodien zu demselben Text in Terscbiedenen Tonarten stehen i,.
So sind bei Böhme Nr. 20 die zwei ersten Melodien äolisch, die beiden
folgmden joniscb; ebendaselbst ist Kr. 204a dorisch, Nr. 204b jonisch;
Nr. 279 mizolydisch, Nr. 280 dorisch. In diesem Falle hilft nidits an-
deres als ein Index der Texte, der überhaupt bei gar keiner Art der
Anordnung entbehrt werden kann, weil sich verschiedene Melodien zu
gleichen Texten auf keine andere Weise als durch einen textlichen Index
nadiweisen lassen. Der zweite b(>merkenswerte Umstand ist, dafi (beson-
ders beim Volkslied) eine Melodie mitunter iu einer anderen Tonart
anfängt, in einer anderen schließt. So ist bei Böhme, a. a. O-, Nr. 23
mixolydisch mit dorischem Schluß, Nr. 36 joniseh mit äolischem Schluß,
Nr. 106 mixolydisch mit phrygischem Schluß u. s. \v. In diesem Falle
müßte sich der Saiiunkr entscheiden, ob er den Anfang oder das Ende
der Melodie für maßgebend erachten will. Theoretische Gründe sprechen
für das letztere, praktische für das erstere. Denn nicht nur, daß in
allen diesen Fällen die Tonalität gleich zu Anfang ganz klar hervortritt
und daß, wenn man sich nach dem Ende richten wollte, nach der zum
Schlüsse empfohlenen Methode allerlei kuriose .Mi^t^idit-Hikliingen sich
ergeben würden; — auch Avenn nur ein Bruchstück einer unbekannten
Melodie zur Konstatieruug vurlu gl, ist es viel öfter der Anfang als das
Ende einer Melodie. Es wäre also die Klassitizierung nach dini Anfang
vorzuziehen. In zweifelhaften Fällen konnte zu dem Au&kuiiftbmittel
gegriffen werden, daß die Melodie unter beiden Kategorien registriert
wird, allenfalls mit einer Anmerkung, worin die Unregelmäßigkeit kon-
statiert wird. Hierbei möge auch bemerkt werden, daß die lydische
Tonart sich beim V^olkslied niclit vorfindet und eben so wenig — was
liier nachzuweisen nicht der Ort ist, sich aber aus der Anweudung meiner
Methode der Melodie- Verzeichnung ergiebt — die phrygische. Alle schein-
bar phrj'giscben Volkslied-Melodien sind entweder jonisch mit Terzschluß,
oder äolisch mit Quintachlufi. Somit blieben für das Volkslied nur vier
Tonarten in Betracht zu ziehen: Jonisch, Mixolydisch, Aolisch, Dorisch.
Jedenfalls ist die Einteilung nach Tonarten nur als Haupteinteilung ver^
woidbar und bedarf weiterer Unterteilungen.
Eine Einteilung nach rhythmüehm Prinsipien ist von Zahn in seinen
»Melodien des evangelischen Kirchenliedes« durchgeführt worden. Er
ordnet die Melodien zuerst nach der Zahl der Verszeilen in 2-zeiIige,
3-zei]^, 4-z6ilige u. s. w. Innerhalb dieser Gruppen finden wieder Unter-
abteilungen statt nach dem Metrum; zuerst die jambischen, dann die
trochSisehen, amphibrachyschen dactylischen Metra, dann die gemischten
1) Da die geforderten Beispiele der Methode Böhme'« Altdeutschem Liederbuch
entnommen sind, so sind auch alle andemi Belege soviel als möglich daher.
O. Koller, IHe bette Methode, Volks« und volksmäßige Lieder lexikalücli zu ordnen. 3
Metra: jambiftcli-trochiiiscli, jamlnsch-aniphibracbysch, juiiibisdi-dact} lisch
u. s. w. in allen Kouibinationen. «ladurch entstandenen Grujipen wcr-
dt ii ^^'Gordnet nach der Zahl der in ciin r Zeile enthaltenen Sillx ii und
/.war von der geringsten Silbeuzabl zur büchhieu aufsteigend. Finden
sich endlich unter dem gleichen Versmaß mehrere Melotlien, so sind sie
nach der Zeit ihres Erscheinens in chronologischer Folge aufgeführt.
Das ist ein sehr praktuehes System; aber eben für nichts anderes
zn gebnuichen als fttr das protestantische Kirchenlied. Denn abgesehen
davon, daß diese Methode nur für Yokafannsik und da nur dann zu ge-
brauchen ist, wenn die Melodie vollstfindig gegeben ist, so ist die Methode
nur dann anwendbar, wenn» wie eben beim protestantischen Eürchenlied,
auf jede Silbe eine Note Wlt Die ausgedehnten melismatischen Yer-
ziemngen der Yolk8lied->Melodie, die Refrains, die durch Binnenreime
unterteiiten Zeilen in diesem System so unterzubringen, daß eine gegebene
Melodie zweifellos an den richtigen Platz eingestellt, respektiTe eine un-
bekannte gefunden werden kann, dürfte auf unüberwindliche Schwierig-
keiten stoßen.
Es bleibt also noch das dritte Prinzip übrig, die Melodien nach ihrer
tudodisdu'u Beschaffenheit zu ordnen, das licifit nach der Höhe und Tiefe
der die Melodie bildenden Töne. Zu diesem Zwecke ist es praktischf
die Melodien erst in Buchstaben umzuschreiben und nach dies^ zu ord-
nen. Statt mich in theoretische Erörterungen einzulassen, möge es mir
gestattet sein, auseinander zu setzen, welche Erfahrungen ich bei meinen
eigenen, nach diesem Prinzip geordneten Sammlungen über weltliche Musik
des Mittelalters gemacht habe und welche Umstellungen meines Zettel-
Materiales ich vornehmen mußte, um endlich zu einer Anordnung zu ge-
langen, welche meinen Wünschen und Bedürfnissen entspricht.
Eine Scheidung nach Sprachen nahm ich nicht vor; denn es lagen
nicht nur textlose Kompositionen vor, bei welrheTi einen Text beizusetzen
viui dfiii Schreiber vergessen worden war; es linden sich auch dieselben
Kunipositionen mit verschiedenspracliigen Texten [Fortuna tU^jmaffij
Rom, Casanat., O V 208, fol. 102; Paris, nouv. acq. fr. 4379, fol. 40;
C'ortona, 95, fol. 17 — aber Fortune despercc, Brit. mus. , addit. 31922,
fol. 4. U öerviteur, Dijon, 295, fol. 88; Trid. 90, 358; Perugia, Eibl.
Comm., G. 20, fol. 77; Florenz, Riccai-d.. 2794, tut. 22: Florenz, Bibl. Naz.,
Cod. Magliabecb. 59, fol.! 278; Paris, nouv. acq. fr. 4379, ful. 25; Pavia,
302, fol. 40; Udbecaton, 37 — aber Jo son tuo serritor, Paris, Mb. fran^-
15123, ful. 92]. Für Volkslied -Sannnluu^ n ist diese sprachliche Ver-
schiedenheit von keiner Bedeutung, da derartige Samuilungen voraus-
sichtlich imruer nur einsprachig sein werden.
Ich schrieb also die Melodie-Anfänge in Buchstaben um (statt k und
b gebrauchte ich ausschließlich Alterationen des Tones dnrdi !^ oder $
1*
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4 O. Koller, Die beste Metbode, Volk»- und ToUcBuulßige Lieder lexikalisch zu ordnen.
wurden nicht bczeiclmet) und ordnete diese Buchstaben nach dem sprach-
lichen xVlphabet ohne Rücksicht auf die diidurch bezeichiuHe Tonhöhe;
ali>ü zuerst alle Melodien die mit -1 anfingen, daini die mit />, r u. s. v.
bis G. Innerlialb jeder Gruppe wieder nach dem zweiten Buchstaben,
diese Untergruppen nach dem dritten u. s, w., so lange, bis eine genügende
Differenzierung erzielt war, ganz wie in einem Wörter-Lexikon. Diese
Ordnung hatte den Nachteil, daß hier unzusammengehörige und un-
verwandte Melodien zusammen kamen, Terwandte getrennt waren, daß
Melodien in verMliiedeiieii TonhShen, a und a', b und durcheinjuider
kamen; . daß überhaupt nur eine scheinbare Ordnung fürs Auge, aber
keine wirkliche mnsikaliBche Ordnung ▼orhanden war; denn auf eine zum
Beispiel mit a d' beginnende Melodie konnte eine mit a' e\ auf eine mit
a d bannende eine mit a e' folgen.
Es wurde daher das ganze Zettel-Material umgeordnet und zwar nach
der Tonhöhe. Die erste Gruppe bildeten die Melodien mit dem tiefsten
Anfangston [d)^ die zweite die mit die dritte die mit f u. s. w. auf-
steigend bis f*. Innerhalb jeder Gruppe wurde nun die Ordnung nach
dem zweiten Ton in aufsteigender Folge hergestellt: also zuerst die mit
d Ä beginnenden Melodien, dann die mit d dOy dd^ <f « u. s. w. bis
d a. Ebenso wurde mit der Ordnung nach dem dritten Tone verfahren
und so fort, bis eine vollständige Eingliederung der Melodien erzielt war.
Meist genügten zur lexikalischen Einordnung 5 — 6 Töne. Nur bei be-
sonders häufig vorkommenden Anfangsgruppen [defed^ defefy defgfy
defgttf fgaba, fgahe^ gfgba^ gabag^ gabab und verschiedene
andere) mußte sich <lie Ordnung über 8 — 9 Tone respektive Buchstaben
erstrecken.
Aber auch diese Anordnung genügte noch nicht; denn es zeigte sich,
daß in verschiedenen Handschriften derselben Komposition eine größere
Note in mehrere kleinere zerteilt war. Infolgedessen war in den ver-
schiedenen Vorlagen die Ordnung der Töne eine andere und die zwei
Varianten kamen nicht in dieselbe Gruppe. Besonders störend war dies,
wenn die Differenz beim ersten oder zweiten Ton vorkam.
So lautet zum Beispiel Se?d a per nioy von Busnois in Trid. 89,
420 und Paris, Ms. fr. 15123, fol. 156:
das ist g g' d" c b'
in Florenz, Bibl. Naz., Cod. Magl. 59, fol. 61 aber:
p— ^— das ist g' d" e" h' u
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0. Koller, Die beste Methode, Volks» und voUcnnäßige Lieder lexikalisoli jsu ordnen. 5
oder EnM je suv^ von Josnuin in Florenz, Kiccard. 2794, fol. 69; Augs-
burg, ful. 42; Brüssel, Cod. 22b, iol. 28'; Cortona, fol. 19:
0ß
gI[7J J ^-^^ * r j> " ' ' das ist d'd'd'a'b'
in Wien, Hofbibh, Cod. 18746, fol. 24 aber:
das ist d' a' V c'
non fttfj(/ir von Francesco Landino ist notiert in Florenz, Bil>l. Xaz.,
Cod. PaiK iatichi 26, foL 56; Florenz, Laurenz., Cod. Squarcialupi fol. 144
und Paris, Ms. noiiv. acq. fr. 6771, fol. öl:
in Padua, Cod. 1475, foL 1:
III J J das ist d' d' e' f g'
Dieser Mangel wunle dadurch behoben, daH ülx iall dort, wo eine
Xote sich wif'dcrholte, dip zweite eventuHl dritte ;,d<-i( li<' Xdic nicht mit-
jj'eri'clmct wurde. Es ist also das frst«' i>fi>j)i(4 unter (j' </" c" b' a\ das
zweite unter d' n' !>' r" d" , das dritte unter 'I' ' ' f <}' <i' •'in'.'e reiht. In
dieser .Anordnung emilieli entspricht nieiiu' Anordnung allen ineinen Wün-
.'ichen und Bedürfnissen und hat niicli nocli nie im Stiebe gelassen. Nur
bezüglich eines Falles wußte ich mir noch nicht Rat zu .schaffen. Das
ist dann der Fall, wenn eine KomjKisition sich in einer Tran^pusition
vorfindet. So lautet l im /N'jsijur J, lusraiiu von Josquin in Born,
( asanat, 0 V 208, fol. 07 und Cortona f <i' a h' a . In FloreUA
Cod. Magliab. 59, fol. 149 ist dies Stück jedoch in die Unter<juarte trans-
poniert: c' d' e' f e'.
Vostre hauU bniit von Agrieola lautet in Florenz, ^lagliab. o9, 68
y' f d' c\ in Rom, Cnsiinat., O V 208, iui. 40 dagefren d' h' a (j.
Ja sogar Transpnsitionen in die Terz (wenn die iiaudseln iften nicht
etwa falsche Schlüssel haben; konnnen vor. So lautet zum Beispiel:
Oiä jter cJi' io von Francesco liandino in Florenz, C<»d. Panciatichi 26.
fol. 2 und Laurenz. 108 e f e' d' c\ in Paris, Ms. ital. 568, fol. 68 und
Paris, Nouv. acq. fran^. 6771, 48 jedoch y' n' g' f f'.
Für solche FäUe habe ich, wie oben gesagt, noch keine Remedur
gefunden, sondern bin anf den glücklichen Zufall angewiesen.
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6 0. Koiler, Die beste Methode, Volks- und volksmäßige Lieder lexikalisch ta. ordnen.
So sehr mich die eben erläuterte Methode bef^ed^^?t, und so zweck-
mäßig ich sie für die Katalogisierung aller Art von Kunst-Musik halte,
st) wenig möchte ich sie für die lexikalische Verzeichnung des Volksliedes
eiapfelilen. Denn daß das Volkshed aus der mündlichen Tradition auf-
gezeichnet wird, bewirkt, daß die absolute Tonlxihe eine schwankende und
die Fixierung derselben mehr oder wenigor \on der subjektiven Empfin-
dung des Aufzeichnenden abhängig ist. Es müßten daher entweder alle
Volkslieder auf einen und denselben Grundton transponiert werden, o<ler —
was mir zweckmäßiger erscheint - man notiert überhaupt nur das Inter-
vall-Verhältnis der einzelnen Töne, so daß der Grundton durch 1, die
Sekunde durch 2, die Terz durch 3 u. s. w. bezeichnet werden. Inter-
valle, welche unter den Grundton herabsteigen, habe ich mit römischen
Ziffern notiert. Es bedeutet also II die Unter-Sekunde, III die Unter-
Terz u. 8. w. Ob die Terzen, Sexten imd Septimen groß oder klein zu
▼erstehen sind, kann durch Beifügung der Tonart ersiehflii^ gemadit
Verden. (Im Mixol^-dischen ist nur die Septime klein, im Dorischen Terz
und Septime, im Aolischen (Moll) Terz, Sext und Septime). Alteri«:te
Töne kann man, wenn es notwendig oder wQnschenswert scheinen soUte,
immerhin noch durch Beifügung eines i oder ^ kennzeichnen. Doch dürfte
dies, abgesehen von Ausweichungen in andere Tonarten, was aber mei-
stens auf Entlehnung oder doch zumindest Bednflussung durch moderne
Kunstmusik hinweist, kaum anderswo, als bei der Erhöhung des Sub-
semitoniums in Moll Torkommen.
Das Volkslied besitzt aber gegenüber der Kunstmusik noch eine andere
Eigentümlichkeit Das ist die Tariabilität der dturchgehenden Noten.
Aus diesem Ghrunde scheint es, um nicht in eme verwirrende Mannigfaltig-
tigkeit zu geraten, gut, nicht alle Noten des musikalischen Textes, son-
dem nur die Hebungen zu fixieren. Es wird also:
— L
251
ist ein feinsln'auns Mui-de -lein ge - fal*lcn in mein sin
zu notieren sein: 124 2, 321;
5
Ich var du - hin, wann < muli sem ich schaid mich von der lieb-steu meiu
ist zu bezeichnen: IIY 8 1, II 2 U IV.
Dabei bind jedoch nocli fol^rriidc Pimkte zu berücksichtigen:
Ij Die dreifach goh<d)en(' V'erszeile mit weiblichem Ausgang ist, wie
die altdeutsche Metrik lehrt, eigentlich nur eine Abschwächung einer
irierfach gehobenen mit männlichem Ausgang. Die Nibelungen- und alle
Digitized by Guv »v.
0. Koller, Die beste Methode, Volks- und volksmäL^i^ Lieder lexikalisch zu ordnen. 7
damit verwandten Strophen geben genügenden Beleg. So muß auch hier
beim Volkslied die letzte Silbe in ihre alte Würde als Tierte Hebung resti-
tuiert werden. Es ist also zu lesen und zu notieren:
3 4 5 5
Ich will zu land ausreiteu
3 4 5 5
AS wonet lieb bei liebe
1 3 5 5
Ich spring an disem ringe
1 1 u i\;
Entlaubet ist der walde u. s. w
Meist stinimt der mu'^ikalischc Rhythmus zu dein textliclieu.
2) Nicht bei inodcrDoii. jetzt im Volksmunde noch lebenden Liedern,
"Wohl aber bei den aus fiiihercr Zeit stammenden, wie sie uns in den
Tenoren der Forster'sclien , Schöff er sehen, Oeglin'schen u. s. w.
Siiimiilimtjen vorliepren , sind die Tiieder-Melodien aus ihrem natürlichen
liliytliiiMi^ jrobraelit . zerdi'hnt, verzen't. In diesem Falle ist nicht der
umge^>lait« te musikahäche Kbythmus, sondern der natürliche Khythmus
des Textes maßgebend.
Oft ist, um ein Tempus auszufülleuj die Anfangsuote verlängert:
— ^ — — — «sd
<s^
An« her • tem we klagt tioh ein held
Das ist zu lesen:
in 1 2 1
Au.^ hertem we klagt sich ein held
Von od - 1er art, auch rein und zart
7 5 3 m
* * f t
Von edler art auch rein und zart
Aber auch im Innern der Verszeiieu kommen solche Verrückungen vor;
^ —
Inns-
1
— äf ^ -.|
bruek ich maß dich la» - aen
3 4 .3
« I II
Lmsbruck ich muß dich lassen
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8 O. Koller, Die beete Methode, Volk«- und voüumiißige Lieder lexilaüiwli m ordnen.
WH nie-mtnd tin - gen, lo sing » - ber idi
3 5 4 2 1
f I t f •
Wil niemaud singen, so sing aber icli.
(IHese Zeile könnte aber auch scandiert werden:
11 3 2 3 2 1
Wü niem^d singen, so sing aber ich.)
Nu grüß dich gott
du ed - 1er lafft
-a —
1 1.
Vnd bM - tu gtt - gel tm - den.
5 6 7 7
t »II
Nu grüU dich gott du edler safft
4 5 7 5
Ynd hastu gngel fanden.
3: Selbstverständlicli nind die Melismen nicht zu berücksichtigen.
Es ist also
tj> ZI
m
lob ar - mes meyii-U iu klag mich 9gt
ZU lesen:
III 1
' ' ' . '
Ich armes meydlein klag inii h ser.
Wie sehr Meliamen in verschiedenen Ml lodie- Fassungen abweichen,
kann zum Beispiel aus >Die Sonn die ist verblichen« (Böhme, a. a. O.,
Nr. 116} ersehen werden.
Nach vorstehenden Prinzipien sind als Spezimcn die 3(30 ersten Nuin-
mem aus Böhnie's Altdeutschem Liederbuch bearbeitet. Für die prak-
tische Brauchbai-keit der Methode scheinen drei Beobachtungen zu spre-
chen:
1) Es ergiebt sich fttr die verschiedenen Melodien eine ausreichende
Differenzierong, die durch yerhSltmsmillüg wenig Zeichen ersichtlich ge-
macht werden kann.
2) Verwandte Melodien kommen auch lexikalisch nahe zu einander.
So stehen die Varianten des Herzog-Emst-Tones unter 1131, 2321^
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O. Koller, Die bette Methode, Volks- nd vollum&fiige Lieder lezilnüiecli zu ordnen. 9
1 1 31, 3221 — 1 1 31, H 34 2, die drei Molodien zum Liede vom
Buchsbaura und F( l})in-('r unter 1 2 4 2, 4322 — 1 lM 4, 4322 —
1 2 4 4, 4 3 3 2, die bei(ien Melodien zu «La rauschen« unter 12 5 5, 532
und 12 5 5, 542 u. s. w.
3j Gleiche Anfänge bedingen nicht inmier gleichen Verlauf der Me-
lodie. So weulu-n bei 1 24 2, 124 2 'Böhme Nr. 13b und 93) oder
155 2, 4 531 (JJöhme Nr. 59 uiul löla die Melodien in der weiteren
Folge von einander ab. In manchen Fällen aber kaiiii der Gleichlaut
der Anfänge zu überraschenden Entdeckungen tuliren.
So zeigt eine Vergleichung der beiden mit l 1 IV 2, 2 II TV beginnen-
den Melodien, daß >Mein hertz hat sich gesellet« (Böhme Nr. 144] eine
Erweiterung von »Mir gliebt im grünen meien« (Bdhme Nr. 143) ist.
Die l»6id€fi mit 1355, 763 beginnenden Melodien »Hei viel ein himels
touwe« (Böhme Nr. 113} und »Herzlich tut mich erfreuen« (Böhme
Nr. 142 zeigen sogar so wenig Yenchiedenheiten, daß sie nur als Va-
rianten ein und derselben Melodie aufgefaßt werden liönnen.
Auf diese Weisen glaube ich, ist den Anforderungen, welche an eine
brauchbare Methode zur lexikalischen Ordnung von Melodien gestellt
werden^ Genüge geleistet Wer mit der englischen Tomb-jSSt»^ jVMethode
vertraut ist, mag seine Melodien darin notieren. Das Endergebnis wird
mit dem der oben erläuterten Vorschlüge im Wesentlichen fiberein-
stinunen.
Thematisches Verzeichnis
der ersten dreihundert Nummern aus Böhmens Altdeutschem Liederbuch.
4
Die arabitdieii Ziffern be/ei<-hnen die Intn-valle aafwarts vom Grundton, die römischen
Ziffoni die IntTvallc alnvürt« \otii Grufulton. Auf th n Tt xt;iiifang folgt die Angalw
tltT Tonart, des Gniudtones und der ^r. in Böhme n Sammlung.
IV IV III Iii, 1 II V VI Doen Hamchin or^r dn- imde reit. Jonisch mit
Terzschluß (nicht Phrygisch), C, 82.
IV IUI IV, HIV Tch frag, sich imll gfnUen. Jonisch, (\ 300.
IV III 11, 2 1 TV Ar/f Oo'ff^ nie weh Ihut sdteiäm. Jonisch mit Terz-
schluü (nicht Pliry^n"srlr, (\ 262.
IV III 13, 1 III 1 Ich .stund auf hohem ßerye. Juniscb mit äolificLem
Schluß, C, :}f).
IVII32, 412 Het ilaijhut tut den oosfen. Doi-iscii tran^i><'ni" it, G, IB.
IV 113, 1 II 1 TV Ks rill rill ritler wol durch ein ried. ^Volisch mit
Quintschluß, A, IHa.
im 1 III. II IV II 2 TJfr llahinin. Mixolvdisch transponiert, C, 15,
im, 2 1, 3r);M Wnch nnff iiuuu hrr\. ,I(-nis( h, 0, 105.
III 1 2 1, 3 53 1 Aus herieut ucJi klatjl .sich eiu Jtdd. Jouihcli, C, III.
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10 O. KoUer, Die beste Methode, Volks- und rolksmäßige Lieder iexikaliaoh eu ordnen.
1 IV V n, VII TT III Do inittenfasten es geschach. Aolisch, A, 33»).
1 IV ni 1, 112 III TV hin in> idlein sagt mir freundlich '.u. Jouiscb mit
Terzschluß ^uicht Plirygisch), C, 199,
1 IV 3 1, II 2 III\' Ich rar dohin trau es muß sein, Jünisch transponiert.
G, 252.
im V V, 1 1 V Der mei tritt rhein mit frettden. Mixolyd., G, 146.
1 III V IV, 3 21 Mein gmütütfmrvertnrret, Äolisch transponiert Quint-
schluß, 220 (Kann auch F-dor mit Terzscbluß sein, Tide 6423;.
imilV, niiyiniV Wor igjuive vaäer HomUtei, Joniscli, C, 233.
Iini2j 5liniV Ben diu^ en teil niet verborgen sijn. Jonisch, C, 103.
in y IV, n IIV Ach got^ wem sdlich Wagen, Dorisch transponiert, G, 242.
inni, 331 EiSnmt (eh von herben singen. Aolisch, A, 20.
im IV) 1 rV Ewiger Oot, aeh vater mein. Jonisch transponiert, F, 286.
11121, l3nrV Ich weiß ein stoUxe graeerin. Jonisch mit Terzschlufi
C, 88,
1112in, ininiV IHefdedeMndi8ehmägddein.Jori.tn^^
1II2II, nimi Es ist auf erden kein ediifnerkben. Äol. transp., G, 266.
inSII, 211 Vor Zeiten tear ich lieb und wert Äol., A, 210.
1 IIWI, V VIVTIII Eeut ist ein freudernne/ter tag. Jon., 0, 272.
IIIVIV, 2niy Mein mütierlein, mein mittterkin. Dorisch, D, 224.
1HV2, 2IirV Mir ^iebt im grünen meien, Jon. tiansp., B, 143.
11 IV 2, 211 IV Mein herx hat sush geseUet Jon. transp., A, 144.
Iliy2, 321 Es ist der morgensteme, Jon. transp., F, 109.
I iniV, nmiy Es, stet ein Und in jenem tat, Jon., C, 177.
liniV, 31IV Entiaubet ist der watde. Jon., 0, 257. 258.
I I niV, 3 421 Es naht sidt gegen meien. Dor. transp., G, 214.
11 HIV, 4423 WeOe gtoß wunder sdutuen wiU, Jon., G, 22.
1111, 2532 JeA armes megdlein Idag mich ser. Dor. transp., G, 212.
1122, 3112 Der meie, der meie. Dor. transp., G, 280.
1122, 542 Unlust tet didi griißen. Äol., A, 221.
1 12 2, 552 Mit tust tet idi ausreiten. Dor. transp., G, 184.
1 12 2, 552 Nach osüand will icft faren. Dor. transp., G, 185h.
1 12 2, 7545 Es iraä eins pa'unn döc/tterlein. Mixolyd., G, 192.
1 1 2 3. 2 4 3 1 Ach got, u ejn sol ielt klagen mein leid. Jon. transp., F, 216.
1 1 3 I\', 1 1 1 Der tri/t fcr ist vergangen. A(»l., A, 114.
I 1 3 IT, 3 11 Eilend hat mich umfangen. Äol., A, 211.
I I 3 1, 2 3 2 1 Es für ein hcrr tms erentreidt. Äol. mit Qaintschluß
nicht Phrvg.), 4 h.
1131, 32 21 Es für ein herr tras erentreie/t. Äol. mit Quintschluß
(nicht Phryg.), 4 a.
1) Die von Böhme ergänste letzte Note dUi^ nicht f sondern Ä sein.
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O. Koikr, Die bwte Methode, Volk»- and ToUumäßige Lieder lexikalisch za ordnen. H
1131, 3 3 4 2 Es war eimnaL cm reicher mann. Äoi. mit Quintschluü
(nicht Pliryg.l, 4c.
1131, 3353 JCs hat fin Imner cht föchfer/tiit. Jon. transp., F, 90.
113 2, 1 1 III Orh mumlpn, lere nwder. Dor., D, 292.
1133, 1 3 1 n Es ging ein uolgewgner hi^cfiL Aol., A, 57.
1133, 3533 Guckguck hat sicli xu tod ^fallen. Dor. tranp., G, 168.
113 5, 1 IUI lY Drei lai4b auf einer Undm, Jon. transp., F, 174.
114 2, 1355 JA hev se mdi np de at^iolen gebracht Aol transp., D, 95.
1153, IbS&tagtin Osterridie, Dor., I), 18.
1154, 3121 Jeb armer man was hob ith Ihan. Dor. transp., G, 260.
1211111, imi Jcft weyß ein käbsdte müUerin, Jon., C, 44.
1 2 nin, 131 Mein frewd miSeki 9kh wol kenn, Jon. transp., F, 128.
1 2nin, 4 1 IV J& ein Und in jeiiem iaL Jon. transp., F, 176.
1 2 n 1, 341 Ich hört ein frewHn klagen. Jon. transp., F, 117.
121 n, 3552/7» ftttls drindm gave, D<v. transp., 6, 35.
1 2 2I£[, 1 n VI icft tmß mir ein eehSm MüUenn* Jon. mit Terrachluß
(nicht Phiyg.}, C, 43.
1 2 2 4, 431 Es warp ein schöner ßmgdingk. Dor. transp., G, 25.
12 25, 43 n Arh Elslem, Dor. transp., G, 24a— c.
1 2 3 II, VI II 2 Ein alter man irolt sich freu en. Dor., D. 2;i7.
1 2 8 TT, 3 5 2 Was woln wir nf}er singen Dor. transp., G, 34.
1231, 13 24 Kindf wo bist du hin gewesen. Jon. transp., F, 96.
1 2 3 1
1231
1 -1 3 3
1233
12 42
1242
1242
1242
12 4 2
12 42
12 42
12 44
12 44
1244
1244
1244
1244
1244
1246
1255
2 4 3 2 Hein\, wiletu Christa han Jon. mit Quintschluli, F, 235.
4 312 Es wolt ein meidlein wasser holn. Jon. transp., F, 60.
24 3 2 Icli wavi mir einen anger breit. Jon. transp., F, 71.
5 3 II IrJi mir Jtechfen rinen '.nun. Jon. tmnsp. F, 141.
124 2 Ks ritt gut rciitfr durch das ricd. Aol. tr^Tisp., G, 13b.
124 2 Ks ging ein niiillrr woi über feld. Aol. trans|).. G, 93.
21 Plt wolt (in fraw \mn wehte gan. Jon. transp., F, 244.
H 1 Ich nrif} mir ein mrid/rin. Jon. transp., F, 200.
3 2 1 Jlir i^t ein scfuins brauns mcidelein. Mixolyil. transp., F, 196.
4 3 2 2 Und wolt ir hören newe mär. Mixol., G, 273c.
54 24 Xu iveü wir (ihcr tief im aii. Jon. transp., F, 21.
4 2 ö 1 Ich weiß ein ftina braune niridekin. Jon. transp., G, 197.
43 2 2 Und wolt ir hören newe niuer. Mixol., G, 273a, b.
4 3 2 5 Es het ein bawr ein töchterhin. Mixol., G, 52.
4 33 2 Und wolt ir hi}ren newe maer. Mixol., G, 273a.
4351 Idi weiß mir ein fein Jun fraulein. Jon. transp., G, 197b.
4 353 Out Heniüke über die heffden reit Jan. transp., F, 66a.
6 55 Ich bin durdi frewHns willen. Mixol., G, 121.
4 2 4 stund auf einem berge. Jon. transp., G, 36.
343 Ach got wem sol iehs Idagen. Dor. transp., G, 208.
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12 O. Kolbr, l)ie beste Methode, Volk»« tmd volkamäßige Lieder lexikaUscb zu ordnen.
1255, 53 2 ha rauschen mhdein rauacJa/i. Jon. transji.. (j, 180a.
12 5 5. 542 Tch hört ein siehelin rnnsehen. Aol. tniiisp.. (t, 180b,
1 H II 1, 32 1 J}fr briiiihlii die du jJicßtn. Dur., JJ, lo.'i
18112, III 1 1 Es jloy ein kleins noldrögeUin. Jon. traiisp., F, 184b.
1311, 2 IT 1 2 Ach aorgc du inust xuruchc stau. Dor. transp,, G, 152.
1313, 531 Idi armes keuxkin Ideine. Jon. transp., F, 172, 173.
131) 4&3 Et frat e Kmenk §enxt dem Rdnj,^ Äol. transp., E, 14
131 5f 1215 Der saure wixUer ist ao kcdt Aol., A, 154.
1321, 1 Uiy Jehhet mir ßrgenomen. Äol. mit Qnintschlufi A, 215a, b.
1321, 4222 Der winter ist ein omvert gast Äol. A, 151b.
1321, 5655 Es wurb einmal eins känigs son, Jon. transp., F, 49.
1321, 5785 Ach mutier gib mir keinen man, Jon. transp., F. 89,
1323, 531 Wach auf meins herxens sehäne. Jon. transp., F, 118.
1323, 641 Wohuf geedl von hinnen. Jon. transp., F, 260a.
1324, 3 n 2 JeA weiß ein häpsche fraw fhdurin. Dor., B, 45.
132 4, 3121 Die höchste fremd die id^ gewan. Jon. transp., F, 209.
13311, 132 Warumb wüt du weg xidien. Äol. transp., D, 267.
1331, 5 5 5 Ein ntegdlm an dem laden lag. Mixol., 58a.
1 *5 31, 6543 Es stet ein lind in Jenem teU. Jon, transp., F. H(»
1 8 3 0. 3581 0 WC der xcit die ich rerxert. .Ion. transp., F, 213,
13 4 2, 532 Es tfiijct iiiinnccli/^he. Mixol., G, 17.
1343, 5 2 1 TT Innsl/ruck ich muß dich lassen. Jon. transp., F, 254.
134 5, 5866 Een ridikr ende een metfsken ionr, Aol. transp,, D, 70,
1351, 8511V Es ligt eirt schloß in Oesterreich. Jon. transp., F, 27.
135 1, 3 5 UV Es ligt ein hnuß in Oberin ndt. Jon. transp., F, 28.
1 351,554 1 Wie kwnbts daß ich so traurig bin. Jon. transp., F, 248.
18 51, 5785 />pr f rechter der bl/r<i an den tag. Dor. transp., G 102.
1351, 8765 Ach Jungfrau u- wolt ir mit mir gan. .Ton. transp., F, liX).
1 3 5 2, 441 Ein armer man uolt wcibrn. Mixol., (t, 236.
18 5, 3 3 1 Ein leerer ruft riJ Int. Mix<»l\ d. mit phrv^r. Anhanfj, G, 106.
1 3 5 8, 541 Vo/t (Irlnetu-rgrti bin tili h/>. .Ion. transp., F, 185a, b.
13 5 3, 5421 Juiiclfntrleiii sül teil mit euch gan. Jon. transp., F, 186.
1 3 5 3, {}ä53 l)«r nirg ud sich mit gnnsfen. Jon. transp., F, 157.
13 54, 64 5 Irh .sffJt auf einem hohen Ixrg. Aol. transp. I), 87.
1 3 5 5, 1 355 Wolt ir hocren ein nrins g( dicht. Jon. transp., F, 285.
1 8 5 5, 24 1 Es ist ein schnee gi f(ill> n. Jon. tiaiis|).. F, 164.
13 5 5, 4 8 n Ich stund an einem morgen. Aol. mit (^uintschluß [riiclil
Pliryg.,!, A, 26Ua.
1355, 5 63 Idf spring an diesem ringe. Jon. transp., F, 291.
1355, 655 Es flog ein kleins icaldvögelein. Jon- transp., F, 115.
1355, 6 75 Ich verkünd eudi newe nuere. Mixolyd., G, 7.
1355, 7 63 Het vid ein himels touwe. Jon. transp., F, 113.
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O. KoUer, Die bette Methode, Volk»- und Tolknnäßige JUieder leodkalisch zu ordnen. 13
13 50, 7 63 Her'Jich tui )nir]i erfreuen. .lun., C, 142.
13G531 All mein gedanliu Jon. traiisp., F, 127.
1412, 1412 Het voer cen sctepUn orer ryn. Jon. transp., F, 80.
1421, 641 Snn laubc luidlein laube. IMixolyd.. ( r, 175.
1424, 4654 Ilct mir ein e^pesMVciglcin. ^Slixülyd., G, 178.
1531, 1531 Gut reiter bei dem weine saß. Jon. transp., G, 75.
1531, 2 52 Xaer oostland willen wfj rideu. Aol. transp., G, 186,
153 5, 5733 Em boernian ftad een domnten sin. Dor., D, 822.
1543, 1543 sing ein U$d und weiß nidä icie. Jon. transp., F, 201.
154 5, 1322 Mn meidlein xu dem brtmnen peng. Dor. transp., G, 63.
1551, 6753 Wenn kh des morgens früh aufsteh, Jon. transp., F, 204b.
1552, 4531 Der fastdabend tritt hierein, Dor. transp., G, 151a.
1552, 4531 Es weit ein meidlein waaeheu gan. Dor. transp., G, 59.
1552, 5312 kh toeiß mir ein wundersdnäne meid. Dor. transp., G, 55.
1555, 3321 Ein kukuk tcdt ausfUegen. Jon. transp., F, 170a.
1555, 4653 Ich ipeiß ein fettts braune meiddein. Jon., C, 293.
1555, 4653 Ich iveet mtr eene schone mögt. Jon., C, 294.
1565, 5765 Der scheffer von der nuiven etat. Jon. transp., F, 298.
1565, 6875 Es het ein meidlein dn reiter hold Dor., D, 118.
1 5 6 8, 431 Xnch grüner färb mein herx, verlangt. .Jon. transp., F, 206.
1 5 7 3, 5555 Dar licfit ein etat in osferrick. Aol. transp., D, 158a.
1 ") 7 '', I) 4 3 giengcn xtro gespi(k>n <jnt. Aol. transp., I), 41.
15 7 3, 5765 Dar licht ein sfnt in osterrick. Aol. transp., D, 158b.
1 5 7 4, 7685 Zwifu-hen borg und tiefem toi. Dor. transp., G, 163.
1 5 7 5, 5533 TUe wdt hat einen thunimen mut. Dor. transp., G, 82a.
1 5 7 5, 6753 Der reich man war geriten aufi. Jon. transp., F, 46.
1 5 7 5. 8877 Ks für ein meidlcin übern see. Dor., D, öö.
1 5, 8 5 5 Vntarn slaf. Jon. transp., F, 297.
1 5 8 7, 4255 n-olt ein niagd \n kin\e gan. Jon. transp., G, 152.
17 2, 1 II IV Ach got was mieden tut. Äol. A, 253.
1 7 5 2, 152 Die sonn die i.tf rerhliehcn. Dor. tnmsp., G, 116.
175 2, 445 Tm rauschen Urb la rauschen. Mi.\ol., G, 179.
2 in n IV, 1132 Ich armer hnhik. Jon. transp., F, 170c.
211111.34 1 lltlf got daß mir (jdinge. Dor. transp. G, 20U.
2 II 21, 34 5 5 Der gnt'.gamli iiitf di')n \nnu( aap. .Inn. transp., F, 167.
2 1 2 4, 2431 Ich kai^ genagt du si lnmr magd. Mlxolyd. tnuisp., (', 203.
2 2 2 5, 312 Det rora twa adle komnn/dhftrn. Aul. transp., (i. 2(i.
2 3 55, 4 3 II CWahnscheinlkli ein FcliK r statt 1 35 5.) Ich stund an einem
morgen. Aol. mit Quintscliluü A, 269b (bei Böhme, a. a. 0.,
soll zu Anfang TeuorschUis.sel, nicht Altschlüssel stehen).
3113, 3113 Sie legten üm auf einen tisch. Äol. transp., G, 23b.
3113, 3521 Walauff wclauff mit lauter stimm, Jon. transp., F, 101.
14 O. Koller, Die beaie Methode, YolkB> und vuUumäßige Lieder lezikAliach zu ordfien
3 1, 31, 211, 2 IV Vrinuien l.o„un( alle gare. Äul., A, 8.
3 2 1 2, 3 5 5 Frisch auf mriii liebes töchterkin. Jon., C, 227.
3 3 4 2, 3 3 41 Es sott ein meijdlm fni aufstan. .Juu. traiibp., 42.
3 3 5, 3 3 5 Du Simdrin unltu mit Dur. transp., G, 290.
3 3 5 3, 5 31 Es /lug e kli uailt fjekin. Jod. transp., G, 223.
3 36, 531 Wie stet ir alle hie. Jon. transp., G, 283a.
3 35 &, 531 LwtiUek hat mk geaeUet Jon. transp., F, 131.
335, 541 Kukuk du bist sdiabab, Jon. transp., F. 170b.
385d, 4 3n Die tnutter sprach zum W^äerUin, Äol. transp., G, 228.
3442, 7755 Kompi her ir singer u, ireU herfür. Dor. transp., G. 239.
3 4 5 1| 552 Nun feäl du reif du kalter seknee. Jon. transp., F, 155.
3451, 4 7 2 Idi ritt einmal spazieren. ,,Dor. transp., G, 189.
345, 4 5 3 lek gieng bei eiäer nadtt Aol. transp., 74.
3455, 3342 Es woU ein meydlein ein btden han, Aol. transp., 6, 232b.
3455, 4441 Trawt henslein über die Heide reit. Jon., F, 66b.
34 55, 541 Hilf got dag mir geUnge, Jim* transp., F, 20c und 20d.
345, 543 Es sasa ein eul und span, Aol. transp., D, 73.
34 5 5, 575 Idi unll xu land ausreiten. Dor. transp., G, 1.
3 4 5 5, 7 6 4 jE!s u onet lieb bei Hebe, Äol., A, 19.
3 4 55, 87 3 Wolauff mr vollem wecken. Aol, transp., G, 112.
3 4, 6 3 4 h VU laut so ruft der lerer auß mit Kytinen. Aol. transp., D, 107.
3 5 31, 3 5 31 Wie steht ir hie und seht mich an. Jon. transp., F, 283 b.
3 5 31, 3 5 3 1 Will niemand singen so sing aber ich Jon., C, 282a.
35 31, 4 35 Die bauren von 8t. FiiUen, Äol., A, 296.
3533, 31X12 3 Wiä niemand singen so sing aber icft, Jon. transp.,
F, 282 b.
3551, 2455 Es ritt ein fürst in, frenuks latul. Mixolyd. mit donscbem
Schluß, G, 123.
3 5 5 3, 2 2 2 Joseph lieber Joseph. Äol. traus»p., F, 94.
3 5 5 4, 64 Sieh baurenknccht hf^s mir die roseti stau. Mixol., G, 222.
3 5 5, 5 3 2 Venus, du und dein kimi Aol. transp., D, 219.
3 5 .5 5. 8 6 8 5 Mir ist ein rot (juUi fingerlein. Jon. transp., F, 195.
35 6 4, 53411 Wmn ieh dis iinrrijem fm auf steh. Dor. transp., G, 204 a.
5124 3, 5 2453 Der Morgens im/ ist (nifjcij'nujeii. Jon. transp, F, 108.
5151, 64 2 1 Ir sdinesterlein. Jun. traiusp., F, 2b7.
5 2 5 2, 3 1 II 1 Ich südi niinen herrn van Valkensteen. Aol. truns>p., G, 29.
541 1, 543 Nun schür i dich Oredlein. Jon. transp., F, 53.
5 4 3 2, 5432 Es geht ein dunckie wölken rein, Dor. transp., G, 207.
5433, 5451 Oar hoch auf jenem berge. Jon. transp., F, 245.
5464, 531 Mein femMb ist van ftandem. Jon. transp., G, 217.
5543, 363 Ich will und muß ein bulen kan. Jon. transp., F, 232.
5544, 5644 Wie tvil hooren en goet nieu liei, Aol., A, 84.
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O. Koller, Die beste Bietliode, VoDu- und volkim&Gigtt Liedcnr lexikalieeh m ordnen. 15
55 5 4, 7 555 Ich sncli ndr fiuen hlouirfti storchen. Aol., A, 87.
5 5 5 5t 2 411 tvolU gut reiger ßsdten. Jon. trausp. mit Quiütschluß,
G, 251.
555 5, 4653 Der triud der weht. Jon. transp., F,
55 5 5| 645 T)n- vicir. der ntekf der bringt der bUiniea viel. Mb^oL
trans))., F. 279.
5 5 6 3, 465 h'ou/jif htr ir Ucbste scJiwesterkin. Jon. transp., 288.
5 5 6 6, 753 Wer ich ein wdder ralkc. Jon. trans;)., F, 54.
556 6, 8563 Icft kam cor tithrfi femterlein. Jon. transj)., F, 299.
5 5 7 3, 555 Wie schön blüht ints (hr lueien. Aol., A, 264.
5 5 7 3, 555 T)rr maml der i^ttl (im hixJisten. Aol., A, 263.
5 5 7 3, 575 iJtr naM hat sieh (iitUuil»f. Aol. transp., ü, 259.
h .") 7 5. 64 4 5 Es sjnelt ein ijraf mit rimr )/ifiyä. Aol. transp., Gr, 69a.
557 5, 8445 Ks liegt ein mliloß in (kstrrnich. Aol. transp., G, 69b.
5 .5 8 6, .51 Baske iVi llf innu r ilu lotse nmii. .Jon. transp., G, 295.
5 .3 3. ö 5 1 VniH hiimi lioi h da lom ich her. Jon. transp.. F, 271 d.
5 04 1, 0 6 4 1 Iii int hrbt sich an ein al>endtan\. Mixul., G, 284.
.5 6 5 3. 353 1 Voiti hi/nd Iwch du kom ich her. Jon. transp., F", 271b.
5 6 5 3, 3 j 4 1 Ks harn ein enget hell und klar. Jon. transp., F, 271c.
5 65 3, 5 53 1 Mit tust tret ich an dunLn kran\. Jon. u.iusp,, F. 281.
563 3, 5551 Ich hu nun aiis fremden landen her. Jon. transp., F, 271a.
5 7. 3 7 5, 51 Ach herxigs her.. Jon. transp., F, 132.
6 4 2 3, 876 Mein gmiit ist mir rerwirret. Jon. transp. mit Terzschluß,
F, 220. (Kann auch D-moU mit Quintschluß sein HU VIV,
siehe oben.}
667 5, 8767 Christ ist erstanäm von dem Tod.^ Aol. transp., 56 1.
667 5, 8767 Berr Jesu Ckrist^ siarekka^ $ot. Äol. transp., D, 56 IL
6785, 8887 Et het ein schwab ein Wctiteridn. Äol. transp., D, 51a.
75 3 rn, 5 7, 8 5 Vm edler ort attch rein und xart. Jon. transp., F, 130.
J.6 Friedrich Ludwig, Die mebistimmige Musik des IL Jahrbimdeirts.
Die mehrstimmige Musik des 14. JahrhuBderts^)
von
Friedrich Ludwig.
[Fotsdam.]
Der gröBte und folgenscbwerste Moment der gesamten Mitsikgescbichte
ist die Entdeckung der mehrstimmigen Musik, der Fähigkeit der mud-
kaÜBch^ Kunst, den Ausdruck der EmpfindungeUi die die natürliche
imisikri1is( Ii)' Veranlagung des Meiiscliengeschlechts in der Kunst der
Töne Gestaltung gewinnen läßt, intensirer werden zu las<. n «Iuk h das
gleichzeitige Erklingen zweier oder mehret rr Tonreihen. Ein fester Boden
Avurde dadurch gewonnen, musikalische Werke von immer reicherem In-
halt, größerem Umfang, organischerem IiC>h(ni, tieferer und mehr Dauer
versprechender Wirkung zu schaffen. Die Greiwen des Gehietes unserer
Kunst weiteten sich in außerordentlicher Weise aus und die Entwicklung
der iSIusik wurde von einer rastlosvcn Tjchendigkeit, die mit solcher Schnel-
lipfkeit den von der vorangeir.uicroiifMi Generation erreicht« n Standj)unkt
des WollfMi'^ und Köniions zu iilit ilioh^n f^laubte und ihn mit solcher
Grau^.unkeit al> augelilieh überwunden miÜaclitete, daß bis bt inahe in die
neueste Zfit liinrin mit wenijren Au^nnhmen dr-n nmsikalisrlu ii NNCrken
, dieser gau/j ii Kntwickhing der Melirsiiiruiugkeit kein längeres Leben als
höchstens drei (ienerati(»nen beschieden war.
Alle musikalischen \\ > rkr l>ediirfen ja zur Wirkun? auf größere
Kreise, zur ästhetischen auf dii' Kunstgeni< ii. ndi'u und hcfruclitrndt n auf
die Kunstschatieudeu. tief Krw. ( kuni; zum Lt bt-u durch Auff iilirunL'en.
Ist der k'beiidige Zusamnimhaiig Uiit den Werken der Vorzeit einmal
verloren gegangen. od*.r hat er, so können wir ruhig sagen, bisher so
schwach nur existiert, wie es in der Musik der Fall war, so läßt er sich
nicht plötzlich gewinnen, und es bedarf einer sehr langsamen und all-
1) Die folgende Stiulie war l»estiiiiint , auf «lern für das Frülyalir 1902 in Rom
freplaiiten InttTimtioiialen HistorikLT-KonjfreL^ als Vitrtrag j;ehalteii zu werden. lsa»'h
dem Scheitern desselben ül>erpoV.f« ich sie dem Druck nh < in tarnte« ]{esulU»t meiner
Studieu über die Geschichte der mehrstiiumigcu Musik im Mittelalter, bei deueu es
mir zttnlcbst auf eine, ioweit ich sie erreichen konnte, volbtindige Sammlung der
erhaltenen mehrstimmigen 'Werke dei 14. Jahrhunderte ankam. Die AusfÖhrung und
n'äherc Befrründung der hier aufgestt lltr n Ansichten bleibt einen» größeren Werke
Vorbehalten, dessen Prog^ramni dief^e Stmliv inl wickelt; ebenso wurde an dieser Stelle
vou der VerülVeiitlu-huag vuu Kunstwerken jener Zeil abgesehen, die ebeiifuihi eiuem
anderen Orte vorbehalten bleiben muß.
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Friedridi Lndwig, Bie mehntimmige Münk dei 14. Jahrbuoderts.
17
mählichen, aber zielbewußun AilM it, mii ilm auch in der MuHik herzu-
stellen, wif er, wenn wir uns in den umleiea Künston nmschsmen, dort
überall die .segensreichsten Wirkungen gehabt hat. Freilich ;>t ein zw( ites
dabei zu beachten: wn müs'jen gestehen, daÜ diese indnh n/ den älteren
Werken gegenüber nicht nur bei den musikhebenden und -treibenden
Kreisen vorhanden war, sondern sich auch sehr lange auf die nui.sik forschen-
den Kreise erstreckte, und daB die Musikgeschichte als Wissenscli.ift eine
noch recht junge Schwester im ltei;;en der die uiiircrsiUis IHte-rm nin bil-
denden Wissenschaften ist, die sich auf fast allen Gebieten noch in den
ersten Stadien ihres Weges befindet, dem Publizieren der so lange ver-
borgenen Schätze, wob^ jede neue Veröffentlichung auch etwas Neues
bringt, und das bis in die allemeueste Zeit: erinnern wir uns, wie kurze
Zeit erat vergangen ist, daB bochbedeutsame Werke von Bach Uberhaupt
zum ersten Male bekannt geworden sind, oder wie minimale Fröbchen
von so eigenartigen Dokumenten musikalischen Schaffens eines der Gröfiten,
wie es Beethoven's Skizzen sind, bisher publiziert sind. Es ist nattirlich,
dafi, je weiter wir zurttcksteigen im Laufe der Jahrhunderte, desto schwan»
kender der Grund wird, auf dem die musikhistorische Forschung sich
bisher bewegte, und dafi wir dabei recht häufig auf Gebiete geraten,
die für den ernsten Forscher ein so unbeschriebenes Blatt sind, wie in
den Atlanten vor siebzig Jahren das Innere von Afrika. Und wir wissen,
daß die Wissenschaft ihre Frttchte nidit Uber Nacht zeitigt, sondern
daß sie nur allmählich reifen können, bei verständnisvollem Hand-in-
Hand-Arbeiten aller derer, die zu ihrer PBege berufen sind.
Zu diesen fast ganz leeren Blättern, von denen ich eben sprach, ge-
hört das Jahrhundert, dessen inusikalische Bewegungen ich im Folgenden
darstellen will, nämlich das vierzehnte. Frankreich stand damals immer
noch an der Spitze der zivilisierten Welt; politiKch t^ewann es durch
Phih'pp IV. und die von ihm erzwungene Residenz der Päpste in Avignon
gewaltig an Machtfülle, und die altberührate Universität Paris übte nach
wie vor ihre alte Anziehungskraft und Wirksamkeit aus; zu ihren Be-
suchern gehörte ein Karl IV., dem wii- nachlier auch als Förderer der
Tonkunst wieder begegnen werden, uml der in der Tniversität in seiner
Residenz Prag das erste deraiüge geistige Ceiitrum in Deutschland schuf,
das vorläutig aber ebensoweni.ir wif die alten Hcjcb^rlmlen Italiens mit
dem L'eistigen Mittelj)unkt der Welt in der Surbunue in ^\'ett1»e\verb
treten konnte. Italien nahm überall den kräftisrsten nationalen An' chwnng
m seinen zahlreichen grofien und kleinen Gemeinwesen und (iurchiebte
die erste so überaus herrliche Epoche seiner nationalen Litteratur, die
gleich alö Murgengabe ihm und der Welt Dante's ewiges Gedicht be-
scherte: der frische Schwung, der diese Dichter des Trecento beseelte,
tand auch in der Musik ein Ausdrucksfeld, das, solange er anhielt, leb-
S. d. I. M- IV. g
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18 Friedfich Ludwig, Die melintiminige Hvnk des 14. Jahrkunderti.
haft bebaut wurde und in seiner sdirirf umrisscnon Eigenart emtii Iinchst
reizvollen Abschnitt der Kiitwicklun^ unserer Kunst bildet. Deutsclilaiul
leidet in diesem Jahrhundert unter der Unsicherheit und dem Sich-Um-
bilden alier Verhältnisse, das der f;l;in/enden Staufonzeit folgte und schon
im Anfang des 15. Jahrhunderts im Konstanzer Konzil und den Hussiten-
kriegen zu emem gewaltsamen Aubbruch führte. Und England tritt wäh-
rend dieser Zeit noch nicht wieder aus seiner kulturell( !i l>o)iertheit
heraus, in die es nach Beendigung der Ej)Oche der gememsamen l'nter-
nehmungen der christlichen Nationen des Abendlandes zuriickgek«'hrt war.
Im Gegensatz dazu zeigt dann das 15. Jahrliundert mit der auÜerordent-
liehen Teihiahme, die alle N.-itionen den sie alle gleichmäßig bewegenden
Fragen wieder widmen, bthi iKlrrs dem In-den-Vordergrund-Treten der
rehgiüsen Str^ iiiMiii^en im Norden und der mächtigen Entfaltung kultu-
rellen und künstlerischen Lebens im Siideri. eine völlig veränderte Physio-
gnomie, deren Eintiuß auch auf die mus:k;ilist lie Entwicklung deutlich
sichtbar ist. Es war nötig, diese Verhältnisse kurz zu streifen, um den
engen Zusammenhang der musikalisrlien Erzeugnisse mit den allgemeinen
geistigen Strömungen im Auge zu I m halten, war doch noch in der vor-
hergeiieudon Epoche ein großer Ted auch der mehrstimmigen Komjjo-
sitionen sogar von politischen und kirchenpolitischen Tendenzen inspiriert.
Werfen wir, wenn wir jetzt nun zur ^Entwicklung der mehrstimmigen
Musik im 14. Jahrhunderts in ihren einzelnen Gattungen, zuerst den
kirchlich-liturgischen Kompositionen übergehen, einen kurzen Blick auf
ihre Geschichte bis zum Anfang des 14. Jahrhunderts. Die Mehrstimmig-
keit hatte 111 üirer ersten Zeit, von der wir aus der Hucbald zugeschrie-
benen Musica Eni hinadis, ihren Scholien und mehreren an sie sich an-
schheüenden kleinen Traktaten, die z. T. in dvn höchst zahlreich erhalte-
nen Manuskripten dieser berühmt gebliebenen Schrift mit dem alten Text
selbst verbunden sind, — sie hatte in dieser ältesten Zeit, in der man die
mehrstimmige Komposition Organum nannte, kirchlich-liturgischen Zwecken
gedient, war dadurch zwar in steter Übung geblieben, aber auch erstarrt
und ei-st weiterer lebensvollerer Entwicklung föhig, als durch die in so
Tider Hinsicht bedeutsame Thätigkeit Guidos tob Arezzo ist der ersten
Hälfte des 11. Jahrhunderts auch der mehrstimmigen Musik neue Bahnen
erölbet wurden. Finden wir nun bei diesen SehriftstaUeni und in den
sp&rlichen auf uns gekommenen Kompositionen dieser Art in Musikhaad-
•Schriften im wesentlichen musikalisch einfache, vielfach syllabiBche Melo-
dien aus der Liturgie, bisweilen daneben auch andere ein&che Melodien,
, durch eine Organalstimiüe verziert und gehoben, die erst parallel, später
immer selbständiger bis zur obligatorischen G^genbewegung ihren Weg
unter der Originalmelodie ging, so zeigt uns ein um etwa 1100 ge-
r schriebener Anbang einer G-uido-Handschrift (Mafland, Ambr» 17) bereits
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Friedrich Ludwig, Die melnftiiiuiuge Miuik des 14. Jahrinmderts.
19
die reichen Teile der Jjiturpie, deren weiterentwickelte Kümpositiun
dann den Höhepunkt der ireistlichen Musik Ins in d;is 14. Jahrlnmdfrt
hinein bildet, TnehrstimmiL: bfarheitet, nämlich die Anfänge iV-. Aile-
liiia und des Versus aus eintm \Ileluia-Ge6;in<^ und ein meiismenreiches
Benedicamns Domino, allerdings noch in ganz primitiver Weise, Note
ppfjen Note, aber jetzt in der Stimmen -Disposition, die für die fol-
genden Jahrhunderte die maßgebende geblieben ist, die originale Me-
lodie als die das musikalische Ganze stützende Stimme, als Tenor, als
tiefste Stinune. und darüber das neue musikalische Gebilde sich auf-
bauend, yiuiuu'hst eine neue 8tinune, der sich aber bei dieser Anoidiuuig
des Ganzen leicht eine zweite und eine dritte Oberstimrae zugesellen konnte. [
üie junge mehrstimmige Kunst fühlte sich stark genug, gerade die schon
in ihrer einstimmigen Komposition so komplizierten Formen, wie neben
dem kttizeren Benedicamiis Domino ftos dem Ordmarium miatae die Qnr-
duaHen md AlMina^GeBänge der Mene wiid die Matutin-BesponBonen
des OMdtuns ans dem JFVopmfm de Umpore und de Saneti», fOr die
Festtage der Kirche noch glänaender und eindrucksroUer zu gestalten. Wie
die Eirehenprazis das Organum Uber ein Jalirbimdert lang treu gehütet
hat, so zeigte sie sich auch für diese neue reichere BlUte der Mehr-
stimmigkdt ab Bewahrerin und Beschützerin bei allem Wechsel der Form
der Niedeisduift dieser Kompositionen und bei aUer Lebhaftigkeit der .
Entwiddung der sidii-litQigi8che& kirchlichen und der ganaen weltiiohen
mehrstinmiigen Musik um sie herum von solcher Zfibigkest, daß noch im
Anfang des 14. Jahrhunderts beim Hochamt mehrstimmige Kompositioneik
ertihüten, die der Zeit auch an der heiligen Stelle iScherlich anmuteten
und ihren Zweck, die Feierlichkeit zu erhöhen, schon lange nicfat mehr
erfüllten, da man diese Tonsprache einer nun schon lange vergangenen
Zeit nicht mehr verstand und nicht mehr emp&nd, so daß es dem Papst
Johann XXU. in seiner bekannten Bulle aus Avignon von 1322 nicht schwer . i • i :
fiel, neben anderen mdustimmigen Gesängen auch diese überlebten mehr-
stimmigen Gradualien u. s. w. ein für alle Mal aus dem Gottesdienst ab-
zuschaffen. Wie sie bis dahin in der Praxis in Übung waren, zeigt das
häufige Vorkommen dieser Kompositionen in verschiedenen Handschriften
noch aus dem 14. Jahrhundert, im wesentlichen in gleicher musikaliseher
Gestalt, wie sie schon aus dem 12. Jahrhundert nachweisbar ist, in dem,
wie übereinstimmend mit rlen Indizien des Ursprungs der Handschriften
ein englischer Schriltsi(!lier des 13. Jahrhundeii« uns überliefert, Notre
Dame in Paris als die Hauptptlegestätte dft^ser Kunst galt und neben
anderen besonders Perotinus es war. dessen nuisikalisclie Fassung dieser
Gesänge die definitive blieb. Es miuI dabei nicht die ganzen Melodien
der Gradualien, AUeluias und ßesponsorien mehrstimmig komponiert, son-
dern nui- mimer die ersten Abschnitte der einzelnen Teile, die dann von
2*
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20 Friedrich Ludwig, Die mehrstimmige Muaik de» 14. Jahrhunderts.
dem einstinimiq:en Chor mit dem unverän<lt'rt( n Scliluß in der so^je-
nannten grcgcrianischen Melodie fortgesetzt und ubiresclilossen wurden.
Bekanntlicli habcu die beiden Meßgesiinge cyklisdu* Fonii, indem sich
nach dem Versus das btigiimende Graduale oder Aileluia wiedciholt.
wobei dann ilie Wiederholung vielfach neu komponiert ist, so daß sich
aus diesem Weclisel Ton mehistimmigen Partien, zwei- bis Tierstimmig, je
^ nach der Fähigkeit der Solisten im Sängerchor oder der Höhe des Grades
des Festes, mit der anTeriüiderten AbsdhlnBmelodie des einstimmigen
Chores ein eigenartiges musikalisches Gebilde ergab, fest im kirchlichen
Bitus wurzelnd und dabei der KttnsÜer-Individnalität doch den freiesten
> Spielraum lassend, wechselreich mit immer neuen Kompositionen die
Jahrzeit- und Heiligenleste des gansen Eirchenjahrs begleitend, mit der
ursprunglichen Fdsche, die ganz in dem heiligen Werk aufging ohne
Bficksicfat auf die Ermüdung von Sänger und Hörer, wie es einst die
Entstehung des so aufierordentlich umfangreichen corpus des gregonani-
scfaen Gesanges auch gethan hatte. Und in den Sammlungen dieser Ge-
sänge finden wir nicht nur je eine Komposition des Graduales u. s. w. djes
betreffenden Festes, sondern wieder für die melismenreichsten Worte
oder kleineren Abschnitte der einzelnen mehrere Kompositionen, oft eine
sehr stattliche Anzahl zur Auswahl.
Der Bückschlag kam im Verlauf des 14. Jahrhunderts. zwar
bisher aus dem Ordinarinm missae auch schon manches mehrstimmig
komponiert worden, namentlich die höchst interessanten Tropen über
Kyrie, Sanctus und Agnus, die umgekehrt zu dem oben geschilderten
Wechsel von mehrstimmiger Einleitung und einstimmigem Schluß durch
die einstimmige liturgische Intonation eingeleitet wurden und sich dann
in mehrstirnmiirfr Komposition der neuen tropischen Dichtung fort-
si'tztcn, — trat dies alles aber an Fmfancr nnd iM'ilcutung hinter den
ivoHi})Ositionen aus dem proprium de tempore und de sauctis zurück, so
tieten uns von nun an gerade die Teile des Ordinarium missae ah
Hauptgianzstücke der kirchlich-hturgischen Thätigkeit der Tonsetzer ent-
gegen, besonders das Gloria und das an sich der Iv()mi)osition doch so
viele Sclnv i(>ri;^'keiten bereiteTide Credo der Messe, beide stets nach der
einstimmigen Intonation eist mit Et in terra und Patrem mehrstimmig
beginnend, beide vielfach isoliert kumponiert, vielfach auch mit den an-
deren Teilen des Ordinarium , Kyrie, Sanctus und Agnus, zu einem
Ganzen verbunden, zu dem andere typische Bestandteile der Messe wie
Benedicamus Domino, Ite missa esl u. u. treten können.
Den Reigen dieser Kompositionen eröffnet eine dreistimmige Messe,
jedenfalls aus dem Anfang des 14. Jahrhunderts, von der aus einer jetzt
verschollenen Handschrift, früher in Privatbesitz ip Tournai, Oonssemaker
den Versuch einer Überti*agung gab, fünfteilig mit einer Motette zum
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Fjiedrioh Ludwig, Die meliTstimmige Muaik de« 14. Jahrhundert«.
21
Schluß über den Tenor Ite missa est (Messe du XTIl* siecle, Toumai
18H1). Aus der Mitto d es Jahrh ändert s folgt die vierstimmige Glesse
Mricbmilt'«;. von dessen Kompositionen unten aiist'iilirlicli die Kede sein
wird, ebenfalls fünfteiiii; mit einem im ^jleichen 8til wie die ganxe Messe
komponierten Ite missa, im iii)i ii:('n von ähnliehem Znscbnitt wie die erste,
aueh mit längeren melismiertcn Amen um Hude der wortreichen, mehr
syllabischen Gloria- und Credo-Sätze (Paris, iiibl. nat., fonds franr. 2254ß.
f. 12ö'i, und aus der zwt itrn Hälfte eine zweistimmige vierteilige Messe
[ohne Kyrie) verschiedener italienischer K<»niponisten italienischen Stils
mit einem dreistimmigen, anscheinend älteren Benedicamus zum Schluß.
Paris, Bibl. Nat., fonds ital. 568, f. 131 '), Während wii- von den dem
niittelitalienisch-florentinischen Komponistenkreis angehörigen Tonkiiu.stlcni
weiter keine sicheren Spuren kirchlichen Schaffens kennen, als die Be-
teiligung au dieser Messe, an der aber auch Bartolino von Padua
mitgearbeitet hai, Bind aus Oberitalien desto mebr erhalten. Eine grofie
oberitalienische Handschrift, von der leider nnr wenige Fragmente, unter
ihnen besonders liturgische, die völlig Unica sind, gerettet sind, enthielt
viel religiöse Werke, darunter auch vid Meßtefle und wohl auch ganze
Messen (Padua, Univenitats-Bibliothek 1475 und 684). Es ist, als hatte
der fronune Sinn Paduas, das den heiligen Antonius beherbergt und seit
dem Anfang des Jahrhunderts den kostbaren Schatz der Giotto-Fresken
in der kleinen Marienkapelle an der alten Arena besaß, besonders inten-
siv hier auch auf die Musik gewirkt Auch die Fortsetzung dieser litur-
gischen Kompositionen um die Wende des Jahrhunderts finden wir wieder
in zwei oberitalienisdien Handschriften; zunächst in einer in Modena
(Bibt Est, lat 568j, die z. T. schon in das 15. Jahrhundert hinein ragt
und zum erstra Mal dne ganz erhaltene Sammlung derartiger Meßteüe
bietet. So enthält der eine Bestandteil dieser Handschrift, der jetzt
leider durch Einfügen zweier Lagen eines anderen Manuscripts ausein-
andergerissen ist (fol. 1 bis 10', IM Ui'< 30' und 41 bis 50'i in einer Lage
(fol. 1 ff.) vier Gloria und zwei Credo, von denen zwei Gloria von Matteo
von Pcrnpria. einem der llauptkomponisten dieses Teils der Handschrift,
der seit 1402 als Domkantor in IMailand nachweisbai* ist, stammen, in
einer anderen (fol. 21 ff.,, ein Gloria desselben, eins eines Eggardus
und ein Credo des auch dem 15. Jahrhundert angehörenden Za ehrt rias.
und in der dritten ^fol. 41 ff.l, die ausschließlich ^Matten von Perugia
widmet ist, noch zwei Gloria de<iselben, zum grulien Teil Kompositi-
onen französischen Stüs. auf dessen Charakteristika nacldi« r einzuu't'lu ii
ist. Auch das dreistimmiLie Crrdo Zacharias", das in der >j>;iter(n
großen Handschrift des Liceu in Bologna (Liceo 37, fol. wiederkehrt,
trägt fran2ösisches Gej^rage, während in einer venetiaiüschen Handschrift
der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts ^Venedig, Bibl. JMai'c. ital. cl. IX,
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22
Friedrieb Ludwig, Die intthrstimmige Musik des 14. Jahrhunderte
145) eine umfangreichere Sammlung von Messen und MeBteSen italieni-
Bcher Art voriiegti die ich hier als acUäufer der ao späilicli erhaltenen
italienisdien liturgiedien Kompoaiticnien des Trec^to besonden erwähnen
möchte. Yiele dieser Messen, besonders Glorias, sind tropisch, die ein-
zelnen Abschnitte des litorgischen Textes durch anderweitige Texte streng
metrischen Baues, vielfach gereimt, unterbrochen; gerade beim Gloria ent-
steht dadurch eine wohlthuende Abwechselung zwischen der freien Prosa
des einen mit ihrer rhythmisch sich ganz dem Text anpassenden Kompo-
sition und der auch musikalisch regelmäßig sich gliedemden Vertonung
der Strophen des Tropus, wdch letzterer entweder Jesus Terheirlicht oder,
was sehr häufig ist, Maria preist und die schwungvollen Aussagen dea
Gloria auch auf Maria überträgt, oder schließlich auch bei besonderen
Anlässen zur Komposition solcher Glessen diese schildert, wie das eine
wohl auf 1417 sich begehende dreistimmige Gloria des Codi x yenedit?,
dessen zweistimmiger Tropus die unio eeclesiae und den umis Christi ri-
carins feiert. Derartige Tropen finden sich dann auch losgelöst und be-
liebig verwendbar in Handschriften dieser Zeit, eins in den Paduaner
^ Fragmenten^ ein anderes von Consscmaker als Probe ans pinem
Trecentohandschrift-Fragment seines Besitzes vei öfTenÜicht (bist. pl. 33,,
^ dessen jetziger Verbleib mir unbekannt ist. Zn lien interessantesten
italienischen Kompositionen dieser Art gehört ein zweistimmijjps Gloria
des Codex Venedig mit dem Tropus: Jesu andi nos (irmrutis, in dem
die sechs Strophen des Tropus dadurch, daß die drei letzten die Musik
der drei ersten, nur mit Veränderung der Kadenz, wiederholen, ein in
sich gl blossenes musikalisches Gan^je bilden, jede Strophe in ganz
regelmiUSiL'm Wechsel von drei bezw. zwei semibrervs mit je einer nfi-
niiiKi, liroi seji/ihreres luinores und einer maior mit Pause, also " 4- be/.w.
*^ 4-Tukt, und in dem dieser Tropus mit seinem wiegenden iihythmus die
beste Fohc ])ildet zu der gleichartigeren profatio minor der liturgischen
Teile, das persönliche individuelle Gebet iin innigen Bund mit dem ewi-
gen Wort des kirchlichen Textes, beide durch musikalische Mittel ein-
fachster Art geschieden und doch wieder zu einem Ganzen vereint, am
Schluß sogar der liturgische Text in den Tropus übergehend, ein fein-
sinniges Denkmal musikalischer Erbauung eines anbekannten Italieners
der Zeit kun nadi 1400.
Haben wir die kircfalich-lituiipsGhen Kompositionen so durch das
14. Jahrhundert verfolgt, wenden wir uns zu dem Ausgang dieser Künste
gattung, den Gradualien ü. s. w. zurttck, aus deren ScfaoB die eine Haupt-
gattung der kirchlichen nichtliturgischen und weltlichen Musik der älteren
, Zeit entstanden ist, nämlich die lateimschen und franzowschen Motetten.
Kurz erwähne ich eme neuerdings auf g^teUte Erklärung des Ursprunges
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Fnediich Ludwig, Die mehrstimmige Musik des 14. Jahrhonderts. . 23
der lateinibchen Motetten*), nämlich, daß man bei dem Gebrauche, die |
melismenreichsten Stellen dieser Gradualit-n u. s. w. besonders oft und |
besonders reich zu komponieren, eine weitere iStiMgcnuii,' d( r l^iaiht des .
Ganzen darin fand, den überaus melismenreichen Überstimmen dieser an
sich schon sehr meHsmi»»rten Abschnitte der liturgischen ^Melodie bc-
süudere Texte aii/upassou, dif in tnjjiischer Weise die Gedankenreihen
des betreffenden Festes weiterführen, gleichsam als Erläuterung des durch ,
die Ritus- Vorschriften gegebenen Prosa-Textes des AUeluia, Graduals oder ^
Besponsoriums. Die MehrBtimmigkeit hat so schon sehr früh eine ihrer
wkiungsroUsten und eigentflinliclisteii Gattungen ausgebildet, mehrere in i
ihrer Eigenart scharf nmrissene Einzelstimmen, jede ihren eigenen Weg'
gehend, hier nicht nur melodisch und rhythmiecfay sondern auch niit<
eigenem Text, und doch stets auf einander Kttckaicht nehmend und erst
in ihrem gleichzeitigen Erklingen das wohlgeordnete Ganze bildend. Wir
fmden hier Motetten — so nannte man die neue Kunstform, und moMus
spedell die Stimme mit eigenem Text Uber dem Tenor — bald in man^
nicfa&usher Art» solche, die sich unmittelbar dem Gottesdienst einordnen
lassen, solche, die auf religiösem Empfindungsboden bleibend nur noch
in loserer Bezidhung zu dem im Tenorwort odw -text angedeuteten Qe-
danken stehen, schließlich solche, deren Oberstimmen-Texte sich inhaltlich
v5Uig frei bewegen und den Tenor, der nach wie Yor mit dem ihm in
der gregorianischen Melodie zugehörigen Text bezeichnet wird, nur noch
als lein musikalisches Fundament des Ganzen betrachten. So werden
die Motetten bald eine jeder liturgisdien Beziehung TÖllig freie Gat-
tung der Kunst, die als wesentlichstes Cliarakteristikum aus ihrer Ent-
stehung ihren eigentümlichen Bau, komponierte Oberstimme über
einem gegebenen Tenor, und schon aus ihrer ersten Entwicklung die
Mehrtextigkeit der Oberstimmen behalten hat. Der Tenor als Basis des
Ganzen leistete den Komponisten die größten Dienste für desto größere
Freiheit bezüglich der Oberstimmen, ohne daß die ganze Komiiosition
dadurch in die Cicfahr des Auseinandcrfnllfns geriet; die Motetten-Dichtung
bildete sieh in Frankreich in laleinisclier und französischer Sprache außer-
ordentlich aus; die musikalisch rn Motetten-Handschriften der verschieden-
>ten Art sind sehr zahlreich, iu der Hegel nach den einzelnen G ittnngen
der Motetten geor(hiet, Hefte, die nur zwei-, drei- oder vierslimmige
oder Motetten mit nur lateinischem, nur franzo^x iiem oder mit je einem
lateinischen und je einem französiscbcn 'IVvt enthalten, innerhalb der
einzelnen Hefte namentlicli in der ersten Zeit oft die liturgische Folge
der Tenores beibehaltend; an den Motetten bildete sich die Theorie und
1) W. Mf'ycr, Der Uisprunjf <les Motetta; Nachrichten von der KüuigL öeaell-
schai^ der Wissenst-haluu Güttingen, Phil.-hist. Klasse, 1898.
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24 . Friedrich Ludwig, Die pidiritiiiiiiuga Mniik des 14. Jabriittndeits.
die Entwicklung' dor Notpnsclirift, zwei r4ebiet<». (h'nM\ DurrlilorschunL:
im Anschluß an die unifan^^^reiehen Puijlikationcn der H:iu])ttlie<)rrtikLr
durcii Couftscmuker bisher im \ onler^'i'und de> wissenschaftlichen In-
teresses stand, ebenso wie auch bis zimi Jalir 1901, in dein der erste
Band von Wooldridge's Darstellung der mehrstimmigen Musik des
Mittelalters erschien'^, die Yeriiffentlichung von über 40 Motett^^n aus einer
der grüßten, wenn auch späteren, Motetten-Handschriften, der vun Mont-
pellier (Fac. de med. H. 190i, durch Cousseiuaker^) die einzige gi-ößere,
leider nicht genügend zuverlässige Publikation aus der Zeit der älteren
Mehrstimmigkeit geblieben ist
Ging im Yeriauf dieser Entwicklung, wie bemnkt, der uzsprüngliche
Zosammeiiliang zwischen den Motetten-Texten und dem liturgischen Tenor-
Gedanken vielfach verlören, so bildeten sich dafür schon frtth neue engere
Beziehungen zwischen den Motetten-^Texten selbst heraus, und in etwas
veränderter Gkstalt blieb die Motetten-Komposition noch während des
ganzen 14. Jahrhunderts in hohem Ansehen, wenn die Motetten an Zahl
jetzt auch hinter den vom 14. Jahrhundert selbst ausgebildeten mehr-
, stimmigen Formen sehr zurücktreten. Die Text-Beziehungen der Ober-
stimmen bewegten sich dabei meist in zwei Arten; entweder klangen die
Texte als ganz gleichberechtigte, so daß man die Motetten als Duett
oder Terzett mit einem begleitenden Tenor bezeichnen könnte, und ich
möchte als ein besonders prägnantes Beispiel das Lied von den drei
Schwestern aus Montpellier anfiihren.
Trois serors sor ni e wer
Chan tcnt der
ist der gemeinsame Anfang über einem unbezeiclmeten Tenor; daain teilen
sich die drei Oberstimmen der Motette, Vai»me^ die ältere Schwester,
wird der tiefsten, la inoi'me der mittleren und la ionete der höchsten
Stimme zuerteilt. Oder der Text der eigentlichen Motetus-Stimme ist der
gewichtigere, an "Worten kürzere der beiden, zu dem ein lebhafterer,
schneller vor£^etragener Text in der Oberstimme die Folie bildet. Als
Beispiel diene eine Motette auf den beilirren Georg aus Codex Padua
und Müdena, dessen IMutetus Matjudin m us oprrr fünf Strophen zu je
(drei trochäisclien Di^jodien hat, währeml die Oberstimme in lebendierster
Weise in vier Stroidien zu je vier trochäischen Tetrapodien das Lob de»
GratioüNS fvmdm Jidu -.tbitur sinirt. So ist da. •> liest i eben, jeder Stimme
des Ganzen einen ihr eigentinnlielit n Charakter zu ijeben und aus meh-
reren sülclien dies reizvolle Ganze des Kunstwerks der M<.»tette zu ge-
1, The Uxibrd History of Music, I, 1.
2) L'art harmonique aux ZII. et XIIL si^les, 1864.
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Friedrich Ludwig, Die mebntiinittige Münk de» 14. Jehrhundert«. 25
stalten, während des ganzen 14. Jahrliuaderts in veri>tändnisvoller Übung
geblieben.
Gleich aus dem AiifaiiKf* des Jahrhniidt rts staiinnt die Bearbeitung
vi< 1er alter und ilif Kompusition einer Kciln' iK ucr Motetten, die als
muüikali.scLu Eiidai^en zum Rofnnn de Vnnnl in cim-r wuniltM-vollcii Pa-
riser Handschritt i i^ibl. 2\ut. funds frr. . i haltun .sind. Dem muialisch-
satirischen Charakter der Dichtung entsprechend, finden wir namentlich
moralische ältere mit Zusätzen auf Fauvel, die in einem Maultier ver-
körperte Geldgier, versehen, lateinische und französische, unter ihnen die
berühmte zweiBtimniige Motette des Pariaer Kanzlers Philipp de Gr^ve
(t 1^7) Mundua a mundicitL Unter den neuen em^hne ich besonders
eine den Templerorden anklagende dreistimmige Motette mit der Kiage
der Kirche im Tenor: FUioB enutrivi ei exaäavi, ipsi aukm sprevenmt
9ne, femer die auch in einer anderen Pariser Handschrift (fonds frQ. 571)
wiederkehrende dreistammige Motette Qtd aequuniur auf Ludwigs X.
Thronbesteigung 1314, weiter die in regelmafiigen fttnftaktigen Perioden
sich bewegende dreistimmige Motette mit den Texten In mva fert und
Garrit Oqüus aUegorisch-moralisierenden Charakters, die in einer leider
nur in dürftigsten Fragmenten erhaltenen anderen Handschrift ebenfslls
in Paris (C!oll. de Pic. 67} in spätere Notensdirift umgeschrieben wieder-
kehrt, schUeßlich die ebenfalls dreistimmige Motette, ein Musikergebet an
die heilige Dreifaltigkeit: Firmissmte fidem teneomms und Adcsfo saucIa
trimtas mtmce modiäantibus , mit dem tt-ansponierten sich zweimal in
rerschiedenem modus wiederholenden AlleluiarT^ des gregorianischen
Trinitäts-Alleluias Bruidlctus es Domine als Tenor, die mit einer Uldem
Fauvel-Motette für die Orgel bearbeitet in dem Fragment einer eng-
lischen Handschrift des 14. Jahrhunderts (London, Br. Mus. add. 28ÖÖ0J
zusammen mit einifien rein instrumentalen Sätzen wiederkehrt' .
Aus dem Ubri^'cn Inhalt des erwähnten Pariser Motetten-Fra^anonts
(Coli, de Pic. 67j interessiert besonders eine andiTc drpistininiii,'e Motette,
deren Oberstimme eine lobpreisend»' Anf/iiiduni: dt r berühmtesten Mu-
siker der Zeit zum 'i'ext hat, während di»- Mittdstimme eine KlajE^c der
iUietorik }>ei der Musik über die l'nthaten stümperhafter Sänger ist, wie
sio uns wiilirend dos 14. Jahrhunderts ganz ühnUeh auch in den italieni-
sciieii Kumpu>iU()nrn be^e^en. Auch die KompositiüU t ini s derartigen
Komponisten- und Säuger- Verzeiclinisses, wie sie die Oberstimme ilor er-
wähnten Motette bietet, steht in dieser Zeit nicht vereinzelt du. Von
dt n Namensnennungen der Truuvi reü in den irunzüsischen Motetten bis
/Ulli Sängergebet des Loj-set Cumpere des 15. Jahrhunderts begegnen
1; VVuuldridge. Early English Harmony, I, pl. 42 — 4ö; vergleiche J. WoU ün
Kirchenmusüialisclien Jahrbuch S. 14 ff.
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26
Friedrich Ludwig, Die mehrstinumge Mnsik dea 14. Jahrbunderts.
uns solche koiupoiiierteu Selbstverherrlichungen der Musiker mehrfach.
Die Komposition einer zweiten in ]^r<>t<'ttenfurm aus dem 14. Jahrljuiidert
in einer Stralihurger Handschrift (Stadt-Bibl. 222, C. 22) ist erst in
neuester Zeit 1K70] unterge^^angen, zwei andere finden sich in der Hand-
schrifl von Cliantilly (cod. 1047], eine vierstimmige mit den Texten Ahta
polis religio und Axv poli, und eine andere dreistimmige englischen Ur-
sprungs, die ihren Ruhm bis in die Zeit des Manuskripts des Liceo in
Bologna (cod. 37) behielt, in dem sie mitten unter späteren Werken mit
Angabe des Engländers Johannes Alanus als Komponisten wieder«
kehrt; der in Cbautilly unbezeichnete, in Bologna mit Text wsehene
Tenor dieser Motette heiSt beziebangsreich: in omnem ierram eadrit
sottus eorum et in fines orins^.
So galt die Motette unter den Werken der msten Kunst nach wie
vor als die vornehmste Gattung, und wahrscheinlich an sie wird sich auch
der Fortschritt der musikalischen Kompositions-Technik geknüpft haben,
der mit der stolzen Beseichnung Ars Nova in den Schriften des als Theo-
retiker und Komponist gleich gepriesenen Philipp von Vitry und einer
Beihe irrig Johannes de Muris zugeschriebener Traktate zuerst gelehrt
wird. Fhihpp von Yitrj, den ein wechselieiches Leben und eine hohe
universale Begabung zu dem bedeutendsten Vertreter der französischeii
Ku2>8t in den ersten Jahrzehnten des 14. Jahrhunderts gemacht haben,
ist leider fOr uns nur aus seinen Schriften kennen zu lernen; ist die An-
gabe richtig, daß die bereits erwähnte, 1870 verbrannte Strafiburger
Handschrift Kompositionen Yitry's enthalten hat, so ist ihr Verlust ge*
rade wegen des Untergangs dieser Werke, von denen in anderen Hand-
schriften bishw noch nichts hat nachgewiesen werden können, doppelt
zu beklagen. Wir lernen aus den Oitaten der Schriften Vitry*s und
[seiner Anhänger die Anfänge einer Anzahl Motetten kennen, die als
^Musterbeispiele für den neuen Stil zitiert werden und bisher leider eben
ISO wenig, wie die Werke Vitiy^s selbst, die sich wohl darunter befinden,
{nachweisbar sind.
Der altfranzösische Gebrauch, den Kompositionen den Automamen
nicht beizufügen, erhält sich merkwttrdigerweiBe gerade fttr die Motetten
auch bei den andern Völkern am längsten; eine der wenigen Ausnahmen
bilden die Motetten von Titrjr^s Zeitgenossen Guillaume de Machaul t,
dessen musikahsche Werke zusammen mit seinen Dichtungen uns in
. einer schönen Pariser Hamlsi In ift (Bibl. Nat. f. fr^. 22545 und 22546) in
einer gewissen Vollständigkeit halten sind; hier hat die Einfügung auch
der Motetten in das truvre Machault^s sie vor dem Schicksal, anonym
1] Yergleicli« über die Texte Cottssemaker, Les Harnwni^«» du XlV.tüele,
im, S.12ff.
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FHedricli Ludwig, Die mehrttiiumiga Mtuik des 14. Jahrhiuid«fi>- 27
Uberliefert zu werden, um rettet. Auf die übrigen Kompositions-Forinen,
tlie alle in dor intcTessantesten Weise von Machnult geptiegt sind, wird
später i'inzuL'< Im II .sein, d«»ch sei hier schon Maehault als Künstler-Per-
sönlichkeit Uli allgemeinen dem oft mit ihm zusammen, z. B. von Kustache
Deschampt» gepriesenen Vitry gcfienüber^jestellt. Zeigte sieli der aristo-
kratische, in vielen Hofämtern. l)es()nfler.s als Diplomat bewährte, zuletzt
1361 in hohem Alter alb Bischof von Meaux bei i'aris gestorbcni' Pliilip))
von Vitry auf den verschiedensten Gebieten, sowohl dem litterarisehen
und mnsikali.schen, wie dem wissenschaftliehen bewandert, zun) Teil als
Meister, so verkörpert Cäuillaume de ^Luduiuit den Üoiitu, musikalisdicii
ExaktiküT, der als Virtuos weit in der Welt herumgekommen (er war
außer zu Terschiedenen Zeiten am französischen Königshof lange in Prag
beim KOmg Johann von Böhmen gewesen) für die feste AusUldung der
nenen musikalischen Formen das meiste gethan hat, so für Generationen
▼orhüdlich wurde und in vielen seiner Kompositionen Hb weit in das
15. Jahrhundert hinein weiterlebte , wie es weder den Kompositionen
Vitry's noch denen anderer Zeitgenossen in dieser Weise beschieden war^
sondern allein Machault, dessen Werke ich in bisher sieben groBeren
Handschriften nachweisen kann, w&hrend Philipp von Yitiy zwar immer
als Bahnbrecher und fioa et gemma caahrum von der ihn bewundernden
Mit- und Nachwelt gepriesen, T<m M&nnem wie dem ihm freundsohaftHeh
verbundenen Petrarca lebhaft betrauert ohne derartigen Einfluß wie
Machault geblieben ist
Machault's 23 Motetten der Pariser Handschrift seiner Werke sind
znm größten Teil dreistimmige Kompositionen mit zwei französiBchen
Texten über einem meist lateinisch bezeichneten Tenor, dessen "Worte in
der Begel auf den Sinn des Ganzen anspielen, gewöhnlich contemplativer,
sdtenw erotischer Natur; unter den lateinischen hebe ich drei größere
vierstimmige Stücke, Gebete und Klagen über die Schlechtigkeit der
Menschen, eins speziell über cüe der Bischöfe, eine dreistimmige Motette
auf den heiligen Quintin tis, und eine dreistimmige zur Feier der In-
tiirouisation des Wilhelm de Trie als Erzbischof von Reims 1324, der
Motetus
Bone pasfi,) nui pdstons
Ccteros vincis per tnores
beginnend, hervor. 8o viel Balladen Machaull's wir in der zeitlich nun
folgenden großen Handselu itt von Ohantilly (Cod. 1047, wieder begegnen,
so wenig iindeu wir in den 13 lateinischen und französischen anonymen
Motetten, deren Sammlung den Schluß dieser Kandschrift bildet, Machault
vertreten. Außer den beiden oben erwähnten Motetten aus Chantilly
hebe ich besonders die hervor, welche sieh auf Ereignisse der kirchlichen
und politischen Irunzösiischen Geschichte beziehen, die tsich in dieser und
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Frudtich Ludwig, Die mehrstimmige Musik des 14. Jahrhunderts.
der fiLiiiereii Zeit so oft auch in den musikalischen Werken vvietlerge-
.spiej?elt hat*). Von den Chaiitill\ -Motetten preist die vierstimmige Yda
Oipllhrum die Grälin Ida von Jiuulugne und die vierstiiamige Rex Ka^
ro/e Köniir Ivarl den Weisen l.-i64— 80. denselben Küuig, dessen reiche
Bibliüthek auch sehr viel musikalische A\'erke enthielt, wie der noch er-
haltene interessante Katalog beweist; gerade diese beiden 31otetten bil-
den die Motetten-Musterbeispiele des wichtigen Traktats des Anonymus 5
in Coassemakdr^B drittem Scriptores^Bande, der einzigeii bisher bekannten
Schrift> die zabbeioKere wörtliche Citate aus fraozösischeii und italkmseheii
Werken des 14. Jahrhunderts enthält. Eine andore vierstimmige Mo-
tette mit dem Tenor Boso vemans earitatis will die Christenheit unter
Gregor XL 1370 — 78 zum Ereuzzug entflammen; in der Tiersttmmigen
Komposition Aipha vibrans und Cetus venii heruycm beten die Franzis-
kaner zu Maria mit dem Anfang eines Franciscus^Besponsoriums Amkim
quaerU im Tenor; die technisch höchst merkwürdige vierstimmige Motette
InUr äenaas und Imbränta irriguia bildet mit mehreren Balladen der-
selben Handschrift einen reichen Kranz von Lobliedern auf den Grafen
Gaston PhAus von Foix; die erste Motette der Sammlung, Äpla coro
und Fto^ virginiim dcciis et speckji mit dem Tttior Ähna redempb)riaj
erinnert uns an das Lolt, das Philipp von Caserta ihr spendet, und
führt uns weiter zur Handschrift Modena, in der sie in der Umgebung
zahlreicher anderer Kompositionen aus Codex Chantilly, besonders einer
Ballade von May hu et de Joan, hicUte flos orti gebenuoisis auf den
schismatiiscben Papst Clemens VII. 1378—94, wiederkelul. Von den
wenigen anderen Motetten dieser Handschrift Modena ist die Georg-
Motette Gratioims fcrvidus schon erwähnt, die zuerst in den Paduaner
Fra^^inenten erhalten ist, der eiiizifren rein italienischen Handschrift, die
uns Proheil italionisrher Motetten überliefert hat, da sie außer der eben
genannten noch die dreistimmige Motette des Oheritalieners Jacopo da
Bologna enthält, dit- ein herrliches Zeugnis von Jaeojio's Meisterschaft
i auch auf diesem ( J einet ist, das er selbst in dem \ < in ihm zwei Mal ver-
; schieden komponierten Madrigal ( Kselletto sdi mjio neben Madrigal und
Ballade als Thätigkeitsfeld musikalischer Mfipsfn'a besingt, während die
Personitikation dvv Mu.-^/ca in dem vom Florentiner Francesco Landini
komponierten üedicht die Motette unter den Gattungen der Florentiner
j Kunst nicht erwähnt.
Wir sahen, welche Kolle der Tenor ursprünglich Ix i der Motette
spielte, und wie allmülilich seine Eigenbedeulung vüUig kiurlicklrat, bis
er vielfach nur zur rein musikalischen Stütze von jetzt mindestens zwei
1) Vorglciciie die ausführliche Beschreibung dieser HandBchrift in dem liKX)
«vchienenen 2. Baude des Katalogs vou Chautilly. S. 277—303.
Fnednoh Ludwig, Die mehrstimmige Masik des 14. Jahrhunderts.
29
< )lM istiiiiiiitMi mit verschiedenen Texten wurde. Er blii b aber ein cantns
Ijrius fiutu^y wie der technische Ausdruck lautete, nur daß er niclit
mehr dem gregorianischen Choral zu entstammen brauchte, sondern be-
liebig hergenommen sein kuuntc, auch, was aliiii;iiilich anscheinend die
Regel wurde, vom Komponisten der Motette selbst komponiert, sofern
er ihn nur als Fundament des Ganzen zuerst schuf. So finden wir denn
auch z. B. französische Bondeaux als Tenore^ wofür die letzten mir be- |
kannten Beispiele zwei französiBche Motetten ÜtiachaulVs sind^ die eine |
Lasse eammmt oubUand nnd iS^ »'a»m mcn loyal ami mit dem drastischen
Tenor Bourquoij me hat me» maris^ die andere entgegengesetzten Inhalts
Trop pbu est bde und BiattU paree mit dem Rondel Je ne std mU als
Tenor. Hier brachte der eigentümliche Bau des Bondeaus die Wieder- j
holnng der einzelnen Abschnitte des Tenors im Verlauf des Stückes mit,
aof der seit altersher sein Bau hauptsächlich beruhte, da seit jeher die \
gewöhnlich nicht sdir zahlreichen I^oten, die die ursprüngliche Fassung ^
des Tenors bildeten, mehrfach wiederholt werden mußten, um flir die i
ganze Komposition als Unteistimme auszureichen. '
Schon in den mehrstimmigen Gradualien u. s. w. war nun im Tenor
der onginale Bhjthmus der liturgischen Melodie völlig* zerstört, um die
in den Oberstimmen musikalisch so reiche mehi^timmige Komposition zu
ermöglichen. Die syllabischen oder weniger melismierten Partien dieser
Gradualien u. s. w. wurden dabei im Tenor in lang gehaltene Noten
aoseinander gezogen, ttber denen sich die h bliaften Melismen der Ober-
stimmen abspielten, um sich erst bei den Schlüssen wieder mit der Note
der gregorianischen Melodie zu vereinigen. £b«l80 wenig wurde anrli den
melismierten Partien der alten Melodie ihr ursprünglicher oratorischer
Rhythmus gelassen; entweder wurden diese Abschnitte auch in lauter
lotKjdi <Tft sichrirbene einzelne kürzere Töne aufgelöst, oder sio wurden
im Ge-Troiisatz zu den andern stron?? mensiinVrt und ohne Riirksirlit
auf die ursprüngliche Gliederung dt-r Melodie dieser "\fe]i«!iueii iinc Töne
in in.funi'jfat'hen fest au8gep?;lL'f(n rhythmischen i'ürmen geordnet, bei
denen (irr einmal crewiililte MoiIn.^, wie man dies terhnisrh nnnnt(\ min-
destens für einmaligen Verlauf des Tenor- Abschnitte^, bindend war.
\'i«^lfa('h genügte dieser aber als Grundstimme für die Entfaltung «1er
Komposition der Uberstimme nicht, und dann wiederholte man skinipellos
die ganzen Tenortiine. oft in srleichem Mofhis^ oft in einem contrastit reii-
'len, vielfach in schnellereui, bisweilen auch in langsamerem llhytlnuub, ,
und schuf so im Tenor ein Gebilde, das der willkürlichsten rhythmischen
Behandlunir dieser ursprünglich eine vernünfti^'e Melodie bildenden Töne
durch den ^lotetten-Kouiponisten preisgegeben war und auch in der Art
der Ausführung den anderen Stimmen gegenüber sehr kontrastiert haben]
muß; wir wissen leider heute mangels genügender Anhaltspunkte noch
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30 Friedrich Ludwig, Die melintiiumige Musik des 14. Jabrbonderta.
nicht, wie dies bei dem Vortrage der ganzen Komposition geschah, ob
rein instrumental oder in anderer Weise.
Gehört zum Wesen der alten Motette also der Aufbau der Eon^o-
dtion über einem derartig behandelten Tenor, so zeigt sich die Weiter-
entwicklang in zwei Bichtangen: einmal verstürkt man das Begleitonga-
Fondament der ganzen Motette nm eine sweite Contratenor genannte
Stimme, die vielfach in genauem rhythmischen Anschluß an den Tenor
gebaut wird| — andererseits geht die Freiheit und KompUaertlieit der
mmikalischen Behandlung in ihythmischer Besiehung weit Über die bis-
her inne gehaltenen Grenzen hinaus und greift aueh auf das melodisdie
Gebiet über, indem auch die Tonfolge des Tenor ähnlich einschneidenden
Verilndenmgen unterworfen wird wie bisher nur der Bhythmus. Zeigen
in diesen beiden Hinsichten die Motetten im Bomaa de Vauvel, Paiis
571 und dem Fragment in der CoUection de Picardie sich noch gans auf
dem alten Boden stehend, so tauchen bei Machault schon die ersten
vierstiTninif,'eii mit zwei b^leitenden Unterstimmen au^ was dann bei den
Chantilly-Motetten schon die Kegel geworden ist, und in Chantilly die
(n-steu Tenores, die aus dem Wechsel der gewöhnlichen und umgekehrten
Tonfolge der Tenoi^Melodie bestehon, so der erwähnte Fraiu iscus-Tenor
Ändeum qttaerit, und solche, die bis zu achtmal die rhythmische Behand-
lungsweise der als Tenor benutzten Tonfolge variieren (achtmal iliut es
der Tenor Admirahile est nomen tnuni der erwähnten Motette auf den
Grafen von FoixV Für eine mehrstimmige Bearbeitung eines rückwärts
gesungenen splir }>pliebten Tenors wüßte ich freilich schon aus der älte-
sten Zeit ein Beispiel anzufüliren [Nusmido in Florenz, Laur., plut. 29, 1.
f. 150'). doch ist das dauK^ls, wie es scheint, eine q-anz vereinzelte
Kui-iosität; von nun an beginnt aber solche künstliche äußerliche Be-
handlung des Tenors gerade für die größten und feierUchsten Kom-
positionen, die noch für Jahrhunderte des Tenors als Stütze am we-
nigsten entraten wollten, immer mehr um sich zu greifen; sie führt
uns direct zu den sogenannten Künsteleien der Niederländer, und wir
wollen auch bei der Betrachtung der aufgezeigten zunächst ganz, iuilier-
lichen Anfange dieser Bewegung uns (liuau li innern, welche großartigen
Wirkungen in der Musik dadurch erschlossen werden sollten.
Schon in Chantilly finden wir die Ajiweisung, wie die nur einmal
niedergeschriebene Melodie des Tenor bei den Wiederholungen weiter zu
bilden ist, als Canon bezeichnet, als Richtschnur für die Sänger, ebenso
wie der Codex Chantilly auch die Tielf ach sehr nötigen Anweisungen zur
Lesung der höchst komplizierten Notenschrift Canon nennt Nicht lange,
und eine spezielle Art solcher Anweisungen, die Bildung einer nicht be-
sonders niedefgeschriebenen Stimme durch Nachahmung aus emer andern,
deren Pflege uns nachher besonders bei den Italienern beschäftigen wird,
. ij i^od by Googl
Friedrich Ludwig, Di« nuUcanAimnige Bfnmk de» 14. Jehriranderto.
31
behält diesen Ausdruck Canon als Terminus tf^rhniciis bei. was er bis
beute zur Bezeit Imiini; dieses hüchbedeutsamen Mittels der Tedmik der
^Mehrstimmigkeii geblieben ist.
So bildet zwischen der alten Kunst und der hohen Weiterentwickluntr
der mehrstimmigen Musik im 15. und 16, Jahrlnmdert j,'erade die fran-
zösische Motette des 14. Jahrhunderts ein besonders wichtiges Bindeglied,
wenn auch ihre äußere Form und ihre seltsame klangliche Erseluinung
namentlicli durch das schnelle Deklamieren der unendHch langen Texte,
das keine rechten Melodic-Biidun^en a,uikommen läßt, und das gänzliche
Vernachlässigen sowohl der prosodischen als der prosa-sprachlichen Acccute
der Texte in der Musik uns die Gewinnung eines ästhetischen Stand-
punktes gegenOber dimer Knnstgattong^ deren künstlerische Intentionen
uns 80 klar wa Tage liegen, ganz anBcofordentlicb efsehwown.
Der reidien E&Ue der franzönBchen Motetten kSnnen -wir vorlftiifig als
rein italienisch nnr die eine Motette des Jacopo ron Bologna aus den
Padvaner £*ragnienten entgegenstellen, da die andere hier nnd in Modena
erhaltene mehrfach erwläinte Ckorgsmotette in ihrem Tenor, der prmo
eundOf uemudo redeundOf krtio a primo prmeipo rmmmdo zu erkUngea
hat» und sonst^ wenn auch nicht fransösbche Entsfehnng, so doch starke
dirdste fransosiBChe , Beeinflnssong anfweiBt Welch anderen Eindrock
Jaoo|io*8 Luz purpurata und Däigito mit ihren sinnToUen Beziehungen
des an den idealen Fürsten -gerichteten Text^, Ermahnungen und For-
derungen in der Mittelstimme und Preis der ErfOllungen in der Ober-
stimme, mit der den Italienern dieses Zeitraumes eigenen Klarheit der
Melodie und des Rhythmus in den Oberstimmen, mit dem schwungvollen
Aufbau des Ganzen in dem von den Italienern sehr bevorzugten breiten
zwölf-minimae-Takt des modus minor p&rfechts et tempua minoris imper-
fectum, dessen Wahl zu den acbtsiUugen jambischen Versen der Texte
äußerst glücklich paBt und für das gemeinsame Schluß-MeUsma der drei
Stimmen einen vortrefflich angelegten Hoquetus gestattet, und schließlich
mit der feinsinnigen Behandlung des Tenor, der an keinen Modus ge-
bunden, gerade immer da das Ganze stützt, wo der A)).schluß einer Vers-
zeile in einer Oberstimme die vollere Dreistiipmigkeit verlangt, oder wo
bei Pausieren emcr der beiden Oberstimmen die Zweistimmigkeit durch
die andere und den begleitenden Tenor fortgesetzt wird, oder wo er im
ScWulimeiisma als gleich berechtigte ötimme seinen Anteil an dem das
Ganze krünenden dreistimmigen Hoquetns-Schluß hat, — welch antiern i
Eindruck also diese italienische Motette macht, das im einzelnen au82ni-|
führen, muß besonderer Darstellung überlassen bleiben. '
Bevor wir von den Motetten Abschied nehmen, muB ich noch der
merkwürdigen Motetten-Abschnitte in zweiFlorentinerLaudi -Handschriften
des 14. Jahrhunderts gedenken. Es» ist bekannt, wie die religiöse Be-
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32
Jb'hedrick Ludwig, Die mehrstimmige Mugik des 14. Jalirbimdurts.
wt'gujig in Italien, besonders durch Persönlichkeiten, wie Franz von
Assisi, den musikbegeisterten Schöpfer des Sonnenhymnus, und die
BrUder des von ihm gestifteten Ordens entfacht, zur AnslHldnng einer
eigentOmliclien viel gepflegten Dichtungsfunn italienischer Erhanungs-
Lyrik, der Laudif geführt hat, die mit der zugehörigen einstimmigen Musik
zaUrdch auf uns gdbommen sind. Und zwar waren es gwade die mitt-
leren Stände der Bevölkerung, die sich die Pflege dieser Dichtung und
Musik hauptsächlich angelegen sein ließen, hesonders bekannt, auch aus
der novelüstifichen Litteratur, die Zusammenkilnfte der Sjrchsiuel-Bnider-
Schäften in Slorenz, i. B. in 8. Maria Novella, in Or S. Michele oder
draußen auf den Mamorbänken um S. Maria de! JPiore, den prachtigen,
in unserer Epoche sidi der YoUendong nähernden Neuban des Doms.
Wir kennen das musikalische Bepertoiie dieser Bürger^Gesang-Vereine,
wie man sie nennen kann, wenigstens für den, wenn ich so sagen darf,
offiziellen Teil ihrer Vereinsabende, und sehen daraus, wie iu'Iumi den
einstimmigen Laudi und dem reichen Sc^hat/. lateinischer einstimmiger
frommer Lieder, Hymnen und Sequenzen, ihr Bedarf an mehrstiiniiiig<T
Musik durch jahrhuiulert-alte französisclie Motetten gedeckt wurde. Wir
treffen in den erwülmten beiden Florentiner 1 rMulschriften (Bibl. Naz.
n, 1, 122 und 212) alte Bekannte aus Montpellier und dem musika-
lischen Anhang des Pseudo- Aristoteles-Traktats [Paris, Bibl. nat., fonds
lat. T12R6!, freilich in einer Foi*m der Niederschrift, die den Mangel an
wirklicher innerer Vertrautheit mit diesen Werken verrät, ffanz abge-
sehen von den erlieblielien Varianten der Noten. Keine der beiden
Handschriften sclireibt die Motetten in der frankonischen Notation, wie
man es in den sv^teniatisclien ^Motetten-Sammlungen findet; die eine notiert
sie in der illteiilen. für die Meljrstimmigkeit längst aus der Übung ge-
i<oiin]ienen Mensurals(;iinft, die noch keinen Unterschied zwischen Longa
und Brevis in der Schrift zu bezeichnen für notwendig fand, die andere
schreibt gerade umgekehrt die überstimmen in die modernste liier aber
nicht passende Noten.schrift um, noch dazu, ohne wenigstens auch den
Tenor dann mit umzuschreiben. Auch in der Nichtbezeichnung des Tenor
mit dem ihm zuk(>mmeud(;n Wort zeigt .sich ein Einfluß der damaligen
weltlichen i'lurentiner Kunst, die im übrigen an dem Bedürfnis der er-
wähnten Klassen nach solcher mehrstimmiger Erbauungsmusik anscheinend
ganz achtlos vorüberging. Um so interessanter sind diese bdd^ Doku-
mente, große abgenutzte Singfolianten mit Ffandnoten, wie die geist^
lidken Ohorbttdier, mit zum Teil herrlichen Mtniaturen an den Anfängen
der Laudi, die diese Kompositionen lateinischer Texte aus verschiedenen
französischen Quellen sich zusammenholen. Betreffs der Laudi möchte
ich hier noch anhangsweise hinzufügen, dafi uns dann schon aus dem
Anfang des 15. Jahrhunderts in der oben besprochenen Yenetianer Hand-
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Friedrioh Ludwig, D» meliniuDniigtt Musik de» 14. Jalabiuiderts. 33
Schrift auch mehrstimmige Kompositionen laudi-aiüger Texte verschie*
denstor Art vorliegen.
Damit wenden wir inis von der Motette mit ihrer Woiterführung ait-
erworbener technischer Kunst der Melirstinnnigkeit \md ihren Ausblirkon
in die musikalisrhe Zukunft, von einer üatt iti? fli*» mit dem Wesen ricr
nu'lirstimmigen Musik aufs innerste verwandt nur als mehrstimmiges
Kunstwerk Lehen hat, zunächst zu einer Anzahl franzftsischer di< btcrisch-
musikalischer Formen, die zu Zeiten zum Teil zwar auch lediglich in
mehrstimmiger Gestalt auf uns gekommen sind, bei denen diese Mehr-
stimmigkeit aber nicht als etwas Notwendiges, sondern nur als prächti-
gerer Schmuck des Ganzen erscheint.
Eine gute tJbersicht über die iuusikali;~>cli haa|)t:>uchhch angebauten
(Tuttungen der französischen Kunst in der ersten Hälfte des 14. Jalir-
hunderts bietet uns die schon erwähnte Samndung der "Werke Machault's,
worin anf die litteraxischen Werke, von denen eines in seinem Verlauf
auch euM BeUie komponierter Dichtungen enthält, die musikalischen in
der Beihenfolge Lais, Motetten, Messe, Balladen, Bondeaux und Chan-
sons halladees folgen; die Lais nur einstimmig, die Balladen fast alle
mehrstimmig, die^Ri^odeaux. nnr mehrstimmig und unter den Chansons
balladees überwiegend einstimmige^ 22 nehen acht mehrstimmigen und
einer Anzahl nicht komponierter; dem Gtanzen folgt dann eine vom
Sammler offenhar anderweitig nicht untergebradite dreistimmige teztkwe
Komposition mit dem Anfangswort Damd^ die zwei Oberstimmen als
Triplum und Hoquetus bezeichnet Dazu treten in die größere Dichtung
Bemede de forhtne^ wie erw&hnt, eingefügt auBer den Yertretem der ge-
nannten Gkittungen, ehkem einstimmigen Lai, zwei vierstimmigen Balladen
verschiedener Art, einor einstimmigen Chanson balladee und einem drei-
stimmigen Bondeau noch zwei einstimmige Specimina anderer Dichtungs-
gattungen, von denen sonstige musikalische Bearbeitungen fehlen, eine
comflamie und ein chamon royal.
Können wir hier diese beiden letzteren und die ebenfalls nur einstim-
mig vorkommenden musikalisch höchst interessanten Utia als für die
Mehrstimmigkeit von geringerem Behang bei Seite lassen, so fesseln uns
zunächst die Balladen, die die in Frankreich in dieser ganzen Epoche
überhaupt beliebteste lyrische Form sind. Thn> poetische Form ist gnn/
regelmäßig: sie bestehen aus drei Strophen, von denen jede mit zwei
metrisch gleiehen nach derselben Melodie gesungenen Zeilenpar^ren be-
ginnt, auf welehe eine in neuer AYeise komponierte zweite Stropl fulililfte
folgt, die Anfangszeile liiiutig kürzer als die andern, gewnhnlieh drei oder
vier Zeilen, deren letzte der in allen Strophen gleiche liefrain ist, sodali
die Ausdehnung der Strophe meist sieben oder adit Verse beträgt; doili
k Ol 11 inen auch sein' viel ausgedehntere vor, aber immer unter Wahrung
s. <1. I. H. IV. 3
. ij i^od by Google
34
Friedrich Ludwig, Die mebntimmige Münk de* 14. Jahrhonderta.
der G ruiidverhältnisse der sich wiederhulenden prima pars und der iuuai-
kalisch breiter behandelten secunda pars mit der Zu8pit;:ung des Ganzen
im Befrain, der, wenn er auch musikalisch besonders bedeutsam kompo-
niert ist, auch als krtia pars besetcbnet wird; und das Ganze wiederholt
sich dann dreimal, immer in denselben B/dhiin auslaufend. Wir finden
alle Stdie lyrischer Poesie in dieser lebhaften und anddiienden Form,
die, was die Dichtung angeht, ja keine Neusdiöpfung dieser Epoche ist,
behandelt, vor allem natürlich chevalereske und erotische, auch unter den
komponierten Balladen dieses Jahrhunderts noch viele Ferien, weit ent-
fernt noch Ton den schematischen und flachen Beimereien, su denen leider
die Komponisten des 15. Jahrhunderts so oft greifen mußten.
Kennen wir von Machaolt fa&i nur mehrstimmige Kompositionen von
Balladen, so sind uns andere Dichter oder Kompomsten auch mit ein-
stimmigen BaUaden-Kompositionen erhalten, so Jehannot de TEscnrel
aus dem ATifimg des Jahrhunderts (Paiis, Bibl. nat, fonds fran^. 146} ;
ebenso ist in einer Handschrift der Prise amourmse von Jean Acart
von 1332 für die dann enthaltenen Balladen und R4jndeaux nur für ein-
stimmige Kompositionen Platz gelassen, aber leider nicht ausgefüllt
(ib. 24391). Wir sehen hierin also die Fortsetzung der reichen Fülle ein-
stimmiger Kompositionen, die uns von der französischen für Musik be-
stimmten Lyrik, sowdt nicht Motetten in Betracht kommen, besonders
des 13. Jahrhunderts, erhalten sind, sowohl in den speziellen Lieder-
Sammlungen, als auch vielfach in größeren Dichtungen, in denen p:prade
in französischen Handschriften die gesungen werden sollenden Einlagen
(i(h'r Kt'standteih' häutig mit Musik versehen sind, von Attraftmi t f yieo-
/«/Ic und A d a m de la Haie s Röhn ff Mririoti an bis zu denj.icdem in
den Romanen, ^\ ic in ausgedehntestem Maßstab im Renart nouid ^Mn?ik
in Paris, Bibl. nat., fonds frang. 25560 und 15PH) und <lem Iionnm de
Fauvel, ferner iu den nach 1325 entstandenen Mirack^ dt A'o//t Ifame
anscheinend nomiannisclien Ursprungs (ih. 12483! und dem erwiUinten
liemede de fortimi Machault s, verh)ren in eiiier zur Aufnahme der
Musik schon eingerichteten Pariser Handsclirift des Roman de la Poire
(ib. 12768) und Acart's erwäliuter PrinL ainoareuse. Vi rhiii(h t sich mit
dieser Wiedergabe der Dichtung und der Musik dann, wie es eben-
falls in den französischen Handschriften häufig der Fall ist, ein reicher
Miniaturen-Schmuck, so möchte ich sie kleine Gesamtkunstwerke nennen,
die uns ein höchst lebendiges Bild ihrer einstigen Existenz auf dem Fer>
güment bintaiassen haben, denen seitens der anderen Nationen aus dieser
Zeit wenig an die Seite zu stellen ist, besonders sdimerzlich für uns
z. B., daß bisher in keiner italienischen Handschrift des Decamerone, in
dem Tom Musizieren so oft die Bede ist und in dem jeder Tag mit dem
musikalisdien Vortrag mindestens einer Dichtung beschlossen vnrd, die
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SViedrich Ludwig, Die mehntimmig» Musik dei 14. Jahrhundert«.
35
(l;izii freluirigti Musik aufgefunden ist, so daß man den Eindruck f^i--
winnt, als seien diese Dichtungen l>occac<;io's und dann die iilmlichen
seiner Nachfolger ganz im Gegensatz zu den oben besprochenen franzö-
sischen Balladen u. s. w. nur Euchdichtungcn, die zur Komposition eigent-
hch gar nielit bestimmt waren.
Als iilteres Vorbild für die mehrstiiuuii^e Komposition der franzö-
sischen Balladen nun kann ich wenigstens eine zweistimmig komponierte
Chanson aus dem Chansonnier Baudelot nachweisen (Paris, Bibl. Xat.,
f. frang. 840, fol 21), die inmitteii von Iftuter einstämmigen Liedeni mit
einer emfach als Tenor bezeichneten TJnterstimme verBehen ist. Und zwar i
gUed«rt sich dieser Tenor im Gegensatz zu den Motetten-Tenores genau |
wie die Oberatimme, die allein den Text hat, in ein StoUenpaar and Ab-
gesang; freilich zeigt er in seiner modalen Ansprügung, die dem Modus |
der Oberstimme ein&ch folgte noch einen innigeren Zusammenhang mit
dem Motetten-Tenort der der Ballade des 14. Jahrhunderts durchaus fehlt,
aber -wir finden hier som ersten Mal da$ Prinzip duichgefUhrty umge-
kehrt zu dem Aufbau einer Komposition Uber einem gegebenen eaniug
prius faekis die mehrstimmige Komposition aus einer frei erfundenen
Oberstimme und einer einfach begleitenden Untentimme, die fUr Teodr i
aufnähme ttberhaupt nicht eingerichtet ist und auch an keinerlei anderen ■
Text denken läßt, zu bilden. Es frappiert, daß dies bei der Fülle der |
erhaltenen Chanson-Kompositionen der älteren Zeit nur eimnal begegnet,
und man fühlt sich angeregt, die Frage aufzuwerfen, ob nicht eine tech^
nisch betrachtet auch der damaligen Zeit so leidite Zufügung einer
solchen Unterstimme beim Vortrag öft^r vorgenommen und nur nicht
aufgezeichnet ist; zu ihrer Lösung fehlen uns aber positive Anhaltspunkte.
Jedenfalls tritt uns bei Machault diese Art, den Tenor als eine der
Oberstimme sich anpassende Begleitung ohne jede textliche Beziehung
zu gestalten, als allgemeine Regel nicht nur für die Balladen, sondern ^ •
auch für die Rondeaux und Chansons Imlladees entüjf c^en. Zunäehst ge- /
wann dio iranze Konii)Osition d;idnreh eine iibersichtiiche Gliederung,':
alle Stimmen schließen die Haui>teins( linitte der Strophe ;j:l(_-ichmiißi;; ah,
und bei den jjewöluiliehcn Zeilcnschlüsson leitet eventuell ein SdIü im
Tenor auf die iulgende über- der t^leieln-n Melodie entspricht ein gleicher
Tenor, und die gleiche .Musik im (ianzeu wiederholt sich hei allen drei
Strophen, die alle auf diesellje Pointe in dem einen Refrain liiuuuslaufen.
Erst eine sehr viel spätere Zeit, mimlich erst das 17. Jahrhundert, hat
die Keime, die in dieser Kompositionsweise liegen, in der der Tenor
eine Rolle ähnlich dem J^asso continuo spielt, zu entwickeln gewußt:
vorläuti^ fuhrt sie nur ein bescheidenes Dasein und geht im Laufe '
der Kntwicklung noch einmal in deui rein vokalen Ideal der gleichmiiliigen
Durchdringung aller Stimmen mit melodischen Gedanken und Text auf. J
3* \
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Friedrieh hadmg^ Di» mtthniuninige Mnaik de« 14. Jafarbanderta.
Hier auf franzosischem Boden un«! seiner EinHnR-iSpliäre doniiniert sie
nun noch weit über das 14. Jahrhundert hinaus bei den verschiedensteu
Gattungen, besonders aber bei der Ballade.
Ich hatte oben bereits en^ähnt, daß die Ballade an sich nicht das
Bedürfnis nach inehrstiramiger Komposition in sich trägt; es kann daher
nicht verwundern, wenn die mchrstimniig kompouierteu Balladen in den
verschiedensten 8timm-Zusunimenstellungen auftreten. In der Balladen-
samnilung ^lucbault's in der Handschrift seiner Werke bilden die ein-
fachen zweistimmigen Balladen noch die große Majorität, der Rest ver-
teilt sich auf vier andere Formen, zwei dreistimmige und zwei vierstimmige,
die alle von großer Bedeatimg fttr diese Kumt, ihre Weiterentwioklui^
und ihrai Einflafi auf die itaUemsche Kunst geworden sind. Zu dem
Oantas, der Oberstimme, und dem Tenor konnte zunächst eine, wie der
Tenor im wesentlichen unter dem Gantus liegende b^ldtende Stimme
hinzukommen, der Contratenor, so daß für die Melodie der Oberstimme
mit dem Text das wuchtige Fundament von zwei begleitenden Unter-
>'k, I stimmen geschaffen war, und das ist für die französische Ballade und
.IV A ., I die gleich näher zu besprechende Chanson baladee in der Folge typisch
geworden. Die von den Franzosen bei den MotettMi so bdiebte Drei-
stimmigkeit ist somit durch Hinzutreten des Contratenor zu Tenor und
Cantus auch fttr diese Dichtungsformen gewonnen und dann die Regel
geblieben.
Schon in Chantilly unterbricht nui* selten eine zweistimmige Kompo-
sition die lange Keihe der dreistimmi.iren Balladen und Chansons baladees,
und ebenso ist es in Modena; gegenüber den in «lieser Hinsicht ganz anders
empfindenden Italienern ist diese Art der Dreistimmigkeit mit dem nicht
zu leugnenden Mißverhältnis der relativen Einfachheit der Melodie und
der Schwere der zweistimmigen Begleitung ein Hauptkennzeichen fran-
zösischer Entstehung oder maßgeblicher Beeinflussung durch diese Kunst.
Schon Machault hat daneben eine andere Art der Dreistimmigkeit
gepflegt, die für die Franzosen niclit minder charakteristisch ist, nämlich
I die Hinzufiigunj^ einer dritten textlosen Stimnie über dem von einfachem
. Tenor beirleiteten Cantus. eines Triphim^:. v/ic man es mit der alten Be-
• Zeichnung der Oberstimme einer dreistimmigen Motette weiter n iimtr
1 Und nicht bloß der Name, sondern auch der Charakter dieser Stimme
^veist stark auf das alte Motelten-Triplum bin, wenn diesem Baliaden-
Triplum auch der für jenes charakteristische Text fehlt; in lebhafterer
Bewegung umspielt diese Stimme die jetzt in der Mitte Hegende Haupt-
melodie, wie es bei der höchsten Stimme der Motette meist schon durch
ihren ausgedehnteren Text bedingt war. Wie sie vorgetragen wurde. —
sie hat nie bei französischen Kompositionen in den Handschriften Text
— wissen wir, wie füi* den Tenor und ( ontratenor, ebenfalls nicht.
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Friedrich Ludwig, Die mehntiinmige Muaik de« 14. Jahrhunderts.
37
Voll viersüumiigpn Formen bei Machault koraint zunächst die Kom-
biuation dieser beiden Erweiterungen des ursprünglichen Gerippes von
Cantus und Tenor mehrfach vor, gleichzeitig ein Triplum über und ein
Ckmtiatanor unter dem Cantns, eine Vollstimmigkeit, von der inap, wohl
Mgen muBi daB sie_ die. Hauptmelodie leicht ^^adrücken konntje, iind^.die
die Italiener, so viel bis jetzt bekannt, niemals _nachgeahnit haben. Zu-
fetst encheint nnB, bei Machault nur einmal vertreteni eine vierstimmige
Ballade mit zwei verschiedenen Texten in den Oberstimmen, die den
gleichen Refrain haben und inhaltlich in interessanter Beziehung zu ein-
ander stehen. Thomas, ein Bruder von Machanlt's Dame Agnes, hatte
Machault eine Ballade Quant Thds^f Hemdes et Jason mit dem Befrain
Je voi ossftt, pidsque ie voi ma dame gesandt, die Machault in der glei-
chen Eorm, mit gleichen Beimen und dem gleichen Refrain Je voi aasex^
fnäsqtte ie m ma dame beantwortete (Ne quier veoir la ÖiatUe d^Abaokm).
Beide komponierte er dann als zwei Oberstimmen eines vierstimmigen
Satzes, die sich zunächst an jodoni Zeilen-Ende im gleichen Reim und
am Schluß des Ganzen im gleichen Refrain zusammenfinden, eine eigen-
artig reizfolle Kuinpositi«n, die mit dieser Wirkung nur bei der fran-
zösischen Refrain-Ballade möglich ist.
Werfen wir nun zunächst einen Blick auf das Schicksal von Machault's
Balladen, denen, wie schon früher bemerkt, eine sehr lange Lebensdauer
beschieden war. In größeren Ealladen-Sammlungen kommen viele im
Codex Chantilly, der einzigen Handschrift, die sie sonst noch mit Ma-
chault's Namen versieht, im Codex Reina (Paris Bibl. Nat. nouv. acq. frq.
677r und Codex Modena vor; eine Ballade und tin Roiideiui enthält
der Codex Prag (Un.-Bibl. XI. E 9); vereinzelt als Zusätze fiiideii sicli
manche aurli auf fnn gebliebenem Raum in den italienischen Hand-
schriften, dem Cudt x Panciaticliianus in Florenz (Bibl. Naz. Panc. 26)
und der Handsclirift Taris fonds italien (568) wieder. Mau kuuii aus
dem allen auf eine mehr als hundertjährige Beliebtheit dieser Werke
schließen, und besonders cliarakteristisch ist es, daß die späteste er-
wähnte Handschrift, die in Modena, die sonst bei fast allen Kompositionen
auch die Autoren-Namen nennt, den Namen iles Komponisten von Balla-
den Avie Dt toi/fc^ /loiuSy De pi fit pni und GnLs et folis nielit mehr
kennt. An den Werken erfreute mau sich auch damals noch, der Name
des Meisters war schon vergessen.
Es kann nun nicht Wunder nehmen, daß bei dieser Weite des Weges
die muakaliBclie Gtestalt von 3£achault*s Balladen gelegentlich Ter&nde-
rungen erfahren hat Der musikalische Kern freilich, Cantus und Tenor,
blieb fiberall unangetastet, die ttbrigen Stimmen aber fehlen bisweilen
oder Tariieren auch gelegentlich. Bei einer Ballade Grenon's erfahren
m einmal speziell, daß der Oontratenor im Codex Modena dazu von
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Friedrich Ludwig, Die mefantunmige Musik de» 14. Jahrfatmderts.
Matteo Ton Pcru^j^ia stammt; so wird man aiuli bei Machault's Bal-
laden annehmen k<inneu, daß abweichende StimiiH'n späterer Hand-
schriften fregebciu nfalls von anderen Komponisten vt iuiin' ii k innen, sei
es, daß diese nur eine auf Tenor und Cantus reciu/u i ie Funu der Bal-
laden vorfanden, wie sie z. B. seiner Anlage gemäß Codex Frag nnr
bietet, nocli dazu ohne Text, wie dieser auch beim Eintragen solcher
Baliaden in italienische Sammlungen zu fehlen ptlegt, sei es, daß sie aus
anderem Grunde die Zufügung einer neuen Stimme für angemessen
hielten. Das wechselreichste Geschick in dieser Beziehung hat die Bal-
lade De jißtit peu geliabt, die im Codex Machault dreistinunii,^ mit Caiitiis,
Tenor und Triplum, im Codex Chantilh' dreistimu!:;^ mit ( aiilus, Tenor
und Contratenor, im Codex Prag zweistimmig, im Codex Pauciatichianus
und Paris fonds italien dreistimmig ^vie Chantilly und im Codex Modena
mit allen vier Stimmen in einer Handschrift vereinigt erscheint,
f So bieten uns Machault's Balladen ein in jeder Beziehung reiches
' und interessantes Material zum Studium dieses Kunstzweiges, das bei
' einer eingehenden Darstellung desselben in den Ifittelpnnkt gerttekt su
werden verdient. Direkte Vorgänger in mehrstimmiger Komposition
kennen wir vorläufig uodi nicht; auch unter Fhihpp von Vitry's Ver-
diensten nm den Fortschritt der mehrstimmigen Mofdk findet sich mehr*
fach gerade auch die Balladen-Komposition genannt, ohne daß sich aber
bisher auch nur eine Probe davon gefunden hätte. Desto reicher ist
aber die Fülle der Balladen, die sich an Machault*B Kunst anscUieBen
l und sie fortfuhren.
Bevor wir zu diesen Ubergehen, seien Machault's mehrstimmige Kom-
podtionen von Chansons baladees einer kurzen Betrachtung unterzogen,
an die sich dann leicht eine Gegenttberstelltmg dieser beiden Kunst-
gattungen und ihrer BHgenheiten anschließt, bei der manches auch den
Balladenbau betreffende erst in das richtige Licht gerückt werden kann.
Die dichteiische Form des Virday oder Chanaon baladees gelegentlich
auch in Frankreich mit dem Namen Ballade bezeichnet, der für diese
Form in Italien der allein gebräuchliche ist, da die eben besprochene
dreistrophige Befrain-Ballade in Italien nicht existiert, — die dichte-
rische Form der Chanson baladee ist folgende: ein mehrzeiliger Anfang
spricht einen Gedanken aus, der die refrainartige. Wiederholung nach
jeder Strophe gestattet; darauf folgt eine aus zwei gleichen Hälften be-
stehende Strophe und ihr Abgesang, letzterer metrisch und musikalisch
genau gleich dem Anfang, der jetzt refrainartig wiederholt wird; die
Fortsetzung besteht dann immer wieder aus Stollenpaar, Abgesang und
Anfangswiederholung mit der gleichen Beziehung zwischen den beiden
letzteren Gliedern wie bisher. AVar die oben besprochene Balladen-
Strophe vierteilig mit in der Begel drei verschiedenen musikalischen Ab-
üiyiiizcL' '
Fnodrich Ludwig, Di« mabntimmige Musik de« 14. JahrluiiiderU.
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schnitten, deren erster sich am Anfang wiederholte, so ist die erste
< 'hansun-baladec-Stropiio fünfteilig mit nur zwei verschiedenen musika-
li-ichen Abschuitteii, deren einer das Ganze einleitet und am Scliluü jeder
Strophe immer zweimal hintereinander, zuerst zum Abgesang, dann zum
Anfangstext wiederholt wiederkehrt, während der andere zweimal in der
Mitte zum Stollenpaar erklingt. Der Unterschied der Wirkung des
Ganzen ist also Itedentend, in der Ballade auch miulkaUsch stets eine
Zuspitzung auf die Befrainzeile hin, auf den l^reiteren Unterban des
mnsikaliscli sich wiederholenden Stollenpaares eine nnaufgehaltene Weiter-
entwicklung der Komposition bis läm Refrain folgend, — die seltenen
Ausnahmen von diesem Bau kann ich hier auBer Acht lassen, — * in der
Chanson baladee umgekehrt eine cyklische Form, die Vorwegnähme der
Pointe des Ganzen am Anfang, und nun eine regelmäfiige Folge von je
zwei sich wiederholenden musikalischen Abschnittai, deren Ti^ter immer
auch den Anfangstext wiederbringt So wirkt das Ganse . dadurch im
OegiBusats zu der mehr leidenschaftlichen Befrain-Ballade ruhig, und wir
begegnen unt^ den italienischen Kompositionen dieser Form auch man-
chen direkt moralischen Gedichten, in denen der Anfang gleichsam eine
Sentenz ist, die nicht als Ausdruck einer dichterischen Empfindung,
sondern als ein ethisches Axiom nach jeder Strophe wiederkehrt Diesen
Totaleindruck muß man sich gegenwärtig halten, um die musikalische
form gerade der Chanson baladee zu verstehen.
Die Mehrstimmigkeit hatte für ihre Melodiebildung bei Wiederholung
derselben Melodie auf zwei metrisch gleichen Textabschnitten das liöchst
wirksame Mittel der Diffcrcnzioning des Schlusses, wie es in einstimmi-
gen Kompositionen gan^? und gäbe war, beibehalten und weiter aus-
gebildet. Dir Komponist liiBt d;is erste Mal die Melodie ein wenig
anders ausklingen und erreicht (iadurcli die Wirkung eiTier Spannung,
die sich dann bei dem naturgemäßen Auskliugen der Melutlie l)ei ilirer
Wiederholung löst; die Franzosen nannten die beiden Schlüsse sehr
treffend vert und c/oä, in der l^hat bleibt beim ersten Mal die Kompo-
sition so zu sagen »offen«, einer Fortsetzung bedürftig, und kommt erst
beim zweiten Mal zum »Sclduli^. Die einfache Art, in der die ein-
st ininiigen Melodien diese Wirkung hervorbrachten, nämlich den vei-t in
eine Ivadenz, meist eine oder zwei Stufen über dem Schlußton <ler Haupt-
tonart, seltener in einem tiefereu Ton, zu fiilii'en, übernahm die Mehr-
stimmigkeit durchaus, da auch in der mehrstimmigen Komposition durch
solchen vert z. B. auf der Stufe über der Finalis die Tonalität des
Ganzen nicht tangiert wurde. Und zu voller Entfaltung ist diese so ein-
lache und doch so zweckmäßige und wirkungsvolle Art der verschiedenen
Eadenzhildung hei .musikalisch sonst gleichen Abschnitten gerade bei der
französischen Ballade und Chanson baladee gekommen. Wir finden sie
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Friedrich Ludwig, Die meJintimmige Musik des Ii. Jahrbunderta.
bei dem StoUenpaar der Ballade, ebenso in deren zweiter Hälfte, wenn
diese, was vereinzelt Torkommt, ebenso angelegt ist; wir finden sie bei
den Stollen der Chanson baladee wieder, wo sie durch ihr Auftreten bei
den Wiederholungen des einen der beiden musikalischen Abschnitte» die,
wie wir sahen, für die Chanson baladee genügen, eine reizrolle Abwechs-
lung in die sonst in ihrer musikalischen Gleichförmigkeit etwas ermüdende
Komposition bringt
Mit der zweckdienlichen Ausgestaltung der Kadenzen für vert und
dos Terbindet sich für den festen Zusammenhalt des tonalen Aufbaues
der ganzen Strophe nun noch ein anderes Moment^ das von dem sicheren
Gefühl der Franzosen für diese mit dem Tonalit&ts-BewuBtsein zusammen-
hängenden Wirkungen und von dem starken Empfinden Machault*s und
dieser ibanzösischen Komponisten Überhaupt ffir die Tonalität auch in
mehrstimmiger Musik Zeugnis ablegt Es besteht nämlich Uberall zwi-
schen den Kadenzen der verschiedenen musikalischen Teile der Strophe,
der drei der Ballade und der zwei der Chanson baladee, eine innige
tonale Beziehung: Stollen und Kefrain schließen in dar Ballade wie in
der Chanson baladee in der Begel in gleichem Ton (in den 46 erhaltenen
hierher gehörigen Werken Madianlt's 40mal], oder im Quinten- oder
QuartenTerhfUtniB der beiden Finales, ganz vereinzelt in einem andern.
/ Das kann kein Zufall sein, sondern beweist uns, wie hier das Streben
nach Befriedigung des TonalitätsgefUhls, das in der einstimmigen Musik
voll zu seinem Rechte kommen konnte, auch in die mehrstimmige Musik
i siegreich Einzug hält. Freilich war seine Herrschaft nur von kurzer
^ Dauer, denn mit der kunstvolleren Ausbildung aller, auch der wie hier
nur begleitenden Stimmen, mußte es wieder zurücktreten hinter anderen
ästhetischen Anforderungen, deren Maßstab man wiederum an unsere
Balladen und Chansons baladees nicht anlegen darf. Wir werden nach-
' her sehen, wie viele von diesen Eigenheiten französischer Komposition
in den italienischen Balladen, auf die ihr älteres französisches Vorbild
einen sehr starken Einfluß ausgeübt hat, wiederkehrt. In diesem Zu-
sammenhange muß ich noch eine weitere tonale Eigentümlichkeit der
französischen Ballade erwähnen, nämlich UaU das Kadenz- Verhältnis auch
zwischen dem S(;hlußton der Zeile vor dem üefrain und dem der Re-
ftuinzeile, also dem letzten Schluß, sich in ähnlicher Spannung befindet,
wie das des rert und dos der Stollen, ja daß zvrischen den beiden vor-
bereitenden Schlüssen, dem vert im Anfang und dem Schluß vor dem
Kefrain im zweiten Teil der Strophe, wieder eine innere tonale Wechsel-
beziehung besteht analog der der beiden VoUkadenzen, welche die beiden
Sti'ophenhälften dann ab'^chlielicn.
In nahem Zusanimcnliang mit dieser engen tonalen Beziihuiii; der
Schlüsse steht nun auch eine solche in melodischer Hinsicht, zu der die
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Friedrich Ludwig, Die mehrstimmige Minik des 14. Jahrhunderts.
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Vorbilder ebenfalls in der einstimmigen Musik aufgewiesen werden können.
Häutig lenkt die Melodie bei beiden Schlüssen schon vor dem Scbluß-
takt in die gleiche Weise ein und umrahmt so die ganze Komposition
mit demselben an allen Hauptabschnitten wiederkehronden Tonfall, sehr
wirksam, wenn dann bei der Chanson baladee der vert und das des einen
Gliedes mit dem bei der Wiederholung gleichbleibenden und wie der e&Mr
schließenden anderen Gliede abwechselt Dabei sind dann sowohl diese
mdodisdien wie auch die oben besprochenen tonalen Bezidiungen zwischen
den Strophenhälften bei Macbault's Nachfolgern mannigfach wechselnder
Behandlung fiüiig; man läBt die tonalen z. B. außer Acht, wenn dafUr
die beiden Strophenhälften in einem dem Motetten-^tü entlehnten rhyth-
misch minutiös durdigefuhrten Parallelismus gebaut sind, wie das in
GhimiiUy mehr^M^ Torkommt; doch muB dies aUes einer Detail-Darstelr
long vorbehalten bleiben, die aufier Machault*B Werken auch in den nun
zu besprechenden Nachfolgern Machault's ein reiches Material vorfindet.
Vorher ein hier nur kurzes Wort ubei* die Hondeaux, die eine un-
mittelbare Fortsetzung einer schon im 13. Jahrhundert auch mehrstimmig
komponierten Dichtungsform bilden. Wie in der gewöhnlich uchtzeiligen
Strophe der erste Vera als vierter und die beiden ersten als siebenter
und achter refrainartig wiederkehren, so besteht auch die Musik aus
Wiederholungen der Komposition des ersten Zeilenpaars, die also nicht
nui^ dem Refrain, sondern auch dem übrigen Text dient, wöbei^ der erste
Teil des Refrains 5- und der zweite 3ni;t] erklingt. Ist diese Dispositioii
des Ganzen übereinstinnnend nnt der alten Art der Rundenu-Komposition,
so ist da^^egen die zwei- bis viei'stinmuge Einkleidung in eine Textstiinnie
und einen textlosen. Teuor^ eventuell mit Contratenor oder Tripluni oder
beiden, genau der oben besprocheneji und dem 14. Jalirhundert eigen-
tümlielien liailaden-Kompositionsweise entsprechend. Eh ibt selicm o))eu
erwülint, wie die kuaj pf und aus vielen Wiederholungen bestehende
musikah'sche Form des iiondeaus dessen Verwendung als Tenor für Mo-
tetten begünstigte; ja wir finden die bei den Tenores uns entgegentretende
künstliche Ableitung neuer musikalischer Gebilde aus andern ursprüng-
lichen auch gerade in den niclirstinniiigen Hondeaux vielfach, am reieli-
sten in dem aus dem Straßburger Codex durch Lippmann') geretteten
Tres donls amis, das bis sechsstimmig zu singen ist, aber auch schon
bei Machault, der gerade in seinen Bondeauz- Texten Terschleiemde
Bätsel-Anspielungen liebte und z. B. das Eondeau ifa fiu est mm eoni'
mencement so komponierte, daß die zweite Hauptstimme durch ümkeh-
rung der ersten entsteht Wir finden eine stattliche Zahl der verschieb
1} Bulletins de la SociC'te pour ia conservation des münuments historiqucs d'Al-
wce 1869.
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42 Friedrich Ludwig, Die mehrstimmige Musik des 14. JahrbundcrU.
denartigsten Bondeanz in allen Handsdiriften, die uns die Balladen
anfbewahien, yentrent; daa interessanteste Material bietet uns aber anch
für sie die -Sammlung von Macbaalt*s Bondeaux» die bahnbrechend waren,
Ton denen eines Se vom fCettea auch den Weg in die Codices Prag,
Panciatiduanus und Modena gefunden hat und so auch zu den Werken
gehört, die Ton Machault sich noch bis tief in das 15. Jahrhundert hinein
lebensfilbig erwiesen.
Yen ihm nehmen wir jetzt Abschied mit einem seinem Heimgange
gewidmeten Werke, der Doppelballade ron Beschamps:
Armes amours dames ehevalerie und
0 fhur des flours de touU mdadie
mit dem gemeinsamen Refrain
la niort Machant le noble r/u^torique
vierstimmig wie die erwähnte Doppelballade von Machault selbst, ron
F. Andrieu komponiert, einem Klage- und Preisgesang zu Ehren des
bewunderton Meisters, der die Reihe der Deplorations eröffnet, mit denen
von nun an häufig die musikalischea äcbulhäupter betrauert und geehrt
zu werdeji pflegen.
Die Kumposition findet sich in der kostbaren Hand^^cluift von Chan-
tilly (1047), deren bei weitem umfanj^reichster Teil der französischen
Balladenkunst jijewidmet ist. ^V'iI■ lerntuu ihre Motetten-Sammlunp am
Scliluß fol. i'iX bis 72' schon kennen, die ganzen vorbergelienden folia,
von denen die ersten 12 verloren sind, enthalten wesentlich frauzusi^ in
erst mei.st dreistimmige, dann von fol. 49 an mehrfach vierstimmige iiai-
laden und Chansons Ijailadees. Bei Drei<;timmigkeit besteht die Kompo-
sition ausschlie Blich aus Cantus, Tenor \uu\ Contratenor, zu denen dann
bei der vierstimmigen Erweiterung' das Triplum tritt. Die Handschrift,
wie sie uns vorliegt, ist in Itahen von einem des Französischen gar nicht
mächtigen und anch nicht sonderlich musikalischen Schreiber, wohl am
Anfang -des 15. Jahrhunderts, geschrieben und bemerkt bei der Uber-
wiegenden Mehriidt der Balladen-KtHupodtionen die Namen d^ Autoren,
Namen, die man Teil hier allein vorkommen, zum Teil dann in der
Handschrift Modena wiederkehren und nur zum geringsten Teile sonst
bekannt sind. Ich will mit ihrer Auf^lung hier nicht ermüden und
nur Männer erwähnen wie Johannes Yaillant, der 1369 in Paris das
eigenartige Duett Dame doueement und DouU amis de euer Uber einem
einfachen Tenor schrieb, Jacob de Senleches oder Selesses, der mehr-
fach auch sonst in den Handschriften wiederitehrt, namentlich mit seinem
Trauergesang auf die Rönigin Eleonora von Castilien, die 1382 starb,
und der Idylle En ce gracteux iampSy Johannes Cesaris, dessen Ruhm
aus Martin le Franc bekannt ist, So läge, der mit zehn Kompositionen
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Friedridi Ladwig, Die mabntiininige Musik des 14. Jahrhuiiderts.
43
am reichsten in dieser Händschrift vertreten ist, unter ihnen eine auf
den Herzog Jean von Kerry, (jrrimaee, den Kompunisten der interessan-
ten dreistimmigen Doppelhallade Se xephirm und -SV /uppiter, deren ge-
ms insanier Refrain -SV (kmnt moi madarne ne reoije sehr kunstvoll in
tleii beiden Stimmen nachahmend behandelt ist, P. de Molins, den ivom-
ponisten einer so viel gesungenen Ballade wie De cc quc fol /i/vwr,
Trebor, der unter anderem in drei Balladen den Grafen von Foix ver-
herrlicht, eine davon mit dem markigen Refrain »Felms avant!* m sa
enteigne jwrte, der an den einer Bidlade von Jdiannes CuTdlier auf
denselben Grafen erinnert, in der der Befrain ebenfalls »Febus avantU
beginnt, bi^ in allen drei Stimmen in langen Kotoi mit Fermaten ge-
setzt; schlieBUcb Ton den Kicbt-Franxosen, die aach in diese Sammlong
Aufoabme gefanden baben, den Magister Egidins Anglicns, wenn in
dieser letzten Bezeichnung keiner der vielen Fehler des SchreiberB dieser
Handschrift steckt, Philippus de Caserta, von dem ancfa seine interes-
sante theoretische Schiift in mehreren Handschriften anf uns gekommen
ist, und zwei nur mit dem Yoniamen beidclmeto Me»ter, in denen wir
vielleicht Italiener sehen dürfen, Gnido und den Magister Franciscus,
von dem es nicht ausgeschlossen ist, daß er identisch ist mit dem Mes-
ser Franc e«;co der italienischen Handschriften, Italiens gr(")ßten Kom-
ponisten in dieser Zeit, Francesco Landini. Jedenfalls nehmen auch
die beiden französischen Kompositionen des Ma;,'ister Franciscus im Codex
C*hantilly, De Narcisus und Phiton, Phiton^ beste frcs reneneuae^ einen
hohen Rang in der Schätzung der Zeit ein; die erste kehrt, wenn auch
anonym, als eins der wenigen in das ursprüngliche Corpus der italieni-
schen Handschrift Paris fonds italicn aufgenommenen französischen Werke
wieder, die zweite findet sich ein zweites Mal im Codex Reina unter den
ersten Kumpositionen der französischen Ahteihmg dieser Handsclirift.
Mit fitesem Ausblick auf die Beteilifj:uug auch italienischer Meister an
der Komposition bedeutenderer französisc-her Werke verlassen wir dieses
aus Italien erl>;ilt*>ne Dt^nknial französisclirr, oft so national pronnnderter
Kunst und können uns über die übrip[en franztlsischen Balladen-Hand-
ijcliriften kürzer fassen. Es sind im wesentlirlien die schon oben bei der
Überlieferung der Werke Machault's zitierten, zu denen nur noeh klei-
nere Fragmente treten, wie die in Camiirai und Padua l'Un.-Bibl. 1115).
Codex Reina (Paris, B. N. nouv. ac<i. fre. HTTT i«5t in meinem zwei-
ten Abschnitt eine reichhaltige anonyme 8.aniiu]uiiir französischer und
anderer Balladen, in der die oben erwähnten Glunzstücke zahlreich
wiederkehren, mehi'fach mit Tripla, die sonst nicht vorkommen, versehen.
Außerdem finden wir hier neben den gewöhnlichen dreistimmigen Balla-
den anch wieder eine größere Anzahl zweistimmiger, nnd mehrere, deren
Contratenor kanomsoh aus dem Tenor zu entwickeln ist, in denen also
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44 Friedricli Ludvi^, Die mehntimmige Musik de» 14. Jafarlranderts.
die beiden Begldtstimmeii in diesem interesfianten mosikalischen Ver-
hältnis stdien» das bei ihn^ zwar eigentlicli gar nicht zur rechten Wirkung
kommen Icann, aber im Bereich der französisclicn Kunst oft nachgeahmt
ist, im Gegensatz zu der ganz andersartigen Verwendung des Kanons
bei den Itahenem.
Coelex Prag (Un.-Bibi. XI. £. 9) ist eine kleine Sammlung von ano-
nymen Kompositionen aus allen möglichen Ländern, meist in reduzierter
Form und stets nur mit dem Textanfang versehen, unter ilmen auch ein
paar französische Balladen, die Sammlung besonders als Ganzes für das
musikalische Repertoire der damaligen Zeit in Deutschland sehr wichtig.
Schließlich der ( 'oih.r Mofh aa (Bibl. Est. lat 568) ist eine, wie schon
oben erwähnt, jetzt durclieiu ander geschobene, Yon zwei Händen ge-
schriebene umfassendere Sammlung geistlicher und weltlicher Kompo-
sitionen meist mit Autorenbezeichnung, die aber zum Teil schon weiter
in das 15. Jahrhundert hineinragen. Ursprünglich gehörte die jetzige
Lage 1, 3 und 5 zusammen, die die oben erwähnten liturgischen Kom-
positionen, besonders des Matteo von Perugia, zwei lateinische Mo-
tetten, einige italienische Kompositionen von Matteo, von Zacharias,
dov uns später beschäftigen wird, u. a. und eine große Anzahl französi-
scher Balladen enthalten, La^rc 1 und 5 ausschließlich von Matteo von
Perugia, Lage 8 von den uns schon bekannten Kleistern die, wie oben
besprochen, hier anonym eise lu inenden Balladen Macliault's, eine von
Selesse.s. »ine von Pliili[)p von (/aserta, daneben aber auch solche
späterer KomiKnu'sten, wie Cironia. Joliannes von Genua und Ar-
noldus Frutti^. dn- nicht melir in unsere Zfit Lndiören. Die ursprünglich
zusammengehünge 2. und 4. Lage entleih neben eiingeu lateinischen und
itahenischen Kompositionen ganz übei wir^n nd fran/ösisrhe Balladen ans
dem Bfipertoii-e des Codex Chantilly und J^eiua mit vereinzelten s])äteren.
Das Paduaner Fragment im Codex Padua 1115 dürfte zeitlich dem
Codex Müdena nahe stehen, da auch in ihm Werke von Selesses und
Ciconia in einer Handschrift vereinigt sind. Aus den Fragmenten in
Cambrai hat schon CDusseniaker in seiner ILsfonc de Vhanmma <m
inoyert opc 1852 einige Stücke veröffenthcht, von denen Quit on-ques rmt
d'umours loir auch in den Zusätzen französischer Werke in zwei italie-
nischen Handschriften wiederkehrt.
In diesen, Codex Florenz Panciatichianus f26i und Paris fonds itahen
;568j, finden sich außerdem die verschiedenaitigisten der besprochenen
Kompositionen wieder, z. T. auf freie Zeilen einer von den italienischen
Kunipüsitiüuen nicht ausgefüllten Seite nachgetragen, z. T. den italieni-
schen AVerken auf freien Blättern einer Lage folgend, seltener, wie z. B.
1] Vergleiche J. Wolf im KircheDirmsikaliscben Jahrbuch 1899, S. 1 IT.
biymzüü by <^uo<^it;
<
Friedrich Ludwig, Die mehrstimmige Mmik de« 14. Jehrhnnderts. 45
im Codex Paris das erwähnte, hier anonyme De Narcmts des Magister
Franciscus zum ursprünglichen Corpus gehörig. Fast immer fehlen
dabei die Autoren-Namen, und in den meisten Fällen auch ebenso wie im
Codex Pra^: der vollständige Text, von dein dann nur die Aufangsworte
in der Haiidsclirift stehen, bisweilen fehlen aiuli diese.
Hliekeii wir auf den Umfan.i,' des Erhalteneu zurück, so tritt uns j
eine aulJerst lebhafte Ausübung dieser Kunstgattun-^ der nielirstinnnigen
franzosischen Ballade vor Augen, und zwar weit über die Gren/wi des
politischen Frankreiclis liinaus, wie es einst auch hei der französischen
Motette der Fall gewesen war. Freilich wurde doveu internationaler Ver- j
breitung durch die Reibelialtung der lateinischen Texte neben den fran-
ziisischen ein großer Dienst geleistet, der jetzt bei der französischen
Bullade fortfällt; aber zahlreiche Beispiele beweisen uns, wie leicht die
italienischen Komponisten sich die französische iSjiraclie aneigneten, um
in ihr auch die Gattungen der Iran/ösischen Musik zu pÜegeu, ju, wie
sie Texte komponierten, in denen die italienische Sprache mit dem!
Französischen oder sogar beide mit dem Lateinischen abwechselten. Der!
Einflufi, den die damalige französische Kultur und Kunst besondeirs auf
Italien auf so vielen GfeMeten von Kunst^ Wissenschaft und Leben ge-
habt hat, ist auch für die Musik, wie wir sehen, ein sehr großer gewesen.
Das zusiehst gebende Volk, die Franzosen, behielt auch in Italien seine
nationalen Eigentttmlichkeiten, besond«» seine Spradie, bei. Xur selten (
begegnen wir in dieser 24eit einem italienische Texte komponierenden'
Franzosen, wie den zwei Augustinerbrttdem aus Paris, Guiglielmus
und Egidius, von denen der erstere nur in florentinischer Umgebung .
erscheint, der Midere vielleicht mit dem auch sonst und zwar mit fran« t
zösischen Kompositionen vorkommenden Magister Egidius identisch ist.
Und einer so umfangreichen, ganz im Ausland geschriebenen, ihrem In-
halt nach aber völlig national französischen Musikhandschrift, wie es der
Codex ChantUly ist, liaben die anderen Nationen kein Gegenstück an
die Seite zu stellen. Die Welt der Töne hatte bei diesen Meisterwerken,
als welche sie die Zeit emiifand, die ganze abendländische Kulturwelt
in gleichem Bewundem und Grenießen vereinigt, wie das gerade im Be-
reich der Musilcgeschichte ja nichts Neues war und in den folgenden
Jahrhunderten zu einer Internationalität des Kunstschaffens und Kunst-
genieBens führen sollte, von der auf der andern Seite gerade das 14. Jahr-
hundert mit seiner scharfen Ausprägung nationaler Formen wiederum
Aveit entfernt war. Der italienischen Musik, die in gleicher Fülle, wie 1
die eben dargestellte französische, wiMiigsten'- aus den zwei letzten Dritteln
des Jahrhunderts uns erhalten ist, hat dieser Kesonanzboden, den die'
französische Kunst im .:,'anzen Abendlande besaR, gefehlt. Wir finden
em paar Spuren von ihr wohl in Prag m der Kunstsphäi-e des universal
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46
Friedridb Ludwig, Die mthrftumnige Münk des 14. Jalurkimdflrta.
iuigeregten Karls IV., wir sahen aber andererseits schon, wie die mittle-
ren Stände in Florenz selbst zu der einhemuscheni mehrstimmigen Kunst
noch kein Verhältnis gewonnen haben und es zu diesen Werken, beson-
ders denen, die Florenz in dieser Zeit hervorgebracht hat, auch nie
finden sollten. Und doch gehört die größte Teilnahme des heutigen
Forschers, wenn wir die musikalische Gesammtproduktion des 14. Jaluv
hunderts überblicken, gerade dieser florentinischen Kunst und dem, was
sie in ihren Bannkreis zog. Mögen die künstlerischen Intentionen in
den französischen Motetten und Balladen auch vielfach die großartigeren
und originelleren sein, der firfttUung sind in den selbstgesteckten Grenzen
die Italiener ganz anders nalie gekommen als auch die künstlerisch klarsten
Köpfe der Franzosen. Ks ist eine äußerst schwere Aufgabe, einer, der
komplizierteren Balladen, etwa aus Codex Ohantilly, in Bezug auf ihre
Melodik und Rhytlunik ästhetisch sich zu nähern zu versuchen; wie ent-
tauscht auch der Kern, der hinter einer Scliale steckt, die mit ihrem
Aufgebot von weit über einem Dutzend einfacher Notenzeichen — abge-
sehen von den verschiedenen Ligaturformen und der zum Ausdruck aller
rhythmischen Finessen außerdem noch notwendigen Verwendung von bis
zu vier verschiedenen Farben dieser Notenzeichen, oft zwei dieser Farben
neben eiimiider in einer Note — glückliclierweise ein Unikum in der ge-
samten Musikgeschichte ])ilfli t. Gegen den Aufwand von Scharfsinn und
Aiifnierksamkeit, der zum i-hytlnnisch exakten Absingen einer solchen
HiiUadenmelodie aus der ja nieht partiturmäßig ^i;eschriel)enen ITandschrift
notwendig war, hält sieh die viel bewunderte Fiihigkeit der Sänger, im
folgenden Jahrhundert sicli in den sogenannten Künsten der Niederländer
zurecht zu linden, thatsächlich in bescheidenen Grenzen.
Wie anders wirkt dagegen das italienisilic Trecento auf uns ein!
Mag die oft wirklich nbermiiüige Ausdehnung der einzelnen Zeilun durch
SU tonfreudige Melism(;u, wie sie bei den Franzosen in der weltlichen
Kunst allerdings nie vorkommen, tms. besonders bei den Madrigalen,
abscln'ccken, - auch die eigenen Zeitgenossen spotteten schon darüber,
cokinto cht dici rd, lo dicea cor/ iitolffi noky comt >y divtsst uno nuuindlf
.sagt Saeclietti von der üiigUukstigur des 8er Hartolomeo (iiraldi aut
dem böswilligen Gaul des Messer Bernabö — so wollen wii- dabei an
die Freude der Italiener überhaupt an den Koloraturen in der Vokal-
musik (lenken, die zu den verschiedensten Zeiten die Musikgeschichte
mit kostbaren Perlen der Musiklitteratur beschenkt hat, Zeiten, denen
freilich mehrfach über kurz oder lang eine Periode der Reaktion mit
ütärkercm Dominit reu syllabischer Komposition der Texte gefolgt ist.
Aber auch im längsten M« lisma dieser Zeit herrscht eine Klarheit und
Schärfe besonders der rhythmischen Anordnung, die einen hohen Grad
feiner Ausbildung des rhythiuischen Gefülds bei den Italienern bezeugt,
Friedridi Lndwig^ Die mdintimmige Mmik des 14. Jabrhmid^tt.
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<1hs in dieser Weise wieder bei den Franzosen iiiclit 7.u Th'^v tritt. Von
derartig intrikaten Vfrliakungen der verschiedenen Rhythmen unter ein-
an«Ier, schwierigen Synkopationen der ^felodie u. 8. w., die so oft in den
fra]i/n>i^chen Balladen es zu kcint la ruhigen Fhiß der Melodie kommen
hissi ii, ist tlie italienische Musik im allgeuieiueu frei, und auch das, was
davon in den direkt dem lian/o»isrhen Vorbild nachgeahmten italienischen
Jial laden vorkommt, ist nur ein ganz abgeschwächteu Spiegelbild von dem,
was die Franzosen auf diesem Gebiet leisteten.
Und dasselbe Streben mich rhythnnscher Klarheit bei den Italienern
zeigt sich wie hier bei der Behandlung der kleinsten rhythmischen Teile
der Melodie, so auch im Großen. Grehen die Franzosen in den Balladen
selten Uber dfis iempus pa fectunt oder imperfectum, also 3 oder 2 sejni'
breveSj am besten ^4 und 2 4 zu fibertingen, als Takteinheit hinaus, so
ist die bevorzugte Takteinheit der Italiener der modus minor perfeeius
oder wijjrrfectm, 3 oder 2 breves^ der und CTakt; in Terbindung
mit^er starken Ausprägung des guten ersten TaktteOs, die den ItaUenfim
ganz geläufig ist, giebt dann dieser breitere Takt der ganzen Komposition
emen höheren Scfavung, der ivieder zu der so reichen Ausstattong der
Melodie in Wechselbeziehiing steht Auch in der eigentitmlichen geistn
vollen Ausbildung der italienischen Notenschrift >), die ich hier nur mit
wenigen Worten berühren kann, spricht si<^ diese Sorg<, die man dem
so vielseitig behandelten Rhythmus angedeihen liefi, deutlich aus. Die
verschiedenen Teilungen der brems in 4, 6, 8, 9 oder 12 minimae
werden unter gewissen Verhältnissen durch die Anfan^buchstaben der
Zahladjektave klar bezeichnet 7, 5 p oder », 0, n und d für quatemanuSt
senarms p&rfeetus oder impcrfcctuSj octottarimj norenarius und duodenarius^
die ungeraden Taktatten, nämlich der perfecta Senar«, der Novenar-,
der Dttodenar-Takt und die bei der Vorzeichnung von q beliebte Zu-
sammenfassung von drei Quatemar-Takten zum modus nmm' perfectuSf
namentlich den Schlußteilen gewisser Kompositions-Gattungen dienend, in
denen vielfacli die T*hytbniische 8teigerung vom geraden zum ungeraden
Takt angewandt wurde, die, wenn auch in anderer Art, siiäter ein wich-
tige?; technischem Mittel vokaler Melirstininiigkeit blieb. Auch die Tiiga-
turen-8chreibung der älteren italienischen Handschriften durchhrach, um
den Rhytlnuus der Komposition besondei*s klarzulegen, die altr fran-
konische Ke,i,'el. daß jede fifj/na litjabtlis non liiinin niiosd rsf^^ indem
in ihnen beim inodns utiitor perfcctiis die brprrs nur taktweise ligiert
werden. Immer melir geht jedorl» auch die Sumlerart der italienischen
Schieibweise in der allgemein verweudeteii französischen auf; wir müssen
I i VcfKleiche J. Wolf, Florenz in der Musikir» lii. lito (Its 14. Jahrhundrrt^. im
letzten Heft dieser Zeitschrift {Sammelbände III, 4, S. 599 ff,} und die Litteratur-
Augaben dort.
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48
Kriedrioh liodwig^ Die mehntiinmige Musik de« 14. J«hrhandert«.
von einem so gtilehrten Munii, wie dem Paduaiier rrosdociiiius de Ii elde -
mandis, der als Professor des Quadriviums alle vier Wissenschaften
desselben, unter ihnen auch die Musikwissenschaft, eifrig anbaute, 1412
die Klage hören, dafi bei seinen damaligen Landsleuten die Bekanntschaft
mit dies^ Eigoutttmlicbkeiten italienischer Kotenschrift, die ihn bei näherem
Studiimi sehr fesselten, im Schwinden begriffen war.
Der Hauptmittelpunkt für die national reinste und eigentfimlicbste
Ausbildung der italienischen Musik im 14. Jahrhundert ist Biorenz ge-
weseut wo sich alles immer mehr um die Uberragende Klinstlerpersonlich-
kdt des schon in jungen Jahren erblindeten Fmncesco Landini gmpinert.
Er nimmt für die Italiener eine ähnlich centrale Stellung ein, wie
Machaul t für die Franzosen, freilich mit dem Untersdued, daß Ton
ihm, dem audh in kirchlichem Amt stehenden Organisten, nur wdtlidie
Musik bisher bekannt geworden ist, keine so in allen Gattungen gleich-
mäßige Bethätigung wie bei dem Weltkind Alachault Dafür fehlen aber
bei Francesco auch alle Gel^enheit^-Kompositioneii, die für Machault
mehrfach zur Veranlassung des Hervortretens auf sonst weniger bebauten
Gebieten wurden; was in den über löO Werken Landini's auf uns ge-
kommen ist, ist lediglich Anf^ mng von Francescos Künstlertrieb. Es
hat ihm in seinem langen Iiebuu — er starb am 4. September 1397 in
Florenz, wo er als Sohn eines Malers Jacopo in den 20er Jahren des
Jahrhunderts geboren war — an äußeren Eliren nicht gefehlt. Yillani
und sein (iroßneffe, der bekannte Danteforschcr Christophoro Landini,
ereühlen uns z. B.. wie er in Venedi«^ vom Kiinig von fVpern öffentlich
/um ( )i7^anistenkönig gekrönt ist; uml doch lindet sich in seinen Werken
keine einzige Anspielung auf die GroIWn der Zeit, nur der K^lIl^t
dient er, der Musica, die er in einem seiner Hauptwerke, einem tli i-
stimmigen und dreitextigen ^Madrigal,. selbst die Klage darüber aussprechen
läßt, wie selten die hüben Aufurderungeu, die sie an ihre Jünger zu
stellen hat, erfüllt wurden. Ihm allein von allen Florentinern ist dann
auch über seine Vaterstadt und über sein Gral) liinaus die Verehrung
der musikalischen Kreise treu geblieben, er allein kommt in allen acht
oder vielleicht mit Zurechnung von Chantilly neun Handschriften vor,
die uns die italienische Kunst aufbewahrt haben. Freilich kaum zwei
Menschenalter nach seinem Tode verbleicht auch sein Stern völlig, bald
wird auch sein einfach schdner Grabstein nach Prato verschleppt, um
dort das Grab eines Professors zu schlieBen, von wo ihn erst pietätrolle
Erinnerung unserer Tage an die Buhestatte von Fnmcesco's Gebeinen
in S. Lorenzo in Florenz zurückgeführt hat
Francesco war, wie Machault, auch ein Dichterkomponist, ebenso wie
sein Freund Franco Saccbetti, der uns auch als Komponist seiner eigenen
Dichtungen genannt wird, ohne daß leider solche Kompositionen bisher
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Friadneh Xindwig, Di« mdintiimiiige Musik de« 14^ Jalirhtmdart«. 49
-wieder aufgefuiuien üind ; aber Francpsco nimmt seine Texte auch aus
dem reichen Sehatz der italienisehen Littcmtur, behonders (1< r seiner
Vaterstadt, die in dieser Zeit m unvergängliche Werke wir Dante's
Ewiges Gedicht und Petrareu's Canzoniere hervoif^ebiacht hatte. Es
ist hier eine Weeliselbe/iehung zwischen hoher Hliite der Litteralur,
speziell auch <ler liVrik, und der Tunkunst, die in den Perioden naiver
Kunstübung zwai* natürlich und selbstverstündlich erscheint, bei der Ver-
feinerung aber, die hier sowohl die Litteratur als die Musik erreicht
hatte, etwas ungemein Seltenes ist. Wir finden unter den Dichtem der
Texte, die hier in mnsikaUsdi kmiflt'vollitein Grewande erschemen, alle
die Größen, speaell der floranfuusdieii Lttterotar wieder, die als Zdt-
genosseD dieses Komponisten-Kreises auch an der Vertonung ihrer Gedichte
lebhaiten Antefl nahmen, ich nenne Petrarca, Boccaccio, Sacchetti,
Soldanieri, Binnccini, Malatesta, Bindo Donati, und besonders
interessant ist es, wie sorgfältig in einer Handschrift der Werke Sacchetti^s
(Flor. Laur. Ashb. 574) bei 33 seiner Gedichte auch die Namen der
Meister genannt sind, in deren 1?onen sie weiterleben sollten und mit
deren Tonen aach ein grofier Teil nns erhalten ist.
Ebenbürtig, als ein vollwertiges Glied in dem wundervollen Ganzen
des sich immer reicher entfaltenden Morentiner Kunstlebens steht die
Tonlninst da. In Villani*s stolzer Beihe groBer Florentiner grQBen uns
4 Musiker, unter ihnen besonders ausführlich bedacht Francesco, und in
der Novellen-Litteratur hat Oiovanni da Prato^s Paradiso de^i AlberÜ
Francesco das schönste Denkmal gesetzt. Und wir können uns kdne
herrlichere Einleitung' zur Betrachtung der italienischen Musik unseres
Zeitabschnittes denken, als daB wir uns an die Rolle erinnern, die die
Musik in Dante *s Commedia spielt. In den Schrecken des Titferm
schweigen alle Töne; aber kaum hat Dante den Läuteningsberg betreten,
da naht das Schiff mit dem Psalmengesang der Geister In exüu Israel
de Egt/ptOi da bezaubert Casella mit seinem
Amor die neSit» mmte mi ragüma
alle llürcr so, daß sie sogar die Läuterungsfi^edanken darüber vergessen,
<la tönt Dante das Miserere aus dem Vorfegefeuer, das Salve Rtgina aus
der Fürstenwiese , die Abendhymne 7V htns beim Hereinhreclien der
ZSacht, Büß- und Daukh^-mnen, '«■ie sie den fin/.*dnen Kreisen entspreclien,
beinall aus jedem der tt;t/// des Berges entgegen, da ertijnt das Gloria
hl ej:e€lins Deo bei der Erlösung des Statins; und fast immer besclireibt
der Dichter mit großer psychologischer i einlieit auch den Eindruck, den
in den so verschiedeneu Situationen die Gesänj,'e ihm machen, und er-
müdet nicht, immer mehr sich steigernde Wirkungen der Musik im
irdischen und himmlischen Paradies sich auszumalen, die in der Schärfe
S.d.I.M. IV. 4
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f riedhch Ladwig, Die mehntimmige Musik de« 14. Jahrhunderts.*
dur Bcobuclitun^' und der außerordentlichen Konsequenz des Aufbaues
nirgends ihres Gleichen in der Litteratur haben, bis immer näher dem
Centram des Weltalls Dante in Reinem Innern Klänge hört, gegen die
qualumfue mdmlui piü dolce suona
qnnggiü c pin n sf Vanima tim
ihm nur eine ni(})c ehr sfptnrr fnfn fnonn srhoint. Thhc s^ionarc und a sr
Vanima firare, dn-« '«iiid in der That flic beiden Llt-alc. rloren Voroinicrnng^
auch uns als Erreichung des höchsten Zieles in unserer Kunst gilt,
Scliüulieit der Form und Innerlichkeit des Ausdrucks, — es war Dante,
der dies als künstlerisches Prni^rHuna klar aussprach.
Versetzt uns dies alles in die Flnr«'ntiiier Atmosphäre des ersten
Drittels des Jahrhunderts, aus der es uns an musikalischen Denkmälern
in Italien, wenigstens mehrstimmigen, noch völlig fehlt, so enifinet uns
eine nur wenige Jahre nach Dante's Tod entstandene Schrift des alten
Pailuauer Richters Antonio da Tempo, die dieser in lateinischer
.Spiache und bis in die letzten Konsequenzen eines öden Foriualisniiis
durchgeführt, [m dem ihm aus der uiittelalterlichen Musiklitteratur liöcli-
stens die ebenso in alle Uberflüssigkeiten eines unfruchtbaren Schema-
tismus verlaufende Moduslehre des englischen Anonymus des 13. Jahr-
hunderts an die Seite zu stellen ist) über die ars rWdnüoa (!) der italienischen
Dichtung, d. L Uber ihren metrischen und musikalischen Bau, zu schreiben
die Geschmacklosigkeit hatte, einen Einblick in das Kunstschaffen der
Stadt, die, wie Florenz für Toskana und auch ümbrien, so für Ober^
Italien das Centrum musikalischer Bildung war und noch bis Über das
Ende des 14. Jahrhunderts hinaus blieb, nämlich Padua.
Der musikalische Ruhm Ton Padua war alt Sein Name war durch
die sonderbaren, zuirächst viel bewunderten Musiktraktate mit den eigen-
artigen Titeln Lticidarium in arte nmsiee fkme von 1274 und Pomerwm
in arte musiee mensurate des March ettus von Padua in aller Mtisiker
Mund, und Marehettus galt so als typischer Vertreter italienischen
Wesens in der Musik, daß es z. B. in einem schon oben zitierten Madrigal,
das Jacopo von Bologna zvv( inial komponierte, von Stfimpem, die sich
als inaesiri aufspielen wollen, heißt:
fan madritM haUate e moietti^
tuUi mfioran fiUppofi e marekeüii
»sie spielen gleich den Phihpp von Vitry und den March^tus Ton
Padua.«
Auf uns ist leider auch aus Oberitalien von den Kunstwerken selbst
nichts, was etwa über die Mitte des 14. Jahrhunderts zurückgeht, erhalten;
und doch müssen wir aus der Übereinstimmung von Antonio^s Beschiei-
bung des musikalischen Baus, besonders der Madrigale und Balladen,
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Fri«dneh Ludwig, Die mehnttmmige Musik d«t 14. JabrhinidertB.
51
mit den Werken der zw» itcii Hälfte des Jahrhunderts darauf schließen,
dali sich schon in d*»n 'JOer Jahren die Pflepff der inehrstimmisfen Musik
z. B. in Padua in iilinlK iioii iialnicn bewegt hat, wie wir sie für die
spätere Zeit ans den Werken selbst ersehen. Suchen wir dann noch
weiter zurück die italienischrn Ahn^n die.sor Kunst aus dem 13. Jahr-
hundert kennen zu lernen, so stoBon wir überall auf Lücken in unserer
Kenntnis. Ein paar Kompomisten-XanK^n, hei denen wir dann aber viel-
fach wieder nicht wissen, wie weit sie auch mehrsthnmige Musik pflegten,
einige hübsche Schilderungen, z. B. die bei Salimbene über eigene
italienische Ktmipositioiien von Liedern des Kanzlers Philipp de Gre v
dnrcb den Minoritenbruder Heinrich von Pisa, daruuter auch niehi*-
stimmige, Schlüsse, die wir aus dem Auftreten eines Mannes von der
Bedeutung des Mardtettus dehen können, vereinzelte Schriftsteller-Be-
merkungen, vielleicht in den franxödsohen Sammlungen älterer lateinischer
Kondnktiw auch onige italienische Enteugnisse dieser Art, gelegentliche
sonstige Notizen, z. B. in den Beisereclmiingen Wolfgcr*s Ton Passau
die Gratifikation, die der freigebige Bischof bei seinem Aufenthalt in
Born am 23. Mai 1204 den päpstlichen Sängern für den Vortrag von
mehrstimmigen Kompositionen (discantus) zn teil werden ließ, — das
etwa ist alles, was wir Ton italienischer mehrstimmiger Musik und ihrer
Ausübung seit Guido von Arezzo und seinen Kommentatoren bis an
die Sdiwelle des 14. Jahrhunderts wissen, ans einer Zeit, in der die
Pflege der einstimmigen Musik gerade auch in Italien in hoher Blüte
stand, in der allein die neuen Orden der Franziskaner und Dominikaner
ein stattliches Kontingent auch als Komponisten gerühmter künstlerisch
hochbefiUiigter Männer stellen, wie es z. B. Jacopone von Todi oder
der erwähnte Heinrich von Pisa sind.
Im Gegensatz dazu^ägt die hohe Kunst in der italienischen Musik
des 14. Jahrhunderts dann ein ülierwiegend weltliches Gejgräge, besonders
in Toskana. Da wir wissen, dali Francesco sclion in seiner Jugend
als Musiker henorgetreten ist, so dürfen wir die ältesten der uns von
ihm erhaltenen Werke, die wir freilich bis jetzt als sulche noch nicht
herauszuerkennen vermögen, wohl in die 40er und 50 er Jahre des Jahr-
hunderts setzen. Bei andern Komjionisten leisten uns außer den wenigen
Nachricliten, die wir von ihren Ijebensuniständen haben, dann auch einige
bestimmte Gelei^enheiten verherrlicliende Kompositionen von ihnen gute
riironologische Dienste. So wissen wir von (Jiuvanni da Cascia, dessen
Werke uns auch aus inneren Gründen zu den ;illerältesten uns erhaltenen
zu gehören schenien, daß er unter ^fjirtino della 8cala, der 13*29—51
herrschte, in Verona war, vun Jae<)j)o da Bologna. daR er zur gleichen
Zeit dort mit Giovanni einen künstlerischen Wettkanipf austucht, und
gleichzeitig sehen wii* diesen 1340 die Geburt zweier Visconti-Prinzen
4*
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^ IVi«drich liudwigt Die melinUmmige Muiik dm 14. Jtbrinmdertt.
l)e.sin^'en. W»^itrr li:it sich Carducci bemüht, aus den Anspieluiiffiii
der vielfach politisch-allegorischen MadrijEfHle die Beziehungen auf be-
stimmte Zeitereignisse festzustellen, die als zu unsicher ich hier nicht
verfolgen will; eine sicher d.iticrbare KomjjDsitiou ist dann erst wieder
des Florentiners Don Paolo stolzes dnistinimiges Siegesmadrigal auf
die Unterwerfung von Pisa durch Florenz 1406:
Oodi ffodi, Firenxef po' che se* d grande,
die batti fak per tmu e per tnare;
und den in den beiden spätesten Handschriften den italienischen Tre-
centisten zugefügten Magister Zadteriaa^ ehantor dominl nastri pape,
können wir Tielleicbt mit dem am 1. Jjmi 1420 während des Auf^tludto
Martms V. in Florenz in die ]>äpstliche Kapelle aufgenommenen NikoUos
Zacarie, Presbyter der Diözese Brindtn, identifizieren.
Es sind im Ganzen etwa zwei Dutzend Komponisten, von denen ons
circa 500 Werke, fasl ein Drittel davon allein dem Francesco angehörig,
bisher bekannt sind. Und im Gegensatz zu den Franzosen gelingt es
hier leichter, auch ein Bild von der Sonderart der einzelnen Kfinstler-
Persönlichkeiten zn gewinnen, besonders von denen .des toskanischen
Mnsikerkreises, als dessen Erzeugnisse wir etwa vier Fünftel des gesamten
Erhaltenen in Anspruch nehmen müssen. Daß diese an Verbreitung und
Lebensfähigkeit auch damals die oberitalienischen Kompositionen über-
ragt haben müssen, können wir sowohl aus der zentraleren Stellung, die
damals Florenz im italienischen Geistesleben überhaupt einnahm, als aus
dem Umstand schließen, daß auch die Handschriften mit italienischen
Kompositionen, die nicht in engerem Sinne Florentiner Herkunft sind,
stets wenigstens einige Florentinische Kompositionen fiitlialten, was um- ,
trokdhprt nicht so der Fall ist. Um so mehr ist der schon einmal ange-
deutete Verlust einer {rrnßon obeiitalienischen Pergament-Handschrift mit
geistlichen und weltliclien ICompositionen 7m beklagen, aus der uns nur
in Padua einige Fragmente erhalten sind (Un.-Bibl. 1475 und 684i, fast
lautrr T^nica, die ^foistlichrn Worko auch nhno Seiten stücke in antleni
Handschriften, die weltlichen dafzetren sicli am nächsten mit dem über-
wiegend oberitalieni^:chen C«k1(\k Heina berührend.
Von den ganz erlialtein^n (\>«li«'('s ist der inhaltlich iiiteste eine Paiiici--
handschrift, die jetzt zu den Lo(ii(»'s i'anciatiehiani der Florentiner
Nationalbibliothek (Nr. 26) gehört, in <ii<' sie aus dem Besitz dieser alten
Florentiner Familie kam, Ihre elf t^nintcrninn.'n hrini'^en die Kompo-
sitionen gattungsweise geordnet, kleinere \\ « rk» . wi« kleine italienische
Balladen oder französische Kompositionen, auf die in der HauJ>t>^ammlung
freigebliebeneu Zeilen und hielten zueesetzt. Diese besteht nun für die
zwei ersten Lagen aus zweistimmigen Balladen Francesco s., für tlie beiden
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IViadrieh Ladwig, Die mefantiamug« Ifoiik des 14. Jabrluindert«.
53
folgenden aus dreistimmigen Balladen desselben; die dann folgenden fünf
Lafren enthalten zweistinmii;?c Miidrigale, ferner die Cacce und die drei-
stimmigen niclitkanonisclien Madrii^ale mit drei kanonisclien dreistimmigen,
allf von verschiedenen Koniponi.sten, die anscheinend clironohjgisch folgen.
Francesco vviedt-r an der Spitze, dann Giovanni, Picro. der nur in
dii^ser Handschrift vorkommt, Jacupo. liOrenzo, Donato, Gherar-
d''llo und Nif'colo. Die folgende zehnt<' I^^igf* i'^t eine »Samndung von
drei- und zwei^inninigen kanonischen Madrigalen Piero's. Jacopo's und
Giovanni's, die samüich Unica sind, und einigen andern l)esonderen Ma-
drigalen Jacopo's, die auch sonst, zum Teil in anderer Gestalt wieder-
kehren. Die letzte Jjage schließlich enthält nur Nacht läge, fast alle in
Codex Ohantilly enthalten, unter ihnen einige Werke von Machaul t;
der für Italien interessanteste ist der letzte, das ti-auzöi>i.sche Madrigal
Im doHce xere von Bartolino von Padua, hier irrig als von Perugia
bezeichnet. Dieser letzte Nachtrag und eine in die Madrigale eingeschobene
liier nur swdstiiniiuge Ballade Baxtoüno's sind die einzige Berührung der
Handschrift mit dem Gimtnim der oberitaHeniseheD Schnle; sonst entldUt
sie von den Italienern nur die mittelitaüenisohen Komponisten und den
viel gewanderten Jacopo. Besonders wertToll an dieser Handschrift ist,
daB sie uns gerade für die ältesten Komponisten Giovanni und Jacopo
eine Gestalt der Werke überliefert» die später vielfach abgeliodert er-
scbeinty und daß nur sie allein eine Ansahl von WerkeUi auch gerade
aus der älteren .Zeit, aufbewahrt hat, so die kanonischen Madrigale in
der sehnten Lage und die ganzen erhaltenen Kompositionen Fiero's.
Die inhaltlich an Alter folgende Handschrift, deren Lesarten uns
aber schon von teilweis veränderten Anschauungen einer etwas jüngeren
Zeit Kunde geben, ist der Ck>dex Beina, nach einem früheren Besitser
so genannt, den vor nicht allzu langer Zeit die Pariser Nationalbibhothek
aas Eott<^c (!• Toolmon's Besitz erwarb, ebenfalls eine Fapierhandschrift,
(Paris Bibl. Nat. nouv. acq. fr^. 6771 , deren siebw erste Lagen Werke
des X4. Jahrhunderts enthalten, bis in die fünfte wesentlich italiooischef
dann meist französische, die ob^ an ihrer Stelle besprochen sind, mitten
unter diesen französischen aber auch eine italienische Ballade von Fran- ,
cesco und am Schluß zwei Seiten mit zwei partiturmäßig geschriebenen i
zweistimmigen Sätzen, wie sie sich sonst nirgends finden. Der erste mit ,
der Bezeichnung > Qt/fifn fanxolla* ist eine zweistimmige Bearbeitung des
namentlich rhythmiscii umgestalteten Tenors aus Prancesco's so be-
ginnender Ballade, schwerlich von Francesco selbst, ebenso wie auch der
z\v«-ite der erwiilmten Sätze kein .M<'isterstück ist. Wir müssen zwar y
annehmen, daß die Komponisten auch dieser Zeit ihre Werke im All- •
gemeinen in Partitur entworfen haben, aus dei' sie dann /.um praktischen
(gebrauch in Stimmen umgesclu'ieben sind, aus welchen wii- sie, um sie
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54 IViedridi Ludwig, Die mehntinniuge Motik de« Ii. JaHurlrandert*.
stiulieren zu künneii, flann wieder in I^artitur zusaimnt nziclieii müssen:
ich kann niicli ahor nicht zu tltr Ann fli'ne entselilit l{rii, daü in diesen
b<M<len Partituren ein derartiircr Entwurt uns gerettet ist. Außer«]« m
wird man auch damals l)« im l'uterricht ))artitunnäÜig gesehnt beue SaiiK
oft nicht haben «'ntbt hren können, und derartisre Stiidien-Bfispielo scheinen
mir liier vorzuliegen, bei der auUerordentlichen ISeiw niieit ilej> Vürk(>nini« ns
derartiger »Schreibung in den uns erhaltenen Handschriften in diesem
imd den folgenden Jahrhunderten auch als solche von großem Interesse.
Gegenüber den anderen italienischen Handscln iften bat nun leider
der Codex Keind die Eigentiinüiciikeit, nur am Anfang der dritten Lage
viennal die Komponisten-Namen zuzufügen, sonst aber, wie alle nicht-
italienischen, 80 auch die übrigen 98 italienischen Kompositionen ano-
nym zu ttbocliefeni, zu dwsa Autoren-Bestjmmong uns die andern Hand-
Bchrifton in fast einem Drittel der Fälle im Stich lassen. Ich glaube
nun, dafi dn groBer Teil dieser Unica oheritaliemschen Komponisten
angehört. Der erste Sextemio der Handschrift ist .fast ausschlieSlich
Jaoopo Ton Bologna gewidmet und durch ein Madrigal Giovanni's be-
schlossen; der zweite Sextemio enthält 22 Kompositionen, Balladen und
Madrigale, von denen 21 bestimmt Bartolino von Padua ang^Sron. Der
dritte Quintemio beginnt mit einer Balladen-Sammlung, von denen die
Handschrift znnächst selbst vier als Werke dompni FauU^ Henrid und
JacobeUi Biandd bezeichnet, dann folgen auch einige von Francesco, am
Schluß die Balladen wieder mit Madrigalen GioTanni's und Jacopo's
untermischt, als letzte Ballade Se quesia dea, von der ein glücklicher Zu-
fall in Padua uns das Triplum mit dem sonst unbekannten Autornamen
Johannes Bazus Corczarins von Bologna erhalten hat und deren Text
ebenfalls von einem Bolognesen, Matteo de' Griffuni, stammt, einem
Dichter, dessen Texte florenünische MusiktT nicht komponierten. In den
folgenden beiden Septernionen, meist Balladen, seltener Madrigale, ge>
hören die auch sonst bekannten ausschließlich J?'i*ancesco und Bartolino
an, die Unica, unter ihnen ein die Scaliger verherrlichendes Madrigal,
jedenfalls wieder meist oberitalienischcn Ursprungs.
In Verbindung mit diesem Code.K Reina folge nun noch ein Wort
über die Paduaner Fragmente, die die Trümmer aus dem 5. und fi.
walirscheinlirh Qninternin der verlorenen grolien Pi rtzamentiiandsehritt
sind. A'on bisher i,'enannten Autoren begegnen uns Iner Johannes iiazus
mit der einen Hallade, i'rancesco mit drei auch sonst bekannt43n Bal-
liuleu und .Jaco|)0 mit einer Motette, alles im i>untesten Wichsel auf
einander folijend, von den neuen iSameu will ich be-ondt rs den als
Paduaner be/eiclmeten Graliosus erwähnen. Neben der großen Fülle
der Unica \ erdienen auch die Lesarten der Francesco-Balladen in dieser
Handsclinft besondere Beachtung.
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Friedrich Ludwig, Die melirstiminige Mavik de« 14. JahrirandertB. 55
Die folrrniflp Handschrift, jetzt in London, (Brit. Mus. add. 2?<987\
fühlt una wieder nach Toskana zurück. An Umfang nur rtwa df m ita-
lienischen Bestand dos Codex Krina f,deirh voreinifjt sie in sicli die Werke
von nicht weniger als fünfzehn Kumijunisten. ahm seiicn von einer Anzahl
anonymer Stücke, die meist Unica sind. Xcbcn .lacupo, Vincenzo
und Bartolino sind hier alle auch sonst mit zahlreicheren Werken auf-
tretenden Florentiner Meister von Giovanni his Paolo vertreten, zu
denen noch mehrere nur hier erhaltene Autoreu, wie Bonavitus Corsini
und an<lere, kommen.
Die nächst« große erhaltene Handschrift ist ein jetzt in der Pariser
Xational-Bibliothek (fonds it. 568] befindlicher Perganientcodex, anscheinend
elienfalls toskanischer Provenienz, der ursprünglich aus zwölf Quinternionen
bestand, von mehreren Münden gesclirieben, in die schon bald nach dem
AbBcliluB dieser ersten Sammlung von einem schon an dieso* heteiligten-
Schmber zwei andere als sedister und achter Quintemio eingefügt wurden.
In der dadurch gewonnenen Gestalt enthält die Handschrift abgesehen
von den, wie im Panciatidiianus, auf frei gebliebenen Zeilen und Seiten
zugesetzten kleinen italienischen Balladen und französischen Kompositioneni
in den Lagen eins bis f ttnf Madrigale und Oacoe der verschiedenen Kom-
ponisten, hier in der Beihenfolge Jacopo in der für sieh abgeschlossen
nen ersten Lage, dann Francesco» Donato, Giovanni, Lorenzo,
Gherardello, Kiccolo, Yincenzo, Paolo und Bartolino, am
Schlnfi der fttnften Lage eine Sammlung verschiedenartiger Kompositionen,
unter ihnen wieder solche von einigen der eben genannten, an letzter
Stelle eine Beilade von Andrea, das einzige Stück dieses späten Floren-
tiners in dieser Handschrift Die folgende eingeschobene Tiiiire 6 durch-
bncht das im alten Corpus der Handsdirift durchgeführte Prin/.i]> der
Gruppierung nach Kompositionsarten , indem sie verschiedene Werke,
Madrigale und Balladen eines Komponisten, Paolo, vereinigt, darunter
das erwähnte Godi Firenxe von 1406; ihren Schluß bildet eine Ballade
des sonst nirgends vorkommenden G ian Toscano, der mit dem älteren
Giovanni da Cascia nicht identisch sein kann. Auch Paolo kennen
wir außer der einen bezeichneten Ballade in Codex Reina, die dort
wieder Unikum ist, und einem auch hier wiederkehrenden Madrigal im
Codex Tiondon nur aus die^^em Codex Paris, da der iliin reservierte
Kaum iin Codex 8i|uarcialu|)i nieht aus^^efüllt ist und ( 'odex Paiu iatic hia-
uus diesen jüngeren Meistei- nocli nicht kannte, ebenso weniü: wie Andreas.
Desto reicher ist er in Paris mit 2U Knn)po>itionen in ih n )ieiden ein-
geschobenen Lagen und mindestens noch zwölf im iilt» rt ii Corpus vertreten.
Mit Lage 7 beginnt dann die ausschließliche Halladen-Sanuidun.£r der
Handsclirift, eröffnet durdi eine Lage bezeichneter zwei- und drei-
stiuimiger Bailaden von Francesco; die eingeschobene Loge 8 bringt elf
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56
Fnedrich Ludwig, IHe jaehrsUmmige Maük d«8 14. Jahriranderto.
dreistimmige Balladen Paolo's: die foljjpnde Lage 9 ]K'f,nnnt mit zwei-
und dreistimmigf ii Balladen tbtiifMils wn Paolo und geht dann zu
Balladen Fnuui sco's über, die sich Ijis zur zwölften Lage ausdelmen
und sehr liLUiiig \ uu anomTnen Balladen unterbrochen sind, oft mit Äus-
radierung des Autornamens, obwolil dies in allen Fällen, wo wir den
betreffenden Balladen auch sonst begegnen, Francesco ist. Sonst treffen
wir hier nur eine Ballade des Ser Feo, der mit einer anderen im Codex
Pandaiichianiis vertreten ist, und die auch in Codex Beina bezeidmet
Torkommende Ballade des Arrigo. Betreffs der zugesetzten kleinen
Balladen muB ich noch ans der ersten Lage Gug Heimo «nrahneni der
an gleicher Stelle auch im FandatichianuB und mit zwei Kompositioneil in
London schon vorkam; es ist der einzige von diesen geringeren Balladen-
Komponisten, der in dem Codex Squamalupi Aufnahme gefunden hat.
Die 13. Lage giebt dann eine kleine Sanmilung französischer Kom-
positaonen, der wieder ein paar italienische folgen» die letzte die schon
früher erwähnte italienische Messe, Oloria und Jgnu9 von Gherardello,
Fairem von Bartolino, Sanciua von Lorenzo und das Bmedieamus
anonym, im alten Index Paolo zugeschrieben, auBMem ein paar zuge-
setzte weltliche Kompositionen*
Der Reichtum dieser Handschrift ist also bedeutend; füi* die letzte
Phase der Entwicklung des toslvain'sehen Madrigals bei Paolo sind wir
&st allein auf sie angewiesen; die Modernisierung der älteren des Gliovanni
und Jacopo ist hier wieder einen Schritt weiter vor sich gegangen; dw
Ausbeute an nur hier vorkommenden Balladen von Paolo und anonymen
ist sehr erheblich. Die Folge der Madrigal- Komponisten weicht vom
Codex Panciatichianus nur bezüglich Jacopo's, den Codex Paris isoliert
an die Spitze stellt, und Donato's, der hier noch vor Giovanni steht, ab ;
das Schwero^ewicht der f?anzen Handschrift bombt wie das des Codex
l'anriatichianus in der toskajüschen Kunst, neben der die oberitalienische
durchaus zuriicMritt.
Die fünfte und lotztc intakt erhaltene Handschrift ist die grolite und
prächtigste von allen, ein Pergamentcodex, der im 15. Jahrliundert Fran-
cesco's Nachfolger im Ürj^anistenanit Antonia S*i uarcial upi geliuite, von
seinem Enkel an Loreiizu Mediciö Sülm (iiuliano geschenkt wurde und
seitdem eine der Zierden der Laurenziana in Florenz bildet (pal. 87j.
Ihr Inhalt bind aus.schhelilich weltlielie Kompositionen, nach Komponisten
geordnet, das Anfangsblatt jedes Meisters mit beinern Portrait und Hand-
malureicn über Älotive aus dem Text der ersten Komposition geziert.
So ist die Handschrift eine der wenigen italienischen Musikhandschriften
dieser Zeit mit Miniaturen, die bei den französischen so häufig sind;
mit Francesco's Porträt auf seiner Grabplatte Tennitteln diese Ideinen
trefflich ausgeführten Komponistenbilder uns auch eine Erinnerung an
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Pkiedridi Ludwig, Die mebntiainige Musik dM 14. Jahzbundtrti.
67
die körperliche Persönlichkeit der Mtistor. Ambros br wund orte nament-
lich den rjf'siclitsausdruck des blinden Francesco. Die iSammlung ist
nun von auüerordenilicher Reichhaltiirktit. V<»ii dem sonst Erlialtenen
vermissen wir in ihr nur die alten kanonisclien >r;uln>;il(', einen Teil
der Madrigali' Giovanni's, für die hinten ein Platz nodi eintreräiimt,
aber nicht mehr ausgefüllt ist, Piero ganz, Paolo ganz, dessen Platz
reserviert ist, aber ebenfalls leer blieb, doch finden wir sein Portrait
hier und können aus der Initiale und den Randminiaturen der ersten
Seite sehen, daü sein giußtes Werk Godi Firenxe an der Spitze stehen
sollte: wir vermissen femer eine Reihe kleiner Balladen, die namentlich
Codex London und Codex Paris enthielt, und finden von den Ober-
itHlienem der mittleren Zeit nur Bartolino von Padua, diesen dann aber
noeh reichhaltiger ab im Oodex Beina yertreten. IKe Anordnung ist,
wie auch aonat bisher, chroDologiBch, und auch Francesco, der sonst
Toraii9genommen zu werden pflegte, ist hier der Reihe der Meister ein-
geordnet ^ Abschluß der eigentlichen Trecento- Komponisten, deren
Entviddung er ja in der lÄat miterlebt, mitgemacht nnd vollendet hat
So stehen in dieser Handschrift an der Spitze die beiden nachweislich
Slteeten Giovanni und Jaeopo; die dann folgenden sechs Mittelitaliener,
bauptsäcMch mit Madrigalen, weichen in ihrsr Ordnung unter sich etwas
▼on der sonstigen ab^ unmittelbar vor Francesco ist der Faduaner
Bartolino gestellt; auf Francesco folgt als einziger Tertreter der kleinen
Balladen Guglielmo, mit dem hier der Frater Egidius, wie er Augu*
stiner aus Paris, zusammengenannt, und der auch durch seine im Codex
London erhaltene Komposition eines Madrigals von Sacchetti seine engere
f iililung mit dem Florentiner Künstlerkreis verrät. Den Beschluß bilden
zwei nachweislich ^i&te Meister, der päpstliche Hänger Zacharias und
der Florentiner Organist Andreas, beide schon dem 15. Jahriiundert
angehdng. Kommt der \iel gewanderte Zacharias, vAe schon erwähnt,
zunächst auch im Codex Modena wieder vor, und begegnen uns nä-
mentlich seine liturgischen Kompositionen dann in reirherer Fülle im
noch späteren Codex des Liceo in Bologna 37 , amlere z. J^. inich in
Oxford ( Bodl. Libr. Canon, misc. 21.'5J, so bietet, da der Xonipuinst An-
drea de Servi des Codex London anscheinend nicht luit diesem späteren
Andreas identisch ist, aulUr einer einzigen in Codex Paris zugesetzten
Ballade für den Florentiner Andreas Codex Squareialni)i die einzige
(Quelle bisher. Eben dasselbe ist für eine sehr stattliche Anzahl von
Kompositionen aucli dei- Trecentisten der Fall; außer C iuvanni, dessen
Kompositionen allmiihli( h zu erblassen scheinen, finden wir von jedem
hier vorkommenden Komponisten die reichhaltigste Saniiulmii^ hier. Um
nur einiges zu erwidmen, so lenien wii hier von .lacopo sieben Madrigale
neu kennen; von den Balladen Lorenzo's, Donatu's und Gherar-
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Friedrich Ludwig, Die mcbrsiiiuinige Musik des 14. JulirhunderU.
tlello'B haben wir nur hier Proben, die Zabl von Niccolo^s Werken
erhdht sieb von 15 auf 40, nnd die mebr als öO nur hier Torkonunenden
Werke Francesco's erweitem unsere Kenntnis dieses GhröBten von allen
in der großartigsten Weise. Dem allen gegenüber mufi dann die vielfach
festzustellende Mangelhaftigkeit der Lesarten im Einzelnen und die oft
vorgenommene Umgestaltung der älteren Kompositionen, wie ich meine,
zu ihrem Schaden» in den Hinteignmd treten, da glttcklicherweise uns
ja so oft die Ui-gestalt erhalten ist Ja, die Beobachtung der fortge-
schrittenen musikalischen Entwicklung, die sich an vielen dieser Yer-
ändeningen des Originals ausprägt, gestattet oft einen interessanten Ein-
blick in die verschiedene Auffassung der verschiedeneu Gentrationen von
manchen auf den ersten Blick geringfügig erscheinenden Dingen, die
aber dann doch das große Bild, das wir von dieser Zeit gewinnen, mit
vielen des Reizes nicht entbehrenden Einzelzügen ausstattet. Wir sehen,
wie lebendig gerade diese italienischen Kompositionen sich fortpflanzten,
und wie man überall hier und da zu feilen, Fehler zu emendieren, diese
oder jene Wirkung zu steigern suchte, wozu freilich auch die sehr stjirke
Ausbildung des virtuosen Elements in dieser italienischen Kunst viel
häufiger Anlaß bot, nh etwa die gleichzeitige französische Mehrstinimic^kpit.
Was nun noeli die Anordnungen der Komposition» n innerhalb der
einzelnen je einen Meister zusamntonf issenden ^mndungen im Codex
Squarcialapi angeht, so bilden das iiau}>t( or|ms von Giovanni bi«; Niccolo
immer die Madrigale und Caece: giebt der Codex überhaupt bei ihnen
Balladen, so stehen sie auf den frei gebliebenen Zeilen oder unterbrechen
nur vereinzelt einmal, wie bei Niccolo, die Hauptfol;^e der Madrigale:
bei Bartolino foljL,'en sich die Balladen und Madrigale untermischt, bei
Francesco stehen wieder die Madrigale an der Spitze, bei den fol-
genden fehlen sie dann gänzlich, das Madrigal hatte sich in dieser musi-
kalischen Form überlebt, Jede.sni.iI ziert den Anfang daa bedeutendste
Werk des betreffenden Meisters, das sich vielfach auch in der technischen
Behandlung besonders auszeichnet, so bei Giovanni das einzige Sac-
dietti-Madrigal, das er komponierte, Aynd son bianeo; bei Jacopo eine
große dreistimmige Komposition des allegorischen Madrigals Satio Vim^
periOf die auch den Codex Paris eröffnet; bei Loren zo und Yincenzo
je eine, bei Lorenzo außerordentlich weit ausgesponnene, Komposition
von Ita se »'«ra; bei Donato und Niccolo Madrigale ihrer Lieblings-
dichter Soldanieri und Sacchetti, bei Gherardello eine Caeeia des auch
als Diditer hervorgetretenen Niccolo; bei Paolo sollte es das Florentiner
Siegeslied von 1406 sein; bei Bartolino ist es das merkwürdige, in allen
fünf großen Handschriften wiederkehrende franzosische Madrigal La douce
xere; schließlich, da wir hier von den letzten Komponisten absehen
können, bei Prancesco sein großes ernstes dreitextiges Madrigal
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Friedridi Ludwig, Die mdiFStiinmig« Masik de« 14. JahrhnndertR.
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Mumca son e ml dolgo piavffcndo^
unter dem in unserer Handschrift eine hoheitsvollc Prauengestalt, die
auf einem Portativ spielende Musik, sitzt, umgeben voE allerlei musika-
lischen Instrumriitt ii in den Rjindnialereirn.
Es ist so ein hL-rrlichps, Icbensvollos <Janze, das uns in clem ISiiiiarcia-
iupi-Codex entgegentritt und dtss» n ausfülirlichere lies( hroibung ich auch
an (licst r Stelle trotz der Besdiriinkung, die ich mir hier für die Schii-
dorung der it:dieiii<ehcii ^lusik aufi'rlerren muß, nicht versiiuiiien wollte.
Desto kürzer können wir uns bei den zwei letzten liieriier i,'eliörigt'n
Hantischnften fassen. Die zwar an AnsiK-hnunj; sehr f^erini,'e, aber der
national so vielgestaltigen Keichhaltiirkeit ihrer Znsaiumensetznni: weiren
besonders interessante schon erwähnte Prager Handschrift iiat auch eine
Ballade von Francesco aufgenommen, anonym und oliue Text, wie ihre
sonstigen Werke, aber ohne, wie so oft bei den französischen, den Cüutra-
tenor zu unterdrücken. Schließlich finden wir Francesco und Zaccaria,
Bartolino und andere spätere Oberitaliener mit rerschiedenartigeQ
Werken an mehreren Stellen des Codex Modena wieder, der nns für
nnsem vorliegenden Zweck besonders dadurch wertvoll ist, daß er uns
zeigt, wie weit sich auch inmitten von Werken des neue Bahnen ein-
schlagenden 15. Jahrhunderts solche des 14. lebensühig erhalten haben,
unter ihnen außer denen Bartolino 's, dem der Sammler des Codex
Modena als engerer Landsmann nahe gestanden zu haben scheint, gerade
solche von Guillaume Machault, dessen Namen man schon nicht mehr
kannte, und Francesco Landini.
Damit haben wir den Kr^ der Quellen, die uns f&r die mehr-
stimmige Musik des italienischen Trecento bis jetzt fließen, beschlossen
und könnten nun nicht bloß, wie bei der französischen Musik, zu einer
Darstellung der Komposition des italienischen Madrigals, Caccia und
Ballade übergehen, sondern auch die einzelnen Meister in ihrer Eigenart
vor uns wieder ersteben lassen, die Oberitaliener auf der einen Seite, auf
der andern die Toskaner und die, die diesen so nahe stellen, wie in
älterer Zeit Jacopo von Bologna und später Yincenzo, im Codex
Pfti is von Imola, im Codex Squarcialupi von Rimini genannt, und der
Sacchetti- Verehrer Niccolo von Perugia. Und für mich persönlich ist
dies dasjenige Gebiet ira Umkreis unseres Themas, in das ich mich zu-
erst und zuletzt vertieft habe, dessen großes Quellen-Material ich in einer
im wesentlichen schon jetzt drnrkfertigen kritischen Ubertrairung der
Otientlichkeit vorlef^en ki'mnte. wenn die Golfireniieit sieh fände. Ich
muß mich hier aber auf eine Andeutung der (irundiinien dieser Darstellung
beschränken.
Wir würden, weini wir an die Schilderung dit-^er Kunst gehen, den
Bau des Madrigals und der Ballade zuei-st ins Auge fassen, das !Madi'i-
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60 Friedrich Lndwig, Die melintiinmig« Mmik dw 14 J«]ir]iiiiid«rto.
gfil aus ineiireren mnsikalisch sich einfach wioflorholenden Strophen meist
zu je drei musikalisch sehr l»n'it und untei- einantlcr liochst abwechslungs-
reich anp^ele^rb'!! Zeilen und einem auf die letzte Strophe folgenden ganz
knappen Kitornell bestehend, die Ballade dagegen, wie die franzüsisrhr
Chanson baladee aus zwei etwa gleich laueren musikalischen Abschnitteu
sich zusammensetzend, die sich immer zweimal wiederliolt im Ldeicheii
Wechsel wie beim französischen Vorbild folgen, ein Anfaugsteil iiijoem.
dann die ätrophe aus zwei Stollen und Abgesang, wobei der Abgesang
metrisch der Ripresa entspricht, auch im Reim in sie überleitet und musi-
kalisch nur die Komposition der Ripresa wiederholt, und am Ende jeder
Strophe die ^Iu>>ik <ler Rii)resa auch mit dem Anfangstext. Wir würden
dann weiter sehen, wie die Italiener die musikalische Wiedergabe dra-
matisch bewegter dichterischer Scliilderungen erst, durch die paradisische
Natur ihres Vaterlandes angeregt, aus dem geseUigeu Leben in der
Natur» dann aiidi ans dem Sftrafidnlebeik der Stadt entdeckan, wie sie als
musikaltsdie Ausdrucksfonu dieser nach den zuerst beliebtesten Jagd<-
szenen CSa^oia genannten Dichtungsgattung den Canon zwischen swei
Stimmen verwenden, mit Ausnutznng vieler der musikalischen Effekte,
die diese regelmäßige Wiederkehr der oft sehr belebten Sitnatioaen in der
einem Stimme bald darauf in der andern und das glmchzeitige musikap
lische Zusammentreffen zweier solcher Momente in beiden Stammen mit
sich bringt, das Ghmze über emem ein&chen Tenor sich erhebend und
in ein ganz madrigakrtiges Bitomell am SchluB auslaufend. Und diese
kanonische Form würden wir dann schon in ältester Zeit auch auf
manche dichterisch streng gebaute Madrigale angewandt finden, dann aber
mit der Zunahme französischen Einflusses Tersohwinden sehen. Bei allen
( Kompositionen wttrde uns die überaus klare musikahsche Disposition der
' einzelnen Zeilen entgegentönen, die uns in mancher Beziehung auf die
mehrstimmigen alten lateinischen Konduktus zurückblicken läßt, melis-
matische Ausgestaltung der ersten und der vorletzten Silbe und kürzere
melodische Deklamation der mittleren Silben des Verses, meist acht an
der Zahl, sei es nun, daB der Text gleichzeitig in den verschiedenen
Stimmen erklingt, sei es, da(t er, namentlich im Madrigal-Ritomell, in
f der einen beginnt und in der andern, oft rhythmisch oder melodisch
j nachahmend, folgt. Betreffs der Stimnienzahl würden wir die Vorliebe
der Italienei' für die Zweistimmi-jkeit feststellen müssen, besonders bei
i
I den Moreutineni. die hei den MadriL'alen nur in besonderen Ausnahme-
fiillen. abgesehen natiirheh von (h'u kanonisclieii l\ouip(>>iti(ineii, zur
I )reistimniigkeit. im h(M hbleu l*athos dann aiich einmal verhundeii mit
. 1 )reite.\tii:krit, sclni iien, und auch bei den Balladen die Dreislimmigkeit
nur \ erhältuismüliig seltener verwenden u?id meist nur da, wo uns auch
, sonst ein weittragender Eintiuli der französischen Korapositionsweise, für
IMedridi Lndwig, Di« melnntiiiuiuige Musik dei 14. Jahrhondflita.
61
die ja die Dreistimmifrkoit mit nur « iiifr Tt xtstimme be';onder8 charaktc-
ristisrli prsrhien, crsiclitlich ist ; dafür liaben aber dif- italienischen Kom-
positionen Text in beiden Stimlnen, bei den Madrigalen ausnahmslos, Q
auch bei den dem französischen EiuHuß viel mehr zugänglichen Balladen
bei den meist-en Komponisten ebenso regelmäßig, bei andern diesem Ein-
fluß auch in bezu^ auf die Textbehandlung stärker unterliegenden Meistern
wenigstens überwiegend, übrigens in den verschiedenen llunilschriften
dann (»ft wechselnd uns entgegentretend; und gerade dieses Maßhalten
bezüglich der Ausdehnung der Zalil der Stiininen kumint der lebens-
volleren melodischen Ausgestaltung der cinzclnuu Stimmen auf der andern
Seite anBeror^entlich zu j^ute. bei den Älteren noch mehr wie bei den in
dieser Beziehung immer laxer -werdenden Jüngeren; ist die Komposition
dxeistmunig mit nur zwei Textstimmen, so bilden entweder die beiden
kanonischen Oberstimmen dies fttr die Italiener so charakteristische
Ganze, von einem einfachen Tenor gestützt, oder es entsteht, wie bei
einer größeren Anzahl von Balladen, eine neue interessante Foirn, in
der Oantns nnd Tenor den Text singen und eine Mittelstimme ohne Text
hinzutritt, unter denen sich Perlen, wie Firancesco's Öram pümto agU
oeesftt finden. H&tten wir die fein empfundene Eigenart der Italiener
auf diesem Gebiet kennen gelernt, sähen wir dasselbe auch bezOghch der
Auffassung vom Rhythmus, nicht blofi in der Vorliebe für die Anlage
des Ganzen in einem breiteren Bhjthmns überhaupt, sondern auch in
der Abgewogenheit in rhythmischer Beziehung zwischen den einzelnen ,
großen Teilen, wie, seinem Wesen entsprechend, das Bitoraell des Map i^^- •
drigals, das mir einmal am iSchluB des Ganzen ertönt, eine andere rhyth-
nusche Behandlung, wie die vorausgehende mehrfach wiederholte Musik '
zur Strophe, verlangt und erhält, und wie im Gegensatz zum Madrigal i
die beiden Teile der Ballade in das ihrer mehrfachen abwechselnden |
Aufeinanderfolge bei dem Vortrage des Ganzen angemessene rh^-thmische
Verliältnis gesetzt sind; und wir würden dieses Streben nach rhythnuscher
Viellieit in der Einheit bei den einzelnen Zeilen der Madrigalstrophe
z. B. wieder in der mannigfachsten Art im einzelnen zu Tage treten
sehen, ohnv daß der Fluß de«? (ian/en darunter litt«' oder daß das Re-
sultat zu rh}'thmiseh so verzwickten Bildungen führte, wie wir sie bei
den Franzosen antreffen
Wir würden dann weiter bei den Zusaimncnkliingen ja noch genug i
Härten und aller Art Fortschreitungen finden, deren Unmöglichkeit und !
Fehlerhaftigkeit später zu den elementaren Sätzen der Kouipo»iti(»ns-
Technik gehört und die uns von der Mitte des If). Jahrhunderts an auch
nielit mehr so begegnen, daneben aber auch « ine Fülle von Stellen, die
beweisen, wie oft die Itj^liener dem (.)hr gegenüber den Vorbebriftcn der ■
Schule zu folgen wagten und dal»ei zu Wirkungen kommen, die wir bei i
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FriedhoL Ludwig, Die mehrstimmige Musik des 14. JahrhimderU.
den Franzosen vergeblich suchen. Wir würden freilich in der drei-
stimmigen Komposition noch die völlig erst im 15. Jahrhundert über-^
wundene Behandlungsart der dritten Stimme in Geltung beolmchten, die
I es dem Komponisten nicht Terttbelt, die dritte Stimme zu dem sonsttgen
I zweistimmigen Satz gelegentlich dissonieren zu lassen, wenn sie nur zu
einer der beiden andern konsoniert, obwohl auch hier in der Praxis der
einzelnen Fälle ein tiefgehender Ünterschied zwischen Franzosen und
Italienern sich zeigt
Wir würden in tonaler Beziehung im Gegensatz zu den Franzosen
zuerst ein Streben nach Beichtum der TonartenTcrwendnng beobachten,
eine lebhafte Ausnutzung der modulatorisch^ Abwechslung, die das
Sechs-Tonarten-System der einstimmigen Musik in erhöhtem MaBe bei
der Mehrstimmigkeit gestattet, und würden aber bald in der BaUade den
französischen Einflufi der strengeren Ausprägung der Tonalltät wachsen
sehen, bis uns in gröfierem Umfango bei Francesco eine stattlidio An-
/zahl von Balladen entgegentritt, (Vw in vielen teclinischen Bezielmngen
ein getreues italienisches Spiegelbild der französischen Chanson-baladee-
Form sind; und im Gegensatz zu der Mannigfaltigkeit der Zttge in dem
universaleren Bild Frfincrsco's würde uns das unbefangene volle Sich-
\ Ausleben italienischer Musikempfindung in dem älteren Madrigal in neuem
Lichte erscheinen.
Nach Gewinnung dieser Gesamtumrisse von der Entwickelung der
italienischen ^fphrstimmiijkcM't im Trecento und ihrem Zustand in den
einzelnen Phasen in größeren Zügen wür«l<'!i wir walirnelimen, dali, in-
dem, wie überall^ daneben noch ein weiter Sj)ielraum für ixTSönliche
Eigenart der Komponisten bleibt, diese Italiener die ersten Komponisten
derMusikgpschichte siiul. deren Künstler-Individiinlitiiten so markante Merk-
male haben, (laß sie auch uns iioch erkennbar binil. liei (liovanju und
Piero träfen wir da<< Madrigal mit seiner ganzen T<mfreu(ii<,'keit in bezug
auf lieithtuui der Melodie und Mannigfaltigkeit des lihythmus in seiner
reinsten und bei den kanonisrlien Madrigalen und Cacce strengsten Form;
in ihrer ganzen l'nbefangenheit strömt die musikaH5?ehe Empfindung hier
in Kompositionen heiterer und traui'iger äußerer und innerer Erlebnisse
in Natur und Menschenleben aus. Bei Jacupo fänden wir den Ki'eis
der musikalischen Ausdrucksmittel außerordentlich erweitert, das Ver-
hältnis der zwei Stimmen, zu denen bei ihm zuerst gelegentlich auch eine
dritte Textstimme tritt, in vielen kleinen Zfigen ' interessanter^ die musi-
kalische Terbindung der einzelnen Zeilen lebhafter, die Stimmführung
flüssiger, die Zusammenklänge mit der neuen häufigen Verwendung Ton
Terzen, Sexten und Dezimen, viel mannigfaltiger sich folgend, femer das
Stoffgebiet der Kompositionen auf Dichtungen, wie das pathetische Aquäa
altem^ das klagende 0 cieco mondo di Utsinghe pienOf das ernste, gegen
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Friedlich Ladwig, Die mebntiimnige Mniik des 14. Jalirhimdeite.
63
miHikalisrhcs Pfusclicituui grnVlitpt«» OsrUrtto srlrngifi^ auf (1ms politische*
^ ielc^'enhrits^t'diclit und so fort ausgcdelint. Mit d*'ni Florentiner T^o-
renzo würden wir dann bereits aucli l)ezüglicli teclnusc iier Meisterst liiift
den erstell Gipfel dieser Kunst erreichen, die Leicht i?,'keit und Eleganz
T)t?wundem. mit »ler dieser von allen luclismenreichste Meister die oft sehr
lang anfirelegten Sequenzen in der Melodie anwendet, mit der er die ein-
zelnen Stimmen in der N'üchahmnnp sich mit einander verbinden läüt.
mit Bevorzugung tUir Antwort in der Quint, mit der er weiter drei- und
fünfgliedrige rhythmische Bildungen im Wechsel zu den der Zwei-
stimmigkeit der Kompositionsanlage natürlich entsprechenden zwei- und
TiergUedrigen bevorzugt, mit der er acbliefilicli die Synkope in seinen
Im Ganssen meist rhythmisch sehr groBzttgig angelegten IdAdrigalen zu
behandeln weiB, und -wir würden besonders bei Lorenzo nnter den älteren
tms an der goldenen Klarheit seines ganzen mehrstimmigen Satzes nnd
der Treffncheiheit erfreuen, mit der er seine EinfiUle und seine Büttel
der musikalischen und poetischen Litention seiner oft dichterisch auch
bedentenderen Texte unterthan zu machen weiß, ja im Vollbesitz seiner
technischen Meisterschaft eine Tenor-Behandlung wie die in seinem Pavero
xappaior wi^^en darf. Donato da Oascia, einen besonders vielseitigen
Madrigalisten, Gherardello, den letzten Komponisten von ausgesprochen
allr-florentiner Eigenart, und Niccolo von Perugia, den ersten und ein-
zigen, in dessen künstlerischem Schaffen Äfadrigal imd Ballade sich das
Gleichgewicht halten, wollen wir hier schneller Ubergehen, um zum Mittel-
punkt in Francesco Landini zu gelangen, des^^en Madrigale eine neue
Plia.se in der Entwickelung dieser nach seinem Tode bald absterbenden
einst so ausschließlich und so originell gepflegten Gattung aufweisen, Si
dolce non tmd mit dem modalen Tentnr, De dimmi mit zwei in der Quint
kanonisch sich folgenden Unterstimmen^ Per la 'nfluenxa^ das sogar den
Gegensatz der Strophen- und Ritomell-Behandlung fallen und beide wie
bei einer Ballade in den «irlpichen Schluß auslaufen läßt, auf ganz ande-
rem Boden als ein (Tiovnniii oder Lorenzo stehend, — Francesco, dessen
Baliaden andererseits ih n fxanzen Reichtum ausbreiten und ersch(»pfen,
der in dieser immer ausschließlicher beliebt werdenden Form ruhte, die
in ihrer cvklischen Gestaltunj? zurück z. B. auf die Allehiia- und Gra-
dual-Form des jedenfalls aucii in Italien eiitstandeuen jjregorianisehen
Gesanges und nach vorwärts auf zwei auch in Italien ausgebildete Formen
von so universaler Bedeutung für die Musikgeschichte, wie die italienische
Arien- und die SonatcTiforni, weist. Von der dreistimmigen Ballade mit
drei Texten und so kunst\ (illen R«imbeziehungen untereinander wie Perche
(Ii twro sdtgno bis hinab /.um einfachsten Gebilde von zwei Stimmen mit
Text nur im Cantus hat Francesco alle Gattungen iler Ballade gepflegt.
Er erscheint uns in den zweistimmigen imd den von den dreistimmigen,
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. 64 Friedricli Lndwig, Die mdmfeimmige Musik des Ii. Jahrhimderte.
die wenigstens zwei Textstinunen haben, als Vollender der Florentiner
BaUade in der ausdrucksvollen Melodik, in der fließenden Stimmffihniiig,
in der Beinheit der Zusammenklänge^ in der Breite des Rhythmus, die
nur selten zu gunsten der kürzeren französischen Rhythmen Terlassen
wird| z. B. in dem gerade in seiner ihythmischen Prägnanz so ansdracks-
vollen Sie maktdetta Fora eH wnA in der tonal so helriedigenden Aus-
gestaltung der Schlttsse, wie wir sie in dem von ihm bevorzugten Quint-
oder QoartveihSItDis zwischen beiden erblicken. Und er erscheint uns
in den dreistimmigen Balladen mit nur einer Teztstimme mit kurzen
Rhythmen und Bevorzugung der Tonart-Gleichheit zwischen Kipresa und
Strophe, oft auch mit Übereinstimmung der fjanzen Schlufitakte, in glück-
lichem Ausgleich des italienischen Naturells mit dem französischen Vor-
bild, das er so in sich aufnahm, daß er auch französische Teste in dieser
Form komponierte. Und verglichen wir dann die höchst subjektive
Durchdringung von Musik und Dichtung in Francesco's Lebenswerk mit
den i-uhig^ ich möchte sagen leidenschaftslosen Anföngen bei Giovanni
und Piero, SO würden wir staunen Uber die Schnelligkeit, mit der dieser
Entwicklungsweg in der einen Stadt Florenz in wenig mehr als zwei
Generationen durchmessen ist.
Als letzter Florentiner Tieceiitist von Bedeutung würde sich Paolo
anscidieüen, eine musikuliscli reiche Persönlichkeit, in der zum letzten
Mal das Madrigal auflebt, dichterisdi verändert, musikalisch aber kon-
servativor behandelt als bei Francesco, und deren zweistimmige Balladen
jetzt vollkommen hinter den den französischen Einfluß von allen am un-
versöhntesten dokumentierenden dreistimmigen zurückti*eten, welch letztere
namentlich in den in Codex Paris eingeschobenen Lagen erhalten sind,
während das alte Corpus dieses Codex mehr die Werke mehr itahenischen
Stils enthielt. Andreas, der Florentiner Organist, würde uns unter
den Ausläufern am Anfang des 15. Jahrhunderts noch eine Nachblüte
der Ballade vor Augen führen, und Zacharias, der oben hesprochene
Sänger des Paji^tes, besoiidors mit seiner jetzt ganz verwilderten und in
das denkhar niedrigste Niveau hinahgezogenen Caccia einen unrühmhchen
öchluü dieser Ijei den Alteren so anmutenden Form bilden i).
Von den Oberitalienem würden wir außer Vincenzo, def^sen Oacce
schon den Anfang des Verfalls bilden, bisher nur Bartolino als be-
deutendere Persönlichkeit umreißen können, der vorläufi? die oberitahe-
nische Art des Madrigals, die dem Florentiner enger verwandt ist, und
die viel eigenartigere der obentaiienischen Ballade uns verkörpern muß.
1] Eine größere Anzahl v><ii i ken der genannten Koniponistcn in moderner
t'lieHrarnin'r veröffentlichte J. Wolf in der i^MOM Mustca, Anno XV N. 46 und VI
N. 64 und Sapimelbäade m, 4, ä. 618 ff.
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1* nedhcU Ludwig, Die melirstimmige Musik des 14 Jalirhunderts.
Auch in der Ballade überwiegt bei ihm der zweistimimge Bau aus Tenor
und Cantus iftit Text in beiden Stimmen, und charaldieristisch für ihn
und andere Oberitaliener ist dann» daß» erweitert sich die Stimmenzahl,
dies durch ein Triplum mit Text vor sich geht, was bei den Florentinern
nie Tozkommt, und daß auch die lebhaften, ursprünglich madrigalesken
rhythmischen Bildungen, wie z. B. der Duodenar-Bhytbmus, hier auch
den Melodieflufi der Ballade beleben, deren Teile Überwiegend im Quint-
oder Quartrerhaltnis su einander kadenzieren, kaum ein einziges Mal im
gleichen Ton schließen und nie die Strophenzeilen in differenzierten F«r A»
und Ckiuao auslaufen lassen.
, Mit einem Blick auf den Umfang des Verlorenen, den wir nicht nur
für Ob^talien allein aus den £!ragmenten der einen Handschrift schließen
müssen, die uns von so mancher von den Italienern g^flegten Gattung
und so manchem Namen allein Kunde geben, sondern auch für Florenz
aus den Tiden anderweitig überlieferten Namen von ]&mponi8ten er^
sdien, dc»ien wir bisher noch keine Kompositionen zuweisen können,
müssen wir unsere Übersicht über Italien jetzt beenden und stehen da-
mit am Schluß unserer Aufgabe, in deren Rahmen die Hineinziehung
der musikalischen Thätigkeit der anderen Völker auf dem Gebiete der
Mehrstimmigkeit zunächst nicht lag. Es wären nur Tereinzelte Bausteine,
die ich außer den Notizen aus Schriftsteller-Berichten oder Rückschlüssen
aus späterer Zeit zusainiueiitni'j;c'ii k<iiintc: für andere rüiuauische Völker
aus einzelnen Kuiii{)ositioiicn des Cudcx Hfiüa, für England aus Codex
Chantilly und kleinen englischen Publikationen, und für die geraianisclieii
Stämme des Festlandes aus Codex Prag, der in seiner bunten, wenn
auch musikalisch und t»'\'tlicli leider so dürlUgun Zusannuensetzuntr aus
niederdeutschen, fnmzu.si.si hen und der einen italienischen Kuuiposiiiuu
einen so interessanten Einblick in das musikalische Leben von Karls fV.
Kaiserresidenz bietet, weiter aus Codex Reina, der italienischen liondouer
Handsclu*ift, aus den spärlichen erhaltenen Nachrichten der veibrannten
Straßburffer Handschrift, aus einigen Mitteilungen (Jcrbert's in seinem
De fd/itu i't maaica sacra^ aus einer Motette jetzt in JSt Paul und einer
zweitextigen lateinischen und deutschen Komposition einer Präger Hand-
• Schrift, schließlich aus dem seit Ambros mehrfach besprochenen und
gedruckten Tag- und Nachthom des Mönches von Salzburg in der Col-
marer und der Mondseer Liederhandschrift, dem Liebesduett mit dem
Wächter im Tenor aus der letzteren und zwei Martinsliedem aus einer
Lambacher und Tegemseer Handschrift*). Das können wir aber auch
1 über Cod. Prag vergleiche Wolf. a. a. 0.; tierbert, Dr f niitu I, S. 136 fl".
II. S. 121 ff.; über die Motette ia St. Paul Koller iu den MouatshelUjn XXU, S. 43 f. ;
über die folgende Kompoution Ambro», Geschichte der Musik, 8. Aufl., S. 683 1\
s. d. I. M. IT. 5
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Friedrich Ludwig, Die mehntiiniiiige Musik des 14. Jahrhunderts.
aus diesen EinjEel-Notiaea wohl feststellen, dafi es keins dieser Lander
bereits in diesem Jahrhundert zu einer so ausgebildeten und so reichen
Ausgestaltung von Formen ffir die mehrstimmige Musik gebracht hat»
wie Frankreidi und Italien.
Auch eine andere Gattung mehrstimmiger Musik unserer Zeit, die
abcrMlI gepflegt wurde, kann ich hier kurz übergehen: es sind einfache
lateinische Gesänge, vielfach schon aus älterer Zeit, zum Teil ursprüng-
lich sich an eine Stelle der Litur<^e anlehnend, zum Teil in freier Weise
religiöse Empfindungen ^vicd ergebend, seltener der Unterhaltung dienend,
textlich in der mannigfachsten Form, musikalisdi meist einfach Note
gegen Note, syllabisch oder rnit kleineren Melismen, oft auch mit Stimm-
tausch in den einzelnen Gliedern der Strophe gesetzt, die wir in Hand-
schriften aller Herren T/ändcr immer wieder finden, nicht bloß bei den
HauptiiatioTiPn, sondern auch an der Peripherie der damaligen abend-
lündisclien Kultiii-. Sie lassen sich mehrstimmig in czcchischcn Hand-
schriften, wie der Hühi'iifurther aus dem Anfang iU^s lo. .Jahrhunderts
und dem Imssitischen Cantional von Jistebniz, die Dreyes beschrieb,
nachweisen, später auch mit den nielir^timmieen czechiscbcn T\'/ralf-Ue-
sängen zusammen; wir tinden sie ebenso in den schwedischen Schulliedern
des 16. Jahrhunderts vor, die wir durch Norlind kennen. Um nur zwei
von ihnen /,u verfolgen, haben wir das 2 stimmige Jrf i fuitmu kikn i\nch
Dreves und Wooldridge außerdem handschrütlich in Berlin, Sttitt^'art,
Engelbert' und Cambridge, und das ebenfalls :2 stimmige Zacheus arb<ms
usccndil fand ich eine Quart höher in A'enrdig wieder 'i.
Gehört, wie bemerkt, ein großer Teil dieser Werke, auch ihrer Musik,
einer älteren Zeit an, in der die National-Sprachen noch nicht ausgebildet
waren und Latein noch die Textsprache der Komponisten aller Nationen,
so gehört dodi ein Hinweis auf ihre Eriialtung im 14 Jahzhundort zu
einem Yollstandigen Bilde der- mehrstimmigen Musik dieser Zeit; ihre
Verbreitung können wir uns nach den Broben ihrer Lebensfähigkeit, die
wir noch aus dem 16. Jahrhundert haben, nicht groß genug vorstellen.
Ein Weiterleben dagegen der^ kunstvolleren lateinischen mehrstimmigen
KondiüctuSj die einst die Blute der weltlichen mehrstimmigen Musik im
die letzterwähnten Werke wurden zuletzt herausgegeben von Biet sc b in den Acta
Qermamca IV, 8 64 ff. nach den flsadsefarüten Wien 2866 und 4096 und MOnohea
Ggm. 4997 und 716. ünbekaimt iit mv^ ob die TOn Vogel, Jahrbaoh der Mmik*
Bibtiothck Peters I, S. 61 crvi'Uhnte Innsbnteker Handachrift des 14. Jahrhiuiderto in
diesen oder den folgendon AVisat/ frphi'irt.
1) Dreve», Amlccta hymnka 1; Norlinii, in Sammelbändo 11, 4, S. 602 ff.
Ad eanlium letide siehe Horlind, a. a. 0., S. 594, Dreves, Änaieeta XX, S. 80 nnd
Wooldridge, a. a. 0., I, pt. 28; Zackens siehe Norlind, a. a. 0., S. 603 und Vene-
dig, Marc. ital. cl. IX, 146, f. 90.
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Friedrich Ludwig, Die mehntuninige Muiik des 14. Jabriranderti.
67
12. und dem Anfang des 13. Jahrhunderts ^'cwoseu waren, können wir
für das 14. Jahrhundort nicht mehr feststellen. ' • i-. J "'^^7
Die eigenen Werke d»;s 14. Jahrliunderts nun, deren Gestalt und
Gehalt ich jetzt in flüchtigen Umrissen vorzuführen versucht hahe, geben
der Forschung ein so reiches unil so zuverlässiges Material, das seine
Früchte zu spenden jetzt erst beginnt, daß wir erst die vollen Residtate
seiner Durcharbeitung und seiner Darstellung abwarten wollen, ehe wir
uns weiter auf schwankenden Boden begeben, indem wir nach dem Ein-
fluB der sogenannten Volksmusik und der Infitramentalmunk spüren,
Fragen, die schon h&nfiger auf dem Gebiet der mittelalterlichen Musik-
geschichte überhaupt Forscher in die Irre geführt haben. Die selhstän-l
dige Instrumentalmusik hat zweifelloe als Kunst auch im 14. Jahrhundert'
existiert und geblüht^ freilich sind ihre Werke selten auf gezeichnet wer-'
den, und aus französischer Ftovenienz ist mir nur die kleine Anzahl'
l^nze in einer Paiiser Handschzift (f. ir^. 844), wohl aus dem 14. Jahr-
hundert, sonst aus dem 13. stammend, bekannt^ ans italienischer nichts;
die englnche Orgeltabulatur habe ich schon früher erwähnt Daß weiter <
anch in der knnstgerechten Ausführung der franzosisdien und italienischen
Yokahrarke unserer Epoche die Instramentalbegleitung eine große Kolle
spielte, ist cfbenlaUs zweifellos. Wir sehen die Kom])onisten z. B. öfter
ein Portativ spielend abgebildet; ich kann mir wohl denken, daß der
Tenor auf diesem Instrument gespielt wurde, das auch die längsten Töne
des Tenor auszulialten imstande ist und ein Sich-Selbst-Begleiten, wie die
Streich- und Zupfinstrumente, gestattet. Es soll aber liier nicht meine
Aufgabe sein, zu den nekn Hypothesen über die Instrumental-Fraxis
des Mittelalters eine neue, in der Hauptsache ebenfalls nur auf Ver-
mutungen sich stützende hinzuzufügen; an Schriftsteller- Angaben darüber
<leren Sammlung verdienstlich wäre, fehlt es bekanntlich zwar nicht, alx r
wie oft sind sie poetisch frei, wie oft nnirenan. und wie oft hf-klRgen wir
nicht gerade ancli hier unsern Mangel an anschaulicher Kenntnis auf
dem Gebiete der musikalischen ]{ej)rodnktion.
Desto größer soll dann aber unsere Krtnule darüber sein, daR wenig-
sti ns von der musikalischen Produktion liu scr Zeit so viel erhalten
ist, wenn wir uns noch einmal kurz vergegenwärtigen, wie wir zu-
erst die liturgischen Kompositionen bis in den AnfaiijL!; des 15. Jalir-
hunderts hinein verfolgten, in desaen Verlauf sie sich zur ^oßartigsten
Pracht entfalten sollten, wie wir dann die Motette sich während des
ganzen Jahrhunderts in Wechsel voller Gestalt erhalten sahen, in ihrer
Tenor-Behandlung den Boden bereitend für den Weg auf die schwindeln-
den Höhen der Tccliiiik, die die mehrstimmige Musik nun bald erklomm,
wie wir weiter im An-^-chluB die einstimmige Musik die knappereu |
Formen der französischen Mehrstimmigkeit in Ballade, Chanson balladee =
6*
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Friedrich Ludwig, Die meiirstimmige Musik des 14. Jabrhuuderts.
and Bondeau fdch entwickeln sahen, und wie wir scbliefilich die herrliche
Entfaltung der italienischen Musik in den formen des Madrigals, der
Caccia und der Ballade erlebten, für jene Paris, für diese neben dem
Hof der Skaliger in Verona und dem ihnen unterworfenen Padua nament-
lich Florenz das Centrum.
Das heraufziehende 15. Jahrhundert bringt eine veränderte Situation.
Seit 1405 herrscht in Verona Venedig, das gerade jetzt seiner glanzroU-
aten Zeit entgegengeht; es ist bekannt, welche Pflege die mehrstimmige
Musik im 15. Jahrhundert in Venedig fand, ich erinnere nur an die an-
ziehende Schilderung bei Ambros von der Kultur und der Musik in
dieser Zeit in Venedig. Florenz hatte sich im 14. Jahrhundert musikalisch
erschöpft. Wie es in der nächsten Folgezeit keinen Dichter henorbrachte,
würdig seiner großen Dichter-Söhne des Treconto und ebenbürtig seinen
bildenden Kiinstlern und seinem Lorenzo de'Medici, so tritt es auch in
der Produktion der hohen Musik zurlick. bis am £nde des 16, Jabi^
hunderts seine flauem wieder Zeugen der Morgenröte eines neuen Tages
in der Musikgeschichte werden, der den musikalischen Ruhm von Florenz
nachdrücklicher verbreitet hat. als es sein so vielseitiger Komponistenkreis
des Trecento gethan hatto. Wir haben <|Ufnititativ betrachtet sehr viel
mehrstiminifje ^Nlu-^ik aus Florenz auch im (Quattrocento: wn"«^ davon aber
über die Ta.i,'esunt«rhaltung hinaus auch der Kiitwicklunij (h r Musik im
Ganzen zu Gute gekommen ist, liegt auf ganz anderem Gebiet als seine
Treceiito-i\unst.
In lioiu Wild der päpstliciie Huf ein (VMilruni. das- nicht nur den
Gottesdienst in der musikalisch feierlic hstt-u niui kun>lv(»llsteii Art aus-
gestidtet, sondern dus auch für musikalische Krzielmng in weittragendster
Weise sorgt, und damit ein< u ;s.nu uubefechränkten EinHuÜ auch auf das
Musikschaffen in aller Herren Länder gewinnt, deren bedeutendste T(m-
setzer zahlreich in llum das Handwerk ihrer Kunst leinten oder wenij»-
stens von solchen, die es aus erster Hand hatten, von JJufay bis auf
Falestrina, den auch aus dem päpstlichen Sängerchor hervorgegangenen
größten Meister der vocalen Mehrstimmigkeit Uberhaupt.
Auch in Neapel bildet sich zur Zeit, als der Tielschreibende Nieder-
länder Tinctoris als Musikprofessor dorthin berufen wurde, unter den
Auspizien musikbegeisterter Mitglieder der Königsfamilie ein reicheres
musikalisches Leben, ebenso wie an manchem kleineren Hof Italiens, der
die großen Meister häufig wenigstens als Gäste bei sich sah. Und so
finden wir in dem für die Musik auch des Auslands so dankbaren Italien
eine große Inrasion von auslandischen Künstlern, Deutschen, Nieder^
ländem, Belgiern, Franzosen, Engländern, Spaniern, die dann oft fem
von ihrer Heimat ihre Lebensstellung und ikaen Wirkungskreis fanden,
wenn ihr unruhiges KUustlerblut sie nicht auch im Alter noch von Ort
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Friedridi Ludwig, Die mehntiittiiuge Musik des 14. Jahrhunderts. 69'
zu Ort trieb. Und wie in Italien, ^(> wird es ähnlicb in Fraiikrcicli, wo
auch die l)ur;,'uiidische Nebenlinie des Königshauses sicli als ;?roße För-
derin der Tonkunst zeigt, und nicht anders in den anderen Tiändem.
Die nationalen Formen, die das 14. Jabrhundei t <5f> fruchtbar gepflegt
hatte, verschwinden bei diesem lebhaften Austausch der Künstler zwischen
den Nationen. Die Weltsprache, das Lateinisdie, nimmt als Sprache der
Texte wieder stark zu, regt aber den Komponisten in viel objektiverer
Weise an, als z. B. die italienischen Texte des Trecento, die auch als
Diclitungcn oft schon so vollendet waren und in ihrer Komposition zu
Werken wurden, bei denen Dichter, Komponist, Sänger und rul)likura
alle das eine Florenz am Arno in den toskanisehen Beiern zur Heimat
hatten. Jetzt war es nichts 8eltpne<<, wenn ein Deutseher mit eim ra
Engländer vor einem italienischen Publikum <l:e Komposition eines Nie-
derländers über den Text eines Franzosen sani;, und wie im Chor in
Rom, SU erseheuien einträchtig alle Nationen nelicneinander in den Hand-
schriften, schon von dem oft erwähnten Codex Mudenu un, der liturgische,
lateinische, italienische und französische Texte ganz bunt durcheinander
bringt, was für viele Handschriften jetzt die Regel wird.
l'nterschciden sich die künstlerischen Ziele des 15. Jahrhunderts so
auch sehr wesentlich von denen des 14., und hat das 15. auch mit der
der Musikgeschichte eigentümlichen Rücksichtslosigkeit in dem Hochgc-
fiiU, ^ in der Musik nun so herrlich weit gebracht zu habeoi viel weiter
als die Torfabren, die, wie «ch Tinctoris etwas klobig anndr&dct,' adeo
hiepk^ adeo »itM^se komponierten, ut rmdto poUu» awres offenäebant quam
dekatabcmtf tkatsächlidi die Werke des 14. Jahrliunderts so vollkommen
der Yergessenheit anheim lallen lassen, daß sie, man kann sagen, bis zu
nnsera Zeiten dann ruhten, so wollen wir als Historiker doch wiedef
das Band betonen, das beiden Zeitaltem gemeinsam ist, nnd den kttnst-
leri8<^en Emst und die kfinstleriscbe Inspiration zu erkennen und zu
wttrdigen Suchen, die ebenso wie 'Dufay und Okenheim und Josquin
des Präs, so auch einen Francesco Landini, war er an technischer
Meisterschalt auch noch so sehr viel Smer, in Tdnen das zu sagen trieb,
was ihm sein Bmeres bewegte. Erst dadurch bekam auch nach Dante*8
Auffassung die Dichtung ihre ganze künstlerische Vollendung, si poesim
rede eonsideremus, quac nihil aliud est quam ficta rhetorica in musicaqw
posHUf wie es in der Schrift <h' rulgari doquentia heißt, inmttsica, der Dante
auch im Cmvito dieselbe Macht über seine Seele zuschreibt, die aus
beinahe jedem (jcisang des Purgalorio und Paradiso hervorleuchtet, im
Com^ mit den Worten: La musica ime a se gli spiriH tatinnl, che
aono quasi pHndpcdmmte rapori del cuore, sicchv quasi cessam da ogm
cperaxvme] si h Tanima intera qvando Pode e la virtu di tutÜ ^tasi corre
aBo spirito sensünle ehe riceve ü auono.
Digilizod by
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Julien Tienot, Eonsard «t la mtuique de so& tempe.
Bonsard et la musi^ue de soü temps
Julien Tiersoi
(Paris.)
L
«If mtine and aweet poetry agree,
As thvj nittst needs, thc sister And ihe broder . . . >
Ainsi commence im sonnet de Shakespeare. Mais <1('ja. a IMpoque oü
fuient Berits ces vera, cette belle frstemitd, cet accord intime de «musiqiie
et douce poe»ie> subissait les premieres attcintes d'un Telachemeat que
le grand siede commen^ant aUait definitivement accomplir. Le sonnet
m@me, malgre lo coTnninn sentiment d'estime i[u'il proclame pour Tun
oomme pour Tautrc des deux ai*ts, manifeste que que leur union n'ctait deji\
plus absolue: «Thou lov'st tlio onc and I the other>, continuc-t-il : « Tu ainios
Vune et j'aime lautre; ton goüt est ])Our Dowland, le inien pour
Spenser') . . .>. Mais, avant Shakespeare, cela iTi«*ino n'cftt puint viv assez.
II n'^tait pat» sufÜsaut qu'il n'y efit pas antagonibme declare eutre les
poHes et les musiciens : il fallait runioii c ()n)])]( le, intime, entre la musique
et la pocsie: ces deux iormes <lo l ii t lyrique, dn plus primitif coinme du
plus savaut, semblaient ne poinoir exister qu'associees entre elles, et
souvent le poöte et le musicieu ne faisaieut qu un.
N'en etait-il ainsi aux origines de Part? Qui peut dire si les
auteurs anonymes de nos antiques chansons populaires ^taient plutot des
ciseleurs dr vers que des compositeurs de mclodies? Avec le progr^s
de la cultun liitt iaire, les geures, il est vrai, tendirent ä .se separer;
mais jusqu'ii la ün du XVI' siecle les mcilieurs poet^^s etaieut restejj lei»
amis sinceres de la musique et des musiciens. Bien des vers de Clement
Mar et s^etaieut repandus parmi le peuple sous forme de chansons , et
868 psaiunes, compos^ pour les airs qa^amonisa Gondimsl, toent
longtemps les principaux cbants de ralliement des r^form^ de France.
Melin de Saint Gelais semble avoir «^tc-, professionnellement, pres(|U6
r Sponser <'t;iit uii poete du temps de Shakespeare. Quaut ä Dowland ,
c'etait un luthiste cvlebre, qui fut tour k tctur litiacbi* a la oour de Danemark et ä
celle d'Angleterrc, et a laisse plusieurs cabiers do musique de lutb de sa conipositiou.
Ob tronve dans rinUresaaate eoUeotion des Lmttempider de» XVL Jahrhuttderltt de
3f. Oscar Chilchotti. une C/torcn Anglicana DoirUtmii, tirie d'ua recaeil du frauc-
comtuis Be-'.'iril. ir»0.3 . duquel il est aussi (jiiestion dans un autre travail flu inritu"
auteur, itnjuini'' (hiiis le nvui'il du Cofujirs internal ioual iThiiiiotrr dr la tnu,siqut t' ^n
ä Paria en lyoO [pp. 179 et suiv.,. he uom de Jüannm Dooland Anglus y est conipn^
parmi ceux des autenrs «tout fait ignordst.
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Jniien lienot» Bonaard ^ la mntiqiae de aon tempc
.71
autant musicien que pofete de cour. II ttait habilc joueur de lutli. Une
de ses pifeces de vers «Sui- ime guiterre espaignole rompue et puis faicte
rabiller par Mouseigneur d'Orleans etant malade» se rapporte ^ un in-
cident d'une le^on de musique donnee par lui h co jetme prince • l Enfin
Ronsar«! lui a fait honneMr d'une initiative que iui-memc auiait bien
volontiers revendiquee :
Salut (:>elais, qui etait rorueineut de notre uge,
Qui le premier en France a ramenä rosage
De saToir chatouiller lea oreUles das roia
Par un luth mari^ aux douceurs de la Toix,
Qni au ciel ögalait aa divine Harmonie • •
Mais c'est ä Bonsard en personne que revint le premier röle dans
cette action en faveur de l'tmion de mudque et poesie.
D s'y trouvait incit^ |»ar plusicurs motifs. D'abord, par un respect
instinciif de la tradition nationale. Car, ai grand revolutionnaire qu'il ait
paru en son temps, Ronsard n'en est pas moins, incontestablement, le
poetc francais par excellence. Toute sa revolution litteraire a consiste
ü, enrichir la langtie et trouvor des fonnes nonvelles, mcrveilleusement
ada|>t('«^s h la tournure de son m'^nio; mais il n'a rien detruit: il n'a fait
qu'ajouter a Tapport d^ sfs pr«'decesseurs; i't, en somnie. la partie de son
ceuvre qui a ganl»' 1» ])ius hdriement la niarciue de Tesprit de la race est
Celle qui a le niieux survecu. ür, nous l'avons d('ja vn. la tradition essentielle
de Tart lyrique fran*;ais. c'est-ä-dire l'uniun de st s deux elements essen-
tiels, n'etait pas enc«»!«' tomhi'ü en dt-sut'tude en son temps.
Le plus grave reproche que ses adversaires lui aient adress^ est qu'il
ait «en francais parl«^ grec et latin». Co qui veut dire qu'il avait subi
riiiiluence des lettres antiques, et s'en inspirait volontiers, Or, la po^sie
lyrique de raiititiuitt', au moins Celle des Grecs, n'avait jamais dissocie la
po^sie de la musique.
Enfin un goüt personnel tres prononce, et dont il a donne de nombreux
ttooignages, Tattira constamment Ters Tart des combinaisons musicales, —
"bien qu'il flit sourd, — comme Beefhoven*)!
1) (l-Airrrs romplites tir Mcllin de Saint-Geluis, Mitinn RlriMf heniain, 1,236,
2; (Kunrp.s coDipIt'tPS f/c Ronsard: Lc Boenf/r ro'i'ii Edition Blaiirheinain, lll,
3Ö5. Un coinmeutateur du meine po^te dit «{u il navait «composer en tuus geures
de Vera, «t mirtont ü eatoit excetlent ponr laa lyrique«, lesqueb il metioit «n nmiiqne,
lea ebanteit» lea jouoit et sonnoit sur des insiruments, ätant poHe et musicien voeal
ai instrumental*. CßluTres de Mellin de Saint -GidaiH, « dttion de 1719, avis au lecteur
(extrait de la Biblioth^ue fran^-aise de la Cr oix du Maine).
3] la maladie,
Far M B^y quel deatin, me vint boneiier ToaTei
Et dura m*aooabla d*aMoiBmeinent si Imird
Qn'encorefl atijoin trhuy j'en teste demy-sourd.
(Emn$ de Boniard, Elegie XX. Edition Blanchemain, IV, 2%.
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12
Julien Tienot, RooMrd et 1« mosiqae de lon tempe.
11 y avait donc toutes les raisons du mondo pour que Ronsard, le
piince des poMes de son temps, favorisut le mouvement parallele de l art
musical, et qu'il tentüt ile Tassocier ä sa i^oesie.
H n'avait pas de voix; il en a fait l'aveu lui-meme:
Je chaute quel^üefois,
Mais c*e8t bien rarement, car .j'ai mauyaise voix.
Cependant il ne pouvait hVn ]invur. «La musicpie lui *'tait a
singulier plaisir, ^crit uu de ses premiers biographes; et pnncijjalemeüt
aimait k chanter et ouir chanter ses vers, appelant la Musique soeur
pumde de la Poesie, et les Fontes et Musiciens enfants sacres des Muses,
que Bans ht Mumque Ift PoSme tftait presque sans gräce, comme la Musique
Bans la m^lodie des Ten inanim^ et saus vie*).» XJn autre grand poete,
arec plus de richesse d^expression, a pr^sent^ U m^e oppoeition entre
les fioritures instramentales qni s*eparpillent saus le aoatien de la parole^
et le chant qui s'^lance snr Faile de la po^ie:
»Denn Helodieni Gänge und Läufe ohne Worte uud Binn, sclieiiien mir
Sdunetterlingen oder ediSnen basten VQgd» Umlleli zu aeyn, die in der
Luft vor unseren Augen hemm schweben, die wir allenfallB haschen und uns
zueignen mögten; da sich der Oesang dagegen wie ein Genius gen Himmel
hebt, und das bessere Ich in uns ihn zu begleiten anreizt.«')
Nous aurons par la suite & rcproduire plusieurs docomeiits importants,
^manant de Ronsard meme, qui attesteront son grand amour delamnsiqne:
pour riostant, tenons-nous en & quelques tdmdgnages que nous apporteut
ses Ters.
Voici d'abord des fragments dun sonnet qu'il a publik deux fois, eu
le dediant successivement deux joueurs de luth^):
Oyant ton cliant anr tons m^lodicux,
Jn oy, je meurs, je suis plein de manie,
Kt ttllement ton accord me manie
t^ue je deviens et sage et furieux . . .
Las ! pour t'ouir que n'ai-je cent aureüles,
Ou sans t*oulhr que ne suis-Je un roeher?
II t'cnt l'epitapiie tl Albert de Kipe, le plus celfebre lutbiste de
son temps:
Qu' oy-je en rc tonihean resonner? — Une lyre . . .
C'est Celle d uu Albert, que Phebus au poil bloud
1) Vie de Bomard, par Claude Binet, ie09. (Euvm de Bonmrd, Edition Blanche-
main, 'Vü, fil.
2) Goethe. Wilhelm Meister, H, 11.
3) Cea deux joueurs de luth furent, le premier [edition dp 1567) Guillaume de
Yaumesail, le second 1578) Jacques Edintbon. Voy. Michel Brenet, iVo/e«
«ur PkiMre du bOk m F^mie§t 1889, p. BL
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Julien Tienot, Bonsard et 1» matique de son tempi.
73
Apprit dös le bercenu et hiy doiina la harpe
Kt le luth le meillfiir (|u'il mit onc en escharpe*,
Si bieu qu apres sa niort 8on lutii meames euclos
Dedans sa tombe encor sonne oontre ses os^).
Et combien d'odes et de chuusüns A sa Li/rr, A sa Guiferre, A soji
LnÜ/f M^r. Charles Comte et Paul Laumouier, dans uu opuscule
dont il sera i)liisieuiN fois question au cours de ce tiavail, iiOiit pus
releve moiiis de viugt-ciiK] citations de ce genre dans uii st ul des huit
volumes de son ceuvre^i. Tantot le poete interpelle rinstiumeiit:
Vieu ü moy, inon luth, (\ue j uccorde
Uue üde, pour la fredonuer
DesauB la mieux parlante corde
Que Phoebus t'ait Toulu donner ...
Tantdt fl en fait usage ponr quelque s^r^nade amoureuse, ou poiir
accompagner le chant et Ui danse en joyeuse coinpagnie:
Ke sonner ä aon hui«
De ma guitterrei
Ny |>our eile lea nuis
Dormir ä terre > . «
Fay venir Jeanne, qa*elle apporte
Soll Inth pour dire niio chanson :
\ous balleioiiH tous troin au huii. •*)
L'on auiait tort de ni' voir, dans les expressions mnsicalcs employees
en ces vers, que des firtiuns analognes ?i rellcs des jiot'tcs latins disant:
'Je chantc», et parlant de ieur lyn-, alors (juils no so servirent jamais
d'ancim instnunent et que leurs vers ('taient siinpleinent recites ou lus.
Ciiez l{on8ard, riiitention est totit autre: les luths ou les guitares dont il
parle, instruments (|ui etaient dans toutes les raains a, von epoque, soiit des
rt-alites parfaitement roncn'tes. Quant i\ ce qu'il appelle ^la fiyre», c'est
parfois la poesie seule; mais dans boaucou]) de eas, ce iiiot veut designer la
musique en general, et de preference la jiiusi(iue chautee: d'autres fois
fnfin c'est purement et siniplement nn insttument ä. cordos quelcunque,
qu'il veut dire Si ron dtuitait dr rexactitiide de cette interprc-fation, les
citations d'un aulre urdru qui vont suivre preciscraient sans doutc ce
iiui pourrait paraitre encore incertain.
n.
Ronsard voolat, airons-nous dit, mettre en honneur en France Tanlique
po^e l)Tique. Sa pretention, avou(*e des son premier d^nt, fat d*^re
1) Ronsard, Ed. Blanchcmain, VII, 247. Cf. M. Brenet, loe.eit. 13.
2 Ch. Comte et F. Laumonier, Bomard et les mtuidem du XVI* sifcie,
1900, p. 11.
3) Bonsard, (Eiwres, ed. Blanchemain, U, 137, 149, 220.
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74
Julien Tiersot, Hoasard et la musique de son temj».
le Pindare fran^ais. Nous la T070D8 affirm^e avec autant de nettet^
qiie dUnsistance dans le «Prdfaoe mv» an derant de la premiere impresdon
des Ödes», ^crit qui remonte k 1550, cWt-ä-diie k la niigt-siziäme
aim^ de son &ge.
«Mais, t'crit-il eu 8'adressaut au lecteur, quaud tu m'appeUeras le pre-
mier auteur l3rrique fnm^ais et cehiy qui a guid4 Im autres an dienun de
91 honneste labeoTf Ion tn me rendras ce qae tu me dois ...»
< J'osay, le premier des noetret| ditrü an peu plna loin, enridiir ma langne
de ce mot: Ode.»
n aTOue ponrtant que son premier eeaai fut imparfoit, «pour n^estre
me8ur6 ne prope ä la Ujre (c'est-2i-dirc la musique}, ainsi que Tode
le reqniert,» U se loue, ndanmoins, de Toir «par son moyen les vieuz
lyriques si heurcusement ressiisritez».
£nfin, apres avoir rappele au lecteui- le souvenir des antiques für-
mes, d^Hni bri^Tement la Strophe, Tantistrophe, T^pode, ^voque Pindaie
faisant chanter ses vers «esoris h la louange des vainciueurs Olympiens,
Pythiens, Numeans, Isthmiens», et donne en passant un coup de patte
aux coiirtisans (lui n'admireut qu'un petit sonnet pc^trarquise , ou quel-
quc niifjnnrdisf' d'amour», momies productions auxquelles il oppose encore
uue fois Pmdiue. il ajout«^ la declaration siüvantc, dont la demiere parüe
a une impqrtance musicale qui n'ecbappera ^ persouue:
«Teiles iuventions encores te feray-je voir dans mes auti-es livres, oü
tu pourras (ßi lea muses me favorisent commc jo iVsp^rr' cniitein})lf'r de plus
preä le» suinct'es conceptions de Pindare vi se» uiiuiiiablei» iucuui^tauces que
le temps uous avoit si longuemeut celees; et feray eucorc revenir (si je pui«)
Tuaage de la lyre, aujourdliui reisascit^ en Italie, laqueUe l>Te seole doit
et peut animor les Ters et leur donner 1» juate poids de lenr gravit^.»
Ainsi, de mime que rhistoiie de Tart nous a montre des musiciens
d'un genie sup^rieur, — tel Gluck, — soudeux avant tout de la juste
expression, proclamer la Subordination de 1& musique k la pocsie, de meme
▼oyons-nous le plus grand po^ du seiziöme si^cle affirmer la n^cessit^
d'ajouter le chant aus rers afin de faire oeuvre lyrique compl^te.
Et il ne faut pas croire qu*il s^en soit tenu k de Tains projets, car
nous allons voir son seoond livre parattre avec Tappendice d'une partie
musicale dans laqnelle une ode pindarique, qui est une de ses productiona
les plus consid^rables, se trouvera mise en musique par un des plus
graads maStres du temps, Goudimel.
H precha donc d^ezemple; et en mime temps il sut pr^ciser cet
exemple par le pr^cepte. Yoici deux extraits de son <Abn?g^ de Tart
po^quc fran^ais> qui ach^veront de nous faire connaftre ses id^ avec
une nettet^ qui ne laissera plus rien k dösirer:
»Tout ainsi que les vers Latins ont leurs pieds, nous arons en notre
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Julien Tienot, Bonnrd ei 1» nmsique de ton tempi.
75
Poesie FraiK.'oise une certaine nicsure de 8yllal«cs, selon le dessein des caruie^
que nuu» üittrepreaons compos»er, qui iie be peut outrepasser äuuä offeuser
la loy de noetre Ten ... Ta feraa donc tee yere maaenlinB et fenniiiine
tniit qa*il te serft pomblCf pour estre plus propres k la Musique et accord
des instrtimeus, en faveur dosquels U «einblc que la Poesie solt Mi'e; car la
Poesie Sans les instrumens, ou sans la «^ratc d'une seule ou de plnsieur«
voix, n'est nullement s^greable, non plus que les instnunens sans estre
auimes de U melodie d'une plaieante Toix.»
«Tek Ten (let petlte ven, en oppaeition avec le solennel alexandrin)
8ont merveilleusement propres pour la musique, la lyre et autres inslrumens;
et pource qunnd tu les appelleras Lyriques, tu ue ieur ieras point de tort,
tantost les ailougeant, tautost les accourcissant, et apr^s an grand vers un
petit, oa denz petita, an cliois de ton anreille, gardant ton^oun le plus que
tu ponrraa une bonne cadence de ven (eomme je t*ay dit auparaTant) pour
la musiqae et autres instrumens. Tu en poorras tirer lea exemples en mille
lieuz de nos poete^ franrois. Je te veux aussi bien advertir de hautement
prononcer tes vers quaud tu les fera«, ou plustost les chiuiter quelque voix
qae tu poisses avoir, car ceU est bien une des priucipales partieSf que tu
äoii le plna eurieuiement obserrer.»
D'aOleiirB Ronsard n^eüt paa admls que cette musiqtte füt de quaHt^
infärieure:
Ores il ne fant paa dtre ^
Un bas chant dessna ma lyre,
Ny im chnnt rjui ne pcut plaire
Qu aux aureilles du vulgaire.
D rerendiqne haatement le m^rite de son initiative musicale:
Premi« r j'ay dit la fa^OD
D'accorder le Infb anx ödes.
Et encore, dans une ode Ä m Lyn:
Je te sonnay devant totis en la France
I)e peu a peu: ear qnand premierement
.Te te trouvay, tu «onnais durement,
Tu n'avais point de cordes qui valussent
Ne qui respondre aux lois de mou doigt pusseut.
Enfin il vante le rncrito ([u il eut
De mai it I les odes & la lyre,
Et de B^itvoLr bus ses cordes eslire
Quelle dianaon y pent bien aooorder
£t qnel fredon ne a*y peut en-corder.^J
II ne vent pas que ses chansons soient connues seulement de la cour
et de la viUei mats il aoubaite que le peuple des campa^es les chante
ausaL Dans une pitee de yeis, il recommande, lorsqu*il nunirra^ qu^on
lui faase des fnn^raillee champ^tres» et que lea pasteursi ^Toquant aa
memoire derant son ruatique tombeau, disent de lui:
1) Pour ces demi^res citations, voy. Comte et Laumonier, Uk. cii. pp. 10—12.
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76 ' Julien Tienot, Ronsard et la masique de son tempe.
uoB Ciimpngne!«
Fit Toir les sceurt eoiupagnes
Foulantes Therbe aus aons*
De aes cbanaona.
Car il fit Ik sa lyre
Si bous nocorH'» p«liro
C^u'il onie de ses cLaiiiH
Nous et nos chnmps. ')
La pretentiou iravuit rieu UVxecssif, car nous vcrroiis Lientot que
Hoiisard, priuee des pot'tes et poete des rois, fut aussi chante par le
gens du peuple.
m.
Rappeions il grands trait«? I histoire de sa jcun»'>-sf ot de sa vocatiun
poeti(iue. Encoro cnfaiit. ajin-s de;, ('tudcs t'rouitees, il fut jet«' daiis la
ru('l«'e et raena plusieuis aniu t s d'uue existente errante comme page ä la
suit»' de (juelques seipiit iu > qu il acconipagna ä travers TEurope, en Angle-
terre, en Ecosse, en Alleina^'iie, en Italie, tantot chevauchant au milieu des
armees, tantot svir mer aftrontant la tempt tt«, tantot figurant dans les
c«*r('iu()nies de la Diete gennanique, et njenant une vie dissipee qui etait
])lntr)t eelle »i im ajiprenti soldat »lue du futnr prinre des jioMcs fran^'ais.
11 ii avait guöre plus de seize ans quaud, apres taut d avcutui'cs, la
maladie (jui fut cause de sa surdite, et aussi Tamour, lui firent prendre
la rdsolution de se retirer de cc moude trop agitd pour se livrer exclu-
siTement k T^de. II n'h^nto donc pas k rentrer au ooll^ge, ot ü eui
la hatme fortime de trouver nn mattre et des compagncmB cafiables de le
comprendre: le premier, Daurat, les seconds, BaYf, Remi Belleau, et
fiuelques autres qui, ii döfaut de g^nie cr^ateur, surent ^tre au moins des
conseiUers et des commentateurs uttles, notamment le savant Maro-
Antoine Mar et; enfin il rencontra Joachim du Beilay. Par un commun
effort, aprte plusieors aim^s d^essais, de t&toimeineiitSf de lutte contre
rinooDBu, la pbalange compacte des po^tes de la Pl^ade se trouva anu^
ponr le combat, et la bataille commen^a & coups de vers et de prose.
Nons avons tu ce que fujt le premier livre de Bonsard, les Odes: an
manifeste presque autant qu'une (euvre. Nous savons donc quelle place
importante la musique tenait d'ores et deja dans ses pr^ccupations.
Deux ans apr^s, ä vingt huit ans, il donna un nouveau volmne de
vers, les Amours de F. de Monaardf soimets suivis d'une nouToUe s^rie
d'odes.
Cette fois le po^te ne s'en tint pas aux simples projets et aux phrasea
plus Ott moins vagues: il voulut donner ä ses declarations niusicales
anterieures la sanction du lait acoompli, et ü fit imprimer k la snite
1) RoBiard, (Eurresj 4A. Blanchemain, II, 249.
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JuU«n Tienot, BooMrd et Ja miiuqae de sob tempe.
77
Dime de ce second livre une pnrtic iiiiisicale importnnte formt'e de coui-
positions sjx'tialeiupnt »'crites poiir ses \ei*s, et qui avaient rt»' demandees
üux trois plus c»'lt''])n'S maitri-s fniiirais de IN'poque, Clement Janequ in,
Pierre Certon et Claude Goudiiuel. Un quatiieme, moins connu corame
musicien, et dont nous essaierons tout ä l'heure de degager la person-
n?ilite, M. A. Murot, s'etait Joint & ces trois gloires de l'art du
XVI* siecle pour coiiipU-tcr rufuvre.
Une teile publiration. bien que restee seule et unique de sou espöce,
n'en est pas moius d une iinjxtrtance capitale i>our riiistoire des rapporti>
de la musique et de la pot'ssie. Luiu dt« iei)rest'iitei- uni laiitaisie isol^e,
eile temoi^riie tk la volonte bien definie qu'eut le poite de vuir ses vers
unis aux accords de I harmünie. L'avis de l'editeur qui precfede cet
appendice musical est, a cet egard, tres cxplicitc, H y est dit que Tauteur
ayant «daigne prendre la peine de mesurer' ses vers sur la lyre (ce que
110U8 n'avions encorc aper^u avoir ätd fait de tous ceux qui se sont
exercit^s en tel genre d'ecrire;> Tt^diteur, «suivant son entreprise et avec
le vouloir de lui satisfaire» a fait imprimer & la fin du livre la musique
nir laquelle on pourra chanter ime boime partie de son contenu. II
ajoute qu*il eontinuera cette mani^re de faire «en ce qui s'imprimera de
la composition dudit Bonsard» 8*ü connait qu'elle est agr^able an pu-
blic ^J. n est croire que oette esp^rance de suoc^ ne se n^alisa pa»»,
mlgre la collaboration de tant de noms illustres, car aueun des ouvrages
post^rieurs de Ronsard ne oomporte plus un pareil buppMment
Mais 9*il ne fut pas donn^ au po{>te de voir la musique tellement in-
corpor^ & ses vers ciue les deux formes de Tceuvre commune fussent
vsod^s ddfinitivement dans le livre meme, du moins eut-il la satisfac-
ttoa que les musiciens de son siecle t^moign^rent ü son oeuvre une pre-
f^renoe dont n*avaient encore joui les productions d'aucun autre.
BSn v€rit^, Bonsard est le po^te de France qui ait le plus ^t^ chant^ —
STant Victor Hugo. D^jk d'anciens biographes s^en ^taient ^merveiUds.
«Comme il avait, dit CoUetet, ajusti^ ses vers de teile sorte quMls
pouvaient «tre chant^s, les plus excellents musiciens tels qu*Orlande,
Certon, Goudimel, Janequin et plusieurs autres prirent k tache de
composer sur la plupart de ses sonnets et de ses odes une musique har-
momeuse; ce qui plfit de teile sorte k toute la cour qu'elle ne r^sonnait
plus rien autre chose, et ce qui ravit tellement Bonsard qu^il ne feignit
point d'insdrer ä la iin de ses premi^res poesies cette excellente musique').»
^ous Gonnaissons le livre que designcnt ces demi^res lignes; quant aux
1, On pourra lire plus loin le texte compiet tie cet Avcrtisscment, publiu pour la
l>rfmicrc foia intt'^alcment d'aprt-s l't'ditiuu originale.
2) r*M ilr« pottt» frmfaiiy de Colletet, dem les (Etnre$ wmpiktet dir Ron -
»ard, Ed. Bb&chemain, YIII, 51.
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78
JoUea Tienot, Eooaard et la manqoe de eon tempi.
corapositions d'Orlaude, et de bien d'autres musicicns contcniporains. in-
spireos par les vers de Ronsard, elles sont r>n nombrc considt'rable,
remplissent les reciu'ils de chansons en parti» puhlir^ eu France :i la tin
du XVP siöcle. Nüuh allons essayer d'en etablir une bibbographie aussi
exacte que possible').
Le Supplement musical des Awaitrs de P. de Pomard^ de 1552, etant
Ic premier eu date de ces documents (uous y reWendrons plus longuement
tont ä llieaTe), noiiB trouYons ensvito:
Prnnirr Iure (fOdca de T?on,tnrff, mit m mitsiqur d tmis ptiriies^ par Pierre»
Cl6roau, maitre des eulauts de choeur de la catli^drale de Toul, Paris, lötiO.
Soiietx, de Piorc de Ronsard, mis en mttjdque a vinq, six d scpt partieny
par Philippe de Honte, Maistre de chapelle de l^mperenr. Louvain,
Pierre Phaldse, et Anvurs. .Tran Bi-llcre, 1575.
Cfuinsons- ih T'. dr Hoiisard, I'h. Iksjx/rtes et nufns. »n'si.f rn vtusiqur
par Niculas d*- la (initte, vttUet de chambre et orgauiste du Koy, Paria,
Lü Roy et Ballard, 1575.
Somtx de P. de Ronsard mis m mtistque f) 4 parties par Quillaame
Boni, d<;. Saint Flour en Auvoi^e. Paris, Lerov et Ballaid, liyre,
167(:: 2""^ livi.-. 1579. R^editions connues do 1503 et 1624 2).
Atrs Ulis rn musique d quatre parties, pnr Fabrice Marin Caietain, tnir
Us Poesks de F. de Ponsard et autrcs cxrelkm Pottes, l'aris, Le Roy et
Ballard, 1578.
Premier Uvre den Ämours äs P. de Ponsard, mis en musique d IIJI parties
par Anthoine de Bertrand, natif de Fontanges en Auvergne," Paris, Le
Boy et Ballard, 1578 {h la suite: Second liirr^ Trtnsmnc Uvre, etc.)
Poesie^} de liomard mises sn mu»iquc par Frau^-uis Reguard, 1579.
A dire Trai, ces reuvros ne sont pas les plus interessantes qu'ait
inspirdes notre poeto. Sauf Philippe de Monte, aucun vc'ritable mattre ne
les a signdes, et les titres que la plupart se donnent — Tun maitre des
1) J'ai d^ji dODod en partie cette bibliognphie dam nn chapitre de mon Hiataire
de la ehansen poptdain eu Frame , pp. 438 et siiiv., mais il ne sera sans doute pas
inopportun de la röpeter ici, h- suj» ( ayant des rapp'.rts si indirects avec la cbanson
populaire que les lecteurs non pievenus ne songerairnt ^nbrc a le chercher dana
ce livre. D'autre part, MM. Ch. Comte et Laumonier, dans Topuacule dejä. cite,
out &it le d^pouillement des pi^oos de Ronssrd qu'fls ont tranv^es dans les üttss de
chsasons musicalea de la fin du XVI* litele^ travul ssses däicat, car on seit que ja-
mais les noms des poitos ne sont inscrits sur ces chansons; il faut dono etre tres
familier avec leurs o'uvrcs pour savoir les idint jtier. Nous profiterons «Vantnnt plus
volontier« des lumiores apportees par MM. Conttc et liaumooier que loui' travail, tirago
k part de la Bmie ^huffoirt lHUrairs de la Fraace (15 Jnfllet 1900] a «1^ ftit en vue
d'un public antr» qoe oelm de« nmieieni, desqaels Q est rettä fort ignor^
2) Je transcris oe titre et lea prcmi^rcs dates (1576 et 1579 d'apr^s un catalogne
de librairic Tiiepmannssohn? . La llil rK.fhf?que nationale dp Paris po'ff-'de «ionlcment
lies parties de 1 ödition postt-rieure, cell« de 1593, et la reimpression de 1624. L»'es<>
pacement de cea dates indique le long succes obtenu par rumvrc.
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Julien Tieraoi, Roniard et la muBique de lon tempt.
79
enfant«! de clKrur fi Toni, im autre musicien Saint Flour en Auvergne^
un troi>iömc d une loialite ignoree du meme pays, un autre onfin tont
fniis «lebarque de (larte — ont im ceilaiii tour provmeial qui ne peut
yuere nous in^pin r <Vautro uh'v favoralile que de nous faire constater,
par la meme, quelle etait l i'tendue de la popularite de Ronsard. Cliez
plii«:ieur<s. meine, le noiu uQ'^t \h que pour l'apparence: le renieil ne
contient qii uii petit nonibie de picces de lui, le reste des poesies n'etant
que platitudes et gruvelures.
PVst dnns les recueils collertifs <le chauxuis en paiiies qiie nou^ ti ( u-
■
verous le plus de morceaux intcre^saiits t'erits sur se^ uts. Des i.).>(),
c*est-;Vdire l'annee menie ofi parut la premiere editioii de ses Üdes, Tedi-
teiir Nicolas du Cheniin, a Paris. i)ul)li lit dans son ( inqiäef^'juc livre
'vntetiant XXV rhrmsons noui flUs n <{iin(re jHirtka co/fipose'es de plu-
sieurs authoirs une clianson de Goiidiiael sur les vei-s: «Qui veut
s^avoir Aiuour et sa nature').» Deux ans plus tard ir)o2), le dixieme
IhTP de la ineme eoUectioii donnait, sous le noni de M. A. Muret, la
diinnante petite ode; «Ma petite colombelle . Puis cotuiuencerent les
•NÜtiuu.s d'Adrian Le Roy et Robert Bulla rd, la :^rande maison qui mono-
polisii Timpression musicale peiulaut pres de deux si^;eles. Kt la. Ronsard
lit plus qu'autoriser la reprodnetion de ses vers sous la muüique des
maitres qui s'en inspiraient: il alla jusqn'a jiublier, sous forme de de'dicace
au Roi, une lettre sur la musique, qui a ügure en tete de deux editions
d'une coUectiuii de cbansons en parties 1500 et 1072), document consi-
d^rable, ([ue nous reproduirons plus loin dans 8on integralite, ne Toolant
I>a.s, pour l'instant, interrompre notre examen des (euvres musicales.
Janequin — dont la «poure vieillessc» qu'il deplorait dans le meme
temps semble avoir ete rechauffde au contact de la jeune inspiration de
Ronsard, — Goudimel, Gerten, ses trois premiers collaborateurs, avec
Moiet, dans roeuTre commune de miisique et de poesie, — puis le «plus
que divin Orlande>, pour employer les termes meues du po^te, et
Clandin, et Gosteley , eufin de plus ob&curs, comme Millot, Gardane,
Castro, d^Entraigues, Briault, Tliessier, furent, avec les auteurs
des recuefls d'enseptble d^jk cit^s, les musiciens de Bonsard au seizt^e •
nicle. Yoici les morceaux qu^ils lui emprunt^rent:
Janequin: Qui vouldm roir commc aniour nie surmonic^ — Noiun
onmf la dame qui devait (Hoimets), — Petite Nymphe folwfre, < — Pourquoif
kmnex ww «km yeux (chanBOBs), et Jkl aube^pin ^terdisaant (ode).
1 Je Uissc la respun^ubilae de « t-itf itiiiicatioii, quo je iic puis contröler, a MM.
Comte et Laumünier, constatant d'autre part que la liihlioyraphie der Munk'Sammd^
de» XVL und XVU. Jahrktmderf8, von Robert Eitner, menttonne, dans la
sixi^me ;et non le cinqaitoe^ livre de la coUection Du Chemin, Is chanson de Goo-
(limel: «Qtti Tcolt s^voir qa*ello est m*Binie>, et non «Qui vent tgavoir Amour et sa
o«tare>. i
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90
Julien Tiersot, üonsard et 1» masiqae de ton temp«.
Güudimel: L üde ä Michel de l'HuHpital: Errant par hs cJiamps de
la yrdce^ et son ^pode: En qm respandü U etel; le» ode«: Qm» nnfonxm ma
voix et Tu- me fms mourir de me dire; le» soimeta: Quand f£gpperQt»f Um beau
dief jaunissant , — Qui renforcera via voix, — Certe^ mon o?i7, — Amour
tnr h(y \ It s chan«on?: Du Jour' que je fus npintircux, — - Bonjour mon
Cd ui , honjour ma domt rie^ — PIm tu cogiuju< ifuc jr Orustc puur toy \
enfin la gaiet^ : Vn» Jeum pueetdie ; au total donse moreeaux, le plus grand
nombre qu^ait laiss^ aucun de nos muaieieiiB, en dehora de cenx qui ont
oonsacr^ k Bonaard tin recueil eomplet.
Crrton: le» aoiwete: J'ei<pere et trainSy — Bien (fu' d grand fort i! tr
plnit d'allumrr^ — Lcr/f! pnur von» trop aim^; la cbauaon: Je suis im
dcmy-dUu quaiid^ asais vis ä riit.
Muret: le sotmet: Leu je me plama de mtlfe et tnüle et miUe, et Tode:
Ma petiie colombeUe.
Bioland de Lussus: lea sonnete: Amour, aniour\ — J^espere et cram\
O doux. parier \ — Rm moif mon imn-: — Quc di'^-fu, que fais tu? La chanson:
Bonjour mon ca ur, bonjour ma dauce t ie. Les odes.: Comme un qui prend
une cmipe^ — Ton nom que mon vers dira (stropbe de Tode: Je suis trouble
de fureur]y ^ Ores quc je suis di^)os (de Tode: JcNf Veaprii kmt enmye), —
La terr» lee eaux ro hoivant, — Verse moy donrq' du ?*m nomeau (de Tode
retrancht-e : Lorsque Baahus mtre clieji moy). Au total, onze inorceiiux.
CliiufUn: k'.s sonnets: Las\ je me phin et I?o<isiijnol mon mignon.
Custeley: les odes: Mignonne^ cdlons roir si ia rose^ — Yetms f.y/ par
eent müle noim\ ttne odelette: Je veux cufmer tmUmiement; lea chanaona:
Lael je neusae jamais pensö, — Dun gwier nuutche huriert — La ierre les
eav.i ra hoivant,
JNiiliot: le Bonuet: IHctes^ JUaiatresse, et la cbanaon: Douce MaistresgCf
tourhe.
üardane: le sonnet: Qu€ dis-tu, quc fais-tu.
Gastro! lea chanaona: Bot^our mon conur, ~ P/iw iu et^fnoiSf — Ver^
aona rr.v runes en ce vm, — L'on dit la prise des muraiUes,
D'Entraigut'H: le «onnct: Quc dis-tu, quc fais-tu9
Brinult: rod«»lette: Tay foif hnhiUnrdc arondelle.
Theas i er: Tode: le pctit cnfant Amour.
Le livre des Soneix dt Pierre de Ronsard mis en musique par Philippe
de Monte comprend lea moreeanz auivants: Quand ma mtMrea»e\ — Le
Premier jow\ — Taut me dejdai$t\ — Le doux sommeili — Que ditten
rous: — Quc me .^crvent iuc.*i rcrs', — Voutt ne le roulez pas\ - Dict^s,
M(iUifrexse\ — lh \ Dieu du r/c/! — La.s] .san.^t cspoir; — Si hop srntrcnf,
Eu öutre, les chausons: Quand de ta Icvre ä drwy cloHe\ — Bonjour man
eceur\ — ZUema/Mfes-A«, there Marie; — Veu que tu es; — Phte tu cognois',
enfin deuz odes anacr^ontiques: Pow boire desaue Vherhe tendre et Oorydon
vcrae sans fin. Au total, dix-huit moreeaux.
II ne nous paralt pas indispensable d*^num^rer les po^es contenues
dans les recueils de OUreaii, Nicolas de la Grotte , Boni^ Fabrice
Marin, Bertrand et Begnard, sp^cialement consacr^s ä Bonsard:
qtril nous suffise de dire quMl en est, comme ceux des deux auvergnats
Gr. Boni et Antoine de Bertrand, qui ne contiennent pas moins de 55
et 56 moreeaux cmprunti's au po&te, et de renvoyer les personnes curi-
i
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JidieD Tieraot, Ronmrd et la musique de Bon tempt.
81
euaes d'en connaitrc le detail h la brochiire de MM. Comte et Lamnonier,
qui ont pne Ut peine de Tetablir. En ce qui concerne les lecneils mdmeB
auxijuels sont enipruntes les morccaux enum(?rt's, Ton trouvera rindicatioii
da plus grand nombre dans les bibliographies de M. Eitner; C( ii\ que
cet auteur a ignort-s nv sf»nt guere autrcs que les rccueila franv^^is de Lc
Boy et* Ballard, — la Mmiqm de Costeley (r^dit^ par M. Henry
Export), — enfin le Supplement muucal des Atnoura de Ronsard^ que
nous allons reproduire.
TV.
Teile fut la contribution des musicieus h ToBUTre lyrique dont Bonsard
fut rinitiateur. A son tour il les semt activement^ par la plume comme
par l'action. Et voka un ecrit qui nous d^voilera tout ce qu^T y avait
en lui d^enthouaiasme pour l'art de rharmonie: c'est cette lettre dt^dicace,
d^ja mentionn^e, qu'il adressa successivenient aux rois Frau^ois U et
Charles TX, et qtie les editeurs Le Iloy et Ballard imprimärent, par deux
fois, en tete de deux de leurs plus predeux livres de musique'). II y fait
Tapologie de son art favori, donnc un coup d'ftil rapide sor la th^orie
qu^on enseignait en son temps, ou du moins en rappelle les principaux
termes, evoque le souvenir des legendes (^ui, d6s la plus haute antiquite,
ont consacre le prcstigp de la musique, pn'ronise son cmploi dans l'udu-
cation des jeunos .i,'eiis, i ntin. api< s IVloge oblige des rois. dans une i)age
vrairaent inqiortaiite pour riiistnire, il recommande ;\ son auj[?uste corres-
pondant d'honort r et de proteger les niaitres «quajid il se inaiiiftstt'
qiielque excelleiit ouvrier en cet art, chose d'antant excellentf^ qiu' rare-
meut eile apparait. ♦ Et lä,-dessus il enuiiit rt- les plus Celebrex musiciens
qii'ait eus la France depuis le temps oü, avi'C Jusquin des Pr<^s, ]'••(( )lo
du lonlrepoiüt vocal parvint ä son complet epanouisseniciit ; et son di'sir
dVtre complet est si grand qu'un nouveau maitre, Kolund de Lassus,
s'etant revele en Frnnrp entre les deux i'ditions de son ecrit, Ronsjird
ajouta dans la seconde une plirase d'elo£?e i|ui constituc assun'iuent pour
lc musicien de Möns la plus Ixdle lettre de udhlesse ai'ti8ti<iue.
Nous reproduisons integnilemeut cc texte, d'apr^s Tedition de 15722]
1 T.irrr ifr nirülangcs contfrifiiif .^tx-ringh rhamottK. plus rares et des jih/ti in-
disstriemes qui se trourent, mit di .i mdeurs atdiqnes, soit des plus memorables de mslre,
temps . . . A Paris. De rimpriinene d'Adrien le Roy et Hobcrt Ballard, Xroprimeurs
da Boy, ra§ Saint Jean de BeaovMs, & Tenieigne sainte Oeneviftve, 1(!60.
Mellaiirje de citansoiis fnni ihs lieux outheuTB que /«• moderne*», .A Fkrie, par
Adrian le Roy et Rr.li. rt Ballard, 1572.
Ces deux livres sont des plus rares. On a signalo seulement une pai tii^ Snperius du
premier, appai U uuuL ä la Kgl. BibL de Berlin, et, du second, lc Superius ä la Bibl.
NaL de Paris («uperbe exemplaire), et le« autrea partiea k la Bibl. de rUniverait^ d^üpaal.
3) Nona aorions foeHM le doimer d*ftpr^ T^tion de 15G0; malheoreuaement,
malgre des recherches fait es par deux fois k la Kgl. BibL de Berlin, il ne noua a paa
eie po^sible d'cn ol>tenir commamcation.
s. d. I. M. IV. G
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82
Julien Tieraot, fionMvd «t U mi»li|iie de «m tempt.
Pr^face de P. de Bonsard
au Roy Charles IX.
Sire, tont ainei que par ia pieire de touclie, ou esprouve Tor s'U est
boa 01t manvaisi Ainn lea anciena esprouTaient par la Mnticpie lee esprita
da oeux qui sont genereux, magnanimee^ et non forvoyans de lenr |>remiere
essencp: et rle rcxix qui sont engourdiz ptr^'^^ienx, et nl>nstartlis pn ce corp?
mortcl, ne se souveiuint de la Celeste unutjuie du ciel, noii plus qu aux com-
pagnons 1) ulisse d uvoir eate liomme», apres que Oirc^ les eut transformes
en porceanx. Car eeluj} Bire, lequd oyant uq doux aecord d*matramena
oa la douceur de la Toys naturelle, ne s\>ti reajonit pomt, ne a*en eement
point et de tcatc rn pieds n't'n trcspuult point, comme doucement ravy, et
si ne B^ay comiui iit d«'rob('» liors de soy: c'est Bigne qu il a Tarne tortue,
viciouse, et ddpravee, et duqnel i) se taut donner garde, comme de celay
qni n'est point hearenaement nö. Commant potmolt oa aceotder aveo an
homnio qui de son naiurel liuyt les accorda? CtAvj n'eat digne de Tojnr la
douce lumiere du soleil, qui ne fait lionneor a la Musique, comme petita
pnrtie de Celle, qui si armonieusPTnent (comme dit Pliifon) niritte totit re
grand univers. Au contraire celuy qui luy porte honueur et reveience est
ordinairement bomme de bien, il a Tarne saine et gaiUarde, et de son natiuxl
ayme loa choaea hanliea, la philosophie, le maniement des affairea poUticques,
le travail des guerres, et bref en tous oiBces honorables il fait tottejoara
nppjiroistre les «'tincelles df sa vertu.') Or'de dfilaifr Icy que c'est que
Musiquc, si eile est ])lus fjoiivcrn^'p de fureur que d'art, de ses roncens, de ses
tous, modulatiouB, voyx, iutcrvulles, »uus, systemates et commutations: de sa
diviaion en Bnharmonique, laquelle poar aa dilficalW ne fat jamais perfettament
an usagc: en chromatiqnei laquelle pour sa laacivite fut par lea anciena
banye des republiques, en diatoni(iue laciuelle comme la plus aprochante de
la melodie de re g^rand iiiiivi r'^ iut de tous approuvf^e. De parier de la
Fbrigienne, dorienne, lidienue : & comme quelques peuples de Grece an im es
1) Comparer i cet ^loge de la mnaiqne par le poftte fran^aii les van bian oonnaa
de Bhakeapeare:
Tbc man that hath no mm'w iu himself.
Nor is iu)t movM with coiicord of sweet souads,
Is fit for trousuus, strutagemes, aiid spoils;
Tbe motioni of bis spirit are doli aa night,
▲ad Ua affwtiona däxk aa Erebna:
Let no sucb man be trusted.
On II ])u faire encore tinc aiitre confrontaüon, d'eiprit moins lyxiquet avec la
scöne du Bourgeois gentilhomme de Moliöre:
«Le Mattre de mueiqne. — Sana la niiiaiqne, un dtat ne peak aobdatm». —
Teaa le« d^aordraa, jtonteB les gnerrea qv*on Teit dana le moade, n^arrivent que pour
n'Hpprendrc la nmsiqne — La goerre ne vient-elle pas d*an manqne d*unio& mtre
les hoTmiues? ... "Et fi tüu"= ]■ ■ homTnes apprenaient la mu?ique, ne serait-ec pas le
moyen de B'accorder eusemble, et de voir daus le moudo Iu paix universelle ?>
Boneard se rcvMe donc id ä la foia comme precurseur du grand po^te auglais et
de l*tnunor(eI comique fran^ ais. H est fficheux seulement que ca bei 4log8 de la
nmsique. connid^rie conme art esaentiellament bnmain et pacificateur, ait ^ti adreas<
i Charles IX.
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Julien Tierüot, Konsard et la mufaique de sou temps.
83
d^annonie, alloyeBt «XNiMgeoMment a 1* gueire, comme nos Boldatss aigonrdhuy
aa son des trompcties et tabourine: oomme le lUiy Alexandre oyant las
chams dp Timoth^e, devonoit turienx. et comme A<?amem!Jon nllaut ii Trove,
laii^Bü eu SB maison tout tixpieä je iio scwy quel Musicieu lequel
par la vertu du pied Anapäste, moderoit les efronees pas»ious amoureuses
de sa femme Glytemiiastre, de l'amoar de laquelle Jßginte enflamti ne pent
jamaiH avoir joyssancc, ([ue premiercment U ii*eilt fait mi-c bammeiit mourir
le Musicieii. T)f vouloir encores deduire oomme tout«"s choses «ont rom-
posees d"ucc(jrdü, Ue iiiesure««, et de pru|jortions. tatit lui eiel, en la iiier,
qu'en la teire, de vouloir discom'ir davautage comme les plus bonoriiblefl
penonnaget des Bi^clee paaaes se soni curieatement mntiz espris des ardeojs
de la Masique, tant monarqnei, Ptinoes, Philosoplies, gouvernenrt de pro-
Tinces, et cappitaines de renom : je u'auroys jamai» fait: d'autant que la
Musique a tonsjnurs este le signe et la merqne de ceux qui se sont monstrez
vertueux, magnanimeH et veritablemeut nez pour ne seuiir rien de vulgaire.
Je prendray seQUement poar ezeiaide le fea Roy votre Pero, quu Dieu ab-
solve, leqiiel oe pendant qu'il a regnö a fait apparaistre combien le ciel
l*avait liberallemeiit enrioby de toutea gnces, et de preaeiis rares entre les
Hoya lequel a surpass^ soH en grandenr d'empire. foif en clemence, ca
liberalite, bont^, j)i6te et religiou, non BeuUemeut tous Itjs Princes «rs pn de-
cesseurs, Mais tous ceux qui out jamsas vescu portaut cet'honoraljle tiltre de
Boy: lequel ponr dteouvrir les etincelles de sa bien naisBance, et pour montrer
qu'il estoit acomply de tonte» vertu», a tant bonore, ayine et pris^ la
MuBiquo, qtie touB cenx qui restent au jourd'liui en France ]nvu affectionnez
a cet art, ae le font tant tous »Miscinbio, que tout seui particulierement
I estoit. Voua aussi Sire, comme heritier et de son Boyaume et de hos
yertas, monslreiE combien tous estes son fibs favoris^ du ciel, d'aymer ni pei^
faittement teile science et ses accorda sans lesqnels cbose de ce uionde ne
ponrrait domourer en son entier. Or de von?» conter ici d'Orphee, de Ter-
pandre. d'Enmolpe, d'Arion, ce snnf hi-toires, il«'f^<iiielles je ne vcux empescher
le papier. comme choses a vous congneues. »Seullement je vous reciteray quo
les plus magaanimes Boys faisoyent aitdeiuieineDt noiurrir leurs enfans en la
nuuson des Musiciens, comme Polens qui eaToya son filz Aehille, et ^son
son fils lason, dedau l*Antre vonerable da (^entaure Chiron, pour ei^tre
instruitz tant aux armes, qu'en la iiiederine, & en l';nt de Musique: d'autant
qne cer* trois mestiers meöles eusenible ne sont mal seans a la grandeur
d'uü Priuce, et advint d'Achillo & de Jason, qui estoyent princcs de uotro
age, nn si recommandable ezemple de yertu, que Vun fnt bonor^ par le
divin poSte Homere, comme le senl authenr delaprin^i- de Troye: et l'antre
celebre par Ap'>ll<Mno Tfliodien, comme le preniicr uudirnr d";iv<.ir apris a la mer,
de aoufrir le fardeau iucongnu des navire-: lequel ayanl outrepassf'* le« roches
Symplegades, & dornte la furie de la Iroide mer de Öcytie, Finablement
a'en retonma en son pays, enridiy de la noble toyson dor. Donques, Sire,
cea deuz PriocM yous seront comme patrons de la Terta, et qnand qiielqne
foyu Tons serez lasse de voz plus urgentes affaires, a leur Imitation, vous
adoucirez voz souciz par les accordz de la Musique, ponr retourner plus fraiz
et plus dispos a la charge Royalle que si dextreraent vous suportez. II ne
faut aussi que votre Magestä s'esmerveille si ce livre de mcllanges lequel
▼OOS est trediomblement dediö par voa tresbumbtea & treiobeissans servitebrs
Xmprimenrs Adrian le Boy, & Bobert Baliard, est compoo6 des plus
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84
Julien Tienot^ Bomwrd et la muuqne de son temp«.
vieillos cbaiis.sons qui so puisBent trouver aujourdhuy. pource qu^on a tous-
jours estinu« Iii Musiqiio dc^ Hnrifiis tMw la plus divine, d'autaut quelle
a estc cuiitpoäee on un hiecle pluB heuieux, et luoins entache des vices qui
re«^ueüi t'u ce dernier age de fer. Ausüi les divines fiireurs de Musique,
de PoeBie, & de paincture, ne viennent pas par degrto en perfection comme
lea autres a^ences, mau par bovines, & comme esclain de feu^ qui de^a qui
dela apparoiHKeut en divers pays , puis tout en un coup sof^vanouisseut. Kl
poiirce, Sire, (piand il «f nninifeßte quelque excellent ouvrier en cet art,
vous le devez ßongneus^enient garder, couuue chose d'autaut excelleute, que
rarement eile apparoist Entre lesquels Be sont depuis bix on sept vingfa
ans ealeTes, loequin des prez, Hennuyer de nation, et seB dieeipleB
Moaton, Yaillard, Ricbaffort, Janequin, Blaillard, Glaudin,
Monln. Ia(|uet, (^erton, Arcadet. Et dr pro^ent lo pln« qwC' divin
Orlniidt . fjni comme une niouche a miel a cueilly tuut^^ liv^ plus belles üeurs
d«'S antic'u», uutre semble avüir seul desrobc 1 barniouie des cieux pour
nouB en rcbjouir en la teire, BUipassant les antienS| et ee faieant la aenle
merveille de notre tempB. FluBiears autrea choseg se pourroyent dire de la
Musiquo, dont Plutarqne et Boece ont amplemcnt fait mention. Mais n'y
n 1.1 brevete de ce prwface, m !.•< oommodit<* än femps. ny la matiere ne
nu? ]icmiet de voue en faire plus b>ug di.scoun*, Supliaut le Creiiteur, Sire,
d'augnieuter de plus cn plua les vertus le vutre majeste, & vous continuer
en la bonne affection qn*il toub plaist porter ä la Mnsique, & h touB cenz
qui s'estudieut de faire reHorir soubz votre regne, les B^iences & les arts
(pii florissoyent soubz l'empire de Cesar Auguste: dnquel Auguste Dteu
tüut pulasaut toub vueilie donner les ans, les victoyres, & la prosperite.
V
n'est jainais saus qut'bjuo ni('laTirfdi<^ quo ron songe que voix
(jui cliariiu" leiit nos nicnx '^ont aujouid hui mui ltcs et sans echo pour
nouH, et (|ue les livrcs <|ui lutiis en u])portent le souvcnir apparaisseiit comme
de siiiij)li*s i^riraoires i\ la plupart de ceux <|ui sont adiuis k en contem-
plcr les fcuillrts jauni'^. Aussi dut-ce «'tn- uii n't^al asscz rare quo cehii
«pii, il y a (|u<'l(jues amu'es, fut pour la preiuitrc iois ottert ii un groupe
choisi d'audilrurs rnrioiix df*^ rhoses (raiitrofois. pour lesqucls on fit
revivrc (|U('l(im':i-uns des clinnts c()iiip<»s(''8 par les maitrcs nmsiciens du
XVP siecle sur los vers du leur poi tc (rt'lection'). M("'Uie lo savaiit »•cri-
vain ([ui so chargea de leur presentt r coHv nouveauto, vicillo de trois
sit^cles et demi, expriTna le regret que ectte lestitution artistique ne
fiit pas plus complete: «Elle le sernit saus doulo davantagc, dit-il,
si nous pouvions faire somier les beaux vers des Üdes et des Amourf^
par la voix de chautcurs en costume Charles IX, dans c^uelque
1} L^autenr de cette ände, qui, plusieiirB ann^es aDpHraTant« et saoB deute le premier
en France comme aOIenrs» en avait eignal^ Fintdret (Toir le paasage d^ä citA de s<m
Hüioirc de la chonson popuiuire, pp. 431 et suiv.) n'a pa« ätranger ä la pi^peration
milBica1<> cos Hiidition!«, qni, jiisqn'ifi, ont ete doniicof f»n nombro de trr>i8.
La prcmiere a eu licu ä Versailles, le b novembre 18U7, au cours de la seanoe
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Juli«! Tknoi, RonMid «t U mmiqoe de son temps. f)5
grande sulle aux boiseries sciilpti*es, aux lambris fleurdelist-s d'or, de
Chambord ou de Fontainebleaii^ Pourtant c't'tait beaiicoiip d^j;\ qu'un
auditoire des dernieres annees du dix-ncuvieiiu? siecle piit Otre admis fi
entendre chanter les verB de Bonsard comme Ronsard les avait entendus
et fait chanter lui-meme.
Bien que le public moderne, accoutnmp au luxe des sonorit<^s de untre
iwlyphonie orchestrale, trouvc forccment «luelque monotonie dans une
audition un peu longue de la musique vocale du XYl** si^le, Ton sut
publique ainin^e de 1» Society des Scieooe» monles, des Lettres et des Arte des
Sdne^Oiw. Le progimmme de 1» deon^me pertie de cetie sdance donnait les detail«
nivanU:
M. Cb arl 0 ('omte, Mcinlsre titulairc: Hoiisard ri Irs muaieinis du XV f' strrlr,
Premit-re iiudition moilorno (TceuvreH muBieales compoBros, au XVI« ai^cle, pour
kä pocsies de liuii!«ai*d, et iranscrites, en vue d«- cettc »«jance. par:
MM. Paul Deschamps, Membre de la Society, et
Julien Tiersot, Sous-Bibliothäeiure an Conserratoire de Masique et de
l>-ciamation.
Cea ojuvrea seront iutcrpretees par le» Chanlmrs de Saint- GcrmU.
Programme.
t «Tespere et erain, je me tais et Mipplie Gerton.
2. Las! je me piain de mille et mille et mille M. A. Muret.
3. Le prcmier jour du mois de may, Madamo Philippe de Monte»
4. Petite Nyuiphe fulautre Jancquiu.
h. Errant par let ehampe de la gräc« Goudtmel.
Hi^onne, allnns vi ir si la rose *} ('..st* 1. y.
7. La terre les eaux va hoivarjt Orlaude de Laasus.
Ä. Corydon, verse saus fin Philippe de Monte. \
^ Comme la tourterelle l'liilippe de Monte. ■
l"). PhöbttS, oyant un jour mr lespinoi te Philippe de Monte. |
• '^'c morceau a di'ja i f«- tnui^crif '
A ia verite, ce programrae pn-sentaii un g»ave dt'faut; les murceaux de Philippe
de Monte, qni y üiaient iuseriti; en si grand uombre, et qu'avait transcrita
M. FmI Deeehamps, dtaient, sauf un scnl (Oorydon reriK soiw fin), (Strangers au siget
de la B«'>aQce, les vers n*^nt pas de Ronsard: ils ^'taient saus uoiite emprunt*'» au
livre intitule Sonrfx de Pirrrc dr Uon.'<(ird t/iüt en mjij/V/M^' par P h i 1 i ppe d<> ilontc;
tiiais nous avons tu que ces sortes de titres sunt le plus aouvent i'allacieux, et co fut
k cas ici.
La detixi?ime andition eut lieu k Paris, le 18 Janvior 1900, ä la eeance g< m rale
de la Soei^ des Hnmaaiites ftangais, ä la Sorbonne. Elle comprit une nouvelle con>
fi'rence de M. Charles Comte, et M. Julien Tinrsot dirigea auxChanteurs de &int-
Gmais rexi'cution de huit morcciiux, doiit nix rtaieiit < iiipnint«'S au {»rograranic pnVt'-
<l«nt, les deiix autres ('tant ; liimjniir inun v<n(i\ d»,- Roland de Lassu». et Miynnmie.
lüom ntir si la rose, pour voix scuk?, tirö den dr liW' de .lean Chardavaim*,
ncufeU dont il sera qaestiou pUin loin.
Enfin, le 12 Mars suivant, le meme oonfi'rencier ot les memes interprütee r^p«^
t^rcnt une audition pri'sque identique dens une matim-e donnöe dans un salon parisicii.
Af t tt'' Ol rasioM fn't imprime un profrranimf>. d'uspoct tn's urti^-tiqu''. (■> mi ctiiiiit »'H piit tif
iallocTition de M. Comte, et n-produisant eii fac-simile plusieur» page;* musicalt;s ou
vi^rnettea empruntees k des li\reH de muHique du XN'l*' sit'>cle ayant rapporl au siyct.
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86
JulittD Tienot, Eonaiod «t la mnnqiie de aon tempa.
appn'cier la reelle variete de ces diverses coiiipositioiis. Avec Ccrtou,
Jaiieiiuiii, Goudiinel, c'etait le style du fontrepoinl vucal dam toute
soll aust»»rit^ elasj.i(|ue, (jue teinp<^rait parfois uue vivacit<i de rythnies
prise au contact de la puesie. Les accords consonnants de la chaiison
amoureuse: «Bonjour mon caur^, du Roland de Lassus, donnaient
rimpression d une recherche pluü moderne et d'un art phi5ii precieux,
tandis» que le niürae maitre avait enveluppe les vers de- la chanson a
Itoire: <La terre les eaux va boivant» de contrepoints (runc lourdeur ar-
chaiqLic a^ssez bien appropritJe au sujet. La lat'lodieuse *Mignonne, allons
voir 81 la rose», du norniand Coateley, dont les harmonies s'adajjtent
cdinini' uu vetemuut bieu taüle ä la mesure des vers les plus exqui^ que
liincieniie po«^sie fran«;aise ait laisses, evoquait les fetes, non les
bals soinptueux, inais les reuuiun^ galantes et plus intimes de la coui* des
deriiiers Valois; entin la joyeuse clianson ä sept parties du beige Philippe
de Monte:
Corydüu, verse saus ün
Dedans mon verre du viiiy
en son rythme plein de rondeur, apparaiasait par avance comme une sorte
de Tdniera musioal.
• n serait, certes, d'un haut int^ret de r^unir ces pages musienles si
diverses et que pourtant relie un sentiment commun, puisqu^elles ont leur
source dans la nieme poi^sie. A defaut de ce recueil d'ensemble, qui sera
peut*etre ex^cute quelque jour et k la Constitution duquel les indicatiuns
pr«5cedente8 pourront aider, nous reproduirona aujourd'hui l'a^uvre qui en
restera toujours la piu'tie la plus interessante, ^tant la plus ancienne, le
po^te ayant siirement cooper^ en personne j\ son etablissement, enfin les
plus grands maftres dont Thistoire muaicale de ce temps die les noms
s'dtiint unis pour Texecuter.
Nous donnerons donc ci-apres la transcription en notation moderne
de la partie muaicale impiimee ä la suite de la premi^e ädition du livre
intitulä :
Les Amoun de P. de Ronsard Vandomoys^ eftsemide k cinquieme
(livre) de ses Odes. — A Paris, chez la veufve Maurice de la Porte, 1552.
Cette i'dition, avec son Supplement musical, est de la i>lus grande
rarete. Lors(iue, vers 1886, je travaillais ji la deruiere partie de mon
Ilistoin de la chanson populaire, il n'en existait (|u'un seul exeniplaire
dans une biblioth^que publique fran^aise, celle de la ville d'Orldans;
depuis, il m'en fut communique (])ar un particulier] un second exemplaire,
en assez mauvais etat, dont j'ai perdu la trace, et un troisi^me est actu-
ellement en vente dans une libraii'ie de Paris. Enfin, depuis l'epoque
dont j'ai parl^, la BibUoth^que du Conservatoire a tait Tacquisitioii d*uD.
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Julien Tiersot, Kontard et la muüque de sou temps.
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magnitique «'xcniplaire du m(ni\v ouvrage; mais si la partie musicale est
la meme et, coumie dans les livres precedents, porte la date de 1552,
ia partie litt^raire est diffe'rente: c'est la seconde edition du memo livre,
parue Taimtie suivante, avec des additions considerables, et sous cet
autre titre:
hs Af/toiirs de P. de Ronsard Varidomois^ n/yitreUcrtic/tt rrugmenMes
par hii, et cnmnieHtrrs ptir Marc Antmm de Muret. Plus (pieUines
0<Ls dr hnt triff, non encore imprim^f — A Paris, Chez la veuve Maurice
de la Porte, 1Ö53.
Mais cette diff^rence d'ddition n'importe en rien & notre traTail, la
ptttie musicale, qui conserve sa date de ^tant, je le r^p^te, identiriue.
Elle oommence par une page d'ATttrtissement sign^ des initiales de
Teditear; puis dto le verso du meme feuillet est imprimee la muaiqae^
dont les quatre parties, jusqa'ä ]a fin (e*e8t-&-dire sur 32 feuillets, non
pagin^} sont uniformement dispos^es de la maniäre suivante:
Yenra: Supentu^ «t an dewoiiff, Tinor»
B«cto en regard: Coniratenor^ et au-deBsous, Baaaua*
Les nums des compositeurs sont imprime« cn caracteres classiques en
tete de chacun des morccaux, qui se succedent dans Tordre suivant, au
noiubrt' de dix:
P. C ertön. .Tespere crniun.
id. Bleu i^u u griiud tort.
C. Goodimel. Eirant par les ehamps de la grace.
id. En qui respandit le ciel.
id. Quand i~ H]>per(uy ton bean cbef iaanisBant.
id. i}m ronforct-ra mn voix.
M. A. Muret. hius, ie me plnin de niille et mille et nulle.
Janequin. Qui vouldra voir comme uu dieu me surmonte.
id. Katore omant la dame qui devait.
id. Petite Nymphe folaetre.
Quelques indications particulidres, que nous reprodoirons en leur lieu,
smt imprim^s & la sm'te de certains moroeaux. Enfin la demi^re page
porte ces mots:
Aukens d* imprinur h irmH6m$ iour de ae^endure^ Mü einq eena om*
fmk dem,
Oes dIx morceaux (dont deux: Errant par les champs de la gräce et
En ^ roipandit le eki^ atrophe et ^pode de Tode & Michel de l^Hospital,
M sont en räalit^ qne deux parties du m£me tout) appartiemient k plusieurs
geares de po^es. Oe sont d*abord des sonnets, au nombre de six;
pois nne chanson; une ode en strophes ^ales, rentrant par consäquent
dans la forme de la chanson; enfin une ode pindarique, arec sa triple
nbdtnrien miuncik. Tout les sonnets f ont partie du reeneil des Ammrs
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JoUen Tieraot, Rousard et la miuique de sou tcmps.
iiuquol est joint le suiJpU'iiuuit, et les vei*s de la clianson Pciite Nt/mphc
folmtrc sollt imprimos dans la reedition augiuentee de 1553. Quant aux
deux odes, ellcs sont etrangercs i\ ce livre: d'oii il rusulte que ce n'est
pas seulciiieiit hi iimsique des Ammtrs que Ronsard a voulu donner, mais
en quelque sorte le type de musiquc qu'il estimait devoir etre appliqu^
ü. toutes les diverses parties de son oeuvre.
Le gr()U])e des sonnets n'en est pas moins le principal. Non seule-
ment ces deriiiers sont eii majorite dans le Supplement, mais encore des
indications particulieres eUiblissent que leur musique dtait destin^ ä etre
adaptee k plusieurs pi^ces de meme nature et de meme forme. Ainsi,
presque tout le livre des Amours pourrait etre chant^: de par la Tolont4
nieme du potte , il forme comme une Sorte de poeme lyrique, iruvre qui
resta isolee au XVI" siecle et fut sans analogue au XVJI* et au
XVlil* si^^ele, et dont nous trouvons Tidee seulement r^alis^e au XIX*
siede en des compositions dont Ic DiditerU/Ae de Henri Heine et
Robert Schumann est \o t^-pe.
n est bien Trai iiu'ä consid^rer seulement ToeuTre de Bonsaxd, il est
impossible de rdver un plus ezquis groupement que celui des deux
Cents vingt moreeaux, presque tous des sonnets, — cinq ou wx seulement
sont des chansons, — disant les phases de cet amour de poMe poor la
belle fille de Blois dont il a rendu la memoire immortelle soas le nom
de Cassandre.
Soit le uum faux ou vruy, jauaiü le Temps vuiu<|uenr
N*effacera ce nom du marbre de mon coeur.
Affirmation un pe\i prematuree, car, aj)res les «Aniours de Cassaudre»,
Konsard nous a donnd encore les cAmoius du Marie», les «Amours
d'Astree>, ei nitiuc des «Amoiir& diverses*. Mais ceci n'est point notre
aiLiire: passons. Tout en conservant chacun leur sigiiiricatiou particuli^?re,
ces sonnets s'en<li.nnent logiqutment entre eux, disant d'a)»<»rd les
Premiers troubles du l'umour, Tt-motion causee i)ar la prviiuiii' reiuontre,
puis les progrts d'une passion ilecrite avec les luulcurs les plus vives et
l'expression la plus aidente, avec parlois des episodes qui tonjours se
rattachent ä l idce principale, mais ou Taniant s'efface devant l artiste,
et dans lesquels le goüt de l'antiquite a une influence preponderante.
Les Premiers sonnets sont ceux qui ont ete choisis de preference par
les musieiens. Janetiuiu a mis en musique le premier: Qui voudra
voii'j et le second: Nature ornmit. Nous trouvons encore le septi^me:
Bien qua grand tort^ et le douzieme: J'c^jiere et eraim (par Certon);
eniin Muret et Goudimol ont pris le trente-deuxieme: Las, je me ptaiUy
et le soixante-troisienie: Quand faperroi. Et sans doute au point de
Tue de l'expression musicale ce cliuix iie fut pas arbitraire: c'est au
Gommenccment du cyclc que Ic sentiment avait dü necessairenient s epancher
i
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JiiH«!! Tienot, Bonsard ei la morique de ton temp«.
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avcc le plus de fraicheur ; Ics rausi( iciis Hreiit dorn- h'wn de chercher 1;\
ieurs motifs <riiisj>ii'atioii. Malgrc tuut ce fju'ont \>\i dirp du prt'tciulu
airact«rt' iiu-xinessif du coiitrt'point vocal «ertniub observakurx super-
ticieli», aliant jus(pra prof«*s.ser i[u'ü n y a pas de difference entre la luubique
relijjieuse et Li imisi<|ue profaue de cette t'cole, il est aisoment saisissable
(jue ccs hariiKHiu > imt t'tv com]iosrt;s hüüa TinHuence iuimeiliate des vers
de Rimsard < t l* ur ditivint tout de Ieurs fornies. Dans leur teuue
sjeiKialr, ulles ont toujüurs un caraili re parfaitement confoime il celui
de la pi)«'>ie. et il n'est pas rare de itjcounaiti*e a certains detaiis une
reclierclie d exprussion particuliere, presque i\e declaiuation.
La forme musicale de ces sonnets est uiiifunuemeiit la suivante:
litb deux quatrains se cluuitt nt sur la ni«*me inusique. 11 en residte
que celle-ci conserve generalenient le caractt ii' purement plasticjue pro|>ic
il l'art du temps plutot qu'ellc ne recherclic Texpressiüii pn*cise de
la jarole.
Quant aux terceis, la nuisiquc Ics .,ii;t lihrrincnt jus«jirau (Icrnier vers,
Sans etre genee par la pn'occupation d aucuiie ri'pvtitiou convcntionnelle.
Daus deux sonnets, il est vrai, [Quand fa/rptrcoif et Qk/ nvth/nt ioi)\
le second tercet reprodnit le premier plus ou muiiih txac tciiu ut ^ies diffe-
rences sont notables daiis (,hmnd fapin^rraif]-, mais c'est uiiiqu^ment })arce
que le compohiteur u ju^i- buii qu'il en fiit ainsi, et quc Ics vers jiistifiaient
cette Interpretation. Dans Ics autres cas, on voit la deniiere paitio du
sonnet s'achever de fa^on toute diilurente, parfois en un tuur tn-s
melodique qui fnurnit uuc conclusion aussi agreable qu'expressive. \'uyez
par exeniple le:» deux demiers vers du premier sonnet de Certon: «Et
pour aimer perdant toutc puissance», et aussi l'hannonieuse periodc
finale du sonnet Xaiwe ornant^ de Jannequin, entieienient digue d'etre
issociee Ii ces vers clianiiaiits:
Du ci^il Ii peiiie olle etnit desceiuluo
Quand je la via, quaud mon uiue eperduc
En devint folle, etc.
Ailleurs, c'est le sentiment general qui so trouve interprete par des
infle.xions ou des fonnes eoncordantes, ])ar exeniple dans le sonnet de
Janequin: Qui roiddra voir, (premier sonnet des Amours] oü sont ex-
inimds les toumicnts du cceur qu'ont perc<' les fl^che8 de TAmour:
Et »i voirra que Je suis trop heurt'ux
D'avoir au cwor Tuiguillon amoureux
Plein du venin dont il fant que je meure.
Ces idees sont representees a Tinia^i^ination de l'auditeur par des
vocalises pressees, s^^lan^ant hardiment, dans le genre (le style mis ä
P^) de certains passages d'oi>^ra8-baUets de Banieau dont le sens est
^ogue.
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Jalien Tiersot, KoD»rd et 1a nraiiqoe de «on tempe.
Le mot lui-meme trouve son acoent joste. Dans le aomiei: «Tesper«
et crotw, od la pönale montre rind^dflion de Tesprit inqniet qui paaae
aux id^es les plus oontraires, la mudque de Gerton, par des noanoes
bien compmes, peat, dans son etksemble, &eflement se prSter k oetta
Opposition; mais ü y a mioax. Au ven:
Oeni foiB je menn, cent fois je prendi naiMaacei
dte qua conuaeoce le premier h^misticlie, le mouvement 86 ralentit, et
les Toiz, note contra note, font par deux fo» entendie, bot un ton
fon^bre, les mots: «Cent fois je meurs» . . . Piub se leleYant et reprenant
randenne allure, elles onient d'wie brillante Tocalise les syllabes finales:
«Cent fois je prends naiasance».
Nous trouTons Ii faire d'analogues obsenrations dans le sonnet de
Mnret:
Las! je me pUina de mille et miUe et mille
Soupin « . .
La premi^re syllabe: «Las»! est chant^ sur une longue tenue par-
faitement appropriee k cette interjection, et, le reste da vers s*^taat
d^roiil^ dans im mouTement naturel, le rejet est xnoorpor^ de teile fa^on
dans la formale musicale qa*il semble qae le mot «Soapirs» appaitienne
au vers pr^c^dent De m§me i la fin:
Que je n'ai plus en mes veiues de sang,
Anx nerfs de force, en mes os de moSUe.
Ici, Uli long silence (choso rare dans la niusi(|ui! du seizieme sicclc;
separe les deux vurs, puis, lus; voL\ uiiies ayant cnün attuiiue lu dernier,
le cbant s'achöve en des accords graves, — et cela exprime avec une
remarqoable fidelit^ Tdtat psychologique dont les paroles veulent donner
nd^
L'on yoit qne les mnsidens de Bonsard ne Pont pas trabi, et qu^ils
ont inteipr^t^ ses Ters avec toute la fid^t^ Tintelligenoe et la justesse
de sentunent que le po&te pouvait soubaiter.
Mais oela m^e ne suffisait pas. En faisant mettre en musique six
sonnets des AnuntrSy rintention de Ronsaid 4tait d^illustrer musicalement
Fcsuvre enti^re. Cela r^snlte dairemeut des indications snivantes que
nous trouTons imprim^ au eours du suppl&nent musicaL
Aprte le Premier sonnet de Certon (J'espire et erat»»):
Lea Sonnetz dont lea oommenoementa ensnivent cy apr^s, avec Tadresse
du fueiUet oü ili ee trouvent dans le lirre, ee diantent eur la Moeique
du Sonet pröcödent.
Suivent les titres de quatorse morceaoz.
A la fin du cabier de musique sont r^unies les indications suivantea:
Sonets qni ee (duintent sur la Musique de Qui wt^dra veoit. "
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Julian Tienoi, BonMrd «t 1* mmiqu« d« son iempi.
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Siii?eDt k% Utres de quatre-vingt-douxe morceaux.
SonetB qni se chantent rar Ift Mnriqae de Nature omant.
Ciüquaüte-neiif titres.
Les trok Sonets enBayraiit ae chantont sur la mtiaiqae de Qmnd
/(ifjpcrjsojf.
Snif ent les trotB titres.
Ainsi donc^ daas rinexp^rience de son enthottsiasme musical, Ronsard
jinoait les savantes polypfaonies des Jaoequin et des Goudimel pour
des äirs «passe -partout», snr lesquels on deTait pouvoir chanter toute
esp^ de choses, — oomme on faiseur de TaudeviUes ^rit ses oouplets
m des «airs connus».
II etait dit pourtant que cette idäe de po6te ne devait pas etre
enti^rement infeconde : eile eut, au point de vue litt<Taire, des cons^uences
notables, car eile aboutit h. la Constitution definitive de certaines rfegles
de versification qui furcnt par la suitc universelleraent pratiqudes dans
h poesie firan^^e. Cette Observation a ^te le point de depart et la
pnncipale raison d'etre du travail de MM. Comte et Lau monier; ils
ont montre qu'avant Ronsaid les formes du sonnet otaient oncore assez
arbitraires, au moins h. Tegard de la disposition et de Taiternance des
rimes, et que cc fut par preoccupation musicale, afin que la longueur
des vers fut exactement mesuree sur le chant, que le po^ste etablit ses
principes. Bien mieux: cette influence s'etendit juscju'ä entrainer d'une
fa^on generale l'obligation de l'altemance des rimes masfulines rt fenii-
nines dans tfuitc notre pof-sie, et cette regle, sauf de rares exceptious
BMitive'es, est demeuree tl uiie Observation absolue.
Cela certcs c^t fort iutiTossaiit, et l'histoirp de la musiquo floit
enregistrer lui tel resultat, Inen ({uil lui seit extiTieur. Mais uu point
Je Tito plus particulier ([ui nous occupe, Tinitiative de Konsard devait
ivoir moins d'efticacite. Son projet de faire chanter soixante sonnrts, —
'lue dis-je? quatre-vingt-treizel — sitr la nmuv niusique savante rentrait
•^fl effet dans le (lomaiiie des eiunieres. NVst-il pas bien evident <iue, si
la mnsique d'un sonnet b'aceortle i)arfaitenient avcr Tesprit, Texpression,
l&s details nieiin' de sens et de prosodie de bun prototype. eile ne ))eut
superposer iL aucun autre ? Le*« (|iiati)rze sonnets que I^onsard voulait
chanter snr le «J'espere et crains. de ('ertön avaient-ils donc,
au önzieme vers, Topposition dn sentinient triste au sentiment joyeux que
nous avons signalee? Les quatre-vinut-douze sonnets correspondant :\
*Q«u vouldra voir» s'ach^vent-ils t(Mis par le tablenii de l'agitation d un
tU'ur perce par les rivches de 1 Auiour, et les cinrnuinte-nenf qui düivent
aller svir «Nature omant» *ieront-ils dans l obligation d'nvuir li la fin
lezprefision melodieune du meme sentiment tendre? S*ü i en füt trouve
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Jatiw» Tiersot, Eomanl et 1« imuiqiie de lon temp«.
qui düssent so chanter siir la musiqne de Muret: «Las! je nie plains de
mille et mille et mille — desirs» , il est probable qu'ils n'eiissent pas
commenc(' par la mome interjection, ni eu le meme rejet, et la musi(iue
86 füt ainsi trouvee, m&me au point de vue rjrtimiiquey en d^saccord
avec les vers.
La Tente est qu'une uMi i inc bien faite et vraiment artistique fait
Corps avec les paioles, dont eile est, en quelque sorte, Temanation: eile
ne peilt «*trr> applique^e h auoones antres. Elle ne saurait itre assimilt^e
avec les <tiinbre8» de chansons, mati^ indifferente et inezpressiye. En-
core qii'ii y ait lieu de tenir compte, poiir Temploi de ces derniers, de
certaines considi^rations de moavement et de sentiment gen^ral, la Corres-
pondance de la longueur des vers avec les formes melodiques restant
la pr^occupation principaloj si Ronsard s'en füt tenu \k, ü aurait peut*
etre realise son reve. Doit-on liii faire un grief s'il n'y est pas parvenu?
Non oortos, car son senl tort fnt d'avoir regard(^ trop haut. II ignorait
ce que trois siöcles et plus de pratique nous ont appris. L'art en son
temps n'etait pas arrivö k un süffisant etat d'avancement pour que les
principes concemant l'expression et les rapports de la musiqne avec la
po^ie pussent etre olairement degages. L'instinct, ou, pour mieux dire,
une Intuition geniale, avait parfois fait trouver a ses collaborateurs et si
lui-nieme la forinule niomentanee de l'accord necessaire; mais la genera-
lisation n'avait pas pu sc faire encore; Theure ('tait prematiiree pour
d^gager la th(^orie. Le but ne fut donc atteint quen partie. Mais il
n'importe: ce fut dejii un tres grand inerite <le l'avoir entrevu, et, meme
sans la resoudre, d'avoir pour la prenü^re ioi^ pose la question.
Les autros morceaux de musiqne dont nous nvom n nous occuper sont
une chanson, une ode j\ strophes pareilles, et une ode pindarique,
T^a cliansnn : Pdite Nymphe folastrCj mise en musique par .lanequin,
est un bijou, La melodie, tres nettenient do<;sinr'o, a tonte la grace et
la vivacite de la mu^iquo franraise, nvör mio fraithenr ijui a dt?fie les
anuees: son inveiition »-ut fait hoiiiiour au inoillt-ur de nos maitres dt!
XrX* siecle. Fai meine temps. cotte comixisition, j)ourtant si menue,
permct d adrnirer I miI du einitrej)(>iiitist(% cur l:i iiK'lodie s^agcnce en caTion,
sans rien perdre de s(»ji iiatiin*!, entre les <leux ])arties du superius et dn
t«'nor. C'cst en somnie, ]>ai()les et musique ensenil>le, un des plus exquis
exeinples que Ton pin'ssc iloimer de la chnnson fiaiiraisc an XVT*' sit'^cle.
Ce juorceau souleve une (piestion. Bien souvent, ecoutaut ou lisant
quelciuune de res chansons comme Kolaiid de Tiassus, par exemple, eit
a «'ci it de ntvissantos, mais frappe de leur brit'-vete (il on est ([iii diirent
a peine viiigt a trente stcondes a rexeciition), je nie deuiandais si
vraiment. dans Fintention de l aiiteiir, cela eonstituait un tont complet,
ou si, comme daiis les chansons populaires, la musique ne devait piis
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Jnlimi Twnot, Boniard et la monqine d« son tomps. 98
etre räp^tte sur de nouveaux ooupleis. Lea Uvrets du temps, k la T^rit^,
ne doimeDt jamais d'autres paroles aprte la notation; nuiis nous savons
de teste qae rien n^est plus fiommaire et incomplet que les publications
de oette sorte. L'oeuvre litt^raire de Bonsard nous ^tant connue, n'y
trouverons-nous pas une i^ponse?
A l'egard de la chanson: «Petite Nymphe», cctte r^ponsc serait
negative. Bien qu'intitule < Chanson » , oe morceau n'est pas divis^ en
Couplets ) et ne pent T^tre. Janequin en a pris les huit pieiniers vers
pour les mettre en rausique; ü eüt pu, s'il Vedi jug4 h pxopos, faire
chanter nn second couplet snr les huit vers stÜTants:
Avance mon oaitier belle,
Ma tourtre, mn rolnTn>>elle,
Avance moi le curtier
mou paimaut tout euticr.
Demenre, oö faie^ta, Maitreaae?
Le d^ir qui trop me presse
Ne Bauroit airester tant
SUl n'a Hon paiinent contnnt.
Mais le reste de la pi^ se d^veloppe en p^riodes toujonn plus longues
que le couplet de huit Ten: on en pourra juger par la suite, que voici:
I?tvi('ii. revien, mignonnettr,
Moll (If)iix mifl, mii violette,
Mon ii'il, mon '-'»nr, me» amours,
Ma cruelle qui touiours
TrouTea qoelque inignardiäe,
Qni d*une donce fiamtise
Peu Hl peu mes forces fond,
Comme on voit dessus un mont
S'öcouler la nege blanche:
Qu comme la rose francbe
Pert le pourpre de aon teint
Du Tent de la Bise atteint.
II en est ainsi ittsqa*& la fin: meme le morceau se termine par des limes
f emimnesj^alors que le huitain mis en mnsiqae s'arrdte sur les mascuHnes.
L'ode: Qui rmforeera ma voix^ de Groudimel, va-t-elle nousamener ä
d^autres oondosions? La podsie ^tant compos^ de strophes ^[ales, Ton
pourrait croire que toutes peuvent etre chant^ sur la m^me musique,
et ce fut 1& certainement Tintention de Bonsard. Mais soumettons
FoDUTie de Goudimel & la mdme exp^ence d^j& faite sur les sonnets:
nulle part le rdsultat ne sera plus significatif .
La Strophe niise en musique se termine par ces quatre rers:
Orea il faut que le firein
Qui ja par le ciel me guide
Peu scrviteur dr In bride
Fende Tair d'uu plus graud traiu.
biymzeo by V^oo^^ic
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Säi le lecteur Teilt bien se reporter la nraaque, ü y Terra ce demier
Ten accentue avec une Energie peu commune. Fear que les autres Bfcropbes
fassent chantäes de mdme, ii faudraü qa'elles euasent le meme cnmctfTe.
que leur dermer Ten commen^ät par un mot semblable h ce cFendent
rair> que le musiden i^p&te et nccentue sur nn ton cinglaiit, aTec deft
rythmes contrarias qui e'acoordent menreilleusement avec la parole. En
sera-t-il ainsi? Non, cela est <?vident: aussi ne l'est-il pas moins que
Goudimel, en composant sa musique, n'a eu en vue que Tunique pre-
mi^re strophe, et son Interpretation, par sa üd^lit^ meme, exchit Tid^
de Tappliquer aux autres.
L'iiiti'iition de Ronsard est plus certaine encore en ce qui concerne
Tode pindarique: Errant par les fhampfi de la prücr, et son »'pode: En
qui respanrlit le cid. Eile est manifestee expressi'ment ä la tin du
Supplement niusical, oü, apr^s les indications concemant les sonnets, on
lit cette demiöre phrase :
Au restü, pndios, Lecteur, qno tous les Strophes et Antlstrophes de
rode fi Moiifittir di- l'Hospital se chantciit sus la Mnsique du premier strophe
Errant par les chainps. £t lea Epodes de TOde mesues, suälamufiique
du premier Epode En qui respandit le Oiel.
Ici, la inusiqiie de Goudimel t'tant, par une :ijq)roj)nation des plus
heureuses, de caractöre plus lyrique qu expressif, il n'y aurait j)as impobsi-
bilit<i que ces prescriptions fussent observees d'un bout a Tautre do l'Ode.
Cependaut il faut convenir que bien des strophes ou antistrophcs sont
de caract^re tr6s peu musical, et que ])arfois leur prosodie meme s'accorde
difficilement avec les forme» de In polyphonie. Kn untre, je sais par
experience qu ü Texecutiun la soule premiere strophe, suivie de son anti-
strophe et de Tepode. dure environ six minutes; or, l'Ode ä Michel de
l'Hospital etant compos^e de vingt-quatre fois la meme combinaison, il
en r^ulterait que l'execution totale durerait euviron deux heures et demie,
pendant lesquelles on entendrait quarante-lroit fois la musique d^une
partie, Tingt-qnatre fois cette de Tautre partte de FoenTre. Dans ces con-
ditions, il est doutenx que cette ex^ution ait jamais eu lieu, et que la
tentatiTe de restitution de l'ode pindarique en son douBle ^^ment po^tique
et musical, objet des pr^occupations de Bonsard, ait ^t^ int^gralement
rtolis^e dans la pratique.
II n*en faut pas moins consid^rer arec grande attention cette cbutfo,
qui est du plus haut int^ret. Si TOde Ik Michel de THospit^d n*a plus
ponr les lecteun modernes les mömes attraits qu y trour^nt les con*
temporains de Bonsard^ du moins rbistoire littäraire n*a pas m^connu les
m^rites de ce morceau considärable} T^table chant de gloire en Thon-
neur de la Poesie, non plus que le progr&s qu*il marque dans la langue.
Quant ä la musique de Gh>udimel, oubli^ depuis plus de trois si^es, si
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Jiiliw Ti«not, Roimrd «t la muaiqae lon tempt.
95
eOe n*ft pas an ae dägager entidrement de la froideur natufelle au genre,
die est pourtant d'nne beaut^ hannonieose, d*ane arniklenr de ligneB dont
OD ne trouTe pas beauconp d'antres exempleB dans la masique profane
du Xyi* dtele. L^enseiiible constitue im numument d*art unique en son
ferne, et qui lut trts digne d*£tre couBerr^ pour la post^rit^.
Point ii*e8t besoin de präsenter aux lecteun de oe trayaü les trois
prinoipaax muauneiM dont les noms fignrent dans ce enppl^ent musical,
cir Janeqnin, Certon et Goudimel sont les plas c^dbres repr^en-
tttts de r^le franf aise au müieu du seiEitaie dfecle. Ii en est diff^
nmment d^un quatiiteie, le eompositeur du sonnet: cLas! je me plains»,
Mnret Nous avions pourtant renoontr^ ce nom dans un r^pertoire
OMuiea], oü il tenait peu de place: la BibUograpkie der Muaik-Sammd'
verfcs des XVL und XVII. JakrkunderteSf de M. B. Eitner, fait mea-
tkm de Muret (M. A.) dont eile Signale deux cbansons fran^aises: Ma
fäik eolonMle et Venet «tis dane vetiex embrasseX'. Avec le sonnet des
imottrs, cela porte k trois loorceaux le bagage actuellement connu de
ce eompositeur. Notons que «Ha petite colombeUe» est le premier vers
d'oDe des ödes les plus comiues de Bonsard. A cette pr^f&rence signi-
ficative, ajoutons cette autre Observation, que le po^te eut pour ami d'^cole
Marc-Antoine de Muret, leqnel derait deTenir un des principnux ^nidits
da si^ei et qui, dans sa jeunesse, fut un ferme soutien de la Pleiade;
dejä, quand pamt la deuzieme edition des Ämours de Ronsard^ Muret
raooompagna de oommentaires qui indiquent qu'ü avait une grande part
dsns les confidences du po^te. Böpondant ii ( )mi\ qui lui faisuient re-
pRMshe d'avoir commentä une ccuvro qui n'etait ni grecque ni latine et
dont Fauteur dtait encore Tivant^ il s'^criait:
>Kt plus ä Dien que du tsns d*Hoinere, de Yergile, et antres anciens,
qaelqu'na de leors plus famiUer* «ut enploi^ quelques benres h nous ^«irctr
leurs concep^i«^'!»»*. Nous ne eerions pas aux trouliles auxqucis nou« somme»
pour lea euteudre . . . Comme' je puis bien dire, qu'il y avait qiiel(jues
SoQeiB daus ce ürre qui d*home n'eusseut juiuais cät^ bien enieuduH, ui
l'ttttenr ne les eut^ ou fc moi, ou ä quelque autre famili^rement deelairvSs.«
Quand nous voyons dans le luimu livie le nuiii de Marc-Antoine de
Muret signer de ttls cüiiiiiu'iitaires et celui de M. A. Muret sMnscrire
su^dessus de la composition musicale d'un sonnet, ne sommes-nous pas
tttoris^s ä croire que musicien ut cumim atateur ne sont qu'une scule et
Blme personnalite ? Sans doute de plus savants travaux ont absorbe la
principale part de son activit^; mais devaient-ils empecher que, dans
Vefflorescence de la jeunesse, Tautcur, partageant les goüts de ses amis,
pentpetre plus faTorisd qu'eux sous le rapport des aptitudes et de l'in-
stnction musicale, ait fait dans ce domaine une petite incursion?
Oommentatear drudlt de Ronsard, il voulut aussi le commenter artis-
^isment; peut-dtre pretenditrü donner un modele, et, travaillant sous
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96
JuUen H^raot, Ronnrd et la miuiqne d« «m tempt.
Ics yeux de Tautefir, fixer la forme du sonnet musical: rexactitade de
rinterpr^tation du texte dans le chant «Las! je me plains», jointc h
une certoine s^heresse d^inspiration, n^est nullcment en oontradiction
avec l'id^ que cette nmsique peut etre INi uvi-e d'un littäratemr. Yoilä
doDc un nom nouveau h inscnre dans les biugrapliies des musadens: Marc-
Antoine Muret, auqucl il sera d'autant plus facüe de oonsacrer un artide
que, si son role musical ätait restö ignor^ jusqu'id» sa vie et son (butto
essentielle, infiniment ^tendue et vari^ sont parfaitement connues.
Yoid donC) dans son eii^« mble, cette musique que nous avons par
avance decrite et commentee. Nous l'aTOns fidMement transcritc, appro»
priant sa notation aux usages de la lecture moderne. Les parties s^par^s
ont dte reunies ot superpos^s comme de raison, et les mesures divisees
par des baires. Seit dit en passant, cet usage, ünpose aujourd'hui, de
la baue de mesure li tout propos et hors de propos, n'est peut-etre pas
CO qne la notation moderne presente de plus heureux. Les musidens
du Xy* et du XYI^ siöde chantaient fort bien saus barres de mesure
et leur execution nVn avait sans doute ])as moins d'ensemble, de meme
que leur notation n^avait pas moins de clart^; car, si dans 1:t musique
rythm^e, les danses, les marches, les barres peuvciit etre utües k l'excS-
cution en montrant aux yeux la place des temps forts, par contre elles
ne peuvent qu'Stre nuisibles dans la musiqup plane des andem maitres,
dont elles d^oomposent parfois fucbeusement les pi^riodes, donnant Tidde
de syncopes en des endroits oix le chant devrait se d^rouler natureUement
et en toute libert^. Nous les maintenons pourtant afin de ne pas trop
heurter de front les iddos cn cours et de ne pas etre accusö d'introduire
dans la lectuie d'inutiles difiicult^s.
Les valeurs ont ^te uniformement diminuees de moitie; la notation
du XVI* sitele, issue de la notation blanche, ayant g(^neralement la
blanche pour unite de temps et cette unite ^tant aujourd'hui la noire»
c^est cette demiöre que nous aTons adoptee.
Pour les defs, il nous a pani avantageux de substituer aux clefs
d'ut Tunique clef de sol, meme k la partie de tenor. Le lecteur devra donc
considdrer que, comme dans les partitions d'a uvres modemeS| cette partie
doit etre lue une octavc au-dessous de la not« ecrite.
Nous n'avons pas touche aux tonalites, bien qu'elles soient genc^ralement
trös gravcs et qu'i Texecution elles nc'cessiteraient une transposition ä Taigu
Enfin nous avons ajoute oix il oouvenait los accidents sous-entendus
dans la notation originale, aocidents dont l'usage est parfaitement connu,
et qoi ne devraient jamais dtre omis des transcriptions de ce genre, car
1) Quand nous avons fait dbanto' J^eapbre et erahu, Feük Nytnpiie «t TOde ErratU
par U» champs, avcc son i'pode, tous mnn oaiix ecritsen fa, nous avona du mettre les
deux premien en «o<, et le dernier en «t betnolt une quarte plus baut
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Julien Tiemt, Ronatxd «t la mniiqiia de ioa temj^.
97
«ette Di^Iigeiice ne peut avoir d'autre effet quo de donner an lecteur
des itUes Busses aur la tonalit^. J*ai dü malheureusemeiit relever oe
däaot, qui me pan^t grave, dans vne ünportante et d'aiUeun fort belle
pnUicatioii d'aadenne mnmque frani^se <iui se poursuit de nos jonrsi et d<nit
rnteiir penae etre mienx dana Tesprit des Oeuvres (ju'il ^te en les
tnascrivant telles qu^fl les trouve dai» les vieax livres. Je crois cepen-'
hiA qa*il est essentiel de Ra?oir ce qae parier veut dire, et qae si les
aniidais du XVI* siecle avaient d'autres habitudes d'^crituie et de
lectme qae ceux du XX* , il est n^essaare d'en informer ces demiers:
rerte, la publicatiou en «juestion leur Uii bien d^autres concessions
Wims utiles. tra^ant les barres de mesure sans comptor, donnant
des tranncriptioiis poiir piano, etc. D est d'ailleurs irba facile, si Fon
veot indiquer qu'un accident est sous-entendu dans roriginal, de rinscrire
''ntre parenthöses, ce qui est de piati<iiir ctmstante dans toutes les bonnes
«(ütioits, et que nons n^häsiterons pas k faire id.
(juant aus paroles, nous leur c-onserverons leur orthograpbe andeime.
l»on pourra, en comparant certains vers sous la musif^ue aux parties
cocrMpondantes imprimces dans les editions de Ronsard, eonstater que les
musiciens ont cm parfois devoir modifier des mots. C'wt ainsi que le
^(^Mi du Premier sonnet : <Qui voudra voir comine Amour me sumonte»
devenu, du fait de Jauequin: «Comme un dieu me Rurmonte» ; que,
ians Tode de Goudim«l, le vers: «De rHospital, nn'inmn des dieux», est
ievenu: <Du pluä heureux mignon des dieux*, etc. L'on peut legretter
alti'rations, au nioins inutiles; cependaut, comme la mudque est
'^bjet principal de cette publication, nous ne croyons pas devoir faire
utrt'üient que d'adopter le tijxte «-tabli pour eile. Nous ajouteruns seule-
aient entre la Strophe et Ti-pode de Tode pindarique les jiaroles de lanti-
troplie qui doit Atre chanti-e sur la im-ma musicjut! quo la stroplie, afin
\f- lecteur ])uisse se rendre plus fucilement compte des proportions
t de k disiiosition reelle de i iruvre.
Adrrrtissv mm t an
Lecteur par A. 1). L. P. •)
A;f'iHi rtromirr Ir Line ih^ Aniotns fht Sciyttfiir P. r/r lloirfard^ tf- fn
'^uksm de se.s Ocfe^, aiev uidtieis 8Usis Oinmulrs: FA jjuui apirs rnfettdu
1* pour Um plaißr tf' eniier e*mietitemmt if a daigni prmdre h pcinc de, les
^furtr für la lyre (ee que now n'auioM enrarM apperrtu auoir ^ßf fai^ de
' 'ettt qui f» /ont exrrrit.'s rn t' f gnire ^e/erwt) Sugnant fon eutrcpri/e
'Ufr Ir rntihfr <fm f'fnf dr luij Jatisfmrc, «<• pour Vaniour de toff l^ctrur: i'aif
i'^t mprimer^ et mettn n la fin d/ " pnjfnt lirrf, la Mnsiipo , ßis laipidle tu
i*^**« ihanter unc bonm partie du contcnu cn icrluij: tc promectant a raduenir
"fntimier mfU wankre df faire (m ce qui s'impriuiera de la compo/ition
d^idief Ron/ardj ß te wngnwy qiC^U te foit aggreahle,
1 Cf« initiale« 8ont Celles de l eUiteur, la veuve De La l'orte.
IV. 7
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98
Julien Titrsot, Romaid ei la nueique de een tempe.
Sonnet: «I'espere ^ crains».
P. OertOB.
äuperius
Contra.
Tenor
Bassos.
in i~n
Tee . pere *
online, ie me «nie * enp . pU .
d — — « ^ 1 1 I ^.
i d \ Ii J ^
-j-yt^ ■''ff'
r
e,
Or ie Buie glaoe A o . reo un feu dutult»
VtA.
P
rad.mi.re tout, a
de riea no me cfaauU, Ie me de .
^^^^
de rten ne me chault, —
Ie
tf^ * r r r I m
re tont,
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Julien Tiersot, Ronsard et la musique de son temps.
99
1^^ M fi ; f ~fr ^ >M
lace, A puis ie me ro . Ii
TTIil ' t n
. e..
Rico
ä B4
roe de. lace, A puls io mo rc . Ii
0.
r r f I r
IJ J j J u
J I J I J
ne mo
plaiet
81 . non cc qui men . nuy
m
3Z
m
IS
i
0,
Ie suis vail.lant A le cccur mo de. fault,
,J J I J i
I J f
J I f r r r m
I'ai
I
j I * r r r
ins:
Tai Tespoir bas, i'ai le cou . rai.ge hault, ledoubtea.
1 ai
tr f r w i ^ \ r r ir
le cou . rat.ge hault, Ie
i
res
poir bas,
r I r r I «i r I '1 * r
7»
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\QQ Julien Tiersot, Ronsard et la musique de son temps.
j^ .1 J I ^
mour,
si ie le.
def. fi
e.
doubte a. mour,
61.
ie lo def . fi
J ^ r I j ü
Plus ie me picque, A plus — io suis re
' i J J I J ^
tif, l'ayme
J I J J ^ i
< j r r I g
j .1 j I j
H - -
es.tro libre, A veulx es . tro cap.tif.
Cent foia ie
J J
g , ■
2:
g ■ , (g
i
J IJ J J J
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raeurs, Cent fois
10
i
mours, Cent fois iepronsnais.
i
Cent fois ie prens nais.
I ... I
iHri I j ir r g
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Julien Tiersot, Ronsard et la mueique de son temps
101
r r I
san .
- ce.
Un Pro. nie . thoe en
* j j j I j.
san
ce.
P I I' 1-
m
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pas . 81 . ons le suis.
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Et pour ay
mer
per .
1
-1 J J J 1 1
j j J j
3
per.dant tou.
per.
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dant tou- to puis . san . co,
Ne
pou . vant
te puis
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A dant
ton. te puis . san . ce,
pou - . vant rien,
J I" ^
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pou . vant
r— ==^=4^ 1 1 ^ n
tt^ J J ■-
1 rien. io fay.
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rien, ie fav,
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1 f ^L4^ 1 p 1 ■ d
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rien,
1 " 1 II*" 1 r " 1 „ »
fay rp qn« le puis.
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102
Jnlien Tieriot, Ronsard «t Im mniique d« Mm tampt.
Sonn et: «Bien qu'» fprand tort».
P. CertOB.
Superius.
Bifn qu'k grand tort
Las . pre tour . mcut
Contra.
Tenor.
Bass
U8.
il to pUist d al. lu -
ne mest poini si a .
qu*& grand
pro tour
tort
ment
3^
9a*a gramd tort il te plaitt d'al . In .
pro tour . moni no m'est point .si a .
qu a grand
pre tour
tort
ment
il te plaist d'al.iu.
HO iE.*flst point ai «.
?'T M j I I 1 1 I I rrmim
mer D*' . dans raon ca-ur siego ä ta sei.gneu. ri - -
mor, Qu il no me plaise A si a'ay pas e . nui ...
m
j J r I r r r ri
mer De . dans mon
mcr, QuMl ne me
7 j I j j N ^ r r I um
mer
mer.
^"TiTTX? rrr 'Ml ii^^
e. Non d'une a. mour ain . cois d'u.ne fu . ri . e Le—
e Do ma dou.loir, car io n'ay-mc ma vi . o Si
'II
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i
Julien Tiersot, Ronsard et la musique de son temps. |03
I V? foiH. I
J J J I
9
— feu cru . el pour
— non d'au . tant, qu'il
mos 08 con . su
t(i piaist do Tay
mer.
32
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I
I foi»
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mor. Mais
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Ics cieulx m'ont faict nais . tro, Ma. da
Mais si lea
cieulx
m'ont faict naia.tre, Ma.
m
m
Mais s'i les
cioulx
m'ont faict nais.
i J IJ j J J
Mais si Ics cieulx m'ont faict nais . tre, Ma . da
rae, m'ont
3
ron, m'ont faict nais. tre, Ma.da . me, Pour es
tro tien
da
i
me,
Ma.da . me, Pour es
tro tien
m
tre, Ma . da
me, Pour es
tre tion ne
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faict nais. tro,.
Ma.da . mo, Pour es
tre tion
no gen.no plus mon &
me, Mais prens on gre ma fcr _
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no gen.uo plus mon ä . me, Mais prens en grö ma
Digitized by Google
Jiüimi Tianot, RMMMd «t ia Bniiiqa« d» «m t«mpt.
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Digiti/Oü by CtJO^lc
Julien Tiersot, Ronsard et la musique de son temps.
105
C. Goadimel.
Ode a Michel de T Hospital
Chancelier de France.
I
Strophe.
Supcrius.
Contra.
Tenor.
BassuB.
Er . . rant par los champs de la
Er . rant.
par les diampsde la
min:
Li, .
Er - rant.
par.
Ics champs de la
e;^ p — r
Er . . rant par les champs de la
gr4.ce, Qui pointmes vers.
f >1 J I * J
de ses.
cou.leurs,
J J IJ i Ii ^
grra-ce,
Qui peint mes vers do ses cou . leurs, Sus
^> r r i< r r r ir^^^ P
de ses cou . leurs, Sus les
grä-ce, Qui peintmes vers
gra-ce,Qui peintmes vers.
do «es — cou . leurs,
zrr
Sua les bords Dir.co . ans i'a . mas . . so Le
lea bords, sus les bords Dir. ce . ans i'a - ma«
les bords, sus les bords Dir. ce . ans la - ma« . . se
f j^^jjjjjijjjj jj^j^^-^^^ r irr
bords Dir . . ce . ans i'a . mas.se
Sur los bords Dirce . ans i'a . mas.se Lo
Julien Tiersot» HooBard «t In mutiq^e do mm tomp«.
r " ~' 1
plus ri - . - (hos flcurs, Af- fm qii'en
Emm:
i<'s plus ri . chfM tif>irs,
plus ri.ches fleunt Af.fin qn'oii
plus ri . die« fleure,
Af.
ie fa
9on -
no D^.ne
La .
bo . ri.
au .
Af- taiqut n pil.lant ic fa . gon . ne D'u . ne la . bo . ri
pil.lant i'> fa . gon . . . no D u.n«' la . bo . ri
An qu'ea piLlänt ie fk.9011
D'u . ne la . bo . li«
i
•o rnain
La rondeur de oeiLte 00a . roa oe ' Trois
eu.flemaiaLa rondeur de ces . to cuu . mn
I .. .1 „
Trete ftoia
t'u.^-' i;ia i n
La r<ui.<lt'ur de ces.tp cou
ron _ nc
ea^aemain La rondeur de oes-te
oooron . ne Troii^
1
j J Ti f r
i„ Ti.-> k... „1.. Tu^ V-:- po^, orner
fois tor . CO d'un ply The.bainid'an plv The . bain.
1
Trois fois tor - l unplv Tho . bain,d'un_ ply_ Thebaiu.Pourorner
fois tor . ce d'tm ply The. bain, d^un ply The . bain.
d by Google
Julien Tiersot, Ronsard et la musique de son tompe.
107
lehaultde la gloi
r m.
r© Du plus heureux mi . gnon dos
orner le hault de la gloi
^ w. ..^Mt. ;^nfi . . re Du plus heu_reux mugm
lehaultde la gloi . . ro Du plus— heu. rcux raiirnondc
mi-gnon
lehaultde la gloi .
f^Tiondcs
Du plus heureujc mLgnon.
DieuxQui9a bas ra .
mc.na des.
ciculx
desDieux Qui ya bas ra-nio.na des cieulx Los filles quenfan.
Dieux Qui ca bas pa .
mo.na
csquenfanta Me.
Dieux Qui ca bas ra
nie. na des cieulx Los fillesqu'enfan.
Les f il . les qu'enfan . ta Me . moi .
re. .
moi .
PO, Les fil . lesqiienfan . ta M«.moi
re.
ta Memoi
ro,
Les fil. los qu'enfanta Mc.moi
n
Antistrophe
(fur 1» muaique de 1» Strophe)
Memoire, royne d'Eleuthero,
Par nouf baisers quelle receut
De Jupiter qui la fit mere
D'un scul coup neuf filles conceut.
Mais quand la luno vagabonde
Eut coupbö douzo fois on rond
(Poup p'enf laraer l'obscur du monde)
La double voute de son front,
Memoire, de douleur outreo
Dessous Olympo so coucha,
Et criant Lu'mho, accoucha
De neuf filles d'une vectpee.
"xr
PO.
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108
Jttli«tt TiwMt, Ronaard «t la uos^a* da ton «empa.
m
Epode.
En qui rea . pan.dit le ciel U . ne voix aaino . te . mial^
f r r I ^ J f-JLir u r r.^
En qui res - pan.dit 1-» ciel U . no voix
6uinc.
A En Qui res _ Dan.dii
En qui res . pan.dit le ciel
ü
ne VOIX saine.
z
m
teanent bei . le, . Com . blaal leur bou . che
4¥ ft) J ' J
_ bei . le,
nott . vel.
m
bei - ^ . le, Cor
te.ment bei . Us
Com . blant leur bou .
die noa.vel . ,
Com - blant leur bou . che
nou-vel
f. r f Ti in
ta.ment bei . le,Coniblantieur bou
UjJ t J J ^
che noa.Tal .
Du iust d'ua at . ti
quo miel,
Et
m
iu-t d'un
le Du iuat d'un ' at
SS
ti
qua mial Et » qol
miel
m
le
Du iuat — d'un at . ti
quo
a qui vrayment au» . . . si Los vors ru.rent en
Et a (jui V r;iyii:ciit aus
si L^'s VLTn fu . rent en
f
vrayment aus
81
Les vcrs fu.rent en sou . cv, fu
. I , ^ by Googl
Julien Tiersot, Ronsard et la musiquo de 6on temps.
109
80U -
J J J IJ-JIJJ
cy, Lea vcrs doat
f lat . tes nous som .
T
flat-tes nous
i
•Ott -
cy,
Les vors dont .
rent en sou . cy, Los vcrs dont flat.tes nous som
rri^TTUifr J I J J j I
Les vers dont
flat - tes nous som
I
mes, Af. fin que leurdoulxchan . ter Peust doul.ce.ment en
1
som . mes, Af . fin que leur douix chan . ter Peust doul.ce.ment
mes,
Af . fin que leur
m
doulx chan . ter Peust doul.ce.
mes, Af . fin.
que lour doulx chan . tor Peust doul.co.
J J
^ r r r
i
chan .
ter
Le soing'des
m
im.
I
en -
-chan . ter Le 8oing"desDieux A-
dos hom
* 4
ment en
chiintor Le soing'des Dieux St.
dos hoin -
3
1^
ment en . chan . ter Lesoingdcs Dieux.
A des hom .
i
i
Dieux, le Boing des Dieux A des hom
mes.
i
mes, Le scing dos Dieux.
' rir r
dos hom . mes, des hom . mes.
j r r> I II
mes, Le soing des Dieux A des hom. mes, des hom . mes
J J JJIJ r U;IJ J Ij J JJ^
mes, Lesoingdes Dieux A.
des hom . mes, dos hom . mes.
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110
Julien Tiersot, Ronsard et ia musique de son tomp«.
Sonnet: cQuand i'apper^oy».
C. Ooo41ai«l
Saperitis.
Oontn.
Tenor.
Baaens.
Quand i'ap . per . ^oy, quand i'ap . per . qoy ton beaa Äef
A front bais . se, a frunt bais . sü ie pleu . ro
Quand i'ap . per . goy
A front baia . «4
Quand Taji .per . qoy ton beau cfaef
A front bais . sö ie pleu. re
Quand i'ap .pur . qoy
A front bais - sö
^-i--F r~ Jn
f r r f Tr-7TT7 rr'Tr^^
iatuBis.sant
go . mts.sant
Qui
Do
l'or fi . 16 des Cha . ri . tes ef . fa
<juoy hiiis (par.doa di . gne do grä
1^
lau. niB. sant
go _ rnis _ 8a nt
r i"T r ^rr r f nr^^
iant Qui l'or fi . le
De quoy ie suis
SUIS
ll^cinr j- r I r r r r
I CO, Kt ton bei ri^'^ i{ai los as.tres 8ur
I CO ) Souh« I hiunblo voix do um rv- nie si
pas - se, El
baa . se De
im
;r-rrT-rTT7^^
St
r" f r r [TrTi^r T r ^ c ir ^
(sil
voix de ma.
as.tres aar . p 's Et
ry.me si bas . so De
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Julien Tiersot, Ronsard et la musique de son temps. III
I
31=
ton
tes
beau
be&ul
sein,
tee.
chas . to.ment rou.gis . sant,
les hon.Deurs tra.his .
.| J J j j I jjjjf rr I "^JJ
*^ ton beau sein chas . te . . ment rou.gis
tes beaul.tes les hon .
neurs.
. gis . sant,
tra. his _
i
3DC
ton beau sein chas . te . mont rou
tes beaul.tes les hon.neurs tra
. gis . sant,
- his .
's
loa.
tes-
beau sein
beaul . tes
chas . te.mont rou.gis . sant,
les honneurs tra.his .
I
lÄ«» fois.
f i JjJ J J
i
sant.
le co.gnoy bion
quo ie de . bvray me tai .
lo co.gnoy bien quo io de _ bvray
sant.
me tai .
*^ sant. Ie co . gnoy_ bien
bvrav
que io de . bvray
me tai
V
sant. Ie co.gnoy bien
Ou
aou
re, Oumieulxpar . 1er, mats Ta. mou.reux ul. ce .
m
ro, Ou mieulx.
i
par.ler, muis ra.mourcux ul . cö
a=
re, Ou mieulx par . lor,
mais l'a. mou . reux
ul -
r p I r r
> mieulx par
1er, mais l'a. mou. reux ul. ce
re, mais IIa. mou.
IjodJ ^ I* J' r I'^ j ^ ir r "^i
. re Qui m*ard le coeur, me for . ce de chan.
I
Ii J J J IJ
me for . . .
re Qui mard le coeur, me lor. . . .et»
f \f ^ ^ r \ r r tt.tJA^ r r H
cö _ - - re Qui m'ard lo coeur.me for. . . co de chan.
reux ul . c6
re Qui m'ard le ccpur,.
me
ce
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\\2 Julien Tiersot, Ronsard et la musique de son temps
j n J I j oji
ter. Donc . ques (mon tout),
si di-gno.
0 — #
— de chan _ ter. Donc . ques (mon tout), si di.gne . mcnt
ter. Donc. ques (mon tout), si di.gne.ment
I j u r r
32
A de chan . ter. Donc . ques (mon tout)
r r [r r r p
ment ie n'u . «eUencroet la voix ä tes L gT&
ces
i r \' rir i j j ijj j j iJJ^
— io n'u. sc L'encroet.
j rrr .r
lavoix ä^: — " tcs gräces van
13
— ( —
voix
— iü n'u - 80 L*encro et la
ä tos grä - ces
L'encro et la voix a te^ gra.ces vanter, ä tcs gra
jj(ii)J ^ IM' ,r 1'^ ^.ir r f rTr r i
vanter, Non Tou.vrier non,mais son des.tin ac . cu
-9-
ter, Non l'ouvrier non, mais son
des.tin ac.cu .
4 r MF r rnr r i^'^ r t rirrr
van - . ter, Non l'ouvrier non, mais son des.tin ac.cu .
's
ces van . ter,
, Non l'ouvrier non, mais Bon — — des.tin ac.
cu .
^ r r r i'i ^HKr-r-ri^r M " "
se. Non l'ou.vrier non, mais son des.tin ac . cu . . se.
i
J J ^ KU
se. Non l'ouvrier non, mais son
des . tin ac . cu . se.
j r r r rir r rrrnr r r r ir^
D» M««!^ :„ „ — des.tin ac . cu .
se. Non l'ouvrier non, mais son
> 8e.NonloL
. se.
rrrrr j
I
se. Non l'ouvrier non,
mais son.
dus . tin ac . cu . se.
Digitized bv
Juliea Tiersot, Ronsard ei la muBique de son temps.
113
^0 de : «Qui renforcera ma voix».
BassuB
Qui.
r ^ r f
ren.for. ee . nt ma woix,
<i J I J J JiJ J]
Qui.
ren.for. ee . ra ma Toixt-
reu. for.ee . ra ma vo'ix. Et
Qui.
ren. for . oe . ra ma voix,
Bt qui fe . ra.
que ie vo • le Jus _ qn*au
m
Et qai fe . ra que ie vo . le Jus . qu^au oiel
qui fe . ra.
que ie to . le Jus .
quau
Et qui fe . ra que ie vo . le Jus -
.qaaa
ciel a ces.te fois Sur IVds
le de ma pa . rol
J J t j I J
T7777J
a oes . te fois Sur rms - le de ma pa . rol .
liJL^^ r f KT r \ULsit r ir-^
ciel a oes. te fois Sur IVüs _ le.
de ma pa . rol
ciel & ces.te fois Sur Ites . Ie
de
pa. rol
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114
J
Julien Tiereoti Ronsard et la musique de ton temps.
lo? Ör mieulxque df . vant il fault
A . voir l'es .
^ ' H I I I pri I I I ||n I I
^ le? Or mieolz que de . vaat il fault A . voir Tee
I
In?
Or mieulx que du.vaut ii f'uult A.voir i'es-
to; mao pluedumltDe
pluedumltDe IVirdeor qui !a iriVm. flam.me
tounaoplus ohanltDe fi^
dour qui ia nAUk. flanx-ino
Qui ia.
m'en. fiauume
Le eoBurdite . ne
ne plue frandflun . . me, 0
Lo ca'ur du - no
■plue grand nun
plus grand flam . mo,
A Le ocBur d\i
ne plus grand flam . me, 0 . m.
res il fault que
le frein Qui in par le ciel mc gpii .
res il fault que
res
le frt'in Qui . ia par !•> ciei mo pui .
4 — ^-L ^ *
U fault que le fVein Qni ia par lo cicl.
fault quo le frein Qui ia par le ciol mo gtu.
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Julien Tiersot, Ronsard et la musique do son temps.
Peu 80 r .
.vi.teur
i rTr f J rTr ^ J r""!
Itt bri . do
Fen . de lair, fen . de l'air d'un —
j J ; I ,)
do
df3 la b
n
r f ir r
Fen . de l'air, fen . de l'air
de Fen - de l'air, fen . do l'air d'un
J r I r r r I r r r- p
de la bri . do Fen . de l'air, fen . do l'air d'un.
j J j /j j i"3 r r T f-f-^
piuH.
grand — train,
Fen - de l'air, fen.
d'un pluä grand tram,
1
plus grand train,Fon . do l'air, fon . do
Fen . do l'air,
plus grand train, Fon . do l'air, fen .
I
j j r-Tr]j,,,jj j jjjj
de l'air d'un plus gi
1
1
grand- — train
d'un
i
fen - de l'nir
plus grand train.
#
l'air d'un.
plus grand
train.
/TN
1
de l'air d'un.
plus grand
8*
train.
116
Julien Tiersot, Ronsard et la musique de son temps.
Sonnet: «Las, ie nie plain».
H. A. Mnret.
Superiu». iflilr ti f j' J -j
Contra.
LtMf io m« plain do mille« jniUe A mil . le Sou.
Püki ie niepl«ind*im portraiet in . u . ti . le, Om.
Las, io mepluin de mille A milleA mil. lo Sou.
Puis ie CIO plain d'un portraiet in . u . ti . le, Om.
Tenor.
Basstts.
r f< J r I r
I
Las, ie nui piain de milk* A niillo A mil . le Sou.
Puis ie nioplaiuduu portraiet in. u . ti . Ic, Om.
7 i r^7 f lT f 171^ r 11
Las, ie mo piain de milleA miUo A mil. lo Sou.
Puis ie me piain d'un portraiet in.n . ti . le, Om-
pire qtfen
bre du
r-rl
pirs qu'eu vain daa fi&ncs_ ie Tois ti . raut,
bre du vrav. 4ue ie suis a.do.rant,
vaindos üum^ ia tois
vraj.que suia a
ti . rant« Heti.
do - rant, Et
Heu.reu
Et de.
Et
du
väin das flaues,
vrayt que le.
.suis a .
ti . raui,
do . rant,
1-^
auuu
du
vaiu dos fittücs.
▼ray, que ie.
iu vui6 ti. riiut, Heu
.suis a . dcrant, Et
de ses
reu. ge-raent
do ses v<'ülx
mnn plai
4ui IUP
air
vont
mar
ty . rant
vü - rant
An
m
se.mont
— ses yeulx
mon plai.sir mar
qui mc vont dö
ty - rant.
vo . rant.
rra . . so . rin'r.i niüii plai
iji' SLS yeulx cjii<
üir mar. ty - rant Aufondd'uHO
vriüt dij . '■<. i'aut Locoüurbru.
rr iton plai
youlxqui me.
■ " mar . ty . rant
vont de . vo . rant
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Julien Tiersot, Ronsard et la musique de son temps.
117
J J j j I,.-
m
I
fondd\ine eau qui de mcspleuredibtil
ca.'ur bru. le au . ne flamine gentil
lo.
1«.
i
i
Au fondd'une &au qui de mes pleurs dis
Lo coeur bru . 16 *^V-r ^® flam . mo gen
j J73|r
til . lo.
til . le.
i
J ■) f "Tl
tau qui ao mos pl
eau qui do mos pleura dis . ttl .
16 d'u. no flam.mo gen . til .
le.
le.
1
Au fondd'uno euu qui de mes pleurs dis . til .
Lo coour bru . le d'u . ne flam . me gen . til .
le.
le.
*
I J J J r if f
Mais par aus tout ie
me plaina,
10
me
I
Mais
par sus tout ic.
J J J J
me plains,.
* ^ ■
■ ^ ■
Mais par sus tout ie.
mo plains,.
LT ir Ej-riXJg
Ifais par aus tout ie~:
# — #
me plains
f. ' r I r r i
<"t r ij'. r g
I
plains,
le.
mu plains d'un.
pen.stT Qui trop sou.
^ Jh J I J J
1
P
Mais par sus
tout io me plains d'un pcn.scr
Qui trop sou
ie me plains d'un pen.ser
m
Qui trop sou
r r r
ie.
me
plains d'un pon . ser
Qui trop sou.
3^
» w ■
vent dans mon coeur faict pas . ser
Lfl sou.vo.nir d'u.
m m
vent dans mon — coeur faict pas . sor
Lo sou.ve. nir d'u .
i J I J J
vent dans mon_ coeur faict pas . ser
Le sou-ve.nir d'u.
r r r I r r r -^^^^4^^.^^
A vent dans mon coaur faict pas. ser Le sou.ve . nir du.
118
Juliea Tiersot, Ronsard et la musique de aon temps.
110 beauLte cru.el
le
Tt-1 f
Et d\m.
j j J -^-^f 1 J I J J J. ji I
ne beaul.ti
cru. el
m
no bt'aul-tü cru.el
f
dhin re . gret.
. lo Et d'un
ro - gret.
n r r j i '1
no beaid.t6 oru . el . . le
J j J I
lutc!
\ re.gret qui me pal.list al bl
«Uli tlM' li.ll . Ü
-t si blanc.
Quo ■ - ie nav
qui uio pal . list si blanc, Quo io n'ay plus
Que
m
Que io n'ay plus
Qu»
riay
plus 011 rae» vei
do sang,
|i ' I J"TTT I j I I I
Que ie n*ay plus en mee vei . aet de nagt
i
r r. I I f
nee vei . nee di
— le if^r
ploa en mee vei . nee de eangi
ie
nay
plus en mos vei . nee do saug,
rnr j'TrTTTi~r~j
i
Attzaerfide foreat en
oa de mea.el
M j I jTTj I j 1 1
le.
i5L
i
Auxaerfide foree» en mea oa— de mou.el
m ß
Auxnerfsdo force, on mes es do mou-el .
izt:
le.
le.
Auximflide foroet «a maa
do meiuel .
Digitizca by CtJO^lc
Julien Tieraot, Ronsard et la muelque de eon temps.
119
Janeqain
Superiua
Contra.
Tenor.
Bassus.
Sonnet: «Qui vouldra Yoir».
g < J
Qui vouldra voir
Qui vouldra voir
commounDieume sur.
u . ne ieu.nos.sü
5
J J i
Qui vouldra vuircommeunDicu me sur.mon .
Qui vouldra voir u . ne ieu. ncs . so prom .
|nhj jrrr^-* i r r r ^ i^-
Qui vouldra voir commo un Dieu me
Qui vouldra voir u . no ieu. nes
sur - mon
80 prom
Qui vouldra voirconuneun Dieu me sur.mon .
Qui vouldra voir u . ne ieu. ncs. so prom.
I
I
j I' j j j
m
mon
prom
te,
pte
Comme il m'as . sault,
A fiuivre en vain
comme ii so
lob. ject de
i
te, Comme il m'as
.pte A 8uivre on
f J u
sault, coinmc il so
vain lob. ject de
- te,
pte
Comme il m'assault,
A suivre en vain
comme il se
lob -ject do
te,
pte
Comme il m'as . sault,
A suivre en vain
commo
l'ob.
I
I
faict vaitt-queur,
son mal. heur,
Comme il r'en. flamme A r'en.gla
Mo vienno voir: — il voirra
CO mon cttur,
ma douleur,
J IJ J J
il if i^ u
faict vain.queur,.
son mal. hour,
Coiiune il r'en.
Mo vionne
flamme
voir: —
A r'en.gla
il voirra
. ce mon cccur,
ma douleur,
^^^^
son
m
5Ö
f\ttrr 1^
vain . queur, Commo il r'en. flamme A r'en.gla
mal . heur, Mo vienno voir: — il voirra
CO mon coeur,
ma douleur.
m
il se faict vain
ject de son mal .
queur, Commo il r'en. flamme A r'en.gla
heur, Me vienne voir: il voirra
CO mon coDur,
ma douleur,
Julien Tietmrti Ronsaid «t la imwiqiM de son t«mp«.
Gonmell t» . coH-f
^ — ^
i
1
h^meur de ma Eon T I ' . ta
Et la ri . gueur de TArcherquime dorn .
if nia hon . - - to.
Commeii re.<;oit un huunear
Xt la ri. gueur de l'Ardier qui me dorn . _ .
GinuiH il re.coit un hoimeur d«- rua hon .
Et la rig'ueurdo rArcher qui jiio dorn .
. te.
~T — ' — I — ~ r
Gommeil re.coit un honnour de ma hi n' .
Ei la rLgueur de l'Archerqtdme dorn
te.
\\ cD-trnois-tra com . bifii la rai.sonpoult Cun.
I
¥ ¥ ^ ^ ^ w
pte. II cegnnoiB . tra oombien la rai.eon peult, eombien
A I
r I r T T
com . bien la rai . eon
co.grnoi8 . tra,
pte. Ii cognpis . tra.
~ com. bien la rai.soa peult, la rai.soa
^ tre 3on aro,
i
i
qviand u - ne fois il v»'uh
;3 j j ij"n~rrjTpl^
rai -
sonpeoltCoii . Ire eon aieiquand u.ne feie Ü -yaoltOtte noeire
Que nos . tre coBur.
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Julien Tieraot, Ronsard et la musique de son temps.
121
-# 4-
re:
Et si yoir. ra quo
— de . meu .
^ Iii
es.cla.TO de . meu . . . ro: Et bi voir . ra que fe suis
j nr I.. Ii
son es.cla . ve de. meu . ro:
1
es.cia.ve de . meu
■4 — # — ^ — * —
. ro: Et 61 voir . ra.
Et si voir.
J
que
jjtJ J r I r r j r I r r ^
le.
suis trop heureux D'a . voir au flanc.
l'a.
trop heu.reux, guIh trop heu . reux
D'a . voir au flanc l'a.
Tf^r I ^ r r M w I r r r r
ra.
que io suis trop heu . reux
D'a . voir au flanc l'a.
< r ir r J^l
f r J J I Je
ie suis trop heu. reux D'avoir au flanc,
D'a - voir au flunc l'a.
guillon a . mou . reux
Plein du vo . nin.
dont
ffuillon a. mou. reux Plein du ve . nin,
Plein
guillon a. mou. reux
Plein du ve . nin,.
Plein
i r ir r c^cp
guillon a.mou. reux
Plein du vo . nin
J.] j I
il faut quo .
10 meu -
I
ro.
1
J J I J 4 j i N
du ve . nin dont
il faut que io
m
meu
re.
1
du ve . nin.
dont il faut que ie meu
illJ^ r I r I
re.
dont il faut que ie
meu
ro.
Google
122
Juliim Tiersott RonMurd «t 1* miuiqae de Ma i«mpi.
Sonnet: «Natnre ornant».
Superins
Coatra.
Tenor.
BaMue.
tu
ce.
reor.nant la
qua.mour a
da . iiH' qui de -
va . ro .ment con.
i
Na
Tout
TJ J J J 1 I
tu.reor.iiaBt la da . me qui de •
ce qua.mour a
qui
va . ro . ment con .
Na
Totit
- tu.reor.nant la
ce qua.mour a
-i-:t- j
da _ me qui
va . re.ment con
Na - tu- r- or . nant la
Tout CO qu*a . mour a .
TT r M
da . me qui de .
. va . re.ment con.
3
r flj
bei .lw.foi
voit De 8« dioul _ cenr tot _ «er les plus ro . bel.lw, lor.
ndit Do boau, de diaste A d!hon.jiettr aeabe tee «s _ les, *
I
voit Do ga doul . ccur for . cer les pluß ro . bei . los,
noit De betm, du chuhto a d'hon.neur eoiib.s ses ne.lee,
voit
noit
Do sa doid
De beau, do
(•rar _
chuf5t<>
for . cer loa
A dhonneur
voit
noit
f r r
l) 8u dou!
Do beau, do
ccur
chaato.
for
._4
d'honneur Mubs ses
. bei .
es .
mm
Iva Luj fit pre . ecnt
Les Bm-mi.el . la
ded
les
for. cer Ks plus ro . bei
A d'honnfur soiibs SOS
los
\09
Luv
Em
fit pr6.
mi - el .
piud re . bei
■eubs
les
loa
c«r pIuM ro . bei .
d'henneursoubt sde a»a -
les
les
Luy fit
Em . mi
pre.
el.
l des
Luy fit pnu&eut des
Km . mi . el . la loa
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Julien Tiersot, Ronsard et la musiquo do son temps.
123
I
boauLtes les.
gra . ces im
plus,
mor
0' 0
_ bei
tel
plus Dol .
i
sont des beaul.tös
la les grä . ces
les
im - mor . tcl
j— fL- I r r 1 r
sent
la
dos
les
beaul.t^s les.
grü . CCS im
plus bei
mor . tri
bcauLtes les.
grä . ces im
plus bei
nior . tel
M J J J N J
i
les
les
Quo des millu ans en us^pargne eile a .
De son bei cell qui les Dieux es . mou
I' J j J j I J J J J Ii jrt-^J J J J
les Que des mille ans en es . pargne eile a.vnit, Que de milleans en
los De son bei aül qui lus Dioux es.mouvoit, Do son bei oiil qui
1
les Que des millo ans
les De son bei ccil,
Que des milleans en
De son bei ail qui
es.pargnoelloa .
loa Dieux es. mou.
bi f < j I j J f I I < j j I J J j
\ los Quo des milleans en es . pargne eile a
los
los
Quo des milleans
Do son bei ooil
en es . pargne eile a .
qui los Dieux es . mou .
I II« f ois. I
3X1
voit, Que de mille aas en es. pargne eile a . voit.
voit, De son bei ocil qui los Dieux es . mou .
i i J i ^
es.pargne eile a . voit,
les Dieux es. mou voit,
en es.pargne eile a voit.
qui los Dieux es . mou -
I J I J f J I J J J J
voit, Quo do milleans en es.pargne eile a . voit.
voit, De son bei mil qui les Dioux es. mou .
j f f i Vf i 'T I F
> vnit Oha An mil1r> nn-i on AR narimn ollß &
— o —
voit.
voit, Que de millo ans en es
voit, Do son bei ooil qui los
pargno
Dioux
ello a
es . mou .
Digitized by Google
124 Julien Tiersot, Ronsard et U mnsiqvA da mh ttnps.
I
i
VOlt.
Du cid ä
peine ullo . toit
^1
r r if I f ^— \ i J *' r
Du ciol ä yoiae eUe es.toit i'.' -.c u . du . o. Du
Du cicl k pt'iue eile
es . toit des _ cm .
Du oiel &
0,
Du ciol k pcino eile
e, Du ciel
ei«
1 nei
eiel & peiHe eile es . ioit des . cen . du .
peine eile es . toit des . cen . du . e, A peine eile es .
es . toit des . een
du
f
Quand
j ^ \i n
e Quand
. toit dM . oen
du .
Quand
j < j I
ie la vi, quiiud mon ämo es . per . du .
^' J J J J
En
i
i
1
r I r
Digitized by Google
Julien Tiersot, Konsard et la musique de son temps.
125
i
do.vint foLle, A d'un si poignant traict, Le fier des . tin rcn.gra.va
J J J if m
des . tin
j I I j j ; j I ^ f f I J -
I
dan8 mon ä . me, Que vif ne mort, ja . mais d'une aultro
i J J
J J. ji
mon a . me,
Que vif ne mort, ja . mais
mon tt - me.
< J J J If
Que vif ne mort, ja. mais
Que vif ne mort, ja . raai^
I
-# #
da. mo Em.prainct au ca>ur ie n*au . ray lo por.traict, Em.
J J M I J
I J r "f Nr I j r
1© por.traict.
I
I
prainct au coour. Emprainct au coour io n*au.ray lo per . traict.
ie n'au.ray lo.
por . traict.
r r f I J r ^
i
Emprainct au cceur ie n'au.ray lo por
— o —
traict.
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126
Julien Tiertott Romafd «t la nmtiqae d« mü laiap«.
Chanson: «Petite Nyuiphe folastre»w
Snperius. 1 ^ ~Z£
Po
ti . tu Nymphe fo. las
Contra.
Tenor.
BaaauB.
Po - ti . te Nymphe fo.laa
i— i) ii I Ji^
trOf
Nym.
Po . ti . to Nymphe fo.las
tre.
^ Fe - ti - te Nymphe fo.laa. . tre»
m
net.te qae f i . do . U
Nym . pnet.te qae
Ii Ii I I
Ua . tre.
^ot.te quo i'i . do . las . . tre,
Ji Ji Ji Ji
t -L f.: L
et . te que i'i . do . laa .
tre,
Ma mi.gnoB.no
u. ffnon.ne
M« mi . g^non
P ^' I J
r p. I
phet . to quo i'i . do . las . . . tre,
Ma mi - ^non.ne
Ha mi .gnonjie
dont lea yeulx Lo . gent mon , pia.
r —
dont lc8 yeiüx.
0 —
pis,
Lo . gent mon
I f I J j I irJ
\oxsX les yeulx Lo . gout mon pis
dont laa yeulz Lo gent mon pia.
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Julien Tiersot, Ronsard et la musique de sun tomps.
127
i
mon.
mieulx,
in — r
Ma mi . k^^i^Q^ ^^^^
i
mon.
inii'ulx,.
_ mon mieulx, Ma mi.g^on.ne
1
:z2
mon.
miouLx, Mu rai . gnonno dont Ich
^ ^ r
hon. he
Ma mi.ghon.he
dont les yculx Lo . gont
mon piH,
1
jreulx Lo
r I r
dont les yeulx Lo
gent mon pin. A mon mieulx, lo
gent mon
r J I
pi8.
yeuljc Lo
gent mon pis,
1^ H p I
c. Ma doul.
g m.
i
mon.
mieulxi
doul.cet
i
gent mon pis,
mon mieulx, Ma
_ mon mieulx,
Ma
doul.
mon.
mieulx,
i
r p if>'r. r
cet . to, ma
8UC . cre . e.
Ma gra . ce, ma
i
. to, ma
suc . cre . e, Ma grä . ce, ma
m JM J Ji 1. 1 r IJ i
cet - te, ma.
suc . cre . e, Ma grft. - ce.
Ma doul - cet-to, ma suc . cr6 . e,
Ma gra
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128
Julian Tienott Ronaard et 1& mufiqua da aon tampa.
tni . rA . «t Ta me doilw penr m'ap . pftt -
Jll J j
thö . rtj - e. Tu me doibs pour m'ap . pai _
' i' I r 7 I f M r "t"
!i - thö . re . e, Tu mo doib« pour rrfap . pai .
ii [I i' ' I .1 ' T7~rTi — r
oa, out Ci.tfaÄ . . a, Tu me doiba pour m^p.pai.
I.
-f Y--
ser Mil . l" fois
lour, Tu me doibs
r
CT
aar Mil.lo fois le iour bai . aar, MU.la foia le ioor bai.
»er Mil.le fois le iour bai . ser,
sor Mil . le fois le iour
bai - serT^
Tu me doiba pour m*ap.pat . ser» Tu me doiba pOur
mm
map . paj . ser
Mil . lo fois lo iour bai
ser.
bai . Bo> MU . le fois
le iour biü . _ aar.
Mü . le foia
bai
8or.
a^p . pai . aar
Mil - le foia le iour bai -
d by Google
Julien Tienot, fionsard et la musique de son temps.
129
VL
Aprte avoir lu ou entondu ces pages inu^icales et apprc^ci«' a leur
joste valeur leurs qualites (Vt'criture, d'harmonie , (Vexpression , il est
permis de demander i)ourtant si elles realisent exactement Tideal musical
con^u par Ronsard. Etait-ce bien avec ces accords pleins et ces coiitre-
points tout herissrs de notes (jue le poMe avait pense ressusciter Tode
pindariqae, dont la simple et f rüste mi'lopee grec(|ue avait dt« Tanique
soutien musiciU ? Ne fut-il jamais ehoqu« d'enteiidre ses sonnets, emana-
tion d'an sentiment si individuel, chantes par toai iin chn?ur, füt-ce
senlement par quatre Toiz, ndcessairement de sexes differents? Fallait-
ü donc etre quatre, dont deux femmes, pour dire:
Mais 81 los cieux m'r ' i lit naitre, Madame,
Ponr £tre tien, ne geue plus roon 6me . . .
et les heiles inteipr^tes de Petite Nymphe fddtre ne se devaient-elles
paa k ellee-memes de rougir un pea, quand, de?ant la cour assembl^e, on
las obh'geait ä cfaanter:
Ma doucette, ma Bucr^e,
Ma graco, ma Citb^r^,
Tu mc ihm pour iri'Mpni'är'r
Millo fois Ic juiir buiüei ?
n est bien vrai que tous les arts, daus leur nouveaut«', sont enfermes
de force dans les fonnes existantos au temps de leur nianifostation iirc-
mi^re. Mais cet art de la polyphonie qui, malgr^ les ( hcfs-dVeuvre qu'il
a laiss^, n'en ^tait pas moins encore dans la Periode des tatonnementSt
pr^ntait vraiment trop de contradictions aveo les principes immuables
de la raison. 11 fallait bien sV n'signer, pnisquo cVtait adrais, et que
les piroducteui*s, en plein cours d'une (''volution dont il n«' pouvai^nt
pr^Toir raboutissement, affirmaient (pril cn devait rtre ainsi. Mais le
bon sens düt souvent raurnuirer de cctte contrainto. Kons.ird (|ui voulait
que le poete chantat ses vers, *<iuelque voix quo tu puisses nvoir» lui
disait-il, ne songeait pas que ce dut otre en morceaux a «{uatre partics.
S'il parle a tout moraent du luth, c'est que cet instrument etait, de son
temps meme, raccompagnement par excellenee de la voix isol«'«'.
On na pas encore accorde k cette musique du luth toute Tiuqiortance
qu'elle meritc dans l'lüstoire de la nuisicpu*. IjCs dorninrnts, il est vrai,
sont assez rares, et d\me lecture qui offre <les (liftieuitt's, sinon trös
grandes, du moins speciales. Nous en connaissons pourtant assez pour
savoir que la musiciue de luth du XVI- sitnle so conq»oso o^ rnitiellemnit
(1p> dansps mises j> part^ de transcriptions d'o'uvres polyplKniir^ues; s'il sagit
de cbausons, le fn/po ifffi est detachf' de rensonible haiiii«»iii(|ue H deviont
le canffffi. (lu'iiu«' \oix seule peut cxecuter, taiidis que riubtrumciit ia
soutient en executant les parties ioferieures.
8. d. L U. IV. 9
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130
Julien Tienot^ Boniwd et k mnriqae de loii tompi.
Rieu mieiix qiie les morceaux ([xum viont de liro iio \)Q\it se preter
ä une teile interpn^tation: il semLlo qu'ils aient etv fait*^ pour eile. Nou«?
f omiaissüiis peu d tjeuvres du seiziemo si>€le qni aient un caractere mölodi-
que aussi marque. Voyez Tode de Goudimcl: Erra?it par champs
de h (frace: e rst un chant, des mieux dessin^s, et dont les parües
inferieures no sont, d*un hont l'antro. (\\w le sontien harmonique. Nous
avons fait dj'jsY ime ohservatioii aiialoguc au sujet de la Petite Nymplie
de Jaiiequin, v»';ritable aiieitj «l'ojn'ra-comique. D'autres morceaux, par
exemplo ]<■ sonnet de Certon: J'csprrr et craim, sont dans co style notet
contre note que des theoriciens ont denomrae ^^tvlc tVair» , parce que,
du fait de la coml)in:iison mcme, la partie supeneuie prend un caractere
m('lo(li(|ue. Pour chercher un exumple en dehors du rocueil de 1552,
inius citerons encorr la Mi^jPOfnte, aUons roir si la ros€, de Costeley,
(luiil la nielndie tn's bieii (le>siiit'e est si caracteristique du aentiment et
du htyle de rt-p()(]ue. et dont les partiui» inferieures ne sont qu'un accom-
pagnement. II fut done tres facile aux araateurs contemporains de
Ronsard d\!mpiunter i\ ses ehansons en parties runiijue sitperim et de
remplacer la rest^ par des accords de lutli ou de guiterre, et il nous
semble hors de doute qu'il en ait ('tf^ fait ainsi.
Püui-taiit, auGun livre de Ititli, a iiia connaissanco, ne donne expresse-
ment de transcriptions des cliansons de Konsard. Je u'eu ai trouve ni
dans les coUections de M. Chilesotti, ni daus les Notes sur llmtoirc
du lutfi de Michel Brenet, ni dans un scul des livres orij^inaux qui ont
passe par mes mains. Mais cela ne prouve en rien que ces transcriptions
n'aient pas existe. Et voyez couibien fut etendu le succ^s des chansons
de Ronsard, merae sous la forme instrumentale: h la table du cel^bre
Virginal Bouk de la Keine ElijsabeÜi, c'est-Ji-dire daus uu livre publik
en Angleterre un demi-si^cle ap^^s la venue de Ronsard, je rel^ve la
chauisuu de Uoland dr Ijassus: Honjour mun cu ur». ('erecueil, fait
en vue d'uu iiibtiuuient nouveau, donne aussi des arrangements d ojuvrcs
de lutliistes, par exemple de ce Dowland dont il fut question ä la
prenii('i e page de cet 6cnt. N est-il donc pas certain qu uuc mu.sique qui
jouit d une favcur si caracti'ristique avait commence par etrc cbantee et
joutie, dans son pays d'origine, sous la forme la mieux appropriee aux
usages du tempb?
Au reste, ce n'etait pas seulement ;i la cour et ai la ville, ni dans le
monde des düfttonti sachant jouer du luth, que Tun cliantait Konsard.
Faut-il rappolcr cncorc une fois cettc phrase de Tecrivaiu bretou I^oel
du i^'aii:
»Quand notrc ^labile ile "Rennes chruit.ut mi lai df Trif^tan de T^f-onnois
iur viole ou mit- 'ul<- de re crand poötts iloiisu.rtl, n t-ushiez vouh juge que
ceituy-ci, sous ic deöcspuia- d« Casstiudre, se voulust coutiuer et reudre
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Julien Tienot, Ronsard ei 1» aranqne de mm iempa. 131
en la plus 6troite obBeimaee et heimitage qui eoit Bur le Mont-Femt, et
r»ntre. kissant <;on Yaeulti «e fouirer et jeter anx döpitensee ponnniies de
la bete Glatissaut?« ^)
Ainsi, les menetriers bretons du XVI* si^cle chantaient parrai le
peuple les vers de Ronsard, au meme titre que les complaintes de
IHstan et Ymiltf Et cette populaiit^ generale s'etendit jusqu'au siecle
smvant. Plusieurs livrets de chansons, le Somnmire de tous kn recueäs
des plus exceUeiites chansons taut amoureuses, rustiques que miisienles
(1582), La Fleur des chansons amourenses (1600), etc. renferment, j\ cot«'
de vaudevilles et de chansons diverses, des poesies de Ronsard en grand
nombre. Certaines servaieijt h dosigner des airs connus: c'est ainsi tjue,
dans un de res livres, coti« des timbres universellement repandus de
la Volte de J'rovntr'p, du iirnnle de Poiton, du cliant: Traisfrrs dr Ui
RochpUfi, on peut lire une «Complainte d un amant ä sa darne» sur l'air:
Quand rr Itmu prinfpmps jp rotj. Et cctto mome strophe des Amours
de Marii ligure dans uik- frinossee de cluinsons popiilaires, j\ coto de la
P6romidlßy de Sw Ic pont d ÄvignoHy et de Quand la b&rgere va^t-aujc
c/mmps.
II advint mvmc (\no le type de ferame, sinon m'e, du moins idralise
et ct-lebr«' par Ronsard, devint mis'ii populitiro (juc sps vers. Le {x'iiple
!t son tour tit des cliansons sur Cassandie. Bizarre destint'e des choses!
Alnrs (pio noiis aNons irrandr pcMTic ;i rctrouver dans les Uvrcs la
iinisiquc sur la<pi('lkr se chantaient ies vers antbontiqnos du pot'tts il est
une d« ces rhansons dont Tnir. njin^s avoir joui «1 l'origine d'une extreme
popuLirite, finit. ayant travcrsi' pres de trois sit'clos, par devenir pour
un temps le cliant national de la Franro! Je ne redirai plns en detail,
je me born^rai ä rappolcr :\ grands trails Tliistdin' d<' ce ehant. qni nous
est connu d"al)ord par un traite dr tlanse, l (Jrchesoijrnjjhie, snns le nom
de «Hranle eoupe nomnie T^issanilre», qui plus tfird reparait avec des
j)aroles iui!sc\s dnn« la liouche de CasHjindre cllc-niiüie ■ — nr\o r':i«!sandre
d'ahord assoz pc.'rtincniment iiiytholojirique, et cjui se di'clan' MlcM cndne,
des cicux*, mais (iiii par la suito fonibe au ruissfau ei ne ( liante jiiiis .jue
de j^rossi^res ehan^oub bachiquis, toujdurs sur le meiue air! Puis, h la
tili iiu XVIir sii'cle, l'air est ramasse par un chansonnier qui lui adapte
les paroles: *Vive Henri (piatr«'», et le voila devenu le chaut de ralliemeut
des royalistes, Ihymne de« liourb(»ns rcstauresl^j
1} Nor! da Fail, Omtes rt ih'seonrs (VF.uirnpel.
2) J'ai raeontö Thistoire de cette chanson, cn plus graiuln dijiailw et uvrc dn-
cuments 4 l'appui , dans mon Hisloire de la cltattson populairc en Frame, pp. 276
et mar, Un mo) nooTeaa docuniMit evr le mfime tnjet a &£ pnoduit depnia Ion:
e*««t «ne trauoription pour latlt de «la Oasseiidre», quo neos lisone den» lee
Ao/ea sur Phistoire du bith, de Michel Brenet. A ce si^et^ ikOtre «avant confW>re
croit devoir zeotifier la notaiion que j^eTaie donn^e de la premiire mesnre, et conteater
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Julien Ti«not, Bonsard et la mmique de «on tempa.
Mais ne connaiü'ons-nous donc aucune de r es m^lodiea sur leäquelles
les vers «l«- Konsard se chantaient a Tobc seule et sans auciin aceom-
pagnement? Cela est fort si craiiulre. car au XVP si^cle on n'impriinait
gahre quo la miisique savant««. les melodies de touinui'e populaire «Hant
confiees :\ la soule memoire et transmises par tradition. Pourtant il n'est
pas de r^gle qui ne souffre d'exception; et voici un petit livre, de la plus
grande rarete, tant par son caractere exceptionnel que par le petit nombre
dVxoniplaires qui en sont venus jusqu'ji notre (-poque, oü nous trouverons
entiii satisfaction. C'est le limnil flps pff/s' Mies et rrreUmfps chnrisom
en fanae Yoir-dt-rUli-^ fi/y'rs ih <ltnrs af/fhru/s hmt (incietm que
moff/Tfff's, (ui.Kjudle^ a (He noin tUrineiit adapUe la uiusUfuc de leitrs ehnnh
coinmuHs^ (ijin tfne chncuu lea pttissc chanter rn qnehjue lieu qtf''>I sf troti-
rrrn tant dr loi'r que sur les histntments, Par Jehan Cli a rd avoi ne,
de Braufort eii Anjou, A Paris, Claude Micart, au elos Üriineau, :\
Tenseigue de la (yhaise 1570). On trouve de tout dans ce recueil, —
jusqu'a de^ cliansons dauphiüoisos. — jusqu'il des vers de Ponsanl
L'aubaiuc est trup rare pour quo ii<>us n eu profitions pas jiisqu'au Ixiut.
Voici donc < iriq chansons de Ronsard, avec leurs chunts coininint.^^ liien
arc1iai(|ues aNSurcment, pourtaut non cncore sans chaime, nun saus caractön?
surtüut, et qui ont le precieux a\ autage de nous donner le renseignemeut
positif que nous avions vaincnieut cherche partout ailleurs.
Ode: «Mignonne, aUons Toir si la rose>(i).
^ # — i~i _
9=
M ignonne, al - Ions voir si
cio-se Sa ro>be depoorpreau so« leil A point per-du oes^te ves»
pre-e Iie lys de la ro-be poar>prä-e Et sonteint an vot-tre pa- reil.
Pour montrer de quelle fa^on l'on peut d^tacher nn St^perius d*un
les Observation» «jue j'avais pft-sentccB a ce sujet; mais j'ai !e regret de ne pns admettre,
ü inon tour, sa rectiücatiou. J'ai tout lieu de croire, eu efiet, que si le luthiste a adop-
te la Variante dont j^avais contestö Tauthenticit^, c'eat toai siiaplMneiit que, copiant
Vthehitoffnpkiej il en a reproduit la faate: rien de plus plausible qua eette «cplioation,
taudis que les raisons critiques qui m'avaient conduit ä dütenniner le texte musical
itin^i i\[\e je Tai fait ne mv ■^rinblent avoir rien penlu de leur furce. 11 sc trompe
d aiUüurs lorsjqu ü dit que «l'air de la Cossamire est conipose sur des vers de Ronsard»
(p. 41 de la brocburej: les simples indicatious ci-dcssus out pu iui rappeler qu^en ecri-
vaat oette pharase U avait commis ime erreur de memoire.
1} Notä dans roriginal en clef d'ut 8"* par consäquent ime octave ni^dessons.
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Julien Tienot, Ronmrd et la masique de son temps.
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eosemble poljphonique, quel effet produit un tel chant pris isolement et
quelle diff^rence sft m^odie savante offre avec le «timbre» popnlaire, noiis
allons reprodoire le chant de la mSine ode mis en musique par Costeley,
retranchant seulement les i^pdtitioiifl et les silences (en trte petit nomlHre]
motiv^ par le d^Teloppement hanDonique. L*on obserrera dH Tabord
qne la difidrence la plus notable r<5side en ce que le chant populaire ee
T^p^te k cbaque couplet, tandis que dans la composition saTante il se
d^veloppe d'iin bout k Tautre de la pönale,
^ mm m -m mm ^4
Mignonne, »1 - Ions voir si la Bo -ze, Mignoiine,ftl>k>ns voir n 1»
^ni oet • te nnit
Ro-ze
A ' voit des-olo - le Sa ro • be
deponrpre «t «o - leil, Ha point per • du, oes < te Tot-pri « e, A point per^
dn res - tc ves-prd-f» j>lis de sii ro - be pour-pr^-
Et son teiiit au \us - trc pa - reil. lias! Las! voy-o? ronime en
peu d'espa-co, Mig-nonne, eUe a des-su« la pla-co, Las! las! laa! «es
M ■
beautiz lait»«^ eboir. 0!
O! vrai-ment n» • ra-tre na • tu - re,
Puisqiru-ne U'l • te fleur ne du-re(|iio du nia-tin jasques au
& \ ~—ß'- — 0-\ — —0 — ^- - — p-j— -r?— :?L— >^^r^]:-— M--^
aoir. Doncques, si mt: croy - e/, Mignon - ne, «liiin -qucs. si nie
m
es, Bfif-noii'ne, Tan • dis que to
I
3^
tre a • ge fleu • ron • ne
— K-
i
En «a pluiverte noo-veau-te, CSueiUea, codi -lex vo-tre jeu-
1) Mwtique de Guillaumc Costeley, 1570, 3""« livraison des Maitres musicims de
la RmaUww» /raufaüe, par Henty Expert, p. 76.
134
Julian Tieraot» Ronsard et la musique d« son temps.
lUM • 86:Comme4
ces - te Hear, la vieU
Im ' 99 Fe - x» ter-
m
TT
Ii
nir vo-tre buau-tc. CueiUes, cueü*lez vo-trc jcu • nes-ae:Commea ces-
X.
^^^^^
te flcur, la vicil - Ics - sc Fe - ra
4:
ter - nir vo - tre beau - te.
Oette Mignorme^ aUom voir si la rose est restt'e, pendant trois ai^des
et demi, la plus renomiuec des po^sies de Ronsard. On la trouve enoore,
niisc esL musique, dans deux ouvrages du XVIII* siecle ä pr(?tention8
historiques (g^neralement peu justifieesj: VAnthohr>gü fran^mse^aiV Essai
»ur la mutiqite de La bor de. Un simple coup d'ceil suftit k demontier que
ni l'une ni Tautre des iiu'lodies iie remonte au temps de Ronsard, et
qu'elles furent compos^s tout expr^ pour les livres dans lesquelles elles
figurent.
Poursuivons uoa dtations des VoU de viüc:
Ode: «Ma peüte colouibelle».
Ma pe • Ü - te co - lom-bcl-lc, Ma pe - ti-te tou - tu bei - le, Mon pe>
X
tit (vil, biii -»c iiioi. D'u-TU' Ison-clio tou - te plei-ne De bai-sers, chas-
. 4^
•e la pei>ne De mon B>moa*reiix es-moy. Qaaad je voub di<
X
tay, Mi-gnon-ne, Ap>pro«ch6zvous, qu^onme don-ne Neuf bai^ser» tout
leb:
k la foia, Lon ne m'en don - uez que trois.
Chanson: «Quand festois Iibre».
4-
Qaand j*es - tois libre et que ra^mour cru - el
le Ne fast et-
m
pouse en-core en ma mou-el «le, Je vi • Tai« bien hea-ieox; De tou-fe$
Digitized by Cuv^^it.
JaUen Tienoi, Ronnrd et la motique de son temp«.
135
-* — p-
pari oeat mil-la jeu-nes fil>lei Se tra^ndl-loient ptr lettn flam*
mes gen - tU - les A me reudre a • muu - ruux.
Chanson: «Quaad ce beau piintemps je Toy.» ^)
I
Qoaad ce beaa printempi je voy, J*a-per-$oy Ba-jea-nir
la terre et Ton - de, Bt me aem - ble qne le jour et Fa-
rnonr Comme en - cens naia • teut an mon - de.
Chaubüu: «Douce maitresse touche».
Don-ee mai-tree-M» toa^che Pour sou-la - ger mos mal Mea l^v-res
de ta bon-cdie "Blxm ron-ge que co • raü. D^im donx K • en pna-
^(1)^1
Tiens mon ccenr ^ em - bnw - w6.
m
Ronsard mounit, le 27 d<'cenibre 1585, en son prieur^ de Saint Cosme
f-n Touraine. Deux mois apres, il eut, en la chapelle du coU^gc do
BoQcour, des fon^railles comme on n'en fit jamais h un souveram* äi
1) Le mSme cliant «e trouve dan» le« Ckm$om de P. de Bomaird . . « miiee en
iiiusique par N. de la Grot t o. Hvn date de 1576, o*eat-&-dire d'une amife anterieur
au Vrtix de VUlr de rhanliivriim-. r'c«t Ih tine prenvo pf'rcm ptoire que ce deraier
ou>Tage Pflt bien un recueil dü melodies n ]>aiiducM daiis Ic jiubiic Ä cett<» •'■poijin-. et
»Ott une composilion originale, comme certains 1 ont cru d aprea le libcUe, fort vague,
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Jolien Tiersoi, Boiuard et la miuiqtte de son tempi.
les poinpusi (ifticiclles sont d'ordiuaire aussi tot oubliees qu'accomplies,
an coTitraiTc lu soiennito du service fim^^raiic Tlonsnrd fut teile, le
conconis de ( pux qui tinrent a honnr ur de s y reiidre fut si considerablc,
et c'cla par la (|iuilit(' dos assistaiits |>his enrore que par leur noiuLre, que
eette cereuuinie causa une profonde iiupression sur IVsprit des contem-
porains. Le poete tut crh'hvf' par la parole: roraibuii fuiiebrc })ionoiic('e
par lt> futur cardinal Du IN rnni arraclia des larmes h tous les auditeurs.
II le fut aussi par la niusique: un Requiem fut couipose tout speciale-
ijieiit pour la circonstanco. Cette nnivie eut i)our auteur un jeunc coni-
positt'ur qui, pour suis dehuts, avait ('ti' r.iiiic uiusicale de cette Aeadeiiue
de Baif dout la foudation etait eiuure due h Tintluence des idees de
Konsard et de la Pb'iade sur l'uniun de la musique et de la poesie.
«Or, taut de po»'tes (jui lluris?*aieiit alors ne semblaient produire ieurs
gentillesses que pour les faire vivre sous les airs de Mauduit.» Ainsi
H'expriiue le P. Mersenne, daus V l\/o;/r <]( J>ini?<rs Mauduit, crctUrvt
iittislftini. qu'ii imprima. h la fiu du premier volunie de son Harmonie
unitcraelk.
«La premifere pi^cc qui fit paroiBtre lu profonde scicnce de Bet aecordi,
ujoute uotre auteur, fut la 3Icsse de lle.qmem qu'il mit en musique et qu'il
fit chanter au service de «on amy Konsard, en lu ceU'^bre ussemMt'e de la
cha2>elle du ColU'ge de Boncouri, uu le grand du Perron ee fit admirer par
rOi'aison funebre de ce j)rodigicux geuie de la poesio.»
Le livre de Mersenne est de 1636: dejji Malherbe etait venu, et c*est
dans rannte meme que Corneille donna k Oid. £t pourtant on vient
de voii- oouiment un homme d^esprit supdrieor savait encore parier de
Honsard. Ainsi, par la musique, le poÖte touche i\ dcux siecles. A Thenre
de ses d^buts, ü avait ou pour premier collaborateur le vieux Jane-
quin, le musicien de Eran^ois 1*"', le chantre de Marignan; puis tous
lc8 maitres de son temps avaient tenu h, honneur de lui apporter Thum-
mage de leurs harraonies et d'en orner ses vers. I^n plus jeune ecrivifc
U's ucords funebres qui retentii'ent autour de sadepouüle; et voilä que^
plus de cinquante ans iq)res sa mort, nous trouvons encore un ^loge
cater'orique 80U8 la plume du plus savant musicien qu*ait connu le nouveau
siiicle, Mersenne, Vami de Descartes.
La suite du chapitre de V Harmonie tmiversf^e reproduit le röpons de
Mauduit Pi< n qne d'un autre style que les chants dont rexamen a
fait le ])nncipal objet de ce travail, il ne saurait etre regard^ comme lui
dtant (Stranger. Nous rendrons done h notre tour un demier hommage
en reproduisant, pour terniineri cet bymne funebre compos^, par un de
ses demiers fid^les, en l'iionneur de Honsard, po^te flouverain.
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JaKen Tieivot^ Bonawd et U murique de son tempe.
137
Requiem (B^pons de PAbsoute).
Qhant^ aux funäraüles de HonBaxd.
Jaeqnee Meodnit.
äUptTlUä.
Quinta
Contn.
Tenor.
Ke-qai-eiu «e - ter - uam do - im e
is Do - mi - uü,
4:
fie • qiii-em le - ter - nam do - na e
is Do • mi - ne,
üe.qui-eui - ter - imm do • mt e
— # — ^-
4:
^ ^—
IC
'0 »-
I
Be - qui-em w - ier - nam do - na e
is Do - mi - ne,
^
:^2;-ZE
Be- qui-em te - tor - uam do - na c
is Do - mi - ne,
Im
£t lux per • pe - tu • a
-9-
lu • cc • at e
Ei las per - pe - ta - a
— #-
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In • ce • ai e
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£t lux per <■ pe • tu
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Itt - oe - at e
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Et lux per • pe • tu
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-# #-3-
Et lux per - pe - tu - a
lu
ce • at e
11.
1
IS.
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Julien Tienot, Buiuard et la monqae de son teup«.
1-Uj - 4111 'CS - caut üi
- ce. A
7-
Rc - qui - ea - tiuil
ui
pa - et;. A
meu. Do - mi • oe ex-
♦ <>— ,
iic - HUI - m • mnt iu pa • ce. A
men. JLK> - mi - ue «Jt-
lie - qui - es - ctuit in pa - ce. A
iiitiD. i>o • mi - ne ex-
:i" 1
Stg:
Be • qui - ee • cant in pa - ce. A - men. Do - mi - n« ex-
RQ «di o-ra«ta-o - nem me • un. £^ dariaor me-iii ad
1^
au -di o-ra-ti-o - nem me - am. Et olarMor mt-ni ad
ni-r-r T ^ ^ ^ r r r~F
— # — ^ —
i I I
an-di o-ra-ti-o - nem me • am. Et cla>mor ma-na ad
# — #
T— r-g:
au-di o-ra-ti-o - nem me • am. Ei cla-mor me • 11t ad
-# — «
au-di o • la • ti - o - nem me - am. £t darmor me • us ad
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Julien Tiersot, Konaard et la mnnqtte de aon temps.
13lj
te T6 • ni - ftt Domicilii« vo • bia • cum. Et enm api - ri - tu tu • o.
te ve - ni • ttt. Domi-nua vo - bis • onm. £i cum spi - ri > tu tu •> o.
^ — — ^
te ve • ni - ai Domi^nna to - bia • enm. Bt eom api - ri - tu tu • o.
te ve - ni - at. I>oim«nn8 to - bia - cmn. Et cum spi - ri • tu tu • ö.
te Te • ni • at. Domi-nua to - bia • cum. Et com ipi - ri - tu tu - o.
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O-re-mui. jEi'de«lioum, Be-os, om-ni'Um con-di - tor et re^emp-tor,
0 • re^mnt. Fi-de - li^um, De-ua^ om • ni - um con-di - tor et re«demp>tor,
0- 'S?— «©-
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0 - rc-mu8. Fi-de - li-uiu, De-us, om • ni - um con-di - tor et ro-demp-tor,
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0 - re-mus. Fi-de - li-um, Dc-us, om - ni - um cuu-iii - tor ut re-demp-tor,
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-m — ^ — r^—m-
0 - re-mus. Fi-de - li-um, De-ua, om - ni - um con-di - tor et re-demp-tor,
140
Jidton Titinot, fionnrd et la muiiqiw de aon tempt.
e . ni • me - bua fe - mu - lo - ntm fm - mu-le > mm - que ta - a - mm
m
ni • tna > bu fii - mu - lo - mm & - mn-Ia • mm • qae to - a - ram
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a-ni-ma-biM fa-ma-lo-ram fa-ma-la • ram-qoe ta- a
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re - mi»>8i • o • nem cunc • to mm tri - bu > e pee - ca - to • ram :
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re-mu-si - 0-nem cenc'to - mm tri-bu-e pee - ea-to*ram:
Digitized by Cuv^^i
i
Julien Tienot, BoBurd ei !■ manque de son temp«?. X41
ut in-dnl • gen>ti - am quam sem • per op-ta • ve - ruut pi^is suppU^ca • ii>
11^
nt in-dal-> georti > am quem sem-per op-to-ve-nmt pi-ii enppU-ca • ti-
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ut in-dul - gen-ti - arn quam sem - per op-ta - ve - runt pi - is suppli-ca - ti-
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at in^dol - geii>ti - am quam scm - por op-ta - ve - mnt pi -ia anppli^oa • ti-
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nt in-dnl - ge&'ti - am qnem «anioper op-ta*Te-rnnt pi-it su2pli-ea>ti-
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o - ni • bu8 uoD • 8« • quaa-tur. (^ai vi - vU et r^-naa, Be-oi«
f , - • , , Tr-— H'^l — ■) i '■
0 - ui - btu con - se - quau-tur. Qui vi • vis et n^-naa> De - us,
0 • ni - bu8 con - se - qQan-tur. (^ui vi - vis et rcg-uas. De - us,
o-ni«bna oon - se - quan-tnr. Qni vi - vii et reg-nas. De-os,
o - ni - bns eon " se* qnan-tar. (^ui vi ■> vis et reg-nae.
De - US,
kjui^cd by Google
142
Julien Tiertol, BonMurd ei 1» nnutque de eon tempa.
— w.
per om-ni-a ste-cu-la seD<oa>lo- rum. A • men.
i
per om • ni « a ub • cq ■ la w • cu • lo • nun« A
per om - ni - a
• oa - la 8» - cu - lo - mm. A
tizf r r r-^
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it:
per om-ni-a ssc-cu-Ia ttce-cu-lo- rum. A
meu.
— h — — ' ^
ES
per om iiB-ca-le ste-cn-lo- rom. A
3c:
1:
-:: r-^if=r-
1^ gz^zi^iibrz-r:
He • qui • e« • cant in
pa
ce.
meu.
■iSh-
Se - qni • ee - eant in p» • «e.
r —
Be - qui - es - uaat in pa - cc.
men.
Be • qui • ee - cant in pa • ee.
Be - qm <■ es • cani in pa - ce. A
men.
Digitizec uy google
Edward J. Dent, The Opem of AlesMndro Scftrlatti.
143
The Operas of Alessandro Scarlatti
by
Edward J. Dent.
(Oambridge.)
I
*
OoiiBidering tlie celebrity which Alessandro Scarlatti eujuvi d during
bis Ufetime, he has met with scant justice at the bands of musical his-
torians. The earliest biography of anj importance^) is that by G^nnaro
Grossi in tfae Bio^mfia de^ Üinrnni ükairi dd Begno di KapoU (Naples
1819), 8ome details of wbich were taken from the meagre renunisoences
of Quants in Marpurg's Hütori&^4erüi»(h$ Beiträge zur Aufnahme
4er iftcMfc (Berlin, 1744—62). Grossi's notice was oopied by Yillarosa
ia bis Memorie dei Compoeitori di Musiea dd Regno di Nn^poU (Naples,
1840), who knowing veiy little abont Scarlatti and apparently caring
stOl leaSy contribnted notiiing new. F^tis foUowed Gros» and Villarosa,
sdding the anecdote about Gorelli; JPlorimo (Cenno Storieo mUa acuola
fiittsteofe di Nt^ßoU, Naples 1869—71) foUowed Fätio, adding a few tra-
ditiona of the Neapolitan School, and shovisg more interest though not
a yery intimate faioivledge of the oomposer*a works; F. Gehring in
Grore's Dictionaiy and H. Riemann in bis ovn did little more than
condenae the biographies of their predecessors. All catalognes of Scar*
latti's compositiona that bave hitherto appeared are Tery inadeqnate, and
the ditidlama of historiana of music bare suffered from being founded
QU a more or less incomplete acquaintance with the music critidaed. I
hope that the following list of those Operas of Alessandro Scarlatti about
wlueb definite informataon is to he bad may help to a wider appreciation
of the work of one of the most important pmtnalities in the histoiy of
Diodem muflic It does not claim to be cbmplete, and is especially defi-
dent with regard to libretti and detached airs; these bare presented
considerable difficulties, sinoe the former often bear no composer's name,
ud the latter bardly ewet bave any indication of the Operas from which
tihey are taken. The list ii based entirely on personal investigationsi
and I bare not aa yet been able to go orer the ground a aecond time;
Üiis wonld be the only way to clear up many points still obscure, expez^
ienoe having frequenüy demonstrated to me the tmth of the proTorb
Cid vud vada^ ehi tun tmol mandL
1) Ha w kl Ii a and Burney say little about him.
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144 Bdwanl J. Oent» The Opem of Aleaatadiü Scarktti.
Aldimiro orvero Favore per Favore.
Libretto: Bolocrnn, Licco Musicale. (Gubbio 1687.)
Brüssels, Consen'atoire. (Borne, 1688. No coinposer s name.)
Fragments: British Museum.
The Gubbio libretto informs us that tlie ojieia liud jin vioiisly been
perfonned in Naplcs. For the Roman ixa-foimance it was somewhat
altered by the Papal censure. It was also given at Bologna in the same
year.
It'Amaxonc G uerricra. '
Score: Monte Cassino.
Munich, Hof- und Staatsbibliothek (copy from preceding MS.j.
Korne, BiM. S. Oeeüia.
Produced at Naples ^Royal Palace) in 1689.
JjAmor Qeneroüo.
Score: British Museum.
Libretto: Naples, Regio Collcg^io di Muj«ica.
Produced at Naples (S. Bartolomeo) in 1714.
Jj^Amor Volubile e Tiranno.
Score: Brüssels, Conservntnire.
Dresädeu, Kimigliche Bn>liothek.
Libretto: Bologna, Liceo Musicale.
Naples, Begio CoUegio di Mnaica.
Produced at Naples (S. Bartolomeo) in May 1709.
Auacreonte.
Score: Miluster i. W.^ Bibl. Santini.
Libretto: Bruneis, Conservatoire. (No oomposer*« name).
Produced at Pratolino in 1698.
Arminio.
Libretto: Bolugmi, Liceo Musicale (Naples l*d November 1714, wautiiig
part of Act. lU; Borne 1722).
BniBBels, Conservatoire (Borne 1722).
Naples, Begio CoUegio di Musioa.
Fuliti mentioDS a Performance at Pratolino in 1708. The prefoce
to the Naples (S. Bartolomeo) libretto statee that the comic scenes were
taken from other operas already represented elsewhere, bat I have not
been able to trace them. The opera was revived with conaiderable alter»
ations at the Sala Oapranica in Bome in 1722.
La Caäuta de* Deeemviri.
SeoTo: British Museum.
Braasels, Bibliothöque Boyale.
Naples, Begio Collegio di ISIusica.
Libretto: Brüssels, Con«5crvntr)ire. fNo composer's namej.
Fragmentö: Dresden, Küuigliche Bibliothek.
j . by Google
üdward J. Üent, The Upem of Alessandro Scarlatti.
146 •
Producud at JSaplcs S. Bartolonieo) in 1697. It appears to liave been
revived in 1706, as the Brüssels score Lears that dato, and the Naples
score bears a partially effaced datc of whicli the figures 17. 6 are
decipherable.
Camhi.se.
Score: Xaj)le8, Regio CoUegio tli Musica.
Libretto: Xaples, Kegin ('Dllrrrjo di Mii-irn.
Produced at J^aples (S. Bartolomeo) 4 Febrnary 1719. The score
bears the macription *^Opera III."
Carlo Ee d^Allemagna.
Libretto; Bologna, Liceo Miuleftle.
Naples, Reifio CoUegio di Miisiea.
FragmentB: Bmssels, Bibl. Wagener. \ ^.^
Dresden, Königliche Bibliothek )
Produced at Xaples (S. Bartolomeo] at the Camival in 1718. The
libretto contains a quite separate sei of tliree comic intermezzi in addi-
tion to the usual scenes incorporated in the drama.
II Ciro,
*
Score: Brnstda, Consenratotre (autograph).
Libretto: Bologna, Lioeo Mnaicale.
Fragments: Manster i. W., Bibl. Santini.
Xaples, Real CoHogio di Musica.
Produced at Home in 1712. The libretto has designs for th*- scenery
by JuTarä. The score is dated October 1711, no doubt Üie date of
composition*
Cleareo in Negroponfe.
Seore: Modena, Biblioteca EstenBe.
liibretto: Brassels, Conserratoire.
Modenai Bibl. Estenae.
Frodnced at Naples (Royal Falace) 21 December 1686 for the birth^
day of the Qaeen Dowager Marianna of Austria.
Ihijui f Galatea.
Frugmeuts: l^resden, Köiu..'lt( li> lUbliotbek.
Paris, Conservatoiie.
Produced at Xa})lrs in 17(K), according to tlif Paris M.S. which di >-
criix's the work a-> "( )[)era bo>carcccia"\ Tlu' Divsden MS. has no air
in common witli the Pari.s MS. consistinir of romic vcencs only, nnd is
calb'd '^La Dafni", but it can b;>r(llv bc ilnuht« d lliat botii .st lcctiun.-? aic
takon froni the same opera, ot wliich the Paris MS. probably gives the
more correct title.
s. d. I. ii. IV. 10
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146
Kdwaril J. Daul, TUe Operas of Alessandro 8cariatti.
Dal Male il Bene.
Score: Moute Cossino (partly autograph).
Libretto: BnuBels, Co&a«rvatoire (Naples, Koyal Falace 1687].
IVagmenta : British Museum.
The Monte Gassino MS. bears the title *'Tutto ü Male che metif mn
vtm per wuwsert^ but corresponds exactly to the libretto ^Dal M^e il
Bene," with the addition of a comic prologue^autogiaph, as also a Sin-
fonia, and new music to three airs) wbidi waa added for a Performance
in hononr of the Spanish Yiceroyi Don Gk»paro d*Haro y Gnzman. The
prologue calls upon the singers, as well as Scarlatti, by name as folloirs:
PaxvinSy SearlaiÜt VAquüam^ Paoluecio, Margherita^ ü ragaxxo, who is
also abbreviated as Ateo^*, and Maiteuecio, Of these I can identify three
only, Bomenico L*Aquilano, Nicolo Grimaldi, and Matteo Sas-
saniy who were all singing at Naples in 1697 and 1698. Florimo
from whom I take this Information, gives no singers* names before 1696,
but this revival of ^Dal Male il Bene* could hardly have taken place
earlier, since Nicolo Grimaldi is heard of for the first time in 1694 when
he was at Borne. It seems donbtful whether the 1687 Performance was
the first, the style of the music pointing to a rather earlier date.
La Didone Delirante,
Frajs^ments : Naples, Ri'pio Coll«gio di Musica.
An Opera Didom: hdininfe wns crivfn at Ycnico in 1686 with music
by Carlo Pallavicino, tlic liluctto of wiiich (in the Brüssels ConseiTatoii*e)
contains tw«» airs in conimon vvitli the selection of twenty by Scarlatti
at Naples. Tlic librctto of Scarlatti's Kmireuo alludus to the previou.s
production at S. Bartolonieo of Didone Delimnie and Contodo Antujfino.
I bave found no tracts whatever of Comodo Aiitoitino bv wluch its com-
poser iinV'lit 1)0 idontiticd. bnt Klorimo attributcd it to A. Scaidatti, on
the gr«»und that \m was \viitin;i^ uitt ras for S. Bartolomeo at that time
(i. e. about 16^)7). It tlu rcforc set ius more probable that tliis Didone
Ikiirfinte i^SLple^ Ki'.T) (»r Hi^O? was Scarlatti's setting, than that it was
a rovival of Pallavirind's aientiuncd abovc. It was no doubt the same
drania, with most of iho nirs altered, as was comniuu in such a casc.
Fetis nppears to huvc ctmluscd this opera with Didone Ahlxnidonntu,
!Mi'tusta.su»s first drania. set to music f(»r tlic first timo bv »Sarri iu
17i^4. A. Scarlatti never set any libretto ul Metastusio.
La Donna an com e fedcle.
JA\\Yviio: Brüssels, Conservatoire (no coniposer^B name).
Frajinu nt« : l>i ( den, Königliche Bibliotliek,
Prodm • rl at Naplos in 1098; at S. Bartolomeo^ since the dedication
is signed by the imprcsario Serino.
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Edward J. Dentj Tbe üpenui of Alesmuidro ScarUtttL 147
L'Eniircno orrero II Consüjliu delV Owhra.
Liliretto: Bruf«>rl^, r'nnservatuire iio eompoaer's Ufkme).
TraL'ments: DitMlcii. Kimitrliche Bibliothek.
Producad at Naplus (S. Bartolom» 0 in 1G97.
Gli £quivoei in Amore ovvero La Rosaura.
Score: Britidi Mnsenm (two copies, rqvreaenting two different
performimro«^.
T>ilireito: Rrussuln, ( 'uu^ervatoire.
Frtiguieut«; Floreuce, Kegio Istituto Musiculu.
Naplefl) Regio GoUegio di Muslco.
Paria, Consorvntoiro (Acts 1 & II oomplete).
Borne, Biblioteca Barberini.
Perfomed at tbe French Embassy in Borne on the occasion of a
double maniage in the Ottoboni family in 1690. It was also peifonned
at tbe Boyal Palace in Xaples the same year*]: it is not 'known wbicb
was tbe earlier production.
OH Equivoei nel Sembtante ovvero L*Errore Innoeetite,
Soore: BolugnH, Liceo Muaicale (waota overtore).
Brüssels, ConaerTatoire.
Modenu, Bililioteca Eateuae.
Yeaice, Biblioteca Mnrcianu (contuining an air in Act 11^
HC. T, **Ko pt^r giuco 11 pescütur«** wUich is not in uny
other score).
Libretto: Bologna, Liceo Musieale (Bologna 1679, Rome 1679, Bn-
Teuna 1<'»H5).
Bnissrls, ( '(»iistTvatoiie (Monte Filottramo, 1680).
Modcna, Biblioteca K8t«nae. (No oomposer^a name in auy
librettol.
This, the tirjst kuown op«Ta nf A. Scurlaf ti, was pniducofl 8 Februarv
1670 nt tlip Oollegio r!<'montino in Hoinc, Ix'fore Queen Christina of
tSw<'<leri und was tranNferred latrr to tlir Tratro ("apmnira It cnjoycil
:i ^rcat populanty: witncss the liii* - from J/H.on(^8ta, negli Amori (pioted
a])Ov<*, and the perfonnances at Jji»l<»i,'na (Teatro Formighari), Xaples,
^Monte Filottramo, and Kavenna: it was nlso prohably givcn about the
same time at the Uoutarini theutre at l'iuzzola near Venice^J.
I^raelea,
Libretto: Bolo - Tjiceo Musieale (Parma 1700).
Brus:,el.-,, Cr.M.rrvatnir,' 'r..rma 1700V
Fragments: Brnspols, FiiltliotlitM^uc KoyiUo (ovcrtui'e and all the airs.
No recitativcs).
1) B. fr r (rntri lii Xai><,li ur! -r^. XV—XVfrf, Naplos 1H1U.
2) A. Ademollo, / tfoln' di limna nd scrolo XV'Il, ilome 1888, and articles in
U Opmione, Bome, January, 18H2.
8} T. Wiel, Catahgo dei Codki Coufttriniani neUa BibtMeea Mareiana,
10*
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148 Edward J. Deut, The Operaa of Alcssandro Scarlfttti.
Fragmenta: Dresden, KSniglidie BibUotbek.
Naple», Begio Collegio di Musica.
Paria, Oonservatoire.
Froduced at Naples (S. Baiiolomeo) in 1700. It was given the same
year at Parma witih additions hj Bemardo Sabadini.
II FiijJlo delle Srlvt.'.
Score: Pari-^, Coiiscrvatnlre.
Lil>retto: Brüssels, Conseivutoire (iio coniposers nnme].
Produced at Komo in 1H87. Tho representation assigned by AdemoUo
to l'lorence in KWS uiay possibly have taken place at Pratolino, where
an opera by Scarlutti (title unknown) was given tbat year^j.
Flavia,
Libretto: Bologna, Liceo MiiBicale.
Fragments: Hodens, Biblioteca Estense.
Produced at ^aples (K^gio Teatro, i. e. 8. Bartolomeo) 6 November
1688 for the birtbday of Charles II.
II Flavia Cunibcrto.
Score: Oxford, Cliristchurcli,
Tiibrt'tto: Brüssels, ( 'oiiservatoin» (tio compr)ser'8 uame).
KrajrnifiitH: Münster i. AV'., BiMintlxk KMutini.
Flach and FUivio Cunihcrto arr- two entirely diitercnt operas. The
Brüssels libretto (Rome, Teatro < 'ajtiMnica 1696^ probably docs not re-
pn'sent the first production. as ilic (lfdieatioii alludcs tu tlie prrvious
sucrcss of th«^ piorc H^jowhei'c. and tlie text dit'tVrs sli^'htly froiii tliat of
tlir score. 'V\w t Vai^incnts at MiinstiT conhist nf 1<) airs with tlic title
"Seeita d arl' >// //' Opt^u iuiitointa if Flario Cuailnft'lo iiitoranu nir coni^
jM)sta in ntusirn ilul Siqffnr Akssmiiho Scarlatti p rnjijtns/ nfnla in Pra-
folino prr ordiur ihlf AUewa iSifiettissif/ia di Vrrdtiitntdo di Medici frrä
Prinn'])c di Toxmiia iu tpifsT nnim 1702^. AdemoUü meutiouB a Per-
formance at Korne (Teatro Tordiuona} in 1695.
Gerane Tiranno di Siraeusa,
Score: Oxford, Oiristchurcb.
Fragment«: Naples, Kegio Collegio di Musica.
The score bears tlie words, "Posta in masica dal Sig. Alessandro Scar-
latti 1692 e sciitta 1693"; AdemoUo^) says that it was performed at
Rome in 1694. Probably it was produced in Naples first
1) L. Puliti, Cmni storifi iMla rita ^rl wrenmimo Frrdinando de' MeiUei Oratt'
printipp di Tonffnia, Flnrcnci' 1H74.
2, L'Opiuione, Boine. 20 January 1882.
Digitized by Cuv^^it.
Edward J. Deat, The Open» of Alessandn» Scarlatti 149
La Gri$Ma.
Scoroi l"5i rliii. K'in iLiIIrlif Bililiot liek.
Britisli Museum i autogniph;.
Brüssels, Couservatoire (copy from Berlin).
Ifanicb, Hof- und Staatsbibliothek (copy from Berlin).
Münster i. W., Bibliothek Santini.
Librotto: fiolot^nn, Liceo Musicale.
Fragments: Paris, Couservatoire.
Produced at Bome (Gapranica) at the Carnival in 1721.
L'Honestä negli ÄmorL
Score: Modena, Biblioteca Esteuse.
Libretto: Bologna, Liceo Maaicale.
Brüssels, fouservatoire.
Fragments: British Museum.
Paris, Conservatdire.
Produced at Eume, Ö February lüöü, probably at the Teatro Gapra-
nica.
L' Hiininnitä ?iellc Ferc orvcro II LucuUo.
Libretto: Bologna» Liceo Mutiicale.
Performed at Kaples (S. Bartolomeo) in 1708 with additions by Tig-
nola, so that its first production was probably earlier and possibly under
a different title <).
OH Jnganni Feiice*
Libretto: Brümsel«, Conflervatoire (no coniposer^ft name).
Fragments: Dresden, Königliche Bibliothek.
Produced at Na])]cs f Royal Palacc and S. Bartolomeo) in 1699.
Laodicea c JJcrc/t icc
8cure: Paris, BibliothtHiuo Nntidiialu.
Libretto: Modcua, Biblioteca K?ten>o.
Fragments: Britinh Museum.
Brüssels, Bil)li<ithe(jue Uoyale.
Xaples, Kej^io Colli L'io di Mnsica.
Paris, C%)nservat()ire.
Prodaced at Najjles (S. Bartolomeo) in 1701 . The music appears to havo
undcrgone some moditications in the course of tbis one season : the Naple.H
1) Yignola added cutoIu sccues« io Lotti'a "'L'in^amuo viuto dalla regiooe'' for a
Performance at Naples in the satne year, and apologi^es in the prefooe for doing so,
m-ing that it wus n> -cssury owing i<> the taste of Ihc timc and place, of tbe actors
and andienet'. Tt Iiis iiiklitions to Searlulti's ojiera were in tlie na^nro of comif scenes,
may be sun* that tlie opera \v;e» n<»t written orij^inally for Jsa)>li's , eomie scenes
▼ere a neccssity at Naples, anü f^carlatti wrotc tliom sa well as aiiybody. It was
prabtbly «ritten for Pratolino, considering Scarlattt's relations with Borne and Pra-
^0 at thifl tune (see bis letters to Ferdinand III quoted by Paltti\
Digitized by Google
löO Edward J. Dent, The Operaa of AleBsandro Soariatti.
frii^ients include some airs added in June 1701 which ai*e not in the
libretto or in tbe Paris score.
Lucio Manlio V Imperioso.
Produced at Flratolino in 1705. It was Scarlatti's 88^*' opera.
Mareo Attilio Reffolo.
Score: liiitish Museum (autographj.
Libretto: Bologna, Liceo Moaieale.
Brüssels^ Con8er\-atoire.
Nai)le9, Begio CoUegio dt Masica.
Fragments: British Museum.
Brüssels, Couservatoire.
Paris, Couservatoire.
Produced at Rome (Capranica) at tbe Camival in 1719. Tbe revival
at Bologna in 1724 was a pasticcio.
Massimo Puppieno,
Score: Monte CaBsino.
Fiodttced at Naples (S. Bsu tolomeo) 26 December 1695 <).
.V Score: Jieiliu, ivuiiigliclie Bibliotliek.
^ Paris, Cousenatoiie (copy of precediug).
Libretto: Bologna, Liceo Musicale.
Venicef Biblioteca Mnrcinna.
Fragmente: BruBsele, Bibliotböque üoyale.
Produced at Yenice (S. GioTanni Crisostomo) in 1707.
Le yoxxe eon l'tnimico ovvero L* Analinda.
Score: Paris, Bibliotb^t^uo !Natiouale.
Libretto: Bmasels, Coneervatoire (no composers name).
Fragmente: Britisb Musenm.
DresdeDi Königliche Bibliotliek.
Produced at Naples (S. Bartolomeo) in 1695.
üdoardo.
Libretto: Brüssels, Couservfifoire (no coniposer's uame).
Fragments: Dresden, KiuiigJichu Bibliothek.
Naplcs, Bfgio Collegio dl Musica.
Paris, Conservatoire.
Produced at Naples (S. Bartolomeo) in 1700.
II Pastor di Corinto.
Score: Brüssels, iüMinthrfiue B(»ya!c.
Libretto: Brüssels, Conservutoire (no compos^ers namej.
1; Florimo.
Digitized by Google
Edwird J. Deni, The Opens of Alemundro Scarlatti. 151
Fragments: Dresden, Königliche Bibliothek.
Paris, Conservatoire.
Produccd at Naples (S. Bartolomeo) iu 1701.
// Pirro e Demetrio.
Score: BraBselsy Biblioth^que Eoyulr.
Xaples, Regio Collegio (Ii ^lusica,
Libretto : HruHsel». rnnservatoire (Korne 1(>U6: no composer's name).
Fragments: British Musi-iini.
Produc« f1 :it Naples (S. Bartolüun'o) iu JFubruary 1694. It was givcn
at Rome ( apranif a i in 1696. and in London 14 December 170b in an
Euglish adaptation by Swinj and Haym.
n Fompeo.
Score C Bru8Kels, Biblioth^que Koyale.
Ltibretto: Bologna, I^iceo Musicale (Li Lilioni 1G88J.
Brn«s('!-. f 'oTisei-vatoire (Ronic and Naples 1684).
Naples, Regio Ccdlegio di Musica.
Fragmente: Münster i. "W., Bibliothek Sautiui.
Oxford, Christcburoh.
Paris, Conservatoii r.
Venice, Biblioteca Marciana.
Produced at Rome (Teatro Colonna) in 1688*); at Naples (Boyal
Pfllace and S. Bartolomeo) in 1684.
II Prigionero Fortunata.
Score: British Museum.
KapleH, Rt>gio Collegio di Mnsica.
Libretto: BoWiki. I.iceo Musieide. \ ,
Krüssels, ( onstTvatoir«'. j ^ *
Fragments: Dresden. Kruntrürh»- Hibliotliok.
l'aris, liiUlioi lu i Nationide.
Produced at Naples ,S. Burtüluiauo; 14 Lcccmber 1698.
Principessa Fedele,
Score: Brn.ssels, liildiothtfpie Royato.
Libretto: Bologna, Liceo ^lusicale.
Naples, Regio Collegio di Musien.
Produced at Naples (8. Bartolomeo) at tlie Camival in 1710.
II Bodrigo.
Score: Paris, Conservatoire.
I^om the style of the music it wiis composcd probably about 1680
- 1686.
^« Mosaura. See OU Kquiiuoi in Aume,
1} Ademollo.
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152 ükiward J. Deut, Tbe Operas ol' Alessaudro äcarlatti.
L<i Jiosinc tif orcro 1/ Jiifcdeltii Fedrle.
Score: Münster i. W., liihlintliek Santini.
Libretto: Bru»j>tla, Couservutoire ^Naples 1()88, Florenco 1689; no
composer's name).
The score differs slightly from both libretti --^ it is possible fhat the
Performance in the Royal Palace at Naples in 1688 was the first pro-
duction, the libretto agreeing with the cuis that were made in Performance.
Seipione nelle Spfifjne.
Score: British Muscnni.
Bnisst'ls, Bibliothi-que Koyaie.
Libretto: Naples, Kegio Collegio di Masiea.
Fragments: Monte Casaino.
Prodaced at Naples (S. Bartolomeo] 21 January 1714. The comic
scenes were revived at Bologna in 1730 under the title of **La Dama
Spagnuola ed il OaTalier Bomano**.
La Statira.
Score: llritlsli "Mnscmn.
lirüs>tils, Couservutoire icopy Irom Munich MS.;.
Dresdeu, Küuiglicbe Bibliothek (copy from Muuich MS.j.
Munich) Hof- und Staatsbibliothek.
Libretto: Brüssels, Conservatoirc (iio coiiipOser*B name).
Fragments: Naples, li^gio (Jollegio di Mu^ica.
Produced at Borne (Teatro Tordinona) in 1690.
// Grnrt Tnmcrlano.
Produced at Pnitolino in 17Ü6').
Telemßoo.
Score: Münster i. W., Bibliothek Santiui.
Pari«, ronservatoii-e.
^'!<'l^l:l, Tlofliibliotlick (autograph).
Libretto: Bologna, i^iceo Musicale.
Brameb, Conservatoire.
Fragmente: Florence^ Regio Istituto Musicale.
Produced at Bome (CapraDica) in 1718. The libretto states that it
was Scarlatti^s 109*** opera.
La Tcodorn Ainjustn.
Score: Flmence, Rrcrif^ Istituto Musicale.
Uxionl, ( 'hristchurch.
Libretto: Brüssels, (Jonservatoire fno composer*s name}.
Produced ut liome (Cax)i aiiicaj iii 1093.
1) Puliti.
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Edward J. Deni, The Operas of Aleasaitdro Scarlatti.
153
// Tigidnc oviero L' Kqiial Jmpetjiio d Amot e.
Score; Floiviici*, Hi ui*» Istituto Musicale (copy from ^inpleä MS.}.
Xnpk's, Kt'y;iu (.'ollegio di Muiiica.
Libretto; Bologim, Liceo Mubicale.
Kaplet«, Regio Cidl^gio dt Mnaica.
Produced at Kaples ^S. Bartolomeo] at the GarniTal in 1715, The
libretto states tbat it was Scarlatti's 106*^ opera.
Tiüerio Ii/t peratorc d' (h ie /lic.
Fragment«: Naples, Ii!t .:i.) ( nll.wrio di Muäica.
Paris, (.'oiiacrvitiuiic.
Pioducetl at Naples (Lioj'al Palace) 8 May 17U2'j.
Tito Sempronio Gracco.
Libretto: Bologua, lAcco Musicalo. ] \{„jf^^ 1720 )
T^ni'^s»'!-. J 'oiis«Tv;i("ir('. j ^ *'
Fraguieuts*. Dn-sden, Kt»iiij,'liclie iiililiotliek.
MUuättT i. \V., Bibliothek Santini.
Naplt'8, Regio Collegto di Musica.
Part«, CouBetratoire.
Prodaoed at Naples (S. Bartolomeo) in 1702^). Tbe Dresden and
Xaples MSS. represent tliis Performance. Tbe Münster and Paris MSS.
represent tbe revival at Bome (Capranica) in 1720, for which several en-
tiidy new airs were written.
11 Trionfo d^Onore.
Score: Briti>*h Mu.m uin.
Libiretto: Naplex, Kr^lo Colb irio di Musica.
Produced ut Naples (Teatro dui Fiüreiitiui; in 171B. It was Scar-
latti's 110"" opera.
il Trionfo drUn Lihertä.
liibretto: Bologna, Tiir(.'o Miisitalt'.
A't'iiic»', Btbliot<'ca Marciaiia.
Fragments; Brüssels, BiMiotliiMiut* Huyale.
Produced at V onice (S. (iiovauüi (. i uu^tüiijui in 1707. after "Mitri-
tlate", since the selection of airs in thc Fctis collection is niscribed '-upan
Turuo Artet H O.
Libretto: HoIoltiui, I/icco Musicalo. I ,,, *^ofk>
, ' , , . l{«»me 1720.
Fragments: Münster i. W., Bibliothek Santini.
Pari», ConBervatoire.
Produced at Pratolino in 1704';. Thc Münster aud l'aris ^M^S. re-
1) Crqce. 2, Croce. 3; Politi.
154
Edward J. Bent^ Xbe Operas of Alessandro Scarlatti.
prespnt thc leWval at Rome ;t])ianica) in 1720, and the style of tlie
rnusic |)uiiiis to as complete a re-composition as took place for tlic revival
of ''Tito Sempiuiiiu Gracco''. The Royal Library at Berlin possosses a
Sitting by A. Scarlatti of tliü air "Chi jhI äice^ which differs frum tliat
in the other MSS. , but which from its style could hai'dly have been
writteu as tarly as 1704.
La Vir t u nrg^i Atnort.
Xiibretto: Bologna, Liceo Musicale.
** Contponimeii to uuisicalc fulio cantnre datV JS&:eUeii\a del Siguor
D. Aiiflrra de Melo de Castro^ Arnbdsviutore OrdiiKirio deUa Maestä dd
TiC di Poriogallo in ocra.sione di pubUca gioia per H salenne Possesso pn^io
deüa SaNtitn di S. S. Papa Innoeenxo Dedtiio Terxo nd giomo 16 di
Xorembre deW anno 1721^
La Virtü Trionfante de VOdio e de VAmore.
Libretto: Brüssels, Conservaioire.
Naples, Kegio Collegio di Musica.
Produced at Xaples (Royal Palacc} 3 May 1716 to <»lebrate the
birth of the Archduke Leopold. It was afterwards transfemd to S. Bar-
tolomeo^). The Prologae is expressly stated to be the composition of
Scarlatti.
The following operas were writteu in coUaboration: —
La Santa Uentiinda,
Score: Britisli Museum.
M Uli ich, (lof- und Stiiatsbibliothek.
l^iiris, Citiist-rvatoire.
Lihrettu; Bruäsül», Conservatüiru.
Municb, Hof- und Stfuitsbibliothek.
**Dramnia sacnr produced ut Korne in 1694. Act 1 by Giovanni del
Violone, Act II by A. Scarlatti, Act III by Cai'lo Francesco Pol-
larolo.
Giniiio llnito ovvcro L(i C/idiita di Tart^u i luj.
Score: VieiHKi, Hon»ihliutiiek.
Act l by Carlo Cesarini, Act II by Antonio Caldara, Act IH
by A. Scarlatti.
Scarlatti also added airs to the following operas by other composers: —
Odoncre. (lAgrenzi.l
Libretto: Naples, I{c<fio Collegio di Musica.
jSaple» S. Bartolonieo} 101)4.
1 Croce.
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EdwArd J. Deaty The Opera« of Alesnndro ScarUtti.
155
hn Pn sforella, (Act I bv (Jesariui, Act 11 by Giaunino,
Act III by "Signor Boiioncini".)
Pragments: British Huseuin.
Repreaented by marionettes in the palace of tbe Venetian Ambassador
at Borne in 1705.
Pors enna. (Lotti.)
Score: British Museum.
"An Opera in 3 acta ascrilx d dotibtfully in the flv-leaf to Scarlatti
or Lotti. ("It'MK-nt and Laroussc Dict. Lvn«|ue j». attributp the
opera to tlie latter; adding tlial wlien was produced again at Naplts,
Scarlatti appended certain pieces to the work. Wbich of tlie recensions
is rc'preseutud h\ tho present copy dous not appear.'' (Extract from
British Museuni Laiaiugue.J
Tbe following operas bave been ascribed to A. Scarlatti: —
Aiacc.
Etio.
Pcnclope In Cnsta.
The libretti of these three operas an* in tbe BruBsels Conservatoire.
Xo composer's name is mentioncd: but A. AVotinirnne :ittril)uted tbem
to A. Scarlatti, following Florimo who professed to have found fragments
of tbeni in tbe Collegio di Musica at Naples. I have not been able to
identify them tliere, or to find any air by A. Scarlatti which beloogs to
tbem in any library.
C'omndo Antoni no and Mncio Sccvola were attributed by Flo-
rimo to A. iSrarljitti, on tbe ratber inadequate t^mund tbat be was writ-
ing operas for Bniinlomro (where tliese two wvvr ]irn(bired) at tlic timc^
}frffo i'scnrt' in th<' Pnris Conservatuirci was attrihutt'd to A. Scar-
latti by F'*is. The iiiusir ])()iiits undoubtedly to a later composer; the
name of Scarlatti lias Ix-t ii wiitten in by a Liter band.
Meropc (Fetis and Flnriiud was l)y Giuseppe Scarlatti.
Tnfnntro fParis, ( 'oiüsfrvatoiii' was by Doinenico Scarlatti.
Olitorio and T' i site are obviously mistakes for Üdoardu and Te/t-
imco in wliicb Tersite is a cbaracter.
Teodofiio is nientinned by Croce and Fl lu i in o as hi ing performed
at Naples (S. Bartoloiueo) in January 1709. T have loiind no otber trace
of it, and am inclined to tbink it a mistake for tbe oratorio // MarUrio
di San ta Teodosia.
156
Edward J. jDent, Tbc Opera« of Alessandro ScarlattL
Ännibulf (so described in the British Museum CatalogueJ ib a selec-
tion of aiis from Marco AUilio licgolo.
^fy thaiiks nre (Inf tn tlir libiaiiaiis of tlie various libraries mentioned
for luiifli kind and courtcous a^sistancc also to Comm. Alessandro Kraus
and Prof. A. Scontriiio l^lorencc . and cspecially to ^T. Alfn d Wot-
qucmi»' '"Brusselsl who geiicrously jdacrd at mv disposal much valuablc
inl'uruiutiun . and wbose Vnlahyiir ilrs lirret-!^ italieus du XVII^ siede
(Brüssels, 1901j onabled me to identify many anonymous libretti.
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Bosa Newmarohf Mily BalakireÜ*.
157
Mily «Balakiref
pur
Rosa Newmarch.
(Loiulres.j
On ▼oit apjMuraitre parfois dans Tart, comme dons la litt«rature, des
hommes exceptionnels, mltiatetirs, dont rinfluence semble hors de toute
Proportion avec Tetendue et le succ^s de leurs cpu?res. Tel fut Keata,
qoi fit soucfae de toute une ^ole de romanticisme anglais. Tel fut
liiszt, dont les compositions, longtemps enterr^ dans un froid oubli,
foient Inentot reconnues comme germes d*une forme de Symphonie non-
Teile et albranchie. Tel aussi est Balaldreff, k qui la musique nationale
des Russes doit sa seconde renaiisance. BalakirefE n*avait qne dix-hnit
ans loraqn'il vint, en de Nijny-Novgorod & P^terabourg, muni
d^mie recommandatton pour Glinka. Quoiqu^^levd dans la maison dVn
amateur de mnaiqoe nltra-conserrateur, BalaloTeff avait su garder un
esprit libre. Grftce aussi k la vie de province, si i%ign^e des goüts fades
et cosmopolites qui r^gnaient alors k F^tersbourg, le jeune honime ^tait
päi^tr^ d*un sentiment de nationaliti^ robuste et in^ranlable.
Oulibicbeff, auquel Balakireff devait son ^ducation musicale, ^tait un
erodit qui connaissait k fond les maftres du dix-huiti^me siMe, et qui
tenait ferme k la croyance que le d^?eloppement legitime de la musique
8*arretait aux symphonies de Mozart. ]Ü[ais le flair critique de V^lhve
avait ä.6}k depasse de beaucoup celui du maitre. Dans cette ville de
proTince k Textreme Est de TEurope, Balakireff n*a pu suiyre de pr^s
ragitation Wagn^riennc. Cependant son intelligence, sensitive comme
un s^ismographe, avait d4jk enregintrd les vibrations de ce mouvement
iointain qui annon^ait une ri'volution musicale. TrH jeune, il s'occupait
de la «[uestion de la trnnsfusion d*un sang notiveau daiis les formes us^
et decadentes. Mais l'id^o de chercher la Solution du probl^me dans
les th(^ories Wagnt^rienncs ne lui vint gnl're. Et pour bonne raison.
Dans les ann^s — 1870 on ne savait en Russie encore rien de
Wagner. On c<mnaissait k peine «Tannhäuscr^ et T.MluTijrrin». Aussi
il existait püiir les Busses une source intarissable de Tinspiration, celle
de la nationalite.
P^n^tr^ d'iin z6le ardent pour c<>tt(> nouvelle cause, Balakireff apparut
dann la capitale commc un 8. Jean du d('sert pour annonrer Ti-vangilc
de la nationaUt<S aux adorateurs do Bellini et de Meyerbeer. Son enthou-
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158
Hosa ^iewniarch, Mily BalakireC
nasme et son intelligence impressiomi^rent mement le premier proph^te
du culte national — Glinka. Le mattre, d^urag«- par un temp^rament
(iuelque peu hjpochondriaque, et blesg^ de la froideur publique envers
son chef-d*oeuTre «Kousslane et Lioudmilla», accudllit volontien dans ce
jeune homme, plein de foi et d*^nergie, un suocesseur digne de continuer
son ceuvre. Le milieu m^tropolitain est-il peut-^tre indispensable an
d^veloppement complet du g^nie. Balakireff profita de son entourage
nouveau, mais toujours sans renoncer k ses convietions les plus di^res.
Bäs rannte 1861 il dtait devenu le point central d'un noÜTeau monve-
ment musical. H ^tait n^ pour fonder une ^cole, car il poss^dait non
seulement des connaissances speciales, mais une rare force germinale et
initiative.
Le premier disciple attir^ par les prindpes de Balakireff fnt G^sar
Oui, alors sous-lieutenaut du g^nie. Plus tard ce fut Moussoigsky, ce
temp^rament d*une nationalit^ intransigeante, qui snbit son inflnence
disciplinaire. Enfin Borodine et Eimsky-Korsakoffse joignirent & cette
coterie, solidaris^e par l'id^ nationale.'
La m^thode de Balakireff n'^tait point celle des Gonserratoiies. Sa
personnalitd dominait partout dans oette petite ^cole mutuelle. II cr^a
une atmosph^re musicale dans laquelle vivaient ses disciples. H se
faisait en mdme temps leur mattre et leur camarade. Iis conunen^aient
par studier ensemble les maitres classiques, surtout Bacb et Händel;
puis, ils prenaient connaissance de tout ce qu^il y avait dv nouveau et
de marquant dans la musique contemporaine. Cliaque d^veloppement
duns la forme, chaque sp^alit^* dans rharmonie, ciia<iue nomolle com-
binaison dans rinsirumentation < — Tintelligence aigüe de Balakireff notait
tout pour le profit de ses oonfr^res.
XI dt^sirait une ( r)ini n ni t^ profonde de Testh^tique musicale, mais
\mv connaissance affranchie de tmite trndition aveuglo, car son but ^tait
de d^velo])per, autant que possible, Tindividualiti' de ses ^l^ves. Quelques
ann^ plus tard, ayant atteint ce but de Tindividualisme complet, Bala*
kireff ressentit un moment d'«'tonnement, menie de regret, en TOyant
coukbien ses disciples s't'taient ecartes du point de ddpart commun.
C'etait comme un autocrate bienveillant (pii n*a pas su prevoir tous les
resultats de son premier pas vers la libert«-. Cette dislocation, ou pour
mieux dire, cette diff^rentiation, n'^tait que la consc'quence inevitable de
la maturiti' artistir|ue. Bitrodino a parfaitement expliqud la Situation
dans une lettre a M"'*' Karmalina dans laquelle il dit: • — «Nous avons
rogu du cerde oü nous avons v^u, les caract^re8 du genre et de re^p^ce;
mais chacun de nous, comme il arnvc d'un coq ou d'une poule adulte,
porte son caractere propre et son idualit«'. Si Ton nous croit pour
cela separes de Balakireff, il n'en est heureusement rien; nous Paimons
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lio»a Newuarch, Mily Balakiretl.
159
touB comme aupaniTaiit, et nVpargnons neu pour entretenir avec lui les
m^mes relations qu'autreiois».
Comme compodteur Balakireff se rapproche de Glinka, quoiqu'ü ne
s^est jamais essay^ en op^ra. II a le meme sentiment lyrique, le m$me
godt fin, ime origiiialitö tout k fait radicale. Allez au fond de son OBuvre
et Tous trottverez quelque choee de special; im ouwier musical, ä la main
flcmpaleuse et d^licate, qui d^ire que tout soit dsele et poli jusqu^ä la
perfection .m^e. Toute ime serie de romances publice entre 1858 — 1860
Atteste de ces qualit^ du maitre^rf^vte* Ce sont parfois de toua petits
Joyaiix, maia taüles k nombreuaes facettes dont chaoime refl^te une Emotion
exqnise et rare. Et les accompagnements de ces phrases mdodiques
ressemblent aox enchaasures de bijouz; ils out quelque chose d*md^
pendant, mais qui rehausse, qui oompl^te la pens^e muncale qui brOle
au ceutre. Tels par ezemple sont: Qiuind ft» votr bien^mie («'Wlien tby
lored Toice I bear»), Vims ä moi («Corne unto me»), Jfen^nto», o nuU
oäscure («Lead me, 0 nigbt»], L'extase («Ectasy»), et La (Aamon du
Poi$aon Rouge (<Tbe song of tbe Golden Fish»}. II y a d^autres romances
qui aont toutes embaum^es d'un souffle d'Orient: La chaniton de 8eUm
et La ckanson OSorgientte. Presque tous les exemples dt^s sont des
romances erotiques, d'un sentiment ardent et pleines du triomphe de
l'amour. La MModie hSrat'que reiiferme une oiiiotion plus triste. C'est
le cxi d'im cceur sou&ant mais fier; le roi Saul dans sos beures momes
et tragiques. II y a peu de temps que Balakireff a publie une seconde
B^rie de romanees (I)ix Komani^es; Jiirgenson, Moscou), qui n'ont pas
toute la passion et Toriginalite profonde de la premi^re. Cependant
dans ce cabier se trouvent des choses tr^s gracieuses et tr* s distingu^.
Au8si on nc peut (luitter se.s romances sans se Souvenir de la Berceuse^
mdlodie simple et pt^ndtrante coinnio une cbanson populaire, avec un
accompagnement cxquis comrae Balakireff poss^de le secret d'en inventer.
Balakiii ff est grand connaisseur de la mu8i(|U0 nationale, et ses deux
recueils de Chansons Populaires renferment des exemples bien choisis,
(iont riiarnionisation est savantc, mais toujours en rapport avec le c;arac-
tere des melodies. Bahikireff a forme eette coUection en voyageant en
Bussie, particuli^rement sur la Yolga et dans les provinces voiaines de ce
Üeuvo.
Balakireff est un des premiers discii»les des nouvelles theories musi-
cales de Liszt, et quoi(|ne ses preniieres compositions pour orchestre
n'aient pas de proj^nramme affiche, Äf. Vladimir Stassoff m'assurc qu^eiles
en ont tout de raeme, et qu'on peut raconter facilement ces pnigranimes.
Dans V Ouvertüre sur des t/u me^ Nu.sscs 1H58 , (jui est d'une inspiration
trt^s fraiche, on sent combien il sV'tait pent'tr«' de la musique populaire,
et comme il en a bien saisi le sentiment intime. II a dioisi comme
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löO
Rosa Xewmarcii, Alüy iialakireff.
rnotifs trois Chansons iarfes r^pandues en Russie, dontPune: Dansleapr^
se trottvttit un bauleau («In the fields there stood a Birch-Tree»] fut
emplo} ee aussi par Tschatkowsky, ime vingtaine d'ann^es plus tard, dang
le finale de sa quatri&me s}iiiphoDie. En 1867 Balakireff a fait un
pendant & oetto CBuvre: F Ouvertüre sttr des ifihnes Tch^tes, V Ouvertüre
snr des Firnes Exjmgnoh^ retonchee et r^axrang^e en 1869, date en v4nt6
de 1857. Le premier thtme de cette ouverture Tient de Glinka, qui
avait donne & Balakireff — personnellement, et en le consid^rant comme
son confirmateur futur — une m^lodie espagnole, not^ pendant son
sejour en Andalousie. Quant au deuxi&me thdme, qui a plut6t le carac-
t^^re mauresque qu*espa^ol, il est de sa propre inventiön. Dans tonte
la musique russe — od brille toujours une Instrumentation originale et
splaidide — ü n*j a rien de plus ^tincelant, de plus oolori^, que la
fin de cette Ouvertüre, oü les deux th^mes — qui repr^entent les 41^
inenis principaux de la civilisation espagnole — se r^unissent dans une
marcbe somptueuse et chevaleresque.
Oes trois compositions servent a demontrer combien Balakireff, d^s
le commenoement de sa carri&re, s*occupait des questions dthnograpbiques.
Xon seulement en Kussie, mais dans les pays ^trangers, c^^tait la voix
de la race, la mdlodie intime — et pour ainsi dire psycbologique — qu*il
ecoutait et oü il puisait son inspiration musicale.
Mais les compositions les plus remarquables de Balakireff sont indu-
bitablement Celles pour lesquelles il a choisi un programme arret^. En
1861 il a composd une Ouvertüre et des Entr'actes pour la trog^die de
Shakespeare: Le roi Uar. Dans Touverture 8*enten(l le motif carac-
t^ristique du nii egare; thfeme «lui ne manqiie ni de gramlcur, ni de
patliotiiiue. Puis la musique suit d'assez pivs les seines principales de
hl 'l'rng.'(]i(\ Balakireff nous dopeint la m^tamorphose du grand roi en
vieillard abandonne, fuyant devant Forage, dc'pourvii d'autoriU', le cceur
saignant, Tesprit t^n^breux, mais toujours plein d'une dignite inn^e. II
nous fait entendre aussi, comme un rayon de lumiri-e qui traverse ce
tableau sombre, le th^me gracieux et serein (jui appartient ji Cordelia.
Los entr'actes nous donnent des tableaux de quebjues incidents & part:
la hrouille entre les sreurs, les badinages du bouffon, un cort&ge, le
combat, et Tapotbeose du Roi Ijoar.
Quel homme de tatent, en effet, aurait pu transcrire en musique la Psycho-
logie de ce cbef-dVeuvre sans pair? Qui aurait pu s'emparer des hauteurs
et des profondeurs de sa '-ic-nification tragique? ("ertes, le g^ie de
Balakireff n'atteint pas celui de äbakespearf'. II n'est pas rpiestion d'une
i<lentit«' de vision, d'une ressiiscitation musicale de Fimaginatiou du ]>oete.
Balakireff nous otfre plutot quelque cliose comme un supph-ment illustrt^,
des commentaireB intt'ressants et pittoresques sur la tragedie Shakus]K?rienne.
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Rom Newmarch, Müy BaUddreff.
161
Le poeme syiuphoiiique R(j/fss f<La llussie») fiit comjxjst j)i)ur la fete
müienaire de la nation russe. Le nmt«'riel fondamental de cette ceuvre
<e compose de trois chansons nationales, dont chacune caractiTise nne
epoijiK' '-ppciale dans Thistoire nisse: le pajoi^anisrae ; Telement moscovite,
qni fut comme le protoplitsiiie dunt IVvuhüion d.ite de l'Empire Russe:
tt r.'lt'Micnt des ducht'S iudrpendants, avec leiirs assemlih'es populaires,
qui ro^iiscita dans la periode cosacpie. C'est cnfin une epopt'e nationale
([Ui' Balakiieli voulait creer dan*i Hn/fsSy et le ßnale de ce poeme sym-
p!n»ni«[ue renferme, i\ ce iju on en ilit, un espoir pour le salut futur de
son pays.
Dans sa jeunesse Balakireff a voyage en Caucai>ie, oü la sublime et
apre magnificencc des montag^nc^. la vie romantique et sauva^T^e des races
caucasiennes, ont st'duit soii iiuuuiuatiun. Cet enthousiasme puur rOrient
se retlHe nun seulement dan^ la fantaisie pour piano Idcunei/, mais avec
bc'uucoup plus de force et d'exaltation dans le poeme symphonique Tamara.
On retnjuve le pittoresque du Caucase tout entier au commencement* de
cette cumposition. C'est un panorama musical [qui se di-roidc devant
nous. On se represente la gorge du Darial creusee p«ir l impetueux
Terek. On entend les nmgissements du fleuve, }\ demi-cache dans des
niiees d'eeurae, Au-dessus du Terek, se cramponnant au rocher noir, se
trouve la tour mystdrieuse de la Princesse Georgienne, rh<^ro'me du pof^nie
de Lermontoff: «Belle comme un ange de ciel, Eus^e et m^chante comme
nn d^mon». caract^re de Tamara est cxprimd par un th^me extjuis,
tont plein dWe langueur Orientale et d'une passion fougueuse. Un
festtn Orientale somptueux et savage, remplit le chäteau de la princesse.
La mnsique prend de plus en plus un caract^rre bizarre et meme sinistre.
Un des jeunes hötes reste cliez la pnncesse jusqu^au matin. Quand enfin
les orgies se calment, et Taube päle apparatt sur les montanes, le
cadavre du malheureux amant« tu^ par les ordres de Tamara, passe par
la gorge de Darial ballott^ par les ondes troubldes dn Terek. De la tour
une Toix de femme semble soupirer un adieu: c*est une phrase d*une
beaute Strange. TaTrutra est un tableau Tiyement colorie, spectacle
süperbe et triompbe d*mstrumentation qui trouve ses semblables dans la
«Symphonie Fantastique» de Berlioz et les symphonies orientales de
Bimsky-Korsakoff — «Antar» et «Scb<^h^rezade>.
En 1861 Balakireff» avec la coUaboration du c^l^bre mattre de chceur
Liomakine, a fond^ L*Ecole Gratnite de la Musique. 0*^tait alors en
Bussie un beau moment d'enthousiasme altniiste. LMndividu, si longtemps
comprim^ par un despotisme officiel, commengait k sMpanouir dans toutes
les directions. De 1800 ä 1870 surgirent en Eussie un grand nombre
d*^les pbilanthropiques qui furent toutes le r^sultat de l'initiatiTe in-
dividuelle. L*Ecole Gratuite avait pour but la defense des gofits in-
e. d.i. K. IV, 11
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162
Boaa Newmarch, Miiy BaiakirelT.
ilividucls et de la nationiilite contre la routine ueadrmiiiue et le cosino-
politisme fade. En 1869, Balakireff, dirccteur dv la chapolle des cliantres
de la Cour Imperiale, fut nomiiu- clief d'orchestre des ooncerts de la Societe
Imprriale de Musujue. II en prolita pour faire entendre assez souvent —
luais Sans parti pris — les compositions de la nouvelle ecolc nationale russe.
II ne faudrait pas oublier parmi les m«'rites de Balakireff «jue dans toutes
les hautes positions ([u'il a occupees dans le monde musical, il avait
tcujoui-s au cocur la propagande de la bonne et vdiitable musiquc sans
distiuction de pays.
Depuis pludeuis annees Balakireff «'est presijue retir^ da monde.
Peut-^tre sa saiit^ — car il B*est pea (-pargnd dans le commencement
fougueux de aa carri^ muncale — y est-elle pour «[uelque chofle. Mais
lui, aussi) est atteint de cette tendance niysticjue <|ui 8*empare si souvent
des talents russes nd mexxo del cammin, et dont nous n'avons (|u'^ dter
comme esemples la yie de Gogol, de Dostoievsky et de Tolstoi. A de
rares intenralles il quitte la retraite de sa maison de campagne pour
jouer dans un concert de cbaritd, ou pour faire une ^isite intime.
n y a un an, j'ai vu Balakireff h P^tersbourg. G'etait un jour de
fete cbez un de ses plus anciens amis, M. Vladimir Stassoff, une r^ion
de famille la<|uelle j*avais ete invit^ avec le bon «sans-odr^onie»
russe. Au temps dejä lointain oü je conmiengais ä m*interesser & la musique
slave, la personnalitä et le talent de Balakireff m*avaient attir^ par dessus
tottt. n ^tait r^tincelle oü avait pris leu, non seulement toute une con-
Hagration musicale, mais aussi mon pauvre enthousiasme individuel. Natu-
rellement je me rejouis fort k Tidee de voir ce personnage k la fois attirant
et isole. On Tattendait vers les neuf heutes, et on avait d^Jä laiss^ le
piano grand ouvert, comme un pi^ tendu pour un oiseau timide. Le piano,
k ce qa*il semblait, devait agir sur Balakireff comme la glu sur le bouvreuil.
Oda a bien reussi. Apr^ avoir salue ses bdtes, il alla droit k Finstru-
ment en nous annongant son Programme: «j'ai envie de vous jouer trois
Nonates: TAppassionatia de Beethoven, la sonate de Chopin en si mineur,
et celle de Sdiumann en sol mineur — num^ro trois» . Et fl se mit k Pceavre.
Balakireff n*est pas de haute stature. J'ignore son origine, mais il
n'appartient pas au type grand et blond de la Russie septentrionale. Je
trouve en lui plutöt quelque chose d'oriental. II a la tele maigre, le teint
bnin, Fair un peu las et nerveuz; mais lea yeux pleins de feu et de
Sympathie — de vrais yeux de voyant et de barde. En se mettant au
piano il m*a rappele pour Finstant ma demi^re impression de Hans von
Bttlow. Et (pielque chose au».si dans son jeu confirma enoore cette rcssem-
blance. Balakireff n'est pas un artificier surprenant comme par exemplePade-
rvwski. 8on mecaninme ne laisse rien k reprocher, mais ce n'est gu^re h sa
virtuosit^ qu'on pense en Fentendant pour la premi^re fois. Aussi il ne
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Rosa Newmarch, ^Mily Balakirefif.
163
vous empörte pas par son entrain fougueux. Un temp^rament si enthou-
siaste ne saiirait etre froid, mais fl n'a pas cette puissance cFeniotioii ni
cette profonde poesie qui fnrent les quaÜt^ maitresses de Eubinstcin.
Ce qui Qons frappe le plna dans Tart de Balakireff c^est son caract&re
mtellectuel et sympathique. H observe, il aoalyse, il enseigne, en mettant
tout dans nne atmosph^ ludde. II aundt pa adopter la formule de
Stendal: «TCär clair dans ce qui est». Et cependant on ne doit pas se
tigurer Balakireff oomme nn pedagogue aec. S'il est professeur, c*est un
professeur illumin^, Tinterpr^te sympathiqae et inspir^ qui sait nous re-
constrnire la pinoäe et la personnalit^ d'un compositeur au Heu de lui
substitaer les siennes.
Apr^ qn^il eut acher^ h progranune assez ardu qu'il s^^tait impose
Ini-meme, je craignais de le voir disparaftre aussi tranquillement qu'il
Htait venu. Mais mon inspiration de lui dire quelques mots en trts
mauTais russe au sujet de ses romaaces, et surtout des accompagnements,
le retint au piano. II continuait de parier en me montrant quelques
rhythmes inaocoutum^s dans ses chansons, et puis il se laissa aller in-
sensiblement k quelques-unes de ses compositions pour piano. H n*a pas
ronlu aborder Idameyt ce morceau favori de Liszti mais je me rappelle
bien nne Valse gracieuse et seduisante.
Mais le samovar fumait sur la table, et Todeur du th^ et du citron -~
(Itti a aussi sa s^duction — se n^pandait dans la cbambre. Heureusement
Balakireff ne montnüt aucune dispoidtion de se sauver. II prit place ä
table avec tous les autres, et il causa longtemps de musique, et princi-
palement du Mattre qui a domin^ cette renaissance nationale — de Glinka.
Les Russes aiment k prolonger lenr bospitaüt^ jnsqu*aux beures aTanc^s
de la nuit M. Balakireff fut le premier faire ses adieux. Le matin
de bonne beure il devait retourner k sa naison de campagne.
An mm de mai les nuits k P^tersbourg sont blanches et troublantes
comme des ballucinations. A minuit pass^ le ciel a une lueur Strange,
ni car^iiscule ni aurore. On dirait le revenant pftle du jour qui bantait
Ift nuit qui Pavait fait expirer. Cela donne des id^s fantastiques qui
i'^inplacent des reres. En trayersant les rues cUdres, il me semblait que
Balakiicff ^tait un sorcier (lui m'avait emportde vers le passd — cette
tiecade de 1860 — si plrine de foi et d'esiK'ianrcs gt'ndreuses — tollement
j avais la conscience (Viivoir pris part dans les luttes et les triompbes
sctuek de la nouvelle ecole russe.
11*
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Otto Wagner, Das rumäuiscUe VolksU^
Das rumämsclie Volkslied^)
von
Otto Wagner.
Bis vor ungefähr 40— 60 Jahren hat sidiauBer Alexandri (1821—1890.,
Asaki (1788—1871), Heliade und in letzterer Zeit Kogalniceanu»
memand um die rumänische Volkslitteratur gekümmert.
Gr. G. Burghel^ sagt schon in seinem Werke »Einige Worte über
die rumänisdie litteratur«, daß diese vor 25—30 Jahren beinahe ganz
unbekannt war. Bis dahin nährte sich das rumänische Volk Ton der
ausländischen Litteratur, die diesem jedoch absolut nicht anzupassen war.
Übersetzungen fremder Autoren waren, wenn nicht ganz falsch, so doch
mindestens unvollständig. Von dem damaligen Unterricht in den Schulen
war überhaupt nicht yiel zu erwarten. Bumänische Sprache wurde nur
in den Yolksschulen gelehrt; in den lifittelschulen wurden die lateinischen
Klassiker wie Virgil, Horatius, Ovidius, Tacitus und andeane in einer
Übersetzung geboten, die absolut unzulänglich war, von Stylistik und
Orthographie ganz abgesehen, welch letztere heute noch einen Streitpunkt
der rumänischen Sprachlehrer bildet.
Gegenwärtig ist der Fortschritt im Unterrichtswesen hier zu Lande
ein sehr bedeutender, haben wir doch im Lande bereits zwei Universitäten
(Bucarest und Jassy), an welchen Gelehrte ersten Rjinges. wie zum Bei-
spiel <li r auch im Auslnnde rühmlichst bekannte Gr. C«. Tocilescu wir-
ken. Im Jahre 1852 gaii Alexandri eine Sammlung »Volksdichtungen«
heraus, von welcher 1866 bereits eine zweite Auflage erschienen war.
1, Al8 nur seitens der k. k. Musik-rrüXungskoniniisaum in Wien die Aufgabe zu
teil wurde, das ramlnuche VoUnlied in einem fOr eine PHUnngsaufgabe ndässigen Um-
fange historisch und kritisch su behandefai, wurde mir, aufriehtag gess^ die Arbeit
Dicht leicht gemacht. <hi ein dassclbt» llicma wenigstens vom mosikaliachen Stand«
punkte uns Itelian'li'lnili-'s Werk bis jct/t n'u'ht rxistiert.
L I) Mirlitf ui der von dem grulieii Patrioten V. A. Lrei'liia dem Alfxandpr Gyn»-
nasiuui in Cialutz geschenkten Bibliothek vergeblich ein einschlägiges Werk, laud je-
doch folgende drei littorariscbe Werke vor, deren Inhalt die mir gevcndene An^be
wesentlich erleichtem half: 1. Gh. Adaroescu, Nctiuni de Istoria limhü 91 Uten*
turii roniinest) Bucarest 1894 / 2. G. G. Biirghele, Ciite-va cuvinte dcspre Lite-
ratiira poporal.» mit t>inpm Vorwort von ürigorie G. Tociloscu liotn^ani 1901 .
H. Vortrag des rrolessors (jLeorghc Adamescu über Volkspocsic der Kumänon.
gehalten gelegentlich des 25jährigeD Bestehens des Alexander-Gymnasiums in Qalatz
am 26. November 1892. (In Druck erschienen Galatz 1883.) IMe musikalische Kritik
blieb dagegen mir allein überlassen. Diene kleine Erklanuig diene dazu, bei Beurtei-
lung meines schüchternen Erstiingsyersuches nicht gar zu strenge Kritik daran zu üben.
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Otto Wtigner, Das nunäniache Volkslied.
165
Um dieselbe Zeit erschien im Handel ein etwa 700 Seiten starkes Werk
von G. 1). Theodorescu »Rumänische Volksdichtungen'.
Das charakteristische l'rbild des rumänischen Volksliedes ist die
»Doina«. Der Name Doinä ist nach D. Häsdcu (geb. 1836) dacischen
Ursprungs und findet sich auch im SanMjrit als »dliainac. In der Doina
drttckt der Btunäne Preud und Leid aus, ja selbst seine Schulden glaubt
er damit zahlen zu können, wie aus folgendem Beispiel hervorgeht :
Doina stiu si doina die, Dorna kenn' ich und Doina sag' ich,
De cnnd am ajun.^ vomic, Seit ich kräfti,£r worden,
Piu cu doina nie platesc, Mit der Doina zulil" ich
De bir si de bocresc, Steuer und Lehn,
Tot cu doina«ioara mea, Alles mit meiner Doina,
De podoada, de bclea. Auch Sorgen wie Ungemach.
In dem Volksiiede besingt der Kumäne vorzugsweise Liebe, Kraft
und Patriotismus.
Ein Beispiel, wie er die Liebe besingt-^):
Foie verde de pospai Giüne Blätter von Pospai, ')
^faritico, barbat nai, Mariechen, Mann hast du keinen
Dar gurita qm o dai? Aber Küsse wem gibst du?
O dau la ein' me iubeste Ich geh' sie dem, der mich liebt
Si nu me mai paraseste. Und mich nienielir vrrläMt,
Da mi-o, dnlgiita si' mie Gieb' mir ihn Lielx hcn, mir!
Pänä la Silnta-Marie Bis zur lieiliffon Marie
Si d'aci pan' la Tspas Und von dann bis Tspas,
C:i nie jur, nu te niai las. Schwör' ich dir. dali ich dich nicht laü.
Das Volkslied besingt nicht nur die Tiebe der Jungfrauen und Jung-
gesellen sondern auch der P^heleute und Wittwen. Hier nur ein Beispiel
^e eine Wittwe in sarkastischer Weise besungen wird^):
»Vaduvifa grasa, Fettes Wittwechen,
TSnSra remasa, Junge, Zurückgebliebene,
Bumena frumoasa, Rotwangige Schöne,
La och! m&ngaiosä. Mit tröstenden Augen,
YSduvi^a draga, Teures Wittwechen,
Ij Nr. 1 aus Alexaadri's YoUudicbtungeu der Kumänen, frei übersetzt vom
Verfasser.
2) Ana G. D. Theodorescu*» Bun^ Volksdiiditungeii , frei ttbersetst vom
V«rf;isser.
■i Der Name Pospai iit in keinem Wörterbach za finden, er ist der Xam« einer
i'Hanze.
4} Aus (i. Dem. Theodorescu 's Kumän. Volksdichtungen, frei übersetzt vum
Verfeaier.
16Ö
Uttt» Waguer, Das rumänische Voikslied.
Dragä copili^u
Ca o garofita
Nu umbla ceniita
ifi neprimenitä
Jalnica *ntristata
Si ncpeptönata
Scoai* de dimineata
Spala4e pe fatji
$i mi^te gätes^
Faru*ti netezeste . . .
Oh, si vino, zinä,
Da cu mine miina,
Sa traim via^t
Plinä de dulceatä . . ,
Nu fi-i amärita
Ca nu esti urita,
Ci esti fncu fragä
wie *mi'«stt draga.
Teures Eindchen,
Wie eine Kelke,
OeV nicht schmierig,
Und Ternachlässigt,
Klagend und trauerod,
Und ungekämmt;
Steh* auf des Morgens,
Wasch* dich im Gesichte,
Und adeh* dich an,
Glätte dein Haar,
Oh, und komm o Gi>ttin,
Beich* mir die Hand,
Auf daß wir leben ein Leben
YoU von Süßigkeit;
Sei nicht Terbittert,
Denn du bist nicht häßlich,
Du bist noch sact
Und bist mir lieb.
Der Patriotismus gic'})t sehr oft dmi Stoff zu Volksliodorn. wie ich
K('is|ii»'l«' in der Dichtung Ak'xaudn's: nStejarul si Coniul* fand: cben-
M) in dir Li'gi.'ude des Priesters ^larianu: ^Cucului si-a Cnrluilui«.
in der »Legen«hi Vultiinilui«, gesaninielt von ehcMidrm.^t'lben Autor,
finde ich sogar Jiieder. in di'iK u die Lugorcchtigkeit, liolie Amter zu })e-
kleiden ohne; etwas lu k'i.>.tcii, besungen wird: ebenso 1)1< ibcn Säufer uud
Faulenzer von der Vidksdichtung nicht verschont, von den vielen die
Schwiegermütter hehandehideu Liedern gar nicht /.u reden.
Der Charakteristik halber bringe ich hier eines, welches den letzerwähn-
ten Stoff behandelt 'j:
Schwiegermutter, Schwi^ermutter,
Saure Traube,
Mögst reifer du worden,
Immer reifer noch werden.
HüB kannst doHi ninnncr du werden,
Mögst reifen du lun-h ein Jahr und
einen Sonmu r.
Immer bist doch sauer und bitter.
Soacni. sonera,
Poama acra,
De te-ai cfince,
Cät te-ai II. ;((•('
Duice nu tc niai poti face
De te-ai coace-uu au ^-o vara,
Tot esti acrii omura.
In hundertfachen Variationen werden Gkburt, Taufe, Verlobung, Hoch-
zeity Tod und Begräbnis besungen.
Die poetischen Foimen der rumänischen Volksdichtungen sind äußerst
1} AuB Elena SevAstos' Hochzeit bei den KumiLnen; frei übersetzt vom Vir&ner
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Otto Wagner, Dm ruminuiclie Yolkalied.
167
anfache. Gekünstelte Gesetze des YersmaBes sind m den wenigsten
Fällen zu finden, doch findet die Regel, Beim und Verse zur Erböhimg
der Harmonie in Einklang zu bringen, Beachtung seitens der Yolksdichter.
Die Verse sind meistenteils aehtsilbige mit siebensilbigen abwechselnd;
jedoch kommen auch 5- und O-silbige vor, und auch solche mit weniger
Silben. Uberhaupt binden sich die Verse selten an bestimmte Silbenma^! .
Di«' Yersc sind meist gereimt, und zwar durch stum})fe und klingende
Emireime: jedocli f'ndi n sicli auch zuweilen nur Stimmreime anstatt der
Vollreime. Ktflirreime linden sich nicht selten, und zwar niclit allein am
Ende der Strophen, sondern inmitten derselben vor, gewöhnlich als Wie-
derholung ganzer Verse.
Das Hauptverdienst, die Volksdichtungen dem Volke zugänghch ge-
macht zu haben, gebührt imstreitig dem Diditer Vasile Alex and ri. Als
dip^* !- im Jahre 1852 seine gesammelte' Volksballaden erscheinen heü,
wurde dieses Ereignis freudigst be^rülit, nicht nur vom rumänischen Volke
allein, da diese für die breiten Scliichten des Volkes besonfh rs passend
behandelt waren, sondern auch im Auslände, wie ein Artikel in der
>Reviie des deux moudes^ vom 17, März 1859 beweist.
Was die musikalische Behandlung meines Stoffes anlangt, so kann sich
diese nur darauf beschränken, einesteils einige wenige Lieder, (dif rh<m
nur vom Volke auf dem Hachen liande gesimgen werden, daher niclit im
Drucke erschienen sind) und die ich bei Gelegenheit kürzerer Aufenthalte
in der Provinz erlauschen und ihrer mitunter ganz reizenileu Mclu-
flie nach nur im Godächtnisse fe.sthalten konnte, andererseits Volkslieder,
«lie aus dem Munde von Lautars (wandernden Musikern) durch andere
aufgegriffen worden und in einer größeren Sammlung »Volkslieder und
Volkstänze« im Verlage von ('onst. Gebauer und M. l?eder in Bucarest
erschienen sind, in Hetracht zu ziehen.
Man kann das rumänische Volkslied, vom musikalischem Standpunkte
atis botrachtet, in zwei Arten teilen und zwar: 1) in das wirkliche Lied
l i^'dform- 2\ in das Tanzlied (Tanzform i. Letztere (rattung zerfällt
wieder in veiscliiedene Nebenarten als: Doiuas, Horas und Siirhus.
^Vas nun die eigentliche Liedform anbelangt, so ist die Komposition ge-
^v<ilinli( h sentimentaler Art, schon dem Texte nach, da derselbe mcisten-
t'ils inelanchob'schen Charakters ist, weist jedoch sebr schöne, tiefem-
fuiideue Melodien auf, die in homophoner Art konipojuejt sind und in
nicht zu leugnender Weise die Abstammung vom alten deutschten Volks-
liede vernitcn.
l! 1] i 1 Stii tii?c und »Lunä dorme^. Ebenso das von Fritz
Spindier iür Ülavier übertragene Moldauische Lied: »Stelu^«
Ii Bei 0. F. W. Siegel iu Leipzig emcUenen.
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168
Otto Wagner, Dm rumlniaebe Volkslied.
Dagegen weist die zweite Form des rumänischen Volksliedes, das
Tanzlied, ganz originelle Fonnen auf und lielie höchstens auf Anlehnung
un das russische Tanzlied schlieUen. Ganz kurz will ich Tersuchen, die
drei fiauptformen des Tanzliedes zu charakterisieren.
Die Doina^)f unmer in einer Molltonart komponiert, ist ein aus unzäh*
ligen Kadenzen, Läufern und Trillern bestehendes Musikst&ck, das eine
für Koloraturen und Halston gettbte Gesangsmanier erfordert. Sie hat
eigentlich, meiner Meinung nach, wenig musikalischen Wert, muß aber
der Orgmalität und der starken Verbreitung im Volke wegen unbedingt
an erster Stelle genannt werden. Gewöhnlich werden die Kadenzen und
Triller von einem Holzpfeif en-Xnstnunent Namens Naiu^) geblasen, wäh-
rend der Sänger den Text der Doina diesen ewigen Koloraturen, die
gewöhnlich die harmonische Mollskala enthalten, anpaßt
Die Begleitung, dio etwas Harmonie in das Ganze hringtii >o\\, wird
iiuf einem Saiton-lnstrunient, genannt Cohsa, ausgeführt. Die C'obsa hat
himenfönnigun »ScbaUkörper nach Art unserer heutiueii ^fandoline. ist
jedoch bedeutend größer, wird mit vier oder auch hk hr Saiten, eventuell
auch Bindfaden bespannt und ist sehr primitiv gt urheitet, da sie meist von
dem betreffenden Cobsa-Spieler selbst hergestellt wird. Die Saiten werden
mit den Fingern, hauptsäclüich dem Daumen gerissen. Das Instrument
hat einen leeren, wenig sonoren Klang. Im Übrigen besteht die Beglei-
tung einer Doina aus Akkorden, die sich als Tremolo den Kadenzen
anpassen. Die Doina hat gewöhnlich 3 Sätze, wovon der Anfang und
Schluß den Hauptsatz bilden, der Mittelsatz aber immer in einem Tempo
wie bei der Hora im %-Takt gesetzt ist.
Die Hora wird mIs Bei^leitung zum gleichnanuL't n Nationaltanze ge-
spielt, indem die ^I» ludic uM istf us von den im Kieit»e hin un<l lier tän-
zelnden, eine feste Kett«- liiliienitcn Tänzern mitpo^unixen wird. Wu ein
Geiger aufzutreilicn ist. wird die Mcludif von iliin gespielt, während die
l^t'.uleitung, wenn eine solche zu liaben ist, von einer Guitarre od*'r Cobsa
besorgt wird. D'ut Hura ist in Rondoform, ohne Ende, im akt und
immer in einer Molitonart geschrieben. Zu bemerken ist hierbei, daß
der Hauptaccent immer auf das 1. und 4. Achtel, der Nebenacceut aber
auf das 3. und 6, Achtel fällt, wie folgendes Beispiel zeigt
1) Beispiel: »Doina Oltului« von Qheorghe S. Yaasiliu (Dichtimg toq V. Ale-
xandri).
2) Ifaiu ist ein an« mehreren Hol/pfeifen verschiedener Gi"iBo zusammcngfcsetztes
Tnstrument, das, da die einzelnen Pfeifen cbromatiBcbe Stinunung babcn, nach Art un-
serer Mundharmonika gespielt wird.
8) Anfeng der Hora hsi von Leop. Stern {Bacarest}.
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Otto Wagner, Daa iuhuiuislIiö Volkslied.
169
# # • •
Die 6S9rtö, ein ebenfalls in Bondofom, jedoch in einer Dur-Tonart
geschriebenes Tanzlied, das immer den y4-Ta!kt aufweist, ist in seiner
Form sehr ein&ch. Zu bemerken ist, daß die Melodie meistens in
Triolen geführt -wird, während die Begleitung in geradem Rhythmus ge-
halten ist. Hier ein Beispiel):
' L___ — H « f«« 1 ^
C = = lIj*— • ^
-T — rn- ^ j-.. ' •
— # 1 — # r— * — \ a
j „ ^ (■
• \ IB "
•-^ 1
Diese besteht ebenfalls aus 3 Sätzen, Haupt*, Mittel- und Schlußsatz.
Von den in letzterer Zeit erschienenen rumänischen Liedern sind nur
wenige, die Anspruch auf Originalität machen können, so zum Beispiel:
>Ge te legeni codrule?« von Qh. Scheletti (Dichtung von M. £mi-
nesGu) und »Mandrulifa de la muntc« von G. Stefan escu (Dichtung
von B. Alexandri)*).
1] An&ag der Olteucä SftrbÜ (Verlag M. Feder, Bncueii).
2) Beide im Verlage von C. Gebauer in Bucarest erschienen.
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170
Alfred Eiustein, Zum 48. Baude der Häudcl- Ausgabe.
Zum 48« Bande der Kandel-Ausgabe
von
Alfred Einstein.
(München.)
Im Begriffe, eine Arbeit fiber die Komposition für Viola da Gamba an
edireiben) ließ icb mir aus der GroßherEOglich-Hcssischen Hon)il)lii)thdc 2a
Darnistadt eine Sonnte für ('emVinlo obligato und Viola da (iambH kommen,
dieEitner im Quellen-Lexikon (VI, Seite 111} unter Johann Matthias Let t ioth
verzeichnet hatte. Auf der ersten Seite der Uambenätimme dieses Mf. ')
steht goscbriebeu: »SOXATA a Cembalo obligato Viola di Gamba del Signcre
Handele ; eine andre Hand hat den Namen »Hendel« dnrcbatncben und »Leff-
loth« darnnterge^etzt. Der Nürnberi^'ci- Oi L' inist I. M. Leftloth hat nun wirk-
lich Kamnierniusik für ein Streich- oder Blas-Instrument mit obligatem Cem-
balo komponiert 2) : dieser in der (icneralbaß-Epnelic nnffiiürjjo ITmstnnrl sowie
die etwas steile und nüchterue Art der Themeubiiduug des ersten, zweiten
nnd vierten Sataee unserer Sonate mag die Veranlassung gewesen sein, sie
Leffloth zuauacbreiben. In Wirklichkeit aber ist das Hs. eine von Christoph
Q-raupner, dem Darmstiidter Kapellmeister, gefertigte und 1739 datierte Ab-
Hchrift (h>r Tl äiuli^l'sclii'ii ( Jaiiilicuxiiiate — citu« (^nplle, il'u- (^'hrysftnd»T bei
der Hcrausgat)e die-»er Sonate im 48. Uauil <lt r < i('s;mit;iu.^L,'al)t' l■Ilt^'augen ist,
Graupucr s Kopie ist nicht frei von Flüihtigkeit-^tehlern ; du .-«ie aber eine
Reihe besserer Lesarten bietet als die beiden Absehriften, die Chrysaoder
vorlagen, so lasse icb die Varianten hier folgen. Offenbare Scbreibverseben
(iraupner's sowie die Bindebögen Sind Übergangen (Chrysander's Au8|gabe»AB,
< i raupuer's Kopie s C.j
G^aniben sti mmr.
Adatfio. Takt 4, desgleichen Takt U fehlt in C der TiiUer.
Takt 8, drittes Viertel:
Takt 12, drittes
Takt Idf erstes Viertel:
Älkgi'ü. Takt 15 fehlt in 0 der Haltebogen ttber d«n TaktstricL
gebenden Baß.
1) Ifns. 4188.
2j Moncfaener Staatsbibl Mus. pr. 3078, 9079.
. kj .i^od by GüOgl
Alfred Einstein, Zum 4ü, £ande der Händel- Ausgabe.
171
Der dritte Satz ibt in C mit »Audantt* lAJi 'Adagio«) überschrieben;
die Hemiolen, die in A zum ^ 2 Takt erweitert sind, hat 0; in Takt 18
auf dem sweiten e ein Triller.
Der letste Sat> ist »Vivace c (AB 9A]legro«J Ubeiaohrieben.
Takt 45, erste Takthülfte :
Cembalo.
Adagio. Takt 2, linke Hand, drittes Viertel:
Takt 3, rechte Hand, drittes Viertel
Takt 4, Unke Hand, drittes Viertel: ^
Takt ö, rechte Hand ist, wie in A, 7 vorgezeichnet.
Takt 8, rechto Knud, drittes Viertel: ^
Takt 26, rechte Hand, drittes Viertel:
Takt 31, rechte Hand fehlt in C der Triller auf d.
AUigro. Takt 23, Unke Hand:
Takt 2», Unke Hand: ^
Takt 31, rechte Haud, zw eites Viertel : - »-zt-^^
Tukt 42, Unke Hand:
Ajidank, Takt 18 :
Takt 24:
5=
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172 AJfreü Eiustcin, Zum 48. Bande der Händel- Ausgabe.
Vivate, Takt 8, rechte Hand, Trilier auf dem df der «weiten TakthÜfle.
? i i > J i
Takt 24, rechte Hand: rrj^ r=f'
Takt 29, rechte Hand :
Takt 40, linke Hand: :=^t^— |*'~jr~f~T"1^
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S. de Lange, Satzfehler (?) bei Bach. 173
Satzfehler (?) bei Bach.
Ton
8. de Lange.
(Stuttgart)
Im letzten Heft (.luhrju'aiii: III. Heft 4i der Sainnielhände hiit ein Aufsatz,
voa N. W. N ich oll Aulualimu gefuudeu, über . welchen ich einige Bemer-
kungen machen möchte. Xicht als ob ich meiaci daß Bach eine Yer«
teidigimg brandie, aondem weil ein allgemeines Schweigen leicht die ICeinung
kSnntc aufkommen lassen, daß wir Musiker mit den Ausführungen des Herrn
Ificholl einverstanden seien, was durchaus niclit der Fall ist.
Von allen ;in<_'efiilirten Feldern liabe ich zwei gelunden, die nicht zu ver-
teidigen bind: die letzien iieispicle auf Seite 673 und 682. Alle anderen
fehlerhaften Beispiele sind darauf zorftck xa flihreni daß der Schreiber des
Aafsatzes den Gang der Stimmen nicht yerstanden, eine Verzierung und
Akkord-Brechung für wirkliclic Noten genommen, oder die Taktwerte unter-
schätzt hat, Manche Fülle sind bei Tale^trina und Lassus genau so zu
finden, die übrigen erklären tiicli nun Buch'ä harmonischer Auffassung des
Kontrapunkts.
Über einzelne Anftthrungen des Herrn Nicholl mögen noch ein paar
Bemerkungen Platz finden:
b, 672. Erstes Beispiel :
Die Pause ist vollkonnnen geniigeml. Anfierdeni verniclifet der Akkord
des zweiten (Jhorea den Eindi-uck von Oktaven vollstiuuüg.
8. 672. Beispiel 2. Hier iat der Tenor lediglich Akkord -Fignration ohne
Irontrapunktische Bedentung, daher der Baß fehlerlos.
» Beispiel 3 ist der naive Verbesserungs-Voi-schlag beseichnend für den
musikalischen Standpunkt des Hach-Kritikors.
S. 673. Beispiel 2 sind die durch eine Pause getrennten Quinten durch die
Altstimme vollständig verdeckt und wirken sehr schön.
» Beispiel 8 ist eis tlt einsig mögliche V erziemng von dia verstind-
lieh und berechtigt.
^•^^^ . =^-^~
» Beispiel 4 - — H~rn — ^ _ höre ich so:
i ^iff I ff
Mit Verbeaserungs-Voi-schlägen hat Herr K. wenig Glück, mau sehe
8. 674, 675 und staune Ober den Znckerwasser-Gescfamack.
8. 676. Beispiel 1 ist der wirkliche Baß übersehen worden und die Yer^
dopjtelung angeführt.
» Beispiel 2. S. CiHT, 2: Solche Auflösungen linden sieh bei Pales-
trina uml all. n anderen und wirken namentlich bei Bach, hei
dem die harmonische Aullassung maßgebend ist, selu* gut.
Bie vielen FäUe, wo ein Akkord als nicht vorhanden betrachtet
wird [S. 677 B. 1 und 3^ und viele andere), können unbesprochen
»
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174
a. de Lange, Satzleiüer 'y) bei Bach.
bleiben. Nur noch drei mir guuz nnbegreifliehe FiUe will ich an-
fOhren:
8. 678. Beispiel 2, wo der ZwiRclu nton ' ('s- im Basse, welcher nur das anf-
lösend«' 1'-' illii-(rlprcTt snil. ri]< wirklirhc X«tt<* !L'*'nf>mnH*n wird*.
> Beispiel Ii, \vu die Verzierung lier Baßiiute iiiiJiversUinden wird;
S. 67'J. Beispiel 1, wo das ti«?uriei-te fi.s des Alt verkannt ist und ebenda
Beispiel 3, wo die Gegenbewei^ung . ^ . einen Ucdunken au OktaT-
Parallelen freradezu ausscldießt.
Wenn ich hier abbreche, so geschieht das nur, w«il idi türchte, lang-
weilig zu werden. Die übrigen augeführteu Fehler sind ebenso beschaffen,
wie die von mir angefahrten, d. h. absolut fehlerfrei. Wenn Herr N. nidbt
weiß) daß in demBclben Akkord die Intervalle wechseln könnet i, <>)in«- Fdder
'/AI geben , daß gebrochene Akkorde nicht als kontrnpunktische AVerte zu
betrachten sind, und so wenig Einsicht in das Wesen der Verzierungen hat,
daß er Siltze wie S. Ö83, 11, 1— 2, III, 1 — 5 als Fehler hört, so soll er
nicht in Bach bineinseheOi verstehen kann er ihn dann doch nidit.
Berichtigung.
In raeintT in Samnu-lhaad III, 4 verölYt ntlichten Arbeit »Luth*^r und die
musikalische Jäturgie den evangelischen Jiauptgotteadieuätes« bitto ich fol-
gende Bmckfebler an Terbesaern:
Anf Seite 664 leiste ZeUe 10. viid 11. Note f statt o.
Auf Seite 669 Zeile 17 Ki h> frrra statt Patrem,
Auf Seite 669 Zeile 18 Fairem statt Credo. Johanne« Wolf.
Uiyiiizeü by Googl
Die VierteJjahrsliefte der Sammelbände
erscheinoii am 1. Novombcr, 1. Ft bruar, 1. Mai \uu] 1. August. Schluß
der Redaktion jedes Heften: <'iii ^fonat vor seinem Eiscluinen. Manu-
skripte und andere Sendurigeü liolifbc man zu richten an einen der
Hrraiisgeber: Prof. Dr. Oskar i-'h'i^* licr, Berlin W. MotiSi>traüe 17 und
Dr. Joliannes WoU, Berlin W. Augaburgei-ätraße 80.
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Die Instnunental-Stttcke des „Orfeo"
von
Alfred Heufs.
(Leipag.)
Einleitung.
Von Hawkins, dem Verfasser der >Generi\l history of thi" science
and practice of music* bis auf die jüngste Gegenwart hat Claudio Monte-
verdi^ »Orfco« l)t >(»n(1«'rs aucli in iiistruinontalor Hinsicht, von Seiten
der Forscher sich ^riol^-i- Bch'ehthoit zu t^rfri'Ufii j^clKibt; t^rrado hierin
sind immer wicikT nt iic hotraclitiiiiizen an ihn j^'cknüpft wurden, und es
gibt wohl auch keine kleinen' Musikgeschichte, die für ilm nicht \ve-
iiig>t"'ns einige Zeilen aufgewendet bättp. ^\'as heim Orfeot immer wieth r
ange/ogeu hat, war etwas Äußerliches, und ntun küuule ehie längere,
aber nicht uninteressante (T<»scbirbte gerade dieses > Äußerlichen* er-
zählen; was {ingeziigen liat. war in all' ri ivttr Linie die Instrumentation,
unliei ^ront*'\erdi mit Hecht aN (h'r erste und tds geniahr Instrumen-
tator gepriesen ^vir(l. Mit liein.ihe geheiTnem Grauen sieht mau immer
wieder das Orche?>ter des 1<). .laiirhunderts, von dem wir uns trotz allem
keine ganz klare Vorstellung nuicben können, ausgejjackt werden, von
'len Instrumental-Stücken hört man aber so g '.t wie nichts, so dalJ ein
Cnbeteiligter beinahe auf den Gedanken kommen könnte, ob eigentlich
Monteverdi zu seiner Instrumentation auch Stücke geschrieben habe!
Wenn die vorliegende Abhandlung also ebenfalls im Sinu hat, die In-
strumental-Stücke des »Orfeo« einer BesprecKiing zu untergehen, so wird
sie gut tun, dieselben von einer anderen Seite anzufassen. Dies wäre
«inmal dne Flrüfung auf den allgemeinen musikalischen Wert, verbunden
mit der Untersudiung, wie die StUcke in den Zusammenhang des Musik-
dramas passen, ein vielleicht nicht unverdienstliches Verfahren, indem
selbst allemeueste Werke Uber Geschichte der Musik, wie das Kom])en-
dium der Musikgeschichte von Prosnitz über die Instrumental-Stttcke
^ Urteil fällen, daß »ein reichliches Aufgebot von Instrumenten auf
1 Band n, S. 20.
S. <L L Jf IV. 12
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176
Alfred fieaß, Die Instnunentai'Stucke des »Orfeo«.
"uiHriliche "VVnkuni; abziele, und tlaC auch die Ritonit.lU- nicht >übel'
.s' it ii. es dieser Arbeit geliiifrt, eine höhere Auffassung über diese
Stiicke zu erzielen, so glaubt sie schon hi» idmc h eine Berechtigung für
eine ausführlichere Besprechung derselben erlangt zu haben.
Docli (lies wäre uiclit alles: die Instrumentulniusik-Geschichte hat bis
dahin von den Instrunieutal-Stücken des »Orfeo« nicht die geringste
Notiz genounnen, obgleich die geschlossenen Formen derselben zu tiner
Besprechung fiirmlich einladen iTiufUen. Der Urund mag wohl der ge-
vrc^on sein, daR man mit (h n kU inen Formen nicht viel anzufangen
iltir, und dali, weil die Stücke von der übrigen Instiuniental-Musik in
1 orm und Ciiaraktcr ai »wichen, man sie überhaupt nicht zu derselben
rechnete. Sonderbar ist allerdings hierbei, daß aus einer Zeit, die sich in
vollständigem Umschwung befand, so ausgeprägte Literatur-Denkmäler wie
diese Stücke nicht gerade zur ( 'harakterisierung der neuen Epoche be-
nutzt wurden. Hier ist aber überhaupt wohl etwas von den Historikern,
welche die Instrumental-Musik behandelten, außer Acht gelassen worden,
nämlich eine Wirkung der großen xnasikalischeii Rerolation, die wir kurz
mit der Entstehung der Monodie bezeichnen, auch auf dem Gebiete der
Instnunental'Musik zu suchen; wer eine Geschichte der itaUemschen In-
strumental* Musik zur Hand nimmt, der muß unbedingt auf den Ge-
danken kommen, daß die musikalische Umwälzung an der Instrumental-
Musik spurlos vorbeigegangen sei, denn die gesamte Literatur von
Wasielewski's grundlegendem "Werke 'die Violine im 17. Jahrhundert«
bis auf Torchi*s eingehende Arbeit über diesen Gegenstand in der »Rivista
musicalc« 1897 geht ruhig an dem gewaltigen Ereignis vorbei. Da vor-
liegende Arbeit diese Frage wenigstens berühren zu müssen glaubte, und
andererseits die Bedeutung dieser Instrumental-Stücke nur im geschicht-
lichen Zusammenhange erkannt werden kann, so ergibt sich eine, wenn
auch kurze Darstellung der Instrumental-Musik vor Entstehung der Mo-
nodie von selbst
1. Die InstramentaMfnsik vor Entstehung der Monodie.
Die Knst*-hung^/* it l inrr sclliNtiiniliu't'n In^trinin ntal-Musik' in Italien,
von weldiem T-nmi»- in »lirscr Arbeit nur die Kede ist, liegt niclit weit
von der Zeit des neuen Stils, aber noch ganz in der Periode der abso-
1) Unter iDHrumentol^Musik ist, wo Dicht ausdrücklich bemerkt, unr die Orcheater-
mul Kammer-Musik "mit Ausschluß der Orp;«'!- und Klavier- Mttsik, zu vi r^trlicn. —
Die Darstellung ditsi-r Z' it fit r Iti-trumontul-Musik peht niclit auf die ein/elno Lite-
ratur ein, sondern sucht nur die cliarakteristischen Merkmale derselben vor Aup^en zu
tuhreu; sie stützt ^ich ucbeu der einschlügigeu Literatur bcsouders auf die ^toten*
beilagvn in Waiiele wski*s »Geschichte der Instromental-Muiik im XVI. Jahrhun-
dert«, in desselben Verfassert Schrift »Die Violine im XVII. Jahrhundert«, in Bit'-
f
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Alfred Heaß, Die Instrumental-ätücke des »Orfeo«.
177
liiten Herriichaft der iin'hrstiiiuuiiri ii Musik, \v;is natiirlicli von Wichtig-
keit für sie werden uiuBte. Als der neue Stil aiitKaiii imd den Kampf
g^egen den Kontrapunkt< befrann, war sie bereits eine ge.sehlossciic flacht
jreworden, tiir sicii t ltensoweiiiy wie die mehrstirami^je Vokal-Mu>ik mehr
beseitigen ließ, und zudem war sie auch bereits auf ilircia kurzen
(^ange zu so viel innerer Selbständigkeit gelangt, daß sie für das Musik-
ilraiua verwendet werden konnte, wenn auch mit Veränderung ihres Aus-
•^ehens. Denn in's Leben gerufen von Komponisten, die in erster Linie
für Gesang, in zweiter dann auch für Tasten- Instrumente tätig waren,
hatte die Instrumental-Musik — was nahe liegt — die polyphone Schreib-
weise angenommen. Dieses Hemuswachsen avs dem Boden der Vokal-
Musik war für sie von ungemeinem Vorteil; denn ganz im Anschluß an
den vollendeten Stil derselben konnte sie ▼erhältnismäßig schneU auf eine
künstlerische Stufe gelangen, die sie niemak so schnell erreicht haben
würde, wenn sie ganz auf sich selbst angewiesen gewesen wäre. Da es in
erster Linie renetianische Tonmeister waren » welche eine künstlerische
Behandlung der Instrumental-Musik vornahmen, und bei diesen der viel«
stinmiige Tonsatz als Normalsatz galt, so war es natürlich, daB der ron
ihnen geschaffene Instrumental-StU auch in dieser Beziehung mit dem
vokalen übereinstimmte, so daß Stücke bis zu 22 Stimmen vorkommen.
Lange vor Entstehung dieser Orchester-Musik hatte es schon eine
Instrumental-Musik außer für Laute besonders für Tasten-Listrumente ge-
geben; diese Orgel- und Klavier-Iiiteratur gibt einen Schlüssel für das
Verständnis derEntwickelimg der ganzen Instrumental-Musik vor 1600. Das
Streben dieses ganzen Zeitraumes geht dahin, eine Konzentration des
ganzen Tonmaterials zu stände zu bringen^ und, was mit diesem Streben
nach äußerer Einheitlichkeit Hand in Hand geht, einen bestimmten, aus-
gesprochenen Gefühlsinhalt wiederzugeben. Die vorgabrielische Instru-
mental-Musik läßt dieses Streben ebenso genau erkennen, als einem am
Anfange der Entwickclung der Mangel eines auch nur einigermaßen
piazisierten Ausdruckes auf Mit; wenn irgendwo, dann zeigt sich hier,
wie das Mißverhältnis von Form und Gebalt zu einem unbefriedigenden
Resultat führt. Den Instrumental-Stücken von Buus, Willaert fehlt
es nicht sowohl an innerem Gehalt, als vielmehr an der Form; es ist der
Mangel an der Einsicht, wie ein Instrumental-Stück anzulegen sei, der
uns einen Teil dieser vorbereitenden l^Iusik ungenießbar macht. Wenn
Buus<), der auf der untersten Sprosse des Instrumental-Stiles steht,
Ricercars von 220 Takten schreibt, Claudio Mcrulo und Andrea Ga-
ter's >Uc9chiclite des Urguläpieiät , sowie auf iiiemauu'ü »Aitc Kammer- Alusik«.
Augcner.)
Ij Beilagen zur >(ie3cliichte der Listrain^tal •Musik im 16. JahrhvndNrt« von
Waiielewtki.
12*
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178
Alfred Heuß, Die Instramental-Stücke des »Orfeoc.
brieli suklie von etwas über 100 Takten, Giovanni (la brieli's In-
striiinental-Stücke bereits den besclieideneren Umfang von 70— Takten
aufweisen, so ist darin scbon äußerlicb das klare Rostrelien der Zeit zu
erkenntn auszusrlitidtMi. zu vereinfacben. der lnstniin»ntal-Musik eine
knappere Form zu ;,'obt'u, ein Beweis, daß sir bc^Muut. ^elhstiindiger zu
werden und ilireii eigenen "Weg zu irelien, indem diu beinabe endlosen
lijingen der vorbergehenden Periode zu (lii Lkter Formlosigkeit gefübrt liatten.
Insbesondere dem bellsebenden Giov. Gabriel i entging der Mangel
an übersicbtlichkeit, die dieser früheren Instrumental-Musik beinabe ganz
und gar feblt, nicbt; sein Streben gebt denn aucb entsebieden dabin,
eine solcbe in seinen Stücken zu gewinnen, was ibm aueb in gewisser
Beziehung gelingt; er erreicht Übersichtlichkeit einmal durch einen Kunst-
griff, nändich durch die Mehrchörigkeit ferner durch Insti-umentation
und dann aber auch durch ein inneres Mittel , durch Aufstellung eines
scharfen Gegensatzes, irie beispielsweim in einer von Wasielewski
neugedruckten Kanzone^).
Mit der Insintmentation war der InstruineDtal-Musik du Prinzip ge>
vonnen worden, das der Vokalmusik abgeht'). Diese Keuerung in der
Instnunental'-Musik hätte von Wichtigkeit werden können, wenn der
Gang der musikalischen Entwicklung seinen Weg dahin genommen hatte ;
aber sie wird von derselben so ziemlich ignoriert; das 17. Jahrhundert
ist, was Instrumentation anbelangt, in Italien außer vereinzelten Fällen
beinahe unfruchtbar geblieben. Die Entwickelung geht nach einer voll-
standig anderen Seite; die Instrumental-Musik sollte ihr Wesen viel tiefer
als in der Instrumentation suchen, die immer etwas Sekundäres, Unter-
geordnetes bleiben wird. Die Anregungen, welche gerade in dieser
Beziehung Gabrieli und in weit höherem Maße Monteverdi durch ihr
Beispiel geben sollten, sie fanden keine Nachfolge. Das historisch
Wichtige davon ist, daß eine Ausbildung nach dieser Seite hin weiter
nicht zu bedauern ist und für die ganze Zeit ein gutes Zeugnis ablegt;
für die Instrumental-Musik war es auch von äußerster Wichtigkeit, daß
sie ihren eigenen Stil zur Ausbildung brachte, was vielleicht nicht in
diesem Maße der Fall gewesen wäre, wenn sie sich auch anderen, mehr
äußeren Interessen gewidmet hätte. Und im 17. Jahrhundert hat dann
1; Dieser Zug geht durcii das guiuc Schallen «lahneli's; selbst iu seineu MaUri-
galen wendet er Mehrchorigkeit an. (Ambro 8, Husikgeschidite III, S. 5440
2) Nr. Vm der Sammlang »InstrumentaKSatze vom Ende des IG. bis Ende des
17. Jahrhunderts*. Bonn 1874.
.3 Die üiters guTnif^' ti'- Ansifht, daß (üaluit'H ^ Tnstrmiiriil il-Stücke ii'u li gunt
vokalen Charakter hätten. nmlS deshall», weil Gabneii die Instrumente in iliri r l .i!?en-
urt anwcudet, ztirückgewieseu werdeu; dio vom Komponisten beabsichtigte Wirkung
würde man niemals mit einem Chore erreichen kvnnen; audi wSren mandie Ton-
lagen fiir menschliche Stimmen bedenklieh.
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Alfred Heaß, Bie Initramental-Stucke des >Orfeo<.
179
auch Italien, viel woniger Deutschland, das Veniienst, Hand in Hand
mit der Ausbildung der Violin-Technik zugleich den instrumentalen Stil '
von innen heraus geschaffen zu haben. Denn diesen, um wieder auf Ga-
brieli zurückzukommen, auf neue Bahnen zu bringen, war genanntem Kleister
nicht vorbehalten. Eine Reformation an Hatipt und Gliedern hat Gabrieli
nicht herbeigeführt. Sein Fortschritt gegen irülier besteht außer den
bereits angegebenen Xeiifningen in der freieren Anwendung des fn*rierten
Stiles, einer ]( iicr dem Komponisten vielleicht unbewuIHen Züu'<', die dem
KiTifitts<<e dtT neuen Zeit zuzusdn f ilicu sind, im wesentlidu ii iinter-
seheid' t >ii Ii abfT G-ihrioli im Satzbau von seinen Vorgängern nicht.
Betrachtet man den Aufbau eim ^ Tnstnimental-Stückes innerhalb eines
geschlossenen Triles, wird man von einem wirklich instmmentalen Auf-
bau, der PerioiLisierung verlangt, ni< lit ndm kiWinen; es strömt durch
diV meisten difs^M" Stücke, wie überaus treltend bemerkt worden ist'l,
eine uncmlliclir Mt lodir ; wie ein Naturwald, den keine berechnende
Men^f liouhaud angele^M, nehmen sich diese vielstimmigen Stücke aus;
ein Takt reicht dem anderen innig verscldun-jen die Hände, ist mit dem
andei-n durch Synkopen, Jiindungen auf's eng^>tc serlvuüpft. wie in einem
Wald ein Uaum di»rch seine Zweige und Aste in den anderen greift.
80 ist ein reiches pulyphones Gewebe das ]\Ierknial der Instrumental-
Musik xoT Entstehung der ^fonndie. und sie stimmt darin mit den an-
aleren Mu.sik-(iattungen ülteii in; im (Jt'tülils-Inhalt steht sie aber, soweit
e-- wenijfstens die vorgabrii lischu betrifft, weit hinler ihiicn zurück. Hält
luau ?>ic mit dkir gleichzeitigen Vokalmusik zusammen, si» wird ihr eine
gewisse Ausdruckslosigkeit und Monotonie niciit abgesprochen werden
können. Zwar veraachen die Ivrimponislen schon um diese Zeit zu
charakterisieren; ihren weltlichen Kumpu.sitiuncii geben sie iSamen, teils
Personen-, teils Ortsnamen, aber das künstlerische Resultat fallt tlcnnoch
mager aus und tiefere Unterschiede weisen die Stücke nicht auf. Auch
in dieser Beziehung, was musikalischen Ausdruck anbelangt, sind es
G. Gabrieli, und vor ihm auch sein üheim, welche der Instrumental-
Musik wirkliches Leben einhauchen; sie sind es, welche den Charakter
ihrer Zeit auch in der Instrumental -Musik wiederzugeben im stände
wai'en, aber, muB man hinzufügen, nur insoweit sich dieser auf das
öffentliche Leben bezieht. Diese Sonaten und Kanzonen eines G. Ga^-
brieli siiid so recht der Ausdruck des venetianischen Volkes dieser Zeit;
einerseits eine oft beinahe das Elegische streifende Eaerlichkeit, wie
sie der Haltung bei hohen Kirchen-Festen entsprechen mochte, und an-
dererseits eine fröhliche, aber in ihrer Fröhlichkeit wohldisziplinierte
Festlichkeit^ wie sie ein Ycnetianer dieser Zeit bei Festen zu Ehren des
1) Kretf Bohmar, fuhrer dnrdi den Koiuserteasl, S. 6k
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180
Allrcd Heuß, Die Instrumental-Stücke des »Orfeo**
Dogen oder anderer großen Würdenträger wohl beobachtete, sind die am
stärksten hervortretenden Charakterzüge der Gabrieli'schen TonstUcke^).
Subjektive Begimgen, intime Züge sind ihnen aber noch fremd; es ist der
künstlerische Ausdruck mehr einer ganzen Nation als eines einzelnen
Menschen. Das ganze weite Grebiet individuellen Seelenlebens, der eigent-
lichen Domäne der späteren Instrumental-Musik, wiederzuspiegehi, war
dieser Musik noch yerschlossen, wie, wenn auch in beschränkterem Maße,
der übrigen damaligen Musik.
Sehen wir nach dieser kurzen Betrachtung der Instnimental-Musik
vor 1600 zu, wie sie sich zu der neuen Zeit verhält; es ist dies auch
deshalb notwendig, weil, wie in der Einleitung bereits bemerkt, in der
gesamten dieses Kapitel der Instrumental-Musik behandelnden Literatur
eigentümlicherweise die Instrumental-Musik dieser Zeit noch nie in Zu-
sammenhang mit dem Geist der neuen Periode gebracht worden ist, es
sei denn in dem Sinne, daß die Instrumental* Musik die Formen des
Dramas bednflußt hätte^).
Die Gabrieli'sche Orchester-Musik ist, wie sie in formeller und geistiger
Beziehung auseinandergesetzt worden ist, das strikte Gegenteil dessen,
was die Nuove miisichc wollen und bringen. Man sieht dies am klarsten aus
dem Resultat des Arbeitens auf ileni iii^truniontalon Felde während des
17. Jahrhunderts; dieses ist eine Solo-Musik Solo- und Trio-Sonatf), den n
Ausbildung ganz analog den Formen in der dramatischen Musik, der
Arie, in diesem Jalirhuudert vor sich geht, während die Gabrieli'sche
Sonate durchaus Orchestei-]\rusik, und zwar eine solche im Sinne der
Yokalinusik des K». Jahrhiiiidf ifs ^jfwescn war. H. Riemann vertrat
schon früher die Ansicht, daB die Trio-Sonaten auch in ort Im st raier Be-
setzung i^espirlt worden seien, wofür er h'tzthin den Beweis in Trio-Sonaten
des Mannheimer Komponisten Staraitz ') fand, bei welchen ausdrücklich
bemerkt ist, daß sie auch in Orchestcr-Brsetzuntr gespielt werden könnten.
Dieser absolut unzweideutige Beweis hat seine IJeglaubiguiiir nur für das
18. Jahrhundert, das sozusagen als Normal-Zeitalter der Orchester-^Fusik
eine derartige Besetzung ohne weiteres verständlich maclit; für das 17. Jahr-
hundert, in dem in Italien vor allem die ^lonodie inter(\ssierte und einzig
modern war, werden zwar Trio-Sonaten gelegentlich, d. k wenn Spieler
1) Näher über dies^ou Funkt liabe ick mich im Anhang dieser Arbeit: »Ein Bei-
trag zur Klilrung tk-r Sonnten- und Kanzonen-Form « ausgesprochon.
'2' Tj. Torclii, La nm>ii > Fnsfntnfm'ftlr in Italin nel .Sro/o Xl'I. AT'//. XVffl
{Ii'ithsta mnaimlr Is'jT,: La mmira [iii>truinenfnli: pura t- inäipenäenle dorem riscuttrc
un tn/tuenxa da quegta forum instrumaUale applica/a ath Iwiea t al «fmmmo, forma
emMtmah di tuUe le earatterisfiehe imtrumetUali sueeoiin^ e la rüenfi infaifi eon^
ief}il>"r'n!ienfr c ]>'ir"ff<lemeHte nUa liriea in pröi' t)"'" del teieetUo,
a, Blätter für Häub- und Kirchenmusik I,
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Alfred Heoß, Die Lwtnimental-StBeke des »Orfeo«. 181
vorhanden waren, auch in mehrfacher Besetzung gesjjielt worden sein;
die eigentliche Besetzunf? war aber, und zwar aus dem angegebenen Grunile,
sichfT die solistisrhe. Die weitere Entwickeliiiii^ mid das» Ergebnis der
(Trtl»ri( li'>,chen Urcheöt» r-Mu'^ik liiitte ohne Entstehen und Dazwisrhen-
küinmen des monodischen Stils ehenfalls eine, wenn ancli in ihren ISIitteln
ppsteigcrte und in ihrem Aiisdi uek mannigfaltiL,'eri' ( )r( liest( r-Musik sein
iiiii-scn. »Statt dessen ist dns iu sult;it der Mii-.iktü)ung die fcjolo- und Trio-
Snn:iti\ subjektiv sicli äuliemde Mu.sikgebilde. Erst das Ende des .Tahr-
Lundtrts bringt auf einem Umwege eine Art Orchester-Musik zu stände,
aber nicht sofort eine eigenthche, sondern eine sulchc, die das subjektiv
sdhstische Moment noch niclit entbehren kann — die Geschichte uuiiht
keine Sprünge — das Concerto grosso. Und erst als auch dieses, das lange
Zeit das Hai^pÜntereese der Muaik-Treibenden bildeti^ im liaule des
18. Jahrhimderts überwunden war, konnte wieder me eigentUdie Ordiester-
Mnsik beginnen, nachdem sie auf diesem grandiosen Umwege der In-
6tnimental>Ma8ik von mehr als einem Jalurhundert, dem wir aber die
herrlichsten Blttten in derselben yerdanken, alle Momente aufgenommen
hatte, die sie befähigten, als eine ganz neue Kunst zu erscheinen. — Man
entschuldige diese Abacbweifung; aber Überblicke sind nicht ohne Nutzen.
Das historisch Bedeutsame an der Entstehung der instrumentalen
Solo-Musik, das nicht genug betont werden kann, ist die Tatsache, daß
sich diese nicht aus der Gabrieli'schen Sonate ausgeschieden, sich von
dieser abgezweigt hat, sondern djiü sie von derselben vollständig unab-
hängig entstanden ist; wie könnte auch sie, Solo- und Kammer-Musik,
BO direkt aus der öffentlichen Musik der Gabrieli'schen Schule entstehen')!
Diese Solomusik ist eine direkte Jjegleiterscheinung der Entstehung der
Monodie auf instrumentalem Gebiete, sie entsteht auch in der schönsten
Blütezeit der (Jabrieli'schen Sonate, ganz am Anfang des 17. Jahrhun-
derts, und mit ganz kleinen, unscheinbaren Versuchen, die sirl? wie Bn-
gatellen gegen die G:d)rie'li"s( lie Riesen-Sonate ausnalinien. I nil zwar ]»e-
ginnen die "N'ersuche in dieser neuen Musik, so weit es sich iiberblieken
liiRt, vielleicht nicht ganz zufällig, iu derselben Stadt, in welclter der
größte Förderer des neuen Stile>, Cl. Monteverdi, lebte und wirkte, in
Mantua, und dieselben stehen allem Anscheine nach in Zusamnienhani^ mit
demselben 2j. Es beginnt eine neue Zeit füi* die Instrumental-Musik: es
1; Die bekannte Sonate G. Gabrieli's für 3 Violinen gehört ebenfalls in die
Kategorie diewr »öffentlidiai« Musik; sie war ohne Zweifel för den Gebnucfa sn Ssa
Blaroo bestimmt; für Gkbrieli war sie sicher mit ihrer kleiaeo Stiiumenznhl das lußerste
Zu^'eständnis an den modcnien Geist. Wie wenifr er aber mit der Zur-mnrm'TT'trlliinix
vnn flrci gleichen Instrumonten den Zujj der Zeit getroffen hat, eiliollt ilaraus, daß
»ein Beispiel, das fruchtbringend hätte sein k nnen, keine weitere >iachlulge findet.
2i MSher habe idi mich im Anhang: • e Sc^eni mosicali des daodio Monte^
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182
Alfred iieuli, Die IiiBtnimeiit«l>StUoke des »Orfeo«.
inüsson eine alte und einf^ neue .Schule au.seinander(?elialten Avcrden,
die in den äußersten Enden lange Zeit sich auch scharf unterscheiden,
weiin aucli innerhalb derselben bald Vermischungen eintreten. So hat
die alte Schule, und dem glaube ich die bisherige ungetrennte Behandlung
des Stoffes zuschreiben zu müssen, sehr bald auch das solistische Moment
neben dem polyphonen aufgenommen und unterscheidet sich darin von der
neuen Schnle niclit so sonderlich, die alwr doch etwas ganz anderes irill
nnd bringt. Ohne eine Scheidung vird sich eine klar^ Übersichtliche Dar^
Stellung der Entwickelung der italienischen Instrumental-Musik dieser Epoche
kaum ergeben können. — Das Emporkonunen des neuen Stils in der Instru-
mental-Musik zeigt sich auch in dem Henrorwachsen eines ganz anderen
Komponisten-Standes; Instrumental-Komponisten tauchen bald in Menge
auf, aber «e kommen von einer ganz anderen Seite als von der der Yokal-
Musik: sozusagen der dritte Stand der Musiker, der der Ihstrumentalisten,
tritt mit einem Male aus dem bisherigen Dunkel heraus und stellt sich
bald neben den bis dahin allein herrschenden der Vokal-Komponisten.
Wenn Maugarsi), der bekannte französische Violinist» in seinem Briefe
an ( inr-Ti friiizösischen Freund schreitet 1639), daB die Instnunentalisten
in Kom viel höher geschätzt seien als die »Sänger, so wird dies zwar wahr-
scheinlich eine kleine Übertreibung sein, die darin ihren Grund haben
wird, daU Maugars seinen Landsleuten recht zeigen wollte, wie hoch seine
Fachgenossen Uhc Ueiger) in Italien geachtet würden. So viel läßt sich
aber mit Bestimmtheit sagen, daß, wie man früher die Komponisten unter
den Sängern zu suchen hatte, jetzt die lnstrumentaHst( n, vor allem die
A'iolinspieler, mit Erfolg als Komponisten ihres Instrumentes hervorzutreten
beginnen 2).
Ks erhobt sirb jetzt ilie Frnjre. in welcher Weise djis Musik-Drama
tlie Instrumental-Musik /.n iliri r Mitwirkuni; lieranz<»ir; es könnt«- iii zweier-
lei Arten i^eselielien, einmal als >elb<;tän(lii,'»' rx-i^lritung zu den \\'''>rten
des Gesan,i:e>, wie es das nuMlei-ne Orchester tut, (u\vr aber als sell)st;in-
dige Instrumental-Stücke, <lie /wisclion di ii ein/einen t^es;in^'en un<l Hezi-
tativen eingereiht wurden, .sei e> zu dii hdu »jili i- zu jenem Zwe( kr. Di.- erste
Art ist etwas ganz Neues, und lindet bekanntlich im Mu.>5ikdraiiia nur
gelegenthche Verwendung, indem dort die vielen Akkord-Tnstrumente den
Hintergrund bilden. AViuterf cid 'j muli die Krtindung einer sclbstän-
verdi« ausgedrückt; eine eingehen(iere Behundiung der ganzen Sonaten-iVage behalte
ioh mir vor.
1) Fr. Thoinau, }faugar» eiVhre Jotteiir de Ftolf, Mimcim du Cardinal de J2tf-
eheiie" S. Bl. Siehe auch Monatshefte für Musikgeschichte 1895.
2 Linigo irnn :. Bomcrkimjxfn ülnr ilrn Stil dieser Iiistnimental-Muaik findffn
»ich ebenfalls iiu Anuangc: »Die Scherzi musicali von Claudio Monteverdi«.
3^, QabrieU und sein Zeitalter, S. 118.
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Alfred Henß, Dia IiMtnimentaI'8tfieke des »Orfeo«. 183
(ligen Instnimeiitai-Musik zu Vokalwerken Claudio Montevcrdi zusclireiben,
indem er eine solch«^ zuerst in einer Messe vom Jahre 1010 »in ülo
temjtfji'C'^. bei Gabrieli erst in dem zweiten Teile der >Sinfüniae Sacrae«
▼on 1615 findet (nach dem Tode Ga])rieli's lieraiM^ei;' 1»' nj; auf den über-
aus interessanten Vergleicli Winterfehrs') zwischen der Behundlunj's-
weise dieser obligaten Instmmental-Begleitung bei den beiden Meistern
kann nur liinirfwiVsPTi worrlpn, obgleich er sehr wertvolle Aufschlüsse über
den gruiKlvcrschiedenen Charaklrr flieser bei<lf*n Männer inhf/uu: ihrer
Auffassun;,'^ des Kirchenstils frild, indem sicli lierausstellt, daü Monteverdi
freradezu unerhört revolutionär in dens('ll)en eiu^eLriitten hat. Was eine
obHgate, (ausgesch rieben ei Tnstrumental-JJeirleitiinL'" sonst hetriltt, so hat
dieselbe bekanntlirli MontoveicH schon in einigen kStückeu aeiiie> -Orfeo«
ungtvvendet, und von hier au.s wiril er sie wohl auf das Kircheufach
übertragen haben, ein (.iruntl, der Winterfeld entgangen zu sein scheint.
Die Verbindung von Gesang mit selbständigen Instrunicntal-Stiicken
reicht dagegen jedenfalls sehr weit zurück, und zwar sowohl als Ab-
wechslung zwischen den einzelnen Stiophen von Gesangs-8tiicken, als Ri-
tomdl oder Intermedio, wie auch in der Form von eingelegten Tänzen
in Festspielen (Intermezzi], die bekanntlich besonders in Firankreich unter
dem Kamen »Ballett« schon lange vor Entstehung der Oper existierten.
Anch in Italien gab es in den Intermezzis selbständige Instrumental-Stücke;
Ambro 8'} bringt die interessante ItCtteilung eines mit *Syniphoma* be-
titelten Instrumental-Stückes (also jedenfalls kein Tanz) in dem dritten
Intermezzo vonMalvezzi, das bei der Hochzeit Ferdinands von Medici
mid Christiana's Ton Lothringen im Jahre 1&89 aufgeführt wnrde. Bei-
nahe merkwürdiger AYeise haben die ersten Musik-Dramen auffallend
wenig Gebrauch von der Instrumental -Musik gemacht; das fast voll-
ständige Fehlen erklärt sich zwar teilweix daraus, daß die Hellenisten
bei den für sie maßgebenden Gri(urhen keine weitere Erwähnung von In-
striimental-Musik vorfanden, und daß ihr Interesse von ganz anderen Dingen
in Anspnich genommen war. Aber dennoch sind dies bloß äußerliclie
Gründe. ^Ct der Herübernahme der Instrumental-Musik in das Musik-
Braraa traten an dieselbe Forderungen heran, die bis dahin noch nie an
sie irestcllt worden wann: sie, die bis dabin ganz im Schlepptau der
Vokal-Musik geführt uoiden wnr. nndUe mit einem Male in Gebiete
(Iringen, die nueli jener bis daliin i^an/. IVenid Lr-nvcsen waren: t^ie mnfUe,
um in das Drama zu j)a^s(Ml, einen uni^h-ich mannigtaltigeren Gelühls-
und Ötimmuügs-Gehait als bisiier wiedergeben können. Das waren For-
1) Siebe <las alphabetische Verzeichnis der gedruckten Kompositionen GL Monte-
TOrdi's von E. Vogel in der Vierteljahrs-schrill für MuaikwiaaenBchaft^ lfi87, S. 423.
2i Winter fpld. Oabri--li und sein Zeitalter, S. 119.
3; Ambro», Musikgeschichte IV, S. 208.
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184
Alfred Heuß, Die Inftnimeiital-Stüeke de« »Orfeo«.
derunucn. die prewns'^f^rmnRon eine ^ii uscliattuni; «Icr Instrumental-Musik
bfdiniztcii. b'orderungen, von deren Schwierigkeiten man sich hei der Tn-
struracntal-Miisik dieser Zeit kaum eine Vorstellung machen kann. Diese
Sch^vie^l^'keltl•n sind es denn auch teilweise gewesen, welrhe das beinahe
vollständige Fehlen von st Ib ständigen Instrumental-Stücken sowohl in der
ersten Zeit des Musik-Dranias, als auch das mehr vereinzelte Auftreten
von soldien in der späteren Zeit verursacht haben: das dreistiunnige
Stiintlchen in Peri's Ettridicc, welches bei dm (irieehen vurkummende
Instrumente. Flöten verwendete, ist mit eini-.'en Stückun in der > liapprcstn-
ta;.ione di oiiima c di corj)o< von Cavulieri*) so ziemlich das einzige, was
sich an Instrumental-Sätzen in den ersten Musik-Dramen findet. Um so
mehr muß man überrascht sein, plötzlich auf ein Werk zu stoßen, das
▼on Instmmeiital^StüGkeii einen Gebrauch macht, wie es nicht nur in der
Oper des 17. Jahrhunderts, sondern Überhaupt in der ganzen Geschichte
der Oper einzig dasteht Es sind dies
die Instrumental-Stücke des »Orfco«,
zu denen wir nunmehr übergehen. Der Historiker steht hier vor einem
Kätsel, das ganz zu lösen Tielleicht nie gelingen wird. Wie kommt
Montcverdi dazu, in dieser seiner ersten Oper der Instrumental-Musik
einen so breiten Raum zu gewähren und noch mehr, wie erklärt sich die
Art und AVeise, nnt der er sie verwendet?
Solir wolil ist es m<iglich, daii Monteverdi, den seine Reise mit seinem
Fürsten, dem Herzog Vincenz von Maiitiia '- . nac h l-'landi'rn walirschein-
lieli aueli nach Frankreich führte, dort die reiclie Verwemhiiiir von In-
strumental-Musik bei den Ballcts kennen lernte, LäHt sich so viel-
leicht für die große >b>nge von histruinental-Stücken im »Orfcu- » in (irund
anführen, die RescluLlknheit, das A\'es( ii der^elltcn erklärt die Ver\vri.sung
auf die französischen Festspiele nieht. ila diese nur Tänze bracliten. Licht
verbreiten könnte hierüber nur die Hypothese, daß Monteverdi mit den
selbständigen Instrumental-Stücken nichts Geringeres als <len griechischen
Chor auf irgend eine Weise ersetzen wollte. Indes auch in diesem Falle
würde man sich, da dies nur die künstlerische Absicht, noch nicht das
Vollbringen erklären würde, wie bei so irielen Dingen Monteverdi^s an
sein Genie halten müssen; doch zur Sache!
Wenn Yon den Instrumental-Stücken TonMonteverdi^s > Orfeo« die Hede
war, so geschah dies, wie bereits bemerkt, in erster und beinahe einziger
Hinsicht mit Bezug auf die Instrumentation, die Orchester-Behandlung.
Fragen wir aber nach dem kunstgeschichtlichen Besultat des »Orfeo« ge>
1} Davon c'iui'„'e im Neudruck in den Boilanren zu den »Stadien zur G^scbichto
der it.ilioniiclien Oper im 17. Jahrhundert« von H. Goldschiuidt.
2, K. \ ügel, Cl. Müuttiverdi, a, a. 0., S. 323.
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Allred Ueul3, Die Instrumental-Stücke des >Orfeo«.
185
»de in dieser Beziehung, so ist es eine bekannte Tatsache, daß der-
selbe von keiner, auch nur halbwegs weittragenden Bedeutung geworden
ist Der »Orfeo« ist hierin eine Tat, eine einzige große Tat, die aber
keine Nachfolge hatte. Selbst Montererdi verlaßt die Bahn, die er in
diesem Werke gewandelt; bei seinen späteren Werken verfäbrt er ganz
anders.
Diese Darstellung wendet deshalb ihr Augenmerk aucli ganz anderen
Gesichtspunkten zu. da überdies über das Kapitel der Orehester-Behand-
lung im 17. Jahrhundert Spezial-Arbeiten vorliegen.*) Ks sind sowohl die
geistige wie die formelle Seite, die an diesen Instrumental-Stücken mächtig
anzi- lien und sie zu einem Unikum in der ganzen Geschichte der Oper
und Instrumental-Musik machen. Form und Fnhalt lassen sich bei diesen
Stücken, wie din nähere Darli ^'nuL' zeigen wird, unin"ii;lich von einander
tr^-nneii: Moiituverdi liat in den meisten diosor Tn^t^uIll('lltal-Stüeke das
Grund-Froblem der Tn->trumental-Mnsik, die f^'c^'i nseitige oiffanische Durch-
ilrinLnm«»' von Form und r4ehalt, in einer Weise gelöst, die in ilncr Art
^'an/ einzig' tlastdit, uiui der n>an niemals seine Bewunderung wird ver-
sagen können, liesonders dann nicht, wenn man die damaligen Verhält-
nisse kennt; und in diesem Falle wird einem, ölten sei es gesa^, der
> Orfeo < geradezu zu einem Rätsel.
EHn Blick in die Orfeo-Pai*titur zeigt, daß man es mit Instrumental-
Stücken verschiedenen Kamens zu tun hat*); außer den Einleitungs- und
Schluß-Stficken, einer Tokkata und ein^ Tanz Iforesca, sind es mit »Sin^
fonia« und »Bitomell« bezeichnete Stöcke, die immer wiederkehren. Diese
Bind es, die unser Haupt-Interesse in Anspruch nehmen werden.
2. Die Ritonielle.
Schon eine oi^erllächliclie lietraelitung der Rllörnelle ieiirt, daß man
es hier mit vulUtändiir selbständiLren Stücken zu tun hat, die keines-
wegs (einige kleine Ausnahmen alii^i ieehnetj etwa aus Motiven des Ge-
sangstücke^ aufgebaut oder gar instrumentale ÜhertraguuLM n \()n solchen
sind, also in dieser Beziehung, was Selbständigkeit unbetritii, mit den
Sinfonien übereinstimmen. Schwerer dürfte es sein, einen prinzipiellen
üuterschied zwischen diesen beiden Instrumental-Formen herauszufinden.
1 Lavoix tils, Vllisfoirr. ilc V hK-^triimentafitni. — H. Gold scli iji idt, Studien zur
üwliiditc <li:'i' it:ilifni-('lien Ojier. — Vergk'i'"li<' aurli IT. K r !■ t / s cli m n r . Kin^i^ Be-
merkungen über den Vortrag alter ^fti^ik .Iuhrl uch der Musikbibl. Peters 1'.XJ(J, S. »2.
2j Dieselbe, neu herausgegeben im lü. Üande der »Publikatioueu für Musikfor-
selnuig« Ton R. Ettner; die Auigalw enth< samtliche Instrumentalgtficke, die hier
atipefiihrten Seiten-Angaben beziehen sich immer auf diese Ausgabe. Zum Vergleich
V'en die Origmal-Partituren von 1609 {Berlin, Königliche Bibliothek) und 1615 (Stadt-
Bibliotliek Bre»lÄ«j vor.
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186
Alfred Henß, Dio Initniineiital-Stücke d«s »Orfeo«.
Ich habe ulich hicrülMT. um mit Spp/i;i1-Vnt<isiu lniii'ren <Umi Hfuiptteil der
Arbeit nicht zu ^«■la•^t(•n. iui AiiiuuiL' Sinfonie und Jütorneli* näher
ausgcsprocliou und teile liier nur das I\t'>ultat mit:
Unter Jiitornellen dieser Zeit sind selbständige Jnstrumental-S'Uu ke zu
verstehen, die aber zwischen die einzelnen Abschnitte str(ij)liiN( lu r Ge-
saugs-Stücke gestellt werden und deshall» liiiuti^,' wiedtt kilii fu. \\;ilu«'nd
die Sinfonien aich ganz selbständig: iu das (laii/c fügen und deshalb uuth
nicht wiederkehren, wenigstens nicht ini Miuif dts Ritornells. Fenier weisen
die Ritornelle im Verhältnis zu den Sinfonien im ullgemeinen einen leich-
teren, sehr oft tanzartigen Charakter auf, und stehen im gleichen Takt-
maß mit den Yokalatücken, zu welche sie gehören. Öfter gehen indes
die beiden Begriffe durcheinander, vie es in dieser Zeit auch bei andei'en
Bezeichnungen von Musik-Formen sehr oft vorkommt.
Auch Monteverdi weicht in mancher Beziehung im »Orfeo« Ton der
gegebenen Erklärung ab, im großen Ganzen stimmen aber ^eine Stücke
mit derselben überein. Beinah ein durchgängiger Unterschied, der in-
des nur für den »Orfeo« maßgebend ist, &idet sich im Aufbau der
beiden Tnstrumentalformen: die Bitomelle sind anders aufgebaut als die
Sinfonien, nur in wenigen Fällen spielen die verschiedenen Arten des
Aufbaus ineinander.
Montererdi faßt in seinen Ritomellen etwas ihm Eigentümliches
gleichsam in einem Hrenni)unkt zusammen, nämlich den Gk;brauch der
Sequenz. Die Anwendung derselben war in der damaligen wie in der
früheren Musik bekanntlich .etwas ganz GewÖbnliclie'«; große wir kli ino
Meister benutzten sie, aber in durchwegs gleicher Weise, als Melo-
die treibendes Element. 80 zieht sie sich durch die ganz^ t.it ratiirj
schon die Frottolisten kannten etwas Ahnliches »in der AViederliolung
einer Tonreihe auf einer höheren oder tieferen Tonstufe« und aucli die
>f;ulrignlisten lirH. n sich dieses Ausdrucksniittel nicht entgehen. Den
Instruuicntali^ti n war die Sequrnz ein ebenso willkommenes als oft auch
billigt'S Mittel. l;uii/c T*(>rio(l*'n zu erziclon und zwar immer in melodischer
r>r/,i('bung; srlir oft tnttt Miau bei ihnen StHjneii'/~St»^lb'ii, die iiinn kruini
anders als mit Si bustt riiecken wird bezeichnen können. Wenn j>elbi>t
Männer wie G. Gabrieli^] «ich zu Sequenzen wie
1 —
-\
1) R. Schwärt/, Hans Leu Haßler uiitor dem Eintiul^ der italienischen Madri«
galiston. Vierteljalirsschrift für >fii •ikwiss.Mix.-hai't TX. S. ."J .
2; Kanzon Nr. 10 der Sammlung Sinfauiav iiacrac vou X61Ö (KüuigUche Biblio-
thek 2U Berlin lUnvollstäniligcs Exemplar,.
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Alfred fieuß, Die Instramental^Stficke des »Orfeo«.
187
oder:
Tcrleiten lassen, so wird man hegreifen, wenn geringere Meister oft noch
veiter gehen. Montevenli sieht die Sequenz in seinen Instrumental-Sätzen
von einer ganz anderen Seite an; es ist nicht das Bestreben, durch
sie ehie Steigerung oder Senkung herbeizuführen, wie er sie im vokalen
Satz mit so iiborrasrhcndem Erfol;re und dramatiscbpr Wahrheit') nn-
wendet. und wie wir sie bei Montcverdi's großpin Srhiilrr, Fr. ('a\ alli,
el)tufulls wieder finden'-';. In der instrumentalen Secjuenz ^Miuitevridi's
tiinlt t man in erster T/inie <-in wirklich instrumentales Element verliori^en,
(l h. dif Sequenz i»L für Mouteverdi ein Mittel, einen insti luncntuleu Stil
zu schaffen. Wir müssen uns hier näher erklären, da der EegriS des
»Instrumentalen < sf'lir häufig milJvuratunilcn wird.
Was lieiÜt und ist instrumentaler Charakter? Das instrmnentale Ele-
ment besteht in der Festhaltung eines Motivs, in der Ausnutzung, Wen-
dung nach allen Seiten, kurz, es beruht in der Durchfühiiing, welche
gerade das eben Gesagte bedeutet In seinen Bitomellen versacht nun
Monteverdi durchaus nichts anderes als das, was man mit Durchführung
bezeichnen kann, nur greift er zu denjenigen Mitteln, die ihm seine Zeit
bietet: dies ist die musikalische Sequenz. Was er aber aus ihr macht,
das ist nur ihm eigen und entspricht seiner inneren Natur. Man könnte
diese Sequenz zum Unterschiede ron der melodischen eine durchaus the^
matische, motivische nennen, eine Sequenz von innen und unten heraus;
die erste Sequenz ist mehr ein leichtes Kleid, bei Monteverdi's Bitomellen
ist sie der Körper selbst.
Xelmien wir gleich das erste Ritornell, weiches sicii sofort der Tokkata
anschließt ]Man muß sich bei den Instrumental-Stücken Monteverdi's,
wie auch bei denen der venetiaiüschen Oi)ern-Komi)i>nisten, daran ge-
wöhnen, das Bali-Thema als das wesentlichste aufzufassen, wofür wir
später noch direkte Giiiii<lt' kennen lei-nen werden.
Das 5 stimmige Ritornell zeigt uns die Eigenart des Monteverdi'schen
Set [uenz -Verfahrens überaus klar^}:
.St
1] Zum Beispiel im *Orfeo< Orfeo^s Buf: Sendete tm il mto be» »uf Seite 192
der geDADDten Auff^abe.
2 H. K rt'tz!*« h ni ar, Die Venotiniiischt' Op^r iinrl die Wt^rke Cavalli's und Ges-
ti's Vicrteljahrsschrift für Muaikwisacuseliaft Viil, 8. -lUi.
3; A- a. 0., S. 123.
4) Da der Orfeo durdi die NeuauRgabe Jedermann zaganglich ist, wird an Noten-
iN^spiden nur das cum YerBÜndnis Notwendigste mitgeteilt.
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166
Alfi-ed Heuß, Die Instrumental-Stücke des >Ürfeo«.
Hier ist das gleiche Motiv viennal und zwar auf den Akkord-Tönen
des c^woli-Akkordes wiederholt Das Ritomell bekommt durch diesen
planvollen Aufbau, den man mit dem Bau einer Mauer aus gleichen
Quadersteinen vergleichen könnte, etwas ungemein Straffes; wie gemeißelt
steht der kleine Bau vor uns; wenn irgendwo, dann kann man hier den
Vergleich der Musik mit der Architektur bringen. Auf diesem marmor-
harten Unterbau erheben sich nun die anderen Stimmen. Es würde nidit
wegzuleugnen sein, daß, wilrde Monteverdi die andern Stimmen analog
(lein zwcitaktigen Baß-Thciii:i anlegen, das Ganze einen schematisclien
Eindruck machen würde. Wer aber diese Ritornelle zum ersten Male
hört, der kommt gar nicht darauf. daH or es hier mit Sequenzen ZU tun
hat, während doch solche, in diesem Malie »nizewondet, sii Ii dem unmusika-
lischsten Menschen aufdrängen würden. Der Grund liegt in rinom lic-
souderen Kun'stirriff Monteverdi's, den er in dor geistreichsten Art und
Weise anwendet, nämlich in d* r Stimmen-A'ertaux hung. Dieses Mittel ist
nicht original; Monteverdi faiul es in der Vokal-Musik, insbesondere in
den Madrigaion vorgebildet, (iewöhnlich, wie auch in unserem Falle,
sind OS zwei Stiiniiion, die mitoinnndor rivalisioron. indem br»ld dio orste,
bald die /.wrltc durch die Tonhöh»- dniiiiiuCrt ; jcdr Stiuniie hat ilir eigenes
Tliema und so entstehen durch ditM riutausc huni,'» n immer ganz neue
Effokto. Hier in nns«'rm VnWr ist r^ l ino simut-iclui Abweclishmtr dor
Ki'idcn (M*sten Stimmen; /.ut i>t lir^M ( 'antus I mit seinem Thema oben,
ilann ( 'autu.>ll mit dem ht iniL'i ii »'iin' (Juinte höher, dann Cautus II mit
dem Tin iiia dos ersten, während di» si i das zweite hat; der Schluß ist
frei. Für das Munteverdi'sche Secju» n/.-A'( rfahren ist dieser Stimmen-
Austausch überaus wichtig, da hierdurch die ;iufdringlicho Art der S( i|Ut uz
ungomciu veredelt und das fatale »Man merkt die Alj>ichL und wird
verstimmt« glänzend umgangen wiid ; es bleibt einzig das Positive, durch
dieses Verfahren dne ungemeine Konzentration, ein Zusammenpressen er-
reicht zu haben, die durch gar nichts anderes in diesem kleinen Rahmen
erreicht werden kann. Denn daß sich diese Verwendung der Sequenz
nur fUr Tonstucke kleineren Umfangs eignet, bedarf keiner näheren Dar-
legung.
Der Grund fttr Monteverdrs Verfahren ist aber ein tief innerlicher
und schreibt sich von dem ganz bewußten Streben her, ein scharfes, ein-
heitliches Bild zu erhalten, das absolut durch kein Beiwerk an Deutlich-
keit verliere. Die Sequenz ist Monteverdi der schärfste Regulator, sozu-
sagen nicht den kleinsten Strich über die Zdchnung hinauszumachen.
Was ^fontevordi dadurch erreicht, ist denn auch etwas, was in dem winzigen
Raum beinah** unmöglich erscheint: die prägnante Darstellung einer Idee.
Monteverdi will uns mit diesem Kitornell offenbar nichts anderes als eine
Idee seines Dramas geben; der herbe Charakter, der in den starren Baß-
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Alfired Heuß, Die Instnunentai-ätüicke des »Orfeo«.
189
Schritten zum Ausdruck küiumt, versclirailzt durcli die ^lelodie-Stimmen
zu einer ganz eigenartig elegisch verschleierten Stimmung, dem Grund-
wesen des »Orfeo. > Monteverdi gibt selbst den Gedanken in die Hand,
dieses Anfangs-BitomeU sozusa^n als leitende Idee aufzufassen: zweimal
(naclidem es während des Prologs sich dem Hörer durch öfteres Erklingen
eingeprägt hat) erscheint es im Verlauf des Musik^Dramas, und zwar an
den wichtigsten Stellen ; zum ersten Mal nach dem zweiten Akt: das Unglück
ist eben geschehen, der Chor hat zum wiederholten Male seinen Klage-
Gesang »ahi easo acerbo* erklingen lassen, da tönen plötzlich auch wieder
die bekannten Klänge des Schicksals-Stückes zu uns: Orfeo rüstet sich zu
dem grausigen Gang in die Unterwelt. Und wieder erscheint es nach
dem 4. Akt, als Orfeo ohne Euridice auf die Erde zurückkehrt (also
wieder bei einer Wendung im Schicksal Orfeo^s). Aber jetzt tönt es
uam dumjJ: <lio hellklingenden Blas-Instrumente, Cornette und Kc'iale,
auch die Trombonen schweiiren. nur dunkle Violen und fast durchwegs
Akkord-Instrumente, niimlirli nach Monteverdi's eigener Angabe O/v/a;//,
(irnvicemUili, Arpi, Chflaroni, Avagcn es zu bringen, wodurch jedenfalls
otwas Dumpfes. Zuckendes (durch di< vi» 1» ii Akkord-Tnstrnmentci sich in
dem Sjn^'l ausdrückte: es ist, als ob das Schicksal selbst mittrauerte.
Es gibt wohl kaum ein zweites Beispiel in der Opern-Geschichte des
17. .rahrliiniderts, in welchem ein Instrumental-Stück so zum geistigen
Tr-iL'f'r für dif L'nnze Oper geworden wäre. Denn wiewohl das Stück mit
lulorneUo be/.» 1( Imet ist, also das Wiederkehren [Rifomdh von riioniarc]
im Xamen lie<it, so bezieht sich die>cs in anderen Fällen doch immer
nur auf das Wiederkehren zwischen den einzelnen Stropiiin eines ije-
schl(»ssenen (Jessinijes. DiVs. s ixitornell geht aber iiiimiirlweit Uber die
ui^prüngiieiie Heti^iitim^ und An\ven((ung des Uitormllft liinan^: es ist
«'in Ritornell im weit- ten. sozusajL'en iilealen Sinne. Hier kann man
2;)0 .bibre vor Wagner au Li itiii<>ti\i »Irnk. n. da es sich au- d.m irleieiien
Prinzip, aus der Idee des mu>ikali^t lien Ihania.^ iRrschreibt. Xat hlülger
hat gerade hierin ^Fonteverdi nicht gehabt. Dies ist beinahe natürlich; die
Idee konnte auch nur dem 0 eiste einer wirklichen Tragödie entspringen.
Schon dieses Ritornell zeigt klar, daß Moateverdi die Ritomelle, wie
leicht der Name in seiner späteren praktisclien Bedeutung uns andeuten
könnte, nicht hintangesetzt haben wollte. Natürlich sind nicht alle
von der gleichen Wichtigkeit für das Drama selbst, noch ist auch ihr
absolut musikalischer Wert ein gleich bedeutender. Mehrere spielen keine
gidfiere Bolle; doch haben alle ihre ganz besondere Physiognomie, welche
zu einer niUieren Besprechung verlocken könnte. Doch begnügen wir uns
mit dem wichtigsten, zumal einige noch aus ▼erschiedenen Gründen be-
sprochen werden müssen.
Im wresentlichen weisen die anderen Ritomelle, wie bereits anfangs
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19Ü
Alfred Heul3, JJie lustrumeatal-Stücke des *Orfeo<.
bemerkt, den gleichen Bau auf: das ganze Stück ist ans Sequenzen
gearbeitet Nicbt immer sind aber die einzelnen Stimmen, wie in dem
ersten Beispiel, streng sequenzmäBig gebildet, und nicht immer wird der
Eiindruck der Sequenz durch Stimmen-Umtausch rerwischt. In verHchiedenen
Fällen machen die Oberstimmen, während der Baß, der eigentliche Haupt-
träger des Ganzen, sequenzm&Big fortschreitet, neue Melodie-Bildungen,
wodurch der Gredanke an die Passacaglio-Methode nahe gelegt wird. Ein
Beispiel hierfür bietet das Bitomell im 1. Akt'), welches nach dem
Ballett-Chor "Lasciali i monii* erklliiL't. Der Aufhau ist hier bedeutend
weitzügiger; der BaB hildet sich sein Thema aus einer Secjueuz und ist
in seinem zweiten Teil (I. Takt) eine genaue Reprise in der Dominante,
ein sehr frühes Beispiel dieser Satz- Auf Stellung. (Der zweite TeÜ ist eine
ausgeschriebene Kepetition des ersten, also AB. AB.)
^ NB.
3 i es«
Dir Au^Jtrabo von R. Eitnor enthält liior hei N H. einen kleinen
Irrtum: this OriiriiKil Meist, w'w der Herausi^eber seihst angieltt, hfi NB.
den Durdit.'ikl;aii; auf ilcr IJaliimto l\. also qis auf, und die Terz uiuli auch
analog der kurieaj)i>ii(lit'r( H<k*u Stelle im ersten Teil sd licilien, wu elion-
falls, trotz des stärkten t^uerataudes, das analopr ris der Fehler
liegt nicht au dem (jh der zweiten Stiuiiue, soiuleiu au dem g dfs Alts,
der uaeh t gehen muß. Das Charakteristische der Stelle hegt gerade
im Wechsel des C-ilur und A-iiur^ beziehungsweise G-üur und E-dur
Akkords').
Was die Melodie-Stimmen anbetrilft so bmerke man, wie die Melodie
im zweiten Teile anders gebildet ist als im ersten und wie frei und
unbekümmert sie ganz andere, gesteigei*te Wendungen vornimmt.
Aus einem ähnlichen Grunde, nämlich dem einer Korrektur, muß das
Bitomell auf Seite 158 der Neuausgabe besprochen werden. Auch hier
haben wir die Sequenz-Schritte, .aber wieder in etwas anderer Gestalt.
Man muß wirklich erstaunt sein, wie Monteverdi aus dem gleichen Prinzip
immer wieder neue Kombinationen herausfindet; denn dieser große Meister
ist meilenweit von jeglicher Schablone entfernt Das Ritomell bringt die
■
1] s.
2) Beido Drucke, der von 1609 and 16lö ^Berlin und Breslau^ bringeu diesen
Fehler (3. Stimme), beide auch das gU in der 2. Stimme. Die Stelle ist aber zweifel-
los SU ^'Pintint. wii- sie vei liossort worden, und eigibt aich gerade aus der Erkennt«
nis der äequeuz-Üilüuug Monteverdi^s.
üiyiiizeü by GoOgle
AUred HeaOi Die InstmmQiital-StQcke d» »Orfeo«.
191
Se«nionz im BaR viermal, aber die beiden letzten in der Umkehrung, ein
Verfahren, diis wir später auch bei den mit Sinfonien Uberschriebenen
Ton«5tü( ken angewendet tin«h n w(Tden.
]i' k:iimt ist diese'? Ritoni« !! jedem, der «^ich einmal mit dem >Orfeo*
beschäftigt hat, durch seine luerkwUi'dige iihytlimik. Wie das Stück im
Neudruck vorliegt, ist man gezwungen, dasselbe mi '^/i-Takt uufzu fassen,
da sich anders die Sechzehntel-Noten in den zwei Oberstimmen nicht
uülerbringeu lassen. Monteverdi, der in rhythmischer Beziehung einer
der reichsten Meister ist, wäre zwar ilit se zu allen Zeiten ungewöhnliche
Taktart allenfalls zuzutrauen, wenn nicht tlas darauffolgende Lied^) des
Orfeo, das Ähnlichkeiten mit dem Ritomell aufweist, den "/4-Takt kate-
gorisch verlangen würde; ein Wechsel im Rhythmus zwischen einem Lied
und dem dazu gehörenden RitoraeU spricht aber ganz gegen das Wesen
desselben'). — Die in beiden Drucken (1609 und 1615) und in der Neu-
ausgabe zwischen den Noten stehenden Dreien gehdren nicht hindn. Wie
ne hineittgekommen sind, ist rätselhaft; bei den Wiederholungen des
Bitomells fehlen sie auch gänzlich. Der Neudruck bringt aber eine Ab-
veicfaung vom Originaldruck, indem in jenem statt eines Achtels ein
Sechzehntel (es ist die achte Note im Oantus I, die sechste im Can-
tos n) steht'). Der vom* Herausgeber benutzte Druck von 1609 ist an
dieser Stelle undeutlich. Statt aller weiteren ErÖrtemngen gebe ich das
Ritomellf das im V4~^^l(^ vollständigem Wegfallen der Triolen-
Bewegung stehen muß, als Beilage I. Der im zweiten Teil etwas
befr^dende Rhythmus ist bei Monteverdi absolut nichts Ungewöhnliches;
er findet sich genau in einigen seiner SrJfcr\i mftsieali vorgebildet, was
aii(]i die Gewißheit für die oben gegebene Auslegung des Ritomelles
gab. Die Scher\i luusicali^] sind für das ^'n st.lndnis Monteverdi*8 und
zwar insbesondere für dessen »Orfeo« ununjgiinglich notwendig; das leichte,
fTii]ili( he Blut, das in den dreist imnii^'cn Gesängen der Hirten fließt, rollt
l)einahe noch übermütiger und kecker schon in diesen ganz reizenden drei-
stimmigen Liedchen. Um von ihnen einen Begriff zu geben und besonders
1 Es ist fiiK'ntüinlieli. tlal3 Imh dahin iioeli vuii Niomaiuiem ltftn«^rkt wuHf. iliiP
ieser Oeaaug Orlco'a »Fi ricorda* cUeul'alla ein dix'itcÜigor Satz iLicdl'orm, ist;
H. (}oldtchinidt redet wemgsteo» noch in seiner letzten Publikation (Studien zur
GtjschicUte der italicnis^elieii Oper) DUT VOn dem dr«'i(eilitifu Satzf zu Beginn des zweiten
•Vktes. S. lö; ebenso ist es Ivti!"'- entgangen. Man darf, da diese Iteitlen (ti sUn^'e der
gl'iehen elegischen Stimmung OrtVo's Ausdruek gelten, dies»' äciM r»' r'ternin^timmung
dem bewußten künstlerischen Scharten Monteverdi's, das aut Einliehliehkeit zielte,
QKhreiben.
2} Die einzige Aasnahmc und Erklärung «ehe S. 194 dieser Arbeit.
3 Ein Vergleich mit dem Druck von 1615 (Brealaner Stadt-Bibliothek} eigab das
Sr'leiche Restiltut.
ii 3d.ir von Herrn trol". Kretzschmar IVeuudUclist zui' Verfügung gestellt.
&d.i.]i. IV. 13
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192
Ai&ed Heußi Die Insirumental'SlUcke de« »Orfeo«.
um den jranz gleichen Rh\-thmus iiiul die beinahe gleiche Melodie zwischen
diesem und dem besprucliencn Kitüiiiell uachzuweisen , folgt als Bei-
lage II eines dieser Scherxi musicaU. Das Ritornell mit seinen scharfen
Melodie-Wendungen, seinem fröhlichen, unbesorgten Lihalt, mdem die
Secluielmtel-FftaBagai der Welt ihren Lauf zu lassen sdieinen, bildet
einen kleinen, Uberaus wohltuenden Kontrast zu dem elegischen Gesang
des Orfeo, was vielleicht noch mehr zu Tage treten wUrde, wenn das
lütomell nicht so stark instrumentiert wäre. Gerade die häufige An-
wendung des fUufetimmigen Satzes läßt vielleicht einige Beziehungen zu
Frankreich vermuten, da dort der fttnfstlmmige Instrumentalsatz oft als
Nonnalsatz ersdieint*).
G^öhnlicfa sind sonst die Bitomelle leichten Charakters und drei-
stimmig, ganz so wie die der ScJierju musietdL Ein charakteristisdies
Beispiel ^ findet sich im zweiten Akt nach dem Lied Orfeo*s: »Eoco purch' a
voi*. Kaum hat Orfeo sein wunderbares (dreiteiliges) Lied gesungen, so
poltert ein überaus bewegliches Kitornell hervor, das zu dem Gesang des
Hirten gehört, der Orfeo ein Kompliment für seinen (besang macht Der
Hauptreiz lio^rt in dem polternden Baß. der in fortwährenden Sequonzrn
immer höher steigt und eine sehr >tidele« Physiognomie zeigt, während
die zwei anderen Stinmien, zwei Ohitaronen und zwei französische Geigen,
immer hübsch ausweichen.
Nicht ganz uninteressant dürfte sein, daß man mis dom Ritomoll
sieht, wie genau Monteverdi für die vorj^ozeiclmoten Instrumente scliricl).
Der tiefste Ton für die französischen Geigen wnr c . Den Ton unter
di(sem, //, Ijütle Montevordi für die zweite Stimme brauchen sollen, um,
wie in all don audrun aualogen Fällen, diese mit der ersten Stimme
in Ttr/cn weiter plien zu lassen; stiitt dessen ist er an einer Stelle
jrezwungen, einen Ton höher, nach d' zu gehen, wodurch Einklang ent-
steht. Es ist der neunte Ton der zweiten Stimme.
Eines der eigenartigsten Kitomelle, das uns den Meister im schärfsten
Lichte zeigt, ist in dem so ühm t ichen »Orfeo« das auf Seite 141 der
Neuausgabe, welches scLou durch seinen ubcraui» kuiibivuUcu Bau eine ganz
beson<lere Stelle unter den durchweg mehr harmonisch angelegten In-
strumental-Stücken Monteverdi's einnimmt Das Brautpaar, Orfeo und
Euridice, hat sich in den Tempel (liinter die Bühne) begeben; man
bringt den Göttern ein Opfer dar. Was Monteverdi mit den Listru-
menten sagen will, ist denn auch nichts anderes, als die Würkung und
1 Vw^leiche die bei Ainbros niitjroteilten Ritnrnelle (IV, 8.21 ff. eine« 1881
im Schlos««- 7*\ M iiititis :i1i;rfh?i)tf'r!fn Balletts, die alle fütifstiinmicr ^'\r\f\ Hingegen
tritt die rdnlstiininige Besetzung in den t'onstückeu der Kollektion Phüidor (bespro-
chen von Wasieldwski, Vierteljalirsächrifl (Ur Musikwimemchftft I, 8. 533, nicht
als voriiemchend auf. 8] S. 160.
Digilizod by Cu^
Alfred Heaß, Die Xnitnnne&ial-^tficke d«« »Orfeo«.
193
tleii Eindruck von aus eiiu r Kirche hertönendem Orgt lspiel zu ei*zielen;
(las Stück weist ganz den Orgelstil dieser Zeit auf und i«;t iiirlits an-
deres als ein Ricercar, eine der gebrüucliliclisten Formen füi- Orgel,
für welche die Komponisten am mei^^ten Sorgfidt und Kunst verwendeten.
Aber auch hier sieht man wieder, wie Monteverdi eine Form niciit i)hne
weiteres Iiiniibi rnimmt, sondern sie je nach seinem Zweck inodiliziert.
Das Ritnrncll ist ein kanonartiges Stück aus lauter Scujutiizen; wiihrend
aber die liitercars und ähnlich fugierte Stücke eine Stimme nach der
andern einsetzen lassun, bringt Monteverdi beinalie alle fünf Stimmen
zugleich, indem er sofort mit mehreren Khgliihrungen anfitniit: er operiert
vorläufig mit zwei Themen (das zweite in dw zweiten Stimme); wie ge-
vöhnlicb liegt das Haupt^Thema im Baß. Die erste Stimme setzt mit
dem Hanpt-Tbema ein Uein wenig später ein; in der dritten Stinune er-
gabt sich aber Monteverdi die Efihnbeit, dasselbe um einen Notenwert
n verkürzen, wodurcb bewirkt wird, daß man gleidi mitten in der Sache ist
Der Grand dieses Verfahrens ist ein tief innerlicher und liegt in einer
dramatischen Anschaumig, die später für die Komponisten der Tenetia-
tuschen Schule maßgebend ist: nämlich nicht lang und umständlich zu
entwickeln, wozu die fugierte Schreibweise TerfOhrt, sondern gleich mit
dem Kern der Sache da zu sein, mit ein^ Ruck in die Situation hinein«
zuführen. Monteverdi wollte kein eigentliches Orgelstttck schreiben, so
wie man sie in der Kirche spielte; er wollte mit ihm vielmehr die Wirkung
kervorbiingen, die ein solches Orgelspicl ausübt, und, hirr li^ das Ge-
niale, zwar eines solchen, das von der Ferne herüberklingt; es ist auch
nicht unwahrscheinlich, daß dieses Bitomell von einem ziemlich weit hinter
der Bühne aufgesti llt« n On hostcr ausn;pführt worden ist. Das Stück ist
Ton einer überraschenden Natunvahrheit; was Monteverdi in diesem Stücke
aasdrückt, beruht auf pinf^r Wahrnehmung, die jeder machen kann, der
an einer Kirche, in der Orgel gespielt wird, vorübergeht; er hört nicht
ein • inheitliches Musikstück, sonib rn m*A\v « in Durcheinander von Tönen.
Ganz diesen Eindnirk macht nun auch der erste Teil dieses Ritomells;
f'S ist ein Dun ht iiuindcrscbwirrrn von Tönon, krino Note scboint zur
itnderen zu pausen, daß man beinahe an seinen ( »lin u zweifelt; und doch
ist das Ganze mit der alb>räußersten Gesetzni;ißii,'keit aufgebaut, aller-
dings mit einer Hück^iclitslosicrkcit, einer eisernen Konseipienz, wie es in
tler gesamten musikulisciien Literatur außer den Messen de» gluicheu
Meister** kein zweites Beispiel ereben dürfte; die schärfsten Dissonanzen
werden nicht gescheut, lieaiulie eine drängt die andere.
J):is Hiturnell /ertiiUt in zwei Teile, deren zweiter die ungemeine
Herbheit des ei*sten, eben besprochenen mildert, dafür ein geradezu
geniales Kombinieren und gleichzeitig ganz selbständiges Durchführen
dreier Motive bringt; zu den zwei vorhergehenden tritt noch ein drittes
13»
Digrtized by Google
194 Alfred Heuß, Die Instrumental-Stücke des »Orleo«.
<las in erster Linie die Aufuierksanikeit auf sich zieht; dieses dritte Thema
sclieiut mir das vorhergehende Programmbild noch zu erweitem, indem
Monteverdi mit dem Motir
— ^ —
OL
1
etc.
DT'
nichts anderes als < ihtckr-njreläute amkuU-u müI, wülircud die anderen
Stimmen ilinni Orgelpart ruhig weiterfüliren. Wer denkt bei dem gleich-
zeitigen Erklingen dreier Themen nicht an das Meistersinger- Vorspiel!
Noch aus einem weiteren Grunde ist dieses HitomeU interessant; es
ist das einzige, das in der TaJttart von dem des Chores, zu dem es zu
gehören seheint, abweicht (V2 g^g^n ^.4;. Doch hat dieses Abweichen
von der Regel, die Monteverdi selbst sonst überall beobachtete, seinen
tiefen Grund, der einen Beweis von dem überaus scharfsinnigen künst-
lerischen Denken des Meisters und seinem Ausarbeiten einer Idee bis
aufs feinste giebt. Monteverdi will mit dem Taktwechsel noch schärfer
andeuten, dafi das Stück vom Tempel herklinge und mit dem Gesänge
der Hirten absolut nichts zu tun habe. Bitomell hat er es deshalb
genannt, weil er es dreimal zwischen den einzelnen Chören verwendete.
Monteverdi ist interessant und neu, wo man ihn auch anfassen mag;
jedes seiner Stücke hat trotz der Über> insthuinung in den Grund-
zügen der Form etwas ganz Eigenes an bich, sei es in Fem oder Ge-
halt. So eriJffiict einen sehr lehrreichen, für die Instrumental-Musik
doppelt wertvollen AusbHck das Kitornell 1 , welches erklingt, als Apollo
und Orfeo zum Himmel gefahren sind und das Volk seiner Freude üher
dieses Frcii^nis und die glückliche Lösung des Ganzen Ausdruck giebt.
Dieses Hiti»riu'll wird i^hneh darauf vom Chore in seinen allgemeinrn
l'mrisspTi Id iuit/.t . am l)r>tt;n erhalten bleibt dt i" IliH; eine Geir''n-
überatellung vnn lust ruinr utal- und Vokal-iSatz er.mclil alx'r, daB der
erstere einen künstlt ri^i lnuvn Satzbau aufweist ala dei- Cliorsatz, der
schlicht tanzartig, ininit,r vier und vier Takte zusannueiininunt Der In-
strunifUtal-Satz hat aber die Form A.TVA., also droiteilij^e iSatzfunu und
zwar mit der VarianU-, daU der dritte Teil in eiiur anderen Tonart .sieht,
nach unserer Ansdrucksweise in der Unterdominante; di<'s nmßte deshalb
der Fall sein, weil der erste Teil in die Dominante modulierte, weshalb
Monteverdi, um auf seinen Ausgangspunkt zui ückzukommen, auf diese
Weise verfahren mußte. Beinahe das ganze Jahrhundert sudit nach
dieser ebenso planvollen, für uns so selbstverständlichen Anordnung; aber
noch in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts passiert es gelegentlich
Meistern allerersten Banges, daB ihnen bei einem solchen Falle ein
1} Siehe S. 225 If.
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Alfred Heuß, Die Instnunental-Staclce des »Orfeo«.
195
Ft'lilcr mit iintcrliiuft, wie an srincni Üite '^i'/.vhjt wcrdni wird. Icli
i:* 1)0 Melodie- und Baßstimme, um die drei Teile besser kemitiich zu
macheu:
^0~m^ M.Aßt — _
- — 1 — _ — w_ — 1
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NB.
Das ist rill L'an/ rc^M-lnHlitt r ili-citt-ili^rr .Satz, so plaiivull crriclittt,
die eiii/.elnen Teile so zwanglos miteinander verbumlen, da/.u der zweite
Teil in benachbarte Tonarten modulierend und ^anz aus Motiven des
ersten j^ebildet, und auf di<'se Art im kleinsten MalJstal) der Tn->tiumental-
Musik die Lehren weisend, die sit; zu c''dien hatte, nändich themalisclie
Ausnutzung, sodaI5 man wirklich kaujii um Auiaug einer neuen Kunst
sich zu betinden glaubt.
Die TTmbildung des Baßthemas bei NB. erklärt sich aus technischen
GrOndeo; die Baßstimme hätte, analug der Stelle im ersten Teil, bis zum
Contra C hinuntersteigen müssen, da Monteverdi bei solchen Analogie-
Bildungen fiberaas konse(|uent Ter&hrt Dieses Contra C kommt aber
im Instrumental->Baß des »Orfeo« nicht ein einziges Mal vor (nur die
Harfen steigen so tief); ein ähnliches Umgehen dieses Tones findet sich
auf Seite 202, drittes System.
Die Seqnenz-Arbeit ist, wie wir gesehen haben, f Or die Bitomelle im
»Orfeo« ein geradezu typisches Kennzeichen; die Untersuchung wird ge-
zeigt haben, dafi Monteverdi dieselbe durch sein Verfohren auf eine un-
gemein hohe Stufe gehoben hat, einmal durch die wirklich mottrische
196
Alfred Heuß, Die Instrumental-Stücke des >ürfeo«.
Bildung, dann dnrcli den Stiiimienwedisel) ferner durdi die Umkehrung
des Themas und dann noch durch die Yerhindung der Sequenz mit der
Ciaconnaf der verschiedenen Auslegung des Baßthemas. Alle diese Fak>
toren, irelche der Mohtererdi^schen Sequenz ein so eigenartiges Gepräge ,
geben und weit entfernt von allen schablonenhaften Arbeiten sind» sie
haben mehr oder weniger Schule gemacht; bei dem Tenetianischen Opera-
Sinfonien werden wir sie wieder finden, und sclioii iius diesem Grunde
erklärt sich die ausführliche Auseinandersetzung derselben.
3« Die Sinfoniei.
Uber die allgemeinen Ünterscliiede zwischen Ritornell und Sinfonie
ist bereits gesprochen worden*).
Obwohl auch die Sinfonien im »Orfeo« keine große Ausdehnung ha-
ben (die längste ist 15 Doppeltakte), so sind sie doch durcbschnittUdi
länger als die Bitomelle und wirken durch ihr last durchgehend lang-
sames, breites Tempo mindestens doppelt so läng. Abgesehen Ton ihrem
rem musikalisehen Wert, dann aber als Stücke im Zusammenhang mit
der Oper» sind sie auch in formeller Beziehung derartig angelegt, daß
sie eine nähere Besprechung notwendig machen.
Die Sinfonien bieten, wie bereits bemerkt, ein wesentlich anderes Bild
als die Bitornelle; schon unter sich weisen sie größere Unterschiede auf
als die ganz einheitlich gebauten Bitornelle. Haben wir bei diesen mit
ihrem kiystallklaren Aufbau eine Yon der übrigen Instrumental -Musik
ganz verschiedene Kctinpositionsweise gefunden, so ergeben sich bei der
Betraclitung der Sinfonien starke Anknüpfungspunkte mit Gabrieli.
überhaupt mit der übrigen Instrumental- Musik, auf die wir vorher in
Kürze einen Blick warfen.
Hahon wir die Ritonielle in der Mehrzahl als die Träger eines mehr
fröliliclioii, leicht l)PAVO^:t(^n, oder doch wr-ni^rstens beweglicheren Elementes
kennen irelerut, und wci dcTi wir ihren Urspnini,' in der Volks- und Tanz-
IVfusik, jedenfalls weltlicluT Kunst-i\rusik Huden-), so müssen wir die Quellen
(h-r im riiar.ikter durchwegs enister ^'rhaltenen >Sinfonii-n wo amlers su-
chen. Viel nielir uovh als die Kitornelie weisen dif Sinfonien ein akkui-
dibches Wesen auf, ju mau kann sagen, liegt der Wert der Ritomellc
in dem durchaus prägnanten Baßthema, der Reiz aber iu den Melodie-
stimmen, kurz in klar erkennbaren Einzelheiten, so wollen die Sinfonien
mehr durch Harmoniefülle, durch ein Ganzes, wirken. Dies wäre un-
gefähr derjenige Unterschied, der von "Winterfeld ^) zwischen der Kanzone
1 Das \:<1i> r< findet sich im AoJwng I Nr. 2: Sinfonie und BitornelL
2; Siehe Anhang I dieser Arbeit.
'dj Winterfeld, Crabrieli und sein Zeitalter II, S. 106.
üiyiiizoo by Google
Alfred Heaß, Die Instrumental-Stücke des »Orfeo«.
197
imd Sonate gemacht worden ist, und der von den Teiscliiedenen Ver-
suchen, die beiden InBtrumental*Formen nacH iliier fcwnlellen Seite hin
zu erklären, das m«Bte fflr sich hat. An und fttr sich haben im äufieren
Aussehen die Bitomelle mit den Kanzonen nicht das Geringste gemein^
sam, wohl aber weisen die Sinfonien MonteTerdi*s mit den Sonaten Ga<
hrieli's manche Berflhrangspunkte auf, und dies sowohl in ihrem Chanücter
(feierlich, ernst) als auch in ihrer Form (breitere Anlage); eine weitere
Übereinstimmung ergibt sich daraus, daß Monteverdi die Sinfonien viel
Toller, bis zu acht Stimmen anlegt, während die Bitomelle nie über fünf
Stimmen hinausgehen. Veigleicht man hingegen, was nahe liegt, Monte-
Terdi*s Sinfonien mit denen der Smfamae sacrae von G. Ghibrieli, so er-
geben sich grundlegende Unterschiede, die in erster Linie darin bestehen,
daß die Gabrieh'schen Stücke^] neben dem akkordischen auch ein reich
fugiertcs Spiel aufweisen, während die Sinfonien im »Orfeo« ein ein-
heitlich akkordisches Wesen zeigen. Daß man bei Montcverdi eine starke
Bevorzugung des harmonischen Stiles feststellen kann, ist eine T itsache,
die schon Winterfeld betont hat, indem er bei dem Vergleich der Gabrieli-
schen und Monteverdi'schen Instniniental-Einleitungen sagt, sie stimmten
im wesentlichen überein, nur wende Gabrieli den fugierten Stil an, wäh-
rend >die Einleitungen Monteverdi's in einfach mehrstimmigem Satz ein-
lierq-ehn « 2) ; <üo Konseqnenzen zieht er aber nielit daraus, und dns Kri-
terium, »einfach melirstinnnicrer Satz^ })alU doeli nicht so jranz auf die
Monteverdi'schen ätückc, wenigstens nicht auf die meisten seiner Sinfonien
im > Orfeo«.
Ks ist daher die Frage, wie sich Monteverdi mit ilem harmonischen
Satze abfand. Monteverdi ist eine jener großen Künstler- Naturen, bei
denen durch ihr franzen Sehaffen ein einheitlicher Zug geht; ob er schon
bititelieudu Formen liiniiln rnimmt, oder o}> er sie selbst schafft, er drückt
ihnen seinen Stempel auf. — So tritt denn auch Monte\crdi au d'w Kompo-
sitionen solcher harmonisch angelegten Sätze mit ganz anderen Voraus-
setzungen als die übrigen Komponisten seiner Zeit; ea ist das bewußte
Streben, in das verwirrende, sozusagen uferlose Wesen dieser Setzweise
Ordnung, das heißt Periodisierung zu bringen. Wer die Instrumental-
Musik im 17. Jahrhundert gerade darauf hin betrachtet, der ist über-
rascht, daß es so hinge dauerte, bis in akkordisch angelegte Sätze, wie
wir sie in den Kanzonen und Sonaten oft als langsame Sätze finden,
ein klar periodisierter Aufbau zu Tage tritt. Monteverdi ist nun der-
jenige, bei dem dieses Prinzip von Anfang an mit Bewußtsein Tertreten
ist, aber nicht überall mit der gleichen Schärfe. Und gerade in diesen
1) Ver?lf«irhe zum Bf*i«piel die von Wiuterfdid neugedruckta Sinlonia aaera.
A. a. 0., S. 120 der lieilagf u.
8) A. ». 0. II, 8. IIB.
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198
Alfred Heuß, Die lastrumcutAl'Stücke des >Orfeo<.
Terschiedenen Graden sieht man eo recht dentlicb, worin die positive
Neaenmg in Monteverdi's instrumentalem Schaffen besteht, wie weit er
Rieh oft von seinen Zeitgenossen entfernt oder sich ihnen nähert.
AVir betrachten zuerst diejenige Sinfonie, die am allerwenigsten Monte-
verdi's Eigenart, gerade auch inbetrefif eines klaren Aufljaues, zeigt. Es
ist dies die Sinfonie im fünften Akt, welche gespielt wird, als Euridice
für Drfeo verloren ist und Orfeo zum »TerhaUten Lacht« zurückkehren
muB. Die Sinfonie weist keinen so prägnanten Stiiuraung.sgeLalt wie die
anderen [nstrumental-Stücke auf, aber sie wird jedenfalls durch geeignete
Instrumentation [besonders Posaunen und Regale) gewirkt haben. — Xit ht
ß:my, zufällig ist sie vielleicht auch die längste (15 Doppeltakte\ d- im
irjJTeiid Avcklier Aufbau, irtrend welche Periodisioning, die sich durcii Ka-
djeuz-Sriirittc kennzeichnen krmnti', ist hei ihr nicht /u limli'ii; da'^ Ganze
ist eine eiu/.ic;«', ziemlich verwickelte Kette, in der einzelne Teile nielit
unterschieden werden können. Und so bildet sie denn den allenuerkwlu-
digsteii (Jegensatz zu den iormell so durchsichtigen Ritornellen, in denen
oft jeder Takt, wie Stockwerke an einem Hause, für sicli alleiu luHraehtet
werden kann' i, indem die Baß-Sequenz die Teilung vornimmt. Mit dieser
Sinfonie steht Monteverdi g;ui/> in der Tradition d< r trüberen Perioik'.
Von einer ganz anderen Seite zeigt sich uns Monteverdi in der Sin-
fonie, die zwischen dem ersten und zweiten Akt, richtiger direkt vor dem
zweiten Akt^ zudem sie ihrer Stimmung nach gehört, gespielt wird; denn
dieses ^anz herrliche Tonstück, dem im ganzen »Orfeo«*} in dieser Art
nichts Ahnliches an die Seite gesetzt werden kann, bereitet Orfeo^s wunder^
bares »Eeoo purch' a voi* vor, mit dem der zweite Akt beginnt. Man
würde den unvermittelten Übergang von dem fröhlichen Hirtenlied zu dem
mit s{lBer Melancholie gesättigte G-esang Orfeo*8 vielleicht ziemlich staik
empfinden, wenn hier die Instrumental-Musik nicht die Bolle der Vor-
bereitung und Überleitung Übernähme. Die Sinfonie drückt instrumental
dasselbe aus, was der ihr folgende Gesang Orfeo's ausdrückt und zwar in ganz
ebenbürtiger Weise. Solche Töne wie diese hatte die Tnstrumental-Musik
noch nie angesohlten, und sie sollte sie auch sobald nicht wieder an-
schlagen; denn gerade in der Auffassung der Instrumental-^rusik jüs
derjenigen Kunst, welche die tiefsten und geheimnisvollsten Seelen-Re-
gungen anzugeben vermag, hat ISronteverdi vorläufig wenigstens unter
den Instrumental-Musikern auch nicht einen Nachfolger und konnte auch
keinen haben. Einmal konnte nur die Situation in einem Drama zur
musikaliselu ii DarstellunL' eines dcnirtigen Stimmungs-Gehaltes führen, imd
dann waren den Xnätrumental- Komponisten dieser Zeit so innig gemüt-
1 S<> in (Im ersten Kitonicll , das Honteverdi einige Male mit dem dritten
Takle begimieu läßt, S. 124. 2) S. 148.
Uiyilizüü by GoOgl
Alfred Hcuß, Die Imtnuneutal-Stücke des »Orfeo«.
199
volle Töne rerschlossen, da es wohl ausgezeichnete Musiker und teilweise
sehr findige Köpfe, aber keinen grofien Künstler in dem Sinne eines
Montererdi oder Oaralli waren; diese muß man um jene Zdt ganz wo
anders sncfaen, in der Oper und im Oratorium.
Der Aufbau, denn von einem solchen kann man hier reden , ist eine
ganz eigenartige Verschmelzung von scharfer Periodisierung und einer nach
allen Seiten frei hin verlaufenden Melodiebildung. Der BaB (man bemerke,
daß derselbe und ebenso die Melodiestimme die gleichen Anf ang&-Schritte
wie bei dem folgenden Lied des Qrfeo aufweisen) zeigt einen übersicht-
lichen Aufbau, indem gewöhnlich je drei Takte zusammengehören, wäh-
rend die oberen Stimmen die Kadenz-Schritte in freier Weise mitmachen:
— ^- ■ ■ 1 ■ — t
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1
...1 ^^.^..-A 1— -1-
-f—l — * — ö--
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Eine besondere Stellung unter den Instrumental-Stücken des Orfeo
nimmt die Sinfonie') ein, welche gespielt wird, als Orfeo in die Unter-
welt hinabsteigt; sie ist eine V» rwandlungs-Miisik, wälm iid welcher uns
der Komponist von der Erde in die Tiefe Innabfiihrt, das früheste Seiten-
stück zu der Wotansfahrt im Wa^nier'scheu »Rheingold*, aber in der
Art, dali Monteverdi mit seinen lustrumentul-MusikstUcken nicht an den
grausigen Ort erinnern will, sondern mit iliiu die wehmütige, elegische
Stimmung des unglücklichen, aber was wichtig ist, hoffnungsvollen Orfeo
srln'ldprt, welch letzteres aus der ersten Scene des dritten Aktes (bei
Kitner iortgelassen] hervorgeht Die Sinfmiie Itat in gewisser Bo/ielning
f'twa'^ Pn.ssives an sich, es ist tin Ausruhen nach den schweren Kreig-
iiisi^en di s Tiweiten Aktes, w« Iche die Hiuer aiifs äußerste hatten er^rreifen
müssen; und in dil-^< r, wenn der Ausdruck erlaubt ist, meiir einsehen
als dramatischen Ausdrucksweise kontrastiert sie aufs allorschärfste mit
der nächsten, im Verhuife des dritten Akl» s erschciueudeu Siniunie in
y-tmAl, welche ganz aus der Situation lierausgeboren ist. Zu verweisen
ist auch auf die Echos am Ende des Satzes fzwischen den einzelnen
Stimmen verteiltj, welche im Charakter des clegiischen Stückes begründet
liegen.
Über die Instrumentation kann man verschiedener Meinung sein, weil
1) 8. 179 der Nea-Ansgabe.
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200
Allred Heuß, Die Iiutrumeatal-StUoke de« >Orfeo€.
die Bezeichnung der Instrümente hinter dem Tonstttcke steht^ was sonst
nirgends der Fall ist Soll man diese (Trombonen» Oometti und Begah';
die Violinen, Organi di legno, ClaTicembali schweigen) auf das voran-
gehende Stttck (unsere Sinfonie) oder auf den folgenden dritten Akt be-
zidien, dessen erstes Instrumental-Musikstttck aber erst nach dem ziem-
lich langen Gesprach zwischen Orfeo, Speranza und Garonte folgt? Un-
zweifelhaft paßt die Torgezeichnete Listrumentation viel besser zu der
Sinfonie im dritten Akte, indem man leicht versudit ist, unsere Sinfonie
auf Grund der schweren Instrumentation ins Feierliche zu übersetzen,
welchen Charakter aber die Musik nicht aufweist Dem steht wieder
g^penüber, daß es sehr sonderbar ist, eine Bezeichnung über die Wahl
der Instrumente, welche direkt hinter einem Stücke steht, auf einen spä-
teren, erst im folgenden Akte stehenden und durch längere Gespräche
getrennten Satz zu beziehen. Vielleicht wird man nicht fehlgehen, diese
InstniTHontation iiboHiaiipt als das Kolorit für dit- Srcnen in der Unter-
welt an/usclieii, indem Monteverdi die Ausnahmen, die er hiervon macht,
im Verlaufs selbst angibt.
Die Siufonie ersclieiiit noch zweimal in dtr rntoi welt, und zwar ist ibre
Verwendung immer die einer Ubergangs-Musik, ein Zeugnis, ^UL konse-
quent Monteverdi auch in dieser Beziehung veifalirt. Als Ürfeo mit dem
Kahn über den Fluß fährt, nachdem ihm seine schwierigste Leistung,
das Einschläfern des Charon, geglückt ist, und eben in sein er kneifendes
*Iiendilc >//f iL niio betf, Tiirfarei Xz/n/i- ausgebrochen ist, da wird man
wieder duich die gleiche Sinfuiiie an den Seelenzustand des kühnen,
trauernden, doch immer hoffnungsvollen Orfeo erinnert Und kaum ist sie
erklungen, so erschallt (wahrscheinlich hinter der Bfihne) der Chor der Gei-
ster: *Ntäla impresaa per tum si tmta invaima* und ritomellartig kehrt
die Sinfonie nach dem Gkistergesang wieder und führt als Übergang in
den vierte Akt zum Herrscher der Unterwelt, bei dem sich das Schicksal
von Orfeo's Gattin entscheiden sollte. So hat Monteverdi den Gedanken,
der dieser Sinfonie vom ersten Male ihres Erklingens zu Grunde liegt,
einheitlich durchgeführt; die Sinfonie erschemt immer dann, wenn Ge-
schehenes die äußere Handlung zu emem notwendigen SUUstdien zwingt,
worauf die Sinfonie den Übergang, die Vermitteliuig zum Folgenden fiber-
nimmt
Die Sinfonie beginnt, wie alle Tonstücke im * Orfeo« vollstimmig und
weist den für die Kanzone beinahe typisrlien, bei ihr wenigstens sehr oft
wiederkehrenden fihythmus J j J auf. Walirscheinhch hat aber Monte-
verdi dieses Jedermann geläufige rhythmische Motiv, das man gewiß auf
allen Gassen hören konnte, nicht ohne Absicht gewählt; gerade das Uber-
tragen einer leichten, beweglichen und nur in der weltlichen Musik an-
gewendeten Formel ins Wehmütige, Elegische mußte unzweifelhaft auf
üiyiiizeü by GoOgle
Alfred Heu0, Die Instromental-Stiicke des »Orfeo«.
201
die Hörer einen um so stärkeren Kiniliuck iiiachcn, wozu noch kam, daß
alle Stimmen zugleich bejrinnen, während für die Kanzone das allmähliche
Einsetzen der Stimmen üblicli war. Und wollte man ^^erade wegen ünea
Khythraus an diese Sinfonie mit dem (Jedankeu herantreten, daß Monte-
verdi an die Instrumental-Kanzone dachte, so sieht man wieder, was nicht
genug betont werden kann, wie der Dramatiker von einem vollständig an-
deren Gesacbtspunkte ausgeben und deahalb za einer ganz abweichenden
Methode in seiner Komposition gelangen mußte, als der gewöhnliche In-
stnimental-Komponist: auf der einen Seite Entwickelung, Werden, auf
der anderen gleich ein fertiges Bild.
Hier die Baßstimme, um den Aufbau klarzulegen:
-r — 1 1 \ \ \ ^ ^ 1-<P-* — \ 1-
■
■' T-T -h 1 " — LJ
rn^— 1
II ^ 11^"
•^frf i- i .
1 t
Man sieht aus der Analyse, daß ^lunteverdi bei einem auf den ersten
Blick ganz unübersichtlichen Bau seiner Instrumental-Musik sich dennoch
von einem ganz festen, wohlüberlegten Plane leiten ließ, der auch hier
auf die Anwendung der Sequenz hinaus^ft; bei dk^m, dem vollstim-
migsten seiner Instrumental-Stüdce (acht Stimmen) die Seijueuz heiv
ausxuhören, ist ganz ausgeschlossen. Aber dennoch ist sie es, welche
das ganze Stück zusanmienbält, nach der sich, wie der Bau einer Mauer
nach der BichtBchnur, die andern Stimmen richten, und welche die Knapp-
heit und Gedrungenheit in der Darstellung erzielt.
Von einer ganz anderen Seite, einer weit innerlicheren als in dem so-
eben besprochenen Stück, zeigt sich Honteverdi in einer anderen Sinfonie*),
die ebenfalls in der Unterwelt und zwar zweimal, dann aber auch noch-
mals im fünften Akt auf der Erde gespielt wird. Die Neuausgabe läßt
uns gerade an dieser für das fernere Verständnis des ganzen Zusammen-
hangs ungemein wichtigen Stelle im Stich, indem der Anfang des dritten
Aktes, in welchem die Sinfonie zum ersten Male erscheint, fehlt Der
Sinfonie geht ein f li^präch zwiscln n Orfeo, Sjieranza und Charon voraus,
dessen Inhalt für das Verständnis der Sinfonie unbedingt notwendig ist.
Ürfeo kommt mit Öperanza, einer allegorischen Figur, nach Erklingen
, der eben besprochenen Sinfonie in die Unterwelt und spricht die Hoff-
nung aus, Erfolg zu haben und das Tageslicht wieder zu selien. Doch
Speranza ist nicht besonders hoff nuni,'s voll; da fällt ihr zudem noeli die
Aufschrift, ein starker, aber vortreMich angebrachter Anachrouiämus des
1) y«xKl«icli« S. 180.
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202
Alfred Heuß, Die Instminentai-Stücke dea »Orfeo«.
Hellenisten Striggio aus Dante's Divina ronmiMlia: *L(miuk uyiii SjK-
rarr.a rof rh' rttfratct in die Augen, \vekli(' Worte sie zweimal, mit
ganz furclitbuit'Ui Ausdruck singt. Schon wegen dieser einzigen Stelle
wäre der Druck dieser Scene angebracht gewesen, da sie das dramatisclie
Genie Monteverdi's von der glüuzendston Seite zeigt, und die Kompo-
sition sich den berühmten Worten Dante's vollkommen ebenbürtig anreiht.
Die Stelle ist von der allerhöchsten psychologischen Kchtigkeit und drar
matischen Wahrheit. Speranza singt die Worte zweimal: das erste Mal
liest sie dieselben von der Aufschrift ab; langsam, mit furchtbarer Deut-
lichkeit kommen die niederschmetternden Worte aus ihrem Munde, dann
aber, mit einer plötzlichen Versetzung ron g-mcü nach e-mo/{, die Melodie-
stimme sequenzmäßig um einen Ton höher, stürzen die Worte zum zweiten
Male hervor: es ist, als käme ihr der Sinn der zermalmenden Worte erst
jetzt in dos klare Bewußtsein. — Da der Originaldruck nicht Jedermann
leicht zur Hand sein wird« teile ich diesen echten Monteverdi mit; es ist
eine Stelle, die durch Mark und Bein geht:
La-8cia-te o- epc-rau-za Voi
ch'eu-tra - te^
-0^
-0-
-P
f ^
i
La - Bcia - te o^-gni spe - ran - za
Yen ch*en - tr» - te
I
Jetzt entfällt Speranza der Mut voUj ikIs und sie will sich von der
»ciffä dolente< wegwenden und Orfeo verlassen; Ürfeo beschwört sie, ihn
doch ja nicht im Stiche zu lassen, da sie das einzige sei, das er noch
habe. Glitten in ilirctn autL't r. gten Gespräch kumnit Clianui hinzu und
herrsclit den Eindhii-imu^ in furchtbarem Zoni an, dessen unvcrsiLliumtes
Begehren {iuipudiro drsirtj ihn auf's hiiehste empört; nie soll, so lautet
der Inhalt seiner Rede, ein Sterblicher wieder seinen Kahn betreten.
Jetzt, in diesem Augenblicke höchster Gefahr, wo alles für den armen
Orfeo verloren scheint, Speranza ihn auch verlassen hat, erklingt die
Sinfonie, der nicht so leicht etwas an die Seite gestellt werden kann.
Ein grausiger Emst steckt in ihr; der stark verbreiterte Kanzonen^Bbyth-
muB mag seinen Eindruck noch schauerlicher gemacht haben. Auch in
der zweiten Strophe, in der sonst lauter Dur-Akkorde, und zwar nach altem
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AUred fleuß, Die Instnmieiital-Stücke des »Orfeo«.
203
Kiirlientonarten-Systera 1), G, C\ F, Ii liiiaiider folgen, wird derselbe
nicht ahf^escliwücht ; es ist eine <l('rj»'ni^"'n Stellen') in der Literatur, in
welchem Uiir-Alvkdi-di! tlurcli den inncrcu Zu.siiuunt'iiliang etwas r'iilu iui-
lichu,>> Iiaben. Ührr die Instrumentation ist anläßlich der \ <iraii^,M'<ranj.'('iien
Sinfonie gesprocLfn vvorden. Die i'u.sauiien-Üesetzung niuü die \\'irkung
dieses außerordentlichen Stückes ganz gewaltig vertieft haben; sicher
liegt ab«r die Hauptwirkung in ihr selbst.
Man könnte die Sinfonie den Leitgedanken des unglücklichen, gefähr-
deten Orfeo nennen; denn zweimal erscheint sie noch in fOr Orfeo kri-
tischen Augenblicken, zum zweiten Male, als Gharon, von den Bitten des
^gers gerührt, in Schlaf verflült, nämlich gerade nach dem ersten
Rendete ü mio bm. Diese Entscheidungsfrage für Orfeo, das allmähliche
in Schlaf Sinken des HöUen-Fäbrmanns, hat Monteverdi dieser Sinfonie
anvertraut Sie erscheint auch, entsprechend der Situation, mit ganz an*
derer Instrumentation; nur Bratschen spielen und diese dazu pianissimo
{pian piano)f wodurch ein Instrumentations-Effekt allerersten Banges
und vor allem schärfste dramatische Beleuditung erzielt werden. Hoher
aber steht noch die Idee, gerade dasselbe Instnimental-StUck benutzt zu
haben, das vorher schon, im Augenblick der höchsten Not Orfeo's, er-
kluniren war.
Und nicht minder geistreich erscheint die Sinfonie im fünften Akt.
Sie ist es, welche die eigentliche lj()sung des Kontiiktes bringt: Orfeo's
Trauergesang hat die Fluren erfüllt; er will Trtjst in seiner Kunst suchen,
nie soll ein anderes Weib Tf- r/ mit dem goldenen Liebespfeil durch-
bohren«. Hier bricht er ab und jet/.t erklingt, als Zeichen von Orfeo's
lin( Ilster Tniuer und Verlassenlu it, gcraih? vor Erscheinen Ajjollo's, der
den Siinger von nllor Krdrnnot bi ficit, wieder diosc Sinfonie, gleichsam
als wollte d' r K<)ni|)(ini-.t in siu alles zusammcnf aösen , was der arme
Orfeo erduldet und gelitten liatte.
Aber nicht nur im Zusamiiu idiaiiL'c Tiiit dem ganzen Drama, sondern
auch in formell musikalischer iiiuMciil ist dies«' Sinfonie eine der aller-
interessanteslt'ii ^^Uöikstil( kr» im ^^Drfeo*. indnn Mi»nteverdi in ihr einige
seiner speziti-^elicii Eicr''iitiiiiili(hk<'itcii y.usauimcnfaUt. — Die Sinlunie
zerfällt in zwei gauz gleich laii-i Teile, die durch eine i'ause j:,'etrennt
sind. Dieser zweite Teil ist nun uichls anderes als eine genaue Beant^
Wertung des ersten Teiles, indem der Baß seine Schritte einfach um-
kelut Doch damit nicht genug, hat Monteverdi auch die Melodie-Stimme
der zweiten Strophe aus der ersten gebildet; die erste Stimme im zweiten
Teil Übernimmt ziemlich getreu die Melodie der zweiten Stimme im ersten
Teil, nur in anderer Tonlage. Der scheinbar so einfache harmonische Satz,
1} Bei Hozart gibt ea solche Stetlen.
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204
Alfred Heuß, Die Lutmmental'Stiioke det »Orfeo«.
von dem auch Wiuterfeld redet, nimmt sich änm also doch etuas kmi^t-
voller aus und zeigt Monteveidi als eiuea öDlcheii Meister, der bestrebt
war, den harinonisch angelernten Satz mit einer nicht geringeren Kunst,
als sie beim kontrapunktischen notwendig w;ir, zu behaiKleln.
Xoeli klarer zeigt sich die Korrespuiidenz der beiden Teile, wenn man
die Tause durch die ganze Note ausfüllt:
3z:
" 1. •• i :
Lt — t=J
-s^ — #_
Man iriid zugeben, dafi dies ebe überaus aiimige Anwendung der
Sequenz ist, die sich auch neben den Künsten der Vokal-Musik zeigen
lassen darf. Nie darf man aber vergessen, aus welch innerem Grund
sie entstanden ist; sie war das beste Mittel, ein streng einheitliches Seelen-*
Gemälde zu erhalten, wie es das Drama erforderte.
Ganz Shnlich ist der Aufbau der Sinfonie im zweiten Akt^), die iuidi
dem Chor »oft» caso acerbo* und der weiteren Unglüeks-Erzalilung der
Botin anhebt; man könnte ihr den Kamen Trauer-Sinfonie geben. Mit
einem langen, hochliegenden j^-^ntoK-Akkord, einon Sdirei aus tiefstem
Herzen, beginnt das in seiner Art wieder einzige Stück; dann steigen
langsam, dann wieder schneller, wie stammelnde Laute, die Töne in der
Skala hinunter, während der Baß sich mühsam, teilweise eliromatisdx
hinaufringt. Auf dem eine Oktave tiefer Hegenden </ wird kadenziert, und
so entsteht ebenfalls die Zweiteiligkeit wie in der soeben besprochenen
Sinfonie. Die Stimmen wollen kaum mehr fortrücken, die ganze Be-
we|?nnp: scheint zu stocken ; mit Not erhebt sich der Cantus in die Terz,
und endlich, mit äußerster Anstrcnuiing, in die Quinte, doch nur um desto
gedrückter in den Gi'undton wieder hinunterzusinken, während der Baß
mit >r'nicifixiis-8chritten« in die Tiefe steigt. Mit weniger Noten ist wohl
kaum jemals ein so tiefes See1f>n-(4emülde dargestellt worden als in dieser
im Original siebentaktiLren Sinfonie 2 .
Auch in dieser Sinfonie ist die zweite Hälfte die ziemlich getreue
Umkebrung der ersten:
1] S. 172.
2} Auf dem KUrier. leider dem beinabe eiiudgen FlY>bier*Luitnunent fSr ftlte
Instnuneiital-Musik, kommt unter allen Instruniental-Stik-kcn de» *Orfio< diese Sin-
fonie mit ihren luuggehaltenen Tönen, den iiiLinandcrpehenden, fortwährend sich nn-
l)enden Dissonanzen u. s, w. am wenigsten zur Gfllung. M-ui liörp kIp ahor nui'
weuigsteus von einem Streit li-<^uiutett, lUiU — denke sich in die Situation hinein,
lur die sie geBcbriebeiL
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Alfred Meuß, Die ImtrumeQtal'Stücke des »Orteoc.
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Der Überaus regelmäßige Aufbau besonders rlir^cr beiden, dann auch
einiger anderer Sinfonien führt zur Frage, ob Monteverdi hierfür Vor-
bilder hatte. Die Frage ist nicht unbedingt mit »Nein« zu beantworten.
Eine Lösung der Frage ergibt sich , wf^nn man untersucht, ob Monte-
verdi für die Ritornelle, welclu' chcnfalls den klarsten Aufbau zeigten,
• twas Ähnliches in spinor Zeit vorfindet. Daß diesolhen vielfnch an<^ dem
Boden der Volks- und Tanzmusik herausgewachsen sind, geht duraus
hervor, daß manche Ritornelle des »Orfeo« entschiedene Ähnlichkeit mit
den Sckcrxi tnusicaä haben, denen man die Abstammunir von der Volks-
musik stark anmerkt. Dann aber sind auch « inige der ilitoruelle direkte
Tänze, von denen in erster Linie das Ritornell auf Seite 152 zu nennen
ist, und ein ausdrücklich als Tanz bezeichnetes Instrumental-Stück, die
More,scu um Schlüsse des Werkes, auf welche nucli kurz einzugehen sein
wird. In der Volks- und Tanzmusik, der Monteverdi bedeutenden Raum
im »Orfeo« einräumt, fand er also scharfe Rhythmisierung vor. In Stücken
freier Erfindung, insbesondere in solchen feierlichen, ernsten Charakters,
kann aber von einer Periodisierung weder zu dieser noch zu bedeutend
späterer Zeit die Rede sein.
Hier beginnt die schöpferische Arbeit Montererdi^s im Gebiete der
Listrumoital-Fonn: er hat das Prinzip des Tanzes, d. i. schärfere Olie-
doung, auch hei Stücke, die sonst nicht das geringste TanzmaBige ent-
halten, angewendet, wodurch er den geschlossoien und ttbersichUich«!
Bau, wie er sich uns in den meisten Sinfonien zeigt, zu stände bringt. »
Was dies aber in jener Zeit bedeutet, darOber wird noch im Zusammen-
hange zu reden sein.
Noch ein Wort über die Instnunental-Stücke, die einra besonderen
Namen haben, nämlich die Toccata am Anfang und die Morcsca am Schluß
des Werkes. Erstere ist nichts anderes als eine ausgeführte und reich
ausgestattete Trompeten-Fanfare, die, ohne direkten Bezug auf das Drama,
vielleicht im Freien, vor dem Theater, wie heutzutage wieder in Bayreuth,
gespielt wurde uml violleicht f;crade in den» Aufrenblicke, als die hohen
Herrschaften, der Hof von Mantua, ins Theater eintraten. DaR >funte-
verdi das Stih k Tocrfifii nennt, i^t selir einfach, wenn man sich die De-
huitiou des l'raetorius in Erinnerung ruft, der von derselben sagt, daß
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206
Alfred Heuß, Die Iiutnimeiital'ätücke des »Orfeo«.
sie ckr italienische ^lauic für Praihidiutn oder Litenncdio sei'), also den
Zweck hatte vorzubereiten. Es scheint übrigens etwas Gewöhnliches ge-
wesen zu sein, daß man das mosilcalische Drama mit einem Instrumental-
Stücke eröffnete. Gagliano schreibt in der Vorrede zu seiner Oper
»Vor dem Aufziehen des Vorhangs sjjiele uiuu, um die Zuhdrer auf-
merksam zu machen, ein Einleitungastfick (sinfonia] von veraduedenen In-
strumenten, die ZOT Begleitang der Chöre und zum Spielen der BitomeUe
ge))r:iue1it werden.«
Gagliano selbst schreibt zu seiner Oper keine solche Sinfonia; man
notierte sie, wie man wohl ohne weiteres behaupten kann, nicht be-
sonders, denn auch von früheren Werken haben wir keine solche (no-
tierten) Eingangs-Sinfonien. Monteverdi war demnach der erste, der
zur Notierung schritt, wodui'ch er zum eigentlichen Begründer der Ouver-
türe wird. Auch iilier das Eigentümliche dw »Urfeo «-Toccata lassen
die allgemein gehaltenen Worte (Ja^liano's nichts ahnen. Konsecjuent
hält ilas Stärk an einem Akkord»' iv>\. indem das Ganze auf dem C-dta-
Akkorde aufgebaut ist. Man l)et rächte den staircn. wie aus Eisen ge-
schmiedeten Unterbau der tieferen Stinnnen, auf welchem die oberste
Melodie-8timnie. von Tromixten gebracht, sich stolz erhebt und in
freiester Weisu beinahe alle Töne der CW///-8kala beriilirt. das Ganze
ein Stück von einer <.?cher auch damals altertümeludeu Monotonie.
Wenn luun wollte, man könnte wegen dirs konsequenten Fcsthaltens eines
Akkordes das Rheingold- Vorspiel zum Vergleiche herbeiziehen.
Die Toccata machte aber auch Schule, indem sie das ganze Jahr-
hundert hindnrdi immer wieder bei Instrumental -Stücken anklingt,
worauf von Kretsschmar schon verschiedentlich auftnerksani gemacht
worden ist.
Bün Fest mit einer Moresca*) (Mohrentanz) zu beschließen, scheint in
Italien Sitte gewesen zu sein. Ambros^) sagt, daß in Ferrara jede
Komödie mit einem solchen Tanz {Ei la aua moresea) geschlossen habe.
Unsere Moresea ist ein vierteiliges Tanzstück, das in größerem Maßstabe
die Sequenz anwendet, indem die drei anderen Teile Wiederholungen des
ersten auf Terschiedenen Tonstufen sind.
Das Interessanteste an dieser Moresea aber ist, daß sie einen SieiUano^
Tanz repräsentiert. Man notiere sie in modemer Schreibweise^):
1) Syntagma miuicum (Tom III S. 86).
2 E. Vogel. Marco da GajS'liano (Vioi-teljahrtsobrift für MusikwiMenschaftV, 438..
:V S. 2-2.S 4) Musikgesohichtc IV, S. 210
bj Man ist sehr leicht versucht, einen " f^-Klij timius jo i-i unti '6 Takte zxisai.unen;
in du Stück hinein zu interpretieren, was aber eine Vcracliicbung des Acceutes durch
den ganzen Tanz zur Folge hat, und ein »lenzen« auf denselben unmöglich macht.
Vergleiche Riemann, Musik-Lexikon ß, Auflage; S. 751, Artikel: Horesca.
üiyiiizeü by GoOgle
Alfred HenO, Die IhitrameatBl-Stücke des »Orfeo«. 207
und man glanbt den UigroSmter der späteren Sicflianoe, irie de durch
die neapolitanische Oper» namentlich durch L. Vinci, populär wurden,
und me sie der Welt durch Händel wieder bekannt sind, vor sich zu
haben; sogar direkte Ähnlichkeiten glaubt man entdecken zu können.
Eiine Beschaulichkeit von eigentUniUchem Beize liegt auch in diesem
Hirten-Idyll, und wenn die gleiche Melodie auf einer anderen Tonstufe
anhebt, so ist es, als ob man in einer s* höm n Q^end seine Blicke nach
einer andon n Seite wendet, wo man das gleiche entzückende Bild von
sonniger Landschaft und fröhlichen l\rf'iis( hen, die nach (dien Seiten im
Tanze sich drehen, erblickt Jedenfalls hat dieses Anheben des gleichen
Sataes auf einer anderen Tonstufe hier seine künstlerische Berechtigung,
wie es als besondere Stil-Eigentümlichkeit Monteverdi's bezeichnet werden
muB, da es sich bei anderen Tänzen dieses Namens, von denen Böhme
in s< inrr »Geschichte des Tanzes in Deutschland«^ Beispiele gibt, nicht
vorfindet
Unverkennbaren Tnn'/-rh;ir;ikter und einen i,MM/ ähnhcln n Aufl'.ni
wir» die Moresca zeigt diis Uitornell im ersten Akt, das vor und zwischen
dem (resanff der hf>iden Hirten erklingt ^j.
T)t r Bal'i zeigt die einfachste Struktur, dio Molodio-Stimnit ii sind
hiiim'i'iif'ii sehr iiianni{?falti^r veriindti l, induiii M())iti'\ cnli von der Stiuimeii-
VertauschuDi,'^ und d« r ( "i;iriiini;i-;irtigen Baß-AuNkguiig weitesten Gebrauch
macht. Die Tt>ii;irtt u siiul sdiarf ausge.^^)rucllen: <-ntoU, (j-thoU, B-dur,
Ks-dur, C-inoU mit Modulation nach <j-nif)U, womit alles hei einander ist,
was die nächste Verwandtschaft einer Tonart, nach modeincn Begriffen,
aufzuweisen hat.
Sehen wir uns jetzt, bevor wir einen Rückblick auf das instrumentale
Scbafien Monteverdi's im »Qrfeo> werfen, noch dahin um, oh Monteverdi
in seinen spliteren Werken Instrumcntal>Stttcke, und zwar solche in der
Art derer im »Orfeo« geschrieben hat. Leider ist allerdings zu bemerken,
daB das uns Überkommene Material große Lücken aufweist, die sich ge-
rade auch inbetreff der Instrumental-Musik bemerkbar machen. Zwar
sind wir znimchst Uber das instrumentale Schaffen Monteverdi's trotz des
Verlustes der ilr/an^M^Partitur vom Jahre 1608 durch ein mit dieser
1, Ob die Morr^ra mit dem SirUi'ino aiicli soust im 7ti' !iTnTr)C'nhan>r steht, ver-
mag ich nicht anzu^'<-'l)en. Eif^entüiulit hor Weise behandelt Bulime im geuannten
Werke dcu Siciliauo uicbt. 2; S. 152.
S. d. L K. IV. 14
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206
Alfred Heuß, Die Iiutrameiital-Stilcke dos »Orfeo«.
Oper zeitlich zusammengehörendes Werk genügend unterrichtet, dem Ballo
delU ingrate. Da u diesem Werke Insti-nmentAl-StUcke die Hauptrolle
spielen, so kann man annebm^ daii Mont« veidi das Ei^ernnent im
»Ürfeo«, Instrumental-Stöcke zu dramatisrlifii Zwecken zu verwenden,
als gelungen betrachtete. Da nun die Oper Arinnna und der Ballo
für denselben Hof komponiert waren, also mit den r^leichen Mitteln auf-
geführt wurden, so ist es nicht gun/ unwahnschtMiilich . dsiR in der
Ari'iHua cbenfalh raanche Tnstrumentiü-iStürkc vorkuiuuien. Ziemlich
bicher ließe sieh aber das »Wie- befintwortcM ; aus den Tänzen den BaHo
ei-sieht man, daü Monlovtrdi bei der Kompositionsweise des »Orfeo*. als
deren ;iulU i li(;h charakteristisches Merkmal wir die eigenartii/e Verwendung
der Sei|ii« iiz gefunden haben, geblieben ist. Man verglc:i( he ilie Tan/-
btücke, die Wiuterfeld in den Beilagen seines Werkes -Gabricli und
sein Zeitalter« giebt, woselbst sich auch eine ausgezeiclinete Bes])rechung
derselben findet, mit den Bitornellen im »Orfeo« und man wird ila> ;:anz
gleiche Prinzip des Aufbaues bei ihnen vorfinden. Im übrigen bmd sie
aber bedeutend einfacher; die sinnreiche StimnMn-Yertauschung und auch
die anderen mauuigfachen Feinheiten, die vir im »Orfeo« finden, weisen
diese Tänze nicht auf, statt dessen aber eine interessante Umbildung des
gleichen Tanzes Tom y4rTaHf ein Terfahren, das auch in
der Instrumental-Musik schon lange Verwendung gefunden hatte ij, sich
aber hieraus dramatischen Gründen herschreibt. Hier wird deshalb darauf
aufmerksam gemacht, weil dieses Verfahren der Bhythmus-Umwechslung
in dem letzten Werke Montererdi^Si der Incoranaxione di Poppen^ ganz
gleich wiederkehrt.
Vom Jahre 1608 ab entzieht sich aber Montererdi als Instnmiental-
Komponist TOrläufig völlig unseren Augen. Es mag dies vielleicht teil-
weise mit der Berufung ^lonteverdi's nach \'enedig zusammenhängen,
welche seine Tätigkeit als Opern-Komponist beinahe ganz eingeschränkt
zu haben seht int
Die uns erlialtenen Werke weisen Instrumental-Musik nur in zweiter
Linie, als Begleittrnir /u Yokalwerken auf, wie in einer Messe von IGIO^ .
Hingegen beweist der Coniljatfii/tf/tto di 7\m/;/((li r Cloi 'unh von 1024,
der niHsikiresrhichthche Bodeutuiip besonders durch den i.stilo coucitnfri^
bat, aufs glänzendste, daU Moutcvcrdi noch keinesw^ die Benutzung
1 Vci'^floiche Hie von Eitner in den Munutshctieu tiir Musikforsrhun^r hernus-
gegc'benen Tiiuzc Qiuilorxi' Qaülards u. s. \v«. Pierrti Attaiguaut, 1530. >Jahrgiing
1875. S. 82.)
2| Siehe Vogel, Ver/i i< linis iivx im Druck ersflii( ncii<;n Werke OL Monte-
verdi"^. Viertclialirsscln ift fiir Mu:-ik\vi,^s> nsr'li;\ft 1K87, S. 407.
Butrefis (k-r liistnuiioiit >ti !^ d<'s Wrrkes sielie G oKlschmidt, Das Orchester
der Uulicimcliüu Oper im 17. .laliriiuudc-rt ^Suiuuielbäudc der IMG. 11^ S. IG S,].
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AUred Heuß, Die Iiutrom«iitel-8taokB dei »Oxfeoc
209
der Instramental-Masik als lioclidrainatisches Mittel aii%<!gebeii hatte.
Foimell selbständige Stücke weist al»er dieses Werk nicht aal, und so ist
ein nälieres Eingehen hier moht notwendig, schon aus dem Grande, weil
bo'eits Winttirfeld yroü tler musikalisch- dramatischen und allgemein-
geschichtlichen Bedeatong der Stücke ausführlich redet Damit scheint
allerdings die Bedeutung Monteverdi's in instrumentaler Hinsicht er-
schöpft zu sein, obgleich i r greise Monteverdi noch in seinen letzten
fttnf Jahren vier Opern schrieb, von denen nns ah^r nur die »liicofO-
nazione di Poppen« erhalten ist, welche uns aber Monteverdi von einer
so ganz anderen Seit» inhetreff der Behandlung der Instnimental-Musik
ipit^t, daß man kaum glaubt, den »Orfeo« -Komponisten vor sich zu haben 2).
Kaum ist anzunehmen, daß die anderen Opern dieser Periode ein wesent-
lich stHrlceres Hervortreten der Tnstruiiient:il-Musik iiufweisen, und so i^t
und 1 »leibt der *Orfeo* ilie große kimstlerisclie Tat in in«;trmiientaler
Beziehung, auf den wir le^ rniit noch einmal zurUckblickeni um das
♦Schluß-Re<ultat aus ihui zu zit hcn.
Es gieht im 17, Jahrhund ( rt k( ine Oper 'aulier in der franzö^i'^ehen
Oper, die aber in erster riiui«' TauzstücKc vi i w. ndet^, in welclier der
Instruniontal-Musik ein so breiter iiaum gew.iln L worden wär»-. noch auch
eine solche, welche mit der Instrumental-Muhik so tiefe Proiilmie gelöst
hätte, wie der »Orfco*. AI» i abgesehen von diesem Punkt«, aufweichen
nicht nochmals hingewi< seii zu werden brauclit, berg* u die rnstrumeutal-
Stücke des »Orfeo« eine ganze Fülle von neuen Ideen auch in anderer
Hinsicht, die für die Folgezeit mehr oder weniger fruclitbar verdm sollten.
Die Besfnrechung wird gezeigt haben, daß sich in den Stücken Form und
Gehalt auf eine Weise durchdringen, die schlechthin als vollendet zu
gelten hat Für die Instromental^Musik als selbständige Kunst konnte»,
allerdings die Formen dieser lQ6trumentaI''Stücke in gröfierem Maße
nicht vorbildlich sein, da sie zu knapp waren. Die Bedeutung derselben
liegt denn auch zunächst auf einer anderen Seite: der »Orfeo« hatte der
Instrumental-Musik etwas zugeführt und zwar im reidisten Maße, wovon
sie bis dahin keine Ahnung hatte und haben konnte; wie mit einem
ZauberschUge eröffneten sich ihr ganz neue Gebiete, denn die ganze
SkaU der Empfindungen hatten die Instrumental-Stttcke des »Orfeo«
angeschlagen und dies durch ihren Anst lihiß au das Drama. Hiermit war
S'rböpfung einer echten Programm-Musik angeregt, «ner Programm-
Musil I den (lef^^nstand ihn r Darstellung mitten aus dem Seeien-
Zustande herautslangte. Man wird nicht umhin können, in Monteverdi,
1) Teilweise mitgeteilt von Winierfeld (Oabrieli und sein Zeitalter;.
2 Siehe die noLniiihio H. Kretzacbmar'« in der Yierte1j«hm<dirift für
MunkwisicMcbaft 1894. Heft 4.
14*
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Alfred HenO, Die In»tnim«ntsl-SUic1ra des »Oifeo«.
dem modernsten aller damaligen Modernen, auch den Ahnherr einer sol-
chen Programm-Musik zu ItegrUBen.
Daß die seihständige Instrumental -Musik in die eroberten Gebiete
eindringen werde, das konnte nur eine Fra^e der Zeit sein. Und sicher,
von dem »Orfeo« an kann und darf die Geschichte der Instrumental"
Musik nicht mehr von der der Oper getrennt werden; her- und hinüber
gehen die Beziehungen, und ini 17. Jahrhundert ist es die Instrumental-
Musik, welche von der Oper empfängt , worüber noch ausführlicher zu
reden sein wird.
Mit der Srliöpfung einer Situations-Musik hat Montevenli eine Seite
im instriiniental«'n Schaffen berührt, wHcho eine echte Proi^ramm-Musik 7u
Zeiten inmier wieder ])etüut und nach welcher Rirhtuni: sie immer ^'e-
wirkt hat. Dem rein lurmellen Musizieren, (lern so lei( lit keine Stilgattung
in der Musik verfällt, als gerade die Instnuuoital-Musik, war als voll-
wichtiges Gegenstück eine geistige, oder wenn man sich so ausdrücken
darf, eine inhalthcho entgegen gestellt worden. Zwar zeigt gerade in
dieser Hinsicht die In^trumental-Musik vorläufig noch ganz geringe Ein-
fiüsse der Oper; das instrumentale Musizieren ist gerade in der Zeit nach
Gabrieli auf Seiten der Kanzonen-Sonaten-Kompouisten ein sehr starkes
Bingen mit der Iform, sodafi das geistige, inhaltliche Element im großen
Ganzen entschieden etwas zu kurz kommt Andererseits werden in der
Instrumental-Musik neue "Wege auch nach anderer Sichtung hin gelegent-
lich gesucht, indem auch die Katur den Instrumental-Komponisten eine
ebenso neue Quelle als berechtigte Ausbeute musikaUscher Ideen bietet.
Hieraus, nämlich dem Bestreben, der Instrumental-Musik neue Aus-
drucksmittel zuzuführen, müssen Musikstücke wie das bekannte Caprieeio
stmvaganie von Fartna erklärt werden, wenn auch die möglichst täu-
schende Nachahmung von Naturlauten wohl niemals zum wahrhaft Künst*
lerischen gerechnet werden wird. Jedenfalls wird man bei dieser Anscliau-
ungsweise des Stückes — eine ganz üotte Suiten-Komposition, bei der die
Nachahmung von Naturlauten auf ganz geschickte und nicht übertriebene
Art angebracht ist — zu einem wesentlich anderen Urteil wie Wa sie-
le wski^) gelangen, der füi' diese Bestrebungen des Komponisten nur ein
hochmütiges Lächeln übrig hat. Farina ist übrigens nicht der einzis'f.
der sich mit der Natur in dieser Wf'isc hofnßt; nnch l'ccellini schreibt
1(142 p'rn^ Sonüte^j, in welcher HeuueQ-Gegucker uu'l Kuckucksruf nach-
geahmt werden.
So ist allerdings zu sagen, daii, was gerade die geistige Seite der
Instrumental- Stucke des »ürfeo* betrifft, Monteverdi vorläufig nur
r Di< Vif.litH im 17. Jahrhundert, S 'X)
2; iiomtc, Arie e Corrmti a 2 3 vom Jahre 1042 ,8tadi-üü>Uoihek zu Breslau).
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AUred HeaO, Die Instrumental-Stucke des »Orfeo«.
211
Nachfolger in flor Oper hat. von denen di»" Kerle sein wird. Es
erklärt sich dies auch leicht : (\vr iri->triiiiiental-Kümpt)^iti()n widiuctini sich
in der ersten Hälfte des dalirlmuderts Männer, die mit <ler (Jper nicht
in encrerer Bernlinmi,' wurcu ; auch waren sie keine Meister ersten Rauges,
indem diese auf kirchliciicm oder auf dem neu entdeckten (.jebiete der
Oper uml <h'5 Oraturiuius zu suchen sind. Was Montcverdi in dieser
Beziehung mit dem »Orfeo« ge.schaffen hatte, das war vunichmlich noch
Erruiigenscluift für die Oper gewesen und trieh dort seine Blüten.
Hier sind zunächst zwei Personen zu nennen, bei denen Monteverdi's
ESnfluB sich ganz imverkennbar zeigt: G-iulia Caocini, die Tochter des
berühmten Hellenisten und wohl die bedeutendste weibliche Ersdidnang
auf dem Felde kompositorischen SchafEens, und Gr. Carissimi, der große
Meister des Oratoriums. Da von beiden in einem späteren Artikel über
die venetianische Opern-Sinfonien die Bede sein wird, insbesondere von
Carissimi, der durch seinen Schüler Cesti mit den Venetianem in Ver-
bindung steht, so kann der Hinweis hier genügen. Es mag nur fest^
gestellt werden, daß beide in instrumentaler Hinsicht keineswegs über
Montererdi, wie wir ihn im »Orfeo« kennen gelernt haben, hinausgehen,
sondern daß sie lediglich de^isen gelehrige Schüler gewesen sind, ohne
neue Bahnen einzuschlagen. Die wirklich berufenen Nachfolger Monte>
rerdi's sind die veuetianischen (!)pt'rn-Komponisten, die auf Monteverdi's
Spuren bald auch neue Ausl)li(;kf^ sich zu Terschaffon wußten. Diesen
bat Monte?erdi mit seinen Stücken ^o/A-hj^i, wie die Instrumental-^Iusik
zu verwenden sei. und dann hat er ihnen Formen in die Hand gegeben,
die für Bildung kleiner, knapper Stücke, wie sie die Oper nur brauchen
konnte, nicht zu üIh rti' ffen waren.
Daß aher auch die instrumental-Koniponisten wohl wußten, was sie
an Monteverdi hcsaßen, das beweist am besten der häntlire Gebrauch seines
Namens in Uberschriften von Instrunient d-Stücken. Diese Komponisten
miifsien in ISfonteverdi t^fradozn ifiren {Schutzpatron gesehen Inihcn. dmn
OS kommt soL^ar vor. d i'i Lr^ rad«' das Anfangsstück Monteverdi gewidmet
ist. Das (Jiiai aktrri.*.ü:,che ist üIm r. dalJ solche Widmungen an Giov.
Gabrieli, d< r doch für die Iiistruniental-IVrinik direkt tätig war, we-
nigstens bis jet/,t nieht bekannt sind*'. Vlh idings starb Gabrieli ganz
am Anfall? des Jahrhunderts, aber iiuch nach Monteverdi's Tode trüTt
man noeh Instrumental-Stücke mit s(;inem Namen, so bei Turquinio
Merula im dahre Itijl^ ; anffere Koiupotiisteu, Avelche Monteverdi auf
I M l ist \veiii;xst<':!s kein? zu (r '-iclit u"jk Muriiiiii und aucli Torclii La niiisiri
Instrumentale u. s. w. in «I r Kivista miisicnle 18!)7j spiicUt vou kciuer, woUl aber voa
<;iaer »uk-Ueii juit dem Numcii 3Iu iit e y e i dc.
8j Canxone overo Sonate per Chiesa « Qttwra^ op, 17, 1651. Aach in dem ersten *
Werk Menlle'a, // }>riin > Hhn* lilh' C:i)i\'nii a J, Venedijr llilä. iimh-X sich fär die
nennte Etnzone eine derartige Übersclirifl (Köaigliche Bibliothek in BerUu}.
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212
Alfred fienO, IH« Instramantai-ätttcke des »Orfeo«.
diese Weise anszoichnen, mml B. ^raiini, (1616)'), dann Buonaiiu'üte,
der in zwei Sauiiiiliin^en, vuii und 1637, Instrumentiil-Stücken diesen
Titel gibt'y. Aber auch direkte Einflüsse Monteverdi'schen Koiiii>o-
sitions-Verfahrens lassen sich nachweisen, und zwar ganz besonders bei
Marini, der seine ersten Werke in Venedig drucken ließ und vielleicht
Monterflvdi auch p^sdnlicb kannte. In manchen Stücken seines op. 1
iBd op. 2^) bontttsl er die Sequeus gaiu im MonteTerdfusben j^nne,
aSmUeJi nicht ab melodietreibendes, sondern aJs formenbildendes Element.
Die SequeuB ist allerdings nidit in der ungemein konsequenten, hanahe
starren Art und Weise Monteverdi's benutzt, sondern in etwas freierer
Gestaltung, indem beispiekweise folgendes BaBthema ans der Sinfonia
La Oamba h. 3 (für awei Violinen oder Cometti und Baß) aus op. 2:
^^^^^^
benutzt wird, wodurch ein harmonisch abc^esclilossener Satz von 16 Takten
zur Aufstellung gelangt. Dieses Verfahren hat jMarini sein ganzes Leben
beibehalten, noch in Op. 22, wahrscheinlich seinem letzten Werke, tnfit
man ganz ähnliche Sätze.
Des Weiteren ist es dann vomehmlicli chu- Seite in dem instrumen-
talen Schaffen Monteverdi's, die für die Instrumental-Musik gnmdlegend
geworden T<^t. die starke Betonung dor h;ir monisehen Schreibweise gegen-
ühor drr tugierten. Kein Koinpoiiist h.tt vor und neben Montrvcrdi
(in '1< i- Zeit des »Orfeo«) diu lianaonischen Satz mit solchem Nachdruck
angewendet; vor Montrvfidi irrtt.n wir ihn bei der Tanzmusik, deren
Aufschwun«? in Italien, uml zwar ni( !it nnwnhr-^chfinlicli t«*ilweise mit
Hilfe der Oper, erst irf»»lg( n sollte, und Komponisten neben ihm, wie
Gabricli, wenden ihn nur gelegentlich, beinahe ziifiillig an, älmlitli wie
mau bei alten Messen-Komponisten bis auf .Tosquiu >liannoniseh' wirkt ndc
Stellen trifft. Monleverdi ist vielleicht der erste, der in Instrumental-
Stücken von ausgeprägt getragenem Oharakter bewußt harmuni.>t h >ciin.:ibt,
indem wir diese Schreibart nur bei der Toccata, die aber spezifische
Orgelform ist, antreffen. Aber hierbei ist Montcvcrdi nicht stehen ge-
blieben; sowohl in manchen seiner Bitornelie als auch Sinfonien löst er das-
jenige Problem, an dem mehr als die ersle Hälfte des Jahrhunderts ar-
1 Affrtd 7uif.siialt\ op. 1, l(il7.
2 Siiif"nii\ fi'";ri'fr(ic, Cor?ruti e Dfoiidi prr sottar, 1026 und Sonate 6 caM*ö»lt
u. 8. w. Vl.Jihro ikji'il >Umtlifh in der Stadt-UiMiiitliok zn Breslau .
3) Küuigliche Bibliothek zu Bcrliu; duck ist nur die Baßijtimiae erbalteu, die
ftber gerade Ober diesen Punkt Auakunfl gibt.
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Al£red üeuß, Die Insimmental-Stücke de« »Orüeo«.
213
bc'iten sollte, die Verschnielzung des alten und neuen Stils, d(;r Polypbo-
nie und Monodie. Gerade die Bitomelle zeigten, daß sie trotz ihrer
Bcbejpbar ganz harmonischeii Anlage eine Fülle kontrapunktischer Kunst
besitzen. Dieses hohe 21ie], welches auch seine nächsten Nachfolger, die
TeneUamschen Opem-Kompomsten, im Auge behielten^}, in der Instru-
mental-Musik nidit nur angestrebt, sondern auch in einem hohen Grade
erreicht zu haben, dies ist nicht das WenigsAe, was die Instrumental-
Stücke des »Or/eo« auszeichnet MonteTordi hat hier weit vorgegriffen;
die Ehitwickelung der Instmmental-Mnsik zeigt aber, daß dieselbe gerade
auf dieses Ziel, die Yerschmelzung der beiden G^ensatze, hinsteuerte«
Und weiter berührt Monteverdi, in erster Linie wieder in den Bitor-
iMllen, einen Punkt, der in der künftigen Instrunicntal-Musik die Kern-
frage bilden sullte, nämlich das Weeen der Durohfühnug. Tn der Art
der Behandlung derselben zeigt sich Monteverdi ganz ah Kind seiner
Zeit, <aber er ist der einzige, der die Mittel zu einem solchen Zwecke
benutzte. Und dabei kommt er ganz von selbst auf einen instnimoutalen
Stil; die Schreibweise ist in den prägnanten Stücken seiner Schaffensweise
von der der Vokalmusik ganz vorschieden. Man versuche beispielsweise
dn«; erste Jlitnmell, dns an sich absolut nichts aufweist, wn«; Singstimmen
nicht gut ausführen kunuteii, sieh vun sidehen vortragen ZU lai$sen: es
würde Ausdruek und ( 'harakter vnlLstäudi^^ veriiuduni.
Die unverkeunl)aie \'<trUebe für Volks- und '1 auz-Musik hatte Monte-
verdi tn starkem Hervorkehren des rhythmisclien Klementes, des»jen Re-
sultat eine klare Pcriodisicrunji war, creführt. Moiiti verdi imt ■- und darin
liegt das Neue — das Priii/ip dt s Tanzes, der scharfun Gliederung auch
auf Stücke getragenen Charuktera aujigedehnt: man vergh'icho beispiels-
weise die Orfeo-Sinfonie {im dritten Akt) etwa mit der SonaUj pian e forte
von Gabrieh, und man wird den tiefgründigen Unterschied sofort einsehen.
Monteverdi hatte gerade die, wenigstens im Sinne der späteren Entwicke-
lung, schwächste Seite der damaligen Instrumental-Musik mit ungemein
scharlem Instinkte herausgefühlt und sie auch vermieden. Die Zukunft
gab seinem Vorgehen Recht; das Resultat der Bestrebungen auf instru-
mentalem Gebiete im 17. Jahrhundert war eine Verschmelzung des scharf
rhythmischen Tanzes und des eine schärfere Gliederung verwischenden
polyphonen Satzes, wie sie sich denn auch in der Vermengung der Elir-
chen- und Kammer-Sonate zeigt Dazu hatte es aber noch gute "Weile.
Wenn Wasielewski über die* langsamen Sätze, die fast einzig harmo-
nische Schreibweise aufweisen, sogar noch in dem Zeiträume von 1670
das Urteil fällt, daß >den langsamen, meist aus einer einfachen Folge von
1} Yeit^eiehe das Schlußwort in »Die venetiauMchc Op«r und die Werke Cavalli*»
und Gc8ti*8t Von fi. E reizte hmar (Yierteljahrmcbri£t lur Miniikwiweiudiaft VIII, 76^
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214
Alfred Heuß, Die Instnimental^Stücke de« »Orfao«.
Harmonien l)estt'l)(>ii(len Sät/iMi die I^friodisicrium f;ist i^änzlicli« ffhlt'i,
so zeigt dieser dfii Tatsailuii im ailgemeineu entspruclK iiflo Ausspruch
klar genug, wie enurm wt it Montcverdi auch in dieser Beziehung über
seine Zeit hinausgeht und wie lange diese Instrumental-Stücke noch
vorhildlieh sein konnten. Die den von ^fonteverdi gewiesenen Weg am
nachhaltigsten und selbständigsten gehen sollten, sind, wie bereits gesagt,
die Tenetiaiiiacbeii Opern-Komponisten.
Anhan«^ I.
1. Eim Beitrag zar Kl&ning der Kaiifloiteit- und Soiaten^Form.
EigeutUch seit Pruetorius ^j, danu aber seit Winterl'eld**j hat mun sich
immer wieder mit LSsnng des Fnterschiedee zwiBchen der Kanzone und Sonate
▼eraucbt, ht aber zu keinem eiidieitlicht^n Ilesultnt gekommen. Man Tenrachte
in erster Linie eine LSsung auf roniit llnn "Wc^ri'. d. Ii. einen trrTjndlcErendeu
l'nterschiüd in der Form herauä/.uliudun. Die Kff<ultatu dit*se> \'erlaliiena
sind von "\Va siulewski iu seiner Schi'ift »Die Violine im 17. Jahrhundert«
einer scharfen, aber nnfruchtbftren Kritik unterzogen worden, deraen einzig
poj<itiveH Ergel)ni.s dahin verlautet, dali bei den Sonaten kein bestimmter me»
lodischiM ( 1 1 uiidgedanke vuili« t rscho (S. 14), während in der K;nr/nne d;»« me-
lodij-che Kletnent herrH<"ht iul hen'ortritt. Erklärt ist damit manclies, aber im
(iruude geuommeu doeli nichts Befriedigendes. Vielleicht ist deshalb eine
Lösung, da von der formellen sich typische üntersdiiede nicht beranaatellen,
yon einer anderen Seite möglich. Diese wOrde die Verwendung der beiden
Formen im pi;iktiM lim fTchrnnrli crcrel>en, wofür l'olfrende Hypothese auf'fje-
8tellt wird: dali die K.iiiz'iin tiir \m Itlielie, die Souiit»» für kirebliche Zwecke
ge^^chriebeu und gebrauelit wurde, l'ur diese Lösung würde Folgeudes sprechen:
Die selbständige Instrumental-Musik ist noch zur Zeit der absoluten Herr*
Bchaft der polyphonen Vokal-Musik entstanden, bekanntlich durch Uber-
tragungen V(>n \'(tkiil-Sätzen Jiuf 1 nstrumente. So erhielt deshalb die.se selbstän-
dige Inst ni mriit il-^Iusik ganz das Aussehen der Vokal-^Iusik, wh'« in sich
schließt, daß auch der geistig« luhalt eiu derselben ähnlicher sein muÜto.
Unter diesem Gesiehtepunkte betrachtet, muß sich ergeben, daß, da es einer^
seits eine geistliche und andererseits eine weltliche Vokal-Musik gab, fucb
diese beiden Arten von Instrumental-Musik vorhanden waren. Der ganz gleiche
Fall existiert l'ur die übrige Tn^fninicntal-^VIusik, iu welcher wir einerseits
eine geistliciu-, die Orgel-Musikj und auderei^seitii eine weltliche lustrumeutal-
Musik, diejenige fiir die übrigen Tasten-Instrumente, unterscheiden. Der Name
1 W asif 1 e w sk i . Die Vinlifit> mi 17. Jalinuuh rt. S. (»(». Bei Bassuui, l>ei
welchcui Waüiolcwski dicseu Tutiel ausspricht, will er zvvaj* gerade nicht passen, loh
komme auf diese Frage in eioer demnächst folgenden Arbeit, die als Fortsetzung die-
ser zu ifeltcii hat, in »Die venetiaiiisrhcii Opern-Sinfonieiit zurück. Niclils destu-
weniger hat Wasielcwski damit etwas ausgesprochen, was im aiigemeiuen l'ur die lang-
samen Sätxe xutriffit.
2t Syntagata mtuintm^ 1614-80. 3; (Jabrieli und sein Zeitalter.
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Alfred Heaß, Die Initrumental-Stficke des »Orfeo«.
215
> Sonnte* iwt für difse luHtrnm^'ntal-Musik nicht nnchwcinbiir, wohl ;ilier <l<'r
der »Kanzoue«. M. Seifl'rrt iu seiner vortreti'lichfn »Gefechichtr tler Klavier-
mmik« stellt die kOhne, über anbedingt richtige Fordenmg mf, die Orgel
TOD allen anderen Formen als »Intonationen, Toccaten, HiccrtNiri und Fnn-
tasieii». «eil ist wrnri vornfeschrichen steht »per ogni sorU eU stromenU da tostitj
prin/.ipifll ausisupichlienen. [S. ;}7.)
l nt« i- diese Kubrik gthüreu uuu auch die Kuuzoih u, die fast inuwer uuter
dem Vermerk >pfr »onar sopra isirom^nii da worunter man bis dahin
immer auch die Or^^vl bezog, zirkulieren, und Seiffert macht geltend, dali die
8piel-Kanzo:ii n ri)ertra£riiTi<_n«n von fweltlichcn Vnk.il-Kniizoncn seien, leb bin
im stände, einen handj^reit lit-in-n lieweis t"iir dit'se Abötimuiun;.' tlir Spitd-
Kanzonen zu bringen: die Canion ariosa von A. Gabrieli'j ist »im- Nach-
bildang einer Kannen von Janeqnin, mit dem Titel: Le ehant de CAhuette
ä 4 <}f •Ia)i"(ii>n, siir Infn^i a est/ adiomU' unr wiquihne roix par Claudr le
Jeuuf^]. Di^r Text ist -ehr weltlicher Natur; es ist ein Kecklied auf eine
Dame, die gerne lun<re srhiäft.
Orsus, orsus. vous <b»ini<'Z trop,
ntadame, muduiue juliette.
n est jour, lev^s sus,
Econt^s I*Alouette etc.
A. Gubrieli hat nur das Thema hinUbergenoinuien ; im fil>ri<^en verfährt
er vollstäudijx fr«'i, und gibt seiner Kiinzoin- sotuH instrnnientule Wendungen,
ein Beweis danir, daß uau bei der lubtrumeiitul-Kumpuhitiuu doch bereit«
seine eigenen Wege zu gehen suchte.
Es ist ein sehr naheliegender Gedanke, das, was für die Kompositionen
fiir Tasten-lnatrumeute gilt, auch auf diejenigen fttr Orchester auszudehnen,
wobei noch f»ir -^icb s|triilit, daß fiir ausgesprochen weltlieh«' Knnij'o«itioii«>n
keine anderen Manien aulUr uatüilich von Tüuzeii; vorhuudeu sind ulä ebeu
die der Kanxone. Die Hicercam waren in erster Linie Kompositionen fiir
Oi^eP), und so werden auch die Instrumental-Ricercars fiir den Gebranoh in
der Kirche htstimmt gewesen sein, wofür ihr Chuwktei. ihre ausgeführte,
strengt' Arl)eit, stark s^prechen ';. I)as Kieercur spielt auch in der Instruniental-
Muüik keine tielere Xlulle und zieht »ich wieder ^uuz uuf die Orgel zurück,
als der Nume ^Somia* allgemeiner wurde. — Es hat sogar einige AVahr^
scheinlichkeit (ur sich, daß die Sonaten ihre Abstammung von den Bicercars
herleiten: wiufn m;^ die Sonnte a cimpie istronienti, löSO*''; von A. Gabrieli
erli:tlten. wel«;lM- rt r, ri mit SonattMi 1 ir/cicliiieten 8<ii' !:f t iitbiUt, so wäre
vielleicht die Abstammung dersitlbeu von den liicercars eikeuubar, watt iür
den Gebrauch der Sonaten fiir kirchliche Zwecke sprechen wflrde. Dieser
Identifikation von Instruraental-Bicercar und Sonate, die bereits "Wasielews-
ki*] ausgesprochen hat, widerspricht aber die Tatsache, daß das Bieercar
1 M f geteilt in d«n Beila^pn zur «Optichichte der Instrumental-Musik im IG. Jahr»
hundert « VOM W a i e 1 e wsk i . Nr. :?."{.
2 Mitgeteilt in Mni/ns Mnsirit^tu de ia Henaisaane» Fran^aüe. Edition*
pnhluü par 11. Experl, llKXJ, .S. ÖU.
3; Seiffert, Geschichte der Klaviermusik, S> 31 und 37.
4 V<>rglcicho die von Riemann herausgegebenen Ricercars in »Alte Kammer-
muäik« iAugcaei .
5; Becker. VerzeiehniB der Tonwerke des 17. und 18. Jahrhunderts, 8. 287.
6. Wasielewski. Gesrhichte der InstnunentabMusik im 16. Jahrhundert, S. 161.
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216
AXSx^d Meu0, Die Inttrunbeatal'ätudie de« »OrCao«.
fu^üii- oder doch kuiiuiiuitig uugvlt^gt ist, während die Suual* gleich mit
ToUen Stimmen b^^nl Hier li«gt die vielleiciht nicht su erUfirMide Sdtwierig-
kait d«r vollen, m gewisser Beziehung akkordiflchen Behaudlungaweis« der
Sonate. Mau könnte deshalb die Hypothese anssprorhen, ob, da in der Übrigen
künstlerischen lustrumental-Musik keine dorurtiy uuj/tlt"'tt ii Foruien hestcbeu,
nicht die Orgel-Toccata (die einzige, allerdings nur in ihrem Auiaug akkvrdi&ch
augek-gte InttnmMntal-Fom) den Anlaß Cttr du von der Übrigen Instni-
mental-Musik abweichende AusBehen der Bouate ^'egeben hat. Auch diaaer
Entflt» !iui);4sgrund würde direkt für den kirchlichen (Gebrauch der Sonate
»procheu, da die Toccata in erster Linie Einl«*itiin»£s-Stück für drn Gottes-
dieu»t WM*. Aber auch hittr werden sich starke Bedenken erheben, und man
muJB die nähere Erklärung der Sonate doch nodi in einem weiteren Faktor
■oebm. Dieser wäre die Abatainmiuig der Sonate von der geiatlii^n Vokal-
Mu.sik. Beutet zwar der Name ^Sanata* unzweideutig darauf hin, daü die
mit diesem NaniPTi belerrten Kompositionen für Instrumente l-c^timmt «lind, so
sagt er aber ab^tilut nicht, daß die Sonate ein Inötrumeutal-fc>tück ganz freier
Erfindung ist, mag diese Ansicht auch noch so eingewurzelt sein. £a maß
andern etwas befineradlich eischeinen, dafi die Sonate, aumal eich bei ihr gemein-
tschaltliche Züge hnden, die bei einer fireien Kompo^itionsweis^e wohl schwer*-
liil) zu Tage L'etifleii wiiren, noziisagen aus dem Bnbiiteu der übrigen Tu-
btrumental-MuBik herausbillen w iirde, deren sämtliche Formen sich aut solche
der Yokal-Musik zurückführen lassen selbst die von Tänzen, was die häufigen
Texte au Instrumental-Tänzen der Hanemann^sdben Epoche beweisen. An
was für Yukal-StUdce mim zu. denken hat, darüber kann BestimmttüH nicht ge-
folgert werden: vipüti li^ ^^^tr('Il er^ Motettrn, die im 17. .falirlminlert bereits
ein ziendich vertichiedeius Aut^stheu hatten, wofür der Siil der meisten Or-
chester-Sonaten G. Gabrieli'a spricht, die sich großenteils mit aufgelegten
Bibelworten singen lausen. Daß es aber jedenfaUs Stficke kirchlidien Cha-
rakters gewesen sind, dafür würde die Parstellung des Sachverhalts spredien,
und, wuH jetzt bctonf w( rden kann, die Sonaftn ~( l1'>f. ilonen eine ernsterr,
würdevollere Haltung im Vetbültni« zu leichter bewegten Knnzon.'n niemand
wird ab.'ipiechen können. Man kann selbst eine aku^tii^che A\ aihiuehuiung hier
gdtend machen^ daß das breite ^Wesen der Sonate besonders in einem, scharfe
melodi.sche Umrisse verwischenden Kaom wie die groi en Kirchen zur vollen
Wirkung kommt, ja geradezu aus dem dämmriinb ii Halbdunkel solcher ge-
boren zu sein Frlu int. r)lin(' writere Künstelei wiii 'I'' j* flenffdl^^ die gegebene
Erklärung der beiden Funaeu mit der au allen Ecken und Kuden zitierten,
auch mit Widerspruch aufgenommenen Definition von Praetorius ausammen-
tretl'en, der bekanntlich von den Sonaten sagt, >daß sie »gar gravitiltisch and
prächtig uff Motetten Art gesetzt* seien, wähieu/^l die Kanzoneu aber mit
vielen sehwarxen Noten frisch, frnliHch inul 'jr-rbwind bind^^•cb]1a'^^•^t'ren, '
was gerade auf den Unterschied zwischen kircliiich und weltlich hinaus zu
laufen scheint.
Wie Sonate und Eanzone sich in verhältnismäßig kurzer Zeit durchdringen^
indem insbesondere die Sonate m anthe Züge der Kanzone in sich aufnimnit,
wie dies die Sammlung Oal)rielt s von K^ln zeigt, ist ein Pro/eß, der sich
sehr leicht begreifen läßt, da bei der Instrumentul-Musik^ sofern sie nicht
ansge.?proc]ienen Tanz>Charakter besitzt, die TTnterschiede zwisdien kirdblicb
und weltlich lange keine so scharfen sind wie bei der Vokal-Musik. Unser
l] Vergleiche Sei ff er t, a, a. 0., S. 27 t.
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Alfred Heufi, Die Instrumental-Stüdie d«« »Orfeoc.
217
Fall hui eiu giiuz iiiiülicbcä Gegeutttück iu der eiu iiaibeä Jahihuuilert spä^ter
iMuiiinendm yermiachnng der Kirchen- und Kai]ime«^4EkNiatef nur d«fi lu«r
dieselbe leichter und schneller von Btetteik gebea mufitef veil die Gegensitee
keine lo Btarken aind wie dort.
2. Die Scherzi niDsicali von Cl. Monteverdi.
Die 8(har»i mUBicali sind nach einer Reite Montevf-rdi's mit dem Herzog
Vinzenz von Mautuft nach den Bädern von Spna. die iii> AAn- 1599 fallt,
komponiert: Muntoverdi hatte «it» d^n Italienern gewisscrnuiLicn als Keise-
gfscUenk vuu dort ^litgehnicht. Giuliu Moutevcrdi, der Bruder des ilom-
ponisten, gab dieseibeii im Jahre 1607 heraue, doeh waren sie aicher schon
vor ihrer Drucklegung in Freundeskreisen bekannt. — In der »dichianaiiom
della IcUera shimp'itn rtff (fuinto Uhro , die eine Vertcidii^'nng Monteverdi's
gegen die Angritie Artus i'a eiitliiilt, hebt (iiulio die ^Sdieru als bebon-
deres Verdieu&t') Muutevei'di's hervor, induDi er tjugt, Claudio habe mit
ihnen den fnmsdtiaehen Oesangsstil in moderner Weise {U eani» aUa firanm$e
in f/ueslf) moderuo modo) nach Italien gebracht, i ) er Nachdruck seheintniehi
tu sehr nut' dem xvinio nlla fraficf.fe* als vielmelu- nuf dem qtffsifo m<>~
dcrno modo zu üffren. h1«o, daß Claudio Monteverdi nicht sowohl den tran-
zöäi&cheu »Stil, als denHelt>en in dieser modernen U eiüe als eräter nach Xtuliea
gebracht habe. Der fransGsische Stil hatte schon langst in Italien foaten VnA
ge&ßt: Übertragungen von französiücheu Kau/onen waren schon lange üblich.
Die vier Auflagen fl(W»7, 1609, IGlTi, UV2H\ sprechen am besten fttr 'die
uugemeine Belie}>theit und Verbreitung dieser Stücke.
Die Sclurxi sind kleiue dreiätimmige Liedchen (füi* zwei >ieludie-Stimuu!U
nnd BaB) über weltliche Texte, denen immer ein Instrnmental-Ritomell in
ähnlicher Beschaffenheit wie die Getftnge beige^rebeu it^t, nnd die zwischen
den einzelnen 8tro]>heTs der Gi -iinL'e gespielt werden. Ein Beispiel findet sich
iu den Beilagen >\r. II. Wh> wai das Neue an ihnen?
Die Dreistimmigkeit war es nicht, denn diese hatte Monteverdi bereit»
als Jüngling in «einen *CmxoMtU a ire voei* im Jahre 1584 angewandt^].
Auch die Beigabe von lUtornellen war es nicht; denn dies !<cheint etwaa
Althergebrachtes gewesen an sein, wie ans den Worten des Praetorius'j aur
(ieaüge hervorgeht.
"Dan Xeue au den ücherzi niiii>ic(üi ini das Volkstümliche, du» ihnen voll-
ständig den Stempel aufdrückt, nämlich sowohl im Gbhatt als in der Form. Man
kann !^agen, statt Kun^t heirncht bei ihnen Natur, denn sie sind mehr als
scldicht gesetzt. Auüer der Kürze fidlt vor allem die Behandlunji der Stimmen
an f. die auch nach ganz modernen Begrifl'en volk.-stümlich ist. Die bpi<len
oberen Stimmen, meiüteuä Sopran und Ait gehen durchgängig miteinander,
immer in leichten, klingenden Intervallen, Terxen und Sexten, gana wie daa
Volk noch heute sinjft, wenn es zur Mehrstimmigkeit greift. Es i.st durch
und durch eine Musik, wie sie das Volk liebt und auch selbst schatit. Die
drei.stimmige Besetzung ist zudem ebenfalls weitaus die natürlichste, viel na-
1 Die betreffende Stelle ist mitgeteilt von Ambro« (Musikgeschichte IV, S. 368)
und V i CT' 5 A'ierteljahjssclirit't für I^lu><ik\vi»sensehaft. S. 32H .
2, Siehe im Verzeichnis der Werke Monteverdi s von Vogel ^ Vierteljahrsschrift
für Musikwissenschaft. 1887.
3) Mitgeteilt im Anbang I Xr. 3: Sinfonie und iUtomell. Vergleidhe 8. 82Ü ff.
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218
Alfred Ueuß, Die luatrumental-ätäcke des »Orfeo«.
türlidior ak die vierstimmige. Wer Gelegcalielt gehabt hat, das Vulk zu
beobachten, der wird sehr oft anf die Beeetzung von swei Franenstimmeii
und einer Baßstimme gestoßen sein; denn einen Baß aus dem Stegreif 7M
improvisieren, das vorstellt ein musikalischer Bauernbursche oft besser als ein
sogenannter Musiker. Der Baß ist es denn üllfin. der >^fiuen selbständigen
Weg geht, meistens mit gewichtigeren Scliritten, kleinere Koteuwerte ver-
meidend. Ganz wie die Gesänge sind auch die Bitomelle, Oberan« friache,
reizende und oft direkt an Mozart erinnernde Instrumentjil-Stücke, deren ffir die
Geschichte wichtigste Eigenschaft die ist, daß sie, gleich den Gesäugen selbst,
scharf gegliederten Bau, meist von vier zu vier Takten, aufweisen, also direkt
ua den Tunz erinneru. Dies ist nicht das Mindeste, was den Svfier^i dua
für dieee Zeit überaus moderne Aussehen gibt, denn eine solche finden wir
in dieser Art selbst bei Tänzen nicht, da auch diese sich keiner so kunst-
losen, aber jede rhythmische Wendung so klar zeigenden Satzweise bedienen.
Kbenfalls neu scheint mir die Kotierung^art ', wir würden die^c Stücke nicht
anders schreiben, obgleich sie noch aus der Zeit stammen, in weicher wir ott
die Kotenwerte von Kompositionen um das awei- und ▼ierfadlie verkleinern
mttssen, um das richtige Bild zu erhalten. Man vergleiche beispielsweise das
Notenbeispiel von Tänzen Gastoldi's, liaüetti a .7 (1591— 1600) in Torchi'a
Gc-jcliichtc drr 1 iT^trumental-Musik auch zu dem Zwpric. die Behandlung
der italienischen Tänze zu sehen. Gegen die Sdicrxi nehmen sie sich geradezu
schwerfftllig aus.
In allen diesen direkt hervorstechenden Zügen liegt nun der ungemeine
Erfolg der Srhrrti niuj^irali, aber dennoch nur teilweise. Das (Teheimnis des-
selben lif'trt anderswo; zwanzig Jahn früher — wenn sie überhaupt da hätten
entstehen können — und sie hätten keine tiefere Wiikuug gehabt! Die Sdier^i
hatten das Glück, in eine Zeit sa fallen, welche gerade das besweckte, was
die Stücke von selbst brachten, eine ganz unzweideutige »Verachtung des
Kontrapunktes,« Leichtverständllchkeit in der Text-Aus.spniche, scharfe Phra-
sierun^r, (\;\7.\i dm ungemein frischen Zug, der jjic alle durchweht. Dies macht
die wahre (Bedeutung dieser Stücke aus, und wii' begreifen jetzt auch ohne
weiteres die starke Betonung des »in questo moderne modo« von Giulio
Monteverdi. Die Stücke waren neu, mochten sie in »stilo francese,« oder
in einem anderen Länderstile verfaßt sein; neu waren sie durch ihre ganze
Ausdrucksweise, ihr ungeniertes Ignorieren jeglicher höheren Satzkunst. Mit
diesen Stücken stellte sich Monteverdi als Madiigal-Komponist auf die Seite
des neuen Stiles, legte Beform-Madrigale vor und bewies, daß sich auch die
Chor-Musik den Forderungen der Hellenisten anpassen ließ: dieselben konnten
auf Monteverdi rechnen.
Daß die Sckfrxi mii^Uali fiir dif italienische Musik von Kinfluß wrircn.
liegt schon in den Worten Giulio Monteverdi "s, welche sagen, daß Monteverdi
damit etwas gebradit habe, was Italien bis dahiu fremd gewesen war. Der
Einfluß läßt denn auch nicht lange auf sich warten, und zwar zeigt er sich,
charakteristisch genug, bei cii.i ni Komponisten, der mit Monteverdi in per-
sönlicher Berührung, wahrscheinlich sogar in Freundschaft gestanden bat, in-
dem er am Hofe zu Mautua mit Monteverdi wirkte -^j. Es ist dies Saiumone
Boss! — EbreOf wie er bei seinen Kompositionen selbst bemerkte — , der
1607 sein erstes Buch der > Sinfonie e Gagliardi d 4 e 5 voci^ per sonor
1 liivista musicale 184)7.
2i Veigleiehe Vogel, a. a.O., S. 3;^.
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Alfred Henß, Die Instnimental'Stöcke des >Orfeo«.
219
a duc viole, ovcro doi Corfwtti e, un ( hiiaronc^ o altro ütronicnio di coiyo'-
(ein Buß-Iustruinent] in Venedig herausgab Torcbi sind die Stücke eben>
falle sehr aufgefallen'), da sie sn sehr mit der übrigMi Inetrumental-MaBik
in "Wiflt rsprnch Hteben; ihre Fortii^i [in forma triolto incrrta c embrionale —
n.f^ohitamente polifmri^n. o a^^huifata a forrnr dt danxn'^ , ihr AVosen (i tnni
sono assai graxiosi. In eftsi t ffj>irHo, r/A/, slancioj e tuUo dcjmic di inia rera
sostanxa musieaU etc.) stehen denn mit den Seherxi muneaU in innigi>tem
Zusammenbang und swar in erster Linie di« TSnse, die eine Shnllche Be-
handlangewei^e wio die Seherxi aufweiseu. Tor allem sind es aber die kleinen
Formen und der überanf» friscbo unijf«iii hto Ton, der mit den Kanzonen und
Sonaten, aber auch mit den Tänzen der Italiener in hellstem Widerspruch
steht. Hier merkt man, hier konnte, wenn diese Stücke Erfolg hatten, die
Instmraental-Mnsik neue Bahnen einschlagen. Und sie hatten solchen, denn
sie trafen den Zeitgeist. Gleich im Jahre 1608 lied (l» nii auch Sulomone
Bos-! » ii! ^.weites Bin Ii >(iMi« r Stücke folgen, niacliti- alter der Zeit ein
kleines Zugeständnis, indem er ihnen einige Kanzonen — e akum Canxoni
per smar a 4 ncl fim — beigab*).
Es kann hier nicht der Ort sein, nSher anf die Sammlungen einangehen.
Hervorheben modite ich nur, daß die Gagliarden teilweise immer zu einer
Sinfonie zu geh<'VHn «t"hpin<>n, wodurch dfr GprlMuke an die Suitenform nahe-
gerückt wird, Frag«*n, die einer näheren Untersuciiung noch bedürfen. Sonder-
bar ist in der zweiten Sammlung, daß manche Sinfonien in derselben doppelt
erscheinen; so ist Kr. 26 gleich Nr. 16, Kr. 28 gleich Kr. 9, Nr. 29 gleich
Nr. 18, Nr. 30 gleich Nr. 14, Nr :U gleich Nr. 2.
Von Kosf<i an erfreuen ftrh dir Trinzr tukI ilie kleinen Formen der Sin-
fonie einer großen Boliei)theif ; sie werden sozusagen Mode-Artikel. .I>ie
jüngeren Komponisten werfen sich mit Macht auf dieses ergiebige Feld. Hier
ist vor allem Biagio Marini au nennen, der 1617 sein Op. 1 als »Affeüi
MUSicali* veröffentlichte Und bis zu Heinem Oj). 22 von 1655, wahrscheinlich
Beinern le</fi ii AVerke, iü rrster Linie den Tanz kultivifiie. Ancli liit t i^^t
es der frisciie Zug, der »uffjillt. der, frei von der Tradition, jede höhere
Sutzkunst zu verwerfen scheint, nur in auffallend starkem Maße die Variation
Yerwendet, die in der italienischen Klaviermusik, besondere von Freecobaldi
kultiviert \vurde-^'. Man wird bei diesen Variationen direkt an die dcntsche
V;ir::if itiiiPn-Snitc. nv.A bei den T;iit7-S:uiiin1ii!tL'f-T» olnu- A'iMinf inii»<ii über-
haupt an eine Art Suite erinnert, woraul lH"-ontler8 ein Werk von Buona-
mente 1637 hindeutet, in welchem die Bemerkung steht ^()gni sinfonia ha
il gfto BrandOj OagKarda, e Corrmte*; und «war kommt es vor, daß die
Qaiy'': ' eine Variation dos Ihditdo i f. ■,\\-o die ganz gleiche ]iildnng8wei8e
vorliegt, welche Seiffert bei Fre-rol uidi als obandd« ! * hes Zeieben peiner
Variationen hervorhebt**). Uber die ganze Tanz-Konipuj-ition der Italiener
sind wir ungtnügend unterrichtet', eine Klärung der ganzen Frage ist nur
möglieb, wenn sie im Zusammenhange und vornehmlich als gans eigener und
besonderer Zweig der Inatrumental-Praxis in der eisten Hälfte des 17. Jahr-
hunderts iM'trnrbtot l^iese Koniponi^t'^n wollfn und briri'en ofwji«' d«>r
übrigen luhtruinental-Musik Fntgegenge^et/.te:> ; yelbat ihru Btiiandlung des
Sonatenstils ist eine andere, sofern das "SVesen des Tanzes bei diesem sich
1) Stadt-Bibliothek su Breslau. 2; A. a. 0., 18ü7.
3) leh eitiere mit Absicht Torchi. 4} Stadt-Bibliothek zu Breslau.
5) Siehe Seiffert, a. a. 0., S. 196 ff. 6) A. a. O., S. 142.
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220 Aibert Heafi, 0ie IiMtramentat-Stacke dm •Otfeoc.
iiial5i,'tbeii(l macht, nht-r lan^e nicht genüg^end, um einen voll?t;h)fli^en L'ui-
sciiwung herbeüdüübreii. Deuu im Grunde genommen stoben »ich die beiden
Sehnkn ziemlkdi tchroif gegenüber; erat die tireite HBifle des Jehrlnmderts
bringt eine Yeradfanmig zu stände, und von dort an nimmt die Entwickolung
der Snnntf pitirn höheren Aii^chwiniir. So viel ist »icbcr: Die Gesdiiclite
der italieuiächeu Instrumental-Musik muü erst geschrieben werden.
fi. Sinfonie und nitornell.
Schwankungen in den Bezeichmincren von In«trnmentnl~Stück<"u sind um
diü "Wende des 16. Jahrhunderts an der Tagesordnung, dal» man gertideza
oft »agcn kann, jeder ToBBetser braucht diesen und jenen Ausdruck in seinem
Sinn*-, (rerade mit dem selbständigen Emporkommen der Instrunieutal-Musik,
welcher das H» rvortrr>ten so vieler Namen, die vielleicht schon lange in (ie-
braucb waron, zur Folge hatt«, bec'iinit ein ziemlirh wirres Durcheinander,
d&s ganz zu löüeu deshalb vielleicht unmöglich sein wird, weil sich Tousetzer
und Theoretiker selbst uridersprechen. So verhält es sich euch in unserm
Fallt mit den beiden Namen 8infunie und liitomeU, die deahatb lUr uns von
Wichtigkeit sind, weil sie die Haupt-Bezeichnungen der luHtrumeutal-Stüeke
in Opern sind. Beide Ausdrücke sind schon vor der Oper in Gebrauch ge-
weseu, doch verschiedenen Ursprungs.
Unter St/mphoma verstand man zweierlei: Erstens waren es Gesänge mit
Instrumental-Segleitung. (Sinfouiae $acrae oantiones^ welche mit Kon-
zertatstimmen, zugleich auch allerhand Instrunu'iit« anzuordnen verhtanden
werdf'ii. Pra<'t()rius , Si/Htagma^ Tt'i! ITT. Alit. l, S. 25.) Zweitens warm
es selbständige iustrumeniul-Sätze, ausdrücklich uhne Vokaktimmeu (allein uff
Instrumenten ohn einige Vokalstimmen zu gebraudien, ebenda)*).
Ah selbständiges Instrumental-Stück tritt der Name dann auch bei Salo*
mone Hoasi aul'. {Sinfottie r Gaifliaidi KU)?., Doch haben diese Sinfonien
mit denen von (Jaljrieli nichts gemein. Kh «irid ganz kleine Formen von
geradezu Tuuz-Charakter. Biagiu Muriui identiliziurt in »einem Up. 1 AljtlU
musieali 1617 in einigen Stücken den Namen »Sinfonie« mit BaUetto, Näher
auf den Namen Sinfonie, als Bezeichnung eines Stückes in der absoluten In-
Btrumcntal-Musik, einzugeben, gehört in die Geschichte der Instrumental-
Musik. Hier inten s.-^iert rb r Name als Oegensalz zu dem des Kitoiiiell-i. bei
dessen Betrachtung »ich auch die nähereu Unterschiede heraui<(>tellen werden.
Der Name RitomeU ist jedenfalls so alt, als Instrumental- und Vokal-Musik
mit einander verbunden sind, was in der Volks- und Gesellschafts-Musik schon
lange Sitte war. Praetorius gibt über dasselbe folgende Erklärung, die im
Auszüge Wegen ihres allgemein niusik- und kultur-liistorisohea Werte« hier
riatz tiudüu möge. [St^iätii/ma, Teil III, Ö. 128tf.J
RitortuU^Jktormedio: Oamtna alierm,
>Ritomell ist so viel als zurnckgchen ' Vn OaraOo ritnmnrt ein PfeM, so man
wipfler zarück8( hi(>k« iimwsen mit <lein Postpferde also gi^liaHen wird. AJlhieraber
winl (ins Wort Kitomell von den Italienern dahin tfcdeutet und veniitHnd'*n; wr-irTi mim
de» Alicndü uÜ' der tja!>!«eu spauiereu oder wi« es aui deu UniversiieLteu genannt wird
OasBaten gebet: da «rstlieh eine Sercnada oder AbendG Gesang (davon im ersten Teil
Meldung geschehen; mit zwo drey und mehr Stimmen gesungen, darauf uff emer
1 Eine fjolclic Suifouic weist liiomuun bereits im 15. Jahrhundert nach Kla-
vierlehrer, 1898. Nr. IV.
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Alfred HenS. Di» Instramental-BillDke de» »Orfeoc. 221
(^uintern. Lauter», ( luttarone, Theorb« oder anderen Xnstnimentcn etwas damviscbcn
mttsioiret imd gexpielett ; «bdana widnumb ein Oosetc oder Verßlein von der Serenat»
gwungcn, dHranf nbernmbl mit der Quintern oder Theorba respondiret) und dso eiiMe
oder anders »bpewe^'hfM^'lt {rcsune'<»n und geklungen wird.«
Duß €8 sicli Iteim Ritoriiell um etwas Alth« i f^M lu achtes, wio auch um
etwa^ Volkstümliches handelt, geht aus diesen Worten uuzwridpiitig hervor.
An dem ilymuus von Mouteverdi, -U-e maris Stella^ wird uuu das Gesagte
anaftthilBah geseigt'). Hier nur daa Besultat: £e sind 8 Vera«) welche wax
dreierlei Melodie haben; der ertfke und der leiste Vem find einander gleioh)
der zweite, diütte, vierte, fünfte, sechste hal>en ntir einon oinzii/cn Baß. Das
Ritornello hat die dritte Melodie, »ist amh nur i-ineilei, Nvi-k-be allzeit
wiederumb repetieret wird.* Auf eine gunz iihuliche Ait hätte er es in
drei" und fUnfsüminigen Chören von Measen gemacht:
»do ^oher gestalt die Cfton' wMlrwmMln/Aer nicht ailein in der Mitto efUohe mahl
einfallen, Hondern auch anfun^jfen. »nid endlich in fi-nf mit allen Choren zugleich be-'
schließen: Doch das viele andere «orMi/ÜMaeff mit den Iiisirttmental- und Vokal-^^
daselbst mit ein^jeniisoht seyu.«
Hieruut sagt er uocbmali^ uuBdmckiich, daß das Kitumell allein von Instru-
mentem anagefthrt verde und IlÜnrt fort:
•Und ob ich gleich bey etlichen Atäorihus befinde, daß sie die W5rter Symphonia
und liitomdU) nicht recht untersicheiden : So kan ieh ilorli endlich SOTiel CMllirrii-en,
daL^ St/mphonm, einem liebliehrn r,ii,ni uml t m avit"»tis< In u S'ninN'n, Hitoriirlln aber
einem mit 3, 4 otler ö Stimmen aui «leigen, Zinken, Po.«(aunon, Lauten oder andern
IneCramcnteM. gGMtete Oalliard, Saltarellae, Conrranten, Volten oder aueh
nnt seminiminiif und Fusen gespickten Csin/oni-j nicht uuehnlich. jedoch das sie bis
auff 12, Iii, 20 'Jakt lang, lenger aber «elten gesetzt werden. Lud gleich wie in
Comoedien zmschcn jedem Achi eine fein liel.liehe Mimm imtrumeniaiis mit cor»
netten. Violou oder andern dergleichen Inälnniioiite umbwechselnde bißweilen auch
mit Vocal-Stimnien ang<*(irdnct und von den ItaliLiieni fn'' r/H- 'h'o genennet wird;
damit unterdeösen die pfi^onnatae permnae eich anders verkleiden und zu folgenden
Akt praeparieren, auch «twas rcspierieren and «ich erholen können: AIro und derge-
stalt kann man es mit Anordnung einer guten Musik vor grosser Herren Tafel oder
bey anderen fröhlichen CoNvi)iii/iU.i ^uch lia!t(>n. daß, wenn man zwcen oder mehr
Knaben oder aueh andern Alt: Tenor: und i>.iÜ; Vokal-Stimmen [so von mir Vocct
Coneerlaia*' genennet werden) m einem (Xavii. ijmhH , l{eg(>l oder dergleichen Funda»
niental'Tn»trument hat singen la«^» r. nl ■ ? iM t:n* T.;ii;ii ii. Zinken. l*osaun<;n
und dergleichen etwas audeit» ohne N'okal-iStimmuu, allein mit luätrumeuteu zu Musi-
zieren anfange ; darauf dann wiedemmb mit Vokal-Stimmen und al«o eins umbs andere
mit Inslrumental-Stinimen uu J . r'j -■ In Ijbenennussen. daß man nach einem (.'im-
eert oder simsten jirii( hti<jrrn Mud f bald eiti lu'-tig Can/on , Ualliard. fViiirrnnt oder
dergleichen mit eiti«! Instrumenten her vorbringor. Welche? dann auch ein
Organint oder LButeni<<t vor sich alleine in achi nehmen kann, da6 wenn er 4n Om-
rin'i.s ein flutet oder Madrigal fein laiigsuni und gravitätiseh gespielt, alsobald darauf
eine fröhhche Ailemande, Intrada. liranäle oder Galliard anlange; isunach er wiederumb
etwa, eine andere andern Hntet, Madrigal, oder kunstreiche Fugam vor «ich nehme.
Und diese und dergteiche Umbwecbslung kann gar tiiglidi mit dem
Namen ßitornell und Intermedio genennet werden. Wie dann jetziger Zeit
1) Siehe im aiphabet iscbcn Verzeichnis der gedruckten Kompositionen Moute-
verili's von Vogel: Air, morin sltlla. a s /oci on basso cont. 1610; es ist ein Zeug*
nis dafür . wie schnell 'auch die geistlichen Werke Mottteverdi'« jenseits der Alpen
bekannt wui-den.
2j Also durchweg Mnsikst&cke schnellen, fröhlichen Charakters.
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222
Alfred fieuß, Die Instrumental-ätücke des »Orfeo«.
bei denen so aus Itali» ankommen «ehr gebiiiuchliclt: da6 sie auff der Theorba oder
Chitarren am Anfang ein »olch Ritiirnt ll oik-r lit-bliclie kurze Melodf-y alleine schlaffen;
darauf das erste Cit'>.etz oder Verlilcin fines Italicnisclx'n oder deut-i( In ii Wrlfliehen
Liedleius mit ihrer ölimmen fein anmutig in der Theorba singen und anHtiuunen :
Alsdann so bald viedemmb das erste Ritoraell reiteriren und wiederholen; darauff das
ander Gesetz des anffefanpenon J.it illcin'^ yur Tlirorba alleine sehlagen und dergleichen
dancwischen Musiciren lassen; damit sie unter des mit ihrer Stimme einhalten, re-
apiriren. Athem gewinnen und sich also wieder mal erholen können. Darnach dann
«olche Umtmecbslung nicht allein propfrr rariffnUtn iMeetamlem sehr anmutig, son«
dem auch propter rMpirati<mem sehr nöt iLr in acht zu nehmen.«
Aus allen Hies-pn w < itsi liweifipen Krkliinmirrri geht als üntersehied zwischen
Sinloiiie iiiul Kitontcll um- dies hervor, daß das Tiitoniell fröhlirhrn. die Sin-
fonie mehr ernsteren (.'liarakters gewesen sei, was Praetorium ausdrücklieh be-
tont. AIb Intennedien sind beide aufzufassen, wie aus einer anderen Stell«
hervorgeht*), wo er aber selbst wieder den von ihm aufj^estellten Tnterschied
im Charakter der beiden Formen unsicher macht, indem er hier dan den
Kitornell beigeja;ebe?n* ^^irjnnlenient det« FröMicbfn nurh den Sinfonien zuweint;
man könnte bciualie au einen Schreibfehler des Prnetorius denken. >lsiim-
lich Sinfoniae, sind gleich den Favanen und Galliardenf« etc. (8. 132.)
Dennoch i-t d<>r Uuterachied im Charakter der beiden Instramentsl-Arten aIb
ein tatsächlicher anzusehen.
So Hehr die ilrklärunsjen dnreheiimnder iffbeTi, f iii' S <ji'hi doch aus allem
hervor, daß, wenn luatrumenttil-Stück« unter diesem uder jenem Namou gespielt
worden, diese vom Gesaniir TollBtändig nnabhüngig waren und niemalt an
eine tibertragang der betreiTenden GeBangspariie auf die Instrumente gedacht
werden darf, auch hei den Kitornellen nicht. Diese selliständige Stellung,
die «irh in der vorhandenen Litersitnr di«--( r Zeit auch bewahrheitet, hat
dud Kitornell bekanntlich im Verlaute des Jahrbunderts eingebüßt und «eit-
her nicht mehr erlangt. Es wurde inunennebr dazu verurteilt, daa Gesangs-
stück, zu dem es gehört, vor oder nachzuspielen und damit hört das Ritomell
auf, das selbst iindigc Musikstück zu stiin, das es gewesen ist.
Von den T'^iitcrschieden, die Pirirtorius angibt, hat er einen nicht un-
wesentlichen außer acht gelassen, der nicht wenig zur Kliirung der Frage
beitrügt und auf aichereB Land fUhrt: Die Bitomelle stimmen immer im Takt-
maH mit dem Gesangsstllek ttberein, während sich die Sinfonien hieran nidit
binden.
Der andere Pntersrhied, der im TN'esen des Worti =«elbst lie?.'t. und tlen
Praetorius zwar angibt, aber gerade in der ontscheidenden Unterschieds-Dar-
legnng auJSer acht läßt, ist der, daß die Ritomelle wiederkehren, und zwar
in der Art, daß sie zwischen die einzelnen Strophen gestreut werden, wiihrend
die Sinfonien ntir einmal gesi)ielt werden, oder bei ihrer AViederkehr (wie
im > Orfeo <} einen besonderen Zweck damit veriblgeu wollen.
1) Artikel Uipieno, S. 131.
«
Alfrud KeuQ, Die luälruiueutal-äiücke des) »ürleo«.
223
Anhang II.
1. MoDteverdi: Orfeo. Bitomell. IL- Akt (Neuausgabe Seite 158.)
1^ CT!!(^):^
Inf ^
1
i — r— tu-
j» — ß-
m m
-0 — 0-
-■ v
-ß — ^
# —
— I ir
2. Montoverdi: Scherzi muncali a tre voci. 1609.
( 'aiito
priiuo
Canfo
sec'undo
Basso
Da-mi-gel- la Tut- ta bel-la Ver-sa ver-sa quel bei
y *>iz::_ 1
—
• ^^-T •
a a. i. u. IV.
Id
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224
Alfred Hea0, Die Liatnimental-Stileke dee »Orfeo«.
vi-no Fache ca - da la ru - gia-da Di-htil-la - ta di ru - bi - no
i 7 -;--nT i^^^^^^^^^^^t
r cu j
Canto primo
Bitornello
Ganto secondo
Bitornello )
Ba»»u
Bitonwllo
la ^- vj 1 1 — 1 — 1
0 0
2. Ho nel seno
Rio Toneno
Che ir spurae Amor profondo,
Ma fdttarlo
E lasciarlo
Vu sommeno in questo fondo.
3. Diiini^.lla
Tuttu lit'lla
Di quel vin
Ta non mi sali
Fa che cada la ru^iada
DisUllata da Cupatij.
4. Ah ehe »penlo
lo non sento
D fiiFor de grardor mtei
Men coceuti
Meno ardenü
Suno a me gli incendi Etnei.
5. fiamma
i'iii iii'intiuinma
Arde il Uno novello
Si> ini;i \itu
Mul .s aitii
Ah ch'io vengo un Maogibello.
6. Ma pia fresca
OffTior cresca
Dt^ntro nie si fatt'arsura
Cotisunianui
E disi'ai'mi
Per tal modo ho per vertura.
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W. Barolay Squre, Pmoell'i Mvncfor the Funeral of Muy II.
225
Furcell's Husic for the Faneral of Mary II
by
W. Barclay Squire.
^jondon.)
It is not oftcn that a singlc collcctor is so fortunate as to find, within
a comparatively short time, two unknown works by a great master, but
this rare piece of laek lias just happened to l£r. Taphouse} the eor
tbnsiastic Oxford musidan whose fine private collection of musical works
is known to all smateurs of the art. A few years ago tbere was vnearthed
from a volnme in Mr. Taphouse's library the beaatifnl Yiolin So-
nata by Puroell, — apparently the only one of its kind that he wrote»
— which has been published by the firm of Schott and Co. ; and within
the last few weeks the same collector has be«i so fortunate as to dis-
corer the compositions by Henxy Purcell wbksk are now here printed for
the first thne. The Originals were fouud by lilr. Taphouse in a set of four
manuscript volumes of scores by PnrceU preserved in tbe library of Oriel
College, Oxford; to which tliey were presented about tbe end of the
IH'** Century by a Lord Lei^^h, whose book-plate they contain. Besides
the B^eral Music bere printed, these volumes contain scores of the
music in '*Oedipus*', "Timon of Athens*', '^Bonduca", '*Circe'', and '^King
Arthur", and the Ode on the Duke of Oloucester's Birthday. All the
manuscripts are in the same handwiitiiiif, that of an nnknowTi ropyist
who worked at tlie end of the 17"' and hcuimiiii^' of tln; 18"' cciitury.
Each composition has an omamental heading executed m Indian ink.
The score of Daniel Purcell's -^Tbe Grove, or Love's Paradisc**, Avlii( h
is» preserved in the library of the Royal ("olU ire of Music (Sacred Hai inonic
Catalogue, iio. ISO")), is writtt n by Ihe saiuc copyist; as is also the ILrst
]);u t of a voluinc in the l^ibrary of St. Micha^d's College. Tenbnry, stated
ou th<' cuvcr to huve been begun in 1B9(), and containing coinjMisitioiis
by botli Henry and Daniel Purcell. 'Hie handwiiting is extreniely neat,
bat not free from mistakos, some of which have been corrected in another
contemporary band.
The two pieces now presented are espedally interesting, hoth histori-
cally and musically.
Queen Mary II died at Kensington of small-pox on 28 December 1694.
On tiie following day her body was embahned, and in the night of 29
December was removed to Whitehall, where it remained until 5 March,
when it was buried with great pomp in Henry the SeventVs Chapel at
lö*
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226
W. Üarday Squire, Furcell'ti Muaic for the Fanenü of Mary II,
WeHtuiinster Abbo}-. The funeral was onv of the uiost imposing that has
ever been accordcd tu an Euglish muuarcL An eye-witness '} says; —
"La faule 4toit ineonernihU. Ausd n'a-i'On Jamais rü de C^rfmome phts
(fron j tii plus potHpeuse,^ The official **Order and Form of the Pro-
oeeding to the FuneraF is extant, giying the order of the procession,
and another account of the cercmony is to be foimd in the anonjmous
work just quoted. According to the former there were at intervals in
the long string of moumers who preceded the funeral car four sets of
two tnunpeters and one of three; besides the ^'Gentlemen of the Chapel
.and Yestry in Copes, and the Ghildren of the Chapel singing all the
way^. The French account, however, saya that there were four sets of
drummers, two in each set, and four sots of three trumpeters. The pio-
torial representations of the Queen s funeral, though interesting, are pro-
bably not of much value as evidenee of the exact arrangenients. The
Chief of theni are to be found in the folio ''Ltß-Refh n op dr . . . Dood
m Tipgraaffrni-s ran . . . Ma/ ta de IT . . . dtHtr Sniniti l Gnitcnis . . .
Ofrkrd inet Platin door Mr. Ronieyn de Hoojjlie, ete." (Amsterdam,
1095 , whicli contains a series of ehiborate views. ineluding a long pano-
rania of tiu? procession, a i)liui nf the elioir and transcpts of West-
llliIl^ter Al)bey, and a large doiililt -paii^c plate of the M:iM-^oleum er«H>tt'd
betöre the altar to rcceive thu l^ut eu's (•«iftin. Tt is 1:1 nrrnlly Ix licved
that the designcr of thcse engravings, Komeyn de Huoghe, got hi>. ma-
terials for thcni at si ( oiul-hand, and in this ease he sccin« carefuUv lo
havL' tnllownl ihi' nt'tici.-il "Order aud Fonu". His trunipeli-rs are tliirtixn
in nuiulxr, but lie rLjtrcsents the "Kddludon van de Kapel cn Sdcrisftr /u
haar Khtdinif f u^t CItoor sin<jrnde längs de licclc iny/r as only ciuLt in
number, whercas we know fiom Uhamberlayue's "Anyliac Xotifia" IS**
ed. 1604; that the COiapel Royal at that time consisted of three organists
(Child) Blow, and Purcell), tweuty Gentlemen, and ten children.
Another engraving of tlie procession also gives the number of trum-
peters as thirteen, but in it the **Eddlui/den van de Cäpcl en Saeristie
in Casuiffels" are eight in number, and the ^^Koorjongenit Aingettde längs
dm iveg^ are twenty-one, with the Master of the Choristers conducting
bdiind theml In the face of this confiicting evidence it is not possible
to say with certainty what the exact airangements were. It is clear that
the music created some impression, for it is thus alluded to in one of
the innumerable Ödes which the event called forth: —
1; '^Iidfitinn dl In Mnladi'' dr In Murt <■! des FuinraiU» s de Marie Stuart, h'iine
(T Anyldcrrc .... C'omjti isf: en ikux lAllrea ieriies de Londres, pur Monnü ur M • . . . .
A ÄnuterdatHt ekex Jean Garret .... 1695^. 4 to.
2J **\Faarc Aßecldüige mn de Ijj^Staatsü, ^ehmdm orer Haiv Mojeateyl Maria
S^uart, etc.^ by L. Schcrm.
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W. Barclay Sqoire, Purceil's Marie for the Fimeral of Mary II. 221
''Take uext the liuiuble OfF'rüiga of the t^uire,
VTho tho* their Notes are low, tfaeir Key no Ügher,
Yet with a mourafiül Symphony, take paina
To imitate at leaat Seraphic Straina*).'*
I have not been able to discover any contemporary account of the
mosic that was played or sung during the procession from Whiteball to
the Abbey. The offidal **Order and Form of the Proceeding to the
Fiineral"f De Hooghe's and Schemas engravings, and the account of
Möns. M f a]l place the chdr and the varioos groni» of tmmpeters
at some distance from the foneral car itself, bnt as **The Queens Funerall
Blarch*' now printcd mnst haye been played by four iiistruments^ whüe
the accounts of the fiineral varv in the numbcrs they givc oC the tnimp>
eters, and the phitcs are probably dosi^ied from the ofticial account and
uro not the work of eye-witnesses , it is quite possible that the heading
of tlie Oriel M8. is correct, and tliat a quartet of t)ra.ss instruments
pUiving Purcell s clioralc-liko niarch, immediately preceded the car.
As tü the music in tlic Alihey itsclf we have the evidencr- ol Dr.
Tudway d. \7^) . that ihe unthom snni^ \v;is Pnrcell's "Remembcr not,
Tiord, oiir olttiices". In bis intmihu tion to vol. IV-' of tho MS. < (.llcc-
tiun niadc hy bim bctwi t ii ITl.j aiid 1720 for the Kai'l üf Oxford, Tud-
way, wiitiiig of music ^uitable to devotion, says:
"Au iustancr' . . . . T sliall give . . . iu y*" bist Anthem of thin volunie;
compos'd by Mr. ilciiry Purt-ell, after y* old wny: aiul «initr at y*" iiifi ir-
luciit ot 4ueeu Mary iu Westuiiuster Abbey; u great t^ucen, and extremely
Lamented, being there to be interrM, ev'iy body present. waa dispoa^d,
and seri(>i)>, :it so solemn a Service, »6 indeed tibtey onght to bo at all parte
of diviiii AV'orship; I appeal to all y* wore present, as well such as under-
stood 31usic, as tho?«» y' did not, whitlu r. they ever heard aiiythinfr. so rap-
turouäly üne, so solemu, und so Heavenly, iu y* Operation, weh drew tears
from aÜ; and yet a plain Natiurall Compoaition, weh ahewa y"" powV of Mu-
sie, when 'tie rightly fitted and Adapted to devotional pnrpoaes."
The anthem is beaded by Tudway:
**Thou knowest Lord y* Secrets of our Hearts. A Füll
Anthem sung at y* funerall Solemnity of Queen Mary 169^5
accompanied flat Mournfull Trumpets. ComposM by Mr.
Henry Purcell; in Hon' to whose Memory the same Compos-
ition was perform'd y" year following at bis own funerall, in
Westminster Abbey.**
In ite original form, as given by Tudway, the anthem is unaccomp-
1; »^A pocm, oL'casioncd by the Magnificent l'rucectlia^' lo tli«' Funeral ol Her
laie Majesty Queen Mary II . . . . By P. G. , Gent. Laie of the Lniversity üf Cam-
bridge .... London. 169i5". fol.
2) Britiah Muaetun, Barl. MS. 7310.
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228
\V. Barclay Squire, Purcell's Music for tbe Fuucral of Mary II.
anied, but it appeais from the title that the braas quartet doubled the
Toice-parts. Vincent NovellOf vbo did such noble work in Publishing bis
great collection of Purcell*8 Sacred Music, has made a curious mistake
with regard to the composer's other funeral anthem, **Ble88ed is the man"
which immediately preoedes **Bemember not, Lord" in Tudwa/s col-
lection. In a note to the fomer composition Novello quotes pait of the
above eztract from Tudway^s preface, altering the beginning tiius: **Thi8
Anthem was composed by Mr. Henr}- Purcell after the old way" etc.,
and making tho description of tlie effect "Remember not, O Tiord" prod-
uced at Queen Mary 's funeral refer to "Blesscd is the man''. How the
mistake arose it is impossible to say. "Blessed is the man" is headed
**A verse Anthem for 3 voices for a funeral solemnity"; but the words
("bis seed shall be mighty upon earth, the gen« mtion of the faithful shaU
be blessed") are ohWously inappropriate to tlic funeral of the childless
Queen, while it is hy no means written ^after the old way'' and is also
not the last anlljoni in the volume.
To rcturn from this di^ression to the KmuTul ^lusic discovered hy
Mr. Taphouse, it is a curious fact ' tliat the Funeral March is an adaj)-
tion of a passage from the music written hy Purctll to ShadwcH's play
of "The Libertine"", a Version of the Don Juan legend which was tirst
produccd in 107(). It has generally hecn assumcd that PurcelFs music
was pcrformed in this year. hut for v.irious reasons, the discussion of
which would take me too far from the ])rescnt subject, but to which 1
hope to return in a futurc article, there is ground for believing that it
was written for a revival of the j)lay of 1092. The passage used for
the C^ueen's Funoral March occurs at the beginning of the Fifth Act.
the scene of which is laid in the Infernal Hcgions, wh^ Don Juan's
adTent is heralded by a dioms of Deyfls. In a maauscript') of ^The
Libertine" written by Dr. Groft (1677—1727), who was himself a con-
temporary of Furcell*8, the passage is given as foUows: —
FUtt Tmmpetts.
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1 I am itidebted to Dr. Alan Gray for poiuting thii OOt.
2J British Museum, Add. MS. 5333.
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W. Barclay Squire, PurceU*8 Muüc for ihe Funenl of Mar}- IL 229
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A comparison of tliis
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Mr.
Taphouse
j^ivos rise to tlio (iue>tii»n, wliat tlu' iiistruiiu'nts for whicli the
March and Canzona ^ere written? Croft's score antl Tudway Ijotli iise
tlie sinj^ular cxpression "Fiat Trunipcts" and tlic Oricl MS. sini])ly jrives
*'Tnmipets'', yet it is ccrtain tliat no Trumpot could liavc playcd this
rnnsic without a slide, the usc of which onlv becanie common at a nmch
later date. Both De Hooghe's and Scherm's plates show trumpcts, but
it has been shown thal as evidence they iure unTeliable, and the officiai
**Fonn and Qrder^ gives no place in the procession where four tnun-
peters could have played together. On Consulting the well-knon^'n trum-
pet-player Mr. Morrotr as to this point, he giTes it as his opinion that
the music was played by Trombones and not by Tnunpets, and that the
latter tenn was only used '*in the general or coUectiTe vay in which
many people speak of brass instraments as Tnunpets^)". The usual
English term for trombones at that date was Sackbat In H. Eich-
born*8 '*Die Trompete in alter und neuer Zeit" (Letpdg^ 1881) a good
deal of evidence will be found that at the period when Purcell wrote
some sort of slide-trumpot was occasionally used, though, so far as I
know, no passage has lütlierto been found showin/? — as this music of
Purcell's does — that these instrinnents possessed slides capablc of lower-
ing the notos of tlif liarmonic scale five semitones. On the whole it seems
most probable, tliat the instruments used in "The Libertine" and at
Queen Mary's funeral were four Trombones, the two upper parts being
played by sinall Discant Trombones fir!;ilt)£rons to Baclfs Tromba da
tirarsi^j in the Church Cautata ''Herr, gehe nicht ins Grericht**. The
1' EHsha Coles, in hin Kn<rlish Di(:tif)iiiiry lifnidon. 1(;H2 ih fitif") Sarkbiit. as "n
drawiiiy Tnimpet". lu the 1732 edition of the same work the detinuion is strangely
altercd. probuhly by an ignonmt printer, to ''drawling Trompet**. Tansnr (Elem«ntt
of Hntie, 1767} tpeA» of the sackbut u the ^Trompet harmonioiis'*.
2} Spitta, Life of fioch {English tnmslation, London, USA), II, 4S8, note.
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230
W. Barclay Squirc, Purcell*! Music for the Fnneral of Mary II.
tenu '^Flat Trumpei" probably referred to the fact that they vere
tuned in a flat key, instead of in the cnstomary keys of 0 or G*).
Bat whateTer the predse Instruments used in the *^e labertine*' were,
it is interesting to note how Purcell hit upon the the same instrumental
colouring as was used for practically tlic sarne dramatic Situation hy
Monteverde, wlio introduced tromboues in the Hades Bcene of Iiis „Orfeo"'
in 1607, and by Mozart in the employment of the samc instrumeuts to
accompany the entrance of the Statue in the last Act of ^'Don Juan"
(1787).
With re|?ard to tho "Tremolo" of Purcell's Canzona, I cannot do
ht'ttcr than quote Mr. Morrow: — **The Tremolo", he writes, "would,
l tliink, be produced in the same manner as iistd l)y niany attected
pUiyers — diiefly of the Cuniet and Kuphuniuni — at tlic prcscnt day;
it is a vuljjar iniessant vibrato wiiicii they niistako Un- cxpression, bat
Avliirh can, iike all other effects, !)»■ used occüNionally witli Utility. It is
prodiieed by a niovement of tlu; alxbiniinal niu>flfs''.
In printing thesc int«>i'estinj,' compositions of Pureeir.s 1 have folluwrd
the Oriel MStS. elosely, though iu the Canzona two of the contempKiary
coriei tioni» of the copyist's MS. have been utlopted in the third purt,
they rectify \vhut are obviuus errors.
The Queens Funerall Maroh sonnded before her Ohariot.
Trunipt 2"d
Trump'' 3»d
Trurapi 4''»
Mr. H. Purcell.
F:
mm
1 See Eicliborn, oj>. cit. p. 32. The Philological Society's Dictionary {jives a
curiouä exainple ol tlie use ui'ilie tcrui Hat in the followinjr passage froni Teongc'i« Diary
1G25]: — "25 Dec. Crismas üay wee keepe thus. At 4 in the moriung our trum-
peters all doe flatt their totunpetts, and begin at our Captain^s cabin .... playing a
l«vite at cach doore^. Dr. Murray*« explanalioii of thia vsptwAou^ vis. that "to flatt**
means "to hlow", dt rived fruin the Latin flarc, is probaUy 001Tect| and the tenn hat
nothing iu common with PurcoU's "flatt tnunpetts".
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W. Barclay Squire, PurccU a Music for the ]?'uneral of Mary IL 231
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Cauzona. As it was sounded in the Abby after the Anthem.
Tremolo.
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232 W. BarcU; Squire, Purcell'i Masic for Uw l'uner»! of Mary IL
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W. Baiday Squin, Parcell*8 Mmio for the Funeral of Mary IL 233
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234 Arnold Schenog, Zur Bach-Forsohung.
Zur Bach-f orschuüg
von
Arnold Schering.
(Leipzig.;
.T(i]i. Sri). Brich arrangierte bekanntlich während seines fast runni-
jähii!.'»'!! Auft ntlialtt s als Hofor^'nnist und Kammermusiker in Weimar
(1708 — 1717, rinc An/alil Vidlin-Konzorte Antonio Vivaldi's für Klavier.
Über die Gründe, die dvn Meister /w dieNei- seltsamen Transcn'jitions-
Arbeit bewogen, geben Dokunient«' keinen xiuf^elduB. Man ist luit
Spitta einig geworden, sie nuf das energische Wollen zurückziifidiren,
mit dem sein universeller Küusth i>jeist alles das sich anzueignen bemüht
war, worin sieh Fortschritt aussprach. In diesem Falle rei/.te ihn der
flüssige Kon/ertstil der Italiener. Bach's Jünglings/eit fällt in die Geburts-
jahre dt»s Tnstnimentalkonzerts. Torelli und Albiuoni hatten den Ton
angegeben, Taglietti, Valentini, Corelli, Vivaldi und andere
folgten. Die kaum entwirrbaren intemationalen Fäden, die, durch Eiii>
und Auswanderung geknüpft, sich herttber und binttberspannen, Ter-
mittelten rasch die Kenntnis des »neuen« Stils in Deutschland. In
Fürsten-Schlössern und Gönner-Palästen fand er am ehesten Eingang,
denn hier waren Mittel vorbanden, sich in Besitz der neuesten Literatur
zu setzen, wenn nicht gar einen welschen Konzertmeister zu halten.
An der Spitze des kunsUiebenden Hofes zu Weimar stand der junge,
begabte Prinz Johann Emst Hier war es, wo Bach als Leiter der Hof-
niusik immer neue Anregung für sein iiistniiiieiitahs Schaffen empfing.
In der Violin-Literatur beherrschte Vivaldi seit kurzer Zeit das Reper-
toire. Seine ersten Konzertwerke, op. 3 und 4, erregten ungeheures Auf-
sehen. Quantz berichtet aus dem Jahre 1714:
. »In Pirna bekam ioh zu dieser JZeit die YtTsldi^schen Violinkonzerte
zum ersten Mal zu sehen. Sie maditen, als eine damals gantz iu>ur Art
von untsikall-i lu ll Stücken hey mir einen nicht geringen Kindruck. Ich iiijt»T-
ließ nicht, mir davou «jiueu ziemlichen Vorrath zu sunauelu. Die prach-
tigen Ktoraelle des Vivaldi haben mir, in den künftigen Zeiten, zu einem
guten Master gedient').«
l^ichts war natürlicher, als daß auch Bach ihnen Aufmerksamkeit
schenkte.
ünter der Bnbrik »16 Konzerte nach A. Vivaldi« enthält die Aus-
gabe der Bach-Gesellschaft in Band 42 die bekannten sechzehn Kla-
IJ Selbstbiographie bei Marpurg, Kritische Beiträge I, 8. 205.
üiyiiizeü by GoOgle
Arnold Schoring, Zur Bttch-Foracliaiig.
235
vier-KoiworU- , in l!;in<l 38 vier Orgel-Ül>(*Hraguiigen und in Band 48
ein für vier Kla\if'n> unigesetztes Violin- Jvonzert des Italieners. Als
Spitta für seint 1 •;!( h-Biographie das diesbezügliche Kapitel schrieb' ,
stand ihm zum \ » iLilfich nur ein Vivaldi'sclies Original, das zweite der
Konzerte, (i-flur, nui h einer Abs(;hrift auf (l< r Dresdem r Bibliuthek zu
Gebote, obwohl bereits im Jahre 1867 .lul. Rühlmann außer dieser das
Original des Konzertes für rier Klaviere auf derselben Bibliothek gefunden
und besprochen hatte'''). Paul Graf v. Walderaee ergänzte die nodi
bleibenden Lficken teilweise, indem er auf Gnind der inzwischen Ton der
Königlichen Bibliothek zu Berlin erworbenen sämtlichen Viraldi^schen
Konzertwerke Opuszahl, Titel und Bezeichnung weiterer sieben der
Bach*8chen Arrangements klarlegt.') Es bleiben somit noch elf, von
denen uns nähere Beziehungen zu ihrem Autor fehlen; denn das unter
ly. stehende Orgelstfick (Bach-Ausgabe Band 38, 8. 196} ist nichts anderes
als der modifizierte erste Satz des dreizehnten Klavier-Konzerts. Was
mit diesen heimatlosen Stücken anfangen? Zu den gedruckten gehören
sie nicht. Ihre im andern Falle handschriftlich überlieferten Originale
als verschollen zu betrachten hat wenig Sinn, da wir reichlich mit Vival-
di'schen Handschriften (Kopien) versehen sind, — Dresden allein besitzt
77, abzüglich der beiden oben genannten — , ohne dal^ eine sich mit
einem der autorloMen Konzerte deckte. Bacli sell)st als Verfasser anzu-
sehen, verbietet mehr als ein Grund. So bleibt niciits anderes iibrii;, als
sie nicht von Vivahli, sondeni von fremden Autoren herrührend /u be
trachten. DnH rlas in der Tat der Fall, nifiire das- Folgende '/l iLren.
Als H;iu|)tv()i l;tL'< n für die ^♦'chzi liii 1\ l;i \ ler-lvoii/.erte dienten den
Editoren der Haeh-Ausgabe uml »liiii liilniL^rn S. W. Dehn, der sie
zuerst bei Peters iNr. 217/ erscheinen lieli, zwei Handschriften der Berliner
Königlichen Bibliotliek:
Ij Haittlx lirift P 2<S0, enthaltend Konzert 1 — 11 und das erste der Orgel-
Arrangements, mit der Überschrift: *A/i Cuncerto sie!] di Vivaldi
eluborati di J. S. Bach. J. K. Bach. Lipsietis 11 SU».
2) Handschrift P 804, enüuilteu«! die Konzerte 1, 2, 3, 5, 6, 12—16.
Für die Orgel-Konzerte kommen die Handschriften P 288^ P 4001-3
und P 286 in Betracht
P 280 — wie aus dem Zusatz hervorgeht aus Johann Emst Baches,
Sohn des Eisenacher Bach, Nachlaß stammend — trägt Uber Konzert 1, 4
und 9 die richtigen Hinweise auf die betreffenden Werke Yivaldi^s, denen
sie entnommen^}. Waldersee findet außerdem zu Konzert 2, 5 und 7 die
i! I. 4oyrt'.
2j Neue Zeitschrift für Musik 18()7, Nr. -Ii.
3) YierteljalirBaclirift für l^usikvifrsensehafl 1885, 8. 356 ff.
4} Nicht nur Uber dem ersten, wie Dehn in der Ausgabe Peters (Vorwort) angiebt.
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236 Arnold Sckermg, Zur Bach>Fonchuiig.
(^)u( ll(' V HaiuLschrift P \dg nur nicht vor; doch wird nach Angabe
in Band 42, Seite XVIII Vivaldi nicht als Autor genannt. Der FaU
ist dies in Handschrift P ^2 (Orgel-Konzert Nr. 2) und P400\OY^(iV
Konzert Nr. 3), wo es beide Male heißt *Cmctrto dd Änt. Tiraldi
aceomodaU) per l'Örgom a 2 Clav, e Ped, dal 8i^' Qwvamii SdtasUano
Bach«.
Handschrift P 286 enthält den ersten Satz des dreizehnten Klavier-
Konzerts als Orgel -Arrangement mit der deutlidien, nicht miBzurer-
stehenden Üherschrift *Ckmeerto dd Hhtsirisa^ Preneipe Oiov: Erttesto^
Duca di Sassonia^ appropriaio aü'Organo a 2 Cbxvier: et Pedal da
Oiov, Beb. Bach.«
Weiterhin erregt Handschrift das zweite Orgel-Konzert (A'tmü)
betreffend, gewisse Zweifel durch die XJberBclirift »Corwerto per Organa
ex AfnoU [compos^ p. Moi/s. Telemann poi4r le$ Violons et transpos/^\ jxtr
Mii^ J. -'^' ff. Ii ach«, obwoid die eingeklammerten Worte ausstrichen
und die Autorschaft Vivaldi's belegt ist^).
An dritter Stelle ist eine Handschrift in der Hofbibliothek zu Darm-
stadt zu erwähnen, die den Titel trägt >Co;/wrto di B. Marcello, ao-
eominod^ an Clavv.ssin de J. S. Bach« und niit dem dritten Klavier-
Arrangement Vihercinstimnit^l Kommt hiorzii noch eine auf ( irund dieser
Zweifel erwachsene ästhf'tis( h-kriti>che Betracliiiinic ilcr ühri^^eu fraglichen
Konzerte, so fällt für den ciniLrcrmaUen mit \'iv;ddi'H Schreibweise Ver-
trauten dessen ürhebcrsciiaft aus sicheren ti runden fort.
Durch die Auffindung zweier alter Handschriften auf der (rni Ii her-
zoglichen BiMiotiifk zu Scliwt lin und der Königliclicn Biltliothf k zu
Dresden bin ich in den Stand ijesct/t. das Original für dius dritt«- und
vierzehnte der Bach'schcu Klavier-Airangements^J in Gestalt eines Oboen-
1) Daß Bach im zweiten Klavier-Koiizert. iQ-dur und im drittou Orgel-Konzort
'C-ibir^ Stücke aus Vivulili's '^ielvpntoTn "Wr-rk ^ril't . wirft rinon UrhtMirk in die
üntstehuiigszeit der \ i\ aldrschen Konzerte, respektive der Bach schen An-anpenients.
Einem Verlags-Kataloge Evtienne Hoger'a von 1716 entnehme ich, daß Vivaldi bis
xa diesem Jahre eist vier «einer Werke v^ffentliclit hutte; denn so kage wir keine
italienischen Aui^guhen krttiMMi, müssen wir die Amnierdamer für die Original-Aue«
pabfMi ansehen. Entweder lagen nun Bttoli Kopien der beiden Konzert*» vor. die,
bereits früher kompuuiert und beJcaunt geworden, Vivaldi später seinen« op. 7 ein-
reihte, oder die beiden Baeh'sdien Übertragungen gehören einer nach 1716 fallenden
Zeit an. Zur letaleren Annahme liegt kein Qrond tot, da Bach schwerlich als Cöthe-
ner KapellmeiHter seine in Weimar Isegoimene Transdniptions-Tliätigkeit fortgesetzt
ha) »«^n wird. L)a8 erstere ist um so wahrscheinlicher, als Bach auch im vi' i :cti Kluvier-
Kuuzert einer Abschrift folgt, die vom Jedenfalls späteren Druck«- erheblich ab-
weicht. Siehe Waldersee, a. a. O., S. 368. 2) Waldcrsee, a. a. 0.
3) Dieselhe ist hereits Eitaer (Monatsbefto für Musikgeschichte 1801, S. 193) und
Seiffert '(b-sdiichte der Klaviermusik, S. H7H auigofallen.
4) Ausgabe der Baoh-Ueselbchaft, Band 42, ä. T6 und S. Id5.
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Ankold Sohenng, Zar Bich-Pomeliiiiig.
237
Konzerl« von Benetletto ^farcello und eines Violin-Konzortrs von
G. Pli. Ti'li'iiiann vorzulci:«'ii. — Ziin;i('b*^t das letztoro' . DtT Oriui-
naltitel auf der 1 »alistiiumt; lautet » (\>h<:i rto n J, Vioii/to co/tcerf'ito,
Violino pfttnOy Vinlind srmurh, Alto Vio//i, J>ti.ssuper il CcmlHih'.* darunter
die fünf Stimmen noch einmal und dii» l'nteraclirift >Di N. N. — Melante.«
Das Wurt Melante, Telemann s anagi'ammatisches Pseudonym, hat eine
andere gleichzeitige Hand hinzugefügt. Eine Partitur existiert nicht.
Den genannten fünf Stimmen liegt eine mit dem bezifferten Baß über-
einstimmende unbezifferte Fagott-Stimme bei. Die Sätze stehen wie folgt,
1. F-dnr dorisch fG-moü)^ ^ ohne Tempo-Bezeichnung; II. C-moU (ein
7 vorgezeichnet!; C, Adagio \ III. -F-</wr dorisch, C, Aüeffro. Anscheinend
ist diese wie die meisten der Telemann'Bchen Instrumental-Kompositionen
ungedrackt geblieben.
Die neugewonnene Beziehung Bach'-Telemann ttbeirascht nicht. Aus
Spitta's Biographie wissen wir, daß das freundliche Verhältnis der beiden
Nachbarstaaten Sachsen-Weimar und Sachsen-Eisenach , welch letzterem
Telemann seit 1708 als Kapellmeister diente, sich auch auf deren musikalische
Spitzen übertrug. Bach schätzte seinen KoUegen als Komponisten nicht
gering, wie einzelne eigenhändige Kopien von dessen Werken bezeugen').
Auch persönlich stand er ihm nahe: Telemann wurde als Fathe an die Wiege
Philipp ESmanuels gerufen. Schon 1712 verließ Telemann Eisenadi, um
nacli Frankfurt überzusiedeln. Um diese Zeit oder weniges später mag
das Bach'sche Arrangement entstanden sein Berührt einerseits die Frei-
mütigkc it sympathisch, mit der Bach fremdes Können, hier seines stärksten
Bivalen, anerkennt, so verwundert es andererseits, daß er zum Konzert
eines Drntschen griff, um sieh im ilalienischon Stil zu üben, zumal, wenn
man Telemann's eigenes Geständnis über seine diesbezügliche Tätig-
keit hört:
»Alldieweil aber iferänderung belustiget, bo machte j^ichl mich auch Qbor
Concerte her. Hiervon muß ich bekennon , daß sie mir niemals von
Hertzm »«fj-ui tr''T5 »^iTMl. ob ich deren schon eine ziemliche Menge gemacht
habe, worüber mau nber Hchi'eibeu möchte: mitura ncgat^ futit i/täiynutio
versum Qualemcumiur potest . . . Zum wenigsten ist dieae» wahr, daß sie
mehrAnteils nach Frankreich riechen, c
Nur in der Behendigkeit des ersten Satzes wifiX sich italienischer Ein-
fluß. Die kurzatmigen Soli, die ostinate Baßligui" im zweiten, die fugieile
Behandlung im letzten sind ^lerknmle deutschen Stils. Von »SchwUrig-
keiten« und »krummen Sprüngen, < die, wie er gesteht, seiner »Hand und
Bogen unbequem« waren, ist hier nichts zu finden, namentlich fehlt das
1 Sijrnatur ' V filT.
2 Spitta, u, a. O.. IL S. 24ö.
3; Malthcsou, GroUe Geueralbaß-ScUulc, 1731, S. 167.
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2B8
Aruold ächeriug, Zur Bach-Fonchnng.
bei VivalJi uiiil ( Iriiossen ausnahmslos aullivti iide koloristisclu' Spiil mit
leenm Saiten, lunuerliin scheint Teh'mann gewisse Autorität auf diesem
Gebiete besessen zu haben, denn auch Bach's Weimarer Kollege Joh.
Gottfried Walther arrangierte eins seiner Konzerte ftir OrgeP;.
Die Soli, teils vom Cembalo allein, teils vom Streichquartett begleitet,
gliedern sich folgendermaßen:
I. Satz, Tiikt tl — 46 jürstos Acbttil), ÖU 5-i (eii^tus Achit;!}, 58—77 (erste s
Achtel), 82- 93, 104--109 (erstes Achtel), 113—117 (erstes Achtel',
135 ^139 (erstes Achtel), 141—149 (erstes Achtelt, 1Ö8<-164.
m. Satz. Takt 10 (letztes Viertel) bis IH tTinftes Achtel), 20 [zweites Vier-
tel) bis 27 ers<(s A.lito! , 28 zweites Achtel) bis 6b {erstes Achtel),
3ü (letztes Viertel, 47 ^erstes Achtel).
Der !Mittelsatz ist ohne Veränderung aher init Weglassung der Be-
jd£Ferung herübergenommen worden: ein weiterer Heweis dafür, daß für
•zweistimmig durchgeführte Stiickc nueli ohne dw^c eine volle harmonische
Begleiluii',' als s»'lhstverstiiiulli(li angenommen wurde.
Hri di r Übertragung vi i fiilir R:irh in derselben Weise, wie es Wal-
derst <• tili die Vivaldi'schen Konzerte nachgewii.->cn. Starre, auf dem
Klavier an wirksame Raß- Akkorde bricht er oder lost sie in Figurenwerk
auf (vergl. Takt 7 — 28, 41 — 4<), TiUff.', dürftige K.irmonien füllt er auf
Grund der Bezifferung aus. Durehganirsnoten i.'l:ittrn diN (inme. Die
SolohtiiiiiiK' wurde mit nur geringfügigen Audt rungcu beibrlialteu. Eine
Streichung vun 12 Takten erlaubte Räch sieh lediglich im letzten Satze,
wo das Telemaim'sche Original vom dritten Viertel des 4ö. Takts iin
modulierende Geigen-Arpeggien aufweist: der einzige geigerische Glanz-
punkt des Satzes. Bach überspringt ihn und kadenziert rascher, ohne
daß das Ganze an Wirkung einbüßt
Die Schweriner Handschrift des Mar ccllo*8chen Konzerts, das Bach's
drittem Klavier-Arrangement^) zu Grunde liegt, trägt auf der Baßstimme
die Aufschrift *Qmeerto a 3: HautboU, VioUno PrimOf Viofino SeeundOf
Viola^ Basso ConUnm Marcel lo< ; darunter rechts • Poasesaor Joh&n
Matthias Vedde«. Der Baß ist unbeziifert; Tonart, Takt und Tempo
der Sätze: I. B-dur dorisch {C-moll , C, Andante; II. ebenso, V4t -i^ogh)
HL ebenso, '/^, .Vlrijrn. Räch transponierte also das Stück gegen seine
Gewohnheit um zwei Tonstufen höher'). Die Oboe ist Solo-Instrument
und tritt als solches auf:
I. Sftts. Takt 4 -5 (erstes Viertel^, 7—12 (erstes Viertel), 14 (drittes Viertel)
1; Autu^n'aph in ih r Köni<rliclRii JJibliutliek Jierlin.
2; Ausgabe der Bncli-GescUschaft. Band 42, S. 73. Vou L. A. Zelluer aU »Su-
nate {!; in D-moU von A. Vh-aldi« für KUvier und Violine herauM^ei:clien (Hsmburg,
Cranz;.
3} Vergleiche Waldersee^s Vorwort zu Band XXXI3 der Bach» Ausgabe, S. X.
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Arnold Sdkering, Zur B<icb»ForBcbung.
239
bis 21 [drittes A'irrtrl . 24 (drittes Viertel; bis 32 (drittes Viertel), M
(drittes Viertel) bit» 52 drittes Viertel .
n. Satz. Takt 4^35.
HI. Sutz. Takt 1—4, 14—28 zweites Achtel», 32—52 , 63—66 (zweites
Achtel), 69—83 (zweites Achtel), 87— 107 (zweites Achtel), 111—127.
Im ersten Satze streicht Bach vom letzten Viertel des 44. Taktes au
1 Takte, die im Original von der zweiten Hälfte des ersten Bitomell-
G^dankens (Takt 2, ausgefüllt icerden und nimmt gleich das nächste
Oboe-Solo auf. Kurz darauf bat der Bläser eine zweite Erholungspause:
von Takt 48 (letztes Viertel} ab wiederholen die Streicher die vom So-
listen soeben vorgetragene Episode (Takt 45 — 48); Bach iiherapringt sie
und fährt mit dem Solo fort» war er doch im Klavier-Arrangement nicht
gezwungen, auf Bläserlungen Rücksicht zu nehmen. Die Verbrämung
des Anfangs-Themas in den Takten 22, 23, 32, 33 und die akkordische
Füllung Takt 34 — 39 sind Zutaten des Bearbeiters. Der zweite Satz
hat ein völlig neues Gepräge erhalten. Bach löste die im Original in
milden Achteln dahinziehende Solostimme in wundervolle Arabesken-
Tiinion auf, schmückte sie mit Mordenten und sinnreichen Vorhalten,
ähnlich wi«- er es im Largo des vorherig ^n iidcn Konzertes getan. Es
lag wohl nicht nur in der Voniussij'ht der Unwirk'^aiiiki it i-iner an sich
sterilen Melodie auf dem Klavier, daß Bach in solchen Füllen umbildend
eingriff, wie Spitta*) meint; er verfulir vielniehr wie j^Mler gemeine Tn-
stnimentist, dem ein Adagio vorgelegt wurde, und schrieb einfach die
von ^larcello's Ül)oisten als Imjirovisation £r*'forderten Verzierungen aus.
Um einen Vergleich mit dem Original /u < i möglichen, setze ich de!!i.sen
Prinzipalstimme (nach D-moll trauspuniurtj her:
Aioffio.
h A. u. 0. I, S. 411.
8.d.i.ii. IV. 16
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240
Arnold Schering, Zur Bacli-Fonchiiiig.
^^^^^^^^^^^
Auch harmonisrli»' An(UTUiigeii finden sich. In Takt ö und 7 fügt
Bach die akkordliche Septinif < iii, bei Marcello stellt der einfache tonische
Dreiklang; in Takt 10 hat Marcello den Dominant-Septakkord, in Takt 11
den Dreiklang des ersten Viort* N beibehalten; die Takte 19, 20, 21. 22
weisen in der Vorlage im ersten Viertel jed(rsmal den Quintton auf; die
Führung der Altstimme Takt iJO, der Tcnurstimme Takt 40 rührt von
Bach her, ebenso der alterierte Akkord im fiiiift« n Aelitel v(m Takt ^{l
und die Verlegimir (h'r SeptiTiif in die Oberstimme in Tiikt I)t r St hluß-
satz zeigt nur gernige, tlie F>aU-FUhrung betreÜende Abweichungen. Takt
18 — 21 schi^ibt Marcello im Diskant:
Badi:
1 • ^
Entsprechend in den Takten 36—39 — Nach Fetist) ließ Marcello
1701 eine Sammlung »Concrrti a cmque istrwnenti* als op. 1 zu Venedig
drucken. Ob vorliegendes Konzert ihr angehört» wird sich erst nach Ein-
sichtnahme in dieselbe feststellen lassen.
Ist somit der Glaube an Vivaldi's Urheberschaft der fraglichen
Konzerte an zwei Punkten stark erschüttert, liegt es nahe, mit einiger
Zuversieht an die übrigen anonjTnen heranzutreten. Der ganze Irr-
tum scheint auf die bisher unkontrollit-rte Ul)erschrift Job. Emst Bach*s
auf Handschrift P 2H0 zurückzugehen. Hi( i;iuf gestützt, hat man —
unvorsichtig genug — auch alle andern Hacirscheu Konzert-Arrangements,
die man ohne Autor-Bezeichnung fand, unter den 2^amen Vivaldi sub-
summieren zu müssen geglaubt.
AVie schon erwähnt, wird auf Handschrift P JsH als Verfasser des
vierten Orgel-.\rrangements2 . fl<>ii ersten Satz des drei/clmtcn Klavier-
Kuiizerts ausmacht, der Weimarer Herzug Johann Krni»t genannt.
1) Biographie universelle des musicieiu, V, S. 442.
2i Ausgabe der Bach-GeseltscliAft, Band 38, S. 196.
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Arnold Scbering, Zur Bach-Fürschung.
241
Nach dem Vorigen li^ kein Grund vor, diese Angabe für F&lsdmng
zu halten. Zum mindesten beansprucht sie dieselbe GlaubvQrdigkeit, die
man bisher dem viel unsichereren EoUektiv-Titel Job. Emst Baches ent-
gegengebracht. Der junge Herzog war in der Tat ein musikalisches
Talent ersten Ran^^es, liatte bei J. G. AValther Unterricht in der
Komposition und im Klavierspiel genossen*). Setlis seiner Kon/^ rte gab
kein Geringerer als Tele mann um 1715 in Kupfer gestochen heraus.
Mattheson, der im allgemeinen strenge Kritiker, rühntt noch zwei
Dezennien nach ihrem Erscheinen die fürstlichen Kompositionen, indem
er auf ein prächtige«? F-f^/^^r-Konzert hinweist 2), Ob Bach rein künst-
lerische Oriinflo /ur l 'ht rtraguiig nf'ttigten. oder ob fnmiliäre mitspraclien,
wird schwer zu fiitsclicidcii si in. (ii'iadr daß er v-i< (lorholt auf dasselbe
zurückkommt, spricht tili das Ict/tcit'. Der JiiiYug starb schon am
1. August 171.'), 19 Jahre alt. Hat liach deui elf Jahre jüngeren, früh
abgeschiedenen Freunde einen verschwiegenen GruU in tlie Ewigkeit nach-
senden wollen? — Das fürstlit lie Kcnzertwerk ist meines Wissens bis
jetzt nicht wieder aufgefunden worden, so daß der letzte Beweis für das
Gesagte noch aussteht. Der erste 8atz weist klare Gliederung und an-
sijrechende italienische Figuration auf, dem zweiten ist ein nicht gewöhn-
licher Zug von Empfindung eigen. Wie weit die Originalität des nach
Passacaglien-Art gestalteten letzten geht, läßt sich nicht ohne Weiteres
feststellen. Jedenfalls ist die Art imd Weise des Konzertierens nicht
Viraldisch.
Mit Abzug dieser drei Konzerte blieben noch immer siebeUf deren Autor-
namen im Dunkel liegen. Sie einzeln zu bestimmen ist vorläufig unmöglich.
Immerhin lassen sich auf Grund einiger allgemeiner Beobachtungen und
der Erkenntnis der Prinzipien, nach denen Bach ammgierte, gewisse
Anhaltspunkte für künftige Forschung gewinnen.
Vivaldi schreibt von op. 4 an seine Konzerte ohne Ausnahme drei-
sätzig hält sich von der fugierten Schreibweise, ebenfalls von op. 4 an,
durchaus f* rn ' und kennt keine embryonenhafte Gestaltung der Mittel-
sätzf . wui sie Konzert 6 und 15 aufweisen. Im Einzelnen wäre Folgendes
zu bemerken:
Konsert 6. (Bach* Ausgabe Band 42, S. 101.) Original D-äur (vergleiche
Tükt 3, 4 und sputer] ; möirlicherwcl'^«' Hir zwei Violinen vt'r<;leiche
AV»clistl>|»iel in Tnkt 8, 9 und an il iLre. Trfinf-po-^itiou der zweiten
Stimme um eiue Oktave tiefer und harmonische Kumbinaiiou mit dem
Basse in Takt 12 ft, 27 ff.). — Italienischer Meister. — Mareello?
1) Spitta. a. a. O., S. 4fla
3; Große Gt u, tall-aß-Schulc. S. 392.
8 Vergloiclie dazu tlie Konzerte 8. 10 und 11,
4i Vergleiche Kon/.ert 10, II zweiler Satz.
16«
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212
Arnold Scheriog, Zur Bach'Forachoug. ^
Konzort H. Ebeinla. S. lOW.) (.)l•i<^inill D-inoU vcr!,'leiche unljet|uemt' JSpiel-
weiso im zweiten AUiijro C Takt l'>, 20, 21, 2'^, 24; vcrf^lciclu' auch
Takt 4, 37, 3H: Sellin ß-.l%r(7 Takt 17 u. s. w.l. Auf rlie R:.rh*-rlu.?i
Zutiiteu im Adagio C luaclit Spitta ^a. a. U., 1, S. 412i uuluu'rksaui.
Deutscher Meixter?
Konsert 10. 'EbenJa, S. 127.) OriLfiual wahrHcheinlich D-ntuU. der l)e-
«jueinerpi) Spielweise halber', lür 2 Violinen ^verffleiohe Anfan«.,'; Takt
20 fl". ; letzter Satz Takt 7 ff.}. — italieuischer Meister. — Gregor
Torelli'^
Kansert 11. (Ebenda, S. 135.) Thematik des ersten Satzes und Fugato im
Aäagio deutseh ?
Konzert 12. Ebenda, S. 142.' Soli und Tntti siii'l It iilit zn iTTifcr-rlicideti,
Im Afhuiio offenbar Räch 'sehe Verzirnniijen und .Mittel.-t iniuitn. ?
Kuuzert 15. (Ebenda, S. 161.) Kürze und Dürftigkeit der Soli Trioleu-
Bildun*;) nicht italleniseh. Im Aufbau und in der Figuratiou unmittet'
bar an das Orgel- Konzert I erinnernd. — Telemann?
Konzort 10. Ebenda, S. 105.1 Verarbeitunj; eines »i^f*///(/<- Themas im
Allrgro -' 4. Tutti sind leicht zu nntersrheiden. — Italienischer Meister.
0 rg«l-Kouzert I. ^Bach-Ausgube Band 3ö, S. 49.) Die zoptige Floskel
I. Takt 5 — 17, die Sequenzen II. Takt 12— 17 ff., sowie eine eckige
Violin-Behandluiig deuten auf dentacken Meister. Vergleiche BJaTier-
KoDzert 15.
"n:i-:selbe Kon/ert liegt in eitjer Klavier-rbertrajjjunu' 'Bach-.Vn"'j:t))*'
li.iiKi 42, S. 282 vor, m der Bacli nach itiilieuischer Art lebhaltei
figuriert. — Telemann?
Weitere Vermntuni(cn luifzustellen wiinlr- ins Uferlose führen uinl an
der Sudic nicht.««. he>^,ern. Nur glürklirhe l>il)lii»t!iek-^-t'uii«U' küuucu
Erledigung derselben beitragen. Welche Meister übrigens d;nnals. in
Weimar beliebt waren, zeigen Waltlier's Orgel- Arrangements. Das
berliner Autograph enthält im Ganzen dreizehn Konzerte, zu denen
Alcum Varmtioni sopr'un Basso Continno Sig' CarelU kommen. Als
Autoren nennt Waltber selbst jedesmal Tom. Albinoni (2 Konserte,
op. 2 Nr. 4 und Nr. 5), Gius. Meck (2 Konzerte), Luigi Manzia,
Gen tili, Torelli (ein vollständiges Konzert; ein erster Satz; zwei Sätze\
Taglietti, Telemann , Gregori, Blamr. Mit Ausnahme Manzia^s
und Blami'^8 liegen von allen übrigen teils gedruckte, teils handschriftliche
Kompositionen vor. Wenn Bach anderweitig an Legrenzi, Corelli, Albi-
noni anknüpfte 1), warum sollte er nicht auch hier gelegentlich zu einem
dieser wahrlich nicht unbedeutenden Zeitgenossen gegriffen haben Der
Vorwurf einseitiger Bevorzugung Vivald^s, den man ihm billigerweise
bisher hat machen müssen, ist durch Vorstehendes in der Tat zm in k-
gcwiesen. Welche Belesenheit in der musikalischen Literatur Bach
1 Spitta, a. a. 0., I, S. 421 lY.
2 All)inoni. dessen gedruckte KoDserte, soweit sie bekannt, mir «lämtlicb vor-
lagen, ist uicht vui'lreteii.
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Arnold Schering, Zur Bach-Fursthung.
243
besaß, möge schliefilich eine bisher imbeacbtet gebliebene Parallele
zeigen:
Geoffr Muft at, FlorUeyiiim primiim Jöyö, Fasoic. 4. »Syuiplionie<, letzter TmI.
J
J. 8. Bach, Itulicuisclies Konzert (Bach-Aoigabe Band 3, 8. 189).
r-2— ; — i
I
*
m
IL t. W.
Es ist das einzige Mal, daß sich beim französierenden Mulbt eine
italienische Sinfonia einschleicht, Grund genug, um in Bach's Gemüt die
Erinnerung an ehemalige italienische Vorbilder wachzurufen. Der Im-
puls ist so stark, daß ihm — echt bachisch — ein charaktervoller, aber
nebensächlich behandelter Muffat^scher Gredanke zur Hauptsache und
damit zur Quelle eines seiner schönsten Klavierwerke wird.
1) Denkmäler der Tonkunst iu Österreich I 2, lbU4.
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244
Wilhchn Alimuim, Spontini au der Berliner Oper.
Spontini an der Berliner Oper.
£me archivalische Studie
von
Wilhelm Aitmann.
(Friedei)aa<>Berlin.)
Wer Philipp Spitta's ausgrzoirhncten, auf demselben Qaeileimiaterial
benihenden Aufsatz >Spontini in lierlin« in dem so überaus gehaltvollen
Buche »Zur Musik — Sechzehn Aufsätze« (Berlin 1892; kennt, wird
leicht geneigt sein, meine Studie für überflüssig zu halten. Dem erwidei-e
ich aber, daß, während es Spitta darauf ankam, eine möghchst ab-
gerundete Darstellung zu liefern, ich den fTniHten Wert darauf lege, daß
die wirhtir^steii DokTimcntc uns S])<>ntini's Berliner Zeit in ihrer Oricinal-
fassuni: MTÖftciitlicht wt-rden; so >s"ird es sich zeigen, dali in ilcni uii;:liirk-
lichcn Wortlaut des mit Spontini nhir' hl(>»enen Kontrakt*;?, die Quelle
aller Streitiirkciten über seine AIa< htbcfugni^.se an der Berliner Oper lag,
daß die licidcn Dienst-Instruktionen von 1H21 und 1831. wt Iclie Spitta
kaum erwabnt, sowie die ihm unln'kaiiut gtblit hone Instruktion von 1820
eine Spontini's Macht cindi.uuuitiuk', die des Generul-iiilcnilanten stärkende
Tendenz hatten. Auch die andern Aktenstücke und Brief-Aub.züge werden
einen durchaus sichern Boden für spätere Forschung und Darstellung
herstellen.
Daß ich in der glücklichen Lage bin, diese Aktenstücke veröffent-
lichen 2u dürfen, verdanke ich dem Überaus gütigen Entgegenkommen
Sr. Ezcellenz des Herrn QeneraN Intendanten der Königlichen
Schauspiele Grafen Hochberg, welcher mir die Arcbivalien der
General-Intendanz zu Studien über die Geschichte der Berliner Oper
im 19. Jahrhundert eröfibet hat, wofür ich nicht verfehle, ihm auch an
dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank auszusprechen.
Durch die »Vestalin«') war Spontini (geb. 1774J eine europlusche Be-
rühmtheit geworden; der glänzende und nachhaltige Erfolg des »Fernand
Cortez« (28. November 1809 , der auf Wunsch Napoleons im Hinblick
auf den ausgehrorhonen spanischen Krieg komponiert war, hatte ihm die
Direktton der italienischen Oper des Theaters der Kaiserin eingetragen,
l; Zu grußcm Danke biu ich auch dem Herrn Uuh-ai Maeder, dem Vorsteher
der Begutrattir der Kgh Scbanspiele, verpflichtet, welcher mir in Uehenswürdigater
AVßise seine rnt«ntfitsttiig geliehen hat. Anch Herrn Intendantur^Sekretär Thiel
tchulde ich Dank
2j Erate AuftuliruDg Paris 15. Dezember 1807.
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Wilhelm Altmann, Spontioi au der Bcrliuer Oper.
245
von welchem PoBten er freilicli bald infolge Kabalen zurücktrat Als
König Ludwig XVIII. an Stelle des verbannten Napoleon getreten war,
erhielt Spontini 1814 ein Privileg für ein italienisdies Theater, das er
aber an die Sängerin Oatalani käuflich abtrat, und den Titel eines
dramatischen Komponisten des Königs von Frankreich nebst einer lebens-
länglichen Pension von jährlich 2000 Francs. Aber so gefeiert wie unter
Napoleon wurde er nicht mehr, obwohl er sich der bourbonischen Bestau*
ration durchaus angeschlossen hatte. Unter diesen Umständen faßte
er seinen eventuellen Foi'tzug von Paris ins Auge und sah sich nach
einem für ihn passcn«len Posten am Hofe eines anderen Monarchen um.
Zu seinen größten Verehrern l'^ ii()rte König Friedrich Wilhelm HI.
von Preußen, der w-iliiend seines Panser Aufenthalts vom 31. März bis
Anfang .Juni 1814 mehrfach Spontini'sche Opern gehört und später am
lö. Oktoher desselben Jalires sich den »Cortez- auf seiner Berliner Bühne
hatte vorführen lassen. Durch Vermittelung des Geh. Staatsrats von
B<'(|uelin wandte sich Spontini an diesen Monarchen und erbot sich gegen
ein Jahresgehalt von 20 — 24(J(X) Francs in snine Dionste als Opern-
kompom'st zu trftnn. "Mtiirlich i>t, daB K'inii: Fi-i»'ilrich Willidm III.,
der nach den Freiheitskrii'L"'ii an eine aliiii/j-ndc \\ iVili rlicr'^ti lhinLr d<*r
JSfnsik- und vor allem Uihtii- Vfrlialtni^^si' (hu ljte, scllist dm (ii-daiikcu i:<-
hal)t hat, Spontini in sciiif I )it'iii,te zu /ieiieii ; dncli nirn-litc ich nach den
Akten dniclians annehmen, «lali die Anre^Lnmi,^ von Spnntini iiii .Juni des
Jahres 181.") bri Ksinig Fritdrich Wilheiui s An\vt s,>nli.'it in Paris aus-
gegangen i.st. .ledcfifalls fjriff der König dessen Ant rbiclcn gern auf
und ließ durch senn n Staat ^kanzler, den Fürsten Haidenberg, von dem
General-Intendanten dl 1 Kuiiiglichen Schauspiele, Grafen Brühl'}, der am
10. Jan. 1815 diesen Posten übernommen hatte, ein Gutachten darüber
einfordern, ob <?s für die Königliche Oper von Vorteil wäre, wenn Spon-
tini für eiiien leitenden Posten gewonnen würde.
Dieses Gutachten aber fiel kaum im Sinne des Königs aus. Es
lautete:
1) »Ist es iiidit /.II leugnen, daß es einer großen Musiknnstalt, wie der
Köuigl. Kapelle und Oper Ehi'o macht, eiueu Maua vou su uusgezeichueteoi
Xumen au ihrer hipitze XU habeu, ja daß dies des Auslandes halber und des
Bnfes wegen, welcher Fremde herbeilockt, höchst ti5tig ist:
Ans dieser selben Ursache ist
1 GthI" Karl von Brühl pel». 18. Mai 1772; hatte bei Fasch, dem Dirigenten
<irr SIiifr;i'<:i'lemio, Konipositii .11 ^1ii»H*irt, war ein tiiehtifrer Sänger, sowie ein treff-
hcher SValdhoruist und besab eine universelle Bildung, Nach lÜloud's Tode 22. Sptbr.
1814 hatte die während dessen Krankheit und Beorlanbiiiig schon tttig geweswie
Kommtssioii die Yerwaltiuig der Oeneral-Intcndantur bis zum Amtsantritt Brtthrs
vemib«!.
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246
Wüliciiii Aluiiium, iJpoutim an der Berliuer Oper.
2} aacli uicht auf ErBparnisse einiger Tausend Thaler Rücksicht su
nehmen, und
3) würde es oliin- Zwi-itol vortcilhnft uml iinLifiiflim ~.in, jiibrücli riniire
lU'ue Uprni von einem Tunset/.er zu halien, der hkli durch dio wenigen vo?i
ihm ersihieueneu Werke als denkender Künstler und als Munu von ausge-
zeichnetem Geist und Genie gezeigt bat.
Die Gründe, welche auf der andern Seite gegen diese AnstdUung auf-
austellen wären, sind:
1 Dfiß wir bis jetzt nur zwei bedeut» nde Werke von Spontini lM >it7i*n,
niiniiich die Vrstalr und Corfcx. Von beiden ist aber die erstere unstreitig
vorzüglicher als die letztere und gäbe beinahe Anlaß zu glauben, der junge
Künstler habe seine ganze Fülle in der ersten Arbeit yenichwendet.
Di» -t» Mutmaßunf^ wird dadurch noch vermehrt, daß so Wenigen von ihm
erscheint! Im leichten Stil scheint er j^ar kein (lUick zu haben, denn eine
komische Oper, welche von ihm ^'egelx n worden, ist gänzlich durchgefallen.
2} Die vortiprücLeueu 2 üpwu jähriicli würden in der That mit o--r)000
Thalem zu teuer befahlt sein, wenn nicht aus der Anstellung deiiselben zu-
gleich ein bedeutender Vorteil für die Direktion der Kapelle und das weitere
Ausbilden des Orchestei-s entstünde. Dies ist
3' aber ohne vorhergegangene genaue Erkundigung in I'aris nirlit zu bt^-
stimnien, da die Komponisten dase!h<t nie du? < hrli» -^ttr «clb-t ruilülaen und
daher keine Übung iu diesem schv ierig!<ten tiesciiiilte hiilieii. Ih-m Kapell-
meister Spontini würde dasselbe
4) noch schwerer werden^ da er der deutscheu Sprache nidit mächtig ist,
sich didter nur mit Mühe verständlich machen und deshalb weit weniger würde
wirken köninni.
Aul t ii 1 ii t i ge O rch este r- 1) i r i g en te n i^t aber vorziigiit h Rücksicht zu
nehmen, denn Opern können auch bei eutfernu n KompouLsteu bestellt werden.
Das Berliner Ordiester bedarf vorzüglich noch eines lö^ftigen und geschmack-
vollen Dirigenten. Kapellmeister Weber-i, der sii Ii ii'u ht mehr in der ersten
•Tugend befiinli t, I< ift t das (»anze \'.i>i allein und kann selbst wegen seiner
körperlichen Heschatienbeit nicht immer so tl>ätig sein, als er es nach seinem
Eiter und seinem guten Willen wohl sein möchte. Musikdirektor C^ürrl i ch-'j ,
ein sonst sehr tüchtiger Musikus, leistet dennodi als Dirigent nicht alles,
1) Le Plelage; Paris 1814, August 23.
2 Benihard Anselm Weber, geboren 178(J zu Mannheim, auch als Komponist
niclit imViidi titend ^fii^ilk /.uv ••Juugtrau von Orleans«, 1819 seine Oper »Hermann
und J Iiii>ih_'M;m . w ar 1792 als Musikdirektor in preul?is('he Dienste getreten. Er war
ein sehr IlL-iGiger Arbeiter, der unermüdlich Gutachten über Sänger u. s. w. dem Graten
Brühl lieferte; 1820 verlor er sein linkes Auge, gestorben 23. März 1821.
2) Dieser sehr tüchtige Musiker war 1700 als Kontrabassist und Aushilfe-K apell-
nicister engafriort worden, hatte besundt rs in Pnfsdam die Oper dirieif-rt ; ai.i 2i\ April
l^^lf) wurde er dann Kapellmeister, starb aber schon am 27. Juni Ihi? au Brustent-
zündmigslieber. Als Graf Brühl dem Könige Gürrhch's Tod meldete, sclu'icb er:
»Ew. Konigl. Majest'ät haben durch ihn einen ihrer redlichsten Diener und das The-
ater einen der Heißigsten, aufmerksamsten und dienstwilligsten Oftiziaoten verloren,
uiid in dieser Hinsicht ist der Verlost fßr den Augenblick wahrhaft nnersetslicb zu
nennen.«
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Wilbelm Altmano, Spontim an der Berliner Oper.
247
was zu wÜDschcit wäre, uud Musikdiiektor SeideUJ iät vullkunmic-n uu-
hedeatend.
Ofienbnr ^'olit daraoB hervor, daß unsere diirdi eine hoffentlich ein-
KU f II 1» reu de Kirchenmusik sich immer mehr vergrößernde Musik-
auötalt wie die Königl. Kapelle nnrh durch ihre Anführer neue Kraft
uud uoueu (Jluuz bekommuu muß, zu mal da nach Sr. Mujeuiiit iu Puri^ ge-
thaner Äußerung noch ein Konservatoir för Muük und Peklamation xa er-
richten sein würde uud man dazu mehrerer Lehrer bedürfte. Teh würde daher
für zweckmäßig h;ilt. ii. die drei Kapellmeisterst ellen , wie sie durch die
Herren Righiui^'. HiniiiKr'^ und Weher besetzt gew es- fti . wifderhorzustellen,
dito erste davon dem Kapeümeiater .Spoutiui, Cheruliim udtr Paer zu gebeu,
welche alle drei ihre Bereitwillitrkeit 2U einem Engagement gezeigt.«
Ua Spoatiiii auf sein Anorbicii'ii nicht glt-lch vom Köni^;, deii wühl
dieses durchaus >a( hliclR« Uula( litt n t t\\as stutzig gemaclit 'liatte, eine
Antwort erliielt, suchte er mit dem Graten Brühl Konnex zu gewinnen;
1) fViedrich Ludwig Seidel, geboren 1762, 1791 Organist an der Marienkirche
zu Berlin, 17%— 1800 Dirigent der Oper um Xaiionaltheatcr, 1801 Königlicher Kam-
luenuusikus. seit 18«)2 vieltacii als Theater-Komponist bes<-iriifti}:t. 18()ö Musikdirektor,
«oit April 1815 mit der Aulsicht über den neu errichteten stehfi; b n Chor betrauf.
Er war vielfach kränklich; 1817 holte er sich ein Bruchleiden beim Ht'tten vou Noten
aus dem brennenden Schauf^pielhame. Sein gr<">(iter Ergeiz war Kapellaietiter zu
werden, welcher Wunsch ihm endlich am 23. August 1822 erfiUlt wurde. Obwohl er
bereits am 4. März 182ri seine Pensionierung beantragt hatte, wurde ilnn diene doch
erst trotz seiner gntRon Scbwiichf^ r.nm 1 April 1820 ij-t wühlt ; am 5. Mi<t 1831 ist
er gestorben. Er wur ein sehr schwacher Dirigent, besal> aucii keine Autont:if. Ich
führe noch Auszüge aus swei Sdireiben des Grafen Brahl an, welche «eigen, daß
dieser außerordentUeh nmsiditige Intendant sehr genau auch über Seidel orientiert
war. Am S.April 1815 schreibt Brühl an diesen; »Jedoch muß ich ... bemerken,
«iitl> das K'itiipouien'n mir nie h!« Haupt «aclm pr«rb»^iTHMi kann, «ätnulern nur als
Nebensache, da ich neue Kompositionen von allen Orten her iiekommen kann uud
die eigentlidien Musik^Direktions-^eschifte mir weit wichtiger erseheinen
müssen.« Als die Kapellmeister Weber und Romberg SeideFs Gesuch^ ihn naeb Gnrr>
lieh's Tode zum Kapellmeister yn t i m nnen, unterstüt/ten, beschied sie Oraf Brühl am
S. .Init 1817 folgontit rmaßen : »Ich \ ri ki THie keineswegs Herrn Sei«b 1« nuisikabHche
Keuntnisse, noch weuiger aber semcn guteu moralischen Karakter; Ijoides iüt aber
nicht hinreichend, um ihn zu der bedeutenden Stelle eines Kapellmeisters bei der
Königl. Kapelle tauglich zu halten. . . . Langjährige Dienste geben indeß noch keinen
gerechten Anspmdi auf einen Posten von solcher "Wichtigkeit, der nicht als Ver-
s urgimg an/nseh'^n ist, sondern zu welchem entwesb'r ein selten großes Kompositions-
talent, euie grobe Virtuosität oder ausgezeichnete Direktioasgabeu berechtigen. Von
diesen EÜgensebaften besitzt Herr Seidel auch nicht eine einsige! er kann daher in subal*
temen VerhSltnissen wohl n&tslich werden und sein, würde aber auf einem hohem
Standpunkte weder >i< h noch mir noch der Kimigliehcn Kapelle Ehre machen können.«
2 VintM-rt/'^» llii:hiTn' wunb 17!W als Kapellmei'^ti r (l. r italienischen Oper
nacli Berim berufen und iiiieb auch, als diese 1806 autgelüst wurde, ak Kapellmeister
ohne rechte Tätigkeit iu preußiaehen Diensten bis zu seinem Tode 1812.
3) Friedrich Heinrich Himmel trat ab kdnigL preußischer Kapellmeister
Ton 1795 bis zu seinem Tode (8. Juni 1814; nur wenig in Tätigkeit.
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Wilhelm AltmanQ, Spontiui an der Berliuer Oper.
am 22. Dez. 1815 teilte er ihm unter anderm mit, daß er an dem 3. Akt
einer fttr Berlin bestimmten Oper arbeite. Aber obwohl Herr von Delmar
aich sehr für Spontini interessierte, antwortete diesem Graf BrUbl erst am
3. November 1816, er habe immer mit der Antwort gezögert, um Positives
mitteilen zu können, aber auch jetzt sei noch immer nichts über seine
Berufung bestimmt. Darauf schrieb Spontini bereits am 5. Januar 1817
wieder an den Grafim, baichtete von der Vollendung der »Olympia«, zu
deren Auffuhiun^' er nach Berlin kommen wolle, und frug an, ob bei
dieser Gelegenheit nicht auch sein Oortez« in der neuen Bearbeitung ge-
geben werden könne, worauf der Graf um 1. März 1817 sehr höflich
antwortete, daß leider vor dem nächsten Winter an die Einstudierung
nicht zu denken sei.
Als aber im Laufe des Sommers 1817 König Friedrich W'illielm III.
wieder nach Paris kam und hier nicht weniger als viermal sich den
Cortez« in 5?Hnf>r neiu^n (lo^talt die nm 8. Mai zum ersten Mal unter
enormen Beifall aufgefiilirt worden wai- angeselien hatte, setzte Spontini
alles daran, iiin neine t hr^ei/i?en Pläne zur Ausführung zu hrinixon: am
1(1 Juli konnte er dem Grafen liriihl Ix rt its nielden, dali der K<>nii: die
Partitur des neuen ^Cortez« für Berlin erwerben wi»llc. am 20. Oktober
teilte i r ihm dann mit, daH er das Patent seiner Ernt nnun.: zum >premier
m.iitre de chapelle honoraire« des Königs von PreuHen i i warte. Mehr
alter konnte er vorläufig nicht erreichen, sei es nun. dnf5 Prülili. Ein-
spruch oder auch noch andere Gründe in Betracht kaiucn; iloch stieg
Spontini immer mehr in der königlichen Gunst: so durfte er dem König
sein zu Salierl's »Danaiden« nachkomponiertes Ballett und den preufhschen
Nationalgesang widmen, dessen Text vom Königlichen Kabinets-Sekretär
J. F. L. Duncker verfaßt war. Die Anregung zu diesem Gesänge, der
von 1820 bis 1840 alljährlich an des^ Königs Geburtstag im Opemhause
gesungen und am Jahrestage der Schlacht von Leipzig 1818 in Berlin
zuerst aufgeführt wunle, ging von dem Flttgeladjutanten des Königs,
Generalmajor von Witzleben, aus. Dieser war es dann auch, welcher
ohne Zuziehung Brübrs, da in diesem Spontini seinen Feind und Gegner
sah, den Kontrakt am 6./20. August 1819 zustande brachte, durch
welchen der berühmte Komponist, der eben in die Dienste des Königs
von Xeapel getreten war, weil seine Verhandlungen mit Preußen ihm
aussichtslo'- M liienen, diesem Staate doch noch gewonnen wurde.
Dieser denk- und merkwürdige Kontrakt^) lautet folgendermaßen:
»Nachdem Seine Königl. Majestät von Preußen Alleign&digst zu beschließen
geruhet^ den Horm Spontini in der Eigenschaft als Kapellmeister in Aller-
1; Ich gebe uttr die deataebe Ftasung, wdcbe neben der franzi>»isehen amgefertigt
worden ist
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Wilhelm Altmauu, Spontmi an der Berliner Oper. 249
hödiBten Dienst zu nehmen und des Endes Höchst Ihren General-Adjutanten
den General-Major von TVitslebcn !>' \ oUmilcbtigt haben iu A llt-rhöchstdero
Xiimen üljcr die Ticflitfgungen seiner Anstcllun«; die nähere Vereinigung zu
trtlien, so ist zwisclien dem vitHtfiianntcn Herrn Bevollmächtigten an einem
Teil und dem Henu Spoutua am nudcru Teil unter Vorbehalt 8r. Königl.
Majestät AUerh5ch6ten unmittelbaren Bestätigung nachstebender Vertrag er-
richtet worden.
Art. 1. Seine Königl. Majestiil von Preußen ühertragen hiermit dtin
Herrn Spontini die Stelle Allnrhöch.st dero ersten K a p el Im p i t <■ r s nnd
di e G eneral-Ober-Aufb ichi Uber da» Alusikweseu mit dt sn Titel eines
General-Mnsik-Direktors und der Erlaubnis außerhalb der Königl. Preußischen
I.;iii<]i Jt n Titel eines General-Ober-Tntendanten der Königl. Mnnik zu führen;
jedoch .sollen diese Kmennungen Prädikate; die Hechte und Vorrechte
der Vorgesetzten des Köniirl. < )t"cheMtei*s nicht im mindesten beein-
trächtigen und iu den vertassuugsmäßigcu Verhültniaiseu der Gleichheit
unter den Königl. Kapellmeistern keine Änderungen nach sich ziehen.
Art. 2. Seine Königl. Majestät gewälu*en dem Herrn Spoutini ein fe»t-
^•tehen^le^^, kein« in Abzug«,- unterworfen«-» und halbjälu'lich voraus zu bezahlen-
des (U-halt von jährlich viertausend T^n-n fiischen Thalern in Golde, dmi To-
tlage von sechszehntuuseud fünfhundert tranzösischen Francs gleich. Aubeniem
gewahren Allerhöchst dieselben dem Herrn Spoutini 2um jährlichen Benefiz
die gesamte kostenfr» i« l'iiinahme d<'r ei-steii Vorstellung einer seiner Opn ii ;
jedoch »oW es der Wahl der ' < J eneral-Jntendantur der Königl. Schauspiele
übeiln- en bleiben, an di«- Stelle einer '-(»leben Benetiz-VrH-stellung eine Knt-
scbädigung von Kintauäcndtunfzig i'iialern £'reußit>chen Kourant, dem Betrage
von viertausend Francs französischer Münze gleich, eintreten zu lassen; und
in diesem letzteren Falle steht es dem Herrn Spontini frei aulnr gedachter
Entschädigung sich eines der Königl. Konzert- oder Schauspielsäle sowie d«'s
Personals der Königl. Musik und Oper einmal kostenfrei zn bedienen, um
mit dieser Hülfe ein Konzert zu seinem eigenen Mutzen zu geln-u.
Art. 3. Was die Berufspflichten des Herrn Spontini betriflft, so ist der-
selbe den Befehlen Sr. König]. ISIajestät Folge zu leisten und in die Anord-
nungen der Königl. G en eml-Intendantur der Schauspiele sich zu
fügen g«-halten. Er vrri)tii< bu-t sich innerhalb »b-ei(M- Jahre jed«-smal zwei große
Opern, von welcher Gattung et* üei, oder alljährlich eine kleine Oper (Operette),
sämtlich neu und von ihm komponiert, auf die Berliner oder Potsdamer Buhne
zu bringen. Die denselben zum Ghrund gelegten Handlungen werden ihm
sowie die (xe dichte von der Königl. ( ü e n era 1 -I n te n dun tur der Schauspiele
geli«'fert werden und bleiben im «'ntgegenge.st!tzt«>n Falle '-einer eigenen
AV'ahl überlahsen. Er (Herr Spontini) verpllichtet sich in eigener Person,
60 oft er seine Gegenwart notwendig «-rächtet und gemeinschaftlich oder ali-
wechselnd mit den andern KönigL Kapellmeistern das Einstudieren und die
Probevorstellungen sämtlicher Opern und d« ~ musikalischen Teils alb-r mit
Musik verwebten Stücke zu leiten, ohne ji dorli /ur eigenen Direktion di«s
Orchester» anders verbunden zu sein aia bei der ersten Auffuhrung seiner
eigenen Knnstprodukte oder an großen Fest- und Galatagen, wo des Königs
Majestät ihn besonders dazu auffordern lausen, oder wenn er aus eigenem
Beschluß dazu schreitet und endlich wann seine Kollegen daran verhindert
werden sollten, jedorb iu ülieii diesen F'illeii üur am Klavier oder Flügel
(ohne selbfst den Musikstab zu fuhreiij mit ik-ihiilte eines auf sein Verlangen
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250
AViiüelm AltmauD) Spontiui an der Berliner Oper.
von der Qeneral-Intondaiitur der Schauspiele behufs der Führung des MuUc'
etabeB anzuwcisondt n Mitgliedes des Köni<{:l. Orchoäters. Kr Herr Spontini)
verpflichtet sieh überdies sämtliche kleine fjLlerreiiheit«- und andere Stücke,
die ihm aiil ]Jefehl Sr. MajeHtiit vorgelegt werden, sowohl für d<n (Jt'sjing
als für Begleitung oder Tuuz iu Musik zu Hetzen; uußerdt iii ancii sich der
Oberaufsicht der zur YervoUkommnung und Ausbildung junger Mitglieder
der Königl. Op^ zu Berlin errichteten Singeschule mit zu unterziehen.
Art. 4. Für alles, was Herr Spontini außer den oben hezeiclnu'ten AVerken
iiiul Stücken hic^ ciirrneni Trif'l» kf>n)y>oniert"n wird, soll ihm eine aulicrordent-
liclie Belohnung zuteil werden und ihm überlassen bleiben, wich deshalb mit
der Königl. General-Intendantur der Schauspiele zu einigen, widrigenfalls
darüber nach seiner Willkür zu schalten. Er verpflichtet sich in jedem Fidl
der gedachten (ieneral-Intendantur vor/ug.<jWcise alle seine Kompositionen QÜt
Ausschiuli der im folgenden Artikel vorbt-haltfuen n!r/iibi«*t«Mt.
Ai-t. 5. Außerdem verstiitteu Seiue Königl. Majestät deni Herrn Spontini
die Befugnis und Freiheit, alljährlich vier Monate hindurch von Berlin
abwesend zu sein und Kelsen in das Ausland zu unternehmen; jedoch der-
ge.stalt, daß dieser Reisen wegen nicht das Mindeste an seinen in den Artikeln
H und 4 bf*«timmtcn OblteLrpiiheiten gesnuhrt werde. Der Zeitraum dieser
Ueiseu ist ein tür allemal aul die Zeit vom 15. Augu»t bis zum 15. Dezember
jeden Jahres festgesetzt. Auf den Fall jedoch, daß Herr Spontini es nicht
suträglidi finden sollte, von diesem Urlaub in einem Jahre Gebrauch au
nuu'hen, so «oll er dafür im nächstfolgenden *durch einen siebeumonatlichen
I x'laub entschädigt wordfMi, und wird für einen solcln-n Fall der Zeitraum
vom 15. ^lai Iiis zum 15. Dezember festgesetzt. Während dieser Keiseu soll
er befugt sein, im Auslande alle Werke setnw Komposition, die in Berlin
gegeben worden sind, auffuhren zu lagson; solche, die in Berlin noch nicht
aufgeführt worden, können unter keiner Bedingung ohne ausdrückliche Kr-
laubnis Sr. ^iajestät des Königs einem andern Theater überlassen werden.
Da jedoch Herr Spontini bereits iu Frankreich wegen Komposition des
Artaxerxes von Delrien, der Sappho und der Apotheose des Herkules von
£mpis und Couruold Verbindlichkeiten eingegangen ist, so geruhen des Königs
Majestät zu gestatten, daß die ersten Vorstellungen dieser Stücke oder, wenn
Herr Spontini mit Bewilligung ihrer Vrrf'a««fr tlir-^f lbfn diin'h dit i uMlt-re
der Berliner Büiiue augumesseue uud dem tieschmack des deutschen i'ublikums
entsprechendere Gedichte ersetzen könnte, daß die erate Vorstellung derselben
unter seiner Leitung in Paris, jedoch gleichzeitig mit deren Aufßlhrung in
Berlin statttinden möge.
Art. 6. Soine Königl. >rfti<«stät von I*renfl«'n wollen nicht entgegen sein,
daß Herr Spontini Verbindungen mit l' rankreich beibehalte uud aller
der Vorzüge ferner teilhaftig bleibe, womit der französische Hof ihn bisher
begünstigt hat, jedoch ohne daß daraus ein Nachteil oder Sdiade fiir die in
den vorstehenden Artikeln des gegenwärtigen Kontrakts festu- ~*'tzt«' Vi rbind-
lichkeiten erwaichse. Demzufolge ist Herr Spontini ermächtigt, alles dasjenige
bei Sr. Majestät dem Könige von Fraukreicli einzuleiten, was er die.sem Zweck
gem&B und für sich nttzlidi erachtet.
Art. 7. Die Vorstellung aller von Herrn Spontini komponierten Stücke
bleibt den Königl. Theatern zu Berlin während sechs ^lonate vom Tage der
ersten Aufführuni? an gerechnet ausschließlich vorbehalten. Nach Verlauf
dieser Zeit steht es iluem Verfasser frei, solche unter jeder ihm beliebigen
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TTilheliii AltmanD, Spontini ftn der Berliner Oper.
251
B» (1iui:niiL; fn iiiflrn Rülnifn zn iilterlassen. Diese Eiiiseliiiinkiini: soll jprlocli
Herrn Spoiitiiii uiclit in .seiutiii Hiuciifimisrcrlit stören und iini nielit liiutleru
einzelne iStücke seiner Ojjern gkucli nmii deren erster Aulliiiining tstücheu,
drncken und gleich den Verfassern litterariBcher Werke absetzen xu lassen^
dergestalt iiuleß, daß die Stück«' selbst vor Ablauf der Yorgeschriebenen Zeit
nirgends amlfi-s aiif"L'»'nihrf wcfdori können.
Art. H. Herr Sjinntini niuciit sich verbindlich, .meinen testen Wobnsil/. in
Berlin zu uclmieu und spätestens iuuerhulb der ersten Hälfte des Munuts
Februar des nSchsikommenden Jahres seinen Dienst ansutreten. Der Anfang
fieiner (leb«lt.sl)eziebttDg wird durch die Zeit seiner Ankunft in den Preußi.schen
StMten ihre nestinininn*,' erbnlti n. Da ein etwaij^er VerztiL; dfs Ht i i n S|H>iitin!
bui der Antretung Beines JJiin^ti'H zu dem Vürher])estininiten Teruiine dem
Berliner Theater nachteilig »ein würde, ao uuterwii'ft sich derselbe, Lusufem
nicht wichtige, von ihm nicht zu beseitigende Umstände oder eine ansdriick-
liche Erlaubnis Sr. Kiinigl. Majestät von Preußen ihn entbinden sollt« n ncr
zu eiitrifhf.'inlrii Knt-^rbädiLriiiip' von zweitatisend Frniif -i für j« dt-ii M<iiiat der
\'erzögerun<jf, als welches auch in Ansehung seines [Irlaubs auf den Fall An-
wendung iiudeu soll, wenn er ohne Allerhöchste Königliche Bewilligung dessen
Grenze Qberschreiten sollte, wobei es sich von selbst versteht^ daß diese
etwanigen Verzögerungen weiter keinen nachteiligen Einfluß auf die Aus-
zahlung des im 2. Artikel re>f L:psetzten Gehalts ImIkmi k"viitien.
Art. 9. Herr Spontini innc lit sich verbindlich vor Abhuit i inrs /ehn-
jährigen Zeitraumü, vom Lage der Dienst- und Gehaitsautretung au ge-
rechnet, seine Entlassung nicht zu verlangen; es wilre denn, daß seine Qe-
sundheitsunistände sich <l« rgestalt verschlimmerten, daß ,j< ilc T^e.schäftiguug
ihm iiiimfiglich würde. Auf den Fall, daß Herr Spontini innf rlMlIi einer
ununterbrochenen zehnjährigen Dauer Heinefii Dienst v(rrsf»«ht oder ain li, daß
er seinen Vertrag über diese zehn .iahre liinaus aul uniiestimuite Zeit ver-
längert, soll er einen rechtlichen Anspruch auf eine seinen Diensten ange-
mesBene Pension für den Ruhestand erworben haben und diese überall, wo
er sich niederlassen möchte, sofort beziehen, als « in Alti r odi i' -ein fJesund-
hettszustand es ihm nicht weiter gestatten werden, den Ühliegeuheiteu »eine»
Bcrufä zu genügen.
Art. 10. Die kontrahierenden Teile versprechen dem gegenwärtigen Vertrage,
seinem ganzen Inhalte nach und ohne Einschränkung gemäß zu handeln, und
-<ill dieser Vertrag Sr. Königl. Majestät von Prcii[>( n /nr Ii -S ii un-
mittelbaren < teiiehmiguiiL: uixl Bestätigung niler dni iii t utlwilienen Bedingungen
eingereicht weiden. Uikundiich ist die.ser Kontrakt ernclitet und in dopjjelter
Ausfertigung vollzogen zu Berlin den sechsten und zu Paris den zwanzigsten
August Eintausend achthundert und neunzehn.«
[Fokfen die Vnieraeiariften.]
Abgcsst'licii davun, daß es für den Grafen Biiihl verletzend sein
mußte, daß er bei Al)fassuiig dieses Koutraklef,, {\on der König ge-
nehmigte, nicht zugezogen war, war der Wortlaut nur zu sehr zu will-
kürlichen Interpretationen geeignet, auch nicht ohne Widersprüche; denn
wenn Spontini nach § 3 gekalten war, »in die Anordnnngen der König-
lichen General-Intendantur der Schauspiele sich zn fügen , so war ihm
in § 1 die General-Oberaufsicht über das Musikwesen übertragen worden.
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252
Wilhelm Altmamt, Spontini an d«r Berimer Oper.
£he noch Graf Brülil offiziell von Sijontini's Ernt^nnung in Kenntnis ge-
setzt wurde, wunli' dicboni diuch Königliche Kabinetsordre vom 1. 8eji-
ti mber 1819 gestattet, daß die Oper Olympia als eins der alle drei Jahre
für die Berliner Bühne zu komponierenden zwei Werke unter der Be-
dingung gerechnet würde, daß solche um dieselbe Zoit wie in Paris hier
in Berlin anf^f^fi'iln t worden krmne; gleiclr/citi;; wurde iliiii eniffnet. daß
durch den kiuiii^lirluMi ( icsaiulten in \ea])i i die niitigen Kinleitungen ge-
tiutten werden Millliu, da mit das von ihm dort eingegangene Kniraireiiit^nt
autgehohen nnd im x lilitnmsten Falle die dadurch entstandt nen K(»Nt'*n
aus der königlichen Kasse geti'agen würden. Wieiler eine große Gunst-
bezeigung.
Als dann Graf Brühl durch di u Staatskauzier Für^vleu HaiiU iilit rsr
unterm 28. September 1819 tjudlich von Spontini's Ernennung benach-
richtigt worden war, machte er seinem l^nmut in einem Schreiben an den
König vom 8, Oktober Luft; darin sagt er unter anderem:
»Daß der SpdiifiTii tfjinz oline meine Mitwirktuirf nnirp«t»llt worden,
dal5 irh hei leötfiteiluug Heiner Dieustverhäituisse und Verptiichturig nicht
einmal meine Meinung habe aussprechen dürfen, da doch der eigentliche Ge-
flchäftsgang mir allein nur bekannt ist, daß die ganze Stadt bereits von
der Anstellung unterrichtet, sogar alle Bedingungen genau kannte, ehe mir
nur ein "Wink über die An.'*tellung selbst zuffekommen war, daß meiiu' Be-
kannten und die T^nter-OfHzianten mir alle Bj'tails schriftlich zukommen ließen
und ich erwidern mußte, ofüziell noch nicht das Mindeste zu wisüüu, daß bei
dem Kontrakte einea mir künftig Untergebenen nicht einmal xnm Schein mein
1) Unstreitig ist Oraf BrfihI einer der denkbar besten Lilendanten gewe«eiL Mit
vollem Recht schrieb er am 15. Fel»ruar 1820 an den Staatskan/l« r Hardenberg: -Ich
],:\]h' v*>n Jugend auf niicli niit 3Iusik und Gesunpf )n - i-/; . jn ich darf hin/u-
lliffen, ich bin sr-lhst ausübender Künstler ]trp\vesen. ich bin mit mehreren der
größten Meister uuseres Vaterlandeä bt-kanut gewo5<eu und hin ea noch. Ich habe die
muaikaliBclien Anstalten fast von fftaa Dentsehiand und m^ireren angrenzenden Imo^'
dern kennen gelernt nnd einen ']*■ il ilcr frri'ißten (iesangskünstler frülierer und jetziger
Zeit gehr»rt, inid wenn ich iHü Ii ki in «großer Komponist geworden, wie Herr
Spontini, so will i<-h in Beurteilung der Musik und des (iesanges ihm keinea»
Wegs nachstehen.
»Die hiesige Oper ist seit meiner Dienstfühning auf einen Standpunkt frekom-
men, auf dem sie nie yorber g'ewesen. Dies gesteben selbst meine Wider a< h' r
ein, ja c» wird tnir '■ogar der ungerechte Vorwurf gemacht, zu viel Fleiß auf
die Oper und duH Ballet und zu wenig auf dm recitierende Schauspiel gewandt zu
haben.« — Die zahllosen Briefe Brühl'* an das Theater -Pei"8ouaI, welche im Konzept
erhalten sindt «eigen eine seltene Sachkenntnis und eine äußerst humane und liebens-
würdige Gesinnung; mit der grr)Gt«-n Geduld nimmt er von den Wünschen seiner
l'ntergebenen . niligen diese Knllen-Streitigkeiten . Kostüm-Fragen oder (lehalts-
Aufljesserungen bftrettcn. Kenntnis und erteilt auch immer gleich Bescheid. Wäre
ihm nicht Si>uuiini aufgezwungen worden, so hätte er sicherlich die Berliner Oper
zur ersten des damaligen Europas gemacht.
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WiUteliii Altmann, Spontini u der Berliner Oper. 253
Na HU mit beiji^efiVrrt wurden, dies . . . maß mich hin in dae Innerste erachüttem
uiiii schmerzlich krünkeu.«
»Der Fttrst v. Hardenberg hat mich wiMen lassen, Ew. Königl. Majestät
hätten die Unterhandlungen mit dem Spontini nicht durch mich nibren lassen,
dn AJlerhöchöt Ihnen bekannt geworden, wie ich früher in DilFerenzen mit
ihm ef"^tniiden. Wer dies auch Vw. Kr»nigl. Majestät hinterbrficht haben mag
< — ich uiuÜ es ala ehrlicher Mann für unrichtig erkläi-en, und ilie abschriftlich
hier angebogene Korrespondenz zwischen mir und dem p. Spontini wird
meine Aussage betätigen.«
»Nicht leugnen darf ich. daß mir seine Anstellung nie wünschenswert er-
schienen, weil ich ihn für da.-* Köniirl. Thnnter zu kostpptflig und dafür nicht
uiitzlich genug hielt. Seine Musik konnte jederzeit für weit geringere Küsten
ans Paris Terschrieben werden ~ er Terstebt unsere Sprache nnd Litteratur
nicht, kiiiti daher nicht in derselben komponieren, ebenso wenig auch die
Details des Theater- und Orchester-Dienstes besorgen, li.if ^itli in Paris nie
mit t'iirontlirber Orchester-Direktion'^ abgrgplipn, und war mir an .fahre 1814
von duu Administrutcurs der großen Oper in Paxis für einen äußerst geld-
süchtigen, unthtttigen Menschen von boshaftem, falschem und hamisehem
Charakter geschildert worden.«
> Diese Ti runde vereinigt bewogen mich bei Ew. Königl. Majestät nicht
nnf «eine Aiihtellung anzutragen und nndere — wrnii auch nicht "o »rroPe
Kumponisteu, doch nützlichere Subjekte — zur Allerhöchsten Wahl vorzu-
schlugen , , .€
>Ich würde meine Unterhandlungen mit ihm gewiß zu Ew. Köniul. Mfgestät
mir so unentbehrlichen Zufriedenheit beendet, für meine Ehre als Chef manches
Kränkende nnd KniicririL'* i>dc vermieden nnd f?ir den Dienst manches Oute
haben bewirken können, wan »ich in dem vollzogenen Kontrakte nicht
findet. . . .«
>Zu N'ermeidung aller künftigen Verantwortlichkeit bin ich indeß dem
Königl. Dienste und meiner eigenen Beruhigung schuldig, hier ... zti be-
merken, d«H der aligeschloss^-fie Kontrakt auf t ine sn tnib.'«tiinnitc Art ab-
gefaßt ist, welche di« grüßte willkürliche Auslegung zulHüi, daher notwendig
zn Mißverstilndnissen Anlaß geben wird, nnd daß bei der großen Spannung,
w«dche durch die außerordentlich ▼orteilhafte Stellung des Spontini beim
Musik- und Opempersonale künftige Reibungen und selbst unangenehme Aus-
brüclu' nicht ganz vermieden werden können. Diese nach Möiflichkeit zu ver-
meiden und zu beiieitigeu boll zwar mein eifrigstes Bestreben seinj ob dies
aber stets gelingen möchte, wage ich nicht in hoffen bei dem leicht aufzu-
regenden, ungebundenen Q-emüte aller Künstler überhaupt und bei dem nach-
teiligen Gerüchte, welcfaee sich bereits allgemein über den Karakter des p.
1) Spoiititii int jcfif-nfuli-: doch ein rcclit trnter Diriprent prowesen; vergl. außer
R. Wagner's »Erinnerungen un Spoutini< 'Werke, Band üj noch folgende AuUerung
von B. Marx in der »Beriiner allgemeinen musikalischen Zeitung« Jahrgang 1824 S. SSO:
»Man sehe Herrn Spontini in seinen großen Opern — weiche MenBCh^maBse hat er
zu leiten, und wie leitet er sie! Man l>ecdiachte ihn und, wenn er sein an fzu führend es
Werk vor sich lictren «iehf —mit welcher Hcijpi'ätenm«r und mit welcher Vorbereitung
er nun seinen Komniandostab ergreiit und führt. Er ii«t ihm wahrlich nicht ein
mechanischer Taktmesser — in seinen HSnden thut er Wunderdinge . . . Wie teilt
sich nun aber seine Begeisterung auch dem gansen Peisonale mit . . .
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Wilhelm Altmann, Spontini «n der Berliner Oper.
Spoiitiiii veioreitet und neut-rlicli dunh liit* Siiii<;i'rin Catalani, mit wt-Uher
vr boim it^ilieiiisrhen Theater im Verliiiltnif? ire>taiiden hat, bestätigt ist. -
Auf ili('-~r Eingabe dt's firnfen Krüh). w»'lrh*'r iilniL'on^; in dioso' An-
jjrlri^ciihi it udcli pin irniu'i 1 CS Schreilx'n an drn .Staatssekn^tiir Fürsten
ll.u dcnlii lg richtete, uutwuitete Köllig iVit'diicL Willielm am 21. Ok-
tober 1S19:
»Ich verkcntie es nicht, daß Sit' foi tilsuiernd der (Teneral-Intendantur der
Schauspiele mit au<;estren<^ter A utim i k^.nnkeit vorstehen und den schwierifren
l'Uichtuu dieÄcü Amte» volles Genüge zu lei.st«*u stets bemübt gcweseu »iud.
Ich lasse Ihnen dieserhalb olle Gerechtigkeit widerfahren, aber eben deshalb
können Sie es auch nicht als ein Zeichen von Mißfallen oder Ungnade an-
sehen, wenn idi . inen län<;st als <inu7. vor/,ü<;lich anerkininten Virtuosen ohne
Ihre Zuziehun*! ! h;il>e] engagi<'ren lasssen, der liei Ihnen und bei den rtneirezeich-
utiten Mitifliedtiii de.s Orchesters nur eine •rünstige Aufnahme lindi u kann. -
b( nif rkt auf diesem Schreiben: »ad Acta, obgleich diese Ant-
wort zwar f:^nit»lig, n)»er iib<T den Hanptpunkt keineswetrs i:i nii£?rnd i^^t •
In einem sehr li<if li( ht n ScliiTibcn vom 24. Sept'-Miln i- batle
Spontini seine Krncnnung cb ni (7! ift*n l-irübl anLr> /eigt, d»'r dann nicht
minder höflich am t>. November (l.irauf erwiderte: in einem Schreiben
an den Fliigeladjutanten von W'itzlebeu aber beklagte sich Graf Brühl
doch über den Ton jener Anzeige:
^V.r ist '<elir höflich, aln r- mit dem itötiL'fii Stnl/o spricht er v»mi r^hiftnua
inten i<xiinlf.s etc.. nirgends ist nur die leise.ste Andeutung eine« ü ntergehencn
gegen seinen künftigen Obern zu finden. Spuutini hat Recht ich kann
ea ihm nicht yerdenken^ wenn er mich eeine Stellung fOhlen macht. . . .
>Homberg*8 Abgang ist, wenn es auf sein Direktions-Tajent ankömmt,
sehr leicJit zu very i' Ii ni crz e»i . allein ii!> ci-sfri- .iii-ülitiidi r Künstlm* «.'ieht
es in Kuropa nicht seiiiesf^leichen, uml wird nir^^ends gute Sensation machen,
WO er die Gründe aufsteUcu wird, welche ihn weggehen machen. Uhiuben
Sie . . man hätte Spontini noch 2000 Thaler mehr geben können, nur die
besondem Titel und Ausnahmen vom Dienste hätte man ihm nicht sugestehen
müssen 1<
In dem letzten Abschnitt dieses Briefes ist, wie wir sehen, von Born-
berg's Abgang die Hede. Dieser ausgezeichnete Violoncellist war auf
seinen Wunsch') vom Könige gegen Graf BruhFa Votuni seit deut
1,1 Bernli. RüiiTl>f r"/ hafte sich am IM). Dc/cinher IHl.') heim Kr.nit' direkt um dit.'
durch den TuJ Himiiu'i's erledigte KapelhneiHterstellc beworben uiui un demüclbcu
Tage dies attch dem Intendanten angexeifft, trohei er zugleich für den verstorlienen
Konzertmeister Schick Loui« Maurer empfulili'u hütt.'. Nicht unintereMant ist folgende
Stelle aus dein Uesuclio l{ombcr); s an den KTniij^; >l'nd da icli mit «bau darauf ruhen-
den (iebalt von zwt'itaustnil Tlialer nicht auskommen könnte, /cm;!! i<b nach dem
Tode uieineü Vaters», der auch dai. ülück halte, Ew. Majestiit /u dienen, uulier uteiuer
eigenen starken Familie noch meine betagte Mutter und meine kranke Schwester zu
versorgen habe, so ginge mein . . . Antrag noch dabin: £w. Majestät wollten alsdann
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Wilhelm Altmami, Spontini an d«r Berliner Oper.
2Ö5
19. April 1816 als Kapellmoister'l nn^fstellt gewesen und iiatte, bald
nachdem Spontini's An>t<'llunj^ Ifckannt gcworilt n wnr, fmi 20, Oktober
1819 um .seine Rntl;i>suni; ^cIh ton. mit der Motivierung, dali sidi durch
j« nt' seine DicnstA crliiiltni'^st' bedeutend verändert hätten. Obirleich ver-
suclit wiircU?, ilin /um Wcitcibleiben zu bewegen, ließ er sich ducli nicht
dazu bebtimmeu und schied dann bereits am 1. Dezember aus dem Dienste -],
bevor noch Spontini in BerUn erschienen war.
Mit Bücksieht auf die von ihm beabsichtigte Umarbeitung der 0|>er
»Olympia« wurde nämlich Spontini vom Kfmiij ijestattet, seinen Poston
erst am 15. ^lai 1H20 anzutreten. Tatsäcldich trat er ihn noch später
an, denn er kam erst am 27. ^hd nach Potsdam und Ta^s darauf nach
Berlin. Als seine Ankunft ziemlich feststand, hatte Graf Briihl dies«'
unterm ti. Mai der Musikdirektion der Königlichen Schauspiele mitge-
teilt und zugleich es für nötig gehalten, dabei wiederliolt dannif hinzu-
\vi i>en. Mlaß auch hinfUro in der Form der bisherigen Dienstvcrlialtnisse
duichaub nichts verändert sein wird und daß ich mich nach wie vor
der speziellen I^eitung aller musikalischen Angelegenheiten
beim Theater und der Königlichen Kapelle fortwährend unter-
ziehen werde. c Er war also nicht gesoiiüLU, sich das Heft aus der
Hand nelimeu zu lassen. Dies zeigt auch die Dienst-Instruktion, welche
er untenn 1. Juni in fiauzösischer Sprache für Spontini erließ und be-
reits am Tage vorher den übrigen Eapellmeistem in deutschem Wort-
laut zur Kenntnisnahme ttbermittelte. Sie lautet:
iTfriihfri, mir /u trlatiben, linrrli zwei Munate im Anfanpo oder zu Ende rh's "Winters
durcii auswärtige Konzerte nocii einiges zu verdienen, um so als honetter Mann lebcu
KU können.«
8) Br&hl hatte in seinem Outachten darauf hingewiesen, dnß H. R. unstreitig als
Violoneellist der K:i]>el)e ^u^ iH'x-listen Ehre gereichen würde, als Dirigent and Kom-
ponist aber ni<'ht bedeutend genug sei.
1 Auf Wunsch d< - Ki'tiigs wurde er uu Ige fordert, »dnn Tn-^trument. wt-lilu'. ^r
bisher mit so ausy^ezeieinieUT hoher Fertigkeit behandi'lt, aueh fernerhin im Kiinigl
Dienste nicht bei Seite zu legen sowohl bei Hofkouzerten ab bei andern öfleutliclieu
Muiiken«.
•J Romberg schrieb unter anderem noch an Graf Brühl unter «Kmii 28. Oktober
1819: »K» ist für niieii unumiräng]i<li nötig, meinen Gesundheitszustand wieder in
Ordnung zu brinj-cn. der, wie K'v Uocliwohlgebnren selbst wolil wi>*sen werden, durch
den Dienst des liieater» eben nniu gffr»rdcrt wird. Icli muß durchaus einige Ruhe
genieGen, um mich za einer Kunstreiac vorzubereiten, die der künftige Unterhalt
meiner Familie notwendig macht.« AIh Roinberg i»'' Enthi^sung erhielt, gal« ihm
der Intendant -die vollkommenste Zufriedenheit mit st-im-m FleiBe, seiner Thätigkeit
und «meinem guten Willen wtilirend seiner dreijältn<_'»'?i Dieustzeit« :ni iTkcnnen.
3i Vergleiche über diese »Musikdirektion« »ien Absatz vuu Artikel ii der Dienst-
Inatniktion für Spontini von 1820 .unten 8. 263).
s. d. t. M. IV, 1?
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256
Wilhelm Altmaim, äpontini an der Berliiier Oper!
Dieust-Iustruktiou für den Königlichen Iteu Kapellmeister
Herrn Spontini.
Du der Zeitpunkt eingetieten ist, wo HeiT Spontini ah erster Kapell-
meister und Oeneral'Mnsikdirektor seine FuneHon im KönigUdien Dienste an-
treten soll, achte ich es Ar sweckmißig und nfltilich, .denselben mit der
obwaltenden Stellung des KünigUchen Theat«8 und der Kapelle zu dem
Genernl-TiitendMiiti ii litkaMiit 7.\\ nifirlien.
Um sich geuiiuer in diese X erhiiltnisse linden zu können, wird dem Herrn
Spüutini ein Auszug der sowohl au die Muaikdirektion als auch an die König-
liche Kapelle früher ergangenen Gesetse, Verfügungen und Anordnungen zur
Nachricht und Tieachtung übergeben werden.
Zu dem all» i)iiir'M n's.«)rf dt s rioueral-Intendanten geliJtrt Nacbfo]i/('iid«'s :
1) Es kann keine Anstellung und (Tehaltsverbeeserung in der Kapelle oder
bei dem Opcrn-Persouale gemacht, und keine Zusicherung darüber gegeben
werden^ als durch den Genei«t>Intendanten selbst, welcher sowohl in artistischer
als finanzieller Hineicht für alles verantwurtlitb ist.
2^ Vnrf*chlä<re mn Si ifrn des General-Musikdirektor*' und drr übriiren
Kapellmeister werden mit Vergnügen augeuonunen und nach UniBtanden
berücksichtigt werden. Die Bestimmung der ni gebenden Opern und musika-
lischen AuDftthrungen h&ngt lediglich Toin General-bitendanten ab, doch wird
derselbe auch hierin gern den ihm zu machenden Vorschlägen < Jchör geben.
3) Dl«' Bosftzvniüf der Köllen in Opprn mul Schausj)ielen steht dein (I i iu i il-
Intendauten ganz allein zu, da der>elbe bich so viel musikalische KenntniÜe
zu erlangen gestrebt, um dies im generellen beuiteileu zu können.
4} Bei OperUf bei deren Anfftthrang der Komponist selbst gegenwirtig
ist, wird derselbe jedesmal bei der Rollenbesetzung zu Kate gezogen, und
dessen W'ünsilic vorzüglich beriii ksirliti<.'t. Dasselbe geschielit .ai« h lai denen
Opern von bes^underer Bedeutung, welche der jedesmal ernannte Urchester-
Direktor zu leiten hat.
5) Über die notwendige Anaabl der Opemproben erwartet der General-
intendant jedesmal das Gutachten desjenigen, welcher die Oper zu dirigieren
bat, ntid wird (Idn i nur die möglidaste iiht^amis an Zeit und Geldkosten
zu berücköielitigeu sein.
6; Jede Art von Befehl und Anordnung an die Königliche Kapelle kann
nur Tom General-Intendanten ausgehen, dagegen wird dem General-Musik-
direktor in Hinsicht auf die spezielle Ausrührung der Musik und der dazu
nJUi^ren A noi dnungen, im Orrbtsfir sowohl als auf dem TLeafor (wenn es
uiimiich die Musik sellist betrüi't, nie ein Uiudernis in den Weg gelegt werden.
Diejenigen Kün»>tler, welche bisher die Leitung aller musikalischen Auf-
führungen sowohl am Hofe, als in den KönigUcfaen Theatern und Konsert-
8iden übernommen, sind gemeinschaftlich tinter dem Namen der Mu^ikdiroktion
der Kiini'jHclien ScbaM-]'it I*' Ix ji-itTi n, und liesteht dit !M usikdirektion gegen-
wiirtig aus dem Ka])elhiieister W eber, Musikdirektor iSeidel und Schneider*].
Herr Spontini wird von nun an auf Allerhöchsten Befehl Sr. Majestät des
Königs als erster Kapellmeister und General-Musikdirektor den obersten Plate
in diesem Künstlerverein einnehmen.
Die Ye! Iii 11(11 iclikeiten des Herrn Sj)ontiui im KunigUclH'n Dienste sind
^ar größtenteils durch den von Sr. IMajestüt dem Könige genehmigten Kou-
i; Vergletohe fiber ihn weiter unten S. 284 A. 1.
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Wilhelm Altmaan, Spontini uk d«r fierliner Oper.
257
trakt slIioii l(■^tge^Htzt, doch scheint es uotwendig, dali der iiiitt i/i irhiiete
Geiieral-liitciidant sich über einzelne Punkte noch näher gegen den Herrn
Spontini erldftrt und denselben mit seinen Ansichten Ober den kflnftifien
Oesehäftegan^ bekannt mache.
T)rr %\ rx lu iitlii ln* kltMMct i' Dienst, ilit- Aul'.iiclit ii1>rr Tlic;i1< r-^rii>ik bei
'>rt l(j(lranien oder Schauspielen, da» Auttidirt'ii lici- klt-iiu ren Ojfern, d:is Auf-
schreiben und Einteilen der Kapelle, die ver-»cliiedeuen Dienstleistungen in
Berlin, Charlottenburg und Potsdam, sind den swei Mnsikdirektoreii und den
zwei Konzertmeistern übergeben, so daß diese vier Künstler wöchentlich nnter
sich flli\vt'( Iiscln.
Hi irii K ipellmeiHler Weber habe ich von diesem regelmäßigen Wnchen-
dienste Irei gesprochen, 80 wie Herr Generul-Muüikdirektür Spontini ea
schon dnrdi seinen Kontrakt ist.
In Hinsicht des Herrn Kapellmeister AVeber habe ich mir speziell vor-
behalten zu bestimmen, welche Opern Hrr-tllic in Person dirip-ieren wird, so
wie den übripcn ^litgliedern der ^rusikdirt-ktiou prleicbfalb von mir allein die
Bestimmung ssukümmt, wer von ihnen die neu einzutstudierendun Opern un-
lllhren soll.
Da ich seit dem Antritte meine-' Amtes die spezielle Oberleitung;, sowohl
am Hofe im Theater, aller niu'^ikalischen A nireleeenheiteii ohne Ausnahme
geführt habe und fernerhin iühren \V( nie. so habe ich mir notwendig die oben-
erwähnte Bestimmung über die verschiedeneu Opem-Auffdhrungen vorbehalten.
Herr General-Musikdirdrtor Spontini ist vermöge seines Kontraktes
niclit verbunden, ■ in Hinsicht auf die Direktion der Opern und Mu-iken ia
ein gleiches Verhältnis einzutreten, als die liier -^ehrirj anwe«enden Kaprll-
meister und Musikdirektoren, sondern es sind demselben nur seine eigene/»
Oper« zur speziellen Leitung überlassen. Sollte es ihm aber ungenehm sein,
die Proben und das Einstudieren fremder musikalischer Werke su übernehmen,
so werde ich ihm dieselben mit Yei^Ggettr übertragen, und erwarte deshalb
jedesmal seine nähere Erklärmiu".
Da sich dei*selbe in llinsiiUt aut dir T^eitnng seiner eiprenen Opern koTitrnkt-
mitßig vorbehalten hat, den !Musik.stab nicht selbst zu Iühren, so habe ich
EU diesem Zweck die beiden Konsertmeister Herrn MöserM und Seid-
1) Karl Moser freb. 24. Jan. 1774 zu Beriiu , ein aiisgezeichueler (ieiger, wurde
am 18. Juni 1791 als Kammermusiker angestellt, spielte öilen mit König Friedrich
Wilhelm n., der bekanntlieh ein tüchtiger Violoncellist gewef«n ist, Quartett, sah steh
aber wegen, aeine^ nicht einwandfreien Lehen^wandeh 1 al l L'i noiigt, ins Ausland zu
p»»lien: naeli Frieclrit Ii AVilli- Im- TT T(»de wurde ilini 'Iii' Itüekkelir nach Bprlin jjrestattet,
wo ihn der sehr inu^ikahselie l'rniz J^ouis Ferdinand in seine L'nij.'el»uii}; zog; nach der
Katastrophe von 1806 aber ging er wie viele andere Kammermusiker ms Ausland, bis er
1811 wieder in die KSni^iche Kapelle als Konisertmeister trat. Dardi seine Quartette
Abende und Sinfonic-Kon/erte machte er sich um die niusikalisehe Bildung der Ber-
liner «elir verdiii^f Am 8. Juni 1^22 wurde fr vom (Jraren Brühl /ntn T-^iter der
auf Spontinis Vorscidafr eirigenclitoten Liiten-ichtsschule für junge Violinisten der
Königlichen Kapelle ernannt. Am 5. Juli 182Ö enviehte er seine Ernennung zum
Musikdirektor, mußte aber erforderlichenCslli auch weiter als Konzertmeister fungieren.
Sein Khr^^eiz. Kapellmeister zu werden,, sdieiterte an Spontini s Widerstand, der ihn
iVrili. Ii al- !l> r sehr schätzte AI« er «ein öOjähriges Dienst-Jubiläum gefeiert
hatte, wurde üiiu <ler Titel >Kai>eliineis(( r» beigelegt, doch trat er bald daran! -l. äeptbr.
1842, in den liubestand. i 27. Jan. 1851.
17»
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258 Wübelm Altmami, Spoutioi au der Berliner Oper,
1er 'j bereits befehligt, dienes Geschäft jedesmal zu ttberuebmen, wenn eine Oper
des Herrn Spontini aufgeführt wird, so daß einer der KonxertmeiBter jedes-»
mal mit dt^r Violine vorspiele, dor andero alx-r iiarli der Bestinunang, welche
Uvn- S|i(ititlni in Hinsicht auf die verschiedenen Tempos geben wird, tak-
tieren soll.
Da ich jedesmal bei deu grüßen Proben aller uurzulühreudt^u Opt^ro »tlhst
gegenwärtig bin und die theatralischen Anordnungen in eigener Person über^
nehme, so fordere ich Herrn Spontini hierdurch auf, mir jedesmal, wenn
"Werke vnn «eiiier Konipo«itif>!i ifuil'. Hiln t wi rilm. oArv -iplr!i<*, welche er zu
leiten übernommen, seine \\ ünsche hIh i f^t eni^che Anordnujit^en und Stellunsf
der Chöre mitsuteilen, indem es mir zum bei^onderen Verfrnüj^en ;^ereidit, die
Ansichten ausgezeichneter Kttnstler über alle diese Gegenstände xu hören
und nach Gutbffinden auszuführen.
Herrn Kt'L'i-'^i'iiv llcf^eliort *''' icf vr,r'/iiL'Hi"!i dit« Ij itun^ der Oper und !d)»>r
theatralisch-scenischer Anordiumgen ül»er;s'el>en ; wenn ich daher nicht seihst
iu den Proben /^e^enwiirtij^ sein kann, no ist Uer8elbe von mir beaul'tragt,
alles Nötiire anxnordnen und sieh mit dem das Orchester dirigierenden Kapell-
meistt i (iili r Musikdirektor in \'erl)indnn_Lr zu setzen.
Montag, J^iensfaij ntid "Mittwdi-h Vormittair v«'n 12 I i- !» I'lu der
fTrenerul-Tntendant ^rewiiliniicli im Upernhause in dem 1 >irekt ton.Hzimmer zu
finden, wo der Entwurf zum wöchentlichen Kepertuire gemacht und die nötij^en
Proben fUr die gausse Woche nach den übrigen Verhültnissen des Theaters
fesfL'i'-rlzt werden.
Du zur Kröpftruns,' der Kosten die Oper nicht für ^irli :nlt in I.. ii lit. und
mehrere Schaiispielor zugleich Siinfier sind, so können nur uenieiiibchaftlichf
Beratungen zum Zweck führen, zumal so lange nur ein Theater iUi' große
und kleine Oper, f&r Trauenspiel, Lustspiel und Ballet benntst werden kann.
Bei allen diesen Beratungen ist die Könii,diche Musikdirektion und die Reg^e
als vorschlagend, der üeueral-lntendant aber als entscheidende Behörde an>
zusehen.
Die obere Leitung des neuen Sing-lnstitutes, welches ich gestiftet, und
SU dessen Vorsteherin und Lehrerin ich die ehemalige Kammersängerin
Dentoigelle Schmala*) Sr. M^estllt voiyeschlagen, habe ich mir gleichfalls selbst
1: Karl Autfust Si-idlor ^'ol>. 1778 wurde. H!ii-lid<'T)i er ln rrits von 1703-1806
der Königlichen Kapelle an^chrirt hutte, wohl vor all< ni. weil seine Frau, die aii>jre-.
zeichnete Sängerin Caroline Scidler- Wrauitzk>" en^jgierl werden sollte, als N«ch
folger Emst Scbick'n (f 10. Dez. 1815 am 1. Juni 1816 Konzertmeister, dirigierte aui'h
kleine Opern. er auf seinen Wuns< Ii 27. Mai 18:V> tlav».n dispensiert wurde. Er
war ein sehr tiieh1i'/er OeiL:<'r, war sclion aj^ •> j;iliri;r>'r Ktialie ölVctitlicli aufui-tn-tcn
und hatte nach M('>serf lCiitfernnn'_f in ileni (^»lartelle König t'riedrieii Wiiiielm» II.
die zweite N'ioliui- gespielt, f 27. Februar 1840,
2) Jonas Friedrich Beschort. geb. 1767, seit 179B am Königlichen National*
theaier in Berlin, ein nus^^ezrirlmetei- Don Juan, »ang seit 1818 nicht mehr. Buiuleru
wirk<<> nur imeli als Schauspieler und Ue'^iR-^i-ur Ms lS;i.S; ; ö, .lan 184«5.
3i Au<fuste Schmalz, ^'ebun-n 1771. san^' vorn.'lnulirh von ISIO- 1.S17 an <ler
Berliner Oper und wirkte dann bis IH^iU als Ucsungslchreriu neben Prof. lienelli.
Viel Vorteil hat die Oper von diesem Gesangs-Institut nicht gehabt; es wurde
]8;U) neu organisiert, in drei Klassea gegliedert und dem Kapellmeister G. A.
Schneider unterstellt. Er sollte mit den Schülern und Schülerinnen mogUchot alle
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Wilheha Altmann, Spontim an der Berliner Oper.
259
Yorbehnltt'ii, und Labe ln-rcits begonnen, von Zeit zu Zeit mit den jungeu
Schülerinnen in Gegenwart des Personals der Musikdirektion Präfungen an-
snstelleii.
Herr General*Mu8ikdirektor Spontini als entea Mi%lied dieser Musik»
dircktion wird voti mir jedcsniul j.deicbtalls dazu einifeladen werden, mii ««t^in
Gutachten über tleu l''ort<:an<j: desselben abgeben uu küuuoni so wie es tieui
General-Intendanten überhaupt in allen Fällen nun besouderen Vergnügen
gereichen wird, die ansgezeichneten Kanstansichten und Aatsdiläge eines
Künstlers wie des Herrn Spontini su hören nnd jedesmal, wo es anwendbar,
ssn benutzen«.
Jeder billig Denkende wird zugeben müssen, daß diese vom Grafen
Brühl erlassene Dienst-Instroktion durchaus geeignet war, die Grenzen der
Wirksamkeit Spontini^s anderen, namentlich Brühl selbst gegenüber fest-
zustellen. Auf dem Boden dieser Instruktion war ein gedeihliches
Zusammenarbeiten für alle Teile möglich.
Als Spontini sein Amt dann antrat, machte er gleich ((). Juni! Vor-
schläge, die Orchester-MitgliediT anders zu placieroti und den Orchester-
Raum zu ver:n<")!k'm, wobei ihm Graf TMihl möglichst nachgab. Allein
bald kamen Mißverständnisse, die schlieBlieh zu ofleneii Streitigkeiten
ausarteten. Als am 25. Oktober das Wocheu-Kepertoir (es ward, ii da-
mals in der Regel nur zwei Opern wüchentlii Ii '' geben) festgestellt
werden sollte, nannte Spontini den Bridilschen Vuisclilag »parfaifi nwiit
räliade^ und lieÜ sich dann noch hinreilJen, die ganze \'e'rwaltinig Brühl s
aufs heftigste air/ngrcifrii. Dtuiiit iioeli niclit genug, sclin'fb er, nachdem
Graf Brühl ilim gegeniilH r den \ Oi^'csetzten herausgekehrt hatte, am
1'2. November an ihn eiueii Ikk IisI uuL^czogenen liiit-i ' .
Der Graf berichtete daiLiber uakr 25. November an den Fliigt l-
Adjutauten Generalmajor von Witzleben, Spontiuis spezitlkn Gönner.
Auh diesem Schreiben seien hier folgende wichtige Stellen augeführt:
»Im übrigen tnugt Spontinrs Charakter durchaus nicht dazu, ihm einen
admini str ütiven (Jeschiit'tskrei'» nlletn y.n übertragen! Dazu gehört erstens
eine vieljölirige Kenutuiä der Individuen, zweiieuä groiie Kahe, welche er
gar nicht hat, und drittens Kenntnis der Sprache, weldie ihm dorehans
abgeht. Ohne ihm auch nur einen Fehler mehr anzudichten, als er deren
hat, sind diejenigen, welclie ullen Menschen, welche ihn im Gesebäft be-
obachten können, bemerkend aufgefallen, scbon hinlänglich, nm peine L'ntaug-
lichkeit dazu zu beweisen. £r ist höchst leideuachattlich, verliert in der
zwei Monate eine größere und aUe Monate eine kleinere Oper einstudieren. Seit dem
1. November 1902 besteht wieucr < int 'Uiuliche Einrichtung an der Beriiner Huf-Oper.
1' Darin sagt er n a : « .V'- in'cnrisaycx pas moi • vu'nic comme im sHl>'>r<l'innc
(fi' plti^ de Fotre jiuissanee, car jr ne suis uiiUrnicnt pas vi pnr mn j>i rsnnni ni par
nion caracürc ni par ntoii contrat ni par mon Uüenl, qttoi«£tu- par mu place je mc
irouve wmgin» dmw U departanentf wu» est eoitfiit «naw htm dam toui auire
numüre que soiw ne paraistez craire o» que rtm vom dmbmiex^*
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260
Wilhelm Altmano, Spoutmi au der Beiliuer Oper.
Leidentschaft aUea Hafl und Ziel, erianbt ^di «Udantt AusdrOcke, welche
kein Mann Ton Ehre dulden kann, und glaubt alles mit seiner natürlichen
Heftigkeit entschuldigen zu könneu. Er ist Löclist mißtrauisch und zugleich
liötlist IciclittrlHnhinr und läßt sich von jedpm Meuscheu beschwatzen, der
seiner Eitelkeit Hchmeichelt; daher umschwärmeu ihu auch eine Menge hüchst
unzuverlässiger Menschen, deren SpielbaU er wird. Sein Stolz und seine
£itelkeit haben den hdchaten Grad des LSdterÜchen erreicht^ und diese
Leidenschaft zumal unter dem ungenonimenen Scheine der Bescheidenheit
leitet od*^r viflmchr voHfitft alle seine Schritte und Handlungen. Seine
Schwäche und Churakterlosigkeit thun das ihrige dazu, am ihu wie einen
Ball auf- und abzutreiben und machen, daß er »ieh und andere alle Augen-
blicke kompromittiert . . .
»Ich hatte früher den König noch um einen Kapellmeister dringend
crehpffTi'^ wtil mir ein tüchtii'ei" Orclif^terftthrer lehlte, indem AVeher-
kränklich, Homberg 'j nicht geübt und iSchueider^j noch nicht angestellt war.
Ich wünschte einen deutscheu, der Sprache mächtigen, in der Anftthrung
sehr geftbteu Mann au haben, wie Maria Weber, Weigl, Lind-
paitner ete., einen 3Iaun, der in das gewöhnliche, thätige, aber subordinierte
Vorhnitni'' eines gewöhiilidien Kape]]iru'i>h r< eint i ctcn uini m) nützlich werden
Jiätte können. Der König hat es vorgezogen, einen berühmten Komponisten
zu eugug leren, und ich mußte mich pÜichtBchuldigst dieser Anordnung fügen.
£r hat ihm Titel und Vorrechte augestanden, welche dem Gkschaftsleben
hinderlich sind . . . AVas sein Kontrakt besagt, muB ihm freilidii werden; was
nhiT !>irht wörtlli li tbtrin trenjinJit i«t. muß mir zu b(>t!min«Mi überlassen
bleilieu, und hierin muß er mir subordiniert s»ein — - wenn er mir gleich
neuerlich den Gehorsam schriftlich aufgekündigt hat.*
Am "iC). Nnvombi'i- ls2<) wandto sich Graf Hriilil <]:iun lux li Hesehwerde
füliri iul iliickt an <.U'n Kiinig, arbeitotc auch ein liingcrt s ( i utacliton übor
die Verplliciitunsfon und Dionst-VorhiiltnisKo pjnfs orslen l\;(jH'lliii<';-t<T>
am. Anfang Dl/oihIk i' aber wutileu alle Milihelligkeiten wenigstens vur-
liliilig (Imcli Vorinitt« hing des Herzogs Karl von Meeklenburg beigeleiiTt.
Eä war dies auch uiu so notwendiger, als für den AiifaiiLr 'b s .lalii*es
1821 der Besuch des russischen Tbrouiul;;i r.> Nikulaii.> mit Ui ni.ilniu l»evor-
stand und deshalb ein Festspiel >Ijulla Rookli« (nach Thomas Moore^
vorbereitet wurde, zu dem Spontini die erforderliche Musik liefern sollte.
Kaum war aber die erste Aufführung dieses Festspiels am 27. Januar 1821
vorüber, als die auf den 5. März angesetzte Inscenesetzung der »Olympia«
alle Kräfte der Königlichen Oper in Anspruch nahm.
Zu dem festgestellten Termine konnte die erste Auffuhrung der
»Oljrmttta« aber doch nicht stattfinden, da Spontini mit der UmarbeitUDg
des dritten Aktes gar nicht fertigt) werden konnte. Trotzdem suchte er
1) Vergleielie hierzu iilien S. 24»» t. 2' Verpfleu iie oben S. 24<i A. 2.
3) Vergleiche oben S. 2ö5 A. 1. 4j Vergleiche unten 8. 284 A. 1.
5) Bs beweist dies unter anderem aoch folgender Brief E. T. A. Hoffmann\
welcher di«> deiitsehc Bearbeitung de» Textes von Dieulafoi und Brifenx lieferte,
vom 19. Januar 1821 an den Grafen Brühl:
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Wilhelm Altmann, Spontini an der Berliner Oper.
261
die Schuld an der Yeizögenin; auf Graf Brfihl zu wälzen; dieser suchte
sich in einer Eingabe an deii König zu verteidigen, erhielt aber von
ihm am 28. Februar folgenden Bescheid: »Da Ich Omen die Schuld
der veizögerten Aufführung der Oper Olympia nicht beigemessen und
Ihre Bechtfertigung nicht erfordert habe, so ist mir Ihre Eingabe vom
25. d. M. sehr befremdend gewesen, und Ich finde mich nicht veranlaßt,
darauf einen besonderen BescbluU zu fassen.«
Die Olympia-Angelegenheit, über welche auch zwischen Brühl und
8pontini t ine endlose Korrespondenz geführt wurde, veranlrintp auch
Brühl wieder zu einem Her/.enserguß gegei) " ! ti königlichen Flügel-
Adjutanten von Witzleben am 27. Februar lö^i; darin sagt er unter
anderem:
»Icli hin nicht gewohnt meinen König zn hintergehen und würde es nur
für eine Sünde achten, ihn um sein Vergnügen zu hetrügeu.
Da ich nun weiß, dali er die Spontini nche Musik sehr lieht und 01ym]>ia
mit Ungeduld erwartet, so wäre e» schlecht gewe^eu, nicht aus uUcn
Krilften cum Oelingen beisutragen . . .
»Sie wünschen, geehrter Herr GrenerftI, ein ruhiges friedliches Ver-
hältnis zwii^cbeu mir und Spontini, und wer wünscht es mehr als ich? denn
Krieg auf Erden ist nicht moino TiO^iinsr. auch hin ich diesmal nicht der
angreifende Teil. Wo soll aber nur einiges Vertrauen herkommen,
wenn ich erfahre, daß hinter meinem Bücken in Paris TTnterhandlungen
mit dem BolletmetBter Aumer angeknüpft werden, daß ihm Spontini An-
träge macht«
Endlich am 14. Mai ging dann, nachdem 42 zum Teil schier endlose
Proben stattgefunden hatten, »Olympia« in musterhafter Weise in Scene
und zwar mit ungeheurem Erfolg, während das Werk bei seiner Pariser
ersten Aufführung, die doch schon entgegen der ursprünglichen Ab-
machung am lo. Dezember 1819 erfolgt war, nicht recht gefallen hatte;
allerdings hatte die Oper damals noch eine andere Ph^ognomie, nament-
lich einen anderen Schluß.
Aber was war der Erfolg der Olympia gegen den des »Fi rischiitz«,
der bald darauf am 18. Juni 1821 zum ersten Male im Berliner Opem-
hauso gegeben wurde! Für die Weber'sche ^fusik zeigte Spontini frei-
lich kein Verständnis. »Der Gedanke war ihm unerträglich, neben seiner
»Endlich nachdem mir Spontini die Partitur de« dritten Akts brockenweiBe ond
das letste Stuck davon erst in dieser Woche zukommen lassen, bin ich im Stande Ew.
Hochgeboren die vollständige Ubersetzung der Oper Olimpia in ib r Aiiluf^'f ganz ei-
gcbcnst zu überreichen. Es war in der Tliat <=ir!e in!ih'»elijre. etwas trostlose Arbeit;
indessen rechne ich ea mir zum Verdienst an; daß keine einzige Note in der Partitur
Teründert, die muiikalischen Acceote und Rhythmen auf das strengate beohachtet, ja
sogar meisientdls die AasonamEen des Originak beibehalteii oder durch noch voll-
tönendere ersetzt worden sind. £w. Hochgeboren Güte und Diskretion fiberlasse ich
ganz die Bestimmnng des mir etwa aozaweisenden Honorars. . . .«
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202
AVillielni Altniana, Spoutiui au der BerUuer Oper.
Kunet eine andere, gleich große dulden zu müssen. Und da er Weber^s
Musik mit eigenen Kunsttaten nicht bekämpfen konnte, versuchte er es
mit außerkUnsÜerischen Mitteln.« Natürlich kam er dadurch, wie irir
jiehen werden, in neue Konflikte mit dem Grafen Brühl, der ein leiden-
scliaftlicljer Yerehror AVober's war.
Kontraktmäßig sollt»' Spontini alle drei Jalu t /,\v( i LToße Opern liefern;
da ihm die Neubearbeitung der »Olympia« als ein eigenes Werk ange-
rechnet worden, war es für ihn höchste Zeit, sich an die zweite Oper zu
machen. T'ber seine Pläne hierülier unterrichtet uns sein Brief an den
Grafen Brühl vom 28. Juni 1821; es heiüt darin unter anderem:
.... <Jr m^nuprrste de Vuus infamUTj Monnieitr h Cmtttr^ f{uc Mr. Jtoff-
Vidim a hicii roidti rftu.sciifir ä itrarrmufcr Ir poriiif dr Milton^] rotinnr jr
fif.s-iir rt a }> jii' ftrr tont rn rrrs^ r/iais il dcxirr d' ij i'tn inritr par nur Irttrr,
dr ]'omf<e <pii tue paroii fort ronvctuiblc d Juatt j Ji Vouspro pni couist quciUy
Motmpur h Comte, de vouhir hicn la tut adrr^ser h phts promptemmt po»-
aibl^y apii (fur nous puisaions a rinstant nOUS wctin nu IroraH.
<Jr n^tiddir pas . . ., (jue Vtfus jH^fitr-, jno/nis dfs obsrrnifiom ff drs notfs
stir h poii/ir Snpho,jf (es irrl/intf mrr inMatiie ir niomcnt dr Votrc
loüir, a/in de produin^ saus plan JtesUi/ f des motifs qui tm fonc/U de imomcr
tt ret opera,
*En meme teni» il ext inipnrtnut pour moi ^aprex Irs fertne.^ dr mon
cmilrat^ qtie Vous vir disüx offififUniit itt pur crit . . .. si Vous rouh : rt si
l'ous fiit'x pour nioffrir le jHtünr du srmuff yiaud Optra tpir je dois rofitposrr
i t fuirc nprest nlrr tri datis k trrinc pns< iit^ nu si jr dois moi meine me Ic
proeureTf attettdu ipi< U» ouvrages (pv jr prrpnrr pour cet hiver »ont rotnpris
dans une autrt eathegorie prrjseriie dan» nieme eonirat royal ...»
Aus des Grafen Brühl Antwort vom 21. Juli 1821 mögen hier folgende
Stellen Platz finden:
<Lc sujet de Sapplto est m ytiteral fort diffinlr d iroitrr stur la sernCf
aourtout pour un ffraftd ojirra, mai» si Vom croip \, Momieur, ij Irouver de
l'rtofp' pour l'otrr uinsitiur^ je Vous projmsc dr pnttdre A» principaux moHf»
dr la frnqi'dir dr Mr (J r ill pn r ' > r d Vinuir rf d\ /i fairr arraiigrr iin oprra ou
par Mr Korrff ou par qurlqu untre pnt tr d<mt nous pourrionj< rurorr i-e/un tur.
tJc Votus asmrc au resie^ que je uroceujM' dcjä depuis longtcms aicc le
pim grand x$le ä Vom froitver im bon »ujei d'opera, si Voua m vowkx pas
eu ehoisir un partni cem, qWon Vou» a proposr ä Pom, et fesperCy petidaaf
nur Vous fraraillei avrcMrHoffniauu u votrr Miltou, pouroir rrmpllr mon
rnr/o(/riiirtit rnnrs Vous. l^ous ue desirrx pas /'ouiposer Voprra^ que Mtid.
Milder^] nroit demaudv ä Mr. de Fouque ni rotrr nout? ...»
Um den ewigen Kompetenz-Streit inkeiten zwischen Graf Brühl und
Spontini vorzubeugen und den Kontrakt von 1819 zu ergänzen, liatte
1) l^[Kmthit hatte bereit* 1804 eine einaktige Oper »Milton« komponiert, die am
27. Novemher 1804 in Paris mid 1808 in Berlin — hier ohne Erfolg — gegeben wofw
den war.
2] Die bekanutc Süngerin Anna Milder-Hauptmaun.
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Wilhelm Altmann, Spontini an der Berliner Oper.
263
König Priedrich Wiliiclin eine Instruktion ausaiht itt n lassen, die er am
2ß. September 1821 iuihiizieren ließ. Ich teile dieselbe in ihrem vullen
Woitluut mit, da sie nur zum ^j'oringsten Teile bisher in dem Büchlein
von C. Robert, Gasparo Luigi Pacifico Spontini (Berlin 1883) ge-
druckt ist:
Instrulctioa betreffend die amtlichen VerhRltniBSe des General-
Mueik-Direktor» Spontini.
§ 1. Die Dienst-Oldiegenheitcn ond BefiiL^iii--! (l.'s T;, in ral-Mnsik-Direk-
tors Spontini bri rlt n TlM ;i*. t n lialirn 7.n^u ( i. u< ii-lande: die spf»?,iont' Anf-
wiclit und jjeitung fler (j[M i mi<l dt r «oustigen musikalischeu Auftüiiruugen
und Leistuiigeu, das Openi-l'trsuiial, den Theater-Chur, die Kapelle, die
Theater-Gesangschiile ') und das Ballet, insoweit es bei den Opern zur Anwen-
dung kommt. Kr ist l)ol'u«^t und verjiflichtet in Beziehung auf nelhige teils
unmittell)ar teils in VerbinchiTiir mit di-i- (jeneral-lntendsuif ur und mit dfr
nnzuordix iidrn lif*«onderen Musik-J )ireklion 2; alles dasjenige einzuleiten und
festzusetzeu, wodurch die möglichste Vollkummeuheit der ütfentlicheu Dar-
stellungen und Leistungen befördert werden »kann.
§ 2. Zur unmittelbaren und auBBcbließlichen Besorgung
des seihen !.'t ]ir.r» n
l'i in Bezieliung aut die Von- teil untren von Uperu und andern Gcsangstücken
aj die Verteilung der (iesangpaili*:aj
b} die Anordnung und Leitung der Proben,
c) die Bestimmung wegen etwaniger Auslassung effektloser und £in>
legung fremder Gesjui^si ii< l^c,
d, die ^icenif<chen AnorfliinnL,'eii, insofern der Effekt der Musik davon nb-
hiingig ist, welche der Regisseur nach den Anweisungen des pp, Spon-
tini und des leitenden Musik-Direkton aussufttbren Tetpfllchtet ist und.
denen das untergeordnete Personal, als ^laschinisten, Garderobiers,
Dekorateurs etc. die genaueste Folge zu l.i^tfii hrit,
e) die Bestimmung' über die Direktion bei den Aufführungeu und X'rohcu,
insofern er sie nicht selbst id)eniimmt,
f) die Sorge fttr das Doublieren dw Beseteung der Hauptpartien xur
^'i imeidung der Abangung angekündigter Stücke.
2) in lit /.iehung auf den Theaterchnr
a) die Aufsicht auf di iisrlbeu und -»eine Ati^bilduiij.; im allgemeinen,
h} die Prüfung (ies Tal<;uu und die Auswald der uuzustellenden Subjekte,
c) die Beurteilung der (Qualifikation denjenigen LidiTiduen, welche auB
dem Chore zur Klasse der Tbeateraänger und Sängerinnen befördert
zu werden wünschen.
Hj in Rcziohnntr «uf das Orchester
a; die zweckmiiÜige Benutzung seiner Älitglieder nach ihren individuellen
Eigenschaften und den Erfordernissen der zu gebenden einzelnen Vor-
stellungen,
b'i die Prüfung und Auswahl der anzustellenden neuen Mitglieder.
4) iu Beziehung aui die Theater-Ueaaugschule
1) Yetgleiche oben S. 868 A, 3.
2) Vergleidie oben S. 268 und § 4/6, sowie auch % 9 dieser Instruktion von 1821.
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264
Wilhelm Altmauu, Sponiini au der Berliuer Oper.
a) die Aufsicht auf die TJntemclite -Methode and die Bozge f&r deren
Zweckmäßigkeit ,
b) die Bestimmung der in solche uufziinehmenden Jungen, mehrerer Aue-
hildung bedürftigen und fähigen Thentt r-Sänirerinnen,
c) die Prüfung der Fähigkeiten derjeuijjeu jungen Personen, welche mit
der Absicht, sich dem Dienste des Theaters künftig zu widmen, die
Aufnahme in die Gesangschule nachsuchen oder dazu vorgeschlagen
werden.
§ Dif Annahme von neuen Subjekten, die Entfernung von nicht
melu* braucivbareu, die l rlaubs-Krteiiungeu, die G ehalt«- Verbeeiiseruugeu, die
Zulassung zu Gastrollen und zu Produktionen mit Instrument<al-Mttsik vw-
bleiben im allgemeinen der General-Intendantur. Die Konkurrenz
des General-Musik-Direktorö ist Jedoch notwendig
1) in Hinsicht auf das Personal der Oper
a] bei Prüfung und den höheren Orts zu machenden Verurteilungen auf
Anstellung neuer Subjekte,
b) bei den TorsehlSgen der mit Ablauf ihrer Kontraktzeit beizubehalten-
den oder zu entlassenden Siinger und Sängerinnen,
Ol bei den etwanigeu Atitriigen auf lebeuswieri^'es Kngngement und
dj bei den Urlaube-Erteilungen bebouderü in Beziehung auf den Anfang
und die Dauer der TJrlaubszeit, insofern darüber nidat kontraktmäßige
Bestimmungen vorhanden sind, damit die Oper zu keiner Zeit von dem
notwendigen Personal xmgebührlich entblößt werde.
2} in Hinsicht auf den Chor bei den Vgrschlägeu , um das Bediirfuis an
männliclien und weiblichen Stimmen zu befriedigen und zur etwunigen
Vermehrung oder Verminderung derselben und zur Entlassung und Ersatz
der nicht brauchbaren Individuen.
3) in Hinsicht auf das Orche!*ter bei d<»n Vorschl&gen
ft/ zu dessfMi \'( 1 Uesserung Uberhaupt,
b; zu Kutfernung der nicht brauchbaren Mitglieder,
c; ZU GehaUs-ErhÖhungen für sich vorteilhaft auszeichnende und
d) bei Prüfung über die ZulSssigkeit der TJrlaubs-Gesuche.
4) In Beziehung auf die zu (rastrollen sich unein geladen einßndendcn Siinger
und Sängerinne!) o)in«> Kuf tritt seine Konkurrenz dadurch ein, daß er
a) ihre Talente und Kunsttertigkeit zu prüfen,
b) die ihnen eventuell anzuvertrauenden Gebangspartien zu bestimmen und
c) die ihnen zu bewilligende Remuneration zu begutachten hat;
5; in Beziehung auf die sich zu (rastrollen im voraus meldenden oder einzu-
ladeuden oder auf kurze Zi 'it /n engagirenden fremden Sänger und Sän-
gerinnen von Kuf dadurch, daß er
a) an den Unterhandlungen der General»Intendantur teilnimmt, auch
b) berechtigt ist^ deshalb selbst Vorschläge zu machen und daß er
• 6) in Ansehung der fremden Musiker, welche sich auf ihren Instrumenten
im Theater hören lassen wnlb'n,
a) die Beurteilung ilires künstlerischen Werts und
b) die Schätzung des ihnen eventuell zuzugestehenden Honorars zu be-
wirken hat.
Die (leueral-Intendantur wird daher in den vorgedachteu Fidlen
ohne Zu /ii Illing des (i enera 1-Mu s i k- J) i rek to rs keine Vorschläge
zur Abschließuug oder Verlängerung von Engagements -Kontrakten machen,
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«
Wilhelm Altmum, Sj^ntini an der Berliiur Oper. 265
zu keinen Entlnp^iinrren, T'rliiubs-Bewilligimgen , BeftirtltTungen unil Vor-
besi^erungs-Antriigen, Annahme anf kiirzfrp Zeit, (T;t>trnl!cn-Krteilnntrfn unil
Zuluüäuug von fremdeu Musikern sclireitcu, ohue darüber die Meinung dea
General-'Muflik-DirektorB Temommen und sich mit demselben darfiber ge-
eini^'t /.n liubeu. Selbige ist verbunden, allen Yorächlägen ■ dea General-
Musik-Direktors besonflerc Aufmerksamkeit zu widmen und zu ihrer Aus-
rührnnj; die Hände zu liittt-n, insofern nicht ül»er\vie«.'»'nde Gründe und
besonders der Kassen-Zustaud ein Anderes uuiwcudig macheu.
Blofie Znrlick]ei?ung der VorseUlige ohne n&here Erwägung, Kommuni»
kation nnd Erledigung auf eine oder andere Weiee darf in keinem Falle
Ptattfiuden. Ist eine Einigung awischen der (teneral-Intendantur und dem
(ieneral-Musik-Direktor nicht zustande zu 1)rin2ren, eo ist die Sache zur Ent-
scheid uug des Füräteu Stuatskauzler zu lieiurderu.
§4. Dem General^MuBik-Direktor soll eine besondere tfnaik-Direk-
tion*) beigeordnet werden, welche aus sämtlichen jedesmaligen aktiven Kapell-
meistern, Musik-Direktoren , Konzertmeistern und einem von Seiten der
(reneral-Inteudantur zu ernennenden Itegisseur unter dem Vnrsit/.o und der
Leitung des CJeueral-Musik-Direkturs zu konstituieren ist. lusoferu bei den
zur Erörterung dieser Direktion kommenden Gegenständen das Ballet in
irgend einer Art konkarriert, ist zu den desfalsigen Beratungen ein Ballet-
mei^iter — dem in diesem Falle Eine Stimme zukommt — zuzuziehen.
5. Es soll zu den Obliegenheiten dieser Musik-Direktion
vorzüglich gehören:
mit dem General-Musik-Direktor za prUfen und sn bestimmen, weldie
Singstficke sich zur Aufnahme auf das allgemeine Bepertorium eig-
nen ; ferner
die von dem (Jencral-ATusik-Direktor ausjrehpnden Vorerhläge mit dem-
selben vor der Bctörderuug au die (Jeneral-lntendantur zu beraten.
§ 6. Findet dabei eine Verschiedenheit der Meinungen statt, so ent-
scheidet die Stimmen-Mehrheit. Dem General-Musik-Dirfktor sollen jedoch
zwei Stimmen zustehen, und im Falle der Stimmengleichheit soll derjenigen
Meintiiiir, für welche sich derselbe entscheidet, Vorm^ irebühren. Die ,
Beschlüsse der Musik-Direktion sind demnächst in i'ro-Memorieu im Namen
derselben zu fassen und durch den General-Musik-Direktor an die General-
Intendantnr zur gedachten weiteren Prüfung und Verfügung zu befördern.
§ 7. Alles, was die (Ökonomie betrifft, bleibt dem Ressort der
CTcnernl-l II t t inlantur vorbehalten. Inde^^eii darf dieselbe die AuschafTung
von Paitituren, welche von dem General -Musik- Direktor und der Musik-
Direktion zur Beurteilung und Auswahl der auf das Repertorium zu
bringenden Stücke verlangt werden, nicht versagen nnd ebenso wenig auf
den Ankauf anderer als solcher neuer Kompositionen eingehen, deren Wert
und Xützlirhkoit filr <l;i-? Theater von leiten der Musik- Direktion geprüft
und unerkannt worden. •
§ 8. In Abaidkt der eignen zur Aufführung kommenden Kompo-
sitionen des General-Musik-DirektoTS Spontini soll das Urteil, wie deren
Effekt am besten zu befördern, demselben gänzlich tiberlassen sein. Den
von ihm in dieser Beziehung angegebenen Erfordernissen und Anordnungen
ist drenüge zu leisten, vorausgesetzt, daß, wie zu erwarten ist, die verlangten
1) Vergleiche auch oben S. 263 A. 8.
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266
Wilbeim Aitmann, Spontmi ah der Berliner Oper.
Verwendungen ilio Kräfte des Theateifouds nicht übersteigen und nidlt
außer Verhältnis mit den Ton der Aufführung der betreffenden Werlte 2U
erwartenden Vortt-ilen sind.
}? \K Da l>ei dem Liej*if^en TliPütcr zwei ieststj'hendo Taj^o, nriniHch
Mtaitag^) uml i'reitug, in jeder ^\ Uche zur AulTührung von (itsang^tiukeu
hiermit bestimmt werden, so muij die ^Musik-) Direktion zu deren Aub-
fttllung wdchentiieh einen sweifachen Vorschlag bei der GeneraUIntendAntar
vorle^fon, und lofztere hat zvk bestimmen, welche von den vorge.-eldagenen
8tiirkL'ii XII r AnfHilirung kommen und auf das wöchentliche fiepertorium ge*
braclit werden sollen.
In Absicht der auf diese W eise lür die AVoche beatiuuuten Stücke darf
nur in Fällen absoluter Unmöglichkeit der Aufführung ein« Abändemng ge~
troffen werden.
Die P.ciii tciliiiiu' d»T Notwendigkeit ein« r A1i\\ " irlmiiL.' in 'i tzt» i <>m Kalle
und die iies-tiuimung der in demselben zu 8ull^lltui^^eliden fstücko, welche
ebenfalls Musikstücke sein müssen, steht dem Geueral-Musik-Direktor xn.
Die Bekanntmachung der Abänderungen ist dagegen von Seiten der
General-Intendantur zn bewirken.
Ditnilt «lif IMusik-Dn i lc1 ion in den Stand gesetzt werde, bei den Vor-
schlägen wegen der aufzuführenden Stücke das Interesse der Kasse zu be-
rücksichtigen und die weniger besuchten Stücke entweder Beltener oder, in-
sofern es möglich ist, mit Verbesnerungen, h(«onders in Absicht der Besetzung,
welche sie dem l'ublikum angenehm « r niacben können, auf die Bühne zu
liririireüj hat die -i ikt.iI-I iifendantur die Verfügung zu ti'tTcn. (i.iC ihiselben
von der Kasse monatli(;iu' Nachweisuiigeu vuu dtiu Krtrügeu der uulgelührteu
(Jesangstücke vorgelegt werden.
Die etwa snm Besten der Theater-Kasse zu gebenden Konserte können
noch außer den 2 Operntjigen stattfinden. Die deshalb zu machenden Vw>-
schlütre ijclii'iren lÜr die !M n -tk-Direkt i' itt. sn^vil ilir liuf r>-tT<-iidi-n ^pc/iellen
Anordnungen in .Absicht der in den ivonzerten aultretemieii und initAurken-
den Musiker, Sänger und Sängerinnen der zu exekutiirenden Stücke und
der Proben von dem General-Musik-Direktor abhängen.
§ 10. J)er C. II. l al-Musik-Direktor soll endlich das Keoht haben, dem
nnrb (]t"tn ^'^vI•^■t^•l^enden ihni iiiiinntergeordneteu Personal Zureclitweisungen
zu erteilen. Hei Vergehungen, auf welche bestimmte Straten fjesetzt sind,
kann derselbe diese gegen die Schuldigen unter MitvoUziehung des (Jeneral-
Intendanten verhängen. Beide gemeinschaftlich können nur, wenn besondere
Umstände solches rechtfertigen, die Erlassung derselben bewilligen.
T?ii Vergebiin^f^n. welche eine schwere luißerordentlichf Alin'hnvcr ver-
ilii'uen, ist die ( ieueral-Iuteruhintur verpdiclitet, auf die Anzeige und den
.Antrag des (Jeneral-Musik-Direktors sich mit demselben wegen der zu neh-
menden Maßregeln ZU einigen.
In allem Übrigen hat es bei den Bestimmungen, welche die Kngagementa-
Verhandluiitr mit d«^ni < ieneral-Mu>>ik - Direktor und eisten KaiH llineivter
Spontini enthält, «ein Bewenden. Auch bleibt das ganze Theater-
wesen der oberen Aufsicht des (ienerai- Intendanten Grafen von
Brfihl anvertraut.
1 Am 24. November 1821 wurde fib* die Zukunft der tDienstag« statt des Mon-
tags als Opemtag festgesetzt.
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Wilhelm Aitm&on, Spontmi au der Berliner Oper.
267
Dan inholt der gegunwäitigeu luäti'uktiou liahen hieb bcäüudui*» der
GeneraKlDtendant, der General-Musik-Direktor und BKmtliche dabei interes-
sierende Individaon des TheattTis zur genauesten Achtung gereichen zu lassen.
Sollten Uber den Sinn und die Auslefriuiff der einzelnen Bestini munjjen
Zweifel entstellen, so i;<t, wie nuch sonst in Källfri. welche in denselben
nicht bchouders ürwühut sind und zu einer \'er.s(hie<lenheit der Meinung
zwischen dem General-Intendanten und dem Gefieral-Musik-Direktor Veran-
lassung geben, Im dem Fdrsten Stnata-Ranxler anzufragen und dessen An-
ordnung XU befolgen.«
[ge^.] Friedrich Wilhelm.
Als der König diese Instruktion, wekdie in scbn»ffom (legensatze zu
der Brührscben von 1820 standf gleicbwolil aber im Yeijgleich zu dem
Kontnikt von 1819 nicht so sehr ^ri'msfii: für Sjtontini war, dem Staats-
kanzler ITürsten Hardenberg zar \\ < it< rix forderung übersandte, konnte
er sich nicht enthalten, dabei noch li'olgendes zu bemerken:
>Bei dieser Veranlassung haben Bie den frenannten beiden Beamten
[nündich Brühl und Spontini] zur unerläßlichen l'flicht zu machen, den zu
?npinem iMinfifllrri Im^Ikt oft bemerkten übertriebenen und luiZM-rrk-
müßigeu Geld uut wand einzustellen, da Ich diu tust« Überzeugung habe,
daß der Glanz des Theaters nidit nur fortdauernd erhalten, sondern noch
erhöht werden kann, wenn mit den vorhandenen reichlidien Mitteln weise
bansgehalten wird.«
Der General-Intendant Graf Brühl hatte vorher schon gehört, daß eine
neue Instruktion für Spontini auagearbeitet wurde, und seinerseits Vorschläge
darüber an Hardenberg ^gemacht, die aber nicht berücksichtigt wurden.
Auch jet2t noch versuchte er, dagegen zu remonstrieren, doch nützte es
ihm nichts. Mit schwerem Herzen mufite er daher am 1. Oktober 1821
durch Bekanntmachung dieser neuen Instruktion die davon berührten
Beamten, vor allem die ]^litglieder der Musik-Direktion, in Kenntnis
setzen.
Daß aber Graf Brühl sich bemühte, spontini ( Jerechtijijkeit wider-
fahren zu lasse]!, beweist folgender Vorfall. Da im Publikum das dlerUdit
verbreitet wurde, dali Spontini z^vei- oder dreimal den > Freischütz« vom
Repertoir abf;oset/.t hätte, hatte er sich an Uraf Brühl mit der Hitt«^
gewandt, ihm zu bezeup^i. d:\W dios nicht der F:ill gewesen sei; der
Generai-Intendant antwortete ihuL am 9. Oktober 1821:
<Le puldie^) doü savoir^ que je nai paa k droit de determitur la rrpr^
1 Daß uiit>'r «li'iu Publikum sich aber aiich viele Freunili S|M.iitini's befanden.
tK'weist f .lj^. i flcr »Hescheidenar Wunsch«, der sich unter dem 1. November 1821
iu den Berliner Blütti^rn iludet:
»Herr General-Musikdirektor Spontini beraubt nns seit llingerer Zeit des höhen
KnnBtgenusse», seine Werke zu boren. Besonders bedauern wir auf dem Bepertotr
immer noch seine neueste 0]>er ,01ympia' sn vermissen, deren Wiederholung doch
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268
Wilhelm Altmami, SpoiiLiiu au der Ueilmer Oper.
9etUeUion <f «» ojtera aur Je refiertoire H qu» pmr eongeijuent il rst tont amsl i/«-
poamblr^ que Voiis rn ortif Monteieur. Tonte thistoirr du Fre if sf-h ü t
ijti''fni Vn}is i}}ipatr aroir if-arti du rrprrtnirr, mminf Vf>ii>: v> arr: faif
I hoN'"/ <!• iHi' i-irr — v'rs-l jifir rouiff'iumt <jk un luiportHit* i^üH.s jumh intitt.-»
Bald darauf trat wieder ein Zwischenfall ein, der Spontini's Zorn
gegen den Grafen erreitrte. Es hatte sich nilndich Spontini auch unjre-
hührlich gegen den Herzog Karl von ^[ecklenhurg benomincn, <?o daß
ihm (Jraf Brühl auf V'erlangen des Herzogs nm 20. DezenilM-r ISJl oine
Rüge erteilte. Auf Beschwerde Spontini's scliiieb aber der Fürst Harden-
berg an Brühl am 30. Dezember 1821:
»Ich kann Kw. Hochgeboren hierauf nur bemerkliur machen, daß die
Beschwerde des pp. SpontiTii i,'t'i'rüiidet i«t, imd K\v. Hnrliixrlmren weder die
Verpflichtung noch das Recht hatten, den pp. Spontini in du-scr ganz außer-
dtenstUehen Sache Kurechtznweigen« . . .
Natiii lirli Im ruhigte sich Gr;if lii iihl lucht hiermit, so daü Briefe in
dieser An-,'!'!! ;.:t'iili('it hin und Im r Idingen,
Da Spontini sich mit der Kinnposition einer neuen Oper • Niimiahal
oder das Rosenfest zu ivusrliiiiif , (iir die er nach läncrereia Si lusanken
entschieden hatte, dringend befassen nuißte, wurden ihm die in der In-
struktion von 1821 auferlegten Pflichten bald zu viel. Graf Brühl konnte
hierüber dem König Folgendes am 26. Dezember 1821 mitteilen:
»Am 12. d. M. erklärte mir der (Jeuerttl-Musik -Direktor Spoutini vor
einem Zeugen, unaufgefordert und freiwillig, wie er jetzt im Begriff
stehe, eine neue Oper zur Vermiddun^ . . . der Prinzessin Alexandrine zn
komponieren, wie er auch seine Oper »Mihon< umarbeiten wolle, wie es ihm
aber nicht möglich sei, bei «einer schwächlichen Gesundheit an das
Kompuiiiereu zu denken, so lauge er die vuu Ew. Köuigl. Majestät
ihm durch die neue Bienat-Instruktion Übertragenen immediaten Birek-
tions- und Verwaltungs-(i e.schäfte, die Menge der direkten Anforde-
rungen, Antragen, deutschen Briefe etc. zu bearbeiten habe, und hüte er
mich dalier, die ganze A'erwaltung wieder s*o zti ül)emehmen, wie ich
sie vor dem Erscheinen der I)ien.«t-In»truktion frelühii;.<
Graf Brühl lehnte aber dies ab, so lange keine königliche Erlaubnis
vorlag, ließ sich aber von .Spontini versprechen, daU dieser sich dieser-
lialb au den König wenden werde,, und versuchte auch seinerseits unter
jetxt kein wesentliches Hindernis im Wege ku stehen scheint. Ein so tiefes Werk
luuui nur durch öfteres Hören verstanden und der Geist desselben riehtifr nuf-
gefaGt werdt'u. Nai iidem nun dir» binnen kurzer Zeit liint- r riuatiiit r erfol^^fe .Auf-
führung von Mozarts, Ghick'«. Cherubiui's, C. Maria von Welvers. Beethoven'»
und mehr herrlichen di'amatischen Tondichtungen uns die Unparteilichkeit des
Herrn O. M. D. Spontini zur .Genüge chrgethan hat, waf^en wir es, den gewiß allge-
nuünen Wunsch öH'entlieh auszusprechen, daß en letzlerein ^refallen niÖKc. nun auch
den Verehrern seiner Opern nicht länger die baldige AutTühi-un^ dt-rsvll.ten vorza>
enthalten. Viele Kunatireunde«.
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Willidin Altmann, Spontini an der Berliner Oper. 269
Hinweis auf ilie mancherlei Schwierigkeiten der Dienst- Wi lüiitnisse, den
König zu t iner Änderung der Instruktion zu veranlassen; bei dieser Ge-
legenheit führte » r uiiUt iiiidcn'iii aus:
>Jeder Schw i<i ii>ktit ist indeß zu liegeguen, wenn Ew. Kgl. ilajtstät
dir* schon einmal vor mehreren ^lonaten mündlich goycii inirh genuHrrto
^'illensmeiiumg, wonach ich trotz der DienbL-lnstruktiou als Chef den oberen
Befehl Uber das gesamte Theaterwesen, folglich auch ttber die Oper behalten
soB, wonach nichts ohne meine Zu st immuner <^t'>chehen solle und dürfe
und wonach icli dem eigenen Ausdrncke Kw. Königl. Majestät zufolge meine
Stellung mit der eines kommandierenden GenernlH und die des p. Spon-
tini mit der eines KcgimoutükoimuaDdeui's vergleichen solle; wenn, sage ich,
Allerhöchstdieselben die Gnade hätten, dies schriftlich durdi Kabineta-
ordre gegen mich ansnispreehen . » .<
Darauf erwiderte der König am 31. Dezember 18!21 nacdi einer huld-
ToUen Emleitung:
»Zu einer abändernden oder jsonsitigen Verfügung iu Beziehung auf das
zwischen Ihnen und dem General -Musik -Direktor Spontini stattfindende
DienstverhiUtnis habe ich aber keine VeranlAssung, ds einesteiis der letztere
keinen Antrag deshalb bei mir gemacht hat, anderntetls Ihr Wiikun</^^krei8
und Ihre Becbte durch die von mir genehmigte Instruktion gesichert sind.«
Aus dieser Antwort ersehen wir idso, daß S[)ontini sein Vorhaben
doch nicht ausgeführt hatte, trotzdem er es dem Grafen versprochen hatte.
Die Vtrleihung des roten Adlerordens .Tnnuar 1822: feuerte
Spontini nicht wenig an, mit aller Energie an der Ojier >Nurmabal« zu
arbeiten. Sie wurde auch wirklich zu dem bestimmten Tennine fertig
und ging am 27. Mai 1H22 zur Feier der Vermählung der Prinzessin
Alexandrine von Preußen mit dem Erbgroßherzog von Mecklenburg-
Schwenn erstmalig in Scene. J)iese Oper ist ein durchaus selbständiges
Werk, für welches freili( Ii einige Stücke aus dem F«^tspiel »Laiin Rookh«,
ein Lied aus »Les du n\ rivaux' 'welche Ballrt-i )[icr Spontini lHl6 zu-
sammen mit Berton, rcrsuis und Kreutzer ^^ xrluielit n hatte und das
Baüett aus >I)ie Danaidin* benutzt sind. Bis zum 12, Dezember 18(>5
ist übrigens «liese ( )p< r T.i Mal gegeben worden.
Nach den Anstrengtingen, welche die Knnii)i)>it;v>ii und Faustudierung
von »Numrahal« zur Folge gehnbt. machte S|uintini von dem ilim kontrakt-
mäßig zustehenden sielteuuuniuLhcheii Urlaul) Gebrauch, um 9. Juni ver-
ließ er Berlin, reiste über Dresden und Wien nach Italien, speziell nach
seinem fiehurtsort .Tesi und war im September in Paris, wo er die
»Olympia* einer nochmaligen Umarbeitung unterzog.
Bevor er im Januar 1823 nach Berlin zurückkehrte, setzte er den
General-Intendanten Grafen Brühl davon in Kenntnis , daß er ihm die
Oper »Milton« in dreifacher Gestalt vorh^geu würde. Kaum zurückge-
kdirt, begannen aber die Streitigkeiten zwischen ihm und Graf Brühl
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270
Wilhelm Altmann, bpootini an der Berliner Oper.
von iit iu-m, muutjjillicli die Gastspie le fn uider Künstler ein Gegen-
staiul lies Zankes. Als kS|)ontini einmal gai zu impertinent wurde, machte
ihn der Graf auf die Erfüllung seines Kontiaktes inbetreff der Opern-
Komposition aufmerksam.
Die Folge davon war, daß Spontini am 2. August 1823 dem von
Berlin abwesenden Grafen BrlUil folgende Mitteilung nmchte:
». . . Je m empressf di cous anno/uer, (^u apyt i auuir tcnu j^j/j/^um/* con-
femwes avec Mmrs, Wolff^i^ flerklota^j et autres likraleun H povtes au mjef
de mon opera de Miltm, je me mu» di/imtivanettt dccidä d le eon^j/ofer en deux
ijrands octes avec ricitatif, citans et baUetapour U donner dans la mwnon d^oipera
d l't^wque du camatfol proekain . . .«
Aus diesem Briefe interessiert nns auch noch folgende Stelle:
•
^IkpuU fyw8 atu je ns cess/epae de vow dire, Monsieur le Comte, nom
awm le plus pressant besoin (Vvtn haritono ehantantj qui partage l'emploi
de Mr. Blume qui donnr plus en sml ion, qui parh rt errie souvrnt^ mais
if nr f ha nie jarnrris.' le qurl Bliiuic'^f twus forrrra (k fcriiier le thiatrCy s ii tombe
nHtlu'i« , chosc ijKi hii arrive dej't assi v souvent , . .«
»Xou^ avous ausifi Ic plus urgent besoin (fuue Lonne voix de basso, If jrublic
m pouvant pan s'ltabiliur ti cdlc d' IJillcbraud choac qm je. re^'cttc injinimcnt
par un virUa^ interet personnel, que ce sujet m^ittsftire. II nous est indispensabie
un tenore qui joue (oits les roA» sane dUfinrtion df son nuploi ...< >Notte
defienaons un argeni iiametm pour le» gaabrollesf et totd en pure perte . . .<
Wir ersehen hieraus, daß sich Spontini um die Hebung der Oper
doch auch bemühte ; ihm war es auch gelungen , das Orchester auf
04 Kammermusid^} 2U bringen, den Chor zu verstärken u. dgl. mehr. Auf
sein Betreiben geht auch die königliche Kabinetsordre vom 14. August 1823
zurück, woiuK h alle Opern ohne Ausnahme nur duidi Mitglieder der
Musik-Direktion dirigiert \vcrden sollten» während bis dahin häutig die
Komponisten selbst dies gethan hatten.
Die Koni})nsition des »Milton« legte Spontini aber bald bei Seite;
aus einem iiriefe vom 17. Oktober 1823 ersehen wir, daß er bereits da-
1} P.A. Wolff, desisen »Prezto«a« noch lieote (mit der Miuik von K. M. von
Weber^ nicht von der BUhne verschwanden ist.
2 Uhorsetzte für diu Köniijliclif Biilnit! selir viVle Stü<'ke «us ilt-m Französist'lien.
8i Ht'inrirli Bliniie ^^choreii 2ö. April ITHs;. von 1R)8 — 1S48 als SUnp-tT mn\
8ultiiUi>piulur am kijiiigiicbeu Tliuiitcr, ein lirillauter Doii Juau, den t-r bis 183^ im
ganzen 101 «ftl mng. Vergleiche übrigens Spontini« ihn sehr lobenden Brief von
1847 hei C. v. Ledebur. Tonkmuttler-Lexikon Berlins S. 63.
4 Wirkte II» der Berliner 0]>er von 1821— 1H24. iiHclldem CT vorher ;m der
AViptjf r 0)n r gewesen war; von Berlin '/wn er nach Hannover. Sciu >äarastro«,
»Ka^^imr«, »Osmin* werUeu l>esoudera gerühmt. '
5) Spontini war auch darauf bedacht die schlecht besoldeten Kammemrasiker
bcwor zu stellen und beantragte auch öfters, freilich ohne rechten Erfolg, Remunera-
tionen für sif .
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WiUielm Altmaim, SpoDtini «a der BerUner Oper.
271
nials Tag und Nacht mit der Komposition d« r Oper »Alcidor lieschäftigt
war, zu der ihm Theaulon den Text schrieb, den dann Herklots ver-
dentschto. Auch mit einer Umarbeitung des Schlusses des »Ooitez« he-
schäfti^f *!ich Sponlini um diese Zeit.
Neue Streitigkeiten zwiselirn ilim und d< in Intendanten Orafen liriüil
entstanden wieder, als dieser den Wunsch hatte, Weber's Euryauthec
haldmöglichst aufzuführen, ahne daß diese Oper erst von der Musik-
Direktion geprüft Avenh n sollte. Spontini wihisclite aber, wozu er auch
nach der Dienst-Instruktion berechtigt war, (hiß diese Prüfung erst er-
folgen sollte. Nun wandte sich Graf Brühl iJeschwurde fiilirend an den
könighchen Hausminister, tlen Fürsten von Wittgenstein; aus diesem
Schreiben vom 12. April 1824 hebe ich folgende Stellen hervor:
»8u lauge Herr Spouiiui gpeziellcu EiuÜuU auf das Kopertoir der Oper
hat, nämlich seit Jahr, sind außer seinen Werken nur die im an-
liegenden [nicht vorh.] Verseidinis ^] benannten Opern neu in Ssene gekommen,
und von diesen allen hat auch nicht eine einzige der Kasse irgendeine
Art von Vorteil gebracht. Dnirf c^ii Imlx'n die Opern, der »Freischütz«, welche
ich vor Erscheinung der l>ien.st-i nstruktion, und der »Burbier von
Sevillac von Bossini^ welche ich wfthrend der Abwesenheit des Heim
Spontini habe einstudieren lassen, hei sehr wenigen Kosten gewiß eine
Summe von 40 — 50000 Tbalern rein eingebracht.«
»Bei solchen Thatsachen sollte es mir wohl erhiuVit rpiii. hei der Wahl
neuer Operu zum Besten der Königl. Theaterkasse ein entscheidendes
Wort zu qirechen. Das Fabliknm hat gegenirartig eine aasnehmende
Vor Hebe für die Weber*sche Mneik! Oh TOTdient oder unverdient, steht
hier wohl nicht zu erörtern und müßte erst vor dem Richterstuhl unpartei-
ischer Knnstrichter entf^chicclpn werden, nicht aber vor (h in flo> llenn Spon-
tini, welcher zwar eiu ausgezeichneter Künstler genannt werden kann, aber
dem S^nn von Weber den nnglaabliohen Beifall seines »FreisohUtaen« nicht
gOnnt und ans Besorgnis einer gef&hrlichen Rivalität »Eoiyanthe« nicht
will aufkommen lassen ! Alis ^esem Grande wird derselbe auch so lange
als mörrlieh nMo fremde Werke zurückweisen, von denen eine sehr große
Wirkiiiiu' üu erwarten wäre. . . .«
Der Hausministcr i'.ih aber dem Grafen l^rülil nicht re( ht und stellte
sich ziemlich auf Seile Spontini'«: aus seinem Sehreilien vom 17. April
1824 dürfte folgeude Stelle von allgemeinem Interesse sein:
»Ew. Hochgeboren versprechen sich von der A ultTilirung der »Kuryanthe«
hier große Vorteile, und ich gehe Ihucu die Möglichkeit, daß dies Stück hier
gefSllt, zu, obscbon nicht alle Weber*s<dwn Btfieke hier gefallen haben und
namentlich . . . »Silvana« gar keinen Beifall erhalten*) bat An andern Orten
1) Nach C. 8chftffer und C. Hartmann, Die königlichen Theater in Berlin.
Statistischer Buckblick (Berlin 1886) und von Mitte Jnm 1831 bis Anfang 1831 nur
Isouard's »Jeannoi A Collin* , L. Hellwig's > Bergknappen« , Paer's »Sierra
capric^hf^nf . Rogsini's >Fa)wfi''n prr la musica*, C T51nm'« »Parrcn rlo? Herzogs
von Yeudörae«, K. Kreutzer';» »Libussa» an Opern neu einstudiert worden.
2) Snte Berliner Aufluhnmg 10. Juli 1812, letzte (10.) 1816.
& d. t K. ly. 18
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272
Wilhelm AUnam, Bpootini «n d«r B6«liii«r <^r.
hat ubor >Kuryautho» ni<^lit (iiirchaue gefallen, namptitüch nicht iu ^Vit n: der
Purst Hatzfeld^ vun dem uiau be)iatipi«t, daß er auch ein ge»uu(iiu> Urteil
üb«r Muik l^b« .nnd «ip wgeaaiixiter gnuirtimiaer «»if biit hüilur ge-
Bchrieben, daß die Oper »JBaiyanthe« d&B »chlechteste Produkt sei, was «1b
große Oper auf der Bühne r rschieneu, und daß si.- daher iu Wien mit Recht
allgemein (hin Xfinion >Kiimiyanto« anstatt »Kuryanthe« erhalten habe. Ich
ftlhre das nur an, um, ohiit- über den Effekt dur »Jbluryauthe« hier iai Voraus
hoRtunmeB ma woUen, in ««igen, wie man weniggt«iyi nidit ailgeni^ui l}«iiMipf«i
Jcjuuif .daß die Oper mit stürmis^^iem Baifall «o^enominou wordan, und aina
vorgängigo Prüfung derselben demnach um so notwendiger ist. ... *
»Im allgemeinen muß ich hier noch bei Gelegenheit dieser Differenzen
Uber die Oper »Euryauthe« bemerken, daß es mir völlig gleichgültig ist, ob
die ifoaikaii der 'Hanaii Mana Ton -Weber, Spohr, BÖaBini, Spontini -und
anderer großer und kleiner Komponiaten beklatscht oder aaagepHffen, gelobt
oder getadelt werden; dagegen ist es mir nicht gleicbgiltig, ob die Befehle
Sr. Majestät des Königs pünktlich befolgt werden oder unbeachtet bleiben. . . .«
in einctm längor«! -Sollf^boil suchte sich Brühl wieder zu rechtfertageii
(28. April 1824); nachdem n* am Schlüsse betont, daß es ihm nicht
möglich sei, ohne Nachteil für den küni^dien Dienst und ohne Ver-
letjEiing fleiner Ehre iler Dieost-iUistruktion nachzukonunen, fährt er fort:
»INesa feste Überaeagung hat mir den ao nnendlieh schweren Sehritt
auferlegt| bei Sr. iVIajehint dem Könige nm Entbindung' von meinem jetugen
Geschäfte und tim Inildrciche Erteilung eines anderen Wirkunrr?l<r*»isps nnter-
thänig zu bitton, da ich nicht 7.11 hoffen wage, daß die erwähnte lui^truktion
aufgehoben oder Herr Spoptini iu seine Greuzeu zurückgewiesen werden
dfirfle.«
Doch der König wullte vunciiirr Anits-Xicdurlegung des (jrafeii Brühl
nichts wissen; nach längeren Verhaiulluugen erhielt dieser aui 1. Mai 1824
von Fürst Wittgenstein folgenden Bescheid:
Zur Beendigung (H<«rr Differon/ bestimme iih jetzt infolgp Her nach
der lvüui;4l. Dieuät-iustruktiou mir zukommeudeu Befugnis, in Eällen, wo über
Auslegung der KSnigl. Dienst-Instruktion eine Yerschiedeiüieit der Anai<^ten
eintritt^ au entscheiden . . .} <1aß die Oper »ünryanthe« erst dann in Scene
gesetzt werden kann, wenn T'w. Hochgeboren über deren Aufführung das
Gutachten der Geueral-Musik-Direktion eingeholt uud mir eingesendet haben.«
Dieses Gutachten fiel dann empfelilend aus: Euryantho wurde ange-
nommen. <1o< !i sollte sie erst n.u li Kh'sabet« von Rossini') und »Bi-
quet der Haarbüschel« von Karl Blum^J gegeben .wwden (Schreiben
Spontini's vom 17. Mai).
Kaum war dies«^ Differenz beigelegt, so enstanden neue Streitigkeiten;
am 9. Juni 1^24 erhielt Graf Brühl, gewiß su seiner größte Ereude, vom
1; llossrnre *E]i»>abeth, Jvüni^^in von Kn^rlartd« wunlo im Berliner Opembaus
arihrend des Juni 1834 dreimal und dann nie meki- gegeben.
2} Diese Feeneper erlebte vom 11. Jani bis 1896 im ganeen ^ AaflUirangen*
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Wühfilin Altganti, Spaotini .411 i$r ]ß«r)iner Oper.
273
Fürsten Wit^öuütein die Benadiiicliti^^un^. »daß Herr Spontini nicht
weiter Austand nehmen wird, Ihnen in der gescliaftsiuäÜi^enForra diejenigen
Gutachten abijugeheu, welche Sie von ihm über Dienst- Angelegenheiten der
Küniglichen Instruktion geraäü crlurdeni werden . iJald darauf nahm
Graf Brühl einen limgtren Urlaub; diesen benutzte J^'iirst Wittgenstein,
um BrUhl^s Stellverti-etcr, Herrn von Arnim, zu Abänderungs- Vorschlägen
zu. jeiMT Dtenslrlnatnil^on Spontmi'B zu verajibisBeii; fin eine Realisierung
dieser Torf chliige wurde aber nicht gedacht, als Gtfi Brühl im Dezember
wieder wQokkehrte. 1^ ^taod bald wieder tot «ijusr bleuen Eigen-
mgchtigk<wt Spontini's Diciiiar hatte nSmlieb, •Irotzdem er aeibet die iKabi-
neteordre ▼om 14. August 1698, wonaeb nur Mitglieder der General-
Mu8ik>DjrektioD fUngier^ii eolUmi, Teranlaßt lu|lte, Louie ^pohr ohne
weiteres eingeladeii, i^eine »Jea^ondifi« b^ ibiw Eretaiiffühzpqg xu diri-
•gieren. Auf Brühl'/s Beschwerde ergiqg feig&aä» JKabine^goidre vom 7. Fe-
bruar 1825 ap Fürst ^GTittgenetein, den fcöniglicheii Hananinwiter:
»Dafi noeh der beiliegenden Anzeige des C^eneral-Intendanten Grafen
von Brühl der Genend-Husik-Direktor Spontini ohne Anfrage ee lidi «rUnbt
hat, den uhurhessiBcUeu Kapellmeister Spobr hierher einzuladen, qjn die Ton
deni'ielheii konipunierte Oper >Jes8onda« zu diriirtereji. muß Ich um so mehr
milibiULigeu, alä auf den eigenen Antrag des p. &>poutiui alle fremde Kom-
ponisten hienron aoBgeeehloMen sind.«
»Indem Ich diese Bestiminnsg hiermit aufhebe, Mir aber iu jedem einsselnen
Falle die dieaf^lige Doziaion vorbehalie, beauftrage loh 8ie, deu General-
Musik -PIn'ktor Spuntini dieses llinweg-t^tzen über Meine Vorschrift ernstlich
zu verweujen uud ihn zu bedeuten, daji ich ühuiiche iVnmaUungcn ferner nicht
dulden werde. Übrigens mache loh es lediglich von .Ihrer and des Grafen
▼on Brtthl Bestimmnng abhängig, wer die Oper »Jeseonda« dirigieren boU.«
Dies hat denn doeh noch Spuki (24. Februar 1825) gethan.
Nachdem am 23. Mai 1825 zur Feier der Yermählnng der Prinzessin
Luise mit dem Prinzen der Niederlande die Zauberoper »Alcidorc mit
großem äußeren Erfolg infolge der feenhaften Ausstattung gegeben
worden war, machte Spontini schon am 1. Juni einen neuen Vorschlag
betreffs seiner für 1826 kontraktmäßig zu lieferuden Oper:
»Vopera ße Miiton eonsentipar VouSf . . il y a dem» an*, <ou» Ut fonm
de grand f^pera oomme opera nouveaUy quwqatfy aie eonserv4 ks m^Ueurs
morceaux de miisiqnr nton anei^n Miiton. le dtclarrt-Vous aussi pour
farfnir romruf int nprrn yimd-r nj« (s-nif ipir 1p rn]tj>nrfi\ sott qitf jf rouM
Venvo>jeJ et quc cet opera sati^f assc mc.s aigagenicus sehn man contrat Jusqti au
1, Spontini muß am 2. Juli 1824 ein Entlussungs-Gesuch eingereicht haben, das
aber der König nii'bt bewilligte. Iu den Akten habe ich darüber nichts weiter ge-
funden, als was in der HpUtcr ab<redni('kten Kabinetsordre vom 25. August 1841 steht.
2] Diese kostete IGOOO Thaler. — Über die Musik und das Libretto des »Alcidor«
vergleiche »Berliner Allgemeine musikalische {^eitung«, Jahrgang 1826, 3.
IMff., 207 ff.
18*
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274
Wilhelm Altmann, Spontini an der Berliner Oper.
moi< dp juin 1826^ epoque qui aekevera les aix asmUs de mon serviee ä la eour
de I 'rume. . . . «
Kurz vorhor war Spontini um Urlaub auf elf Monate emgekommen,
der durch folgende an Graf Brühl gerichtete Kabinetsordre vom 31. Mai
1825 bewilligt wurde:
>Icli lialii- auf Ihr» An/t i-,'.? vom 27. d. M. nichts diigegeii) daß der Generel»
Musik-Direktor Spoiitiui von dem nach seinem Kontrakt ihm zustehenden eilf-
monatlichen ürlrnilip jt-tzt (Jebranrh macht; Sit« werden alu i- die Einrichtung
treffen, daB auch wahrend dieser laugen Abwesenheit Spontini sciie Opern auf-
geführt werden können, weshalb mit Znaiehnng desselben asu bestimmen ist,
wem die Direktion dieser Opern xu übertragen sei.«
Spontini wulltc aber, wie l^'ürst Wittgenstein dem Grafen Jk-iibl am
21. Juni 1825 mitteilt, nur von der Hälfte seines Urlaubs Gebrauch
machen und versprach, seine Rückkehr dergestalt zu beschleunigen, daß
er Zeit genug übrig behielte, »die erforderlichen Vorbereitungen für die
Arbeiten und. Opern des näduten Winters und Karnevals zu treffen.«
Betreffs der Oper »Mütcmc erbat Graf Brflhl am 23. Juni 1825 die könig-
liche Entscheidung, ob sie von Spontini als eine der kontraktmäßig zu
liefernden neuen Opern anzunehmen sei, was am 29. Juni Tom Könige
gestattet wurde.
Spontini blieb aber doch langer TOn Berlin fem; es wurde ihm Nach-
urlaub bis Ende Januar 1826 bewilligt, da er die Aufführung der Oper
»Olyinpia« m ihrer neuen Gestalt in Paris abwarten woUte. Als Graf
Brühl an den Hausminister Fürsten Wittoenstein Uber diesen Nachurlaub
am 26. Dezember 1825 schrieb, konnte er folgende Äußerung nicht
unterdrücken:
>. . . ich . . . füge die bündige Versicherung hinzu, daß das Ausbleiben des
Herrn Spontini auf das Bepertoir der Oper während des Winters nicht allein
keinen nachteiligen, sondern im Gegenteil einen günstigen Einfluß
haben wird. . . .<
Eine kleine Bepertoir-Schwierigkeit entstand nur dadurch, daß Spontini
die Partitur von >Alcidor< mit nach Paris genonmien hatte, als diese ■
Oper At fang 1826 wieder gegeben werden sollte; da das Schicken sehr
umständlich war, versprach Spontini schließlich, sie selbst Ende Januar
wieder zurückzubringen.
Er blieb aber bis Anfang März aus und brachte dann »Müton« nicht
nur nicht fertig' mit, sondern erklärte, er habe diese Oper wieder zurück-
gestellt. Doch arbeitete er weiter daran; allein der Sommer verging,
ohne daß die Arbeit beendigt wurde; infolgedessen schrieb Graf Brühl
am 30. September 182(i an den saumseligen Komponisten:
«Ii« forme qjEjproaftonf, eepmäcrni ou Ü fautt pma» a un nouvd opera pour
h eamaml^ je Voua prie tk wuhir Mm» prendre Ums les arrangemmtf
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Wilkelm Altmaim, Spontini ma der Bwliuer Oper.
275
titic-timiix^ a/tn dt pouioir nionter Voire opera de Milton pour k mois de ferricr.
Vous äant occiij}6 dcjtuis plusieurs anmcs de la rcmijse en 90m» de eet auvrage
et nom ayant daß entmdu a pm prw sw farranffement de la eeene et des
dSeoratione je »ms pereuadSf que ma proposüion w trouvera aueune diffhM, »
Jedoch trotz dieser Mahnung des Grafen Brühl kam Spontini mit
dem »Mflton« nicht zustande ; er hatte sich mittlerweile mit dem Theatep-
Diohter Professor Raup ach in Verbindung gesetzt, um einen Operntext
aus der Geschichte des deutschen Mittelalters^) zu erhalten. Es war dies
> Agnes von Hohenstaufen«, deren erster entsetzlich langer Akt am
28. Mai 1827 auch thatsächüch zur Aufführung kam und den bekannten
hämischen Angriff Eellstab^s, des Kritikers der Yossischen Zeitung
und der Berliner allgemeinen musikalischen Zeitung hervorrief, der Spontmi
so unsagbar schadete. Daß dieser Angriff über das Ziel hinausgeschossen
darf nach Spitta^s Forschungen als sicher gelten; dieser verlangt sogar,
daß wir eine Wiederaufführung der > Agnes« versuchen sollten, da sie
die einzige Oper sei, die an Größe der Anlage und Macht der Gestaltung
jener großen Zeit deutscher Geschichte würdig sei, aus der sie ihren iStoff
entnimmt Nachdem König Friedrich Wilhelm III. am 31. Oktober 1828
befohlen hatte, daß di» v(>ll>t;iii<liirt Hper »Agnes von Hohenstaufen«
zur Vermähl ungsfeier des Kronprinzen in Scene gehen sollte, ermöglichte
Spontini di«'s tatsächlich; am 12. Juni 1H29 erfolgte die erste Auf-
führung, doch genügte Spontini das AVerk in dieser Fassung nicht; er
arbeitete es, nachdem auch dem Texte sehr nachgeholfen war, sehr um
und brachte es dann, um dies gleich hier zu sagen, am 6. Dezember 1837
in dieser neuen Fjissung auf die Seone.
Im Sommer 1827 hegab sicli Spontini nat:h Teplitz zur Kur und he-
reiste dann einige grülicre Orte, um sich nach für die Berliner Bühne
geeigneten Gesangskräften umzusehen.
Im Herbst 182H wnr ein für die l^prlirirr ( )ppr xmt] mich für Spontini
sehr wichtiges Ereignis eingetret*!n, nimdicli dtr Küektnlt ' dt>^ (ir.if» n
l^riihl, df'r s»'ine letzten Lebensjahre oline A fffM* verbrin'-'" n ^\<lIlt( . \'»n
der Leitung der Köm''lichen Sehanspiele. l )urrli Ivi-nliilirlie K'iiliint t -.Mi-.li e
vom 13. Dezember 1828 wurde der Hausmimstcr Jb'ürst von Wittgenstein
1} Ernst Raup ach [1764— 185S) hat bekanntlich die Gctichiclite dar Hokan-
«taufen von Barbarossa bis auf Konradin in 18 Dramen behandelt.
^ Bekanntlich schätste auch Kichanl Wii;,'n<'r Spontini's Kompositionen sehr;
in seinen »Kriiinoniniri^n nn Spontini« Werke, ]iaud ö siifft er u. ji.: >Yerneigen wir
uns tict und claiurebLsvull vor dem Grabe des Sclilipler» der Vestalin, des Cürtez
und der Olympia«. Daß Berlioz Spontini an seinem Sterbetage nie verlassen hat,
aeigt anch, wie hoch er ihn ff^schätzt hat.
3, Seit dem I.J.Aug. war Graf Brühl vcn-ei-^t ; nominell blieb er Intendant
bis Ende 1828; das Abscbieds-Schreiben an seine bi>,beri<jren Untergebenen ist vom
18. Des. 182b aus seiner iksiuung äeifersdorf bei Dresden.
276
Wilhelm Aitmaim, Spontini am der Beriiner Oper.
autoiisiert, »döniKaiiimerbenrn Gtafen von Rödern die bisber Ton dem
Q^rafen von iÖitUil Tervraltete Stelle eines Gknendrlntendanteii der König-
lichen Schauspiele yorerst mit dem Titel eines V iz e - Gener aKInten^
danten anzutragen und ihm dabei die Versicherung zu* erteileui daß die
ä'either stattgefiindenen Beschränkungen in der Yerwaltan^
dieser Stelle, welche einstweilen noch' besteben bleibeni künftigliin
nach Befinden der Umstände auf geh oben werden kdnnen < . Graf Bedem
aber lehnte unter diesen Ümstanden bereits am 16. Bezember ^hrer«
bietigst ab; er') war nämlich schon drei Jahre in dem Graf Brühl zur
Seite gesetzten Kuratorium gewesen; hauptsächlich wegen Spontini^s
eigenartiger Stellung wollte Graf Reden! den Posten nicht abemehmen,
ließ sich aber dann doch dazu bestimmen.
I^achdcm är namentlich schon im Marz neue Streitigkeiten mit Spon*
tini*J *ge)jabt hatte, suchte er im August 1829 wieder um DienstrEntlas-
sun^ nach. Der König aber antwortete am 2. Septc^mber 1829:
»Ich kann Urnen über Ihre GeHchftftsftthrung nur meine Ziifiiedenbeit be-
zeigen und daher Ihrem Wunsche nicht sofort entsprechen. . . .<
Am 9. Februar 183() lobte dnnn d» i- KTmig wieder Gruf Hedem s
Verwaltung und, als dieser ilira am 30. ,Mür;i 1830 anzeigte, daß er zum
1 Graf Willi olm von l^rflern, fjnl). 9. r)cz. 18<)2. s^-it 1825 Knmmerherr. liat
•ich seit 1820 vielfach kuin]H)siionäch betbütigt; am 10. Jau. IHi^ß Aniitlo er zum Mit-
glied des Theater-Kantorimm eratnnt.
2; Dem Qrafen Brühl sollte schon nach der Kuhinetsordre vom 10. Jan. 181Ö und
nadi einem Schreibendes Stafttskanxlers llariienl^er^r \ otn 2. April ein Kunitoriuni Uber
die Tlieat« rka««»^ jfnr Seite gest-tzt worden, doch erst 'Iiit> l! Kiiliinctsor lr-- vritii 11. Okt.
1824 wurde inl'ul>;e der traiiri^''en finniizielleti Ziist-indc di r KiWiijjliclien «Sehaufipiele —
es waren ziendiche Schulden , vergleiche üben S. 2Ü7; vorhanden — dieses Kuratorimu,
den zunlchst nur der Geheime Oberfinansrat Semmler und der Geheime Benfierangsrat
Tschoppe angchlirten seit 1S2G dann auch Graf Hedern , wirklich [fofichaffen. E» sollte
darauf halten, »daü die VerwaUnn;,' des Theaters in allen Zwei<fen mit Ordnunif,
T"Tn*ir!;t, Beobachtung: dt!r ergangenen und etwa imcli erteilenden Vorschriften und den
Haupt bostimmungeu des Theaters und des Anstaudea uubeschadct mit Wirtschaftlichkeit
gefttfart "rtrerde. Das Kuratorium ist subsidiarisch nächst dem General-Intendanten dafür
verantwortlich, daß mit den etatsmaßigcn Einnahme^Summen unter allen YerhUtnisaeo
ausgelangt werde. <
>Dio General-Intendantur, sowie die Musik-Direktion, insoweit letzterer durch
die Instruktion vom 20. Sept. 1821 eine au.s«chlieljliche Wirksamkeit beigelegt ist,
bleiben in Bezug auf da» Technische nach wie vor vSUig selbständig, und da» KuFa»
torinm tritt demnach nur dann in Wirksamkeit, wenn die Anordnungen in Betreff
des 1 echnischen auf die Geldmittel des Theaters Einfluß haben« . . . (Instruktion vom
11. Okt. 1K24.
'A Spontini wurde gelegentlidi des von ihm «rdpitoteu 1. thüringisch-sächsischen)
MusUvfestcs zu Halle im Sept. 1H29 von der dortigen Universität zum Doctor musteoe
ernannt.
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Wilbfilm Alimann, Spontiiii ui der Berliner Oper. 277
Liindrat des Kmses Nieder-Baraiin gewählfc sei, eröffnete er ihm am
5. April:
»daß, da der Anstand, wciclipr Ihi cr definitiven Anstellung alp Ct ii«>ral-Tiitendttnt
der Schnnspiple nach ihren diestailigcn, jetzt wieder in BuiiUg genommenen
Erkliiruugen eutgegexutteiit, aidi hoffentlich bald erledigen wii'd, Sie die da»
Schauspiel betreffenden GeeehKlte, wie es biaher in Meiner Zufriedenheit ge-
schehen ist) fortführen mögen.«
Doch erst unter dem 30. Juni 1830 teüte Fürst Wittg^nstam dem
Grafen Redem seine definitive £mennimg mit, sogleich aacli die Auf-
hebung der Dienst-Iiutruktion 8poiitim% die durch eine neue unter Mitr
wirinmg Bedem's ersetzt werden sollte^ endlich auch die Aufhebung des
Kuratoriums^), »solange neue Umstände eine solche Ifaßre^el nicht
wiederum nötig machen.«
Doch lob habe laat sdion etwa« TorgcgriAen. Sehe» wir, was fljpoatiii
unterdessen trieb. Dem Konferenz-Protokoll Tom 22. Juli 1839 entAebmen
mr folgende Stelle:
>Nacbdem der üeneral-Musikdirektor Spontini angetührt, wie wesentlich
notwendig en sei, das Personale der Oper, welehes sson größten Teile ans
kncoken Menschen bestehe, zw verbessern und wie dnrehane wüÄBchenewert
ein baldiger Ersatz für die p. Milder*), schlug der^olho vor, m dem Knde eine
Keise durch Deutschland zn machen und namentlich in Aachen die Sängerin
Fischer, in Leipzig die Streit, iu Frankfurt a. M. oder Mannheim die Ileine-
fetfer') nnd Haas an hören-, welche ihm als die Sängerin empfohlen wlren, die
die anf Pension gesetate Ssngerin Milder^) dereinst würden ersetsen können.
Ebenao sei dm Bedfirflne eines Tenoristen m da» Stelle StfiAier's^), eine»
1; Tairitohlieh hörte die Wirksamkeit des Karatorinms erst Bode Fehnmr 1931
auf (SlimiterialTerfSgimg vom 11. Febr. 1831).
2i Biese wie Überhaupt alle damals der Berliner Oper aiigehörigen Gewaugskräfte
behaupteten, w-^hl nicht ohne Grund, daÜ «hiicli iVic vifli^n Anfnihnrnpon rlcr Span»
tini'schen sehr anstreugetiden Open» ihre Stimmen vorzeitig stark gelitten hätten.
3} Von den genannten Sängerinnen gastierte (1890) nur Fräulein Heinefetter
(13 mal; ; ihr Engagement kam aber nicht su stände.
4) Auf Spontini'a Botroibon hin war Anna Mildcr-IIauptman n , die viel-
frcfrierfc Viifroterin liochdramatischer T'artieii. zum I.JulI 182*.} peiiHioniort wonh'ü,
naehdt-iu sio seit 1816 au dor Borliiior Oiior tätig gewesen war; lia kein gonügcn<l»*r
Ersatz für sie da war, gab sie noch bis 18JU gelegentlich Gastrollen; sie starb den
29. Mai 1638. Ihre Stimme muß hervorragend gewesen sein; wie aber Graf Brühl
am 31. Dez. 1810 an den Fürsten Hardenberg berichtet, fehlton ihr ffanz inusikalix lie
Kenntnisse, bedurfte sie auch unglaublich lange Zeit, zuui Einstudii ii ( iii< i KmII.',
war jedenfalls lange nicht so vcrwendhar, \vi<' fl«'' zu jeder Rollo l>n\ucli)i:ti <■ uimI m Iit
musikalische Frau Caroline S o id lur - W r u n i tzky , ^vergleiche oben S. 268 A. 1^
auf deren Engagement Graf Brühl besonders stolz war.
ö] Heinrich Stümer (geb. 1789j, ein Schüler Bighini'«, vertrat von 1811 bis
1. April 1831 in Berlin das Fach des lyrischen Tenors in ausgezeichneter Weise, so-
weit der Gesaiv^r fn Betracht kam. Auch als Oratoriensäniior (besonders in der
»Matthäus-Passion«, leistete er Auögezeichuetcs. | 27. Dez. 1857.
278
Wilhelm Altmann, äpontini an der Berliner Oper.
Bassisten un ilie Stelle des ii e rn vorhundeu, wozu er deu Süugur ZschiescUe^J
als völlig ixualifuiert vorscldu;r(>, und einer SSngerin an die Stelle der Schultx'J,
eiche iji neuester ^(>it angcfougen sehr unrein /u singen — was stets ein
Zeichen abnehmender Kräfte «ei — fühlbar, und beabsichtige er deehalb, wie
vor 2 .Tidiren dies bereite geschehen, auch in dii^-^pm .Tnhr»' die Cie'^anir-nihig-
keiteu der Säuger und Siingerinueu au deu verschiedeneu Orion, wo sie zur
Zeit angestellt waren, zu prüfen. . . .«
J):iß Spuutiui, wenn aui h Mt llcicht uitlil im lir div. Kraft, so doch
den Wunsch hatte, seinen \ erpliiehtungen be/iiglit h der Kouipc-ition von
Openi nach/.iikünunen, bewci^^tda-s Konferenz-Protokoll vom 28. Jauuai 1830,
in welchem es heiBt:
Spoutiui erinnerte den Herrn (irafen vuu Rederu au die der In-
tendantur Kttstehende Verpflichtung, ihm behufs der tos ihm neu zu kom-
ponierenden Opern Texte in Vorschlag zu bringen und bemerkte, dafl n. a.
aucti das 'Wetner^sche Trauerspiel »Attilac von dem Herrn Grafen Brfihl ihm
früher da/u genannt ^^el.«
Das Konferen/.-l^rotokoll vom 12. Mai de»selbea Jahres zeigt ilm tttls
wieder auf Hebung der Oper bedacht:
»Spontini, welcher mehrfach auf die grolU- Verlegenheit aufmerksaiu ge-
nuiolit, in welche unsere Oprr (bir.'!i rlic T. i;>ioni«'rung der S;;ii,ft«rin Milder
sowie deu bevon^ti hendeu Abgang der Siingeriu Schult/, versetzt werde, wieder-
holte heute seinen . . . dem Herrn Graftu vou iiedein mündlich gemachteu
Autrag, hüberon Orts su beantragen, daß ihm die Mittel gegeben würden,
eine Kunstreise xu unternehmen, um Sängerinnen, wie sie der Küuigl. Bühne
not thüten, /u engagion-n. . . . l)a.s Kuratorium maclile ebenfalls auf die
dringende Not \von<ligk»^it . für die Herbeischati"uiii5 vnii t"ri!üg('n Personen für
die Oper >iu sorgen, autmerksam . . . forderte den Herrn (irafen v. Kedcru
auf, schleunigst Maßregeln zu ergreifen, am dem grüßen Maugel absnhelfan,
der sich namentlich nach dem Schlüsse der Gastrollen der Sonntag*) zeigen
werde, und bcnicrkte, daß, wenn man »um Engagement von Operisten jemand
;ib«iMt<h>n Wfilh', Herr Sp<intini nach seiner Sti-Hung in der mnsikali.sch* ü ^^'olt
nicht withl geeignet scheine, als U nterhändler zu dienen, weil er /u sehr die
Aufmerksamkeit errege, und die Sänger um bo höhere Anforderuugeu maclieu
wUrden, wenn ein Mann seiner Kategorie sie aufsuche.«
TatsächHch wurde auch aus dieser von Spontini beabtiichtigten
Reise nichts.
1 (ieor*^ (icrii, 18(H — ISIiO. ein aii^i^c/iichtutcr B;iß.
2 Aug. Zschieschü ^eb. um 18t>L),, früher Ch(>ri->t der Ikrlincr Oper, wirkte seil
IflS? am KunigMStadti$chen Theater in Berlin, wurde im September 1R29 for die
Königliche Oper engagiert und blich hier bis zu seiner Pensionierung am 1. Oktober 18ßL
'A .Jost |.lii IM' Scliulze-Killitsrhf^y (reb. 1790) wirkte v -u 1813 bis DozcuiImt
18.S1 ati der JJi rliiiet- ()j)er; sie wiir vor allein eine uu-l'^i /' ii hii« te Ki»loraltir-.Siingerin.
aber uueli im di'amat iüclien i aehe thätig. JSo »uug t>ie bei dei ersten Berliner yidelio-
AulTuhruog am 11. Oktober 1815 die Titelrolle; auch war sie die erste Berliner »Eglan-
tine« in der Kuryanthc. Sie lebte bis 1. Januar 18H0T.
4 Henriette Sunt ig sat^f 1830 14 mal on der BcrHuer Hofopcr. l>etrat dann
erst 1849 wieder die Bühne.
. ij i^od by Google
Wilhelm Aitmum, Spontini an der Berliner Oper. 279
Wie wir ^^rilirn. sulltf tiiaf liedern Vorschläge zu einer neuen In-
struktion für 8poiitiui n):H*li(^n. Er reichte sie dem Hausnnnistcr am
9. September 1830 ein; scai Kutwiai lam\ aber nicht in allen Tunkteu
die königliche Genehmigung.
Die neue Dienst-Instruktion f ür Spontini vom 8. Februar 1831
lautete:
»Nachdem des König?* Majestät es Tür augemefcbeu erachtet haben, diü
Uber die amtlichen VerhältnU»« de« General-Musikdirektors Spoutini sprechende
Inetrnktion vom 26. September 1821, welche für besondere rm^tiludc gegehen
war, aufzuheben, so verordnen Allerhöch.stdieselhen mit ßncksicht auf den
liihnlt fh'r Artikel 1 und 3 de? mit dem ( lenend-Mu-ikdirektor Spontini ab-
geschlossenen Kontruktt» vom ü. 20. Auguät ISIU i olgeudes über die amt-
liche Stellung deBselben:
§ 1. Die Dienst-Obliegenheiten und BefugnisBe des General-Musikdirektor
Spontini bei den Th«-atern haben unter Oberleitung des General-In'
tendanten zum Gef/eiuif und :
die spezielle Aufsicht uud Leitung der Oper uud der t>on^>t igen musikalischcu
Leistungen des Opern-Personals, den Theater^Chor, die Kapelle, die Theater-^
Gesang- und Musikschulen.
Er ist befugt und verj)flich(et, in Beziehung auf die^e, all«-?», wodurch die
möglichste Vollkomnu t heit der öä'eutlicheu musikalischen Dai'st^llungen be-
fördert wird, zu berücksichtigen.
§ 2. Zum besonderu Wirkungskicis degsclbeu gehören kieuuch
L in der Oper:
a) die Verteilung der Gesang^Pnrtien in seinen eigi.-nen Opern unbedingt,
b) iu Werken anderer Komponisten die Vorschläge zur Verteilung der-
selben,
c^ diwj Beiwuhneu der Probeu aller Opern, soweit Heine anderweitigen
Oesdiäfte es zulassen,
d) die Bestinmumg Uber Einlegung und Auslassung effektioser Musik«
Stöcke und freTiidi I f sang.-^-Xutuuiern,
i-i die Ajioi (iiiuiig der sceiii^cbeM Kinriclit ungen in seinen Opern mit
liücksitht auf den kiirssenniäßigen Zustund und die bestehenden Grundsätze;
In andern Oppm nach seine» von der (ieneral-Inicndantur eventuell zu ge-
liehmigend<-n Vorschlügen.
f' die A'- r^cliläge über Direktion der Opern für Kapelhn« • r, Musik-
ilirtklur und Kon/* rf iiiei^ter, insulern er sie nicht seihat übernimmt,
g; Vorschlage zur Aufführung neuer Opern;
n. in Bezug auf den Th«ati»r-Obor:
0; die Aul'siclit auf ei* i t^. Iben und seine Ausbildung im allgemeinen,
b] die Prüfung un<l Anstt lhing der eitiKelneu Subjt'kte nach vorgSngiger
Anzeige an die ( iener:d-I ntrntbmtui-;
III. in Bezug auf die Kajjell«-:
a) die zweckmäßige Benutzung seiner Mitglieder nach ihren individuellen
Eigenschaft»'!) und diu Krfoi dei nissen des Dienstes,
b; die J^riilung und d« r \'orsi hing zur Anstt llung neuer Mitglieder;
IV. in Bezug auf die Theater-Musikschulen'}:
1) Vergleiche oben S. 257 Anmerkung. — Über die königliche MuBtlnchale konnte
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280
Willielm Altmanu, Spontini an der Beriiner Oper.
tt) dii' Aufsicht ;iiif T.' liniH th«»(lt',
b) Prüfung und ZalaBsuug der Schfller und SchQleriimeil nach den be-
■tehjMulen (Ti'si'tzfii.
lu alleu übrigeu Fülleu tritt die Kuukurrtuz de» G euural-Musi k-
direktors mit ein:
a) bei frenkden Künstlern ohne Buf, dafi er aie prüfe und über ihre Zu-
lassung oder Abweisung der (T«Mieral-]ntendantur die nötlLrc Anzeige mache,
b) bei Engntrenient, ( Instiollt ii, Bewilligung, Verabschiedung von Künstlern
der General-Iutcudantur Vuiächläge zu niacbeu, überhaupt alle ihm zweck-
mäßig eradieinende Veriinderungen im Felde der Oper etc. bei derselben in
Anrefg^ng mi bringen. Die General-Intendantur winl diesen VorsehlSgen be-
Bondere Aufmerksamkeit widiiu n und zu ihrer Ausfiilii uni; möglichst beitragen.
s? 3. T)em ( i I i u.<ik(lin ktor soll endlich iliis ]\< rlit zustehen, dem
nach diei«en Bestimmungen ihm ebenfalls untergcorthn tt n l'eisonale Zurecht-
weisungeu zu erteilen. Bei Vergehungen, auf welche bestimmte Strafen ge-
setzt sind, hat derselbe die Schuldigen der General-Intendantur snr Bestrafung
anzuzeigen, welche darauf die gesetzlichen Verfügungen zu erlassen ver-
pflichtet ist.
§ 4. Dem ( »» IU I jil-^rusikdirektor zur Reite hat die ( Jrnt i al-Miisikdii t'ktion,
bestehend aus den Kapelliueisteru, Musikdirekturen und Kun/ertmeistcrn als
Vorständen der Kapelle, in der bisherigen Art das Beste des König!. Opern-
dienstes wahrzunehmen und mit ihm gemeinsame Vorschläge zur Anschaffung
neuer Opern etc. abzugeben. Der General-Musikdirektor kann riutnchten Von
ihr erfonli riK und die (^leiierul-Musikdirektion ist zur Aualuhnuig der von
ihm getrolleuen Anordnungen vei^jibchtet.«
Vielleicht Hätte diese neue Instruktion doch noch eine ftir Spontini
günstigere Fassung gefunden, wenn er nicht zur Zeit ihrer Festsetzung
in Paris gewesen wäre; wie wir w^issen, hatte er sieb ursprünglirh nur
auf zehn .lahre verj)flicbtet, in preußischen Diensten zu bleiben, der Tennin
war abgelaufen, ohne daU er den Vertrag selbst gekündigt oder gekündigt
erhalten hätte. Als er Anfang April 1831 nach Berlin zurückkehrte,
war er natürlich nicht sehr über seine neue Instruktion erfreut ; da aucli
Graf Hedem sich nicht immer an diese kehrte und öfters Maßregeln
traf, bei denen er sich mit Spontini hätte in A'riltmdung setzen müssen,
wurde das Hausministerium vielfach von beiden Pai teieu zur iSchliehtung
der Streitigkeiten, die sich bis in das Jahr 1832 liinzogen, angegangen.
in den Jahn-n IS'SH und 1S84 scheint es zienilirli friedlich zwischen
dem General-Intendanten und dem General-Musikdirektor zugegangen zu
deren Leiter Moser am 27. Juni 1842 bcrichtca: »Die königliehe Musikschule besteht
seit 28 Jahren, und es hat sich während dieser Zeit die große Nutsliohkeit derselhen
diuhin ]i genügend dargcthan, daß beinahe die Hälfte der i< t/t aiiu< ^t< l1(c>n Mitglieder
der KaiH'llp aus diesom Institute lien'orgcgangen Ui- . K- In stand auch eine eigens
ViuIuMcell-Kliis'^'". 1S.V) wurde eine Bläser-Klasse uuter W ieprecht l'i liiMct. Diese
küjiigliche Musikschule wurde 187G auf Antrag ihres Leiters H über t Iii es autgelöst,
da ne durch die köuigliche Hochschule für Musik, das Stem'sche Konservatorium
n> s. w. überholt und fiberflilssig geworden war.
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Wilfaebn AHmann, Spcmtini «n der Berlmer Oper.
381
sein; im Aii.^nist und Soiiteiubcr des letzteren Jahre'^ war 8i>ontini auf
Reisen, um neue Kräfte für die Berliner Opor zu gewinnen. Nach seiner
Rückkehr abergingen die Spannungen wieder los, die 1 8155 einen solclien
Grad annahmen, daß der gegen Spontiui so sehr narhsiclilige Kiinig sich
am 9. Juli 1835 verbat, mit Einzelheiten der Streitigkeiten belästig zu
werdeUj und »Spontini bedeutete, daß er keinen Grund habe, sieb über
die Nichteinhaltung seines Kontraktes zu beschweren, zumal er seiner-
seits die ihm in Bezug auf Ox^ern-Komposition auferlegten Pflichten nicht
erfüllt habe.
DfiR Spontini sich allmählich die Gunst seines königlichen Herrn zu
verscherzen anfing, ju'ebt auch aus der Kabiüetsordre vom 9. Januar 1836
hervor; darin heißt es unter anderm:
»Ich will Ihnen wegen der Vermögens-Verluste, welche Sie nach Ihrei
Eingabe vom 2ü. Dez. v.J. erlittou haben, meine Teilnahmn zwnr nicht
versagen, sie enthalten indessen iiir >rich keine ViTsudassung, zur Minderung
derselben beizutragen, da Ihnen von dem, was kontraktmäßig Ihnen zuge-
standen wurde, nidits «ataegen worden ist Gegen die AnfRÜunuig der Oper
»Agnes von Hohenstaufen« habe ich mich nicht erklärt; nur in der Ber
Stimmung der Zeit der Auffübrung habe ich der neuen Oper vor der älteren
den Vorzuff trecrfbe?» , . . Sollten Timen (Jerüclite •/ii'^rknmraen sein, als wäre
ich fragen große Opern überhaujit und namentlich gegen die von ihnen kom-
ponierten eingeuQiumeu, so mögen Sie sich damit beruhigen, daß ich jene
Gerichte als Unwahrheit beseicbne. Es sind daher aneh keine QrQnde vor^
banden, welche Ihnen die Krall rauben könnten, eich dienstlich mit neaen
Produktionen Ihres Talents zu beschäftigen.«
Tftt^Uich ging Spontini, nachdem »Agnies von Hohenstaufen«
völlig umgearbeitet war, nochmals an die Oper »Mflton« ; am 9. Mai 1837
schreibt er darüber an den Gitefen Hedem:
*Dipuis kl priniiiii pn'st )itnti<ni tjio jius fh(>}iiicur de rou>i fnire Ir
IG mar» dernkr de mon mmvcl opcra ^MHtom Tod und Busse fitr Kouiys-
mortf«, dont rous avez tu d^puut um parHe du premicr acte et tout te 3^' ou
4"** d J^e^ dt prmdre date d» son inserq^Hon aur vos registrea pour la
prioriti de röpresentatiov ■'•■>tr //.v tfieatres roiinKx avant kms <iutnx
ournifff'^ }iru'(> -dminathitirs^ tnvß'iirs:, drames etc. (jui ^xnuraiint tous itrr
j)re.^riites sur In ri rul utioa d' Anyle te rre du 17'"' */'x7f, suf le nyieidc de
Charles P ^ mir In itrot^ctorat de Cromwdl ei le reinblisaemenl de Charles 11^
sur MiUim rt mit des eeremonies cj-piatoiresj ctntrommnents de monarques etc.
fai r>( ,} re .sdjrt plusieurs eonrersatioM avec Mr. le profcssrur liaupofh^ et
snrtout dihnniehe d' r/ilrr, qiii a hv n vohIk nie deelnrcr et pn/f' <fn- f'rnirtfn'fft^
quil ii'a nwun pi njrt nt tiii llciiind ih trni 'iiUf r sar nxrun d>s .sujets / i-d>ss-iis
itidiijiu^s^ et fjiic de m pait j< u auKti uid tuotif d'rnfnirfs- ai de concnrrent'C
ni de resset/Uflattce d tout ee- que je hn ai parti' ipe depui.s- yuelfiues mois sur
tout ceci,
tPar ronsr»p<ent je mus pri(\ Monsieur le Comte^ d>' nie donner votre de-
daraäon offhiclk par tcrit au «ujet de la sttdite priorili^ cotnme vous ttien
Üiyilizeü by ^OO^lC
282
AVUbeüu Altmanu, Spoutiui au der Berliner Uj>er.
envz d^a ejtprimi vohe eonfentemeni du aujel ei du poetne de cet opem^ que
je me propose de faire r^resenter dam Vhii'er de 2fi!iü. >
Bereits mtu nächsten Taire ei kläi ti' sii Ii <]»'r Tntondant mit flcr In-
scenesetzuiig von »Milton« im Winter iSoS für i i ^timil' ii uiirl verspmcli,
dn(i vor Aufführung: dieser Opor weder ein mii-ik:ili>( !h s noch ein rcci-
liereiuirs AVerk ähnlichen liiljalt-< auff,'eführt wtiiLu ^olle.
Einen ihf^erlielien Zwischenfall fjah es mn Ii im .lahre 1837 wegen der
Freibillete ' . die Spniitini's Diener verkauft halte, wobei nicht ganz kkir
war, ob .sein 11< ir nielit doch daran beteiligt war. Dieser befand sich
nämlich seit 18iil) in grolier Geldverlegenheit; am 28. August 1837 wurde
ihm vom König die Rückzahlung der letzten Rate 10(>0 Thaler Gold;
eines Vorschusses, den er damals erhalten, erlassen. Viel böses Aufsehen
machte auch das Pasquill eines Studenten Thomas, der freilich schlieB-
lieh alle Anschuldigungen gegen Spontani zarücknehmen mußte.
Trotz d«B dadurch hereiteten Argers arbeitete dieser doch an der Oper
>Milton oder Die Buße« weiter; am 16, Dezember 1837 überreichte er dem
Herrn Generalintendanten im ^Vfanuskript den Text zur Oper >DieBuße<,
welche er zu komponieren beabsichtige. Der Herr General-Intendant er^
klärte sich mit der Wahl des Stoffes ganz einverstanden, doch wurde be-
schlossen, das Gedicht zuvor zur Kenntnis Sr. Majestät des Königs zu
bringen. Im Jahre 1838 erbat sich Spontini 20ü0 Taler zu einer Breise
nach England und Schottland, um dort an Ort und Stolle Studien für
seine neue Oper >Dio Stuarts«, wie er jetzt »die BuOc« nennen wollte,
machen zu können. Diese Bitte wurde ihm aber nicht erfüllt, zumal da
das ganze Sujet (von Sobernheim nach einem Raupach'schen Entwurf)
nicht die königliche Bilh'gung fand; zugleich wurde am 3. Juli 1838 dem
Grafen Bedem befohlen, >von dem Gedichte der erwälmten neuen Oper,
auch wenn dasselbe umgearbeitet werden sollte, die genaueste Kenntnis
zu nelmien und darauf zu halten, daU . . . sowohl in der Tendenz des
Opemgedichtes im allgemeinen als in den ein/einen .Stellen und Situa-
tionen nichts Unangenehmes vorkomm«\« Trotzdem ging Spontini auf
eigene Kosten nach England; er hliel) im ganzeii vom 14, Juni 1838 bis
10. August 1S3'.) von Jierlin fort, da sein rrlaul» verlängert wurde.
Gleich nach seiner Rückkehr geriet er wieder in llcibereien mit dem
Oberschenk von Arnim, der damals den ( i rafen liedern vertrat, nament-
lich wegen des Krwerhs der Oper »Der Feensef> von Auber'). An der
neuen Oper scheint er dann lieilhg gearbeitet zu liaben, wenigstens sollen
am 5. Mai 1840 große Partien lertig gewesen sein, doch überreichte er
1; Ik-i .((mJi'v Aiittiiliniii^'^ filier HoiinT Op« rii tnlii-'h Spontini 2ö Freikarten.
2 Dinsf 0)M'i- Auber's ist seit dem 14. Uktt>ber mehr als lüOmal in Berlin
autgctulirt wuideu.
i^'iLjuiz-uü by
Wilhelin Alfanutn, Spontüki an d«r B«rliner Oper.
283
erst am 27. Mai 1840 »lern Grafen Kedern den Text der dreiaktigen
Oper »Das verlorene Paradies«, einer völligen Umarbeitung der Oper
»Die Stuarts«. Der Regisseur Baron vuii Lichtenstein, der den Text zu
begatachtcn httte. sagt darüber, es dürfte kaum möglich sein, »ein
passenderes Opernbuch für die grandiose Gattung Spontini'scber Musik zu
finden als das vorliegende.*
Statt aber seine Zeit nur auf Fertigstellung dieser Oper, die er für
März 1841 angekündigt hatte, zu vrrwenden, brach er wieder alle mög-
lichen Streitigkeiten mit Graf licdern vom Zaune; als er sich wieder
einmal Be.schwerdc fülirend an den (neuen) König — sein alter Gönner
Friedrich Wilhelm 1 1 1. war um 7. Juni 1840 verstorben — gewandt,
fordeitt dieser vi-m Uraf Hedem Bericht ein. Unter dem 26. November
1840 schrieb dieser:
»Wenn der p. Spoutini in diesem (iesuche voiv-ugswei.se darüber Bc-
Schwf rd«' führt, daß das meiner Leitunir nnvertraute Institut den Werken
deutscher Kompouistuu nicht den verdienten Anteil widme, so wird das Un-
wahre dieser Angabe am thatstteUichsten dadureh bewiesen, daß seit dem
Jahre 1828, wo ich mein Amt antrat, nicht allein die Werke aller nur
irgend bedeutender deutscher Tondichter zur Aufflihrnnj; gefördert, sondern
den Bc stK IniiiL'i n jünfrcrcr Tah-nte aufmuittt riider Anteil gewidmet worden
ist. Die größten ^i^«ut^^chtIl Tondiclit«'r neuerer Zeit, Beethoven und K. M
V. Weber, lebten nicht mehr, als ich die Leitung der Königl, Bühne über-
nahm, aber Spohr*» Faust, Rieß's Bäuberbraiit, Marsebner'B Templer und
.Tüdin, Hans Heiling, Falkners Braut, Reißitrer's '^Felsen) MühU' v<in
Estallieres, Hummers Mnthüfh' Vfin Ouise, Clever Beer's Robert der
Tenl'el, Woltratii 8 Bergmönch, »Schloß Candra, Drakaeiia, Lüwe's Die
drei W ünHclie, Liudpaiutuer's blühende Aloe, Kosenmädchen, Macht des
Liedes, Lortzing^s Ozaar and Zimmermann, die beiden Schätzen kamen
zur AuffTilirung, ebenso die Versuche jüngerer Talente wie Arnold^',
Truhii-. Kücken^, Lau er Kckert'*!, Schmidt "^J.
»Soviel mir bekannt, waren «s die Op^rti > Alfred der Hroßef von .1. 1'.
Schmidt^), welche nur zweimal gegeben wiirde, und »Die deutschen Herren
Ton NOmberg« von Baron t. Xiichtenstein^), die schon na^ der ersten
AufifBhrung vom Repertoir ginzlich Terscbwand, denen der p. Spontini eine
be8ondere Teilnahme widmet» , wie er denn nußer seinen eigenen
Werken nnr »Armida« und >Dou Juan« dirigiert^) hat. Sehr selten
1) Arnold'» Oper »Treue« kuin 18^V2 zwtimal jmr Darstellung.
2) Truhn's Oper »Trilby* 183Ö zweimal.
3) Klicken »Flacht nach der Schweiz« von 1899—1641 swolfmal.
4 Laurr's Oper »Orakelsjnucli' 1^^!''2 zwi-iin.d.
n Kl k' i-t's Oper »Kätchen« löä? dreimal, »Der Laborant im Bievengebirge«
IBäü zweimal.
6] Ist hiermit der BaUett-Kümpunist H. Schmidt oder der bald genannte 3,1'.
Sehmidt gemeint? 7) 1830. 8) 1834.
0) Ist doch nicht ganz riditig; so hat Spontini am 18. Jannar 18S9 die erste
Anfßhrung der von Eapellmeister Schneider einstudierten >Stwnmen von Portioi«,
Digitizeci by Ct.jv.'vii-
Wilt^lm Altanaiin, gpouUiü 4a der .Bertiner 0|^«
liat er dif Proben der Opern besucht) uoch viel weniger sie geleitet, und
die Ton dem befolge am meisten gekrönten sind lediglich dur4i die<3org£B^t
der Kapelldirigenten, des verstorbenen Kapellmeisters Schneider^) .und 4m
Kapellmei>(< r> Heuuing^j in dje Scone gegangen. Ebenso war es in
früheren .luhren drr Fall. Aus dem ^Ttinrlf' des verewigten Orafori Brnhl
weiß ich, und die Akten beüüitigeu du» Uesugte viellach, mit ^ekhou Mühen
es verbanden war, Werke bedeutender lebender Komponisten ziv Anfführung
zu bringen. Nafoentlich war das i|iit Weber*8 Opern dtr Fall'Ji ood der
glückliche Erfolg seines >Frei8ehüt/en<, der mehr als ^ine Oper b^ d^m
Publikum Kiii^aiiir fand, des'^eu zwoihundtTi^to Yorstrllmitr ?eit seinem Er-
scheinen im J. 1821 lu'vot>ti'ht — ein in der Theaiergeschicbte höch^^t ?!p1-
teuea Ereignis — hut dor Kasae die höchste Einnahme gebracht gleich
Moxart'e >Zanberflöte< und >Don Juan«. Diape EiffTsadit 4«s Bpontani
machte, daß Wcber*B »Oberon«, weldier sdion Up J^h^e X826 .eriwhien, ^nt
1828 zur Aufführung gelangen konnte.
»In allen Fidlen, wo da^ (Ttitachtfn der Ot'iiernl-Musik-Dirüktion sich
nlojit für eiji .Werk ftu^spra(4i, ist solche» immer von iSeiten der General-
Intendantur dem Komponisten snrftekgMteUt worden; niemabi ift dies aber
dorcb den Spontini selbst geschehen^ wie dieser es in jeinem Immediat-
gesuche nunmehr angLebt Hatte die Verwaltang -aber Auf die Vorschläge
des (.Teueral-Musikdirektorr^ Rpontini warten wölben, an wäre da» liepertoir
gewiß außer dest^iuu eigenta Werken niemals mit eiu«i' Up«r von M»jer J^eer^),
Auber, Bellini oder Donizetti bereichert worden.«
In seinen weiteren Ausfülinmgen peht nun Graf Ivediru auf die
einzelnen Opern ein, deren i\'lileu im ivepcrloir von Spuntiiii tadelnd
dem König berichtet worden war. Uns dürfte daraus etwa Fplgeiuies
interessienn:
»Die Spohr sehe Oper »Der .\1< hyniist« ist von dem Komponisten fichon
1827 dem Grafen Brüld zur AuÜiiliruug übcrsaudt worden. Als der General-
Musikdirektor Spontini sie aber zur PrOfung erhielt, drang er darauf, sie
dem Spohr zurückzuschicken und ihn dabei aufzufordern, den Text KU
ändern. Dartiber fUMte sieb Spohr verletzt, und so unterblieb die Aufführung
gänzlich.
am 6. November 18&6 die 100. AnlYUhrang des »Freisehfits«, 1888 »die Abenoersgenc
von Cherubim geleitet
1 Georg Abraham Sehneider, ursprünfrlirli KüTiTmenmisikcr Waldhcirnist^ !?eit
ö. April 182(11 jSIusikdirektor, do'-h mit der Verptln limnLr ii"t lu^cutalls S<iliipartien auf
den» Waldhorn im Orchester zu überueLuieu, seil b. Juli lt>2b KaptilimeiKtur, 1. Aprd
1838 pensioniert, gestorben 19. Januar 1830.
2 K. W. Henning, ein sehr tüchtiger Chiiger, war vom Juli 1823 bis April
182(> Kapellmeister am I\ "iiiGTHtiultisclien Theater, trat suf Spontiui's Wuusdx dann
T\h Kosr-iertmeister in die Könif;liehc Kapelle wieder ein, wurde am 21. A^|il 1836
^iusikdirektgr, 30. Oktober 1840 Kapellmeiütcr; yeusioniert 1. April 1848.
3) Vergleiche hierzu oben S. 262 und 271.
4« Meyerbeer'a »Emma von Besburgo« mur 1820 vor Spontini*« Amtsantritt
aufgeführt wortlen; der *Crncioio* gelangte (übripeus auf Me\ erbeers "Wunsch) gar
nicht, drr »llobert« 18/52. rli.- > !Iu;icnottcn< (erste Pariser Aufßihcong ^1838} erst 1842
nach Spontini 's Abgang zur Auiluhrung in j^erlin.
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WübeltD Altanttiiti, fiponimi «a dar BacUnar Oper.
286
Die Oper »Das X.iohtlairpr von Oranada* von Kreutzer ist von dem
K oinpontsfpn nur allein dem Köuigätädter Theater zur Auiiühruag Ubersaudt.
Der iuieudautur Ew. Köolgl. Majestät Tlieater ist daher ein Mangel an
Anteil iOr diesas Weik oioht Tonawarfen, smaal detaen Op«m »Ltbuas««
und »Gordalift« «uf dar Köni^l. Buhne aufgeführt ^} worden sind . . .
»Dag neuerdlni^H von Spuntini drinjorend empfohlene Hingspiel de-s Baron
V. Lichtenstein Dti Hofbarbier«, dessen er in Beinern Immediat-Gesuch
gleichCalls erwähnt, wird apäter zur Aufführung^] kommeu, wobei ich nur
wünschen kann, daß es einen gQnfltigeren Xirfolg haben möge als seine Oper
»Dia deutschen Herron von Nürnberg<, welche mit großen Konten in Scene
ging, und ebenso wie seine früheren Singspiele >Singetbee und Liedertafel«
und -»Die drei l'agen« bei der Auf}uhniii'_r fränzlich durchfielen. TS'arum abor
empfiehlt der Gouer^l-Muaikdirektor Spontüu iiicht »die HugeuoU«uc .von
Meyer Bear, »Hans Sadu«^) von Lortaing, »die Gfinuaiarinc .rim
Lindpaintner, die flbarall Anerkenuong findan, nnd die wir notwendig
gaben müssen ?
»SchlielUicli erlaube ich mir Kw. K'hiitjl. Majestät ehrerl)i« tijdt zu be-
merken, daU der p. Spontiui, dessen geniales Talent als Ivuiupuiüst der
Veatalin, des Cortez und der Olympia, wie seiner spätt)r iur Berlin geechrie-
baaan Opern Kurmahal, Alcidor, Agnea att^ei^weiB Ith ToUUuNninan anerkenne,
dessen genauer und umsichtiger Direktion seiner Opern ich alle Gerechtig-
keit widcrfnlireii lasse, ftir » im- <Ii ut i Ik fr<"?chäftliche Verwultu Jii,' hIs ita-
lieniscln r Fr^nzn«*' um nicht gteigiul if.1. Zu leidenschaftlich und von
augeublicklichcui iiali und Liebe für oder wider die Menschen einge-
nonuaen, sind alle gesehttfUiehen Berübmngen mit ihm »ehr eohwar, oft gans
ntusfiglich, \v< il seine übergroße Eitelkeit ihn faat uunrechnungsfähig
macht nnd ihm dann neben sogenannteni Ueist leider die gesande Vernunft
ganz abgeht.
»Nach seiner Dienst-Instruktion soll er nur Vorschläge machen, und der
General-Intendant ist verpfliditet, diesen Vorschlägeu die möglichste Anf-
merksamkeit zu sehenkeu.
»Damit begnügt er »ich aber nicht, erkennt den Chef niemals als
solchen an und verlangt, daß seinen augenblicklich<Mi Ivaunen stets unbedingt
Folge gejj'eben werde. Darüber geht aber das Institut zu Grunde...
SoH aber die Bache nodi einigermaßen erhalten werden, so mitfi tidh der
p. Spontini Bigen und bei seiner ihm dareh Kontrakt nnd Instruktion an-
g. wlegoneu Wirksamkeit ^ich btgnflgen. Will er bei leiner übertriebenen
\'ijrnehmheit das al.i r nii ht, so mag » r :inf die mir oft geäußerte Idee de
(kmandrr au rot unt /icusion . . . zurückkoniinen, und Ew. Königl. Majestät
haben dann die Wahl unter den Hofkapellmeistar Mejer Bear^], Meu-
1; Die romaatiscbe Oper »Libussa« wurde nur im Desember 1823 dreimal, »Oor-
delia« nur 1827 zweimal aufgeführt.
2 Kam (ini li nii jjt zur .\iiflTiLi unrr.
3' Kr»to Berliner Auttülaung nach Spontmi s Beseitigung uni Mni 1S1"J.
4y Erste Berliner AuttÜbrung nach Spuntini s Abgang 5. August IKH nur /.weiniai
gegeben'.
6; Kam in Berlin Iberhaupt nicht aar AüffBhnmg.
tV Me verheer erhielt nach der erfolgreichen Berliner Aufführung seines »Bobart«
1832 den Titel eines königl. Preußischen liof«KapeUmeisteirs.
Digitizeci by C«.j^.'u.ii-
286
Willielm Altmum, Spontmi im der Berliner Oper.
(lels»iolin und Lind j»ai Iiht. dn»i niicrknimt tiicliti^'uii uiul u.'i iiiiilt-ii Prtjuüen.
oder ujiter talentvollen Leuten wie ReitJij^er, Löwe, Lurt/.iug, Marnch-
Der, Laehner) Krentaer. Alle ohne Unterschied hsben sich wie>
dorholt erboten, sobald Spontini Berlin verläßt, in Ew. Königl. Majestät
Dienste an die Spitze der K;i|ullr zu treten. Sie sind Uberdir? T>«nitHche
und nebenbei verntinftiire und verträgliche !^^f'n'■ eben . mit denen mau dad
\S'ohl der Sache ohne Huder und Arger zu lüiiiciu hoifeu darf.*
Auf diesen Bericlit, der durchaus sachgemäß war, erhielt Graf Hedem
unter dem 6. Dezember 1840 folgende Antwort:
^T)eF K"inigs Majestät haben Sich , . . Überzeugt, daB die der König!.
General- Inteiiflaiitur der Schnu'jpiele Sotten" des Genernl-Mn^ikdirektor.s
Spontini genuuhten Vurwiaie vse^'t-ii Zurücksf(./.ung der dramatischen Werke
deutscher Muhiker nicht begründet sind, Uußerten aber bei dieser Gelegen-
heit, daß von dem großen Schatz Uterer^ ecbfiner Opern gar Tiele mit Un«
recht vom ]{i ])rrf oir verschwunden seien. So beispielsweise Oedip von Sao-
chini^', TVidoiii' uliainlnnata von PicriTii, dei Zauberwald nebst anderen Kom-
positionen von liighini, die Salieri schen (.>p( ru u. d. ni,, allppi Mr-i^tt-rw« ! k»«.
die etj sehr verdienen, wieder auf die Jüdin»? gebracht und nicht durch
neuere Kompositionen verdrängt m werdenj welche ihnen an Wert gar weit
nachstünden. €
Als in einem Artikel der »Zeitung fQr die elegante Welt« (1840, De*
zember 28/29) behauptet wurde, daß Spontini künftig durdiaus dem
Grafen Eedem unterstellt sein sollte, brachte jener eine sehr unglücklich
abgefaßte Erldämng') in die »Allgemeine Leipziger Zeitung« (20. Januar
1841j, daß er seine SteUung aufgeben würde, wenn er nicht gegen Hedem
Eecht bekäme. Die Folge davon war, daß gegen ihn eine Anklage w^n
Majestäts^Beleidigung erhoben und ihm eine Büge vom König erteilt wurde;
auch brachte diese »Gesetz und Anstand verletzende Erklärung« im
Publikum eine solche Erbitterung hervor, daß die Polizei Störungen be-
fürchtete, folls Spontini am 5. Februar die Oper »Iphigenia« dirigieren
würde; sie bat daher die Intendanz, einen Stellvertreter zu ernennen,
was auch geschah.
Der König war trotz allem gegen Spontini sehr wohlwoUend; er
setzte am ö. Februar 1841 eine Kommission ein, welche dessen Be-
1) Der »Oedipos in Goluuosc von Sacohini war von 1797 bis 182d 47 mal ge-
geben worden, erschien aber trots dieses Wunsches des Königs ebenso wenig wieder
auf der Bühne wie Piccini'a >I)ido« (von 17*>0— 1808 25 mal gegeben) oder
Righini'» »ZBuberwald< ivon 1^11— ISl/i ♦) la il n^r_:i ben .
2] Sjtontini sagte 'Inrin, dali der i'aU unmöglich sei, dali der König Bich zu
guQsten Kedums gegen ihn entscheide, «denn er würde die Unterschrift und das ge-
heiligte Wort zweier PTeaßisdber Könige kompromittieren«.
3} Die Kabinetsordre vom 6. Februar 1841 schließt mit den Worten: »Ich kann
nur annehmen, daß eine leidenschaftliche Aufwallung Sie dazu veranlaßt hat, eine
Taktlosigkeit zu beweisen, derrn RüpT ich gern überhoben geblieben wäre und vor
deren Folgen ich ISie nicht schützen kann.«
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Wilhelm Alimann, Spo&tini an der Berliner Oper.
287
schwcriieu untersuch« -n und darübiT ('ntschfidcn sollte. Die Mitglieder
dieser Kommission waren; ilor Wirkl. GtlieiiiH* Rat von Masst.w (Vor-
sitzender', der Gebeime Obf'r-Tril)unalsrat von \\'iiitt'rf('ld. dw Professur
von 2sauiii;iiin und der (.u'lu'ime Ober-Finauzrut vuii (Jruiu'nllial. Diese
Kommission übersandte Spontini'sBescbwerden zunächst dem (J raf lle<lern ;
uns interessiert vor allem der ö. Punkt »es habe ein Kontmktbruch
stattirefunilen, indem ihm die Handluri^n n und Texte (Gedichte) nach
Art. 3 seines Kontraktes von der Gen* ral-Intendantur nicht wären zur
Komposition neuer Opern geliefert worden. Damit be^aündete Spontini
auch die Forderung von 8chaden-Frsatz dafür, daß ihm die durch den
Kontrakt zugesicherte Gratifikation von 1050 Talern für die erste Aiil-
fOhrong jeder neuen Oper entgangen und ihm auch der Vorteil benommen
sei, den er durch Verkauf der Partituren an andere Theater und an
Kunsthandlungfen gehabt haben ^rde und welchen er für jede neue
Oper auf 3000 Taler berechnet« Er forderte Oberhaupt einen Schaden-
Ersats ron 46,850 Talern.
Mit Recht betonte Graf Hedem in seiner Gegenschrift, daß von einer
Verpflichtung Spontini's »nur diejenigen Texte zu komponieren, welche
ihm die Intendantur Übersenden würde« in jenem Kontrakt nicht die Bede
sei, was auch aus § 5 hervorgehe. Im Hinblick auf die Komposition
der Oper »Agnes von Hohenstaufen«, zu der Spontini im ganzen 12 Jahre
gebraucht) sagt Graf Bedem:
»AVolltü mau noch Beweise suchen, daß es ihm uuch im Büsitzt* d«T
trefifliehsten Texte dennoch nicht möglich gewesen sein würde, den Verbind-
lichkeif lu nachzukomnj> n, /ii d. nm « r sich beim Abschluß Beines Kontrakts
verpflichtet hat, diu Geschichte der Komposition dieser einen Oper würde
dies vollstündt<_' ho'^tntiu'eii.«
D» . . . dem p. Spontini die Wahl gelassen war, wenn er geeignete Texte
fHnde, sie zu komponieren, so konnte es ihm nicht schwer werden, zumal er
vor seiner Ankunft, wie der Kontrakt beaaf^i, bereits in Frankreich mit
Dichtern wegen Komposition einiger Opern Verbindlichkeiten eingegangen,
ihre AnffVihrung hier zu bewerkstellii^en. Bereits im Jahre 1822 fnipfahl
der verewigte Graf Brühl dem Spontini das Trauenipiel »Das Kreuz an der
Ostsee« von UTemer als zur Bearbeitung eines für die Oper geeigneten
Stoffes, und der Prediger Hauchecome wurde beauftragt, es fflr ihn zu über»
setzen. Eine KoiTespoudenz mit Goethe, welche sogar zum Druck befördert
ist (Tiorow, DeiikwiM iliLdviit- n . Im AS ri~f , iliiß Spontini sdion seit vit>!t*n Jahren
im Besitz eines vortreü liehen UperugedichtB von .louy sich beündet, »/<«
AUti nü nucst betitelt
»KrwBgt man, wie viele Jahre über die SohSpfuug dieser*) "Werke hin-
gegangen und gedenkt man «einer öfteren Reisen, so Iftßt sich wohl nicht
1] Die Kosten der szenisi hon EiurichtuDg von Olynipiii, Nurmahol, Alcidor and
Agnes von Hohenstaiifen jriht Graf Ködern auf 88213 Taler an.
2 Nümhch Nurmaiial, Ateidur und Agnes.
ö. d. L M. IV. ' 19
288
Wah^ Altaunn, %)Ostiiii •» der BerliiMr Oper.
bfigreifeiiT womit deiwlbe setM Eordermng siif Scbndeo'Sntthi bcgtOadea will ;
denn daH er nicht imätaude f?ew*»s«n wäre, jährlich, wie es in seiner Aii<r;tl»e
dneh HU liegen scheint, ein AVerk von dem Umfange, wie diese drei Ojpeiu
zu komponieren — denn Olympia, zu deren Vollendung 10 Jahre nötig
wares, war schon vor seiner Ankunft in Paris gegeben — nnteriiegt n&ek
dem, WAS Mrir hier erlebt, wohl keinem Zweifel. Wenn er aber hierbei an—
filhrt, daß ihm dadiii-cli i h der Vorteil (^enomiuen sei, den er duith V«.t-
kauf au audore Thefitrr und Kunsthandlungen gehabt haben wür»lf». go wider-
legt bicli die» von »eliwt genügend dadurch, daß mit Ausnalime der Oper
Olympia, welche, wie icb weiß, nur in Dannstadt nnd Dresden gegeben
wräden ist, weder Alcidor, Kormahal noeb Agnes Ton Hohenstaufen anf irgend
einer eur^iisohen B^m rar AnffObning gekaaniMi sind . . .«
Noch be?or die Kommission ihre Arbeit beendigt hatte, war Spontini
vom Kammergericht zu einer neunmonatlichen Festungsstrale verurieilt
worden. Er appellierte gegen dieses Urteil und heschloS, da das Gerücht
Terbreitet war, er sei seines Amtes enthoben, am 8. Apnl den »Don
Juan« zu dirigieren und ließ sich auch nicht zurflckhalten, als die Polisei
-darauf aufmerksam machte, daß Buhestoningen zu befürcbten seien.
Diese trafen auch ein. Mit Mühe gelang es Spontini, die Ouvertüre wenigstens
zu Ende zu bringen; dann mußte er den Bufen »Hinausc Folge leisten.
Unter dem 10. Juli 1841 erteilte dann der Konig dem (reneral-Musik-
direktor Spontini, »nachdem die Kommission ihr Geschäft vollendet hat
und auch bei der vom Kammergericht ero&eten Untersuchung seine Aa*
Wesenheit nicht mehr erforderlich sein wird, einen siehenmonatlichen Ur-
laub, c Aber erat am 31. Ausist roiste SpoDtini ab, nachdem er noch
die niederschmetternde köntgUche Xahmetsordre vom 2b. August efhalten.
Sie lautete namUch:
>Die generelle Beschwerde betr., daß die Dienst-Instmlctioin vom 8. Febr.
1831 die Kontraktß-Bestimnmngen von 1819 verletze, so kann ich m Iah nur
für <Ii« ^lajorität der KoannissioB dahin entsobeiden, dai^ dies keineawigo
der Fall nei
»Alle Geldfuixleruugeu, welche der p. Spontini doähalb macht, weil au-
gebliohe Kontrakta-Bestimmnngen nicht gehalten worden sind«, sollen »Uar
mdit entschieden, sondern derselbe damit «um Wege Aecbtene Tenriesen
werden«. . .
• Aber nicht allein die Erörterung einzehier Bc chwordtpunkte lag in dorn
der Kommisaiou geschehenen Auf trüge ; es kam auch aul die Darstellung d«3t>
ganzen Geadiftfl^yeihältnisses und auf Angabe der Mittel an, ein besseres zu
begrOnden. Die Resultate haben ei|reben, daß bei der IndividuaUiftt den
Spontini nach 20,jähriger Erfahrung sich nicht hoffen läßt, ein Niedlichen
V< rli:ntiiiß bpst(>hrn 7n «ehon, durcb welches allein ein p-emeinaamets, bcil-
bringendeH hinwirken zum Besten des mtisikalischen iiiütitutti der ßchau.«piele
sich würde erwarten lassen. Ich habe daher beschlossen, den p. Spon-
tini aller der Verbindliohkeiten zu entlassen, welche ihm durch den
1) Überhaupt wurden die meisten speeielleo Klagen als erledigt angeaGhan.
Wilhelm AUmans, Spuxituu im der Beriiiiar Opsr.
289
Kontrakt von 1819 und die lutmktioiieii von 1881 und 18S1 ssfexiogt
worden siad, nii4 mithin alHs sn l59«n, vaa ihn blähe r mit der
G eueral-Intendantur Mt iner Schtuspicle iu Terbinduug gesetzt
hat. Alles, was p. Spontini Malier nu Oeldvortfilen inid Titelverlt-Uiunp
aus den kontraktlichen Bestimmungen belogen und sich zu eri'reuen gehabt
hat) soll ihm verbleiben, und er soll in dem, waa er jetzt bezieht, iu nichts
geiiefamilwt werdm. Seine ganze Mofie aeU er der ¥ompQaition «idmen,
nnd Ich ka^n nnr aonehmeu, daß e^vtere vohtthjvtig auf letztere einwirken
wridi', da von nun an alle Heibuogon und die maniiigfaltigendcn Beschwerden
vvt'<:fnll(n wt nitri. welche die Leidenschafteii aufregten uiul dem (leiste die
Ruhe nuhuien, die zur Hervorbriugung genialer Werke durchuua erforderlich
iat. Ich rechne hierbei anf Spouiini'e volle Dankbarkeit, indem Icii »eine
Bitten Tom 2. Juli 1824 au des hochseligen Königs Mi^erttt in ErfUhing
gehen la?se, w»;]cho dahin gingen, ihn mit En,tbiudung von aJlen über-
nommeuen V'erpÜichtuugen der Kuhe viusikalifcher Komposition zu über-
lassen. Seine neuen Kompositionen werden mir sehr willkomjfacn sein. Ks
▼ ersteht »ich von selbst, daß er diese au dirigieren berechtigt
ist; apUte er auch Torzugsweise Opern anderer Komponisten
einzustudieren und zu dirigieren wünschen, so hat er dies gegen
den (t en erul -Tn tt n dauten der Hchuuspiele aQS3^S|freohen Mud
sich darüber mit ihm zu vereinigen.«
Am 10. Dezember 1841 kehrte Spontini von Pai-is wieder nadb Berlin
zurflck, am 23. DezemV)er zo^: er seine Geldansprüche zurück. Audi die
zweite Instanz entschied in dem Miiji^stäts-Beleidigiings-Prozesse gegen
ihn. Doch König Fnedrich Wilhelm IV. begnadigte ihn. Der folgende
Wortlaut der betreffenden Kabineteordre vom 14. Mai 1842 dürfte von
besonderem I&tereese sein:
»Bas zweite kammergerichtUche Erkenntnis in Ihrer Untermehungsiaehe
hat das erste, auf neunmonaÜichen Fcstongsarrest lautende bestätigt, nnd Sie
würden diese rechtskräftig gewordene Strafe erdulden müssen, wenn Ich mich
nicht bewon-on Tande, sie Ihnen in Gnaden zu erlassen. Diese Begnadigung
soll nicht als eine Kechtlertigung Ihres Benehmens angesehen werden, viel-
mehr halte ieh die Straferkenntnisae yollkommen gerechtfertigt, und, wenn
Ich Sie von den Folgen der letsteren hefreie, so haben Sie dies Meinem
Anerkenntnisse Ihres durch Meisterwerke yrohi erworbenen künstlerischen
Kufe<^ zu verdanken . . .
> Wim III Sie biüher durch die Erwartung des Ausgangs Ihres Unter-
Suchungä-Prozesses bestimmt worden sind, Ihr li^esiges Dojiuizil beizuhtUteu
nnd sich den Obliegenheiten auswärtiger Amtsverhaltnisse und wissenschaft-
licher Verbindungen zu entziehen, so werden Sie jetzt frei über Ihre Zeit
dispouieroii können, indmii Sic d.i-;, wiis Sic bisher in Ihrem Amte bezogen
haben, lortgesetzt l>»vi«-lK'ii w.'idt ti und dieses durch die Verlef,nnig Ihres
Domizils ins Ausland m keiner Art geschmiUert werdt-n soll. Bleiben Sie
aber in Berlin« so würde die Art der TThfttigkeit, welehe Ich Ihnen in der
. . . Ordre vonn 25, Aug. v. Js. vorbehalten habe, nur dann eintreten können,
wenn Sie den speziellen Auftrag dazu von Mir erhalten haben.«
Ein weiterer Beweis der königUolieQ Gnade war, daB -Slpoaiiiii im
19*
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90
Wilhelm Altmaim, Spontini an der Berliner Oper.
Juni 1'^4l^ einen Vorschuß von 6000 Thalern erhirlt. der mhii 1. Januar
1843 ab durch jährhclre Raten von 2000 Thalern durch Gehaltsabzüge Ztt
decken vrar; von diesem Zeitpunkte an wurde Spontini nnmittelbar aus
der Kronfideikomniiß-Kasse l)esoldet.
Gegen Ende Juli verließ er Berlin, um eni im Auinist 1H47 dahin
auf kürzere Zeit zurückzukehren. Der Köniir "inpfing üin huldvollst und
bestimmte nach seiner Abreise durch Kabinetsordre vom 11. Oktober 1847,
daß die Opern Nurmahal, Cortez und Vestalin im kommenden Winter
unter Spontini s eigener Leitung wieder cfogeben würden.
Als aber der Tntcndnnt von Küsliicr' , der Naclifolr^fr des Grafen
Redern, fh-swct^m mit Si)()iitiiii korrcspoudit it»', liclici» Inhalt und Fa'^'^imq'
von dessen Antwortschreiben Itt sortroii. daß er ■hiesell»>t eine Stellung unrl
"Wirk«:nmkeit rin/unobinen^ lirali-^iriitiirc wclclio durch den ihm auf s»'inen
Wuns( h erteilten küiiiglichea Auftra;^' keineswegs begründet war I )i r l\« >iii;,'^
wünschte daher, daß Spontini in Kenntnis gesetzt würde, daß ea kt incvw.-.r-.
Absicht sei, >ihn hieselbst seine Funktionen als General-Musikdireklor
wieder antreten zu lasst ii. SDiiderii duli sich st ino Wirksamkeit vii lni»dir
nur auf das Einstudieren und Dirigii'ren der genannten Üpeiii en^lreckeu
solle und j^uh daher innerhalb dw (irenzun halten müsse, welche undereii
Kumpunisten in solchen Fällen gezogen werden.«
Aber auch hier/u kam es nicht, da Spontini den Winter 1847 48
krank war und im Jahre 1848 zu seiner alten langjährigen Ivurzaichlig-
keit noch durch Schwerhörigkeit betroffen wurde. Er verbrachte seine
letzten Lebensjahre in Italien und starb in seinem Geburtsorte Majolati
am 14. Januar 1851.
Zum Schluß noch einige Worte über den sogenannten Spontini-
Fonds. Unter dem 5. April 1826 hatte sich Spontini an König Fried-
rich Wilhebn HI. mit folgender Bitte bezüglich des ihm kontraktmäßig
zustehenden jährlichen Benefiz-Konzertes gewandt:
»J*ose supplier Vofre Majrst/^ .s'/rr, de vouloir hkn m*auU>rüer ä r^noncfr
pour tout j amais ä re heuffhe sHjmU dam won conirat et d sUituer par tm
ordre de cabimty si frllr itait San awjustc rolonfr, qw' y donuf de fondaiion
tou» Irs- nti.v, ff Hff<!s'fii'i, ftn rntturt spirifx'^l ff pfitst rn/tirnahif ff Ir j^his
pioduttif pos»ibit\ lioid la rcccttc brüte soit rersn dam unc cuisac ad iior^
pour servir awc awjmcntations imnueUfSj aiu (/rad/irations et aux seeoura en
faveur de* memhres ds la eftapelle roytUe et des eltorur» suriotit^ dotU je m
munit's jnmai^ fxposrr ä kt bonte genereusc H compatisitafde de Votre.
JHajestä la pfus graude et la plus unjf»f»' nrf'fs<n'ff . . , t
Der König wollte zunächst nicht auf Spontini's Wunsch völlig ein-
gehen; am 10. April ließ er ihm ahtworten:
1} Karl Theodor von Küsluer geb. 1784; war Leiter der KDniglicIieii Schau-
spiele von 1842—1851; sein Vorgänger, di-r Graf Redem erhielt nonmehr die neu-
geaohaffeine Stellung eines Qeneral-Intendanten der £.5niglichen Hofinusik.
. ij i^od by Googl
Wühfttm. Altmanti, Spontmi an der Berliner Oper. 2dl
*Jf' ii'nrrrpfr q iir pour If jour de pntitoicc prorJtnin Votrc offre dr
fairp vrrsrr la rrrrttc brutr dr Votre conecrt ihtfi^ ttn^e cnissc au hrnefire d-t's
uii nihrrK de la cJtapelic et des clwcurs ronimr suf/inant. pour refuter le fatix
briiit^ (jue Vous n^eussiex häte de retour d Votre poste qu*ä cause de ce eoneerl,
QttatU d tavmir je ne veux pae agrier Votre renoMtaHon d un recenUf qui
Vous est assure par Votre eontrat tpi^en toiU que Vous jugUx d propos de
faseigner d un empUn ei homrabk.*
Aber Spontini bestand auf semem Plan, ein ständige Wohlfahrts-Eiik-
licbtang zu stiften, so daß der König dann durch Kabinetsordre Yom
17. Mai 1826 seine Zustinunung wie folgt erklärte:
»Quoiqm d^apres la teneur de Votre enga^nneta Vemploi de la reeeUe de
Votre coneert ne depende que de Voue^ je veux Inen attendre pour la diqtosiHo»
sur hl sQtnmr dr 1500 Thaler Ir prqjet rd^mentaire que Vom deewe» aou-
wf'ttrr ä ma sanrtioit.^
Ein Statuten-Entwurf Spontini's fand aber nicht die Billigung der
General- Intendantur und auch nicht des Hausministeriums; nachdem ge-
wisse Abändern n^fon vf)r^rr'noinmen waren, fand das Reiriement für den
Spontini-Konds die königliche Genehmigung nm 17, Oktober Die
wesentlichsten Paragraphen dieses Keglements waren folgende:
§ 1. »Ans dei] Einkünften des dem Herrn General -Musikdirektor
Spontini koiitraktmänig zustehenden jiihrlichen Konzerts am Bußtage ist,
nucliflom fM" ;>tif «(»Irhp's mit Allerhöcl!«t<'r (ienehmigung verzichtet hat, nach
»einem Antrage zum Besten des bodurttiguu Tlietttei^-Peraouals, nameutlich
des Orchester' und Ghor-Personola eine UuterstQtsnngskasse gestiftet und de]>>
selben mit Allerhöchster Genehmigung der Name »Spontini-Fonde« bei-
gelegt worden.
4} 2. In Fonds tlieHfii ;iiiR<>r jenon Einkfniffen die 'leldstrafen
des gesanitea Theater-Personals ohne Ausnahme und ohne einen l uterHchied,
und die Bestimmung der bisherigen Stralkasse, hiililuse reisende Theater-
Personen 2U unterstützen^ wird auf die Fnterstfitsungskasse mit Übertragen.
§ 3, Zur Verwaltun.iT der Kasse wird ein Ausschuß errichtet...
12. J)ein HauHininistcriuni ist es übt-rt raffen, etwa entstehende DilTe-
renzeri iihcr die Austühruntjen vor.stehenden Keglemeut«; definitiv zu ent-
scheiden und etwaige Ergänzungen zu erlas.-ien.«
Einen keineswegs guten Eindriu-k nuiebte es, daß Spontini wiederholt
sich nicht über die Verwendung der Einnahmen dieses Fonds zu d(^n
Stiftnnirs-Zwecken durch aasreicl!«nifb^ Belege ausweisen konnte und mit
der Einlicfortirm mancher Konzert-Einnubme :m dn» T\;»ss(> ii i iickstandc
blieb. König Eriedrich Willielm III. bestimmte schliclilich um 18. Ok-
tober 1837:
»daß von «lfm 't'-neral-Musikdirektor Spontini über dir YrrwiiidiiTTjf der
in den Jahren 1830 u. 1S32 u. 1834 uu küuiglicheu und priuzliuheu Ge-
1} »(Test €teee plaisir, que je Vous renouteäe ma satisfaetion du disintiressemem/t,
que Vous am ^nonfrc ä eetie oeeasion, . . .•
i^'iLjuiz-uü by
292
Willieiiii Altaiann, Sponüitt su d«r BerliiMur Oper.
schenken für den Spontini-J''ond8 vereinnahmten 66u Thalern Gold und
30 ^ntderii Ooimnit, aowie d«i tau diesem Fonds erhalteneB Yorsdbiiiftes von
100 Tfaaleni kmne weiMre Bedienichsft gefofdert, mHmI«» d«r Betrag dieMr
Snsnne als niadergeadilagen Terrel^et werden aoU.«
Aih Sponttni sich 1844 auf Beisen begab, verlangte er, daß wählend
seiner Abwesenheit auch nicht im geringsten Uber den Spontini-Fonde die-
poniert werden solle, ein Verlangen, dem im Einklang mit den Statuten
nicht Itechnung getragen werdeii konnte.
Unter dem 5. Januar 1853 würde durch königliche Eabinetsotdre die
Aufhebung des Sponiini-Fonds, fär den bis 1852 regelmäßig ein £[onzert
alljttirilch stattgefsnden hatte, genehmigt; bare Beert&nde desselben waren
nicht indi^ voihanden.
Damit war die bleibende Erinnerung an das Bwlioer Wirken Spontini\
welche er durch diese Wohlfahrte-Etnrichtung beabsichtigt hatte, beseitigt.
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0. Umüf, Stovkwch«, grwoiiiwiie, wlitchiwhit iA tftitoch» Tüsa» n. •■ w. 293
Slovakische, griechische, walachisohe und türkische Täuze,
Lieder u. s. w.
Nach einem Manuskript yeröffentlicht
von
Otto HeHlg.
(Ettlingen.)
Nr. 93 der Abteilung »Praktischp ^Äfusik* der Karlsruher Landes-
bibliothek stellt eine einheitliche, zusantmenhäiiirende Handschrift des in
den fyOcr Jaliren des vprimn^roncn Jahrhunderts verstorhenen ehemaligen
Jenaer Herf^nats Gustav Sehueler dar, der seine Bibliothek und Samm-
lungen seiner Zeit dem badischen Staat gegen eine Tieihesrente vermachte.
I 1 > r den Schreiber des Manuskriptes und seine Tätigkeit als Musiker
konnte ich weiter nichts erfahren.
Auf dem Titelblatt der .slovakischen Lieder steht: Gust. Sehueler 1835,
Zohler (^omitat rn;,'ani; erhalten von Herrn Seyfried in Nouscht; auf
dem der i,niechi>chen Tanze: Krhalteu von Horm Oanzlcr, Cav. de
Ferio auf dem der walachischen Tün/e: 18.17 Brasclidw und
BukwuHcht, erhalten von Herrn Canzler in Cav. de Ferio; auf dein der
Irakischen Beiträge: 1838 Conütautinopel, erhalten von Canzler, Cav.
de Ferio.
Absichtlich ist die Schreibung des Manuskriptes, selbst da, wo sie
offenbar fehlerhaft ist genau beibehalten, weil so die Quelle des Schrei-
bers vielleicht einmal erkannt werden kann, falls eine ursprünglich vor-
liegende gedruckte Fassung hier überhaupt in Frage kommt.
L Slowakische Lieder (mit Guitarre-Begleitung).
Nr. 1. ^
Diew ca Diew ci na <\o - nes do mli - na ma - lo
Ga ti zo - mc - loni mi - tu ne wez mem leu ta
2i)4 0. Heilig, äiovaidscbe, gn«obiacbe, walaohische imd türidfiche Tita» il s. w.
le • bu moc lun do
dew cat - ko len ta
nes na noe
ob eg mem.
Kdo na wi - |»t wedi pri • wi - ka wachak je win-ko pretacUo -
-i^ — >—- .[i;^-^— ^»~^~*^T:#- -^^.~2a
ka
Win-ko chnye win-ko pa-li Win-ko chreje win-ko pa-li
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win - ko mu - drc chla - wi »rhu - Ii,
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Mr. S.
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po>w6 - da
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zo na da - be -te>.
sa ma mi po - rte»
je:
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O. Heilig, Slovakisohe, walachiscbe, griechiscbe und türkiache l&tm u. b. w. 295
da ach sclie mi mo - ja nii la pre - no - ru wat - ne da
te ach lach ni ji du-scha ma aeui-mi do pos - te - Ic.
T f f f f '
XL Gri'iechiscbe Tänze, rinM ;)]!4:( siluge uud Profanlieder-
Melodien.
Kr. 1. QeichwilHi« I Keiheotans.
fr fr
Ä
v — r.
«5
fr fr
~ s
-0- vm
Nr. 2 Griecbindier Oürteltaiis.
Mäßig.
Nr. 3. Aus Lukas Ii, 14. Mixulydische Tonart, In i molugisch oder goachwmde
Uruadtou.
1^
Sä
^ - - - >'/;, tj' ffi' - .'>^Mr>^.7r>t>- fr - do - »i - - (t.
Dasselbe aus dem hypophrygischen Tone, d. i. dem (liaUiJüii Lcu E:
-# — # • -0 -
296 0. Heilig, aiowkiedte, griMbiMbe, ««iMhitdie und tUÜMhe lliiM v. t. «.
f
- 4* *«* < - Jti «I - - - -
Mr. 4. PrluttbaUerendes AnaaSit oder Tenrem ftUB den Torigen Tone.
# —
Nr. 6. Lied aus dem weichen A.
n B« ni nä tro po» na je • m kiäali - umon ar-
umon ar-
ff
ea metaae»
1
ke-U . ot u Uk rnn-nft pos
aS
f
_ t=t:
jS a«1i a aes-tis ei • an ech •> oa me - ga- IL
r-
Kr. 6. Anderes Lied.
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8e - ]a - goa em - bi Ica - Ii mi • o • na lachte to
n ma o-lopft-ra der • ao aas ta • xo dembo xo nm.
n o • lo pa - ra derno nas ia • xo dem - bo ro
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0. B»ilSg, SloviUMlhe, «riednaohtt, «alaohMe vnä tttrkkoiie Time «. ». 297
WF. 7. Lied ohim Text.
r
UL Walachische Täase und Lieder.
Nr. 1. B#ttatat«in.
Qesehtcinde.
-G
Nr. 8. Walachiflohc Cbora.
Mäßig. ^
^^^^^
Nr. 3. Andere Cbora.
I
— 1^ — — # — f-
-I 1-
I
Nr. 4. Chore.
■4 — »
ß m —
Nr. 5. Cbora.
fr
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296 O. Heilig, Slovaldsche, griechkehe, valMhtache imd türkuche TSiue «. s. w.
Nr. 6. OOrteltaiuE.
CT K - — • \p ^ — ji^^J '
I 1
r
r
Nr. 7. K aluschär oder lioritschautanz.
3^
Kr. H IVlokaneechti oder KataneachU.
43
I
Nr. 9. Arie.
LaiKjsam
i.an<^am f,, ^ , ^ ^ tr fr
O. Heilig, SloTakiaohe, grioohiaohe, walachische and türki«che Tänse u. s. w, 299
Nr. 10. Lie'l Kimpe,
Vorspiel Kimpc
iß-—
6'' >' Ini tni/c.
• I I
langsam öe»chwinde.
•OfMWIffl I I
4:
IV. Türkische Märsche und Liedermelodien.
Xr. 1. JMcItxlic des Derwisr htanzt's.
MutUer.
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4iOU 0. lleiüg, Slovikkiiche, ipÜHiuadui, waiacitMioke und. Uirkiacb» lau^ u. 0. w.
3^
Nr. 2. Arie.
Langsam, fr
fr V
^^^^
/r ^f^Oi':/
fr
fr
J.uiHjaiim.
Vom ÄnfaDg bi» som ZeidMQ.
U. Heilig, 81ovakiache, gritM^biache, wakchuictui und türkische Täuze u. s. w. 301
Nr. S. Solotaas mit ointtm fliegenden Taichentacbe.
Nr. 4. Tfiridiche Sonate.
Nr. 6. PSstraff tue dem Tone Hnueim Tax i i TtchSanber.
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•
302 0. Abrnliam u. £. M. v. Hornbostel, Studien Bber daa Tomystem der Japaner.
Stadien aber das Tonsystem and die Mosik der Japaner
▼on
Otto Abraham und Erich M. von Hornbostel.
(Aus dem p8ycliol<^(ischen Institut der Unirersi^t Berlin.)
1. Material and latteratar.
Das Berliner Gastapiel der jupaniBchen Theatertroppe des Herrn Kawa-
kami im Herbst 1901 r»'Ktc UDB an, das Tonsysteni und die Musik der
Jap.nHT eiu^rbfiidfr /m udit'ivn, womöglicb auf fxpt'riniHntrller ( Jrundla^'»'-
Durch das IVi undlicht' Kiitgetrenkoiuuu'ii der japuinäibni ^Itisik*T, vor allt-ii
der Frau Siuia Y accü selbst, gelung es uus, eine gröivi ie An/.ahl pbouo-
grapbischer Aufnahmen an machen, die wir, iu enropSische Notena<diriit über-
trafen, im Anhang an diese Studie wiedergeben. .Kini<»e Flöten- und öe-
sangs-Stücke verdanken wir zwei Herren, die sich studienhalber in Berlin auf-
hirlt) IL niid -icli bereit t'nn<]i n. uns niehrmaU [im psychologischen Institut der
lUiversität^ japanische Musik vurzufuhren.
Die Siimmangen der Koto (Harfe' haben wir im Theater mehnnaU mit
Hilfe eines Appunn'scbeu Tonmeaaers kontruUiert, ebenso ließen wir luis die
Töne des S}i>ikt/hachi (Bambus-Klariiiett«) der Reihe nach vorblasen, und he-
stimmten ihre Schwinfinnirs^zfdjlcM Dazu kamen M«-tJsniiL«<'n au Instruim iit-'u
mit fester Stimuumg (FlöteJi und ( Juitarren , die wir int Museum für VöLker-
knnde und iu der Köuigl. Iu£trumenten-Samnüung an Berlin, ferner im k. k.
natttrhiatorlscben Hofmuseum und in der Sammlang der Gesellschafl der Musik-
freunde zu Wien ausführten Endlich bestimmten wir an unseren Phouo*
•/rnmiMen die Schwinguüi,' -/nhli-ii fVtr («in/i liir Töne. T)ie Benutzung erperi-
meiilLll-akustiseher Methodin hi*ini Studium exotinciier Mu><ik wurde zuerst
Von A. 1. EUis^j mit Erfolg versucht. Seine Messungen au Musik-] U!<Uu-
menten der meisten Volker des Erdballa sind Muster von Genauig'keit und
Vorsicht.
Javanische Instrumente sind vou L P. X Tj.hiiP . i in iciches Material io
deutschen Museen von Wnüuschek •*) und L K i c m i n ii ■' ) geprüft worden.
Der Phonograph wurde zuerst von H. 1. Gilman* beim Studium vou
tndianer^Oesangen und chinesischer Musik verwendet. Beider Methoden be-
1 Iv- <iA uns gestattet, f^leich an dieser Stelle allen flenm, welche dun h Ii* hens-
würdige Luterstützuug unsere Arbeit gefördert haben, vor allen dem Direktor de»
I)9Ychol(*^i»chen Institutes, Herrn Professor Stumpf, onsem verbindlichsten Dank
auszu^preoheu.
2 <h/ lUHfth'fil scah's of r(irioiu> mxfiotui. Vergleiche auch Stampf, Viertel-
jalu-Bschnti lur Musikwissenschaft II ^188(1,, S. 511 fl".
3) Die Tonkunst der Javanen. Femer: Vorrede von Groneman, De Oamüan
te Jopjalatrta. 18.S!).
ii Die Entstehung der Skala. Wien 1899.
6] Über eigentümliche bei Natur- und orientalischen Koltur- Völkern vorkommende
Tonreiben, l'.ssen 1899.
(i Zuiii yfrlit'fii s. und Oll somc psychologicnl ftsj>crfs >,f (li< Cliinrsr niusical tl^l^tm*
Boston 1892. \'ergleiche auch Stumpf, Phonugi-aphierte ludiunennelodieu.
L. kj .i^cd by Google
O. Abraham v. £. M. t. HornboBtel, Studien Qber da« Toniystem der Japaner. 303
(lit'iitt' sieh .Stumpi'*i bei der ITntcrsm liung des si;mu'-is>lit'ii Tonsystem».
Aul die Vorzüge und Fehlerquelleu der eiuzelucn Mttliudeu kommeu wir
später noch zurUek.
Es existiert über japanische Musik schon eine xiemUcb umfangreiche
Literatur. Die ältesten Mitteilungen stammen von den Missionaren Dr. Syle^)
und Dr. Veeder-'y: letzterer machte auch einige Me^Hunf^en an sehr alten
japanischen Flöten mit Hilfe einer Sirene. Einer eingehenderen Arbeit von
Dr. Müller^) verdanken wir «. ». die einzigen Mitteiltti^eii über die Hof-
masik (Gagakn), die ihm als Leibarast des Bükado sui^nglieh wnrde. Eine
sehr aupführliche Darstellung hat F. T. Piggott^) gegeben; an dieselbe
schließen sich die Diskussionen über die japanischen Tonleitern von F. Du
Bois*) und C. G. Kaott an,
NamenÜicb für die Instrumentenkuude wertroU ist die Aibeit von
A. Krans^). Besohreibnngen nnd Abbildungen finden sich femer in dem
Atlas von Hipkins, in den Mnsenms-Katalogen von Mahillon, Chonqnet,
C, £ngel tnid niidern.
Mit den einiji imiM'hen Mytlu n und Satr^n über dt-n TTrsprun^ der Musik
und einzelner Inatrumente beschültigt sich eiuo Monographie von D. Brauns'').
' Nach dem Gehör notierte japanische Musikstücke und Lieder haben u. a.
V. Holt/., Fr. Eckert. Zedtwitz, We»tphal und in den bereits «niriÜinten
Arbeiten Müller (Orchester-Partitur), Piggott und Kraus publiziert.
Besonderem Vertrauen verdient die Sümiidung von Koto-Stücken sowie
eine Keihe von \'olkö- und Kinderliedern, die von Isawa, dem Direktor
der Muaiksdiule zu Tokyo, znm Scbulgebrauch herausgegeben worden sind;
fem er eine Ansalil Lieder mit ShnmisenoBegleitung, die K. Joshimoto, .ein
auch in europäischer Musik gebildeter Jtipjiner, aufgezeichnet hat.
Für wissenschaftlirhe Zwecke durchaus unbrnurbbar .sind datre.i,'en Arrnnure-
meuts für Klavier oder Harmonisierungen von (iesüngen, wie solche von
Siebold, Bevan, Diettrich und andern verbucht worden sind.
Soweit das Gastspiel der japanischen Truppe dazu Gelegenheit bot, haben
wir auch den Zusammenhang der Musik mit dem Theater aus eigner An-
schauung kennen gelernt. Reiseberichte uiunfeii hier zur Ergänzung heran-
gezogen werden",. Mündlichen Mitteilungen einiLjer iu Kerlin ansüssirrer
japaniBcher Herreu verdanken wir teils Bestätigungen und Bcriclitiguugeu,
teils wertvolle ErgKnsungen der in der Literatur enthaltenen Schilderungen
ostasiatischer MusikpHege.
Wie ihre ganze Kultur, kam auch die Tonkunst der Japaner ursprünglich
ans China. (.Neben zahlreichen Mythen, die ihren autochthonen Urapruug
1 Tonsystem und Musik der Siamesen. 11K)1,
2 (hl primitirr Musir, tttprcially ihnt nf Japan. 1877.
3 JnpanciiC Mustral Intrrrals. 1877 und 1879.
4 Einige Notizen iilier die japanisclje Alusik. 1874—1876-
5' ihr Mtisio of t/w Japanese. ISiJl — löi>3.
H, Tfy yekkin 3Ü$neal Seak», 1891.
7; Remarlu on Japanese Mitsiral Seatet. 18B1.
H; L/f trin^tifpir an JapoH. 1878.
9; Tradttioiis Jupnnakv^ »ur la chamon, Ut ntmtqm et Ui danse. 1890.
10) OoUeeHon nf Jafmnese Köio-Muaie, 1888 und Lange. 1900.
11) XanieiiMi. ]i A. Fiselirr, .T , |,anisehes Theater. l'.K3! ; A. Lequeux, Le tb^tre
japonals, 1889; Ii), (iuimet et F. Ilegamey, Le theatrc au Japou, 1886.
8. d. L M. iV. 20
3U4 ^- Abraham u. K. AI. v. ilumbustel, 6tudicu über das Tonsystem der Japaner.
beweisen sollen) ensählen andere dentlich Ton jener Wanderung). Es schien
daher geboten, auch ül»er dsH VerhiUtnis beider Mnsiksyäteme AnlUlrnng xn
suchen, zumal noch heute manche in Japan viel «rebrauchte Instrument«*, wie
die Gekkfiiff <Tuit,irre!i »lirbt nur chiitf-i^rlipn Originalen nach^'ebildet, sunrlerii
auch direkt aus Ciüna importiert werden. Das *iH(uif in China* gilt sogi^r
als Verzag. Wir haben demnach unsere Mestfungen auch auf ciutieeiBdie
Inatromente ausgedehnt. Oft mag sich in den Museen ein chinesisches tu-
st rument in die japanische Abteilung verirren und an Verwechselungen Au-
la ß irehen
Phonographische Aufnahmen chinesischer Musikstücke sowie genaue ^les-
ituugeu der verwendeten Töne wurden von B. I. (iilman mit tbeorctischeii
Erdrterungen zu der obenerwähnten Studie vereinigt. Das komplixiert« 6e-
biiude chinesischer !^IuHiktheurie hat infolge seiner zahlreichen auffallendett
Annlo'jit'n mit dem jjvthaLroreischen Syst' iii m Iioh fi iihzeitig das liit*T<'«''c 'Irr
(Jelehrten erreyt. Abbe lloussier hatte in seinem Werk'^; :177<V bifit- ait-
griücUihche und chiuesische Anschauungen Lu Parallele gfstellt. Die umfang-
reiche Dai^tellunjor des P. Amiot^) (1780) ist neuerdings von A. Dechevrena*)
in einer kritischen Stu<lie übei-sichtlich zusammengezogen worden. Die Zu-
sammenhänge der Musik-Theorie mit d» r I*liil<i-npliii^ der Chinesen heleucbtrt
(i. Wagener'',. Wertvolle Drt.iilsj rTithiilt h-rner die Arbeit von .T. A. rnu
Aalat'']. Nach dem üehör notierte cinnesische Melodien tiudea siel» außer
in den genannten Werken hei Barrow, Du Halde, Dalberg u. a.
Die £rgebni8se dieser ForschungMi werden wir bei der Untersuchung de«
japanischen Tonsystenis, in die wir jetzt eintreten wollen, gelegentlich mit-
znberiicksichtigen haben. Vorher aber erscheint e^ :r» bfttt n. ciniire fiücremeine
Prinzipien-Fragen zu losen, welche die Auswertung des Materials betretfeu,
das uns bei einer derartigen Untersuchung zu Gebote steht.
2. MethodoIo<^is('ho V<»rb<*merkanpen.
AVir ptlegeii nur doi*t von Musik zu reden, wo uns feste diskret»« Ton-
i^lufen gegeiiübertreteu. Die erste grundlegende Frage bei der Betrachtung
eines Tousystems ist daher die nach den Tonstufen beziehungsweise den
Leitern, wenn wir unter Tonleiter ganz allgemein eine nach der TonhShe
geordnete KimIm- von Tönen verstehen.
Wir können dr >i ive^entlich verschiedene Arten von Leitern unterscheiden
und genetibch detiniereu:
1. G ehr auch s-Leitem, die wir erhalten, wenn wir die Töne eines
Husikstttckes der Tonhöhe nach ordnen;
2. Material-Tjcitern. die wir erhalten, wenn wir die Töne einer großen
Anzahl v»T«riii«-d('n<*r ^Insik><f iickc di-i- Tiiiili.'dir ii;i,h Dnlnni:
3. 1 u strumeutui-Leiteru, die wir erhalten, wenn wu" die au lustru-
1^ Anier den ( /'/./. /";<,•* hat auch die T-saitige chinesis< ho H irfr. Eingang in
«Tapan ;;cruii(lcn. Die angrVli. Ii japaniscbm » Kitiiia-Kofos* gK'jclicn den chinesischen
auf eiu Uaar. Auch die J'ipa ^Lautej iät beiden \ ülkern gememsam.
2) Memoire mr la Musique de» Amim». 1770.
3 Sfi hinirra roHri'rnani leg Cliini>i/< VI. 17H0.
4 F.tmh sur Ir si/s/inir mu^lial ilf» CInitois. Sammelbiuule der UVIG. 11^ S. 4Söff.
bi JJeinerkungeu über die Theorie der chinesischen Musik. 1877.
6) Chhi€8e Mime. im.
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O. Abrahmu u. K. M. v. Hornbostel, Studieu über das Toiisystem der Japaucr. 305
menten mit fester Stimmung gelundenen Tone der Tonhöhe nach wdnen.
Zwischen den drei Arten von Leitern bestehen mannigfache Bestehungen.
Die einzelnen Qebrauchs-Leitom bilden da» Beobachtungs-Material, aas
dem wir induktiv ein fu-setz der Iiittrvallen-Ffjlge gewinnen können, indem
wir eine Aiizalil äbiilicher Lfitern unter VernacbliissHfjfuii«; kleiner DifFeivitztMi
zuHanimcnta.^beit ; je nachdem wir eine engere oder weitere Febler-Grenze zu-
Inssig finden, gelungen wir zu einer größeren oder kleineren Zahl von em-
pirischen Oesetzen.
Die paasende Wahl der Fehlergrenze ist Sache der wissenschaftliehen
Überletfung, nnd^ es wird niclit imnier leicht sein, sicli dabei vor Mißgriffen
zu bewahren. Altere Forsoli« r, die M' liKlien bloß nach dem Geliör auf-
/«•ichneten, m<>gen die Feblei-G ren/.e wohl oft zu weit geuoinmen haben ; die
(■üwühuung au bei^timiute Intervalle beeinflußt sehr wesentlich die Auffatiäung
ungewohnter Tonschritte, namentlich wenn uns diese in einem melodischen
Zn^unuuenhan^'e g>'<>* ben sind. Es können 80 intendierte Feinheiten der In-
tonation leicht übersehen werden.
THe neueren Unter.suchun'_'H-M«thn(bMi vorftibn-n oIut zu dein cntgegen-
ge^t{/.ten Fehler: zur Wahl einer zu engen Feljler-On ijze. Die phytsikaliach-
akubtischen Messungen, die die Tonhöhen auf die Schwingungszahl genau zu
bestimmen gestatten, lassen uns die geringfügigsten Schwankungen der In-
tonation erkennen. Die Vorurteilslosigkeit, ein Grunderforderni?» aller wissen-
^chattlichen Forscliuivi,', zwingt un«, die musikiiii-^c Iii Tiegal)unj; eines fremden
A'ulkes nicht zu rinu' ;iir/n-<'blnLren. Indem wii iiuu die Fehler der älteren
Musikgelebit eu /,u vernieidi n trachten, müssen wir uns doch auch biilen, in
das entgegengesetzte Extrem zu verfallen und alle Freiheiten und Schwankungen
der Intonation für Gesetzmäßigkeiten zu halten; denn blotte kritiklo.se lie-
schn^ibung würde uns ebensowenig weiterbringen, als unbedachte oder haltr..-
loae Hy|>otbt'>^fn.
Sind wir auch nicht berechtigt, aul (Jniinl riii. s uii^'enügenden Materials
aui üesetzmüßigkeiiiiu zu schließen, so mitsseu wir un;» doch gegenwärtig halten,,
daß vollständige Induktionen fast nie mitglich sind.
Mau pflegt das Material an Gebrauchs-Leitem, durch deren Zusammen-
fassung eine Material-Leiter gebildet werden soll, o^naphisch und historisch
zu umgrenzen. Ks bat z. B. einen iruten Sinn, chinesische und siamesische}
alt-griechische und neu-^frie« iii-cbe Leitern einander Lregenüberzustelleii.
Den Materift!- Leitern koiiuut nur eine theoretische Bedeutung zu. Sie
können zwar jicleuentlich auf Instrumenten verkörpert erscheinen, wie unsere
temperierte chromatische Leiter auf dem Klavier und der Orgel. Über das
Wesen von Tonreihen, die wir auf Instrumenten finden, können wir aber von
vornherein gar nichts aussagen: sie können eben «o irnf (b)« irtcninfc in einem
^fn^iksystem verwendete Tonmaterial, wie einen größeren oder geringeren
Bruciiteil desselben enthalten.
Wir haben bisher die Leitern als Zusammenfassungen und, so zu «agen,
ihre Entstehung im Oehim des Musiktheorettkers betrachtet. Wir wenden
uns nun zur Frage nach ihrer Fiitstehung im ))raktischen Musikleben, und
zwnr zunächst zur Frni.'e nnrb dem l^-sprung des Tonmaterini«. Wir müssen
uns hier darauf lieschriinken, eine Ifbersicbt über die Entstehungs-Möglich-
keiten zu geben, da ein« eingehendere Erörterung des Problems des Ursprungs
der HuaUc aus dem Bahmen dieser Untersuchung herausfallen würde. Das
20*
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306 0. Alwaham n. R IL v. Hornbottel, Studien Uber du Ton^tem der J apauer.
J?iin/ip, dem feste Tuiiätufeii ihre Entstehang Terdanken, kfttttt ein muAikm-
ÜBches oder ein auH< i -itiiisikali--. Ii. s soiti.
^lu '•■ i k 0 1 isch können Intervnlle naeli tler auf Vei^sclun- l/.u ulj beruhenden
Kousonan/ oder nach der Diätauz der beiden Töne lestgelegt werdcu.
Aussclüiefilich nach letstfrem Prinzip denken wir un» die siamesische Leiter
entetanden. Auf Kousonanz (Verschmelzung) allein ist wob) nnr die Gut-
stehung weniger Intervalle zurückzufQbren; meist wird man auch noch Distanz«-
Urteih' 7.U Tftlfe nehmen miifisen.
Von nu ßei--mu»ikuliächuu Prinzipieu wäre zunächst die niatheiuati»cbe
Berechnung zu nennen, der z. B. die bei uns gebräuchliche temperiert« Skal*
ihre Entstehung verdankt. Femer mag, -namentlich in primitiveren Koltnreiif
die Technik des* rnstrunient«nbaus von Einfluß sein, Xeuerdiuj^s hnt
Ch. K. Wcad" :nif ein ü])t i s ch-ä s t he t i s «• h »-s Prinzij) hingewie-pn, da^
primitive Instrumentenbauer jjoleitet Laben konnte. Namentlich prähistorische
Thuupl'eifen ans Mexiko, Peru, Costariea legen den Qedanken nahe, daß die
Grttße und Anzahl der Löcher durch Rücksicht auf die Bequemlidikeit des
Spielers, ihre Auordnunn: durch Symmetrie und andere ornamentale Gesichtjt-
punkte bedingt ist. Mag dieses Prinzip hier und in einigen anderen Fiüon
auch zutreffen, so wird man es doch küinesfalls alä eiiizigeä und allgemeines
annehmen dUrl'eu.
Die Entstehung fester Tonstufen durch Fl5ten> oder Saiten-Teflung läßt
sich auf ein musikalisehes (Konsonanz) oder ein außer-rnnsikalisehe» Prinzip
[mMtbctnatiM lir Sjirkulation^ zurürkfülireii. j»' nfichdem man di>' ^ übertöne be-
zit'liuii:^>\vei**e Flageolets^ zur kliining mit heranzieht oder niciit. A'ielleirht
konnnt die Annahme der Wahrheit am uUchsteu, daß Gehör und lierech-
nung sich wechselseitig unterstützt haben. Überhaupt wird es sidi,
wie flberall, auch hier empfelilen, die wissenschaftliche Ökonomie nicht zu
übertreiben. Treten uns in der Musikpraxis eines Volkes verschiedenartige
Leitern entgegen, so ist von vtiniherein sehr Irnirlicb, ob sie sich auf ein
einheitliches l'rinzip zurückfüliren la^eu. Ob freilich feinere Unterschiede
;Ewi8chen gleichnamigen Intervallen versduedenen Ur^^prungs auch in der
Musikpraxis berücksichtigt werden, das ist wieder eine andere Frage, die
sich nur auf Ghnnd besonderer Untersuchungen lösen lassen wird.
Im Allifemeim-n «ind di i Ui u l if t-rung des TonTnaterisd?« nach außen wie
nach innen liestimmt« (irenzeu gesetzt. Der l uitang wird einerseits durch
die meuschliuhe Stimme bestimmt, undreiT^eits zwingen die meuschlicheu
Gliedmaßen die Instrumental-Tjeitern in gewisse Schranken. Eine Klaviatur
von mehr ah 7 Oktaven verniöehten un^< r< Ai nie kuuni zu beherrschen. Erst
der modernen Mechanik v. rdankun wir h.uiiilu li<^ Instrumente, die nn-= au
die Oreti/en des physiologischen Tonreichs führen. Bis in diese Höhen und
Tiefen wird sieh der Musiker zwar niemals wagen; der geringe Umfang aber,
in dem sich exotische Musik oftmals bewegt, ist vielleicht ebenso sehr der
unvollkommenen Technik des Instrumentenbaus, wie dem (iesclimack des
Musikers zuzurechnen. Vermutlich entwickeln sich beide parallel: auch auf
künstlerischem Gebiete stehen .Nachfrage und Angebot in funktionaler Ab-
hängigkeit.
Die Vermehrung des Tonmaterials nach innen durch Verkleinerung der
Stufen ist physiologisch beschränkt durch die Ebenmerklichkeit der akustischen
1; Contribiäion» io (he Hiatory of Musieat Seahg. 1903.
i^'iLjuiz-uü by
0. Abraham u. E, M. v. Hornbostel, Studien äber das Tonsystem der Jai>aner. 907
Keiz-l uterschiede, durch die lieweglicUkeit des KuhlkopfH und der Fiuger-
Mnskalatur, endlicb wieder durch die Technik des Instratnentenbaue. Die
wirklichen (irenzen fallen jedoch nieht genau mit den Grenzen der physiolo-
gischen Leistungafähigkeit zusammen ; weder werden kleinste ebennierkliclie
noch größte technisch-mögliche Tonsrhrittc verwendet. Die Annehmlich-
keit und Bequemlichkeit, welche allerdings in Beziehung zu der piiyslolo-
gischen Leutungäfähigkeit atehen, entscheiden hier, mag sie auf nrasikaUschen
oder auQermusikaliachen Prinzipien beruhen.
Mntcrial-Leiteru, die wir durch Vereinigung einer größeren An/alü
verschiedener Intervalle erhalten, gestatten noch keinen Scljlnß auf die
kleinsten Stufen, die ein Volk verwendet. Denn es ist immerhin denkbar,
daß wir z, B. kleine, neutrale und große Sexten nebeneinander im Oebrauch
finden, ohne daß die Yiertelton-Stufen, welche diese Intenralle unterscheiden,
auch praktisch als besondere Tonschritte angewendet wcrd* n.
Ebensowenitr knnn nns einer MMterinl-T>eiter auf die gr<'ißt « ii verM-enrlefen
TouNchritto geschh)s5en werden, da dieselben nur eine Summe von kleineren
darätelien könnten.
Diese Bemerkungen scheinen deshalb nicht liberflflssig, da sie auch für
31aterial-L» itt I II gelten, die auf Instiumenten verwirklicht sind. Man kann
Instrtnnniital-Lritern nicht ohne weiteres f I « brauchs-Leitern betrachten,
wie Ji. Kiemann und R. Wallascherk » s thuii, iiulem «io mis den Tönen
von Museunis-Lustrumeuten allein auf die verwendeten intervuüe weitgeliende
Sehlfime ziehen.
Man niiiR sich auch hüten, die tonale AufTas-^ung, die unsere europftische
Musiktheorie beherrscht, ohne weitere» auf exotische Leit<'rn zu übertragen.
Wir siufl Lfewohnt, den tiefsten Ton einer Leiter .ilf^ firiindton anzusehen,
auf den wir alle anderen Tonstufen beziehen, von dem aus wir alle Inter-
valle messen. Vom Grundton ausgehend teilen wir den ganxen TTmfang der
Leiter in Oktaven, innerhalb welcher sich das Leitemgesets erschöpfend dai^
ftiHf. Alle diefie Verhältnisse müssen nicht notwendigerweise bei alten
Leiti TTi zutreffen. Xicht alle Li-itiiri lassen «ich nach Oktriven gliedern.
I)ie9 ist z. B. stteiiL' genommen nicht niöglich, wenn dnn Jühlungj^gesetz der
pythagoreische Quintenzirkel ist. Gelegentlich kann die Struktur klarer hervor-
treten, wenn wir statt der Oktaven, oder neben ihnen ein anderes Intervall
zur Einteilung wählen [7.. B. (Quarten, wie bei den griechischen Tetrachordeo).
Dit» ftefahi- «IfH Irrtums liecrt hesdnder.s nalie bei Iji'sti nnn ntal-Leitern. wenn
wir den tielsten Ton des Instruments als (Tnuultnn einrr ( iebrnncb^-Lfiter he-
trachteUj alle anderen Töne aui ihn beziehen und den ho lierechneteu Inter-
vallen praktische Geltung zuschreiben. Aber auch die aus Melodien ge-
wonnenen (Tebrauchs-Leitem drücken zunäciist nur das allgemeine Gesetz der
Intervallen-Folge aus. Ilm versdiiedene derartige (besetze zu vergleichen,
wird es allerding« nntwpiuli[r «ein. einen (rrutidton zu wähh'n. Es ist jedtvch
nicht nötig, daß dieser (iruudtuu mit der Tonica [d. h. dem melodischen
Schwerpunkt) oder dem Anfangn- resp. Sehlußton des Stücks zusammenfallt.
3. Toileitcrn.
A. Gebräuche-Leitern.
Nach den aligemeinen methodologischen Betrachtungen er.scheint es zweck-
mäßig, xnnftchst die japanisdbe Gebrauchs-Leiter festzustellen. Erst wenn
Digitizeci by Ct^jv-ve-
308 O. Alyraham u. £. M. Horabostett Studien filier das Tonfystem der Jftpaoer.
wir einigermaOen darüber orientiert sliul, was för Intervalle von (It n Musi-
kern in «1er Pr?ixi>^ intonrliert werden, können wir da- Lcitorn-MHteriiil, da«
uns nu Instruuienteu mit fester Abütimuiuug j^egebeu ist, kiitisch Bichteu
und fruchtbringeud verwerten.
Wir Tereinigen sur Gebrauclis-Leitcr die Werte, die wir an Inatrumenten
ohne feste Abstimmung, mit denen^ die wir an Phonogrammen gemeaseo
haben.
Zu ersteren gehören die j)opularcu lustrumeutti der Jupauer: Aoto, 6Via-
mimii, Kokyu uud tSkakuliachi^j.
Die Kok) ist eine dreistehnsaitige, liegende Harte, deren Saiten glei<^-
m&ßig schlaff gespannt sind und durch untergeM-hobene bawegliche Stege
gestimiTit werden 2^. Der Spieler zupft und reißt die Suiten mit 3 f'ingern
der itcbtt;n Hand, die mit KlfoTihciu-Nägeln versf^hen piiid, wälirend di«,*
Linke gelegentlich durch Druck uut die Saite unterhalb dci; Steges die
Saiten-Spannung uud damit die Tonhöhe erhöht Die Koto ist chiuesischeu
Ursprungs und hat der Form, Größe und Saitensahl nach mannigfache Ver-
ändern ngen erfahren.
DaK Sluimist'nf eine dreisaitige Guitarre, wird mit einem großen Plektron
geschlagen.
Das Kükyu ist eine kleine Geige, deren vier Saiten mit einem gaiiz
schlaff gespannten Bogen gestrichen werden. Der Spieler streicht immer in
der.xell)en Ebene uud bringt den Bogen dadurch mit den verschiedenen Saiten,
in Rerülirung, daß er das Instrument, das er auf die Kniee stOtEt, um seine
Achse dreht.
Die dxei genuuuten Instrumente vereinigen »ich häufig zu einem Trio.
Die im Anhang mitgeteilte Partitur »Der Kranich und die Schildkröte«
gibt ein Beispiel eines derailigt^n Kammermusik -Stückes. (Rubrik IV der
Tabelle 1 gibt die Werte lür die Koto, Rubrik V die für das Shamisen.)
Eine Ali Mambus-Klurinftte ist da>' Shakuhushi. Das einfache Rohr be-
bitzt ü Eiitgerlöcher (das oberjste hinten, die übrigen vorne] und an der
Blas-Offnnng, die durch die Unterlippe vollständig gedeckt wird, eine zuge-
sdiärfte Kaute. Durch die Art des Anblasens, sowie durch Halb- oder
Vierteldeckung der Löcher vermag der Spieler dir Tonhöhe zu nuancieren.
(f)i» Werte Tabelle I und Tl Rubrik Vil stellen die hiti rv die von Ton-
leitern dur, die uns der Spieler zum Zwerk <h'r Me«-iiliir In sond. i s vdr'spieltf ;
die Werte Tabelle U Rubrik Vlll und iX wurden nach den IMiuuogrammen
der im Anhang mitgeteilten St&cke gemessen).
Die meisten Messungen sind mit Hilfe eines A}>punn*schen Ton-
messers ausgefüln-t. Derselbe besteht au8 einer Reihe von Zungen, di«'
zwischen 400 uud 480 Schwingungen von 2 zu 2, zwischen 480 und 600
I i Wir können una hier auf eine ganz kune Skifiderung der in Betracht kommen-
den Instrumente besclirünken, da in den erwähnten Arbeiten P. Aniiot und van Aalst
die chinesische, Müller, Piggott und JLraua die japanische Instnunentenkunde
ausführlich behandelt haben.
2j Auf die verschiedenen Arten der Stimmung und deren theoretische Bedeutung
kommen wir «p!ik>r ausfiiln'lidi /uniek. Zum Verständnis der Tabellen st^i mir be-
merkt, dab die Kolo-Stimmungen lUmjmhi und Kitmoi sich nur durch die Wahl des
Ausgangsttmes. nicht durch das Oesetz der Intervatleutulge unterscheiden, ganz wie
die mittelalterlichen Kirchentüue. Um beide Stimmungen vergleichl)ar zu machen,
haben wir die Werte iür (]i>! A^////<</-lii itcr derart umgerechnet, da6 sie sich als iftru-
Junhi darstellt. ,Da» Nähere vergleiciie S. 324.,
I u.L;d by Google
0. AbrahMW «. E. M. t. Hornboitol» Studien fiber das Tonsystem der Japaner. 909
von 3 zu 3, zwischen 600 und 800 von 5 zu 5 Scliwin^ungen abgestimmt
Bind tind duicJi eiiion fjf iiiplif-ümeji Wiiidkusten g]ei<*lini!i()ig nn^««l>lH«<'ii wk'v-
ileii können 'j. Zu eini-^'en M*-*>ungt'n in "Wien; wurde t-in MonocJioril
von H. König in Pniis, das vom plivbikalischtru Institut der Universität
freundlichst zur Verfllgung gestellt worden war, benutzt. Die Saite diese«
vorzüglichen ApparateH wurde mit Hilfe einer Xormalstimmgabel auf den
KamnieHcm i;).') Scliwiniruiifjen •.'»■stimmt. Die Messungen sind etwas niüli-
sanier. nls mit lUiu Appuna'ächeu Tonmesser, last^eu jedoch an (ieuauigkeit
niciitn zu wüu&cheii iibri*,'.
Wir hüben die Verhiiltuisse der gei'uudenen ychwingungszuhJeu in Cent»
d. i. Hundertstel des temperierten Halbtons umgerechnet. Diese Ton £lli»
xueiDt eingeführte Methode empfiehlt sich ihrer Einfachheit und Übersicht*
lichkeit wefjen Tür alle musikalisrh«*n rnteiTsuchungen, und es wäre sehr zu
wiinsrhfTi, dn(? sie von der Wie-^^-ii^rhaft allgemein acce|)tiert würde. Die
Umrechnung wird durch die lienutzuug östelliger Logurithmeu-Tafelu und
der von Ellis mitgeteilten Tabelle noch erleichtert Indem man einen be-
stimmten Ton als Ausgangspunkt wählt, von dem aus man die Summen der
Intervalle beiechnet, erhalt man die Leiter in »'inei- Fnnn. die sie mit andern
btMjuem vergleichbar nuu'ht. Au der t. m j i iit rtcn l.ritn. tlcmt Intervalle
»ich der Voraussetzung nach als die Hunderter der natürliciu-u Zaiiieureihe
darstellen^ hat mau einen stets bereiten MaUntab, und bei einiger Uhuug
wird man auch die Zahlen Tür die reine Stimmung im (Tedächtois haben.
Die Genauigkeit dieser T)arstellun<rswei.-e ist mehr als hinliiu^dich. In der
eiugestricheneu Oktave entspricht fiu Cent ungefähr (^2 — O.ii Schwingungen.
Wir beiiiitz»*n in Tabelle Ii (Rubrik Jll — VlU die ittelwerte }t* zweier
liiDzelreihen , liie in Tabelle 1 zuaummengest»'llt sind. Die Bereclitigunif.
die Intervalle außer auf einen (xrundtou auch noch auf dessen Quinte zu
beziehen und beide Beihen zusammenfassen, eingibt sich aus der häufigen
Modulation in die Dominnnt^Tonart, auf die wir noch zu sprechen kommen'),
sowie aus der auff'alli-nden Übereinstimmuu'JT d<T so berechneten \W rti-.
kann sich an einem Hei«pi»'l leicht übei-zeu^ren, daß zwei um eine (Quinte
differierende Töne, aber auci» nur diese zwei Töuü, als (Jruudtöue ange-
nommen, ZU übereinstimmenden Werten führen.
Da die Koto zunftcbst nach Quarten gestimmt wird, halben wir in Rubrik
I und Jl die Werte zusammengefaßt, die man erhiUt, wenn man ^t», /w
beziehun!."=n » i-.- //, /*. ' . inerseits, or, d bezlehung«wr i>e 'f>s. tjt s aiidet er.seits
der Keih<- nach zum <irundton macht. Wir hnbrn dadurch sämtliche auf
dem ge^^tinlmteu luäti'umeute möglichen intervalie in Rechnung gezogen,
wHhrend wir uns bei der Verwertung der an Phonogrammen ausgeführten
Messungen auf die benutzten Intervalle beschränken durften.
Die W. 1*1« Tabelle I Rubrik TTI und VII sind überdies Mittelwerte aus
mehreren Hin/elmessungen, die wir behufs größerer Genauigkeit und Selbst-
koutrole ausführten.
1 Die üufienauifikciten der Stimmung wurden nach einer TuIk-IIc korrijriert, die
\h- K. T> Sfbrifer und caiid. Pfuügst auf Clntnd «»'hr •^<»re^r;itt;jpr Messungen mit
Hille einer j^eaichteu Xormalstnnmgabel und durch Auszäiilcn der Schwebungen be-
nachbarter Zungen aufgestellt ha1>en.
2l Vergleiche S. 927.
310 0. Abraham a. E. M. t. Horaboat«!, Stttdien über du Toiuystem der Japaner.
Tabelle 1. Gebraacbs-Leitern. Einxelwerte.
! Koto-Stimmiingcn
II
HinjMkl
Koto-Solo
III ; IV
TodMiM Krankh
> (Koto)
f 1 I K ' «
Sham-Solo
V
Krmnich
r I <
TI
* I
Shaku-
hacbi
vn
StiaaaaK
(trundton
Kleine Sekunde
Liritüe Sekunde
Kleine Terz
Große Ter«
ij^uarte
TTitoniw
JUeiae Sexte
Große Sexte
T\I' iiif Si'[iriiri«'
Uro 1)0 Üüptune
Oktave
0
' Ol
loal —
1 227 —
329! -
— :m —
0
0 0 0, 0 0 0
92 - 931 81 - —
, 1971 — i aOö 194 IHI -m 19S
' 338' — ! — I — 296 304 3ü(>
4861 495 öOl
385 — — - 41O1 —
— 1 492 481 499 — ' 477
597 l 602 595' 604 669 Ä73 - | — -
713 704 698 — 721 (W7 705 702, —
816i — , 823. — , 8021 — 803
— ' 870! - 861 916' — . 909l 883!' 879
972 1002 — ' — 974 — 999
, — 109ti| — 1082 — 1IO6I, — — I — xv«.^ - ..x^.j -
1199 1199:1199 1199 1208 1202 1201 1201 1201 1'201 1199 1199^199
I ! 't I i II
0
175
306
402
0 Ol 0 0
2a5 189 190| 224
322 317 308 —
379
488
5g2j
724' 717 68di — ' 6H7
- 802 805, 806 807
983 922 922! —
— 1014 — 961
1030 — ,1041. —
1199
In Tubelle 11 »iud zuuächst die Mittel für die ein/.eliieii lustrumeuteu-
Gattungen gezogen: Bubrik X (Mittel aus T — ^lY) gibt die praktische tjeiter
filr die A'oto, Kulirik XI Mittel aus V — VI) diejenige flbr das Shainiscn^
Rubrik XII Mittel nun VII — IX j diejenige ftr das Shakuhaehi. — Bubrik
XTIT riidlirli yilit das ( Jciircalinitti'l.
Bemerkt »ei noch, duU bei der Berechnuiig von Mittelwerten htetü dus
Gewicht der einseinen Faktoren, mit welchem sie in das Besultat einitt-
treten haben, berOcksicbtigt wurde. Es ist dies, ein unerlftßlicbes Erfordernis
übci-.ill, wo es sieb um die Zus.umuenfaSBuni,' von Reiln 1 I nidelt, die zum
Teil durch Ausfall rin/cliHi <ilied*r unvoUstäudig sind, oder Beihen, die
selbst schon Mittelwerte enthulten.
Tubelle II. Gebraucks-Leiteru. Mittelwerte.
1
II
III
IV
V
VI
' VII
VIII
IX
X
XI
Xil
XIU
XIV
XV
XVI
H.2.
B
a
1
1
p
■■
k.
t<
ii
ii
II
S
iS
1
i
B
|S
Ai
'
Gnmdtou
0
0
3.
0
-"^
0
0
0
0
L"
0
1 0
0
0
Kleine Sekunde
103
92
87
94
94
112
100
114
((•rroßc S.'kuncle
227
197
199
193
187
197
207
222
221
201
192
21 1
21 »2
204
200
204
Kleine Terz
329
338
306
308
293
317
313
3(A)
;ii2
316,
300
318
Große Ten
383
386
408
379
389
402
3791
3{K)
ODO
400
408
^uart<• '
489
501
487
499
477
482
488
471
Töb
102
480
4S»r
489
498
m)
022
1 ritonus
599
59i)
571
582
Ö90
582;
589
590
600
612
(Quinte
710
698
704
7as|
724
703
697
710
727
704! 710
70511 706
702|
700
702
Kleine Sexte ;
816
823
802
mi
803
806
792
812
814
803|
804}
809
814
800
816
Große Sexte J
870
861
915
896
901
922
871
888
911,
8711
895
884
900
906
Kleine Septime
972 1(H)2
974
998!
1014
961
973
9S6 1014
967
985
9961000 1020
Große Septime
lOfHv
1 ( tS2
1051,
1030
1041
1081 10361
1068
\(m
1100' 11 10
Oktave
119iijUiti>jl202|
12011200^
1199^jll99il200
1200
1200 12OO|12O0||
1200 1
1200^
1200 1200
1
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0. Abraham u. E. IL HornlHMt«], Stadien &ber da« Tonayatem der Japaner. 311
Bevor wir an die kritische Beurteilung der ( i ebrauchfr'Leitem gehen,
wollen wir noch das Material lichten, das nna die Inetrumenten-MesBungen
geliefert haben.
B. lustrumeutal-Leiteru.
TtibeUo Iii gibt eine Übersicht über die Leiteru, die wir uii Instru-
menten mit feater AbBÜmmuug gefunden haben.
Die I^pa^) ist eine 4eaitige Laute mit 12—10 höhsernen Griff»tegeii,
die größte litt ils auf dem Hain, teilweise auch noch auf dem Körper des In-
Btrunioiit« s f< st geleimt sind. Die Mittelwerte dor Tntervall-Messungen (aus
ueuB Einzelreiheuj zeigen eine auffallende Annäherung au die temperierte
Lnter. Kur der Tritonns ist harmonh>ch, d. h. im Verhältnis 5 : 7 gestimmt.
Sehr bemerkenswert ist die Tatsache, daß man nnr dann au vemfinftigen,
d.h. in innerer Übereinstimmung befindlichen, Reihen gelangt, wenn man
nicht von der leeren Saiti', soiuli rn vom olier^ten Bund ausgeht. liegt man
der Berechnung dh- Tunlnihe der leeren S.iitf» 7.u Grunde, so erhält man
ganz absurde Leitern, in denen oft (Quarte und t^uint« fehlen, datur Inter-
valle auftreten, die sich sonst nirgend wiederfinden ond ftberdtes fUr jedes
Inatrunient anders aussehen. Das erste Intervall dieser Leitern 1 1H8 ('. im
Mittel ent.-^jjricht ungefiihr einer reinen kleinen Sekunde (1K2 C;, ist aber
aulSerordentlich schwankend (zwischen 175 und 1*2 1 (\ . I>tp Kohler der
ersten (iliedor schleppen sich bei der Summen-Berechnung durch alU* Ulieder
der Eeihe fort und bringen die erwähnten Abnormitäten hervor. Die schwan-
kende Intonation dieses Intervallen wird erklärlich, wenn mau die leere Saite
als i inie des (rrundtons auffaßt (1012 C. im Mittel), denn dieses Inter-
vall kniiiint sowohl in chinesischen als in japanif^chen Molodien nur sehr
selten vor. Mau könnte geneigt sein, den eigentümlichen Bau des Instru-
mentes durch die Annahme zu erklären, daß die Aasftthning von Melodien,
die zu dem unterhalb des Ornndtones liegenden Leitton hinabsteigen, ermög-
licht wird. Wir besitzen in Europa Instrumente, deren Konstruktion einem
ähnlichon Bedürfnis geniiiren soll. Di«»-»^ Analofrie wirfl alu r Iiinnilli'j. w»Min
man weiß, daß die ostasiatischo Melodik etwas Derartiges, wie einen auf-
steigenden Leittou nicht kennt. Dagegen bietet sich uns eine andere Ver-
mutung dar, die mit den bekannten Tataachen besser Obereinstimmt. Sie
spricht dafin . die Melodie nur auf der 4. Saite gespielt wird, während
dir i'fst. II ili t i je, r /iii- Be<fleitung dienen. Diesi- Spit-lweise rtit^-iii lrlit diT-
jen igen der einer japanischen Abart der Pipa, wio «je PiifL'ntt- Im—
schreibt. AVahrscheinlich wird auch die OckJJn (siehe untenj ähnlich ge-
handhabt, da einzelne Bttnde derselben nur bis unter die zweite Saite reichen.
Nimmt man femer an, daß die 4 Satten der Pipa nach Quarten gestimmt
1) Kraus, a. a. 0., S. 70 beschreibt ein ilhnliehcB japanisehcR Instrument mit nur
t> Binnlon tmter (Ipüi Xftmen HfkLin. Da r«i tinmrüjürh war, den Ur«pniTicr Hf»r nnter-
suchteu Instrumente festzustcUeD , fassen wir sie unter dem chiac^cben Tiamon zu-
sammen.
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312 0. Abraham tt. B. M. v. Hornbostel, gtodi«! Über du Tomyatem der Japaner.
werden, eine Stimniuiif^, die auf dem Sli.tini-rn niit< r dem Namen SaftJfn^ri
sehr pehräurlilicli i>t und .iiicli iiiif dn- Wwv.i voi kniuiiit -ii cr-i fa int C*
tati<H«!dich fjeboteii, den ersten iiuud xuni <tnindtoii der Leiter zu machen.
Denn wäre die Stimmung der leeren Öaiteu beispielsweise VFB cjs, so iat die
Tonhöbe des ersten Bundes der 4. Saite f, und die drei leeren Saiten geben
die Oktav*-. Dominante und Subdominante de.M (irundtons. Immeibiu geben
wir diese Hypothese mit aller Reserve, und es bleibt abzuwarten, daB vrir
über die Stimm- und Sjdelweise der ]'ipa genauer unterrichtet werden 2..
Kine Ab;u't der Pipa ist die japanische fiiiri, pIik' ^roße 4'^;uti£re l-isute
mit bloa 4 Bündcu. Wir haben zwei Kxemi>iare untei-sucht, dieselben
stimmten aber in der Konstruktion weder untereinander nodi mit den in
der Literatur bescbriebeuen ttberein.
Die chineiiiscbe Yiii-h'i/i und ihre japanische Abai*t, di»- h'ekkiu >inA
4saitige Guitarren mit kreisrundem Sihallkörper und 7, 10 chin.] oder
(jap.) festen Bünden. T>in cliinesisclie Shu'itH/-Ki/> unterKcheidet '^ich von
ihueu durch einen oktogoualeu Kür}>er und eiueu viel läuteren HaU, der
12 Bunde trSgt. Diese Instrumente geben neb«!! nattbiidien Int^raDen
(Ganxton, Quarte, Quinte), neutrale Terzen und Sexten. Dieselben sind
möglicherweise identi^^ch mit dem um einen ^ 4 Tou /II 151 C" er-
weiterten reinen groß<'n (iunzton 8 : 0, 2iU ('.) und dessen I mkehrung
M S Vt; 1''>i 4- 204 =r. a54 c. — It . r ä - n ■» - •^•"'■^ = 84t;c. .
Daß diese Intervalle von der reinen Stimmung auscjehen, würde mit der
sonstigen Konstruiction des Instrumentes stimmen. Doch da es nicht er>
.'^icbtlicL, wie man /.um 4 Ton fjelanf^t, ueben wir diene Hypothese mit der
j;rüßtt n ^^)^>u•llf . Die Sejitime .scli<-int zu ühA] und ^1 immt mit der (kleineii
pythajforeiscben Si jitime '1<>20(V^ i)li<T» iii. Stmtt tler neutralen Si-xte erscheint
auf einigen lustrunuMiti ti die gniÜe nutüriiche. Zehn Exemplare, wovon ü
aus China und 4 ans Japan stammen dilrften, ergaben die Mittelwerte d«r
Rubrik V Tabelle III; diLre^jen stand uns nur ein Exemplar der Sbtiang-
Kin zur A'ertÜgrun^r^i ^Tiibelle III, Rubrik VI;.
Das Ki/i, ein chinesisches Instrument, wurde früher auch in Japan unter
dem Namen Shily ithiu oder Kiiimt-Koto^], jcdorh :iii*»scbließlich von \'or-
nehmeu benutzt. Ks ist eine Tsaitigo liegende Ihule, idiulich dem Koto,
aber kleiner, und wird gleich diesem mit Zupfnäi^eln gespielt. Die Balten
laufen an beiden Enden Aber feste Stege. Die Teilung der letzten ^ite,
auf der idlein wohl die Melodie ausgetldirt wird, ist durch eine Keihe von
eingelegten J*«>rlnuitter- oder Klfenboiimtnrkcti vnr<ri>zt'ichnet. Die Messung
zeigt, daß die.selbeu von dem HalbierungNpunkt der Saite ausgehend uacb
beiden Seiten in symmetriKchen Abstünden angeordnet sind. Die eine HlUfte
der Tabulatur aeigt also das genaue Spiegelbild der anderen.
1) Ellis, a. a. 0. S. 525.
2; Ein von Ellis pemesseneB Exemplar einer Pipa. das nach einem anderen
Prinsip «gebaut ist. ah die unsriiifen. wird in einem späteren Zusammenbuig bes|>ro-
chen. (Sit'lie S. Aninorkiiner 4.
3) Im Besitze des Wiener K.. X. HutmiLseums.
4j Vgl. Kraus, a. a. O., S. 61. Piggott beschreibt dasselbe Instrument als ^i-
ehigenkin.
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O. Abraham u. E. ML v. Hornbostel, Studien über das Tonsysteiu der Japaner. 313
TfibelleTTT. Instrumental-Leitern.
1
II i
III
1
f \r 1
Bflin
V
Ookkin
VI
Chin
VLI
(»ruudtuu
i ^
0
0
0
0
0
0
"BT 1 » 45 .1 , , , ,1 ^
KJetne iSeKimae
97
100
112
90
Große Sekunde
' 197
200
aao
1182
^231
I 189
182
180
Kleine Terz
308
ßOO
314
816
294
neutrale lerz
339
340
Große Terz
1 r
387
386
497
500
496
498
602
600
498
Intuuus
6üü
083
688
(Quinte
700
700
701
702
697
£1
678
Kl. iiic Sexte
800
800
844
792
neutrale ^exte
1 861
847
Große Sexte
' 9m
900
879
S4
876
682
Kleine Septime
UKK)
9%
1018
10-_>1
Oktave
1 1194
1200 1
1203
1200
j 1200
12UU
12OÜ
Die untenfoljjeiiJe Tabelle IV A giVt in der ersten lieilie die Distanzen der
einzelnen Tastkiiri])fp vnm Saiten-FiKlc nmgereclinet auf «Ii«« fiiifni listcTi Zahlen.
Iji der zweiten Reihe Hlud die Z\uschenrUunie von Knopl' zu Knopf fjre^'ehen,
in der diitteu die Verhältnisse der Knopf-Distanzen zur ganzen SaiteuiUnge,
gleich den reciproken Verhältnissen der SohwingungszahleUf in der vierten
endlich di<5 Intervalle in Cents, die leere Saite als (irOtldton angenoninieu.
Es ergeben sich die Intervalle d»'r natürlichen St iiniTiniii; mit außerordent-
licher fronauitrkeit, wie mi< <h'r I'Ih n i ii.stimnmni; iKr Kubrik HF Tabelle III,
welche die Mittel der an ö verHchiedeuen Instrumenten gefundeneu Werte
enUiält, mit Rubrik TV ersichtlich ist. Die Tabulatur umfaßt 3 Oktaven ,
von denen die beiden ol>eren nur die ^roße Terz und die Quinte enthalten.
Die Teilung der tiefsten Oktave, welche das Spiej^'elbild der beiden anderen
darstellt, ergibt außer den beiden Terzen und der großen Soxte, der <^narte
und (Quinte noch das Intervall 7:8, eine Art übermäßigen Ganztouä
(231 Cents; temperierter Ganzton » 200 C.]. Das Vorhandensein dieses
sonst ganx nngebiiluchlichen Intervalle weist darauf hin, daß die Einteilung
der beiden dlx ien Oktaven derjenigen der unteren vorausgini;, und letztere
nur rlmdi Wie Syiitrnetrie der Anordnung d-T T.i<tkn(»|iff' bedingt ist. Winider-
licher W eise erscheint in den oberen Oktaven die große Terz an Steile der
Quart, die man wegen ihres höheren Konsonanz-Grades eher erwarten sollte.
Vermutlich sind aber bei der Konstruktion des Kin musika-
lische Prinzipien überhaupt nur iti /\v<>iter Linie angewendet
worden. Denn sämtliche 'Nrnßc, die auf ailli n l]\t iii|>l;(r(Mi 'j-enau einirelmlft ii
('i>-(heinen, sollen eine symbulische H< (b<ulijng liaben. So soll die Länge
von '6 Fuß, •» Zoll und 0 Linien die [MHij Tage des Jahres, die Breite von
6 Zoll die "Weltrichtuugen (N, S, O, W, Zenith, Nadir), die Verengerung des
Eesonanz-Bodens in derMitt. mf 4 Zoll die .lahreszeiten andeuten u. s. w.*].
Das größte Interesae verdient ein sechstea Exemplar des Kin 2}, welches,
1- Vergleiche Kraus, a. a 0.. S. 64 und Winckler. Babylon. Kultur.
2] Im Besitze der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien.
314 O. Abraham u. £. M. v. Hornbostel, Stadien über da« Tonsyaiem der Japaner.
äunorlirh dm n anderrn vollkommen gleich, durcli die T>istfiuzen seiner
Tustkuüple wcseutlicii von ihnen abweicht Dieselben sind ebeufalhi von
einem mittleren Knopf, veldier die Saite halbiert, ansgdiend niuiii beiden.
Seiten syinmetriach angeordnet Die Berechnung der Intervalle aoa den
Messungen fÜbi-t zu einem erj^tumiüchen R«-Hultat. Der übermäßig«' Ganzton,
die reine irroB»- Terz und die (Quarte I innerhalb der or-ttii (»ktavc «itnl
beiden Typen gemeinsam. Dageg^'Ti Hrscheint. an Stelle der reinen grußeu
Sexte in der ersten Oktave die reine kleine Sexte und kehil in den beiden
oberen Oktaven an Stelle der Quinte wieder. Die zweite Oktave enthalt an
Stelle der großen Terz die Quarte. Kixlli. Ii erseheinen in der ersten Oktave
an Stelle der reinen kleinen Terz und der Quinte [! zwei gänzlich neuo
Intervalle, nändich eine pythagoreische kleine Terz und ein Inter-
vall, das die Mitte hält zwischen Tritouus und Quinte. Wie er-
klärt sich diese sonderbare Tonleiter?
Teilen wir eine Saite durch fortgesetzteii Halbieren in 32 = 2'\ gleiche
Teile, so erhalten wir (in dt i ersten Oktave die in Tabelle IV Rubrik 1 Iii
dar'_'< -tcUte Jieiter. Markiert man. vom H ilbioningspunkte ausgehend, syni-
nietriöcii nach beiden Seiten die Teilstriche 4 -\- 2 2 -\- 2-j-li" l-f-'i^
(vgl. Tabelle IV C], so ergibt die Berechnung der Intervalle die Leiter
des Kin (Tabelle IV Rubrik IV) mit groüer Annäherung und einer einzigen
.•Ausnahme: .in St (11. der großen Terz steht in der ersten Oktave eine neu-
fi ;ilf '.'551) (M, und, infolge der symmett i-i h. n Konstrukttoü, nn Stelle der
großen Terz in der dritten Oktave die (Quarte. ])ie beiden großen Terzen,
welche aus dem Koustruktious-Prinzip di«'ses Iu>tr«imentes herausftdlen, sind
vielleicht in Anlehnung an den anderen Typus entstanden. Es könnte die
Vermutung auftauchen, daß das ganze Instrument al^ nii>4<-schickte Nach«
idimung eines mißverstandenen ^fculell?' anzusehen sei und als vereinzeltes
minderwertiges Exemplar ni< lit mi in die Diskussinn aufgenommen werden
»lüde. Dem widerspricht die autiollende Übereinstanuuung der gefundenen
mit den berechneten Werten, sowie die bedeutsame Tatsache, daß diese
Intervalle sich keineswegs allein auf dem Kin finden. Eine Serie von 12
japanischen) Stiujuipfeifen, SftOihi*}^ kleinen, einseitig olTenen Bambusröhren'],
gab die Tabelle IV Rubrik V mifL;- triltr l.i itti. Die Intervall«* atimmeu
außerordentlich genau mit denejj iiberein, (iie man durch Teilung einer Saite
in 32 resp. 64 gleiche Teile erhält. Nur die kleine Terz nähert sich mehr
der reinen, und neben den beiden Septimen scheint noch die harmonische
Sept (4:7; 969 C.) intendiert zu sein (vgl. Tal)elle IV Rul)rik VI- VIII).
IMe merkwürdige »vertiefte« Quinte (<>4H C), die in dieser Reihe fehlt,
erscheint auf 8 versdiiedenen 5 chiiiesi«rhen und H japanischen) Flöten
mit großer (lenauigkeit wieder (650 C. im Mitti-.l; größte Abweichung 10 C).
Sie findet -sich auch auf einer von Ellis gemessenen Pipa ') neben einem
Ton, eintr neutralen Terz und einer (reinen?) großen Sexte.
Der Perser Zalzal (7 HOO n. Chr.) erhielt auf seiner Laute die vertiefte
Quinte auf ganz anderem Wege. Die Bünde entsprachen ursprünglich den
1) Vergleiche die beifolgende Tafel. Das Schema igt dem vorhergehenden gleich.
2) Vei-gleiche Kraus, a. a. O.. S. 47.
i\ Berliner Museum für Völkerkunde. Nr. I I).
4) A. a. Ü., Seite 519. Die lieihe lautet m UeutSj: 0, 14ä, '6öh 647, 874. lliiö.
Vermutlich ist intendiert: 0, 151, 359. (366) 649, 8B4, 1200. EUis sagt: »Thü teakü
lUte nothing 1 haee yet nut mih*.
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0. Abraham u. iL M. v. Hornbostel, Studien über das Toasysteiu der Japaner. 315
pythagoreiwhen Inteirallen: 0, 204, 294, 408 n. 8. w. Später wurde di«
kleine Tere Terändert^ indem man den 2. Bund genau in der Mitte des 1.
und 3. anbrachte; man i-rhielt 303 C. Zal/.iil halluei-te nun die Distanz
zwischt-n dem 2. niul 3 Bund nochmab und erhielt dir neutrah' Terz
(355 C.^ in der ei-^ten Uktave, den -^4 Ton (355 204 — 151 C.) und die
vertiefte Quinte (lÖl + 498 — 649 C.) in der 2. Oktave ij. VieUeiclit erklart
eich die erwähnte PiparLeiter auf fthnlidie Weise. Die grofie Sexte fftllt
aus lirideii Reihen heraus.
Das V<'ikf)ninn'n vf>ii Int^-rvalh-n . die mechaiii?rlii'r Haili iitrIluiiL', ;iNn
eincui auJierniusikalischeu Prinzip, ilire Entstehunf^ verdanken, auf ust-
oslatischeu lustrumeuten scheint demnach außer Zweifel gestellt. Daß sie
auch auf Stimmpfeifen Übertragen werden, beweist, daß ihnen nicht nur
eine nebensüdüidie Bedeutunf^r, nicht nur eine occasionelle Verwendung su-
koinmt, sondern, daß der Versuch gemacht wurde , spekulativ i^fwonnen«-
Intervnllt' in die Pr;ixi« »Mnzufühn'n. Übrigens steht, nach Denuys, das
Kiu »au tift Spitze de» ehine!<ir*chen Orchesters, nimmt also, nach o.^tusiati-
seben Begriffen, eine analoge Stellung ein, wie bei uns die Primgeige« ^j.
Tabelle IV.
I
IiiUmll
U
in
Cent«
I?
Kln
V
Di»-
p^tm
VI
(,'cnt8
1
VII i YHI
Vi'^rtelton
31 : 32
öö
Ilalbton
lö: 16
112
118
112
15:16
reiner Halbtou
Kleiner Ganzton
29:32
170
Grnß. r nanrton
7:8
231
231
249
Kkme TefZ
27 : 32
294
303
312
316
5:6
reine kk-iue Terz
neutrale Terz
13 : IG
359
382
386
4:6
reine grolie Terz
Große Terz
25 : 32
427
4,%
♦ (^uart
3:4
498
499
Kleiner Triton.
23 : 32
572
Ö61
Großer Triton.
11:16
649
647
608
610
46:64
Triton
t|uint
21:33
729]
729 1
• Kleine Sext
6:8
814
816
867
868
39:64
uentr. Sext.
Grofie Sext
19:32
902 1
963
969
4:7
bann. Sept.
* Kleine Sept.
9:16
996
1063 j
1046
36:64
Kleine Sept.
Große Sept.
17:32
1095
1142
1146
33:64
Große Sept.
Oktave
1 2
12(TI
1201
120^;
1200
1:2
Oktave
r* reine Intervalle.)
Tabelle IVA. Konstruktion des Kin. Typus A.
1. Saitriil-ui^ren 0 15 20 21 30 40 48 60 72 80 90 96 100 106 120
n. Difiereiu^en 15 5 4 6 10 Ö 12 | 12 8 10 6 4 5 16
m. Verhältnisse ' s ' r; « :. ' i »/s Vs V5 V» V4 *is
IV. CenU 1200j(>2 386 1200 702 :iS6 1200 884 702 498 386 316 231.
X3 X2
1) Vergleiche Ellis, u. a. 0., S. 493t.
2; Ellis, a. a. 0., S.S20.
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316 O. Abraham u. ix M. v. Uorubostel, Studicu über das Tousy^teiu der Japaoer.
Tabelle IVB. Typus B.
I. SaitenläTig« n 0 20 25 32 40 60 60 80 100 110 120 12B 135 140 100
IT. Diftert-nzeii 20 5 7 8 10 10 2ii 20 10 10 8 7 ö 20
III. Verhältnisse ' h ^ ;t> '■ ' i " i.; U • ■< s " >n i ^''k "h
IV. CeutH 12Ü0 814 3>Sb 12lJOHl44tj?S 120U bl4 64« im 3Ö6 294 231
X3 X2
Tabelle lYC Mutmaßliober üraprung des Typus B.
I. SaitenlSni^ 0 4 ö 6 8 10 12 IG 20 22 24 26 27 28 32
II. Dimn^ii/rn 4 1 1 2 2 2 4 | 4 2 2 2 1 1 4
III. Verhälims»e i/» ^/w 1/4 t/j 5;^ a/,^ 3/^ i3/j^ 2;/^ 7/^
IV. Genta 1200^81^4fl6 1200814^498 1200 814 649 496 350 894 231
X8 X«
Kine ^roße Anzahl von Tn^truiiienten , »lie wir noch auPtr tl< M 1n'i«chrie-
l)enen fjemesson hnlM>Ti . k(iiiiitt_' uicht in Betracht gezogen wridcn, da ihre
Leitern weder unter einander noch luit den sonst gefundenen Tonreiheu über^
einstimmten. Namentlich die Flöten videraetsten sieh hartnäckig allen
Versuchen einer Zusammenfassung. Es wurden im Ganzen 24 japanische
lind cliinesische Flöten verschiedener Konstruktion [Titxu^ i^lnnohuyr u. av/
untersucht. T)ie Art des Anh!r\s<^!is ist zwar von großem Einfluß nnl «üe
Tonhöhe. Um aber die hierdurch entuteheudeu i'ehW zu vermeiden, haben
vir uns gelegentlich der Mithülfe eines Bemfs-FlÖtisteii ^) bedient, der der
gleichmäßigen Stellung der Ijippen sur Blas-Öfinung u. s. w. die grüßte Auf-
merktsiimkeit zuwandte. Da es sich nur um die Tntervallenfolge, nicht um
die .ilisolutc TdiiliTylte handelte, niuliten wir die auf <len In^triiiiinitt n iislcii-
dierteu Tonreiheu erhalten haben, falls nicht etwa die ostasiatischeu Musiker
die einzelneu Töne ungleichartig anzublasen pflegen. Die dennocli mangelnde
tlbereinstimmung erklärt sieh wohl aus den Schwierigkeiten, mit denen der
Flötenbauer /.u kämpfen hat. Nicht nur Länge und (^uei*schnitt des Bohres,
sowie (Jröüi' und Distanz dtsr Löchf i müs-t n li> 1 iicksichtigt werden! auch
die Art der liulii \9i von \v("sctU 1 i< Ij« 111 Einliuß. Fast bei allen f»*t.'»-<iii-
tischeu Flöten ist ein natürliclu s liainliusrohr ohne viel weitere Bearbeitung
benutzt. Vielleicht wählt man einfach Rohre von gewisser Länge nnd be-
stimmter Anznlil und Distanz der Knoten und bohrt dann die Löcher un-
gefähr in <li'- Mitte der Inf ernodipii. 1'^ i?^t einleuchtend, daß bei dieser
Art der Fal/rikation li'u-listens eine gewi--r Ann:ib("ruii^'^ ;m eine intendierte
Leiter erzielt werden könnte. Die Verwendung der Fluten uu Zuaauiraenspiel
mit andern Instrumenten, die, nach verschiedenen Prinsipien gebaut oder
gestimmt, verschiedene Tonreihen erzengen, mag geeignet sein, das Chaos
noch zu vergrößern, zumal in einem ]..ande, wo Theorie und Praxis meifit
neben einander hergehen, ohne sich wecliselseitiL' zu bestimmen.
Fl)enfalls als unbrauchbnr erwiesen sich ln>truujente mit Zung(!nj)teiien ;
zwei japanische Stinimpfeifen-lleihen [Sliosiiihntj/ s]^ sowie meliiere chinesische
Sliengs und japanische Sito*«. DieHe Mundorgeln bestehen aus einer B«ihe
von Zungenpfeifen, die in einen gemeinsamen Windkaaten eingesetzt sind.
Durch H(r:iu>^/,iehen einzelner Pfeifen kann nnm sich überzeugen, daß die
Stimmung durch kleine, auf die MetaUzuugeu aufgeklebte Wachskügelcheu
1) Mitglied des Wiener Hof-Opem-Orchesturs.
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0. Abraham u. E. M. v. Hornbostcli Studien über das Tuusystem der Japaner. 317
reguliert wird. yerBtimmuiigen durch Abfallen des Stimm -Wach^üs, sowie
durch Rosten des Metalls sind bei Museums -lustrumenten unvermeidlich.
\Vir fanden kein einziges intaktes Exemplar und die weni^'en Pfeifen, die
des VortraueuB wert schienen, ergaben Leitern, die jeden Erklärungsversuch
uuäbchlielieu.
Bei Jtwei cbinestseben Instramenten endlich^ einer Papageno*Fl9te, Siao,
und einem G-lockenspiel, Yün hf hat offenbar schon der Verfertiger auf eine
|/> iiaiu! Abstimmung verzichtet. Vielleicht war das Siao zum Kinderspielzeng
bestimmt; das Yünio wird vorzugsweise bei Leichensügen ala Lärm-Instm-
meut benutzt.
C. Kritische Zusammenfassung.
Der Direiktor des Musikinstitate?* in Tokio, Herr Sliu ji Isavva, hat unter
^fifhilfe zweier enrojini^i !ier Musiker') und durch Umfragen bei einhei!ni«cheu
Musikern die japanischen Gebiauchsleitern zu bestimmen versucht und die
Keäultate seiner BemUhungou in einem Bericht niedugeiegt. Dieser Be-
richt wurde 1885 zur »Invention Exhibition« nach London gesandt, begleitet
von mehreren Keihen Stiramgalieln , originaNjapaniHchen Stimmpfeifeu und
Tabellen; EUis prüfte die'^es ^liit.-rial aufs surgsriiltiLr-t*- und vprr)fT«iitlichte
es-*) als Ȇic most auHirntw aceaunt of thc fnfintional and jmutical Japanese
^calc, tliai WC po.ssr.<!s*. Das Ergebnis ist, daß die von der Theorie verlangte
und intendierte i^ythagoreische Stimmung in der Praxis durch eine Art Tem-
peratur ersetzt wird, die dem Gehör des Spielers überlassen und daher not-
wendig unvollkommen bleibt. Ellis meinte, alles was den Japanern fehle,
sei ein*' Si'tif i^^enan tcmiH-riert gestinimtrr (Säbeln, und sandte eine solche
nach Tokio, ilie dem dortigen Musikinstitut künftig als» Standoid dienen
sollte. Leider geht aua den Mitteilungen weder hervor, wie Herr Isawa zu
seinen Stimmgabel -Beihen gelangte, noch, warum or die pythagoreische
Stimmung als intendiert betrachtet. Eine Aufklärung hierüber wäre in mehr
als einer Hljisirlit interessant. Die Stimmpfeifen schließen sich eng dem
pythagoreischen Ü'-Modus au (mittlere Abweichung; 3,2 Cents), wahrend die
Gabeln, die die 12 Stufen der japanischen chromatischen Leiter darstellen
sollen, dem pythagoreischen F-Modus zu entsprechen scheinen (m. A. 10,3 0.)^).
Zwei weitere Gabel-Serien repräsentieren die Koto- Stimmung Wmjoshi
nach fleni »alten und neuen Styl*. Von die.seu würde dir «i-ttn' nllrrifalls
dem pythagoreischen F- Modus (m. A. C), die letztere dem (V.v- (oder
ebensogut dem AV.s-, dw-, Ais- oder //-Modus (m. A. 4,0 C] nahe-
kommen. Ellis identifiziert die neue Hirajoshi- Stimmung tatsächlich mit
einer derartigen Letter. Mit der alten Hir^oshi- Stimmung ist nach EUis
1 ^fr. L. W. Mason aii> T'-oston und «U r deutflclie Kiipellraeister Eckert.
h'rsnU nf f/ie Im- .!l:iui;.v,is eowxmiug Mu$k undertaken by Order
uf Ute Departnicnt uf E(tuculion^ Tokto, Japan.
3) A. a. O.. AnhanfT S. 1108 -1111.
4 Wir bezeichnen der Einfachheil halber die jicwöhnlirlic. durcl» den aufsteigen-
den Quirn i ii/irk( I erhaltene, pythagoreische Leiter nl^ >C^"Nr.Hhis« und nennen deni-
eotsprechend die Leitern, die »ich ergeben, weun mau den Halbtou, die Quarte, die
Quinte u. s. w. dieser Letter zum ürundtou wählt, >Cm*,« resp. ».f-«, •&'<Modus. Es
31B 0. Abraham u. E. M. t. Hornbottelt Stadien über da» Tonsyvtem der Jii|MUier.
die reine Leiter intendiert (m. A. n.T (Die mittleren Abweichungen aller
diesf^r Ivpilien findet man im Alt-ilmift der T.ilu>l!c Y zn8ammengei«tel1t .
I n» diese liesultAte kritisch betrachten und mit den unsri^en vergleichen
zu können, scheint es angezeigt, sich erat die Abweichungen zu vergegeu'»
wärtigen, die xwiaehen der reinen, temperierten und den in Betra«sht kom-
menden pythagoreischen Leitern bestehen. (Vergleiche Tabelle V, erster Ab-
B(.liiiift.l Sämtliche Tnti'ivallo des pythagoreischen (?-Modus sind vnn denen
des /'-Modus nm ein Knuinia verschieden, während der C- und (.r-Modus
sich bloß durch die (Quarte unterscheiden (522, respective 498 C.j» die wieder
dem 0- und F^Modua gemeinsam ist. Der reinen Stimmung nähert sich d«r
J^Modua bedeutend mehr, ala die beiden iind* rn pythagoreischen Leitern, ja
sogar mehr, als unsere Temperatur. Von der Temperatur entfernt sich die
reine Stiinmung am wenigsten, der (-Modus am meisten, doch sind die Unter-
schiede der einzelnen Abweichungen nicht itedeuteud. lat der pythagoreische
JP-Modus intendiert, so sind Abweiohungen gegen die reine Stimmung leich*
ter, ala gegen die temperierte. Vom O (und Cr-)]U[odus ist die Möglichkeit
einer Abweichung gegen reine und temperierte Stimmung zierolicli gleich,
mit geringer Beuüiistigung der Temperatur. Alle diese BezieluingeTj gpltrn
natürlich auch in entgegengesetzter Kichtuug. Was für den praktischen Mu-
siker Abweichungs-Möglichkeiten , das sind fiir den Hörer und Beobachter
Verwechalungs-Möglichkeiten.
Tabelle V.
Mittlere Abweichungen der einzelnen Stimmungen [Cents).
Uein
Temperiert
Pytliag. C f a
Pythag. F i ^
Pythag. ö ) ®3
Pipa
Cxekkin
(rcbrauchal.
ElUs
GHIman
Ritflu-Gabeln
Stiinm-Pfeiten
Hir^joahi alt
llvrajoahi neu
Rein
Temperiert
Pvtbag. C
Pvthag. F (
Pythag. G ) ,i
Bei«
0
!•.♦>
12.9
6.6
10.7
7.3
6.0
ö.ti
11.8
6.2
13.2
132
5.7
11.6
Ü
7.5
7.0
17.0
1.0
T«ii». Pjrtb. C. Ffth. F.
9.G
0
12.0
11.1
10.8
3.6
7.5
76
ILb
6.0
13.9
13.9
4.7
8.0
7.0
0
13.6
10.5
8.6
12.9
12.0
0
24.0
2.2
16.4
1.^.0
12.4
i3.2,
U.4
8.2
10.7
19.5
7.0
13.6
f)
24.0
6.0
Ü.ü
11.1
24.0
0
81.3
6.4
9,5
12.5
9.0
10.3
9^1
10.0
17.0
10.5
24.0
0
18.0
Pjtb. 0.
10.7
10.2
22
21.3
0
13.4
6.0
10.1
Ti
6.7
,Pyth. Cisj
4.0
1.0
8.5
6.0
18.0
0
sei bemerkt, daß der i^-Modus identisch ist mit der Leiter, die man durch den auf-
steigenden Quarten- resp. den absteigenden Quinten-Cirkel erh'^t.
«
i^'iLjuiz-uü by CjOO
0. Abnibatn tt E. M. r. H<HnibMtel, Stadien fiber dn Tontyitem der Jftp«ner. 319
Tabelle VI. Mittlere Üeinheits>Breite.
Bein
1
Ti>rap«>r,
Pytb. C.
I'ytb. F.
1
! Pytb. ü.
Halbtoii
17.6
' 8.0
19.H
8.0
19.6
13.3
13.3
13.3
23.0
13.3
14.1
It). 1
IUI
GrnQe Ter»
15.4
Ifi.O
19.0
15.7
19 0
Uaarte
10.2
10.6
32.9
10.2
102
Triton
9.3
12.9
18.0
9.7
18.0
Ouinte
11.1
11.8
11.1
28.4
11.1
Kleine Soxte
12.0
10 2
13.3
15.5
13.3
Große Sexto
22.7
21.7
20.0
22.9
20.0
Kleine Sept.
14.5
14.5
26.0 ,
14.4
26.0
Große Sept.
11.7
4.7
10.3 '
137
10.3
Mltt-!
1:; Ii
1
IS T
1 ^ ]
Diese Verhältnisse ändern sich wesentlich, wenn wir statt der 12-stufigen
die ö-stufigen Leitern vergleichfn «Triindton, Halbton, Quarte, Quinte, kleine
Sextti). £tf ittt dies notwendig, weil wir dadurch eist deu richiigeu Maßstab
fflr dKe Hingmdii-Stimmangen erhalten vergleich^ Tabdle V, Abecbnitt 4).
Ans dem vorhin Gesagten ergibt sieh von selbst, daß auch in der ö-etufigen
Ijeitor die mitÜMre Abweichung des pytliatroreischen C- und /»-Modus gleich
einem Komma sein muß; diejenige dun C- und (i'-Modus muß entsprechend
größer werden, als in der 12-8tufigen Leiter, da «ich die Abweichung der
Quarte auf eine geringere Anzahl von Gliedern verteilt; eben darum fällt
auch die Übereinstiminung der Quarte im C/- und F>Modua mehr ins Ge-
wicht und bedingt eine kleinere mittlere Abweichung. Quarte und Quinte
des (V-M'xliis sind rein, Sekunde und kleine Sexte nur um je '2 von der
reinen verschieden. Man kann daher geradezu sagen, dal) in dci- l'enta-
tonik der pythagoreische (/-Modus mit der reinen Stimmung zuäuiuiutnlüUt.
Der i^-Modns entfernt sich am weitesten, der 0-Modus und die Temperatur
bedeutend weniger von der reinen Stimmung. Die Rangordnung der mitt^
leren Abweichungen von der Temperatur M< i1tt dii s» Um-, wie bei der 12-stu-
figen Leiter. Im Allifomein<*n erscheint da.-« Verhältnis der AbwtM<linnnf^-
Möglichkeiteu von einer iuteudicrton pythagoreischen Stimmung in der Kich-
tung d«r reinen oder temperierten gerade umgekehrt, wie bei der 12-8tnfigett
Leiter.
Kehren wir nun 8U den aus den Isawa-El Iis 'sehen Tabellen berech-
neten Werten zurück.
Die sehr geringe Abweichung der Kitsu-Gabeln und Stimm-Pfeifeu von
der pythi^oreiächeu Stimmung (F- beziehungsweise CT-Modusj föUt eher zu.
Gunsten der reinen als der temperierten Stimmung aus. Da, wie wir ge-
sehen haben, der J^-Modu8 eich mehr der reiiMn, der C-Modus mehr der
tcmpt>riert*»ii Stimmung zunei;.rt. «^o ♦•ry^-heiTit (\a> \'. rii;dten der Kitsti-( Jubeln
wohl »'rkl-iilicli, da.s der Stimtii-i'itiiü'n dagegen autfallend. Audierüeits
werden wir der größeren Aunälieruug an die reine Stimmung bei den Ga-
beln weniger, bei den Pfeifen umsomehr Gewicht beixulegen haben.
Für die iiltere Hirajoülü-Stimmung können wir ebensogut den pythago-
reischen (/'-Modus wie die reine I.i itt r als intendirrt iiniuhiiK n. Ks zeigt
sich jedeiif.i]]^ eine, wenn auch sehr geringe Abweichung im Sinne der Tem-
s. 4. L M. IV. 21
Digitizeci by Ct.jv.'v
320 0. Abraham n. E. M. v. Hornboitel, Studien über das Tonsyitom d«r J^wner.
peratur. Der Hinneigung zur Teinperatur, die die neuere Hirnjo--lii-Htim-
mung zeigt, (hwf man nicht nllznviel Gewicht heilegen, m'.yj man mit Ellis
den C/5-jMo*Ius, oder den i'-Modus als intendiert betrachten. Beide lassen
Abweichungen gegen die Temperatur bedeutend leichter su, als gegen die
reine Stinunnng. FQr den Cia-Modw betrttgt die mittlere Abweichung Ton
der Temperatur 5,5 C, von der reinen Stimmung 11,0C.
Es ergibt .sich also im Allfremeinen, daß mnu ilif Abweichuntren der von
EUis untersuchten Leitern von der pythagoreischen Theorie niclit notwendiger-
weise ala Annäherungen au die gleichschwebeud temperierte Stimmung be-
trachten mußf Bondem mindestens mit dem gleichen Rechte als AnnSherungen
an die reine Stimmung auffassen kann.
Die«o?-* Hi-iiltiit wird bestätigt durch die von mi« crffiiudiMU' (Tebrauchs-
leiter (vei>;l* iclif Tabelle V, Abf<ehnitt 21 V^'w Im iihm kiMi hit r clt-ii entrHt**u
Anschluß an die reine Stimmung, die Abweichung von der Temperatur ist
etwas größer; dies Yerhftltnis eriittli größeres Gewicht^ wenn wir die pjthft-
gorei^di*- Stimmung als intendiert annt ben, da der 0-Modu!<, der hier iu
Betracht kommt, die Annäherung an die Temperatur erleichtern würde (in
der 12-9tHfitrfn Lcifpr;. Die Intervalle der Gekkin-Leit»'r (von den neutralen
Terzen und Sexten abgesehen) zeigen dieselbe Kangordnung der mittleren
Abweichungen, wie die dfir Gebraucba-Leiter. Die größere Annäherong An
die Ten^pemtur^ die wir bei den Pipa-Leitem finden, wird durch die gleich-
zeitige AnnSberun^ an den pythagoreischen F-Modus noch besonders betont,
d;i ilifser eine Abwoichuntr im Sinne der rfinen T.> it< r bc^üii-ticen würde.
Dennoch niöcljten wir dieser scheinbaren Bestätigung^; der Kllis .«^rln'n Hypo-
these nicht allzu große Bedeutung beimessen, da iUr eine £eilie gewichtigerer
Tatsachen entgegenstehen. Die Konstruktion des Kin Tom Typus A, da«
Auftreten der reinen großen Terz in der Kin-Leiter des B-Typus') lassen
keiTiPTi Zweiftd darüber, daß reine Intervalle in der ostasiatiachen Musik nicht
nur /ufälHif vnrknmmpn.
AVir hüben vergleichsweise auch die mittleren Abweichungen der von
B. I. Gilman^) publizierten chinesischen Gebrauchs-Leitem beredinet. Auch
hier verliert die Annäherung an die Temperatur, die um ein (Jeringos größer
ist, als die an die reine Stimmung, dadurch an Bedeutung, daß sie von dfiii
möglicherweise intendierten pythagoreischen (?-Modus betrünstiirt wird. Wir
haben bisher die Abweichungen der Mittelwerte (Tai)elie Ii, Kul>rik Jü, Ta-
belle HI) Bubrik 1 und 6) yon den wahrscheinlich intendierten Leitern be-
trachtet. In den Mittelwerten erscheinen aber Abweichungen iu entgegen»
gesetaten Richtungen kompensiert; die »mittleren Abweichungen« fallen da-
her verhältnismäßig klein aus. Um ein Maß für den Spidrnnm zu gewinnen,
in welchem die Intonation iu der Praxis sich bewegt, ist es notwendig, aus
allen Abweichungen das Mittel zu nehmen *]. Wir haben die«e umständlicbe
Beredinung der »mittleren Beinheits-Breite« fttr unsere Gebrauchsr-Leiter, anf
die es uns hauptsächli< h ankommt, durchgeführt (Tabelle YI). Das bereita
gewonnene lu sultnt erfährt hier seine Bestätip^untr • die reine Stimmung
schließt sicli der (iebrauch^-l leiter enger an, als die temperierte; von den ])ytha-
goreischen Leitern kann nur der 6"-Modus als intendiert angesehen wurden.
1) Ain li rtuf die große Sexte in der£llii gemessenen Pipa^Leiter sei hier noch-
mals hingewiesen.
2) A a. O,
sj Auch hierbei muß stets das Gewicht berOckaiebtigt werden.
^ .d by GüOgl
0. Abraham u. E. 31 t. Hbrnboiiel, Studieo fiber dai Tonay «tem der Jftpaser. 32 1
Betrachteu wir die mittlere Keiiiheit8>Breite der einzelnen Inter-
vallo, (Vw (in reliirivts ^laß dr- T ii t f-rv n 11 - E hw u ß t s e i u 8 darstellt, so
♦Tgibt sirli Fuls/' ncU s : ndipn der Quarte und (Quinte erfretif sirh der Triton
einer uutlallead reinen Intonation Es erklärt aicb dies wohl aus der Be-
TOTZugung, die der ttbermäßige QuarCschritt in der japtmischen Melodik ge-
nieBt. Vür die Ideine Terz and Sexte scheint sich ein Keinheits- Gefühl
herausgebildet zu haben , das für die große Terz und Sexte fehlt. Wir
kommen nnf diose ni**rkwnrdii.'o Tafsnche später noch ztirück und koti<?ta-
tiereu hier nur noch, daß der Haibtou und seine Umkehrung, die große
Septime, sich bemerkenswert der Temperatur n3h«n.
Fassen wir die Ergebnisse nnserer Unterenchung nochnuds ansammenf so
finden wir die reine Stiuimung als die wesentliche Grundlage der
heutigen japanisclu u ]\lu>ik. Einzelne Abweichungen, sowie die Verkörpern iij»
des Quinten- Zirkels aut japanischen Stimm-Pfeifen lEllis) weisen auf die
Möglichkeit hin, daß der pythagoreischen Theorie auch in Japan eine
Bedeutung zukommt. Eine gelegentlidie Hinneigung sur gleichschwe-
benden Temperatur int unverki mibar. Der genaueren Untersuchung und
Erklärung dii*scr Tafsiulicn ist das folj^'rnd»' Kajiitel gewidmet. Amli die
Einwirkung der iit-utralen und der durch matlu'matische Sniten-'J\'iluiitr,
also nach einem außermusikalischen Prinzip gewonnenen Intervalle auf
die praktische Musik werden wir noch in anderem Zusammenhange be-
trachten.
4. Musiktheorie.
Die japanisiche Musik ist ein Ableger der viel älteren i. Ii in i-sisch- korea-
nischen. Nicht nur in den luätrumenteu, auch im TouwvHtim zeigen sich
noch heute deutliche Symptome dieses ITrspmngs. Ob dagegen die sehr
kunstvolle Musiktheorie, die chinesische Gelehrte von altersher mit Vorliebe
in den Kreis ihrer Spekulationen gezogen haben, jemals im Bewußtsein des
japanischen \'olkf^ lebeTidiij wnr. müssrn wir bezwiiifeln. Dennoch müssen
wir mit einigen kurzen üemerkungen auf die cii in e tische Theorie zurück-
greifen, da sie uns den Sdilfinel zum Yerstilndnis mancher Eigentümlich-
keiten des japanischen Tonsystems liefert Die diinesischen Überlieferungen
sind schon vielfach zum Gegenstand eingehender Stadien gemacht worden*),
und die Verwandtschaft des chinesischen Mufiksystems mit demjeniiren de'«
Pythagoras ist durch so zahlreiche Analogien belegt, daß man kaum um-
hin kann, au einen ursächlichen Zusammenhang beider zu denken. Es mag
dahin gestellt bleiben, ob der griechische Oelehrte tos seinen Beisen nach
Ägypten und dem Orient die Grundlage seiner Theorie als fertiges Geschenk
in die Heimat zurückbrachte, oder ob wir für beide Systeme eine ältere j?»»-
meiuschaftliche Wurzel, etwa in Indien oder Babylon^] zu suchen haben.
1) Vielleicht läßt sich die Bevorzugung des Tri! >n iit der japamaohen Musik da-
mit iti Zusammenliiiiitr bringen. fl:i(? d;i« Intervall ') : 7 der Vn-sclinielzung nach zwiseheji
den Konsonanzen und den Dissonanzen rangiert. (Vergleiche if'aist, a. a. O.; Meinong
und Witasek, a. a. O.; auch Stumpf. Neueres über Tonverschmelzung , S. 6ff.}
Wir fanden den Triton 5:7 :ö88 C; auf der Pipa. die Septime 4:7 (9690.) auf Stimm-
pfeifen v>'rk*»rpcrt. (Siehe Tabelle III und IV.*
2, Vergleiche die S. 304 citierten Arbeiten von Pere Amiot, Dechevrens,
B. 1. Gilman and Wagen er.
3) Yeigleiehe Win ekler, Die babylonische Kultur, S. 46.
21*
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322 0. Abraham u. E. M. v. Hornbottel, StncUen ftbw das Tonqrttem der Japamr.
Wir werden jedenfalls kiuun fehlgehen, wenn wir die faarmoniadbe Musik des
heutigen Europa und die harmonielose der modernen Japaner ala späte
Bliiton eines Baumes nebeneinander stellen.
Em Hauptproblem der Theoretiker von altereher war die Frage: AVie
entsteht eine Leiter? Die alt-chinesischen Philosophen wie die Fytha-
goreer haben denselben Weg an ihrer liösung betreten. Jene gründeten ihre
Thoorit' auf die LHn«?e von töneridrn Pfcifm. diese anf dif l.änuf von
schwingenden Halten, und konstruierten nach der abnehmenden geomotriächen
Progression :
^' 3 U)- (s)
den bekannten »Quinten-Zirkelc. Schreitet man, von einem gegebenen An-
fangston ntiHj in (Quinten aufwUrts, indfin man die OTit-tiliciulcii Tüno, wo
nötig, durcb üktaven-Trnn>i|Hisition in den Umfang einer Oktave verlegt'',
so gelangt man nach iünf Furtächri-ituugeu zu einer 5-stufigcn, anhemi-
tonischen (halbtonlosen] Leiter von der Form: f g a c d f; sieben Fortsdirei«
tnngen fahren au einer diatonischen Leiter von der Form : fgahcdef;
zwölf Furtschreitunpen zu einer chromatischen Leiter von der Form : f fis g
gis a ais h c eis d dis e f. Nun bewegt pich die« cbitiesi'^che ^Fnsik vorzugs-
weise iu der Anliemitonik, während die beiden Töne, die die 5-atufige zur
7-stnfigen Leiter ei^insen, die sogenannten »Pienac, nur in einer geringen
Anaabi von StQeken, und in diesen seltener als die Übrigen Stufen, yorkom-
nien')> l^ie 12-stufige Leitrr, das System der sogenannten »Lüs«, findet sich
zwar auch auf ciiizt linni 1 nstrunu nten verkörpert, (namentlich auf dt-n alten
Glockenspielen Kiti^ und Tsrhung , ihren modernen Formen Pitth-King und
{HcurTschufig^lf sowie dem zitherartigen C/ic), dient aber nur sur Modulation
beaiehungsweise Transposition in eine andere Tonlage. Der Quinten-2irkel
erwies sich also zur ErklKrung aller in der praktischen Mnsik verwendeten
Leitern braurbbur.
T)n in.iu sich als älteste, urnprüngliche Tonquellen Pfeifenrohre daclitt * .
so genügte es, die Länge eines Rohres ein für allemal zu nurmieren, um
▼on diesem [Huanff-Uehnng] ausgehend, alle musikalischen T$ne au erhalten.
Der Quinten-Zirkel ward dadurch da« Generations-Prinzip nicht nur der re-
lativen. soTub'rn amli der absoluten Tniistuffii. Genau nndi d<M- Er-
zeugung der zwölf iiat sicli das Geuprat iuii^- ['rin/i]) orsrbnpft : Uas Kude
kehrt, da die Oktave mit dem Grundton idcntitiziert wird^ , zum Anfang in
sich selbst aurttck, der Kreis ist geschlossen.
Was die Bedeutung dieser Theorie nach diinesiscber Anschaunng noch
besonders steigern mußte, ist der Zusammenhang mit der in astronomischen
ypekulntionen wurzelnden Zahlen -Myi^tik. Fünf-. Sifbon- und Zwölf-
zahl, die hier eine so große KoUe spielen "j, stellen auch im Tonsysiem au
1) Alternierende aul'steigeade (Quinten und absteigende ^uorteu führen zu der
gleichen Letter.
2; Vergleicbe G ilni a n , a. a. O., S. 62.
•\ Vcpjlp'.che C. Enbrel. Mnsfrf,! InMmmenUy S. tittff.
4, Vergleiche Amiot, a. a. U., IL 1.
6} Yergleicbe Qilmant a. a. 0-, S. 58; van AnUt, a. a. 0., S. 18.
6) Vergleiche auch Winckler, a. a. 0., S. 21 ff.
Digilizod by
0. Abraham u. £. M. v. Hornbostel, Studien über das Tousystcm der Japaner. 323
prominenter Stelle. Die drei ersten ZaUen der natürlichen Zahlenreibe
2
werden im C^uinten-Zirkel (1, , u. «. w.j zam Ursprung der ganzen Pro-
3
gression.
So viele wundcrlinrn und iM flinitsnnif Tatsachen konnten dem B« wußt-
seiii spekulativer Mystiker unmöglich als eine Summe von Zufällen erscheinen,
und es ist psychologisch wohl begreiflich, daß man bei der primitiven Tech-
nik des Instramentenban«, bei nicht Übermäßig reiner Intonation and bei
▼ölligem Mangel akustisch -physiknlischer MesBungS-Metboden sich ganz der
Freude liiiif^al). ein schwieriges Prc>l)lorn in überaus befriedigender Wpi<e
gelöst, die uiusikaliHchen Tatsachen durch geläufige Vorstellungen erklüi-t
und dem allgemeinen AVeltbildo organisch angegliedert zu haben — es ist
begreiflich) daß man dabei die Tatsachen Qbersah, die der Theorie wider-
sprechen.
So Miel) das kli'iiif; Intervall iiiilx nnTkt . um das der zwölfte, durch den
(Quinten-Zirkel gewonnene Ton den Tudang der Okt;i%-(! übiMsclirRitet (pytha-
goreisches Komma, 524 288:531441, 24 Cents). AVührend Quinte, (Quarte,
kleine Ten und kleine Sexte dieses Systems dorch die Übereinstimmung mit
den entsprechenden reinen Intervallen (beziehungsweise große Annäherung
an dieselben) dem Konsonanz-rrefühl genügen, vermögen die große Terz und
dir sToßp Sfxte dasselbe so wenig zu befriedigen, daß, wo immer dir« pytha-
goreische Tlieorie über die Praxi« zur Herrschaft gelangte, eine Reactiou ent-
stand, die nach einer passenden Konrektnr dieser Intervalle verlangte^).
Keinesfalls kann aber auf diesem Wege der Ursprung einer Leiter er-
klärt werden: wir werden im (ii-genteil erst wieder nach dem Ursprung
des Prinzips des t^uin t ««n-Zirkels zu fra^'pn haben Wollen wir uns
nicht begnügen, ihn einfach auf mathematische Spekulation zurückzuführen,
so ist vielleicht die Vermutung ge^^tattet, daß das Fortschreiten in (Quinten
«unftchst als praktische Technik beim Stimmen von Saiten- und Holxschlag-
1 n~triimt'nf (1), wie sie bei primitiven Völkern nehr verbreitet sind*), Anwen-
dung fand. Die Annnbine, daß der auf Pfrifen durch »TJbt rMasen« erzeugte
zweite Oberton, die Duodecime, Quinten-Fortschreitungeji nahegelegt habe,
scheint überaus gezwungen; zudem würde sie nur die Geburt der Quinte,
nicht aber die eigentümliche Verwendung derselben im Zirkel erkliren kön-
iM II. Vit l wahrscheinlidier ist es, daß man Ix-i dem Wunsch, die Oktave
«liircli Zwischenstufen auszufüllen, zunächi«t flnicli das KonFonanz-ripftihl auf
die nächst niedrige Verschmelzt! hl''-*- Stufe, die (^iiiui«' gf^ftihrt wurde**]. Uiese,
von den beiden durch die Oktave gegebenen Kckpunkten aus nach innen
konstruiert, ergab ein sehr verwendbares Leitern-Skelett (c f g c'), nSmlich
awei durch einen Ganston getrennte Quarten^), und es erübrigte, dieselben,
1) So schon im Altertum A ristoxeuus ^vergleiche Bellerniüiiu, Toult itcru der
Qriechen, S. 20) und in der Renaissance B. B. de Fareja.
2 Z. B. das I'rnrnt der Siamesen und die fast in jedem afrikanischen Negerdorf
zu tlndende MarmUm [vergleiche Auckermaun, a.a.O.). — Auch die Japaner be-
sitsen eine Art Xylophon, das »Mokkin*.
3) Vergleiche Stum}>t. Kousonanz mid Dissonanz, S. ßlif.
41 Diese unausgefüllten Ti trachorde entsprechen der ältesten griefhlsclitn Iata-
Stimmung {vergleiche Helm hol tz, S. 422; und sind auch für die chinesische Pipa
und die japanisdie Biwa gebraneUich.
324 0. Abnham u. E. U. v. Hornbostel, Studien film du Tonqntam der Japuier.
w ilil uach dem Distauz-Gefühl*), durch noch kloineie StutVu auszufüllen.
Vielleicht benutate man dn/u i l tn den Ganztou, der sich in der i^eschilderten
Konstruktion von selber tlarbot. Indem mnn ihn vom Grundton und von
der Quinte aus auftrug, erhielt man die yiV/*Mi.r;j-lieiter cdf g a c. Sie be-
steht aus 2wei getrennten (dulievyftü'Oi;) gleich gebauten Tetrachorden.
Die HalbtoDHchritte, die im chinesischen Tetracbord vermieden amd| finden
sich in der japanischen Musik besonders häufig. AVie bereits an früherer
Stelle erwähnt, i<t es dem -Koto-Spieler niÖLHirh, durch einen Djuck auf die
8ait«i uuterhalb des iStegeü ihre Spaunung und damit die Tonhöhe zu er-
hdhen. Es ist sehr wahrscheinlichj dsA man aus Bequemlichkeits-Hücksicbten
bestrebt war, möglichst viele der in einem Musikstück vorkommenden Tdne
Bchou von vornherein durch Stimmen auf den 13 Saiten der Koto herzu-
stellen, um der Technik des Saitendrucks nur irehvireutlich vorkommende
Zwischenlüne zu überlassen. AVir wollen die vtjrbchiedeneu Kuto-Stimiiiungeu
im Lichte dieser Hypothese betrachten.
Die japanische Leiter ist, analog der chinesischen, aus zwei gleichen
unverbundenen Tetrachorden aufgebaut. Jedoch erscheinen «Iii- (^uatti it nidit,
wie bei Jener, durch <tanztÖne und kleine Tcr/nn, sondorn durch Halbtone
und grolle Terzen au:-Lft'fiillt. AVir Imbi-n y^miui eine i.citti- vou der Form:
c des f g as c'. Durch Saiumdruck kann man leicht von dieser Toufolge
zur anhemitonischen übergehen. Diese in der japanischen Musik sehr ge-
bräuchliche ^Modulation ist in anderen Koto-Stimmungen schon dadurch vor-
gesehen, dafi in ihnen die beiden Formen des Tetiachords vereinigt ei*-
scheiuen: wir erludti-n ho zum Beisjnel eine Leiter von der Form cd f 'j '7.« c.
An» dieseu diei Hauptlormeu der K.otu-Leit«ru lasseu sich eine Jtteihe an-
derer nach demselben Prinzip ableiten, das man im grieehiachen Altertum und im
kirchlichen Mittelalter befolgte» um von der ursprOnglichen diatonischen
Leiter zu den sogeuannten Oktaven-Guttungen /u l;« laugen: indem wir statt
des ersten den zweiten oder vieHiMi Ton der Koto-Leitern znm Grundton
wählen, können wir die Intfrvalkn-Folge innerhalb der Oktave verändern.
(Wir schreiben diesmal die Leiteru in etwas veränderter Form , indem
wir die dritte Stufe der oben mitgeteilten Tonfolgen cum Ausgangspunkt
machen und mit der gebräuchlichen absoluten Tonhöhe in Ubereinstimmung
bringen.) Wir erhalten so für die häufigsten Koto -Stimmungen folgendes
Schema:
Ohmes. Stunmungen j <l 1 « 1 » 1 H ^
/ Hirajoshi: g i » ^^ 2 '^'**''2 ^
Haupt-Stimmungen i '^^^^^ * 4 2 * J 2 1 *
( Kumoi: ^^2 ^1*4^2^
Akcbono: gja^b2
Miscb*Stimmungen ) Han Iwato a.bg ^^x^l'^l*
Han Kumoi: ^1^1^^1*^^^3^
1; Ein gebildeter, musikkuadiger Japaner, den El Iis befragte, versicherte, die
Japaner stimmen die Halbt&ie ai^ der Koto •not by amaononee but by a certain
mdodical iniuiHm* (Ellis, a. s. 0., S. 622).
Digilizod by C«.
0. Abraham u. E. ÄL v. Hornbostel, Studien über das Tousystem der Jaj>uucr. 325
"Wir haben <Ueae Darstellungsweise benutzt} nm den Zusammenhang der ein-
zelnen Stiiumungen deutlich zu niucheu. [Die drei (Gruppen unteracheiden
girh durch die in ihnen vorkoiiuiienden Intervalle, wahrend innerli;dli icdt^r
(iru2)j)e nur ein Weclisel der lutervallen-Folge statt hat) Wir geben nuu
in beifolgeuder Tafel die Kuto-^timmuugeu iu ihrer volhitüudigeu ISstiiügeu
Gestalt, wie sie tataüchlich auf dem Instrument hergestellt werden. Die
ersten beiden Saiten behalten in allen Stimmuugen ihre rehitive und absolute
Tonhölic bt»i. auch wenn diese Töne in der nliriLT' ii Tjciff-r Jiiclit vorkfvnimen fso
d in Ni)t( iiln ispiel 4, g in 11'. Diese » iL'* nt iiniliilif Konstanz, welche die
Anüchauliclikeit dea Leiteru-Bildus oft trübt, liat in der englischeu Literatur
eine ausgedehnte theoretii»che Diskussion heraufbeschworen auf die wir je-
doch ni<^t uälter eingehen wollen, da »ie nichts wesentlich Neues f&r die hier
zu erörtt'i iidt ii Fragen beibringen dürfte. \Vir beschränken uns darauf, uoch-
nials zu eriuiK'iii, rlaß wir es hier mit Tnstriimentiil-Tjoitern zu tiiu
haben, aus denen allein sich die Probleine der Toualitüt und 31odulatiüu
nicht «rkliren lassen. Wir können weder der ersten, noch der zweiten, noch
sonst einer Saite ohne weiteres die Funktionen einer Tonika suachreiben,
und widden die Rrundtöne so, daß die einzelnen Stimmungen vergleidibar
und die Beziehungen ihrer Struktur anschaulich werden.
Kotu-iStimmuuge n.
^ 1. Ryosen (Tkiaiki).
^ a [
J J ^
2. Aitsuson ^Hjojoj.
i
8. Hir^joshi.
1
TT ♦
TU'
-s-
1 Man findet samtliche (5-stufigcn' Stimmungen in den :7-atnfigen) griediisehen
und den KircliPntnnlpiteni wir;'' :■ 1 :-v. mt- <'-.1'-i
Altgrieehtschc
Leitern
Kircheatöne
nach Glarean j nach Helmholtz
Koto-Stlininungen
Lydisch
Jonisch
.^krygisch
Aoliseh
Dorisch
Mixolydisch
Syntonolydisch
Jonisch
Mixolydisch
porisch
Aoliach
Phrygisch
Lydisch
Dur-Geschlecht
(Quarten-Geschlecht
Septiroen-Gcschlecbt
Terfen-Oeschlecht
Scxten-üescblccht
Sekunden^Geschlechi
Qaintnu-QeBddecht
Rit^nsen, Kyosen
Ritsusen, Ryosen
Akebooo
Hirajoshi, Han-
Kiiiiioi
Kuuloi, Hau-iwato
Iwato
Bitsusen, Ryosen
(Vergleiche HebuhoUs, S. 441.)
gl In den dtierten Abhandlungen von El Iis, Piggott, Knott und Du Bois*
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326 0. Abraham u. E. M. v. Hornbostel, ätudicn über das Tonsystem der Japaner.
4. Iwato. ^
<s (S — P
9
fi. Knmoi
i
i
6. Akebono.
i
7. Hm^Iwato.
P
^ — fit-
8^ Httn-Kumoi
9. Kata-Kuuioi.
3^
10. Kata-lwato.
3^
11. Akebono (?) n.
12. Hir^oshi i'f>j IL
w WCk
9
13. Hin^oehi, Kio Yu
14 Kumoi ? n.
L. kj .i^cd by Google
O. Abraham u. E. M. t. Hombostol, Stadien über das Tonqrstem der Japaner. 321
m Saknra (Kin kn). ^
16. Hirajoshi Licenz).
Zu den bereits besprochenen 8 Stimmungen kommen noch einige Varianten
hinzu. Wie die Oktaven der 3. <iruppe dui'ch die Vereinigang von zwei ver-
«duedeneu Tetradiorden, bo sind die Leiteni Kaia-Kmtm und JTafti-JbwIo
diu«h zwei aneinandergereilite, Terscliiedene Haupti^timiQungen verkörpernde
Oktaven gebildet; und zwar er«cheint Kata-Kumoi (9) als Verbindung von
Hirajoshi (3l mit Ktimoi '.')■, Kafa-hrnto '10; als V<'rbin«1ung von Iwato ^i)
mit Kumoi (5). Die H. »Stimmung können wir als um eine (Quinte nach
oben transponiertes Hirajoshi auffassen Derartige Transpositioneu auf die
Dominante oder Subdominante, die unseren Modulationen von einer • Ton-
art« in die andere entsprechen, kommen in der japaninchen Musik auch inner-
halb eines Musikstiickes hUufig V(ir. Sie bewci'scn dort einerseit«. diiß dem
Japaner weder das (Jefiihl für To ri a 1 ilii t , niich für K laji ixvrw andtscliiift
abgeht; andererseits machen sie da» Bedürfnis nach einer Temperatur der
reinen Leiter erklSi'lich, das «ich auch in nicht-harmonischer Musik einstellen
muß, wo derartige Modulationen gebrftuclüich sind.
Die 12. Stimmung zeigt uns gewissennaßen die T'mkrlintnrr der in Ake-
bono (und den nnderen Stimuiungen der 3. Gruppe) konstatierten Tetriiehord-
Folge: der halbtontreie ^chinesische; hat mit dem (japanischen) Hulljtou-
Tetrachord die Stellung vertauscht. Diese Stimmung wird (nach Piggott)
gelegentlich angewendet, wenn ein INIusikstUck gerade diese Tonfolgen häufig
verlangt, und dann im Laufe des Stückes durch Erniedrigung der 4. und
9. Saite !h zu b)^] in gewöhnliches Hirajoshi verwandelt. In analoger Weise
soll Akebono (8} durch Vertiefung der G. und 11. Saite zu Hirajoshi umge-
stimmt werden.
Die tibrigen Varianten (IS.^lö.j unterscheiden steh von den normalen
Stimmungen nur durch Erhöhung der letsten Töne, wie sie auch im gewöhn-
liclieii Iwato lind Han-Twato üblich sind*). Sie dürften, wie alle Eigentüm-
lichkeiten der Koto-St immun gen, durch melodische Bedürfnisse zu erklären
.sein. Auch die Tendenz, den Tonumfang des Instruments zu erweitem, mag
ihnen an Grunde liegen. Letsteres seigt sich besonders deutlich in der Ver-
tiefung der 1. Saite um eine Oktave (16.), za der nur gewisse vorgeschrittene
Spieler berechtiu-t sind"*).
Siuntlidie K oto-Stinimungen weisen, da sie sich aus u n v o ! 1 st ii ti d igen
Tetrachorden aufbauen, nur fünf Stufen innerhalb einer Oktave auf. Die
japanische Musik bewegt sidb aber ebensowenig^ wie die chinesische^ aus-
1) Piggott besehreibt diese Stimmung merkwOrdigerweise als »Akebono«.
2} Durch Verschiebung der entsprechenden Stege.
3) Die nltcriertcn Stufen sind in der Notentafel durch x bezeichnet.
4) Vergleiche S. 336.
328 ^- Abi-aliuiu u. E. M. V. Uut ulH>stel, StuUieu über da^ Tonsjstem der Japaner.
schliefiUeh in der Fentatonikl). Die Koto-Leüeni enÜialteii nur die in einem
Musikstück am häufigsten vorkomuienden Stufen, und ts bleil>t dem Spieler
übcrlasseu, die Lücktni durch Saitemliiuk nuszufülli'H. Ein Blick auf die
beigefügte NotentaleJ zeigt uns, wie man mit liilie dieser Technik leicht von
einer Stimmung in die andere übergehen kann. Ei'hühung der 6. (und 11.]
Saite führt von Hirigoahi za Akebono; wird andi noch die 4. (nnd 9.) Saite
erhöht, so erhält man Ityosen. In analoger Weise sind Übergange von Iwato
Tincli Hiin-Iwato, von Tvitmni natU Hau-Kumoi oder Kitsusen mö<rIio1i u. s. f. *^).
Wird schon hieidtiirli die Füntstulij^ki-it aufgegeben und die Anzahl der Töne
nnd Intervalle iuuerhali) eines MusikBtUckes vermehrt, &o ist e» weiter auch
möglich, XVL diatonischen Leitern zu gelangen, da sich die Tonhohe durch
Saitendruck nicht nur um einen halben, sondern audi um einen gansen Ton
hinauftreiben läßt.
Die Analyse einer großen Anzahl von anderen Autoren mitgctt iltr r
Melodien, sowie unserer eigenen l'houogianuue ergab, daß diese Erhöhungen
nnr innerhalb der Lttcken der onToUstäudigcn Tetrachorde, niemals an andrer
Stelle gebraucht werden. Es folgt daraus, daß die 12H»tufig (chromatisdie}
geteilte Oktave als Gebrauchsleiter nicht vorkommt, sondern nur aUMaterial-
Tiinter Mn^nspreohen ist. Wenn wir, wie bislitr. «h m tHttrrhalb der In iden
verbundenen iSekundt-u-Scliritte liegenden Ton als ( iruiidtun ^nicht als Tonika I i
unaehmeu**], so finden wir, daß in den den einzelnen Melodien (oder deren
musikalischen Teilen) sn (irunde liegenden (Gebrauchs-) Leitern die Quarte
und kleine Septime selten niemah Triton und große Septime) und als Durch-
gangston vorkommen oder ganz fehlen; dlf irroße und kleine Terz, die große
nnd kleine Sexte alteiiiieren miteinander und treten in demselben Teile der
Melodie uiemHl» gleichzeitig auf. Wir würden also in einem ^lusikstücke)
in dessen Verlauf alle genannten Stufen auftreten, eine 9-8tufige Leiter von
der Form:
g a {Cf d es e if)
finden.
l>pr melodisrhe Sehwerpunkt flillt rlurchanf? nicJit immer mit dem hier ge-
wühlten Gruudtou, sondern miudeätens ebenso häutig mit der Sekunde oder
(Quinte maammen^}. Von diraen als GrmndtiJnen ausgehend würden wir Quarte
und Sexte (besiehungsweise Tent und Septe) selten oder gamidht finden, und
es würden Halb- mit Ganzton, Triton mit Quinte, besiehnngsweise Halb-
mit (lanzton, kleine mit großer Sexte alternieren.
Es ist begreiflich, daß bei der Saitendruck-Technik die Intonation der
erhöhten Stufen nicht immer ganz scharf ausfällt. Solcher intermediärer In-
tonation verdanken wohl die neutralen Intervalle ihre Entstehung, die ynr
gelegentiidl auch aus japanischer Musik heraushören, nnd deren Gefühl»»
Charakter uns so ft^mdartig berührt. Dem von Harmonie-GeiUhl freien
1) Vergleiche Gilman. a. a. 0., S. 62 Anm. Aach die alt-schottiscdien, slamesi*
»chon und javanisch« u I'rln>/- Melodien halten nicht streng an der Pentatonik fest
(.Vergleiche Stuiii])f. T. u.M. il<r Siamescn, S. 99fiVi
2) Die Stimmungen der I. Gruppe .iütsusen etc.) werden, soweit wir darüber unter-
riditet sind, auf der japanischen Koto niemals von vornherein hergestelli Sie
liegen aber sahireichen japani^^« Leu Melodien su Grunde und es erschien daher sweck*
mäl3ig. sie in einer Reihe mit den iilirifren m besprechen.
3j Entsprechend dem Fa der diatonischen Leiter.
4) Veigleiche S. 338.
Ü. Abraham u. £. M. r, Horabostd, Studien &ber das Tonqrstem d«r Japaiwr. 329
Japuner, dessen Aufmerksamkeit nicht vorwiegend auf Terzen und Sexten
gerichtet ist^ mögen dagegen diese Intouatious-Schwaukungeu entweder ganz
entgehen, oder er empfindet sie doeb nicht st&rend. Daß sie intendiert seien,
können wir nach den Kesultnten unserer Messungen nicht gut annehmen.
Dagegen gehören sif /wt-ircllo«: tth den Kii^M'titünilichkeiten der chinesischen
Mii^ik und dürlU n mit dn- (Jt kkiu wolü nach Japan, aber nicht in das
musikiiliaclie Volks-Bewulitsein der .Japaner eingedrungen sein. Eher scheint
■ich noch ein fifewisses Beinheits-Gefllhl lür das merkwürdige xwisdien Triton
nnd Qninte gelru. m Intervall ausgebildet ra haben Tnsere Er&bmngen
über die praktische IVlusik der Japaner reichen aber nicht hin, um etwas
Bestimmtes hierüber zu vcrmuti-ri.
Auf die Ursaciten der Bevorzugung der Pentatonik fallt von der japanischen
Blnsik und MnsikÜieorie ans kaum neues Licht: sie isl nur geeignet, die Ver-
mutungen einiger älterer Autoren (Helmholta, F^tis) hinfiiltig lu machen,
als hätte die T« ndcn^, Hslbtonschritte oder das unharmonische Inter\'all des
Tritonus ' »Si i nutra fa^ j zu vfrmcidon, zur Pentatonik «geführt •*). Nicht nur,
daß die Füiit^tutigkeit meist niclit streng festgehalten wird oder, wie im
javaniächeu Salendro-System, neben einem siebenstufigeu System erscheint
— die japanischen Koto-Leitem'*) nnd die beliebte Tritonus-Phrase be-
weisen zur (ienüge, daB die Pentntonik mit der Anhemitonik nichts zu tun
bat. Auch die Frage luicli der I^iioritilt der 5- oder T-stufigen Leiter
wird durch die japanische Mu^-ik kniiu» yctordrit. und wir mUsseu darauf ver-
zichten, hier auf diese Probleme niiher einzugehen,
5. Praktisehe Hvsik.
Tlii'iretische Kenntiii^-r- fehlen dem jiipjinischen Mn«iker meist völlig.
Alletif.iHs wi?isen die Koto- uud Sliamiseu-iSpieler die Stimmungen ihrer In-
strumente; eine genaue Kenntnis des Tonsystems, soweit sie nicht praktisch
erfordeHich ist^ ist ihnen verschlossen. Die mangelhafte musiktheoretisdie
Bildung erklärt «ich vielleicht Z. T. aus den KiLentttmlichkeiten der japanischen
X<>t (• n chrift. Wäbrend !iTi>'erf' Nnd'n jd> Symbole filr Totdiölii-n i»elt«*ri,
gbMc}ij.'iItiL'. von welchem instninicnt ^iw liervorgebracht werden, bezielien sich
die ja2Junif»chen Notenzeichen nur auf bestimmte Instrumente. Sie bestehen
im wesentlichen aus Zahlwörtern, welche die su spielende Koto-Saite, be*
»ehungsweise das Flöten-Loch oder den ( hiitarren-Bund (auf der Gekkin)
bezeichnen. BeigelTigte kleinere Symbole bezieh'-n >ii h auf rhythmische un<l
tnktliobe <T)iedenJTitr^'. Die Bedeutung und Verlircitung der Nofen«chrift ist
übrigens viel geringer als bei uns; vielfach werden Kompositionen nur nach
dem Gehör Uberliefert, und «war nicht nur Volkslieder, wie bei uns, sondern
auch instrumentale Musik. Infolgedessen sind diti Namen der Komponisten
oft bald in Vergessenheit geraten, widirend ihre AVerke allmählichen Ver-
än<terungen unterliegen. Jeder Spieler schmückt das überlieferte Schema nach
1] Veiigfleiche B. LG i Im an, China-MuHe.
2 Vergleiche S. 314.
8; Ver<ih i( lir auch Deehevrens, a. n. O , S. 5"23 Anmerkung (!!\
4j Jtcato 18t übrigens identisch mit der aiiuu enhaniumischen Skala deaOlympos
(verglekhe Helmholte, a. a. 0., S. 496).
ö) Vergleiche Wallasehck, Prtmiiire Mtmr, S. 153 ff
6j Über das Memorieren von Musikstücken vergleiche S. 335f.
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330 0. Abrabaiu u. E. M. v. Hornbostel, Studien über das Tonsystem der Japaner.
GeBchmack und Fertigkeit aus. Ferner darf man aus diesen Yerhlltniasen
auf ein guto» Melodie-Gedächtnis der Japaner schließen.
Das Melodie-Cxedächtnis beruht zum prrößten Teil auf dem Godächtuis für
Intervalle und Rhythmus, zum viel geri narren Teil nnf dorn Tr »> d ;i i h t n is
für absolute Touhöht^n. So fiudeu wir das letztere auch hei den Japanern
reoht mangelhaft entwiekelt. A priori ist es wohl denkbar, daß ein VoUc
durch Übung das absolute Ton-GedKchtnis stärker ausgebildet hat, als daa
lutervall-Gedüchtnis, umgekehrt als bei uns, wo alles getchiebti das Tntervall-
Gf'dächtnis auf Kosten des ii1)solut*Mi Ton-Gcdiu htnis«os zu erziehen'': ihnh
ist, unseres» Wissens, diese Mögliclikeit bislier uocli nicht verwirklicht gelunden
worden. Hin und wieder scheint es auch in Japan mit absolutem Tonbewußt"
sein begabte Musiker zu geben. Bei der Schauspieler'Trappe der Sada Yacco
war es uns aufgefallen, daß ein kleiner Kimbe in der ersten Soene sein
Kindt'ri,'f-rhi'('i immer mit (IciiiscIIkii Ton 'Jis., beirann. T)agegen schwankte
der Sänger, dw dvn ('hur iiKirkierfc. Ihm mmiuiii Kinsntz in den rib«nlnt<*n Ton-
höhen bis zu einer Terz, Zwar haben wir nicht gesehen, daü die Theater-
Mnsiker ilure Saiten nach einem festen Ton abstimmten: sie haben dies rein
nach dem Gedichtnis getan, aber die Stininninir ihrer Instrumento schwankte
auch beträchtlich, ati zwei auf einander folgen<len Tagen um mehi als rlnrn
(ianzton. In Japan selbst werden die Saiten-Insfrumeiitc nach den iShakuhtuhis,
Flöten uud Stimmpfeifeu, welche ja feste Töne haben, abgestimmt. Die
ttberans groBe Beinheits-Breite ihrer Intervalle läßt auch kaum den Gedanken
aufkommen, daß der Ton sich als Individuum dem Gedächtnis der Japaner
eingeprägt bat; wir müßten denn für ihr Ton-Ged&chtnia ganx andere Ge-
nauipkeiti-Grenzen annphnien als für das unsrigp^^
Mit dem mangelhaltcu absoluten Ton-Gedächtnis hängen auch die starken
Schwankungen des ostasiatischeu Kammertones susammen. Die Stimmpfeifen,
die fttr profkne Musik verwendet werden, weichen von denen der heiligen
Musik {Oe^aku^) oft um einen ganzen Ton ab. Nach den Angaben der
verschiedenen Autoren liegt der japanische Kammerton zwischen eis^ und
and zwar soll er nach Piggott 550 — 5fiO Schwingungen betragen, nach
Müller mit unserem t/j, uach Du Bois mit unserem dof^ übereinstimmen.
Nach unseren eigenen Messungen schwankt derselbe zwischen 600 [Shö^ Sheng^
Shakiihachi\ 609 (Flöten\ C.OO— 616 (Saiten-Instrumente , 623—635 (Stimm-
pfeifen und Sliakuhni ]f} , Interessant ist es, damit tlcn cluiu >i«rhpn Kammei*-
ton {Ih(nn<j-< 'hutti/ zu versrleichen. Derselbe wird von Gilmun zu 603,
von van Aalst zu 601,5 Schwingungen angegeben^j. Nach unserer Normal-
stimmuug (aj =^ 436) wttrde dies ein erhöhtes bedeuten (c^j = «^^Oj
Da dieser Kammerton in sämtlichen Koto-Stimmungen durch awei Saiten
1) Verixleirhr (). Abraham. Das absohite T'Hilx \viiPI<*mii. Sa mm cl bände, III. 1.)
2; Auch die Häufigkeit der Transjiosition »priclii iiir ein schwaches absolutes Tou-
bewußtsein. Van Aalst berichtet, daß die von ihm mitgeteilte Confucius-Hymue in
jedem Monat in der für diesen oharakteriftisehen Tonhöhe begonnen wird.
3; Vergl. lc h." S. 334.
4) Vergleiche auch Dechevrens, a. a. 0., S. Ö07.
5) Die alten Chinesen verfertigten ihre Tempel-Glockenspiele aus Steinplatten ( Yu^
Nephrit), da dieses Material »das einzige ist, das unabhängig von Temperatur und
Feuchtigkeit stets konstante Tcmhöhe behält, während alle anderen Mtisik-Inj^f nmiento
in dieser Besiehung uuverläßUch sind«. (Vergleiche Engel, Muskai Iminimmts
S.40.)
L. kj .i^cd by Google
O. Abralnm u, E. Sl v. Hornboctel, StadMn Ober das Tonsyitem der Japftoer. 331
'1. und 5.) repriisentiert wird, ist ihm vor flen übrigen Tönen He« Tnsfnminttfs
ein gewiiMi68 Übergewicht verlieheu, das sich aucli iu deu Melodien bcmerkbai-
maclit E« fimt ifafii daher in einem gewiasen Sinne die RoUe der »Tonika«
zu. "Wir Tentelien unter Tonika denjenigen Ton einer Tonfolge oder Me-
lodie, anf den alle anderen Töne bezogen werden, und der dadurch gewiHser-
maßen der Schwerpunkt dfs i^nnzen Systems wird, Ft't if- ]i;it dies hierarchische
Verhilltuis das Prinzip der Tonalität genannt. Tonika und Tonalität sind
also zusammengehörige Begriffe. Dadurch daß die Tonika im Bewußtsein lebendig
bleibt, indem sie mit den einzelnen Tönen mitrorgeatellt wird, erleichtert aie
die Auffa^ang der IVIelodie. Sie bringt Einheit in die Mannigfaltigkeit.
Dif Beziehung aller Töne auf einen Mittelpunkt ist iirsprnriüf1i( }i der Ti teils-
Funktion zuzurechnen. Wenn eine Anzahl «olcher Beziehungen häutig zu-
sammen vorkommt, »o verschmelzen auch die mit iiinen verknüpften einzelnen
Gef&hle (Intervall-Oeftthle) zu einem gemeinsamen Oeftthla-Gharakter: dem
Tonolitiita-GefBhl. Wir lirauchen dann nicht mehr ans dem einzchu-u Be-
aiehungs-Urteil auf die Tonalität zu schließen, sondern fällen das Tonali-
tät«-Frteil direkt auf Orund des Tonalitäts-Gefühls. Ein Tonalitäts-Bewnßt-
sein von der eben tikizzierten Art scheint auch in der homophonen und
polyphonen Mnaik nidit su fehlen. Wir finden ea in den paeudo-atiatotelischen
Problemen beschreiben, in der aiaanesiechen, chineaie^en und japanischen Mnaik
tritt es deutlieh zutage; selbst bei den Bellakula-Indianern wurde es von
Stumpf*], V>ei den Troquois von Baker'), von (iilman') und Fillmore^)
bei anderen Indianer-Stämmen gelunden. Die Inder besitzen für Tonika ein
eigenes Wort {Arusaj. — Wir pllegen Stücke von gleicher Tonalit&t zu einer
Tonart xnaammenanfassen.
Ein melodischer Schwerpunkt ist sicher in der japanischen Musik
zu finden. Wir haben aber kein Recht, ihn ohne weiteres mit dtiii <inind-
ton der Leiter, oder dem Anfangs-, Schluß- oder tiefsten Ton der Melodie
zu identificieren. Er ist vielleicht deu Finaltöuen der mitteliüterücheu
Kirchenmusik vei^leichbar. Nach Aristoteles bildet die Mese den Schwer^
puukt und den Anfangston der altgriechi>< hi n Melodie, während der SchluÜton,
die Hypate, eine Quarte tiefer, also zur Mese im Verhältnis von Domiinmte
zum Grundton stand. Im Mittelalter fiel in den authentischen Tonarten die
Tonika mit dem tiefsten Ton, in deu plagaleu mit der Quinte des tiefsten
Tones zusammen. Eine aufTallende Ähnlichkeit besteht awiadhen europftischer
und japanischer Musik in dem Verhältnis der Tonika zu anderen Ti.nt n der
Melodie. Bei beiden besteht eine iiini^r Verwandtschaft zwischen der Tonika
und ihrer hrdieren und tieferen (Quinte (Dominante und SubdoniinaiiteV Diese
Verwandtschaft kann rein psyciiologisch auf der Klang- Verwandtschaft eines
Tones mit seiner Quinte beruhen, oder man kann erst durch Harmonie-Ge-
fühl auf dem Wege der musikalisdien Modulation zur Bevorzugung der Quinte
gelaugt sein; die japanische Musik scheint die erstere Annahme wahrschein-
lich zu machen. Denn ein Harnioni< -( fühl ^di. int 1>ei den Japanern bisher
kaum entwickelt zu sein, man müßte denn ein latentes Harmonie-(ietuhl^)
annehmen, wofüi* aber außer dem geuauuteu Grunde nichts spräche'').
4
1} A. a. 0.
2) Ein solches glaubt Fillmore bei den Indianern amiebmen zu dUrfen. Y^-
gleiche Stumpf, Konsonanz und Dissonanz, S. G4.
3) Möglicherweise dienen dem Japaner zur Erkennung seiner Xonarten auÜer dem
332 0. Abnlitm tu K M. v. Horabostd, Studien fiber daa ToiK^tem d«r Japaner.
Till (Ins Ti>ii!ilii;it^-< icHilil zu erkliiren, ist es nber dxircbaus nicht ii'Uig,
das Hnnaonie-tiei'ülil libeiluiuiit heranzuziehen. Sicherlich wird in der iiar-
monischeu Musik dm Uuruhl liir die Tonika viel »tärker uusgeprügt sein.
X)enn an die Stelle eines einzelnen Tones tritt hier ein ganxer Akkord, der
tonische Dreiklang, dem s&mtliche Töne andrer Akkorde in ibrem Anflösiing«-
fiedürfnis entgegenstrehen.
Die japanische Musik ist aber keineswegs liarinouinch zu neiiiieu.
Wühl finden sich gelegentlich simultane lutervullo (häufig Sekunden, (Quarten,
Quinten, Oktaven ; selten Tersen und Sexten). Wir sind aber Uberxengt, daß
nicht die Verachmekung noch die Annehmlichkeit der Konsonanz die Häufig-
keit dieser Zusammenkltiiige bedingt hat, sondern lediglich das Bedürfnis nach
größerer Klangfülle, ähnlich wie es 8tunii>f'! hei dfr siamesischen IVTu^ik
besclireilit. liecht bewei^<end für diese Annahme hIihI die in Koto-8iückeu
häutig vorkommenden simultanen Sekunden; sie erklären sich leicht aus der
technischen Bequemlichkeit, benachbarte Saiten gleichzeitig anzureißen. Den
Mangel an Harmonie-Gefühl bestätigen femer einige Versuche, welche wir
mit einem japanischen Miisikei- am Klsivipr nii'^tflHeti. AVir «spielten ilim l iiis
seiner Repertoir-Stücke mit vers-chiedeiieii iiegleitungw-Furinen \uv: in (^uarlm-,
Quinten-, Terzen- und Sexten-Parallelen, ferner in europHiochei Dur- und
Moll-Harmonisierung. Er schien hierbei nur auf die richtige Wiedergabe
der Melodie zu achten und fiind Unser Spiel immer adiön, wenn er dieselbe
deutlich heraushörte 2).
Auch uns geht dip«c Fälligkeit dis I )arül)erweghörens nicht vollkommen
ah. Sie beruht nach Stumpf darauf, daji wir Töne, die nicht im Blick-
punkt nnserer Aufmerksamkeit liegen, der Tonhöhe nach denen angleichen, die
uns gerade besonders deutlicli im Bewußtsein sind. Die Mixtur-Kegister der
Orgel und die unharmonischen Töne der Schlag-Instrumente siiirl uns nur
durch diese Fähitrkeit erträglich. Pif harbarischen Akkorde, die der Chinese
auf seiner Musik-Urgel, dem Tsdung^ bläst und auf seinem (ilockenspiel, dem
Yuflp/o, schlägt, sind offenbar gleichftdls hieriier su redioen.
Nidat-harmoniache Musik kann sich in ihren Kadenzen freier bew^en,
als die in Harmonien eingezwängte. Sie braucht nicht einmal am Schlüsse
zum Grundton zurückzukehren: wir neben die Melodien häiifip' (in der Ga-
gaku- Musik immer) in die (Quinte, noch öfter in die Sekunde des Grund-
tons ausmünden
Wir finden endlich in der japanischen Musik nichts, was dem bei uns so
wichtigen Leitton verglwdibar wäre. Dies zeigt sich deutlich in einigen
melodischen Phrn^en. von denen eine der hrmfigsten, die auf den ab-
steigenden Ti iloinis aut'u'eliaut [h-a-f], «OTitiMHgen wöi-tlich mit einer Kadenz
übereinstimmt, die sich bei den alten Griechen besonderer Bevorzugung er-
freute^). Hier wie dort fehlt die Auflösung nach der ünterquinte des An-
fangstones, welche wir nach unserem Leitton-Prinzip verlangen würden.
»Finalton« noch ähnliche Kriterien, wie sie för die Kirchentone gebraudit wurden
(Reperkttssion, Tropen). 1; Tonsysteni und Musik der Siamesen, S. 126.
2; Wir müssen hi«rbei allerdings bemerken, rlaB es hei der ango]>orenen Höf-
lichkeit der Japaner überhaupt sehr schwer ist, ein ahiiiihgcs Urteil zu craielen.
S) Ein Analogon dasn bieten die altschottischen Melodien mit dem Schluß auf
d>r '2 Stufo; vprirhnche £nott, a.a.O., sowie Helmholtz, S. 429 und die daselbst
citierte Literatur.
4. Vergleiche die von 0. Fleischer bei Breitkopf & Härtel in Leipzig heraus*
gegebene ApoUo-Hymne.
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O. Abraham u. E. H. Hmnboatel, Studien ttber daa Ton^ttom der Japaner. 333
r>ir- Japanische Musik ist a|eo. wio aus dem YorhergehendeD ersichtlich,
weder h:iniioni«ch noch houiophon zu nenixMi. Sir- ist yxih'phon oder hesser,
mit einem Ausdruck Plato's, beteruphou und entspricht etwa den ersten
.Formen des mittelalt^rliclien Dtakants. Die ▼ereehiedenen Stimmen bewegen
eich in den wiebtigsten Absehnitten und TaJktteilen nnieon, in den Keben-
teilen dajije^en erlauben "i li einipe In^ntnimente Abweichungen: Synkopen,
Triller. K<.lui aturpii . wt K ht! die Melodie umrank* u ^ . Fi'if »utwukeltere
l'orm def< Diskantes timli-t sich in der Gagaku-Musik , in weiciit^r die Küto<-
Stimme dem übrigen Orchester einen Dasso ostinato entgegensetzt^).
Die von ans nnterBuohten Musikstttcke lieOen sich aumahmsloB nach Zwei-
viertel- oder Viervierteltakten fjliedern. T)och sind dieselben bei Weitem
nicht «f) «rli.irf rhytliiiii-i. rt , al- l/ci uns-. T{liytliiai~cher Zwang entspricht
auch nicht dem Volks-Charakter der .lapaner; ihr FreiheitH-Bf-dUrfni«* fnj^^t nich
auch in der Mui>ik nicht allzu straffen liegein; nach dem Metronom zu spielen
ist ibneu nicht möglich, wenn wir der Mitteilung eines japanischen Herrn
folgen dürfen. Ehenso wie das Tempo der ganxen Musikstücke bedeutenden
Schwankungeji unterliegt les ist vielfach von der Atemlänge der Bläser ah-
hängigj, ebenso wie am Schluß jedes einzrltu n Tcili - ein dtnitüches Ai'ccicrando
zu erkeuneu ist, no tindcu sich auch wiUkürliclie Schwankungen, Fermaten
ond VeikUrzungen im Einxeltakt. Dies zeigt sich besonders, wenn ein und
dasselbe MufukstQck von verschiedenen Spielern vorgetragen wird.
Das Erkennen der T.tktart ist für uns noch aus anderen GrQnden
erschwert: wir Europaer ln^itz«'n In tiinmfc Hilfsmittel, den Takt zu mar-
kieren. Die guten Takluile werden enlwe(h'r stark betont otltr sind von
besonders hohen oder tiefen Tönen gebildet, welche die Aufmerksamkeit auf
sich sieben. Auch die Distanz der Akkorde in den einzelnen Taktteilen ist
für die Bhythmisierung von Einfluß'}. Die HÜfs-Kriterien der Distanz und
T?( t«munir si ln in.-n bei den .Japanern zu f«'hlpn. Das Erkennen des Taktes
wird cndhch durch die hriiifjLfi n Synkopen erschwert. H»m cinpin 'if'^rinjijstUck
mit Koto-Üegleituug, in welciicu» (irsang und luätrument tortwidirend in Syn-
kopen einander entgegenarbeiten [vergleiche Musik-Beilage X), wäre uns die Be-
stimmung der Taktart überhaupt unmöglich gewesen, wenn wir nicht die Be-
^leitungs-Stimme allein phonograiiln-ch fixiert hätten. Khytlnnische Freihfiten
können sich in nichthannnnischer Musik vi* ! Icit htrr ;ni<bilf].'ii . speziell bei
besonderer PHege des Stilospiels. Das japanische Orchester kennt weder Par-
titur noch Dirigenten, die Musiker richten »ich nach dem melodieftlhrenden
Sho^ und den Schlaghölzern [Skaku-bioshi)^ welche den Rhythmus markieren.
Wie in der modernen Kultur der Japaner überhaupt, so zeigt sich auch
in ihrer Musik das Strelx ii , Avh »mi ropäischer Ci v i 1 i s m t i o ii »n/np.'i'SHe.ii.
Europiiische Musik-Instrunn-nte Klaviere, (Jeigeni werden importiert; japa-
nische Musiker woiden auf Staatskosten nach Europa gesandt, um hai-mo-
nische Musik und Theorie zu erlerneu; das japanische Heer hat deutsche
Kapellen, die altjapanische Weisen in iiMiilrrner Orchestrierung zur Auffüh-
rung bringen; das Muaikinstitut in Tokio bemüht sich, unserer Notenschrift
1; Dieser Stil findet sich nocli feiner aus^rehihlet in Riain. Java, und China; ver-
gleiche Stumpf, a. a, O., 8.125 und i:Uf. und Dechovretis. a. a 0.. S. o37.
21 Verfr!fi«'he die vnti Miillor mif -.t-ilt.- I'n-timr a.a.O.. H^Tt S. 31;.
3) Mau kann das leicht bei Tüuzeu, »pczicU bei Walzern beobachten, in denen die
Tone des erstw Taktleib meist eine Diitanz von 8^ Oktaven, die des twdten und
dritten nur von 1 — IV« Oktaven aufweisen.
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334 0. Abraliain u. K M. y. Horobottel, Studien äber das Tonqrrtem der Japaner.
Verbreitung zu verscbatleu; selbst Musik -lustruiueiite japanischen Modeiis
(Oekkius u. s. w.) sollen ans Deut«chlaud bezogen werden. Die AnnBhemng
an unsere temperierte Stimmnng, die wir in japanischer Musik öfters be-
merkt kaben, wird wahrscheinlich durch diese Einflüsse begünstigt und in ab-
sehbarer Zeit noch bedeutend ver^^rüßert wikUmi.
Auch ijanze Lieder werden jius tVeimltii Landern übrrnouiiufii. Nicht
nur chiuesiscbe Volkäweiüeu , auch umvrikauische Gassenlmuer »ulleu groQte
Popularität erlangt haben.
6. Verbnitnng, ITntorriekt, Theater-Viuik.
Die Musik ist in Japan noeh mehr Allgemeingut des Volkes als bei uns.
Die Instrunu-ntal-Musik wenigstens wird bei uns immer nur von den leidlich
wohlhabiMiilfii Klassen gepflegt, wiihn'nd sich die niederen Scliichtt u der Be-
völkeniTiLT, die Arbeiter, mit (U in Kinzel- und ^uartettgosan-: begnügen. In
Japan dagegen ist gcrudu die inHtrumeutal-Mu»ik überall zu finden, es soll
kaum eine Wohnung geben, in der nicht ein Koto oder wenigstens ein Shsr*
mix'u zu finden wäre; bekommt doch jvdv nodi so arme Braut in Japan sur
Hochzeit ihre Koto und ihr Shamisen als Mitgift').
Ein so verbreitctrr musikalisrher D i 1 p 1 1 a n t i s m n s ist erklärlicherweise
auch als uationalokonomischer Faktor nicht gering anzuschlagen. T)er saufte,
melancholische Charakter des Japaners, der sieh in allen Dichtungen durch
die bilderreiche, uns etwas weiblich scheinende Art des Ausdrudces zu er-
kennen gibt, verlangt förmlich nach Musik. Die Vergleiche des mensch-
lichen Lebens mit der Tier- und Pflanzenwelt, dir TDrinifdereien, welche die
Japaner in iliica i>iclitunt.'en verwenden, können durch die Muhik unterstützt
werden; so erkennen wir in vielen Musikstücken, speziell in der Theater-
Musik, das deutlidie Streben, Naturlaute aulsuuehmen. In den Volks- und
Kinderliedem sind noch häufiger als bei uns sinnlose, nur Stimmung malende
Silben verwemlet
Trotz der allgemeinen Verbreitung der Musik zeict ''ich do<'h aiuli in
dieser Kunst der eigentümliche Kastengeist des Japaners. i>urt üiierhrückt
die Kunst nicht, wie sie es bei uns wenigstens versucht, die sozialen Gegen-
siltr.t). In .lapan ist auch die Musik in verschiedene Rangordnungen ein-
geteilt und nicht das musikalische Talent bestimmt die Stufe, sondern die
bürgerlirhe HerlMinlt. Wir tindni in .T;i]inn vier Klassen von Berufsmusikern:
Die erste Klasse nehmen die Oakunni ein, weicht? sich rekrutieren aus den
TOmehn»ten Povdnlichkeiten des Staates. Sie sind musiktheoretisch ge-
bildet« soweit bei Japanern von Theorie überhaupt zu reden ist, und kennen
die Notenschrift. Die Hofkapolle des MUcado, die sogenannte Onjaku, setzt
sich aus ilmen zusammen. Sic pflegen nur dir kl;i?4sische ^lusik, welche aus
China und Korea stanuneu mW] ursprünglieii waren alle Musikstücke der
Gagaku, deren neuestes 5ÜU Jahr alt sein soll, Gesang.stücke mit Orchester-
Begleitung, doch hat sich der Gesang allmäh^eh verloren und die Melodie
wird im Orchester durch d is Sho ange-jeben. Dieses Orchester ist vSllig
anders zusammeng<>setzt, als das der anderen Musik-Klassen.
Den zweiten Kang nehmen die ^irftin ein. Die-^e spielen !inr profane
Musik und verstehen meist nicht das 3iindeste von Theorie und ASoteuschrift.
1) Überaus zahlreich sind bildliche Darstellungen von Musikern {Farbenholzscbnitte
u. 9. w4 zu finden.
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O. AbrtbMn u. R H. Horttboatol, Stadt«» ftber dn Tonsyttem der J»p«iier. 335
An Hang stehen fir t^twu den Kauf leuten gleich. Daa bekannte Orchester
des Großfürsten Tuikuu gehört zu dieser KlaBse.
Die dritte Stufe wird von den blinden Musikern eingenommeD. Diese)
frttker noek in eine große Anzakl von UnterklaBsen eingeetellt, büden aueh
jetzt noch zwei verschiedene Sekten, die der Kengio \\w\ dtP der Koto. Die
Musiker der Kengio sind die besseren, wahrscheinlit h auch ilt r Ab3t«mniung
nach, sie dürfpn als Zeichen ihrer Huperiorität weite Hosen tragen. Beide
Klassen ptiegeu nur populäre Musik.
Die Tierte and niederste Klasse wird von den weiblichen Musikern
gebildet, welchen nur die ge\vi'>linliche Musik zugiinglich ist. Die meisten
weiblichen 'Mu^ikrr >,a'bnivii in di»" KnteLcorie der flrislins ^ die in den zahl-
reichen Thcchäusem (Tokio besitzt alleiu die «lästc bodienpu und unter-
halten. i'Hir diesen Beruf werden die Mädchen schon als Kinder abgerichtet.
KaoMftnnische tTntemehmer kaufen sie fllr 40 — 00 Francs, lassen sie 6e^
sang nnd Bhamisen- Spiel erlerneu nnd verkaufen sie, sobald sie spielen
können, meist als 14 jährige Mädchen an die Thoehäuser; ihr Preis ist dann
auf 500 — 600 Francs gestiegen. Diesen Oeif?has ist die heilige oder klassische
Musik, welche männliche Beruls-Spieler erlernen dürfen, stets versagt.
Um den Unterschied der klassischen und populären Musik der
Japaner sn erkennen, mflJSten wir Europier weit tiefer in das Wesen jap»-
nischer Kompositionen eindringen, als es bisher mö|^ch war} oberflächlich
betrachtet, erschien uns die klassische Musik aus langgezogenen Tönen und
Trillern zusammengesetzt zu sein, während die populäre Musik Hcbnellere
Tonsprilngc erkennen läßt. Ein weiterer Unterschied soll darin bestehen,
daß bei der klassischen Musik Gesang und Begleitung stets in Parallelen
(Oktaven-, (Quinten-Parallelen) sich bewegen, die populäre Musik nur ein-
stinuni;^ oder unison «»'in soll. Sucrefsives Einsetzen der einzeliiftn Instru-
uieiite soll eine besondere Stil-Kiijfeutümlichkeit der (iatfakii-Musik sein. —
Sicherlich gibt es nocli eine ganze Reihe anderer Merkmale, wie wir ja
auch in unserer Musik xahlreiche Untersdiiede swischen der sogenannten
klassischen und modonuii ^lusJk Iceiinen.
Der Musik- Unterricht der Japaner ist streng geregelt. Die (iragaku-
Lehrer werden vom Staate besoldet. Bei deti Blinden stehen an der Spitze
der einzelnen Zünfte Lehrer. Bestimmte Musikstücke werden nur von be-
stimmten Lehrern unterrichtet. Diese haben der Komposition ihre eigenen
Vensierungen hinzugefügt und lassen sich den Unterricht je nach dem Musik-
stück bezahlen. 8o kostet die Erlernuticj eines klassischen Stückes bedeutend
mehr, als die einen populären. Auch die Tn^tnimenfe sind dem Range nach
verschiedenartig. Die siebensaitige Koto [Jarnatohoto) viird uur von den
vornehmsten Japanern gespielt; die 13-saitige, ausschließlich von Frauen ge-
spielte Koto ist das Haupt-Instrument der besseren bfirgerlichen Häuser.
Dir entspricht bei den Männern daa Shakuhachi (Bambus-Klarinette), welches
noch al" vomebnip« Instrinnent (r'ih^ während das Shami.«ien auf (h r untersten
RatigMtuiü Hiebt und nur von (ieishas, Straßtiusäugeru und Theuter-Musikeru
öflFentlich gespielt wird.
Jeder Musik-Schfiler muß erst die Melodie in ihrem Umriß erlernt haben,
die Noten und Griffe vollkommen auswendig können, bevor es ihm gestattet
wird, sii^ auf dem InstnuiKMit zu üben. Für das Shakuhachi, vielleicht auch
für die anderen Instrumente, gibt es zwei l'nterrichts-Typen, die östliche
und wcHtliche Schule. Ein japanischer Herr spielte uns dasselbe Stück
S. d- 1. J£ IV. 22
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336 0. Abraham u. £. M. v. Hambostel, Siudieo über daa ToMyatem der Japanor.
nach bcidtju MutboiU^u vor, wodurcij wir den Kiudruck erbielton, daß die
westliche Schale bedeutend mehr die VerzieniDffeu und Umspieluiigeu der
Melodie au Heben scheint, als die Ostliche. Die Haupttöne der Melodie waren
in beiden Wiedergaben dieselben. Gewisse eigentünilicbe Vors^cbltige , die
der Shakuliachi -Spitder selbst vor einfacbeu Noten anbringt, erklären sich
ans der !Scbwi' i inl,;« it den Anblasens. iVsondere Anlmerksanikeit wird auf
ein vollendetes Legatissimü, das ula vorneluuer Stil gilt, verwendet.
Die Lehrer des Koto haben eine uns aoerst unveratiindliche Art, die
»Schüler zu belohnen: Ein vorgeschrittener Schüler erhftlt die Licenz, die
tiefste Saite auf* seinem Koto eine Oktave tiefer /.u stimmen; da die erste
mit der ITinften Saite des Koto in den Haupt -StinununL'fti id«>nti«<'h ist. so
wird durch die Vergüuätiguug, sie eine Uktuve tiefer zu stimmen, der Tou-
mnfang erweitert, und diese so entstandene £»cbverang des Spiels mag sieb
zu einer Belohnung ansgebildet haben. — Es läßt aich hier vielleicht ein
Zusammenhang finden mit der gi-sctzlichen (!) Begrenzung des Tonumfang»
im System der jdtcbinesisclieii l.>>y. T^ie V«'rsclimeliinn!/ ♦•♦bischer'} niid
musikaliscb«*r Anschauungen, die uns so lern liegt, liilit sich bei den Ostasiateu
auf religiöse und ^cahlen-mystische Spokulutiouen zurückführen.
Nicht nur muaikaliache Lehren, sondern auch Anstände- Regeln werden
dem Gesangsohüler mit auf den Weg gegi-ben, wie aus dem Lehrbuch drs
Mlyakoji Jiungo zu tTsebeii !-! . l^i r Sänger, <ler -idi iiiei>.t selbst auf
dem Shamisen begleitet, soll gerade sit/t u. I'r soll den Kopf richtig, -weder
AU hoch, noch zu tief halten, nicht zu viel Bewegungen mucbeu und keiuu
Grimassen sdineiden. £r soll die Stimme nicht forcieren, sondern die Ton-
stUcke nach der (irr>ße des Raumes einrichten. Die Stimme soll in der Brust
durch Uü'nung »1er I^ungo entstehen. Der Khyilinms soll durch Kather-
Hchlag markiert werden, falls der Sjiiiger sich «t'-lit sellist beL,deitet, doch soll
demselben nicht /.u viel Nachdruck gegeben werch n. Mund und Herz soUeu
aasammenwirken und die Hand leiten. Der Sänger soll alle awölf T9ne
(Ritmt ?) beachten und soll sich einer deutJichen Aussprache befleißigen. In
der AVohl seiner Gesaugstücke soll er vorsichtig sein, nicht von Begeben-
heiten singen, die einem Anwesenden peinlich sein köimten. Nüfiien. die L'lrich
lautt'U, wie die von Anwesenden, solli-n gestrichen od» t veisiiideit und über-
haupt alle persönlichen Anspielungen vermieden werden. Schließlich soll
der Sänger stets eine ruhige, mälUge Lebensweise führen, da schlechte Lebens-
führung der Stimme schadet.
Alle diese goldenen Hegeln sollten sich auch unsere Sänger nd nolam
nehmen. Ab»;r ganz sonderbn!" knntr;istiert mit ihnen die Krfahrung, die fler
eui'upiüsche lieobachter maciit. Der japanische tiesaug ist nach uiihcien
Begriffen weit davon entfernt, wie eine mühelose Brust-Stimme au klingen,
er scheint uns stark gequetscht. Die Sänger strengen sich an, diese Kehl-
laote hervorsubringen, wie man an den geschwollenen Halsvenen und dem
1) Nach dem 179Ü in >ianking publicierteu Schul-lteglcmeut C/itü^foui-dtiuefHuin
ist <len Schulkindern der Gebraueh von Ssiten-Instrumenten verboten. (Yerglet<^e
Jounml usi'tfiqur. .7. .sV; tV 17//. S. ."52 IV. Kin eliinesiselu r Chronist sagt: »Die Ilar-
moiiie hat die Macht, den Himmel auf die Krile lierali/iizielien; sie Ilößt «len Men-
^cLtn Liebe zum (yuteu und Ptlichtgefühl ein. Willst du wisf-eu. ob ein Reich gut
regiert wird, ob die Sitten dort gut oder «ehlecht sind, so prüfe, welche Art von
Musik r^ort gfepflegt wird.« 'Kraus, a. a. 0., S. 6. Vergleiche auch Maller, a. a. O.,
IX. 8. 28.)
O. Abrahatn n. JS. M. Homboetel, Studien über da9 Tonflystem der Japaner. ^7
geröteten Gesicht erkennen konnte. Ein Japaner sagte uns, daß dieBes guttu-
nJe Qnetschen besonders erlernt werden müsse, »nur Kinder und Kutscher
lassen nach europäiBcher Manier die Tdne ans dem Bauch kommen.« £r
meint, daß die Ursache dieses OosanijHtils darin läge, daß ein zu weites
nen des Miinf|p?5 in Japan als un^rliicklich gilt. Sfi wt rilcn ;itifh ^cim Spre-
chen die hellen \'okale vermieden, nogar lautes Sprechen gilt für unfair'^
selbst UefUhla-Ausbrttche, Wut und Eil'erauchi drückt der Japaner nie in starken
Tönen aus, wie wir uns bei den Schauspielern Überzengen konnten.
Absolute Musik scheint sich in Japan ziemlich ntlten zu finden. Für
Shakuhashi .-^ind \v<»hl die meisten Stiukf als Strli frcdiu lit, nticli Lrilif t> Solo-
Htiirke für Koto, alle anderen Instrunient» ;i!iri- und häulig auch die Koto
dienen nur zur Begleitung de.s Gesanges und des^ Tanzes. Uberall sind iu
Japan StraBens&nger eu hSren, weldie snr B^leitang des Bhamisen Ges&nge
und Siaeken-Tiin/e aufführen.
Auch i)ei allen CLMinonien an weltlichen und religiösen Gedenktagen
dient die Musik als notwendiger und stjinHiL'er Begleiter. Noch heute führen
diu Shiuto-Brieäteriuuen die alten ehrwürdigen Kfif/Kra-TÄma auf, iu wei-
chen unter Gesang und Instramental-BegleituDg alte japanische Mythen mi-
misch dargestellt werden'). Aus den religiösen Festspielen entwickelten sich
im 15. Jahrhundert unter den SlioLimen die Ao-Spieh. Die Verfasser
und S( h;uis|>it li r di«ser Spiele Bind Angehörige de«; vornehm--ti ii Adi l-< oder
buddhitstische Im /iehungsweise shintoistische Priester. So drücken auch die No-
GesUuge »tets l'jrinuerungen an die heiligen Sitten und Gebräuche alter
Zeiten aus. Sie sind opemarttg angelegt und bestehen aus Dialog, Musik
und Tanz; jedes No-Spiel dauert et\\;i . in«? Stunde, alles, Gang, Sprache und
Gesang i-( diirt stilisiert 2 ^ fremdartig und fern von jedi m lu di^smus. Zuerst
schliMchrn ;i( lit < 'liorsiintrer, Fhitcn- tnid Tronunelspieler in :iuffallenden Oere-
momen-Kleuieiij auf die Büline und melden dem Puldikuni, ganz wie der
Chor in der griechischen Tragödie, was es »u hören bekommen wird. Dann
schreiten die Darsteller seibat auf die Scene in MaHken, die durch alte Tra-
ditionen festgelegt sind. .Ml dieses soll eine weihevolle ernste Sdniniung
hervorrufen, dage<(en soll die Musik für europäische Olimi unerträglich sein
uud nur dem Beätreben, elementaie Geräusolie (wie das Heulen des Sturms,
das Kauschen des WasHCrfallK^ nachzuahmen, ihre Entstehung verdanken.
Aue den Nö-Spielen entwidcelte sich das japanische Drama, Joruri
genannt, welches mit der Zeit große Veränderungen erfuhr. Zuerst bestand
es lediglich in einer Rezitation des Dichters, der dmi l'hvtbnms der ^^'rs•i
durch Fächersrhlag begleitete; später wurde der Fächer durcii das Shami.sen
ersetzt -'J, uud Schauspieler führten dem i'ublikum die Dramen vor. JJie Vei^
böte der Zensur>Behörde, welche im 17. Jahrhundert, um öffentlichem Ärgerois
zu st* tu III. lui n^ihliehe Darsteller Ton der Bühne verbannten, wurden die
AV'urzel des berühmten japanischen Pu ppen- Theaters, welchoB sich zu
hoher Vollkommenheit entwickelte und sich noch heute großer Beliebtheit
erfreut: Die Daruteller werden durch lenkbtue Puppen iu Liebeuögröiie ge-
bildet, die Dichtung wird von einem Rescitator, Qidayn^ unter Shamisen-
1) Besonders oft die MviIh tL r P^uslchun^' d. r "Musik, von dem Verschwinden
und der Wiederkehr der Göttin Amatci-asu. (iSichu Brauns, a. a. 0.)
S) Siehe Fischer, a, a. 0.
3) Kine Hezit^tionsweise, die an die Vorstellungen ennnert, die wir uns von
hellenischen •Dichter-Sängern und den alten Barden machen.
22»
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338 0. Abraham u. E. M. v. Hornbostel, Studien über das Tonsystem der Japaner.
Begleitung Torgetragen. Staiweiiftweit ist die lUitdoiM-'Fähigkeit dee japa-
nisdieii Ziuchaaen; ihn Btdrt es nicht, daß jede Puppe von swei flchwari"
gekleideten Männern, Kurombof^ gelenkt wird, welche jede bedentsame Stelle
des Stückes durch ZußammenklHppeii zweier Schln^hölzcr. Iliufthiyi, kenntlich
macheu, ebenao w^uig wie das kur/e >Habt-Achtt-ruteu der Sharaisen-Spieler
Diese und andere auffallende CigentüiuUchkeiteu des Puppen-Theaters sind
andi auf das moderne japanische Drama Qberpflanat worden. Die
Köllen werden sämtlich von Männern i^e^ipielt, nur an einzelnen Orten gibt
c> FraiiPii-Thimter. Ein ^'fiuisolif Anftretm von Männern und Frauen gilt
bis in <li'' neueste Zeit als uimioralisch und unerl.uilif. Ki-st vor «r^nz we-
nigen Juhreu hat es Kawakanü versucht, die ulteu Gebräuche zu durch-
brechen, die I*rauenrollen von weiblichen Sdianspielmi darstellen su laaaen.
Hier noch weiter die Entwickelnng und die Eigentümlichkeiten des japa-
nischen Theaters zu verfolgen würde zu weit fuhren. Wir wollen nur kurz
den Zusaiutnpnhnn«r der Mu^ik mit dfiii i!ipnni«<'h('Ti DrnmH betrachten, wie
wir ihn an den beiden in Berlin aufgeführten Stücken kennen lernten.
Die Musik spielt im jupunisdien Drama keineswegs eine nebens&chlicbe
RoUe. Sie begleitet das ganxe StQck, schließt sich eng dem Gang der Hand-
lung an und trägt wesentlich zur Stimmungs-Muh'rei bei, Ihnlich wie in un-
serem Melodrama. Hier /» it^tc Ivmist di r .Inpnner, mit den einfach-
sten Mittelu eine Stimmung zu erzeugen, welelie auch di u turf^yiiiischen Hörer
lebhaft ergreift. Das ganze Orchester wurde aus zwei j\lusikern gebildet,
welche, in der Coulieee verborgen, die versdiiedenen Instrumente abwechselnd
spielten. Der <;ine zupft fast unausgesetzt sein Shamisen und itöüt gele-
gentlich einige Klagelante oder kurze Habt- Acht I-Kufe aus. Eine Scene
b«>irl«'it«'t er auf der Koto. Der andere begleitet das Auftreten der H;ttipt-
per.son und die eiugestiouteu Tänze mit Ge»aug und bedient die Schlag-
Instramente: Drei d^mmeln von Terscbiedener GrSJk» (ein Oia^ und swei
Tbifeoff); zwei Qongs {Dora)\ ein kleines Glodcenspiel (CVimoro^); ein kleines
Tara-Tnm {Kaimeh]., einr <i locke von der Form unserrr Ti.vchglocken {IT/f ;;
ein Paar Schlaghölzer (Äi^ ; ferner ein»' t/röPcre Rolirpfeifc (Takefuye) und
eiuo kleine, metallene Signalpfeife [Mmtfui/ci -^ .
Die beiden Schlaghölzer, welche zusammengeschlagen einen scharfen, hohen
Ton ifia^) hervorbringen, dienen der Kegie. Mit ihnen werden die Schau-
, Spieler aus der Garderul>e gerufen und die Zeichen für das Heben und Sen-
ken dts Vf)rlt;ni<»? •»•nwlc iTu die Dekniat i' ins-Wcclisel gegelicn.
Die nielüdierührende Stiuune liegt im .Shuniisen, de.sb» ii JJliytlunns von
den langgezogenen Tönen des begleitenden Gesanges ansclu-ineud nicht be-
achtet wird. An dramatischen Höhepunkten, zu welchen oft ein stark cre-
scendierender Tromme)wirb<-l hinleitet, bricht jede Musik ab| und der durcb
die plötzlich eintretende Stilb' hervorgiTufene Kontrast erregt eine gewaltige
Spnninnvj'. Der Iirrt]i>iiiu5« von LioI»es-Scenen, Kampf und T'»<1 wurde auf
diese \S eise noch packender gestaltet. Das nahende Verhängnis kündigt sich
jedesmal durch die Sehlfige des Gong [as^] an, welches nach dem Ansdilagen
hin- und hergeschwungen eine unheimlidi dumpfe Klangfarbe erhält. In der
1 Siehe Fischer, a. a. O.
- i\jnlii'>hen der einzelnen Glocken: t'n^ f^, ^3, 1/^, (/i.
3) Die japanischen Bc/eichnungcn der Instruinente nach Angabe der Theater-
Musiker. r>' i i1- i' ktui- der Fremder, ;t. i- w'.w uns Herr Di. ^lüller, Assistent
am Völkerkunde-Museum m Berlin in liebenswürdigster Weise behilfhch.
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0. Abrabiun a. E. M. t. Hornbostel, Studiea über das Tonsystem der Japtmer. 339
Sterbe-Hcene der Kesa wurde die melanckoliwdift Koto-B^leitung (siehe Bei-
lage) durch solche (Tong-8chläge und die lan^rgezogenen Klngetöno der japa-
iii«ichpn Nachtipfnll, von rineiri kl(»iiipn PtV-ilcLeii 'fif^'j) nächst-. >hnii . äußerst
wiikbHm unterstützt, in wundervoller W'eiee wurde die große, paukenaitige
Trommel in einer BAuber-Soene verwendet: Das lauernde HerutteUeichen
und dtm plStsliebe Bienrorbrechen des Feindes, alle Situationen des Kampfes,
der Absturz des Besiegten von einer Felswand: all diesen Vorgängen folgte
die Trommel in äußerst feinen rhyllnnischen und dyiiamisthon Ntumcierungen.
Die ebenfalls rhythmisch reizvolle IMusik-Begleitting clor Täu^e geben wir im
Anhang in europäischer Notierung und verweisen auf die begleitenden Be-
merknngen.
7. Anffasffniig nnd Bearteilnng.
In der Musik-Beurteilnnf? stpckt so vit l KonventioiRlles, claß es picher
einen großen Unterschied macht, uh ein Japaner seine MuHik, oder ob wir
dieselbe beurteilen. Sowohl die sinnliche Gefthls-Wirkung wie der inteUeb*
tnelle Genuß wird von der KonTOntion beeinflußt. Bevor wir zum genau**
eren Studium der japanischen Musik uIxTLringen , vorsuchtoii wir uns erst
einen AUgemein-Eindnifk von ihr au verschaffen. Mau ist im stände, alle
theoretischen Kenntnisse, absolutes Tonbewußtsein, Klang- Analyse und der*
gleichen auszuschalten und sich gana der sinnlii^ien QefttUswirlning der Mu-
sik hinsngeben. Damit eine solch« beim erstmaligen Hören eintreten kann,
ist es notwendig, daß die Komposition unsere Aufmerksamkeit in eine be-
stimmte Kichtuug leitet nnd nicht fortwährend ablenkt. Hören wir zum
Beispiel polyphone Musik, etwa eine komplizierte l'uge, zum ersten Mal,
dann kann die AuAnerksamkeit nicht den verKshiedenen Stimmen gleichzeitig
folgen. Sie springt fortwtthrend von der einen zur anderen Stimme und l&ßt
so kein sinnliches Wohlgefallen nufkommen. Noch stärker zeigt sich dieser
Mantrel an sinnlicher (iet'iihlsw t 1-;iti«,' liciin Hören der japanischen Musik.
Di© eigenartige Melodik, die titjuden lihythnien, die Klancffarbe, alles arbeitet
in seiner Wirkung auf die Aufmerksamkeit gegeneinander. .Ja, wenn mau
einmal auf Bhythmns, ein ander Mal auf Harmonie achtete, wurde selbst
diese willkürlich gerichtet« Aufmerksamkeit fortwährend abgelenkt. Der Aus*
dniik TJiclitnng' der A iifiiifiksaiiikcit » bedarf noch der näheren Prä/isit>rnng.
Die Aufiiierksanikeit wird in der Musik durch allerlei Dinge erregt. Ein
sehr starker, ein sehr hoher, ein sehr tiefer Ton, Stetigkeit und Veränder-
lidikeit der Ton-Kmpfindung, alles dies zieht die Aufmerksamkeit auf sich.
Die letzten Orftnde dafttr sind vorderhand nicht zu erbringen. Außer den
genannten wirken aber noch sekundäre Empfindungs-Kriterien mit, die Auf-
merksamkeit zu richten, vor nllem die Reproduktion von Vorstellungen.
Uören wir die Laute a b c d, so werden frühere Empfindungen , welche mit
der Fortsetzung des Alphabets v«^nttpft waren, reproduziert, sodaß wir,
wenn Übeihaupt noch Laute, die Fortsetzung des Alphabets erwarten. Genau
80 in der Musik. Der Anfang der eben gehörten Tonleiter c d e f repro-
duziert frühere Vorstellungen nnd bringt so die Aufmerksamkeit in eine be-
stimjnte Richtung. Ganz ebenso wirken auch musikalische Erfnhrnngon.
Phrasen, Akkorde, das Gcsamtgebiet der sogenannten luusikidischeii Logik.
Werden gar keine Vorstellungen reproduziert und liegt das Gesetz der Auf-
merksamkeits-Ricbtung nicht gerade in der Empfindung selbst, dann wird die
340 0- Abraham u. E. M. v. Hornbostel, Studien über das Tonsysteiu der Japaner.
Anfmerksamkoit flberbanpt nielit geleitet, sie tappt luerbin und d(»tluii, und
('^ kann zu einer einheitlichen "Wirkung der Musik überhaupt mcbt kommen.
So erging es uns aurh ln-i <ler japani^^ilun Mu-ik, besonders wenn raclirfrf
Instrumente zugleich trklan^'» n. 80 wnr ein Lied, dm Todeslied, in wekhein
die Koto den Gesaug begleitete, lür uns absolut unverständlich, weil in Rhyth-
men, Intervallen, in der Klangfarbe kein Veigleicbipnnkt mit unserer Musik
auffindbar war. Die Musik eines ein/t liu n InstrumenteH , wie der Koto,
konnte »her pItioh (icmin, wenigstens einen intellektuellen, hervomifen. Ja,
sogar konnte di«- K i.tt. -Begleitung der Str rhr-Scpnr« in deuj Theaterstück »Kesa«
die mächtige W ii kung des Stückes noch bedeutend erhöhen, weil di« milde
klagende Klangfarbe des Koto angleich mit den langen Bbythmen den uns
ge\M)]ii)ten Klage-Äußerungen in der Musik nahestand.
A\'ii.s die spezielle intellekttielle Auffassung der japanischen Musik von
nn.-^cn r Seite anlaii'^'^t. haben wir erkannt, daß diosrlho erst crlcnit werden
muß. Zuerst sind wir stets mit den Vorstellungen unserer iidmumischeii
Mnsik an die Benrteilung berangegangen. Wir versuchten die jupuniscben
AVi isrii wie alle anderen Melodien an harmonisieren. Wenn es uns gelang^
einfach Hurmonien XU finden, sdlien uns die Mnsik verständlich, wenn nicht,
so war es nur ein Konglomerat von Tönen. Durdi die vit ltn IMißi rfolLr.. in
den Harmonisierungs-Versuchen aber lernten wir .lUniiihlirh, rein das Melu-
disehe au berücksichtigen, und konnten es schlioBlich in den meisten Füllen
eireidien, daff wir einfach die uns gebotenen Tftne hörten, ohne unsere har-
monisdien Vorstellungen dazu zu tun. Daß wir dahin gelangt sind, konnten
wir d«rnn erkennen, daß uns jetzt ein Schluß auf der zweiten Stufe und
andere Kigentiiiiiliclikeiteii, die ganz der harmonischen Mupik widersju eclien.
gornicht mehr störten ^j. Wir glauben, daß wir seit unserer frühesten Kind-
heit bis an diesen Versuchen nie in Shnlicher objektiver Weise Musik gehört
haben. Die Begriffe Dur und Moll sind ein Prodtikt der harmonisch«»!
Musik-Entwicklung. Die jonische und äolische Kirchentonart (Zto- und La-
Modus), welche den Typus unseres jpt:^ijrpn Dur und Moll repräsentieren,,
hatten im Mittelalter noch kein Übergewicht vor den anderen Kirchentöneu
etTungen. Analog haben ^r offenbar die japanische Musik an&ufassen;
wir sind nicht berechtigt, unseren Dur>'nnd Mollbegriff in sie bineinsutragen,
was sich an einer großen Anzahl von melodischen Passagen, die si«^ weder
als Dur noch als Moll auffassen lassen, deutlich ^eitft.
Die iu der läteratur häufig gefundene Angabe, daß die japanische Musik
im Gegensatz zum chinesischen Dur reinen Moll-Charakter tragen soll, könncu
wir nicht bestätigen. Im Qegenteil finden wir, wenn wir Oberhaupt diese
Kategorien anwenden wollen, ein häufiges Umspringen derselben innerhalb
eiMe- ^Iiisik^türke«?. Tmmorhin sind die MoU-l*hra!*<n scheinbar häufiger.
Irutzdem >( iieiiirn uns einige japanische Melodien Dur-Charakter, rindere
Moll- Charakter zu tragen, ein Beweis, daß wir, sobald die Melodie-Führung
irgendwelcbe Veigleiehs- Punkte mit unserer Musik bietet, in di«? ge-
wohnte Auffassung snrfickfallen. Dies liegt voraugsweise an der Stdlnng der
Tenten und Sexten au der scheinbaren Tonika.
1; Selbst neutrale Intervalle (siamesische), die zuerst nur als Verstimmungen unse-
rer Inten'allc betrachtet werden, können mit der Zeit ihren fn-nxlen Charakter völlig
verlieren. (Vergleiche Stumpf, Tonsystera und Musik der .Siamcscn und AlaBbcstim-
mtmgen über die Reinheit konsonanter Inter?alle, 8. lOi ff.)
. ij i^od by Google
O. Abraham u. K M. v. Hurnbostel, Studien über das Tonsystem der Japauer 341
Mit dem häufigen Yorkommen des Yenneintlichen Moll hängt es wohl
zusammen, daß uits die japanische Musik emst imd schwermütig erscheint.
Hieraus Schlüsse auf japanische Auffassung zu machen, ist unberechtigt, da
wir auch hier nur der Konvention unserer hanuünisclien "Mn««ik folgen.
Selbst Volkslieder mit lustigem Text kommen uns oft melancholisch vor^j.
Wie die japaniadie Mnsik uns, so berührt untere Mttsik die Japaner im
aUgemeinen fremdartig. Doch scheint sich das japaniadie Ohr dodi an un-
sere komplizierten Harmonien gewöhnen zu können, und abföUige Urteile be-
jüehen sich meist nur auf unsriN- ^J< «•nigr^-Tcchnik^).
Leider verschwindt t, je weitere J\reii*fe die europäische Kultur zielit, die
reizvolle Originalität der fremdländischen Kunst und mit ihr ein für den
Mnsikforseher, Ethnologen nnd Psychologen flheraua wertrolles Material.
Wenn wir auch nicht die musikalischen Schöpfungen selbst, wie andere Kultuiv
Kr/pugni>se in nnseren IMuseen ruifbowalireii könncTi. so sollten wir dodi so
lange es noch Zeit ist. hp*?trelit sein, phonotri aphische Dauer-i'räparate für
unsere Laboratorien zu Huuuneln. Zwar wird die praktische Musik nicht, wie
bildende Kunst und Kunstgewerbe, von den Ostasiaten riel lernen können,
doch durfte ihnen die Wissenschaft noch iUr manche Erweiterung ihres Aus-
blicks dankbar werden.
1) Umgekehrt encfaeint uns ein >Tranriger Abschied« betiteltes siamesisches
Orcbesterstüek besonders hrifcr.
2) Vergleiche S. 337 und Müller, o. a. O, IX. S. 20, Anmerkung.
Digitizec uy google
342 0. Abraham u. E. SC. v. Hornboitol, Studien fibw da« Tc»n^t«m der Japaner.
Auhaug 1
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Benerknng«!! sn den Mnsik-BeilageB.
Als Beilügf briugeu wir eine Anzahl ilei* vou uuu mit eiuem Edisuu scheu
Phonographen aufgenommenen MusikstQcke, in europäische Notenschrift über-
taten. Wenn diese audi nicht allen Feinheiten der japanischen Intonation
und Vortr;iL'-u < i-i xu j'olircti vt-rmnu, so sind doch die AliwtMchungen vou
unserfT ^lu-ik iiirlit <o i-rheblich, »l.iB wir auf «'in«' Wi<*flcrfr!»b«* in der uns
gewohnten Bezeichuuugaweise verziehten niiiliteu. Jenen Abweichungen sucht «-n
wir übrigens dadurch gerecht zu werden, daß wir merkliche Differenzen in
der Tonhöhe durch + oder — markierten, die auf der Koto durch Saiten-
druck erhöhten Töne mit einem X versahen nnd die Tempo- Schwankungen
mit dem M- tronnni mJ'.nrlirli-t LTcnau fixierten.
I. 8olo-(_T esü n ge (Graf J)r. R. (roto). Text in freier ü hersc-izuntr :
1. Abbchiedslied ■volkstümlich). -Wenn ich von dir Abschied uehine
und dahinwandie auf der Landstraße zwischen den Eichen, nicht weiß ich
dann, ob Tau mich netzt od«'r Thränen.«
2. (_f asHenhauer (aun dem ehinesisch-japaiiischen Kriegj. »Der Li-Huug-
C'liang ist der dümmste K«'rl auf d«'r Welt: um so viel Soldaten nach Gasan
zu sciiickeu, hat er die ganze KriegüHotte vernichten müs^eule
3. Chinesisches Lied (mit den chinesischen Solmisationen gesungen,.
In allen drei Stücken fällt der melodische Schwerpunkt mit dem Schlußtoa
zusammen, ohne daß wir, wenigsten in den beiden ersten, eine Tonika in
nti Pinn Sinuc t^'ikennen kJinnten. Schwankendo Intonation ißt im ersten
•Stück in der Tei-z, im zweiten in der Sexte zu ündeu. Knie regelmäßige
Zusammenfassung von Takten zu Gruppen von je drei oder vier, wie sie
bei uns die Norm ist, scheint nicht vonsuliegen.
IJ. Shamisen-Solo: Otaxuma 'Theater-Musik« i). Dieses in Japan sehr
beliebte Stück, doß sicli in fori w'Ilin iub tn A''f'''!' i indo , am Schluß zu einem
ras«'nden Prrstüssimo steigert, wuide aüt bewunderungswürdiger Virtuosität
vorgetragen. Es steht uns infolge seiner scharfen llhythmihierung und der
gelegentlichen Zusammenfassung der Takte zu Gruppen musikali^ näha*.
Iii- Theater-Musik. Tauzstücke aus dem ers.ten Akte des Dramaa »Die
Geisha und der Ritter.« Der Sh.imi''(^n-Spielrr s:iR in der Cntdis^c, wo-
selbst wir während der Aufiiihruug unsere phouographischeu Aufnahmen
.^ .d by Google
O. Abr«li*iii a. £. M. t. Hornbostel, Studien über dM Toiuystem der Japaner. 345
luachteu. Dem ersten, mehr leierlich cereiiutnielleu , folgt ein etwatn lehhuf-
ter«r, anmutii^er Tanz unter einem liegen von Kirschblüten. Da» letzte
Stück gibt ein« Art wilder Tarantella wieder, welche die Tänzerin auf einem
Dnohumi kleine umgehängte Trommel begleitete. Alle diese Tänze werden
von Frnii SkIh Yacfo niit vollentlff >■ r (Irni^ie. n;ii!ipiitlich der Arm- und
Hand-Bewej;unfren, ausgeführt. Die kurze monotone .Stelle in der Musik, in
welcher dieselben Taktgruppen vielemule wiederholt werden, begleiten einen
lirotesken Versnch einiger Priester, die Tänze der Geisha zu parodieren.
r\^. Koto-Solo. Sterbe-Sceiie der Heldin aus dem »weiten Akte des
J^chausjüel» »Kes^jK. ■Tlieater-^lusiker). Eine freie, Stimnuing malende Phan-
tasie, die bei jeder Aufführung vnriiert wnrde. Vergleiche Seite 340.
V. Koto-Solo: TodcMicä (Sadii- Yaoco). Wir finden in dieäeni Stück
nicht nur einen häufigen "Wechsel der Koto-Stimmungen , sondern andi ge-
legentlich eine Transposition derselben Leiter in die Sahdominante (von b
nach IS .
VI. Shakuhachi-Solo. liokinlan '~ nerhs Teile . III. SatitJan. (Dr.
Muray.'Una, Dr. (roto). Die-^c in .lapan selir bekannte Komposition Yat-
suhashi ä ist uri^prüiiglich lux Koto gedacht und in dieser Form t>chou mehr-
fach publiziert worden. Wir geben deshalb nur einen einzelnen Teil der-
selben in Partitur - Form wieder, um die Abweichungen der verschiedenen
Xntii rnniren und die charakttM-isti • ij. n T rsterschiede des Shakuhachi- Und
Koto-Sliles betiueni v<'rLfleichbjtr zu machen '1.
Die crHten beiden Teile der l'artitur hiud l'bertragungeu der Phono-
gramme, die wir naeh dem Shakuhachi -Spiel zweier verschiedener Musiker
aufgenommen haben. Sie weichen nntereinandi r nur unerheblich ab, baupt-
HÜchlich in den Verzierun^reu , deren genaue Nittierung tiidit m;'»glich war,
ebenso wi*' f1:>- tr-fmi 1-Knti'_'< T"nis|ii<'Iei» der lang aus-' ib r'f («tmii T"hmv
Dio beiden anderen Kfihen .^iud der l^itteratur tiitm<iumene Aufzeich-
nungen fUr Koto und zwar die eine aus den von Piggott gesammelten
Musik-Beispielen, die andere auK Isawa's Sammlung von Koto-StQcken^).
AVir finden in Vw^niCs Notierung konstant ei-iy wo Isawa // schreibt: da a
als (irundton <ler Leiti-r zu hetrachten i-t, s<» fallt die 8chwankuii'_r auf dio
dritte Stufe, als auf einen iiilfstoii i/V'/<, siehe obni Seite 322). W ir be-
merken im («egensutz zu den Wiedergaben durch das Shakuhachi die charak-
teristischen Eigentümlichkeiten des Koto-^Stils : gleich im ersten Takt ein ab-
8t<Mgen<l( - Arpeggio, simultan oder arpeggiert gespielte Quinten, Quarten
und Sekunden.
Die Sexte if, f*^-'^ »r-clieint in «len Koto-Stimmungen stets als kU'ine ;/";,
bei der einen Shakuiiaciii-Wiedergabe ^l)r. Cioto ütets als große in dem
anderen 8bakuhachi-$olo (Dr. Murayaroa) schwankend oder in intermediärer
Intonation. Wir glauben aber nicht, daß hierbei neutrale Sexten intendiert
waren.
Vli. fresMiig mit Trio-Kegleitunj Putitur): Tsktu Kanii\ Krnnich
und Schildkröte (Koto: Sada-Yacco). Melodietulireude Stimme istt die Koto,
der aUein Introduktion und Nachspiel zufallt. Das Shamisen bewegt sich meist
unisono oder in Oktaven mit der Koto, ohne deren Verzierungen mitzumachen.
Ii Auf die \eri>fleutUchung eine» anderen Sliakuiiachi-Stückes: AxHuiu^hUhi
iDr. Goto, Dr. Mnrayama], welche« wir in ähnlicher Weise partiturartig fixiert
haben, können wir, da es nicfatB weBentlich Neues bringt, ebenfalls verzichten.
2) Siehe a. a. O.
Digitized by Google
346 O. Abraham u. E. M. v. Hornbostel^ Studien über das Tonqratem der Japuer.
Das Kokyu hält buld eiueu Ton oigelpuiiktaitig aus, bald folgt ea der Me-
lodie mit Beinem starken, unser Ohr verletsenden Portamento. Der Gesang
ist geilen die Koto-Stimme häufig in 8yiikoi)en verschoben. Wir hesitsen
das Stück in drei verschiedeDen phouographiscben Aufnahmen, die sich uur
in Beziif? fuif dir (^oda unterscheiden')- Einmal kehrte nach der mit Da Capo
al Firn bezeichneten Fermate das Vorspiel wieder; daa zweite Mal folgte
das Nadispiel bis §§; das dritte Mal endlich setite, aach einem Überganga-
takt, das Nachspiel bei § ein und erstreckte sidi bis zum Schluß der No-
tierung.
1) Binige andere unbedentende Abweichungen Terachnldeten daa Auifillen eitiseber
Takte oder Takttoile. meist in den Olo rntimniea der Partitur: so erldiren sich die
Ümregehnäßigkeiten in Takt 31, 97, 40, 47 und 63.
O* Abrihun u. £. M. y. Hornbostel, Studien üf>er Toniyston der JtfMMT«
Anhang III: Musik- Beiisugen.
I. Solo -Gesänge.
(Pr.Ooto)
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3. Gasfienbauer.
3. GhiBetMche» Lied.
f^-j-m-?.if m J Uli Mi 11^ IJ ijJi
Ösaznma.
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II. Shamiflen-Solo.
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8. d. I. M. IV.
348 0. Abraham o. £. M. Hornbostel, Stadien über das Tonsystem der Japaner.
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III. Theater- Musik.
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VL Shaknhachi-Solo.
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354 0. Abraham a. E. M. v. Hornbostel, Studien über du Tonsystem der Japaner.
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Hemunn MQUer, Zorn Texte der MnaiUeihre dei Joannee de Qrodieo. 361
Zum Texte der Musiklehre des Joannes de Orocheo
von
Hermann Müller.
(fadorboxB.)
Der Musik-Traktat di-s .TDannes de fli i li o. tincs uiiliekannten Autors,
der um (11 1' Wende «It-s ].$. .lührhuiiderts wubrsciifiulicli /u I'aiis liK^' , v intlc
zum tM-sttii Male in den Hamiuelhänden der 1M(t., Jalirgang 1 l.S'JU l'JÜÜj
S. 65 ff. veröffeutlidbt. Der Herausgeber .lobanuea Wulf, der als tUclitiger
Kenner der mittelalterlichen Musik-Theorie mit Recht geschätzt ist, machte
gleich damals auf die besondere Bedeutung dieses Traktates aufmerksam^
und noch jüngst wie» Oswald Koller in der Sitzung der Wiener Ortsgruppe
' der IMG. toid 11. November 1902^) auf den musikhiatorischen Wert dieser
Ablmndlung hin.
Die iheiria des Joannes de Grocheo liegt bis jetzt nur in einer Hand-
sebrift Yor. Es ist das eine Handsdurift des ausgehenden 14. Jahrhunderts,
welche in Kodex 2663 der (Iroßhereoglich HesHistheii Hof-Bibliothek zu
Darmstadt auf Fol. öBr— 69r sich findet. Das Vuraetssblatt des Kodex gibt
den Inhalt folgendermaßen an -] :
»Hic contitieniur substripta :
1*: Confeaaio quaedam brevi«.
2^: Tigmli passm rdigiowrum Bonaventnmr.
Item'. Forttin nurifinntyn arcutulum rxUriorim ei itUeriorem hommmii
vaide. hoHus lün r ihn ulvt Timiria.
Jtem- Sertno Vidnerasti cor nuum.
Ikm: Miqua panefa bona dtt wr^itturis.
Itemi Musi'-a iiKKjistri Johannis dtt Grodieo.
Item: Ordo ini.<^<u' vel sjteeuium errlfiitiae.
Iteni: De artiruh< fidri.
Item'. De q^uatuor lioiuinis cjctrciuin
1] Vergleiche Zeitschrift der IMG.. Jahrgang TV, Heft ^, S. 103.
2 Herr Dr. Wolf halte die Güte, mir sowohl zu «l- r Ir.liallsann'abc wie zu den
textkritischen Bemerkungen eine Reihe von eigenen Benbachtuugen und Mitteilungen
naohtrigHob zur Verfügung sn stellen; ich verfehle nicht, fSr die wertvollen Kotizen
dem geehrten Verfasser auch an dieser St- lle öffentlich meinen Dank auszuspreclien.
Zur Beftohr<M>>img der Handi^chrift vergleiche auch F. W. Kmil Koth in den »Monats-
heften für Musikgeschichte s Band 20, S. ÖO.
8) Die Zahl im Titel ist meines Erachtens en leeen als mi (b 4), nicht als YII
'= 7), yrninirlcich dem "mOrrin Anscheine nach zunächst die Zahl 7 in Betracht
kommt. Das letzte Wort des Titels bietet der EntzitTerung wirkliche »St^hwierigkeit.
"Wir glauben rxtremis lesen zu sollen, zumal die hier angewandte Schreibart des fr sich
anch sonst findet und mit dicst in Tit» 1 ilfr Inhalt des in Fni};e kon>menden Gedichtes
!.nif 1i*"7,«'ithiift wird. "Wie mir H. Wolf nach erneuter Einsulit in ilt-n T)arTn'5t;idtf'r
ivodex im Anschluß an diese .Notiz mitteilt, hält er die Lesung (^itutttar für unmöglich;
»die hetden Funkte (fiber den beiden loteten Strichen der Zahb beweisen, daß nm*
teptem zu lesen ist.« Indeß knmmen solcli-' Tunkte auch bei dem Zahlzeichen 4 vor;
zudem hat das für die Zahl 7 vor den beiden Strichen gewöhnlich gebrauchte V in
362 Hermami MiUkr, Zorn T«Ete der Mmiklelire dm Jeaiuiet de Gfociwo.
Ifi III : Pa.tsio sanctae Barharae mctrica.
lU tii : Legenda Iteaiae Barbarae virginis et martyri» niefrire.
Was tli** beiden folgenden Tiiiktate angeht , so ist die Schrift Viffititi
pctow<iJ< reiiffiosorum nicht vom heiligen Bonaventura verfaßt, sondern sie ge-
hört, ebenso wie die Forma noviHefumy dem Mystiker Da^id Ton Augs-
burg. Zu diesen beiden ascetiechen Abhandlungen vergleiche Bonaventurae
.opera omnia, Ausgabe von Quaracchi, Band VIII (1898) 8. liXXVI, Band
X (1902) R. 17. Ubrippns ist dieses Werk dos David von Anji^burg von
den Vätern des Bonaventura-Kollegs zu Quaracchi separat herausgegeben unter
dem Titel »Fr. David ab Augusta, 0. F. M. De eiierions et mteriori$
hommu eon^iosükme* «Qtiaraoohi, 1899)'); ▼ergleiehe dasn »Litararia^e
Enndschau'. 1899, Nr. 7 S. 215 f., »Historisches Jahrbuch der Görres-Ge-
sellschaft«, 1899| 8. 506 f., »Jahreaberichte der Geschichtawiaaenachafb', 1899,
IV, 40»&».
Es folgt im Kodex ein Sermo über Caut. 4,9 » Vulnerasti eor imum*.
Ein Sermo Ober diesen Text wurde frOlier ilQschUeb wobl aucb dem heiligen
Bonaventura zugeschrieben, ist aber in der obengenannten, nenen Gesamt-
fiuf^frabe iiiolit auf^'eiioTnmen worden. Da unser Kodex aus einem Knrthäuser-
kloster stanuiit, mag liier erwiilmt sein, daß Trithemius De siriptoribus
ecd. ad a. 1472) bei den Werken des Karthäusor-Munches Jacob as de
Grnytrode eine Schrift » VulnerasU <w meuta* nennt. Ob dieeolbe mit
nnserem Sermo verwandt oder identisch ist, vermag ich fllr den Angenbliek
nicht festzustellen.
Mit dem allgemeinen Titel Jliqua puutta bona de scripttiris bezeichnet
sodann das Xuhalts-Verzeichnis des Kodex einige sehr kleine Traktate. Über
dem ersten steht als Überschrift Hugo de laude mriloHe, de Iribue aignie from
etatue; derselbe gibt S Zeichen an »per quae polest komo eognoeeere, m eÜ
in bono sintiK. Eine Schrift de laude raritatis ist von Hngo a s. Victore
(vergleiche über denselben Hurter, Nomeiiclator üferar-im. Band 4, Inns-
bruck. 1899, S. 57 ff.) überliefert und in Migne's Fatroiogia latirm veröffent-
licht; an findet sich jedoch in der Darmstädtcr Handschrift a. a. 0. nicht« davon.
Die Bweite der kleinen Abhandlangen ist fibermdirieben de effee^ eermonis
divini, die dritte de njfeciu dirini srnuonüt, die vierte d^e IV inodüf eeryjftltroe^
die ftinfie de modo praedicemdif die seohaie de tripUei perfeeüone^).
der Regel eine etwas andere Gestalt wie hier im Kodex. Etwas Sicheres wird sidi
kaum feststellen lassen. Die Lesung >extreunst nach *lfominü* ist mein^ Erachtens
nicht l'Inpe Kniijektiir : v erjj-liTH^lie das Zeiehen für tr hei Tappelli, Le.\icon abbre-
viaturarum, Leipzig. 1901; S. 330. Ubrigtins dürfte es nicht unmüghch sein, daß die
mittelalterliche Theologie wohl auch »septem hominis «trema« aofiihlte, obschon idi
für den Augenblick einen positiven Beleg dafür nicht zur Hand habe; vergleic^ien
ließe sich, was A in 1<ro<ii n-« in De l>nnn mortis K.tLpii»l 10 f. Über die »habitaettia ani»
ttmrum* im Anschluß an iV £sdr. schreibt,
1) Daselbst ist m»er Kodex als *»aee. XPT* dtiert auf 8. ZXm.
2 Gemäß einer nachträglichen Mitteilung des Herrn Dr. Wolf hätten die Tmk»
»;(«e '1 und n beide als Übersehrift nfferfri u. s. f. Ich meine mich zu erinnern,
aaü an einer dieser beiden Steilen uachti üglich eine Korrektur im Kodex vorgenommen
sei, nnd habe demgem&ß die Titd oben angegeben.
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Hennami MttUer, Zam Teocte der Mutiklehre des Joiuiiiei de Orooheo. 363
An ditae Traktate schließt bich die Musüdelire des Joanues de
Grocheo.
Darauf folgt der ordo missae vel wpe' ulum crclesiar sowie de artmilüt ßdei.
VhcT (llc li'tzti'u Dinge dns Menschen« handelt im Anschluß im
articulim fidei in der Handschriit enthaltene Gedicht Cum revolio toto eorde.
Das&elhe ist sonst unter dem Titel Äkditatio anintae fidelut bekannt; mit
litewttgeachSchtlicben anct kritisohen Anmerkniigen Teraefaen findet sidi der
Text desselben bei Mone, > Lateinische Hymnen des Mittelalters c, Band 1^
S. 415—419; verglLuhe «aob CbeTslier, Big^erioHMim h^mnologimm^
Band 1, S. 246, n. 4102.
Zorn Schluß nennt der Iudex der Hs. zwei Orediohte zu £hmt dar hl,
Barbani, nimlidi eine jtoBtio mmetoB Barharae melrioa und eine Uffenda'betV'
iae Bai4am» virginis ei marhfri» meiriee. Die pas$io stand auf Fol. 90 — 94
des Kodex, ist aber später herausgeschnitten worden. Die kgmda^ welche
mit den Worten *srr>h<^r>' post^) lihrt quo stit jmtrr ixirlxira natait beginnt, ist
weder bei Totthast, ßibl. hisi. med. arn, 2. Auflage Band 1 8. 1193 noch
im Re^ertorium hyvinologicum von Chevalier verzeichnet; auch in der
. netten Siblio&ieea Ea^ogregthiea hsHna der Bollandisten fehlt ete.
Wolf hat schon darauf aufmerksam gemacht, daß sich hinter dem ordo
niissof, von derselben Hand prsrhripbon, noch ein Traktat findet: ^Ci com-
nirntr Ii Lmidnins'. En iat ein in Diulogfurm und in französischer Sprache
abgefaßter theulugistlit'r Traktat.
Wie wir bereits bemerkten, stammt der Kodex ans einem KarthSnaer-
kloster. Sr gebort* nümlldi offenbar der Karthause zu Köln. Fol. 55 v.
liest man noch am Schluß dlv Bt iiu rkung: »/»fe liber est Corthusiar in f'n-
lonia*. Auf Fol. l r steht obuu »Iste Uhrr iyt Colon in bei der
durch .... augedeuteten Stelle ist die ursprüngliche Schrift durchgestrichen
nnd anleserlich genmcht; man wird wohl Carthtmoe* oder >eftt Oarihu-
sianorumt zu ergänzen haben. Das Karthüusei kloster zu Köln war der
heiligen Barbara geweiht; so erklärt es sich, daß in der Handschrift die beiden
Gedichte zu Ehren dieser Heiligen aufgenomnitn waren. Den Schlußsatz des
Inhalta-Verzeichnisses (s. oben S. 3ü2) glaube ich ergänzen zu sollen: *htuin
librum 8i nj)sU dommus Johannes de Bode (?), inmomm domm «mdae Bat'
barae Cohmensie ordims Oarthimamj rttquieaeai in paee. Amen: Übrigens
ist« wie Wolf schon hervorhob^ der Kodex von Yerschiedenen geschrieben ,
Joannes de Hoci« kann nur tur einen Teil desselben als Srliroiber in
Betracht kuuimen. Die auch in Eitner's > C^uelleulexikon < , Band 4, S. 3KI
ausgesprochene Anschauung, Jo. de Bocis habe nnsem Musik-Traktat kopiei't,
ist aus dem Kodex nicht zu erweisen.
"Wolf hatte Hecht, wenn er bextlglich des Musik-Traktates von J. de
Groiluo in di n Vorbciiii rknnt'f^ti feiner Textedition bei der sonst sorgfältig
und sauber ausgetülutiii Stluilt dir boträchtliche Anzahl von Abkürzungen
und die Schwierigkeit in Bezug auf die Lesung des Textes erwähnte ^j.
Angesichts der großen Bedeutung, welche die theoria des J. de Ghrocheo
beanspruchen darf, wird unsere so erfreulich aufblühende Musik-Wissenschafk
auf die Dauer nicht umbin können, unter Berücksichtigung der bisher be-
1; Oder primo?
2) Übrigens hat '^uwohl der Traktat De artirulijs fidei als anoh das Qedicht Cum
rerolro Mo corde twk-I Kolamnen aaf der Seite. Danach ist Wolf, a, a. O., -S. 68,
Zeile 7 f. zu berichtigen.
ö. d. I. M. IV. 24
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364 Henuami Müller, Zum Texte der Minriklehre des Joannes do (irocbea
kasnten iiiittelalterli«lkw Hiink-Theoretiker und auf der Grundlage einer
auBreiohenden Kenntnis der BOgenannten «cholaBtiBchen Tenninolo^ stell
auch der Erklärung dieses Traktates mit Sorgfalt anzunehmen. Frei-
lich wird dit' rirhtipo Lf^nni? dos Textes die notwendige Grundlage für
derartige i, ntersuchuagen bilden müssen. Aus dieser Krwäjj^nnt; i5?t
die nachfolgende Zusammenstellung von textkritischen Bemerkuugeu her^
Torgegaugen. Dieselben stUtseik sioli auf eine KoUstioniennig der Darauttdter
Hsndschrift. Ein t xegetischcr Versuch zu einigeu iStelleii uuises Traktates
0oll gelegcTitlirli ft)l^r,in. Bei der r-tändiLTt^n nnd vielleicht efwas ormüdenden
Bcznsrnalinu' auf die HandM'hriit nin'j uns das Wort Mommsen's aus der
Einleitung zum Monunicntum Anrt/ramim trösten: »Daria lertio et doda co/^
ieetetfio cmn «jMoe SMm'tfMMo« aitUf eo d^ßruntf qmd Uki^ ut uHUar ett, Üa
laudibua «ew quodammodo Mhirakitf haee wimu prodeat^ magu eMrakur^}*.
69, 16 2): Die Abkfirzong mot ist in motis aufzulöaeu ; gemeint ist der Traktat
au der Physik: *D6 momnÜbug et woH»:
70| 4 ft.\ distantiam ist zu losen statt tii staut itta'y femer a statt t um, admira-
hitur statt adniirabih'fi ,\ fitriJiu^ statt faffrns. Tier Satz heißt also :
»Sicui tnhii vidfiis itttulos ittttninuli distnittkitii vorjKtti'i tioUs ü omtro
terrae höh admirtihitur^ sed facti im crit .sy<V stc* u. s. w.
70) 19 : In der Lücke steht ssm; das ist in ttfumm anfeuldsen. Die Kon-
jektur *risum* ist nicht berechtigt.
70, Anraerkiuiü; 1 : 'Hjtnsiffis steht in der Handschrift.
70, Aiiiiu'rkuug ü: Zur ivonj«*ktiir *visuiit* lichc nhon 70, 19.
70, Anmerkung 4: Die AhkUrzuug, die sich hu dieHor Stelle findet, läßt
sich m. £. nicht blos in quod, sondern auch in quae auflBsen.
71, 2: Hinter rrritatU steht in der Handschrift noch iir r^nfne.
72, 26: Es liegt keine Notwendigkeit vor, das {u der Handschrift in eani
zu verändern: irt m '"at. prhinj)in, ifmic sutif tantquoin moteria tiMmcoe,
viuska] forma Ni inusica/ii introdio-it.
74, 12: Statt nihü ist »i lesen in hoc.
74, 14: Vor immens steht in der Handsdirift noch in,
76, 7: Das proptrr quid der Handschrift ' vergleiche Anmerkung 1) ist nicht
in aliqiiid zu verändern; es entspricht dem projtter quitm r-ytt^ata 73, <?f.
7G, 9: Statt rt/iW ist aliquid zu lesen; an und für sich sind liejde Lesungen
möglich (vergleiche Cappelli, a. a. O., S. 7j; der Zusammenhang scheint
jedoch mehr die AnflSsang in aHquid su begftnstigen*
76, 21 : Zwischen et and ut fehlt ttiaui.
77, 23: T)a<; rousofinnfinm der 1 1 andschrii't ist beizubehalten, das resoiMl&tf in
transitivem Sinne zu nehmen.
77, Anmerkung 1: tcmcrunt steht deutlich iu «1er iiaudschriii; Anmerkung 1
ist daher fiberflüssig.
77, Anmerkung 2: tiidhaphora steht in der Handschrift, nicht ^n&lhapom,
78, 1: Statt II ist <*ine Zahl zu setzen, wahrscheinlich 7; aucli sont^t kommt
ein ähnliches Zeiclien, wie hi<!r, für 7 in alten Handschrilten vor. Die
Punkte müssen fehlen. Der Zusammenhang ist dieser: Alii /itiitas esse
diewä et »ub nuniero determinato, plures totnen quam 7, puta 18,
V) Vergleiche Wilcken, Amliiv for Fkpynu-Fbnchong, 1900, Bend 1, Vorwort,
S. IV.
2} Die Zahlen verweisen auf die Seite und Zeile der Wolf scheu Ixlitiou a. a. 0«
.^ .d by Google
HioniiaaB MfUkr, Zun Teade der Muaiklehre des J<»aiiiies de ürocbeo. dßb
78, 18; Statt hoc ist hmm zu lesen.
78, 20: Nadbi mundus ist Ubersehen worden: unde et inycromtnm» id evt
minor mundut. Der Zusammeiiluu^ irt diewr: latorum . . opinumi
assenÜfaWf dioendo (juod hämo, ut aü P, ^ A., fM quasi mun^, undi
et niifrfwnmtms-, id rjgt minor mundm^ ah ris düitur.
78, 21: Die AhküriiuDg der Han(Uclirift wird vielleicht in aperationeSj nicht
iu opiiüoms aufzulösen sein.
78, 28: Kaoh quae steht in der Handschrift noch omnium,
78, Anmerkung 1: Muß fortfallen.
79, 1 : Nach diapasati hat zwar <ler Kodex Kt; vielleicht verschrieben filr Est7
79, 12 : isto ist jedenfaHs bf-izubohalteu, die Anmerkung 1 daher aufTinlassen.
£s wird eben durch den Satz »7^*/ isto modo* der tonm im Sinne von
»coneordantid, qitae cowd^ in ali'/ua proportione* v^äStai,
79, 38: Die AbkÖrsang, welche die HiuidBchrift bietet, wird wohl besser su
consonantia aufj?elöst anstatt zu cousona.
80, 26: Statt oh ist (tf> t.u lr=eu. Das // mit Abkürzung8zei<'ben wird in hin
aufzulösen sein, desgit-ichen das höre mit Abkürzungszeichen hier im
Znsamiaenhaug vieUeicht besser zu hewrere als zu habere. Der Sinn ist:
Diapason ab kia {ac. prneeedetiHtua conoordanüi») haerere vidrtur;
die OktftT gilt nicht als selbständiges InteZTsll, sondern ist innerlidi
abhängig von den übrigen Intervallen, numpntlicli von (Quinte und
(Quinte. Die Zusetzung oiiK'^- ^/tfiiffff/] erscheint nicht als notwendig.
81, 36: sit steht in der Handschrittj nicht cut.
81, Anmerkung 2: Da mneniiam deutlich in der Handschrift sra lesen ist»*
muß diese Anmerkung tn! tt;i!len.
83, 9: tali ist zu le.«ien, nicht cocH.
83, 14: Jsta muß bleiben; »wir krmnon darin fiW/i) keine Einteilung erblicken«.
83, 18: vmaü'Hm steht deutlich in der Uaudschrift, nicht musicam.
83, Anmerkung 5: ef. zn 83, 18.
84, 29: Nach arH» ist UheraUs einsnlBgen.
84, 3f): Die Handsiluift bietet in(piinint.
86, 29: In der Handschrift steht xt mit AbIdirTsnniTazpiclicu ; das ist hier in
similitrr aufzulösen, nicht iu ttibi Die Änderung in supra ist alsdann
nicht notwendig.
86, Anmerkung 6: Tergleiche oben su 85, 29.
86, 23: srd ist zu lesen - /.
Hft, 28: Das i.tfis der ITandschrift ist heizuboli tltpi».
Hti, 31: >/iuUoth» H>\ iiirlit niulfifnffrfn^ st^hf in (b i- 1 1 nid-rhrift.
86, 32: Das f/ nieht deutlicit itn Manuäkripi; daruut iolgt zweimal dos Ab-
kfirzungazeieben fUr con. Demgetuftß ist auch 86, Anmerkung & zn
ändern.
87, 1 : DI« Handschrift hat srptrni statt svx.
87, 23: Das posxü der Handschrift kann beibehalten weiden; wenn der Singu-
lar Anstoß erregt, dürfte possintj nicht pussatd. zu schroiben sein.
87, 24: Der Kodex hat Sibi tn\ das wird m lesen sein: SeiUcet ibi iaMi»m%
88, 82: Es wird tdlUma festsnhalten sein; der Verfasser unterscheidet die
Ij Eine ähnliche Abkürzung für aimüUrr ohne 1) findet sich aueh sonst.
2) Capp« Iii lus^eugt ausdrücklich dos Vorkommen der Abkürsung tn kmium
für das XIU. Jahrhundert.
24*
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066 Hormatm Müller, Zum Texte der Musikkbro des JoumeB de Qrodieo.
coynitio unitrrsalis per definiäonem, die cogniHo perfe<:ia distinguendo et
eognoseetuU) portrs, und die eogniUia uUma per eogmHonem eomporiUom».
90, 19: Im Manuskript steht dicamm statt dtcimm.
90, 31: Die Abkürzung ist wohl l)i'.*«;pr rin\ nicht nrt zu lesen.
9 1, 9 : Boä ah ist niclit in Klammem zu setzen, da es deutlich in der Hand-
schrift steht.
91) 21: Statt quia dflrfte vielleidit auch quae vx Uwa seiB.
91, 26: telUt im Maaudoipt. war dethalb in Klammem bu aetm.
92, 9: l'ndf ist zu setzen stutt 17'/' .
94, 3: Die Stelle ist im Mannskript unverständlich; ich vermute, daß der
des Gtriechischeu vielleicht unkundige Abschreiber mit dem Worte eroticun
(oder eroH»?) der Todage nicht fertig m werden wußte.
96, 7: Statt veraieiüari Uea iaU.
96, 31: Statt poir^t ist primo zu lesen. Der Zusanunenhaug ist diea«*:
Mfulus . . coinponvudi harr f/rjirrfifitT csf Hnm, iptt^mafhiUKluvt in
natura. Primo enim dictninimi lom niat' < i'!>- praiparantur, postra rrro.
Wie bei der Zusammensetzung der Köq)erwtilt die maieria prima als
elemenittm indderminaiumy perfieimdum u. a. f. anBanehmen ist^ welcher
die forma subsUDitialiit als fl' m'-ufuiti (Ictfrminatis^ pcrfidens U. 8. f. folgt,
ist es ähnlich bei der niusikulischen Komi)osition ; i\m dirtamctt ist cr*"-
wisscnnaßeu die niatcria priina^ der canim pruportioiuüis die /bnna sub-
süuitiaiüi.
96) 32: Wie ans den obigen Bemerkongen henrorgeht, ist das profparaniur
der Handschrift beizubehalten.
96, 8: Statt snnf sint zu setzen, nach instruimutalifpiis ein vero einaofOgen.
96, 12: arfifiriulis wird /n lesen sein, nicht arfifh'inlifrr.
96, 13: afflatu (>durch Anblasen«} heißt es im Manuttkript, nicht a flaäi.
96, 19 : Daa eenhir des Manuskriptes wird sn eamentur (verschrieben fttr
caUMtur) aufzulösen sein, nicht zu rrmitur.
96, 36: uaturalrs ist zu lesen statt rirtitalcf.
97, 2: In der Handsclirift hi zu lo'jen entweder fmo —■ s'!tf)rrinrf\ oder frio =
fortiore. iSerio sonn unterscheidet sich tympanuin rt tuixi kaum von der
vieNa, wohl aber fortiore (eTentaeH Midi wperiore) aono.
97, 11 : Die Korrektor lUae statt Bla scheint unnötig au sein.
9K, 2: Lies etluni statt autem.
100, 19: Lies harjnrtOH.
lOO, 36: Statt nmlnli ist inohiUn zu lesen.
103, 3: aliquia steht im Manuskript und wird beizubehalten sein.
103, 11 : Die Abkttnning ist offenbar in syllogiami^ nicht in syüati anfinlOsen
1) An und für sieh ist auch die Auflösung syüabi möglich. Hier ist Jedoch
st/llogismi entsehicden vorzuziehen. Einmal aus sprachlichon Rücksicht ' ii ; für die
Gleichung syllnhm — Silbe finde ich weder bei Du Gange noch bri Koioellini
einen Anhaltspunkt [bei Au-gustinus, m«/., 13,15 i— "Verzeichnis. KrgisUsrj, da« Vor-
kommen der Form monottyHabus und äluilioh hat für unsere Sti Ile keine BedsUhmg*
Sodann spriclit der K<>nt' xt fiii- die Auflösung sijl!i,i/ii-w i. U. W'nif vcrvreist mich
zwar auf die vier Solmisationssilbcu des Joannes Yerulus de Anagnia bei
Coussemaker, Scriptores TU, 129 b. ff. Aber damit seheint mir der Avsdrodc
unseres Autors »omnrs ,siY/« a^l 4 primos rcduatfUur* nicht erklärt zu sein. Man
winl Yi'1iiie!ir <li' Lehre des Aristoteles und deren weitere Ausgestulttmtr <lundi
Qaienua und die scholastiäche Philosophie bezüglich der verschiedenen »iigurae* und
. ij i^od by Google
Hemumn Mftller, Znsa. Texte der Muaiklehre dea JoenneB de Qrocheo. 367
103, 35: Statt virtucUUer ist zu lesen unm rmiis.
104, 5: Statt aequaUter lies aiBquaiit,
106; 1 : partn steht im Mamukript; das detignaho' der Haadadirift wird in
designaniur zu äudern sein.
Iü5, 5: re^ondfn f ist zu lesen statt rmdcret,
105, 28: istorum ist für eorum zu setzen.
106, 34: Lies utmergales statt vulgares.
106, 86: Lies coroiaalioneff» statt enoHonem,
107, 25 : Statt «nnnw ist eis zu lesen.
108, 17: Das magisrnJira erscheint mir recht aweilelhaft: ist nicht TieUeiobt
nmffLstratuf^ zu lesen?
108, 32 : Ob das cetUur der Handackriit uiclit doch als causentui bezw. mu-
aehar sn lesen ist? Man wendet einen dreistimmigen Sati an {*faciunt*)^
weil (oder: wo] die drei Stimmen eine perfecta consonantia ergehen,
Oder ist vor faduiU in 108, 31 ein »atia vom Absehreiber easgdassen
worden ?
110, 16: Zu lesen iät; Et itcin cum nwküis jtlura «int. Statt itcin kauu
erentnell andi ita gelesen werden.
110, 28: Die EinIQgnng des »on ist nicht erforderlich.
111, 15: Lies irit anstatt pt.
112, 2: Nach rf ist tciiijm« einzuschieben.
112, 5: fcsta ist zu lesen für fa^io.
118, 9: Lies quantum für qumi.
118, 16: Gompctum steht im Mannskript; gemeint ist der sogenannte eotnpu-
tu.s evclcsiastiaiif.
112, 20: Das nun ist des Sinnes wegen nnmöglich; in der Handschrift steht
n mit Abkürzungszeichen = vir.
112, 28: vaht ist zn lesen statt ridelicct.
114, 6: Das 9tm»ium fehlt in der Handschrift^ ist aber wohl (in Klammem)
zu ergänzen.
114. 7 : Statt r/rnininatilms wird vielleicht besser fp-aininati' 'lUhiis gelesen.
114, 9: Die Aitderung des muaico der Handschrilt in ad musicum ist wohl
nicht nötig.
116, 6: Das et darf meines Erachtens nicht in den Text der Handschrift
eingeschaltet werden, da sich auch olnu' ilusselbe ein Sinn ergibt.
116, 3: Im Manuskript steht faciloray vielleicht verschriehen für faeilior€9n,
Dr. Wolf liest im Kodex pwiltoii (— fanliorrm oder facikin?).
116, 12: Das tonum der Handschrilt wird man beibehalten müssen.
116, 30: Zwischen primuB nnd aeeundus fehlt et
118, 36: Kach iä est bi primm einxnschalten.
117, 3: Statt triti ist tertii zu lesen.
117, IB: Statt quantum ist entweder quoad zu lesen oder vielleicht ist nach
quantum ein vom Abschreiber übersehenes ad einzuschieben.
118, 17: Das Wort nach totm ist schwer zu lesen. Jedenfalls wird man
einen Genetiv Plural zu lesen haben; vielleicht instorum verschrieben
für tsfonim? Audi an insimmmtorum oder magis^Oftm könnte gedacht
»fnodi« des sylb^Mmi» zur Erläuterung dieser Stolle horanzu/iehen hsben; auf die
>ner ersten modi* lassen sich nämlich die 15 fidpenrlen zurückführen: znr Suche vor»
gleiche Lehmen, Lehrbuch der Philosophie, Band 1 {Freibiu^ läi^j, S. 1Ü6 lt.
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368 Uersunm Müller, Zum Texte der Musiklehre des Joannes de (ihrocheo.
werden. Komenilidi magiaironan wflide dnreh den Gegensatz zwischen
den Au&tellangen der "äieeretiker emerwite nnd der Ftaads des gre-
gorianischen Choralgeeangee aadereeite einen guten Sinn ergeben.
120, 5: Statt ftt lies rrf.
121, 11: Für (äii ist aluiui zu lesen.
121, 35: medium steht in der Handschrilt, nicht mcdiL
128, 12: Statt aanetorum iet zn lesen Meetdorum, Gemeint ist der ale
Evovae bezeichnete Schluß des Gloria Patri am Binde der Psalmen.
125, 3: Statt antiphona steht ah'ttf! im Manuskript.
125, 13: Für foni'flebrafifr lies cum celebratiir,
126, 9: Statt quae ist wühl quaedam zu setzen.
126f 23: Die Ablrihrung der Handschrift dürfte besser mmMerio gelesen
werden, nicht utifsteiio.
126, 28; Yioliciclit ist in i]er Handschrift impomt SU lesen stsit imponoL
128,41: Lies htmianam statt humanatam.
129, 4: In der Handschrift steht divcrsijkotHr^ nicht dÜK&rsijicatus,
129, 6: Kacfa (SinsH steht im Mannskript ei.
129, 27 : Der Text der Handsehrift ist wahrscheinlich qua» voeaiU sn leseUf
nicht tium vocantnr.
130, 7: Statt 'ompominfur steht im ^Triruiskript rntuponntitHr.
Weitaus die meisten der oben mitgeteilten textkritisclien Noten scheinen
mir absolat sicher zu sein. Wo ich glaubte, Konjekturen auwenden zu sollen,
will ich mich gern an den alten Satz erinnern lassen:
T6 toi tored^Hv roO oäq>* tldivai t)/^».
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Horace Wadbam MichoU^ Entgegnung.
369
Entgegnung
von
Horace Wadham Nicboll.
[London.)
Allow me a f'ew words concerning Prof. S. de Lauge'» rcmarks anont
mj paper entitled: ** Buchs nua-obüervance of bomo Fixed Haies/' in your
preceding Quarterly.
Plrof. de Lange evidentlj nuBconceiTes the qpirit in which my article wae
written. He admits, liowcver, thai tvo of the passages under conaideratioii
cannot he defendod, sie' but singiilarly enough these two ^onnd more
agreeabie than many ot Uiuse quotod. For iustance, £x. I, pt^e 077, (Takt 2),
ia exactly Bimilar to the two examplea admittedly indefenaible! Also of uiuch
wofB» eflbet ia the third Ex. on page 678, as well m Hieae ob pagea 681,
ISz. I; 683. Ex. H, aeoond excetpt; and 680, £z. DI, whioh ia oppoaed to
all acceiittil nilcs concerning suapen^ioii".
Of cDur.se, everv stndeut kiiow? the rule« concerning the jiinvemeiit of oiiu
auJ tiiu 8ume churds in diffcieut position» ou the eame buHä-uule, pasäing
(ornamental) aotes, suipensions, &c., not to mention the more elementäl rolea
governing consectttiTe oetavea and fiftha. Thna, the exceptions refeired to in
Pale.striua and Lassus do not count, nr in uny way Hufficc to mnko wiiting
that violates rules a Standard to students. Tho movement and comparison
of each part, noto aftor (and ugainst) note, and chord after chord, was in
question aa a matter of pure leading of parta.
It is almost needleaa to say that my paper waa written for intereating
atudy and to be of some practical value to students, rntlu>r than as an attack
upon the grcat manturV i(aneral writing. Thua Prof. de Lange has failed to
controvert my statements.
Ferhaps my knowledge of conntexpoint in all ita hramohea may be the
canae of my **inabiliiy to tmly comprehend and appreciate Bach" ! However,
we all know that Bach requirci^ neithcr pruise nor defence from any mnai-
cian — great or sniall — bnt to rn1! attention to uliat appears free (as
contrasted with pure] part-writing in works of the strict .'style, is of value
to all — even to Prof. de Lauge!
Die Vierteljahrshefte der Sanimelbände
eFBCbemen am 1. November, 1. Februar, 1, Mai imd 1. August Sehlnfi
der Bedaktion jedes Heftes: ein Monat vor seinem Erscheinen. Manu-
skripte nnd andere Sendungen beliebe man au richten an einen der
Henuisgeber: Prof. Dr. Oakar Fleischer, Berlin W. Motzstrafie 17 und
Dr. Johamiefl Wolf, Berlin W. Angsburgerstraße 80.
L. kjui^cd by Google
Dorian and Fhrygiao
A. J. HipkiM.
(London.)
In thfi following remarks I would offer Bome ezplaofttoiy notoi or
soggestioi» on the Doiüm and Fbrygian modes of the andent Greeks,
regarding them from a non-hamonic point of view. I have kept quite
dear of the later derdopment of the Gk^k nradcal System which baa
so befogged the oonsiderataon of the eai^er.
The Greek word aQfiovia is nsnally rendered by icale or mode.
Either word may ezplain a Bucoesaion of mudcal notes fitted and com-
f^ete in itself -witiun the consonance of an octaTe, althongh the order
and meäsure of the interrals may he arbitraiy. The fonndation of a
Scale is instrumental, not Tocal; it comes from the stops on tho finger-
board of a stringed instrument, or the lateral boles in a pipe. Yocal
music in its origin must be referred back to Speech, to accent and mo-
dulation of the voice, the development of sustained voice sounds, to syn-
thesis rather than to analysis, with freedom in the dimensions of intervals.
Scale 18 used preferentially for a recognized succession of notes, but
mode for tbeir characteristic measiirement. No natural order is to be
predicated for either.
The Dorian, or Hellcnic, mode was hivt'>ricallv a livr»' arcordance.
tetrachordal from the grasp of a prpvious lingerboard, and usiiallv ^« Tt-
timal in hannonic charactf^r: the presumed fingcrboard instruiiicni. ( t
jcavdoi'Qa, havinf^ its congetiers in the Egyptian Sr/rr and Bahyloniau
Tanhöirr. If the ohl Aeoliati mode was the same as the cid Hypo-dorian,
it was closely allied to th»' normal Dorian.
The Phrygian, an Asiatic mode, was l)as('(l upon the positiou of the
lateral holes of the uvVog, as is well-kuown a pipe -instrument blown
with a reed, and the stopinn^r tliiicof, in its natur«', Hpxachordal rathur
than Tetrachordal. The /^.>f>>', the aesthetic effect of the Instrument, was
in its character approximate to that of the Scottish Hi^hland Bagpipe,
a survival of an Eastem scale. The lower tetrachord of the Makat double
&d.L]L IT. g5
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372
J. A. Hipkins, Dorian and Fhrygian.
pipes (B. 0. 1100) diaoorered hj iPlmders Petrie in tbe Fayomn, is, as
I hoard them played inih an Argboul reed, similar, althongh wiüi Bome
difference In the succeasion of the characteristic interrals.
Dorian and Fhiygian according to Aristotle were entiiely differait
in character, and being so would be of separate origin and inoommen-
sorable. Not the mere sbifting of a Diatonio Minor mode as is generallj
accepted, a modal sjstem Monro') attribntes to Ptolemy.
The Greek names of tbe Lyre oetaie foUowed tboae given to the
strings of the instroment^ due to tbeir relatiye position and proximilgr to
the player. Our letter notation can express their order equaUj well;
but iicither can inform us as to their measnre or pitch.
The Greek names of the avXhg notes, exceptiug the fundamental note,
and its octave^ which were apparently in early times not osed, bore the
national modal names corresponding to their use us pitch prompters for
the reciting notes reqiured. Be it remembered, the Greek intervals, as
in all non-harmonic Eastem scales, were steps varying in measure accord-
ing? to the System accepted; nevcr the mental analysis of common chords
as in tho Harmonie Intonation proper to our modern — particularly our
vocal, music. Pytiiagorean ratio« outside the Fourth, Eifth, and to some
extent, the whole Tone, were practically non-existent, or wore, at least,
verj' much restricted in the Greek music of the Classical period. It can
be shown thoy ultimately madc their way by the greater ease of tuning
with Fouiths and Fiftlis.
In the study of OlassiLul (irreok music it is essential tu put aside our
cliuribhed ideas of chords and tonality of Scale; of sli;irj)s, Hats, and key
relationships. Also the mudcni chromatic scale, which liad tlion no exis-
tence outside tlieory. To recognise the value of «luai ler and ihree-i^uai ter
tones; their fitness for musical expression and pleasure to the ear. To
appreciate septimal intervals (the ratios of Y^, and also */j]y and to
regard scales rather in descending than in ascending order. To estimate
tuning as done by ear mainly, and not by ezperimenting witb arithmetical
ratios^ wbich wonld be difficult to render witb anything near predsion,
suioe their appeal is more to the mind.
Rudolf Westphal, I consider, went quite wrong by his insistence
upon modes derived from the Major Common Gbord of wbich the Oreeks
knew nothing. We must be carefol to aroid the false lures beld ont
bj modern scales and Systems. The greatest care can hardly prevent
tbe enquirer from tripping, so fasdnating are apparently obvious com-
parisons. My own study of this perplexing subject is due to the imperfect
presentment of the Greek modes in a Lecture ''On the Musical Scales
1) Tbe Modes of Andent Groek Music, D. B. Monro, Oxfotd, 1894.
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i
A. J. Hipkiiui) Donau «nd Fbrygiaa. 373
oi Various Nations" by the late A. J. El Iis, read hoff>ro the Society of
Arts, London, IHHf)!;, \yi wliich I had some share, and we were both
content to follow tho too casy tahulation of Helmhoitz.
As coucerus myseif, my position is tliat of a simple pnqiiirer accreditt'd
with some knowledge of music and of musical instruments, and as liaving
been associated with Ellis in the examination and compaiison of several
Eastern non-liannonic scales lu which wc wcre assisted by skilled native
perfonners.
WitlilMato Grcek musical liistory, apart froni tradition, may be said
to begin. The modes quoted in the dialogue between Socrates and Glaucou
are su in number, and tbeir names are natioBal or tribal; Dorian, lonian,
Phrj'gian, and Lydian. There is no tetrachordal, hezaehordal, or hepta-
chordftl dfifinitioii. Two are deseribed by GUracon ta high aad püun-
tive; the miied and the tense Lydiaa (tense ohrioiisly referrmg ta the
lyre); he adds ''and Bach like". These Socrates exdodes from the nse
of Äe gnardians of yoath. Two are soft and convma], the lonian and
the Lydian, which are caDed slacfc (again refening to the lyre). The
Doiian and Phiygian remain as anawenng to the requireaients of So-
crates for sober enjoyment, conrage and temperance.
In the ^axijs, Fhrygian is ezdnded as not heing Hellenie, the Dorian
alone answering that requiremeni There Phito rejects lonian, Phiygian,
and Lydian. Ii is dear the accepted order of the Greek modes, ana-
logous to the Ohiiich Modes; defined by tbe note from which each starts,
of which there are seren, changin^^ the intenals as they occur in the
octave, as may be done on the white keys of a piano; will not explain
Plato's characterisation. In this order the Dorian octave is at the top;
th(; Phrygian a tone lower, the Lydian anotlier tone lower; the Mixo-
lydian a semitone lower than the Lydian; the intervals supposed to be
of Pythagorean dimensions, 2.04 cqual semitones, and Äeiftuara or re-
mainders, E. S. 0.90. Westphal possessed, a.s I have said, by the Major
Common Chord, discovers a .Syntono Lydian dorived froia the major Third
of this chord, a whole tone below thr Mixo-lyilian, ;nitl, iiy anahijn', the
Mixo-lydian is, according to hira, referabh' to another major Third derived
from the lonian or Hypo-phrjgian ! If one reads Plato's description with
attention tliis appears to nir- incr»' topsy-tur\)'dom.
Monro's idenlihcation ot ih» iiio(h'> with the so-called Transposition
Keys, a Solution I had arrived at uiyself before T had bis authority to
support me, is reasonable and, I believe, in tbe main correct, but until
!fQoa).attiiuvofttyo^ was added^ we can hariily talk about keys. The
r PnMi<<hed in tbe Joomiü of the Society, No. 1688, Vol. XXXTU, with a Bub-
sequent Appendix.
25*
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J. A. Hipkint, Donau ■nd PlurguuL
Tonal System was inconipli'te. For convenience of grouping, key signa-
tures of tlats havc been clioscn to deüue the order of the Greek scales
and their pitch, starting with the Lydian as D minor in the descending
form. This answen very well for a chain of Fourths up to E tlat minor,
which serves for tfaft Mizo-^dku, only the pitch is too high being in the
f~~f octave, for avenge laale Toioes wMch w€ niajr take aa now to bave
heeik baiytone. If wo acoept an /*— octave we ahall find tbe DofiMk
uf üi;^ at ihe French Diapason nomal, a minor Third too high. At tliat
pitch 18 nearer the mark. The difference from the usiial letter
notatton, a — e, is, of oonrse, a ^ole tone. By the tnmspoeitioti firom
tenor to baiytone tbe Dorian t*4mj is eqnal to onr not« the fourlh
Space of the basa def stave.
I now prefer to regard Flato'a oQfiovla aa named from melodic sya-
tems comprising rimple reciting notea roling the vöftog, melody-type or
chant, while infloctions and cadences appropriate to the Torse from a
aense of heaaty dnatered round and adomed it; <he pofioir conld not
have been nnüke the Indian EägaSj and we may anppose a aimilar ortgin
and nse for them. From the voftoi by a proeeas of evolution and de-
finition came the modes, still ^ith much freedom, iintü the mechanical
rigidity of instrumental construction, of wind instniments stopped with
finger liolcs-, and stringed irstrunu-nts witli fingerboards, forced rousical
practice into well-defined scales. As intervals in non-hannonic ecalos
and in ancicnt times there were no other — were steps, not mental re-
ferences to the analysis of common chords, tliere was a liberty of choice
comparing with that observnlilp in some East^^rn scales of tlie present
day. I \voiild insist npon the instrumental on,i:i!i of nll scales; vocal
\;[i\i8ic was at tirst inusieul spcecli — vitab'sed as ])uetry, and culminating
in the livrir wliich is pure »'inotion Imt ton indefinite for System.
Of what 1 venture to put fonvard 1 daie not assunie proof; I offer
niv sug^'cbtions for what they are Wurth. Tf tbey are sct asidc I shall be
( ontent to bave tried to solve a prubleiu as niany have done bofore me
witliout success, ])iit with the hope that 1 may have beid out a clue to-
a more fortnnate cmiuirer.
Let US tberefore ivssume tbe Doriuu and Pbrygian niodes allowed hy
Socrates to be practically the nt)tati(»n or order of simple melody typcs
with reciting notes, let us say G, for tbe Dorian answering to /leaij, and
Ay for tbe Pbrygian note at about French pitch. The Ö, would be ap-
propriate to a barytone and give the imiffeasion of manly character. The
Phrygian from the higher pitch, would be more cxciting, yet wiÜLont
passion, or this note would not be used nowadays for tbe monotone of
our Cathedral Services. Assuming the relative order indicated later by
Aristoxenus we shall find the pitcb-note of the Tense or Syntono-
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J. A. Hlpldiii, Doma «nd FluTgimn. 375
lydian kihuut b, and the Mixo-lydian c', aln^vc winch note ordinary male
voiccb could not bear a continuous strain. Tliese would be among the
tighter strung notes of the lyre; the highcst note, v^trj, in this scheme of
pitch answeiing U) d\ was rejected for vocal purposes, although usedin
tlifi ntQowftg dt iogtrnmental accompaniment The slack lower notes were
ol Msier Tocal prodnctioii for roeitiiig; aooording to Socraites fbeir eSect.
was soft and oonvivial and therefore not acceptable to the gnardians*
Tfae slaok Lydian following my scheme of pitch woold hare for a recit-
ing note the f sharp, or a note between f sharp and f natural of the
npper region of the bass clef steve: the loniani a. These wonM be for
the ^mposium, not the theatre or pnblie assembly. Snch notes were
more snited for the sged who had to resign the tones and acoents of
Tigorons manhood. It ivill 'he seen that GHancon contraste the slaok
with the tense Liydian; the one is too low, the other too high, as is also
the mixed Lydirä; I cannot say wbat oharacterised the Lydian modesi
no Iiint is given by our authorities ezcept that the Lydian was allied to
the Phrygian, although differing from it as is shown by the three-part
imfiog of Sacadas of Argos, rather than the Dorian; the Mixo-lydian
may have had certain characteristicB from both, later defined in form by
Lamprocles the Athenian, though not in pitcdbi. It is possible the high
d\ the note above the Mixo-lydian pitch note, may have h&m alluded to
by Glaueon when he- added "and such like", ref erring to another too
high mode. iJut this note as a pitch note would be extreme, not to be
maintained by :in aver.ig«' voiro for aiiy Ifngth of timf, oven with the
help of cadonces. Tt would offeiul tlie temperatd Gi'cek, oppased in bis
aesthetie nature to raanifestations of excess. The modern Upera rellects
this ?oice distribution in Plate: drlnking songs are given to the bass voice
(Der Freischütz, Hamleti, i\n>sv of manly and noble characttr to tlie
barytone, while the high tenors are the exponents of iove and grief (La
Eavorita, Trovatore, Tristan).
With Aristotle we find a dLüerence of character distinctly asserted
between the Dorian and Phrygian, the otlier scalos, he says, beini» mere
varietios of these two. The Dorian and l*hry,ü:ian together wer«' the nioun
between tensu aud slack; but it is clear from Aristutlu that they differed
in form, that is to say, in the measurement of the intervals, as might
be betwe^ a tetrachordal Dorian species carried on to the lyre trom a
fretted fingerboard instmment, and a Phrygian avhSs, a wind instmment
with lateral holes, the interrals of which woold be mainly determined by
their spucing for the conTonienoe of the tiiigei*s, On the one band we
have the eTolution of a septimal scale, the soft or fiaXoxor dtaroroPt on
the other a begpipe scale with three quarter tones, a tradition of which
is presenred in the ofiolor of Ptolemy.
Digilizod by
376 J* A. HipkiiM, Doriu md fluygian.
It is possible the diveriE^ence between Dorian and Phrygian had been
lessened in Plato's time by tlie occasioual eiuployrnent of '/.von and uvkog
together; modifications in tuning the one and by usmg Ihe lip power
whicb tbe player could call upon ivith the other, would end in a kind
of temperamflnt wbioh the dar woald aocept afi tolerable, bat hardly the
Pythagoiean tuning^ vith which the pialmLOP and OfiaUbv accordanoeft
bad no direct ralation; nor had tbe Enbannomc. Tbe Pytba^rean was
a theoretical, not emphric, non-barmonio System. Bat it niast be remem^
bered as early as Piato, Dorian avlol are mentioned as well as Phiygian
and Ljdian, and an ävlost the mvention attribated to Pronomas of
Thebes, on wbich all three modes conld be set Tbis is lioweTer, a tra-
ditaon mentioned by Pansanias. The avhog bad, in Pbito*s time, the
greater nomber of notes.
Aristotle thinks So erat es should not bare left the Pbiygian with
tbe Dorian beGause» being the same as tbe avAd^, it was neoessarily oi>-
giastic and emotional Tbe Dorian appeai s first in the archaic sacrificial
a:topd£iaa^bg based upon the soft fiolaxbr septimal Diatonic scale. By
the rejection of the characteristic septimal intervai came tbe old £n-
hamonie, witbout Die quarter Tones. Somewhere between we may place
tbe coloured cfarom&tic varieties. Let us try to elucidate this develop-
ment by presupposing a Ttavdov^aj a fingerboai'd instrament with or
witbout frets, with wliich the grasp of the band could conveniently stop
the intervai of a Fourth ; we will presently consider the smaller intervals.
The ).vQu woiild pain pre-eniinonco ovcr this carly Pandoura by its
greater power, as in Hellas music was an open-ai!' art. With the ?.VQa
the reciting note, eventually called iitui^, m the middle note of a mode
or scale, was taken as the measure of a Fourth: it was twanged by the
thumb of tlie riplit hand: tbo next lower note, lixavog^ was twanged by
the index, the fore-tinger, wliich deterniined the Diatonic, Chromatic, or
Enharmonic species. This was the true Hellenic. The i(v).öi;, of neaiiy
equal authority, waö derived from Asia Minor. The note of the pipe
itself does not appear in early days to have beeii uaed; it may have been
false in relation to tlie finger-hole series. but tbo six holes bad national,
modal names attributed tu them which gave iu succession uotes in somethiiig
like bagpipe order; the characteristic intervai being a Third which is
neuter, neither major nor minor I do not assert that Egyptian or
Babylonian pecuüarilies of scale were directly transferred to Greece, bat
the bolo-boring of pipes is likely to prodaee reeolts everywhere the same
or nearly resembling. Tbe differenoe between Xv^a and avXbg may belp
1) **Becftereh€s sur l Hiatoire de la gamme Arahe", J. P. Land, Leyden, 1884,
p. oa *^LeB fläte» (Pfd Fanb^ the ««iRMto** of Zakal.
. ij i^od by Google
J. A. iffipkins, Boiian «id PlniygMiu
377
11!; to coniprehend the disünctiou drawn by Aristotle between Borian
With Aristoxenus we are near the end of the great classic period;
the ^rale-building principle theoretieally, if not practically. advaiK-ed. His
knuwle(ige was in advance of bis time, and bis propiietic gaze, in the
twelve-note scale of equal intervals, illuminated the bed-rock upou which
.1. S. Bach built. But the exact raeasures of the concurrent niusical
Systems were not then uccuratcly derined. He says, "Musicians ai range
their keys very much as the different cities regulate the days of their
rnonth", that is to >ay differently; and he gives two scales, one of which
apjicars to lu' u Lym scale -vvitli an Aulos note added; the other is cer-
tainlv an Aulos scale iLivin'' no relation to anv Lvre seale wbatever.
The tirst is Diatonic, with tones and semitones which a])pcar to bc Py-
thagorean. Following tlie text as given by Monro, the Hypo-dorian is
a tone below the Dorian and the Phrygian a tone above it. The Lydian
is again a tone above the Phrygian. The Mixo-lydian is unexpectedly
inserted between the Hypo-dorian and the Dori&Q. Finally an Aulos
note, of ]Ater mtroduction, the Hypo-phrygian is placed lowest If it
were not for the Mixo-lydian tins System woold be a simple one of five
notes ascendingi Ttaffvmaxr^j kixavog, ^iar^^ ftaffaiuarj^ and r^/rr;. Bvt
even Monxo has not sncoeeded in expkdning the introsion of the Mixo*
lydiaa-note. The later Hypo-dorian had not as yet appeared with either
AnloB or Lyre. About the second System there can be no doabt, tiie
national names of the reciting notes follow the holes of the Aulos, then
rix in nnmber for the six available fingers; thns, and in ascending order,
Hypo-phrygian, a Y4-tone inter?al, Hypo-dorian, another y^-tone^ Dorian,
a whole tone, Phrygian, another '/4-tone, Lydian, agam a y^-Um» Mixo-
lydian; eqnivalent in their Order, bnt not in measure to TtaQvnaTtif
AiXa*^» 1*^1 ftoffaftiai^j tqItiij and sruQavijTrj. «^ti^, as already said,
was not recofl^used as a TOcal note. Accommodating this Aulos System
to Ptolemy*s o/<aAoV, and adopting A = 432 as an eader nnmber for
simple oalcolation ihan A 436, we may adopt this Vibration number for
the reciting note of the Phrygian scale.
For the aMg:
Hypo- Hypo- Mixo- Un-
UaoMd phrygian dorian Doriaa Phrygian Lydian lydian nsed
yib.(288) 324 358.5 368.8 432 471.3 618.4 676
Eq. Sem. 2.04 1.51 1.65 1.82 1.51 1.65 1.82
For the XvQa:
Taken as theoretieally Pythagorean and transposing Mixo-lydian
ifinaßoliq) which Westphal's emendation of the text permits:
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378
J. A. HipkuM» Doffiui and PhrygiaiL
vnüii; fta^nänf XlxaPÖg fiiat} TVagaftiarj r^/rij^Mixo-lydian;
y. 288 303.4 341.3 384 432 4&&1 512
SiS. 0.90 2.04 2.04 2.04 0.90 2.04
It is clear, liowever, when Aristoxcnus taught, the Pj-thagoreaii
öiaiovov rnviaiov had not attained to general use; long after, indeed
as late as Ptolemy, the soft Diatonic was the favourite System, at least
for the lower Tetrachord of the Lyre.
In soft Diatonic the Y niunbers would be: —
288 303.1 329.1 384 432 454.7 493.7 576
£.a 0.90 1.41 2.67 2.04 0.90 1.41 2.67
^ftb and vnekif conld only be med sTstenifttically when a Pythagorean
whole Tone and Semitone were adcnowledged and observed, baaishing
from use qoarter and three-qaarter tones. Mcdnlation oould <mlj then
beoome syrtematicallj posrible, irith the chain of FonrCbs wbioh reaulted
in the brehe semitone cyde attxibnted to Aiifltozenna — tlie Eqnal Tem-
perament Obromatio Octave. Here Aristoxenns, I irill repeat« oonld only
bebold the promised kad from afar.
The DiatoniC'Scale had in the oldest tradition the firat place, and in
the 80-caUed Instramental Notation the nnmodified letters are those from
wbioh, by change of position, the Enharmonic and Ofaromatic notes are
defined. I do not limit the Diatonic genas to vhole Tones and Idftfiota —
such a definition is inadäquate to represent an Order of notes that being
neither Gbromatic, nor Enharmonic, if not preceding the one and the
other as we have reason to believe it did, was at least of äqual antiquity.
"We have no distinguishing name for an order govemed hy the whole or
the % septinial Tone, but Diatonic. Let us first consider the attovdti-
uaiiog^ the Libation vo^iog^ whicb from its sacred character was long
preserved unaltered. We must go back to the finperboard of the Pan-
doura to cxplain it; the L^to cmmot. Marking a fret at ^ tlie len^th
of tlio striiig aiul pressing upon it whilc twuiiging the loiii^er secti(in, pro-
duces tlie interval of a Fourth, K. Ö. 4. US. Then halving the distance
between tliis fret and the nut or capotasto, the ncw fn t will give the
septimal whole tone % = E. S. 2.31. Hahnnjj this aprain wo should tind
the Diatonic Semitone E. S. 1.12, jJut an early scheine seems to
have been adopted resembJinp: that of the Tanbour ol Bagdad i) by which
the string was divided into 41 > e(|iial paits, 10 of which were within the
interval of the Fourth and convenient iinis]) of the band. We have now
the foUüwing available intervals, •^''/lo, tlie Fourth V4 = E. S. 4.98. From
1) J. F. N. Land, JMMVte» mr rkktowt de In Gamum AnOef p. 79.
Digilizod by C«.
I
J. Hipkilia, Dorum aad Pbi7guuD. 379
the nut = ^Vjo E- S. 0.90, tlie Pythagorean lüuua, or remainder
when the Ditone has been found^ ^y^Q = »/,o E. S. 1.82, the minor whole
Tone, and 40 = Vs S. 2.31, the septimal whole Tone. The Greeks
"went 110 fiirther than this halving and quartering expedient, their soft
Diatomc 01 uaJMAov. In this way WestphaTs diaTovov uaka/.i/v or
cirov6eiaafibs ia easy U> explain
E F Fi(*2) (G) A
diiaatg 2 6 10
Or on the fingerboard:
£.S. 0 0.90 2.31 ' 4.98
Extendiog tius to a fire-note Bcale we might oompare it with a za-
tionaliaed Javaneae *'Salendro*'>).
E. S. 0 2.31 4.98 7.02 9.69 12.00
Katios Vg »A Vi Vi Vi
PtoIemy*8 iiOTovov /iaXaxbv is this septunal soale reTaned, tbe »
to f!i* hesng tbe ratio V? =E. S. 2.67 in order to inclnde the Minor
whole Tone Vit or E. S. 1.82. The septimal ^B^og or ehaiacter ja im-
altered. As late as Ptolemy the didioinnf fioXmiov was the prevailing
Scale with the Lyre and larger Cithara, or it was mixed with the Teose
Chromatic, XQ^^^ ai^ywovov, in the npper tetrachord. MonrO| p. 85»
giTes these scalee with some differenoes for which Ptolemy is responuble)
but there can be no donbt about the general principle.
The Chromatic Scale was also evoked from this fretted schcmc, trans-
ferred, liko the Diatonic, to the L}Te. Our authoritios are late, hat have
the wcipflit of tradition in their favonr. Archytas, tlic tcaclicr of Plato,
accordiiig to Ptolemy, divides for his chromatic ^imvor the Pythagorean
whole Tone E. S. 2.U4, }>ut Eratosthenes, circa 240 B. C, is more
accurate in dividin^ the jiiinur whole Tone E. S. the ■^« 40. Ptolemy
himself, in the second Century A. D., divides E. 8. 1.82 for his XQÜtina
^tuku/.üv,, Ptolemy 'b /^a>/<(f ovrTotmv dividing the septimal whole Tone
E. S. 2.31 I should call a Diatuuic scale. The Cliromatic appears to have
been restricted in use compaied with the Enharmonic; tHe yQiTjua hjuö-
/uoy aiid /.Qöiua ftaXa/.or, as usually given, seem to be f?eometrical
Variante approaching the Enharmonic; I cannot offer an explauation for
them, but I have shown them with the Enhai'monic and diccTovov fiakaY.bv
1] Die Musik des griechischen Altertums. Iteipag 1883, p. 38.
2; Fj* represents F raised a ^'4 Tone.
3; A. J. Ellis on tbe Musical Scales, etc., Journal ol' the Society of Arts, 27t>>
Jtluch, 1885, p. 510.
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360
J. A. Hipkiiii, Domn «ad Phrygian.
on four pianos tiined undcr my direction in a Lecture given by
C. F. Abdy Williams at the Royal Academy of'Music, on the 27'^ of
February, 1895. The Impression upon tlie audience was certainly favour-
able, especially wben tlio scales were heard in descending order. The
basis of the tuning was Equal Temperament %Yhich Aristoxenus might
have approved of; the width of the intervals being detenuined by Fourths
and Fifths and with Tuning Forks four vibrations a second apart, of
which I have complete sota. Thns that which Westphal [p. 32) deemed
not possible was easüy made understandable.
Adopting E. S. 1,82 — 3"/4o as the width of the Ghromatic nwvor we
may foUow our fingerboard in forther diWding at =>V4o> finding Tra^
n&tri at E. 8. 0.90, leaving out the IHatonic U%otv6$ E. S. 2.31 alto-
gether.
The Enharmonic Seale was, acoording to tradition, fiist disooTered
hy this Omission of the Diatonie Ux^vög^ hnt the transference of lt%avhg
to the semitone R 8. 0.90, and by a forther hieection nv^nAtti on the
>*/40 fret, came early into general and much admired use. The Enhaz^
monic ttvxvbv of ErotosÜienes was E. 8. 0.44 and 0.46. An alternative
bisection of the £. S. 1.12 Semitone, which was the oinpiric linger stopiung
withont frets, would give for quarter tones E. S. 0.&5 aod 0.57.
Both the Instrumental and Vocal Notations were contrived to re-
present the three genera, the Diatonic, Ghromatie, and Enharmonic. They
could not be sung or shown on my instrument and most be aocepted
as a rational endearomr to provide for all tran^iositions, the notations
being elastic in their application. For instance no difference is shown
between ).ixa%>og ^iaKa%uiv and '/uxavbg aifvroviov of the Diatonic genus,
or 1)etween the charactcristic notes of the L}Te and Anlos. The so-called
Instrumental is noted in an asceuding order; the so-called Vocal, a des-
cending one. It seems more likcly both these Notations were originally
of vocal Intention, to j)ronipt the note suited to the words. Neither can
have beeu older than the classic periotl becanse of the inclusion of
sTooakaußavö^ttvo^ and the clear exhibition of the Greater Perfect System,
which points to a late invention. That aichaic characters were used
proves nothin|T. It is most Ukely the v.Qovaig was an ex tempore ac^om-
paniment with miprovised interludes. To note it down implies a ])rogi ess
in instrumental Performance by which it obtained ccrtain rights in re-
lation to the vocal. The h'ruc/yjudi^ or nine-stringt. tl Lyre is iudicated
by the Vocal lettering, bat unless tliere were means of stopping the
Lyre to shorteu the strings, it fai- exceeds the capacity of the Instru-
ment to render it without setting the tuning for the genus or mode
required.
An all-important qnestion is that of the tuning. Only the Pythagoreaa
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J. A. Hipkiim, JDorun and Fliiygiaa.
381
System couW be tuned throughout by Fourths and Fifths, and tbis
facility in practioe mmt have led to its final general adoptiün; but not
until the old Greek love of quarter aud three-quarter tones liad died
out. These irreguhii iiitcrvals could only be tuned from frotted finger-
boai'd iustruments, or a monochord, an inconvenient aid to stringed in-
struments, whicb besides could never have stayed long in tune. Habit
and a fine sense of Hearing would provide, in practice, a tuning that would
satiafy the player, the poet aud ihe audience, but tha accuracy of the
intemb of the raoTable BOtee would not be more aure tfaan what we
get from Asiatic mualdans nowadays. And the o^Jloff, whicb was piohably
defined by Ftolemy's öitalov^ wouM raiely be blown true. How nearly
stiüig and wind became recondled by the Greeks we bare no means of
knowingt They are veiy near in onr modern perfonuancee, bat the
wind band of a Wagner Opera» especially the hurge instnunents, will
show the difficulty of a problem in which heat plays a prominent pari
The a^Xbg would be rarely in tune with the I6(fa unless it were by ao-
ddent, and neither would coincide fanlüessly with the ratios of the
Arithmeticians.
The recognition of the whole Tone £. S. 2.04 between the Fourth
and Fifth became important for the systematisation of Greek music.
As the DisjunctiTe Tone, «nployed to recast the Iklixo-lydian Mode or
to introduce v/reQVTtaTt^ or 7f(fooXaf4ßav6ftBvog, it brought about Octave
Bcales and with them a conception of keys and tonality essential for a
coraplete musical System.
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382
Oscar CiutoMttif Francesco da Milano.
Fraacesco da Milauo
liutiflta della prima meta del secolo XYP.
Genno storioo-oritioo
di
Oscar Chilesotti
(BaaMno-Yicaua).
Di Francesco Milanose scarsissime notizie ci offrono i dizionari hio-
gralici. II F<itis, per eseiiipio, ci dice solo clie Francesco, della lamiglia
(lei Navizziani, fu orgaiiista e liuti.sta ctdebre nella prima mctü del secolo
XVI e che «indipendentemente dal suo rare talento nella musica egli
possedeva quello della poesia». Gita quindi due opere>), nelle quali si
trovano Tent di Francesco da Müano. Per la musica da Ini pnbblicat»
siriferisce alDoni ed al Piccinelli, che ricordano il primolibro
della Intabolatura di organo, d'ignota edisione, e la IfUabolatura di Uuio
edita a HUano nel 1540, libri •devmus de la plus tfrande rareM*,
Aggiuuge poi il titolo di varie raccolte che, secondo il oostuine dell* epoca,
ri|nx>ducevaiio le compoaizioiii dei liutisti piü famosi, fra i quaU spicca
principalmente il nome di Francesco da BCilano. CSrca Tanne di sua
nascita e l'anno della morte nulla sappiamo; unioo dato che nella bio-
grafia oompOata dal F^tis conceme il mudcista si h che verso il 1&90
egli era addetto alla cattedrale di Milano come organista.
Qualdie congettura suiretii del nostro musicista possiamo derivare da
quanto trascrivc il Bertolotti^) da documenti dell'Archivio Gonzaga:
«Francesco da Milano h ricordato con Marchetto, Testagrossa e
Bnssetto, cantori, che nel 1510 erano ritomati da Yenezia, ovo aveyano
procnrato di render meno triste la prigionia al loro si-^rnore Francesco
Gonzaga». Se in quel tempo il Milancse era tanto abile ueir arte sua da
figurare presso il Duca di Mantova nella qualitä di liutista o di cantore,
non v'ha dubbio che egli doveva essere presso ai venti anni di eü\, sicchö
non saremo lungi dal vero calcolando che nacque poco appresso il 1490.
Breve cenno, a grande distau2a di tempo, raccogliamo poi da Cosimo
11 // qnarto Ithro drllc Hime di (lirerifi, Bolojrna , 1531, e Tnvpin d/Ifa dirina
atgitora dontui Qwramia ä Aragona 'fabbricato da tiäti i piü gentilt spiriti, Yenezia,
1634.
8) La Muaw$ in Mmtopa^ MUmo, BiotHrdL
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Otou: ChilesotU, franceaco da Milaao.
383
Bartoli*), il quäle affenna che Francesco, nel Huto eocellentissimo, fu
altresl eccellente nel xmmsggiare Im liola, sebbene in questa cedesse &L
Siciliftno (?), mswme col cpiate stette al serncio del Oardinale ippolito
de* Medici'}. Ippolito de* Medidf eletto cardinale nel 1629, morl nel
1535 ; peraö le parole del BartoH liMiciano rappone inesatto dö che
xileEisoe 11 dica l'iiiEido di SVanoesoo nella oattedrale di Milano
qnale suonatore d'organo, a memo die Tartieta non fosse passato in qnel
tomo di tempo preeso il Oaidinale de' Medid a dar prova piü spiccata
del Stto geoio nmdcalei esnberante sotto tanti aspetü, in im centro arttstioo
di maggiore importaiiza.
Oirca reBecndone snlla Tiola sapptamo dal Bart o Ii che lo stromento
d prestava agli effetti piü yait:
cLa priucijjal lode dei Siciliauo era uua uuruüüe agilit^ e uua fina arte
di nnini masaime con vno atniinento di tasti, laddore Alessandro Strigia
da MantoTtt) non meno celebn» ndla viola e compontore vdentissimo, segna^
lavasi sopra tutto per la maestria di farvi aentire qnattro partt a nn tratto
«on tanta l«ggiadri» che facea siupire.»')
Ma Francesco da Milano riescl pinttosto eccellente nel liuto. Ohe la
xinomanza dd liiiti§ta allora fosse gxande ce lo i»OTa il Marco lini che,
dedicando ai «Miidd» il sno primo libro d^Intaindahara di laulo (1536),
dioeva schiettamente che nella nuova <etä .... piü oulta .... Jusquino,
il Conte Gianmaria Giudeo, il Testagrossa, Taddeo Fisano, e dmili
di cosl fatta scuola, avevano scemato la fama del nome; onde le cose
pubblicate dal Petrucci erano poste da parte come composi/iuiu
lodate giä>. Onnai soltanto <Ia soavitä del concento che partoriva il
liuto tocco dalle divine dita di Francesco Milanese, d'AIberto di Man-
tova, e di Marco dall' Aquila, con il fard sentir ne ranima, rubara
i sensi di chi Tascoltava».
Allora irifatti conunciava a dclinetursi il carattere deirarte italiana
che aperse e preparö la via alla «nuova pratica» '^fontevcrde) del secolo
seguente, cioö al dominio della molodia. Le arie popolari, che si esplicavano
specialmfnte nelle villanelle, neile napolitane c ndlc dan/e, prcsero tanta
voga che anche i luadrigali dovcttcro spo^^liarsi dei soliti artihzi cd assu-
mere forma piü spicjliata e melodiosa. Xe veimo di conseguenza la necessitä
di un accompagnarnento arinoiiico per mozzo dv\ qiiale si definisse chiaro
il concetto melodico. Tl sentiaiouto artistico s imixincva adunque a poco
a poco sulle vane elucubrazioni scolasticbe. JJell'importanza di tale
ly liagioncmunti Aceadameit .IHo; Venena, apfMresso franoMOO de' Franoeadii
Senese, 1667.
8) Oanal, Omrtaxiiom «d aggiuni^ tU FUtt^ Axt IH«.
3) Op. eit
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384
Omwt Chileaotti, Francesco da Müauo.
molimone fu ooiucio f rancesco da Milano, pel quäle Tarte, coma dice
con fraae feUcisaiina fl Marcolini, amy6 a farsi sentire ne ranima.
Eblii oocanone di trascriTere in notasione modema moltissmie oom-
posizioni e lidimoni per liato diFranoeaco Mlaneee dal aao pnmo libro
d^intavolatnra» edito a Yenezia dal Gardane nel 1646 >), riatampato nel
1663 dallo Sootto con VAffiorUa nova di qtu^tro Reeareari^\ dal teno
libro d^intavolatura di Francesco Milanese e Perino FiorenUno,
Gkurdane 1547'); dal libro ottavo d*intavolattiradiFietro Paolo Borrono,
Scoto, 1518^); e dal primo libro d^intavolatora di Joanne Matelart,
Roma, Yalerio Dorico, 1669 >).
Fra tutte queste muBiche soltanto l'intaTolatora del Matelart preeenta
una dedica, insignificante pero; le altre mancano ancbe di pzefazione,
sieche h tolta la possibilitä di desuriH rc dairedizione an dato qualunqne
sulla Tita dell'autore o sui suoi intcndimenü artisticL Tnitavia nel caso
di Francesco da Milano e di cht raccolse saggi delle sue sonate per liuto
possiamo inferirne nuova prova che il musicista ver^o la meta del secolo
XVl" era tanto celebre da rendere itmtile che le sue opere fossero
appoggiate al nome protettore di (^ualche grande per avere (juella diffu-
sione che rcditoro si ripromettcva, mentrc i virtuosi ben sapevano di
quäle gusto tinissimo fos'^o fU>t;ttü il compositore.
Questi iiifatti si att lu empre alle fonue piü nobili e pure dell arte,
sia abbaiulonandosi u Kaiitasic oriffinali, molto spesso costitiiite neirinizio
da canoni alla quarta, alla (luinta od all ottava, che si svolgono poi con
pensiero assai libero; sia ispirandusi suirintreccio di una canzone, della
quäle tratta qualche punto pifi caratteristico iiello stilo poiifonico allora
in moda, ma pure con mirabih' cliiarezza di concettu. Tiii sevcro si mostra
nei Ricercari, dei quali non saprei se meglio lodare la semplicitä o la
dolcezza.
1) Intal'oldfuni i!r Unln ili Prnnrpsco da Milano riiyrametite rÜUnnpata lÄbn
prinw. In Venetia, Apresso di Antonio Gardane, MDXXXXVI.
2, La IniaJbolaiura de lauto {/»Francesco da Milano con la Canxon de Ii ücceUi,
la BaUtfflia franeue et cUtre eo$e come neUa tavoUi nel fm apart. Novaynente ristant-
paki. Libro primo. In Vinc^na aj)jirefMO Qyrolamo Sootto, 1Ö63.
3) fiüahofaUtra di hixfo -Ii M. Kranfcsco Milanese rf ^f. Perino Fioren-
tino Swj DisfipnJo Di Rrccrmk Madn'i/nli <L- Canxone Framese Sfnimnnf'^ I\i.<iam'
pata d> corretta. Libro Icrxv. In Veuetia Apresso di Antonio Gardane, ALÜXL.V11.
4) Iniavolaiura di kuäo deWeecdlente Pietro Paolo Borrono di Milano, nuo»
vammU posta in lucc. et con ogiii diligentia correUa, (^nera pcrfettisaima topra qualun-
qtir aKrrr iufarnlafnrn rhr da </tm indietro $ia ttantpaia. Libfo oUtuo. Yenetüa apud
Hieroiiymura Scotum, MDKLYIII.
5) LUacolalura de leuto de Joanne Matelart Fiammgo musico, Lütro primo
novament« da lui eon^otio inkdndato 4^ comMo A poeto in fuee; in Roma, Per Ysltrio
Dorico, MDLDL
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Oscar Chüesotti, Francesco da Milano.
385
fVaoeesco si rese inoltre beoemerito della ciütiira musicale come tra*
Bcrittore: tra i piinuasiim Tero diffnae in Italia la oonosoeuEa delle Oan-
zoni firancesi^ cbe, col loro movimento ritmico piü spigliato ed arioso,
Gol loro Gompleaso aimomco piü sempliee e piü sdiietto di qiianto appariva
nel l^idrigale italiano, concorsero efficacemente a detenninare quel prin-
dpio di evoluzioiie che diede origine all'arte modern :i.
Giä fioo dal 1536 Francesco IVIilaaese aveva intavolato con una sicu-
rezza maravigliosa la Battagüa francese e la Camume degH Uccelli di
Janequin, per le quali ogni liutista ebbe campo Ji dimostrare taute la
perizia deiresecuiore nell'interprotarc con garbo sullo stromento Tintreccio
della polifonia vocale, quanto l estro del musicista neirispirai*si a qualche
brano delle Canzoni per creare una Fantasia, o man;ari im\in'a di danna.
La Baftnglin frnnrrsp^ specialmoiite. da allora fu svolta sul liuto nei suoi
luotivi duminanti appar^ndo sotto le forme ]>iü varie, per csempio di Pass'e
mezzo, di Saltarello, di C'liiarenzana, acc; di tali forine, alcune, al giomo
d'oggij ci sembreranno barocche od ancbe grottesche addirittura —
Jiilio Cesare Barbctta Padovano, 1559, invece^) seppe inventare,
con diminuzioni flionture) a})])rupriate allo stroniento, un Pass'e ni&txo
sopra la liuttaijlm che si mantieue sempre elegante e grazioso').
Arie di danxa pert) non troviamo nelle intavolature del nostro Fran-
cesco; ciocch^, se dinot^i che il compositore non volle mai abbandonare
le regioni pifi eccelse deU'arto, dal nostro puntu di vista h dcplorcvole,
mentre sarebbe üiieressantissimo per uoi vederc accettate Ja un musicista
cosl perfetto queste manifestazioni del genio popolare che tanto induirono
per s^iluppare sovrana la melodia dalle composizioni polifonicbe.
.Per questo fofse di Francesco daMilaiio, che i contemporaiiei quali-
ficaroDo il diTino, oggi b spento il licordo. Koi lo possiamo caloolare
Tiütmio dei grandi liutisti clasdcL Amniiieremo le sue composiziotti a
titolo di curiositi^ pei^d da nno stromento cosi imperfetto come il liuto
egli riuscl a trarre il massimo effetto, mostrandosi passionato, nello stile
dell*epoca bensl^ ma senza i giochi artifiziosi della scuola fiammioga.
Depo di lui, nella seconda metli del Cinquecento, i liutisti spiegarono
tutfco U brio possibile nei Paas^e mexxiy nelle Ftidovanet nei SaÜweüi, forme
rudimentali della odiema sonata. Le loro opere, piü in aocordo coll*arte
nostra, ci appaiono miracoli di grazia, di spontaneitä, di freachezza; ma
Francesco da Müano si era necessariamente attenuto alle dottrine della
1) Ne rironln qualche saggio molto s[>icoato nelle intavolature di Marcantonio
Del Fifaro Bolugnese, 1Ö46, c di Melchioro de Barberis Fadovanu, 1549.
2) U pnmo libro dtlPimtamiktturu de luUo cfe ittlio oesare barbetta padovano,
Isi Yinegia, appresso Giroluno Scotto MDLIX.
8) Gfr. i midi Liuti*ti dd Cinqueemio a pag. 72^75.
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386
Oscar Chilesotti, Francesco da MOiBO.
serera BcolaBtioa impostari nei primordl del seoolo. Egli tattam n giorö
dei mem che tali dottrine gli concederaiio "»TramiA an alto ideale, in
modo che la raa arte paxla^ al Bentimento, merito di cni pnö andaie
saperbo fl rnnmcxsta di quaitinque epooa e di qnalnnqne acuola.
Ho pfabblicato coaqKMinoiii e ridnzioiii per liuto di Franoeeoo da
Mflano negli scritti:
Saggio sulla melodiu populäre dcl Cinquecento (Milano, Ricordij,
LkUuH del einqueemto (Lipsia, Breiticopf & Blrtelj,
JVbfe ewm aleuni IkaitH üaÜtmi deüa prima meld <isl ümqmemito (Tormo,
Bocoa, 1902),
Les chansons fran^iaes du XVI* siede en Italie nella «Revue d^histoire
et de critique miwcale8> del febbraio 1902 (Paris, Weiter).
Ne presento oggi qualche nuoTO saggio tratto daUe intavolatare piü
indietio dtate.
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Oswr GhileMUi, Fnnoeueo d» Milmo.
i. Fantasia di Franceseo da Milano.
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Omr CBrileiotti, WnmmM d» Mümui.
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S. Fantasift di Franoeseo da Milano.
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Otear OhilaMtti, F^wbmmo dft NUtiio.
8. «Fortune alors»
C&nzone francese IntaTolata da Francesco Milanese.
(wa bit«r»l»tw* M iM«.)
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4. «Beyeilles moj»
Gansone francese intaTolata da Franceseo Müanese.
(D»ir Int»ToUtar» del 1646.)
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OncAT Chüeaoiti, Francesco d* Milano
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Omv (MMOtd, FranoMOo da MiUao.
5. Fantasia di Franceseo Milanese.
(OAir IntAvolatur» di F. da MiUno
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Oaoar GhÜMotti, FnuiMMo d» Milano.
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6. Faatosia dü Francesco Siilanese.
(IMV iBtMroütura di F. d* Mi Uno
• FariBO Fivrvatino, 1647.)
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394
Oscar Chiletotti, FruiOMOO da Milan«
7. Fantasia di Franeesoo MiUnese.
(Dair IntoTolalBradl XIUm
• PaviBo Vlormitiao, 1547.)
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Oscar ChileioUi, France»ou d» Milaoo
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8. Faatasia di FraneeeMO da MilaiUK
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FaniasU di Frane6Beo da Milano.
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Omit OhilMoMi, FruM6Mo dft MJIaso
iO. Fantasia di M. Franeeseo MUaaeae la sexta.
(DftIP ZatawlAtuf* 4*1 lUUUrt.)
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Omw Chilatotti, PnuuMMo da Milaao.
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0»car Chile«oiti, Francesco da Milano.
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404
AUred Heuß, Die venetiwiiscben Opern-Sinfouiea.
Die venetianischen Opern-Slnfoiüeii.
Ton
Alfred HeuO.
(Leipzig.;
Einleitung.
Vorliegende Arbeit liat als direkte Fortsetsung der Abbandlang über
die Lifltnimental-Stiicke des »Orfeo« zu gelten, die mit dem Hinweise
sddoß, daß in allererster Linie die venetianiscLen Opern-Komponisten
als die wahren Schüler MonteTerdi*8 zu gelten hätten, die sich dann hald
in selbständiger Weise aach neue Ausblicke zu verschaffen wußten. Dies
führt dann vorliegende Studie näher aus, weshalb ein Teil derselben ans-
schließlich der Betrachtung der venetianischen Opern-Sinfonien gewidmet
ist und den Versuch macht, in zusammenhängender Form ein deutliches
Bild vom Verlauf und dem Wesen dieser Instrumental-Gattung zu geben'}.
Doch glaubte dieArheit hieiLci nicht stehen bleiben zu dürfen, sondern
die in dem früheren Aufsatze aufgestellte Behauptung beweisen zu müssen,
daß vom Entstehen der Oper an die Geschichte der reinen Instrumental-
Musik nicht mehr von der der Oper getrennt werden dürfe, weil die Be-
ziehungen her- und liiniiher gingen, und daß es im 17. Jahrhundert die
Instrumental-Musik sei, weiche von der Oper empfangt\
Dioser Umstand ist von den Historikern, welche über Geschichte und
Wesen der Instrumental-Musik schrieben, entwotlcr gar nicht oder viel
zu wenig herücksichti;j;t worden, ohjErhich er t inc Grundfrage des ge-
schichtlichen und ;i>thetisc}ien Vci h«t:ui(lnisses der instnimental-Musik
sowohl dieser als Jrr sj^ätcrcn Zeiten bedeutet. Die Veniachlässigung
dieses Grsichtspunktes hat vielmehr zu der Annahme der Existenz einer
»absoluten' Kunst, der »absoluten« Instrumental-Musik geführt, eine
Ansicht, die wohl nicht so leicht aufgekommen wäre, hiittu man sich bei
Betrachtung der Instrumen' l-Musik vor Augen gehalten, daß diese zu
aiieu Zeiten von außerhalb liu ur Sphäre liegenden Ideen beeiuiluüt worden
1) Saiumc'lbäudc- der LMü. IV, 2.
Auf den Stoff hat mich Herr Ftof* Kretzsehmar anfinerkaam gemaeht, der
wir auch freundlichst sein großes Material an Tenetianischen Opern-Biitfiiitien /uv Y(t-
fugung stellte. Kretzschmar ist der erste, der auf diese SiiifniiiL-n wiederholt liinpe-
wiescn und einen Jiegriß" ihres Wcen? iff>i>-e)>en hat. (Führer durch den Konzertsaal I,
und »Die Veuetiauische Oper und die Werke Oavalirs und Cesti's« in der Viorteijahrs-
adirift (Br ICwtkwisMiuchaft VIIL)
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Alfred fleuß, Die TeneÜuuMhen Opero-SiofonieiL
405
ist, die nun alisolut iiicLt nur von der ( )j)er lierziirühren brauchen: das
gesamte geistige Lelien in seinen niannigfaehsten Al)stufungon, und zwar
gerade soweit die Instrumental-Konijjonistcu vun ihm berührt werden, ist
bei dem Zustandekommen von Instrumental-Musik niittätig, sozusagen ihr
geistiger Taufpate. Die Frage in ihrer ganzen Tragweite und Bedeutung
geht uns hier nichts an, indem ein Abschnitt der vorliegenden Arbeit
einzig die Untersuchung vornimmt, ob undinwiefein im 17. Jahrhundert die
reine !biBtnimental-Musik Ton der Oper, und zwar speziell von denvenetiaoi-
soheik C^m-SinfoiiieQ beeinflnBt worden ist; gelingt dies dar Studie, so
hofft sie damit auch onen Beitrag zur Geschichte der Instnmijental'MusÜc
geliefert zu haben, während die übrige Behandlung des Stoffes als zur
renetianischen Oper gehörig zu betrachten ist
L fiesehiehte und Wesen der TeBetianisclieft Opern-Sinfonien.
Die Komponisten der venetianischen Schule sollten auch in instrumen-
taler Hinsicht das kostbare Erbe Monteverdi's übernehmen, verwalten und
nach mancher Seite hin erweitem. Zwar ist ihre Stellung zur Instrumental-
Musik, was gleich Anfangs betont werden muß, eine andere, als wie wir
sie bei Monteverdt in seinem »Orfeoc kennen gelernt haben; aber rie ist
auch eine andere, als Monteverdi sie selbst in seinen letzten Werken
eingenommen hatte. Gerade in der ersten Zeit der Tenetianischen Oper
sieht man, daß die Komponisten sich in instrumentaler Hinsicht eher an
den »Orfeo« anschlössen als an die instrumentalkärgliche und einsilbige
»Incoronazione«; denn in dieser Zeit trifft man innerhalb der Oper noch
häufig selbständige Instrumental-Stacke und swar gerade zur Veranschan-
lichung der Situation, was deutlich die Kenntnis und das Studium des
»Orfeo« Ton Seiten der venetianischen Komponisten zu beweisen scheint
Beispiele solcher Situations-Musik sind bereits von Kretzschmar gegeben
worden, und als bekannteste sind Oavalli's Sinfoma ndwofe') in der
»Didone«, die Smfonia iafemak'') und die*C%MiiiiaAi*) in »nozae di Teti
e di Peleo« zu nennen. Allerdings konzentriert sich der Anteil der selb-
ständigen Instrumental-Musik in der weiteren Ehitwickelung der venetiani-
schen Oper immer mehr auf die Smfoma am Eingang der Oper und zwa^
so, daß sie gewöhnlich vor den Prolog zu stehen kommt, der um diese
Zeit noch üblich ist* Vor 1660 kommt es bekanntlich noch öfters vor,
daß die Sinfonie bei einer Oper fehlt; von draser Zeit an wird sie aber
kaum mehr weggelassen.
Das Seltenerwerden von selbständigen Instrumental-Stiicken inneEfaalb
1) Die venetianiache Op^r und die "Werke Cavalli'a und Ceati'a. Vierteljahrsachrift
ftr MnBikwitBenschift VIU, Seite 44.
2 A. a. 0., Seite 38.
3) A. a. 0., Seite Sa.
37»
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406
Alfred Heuß, Die veaetianitchen Opero^äinfonieu.
der Oper hängt woU xnit der innereD Entwickelung der TenettaaiBclieii
Oper zdsammeii und erklärt ach aoB dem gleichen Gnradei aus welcfaeia
axush der Chor fiel: nur die monodische Kunst war modern, sie war es,
die das Hauptinteresse Terschlang. Hieraus erkUurt es sich dann wohl,
daß innerhalb des I>ramas seihst an Stellen, an welchen Instnuaental-
Stfieke zur Terdeutlichung der Situation gut passen würden, ja direkt
wQnsdienswert wlLren, toh soldien kein Gehraudi gemacht wird. Man
sieht diesen Umschwung (immer im Vergleich mit dem »Orfeo«) auch in
der Behandlung der Bitomelle: Bei Montererdi waren es gans selbständige
Stttcke, die, zu einem beetimmten Gesänge gehörend, durchwegs die
Stimmung auf eigene selbständige Wdse, d. h. mit neuen instrumentalen
Miltilii >\ iederzugeben versucht hatten. Bei den Venetianem tun de
dies teilweise in der Anfangszeit auch noch, aber bald werden sie immer
mehr und mehr zu einem auf Instrumente übertragenen Vokalsatze de-
gradiert, wuchsen also auch nicht aus wirklick instrumentalem Boden
hervor. So ist es denn baJd in erster Linie die Eingangs-Sinfonie,
auf welche das Hauptgewicht des instrumentalen Schaffens fällt. Hier
zeigen aber die Komponisten hinreichend, daß sie mit der Instrumental-
Mnsik umzugehen wußten. Denn das Urteil über diese Sinfonien ist,
was schon vor ihrer Resprecliung gesagt werden mag, ein sehr giinstigesj
auch nur halbwegs mittelmiilJige Musik bietet koino dieser Sinfonien.
Man merkt bald, daß man es bei ihren Kompunibten mit Persönlich-
keiten zu tun liat. Und allerdings, das Opern- Schreiben war schon
damals kein Spaß, vielleicht noch weniger als heute; denn wenn man
sich die starke Fruchtbarkeit des 17. .lahrhunderts in Italien vor Augen
hält und dabei trotzdem die Entdeckung macht, daii auf den Zeitraum
von der Entstellung der venetianischen Oper bis 170f) nur etwa 3(X) Opern
in Venedig') konnnen, so kann man, wenn man sich das ungeheure
Interesse des Volkes an der Oper vergegenwärtigt, teilweise schon daraus
entnehmen, daß das Opemkomponiereu kleineren Talenten verschlossen
geblieben war.
Die venetiaaische Opem^inf<mie ist eine Kunstgattung ganz eigener
Art; ihr ganzes Wesen ist von dem der übrigen Instrumental «Musik
zunächst dnmal ganz und gar rerschieden. Wer nur die übrige Ihstmmental-
Mnsik des 17. Jshrhunderts in Italien kennt, ist eietaunt, neben dieser
eine .so ganz eigenlu-tige Kunstgattung zu finden, die, hfilt er sie mit
jener zusammen, ein so ganz und gar anderes Aussehen besitzt Dieses
ihr so sehr Ton der Instrumental-Musik abweicheades Aussehen mag denn
auch teilweise mit Schuld gewesen sein, daß selbst in der neuesten und
ausführlichsten Geschichte der Listrumental^Musik Italiens ron L. Torchi')
1) A s. 0., Seite 88. fl| JUriato muneak 1897ff.
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Al&ed Heuß, Die veaetiaaiBclieu Op«m-Sinfomea.
407
ihr abaalat kern Baum gewälirt worden ist» wob« allerdings noch mehr
m bedanm ist, dafi übetiunipt noch Ton Niemandem in gr6fierem MaB<*
Stabe die veneUanische Oper cur ErkUbrung der Tielen Bätsel der italie-
nischen Listromenial-Musik im 17. Jahrhundert herbeij;eaogen worden ist,
obgleich wir über das "Weeen der venetianischen Oper durch Eretzschnuür
schon lange unterrichtet sind.
"Wie gesagt, wer an die Sinfonien mit den gleichen YoniuSsetsungen
wie an die übrige Instromental-Musik dieser Zeit herantritt^ der schaut
dieselben mit etwas eigentümlichen Augen an und gestehti ditB er mit ihnen
nidit Tiel anzufangen weiB. Sie sind denn auch von einem ganz an-
deren Standpunkte als von dem der Kammer-Musik aus zu betrachten:
ihr Wesen erklärt sich nur aus der Oper, und zwar speziell d«r Tenetiani-
sehen; hier ist der Schlüssel zu ihrem Verstifcndnis.
Wie in der ganzen venetianischen Oper, so kann man auch speziell
in ihrer Opern-Sinfonie Terschiedene Perioden^ kura einen Entwicklungs-
gang bemerken, der in seinen einzelnen Phasen einen überaus interessanten
Verlauf zeigt und ein kleines Stück Musikgeschichte in eigenartigster
Weise gibt; äie einzelnen Perioden sind ziemlich klar trennbar, ja sie
knüpfen sich vielleicht an einzelne Werke. - Es sind zu unterscheiden:
I. Periode: Bis etwa 1660. Dif- Sinfonie stellt auf duixhaus
akkordischem Boden. Es ist die Zeit der Ansbildungf die Sinfonie
erreicht gewissermaßen ihren Höhepunkt.
II. Periuclo: Eindringen der fugierten Schreibweise, von 1660 — 1680.
lU. Periode: a) Ül)erhandnehmen des fugierten Stiles und Aufgehen
in die französische Ouvertüre joder b) eine die Scarlatti'selie
Sinfonie-Art zeigende und in dieselbe Ubergehende £ompoaitioDS>
weise. Von 16bO— 1700.
Diese Orientierung wiirde also genau mit der Einteilung übereinstimmen,
wie sie H. Kretzschmar^) für die übrige Oper der Yenetianer vor-
genommen hat.
In der ersten Periode sind aber zwei Zeitabschnitte sehr streng von
einander zu scheiden: der erste, vom Anfang der venetianischen Opern-
Sinfonie l)is etwa 1650 ;»Ercole« von Cavalli 1649), in welcher die
Sinfonie einen durchaus feierlichen Charakter aufweist, der zweite, in
welchem das Fititlringen von Allegru-EhMncnton der venetianischen Sin-
fonie den eigenartigen Stempel aufdrückt und zum eigentlichen Höhe-
punkt dieser Siiifoii;t>-( Gattung führt.
Absolute Grenzen lassen sich natürlich nicht ziehen; auch in der
Periode, in welcher der ,fugierte Stil schon eine ganz bedeutende Koiie
spielt, hnden sich noch ganz akkordisch angelegte Sinfonien. Man muß
1) A. a. 0., Setto 83.
AHM HeoG, Die venetuoiiadi«! OpernoSinfonieo.
bier wie in allen anderen kilnst lorischen Stilgattungen von der Haupt-
Strömung ausgehen und die Bichtung berücksichtigen, welche diese
einschlägt.
Zeit, Ort und Art der Entstehung und vor allem, vne bereits bemerkt,
der Zweck, für welchen die Sinfonien komponiert sind, geben die Er-
klärung für (las gnnz spezifische Aussehen unserer Sinfonien. Was
zunächst l)ci den Sinfonien der ersten Zoit [hh etwa 1650 auffällt, das
ist (1( r ihnen allen gemeinsame, feierliche Charakter. Breite, aber immer
streng rliytlimisierte Akkordreihen mit prächtigen, vollen Harmonien,
scheinen die Menselien eher zu einer kirchlichen, allermindest ernsten
Vtwv znsammenzuruien, als zu einer Opern- Vorstellung. Der moderne
Mensch würde sich heim Anlniren solcher Kläntre Ix'inahe hei Choral-
gesang in der Kirche fühlen, so iireit liieUt dieber Tonstrom daliin. Und
man fragt sich dann auch heinahe erstaunt, wie dieser feierliche Festtags-
ton zu der Schaumenge paßt, wie er sich vor allem zu dem kommenden
Schauspiel reimt, das durch Darstellung menschliclier Tieidenschaften
sicher geeignet war, ein so sensitives Volk ^vie die Italiener in seinem
Innern noch mehr zu erregen. Km-z, widerspricht nicht der Charakter
eines soldien Eingangs ganz dem Inhalt der kommenden Buhnen-
Ereignisse? Wohl vielleicht für den modernen Renschen, der in der
Oper etwas Alltä^ches sieht, etwas, das er jeden Tag haben kann und
das Olm deshalb als etwas ganz Gewöhnliches erscheint. Doch dies war
damals anders: Insbesondre der Komponist trat mit ganz anderen
Yoraussetziingen an die Oper heran als wir und allerdings auch ein
großer Teil seines Publikums. Dem Komponisten war die Oper wirklich
noch das, als was sie den Gründern deraelben Torgeschwebt hatte, die
Wiedererstehung der klassischen Tragödie, die Krone aller Kunst^ der
Höhepunkt in den Bestrebungen der Wiederbelebung des klassischen
Altertums. Zudem war jede Opern« Vorstellung ein Ereignis und so galt
es, diesellie auf eine würdige Art einzuleiten.
Der feierliche Charakter der Sinfonien schreiht sidi ziemlich sicher
aus dm bewußten Bestreben der Komponisten her, den Zuhörer Ton
Anfang an daran zu erinnern, dafi etwas Hohes und Enistes folgen werde.
Die Sinfonie leistet rre^germaßen das, was der Prolog hei der floren»
tinischen Oper tat, der gern von dem Musikdrama als von der Erneuerung
der antiken Tragödie sprach.
DaB aber die Sinfonie der Venetiaiier gerade zu diesei" Art feierlichen
Gepräp:cs kam. lint einen weiteren, historischen Grund. ]\Ian knni^ auf
veisrliifdene \\'ei>e ein fcit iliches Stück komponieren. Auch die Fran/.osen
^'ingen vdii drin (Gesichtspunkt aus, ihre Tragödie feierlich und würdig
vurzubereiten, aber ihre Ouvertüren hören sich doch ganz andeis an.
"Was nun bei den Opern-Sinfonien der Venctiauer durchschimmeit, ist
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Alfred Bmllf IKa TentttiamielMik Op«ni-SiiifoiiMii.
409
nichts anderes als das reklie Fcsttnorskleid von Giov. Gabrieli's')
Sonaten un<l Kanzonen. Wie diese eine Volksmusik im oflolstcii Sinne
des Wortes gewesen sind, indem ihr Wesei\ als direkter Austiuli des
damaligen, reichen, glümenileu Venedig anyu « lu u ist, und diese Kunst,
ein Gemeingut aller, aus dem ganzen Leben und Tieilien des Volkes
seinen Stimmungsgohalt erhielt, so wirkte diese, Gabricli's küjistlt risclH^
Sprache durch das direkte Aussprechen «les Volksempfindens auf das
Volk seihst wieder ein, und drückte der Kunst seiner Heimatstadt einen
so entschiedenen Stempel auf, daU dei^elbe nicht so sclmell verlöschen
konnte; dieser Gabrieli'sclie, oder sagen wir jetzt, dieser venetianische
Ton wurde bei den Meistern der vtmetiaui.schen Schule geradezu sanktioniert
imd gestaltet sich za einem Erkennungsmittel fltrer Kunst Wie sehr
dieser f eierlkdie Ghanikter der Tenetiamsdien Musik ils der kflnstlffiische
Ansdrack des damaligeD Venedig zu gelten hat^ sieht man am besten
aus dem ElnfluB, den derselbe aof Nicht-Venetianer, wenn dieselben in
dieser Stadt zu wirken begannen, aoszuttben im Stande war. Das klassische
Beispiel hierfUr ist Monteverdi. Denn derselbe Monteverdi, der dem »Orfeo«
eine klirrende Fanfaren-Tokkata Toranssofaickte, schlägt in der für Venedig
komponierten »Inooronazione ^ Poppea«') den pathetischen Ton der
Venettaner an, ohne Zweifel der in Venedig herrschenden Knnstströmnng
seinen Tribnt bezahlend.
Und dieser Ton Gabrieli angeschlagene feierliche Ton mußte den
Opem-Eomponisten, da er zudem direkt an ihrem Wege lag, um so will-
kommener sein, als er aus den vorher angcgeltenen Gründen trefElich für
ihre Zwecke paBte. Für den Pli.irakter dieser Sinfonien der ereten
Periode ist so unbedinjLrt Gabrieli der sichtbare Hintergrund. Was aber
die Anlage derselben betrifft, so ist sie eine ganz andere, eine ganz und
gar von Gabrieli abweichende und beruht vielmehr auf der Grundlage
der Monteverdi'schen Instrumental-Stficke aus dem »Orfeo«, die auch
Monteverdi, wie wir sehen werden, in seiner Sinfonie zur »Incoronazione
di Poppeac zu einem guten Teile konserviert hat.
Der grundlegenrle Unterschied zwischen den venetianischen Openi-
Sinfonien und den Instrumental -Werken (labrieli's besteht darin. daR
die ( )pern -Komponisten einen scldieliten . auf akkordisehur Basis rulien-
den Satz kultivieren, während Gabrieli einen überaus reichen, polyphonen
Stil schreibt. Man kann den Unterschied zwischen dem harmonischen
Ij Auf beide Gründe zur Erklärung des Charakters dieser Siufonieo hat bereits
H. Kreifiohmar hingewieaen in seinem Aufratie »Liooronanone di Poppea«
(Vierteljalmaohrift fSr Mnnkwiisenschaft 1094, Seite 496) und im Fvihrw dttreh deo
Konzertsaal, Seite 37.
2) Siehe die Sinfonie in Tncoronazionc di Poppea«, von H. Kretssohmar
^Vierteljahrsschrift für Musikwissenschaft 1894, Seite 197].
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410
Alfred Heafi, Bie vonetitniiriien Opem^^aiaam.
und pol}plionen Satz, wie er sich gerade in der ersten Emilie des
17. Jahrhunderts so auffallend zeigt, in welcher sich die beiden Stil-
piiiizipien so scharf gegenüberstehen, nicht genug betonen. Auch in
unserem Falle zeigt es sich auffallend. Um nur ein einziges konkretes
Beispiel zu geben, sehe man den instrumcutaien Teil der voii Winter-
fcld ueugedi'uckten Sinfonie sacrc^) nach, der kaum, nachdem er mit
einigen Akkorden begonnen hat, sofoi't ein reiches kontiapunktisches
Gewebe folgen läßt. Ganz anders die Opern-Sinfonien: sclüicbt, Note
gegen Note gesetzt, ganz anspruchslos, was höhere Satzkunst anbeüifft,
treten sie aul| und so bilden sie in dieser Einsicht den stärksten Gegen-
satz zu den reichen, polyphonen S&tien des Ghibrieli, in welchen gerade
das bewegte Leben der Mittelstimmen, die bei den Opern-Sinfonien stark
snrücktEeten, em so lesselndes Bild des glfiaieiideD Yenedig gegeben,
hatten.
Es ist zweifellos, dafi die Sinfonien der Venetianer nach dieser Biehtong
hin» nSmlich der kunstroUer Ausarbeitung, nicht denselben hohen kOnst-
lerischen GknuB ivie die Gabrieli^schen Stücke gewahren. Die äußere
Wirkung ist aber wohl ziemlich gleichartig; das Glefühl hoher Feierlich-
keit erreichten diese Komponisten mit ihren langsamen, vollen Akkord-
Folgen ganz TortrefElich und, was nicht unwichtig war, auf sehr einfache
Art und Weise, für Opern-Komponisten von nicht geringem Belang. Auch
den Gewinn großer QemeinTerständlichkeit hatten sie für sich, inn fUr die
Tolksbühne där Venetianer eine Existenz-Frage bedeutete.
In der allerersten Zeit, der Periode der feierlichen venetianischen
Opern-Sinfonie, ist diese noch nicht das, was sie später werden sollte,
eine Einleitung zu einer ganz bestimmten Oper. Sie hätte dies schon
deshalb nicht sein können, weil in der Oper sdbst der feierliche Ton
nicht mehr in der Weise der Sinfonien zu treffen ist Wohl fehlt es
den Opern nicht an Schauerlichem, Wunderbarem, aber bei ihren Sin-
fonien hat man dennoch nicht das G^efUhl, als ob die Komponisten bei
ihrer Yerferttgung an derartige Szenen gedacht hätten; es ist eine feier-
liche, beinahe ideal reine Stimmung von einer gewissen Objektintät, die
diese Sinfonien durchzieht. In einer Beziehung ^vertritt die Sinfonie
dieser Zeit die Stelle der Tokkata im »Orfeo«: sie macht den Zuhörer
darauf aufmerksam, daß etwas Großes folgen werde. Freilich tut sie
das in einer ganz [anderen Art wie die rauschende Tokkota, die gerade
so gut bei der Ankunft eines hohen Herrn gespielt werden konnte; und
sidier ist die venetianische Sinfonie eine Vertiefung und Veredlung ge-
genüber dieser, und Monteverdi ist ja auch gerade derjenige, der 9i^Aßt
den feierlichen Zug mit den Venetianem teilt Aber bis zu den späteren
1) QsbrieU imd seta Zeit«lt«r, Seite 74.
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A]£red Hauß, Dia TmetumMdraik Opem-Sinlbiuflii.
411
Frognunm-Siiifonieii igt es noch ein ganz gewaltiger Schritt, der ont
dann getan werden konnte, wenn neben den ernsten Elementen audi
solche in die Sinfonie ^"g»"g gefunden hatten, die direkt in der Oper
Tertreten waren.
Eine größere Satzzabl weisen die Sinfonien dieser Zeit nicht auf,
was sich leicht daraus begreift, weil sie nur einerlei Sümmiingsgehalt
wiedergeben wollten, folglich mit einem Satze aaskommen konnten. Auch
bei der Sinfonie zur »Incoronazione di Poppea« von Monteverdi, die aus
mehreren Gründen an die Spitze der näheren Betrachtung gestellt wird, ist
dies der Fall. So mager und spärlich Monteverfli mit Tnstrumental-Stücken
in dieser Oper auch ist, für die Erklärung der Sinfonirn dieser Periode
ist diese Sinfonie, die einzige der Oper, von eroßeni "Werte, indf m sie den
Beweis liefert, daß sie für die andern ISinfonicn nicht ohne Emliuß ge-
blieben ist. Die iSinfonie, die in ihren Haupt/.iia;* n in Kretzschmar^s
Monographie zu dem Werke Monteverdi's steht ^j, ist zweiteilig; der zweite
Teil ist eine Umbildung des ersten Teils vom V4 den '/4 Takt, weist
also das gleiche Verfallen auf, welches Monteverdi auch in den Tänzen
des Ballo deUe ingrate mit solchem Erfolge angewendet hatte. Aber in
noch etwas anderem, weit wichtigerem zeigt die Sinfonie uns den alten
jNfonteverdi ; der zweite Teil ilires Ikiü- Themas ist nichts anderes als
eine Umkehruug des ersten auf anderen Tonstuicn:
L Strophe.
— pn- [
a! J — 1 ' "1
IL Strophe.
3:
worauf Stro])lie T in C-dtir erscheint, während die zweite die Uberleitung
nach A-nioll iiherniinint.
Dies ist ganz das gleiche l'rui/i]), das Monteverdi so oft in seinem
»Orfeo« angewendet hatte, eine geistreiche Verwertung der Sequenz.
Die lang ausgehaltene Note am Anfang ist bereits venetianisch ; die Ve-
netianer wenden solche in ihren Sinfonien Überaus häufig an; es ist
immer, als wollten sie damit den Zuhörern znrofen: Geht Acht, es
kommt etwas ganz Besonderes.
Das Wichtige an der Sinfonie ist fOr nns, daß sie mit ihrem klaren
Anfban ganz dieselben Ausblicke eröffnet, wie die Stttcke im »Orfeoc:
ein rhythmisch scharf gegliedertes Ganzes, und ganz auf haimonischer
Grundlage. So ist trotz der scheinbar äußeren Yeraimung des Monte-
1] A a. 0., Seite 497.
412
AJ£red Hea£, Di« TeoetüuuMh«» Openi-Siiifomea.
vercU'schen Orchesters in Venedig (die JSiiifonie hat drei Ürcbester-Stimmen)
doch immer noch ein inneres Moment des früheren Monteverdi gebHeben.
und gerade dieses Eine ist es, welfhcs die veiietianischen Komponisten,
natürlich mit Zugrundelegung des »Orfeo« aufgreifen und weiterbilden
sollten. Vor allem tut dies der persönliche Schüler Monteverdi^s,
Friiiicesco Oavalli: bei diesem i«t der direkte Einfluß dee Altmeister»
aof Schritt und Tritt m verspüren; am Uaisten und wdUStfmSMm zeigt
er ffloh in setner Sinfonie zu »Doridea« <) von 1645. Diesem Eünleitongs-
Stficke hat nämlich Oaralli die Sinfonie zur »Incoronasione« zu Qninde
gelegt, und zirar so, daß er das Baß-Thema der Montererdi^sehen Sin-
fonie hinflbenimmit) dasselbe aber — und dies ist für das Verst&ndnis
der ' Sinfonien Ton entschiedenem Belang — anders auslegt Schon bei
Besprechung de» ersten Bitomells Ton Monteverdi's »Orfeo« ist gesagt
worden, daß die Komponisten bei der Bildung von In8tnimental*^StiiGkeii
das Hauptgewicht auf den Baß legten, und daß dieser in erster Linie
zu betrachten sei. Sicherlich kann dies in der Zeit der Herrschaft
des Generalbaases nicht besonders Terwundem; ist es doch etwas sehr
(Sewöhnliches , daß bei Ritomellen nur der BaR von den Komponisten
notiert wird. Hier haben wir aber einen direkten Beweis für das Ver-
fahren der Komponisten und für die Art ihres Komponierens, selbst-
verständlich nur von Instrumental- Stttcken. Der Baß galt als eigent-
licher Kern der Sache und war gewissermaßen Gemeingut der Musiker;
ihn aber neu auszulegen, das war die eigentliche Aufgabe. Die Kom-
ponisten verfuhren so ganz ähnhch wif unsere Harmonie- Schüler, die
ein beziffertes oder unbeziffertes Baß-Thema bekommen und dasselbe für
so und so viel Stimmen aussetzen. Das ganze Verfahren steht mit dem
Ausle;jTn flcs Flasso continuo für das Akkom]K»«,nionunt im engsten Zu-
sammenhang', i'\n/.\^ mit dem I iitvrschied, daß \\v": ein selbständiges
Musikstück aufzustellen war. Cavulli folgt seihst in Kinzelheitcn seinem
Vorbild; so behält er am Anfang die Fermate \\v\ und Ycillziclit dann
besonders auch die rhythmische UmbUdungder dritten und vierten Str<ij)he
aus den ersten beiden, wovon bei Mouteverdis Sinfonie bereits Erwähnung
getan worden ist.
Der Fall wirft ein scliarfrs Licht auf das Verhähniü der jüngeren
Kompum.sten zu Monteverdi, die selbst in Kinzelheiten ihrem Meister zu
folgen suchen. Sicher hatte es Cavalli nicht nutig, bei Monteverdi zu
entlehnen, da er um diese Zeit bereits neun Opern geschrieben hatte
und ein berühmter Meister war. Eher kann man dai'an denken, daß
1) Bibliothek San IVfarco zu Veiiecb'pf.
2 Vergleiche de» Verfassers Aufsatz »Die Instrumeutal-btücke de» Orteo«
(SaininelbuulA der BCG. lY, 3, Seit« 187).
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Alfred H«a6, Die vonetniuMiieii Opem-Süifoiiien.
413
Cavalli mit der Herübernahme des Monteverdi'schen Themas dem be-
reits verstorbenen Meister eine Ehre erzeigen wollte.
Interessant ist die Sinfonie feraer dadurch, daß sie fünfstimmip;', die
Monteverdi's aber nur tirristimmig ist. Der Grund liegt waiirscheinlich
darin, daß die Opern liir verschiedene Theater komponiert sind, die
>Tncoronazione« für S. (imrmiiii f Paolo, die »r)orielea< fih- N. (assidno^].
Da die Koniponistüu die Aidage ihrer Openi ganz nach dem ihnen zur Ver-
fügung stehenden Personal richteten, Bü könnte gest hlossen werden, ilaß
das Theater S. Giovamd c Paolo ein bedeutend schwächer besetztes
Orchester hatte, als das Theater 8. Cattsiano, was ein Grund dafür sein
könnte, daß Mouieverdi in der ^lucoronazionc* die Instrumental-Musik
so kärglich beniati. Etwas Entscheidendes kann allerdings deshalb nicht
gcüagt werden, weil die Akkord-lli^ll umente, die bekanntlich nicht be-
sonders notiert sind, den Haupts tamm des itahenischeu Üpern- Orchesters
im 17. Jahrhundert bildeten. Eine Besetzung von zwei Violinen ist bei
den Sinfonien der Yenetianer eher Ausnahme; nur die Ritomelle, diese
aber fast immer, sind dreistimmig. Cavalli Bebt die fUnfstimmige Be-
setzung, wie auch Gesti geiwohnfich mehr als vier Stimmen anwendet
Ebenso scharf, in gewisser Beziehung noch scharfer, zeigt Monte-
verdi'schen EtnflnJB eine andere Sinfonie OavalH's aus dieser Zeit, die
als Repräsentantin der Sinfonien dieser ersten Zeit in den Beilagen
(Nr. 1) zu finden ist, nämlich die Sinfonie zur Oper »Ormindo«^), die
vor der soeben besprochenen komponiert ist (im Jahre 1644). Die Oper
ist ebenfalls fUr das Theater S. Oassiano komponiert; die Sinfonie
ist vriedAr fttnfstimmig und einsätzig. Der dramatische, unruhige Ghist
macht sich bei ihr bereits stärker geltend, indem sie ganz mit Fermaten
durchzogen ist Ganz absichtlich durchbridit der Komponist immer
wieder den ruhigen Fluß der feierlichen Akkorde, aber, was man be-
merken möge, nie planlos. Es ist, als hätte Cavalli etwas Furchtbares
zu sagen, das ihn immer wieder zum Stocken, zum Stehenbleiben zwingt
Man betrachte aber einmal den ungemein symmctrisclien, wie aus
Marmor gemeißelten Aufbau. Die Sinfoir'f : < rfällt durch die gegen-
seitig korrespondierenden Fermaten in drei fast gleich große Teile, die-
einander beinahe pedantisch nachgebildet sind und zwar nach dem Prinzip,
welches Monteverdi in den Ritornellen seines »Orfeo« mit solcher Wucht
aufgestellt hatte. Jeder Teil ist nichts anderes als eine AViederholung
des ersten auf anderen Ton^tufen; nur «Ilt dri*t»' Teil erfährt eine kleine
Erweitenin.ET. In den Anordnuniren dieser Wicdcrliolungen inbezug auf
die Tonarten vt-rfalinii die W'nclianer bereits moderner als ^lonteverdi,
indem dieselben nach Prinzipien geschehen, die heute noch maÜgebend
1) Oalvani, I tetUri muneali di Venexia net Seeoh XVII.
2} Bibliothek San Aforco zu Venedig.
414
Alfred HeuO, Die venetkniieheik Opem-flinfiniieii.
sind, tmd für welche in dieser Zeit in der Xustrumental- Musik erst die
Ansätze vorliegen.
Der Fermaten Akkorde in (f-moll und d-moU werden in der Parallel-
Tonart und deren Dominant^' repetiert, ebenso das eigentlielie Thema,
das in B-fhtr. F-dur, C-moli unt Kückschhlß in der Haupt-Tonart g-m(M
zu stehen kommt. Nach Montevcnli'sehem Vorbilde setzt die zweite
Violine in der zweiten Strophe eine Oktave höher, über der ersten, ein,
sodaß durch diese Versetzung ein« neue Klangwirkung erzielt und das
Aufdringliche der Sequenz vermieden wird.
Dieser so übersichtliche, in stren«:^ rhvthmische Strophen abgeteilte Auf-
bau von Cavalli'schen Sinfonien nimmt sich su selbstverständlich au«?,
daß man kaum daran denkt, daü es das Einsetzen einer ganzen Persöu-
• lichkeit bedurft hatte, um diesen Typus in der instrumentalen Praxis
dieser Zeit durchzusetzen.
Halten wir solche und andere Sinfumen der Venetianer mit Instru-
mental-Stücken Gabrieli's und auch seiner Nachfolger zusammen, so
stellt sich der große Unterschied klar genug heraus. Haben wir vorher
gefunden, daß die venetianischen Opern-Komponisten Gabrieli^s feier-
liche Weise in ihr Kinleitungs-Stttck hinttbergenouunen haben, so stellt
neb in der Behandlung des Satzbaues heraus» daß bieiia MonteTerdi das
maßgebende Vorbild gewesen ist
Ein Blick aul die Übrige ^Instmmental-Musiky die wir nie aus den
Augen Terlieren dOifen, belriirt uns denn auch, daß das Piinsip einer
Uttren Gliederung noch nicbt dnrchgedrangen war. Es ist frQher>) auf
die beiden iüchtungen, welche die Listnunental-Musik in der ersten Hälfte
des Jabrbunderts geht, hingewiesen worden. Sie präsentieren sich, wie
auseinandergesetzt worden ist, in ihren Hauptzügen als die Hanzonen-^
Sonaten- und die Tanz-Fonui Ton denen die eine den f ugierten, die andere
den hannoniscben Satz kultiviert. Nur die langsamen Sätze der Elan-
Zonen u. s. w. stehen eben&Us auf akkordischer Grundlage, bei denen man
aber eine schärfere Periodisierang auch um diese Zeit noch ganz ver-
mißt. Die Gründe bestehen darin, daß die beiden Bichtungen, ohne
einander zu durchkreuzen, nebeneinander selbständig herlaufen. Auch
der Tanz nahm nichts von dem Wesen der Eanzone in sich auf; er bleibt^
was er war. Man sieht gerade in der italienischen Listmmental-G^
schichte, daß der Tanz aus sich selbst kerne größeren Formen schafft»
1) Vergleiche Hie mann, »Die Bedeutung derTazmtücka fix die Entstehung dar
Sonate^ Aula 1805, N'r. 3. S. 4'. der di u Kompositionen dipser Zeit »entweder ein
Zurückialleu m die Haupttonart]U><ii allen TtHlsclilüssi-u oder aber ein planloses Uerum» ,
irren auf den Stufen des diatonittcheu Systems« vurwirlt , em Urteil, dem ich indes
nidit «o ohne weiteres nutimmeii kenn.
2} SammelbMid IV, 8, Seite 18S und Seite 217 £
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AUMl Hwß, Ow veaetMuiidiea Opem-Sinltom«!.
415
eine Ansicht, welche zu dem weitverbreiteten Irrtum tUhrte, daß die
Sinfonie sich aus der Suite entwickelt habe*]. Denn auf sich allein
gestellt, bleibt der Tanz unfruchtbar, und ist unfähig, größere Forniiui
aus sich heraus zu scliatten. Ich möchte hierfür gerade ein Beis))iel
aus der italienischen Instrumental - Musik geben. Marini, vielleicht
der scharfsinnigste unter den Instrumental -Komponisten dieser Zeit,
ist in seinen Tanzstücken vom Jahre 1655 in der Form keinen Schritt •
weiter gegangen als in denen des ersten Werkes von 1617';; eine
"Weiterentwicklung des Tanzes in dem Sinne, daß er die Fesseln der
Tanzform zu sprengen vermocht hätte, ist nicht zu konstatieren^). Und
ebenso hatte der Kanzonen-Stil noch keine innere Durchbildung, eine
gründliche Dnrchschttttelung mit schärferen Elementen erfahren: von
einer gegenseitigen Befinichtimg der beiden Sdralen ist noch nichts am
bemerken. Erst nach der Mitte des Jahrinmderts beginnt die gegen-
seitige Wechselwirkung der beiden Bichtangen, der Kammer- nnd Kirehen-
Sonate, die dann endlich die eigentliche Sonatenfoim der Corelli'schen
E^MMihe zeitigen sollte, die ohne die Yerscbmelziuig der beiden Bichtungen
nicht bitte zu stände kommen können. In der Zeit der beinahe abso-
loten Herrschaft des Kontrapunktes hatte Monte?erdi durch Bevorzugung
der harmonischen Sdireibweise der Instrumental-Mttsik, sofwn sie das
modern -harmonische Prinzip Tcrtreten soUtOi eine sichere Positjon ge-
schaffen, welche, wie wir sehen, in erster Linie die venetlanischen Kom-
ponisten halten und befestigen sollten. •
^och klarer zeigt sich aber die eigenartige Bichtung der Vene-
tianer, wenn man ihre Sinfonien mit <!• iien anderer Openistädte vergleicht,
vomelunlich mit Rom, dem bedeutendsten Oi)ci'n Zentrum unmittelbar vor
Venedig. Ein bemerkenswertes Werk aus dieser Gruppe ist Stefano
Landi's »San Alessio«, das H. Goldschmidt in seinen »Studien zur
Greschichte der italienischen Oper im 17. Jahrhundert« einer gründlichen
Würdigung unterzogen hat, wobei insbesondere auch die Einleitungs-
Sinfonien der einzelnen Akte eine eingebende Bebprechung erfahren.
Der Unterschied zeigt sich hier in der schärfsten Weise. Während
die Venetianer eine durchaus eigene, von der übrigen Instrumental-Mu-
sik abweichende Kompositionsweise in ihren Sin;fomen anwandten, gehen
r Zu rlicHpm Irrtnm TiftHf»« >)<■-. .ixler« Wagner 's Sofariften beigetragen, die in
ihrt;m hiHturtächen Teil beinahe sämtlich vorfehlt sind.
2) Op. 22, Stadt-BibUothek zu Breslau.
8) Op. L AffeUi mttaieaH, Ebenda.
4^ Das wicIitiLTst)' Beispiel bietet die deatsohe ListniineDtal-^IuHik im 17. Jalip*
hundert. Dieseiljti bleibt. sie von Anfaritr an gewesen i-t. Suiten-. Tanz-Kumpn-
sitiiin, und entwickelt keine größeren Formen. Erst Kose nni ü 1 le r bringt hier eine
Wendung, uls er sich den Italienern anschüeßt. Siehe unten Seite 466.
416
Alfred Heul>, Div venetiauischen Opern-SüifonieQ.
die Eomponisten jener Schale gerade loa der ttbiigen Instnunental-Ma-
«k ans und stellen ihren Dramen Instnunental-^tOcke YOiana, die sich
in nichts von der Kammer-Musik dieser Zeit untemeheiden. Ihre Sin-
fonien sind Eanzonen in der Üblichen Form und Anlage, sogar der üb-
liche Kanzonen-Bhythmua f T f fehlt bei keinem der Stttdce; bei der Sin-
fonie zmn ersten Akt schreibt Landi sogar nodi ausdrQckHch, daB man
* es mit einer Kanzone su tun habe. Die Sinfonien smd denn auch in
der Art der Listrumental-Kanzonen fngiert: eine Stimme sefatt nadi der
andern ein und wenn alle beieinander sind, so fängt die Verarheitang
des Themas nach den damaligen Prinzipien an, wobei es voricommen
kann, daß, wie in der Sinfonie zum zweiten Akt, eine Art zweites Thema
auftritt) was auch bei Kanzonen Q-. Grabrieli's vorkonmit Von einer Be-
ziehung dieser Sinfonien auf das kommende Drama kann nicht einmal in
dem Sinne der venetianischen Opern-Sinfonien di^er Periode die Bede
sein, die mit ihrer absichtlich zur Schau getragenen Feierlichkeit etwas
•^Miiz andreres bieten als die übrige Instrumental-Musik, während sich
diese Kanzonen-Sinfonien nicht anders anhören als die Instromental-
Musik, wie man sie zu Hause pflegte. Selbst für den langsamen Satz
der Sinfonie zum zweiten Akt könnte der bestimmte Nachweis des Pro-
gramm-Charakters, wie ihn Goldschmidt annimmt, nicht so leicht
werden, einmal deswegen nicht, weil dieser ruhige, gebundene Ton bei
den langsamen Sätzen der Kanzone häufig zu treffen ist, dann aber des-
wegen nicht, weil der angebUch- die Erlösung des Helden andeutende
Satz doch besser in die Sinfonie zum dritten Akte passen würde, in
welchem die Erh'isung Alessios doch erst erfolgt. Das einzige Zugeständ-
nis, welches Landi (L ni Bühnenzweck seiner Sinfonien machte, scheint
mir in der Sinfonie zum ersten Akte zu liegen, in welcher er der Kan-
zone ein* n breiten vollen Satz voraussrhickt, was bei der Kanzonen-
Literatur, so weit sie mir bekannt ist, nirgends zu tinden ist, eine Neu-
eninir, die. wenn sie Naelifolcfo jrefinidcn hiitte. vielh'icht von einer
ähnlichen BetKutiiug hätte ^vL'rd<'u kiiniu n, wie das Einleiten der Suite
mit einer Sinfojiic welches tUe »leutschen Instiiimental-Komponisten in
der zweiten Hälfte des Jahrhunderts vornahmen*), indem durch einen
wirk! i( Ii freien Satz die starre Gewalt der Kanzonen leichter gebrochen
hätte werden können.
Mit Hedit Hiacht Goldschmidt dnrauf aufmerksam- , daB die Sinfonie
zum zweiten Akt den Typus der späteren Seiirlatti'selien Sinfonie auf-
whIsp: sie wird auch wohl die erste Ouvertüre sein, welche die bekannte
Satz-Autstelluug zeigt. Dennoch handelt es sich auch bei ihr um nichts
1} Vergleiche Karl Nef. Zur GeMibidite der deatsdien LiBtrumeotalmutik in der
zweiten Hälfte des 17. Jahrhundertg.
2; A. a. 0., Seite 61.
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AUred Heuß, Die veiwtianisdiea Opem-ämfomea.
417
anderes als vm die Übertragung der fiblieliea EammeiyKaiizoiie fOr
Blümenzwecke, und ihre Abstammmig trägt diese Sinlome-Ksnsond be-
soaden stark nur Schau, wefl sie m dem difttm Satie wieder wat das
Haupt-Thema des ersten Sataes zuxttekkommt, was man beinahe alä ein
tjrpisdies Zeichen der Ejmzone ansehen mufi. Bei der späteren Scarlatti-
sehen Sinfonie kommt aber ein solches Zurückgreifen nie vor, da der letzte
Satz [meistens 2/4 Vs) den ersten (gewöhnlich Vi Vi) so-
wohl in der Taktart als auch im CShaiakter scharf kontrastiert Ein
anderes Oharakteiistiknm der italienischen Sinfonie^ das Scarlatti in dieser
Kompositions-Ghittung in konsequenter Weise (TereuuMlt kommt es auch
bei den Ysnetianisehen Opem-Sinfoiiien öfters tot) dmchgefOhrt hat, ist
das scharfe Trennen der l^tse, das nicht Ineinanderspiclen derselben,
was bei der Kanzonen-Litcrattir vor Einwirkung des Tanzes fast immer
anzutreffen ist Die Ähnlichkeit der Landi'schen mit der Scarlatti'schen
Sinfonie liegt so nur in der sufiUligen DreisatarForm, zufällig deshalb,
weil Landi dieses Schema in dt-ti anderen Sinfonien nicltt innehält
Lmerlich unterscheiden sicli die beiden vSinfonie-Arten natürlich ganz und
gar, gerade so wie der Anfang des 17. vom Anfang des 18. Jahrhunderts
sich unterscheiden. Die ganze mächtige Entwickelung der allmählichen
Bcfrciiinpr von der polyphonen Form zur akkordischen, konzertierenden,
lioinoi)honen, welche Seite die Scarlatti'srhen Sinfonien in so einseitiger
"Weise vertreten sollten, liegt dazwischen. Nach dieser Kichtung aber
weisen die Kanzonen-Sinfonien nncli nicht im Gerin^^sten liin, während
die Sinfonien der Venetianer, wii> sich im Verlauf dieser Abhandlung
zeigen wird, teilweise den Scarlatti'tichen »Stil direkt vorbereiten. Vor-
läuiiff ist es aber nicht am Platze, Scarlatti in irgend welcher Weise zum
Vergleiche herbekuziehen.
Es ist nicht Landi allein, der seine Sinfonien in der Weise der Kan-
zoue anlegt. Auch Giulia Caccini, die Tochter des berühmten Ii» ile-
nisten schläft in ihrer Sinfonie •) zu >La Libera/iunc di Kuggieru d'al-
risola d'Alcina« 1626 den Kanzonen-Ton au, allerdings in der entschie-
den fortschrittlichen Art, daß alle Stimmen zugleich mit dem Kanzoueu-
Thema beginnen wodurch von Anfang an eine Gesamtwirkung erzielt
wird. Eine Parallele bietet Honteverdi*s Sinfonie auf Seite 179 der
Eitner'schen Ausgabe, die ebenfalls den Eanzonen-Bhjrthmus aufweist
Im zweiten, langsamen Satz verrKt sie noch stärker den Einfluß Monte-
▼ecdi^s, indem der Aufbau des Sätzchens ganz unzweideutig nach dem
»Orfeo« hinweist: streng sequenzmüBige Anlage, wobei immer je vier
Takte zusammengehören*).
1) Von Benni Prof. Kretsaohmar mir freondliahit aar VerHigung gectdlt.
8^ Bei Qiulia Oftccini aeigt noh MonteTerdrtolier BinflnS fiboriiBapt in d«r
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418
Altred HeuÜ, Die venetianischen Opora-Srnfonieii.
Es wäre auch beioahe zu verwundern, wenn der von dem grSBten
Meister mit solchem Nachdruck und solchem kilnsäerischen Erfolge an:^^
stellte Satsbau nicht gelegentlich auch von Niehtvenetianem nachgebildet
worden wttre. Bei Garissimi, dem großen römischen Meister, werden
wir MonteTerdi's Kompontions- Methode noch in einem gana anderen^
höheren Grade antreffen.
Sicher hat der Unterschied zwischen den Sinfonien dieser Schulen
seine inneren GrOnd^ und er wird woM in dem ▼erschiedenen Wesen
der beiden BQhnen, der römischen und der Tenetianisdien, zu suchen
sein, Ton denen die eine mehr eine aristokratische, die andere dnrcfaavs
eine YolksbÜhne war. Es soll an semem Orte to& dem oft derb leaUstiBohen
Zug der venetianischen Sinfonien, wie er sich in den schndlen Sätsen
kundgibt, gesprochen werden; hier gentige der Hinweis daranf. Bio
ttberaus gediegenen, sorgsam ausgearbeiteten Sinfonien Laadi's, ihr tot-
nebm fngiertes Wesen setzen ein ganz anderes Publikum voraus als eine
Volksmenge, die sicher nicht in die Oper ging, um ein kunstvolles» langes
Tonstiick mit anzuhören. Nahm man eine Einleitungsmusik vor dem
ttber alles vergötterten Musikdrama überhaupt mit in den Kauf, so mufite
es kurz gefaßt sein und etwas anderes bieten als was man anderwärts genug
7Äi hören bekam. Auch heutzutage, wo im Ganzen das Stilgefühl gerade
für Musik ziemlich abhanden gekommen ist, würde es, und mit Becht,
sehr viel Leute geben, die sehr unzufrieden wären, wenn man ihnen vor
dem Au&iehen des Vorhangs eine Sinfonie, und sei .es eine Beethoven'sche,
vorspiflpn würde.
Der feiogebiidete Aristokrat Roms, der Hof des Kardinals Barbarini
scheint aber seine Freude an den schönen Knnzonen gehabt zu haben,
wie in Rom überhaupt sehr viel Kanzonen-Muaik geschrieben imd ver-
braucht wurde i;. Auf der venetianischen ^BUhne wären de sicher ganz
und gar immöglich gewesen.
Die Geschichte bietet ein ähnliches Beispiel in der französischen
Ouvertüre; auch hier erklärt sich die würdevolle, oft sogar noch gespreizte
Haltung drr instnmientalen Einleitung aus der Umgebung, füj- die sie
komponiert war. Die venetianische Sinfonie, die, wie wir sie kennen
lernen werden, sich ungoinoin frfi und ungeniert ausdrückte, hätte nie^-
mais am Hof(^ eines liudwig X EV. entstehen o(l<'r festen Ij'uß fassen
können, aber, wie die Vc^rhältnisse liegen, auch in Koni nicht.
Doch kehren wir zu unseren W'iietianem zurück. Die Sinfonien
dieser ganzen Periode weisen im aligcmoinen ganz dieselben, bereits be-
oftenii Verwendiuig von Lutramentftl-Mnrilc im Sinne dcnjanigen det »Orf«o«. Ver>
gleichu Kreisachmar, »Die venetianische Oper u. s. w.<
r So encbien nnrh von Frcscobaldi 1628 eine Semmlnng mit 85 Initnunenial-
Kaozonea. (Stadt-Bibliothek Breslau.]
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Alireü Heul3, Die venetiamäclien 0|i«rn>Sml'omeiL
419
scliriebenen Züge auf, so auch die beiden Sinfonien'] aus Cavalli^B
»Egisto«, mit welchen die Figuren des Prologs sich einfühlen; auf die
geistreiche KatnrschÜderung — die erste Snfonie stellt die Nacht, die
zweite das Morgenrot Tor — hat bereits Kretz schmar aufmerksam ge-
madit*). Der Bau ist streng $e(|ueiizmäßig, ganz ähnlich, wie wir
ihn beim »Ormindoc finden. Einen überaus interessanten Zug verleiht
Garalli den beiden Sinfonien dadurch, daß er die AurorarSinfonie aus
der Kacht-Sinf onie heraus entwickelt, indem er das Bafi-Thema rhythmisch
umbildet und nur auf leicbtere, duftigere Weise auslegt; zudem hat er die
Tonart gewechselt Er macht aus:
3!
i
folgende Umbildung:
1 ^, =1
' J^t^
Sulclie Umbildungen sind bei Skalen-Bässen überhaupt sehr häufig.
Hier ist es, als wollte Cavalli damit andeuten, daß <1( i Morgen aus der
Nacht sich loslöse. Die S(>qiienz-Arbeit, die in erster Linie sich immer
im Baß bemerkbar macht, ist nicht nur etwa fin Charakteristikum Ca-
valli's, sondein findet sich, soweit es sich überblicken iTiüt, bei allen ve-
neüanischen Opern-Komponisten, bei dem einen stiirkei-, bei dem andern
schwächer. Wer die Sinfonien gerade iiarh fliesiT Seite hin untersucht
und miteinander vergleicht, der k(»mmt zu dem Ergebnis, daß es sich
hier um eine spezitische Eif?entümlichkoit der venetianischen Sinfonien
handelt, die (l('>h;ill) als das Merkmal l iiicr m'iiieinsanicn Scluile zu ))«•-
trachten ist. Nocli um KiSS s( lin i}»t Palla vicini in seiner Sinfonie zu
»r Amazoni Oorsara«-' t-ineii ganzen Satz auf der ( J ruiitllai;e dieser \<^n
Moiiteveidi aii;.'e\veiiileteii Se.|uenz, den ich zum Jiewei->e der iranz ■ ii-
ariiir^'M Tat^ac lie im Au>zul'<' lnei- mitteile. Die Sinfonie ist fünfstimmigi
nur die AuUeustimmeu sind hier mitgeteilt:
i
5
- - : -
l) Mitgeteilt von Goldachmidt in den Monateheften für Musikgeschichte 1893.
2 A. a. 0., Seite 46.
3} Hof'BibUotbek zu München.
L U. iv. 28
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420
AlfireU iiuuß, Die venetiauUclieu Operu-Siutonieii.
— f — S —
•
— t —
Oft ist gerade bei fonnell unklar scheinenden Sinfonien das Auffinden
der BaB-Sequenz ein Hü&mitteli den Bau der Sinfonie zu erkennen; so
ist bei der eins&tzigen Sinfonie Ton Leandrini zu »Psyche« i), 1649, hinter
der scheinbar ganz unregelmäßigen und undurchsichtigen Arbeit eben»
falls der sequenzmäßige Aufbau nachweisbari wenn auch nicht so auf-
fallend, wie bei denen Cavalli's und anderer. Diese Sinfonie weist unter
den mir bekannten Sinfonien am meisten Stimmen auf, nämlich sechs.
In ihrem Charakter erinnert sie stark an die vielstimmige Sinfonie im
»Orfeo« (zvrischen dem II. und III. Akt), mit der sie neben der vollen
Resetzimg ganz ähnliche rhytlimische und melodische Bildungen gemein
hat. Komponiert ist die C^r auch für die Hochzeit des Herzogs Karl
in Mantua. Noch frappanter zeigt sich die Se(iuenz als Hilfsmittel zur
Erkenntnis des Aufbaues in der Sinfonie zu »Medoro<') von Fr. Luzzo,
die aber erst in die folgende Periode geliört: der Schlußsatz ist ohne se-
<iuenziiiäßige Periodisierung absolut unklar. In der Instrumental-Musik für
Konzert werden wir bei Besprechung Bassani's etwas Ahniielies linden,
we.slialb der betrettende Satz Luzzo's hier mitgeteilt sein möge, da in der
ganz gleicben Art die Adagio-Sätze Bassum s zu betnuhten sind. Es ist
der Schlußsatz der vierstimmigen Sinfonie i,die dritte Stimme ist in der
Handschrift nicht ausgesetzt).
-tr.
4:^
1) Bibliothek San Abreo m Venedig.
2) Mareat>BibUothek.
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Alfired Heoß, Die venetianischen Op«nft<fliiifbiuen.
421
f > f » <r
J L
1 — I — + — I -
2(9-
J L
J L
^ ^
3!:
m
3
J L
Die Phrasiening ergibt den denkbar klarsten Aufbau und die Mittel
zu dem richtigen Vortrag. In dem Satz lassen sicli klar drei Teile er-
kennen, die durch die römisdion Ziffern gekennzeichnet sind.
Sinfonien, wie die zu »Oruiindo« bilden den Grundstock zu der
späteren Sinfonie, bei der das feierliche Element immer noch vertreten
ist. Schon die Sinfonie zu »Doriclea« oder »Incoronazione« weisen mit
ihrem Taktwechsel einen Gegensatz auf. Man könnte sich nun denken,
* 28*
422
Alfred Ueufi, J^ie venetianiBcbeu Opern-Üinfonien.
(lali das Auftrptrn des Allt i^ro ia Uer vtiietianischen Sinfonie, welches
von nun im fast iimncr zu finden ist, und welches der zweiten Hälfte
der ersten Periode das charakteristische Merkmal gibt, davon herrtthrt,
daß di^ noch sdiwachen Gegensätze sich allmählich zugespitzt haben,
oder aber» da in dar fibrigen Instrum^tal-MuBik, sowie auch in den
Sinfonien der rönuscben Werke, das AUegro schon längstens vorbanden
ist, die Yenetaaner dasselbe von dort in ihre Sinfonie binübergenomnunen
hätten. Diese Eridärungen Krttrden kaum der Sadie auf den Grund
kommen, vornehmlich das Wesen des venetianischen Allegro's nicht
erklaren können. Denn wie hier das All^o*Element entsteht und sich
einen Platz in don feierlichen Satze erobert, das gehört zu den eigen-
artigsten Prozessen, die mir in der Geschichte der Instrumental-Musik
bekannt sind.
Das Auftreten des Allegro bedeutet zugleich den schärfsten Bruch
mit der Vergangenheit. Monteverdi hatte in den Instrumental-Stücken
des >Orfeo« immer nur eine einzige Stimmung zum Ausdruck gebracht,
und diese mit allen Mitteln, die ihm das Streben nach Einheitlichkeit
eingegeben hatte, gewahrt. Hieran hielt die erste Zeit der venetiaiü-
sdien Sinfonie denn auch fest. Jetzt tritt uher auf einmal eine Spaltung
ein. indem das feierliche Moment den «lenkbar schärfsten Gegensatz
in dem Allegro erhält. E.s ist einleuchtend, daß das Auftreten des
Allegro-Elements eine Revolution hervorrufen mußte, was aber doppelt
durch dir Art geschah, in welcher es eintrat. Denn bei der vtiietiani-
schen Sinfonie tritt das Allp^m) nicht ah ü:p>rhhisspuer Satz nehrn dem
Feierhchen auf, wie fs hei andern Instniiiicntal- Formen der Kall ist.
sondern es zerreißt denselben, es ist eine Geburt aus dem Seholie <les
lancrsamen Teils oder, ikkIi anschaulicher, es tritt in der Art auf, wie
wenn «lie Erde sich plötzlich teilt und au«? der Tiefe ein mächtiges Feuer
hervorbricht. ^) So, in dieser Art etwa, nimmt sich das Allegro in der
venetianischen Sinfonie aus. Wer dieses »Erdbeben^, die>e Revolutiun
in die venetianische Sinfonie {gebracht hat, diese Frage kann, wie alle solche
Prioritäts-Fra;,'en, iiniiu'r nui- bediu^'l entschieden werden Doch wird man
nii lit stark fehlgehen, wenn man in Cavalli, den wir soeben noch in den
Eußstapfen seines großen Lehrers wandeln sahen, den eigentlichen ßegriin-
1; Dieses ganz eigentümliche Schauspiel des plütxlichcu Auftretens des AUegros
in der Sinfonie erinnert, nur in umgekehrter Folge, an dn Encheinen der KeatabiHtiii
in dem breiten Allegro-Strome der Sinfonie, überhaupt der Iiistruraental-Musik im
18. Jahrlninilt I i . Tn der ersten Hälfte des li^. Jahrhunderts herrscht vor nllein t\[\%
Allejn'o. Das 17. Jaiirhundert, besonders die erhU:- ll:i)ft<> des»ell»eu. ist hierin das ■.'ei-.ulc
Gegenteil, bis die italiemscLe Opern-Siufouie Scarlatti s dem AUegru-Element zum
vollständigen Sieg verhilffc. Die Geschichte der lustramenUl-Musik ist ein fortiviUiren-
der Kampf der YorbemchRft der beiden Grondeleniente der Husik, Langsam und Schnell.
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Alfred Heu6, Die veneiuuiiidieii Opern-Sinfonien.
423
der der venetianischen Sinfonie sucht. Die Sinfonie, in weicher Cavalli den
entscheidenden Schritt übi r Montevordi tut, ist die zum »Giasone* 1649,
seiner verbreitetsten Oper.') Mit dieser, kann man sagen, ist der Grund*
riß der venetianischen Sinfonie gegeben; so wie sie, allerdings mit
immer andern Modifikationen, sehen die meisten Sinfonien der Vene-
tianrr jins.
Auch hier wie in allen andern Sinfonien ist tler Bali der Träijcr des
(rjinzen. Die Plirase erstreckt sicli über zwei Takte, worauf sie in ge-
nauer Inn'tation in dor Dominante erschpint, um dann, nach einem
Schluli m der Dominant-Tonart , Halt zu machen; der kleine Abschnitt
atmet diu liuho und Feicrliclikcit , wie wir sie bisher in den Sinfonien
vorf/inden. Kaum ist aber der Scliluß gemacht, so verändert sich auf
einmal das ganze Bild; die vier Oberstimmen einerseits und der Baß
anderseits treten in heftigen Gegensatz mit dem kühn angreifenden Motiv
* p . Ks entsteht ein überaus bewepler Kampf, indem auf jedes Viertel
ein wuchtiger Hieb fällt; bald streilen alle Stimmen gegen den Bali, bald
auch unter sich. So geht es mit energischer Modulation über a-nwll
wieder zui'ück nach C-dur^ und mit einem Male stellt das Anfangs>Mottv
die Bube wieder her, und der Satz schlieOti wie er begonnen, feierlich in
04ur ab. Dieser MittelsatK muß als AUegro, etwa mit doppelt so
schnellem Zeitmaß, aufgefaßt werden. Sine Tempo-Beseichnung steht
zwar, wie hei tost allen diesen Sinfonien, nicht angezeigt, war auch nicht
notwendig, da entweder die Komponisten selbst oder andere ausgezeichnete
Musiker am DingieivGembalo saßen.^) Ausschlaggebend kann, wie bei fast
aller Instromental-Musik des 17. Jahrhunderts, deshalb in erster Linie
nur das musikalische Qeftthl sein. Eine Täuschung ist hier aus dem Grunde
kaum möglich, weil die Sinfonie, im ▼origen Tempo weitergespielt, sich
zwar auch bewegter anhören, aber dennoch lange nicht den unzweifelhaft
beabsiditigten starken Gegensatz herbeifOhren wfirde. Femer stimmen
für diese Annahme, und dies dürfte das Ausschlaggebende sein, die spä-
teren Sinfonien Caralli^s und der and(>m Komponisten. Denn von nun
an ist es für die venetianischen Sinfonien ein geradezu typischt^s Kenn-
zeichen, daß sie mit einem Ruck, ohne die geringste Voibereitung, den
feierlichen Qang unterbrechen, einen kurzen schnellen Teil einschieben
und dann gern wieder auf den Anfang zurückkommen, oft aber auch
aufs neue in ein stürmisches Allegro ausbrechen. In dem ersten Satz der
Sinfonie zu »Giascme« zeigt sich demnach bereits der Grundriß der T.ul ly-
schen Ouvertüre, Langsam — Schnell — Langsam, er ist gewissermalien eine
Miniatur-Form derselben. £s ist naheliegend, daran zu denken, daß die
1) Publikationen für Moaikfonchung, Bd. XI.
2 Vergleiche KretKBchmar, »Kinirrc Bi merknng^n über d«B Vortrag alter Musikc
Jahrbuch der Musikbibliothek Peters 19UÜ, Seite 58.
424
Aifired Heuß, Die venetianiiohen Opern-Sinfonien.
veiifLiaiusclie Sinfonie in der Fonnürchuiipr von EiiiHuli liir die franzü.-viÄchf
Ouvertüre war. Dennoch hat es wenig Wahrschcmlichkeit für sich, obgleich
in den ÜUTerturen zu den Balletts der wichtigen »CoUection Philidor *
diese Satz-Aufetellung noch nicht vorkommt, indem sich dieselben mich
»Formgebung und Ausdehnmig nicht TOn den Entr^es« untenclifliden,
bei denen die Zwdteiligkeit die weitaus vorherrschende Form ist. IMe beiden
Ouvertüren sind in ihrem Wesen zu sehr verschieden. Hätte die venetia-
nisdie Sinfonie gerade in der Grundfrage, der SatzaufsteUung, Einfluß
äußern woUen, so hätte sie es selbst vorher zu einer fest organisierten Form
bringen mflssen, wie die spätere italienische, die durch ihr geschlossenes
Auftreten beinahe sämtliche andern Instrumental-Gattungen in ihren Bann
zwang. Zu einem solchen war aber die venetianische Sinfonie auch zur
Zeit Oambert*s, bei dem die französische Satzaufstellung bereito vor-
kommt, wie auch Lully*s nicht gelangt, und zwar aus Gründen, die wir
bald noch näher kennen lernen werden. Zur Zeit ihrer Blüte ist die
venetianische Opem-Sinfouie Programm -Sinfonie und nimmt ihre Lkeii,
ihre Impulse aus der Oper; diese, an sich zu sehr verschieden, ließen
ein JSinsperren in ein festgezimmertes Gefüge, wie die erwähnten Formen,
nicht so ohne weit^'res zu Hier liegt einerseits dw enmine Vorteil der
venetianischen Sinfonie', den sie vor diesen Formen voraus hatte: sie
schöpfte aus dem tiefen Quell der Oper und blieb, so lange dieser klar
und hell floß, jugendfrisch; die Schattenseiten dieses Verfalirens werden
ims später beschäftigen. Was aher norh mehr dagegen spricht, daß die
französische Siiifonit' ihr Muster nicht in der venetianisclicn haben konnte,
ist die Tatsache, da(i der venetianischen Sinfonie dieser Zeit die Fugie-
rung gänzlich fenie liegt, worin diese Komponisten wiiuler getreu ihrem
Großmeister Montevcrdi foljsfen; denn aueli die AUej^nos stehen, was für
die Erkentnis dieser eigenarügeu Instrinaentiil-Forni eljcnso wichtig wie
interessant ist, auf vollständig akkordischer Basis, indem sie ja auch ganz
aus den lireiten Akkordreihen heraus entstelu'n. Die erste Hälfte des
17. Jahrhunderts kennt diese Art von Allegros sozusagen gar nicht. Ge-
rade die AUegrü-Sät/.e arbeiten duirlnve^fs mit imitierenden Stimmen, in-
dem der Stil dieser Zeit eine ei*ste und zweite iSuiiaue nur dem tarnen
uacli kennt, woraus sich das Fehlen des harmunisclien Satzcb iu AUegro-
Sätzen (außer natürlich bei Tänzeuj erklärt, der allerdings die Gleich-
berechtigung der Stimmen aussohliefit.
Die Sinfonie zu »Giasone« ist zweisitzig; auf den soeben besprochen
nen Satz folgt ein feierlicher, der wiederholt wird und im %-Takt steht,
also ganz wie der zweite Teil der Sinfonie zu »Doiiclea«. Er bringt auch
1; Besprochen voa Wasiejcwaki, iu der Viertcljalirsschrift für Musikwissen-
schaft L
. j i^od by Google
Alfred Meaß, IHe veoetianischen Opern-Siafgnien.
425
eine Anspielung auf das Haupt-Thema, und zwar interessanter Weise nur
in der Oberstimme. Aus
»^acht Cavalli I
Dem Baß legt er ein ganz neues Thema unter: der spätere Gang des
Basses ist hingegen wieder eine Umbildung desjenigen des ersten Satzes.
So zeigt sich dus Ganze als eine hüchüt eigenartige Venjuickung Monte-
verdi'schen und selbständigen Verfahrens; jedenfalls sieht man, daU Cavalli
auch hierin neue eigene Wege suchte und fand.
Dieser zweite Satz \nrd wiederholt, natürlich als Echo- Wirkung ; wie
€in elementares Gewitter wirkt darauf das mit dem schwachen Taktteil
beginnende, sofort sich aoschliefi^e selbständige EitomeU. Die direkte
Folge eines solchen anf die Einlcitangs-Sinfonie ist Montererdisch; im
»Orfeo« hat sie Monteverdi zuerst angewandt Audi die Anlage mit
den Baß-Sequenzen 1) führt direkt darauf zurttck, wie auch die prägnante
Kürze. ,
Mit dieser Sinfonie, d. h. mit der Z&X um 1650, beginnt die eigent-
liche Blütezeit der Tenetianischen Sinfonie, die eine glückliche Mischung
der beiden Elemente »Langsam und Schnell« charakterisiert Die Sin-
fonie zu »Giasone« enthalt noch sehr viel tron der früheren Feierlichkeit
und Teranschauücht ganz trefflich den allmählichen Übergang. Die weitere
Geschichte unserer Sinfonie spielt sich darin ah, daß das Allegro-Element,
besonders mit Einzutreten des fngierten Stiles, sich immer mehr ausbreitet,
die feierlichen Akkord-Beihen mehr und mehr in die Ecken des Satzes
drängt und zuletzt ganz wegstößt — das ewige Lied der Entwickelung.
Mußte die frühere feierliche Sinfonie und jetzt der feierliche Teil der
Sinfonie wegen ihres gleichartigen Charakters dahin verstanden werden,
daß sie die Einleitung zum Begriff der Oper, nämlich dem eines feier-
lichen Anlasses, bilden, so schließen hingegen die Sätze von schnellem
tTempo steh mehr oder weniger an diejenige Oper 'an, für welche sie ge-
schrieben sind. Sie sind Programm-Sinfonien'), und zwar hangt der
Programm-Oharakter derselben wieder aufs engste mit dem Wesen ihrer
Sinfonie zusammen. Denn da bei den Sinfonien dieser Zeit, vor der
Einführung des fugierten Stiles, immer das ganze Orchester zugleich tätig
ist, keine Stimme vor der andeni solistisch sich erhebt, so ist e^ natürlich,
daß auch die Allegro-Sätze sich weniger an individuelle Aulkrungen,
an Solo -Gesänge, sondern meistenteils an allgemeine Kundgebungen,
1; Es wird wohl nicht mekr notweadig sdn, auf dieBelb«n immer wieder hinzuweiara.
2 Auf die PruprraQun-Sinfonien der Veuetianer hat zu- nt ebenfalls H. Kretzsch-
mar hiDgewiesen. (A. &. 0., 28; ferner: Führer durch den Konserteaal Seite 36ff.>.
426
Alfred Heul3, Die venetiauischen Openi-Sinfonien.
an Ghorsätze anschloseen. Der Chor ist allerdings in der venetiainschen
Op^ sehr bald verschwmid^, aber Budimente desselben haben sich dnrch
die ganze Oper hindurch erhalten >), und auch wirkliche Chor-Szenen tauchen
immer wieder auf. An diese kteinen Ghorsätxe, die stets die Kund-
gebungen des Volkes enthalten, schlieSen sich nun meistens die Allegros
an, xüunlich an solche von freudiger Erregung, wie Sieges-, Triumph-OhÖre
mit »Viva«, »Yittoria« und dergleichen, oder auch an solche leidenschaft-
licheren Inhalts, wie Volks-Aufläufe, kriegerische Stürme mit »Moric und
»All* Armic etc., jedenfalls mmier an Äußerungen einer machtig erregten
Volksmenge. In diesem Sinne sind mehr oder minder alle Sinfonien dieser
Periode Programm-Sinfonien, mögen sie ein »wörtliches« oder ein ideelles
Programm Terkör(»em; an der Sache selbst ändert dies nicht vieL Die
wichtigeren und häufigeren Sinfonien sind diejenigen mit geistigem An-
schluß ; daß aber bei solchen aufgeregten Allegro-Sätzen gerade an den
Inhalt bestimmter Szenen in der Oper zu denken ist, das beweisen, bei-
nahe zum Uberfluß, diejenigen Sinfonien, bei denen sich in der Oper der
handgreifliche Beweis daiin findet, daß die Instrumental-Sätze das Thema
aus der Oper hertibemehmon. Die Sinfonien erfttllra schon vollständig
das, was beispielsweise Gluck 2) von der Ouvertüre verlangt, daß diese
»den Zuhörer auf den Charakter der Handlung, die man danustellen
gedenkt, vorbereiten und ihm den Inhalt andeuten snllc.« So irehon die
Venetianer in der Praxis schon viel weiter, als J. Quantz V lüO Jahre
später in der Theorie, der bescheiden genug, keine buchstäbliche Pro-
gramm-Einleitung fordert, sondern die (dreisätzige italienische) Sinfonie
so gehalten haben will, daß sie nur unmittelbar auf die erste Szene vor-
bereite, weshalb er die obligate Dreizahl der Sätze der Theater-Sinfonie
je nach dem Charakter der ersten Scene modifiziert haben will, und zwar
in der Art, daß, wofern der erste Akt beispielsweise mit einer nihigen
Szene anfängt, man nach dem zweiten Satze die Sinfonie al)l>reche, eine
Modifikation, die bereits durrh Rameau erprobt war. »Die 8infonie
bliebe docli nocli auch für andere Zwecke hrauclibar. ^
Hier sieht man die Gegensätze von Konzert-Sinfonie und wirklicher
(!)ppm-Sinfonie deutlich genug. Das für alle Zeiten Bedeutsame ist aber,
daü die Venetianer die idee der Programm-S i f l ie niclit spekulativem
Denken wie Gluck und seine Nachfoltrer zu verttanken liaben, sondern
da(^ sich dieselbe bei ihnen von innen heraus, beinahe selbstverständlich
gebildet hat.
Auf mehrere »wörtliche« Programm-Sinfonien hat bereits Kretzscb-
1] y«rgleiche KretsBohmar, «. a. 0., Seite 21.
2i Ant. Schmid. Chr. W. Ritter von Gluck, Seite 186. Worte Glodc's in dem
Dedikationsschrpjben der »Alci sfc" an den Großherz<ig von Tosksn«.
3) J. Q u a D tz , Versuch eiuer Anleitung die l'lute traveniere zu spielen. Seite 301 £f.
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Atfrad He«ß, Die veiietiiiiiidi«D Opern-Sinfonien.
427
mar aufmerksam gemacht, wie die Sinfonien zu Cesti's »Porno trOro«
und »rAr«?!.!« Mehrere solcher worden im weiteren Yerhiuf der Ah-
liandliin;,' jinf^efülirt werden und zwar deshalb, weil gerade (h'e?:p Sinfunieu
noch nach einer andern Seite hin besprochen werden und dadurch zeit-
raubende Doppel-Besprechun^ren entstehen würden.
Aus ihrem Programm-Charakter, ihrem nnverkennliaren Bezug auf da«;
komnieTidf^ Drama erklären sieh nun die ( harakter-Eigentüralichkeiten
unserer Sinfume, so die freie Gestaltung und «las beliebige Schalten mit
der Zahl ihrer Sätze, wrirauf l)ereits verwiesen worden ist. Damit aber,
was nichts anderes als die Stellung der Form unter die Idee bedeutet,
liabeu the venetianischen Komj)onisten das Problem des modernen Vor-
««piels und der sinfonischen Dit htung bereits, wenn auch unbewußt, gelöst.
So wenig es das moderne Vorspiel einer allgemein übereinstimmeudeii
^restaltung bringt unil bringen will, ebeusoweuig liegt es im Wesen der
venetianischen Sinfonie, sich in ein bestimmtes Schema einzuzwängen.
Und ebenso erklärt es sich aus ihrem Programm-Charakter, daß diu
Sinfonien trotz mancher Famihen-Ahnlichkeit immer neue, frappante Züge
aufweigen. In diesen Sätzen ist es denn auch, in welchen die Venetianer
oft die glänzendsten Ideen entwickeln, die aie, da kein Zwang herrscht,
in der freiesten Weise entfalten können.
Trotz all der Feinheiten, auf die im Zusammenhang eingegangen
werden vdrd, sind die Sinfonien in ihrer Wirkung dennoch von einer
populären Einfachheit. Es ist Yolksmusik im besten Sinne des Wortes,
was sie enthalten und ausströmen. Die Sprache dieser schnellen Sätze
ist so nnsweideutig, daß sie Jeder aus der Zuhöimienge verstdien mußte,
inshesondere wenn man bedenkt, daß eine Oper durch eine ganze »star
gione« gegeben wurde, und daß die Zuhörer von dem Textbuche vor der
Oper Kenntnis nahmen*). Ein freier, republikanischer Yolksgeist durch-
zieht diese Sinfonien, ein Geist, der dem etikettenmäßigen Zwange der
französischen Ouvertüre durchaus entgegengesetzt, der in jeder Hinsicht
ungebunden ist Das GesamturteiP) Über die venetianische Oper: »£s
geht durch die renetianische Opern-Musik ein knapper, kurz angebundener,
fast grober Zug — aber, was geboten wird, hat Gehalt,« trifft auch für
die Sinfonien im ToUsten Maße zu. Die meisten Sinfonien sind kurz,
aber in dem kleinen Bahmen bieten sie ein so lebensvolles Bild, daß
gerade in solchen Allegro-I^tzen oft mehr Musik steckt, als In ganzen
Sonaten von Instrumental-Komponisten. Was bei allen diesen Sätzen
schnellen Zeitmaßes zu finden ist, das ist ein ungeschminkter Bealismus,
häufig von einer Naturwuchsigkeit, die selbst im 17. Jahrhundert nicht oft
1) X. a. 0.t Seit« 7d f. 2) A. a. O., Seit« 31.
31 A. a. 0., Seite 26.
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428
Alfred Heaß, Die venetianisokeii Opera>Sinibiiieii.
in dieser Stärke zu treffen ist. Die Komponisten, besonders Cava Iii,
benutzen ungemein gern Natur-Motive, Dreiklangs-Folgen, die sie in
manchen FSJien in der sorglosesten Weise so oft hintereinander spielen,
daB sie damit einen ganzen Satz ausfüllen, doch, muß hinzugefügt werden,
inuner mit dem Wechsel in der Dominante. Dadurch gehen sie bei
solchen NatOF^Sinfonien einen Schritt über Montererdi hinausi der in
seiner Tokkata ebenfalls eine solche Natnr-Musik geliefert hatte. Dieses
Fanfaren-Stflck Hegt denn anch manchen Tenetianischen Sinfonien zu
Grunde, nur gehen diese in dem angegebenen Faktor Uber ihr Vorbild
hinaus. Am weitesten geht mit solchen Dreiklangs-Folgen OaraUi, der
in der fUnfistimmigen Sinfonie zu »Mutio Sc&vola«') vom Jahre 1655
nichts anderes als den C- und O^w-Akkord in zwei Arten benutzt,
einmal in feierlidier Haltung, als
! ' I r i I 1 1
und dann sofort losbrechend
r T r r T r T rrrrr
worauf alles in der Dominante erscheint. Mit iKielimaligem. sofortig« ii
Anscliluü des C-diir Allegro-Teils, der diesmal etwas breiter ausgeführt
vird, geht die Sinfonie unter mächtigen C-dur Viertelschlägen zu Ende.
(26 Takte). Ein wildes, aufgeregtes Leben, das dadurch zu stände kommt,
daB da« einfadie Allegro-MotiT aatiphonisch durch die Instrumente ge-
führt werden, pulsiert durch diese Sinfonie; die gleich sich anschliefiende
Bühnen-Szene gibt Aufschluß: mit wilden Ruf stürzt das Yolk auf die
Bühne:
di raia>pe
di
usw.
mm-pe
Hier haben wir eine jener »wörtlichen« Programm-Sinfonien, auf die
hingewiesen wurde. Das Motiv ist ziemlich getreu bewahrt, der Yokalsatz
läßt nur die in diesem Falle matt wirkenden Sechzehntel weg.
In dieser Sinfonie ist der plötzliche Wechsel von Feierlichkeit und
einem explosiven Ausbruch ganz bedeutend gesteigert, ja bereits auf die
1} Bibliothek San Marco.
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Alfred Ueuß, Die Tenetiauischen Opcrn-Sinfonieu.
429
Spitze gestellt. Wie bereits gesagt, ist es ein Charakteristikulli der
venetianiachen Sinfonien in ihrer Blütezeit, ein Effekt, der in dieser Tjr-
wttchsigkeit gebracht, seine zündende Wirkung nie verfehlen wird. Der
moderne Mensch, dem schon oft BeeÜioTen*8che Kraftproben zu stark
sind, schüttelt vielleicht über diese krassen Gegensätze den Kopf und
nennt sie einen wenn auch wirksamen, so doch etwas rohen Effekt; alirr
man denke einmal an die urwüchsigen Gestalte n eines Oavalii, die derbe
realistisclie Zeit und vor allem auch an das Publikum, eine sensations-
lustige, lebhaft em])findende, nnrofaige und pliantasievolle Sohaomenge,
die nicht ins Theater gekommen war, um sich hölzerne Fugen vorspielen
zu lassen, mit denen es, wenigstens wie sie geboten wurden, nichts an-
zufangen gewuRt hUtto, eine YolksmcTige , die geraile in dem V)nnten
Mischen von liildern. an <ler alienteiierlichen Form, ihre Freude haben
niuBf»', weil sich darin ihr Wesen selbst fand, und dann wird man be-
fii it 1!. daß die Komponisten einerseits auf diese Konipositions -Weise p:e-
rieteii und daß man sj*', als sie erprobt war, auch beil)ehielt. Aller-
dings, ein modernes, in khtngJicher Beziehung,' al>fjestmni>ft*'s Olir müßte,
um die riclitige VorstelJun;,' von solchen Sinfonien zu lu kuinmun, sie auch
in der für dassell)e raatSgebenden Besetzung hören, w(»hei, wie bei einer
solchen Schlachten-Sinfonie, J Linken und ähnliche Instrumente nicht
fehlen dürften. Hierin, was Intensität der- KlangAvirkuntr anbetrifft, hat
die moderne Zeit einen > Fortschritt « zu verzeichnen. Auf die viel
feineren, musikalischen Lärm ungewohnten Ohren jener Zeit machte eine
solche Sinfonie, was Kraftfttlle aohetiifft, sicher den gleichen Eindruck
wie heute die stärkst instrumentierte moderne Instrumental-Komposition.
Denn solche Sinfonien bat man sich wohl nicht lediglich von Violinen- und
Akkord-Ordiester gespielt zu denkoi, sondern hier wirkten wahrscheinlich
auch Bläser mit; solche Motive, und in diesem Zusammenhange, verlangen
geradezu kategorisch Trompeten. Andererseite waren unbedingt auch die
vielen Akkord-Listrumente im stände, dem ganzen Ensemble die ge-
hörige Wndit zu geben. Wir werden aber noch Sinfonien finden, in
welchen Blas-Instrumente ausdrücklich vorgeschrieben sind. In der mo-
dernen Musik finden wir kaum etwas, das wir diesen Sinfonien mit ihrer
Kraftfülle an die Seite stellen könnten; denn innere Kraft und Ur-
wüchsigkeit haben die Yenetianer schon durch das ganze klüftige Fühlen
ihrer Zat den heutigen Musikern voraus. Wir müssen, wenn wir diesen
Sinfonien etwas Ähnliches an die Seite stellen wollen, es schon in
dieser Zeit selbst suchen, und zwar finden wir es da, wo eine direkte
Beeinflussung von S< iten der Yenetianer vorliegt, nämlicli in den Werken
der großen deutschen Meister dieser und der nachfolgenden Epoche:
die plötzlichen Übergänge in Händel' scheu AYerken (als typisches und
bekanntestes Beispiel kann »Wie durch £inen der Tod« im »Messiast
430
Alfred Heuß, Dia venetiMiiKliea Op«ni-Sinfoineii.
gt'lten , in Chören des V<»lkps in Scli üt/' schon nnd Bach''8eb('ii P.i«;-
sioncn, die ebenfalls mit dit sor (iemcntarfT! Gewalt nnd wie aus «lern
Nichts ii I \ orliroehend, alles über den lluuteii zu werfen scheinon, sind
direkte Machlnlduii^ren (K'n vruetianisclien Verfahri-ns. — Die venetia-
nischen Komponisten miiöstii sehr vit 1 Freude gerade an dem krassen
Wechsel gelial)t haben. Schon in difstM-. der Sinfonie zu Mntio Rcävoia«,
wendet ihn Cavalli zweimal an, und ähnlich verfahren die anderen
Komponisten, wie l)eisj»ieLsweise 1'. A. Ziani in seiner Sinfonie zu
»Heraclio« 1671 und zu ^Antigone delusa« *) 1660, Francesco Luzzo in
>Medoro < 1658, der zwischen hochpathetische Ergüsse zweimal mn
2SchlachteiibUd dnsehielyt, und andere.
Die Tenetianischen Sinfome-Eomponisten, denen es daran liegt, mit
einem solchen kurzen Satz oder Tielfach nur Bmchatttcken eines solchen
ein einziges, prägnantes Bild zu geben, werden durch dieses Bestrehen
nach Deutlichkeit dahin gefttbrt, in ihrem Aufbau möglichst einheitlich
zu verfahren. Das Besultat dieses Strebens beruht auf dem gleichen
Piinap, das wir Monteverdi anwenden sahen und aus inneren psycholo-
gischen Gründen erklärten, nämlich auf dem möglichst konsequenten Fest-
halten eines Motivs, das heißt: die Komponisten beginnen »durchzuführen«.
Nur gehen die Yenetianer über Monteverdi hinaus, indem sie nidit, wie
dieser, das ganze Thema auf verschiedenen Stufen sequenzmäBig wie-
derholen, sondern entweder das Thema selbst aus einem kurzen Äfotiv
bilden oder aber auch nach Aufstellung des Them v markante Teile
desselben herausnehmen und diese auf eine Art und Weise benutzen, die
wir motivische Arbeit nennen. Am weitesten geht auch hier wieder
Cavalli, der in einige seiner schnellen Sätze Gebilde aufstellt, die schon
ganz das leisten, was man heutzutage als Durchführung eines Motivs
bezeichnet. Schon der schnelle Satz zu der Sinfonie »Mutio Scävola t
die oben betrachtet wurde, zeigt etwas Ähnliches. Auf einer höheren
Stufe steht in dieser Hinsicht die Sinfonie zu Klint^abalü« 1()59, die,
dreisätzig, die Sätze auch streng von einander scheidet, was bei den
Venetianem zwar öfters vorkommt, doch nicht das Typische ist. Den
längsten der drei Sätze (20 Takte) bildet Cavalli ganz aus dem Motiv:
Er nimmt fOr den Schlufiteil die zweite Hälfte dieses Motivs heraus und
weiß durch die allmähliche Erhebung <les8elben von unten herauf:
1} Bibliothek Sam Mareo. 2; Bibliothek Stn Iferco.
Digilizod by Cu^
Alfred Henß, Die venetianitohen Opern-Sinfonien.
431
dem Schlüsse eine prächtige Steigerung zu geben. Es ist, nebenbei be-
merkt, eine Stelle, bei der man unwillkürlich daran denken muß, daß
schon die damalige Zeit das »crescendo« anwandte.
Der Begriff der Schlußsteigerung ist vorläufig der Instrumental -
Musik noch frenul, so man unter dieser die Solo-Musik (Solo- und
Trio-Sonate) versteht G. Gabrieli kannte etwas vrie Steigerung am
Schluß, indem er nicht selten schnellere Noten anwendet oder durch
komjjakteres Zusammenhalten der Stimmen eine gesteigerte Wirkung er-
zielt. Hei der Kammer-Musik dieser Zeit trifft man aber ein so be-
wuBtes Hinarbeiten auf den SchluH, wie es Cavalli iiier tut, nicht an.
Der Wiedcriiolung des Hauptthemas am SchluH, die von den Kom-
ponisten dieser Zeit nocli sehr gern und sehr oft angewendet wird,
liegt zwar (»benfalls eine Steigerung des WohlgefUhls zu Grunde, indem
das Wiedererkennen, das Yertrautsein mit dem Thema ein solches mit
sicli bringt. Aber was wirklicher » Effekt < ist, das haben auch später
am schnellsten immer di«' Opern-Komponisten herausgefunden.
Andere Beispiele solcher motivischer Arbeit sind nicht selten und
zwar besonders bei Cavalli. So macht er in der für Paris koMij)uni«'rten
f imfstimmigen Sinfonie zu »Kreole«'; im zweiten Satze beinahe eine
r^[elrechte Durchführung, indem ein ganzer Durchfühi'ungsteil gelüldet
wird, der sein Motiv aus dem vorher deutlich aufgestellten Thema ent-
nimmt, genau wie es heute [noch gemacht wird. Das Motiv
wird tlurcli die Stimme gejai^t, fünfmal in der oliersten Stiunne liiuter-
einiinder, eine Tonstufe tiefer wiederholt und als SchluUsteigeruug iu fol-
gender Gestalt gebracht:
Baß Oktave tiefer.
worauf sich dann der eigentliche Schlußteil, eine machtige C4w Fanfare
im Sinne der Orfeo-Tokkata anschließt, welche das Qeftthl des Sdilusses
noch bedeutend zu steigern weiß, indem noch »verbürgtet Tromben mit-
spielen*).
Ij iiibliuthek Sun Marco
2. Die Sinfonie wird von Herrn Prot Kretsschmar in dem letzten Band seines
Führers durch den Konzertsaal, der Konserte, Ouvertüren etc. umfassen wird, zur Yer^
öffentlichnng^ gelangm, worauf ich hiermit verweise.
> _ od by Google
432
Alfred fieuß, Die venetiamachen Openn-Sinfonien.
Vielleicht ist es gerade diese Sinfonie, welche zu der zweiten Periode
der venetianischen Sinfonie bewulit hinführt, in welcher, wie in der Über-
sicht bemerkt, das Enidringen des [uixierten Stiles stattfindet. Ausge-
gangen von strophischen, sozusagen auf einem Cantus firmus harmoniscli
au^baaten Akkord-Folgen, denen hohe Feieriichkeit an der Stime ge-
schriebeii war, trat mit emm Bfale das Allegro-Blement auf, das An-
fangs im Yerbilfcnis zur AvsdehnuDg des langsamen Teils nodi zurück-
trat» sich dann aber bald stark in den Yordergrund drängte, sodaB ihm
ganze Sätze gewidmet werden, und hierbei ein Abbild der venetianischen
Oper ttberiiaupt wird. Auch der Allegro-Satz ruhte auf vollständig akkordi«
scher Grundlage. Deshalb wurde im inneren System nichts g^dert» und
deshalb konnten die sich im übrigen scharf trainenden Sinfonie-Perio-
den zusammengefaßt werden. Jetzt tritt aber eine fOr die Sinfonie ent-
scheidende Wendung eiU) indem sie den akkordischen Boden veriäßt und
der Fugiemng, wenn Anfangs auch noch so bescheiden, Eingang gewährt.
Es hat einige Wahrscheinlichkeit für sich, daß es Oavalli mit der für
Paris komponierten Oper »Ercolec var, dem die Einführung der Fugie-
rung zuzuschreiben ist. Man kann es zwar absolut keine eigentliche
Fugicrung nennen, was Cavalli in dem ersten Satze tlieser Sinfonie bietet.
Sie beschränkt sich lediglich darauf, daß nicht alle Stimmen zugleich
beginsnai; dann geht es aber in rasender Folge mit lauter Sextakkor-
den, »einer kühnen Anwendung der alten Fauz-bourdon-Harmonien, «
weiter und der Eindruck ist ein ToUständig >harmoni8dier«. Der zweite
Satz steht wieder ganz auf akkordischer Basis.
()h es wirklich die Sinfonie zu »Ercole« gewesen ist, die der vene-
tianischen Sinfonie die Fugierung zuführte, n)fitT *1ahingcstellt bleiben;
Tätl iche ist, daß seit dieser Zeit Sinfonien mit l- uL-eriiug an der Taj^es-
ordnung sind. War es wirklich Cavalli, so hat er der venetianischen
Sinfonie ein Danaer-Gescheuk gemacht, insofern man nämlich die Kon-
sequenzen daraus zieht. Mit Einführung des ersten fugierten Teiles
begann nian an einem der Hauptpteiler der spezifischen Eigentümlich-
keit der venetianischen Sinfonie zu rütteln, bis scldießlich der ganze
so selbständige venetiauiijche Bau keinen Umsturz, wohl aber einen
gründlichen Umbau erlitt, und eine Form unnuliiu, die mit der franzö-
sischen Uuvertüre große Ähnlichkeit zeigt. Wie sich auch nach der
anderen Seite hin die venetianische Sinfonie umbildete, werden wir später
erkennen.
Sehen wir zu, in welcher Weise die venetianisch«! Komponisten sich
mit der Fugienmg abfinden. Es zeigt sich bald, daß dieselbe von ihnen
in einer so selbständigen Weise gebandhabt wird, daß sie in der ersten
1) Kretsschmar, Ftthrer durcb den KonMrtBaal I, 37.
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Alfired Bfiuß, Die venetüniK^ieii Opern-Siiifoiiien.
433
Zeit nicht im stände ist, das gezeichnete Bild in besonderer AVeise zu
modifizieren. Wie die VeuitiaDer dies anstellen, ist einer der interessan-
testen Züge in der Entwicklung dieser so eigenartigen Musik-Form.
Maligcljend ist bei den Venetiauern in erster Linie der dramatische
(xesichtäpunkt. Daher kommt es, daß das ganze Wesen des fugierten
Stiles in den Dienst einer Idee gestellt wird, wodurch die Fugierung
niemals als» Zweck erscheint, wie bei der fninzösischen Ouvertüre, son-
dern als mnsiknlisches Ausdrucksmittel dieser Zeit, i is allerdings einer
• Kunst-Form lunzugefügt wird, der sie urs|)rünglich ganz fremd war. .lu,
man muß sogar sagen, daß diu Fugierung neue Ausdrucksmittel brachte,
und in vielen Fällen die schönsten Früchte zeitigte. Dem Volks-Charaklt r
der venetianischen Sinfonie wurde aber dennoch ein feinerer Zug ein-
verleibt, indem man uümlich die Entdeckung machen kann, daß Opern-
Sinfonien, die fttr einen Hof oder eine aristokratische Gesellschaft berechnet
and aus ihr hervorgegangen waren, von Anfang an sidi einer gewählteren,
kunstreicheren » Sprache « bedienen, die in unserem Falle die Anwendung
der fugierten Schreibweise wäre; auf die in Betracht k<»nmenden Fälle
ist bereits hingewiesen worden.
Die Fugierung tritt bei den Yenetianera anfangs sehr bescheiden
auf und wagt nicht, ihr ganxes Wesen, zum Beisiuel als ausgeführte
Fuge auszusprechen, im Gegenteil richtet sie sich ganz nach der be-
stehenden und herrschenden Ansicht Denn so sehr es im Wesen des
fugierten Stiles liogt, recht ausführlich (wenigstens fttr Theaterzwecke} zu
sein, indem ja schon das allmähliche Einsetzen der Stimmen hinterein^
ander die Musik zu einer breiteren Anlage zwingt, so räumen dennoch
die Yenetianer einem solchen Satze keinen größeren Baum als den früheren
Sätzen ein, und so vermag die Fugierung in der ersten Zeit tatsächlich
nicht die knappen Yerhältnisse zu sprengen und zu erweitem. Die auf
AusfOhrlichkeit hindrängende Fugen-Manier wird also gegen ihr Wesen
in der gleichen Art wie die andern Sätze, nämlich, »episodenhaft« be-
handelt Die Komponisten standen so offenbar zwischen zwei Lagern,
hier fugenartige Behandlung mit damit verbundener liänge, dort alther-
gebrachte Kürze und Prägnanz. Dadurch, daß bei den Yenetianem die
zweite Forderung wenigstens Anfangs maßgebend war, kamen sie auf
einen Ausweg, der im Interesse größerer Mannigfaltigkeit auch von Lully
zur Vermeidung seiner steifen Fuge hätte beschritten werden können;
man fugierte, aber nicht in der eigentlichen Fugenart, sondern gewisser-
maßen auf harmomschem Frinzi]). Dieses Paradoxum erklärt sich folgen-
dermaßen: man beginnt vielleicht mit einem Thema, das von einer ein-
zigen Stimme gebracht wird, aber die anderen Stimmen kommen so plötz-
lich und schnell dazu, daß das Gefidd des Fugenartigen schneller in
uns verschwunden als eigentlich entstanden ist, so daß der Satz im
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484
Ailred HeuO, Die Tenetianitohen Opem-äinfonien.
II lui umdrehen solchen gleiclit, wie wir sie bis dahin kennen gelernt
iuibeii.
Diese Art der fugenartigen Behandlung luit aber dennoch in gewisser
Beziehung Schule gemacht Wenn Bach zum Beispiel im Gloria und
einigen änderen Sätzen seiner H-moU Messe das Thema Ton taaaiex Stinune
ansetzen laßt, dem dann schnell die zweite folgt, worauf dann plötzlich die
drei noch fehlenden Stimmen ganz unerwartet zusammen einsetzen^ gleich-
sam als könnten sie nicht erwarten, mit ihrem Lobe auch noch zu rechter
Zeit zu kommen, so geht Bach dabei ganz vom gleichen Standpunkt aus, -
wie die Yenetianer; dieser ist eben der dramatische, der das successiTe,
regelmäßige Einsetzen der Stimmen in einem solchen Falle, wo es sich
um eine allgemeine, starmische Kundgebung handelt» zum Allermindesten
als nicht natürlich und aus der Situation gegriffen halten würde.
Ein prächtiges Beispiel zur ganzen Dariegung der Verwendung der
Fugierung bei den venetianischen Opern-Sinfonien bietet M. A. Ziani
im Allegro-Satz seiner überaus abweclislungsreichen Sinfonie zu > Schiava
fortunata« vom Jahre 1674 ^j, die auch den Beilagen beigegeben ist (II.)
Vom ersten Satz wird an anderer Stelle noch zu sprechen sein.
Der zweite, ausdrücklich mit Allegio bezeichnete Satz hat ein über-
aus energisches Fanfaren-Motiv. Schon im zweiten Takt tritt die zweite
Stimme auf, und im vierten Takt setzen die noch fehlenden Stimmen
zusammen ein; es gleicht diese Art des Einsetzens ganz dem, was wir
die Engführuiig eines Themas nennen; gewiß mußte gerade die En-j-
fiiliruni?. wo ciiK^ Stimme die andere dr?in,?t und treibt, dasjenige an der
Fugt- sein, was den Dramatikern aui meisten getiel und ilmen am nächsten
lag. Kaum sind allf Stimmen bei einander, so ist auch der ganze An-
fangsgedanke vergessen und die fugenartige Selireibweise anf^ecreben ;
alle Instrumente bringen, kaum daß man es sich \ ersieht, ein beinahe
streitsüchtiges, pochendes Motiv, in das beim zweiten Mal auch noch die
Bali- und Akkord-instrumente mit eingreifen, so daß durcli diese .ge-
meinschaftliche Tätigkeit aller Instrumente :in t inern Motiv eine gerade/u
elementare Wirkung zu stände kommt; das gaiwe Orchester sclieint bei
dieser Kraft--\ußemng zu wanken. Kaum liaben die Schläge, die lebhaft an
Schubert's Menuett aus tler Fantasie op. 78 erinnern, aufgehört, so ver-
zieht sich auch wieder das Gewitter; mit bestinunten Tonrhythmen, die
aber vollständig den Anfangs-Gedanken außer Acht lassen, wird in die
Dominante moduliert und mit kraftigem Schluß ein Halt gemacht; wer
jetzt eine Wiederholung des Teiles in der Dominante erwartete, wie es
Brauch bei der Fuge ist, wttrde schwer irren. Ungemein zart, beinalie
schwärmerisch setzt solo die zweite Stimme mit einem neuen Thema mn.
1} Bibliothek zn Skui Marco.
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Alfk«d Henfl, Die ?eiMtiiniMhen Opern-SiBlbiiieiL 435
der die enfte aolort folgt; die dritte vierte Stunrne folgen in Terzen
und leiten ganz nnyersebens in das von alleii Instrumenten gebrachte häm-
mernde Motiv über, das dieraaal wahrscheinlich gaas leise gespielt w erdt n
muß, wodurch eine gam awrkwttrdige Wirkung zu stände kommt. Einige
mit dem ersten Teil korrespondierende Takte führen aber jetzt zum Schluß-
effekt des Ganzen, indem das hämmernde Motiv dreimal hintereinander,
natürlich mit aller Kraft, gebracht wird, was entschieden vom Kom-
ponisten als Hauptwitz des ganzen Satzes betrachtet wurde. Hierauf
geht der Satz mit krättigen Akkorden zu Ende geht,
Fälle dieser Art sind duicliaus nicht selten und crkliircii sich aus der
ganzen Schaffens- Weise der Komponisten, ihrer Auffassung der Sinfonie
voUständitr. Auch das Vorhandensein eines wirklichen zw<'iten Tlicmas
(denn als solches ist das Gesangs-Thema aufzufassen], und zwar eines
solchen geradezu im Mozart'schen Smue, kann in dieser Umgebung nicht
einmal verwumlem, weil der phantastische, abenteuerliche Zug, der durch
diese ganze Musik geht, eben die heterogensten Elemente zusammenzu-
stellen im stände ist und die Fantasie in Gegenden zu führen vermag,
die der von ganz anderen Gesichtspunkten ausgeheudt u Kammei'-Musik
schlechterdings verborgen sein mußten. Wie Bilder einer Latema magica
ziehen diese einzelnen Sätze und in diesen wieder die einzelnen Gedanken
an uns vorbei; kaum haben wir uns in das eine TeiMiikt, ao ist es
«ooh mder venefammden, nnd ein anderes stdit plötzlich vor nnsem
entannten Augen da; denn «nsgefülute GenSlde geben uns diese Kom-
ponisten in ihren Sinfonien nicht; es smd Skizzen, mit Meisterhand in
Schnelligkeit hingevrorlen. Bafi in dieser Beziehung, was aoigsame und
naeh allen Seiten ausgefeilte Arbeit betrifft, man die Sinfonien nicht mit
Arbeiten von InstnnnentalpKonqMmisten zusammenstelkn kann, liegt ganz
in der Anlage, Hegt in der Natur der Skizze. Die freie Instrumentals
llnsik geht von so ganz anderen Gesichtspunkten aus, sie will ans eineu
Gedanken heraus das Ganze entwickeln, baut deshalb allmählich auf,
wozu ihr ein solider, nach allen Seiten hin fest fundierter Unterbau not-
wendig ist, kurz, sie baut auf, während die Sinfonie-Komponisten, so
paradox ee klingt, gleich mit dem fertigen Bau schon dastehen. Für
die innere Bntwicklung des Satzbaues, soweit es dieaen als Ganzes be-
trifft, bat denn die venetianische Sinfonie wenig getan; hirazu ist sie
zu qBnmghaft £b sind mit Kraft ausgespielte Trt'imple, die, wie wir
in einem besonderen Abschnitte nodi sehen werden, Ton den Instru-
mental-Komponisten später aufgenommen und oft ungeschickt und am
falschen Orte angebracht werden. Ihr Wirken und Einfluß erstreckt
sich in erster Linie auf Anreguniren, und hierin wird sie von unge-
meiner Wichtigkeit für die weitere Entwicklung der Instrumental-Musik.
Auch der erste Satz zu der Sinfonie von »Sübiava iortunata« bietet
a. 4 L IL lY. 29
L. kj .i^cd by Google
436
Alfred Heaß, Die venetiroinehen Opera-Sinfornan.
neue Ausblicke; hier sind die harten Gegensätze bedeutend gemildert;
iiiclits Robustes ist in ihm. Aber auch hier feiert die fuji^iert«' Schreib-
weist' einen kleinen Triumph. Nach der üblichen feierlichen Einleitung,
bei der man ebenfalls den Sequenzenbau treffen wird (man bemerke
die freie Beantwortung in der Dominante) setzt, Ton je zwei Stimmen
gebradit» em Thema von ganz innigem, beinahe mtunem Beiz em; denn
trota des gestofienen Bhytfamus, der sonst für ganz andere Ziredce be-
nutzt wurde, ist das Thema ganz zart gemeint. Wie ▼ertranKch schwingt
sich im drittletzten Takt die Melodie-Stimme in die Höhe*, nachdem die
kurz vorher hineingeworfenen Hiebe — ein kleiner DorchfOhrungsteil <—
eine etwas ernstere Miene aufzusetzen Tersucht hatten. Es ist eine Musik,
die zu allen Zeiten schön sein wird.
Aber es gibt noch interessantere Mduiigen als die soeben be-
sprochenen, Ton denen die Instrumental-Musik noch lange Zeit sich nichts
träumen sollte; denn die Art der Yenetianer, immer und zwar ganz un-
vermittelt) Bild an Bild zu reihen, fahrt sie in der Eompositions-Weise
zu Gestaltungen, welche die spätere Zeit dann zimi Prinzip erhebe
sollte, nämlich zur Verquickung ^anz gegensätzhcher Momente, ein Ver-
fahren, das nur zu oft auf dem Wege der Spekulation entsteht Eine
Sinfonie die.ser Art ist die vonPietro Franceschini zur Oper »Arsinoe« *)
(1677), die im Anhang (Nr. 3) ersclieint. Der Anfang ist der übliche (mit
denSequenz-Scliritten und ausdrüc klich mit Orai e überschrieben) ; feierlich
klingt er im hellen D-dur aus. Mit einem Mal Szenerie- Wechsel ein
scharfes, abgehaktes drmoU Thema in vollem, vierstimmigen Satz «chieüt
stnrmisich los, gelanf^t aber bereits nach dem fünften Takt zum Ab-
schluß. Solo setzt sein ( Je<2fcnstäck ein, das in beinahe galanter Weise
dem Unf^estUni aus dem W<>irf' zu gehen scheint .letzt t^oachieht aber
daü Unerwartete; kaum fangen dritte und vierte Stimme mit diesem
Thema an, so spielen die heidcn ersten Stimmen das erste Thema
aus. das dann wieder von den tieferen Instrumenten ergniien wird,
wahrend die oberen abwechselnd das zweite nehmen, als ob keine Stimme
der andern etwas gönnen möchte; es ist ein Reißen und wieder ein
freundlich Tun ganz eigener Art. Und dies Alles wird im Verlauf
von ein paar Takten ins Werk gesetzt, daß man geradezu verwundert
ist, wie dies in dem engen Ralimen möglich sei. Der Satz wird (mit einigen
Umbildungen und Stimmen -Wechseln) ziemlich genau in der Dominante,
wiederholt; das erste Thema behauptet sein Recht und schließt, beinalie
grimmig, lakonisch in d-moU ab.
Die paar Beispiele werden gezeigt haben, wie in ebenso geistmcher
als auch selbstfindiger Weise die Yenetianer sich den fugierten Stfl zu
' 1) Bibliothek 8u Man».
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.Alfred H«i6, Die Tenetieniachea Opem-fiinfonieiL
437
^sutzf luacliti'ii. Mit der Zeit zeigt sich die Verwandtschaft mit der
französischen Ouvertüre immer mehr, und es ist eigentümlich, wie die
venetianische Sinfonie, von der französischen Oper vollständig unabhängig,
jillmählich auf die Lully'sche Ouvertüre los steuert. Die venetianischen
Komponisten fangen schon vor 1680 an, ganz ausgeführte Fugen zu
schreiben, was in der ersten Zeit des Eindringens des fugierten Stiles
unmöglich gewesen wäre. Aber selbst dann, wenn wirkliche Fugen vor-
liegen, verleugnen die Venetianer ihre Natur nicht. Eine solche vene-
tianische Fuge ist noch ungemein weit davon entfernt, von der Art und
dem Wesen der französischen in der Lully'schen Ouvertüre zu sein, deren
Merkmal eine etwas lederne Trockenheit ist. Ich möchte an einem ein-
zigen Beispiele zeigen, wie die Venetianer sich auch mit einer vollen
Fuge abzufinden und wie dieselbe zu würzen verstanden. Es ist eine
Smfonie aus dem Jalire 1680, nur Oper »B Hatto delle Sabine« yon
Fietro Simone Agostini^). Der Anfang entspricM der alten venetiani-
schen Sinfonie; doch fehlt die schaffe Gliederung, die man in der Zeit
der Bifite geradesu durchgängig beobachten konnte. Skshon dadurch
EQigt die Sinfonie ziemHche Ähnlichkeit mit der Lolly^scfaen OuTertUre,.
deren Eingangsteil die scharfe Gliederung der Tenetianischen nidit seigt|
abgesehen von der in der franxösisdien Ouvertfire fiblichen Satzeinteilung:
Tiangsam — Schnell — Langsam.
Der darauf folgende fugierte, ebenfolls fttn&tlmnuge Satz ist keine
einfache, sondern eine Art Doppelfuge, das heifit das Thema besteht aus
zwei gegensätzlichen Teil-Themen, wovon das zweite sofort von der zweiten
Stimme als G^egensatz zum ersten in Beschlag genommen wird« Hier
der Anfang mit den verschiedenen Ein^tzen. (Die vierte Stinune im
zweiten System ist eine Oktave tiefer zu lesen.)
1) Bibliothek m S«& Man» in Venedig.
U8W.
29»
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436 AlEred H«a8, Die Tea«tiMiiMdiea Opera-^mfosMii.
■
Dies ist wieder echte Venetianer-Art; deiin ein Blick auf die Noten
genügt, um zu sehen, daß der Einsatz der zweiten Stimme nach den
Begeln der Fuge eigentlich erst im dritten Takt, in welchem das Thema
in clor richtigeii Gestalt enclieiiit, hätte erfolgen sollen. Man moB di^
Oestaltnngsweise cUf^ dramatifich nennen, aotoi das maliaierande Spiel
der beiden Stimmen, indem die eine die andere anzogreifen scheint, etwaa
Dramatisches an sidi hat Biegelrecht» irie auf Kommando, selisn dann
die andern drei Stimmen (der BaB fehlt in dem Notenheispiel} hinter-
einnnder ein, und in frohem Lauf eilen s&mtlidhe Stimmen, wobei sosnsagen
jede Note thematisdi ist, dahin bis m einem scheinbaren AbsehlnS in
Chdur. Jetzt eine kune, nur dnroh ein Instrument an«gefttUto Pause,
und ohne jeglidiii Modulation klingt plötalich, me eine OCtterstunme
aus den Wollten, ein langer, den ganzen Takt fallender Akkord —
QumtpSeztakkord auf eis — in das Toriier so erregte Spiel Es kommt
Einem unwinktkrlich der Trompetenstoß in Beethoyen*8 Le<moren-Oaverture
in den Sinn und sicherlich, weniger dramatisc]) ist dieser hereingeschneite
Akkord nicht. Deiin(ir!i ist er abo' unzweifelhaft historisch als eine
•zusammengeschrumpfte Erinnerung an den früheren feierlichen Teil, der
gern das AUegro wieder unterbrach, au erklären. — Die Stimmen lassen
sidi aber Ton dem Phantom, das sie einen Augenblick zum Stehen brachte,
nicht weiter stören; beinahe frivol, als wäre auch nicht das Geringste
geschehen, setzen sie in der gehörigen Ordnung wieder ein, und es folgt
oinc Art Wiederholung des ersten Fngatos; genau wie in den meisten
französischen Ouvertüren ist der Scliluli wieder ein Largo-Teil.
Die besprochene Sinfonie war aus dem Jahre 1G8(J. Aber schon
früher treten Sinfonien auf, die stark an den Typn^ der französischen
Ouvertüre erinneni. H. Tiet^renzi sclireiht zu seiner Oper - Totila« *)
eine Einleitung, die überaus stark die Verwandtschaft mit der französischen
Ouvertüre zeigt; selbst der langsame Teil ist nicht so eigentlich vene-
tiaiusch. Man glaubt l)einahe, daß sich Legrenzi des üuterschiedcä dar
beiden »Sinfonie- Arten in ihrem feierlichen Teil bewußt gewesen sei, denn
dem frauz()sischen Eingang folgt noch ein kleiner, feierlicher Teil im
'/■.»-Takt von nur wenigen Takten , di'r aber ganz lu der Art der vene-
tianischen Sinfonie gehalten ist. Diesem ähnlich ist denn auch das ab-
schließende Largo. Der deuthch als Fuge gedachte sdinellc Satz weist
keine neue Züge auf; das Thema besteht aus lauter Viertel^Noten, wo-
durch der Satz trotx des NadieinandereinBetzens der Stimmen im Augen-
blick ganz harmonisdi wirkt
Es ist bereits bemerkt worden, dafi nidit bei allen Sinfonien der
Tenetianer die Yerwandtschaft mit der französischen Ouyertnre ddi aengt.
1) BiUiothek San Muco.
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In der Tat geht denn die venetianische Sinfonie iu ihrer späteren Zöit
nach zwei Richtunj^en auseinander, und zwar von der Zeit an, als sie
den festen Kontakt mit dem Drama zu verlieren beginnt. Auch bei den
soeben besprochenen Fupen-^infonien wird man nicht so leiclit einen
direkten, inneren ZiLsauimenhang mit der ()|)er herausfinden können. —
Aber auch die andere Kichtiiug Htrläßt die Bahn der frülieren Sinfonie,
eines den reichen Inhalt der Oper wiederspiegelnden Musik -Stückw.
Mau möchte in diesem Abkommen von dem früheren Weg beinahe ein
kleines Gregenst&ck zur Oper übertiaupt heraiaafiiideB. Bis jetct war die
Sinfonie aiebt Selbsteweck gewesen, sondem hatte sieh den Dienst
der Oper gestellt; nun machen dch aber starke Anidohen geltend, daft
ihr diese Bolle verleidet ist, nnd so beginnt sie bereitB anl den Weg ni
geraten, auf welchem die Oper in der späteren Zeit wandeln sollte: wie
hei dieser die Musik im stände war, den dramatischen Gestchtspunkt
ans den Augen sn veflieren, so Teifolgt auch die Sinfonie allmühlich
Selhstsweoke und wird Konasrtstttck. Sicher ist mit dem Kamen >Eon-
sertstflx^k« siemlich stark ▼oigegrifisn, aber die Anzeichen hiena aeigen
sich schon in aller Klarheit, und als solche sind diese Sinfonien für die .
Oeschiflhte, ftr dm spätere Entwicklung der Smfonie, und gaax besonders
für die Yorgeschidite des Ihstrumental-Konzerta Ton entscheidendem
Interesse.
Die Richtung, welche dieser Zweig der venetianischen Sinfonie ein«*
schlägt, ist die solistische, kennzeichnet sich also in dem Hervortretsn
eines oder mehrerer Instrumente, ein Verfahren, das ursprünglich unserer
Sinfonie ^nz fem lag. Die Art und Weise, wie dies geschieht, zeigt
deutlieh, daß man es hier mit Vorboten des späteren Konzertes zu tun
hat. Wir kommen hier zu einer Frage, die einiger Klärung bedarf und
deshalb etwas näher erörtert werden muß.
Über die Entstellung^ des Instrumental-Konzertes sind wir noch ziem-
lich im Unklaren, trotz fUr liöchst dankenswerten Mitteilungen Sand-
berger's in der NeuausjL' i l»i m Abaco's Werken'). Den Begründer des
Concprto ffrosso findet Sandberger iu Tiucchese Giov. Lor. Gregnri, der
schon vor ToruUi, den man bis dahin als den Schöpfer diei«er Instru-
mental-Gattung ansah, Konzerte sclirieb. Ich glaube, daß hier weniger
Namen maßgebend sind, als das Wesen des Konzei tS; indem auch Oregon
von dem Konzertals von etwas ganz Bekanntem redet, und es sich vielleicht
nur um weitere Funde bandeln wird, die einen noch späteren Komponistea
des Konzertes berausstcllen können.
Für die Erklärung des Wesens des Konzertes sind aber die kon-
aertterenden Sinfonien von großer Wichtigkeit, da das solistisch kon-
1) Denkmäler der Tonkunst in Bayam, erster Jahrgang.
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440
Alfired Hen0, Bi^ T6iMtuii»eb<eii Opani'Sinfoiiita.
•zertiertmde Element bei ihnen aus ganz anderen Verliiiltnissen als bei
der Kammer-Musik herauswädist Wir mübsen hier etwas ausführlicher
werden.
Die Instrumcntal-^rusik des 17. JalirhundtTts ist in ihrer Gesamtheit
eine solistische, wenn auch die Ansicht unbedin^?t vertreten werden iniiB,
dali dio TrioSonfiton, die j^ebräuchlichsto Kunstform in der Instrumental-
Praxis, autii Iii ciiorischer Besetzung gespielt worden sind, uiul dies eines-
teils deswegen, weil man sonst annehmen müßte, das 17. Jahrhundert
h&tte Orchester-Besetzung außer in der Oper überhaupt nicht gehabt, da
Tielsttmmige Inatnuiieiital-Kompositioneii Ausnahmen sind, ferner auch
deshalb, weil gerade die in der zweiten Hälfte des Jabitiimderti toi^
kcinunenden Bezeichnangen von solo und iuHi darauf hinweisen, daß man
gelegentlich mit einer größeren Anzahl von Spielern rechnete, um den
offenbar gewünschten Gegensatz zu erzielen. Zu den von Torchi<} ge-
gebenen Beispielen solcher Solo- und Tutti-Stellen kann ich ein weitere»
aus Harini's op. 22 von 1655') geben, in welchem dieser Komponist
eine Sonate mit Solo beginnt, tmd ihm dann ein stark kontrastierendes
Tutii-Thema gegenüberstellt, das man sich kaum anders als in stärkerer
Besetzung denken kann, da es, durchaus akkordisch angelegt, mit dem
ziTalisierenden Spiel der übrigen Sonaten nichts gemein hat*). Gerade
das rivalisierende Spiel der Trio-Sonaten, welches diesen Instrumental-
Formen ihr Gepräge gibt, sagt denn aber deutlich, daß man es mit keiner
eigentliehen Orchester-Musik im Sinne der Gabrieli'schen Sonate oder
des nun einsetzenden Konzertes, bei dem das Tutti (Concerto) ein regel-
rechtes Orchester TorauBsetzt, zu tun liat. In dieser Weise betrachtet,
ist die Trio -Sonate in ihrem Wesen doch eine solistische, wofür noch
weiter spricht, daß man die Solo -Sonate, die sich in ihrem Ausdruck
und ihrer Anlage [nicht von der Trio -Sonate unterscheidet, mit dem
gleichen Kochte als Orchester- Musik bezeichnen könnte, was aber bis
dahin von Niemand angenommen worden ist, obwohl sie wohl sicher
wie die Trio-Sonate neben der einfachen auch in orchestraler Besetzung
gespielt wurde. Eine eigenthche ( Jrcliestcr-Musik im 17. Jalirhundert.
nämlich eine solche, die orchestral gedacht und gespielt worden ist, sind
1) A a. O. Eurnnl Im Pftlconieri (1660) tmd d«Dii bei Oorelli (1683).
2} Stadt-Bibliothek zu Breslau,
3 Sclion lanfTC vor Marini und Falci nieri !»ind UnterscheidimL'on in dir Be-
setzung gemacht worden^ so von Castello m dessen »Sonate concertaute« von liiSS,
wo aber nicht Solo und Tutti einander gegenübergestellt werden, sondern Solo und
Duo, wie in der XYIL Sonate für 2 Violinen und 2 Cometti. Bei CMello** Sonaten,
die für diese Zeit ziemliche technische Schwierigkeiten geboten haben werden, ist an
eine mehrfache Besetzung eines Tn^tnirnLutLS kaum zu drnkrn, da die oft f^ehr srlinellen
Länfe auch im Allecxo-Tempo «rliwcrlirh von mehreren Sj)irlern zu^^k'ich deutlich
iierautigebracht worUen wUreu. Diese Sunaten sind wirklich konzertierend.
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Alfred Heuß, Die venetianiachen Op^n-Sinfonien.
441
denn wohl nnr die Opem-Srnfonien, deren 'Wirkimg nur in stärkerer
Besetzung (schon wegen der Baumliöbkeiten und grüßen Zuhörermenge)
enielt werden kann. Hier haben wir ein feet oiganisiertes Orchester, in
welchem neben {dem Violinen-Orchester auch(etwa Blas-Instrumente» die
in der Sonaten-Iiteratnr zur Seltenheit geworden sind, yertreten waren.
Und diese Blas-Listrumenta sind es, welche das konzertierende Spiel im
Sinne des neura Konaertes begründen, und «war in einer Art und Weise,
die für das sptttere Konzert direkt Torbildlich gewesen sein wird, da sich
hier bereits die henrorragendsten Momente desselben in aller Klarheit
zeigen. Hier scheint inir der Schlüssel für die Erklärung des Konzei-tes
KU li^en, erstens, daB es ein fest organisiertes Orchester ist, aus dem
das modern konzertierende Spiel herauswächst, zweitens, daß es Blas-
instrumente sind, die dasselbe begründen und, was damit zusammenhängt,
daß dieses modern konzertierende Spiel zuerst in der Opem-Sinfonio
auftritt. £s ist notwendig, jeden dieser Funkte einer Kritik zu unter-
* ziehen.
Erstens: es ist strenjif zu unterscheiden, auf welche Weise die beiden
Instrumental-Gattungen. 0?-clu'ster-Musik (Opern-Sinfonie' nnfl Kammer-
* Musik (S<>naten-Musik zum solistisclien Spiel beziehungsweise Urchester-
Satz, kurz zu dem Gegensatz von Solo 'irnl Tutti kouinit*n. Hei der
Opem-Sinfoni«' ist das solistischc Spiel eiu Herauswachsen aus einem
wirklichen Orchester- Satz, indem das Tutti das priniäre war, während
bei der Kammer-Musik das Solo in erster Linie bestand und sich
der Gegensatz (Tutti) durch das mittelst stäikerer Besetzung ver-
dichtete ursprüngliche) Solo heranbiidete. Das Ziel wäre demnach das
ganz gleiche gewesen: es galt, eine bewußte, systematische Ausbildung
der Gegenüberstellung von Solo und Tutti, von Solisten und einem
Orchester. Das Bedeutsame und Entscheidende ist aber, duü diese
Gegenüberstellung vom Orchester-Satz aus frülier zu der die moderne
konzertmäßige Art und Weise anzeigenden Behandlung gelangt und ge-
langen mußte (worüber der zweite Punkt GrUnde geben wird), weshalb
diese konzertierenden Opern-Sinfonien fOr das spätere Konzert vorbildlich
sein konnten, denn hier waren audi alle äufieren Bedingungen gegeben.
Das fest oiganisierte Opern-Orchester konnte ohne weiteres die Trennung
Ton Goncertino und Goncerto Tomehmen, in der Cembalo-Frage — ein
.Cembalo für das Concertino, das andere fUr das Concerto — konnte es
wohl direkt Torbildlich sein, da im OpempOrchester bis vier solcher
Instrumente Torkonunen Wie allerdings in der Kammer-Musik vor
Entstehung des Concerto grosso die Cembalo-Frage sich yerhalt, ist
mir nicht bekannt, meines Wissens ist diese Frage überhaupt nodi nicht
1) Xretsiehmar, Jalurbuoli der MosikUbliothek Peter» ISOO, 8. 50.
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442
bertlhi; worden. Daß Akkorfl-Instruraente auch in der Kammer- Musik
fMTic bedeutende Rolle spielten, weiß irinn. indem uns lurch Quantz ver-
büiL^t ist, daß sich die Zahl der Cembali nach der Anzahl der übrij^n
In^ti iniH nie richtet«; für die angegebene Scheidung konnte dennoch das
Upern-Urchester vorbildlich sein*).
Zweitens: Es sind Blas-Instnimente, die das solistisch konzertierende
Spiel in der Sinfonie begründen. Was bedeutet dies einmal für die
Sinfonie ?
In den früheren Sinfonien der Venctianer, bei dinm Blas-Instnimente,
und zwar fast einzig Troinben, öfters vorkommen, lialipn die so stark ans
dem Violinen -Orchester hervortretenden InstniuM nt» nicht vermocht,
solistisch aufzutreten. Es kann knimi etwas besser den veriinderten Stand
der Sinfonie bei den gleichen instrumentalen Verhältnissen kennzeichnen
als gerade dieses selbständige Gebaren der Blas-Instrumonte gegen früher,
wo diese durch den allgemeinen Zwang, daß keim/ Stnnim' sich in dieser
Weise vor der andern erhebe, uiedergehalteu wurden und nicht aus dem
Ganzen in selbstherrUcher Weise hervorzutreten wagten. Wollte man in
einem Gleichnisse reden, so könnte man sagen: hier hat die Brutalität
den Sieg davongetragen; die Tromben mit ihrer aufdi iuglichen Gewalt
haben sich über die feinere Welt der Geigen /um Herrscher empor-
geschwungen. Denn bei den zu besprechenden Sinfonien suid ei, immer
Tromben, die solistisch auftreten. Es ist aucli nichts logischer, als
daß gerade diese Blas-Instrumente das solistische Spiel herbeiführen, und
nichts charakteristischer, als daß in der Opern-Sinfonie das solistisch kon-
zertierende Element lange, bevor es in der Kammer-Musik vorkommt, —
die älteste mir bekannte Konzert-Sinfonie ist Ton 1672 — auftritt, weü
in der letiteren diese instrumente keine Eolle spielen*). Die spftteren
»BegrQnder« des Eonierts bnnchten nur das, was maai in der Opem-
Sinlonie teilweise zum Prinzip erhoben hatte, «nf ihr Fach, nlbnHeh die
Violinen-Musik zu übertragen, nat&rlich mit den in der E^mmer-Mnaik
gebiftnohlichen Fonnen. Aber auch hierin, wenigstens was die Anlage der
Verteilnng von Solo- und Tutti-Stellen anbetrifft, hatten die Ihstrumetital-
Komponisten eigentlich nichts weiteres zu tun, als in die Oper zu gehen
1 Em weiterer Grund, daß die OperQ-Sinfonien fUr die Erklärung des Konzertes
maßgebend nnd, eoheint mir dum tn liegen, daß die m der SonateD-Lsteraiiir ea-
«tttreffenden Bezeichnungen von Solo nnd Tutti ziemlich selten vorkommen, wihnad-
konzerticrende Opern-Sinfonien, soweit sich dies beurteilen läßt, typiscli auftreten.
Torchi, dem ein ungeheures Material m Gebote stand, weist nur die beiden ge-
gebenen Beispiele nach. Dennoch getraue icli mir hierüber kein endgültiges Urteil
abzugeben.
8] EOtnfig kommt nnr dee Fkgott vor, dst den Baß unterstAtrt.
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Aifited SmSk, Die vsnatiaiuMhai Opetn-8iiilinii«i.
448
und sich dort Sinfonien dieser Art anzuhören. Zu diesem Zwecke »ntiffwii
wir uns einige derartige Sinfonien näher ansehen.
Ein passendes Beispiel ist die Sinfonie zur Oper »Adelaide« \] von
A. Sartorio aus dem Jahre 1672, die auch dadurch interes.sant ist, daß
sie die kriegerische erste S/ene mit iliren Trompeten-Fanfaren vorbereitet,
mithin Programm-Sinfonie ist. Die konzertierenden Listrumente sind zwei
Tromben, die einem starken, fünf stimmigen Orchester gegenübergestellt
sind, und zwar in der Art, daß beide Teüe, Solo und Tutti, wie im
späteren Konzert vollständig gleichberechtigt auftreten. Die Sinfonie ist
ganz mit Echo-Effekten durchzogen, worauf bereits von H. Kretzsch-
m.ar hingewiesen worden ist 2). Hier der Anfang:
Volles Orchester. 2 Solo-Tromben mit BassoCont. f^^^ ^ ^
B. Cont. Oktave tiefer.
Nach der ganzen Besprechung .der venetiaiiischen Sinfonie werden wir
die zwei schweren r^-rfwr- Akkorde am Eingai^ der Sinfonie, vom ganzen
Ensemble gebracht, begreifen ; sie sind wie ein letzter Gruß aus der alten,
feierlichen Sinfonie. Nur auf den Anfang beschränkt, gleichsam nur
mehr da, um Ruhe zu gebieten für das gleich darauf folgende Solisten-
Spiel, oder wie ein Pförtner, der seiner Herrschaft das Tor öffnet und
dann sich in die Ecke drückt, so sehen sie uns bcinalie an. Dei- Aufbau
und die Ai*t der Behandlung der Instrumente ist nicht uninteressant; es
liegt etwas darin, was man mit Instrumi'ntation bezeichnet. Das scharf
zugeschnittene, viertaktige Thema (s. oben), bei welchem der zweite und
vierte Takt Echo-Wirkungen der vorhergehenden sind, wüd von den Solo-
Trompeten aufgestellt uml erfährt vom Orchester sofort eine genaue
Wiederholung in der Doiiiiii.uite, Avas deslialb bemerkt wird, weil man
sieht, wie .sehr den venetiaiiischen KoniponiNten die Beantwortung in der
Dominante im Blute liegt; denn bei sjiäteren /.'«/•-Konzerten von V ivaldi,
Corel Ii, Abaco, wird das vom Tutti-Chore aufgestellte Haupt-Thema
vom Concertino immer in der gleichen Tonart gel)racht3). Nach dem
Schlüsse des Tutti in A-diir setzen die Solo-Tnstruniente mit dem Thema
in D-dur wieder ein, doch wird diesmal die Echo-Antwort vom Orchester
gebracht und so ein lustrumentations- Effekt erzielt Auch die Yer-
1) Bibliothek San Marco.
2 Jahrbuch der Musikbibliothek Peten: Einige Bemerkungen für den Vortrag
alter Musik (1900}. Seite 64.
3} Eine große Anzahl von V i v al d i - Konzerten befindet tioh in der KgL BiUiotlMk
sn Dreeden, die Konaerte von Oorelli und einige von Abneo üegeii ta Neime-
gnben vov.
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444 Alfred UeuU, Die venetiamsclien Opern-äinfunien.
teUnng des thematisdien Materials erinnert ganz an das spfttere Eonsert
Das erste Solo-Lutrument intoniert darauf ein aus Motiyen des ersten
Themas gebildetes zweites Thema von vier Takten, das dann ineder
Tom Orchester in der Bominant-Tonart gebracht irird, worauf noch-
. mals das An&ngs -Thema in der zweiten Gestalt, also zwischen Solo
nnd Tutti verteilt, auftritt, mit dem dann die Sinfonie absdiließt Der
Ben ist demnach von der denkbar einfadisten Art, geradezu primitiv, der
hflxmonische Bestand beschränkt sich auf drei Akkorde. Und so tritt
die Sinfonie gewissermaßen in die Heihr jener Natur- Sinfonien mit den
Fanfaren-Motiven, auf welche wiederholt hingewiesen wurde.
Gröfiere Anlage und weitere AusbHcke, auch nach der des späteren
Konzerts, weist eine Sinfonie von P. A. Ziani auf, die zur Oper *Gan-
daule« ^) 1679 gehört, und trefflich zu zeigen vermag, in welcher "Weise
diese Sinfonien für das spätere Konzert vorbildlich sein konnten*). Auch
hier ist das Solo-Instrument eine Trombe und die Sinfonie steht, wie
meistens, wenn eine Trombe dabei ist, in D-rfnr, der Sinfonie-Tonart des
kommenden Jahrhundt-rts. Die ganze zweisiitziije, fünfstimmige Sinfonie
ist ein Konzert für die Trombe mit dem Aufangsthema:
das vom Orchester fugenartig wiederholt wird, worauf dann die Trombe mit
fortfährt, vom Orchester aber sofort unterbrochen wird. Der Anteil
des Orchesters ist hier ein viel lebhafterer als in der vorheiigebendeii
Sinfonie. Ein erregtes Frag- und Antwortspiel, dem das Motiv
zu Grunde liegt (ähnlich wie es die früheren Sinfonien, nur unter alle
Stammen verteilt, geliebt hatten), gibt dieser Sinfonie ein charakteristisches
Aussehen; es handelt sich wirklich um einen Wettkampf zwischen den.
beiden Gegensätzen Solo und Tutti. Zum Schluß des kleinen feurigen
Satzes erklingen dann Solo- und Tntti-Stimmen als schöne Schlufi-
Steigerung zusammen, auch darin dem späteren Konzert die Bahnen
zeigend. Der zweite Satz ist ebenfalls in dieser Art angelegt, nur gibt
1 ^larnis-Bihliothek.
2j Die Sinfonie wird von Herm Prof. KretssohmAr veroffentlioht werdeo.
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Alfred HeoO, Di« ▼mietuiiiMilMn Opem-Siiifitniiai.
445
er dem Solo-Instruiiient Gelegenheit, sein Können auch im ausdrucks-
vollen Spiel zu zeigen. Das »Barcarolen-Thema«
Solo.
das sofort vom Orchester aufgeprriffen wird, erinnert stark an Arien,
Jeron Aceouipagnement wetren ilin r W i<_hu^^keit von (h'n Komponisten
mit einer obligaten InstrumLiiial-ijLgleitunjEr verschen wird. Dem Tutti
ist noch eine größere Kolle zuerteilt, als im vorigen Satze, indem es
emige Male selbständigere Bahnen zu gehen wagt; auch hier vereinigen
sich zum Schlüsse Solo und Orchester. Ahnlich wie diese sind andere
Sinfonien mit konzertierendem Charakter beschaffen; immer ist es ein
Hin- und Herspielen von Solo und Ordiester^.-wie, um ein weiteres Bei-
spiel 2u geben, in der draisätzigen Sinfonie' von C. Pallavicini zu
»L'Amazoni Gonara«>] vom Jahre 1668, bei welcher der erste Satz
(Beflage Kr. 4) das solisttBche Spiel anfweist Instrumente sind- keine
angegeben; die Tonart B-4wr scheint zwar darauf hinzuweisen, daß die
Solo-Stinune mdit TOn der Trombe ausgeführt worden ist, dodi belehrt
darüber gleich die erste Szene des ersteti Aktes, die auf die Trombe
Bezug nimmt, dafi auch hier diese Besetzung gemeint sei. Man rieht
an dem Satze die solistiscbe Behandlung sehr deutlich; zugleich weist
er in sofern gegen die besprochenen konzertierenden Sinfonien neue
Seiten auf, als das Orchester gleich sofort ein Gegen-Thema aulBtelli
Aach in seinem Aufbau ist der Satz nicht uninteressant, indem er die
dreiteilige Form mit einem neuen Schluß aufweist, der ans einer Ver-
breiterung des Anfangs-MotiTS gebildet ist, Feinheiten, von denen im
Zusammenhang geredet werden soll. Die geistige Verwandtschaft mit
Händel wird wohl Jeder empfinden.
Diese konzertierenden Sinfonien künden aber nicht nur das Konzert
an, sondern rie sind auch die direkten Vorläufer der Scarlatti*8chen
Sinfonie. Natürlich sind sie es nicht in der Art, daß sie für die bekannte
Satz-Aufstellung TorbQdiich gewesen wären. £s ist immer wieder betont
worden, daß die venetianische Sinfonie es zu keiner festen Gestalt ge-
bracht hat und es schlechterdings auch nicht bringen konnte. In der
Zeit, da sie rieh hierzu anschickt, ist die Blütezeit der Oper, mit der
die Sinfonie ja wieder aufs engste zusammenhängt, vorbei. Im großen
Ganzen neigte rie zur Einsätzigkeit, alier in der Art, daß in diesem fort-
laufenden Ganzen die mannigfachsten Elemente vertreten waren. Die
konzertierende Sinfonie der Yenetianer scheidet nun diese ziemlich aus,
1} Hof-BibHothsk sa Mfincken.
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Alfred Heul», Die veuetmauohen Opera-8ia£oaiea.
80 daß sie ein einheitliches Gkuizes zu werden beiginnt, was die Scar-
latti'sche Sinfonie so scharf tou der Tenetiatdschen Sinfooie der Blttte-
2eit untendifiidet In dieser Art nun bereitet die ▼on den heterogenen
Elementen »ges&aherte« Eonzert^Sinfonie die Scarlatti'eehe yor. Doch
.nicht nnr dies: auch das konzertierende Spiel der Scarktti'schen Sinfonie
•wird zum größten Teil auf das Konto dieser Yenetianischen Sinfonie zu
setzen seia. Was sonst noch für das Zustandekommen der Seariattd^sehen
Sinfonie mafigebend gewesen ist, sind Fragen, die von emer andern Seite
geUtet werden mtteseni auf die aber hier nicht eingegangen werden kaam.
Die Besprechung dieser Sinfonien hat sich mit Absicht immer nur
an einige t^ische Beispiele gehalten, um an diesen das Wesen dieser
Sinfonie ausführlicher darlegen zu können. Alle Sinfonien bergen aber
eine solche Mannigfaltigkeit immer neuer Züge in sich, dafi beinahe an
jeder etwas hervorzuheben wäre, worin sie ebenfalls aufs schärfste mit
den Sinfonien der späteren ^Neapolitaner kontrastieren. Auf einen Zug
muß aber noch aufmerksam gemacht werden, und zwar deshalb, weil er
in der späteren Flut gleichartiger Sinfonien gänzlich Terloien geht, und
wohl kaum jemals, ahn- erst in der Gegenwart, wieder in so reicher Art
aufgekommen ist: auf den großen Reichtum an rhythmischen Bildungen,
in denen die Venetianer eine Feinheit bekunden, die man in ihren scheinbar
hingcworfcTien Sinfonien gar nicht vermuten würde. Einige Beispiele
werden im stände sein, die Achtung vor diesen &ufonien gerade dadurch
zu erhöhen.
Rliytlimisehe T'raljihiungen ganzer Sätze, wie sie Monteverdi und
Cavalli vorgenonunen hatten, kommen in gleicher Gestalt in der Blüte-
zeit der venetianischen Siniom«.' nieht mehr vor. Dennoch war diese Art
<li r Umbildung nicht vergessen, sondern in gewisser Hinsicht verfeinert
wurden, und zwar folgendermaßen: Die Komponisten nehmen oft das
Thema, welches in langsamem ZeitmaHe für die Einleitung benutzt wurde,
in doppelt so schnellem Tempo im Allegro-Teil, ein Verfahren, welches
allgemein ;tu:s kScliuiuunn's //-^///r-Sinfonie bekannt ist. Ott tun sie es nur
iu .schwacher Andeutung, wie in der Sinfonie zu »Marcello« ^] von Ant.
Boretti, in welcher das auf einem Ton verharrende Eingangs-Thema
sowohl für das sofort darauf folgende AIlegro-Thema :
1) Miroat-Bibliothek.
^AHM H«i6, Die veiMliuiiolMii Op«ni-8iiifoid«n.
447
ak auch fttr den spttteran Safts, in iliytlim»cher Umgertaltiuig
dot wird.
Auch in der Sinfonie zu >Ercole in Tebec i) verfährt Boretti auf
ähnliche Weise. Das Thema hat ziemliche Ähnlichkeit mit dem Cesti's
aus der Sinfonie zu »La Magnanimita d' Alessandro« ; bei Boretti ist
eine Anlehnung deshalb nicht ausgeschlossen, weil auch in anderen Fällen
seine Themen an solche von Cesti anklingen. So ist das reizende, ele-
gante Thema in der »Marcello^ -Sinfonie
I
I
ans einem Ohore in Gwti's »Porno d'oro« genommen, was deshalb keine
zojfiUige Gleidiartic^eit sein kann, weil das firnnfimn der Stimmen- bei
beiden MeistetB in ganz gleichen Abstanden ' und (^eidien Noten ge-
Bcbidit
Ähnlich, nur interessanter, verftthrt Cesti, von welchem im Zusam-
menhange noch zu reden sein wird, in seiner Sinfonie zu »La Magnani-
mita d* Alessandro« '); nach einem Einleitongs-Takte bringt Oesti folgen-
des Thema:
r r r ■ I p-e
4-
— I -
1 I I
Fortsetzung in der Dominante
Hierauf folgt nun ein hitziges Allegro. das aus dem ganz gleichen
Thema gebildet ist, nur eine interessante Weitorbildung erfiihrt; die beiden
Ober-Stimmen sind auf originflle einfache Art umgetauscht, so daß man
glaubt, man habe etwas Neues vor sieh:
1) KwwBiUioChek.
g) Denkmäler der Tonkimit in öitenmoh, HL Nei Tolomi del OidL Seite 41.
9) Mareuf-BibliotheL
u kju,^ jd by Google
448
Alfred Heuß, Die venetianischen Opern-Ü^infonieii.
Das Original fUr solchen StimmenrWeclisel babfln wir bei Montereardi
gefunden; es ist auch beinahe, als ob der alte Meister hier wieder auf-
lebte. Hier ist das Neue aber die doppelte Tftuschmig, Stimmen-Wechsel
und Tempo-Yerkleinenmgi so daß sieh das Qanze als etwas Originales
attsmmmi Man meint gerade, der Komponist wolle mit seinem Moti^
Tersteok spielen.
Solche rhythmische Umbildungen sind bei den Yenetianem gar niofat
selten und kommen bis in die spätere Zeit der yenetianischen Sinfonie
▼or. PallaTicini wendet sie in seiner drosätsigsii Sinfonie m »!' Ama>
zoni Corsarfi« 1688 verschiedene Male an, und zwar in überaus künst*
lerischer Weise, indem er durch Verbreiterung des Hauptgedankens den
Schluß in die Länge zieht. Das Hauptmotiv des ersten Satzes, das, so-
listisch verwendet, durch den ganzen Sats geht und sich dem Hörer fest
eingeprägt hat, benutzt er durch Dehnung zu einem breiten Schlüsse').
Ähnlich, ebenfalls mit ganz freier melodischer Haltung, verföhrt er im
letzten Satze, wo er aus
wieder zu einem mächtig sich dehnenden Schlüsse gelangt:
Auch OaTalli macht gelegentlich rhythmische Umbildungen; 'so be-
nutzt er im >Ercolü« das Motiv auch in dieser Gestalt
alles kleine Feinheiten, die man später nicht mehr finden wird.
Eine ganz freie Wendung in rhythmischer Beziehung kann mau in
der Sinfonie zu dner Fasticdo^Oper »Iffide greca« ^) (erster Akt von BooL
Partenio, zweiter Ton D. Freschi, dritter von G. Sartorio) finden.
Die Binfonie ist echt Tenetiamsch: zuerst eine breite Einleitung, der
sich sofort ein stürmisches Allegro auscbließt, das plötzUcfa wieder durch
feierliche Noten unterbrochen wird, dann seinen Fortgang nimmt und
mit langsamem Teil schließt.
Der schnelle Satz hat zwei Themen, die in den beiden Ober-Stimmen
der fOnfstimmigen Sinfonien liegen. Man bemerke jetzt aber wohl die
rhythmische Verschiebung, einschließlich die Stimmen-Vertauschung der
zwei oberen Stunmoi. Aus
1) SidM dan Sinfonie^tc im Astitag Mr. 4.
2; MBKDfl-BibiiotheL
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Alfred Heuß, Di«
Opera-Sinfonieii.
449
Baß eine Oktav tiefer.
wird beim zweiten Male:
Ist diese kleine Accent -Verschiebung um eine Achtels-Note nicht ein
Kabinet-Stückchen feinster Rh\'tlimik?
Man kann bei näherer Kenntnis der Sinfonien sich des Gedankens
kaum erwehren, daß die Komponisten dieselben etwa als einen Tummel-
platz humorvoller Einfälle betrachteten, ja dali sie sich gelegentlich selbst
karikierten. In dieser Weise ist vielleicht die 8infuiii(3 zu P. A. Ziani's
»Heraclio«') (1671] zu erklären, in der der K(jiii|)onist den feierUchen
Einleitungstakt dadurch etwas vi»n seinem Pathos einbüßen läßt, daß er
den Noten die halbe Dauer ^'ibt und die andere Hälfte mit Pausen aus-
füllt. Sofort bringt er hierauf die ganz gleichen Noten in doppelt so
schneller Bewegung, femer noch in Achtel zerteilt, und natUrhch im Allegro-
Tempo, gleichsam als wollte er damit andeuten: man kann daaadlie auch
auf eine viel amüsantere und weniger zeitraubende Weise sagen. Aus:
wird gleidi darauf natilrlieh in schnellem Tempo:
Die paar Beispiele werden genügen, um von dem reichen Leben, das
in den Sinfonim auch nadi dieser Seite hin steckt, Zeugnis abzulegen.
Es wird aufgefallen seioi daB von Oesti, dem beirorragendsten Ver-
treter der Tenetianischen Sdiule außer Oarallii Mdier nur gelegentlioh
die Bede war. Ein Grund liegt darin, daB Oesti's Sinfonien nicht nur
unter dem Einfluß der Tenetianischen Schule, sondern auch unter dem
seines Lehrers Garissimi zu stehen scheinen, auf den schon deshalb in
Kfirze eingegangen werden mftßte, trenn er nicht auch sonst zu unserem
Thema gehören würde.
1; Marcus-Bibliothek.
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4&0
AJired Ueaß, Die venetumischen Opern-iSmfoiueo.
Bei Carissimi's Sinfonien sv seinen Oratorien zeigt sich der Ein-
finfi M<mterardi'fl in der «cbärfsten Weise. Carissimi befolgt in denselben,
was die KomposiÜaES-Weise aiibetrifftf mohts anderes als das im >Orfeo<
etc. mit solchem Nsciidrack aufgestellte Seqaenz-Verfahren. Dies ist
xask so interessanter, als Gaiissinu, der der rSmiscfaen Schule angehört,
sidi nidit im geringsten an die Art der Römer kehrt, wie wir sie be-
sonders bei Stefano Landi gefunden haben. Da einige der Oratorien
Caris8tnii*s in NeuBOBgaben*} vorliegen, so kann ich mich hier kun; fassen.
Ein Yeigleich wird zeigen» dal den Sinfonien Gaiissinii's das gleiche
Prinzip wie den Hdnterordi'schen BitomeUen und den Caralli^sdien Sin^
fonien zu Grunde liegt'). Freilich ist Carissimi in der Besetzung Tiel
einfacher als Hontererdi und auch die Yenetianer {er hat durchgängig
Trio-Besetzung], aber die Art ist die Monteverdisdi-Tenetianische. Die
Sinfonien Oazissimi's setzen sich ans nidits anderem als der Wiederholiing
des gleichen 1%emas auf yerschiedenen Tonstufen zusammen, daß man,
da es so ausschliefilich und offenkundig geschieht, beinahe von Manier
reden konnte; denn da Carissimi durchwegs fast ganz kleine IdModie-
Bildungen wMhlt, die sich auf wenig Takte beschranken, so macht sich
ein Herrordzangen des Sequenz-Verfslirens in viel stärkerem Mafie geltend
als bei Monteverdi, Cavalli, etc» Äußerst beliebt, weil in jeder der Tor-
liegenden Sinfonien angewendet, sind bei Carissimi die Stimmen-Tertauach-
ungen; dadordi erreicht er auch, daß ein scheinbar neues Bild ensteht
(das Betspiel ans Cesti's »La Kagnanimita d' Alessandro« wird ims jeiifc
hierin klar sein), indem die erste Stimme in der Transposition die Mdodie>
Schritte der zweiten wiedergibt und umgekehrt. Den hohen künstlerischen
Wert, den die Instromental-StUckc Monteverdi's und die venetianischen
Sinfonien aufweisen, können die Einleitungen Carissimi's nicht bean-
spruchen. Während bei Montcverdi's Instrumental-Stüiken, abgesehen
Ton all ihren Feinheiten auch die größere Stimmenzahl das Aufdring-
liche der Sequenz zu verdecken vermag, und die venetianischen Sinfonien
besonders in der ersten Periode trotz der gleichartigen Struktur doch
imrt^'T ^^-ieder neue Seiten zeigen und jede für sich zu fesseln vermag,
haben diejenigen Carissimi's g:cmde we?en ihrer Übertreibung der Se-
quenz-Anwendung etwas Ermüdendes und Nüchternes. Das Positive für
uns ist, daß Carissimi sich mit seiner Schreibart ganz der der venetia-
nischen Sinfonie nähert und Oesti*) als > Yenetianer < nach Yenedigkam.
1] Neoausgftbe von Chrysander. Vergleiche wach die InstrumentAl-Einleitung zu
dem »Klagegetaag der Yerdamniienc. (Schlecht, Q«8chichte der Kirchwununik,
Seite 447. >
2) Vom Emflui3 Monteverdi's auf Oarisaimi redet, nur in aadorer Bvziehnng,
Kretsschmar in awiem »Führer duroh den KooserleMl« IL Seite 11.
3) Dm biognphiicfae Material über beide BGbmer, Oarinimi und Oeeti, iel m>
eptrlidi, daß men geredegm im Pinstem tappt. Die Abbandhngeik Aber Oiriiiiiid
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Alfred Honß, JH» vanetiaiiiicbeB Open-Siiifoaueii. 451
In seinen Instnunental-Sätzen spürt man den Einfluß seines Lehren Idar
genug, wenn Cesti auch in seinen Sinfonien weit über 0ari9simi hinaus^
geht Am direktesten zeigt sich die Beeinflussung in den Ritornellen
Cesti's, die, wie die Sinfonien Carissimi^s, fast durchgängig dreistimmig
sind und diesen oft so sehr gleichen, daß man sie dem gleichen Kom-
ponisten zuschreiben könnte. Kaum in ' einem seiner Stücke verleugnet
Cesti die Se<iuenz-^rothode, und man kennt an ihrer starken Verwertung
dio Cesti'schen iDSinimental-Stttcke gut aus denen anderer Komponisten
heraus.
Im übrigen unterscheidet sir}; ( \>sti von <len anderm venctianischen
KoiT!|)on!steTi dadurch, daß semr Sinfonien toihveist' mcht in den ge-
zt irhiH f* u iilntwickluiiL^sfran^? hinoiiipiissen. Das ausschließlich feier-
liche ALoment hält bei ihm viel länger vor als bei den übrigen Koni-
ponistcn. so in der Sinfonie zu --La Dori« und zu »Le disgrtizie
(V Amore« l(k)7 welch letzt« re nol'en dem latitrsamen Satz nur noch
eiue Sarabande enthält, also dem stiirnnschen AlU'gro keinen Platz ein-
räumt. Tänzf» sind übrigens bei den SinfoTiien keine so große Selten-
heit; auch Paliavicini bringt in der iSuilDiiie zu Amazoni« eine
Sarabande und zwar als Mittelsatz. Weiterhin unteisclieidet sich dann
Cesti von Cavalli u. a. durch die viel häufigere und strengere Anwendung
des fugierten Stiles.
In anderen Sinluineu steht dann aber (Y-sti wieder vollstiludig auf
Uex Höhe. Es kam ihm jedenlalU auf dt n Anl.tli an, für den er schrieb.
Seine Hinfonie zum >Pomo d' oro« ist eine der reichsten, wenn auch,
wegen ilires vielen Fngierens, nicht cliaiaktenstischsten Sinfonien der Ve-
netianer. Auf dem ausg^-sprochenen Progrannn-Cliarakter gerade dieser
Sinfonie, femer der zu »1" Argia*, die luit ihrem Wellen-Motiv direkt
in die Szene führt, hat Kretzschmar^) bereits hingewiesen.
Um 80 eigentümlicher fällt einem deshalb bei Cesti auf, daß er gleiche
Sätze für verscbiedene Sinfonien benutzt, wobei er teilweise geringe
Änderungen Tominunt. In der ^teren Zeit, besonders der neapolita^
machen Periode, ist dies bekanntlich ein häufiges Yorkonunnis. Aber
wenn man in dieser Beziehung, was wiederholtes Benutzen ein nnd des-
selben Stttdces für Terschiedene Werke betrifft, Cesti mit Händel nnd
Badij in erster Linie mit Kndel Tergleicbt,. so stellt sieb ein gewaltiger
(Ckrysauder, Allgemeine Musikzeitung lö?ü, Seite 07; M. Brenet, //« oratoirt*
d€ O, ^Tiita mnrioale 1897, Seite 460 nnd Monmtihefte für Mnsikgetcliichte 1897,
Seit» HÖH besiehea licfa fiut minebließtioh auf die Werke Cariaeinu^e. Über Owti
«iehe die Einloitniig Gtiido Adler*s su »Fomo d*oro< in den Denkmälern der Ton«
IcODst in Österreioh, ITT
Ii Pablikationeu der Gesellschaft für MuäikibrschnTig. £d. XI.
2; A'ierteljahrsschrift. für Musikwissenschaft 1892, Seite 75 f.
8. «.LH. IT. SO
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452 Alfired Heuß, Dm venefeiaaisoluui Opam-Sinfonisn.
ITntci schied heraus: während Hüudcl hierbei ein Stück einer tiefurcifen-
Uen Umarbeitung unterzieht, daß diese geradt/u einer Neuschöpfung
gleich zu acht<>n ist, verfährt Cesti dabei in der Korgh)8esten Weiso, und
dort, wo fr An(lL'run^,'eti vornimmt, sind dieselben ganz äußerlicher Xatur.
Dit" Sache bedarf einer näheren Darlegung: Die drei Sinfonien zu den
Opern »La Magnanimita Alowandro«, >ü Tito« 1666 und mV Argia«
1669 weisen teilweise gleichd I^Uase «nl Ton der Oper »la Magnani-
mita« ist das Entstehungsjahr nicht bekannt; doch wird dasselbe von
AUacci in das Jahr 1662, also vor die beiden anderen Opern ange-
setzt wofür, wie sich zeigen wird, anch die Sinfonien sprechen. Die
dreis&tzige, in der französischen Form angelegte Sinfonie ta »La Mag-
nanimita d* Alessandro«^ hat Cesti mit Aiisscblnfi des zweiten Teils des
zweiten Satzes in derjenigen za »Tito* wieder benutzt, statt dieses weg-
gelassenen Tefles aber einen neuen fugierton Satz geschrieben, der die
Sinfonie dann auch abschließt, ohne auf den ersten Teil wieder zurück-
zukommen, wie in der Sinfonie zu »La Magnanimita d* Alessandro«, die
als Oi^pnal-Sinfome sicher die frühere ist
Es sei mir gestattet, auf den zweiten Satz zu »La Magnanimita € auf-
merksam zu machen. Derselbe, auf dessen interesraate Bildung eben
hingewiesen worden ist, enthält zwei durch eimm Doppelstrich getramte
Teile. Dieser sTweite Teil ist in seinem Ausgange gänzlich mißraten.
Die Sache ist zu interessant, um ihr nicht auf die Spur zu kommen.
Das J)-dur-TheiaA dieses Satzes') hat nach vier Takten eine Modu-
lation nach A-dur gemacht; genau dor Art der Venetianer wird es
in der Dominante wiederholt und gelangt so notwendigerweise nach
K-^hfi\ jedoch mit sofort iijem Rückschhisse nach A-diit\ worauf ein /weites
Thema in A-dur folgt, das aueli mit seinem zarten, zum ersten gegen-
sätzlichen ( harakter als ganz charaktoristisches zweites Thema aufgefaßt
werden kann:
Dasselbe moduliert sofort zuräck und bringt mit Schluß in der Haupt-
tonart den Satz zu ToUständigem Abschluß. Bis dahin war alles la
schönster Ordnung; jetzt beginnt aber (eine, wenn auch Tenmglttckte
Antizipation des späteren SonatenrSatzes) die Beprise des ersten Satzes,
die auch richtig in der Dominante anfängt. Wie der Schluß ausweist,
ist das Ziel des Komponisten die Tonart, in der er diesen Teil begonnen
hat, nämlich A-dur, Er wiederholt aber — und hier li^ der Fehler —
1 Sii'ln- K r«" t ch mar, a.a.O.. Suite f>3.
2i Fubhkatiürien der GeseHt»cbftil für Musikforschuog, üand XL
3; Siehe oben Seite 447.
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Alfred HeiiG, Die ywirtknitchen Opern-ainfonien. 46S
den erst«'!! Teil, der ihn nach l><lnr geführt hatte, ganz genau; statt
iiäiiilicli dus zweite Thema so zu richten, daß es nach A-dur gelangt,
läuft dasselhe den gleiclien Weg wie im ersten Teil; ein Takt vor dem
Schluß steht es denn auch in aller Deutlichkeit bereits in D-(hii\, da
sieht der Komponist i)lötzlich, daß er an einem falschen Orte aiiyt langt
ist. Mit Gewalt sucht er einen Weg nach Ä-{lur, was aber mißglückt,
trotz der Dreingabe eines halben Taktes gegen den ersten Teü.
Daß dieser Vher^j.int,' verfehlt ist, Ix'darf keiner weiteren Darlegung;
daß aber das Beispiel zeigt, wie E. Kitiier in der Fußnote bemerkt,
daß »der l/bergang zur Dominante noch die Unbehilfliehkeit in der
hannoiiix'lien BeliaixUung verrate«, wird man doch iiiiht so ohne
weiteres zugeben, nachdem der Grund zu der veruii^liickten Stelle auf-
gedeckt worden ist, auch deshalb nicht, weil schon damals die Kom-
ponisten ohne weitere Fährlichkeiten unzählige ^lale in den glücklichen
Bereich der seligmachenden Dominante gelangt waren. Das (Jaiize be-
ruht auf einem Versehen des Komponisten, der das zweite Thema nii ht
zur rechten Zeit umlenkte, es hätte in E-dur stehen müssen). Diese
Frage, nämlich die organische Durchbildung zweier in verschiedenen
Tonarten stehenden Themen, war aber eine Sache, deren Klärung einer
viel sp&taran Zeit aaheimgesCdli bliebt). Hier haben wir es mit einem
der frOhesten Yersache zn tun, nnd fOr die Geschichte des Sonaten-
Satzes hat dieses Beispiel unbedingt historischen Wert, weshalb auch auf
dasselbe eingegangen worden ist.
In der Sinfonie zu »Titoc ist dieser fragliche Satz Ton Cesti wegge-
lassen worden; statt dessen hat er einen ziemlich streng gehaltenen fa-
gierten Satz mit drei Stimmen gesetzt, in einer Lange tou 85 Takten,
was für die Yenetianer sehr lang ist Diesem Satz folgt dann noch eine
»Ana per 1* assalto«, ein kurzer Satz aus lauter D-dur Akkorden, der
direkt in die Szene führt, die, wie schon der Name der Arie sagt, mit
einem Sturmangriff der Soldaten beginnt.
Denselben fugierten Satz hat nun Cesti für seine Sinfonie zu »1' Ar-
gia< (1669) wieder benutzt, nur schickt er ihm eine neue Einleitung in der
1; Der einigcrmuijeu iUitiliche i' ali bei Monteverdi (a. a. 0-, Seite 19ö, kaun aber
(loch nigen, wie soharfnimig Montererdi arbeitete.
SO*
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464
Aitreil Htiuy, Die veneUaniflchen Opern-Siofouidn.
ttbliehen Art Tor&us. Da dieser 8at2 in C-dur steht, so bringt er anch die
frttliere D-dnr-Fuge in dieser Tonart Eine andero Änderung besteht darinr
daB diese Sidfonie fünfstimmig ist, während die frühere dreistimmig war. In
der Behandlung der swei hinnikommenden Stimmen sieht man dann aber
schnell, wie leicht es sich Cesti machte. H&tte er diese themattsoh, den anderen
Stimmen gleichberechtigt behsadeln wollen, so würde der Salz eine ganz
gründliche TJmSndeniiig eHahren haben müssen, die natürlich eine Er-
weiterung des Satzes zur Folge gehabt hätte. Eine Tlmarbeitong des
Satzes wird aber nicht vorgenommen; die beiden Stimmen werden sozu-
sagen hineingeschmuggelt und sind einzig Füll-Stimmen.
II. Einfluß der Tenetianiscben Opern-Sinfeide auf die reine Instmiieiital-
Musik.
Nachdem Tersucht worden ist, yon der Geschichte und dem Wesen
der venetianischen Opern-Sinfonie ein Bild zu geben, kann an die Auf-
gabe gedacht werden, zu untersuchen, ob diese Sinfonien auf die übrige
Bistrumental-Musik Einflufi gewonnen haben. Es ist früher') bemerkt
worden^ daß mit Entstehung der Oper die Geschichte der Instrumental-
Musik nicht mehr von deijeiiigen der Oper g^3«mit werden dürfe, und
daß es ün 17. Jahrhundert die Instrumental-Musik sd, die von der Oper
empfange. Diese Behauptung bedarf einer näheren Begründung.
Es wurde bei Besprechung der Instrumental-Musik des >Orfeo« aus-
geführt, daß sich ein direkter EinHuß dieser Stücke auf die Instrumental-
Musik zwar nachweisen läßt, daß aber die großen Verdienste Monteverdi's
um die Instnunental-Mtisik ilire Früchte in erster Linie Im i <1* n Vene-
tianem zeitigten. Ihre Siuiomen werden uns jetzt «eigen, daß das, was
dem »Orfeo«, als einem einzelnen großen AVerke, in grölierem Maße ver-
sagt war, ihnen vorbehalten blieb: einen entschiedenen Einfluß auf die
Instrumontal-Musik au'^zniiljen.
Es zi'igt sich tlics am hnstf*n, wenn wir einen lUick anf die instru-
mental-jSlusik vor Emwiikung der Oper, im besonderen der Üpera-Siu-
fonie werfen.
Das Aufki>ninieu Utr Instrumental-Musik am Anfanii: ile» Jahrlnmdcrts
war l»einahe ])l<>tzlirh geschehen; Tnstrumental-Mu.sik wurde masseuhaft
getrieben, worüber am b(?sten der Bestand an Musikalic^n aus dieser Zeit
in unseren Bibliotheken den Beweis liefert. Die U[)er selbst hat in
diesen .Talir/.elmten, solange sie noch ein Pnvileginm der voruciinien Welt
Wia-, lani^e niclit die Rolle wie die Instrumental-Musik gespielt 2). Aber
es war nicht von besonderem Vorteil, tlali die iuf>trumeiital-Musik ge-
1) A. a. O., Seite »0.
2J Es wird an den Aassprach de» Violft'Spielere Man gars erinnert (s. s. O., Seite 18S).
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Alfred Heo0, Die ▼emstiuuMlieB Opem-Sinfoiiien.
wisserniaßt'ii sich ^';mz auf ei^rene i'üÜc btelien und ilire eigenen Wotje
g^pliPTi wollte; hierzu war sie noch zu wenig zu innerer Klarheit über ihr
ciireiitliches We^en gelnngt. Zudi'in fuhr der Tielleicht rrröRore Teil der
InstruTnentiil-Kuiniionistcn fort, iu der Stilart der friilioreii Gübrieli'schen
Ejwche zu schreiht ri. :ihc'r (jlme den hohen künstleiischcn P]mst, und,
was wichtig ist, mit eiiu'i- eiitschiedtMieo Vorliebe für techuische Fertig-
keiten. Die Instrumental-Stiif kt^ dieser Zeit sind vielfach geradezu iiher-
häuft mit Tunli'iterg;iii«,'eu, Läufen aller Art und dergleichen, in »atäo
cojtcertante,< wie man es nannte; mit einem Worte, die Instrumental-
Musik hatte mit Verachtun;,^ lies Gesanges den iuuereii Zusiunmenliang
mit der wahren Musik ziemlich verloren, ilir Selbständig-sein-woUen hatte
2U einer nichts weniger aJs reisroUen, oft sogai- eintönigen und lang-
weihgon Musik geftthrt Hierüber darf man ndi keinen länidhimgen hin-
geben» und es wird m den Aufgaben der Geschichte der Ingtrnmental-
Mustk gehören, hierfür Erklärungen zu fitiden. Sicher hängt es teilweise
/damit zusammen, daß die Insirumental-^Eomponistdi dieser i^[M>che aus-
schließlich nur für Instrumente komponieren und sich um YokalrMusik
wenig zu kümmern scheinen. Man wird wenigstens unter diesen Kom-
ponisten kaum einen finden» der auch in der YokaUMusik sich einen
Namen gemacht hätte. Das Erfreulichste in dieser Zeit sind ohne Zweifel
die vielen Tänze und kleinen freien Sätze, die als das diarakteristikum
der »Neuen Schule« bezeichnet worden: sind, nämlich die B:i2felt, Gbr-
renä, OagUardi, Capricd etc., oft mit kurzen Sinfonien an der Spitze.
In allen diesen kleinen Fonuoii pulslcrl ein überaus frisches, heiteres Leben,
und sie stehen mit der Volks-Musik in offenbarem Zusammenhange, was
man von <U r Kanzonen-Literatur nicht behaupten könnte. Diestf haftet
dann wirklieh etwas Trockenes, Schul- und OrganistcnmäQiges an, wofür
man teilweise einen Grund darin findet, daß diese K<MiiqN>ni8ten sehr
stark mit dem Material, d. h. einesteils mit der Forni und dann auch
mit der Geigen-Technik zu kämpfen haben'); aber es ist doch nicht dieses
allein. Vor allem und in allererster Tiinio fehlt es diesen MUnmMTi an
Melodien, gefühlten Melodien. Ihr erstes I'riuzip ist nicht eine freie Melodie,
1. Dennoch darf man diesem UmBtand lauge nicht soviel Gewicht beilegen, als es
Wa«ielewiki in leimr »Q^schichte d«r InatnunentaloMuiik« tat. Es ist wahr, daß
die Komponnten die erste La<;c nicht gern verlassen und nie Uber die dritte hioiuw-
gehen; aber in der ersten Lage leisten sie denn doch, insbesondere was Fiiip^rpe-
l'aufigkeit atib^trifft. ganz Annehmbare». Den Stand der Technik eeigt btisonders gut
ein Werk von Dario Gaste Ho, ikmale cQuccrtate, 1628. Die Behauptung Wasie-
lewski's» daß die (7-S«ite ent spät benutst worden sei, laßt sich nioht anfreoht ei^
halten; B. Marini gebraucht schon in seinem ersten Werke von 1617, das Wasielewski
allcrdinfra nicht kennt, gelegentlich die (/-Scitu. Es is^t auch sehr natürlich; zum
bl oßen Luxus and Auseben werden die Geiger ihre O'-äeite jedenlalls nicht aufgeaogea
haben!
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456
.Alfred Henß, Di« Teoetimnischen Opaiif%nfoiu«ii.
sonclürn technisch kompositorische Arlicit; diese soll allein den Wert ihrer
Stücke ausmachen, und in dieser Eeziehung wurde ihre Musik auch mit
Organisten-Musik verglichen. Man sehe sich die Themen dieser Zeit ein-
mal an; weit über Gabneli hinaus und zwar an allen Ecken und Enden^
springt einem der EannmeurBliythjniis immer wieder entgegen, und es
gereicht der Listnmiental-Miisik dieser Zeit nicht zum Ruhme, dafi sie
so lange brauchte, um jenen ftherlehten Hhytlunue absuacfaaffen. Man
hatte dadurch etwas zum Prinzip erhoben, was der Musik immer wieder
zum Nachteü gereichen wird, sowohl früher in der Zeit der Überkonst
des Kontrapunkts als auch jetzt hier in der Instrumental-Praxis: ein-
seitig mnsüäüische Arbeit wurde ttber das ^gentliche Wesen der Musik
gestellt». Hieran krankt direkt die Instramental-Musik dieser I^»oche.
Ob das Pehlen einer wurkUch empfundenen Melodie damit zusammen-
hängt, dafi die Instrumental-Musik von der Oper, in welcher das Bezi-
tativ noch wirklich harschend* war und der Melodie ebenfalls nur einen
kleinen Baum gewährte, in melodischer Beziehung keine Förderung zu
envarten hatte, scheint nicht ganz ausgeschlossen; Tielleicht könnte hier-
durch das direkt nüchterne AVesen dieser Instrumental -Musik erklärt
werden. So -wäre das Ganze ein großes Beispiel dafür, daß die In-
sfarumental-Musik eine starre Kunst zu werden beginnt, so bald sie aus
sich allein schöpfen, »absolut« sein will. Es ging aber dennoch, als die
Oper in melodischer Beziehung bereits herrliche Blüten trieb, ziemlich
lanro in (^t alten Weise fort, his die Tnstrumental-Komponisten unter
den EiuÜuli der venetianischen 0\)cr gerieten.
Selbstverständlich handelt es sich bei dieser Beeintiussung nicht in
erster Linie um formale Kieniente, sondern ganz besonders um den
geistigen Inhalt di r venetinnischeu Sinfonie. Dieser sollte, in das alte
Gefäß der Inbtruineiital-MuMk geschüttet, dort vorerst eine ganz bedeu-
tende GährunfT, ja beinahe ein Aufbrauben verursachen. Es ist deshalb
auch ziemlich naheliegend, von wem die Bewegung in stärkerem Maße
ausgehen mnßte, nicht von absoluten InKtrumental-Musikem, sondern von
Männeni der Oper. Der erste groüe Instrumental-Komponist, der zu-
gleich ein bedeutender Opern-Komponist war, ist Giov. Legrenzi, von
dem Galvani 15 Opera nadiweist. Da Legrenzi nach dieser Seite Inn
noch nie betrachtet worden ist, so muß hier auf ihn eingegangen werden*).
Geradezu dnen Umschwung ToHzieht Legrenzi mit dem Hlden von
Themen. Noch Massimiliano ^eri, der ihm an sonstiger Bedeutung
am nächsten kommt und bei dem sich ebenfalls l^üsse der venetianischen
Opem-Sinfonie geltend machen, schreibt oft noch ungemein trockene
r Für die Besprechung dienen teilweise Beispiele aus der Sammlnng »Tnstru-
mentalsätze vom £nde des 16. bis zum JSnde des 17. Jahrhundertat von Wasielewski;
dann ist aber beionder» neoei, nodi wenig berObrtei Material benutzt.
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Alfred Heuß, JDio venetianiachen Opem-Sinl'onien. 457
*
Themen, die nur zn sehr an das Staxenlied der Kanzone erixmeni. Ge-
rade wie eine heftig wirkende Säure fallen dann aber Tide Themen Le-
grenzi's in diese erstarrende Masse hinein. Themen wie
~jd — 1 ^5
—
1
und auch gleich das des folgenden Satses mit dem halsstairigen Ter»
harren auf einem Ton sind nicht in der Schule der bisherigen Instru>
mental -Musik gewachsen. Die Sonate steht, sicher ganz mit Absicht
des Komponisten, gleich am Anfang der Sonaten-Sammlung Ton 10552),
und Legrena hat sich TieUeicht im Voraus darauf gefreut, was dio Spieler
* für Augen machen wfirden, wenn ihnen die Sammlung in die Hand kam
und ihnen gleich ein solches Quecksilber-Thema entgigensprang. Denn
Leidenschaft war bis dähin am wenigsten die Sache der Instrumental-
Komponisten gewesen. In dieser Sonate weht ganz der Geist der Oper,
welche die Chromatik schon längst sich nutzbar gemacht und das Ver-
harren auf einem Ton als ausdrucksrolles Mittel angewendet hatte. Oder
wenn Legreuzi Themen wie
bringt, glaubt man da nicht in einer Oper zu sein, eine Liebesscene mit:
0 mia eara oder so etwas zu hören? Jedenfalls sind es Melodien, ist es
wirkliche Musik, die nicht vom Verstände oder Ton der Tradition her-
kommt, sondern von da, wo sie auch hinführen will
Aber die ^Themen sind nicht das Einzige, was bei Legrenzi an die
Oper erinnert Für seine Art der Behandlung des Jthematischen Stoffes
wird einzig die Opern-Sinfonie, wie wir sie aus der zweiten Hfilfte der
ersten Periode [(mit dem AU^gro-Mement) kennen gelernt haben, (eine
ErUarnng geben. Mit manchen dieser l^tze schlägt Legrenzi der loteten
Entwicklung des Instrumental-Stiles direkt ins Qesichtg denn derselbe
hatte die kleinen Teile der früheren Kanzone immer mcÄur ausgeschieden
und sich der Drei-Sätzigkeit genähert, indem er darauf ausgegangen war,
ein Ton-Stück ausführlich zu entwickeln. Hiermit gibt sich mm Iiegrenzi .
in sehr vielen Fällen gar nicht lange ab. Kaum ist ein Thema nebst
einigen Einsätzen der Terschiedenen Stimmen erklungen, so wird es
unterbrochen; ein neues und zwar yollständig kontrastierendes wird. auf-
1) XXTTT Nr. der Sammlung vüu Wasielewski. Das Thema ist bis aul Buch
gelau(^t; das grimmige D'MoU Fugen-Thema aus dem 2. TeU dos Wohltemperierten
Klaviers ISßi die Abknnft von dem Legreiui*tolieii Thema noch genan eikennen.
2) 8(mate a2e$» Stedt-BibUothek Bredan.
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458
AUM JSaofl, 0ie T«iietiaiiiaohen 0]Mni*Siiifoiii«D.
gestellt, dem es dann aber ebenfalls wieder so geht. Die Allrgro-Sätze
TiOgrenzi's sind mit plötzlich hineingeworfenen Adairio-Takten, nicht aus-
geführten Allegro-Teiitn , ganz durchsetzt. Man sieht, daß eine Fülle
von muj<ikal{schen Gedanken zuni Ausdruck drängt, und kein einzige«? ^lal
braucht deshalb Legrenzi /u dvm verrosteten Kan/onen-Motiv zu greü'-n.
Ein ruhiger Fluß der Entwieklung ist nur in (hn ersten Sätzen der
8t j na teil zu bemerken, welche akademischer gehalten sind, gloirbsam als
wollt*' Logrenzi zeigen, daß aneh «t nach der Väter 8itte schreiben
könne, wenn er nur wollte. 8ei es aus diesem Grunde, dalJ er tlen
Spielern seines Werks den Unterscliied zwischen seiner und der frühert;a
Kumpusitiuus-Weise recht augenfäUicr zeigen wollte oder sius dem der
Pietät, in seinem op. 2M hat Tiegi-en/i eine Sonate si-ines Vaters — ü
jmdre Jtlf Autoi'e — Giov. Maria Legreuzi'^ niitgeilru( kt Die Sonate,
Justinimm genannt (ein überaus häufiger Tit^l für Instrumental-Stücke),
rührt zwcifcllob von einem sehr tüchtigen Komponisten her, obgleich sie
ganz die alte Faktur zeigt und sich nicht genug am gleichen Thema
erschiipfen kann, das nach Art der deutschen \'ariatiüneii-8uite immer
in uuderen Umgestaltungen erscheint. Hineingeworfene kurze Takte, wie
sie in vielen Sonateji-Sätzen von licgrenzi Sohn zu finden sind, weist die
Sonate obenfulls niclit auf, und su kann uiuu ^'erade au ihr ^elien, wie
revolutiuiiär der junge Legrenzi in der Instrumental-Musik verfiüir. Wenn
er nach einem Adagio') von vier Takten, das man gerne noch eümial
gehört hätte, plötzlich, ohne die genngste Vermittlung mit
losbricht, so glaulit man alles nur keine Kammer-Musik zu hören , son-
dern m der Oper zu sein, in welcher die Opern-Sinfonie sich schon längere
Zeit auf diesen krassen Wechsel etwas zu Gute getan hatte. Auch die
Kanzonen haben, wie hereits bemerkt, Öfters das Tempo gewechselt; das
Neue ist aber das Euckartige, Plötzliche, in der Opem-49infonie das Üb-
liche. Hier sei denn auch bemerkt, daß der Einfluß der Opern-Sinfonie
gerade in dieser Hinsicht fOr die weitere Entwicklung der Instrumental-
Musik nicht heilsam gewesen wäre, da su dem Wesen der reinen In*
strumental-Musik diese zerrissene Gestaltungsart nicht paßt. Was an
dem einen Orte natfirüch und leicht erklärlich ist, wird, am falschen
Orte angebracht, zu einem Unding. Die Erklärung ist leicht zu finden:
Die Effekte der Opern-Sinfonie hatten solchen Eindruck gemacht, daß
1) fhnaie a 2 e ,V, op. 2, 1655. Stadt-Bibliothek Breslau.
2j Übei' Legrenzi's Vater, der allem Anschein nach ebenCalls Musiker war, lut bii
dabin nickte bekannt geworden. Kein Nadiaehlagewerk kennt ilm.
3) In Nr. XXX der Beilagen Waiielewaki**.
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Alfred Heuß, Dia vanetiuuaeheii Opero^nfoiuein. 459
iijuu aie losgelost von ihren Ursachen und (iiuudlagen, also unmotiviert
nachbildete. Man verfuhr äußerhch, crt'wissermaRon nieclianisch und
sinnlos, aber das Verfahren brachte deuiiocli neues Leihen, neuen Inhalt
in die Instrumental-Musik. Denn vorläufig war gerade dieses revolutio-
näre Vorgehen von ungemeinem Werte: Die Instrumental -Musik erhielt
neue Stiramungsgebiete, neue Aufgaben und damit eben neues Leben.
Und daß sie nicht zu sehr ins Experimentieren geriet, dafür sorgte die
Ji?üege des Tanzes, der etwa von dieser Zeit an, in weitaus künstle-
xiacherer Weise ab bisher, seine flberaua wicbtige BoUe in der ferneren
EntwicUnng mitfi|aelt.
So interesaant es wäre, gerade bei L^grenzi noch länger zu verweilen,
indem sieb bei ihm nocb andere Charakteristika der Opern-Sinfonie zeigen,
insofern nämlich in einigen Allegro-Sätzen statt fogierter mehr akkordische
Schreibweise angewendet ist, wodurch diese noch mehr zur Opern-Sinfonie
hinneigen, so mufl dennoch davon Abstand genommen werden; die Hin-
weise werden aber hier genügen.
Es ist nicht Legrenzi allein, bei dem sich Einflüsse der Oper, das
heißt besonders der Opern-Sinfonie geltend machen; auch hier können
teilwetse einige Stücke aus Wasielewski's Sammlung als Beispiele
dienen:
Vita Ii, kein Opern-Komponist, zeigt deutlich, daß er sein Ohr der
Oper nicht verschlossen hat. Ein so pathetisches, sehwernnitipros Adagio
in F-moU, (in dem Capriccio') von 10691 wird man in der frübaren Tn-
stramental-Musik kaum finden; das sind die im Ausdruck gesteipreilen
Töne, die zum ersten Male in der Musik das Musikdrama entfesselte.
Auch Vitali hat den schnellen, plötzlichen Wechsel; vielleicht nennt er
deshalb, wi(> zur Eutschuldigunt- <l;is Stück Capriccio. Denn der Name
Cnprircio kummt häutig vor, nur haben diese Capricen nicht besonders
viel LauiUjLTes. Vitali macht auch zuweilen, wie die Opern-Komponisten,
mit einer Fenuate plöt/ürh Halt und bricht dann nnfs Neue los.
Bei Uccellini, einem (.)]»eni-]\ < u jiGnisteu -i, zeigt sich die AVirkuni?
der Oper besonders in lueliHlischer Ik'ziehun;^. Seine Sinfonie .I/a Sua-
vissima«"*/ (wie kontrastiel t dieser Name schon gegen die früheren l'ber-
schriften von Tnstriimental-Stüeken; wetteifert in gesanghch melodischem
Reiz mit Liebes-Duetten in der üpor; überaus interessant ist das darauf
folgende Allegro:
Dies ist ganz der ttbermfltige Zug, der so oft in den Sinfomen herrscht;
1, Nr. XXV der Jkilagoii W'a«ieiew3ki'?<.
2j Zu Modena. Siehe Fetis, Biographie tmitcrsdle etc. 3} Nr. XXIX.
Digitizeci by Ct.jv.'vii-
460
Alfimd Bini6, Di« veneliiiüMlieii Opmt'^iifomeB.
denn das angefüliirte Thema ist nichts anderes als eine Umhildnng der
vorheizenden Adagio-Melodie. Was vorher in diesem mit der gx&Bten
Bfihmng gebetet «iffde, vird jetzt lustig henmtergetanzt, indem Ucodini
Motive aus dem Adagio benutzt, wodurch er die kleine Karrikatur zu
Stande bringt^}, ein Verfahren, das inr oft bei den Sinfonien beobachten
konnten.
Dem Programm-Stück Uccelini's >La gran Battaglia«^) sieht man seine
Abkunft von der Oper deutlich genug an; besonders in seinem zweiteD
Teil köiinto es ebenso gut in einer Oper stehen : Mit solcher Unverfroren-
heit 23 Takte lang nichts als figurierte 7>-^//r-Akkorde zu hämmern,
das wUrde den Komponisten und dem Publikum vor dem TV'irken der
Oper denn doch etwas zu profan erschienen sein. Man hat schon lange,
sowohl in der Chor-Musik als auch in der Instrumental-Musik Schlachten
geschlagen'); aber diese Art der Behandlung ist denn doch erst durch
die Oper möglich geworden, in welcher es galt, mit den einfachsten
Mitteln die gewünschte Wirkung zu erzielen.
Auch Mazzaferata ist von der Oper beeinflußt; sein Sonaten-
Thema:
findet sich in ganz Shnlicher Gestalt häufig in Oporn-Sinfonien , so bei
P. A. Ziani in seiner Programm-Sinfonie (das Volk stürzt mit dem Rutß
1) Idi midis auf diMe Zflge« die mit der Veiiation siiMaiiineiihiDgen, anineifauii,
da «ie Waaielewtki aU«a AnMhehi nach fiWwhen hat.
2) Nr. XXIX der geuanntcn Beilagen.
3] Pas ältpsti^ instrumentale Schlficliten-Stfick, das mir bekannt ist, )iofinilet sich
in der Sinnnihiiit^ von InstrtiTncntal-Stücki n von Susato von 1550 von Ii. Eitncr in
den Mouattthefteu für Musikgeschichte herausgegeben, 1875, Seite 82}, das im zweiten
Teil die Schlacht echon ganz pawend mit dem Hotiv
malt; eine Anticipation des AConleiverdi'idieii Tremolo? In der Lauten^Mnaik und noch
frOhwe ScUaditea-DarafteUiingen naehweisbar. O. K 5rte findet eine eolohe, »La gnerre«
in einem AttaignantVben Lautenbuch von 1520 Zeif schrift der IMG. IV. 2, Seite 98).
Auch spätor war bekanntlich «lic Schlacht den Koniponi«ten ein ?clir boliel>t»r
Stoff. Keine Geringere wie A. riiiln ioli nnd A. Fadofan<i liabon dic^eti dankbaren
Vorvp'urf lür Kompositionen gewählt. In den Dialoghi mtmcali de dtrenfi exceüeniissimi
OHiori 1S30 schreiben beide ScUaditen. Die Stücke heißen: Ana detta BattagU»
per wnar «f mstrumenH da Fiaio. Die St&cke weisen lOmliche Momente «ie daa
bei SuAato a\if. (Bibl. zu Augsburg.] Im 17. Jahrhundert waren Sohlachteo-StOd^e
ebenfalls verbreitef. so daß sie sogar als gebräuchliche Uberptchriften für Inttrument«!-
Stücke galten, als »battaglie«. Im 18. Jahrhundert erinnere ich an die berühmten
»BattagUe* Ton Oraun und F. E. Bach.
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Alfred Heuß, Die venetianiaolieB Opera-Sinfoiueiu
461
>yittoria< auf die Bühne; das gleiche Motiv erldang yorher in der Sin-
fonie) zu »Annibale« in CSapna 1661.
Ancsh das sofortige Wenden nach der Dominante, wie es diese Kammer-
Sinfonie mv} /war nach der gleichen Taktzahl wie die Opern-Sinfonie
zeigt, weist auf die innere V«rwandtschaft dieser Stücke hin.
Uheraus wichtig sind, was- den Einfluß der Üpem-Sinfonien auf die
Instrumental -Musik betrifft, Stücke von Biagio Marini, auf welchen
Komponisten wiederholt aufmerksam p^emaclit worden ist. Gemeint sind
damit besondurs die mit »Sinfonien« bezeichneten vierstimmi/^'en Siit/p in
op. 22 ^) von lt555j von denen Wasielewski sagt: -Man begreift nieht,
welchem speziellen Z^vecke sie gedient haben können ; denn als selbständige
Instruraental-Stüeke sind sie zu kurze 2}. Marini versucht nun in diesen
Instrumental-Stücken nichts andtrt's, als die Opern-Sinfonie (und zwar
diejenige der frühesten Periode, die das Allegro-EIement noch nicht ent-
hält] in die ivanun«a'-^rusik einzuführen. DaÜ Marini ein überaus rühriger
und findiger Kopf war, ist bereits gesagt worden. Ton hi bezeichnet
ihn sogar als einen »refonnatore* der Instrumental-Musik, obijfhich er
Marini's erste Werke, die höchst wichtig sind und ganz aus deui Anfang
des Jahrhunderts stammen, nicht kennt.
Die betreffenden sechs Sinfonien aus op. 22 sind mit Ausnahme der
sechsten aüe zweiteilig und werden, wahrscheinlich gerade wegen ihrer
Kürze, wiederholt Sie weisen fast alle dm feieriichen Ton der Openn
Sinfonie auf, sind aber in den Mtttel-Stinunen, wie es dem EammerHStil
znkomml, etwas reicher ausgearbeitet. Außerordentlich interessant sind
sie deshalb, weil sie zeigen, daß der feierliche Ton nur scheinbar so leicht
zu treffen ist> denn, was innere Gewalt betrifft, erreichen sie die Opern-
Sinfonien nicht. Marini's Talent ist im großen Ganzen mehr auf das
Kapriziöse, Leichte gerichtet; hier leistet er aber ganz Ausgezeichnetes.
Die Beispiele von Instnunental-Stiicken dieses Komponisten bei
Wasielewski sind überdies so ungünstig ine möglich gewSblt, geben
jedenfalls nicht das richtige Bild von Marini, der, in erster Linie den
Tanz kultirierend, auch bei seinen Sonaten auf Feriodisierung drang.
Um gerade hierin von diesem wichtigen Tonsetzer ein deutlidies Bild zu
geben, folgt in den Beilagen (Nr. ö) ein kleines Stück aus der zweiten
Sonate Ton op. 22, ein Qrave^ mit dem die Sonate beginnt. Das Bei-
- spiel weist ganz den Typus einer einfachen Opem>Sinfonie der ersten
1; Stadt-Bibliothek CO Brwiatt.
2} A. ». O., S. 40.
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462
AUred HeoO, Die venetüuuMiben Opem-Sinfoiiien.
Periode auf. Der Aufbau mit den Stiiuoiizin führt direkt von den
Opern-Sinfonien zu Montcverdi hiDüber, den Maxini auch persönlich
gekanut haben dürfte i).
Marini scheint ein sschr witziger Künstler gewesen zu sein und dem
Humor gelegentlich auch einmal in seinen Instrumental -Stücken ein
Plätzchen eingeräumt zu haben.
Anders ist wohl kaum eine Stelle in einem BaMeHo mwom op. ^ seh
deuten, in welcher er siehenmal hintereinander in der Melodie-Stimme mit
-Js» —
-*ffr >
I
3^
ansetzt, ohne darüber wegzukommen; erst dann geht es weiter, während
die anderen Stimmen mit kurzen Achtel-Noten ein schadenfrohes Gelächter
anzustimmen scheinen. Hat man an eine Stotter-Szene in der vene-
tianischen Oper zu denken? Unmöglich ist es nicht, und desliall) sind
in einer Zeit, in welcher die Oper so das Gemeingut und die Tagesfrage
Aller war und ihr Wesen in allen Musik-Gattungen zu verspUren ist,
Auslegungen wie die oben gegebene nicht aus dem > Blauen« gegriffen.
Die Anwendung des Sequenz- Verfahrens sowie der wohl ganz unzweifel-
hiiftc Ansciduß an Opern-Musik und Opern-Eroitrnisse lassen Marini har-
monisclie Kühnheiten erfinden und wagen, wie mau sie in der reinen
In8truniental-Mu<^ik dieser Zeit nie und nimmer vomniten würde. Icli
gebe ein Beispiel aus dem zweiten Balletto von op. 22, auf zwei Systeme
übertragen :
i
1) BaUdto mit der MoiiteTerdi*«chen Übendbrift in op. I, 1617. Ymedig.
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Alfired Hmiß, Di« veneUndsclMii Openi'SiiifoiÜMi.
46S
Man versuche, solclie Miisik von dvm -:il).solutpn» Stnudpnnkt aus zu
erklären, und man wird nicht umhin kumieii, Marini Extra vai^a uzen und
harmoniscLü Tollheiten unmotiviertester Art vorzuwerfen. Deiin erklären
lassen sich derartige Akkord-Folgen, wie E-<Inr auf G-uioll usw., die
erst (las Musikdi*ama und die Progranini-Musil^ des 19. Jahrhunderts
wieder aufbrachte, nicht anders, als daß man deui Komponisten entweder
die Sucht, interessant, urigiiiell zu erscheinen, zum \'orwurf macht, oder
aber, daü Ilm aulicrmusikalische Ideen auf solche Stellen brachten, Marini
ist aber ein gesunder Komponist, war auch um diese Zeit kein jugend-
licher Strudelkopf mehr, lebte aber zur Zeit der höchsten Blüte der
▼enetiaaiisdieii Oper und wohl wahrscbeiiükli üi Venedig selbet, d& Mine
Werk dort 211m Druck gelangten. Das Beitpiel mit den so fremdaitigen
Harmonien nnd dem fortwährenden Unterbrechen der Entwicklung will
ans sicher eine Geister- oder sonst ganz anBergewdbnliche Ssene aus der
Oper torführen. In dieser Art wäre über MarinilB Stfteke, was EnifluE
der Oper betrifft, noch Manches m sagen; doch mag an diesem Orte
hierron genug sein.
Von einem ganz ähnlichen Standpunkt sind Sonaten von Mauritio
Cazzati, 8onaif ä'2 1656 zu betrachten, in denen es oft gera^zu
Ton Opem^Gkist wetterleuchtet. Da Ton diesem trefflichen Komponisten
nichts neu gedruckt ist^), so folgt in den Beilagen (Nr. 6) elh Stück aus
einer Sonate^} »La StrcMod« und / v r deshalb, um an einem handgreif-
lichen Beispiel zu zeigen, in welcher Weise die Komponisten von der
Opern-Sinfonie beeinflußt wurden. Interessant ist das Stück auch des-
halb, weil es in seinem Anfang starke Ähnlichkeit mit dem Grave von
Marini (Nr. 5) aufweist.
Das Stück, der zweite Teil der Sonate, könnte gerade so gut eine
Openi-Sinfonie sein. Zuerst der breite, pathetische Anfang mit den
spannenden Eermaten, der sich wie eine ^'eI•heiliung auf etwas AuRor-
gewöhnliehes anhört. Auch die si'(|uenzinäBige Anlage weist direkt zur
Opem-JSmfonie hinüber. Ohne weiteres entwickelt sich plötzlich ein
Schlachtonbild, das immer lebhaitei- und erregter wird; hin und her
scliwirren die Noten gleich Waffen in der Luft. Plötzlich wieder etwas
ganz anderes: ein friedhcher, fröhlit her Tanz, der etwas von der Monte-
verdi'sehen More^sm (nicht in den Noten, aber im ( ■liarakteri hat, beginnt,
und schmeichelnd schließt sich ein ganz weiches, beinahe weibliches Thema
1} Stadt-Bibiiothek zu Breslau.
2) Watielewaki kennt ifanuidit imdTorohi gibt von Qun wodi keine Melodio«
' Schiüiz«l Soeben kommt mir der dritte Bond von »The Oxford History of Muaic«
vou H. Farry in die Hündc. der das 17. Jahrhondert behandelt und in welchem
einige Eorrenten aus f inem Werk von 1B87 mitgeteilt sind. (S. 320.)
3} Ks ist die 12. Sonate der Sammlung.
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I
464 Alfred Heui3, Die v enetianischen Optirn-Siuibüiäu.
an. LiebeToll imiBcbliiigen sich die Stimmen; dann gibts eine Fennate,
also aufgepaßt: wie Engeln aus dem Bolir sclneßen zu gleidier Zeit die
beiden Stimmen los, als ob ea emen letsfen Wettkampf gelte , und als
sie ün schönsten Laufen sind, kommt auch der Baß, der bis dabin lubig
sttgeseheo hat, hinzu, bescbwichtigt die Eilenden, und friedlicli, obne
fiele Umstände begeben sie sich auch zur Ruhe.
Es kann fraghch erscheinen, ob alte Musik in dieser Weise auszulegen
ist; daß diese Musik aber fantasievoll ist, wird Jeder zugehen müssen,
und warum soll man einer solchen nicht ebenfalls mit Fantasie bei^
kommen?
Es ist wiederholt schon von Giov. Batt. Bassani die Rede gewesen,
der auch Opern-Komponist, in der Geschichte der Instrumental-Musik oine
wichtige Rolle spielt. Wasielewski^) sind die Äda(ji in soiiu'ii Kirchon-
Sonaten doswcs^en aufgcfallon, weil dirsen >m(Mst aus einer einfachen
Folge von Harniüiiien bestehenden Sätzen« die Periodisierung fast gäuzlicli
fehlt. Dieser S("it<'nbhck, den Wasielewski auf die langsamen Sätze
Bassani's wirft, muß umsomehr auffüllen, als er ilie schnellen Sätze
gerade wegen ihrer srliarfon Ghederung überaus lobend hervorhebt
und erklärt, daß die sdnullon Sätze »freilich in ihrer meist fugen-
artigen Behandlung durch <leu Eintritt des Themas und seiner Gegen-
sätze eine deutliche Gliederung begünstigen.« Dieser Grund, der eine
Kera-Fragc der ganzen Entwicklung der Instrumental-Musik im 17. Jahr-
hundert berührt, entbehrt der historischen Richtigkeit und beruht auf
einer teilweise gänzlichen Verkennung der Entwickelung der italienischen
Instmmental-Musik im 17. Jahrhundert. Man frage sich nur in der Art:
Liegt eine schärfere Periodisierung gmule im Wesen der fugierten Schreib-
weise, dann ist es sonderbar, daß es länger als das halbe 17. Jahr-
hundert, das zur Hauptsache gerade dieselbe anwendet, gebraucht hat,
um 'zu einer schärferen Periodiderung zu gelangen. Die fugenartige Be-
handlung hatte statt dessen* gerade eine breit angelegte, nichts weniger
als Ubersichtliche Musik ergeben, der immer noch etwas von der »unend-
lichen Melodie« Gabrieli^s anklebte. Daß Bassani scharf gegliederte
f ugterte Sätze schrieb, hat seinen Grund in einer ganz anderen Seite, die
allerdings, und dies ist der Hauptmangel des grundlegenden Werkes über
• Instrumental-Musik, Wasielewski sehr wenig berücksichtigt hat, nämlich
in der ganz bedeutenden Kultivierung des Tanzes in Itah'en und seiner
Wirkung auf die Instrumental-Musik, die sich dann bei Bassani noch in
starkem Maß« mit tlnu JMntluß der Opern-Sinfonie verbindet.
Wie Wasielewski dazu kommt, den langsamen Sätzen Bassani's Tor-
zuwerfen, daß sie gleich wie »bei Mheren Meistern den jElindruck einer
1} Die Violine im 17. Jikhrhanderi, Seite 66.
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AUired Hieaß, Dw THMtumiacheii Opern-SinfoiueD.
465
verschwommenen Tonmasse machen«, ist schleclithin inierkiärlich. Von
Verschwommenheit ist nirht die Rede, wenn man die .Stücke phrasiert,
wozu Einem Bassani bei dem stren^'en Setjuenzen-Bau seinen' Lmgsamen
Sätze seihst die Mittel an die Hand gibt. Gerade die von AVasielewski
beigegebenen Stücke weisen eine vollständig klare Gliederung auf, die
durch die Gegensätze von forte und piano (Echo -Effekte) noch klarer
wird
Bassani ist eine für die Instrujm nt.d- Musik überaus wichtige Persön-
lichkeit, weil er als Opern-Komponist Elemente aus der Oper in die
Kammer^Miisik hinUbemahm und hier verwertete; noch vichtigei ist er
aber dadurch, daß sich an ihn historiscbe Wendungen knüpfen. Bassani-
war der Lehrer Oorelli's: Die >hymnen8itigen« langsamen Tonsätae in
dessen Sonaten und Konzerten nehmen ihren Weg über Bassani zurUck
au den Tenetlanischen Sinfonien. Denn Basaani war mit Marini einer
der ersten, der die langsamen Sätze in dieser Art behandelte. Man ver-
gleiche beispielsweise die Adagi in Core]li*s Sonaten op. 1 Nr. m und X,
und man wird diese jetzt historisch vollständig begreifen und verstehen.
Aber aucb in anderer Beziehung' zeigt sich bei Gorelli der Einflufi
der Sinfonien. Die eingestreuten Adagi-1?akte in der »Fanfaren-Sonate«
Nr. IX von op. 1, femer in Nr. in welcher fortwährend Allegro
und Adagio einander unterbrechen, werden ihre Erklärung nur in den
Opern- Sinfonien finden; das unmotivierte Abbrechen mutet Einem bei
einem so geklärten Künstlei- sonderbar genug an; es legt aber Zeugnis
ab, wie ungemein tief das Wesen <li r Opern-Sinfonien in die InstrunMutal-
Musik gedrungen war Durch Komponisten wie Corelli, Abaco und
andere erfährt denn auch die venetianisdie Opern- Sinfonie , gerade was die
Tangsamen Sätze betrifft, eine ganz wui 1 rl)ui e Verklärung. Viele langsame
Sätze in diesen Sonaten sind das Abendrot dieser jiUmäblich verschwinden-
den Stil-Gattung; denn eigentümlicli. die »einheimischen« deutschen Kom-
ponisten des 18. Jalirlmndeits zt'i'^rn für diese milde, leidenschaftslose,
sozusagen irdischen Beiges( hma( ks eiitbehi<viule Feierlichkeit keine Nei-
guuij: Mozart, der so niancbes lu-wuBt und uidiewußt mit den Italienern
gemein bat. seblä^ in der Ouvertüre zur ZaubciUöte jenen venetianischen
Feiertun nocb eimnal an; die feierlichen Akkorde sind wirklich
wie ein Gruß aus der Glanzzeit der venetianischen Opemzeit, und Mozart
hatte die Wirkung solcher feierlicher Akkorde auch aus Holzbauer'a
Sinfonie zum »Günther von Scliwai-zburg«-) kennen gelernt.
1 : Vergleiche auch dai kleine Beispiel bei Torchi »La mtmea matrumaUtUe etc.«
(ßivista TTinsipnli»;.
2) Siehe dio Einleitim^y zu der vuu H. Xretzschmar besorgten Neoaiugabe
dieser Oper m deu Dcukinuleru deutscher ToukansU
466
Alfred Heuß, Dis venetiuiiacliea Opern-SinfinueiL
Die Beispiele von Instrumental-KoinpositioiuTi, in welchen sich der
EinÜuß der Opern-Sinfonie zeigt, küimU ii iu unbeschrankter Zahl ver-
melirt werden. Hierum wird es sich aber an diesem Orte nicht handeln,
indem die Arbeit nicht bezweckt, Instrumental- Musik- Geschichte zu
selirdbeiii sondem nur Beweis führen will, daß die Oper und swar
besonders die Opern-Sinfonie, von m&chtigeiu Einfluß auf die Instru-
mental-Musik jener Zeit war, und daß die künftige Geschichte der
Listrumental'-Musik sich mit dieser Tatsache abzufinden haben wird. Als
weiteren Beweis muß nur ein Fall noch zur Sprache konunen, weil er
mit der Siitwickelung der deutschen Ihstnunental -Musik in engstem
Zusammenhange steht
Durch einen glüddichen Pnnd Karl Nef*8^) sind die schwer TennifiCen
Kammer-Sonaten Bosenmüll er's vom Jahre 1670 wieder ans Tages-
licht gekommen; man wußte schon lange, daß sie ein mit Smfoma be-
titeltes Einleitungs-Stück statt der Üblichen Padumie hatten, und daß
jedenfalls Bos«mittller's Aufentlialt in Venedig zu dieser schwerwiegen-
den Neuerung gefühi-t hatt<'. Daß die Sonaten aber so sehr den Einfluß
der Tenet ianischen Opem-Öinfonic zriircn würden, konnte nicht geahnt
werden* Nef weist denn auch auf denselben hin; da er aber die vene-
tianische Sinfonie-Literatur nicht kennt und kennen kann, ist der Hin-
weis etwas äußerlich ausgefallen. Aus der Beschreibung der Stücke und
der Beila^?e Rolhst geht hervor, daß Rosenmüller in den Sinfonien ganz im
Fahrwasser der Opern-Sinfonio fährt. Xiir übertreibt er noch, wie fast immer
Deutsche, wenn sie etwas Ausländisches nachahmen, so wenigstens in der
Sinfonie, welche der Publikation bcii^pgeben ist. Rosenmüller kann sich
nicht genug tun mit Fermaten, alle paar Akkoidc unterbricht er sich, aber
doch wieder nicht in der trotzdem so planvdllrn Art und Weise, zu welcher
die Itahener trotz aller Freiheit geknirt waren Das Heispiel von Ca/zati
(Nr. 6), in welchem ti-otz Unterbreehens der Entwicklung ein einheitliches
Ganzes vor uns steht, wird zeijren können, ^vie dies jremfint ist. Man
sieht auch hieraus, wozu die Setjuenz wirklich von 2sul/«'u sein konnte,
und wie tu luinerlich sich ihr Vorhandensein bei den Italienern herschreibt.
Was Form anbetrifft, konnte Rosenmüller von den Itahenern ungemein
viel lernen, und an Gedanken stehen ihm die italienischen Komponisten
dieser Zeit ebenfalls nicht nach. Da man sich -in Deutschland ein wenig
daran gewShnt hat, vom deutsehen Soiten^^^dpunkt auf die italienische
Ihstrumental'-Musik dieser Zeit etwas henmtennischauen, so honnen Fülle
wie diese wieder zeigen, wie eminent viel die deutsche Musik und gerade
auch die Instrumental-Musik Ton den Italienern lernen konnte, und wie
1) Zar Geschichte der deutschen lostrumentalnatik in der sweiten HSlfte des
17. JalurhtmderU. Veröffentlicht «1« Beiheft V der FublihAtionen der IMG.
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Alfred H«u6, Die venetitniechen OpernoSinfonten.
467
vi» l sie ihr auch zu verdanken liiit. Wenn in den R^jKenmüller'schen
Sinfonien »ilie deutsche Instrumental-Munik zum ersten Male ilire Schwingen
vofrx, den höheren und höchsten Ziehen zuzufliegen«, wie Nef von diesen
Stücken sagt, so liätte sie es also wieder einem andern Lande zu ver-
danken, <I< '->;i'n Kunst Rnsonmüller verauluHte, der Instrumental-Musik
Ideen zuzuliihrin, die aulii-rlialh ihres Bereiche'^ hViren. Man kann bei-
nahe mit Bestimmtheit den Satz. aut>tt llt n : jeder Aufschwung, zum min-
derten jeder Umschwung in dem Wesen der Instniiuentai-Afuf^ik tritt
inuiier dann ein, wenn ihr von auüeu her ein neuer Tdeen-( reliait
zujreführt winl, wenn sie. net,Mtiv ausgedrückt, daran erinnert wird, dali
sie el)en keine «absolute* Kunst ist.
Die spätere Sonaten-SannnhmgM Rosenmüller's von lü82, auf deren
oiRiuliaftes Wesen der iJiogrupli RosenmüUerH, A. H <»rn eff er-i, auf-
merksam macht, war leider nicht erhilltlich^); sie könnte zeigen, wie weit
Rosenniiiller seinen Aufenthalt in Venedig in sich verarbeitet hat; denn
Beschreibungen reichen hier nicht aus.
Wie weit der Einflufi der Opera-Sinfonien durch Rosenmüller's Vor-
gehen auf DeutschU^nd reicht» kann hier nicht verfolgt werden; über das
Wesentliche gibt die erwähnte Abhandlung Nef s hinreichend Auvkunft
Wir haben Entstehung, Entwicklung und auch die Anzeichen eines
baldigen Endes der venetianischen Opera-Sinfonie mit angesehen. Sic
boten uns ein kleines Stück Musikgeschichte Ton eigenartigem, aber
übeiiius organischem Verlauf, der wieder in engem Znsammenhang mit
der v^etianisdien Oper selbst stand. Wi dieser fiel auch die Sinfonie
und Terschwand. Es war ihr versagt gewesen, Berfihmtheit zu erlangen
wie die beiden anderen Sinfonie-Arten, die französische Ouvertnre und
die neapolitanische Sinfonie» deren abgeschlossene Form ihnen hienni ver-
half. Was aber unserer Sinfonie an äußerem Ruhme, dem Grande ihres
Vergessenseins, abging, das ersetzte sie durch ihre Wirkung auf die
Instrumental -Musik. An dem Aufschwung derselben in der zweiten
Hälfte des 17. Jahrhunderts hat sie innigsten Anteil, und bis tief ins
18. Jahrhundert khngt sie in deir Instrumental-lSIusik an. Sie ist es, die
gerade — gewiß nicht zufällig — zur Zeit ihrer höchsten Blüte der
reinen Instrumental-Musik neues Leben zuzuführen vermag; aber auch
aur Zeit ihres Niederganges, der eine Nachblüte genannt wenh-n nmB, ist
es ihr durch eine glückliche, doch innerlichst in ihrem Wesen lie^rrndo Ver-
kettung der Umstände möglich, eine Instrumental-Form, die für lange Zeit
das Haupt-Xnteresse der Inätrumentai-Praxis bilden sollte, vorzubereiten,
i: Königliche Bibliothek za Berfin.
2) A. Horneffer, Joh. Rosenmüller. Charlottenburg 1898. Seite 117.
H Sie befinden sich, wie mir Hn r Obcrl iMi .thekar Dr. Kopfermann mitteilt,
behuis Neu- Ausgab« in Händen von Herrn Dr. Karl Nef.
H. d. L u. IV. 31
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468
Alfred HeuU, Die venetiani«chen Opern-Sinfonien.
da-> Iiistiuiiu iilal-Kon/ert. Es kann vi<«]leicht uuch nicht ganz überselifu
Merden, wie weit der Einfluß unserer »Sinfonie reicht; in gewi>ser Be-
ziehung, durch die Vermittrlung der übrigen Instrumental-Musik , er-
streckt er sich bib in die modeme Zeit liinein, da es kaum einen herv(»r-
steclienden Zug dieser Sinfonie gibt, welcher nicht im (Irolleii Schule
gemacht liätte. Blicken wir aber von den Sinfünieii der Venetianer
zurück, wo die "Wurzel für das Emporblühen ihres mächtigen Bamiies
liegt, so sehen vnr eine einsame Gestalt^ die in nerviger Hand den Schlüssel
der gesamten modernen Miudk bfilti GzoBmeifiter Claudio Monteverdi.
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469
ANHANG.
i. Fr. Cavalli, Sinfonie zn «Ormindo».
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470 Alfred HenO, Die venetianischen Opern-Sinfonien.
2. M. A. ZiANl, Sinfonie zu <Schiava fortunata
1674.
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Alfred Heuß, Die venetiaixiacheD Opern-Sinfonien.
8. PiETB. Franceschini, Sinfonie zu «Arsinoe».
1677.
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Alfrsd Hmfi, Dm .▼«iMfeiaoiaoh«n Opara-SinlbBMB.
473
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4. Carlo Pallavicim.
Erster Satz ttU8 der Siiifonie zu L' Amazoni CorsurftS'
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474
Attpsd HmA, Die Tgnetianitnhun Opcra-BmlbiiiM.
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Alfired Heaß, Die TimetiMiiichm» Op«ni-Siiifoiii«a.
5. Bueio Marini,
Grave ans der StSf Sonate von Op. M.
f«6S.
Far 2 Violinen und Bai.
Grave.
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476
Alfired Heuß, Die vwMtiaaiaolMn Opern-Sinfonien.
6. Maüritio Caczati.
Ans dar Sonate XII „La Stroisi** in „Sonate a S VioL''
tese.
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Alfred H«aO, Die irenetieiUMhen Ofieni-Smfomen.
477
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478 Albert Mayer-Reinach, C. H. Graun. La battaglia del Be di Phuna.
Garl Hemrich Gtraun.
La battuglia del Re di Frussia.
mitgeteilt von
Albert Mayer-Reinach.
(Berlin.)
Die ^f.'irkiis-Bibliotlu'k in \ t*neili^:j birgt unter ihren nmsikalis* !m n
Scliiitzt u tili Klaviorstiirk, betitelt: ^Ui iMitUujUa dd litt di IVu.ssfa, ron-
cerh per t'l cenibulo dal Si(fr.' Graun*. Wenip'f seines musikaliHclii'n
Wertes als seiner technischen Stiuktur liriHxr virdient es dies kurze
Klavierstück, als Zeuge seiner Z«'il wieder aus Bibliutheks-Staub ans
Tageslicht gebracht zu werden. AVelcher von den Trägem des Namens
»Graun« der Komponist ist und zu welcher Zeit das Stück entstand,
darüber kr>nn<'n wir zu ziemlich sielu reni Ergebnis kuiumen, da wir
einerseit s wissen, da Ii Uarl Heinrich Graun im Auftnige Friedrich's des»
Großen Mitte 1740 bis Mitte 1741 behufs Anwerbung von Sängern und
Süogeriimen für die in Berlin zu errichtende Oper in Italien herum«
rdste, andrerseits im Dezember 1740 der erste schlesische Krieg seinen
Anfang nahm. Graun hat ohne Zweifel über die heimischen Vorgänge
und die Schlachten seines Königs nach Italien Bericht erhalte, und
das hier abgedruckte Klavierstück scheint demnach als Gelegenheits-
Komposition in diesen Monaten der italienischen Reise entstanden zu
sein, wahrscheinlich gerade während Graun*s Aufenthalt in Venedig.
Hierfür spricht die Tatsache, daß Venedig das soweit bis jetzt bekannt
einzig existierende Exemplar der Komposition besitzt Ob dieses Vene-
zianer Exemplar eine Abschrift oder ein Autograph ist, konnte ich mit
Sicherheit nicht entscheiden.
Kritische Beraerkui - n.
1; Die Stell«' ist in dor Himdschrit't sehr tiinii utlii Ii , das ff«' der riHlitfa
Hand uuJ 4 konnte auch c' heißen. Analog dem zweitlolgendeu Tukt,
wo das <{' «ehr deutlich ist, habe ich d!^ gesetxt.
2) Auf 4 steht in der rechten Kand g*tPf das g ivk natflk-lic^ unindglich.
3) Der Akkord der rochten Hand auf 1 heißt in der Haadsdirifk a^c^e\
es muß natürlich heißen f/^c^f^.
i, Der Baß hat auf 4 iu der Handschrift eis a f a\ statt / muß e gesetzt
werden.
5^ In der Handschrift wediselt auf 4 der Ba0 in diesem und dem folgen-
den Takt in dafa^ was unrichtig zu ^. in -cheiat, namentUclt da die
beiden folgenden, genau entsprechenden Takte keinen Akkordwechael auf
4 im Baß zeigen.
6) Der vierte Teil des Taktes fehlt in der Hand^^thrift , ich ergänze ihn
entsprechend dam vorhergehenden und folgenden Takt.
7) Die Handschrift aeigt hier d^a^f^. Statt muß offenbar stehen.
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AIb«ri Mugrw-Bdniflh, a H. Giwu. L» hatt^i del Be di Phinift. 479
Concerto per il eembalo.
Lft battagll» d«l Ro di Pruesia.
Allfirro.
Dal Sigr. Oraun
1 1
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480 AIbw(ll^w^B«iMd^aH.eim UlirttagliRdalR»«
ü' |i j iif j i\f ir^^
|,j;ttefi,X;£te-r;fcf|totl!
1^' I1 .1 Jl
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J>a Prod^homm«» M«rie Fd (1718^171)4:.
485
Marie Fei (1713-1794)
par
J.-G. Prod'bomme.
Parmi rinoomparable collection des pastels de Maurice-Quentui de
La Tour, <peiiitre du roi Louis XY», qne possdde la Tille natale de
Saint-QuentiDy au milieu des figures de iinandera, de mnsicieiis, d'abb^ de
philcMophes, de femmes du moude et de personnages prind^i une pbysio-
nomie entre toutes sollicite Tattention, tellement eile ^toime, ainsi jux>
ti^pos^e & Celles de ses contemporains. Elle fait penser, dans cette
90€a.it4 du plus pur dix-huiti^e si&de franvais, & quelque belle esdave
turque, aTec ses grands yeux oru ntaux, fendus en amande, d'nn ^lat
troublant, son nez allongt', sa beuche assez large, surmontant um menton
d'iine courbe reguliere (lui d<miie au yisage entier une forme parfaite
d'ovale allonge. Ijcs clieveux nc sont pas poudrt^s, et siniplement, in-
cliiiee vers la tempe droit«! nne I6g<^ gaze bleuätre, semblable ä une
calotte turque, les cache en partie, retenue par un ruban d'or oft 8*ac-
crocbe une fleur rouge, pres de la tempe gauche, a l'ondroit oü la
coifEure coupe obliquement Ic front Ce portrait oh La Tour semble
avoir mis toute la passion qu'il ressentit, pendant les trente derniäres
ann«'cs de sa vie. pour le modelo, est cplni dr Mnrie Fol qiii fiit pr^s
d'un demi-si^elt' , au tbf'Atrp coinmc an coiu ert, l:i cantatrice la plus
fetee des düicttautes parisien$, avec l'inimitabk Pierra de Jelyotte. •
I.
Contraireiueiit ii l assertioii presque generale des biograiduc^ couraiitcs,
Marie Fei na«iuit ?i Bordeaux, non pas en 1710, niais en 1713. \v 24 (x tobre.
Elle etait fille ]('<ritiiiit> de ficnrv Fei, organiste, < t de Marie Deracle,
babitjvnt paioisse Sainte-Eulalie; eile fut bapüsee huit jours plus tard k
la cathedrale Saint- Andre > .
Fille de musicicn. malgre l'absence df n iisoi£jnement.s positifs. on peut
affirmer que la future etoile d»- rAtudeiiiit' ruyule de niusicjue a])i)rit de
tres bonne heure, ainsi que son fror«' dont il sera questioii plu.s loin, les
principes du oliant. Vraisemblablement, eile passa les vingt premieres
annöes de sa xie k Bordeaux, jusqu'au jour ou quelciuc reenitcur du
prince de Carignan vint l'enlever, comme son fr^re, ä sa faniille pour
1) Voir plw loin, Appendice L
32*
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486
J.-ö. Prod'Lomnie, Marie Fei (1713-1794..
rengager & TOpära de Paris. £Ue d^uta au Conoert epiritael des
Tnüeries, sniTant Tusage alors ^tabli, le prenuer Boyembre 1784. Tjb Pro-
gramme de ce jour portait VJEjcawffat Dma^ motet de MondotiTille,
«dans leq^ael, dit le «Mercure de France» la I^* Feld (sie) cfaanta pour
la premi^ fois diffärents r^cits avec beaucoup d'applaodissement, de
meme que la D"* Petitpas et le 8r. Jeliote.» ') Le 8 d^mbre, oü
ron donnait le Benedißtus de Lalande, le m&ne jonmal rappoite que
«la B*^* Feld chanta diff^rents B^cits dans les grands Motets avee beao-
coup de jnstesse, de meme que le 8r. Jeliote dans deux Airs Italiens.»
Elle j reparut le jour de Noel dans im petit motet de Mottret «qui fat
tr^8-goatä.»s) A TOp^ cla Fell» d^utait le 29 octobre, dans le
prologue de Phüomäe^ qui arait i\A remis k la scdne dix jours aupara-
▼ant, par le r61e de Y^nos'); et dans ime reprise de Vlj^kfgime de
Duch^, Desmarets, Danchet et Campra, par le röle d*Electre, oft
eUe doublait la Petitpas. Le «Mercure» constatait k cette occasion qii*elle
^tait «de plus en plus goflt^.»^} Pendant plusieurs mois, oft son aucote
va Sans cesse grandissant» eile remplit les r61es secondaires r^serr^ aux
d^utants; le 21 mais 1735 quelques jours avant la ddture annuelle, die
cbonte k la repr^aentation ^Omphäk «pour les acteurs» une cantatille
comme on avait coutume d'en intercaler souvent dans un acte ou un
entr*acte, pour le seul plaisir d'applaudir un chanteur ou une cantatrice
aim^ du public.
Le 5 mai suivant, ft la r^uverture de TOp^ra, eile joue dans le pro-
logue des Grdces^ ballet b^roique en trois actes de B.oy et Monret, le
rdle de TAmour.
Elle a iigai^ aux concerts des 2 f ^vrier, 25 et 30 mars et l*' aTril, de
m^me qu*elle fera ft celui du 9 juin, recue «avec applaudissement» oonmie
toujours, chantant «avec autant de justesse que de pr^cision», soirant
Texpression un peu naive du chroniqueur musical contemporain, des
motets de Mouret ou de Destoucbes*). Bien ne semble devoir Tdoigner
1) Mercure de Francer noveinl»re 1734, p. 2521. G est par erreur que dans
l't'tude sur JelyoUe pnru dans Ic!» Sat/inirfhihiile de 1901 (p. r»91 . «m lit qne pas tin?
■ eule fois cet artii»U; ue cLauta au Uoiicert spirituel; ü y tigura au moins jusqu en
nia» 1736.
8) Mercure de Franee, decembre 1734, p. 2733.
3} Farfaiot, A'jtmla /lisiorigm de» Theairea de Pari* 1735, 1736 & 1737 (r^iD-
pression par Pougin. 1876 .
4 Mrrrure df Frntirr. ilt-rembre 1734, II, p. 2930.
5) Parfaict, Agenda historüiuc de TanntSe 1735. «Un donna hier Omphak ou
chanta de Fei; eile devient de jour en jour Tobjet de nos esp^ranoes pour remplaoer
la Petiipas, qui devient de jour en jour plus mauvaiM.» [Journal dt la Cbur ä
la Villc, piib. par Ed. Barthölemy. 18(19; p. 28 . 23 mar» 1735.)
6i Mercure de Franee^ avril 17.S6, p. 617 ; juin, p. 1226.
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J.-G. Pfod'lMimiiie, Marie F«l (171$-i'}94i^
487
du theätre, quand, a la dato du 18 juillet, eile signifie son conge, et
qiiitte «k'dit jour», rn compagnip «le son fröre. Aiissitot radministration
de In Maison du Koi, (|ui avait rOj)era dans son departement, adrcsse $k
Tiiuret la lettre suivante, rappclant le reglenient de 1718 qui obligeait
les acteurs ä demander leur cong^ au moizu im somestre d'avance.
«A Vor " le 20 JuUlet 1786.
'M. Thurct, Dir»H"tour de TOpern.
<J'ay M. rendu corapte nu Roy en r.ibHonce de le f'omte de Maurepas
du piacet des & D''" Fei (^ui demaudeut perniissiou de se retirer den a
preseut de rAcademie Boyalle de Mosique, Sa Ma^^ reat abeoliimeiit qu'aaoaDS
actears ne puisaent ae retirer qu'ila n'ayent demand^ lear Coüg6 tix moi»
anparnTaat et par conscquence (aic) voua ne dev^s point aeeorder le Congö
que demandent les B' it D"* fei Boae qaelqne pretexte qne ce puiase estre.
Je suis M. tout a voqb').»
n faut croire que les Fei avaient des Protections pnissantes, car
Tactrice ne rentra au concert spirituel que le 2 fevrier suivant^ et räin*
t^gra rOpera, j\ Pä(|ues 17H6, avec \2iX) livres d'ai)pointemeiits an Ueu
de 1060 qu'elle avait au d^but, plus 300 livres de gratification.
Peut-etre faut-il placer pendant cette absence de Topera son s(>jour
ä Amiens, oü eile chanta au Concert «du temps quo M. de Chauvelin
en ^tait intendant».') Tintjuante ans plus tard, Marie Fei faisait elle-
meine allusion ii ce petit evenement de sa vie ailistiquo et l'inspecteur
de pidice Me unier, a la fin de son rapport aur VEtat präsent des Acirioea
de F0p4ra le rappelait brifevement d^s 1752.
En meme temps r|u'elle faisaii sa rentree aux Tuileries, la jeune
bordelaise et:iit adniise au «Concert chäs la Beine» dont eile sera long-
temps Tune des etoiles.
Marie Tieszezinska, que Thistoire a trop delaissee au niilieu de son
eerele d'aniis tideles et serieux, poss^dait une instruction solide et mon-
trait poui' la iuusi(|ue un goüt qne sa jeunesse passde en AUemagne lui
avait |)ermis de developper. Pendant de longues anneos, j\ la cour, tan-
tot h Versailles, tantot a Marly ou h Fontainebleau, la reine de France,
tandis que Louis XV se divertit ä la chasse ou s*abrutit dans scs d ('bau-
che«, airne h se faire jouer «en concert» les opdras (jue la Ville vient
d^applaudir ou applaudira demain« Le «Mercure de France», dans ses
cahiers mensuels, le duc de Luynes, Tun des familiers de Marie, notent
chacun k sa fa^on, les programmes et les noms des artistes, qui partid-
1) Arch. de TOpcra JUatiro» du lioy. Diptchc« reintivet d FOpSra. Ms. 2479 (copie
nodeme], I, fo. 78.
2) Mereure de Fraure fevrier 173^ p. 371) nous apprend que le concert de oe
jour se tcrmina par le Ihnninus rcymirit. de Lalandc, «dans Icquel la D"« Fei,
ci-devant Actricc de rAcademic Hoyale de Aluüqae, ohanta diffi^rents B^its aveo
spplaudisaement.» 3} Voir plus luiu ses lettre«.
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488
J.-G. Frod'homme, Marie Fei (1713-17d4).
peut a ces sulennites musicales. «L'executiou* U'iiu opüni durait deux ou,
plus souvent, trois seances. Ainsi le 13 fevrier, oü l'on achfeve de con-
certer l^isie Cümmencä le 6 et contmue le 8, apr^s avoir elle-meme
chantä äsaom la piöcc, M*** Fei chante pour la premi^ fois au Conoeit
de la Beine, le Trion^e de VEymen^ cantate de Mouret. Lea 20 et 22,
eile paiait dans les huka ffolantea; le 18 mars, nous la retrouTons au
GoDcert spirituel, en compagnie de Jelyotte; puiB ä la rtouvertore de
rOp^ra le 10 aTril, de nouveau dans les Indes gakmies; Fei, constate
le «Mercure», «dont la voiz feit beaucoup de plaisir, a chanttf le prind«
pal Bolle dans la premi^ Entr^, avec applaudissement.»*)
Durant deux ou trois ans, on ne lui confie encore que dee roles
seoondaires dans les pitees nonvelles ou dans celles du r^pertoire');
maas on lui feit souvent chanter des airs d^tach^s, fran^ais ou Italiens,
des cantatülea'). Et d4}k les po^tes lui adressent des rers. Voici deux
de ces po^mes comme la muse de T^poque en inspirait quotidiennement
aux galants correspondants du «Mercure»:
Yers ä M'"* Fei.
On dit que duna la Tlirnre un chantr* liiirtnonieux
Pur les donx soiis <1 nii«' voix adinirable
Arrctoit des tonuii.s le cours impetueiix ;
Mais oe rapport est une fable.
Je connois un predige encore plus merveilleuz
(^iic louf ceux «jue nos bons ayeux
!Nou» racoutent de leur Orphöe.
Uli© Syreue uimable, uue touchiinte Fee,
Par 8on Ali inspirtf des Dieux,
Par les accords charmans d*nn chant m^lodieux,
Fait sentir ce ([u\\roour eut jamais de plus tendre,
£ncbaine tous 1p« r<vnrs, ravit tous les esprits,
Eit le plus semillaut marquis
Deux heiires sur un baue eat doucement assis 'j
Et presque muet poor Tentendre.
Mais ee n*esi pas assez que d*enchanter Paris;
Elle a force la j:ilou*<c TtMlif>
A Ini rpflrr la ronrdiiue et le prix
De 1 Alt diviu que les Lullia
Ont dchauffS de leur gönie.
Ces faits chea la post^td,
1) Mereure de Frame, avnl 173(>, p. 7öt>.
2) Voir l'Appendice I, Marie Fcl ä 1' Opera.
8] Ainn le 81 norembre 1796, & la reprisentation de JfediM «f Juon, ce qai k
&it «universellemeut» applaudir [Meram de Franee^ neyembre, p. 2542 . De meme
Jes 17 et 22 mars 1738, pour la «capitüti<>n» des acteurs [Id., niar?5, p. ö66).
4: AlluMion, soit aux banquettes qui etaicnt a!nn placees sur les tMjtea de la scene
ä rOpera; suit k celles qui garnisi^aiunt alors la salle du Concert spirituel.
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X-0. Pk«)d'lMniime, Marie Fei a71S>17M}.
489
i'ortunt tout rair de songegf
Pusseront pour meusougtis:
Iis 8ont pourtant la pure v^riM.
J. B. GniB.
Autreü Vers, dun humiue du monde.
äitöt i|ue le 8o!eil jiaroit sur 1 hori20ii|
On Vöit le» astres dlüparoitre ;
L*^at d« leiur soaveratn naitar«
K*admet point de comparaiaoii.
Fei, conuoissoz votre uvaiitiige)
Votn* dfstin v^i Wien phis doux ',
Car V0U8 purtMif»/ uotru honimuge
Lorsque l'amour clmute avec vou8*[.
Avec l'anneo 1739. les irrurids roles des pit ccs nouvelles ou des
<remises» d'ujuvres anciennes cunimPTirpnt :i rclioir ;i M"* Fei; eile est
successivempnt Hebe dans le ballet des Ftte^ d' fhhr de Rameau; San-
gande daiis Y Ah/s de TiuUy; H^sionfi dans la tragi'dif lyrique de Dan-
chet. Apres s'etre cuiiLentt-«' des rnles de l'Amoiir ou de Veous dans
les proltvi^ues d'opera et de ballet, on lui confie deux et trois person-
nages difft-rents de ces pieces Ji tiroirs (jue sont pres<pie toiites les
compui»itiuns de cette t'poqne. P'est eile qiii remplit les pn-miers roles
de Rameau dans leur nuuveautc': daus Z/ftis^ Xni\s, Zoroasfre, Tun des
ehefs-dVuvre du vieux maitre, la Ouirta/idr, las Surprises de l'Ammu\
t'tc. Klit i rro ( ncore, dans les dcrnieres annees de son s» juur ü. l'Opera,
\'Auron\ V AljumudurL de Mondonville et la Colette du Devin du
VUkige de J,-J. Rousseau.'-']
Autant qu'il est possible de s'en rendre compte i)ar les documents de
repoque, pendant les vingt-cinq annt'es qu'elle fit partie de TAcaddoiie
royale de masique, Marie Fei participa ä plus de cent premi^res repr^sen-
tations ou reprises. Elle ne ptit sa retnute d^finitire qu'lt la fin de
1758. Son traitement comme premier sujet s'elevait & SOOü livres d'ap-
pointements, et 1000 livres de gratification. Elle obtint une pension
de 1000 livres et 500 de gratification annuelle*]. Le ministre de la
Maison du Boi, au moment oü eile demandait son conge, lui aocorda
ce «traitement distingu^» par un certificat flatteur dont il faisait part
en meme temps aux directeurs de TOp^ra.
1 f'p^ ileax pieces de vcr!* <;onf citäes par Gr^goir, QMn» dt VOpira (Bnt'
xellen, 1878-1881:, tome U, p. Hiü-161.
2 Outre le oatalogue de» roles rcmplis par M"" Fei, que 1 on trouvera plus loin,
Appendicel, Marie Fei i TOpera, le lectenr eüpriii de le rapporter k r^tude nir
Pierre de J^lyoite dont eeUe^ n*ett qoe le complfoieiit ii4oenaire. [Sammd'
hände der IMG., acut 1902.)
3) Arcb. de TUp^ra. Etat du pemmneL MHnoin. Cf. App. L
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490
J.-ü. Prod lioiiiine, Marie Fei 713-1794,.
<A YenU« le 9 Avril 1758.
«A Mad*"* Fei
<Le8 Services qae von» am MMtemoiaelle rendns a rAcademie Boyall«
de Musique nvec I'applaudiBsem* du public, vous ont merit4 un Traitemeut
di8tingu(^ et comme vous avez dpinnru]*'' et oJitonu d^s lo mois de mars votre
Ooug^, vous pouvez etre assuree d'uue Pension de 1000 de retraite, et d'une
Chrattfication aunuelle de 500" ; jV'cria en con8^(|[uence ä M" lee Concessionnaires
du Privil^e de TOpei«, mais je eompte qu€tant neoeseaire an The&tre et
agreable au public, vous huivrcz la Promeese que Toua serea en etat de servir.
Vott» connouseSi Mademoiaelle, les sentimens que j*ai pour vous.»
<A Veraii** le 9 Avrü 1757.
«M** Rebe! Francour Ceesionnaire (sie)
«de 1 Opera.
«La D'"" Fei ayniit ^Nlrs demaude json C'ong»5 merltant par les sen'icfs
quelle n rendus a 1 Aemleuiie Koyalle de Musique un Traitement dihtingur, 11 liii
a ^te a88ure des le moig de mars d^r une Ketraite de 1000" et une gratiric;»-
tion aunuelle de 500" sur TOpera, mais estant neoessaiie an Theitre je
compte quelle snivra la promesse qn'elle m^a faite de ne point quitter taut
qu'elle sera en 4tat de servir. Je vous suis, Messienrai enti&r^ d^ou^ ^).»
La b^neficiaire ne se fit pas prier pour rester le temps necessaire j\
pourvoir 8on remplacement. Depuis quelques mois, eile montrmt Tart
du chant k nne jeune fille de dix-sept aus dont M"* Clairon foimait le
jeu: le 15 d^oembre 1757, Sophie Amould ddbntait dass lea Ammtrs
des Dieux; eile remplac^ait sa mattresse le 13 avril suivant dans le pre-
mier role d'JE^ et Lavinie, apr&s avoir, k ses c6t('s, ]ou^ celni de V^nus.
Dans les F^iea de Saphos (reprise du mardi 9 mai), Marie Fei jouait dans
la deuxi^me entr^ le personnage d*Erigone et Sophie dans la troisi^e
celui de Psycho; enfin toutes deux paraissaient ensemble dans iVvserjwte»
r^l^re remplissant le röle principal et la mattresse, celm plus modeste
d'Ar^thuse. «Le jeu de M}^* Fei, dans Är^thuse, ^crivait un contemporain,
n*a pu rem^ier k la froideur de son röle; mais sa voix brillante et
l^g^re k toujours un channe nouveau.»^) CVtait le 14 novembre 1758.
Marie Fei pouvait d^rmais abandonner sans inqui^tnde la scdne lyrique;
eile avait trouv^ en Sophie Arnould une remplagante digne d*elle.
1; Arrli. de l Opcra, ms. 2479 ^copte moderue;. Maison du lioi. Depiches reUU.
d rOpira, I, tl. 190 & 191.
8} Citation Mtrsite des Ohires de VOpira^ II, p. 812. Oet onvrage de Or^goir,
compilation trte utile msis fort indigcste, est reni])li de renseignements exacts, mau
nullement ronrdoiinö^ et manque absolument de critique Les «;onrcpf!, cntrc nutres
chosos. sunt rareiiieut uu tiop vaguement indiqnt'es. L'extrait ci-dessus, par exetup!'-,
provieiit d une «Chroniquc du temps» {(\ qui n est autre que le Mercure de Frati<:c
(d^oembre 1768, p. 187).
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J.-G. Frod^liomme^ Mui« Fei {XliA-l'm),
491
n.
Da quin de Cliatoaulyon, lo fils du cel^bre organiste, qiii publiait
en 1752 la jireniirre parti* de son «Si^cle littf'miro de Louis XV»,
sVxpi-imait aiosi sur la cantathce, b, Tepoque oü eile briilait de son plus
vif eciat:
cLe noin M"* Fei inepire uue joie seorette. On se repr^sente enr le
champ tme Actrice merveilleufo. On se dit Hvec satiHfuctlon, In voix le M"*
¥vl etil d une pr^cision ndmirnblo & d une legerete siuguliere. On lait plus,
on vole h rOpera lorsqu'elle chaute; on lu trouve toujours nouvelle, toujours
brillaBte, c^est, dura M. TAbbö de la Porte» Anteur des ven qae rom alles
lire: c^est un timbre d'argent: .qo*on en juge pur ce aeul trnit, eile
cbunte ritalien et le proven^al comme M^'* Faustine qnand eile 4toit
bonue.
«Ah! que vous m iuspirez de leux,
cDe Fei; tos doux aecens rendent plus tendre eneore
«L*amoiir qui brille dang voa yeuxl
«n D*y a point d^Opera du grand Bameau que cette F^e n'embelliMe,
je jugc k 1 air satisfait dont eile chuntc »a Mu^ique, qu*dle Ini donne
lai prefeicnce «nr tonte nutrc. On ne fait «udinairenient usage de fon fm c'v
de ea vivacit*', (juc i»()iir le inii nous j»Init. Le Iton goüt que montre en cel«
M"* Fei, est une raison de plus pour la faire adorer, je n'en dis pa« trop,
dee v^ritablee connoiMetmi. Prenea donc pour voos, incomparable Actrice,
ce que M. Greseet a dit avec enthousiasme: Toix charmante, voix präsente
Ä nies pensees, je voudrois t'entendre toujours; tes »*elat8, tes cadencea, tes
8ons Hgreahleiiif nt nielangös; leur variet^, leur siinftrip, leur allianrf». tout
dans toi est ravissaut. (^ue de volupte tu verses dan» mou aiue! Croiroit-
on ie vanter heaucoup, en eomparant tes accor^ h eeux de Philomele? Non;
les soDS uniformes & inarttcul^s du tendre Rossignol ont-ils roxpreesion, Tarne
& ]a vie des tioQS? Toujours belle| toujours s^uiflantOi chaque son que tu
fais dolore, est un sentiment qui penetre le cceur & qui captive les sena>
Aprte ce pan^gyrique de Marie Fei et celui de sa camarade M"* Che-
valier, «les deux plus fameux Actrices de ce temps», Daquin ne loue
pas moins Tiine que Tautre comme chanteuses de concert:
«Je quitte l'Opera pour vous transporter au Concert ^^irUucI, ajoute T^cri-
vain. Vous vojex, Monsieur, qne nos deux Actrices n*7 brillent pas moins
qu^ä ce grand 8])ectacTc d'oü nous sortons. Vous les trouvez les memes, &
il vous semblc (juV^ius röpundent de nonvollcs ^^ces sur les sublimes motets
des Lalandes et des Mundonvillos . . .»
Un autre conteinporain, qui n'est pas souvent louangeur pour tout ce
qui touche au thäatre et k la musique, Coll^, donne vers la meme
^poqae son appr^ciation sur les mSmes artistes:
1 D'Aquin, <9iVrA lifferaire de Louit XV au Lettre» mr le» hrnmnee ütuetree.
I. Partie (1702) p. 174-177.
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J.-G. Prod borame, Marie Fei ,1713-1794..
«m"* Cbevallier et M*'* Fei sont bien ^loiguees d^^tre de» aetrioee, sur-
tont la derni^ite, dont la voix, Ugtoe et parfaite en Bon genre, n^est bonne
que pour les ariettes*).»
Longteiiips plus tard, La Borde, danB son c^l&bre Essai sur la
Musiqm aneierme ei moderne^ constatait que
•pendaui vingt-cinq nus sa voix charmante, purc^ argeutiue, a fuit les pluisirs
do public, & l'anroit pu faire enoore plus de ringt, ei ea mauTaiM Hut^ &
la dölicatesse de Ba poitrine ne IVvoient oblig^e d^abandonner le tb4&tre vers
1759. 11^'* Fei diantait ^galcmeut bien le Fi-anyaie & l ltitlieii, & est ane des
FranrHises <]m n le niieux chtmtt' rT(;i]i»'ii. La voix est toujours au««! jeiinf,
& etonne encore le petit nombre d uiuis, . ä (|ui eile a consaeie le^ deniieres
anneeä de sa vie, & qui ch^riäseut autant aes qualitt^s persunnelle», qn ils
ont toujottra admirt ses diffftrens talena^).»
HL
Marie Fei, d^mais ne iigure plus qu'an Coneert spirituel et k celui
de la Beine.
An Premier, eile paralt bientdt k la tdte des «dessns» et garde cette
place jusqu'en 1770, ann^ ou ks Speetaeles de Faris la citent pour la
demi^re fois comme aoliste; son nom y repaniltra en effet en 1782 et 1783;
mais on est un pen sorpris de la voir nomm^ an quatritoie et demier
rang la premi^ ann^e, au troisi&me rang l'ann^e siiiTante, paimi les
choristes. H s'agit alors de sa ni^ce, selon toute vraisemblance.'}
Sauf des intemiptiona assez fr^aentes caus^s par le mauvais
de sa sant^^), Marie Fei pamt ponr ainsi dire sans inteiruption aux
1 ColU, Journal et Memoiren edlt. Honorö Bonhomme) I, p. 52, fivrierl749.
2; La Borde. Fssnt >?<r h Musiqu^ nnriennr rf mnfhriir 1780 , III, p. 510.
3 Voir la collcction de VAlmanach hütorique <lu 'Jlnütre ou Colmdrifr historique
<i> chrotwlogique de tous kn Speciades de 1751 ü 1754 puis, u partir do cctic date, la
suite de la neme publication, sont le titre Lt» ^pe^ade» de Pari», Cette publicatlon,
interroiupue an dibut du XEL* li^e, disparat tont Ik fidt en 1816. Yoir aassi TAp-
pendirt.' VI.
4 Kii ]74<) et en 1749, par exeniple; en 1746, eile reparnt k Topera, dans les
Fitejs ik I'ulijnmic le 12 octobre: «M"» Fei, öcrivait alors le «Mercure» (cite par
Gr^goir, U, p. 848-851;, qu'une longue et dangereose maladie avoit forc^ de B*ab>
senter du thttfre pMidant plnsiean moit, a reparo dan» le bellet: lei spplaudlBBemem
xiaMM» qn'elle a legtis moutrent combicn le public est equii;i1)1c. Sa voix est plus
belle que jamais; nous ne dirons ricn dti r'ofit avt c loquol ollo chante, nous n'appren-
drions rien äpersonno En 1750, eile reutre au Concert le 8 decembre et y reparait
le 25 du meme mois, apres une «maladie fort longne» qui «avait prive le public» de
sa pr^ence. «Elle excita ane vive joie», dit le cbroniquenr; Fei eha&ta dans un
motei, qn*eUe enricbit de tout ce (|ue Tart peut imaginer de plus seduisant et de plus
acfri'able.» Et plus loin: «Jamais Mi'*^ Fei n'a mi» dans son cbant tant de gri'ire,
janinis le public n'a pai ii rontent; ce n'etoient pas des applaudissemens, c'etoit du
transport.» -ürregoir, Ii, p. 298.)
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J.-a. Pnid^liomme» Mtrie Fd (ITIS-ITM).
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Tiiileries pendant trente-cinq ans. Citer les petits motets, latins, Ita-
liens ou fran^ais qu'elle y intcrprMa, ou les «grands motets avec choeur»
dont eile chanta Ics recits serait faire riiistorique du Concert spirituel
pendant sa plus l)nlliinte periode. II nous suftira d'enum^rer quelques
(euvres qui, gräce au noin de leurs auteurs, ont ete Tobjet de commen-
taires un peu detailU's tU^. Ui ]);irt des contcMuporains.
Pendant la direction de Moiiflonville, de 1755 ii 177U, epo(|U(? on le
compo^i* cur en vo^nie fait chaiitcr ses grands motets, c'est Marie Fei
qiü ♦ n (-t la principale interprete. Elle y chante »avec iine onction
aussi louchante (pu' sublime le «rrand talilesni du Vfniir adorentus, qui
sera toujonrs la )ias»' de la reputatiun de Mondonville, et le critii|ue
du «Mercure> la. jHupose coiiime iiiodMe !\ une debutante, M*'* Etienne:
<Qu'elle ecoute, (prelle t?tu(lie. (prelle adiaire sans celle M"* Fei. Ce
sunt des niutleles parfaits qui peuveut seuls fornier les gi'ands talent». »')
Voici le 30 niars 1751, la prenii^re auditiou de 1'/» converfendo, de
Ranieau; le 17 avril 1758, peu aprös les preniieres representations du
Devin du Village, oü Fei et .Myotte out trioiMplu' uiu' fois de plus ä
VOpera, les debuts de Jean-Jacques Rousseau dans la musique sacree.
L*aateur du Dueoura de Difon fait ex^cuter par la cr^atnce du rdle de
Colette, an Si^e Megina de sa composition, M"* Fei le chanta, «conime
eile Beule s^t chanter .... On a trouT^ ce motet, ajoute le «Mer-
cure», beaacoup de chaot et d'expressioDi et les OonnoiBseuTs d^sirent
que M. RouBseaa contiBue & enrichir la Litt^rature et la Musicpie Fran.
(^ise et Latine par aes Ouvrages.»') L'ami^ smyante, oü presque pas
nne s^nce ii*a lieu sans eile, Marie Fd remporte un grand snccte avec
le LaudaU pueri de Fiocco, compositeur italien dont eile interprfetera
fiOOTent des motets; un peu plus tard, en 1755, eile fait appr^cier ceux
du Chevalier d'Herbatn <si connu en Italie, dit le «Mercure» par plu-
sieurs grands onvrages qui ont re^u Tapprobation g^n^rale.»
Eki 1757, toujours dans le motet de FioccOf eile chante «areo ce
goüt, cette l^^ret^ et cette pr^ciston, qui la rendent si sup^rieure dans
son art»^) L*ann^ smvante, retir^ de TOp^ra, eile paraft au meme
concert» auquel son 4\hve Sophie Arnould «a attir^ la foule ainsi qu'd.
rOp^ra. La Sale ^toit pleine h quatre heures et donie», ajoute le
«Mercure>,»J
1) Git£ par Qrt-goi r, III, p. 40: Compte>rflndu des CSoncwto d« man-avril 1751.
8) Mereure de Franee, 1752, juin, I, p. 164; cf. Or^goir» m, p. 66. Le Salve
regina de Roaiaeau, fut chante une seconde fuis quelques joon plus tard. Dana
ses Cnnfesf^ifms livre IX, an. 1767), Boutseau dit qu'il avait compoa6 oe motet «pour
mademoiselle Fei».
3; Daprös Gregoir, III, p. 116, MH« Fei crea le principal röle de CiUml-ne
de d*Herbain (17o6). Yoir App. I. 4) Grögoir, H, p. 167.
5] Mereurt de fVwM», mar« 1768, p. 190» compte-reoda da cbnceft du 9 f^Svrier.
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J.-(i. Prod homme, Marie Fei (1713-1794).
Aprfes avoir pass^ quelqae temps chez Voltaire, en 1759 >], Marie Fei
rentre & No^; eile diante un motet de Mondonrille, et on la reroit
«arec plaisir*. Son succto ne diminue pas; quatre ans plu8*taFd aprte
raToir entendue au concert de la Penteoote, on pomnut dire de M"* Feit
^crit le chroniqueur, «que la voix est encore dans sa primeur et le talent
dans toute sa force.>*) Jusqu'ä la fin ce sont les mdmes ^loges. Ainsi,
en 1763, eOe chante •b.ybc le saocte et les applaudissemens ordinaires»
et «regoit lee applaudissemenB que m^ritent sa Toiz et ses talen8.>>) Gette
mdme ann^e, eile interprtte le Salve Regina de Kohanlt, accom-
pagn^e par le Violoncello dn c^löbre Duport.
Peu avant sa retraite d^finitiTe, Fei cr^ le nouveatt motet de
J.'J. Rousseau, Ecce se/ks lue tonaniis, compos^ en 1757 par le philo-
sophe musicioi pour M"''' d'Epinay. «Lc motet eut un si grand succ^
dit Rousseau, qu'on l'a donne dans la suite au Concert si)iiituel, oü,
malgr^ les sourdes cabales et Findigne exäcution, il a eu deux fois l«>s
m^mes applaudissemens.» Le «Mcrcure» trouva «les symphonies, d'un
goüt agrenble et nouveau, .... egalement applaudies avec vivacit^.»*}
£n 176(>, 1767 et 1769, annec oü les relations contemporaines la
nomment pour la derni^re fois, Marie Fei ne cesse d'apporter au Con-
cert des Tuileries le concoui*s de ses taleuts. A Paques 1769, avec le
chanteur Richer, eile execute le Stalmt matcr de Pergolese,") qui
jusqu'alors etait confie aux dtnix Italiens Dota et Alban ese. L'annee
suivantf, Spectacles de Paris* pour 1771, ne la citant pas plus
que les jouniuux du tomps, nous dcvons i'u coiiclure qu'elle avait drtini-
tivoment abandoiiiu- la carn^re de virtucsi'. Et cu n'est pas sans eton-
ncnu nt que nnus trouvous s-on uom dix ans plus tard. ])arini les
choristes du concert. !^^ais jicut-eUe s'agit-il alors de sa niece que nous
verrons so pn'sentf r < oinnu' suu heriti^re en 1794.
An 'roiK i rl cIk's la Reine», il serait assez p^u interessant de suivre
nntit' caiitatric ('. Lt s programnu's de Versailles, de Fontnincljh aii oii ili*
Marly etaiLiit ideiiti((ues, a peu de choae pres, i\ ceux du la Villc; ()j>era
ou concert, la cour applaudissait les memes ci uvres (jue la Itour^noisie
de Paris. D apres les nilations du temps, Marie Fei ti;:ura ä la cour
dcpuis ses debuts, surtuut en 17oU, 1742, 174;^, 1711, 1715, 1746, annee
pendant laquelle eile cn'e le principal role dans Z/limhr (le 17 fevrier]
jouo par ordre sur le theätre de la grande Ecurie, et dans la ZöUsha de
Jelyotte (3 et 10 mars). Dans le m^me temps, eile fait partie de la troupe
du thdatre des «Petits Appartements» cr^ par M"* de Pompadour.
1 Voir plus loin la lettre que Voltaire lui adressa.
2) ürtgoir, II, p. 270.
3) ^^ercuTe de Franee, arril 1763, p. 208-906.
4) J.-J> Bouateatt, Cot^estionSj IX (1757).
5) QHgoir, II, p. 306. 6) Or^goir, III, p. 28.
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J,-Ö. Prod'homme, Marie Fei (1713-1794].
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4 janvier 1749, eile chante dans Top^ra de Boland, dies la
Danphine; puis le 3 mars, chez la Berne, dans BdUro]^ion; le 20 aTril,
dans MtfrUe et Zü£e de Boy er; le 14 jaiiTier 1751, dans OmphaU\ le
18 octobre 1752 eUe cr^ dans le Devin du Viüage le T6le de Colette;
Jean* Jacques Ini-mfime la oonduit k Fontainebleatt» en compagnie de
Grimm et deBaynal dans nne Toiture de la oour>]. Uannde suivante,
le 16 man, chez la Daapbinei en pr^noe de la Beine, eile ehante Jr-
mide \ Zaide, les 10 et 12 avril; et & Fontainebleau, en octobre^ Pha9km,
Daphnts et EgU (29 octobre), pastorale en im acte de Bamean, paroles
de Coll^.
Pendant une dizaine d^annecs, :^oit que leGoncert de la Beine subisse
nne intemiption, soit que la chanteuae ne puisse y fignrer pour tonte
antre raison, le nom de Marie Fei ne parait plus dans les comptes-
rendus. Les demi^res fois oü ceux-ci signalent sa prdsrace, c'est en
1763: le 9 ferner h Marly*), dans le role d'Alcimadure; et le 28 no-
vembre 1764, dans un divertissement ex^cute devant les Enfants de
France, ä Trianon, ä rocciusion d'une coUation qui leur y fut presentee,
Marie Fei jouait un role de fee dans ce divertissement ofi fij^nraient :\
ses cotes Fr^ville (an soldat), Ciairvail (un berger) et Kicher (un
paysanV
Tf'ü" fut, RuccinrtoiTifnt n'sum^e, la earrierc artistique d'une dos plus
illustres caiitatrices ilc TAt adciiiic royale de musique, sous le r^^no de
f/ouis XV. ( li est lä, ('taut donne l'epoque oü vorut Marie Fei et la
profession qu elle exerruit, que sa biograpliie pour ainssi diu- apparente,
la seule conmie du ])ublic. Des doenmonts, üint administratifs que juives,
(pii dateut du XVUl" siecle et qui, pur les voies bien diÜerente.s, sont
parveuus jusqu'ä nous, vout nous renseiguer quelque peu sur sa vie intime.
Ii Etat des Aetriees de Vojtera avee leun ages et demeures et les noms
de teure Entreteneurs au mois de Septembre 1752^ dreas^ par Tinspecteur
de poUce Meiinier, d^ute ainsi:
IV.
NomB
ages
Dameures
Amanta |
-Et greludionBi
Matstiona
Actrices recitnntes
M"» De Fei
35 ans
rue 8' Thomas du
Lüuvre a cote de
lliotel Longueville
vit Rver M,
de Cahuzac
IJ Yoir J.-J. Rouateau, Confcssi&ns, VIU (1752;.
2) Gr<goir, II» p 869.
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J.-G. Prod'homme, Marie Fei ^ITliJ-niH,.
Et dans les trois gros volumeB de nipports dreas^ par le policier,
que posskle aujourdliui la Biblioth^ue de rAraenal, panni le ramaasis
d'bistoires scandaleuses qui r^jomsaaieiit fort le crapuleux Louu XV,
amus^ de ces aneodotes od iDulent pdle-mele les noms les plus aimori^
de toute TEurope et ceux des plus illustres courtisanes comme des plus
TÜes prostitu^, ~ une seule page coneeme la D"* Fei actrice reci-
taute a Topera. La voici:
M"* Fei La Fei actrice recitante a V
actrice de Topera 8^ Thomas du Louvre a eote de l*botel de Loogaeville.
l^it' Tlioin I i Elle est petite, brune, agee de 33. h 34. ans, la
Loimi pfnn noire, generaleinent laide : eile n'en veatrien croire
, cependant, eile u la voix belle.
Oü assure qu'elle va se luarier avcc M. de Cahuzac;
ilfl demeiurent a cöte Tun de rautre, et fönt ordinatre
t'nsemble. M. de Cahuzac a fuit les paroles de l'opera
ik' Niii«: et de Zoroastie. 11 tnivaille ord' pour INI.
Käme au. C'est uu pttit liomme \ivun portaut per-
ruque a peu pres le meiue age que la D " Fei.
eile est originaire de Bordeaux a chant^ au Concert
d^amiens
Pas autre chose. Et üindis (jue d'autres cfiUes de l'opera» ont tle
voritables dossiers daus les rapports du polider Meunier, Äf» Fei li'y
est rappelee que par cette simple mention. Contrairement ä grand nombre
de ses contemporaius, Marie Fei nons .4] » traft comme menant une vie
relatarement reguU^» Gitons cependant, sous toutes räserres, le paasage
suivant qui la coneeme, dans les Mdnoires du fameux Casanoya de
Seingalt
«En sortaut des Tuileries, t'crit Casanova, Patu me condubit chez uue
fameuee actrice de VOpera, qoi tte nomnioit M"" Le Kel (sicj, bien-aimee de
tout Paria et membre de TAcad^mie royale de musique. Elle ayoit trois
etifans charmans eu bas age qui voltigeaient daua la maiaon. — Je lea adore,
me dit-elle.
« — Iis le meritent par leur beautc, lui repoudis-je, quoique chacuu ait
uue expressiou difi'ereuie.
< — Je le croia bien! L*ai&4 eat du duc d^Annecy^); le aecond eet da
comte d^gmont, et 1* pluä jeune doit le jour k Maiaonrouge qui vient
d'^ouaer la Bomainviile^j.
1 Bibliüth. der Arsenal. Papins dr la IkiatiUe. Ms. 102H7, ff. 239 et 240.
2; Le doiuaine d^Annecy apparteuait au\ duc3 de Savoie, rois de Sardaigne.
3; Botiiset, dite de Romainville, actrice de TOpera, du Concert «piritael
et de cclui de la ReitM. Mamon de Maisonrougc, dont Ic manage avec la Romain-
ville fit scaiulale en son temps. etait fils <run richo f'eritiier g(5iuM-al et reeeveur genöral
dos finnnf'C^ rie In «r'^n- ralitO d'Amien.s tle 1735 fi 1757. II avait pcnln sa femm»' (^n
decembre 1751. 11 «etait depuis luiigtcmps separe d'ellc, dit un conteiupui'ain, et en
proc&B pour söparatioD. II a toigours entretenu des filles et eu demier lieu made-
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J.-G. Prod^hoinme, Mari» Fei (1718-1794;.
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«Ah! excuäez, de gräc«; je croyois «jue vous etiea la mere de toua lea
troia.
«VouB ne vons Hob pas trompe, je la suib.
«En disant cela, eUe regdudB Patu, et pari avec lul d*un ^lat de rire
qui iie me fit point roupfir, mntH qui m'avertit de ihm Leviic.
«.T'etois nouveau et je n'avois pas ete uccoutume ä voir les lenaues eiiipu tiT
8ur le privilege des horames. M"'* Le Fei «'etoit pourtani pub ctirontt'e,
eUe dtoit meme do bonne compagiuc; mau eile dtoit ce quVu appolle au-
defsuB des pröjitgte. Si j'ayois mieux eonnu lea moeurs du iemps, j^aurois
SU qae ces choses ätoient dnns Tordre et qae lea grands seigneurs qui par«
semoient ainsi leur prog^nitim* laissoient leurft enfans entre les mainn dp lenrs
innres en leur payaut de fortes peusions. Par oous^queut, plus ces dames
camuloient, plus elles vivoient dans Taisance*). »
Un autir aiiteur fl'ouvra^os h scandale, Chevrier, dont *le Colpoi-
triir' i)arut vers le debut de i'annef 1762, sc faisnit do son cute IVcho
de biuits malveilliints concernant Tillustre ^-antatricc. ün en jugera par
bout de dialo^Mio suivant, qui donnera egalement une idet? du ton de
cette «iiistoire murale»:
«. . . . Yotis pnnvpz avoir raison u qn^lque cbosp jir^s. rbt In M;ir<jiiisc.
luaiä) cunvt^uez cependaut que le destiu de ces Fille*», dont vous nous croyez
Jalouses, est de mourir dana Topprobre. Je d«nande pardon h Madame» ei
je rintenrompe, repartit le ColporteuT) maiB je aais de son avis. Voyea la
Cartont qui s'est retir^e Doyenne des choeurs de TOpera; . . . Voyez la
Fei qui a fait de no« jotir«? la gloire d<» l'Ac.ub'inif Tvirvab- de Mu!*ique,
et dont bs accents enchanteurs Tont dispute lüiig-teui« a bi melodie du
Rossignol. Elle crut autrefois honorcr uu Souverain en le recevaut entre
aea braa; eile rendit foa le tondre Gahuzao^) qui vient de monrir dans les
loges de Charenton, &, cette prteieuBe est aiijourd^bui röduite k qußter un
regard, ou ä deshonorer son goüt . . .»>J.
Qae faut-il retenir de ces racontars? A quel souTerain Cliemer
fait^il allueion? II paratt assez diffidle de le aavoir. Qoant ä Thistoire
de Cahuaac, eile est bien connue. rers le commencement du sitele,
d'une famille noble de Montauban, Louis de Gahusac avait ^t^ sdcretaire
des commandements du comie de Oleimont; il ^crivit diverses trag^ies»
le roman de Origrif une histoire de la Danse aneienne et moderne et
moiselle Kotisset de KomainviUe, actrice de POpera, qui u't'st ni trop jeuue ni trop
joHe, et cjui a toujours ii6 d^un libertinai^o public» Agi de cinquante ei un an,
MaisMtrouge le remaria le 3 förner 1762. II fui de nonveaa veuf an tnoit de mai
Buivant. V. Barbier, Journal /lintorique d onfedotujur ilu rif/nc >k L. XV, III,
p. 3(»(J-.%7: frvrier IT " Cf. La T?!<rarrurp. tom«»'. IV. ]>. 105. IX, p. 10 et XT, j. !?rj.)
1; Casanova, Mtmuireg, D'aprös Campardon, VAcaä. royaU de Miinique, 1,
p. 306-307.
2) «PoSte lyrique, jouissant de 8000 livrea de rente, mort de chagrin de n*avoir
pn 6pouser la Fei.» Note de Cbevrier.)
;{ Cbevrier. !• Ct^portrur lUstnirr mnmle ri rri'fiqtte par M. de CbeTrier. A
Londres), cbez Jean Nuur»e. L au de la Veiite, p. 96-97.
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498
J.-G. Prod'humme, Marie Fei (1713-1794}.
la plupart des po^mes d*opte de Ramean: les FlSks de Pdifmnie^ Zaüf^
Nai's, Zoroaskre et U» Anumm de Temp^; il collabora en outre k •VEtk-
cydopddie». Grimm qni Im dispnta le ooeur de la cantabicei aonon^
ainsi sa moii, anrvenue le 22 juin 1759 & Tasile d*ali^n^ de C^arenton:
«Nous veiious de pfidic uu autrc poete. Louis de Cahusac est niort
fou eur&g6. Cet hoinme avait peu de talent et beaucoup de pretention. Son
caract^re l*a randu odienx et malheureuz tonte ta Tie. II a fait plusieura
Optras que la mntique de Barne au a fait r^uesir en Fiaaoei).»
«On peilt le placer entre (^uiuault et Lamotte» ajoutent les «Auec-
dotes draiiiutiqucs»^).
Vers r^poque de la premifere repr^sentation du Denn du ViUage,,
J.-J. Rousseau raconte dans ses Confessions comment Grimm lui
«^chappa tout-i\-fait». Ce fut ä. la svite de son aventure avec Fei.
«Grimm, dit-il, apr^s avoir vu qnelqup temps d<> bonne amiti^ madt—
moiselle Fei, b avisa tout d ud coup d en dcvi iiir eperdumeut amoureux, et
de Touloir supplanter Cahniae« La belle, se piquant de conttancei Aconduisit
ee noureau pr^tendant Celni-ei prit raffaire an tragique, et a^avisa dVn
▼onloir mourir. H tomba tout subitement dans la plus ^trauge maladie doni
jamais peut-<*tre en nit miY parier. II passoit leB jours vi les nnits dans
uno contiiiUL'lk' l6tliaigif, Its youx biou ouverts, le pouln Viitu battunt, mais
saiiä parier, i>uns mangei:, buus bouger, paraissnut quelqueiois eiiteudrc, mais
ne r^pondant jamais, pas mim» par signe, et du reete sans «gttationf «ans
doulenr, ians fi^vre, et restant lä comme s ü eut et^ mort. L*abbä Baynal
et moi nous pai-tageumes sa gardo; Tabbi', pbis tobuste et mieux portrmt, y
passoit les nuits, moi, les jours, saus le quitt*^r, jamais ensemble; et Tun ne
partoit que l'autre ue füt arrivö. Le comte de Fritise, alarme, iui ameiia
Senac, qui, aprda Vmiir bien examin^, dit qne ee ne seroit rien, et n*oi>
donna rien. Mon efiroi ponr mon amt me fit obaervor avec soin la oon-
teiuuic du medecin, et je le vis sourire eu sortaot. Cepeudant le malade
resttt plusieurs jours immobile, sans preiidre iii bouillon, ni quoi qnp ce fut,
que des cerises coufites que je lui mettois de temps en temps sur lu iaugue,
et qu'il ayaloit bien. Uu beau matiu U se leva, sliabilla, et reprit sou traiu
de vie ^rdinaire, aana que jamaia ü m'ait reparl^, ni, qne je säcbe ä I*abb4
Raynalf ni ä peraonne, de cette ainguliere l^argie, ni dea aoina qne nona
Int avioiis rendus tandis qu'elle avoit dtirö.
«Cette aventnre ne laissa pas de faire du ]iruit; et c t üt viv rrt^llement
une anecdute iiierveiileuse que la cruautc* d'une lille d Op^ra eüt fait mourir
nn homme de d^aespoir. Cette bdle paaaion mit Orimm &lamod«; bient6t
il paasa ]Knir un prodigo d*amonr, d'amitie, d^attachement de toutc espi>ce.
Cette opinion le fit rechercber et fetrr ibms le grand monde, et par la l'^loigna
de moi, qui u'avois jamais ^t6 pour lui qu'un pis aller. . .>.^)
Ainsi se termina, au dirc dn philosophe, la passion malheureose de
1 (rrimin, (^nrrrvp, liff.'r. TV, p. IGl. decombrc 1759.
2 Anccdotrs dramalinucs ilhK.»8-1811 ;. II, p. 153.
3. J.-J. Rousseau, Confessions^ L. VlJl ,1750-1702.
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Grimm poQr la eaatatrioe, dont TaniBiit put tont k «m aise dmnir fou
de n'avüir rdossi ä T^pouser.
Cest Teis la m^e ^poque, oü Marie Fei brillait de tout son ^dat
h rOp^ra et au concert, entre 1760 et 1760, qu*il est plausible d*indiqaer
lee d^uts de sa liaison arec Qu entin de la Tour, liaison qui ne de-
vait prendre fin qn'aTec la vie du peintre. Le «Mercure de France»
indique le fameux portrait de Tactrice comme figurant au Salon de 1757.^)
Pendant one trentaine d'ann^ee, k Paris d'abord, pitig lorsque le peintre
retouma dans sa ville natale ponr y mourir, ils ne cess^rent, les doctt-
ments le prouvent, de se t^moigner la plus vive affection. L'actrice, apids
avoir qnitt^ l'Opera, cTecnt dans une socidt^ d'amis, dont eile se fit estimer
et ch^rir» disent les «Annales dramatiqnes». ') On aime h se la repr^
senter ainsi, seit k Paris oü eile dcmeurait nie des Filles-du-Calvaire, apr^s
avoir quitt^ la nio St. Thomas, soit ä Chaillot od eile mouruti ir^oen-
tant les artistes et les litterateurs contemporains.
Pinsieurs ^tes, eile rrad visite Yoltairo aux Dt-licts; tf^moin cpr
quatre oxtraits de la corrospondance du viciix ])hilusoplio, le premier
tire d'une lettre m Thicriot, l'un des plus anciens amis de Voltaire, l'autre
au comte d'Argeutal; leg deux autres sout des lettres adresseee k M'^^Fel
meine:
*Aux Di^licps le 11 juin (1759)
«Mon uiicieiiiie amie, M '*^ Ftil est chaz luui iivuc aoii liere, qui est plua
vieux que vous, qui a fait le voyage gaiemeni, et qui cfaante encore. Quand
Tons Toadrez venir nous Toir Bans chanter^ vons ne terea pas ü bien nqn
que chez les Monttnorency ; mnls
. . . 0v«8 ad flomina paacit Adonis».^]
«Aux Deliees, 15 juin (1759).
^^fiie hetM adoueir mes mauz par son joli gosier, la tete va me
toiu'ner» * .
De retour ü, Paris, la cantatrice recevait du patriarche de Femey
la jolie lettre que voici:
«Aux Deliees, 7 aoüt (1759).
«Tres-ainiable rossiiiriiol, l'oucle et la ni^ce. nx\ plntöt la nieoe et l'oncle
avaieut besoin de votre soaveoir. Les geus qui n uut qu«* des oreilles vous
admirent; cenz qui avec des oreilles , ont dn sentiment, youa aiment. Noua
notts flattoQB d*aToir de tout cela. Et sachea, malgrö toute Totre modesÜe,
que TOus etcs auBsi s^dulsante quand youb parlez que quand voüb chantez.
La soci»''t<» p=f 1p preniior des concerts, et vous y fait*»« la premiere partie.
Kous savous bicn que nuus uc jouiruns plus de votre couuueroe, dont uons
1; ^hrrurf ih- Frnnrf. 1757, lut. II. )f. h\l — 1B.'5.
2j Attimles dramatiqucs uti Dktionnatre gintral des TlUdtrcs 19 vol., Ib09-1811),
IV, p. 74, MU« Fol.
3} QSu9re8 de Vdiah^ ^t. Beuoliot XL, p. laa 4: /d. ibid^ 183.
8. d.i. II. ir. 33
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6ÜÜ
J.-G. Frodkomm«, Marie fei (1713-1794).
«▼ons senti toat le prix; le« hftbi^nts des bordi de notre lac ue sont pas
faits pour £tre mtuti henreux que oeax des bords de la Seine. Yoici ee qne
notre petii eoin des Ajpea dit de Tone:
Da rossignol pourquoi porter le nom?
II est bien vrai qu'ils ont ^te mes maltree^
Muis tons le«« ans daii» la belle saison.
L'amour lüs guido eu mea r^duits champetrc».
Elle n a pas tant de fid^HM;
Elle nooe fnil, peut-etre nons oablie.
G'est le ph^nix k jamais regrett^,
On ne le voit qu'noe fois dana la vie.
<C*e8t ainsi qH*0ll tous iaraite, mademoiselle; et, quand vous roviendriez,
VOU8 n'y tfnfifneriez rien: on vous traiterait soulemptit de ph<'niX qu'on
aurait vu deux i'oin. Pour moi, quelqu« forte eiivie que j aie de venir vouä
rendre mes hommages, il n'y a pas d'apparence que j^aille ä Paris. Le rüle
d*an honune de lettree y est trop ridicnlei et celni de jfdiilosopbe trop dan-
gereux« Je mW tiens k achever mon ch&tean, et ne TeQX plna bitir en
Eqpagne.
«Vraiment, vous taites it merveille (io iiu- iiarkr de M. de La Borde
Je saiü que c est uu homme d uu vrui uieritt*, et iiecessaire ä TEtat. Soito
po€hiuimi % signori de cette espdce.
«AdieUy mademoiselle; recevez sans cörömonie les assurancea de Tattache*
ment trto-v^ritable de Tonde ei de la niftoe. Hoa oouplimenti k M. votre
fr6re»).
Et deux ans pliiB tard, apr^s un nouvcau s^jour ehez Yoltaire, non
plus aux D^lices cette fois, luaia k Ferney, la lettre suivante montre en
quelle estime lediteor des «Cknimentaim 8ur Corneille» tenait rancieime
actrice de TOp^ra:
cAu ohAteau de Femey, par Gen^ve, 29 juillet (1761).
«II me semble, mademoisellef que je toiib dots des remeroiements, toutos
les annees, d'avoir bieu voulti venir datis inn petite retraite: inaiü il faut
que je vous remercie d'tnie autre sorte de plaifiir que vous m^avez fait| et
que vous ue aavez peut-etre pas.
«Vooa me ditea anx D^lioes qu'il y avait k Paris nn homme plein d'eaprit
et de g^n^rositä, dont le plua grand plaiair dtait celni d^obliger, et qne c'dtait
M. de TiH Borde. Je m'en suis souvenu quand il a ete question d^imprimer
uu Corneille avec des commentaires, et d en faire uue editioii majjnifique,
au profit de la famille iofortuuee de ce graud homme. J ai repete mot pour
mot ä M. de La Borde, tr^s^indiscretemeut, tout ce que vous m^aviez dit de
lui. Je Toua aaaure qu*il n*a paa dömenti voa ^loges: il favorise celte entre-
prise nvee tout le a^le d'uu excellent oitoyen, et il n/a ^crit nne lettre qui
fait bien volr (ju'il n autant (r<>sp!it <\ni' de iinlilusse d'Ame. Je suis si
peuetre de tout ee iju il dai;.'ne faiv <\\ir j<- )\r puis mVu taire avec voti««.
«Vous ([ui avcz des talouts si supuneui-s, madeuioiselle, vous sentez bieu
mieux que personne combien il aera beau k notre nation de prot^ger lea talenta
1; De La Borde Benjamin , le celfebre banquier.
2) (Eurreit de Voltaire ^ XLI, p. 377.
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J.-G. Pröd'hommtt, Marie Fei (1718-1794;.
m
du ^'^raiul Corneille cent ans npri-H 8u mort, et vous devez etre llattee f]ue
ce soit votre ami M. de La Borde, i^ui ait fait leg premi^res demarches. Par-
donnez done ii mon enChousiume, et comptes qne nons en avoiu tonjoun
beaucoup poor vom -an pied des Alpes, Madame Denis et moi.
«iteceveB, aveo Totre bonU ordinaire, les sentiments respeetueux du vieux
Voltaire. 1)
Betir^ de l*0p4ra »vec 1500" de pension en 1769; de la mitsiqiie
du roi, c*e8t-ä-dire de la conr, avec une gratlficatioii annuelle de 1000
^as, ou 3000 livres, «aans ietenue> sur Tetat des menus plaisirs, en 176^
-Marie Fei jouusait en outre, depuis le 27 man 1778, de 2000 livree
d*appo]ntement8 qni lui avaient 6i6 conserr^ snr les fonds ordinaires
des meraes menns plaisirs «sans rctenue, h titrn de retraite, enqnalitöde
musicienne oidinaiFe de la Ohambre du Koi» .^) Un brevet d'une pension
de 5000 liyres, accoid^ par le roi, le 1*' mai 1780, änumöre ces diff^
rents titres.
A peine en poesesnon de ses 2000 livres de retraite, en 1778, M^**
Fei acquit, poiir vie durant, la jonissance d*iine malRon sise- daas le
village de Chaillot, alors hors Paris; cette maison consistait en un jardin
en terrasse, un corps de batiment de deiix etagcs surmont^s de mansar-
des. Le 4 inai, eile devint acqu^reur de cette propriet^ du consciller
d'Etat Augustin Henry Cochin, moyennant In sonime de 9325 livrea,
qu' lle soldait dix jours plus tard, en presence des notaires Belurgey et
Deberain.^/
Quentin La Tour vrciit aussi ä Chaillot k ])artir <lu niois (ravril ou de
mai 1784, dans le voisiiiage de Celle qu'il appelait plus tard «sa (L ieste*;
il y resta d'ailleurs peu de temps; car, le 20 juin de la meuie annee on
etait obligä de le ramener ä tiaint- Quentin dans un ^tat Toisin de la
f olie. 4)
Dans une petite publication faite par nn fei vent biographe de La Tour,
M. Cb. Desmaze, il y a un charmant billet qui rappelle le Souvenir
du s^jour ä Chaillot de Marie Fei et de (Quentin La Tour.
«Je mt' «Iii mise, mon tn^'s eher voisin, dans h's (lrt;iils de notre dinn^,
jusqu'au coü tjt pour que vous öuchies ce qu'il en cuüte de duuncr n manfjor
aujourd'huy, je vous envoye lu feuiUe, qui ue ressenible nuUemeut ü celle
des bdn^ces, yoxu n*y trouTeres pas de tIhi de liqueur, attendu, (]ue nous
faisons cette depense <>n conmn. Yous sores aetuellement o6 peuvent aller
vos dinners, car j'ai mis l'attention la jiliir« Prrtipuleuse a tout voir, et tont
Sfavoir. Je puis vous aaaurer, mon tres eher voisin, que je u'en ferois pas
1) (hi'n rs de Vullalrc, XLI, p. 377.
2) Vuir plus loin, Appendioe H, \m piäces oiBoieUea tir^ea dm Arehives nationales.
3) Voir plus loin, Appendiee m, Piieei tträei des Archives d^partemen"
tales de la Seine.
4} n tnoorut le 17 fövrier 17ä& II ^tait k Saint-Qaenün le ö septembre 1701.
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602
tnut pour maj. Je TOttfl Mraha^ le faoa jour, et ntm embnune du fond
de inon coeur. «FeL
«A Oiaillot, ce jeudL
«J'ai pris de mAiie, ee mcliii, pour nw d^Uvxer de mes iBakrnmnm^
je me toouve ndeiix.»^)
Cesi la seule lettre coimue adress^ per Fei h 8on ami. Mais
nne ftm oehn-d TeTenu k Saant-Qoentm oü mm irtoe^ le dkevalier de la
Teor, ancien otficMr de gendamierie vedlait & sa saiit^ levtement cooa-
promiBe, Taetriee ne oeseait de demand^ de ees noitvelles et les lettra
eamotes, publik ägalement per IL Desmase, aont «m preave de aa
eoUieilode persistante. La pfemi^re, que l'dditeiir da «BeUqnain» date
uijproxiniatiTeniait de 1780-81, peut dtre leport^ a« momB qiatra ana plus
tMnl; les deux autree eont dat^ al&n qae la suifanle, adneite iL an
juge oonsul de Saint-Queatin, Cambroane-Huet, qui avait 4lt6 an ami
de La Tour, jusqu'ä sa mort.
Le peintre andt I6ga6 per son testament, en dato du 9 f^viier 1784:
«A M"* Fei, tou8 les meubles, g^aces, siögos, tablesux, etc. qui so^t dans
mon appartementf le gnnd t^leeoope exoeptö, leBquels effst» eeront, upeim moh
dtete, an eoMiB Dorisoa on apparttendroBt ä eee eafanti, a^il n^esiito plui.»
Un Douveau codloille, du 80 Wvrier, ajoutait:
r
«A M"* Fei, tont ce que j «i ä Ciiaillot (niou grand telescope except^
devant »tre tire au sortj, le piauo-forte, les glaces, les meubles et ceux de
domestiquee. Tont sera reversible aprik tea d^cte au coiuin Boraoa <ni Ii
sa fttmüle, aimi que rafgeuterie qui s*j trouTe, qui connate actaeUement en
quatre petita plats «t une donaaine de euillAieB et feurclietkea, le tout en
axigei&t.»')
Ainsi, la lettre du 5 jauvier 1785, la seule oü il ue soit pos qaestifin
de Quentin tant qu'fl y^cut et dans laquelle M*** Fei remercte le Chevalier
de lui laisser la jouissance des meubles de sou f me eemblerait, eile aussi
de TOir etre recul^ de quatre aas.
«J'ai etö fort aisc, Mousieur le cliuvalier, (1 appreudre que vous avez
travera^ les forSts sans accident, ainsi que la rteeption que tous a latt le
paoTTe voisin, il n*a rien de foft dans le proc^d^. Je suis rndme tentte de
i-irjiif ipie nof^re absence l a jetie d&r\a des reflcxions, quH a eu le temps
de (liirt'rer, et quf voyfint dans uotre depeiidance il atirn *>enti qu'il auroit
1h plub LH-and iiitereht u noun uifiiager. Quand :i la pi iit.' dirtte (ju il a voulu
l'uire, ne le coutraigues pas, je luy coimoiH des Labitudes nur cölu, luio^u il
•entoit flon esiomae trop oocu]>f, il «toit quelques fois 2, ou 3 jours sans
• manger.
1) Ch. Dcsmazc, Jidiquaire de Maurice QtteiUin de La Tintr, peintre du lioi
l^ouis XK, m eom-gpandanee ei «es mmv^ (PariB. Leroux, 1874], j). 46-47, XTIT'.
2) On le smnommait pour cette raison cle Qendarme».
3 M. Tourneu X, La Tour ehe» ses nofaires (cGacette des Be»mc-Arts»| ISBS, t. 98,
p. 82-83;.
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«A(Jieii, Monsieur le chievaltpr. je me aui aqiiittöe de tous voa complimens,
iaittes iee mieiis a M. Tabbä Duiitige ^j, ei aax aiuis (^ui veulent bieu se Sou-
venir 4e uNf , leoevea aeac eM««u»aiee Vtamunm äm Mutimams que je vout
»y Touto «Fei».*)
Paris, cf 5 janvier 1785.
<J ai recü eu iucluse, Mouaieur le chevalier, T^tat den meables doat votro
honetteM me lause la jouissMice ma Tie dturant. Je suis tres tonch^e de
Donvelles offres que voua me faittes, mais cn>yeS| Monaieur le chevalier, que
je Tie mo suis ftttendiie a aucnnc marque de reconnoissnnco de vutre pari,
D*ayaut ecout^ ({ue ina coiiseieuce, qui est mon guide urdinaire dans toutes
les actions de ma vis. (^uaut k l'appaxtememt que j'occupe ä Paris, qui me
eoBTtent pv la pvozimitA de mee amis, mais qui est ü triste, qae ei la
Partie qae je ne ooimeia {ms Test moins, je poarrai peafr4tare loAer le tout
pear me sauver des ho&m de (^haillot penduil l'biver. Quaad toqs seres h
Paris, ie me d^cideray. M. Dorizon a du von« mander, que d'spro» Tovis
qu a douue M. Paquter. pour les daugera, et le dumage que la i'umee pourruit
causer aux pasteles de M. de La Tour, il eak insiaBt que veas vflmiee faire
fwnur Im ^cartonena du mmr, an^y, ja eooqile qae eel afloideai tous delc»"
minera a rendre pOMfible votre petit voyage.
• Rrccves les assttranc«« de sonbaits bie?i ^«insfrcs qti© je fai«^ pour TOlia
daus tous le8 tenis, et du devouement avec iequel je suis, pour la vie,
«Moueiieur le cbevalier,
«Totre trotfa fanble, ei fcree obeissaiiie
aerranta,
«Fei
«Tou» no8 ninis nie chargent de Tflsiix ei de com|4imeiis pour tous, faittes
passer les miens oü voua etes.» ']
«Je TOOS vmd graces, Mcuieieiir le chevalier, det VCeilX obUgeans que vom
forme/ pour moy, et de leur 8iiic<'erite, dont je ne saurais doutter d'aprfes la
GOunoiäHuuce qu<j j ui da votre caraciere: je me flate aussy que voua etes
bien persuad6 que personxie ne desire plus que moy de vous savoir beureux,
et tranquille.
«Je suis charmee que la sante de votre pauvre friere se continae; il ne
faut pa*! ?'etoniior si los forces diniinuent i\ son ät,'e: le temps met a tout
des proportions, il taut compter sur cela. Je croi-^ ]>')iirtaiit qii'tl perait a
propuä de luy persuader que la Celeste trouve muuvuid qu il boive de sou
wrine, ei qu'U s'obstine de deux joura saue manger. Qnand aux bfo^dictiona,
je les erois autsi indifferentes qae celle» du pnpe, aassy, vooa pouvea le laiaser
faire. Te que vous mo mandes de M. Bibert inspectenr des manufacturos,
me proüve qne ma rejionso a crnifse votre lettre, II m'ecrit la lettre du monde
la plus honneio, et j ai eu I houneur de lui repondre de la fa^on la plus
deiaillöe que j'avais chantä au concert d' Amiens da temps que M. de C9iaa-'
1^ L'ablie Daliege fut rexdculem" tcstaincntaire du cbevalier de Jj» Tour
2; Gh. Desmaze, Le Heliq. de Im Tour, p. 4ii-4y, XXiV. Je »eraia davis da
lire «notrs abaence» (de Baint-Qnentin), «uons» et «uotie» aa liea de «nebe», «neos»
et €notre> comme a fett Ch. Desmm.
8) Cai. Desmase, Le Retiq, de La 7o«r, p. 49—61, XXVL
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^ J.-a. Frodhomme, Maiie fei U^l^-l'^J-
yiUü an 4toit intandut'): ion Monsiaar la diavaliar il a gagnA la diqfovtbn,
at j'an^ soii bian aiaa; faites Ivy atea complimena, et je vona piia tons d^ire
a na «mt£. Yoiib conn aissei mes sentimens, cotuma ja &*ai paa anTis d'«a
changer je suis sann ccn nionie
«Monsieur le cheTalier^
«Votrc tres huuible et treis ub^issante
«PariS| le 6 janviar 1788. serraote
«Fel.> *)
Lettre de M"* Fei k M. Cambronue-Üuet,
Juge-Consul
k Samt-Qaeatüi, en Picardie.
«CTbdUot, ce 8 jiullet 1789.
«Les pr^cautions, Monsieur, que vous faites prendre ä M. le chevalier de
La Tour, s'accordent tout affft nvoc mn facon de pen9er. Dans la crise
oü il se trouve, an ne sauroit veiller du trop ))reä les sconveniens, et trancbe
ment, ü est tems que le paavre chevalier ite mette en repos.
<Je recevrai Mtil^r avac plaiair pour man domestiqae, d'aatant plus qae
j^ttois d^idiM I renvoyer le mieu, qtu, eomme je Tavoia prerü, t'eat cr6 nn
peniominpr', ih piiis rju'il a eu I honiieur d'eu imposcr h nn foti. Je vais
arretier ien »oim de nos amis, qui s ^toit « tiquettes de me trouver un sujet
tel quUl le faut pour son bonheur, et le miuu: ai Malier me sert aveo A&tc-
tion, qu'il ne te relAdie pom aar sea devaiia, il n'ora jamaia enria de m»
qnitter car il tronvera che« moy de la joatiGey de l*hmnaiiit6, iiiie maisea
r^glöe, et bcaucoup de tranquilit<§l Mes gages sont de eent Ecos y compris
son li:il)lllt'!in'iit, il sera blnnchi, pt los otrrnnu's snnt pti proportion dn mrritt«.
tSi ma condition luy < l uvit ut. M. \v ('hevalier nie l'envoyem nv*»«
uu mot de lotre, pour me duuuer des uouvelles de M, de La Tour: j oriu
an entretien aveo luy, ou je deciderai le jonr de so» entrfe cbas moy, pea-
dant que Maler ae raposera, je me deferai de ma lourde b£te.
< Je vous piia monsiear de continaer tos bona Offices d^ami, et d*aim de
lu vf'rit«'«! qni n scn vniiji (ippercevoir, n du remnrquer ces sentimens ÖMO»
votre cucur. J'ai rhonuctir (rr^tro avec la plus parfaite cousidäration
«Monsieur
«Votre tres bnmble et tres obeieaante
senrantef
«Fei.»
«Bien des chosps je vous prie a M. If» chevalier ft quoique je nye p»s
I'honneur d't?tre counüe de M'"" Cambroune, j'ai celuy de la saluer ainai que
toute votre famille.»
Note de M'^* de Fei aar de La Toar.
«Un monsieur d^Argenville, conseiller au Cfaätelet, je crob, qut eatimoit
beaucoup votre fröre, s'occupe depuis longtompa k recucillir des anecdotea, pour
aattsfaire TenTie qu'ü a d'torire la vie de son ami, poor metlre an graad
1 ] M. de Ghauvelin, maitre de requeies, fut inteadsnt de la g^raliti d'Amiei»
de ä 1751.
2] Ch. Desmaze, I^e Reliq.de La Tour, p. 53-64, XXVllL
3) Ch. Deimaxe, A., p. 69-60, XXXL
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J:-G.frod*hoiii]M, Muie Fei (1713-11»i}.
505
jour »es vertuB et ses grands talens. J'ai creuse ma tete. moiiäieur le
cheTalier, pour luy en trouTer, d^aprti ce qa*ü m'a conW luy meme; comme
son ariv^ ä Paris, sa vie diBtipö», le portr»it de M"*" Boulogne, la remar-
que du vieiix Boulogne, beau-p^re de la dame, co grand peintre voxilut con-
noitre le jeune homme; on Iny pr^sentn; il le trainne ]>;ir le collet de son
babit, vis h vis du portrait, en luv disant: liegarde, niaiiiuureux, si tu es
digne du don que t^a fait la nature; va i'eu dessiner, si tu Y«a% derenir
nn homme.
«Je luy ai aussi raconte, d^apres luy, les podraita de M. etM** de TAreni^re,
fpi'H Tie voulüt livrer ä moins de deux milU- » cn??, en leur di>»ant: que lea
richfs (levoit payer pour les pauvres. H m'a raconte auasi: qu en peigoaut
les euiaus de France, ä Meudon, il avoit eu le courago de dire ä M. le dauphin^
qtte fiee enfuns ^toit mal «levfe. H m^a raoonU anni que peignaot If"' de
Pompadour, le roy, apr{>8 lafTaire de Bosbach arriva fort triste, eile Iny dit:
i]m\ ne falloit point qn^ii s'afflige&t, qa*il tomberoit malade, qu^au reste, aprto
eux le d<!'lnge.
«La Tour retint le mot; quand le roy fut party, LI dit la dame quo
ce mot Tavoit afflig^, qu'il valoit mieuz qae le roy fnt malade, qne si son
ooBur 6toit andnroy. Voila, monsienr le cheTalier » ce que ma t£te a pn
foumir d*anecdottes k M. d^ArgenTiUe: ti voiia en avez que je ne consoisse
pa«!. voTi»« vouflr"- )iien les eiivoyer, ponr que je los luv fasse parvenir.^)
«Adieu, Mouüieur le cbevalier, recevez sans ceremonie l'assurance des
seutimens que vous me counoissez pour vous et qui dureront autant que moi.
«Fei». 2}
Puis la Revolution arriva. XJn decret de 1790 suppriina toutes h s
peubionü qu'avaient accordees la Royautt'. M"* Fei dut par ( onstMuiciit
perdre la plus grande partie de ses reveniis. Klle vecut alors daiis
le silence du village de Chaillot, ])(Mit-etre cn coiiiiiagniu de la iiiece qui
fut son hdriti^re. Elle mutüüL a qualre-viiigt-uu aii, au commencement
de ventose an II, c'est-^i-dire vers le milieu de fevrier 1794; seuls, les
papiers provenant de radministration des Domaines nous perineitent de
fixer cette date, ignor^e jusqu'ici.^) La maisoii acquise par la canta-
trice €tait pass^ anx mains da notaire CSbaudot, dont les biens farent
confisqu^.^) Et c'est l*enqa#te faite siir cea biens qui nous r^Töle, au
bout d^uii si^cle que. en pleine Revolution, dans la solitude douloureuse
de la banlieue parisienne, s^^teignit le Bossignol qui avait enchant^ deux
gen^rations de dillettantes, ä T^poque la plus brillante et la plus trou-
blante de lliistoire de l'ancienne monarcbie.
V D'Argenville, dans ses Vie« des plus fameux Peintres et SetUptcurs (Paris,
17H7j, n'ayant pns compris dans son volume sur Tl'^ole fraii<|^se Ift biographie de La
Tour, n'a piu eu ä utiliser ces aotes de M>ia Fei.
2) Cb- Desmase, U Beliq. de La Tour, p. 61-68, HXXTT.
Voir Appoidiee m.
4) Vivant J.>B. Chaudot, notaire depuis le 8 mal 1781, fut un des huit notaires
parisiens <\m perirent sur V^afaud. Condamn^ le 26 plovioie an U, il fat goillotin^
le 29 ,16 fevrier 1794;.
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506
J.-U. Prud'liomme, Marie Fei ^1713-1794,.
Appendices.
1.
Marie Fei k VO^tä.
Yoici a'ttprti U «Ofttetogne d« 1» BibliotMqae de 1 Opera» dretsC pur Xh. d»
Lajartet\ d^ftprfts ToavTSge de Oaanperdon war «rAjced^mie royale de Ifonqne n
XVIII" si.-cle>^, ainsi que d*apr^a les sooroes contemporaines, tdlee qne le «Mer-
cure de France», la liste au?«ii complMe que T'o««il>Ic, des rnles remplis par M^« Fei ä
rOp^ra, de 173o a la fin de 1768. C@ catalogue comprend enviroa cent vin^ r51e«
qui 66 r^partissent aiiui luivant les componteurs :
J. B. LuUy
16
C. de KlftiiKint
5
L. LuUy et Marais
1 •
Hebel et Fraucceur
5
Oampra
14
Boyer
8
Deetonohea ei Leinde
1
Mion
3
Destouches
4
de Brassac
2
Monteclair
1
de Bury
1
Salomon
4
Le Clair
1
Uowet
17 . Moudomille
5
AfU« Doval
1
La Oecde
1
Baptistin
2
DeaTergne
1
Boismortier
4
J.-J. Rousseau
1
Niel
3
Giratid et M. Berton
l
(ireuet
3
d'Merbain
1
Btteetn
20
Damnmpie
1
1735.
81 ment Omphnl*-. traj^edip hri-iue cn v'mi\ actos et un prologue. paroles de La
Motto, iiiu'iirj(ii' de Destouches; ä cttte repr^sentation. donnee pour
la «capitation» des acteurs, M'i« Fei chanta une cautatiUe ilalienne.
5 mai: (premi^ repr^tentation): hu Oräaet, ballet hä^oTqne m troia «ctea
et un prologue; paroles de Roy, musuitte de Mouret: an prologue»
TAinour une 'Sybarito'.
A'JiiVr >f D-'!>l<tmi(\ tr;ijr. lyr. en 5 actes et un prul. de Danchet et
Campra: Une Sirene*, uno 'CbaasereMe*, une 'Bergere italienne".
1736.
10 avril : Lrs Indes galantes.
3 mai: (prcmitrc represcntatiun . I^es Voyage» de VAnmir. 0)ii'ra I diet . u
qoatre actos et un prologue, paroles de Le Clerc de La iSrucre.
de Boismortier: au 2* acte {la ViUe); 'Locile'; 'Diro4'.
14 join: FBurope galante ^ op4ra-baUet en 4 entnSea pi an prol. de La Motte
et Campra. 'Cephise', Zaide'.
23 aoftt: premi'-ro re]»r.sriit;itioii : Lrs [vtmans. ballet tn'^roVqne en cinq entreei
et nn prologuc paroles de Bonne val, musiquc de >iiel: TAmour',
'Eglantine'.
18 octobre: prcmi^re repr^eentation) : Lea Oeniet, ballet en quatre aotca et an pro*
1] Pari«, 1878, 2 vol. 2} Paris. 1878, 2 toL
Digitizedby GpQgIß-
5U7
12 novembi«
9 mai:
16 juia:
22 ftofit:
24 ootobve:
7 j an vier:
13 fevrier:
16 avrfl:
äü mai:
85 oetolMre:
82 jsavier:
21 avrfl:
21 mai:
23 juin {1739
Sieptembce:
27 uctobre:
\^ aovembre
86 jwiviw:
17 man:
logu«, paroUs de Fleury, musique de Mi^« Duval: au prologue,
'VAmowf; 1» 4» «nMe, «n *lla«qiift\
IßdU» «t «Tmom, tng. lyy. en oiaq tdet ei im pml d« Pallegrin, La
Roque et Salomen: mw *MaAek»tte\ 'OWBm*.
1787.
(pnmitoe lepräientation): Le Trimnphe de PHarmmief billet häro'üiue
en troiB aetee et on prologoe, parotoe de Le Fraae de Pompignaii,
musique de Grenet: au prologne, TAmenx^; k la deoziteie entree
[HyUus ., 'Doris*.
Lr.^ Ammirsf df^ Dirtfr. opera-ljaliet eu 4 entrees et uu proL, de T uze Ii er
et Mouret: uue 'MateloUe .
Cadmut ä Mermione, trag. lyr. en cinq actoa et an prologue de Qui nanli
et Lully: *rAmoar^,
(premi^ repr^Mnlatinn; : Castor et FoUux, tragedie lyriquc en cinq aetee
et Tin proloprtie, paroles de Gentil-Bernard, muaique de Kameaa:
au prologue, i'Amour'.
Afffs, de Qninanlt et Lully: 'Melisse'.
Lrs Festes, dr V Ammtr et de Bacchm. jiastorale en 3 actes et un prol. de
Müliere, Beoiterade, Quiuault et Luily: 'Bacchante'.
{piemitee reprtentation}: Let Coraetirea de rAmmr^ baDet hdvoTque eü
troia aetee et im prologne, parole« de Ferrand, TanneTOt etTAbbä
Pellegrin, muriqne CMin de Blamotit: k la premitee eoträe \pAmour
rolage], 'Doris'.
(premi&re representation) : Ijc Ballet de la Faix, opcra-baUet en trois
acte« et un prologue, paroles de Boy, muBique de Bebel ctFran-
eoenr: la 8* entr^, ime *Ai^enoe\
Tan^yrbdc, trag. lyr. cn cinq actes et un prol. de Danebet et Campra:
la Taix', une 'Goemöre' une 'Nympbe*.
1789.
ilfeesfe, de Qttinault et Lnlly: 'C^phise*.
Polydore, de Pellegrin, La Serre et Stuck (Baptistin): 'Th^tis*.
i'promit'TC reprcsentation): Les Frt>s iPHcIk, op< ra-1ialk't i n trois entrees
et un ]iri<I()rrnp, pnroles de Gautier de Mondorge etautros, muaique
de Kameau: au prologue; 'Hebe'.
?): On sgoate une eoträe nottvelle {Tyrtte): 'Iphise'.
(prämiere repräeeatatioD) : Zaüde^ reme de (TmMufa, ballet b4roYqiie en
troie aotee et un prologue, pamlee de Tabbd de La Marre, mwiqne
de Boy er; au prologue: 'Venus'.
On y ajoute Montti<i amoureux: 'Philis'.
iprcnüere represenUttionj: Dardamts, trag. lyr. en cinq actes et un prol.
de Le Clere de La Brnftre et Rameau: one Thxygienne*, un
1740.
Pi/ram' >f lliidii^ tTag. lyr. en cinq actes et u n pr 1. de La Serre.
Bebel «-t Frnni^oMjr: une 'As^ynontie', nnc 'Rer^reri-'. unr 'Africainc'.
Jephte, trag. lyr. tirüe de TEcriturc sainte, par Pellegrin et Monte»
clair: Elise'.
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506
J.-a. Prodhomme, ÄUrie Fei il713-1794j.
19 jnillet: £et Fuk» tenUiennesj op^-bttUet «n tro» entr^ et an prologne d»
Danchet et C
7 noveulnpe: tmgt'die lyrique en cinq actes et im prologue, parole» de
Quin au It , miisiijUP de LuJly: 'Satip'aride'.
Amadis^ Tragedie lyrique des nemes: 'Corisande .
Lei Sensy opära-ballet en oinq actes et un prol. de Roy et Mouret:
^Lenoothie', 'Z^liyi^.
1741.
81 janvier: Proscrpine, tragiMie lyrique de Qnüiaiilt ei LnUy *la Yictoire* et
'Ar^thust'.
14 avril: Xüi'h's, iragt-<li(' lyriijiu-. eit cinq actes et im prologue, paroles de La
Serre, musique de Mion: au prologue Tbemis'.
25 aud: V Smpin de rÄmouTt bnUet h^fqiie en troia aeiae «t un prologue,
parolei de Per a die de Monerif, munque da marqnii de Braesae:
& la premiere entree [les Dieux , 'Psydi6*| nne *Statae anim^*; k la
3", nouvi'lle Irs Df nii'-Dirny , 'Misis'.
4 juiliei: Lr<i Ft-tea gret'qms et ramaitiej^, ballet heroiqut* en tritis actes et un pro-
logue, paroles de Fuzelier, musiijue de Colin de Blamont: k Ja
2* entrde [k» Jenas Olympiques}, 'Aspasic', une *JBergtoe*.
14 octobfe: fpremifere reprteitation): Le Temple de Omde, paetorele en an aete^
pecolee de Bellis et Roy, musique de Mouret: au prologue: 'Th^mire'.
14 noTemlnre: List', pa^torale Iioninpie eti trois nctei^ et un prologue, paroles de La
Motte, musique de Destouehes: 'Doria'.
1742.
10 avril: pn'm^^re representation; ; Tsf»'. ]>astnrale lieroVque en cinq actee et un
prol. de La Kivi^ro et Mundonville; 'Charite*.
22 mai: Le« Elements, ballet du Boy en 4 entr^ et un prol., de Boy, Lalande
et Deetouehes: *Xieucoeie*.
2 ao6t: Ajax. trag. lyr. en otnq actes et un prol. de Menneieon et Bertin:
'Diane'.
11 septembre : Hippohjfe rf Aririr. trag. lyr. en eiiui actes et un proL de Pellegrio
et Barne au: la Pretresse du Diane'.
13 Dovembre: Phaeton, de Quinault et Lnlly: *A«tr^*, une 'Heore', une 'Egyptienne'»
1743.
12 fevrier: [preiuiere rcpicscntatiGu) : Don (/uicholtc chex la DticJtesw, ballet comique
en trois actes, paroles de Favart, musique de Boismortier: 'Altisi'*
dore*.
l*t nars: Ilesmnc, tragedie lyrique en cin<| actes et un prologue, paroles de Dan«
chet. mupiqne de Camprn: I;i JVetresse du Soleil'; nne 'Efryptienne'.
28 avril: Ji^remiere representatiuii) ; l'ouroir <le rAmour, ballet lu rorque en
trois actes et un prologue, paroles de Lefevre de Saint-Marc,
musique de Roy er: TImagination*, 'Cöpbyee*.
28 mai : Le^ Indes gakmiety ballet heroYque en trois actes et un prologue, paroks
de Fuzelier, musique de Bameau: 'Hebe', une 'Mat«lotte'.
20 aoüt: premiere repropentatioTV : Lts Carni l' Jr hi Fnfir. opora-ballet cri trois
acte« et un prologue, paroles de Duclus muBique de liernard de
Bury: h la premiöre entree [VAstrologuc): 'Florise'.
22 octobre: OalUrhoi^ de Roy et Desto nohes: nne *Calydomenne\
19 d4cembre: Rotanä, de Qutnanlt et Lally: Thdmira*.
J.-0. Prod homme, Marie Fei (1713-1794).
609
1744.
8 man: Jephte: "Eiiwt.
81 avril: Dardanu.<. tra^'tjdio lyrique en cinq actcs ot un prologue, parules deLe
Clerc de La Brufcro, musique de Itameau: au prologue, 'Vi'nus'.
11 joio: (premi^ire representation) : L'Ecole des Amanta, opera-ballet en irois
ontrfaa «1 vn prologue, panlas d« Fuaeller, muuque d» Niel: 1*m
LeQon [la Cbfwfcmee «sottrönn^«): 'Z^lide, damenapolitaiiie, ea chaweme';
3* Legon [VAhtmee »urmimtfr : 'Elisnidne, dame veuve. frangoiatf.
7 juillet: Lc» GHicet^ entn'e nouvelle: 'rretn-sge do Diane', 'Dercillis'.
16 octobre: La Mort (rAleidi . tragt die lyiique eu cirui acte« et un prologue, parolds
de Campistruu, muaique de Louis Lully et Marais: 'lole'.
14 Dovembt«: Im Auguntales, diTertiaMmeDt (fc FooMMioii d« 1« oonvaletcence de
IxrataXV), paroletdeBoy, mnnque de Bebel ei Franooenr: 'Hygie^
fiUe d'Esculape*.
10 dteembre: Thcsh, tragi'dlß lyric^uc cn cinq actee ei un prologaei paiolea de
Quiaaulti musique de Lully: 'i£gl^'.
1745.
LkllerophoH^ trag. lyr. en cinq actes, parolca de Quinault, muaique de
I förner:
7 man:
29 jniii:
12 octobre:
27 dteembce:
7 jaafier:
4 octobre:
15 nevemfare:
17 liSvrier:
II avrü:
9 mai:
18 mu:
86 juillet:
28 octobre:
Lully:
AmadU de (hiee^ trag. lyr. en cinq aetea ei un prol, parolei de La
Ifoite, mudqne de DeaioQchea: *ZSrjhi6^i *Niqute'.
Lea Fäes de Thalk. paroles de La Fontaine, motiqne de Motiret:
*Tjoonon>', 'J"li:ilii '. 'Doris'.
(prt'inierti rt'prt'scntalion- : /.^> Fi'hs i/r I'nh/mtiic, ballet heroYque en
troi» actcs et un prulogue, paroles de Cahusac, mus. de Käme au:
*USM\ 'AngeUe*.
(premitoe repriteiitation): Le Tempi» de h Otoire, fSte en trois aotes et
un prologae, paroles de Voltaire, muaiqne deRamean: *£rigone\ *]a
(iloire'.
1746,
Beprtw d^Armide^ a?eo W^» Chevalier. Le «Meronre» d*avrU pnblie un
'air ^oui4 au qnatritaie Acte* pour VS^ Fei, k qui le prineipal role
dtaii aloiB confiö.
premi^re rppr»'<^fn<atioii) : Setjfh ft Gfattnis , trag. IjT. cn cinq acte« et
Uli pro!., paroles de d'Albaret, musique de Le Clair: 'Scylla , une
Nymphe'.
Araee, de Quin aalt et Lully: *AndroiBi»de'.
1747.
Ärmide de Qui na n Ii et Lully: 'Lueiade*.
(premi6re lepr^sentation : VAnmie gaiatUr, opera-ballet cn quaire aotea
et un prologue paroles de Boy, ntuatque de Mion: 2« enträe {k /Vmi-
tempif : 'V'.
LEnropt ifalaute, ojjera-ballct cn quatre entrce» et un prologue, paroles
de La Motte, mu^Kiue de Oampra: Cephise', 'Zalde*.
Lea Amown dee Diewe, de Fuselier ei Mouret: une 'Bergtoe',
'Coronis'.
Lei Festes d^lUbi tm lee Talma Iffriquee: «u psol., 'H4be ; 4 la 2* entr^
'Iphisf*
(premieru reprcsentation; : JJaphnis et Chloc, pastorale en trois acte« et
an prologue, parolei de Laujon, musique de Boismortier: 'Chloi*.
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BtU%OBam, Ifaria M anS-llB^.
29 ferner:
85 iHVT«mln«:
4 fiSvrier:
38 f^vricr:
22 avhl:
16 joilkfc:
88 Mptembre
5 d^cembre:
22 fevrier:
5 nud:
1748.
(premif're representation* : Za'in, ballet heroTque en quatre acte* 6t «m
prol., paroles de Cahtisac, muBique de Hamuau: Zelidie*.
(preniitre fgprfcmtation): La Festes de r Hymen et de fAmom^ ou les
Dum ^Sgypte^ baDet h^Tqo» en troi» acte» et ua proL, pur lea mimea,
3* «ntrfa (Ani4rts): 'Orie*.
im
/Ms, baBeC^boBlIni ea trou adet et nn pn^, parole» d'Aatreav
«i Ballot de Saayot, madqtte de Bameaa: 'la Folia\
Aßde« et Jason, trag. Ijrr. en cinq actes et tm prol. parolea de Pelle-
griu et La Roqtie, Tnusique de Salomon: 'Cleone'.
. premi6re representation) : Hom^ opera (pour lapaix) en trois actes et im
prologue, parole* de Oaliaaac, moaiqae de Bameaa: T^AXa*.
La» OameÜreB d» fAnimit: 1*"* «airfe {Vamumr ^ohg^^ Doris*;
3» entrde \JtWnour eonstanfi, TMre'.
(p^pTn^^re reprt'spntation) : Le Camaral du Pamas9^, ballet lif^roTque en
trois actes et un prol., pnroics de Fuzelier, muaiqus de Mondou'-
ville: au prol., Florine' au 1" acte, Tbalie'.
{pttndkm nprtfieiitattaii): Zonmtn, trag, lyt, ea ciaq actes et na ptoL,
parolea de Fuaalier, mtwiqoe de Rameaa: *AmBiM,
1750.
Tamrlde, trag. lyr. eu cinq actes tit prolugue, parolei de Uaucbet,
mariqu« da Oampra: *Heminie*.
(premi^ eepfdieatation); Lkmdn et Bin, tiaf. 1^. ea einq actes et
an prol., paroles de La Fraac de Pompignaa, aMuiqaa du
quis de Brassao: 'H^'.
1761.
88 ftniar:
de
premi^ra representatiou] : AtgU, ballet h^roiqiie ea an acte,
Laujon, musiqoe de La Garde: 'iflgle.
21 sepiembre: La Guirlanrti' nu >7wrj? enrhantcc«, op^ra- ballet eu ou acte, paroles
de Marmoutel, nusiquL- de iiameau: 'Z^de*.
18 noTaailve: jMintte d Ciphis« m la , pasiofale bdroTqaa en trois actes
des meraes auteors: *Cdphise*.
Lei Sewt de Roy et Moaret: TAmoui^.
1768.
14 janvier: (haj^tale: *Ompha]e*.
11 Uniw: (pnnii^re reprdseniatioii) : Le» Amimr» de Tempf, ballet horoique en
quatre entr^es, paroles de Cahusno . mu^ique de Dauverjrnc: cntree
Je Bai): 'Doris ; 2« ,La fite de filymcn]: Themire'; 3« ;/c« Vendanges}:
'Hegemone'.
9 janvier: {premiire repr^sentatinsi Ti'fo» rt VAtirore, pa'^torale hi^roYque en trois
aotes et un prol., paruiea de La Motte et l'abbe de La Marre,
musiquc de Mondonville: TAuroxe*.
l«r man: (prendtee ropriseatatioo}: Le Deem du Vähge, intenafede. pareleB et
mutique de J.'J. Boussean: 'Oolette*.
J.-e. Prodnxnmme, Ibm Fd 511
1764.
S janvkr: CoMm- rf PoUttx. trafr. Irr. pti cinq act<^ pt nn prol., iMrolesde Gentil»
Bernard, miisique de Bameaa: 'Tela'fre'.
21 fe>Tier: J^tee : La Folie'.
3 d^cembre: Thfyte, d« Qninrnvli et Lttlly: '.£gle.
29 däoemiwe: (pnraitee repr^entation]: De^knü et JUdmmbMrßt partOMle laqgu«-
dooienne en trois act«t «t im pfologtte, pMolM et miieique de Mondon-
▼ille: *AlciinMlare'. -
1755.
30 eeptembre: (prämiere repn-scntationi: l>i ucfiiirm '( Pijrrh^i. opura-ballet en im acte,
paroles de 6ainte-Foix, musique deGiraud et Montan-Berton:
Tyrrha'.
1766.
19 ianvier: Ziiroa.^ttr: 'AiTK'^lite*.
18 mai : Lc« FrsU.s d'Hi U: 'Hebe' et 'Iphiise'.
28 scptembre: Celime, ou ie Tcmplc de rindifferencc detruH pctr l'Amour: parolea de
ChenneTi^rea, musique du dheriUer d*Herbaiii: 'CMime*.
2S d^cembre: Iu£: *Doria\
17Ö7.
81 mAi: Ipremi^re reprosentation" : Lfs St/rjfrtWs de V Amnvr, lialle* hi>roTque en
un acte, paroles de Bernard, muBiquc de Kameau: f artbeuope' , une
'Sirene'. '
176&
14 iifivrier: JEMe d Latmk, tra^ir. lyr. en clnq acte« et an prol., paroles de Fen*
tenellc, niu'^lqnt' üauvcrgne: 'Lavinie'.
d Stai: Jjfs Fr'frs de l'aphn«. ballet heroVque en trois cntr^es, paroles de C <> 1 1 ,
La Brill r>' et Voisenon musique de MoudonTÜle: 2« e&trte
{Dacciiua i'i Krvjotw): 'Erigone'.
14 novambre: Pnatffinti *Ax^Üiaie'.
n.
T.ies trois docutnuaie Kuivants ont ete reproduits par Campardoa dans son oavrage
ftur 1 Opära, d'aprds lus originanx conservus aux Arcbives nationales.
1760^1« mai.
BBBVET D*UNE PENSION DE 6^000 LIVRES, ACCORD^ PAR LE BOI A
Mii« MARIE FEL.
Brcvci d'une pension de 5,000 livre». cn favear de la demoiselle Marie Fei, n^
ä Bordeaux le 24 octobre ITIS, I)apti8«'e le 31 du m<"me mois dans Teglise m^tro-
politain»' de ladite \\\\<' fVtte pension est composee d«»« nlrjcfs ri-apr^<'• Rppoinlemen«
de 2,UU0 livres qui lui ont «'ti- conscrvcs sur lo funds ordiimire des nienus plaisirs,
Sans retenue, titre de retraitc, en qualit« de musicicnne ordinaire de la Chambre du
Roi ; tme gratification annuelle de 8,000 livres, auBei «eae retenue, qtti a 4t^ aooord^
Sur le» depenees extraordinairefl deadita menus plaisira, le 27 mars 1778, eo oon-
•id^ration de sea «ervices.
PIECIi!« JOIMTtM kJJ BBBVET.
1« Acte de bapteme de MM* Marie FeL
Extrah da regiHtrc den baptt'nies de V^gliae peroiwiale mdtropolitaine de la ma>
jeitat St-Andr6 de Bordeaux: Le mardi trente'an octobre mü lept oent treiae, a ^t4
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512
J.-G. Prod horame, Marie Fei (1713-1794;.
baptiste B£aria lille Mgitime de Henry Fei, exgtniete, et de IMboie Deraole, peroi»e
Ste-Eulalie. Ferndn Jeea-Marie Fei; mairaiiie: Heiie (^netneL Kequtt le ^Togt"
quatre de ce mois 4 «ne heaie aprl» mianii.
2" Ddclaration autographe de MU« JPel relative ii la pension.
La demoiselle Fei, ordinaire de la musiqtie de la chambre du Roy, nee h Bor.
tlcanx. le 31 octobrc 1713, baptisee paroisse St-Andr<^. caU'drale (sie diidit lieu,
demeuruut pr^eutement k Chaillot, üaubomi^ de la Confcranoe (sie), declare avoir
Sern la mneiqiie du Boy pr6« de iremte ene aux honoraira de dem nine franca et
obteira en 1763 mie gratifieaUon amuielle de mille ^ue «ur T^tat dee menos plaiars,
qui luy a toujours ete payde sans retenue et dont il lay rMte dü demt anntet.
Fait k CbaiUot, le U octohre 1779.
(Arch. nat., 0», 67ö] »J.
Une note de radniinistration de rOiK>ra postvrieure k la retraite de Marie Fel^
note k laquelle le rodactenr de TEtat du penonnel i^oatait des obaervadona de eon
cru, indique quelle fut sa Situation exacte:
«Entröe ä TOpera on novembrp 1734, ä l.niiO livros d'apiHnutoiiK'nls sani» grati-
ficatiun, A sijfnifio snn rnnpe le 18 juiilet 173ü et ii quittr lodit jotir. Est reutrec k
Paques 1736 sur le pied de 1,200 livre» et 300 Uvtcs de gratihcutiuu. A quittr l Opera.
en 1760. Son traitwnent oonune premier «iget i*Aevait k 3,000 livres d*appomtenienie
et 1,000 livres de gratification. • A et£ mise i la pennon de 1,000 livrei ft fiOO livres
de gratification annuelle.»
«Fei. pefite fiUe, mai«? errandf» Tnusiciennt'. chantant f(»rt hicn Titalien. Elle n'eat
point jolie, cependunt ou k dit maitresse de Muusii ur lo duc de ßochechouartSj.»
Rapprochons-cn troh roous des anne^f 1750 ot 1753; le premier est en possession
de M. Theophil<> Eck, dii-ectour de«» Mus. 'es» do 1:» Viltf de Saiut-i^ueiitin ; le ^crond.
du meme jour, pruvieat de la coUection liathcry et a et«^ public, par M. Maurice
Tourneax*j; le demier a iM comprit dana la pubUeation de Ch. Deemase, Le IM»-
qwUn dt iL Q. dB La Tour%
Ann^e 1749 a 17ML
Oratifioation Extraordinaire pour r^mpetfee de aervke» La DU« Fei. lOOCT.
Yen L*£tat anest< au Bureau de la ville Le Deua: ootolire 1700, et apprownfi per
lo Roy euivaiit la Lettre de M. le comte B'Argenson en date du 7 dndit raois, Le
Sr Do iieurillc payera ;i la D"-* Fol actrice dans le chant des fonds de L'academie
Koyale de musique, ia souitne de mille Livres pour laquelle eile est emplnyt'e dans le
dit etat, et en rapportant par le dit iv De neuville lo prescnt mandemeut quittaui-e
De la ditte Fei, la ditte son ine de mille Livree lay sera pats^e et alloiuSe Dani
la d^penae de see campte« «an« difiieultä. fidt et arreetd ao Bureau de la ville Le
huit octobre, 1750.
De Bemage pour aquit fel^j.
1) Oampardon, VAeadimie royalle de mmique au XVJTI, siidtj I, p. 806-318:
Marie Fei.
2) Archives de i'Üpcra. ßat <in persoiinei. Mätwire.
3) Gmresp>judauct' de Grimm, XVL p. 603-504, note.
4 Pages 21-22, XL
f) Oes trois niot=i /ci-its de la inain de I i ' Lintut! n c L'Opöra fut de 1749 a 1780
administre par la Yille de Paris. Basil de Bcrnagc etait alors prevöt des mar-
dia&da.
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J,-^, Prod^homme, Miwie Tel {1718-1794:.
513
Gnititication extruordinaire et i)articulit rL'. La D'-" FEL, 400 L.
Yeu l'Etat arreste au Bureau de lu ville k duux octobru I7ä0, et approuve pur
le Roy suivaDt le lettre de M. le eomte d'Argenaon en date du 7 dodit aKtii) le
Iß Beneuvüle peyen k la DH« Fei, eotrice daiia le ehani de» fonds de PAeadAnie
royale de nuisiique, la aorame de Quatre cents U\Te9 pour laqueUe die est empluyre
dans ledit etat pour gratification Dxtraurdinaire et particuli^re, et en rapfv^rfant le dit
Deueuville ie prcsent maudement quiltance de la ditte D^i« Fei, ladite somme de quatre
Cents livrea lui sera posa^ ei idlou^ daus la depense de ses comptes aans difficulte.
Fait et arrett« an Bureau de la vüle le huit octobre 1750.
De Benage pour aquil, feL
Pain et vin de l'anuee ilö2 ä 1763 300 livrea.
J*ai refu de Monaieur de NettviUei cainier de TAcad^mie Boyale de Matique, la
Mmme de iroia eene livrea, pour pain, vin et entretien de chanaBurea, k mm aceoid^
pendant Tannee mil lept oent einquante troü^ dont quittanee, oe qninae avril mil sept
Cent cinqnaDte*trois. FEL.
m.
PIECKS TIREES DES ARCHIVKS DKPA RTEMEN TAIRES DE LA SEINE.
Jusqu'ä present, la dato exa(^te de In iiiorte d<> M' o Fei etait rest«'e inconmie aux
biographos. Colle-ci tigurait dans la liste des \ ingt-i^uatre Acieurs et aulrea suJets retircH
aeee 1» pemion de* gnmi§ e^itpoiniment» qui avaieot leon entr^e gratuitee TOpdra
en 1788<^i) et k-s «Spectacles de Paria» indiquaient pour la demi^ fois en 1796
<la citoyenne Fel> sous la rubrique (]ui avait remplac^, depuis 1791 celle des Pension-
naires : Xom» des prraQunes dont Us taient» ont ae^tü de la dUbriU aur le Theäin
de r Opera fieputs plu.s de cent ana^].
Mais un cortain iiomhre de documents apparteuant aux Archives departciiii.'nta1f«=i
de la Seine 3] uoua renscignent positivement sur son etat de fortuue, de 1770 ä sa mort
survenue en f<$nier 1794.
EX.TEA1T DU OONTRAT DE VENTK DE LA MAISON HABITEE
PAK MU« FEL A CHAJLLOT.
Entre:
«M. AUOÜSTIN HENKT OOCEON Gh« Coneeiller d*Etat Et Con.Uw honoratre
anParUment de Pari«, Et DAME MARIE LOUISE ELIZABETH GERMAIN, son
^pouse r;u'il autori^c h I'EtTt t d< ? presentes demeurant ä Paria Rae ä. Benoit Faubourg
S* Germain, l'arni-;se Suipict.'.
«L£<Squels out pur cea ptväeuteä veudu &. promis sulidairtrnient Tun pour l'atitre
et denx aeul pour le tout Sous lea renonciationa aux B^n^lices de droit requises,
Garantie de tout trouble Dons, Douaire, Dettes, Hypoth^que9, Evictions, AU^nataona
Et autres Empechemens g«'>ti»'>ral • quelconques, A DU« MARIE FEL fille Majeure,
pensionuaire du Roi demeurant ä Paris Rui' dt =! filles du t'alvaire. paroisse Nicolas
des Champs ä ce presente et accep<« acquereure pour eile et sa \ie durant.
<UNE Maieon sise k Chaillot Grand RuB dndit lien anprte de la Paroisse, con-
aiataat en un jardin en Terraase, oofps de Batiment ayant deus Etages aveo Mansardes
au deseui le tout tenaat Pardevant sur la Bue, par derri^re k un Maraia appartenant
1) Voir Revue rifrospecticc, 1895, tome III, p. 242: «L Optra pendant la demiere
ann^e de la Monarchie». 2) Le» Speetodu de Pari» pour 1796, p. 70.
3) Domaines 666; Biene naiionam, SeeÜon Chan^&^eiea.
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514
J.-G. Prod homm«, Mark» Fei (1713-17^4 .
anzd. &t AB» y«adean, «i de oliaqM o6M k d« Iühkiim i mx pwaiDoBMot •ppui«-
«Poiir par lad. D"*" fcl jouir et <li"?]>o3er de lad. Maison et dependnncc«» n vie
ilamnt comme de chnse a ölie appart*inanto sur sa tete. et jii8qu'a(i jour dt- boh den'i,
a partif duquel la yreaente jouissaucä »era Eieinte & rUeufruit eera rüimi Et coa>
•oiid^ a la propri^M an profit detd. db D* Vendmm <m de leon ie|ii<iMilauli a
commeneor Ind. Jouissance du premier Aytü DemlflT letqiiell 8. Bt D* Veildenie fonl
en faveor de lad" D^'« fei tow dessaisinseTneTit acc «iioire pOOT hd. Jomiiienoe, ToalaiiA
constituaut Procurcur le porteur donnant pouvoir.»
Suivent les dauses ordinaires des ventes; pui»:
fEt enfin lad. Venia ett fatte moTwniaikt la tomme D£ MEÜF MILLE TBOIS
OBNT YIKGT CSSq, Uvres.»
Cet acte, dresse par les notairas Belurgey et Deb^rain, fut sign^ en Tbötel du
vendeur, le 4 mai 1778. La qnittmoe qai le termine eet datte de 14 du inline wtoa».
Liasse du Condamne Chaudot, grande rue, nos 12 et 13.
1.
le C«n G&limard Le 27 Germiaal de Laa 2« de la
Oondamn^ Gbandot SepubL une et indiv.ij
HaiMot k duaSht Ltb. EgaL
No. 11 L' Agent &c.
& Je te prie de voulnir V)ien faire j>mceder ati pbtt*»t k
No. 13 L'eetimation Locative de deiix maisuns provenant du con-
SituatioD locative. daiune Cbaudot, siaea, grande nie de Chaillut, Ho* 11 et 13
dont riitta^t de oelle-ei appaitenoit an Cttoyen Fe^le
(eic}. J'attendfl ton rappori tiii promptemeot fl m'eet indte-
peneablement neceMaire.
2.
Eorire Ii Gelimerd La maiton Grande rfie de Gheillot No. 18, apparte-
ponr &ire tres nante i Obandot L*iunfriiit appartenoH a la f ey le (tic).
promptem ent
L'estimation de Maisun (irande rüe et Occupee par Chaudot No. 11.
ces deux maisons.
3.
Paria 2 flortel Lan 8 de la Eepnblique une indivinbleS/.
Le Directeur de LVnre^strement
Au cit<»yeu Balduf
La CitoyeiiiK" Irl avait acquis du Oitoyen rurhin et fciiiiUL- la jnHif(sanrf peii-
dant sa vie d'iuie maisuu sise a Chaillot gi-aude Kue Nu. 13. La Ciluyenne tel oat
ddoedee depuia enTtron deux moit, et la pFoprieti de cette aiaiion eet devenne une
propriet^ nationale Lbdritiere de la Gm« fei dMnande quUl eoit aommä un Ocmtnlnire
pour recevoir d'elle la maison cn bon i-tat de tonte» reparations au.\ termee du contrat
d'arqiiisitioD quelle rapporte''. je te prie de prendre 1p? Tnpsurp'' le? plus promptes
pour que larcbittiute de l'agenoe visite cette maison et cuD^tatc par uu rapport qu'il
te remettn de suite, Tötet de oette maisoo et lee r6parations qni doiveat y etre fidtee.
tu Ini reoommandera« de fixer en meroe teme, la valeur locative de ceite Buneon,
1, Iti avril 1794. 2; 21 avril 1794.
3) Ceti le Oontral analy«£ en tete de ce» dotmmenta.
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J.-G. f rod'h«mme, Marie fei (1713-1194/.
Ö1&
tant poor deteminer ia somme que devra Tberitiere fei pour le tems qu elle a joui
de Iftdite suuton depuis le dec^e de «a teste, qoe pour que tu mette snr le ehamp
oette maieon en loeatson. tu me rendra oompte de la Boite de eette affaire & in me
zenverrus Texpeditioii que je Venvoye da oontrat d'aeqniaitioii de la (>>>• fd du
4 mal 177a
GENTIL.
(A cette pi^ce ^tait j<riiit le eontrat d'aoqiiintion analyse ci-deeaua.)
Le C« Galimard
Confisque Chaudot
Maison a Chaillot
graudu nie, no. 13.
B^aratioiis lecativee
et nottvelle eetimatioii
locative k hin
Location
Cond. Chaudot
Eeg. de» Loc
La Location
arret^ attenda
la miee en vente
Le O» Genta
Condamnd Ghandoi
Moi k Gbamot
4.
RepQb.iuie et indiT*)
Lib
Le 4 floröal de L*an 2* de la
L'Ageut &c.
Egal.
Je t'adreete, ci«jouite^ oopie de la Lettre h moi adveee^
par le Citoyen GentU, c<mQ«riiant une maiBon k Chaillotf
grande nie N'>. 13 »»u tu verras combien il est instant que
tn visites au plutöt ottte luaison. que in en roiistates L'etat
de Lieux et des rt^pai'utioutt locatives; eulia tu y juindras
nne estimation locative tant poqr fixer la dette de PliMtier
Fei» qne pour metire oette maiion en location. Je te prie
de ne metfare aocun retard dan« oee diff<§rentee opärationB.
6.
ins^ le 4 llor^*)
maison situee k Chaillot provenante
du condamne cbaudot no. 13
Elle ronsiste en un corps de logis sur la Rue apliqut* a
un pastiagü de porte Cochere escaiier ouisine, lavoir et sali»
a maager, cave.
Le 1» eit distribuö en nne antichambre, Oabinet ei
chanil'K Lt second est distribn^ de ttime, an 3m>«, tont dee
chambrcB de dumc8ti(|U0 & une cuisine.
Le jnrdin e^t plantr d'arbres et de vigne^ et diatributt
en piusieurs platschet» de icgumes.
Cette maiBon vaut annueOement 400 Ihrm
L'erdiiteote doB domaineB nationanx ,
Gatitnard le 4 ÜOTitI an 2.
6. ■
Le 1« mesBidor de L*an 2« de la Bep»)
Egal
nne et indiv
Lib
1/ Agent
i<<;paration a la Charge des Je t'adresse, ci-joint, le Kapport du fitoyen Galimard
liucataires, compensces sur une pruposition faite par lee heritiei'a de La ('ituyeiiiie
per doB efltote Uubb^b but Fei, propridtaire k via d*une raaiBon bHu^ A Chaillot, pro^
place venant du condamn^ CSiandot oomme iIb BOfot teniu dti
1) 23 arnl 1794.
8. 4. I. H. IT.
2} 23 avrU 17ü4. 3) 17 juin 1794.
34
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Ö16
J.-G. Prod'hommc, Marie Fei (1713-1794).
r^ptntions LocaftivM et qu'elles sont peu consid^reble'^ . II
pense ijuMl scra avantapfux d'nocepfer les objet"! d(^"*l^iies
daua \v rajiport en cumpcnsation des frais de R<'parat.iona-
je te prie de me douner ta deciaion sur cei accomodement
afin qull «it liea Le pfaitot poitible.
7.
C«n Lucas
Visiteur
Bboton dn coad«
Chaudot a Ohaillot
Soa dM Ohainpa elis^s
16. Tlienmdor Vm 2m>« de I» fiep« ^
Je te prie de te tnmspcnpter en nne meiwii aiae h Qudlloi
provenant du condamDe Chaudot et cyd* occupee par la C**^
fclt pour t'assurer si eile e«t vcndue, ou dans le cuh contrair«»
mo taire sa\'oii' le noiii des peraoiuies gui habiteut lad' nxai-
son, et (]uels sont leurs titrcs.
L'ex-notaire Chaudot avait üte guillotine le 29 ^iluviuse au II-. Ses uiaisom de
ChaiUot, estim(3es chacune 32,400 livres furent vendues le 15 meesidor an II; l'unc^
801U le niim^ro 16« qui <teit pent-ftro oelle prtoödemment ooonpte par la oaatelrioet fiit
aoqtUM per le citoyen Richer moyeimattt 88400 ÜTtes; eile • tait loote deptti» le IB
mesfiidor, avec liail de trois, six vt netif an?, nu citoyon Piurre Daquenne» peintra, TW
basfle du Bempart f orte-Saint Denis, cul de sac Laurent.
IV.
Iconographie.
On ne coonalt coinme portrait de Marie Fei que le celebre pastel de La Tovir
oonwnrö an Musäe de Saint-(^uenttn. H ftti eocpoa^ en 1757 u Selon da Lowre,
en mSme tempe qoe oenx d*iin cepaein, de Tronoliei et da Honet
«Pltiueurs portraits de M. La Tour, dit le «Mercure», peiubl au pastel , ont üe4
üuccessivement les regards du Public empresst' Tt \ oir les omTacres de cet Artiste . . . .
Le modele du chant. M\^2 Fei fait taut de plaisir ä la voir si bien repr^sentcc q.u' ou
se sent plus vivcmeut presse du düsir de l'eutendre^, . . . .»
«Tete Strange, impr^e et channante, a dit Edmond de Goncourt, qni semble
d^peyede Ut, au milieu de cette galerie de femmee du JLVUV sitcle, avec son front
pur, ses grands sourcils, la larj^eur de ses grands yeux noirs velout»'s de cils dans les
coins, 8on nez grec, ses traits droits, m boriehe paressouso, son u\ale long, tout cet
ensemble de physionomie cxotiquc si bien couronnee par cette ooifi'ure, un mouckoir
de gaze ]is£r6 d'ur, coupant son front de tacren, desoendant eur Vftü droit, ohatooillaiit
nne tempe, et remontaat sur le bonquet de flenrettes i^qui k Fautre: ainai Ton ae
figiiretait une Levantine, rajiportt'e d'Orient sur une page de Fallram da Lioiard; oa
plutot on rSverait THaydee de Don Juan.«)»
1} 3 aout 1794. 2 IR f.'vrier 1794.
3j Mereurc de France, 1767, octobre, 11, p. 162-1 Ö3.
4) £dm*de Ghonconrt, GaxeUe des Brnm-Ärts, t. XXn, p. 144-145. Le mdme
anteur aignale nne r^p^tition de ce portrait, par Ducreux, exposi e au «Salon de la
conversation>. Le pastül de La Tour a CiC trrave par Jules de Goncnurt. II
ügure BOUS le no. 79 de son CEutrc gravee, au cabinet des Estampes de la Bibliothfeque
nationale.
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Frod'homme, tfarie Fei il71d-1794i. 517
Vers en i liouneur de M"* Fei.
Plusieurs pieces de vers, adressees h M'l« Fei par des adiairateur» de ?on talent
oDt ete cit«les au cuurs de Tetude qui prüc^de. Eu voici d'autxes qui n'oat pu y
trovcwe place:
1.
Si Tamour jouit de ea gloire,
Belle Fei, il le tieut de voua:
Son empire semble plus doux
Lonque rum dumtei «a Tictoiret).
2.
£pttre äMll'Fel en lui envovüiit les paroles du Retour du i^nntemps
Toi dont la vuix tendre et touchaute
Semble etn rorgtne dos Dieoa^
Toi, doni let telents pfteienx
Te rendent phis int^MlMllte
Que la Divinit«' charmante
Qui jadis brillait dann les cieuxl
Aiinablc Fcl, üiabellis uu ouvrage
Qai n'a, pour plaire et ponr etre Mfanir^,
Que Oes tdei» dont romque ttsetnblage
Enl&ve et force le suffrage
Da oeaiear le plus äokürä.
28 decembre 1772 (sicj.
8.
m* F£L.
De la tendre IRiQoinele
Fei est le parfait modele
Ses acceiis melodieux
Sauroient enchanter les Dieux.
Musique tendre et legere,
Air badin, air serieux,
Air barbare^ air gracieux,
Dans son gosimr tout vent plaixe*;.
VT.
<i. Fei.
Apr^s avoir Buivi la cantfitrioe Marie Fei dans su vie publique et dans sa vie
priv^e, ü o» peui etre sans iuteret de dire quelques mots sur soa fr^re, le peu que
r^T^ent Im doenmmU oontemporaiiiB.
81 Ton en eroit nne des letties de Voltaire rapportte oi-dessus, il serait a?aiit
le Tieil ami du patriarche de Femay; Thiwiot, plus jeone que Voltaire, de douM ans,
1) D^apr^s Gr6goir, Des Ghires de l'Opera^ t. II, p. 290: annee i7j<J.
8) Gr^goir, qvi eite oes vers {Des Ohira de POptra, II, p. 178) k Vaani» 1787
tout en les datant de 1772, eignale u la fin de 1755, aux Italiens, oii la cantatrice no
semble jamais avoir paru, uue r«''p<^tition du Retour du FrintempSf de Pkilidor.
«oü M^ie Fei, ajoute-t-il, se distingua» Jd. ibid. p. 124 .
3) TraTonol, La Qaierie de PAeademie rt^ale de mueique (1784), p. 37.
34*
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Ö18 J -G- Prod'homme, Marie Fei ;1713.1794;.
^Uit de 16%. G. Fei aiirait dooc eu environ ringt «nt de pln« qoe ta MBtir;
on a va qn'cii 175^6, il s'c'tait rctiri- en mrinc tcmps qu'elle de TOpera. II y rentra.
Sans doutc avcr eile raiuiee suivaiiie. Le «C'aieudrier des Spectacles» Ic cite en 1752 et
eu 1753panxii les basses-iaillea de rAcadtinüe royale de musique, Travenol, danB «>on
«Hittoire de l'Opära» (^tion de 1763, p. 174j doniwnt V4itt do Coticert spirituel en
1751, le pleoe psmii l» teille«, m qnatcitaie mig. H prit m retreite probeblement
k Paquei en 1753. Et le tOalendrier des Spectadei» chaque annee, de 1754 a 1772,
le nomme parmi los Pensionnaires de rOpera; il rfeerait !a modiqne penssion de 300
li\Te8. On peut donc conjecturer que le fröre de Marie Fei mourut en 1772.
Q. Fei nous est d'autre pari, revcle comme compositeur, par Or^goir, qui Signale
en 1730, h pQbücfttioii de *rÄmotir ftäem^ eaatatille, peroles de A. X. Hardootn d'Ar^
ras, musique de G. Fei» >} et per le «Uercure de Fnuee» de d^mbre 1746, qui pu«
bliait Tannonec <>uivante:
«M. Fei, ordinaire de TAcademie Koyale de Musique, a exposc en vente son
Cond Livre de Uantatillea Fran^oises. Les äix Cantatilles qui composent ce second
livre lont let ytia <fe Vamour^ Fepretm rieiproque, Chettmue fanOty rmeoiuittnt,
CaeeetU du eceur, Fheuretue Vieäleste. Oette denuere est « deox Toix, Elles se de-
bitent airx adrcsses ordinaires, et cbez TAuteur, nie Saint-Thomas du Louvre.»^
La Hibliotliequo nationale de Paris possMe dans sa section de musique un rf-
cueil des douze Cantatilles de G. Fei; les six demi^res sont Celles signalees par le
€Mercure». I^es premi^res sont intitulöes: Le Langage de» Teux; Le mot difficüe
Le Oourrma htulUe; Le Vra4 iHrmr; Amom Asmm,
La troisieine, ainsi qoe VBatmme FmU» du seoond livre, est ^crite poor besse*
taille ; la düiizii-mc et dcmi^^^^, h deux voix, portc en sous-titre: Anacnnri ((• V Amnur.
Le premier Livre, p-ravt- par T)e (llaiul, <iraveur du ]\oi, se veiidait ehez l'auteur,
cbez Madame Buiviu et che/ le Sr. Le Clerc; le secoud, grave par M"'*' Brouet, se
vendeit en ontr« ehes MD« Oa8tagner>\
Ssiis donte A&aie Fei et son iths^ cbuitdrent, seit dam des coneerts peiiieoUen,
8oit au Concert spirituel, ccs compositions, comme il en fut tant publiu a repoque; oom-
position« «i'niu> assez facile execution, souvent, comme les romances, d'une lamentable
banalite, qui servaient aurtout h. faire valoir le cbauteur, et satisfaisaieat les gouts mu-
sicauz de noe aneetrei.
II est vnisemblable de supposer que trh&ntifere Fei», ni^ de la cantatrioe, dont
il est (|uestion dans les doeuments de T^poque revolutionnaire rapport^ oi-dessus, Aait
unc fille du mupicicn. Peut-etre meme est-ce d'elle qu'il s'agit lorsque les «Sj>pc-
taeles de I'aris» indiqueut pariiti les choristes du Concert spirituel une demoiscUe Fei,
et uou de raucienne «recitante> du meme Concert.
1) Grögoir, De^t (Hoirtt de VOpi'ra, I, p. 18ö.
2i Mrr' urr de Frame, 1748, decembre, II, p. 167.
3j Sous la cOte YM 7, 383-394
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WülieliD Altmuui, Meywbeef'PorMibungen. 519
Meyerbeer-Forsohungen.
*
Archivalische Beitr&ge
ftut der Bogiatrator der GeneraUntendsator der KBoigliolieB Sohaiiqiiele «i. Berlin*)
mitgeteilt von
Wühelm Altmann.
(Friedeiuw'Berlin.]
I. Die ersten BesieliuigeM Meyeri»eer*8 cum BerHner Openihaiu.
Als Meyerbeer, der Solin des in Berlin sehr angesehenen Banqiiiers
Jakob Hertz Beer in Italien mit seiner Oper >Romilda e Constanxa*
Aufsehen erregt hatte, war es ganz natürlich, dafi Graf Brühl, der
Oeneral-Intendant der Berliner Schauspiele, sich an den Täter des jungen
Künstlers wandte, um die Partitur zu erhalten (30. August 1817). Doch
gelangte diese Oper »Bomüdac nicht zur Aufführung; vielmehr war das
erste Werk M^rheer^s, das im Berliner Opernhaus in Soene ging, die
Oper >Eimna Ton Boxburgh«, die es freilich nur auf drei Aufführungen
brachte. Doch muS Graf Brühl von der Musik einen sehr guten Ein-
druck gehabt haben; denn wenige Ts^ nach der Premix der »Emmac
(11. Februar) wandte er sich am 20. Februar 1820 wieder an Meyerbeer's
Vater, um von diesem die Partitur des mittlerweile von seinem Sohne
komponierten »Abimelechc (Alimelli) zu erbitten. Ob er sie erhalten hat,
konnte ich nicht feststellen; jedenfalls aber ist diese Oper in Berlin nicht
gegeben worden.
Erst als Croeiaio m ^pio* in Italien Mqrerbeer zu einer Be*
rOhmÜieit gemacht hatte, wandte sich Graf Brühl direkt an den Kom-
ponisten; unter dem 17. Oktober 1825 erbat er Ton ihm die Partitur
des yCrnciato^ und mußte diese Bitte noch eiiim.il am 0. Dezember
wiederholen, da sein erster Brief, den der General-Musikdirektor Spon-
tini hatte befördern wollen, verloren gegangen war. Sehr schmeichelhaft
war CS übrigens für Meyerbeer, daß Spontini ihn am 24. Oktober 1826
aufforderte, eine Oper speziell für das Berliner Operphaus zu
komponieren.
1) Ich vorfrhlc nidit. Sr. Excellenz dem Grufon ITochberg für die mir seiner-
zeit erlaubte Benutzung der Kegistratur auch an dieser Stelle zu daakeu; zu großem
Danke bin idi such Herrn Hofrat Maeder fUr Mina liebaiiwürdige Untentütsniig
v«rpflteht«t. Auch H«rm Intondantur-Sekretitr Goldammer idudde ich iOr teme
stete Hüfsbereitadiaft herzlichen Dank.-
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620
•'Willlelm AKmmiij Heyerlwer-FonohniigeB.
Aus dem Antwortschreil)en Meyerbeer'a (der mittlerweile nach Berlin
zurückf^ekehrt war) r^ii Graf Brühl vom 11. Dczemher 1825 \^irfi man
nur eine beiir ^'ünstige Meinung von Meyerbt-er s kimstlerischen Intenti-
oueu erhalten. £s lautet, soweit es für unsere Zwecke in betracht kommt,
wie folgt:
». . . Dero Anfrage, ob es bereits eine deutsche tlb er setz u ug der
Oper ,// Orociato in Egitto^ J?ibt, glaube ich mit Xein V)eant\vorten zu.
können; wenigstens ist mir keine hekaunt £s haben mir []] zwar bereits zu
daaMOi Zweeke mehrere Dichter die Partitur begehrt, dleiit ich habe ei»
stete ehgeschlagen, da es meine feste Übeneugnng ist, daß der fCroeiato*
in deutscher Übertragung auf deutschen Bühnen nur einen gänzlicl»
ungünstigen Erfolg haben kann, weshiilb ich auch nicht einmal die Par-
titur mit mir hierher gebracht habe. Meine Gründe für diese Ansicht be-
ruhen zum Teil auf die [!] Dichtung, die trotz der unendlichen Komplikstton
des Dramas deimo<li so monoton und ennfidend, so unmotiTiert und lrsg<-
mentarisch ist, daß TOn dieser Seite nur Mißfallen zu erwarten Wftre. Be-
sonders würde du-^es mit der ganz eingeschobenen Rolle der »Felicia' der
^all in-'iu. die ein so dnunatischef? Pnhlikum als das hiesige kaum wohl
dulden dürfte, und doch iät in muuikuliächer Hinsicht (besonders der En-
semble-Sttteke halber) diese Bolle so wichtig geworden, daß sie trots ihrer
dramatischen Nullität nicht nur nicht hinweggelassen werden könnte, sondern
fdes Terzetts halber) nicht eirnnal der Charakter derselben umgeformt werden
konnte. — In der Musik selbst würden gewiß viele Einzelheiten der Gesangs-
formen [durch die Individualität der italienischen Sänger und den Geschmack
des italienisohen Publikums bedingt] ein denteches Publikum, besonde» als
Produkt eines deutschen Tonsetsers nicht ansprechen; und dodi sind
wiederum di^ G^aangsfomien, wie zuHillig und außerwesentUeh sie auch er-
scheinen mÖL'en, so fest in die Wesenheit des Ganzen eingewoben, daß auch
liie kleiubto Änderung derselben ohne Zerstörung der Totalwirkung nicht
geschehen kann. —'
»Endlich bietet die Bollenbesetsung des yCkoeiaio^ (dieses wesentliche
SSrfordemis zum Gelingen jeder Oper und bti^onders einer italienischen] un-
endlich»; Schwierigkeiten dar. Die Hauptpartie der Oper, ,Armattdo\ ist für
Velluti') komponiert. Nicht nur dessen Stimuienlage, auch die ganze Gesangs-
weise dieses Künstlers ibt ao sehr eigentümlich und schwierig, daß diese für
ihn berechnete Bolle nur 2 unter allen italieniB^en S&ngerinnen mit Qlfick
nach ihm abordieren konnten. Fast jede Sängerin wird swar irgend ein ein-
zelnes Musikstück dieser Rolle ihrer Stimmenlage und Gesangsweise anpassend
finden , da Vellutis Stimmenumfang fn sehr groß ist und sein Stil so viele
Genres umfaßt, aber eben deshalb paßt auch die ganze Bolle nur ihm.
Ferner erünrdert die BoUe der ,Felicia* einen ungew&hnlidi tiefen Eontre*
alt, der hilufig auf g, a, b sogar sillabierten Gesang hat, weldier der Tielen
Ensemble-Stüdcen halbw durchaus nicht h5her zu legen ist
»So höchst unangenehm es mir dfjher sein niüllte, wenn der ,Crociato*
in deutscher Übertragung in Berhn gegeben würde, ebenso erfreulich würde
es mir sein, ein eigenes Werk für die königliche Bühne meiner
Vaterstadt, auf die IndiTidualit&t der hiesigen braven Sänger und den Qe-
Ij Giovanni BattisU Velluti, der letzte berBhmte Gsstrat, geb. 1761, f 1861.
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Wühfllm Altintiin, Hey«rbe«r>FondMiiigeii.
621
schmack des PubliktimB berechnet, zu komponieren. Die Aufforderung Sr.
Majestät des Königs erfüllt mich daher nicht nnr mit ehrfurchtsvoller Er-
kenntlichkeit iui' dm ehrenvolle Zutrauen meiue» gnädigen Muuurcben, sie
begegnet auch mein«! Wünschen , vnd idi Mfame sie daher umso dankbarer
an. Diese Oper aoU meine erste Arbelt sein, sobald ich meine beiden frü-
heren Verpflichtungen gelöst habe, zu deren Erfüllung ich kontraktmäßig ver-
bunden bin. Es sind dieses eine italienische Oper für das Königl. Thonter
S. Carlo au Neapel und eine französische Oper fQr die Äcademw royaie de
mtutfue m Paria. Di« lateta diaaer baiden Opern bin ich Terpfliahtat Tor
dem ginsUcben ScUnasa daa kttnftigea Jahres auf die BidiBa gebraeht zu
haben. Von 1827 an kann ich also einzig und allein maino Kräfte der
Kompoaiüon eines Werkea für Berlin weihn . . .«
Anf mderholtes Dzängen Spontini^s, der auch gern Meyerbeer'a
Oper »Mar^ienta tPAngü^ *) anfgeftlhrt hättei schrieb der G^eneral-Inteiir
dant Graf Brühl nodi einmal (mehr als awei Jahre apftter), am 1. Januar
1828 wegen Überlassung des »Crodalo*, Die Antwort Meyerheer's
(Berlin 13. Juni 1828} lautete:
». . . Erst vor wenig Tagen von dam Erankenlagor erstanden, worauf midi
der Gram um den Verlust meines einsigen Kindes warf, war ieh bia jetat
außer Stande, Ew. Hochgeboren verehrte Zuschrift vom 1. dieses zu beant-
worten. Die traurige T^i-sache meine?? Stillschweigens wird Ihrem fehlenden
Herzen gewiß als hinlängliche Kechtfertiguug desselben erscheinen.
»Es gereiaht mir snr besonderen Beruhigung, daß Ew. Hochgeboren in
Ihrem Briefe der [!] Qrttnda ehrend erwShnan^ weldba mich bewogen, schon
vor anderthalb Jahren dero Anffbrdemng, die Partttor meiner Oper ^21 Oo-
cinfn' dem Könij]fl. Tloftlieater zu geben, nicht ent£»erjen zukommen. Tch
darf daher um so eher zu bekennen wagen, daß, da sich in der Lage der
Dinge seit danial.<) nichts verändert hat, auch meine Ansicht gegen die Auf-
fOhröng des ^Grodah* dieselbe geblieben ist. Da ich indeß so glücklidi war,
daß damals meine Vorstellnngen bei Ew. Hoc1i>r«>l)oren Eingang fanden und
mithin einem Manne genUgten, der strenge Rechtlichkeit und Loyalität mit
der tiefsten Kenntnis des Kunstwesens vereinigt, so darf ich hoffen, daß
auch Herr Spuntiui meine Ansichten billigen und ihnen beitreten wird,
wenn er sie durch Ihren Hund, verehrter Harr Graf, nnd dnreh Ihre gewichtige
BiUignng unteratQtat, kennen lernen wird, um so mehr, da ich voranHetxen
darf, daß Herr Spontini nur mit wohlwollenden Absichten für midi nnd
mein Werk wird handeln wollen.
»WuB übrigens meinen d.nmals ausgesprochenen "Wunsch betrifft, lieber
auf dem Königli eben Huitlieuter mit einer neuen (iur die Individualität
der Binger berechneten] Oper au debntieren, so ist er zwar derselbe ge-
blielx ii, :i1)t'r es ist mir nnterdeß gelungen, in den Besits eines (wie mir
sclieiiit trefflichen Opernbuchs, von Herrn Scribe verfaßt, zn g-elanjyen, der
es mir indeß nur unter dem Beding überließ, dnß die Op, r zuerst in Paris
gegeben würde, weil er außerdem seiner (in Frankreich sehr bedeutenden]
Antor-Bechta davon verlustig ginge. Ich meinarseita habe mir dagegen vor-
behalten, Buch nnd Musik dieser Oper am Abend nach der ersten Vorstellung
1) 1820 im Mailander Scala-Theater anfgefUhrt.
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522
Wilhelm AUmann, M^erbeor-FonobuBgeo.
demlbeii in Paris düm ESnigL HofUieat«r tu Berlin senden ra difftni.
Herr General von Wits leben hat die Güte geliebt, 8r. H^jeeUt dem König
von mir die Bitte TanAtMgen, ob Sr. Maj« ^tät irt i-uhen woIlt«n, diese Oper
an die Stelle derjenigen «nsunehmen, welche Sr. Mi^eet&t mieh sn Hfihrei,hep
beauftragten.
»Schließlich wolleü Ew. Hochgeboren mir erlauben diejenige Stelle Ihres
Briefes za beriehtigen,- worin sie mir anseigen, von Herrn Spontini offiai^
erfahren zu haben, daß man jede in Italien aufgeführte Oper (mithin andl
d«'ii , r'/vv' /'/to'j in allen dortipm Mnisikläflfn öffcnt licli i-rbalten kann. M«-istpn-
ti'iU mag dit'sf.'s wohl der Fall sein, allein ich kann Kw. Hocbgebureu mtsiju-ii
Kontrakt mit dem Direktor des Teatro uiia Jenün in Venedig (für welches ich
den jOrodafo* komponiert habe) mitteilen, woraus £w. Hochgeboren ersten
werden, daß mir das ansBchUeßliche Eigentumsrecht meines Wer-
kes bedungen war. Da es indeß später mit meiner Bewilligung in vielen
Städten Italiens gegeben ward, i'o wnr es natürlich und leicht, daß viele Ko-
pisten heimliche Abschritten davon nahmen, und so nach und nach viele
M usikUden in den Besits davon kamen. Doch kann dieses natOrlich der Krall
meines stipnlierten Bedits keinen Eintrag tun, und selbst in Italien hat
wenigstens jedes bedeutende Tlieuter immer meine EinwiHigUDg zur Anfinb-
rung des Werkes vorher nachgesucht.»
Graf Brülil aber sollte nicht diese neue Oper Meyerbeer's, den
»Bobert«, auf die Bediner Bühne hriagen; es fiel diese Au^be seiiiein
Amtsnachfolger Graf Bedern zu. Becht interessant ist folgender, an
diesen Von Meyerheer aus Paris gerichteter Brief vom 8. April 1831:
»Wie vielen Dank weiß ich dem Herrn Baron fWüMmJ von Humboldt^!,
daß er mir die Gelegenheit verschafft hat, Ew. Hochgeboren persönlich sagen ma
können, mit welchen freudigen Hoffnungen ich wie gewiß auch alle andren
Künstler Sie an der Spitze der Königl. Theater «eben. "Wie 5eh<»n
vereinigen sich wie bei Ew. Hocbguboren die Unabhaugigkeit von allen
Bücksichteu (dies schöne Prärogativ Ihres hohen Standpunktes) mit Ihrer
wahren Kunstliebe und Kunstbildung. Um so mehr freut es mich für meine
Taterstadt, daß eben am Berliner Kunsthimmel die neue Morgenröte leuchtet.
»Teb sebe die vielen Hindernisse, die sieb i außer dem Theaterbereich''
bisher der hiesigen Aufführung meiner Opt r .Ji'thrrt-fi -1 >i(il>lf' t'nt;,'egen setz-
ten, nun fast als eine Vergünstigung iur mein Werk an, du ich jetzt die
Hoffnung habe, es unter der oberen Leitung Ew. Hochgeboren auf die
Berliner BOhne bringen zu sehen. So rasch, wie ich dieses sehnlich wünsche,
kann dieses nun freilich nicht geschehen. Der häufige Wechsel des bie.-itjen
Ministeriums hat auch die Leitung der Operndirektion verändert \x\n\ .«eit
mehrere Monate |^!] deren Tätigkeit gänzlich gelähmt, so daß von meiner
Oper, die in diesem Augenhlieke schon hüte gegebou sein sollen, kaum die
proben begonnen haben. Schwerlich wird sie also (bei der hiesigen Langsam-
keit) vor Ende Juli in die [!] Scene sein, und die Autor*Bechte meiner
Dichter erlauben mir nicht, das Werk ircfond einer nnderen Bühne zu über-
geben, ehe es hier nuf der großen Oper dargebtellt i^t. Unmittelbar nach
der ersten Auflülirung aber sende ich die Paiütur nach Berlin, und da £w.
1; Uaraala preußischer Uc^nndter in Paria.
Digltized byj^ogle
Willielni AltmMui, Meyerbeer-7or*duiiig«iL
623
Hochgeboren sich dort ihrer unnehmen wollen, weiß ich «ie unter dem 8diuts
der Kunst und des Wohlwollens.
>Alle Henseignements übrigens, die Kw. Hochgeboren Uber hiesige Kunt$t-
werke und Xfinstler jetzt nnd künftig zu erfakren wUnBchen|. wwde ich stets
bereit sein, mit der größten Frende nnd AoslAkrlielikeit sn geben . . .<
• «
Mit Bezug auf diese Äußerung Meyorheers bat ilm Graf Reclcrn
unterm 30. April 1831 sich zu urkuiRligeii , unter welchen Bedingungen
die Sängerin Malibran im Laufe des Jahre» iu Berlin gastieren würde.
Darauf antwortete Meyerbeer am 1. August 1831 von Paris aus, wie folgt •
>Wie nachlässig muß ich iu den Augen Kw. Hochgeboren erscheinen uml
doch darf ich mir sagen, daß nur der AVuusch, £w. Hochgeboren nützlich
sein zu können, mich zu dieser Ssnmseligkeit Terleitetq. Einige tage, ehe
ich Ew. Hochgeboren geehrtes Sehreiben erhielt, war Madame MaliVran
verreist. Niemand wnßte bestimmt wohin. Einige meinten, sie sei nach der
Schweiz, andere, nie ?ei nach Holland gegangen, viele hchiiupteten wiederum,
sie auf dem Wege nach Italien zu wissen. iJie vürhchiuUeasten Gerüchte
verbreiteten sich Qber den Zweck dieser mysteriösen ßeiae, die dironique
wandalmM*) ermangelt nicht, die tTrsadie nach ihrem Sinne zu deuten. Ich
beeilte mich indeß, nach jeder der Richtungen, die man mir uls Madame
IMiililjran'.s moTncTitnTien Anffiithalt andeutete, zu 6chrt'i])(>n und ihr die wohl-
wulh^nde Ahsicht K\v. HocliLfthoreu hinsichtlich ihrer mitzuteilen", Monate
verstrichen, in denen ich täglich untsunät auf eine Antwoil wartet«. In
dieser Woche erfahre ich sn meinem Erstannen und Leidwesen, daß Madame
Malibran in keinem der Orte sei, wohin ich meine Briefe für sie ^reiichtet
habe, sondern ganz zurückgezogen auf dem Lande in Belgien lebe. Ich
sehrieh ihr nun sogleich unter der mir cregebenen Adresse und sehe mit Unge-
duld einer Antwort entgegen, die mich endlich dem sehulicheu Wunsche, £wi
Hochgeboren zu dienen, nachkommen ließe. Pas absLchtUehe Dunkel, wei-
ches Itber die momentanen VerhXltnisse der Madame Malibran gezogen ist,
scheint mir so auffallend, daß es unter diesen ümatSnden andi wohl mög-
lich wäre, sie schlüge das AtHnhieten Ew. Hochgeboren in diesem Autren-
hlicke aus, wie SLhineichelhatt es ihr auch fon«t sein mag, wie sehr ich sie
im allgemeinen geneigt glaube, es anzunehmen.
•hl diesm Falle bemerke ich Ew. Hochgeboren, daß Madame Pasta
die jetzt den Gipfel der Kunst erreicht hahen soll, Anfangs September hier
eintrifft. Diese Sängerin l>t zwur für den Karneval in Mailand engagiert,
wird aber in den ersten Frühlingsmonaten ganz frei und würde dann f^ewiß
sehr gern eine Exkursion nach Deutschland machen. Jeden Aultrag, den mir
Ew. Hochgeboren in dieser Beziehung geben wollen, werde ich mit Freuden
vollziehen nnd hoffe midi in den Besnltateu meiner TTntexhandlungen pOnkt-
lieber zeigen zu können.
1) Schon 1831 begannen die intimen Beziehungen der Maria Malibran geb.
Oarcia ;geb. 24. Mär/. IPOS zu lL iu Violiiiviituosen de B^riot, mit detn sie sich
183B nach ihrer S« heiduug von ihrem ersten üatten vermählte. Sie hat übrigens in
Berhn nicht gesungen.
8) Oiuditta Pasta, geb. Kegri (geb. 1796, f 1. April 1863) wurde nicht nach
Berlin zu einem Gastspiel berufen.
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524
Wilhelm Altmann, Mfliyerbeer«f orteboogen.
»Keinesweges habe ich indeß bestimmte Gründe zu vermuten, daß Madame
Mal ihr an nicht nach Berlin komman könnte; ich sehe im Qegeniefl einer
Imldigen . Antwort anliegen , die ich im Augenblick Ew. Hochgeboren mit-
teilen werde . . .«
Für Graf Redem führte Meyerbeer auch Verhaiidiun;^'«'» über ein Gast-
spiel des Balletmeisters» Tagliuni und seiner Tochter in Piiris; ein Brief
Meyerbeer's, der auch auf Wunsch viele Dttaik über »Robert« entlii* lt.
ging leider verloren. Meyerbeer rekapitulierte dann nochmals tli«
Hauptsache am 4. Februar 1832. Aus diesem Briefe seien hier folgende
Stellen wiedergegeben:
». . . Herr Baron von Hnmbold't . . . teilte meine Meinung, dafi nicht
nur D™* Taglioni*B Dsnätilhuigtii überhaupt von allerhöch;<ttin Interesse
für das Könlgl. Tlirater in Berlin ^c'ui würden, sonrlrTn daß est auch für
den ErfoK'' Ihjhrrt Jr dinhlr iu Berlin von größtem Nutzen wäre, wenn es sich
Bo fügen wollte, daß da» Einstudieren dieser Oper bis zur Anwesenheit des
Herrn Taglioni nnd seiner Tochter in Berlin aich verzSgeni kSnnte, da der>
aelbe nicht nnr die Balleta dam hier gemacht hat, sondern auch 6ie höchst
komplicierte mtse m sccne leitete und außerdem alle Detnik der sehr a^wie»
rig auszuführenden, aber sehr efiektvgllen DekorMtirmen, Maschinerien. t?es
magischen Moudticheius etc. kennt und angeben könnte. Außerdem ii^t auch
die £,olle der Äbtissin Helene in dieser Oper fttr D"* Taglioni's Individua-
litSt von Herrn 8 cribe geschaffen worden, nnd sie hat sie mit nnnadialim-
lieber VoUkommenheit in den ersten Torgtüllongen getan/t, indem ein FnA-
Übel sie nach der 4^" Vorsti llung auf 6 Wochen von ih r Bühne entfernt hat . . .
»Meine zweite Anfrage betraf zwei Dekorationen: die des Kloi^teikirch-
hofes mit den Grübern im 3. Akt und die der Kirche im 5. Akt. Beide
sind nach einem so neuen Systeme (namenÜich auch in der Beleuchtnnge-
procedur) verfertiget und bringen eine so dioranKniihnlicLe "Wirkung hervor,
daß schon mehrere fremde Theater allhier sich kleine Modelle davon ver-
fertigen ließen. Meine Anfratre rialier ß'mtr dabin, ob das Königliche Theater
in Berlin die Ausgabe machen wollte, solche kleine Modelle von den beiden
b^agten Dekoration^ von Herrn Ciceri an bestellen^ welche alsdann Herr
Taglioni Bitte mitbringen können.
»Endlieh habe ich auch noch die Bitte [!], an Ew. Hochgeboren die
Bitte zu wnjren, die TTborsetzung dieser Oper Herrn Rellstab^' zu über-
tragen. Eü war dieses immer mein AVun'^ch. und ich habe denselben Herrn
Relliätab schon mitgeteilt, noch ehe ich vor 2 Jaliren Berlin verließ. Stellen
sich also diesem Wunsche keine Schwierigkeiten von Seiten des Theaters
entgegen, so wage ich die Bitte, hochverehrter Herr Graf, meinen Wunsch
au berücksiebti^ren.
>Die Partitur ist noch immer nicht gänzlich fertig. Ich hatte
1} IVicht Ludwig JEteUstab, der langjährige Muaikrefercnt der VoMiseben Zeitung,
überaetste den »Robert« ins Deutsche [wahrscheinlich wollte man dem geschworenen
Gegner Sponttni's keine Arbeit für das Berliner Opernhaus übertragen), sondern Theodor
Hell.
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Wilhelm Altmann, Mey«rbeer*FoiidMingen.
525
sie Bchon seit 6 Wochen absdirfliben la n, allein Herr Scribe hat während
der Proben so viele Änderungen im Stück gemacht, daß sie par rkochct
auch auf die Partitur sich ausdehnten, und meine vorige Abschrift teilweise
nicht zu gebrauchen war, indem ich natürlich die Oper gänzlich äü, wie nie
iu Paris aufgeführt wird) nach Berlin senden wollte. Nun aber hat der
Verleger meiner Partitur dieselbe auf ao vielllltige Weise und fllr alle In-
atnimente arrangieren lassen, daß es mir drei Wodien lang nidit moglioli
war, tlieselbe für meine Kopisten zu erhaschen. Es hat daran immer daher
nur jxir suuts et bonds geschrieben werden können. Übermorgen erhalte ich
die letzten Nummern des fünften Aktes und kann daher mit Sicherheit den
Abgang des selben in dieser Woche bestimmen.
»Mit dem innigsten ToUkommensten Yertranen in Dero hohe nnd liberale
Ennatansichten , in Dero gütige Gesitmung für mich lege ich das Schicksal
meines .Roberts^ in Ihre Hände, hochverehrter Herr Grat', und ftihle mich
doppelt glücklich, daß das wenigst unvollkommene meiner Werke zu gleicher
Zeit das erste ist, welches unter Ihrer Leitung und unter Ihrer Protektion
... in meiner Vaterstadt aar Aufl&hmng kommt . . .«
Ans dem Briefe Meyerbeer^s vom IG. Februar 1832, in welchem er
dem Grafen Bedem anzeigt, daß die Partitur des Bobert endlich abge-
gangen ist, dürften folgende Stellen von allgemeinem Interesse sein:
»Mein Bruder Heinrich hat mir geschrieben, von mehreren Personen ge-
hört zu haben, daß das Kön igstädter Theater eine Partitur von ^Rnf>rrt-Ic-
Dmble' bef^itze und dli;<e ( )})er ebenfalls zur AutTiihrung bringen wolle.
Niemand besitzt das ^lauutskript dieser Oper und kann sie verkuuleii als
der Verleger derselben, Herr Morits Schee Inger in Paris. Derselbe hat
mir sein Ehrenwort gegeben, sie nie, so lange sie noch Manuskript sein
würde, nach Berlin zu vorkaufen, da er von mir weiß, daß das Königliche
Theater durch Ew. Hochgeboren dieselbe zur Aufführung bringen wollen,
.la er verzögert sogar die Herausgabe der Partitur bis zum Anfang Mai,
damit das königliche Theater in Berlin und die italienische Oper in London
(welche letztere das Eigentumsrecht für England gekauft hat) Zeit haben,
die Oper ohne Konkurrena der anderen Theater in beiden Städten auf die
Bühne zu bringen. Freilich ersehe ich aus den Zeitungen, daß das Drury-
laae-Theater [!] in T.nnrlon die Oper nächstens ankündiget. Aber dort haben
sie die »Schamlosigkeit gehabt, die einzelnen mit Klavierbcgl e ituug
im Stich erschienenen Stücke Ton and'eren arrangieren und instra*'
mentieren an lassen, ebenso alle Finales, Eneemblestacke und Resitative,
W(>lc1ie nicht gestrichen ist [!], von andern Komponisten machen zu lassen
und Werden nun diesen pasticcio mit dem Xamen liolurt Ic Th''ih!i zn [!]
taufen. Etwas «o T'^nkünstlerisches und Luwürdifjes alier kann in Deutsch-
land nicht geschehen, und ich bin überzeugt, daß das ivönigstödter Theater
sich zu etwas so Unwürdigem nicht herablassen würde. Gewiß ist also das
Ganae nur ein leeres Oerficht . . .«
Am 20. Jnni 1832 ist dann »Robert der Teufel« im Berliner Opern-
baus mit großem Erfolg unter Mitwirkung der Taglioni zum ersten Male
gegeben worden.
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526
Wilhelm Altmann, Meyerbeer^Fonduiiigai.
II. Zi Meyerbeer 8 Wirksamkeit als General •Musikdirektor in Berlin.
Unter den reponierten Akten der G^eral-Intendanz der Berliner König].
Schauspiele habe ich unter anderem auch einige Briefe Meyerbeer 's
gefunden (Fase. 503}, welche deutlich zeigen, wie einet er seine Pflichten
als General-Musikdirektor 1) genommen hat. Der erste der im Folgenden
mitgeteilten Briefe zeugt von seinem Interesse für die Hofkonzerte,
der zweite von seiner Sorge für die Besserstellung der Kammermusiker,
der dritte illustriert seine Bemühungen, das Solo-Personal der Oper
zu orc'änzen nnd auf die nötige Höhe zu bringen; auch zeigt er, wie sehr
sich Mcvorhccr um das Opern-Bepertoir kümmerte; der vierte Brief
endlich betrifft eine Aufführung der »Wüste« von F^licien David im
Berliner Opemhause.
L [An den General-Intendanten der Hofmusik, Wirklichen Geheimen
Rat Grafen von Bedern^), Excellenz]:
1} Dia KabineUordre, durch welche Meyerbeer, seit der Berliner Autfülirung de«
•Bob«rt< im Jfthre 1838 preaDisoher Titular-Hoflnpellmeister, zum Qenenl-Miuik-
direktor emaimt worden ist, laafet:
»Dir seit lunger Zeit begründeter musikalischer Ruf und die Beweise Ifaret Tm*
lents bei tlciti Einstudieren Ihres grninlnn groOrn AVt?rks auf ilor Berliner Bühne,
welches mit dem glänzendsten Erfolge gekrönt wonien ist, hiit den Wunsch in Mir
«rregt, Sie durch ein bleibende« Verhältnis Meinem Dienste und Ihrer Vaterstadt
ZU erhalten, und trene mich, d»8 Sie derauf eingegangen «ind. loh ememie Sie
biermit zum Oeneral^Mueikdirdctor, und haben Sie diesen Titel Ihrem bishnigen eine«
Hofkapellmeisters hinzuzufügen. Ihre Anwesenheit in Berlin will ich auf sechs Mo-
TTiito btsclirUnkcn. Du Sie aVier noch ausuärtitr lingrp^ancfpnc Verliindlichkeilen zn
ertülleu haben, so verlange Ich llire Anwesenheit in den beiden ersten Jahren nur
vier Monate hindurch und, wenn der Regel nach Ihre Anwesenheit in Berlin in die
SanieTalasflit fallen mufi, so vrill Ick doch für das nüchste Jahr Ihnen gestatten, statt
der 'Wintermonate die Jlfonate April, BW, Juni und Juli an Ihran Aufenthalt in
Berlin zu wählen. Während Ihrer Anwesenheit in Berlin werden Sie die Dir^tion
der Hofmusiken mit Ausseliluß der g-ei^tliclien unter Olier-Aufwielit des zu diesem
Zwecke von Mir ernannten AN'irkiiehcn (ieheimen RaUs General-lntondanten der Hof-
uiuäik Grafen von Kedent ühemehmen und Ihre Zeit dem Kiostudiereu und Diri-
gieren der neuen großen Opera Ihrer und anderer Kompositioam widmen, auch dem
General-Intendanten Meiner Schauspiele in allen musikalisdieii Angelegenheiten mit
Hat und Tat zur Seite stehen, insofern er dazu die Veranlassung geben sollte.
Wcnnj^'^leieh Sie a\is Zart sinn das Übersehen de«! Geldpunkts wenig'stcns im ersten
Jahre gewünscht Imben, so finde ich mich dueh veianlnßt. Ilir (ielialt mit dreitausend
Thalem sofort festzustellen, welches Sie vom I.Januar k. J. ab aus dem Kroufidei-
kommiß-Fonds su besidien haben. Ich ^nsdie, daß Sie in diesen Bewilligungen
meine große Anexicennuag Ihres Talents und Mein Wohlwollen eikennen mögen.
Gharlottenhof, den 11. Juni 1842. {gex,] Friedrich Wilhehn.
An den Hofkapellraeister Meyerbeer.«
(Akten betreffend den Komponisten Meyerbecr .
2) Wilhelm Graf vou Bedern war von ilti31) bis 1842 General-Intendant
Digltizeo by v^oogle
'Wühehn AHnMim, Meyerbeer^Forschangeii.
527
£w. Excelleuz
gebe ich mir die Ehre anzuzeigen, daß der große Gesaugskünstler Eubini
sich mit Li« st aatoeiert liat, nm gemei&sdialüich Konserte aaf einer Knnstr^
reise ZU geben, welche sie Über Holland und Dentidhland nach Rußland'
ftlhren wird, und woboi ««it» auch Berlin im Decpmbfr oder Januar benihron
wollen. Nun würde Jiian iilx-r Rubini nicht in sfiiuT glänzen Trcfflie hk< it
kennen lernen, wenn nmu ihn bloß in oiuzulnen Arien im Xoiiztiio hörte,
und es wäre ein Genuß, den sich unser knnstUebendes Königspaar nicht
▼ersagen sollte, diesen Gesangsheros in ('iiii(r(.>n seiner Glanzrollen scenisch
zu hören, denn Kubini glänzt ebenso in den Duetten, Knseniblestücken und
dramatischen Momenten als in den brillanten Konzertarien. Mehrere der
Upem, worin er »eine besten Partien hat, als >die Puritaner«, »die Nacht-
waaiilerin«, »Othello« sind ja anf dem Bepertoir der königlichen Oper nnd
können mit geringer Mühe in kurzer Zeit in italiSnisdier %»raehe eingelernt
werden. Sollte der Direktor der italiiinisdien Oper in der Königstadt da-
gegen Pro(i"«t einU'£?en. so könnte «icli Se. Majestiif doch wenij^'stens diesen
Genuß auf Ihrem Theater im Neuen Palaiö versL-li äffen. Zum ]}es( hlus-^e
dieser Gastdaratellungen ließe sich eine Vorstellung des »Don Juan« (worin
Rubini den Don Ottavio Tortrefflich singt) auf eine so glanxTolle Weise ver-
anstalten, wie Tit tlin dieses unsterbliche Mei.sterwerk nie hörte, wenn man
die so vielfachen Hollen bi«? auf die klein-ite liernnter mit S^rt^falt besetzte,
welches möglich wäre, wenn man die Klite der königl. Oper und der italiä-
uiüchen Oper in der Köuigstadt zu diesem Zwecke vereinigte, den Don
Ottavio von Rubini singen ließe und das herrliche Final des 1**" Aktes mit
ebenso starken Ohormassen wie die Spontini'sche Oper executieren ließe. Wenn
eine dergleiche Vorstellung auf Befehl Sr. Majestät oder zum Besten der
Armen veranstaltet würde, so könnte das Könij^tiulter Theater seine Mit-
wirkung nicht vorsagen, und es gäbe einen Kunstgenuß der reinsten und
edelsten Art, unseres hohen Königspaar ganz würdig. — Diese Idee kam
mir, als mich Rubini Tor seiner Abreise mit Liszt besudite und sie mir
ihre ReiseplSne mitteilten. Doch sprach ich diese Idee nidit gegen Rubini
der Königliclicn Schauapicle gewesen und war dann durch Kabinetsordre vom 13. Juni
1842 zum General-Intendanten der TTnftruisik ernannt worden. Die betreffende, sehr
intere<?sante Knliinetsordre. welelie su li im Akten-Fascikel 544 Itefindet, lautet:
»Bei Ihrer Ernennung zum (.ieiietnil-Inteudauten der Hofmusik finde ich notwendig
festtasetxen, daß Sie in dieser Eigenschaft die alleinige Oberaufsicht fiher die größe-
ren und kleineren musikalischen AulTührungen bei Hofe (Uhraif deshalb jedesmal
meine Befehle einholen und demgemäß die erforderlichen Anordnungen treffen. Zu-
gleich verpflichte ich Sie, sieb vor jeder solchen musikalischen Anffühmntf mit dem
üoneral-Intendanten der Schauspiele näher zu vernehmen und solche Verabredungen
mit demselben su treffen, daß weder die theatraltscheu VtmtellungM nodi die masi«
kaÜBdien Aufführungen bei memem Hofe hierunter leiden. Die Aufsicht ttber die
Sjq>elle verbleibt übrigens dem General-Intcudaiiten der Schauspiele ganz in der bis-
herigen "Weise, wogegen es Ihnrn tnihenonunen «ein soll, densellien auf uToi^rnete An-
steUuugen aufmerksam zu macheu. .Vuljerdt.iii übertrage ich Ihnen die Überaufsicht
a. über die Mihtärmuüik der Garde-liegimcnter,
b. Uber die MusUcschule des großen Militibr-Waisenhaases su Potsdam und
c über das kleine Hofkapellenchor, welches der Miyor Einbeck leitet.
Sanssouci den 13. Juni 1842. Priedrich Wilhehn.«
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528
Wilbtiim Altmann, Meyerbeer-f omhungen.
auB, weil ifiih dodi nkshi wisBeu konnte, vdehen Anldang ne in B«ilin findaa
würde. Idi bin so frei an Ew. Exoellens Tonngswebe diese IGtteiliuig ma
richten, indem eine solche Kombination vielleicht nicht im Interesse weder
des einen noch des anderen Theaterdirektors Vie^i und als reiner Kunstgenuß
bloß durch die Miinificenz Sr. Majestät des Königs hervorgerufen werden
kann. Kubiui und Liszt hatten sich vorgesetzt, zuerst nach Weimar zu gehen
(irgend eines Hoffestes hslber), wollten dann aber nnr ein paar Tage ver-
weilen und dann gleich nach Kolland sich begeben , wo sie erwartet sind,
und Mitte oder Ende Decembers wfirden sie wahrscheinlich in Berlin ein-
treffen. Fände nun die Idee der scenischon A'orstf lhniL' Ruhini's den Beifall
8r. Majestät, so müßten natürlich vor nlh u Dingen l nlerhandluufjeu mit
Uubini angeknüpft werden, um zu erfaiiruu, ob und unter welcheu Be-
dingungen er Gastrollen annehmen wollte; denn wenn man so lange damit
warten wollte, bis er Ton selbst in Berlin eintrifft, so steht dann zu fürcht«n,
daß nicht Zeit genug ?.uni Elntttudieren der verschiedenen Opern in italiä-
nischer Sprache übrig bleiben würde. Sollten Ew. Excellenz vielleicht T^ubini
schriftliche Antrii]j?e*) mfichen wollen, so wäre es zu besserer Sicherheit ge-
raten, dieselben uauh Pariä zu ndreääiereu, woselbst er Verwandte hat, welche
wohl stets Ton seinem jedesmalige u Aufenthaltsorte sichere Kenntnisse haben
worden. Ich bin ssh» gern bereit, die Be^^ur^^unu' dergleichen Briefe an
Kubinis Schwager sn ttbemehmen, wenn £w. Excellenz sie mir zusenden
wollen, oder nnch über jede Anfrage, die £w. ExceUena wünschen, selbst an
Kubini zu schreiben.
Ich hoffe, daß die Musik zu dem Eackeltans, welche mir Ew. Excellena
im Namen Sr. Msjestllt im Monat Angnst befohlen haben, aar rechten Zeit
zugekommen sein wird, obglei : I ii larüber aller Nachricht ermangle.
Mit der ergebensten Bitte mich dem Andenken der Frau OrUfin von Redera
Excellenz anirelegentlichst zu empfehlen, habe ich die Ehre, in reinster Ver-
ehrung zu verbleiben
n. [An den General-Intendanten der Kgl. Schauspiele Herrn 0. Th.
von Kttstner')]:
Angenschwäche leidend, bin ich gezwungen diesen Brief zu diktieren.
1) Am 6. Januar IHt:? HaiiLT liubini, s]>ielte Lis/t Fantasie in)L'r Figaros Hurh-
zeit uud Heil Dir im Siegerkianzj m einem Hofkouzert in Berlin. — Giovanni Baitibtu
Bubini (geb. 7. Aprill7d5j zog sich bald nachher 1846 von seiner Sifeniliohen Tätig,
keit sla MiUioiur ins Privatleben zuriiek; f 8. MSrs 1864.
2) Vom 1. Juni 1842 bis 1. Juni 1851 General-Intendant. — Veigleiehe E. Th. von
Kiistner. Vicrnn ldreißig Jahre meiner Theaterleitung in Leipzig, Dsrmstsdt,
München und Berlin (ijeipzig 18Ö3).
Paris den 25. 8. 42.
Ew. Excellena
PS. Soeben erfahre ich, daß Liszt in
Aachen krank pfewnrdon ist; mithin wird die
Reise nach Weimar wahrscheinlicli unterblei-
ben, uud die beiden K.ünstler werden wohl
zuerst nach Holland gehen.«
ganz ergebenster
Meyerbeer.
biyiiizoa by Google
Wilhelni Altnuum, JlieyerbMr-fonchiiagen.
529
Zuvörderst erlauben Sie mir den gütigst überschickten Status von den
Qohaltsaliöliungeu der königlieben Kapelle anbei wieder 2urttck in eendea
und Ew. Hoohwohlgeboren auf einige Punkte deteelben aafmerksam su
machen.
Gewiß kann niemand mehr duvou überzeugt sein als ich, daß rli»- jieku-
niare SttiUuug d^r Kunigl. Kapelle im allgemeiueu wie im einzelnen uur
uLedrig') ist. Ich selbst habe in einem meiner Berichte^) angeführt, wie allor-
dtngs die Herren Kapellmeister, Mnaikdirektoren, Konzertmeiater und eraten
Virtaoeen der Blaainatrum«ite vor 25 Jahren, wo alle Lebenabedfirfoiaie
wohlfeiler waren, sieh ganz gewiß besser standen al« jetzt.
Aber 80 sehr nun einerseits die (TchiiltHerhühungen, wie sie Ew. Hoch-
wohlgebureu iur einige der wackersten Künstler sowohl Dirigenten als Vir-
taosen Torgeeehlagen , an und fOr sidi Vetraebtet ganz recht nnd billig, ja
▼ielleieht nicht einmal hoch genug wären, so ist doch auch nicht zu vergessen,
wie diese jetzt hier in Rede stehende Gehaltserhöhung ihren Urgrund in
den höchst bedrängten Umstanden der Mindestbesoldeten hatte. Diesen letz-
teren eine Zubuße zu verschaffen, wurde der Grundsatz aufgestellt, daß die
HQlfrbedfliftigatm ancb zumeist und zuerat der Hülfe bedürften. Und zu-
folge diese« GrondsaiBea, welcher 8r. Bfi^eat&t entwickelt und von ibm dnrcb
Bestimmung eines Zuschusses genehmigt worden, wurde nun nacb den Be~
dürfnissen, nirlit aber nach dem Verdienst»- TnbMttes bei dies^'w ersten
Schritte der GeLultüerhühung zu Werke gcyaugeii ; denn m der eingereichten
Vorstellung wurde Sr. Majestät vorgebchlugeu, die Gehalte vuu 400 Thalern
und darunter um 100 Thaler, die ttber 400 Thaler aber nur um 60 Thaler
au erhöhen.
In einer späteren Sitzung jedoch, welche die Genend -Musikdirektion
unter Vorsitz des Herrn General-Intendanten liielt, ward bei Besprechung
dieses Gegenstandes von einem der gegenwärtigen Mitglieder und zwar, wenn
ich. nicht irre, vom Herrn Huaikdirektor Taubert der Einwuid gemacht,
daft infolgedessen ein Hitglied von früher 400 Thalem jetst auf 600, ein
anderes von fjrtiher 425 nur auf 485 Thaler zu stehen kommen würde, und
also einer, der sonst 25 Thaler mehr hatte als ein anderer, jetzt nach dem
neuen statits sogar 15 Thalur weniger hätte als Jener. Diesem Übelstand»
abzuhelfen wurde die Grenze von 400 auf 425 verlegt, so daß also die
Oehalte bis 425 Thaler die ToUe 100 Tbaler Zulage, aber die Gehalte über
425 Thaler nur 60 Thaler Zulage erhalten sollten.
Die>e Bestimmung t'»'st'/i f tzt, sollte sie der Billigkeit gemäß nun aber
auch wenigstens insuferu aulrecht erhalten werden, daii, wenn auch nicht
gerade, wie in der Sit/.uug bestimmt, olle von 425 Tbalor Geholt die Zulage
von 100 Thsler erhielten (welches ja nur zugestanden, um dem vorerwllhnten
Ubelstande abzuhelfen) daß wenigstens dieser Ubelstand vermieden worden,
daß einer, der »onst mehr hatte als ein anderer, jetst nach dem atmum tkUuB
weniger hätte als er.
1; Diese Tatsachen hatten Meyerbecr, Kapellmeister Henning, Musikdirektor
W. Taub er t und die beiden Konzertmeister Hubert Bi es und Leopold Ganz namens
der Kapdle in emem Lnmediatgesaeh sn den König vom 2. April 1643 begründet.
2; Vom 24. April 1843. Im Jalire 1819 bezogen 88 Mif^rlied. r der Kapelle [die
Kapclltneister und Koii/i rtmeister eingerechnetj 43,785 Taler, 1813 dagegen 104 Mitr
gUeder nur 47,237 Taler.
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530
.Wilhelm Ahnuim, Meyerbear-Fondiugen.
Nichts desto weniger habe ich in dem mir von £w. Hockwohlgeboreik
geneigtest übers>chickten stotus hie und da Abweichungen von diesen Prin*
cipien bemerkt, was mir um so mehr miffallpn mußte, als namentlich bei
den Herreu . . . und . . deren Gehalt von 425 auf 500 erhöht, und wo
also wenigstens teilweise nach dem oben genannten Grundsätze veriahrüQ
ist, sogar nodk beigeschrieben worden, wie diese Erhöhung von 75 statt der
no Thal« eben deshalb geschehe , daß sie, welche sich früher besser als die
Nachfolgenden standenj in dem nenen tkUut doch nisht minder haben
könnten.
Wenn nun bei diesen beiden Herren das modificierende Princip mit Kecht
nnd mit vollem Bewußtsein angewendet worden, wo sehe ich dagegen bei
den Herren . . deren Gehalte anch anf 426 Thaler waren, dessen ohn-
geachtet nur um ßO Thaler erhi'iht. Aufierdem ist bei Herrn . . . noch zu
bemerken, daß er nls iisttr seines Instrumentes iLcn Ansprüihe auf die-
jenige Kxtrazulniro niachcn könnto, welche Herr Generai-Iuteudant den 8o-
listeu in diesem statm zuzuführen wünscht (wie z. B. . . und Herr . . -
also in dem neuen slolwt anf eine zweifache Weise benadxteÜigt worden wäre.
Ohne weiter die Entvif&elnng dieses Gedankens zu yerfolgen, wird es £w.
Hochwohlgeborcii einleuchten, daß Herr . . . mindestens nidit weniger all
100 Tlmler Zuhifro erhalten sollte. . . .
Indem ich nun zu einem andeni Teile übergehe, so halu^ ich freilich das
\ urrecbt der Hülfsbedürftigen zu verteidigen gesucht, bin aber doch der
Meinung, daß, wenn es irgend möglieh ist, den andern Virtuosen , weiche
Ew. HoehwoUgeboren besondere Zvl^gen bewilligt haben, dieselben edbalten
möditen. Deshalb aber kann ich auch nicht damit einvorstanden sein, wenn,
während Ew. Horhwohlpf hören den Ohofs der Instrumente im Statuts mehr
einräumten, als nach dem aufgestellten Principe geschehen konnte, wie z. B.
bei dem Herrn Konzertmeister . . . und ebenso bei den Herren . . - , wie-
demm andere Virtnosen, die anch die Chefs ihrer Instrumente sind, wie . - .
nidht nnr keine Extrainlagen erhalten, . . ., sondern ihnen sogar statt der
bewilligten 60 Thaler nur 50 Thaler gegeben werden. Ich begreife sehr wohl,
daß J]w. Hochwohlgeboren ihnen eben deshalb keine Extrazulagen bewilligen,
weil f^ie übcrdio« «chnn am lu ^ton bezahlt sind. Aber in ihnen allein das
Princip hinten ansetzen und austnahmswcise nur ihnen sogar die 60 Thaler
nicht gestatten, möchte nicht bUIig nnd zugleich Terletaend fUr diese wür-
digen Künstler sein. Überdem würde diese Beduktion nnr 40 Thaler im
ganzen ausmadien nnd dag^en 4 unsufricdene Leute hervorrufen.
In diesen 40 nnd jenen 145 Thalem wttrde also zugleich der ganae Unter-
schied unserer Ansichten beruh« n.
Diese mir nun noch nötigen I8ö Thaler zu erhalten, scheinen mir nur
zwei Wege offen; der eine w8re: ganz aufrichtig Sr. Migestit unseren Bechen'
fehler berichten und um die fehlenden 185 Thaler ganz gehorsamst ansuchen,
was Allerhöclisttlei selbe bei seiner großen Huld und Gnade und bei dfi"
riiiL'füLrit^'keit dieses Zuschusses im Verhältnis der schon bewilligten Sunuue
hotfentlich genehmigen wird.
Im Falle einer abschlägigen Ajitwort aber den Herren . . . sein Be-
dauern zu äußern, die 40 Thaler aber zurückzubehalten, den andern 8 Hmen
aber die zurUdcgehaltenon 146 Thsler ungeschmälert zukommen zu Isssen
und dieselben von der Gesamtsumme der Extra-Bedachten abziehen; denn»
wie gesagt, die allgemeine Ordnung geht vor der besonderen.
üiyiiized by Googl(
Wilhelm Altmaan, Meyerbeer^Fonchutigcu.
531
Schließlich erwähue ich nnn noch^ daß sich Ew. Hochwohlgeboren Ton
früherer Zeit her erinnern werden, wie sehr gerecht und hillig, ja sogar
notwendig ich Ihren Vorschlatr zur Verbesscruntr der Chöre gefunden nnd
deshalb Ihrem Wunsche gemäß meine Zustimmung auf den anbei zurück-
erfolgenden Entwurf ua das Ministerium gesetzt habe. . . .«
m. [An den General- Intendanten der Kgl. Schauapiele Herrn
▼on Kttstner]:
»Paris am 5. Dei. 184S.
Hnrhwohlfrelinrpnrr Herr fTpnornl-Tntendant.
. . . Der Zweck meines heutigen Schreibens ist 1) nochmals nuf <lie
Notwendigkeit des Engagements dea Herrn Pisciieck zurückzukommen, ob-
gleich ich bereits unter dem 16. Septbr. von Frankfurt b. M. ans die Ehre
batte, Draeu weitläufig über diesen ausgezeichneten Künstler zu schreiben
lind Ihnen vorzustellen, wie sehr wichtig und ersprießlich ich es für unsere
Köniijliche Bühne halte, diesen ari<«srezeichneten Künstler, unstreitig den ersten
Baritonisten Deutschlands, für unsere Bühne zu gewinnen. Die Sache schien
mir doppelt dringend, da dieses Fach hei unserm Theater gans nnd gar
nidit besetzt ist. Herr Fisehek schrieb mir vor einiger Zeit nach Paris,
daß die Summe des Gehalts, welches Ew. Hochwohlgeboreu ihm offeriert
lia1>en, nicht nur >jur /u sehr von seinen Forderungen abstäche, sendorn
aucii tief unter den Anerbietuugeii stünde, die ihm von verschiedenen anderen
Hofbühnen gemacht werden. Ich kann natürlicherweise nicht ermessen, bis
au welcher Höhe Ihnen Ihr Theater-Budget erlaubt, seinen Forderungen an
genfigen, aber als Musiker halte ich es für meine Pflicht, Sie nochmals
daran zu erinnern, daß wir eine uu^lm / 'ielincif Act|nisItion an diesem ersten i
aller deutschen Baritonisten machen wurden, nnd liitto ich Ew. Hochwohl-
geboren ganz ergebeust, diese meine Meinung in liirem nächsten Briefe an
Se. Mujcätät Aber diesen Gegenstand gefälligst vorlegen au wollen, falls Sie
es nicht schon nach meinem Briefe vom 16. September getan haben. Nach
dem, was ich in denjenigen deutschen Theaterzeitnngen, die mir hier kürz-
lich zu Gesicht gekommen sind, ersehen hnbe, scheint en mir dringlich, keinen
Augenblick zu versäumen, falls tiie auf Pischeck ') reflektier&n.
2) Was unser weibliches Personal betriflEt, so bedürfen wir aufier den
Frl. Marx ^) und Tu z schock') auch noch einer dritten prNna dbniia, welche
das hochtragische Fach der älteren Rollen übernehmen kann. z. B. Königin-
nen, Priesterinnen , Mütter etc., welche früher Madame Milder* ^mv/, nnd
die für die große Oper von außerordentlicher Wichtigkeit ist. So sehr ich
selbst zum Wiederengagement der Mademoiselle Marx in meinem Briefe
T. 16. Septbr. angeraten habe und so sehr ich mich freue, daß wir die
wackere Künstlerin wiedergewonnen haben, so gl* l>t ei^ doch eine ganze Gat-
tung Rollen, für welche ihre Erscheinung,' /u jugendlich ist und wir über-
haupt einer andern Repräsentantin bedürfen, z. B. »Alci ste«, »Khtemnestra«,
»Oberpriesterin« in der Vestalin u. dgl. Sogar wenn zwei jugendlich tra-
gische Rollen in einer Oper sind, können wir sie nicht besetzen. In der
»£uryanthe< fehlt uns die Eglantine, im »Bon Juan« die Donna Elvira etc,
1) Herr Tisch eck <snh vier Gastrollen, wurde aber doch niclit engagiert.
2; Vom 1841 bis 18öl engagiert. 3J Von 1841 bis 1861 engagiert.
4) Anna Milder-Hanptmann 1616—1631.
8. 4. 1 H. IV. 86
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AacH hatt« das Berliner Thisater zu jeder Zeit drei PrimadonDas: die Damen
Milder, Scbiil/' mu] Seidler*: waren in ihrer Blüte bei einander, später-
hin di* Fräulein Lö-w e-*), Fassmann'*), Hedwig Schultz*] etc. Ich würde
»«kr dafür stimmen, daß, wenn des Gastspiel der Madame Bevrient") n
Ende iet, Sie die Maduw Stökl-Heisefetter^ xa OaetroUen Icmdbm
ließei^ Man schreibt mir aas Wien, wo sie gastiert, daß sie anQerodUnt'
U^e Fortschritte gemacht hat.
3) Endlich bedürfen wir auch eines prononciertt ji Kontra-Altes, oder wir
müssen auf das Kepertoir der neuen französischen großen Oper, sowie auf
das, was darin in der nldisten Zukunft «rscheinen wird, und Mgtt auf das
Beste des frohem italienisdien Oper-Sepertoirs ginalicli Versieht leisten.
Schon vor meiner Abreise hatte ich die £hre Ihnen mitziitcib n, daß idi
als erste Opor, die icli <lii'>en Winter zu montieren dächte, die IJi ] i i?e von
Gluck's »Alcfste« winisclite, und zwar mit Madame Devrient und Rem
Hertinger Ich erinnere mich wohl, daß Sie damals diigegeu wartu,
daß Herr Hertinger diese BoUe von Anfang an ttbemShme, weU sie sonst
HeiT Mantins*) nicht weiter singen würde. Wenn aber Herr Mantins fVui
Rolle in der ersten und zweiten Torstellung singt, so scheint mir das kein
Hindernis zu Sein, dieselbe von Herrn Hertinger als Qast weiter fmtführen
zu lassen. ,
Es wäre also auf jeden Fidl gut, daß Herr Hcrtiuger davon benachrichtigt
wttrde, um sieh schon vor seiner Ankunft ein wenig damit Yertrant au nadbsa. |
Ebenso wttnsche ich sehr, daß er den Hugo im »Fau8t< [von Spohr**)] sb '
Gast singe, und Sie ihn davon in Kenntnis setzten. Pi sgieichen wird es
Unt sein, der ^riulame T>evrient die Eolle der Alce^tl' vorher zuzusenden. i
Die andern Köllen aliei bitte ich nicht vor meiner Ankunft zu verteilen, d»
ich darüber noch mehrere Bemerkungen mündlich zu macheu habe.
Als zweite Oper hatten wir damals den »Fliegenden HollSnder« yw
Wagner*') festgesetzt, und da die Rollenvi rtcilung schon hingst vom KoiD'
ponisten selbst geschehen ist, so habe ich darüber nichts weiter hinzasa-
nigen.
Tür die dritte Oper erbat ich mir damals einige Zeit, Ihnen meine M«i*
nung mitzuteilen. Ich wollte nämlich sehen, ob die beiden französischen
Opernbfihnen mit ihren Neuigkeiten die dritte Oper liefern kSnnten.
was jedoch in der kumischen Oper Neues entstand(<n ist, scheint mir nt<^
für uns geeignet. In der großen Oper hat »Don Sebastian« von Scribe an^
1; Josetine Seh ulz- K il 1 i t s c h k y 18i:?-1RB1. n-estorl^eii 1. .Tanuar \m)J:
2) Caroline Seidler- Wranitzky lölli— IhüH, gti»turben -L September 1Ö72[1,.
3j 1837-1848. 4) 1837-1848. 5. 1839—1842.
6) Frau Wilhelmine Schröder-D errient gab 1842 elf, 1843 drei, 1844 wtir ,
undiwaosig GaatroUen. 1] Gastierte nicht ^
8 TTär t i II LZ I r aus Mannheim, der sechsmal im Jahre 1642 gastiert hatte, gsk
1844 drci/L'hn ( ip'-tn illen. 9) V'>n 1831 bis IHö? PTiQfBtrierJ. I
10) Ist vom 14. .November 1829 bis 2um 11. August 1843 im ganzen elfmal gegebtu ^
worden und daim vom Repcrtoir verschwunden.
11) Ente Berliner AolÜihrung am 7. Januar 1844. — Zu den Verhandhrnges i
Richard Wagner' 8 mit der BerUncr General -Intendantur über den »Fliegeaden
Holliinderc Tergleiche meinen Aufiata im ersten Märzheft 1908 der Zeitschrift »Di0
Mu8ik.€
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Willialm AHfMm^ MiyerlMMsVonNdniiigeiL
538
Donizetti, sowohl der Text als 'd*c] Mn^^'V ntir mäßigen Erfolg ^aliabt; wie
mich dünkt, mit Tnrecht. Der Stoff seht i i mir iutere«»ttjit, und du- ^Uwik
euthalt wirklidi schöue Sachen, auch vom di uuiatischeu Staiidpuiiktü uub be-
trachtet Bodi wttrde bei uns die aehr widitige Kolle einee CSamdens, die
eiiL sehr hokex Beriton ist, gegenwürtig^ gar Dicht m beMtsen sein. Auch
ist die mim m scäru bo äuflerst prnchtvoll und gchwieuig, daß es auf jeden
Fall f^eratener sein wird, falle Hii* die Oper geben wollen, sie erst im Op^TH-
hause ^} üiir Auffiilirtinp' zti bringen En wird in diesem Monate wohl noch
die AufHilirung einer neuen Oper kUitUinden, von der man sehr viel erwartet.
Wie diese antgelViUen, weide ich Ibnen< bei mein«r Ankunft in Berlin (den
L Januar) niitteiltn.
Mehr Grlüok hIb alle lyrischen Neuigkeiten macht in diesen Augenblicken
hier die KepiiHe der alten Oper »d*T Desertour^ mit Mnnsicrny's rührend
einfaelier, ailerliebtster Alu.sik. Adam bat mit großer Muliigkeit und GeBchiok-
lickkeit die Instrumentation modifiziert. Nach meiner Ansicht könnten wir
diese Oper sUerliebst in Berlin besefsen, und obgleich sie freilich- nidit fttr
eine neue Oper rangieren inüßk>, so könnte sie doeh als Beprise Ihrer Kasse
vielleicht sehr nützlich und dem Publikum sehr angenehm sein; doch würde
ich für diesen fall raten, sie mit Adam's Orcbestration aafoofUhren.^ . . .«
TV. An den General -Intendanten der KgL Hofmusik Excellem
Gruien von Redern]:
>Ew. Excellcnz
Imbe icii die Ehre anzuzeigen, daß der Komponist der berühmten Symphonie-
Ude »Lc descrt* Herr Felicien David aus Pari» hier angekommen ist.
Es schien mir der Wttrde unserer Königlichen Openibtthne angemessen, daß
ein Werk, welches so viel Anziehen erregt hat, wfthrend der Anwesenheit
Sr. Majestät des Königs in unserer Kesidenz zur Aufftlhrung käme. Da nun
abr»r dif«»e'< AVi i k ein sehr zahli-eirheg Orchester und starken Chor erfordert,
mitbin (lein Komponisten zu viele Kosten verurbacbeu würde, um datsfiellie
auf eigne Rechnung in der vorgerückten Jahi'tiszeit aufzuführen, so habe ich,
von dem Kunstasnstand aasgehend, welchen nnsre Kdniglidie OpembOhne ein*
nehmen soll, dem Herrn Oeneral-Intendanten v.m Küstner den A'orscblag ge-
macht, daß er das Werk, wolclien noch Manuskri])t ist, unter der Direktion
de« Komponisten in einem Konzerte im Opt rrdinnse «/Hlie und dem Kom-
ponisten dieselben Hedingungen gewähre, welciie Herr Berlio/, vorigen Winter
erhalten hat. Der Herr General-Intendant hat aber die ganze Idee des Kon-
zertes im Opemhause Töllig znrttckgewiesen. £s wäre also nnn möglich, dafi
die Anffiihrung dos Werke« in Berlin gans unterbliebe.
Ew. Excellenz habe ich die Ehre diese Mitteilung zu machen, um sie
Allerhöchsten Ortes vorzulegen, damit Sr. MajeHtUt von «ler Sncldng« unter-
richtet seien, falls Allerhöchstdieselben die 8ymphouie zu hören wünschten. . . .«
d. 20. Mai [1845].
Die&cu Briefen Moyerbecr'ä möchte ich noch eme im Akten-Fasc. 528
1) Das 1742 errichtete Opemhau« war bekenntlich sm 18. August 1843 abgebrannt.
T>aH an derselben Stelle und in der gleichen Form wie das abgebrannte errichtete neue
Gebäude wurde erst am 7. Dezember 1844 eiöffnet.
2j Geschah nicht. Von 1787 bis 1822 war diese Oper 22 mal ge<reljen worden.
3ö»
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Wilhelm Altinann, Mejerbeer-Forschungen.
enthaltene Kabineteordre König Friedrich Wilhelms IV. beifügen, welche
für Meyerbeer^s. Stellung als Gkneral-Mueikdirektor, soweit die Eöniglidie
Oper in Betracht kommt, Ton größter Wichtigkeit gewesen ist. Sie lautet:
>Ji:li kann nicht umhin, Ihnen mein besonderes AVohiwulleu lÜr Ihren
lediglich zum Vorteile Ihres neuen Wirkungskreises und selbst mit Auf-
opfemng Ihres eigenen Intereeae Tierlllngerten hierigen Attfenfhalt zu erk«nnCD
sa geben. Zu dessen Betätigung babe ich, um Ihnen für die Zukimft in
Ihrer Wirksamkeit einige Erleichterung zu verschaffen, angeordnet nicht nur.
daß Thiicn bei der RoUenbf sptzmi?f Ihrer Opern volliff freir Gewalt ein-
geräumt werde und ohne Ihre Zustimmung keine \'erjinderung in der Be-
setzung, sei es temporär oder stabil durch Glate oder einheimische Mitglieder
erfolgen kSnne, sondern auch, daß während Ihrer Anwesenheit in Berlin hei
Besetzung von andern Opern, sowie in allen den Fällen, wo es haupteAchlich
auf musikalisclif Kcimf nis^e und Beurteilung ankommt, namentlich bei En-
gagements von SäiiLTt-ni uiul Riinfri rirnien, bei Einladung von fremden Künst-
lern oder Künstlerinnen zu Gastrollen, auf Ihr Gutuchten vorzugsweise Rück-
sicht genotmaen und bei «ntstdieader Dtffieirens swisc^ien Ihnen und dem
General-Intendanten von Kttstner der Qeneral-Intendant der Hofmusik Wirk-
licher Geheimer Hut Graf von Bedern als Obmann zugesogen werden soll.
Würde auf diese Weise keine Eini'irnnf? zu erlangen sein, so soll der Gral
von Redern unmittelbar an niieh zu meiner Entscheidung bericiiteu. Ich
hoffe, daU Ihnen diese Anordnung lieb sein wird.
Beriin d. 2, Septbr. 1843. [gcx.] Friedrieh Wilhelin.
An den General "Hnsikdirektor Meyerbeer.«
WieiU-rholt hat Meyerbeer, immer unter Verzicht auf sein Gebalt, lUü
Urlaub von Berlin gebeten uatl ilin orhalleu, bis ihm dann dieser durch
Kabinctsordre vom 22. Juli 1804 auf unbestimmte Zeit erteilt worden ist.
wodurch tatsätlilich INreyerbcer s AVirksamkeit als preußischer General-
Musikdirektor ihr Ende erreicht hat.
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Robert Lach, Alte W«ili]»cht«> und Ottergeainge mf Lnasin. 535
Alte WeitaBaohts- und Ostergesange auf Lnssin
von
Robert Lach.
(LasriDgrande.)
"Während eines mehrmonatlichen Aufenthaltes auf der zum öster-
reichisrhon Küstonlande (Istrien] ^?ohr)ripfpn Tnspl Tiussin, und zwar spe-
ziell im Orte Lussingrandr, lieli icli die in dt n Woihnachtsfcifitafren sich
darbietende Gelegenheit nii lit unbenutzt vorülx rtr^'lien, die in der Mitter-
nacht vom 24. zum 25. Dezt'inl)er alljährlich abgehaltene Weihnachtsmesse
zu l)esuchen, auf deren originelle, alte, nationale Musik ich schon vorher
aufmerksiini ^jcmacht worden war.
In der Tat ist für den Musikhistoriker der Besucli dieser Messe iu
mehr als einer Hinsieht lohnend: ni( ht bloß we;,'en der wiiklich originellen,
durchaus nationalen und musikalisch interessanten Pasturali und uralten
Volksweisen, die darin zu einem künstlerischen Ganzen zuManunengestellt
sind, sondern ancli wegen der für die Volks-.Seeh» chnnk'tmVtisclien Auf-
fassung des liturgischen Aktes als einer Ri-ibcnfolgc dramatischer JS/enen,
die sich aus dem Charakter dieser Weisen mit überra.scliender Klarheit
ergibt und eine bedeutsame Illustration zu der Geschichte des Volksge-
sanges im liturgischen Drama liefert.
Durch die Liebenswürdigkeit des Organisten von Lussingrande, eines
SchUIers Perosi's, wurde mir die Orgclpartitur der Messe sowie die Ges<änge
zur Verfügung gestellt und ich so in die Lage versetzt, die nachfolgen-
den kurzen Bemerkungen durch Teröffentlichung der Origintil-Kiedersohrift
dieser turalten Volksweisen zu ergänzen.
. Die mir vorliegende Handschrift, auf vei^btem, altem Notenpapier
in Quartformat mit sehr deutlicher, hübscher Notenschrift geschrieben,
trägt auf dem Titelblatt die Aufschrift:
Pastorali
imparate per uryano
da me
Marco Giovanni Antonio Lettich Simeone Lettich^
Li Tkccmbre 1830.
Der ursprüngliche Name ]\rnrco (h'ovanni Antonio Lettich i^t von
einer fremden, späteren Hand mit anderer, blasserer Tinte durchgestrichen
und darüber Simeone Lettich hinzugefügt. Beide sind die Namen
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536 Kobert Lach, Alte "Weifanachto- und Ostergeeänge auf Lunm.
zweier ehemaliger Organisten Lussingrfuides, Brüder, die sich im Chor-
direktorium ablösten.
Die in den Beilagen B bis H hier Teröffentlichten Weisen aind die
genaue, imretanderte "Wiedergabe des musikalischen Originales; nur dort,
wo offenkundig infolge eines Versehens des Schreibers einzelne Noten
oder Gruppen von mehreren ausgelassen waren, wo Fehler gegen den
Bhythmus und die durch das TaktmaB Torgezeidmeten Werte der Noten
Yorlagen (z. B. im ^/i-Tskte die Punkte bei den T* weggeblieben oder
im ^/4-Takte irrtümlich hinzugekommen waren) oder wo (wie in Beilage F
bei der durch punktierte Klammem ersichtlich gemachten Stelle} ganz
deutlich der Bau der Melodie ein rhythmisches Glied erforderte, das
infolge Versehens des Schreihers fehlte, endlich in Fällen, wo in -ler
Handschrift statt der durch die Harmonie geforderten richtigen Tüue
falsche, sinnlose standen, erlaubte ich mir, die diesbezüglichen Korrek-
turen vorzunehmen. Übrigens sind dies im naiizen nur etwa 5 — 6
Stellen, und somit die hier veröffentlichte .Niederschrift als getreue
Fassung der Original- Volksweisen anzusehen.
Was nun diese selbst betrifft, so wurde mir von sämtlichen £in'
heimischen (Priestern, Organist und Kapollnu ister, Bürgern, Fischern etc. ,
mit denen ich über die Gesänge und deren Alter sprach, versichert,
daß diese Melodien uralte Volksweisen und schon von ihren Groiivätem
und Ahnen ihnen so überhefert worden seien, und ich selbst habe
oftmals Gelegenheit zu beobachten, wie auch heute noch die jwscatoi'i
und fachini, dosgleichen Frauen und Kinder die eine oder andere die-
ser Weisen bei don Verrirbtunp^on m\A Geschnftrn des Allt:i£is vor sich
hintiilUern. G<';,'('n lurinc IJcdeuken, oi) iiiihl namentlich die in den
Beilagen F und H nacii^tehend wicdcii^» '^^(•l»cnen Stücke, deren Styl
und Bau mir auf gewisse Schahloneu der Kunst imi><ik hinzudeuten scheint
(z. B. das in Beilage F verortcntlichtc ;iuf die KLiviennusik zu Ende des
18., Anfang des 19. Jahrhund« rt> in der Mn/art- o<lcr Havdn'schen
Manier), etwa eini'aeh gcwüliiiliehi' Piodukte frülierer (Jrgauisteii seien,
die ihre Elaborate unter die alten \ ulksweispii einccselmiuggelt hätten,
wo .sie dann gewohnheitsmäßig beibehalten ui^d liei der scliriftlichen Auf-
zeichnung durch die beiden Letticirs irrtihnlich unter die alten \'nlks-
weisen aufgenommen worUeu seien, faiul 1»» i den erwähnten Eingebüreiieii
allgemeinen, lebhaften Widerspruch, und uurde von ihnen der volkstüm-
liche, nationale Ursprung der bezeichneten beiden Stücke energisch be-
teuert und reklamiert. Indem ich mir also bezüglich der Herkunft und
des Alters dieser beiden Kummern der Partitur meine Bedenken vorbe-
halte, gebe ich sie sowie die übrigen Stücke mit aller kritischen Reserve,
wie ich sie hier für angezeigt halte, nachfolgend in den Beilagen wieder.
Wodurch die Musik der Messe ein besonderes Interesse erregt, das
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Hobert Laob, Alt« Weihnaohli- «nd 0«(esge«aage Mf lioam. 537
ist die Veriniscliunp italienischer und slavischer Volksweisen, die in ihr
zu Tage tritt; die geographischen und etlmologischen Verhältnigse der
Insel liussin spiegeln sich in ihr wieder. Sowie die Bevölkerung und
Sprache auf der Insel ein Nebeneinander und SidiTennischen sla^risdier
und romanischer Race, kroatischer und italienischer KatkmaUtftt repräsen-
tiert, genau so aeigt sich dies auch in ttumr Volksmusik, der weltlicbeii
wie der gdstlidieii: Die peseaUni und faekmi auf der pmxxa und dem
porio singen italienische, speziell Tenezianische Gkusenhaoer, der eampag-
nuoh näselt stundenlang uralte, monotone slawische Volkslieder und
Epen aus der sttdslavischen Heldenzeit, zur Zeit der E&mpfe gegen
Mongolen, Türken, Venezianer etc. Genau so läßt sich auch die Musik
der Messe in Volksweisen kroatischer und italienischer Provenienz zer-
legen. Während die in den Beilagen C bis E und wiedeigogebenen
Pastorali wenigstens stellenweise auffallend an die analogen Weisen der
Plfferaris der römischen Campagna und Abruzzen erinnern, sind anderer-
seits die unter A und (wahrscheinlich auch) unter B Teröftentlidkteik Stficke
rein slavisdien Ursprungs: als uralte, knuttische Weihnachts-Lieder. Ich
bin hier nicht in der Lage, die erwähnten Weisen nach ihren nationalen
Stjlen ganz scharf und eindeutig bis ins kleinste Detail zu zerlegen und
zu konstatieren, was daran italienisch und was kroatisch sei; es ist dies
wohl auch gar nicht möglich. Vi' lmehr dürften im Laufe der Jahr-
hunderte italienische und kroatis( Ii»- Weihnachts-Hirtenlif (h r infoltre des
gemeinsamen Lebens der beiden Nationalitäten allmählich in einander
Übergegangen sein, sich gegenseitig beeinflußt hahen, und dürfte so durch
gegenseitige Verschmelzung ein Gemeinsames, l««eues entstanden sein, an
dem beide Nationalitäten wenigstens annähernd gleichen Anteil haben. So
wenigstens halte ich es bei den Pastorali unter B, C, D, E und G für
walirscheinlich; anders allerdin^js Ist es bei dem uralten, kroatischen Weih-
nachtslied unter I, das sowohl infolge seiner bedeutenden Ausdehnung als
auch wegen seinor srhönr n, eindrucksvollen Melodie mit Recht zum Kern
und Ausgangspunkt der ganzen Musik der Messe misersehen worden ist.
Bezüglich des Alt<»rs dieser Volksweise wurde mir von d< n Fin-
heimisehen vorsichert, daß sie in die älteste Zeit der shivischeu Kin-
wanderung in.s Küsteidand, also his in die ersten Anfäiiije der slavisclien
Kirche zurnekreiehon solK'. Vom iiiusikiilis( li-kritiM-hen Standpunkt lassen
sich aber hiergegen wohl mehrere triftige (Gründe anfiiliren: Der freie
Gang der Melodie mit seinen Ter/en- und (^)uarten-Spriingt'n, der gän/Jiche
Mangel au Tunwiederliolungeu und au su li um einen Ton li(?runi windenden
(periheletisehen) Plnasen, die gänzliche X'ermeidung aller Monotonie, der
verhaltnismäliiEf große Tonumfang, das J?\dilen klenist^ r intervallen-Schritte
und ahuli( her Symptome sehr alter Musik u. dgl. Wie die Melodie
unter I zur Beurteilung vorliegt, würde ich mich nicht getrauen, sie
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m
Robert Lach, Alto Weihittcbti- und Ostergesänge auf
(wenigstens in der vorliegenden, melodischen Fassung] im günstigsten
Falle weiter als etwa in das 14. Jahrbundert zurück za datieren. Im übrigen
lege icb sie hiermit dem Urteile berufciu r Fachleute, speziell der Kenner
slavischen Volksgesaiiges bebufs Entscheidung vor.
Dem Texte nach ist dieses alte, kroatische Weihnacbtslied eigentlich
ein Marienlied. Icb gebe von dem ungemein umfangreichen Texte (von
den zahlreichen Wiederholungen abgesehen, 20 Strophen) die ersten
12 Strophen im Originalwortlaut und mit beigefügter sinngemäßer Über-
setzung unter Beibehaltung der rhythmischen Form und der Beimstellung)
nachfolgend wieder:
U sre vrime godiecA
Mir se Bvitu nazriScä
Porodjerije tlitira
Od 8vete JJivt" Marije.
Od preciste Divito
] nebeske kraljice
Acgjokke Oesttrice
Svete Dive Marge.
Diva fiina porodi
Djavln ailtt aon alomi
A krl^ane oalohodi
Svet» Diva Marge.
U jaale ga stavljase
Majka mu hc klanjuse
Ter ga shitko l.jubljaäe
Svet« Divn Mnrijiv.
Andjcli nni shi/;ilia
Novu pisaii piviiliu
U njega milost pro.>ahu
S* Svetom Divom Mar\jom.
U polu6£ se Bog rodi
Nebo i sendjic prosvitli,
Kiiko n podne svitlo bi,
ä' Svetom Divom Marborn.
Zvizda izadje zornica
Od pr«n*'iste Divice
Ang,iel8ke Cesurice
Svete Dive Marijc.
Svjiko svitn stvoroiij©
Tada ima veselje,
Za isuaa rodyeige,
Od svete Dive Marije.
Otci n limbu spivase
Kad' te glase sliSaSe,
^Kommen ist die frohe Stund',
wo der Welt ward Friede kuud
aus unschuld'gen Kindleins Mund,
von der heirgen Magd Marie,
vriTi <l<'r .1 iiiif^ffnui. keusch und rein,
Künigiu in Himmels Schein,
Kaiserin der Engelein,
von dw heil'gen Magd Marie.
Zu zerstör'u die Macht des Böseu,
alle Christen za eriösen,
eines Sohnes mu0t* genesen,
sie, die heil'ge Magd Marie.
In der Krippe lag das Kindletn,
Mutter sorgsam hüllt's in Windlein,
hi r/.V und küßt' das süßt- Miindlein
sie, die LeiTge jNIagd Marie.
Engel 8<liw(l>tiii auf und nieder
di<'TH'Ti(], und ballten wieder
ihm zur Khie neue Lieder
und der heiligen Magd Marie.
£rd' und Himmel glänzt' voll Pracht
tagh<dl nm die Mittemacht,
da zur Welt ward Gott gebradit
von der heil'gen Magd Marie.
Um der reinsten Jungfrau Glans,
Kön'gin in der Engel Kranz,
Kreist' der Morgensterne Tanz,
um die heil'ge Magd Marie.
Friede nun umfangen hält
alV Geschöpfe dieser Welt,
seit snr Mutter Gott*s erwtiilt
sie, die heil*ge Magd Marie.
In dem Grab die Vater schliefen,
als der £ngel Stimmen riefen:
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liobert Laub, Alte Weihnachta- und Ustcrgesängo auf Lussin. 589
»Gott kam xu d«r Erde Tiefen
ans der heiligen Magd Marie.«
Gott nun preisen wir im Liede,
der Erlösung bracht^ hiernieden
I Jovikii smirnomu
Sa svetom Divom Marijom.
und der ^ronschhoit sel'gen Frieden
aus der heil gen Magd Marie.
Vi taiimosti koj' staho
A svitloHti ne imabu,
Sima Boijcg' ^ekabu
Od srete Dive Marije.
Koga obe&a Bog dati
Ter im na srit poslati
Iz tanmosti speljati
8' svetom Divom Marborn.
etc.
Finsternis, sie war' so dicht,
und kein einziger Strahl vuu Licht,
braclit* uns Gott Erlösung nicht
dnrdi die hefl'ge Magd Marie.
Ihn versprach uns Gott zu sdliicken,
der uns sollt* der Finsternis Ttteken
als Erlöser güt'g entrücken
durch die beil'ge ^^ngd Marie.
Die Stellung dieses Volksliedes im Aufbau der Musik dvr ganzen
Messe ist folgende: Der Messe geht als Einleitung (und zugleich Schluß
des vorausgegangenen Matutinums) die feierliche Al>singiing des Tedeum
seitens der Priesterschaft voran. (Beilage A.) Hierauf beginnt die Messe,
und sofort nach dem Introitxs bringt die Orgel in einem kurzen, 8 Takte
langen Vorspiel, das ropr-tiert wird, ritomellartig das Grundtlicina des
kroatischt'ii Volksliedes. Hierauf setzt das Volk ein und singt unisono
(unter ürgeibigleitung) die erste Strophe des Weihnaclits-Liede-^, wie sie
in Heilage T notiert ist. Hierauf folgt nach einem kurzen, ebenfalls
8 taktigen uml ü'ijetierten Urgel-Z wischenspiel die 2., ebenso die 3., 4. e(e ,
insgesamt 11 Strophen, worauf die Orphol mit einem kurzen, koda-artigen
!N,i Ii pielu abschließt. Siimtliche Zwihcheiispiele der Orirel sind in IkilageB
zusaniinengestellt, uiul tlie Stelle des Einsatzes des Volksgesanges mit den
verschiedeueu Strophen des WeDniachtsliedes durch die an der hetreÜeuden
Stelle beigesetzten röiniselieü Zitierul, 11,111 u. s.w. ersiclillieli gemacht. Nach
dem Sattctiis nimmt die Orgel einige der im soeben besprocheneu AFcssen-
teile angeschlagenen Pastoralmotive wieder auf und führt sie in einem
durchuub originellen, eciit ländlich idyllischen Pastorale (Beilage C) selb-
ständig weiter aus, wobei zugleich auch einige descriptive (den Vogel-
gesang schildernde) Motive des gleich näher zu besprechenden, mittler-
weile vorausgegangenen nächsten Stückes (in Beilage D) mitverarbeitet
werden. Zwischen den in Beilage B und C wiedergegebenen StUcken
nämlich bringt die Orgel in einem sowohl durch Erfindung als auch In*
strumentiening (Register) ungemein reizToUen, echt volksmäßig originellen,
selbstständigen Fastorale (Beilage D) ein sehr anmutiges Beispiel schalk-
haften Yolkshumors und kindlicher Spielerei ebenso gut als descriptiTcr
Musik. Zu einer von der Orgel in den zartesten und feinsten Registern
{flauto piceoh etc.) ausgefährten graziösen, hüpfenden, das Zwitschern,
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540
Robert Lach, Alte WeOmaohts- und Osiergesänge auf Löwin,
Flattern «nd Httpfsn der Y6gel nachahmenden If elodie pleifen zwei auf
dem CShore neben dem Organisten aufgeetelhe Knaben durch gans
dünne, tehrille, den ripieniSüwmtia angehorige '«nd entnommene Orgel-
pfeifchen) die mit dem freien finde in ein mit Wasser gefülltes Glas
gesteckt worden sind, streng im Takt mit der Tom Organisten vorge-
tragenen Musik, wobei sie die Jjäufe, Triller und Sprünge der Orgel-
stimme auf ihren Pfeifchen durch ein bald längeres, bald kürzereH, die
staccato-Töne der Orgel durdi t in ganz kones, stoßweises Hinoinblasen
in das Wasser ersetsen. Oer Effekt ist, namentlich vwk Kirchcnsctiilf
unten aus vernommen, eine ganz täuschende Nachalunnng des Trillerns,
Glirgelns, Köllens, Zwitschems und Glucksens im Gesang der Singvögel,
so daß im Vorrin mit dor img^ein glücklich erfundenen, zarten Melodie
tatsächlich durch die Musik in zwingendster Weise der Eindruck einer
mit zwitschernden, jubilierenden und tirilierenden Singvögeln erfüllten
ländlichen Szene hervorgerufen wird — doch eine recht anmutige, kindlich
naive lUustrieriiiic: der aus Fronde nhor die Geburt des Wolterlösers
jubelnden und jauchzonden Natur und Kreatur' An diej^r* iiiid die schon
besprochene Numiner C schließt sich ^im f f/ferton/nn'^ ein anderes, eben-
so geliiniipncs uu<l durchaus orierinollos Pastorale i Heilage E) an, bei dem
durch die I^egister flaiifi) und tfunhuro und die besonders charakteristische
Melodie ein ( ienrebildchcii in ungemein lebliaften Farben hinjremalt wird :
ein Aufzug von Hirten, die unter dem Klane: ihi-er liindlicben Musik, Flöten,
kSchalmeieii un<l Dudelsack, heraugezügen kommen, um das Kind in der
Wiege zu l>eghißen unil iliui ihre Huldigung darzubringen. — Nach der
bereitb eingangs dieser Bemerkungen erwiihnten, unter JJeilage F wieder-
gegebenen Nummer, gegen deren volkstümlichen Ursprung bereits oben
Zweifel geäußert wurden, kommt neuerlich ein untjemein charakteriütischps.
erbt volkstümliches Pastorale ^Beilage Gl, das sowohl durch seine melo-
dische Erfindung als namentlich auch durch die Instrument irj ung d'w
Register Pn'ticipale Bassi e Soirrani, FUuifo in S, Tromboncini Jlassi
e ■Soptani, Tromboni e Cmtralmssi, Flantu in XIT) das in den früheren
Pastoralen gelieferte ländliche (lenrebüd in der glücklichsten Weise ver-
vollsUlndigt: die derben, plump treuherzigen Bauern und Hirten, die in
der Freude ihres einfältigen Herzens mit ungeschlachten Tänsen und
Hopeem aum Klange Ton Pfeifen, Trommeln, Dndelsack und Brumm-
baB die Geburt des Welthdlands feiern, polternd, trampelnd und
stapfend.
Den Schluß der Messe endlich bildet ein sehr banales, lärmendes, an
den Styl des Kehraus erinnerndes AUegro (Beilage H), gegen dessen Tolks-
tümliche Herkunft ebenfalls schon am Beginn dieser Ausftthruxigen Be-
denken vorgebracht wurden.
Überblickt man nun die ganze, in. den Beilagen zusammengestellte
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Robert Laoh, Alto Witflmaehta- und Oitergeribge «af Limiii.
641
Musik dieser Messe, so crgil)t sich, abgesehen von ilem rein musikalisciicii
Interesse, (his die Pastorales und da» alte kroatis(;he Wcnhnaditslied
einflößen, ein für die volkstUinliche Auffassung der Messe (zunächst nur
bei den Kroaten und ftalienem von Lnssin, dnnn aber wohl de«; Südens
überhau])ti sehr bedeutungsvolles Moment: T>ieses lel)]iafte. lieißbliitige
südliche Völkchen, das immer gestikuhcrt- n. singen, lachen und tanzen
muß, sieht auch in dem heiligsten, freudig erhabcndsten Bilde seiner
heiligen Geschichte, der Geburt seines Heilandes — im groben Gegensatz
zum still in sich gekehrten, schweigsamen Nordländer, der in diese Szenen
der heiligen Geschichte die ganze Tiefe, den ganzen überstrünienden
Reichtum keuschester Innigkeit, hingebungsvollster Zärtlichkeit und
schwärmerischester, weltentrückter, andachtsvollster Mystik hineinlegt, —
den seinem leichtsinnigen, übermütig unter Lachen und Tollen in den
Tag hindnlebendeii Naturell so ungemein willkommenen Anlaß zu neuem
Schäckenii Kosen, Tanzen. Das in 8«mer beQigen Geschidite berichtete
Ereignis acerlegt es dch in eine Reihenfolge anmutiger Szenen: Die gaoEO
Messe wird ihm jmr dramatischen, ssEenischen Illnstration der im Weihnachts-
liede (als dem Gnindtenor der ganzen Messe) und der heiligen Über-
lieferung berichteten Erzählung. In der Krippe Hegt das neugeborene
Kind> Engel dienen ihm und feiern es in Lobgesangen; die ganze Welt,
Himmel und Erde, jegliche Kreatur, die Vögel des Himmels, alles jubiliert,
jauchzt und frohlockt ob der Geburt des Weltheilandes. Von den umher»
liegenden Dörfern, Auen und Feldern kommen jubelnd die Hirten und
Bauern herbeigeströmt und singen unter dem Klange ihrer ländlichen
Instrumente fröhliche Lieder zu seinen Ehren. Ihre fVeude wächst immer
mehr, und scblieBlich macht sich ihr überquellender Jubel in dem Luft,
wozu der Südländer und das Volk Uberall und immer im größten Taumel
der Freude seine Zuflucht nimmt: im TaEkiz. So wird die ganze Messe
zu einer Oper, und zwar zu einer Bossini^schen Oper: gerade so anmutig,
graziös, von Lebenslust 8pru(\elnd und Uberschäumend.
Aber damit ist denn doch noch nicht alles in der Messe liegende
erschöpft; diese dramatische Auffassung der Messe deutet noch auf
Tieferes, Ernsteres und Ft it^rlicheres, als die lei(ditsinnige Rossini'sdie
Oper: auf das geistliche Volks-Schauspiel. Die Beziehung auf diese alt-
ehrwürdige Stammmutter kommt noch deutlicher zum Ausdruck, wenn
man erfrdirt, daß bis vor etwa 30 Jahren noch mit der Musik dieser Messe
ein feierlicher Aufzug <b r peseatari und campag^nuoli vcM-bunden war, die
hier bei dieser Gelegenlieit korporativ dem in der Krippe liegenden Heiland
ihre Huldigung darbrachten. Wie mir von Eingeborenen berichtet wurde,
wurde dieser uraltertüniliehe Gebratich. bei dem d;jR t^.m'ze Volk, und
speziell flin raiifpnfjnttofl und pri^rdfori in ihren jetzt ber«Mts ungebräuch-
lichen NatioQaltrachtuuuadi^'eötia^s-Gewändeni erschienen, vor ungefähr 30
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542
Roliert. L«ob} Alte Weibnachti* imd Oitei^ange auf lioniD.
o<ler 40 Jahren von ilcr Kirche und dem Staat \ve;i:cn der im (Tefolirf des
Aufzuges sich anschln^iicnden, häufigen, unziemlichen Ausschreitm -i n des
l'bermutes ahirescliaftt. Jedenfalls also deutet die Musik dieser xMesse,
verbunden imi deu jetzt iu V^ergesbeuhcit geratenen Au f/üj,'en, unverkenn-
bar auf seinerzeitige Herstammung aus dem geistlicheji \ Iks-Scliauspicl
liin. Wir haben somit in den vorhesrcndcn Musikstiiekeu die letzten
Reste uralter, slavisch - italienischer Weihuachts- Volks-Schauspiele und
-Gesänge zu erblicken.
Schließlich ist die ^Messe noch in einer anderen Hinsicht interessnnt:
als Illustration zur Geschichte des alten Kampfes zwischen Kirche und
Volk um die Vorherrschaft des liturgischen (gregorianischen Gesanges,
beziehungsweise des geistlichen Volksliedes. Während bei uns, in Deutsch-
land und Oesterreich, dieser durch das ganze Mittelalter und einen Teil der
Neuzeit fortgesetzte Kampf bekanntlich mit dnem Kompromisse endigte, der
aber, wenn man unsere heutige Meß-Auffossung, die EinfUhning des
streng cadliamschen Styles und ähnliche Sympt<Mue berficksichtigt, denn
doch eigentlich dnen entschiedenen, gänzlichen Sieg des Klerus Uber
das Volk und die Yertreibung des Yolksliedes (im strengen Sinne des
Wortes) aus der Kirche darstellt, hat im Süden, bei der ungleidi stärkeren
Lebhaftigkeit, Lebensfreude und unbezähmbaren Übermacht des Naturells
des Volkes dieser theoretische Kompromiß praktisch eine ganz andere
Bedeutung als bei uns Nordländern, und ist demgem&B das Bild, das
sich uns bietet, ein ganz anderes: hier steht das unverfälschte, treuherzige,
schalkhafte, naiv lustige und selbst ttbermiitige Volkslied dem ernsten,
liturgischen Gesänge als gänzlich gleichberechtigt, ja — was die räum-
liche Ausdehnung anbelangt — sogar tiberlegen gegenüber. Der Volks-
gesang ist hier nicht das Aschenbrödel, das analog dem Satze emulier
taceat in ecdesia* rauh aus der Kirche hinaus vor das Tor, auf Wiese
und Feld, verwiesen wird, oder, wenn man es schon K^iädig aus Erbarmen
im heiliiren Raum duldet, doch als ein eben nur geduldeter, recht- und
ehrloser Wechselbalg sich scheu in den letzten Winkel an die Mauer
drücken muß, sondern er ist der freie, stolze Schiffer, der von dem Bord
seines ScliifPes stracks und frank in die Kirche schreitet, um dort seinem
Gott fin die glückliche Errettung aus einer Gefahr zu danken, oder er
ist das harmlos fröhhche, unschuldige, kindliche junge Mädelien, das halb
schelmisch neugierig, halb scheu andachtsvoll in das mystische Dämmer-
dunkel des geheiligten Kaumes tritt, um da, im frommen Gebete vor dem
Altar hingegossen, der schönen, lächelnden, jungen Madonna mit dem
reizenden Kinde ihre unschiddiiren Sünden zu beichten, etwa wie die
jün^M-re. knnm dem Kindesaiter entwachsene Schwester der älteren, die
als jun^'e brau schon ui< !ir Erfahrung im Leben besitzt, ihre kindlichen
Sorgen und Schmerzen klagt.
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Bobert Lad», Alte WMhnMhti- ond Ostergo^ge md Lusaiti.
543
Zum Schlüsse füge ich (in Beilage K) die Niederschrift einiger alter
falffihordoni bei, die hier in der Ostenv'oche gesungen werden, und zwar
der unter h) angcfülirte am Clmrfreitage nachmittags hei einer aus der
Kirche durch die Stadt ziehenden Prozession vom Volke zu den Worten
einer uralten, kroatischen Gehetsformel gesungen (oder vielmehr rezitiert ,
während der unter ai notierte vom Chor in der Kirche vor Beginn der
Prozession vorgetragen wird; der unter c) wiedcrpre^^ehene endlich wird
zu den in den letzten Wochen vor Ostern in der Vesper abgehaltenen
Litaneien gesungen. Sämtliche fahtihordoui wurden, wie mir der Kapell-
meister und der Pfan'er, Don Antonio, versicherten, noch zur Zeit
der Venetianer-Herrschaft eingeführt, und zwar die beiden letzten aus
Padna, (]ot erste aus Vf^nedig; os sollen auch hierüber Chronik-Auf-
zeichnungen mit der Angalie dos Jahres, in dem diese Gesänge iiu])ortiei t
wurden, bestehen. Die ah Brevis S notierten Töne stellen jene dar, auf
welchen die Rezitation längere Zeit verweilt. Die AN'irkuntr namentlich
des unter b] notierten Gesanges ist eine tief melancholische, düster ernste.
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544
Robert IiMih, Alto WeUmohto- vaä Orteiyrteg» aaf LoHni.
Musikbeilagce
zu »Alte WeilinAcJitss und Oster^esänge anf Lassini^
T6 Deum laudamus»
Orgel.
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Te ergo qvMSpniiis, tut famalU snliTeiu ete.
Andantino quasi AUegrretto.
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Bobvi LmIi, Ahe VflftnMlito- and Ottergesängo
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646 Kobert LMh, Alto WdhnMbü- and OitonrMioge Mir Luniii.
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Andante.
(Dopo il Sanctus).
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Robert LmIi, Alte WeUuuchU- unii Otteigeaänge «of Lotsin.
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Bobwt Laoh, Alte Wdlnachts. nad Otttigeilnge auf Liwiii.
Pastorale.
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Robert Lach, Alte Weihnacht»- and Ottergtöänge auf Luriii.
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Hobect Lach, Alte WeOuuujhts- und Oftergedbig« mf Ldmu»
Pasiorale.
(Offertorio). ^
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Bolwvt htA, Alto WeHniMhli- und Ottoqpilog« Mif Lmib. S51
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552
Bobert Laoh, Alte WeihnaohU- und Ostergemnge auf ffwwfn.
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Pfistorale.
Alle^fro.
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Bobflri Ltch, Alte WailiiuMhto- «nd OtUargMagt Mf Lmiiii.
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PaBtorale cou 8coruo di zampogno.
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Priacipsl« Bftwl • 8opr»ai, Pl»«to l 8
Tromboneiai BMSi • Seprani, Tromboni e
Gontrabaairi
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^) Jlie «iiiKt-kUnunert« 8t«IIe fehlt im ManuBkript, itt J«doeh dureh d«a »p— trlgehen
Ba« d«r Malodi« bedingt «ad jed*Bf»Us aar aus V«r««Ii«n d«s 8«luNiib«ra MUg«kli«b«B.
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Andantiiio ^uasi Alleg-re tto.
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Ruber! Lach, Alte WeahnaoliU- und Oatcrgüsaiige auf Luas
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ipo . Tcd jeu- je di - ti-c», odsvo.to DI - v« Ma - n.j«,
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558 Itiemaon, Die donsche Tonart als Grundakala der griechiachen Notenaobnit.
Die dorische Tonart als Grundskaia der griechischen
Notenschrift
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Hugo Riemann.
(Leipng.)
Seit fast i^lt'iclizcitig im .lalii-e 1S47 Frie<lrich Tic] IrrmMun f Tnii-
leitern unil ^rusiknotrn (l(.'r ( 1 ricclicii « i und Karl J^'orthi.^e ; ' Das musika-
lisclic* Sy^^tcm der (Jricclu'ii in scim-r l Tpfestalt* '' der Analyse des iri i« -
eliist liuii ^ütensystenis zu dem Scldussr kamen, daU die ( Jniiidskula di* -<'^
Systems, die Fol/^o der weder nh erhöhl, noch als eniiedri^t vorgestellten
T(ine eine hypolydisclie AVt ,1 HCT) 1'^ F sei, hat sich eine Form der Uber-
tragung der auf uns gi koiuinriK n l 'herreste griechischer Musik festgesetzt,
in der die iluupttouart dw ( u iei heu, die dorische als B-moll erscheint, alsi»
als eine Tonart mit 5 Been. Angesichts der Rolle, weiche die diU'ische Ton-
art iu siuutlicheu Traktaten der alten Theoretiker spielt, muß aber ein
solclu.'s Ergebnis entschieden befremden, zumal eine verhältnismäßig späte
Entstehung der hypolydischeu Tonart durch Aussagen alter Schriftsteller
belegt ist. Ich will hier nicht den ganzen Apparat heibringen; es genüge
darauf hinzuweisen, daß nach der ausdrlicklicben Aussage des Aristides
Quintilian (I, 24; einzig und allein die dorische Tonart in ihrem ganssen Uiu«
fange von zwei Oktaven gesungen wurde, daß Ftolemäus in seinen Tabellen
der Transpositionsskalen (II, 11] durchaus als Tiefengrenze den dorischen
Proslambanomenos und als Höhengrenze die dorische Note hyperbolaon
festhält und zum Beispiel das eine Quarte höher als das Dorische stehende
Mixolydisch oben mit der dorischen Nete endet» welche doch erst die Nete
diezeugmenon des Mixolydischen ist, und dafUr den drei Stufen unterhalb
des mixolydisch^ Proslambanomenos, welche das dorische zweioktavige
System enthalt, die Namen zuteilt, welche ihnen zwei Oktaven höher zu-
kämen. Besondere Beweiskraft für die Bedeutung des Dorischen als
Hauptonart hat auch das übereinstimmend bei Aristides und bei Kleo-
nides sich findende zweifellos auf Aristoxenos selbst zurückgehende
jJioQiog fc/s*' gegenüber der Doppelgestalt des Phrygischen, Lydischen
und Mixolydischen als hoch und tief.
Wenn überall, wo von Mese, Nete, Hyi)aie, Lichanos u. s. w. ohne
weiteren Zusatz die Rede ist, die Stuffcn der dorisch gestimmten Oktave
gemeint sind, wenn Aristoxenos (Seite 4()) ausdrücklich die Lehre von den
Tongcschlechtem an Tetrachorde, ^es Baues anknüpft, wie er zwischen
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H. Kiemann, Die dorisch« Tonart als Qrnndakala der griechiaofaen Notenscbhfl. 559
Mese und Hypate (der dorischen Oktave) sich findet, so mn& es doch
höchst seltsam erscheinen, daB der griechischen Notenschrift als Gbrund-
skala die hypolydische Stimmong zugeschrieben werden kann, und es
ilrängt sidi uns zunSehst die Frage auf: Warum betrachten Bellermann
und Fortlage die hypolydische Stimmung ab diejenige ohne Transpo-
sition, ohne i oder
Bcllt iTnann sowohl wie Fortlag(,' erkennen klar die Gruppierung der
Zeichen der griecliischen Notenschrift zu je dreien, auf welche zuerst die
unverkennbare Venvenduiifj: desselben Zeichens der Instrumental-Noten-
schrift in dreierlei Lage für der Tonhöhe nadi on^benachbarte Töne
V ^ - c u. 8. w.) aufmerksam machte und A\ekhe für die Singnoten-
schrift die Pykna der enharmonischeii und ( liroraatischen Skalen (wenig-
stens «1er älteren} in den Alypischen Tabellen bestätigen. Das den niitteleren
Kei-n des Gesanituinfange«^ ibv; griechischen Kotensystems bildende intakte
Alphabet der äingnotensohrift:
jiBr I JEZ I HSI ( K^iM I NSO \ /IPC | TV® ) XVQ
wies zweifellos auf das von ihm umspannte Tongebiet als das wichtigste,
als die Hittellage allgemeiner Singbarkett hin; der Best der Noten fügt
oben und unten je eine weitere Oktave an. Die Veränderlichkeit der
Bedeutung der beiden ersten Zeichen dieser Triaden in den drei Ton-
geschlechtem (der iUteren Stimmungen) deutete auf eine besondere Wich-
tigkeit der dritten Zeichen, welche als Barypykna stets ihre Bedeutung
festhalten. Sowohl Bellermann als ForÜage stellten daher den Ton-
abstand dieser dritten Zeichen von einander aus den Alypischen Tabellen
fest und fanden:
r Z I M O C 0 n entsprechend F K T) C H A (i F
' t V, Vi Vi '/t 'i 'Ii ','1 ' >
Damit war die hy|><'l vflisclif (iktaveiiL'attuii^j^ als die allen Transpositioueu
zum Ausgang dienende Stimniunjr der Mittcloktave erwiesen.
F'it diese Beweisfiihninff stichhaltig'? besser: Tsl »s wirkHch un-
niüglich, für das Dorische die Stiniinung, in welcher allein nach Pto-
lemilus 'rhesis und Dyiiamis zusaiu nienfallen, in ähnlicher Weise
eine grundlegende Bedeutung zu erweisen? Denn 80\iel ist wohl ein-
leucht*iud, daß, falls dies doch möglich sein sollte, HtUermann's und
Forthige's Erklärung ohne weiteres fallen .ircjasseu werden müßte, da
eiutj in der griechischen Theorie eine so uiitii geordnete R'iUc spielende
Skala wie die hypolydische dann gegenüber der dorischen gar nicht ernst-
haft in Frage konniien könnte.
Zunächst ist gegen die Bellerniann-Fortlage'sche 'Grundskala ein-
zuwenden, daß eine Skala, welche die Tonzeichen VZIMOCO'Q
vereint, weder in den Alypischen Tabellen, noch in den erhaltenen Kom-
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560 H. Riemano, Die doritcbe Toniurt als Onmdtlnl« der griediiiclien Notemdirift.
Positionen nachweisbar ist. Ein Halbtonverhältnis, das durch zwei Ton-
zeichen ausgedrückt w^ürde, zwischen denen das Gesamtsystem zwei weitei-e
aufweist, kennt die Praxis der griechisclien Notenschrift, wenigstens für die
älten n Skalen nicht. Anstatt F X und 1/ (> p-ebrauclit (hV*<elbp vielmebr im
diatonisclien und chromati.schen ( Ji sc hledit stets /; Z uiul im « iiharmo-
nischen J Zm\i\ V () für den Halbton. Allerdiiiirs i>t abci- trotzdriu l iclitiii,
dali Z gegenülicr / um] ( ) ^enüber 1/ einen einen Halbton tiefrn n Ton be-
deutet, abci- nicht in derselb(M) Skahi. xindcrn in vcischiedenen. Nur die seclis
jiingrri'n Skalen (Jastisch und Äolisch mit ihren Hypo- und Hvpeituiiartcnj
kl inieii für (las enbamionischi: Tungeschlecht den 's:('sj)alteuen) Halbton aus-
gctlriickt durch Zeichen, die zwischen sicli Raum tur zwei weitere lassen. '
aber ni( lit zwischen dritten, sondern zwischen ersten Zeiclien der obigeu j
Tripelgruppen /um l^ieispiel ./ //. V /7, IIT, I X. Die etwas umständ-
liche Erkliirun;,' dafür gebe ich weiteihin. |
Bellerniami .suwcjhl als Fortlage haben den Schlüssel für das Ver- '
stUndnis des ganzen Systems, den die F} kua-Notierungen so wiUig an die
Hand gaben, zu früh fallen lassen. Vergleicht man die einzelnen Skalen
der Alypischen Tabellen sorgfältig miteinander, so ergibt sieb dodi eine
Yon Bellermann und ForÜage üba«obene MfigliGbkeit mit genau der-
selben Evidenz -~ vielleicbt sogar mit stärkerer — die doriscbe Stimmung |
als Grundskala des griecbischen Notensystems zu erweisen. Freilich muß
man dabei etwas anders zu Werke gehen als die beiden Gelehrten getan.
Es bedarf als Ausgangspunkt nichts weiter als der Annahme, daß das ^
Dorische die eigentliche Stammskala sein muß und weiter allerdings der
Zugrundelegung des enharmonischen Tongeschlechts, auf welches tmrer-
kennbar das uns allein überkommene vollständig entwickelte Notensystem
der Griechen berechnet ist. Da wir sowohl ausPtolemäus als aus den
erhaltenen Musikresten wissen, daß die enharmonischen Pykna keineswegs
die Benutzung der diatonischen Lichanoi bezw. Paraneten ausschlössen (nur •
auf der Kithara war das im allgemeinen der Fall), so werden wir im
Interesse leichterer Ül)ersi( htli< likeit trotz der enharmonischen Pykna die |
Stufen der diatonischen Skala vollzählig ins Auge fassen. Die Alypischen
Talielleii erweisen für die Zeichen der Mitteloktave der dorischen Tonart
die Tonbedeutung:
f
f
es* If Paranete diezeugmenon diat. . .
des' K Paranete diezeugmenon enhami.
des'- A Trite diezeugmenon (diat., chrom
c' l M Paramese
h JJ Mese
a
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H. £iMnHin, Die domclie Tonnt wh Gtimdilala der griediiiohen Notentdirifi. 561
08 T Lichanos meaon diat.
9
f
f
e
Ich h&be die Tonbedeatung der Zeichen rechts daneben geschrieben,
^e ich sie annehme; links steht die Deutung Bellermann^s und Fort-
lage*8. Vorausgesetzt, daß sich Ton hier aus alles wettere glatt ab-
leiten läBt» wird schwerlich jemand etwas einzuwenden haben, wenn ich
behaupte, daß Uber das Alphabet von A bis Q in einer überaus zweck-
mäßigen Weise disponiert ist, um die dorische Skala
bedeutsam als Grundskala heraustreten zu lassen; daß auch die obere
Oktave des Einaltones e noch aber sich den für die antike Schlußbildung
so unentbehrlichen Oberleitton (des supitixndlmmim mocUj hat, muß sogar
als ganz besonders wichtig erscheinen. Die Frage ist daher nur, ob di«>
anderen Skalen sieh olme Zwang aus dieser als Transpositionen nach
einfachen Gesichtspunkten ableiten lassen. Ich will die Leser nicht un-
nötig hinhalten, zumal ja diejenigen, welche meine Studie »Notenschrift
und Notendruck« kenn^, nichts Neues er&hien werden; da dieselbe
aber nidit im Buchhandel ist und mein Leidkon sowohl wie der Kate*
cliismus der Musikgeschiclite (2. Auflage) die Erklärung nur skizzieren, so
i\ ird man, angesichts der noch immer allgemein festgelialt<>nen Übertragung
der griechischen Musikrestc nacli Belleniiann'schen beziehungweise Fort
lage'schen Prinzipien, es nicht für überflüssig halten, die Frage einmal
an dieser Stellt? ernstlich zum Aiistrag gebracht zu sehen. Wie gesagt,
ich will aber kurz sein und gleich verraten, worauf das Ganze hinausläuft.
Wir wissen, daÜ die Kitbara, das h»)chststehende Musikinstrument
der Griechen, dauernd eine sehr beschränkte Saitenzahl gehabt hat
f selbst in der römischen Kaiserzeit blieben 11 Saiten das normale Ma-
ximum!, daß daher das Spielon in verschiedenen Tonarten in der Haupt-
sache auf eine lic-^ondcrc Einst imimius' vor Beginn des Spieles angewiesen
war. Lange Zeit betrug der Imfaug nicht mehr als eine Oktave —
sagen wir direkt: von ^ — c' diatoni-^eh. ontspreclieml unserer Grmidskala. mit
alleiniger Eiuächaliung einer besonderen chromatischen Saite für also:
Erst durch den berühmten Virtuosen Timotheos von Milet (im 4.Jhrh.
V. Chr.) soll die zehnte Sait<; /' und durch .Ton von Chios nicht viel
später die elfte Saite (^j hinzugefügt worden sein. Vor Timotheos war
also ohde :ünisttmmen nur das Spiel in zwei Tonarten möglich [e^e mit
h = Dorisch, oder e—e mit h « IMixolydisch). Die Kithara-Virtuosen
c' d' c h a g f v
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502 ü. Jüemaim, Die donscbe Tonart ab Gnmdskala der griechischen >ioteiuchnlU
brachten aber an Stelle des S^els in der Originalstimmimg allxuShlich
ünmer mehr das in Transpositumen in Aufnahme, welche dnrch Höher-
stimmmig einzelner Saiten erzielt wurden. Diese HöherBÜmmung erfolgte
in der Beihenfolge der Töne g, d; a brauchte nicht höher gestimmt
zu werden, da man frttli die enhamonische Identität des b (der Trite
synemmenon) mit ms begxifi. Von dem Moment ab, wo aber diese lÜtr
verwmdbarkeit des b in transponierten Tonarten erkannt wurde, setzte
mch der Gebrauch der Stimmung mit 4 )f fest (Lydisch), der zur römischen
Kaiserzeit allgemem gewesen zu sein scheint Eine in mehreren Hand-
schriften (in Paris, im Escurial und in Mttnchen) erhaltene Anweisung
zum Stimmen der Eathara, die »xott^ij o^fiaoia*^ zuerst mitgeteilt von A
J. H. Viacent (Notices sur trois manuscrits relatifs älamusique, 1847),
auch bei K. v. Jan, Scriptores 421, erschließt mit ilirer auffälligen Be-
nennung der Saiten (mit beigefügten griechischen Noten" die ganze Ent-
wiekelungsg«'S( hichte der Kithara und gibt auch den Sdiliisscl für gewisse
rätselhafte Mitteilungen des Ptolemäus über die Kitharistik seiner Zeit
Liest man auf meine Weise die Notenzeichen (also mit Zugi undelegung des
Dorischen als Grundskala j, so ei^ben sidi für die 11 Saiten der Kithara
folgende Tonhöhen und Benennungen:
1. Proslanibanüiiienos r/.v.
2. Diapemptos
/is.
d. Hypate
giß.
4. Parhypate
a.
ö. Ohromatike
ais {b).
6. Diatonos
h.
7. Mese
eis*.
8. Paramesos
dis'.
a Trite
t\
10. Synemmenon
fU\
11. Kete
Das ßätsel dieser Skala löst sicli einfach genug dahin auf, daß die-
selbe (lio dorisrho Mitteloktave von der obersten Seite der Kithara aus, de r
von Jon liinzugefü^trTi //-Saito, vorstellt. Sie beweist, daß die Kitharisten
der spUti'i cn Zeit sich derart auf das Spielen in glänzendeTi luUier liegen-
deu Tüuartcii gewendet halieu. daß sie sogar die Naiuen der Saiten ver-
?>( hoben. An die Stelle der Nete c trat, als Timotheus die 10. Saite ein-
fidnte, die Is'ete f oder vieiraehr wahrscheinlich «rleieh fis, und als Jun
nocli die 11. Saite oben anfügte, wurde elx'u diese luamlich // oder viel-
nielir ///v) die Nete. Es ist srlion friilier autiretiillcn, daß die Instnmien-
talnoteii/eichen der Nete diezeugmenon des Dorisclien {e'\ , Phrv-
gischen {/in'} und Lydischeu {gia') ofieubar Umlegungen eines und desselben
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B. Biemaim, Die dorische Tonart als Grundskala der ghecluscbea Notenschrii't. 563
Zeichens sind (N Z |/|), welche zweifellos ehedem zur Bezeichnung eines
Pyknon zusammengehörten. Wir können daher mit großer Wahrschein-
lichkeit scUieBen} daß tod der ursprünglichen Stimmung der nfiiiiisaitigen
Kithaza aus:
e f g a h h c' d! €^
zunächst die durch successive Ümstimmung von /| c, g und d sich er-
gebenden Tonarten Hypodorisch, Phiygisch, Hypophiygisch und Lydisch
aoBschlieBlich in der Form zur Anwendung kamen, welche sich zirischen
e und ^ ergibt:
mit 1 1*. efi^gahifeFe^ = Hypodorisch
niit 2 Jf: e fis g a h eis cf c' = Phrygisch
mit 3 ^: efisgisahds'd'^^ Hypophiygisch
mit 4 f : e fia gia a h evl di^ e — Lydisdi.
Dfizn hatte inan durch die für alle die^o Stiniinuiipiweisen nicht in
Betracht kommende 6-8aite noch weiter zur Verfügung:
mit IV: efgab<fd^ = Mixoljdisch
und schließlich mit Ausnutzung den b in dem Sinne Ton eus auch noch
mit 5 jf: « fts gis ais h ei^ di»* € = Hjrpolydisch.
* Lange mögen die Namen der Saiten unverändert diejenigen geblieben
sein, welche ihnen nach der Lage auf der neunsaitigen Kithara zukamen,
obgleich ja wohl außer Fi age steht, daß durch die hinzukommende 10. und
11. Saite die Spieltechnik eine starke Veränderung erfahren mußte. Für
das Phrygi'jche und Hypophrygische ergab sich mit der Einführung der
/'-Saite (lie Möglichkeit der Benutzung des Tones fis\ welcher als dyna-
mische Nete des Pln vuiM-lH n und als Oktave der dynamischen Mese des
Hypophrygischen der Alelodieführung als Grenzton hochwillkommen war.
Ebenso brachte die ^-Saite für das Lydische und Hypolydische gis' als dyna-
mische Nete beziehungsweise Oktave der Mese. Ob nicht das ganze Kapitel
von der Thcsis und Dynamis bei Ptolemäus veranlaßt worden ist durch
diese neuen Probleme der Teelmik, ist niiiule'^tens in Kra^'e zu stellen. Die
Honnasia, wiche sicher der Kaiserzeit angehört, beweist aber, daß zuletzt die
lydische Stiiniininir dermaßen dominiert hat, da Ii die sämtlichen Namen von
Nete bis Hyj)aie um zwei Stufen nach oben geschoben gebräuchlich wurden.
Damit wurden aber unterhalb der nunmehrigen Hypate gis zwei Stufen
namenlos, von denen die eine ^dio /"-Stufe in die Unterquint der neuen
Met!i' c/.s' gestiiimit (//*) den Numeu Diapemptos (= Unterquint] erhielt,
während man die tiefste, eigentlich «, nunmehr in der Unteroktave der Mese,
d. I. M. IV. 37
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5(34 H. Biemann, Die dorische Tonart als Grandskala der griechischen Notenschrift
also als Profilambaiiomenos eis einstimmte. In der Mitte dieser neuen
Skala, welche man ohne Skmpel als die Gommunskala der späteren Eitha-
ristik bezeichnen kann, stand aber als seltsamer Zeuge Tergangener Zeiten
die ehemalige Trite synemmenon b mit dem Kamen Ghromatike Licha*
nos chromatike) zum Unterschiede von der diatonischen Lidianos (Dia-
tonos) h. Es wäre gänzlich rätselhaft, wie diese vereinzelte chromatische
Stufe in die Skala käme (NB. unterhalb der Mose), wenn nicht eben
die nunmehrige Parhypate a die getreu ohne Umstimmung erhaltene alte
Mese yrlkref über weldier der Halbton seit alters selbstverständlidi ist.
Aber der Name chromatike ist wiederum nicht vom altem sondern Tom
neuen System aus gegeben:
Mese eis'
Lichanos diatonos Jf
Tiichiinos cliroiiiatikc nts
Parhypate (diat., cbrom.) a
Hyputo gis
Diaperai)tos //.s
Proslambanomenos eis.
Doch zurttck zur Notenschrift! Wie steht es nun zunächst mit der
Ableitung der ältesten Favoritskalen von der dorischen Ghrundskala
aus? Hier ist der Schlüssel ohne alle Umschweife.
Die Triaden der Notenzeichen sind gar nicht in der Absicht dis-
poniert, nach. Art unserer Stammtöne, t^-Töne und jf-Töne, dreierlei
Formen derselben Stufe zu bezeichnen, sondern vielmehr lediglich auf
die Spaltung des Halbtons im enharmonischen Tongeschlecht berechnet:
ihre Verwendung für das chromatische Tongeschleoht ist bereits eine
sekundäre. Jede Triade umschreibt mit ihrem höchsten und tiefsten
Zeichen das Intervall eines halben Tones und zwar sind von dSmtlicfaen
Stufen der Grundskala aus (der dorischen e^d^ifhafge) Halb-
tons chritte nach unten vorgesehen, wie das bei dem ausgesprochenen
MoU-Gharakter der griechischen Musik nicht verwunderlich ist:
^ßl J_LZ HQl Iv^M NSü nr^ T\Qt XH'Li
f-e' e'-dis' ct-eia^ (f-h hrois thgis g-fis f-e
Jede Ti aii^i)(>.sitionsska1a wird al<o in erster Linie mit den Triaden
notiert welclie ihre beiden Halbton.sehritte erfordern. Dorisch mit ^^TiT
{=f('), A./l/ '=r'h) und X^Fn [=-fi], Hypodorisch mit h^IM
(=r7/) und 7'>'/^ ^,if,s\, Plirygisch mit Hhl [—d'cis) und 7')=/^
{=(ffts], Hypoplny.Ln-cli mit ! K-Jl '— d' rtW) und HP:: {= ngis), Lydisch
mit /i:Z f 'dis'' und '= nijis] und Hypolydisrh mit J HZ ^= r (Iis*)
uud AHO {=-hai6]. Die übrigen die Tykiia weder in der Tiefe noch
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H, RieuHUit Die doriaehe Taasit als Grandsbüa der griechischen liotenschrifi. 565
in der Höht' begrenzenden Stuft'ii lAitykiiu) wcni* u nut ilrn Zeichen notiert,
welche ihnen als Uxypykna oder iiarypykua zukununrn. Für c und h er-
geben sich (hibei zwei MöjrHclikciten (e = i" oder h= M oder
von diesen wird die Bezeichnung mit der Barypyknon-Note ff, M]
unter allen Umständen bevorziiprt. Das gan/e System der Bezeichnung
ist 80 leicht und selbstverständlich, daß es für die Mitteloktave sofort
im Gedächtnis behalten wird und mit Sicherheit fj^ehandhabt werden
kann. Für die höheren und tiefcjen Oktaven gilt es aber in absolut
gleicher Strenge; nur der Tv])en wetren sehe ich von deren Erörterung' ab.
Die NotensseiclieD für die atcha älteren Stünmungö weisen der Mitteloktave
sind also:
Dorisch: [AB\ F H
Hypodorisch: r II
Phrygisch: V HGI
e' d eis'
Hjrpophrygisch: V H0/ M HFC
d eis' h a gis fis
Lydisch [NB)\ J liZ^ M Jfl'C (U r[It2\
e diW eis' h a gis fis e[dis]
Uy^oiydiBchiNIij: JJ:z I N^O C a>
e'dis' eis' h <m gis fis e{dis)
Von irgend welcher Schwierigkeit, die durch das Ausi^ehen vom Do-
rischen alb Grundskala veranlaUt wäre, ist hier gewiü hkIiis zu spüren.
Das Resultat ist aber gegenüber der Ubertragungsweise Bellermann's
und Fortlage's insofern ein geradezu gegt nsiltzüches, als diese sechs
ersten Transpositioneu Kreuztonarten ergeben, während sie bei jenen zu
-Tonarten führen:
< — Bellermann -Fort läge:
5b 4!? 3lT 2b lt> (JrundRkala
Dorisch Ifypodorisch Phrygisch Hypophrygisch Lydisch Hypulydisch
«tl ^ff -iff V
Eiemann — *•
Natürlich müssen daher düe jüngeren (abei- auch bereit» von Aristo-
xeBOS aufgestellten) Transpositionsskalen, welche bei Bellermann-Fortlage
Kreuztonarten sind, bei mir zu i^- Tonarten werden. Die Andersartigkeit
der Bezeichnung der Ilalbtöne in den neueren Tonarten bleibt natürlich
bei mir ebenso markiert bestehen wie bei der andern Leseweise; auch das
.37»
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566 H. Riemann, Die dorische Tooert als Qnindskala der grieduadben Notenschrift.
Faktum, daß es in äev jL^riechisrhen Notenschrift z^vei Tonarten gibt, in
weichen die heideu heterogen Systeme der Halbtonhezeichnung >i( h
mischen, bleibt natürlich unerschüttert. Mögb'cber^veis(> ist die niixo-
1 yd i sehe Tonart, in welcher diese Mischung zuerst stattfindet, lange die
vimige ß-Tonart gewesen; sie aber gehört dennoch zweifellos zu den ältem
Tonarten. Wir dürfen als sicher annehmen, dali die Einschaltung des Halb-
tones b zwischen die Mese a tind Paramese h selir alt ist, vielleicht
gar annähernd in das Zeitalter des Terpander hinaufreicht. Doch
wird schwerlich schon in jener Zeit das duiehj^el)ildete enhamionisch-
chioiuatisebe Notensystem aufgekommen sein. Die Tnstnnnentalnotcn
lassen vielmehr ein Stadium aliuen, wo einlacli jede Saite der Kilhaia
ihr Tonzeichen hatte, das je nach der Tonart des Stücks je nach der
Stimmung der Saiten) abweichende Tongebungen bedeuten konnte.
Ich habe schon in meinen »Studien zur Geschichte der Notenschrift« ange-
deutet, daß dabei wohl die Anfangsbuchstaben der Saiten-Namen als Ton-
zeichen dienten und daß der gleiche Anfangsbuchstabe der Paranete, Para-
mese und Parhypate möglicherweise der erste Anstoß zur Verwendung
derselben Zeichen in verschiedener Lqping wurde (H « Paramese,
L. Paranete, 'J oder _} =3 Parhypate).| Doch sind das Hypothesen,
die sich als irng erweisen können. Jedenfalls setzt die auf uns gekommene
Art der Bezeidmung des durch Benutzung der Trite synemmenon ent-
stehenden Halbtones ba Yoraus, daß man die enharmonische Identität
von b mit ais bereits^erkaont hatte; das uns vorliegende ausgebildete
System der griediiscfaen Notenschrift setzt bereits die liypul} dische Trans-
position als bekannt voraus.
Sämtliche 1^-Töne werden n&mlich mit demselben Noten-
zeichen gefordert, welches ihnen als j(-Ton zukommt, b mit dem
für ais, es mit dem fttr dis, as mit dem ffir gia^ des mit dem fOr eis und
^ mit dem ffir fis disponierten. Samtliche Ereuztöne sind im Qeiste des
griechischen Notensystems zunächst Barypykna^ d. h. tie&te Töne im enhar-
monischen Pyknon, dritte Zeichen der oben entwid&elten Triaden, Töne, zu
welchen die Tone der Stammtonleiter Leittöne von oben sind (wir würden
heute umgekehrt sagen: sie sind die Leittöne von unten zu den Tönen der
Gmndskala); erst durch Erweiterung des Transpositionssystems können sie
als Apykna vorkommen (z. B. m, fis und ffis im Hypolydischen). Dagegen
sind dieselben Zeichen als i^-Töne zunächst durchaus als Ocypykna, also
hödiste Töne im Pyknon, können aber natürlich auch Apykna werden. Einen
jr-Ton als Oxypyknon oder einen KTon als Batypyknon kennt die griechische
Notenschrift nicht (entsprechend unserem eü-fis und b-eea u. s. w.}.
Man muß durchaus festhalten, daß die i^-Töne von den Griechen doch
fortgesetzt eigentlich als Kreuztöne voigestellt wurden und daß nur
sozusagen theoretisch die chromatischen Halbtone (Apotomen) den dia-
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H.Bieiiuuui, Die doriacbe Tonart aU GmndskalA der griechischen Notenacbrüt. 567
tonischen (T.iiuüuita) gleichgestellt und als zur Skalenbildung befähigt
definiert wurden. Tatsächlich drückt die griechische Notenschrift diese
neue Art von Halbtüncn, auf welchen die jüngeren Tonarten berulien,
als Verbindung eines Stammtones niit «mu lu erljühten Tone aus und teilt
daher nirlit für die von denselben gebildeten Pykna neue Triaden be-
naclibarter Buchstaben des Alphabets ab {was freilich auch die Über-
sichtlichkeit des Systems sehr in Frage gestellt hätte). Die Pykna über den
Tönen der Grundskala (abgesehen natürlich von denen, welche schon
innerhalb der Grundskala Barypykna sind [e und h]) werden sämthch
bezeichnet durch drei Buchstaben, von denen nur der zweite und dritte
an einander anschlieBen, während der eiste fom zweiten nm eine Stufe ge-
trennt ist; das dritte Zeichen (das für den Stammton) ist stets ein erstes
der gnmdlegenden Triaden der Kreusdialbtöne, die beiden andern sind das
erste und dritte der vorausgehenden Tziade, so daß also hei der Be-
zeichnung der t^-Halhtöne asweite Zeichen der Triaden gar ni^t zur An-
wendung kommen. Es scheinti daß die BSnharmonik zu der Zeit, wo
die B-Tonarten in Aufnahme kamen, nicht mehr die erste BoUe spielte,
da nur das Halbtonverhaltnis des Mesopyknon zum Bai} pyknon in dieser
Art der Bezeichnung deutlicher henrortriti Die Zeichengruppen für die
>-Halhtone sind in der Mitteloktave:
es' tf des' c' b a as g 9^ f
J..ZH H„i K N.,0 n jr..c r t,,0 x
Als ein Mangel des Systems (aber nicht nur in meiner Art der Deutung,
sondern ebenso in jeder andern, natürlich auch bei Bellermann und Fort>
läge) fällt zunächst auf, daß drei Buchstaben zvrei um einen Halbton
Tmchiedene Bedeutung haben können [H — d oder des, II a oder as,
T — g oder pe.s). Dieser Ubelstand ist aber nur für das enharmoniscfae
Geschlecht vorhanden; im diatonischen fällt bekanntlich das Oi^pyknon
überhaupt aus, im chromatischen aber rückt das Ox^'pyknon auf die
Tonhöhe, welche dasselbe Zeichen als Baiypyknon bedeutet:
ä,, z H n . I K N.. 0 n n„c T t.. 0 x
e' es d d' des' c h b a a as g g ges f
Auch die Oxypykna der j(- Halbtöne bedeuten ja im chromatischen
Geschlecht um einen Halbton höhere Töne als im enharmonischen. Man
muß daher zugeben, daß schließlich die Bezeichnung der Pykna der
B-Tonarten so gut durchgeführt worden ist, wie das nach der Toraus-
gängigen Entwickelung des Systems möglich war. Bie geringen In-
konsequenzen hissen sich etwa mit denen vergleichen, welche unser heutiges
Note n^ys lern in der Stellung von um einen halben Ton und mehr in der
Tonhöhe yerschiedenen Koten wie //, 6, heses und A», auf den gkxohen
Ort im Liniensystem aufweist.
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568 H. Biemann, XHe doriBche Tonart als OnuidBkala der grieohiMshen KoteiMchhft.
Die Einstellnntr der L'-Halbton-Pykna ergibt nun für die Mitteloktave
die weiteren Trans.poMtionen durcli allmähüclie Umstimmung der Tone //,
Of g um einen Halbton abwärts:
Mtxolydisch: r H K N..On T ^XQ Mischung baider
e' ^ & b ^ 9 f ' Beieicluniiigvweiieii
(tief Hypolydiscli) es' (f b a g f es [d)
Äolisch: J7z77 K oTTxr X V ..IF]
LyUi.sch) es' d' c' b o.s 9 f {d)
Hypoiastisch : Z U..IK O n,.CT X 2
(tiefHypophiygiBch)es' desf c' b as g f es
(tief Pbrygiscli} es' des' d b as gee f es
Hyperiastiscb: Z I X^O C T..0X 1 \
(tief Hypo dorisch) &s' des ces b a.s ges f es I Mischunrr boidrr
Hv-periastisch: J Z I N^O C T..0X
(hochMixolydischJm' diu' m' h aü gis fia ein .
Bezcichnungsweiseu'
Je nachdem mau das Hyperiastische als B-Tonart (mit 6 b) oder als.
Kreuztonart imit 6f) liest, ergibt es sich für die Mitteloktavo e'—e als
tiefere ^Nebenform des Hypodorischen (Es-muU statt E-raoU) oder als hulicre
Nebenform des Mixolydischen Dis-moll statt D-moU). so daü sich in ihm
der Kreis der zwölf Transpusitionen enhariuoiusch sehluljt.
Das gesamte System der griechischeM Xutenschrift läßt sich, wie man
sieht, recht wohl, ausgehend vom Dorischen als Grundskala erklären
und ein Grund, die bisherige Leseweise aufrechtzuerhalten, liegt nicht vor.
Leider ist EIatI v. Jan, der so gut wie entschlossen war, für meine Aus-
legung bestanunt einzutreten, darüber gestorben (vgl. übrigens seine letzte
Arbeit, den nachgelassenen »Bericht Uber griechische Münk und Musiker
▼OD 1884 — ^1899 € im Jahresbericht fttr Altertumswissenschaft Bd. dV ;
1900, I}. Ich möchte aber hiermit die Frage einmal ernstlich zur Aus^
tragung bringen und bitte alle Freunde der griechischen Musik, Gegen-
gründe, wenn sie solche ausfindig madben können, vorzubringen. Der
Ghimdy daß nun einmal die andere Manier sich eingebürgert hat, ist in
Wirklichkeit keiner! Fragen wie die der Thesis und Dynamis erscheinen mit
einem Male so außerordentlich viel leichter zu behandeln, wenn man den
falsch gewählten Zentralpnnkt aufgibt, daß schon darum dem Hjpoly-
dischen als Grundskala endlich der Garaus gemacht werden müßte.
Zum Schluß mochte ich eine* kleine Ergänzung zur Deutung der grie*
chischen Notenschrift beibringen, nämlich den kurzen Hinweis, daß wir uns
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H. Biemann, Die dorische Tonart «b Gnmdsbüa der gneduscheu Hoteiucluift 569
ühtT die ominö>.e Ditij>L'n-»Skala b»'i Aristides, S. 22. wohl ganz überflüssig
dir Kopfe zerbrochen habfii. Die schon länii;st erkannte traurif^e Vcr-
fassun.c:, in wekhc div>e Nütcntaft l durch verständnislose Schreiber ge-
raten ist, hat l'ifh'r (huvli licl 1 eriiiann eine Rekonstruktion erfahren,
welche wohl nur uocii \ icl weiter von der ursi)rüngiichen Fassung weggefühit
hat. Nach dem 'Vcxt ist an der Stelle nichts anderes zw erwarten, als
für die erste Oktave die vollstihtdiL'r Reihe der Tonzeichen der Pykna,
wie ich sie oben für die Mitteloktaxt do Sin!7notens3'steins entwickelt habe.
B* ' niifnierksainei- Prüfung ergibt sicli. daß Aristides zweifellos die Sing-
uuten vom hypotloribchen Proslamhanoinenos an auf-^ti n l verzeichnet
haben wird. Es sind von den Zeichen doch noch eine gelingende Anzahl,
gerade in den beiden ersten Zeilen, erkennbar erhalten, um die (Jewißlieit
zu l:< In n, dali es sich keinesfalls um eine verlorengegnn.ifeTv besondere
Art lier Tonbezeichnuag gehandelt hat. Die Verglciehung ni t dt ii Tabellen
Aristides S. 27 und 28 gibt füi* die Verunstaltung einzelner Zeichen den
Schlüssel
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570 H. £. Wooldhdge, The Latest CoUection of Early Bogliali Music
' The Latest GoUeotdon of üarly English Mtuio
by
H. E. Wooldridge.
(London.)
At page 150 of thc first year's SammelbSnd* i uotice was given of
"Early Bodleian Music, Dufay and his Contemporaries", by J. F. K. Stainer
and Cecie Stainer. At pn^r»' •^">*^ lant year's Zeitschrift, ü f>roliininarA-
notico wns given of "Early jiodiL'iaii Music, Sücred and Secular Songs,
c. llöö to c. 1505", 2 vols., by the same auihors; with the remark that per-
bapB they would be more ajnply discnsBed later on by anofhcr pen. This
laai-nained andertaking may now be xedeemed.
Tbe subject of the present notice — a miscellaueous coUection contaiuing
more thnn one hundred specimens of early £nglieh music, brought tocrether
from various MSS, in th<- Bodleian Library by the laie Sir John Stainer
and his 8on and daughter — is a worthy companion to the former publica-
tion, ''Dufay and bis ContemporarieB** , wbicb we owe to tbe same family.
In Bome respects bowerer it prcsenta a strong eontrast to that work, rang-
ingi as it does, over a period of three centurics, and revenling many of the
changes which took in the method of compositiou during that time;
while the dotei^ of thu üpecimeii!« to be found in tho former collectiun are cou-
tained withiu u very few yeai-8, und the workB theuiüclvos beloug eutireiy
to one period, and represent a sehool united in the employment of one me-
thod. Yet tiie two books are naturally connected, and together, under the
general title, "Early Bodleian Music", coiistitute the contribution of the Uni-
versity Library to tbe histoiy of practical motio during the period whioh th^
represent.
In auother puiut of view the present volume uiay perhaps be said to
continue the work begon by the Flaineong and MediaeTal Muaie Sooiefy in
their publication "Early English Harmonjr. The object in both is esBOnti*
ally the same, and though the field of Observation is less wide in the newer
work, boiuLf tiiere coiifined to flu« cnTitenta of iho t^reai Oxford librarj', the
reRearch within its liniits wouid seem to have betii t-xbaußtive, and has left
probttbly little or uuthiug to be discovered by future explorers. In "Early
English Hannony** the intention was to give a general view of this kind of
musioi as it exists in the libraries of the British MuBonm and of both Uni-
versities, and rather to indicate the deposits than to aim at presenting a com-
plete coUection. It is true that as regards the period beforo the year 140(1
it was supposed that not much niort' of its music would be found. and w*'
welcome thereforo especially tlu-ee or four cumpositions of the fourt^eeutli
eentniy, wbidi Ae later research has brought to light, and which are in-
dnded in this work.
The present publication consists of two volames. The first contains
photocn'apbir roproductions of the vnrious pieoo«?. to<»ether with Mr. Nichol-
sons learued observatious, hiätoriual and palaeographical , upou the MSS. iji
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H. K Wooldridge, The Latest GoUeotion of Eurly Englith Mm. 571
wbich they were found; tbe second ks devoted to trauölatiouä iu modern uuttä,
and to explanatory and critical remarks beariug upon the muBic itsell',
•ome of whioh are special and gyren wifh the translationS) and some general
and coUected in tiie preface. There ia also an appendix, in which tweuty-
three of the more pleasing specimena are a^^^ iin rlu wu in the form of a
]>iMTiotMrt»' HrrAiif^omeiit compnsed in three or l'our pju-ts. Thus, to the ori-
gmai Single- und doublo- voiced songs, nne, two. or three oiher voices have
now iu effoct been added, while the pitch ot the whule also has ofteu beeu
eiflier raiaed or depreaaed. The neceaaity for this treatment, in a work of
ao tlrictly acientiflc a character, ia not very apparent; the reanlt however ia
often moflt pleasing, and siuce an appendix may always be considered ns
<]inte apart from the book with which it ia aaaociated the method here em-
ployed does not necessarily invite criticisni.
The Bodleiau Library in nut richer thuu uthers iu England in music of
ihe tlurteentk and fonrüentii oentnriea; indeed, if we were to judge from
the small nnntbar of spedmenB of those perioda in the coUection baforo na,
we shonld anppoae it to be considerably poorer. But not all of its resourcea
are shewu here, since the principle of .selectlon wliich j^ovcriiB the preseut work,
excludes litur<?ica! inusic. Aiul no douht this juinciple was wiscly adopted, for
if it haä deprived the wurk uf u few inteieätiug compubitions, it has al»u
brought it within Hmita wbidk hare rendered its pnblication possible. Owing
howerer to thia nüe, fhe important fragment of a hymn to St, Stephen be-
ginning Ut tuo jyrojnciatus ^ written early in the twelfth Century, in two
pfirts, in tho letter notution, conld not be given; and thif w;ir nnfortunate.
a» the little compositiun is, iu severe] respectfl, of ^reat lutereHt and value
in the history of music. Oa the other band, the collectiou iuclude:» the veiy
remaricable aecnlar aong, Fbwelea in ths FHA^ dattng from abont 1270, —
probably the earlieat homanitarian poem in the language, — the setting of
which affords an ezcellent example of the English two-Toiced music of the
thirteenth centnry. Tt is in the Hypolydian mode with a Bfljit t^iirnature,
one of the niost populär «d the m»'flirK>v!(] «rale», and is perhaps especially
noteworthy from itü couiaLning uiuny luätuuceH of a peculiar kiud of part-
writing, — QJPO for inatanee grouped in one part againat QÄO iak tiie
oiher, or AQFQ aa a gronp opposed to AB9 AQy — which ia fonnd in
two-part eongs in other English MSS. of the thirteenth and fourteenth cen-
turies, and would seem to be unknown elsewbere. Tt was first adopted pro-
bably in extempore discant. from a tet-lini,' of ticiidity in the discantor, and
a desire to keep as near the meludy a» pus»ible; afterward», the variety of
ihe concorda, parfeot and imperfecta whidi ariae from tiie application of the
neihod, woold natnrally recommend it to the more leamed wiitera. Ita
general efiPect is to create an almost equal interMt in both parts; so nearly
^qnnl, in fact. that it wotild not alwaya be eaay, without the worda, to aay
whicli ((f tlie two c(jntaiued tlie jnt-l.idy.
The Version of tliiß Uttle composition given in modern notes in the
pt«8ent work aeema to have been made in the belief, which untU very latcly
vaa the general one, that eonaidering the dato of the MS, — 1270, — the
song would natorally be governed eitber by the Francouian rulea of notation,
^"bich hiid prf)bahly at this timc Ixuni establiahed about twenty years. or by
thoBe ui Jean de (iarlnnde, which were a Uttle earlier. But, as a matter of
fact, the impoasibility in that case of ace<»mniodating the voices to euch other,
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572 ü. E. Wooldridge, The LaU'st uilictiou of Early Engheii Music.
withont the nae of lioeaces tuikaown to tiie old wriien, — for in tliis ver-
sion, to idw om iniliB&ce, the ternary Ugatare Iim to be employed &uin«>
times as an nnapaest and sometimes as a tribrach, — might be tbought to
br in itself sufficient to sbew thiit neither tlie niU s ot* Franco rior t1i«>^i- of
JüHu de Garlande will apjily^ , and tliat tlu- üigns of au ulder ine-
tliod of writing music, repiebeuting quite diiitireut priuciples of notatiou,
should probably be looked for. This altematiTe method ia governed not
by rules of Proportion, but entirely by the poetical metre of the worda; is
it the musical notes aud l^atures have no mensural value, but each expresses
>i syllable of the metre, and each note or £»roup of notes is equal to the nute
or group oppoöt.'d to it in tlie ( oiiijmiiidu part. And the existence of tlais
uiethod bere would tieem to be iudicated by the fact tbat the gong containf,
in each part, exactly aa many notes or groups of notea as ihere are ayllab-
leB of the metre.
The three-jiart composition, also, sbewn in Plate Vlll, diaplays the old
niethod of notfition, and this has again proved a source of difficultv in traus-
liiting. Tbc rditor says, "Our MS. must be inoie or less corrupt, because
cousidcrable aiteratiou of the value ot the uote» ie> ueceseary from üme to
time in order to bring them into eombination**. Bat anotiier veraion was
fonnd which gave, as we gatlier, better results. ^Fortunatcly another oopy
exists in the famous MS. of the Faculty of Medicine at Montpellier ... A
comparißon of tlK* Montpellier with tbe Bodleian copy at oncp fhcws tliat
the former is a purer voi-sion than the latter". It is not how(^vt r because
the English copy is con*upt, for it is not reaUy so, but because the lules
of the Mon^ellier version are thoae which the pretent editon also had adopt-
ed, that the French co]<y gave Bueh ezcdlent results; for the seTenth fascicle
of the Montpellier codex which contains the French copy, is a coUection of
(Mily thirtoonth contnry music, tranalated into the Franconian notation by a
seribü ot the lourtventh ccntnr\''>').
Apart from these inätauce», and a few more of minor interest, in which
the intention of the seribe may best be inteipreted according to the pre-
mensural method, — a method, it should be Said, which has only quite lately
revealed itself definitely in its real importance, — the translations leave
nothing to be dcsiitHl,
The muBic ot tJue earlier half of the thirteenth centurj', — tbe }>eriod of
which Maitre Pörotin would seem to be the most worthy exemplar, — re-
presents the cnlmination of the first great effort towards the combination of
independeut voices. It is to be distingoished especially by its striking and
eraphatic rhythms, — and iudeed by a constant resemblance in the character
i)f the separate parts, in all reppects, to pnpnlar song and danrc music; but
it is not, except in one striking iubtüücc, — Swficr ü< icumcn tn^ — reniark-
iible for auy special care for beauty, or even for suavity, in the general
effeet. These Iflting rhythms, continnally recnrring in the composition ^ no
doabt created in the heareni a spirit of mde dieerfolness and exhilaration,
1] Jean de Garlande, it is trae, does sometimes nae the tevnary Ugatme to
express the tribrsch, and the molosBot also; bat onfy in certatn circamsUMice«, wbiob
do not arisc hf>rp.
2; Oswald Koller. Der liiedercodex von Montpelher. , Vierte^ ahrsschrift für
Musikwissenschaft 1888.. pp. 6, -iöö.
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H £. Wooldridg«, The Latest OdlteHM of Eurly Engluh Music. 573
a spirit sufficient to satisfy tbeir elementary musical percepH*»», aud a
frame of minel wliicli miirht %vell pxrlnde any nntion of thc exact kind of
fffect produced hy thv sininltancous occuience ol diÜerent uotes ul appieci-
able leugth. Concoids, iuherited trom an earlier system, were prescribed as
neceasacy to he employed upon the strong beat, bat no principle of seleetion
was geueraUy perceived, and if the broad rnle was obeyed it was thonght
siifßcient. No iustinctive sense whatever of the undeilying hamonic pro-
j>riety in a progrea^ion nf par-t« to be di'srovprrd in the tarlicr thirtcfiif Ii
Century music. Not even in the delicattf- and sensitive rcgitm of the clu^e
is the idea which afterwards produced the cadeuce to be di^tiuguisbed as a prin-
ciple: sometimes indeed a leadlng note ia seen ae poeaible if we adopt the
musüa ficta, but just as often the rnaftie comes to an end by other meane,
and leaves the ear entirely unsatisfied.
In the latter half of tho Century these characteristics boirin to tjive phice
to others which foreshadow the forms to be taken by the niusic which was
to come. In the two-voiced Fowcha in tiic Frilh, for inetauce we lind a
Scale eTidenÜy efaoBen for it« natural cadenee and for the snavity of ita effecte,
atid a metfaod of writing well adapted to display these advantages; and in
the fine motett Sandte Ingeniie in the Cambridge Univer«ity Library, given
in "Early Knglish Hannony". and also to look abroad for a moment —
in more than one of the pitcea in the Frauconian portions of the Mont-
pellier codex, we may see an attempt to write for the voices in a method
apart from fixed and continuoaa rbytiima.
With regard to the music of the fourteenth centnry, we have not nntil
quite lately beeu ncarly so well supplied with the meana for a view of it
fis we were in the case of the thirteenth. We possess many important theo-
retical treatiaes of this period, it is true, but tlu* conteraporary coilections
of practical music. which aloue cau afiford exact intormatiou, havc hithertu
been for the most yuw-i o^erlooked. SeYeral very important MSB. howoTer,
containing componitions of this Century, have lately been brought into notice,
— especially by J. AVolf and F. Ludwig in the Quarterly .lournal of this
Association, — and it is already evident that from these soiirce? , when
tliey have been thoroughly examined, we t^hall obtain a niore ju rfect know-
ledge of this rather obscure period ol musical history. Jn the meantime
it 18 clear that the musicians of thia generation, satiated jicrltups with the
empbatic rhythms which aboanded in all forma of compoaition in the pre-
vious centurj', and possiblj also awaking to some perception of the frequent
cacophony of the earlier workp, were hepfinning to apply theinaelvea to the
evolution of a more sober and more agreeably sounding styie; and in tliis
attempt no doubt they were mucb assistcd by the recoverj* and establibh-
menty — effected during this period, — of Üie duple riiythm, which had
been abolished by the first mensuralists, but waa now restored aa alternative
or complementary tf^ tlie triple. The rhythms now by this means rendercd
possible in music, wiiieh thns heeanie not only more natural but alfo mnre
varied and intricate than betöre, ure of course diöjdayed in the Systems ot
Proportion, expressed in mood, timc, and prolatiou, which at ouce arose.
These Systems were npparently at first simple, relating chiefly to the pro-
lation of tbe semibreve and, in our own country at least, not requiring help
to recognise them in the composition ; for in EngHsh music the indicative
signaturog do not at first np|>etir at all, nor with any Irequency untii towards
tbe latter half of the followiug Century.
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574 H E. Wooldridgc, Tüe Latest Üuliectiou of Earlj' English Muu>io.
The present collection inclades very few Bpectmen« of the miuie of thk
poriod, bat among them tliere ib one of considerable interest, owing to its
representutive character. ThU 18 a moictt, — Pehwn f'jtJi'i^ cccksie, ~—
from a MS. flatincr about 1375, coutiiiuiiiü[ nut <>iily thc usual U n(ii\ discatituf!^
and triplum, but a quartus canlm also, a stcoiul irnor . whirli ündä its na-
tural place immediatelj above the subject; aud this addition of a fourth
voice to die motett is an inventioii of fJie fonrteenUi oentmry. Veiy diffe-
rent alao from anjibu^ known to the thirteenth oentury U the character
of the general efiect of the combined voices in this compositiou. We no longer
perceive the frequent clashinpr of discords deliberately iutroduced as 'colour'
Ol" relief from the monotmiy ot the jiDttic rh\'thm. whieh is characteristic
üf tlie thirteenth ceatury uiu»ic; but the whole woik, coustructed of coIlCord^,
perfect and imperfect, gUdes smoothly on from begiiming to end in perfect
euphony. The rennnciation moreover of the thirteenth Century 'oolour^ stiem»
to be complete, and exteuds apparentiy to all the devices included by the
theoriata tnuler that namt- : passaET^s of Imitation and the interchange of
parts, ;aumetimeä callfd Uuubl« counterpoiut,) so frequent iu the old Con-
ducti and in Organum purum^ have disappcared like the old forms themselves.
Indeed the divieion of the subject in an inregolar form of the old fifüh me*
lodic mode constitutes here the only real formal restniblanoe to the thirteenth
confttry motott. It \9 true that the Upper parts alao wonld scom to Im
Hritttni in the lirst niolodic mode of the older theory, but although tbrir
march is the same as that of the tirst mode, alternate long and breve, it
vill be aeen that the nndercnn'ent of the rhyfhm ia not the aame, that the
notea when they are broken are not brokan in tiie old manner, and ÜuA in
ahort we haTO here not so much trochaic rhytimi as the aesquialtera
Proportion. The cliief characteristic wbicb this composition, — and indeed
the music of the whole period, — may be said to possess in common witb
the older forms, is vagueness of hannony; ibere is no nearer approach to
a rational idea of progreiaion nov than in the previoas centuiy , and the
dosing passage of a piece, thongh generally elaborate, is often groteaqnely
inconclusivo in its sounda.
Tlie titteenth Century is memorablo in the annals of the art of ransic.
but eäpecially in Enjjland. There. the teebnique of the combinatiou ot real
parts, which had beeu iu procesä ol develupmeut sioce the twelfbh Cen-
tury, had abont 1400 reached a point beyond whieh it waa impoasible
to gOf nntU aome frnitfiil principle conld be perceived which might direct
the applicatiou of the tcchnique towards the production of a satisfactory
general effect. Enthnsiasm was {rrnwins? and spreading fast, and the numhcr
of practitioners, wiiich had already forraerly been, about the year 12UU,
yexy considerable , was now again becoming exceedingly large; the common
interests and desires of these men, expressive of the irreeistible tendenciee
and necessities of the art, found representatives in D uns table and other
musicians of supeiior ability, nnJer whose leadershiji a sdiool was soon
once niort; creatfd. The important iinprovemeuts which were eft'ected by thi«
ßchooi may be traced without much difhculty iu the collection bcfore us,
which is comparatively rieb in works of the fifleenth Century , containing a»
it does between serenty and eighty examplea, (or three fonrths of the whole
number included in the book, of tbis ])eiio(l These examples are written
apparently for the most part by exceediugly able members of the achooL
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H. £. Wooldridge, The Latest Colleetion of Evly £iiglish Muric.
575
No uani»'-^ art! i^iven, l)ut two pifco^ liave already been recocrnistHl ;is (opies
ot kuown works of Dunstable and Leonel Power, and there «re many
compoBitloiis to be found Imre in nerit wxt inforior to thete. Aa might
natnraUy be suppoeed, ike works whidbi beloiig to tbe first quarter of the
Century are les8 remarkable for general ezoellenee tkan those which oome
somewhat lah r, hui even in the earlier period we percoive at least one great
ndvance. In a MS. of 1425, for exjimple, Hlready find that the incon-
ehi^ive eudings common iu the precediug Century huve Leen abolished, and
tbat the prineiple of the eadence, — the descent of one part by a whole
tone to the finad of the «calei and the simultaneoue aacent to tlie same note,
in unison or octave, hy a aemitone in the other, — in firmly entablished.
The rather niore elaborate form, too, in which the Hoven fh susppiided above
the descending penultimate ih resolved upou the sixth as leading nute, is al-
readj common, and we even find, in the tong Love wolle /, not uoly the
pennHimate bat the antepennitimat« alao accompanied by a anspended diecord
in tbe most approved polyf>honic manner. The delight of tho new school
in this beautiful iuventioii is well seen in the litth* pieco J/y rarrs rowni\
thi.s contiiet^ of hardly aiiything eise but cadences, which are applied wher-
ever the smallest break in the sense of the words can be imagined; and all
tbese cadences moreorer modnlate not eaenally , bat into acalee whidi we feel
to be related. Loi tiie gi^neral condact of the phrasee, however, at thia period,
apart from the oloee) die hamonic relations of interrab are Btül only very
dimly perceived.
Thp second ([uartcr ot tlic rontnry is represented In thp Bodlrian librar^',
parily by a sniall and iVuguieutary coUectiou of pieces tu bu iuund among
the Aflhmole MBS, and partly by the very fine coÜection beqneathed by the
great Seiden, oontaining not only three-part motetts of considerable import-
ance, but a large number also of two-part songs, both sacred and secular;
and nearly all of thesc roinpoi'itionf' arr irivpn in flic present work. From
an exauiiuution of ihem it becumen uvideui tbut tbe special effort which they
represeut was towards a reasonable progressiou of sounds in those parte of
tbe compotition which lie between the cadences, and this effort was nata-
rally more successful in the two-part compositions than in those ibr a larger
number of voices. The editor of this colleetion indeed taki s ncrnsinn more
tban once to remark upon the excellenee of the writin<f in the two-jiart
pieces included in it, and the comparative timidity and often the ill success
of attempta to add a third pari The difficnlfy may be well oImctv^ even
in the three-part closes, where the pasaage which aecompanies the two
well known members of the eadence is at first often carionsly in-
appropriate nnd nnsuccessful; tlie tni<^ accompnniment bowevor was pnon
perceived. niul ap[)ear8 in all the best works of thr tinn'. — in tli»' soug Go
Hert in the Ashuiole MS, in the motett without words on plate XXXVII,
in Ntacima Makr Virgo^ Jirgim CaeK, and the motett« by Leonel Power
and Dnnstable on plates XLII to XLIY, aU in the Seiden MB. In these
compositiong, and in others of similar character, we see the complete mea-
sure of improvement attninnd during this period. In the first piece men-
tioned, for instance, it i» clear that the harmonic instinct is wonderfully
developed iu the composer, and that the skill wiih which he has avoided bare-
ness of effect) in a combination of very agreeable parte, is of a high order.
The last five bars of the translation of this piece are especially remarkable;
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576 Wouldridge, The Latest CoUectiou ol" Karly Krigii^ii 3Iusic.
the final dose ia avoided apon its fint approach by a false cadence, ili tbe
in<i(lern manner; and the final passuge itself) di'sceuding tu the true cIom-
with suspt'usions of concord and discord, leaves really nothing to be desire«!.
aiid {^ivcs an astonishincr f>f the progress mode in Enj?!hnd nnder T>uu>-
table. In the fine niotett without words, also, the harmuuic prupriety Ii
ofteu well perceived by the writer, both in the modulatious and in the genenl
conduct of the work. The aaine too may be said of Neadms Mater Fvp»)
and Regma, CSneli; and it may be added that in the latter a eomparatively
near approach ia raade to the later methods of closing. The writers of thei'i
worka however aro «tili far from thcir ^oal. Kveu in Lennel Power anf]
in DunBtable, may be aeeu Irum the tipticimens uf their werk in tbi^
coUection, the management of discords, for iustunce, thougb evidenÜy a sub-
ject which was always engaging their attention, is not qnite perfecÜy nnder-
■tood; we may probably assumc therefore that this was n pari of music
held over to be dealt with by the succeeding goneration, like the harmooic
propriety itself. which wa«; rt'rtainly not completely perceived at the death
of Duustable, notwithbtauding th** greut progress made in that reapect duriu2
his life-tinie. For its approach to harmonic propriety, however, a movement iu
which it took tiie first stepe, thie achool of Engliah composen of the fixst
half of the fifteenth Century must eyer be remcmbered, and not lesa for ib«
invention of a kiud of melody in the separate voices which departä altogetber
from the old rude and populär charnctcr of poetic or danco rhythm, and nr-
rives at the beginning of that exquisite style of musical prose which is cur
of tbe chief characteristics of the later pol^'pbonic compositiou.
The coUection, cspecially in thie latter portion, containa many matters of
intereat not referrod to in this notice, wlüch indeed profesaes only to take
a general vIew of the aubject. Aniong such mattera, for instance, are th»
trarns which may be found liere hhI tlu rc of tho influen<4> "f Fauxboitrdr»ii
upon tht' learned compositiou. Tlie song Aoit tiolde 1 /ayttc^ upou plati?
XXX, affords a good example of thi», and in anojtber compositiou also, of
greater general intereat, — the Song of Agiacourt, — it will be notieed
that the whole of tlie three-part chorus ia a Fauxbourdon disguised with
passing notes. Older forma of compositiou, too, will sometimea be recoguised.
aa in Leonel Power s short 'Hocket' at pa^p 92 of tlu» Volume of tran?-
lationa. Other mattera of intereat will also be observed, »ome of which are
pointed out by the editor while otbers will be discovered by the reader for
himself.
In conclnding, ref«?rence should be made to the perfection of tbe repr«)-
ductions of the old MSS, in this publication, and also to the general excel-
lence of the ni. thods adopted iu the prosontatiou of tbe trauslations. It
may however bu uf üorvice to poiut out that the arrangemeut of the worti?
beueath the upper part in the two-part songs, — though no doubt iuteudod
to aerve aome uaefnl puqioi^e, — givea a wrong impreaaion wilh reapect to
the niiture of this form of compositiou, which consiate of a Tenor aong witb
troble diacant. It is not certain that words were anng to the upper part.
thoae giiren being always written in the originale below the Tenor only.
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Die Vierteljalirshefte der Sammelbäude
erscheinen am 1. November, 1. Februar, 1. Mai und 1. Augost Schluß
der Bedaktion jedes Heftes: ein Monat Tor seinem Erscheinen. ManU'
skripte und andere Sendungen beliebe man zu richten an einen der
Herausgeber: Prof. Dr. Oskar Fleischer, Berlin W. MotzstiaBe 17 und
Dr. Joiiaiuies Wolf» Berlin K. 0. Prenzlauer Allee 30.
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The Toundations of Harmony
by
Frederick Niecks.
EdiuWurgh.;
It has seemed to me for a long i\mo that the Systems of teaching
haimiony are to a large extcnt unsatisfactory. The theories suppUed,
instead of being BOtmd explanationn drawn froin objective facts, are mootly
ingenious conjectures evolved out of the author's inner consciousness,
hypotheses which are improbable, and whose proof is indeed rarely as
much as attempted. If examples of this are asked for, the various
iheories of invisible roots and of limited chromaticism may be recom-
mended for examination. A common procedure is to start with a number
of general assumptions, and to legitimise all the foUowing particular
assumptions by a reference to these entirely arbitrary and purely fanciful
principles. Another common procetlure is to bnse theories and rules on
the style of one ('omijosci-, on tho taste and habitude of one indiyidual.
Thus it ha])i)Oii^ that a sy^tcin whicli a^'rees excellently well with Mozart,
causes some troul)!»- with Heethoven, requires a great dcal of stretchiug
with Öchuin'»mi and completely brefiks down with Wai^nor.
In frammg a systeni <if harmony the chief aim should be universal
applicability. This can only he attained by strict rejection of the fifti-
tiou^«, and a tinii adlicrciue to the actual. in short. it is necessarv to
go back to real pi iiK i|)les. I found my System un two laws — the Law of
Dissonance, a physii al law, and the Law of Tonality, a psyehiral law.
These two laws are wliat F call th<- kt'vs to the theory and practice of
harmony. The Tjaw of Dissunaiue is the primordial, elementary. lower
law; the Law of Totiality, the later. gradually doveloped higher law.
The higher law docs not su[)er8ede tho lower, but superimposov itself on
it. In (»tluT wurd.s. the law of tonality puts an impress of it> cwn on
the variotis manifestations of the ever-valid law of dissonance, gives new
and distiti t meanings to them.
Little neod bp said on the Tiaw of Dissonance. It is th«* outcome
of the physical discomfort or even pain, with its psychical concomitants,
S. d. I. M. IV. 3g
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578
Frederick- Niecka, The Poondationi of Hannony.
irritatiu» and restlessness, experienced by us when we liear a dissonanoe.
The law of dissonance may be formulated thus: Every dissonance must
be followed by a neighbouring consonance, must be, technically speaking,
resülved la). Apparent exceptions, where nno of tbe notes forming a
dissonance takcs a leap, instead of proceeding by a degree or remaining
stationary, iniply omissions nm\ suhstitntinTi«:. wbieb, habitiinted as we
are to the second law, we im iitally. Imt iincunsciously, supply b . Here
we bave an instancc of im im reast' of the resolutions pos««iblp under the
law of dissiiimiice by tlir action (»f tho Inw of tonality. It would lead
too far oft" tlic road to bi' travellcd wrrc I to enter on a disquisition
as to tlie t'xtcnt to which tbe law of tonality, with its tones of distiurt
tendencies, limits th<* n^solutions possible under tli»- law of tlissoiiance — for
in}>taQce, those of diminiähed and augmeuted intervuls.
On the Law of Tonality I cannot be so brief. This law is to be
found in all rausic whose material (xmsists of a regulated series of sonnd'^.
that is, in music of all doffrefs of artistic development. Hut in the
different stfigcs of art-inusic tonality presents itsolf in nmny defjrees of
development. It is niur(^ bierlily deveh)p«'d in harnionic tlian in purely
melodic music, and more liiglily developed in modern harnionic luusic
from tlic 17"^ Century onwardj tiiun in the oldcr harnionic nmsic based
on tlu' ccclcsiastical modes. In the niost modt rn nnimc there are signs
of a reac'tion against \\w law of tonality. But does any success thi^
reaction may boast not jircsuppose a stiong feeling of tonality? Chaos
may be welcomed by sonic as a pleasini; change from tlic monotony of
Order, But if chaos wt rc to take the place of order for gno l. not
merely incidentally. it i> nuich to be donbtcd whether even tiie cxiremcst
revolutioiiists would loiij^' rcmain batisticd witli the new rnjim*. For
after all is not tonality the fundamental law of l^u^icy Is it not tl»e
centripetal foice which holdh tu^'cther the paits and particles ol muaical
compipsitions large and small? Tonality may be defined as: The relation
of the uoies of the scale to eaeh other. Such as it exists in our es-
sentially hanuonic music, it may, bowever, be better detined as: The
predominance of the tonie not«- and tlie tonie oliord ov*»r the uther note.s
and cliurds. We niav also sav: I'onalitv <'on>ists in the difference of
chaiacter possessed by the differeut tones of the siale, consists in their
different degrees of restfulness or restlessness, and their consequent
tendeucies.
The tirst, the third, and the tifth degre»', tlie notes of the tonie triad,
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Frt}<lerick Kiecks, The Foundations oi Harmoiiy.
57y
are the ekments of rest of tbe diatonic scalea, which we may also call
the positive elements. The other degrees, the second, the fonrth, the
sixthy and the seventh, are the elements of imrestf or movement, wbich
we may also call the negative elements.
The measure of restfiilness of the three positive elements, however, is
not the same; nor is the measure of movement of the lonr negative
elements. Ferfect rest is to be found only in the tonic. The mediant
and dominant have less perfect rest. On the other band, the greatest
imiesty the most vigorous movement is to be found wbere a note at the
distance of a semitone leads up or down to a note of rest — for instance,
in major, from tbe 7*^ to the 8*^ degree, and from the 4^ to the 3^
degree. Both these notes are leading notes, bnt Ihe former is the piin-
dpal leadxng note, the leading note par exadleneef and we call it thus
becanse it leads to the pzincipal note of the scale, tbe tonic, the most
perfect point of rest, and we forther call it thna becanse, leading as it
does to the pnncipal point of rest, it strains more vigorously than the
other leading note. Where the negative element is at the distance of a
tone from the adjacent positive element the nnrest is less great and the
movement less strenuous. Ifark that the second and the fonrth degree
bave a note of rest on each aide, and the aizth and the aeventh degree
only on one side. Diagrams with the dilferent degrees of rest and unrest
indicated by signs will iUustrate what I have described, as in this way
the State of matters can be seen at a glance. A horizontal line indicatea
rest, a wedge movement. The size of the signs corresponds to the
measure of the rest and movement.
Better:
38*
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580
frederiok Kieokt, ThA Foundatioiii of fiarmony.
Witli iv^jird to tlie minor scaie. it uiay luA Vm> supertluouo to sav
that thc ükl form, thu fomi prest-rvctl in the descending melodk* minor
Scale, is still thc fundamental funn of our minor scale, the raised
degree of tlie harmunit form, and tlif j;iistMl (V^ and 7''' of the ax-ondiui:
m*^lodic form being really chromatic moiliiicMtions forharmonic and melodi»,
jmrpost'6. The harmonic piiip()st' niight also be called a tonal ])iirj>03e.
For by thc sharpening of the 7^** degree a leading nute to the tonir is
obtained, vvhereby thu negation of the position (the tonic) is «^nipha>i>.Mi
and the eifect of the asnerted jxKsition heiglitened. The naiiic "liannonic"
&a applied to one of tli«- fornis of the miimr scale is a inis;ipj)li( ation,
for that form does not ;j:ivc us the whole hatinonic eouU^nt of the minor
mode. whicii compreliends the unraisod ns weil as the raised 7'^ deiriv«
Thus far 1 havp troated f»f the Ii ii .nie scales. The chromatic scait
is not H Hcah» in the same senstii it i-^ not an independent scale. not a
third mode added to the major and minor modes, but simply a meludic
development of the diatonic scales. In iiilrotluciu<r ( hi oiaatic notes into
the diatonic modes we introduco new notes of uurest, new notes of
movement. The nature of chromati( nntrs cannot be bftter described
tlian by calling them artiftcial leadiug notes to the next degree npward
or flownward. If we sharpen c we cret a leading notf \\\) to d. Thc
bceond degree we can flatten an<l sharpen, d? leading down to c, d^ up
to e; and so on. In the directiüu where Uiere is a semitone we cannot
of course introduce a chromatic note leading to a diatonie note; for
instance, in ( ' tnajor no c^. f'^, ' J, and h^. But we could introduc^'
such chromatic notes it we wii>hetl to go to another chromatic note or
to a note in another key; for instance. fiom r to //' hy way of c^.
The logical notation of the ckromatised C major scale would conse-
quently bc thus:
And the logi* al notation of the clirumatist.'d A minor scale — we have
to take the old form as the basis — would be thus:
-<g>-i»»-
It will be Seen that shai peniug acci<lentals are consistently made use of
in the ascendiug scale, and Üattening accidentals in the descending scale.
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Frederiök Kiedu, The Fonndations of Hurmony.
d81
Of oonne evciyonf who reads music observantly knows that com-
posers are not systematic in their Dotation of chromatic notefl, but write
them mostly as it serves their own or the executants' momentary con-
▼enieoce, often also they write them negligently and ignoraaüj. In
Bcores one meets frequently with cases where a chromatic passage in
one pari is vritten in onn way and in another part in another way.
However, these notational diversities in practicey which prove nfithing as
to the real nature of the notes, do not concem us liere. It is otlu rwise
with the teaching of the theorists who teil us that the content of a key
incliides certain chromatic notes and excludea others. For instance,
Day s and his followers' chromatised C major scale has no ci^ d1^, g \
and a^. He gives reasons, bat not satisfactory ones. We must
agree with his concloaions, if we grant his premises, which however is
inipossible. Such a System of chromaticism is not a key to the hannonio
treasury of Schumann, Chopin, Wagner, and the most modern composers
generally. If one nevertheleBS insists on applying a System of this kind
to the music of these masters, one is drivcn to twist, tum, distort, and
denaturalise the facts, and obscure instead of elucidating them. I venture
to assert emphatically and without the slightest hesitation that the theoiy
of limited chromaticism and the practice of the modern composers are
irreroncilable.
The tonal teiult iicies thus « 1 rved in the scales, that is in melody,
remain the same in harmony, that is in the siinultaneons combination of
two or morc degrees of a scale. Ohoi^ds may be compounded of notes
of different measures of rest, or of notes of movement, or of a mixtnre
of notes of rest and of movemont Harmony understood thus, in the
Bonse of simultaneous combination of melody notes with various tonal
t^'ndencies, fumishes us with explanations of most harmonic phenomena.
This view of the matter saves us frora the necessity of having recoui-se
to Systems founded on roots and on derivation from the hamionic sories;
nay, it evcn altogether excludes such Systems. Indeed, the root and
derivation theories are arÜficial edifices basid «m nnjustifiable assumpttons
and constructed out of more or less ingeniniis infrrences drawn from
them. Admire tho beauty of these fontastic fabrics if yott like, but do
Tiot expeet that they will be of any practical use to you. Instead of
being a help, these theories are a lundrance to the right understanding
of the Problems in question; inst« ad of removing actual difficulties, they
create new imaginary ones. The fact is, we cannot see clear in the
matter untii we have divested ourselves of the notion that chords are
<^ntities given us ready-made by natuie. Nature has given us notliing
t>f the kind. It is no more than mere sport to ^licf the chords out of
towering formations of seven superimposed thirds springing from two or
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682
fVedertdc Ntecks, Tb« FoundAtioot of Hsmoiqr.
three roots, iiionstprs such as huve never been seen on land or sea^).
Nor is it anytliiiiiL; mon' serious than sport to pick the notes reqiiired
for the (liords out of that abouniliiig storehouse the harmouic series.
Anfl vvliv? Berause the harraonic sorio'^ is n simultaneoiisly sounding
multitudc of tones which in their t(»t;»lity luntlier stand. iirtiHtifHlly
speaking, in liarmonic relation to tach other, nur forin when lieard toge-
ther with equal distiiictness a satisfartory whole, and from wliicii. if
being in tun«' is not an iiKh'spensablc condition. tlie toues of all the
harmonics in uso inay l)e collected and vct an unusable residue left.
The pretcntion that by buch theorics a natui'al or scientific basis is '^Wen
to harniony is an ilhision that canuut fail to be the woiKier and dcrision
of fiituro f,'eneratiou!s, if it is not already of the prpspnt. Tf we
a])prüacli the matter unprejudiced, we nefd no nioi r than cunauon senbe
to recopnisc the haselcssness of these tlieories to fundamental fact«,
and the illogicahiess of their development>. Wliat I preach is the aban-
donment of these wooden idola devoid of living divniity.
Well, then, it may be conveuient to s])eak of triads, of ( hordt» of
the seventh, and jieihaps also of choi i]> nt the iimlh - whetlier it be con-
veuient to speak of chords of the 1 1 venth and thirteonth is another
question — but it is necessaiy thatwe should uiulei ^tanti that triads, chords
of the seventh, etc., are not matter-lxnn but niind-born entities, 1
repeat, chords are neither niore nor less thau siinnltaneous couilnnations
of notes of a scale, notes of various characters autl tendencies which
combiued produce harmonies ol' ditierent « liaiacters and tendencies. The
characters and tendencies uf tlie constitiients detennine the character and
tendency of the whole eonibnuaion. The greater the niunber and
strenuousness of tlie negative elementx of tlie scale in a chord, the
greater is the mcusure of its unre>t and niovemenl. The raeasure of
rest, on the other band, depends upun the position of the positive Cle-
ments. As the tonic note expresses perfect rest, and the mediant and
dominant imperfect rest, so the tonic chord with the tonic in the lowest
1, How »ui'prised Kam e au wouid he il ha cuuld see some of the devclopmeots
of hit ideftt! For instanee, John Stainer^B Scale in Thirds:
j . by Googl
Frederiok Kiecks, The Foundttioos of Uarmony. 58S
and in the liighest part expresses pcrtect rest, and the mnm chord witU
any otlier noto III oiie of ihv extn-me parts imperfect rest.
Whiit h;is more esperially to be noted ib this. Outsidc 'roiiulity,
that is MS individuals standing hy themsclves, nll consonant chords are
chords (»f rest, and ouly dissonant chords. churds of unrest; whereas
within the partnership of tonalitv onl} a single consonant cbord, the
tonic triad, is a chord of rest and has self-sufficiencv, and all the other
cliordti, the consonant as well as the dissonant, are choids of unrest and
lack self-Rufficiency. Hence it comes that tlie sarae consonant notes
form at one time a chord of rest und at other times a cliord oi uiirest.
Thus c-e-fj wüuld i)e in C major a chord of rest, but in O ittajor, F njaj(/r,
E minor, and ,.1 luiuor, and as a chromatic chord a chord of unrest.
This faet is forgotten or not properly appreciated by those theorists who
deal in borrowed chords. If we procee«! from the chord of tlie dominant
in 0 major to the chord of the tonic of tliat key, we proceed from un-
rest to rest; if we proceed froni the chord of the supertonic with raised
thiril in C major to the chord of the donunüut of that key, we proceed
froin unrest to unrest. Alili' i-li the notes are in })oth cases the same,
the eftect is different. I wrut«- u uionient agu of consonuni and di.ssonant
chords of unrest. It niay not be useless to note the difference: the non-
tonic consonant triuds have only the unrest derived from the negative
tonal Clements, the dissonant chords have in the dissonance or dissou-
ances an additional element.
The Constitution and conditions of chords can be strikingly brought
out by means of the signs I made use of in connection with the diatonic
scales, but which are equally applicable to chromatic notes. First I
shall tabulate the Triads and the chord of the dominant seTenth of the
major mode.
Tonic. Dominant. Subdominant. Mediant. Submediant.
g — d ^ c b A e —
6— ..bA av g— c —
c — g^ ff e — aV
Supertonic. Subtonic. Dominant Se^enth.
a V ff ff
f } d^ di
d* bA bA
g-
The marking of the first five chords does not stand in need of com-
ment With regard to the others I shall oonfine myself to the foUowing
two points. (1) The laiger of tvo wedges indicates always the stronger
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584
Frederick Niecks, The FoundatioDB oi Huxmuiiv.
tendency and more natural drift; and [2] where theie are two wedgea
they may not be applicable to the same ctreumstancea {tot instance» d
in supertonic chord and f in subtonic cbord not with fundamental in
bass). It will of course be understood tiiat the movement marka diow
the bearings of the notea in qneation upon the notea of the tonic chord.
That composers often balk the natural tendendes of the notes, at least
temporarfly, that erery non-tonic is not always immediately foUowed by
the tonic chord, is a fact that doea not require pointing out Mudc
would not be an art, still less the piquant and ex[)re98ive art it iS| were
it otherwise. The State of matters harmonic may be strikingly and truth-
fully pictured by a oomparison of tonality to the solar system. The
tonic chord is the sun. What revolves around it may be single stars or
groups of Stars inth subordinate centres of their own. If we look upon
Our harmonic System as a deviating from and a direct or indirect tending
towards the Clements of this central chord, every oombinationi be it ever
so Strange and eomplicated, will become intelligible.
Instead of unnecessarily spending time in tabulating the other dia-
tonic chords in major and those in minor, which everyone can easüy do
for himself, I tum now to the chromatic chords.
A chromatic chord is a diatonic chord one note or more notes of
which have been chromatically altered, that is raised or flattened a
semitone. This way of putting the matter acts on some theorists as a
red rag on a bull. The word ^'altered'* is the red rag, The alteration-
ists are told by their opponents that it is foolish to speaJc of e$ as an
altered that the two notes, although bearing the same name, are
acoustically as distinct as c and b and e and f. No doubt, they are.
But what reasonable person erer deoied it? The alterationists do not
teach this, and their theory does not imply it But whilst the opjion-
entb impute^to them something not in the alterationists' mind, they ovei^
look sometÜng that really is there, It is this, that you can alter, modify,
a degree in a scale of notes maJdng up a tonality. If you alter f into
in C major, the altered f remains still the fourth degree. So, to ease
the Situation, the deünition might perhaps be formnlated thus: a chro-
mniiv note is a modified diatonic degree, and a chromatic chord une
which contains one or more such degiees. The misunderstanding has
seemed to me always one of the most curious and striking examples of
to what Strange misconceptions and suspidous prejudice may lead. The
misunderstttading is so much the more cun'ous as the alterations of the
sixth and seventh degrees of the diatonic minor mode might hare senred
as a waming.
Observation cannot but show the correctness of viewing chromatic
chords as altered diatonic chords, as chords in which one, two, or more
Fredehok >iiecks» Tbe f oundations of H&rraony.
Ö8Ö
degrees of tlie liiatonic seil»' have been modified. Indeed, it is difficult
tu imagiue tiuit cniivictioii sliould fail to come to anyone who sees, as
may be seen in the folluwitig examplcs, cbromatic cbordä in tbe making.
The cbromatic notes here reveal their diatonic and melodic origin
munistakably, and prove themseWes leading notes, notes straining towards
the degree immediately below or above them. These straining notes are
eitber new notes of unrest or empbasised old ones. In the hi^est part
of the first and the lowest part of tbe last of the abore ezamples the
chiomatic notes prodnce a diange from rest to unrest, all tbe other
cbromatic notes bring about an increase of nnrest, of strain.
A System of barmony tbat in tbe twentieth centnry recognises only
a limited number of cbromatic chords in a key is nearly a Century be-
bind the times, and falls lamentably short of tbe practice of the present-
day composers. To be duly comprehensive we have to say that every
diatonic chord may be in several ways chromatically altered. For mstance,
the tonic triad in C major thus:
By iiieans of the straining tliromatic noti s a stionir drift is pioduced
towards harmonies of which tbe not'*^ tbus reaclad fuiiii constituents — for
instance, tlif snpertoni<" or tlie (lumiii uit haniiony by tbe first clionl ; tho
subdoiiiiiiaiii ur siibnicdiant by tbe seeond; the dumiuant or ( liromatic
supertonie ic-d-f^] by the tbinl; tlie subtonic [d-f-it after fiist iuversinn)
or supertonic (triad or chuid ul seventb) by tbe fourth; and tbe siipt i-
tonic or dominant by tbe fiftb. Tlic usual, ultliuu^di not tbe only, fuiiii
of tbe bist of these cbromatic t hords is of course tlie firbt inversion.
Tbe two chords in parentbes»?s are giveii as chioniatic chords leading to
chruuiatic chords (»f the same key or to diatonic churds of uthcr keys.
Of the supertonic diatonic chord tbc foilowing chromatic modifications
are possible.
Hcre tlif tirst two < liromatic chords tend to the (h)minant barmony;
tbe third to the tonic, sulime<Hant. and medinnt; the fourtl» to tbc nicdiant;
tbe last bat two to tonic or dominant; tho liist but one to the touic;
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m
Frederick Mecks, The Foimdations ot Hannooy.
and the last to the subdominant. Where the different fonns of a chord
are not equally natural or effective, the preferable one (perhaps a first
inversion) ia eadly disooTerable.
We need not pnrsue this inquiry further. For the chromatic modi-
ficftiions of the oÜier diatonic iziads, and of the chords of the sereuth,
etc., woüld be but repetitiona of the processes fllustrated by the chromatio
modifications of the tonic and supertonic triads. It is equally super-
fluous to point ont that even in so far as I hare giren illnstrations,
exhanstion has not been attempted.
The view here set forth of chromatic chords eeems to me to gire a
simple and rational theoiy of them, a theoiy based not on mere assump-
tionSy but on obvious and palpable facts, namelj, dissonant and tonal
tendencies. Moreover, the theory is suffident, vhich other theories are
not, to comprehend with ease every imaginable chord of the Idnd, eren
those that hare caused the greatest tronble — for instance, the chords of
the augmented sixth {a^-e-ftl a^-^ -f^', etc.). The attempts to account
for these chords otherwise have not been a success. One cannot help
thinking it a contradiction in terms and a confusion of ideas vhen
theorists flpeak of chromatic chords and derire them from diatonic chords
of other keys. Are not the characteristics of chromatic chords that they
are not diatonic and yet belong to the key in which they are used? The
most irrational proposal made, howerer, is the derivation of oertain
chromatic chords from two keys. ^Hiis is a musical mystery, the mystery
of Duality, of two in one, for which nnreasoning faith is indispensable,
a demand that ought not to be made outside theology. Tben there is
the search for roots, the endeavour to discorer independent origins of
the chords. Unfortunately the searchers are not aware that the roots
they find are only in their imagination. Apart from tonality there can
of oourse be no question of roots, and in tonality the only fundamental
realities are the positive and negative Clements, the elements of rest and
nnrest The theoiy of invisible roots reminds me of the beautiful ar-
rangement of pntting the cart before the horse. We are often told that
the chord b^f-a is a chord of the ninth, and b^f a chord of the
seventh, with tbe fundamental note left out. It would be more correct
to say that g-b-d^f-a was a chord of the seventh, and g-h-il-f a triad,
with a fundamental note added. The relationship of these chords comes
not from a common, not actually present root, but from the common,
artually present constituents {bnl-f] that chiim tlic same resolution. The
dominant chord is regarded as the foundation cliord of tlie group because
it occnrs most frequently; it occurs most frequently because it is the
most important of thoin ; and it is the most important because it com-
prises in its Constitution in addition to negative elements one positive
j . d by Googl
Frederick Nieeks, The FaimdatumB of Harmony.
Ö87
Clement. From tliis link, which connects it with the tonic bannony, the
chord of the dominant seventh dfrives its superiority over the two other
chords. The fifth uf the tonic churd is here the hinge on which the
door constructed out of negative elements Swings. It would he pofldble
to bnüd on tho hinging on the extreme« of th^' toni< tTiad a pretty
theory. Illustration (a) shows us the pure contrast of positive and
negati?e elements; (b) the hinging of two ncpative elements to the ex-
tremes of the positive elements, hy which the dominant and suhdominant
triads are obtained : and (c) the extendon of the same process, by which
the chord of the subtonic and dominant seTenth and the supertonic triad
and chord of the serentb are obtained.
Interesting conclusions could be drawn from such premises; but this
exampie of a theory is not brought forward as a proposal. If we wish
the truth and nothing but the truth, we must look for that in Illustration
(a). AVliat indaced theorists to adopt the doctnne of roots was the
»irailarity of fanction, or rather of tendency, which certain groups of
chords exhibited — for instance, the dominant group (bearing on the
tonic harmony), the tonic group (bearing on t}ie subdominant) and the
supertonic group (bearing on the dominant). This view of matters bar-
monic, however, bas no objective reality, it is the outcome of the mind's
love of Order and System, a loTe that often rests satisfied with something
artificial. In my opinion no good, and much eril, comes from the
tlieones of roots. To conüne ourselves to the actuaUy present is both
simpler and more in accordance with truth.
Another unneoessaiy difficulty arises from the insistence with which
many theorists regard every simuhancous combination of notes as an
independent chord. If they took a horizontal as well as a vertical view,
they would discover that not a few combinations, especially in modern
music, can only be riglitly understood in relation to what foUows, or
what precedes and foUows. Before calling harmonic combinations chords
of the eleventh and thirteeiith, attributing to them extraordinai7 roots
and derivations, we should submit them to real analysis, and separate
the appoggiaturas, anticipations, pedals, etc., from the chord notes. Nay,
often we must altogether refuse an independent existence to harmonic
combinations and simply regard them as dependent on their neighbours.
In this way much Ught can be thrown on obscurities. and many com-
plezities can be unravelled.
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588
Frederidc Niecks, The Foundation« of Hamony.
The laws of dissonance and tonnlitv toa« Ii u< Jiiucli in tli<-urv aii'l :v.
praetire. in little jind in great tluiigs, evt-n in at'Ätlit'tics and in acDU-^ti*-.
If wr knovv tlu'ir spirit wAl as their letter, tla-y ])r«ivi' thcni^t^h--
cxct'Ilvnt «fuidts in part-writing, enablinL' n«s aniong otli« r thinirs t<i ^uhe
all ])iol»ltnis of resolution. They hclj) us io explain the discrepancy
betwt'cn lliH theorists' rulos and tlic < .»niiiosers' practica iu the matter of
doubling chord constituent^j . hy sliowintf us that th» usual rules deal
vvitli individual haiTiionies. not with progmssions of liai monies: that ^hat
applies to things at rcst, cannot have tho same vMlidity in the casp of
tliingh in motion; and that what in anuliar stat" dot;, not pleane, iua\
)t!t bp- acceptable in tran^itiou. Through the law <d tonality \ve get also
a wciiidi rfui in^iglit intu - loses. It reveals to u> at once the causes of
their different expressiuii — th*^ difference «d the füll and the half dos«,
the differences of the perfett füll t.lose nnd the toiiu> of the iinperfed
füll close, an l >«» on. That the la^\^ of dissonance aud tunality have
anything to do with tho mu>A\ ili?>< U!>sed quesstion of Intonation inay have
escMped in^ny. E<(ual t» ni|tri anieut, that n»*ees<.ary evil wliere Instrument?
With lixt d l(»iies ar«- ( niu t med, need not be lonsiderod. But what uhoMi
ihf other two intonations that nr*^ made nse of in our music — just
Intonation and what we niav i all free nielodic intonation? The latter.
which scieiitists ii,'n«»ir nr niiid. iim. but whici) >ini:ers and players, except
tliose of instrunicnts with tixeil ton< s, make u>e uf. is a svstera in which
the intonation is deleniiined not in''chanically as in equal teniperament,
and not whollv by the h.itinonic pfopoi-tions of intervais as in ju^i
Intonation, but parth l'v thr^c pt oiMuticnis and partly by the melodie
tt n<lt'nci**s of the n*'i« tiee lueltMÜc intonation. this irregiüar
inif)ruvi.>ed teinjin aiu<'nt , plays an inert a-^inirly impoi tant part in our
inereasingly eliKmiatie and impassiont^d nui>ic. In fact, one may say
witliout exagj^er ttion that in inod» rn luuNic there is hardly anvthing in
tune except tiie tonic chord. Wht re there is rest, justnes« df intonation
is imperative, at any rat«' the rever^»- > painfully feil; where there is
inotion, our attention i^ «liawn froin what is to whnt is to be, and just
intonation is of < »ndaiy iiiipot taneo. Thi-. enal)lef» US tO sacrüice
withoiit regret pli\-iral oup)>f>Tiv to p■^vchie!d expre<sion.
Tli''^'' are a few oulI»>uk>. it i> not my int* iition to lay before
the reatler a whole svstein ut haiiaonv, 1 sliall now draw niv remarks to
a conclusion. iMy object was to point out tlir* itnportanee of two laws
that form tlie true foundations of nvusie. W e ma} learn from them the
gi*eat and preijnant truth that lianiiony is not a pntting tosfether of
inanimate lil*H.k», but a weaving and interw ivini: id livinir tendencies.
Iii ähort, liarinony i.s a study of dynamicä rather thau of statics.
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Kobert Lach, Über eiixea iuteressaaten Spozialfall von »Auditioa colureo«. 589
Über alueii interessauteu Spezialfall voa i, Aadltioii coloree".
von
Robert Lach.
(Luuingnmde.)
Obw(^ über das Farben-Hdren schon eine ziemlich umfangreiche
Liteitttar existiert, glanbe ich doch, daß der nachfolgende Bericht über
einen von mir beobachteten, wie mir scheint, recht interessanten fall dieser
merkwürdigen Disposition nicht unwillkommen sein dürfte.
Was zunächst die subjektiTO Q-laubwürdigkeit des betreffenden Indi-
viduums betrifft, so kann ich mich für dieselbe mit voUster Sicherheit
und nihigstem Gewissen, verbürgen; in intimster Verwandtschaft und seit
frühester Jugend in unzertrennlichem, innigstem Kontakt mit ihm ver-
bunden, hatte ich genugsam Gelegenheit, von der Einderzeit herauf bis
in das Mannesalter dieses Phänomen in allen seinen, im Laufe der Jahre
bisweilen wechselnden Äußerungen an ihm zu beobachten und mich
davon zu überzeugen, daß eine eventuelle Fiktion oder absichtliche
Täuschung von seiner Seite vollkonmien ausgeschlossen sei, — zumal
dieses Phänomen schon in unserer Einderzeit, wo noch keiner von uns
es zu deuten wußte, an ihm auftrat.
Wenn so also der Fall bewußter, absichtlicher Täuschung ausgeschlossen
scheint, so ist es eine andere Frage, ob nicht unabsichtlich eine unbe^
wußte Selbsttäuschung, sei es in quantitativer Hinsicht, rücksichtlich des
Stärkegrades des Phänomens, sei es in qualitativer, hinsichtlich der Art
oder der Deutung und Beobachtung seiner Äußerungen, dabei stattfinde.
Auf die verschiedenen Möglichkeiten und Anhaltspunkte für Etklärungen
in diesem Sinne werde ich noch weiter unten, bei der Kritik des Phä-
nomens, zurückkonmien ; hier möchte ich nur vorläufig bemerken, daß
Patient selbst (ich bitte, der Abkürzung wegen diese in pathologisdien
* Berichten übliche, medizimsche Terminologie beibehalten zu dürfen;
und ist denn nicht schließlich das Farben-Hören auch ein psychopathi-
scbes Pliünomen?] mit vollster Unbefangenheit selbst auf alle zu
Zweifeln ))erechtigenden und ihm im Sinne subjektiver Selbsttäuschung
verdächtigen Punkte aufmerksam macht und fortwälirend bemüht ist,
bei seinen Selbstbeobachtungen mit möglichst strenger Selbstkritik und
Vorsicht zu verfaliren.
Patient ist jetzt 29 Jahre alt. akademisch gebildet und leidenschaft-
licher Musiker. In seiner Familie väterlicherseits ist künstlerische Anlage
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590 Robert Lacb* Über einen intereaMoitett SpetuUfiill von »Andition eoloroe«.
nachweisbar: ein GroBonkel war Maier. ein ( )heini hat schöne malerische
und musikalische Anlagen, sein Vator war irrnlier Mnsikliebbaber; Fälle
von auditirm röhrte aber sind ihm weder an ihnen, noch sonst wem in
der Familie bekannt geworden. Von der mütterlichen Seite h«'r ist
Patient mit Neurasthenie erblieli heiastet, die bei einem Onkel direkt in
Paranoia und Veriolgungswahnsinn ausartete. Patient seihst bietet uns
das Bild des Berufs-Neurasthenikei-s. Er zeigte schon in der Kindheit
Talent zur Musik, ohne daß jedoch TiUst und Neigung dazu sieli geäußert
hätte; im G(»genteil, der Mu=;ik-rnterricht war ihm verhaßt, er mußte
«rtets dazu gezwungen werden. Erst in seinem IB. Lehensjahre brach
plötzlich die Triebe zur Musik hervor und bestimmte ihn, sich der Musik
(Komposition 1 zu widmen.
Die Ei*scheinung des Farben-Hrnens nun äußerte sich, wie bereite«
oben bemerkt, schon in seiner Kinderzeit: er erinnert sich, die frühesten
Anfänge davon ungefiihr in seinem achten Lebensjahr beobachtet zu
haben. Je älter er wurde, umso stärker bildete sich auch diese Disposi-
tion aus. Doch ist sie nicht zu allen Zeiten und bei allen Gelegenheiten
(juantitativ (seltener qualitativ, wo sich Vei-schiedenheiten meist nur in
ganz feinen Nuaneiernngen und Schattienmgen der Farben äußern]
die gleiche: während sie zu manchen Zeiten ungemein stark ist, ver-
schwindet sie zu anderen Zeiten fast ganz oder teilweise derart, daß er,
in einem solchen Zeitpunkt aufgefordert, sie zu beschreihen, sie rein nur
aus der Erinnerung, nicht aus lebendigem Anschauen heraus zu schildern
im Stande ist. Je mehr und je öfter er Musik und Töne hört (sei es
Orchester oder Klavier, von anderen oder ihm seihst gespielt), umso
stärker äußert sich auch rhe Erscheinung des Farben-Hörens; je mehr
dagegen, infolge längeren Nichthörens, die Tonvorstellung verblaßt, mnso
schwächer wird auch die beim Hören oder auch nur der bloßen Tonvor^
Stellung sich zwangsweise einstellende Farben-Empfindung, beziehungsweise
-Vorstellung. Es gibt Tage, Wochen. Monate, wo das Phänomen sich
nur ganz schwach in der Form äußert, daß beim Hören von Tönen vor
seinem Auge gleichsam ein traumhaft schwacher, matter Glanz, wie ein
duftiger, farbiger Schleier vorüberzieht ; es gibt aber ebenso Zeiträume,
wo vor seinem Auge prachtvolle kaleidoskopartige Bilder erstehen, ein
leuchtendes, schillerndes, glitzerndes Farhenmeer, das, in gleichem Schritt
mit der Bewegung und Veränderung der Töne in jedem Augenbhck seine
Farben- Verteilung wechselnd, so durcheinander wogt und wallt. Was
vielleicht von Bedeutung und jedenfalls von Interesse ist: Patient be-
obachtete, daß dieses peiiodische Stärkei*- oder Schwächer-sich-äußern
des Farben-Hörens gleichzeitig mit dem ebenfalls periodisch, eben im
Anschlüsse an das öftere oder seltenere Hören von Tönen bald stärker,
bald schwächer sich bei ihm einstellenden, absoluten Tonbewußtsein za
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Robert Lach, {'her ein«D interessanten Speziallall von > Audition colori^e«. 5dl
konstatieren ist Ich halte dies für die Kritik des Phänomens fUr nicht
unwesentlich und werde noch später darauf zurückkommen.
Die Farben nun, deren Vorstellung bei ihm durch die Empfindung
oder auch bloBe Vorstellung tou Tönen ausgelöst wird, sind folgende:
(•■ weiß, nher mit bräunlich gelber Schattierung, etwa wie das weiche
Holz junger Bäume nach dem Abschälen der Hiude aussieht.
rw ebenso, aber mit aUberglitserDden Punkten besetct, etwa wie ein mit
offener Klinge und weiBlidigelber Beinschale im Sonneulicht gtitsem-
d*'s Messer.
d «clineeweiß, sehr hfl! titid irlnnzvoU.
rfüf eiteuso, aber mit >itark gelber Sehattiening und starkem Goldglanz auf
sahireichen, in dem WeiB ▼erteilten Punkten,
e hellgelb.
ei0 ebenso, mit starker bläulicher Nuanciening und ebenfalls glilnzen-
den, metallisch glitzernden Punkten besetzt.
f hellblau (himmelblau).
/is ebenso, mit etwa» dunklerer, mehr sich dem Berlinerblnu nähernder
Nuance, mit silbergllUuEenden Punkten besetst; aueh grOnliches Sohillem.
y saftiges Orttn.
ffis ebenso, mit goldig glitzernden Punkten.
a wt ißliili nifn. etwa dem Inkarnat oflcr dtr Farbe gsns weniger, in
f-tlii viel Milch aufgelöstHr Chokolade iiljnlich.
ais ebenso, doch bedeutend dunkler, mit starker roter Schattierung und
goldglänsenden Punkten Qbersilet.
h gesättigtes, tiefes Rot.
his dasselbe, mit goldigem <.Tlanse, aber sogleich weiOüchgelbem Schim"
mer in dem Hotgoldgraud.
Für jeden Ton ist diese Farbe dieselbe ohne Unterschied der Oktave,
in der er liegt, jedoch äußert sich die Verschiedenheit der höheren oder
tieferen Lagen durch je eine hellere oder dunklere Schattierung und
geringere oder st&rkere Sättigung, Konzentration der Farbe; die höchsten
Oktaven sind gans lichte, die tiefsten Oktaven ganz dunkle Nuancen
der Farbe eines und desselben Tones, Die cliromatischen Erhöhungen
der Töne äußern sich, wie aus Obigem ersichtlich, in der Farben- Vor-
HtoUung als ein der Farbe des betreffenden Tones gleichsam aufgesetztes
Licht, als ein metallisches Glitzern und Fiiiimiem, das, je nachdem die
Farbe des betreffenden Tones eine kalte oder warme ist, mehr einen
silbernen oder goldigen Glanz ausstralilt. Der betreffende Ton orsdioint
als ein Fleck von der einen oder anderen Farbe, und auf diesem Fleck
sitzen gleiclij^am erhöhte PUnktchen oder Wärzehen (etwa wie die Augen
an den Fühlhömem der Schnecken oder wie die Haare auf den Wärz-
chen der Raupen}, die goldig oder silbern glitzern und flimmern, so daß
der Effekt etwa derselbe ist, wie wenn in durch bunte, mit (ilasmalereien
•ausgezierte Fenstersclieiben hereinfallendes und demgemäß gefärbtes
Sonnenlicht Gold- oder Silber-Gegenstände gehalten werden, die im
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592 fioberi Ltcb, Über einen interewanten Spezialfall von »Audition color^e«.
Schein eines durcli eint- TJ t ^ li. reinfallenden, unge färbten, natürlichen
Sonnenstralils aufblitzen. Zugleich erglüht die betreffende Farbe in be-
deutend stärkerem Glanzr. otwa wie niasin 1 n icn in durchscheinendem
Lichte.' So \sird zum Beispiel das Blau des f durch die chromatische
Erhöhung i zu einem in silbernem Glänze schimmernden und strahlen-
den, prachtvollen, gesättigten Berliiu rlilMu, etwa wie die Farbe eines in
durchfallendem Lichte erglühenden Saphirs. Eine sehr interessante
woitfre Tatsache, eine Nuancierung der Farbe im Sinne einwr Assimilierung
der Farbe des chromatisch t t hrditen Tones an die Farbe Jenes nächsten
Tones, zu dem die chromatische Erhöhung hinleitet, wird im Folgenden
noch eingehender zur Besprechimg gelangen.
Chromatische Erniedrigungen bewirken demgegenüber eine Trübung:
die betreffende Farbe wird gleichsam schmutzig, verwaschen. So ist
zum Beispiel g ein schönes, saftiges Grün, gis erglüht in prachtvollrni,
mit goldglitzernden Punkten besetztem Goldgrün, etwa wie ein in durch-
fallendem Licht betrachteter Smaragd in Goldfassung, oder wie die ge-
wisse Farbe des Meeres in der Tiefe von etwa 6 — 8 Meter an schönen,
sonnigen Tagen bei einfallendem Sonnenlichte; gcs dagegen wird zu einem
verwasclienen, gleichsam durch einen schmutzigen Schleier betrachteten
Blauf^'^riin. Doch tritt nicht ininna* konsecjuent die Vorstellung des
Schmutzigen, \*i rwaschenen ein: bisweilen wird die Grundtonfai-be da-
durch einfach milder, sanfter, trüber; so wird zum Beispiel das Rot des
// durcl? ' 7U eint'iii hedeiitond milderen, snnftercn Rot. allerdings — ein
gewisser trüber iSchleier äcukt sich auch hier wieder über das Bot her-
nieder.
Dil- durch chromatische Erniedrigung aufgelösten Farben-Empündungen
sind folgende:
rrs schmutzig verwHscliones WeifUicliL'«!!) mit r<")fliilier Schattierung.
des schmutz!«» verwaschem»« Weiß mit LrHVilicli» r Schattieruncr.
es ächmutzig verwtischenes Bräunlichgelb, etwa wie von der Souue be-
schienener Felsen.
ft» achmutasig verwaschenes Blau mit eigentümlidi gelblicher Schattiemng
^ schmutzig verwaschenes Grün mit ]>lnugrauer Schattierung.
OS «"i hnmt/ig Terwaschenee Weißlichrotbraun , sehr matt, fast wie In-
karnnt.
b i^chmutzig verwaschenes Rot mit brauner oder graurötUchweißer
Nuance.
Be/.eiclin. iiil ist also auch hu r uieder die Annäherunfi der Farben-
Nuancen an die Farbe jeiies Tones, zu dem die chromatische Emiedri-
ffuner hinahlpitet. Ein und derselbe Ton hat also ver.schiedene Färbung,
je Da( lidciii iliii der Patient als chruraatiNche Erhöhung oder ^irniedrigung
des n;i( ll^t Iiiederen oder höheren Tones hört oder zufolge musikalischer
Orthographie ge!>chriebeü liest.
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Robert Lich, Uber einen interessanten Spezialfall von »Audition coloree«. 593
Jt^t oder i7 bewirken nur eine Steigerung der durch % oder f erzeugten
Farben-Empfindung: Der Glanz wird noch st&rker, die flchmutzig rer-
waschene Trübung noch trüber, und zugleich konunt, wie beim einfachen
% oder t^, in die Farbe des Grundtones eine immer mehr zunehmende
Nuance der Farbe des Nactibar-Tones, an den eich der ursprüngliche
Grundton durch f , llf, 1^ annfthert; so wird ^ durch zu einem
BlänlichgrUn, durch wird die schmutzige Verwaschenheit und blaugraue
Nuance noch stärker» das Bot des h wird durch ^ milder, trüber und
unreiner, durch ^ wird es noch blässer und Terwaschener und nähert
sich dem Inkarnat des a. Umgekehrt: Das Blau des f wird durch %
glanzToIIer, schillernder, dunkler, und diese schillernde Nuance verstärkt
sich durch ^ zu einem direkt grünlichen Glänze. Das Fleischfarben
des a erhält durch % nicht bloß den gewissen metallischen, goldigen Glanz,
sondern auch eine dunklere Nuance, die sich dem Bot des h annähert
Durch iH^ wild diese Annäherung in der Farben-Nuance an das Kot deo
h noch stärker; daß alle diese chromatischen Erhöhungen oder Emiedri*
gnngen, je nachdem sie in höheren oder tieferen Lagen liogen, lichter
oder dunkler, sonniger oder schattiger erscheinen, ergibt sich aus dem
hinsichtlich der Oktaven-Lage bereits oben von allen Tönen ohne Au^
nähme Gesagten.
Aus dem bereits früher bemerkten Verschiedenfarbigsehen der auf dem
temperierten Klavier identischen Töne je nach der musikalischen Ortho-
graphie folgt für Patienten eine große Unannehmlichkeit: er nimmt, beim
Anhören dieser Töne auf dem KlaTier, das Gewaltsame der temperier-
ten Stimmung in Form unangenehmer Farbeu-Empfindungen wahr. Denn
einerseits, (so namentlich, wenn er die betreffende musikalische Stelle
mitliest, und Jf oder ^ vor seinem Auge stehen) erzeugt die so ver-
mittelst des absoluten Tonbewußtseins vor ihn» auftauchende Ton-V^or-
stellung in ihm die entsprechende Farben-Vorstellung, also, je nachdem
/is oder ges steht, auch verschiedene Grundfarben; andererseits aber löst
der auf dem Klarier oder im Orchester wirklich gebrachte Ton der
temperierten Stimmung, der also sowohl vom vorgest< llten jh als aut Ii
ges der natürlichen Stimmung verschieden ist, auch eine dei- Empündung die-
ses wirklichen Tons entsprechende, heterogene Farben-Empfindung aus. Die
Wirkung ist dann ein für <len Patienten unangenehmes Ineinandei-fließen
beider Farben*Fiecke, deren Farben aber sich nicht mit einander mischen
iwie man, zufolge einfachster, psychologischer Konstruktion auf Grund
der vorigen Bemerkung über die Annäherung der Farben-Nuancen an ditj
Farben der nächsten, nicht alterierten Töne erwarten sollte), sondern die
vielmehr gleichsam zusamrnenrinnen zu einem trüben, schmutzigen, ver-
wunschenen Fleck. Das dem al)soluten Tonbewul'tsein und der natürlichen
Stinnnung Nachgeben seitens der Sänger und Instrumentalisten mit Durch-
j*. 4. 1. M. IV. 39
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594 Robert Lach, Über einen interessanten SpesialfaU von »Auditiou colorie«.
hrechung der tompericilen Stimmung ;icli meine das bekannt^', un-
willkürliche t^i Ii* licu des licittons, sowie die auf den Saiten-ListrumciiUn
unwillkürlich und deutlich sioli äuBemde Vers< hiedenheit der durch die
temperierte Stimuiunt,' ideuütizierten, chiuiiiati-suhen Alterationen) er-
zeugt hingegen im Patienten immer das Ijustgefühl der Emptinduii;L:
rtiner, ungetrübter Farben. Daß deingemiiß auch die ^'eringste Ver-
schiedenheit der Stimmung zweier oder mehrerer Instrumente, zum Bei-
spiel zwischen Klavier und Violine oder zwischen Instrumenten und
Gesangj dem Patienten die oft peinlichsten Gefühle der Empfindungen
Kchnmtzig vei'waschener Farben-Flecke erzeugen, braucht nach dem eben
Gresagten wohl nicht erst noch ausgesprochen zu werden.
Interessant sind auch die Farben- Vorstellungen, die durch die Kom-
binationen der einzelnen Töne sowohl im Nebeneinander als auch im
Nacheinander, also sowohl in der Harmonie, Intervall und Akkord, ak
auch der Melodie ausgelöst werden; ebenso wie Inter^'alle, Akkorde und
Melodien^ so haben auch die einzelnen Tonarten Terschiedene Farben.
Was zunächst die Intervalle anbelangt, so findet ein Yerscbmelzeii und
Ineinaaderfließen der Farben der beiden TQne insofern statt, als meistens
der eine oder andere Ton des Interralls die Grundfarbe H^ert» ^ilUirend
der zweite Ton entweder nur eine stärkere oder schwächere Nuancierung
dieser Qrondfarbe bewirkt oder aber mit dieser zu einer gemeinsamen
Mischfarbe verschmilzt, zum Beispiel:
€ e
weißlichgelb mit stink ;{fU>er Schutt ifiuiig.
eg
irrünlichweiß mit stark urüruM- Schalt ienitig.
blftulichlila mit Inkaruat-Schattierung.
fh
▼iolett mit starkem Yorben^chen des Blau.
hj
violett mit starker Betonung des Rot.
9 '*
^rUnüchrot mit »tarkem Vorherrschen das CIrlln.
ii »Iis
Kot mit iiitt'iisiv \vt ißjjukligem <ilaiiü.
d fh
l>h'ii(J('ii(l\veiß mit »ilbern glitzerndem, piuchtvuUem Uuiikelblau
schattiert.
n vis
weißlichrot mit goldenem (ilaiiz.
r a
weißlichgelb mit stark nitlicher Schattiemug.
e h
weißüchgelb mit intensiver l'urpunüchattierang.
ffesb
ficbmutsiges GHlnlichrot, »tark verwaschen.
fiiftciit rötlichweiß mit intensivem Ooldglans und flimmernden Punkten
ttbersSet.
eift ffis weiJSlichgrün mit stark grttugoldigeui und silbernem Glanz und
prachtvollem Goldgräu schattiert.
It d schmutzigrot mit blendendem Weiß schattiert usw.
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Robert Lach, Über «inen iiiterea«uit«D Spesialfdl von > Atiditaou colorte«. 595
£^ seilt int also der Grundton die Grundfarbe absugeben, die der
zweite Ton des Intervalls moditiziert, und mit der er gleichzeitig veiv
schmilzt zu einer neuen, einer Mischfarbe (zum Beispiel rot und blau zu
Violett}. Merkwürdiger\i'eise ist diese Art der Vermischung sehr ver-
schieden: h und f verschmelzen zwar zu Violett, dagegen e und also
gelb und blau, nicht, wie man erwarten sollte, zu grün, ebenso weni;;' c
und A, also gelb und rf)t, zu Orange; tielmehr ist, wie aus obi-xm Bei-
spielen ersichtlich, die gemein^^am»' Farbe meist die Gnindfarbe des einen
oder anderen Tones, und die färben der beiden Töne sind innerhalb
des gemeinsamen Kalmiens dieses Meckms zwei verschiedene, lokale
Xuanora, scluUt Mude Schattierungen. Nur dann, wenn die Farbe des
Grundtonee des Intervalls eine so ungesättigte, blasse ist, daß die Farbe
des anderen Tones des Intervalls einen bedeutend höheren Grad der
Sättigung, eine bedeutend stärkere Leuchtkiaft besitzt, nur dann tritt
die Farbe dieses Grundtones derart zurück, daß die Farbe des anderen
Tones zur gemeinsamen Farbe wird, der die ungesättigt« Farbe des
Grundtones eine blasse Nuance der betreffenden anderen Farb< verleiht.
Analog wie bei den Intervallen verlüUt es sich auch bei den Akkor-
den: jeder Akkord erzeugt den Eindruck eines farbigen Fleckes, in dem
innerhalb eines gemeinsamen, von ein und derselben Farbe erfüllten
Kahmens die Farben der betreffenden Töne des Akkordes erschillem, —
gleichsam ein farbiges Meer, das stellenweise in anderen Farben erglüht,
als die allgemeine Grundfarbe ist*). Die den gemeinsamen Rahmen er-
füllende Farbe ist meist die Farbe eines aus dem Akkord besonders
hervortretenden, also seines wichtigsten, für ihn besonders charakteristi-
schen Tones oder Klanges iso zum Beispiel namentlich in hamioni-
srher Hinsiebt der großen oder kleinen Tera, vermintlerter oder über-
mäßiger Intervalle, des Tieittones u. s. w.); die Farben der anderen Töne
sind die innerhalb diesem liahmeus schillernden, anderen Nnnneen.
Welcher von den Tönen des Akkordes diesem dir ( u undfarbu gibt, ist
merkwürdigenveise nicht, wie man aus liarrnonisehen (iriinden eruarten
sollte, stets der Grundtou, auch nicht die Terz oder (^uint, sondern «lips
ist ganz \ »'rs( hieden. scheinbar willkürlich. Ich gebe hier eine Zusam-
mcustclluug der tonischen Drciklänge:
V-äm: gelb-grfinlich.
G-^noü: dnsBelbe, aber das Gelb schmatsig steingraa.
1} Idi bnuiche hier wohl nfeht erat zu bemerken, daß, wenn im Vorhergehenden
und Folgenden der Auidmek »Grundfiurbe« des öfteren gebrauebt wird, dies nie im
Sinne der psychologischen Tenninoloo^ie zu verstehen int wie man zum Beispiel Ton
Grund- und Mischfarlien, Uaupi- nnd Nebenfarben eprii^t,, sondern stets im Sinne:
Farbe des CrruadtüM«!».
3«*
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59t) Bobert Lach, Über eiuen inumMuieQ äpeziaifiiU von »Audition coloreec.
CU-du) : prachtvoll gold- und 8Üb«rglitzerud, gräiigold und »Ubenreiß,
mit itark blinliehem Gluim.
Ci»-math dasi^elbe, aber ohne bliiuHchen (ilaos, stark gelb« Niumce, nicht
so InteTisivfT, nipt;illischer Schiiiniifr.
I^ur: prachtvoll blau und wpiR «rhimmfiml. etwa wie im dnrchfal-
lendeu Sonnenlicht glitzernde, von Brillanten eingefaßte Saphire.
I>-moU: daaaelbe, aber ohne das pracbtTolle Glitieni; das Blan mild«',
matter, farblosen
lyU-dttrl eigentlich die Grundfarben von DhIuf, aber daa Weiße schillert
stark in-« Orlbc, da-; Bl;uif> ins Or?jnlirii>-. '1 t~ in D-ilui fant
unmerklichf Lila oder Iiikaniut stark ius Kütlichc hinüber;
dabei prachtvolles Flimmern in Gold- und Silberglanz.
Du^motl: dasselbe wie bei Dia-dar, aber ohne den grfinlichen SchiUerf
mebr tiefblaue Schattiening, aucb metallischer Glans nicht so
stark.
K-dur: prachtvolles <Joldgrün. mit grünlichem Glänze.
E-moU: dasselbe, aber ohne den Glanz: das Grün nicht s«> edeUteinartijj
funkelnd, sondern matter, milder^ gleichsam trockener.
F'Hht: schftn hellblau, mit rOtlidaweifiem Schimmer.
F-moii: dasselbe, aber gleichsam schrnntaig verwaschen, rötliche Knance
beigemischt.
Fin-dur'. prachtmllo.-« gold- und f^illuM ;.'l;in/»'inlp-s Tiot1>]nii. {rlitzt'niil uitd
sciiiminernd wie Saphirglanz im durchtallendeu laichte ; zugleich
leichte rSttiche Nuance.
FiiMnM: dasselbe, aber ohne diesen Glans; milder, matter.
0-dur : schönes, saftiges Grün m i t <^u\y/. sdbwadier, weifilicherSchattierung.
O-^nwil: ebenso, jedoch trübe, gleichsam Terwischt, und wie mit einem
rötlichen Srhmutzflock pchfittiert.
Gis-ilur: prachtvolles Goldgrüu. nhw ganz anders als bei E-dur, gif ich-
sam rötlich-silbemer Glanz hineinspielend, ungemein stalle
metallisdi flimmernd.
Ois-'moH: ebenso, aber ohne den starken Glans; milder, schwicber, auch
die rote Nuance bedeutend stärker.
A-ilNi '. weilüich-rosa, mit starkem Goldglauz und Gelb.
A-wnil', ohne den Goldglanz, mehr weißlich-gelbe Nuance.
Ai^-duri dasselbe, aber stark ins Rötliche und Goldige hinttbenchillemd:
sehr htarkcr, metallisch flimmernder Glans, mit weißUcheD
Scheine ähnlich Silberglanz gemischt.
.l/V-/rto//: dasselbe, ober ohne letztere.
H-dur: prachtvolles, gold- und silberglänzendes Purpurrot.
ff-moll: dasselbe, aber der Silberglans ist verfifichtigt zu einem hellen,
weißlichen Scheine.
Die mit ^ vorgezeicbneten Akkorde verhalten sich analog. Während
also beim gleichzeitigen Erklingen von Intervallen oder Akkorden
die "Farben der einzelnen Tön« mehr oder weniger zu Mischfarben zu*
aammenfließen oder die gemeinsame Grandfai*be durch Nuancen beein*
Aussen, so bat Patient, wenn sie arpeggiert erklingen, oder wenn er sie
sich durch Konzentrieren dm- Aufmerksamkeit in ihre einzelnen Töne
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Robert LmA», Über an«» interetianten ^pezwlfall tod >Attdition color^e«. 597
zerlegt, den Eindruck verschiedenfarbiger, nebeneinander stehender
Mecken oder Streifen, von denen aber häufig der eine oder andere ein
stärkeres Licht ausstrahlt als die übrigen, so daU diese von dem Scheine
des einen gleichsam überstrahlt werden. Dies scheint, wie schon oben
bemerkt, namentlich dann der Fall zu sein, wenn die eine der beiden
Farben licht oder wenig gesättigt ist, also zum Beispiel bei C-/ltir das
c (weißlich-gelb , D-dur das d kiv stallklar, bläulich-weiii, — übrigens
mit starkem Schimmer), A-moU das a (blaßrosa oder Heischfarben).
Für die übrigen Arten der Akkorde, zum Beispiel der Septimen, Nonen-
iL s. w. -Akkorde, weitere Beispiele zu geben, würde hier dtni Rah-
men dieser kui'zen Mitteilung übersteigen und wohl auch nichts Xrues
und Interessantes liefern, da eben immer die Farben der betreffenden
Töne innerhalb oiiios, von der Farbe eines Tones des Intervalles oder
Akkordes gleichmäßig wieachteten oder durchschimmerten Baumes er-
^dühen, ohne daß man einen inneren Grund für das bestimmende Moment
des Vorberrschens dieee» einen oder anderen 'Poih s auffinden könnte.
Merkwürdig' übrigens, daß das eine Mal Grundton und Terz die Farbe »
verleihen, das andere Mal die Quint (man vergh ii lu- die obige Tabelle,
zum Beispiel die Farben der Akkorde E-dur, JI-(lni\ (J-dur^ A-dur, wo
bei K-dur^ und H-dtw die Quinte verschwindet, bei G'dnr und A-dur
bestimmend mitwirkt). Die Terz bestimmt nur insofern die vom Grund-
tone gelieferte Farbe, als sie dieser helle oder trübe Lichter aufsetzt,
Glanz oder Mattigkeit verleiht, je nachdem sie eine große oder kleine
Terz ist, j| oder > hat (also der Akkord ein Dur- oder ^foll-Akkord ist).
Dur-Akkorde e:eben also, wie aus obiger Zusammenstellung ersichtlich,
helle, glänzende, bei 5 auch glitzernde und flinimcnulc Farbenflecke.
Moll-Akkorde dagegen solche ohne (irlan/, trül), matt, verwaschen, oder
wenigstens mildei-, hliisM-r Übrigens kommen hier zahlreiche Wider-
sprüche in den Kmplindungen des Patienten vor, in.sofern bei jedem
Intervall oder Akkord der Kindruck ein anderer i<t, und diese verschie-
denen Eindrücke einander häutig widersprechen. Kin liestimintes fJesetz
in dem Verlaufe dieser Vorstellungen, bezieliungswei.se für die Beüiiiu ni^:en,
unter denen ein Ton diese Herrschaft tler Farbengebung erlangt, konnte
ich trotz jahrelanger Experimente absolut nicht entdecken.
In ähnhcher Weise wie beim gleichzeitigen Erklingen mehrerer
Töne, also lieim Miteinander, der Harmonie, stellen ^ieli die Farl>en-
Enipimduugeii auch ein beim Xa< li< inander, also der M lodie \Hai*monie
im altgriechischen Sinne). Merkwürdig ist, dalJ sich hierbei die Tonalität
äußert als eine gleichfsam das ganze Vur^telhingsfeld erfüllende Farbe,
innerhall» welcher (he einzelnen Töne drr Melodie als ebensovielo
einzelne, kleinere Farbenfleekr in ununterbrochener Linie aufeinander
folgen, gleichkam wie verschiedenfarbige, an einer Schnur auf gt?f adelte
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598 Robert huch, Über eineo interenaiiteo jdpeinlfBll von »Audition ooIonSe«.
Glasporlen. Eino in der Tonart F.-iuoH sich bewegende Melodie zum
Beispiel ei*soheint als fino prleiclisam an einem Faden sich hinbewegende
Anzahl verschieden« r, f;u])i^n'r Flpckf\ die in einem von schwefelgelbem
Jjichte gleichmäßig' * rfiillten Haumo in dem Tempo der Melodie vorbei-
ziehen. Die Tf»r!:irt li-fhrr erzeng-t rlienso die Vorstellunfr eines von
purpurrotem Lichte erfüllten Vorstellunf.,'sfeldes, in dem goldi^rer Glanz
sich ausbreitet, (l-dnr eine solche von sriftiffem Grün, Fh-^lur die eines
solchen mit prachtvoll tiefblauem, silbcrschimmerndcm Lichte. Die Farben
der Tonarten sind genau dieselben wie die der betreffenden Grimdtcin'».
beziehungsweise toni«5chen Drciklänpe; D-fhtr zum Bei«?piel ist ein v(.n
bläulich kristÄllsclüninierndem T/iclite erfüllter Raum, in dem i,deichzeiti.ii
ein prachtvoll tiefitlauer, saj)liir^dan/:ihnlicher Schimmer erstrahlt, tief-
blaue, sillierglitzurnde Flecke leuchten 'etwa gleich dem Eindrucke einer
von glitzernden Tropfsteinen erfüllten Grotte, in (ier blaues Licht an?*^-
zündet wird, während gleichzeitig die Tropfsteine mit Tausenden blitzen-
der und funkelnder Kristalle ein abseits angezündetes, bläuliches Mag-
nesiura-Licht zu rLirk werfen).
Interessant iüt, daß mit dieser das Vorstellungsfeld erfidlenden Farbe
der Tonart die Farben der einzelnen Töne der Melodie nicht verschmelzen,
wie dies hei den Intervallen und Akkorden der Fall ist, sondern sie
heben sich so scharf und deutlich davon ab, wie etwa auf einer Bühne
die handelnden Versoncn im Vordergrunde vnu der Beleuchtung des
Hintergrundes. Jedes Musikstück ist so für den Patienten vom ersteu
Takte an in ein gleichmäßig ruhiges Licht von bestimmter Farbe, das
der betreffenden Tonart, gehüllt, das bei Modulationen in andere Ton-
arten wechselt mit dem liichte dieser neu eintretenden Farben. Damus
folgt für den Patienten als Musiker eine große Unbequemh« hkcii ; näm-
lich bedeutcude Schwierigkeiten und peinliche Unlustgefühle, die ihm alles
Transponieren verursacht, ohne Unterschied, ob er selbst transponiert
oder bloß transponieren hört. Da er nämlich einerseits den musikalischen
Text liest und zufolge des absoluten Tonbewußtseins mit der Vorstellung
dieser gelesenen Töne unwillkürlich die entsprechende Farben- Vorstellung
reproduziert, andererseits aber die durch Transposition auf dem Klavier
oder sonstigen Instrumenten oder Gesang wirklich erkhngenden Töne
sofort auch wieder die ihnen entsprechenden Farben-Empfindungen auslösen,
die natürlich mit denen der bloß Torgestellten (gelesenen) Töne der
Originaltonart absohit nicht fibereinstimmen, und so glekduseitig zwei
verschiedene, ganz unzasammenhftngende Reihen von Faiben-VorsteUongen
in seinem YorBtellungs-Gksichtsfeld zusammentreffen, so ist fttr ihn auf
optischem Gebiete die Empfindung dieselbe, wie sie auf akustischem Gk*
biete ist, wenn zum Beispiel auf verKchiedenen Instrumenten ein und
dasselbe Stitck in verschiedenen Tonarten gleichzeitig gespielt würde:
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Bübert Lach, Über eiiion luteresaanten Spezialiaii vou »Audition coloreet, 599
beide Farbeamhen flieBen zusammen in sdunntzife Eleckse^ die jeden
Allgenblick beim Anscblagen neuer T9ne zu nenen Klecksen fortrinnen.
— In ahnHcher Weise nie dnzehie kleinere Stacke, zom Beispiel Lieder,
Klavierstücke s. w., sieht Patient ancb Zusammensetzungen Ton Musik-
Stücken zu gröBeren Ganzen als ein grofies, farbig beleuchtetes Ganzes, '
je nach der Tonart ihres Anfanges, Endes oder einer ihm besonders
lieben oder wichtigen Stelle : Die Bralims*sche »Feldeinsamkeit« zum Bet-
spiel als wunderschönes, müdes Hellblau, das »Lohengrinc-Yorspiel rosen-
rot Ton goldigem Glanz nmschimmert, das »Tristane-Vorspiel als glänzen-
des Weifi nüt blauem Schimmer (wahrscheinlich wegen der Tonart D^moU
mit dem f als zweite Note), das »Gdtterdämmepmgc-Yorspiel br&unlich
gelb mit braunroten Sprengelungen (1. Akkord: Ea-moB^, Schuberts
H-moU-Symphonie tiefpurpnr u. s. w. (Inwieweit hier Associationen, sei
es mit dem Klang der Vokale der Namen der betralEenden Werke, zum
Beispiel Lahengrin, Tristan u. s. w., oder der Vorstellung der Btthnen-
Bekuchtnng oder einzelner Szenen der Opern xl s. w. mit ins Spiel
kommen dürften, wird noch weiter unten zu besprechen sein). Auch
seine eigenen Kompositionen sieht Patient stets in den ganz bestimmten
Farben, die ihrer Tonart entsprechen, und beim Komponieren wird ihm
dureh diese Farben-Vorstellung direkt für jede Melodie, jedes Tonstück
u. s. w. die Tonart diktiert: eine Melodie zum Beispiel, die er in der
Beleuchtung »goldigglftnzendes Purpur« sieht, kann er absolut nicht in
einer anderen Tonart als H-dur notieren; Tersucht er, sich gewaltsam
dazu zu zwingen, so zerflieBt ihm die Farben- und Ton Vorstellung in ein
schmutziges, trübes, verworrpn^s Chaos, und es packt ihn ein derartiges
Unlustgefühl des Unmutes und der Abgespanntheit, daß von einem Weiter-
arbeiten keine Rede mehr sein kann. Dasselbe tritt auch ein, wenn er
Tonstücke, die er in ihren Originaltonarten kennt, zu hören und vorzu-
stellen gewohnt ist, in transponierten Tonarten hört. — Daß ihm auch
sämtliche Instrumente und Gesangsstimmen — abgesehen von d^n m ?
schiedenen. auch sonst häufig lieobachteten und sogar zum Teil in die
Sprache übergegangenen Kmpfindungs-Associationen anderer Sinnesgebiete
(zum Beis|)iel weiche, harte, kalte, warme, stechende, spitzige, dicke, dünne
u. s. w. Töne) , sowohl in ihrem allgemeinen Charakter als auch hin-
sichtUch der verschiedenen Partien ihres Klang-Unifanges bestimmte
Parben-Vorstelhingen erwecken, wird nach dem bisher Benchtetcn nicht
überraschen, umsomehr, als dies ja ein auch sonst sehr häufig beobach-
tetes Phänomen ist. Ich zahle hier einige der wichtigsten mit den durch
sie erweckten Farben auf:
Oboe: hellgelb, gegeu oben zu, in deu höhercu Lugeu, inmier heller und
lichter, gegen unten 2u immer dunkler, briianlieher.
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600 lioberi Ladi, Uber einen mter«aB«Qteii Spexuü£ftU von »Auditiou coloreec.
Fagott: gelbbraun, gegen oben sn immer g«lb«r, gegen unten sn immer
dunkler braunrot, in den tiefsten Lagen gans dunkelrotbraun.
Flöte: (je nach der Tuiiint, 7.um Beispiel Ftöte in D] glashell, durch-
sichtig lut'tii,'. mit bhiuliclit'iii Schimmer, <'tw;i wie Eiskristnllt- : L'*»i.'eii oh'ni
7.n immer lichttT. heller, feiner gläsern, gegen unten zu immer dicker, gleich-
sam Nvie ttuLiige Glasperlen.
Klarinett: übnlich wie die tiefe Flötenli^e jedoch kdmiger, kompakter,
etwa wie farbige Glaskugeln rot, blau, grün, gelb durchsichtig, je nach den
Trunspositions-Tonarten; je höhere Lagen, umso lichter, gläserner, der Flöte
ähnlich, je tiefere Lagen, umso dicker, dunkler, massiver, wie dickes, far-
biges Glas.
Horn: je nach der Tonart rot, blau, grün, gelb u. s. w., aber immer
schwellend, weidi wie Peinohe oder Atlaa.
Trompete: je nach der Tonart weiU, gelb, weißgelb, blau, rot u. a. w.,
stets ;il)er sehr Lrläuzend, luiii, kalt, trnckon, wie Stein; gegen oben imme^
heller und gliinzünder, gegen unten immer dunkler.
Posaune: rotgold, mit starkem Glänze, gegen oben zu immer heller und
glänaender, gegen unten an immer dunkler, ins Braunrotgoldige Mhimmemd;
sehr hart und kalt, starr wie Trompete.
Triangel: liebt, bläulichweiß, silberglänzend, sum Teil gläsern.
Pauken: 'je nacli der Stimmung) blan-, braun-, grQn-, rotschwarSy grau,
immer sehr liuster, dunkel und düster.
Inwieweit aach hi«r wieder diese VorsteUungeii vielleicht auf im An-
schlusse an den YokaUdang der Namen dieser Instrumente (zum Beispiel
Obee, Fagett, Klarinet u. s. w.) erfolgende oder sonstwie vor sich gehende
Associationen zutilckmfKhren sein mögen, wird ebenfalls weiter unten
noch zur Sprache kommen.
Für den.Patienten sind alle diese geschilderten Farben-Empfindungen
insofern sehr bedeutungsvoll, als sie ihm das Partitor-Studium und In-
«trumentieren in JUmlidier Weise bald erschweren, bald eridcbteni, wie
das Transponieren.^ Die Stimme jedes Instrumentes oder jeder Gesangs-
4imme (aber dieeen gegenttber bt die Empfindung bedeutend schwä-
cher und schweigt oft fast ganz) der Partitur erscheint als ein Strailen
von bestimmter Parbe, der, je nachdem er in höheren oder tieleren
Lagen des Stimmen-Umf anges sich erstreckt, eine lichtere oder dunklere
Schattierung aufweist Die ganze Partiturseite gewinnt so das Aaseben
einer von farbigen Bändern, die bald parallel, bald senkrecht, bald gegen,
bald auseuiaader, kreox und quer, zioksack oder in Kurven, symmetrisch
oder asymmetrisch durch einander wogen, durofaflochtenen, in allen mög-
lichen Farben und Parben-Nuancen schillemden Stickerai oder Glasmalerei ;
umso stärker natürlich ist der gleiche Eindruck beim Anhören des wirk-
lichen Klanges, also zum Beispiel bei der Aufführung durch das Orche-
ster, wo Patient den polyphonen Klang des Orchesters als ein durchein-
ander wogendes und wallendes, in den prachtvollsten Farben und Lichtem
«erglühendes, blitzendes, funkelndes und schimmerndes Farben-Meer hört
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Hobest Lach, Über eineti iatereaatt&ten Speziftlfall von »Audition coloree«. 301
Zugleich deuten ihm die in seiner Vorstelluii;^' aiiftrt tcnden Farben das
Auftreten der Instrumente an: i^länzendes glitzerndes Gelb zum Reispi» !
mit bräunlicher Beimiscliunu verrät die Oboe, und zwar je hf^ller und
«iänzender, umso höhere laugen der Oboe, je dunkler und uielu- ins
Hraungelbe spielend, umso tiefere Lagen. Analog Englisch Horn dunkel
braungelb, dunkler als die tiefste Lage der Oboe; je tiefer, umso dunk-
ler und ins Braunrote si)i«'lL'nd, je höher, umao mehr ins Gelbe, Helle
»der Farbe der Blüte des >Gt)idlack«, oder mancher braungelbrot lackier-
ter Möbel vergleiehbar). Ahnlich steht es ]iiit den bereits oben be-
schriebenen Far]»eu-Lmpfiudungen für Flöte, Kiarinett, Horn u. s. w., die
alle durch ihre Farben-Nuancen die höhere oder tiefere Lage des In-
strumentes anzeigen. 'Wie weit etwa auch hier underscitige Associationen
mit^i)ieien, wird weiter unten noth zur Sprache kommen nmsseni.
Die nächste Frage, die sich hier und iiberliaupt schon von allem An-
fang an) aufdrängt, int nun ilie: Wo sieht Patient alle diese Farben?
Sieht er sie nach auüen, auf die AuUenwelt projiziert, oder in sich selbst?
Wo ist der Schauplatz dieser Flucht von Farben- \'orstelliing<'n? —
Leider vermag Patient gerade hier trotz aller seiner Bemühungen keine
wis.sen8chaftlich befriedigende Antwort zu geben ; er kann es selbst nicht
beschreiben. Daß dm Farben weder (beim Lesen von ^fusiki an dem
Papier, noch (beim Hrir 'n; an den Listrumenten oder dem Munde des
Sängerb haft« n, dali sie dim a\ich nicht, wie manche aiulere Farbenhorende
den Eindruck hatten, als farbige Diinsti' oder Nebel au>< dem Instru-
mente oder dem Munde des Sängers aufzusteigen scheinen, versichert er
mit alier Bestunmtheit : auch empfindet er diese«? Phänomen am deutlich-
sten und stärksten, wenn er, wie es seine Gewohnheit ist, Musik mit
geschlo88<.'nen Augen hört. Mehr aber kann er leider nicht bestimmt
angeben. Seine Kmptindung ist einfach die. als im Momente, wo er
Musik oder Töne hört, vor meinem Auge. aber, wie er sehr deutlich
fühlt, rein innerlich) "ichsam ein farbiger Schleier herniederrollte, auf
dem faibige Streifen, Kugeln. Flecken, Lichter u. s. w. im Tempo der
Musik vorüberziehen, etwa wie farbige Dämpfe und verschiedenfarbig
leuchtende Feuerkugeln; daß diese Phänomene rein innerhalb seines Ichs
vor sich gehen, dessen ist er sich während der Dauer der Erscheinung
je(h'rzeit vollkonuiien klar, — nur wohin sie zu vcrli'gen seien, darüber
konunt er nie mit .^ich ins Reine. Bald scheint es ihm, als em})tinde er
den Vorgang im Grunde des Auges, auf der Netzhaut, bald wieder
vorne, vor der Tanse oder dem (jrlaskörper, bald vor der Hornhaut, bald
wieder scheint es ihm, als ob er die Farben nicht in, .sondern zwischen
den Augen, über der Nasenwurzel, unter der Mitte der Stirn, sehe. Es
s^cheint dim dasselbe Gesichtsfeld zu sein, auf dem auch die gewissen,
vom Blutdruck hervorgerufenen Erscheinungen winzig kleiner, blitzsclmell
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602 Robert Lach, Über einen intereaMuiten Speciatfall vob »Audition colorfo€.
vorübtTschieliencler oder krcisiMider, roter und schwarzer Punkte sich ab-
spielen'). Worauf er in dem Bestreben, die Erscheinung zu bcscbn'iVx-n.
immer wieder ziirih-kkommt, ist nur dies: den Eindruck, den ihm das
Sehen (h r Töne als Farben macht, könne er nichts anderem vergleichen
als dorn Eindruck eines Kah^doskops, wo innerhalb eines von einem
farbi'jfn Lichte gleichmäßig erhellten Raumes oder Gesichtsfel(lf^> die
piarlitvollsten, verschiedenartigsten Farltenflecke, Linien, Streifen u. s. w.
den verschiedensten Figuren zusammenflieUen und durcheinander
wallen.
Schließlich ist noch zu heuu iken, daß Patient zwar beim Vorstellen
oder Hören von Tönen Farben-Empfindungen, bt-ziehungsweise -Vor-
siellun^'L-n hat, iiiclit aber umgekehrt; der Anblick von Farben, (Temäl-
drn, (Jrnamenten u. s. w. vermag zwar eine allgemeine Stimmmi;Lj und
künstlerische Erregung in ihm zm erwecken, aber seine Wirkung geht
nicht soweit, daß befstinnnte Farben die Vorstellungen oder Empfindungen
der im Farlnnliören assücierten Töne ausziüösen verm(u liten.
Versuchen wir es nun, den vorliegenden Fall vom :dlgenieinen, kriti-
schen Standpunkte aus zu betrachten. Es kann hier natürlich nichi
meine Aufgabe sein (und ich fühle mich auch gar nicht dazu berufen ,
innerhalb des engen Rahmens dieses Berichtes rine Erklärung des vor-
liegenden Phänomens zu versuchen; sind doch schon von lienifener Seite
die mannigfaltigstt'n, diesbezüglichen Versuche unternommen worden. Ich
möchte mir nur erlauben, auf einige Möglichkeiten von iOrklarungen hin-
zudeuten, für die mir hier einige Anhaltspunkte vorzuliegen scheinen.
Was zunächst die Assoeiations-Theori«' anbelangt, möchte ich zimUchst
zur Unterstüuiiu^' für einen i'Ii kUu uiiixs-Versueh in diesem Sinne auf die
Tatsache aufmerksam machen, daü Patient in ^deichen), ja vielleicht noch
in stärkerem Grade als auf musikalische Töne auch auf den Klang der
Sprache, beziehungsweise dei*en Vokale mit Reproduktion von Farben-
Empfindungen oder -Vorstellungen reagiert, derart, daß der bloße Klang
der Vokale eines Wortes aus den betreffenden Farben bestehende, leuch-
tende Flecke vor seinem Auge erstehen läßt Die durch die einzelnen
Vokale hervorgerufenen Farben- Vorstellungen sind folgende:
ai leuchtend helles Weiß, niildiig, mit gans leichtem Inkatnats-Auflug.
<?: helles, glänzendes (jrelh.
i: helles, mildes, sanftes liichthluu.
o: dunkles Rotbraun (etwa wie Scbokuladej.
«: tiefes Grün^ fast sehwansgrün.
1, Ich habe hier, irotz der unwissenschaftlichen und laienhaften Aii?'!mrk*»wei?e,
seine Beschreibung wiiillirh wiedergegeben, um das» Charakteristische daran nicht zu
verwischen.
Digitized by Cuv^^it.
Kobert Lach, L ber einea interessanten Öpeziallall von »Audition cüloree«. ÖU3
//: gelbgrau, etwa wie die Farbe Tom SonneDlieht grell beaehienener
Felaen.
o: rotgelb, mit starkem Porpurglans.
ti: aaftiges Goldgrün.
ai: sehr bia^ila, Üemisch von milchig aartem Inkarnat und Himmel-
blau.
ti: gelb, mit starkem bluutiu (ilanze. das 'Janze leicht m'lbtrrönlich.
oi: violett, je imch Betonung des o oder i mehr dem Kot oder Biau
aidi nShemd.
Mi: biaugrOn, je naeh Betonung des n oder i mehr dem GrOn oder Blau
Bich nähernd.
w. graugrün, je nach Betonung des a oder u mehr dem Grau oder Orttn
sich nähernd.
>iu: Rchniutzi«,' ^teinyraugeibliche.s (irüu.
ca: gelbgrUu, sehr »uftig und frisch.
Ob nun diese seit firOhester Eindenseit beim Patienten unveiandert
fort und fort auftretenden, durch Vokale ausgelösten Farben-YorsteUnngen
nicht selbst wieder auf irgendwann in frühester Jugend zun erstenmal
aufgetretene und dann fortwShiend unveründert wiederholte Associationen
mit durch Worte, aus denen die betreffenden Vokale, Umlaute oder
Diphthonge besonders stark herrorUingen, bezeichneten Begriffen für
Gegenstände von der betreffenden IWbe, deren Vorstellung jetzt mit dem
Klange des betreffenden Vokals associiert wird, zurückgehen mögen, das
hier zu untersuchen, würde den Bahmen dieses Berichtes sprengen. Ich
möchte hier nur bemerken, daß es bei Tieren der Vokale («agelb»
f himmelblau, o ss rotbraun oder schokoladefarben, tt, s grUn) tat-
sächlich ohneweiters gelingt, einen solchen Zusammenhang aufzufinden,
während e^i allerdings schwerer fallen dürfte, für a und die übrigen Um-
laute und Diphthonge ungezwungen einen solchen zu konstatieien
[a — Papier? Aber die betonte Silbe ist i, also müBte eher der Vokal
I <lie Farben- Vorstellung Wwfl erzeugen!) Die Kolorierung der Diphthonge
wid Umlaute könnte man dann ja als eine weiterhin allmählich erfolgende,
ganz unbewußt vor sich gehende Verarbeitung des durch die fünf Grund-
Tokale g^ebenen Farben-Materials erklären. Immerhin läge es dann nahe,
anzunehmen, daß auch die Kolorierung der 'l'öne und Tonarten durch
(unbewußte) Association der mit den gleichnamigen Sprachvokalen asso-
ciierten Farben erfolge, also beim Tone n die Farbe des Vokales
beim Tone e die des Vokales e\ und in der Tat stimmt ja für diese
beiden Fälle die Farbe so ziemlich. Aber woher dann die Farben für
sämtliche übrigen Töne, denen keine gleich benannten Vokale korrespon-
dieren? Und wie den Widei-spnich (»rklären, daß selbst bei dem ersten
der beiden soeben angeführten Fälle, hei die Farbe des Tones a
eine andere Nuance ist als die des Vokals? (nämlich rötlich weiß, In-
biyiiizoa by Google
604 Bobert liacb, Über einen mtenMMUten SpenalfoU von •Andition oolof^e«.
kurnat. iiiclit liellweiß, uülchijf, wie letztere?) Also eigentlich nurfiirl'j
Fülle wäre die Erklärung durcli Absociation mit \'okalf:aben anwendbar,
nüüilich auf e und 7Mm Teil, wenn auch nicht befriedigend, auf a. Alier
abgesehen hiervon erhebt sich gegen diesen ErkUirungs-Verbiic}i aucli in
psycholo^iselier Hinsicht ein Widerspruch: er postuliert näiidich , daß
eine Kniptin<]uiig's-Vorstellun£r die von^ Farben) ausgelöst werd«' ilurch
Association vua Üegriffen ^näudjeh der durch Worte mit gleichluuteudeu
Vokalen bezeichneten) ; es ist dies also derselbe Fehler, an dem zum Bei-
^.piel die Erklkrunt,' der Konsonanz und Dissonanz aus den betreffenden
Intervallen imnisinenten, einfachen ndci kuuipiizierteren mathematischen
iSrhwin.irungs-)\'erhältnissen krankt. Immerhin aber map es unbenom-
men l)leibi?n, die Franc der Möglichkeit der Erklänmg durch Association
/u ventilieren; virileicht mag ebenso bei der Kolorierung des KlaiiL,'-
Charakters der insti'umente eine Association mit den Sprachvokalen. be-
ziehuügsvveise den Farben der betreffenden Begriffe, stattnnd» n /um
Beispiel Oboo, Vokale o und r, also Farben : rotl)raun und gelb, was
allerdings nur hinsichtlich des Gell> -anz für die Oi»oe-Klangfari)e palit;
ebenso Fagott, betonter \ okal o, also braumutj. Die verschiedenen
dunklereu und helleren Nuancen der Tiefe oder Hohe der Instrumental-
higen, zum Beispiel des Bräunlichen im Klang der Oboe m ihrer tiefen
Lage, kann man sich, wenigstens im vorliegenden Fall unseres Individu-
ums, das durch und durch Musiker ist, leicht dadurch erklären, daß die
Annäherung des Klanges der tiefen oder hohen Lage des Instrumentes
an andere, gerade der befcraffenden Lage klangverwandte Instrumente,
(2iim Beispiel der tiefen Oboe-Lage an EngUsoh Horn, des tiefen Eng-
liachhoras an den Fagott, der hohen Elarinett*Lage an die Flöte, der
tiefen Fl@ten-Lage an das Ekanett xl s. w.) auob die mit diestti asBo-
ciierten Faxfoen-Vorstellnngen ansloeen mag. Abnlicherweise wenigstens
nicht gana unmöglich mögen Erkläranga-Yersudie in diesem Sinne gegen-
über Kkunnett (Vokale o, c, /, also weiß, gelb, blau) u. a. w. sein; ganz
nnerldärlich ab^, wenn nicht Überhaupt widerspruchsvoll bliebe hisfnaoh
die Kolorierung des Klanges von Flute, Horn, Posaune, Trompete u. s. w.
(Wie weit nicht auch die ein&che gewöhnliche AssodsAion mit den Vor-
stellungen der Farben und des Äußeren der Instrumente die mit deren
Klang associerten Farben-Vorstellungen beeinflussen oder gar henrormfen
mag, braucht hier nicht weiter ausgefOhrt zn werden).
Ein begleitendes Phttnomen, in dem man beim ersten, fluchtigen Er-
wägen leicht ein willkommenes Kontrol-Organ für die soeben geschilder-
ten Phänomene erblicken könnte, versagt leider bei näherer Untersuchnng
vollständig: ich meine das gleichzeitig mit dem Farbenhören periodisch
ab- oder zunehmende absolute Tonbewoßtsein. Denn offenbar liegt es
nahe, zu kalkulieren: die sicherste Probe dafür, ob das dem Patienten
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Robert Lieh, Über etnmi interesMiiten flperialfiill \w. »Andition coloree«. 606
angeborene Farbenhören auf in die fiüheste Jugend zurückgehenden, rein
zafiUligen Aseociationen beruht, oder ob es in tieferen, rem iniKTÜchen
Beziehungen zu dem Klang der Töne selbst steht, wird offenbar die
sein, ob Patient, auch wenn er die erklingenden Töne gar nicht ge-
schrieben ror sich sieht, also ihre absolute Höhe gar nicht kennte dennoch
diesol])en Farben-YorBtellongen hat, wie sie sich einstellen, wenn er die
betreffenden Töne schwarz auf weiü geschrieben vor sich sieht, also ihre ab-
solute Hohe ki*nnt. Trifft dies ein, dann lio 't «loch hierin der Beweis, daü
die Farben- Vorstellung mit dem absoluten Klange des Tones rein innei -
lich, und nicht bloß mit dessen Abbild, seiner Vorstellung in der Seele
des Patienten, rein äußerlich diirdi zufällige Association zusammenhängt.
Und in der Tat habe ich bei den mannigfaltigsten, jahrelangen 'Experi-
menten mit dem Pationten stets enteren Fall bewährt gefunden; auch
wenn er in derartiger Entfernung und Lage, — zum Peispiel in einem
anderen Zinuner, mit dem Instrument zugekehrten Rücken u. s. w., —
Tom Instrument abseits stand, daU er durchaus nicht auf diesem die ab-
solute Höhe des angeschlagenen T n > hätte ablesen und erst danach
durch Association die betreffenden Farben-Vorstellungen reproduzieren
können, — immer stimmte die ton ihm als bei dem betreffenden, er-
küngenden Tone empfunden angegebene Farbe genau mit der laut obiger
Darstellung tabellarisch jedem Ton zukommenden Farben-Nuance. Ja
selbst daim, wenn man, um Patienten irrezuführen und gerade da-
durch zu priifen, das Klavier oder betreffende Instrument um '/i oder
ganze Töne hinauf- oder hinunterstimmte und ihn selbst dann auf dem
Instrument Töne anschlagen und die von ihm empfundene Farbe angeben
hieß, so daU also das scheinbare C der Klaviatur in Wirklichkeit
ein absolutes Ct«, Z), // oder B war, so war er zwar darüber sehr
frappiert, daß sein Ohr plötzlieh wie er meinte, die Töne verwechsle und
er bei einem C die Farbe des O^v oder D oder H oder B sehe, aber
er hatte, — ganz korrekt im Sinn' h r obigen auf Gi ui 1 / iblreicher
Experhnente mit ihm mf gestellten Tabellen — , die dem absoluten Ton
ent<?prechenden Farben-Empfindungen. Aber gerade hier kommt dem
Prüfenden eben des Patienten absolutes Gehör bindernd dazwischen;
denn gerade das, was beweisend sein soll, daß nämlich Ton- und Farben-
Kniptindung beide ganz gleichzeitig und von einander unabhängig primär
auftreten sollen, wird durch das absolute Gehör des Patienten sofort
wieder illusorisch: vermöge seines absoluten Gehörs hört er eben die auf
dem absiclitlieh falsch gestimmten Instrumente höher oder niedriger er-
scheinenden Töne in ihrer wirklichen, absoluten Lage (er hört das schein-
bwe C als wirklidi» ;tl)s()lutes D , stellt ^ir ^ich als solche vor. und
wenn nun die Farben-Vorstellung wirklich dmdi Association, also sekun-
där, erfolgt, was ja eben der Gegenstand der Untersuchung ist, so knUpft
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^OQ Kobert Loch, L bei* eineu iuteredsanien SpczialiaJi von »Audition colorve«.
sif sich dann an den vorgestellten absoluten Ton an. Das Experiment
' beweist also nicht das, was es soll; es wird durch das absolute Gehör
des Patienten paralysiert
An zwei weitere Erklarungs-Theorien, — in denen übrigens, wie in
allen derartigen Fragen, das letzte entscheidende Wort einerseits der
Psycholog, andererseits der Physiolog hat, und die ohne deren entschei-
dendes Votum einfach wertlose Spielereien bleiben, — möchte ich nur
noch mit wenigen Worten erinneiii: die eine betrifft die eventuelle Mög-
lichkeit eines Falles von Sinnesvikariat^ und tlie andere die rein physio-
logische Frage, ob das in Rede stehende Phänomen nicht etwa möglicher^
weise durch ein Uberspringen, gleichsam eine Transposition akustischCT
Reize von den ^Nervenbahnen des Gehörsinnes auf eventuelle angreuzemle,
benaclibarte Nervenbahnen des Gesichtssinnes erklärt werden könnte.
Eine Appellation an ei*stere Theorie erschiene mir im vorliegenden Falle
begreiflich oder wenigstens entschuldbar angesichts des Umstandes, daß
Patient für Malerei und Farben sonst auch nicht die leiseste Empfäng-
lichkeit oder Bedürfnis darnach zeigt. Der einzige Fall, wo überhaupt
Farben für ihn existieren, ist eben der der Vermitteluug duich Tönt',
sodaB man also in dem vorliegenden Beispiel der audition color^ einen
Akt des Ersatzleistens, des EntschUdigungdarbietens erblicken könnte,
<lcn die Natur vornimmt, um wenigstens ein gewisses Minimum von Gleich* ,
gewicht in den Anlagen herzustellen. — Im anderen Falle hätten wir I
eigentlich nichts anderes als einen Spezialfall des Weber'schen Gesetzes
der spezifischen Sinnes-Energie vor uns: ein akustischer Reiz, das heißt
ein Reiz, der unter noraialen Umständen und bei nonnalen Menschen
nur die akustischen Nervenbahnen in Erregungszustand versetzt, löst im
vorliegenden Fall beim Patienten aus irgentlwelchen Gründen, die zu
erforschen eben Sache des Physiologen wäre, eine Reaktion auch der
optischen Nervenbahnen aus. Ob und inwieweit dies möglich ist, ob
vielleicht infolge einer sei es ganz normal bei allen Menschen, sei es nur
beim Patienten und anderen farbenhörenden Individuen, also patholo-
giscli, vorkommenden, engen Nachbarschaft oder vielleicht gar direkten
Verbindung beider heterogener Nervenbahnen eine solche Reiz-Übertragung
stattfindet, so daß also in diesem Falle einfach eine Fortpflanzung des ur-
sprünglich bloß auf den akustischen Nervenbahnen ausgelösten Erregimg*-
Zustandes auf die optischen, also ein Uberspnngen der Reaktion von
den einen auf die anderen vorläge, — etwa wie ein elektrischer Funke,
infolge ;^'roßcr Nachbarschaft oder gar direkter Verbindung von einem
Leitungsdralit zu einem andern überspringt und so sekuiuliii- sich neue,
für ihn ursprüngHch gar nicht bestimmte liiUaicn bchaÜt, — das alle»
sind Fragen, in denen das letzte, erlösende Wort zu sprechen einzig uud
allein der Physiologe, und auch niu' dieser, berufen ist. Jedenfalls müüte
i
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Robert liwb, Über einen interenantoi Spesialfell von »Andition color^t. 607
man, wie mir scheint, erst die l'nraöglichkeit aller dieser Erklürungs-
versuche unwiderleglich dargetan haben, ehe man berechtigt wäre, auf
(l**n Beistand des Naturforschers zu vei*zichten und sich der mystischen
Theorie einer als im letzten Grunde unausweichlichen, metaphysischen
Identität von Farben- und Tonschwingungen, deren Symptome eben das
kolorierte Hören sein soll, in die Arme zu werfen, einer Theorie, die
allerdings infolge ihrer romantischen Mystik auf naiv spekulative Ge-
müter einen gewissen Reiz ausüben mag, die aber nie mehr AVert als
den einer bloßen, metaphysischen Spielerei und müßigen Konstruktion
haben kann, solange es — Gott Lob und Dank! — noch Physiologen
und Naturwissenschaft gibt und geben wird.
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608
Robert .Lach^ VolksIiMler in Lowingrande.
Voikälieder in LussiDgrande
von
Robert Lach.
(LuMingrande.;
Für den Musik-Historiker, der auf Lussin die einheimiscben Volks-
lieder kennen lernen und sammeln will, kommen Gefahren und Sch\nerig-
keiten in Betracht, die ihm die äußerste Vorsicht und Zurückhaltung
zur Pflicht machen, wenn er nicht wertlosen Kram als Ausbeute nach
Hause bringen will. Was er nämlich von vornherein in Betracht ziehen
Tiiiin. sind die aus dor i^eoirraphiscben Lage der Insel resultierenden,
eigeiitiiinlichen, ethnographisclicu Verhältni'^se. Mitten im Quamero,
zwischen Italien und Istrien einerseits, Dahnaticn und Kroatien anderer-
seits gelegen und dem Verkehr mit allen diesen Ländern in fj^leicher
Weise geöffnet, bietet es liinsichtlich seiner Bevülkerunfr ein seltsam ge-
mischtes Bild: während Lussinpiccolo /.um j^rößten Teil italienisch ist un<l
Lussingrande, Neresina, Ossero u. s. w. uralte, venezianische Stadt-Anlaj^on
sind, welche von dieser alten, venezianischen Kultur noch mannigfaelie
Uberreste bewahren, sind andererseits die Campagua und das Herz der
Insel durchwegs von Kroaten Itewolmt. Tin allgemeinen k;niTi nu\n für
die Bevölkening^ JjUi^sins die Formel aufstellen: Die besseren 8tände un«l
die pescatüi i sind durchwegs mir itnlienischer, die cnmjmgymoli nur kroa-
tischer Nation. Dies spiegelt sieh denn auch getreulieh in der Volks-
"Musik iler Tnsol wieder: die pe^caimi sin^'^en italienisch'", die campaff fiuoh'
kruati ( Ii ? Volkslieder. Die innige (Tcistes- und Bluts -Verwandtsc liaft
mit itaÜGu wird übri^^ens umso stärker immer wieder von neuem aufge-
frischt, als zufolge eines Vertrages zu isehen f)sterreich und Italien nach
dem Abschluß tles letzten italienisch-i.sterreichiselK'n Krieges [186(i Ix-i
der Abtretung Venedigs den FislIm in von Chioggia bei Venedig für ila-,
noch aus den Zeiten der veneziaui-i hen Bepnl)lik herrührende liecht
der freien Fischerei in dem Binnenmeere bei Lussin (Jewälir geleistet
wurde, so daß demgomUR der ganze Porto Lussingrandes von chioggio-
tischen Fischerbarken gefidlt ist, die an der Küste Lussins Fischfang
betreiben und aus ihrer Heimat, ( hioggia, Venedig und überhaupt Italien
sowohl die älteren, als auch die neuesten chiog<^rii)tis(hen, venezianischen,
neapolitanischen etc. Vi'lk>lieder und Gasst idiauer nach Lusmii ver-
pflanzen, wo sie von der italienisrhen Bevölkerung mit Begeisterung ge-
sungen und weiter überliefert \\ erden. Wer also ihn einheimischen
V'ulksgesang Lussins kennen lernen will, muß die ganze Giiippe bloli
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Robert Loch» Volkslieder in LassingFande.
609
iiiipoitititor, italienischer Volk'^lieder aussclicidf ii und sich an die von
der kroatischen Bevölkerung ;(i sim{?enen, alten kroatischen Volkslieder
halteil, in tlenen allein die Früchte autochthonen lussigfnesischen Volks-
gesanges zu erblicken sind.
Kein nur, um <las weiter unten auszuführende Bild nach allen Seiten
abzurunden und zu vervollständigen, gebe ich (in Beilage A) auch einige
Proben istrianischer und italienischer, also aus Pola, Fiume, Triest, Venedig,
C'hioggia etc. importierter, auf Lussin gesungener Volkslieder. Nr. 1 ist
ein aus Pola herrülirender (Gassenhauer, der von den Kekruten Lussins
gesungen wird» wenn sie von der Stellung in Pola zurückkehren. Nr. 2 bis
11, ferner Nr. 14 und 18 bia 20 sind venduedene, teils triesUnische, teils
venenanfachei neapolitanische n. dergl. italienische Volksweisen. Nr. 12
und 13 sind sehr beliehte Lieder der Ghioggioten, jeder peseaion singt
sie laut in seiner Barke im Porto von Lussingrande. Nr. 15 und 17
sind bekannte^ venezianische Gondellieder, von denen namentlich Nr. 17
uralt sein soll. Nr. 16 endlich ist ein ebenfalls alter, neapolitanischer,
graziöser Volksscheiz. Daß auch die unentbehrlichen Gassenhauer »Che
&di{fo*, das •Fimieidi fwueula* und die »Santa Lucia» nicht fehlen,
ebenso wie der ungemein beliebte, italienische Sozialisten-Hymnus, ist
selbstTerständlich. Für den Musik-Histonker, der die einheimische,
autochthone Volksmusik Lnssins kennen lernen will, sind aber, wie
gesagt, diese italienischen Volkslieder völlig wertlos, und wir wenden uns
daher besser der zweiten Gruppe von Volksliedern zu, den kroatischen.
Was diese uralten, bis in die ältesten Zeiten des Slaventums, in die
slavische Heldenzeit (deren Andenken viele dieser Gesänge forterhalten,
insofern ihr Text die Kämpfe und Heldentaten der alten slavisohen
Helden im Kampfe gegen Venetianer, Mongolen, Türken etc. besingt)
zurückreichenden Gretönge charakterisiert, das ist die als ein Symptom
hohen Alters bedeutsame Monotonie und Tonarmut, sowie die ganz
engen Intervallschritte dieser Gksftnge. Stundenlang näselt der com-'
pagmiolo in der Chieria hunderte von Malen stets immer wiederholt die-
selbe monotone Lied-Strophe, ganze Nächte hindurch (wie ich selbst zu
beobachten Gelegenheit hatte), und 'die andern näseln dieselbe Melodie
unisono mit, höchstens daß ein zweiter sie in der Ober-Terz begleitet,
oder ein dritter gar die Unter-Terz (also die Unter-Quinte der obersten
Stimme) Übemimmii) Ich gebe in fieilage B, Nr. 1 bis 8 ver-
schiedene solcher G^esänge, die stets aus ganz kurzen, oft nur einen
oder zwei Takte umfassenden Melodien bestehen und (namentlich 2
und 3) durch die typischen Symptome höchsten, uiältesten Archais-
1) Vergleiche fieilage B. Nr. la. b, e, wo eine der beliebtesten dieser Melodien
notiert ift.
8. d. 1. M. IV. 40
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610
Robert LMb, Volkslieder in Lttsnngrude.
mus gekennzeichnet siml. Besondere interessant ist die Melodie des
unter Nr. 3 a und 1» notierten, uralten Pfingstl iedes: am Abend der
Pfinpstfeiertage und am Tage dt r heiligen Anna werden in der Cam-
pmjiifi oder auf Plätzen vnr (hn Häusern Feuer angezündet, und
die Burschen springen über luinveg. indem sie dabei die hier
notierte Melodie ^on der ich zwei V ersionen hörte, die ich daher beide
luitteih'; näseln. Bezüglich des Worthintes des Textes ])itte ich um Ent-
schuldigung, falls selber schlecht und imiielitig ge-itlirieben sein s<.>iiiH;
da ich seihst nicht Kroatisch verstehe, umi keiner der Natur-Sänger aus
dem \ ulke, die mir die MehuHen \ursangeu, schreiben konnte, muUte
ich sie rein nach dem Klange niederschreiben.
Wer bich um die Erhaltung dieser uralten Gesänge hocliverdient ge-
macht hat, ist die Kirche. Wie bei uns Deutschen im Mittelalter Avelt-
liehe Volkslieder durch geistliche Parodierung in den Besitz der Kirche
übergingen, so ging und geht auch noch heute hier im Süden die Kirclie
gegenüber den slavischen Gesängen vor: sie legt der Melodie geistliclie
Texte (entweder in slavi.scher oder in lateinischer kSpiache; unter, nimmt
eventuell das Tempo noch langsamer und tr uiiLjer, als es ohnehin schon
ist, — und (las slavische Volkslied ist zum Ivirchenlied geworden. Da
hier überdies der kroatischen Sprache infolge der Indulgenz des selbst
durchaus kroatischen Episkopates auf Vegliu/ ein bedeutend weiterer
Spielraum in der Liturgie und der gottesdienstliclien Musik gegönnt ist,
als bei uns der deutschen, so mögen auch schon von Anfang an eine
ganze Anzahl von Gesängen direkt in kroatischer Sprache für die Kirche
erfunden worden sein, so daß eine geistliche Parodierung bei ihnen nicht
einmal stattgefunden zu haben braucht Der ganze Schatz der auf
Luuin in der Kirche noch heute gesungenen, kroatischen Kirchenlieder
gliedert sich also in drei Gruppen:
1. Uraprfingliche, schon von Anfang an für die Kirche hestimmte und
erfundene^ geistliche, kroatlsdie Volkslieder.
2. Ursprünglich weltliche, und erst durch geistliche Parodie fUr die
Kirche gewonnene, kroatische Yolkslieder.
3. Weltliche Weisen, die von der Kirche einfach herübergenommen
wurden und jetzt noch bei gewissen, verschiedenartigen xVnlä.ssen,
ITesten, Prozessionen, in Messen etc. gespielt werden.
Zvnschen der ersten und zweiten Gruppe wird sich eine Sonderong
der ursprünglich getrennten Gruppen wohl kaum mehr herstellen oder
wenigstens nicht mit Sicherheit durchföhxen lassen. Zu der zweiten
gehört namentlich eine geringe Anzahl uralter, kroatischer Melodien,
denen yom Klerus kroatische Obersetzungen lateinischer lituigisdier
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Bobert Lach, Volkslieder in LuMingnnde.
611
Gesänge, wie zum Beispiel des Dies irae, untt ilegt wurden i . Als
einen Anhang wird man dieser Cirru|)pe wohl auch jent' (jt siänge bei-
schließen dürfen, deren Melodie ursprünglich dem gregonanisclien Gresang
aiigeliört»'. die aber im Laufe der Jahrhunderte unter dem P'iiiriuß des
kroatischen Volksliedes und infolge stellenweiser Einschaltung beliebter
Phrasen desselben derartig umgestaltet wurden, daß sie in ihrer jetzigen
Form nicht mehr als Produkte des gregorianischen Gesanges gelten
können, sondern vielmehr als solche des kroatischen Volksliedes be-
trachtet werden müssen. Die unter Nr. 8 und 9 in Beilage C ver-
öfEentUchten Gesänge mögen ein Bild hiervon geben; eine Vergleichung
mit den betreffenden Weisen des authentischen, gregorianischen Gesanges,
wie sie in jeder offiziösen Ausgabe der gregorianischen Gesänge, zum
Beispiel den Begensburger Ausgaben, enthalten sind, aeigt den tief-
greifenden üntencbied dieser Umarbeitung darch den Einflufi des kroa-
tischen YoIksUedes.
Durch die Lfebenswürdigkeit des maestro di coro von Lussingrande
wurde es mir ermöglicht, mir eine Abschrift sämtlicher in Lusaingrande
beim Gottesdienst, Prozessionen etc. gesungenen alten, slavischen Lieder
nach einer im Besitze des Pfarramtes befindlichen Niederschrift zu
machen. Alle diese Gesänge, die in Beilage G Nr. 1 bis 12 zusammen-
gestellt sind, tragen alle typischen Merkmale höchsten Alters an sich:
große Monotonie, fortwährend um einen Ton sich henimwindende (peri-
helettschej Phrasen, sehr geringen Tonumfang (drei, vier Töne), ganz
kleine, enge Ihtervallenschritte (höchstens Terz, ausnahmsweise Quarte
meist nur schrittweise um einen, um V/^ oder 2 Töne) etc. Nach allen
diesen Kennzeichen zu schließen, halte ich es nicht fflr übertrieben, wenn
ich glaube, daß man diese Gesänge (mit Ausnahme des Chorals Nr. 10)
wenigstens in ihrer Urform bis ins frühe Mittelalter, etwa das achte oder
neunte Jahrhundert, zurttckdatieren darf.
Im Einzelnen wäre von ihnen noch zu bemerken:
Nr. 1 ist ein am Allerheiligen-Tage gesungenes Kirchenlied, Nr. 2a
ein solches fttr das Fest des heiligen Antonius von Padua; 2b wird
an jedem ersten Freitag jedes Monates gesungen, außerdem am Herz-
Jesu -Feste. Nr. 3 wird während des ganzen Monates Oktober mit
sieben verschiedenen Strophen vorgetragen. Nr. 4 ist ein ungemein be-
liebtes, auch häufig außerhalb der Kirche gesungenes, uraltes, kroatisches
Volkslied, das in der Kirche am Feste Mariä Himmelbhrt gesungen
wird; Nr. 9 ein solches vom Festtage des heiligen Josef. Wahrschmüch
liegt auch diesem Volkslied ursprünglich eine Melodie des gregorianischen
Ckmius firmus zugrunde, die im Laufe der Jahrhunderte durch den Ein-
1; Vergtoicbe BeiUge G, Nr. 7.
40*
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612
Bobert Lech, Volkilieder in Lutnngnmde.
flufi des kroatischen Volksliedes total umgeändert wurde. Xr. 6 wird
an allen gewöhnlichen Sonntagen in der Messe vorgetragen. Kr. 7 ist
ein uraltes, kroatisches Volkslied, das seit Jalirbunderten zu den Worten
des ins Kroatische übersetzten Dies irae Ix i <U n Totcn-^f essen fOr Arme
gesangen wird, während bei denen für die reichen Verstorbenen die
gr^orianisohe Melodie des Dies irae mit lateinischem Texte zum Vortrag
gelangt. Nr. 8 und 9 sind, wie schon früher bemerkt, ursprünglich
gregorianische eantu» ßrtm. di«' im Laufe der Jahrlmnderte durch den
Einfluß des kroatischen Volksliedes fast bis zur Unkenntliclikeit zu
kroatischen Volksweisen umgest^iltet wurden; 8 wird am 1. Januar
und zu Pfingsten , bei der Annifung des heiligen Geistes, gesungen, 9
bei allen Marienfesten. Bezüglich lo v nRten mir Pfarrer und
maestro di coro nicht anzugeben, ob diese Melodie eine alte kroatische
AVeise sei; der mm-fm meinte sogar, hierin einen in späteren Jahr-
hunderten aus Deutschland importierten Choral erblicken zu müssen.
In der Tat macht ja auch die streng festgehaltene Choralform stutzig;
vergleicht man jedoch diesen Choml mit der unter Nr. 2 a) und b) an-
gefohrten, malten kroatischen Volksweise der Ldtanie Antomane »Gos-
podine pomilui« und >0 presvetom sr^u isosovu«, so sieht man, daß
seine beiden i rsti n Strophen fast ganz sich mit jenen Melodien decken.
Ich glaube daher, daß man auch in diesem Choral eine alte, kroatische
Volksweise erkennen darf, die aber im Laufe der .Tahrhunderte irgend-
wann und aus jetzt nicht mfhr ormittelbaren Gründen (vielleicht aus
einem ganz bestinimton Anlaß, /.um Beispiel eines besonderen Festes,
einer FeirrHrhkcM't tind dergleichen kim^^tgemüR vielleicht von einem zu-
fällig hierher verischlMfronrn ( )r^'anisten deutscher Abkunfti umgearbeitet,
modernisiert und in Choralforra geprägt wurde. — Kine weitere, uralte
kroatische Volks-Melodio »Bnze moi«, die alle Kennzeichen des höchsten
Alters in geradezu idcalci- Form aufweist und liier :nn Charfreitag bei
einer Prozessiim von Pri«'stern und Volk mh Chor ^'esun|,'en wird, habe ich
bereits an anderer Stelle in diesen ]*ui>iikationen mitzuteilen mir erlaubt.
Ein interessanten Beisjiiel des JneiuanderarVieitens von altem, kro-
jitischem Volks- und liturgisch gregorifini-^ehein desang geben auch die
in l^ell iL'e C unter 11 (a bis e voWitfcntlii liten Kirchen-Gesänge, dio
hei der Sninita^s-Mcsse während der ( Isterzeit, im Mai und anderen Ge-
legenheiten zuui Credo, Sanctus, Agnus Dei und der^deic lien L'i'sunsren
werden. Auf den ersten Anblick wäre man versucht, diese Gesänge als
durchwP!^«; reine Produkte des gregoriani^i hen Ge*;angs anzusehen:
kehlen m ihnen ja doch die stereotypen Anfangs-ij'ormeln der Lamentationen
1 Vr rjt'Mrhc »Alto Weihnacht«- und Oetergesänge aufLossin«. Sammellrände der
lAltr, 1W3. Hell H, Seile üHö.
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Kobert Lacb, Volkslieder ia Lassingrande.
613
wieder iman vor^l. ziiiTi Beispiel 11 b, c, d. c). Und doch liegen diesen
Gesängen uralte, kroatibclie Hirten- und Hauem-Gi siin^'e zu (Grunde, die
eliemals im Volke viel gesungen wurden, dann aber im Volkslt hm ;ib-
starbeu, in den Schatz der Kirchen-Lieder übergingen und liier, im Sinne
des liturgisch-gregorianihchen Stvle?* etwas überarbeitet, nun in dieser er-
starrten Form, gleichsam in Versteinerung, erhalten sind. Die Ijereits
oben besprocliencn Merkmale arehaistisdier Musik zeigen diese Gesünge
in bervorrn^enchMn Maße: ihre ganze !Melopt»ie ist ein fortwährendes Sieli-
lierumwmden um einen Mittelt« »n. von dem sich der Gang der Stinnue
in ganz geringen, engen Intervall-Scli ritten um einen, höchstens zwei oder
drei Töne entfernt. Die gleichen Merkmale prmüLiv archaistischen Stvlesi
zeigt der unter C 12 wiedergegebene Gesang, eine uralte kroatische
Hymne, die l»ei verschiedenen feierliclien Anlässen des Kirchen-.) ah res
gesungen wird. IcIj luirte sie hier in zwei verschiedenen Versionen: die
erste, unter 12a notierte Fassung )>ei einer Prozession am Taj?e dfs
heiligen Markus, die unter b bei einer gleichen am Tage Maria Himniel-
fahrt.
Die dritte Gruppe endlich der oben gegebenen Einteilung umfaBt
hauptsächlicli Hirten-, Pastoral- und Tan/-Weisen, die noch heute allent-
hnlben auHerhalh der Kirche v(»ii den f iiiujHujnuoli gesungen und gespielt
und in der Ivirche als Natiunahnotive in Meßmusiken verwendet werden.
Ich habe in Ht*ilage i) eine Anzahl derselben /iisarumengestellt: es sind
durchwegs sehr alte Weisen, wenn »ie auch, allen mus»ikkiitischen Merk-
malen zufolge, bei weitem nicht an das urehrwürdige Alter der zur
vorigen Gruppe gehoiiireu (rcsänge hinanreichen. \ Oai Volke werden
sie» wie gesagt, noch heutt- Ln^sunjien. gepfiffen uml gespielt; in Neresina,
Ossero und (Jhinnschi 'aut der ni'KlIich* n Hälfte (h-r Insel Lussin, (Jssero
auf der Insel Cherso) sollen, als die letzten, überlebenden Hüter einer
hier einst allgemein geübten und beliebten, jetzt aber längst ausgestorbenen
Kunst-Pi*axis, auch noch die letzten Dudelsack-Pfeifer leben, ilie auf ihrem
Instrument, der \nmpo<fnn [kroatisch: eurlitza i. diese alten Hirten-M* ludien
l»Iasen. In der Kirche werden sie. — die bereits in dl« ^en Publikationen an
der üben angegebenen Stelle venitfentlichten/Vw/o^W/ der Weihnachts-Messe
ausgenonimen - , bei verschiedenen (Telegenheiten des Jahres, Ostern,
i^tingsten und sonstigen Festen, in die Meli-Mubik aufgenommen und von
der Orgel gespielt; auch exi.stjeren bisweilen hier und in der Fmgebung
(den Inseln rin i-<o, Arbe, Veglia etc.) von Grir;ini-ten über diente uralten
Volksweisen als JNIotive *?eschriebene jVrefi-MuNikru Mir liegt, ans dem
Inesigen Kirchen-Archiv «iurch die Jiieheaswurdigkeit des nmei^tro <// '
zur Verfügung gestellt, eine solche vor, der ich die in Beilage D v.-i-
öffrntlicliten in ihr MMTi\e verwendeten, noch le ute hier t'esiuiLrrn. ii,
uralten Fastoralmeloilien entnehme. 8ie trägt den Titel ^JUssn jj/utorale,
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614
Kobert Lach, Volkslieder in Lussingnmde.
dedieata td ttverendissimo Mmngnore Alberto Furiamdty Veseoto ü Zam^
oompotita da Giuseppe Bozzotti«, und ist eine im übrigen recht iinge-
sddckte, geschmack- und geistlose Gompilation, welche die frischen, oft
derb fröhlichen, alten Schäfer-Melodien mit pumpSsen Introduktionen,
Koloraturen und Passagen-Geschnörkel verzieren zu mfissen glaubt Wie
weit verbreitet übrigens diese alten, kroatischen Hirten-Gesänge waren
und sind, wie sie weit über die engen Grenzen ihrer kleinen Insel hinaus
aufs Festland, ja selbst in Länder mit ganz anderssprachiger und einer
andern Basse angehdriger Bevölkerung verpflanzt wurden, hierfür ist der
beste Beweis der, daß der End-Befrain eines dieser uralten, kroatischen
Hirtenlieder, nämlich des (an der bereits oBen angegebenen Stelle hier
veröffentlichten} Weihnachtsliedes tü sve vrime godiSsa, mir se svitu
nazvilcac von den Ungarn zur Melodie eines ihrer beliebtesten und
ältesten Volkslieder: »szeretni szantani« verwendet wurde. ')
Um auch von der Volkstanzmusik auf Imssin eim'ge Proben zu geben,
füge ich in Betlage E die Niederschrift einiger Tanzmelodien bei, wie
man sie zum Teil heute noch allsonntäglich abends bei dem am poxxo statt-
findenden baUo der peaeatori und faeMn hören kann, und zwar sind Nr. 6, 7
und 9 italienischer, 1 bis 5 und 8 kroatischer Provenienz. Beide G^ppen
weisen den Typus romanischer, beziehungsweise slawischer Musik ungemein
scharf ausgepriigt auf; man vergleiche nur' zum Beispiel mit den erataren
italienische, französische oder spanische, mit den letzteren böhmische oder
polnische Volkstänze, um die gemeinsamen, sozusagen >Baoe«-EigeDtBm-
lichkeiten auf das Schlagendste sich vor Augen zu führen. Die Melo-
dien zn den alten Nationaltibizen Monfrino und Vinca sind spezifisch
lussignestBche VoUcswdsen; dagegen gehört die unter E 9 verzeichnete
Melodie der alt^talienischen Kunstmusik an: von Galimberti komponiert
und im 17. und 18. Jahrhundert in Turin bei Hof-Festlichkeiten viel ge-
spielt. Die in Nr. 1 bis 5 veröffentlichten Weisen endlich sind alte,
slavische Banemtänze, die bis vor drca 30 Jahren bei den am letzten
Karneval-Sonntag auf der piazxa abgehaltenen Volks-Belustigungen und
Bauem-Tibusen vom Volke bdm Tanze in der alten, kroatischen Volks-
Tracht zum Klange von Dudelsack (dem nationalen, heimischen, kroa-
tischen Bauemmusik-Listrumente, der curlitza), Schalmei und Pfeifen
gesungen wurden. Jetzt sind diese Feste und Bauerntänze auf der piaxxa
längst abgeschafft und die Gesänge leben nur mehr draußen in der oom-
pfujrui fort — im Gedächtnis der alten Bauern, die nach dem Klange
dieser Melodien tanzten und sie mitsangen, wohl auch selbst den Dudel-
sack oder die Schalmei dazu spielten; übrigens stirbt diese Generation,
gerade so wie die ihr angehörigen Vertreter der alten, einheimischen
1) Vergleiche Beflage J>, Nr. 10.
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Bobeii Lftch, VoUulMder in LninDgnwde.
615
Mubikinstnimonten- L'bung ^Dudelsack, Schalmei. Pfeifen) von Tag zu
Tag mehr aus, und in 20, 30 Jahren werden wolil alle diese alten
(lesän^p, Tänz»! und lustnimento i;erade so verfressen und in dem Schutt
d<'r Verifaiif^enlieit begraben sein, wie es jetzt schon die alte emheiiuische
\ olJvS-Tracht iNt.
Die M. Idilit des unter E 1 notierten Tanzes lebt übrigens noch in
einem kroaUsi lu n, alten Voiksliede fort, das ich unter B 6 ebenfalls auf-
führe. Bezüglich lier Textesworte, die nn'r von itaheni&clier Seite — dem
mtitstro di mro — mitj^eteilt wurden, verweise ich übrigens auf die schon
oben bemerkte Verwahrung, daß ich infolge meiner Unkenntnis des
Kroatischen eine (iarantie für die richtige, orthographische Wiedergabe
der Texteswortü nicht übernehmen kann.
Was den Vortrag dieser Volkslieder uiibi langt, so ist sowohl tür die
kroatischen als auch die italienischen charakteristisch ein ungl.uildich
näselnder, schnarrender und die langen Töne lirrausplärrender, für uns
direkt widerlicher Vortrap. Während aber die kroatischen bei ihrer
primitiven, archaistischen l^liiifachheit nicht die geringste Koloratur und
Verzierung verweudeu, werden die italienischen fnanientlich die chioggio-
tischen und venetianischen) von den pcscaiori und fncchini mit Kolora-
turen, Trillern, l^ralltrillem, Mordenten, Vorschlägen, Schleifern und
sonstigem Omameut-Geschnörkel derart überladen, daß die eigentliche
Melodie darunter fast ganz verschwindet. So wird zum Beispiel die unter
Ä, Nr. 12 angefühlte cliioggiotische Melodie nicht in der notierten Weise
gesungen, sondern etwa so:
-5-r7-f^
— _V — ^p— — • — • '
0
3
i*.
«to.
und je mehr verschnörkelt, geheult, geschluchzt, gegurgelt und ge-
meckcat der Vortrag Uingt, für umso schöner wird er von ihnen ge-
halten. Namentlich das Ziehen und Schleifen yon einem Ton zum andern,
also statt
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tilÖ Bobert JLadi, Yolkalieder in LuMÜigraode.
gleich
I
ist unausweiclilich, und es gibt nicht zwei eiitf« mtere Tone, die nicht
auf diese Weise verbunden werden. Besonders beliebt sind Yerzienings*
Figuren wie
Daß in einer solclien Vortraffswoi'^e in lien dem Portauieiito ;nu Ii das
Tremulien n das unentl)ehrli( h^^tc lni:ivdiens bildet, braucht \viihl nirlit
weiter beiiifikt zu w< i <lrn: nicht dir bescheidenste Dorfhch'in«'. ni( lit das
kleiüöte Scliulkind uird dtu neuesten, aus Triest, Pola, Fiunit oder
Venedig; iinjnirticrtcn ( J;iNst'nhauer trälleni, ohne nicht jeden hall)^^ej^s
lancier auszuhaltenden Ton diiich Tremolieren in eine Anzahl kleiner
Stakkato-Töne zu zerlegen, aksu statt ^ zu meckern :
-0-ß-0-0^'0-0-0-0-0~0-0-*-^-0
Nebenbei bemerkt, wird einem hier erst der Ursprung jener, in der alten
italienischen Opemmusik eines Bellini, Donizetti, Verdi eto. so beliebten
und dann auch nach Deutschland imix>rtierten, zum Beispiel bei Flotow
so gewöhnlichen Orchester-Figur des Tremolando beim Vortrag länger aus-
gehaltener Töne verständlich, die bekanntlich in der noch heute bei den
Leierkästen und Drehorgeln üblichen Manier Melodien wie
AnUauic.
3 — 0^ eta
wiedelgibt als
l^^zsÄ 0-t — :2tzizz: tt-
8. f.
Ich habe hier während der sechs Monate, wo ich dir Kinu' Ix.nien singen
hörte (und sie singen fortwährend, Tag und Nacht!, aucli nicht ein
einziges Mal solche Natui^änger oder -Sängerinnen, die übrigens häufig
recht gute Stimmen, meist sdir gutes Gehör und immer einen leiden-
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Robert JjRch, Yolkalieder in LuMingiuDde.
«17
Bchaftlichen. mimischen Vortrag haben, gehört, die nicht das bescheidenste
Viertel tremolierend ausgelialten hätten.
Für den Musik-Forscher aber ist diese Vortragsweise von hohem
Interesse; denn nicht bloß, daß sie (wie ich an anderer Stelle ausgeführt
habe' das Merkmal primitiver Kunststufe und demnach, bei Kultur-
A'ölkem vorkommend, ein Zeichen hohen Alters und primitiven Archius-
jnus der betreffenden Volksmusik ist: kommt iiocli ein auderes, historisches
IVforncnt dazu. Bekanntlich ist f^tiadc diese näselnde, gurgelnde, schluch-
zende, meckernde und mit OrDauieiiten, Portamentös, Schleifern und
Tremolandos die eigentliche Melodie ganz verdeckende Vortragsweise
uns^'^mein eharakteristi'^rli für die Musik des Orientes 'der Araber, Perser.
Türken, S;iraz' neii. S\ rtM', Byzantiner und Tseugriechen, zum Beispiel des
giierhischen Kircheiigesanges). I lierljhckt man nun die geographisc])e
Tiatre Tais>iiis, zwischen Venedig und Italien einerseits, Kroatien, I)al-
Miatien, Bosnien etc.. also der iiroHm Heer<*traRe in den Oi'ient und
Baikau andererseits, erinnert man sidi ferner, daii laissin im Mittelalter
lange Zeit ein Besitztum Vene(1i;^'s wf»»- da^ in Tjus-in^/raude, Neresina.
Ossero etc. und den umlieirenden In.seiu Ailie. Cherso etc.) zahlreiche
Häfen. Festini'.'en und Kastelle anlegte, um liier Stützpunkte für seinen
Handelsvei kehr mit Bvzanz und für den Kam|if ge^en die Seeräuber (später
di«' f ski il.t u . Sarazenen, Mongolen, Türken, l ii::arii etc. m haben, bedenkt
man weiter, dali der ganze Handels- und freundliclie ^ie l'eiudliche Ver-
kehr Venedigs und des Festlamles mit B\zaiiz und dem Orient über die
große Seestrafte des Qnarnero erfolgte, daß Sendboten byzantinischer
und orientalist iier Kultur einer-, abendländischer Kultur andererseits oft
genug diesen Weg zocren, Lussin und die ültrigen Inseln seiner L'm-
gebung also mitten an dieser großen Straße lagen, erwägt man weiter,
daß die Byzantiner und später die Türken oft und lange genug ihren
Arm selbst bis in die Gegend unserer Insul und no( h höher ausstrecktm.
und dabei in bald feindliche, bald freundhche Beriüuung mit dem Abend-
land und speziell dessen Bollwerk Aenedig kamen, sowie daß die See-
riiuljei' (und später die l'skoken), die Jahrhundei te I.lh'j. in diesem ganzen
Gebiet ihre Nester und Schluidwinkel hatten, von ihren Raubzügen nach
Hyzunz und dem Orient oft genug l'rub' n byzantinischer und orientalischer
Kunst, Kultur, Sitten, Gebräuche, Gesänge und dergleichen heinihrintjen
mochten, erfährt man nun endlieh, daß auf einer von Lus.singrandi lici
günstigem Wind in nicht einmal einer ganzen Stunde erreichbaren, kleinen
Felseninsel (Palazzuoli die Trümmer eines uralten, griechischen Klosters
liegen, dessen Mönche, aus dem byzantinischen Reiche vor dem An-
sturm der Sarazenen flüchtend, sich mit ihren Schätzen hierher retteten,
hier slcli häuslich niederließen und Jahrhunderte lang hausten, bis sie
endlich, mit den Seeräubern gemeinsame Sache machend und ihr
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618
Robert Lach, Volkalitdar in Loniiigniide.
Kloster za einem Hauptsitz und Raubnest derselben bergebendf durch
einen gemeinsamen Kreuzzug der Bevölkerung von Arbe, Cherso, Luasin
und der Venezianer Temichtet und ihr Kloster dem Erdboden gl€t<^
gemacht wurde (im 12. Jahrhundert), — : h< man alle dieee Erwägungen
zusammen, so scheint mir wenigstens die Vermutung nicht ganz aus der
Luft gegriffen, daß dieses lokale Vorkommen byzantinisch-orientaUsdker
Vortragsmanier in Lussin, ChersOt Chioggia, Venedig und überhaupt
Italien nicht so ganz zufiülig, sondern auf orientalisch-byzantinische Siit*
flttsse — fQr die sich, wie soeben ausgeführt, die mannigfachste G^legeik-
heit bot — zurückzuführen sein möchte.
Zum Schlüsse möchte ich noch eines charakteristischen Zuges er-
wähnen, der ebenfalls etwas seltsam an den Orient Erinnerndes hat. In
manchen Nächten nlUnlich, wenn eine größere Anzahl der chioggiotischcn
peacatori mit ihren Barken im Hafen versammelt ist und sie sich, ihrer
Gewohnheit gemäß, die Zeit mit Singen italienischer Volkslieder ver-
treiben, sammeln sie sich um einen von ihnen, der, auf dem Vorderdeck
seiner Barke hoch aufgerichtet stehend, in traditioneller Manier Ge-
schichten, zum Beispiel aus »Tausend und einer Nacht«, Episoden aus
populären, alten Dichtungen und dergleichen zu erzählen beginnt, während
die andern, auf ihren Barken sitzend, aufmerksam zuhören und bei jeder
größeren Pause, die der Erzähler macht, im Chore mit einem gerade be-
liebten Volksliede oder Gassenhauer (&st alle zwei Monate wird ein neuer
populär und verdrängt die andern) einfallen, nach dessen Absingun^ der
Erzähler seinen Vortrag fortsetzt, worauf bei der nächsten Pause das
Gleiche erfolgt, was oft die ganze Nacht oder einen großen Teil derselben
hindurch, bis zum Morgen, fortdauert. So beobachtete ich einmal, von
dem S*enster meines Zimmers aus auf die mondbeleuchtete piaxm und
den porio hinabschauend, von 9 Uhr abends bis 12 Vs Uhr nachts eine
solche Szene, die, als ich endlich vom Fenster wegging, noch fortdauerte.
Für den Vortrag des Erzählers scheint ein eigenes Bezitations-Schema zu
bestehen: er beginnt die ersten einleitenden, gleichgültigen Worte in einer
tieferen Lage, etwa der Unterquart, und hebt die Stimme bei dem ersten
betonten oder hervorgehobenen Worte auf einen Mittelton, auf dem er
während der ganzen, folgenden Rezitation verweilt; nur besonders hervor*
gehobene Worte und betonte Silben steigen noch um einen oder zwei
Töne ge nach dem Grade des Affekts, mit dem sie vorgetragen werden}
über diesen Mittelton empor, auf den jedoch das erste, gleichgültige Wort,
der erste, ruhige, affektlose Satz, sofort wieder zurückfällt, und auf dem
die ganze, übrige Rezitation verweilt. Zum Schlüsse, bei den leisten
Worten, hebt sich mit der letzten, besonders hervoi|^obenen Silbe und
dem letzten, betonten Worte des Satzes die Stimme kadenzartig noch
eine Stufe über den Mittelton der Rezitation, und sinkt dann wieder mit
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Robert Lach, Volkslieder m Xtiuiingrande.
den letzten Worten uiul Silben auf den Ausgangstun, die Unter-(^uarte,
zurück, so daß aidi in Noten das Schema der Rezitation etwa so dar-
stellen ialit:
^ f ! ' I ♦
Hierauf fällt sofort der Chor mit seiiicui Liede ein. Tn dorn von mir
Itcoltacliteten Falle war es »i i^ unter A Nr. 15 notierte venctKiiusclie
Goji'l' liere-Lied »Tere*//«/, rint aühd.^m* dessen Refrain iihtnrn, ehkira,
chiani tum il di< von Jung und Alt in unglaublich kindischer Freude
heransjrp «schnarrt und -geplärrt wird.
I'i : ttxtliclie liiliaU dieser Erzählungen besteht, wie sehon bemerkt,
zum leil aus den alten italieiii^c lien Dichtern entmmimenen Episoden
oder Abenteuern aus ^Tausend und eine Nacht«, zum Teil aber auch
aus kleinen, lustigen, tlüclitig improvisierten Geseliielitclitn. Produkten
des Volkswitzes, kleinen, harmlosen Nrckt itMc n und Sticheleien auf Vor-
kommnisse des Tages, Erlebnisse der einzelnen Familien, Gevattern,
Nachbarn, udt r scherzhafte Vorfälle in Iv-Ubsingrande oder aiulern benai h-
harten Orten und Inseln, zum Beispiel Neresina, Ossero, Cherso, Asiuellu,
S. Pietro di Nembi, Ulbo etc., Geschichtchen. die mit ihren übermütigen und
ausgelassenen, nicht immer salonfähigen Pointen di» ( Jrenzeu di rZulässigkeit
des »Naturalia non sunt turpia< oft melu al> uberschreiten. Zur Cha-
rakteristik teile ich hier einige der erzählbaren dieser auf Vorialle des
insulanen Lebens im Übermut des Augenblicks improvisierten Geschicht-
eben mit, von denen Nr. V bis X sich auf wirkliche Begebenheiten aus
• den letzten Jahren beziehen sollen, die von dem für Scherz und Situations-
komik stets empfänglichen, leichtlebigen Völkchen sofort zur Improvisation
kleiner Neckereien und Spottgeschichten benutzt wurden; die vier ersteren
dagegen sind alte, lussignesische Volksscherze. Interessant ist^ daß hier
derselbe Typus, wie ihn unsere deutschen Yolkssagen in der Figur der
»Schildbürger« und »Sieben Schwaben« geschaffen haben, von den
Lussignesen den Einwohnern der benachbarten Insel Ulbo (einer der dal-
matinischen Inseltti deren Einwohner durch massenhafte Erzeugung von
Schafkäse in der Umgebung bekannt sind, aber auch deswegen als Ziel-
scheibe fOr zahlreiche Neckereien herhalten mfissen) zugeschrieben wird.
Zum Beispiel:
I.
Einst wollten die Eiinvobuer von Ulbo ciu iiindliches Fest besuchen, das auf einer
benadibarten Iniel abgehalten wurde. Da lie aber furchtetm, sie koimtei&f einmtl
von ihrer Intel fort, auf dem Meere nicht mehr den Weg nach Hauie snrückfindeo,
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620
Robert Laoh, Volkdaeder in ImBsingrande.
hiflten sie eine Rutssitznn'j' ab. was /u tun s-oi. Da inaclitc der Alleste und Klügste
dea Vorschlag: bei der iüniahri iurtwaaieud Blätter ins Meer zu streuen, damit sie
dann auf dem Bflckweg, der Spnr der auf dem Meere U^endea BlSfcter folgend, tutch
Hanee flnden. Das leuditet« den «adem anch eiot ue taten eo, und &nden richt%
— nimmer nach Hause, weil die B&tter natSrlich längst fortirescliwoinmcD warea.
Daher kommt es, daß die Ulbaner nie »bei eiok su Hauae« (WorUpiel: »bei eich zu
Hause« = vernünftige sind.
IL
Die Ulbaner wollten ciust durchaui gern unter die Herrschaft Venedigi kommen,
und beschlossen, ihre Insel Venedig zum Geschenk darzubieten, und zwar, uui den
Vt^nezianem den Wert dieses Geftchenkes refht ad oculos ni demonstrieren, an Ort
und Stelle, in Venedig selbst Sic banden also äthcke an die Bäume and Häuser,
knüpften sie an das Hinterdeck ihrer Barken und mderten dann aus Leibeskräflen, um
mit vereinter Kraft ihre Insel nach Venedig zu ziehen. Nachdem sie nun von früh bis
Abend den t:uM/. -n Tag hindurch gerudert hatten, inul abends die Sonne im Meers
unter<rtTi?", rii iV-n sie freudig: »Seht, wir siml hon bei Sonnoniintoriraiipc. "Wortspiel:
im Westen, also schon Venedi«»^ um so viel näiier! Am nüchsten Mtn-izr-n. ah «ie au<
dem Schlafe erwachten, sahen sie die Türme imd Dächer ihrer eigenen Kirche und
Häwer im lackte der aufgebenden Sonne bUtaen. Da riefoi ile freudig: »Seht ihr
schon die Kuppel von St. Markus? Wer hätte doch das gedaabt, daß Venedig so
nahe bei Ulbo ist!«
in.
Drei Ulbaner bitten um ihr Leben gern Venedig gesehen, von dessen Sohonheit
sie schon \uA gehört hatten. Da sie aber wußten, daß man in Venedig nur italienii^oh
spreche, auf Ulb i aii< r nur kroati-ch ^^egprochen wird, beschlossen sie :^i:fr!'t Italienisch
zu lernen, bevor sio nach Veuedig reisten. Nachdem sie ein Jahr lang eilrig Tag und
Macht hindurch italienisch gelernt hatten, konnten sie am Schluß des Jahres jeder je
ein Wort: Der Erste »lo«, der Zweite >Si«, der Dritte »Ho«. Stola über ihre um-
fangreidien Kenntnisse des Italienitobett reiston sie nun nach Venedig. Als eie mm
ankamen und ausstiegen, war es finstere Nacht. Aufs ^n-r.i'b vvohl tappten sie durdi •
das nächst f vv^e niißchen, da stoljurtr der Er-!»- indem Dunkel über einen am Boden
liegenden ( iet:enstand. Sic zündeten ein Liclit an. da s.;»hon sie, daß der (leircnstaud.
über den bie gestolpert waren, die Leiche eines V or nehmen war. den Bravi ermordet
hattm. Wie sie nun so dastanden und verblttfil den Bnnofdeten anstarrten, kam die
Stadtwache, und als sie die drei robusten, bäarisch ungescblaohten Kerle vor dem
blutigen Leichnam stehen sah, rief sie: Ualt. wer hat diesen Mann gctödtet? »lo«
sagte der Er«!<e, der als Vorderstor vor der Wache stand. >Und du hast ihm wubl
geholfen V* sprach diese zum Zweiten, während sie den ersten in Ketten legte. »Si«
sagte dieser. >Wie frech und offen die Kerle ihre Schandtat noch eingestehen!«
riefen die Wachen empört »Und du«, herrschten eie den Dritten an,» hast du ihnen
utich geholfen? Oder bist du unschuldig daran?« »No<, sagte der Dritte. Da packten
sie anch ihn und hängten die drei zusammen auf denselben Galgen, und das ist für
L Ibaner das Allerbeste.
IV.
Drei Ulbaner kamen nach Venedig, um die Keliquien des heiligen Markui> zu
sehen, von denen sie schon so viel gehört hatten. Als sie nun mit ofTenem Maule
und blöd gaffenden Augen durch die Gassen Venedigs stiipften, begegnete ihnen ein
Venezianer, der ein großer Sitaßvogel war. Und da er auf den ersten Blick sah, we«
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Robert Lach, Volksliader in Lusingtande.
621
Geistes sie w.uen. fragte er Bje. wober sie küriH-n. und was sie hier wollten. Sie cr-
zaliiten ihm, sie seien vou Ulbo gekommen, um die Gebeine des heiligen Markus zu
Rehen. »Ali bah!« rief der Veoesümer. »Wu Qebeine dei lieüigeii Markus! Ein
Bein ist doch wie da» andere! Was seht ihr denn daran! Aber ich, tcfa will euch
ganx was anderes zeigen. Wenn ihr mir erkenntlich sein wollt und zehn Dukaten
gebt, so zeige ich euch den lebendigen Gott, und kunn ihn euch Rogar mit nach Hause
geben«. »Den lebendigen Gott?« riefen die L Ibaner, und glotzten ihn mit offenem
Munde an. »Ja, da« i^dUre wohl was, wenn wir den nach Ulbo nach Haase brilchten!«
Und sie gaben ihn ihi« gana» BarsdiafI, damit er ihnen den lebendigen Oett rw-
schaffe. Da führte sie der Venezianer in sein Haus, ließ sie in einem Vorsaal harren,
und nach tniiltreii Minuten k;itn i-r mit einer Sflmchtel zurück, die Lufllöcher hatte
und versit !_fc'U war. »liier, in dieser Scliaelitfl« <«agte er, »ist der lebendige Gott, aber
ihr müßt mir voi-sprechen, daß ihr die Schachtel erst öffnet, wenn ihr zu Hause in
Vlbo angelangt seid. Denn der lebendige Gott will mit Ehrtedit behandelt werden,
und wenn ihr schon «Ahrend der Heise in eoren BeiseUeidera die Sehaehtel Öffnetet
mid ihn anschantet^ würde er dies als Unehrerbietigkeit Übel aufnehmen und euch vei^
lassen.« Da ver<»prarlien denn die T'llniner hoch und lu ilii;. si.; würden erst 'Inln-im.
in Ulbo. die Schachtel öffnen. -Vis sie nun in T'lbo aukaiaen, und alle ITlbaner neu-
gierig fragten: »2^'un, habt ihr die Gebeine des heiligen Markus gesehen?« riefen die
drei TeritehtHeb: »Wae Oebwno! Wir bringen nodi riel was HerrBoheree mit als Gto-
beine! Wir bringen «ndi dm lebendigen Gott, und in dieser Schadktel hier wohnt
er.« >Pot2;tiui<jend« riefen alle T'H aner erstaunt, mid horchten an der Schachtel, aus
der sie ein Krat/en, Seharren und Pl'cifeti hörten, »wir höron ihn auch, wie er sieh
drinnen bewegt.« Da versammelten »ich nun auf der Piazza beim i'orto um die drei
die ganze Bürgerschaft von Ulbo, und unter andächtigem, lautlosen Schweigen öfiäieten
jene die SchaehteL Da sprang eine mSchtige Batte heraus nnd schoß pfeifend in daa
nichste Loch zwischen den Steinen des Porto. Aber die Ulbaner riefen kreuzimgluoldich,
indem sie der Ratte nachjagten: »O Wehe! Was ist das? Der lebeinliffe (lott ent-
t!ieht nn«! Dns ist doch nicht Recht! Da haben wir uns so bemüht, ihn dir weite
Heise sorgsam getragen, und jetzt entflieht er uns! Auf, laßt uns Steine vor das Loch
tragen, damit er nna wenigstent nicht aus dem Halbn fort kann.« Und sie liefen mid
schleppten Steine von Man Seiten herbei nnd hKnften sie vor dem Lodie anf. Aber
die Batte schoß hervor und sprang in ein anderes Ja^kYi ; da sachten sie auch dieses
711 verstopfen, und so ein drittes und viertes n. h. f., und -schließlich hatten ^ic rlen
ganzen Jlafeu mit Steinen so iiu^tretullt. da- vi»r lauter Sti:ineu kein Schifl' mehr an-
legen konnte. Seither haben die L Ibaner keinen Halen mehr.
V.
Ein UlbaMT hatte einen Sohn, der auf der lateinischen Schale in Venedig studierte.
um Priester zt> werden. Kinst. w;i!ut nd der Vakanzen, als er nach Hause zu den
Eltern gekonuaen war und .sie aachtö alle /.usammen schliefen, erhob sich ein mäch-
tiger Sturm mit Uewitter imd rüttelte so mächtig an den Fensterläden, daß der Vater
dadurch aus dem Schlafe geweckt wurde. »Beppo« rief er zum Bette des Sohnes
hinüber, »steh auf und sieh nach, was draußen für Wetter ist!« Schlaftrunken taumelte
dieser empor, und, vor lauter Schlaftrunkenheit und der dichten Finsteniis blind, tappte
er sich, statt zum Fenster, zum Srhrankr hin, der für die Kä«pznl>ereitung diente,
üffnete dessen Türllügel, — im Glauben, es sei das Fenster, — steckte das Qesicht
hinein und murmelte schlaftranken: »Annuvolatus est. Ana sirondova«. {Oemisch
Ton italienischem Küchenlatein und Kroatisch; sirondova ist kroatisch nnd bedeutet
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Robert Lach, VolkBlteder in Liusingrande.
»iIm iii n:i<li Kiist <. Also wtjrtlich: Annm olnt!!"» est. Die Luft rieolit nu'li K'ä«e«-)
Der Vater aber stielt voll Vaterstolz die Blutt. r in die Seite and raunte ihr zu: »Hör
nur, wie gut unser Beppo schon Lateinisch kann.«
VI.
Der i'urrer von Neresina war mit dem Kuchen besuch seiner Pfarrkioder übel
zufrieden; entweder kamen eie gar nicht Sonntags cor Xirdie) oder, wenn de kamen,
acbUefini rie wihrend der Predigt und der MeMe etets. üm nnn das leligiSee In-
teresse seiner Gläubigen zu erhöhen, ließ er einst, als Pfingsten herannahte, verkünden:
Am Pfitigj^tsoTintasre. hei der Predigt, würden «iit joniprcn. die Predigt und Hochamt
hörten, ein ^rnÜes Wunder sehen. Der heilige (Tci.st selbst wenle. allen Augen «sicht-
bar, III Gestalt einer schneeweißen Taube von der Decke der Kirche herabschwebeu.
Seinein Kaplan aber sehirfle er ein, mit dner eigens m diesem ZwedM gekanften.
lebendigen, schneeweiOen Tanbe wahrend der Predigt Hinter dem schon vor Beginn
der Predigt geüffnetoi Cborfenster sich versteckt zu halten und bei der schon vorher
geniui verabredeten Stelle, auf das veraV)nHlete Zeichen hin. die Tftul)e darcli das offene
Chorteuster hinaus zu jagen, so daß sie in dm Kirchenschiö hinabtlaitere. Gesagt,
getan! Der Pfingstsonntag war gekommen, die Kirche war ubervoll von Neugierigen,
die gern die Ankunft des heiligen Geistes gesehen hatten, und der Pfiurar begann
seine Predigt. Der Kaplan aber, der ans Ulbo war. schlich sieh leise und unbemerkt
zu dem oben im Chor versteckt angebrachten Käfig, in dem die Taube gehalten worden
war. um sie lür den richtigen Moment in Bereitschaft zu haben Aber, nh er hinzu-
trat, — o Schrecken! — ein Haufen blutiger Federn war alles, was von der schönen,
weiOen Taube übrig geblieben wer, und Tsrriet, daß die KaUe des Küsters hier bar-
bariseh gdianst hatte. Aber was nun tun? Sdion naht die Stelle der Predigt, wo
die Tsnbe hnabflattern ?oll, der Pianer spricht die als Zeichen verabredeten Worte,
— lange erwartungs^dle Pause — , er wiederholt sie nochmals, räuspert sich unge-
duldig und sieht ärgerlich zum Chorfenster hinauf, mit den Augen winkend, - der
arme Kaplan aber windet sich in verzweifelter Ratlosigkeit : was tun r Da kommt ihm
ein erldsender Gedanke. Br beugt sieh weit in*s offene Cborfenster hinaus und ruft
sur Kansel hinab: »Herr Pfisrrer, ich kann nidits daittr! Aber der heilige Geist ist
von der Katee gefressen worden!«
vn.
Ein wegen seines Geizes berüchtigter Wirt in Ossero sann darauf. wi>» er dem
Besuch seines Albergn seitens dt^r Fremden aufhelfen könnte. Da däueiitc ihm das
beste Lockmittel für die Besucher, wenn er ein recht schönes, sauber gomaite» Schild
mit einem recht malerischen Wappentier über dem Eingange seiner Wirtschaft an-
britcbte, würde dies gewiß die Fremden zum Besuch anlocken. Er begab sich slso su
einem wegen seiner Schalkhaftigkeit berühmteu. venezianischen Maler und frug ihn,
ob er ihm wohl ein recht schönes Schild malen wollte mit einem jiriichtigen, lang-
mähnigen Löwen und darunter der .\nfsrhnft: »Albergo al leonp«. Der Maler erklärte
sich bereit, nur fragte er, ob er den Lüweu mit oder ohne Kette malen solle? Ver-
dutst meinte der Wirt, das sei doch ganz gleich? 0 nein, durchaus nicht, antwortete
der Haler, für ihn nicht, da ihm die Kette mehr Arbeit und Farben koste, weshalb
er auch den Pr eis für den Löwen mit Kette hoher ansetzen müsse als für den ohne
Kette, für den Wirt aber nicht, da der Löwe ohne Kette leicht auf und davon gehen
könne. »Schon gut<. lar-hte der Wirt, »ich habe von euren Schalkereicn genug ge-
hört! Das ist wieder einer eurer Spaße! Wie soll ein gemalter Löwe davon rennen?
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Robert Lieh, Volkilieder ia LoMingrande.
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Malt mir nur ilen billigeren, ohne Kette!« Wirklich erhielt wenige Ta{fc darnach der
"Wirt sein Schild mit einem prächtigen Löwen und der gewünschl' ii Aufschrift, und
war mit dem Bilde sehr zufrieden. Am nächsten Tage trat ein starker (iuGiegen ein.
und aU am übemächsteu Tage der Wirt aiub wieder am Anblicke seines Schildes
eifrenen wollte, fSftnd er «war die Au&cbrift nnrerindert, der IjBwe eher war und
blieb spurlos vwMdtwundi ii. Der Schalk von Maler hatte nlmlich die Aufschrift mit
Ol-, tk'ii Tiöwen aber mit Wasserfarben gematt, und diese waren natürlich vorn Rcpr«ju
vegtrewiischcn worden. Entrüstet begab sich nun der Wirt zum Maler nnd stellte ihn
zur Kede, was das für ein Betrug sei! »Was wollt ihr?< sagte der Maler. >lmb ich s
«ttch niclit gleidi gesagt, daß der Lowe ohne Kette Mehi mal und davon geht?c
vm.
Die (jremeiode von Ulbo ist sehr arm, so dali sie nicht einmal die Mittel hat. in
ihrer Ktr^e eine Seaael bauen zu lauen. Vielmehr ersetzen sie diese durch einen
groBen, umgekehrt «o^eeiellten Bottich, in den sonet immer der Wein gekeltert wurdet
und den sie mit Teppichen, Blnnit n n. s w. üherkleiden. Kitist predigte nun derPferrsr
von niiii. der ein sehr stürmisclies utid leidenscluifllii lH's Temperament hatte, am Tage
Christi HiniineHalirt. und so giüiiend und fiehwlirmerisch redete er sich in seine ße-
geisteruDg hinein, daß er voll heiligem Eifer auf dem Bottich hin und liertrampelte.
Nun wer dieser tber eehon vom Alter morsoh, und eo gesohih e», dn6, als der P&rrer
die Worte ipreeh: »Und er itieg vor ihren Augen in den ffimmel auf«, der Boden
brach und der gute Pfarrer vor den Augen seiner Ottubigeo spurlos verschwand. Sie
aber ptarrten voll Entzücken begeistert zur Decke empor, wo ^ie ihren Pfarrer sehen
zu müssen meinten, und schwören lieute nuch steif und fest, es sei damals ein Wun-
der geschehen : voll Verzückung sei er auf einige Augenblicke in den Himmel empor-
gefahren.
IX.
Der Pfarrer von Xeresina und ein bei ihm zu Gaste weilender Mönch wetteten
einst, ob letzterer c<? znsarnmenbringr'*" möchte, bei ofifener Predigt vor der glänzen
Gemeinde dreimal von der Kanzel herab zu rufen: »Persutto, Persutto. Persuttoc. (Per-
sutto Hl Provinzialismus, verderbte Form des im Schrift-Italienisch lautenden Wortes
Prosdutto, dae heiSt Schinken; im lussinischen Dialekt kann aber persutto vujok ge«
branoht werden für ]jera^ciutto, das heißt: ganz durch and durch trocken, ausgetrock»
net, ausn-cdorrt. Sollte der Mönch es zu Stande bringen, so setzte der Pfarrer einen
ganzen Seliinken zum Wettpfand. Nach kurzem Nachdenken nahm joner dig Wette
an. Am nächsten Sonntag hielt er die Predigt, in der er ausführte, wie Christus arm,
hungernd, durstend, bald von der Hitae, bald von der KUte leidend, auf Srden wan-
delte, und rief: »Persutto. persutto, persutto peraacintto) e perbagnato (Aristo a
camminato.« (Von Hitae verdorrt und vom Regen durdmaßt hat Christus auf Erden
gewandelt»
X.
Mehrere lussignesische Studenten, die m Padua studierten, machten bei einem
vttaten Gelage etneii von ihnen, der Antonio hieß, trunkea. schoreu ihm Kopf und
Kinn glatte daß er kahl wie ein Mönch aussah, sogen ihm einen schwarzen Mönchs-
habit an und trugen ihn vor die Pforte des nächsten Klosters, wo sie. mitten in tief-
ster Nacht, den Pförtner nm di-m Si lilafe läuteten un-l ihm sagten: >Hochwürden, es
tut uns leid, daß wir euch dies antun müs^n. Aber hier diesen hochwürdigen Herrn
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Eobert Lach, Volkslieder in LuMingrande.
fanden wir jetsfe loeben in «iner Schenke in wÜBtem Geaaufe und in GateUsdiaii lied»^
lieber lIlireibBbilder; er war «dion ganz beunnongaloa vom Trinken. Ist m vielleidit
einer \ ui tl* ii Iiochwürdi^en Fratres eures Klosters?« Der Pförtner, voll Scham, daß
ein Geistlicher den fifei^^tlirlieii Stand so entehre, dankte den Studenten, daß sie diesen
fremden Moncb, der /.wiii- nicht sfinem Kloster antjehörc, sondern vielmehr weiß Gott
woher hergelaufen gekommen sein müsse, den aufzunehmen aber docli Pllicht sei,
«chon damit er nidit linger den geiatlicben Stand so Temnoere^ ans der Ctoese ge-
togen hotten. Die Studenten «ogen, heimlioh taehend, davon, der beiinnnngalose An-
tonio aber wurde xn Bette gebracht und schlief in einer Mönchszelle bis zum nächsten
Morgen. Al«i er ntm erwachte und rings um sich lauter Cnicifixe, Weihkessel n. s, w.
wahrnahm, fand er sich nicht ziirefht tmd glaubte zu träumen. Während er noch
ratlos, mit wüstem Kopfe, »ich zurecht zu tinden suchte, trat der Prior und Subprior
des Ktosters ein, nnd mit tiefenutar, strenger Miene donnerten sie ihn empSrt an,
welohe SfJrftnit^» es dodi sei, wenn ein Odstlidier sich so weit vergesse nnd so tief
in den Schmutz falle. Vergeblich beteuerte er, er sei gar kein Geistlicher, er wnsse
nicht, wie er hier lierkomme; sie wurden ob seines hartnäckigen Leugnen« nur ruch
empörter und drohten, ihn in eine geistliche Korrektions- Anstalt zu schicken. Da,
mitten in der höchsten Bedrängnis und Verzweiflung, kam ihm ein (}edanke: »Hoch-
wfiidigste«, rief er den Geiatlidhen an, »sohiokfe do<di jemanden nadi Padua, an die
üniversitlU, um nachzufiragen, ob dort nicht ein gewisser Tonio aus Lussin Phar-
macie studiert. Und wenn er nicht dort ist und auch nicht in; Hiiiiiiiale nder in der
Schenke bei der schönen (üiaUetta sitzt, dann, — ja, meiner Seel', dann glaube ich,
daß ich der bin!«
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Bob«rt IiMb, YolUMiar in LutiiiigrMid«.
Nütenbeilage.
1. Moderato.
3|J I I j|J^^
625
^1
9* Moderato.
^^^J J J J J ^=p:^^-^
3. Allegretto.
la qael.l» bax.clie . tol.la, che va canUnd'al . lo.n.
4. AllegTO.
II I jJinr^^J II I i' j I
Un mMeiivQlovaBespo^a.re
If ^ Jl
41
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Bahwi I«ei^ Yotkslieder in LntatogMiid«.
5. Afidantino espressivo.
Ckr icLcaa . ta.to, ter.ra da. mo.ro.
B, Andantino molto espresBivo.
m
la (^uoila fiae . strolla Ma.rLetta sta&se , ra.ta
7. Allef xetto.
1?^
jinJU^LlL/l^r IM I I II' IMoj || II II' I
S.Alle^etto yiaiioio.
IMi,ti 4Mta.fan.didU,l« lo.in.
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fioM Lach, ToOnliadir in Luringnmd«.
Allegfretto scHerzando.
627
Sei gra . zioäa,Bi'i vaga fanciuUa, i tuoi o . Ghiluuife.ritoilimocuor.
ritard.
ritrn.
i(X AllegTO molto briUante.
Qua sotto il notitrocicl tut.to üc cua.ta bei
Chor.
tl. Adagio multo espressivo.
pif r'T ( rnp
tb braml ea&.cel . lar dal niio pen . siero.
r iiiLi iTr- 'Hro'f frr »
41'
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028
Bobtrt LMh, Volkdiedo- in
iZ* Adagio moUo tottenuto.
r IM I iujT II i|j iLj^ I 1
13. Andante molto •tpieseiTO.
_P ■
^^^^^ i-T" 1 1 I ?i| I j. 1 1 ^rfPiji
14. AUegretto g-razioso.
15.
4
-t
i
Tere . ei. na vien' ab . bas.so, e un' o . rat ch' io eon' qui, la
lun' e tan . to chia . ra, chia . ra, chia . ra com* il di.
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Robert Lach, YoUcslieder in Lussingrande.
629
M, AUegfo molio.
£h, per.di6?por.cbe din (icii.dm.dra. In mez . zo ma.reun
T I fi I 1 I "rT7-rn
sco.glio ci 8ta. Tat i ti veu . go.no be..Te.re qua.
Eh, pordiAf £h, perehe? Eh, perehef PerdiA dindAiidiii . dnt.
Allegrettü.
La notto fa.mo . si» . sLina del ao - strore.den . torl
Ni.na,6u via! per.6ua.di t*eMere fat.tapw V% . mor.
Piu adag'io, molto caiitabile.
Ni . na,d'abando i ucru.po.li! uon star me dir ve uo!
^^^^^^
Se eompagnaeti'in goDdcUa eta notte vieif eon mh\ Ni . lUi eto.
f^VLlT[U^rJ;71^ri-MM^/|| 'f ff ' 'ili' Vir'rr ' ^i^l I
18. Allegro molto.
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Robert Lüh, VoUaiieder in LutangnadA.
19. AllegTo.
# 0-^
»0.
B
J I t I
I I
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jiT r/rrrrirujr r if "ü^limmjri
8. a)
"j-^i j j j j
hime.na hime.na o.ria buz&.dt'rne.na JJT&fju. di draga di
b)
Toi po FM no n me xd.
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Bobtrt Ltidk, VoDBriMflr in LttMagnude.
Ü31
^ - . Lento.
5. Lento.
f I I
Ni servaeea, ni propall» dogle iivismo
^^^^^^
7. Majka je Maru preko morazvala. g ^
nJn J^ii JiJ Ji^r TTTTT^lT^i I
8. üra je doäla.
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632
Robert Lach, Volkslieder in LuMingnuicle.
9. Litanie Antoniane.
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Gospodi
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kar . . ste pomi . lui.
mo . .Ii sa n&s.
-A- A ^ ^
33:
Litailie.* 0 I'ressvetoin sr^u isusovu.
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3. Litailie Lauretaiie.
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Bobert LmIi, Volkdiedar in Luumgnad».
4. Draga Mojo (Neir Assumpta). (6VAr«//.;
Morendosi per l^processione. ^
683
Glerus.
5. Iste Confessor.
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6. Messa Domenicale Lussignese.
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684
Bobcvt LmIi, Volkdiadtr m Lmnogrand«.
7. dies Irae)
8. Veni Creator. (Alla Lussienese) Mentcs tuorum etc.
' - I I II i j_iJ Jinj
f
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fr
9. Ave Maris stella (Alla Lussi^upse).
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A . . men. |
1 -„
9 p
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635
10.0 salutaris hostia.
j j.
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7
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Credo
Src IssuB ovosro umeai
^ b)
Digitized by Google
636
Bobert IaoIi, Tollnliodsr in Iniitiiigmid«.
D.
. Allegrro.
*• Alt«^ und Sopran«?
AiT«' una Bopran«?. f^^^^
Bis«« und TeBors.
Alt« «ad Soprane.
rr
Aüegretto.
9* 8«halin«i.
rr
Alt«.
Busse und Teiiore
Digiiiztxi by Google
Bobert Lach, Volkslieder in Lussingnunde.
637
BäBse und TtBore.
■ •
Alte und Soprane. |^ \ ^ p |>*m
Tutti.
fischiotto*-'
3. Allegro.
Coro tutti con
fischiotto.
Solo
i
Coro ( on
fischiotto.
m
f
4. AllegTo.
*> Die mit fiteiiiotto beseiehxieten 8toll«ii mrd«B «if in WasMrglÜter gehalienea,
dünnen Pfeifchen gepfiffen, ßodafi, durch das Hineinblasen in das Wasser, ein dem
Vogelp'ozwitschor ungemein ähnlicher Effekt entsteht; diese pastorale Spiölerei
ist in den alten, kroatischen Hirtcnliedern Lussius und dessen Umgebung unge.
mein beliebt.
Dlgitized by Google
638
Bob«rt ladi, VolkiUader in iMmaggnßB.
6. AÜegro.
i";ifgii'gii^'^i|i[^i|i'ipi'^ii't
15=
l'i'.^i'^i|i|i^iiU'^^i|L|i%|iAiV,rii ,1 1
6. AllegTO.
m
.Digitizedby Googl«
BolMit lAQh, Volkslieder ia InMKqgnode.
639
7. Ailegro.
8. AllegTO.
f'!lf PIf r^IHTIf p^"^!.!
9. Ailegro.
Digitized by Google
e4o
Bobert Lach, Yolktlieder in Lotiingrmiide.
iO, (ßd%BB luigarisoliesVoULBltedflberkrMtiBolwr Pastoralmelodie.)
i> fi' p p I p
Sze . ret . ai szan . ta . ni hat ök . ret bag . ta nii
ha ros.zom j5n . ne.ez . eket tar.ta.ni, sze.ret . ni szän .ta.ai
iüu ök.ret hag-ta.ni ha rot>.2om Jöo . iie,ez . eküt tar.ta.m.
i. E.
2.
'I r , r f irr
3. Merezinka.
I lll,lllR7l|ni|n^|nj|j77]|j j,
Digitizcü by Guv.(L.it.
Aobtrt ImclL Volk«Jiedcr in
4. Ol djevojko veselo« Teselo ti srce.
641
6. Corri, oonri, 86 ti me vol ciapar.
Ji I I I I I riTlTTTTTl liiTTrii I I Ilj I I
6. Vinca.
T Vinea.
«2
r Ml I niiii 1 1.^
-i r-
Digitized by Google
642
8. Monfrino.
Boberl Ladk, VolkilMdcr i& LBNiB|FUida.
j D.C. la I volta dal BOgnoiSt
fin al seguo
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Itnutti Krolm, Welche ist die beste Methode Volkdieder zu ordnen? 643
Welche ist die beste Metbode^ um Volks- imd volks-
mäßige Lieder nach ihrer melodischen (nicht textlichen)
Beschaffeniieit lexikalisch zu ordnen?^)
Voa
llmari Krohn.
■Hei«mgfors.;
I.
Zur Beantwortung der obigen Frage muB man zunächst feststellen,
welcher Zweck durch das lexikalische Ordnen der Volksmelodien erreicht
werden soll. Es scheint, daß er in der wissenschaftlichen Erkenntnis
jeder einzelnen Melodie liegen muß, wodurch ihre Besiehnngen zu anderen
Melodien möglichst klar und vollständig zu Tage treten. Demgemäß
scheint es wichtig, unterscheiden zu können, welche Helodien nationales
Eigentum bestimmter Völker, und welche intemationales Gemeingut
größerer Völkergruppen sind. Die nächste Frage betrifft den Ursprung
der internationalen Melodien, die entweder von einer bestimmten Nation
aus sich weiter verbreitet haben, oder schon seit alter Zeit Gemeingut
vieler Völker gewesen sind und sich dadurch als Nachklänge uralter
Musik besonders bemerkbar machen.
Um derartigen schwierigen und umfassenden Forschungen entgegen^
zukommen, würde es Hich sicherlich empfehlen, das bisher gesammelte
Material in anschaulicher Weise zu ordnen, und zwar so, daß alles noch
dazu tretende Material sich mit Leichtigkeit eingliedern lassen könnte.
Da nationale Gesamtausgaben der Melodien der einzelnen Völker eine
notwendige Vorbedingung fttr die vergleichende Forschung bilden und
erst aus ihnen die internationalen Melodien allmählich erkannt und ab-
gesondert werden können, ho wollen wir die Frage der Anordnung zu-
nächst auf die nationalen Sammlungen beschränken.
Die vorhandenen Melodie-Sammlungen sind meist nach außermusi-
kaltschen Grundsätzen geordnet. Eine Ausnahme bildet das große
Sammelwerk von Job. Zahn: »Die Melodiken des evangelischen Kirchen-
liedes«, welches nach metrischen Gesetzen geordnet ist Diese Anord-
nung empfiehlt sich für den Zweck, eine dem Gedächtnisse klar vorlie-
If Wir veröffentlichen hiermit eine zweite Antwort ftof die von Mr. D. F. Sohenr*
leer 'siehe Zeitschrift der IMQ. Jahrgang I, Seite 219) au^geschriebtn*' Preisfrage.
lUü Redaktion.
42*
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644
Itmaii Krobo, Welche i»i die beste Methode VoUulieder m ordnen?
gende Melotlie miiliclos auf/.uliiulLii niid d'w darüber Rcwünschti'n niUieren
Aiiffaben zur Huiul zu haben. Für die verul<'i< h('iide M> loilitii-Fui-
scliuug ist sie aber su gut wie unfrurhtl»ar. l lii v<•I•^\aIl(ltt' ^klodien
aufzufinden, muß man die ganze, Taii^t ude vrm Weisen umfassemk'
Sauimlüüg durchsehen. d*'nn die ^'ariaMt»•^l können ja oft gruiulver^cliie-
denen Metren-Klassen angehören, <i:i diestdbH Mclmlie sich sehr leicht
auf die versehiedenston KliythintMi und ^lelreii ültt i Ii aLren läßt.
Eine (^rundla;:«' für die in lietracht zu ziflifiulr Kintrilung ergibt
sich aus »Icii ui olien Haupt-Kategorien der Vulk^iiK liMlit n : 1) Epische
Gesiinge. 2. iivrische Tjieder, 3 Tan/weisen. Diu niusikulischen i'unaen
dieser Kategorien grenzen sich niti>tens scharf von einander ab. indem
die ersten rezitierentler Art sin<l, die zweiten sich in knappen, abge-
rundeten Formen bewegen und die dritten, als lubtruniLntülmusik, be-
weglichere Tongiinge und ausgedelintere Formen aufweisen. Indessen ist
ein großer Teil der lyrischen Lieder, nändich die geistlichen Volkslieder,
oft breiter geformt, wie auch die Kirchenlieder, aus denen sie nicht
selten entsprossen sind. Auch stehen andererseits die Reigenlieder, ob-
gleich zum Tanz gesungen, in der Form den lyrischen Liedern am
nächsten, und ausgedehntere rezitativische Melodien haben etwas von der
Freiheit der luBtnimentalmusik.
Am besten wird der Forschung gedient sein durch eine Anordnung
der Melodien nach ihrer melodischen Verwandtschaft, also nach Vari-
anten. Innerhalb der Yarianten^Gruiipeu könn^ yerschiedene Ter-
wandtschafts-Grade berücksichtigt werden: 1) Abweichungen melo-
discher Art, bei unberührter Struktur der Melodie, 2) Verschiebungen
der gegenseitigen Yerhältnisse der Phrasen (»Kola«] und Perioden,
3} Yeranderung des Umrisses der Melodie durch organische Verlängerung
und Verkürzung des Silbenmaßes der einzelnen Phrasen, oder durch
Wegfall und Zufügung ganzer Phrasen, 4) Verwandtschaft durch melo-
dische Anklänge bei grundverschiedenem, organischem Bau der Melodien.
Durch Verwandtschafts-Verhältnisse der letztgenannten Art können
mehrere Sonderabteilungen innerhalb der Varianten-Gru[)pen sich bilden,
mit selbständiger Grundform für jede Abteilung.
Die Anordnung der Gruppen ist nicht leicht übersichtlich auszu-
führen, es sei denn, daß sie nach der metrischen Beschafitenheit ihrer
Grundformen geordnet werden.
n.
So wichtig die Klarlegung der melodischen Verwandtschaft der Me-
lodien für die Forschung ist, so schwierig stellt sich die Aufgabe, die
Varianten alle zusammenzufinden. Die genaueste Kenntnis von Tau^^enden
von Melodien, verbunden mit einem trefflichen musikalischen Gedächtnisse,
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Umari Erohn, "Welche ist die be^te Methode VolkBlieder zu ordnen? 645
sichert den Forscher nicht vor Mißgriffen, abgesehen von der mühseligen
Arbeit, das Material von Mal zu ]\Ial durchzusehen, um die Melodien
einander gegenüberzustellen und sie mit einander zu vergleichen. Un-
entbehrlich erscheint somit das Herstellen einer Melodien-Kon kordanz,
worin gewisse charakteristische Eigentümlichkeiten jeder Melodie, lexi-
kalisch geordnet, sich auffinden lassen, so daß für die vergleichende
Gegenüberstellung «hf ^ft lodic u nui* diejenigen durchgesehen zu werden
hrauchen, deren BescLafenheit irgendwelche Möglichkeit der Verwandt- *
schalt in sich birgt.
Die Einrichtung einer Konkordanz für Volks- und volksmäßige Me-
lodien müßte nach zwei verschiedenen Gnindsätzen eingerichtet werden,
wodurch zwei soll>stänilige, auf das je vorliegende gesamte Material sich
beziehende, Abtei hingen entstehen würden :
erstens in Anl)etracht der melodischen Gestalt jeder einzelnen Phrase,
zweitens in Anbetracht der Struktur- Verhältnisse der Melodien,
üb es sich lohnen würde, als dritte Abteilung einen Katalog der Melo-
dien nach Metren -Klassen, ^nach der Anordnung von J. Zahn), zusam-
menzustellen, mag dahingestellt sein. Eine derartige mechanische Arbeit
würde allciifalls etwas zeitraubend, sonst aber ohne weitere Schwierig-
keiten zu bewältigen sein. Dagegen muß die Ausführung der obigen
zwei Abteilungen der Konkordanz näher beleuchtet werden. Als Probe-
Material folgeii hier 2ü deutsche Kirchenlieder:
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646 Bmari Krohn, W«lohe iit die beste Methode Volkslieder m ordnen?
Valet will ich dir geben.
— r-
2
4:
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« ^ ; j '
Vom Hir imftl hocli, da kumm' ich her
-1-
Nun singet and seid froh.
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P- 1 ! 1 '
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Nun laßt uns Gott dem Herren.
6.
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22:
Henlich thut mich verlangen.
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L«! h
j — r
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Sollt' ich meinem Oott nicht singen.
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Bnuri Kiohiif Welche ist die beste Methode VoUcilieder cu ordnen? 647
7 ^ t -2 0.
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Werde nimter, ueiD OemUte.
9- m^'Ei^
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Gott des Himmels und der Erden.
10.
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^ II
Jesu, meine Freude.
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i
O Gott, da frommer Qott.
Christus, der ist aiciu Leljcn.
13. fc^:
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3£:
0 Welt, ich muß dich lassen.
14.
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648 Xlmui Krohiif Welche ist die beste Methode VoUuUeder sa ordnen?
— — r
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Aue tiefer Kot Mdiret idi ca dir.
Wenn wir in höchsten Nöten sein.
•d? — ^ — *■
M-t — U-
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17.
Auf raeinen lieben Gott.
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Es ist gewißlich an der Zeit.
18.
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Fren* dich sehr, o meine Seele.
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S3i
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nmui Krolm, 'Welche it( die beste Methode Votkriieder ni ordnen? 649
1^
:4:
Nun danket alle Gott.
2f).
— #-
ni.
Die melodische Bescbaftenbeit jeder einzelnen Phrase tritt heiTor
durch das Stieb- Motiv';, welches ihre wichtigsten Töne enthält Die
melodisch hervorragenden drei Haapttöne sind: 1) der Ausgangspunkt
der melodischen Betonung (nicht zu verwecliseln mit der Anfangsnote),
2] der Mittelpunkt des melodischen Ausdrucks (durchaus nicht immer
die höchste vorkonmiende Note], 3} der abschließende Ruhepunkt (wie-
derum nicht ganz identisch mit der Scblußnote:. Die übrigen Töne
mUssen als mehr oder weniger zufällige Neben töne aufgefaßt und be-
zeichnet werden. Um das Vergleichen zu erleichtern, mUssen alle Stich-
Motive auf einen gemeinsamen Grundton bezogen werden; am geeignetsten
empfehlen sich die Tonarten Ö-dur und ß-molL Was die alten Tonarten
betrifft, die im Volksgesange häufig vorkommen, so mußten ganz bestimmte
Grundsätze fUr ihre tonale Auffassung zur Annahme kommen, wodurch
sie, gleich Dur und Moll, auf eine bestimmte* Tonika hezogen werden
können. Der Baum und die Gelegenheit verbieten es, uns hier darüber
weiter auszubreiten.
Die Stich-Motive der obigen 20 Kirchenlieder geben zunächst in der
Ordnung, wie sie vorliegen, folgendes Bild, zu dessen näherem Verständ-
nisse noch einige Bemerkungen dienen mögen. Die Viertelnoten bezeich-
nen die Haupt töne, die Notenköpfe ohne »Hälse« die Nebentöne.
£in Nebenton unmittelbar dem Haupttone beigesellt ^« oder ^) bezeichnet
einen melodischen oder harmonischen W c cli schon, nach welchem der
Hauptton noch einmal vorkommt. Durcligangstüne in ununterbrochenem
diatonischen Gange werden durch den Bogen bezeichnet. Ein Akkord
zeigt beliebige Gänge in den angegebenen Tönen an. Die Taktstriche
grenzen die Phrasen, die Doppelstriche die Perioden ab.
1 Die Anroi^aing zu dem Gedanken der Stich-Motive verdanke ich Herrn I>r. Max
Seiffert in Berlin.
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Umari Krohn, Welche iit die beste Methode Volktlieder zu ordnen? 651
^2 ilwari KrohOf Welche ist die beste Metbode Volkslieder zu orduen?
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Die Stich-Moüve werden dann nach der Gestaltung ihrer drei Haupt*
töne geordnet} und zwar in erster Linie nacb der Lage des ersten
Haupttones, in zweiter nach der des dritten, und zuletzt in Betracht
des mittleren Tones. Uiu verwan<lte Arten Ton Sticfa-Motiren einander
möglichst nahe zu bringen, wird es sich empfehlen, die Quintenfolge als
Grundlage fttr die Reth^ifölge der Anfangstone, (beginnend ¥oii der
Quarte), und die Entfernung Tom Anfangston als Grundlage für die
Reihenfolge der SchluBtöne zu benutzen. Bei der Einteilung nach dem
mittleren Tone können die einfaclieren Verhältnisse zu den beiden anderen
Tönen den komplizierteren vorangehen. Übet diese Einzelheiten, sowie
über die weitere Anordnung, in Betracht der Nebentöne, wird es nicht
schwer sein, Gleichmäßigkeit des Verfahrens zu erlangen, in irgend einer
beliebigen Weise.
Selbstverständlich muß jedem Stich-Motiv die Nummer des Liedes
(und vielleicht auch die Ordnungszahl der Phrase) beigegeben werden,
so daß die betreffende Melodie ohne Schwierigkeit aufgefunden werden
kann.
Der Gegensatz der Tonarten (Dur und Moll) kann nur zuletzt als
Einteilungsgrund für Stich-Motive mit gleichen Haupttönen gelten, da
die Varianten derselben Melodie sich oft um tonartliche Gleichheit nicht
kümmern. Seltener, als in Dur- und Moll-Tonarten mit gleicher Tonika,
finden sich Varianten in den Parallel-Tonarten, äußerst selten in noch
anderen tonalen Verhältnissen, z. B. so, daß die Dominante der einen
Variante in der anderen als Tonika behandelt wird oder auch umgekehrt
Bei sorgfältiger Arbeit soll demgemäß z. B. das Stich-Motiv g ag auch mit
/> c h und mit d e d verglichen werden, um keine Möglichkeit, ' eine
Variante aufzufinden, entgehen zu Wsen.
Hier folgen die Stich-Motive der 20 Kirchenlieder, ihrer geringen
Anzahl halber nur mit Angabe ihrer Haupttöne.
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Smiri Krohn, Welche ist die beste Methode Volkslieder tu ordnen? 6a3
Nr. 8,4.
Quarte
17,6.
Xr. ü,l. 10,2. 14,6. 164. 16.1- Aä- 10,3.
6.S. 9.5. 14.S.
Tonikt: pE^=^z=
I:
2,1.
i
::li=l:
18,1.
3,4.
2,2.
54. fi,2. 17,1.
4.2.
Nr. 3,6. 13.8. 20.1. 7,1. 7,6. 12,0. 8,5.
17,5.
1^
Ep3
11,4. 13,2. 2,3.
11,2.
3:
-) —
i
8,1.
2,6. 8,1.
9.1.
17,2.
1,1. 1,5.
Nr. 1.2. 1,6. 9.2. 9.6. 12,2. 12,& 18,4.
14,2. 14,6.
Nr. 20,3.
15,1.
7,6.
13,3.
1,4.
r-
5.4.
1
7,3.
3,2.
8.8.
6.2.
8,6.
12.4.
18,3
8,2.
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ÖÖ4 Ilmari Krohu, Welche ist, die beste Methode Volkslieder zu ordnen?
Nr. 4,3.
9,4. 30,6. bfi.
19,4.
4,4.
Nr. 17,4.
Ters:
12,1. 13,1. 14,1. 14,4. 19A 19.6-
S-— ^ . [t J ^ J
■I ' r
1
2,6.
Iß.
3
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«,4.
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X
^ 3,6. 5,«. 6,4. 10,4. 13,4. 18,2. 18,6. 19,6. 20,2. 20,6.
7,2. 11,1. 11,3. 11,6. 2Ü,4.
r '-; I* r V ^i^^*^
17,3.
10,3.
3,3.
lß,4.
10,1. 19.1. 16,2. 16A 16^>
^^^^^^
5
7.4.
11,6.
Septime: ' j -j-
8,3.
-# —
IV. ach trag.
Um den Baum der Sammelbände und die Zeit des Lesers nicht un-
nütz in Anspruch zu nehmen, ist es gut, an dieser Stelle die Wieder-
gabe der auf die Preisfrage, im Herbst 1900, eingesandten Arbeit ab-
zubrechen.
Bei der Darstellung der Stich-MotiTe, obgleich sie hier in revidierter
Gestalt erscheinen, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, daß
das subjektive musikalische Empfinden bei der Bestimmung der drei
Haupttöne eine zu große Rolle spielt. Je yertrauter man mit den Gre-
setzen des musikalischen Rezitativs wird, desto bessere objektive Hand-
habe kann man freilich darin erlangen. Auch das Vergleichen mehrerer
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limari Krohn, Welche ist die beste Methode Volkslieder zu ordnen? 665
\'a!ianten tut i^utc Uicnste bei dem Unterscheiden der Haupt- und Ne-
bentöne. Alu r dir \'ananten sollen ja gerade erst mit Hilfe der »Stich-
Motive zusaninicnyuiuiKlp'n werden! — Und doch, trotz des rchitiven
Mangels an Objektivität in »li ni Vtrl'alueii, mochte ich es für ein ge-
eignetes Mittel halten, wodun h der Forscher in da-. \\'esen der zu
■ analysicrendi^n Melodien -.vird eindringen können, wenn auch die volle
objektive Jieherrschung des Materials auf anderem Wege erlangt werden
muß. Deswegen habe ich nicht gescheut, mit der ausführlichen Dar-
stellung des Verfalnens die Aufmerksamkeit in Anspruch zu nehmen.
Die zweite Abteilung di r Konkordanz, die Scheniata der kompo-
^Mtoi i i hs 11 Struktur der Melodien enthaltend, kann in ihrer damaligen,
teils netcli unreifen Form am lir bsten hier wegfallen. In den vergangenen
zwei Jahren habe ich mich mit der Aufgabe bescliäftigt, eine Gesarat-
aasgabe der lyrischen weltlichen Volksmelodien Finnlands vorzubereiten.
Die dabei klar gewordenen Ergebnisse mögen an dieser Stelle die abge-
brochene eingesandte Arbeit ergänzen.
Zu allererst muUte es einleuchten, daß die Anordnung nach Varian-
ten schheßlich doch eine Unniöglichkeit war. weil die Au>5schlag gebende
Unterscheidung der entfernteren Verwandt ^ehafts-drade der Melodien
von dem subjektiven Emijfinden des Einzelnen aliliiingig ist, und eine
Gren/.liuie nicht klar genug zwischen sicherer und liyjxithetischer Ver-
wandtsrliaft zu ziehen niöirlich i>t. Die Gesamtausgalie der geistlichen
Volksmeludien Finnland»' , worin icli die etwa 1000 Melodien nach Va-
rianten gpordn* t habe, ist geeignet, die Vorzüge und Schwächen des Ver-
fahrens aufzuweisen: und doch giebt der l'mstand, daß die größere
Hälfte der Me'iodien aus Varianten der kin hlic hen Choräle be>tidit, eine
l)esonders triftige ]iegriindung des Verfahrens in diesem Ix 's^underen Falle. —
Das Herstellen eines Varl?« nten-Katalogs ist freilii h für jede Me-
lodien-Samnilunif hiielisl wertvoll und wünschenswert, wenn auch, was
d^n objektiven Wert betrifft, von den jeweiligen Kort ^ehiitten der
l'orsehung abhängig, und deshalb einer steten Ergänzung oder Bc-
richligung bedürftig.
Eine sicherere und objektiv unanfeclitbaiere (irundla^e für das lexi-
kalische Ordnen von X olksmehidit^ii würde das Prinzip der komposito-
rischen Struktur abgeben können, so wie es sich bei meinen erwähnten
vorbereitenden Arbeiten ergeben hat, zum mindesten für soKIm >relodien-
Sammlungen, wo die Hauj)tmasse der Melodien <lie vierzeilige
Form aufweist. Die Kadenz- Verhältni^^»" d-r vit-r IMira-^en. die
sich, mit seltenen Ausnahmen, paarweise gegenüberstehen, snid sehr klar und
1 Su'uuch Kans'in S-iurh/ivi, 1. II')i;/clh'.-i'> äiiaelmiä, Verlag der Pinniechen
Literatur-Gesellschaft in Hclsingfora, Ibiiö— 1901.
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050 limari KroUu, Welche ist die beste Methode N'olksheder zu ordnen?
weisen bestimmte formale, latent harmonische Gesetze auf; die einen,
guten Überblick über das Material Terschaffen, und bei deren Befolgung
im Ordnen der Melodien die Varianten der nächsten Verwandt-
schafts-Grade, (um wie viel mehr die identischen M!elodien}, sich von
selber zusammenfinden, sowie die entfernteren Verwandten zum Teil
ohne Tiel Mühe aufgefunden werden können.
Von den vier Kadenzen ist die letzte in erster Linie maßgebend für
die Einteilung; dann die zweite, als Abschlufi der ersten Periode; da-
rauf ist die erste Kadenz für den Charakter der Melodien Ton Bedeutung:
und schließlich ist auch die dritte in Betracht zu ziehen, obgleidi sie
eine wenig entscheidende Stellung einnimmt. '
Von den etwa 3000 finnischen Melodien liegt das erste Tausend in
obiger Weise fertig geordnet im Manuskript vor, zur Veranschaulichung
des Gesagten füge ich hier ein Verzeichnis ihrer Einteilungs- Kategorien
bei, mit Angabe der Anzahl der Melodien in jeder einzelnen Abteilung.
Einige Bemerkungen müssen aber noch vorausgeschickt werden:
1) Die wt'itaiiN häutigsten Kadenzen fallen auf die Tonika und die
Dominante, oder auch auf deren Terz oder Quinte. Die ersteren soUeü
mit den großen Buclistaben: T und D. die letzteren als Halbschlüsse
angesehen mit den kleinen: t und d bezeichnet werden. Für die ziem-
lich seltenen Schlü.sse auf der Subdominante, oder ihrer Stellvertreterin:
Akkord der II. Stufe, in Dur„ dient die Bezeichnung: S oder s. Die
etwas häutigeren, in Moll vorkommenden Kadenzen auf der Tonika oder
Dominante der Paralleltonart können mit: FT^ Pt, PD und Pd ange-
geb^ werden. In den Fällen jedoch, wo der Akkord der VIL Stufe in
Moll (mit nicht erhöhtem Grundtone] eher eine Stellvertretung der
Dominante als eine wirkliche Abweichung zur Faralleltonart vorstellt,
wird er mit: d bezeichnet.
2^ Für den Charakter der Kadenz ist nicht immer die letzte Xot<?
der Phrase maßgebend, sondern der letzte dynamisch sich geltend
machende T<m, ohne liücksicbt auf Durchgangstönc u. dgl.
3) Die (Quinte der Tonart hat eine Doppelstellung als gemeinsann/r
Ton des tonischen und des Dominantakkordes. Wenn durch einen i
nachschlagenden unbetonten Ton der eine jener Akkorde sich geltend
macht, wird ein Halbschluß angenommen. In anderen Fällen bleibt die
Bezeichnung: D, ohne damit die latente Harmonie entscheidend zu be-
haupten.
4) Einige Sorgfalt erheischt auch die Unterscheidung der Ganz- und
Halbschlüsse auf der Tonika. Wenn der Grundton mit dem stärksten
Accente d*'s letzten Taktes der Phrase auftritt, aber die Quinte noch
nachschlägt, liegt ein Halbschluß vor; die nachschlagende Terz kann
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Vmwn Kiohn, Welche ist die bette Methode VoUodieder m ordnen? fö7
aber nur dann eine solche Wirkung aus&ben, wenn auf sie ein Neben-
accent fällt.
5) Innerhalb jeder Abteilung mit gleichen Kadenzen werden die Me-
lodien nach Dur und Moll unterschieden, und als allerletztes Pnnzip für
die Anordnung bietet sich dasjenige der Stich -Motive, oder wenn man
es sich be(iuemor machen will, dasjenige der rhythmisch betonten Melodie-
noten dar, sowie es von 0. Koller vorgeschlagen ist^).
6) Als Hauptgruppe st< 11. n sich die vierzeihgen Melodien heraus, 705
gegen 141 zweizeilige und III mehrzellige. Die zweizeihgen könnten auch
als vierzeilig«! mit zwei gleichen Hälften, aufgefaßt werden; doch empfiehlt
es sich, sie wegen ihrer Beziehungen zum rezitativisch cii Gesänge als be-
sondere Gruppe zu behandeln. Die sehr vereinzelten dreizeiligen ISIelo-
dien sind als erweiterte zweizeilige zu betrachten. — Der größte Teil
der melirzeiligen Melodien läßt sich auf die vierzeiligen zurückfülu*en : bei
den fünfzeiligen (24 an Zahl) gehören stets an irgendwelcher Stelle zwei
Phrasen eng zusammen, so daß eine Kadenz auliiT Acht gelassen werden
kann; die achtzeiligen (23) sind entstanden durch variierte Wiederholung
ganzer nerzeiliger Melodien, oder auch so, daß zuerst die eine Hälfte,
dann die zweite, in lei( ht veränderter Gestalt, sich wiederholt; die sechs-
zeiligen sind teils 2- teilig (28), entstanden durch Wiederholung der erstercn
oder letzteren Hälfte einer vierzeiligen Melodie, teila J^-teilig (23), wobei
die zwei Kadenzen der ersten Periode und die beiden Schluß-Kadenzen
der anderen Perioden sich als vier Haupt-Kadenzen hervortun; die un-
regelmäßig gestalteten übrigen 13 Melodien lassen sich auch irgendwie
auf die vierzeiUge Form zurückführen.
7) In vereinzelten Fällen kann es als streitig angesehen werden, ob
der Hauptton einer Melodie als Tonika oder als Dominante im modernen
Sinne aufgefaßt werden soll. Es ist ratsam, nachdem man eine Ent-
scheidunj? getroffen hat, <loch an der entsj)rechenden Stelle, die durch
die gegenteilige Auffassung bestimmt wird, einen Hinweis auf die Melo-
flie anzubringen. Es gibt Varianten-Gruppen, namentlifh von Melodien
in Moll, bei denen ein Umschwung des tonalen Gefühles sich klar
verfolgen läßt, und von denen einzelne Melodien so sehr an der Grenze
stehen, daß eine Entscheidung für sie äußerst schwierig wird. Im all-
gemeinen ist aber da«^ Feststellen der tonuhMi Verhältnisse der "^^tlks-
melodien viel leichter, als oft an^fonomnien wird. Man muß nur ohne
Voreingenoinnienlieit sich mit ihnen vertraut machen und sich davor
hiiten, nidit oline Xot die sehr iiiud( rne Subdominante hineiiizufühlen.
Tonik;i luid Dominante, die n;itilrlichen Grundpfeiler jedes toualen Zu-
sammeuhunges, lassen sich schon heraushören. •
1) SammelUmde der IMG. IV, 1.
S. iL I. K. IT. 43
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058 ItoMi Kwlm. Welohe irt di« b«ite Method« YolksUedw «u ordßen?
VeneieliBis der EinteilMigs-Kata^jonen vou etwa 1000 AiinischeB
Volksmelodien.
A. Zweizeilige Meindien.
I. Schiaß auf der Tonika
tt. TT. Pur
b. tT, Dur 14, Moll 4
c. B T, Dur 13, Moü 1
d. dT, Dur 9. Mnll 14
H. Schluß auf der Dominante
a. T D, Dur 2, Moll 3
b. t D, Dur 18, MoU 7
c. DD
d. d D, Dur 19, MoU 13
e. t> D, Dur
m. Schluß auf der Dominant-
quinte
». Td, Dur
b. td, Dur
c. D d
a. .1 a. Dur 3, Moll 9
IV. Schluß auf der Terz. Dur
V. Schluß auf der Parallel-
dominante, Moll
B. Vier«eilige Melodien.
I, Schluß auf der Tonika
a. — T — T, «2 Mel.)
1. TT - T "
2. tT — T
a. tTtT, Diir22, Mon2
ß, t T D T, Dur l
y. t T d T, Dur 5, MoU 1
ö. tTfiT, Dura
3. DT — T
a. D T t T, Dur 4, Mott l
ß. DTDT,DiirS,MoUl
y. DT. IT, Dur 6
4. dT — T
a. d T t T, Dur 7, Moll 3
ß. d T d T, Dur 8, MoU 8
y. dTsT, Durl
5. sT — T
a. 8 T d T. Dur 3
ß. 8 T 8 T, Dur 1
6 Pt T l^' T, Moll 2
b. — t — T, (129 Mel.)
1. Tt — T
o. TttT, Dur 2
ß, TtdT, MoUl
Antahl
der Mi^'
lodien
69
4
18
14
23
63
5
25
32
1
16
1
3
12
2
I 475
34
15
27
3
2. tt " T
er. ttTT, Dur 2, MoU 1
ß. tttT, Dur 31, MoU 2
y. 1 1 D T, Dur 2
8. 1 1 d T, Dur 6
f. 1 1 8 T, Dur ö
3. 1 ) t — T
a. D t T T, Dur 1
ß. D 1 1 T, Dur 1, MoU 1
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d, DtdT, Dur 1
4. dt — T
a. dtt T. Dur 21, MoU 4
^. d t D T, Uur 2
y. d t d T, Dur 12, MoU 4
d. dtsT, Dur 14
6. flt — T
a. B t T T, Dur 1
ß. B 1 1 T, Dur 4
y. s t d T, Dur 1
d. 8 t 8 T, Dur 4
c. — D — T, (147 Mel.)
LTD i"' T, Dur 5
2. tD — T
tf. tDtT, Dur 44, MoU 17
ß. t D d T, Dur 7, MoU ö
y. tDsT, Dur 9
3. DD — T
a. D D t T, Dur 4, Mott 1
ß. DDsT, Dur 1
4. dD — T
a. dDtT. Dur 12, MoU 8
ß. d D D T, MoU 1
y. dDdT, Dur4,MoUll
d. d D s D, Dur 3
6. »D — T
a. s D t T. Dur 3
ß. 8 D d T, Dur 1
6. PtD — T
a. Pt D t T, MoU 1
ß. Pt D Pt T, MoU 1
7. PDDMT, MoU4
8. Pd D — T
a. 1\\ DDT. MoU 1
ß. PdDdT, MoUl
> Anuhl
d«r
49
10
67
10
6
39
4
5
Ibawi Kiohnt Welcb« ui di» beste Metiiode Volkslieder sa ordnen? 669
Anzahl
i.
/. PdDPtT, MdlS
a. PdBPdT, Moll 1
d. — d — T, (108 Mal.)
1. Td — T
er, T d t i . Dur 2, MoU 1
^. T d d T, Dur 2
2. td — T
ff. t d t T, Dur 22, Moll l
ß. t d d T, Dur 6, MoU 4
y. t d 8 T, Dur 1
3. D d — T
a. D d T T, MüU 1
ß. DdDT. MoU 4
y. D .1 1 T. Dar 1, MoU b
4. dd — T
a. d d T T, Dur 1
ddtT, Dur 12, Moll 15
ddDT, Durl, MoU 2
dddT, l)ar6,MoU14
f. (1 .1 H T, Dur 3
5. 8 d T. Dur 1
6. Pd d l^i T, Moll 1
e. EßüLT, Dur 3, (3 Mel.)
f. — Pd — T, (6 Mel.)
1. T Pd W T, MoU 1
3. tP.l T
er. tPd t T 3
(i. t Pd d T, MoU 1
3. PtPdüllT, Moll 1
H. Schluß auf der Dominante
a. _ T — D, (16 Mel.)
1. TT — D
a. T T T D, Dur 1
(i. T T 8 D, Dur 1
2. tT — D
er. t T T Dur 2, MoU 1
ß. t T t D. Müll 1
y. tTdD, Dur 3
3. DT — D
a. D T T D, Moll 1
ii. D T t D, Moll 1
y. DTsD, Dnrl
4. dT — D
a. d T T D, Moll 1
(i. (IT tD, Dur 1, MoU 1
y. d T a D. Dur 1
b. — t — D, (32 Mel.)
1. TtW D, Dur 1
37
11
63
1
1
1
4
1
198
2
Aiu»hl
d«r Mo-
! lodian
2. 1 1 — D
ff. tttD) Dur 7, MoU 2
ß. 1 1 d D, Dur 6, MoU 2
3. D t — D
er. D 1 1 D, Dur 1
^. D t d D, Dur 1
4. dt — D
a. d 1 1 D, Dur 3« MoU 1
ß, dtdD, Dur 5, MoU 3
c. — D — D [64 Mel.)
1. TD — D
2. tD - D
«. tDTD, MoU 1
ß, t D t D, Dur 3, MoU 6
y. t D D D, Moll 1
^. t D d D, Dur 6, MoU ö
i. t D 8 D, Dur 3
q. tDPTD, MoU 1
3. DD — D
a. DDTD, MoU 1
ß. DDdD, Moll 1
4. dD — D
«. d D t D, Dur 4, MoU 3
ß. dDdD,DurlO,MoU20
d. — d ^ D, (85 Mel.)
1. T d D
er. T d T i>, Dur 1
ß. T d d D, MoU 3
2. td — D
ff. tdXD, MoU 2
ß. tdtD, Dur 8, MoU 2
y. t d d D, Dur 3, MoU 3
d. tdsD, Dur 2
3. D d — D
«. D d t D, Moil 2
ß, DddD, Durl,MoU4
4. dd ^ D
a. dd t D, Mnll 10
ß. dd DD, Dur l,Moll 1
/. dddD,DnrlO,MoU35
6. 8 d W Dur 1
6. PD d m D, MoU 1
e. li>!rD''MD,MoU l,(lMel.)
m. Schluß auf der Dominant-
quinU*
a. l^Tl^id, Durl. (1 Mel.)
b. üitiüd, Dur 1, MoU 1,
(2 Mel.)
43*
17
2
12
25
2
37
15
57
1
1
24
d by Google
660 Ilmari Krohn, Welche iii die bette Methode VolktUeder in ordnenP
Aozahl
der Mo-
. lodies
C.
— D
d, (5 Mel.)
1. TB — d
2. tD d I
3. D D — d
4. tl D — d
a. d D t d, Moll 1
ß. dDdd, MoUS
5. sD — (l —
6. Pt D 1*1 d, Moll 1
_ d — d, {16 Mel.}
1. T d — d I
2. td'ild, Dur 2 '
3. D d — d
4. dd — d
a. d d D d, Moll 1
(i. d fl d d, Dnr 5, Moll 6 I
y. d d 8 ci, Dur 1 i
ö. sd — d
6. Ptdlild, Moll 1
IV. Schluß auf der Ters,
Dur
V. Schluß auf der Paral-
leldominante, Moll
2
18
Aauhl
der M«.
I lodica
VI. Sdtluß anf der Paral- {
leltonika, Moll i
Vn. Schluß auf dem Leite- \
ton. Dur
VJLLL Schluß auf der Sub-
dominant«, Moll
C Mehrzellige, 2-teili5e
MeloditM» Dur62,Mol] ISV.
I. Schluß auf der Tonika
II. Schluß auf der Domi-
nante
m. Schiaß «nf der Domi-
nantquinie
IV. Schluß auf der Ten
D. 8-taüigo Melodien (Dur
20, Moll 10).
I. Schluß auf der Tonika
n. Schluß auf der Domi-
nante
m. Schluß auf der Terz
1
1
1
ö3
15
1
2
22
7
1
Digitized bv CooqIc
F. W. (Hlptn, Azfeec Inflmnoe on Amerioftn Indian Instnimento.
661
Aztec Inflaence on AmericaQ Indian Inatruments
F. W. Galpln.
{Hatfidd, nfltf Htrtow.)
"Tt is an important principle which archa 'uunsts sometimes overlook,
that ai ts nmy sumve and obey the laws of techiiic evolution, even though
the meii through whose instnimentality they live and have their being
have n«) immediate blood relationship." So wrote Professor Mason in
tlu' Sinithsonian Report for 1886, and takinjr Iiis obnervation as a
gtiide I propose in the lollowing pajjcr to ilcM iiKe the character and
construction of a well deiined series of Americaii Indian Musical In-
8trunicnt8, a line of study at present but inadequately followed, and to
endtiavonr to show a probable source for their unic^ue peculiahty and
striking originality.
Scattereti along the Paeitic Cotist of North America between Lat. 48
and Lat. 59 there are a number of Indian tribeji who, in the siiperiority
of their handicraft, aad tlie details of their pliysique, stand out as a group
distinct from the other tribes now inhabiting tlie sarae continent. The
800 mil'es of sea-board which they occupy are deeply indented with
numerous inletj>, and fringed by islands the largest of ^vliicli are the
Queen Charlotte Islands with an extreme length of al)out 190 miles.
Hanges of lofty mountains covered with thick forests form a natural
barrier between them and tlie inhabitants of the interior. These tribes
are generally known as ''Tlie liulians of the North West Coast", and they
occupy tlie entire western boundary oi üritish Columbia, tourlung also
the United States at their southern limit and tlie Alaskans and Escpii-
maux in the north, A glance at their carvings in woud and slate. as
well as their weavings in roüt and bark fibre, of which most niuseums
possess specimens, testifies at once to their technical skill; and when we
observe that their complexions are surprizingly light coloured, and this
without any known intermixture with white races, interest is aroused and
enquiry stimulated. Living in a region where hard by, at Behring*s Strait,
two continents approach each other, whüe Oceania with its numerous
ialanda seems to offer jret aaother point of contact, the origin of the
peenliar charaeteristics of these N. W. Goast tribes has been a sonrce of
frequent discussion; some seeing in them a pronounced Asiatic type,
oihers finding a link with the Polynestan, and others again referring them
Digitized by Google
662 f • Galpio, AzUc lofiuence oa Americaa Indiao Ixutruments.
to that Aztec civilization which found its higliest develupment in the land
of Analiuac, tlie modern Mexico. >sow although we might hesitate to
accept the stateiutjnt of an entliuisiastic musical ethnologist who aifirmed
that all the nations of the uarth could be grouped in proper relationship
by their musical instrumenta, one nced not hesitate to assert ihat, witbAitt
necessarily implying a blood relationship, communicatloiia whlch have
taken place between the various nations öf the world can be traced hj
a study of their instrumenta of music, and extemal influences noted,
where bistory itself is silent.
For my present purpoae I may divido the North West Coast tribes
iiito .the following five famOJes^ dosely related and distinet:
1^ The SALISHAN of Eaatem Vancottver Island and tfae opposite
. mainlaad.
. 2. The WAKASHAN of Western YancouTer and the mainland north
< of the previoiis fomüy.
: 3. The TSIMSHIAN on the mainland north of the Wakashan.
4. The TUNaiT north of the Tstmahian in South Alaska» and m
the Upper pari of Frinoe of Wales Island.
5. The HAIDA on Queen Charlotte Islands and the lower part of
Frince of Wales Island.
Franz Boas, who has dosely studied the reUUonships existing be<
tween the tribes» places the Tsimshian, THngit and Haida as th© most
superior in character and handicrafti and is indined to oonsider the last
two as branchea of one oonunon stock.
Throiighout theae families we £nd in use not only the dnun and
rattles, which in a rüder foim appear to be the common property of all
American Indians, but certain whistles and reed instromenta of wood,
which in their construction and prindples of sonnd pToductton find no
existing parallels in the western hemisphere. The following Classification
of them has been based on a caieful inapection and from detailed d^
scriptions of a large number of specimens; some my own property,
otheis preserved in Ihe British Museum, the United States Museum ai
Washington, and in oollections at Oxford, Victoria (British Columbia),
New York, Berlin, and elsewhere.
GROUP A. W HISTLES.
Claas L Withoat flnger holes.
Division a — mouth blown.
Section 1. Stopt pipes, found in simple or Single form; also in twin
(or double}, triple, quadruple, quintuple and sextuple forms.
Section 2. Halfstopt
Section 3. Open pipes.
. j .1^ .^ l y Google
f. W. ijalpin, Axtec Inflowieft on AmericMi Indian Instroments. 663
Division b — mechanically blown.
A compressible bladder filled with grass or bark is attached to the whistle;
in later specimens its place is supplied by bellows.
Class U. With fliiger lioles.
Bare, and in the older specimenB siopt fipes. There are two geiuiine
specinien«:, with one and three holes respectively, in the Britif^h Museum.
The Slate Fliites [o^yen pipes) are modern adaptations of European
models made for sale as curiosities.
GROUP B. B£ED INSXEUMENTS.
dasfl I. Witlitiit flnger holes.
Division a — mouth blown.
Section 1. Double beating reeds. As well as the simple form, there is
a covered form, with one, two, three or four reeds concealed within
the body uf the Instrument.
Section 2. Single-hmUng reeds. The Single form is evidently a recent
European introduction, but tliero is a primitive twin single btiatiug
reed derived from the double beating reed; and also an original
'»double action" single reed. There is also a covered form.
Section 3. Rctreatmg reeds. The inverse of the double beating roed,
and found both in a terminal and lateral form. There are also twin
retreating reeds of both fonns.
Section 4. Eibbon Reeds. A thin vegetable membrane vibrating within
a naiTOw air passage; some with many vibrators in one instrmuent.
Division b — mechanically blown.
Bellows only are used for these.
Ciass U. With flngei* holes.
Spedmens are rare. There are three in the British Musemn of an
early form.
In Order to understand the peculiarity of these instroments a brief
description of their construction is necessary. All the more primitive
forms are made of free straight-grained wood, generally Bed Oedar
(Thuya Giganka^ Nutt), sometimes of Spmoe (Pieea Menxiem, Lindl),
or of yellow Oypress {Chamaeßyparis I^fttGcaenaiSj Lamb.). For the pur-
pose of forming the hoUow body of the Instrument ^e wood is split
longitadinally with the grain; each half is then hollowed ont and bound
together again with split spruce roots or shred cedar bark. The com»
Digitized by Google
6ö4 F< Galpin, Azl^c lufiuence uu Ainencan iudian InstrumeuU.
monest type among the whistles is the sto])! pipe; a snudl block being
left at the bottom of tiie tubei while the Upper end is caref ully formed
with a whistle embouchure, with "langiud** and -lip'' similar to tbat of
the flue pipe of the oiigan or the fipple of the flageolet The voiciDg of
the whirtles is sweet aod fine; aad as two, three, fotur, five or eren ox
separate tubes are constructed in one block of wood, and blown thron^
one common moathpiece, polyphonic instnunents of uniqne character and
tone are produced. The reed instnunents are formed in a similar waj
and show a like fondness for combinations of Bounds. The reeds them-
selves are also made of wood, which is thinned down on either side until
it aasumes the shape of a fiat tongue tapering more or leas towards the
point. In certain *'coTeied'* fonns the reed is concealed within the tobe
or body of the instmmenty and where it is so placed there is often a
waistiüke oontraction of the exterior tabe. In such cases the reed is out
of sight and out of the control of the lips, so these instnunents have a
trumpetlike appearance and hj casual observers are not infrequently
caDed **honis*'. In the single reeds there are evident traces of receat
European influence; the simple form consisting of a short hollow bone
shaped at one end like a clarinet mouthpiece^ and haying a tiiin slip of
wood attached by sinews as the vibrator« In the '^corered** fonn a piece
of tin or thin iron serres as a reed; this also is a devioe of recent date.
In f act the simple single reed as we know it does not seem to have been
used by the Indiana in primitive times; though they had evoked the
principle by separating the vibrating halves of the double reed by means
of a thick slip of wood which provided a double lay. The Betreating
Beeds and Bibbon Heeds appear to be the sound producers of the
natural man; though the terminal form of the first-named may have been
derived from the Inversion of the Double Beed. Of the Instruments with
finger holes little can be said, as ^eoimens are so rare; except in the
case of the carved slate flutes, which are comparatively modern and made
after European modele. The number of holes in the older wooden flutes
I have Seen, vaiying from one to four, is characteristic of the American
Indian instrumenta, and though in two of the reed instruments five holea
are found, yet, äs the lower end of the tube is stopped by a block as
in the stopt whistles, the closing of the tiftli hole renders tiie Instrument
silent Even in some of the Slate flutes the four-hole arrangement is
shown, thougli the more elaborate specimens have siz holes arraaged in
two groups of three as in the European flute.
I will now proceed to compare thcse whistles and reeds with the in-
struments in nse in those regions w lxh whuAi the N. W. Coast Indians
may have come in contact and hy which they might have been influenced.
Eor, ingenious as these particular tribes are, we can hardly suppose that
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F. "W. Ottlpin, Aiiec Inflaanc^ od American Indüm InstramentM.
665
such priiiciples of soimcl production as thev li;t\f' aiL- wliolly tlie outconie
(»f indcpeiiilent di^covery and inveiition; ))ut must rathcr siijjjxjse that
many of tliem are «lue to cuntaet with an extümaL civiüzation, or with
a civilizutiüü whirh has ntnv passed away.
]n placing tlieso instruiiH'uts side by side with those of tho othcr
Nortli Anu'ricau tribes oxisting ut the present day, their superiority is at
once evident. Instead of iiie carefuJly ronstructed whistlp head, some
tribes still usc the elementary vertictil Hute; Um simple tiibe hlown on
the ii])per edge as in the Hopi Le-/m jind tlie sacred flute of the Zuni
Indians in New Mexico; or, as in Arizona^ the whistle is formcd by the
iKitnral kuot of the reed aided by n strip of skin or clotli which covers
tiie Upper purt »tf the orifice; whilst anion^r the Tndinns t ast of the Rocky
Mountains a very ])opulär whistle is niade of a siiiall bone with a notch
or vent hole enf in the side, witile one end is partially plugged wth
asplüiltinii or resin to give a nanow wiudway, a very anrient but inferior
luethod of construction. Even the Chotrmhn or eouiting Flute of the
Sioux and neighl)ouring tribes. with its six tinger liules and evident
European improvemenis, sllo^vs a ^vlli8tle far ujore inidely constructed
than in the spe( iniens froni the N. W. C'oast. Of Reed Instruments the
ordinary Indian knows nothing, except where, as in Mexico. Spanish rule
has introduced the Chirinua or small Oboe onte couiuion in the ^fother
Country. When we also remeuiber the barriers of hill and forest which
.sej)arate tlie Coast Indians from their inland neighboui*«, it is impossible
to believe tliat uny recent contact with existing Indian tribes could
have given them thcse well formed whistles and this variety of reed
instruments.
As rcpirds direct European contart otlier than Spanish the facts are
%\( 11 known. Our earliest acquaintance dates trojn the visit of Behring
in 1741, eoniinfj; from the north. In 1778 Captain Cook and bis niid-
shipman Vancouver sailed these seas, and brought back many proofs of
Indian hundiwork, showing at that tinie a high order of workmanship. In
1787 Captain Dixou thuroughly explored the eoast anil islands, and since
then an ever increasing tide of emigration ha.s brought the whiti» races
into closer contact with the natives. I have already alluded to the in-
struments which are evideutly due to this contact, viz: the simple ff)rins
of the Single beating reed and the inijiroved Üute.s carved by the Haidas
of the Queen Charlotte Islands from soft slate. There is howcver yet
another possible medium of direct European contact, tlirough the Russian
territory in Northern Alaska. Eut if these instruments owe their existence
to such a source as this, we should expect to find them most abundant
where the Russian iufluence was strongest: whereas the Indians of
Northern Alaska, (or, as it was formerly, Russian America; are entirely
üiyuizoü by Google
Ö66 -F. W. Uftlpin, A2iec Influenc« on American Indian Lutmments.
withoiit tliese furms, and content themselves with a roughly made drum
and a rude rattle of rlaws und beaks.
It is evident thtii ihat we must go further back and in other direc-
tions für :in} explanation of the origin of the communest and more prim-
itive {onus of these whistles and reeds. We tum therefore to the
Asiatic coast and the islaiuls of Oceania; and if we examine the list of
muKical Instruments we shall find certain puiut^ wLich will li'^lj) iis to
form a fairly safc concliision :is to the influence exerted trtjni these
sources; an iuiportaut matter whon rec(»ll<»ct that not onlv was there
a frequent commnnication ni nt:iined duriug the 18th Century with the
coast of Cliina, biit in tlic imknown course of earlier ages Japanese
voyujicrs may havc n-ai lird tiir 2S. \V. Coast. or (.-anoos fruni the islands
may liave drifted ac loi»» tlie Pacific. In the lisl and Classification given
above may he noticid:
1. The abscnce of the vertical flute, the noso flute, and tiie trans-
verse tiute, and the presence on the other hand of the perfect
whistle head.
2. The absence of the free reed^ and the presence of an original
form of simple beating reed.
'd. The absence of all instrumenta of the bom or trumpet type with
cup moutlipieces, and the presence of certain trumpet-shaped
invtniiiKnts in which the sound is produced by a concealed
douljie reed.
4. The absence of all stringed instruments.
11^0 w, suppobing the Eastern Asiatic and Oceanic influence had exerted
even a moderate power over the inhahitants of the North West Coast,
in the first instance we should have undoabtedly found among them
examples of the Vertical Blute (the simple tobe blown on llie uppcr edge),
for it 18 found in typical abundance from Japan to New ZBaland. Lost
in the mists of antiquity are the inventron of the Chinese Lu, the Yo^
and the Hsiaoy all vertical flutes which gave to the Japanese in the
14th Century the Sbakuhaehii while among the Maoii the andent war
whistle is sounded exactly on a like prmciple. Thronghont Ocettnia too
a characteristic instmment is the "nose flate**, and **pan-pipes'* aboiind;
but we search the X. W. Coast in vain for such types. Besides, amongsi
the Eastem Asiatics the Transverse Mute (of which the Chinese Ch*ih
and Ty and the Japanese Foujfe are well known examples) has been in
use i^om time immemorial. But we find no such transverse flute among
the Lidians; instead of it howerer a perfect whistle mouthpiece, which
until quite modern times has been unknown in Eastem Ada and the
islands. In the absence of the free reed from the list of K. W. Coast
Digitized by Google
F. W. Gfllpis, Attoo Inflnenee on American Indian Instroments.
667
instrument«, we are again stnick by the iniprobability o£ sudi a thing
had the Indians derivcd tbeir superior civilization from contact with
Asiatics. For the birthplaoe of this peculiar form of sound producer,
the free reed, is in those very districts with which some thiiik these
Indians must have been in racial communication. Tlie ancient Ckeng of
China, the Sho of Japan, the Heem and Phon of Banuah and Siam, the
JCrtmee of the Malay Arehipekgo, are all *^ree reed"* instnunents. On.
tbe other hnnd the single beating reed was in early times nnknown Uy
these peophis, thouc^ popukur enough now as a squeaker for children's
toys. In fact we may consider that Üie free reed is as much the offspring
of Eastem Asia as the simple form of the angle beating reed ia of
Westeni Asia and Egypt; India originally separating the two principles.
Yery stränge too, if Oceania is reaponsible for the higher civilization of
these Indian tribes, is the absence of all Instruments with cup-mouth-
pieces. Throughout the islands the conch or shell trumpet is in general
use; we find it in New Zealand; we find it in Japan and China. In
this latter coimtry there are also several kinds of brass instnunrnts with
cup mouthpieces, whilst the Maoris construct a long tnimpet of wood
called Teterc. Of this principle the Indians know nothing; though had
the knowledge reached them it would have been (^uite as easy for them
to make such instrumenta after the fashion of the tubes of their whistles
and reeds as the Maori do, and as is the common practice in countries
where forests aboiind. The absence of all stringed instruments is also
remarka))le. if, as has been suggested, these tribes are connected with
the Asiatic raco«;: for the many fomis of stringed instruments of the Se
and Kin type wliicli have existed for so niany centuries in China, or
tbeir counterparts of the Koio class in Japan, would surely have su-jr-
gested some fonn of stringed instrument plucked by the fing:er8, i£ not
playc'd with the bow, a8 in those instniraents introduced into Eastem
Asia from Tndia at a latcr period. (jcraiiia also is not witliout its
strinjLred instruments, tlie cords eut from the oiit« r cuticle of the bamhoo
body or formed of twisted vegetuble tihrr. liere again the Coast Indians
had matorial ready to band in tlieir root and hark fibre used for weavin^,
or the sinews pmph>yed for hindin^j tlieir tools and weapons. I do not
say that a vinlin ai.ty not l)e foiind amongst them t^jil iv, bnt either it
or its un;,anai iiiust liavc hailcd from miicli nearer liOtidon, Pari^. or
Berlin, than British r'olumhia. AVhatevcr parallele» may lif (h-awn l>etween
the Asiatic and Oceanic people.s and tlie Indians of tlu' Nurth West
Cuast — and in their carviiiirs and decorative arts thi rc mav lir a seem*
inj? similarity — yet tlir mu>ical instrumenta sui^LM-^t no >iuli eonnec-
tion; in fact the absencf of eertain principles of '-ouiid production which
have prevailed in Ea-stem Asia from unkuown ages seems to refute the
Digitized by Google
Jf. W. (iaipin, Artec Infiuenoe oa Ametkan ladiaa Instrument«.
idea that the higher civüization fouud on Üiis coast h in any way due
to the East.
To what conclusion ihm are we led, and in what direction are \\e
to look für the probable öource of this superior culture? I thjiik ihere
can be but oiw answpr. Four hiindred years ago and earher, centiMl
America was the lioiiie of a nation \vliu.>e works of art, skilful canmg->
and arcbitectural abiin v btainp ita people as possessing a ci\ihzation far
in advance of anything the Indian tribes of the di.strict possess ttvday.
Now the Aztecs and their predecessors the Toltecs came from tlie XorLh ;
to tlie latter is generally attributed tlie greater skill in urts and handi-
crafts, tü the former that love of power, the desiderium imperii which
impiessed this civihzation on surroumling tribes. Here it is that we find,
unearthed fiom their tombs and buried cities, the whistle head liotli in
perfectiou and in great abundance; inade it is true of pottery. but
possessinj? tlie details wliich characteme the N. West Coast whistle» und
place them aliove those of any other existing Lidian tribe. Some of
these whistlefä are single, otherb duuble, others wilii hii^w lioles; iht:
ordinär} form in all being the stopt pipe wliich, as has bceii seen, pre-
vails on the N. W. Coast. The Aztecs niay certainly liave also had reed
Instruments, thougli owing to the iterisUaide nature of the thin wood of
which the reed would have to be inade, no actual specimens have sur-
vived. But I consider that tlie Gurions stone tubes of elongated hour-
glaas form, that is with a waistlike coiitraetion, which have l)een fouud
in Tennessee, Georgia and neighbouring states, were couslructed for
containing a concealed double reed as we find still in use by the Coast
Indians. These tubes have been callcd Tnimpets, and their sound has
been described as terrific, but owing to the large diameter of the supposed
mouthpiece no sound is produceable by modern Ups. If we insert a
wooden reed however at the waist, the effect becomes in realitv terrific.
Then again as to the absence of the free reed, we need not be suqirised
at it if the higher civüization sprang from contact with the Aztecs; for
the free reed is not a native of America, though owing to the later Com-
munications between the continent and the Malay Archipelago isolated
spedmens might easüy find their way into the new coontry. Stringed
infltroments also were nnknown before the Spanish conquest^ notwilli"-
Btanding Dr. £rinton*B dissertation on **Native American atringed momcal
Instruments^. so-called ^^Äpache** Fiddle, and the marvellous reports
vhicfa traTellen have brought of ancient musical inatruments, one
feet long with ejight strings and played with a bow managed hy two
Indians one at each end**, show us that these are but mde attempts to
imitate the white man or the negro. There is another similarity also
which deserves notice, and it is this, that these whistles and reeds are
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V, W. CMpin, Atiec Inflnenoe on Aniaricftii LwUftn Inatniiiietttt. 069
aimost wliolly used by thc Indians in oonnection with their secret reiigious
soca^es and niystic (formerly cannibalistic) rites; in the Aztec ceremonies
muRic also played an important part, and a Hute (so-called) was broken
by the bumnn vietim as he approached tbe altar of sacrifice.
It would be inte^estin^? to press the inquiry further still, and ask how
the Aztecs, or the Toltecs beforc thnm, arrived at the whistle heod.
'Perhaps after all the myth of the white man with long dark hair and
flowing beard who came (they say in the 12th Century) fi*om the East
Over the Atlantic Sea and as mysteriously disappeared, promising to
retum at some future day, niay he founded on fact. The art of govem-
raent. the use of metal«, and the knowledge of arts and sciences, which
marked the golden age of Anahnac, may have been learnt from the bps
of the ubiquitous European.
There is but one final question to ask, How did the Coast Indians
come in contact with the Aztec civilization ? It may have been overland ;
for the Shoshoni Indians, an Axtec tribe, are found as far north Jis the
40th parallel, practically touchin^r the coast Indians at their southem
limit. The serret societies with which the instnunt'nts an- connected
seem to have spread northwards from the Kwakwiutl Indians, who are a
southeni niainland tribe bolon^'ing to the second of the live coast tribe
fainiiies; and it is known that tlie Tsimshian, just ahov<? tliem, passed on
the knowledge of these ntes to tlie Haida of Queen Cliarlntte Islands.
Or it may be that the eontaet took j)lace by sea, through coasting < anoes,
or tlirougli the traffic whicli after tlie fall of the Aztec power wäh main-
tained bv the Spaniards all ai<uig the north wfst coast. Had tlie Spaniards
hnwever introdiK ed tliese instrinnents through European Channels only,
and n»»t as contju« rors of >rexico and successors to Montezuma, we should
have found a far üiorf general use not only of instruments with finger
hole<? but of instr iti K iits with six finger holos, instead of tlie fonr or
fewer ehanicteristic ot the primitive Indian tiutes and the Aztec whistles.
The outline of the Indian double reed too is certainly not European,
tapering as it doos to a blimt puint, instead of l)roadening out towards
the vibniting edgc as in the Hassoon and early Oboe reeds.
Linguistic aftinities also are not wanting to eniphasize the probabiHty
of this contact; in fact (Jalhitin observed in the Tlingit faniily ithe
most northerly of the iivc more remote analogies to the ancient Mexican
tongue than in any other. Until further ligbt is thrown upon this
interesting sul)j« ( t by fresh disi overy and more cxtended research we
may fairly conclude that, withuut necessarily implyiug a blood relation-^liip
between the raecs, the American Indians of the North West Coast show
in the char icter and oonstruction of their musical in.struments distinct
tiaces of Aztec intiuence.
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670 W. Qftlpin, Astec Inflaeooe oo Amencaa IndiAn losirumeato.
The foUowing work> inay hv ( onsulted on the subject of the K'Ttli
West Coast Indiaus tliough they deai but cursoriiy wiüi the musäcal
iiiätruinenti».
Swan (J. G), Th.« North West Coast. 1857.
Poole (F), Queen Charlotte Islands. 1H72.
Dawson (G. M.j, Report ou 4ueen Charbtt« Islauds in the Greological
Sairej of Ganada. 1880.
Powell (J. W.), A claBsification of Indian tribep {wlik map], Bureaa of
Ethnology. Washington. 1886.
Nibla* k E. P.\ The Indiana of tho Xorth West Coast (with piateaj, Smiti^
soniau Report, Washington. 18H^i.
Boas (Dr. F.], The Kwakwiutl Indians (with pUleu aud songs in uiusicAl
notation), Smithaoniaii Report 1895,
Wilson (T.), Prehistoric Art incladiog miuical instruments of all natioiu,
Smithsonian Report. 1896.
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Hugo Goldwfainidt, Hontavwdi*a Batonio d* Uliaae.
671
Monteverdi's Sitomo d' TJlisse
von
Hugo Goldschmidt.
(Berlin..^
Der Kodex Claas. IVJS763 der K K Hofbibliothek Wien galt nach
Kiesewetter, Ambros und Molitor als MonteTerdi*8 Spätoper von
1641: II RUorao XJUaae. Die Handschrift selbst, welche aus der
PiiTat-Bibliothek Leopolds L stammt, triigt keinen Titel, und verrät weder
den Dichter noch den Musiker. Welche Anhaltspunkte jene Forscher
für Monteverdi's Uiheberschaft geltend machten, ist mir nicht bekannt,
auch Ambro B^) begnügt sich die Tatsache festzustellen. Emil Yogel^}
bezweifelt sie aus folgenden Grttnden: Der Text des Librettos von
Badoaro stimme mit der Partitur nicht iiberein, zwar liege der Hand-
schrift Badoaro*s Dichtung zu Grunde, doch in gänzlich umgeänderter
Gestalt, Monteverdi's Oper bestehe aus fünf, die Wiener Partitur aus
nur drei Akten. Zudem seien Prolog luid Schlufisz^en ganz verschieden.
Aach trügen die von anderer Hand als der des Kopisten hinzugefügten
szenischen Bemerkungen nicht den Monteverdi^schen Schrift-Charakter.
Die Musik könne also ebenso gut von einem anderen Komponisten her-
rühren. Ein sicheres Besultat werde sich erst nach genauerer Unter>
snchung herausstellen.
Dieser >genaueren Untersuchung« habe ich mich unterzogen und kann
als ihren Erfolg mitteilen, daß die Wiener Partitur mit Monteverdi's
Bitomo cC Ulisse identisch ist Wir liaben somit eine zweite Spätoper
des großen Meistors ^'» fimtlen, die uns im Verein mit seiner Licoronaxione
dl Poppea ein klares Bild seines dramatischen Schaffens im letzten Lebens-
abschnitt ermöglicht. Ein solches hier zu entrollen, int nicht meine Ab<
sieht. Der demnächst zu erwartend \\eite Band meiner > Studien zur
Geschichte der italienischen Oper im 17. Jahrhundert^ \\ird sich dieser
Aufgabe ausführlich unterziehen. Zunächst nur die lieweise für meine
Behauptung der Echtheit der Wiener Hand - I i i ft Wir wei den zunächst
auf VogeFs Beweisführung einzugehen haben, dann aber durch den Ver-
gleich mit der musikalischen Behandlung von Busenello's Inanwmxhne
äi Poppea weitere Anhaltspunkt r ^ewinneu.
Der Text von Badoaro*s Libretto stimmt mit demjenigen der
1) GeachirhtR der Musik, Band IV, Seite 'M2 f.
2} Vierteljahn>«chrilt fiir Musikwisseuschaft 1887. Claudio Montoverdi, Seite 403 1.
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672
Hugo Goldiofamidt« Monteverdi's Bitorao d* UlifM.
Wiener Handschrift durchaus iiberein, nur Prolog und SchluU-
szene sitid andere. Di«* Vertauschung des Prologs mit einem anderen kann
niclit venvuiiiierUj wunn mau Monteverdi\s »Selbständigkeit dem Textdichter
gegenüber kennt. Wir werden im Folgenden sehen, wie er sieh st^^ts
den Text nach iiiusikdiumatischen Gesichtspunkten umformt, wie er überall
beilisseu ist, dramatisch erregte Situationen zu gewinnen. Warum ><jlUe
er nicht den Prolog verworfen und durch ein anderen ersetzt haben?
Auch die Scldußszene ist gewechselt. An die Stelle des Chore.s der
Ttaker tritt ein Diu tt zwischen Tllisses uiul Penelo})p. Grade dieser Um-
stand weist auf Munteverdi's Hand hin. Er v( i uilu nämlich ganz ebenso
in der hicuruiunione di Poppea. An die Stelle der das Drama ab-
schließenden Verse des Amor:
»Hör cantlamo giocotidi
Festeggiaudo ridenti in terra e in eieio
II gaiidio sovrabbondi
E in ogni cUnui^ in ogni regione
Si mtta ribombar: Foppea NeroneS
die ihm wohl zu inhaltslos und konTentionell dUnkten, setzte er jenen
unbegreiflich schonen, liebestrunkenen Qesang der Helden, ein Triumph-
lied der Liebe, gewissermaßen eine konzentrierte Zusammenfassung der
Erotik, die Text wie Musik des Ganzen trägt*). Dieser Austausch
spricht also nur fUr Monteverdi's Urheberschaft Freilich konnte ihm
Vogel noch nicht Ton demselben Gesichtspunkt beurteilen, weil die In^
eoronaxüme erst einige Jahre nach Abschluß der Arbeit' durch Taddeo
Wiel ans Licht gezogen ward.
Nun zum Drama selbst. Hier stelle ich fest, daß die Wiener Hand-
schrift auch nicht ein Wort enthMlt, daß nicht im Textbuch stunde. Nur
einige Auslassungen und Text^Umstellungen hat sich der greise Meister
erlaubt, und das Yerfahren gleicht auch hier demjenigen gegenüber Bu-
senello^s Incoromxicne auf ein Haar. Jedesmal sind belanglose, die
Handlung nicht betreffende Stellen vielfach ganz ausgelassen und Worte,
die der Librettist erst nach Beendigung einer Bede bringt, vorweggenommen,
um so die langen Monologe wirksam durch Einwürfe einer anderen Person
der Szene zu unterbrechen. Kretzschmar^) hat auf diese Eingriffe für
die Soldaten-Szene und das erste Zwiegespräch Neros und Poppeas bereits
hingewiesen. Sie beschränken sich aber nicht auf diese, finden sich viel-
mehr fast in jeder Szene. Ich verzeichne in der Incoronaxume Aus-
lassungen von einer oder mehreren Verszeilen: in Akt I, Szene 4, 6, 10;
1) Von mir mitrretcilt in den Monatsheften fiir Musikgeschichte
2) Mouteverilis »Incoronaziono di Ptjppea« Vierte^jahrsachrift für Miwikwisscn-
söbaft 1894.
. j .i^ .o i.y GüOgl
Hugo Goldachmidt, Montevcrdi't Sitorno d* Uline. * 673
Akt II, Szene 2, 6, 7, 9, 13 und 14: Akt III, Szene 14: Ilmstellungen
und Worteinschaltungen in Akt I, Szrn« 2, 8. 5, 8, 11, 13: Akt II, Szene
2, 3, 4, 9 und 11; Akt III, Szene 4 und ö. Ähnlich verfährt der Kom-
ponist in der Buckkehr des Uliases:
Akt I, Szt^nc 1. 30 Verse uu!»geiHsäi'u und eine UmstelluDg der Kede
der Fenelope.
Szene 2. 2b Vene ausgelassen, statt der 7 Schlufiverse Wiederholung
eines Duettes.
Ssene B ist nicht komponiert. Die Szene zählt aber mit) das Ssenariiiiik
ist mit dem fjHii'-tTo identiscli.
Szene 4. Stunmie Ssitne, die Sinfonie ist nur durcii Üailuoten des lii-
tomellB angedeutet Das Libretto gibt an: Pimano i Fead in nme^
e «baroano Ulisg^ dormienky e Uf pongono appnsw t dellc Naiadi
rol suo haga/jh'o, r qutata Seena i mutttf aecompoffnata con sinfoniOf e
poi enira h narr,
Szene 5. Zweimal je 4 Verse auhgelassen.
Szene (> und 7 stimmen mit dem Libretto üfaereiu.
Szene 8. 13 Verse ausgelassen.
Szene 9. T)er die Szene eröffnende Chor mit 0 V^i n ist ausgelassen.
Szene 10. Die Szene eröffnet Penelope mit den Worten: Donair o Dci
(ontetUo (i ^*?V/ tfnn\ die im Libretto fehlen: dann sind 4 Verse der
Melanto gestrichen, an deren StcUe Wiederholung von 4 Versen der
MeUnto.
Szene 11. 6 und dann 5 Verse ausgelassen.
Szene 12 erfiihrt eine Kürzung um die 0 Schlufiverse.
Szene 13. £s sind einmal 4, dann 3 Verse ausgelassen.
Akt II« Szene 1 stimmt mit dem Textbuch liberein.
f^zene 2 stimmt gleichfalls.
Szene 3. Es sind ö Verse des Telemach gestrichen.
Szene 4 stimmt überein.
Szene 6. 20 Vene ausgelassen.
Szene 6. BaUo nicht komponiert
Szene 7 stimmt überein.
Szene 8. Es f-iiid B Ver?e überp^nngen.
Szene und 10 ^'nu\ aus K/«-ii»- H dva Tcxtbui li^-s t.'t'l)ilciet. Ausgelassen
sind ö Verse und Szene 9, und den Schluß bilden 2 Verse deä Ulisseä,
die nicht im Libretto stehn.
Szene 10 stimmt mit ILm überein.
Szene 11. 8 Verse in der Mitte und 6 Verse am Schluß ausgelassen.
Szene 12 iimfanf zwei Szenen des Textbuches: einmal f> Verse ausge-
lassen und < Iii*' komische Episode gestrichen^ am Schluü sind einmal
dann 2 Vers»' eliminiert.
Akt III, Szene 1. Stimmt überein.
Szene 2 ausgelassen.
Szene 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9 stimmen wörttioh mit der Dichtung.
La Szene 10 ist, wie erwShnt, der Schluß, niUidich 3 Verse a due voei|
niu] 4 Verse Coro (T Itacensi durch einen Z wiegesang des UUsses und
der Fenelope ersetzt.
B. d. i. M. IT. 44
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674
Hugo Goldschmidi) Monteverdi's Bitorao d' Ulisse.
Diese VoränderuHiron, weit entfernt gegen Mnntev. rdi s I rlieberscbaft
zu !«prochen, bestütigt'u sie vielmehr. Halten hich andere Komponisten
streng an den ihnen vorliesrenden Text, ho ist es gerade seine Eigentiimlicli-
keit, niit ihm in der f,n'sciiil<l(<rten Art frei zu sehaltcn. Ks ist in beidt-n
Opern nach derscilicii^ri'thodt' und untor(hMnst'll)i'n(ifsichtspunkt verfahren.
Der Dichter zcrlci:to seinen Stutt" in fünf Akte, Monteverdi folsrtf
dem Opernbruuche dur Zeit und beschied sich mit nur zwei Al>>( lilii»en,
also drei Akten, in dem er die vier ersten S/encn di s zweiten Akte>
zum ersten scldnif und die h't/.ten dici S/enen jenes mit dem dritten
und vierten Akt (h'r Diclitung zum zweiten Akt vereinigte; der fünlV
Akt des l,il)rett(i und der dritte Akt des Textbuche*; decken sieh. TVr
Dichter stellt im er.sten Akt. nachdem uns T'enelnpes 'i'rauer und Tr- u»
gescliildert ist, die Landung' des Ulisses durch ilie IMjüaken dar. >ein*'
Vei-zweif hing wiederum von ihnen betrogen /u si in. Mim rvas Kuigreifeii.
1 lisses" N'ervvaudlung in einen Bettler und den Jubel des Helden, als er
st ine Heimat erkennt. Den zweiten Akt eröffnet ein Zwiegesj)r;ich derl\ne-
h»pe mit ihrer (getreuen Melanto. Eumete wird eingefiilirt : iro, einer der
Freier, den Baduaro zur komischen Figur .stempelt, unterhält sich mit
Kameles. Ihnen gesellt sich Uhsses in Bettlergestalt zu, der. freundlich
aufgenommen, des Itakerkönigs Heimkehr ankündigt. Diese Haiulluujr
schlägt Monteverdi zum ersten Akt und macht hier den ersten Akt-
schluß. Nun greift Telemat h ein, der soeben von seiner Reise zurück-
gekehrt. Miner\a versichert ihn ihres Schutzes. Eumetes begrüßt ihn
und teilt ihm di«' Melduuir des Bettlers mit; Ulisses offenbart sich dem
8()linf. und sie Ix'schlielien /u handeln. Hier endet der /weite Akt der
Dichtung, während sie In-i Monteverdi den zweiten Akt erultnen, dem noch
der gesauite dritte und vierte Akt jener angefügt sind. Kin<^ komisclie Szene
zwischen Melanto und Kunmaco, die keinerlei Beziehung /.ur Handluii^.
aufweist, die erste Freierszene mit der vergeblichen Werbung und ein
Ballett folgen. Eumetes bringt Penelope die Nachricht vuu der angeblichen
Heimkehr des Gatten, er stößt auf ihren Zweifel. Es folgt die zweitf
Freierszene, in der sie Telemach zu töten beschliehen, ein Adler Jupiters
warnt sie: Minerva ermutigt Ulisses, die Freier zu vemichten, Telemach
erstattet der Mutter einen Reisebericht. Dritte Freierszene, der Wettstreit
(la lottjij: Ulisses .spannt seinen Bogen, die Freier unterhegen. Schluß
des zweiten Aktes. Den letzten Akt eröffnet ein komisches Intermezzo des
Iro, Penelopes Klage, die Ulisses nicht erkannt hat Eumetes meldet
der Sieger im Wettkampf sei Ulisses. Penelope bleibt ungläubig. Tele-
mach bestätigt des Eumetes Bericht. — Zwei Götterszenen, Jupiter be-
schützt Ulisses auf Fürsprache der Juno. Eriklea, die Amme des Ulisses,
hat ihn erkannt und schwankt, was zu tun sei. Ulisses ei*scheiiit in
eigener Gestalt
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Hugo Goldscbmidt, Monteverdi*« fiitorao d' UUue.
675
"We^en dioser, viollcichl iinr mi!< bnhiipnterhnischen Gründen r<'>Mlti»»rf>n-
den Verk^j'UDg der Sckluaüc kaim, bei der suubt völlig kongruenten Huiul In iii:,
unmöfrlich von einer Inkongruenz der Wiener Partitur mit dein Textbuch
gesprochen worden. Ja, auch sie deutet wieder, ganz wie die ge>ehilderten
Auslas-^ungen und T'instellungen, auf Monteverdi's Hand. Kein anderer
Korapüiiist jener Zeit verfährt so eigeiinrtig mit seinem Tjihretto; seine
Größe offenhart -sicli nicht zum wenigsten in einer freien Disposition des
Textes im Inteit ssr der dramatisch-musikalischen Wirkung, — \'ogers
Bedenken glaube ich durch riiese Ausführungen beseitigt. Der Vergleich
der musikalischen Gestaltung und der eigenen Art der Notierung heider
SpUtopern aber erheht die Authentizität der Wiener Oper zur (jtewiliheit.
MonteverJi ^teht im Gegensatz zur römischen Schule auf dem von den
Florentinern gelegten Grunde. Das Dramatische bleibt ihm ila>^ rrinci-
pale. die Musik ist ihm noch niu' ein Mittel seiner Steigerung. Die
höchsten Affekte liegen deshalb im Rezitativ, die gebundene Form tritt
ihm gegenid>er in eine hescheidenere St« llung. So in der Inet/rvuaxkme^
so in Rilitnio d' /7/.ss^. Kein römischer Komponist. i\berhaupt kein
anderer Mei>,ter ist von der Kantate und Carissimis Eintluli in solchem
(irade unlierührt wie Monteverdi. Vergleicht man beide Opern in
dieser ßück.siciit so ergibt sich eine vollständige Ubereinstimmung in der
Bewältigung des t. xtHcheu .Sttiff« ^. Hier wie dort ist es die unu-^i bundene
Form, das Rezitativ, dem die Höhepunkte d» r Handlung entf.illen. Und
die der Jiujoroiifr.inin charakteristische Behandlung des Si)rachgesanges
ist der anderen ü]>er in tdrichem Maße eigen.
Das Hinübergleiten über einen Ton mit dem Fallen auf die tiefere
Sekunde (^'.^/^l^ ^EriJm)' ^ Eintreten der Septime und None,
dissonanzreiche Antizi[>ationen aller Art, die Unterbrechung des trockenen
Bezitatirs durch melodische Wendungen, nicht selten leitmotiTisch, so daß
die gleiche Melodie an passender Stelle mit denselben Worten wieder-
erscheinty endlich die Zusammenfassung einzelner Szenen durch melodische
Hauptgedanken (z. B. das toma, torm UHsse der ersten Klageszene der
Penelope), alles das weist auf Monteverdi's Meisterhand. In den ge-
schlossenen Formen überwiegt der dreiteilige Takt in beiden Partituren
in solchem Grade, daß fast ausnahmslos der get*ade nur für heitere
oder komische Episoden verwendet ist, gleichfalls eine Eigentümlichkeit
unseres Meisters. In der Melodiebildung herrscht derselbe Sinn und
Geist; so ist beiden die Vorliebe für die Eröffnung mit Tönen gleicher
Höhe gemeinsam. Ich kann hier die Yerwandtschaft nur andeuten, und
muß mir einen eingehenden Vergleich für die Fortsetzung meiner »Studien
zur Geschichte der italienischen Oper« vorbehalten. Nur noch zwei Punkte.
Die Instrumentation unserer Oper ist wie die der Ineoronazione nur durch
44«
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676
Uugo Goldsciimidt, Moutevordi's Kitorno d' Ulisse.
den Continuo angedeutet und nur in den Sinfoiiieu und Kitoraelleu aus-
gesetzt, diesmal zu fünf, dort zu drei Stimmen. Die Incoronaxione iiat
keinen Chorsatz, die unsrige nur eine Chorszene und zwar mit einem
Satz zu vier Stimmen, dem sich ein zweiter gleichgearteter hinzugesellt,
his heide Chöre sich achtstimmig vereinigen. Den Chor der 9. Szene
des ersten Aktes hat Monteverdi eliminiert Dagi gen ist das Werk an
Ensemble-Sätzen, Duetten wie Terzetten, noch reicher als die Yenezia-
nische Oper.
Nicht zum mindesten spricht für dieselben Urheber die Notierung, die
von derjenigen der jttngeren Heister erheblich abweicht. Sie verrät die
Schule des 16. Jahihimdeii» auf den ersten Blick. Die Anwendung der
weifien Fusae nnd Semifosae, sowie der Brevis-Ligaturen ist besonders
kennzeichnend. Letztere kcnunen in zwei Formen vor. Im Vi Takt
6 SemibrcTes Terliert jede Brem die Hälfte ihres Wertes (f^ |), zu
dreien vereinigt bdiült jede ihren Wmt. Jene entspricht also der
nach oben gestricheaen Ligatur Pale8trtna*s. Diese deckt sich mit der
Schreibweise dieses Meisters i). Iii keiner andern mir bekaanteii Open^
Partitur habe ich diese oder eine ähnliche Verwendung der Brevn-Liga-
tur getroffen^. Diese nnserai Partituren gemeinsame Notierung fällt also
gleichfalls fttr die. Identität des Urhebers in die Wagsehale.
1) QMMnt-Aiuigabe« Ssnd I, Torworfc.
2} Wohlverstanden in iler (^per. Sontt war sie noch in Übung, ond die Theore-
tiker, wie DeTiiantius in Avr > Isajzoge Artis musicae« von 16.%, ja noch
Murschhauscr >Fuudamentaiische kurze ood bequeme Uandleitimg« von 1707 han-
deln von den Ligaturen.
. ij .i^.o i.y Google
J. W. Eniched«, Zur BftttaglU dd Be di Pninm.
677
Zur fiattaglia del Be di Frusäia
▼on
J. W. Ensched^.
(Or^rreen.)
Im lets^n Hefte dieser Sammelbände hat Herr Dr. Albert Mayer-
Reinacb die Battaglia del Re di Prtissia nach einer Handschrift der
Markus-Bibliothek in Venedig herausgegeben. Da ihm keine andere Niedeiv
Schrift dieses Musikstückes bekannt ist, halte ich es nicht für unwichtig,
eine abweichende Fassung zum Abdruck zu bringen nach einem Manu&riptef
welches in meinem Besitze ist. Sie findet sich in einem Sammelbande,
welcher handschriftliche Cembalo-Stücke von Fr. Bianchi^ Sebastiano
Nasolini, Gluck, GioT. Paesiello, Buonfichi, Ign. Ple) el, A. Gyro-
wetz, Pav. Bon und Abb. de Bossi mthSli Mehrere dieser Stücke
trafen die Bezeichnung *pef oder »ad itso di Paolo van der Vrteken*^
und die Jahreszahlen 1800 bis 1802. Ein anderer ebenfalls aus dem
Besitze dieses Tan der Vrecken stammender Sammelband enthält unter
aadenn eine Dirigenten-Partitur Ton: riH d^Efcw, Mira qud btn^
orränti, Seena e dueUo dd Giuseppe FarindH* mit der Bemerkung:
*Camepa!ß 2804. Venexia, Tea^ la Fenke*, Es ist daher einleuchtend,
daß die Abschrift der BatiagUa möglicherweise in Venedig und zwar
im Anfange des vorigen Jahrhunderts entstand^ ist.
Wer Paolo van der Vrecken war, ist mir unbekannt, veimutlich
aber Cembalist an einer Operetten-G^esellschaft, welche in Italien reiste.
Ich halte es für unzutreffend, ihn mit Graf Paul Mathias van der Vrecken
(geboren in Maastridit 1777, gestorben in Houthem 1868] zu identifizieren,
der 1803 vom Papste zum protonotarius apostolicus ernannt worden ist;
denn während seines italienischen Aufenthaltes von 1800-rl803, den er
fast ausschlieSlich im Palast der Propaganda in Hom zubrachte, waren
es nur theologische, keineswegs profan-musikalische Studien, welche ihn
beschäftigten i}.
Diese neue Redaktion der Batiagliu^ welche einen Autor nicht
nennt, ist nicht ohne Interesse. Sie enthält mehrere Varianten hin-
sichtlich der Struktur. Vorangeschickt ist «^e Marcia, deren Zu-
1) Paul Verhaegen, Lc comtc Paiä mn der Vrecken. (Publieatioiu de la SoHeU
ki^orique et ardieologique datte le duchi de Limbourg. Tome XXX, 1893, Maetir.
pag. 89 raiv.)
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678
J. W. Enschedd, Zur fiattagU» del Ba di Pnmia.
f]reli<iri<,'koit sclioii im Hinltlick auf die Tonart zwtMfclliaft srlieint Die
Passa;;'»'!! und die Faulaifii sind ausj^jiddint ; der Scliluß des ersten
Teiles f»'lilt im Abdruik von Ma\ ei-lleinac Ii : der Anfang des zwfitt^n
Teilt e i^t in der neuen Niederschrift anders, und zwar unschöner; ebenso
der Scliluü.
Da diese Absclirift offen))ar einer andern (Quelle entnonnnen ist.
jedoch vielleicht durch Vergleich auf eine v* rs( )iüllene Tr(|uelle zurück
zu fiilinn ist, bin ich nur darin von der Vorlage abgewichen, ilalJ ich
die l^rgl(>itungs-Figuration voll ausschri«'b: sonst habe ich, einige zu-
gefügt«' Accidentien über dem Systeme ausgenommen, nichts geäudeil.
zum Beisjjiel nicht die Angabe der Ten«»r-S<lilüsscl. Solche Kleinig-
keiten, welclie aus v'mw Handschrift in andere hinübergehen, sind bi>-
weilen sichere llandbaben, um eine kritische Forschung zu erleichtem.
Daran mitzuhelteu, i&i die Absicht meiner Publikation.
Battaglia.
1) Die Maroia b^imt wie folgt:
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üiyiiizc-d by Google
(iBO J- W. EuscUede, Zur Battaglia del lle di Prussia.
u y i.,^ jd by Google
J. W. £iuchedä, Zur Battaglia del Be di Pnuaia.
681
L iyiii^üd by Google
by Google
üiyiiized by Google
084
J. W. Enached^, Zar B«tUigUft del Be di Prania.
üiyiiized by Google
J. W. EüBohede, Zar BattagMft dfli Be di ProMi«. 685
Digitized by Googl
6^ Amalie Arnbeim, Le devin du viliage von Jean- Jacques Kousseau a. s. w
Le devin du village von JeanJacques Bousseaii und die
Parodie Lea amoizrs de Bastiea et Bastieime
von
Amalie Arnheim.
(Berlin.]
Jean Jacques Rousseau^B leidenschaftliche Teilnahme an den mnsika-
lischen Kämpfen seines Zeitalters macht ihn auch fttr denMusik-Histonker
zu einer Persönlichkeit^ deren Bedeutung für die Entwicklung des fraih
zösischen Singspiels und eine Beform der französischen Oper nicht za
imterschätzen ist. Der herühmte Schriftsteller und Philosoph^ der Ye^
fasser der Nmvdle H^loft$e, des Cmtrat social ^ des Eniik spielte zu
seiner Zeit auch auf musikalischem Grebiete als Kritiker, Theoretiker.
Polemiker, Komponist eine große Rolle und nahm sowohl in dem be-
kannten Streit der Bouffans iiaiienSt wie Jahrzehnte später in dem
zwischen Gluck und Piccinni eine führende Rolle ein.
Durch die Polemik über den Wert italienischer oder französischer
Musik und das Gastspiel der italienischen Sänger-Gesellschaft') doppelt
angeregt, faßt Rousseau während eines Aufenthaltes in Passy den Ent-
schluß, etwas der opera buffa Ahnliches für die französische Oper zn
schaffen. Er berichtet selbst im VUI. Briefe der ConfesaumSj wie in
wenig Tagen der PlaUi der Text und die Musik des Stuckes entworfeu
und im Verlaufe von 6 Wochen das Ganze Yollendet wurde. Bei einer
Probe, welche von Duclos veranstaltet wurde, dem durch seine Memoire»
seerets sttr les ri^fs de Louis XIV et XV bekannten französischen
Historiographen und Verfasser des Ballets Les caracttres de la foUe^j
gefiel Rousseau*s kleines Werk so sehr^ daß seine Freunde die Aufftthrung
bei Hofe durchsetzten. Zweimal, am 18. und 24. Oktober 1752, wurde
der devin du viUage in Fontainebleau vor dem König mit großem Bei-
fall gespielt, dann im Beginn des Jahres 1753 von Herren und Damen
der Hofgesellschaft; die Marquise de Pompadour selbst spielte die Haupt-
rolle'). Darauf führte die Acad^mie royale, das heißt die Oper in Paris,
1 über die Auilulirungeri der Butii»uisten siehe Mcrcure de France 17Ö2, 17ä3 und
17iVl. Vergleiche auch die »wücheuüichcu Nachrichten« von Hiller, 43. Stück, 22. Ok-
tober 1770: Über die BafTon» oder Streitigkeit fiber die Musik in Frankreich, Seite 933.
2) Musik von Bury, 1743 an der Oiier aufgeführt.
3} Alb. JanHcn. J.-J. Rousseau als Mvisiker, Seite 168, ferner: Chonia et Chan-
sons pnjmiairfs ih hi Vroncr. Sotiir par M. Rlcrsan. Delloijr äliteur. III« S<*rie.
1843: «Lr dciin ilit riUaijr de .J.-J. UanssraK faii<aU furmr. Madame de Pompadour
joiiaü ik Choiny le roh de Colcttc et chantail uii jx « jaux.
. kj .i^ .o l y GüOgl
Amalie Arnbeim, Le devin du village von Jean- Jacques Kuusseau u. s. w. 687
das InteiTuezzo zum ersten Male einem größeren Pul)likum vor. Diese
erste öffentliche Aufführung gehört zu den interessantesten in den
Annalen der französischen Oper jener Zeit, sie fällt in die Epoche der
heftigsten Kämpfe ^^egen die Buffonisten. Mademoisellc Fei und Mon-
sieur Jdlyotte die ersten Sänger und Lieblinge des Publikums,
spielten die Hauptrollen. Der »Mercure de France«, das Organ für
Kunst und "Wissenschaft jener Zeit, berichtet über diese Aufführung
unter anderem: »Die Allgemeinheit bat die Gesänge dieses Intermezzo sehr
angenehm gefanden und die Kenner haben nach und nach immer mehr
Feinheiten, eine große Wahrheit der Empfindung und eine seltene Aua-
drucksfthigteit bemerirt« % und lUwsseau selbst berichtet in den Cmfesskns
Über die erste Aufführung in Fontainebleau. >Es wurde«, so sagt er,
>sebr schlecht gespielt, aber vorzüglich gesungen und auch die Instru-
mental-Musik sehr gut ausgeführt. Schon bei der ersten Szene, die tat-
sächlich Ton einer rührenden Naivität ist, hörte ich Hufe des Erstaunens
und des Beifalls, wie sie sonst in dieser Art von Stücken nicht gebräuch-
lich waren. Der Beifall steigerte sich bis zur Liebes-Szene, ich horte um
mich herum das Flüstern von Frauenstimmen, das ist entzückend, das
ist rührend, da ist kein Ton, der nicht zum Herzen spricht.« 3}
Die Handlung der kleinen Dichtung ist sehr einfach. Oolette, ein
Landroädchen, ist von ihrem Liebhaber Colin verlassen. Sie sucht einen
Wahrsager auf, der ihr helfen soll, den Geliebten wieder zurückzuge-
winnen. Der Wahrsager berichtet ihr, dafi die Qutsherrin G^lin zur
Untreue verleitet habe. Colin liebe jedoch Colette noch immer und würde
zu ihr zurückkehren; dann müsse sie ihn aber durch Kalte und Zurück-
haltung für seine Unbeständigkeit strafen. Als Colin nun reuig Colette
au&uchen will, erklärt ibm der Wahrsager, sie liebe jetzt einen andern,
verspricht aber auf Colin*s Bitten, Colette durch einen Zauber herbeizu-
rufen. Colette erscheint, wie verabredet, und spielt nur mit Mühe ihre
Bolle. Als Colin sich darauf verzweifelt entfernen will, ruft sie ihn
zurück und Versöhnung, erneute Versicherung der Liebe und Treue folgen.
Der Wahrsager empfangt seinen Dank und Lohn und die versammelten
Landleute nehmen an dem G-lück der Liebenden teil. — Auch in dieser
kleinen Dichtung gibt Boussean dem Gedanken, der ihn damals be-
herrschte, Ausdruck; Bückkehr zur Natur, Flucht vor der Welt war zu
jener Zeit sein Lebens-Ideal. Bousseau hat den Devin dem schon vor-
1} J.'Q.Prod'homme,/%Trv <fe/df9ofte(1713-1797),8uBmmeIbi^
2) J.-G. Prod'hotume, a. a. 0.
3 Yer)?leiche Arthur Pougin, J.-J. Rousseau musicien. Rivista musicale 1895,
Band II . Üher diese Aufführung sii-ho aurli Musikalische Bibliotliek von EschstrtUh.
Musikalischei' Ahuanach Vav Deut)>chlaud auf das Jahr 17Ö5. IX. Anekdotca und Ein-
falle, Seite 287.
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()88 Amalie Arubeim, Lc devin du vülage voo Jeau-Jacques Jüousseau u. s. w.
her erwähnten Duclos gewidmet, dem Philosophen seiner Zeit, welchem
er, wie er sagt, die größte Achtung zollte. Das Intermezzo ist, meines
Wissens wenigstens, das einzige Werk Kousseau^s, das eine Widmung
ti%t, sie lautet ganz kurz: A Mr. DtidoSy hhtoriographe de Franca, l'un
des qiuarante de taeadiSmie franioise et de ceÜß de$ mecripHons et
beäes lettres, *8ouffrez monsieitr, qne votre nom eoit a h Ute de eet
mnragr ^ qui sam veus n*eiU janmis paru, Ce aera nm premün et
nnique dSdicaee: puisse-i'-elle vom faire atitant ^honneur qttä t/udU
Diese wenigen Worte lassen Roussean's SelbstgefOhl und den allgemeineii
Beifall erkennen, den sein Werk schon als Manuskript gehabt haben
muß!
Wer sich mit dem Libretto des Devin etwas näher beschäftigt hat,
wird von der Anmut der Sprache in den kleinen Chansons und Romanzen
ganz Überrascht sein, denn sie zeigt uns Bonsseau als einen lyrischeo
Dichter. 8dion in Ljon im Jahre 1740 hatte Rousseau begonnen, sidi
einen Ruf als Dichter zu erwerben. Der Herausgeber einer Zeitschrift')
teilte seinen Lesern sogar mit, daß Herr Rousseau föhig wäre, den Ruhm
des großen Namens, den er trüge, aufrecht zu erhalten und daß es auf
dem Pamasse eines Tages heißen könne »Ronsseau der erste und Rous-
seau der zweite*). Uns erscheint dieser Ausspruch heute sehr merkwürdig,
denn Rousseau der erste ist Jean Baptiste Rousseau, ein noch heute
nicht ganz Tergessener, aber im 18. Jahrhundert sehr Überschätzter Ijii-
scher Dichter.
Im Devin du vüla^ ist Rousseau Dichter und Komponist in einer
Person. Auch in seinen Schriften über Musik') weist Rousseau wieder-
holt darauf hin, daß Poesie und Musik zusammengehören und daß nur
da ein einheitliches Kunstwerk entstehen könne, wo die Dichtung durch
die Musik zum ToUkommenen Verständnis und zur ▼oUkommnen Wirkung
gelangt. Dichter und Komponist müssen zusammen schaffen, müssen die-
selbe Person sein. Auch hier, wie in vielen andern Beziehungen, berührt
sich Rousseau mit R. Wagner. »Was Leuten von Gkschmack«^ so sagt
Rousseau, »den Devin schätzbar macht, ist die vollkommene ÜbeieinattnH
mnng des Textes und der Musik, das enge Band ihrer Teile unterein-
ander, welches das Gkmze zu einer nie dagewesenen Einheit bringt
1) Ixt eUf, Ott Joumai hi^arique nur U» matitrt» du tempg (Alb. Jansen, a. a. 0.,
Seite 39).
2) Mastet-Farthay, (Mtvre» eon^^tüet de J.'J. Bauauem, In dem »amt de THif
teuri vor dem »Diteoure^ qui a remporU le prw ä Faeadhrne de Dijon* iit die SIdle
ans dem Joumai >/a clf'f< mitgeteilt. Siehe aoch Jattien,^». a. 0.
3 Lrffrr yi/r In niusi'/ii' frruic'u'sr 1753; Frainrn rh iletix printiprs par Mr. Ri'i-
nimtf 17.')ö. 1 >;is Fragment t iiuM- 17öö verfaßten, aber nicht veröffeni lichten Schrift
kIu principe lU la mvlodie< (vergleiche A. Jausen, a. a. 0., Anhangj und C. Stumpf,
Musikpsycliologic in England (Vierte^jahmehrift fiir Muiikwiatentdiaft I, S«it« S68tr.
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Amalie Amheim, Le devin du viltage von J«an<Jacqaei Ronaieau u, s. w. 689
i'berall hat der Komponist gedacht, gefühlt, gesprochen, wie der Dichter,
der Ausdruck des einen harmoniert so genau mit dem andeni, daß man
alle beide immer von einem find demselben Geiste beseelt sieht.« —
Rousseau's Zusammenwirken als Dichter und Komponist regte auch
andere Künstler an. Mondonville, Violinspieler am Hofe Ludwigs XV.
schrieb Te.xt und Musik zur Oper Ihipknia et Alchmidure^ einer Pastorale
im Dialekt von Languedoc und auch Maria Antonia, die Gemahlin
Friedrich Christian'« von Sachsen, diclitete und komponierte zwei italienische
Opern: // trionfo della feddtn und Tnfrstris. UTkt das Singspiel Tnfrsfrh,
Kiiutgln der Amnxonen findet man eine sehr günstige Besprerliuiig im
Tl. Stück von Hiller's >wöchentlidien Narhriclitcn» und Fi-iedricli der
Große schrieb der Verfassorin : »Sie gebi-n den Komponisten ein Beispiel,
daß alle, um guten Erfolg zu haben, zugleich auch Dichter sein sollten* < .
Der Darin du ri/l/ii/r ist nach Form und Inhalt ein<> Pn storale. Kous-
scaii erklärt später in seinem > Itictioniiaire* die Rezeiclinung Pastorale als
Idylle, (leren Personfn Hirten sind und deren Musik der Einfalt des Ge-
schmaekes und der .Sitten anzupassen ist, die man bei ihnen vomussetzt«.
In diesem Sinne hat Rousseau auch die kleinen Tiieder und Arien zu kom-
poniereu vei*sucht. Der einfache Ausdruck einer natürlichen Emplindung,
die das Gedieht beherrscht, spricht sich auch in der Musik aus, die man
heute noch, nach 15<) Jahren, als eharakteristiseh emijliudet und deren
außerordentliche Wirkung in ihrer Zeit man begreift, wenn man an den
Konti ast zurfranzfisischenopera seria mit ihrem meist mythologischen, pathe-
tischen Stoff und ihrer weniger individualisierten Musik denkt. Ganz
1) CSHvre« IX, Seite 116.
2] Orrrespiymlanrr p<tr (iT\mm 11, 428. Unterhalt uiig. n, Hamburg 1768, II. Band,
Seite 165: Fhiphni«? und Alcimadure, eine Schäferoper in 3 Akten. Musik und Poesie
sind von .T<^an Mondonville. Zuerst im Tjanpnedockiscbeu Dialekt geschrieben
und 17Ö4 m Fontainebleau gespielt, 17öö iu Paria wiederholt. — >I>ie Komposition
hat dorchgehends den sanften leichten Ge.sang, den die Art des Stückes erfordei'te.
Kenner haben darin Yiel neue Zflge, eine lebhafte, firuchtbare und maleriaehe B&n-
bildungskrafl gefunden. Bie Tttnze waren fenng* hebend nnd voll Aufdruck komponiert.«
3 8. Julius 1766.
4 f^orn-ftpornfftnyr Fr*^dt*ric le (irand, Ausgabe von Preoß (Band IX,
iJ'Mrns äf Fndiric le (Jranä, Tome XXIV,.
Ji la prineene Marie-AtUonie 4b Sasee,
PMnm, 29a9rü 1763.
Mofhum ' J'di ra;n anc neHsihiHfi' H rfnmtutissanee le beau pritetU que rotre al'
f^snc rdijulc n datyni' n ine fai'rr dt' dfux opiras: dttnt eile a fait Ir.^ paroles et la muAi-
que — f»irrfffffH seraimt pnrüjnx fnir eus-mt'iiies ; ce tfui leiir ajoute un nouceau prix,
ce«l la tun in dont iU nie vkuttcuL . . Mai.s jr doüs cou4 c^ntfamer^ muäame, qua vom
faüea hommtr ä la mutique^ eontereanf pnr V09 ouvrage» le Aoti goüt prU & *e perdre
et que pom» donmex un iixemple aux eompoeiienr»y qni tou», pour bien reueeir
devtnient ^trc pin tes cn nn'mt' temp.i.
öj Dkiionnaire de mmique [Gen^ve 1767}, Artikel Ptuioraie,
S.d.I.M. 17. 45
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090 Amalie Arnheiin, Le devin du viliage von Jean-Jioquea Roiitt6*u u. s. w.
>ondero Sorgfalt vt-rwandtH liuuj^seau auf div inusikuliacla' VV'icdrruMut
dt'> Dialoges duicli das l{i'/.itativ, welches, ucnn aurh der italienischen
(J\>iT nachgebildet, der Iran/üMscheu Spruche frei toi^^«'n und t^ite natur-
gemäße, aber dennoch küu>tlerisch ausgebildete Deklainaiiou darstellen
sollte. ' Dieses neue Rezitativ an Stelle des oft sehr eintömgen an die
P>aiiiHHlic eiinnernden wagte man, so erzählt weniir^tens Rousseau,
ht'i der erstell Aufführung nicht einzuführen, somi, ru ersetzte es
durch ein von dem oben schon erwähnten Sänger Jelyotte in der alten
Form koui}(uinertes Rezitativ. Rousseau's Rezitativ, das sich tat->;H lilicli
nur wenig von dem .jt'l\ utte's unterschieden liahen s(di. und die dem
italienischen (7e>cliniack nachgebildete Ouvertüre wurde erst bei der ersten
öftentlichen Aufführung in Paris gespielt 2^.
Zu der Beurteilung der Mu.sik muß hei den im Anhang beigegebenen
Probes.lcllen darauf hingewiesen werden, dali in erster Linie der histo-
risclie und dann erst der musikalische Wert für uns hier in Betracht
koiuiiit. Bei der ungeheuren Wandlunir, die die ^fusik in den vergangenen
15Ö Jahren erlebte, wird es mandieni schwer ^eui, holb.st die Mu&ik be-
deutender Meister heute noch zu genießen. Noch schwieriger ist es aber
bei Rousseau, der in seinen Schriften ein iK-deutendei Reformator mit
noch heute für uns gültigen, gei>»treichsten Neuerungen, in seiner Musik
doch mehr ein sehr begabter Dilettant war, dem oft die Fähigkeit
niangelte, das, was er leidenschaftlich mit dem Worte verlrat, in Töne
umzusetzen.
Die erste Arie, in der (Juh n. weinend ihre \'erlassenheit beklagt, ist
einfach und schlicht in der Melodik, sie wird von Streichijuartett unii
einem i'agott begleitet und erinnert in ihrer volkstümlichen, ganz natür-
lichen Entwicklung an die kleinen t -handuri^ m den P i^turaleu des Mittel-
alters. In dem Liederspiel linhin et Marion von Adam de la Haie,
das schon 1:282 in Neapel auti,'eführt. aber ei*st 1822 in Paris veröftentli( hi
wurde und aller Wahr'Jelieinlichkeit nach Rousseau unbekannt war, findet
sich in dem Beginn der (ur dcnlrf^m der ^farion eine Aiuilit iikeit, sowolii
in Form wie in Melodie mit der Ariette C'olette's. An diese schließt
sich sogleich ein Rezitativ an. dem noch einmal eine kur/^c Wieder hu lunj*:
des Haupuliemas: jni penift tont ntou bonhenrt folgt. Den Abschluß
der Arie bildet wieder ein kurzes Rezitativ, das (""olette's Entschluü, den
Wahrsager der Gegend um ILlte zu bitten. Aufdruck gibt-*j. Diese Ariette
1 Vcrgleiclii f>i'< ti'niii'Tiir (h fnnsi'iur, Artikel ReeättUf.
2 Ofto .Tabu, W. A. Mozart, Band I. Seite 117.
3) Julien Tiersot, llktoire de la chanaou pcpulaire en Frame, Seite .511.
Bo > bin» m'ai-me Kobiusm'a Eobinü m'a de «mau - de- e si mar».
Güogl
AnuUe Arnlieiin, Le davin da village von J^ftn'JaoquM Rousseau n. s. w. 091
erfreate sich in kürzester Zeit einer sehr großen Beliehtheit. Ton dem
König an, der, wie es heißt, »mit der schlechtesten Stimme seines König-
reiches« *fai perdu man servUeur* sang, spielte sie in ganz Paris eine
große BoUe und wurde hald zu einem Gassenhauer im besten Sinne, i)
In der nächsten Szene zwischen dem Derm und Oolette ist das kurze
Vorspiel, hier Pr^ude genannt, darum interessant, weil Kousseau in
demselben einen Versuch von Ton -Malerei macht Das Zählen des
Geldes, die Unruhe, das Zögern, ehe Colette sich dem Wahrsager nähert,
wird in der Musik charakteristisch anzudeuten versucht^). Nach einem
kurzen Dialog-Bezitatir zwischm dem Devin und Culeite schildert diese
in einer anmutigen, kleinen Arie ihre Gefühle für Colin. Nur Text und
Instrumentation rähren anscheinend von Kousseau her, die Melodie selbst
könnte entlehnt sein. Sie findet sich im > Chansonnier frmi^is*^. einer
liiedersammlung von 1760 in Band II unter Nummer 173 als Bondeau
bezeichnet, aber ohne Bousseau's Namen. Die Anette ist noch heute
wirkungsvoll; die Musik ist wie für die Worte jj^eschaffen und zeigt die
graziöse lebhafte Melodik der französischen Chansons. Die Begleitung
wird durch Violinen und Flöten, die unisono geheUt und Baß ausgeführt;
die Klangfarbe dri- Flöte gibt der Arie einen pastoralen Chai*akter*).
Um zu zeigen, daß Boussoan auch in der Musik zu individuulisicren
versuclit. wäre das erste Bezitativ und die sich an dieses anschUeßende
Arie des Wüiir-agers, in welcher er Colette allerlei gute Ratschläge
gibt, ein Beispiel. Die Liebe wachse, so sagt er, wenn sie Kämpfe zu
bestellen hätte, während sie sonst leicht einschlafe; eine Tv<Mjuette mache
den JUngling in seinen Gefühlen nur beständiger. Man könnte hier
auf dn-j R< /itativ besonders aufmerksam machen, daß sowohl nach der
melodischen nach d<>r deklamatorischen Seite hin gelungen ist. Die
Musik der Arie ist den Worten gut angepaßt, tlott und lebendig. Trotz
der etwas din ftiLren Instrumentation, Strei» ]i.[uartett, wirkt sie noch heute
und ist in Melodik und Form durch das italieuische Intermezzo heeinflußt*).
Wieder einen besonderen Charakter tragen die einfachen Gesänge
Ck)lin's, die die Dialog-Rezitative zwischen ihm und dem Devin und auch
zwischen Colette und dem Devin unterbrechen. Dem Text entsprechend
sind mehr sentimentale Melodien verwendet, so daß die Charaktere Colin's
und des welterfahrenen Wahrsagers im Konstrast zu einander stehen.
Die erste kleine Anette schildert Colin's Hoffnung, Colette wiedei-zu-
sehen und den Kummer über seine eigene Untreue. Sie ist nur mit be-
ziffertem Baß in der Partitur notiert und wurde daher nur mit Begleitung
des Cembalo vorgetragen, das bekanntlich eine sehr große Bolle bei den
Opern -Aufführungen bis weit ins 18. Jahrhundert spielte und' bis zu
1. Siehe Anhang Nr, L 2; Siehe Anhang Nr. II.
3; Anhang Nr. m. 4) Anhang Nr. IV.
46*
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692 Amalie Ambeiin, Le devis da village von Jeaa^Jacquet Bottweau u. s. w.
Philipp Emanuel Bacli, in F'ngland xngjir noch unter Haydn auch bei
der Aufführung von Svin])honirn verwendet wurde.
Für eine genaue Kenntiüs der Partitur des Ih rlu wäien außer Ter-
schiedeneu Arien und Rezitativen noch zwei Duette /^visilieu ( oliii und
Colotto, voll denen das zweite A jamats Coiin s'eiigagt, durch die
canonische •Stimiufiiluung im Beginn interessant ist, ein vierstiniraiger
Chor das einzige Ensemble und das Schiuli- V:nideville AUons dans' y mi^
/e.s onniiiii.i: zu erwähnen. Mit letzterem führte Rousseau /um ersten
Male dji» Strophenlied mit Rt»frain auf der Bühne der Ac;ul« init' rovale
(der Oper) ein, auf der bis daliin niemals Vaudevilles gesungen AV()rileD
waren Den Text zum Vaudeville l'art ä rn/j/o//r t^l fuiwaU^: mit Jem
Refrain ceM uu enfaiit hatte R^u.sseau einem Lied Colle's, des durch
Ch:inson>. Lustspiele und boshafte Bemerkungen in seinem * Jonmal
histüt ii[iif^ liekannteu Seki'etiirs des Heraogs von Orleans, entlehnt -
Auch < in Divertisst nit nt, eine Art Ballet, wie es in den italiriii>^( h» u
Liternirz/d meist iildicli war, komponierte Rousseau im AnscliltiU au
Diclitung und Musik in sein Singspiel hinein. So sagt er wenigstens
seine Gegner behaupten freihch, daii Francfpur*), einer der Direktorcii
der Aiadt uiie royale, die Musik zu den Tilnzen und einer eingelegten
Arie der Mademoiselle Fei verfertii,'t habe; die letztere hatt^ Rousseau
mit Vei^sen des Dichters Cahusac in das Divertissement eingelegt ^ . Auch
duH Rousseau für die Instrumentation seines Werkes die Hilfe von andern,
besonders von Philidor in Anspruch genommen haben soll, darf nicht
unerwähnt bleiben, obgleich das nicht genau nachzuweisen ist.
Schon bei der Komposition der Muses galantes y einer Oper von
Rousseau, die er vor seinem Aufenthalt in Italien begoimen, hatte er
einen Teil der InstrumenUition und ^Vrbeiten, die ihn langweilten, dem
jungen Philidor'^) übergeben. In dem auf der königlichen Bibliothek in
Berlin betindllcheii Exemplare des Devin du välaye*^ befindet sich als
Auliang eine eingelegte Arie des Colin fUr ein« AuffUluung am Hofe
am 9, Mäiz 1763 von Philidor, die von dem berOhmten Sänger Caillot^I
1 J. Tiers ot, Ilütoire de ia charuon popidaire en Fmnee 1889, Chapt. IV,
Seite 611.
2. Alb. Junseu, J.-J. KousseAu als Mu&iktr, Suite 166.
Adolphe Adam, Somenir» ^u» mufioim, Paris 18^7, Ssite 200.
4) Alb. Jansen, S. a. 0.« Seite 166.
ö Vergleiche Arthur Pougin in der >Kivi>tta musicale* 1895, Band II. — Über
Andn- Philidor's Leben und Werke wird in kurwr Zeit an anderer Stelle attsiabr*
lieh l>ei iclilet werden.
6j Dieselbe Auagtibt wird bei A.Pougiu, »Andre Philidor« in >la chroniqM
muaieaie* Band YHI, lH7ö, Seite 278 Anmerkung erwlQint
7. Calliot ist mit Recht der Lieblingsantor und Singer in der komischen Oper
in Pari^. Seine Stimme, die er nach IVIieben als Baß und als Tenor braueben kann,
ist vortrefflich und er ist in allem Betrachte ein sehr anziehender und anterhaltender
. j .^ .o i. y GüOgl
Amalie Arnheim, Le devin du vUlage von Jean-Jacques Jiouaseau u. t. w. 693
gesungen worden ist. Es wäre flemzufolge wohl muglich, daß Philidor
tatsächlich llousseaii aucli in der Partitur unterstützt hätte, ohne daß
Bousseau deshalb die Ver|)tHclitun,!? fühlte. Pliilitlnr's Namen als Mit-
arbeiter 711 nennen. Man nahm es damals mit muMkalischem Eigentum
nicht so trenau, wie viele Tatsachen beweisen, und glaubte kein Plafjiat
zu begehen, wenn man selbst die Melodi«; eines anderen Komponisten in
seinem ei<^enen Werke benutzte, olme den Namen zu erwiilmeu. Im
"Vergleicli zu den ersten Werken Pliilidor's ist jedoch in d»'m hrvin flu
riHaiji eigentlich kaum eine Stelle nachzuweisen, die auf Pliilidur .s Mitarbeit
schließen ließe. Auch finden sich einige Fehler, falsthe Fortschrei-
tungen u. s. w. im Devin, die Phihdor wohl sicherlich verbessert hatte.
Die eingelegte Arie scheint ihrem Charakter gemäß in die einfache Musik
des Ihrlfi nieiit so recht hineinzupassen und gehört eigentlich eher als
Dacajio-Arie in (nne opera seriu als in ein Intermezzo. Sie ist für Barytun
ge<?clirieben und schon reicher instrumentiert als die Arien bei Rous-
seau. Alliier dem .Streichquartett werden noch 2 Oboen und 1 Hürner
verwertet, während Ruusseau für sein Orchester außer dem Streich-
quartett nur vereinzelt Oboen. Flöten und Fagott ])enutzt. Der Text
der Arie lehnt sich an den Kelraiu de.> Liedes L'arl a l'dinoin' est fa-
rorable an: >L'amoftr ne sf-aif ijn're, cc qii'U pcrnicf, ce qit' il dcfctifl .'
C'est im pfifnnt. c'est un eitpmt^. In der Musik ist im zweiten Teil
sclwju der Emiiuß Gluck s bemerkbar, den Philidor aber damals nur
aus dem Manuskript des Orpheus gekauut haben kann, welches er, wie
bekannt, vor dem Druck durchgesehen hat' . Eine Romanze, die schon
sieben Jahre vor dem Ihvin entstanden war-^, legte Rousseau noch in
das Divertissement ein. Sie erinnert in ihrer Einfacldieit und Melodik
ai) die Romanzen in Iluu>>eau'8 Sammlung Cmisolaiiom des nm^re^ de
ma vie % von denen das kleine Konzertlied Le ro&ier*) und Que le jour
me dure*) — eine musikalische ^ferkwürdigkeit, nur aus drei Tönen be-
stehend — noch heute bekannt sind. Auch hier ist der geringe Um-
Schau»-iiielt'i -. f.Tacob lJurncy der Musik Doktors Tagebuch einer musikalischen
Reise durch Frankreich und Italien. Au- ileni Englisi In n lUn tuetzt von C. D. Elu lin;?.
Hamburg 1772, Seite 8). — Caillot, dont M"'t Vuji'r-ijt lfrtiit a prini un ai joli jftrb aU
et qu'cn ISOO rinstitui adinrltra au nombre de »es con'cspondanU pour la cla4S€ des
Beam-AriB. {La comidie Haltenne tu Franee ei h fhSdtrt de h Farce par Mr. IL
Bernard in. Paria, cdift'on de fa Beruf Ueue 1903;.
1; Siehe Anhang Nr. V.
2j Alb Jansen, a.a. O., Seite 166.
3] Paris 1781.
4) Je l'ai platUi; je Vai ru naUre als Aixhang zu Arthur Puugin. J.-J. Houasrau
mutieim. [Rivigta muskatf 1895. Seite 260.
5 'Rhlsfa nvisif-al''. Seite 201 und Max FriedlUndor, Das deutsche Lied im
XVin. Jahrhundert, 19()2. II. Band Seite 292 und 298. Siehe auch den Aufsata voa
Jean Chaotavoiue: Zwei französische Lieder Beethovens ;Die Musik I, 12,.
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694 Amalie Arnheim, Le devm du village von Jtan-Jac<]uefl HouBseau u. ». w.
fang der Melodie auffällig imd weist auf die volkBtttmlichen Chansoiis
bin. Die Begleitung der Floteu gibt dem Ganzen einen pastoralen Cba>
' rakter. Bemerkenswert ist der Septimenakkord im vorletzten Takt, der
den mittelalterlichen französischen Chansons eigentümliche Bhjthmns, die
halbe Note auf dem 2. Viertel und die im 18. Jahrhundert sehr beliebten
ausgeschriebenen kurzen Vorschläge in der Melodie-Bildung
In Paris und gunz Frankreich erwarb sich Rousseau's Intermezzo
immer mehr Beifall, obgleich Rousseau^s Gegner und Feinde nach wie
vor behaupteten, daß er die Musik zu verschiedenen Gesangen von
einem unbekannten Komponisten entlehnt und Vieles nicht selbst ge-
schaffen hätte']. Diese Beschuldigungen, die mit der Zeit nicht nach-
liefien, kränkten Rousseau so tief, dafi er beschloB, um seinen Feinden
den Mund zu schliefien, eine neue Musik zu schreiben; So wurde denn
in der Tat der Devin du tiUage 1779 mit einer neuen Ouvertüre und
6 neuen Gesängen in der Oper aufgeführt'], das Publikum forderte aber
stürmisch die sJte Fassung zurück. Mit der populäi* gewordenen Musik
hielt sich das Werk dann noch fast ein halbes Jahrhundert auf' der
Bühne und erlebte mehr als 400 Aufführungen. Uns erscheint es Usi
unglaublich, wenn wir lesen, daß das »Journal de Paris« von 1777, also
mehr als 20 Jahre nach der ersten Aufführung und aus einer Zeit, als
Glückes Opern Iphigenie in Aldis und der Orphetts bereits aufgeführt
worden waren, noch spaltenlange Berichte über den Devin bringt. Der
Berichterstatter sagt unter anderm: >daß der Devin noch jeden Abend
eine Fülle von neuen Zuhörern heranzieht und daß man die Schönheiten
dieses Werkes nicht beschreiben könne, sondern daß man sie hören
müsse« ^ . Der Devin wurde häufig in demselben Jahr mit Amnde von
1^ Siebe auch Friedländer, Das deutsclie Lied im X.Vni. Jshi^undwt, Budlr
Seite XXXVL
2 Arthur Pottgin, a. a. 0.. Krlaircis^njteHs dotinm ü rniiU-nr du JoHmai m-
fyclopäl{t{w nur In niusiqi" <hi tim'n äu viUage poT le Stent deMarignsn, eomedien
.raris, V"«" Duchenne, IT'^l, in S .
3, Les sLc mitvmux uirti du drein du nHa<^e, Paris 1779.
4, Journal d$ Paru 1777 {Paris, Bibl. Nat.), Xr. 41, 10. ferritr,
Le derin du village attire tou» le» joun a ee spetiaele un eonetmrs plu» nombma.
Abi» n^entendrons poini dt ditaükr les hrantis d,- cff ottrrfujr; H fawimii le eopwr,
/»(//'s jKHfiouft, f/u'il m j#/rrt pan itiutii»- ih /ifiianlrr quelques riflexioun mir ft
quo l'effrf. qr/'t'f profhfif ffftris er vnnueui, est }Kut i'frr jtht.s vif, qu'il nr /V/ jainais de!
Le piu^ tj/ umi tunnbrr des ^pectatcurif imayine, quc le ifuccia de trt Optra n'cut qu'unc
euite de eelui, qu'il obtint dane ea natiwaute et Veffet nnique de Vagremmi du ehatU
H de la nat'tete de» parolee. Mais »i ton veut faire attention A la diffierenee des eir-
connfauecs, A la rettdufion, qni »^est operee dam rsprits rrlatirement ä la mutipie
npjiltqudc an,r /»/V't.s de thidtre^ ou tie cnuroineni fnr-ifemrnt qw sr rr rh<'f-<ripurre
indl'jn' Ic uomhre prndiijieux de .vr.s repri^^intatiniiä '. cmiserrc auJvurä'Jiui tiiut Ic ptquani
dl la Hourcdutt, etat qu'il est yiutruleuieul utietur muli...
Mr. Rmttimtu sneait m etmpomnt «on twrragr, mai« see epeetateur» rignerairtd
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Amalie Arnbeiin, Le devin du village von Jetn-Jacqnes Roaiseaa n. i. w. 695
(ilu( k an einem Abend gegeben und beide Werke miteinander vergliehen,
fast immer trägt der Devin in den Res|>recbungen den 8ieg davon
Das sehr beliebte Intermezzo wurde auch häufig von Sängern als Debüt
gewählt, ^o luuli ls;)3 von dem später berühmten Xourit pere. Für
diese Aiiftühiuiig waren nene Rezitative und eine neun lustrumentation
durch Lefebre. den liibUotliekar der Oper hinzukomponiert worden.
In die>or Gestalt hörte Rossini den [hrin nneb 1829. Berlioz, be-
kanntlich kein Freund der fian/j'isischen Singspirlr, berichtet in seinen
Mnnoires über die Aufführung mit dem ^ogcnunnten Perrücken-Skandal,
in der aus dem Publikum eine riesiL'e. weiß gepuderte Pemicke der Colette
zu Fidlfu i^fworfen wurde, um «las \'eralt<'te des Stückes zu zei;reu, im
Vergh ii h zu der grolien Wandlung, die >ich auf musikalischem Gebiete
inzwisclien vollzoiren hatte. Einmal wird nocli von einer Darstellung in
der C'omedie irain;äise iin Jahre 18.3H berichtet, dann von einer interes-
santep Auffühning mit Athiilit von Kacine zusammen, in der in Paris
unbekannlu Chöre von R'vieldieu gesungen wurden und der berühmte
Sänger Roger den Colin spielte. Ln .lalire 18()4 erschien der Devin
wieder neu instruaieuticrt auf einem Vaiidevillc- Theater in Paris und
erlebte schließlich noch in unserer Z« it 18901 einige Aufführungen, bei
welchen v'mv junge, reizende Künstlerin die Colett«' darstellte^;. Außer-
halb Fratiki t ich.s erwarb sich der Du in sehr schnell Freunde. Goethe,
damals no( Ii ein Knabe, sah ihn gegen Ende des siebenjährigen Kl ieves
in Frankfurt am Main und vergaU (hui Kindruck nicht, den Text und
Musik auf ihn machte. Noch im Jahre 1781 ließ er sich von seiner
Mutter ein Exemplar des Drrin nach Weimar schicken-''). Charles
rncitn', ([w In tunsiifiir n^f unf InmjHr. (/tt'fllt: r.tt ttunctyitihli' de donnrr aux /jajfswiis
Irnrv diffimis nf(i<>ii<. fjnr .s/ porrr ' 'ifn-rrf Ir cnrnjintiii nr prut n soll yri' prodiffNPr
(onfcs h.i i'ichcsut^ dt; l arl et fairv briikr dam unc artt llr dcltwhtt' (*• yosier du ciian-
tenr, ü perd eette librrti dam h e&mpoaition d'nttc püve tk thiätre, qu'tl est obüge
de donner ii ks perwnnnyes un sfyle differettt ei gut Imr mit propre, que de pr&rr d
r un, ecitii ifttn anlrr firuif sur d>s on^'Urs txertees le m^ttw rffH, qiir prodmrait m
litfirdfiirc i^tir Vhiinnttr de ijniit If -"fißl' (mp jleuri dam nne njliujup oh d»'x ntarinie.t
et des rpiffftnunirs dan^ t(n*' irngtdtr. On fnif uifj'furfriiiii, qi(€ In imtidqiic d'nnr jm-rr.
Je thiidrr doü i'lrc uuc et qiw lea conicnmura y prurntt r( iloircnt etre obscricc^ ui'ce
auiaui de Kteriti ^tie dam k po^tm h mieux faii: '^Iphigenie inquieä& mr kt to»-
stanee «tÄckiUe et Oolette «ur eeffe de Odm m doivetU pa»j pottr mmi dire, reriier
let nit'mrif lanntg. t hi rttnttt^e (ic^r phtisir. (pir les ptetir», que foit ven^cr Ccirffr
Inrtiqtu , Urne ü » Ui -iucmr. clh: .sc pUiint de rinfidt lifr de son umant, rr.nf^mldrnt poi'nl
t'i reux qn'«'llr arrdchc. Inrs(pi'eile est fwcce de se rappeler Ics sacnfices qü'elle a faits
puur liti rcsla' Ihlih.» c. ct.
1) Journal de Paris 1777, Nr. öS.
2) Vergleidie Arthur Pougin in der Jiir<«ta mmieah 1896, IL Band. Seite 244
lud in J.-J. Sottaseau mmieien 1901, FiftriB, Seite 91 über die AuffOhrungm des De-
Inn in Pari«;
3; üoethe's Werke XX, Stite 8ö mid üÜC.
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596 Amalie Ariiheim, I^e deviu du viliage von Jean-Jacques Rousseau u. s. w.
Burney, der englische Musik-Historiker, benutzte schon 1760 die Münk
Bou8aeau*s zu einer Übersetzung, The tutming tna/i, die am Drurj* Laue-
Theater auch yiel Beifall eintete^^. Graf Durazzo, der Direktor der
Schauspiele in Wien, durch seinen interessanten Briefwechsel mit dem
Dichter Favart bekannt, bat Bousseau in demselben Jahre, freilich ohne
Erfolg, um die Erlaubnis, das Intermezzo aufführen zu dfirifen^}. Im
Jahre 1781 ist der Va^in von dem Freunde Lessing^s M^-lius'J und 1819
noch einmal von Dielitz in deutscher Übersetzung herausgegeben worden^!.
Leider konnte ich diese Bearbeitungen nicht ermitteln. In der »All-
gemeinen musikalischen Zeitung« vom 18. Dezember 1820 berichtet Louis
Spohr in seinen »Briefen aus Paris« :
»Am Al>end unserer Aukuntt filhrte uns Kreutzer in die große Oper,
wo mau ein Ballet mit lieblicher, charakterist iäch er Musik von iluu, carrte^
val de Frfiiw, spielte. Vor dem Ballet wurde Le dtvin du riliagf, Text und
Musik von Boneseau gegeben. Soll man es loben oder tadeln, daij die Frau-
SOSen nehen dem vielen Vorzüglichen, wodurch ihr Opernrepertoiie in deu
leizto!i 20 Jahren bernichert worden ist, noch immer die allor'iltostt ii S tein n
geben und ist es wohl ein Zeicben eines tortju^eschrittenen, »Uft^'ebildeten Kuni-t-
getichmacks, wenn man sie die älteisten Opern von Gretry in ihrer harmoni-
schen Armuth nnd Inoorrectbeit mit eben dem EnthiiBiaamns oder wohl noch
größerem aufnehmen sieht, als die Meisterwerke von Cherubini und Mehul?
Mir scheint das niclit so. Wit« lange ist es nicht schon her, daß <li> Oj.c-it
Yr)rt Hillrr und 1 ) i 1 1 e rs d nr ff und nnd<'rn jener Zeit vom Repertoire ver-
schwunden sind, obgleich diese ihrem inneren musikalischen Werthe nach
den meisten Oretry^schun vorzuziehen sind. Freilich ist es anf der andern
Seite wieder sehr niederschlagend, daß bei uns nor das Neue, an _ sich nodi
so Fade und Incorrecte, Eingang findet und manches Tortreffliohe Altere dar<
über auriickgelegt und yeigeBBen vird^}.«
Dieselbe Zeitung bringt aus dem Jahre 1811**) in den »Briefen über
Musik« aus Kassel:
»Eine zwar nicht in Hinsicht ihre» mui>ikali>chen Werthes aber in Hiu-
■icht ihre» Autors, ihrer Zeitepoche und der damit verbundenen Erinnerungen
höchst interessante Erscheinung auf dem hiesigen Theatw war uns vor Knrsein
>le devin du viliage c Es ist eine fieliquie, die freilich keinen Wert io
1) Ortmd eney^opaedic. Im »Dieiionat'y of nättonal BtogrofJiy* unter Burnev;
*0n hüs rcturn at Oarricl's mgije^tir»} }>c m/'pted h'ousäfaus Optra denn du ril-
lage* uhifh wnn prnfftirf /f af Ormy Lnue in 1766 i*w. a» 'ihe eomiftg man' tritkotd
however ac/ncpittg nny grrat sitrcr.H.H.*
2) Streckeisen-Moultou, J.-J. Kcmusrau tea amis et »es ennemia I, 191.
3) Alb. Jansen, J.'-J. Rousseau als Musiker, Seite 168.
4) Der Dorfteaiir.myrr. ein Nachspiel mit Gesang und Tan2. Text und Musik von
Jean-J. Kousseau. Zur I v il«rh;iltenen Musik metribc!: V>earbeitet und mit den Melo-
dien heraiisgf<jnbf?n von Carl Dielitz. Berlin, bei Ochmifrke, 1820.
5 Allgememe musikaiinche Zeitung, Band XX Iii, »Seite 141.
6. Allgemeine niusikalisclie Zeitung. Band XIII.
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Amalie ▲mheim, Le devin du vilUige von Jean-Jsoqitet Bousseau v. s. w. 697
Bich, üonderu mir in dw Cunuuisatiou des Heiligeu hat, aber denn doch als
eiu niemento uu dtn originellen Philosophen gewiß interessant ist.« ^)
Als Gluck das Singspiel in Paris hörte, soll er zu seinem Schüler
Sali er i gesagt haben, >wir hätten es anders gemacht, aber wir würden
Unrecht gehabt haben«'-*), und Gretry rühmt das Volkstümliche in Rous-
seau's Werk, wenn er auch erkennt, daß Rousseau's Begabung für einen
komplizierteren Gegenstand mit leidenscliaftlichen und moralisch bedeutr
fiamen Charakteren nicht ausgereicht haben würde .
Trotz der begeisterten Auhiahme des Denn als erstes Intermezzo in
finnzösischcr Sprache dauerte der Kampf der Bouffons fort. Obgleich
sein Werk f,'orade an der Oper aufgeführt wurde, schrieb Rousseau zu-
nächst ein kleines geistreiches Pnmphlet, eine beißciuh; Kritik des
Orchostors Den stärksten Angriff brachte aber seine berühmte
Schrift »Lrftrr st/r La musifim fran^aim*^ in welcher Ronsseau seine
A''orliebc für die italienische ^fusik hi-^ niif das Kleinste zu begründen
versnelit. Er schließt: »So «.daube ich gezeigt zu liaben, daß es in
der französischen Musik weder Rliythmiis, noch Zeitmaß, noch Melodie
pil)t, weil die Sprache dem widerstrebt, daß der französische Gesang
nur ein beständiges Gekläffe und unerträglich für jedes nicht vor-
eingenommene Ohr ist, daß die französischen Arien keine Arien, die
Kezitativu keine Ke/.itative sind. Daraus folgere ich. daß die Franzosen
keine Musik lial)en und keine halten kiinnen, oder daß es, wenn sie je-
mals eine haben werden, desto bclilimmer für sie sein wird^j.* — Man
kann sieh die l)erecliti^jte Erregung denken, welche der Veröffentlichung der
Schrift folgte, die bei Rousseau nur als ein enieuter Angriff auf die An-
hänger Rameau's und Lully's verständhch ist**). Inmitten der Künstler,
der Gelehrten und im Publikum erhob sich ein wahrer Sturm. Mit-
glieder des Pariser Orchesters, das sich für das erste der Welt Iiielt,
hiingten ein Exemplar der ^Lettre sur la musufHf'^ in der Oper auf, um
>also einen llUcher des Vaterlandes zu erwecken«, wie der Berliner
Marpurg in seinen > Kritischen Beiträgen« ') sarkastisch bericlitet. Feier-
lich wurde Rousseau im Bilde verbrannt. »Das ist mir eine wahre Er-
1) Über eine AuS&hning des Denn in Hamburg nebe »Unterhaltangen« 1769,
IL Band, Seite 268. Über eine in Straßbnrg ist m Tergleiebeu »M««k>lisd>e Beftl>
Mitimg« 1789, 8. 893.
2i Alb. Jansen. J.-J. Rousseau als Musiker, Seite 182.
3, M. (iretry, Mcmoirr^ ntt Kamyti sur la fnimquc, tarne I, Seite 2Hi.
4) Lettre d'un »ytnphonük de Pacadimie ruyale de mumquc u ncs carnaraiku d'or-
«Mr«. 1768 in AnMterdMD» 1764 in Paris «nobienen {Alb. Jansen, a. a. 0., & 199).
5) LeMre «iir la mtuique froHfoite, Petr J.-J. Bousseau. Sunt verba H wee»
praeiereaque nihä, 17ö3.
6) örrrrspnnffrinrr lUtcraire dr flrinnii, ilü ' julifc 1753. 'rnriie IT, Sf>ite 307.
7} Marpurg, Hi8tonach-kriti»cUe Beiträge 1, äcitc lÜO und folgeadc.
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698 Amalie Aroheim, Le devio du viUage von Jean-Jacqaes üoiuseaa o. %, w.
lösung, denn gefoltert liaben sie niicli mit ihren Instrumenten mui schon
lange genug*, sagte er, als er von dieseiii Autodafe hürle ^ . Tiefer traf
ihn seine Zurückweisung als Besucher der Oper hei den Auffühnmcren
seines eigenen Werkes, die trotz der persönlichen Angiilte auf den üichtrr
und Komponisten übrigens ihren ungestörten Fortgang nahmen.
In demselben Jahre, 1758, erscliien schon auf dem The'ätre uux Itaheit
eine Parodie des Devin »Les amours de BasHcn et de Bastienne^)* von
Harnyä] und Madame Favart verfaßt, der beliebtesten Sängerin mid
Schauspielerin ihrer Zeit, die gerade durch die Holle der Bastienne
ihren Ruf begründete. Unter Parodie verstand man in Frankreich
damals eigentlich nicht immer das, was wir heute darunter ver*
stehen. Die Parodie war keine Verspottung des Originals, sondern brachte
in Anlehnung «i dasselbe zu beliebten lUjslodieii oft ähnliche, auch
humoristische Texte, zuweilen sogar mit Anspielungen auf Tagesr-Ereigiüsse.
Aus den Parodien entwickelten sich die ftimzösiBcben »BeVuea«, dienodi
jetzt in Paris sehr beliebt sind und sich auch in Deutschland dnzubüigen
lieginnen, sie enthalten meist eine humoristische Übersicht aller Tages-
ereignisse in Kunst, Wissenschaft und Politik. Diese finden aidi in
BasUen et Bastienm noch nicht; der Inhalt dieser Parodie bestand nnr
darin, daß die Landleute ganz realisüsch dargestellt auftraten und audi
in ihrem gewöhnlichen Dialekt sprachen und sangen. Die Musik war, wie
' immer, aus bekannten und beliebten Melodien zusammengesetzt Madame
Favart trag als Bastienne ein leinenes Kleid wie die wirkHcken
Bäuerinnen, ein goldenes Kreuz um den Hals, Holzpantoffeb, das Haar
einfach aufgesteckt und die Anne frei; das war eine unerhörte Neuenuig;
über die sidi die Kritik bei der ersten Aufführung wieder sehr erregte.
Madame Favart entzückte aber ganz Paris durch die Feinheit und Ui^
sprttnglichkeit ihres Spiels. Der Maler Carlo van Loo malte sie ab
Bastienne, ein anderer verfertigte eine Gravüre von ihr und der Abb^
Yoisenon verherrlichte sie in Versen, in denen er aussprach, dafi weder
Pinsel, noch Griffel, noch die Verse des Dichters im Stande w&ren, die
Reize ihres Talentes zu schildern^). Bekannt ist, daß man der DemoiseUe
Steinbrecher, der Hauptvertreterin in den deutschen Singspielen keine
gi'oßere Ehre erweisen konnte, als daß man sie die deutsche »Favartt
nannte. Der Inhalt der Szenen der Parodie Les amours de Bastien ei di
Bastimme richtet sich nicht genau nach dem des Devin, Die Hand-
lung ist dieselbe, aber die Ausdnicksweise der Personen, wie schon er*
1) Ccrreapondance läUrain äe. psr Grimm, U, Seite 312 und IX, Seite 9.
2) Currespotula ncf liticmirc dr.TLy lun'' mfn-e 1754.
3 '^nrrrspioiilnnrr h'fli'rairr IV, Seite KM) uml 417.
4; L'orrrspnfnlniut' lUfrrfiirf, Totur //, n*nrmhrr ITöl und Mii)ioir('.s et ijorrcspott'
duHcc Htteraire dmmutiqum H auceiioiiqnes de L, S. Favart, Paris 1808.
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Amalie AnUi«im, h» devia da viUage von Jeon-Jacques i&oussean u. s. w« 699
•wäiint, eine gam. midvn-. Es lag den Vcifjf-^^crii wohl liuiipt sächlich
daran, durch den Kontslrast zwischi-n iioub&euu s Viersen und den sehr
einfachen Di;dekt-Dialo?en und Liedeni eine heitere Wirkung hcivorzu-
bringen, und die Belif litheit des Originals, braclite es mit sieh. daH auch
die Parodie einen ungeheuien Zulauf hatte, W()rid)er fast ein>tinnuig he-
nchtet Avird ' . Das Textbuch, das von einer Aufführung in Brüssel im
November 1753 vorliegt 2 . ])ietet eine Fülle von heiteren Szenen und
drolligen Einfälh-n. Gleich (h'e erste Arie der Ba^-iienne J'ai p> rdn mou ami
/II der damals beliebten Melodie Jdi pi nlii inoii äin' uesungen, muß im
Vergleich zu Rousseau's sentimentalem JV// perilu toat tnun bonheur sehr
lusti? trewirkl haben. Der Text ist für jede der drei verschiedenen
Personell sehr cbarakiei i^ii>cli. geistreich und pikant gewählt, so daß man
kaum begreift, wieWeiiikeni eine so plumpe, unschöne Bearbeitung für
Mozart's Bastian ft Jiasiit/Dir daraus maclien konnte. Solche Hedensart^^n,
wie die Worte L'ulas, des Zauberers: >Sei ruhig, dein geliebter Gegen-
stand ist gamicht nntr* u, er liebt nur den Aufputz«, sind in dem fran-
zösischen Original garmcht zu finden 3). Die Bearbeitung erinnert an viele
der Textunterlagen zu den deutschen Siug.spielen und späteren U^ber-
setzungen der ojiern comi«iue, von Pliilidor, Monsipny und (4rrtry Kecht
humoristisch ist die Figur des Zauberers uiitgefaßt, der schon dadurch,
daß er nnt einem Dudelsack auf der Bühne erscheint, nichts Gewaltiges
an sich hat. Bei der Hervorzaub< rung von Colette zieht er ein blaues
Bibliothek-Buch aus der Tasche und murmelt mit höchstem Pathos Worte
wie Manche. Planche, Salme, Palme, Vendre, Cendre. Me( r« , Xecre u. s. w.
Die Idee der Einführung der Person des vermeintliclien Zauberers als
Retter aus der Not oder Überbringer neuen Glückes war durch Rous-
seau's Denn sehr beliebt geworden. Sie fand in vielen Singspielen Nach-
abaoiiig, in verschiedenen Texten von A nst a uiiip, Poinsinet u. s. w.,
die von Philidor komponiert wurden und auch in dem Singspiel von
Goethe Enrin und Klmire-']. Uber die Musik in Bcusticn et Bastieiuw
ist zu berichten, daß sie, wie schon erwähnt, hauptsächlich aus bekannten
Melodien zusammengesetzt war, von denen die beliebtesten 10 Nummern
dem Textbuch als Anhang beigedruckt sind, Einen großen Teil der nicht
1) Uurcure de Franc*', gfptembrt; 17Ö3, Seite 158; Janrier 1754, Seite 150. — Cor-
respondanee par Grimm II. Seile 4M.
2 Lr.s ainiiurs (h Bftatirn f^t linatirnne. Parddi*' tlu Der in ih- rUhujt' fmr MdJnnif
Favart rt J/r. Harny. h'rftri.^rjtU' ä Jiruxrllrs </a>i.i If fouritiif du m<ti< dr Sovriuhrc
J7Ö3 par les Onmdiins Fran{aU soua Un urdrm de aon AUei»c Ittnjidc. Actnirs:
Ba^wnne Mr. Ditrancy, JhAtien MH« Deitrel, Ccdäs Mii* Daran cy, Paysam,
Paysannfs. [Aub der Bibliothek der Snoeck'selien Instnunenten-Saininliiiig;.
3 Siebe aach 0. Jahn, W. A. Mozart, Band I, Seite 120.
4 Lr Soldat >itrnii^!>>K l.r sn^i^r ifr.
ö] Erwin und tJfutn, ein Singspiel, 2. Aulzug, 8. und 9. Aultritt.
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700 Amalie Ainheim, Le denn du villag« von Jeua-Jaoques Rouneau n. i. w.
dort verzeichneten Melodien sind in der Uber 2(JÜlJ Xiunniern entli.ilt'-iKieT.
8ammhm,£r '^If 'h' (In mvpafi" zu f-mlen';, so daß mau sich ein ziemlich
einheitliches Bild von dem Text und «1er Musik der Parodie machen kann
Eine handschriftliche Partitur betindet sicli auf d»'r Bihliotliek in Woheii-
büttel. Nur Geigen und Baß, ganz vereinzelt Flöten und ( »boen liildec
die einfache instrumentale Begleitung. Es ist erwähnenswert, daß auch
eine Melodie aus dem Devin du vilUnje'-] (in der Partitur zwei Melodien
und eine aus Titon et Vimrore , der damals sehr beliebten Oper von
Mondonville ein,7efii«^t ist. Die Aufführung dieses Werkes von Mondon-
ville fiel unirof;ihr mit der von Hotisspru's Th rin zusammen und wurde von
den Freunden der fr!U)z<>sischen Musik den itali«'nischen Inteniiezzi als
Mei>terwerk frepenüber ^^estellt. Den Schhd^ der Parodie bildete, ebenso
wie im Ihr/H, ein Vaudeville, ein vdu den .'5 liandehiden PtMsunen ein-
zeln vorgetragenes Strophonlied, dessen Hefrain im (,'liur gesunken ^\ urvb
Später, als sich das nationale fronzösincbe Singspiel, das heißt die wirk-
liche o]}^ra comiqne mit gesprochenem Dialog durch Pliilidor, Monsigny
und Duni mn diesen Intermezzi und Parodien entwickelte, wurde das
Vaudevillti nadi und nach zu einem richtiiien Ensemble, scldielJlich zu
einem Finale, w'w wir es bei IMozart hnden. Auch das Vaiuii ville au>
JJasttm ei JUistmiKv^ war in der Zeit seines Entstehens beUr pupuhir,
und man legte der Melodie auch noch andere beliebte Text© untei'*].
1 La rif tiu cnrirtu. A Vit^agr dr tons len C/iamonina'if Fmit^aü, etc. Troi^itm^
idition. A Paris vhcx Janet d Cokllc.
8) CAntaton« chomea atft in airs noie$j ä Oe$t^ 1782, Tome HI, Seite 168.
Bomanee de Bantien ei Btutienue. Siehe Anhimy VL Air: Dan» ma eabane obwurt.
fl'lfij* mnh'u, qttf PoKrore
Hirn apns i'foir riimre
Dam itOH valiotu frettois;
Le Iratail et la prine
Tnftf {(1 n'me faiKiiil Heu
Ilt'/'i.s, f'rat ifur Basiie»
Ktait acec Baatirn» .*
!,Madamc Favart.)
8: La eU du caeeatt, Nr. 384, Seite 190. Air du ranämile de Battien et Battienmt,
Mf« ettfatu, apre» la piuie
(hl 10 it irnir h beau temp»
I^rn>/r\ grt'ire ii tna »lOffir.
A h fin roii.i r'lä rotUtm,
Alhm, nmriex-vom,
Votre mee e»t dijä pr^e;
AUon», martex-vou»,
II y'rnnf f<'t>>ii.
4, Die Partitur weicht an (einigen Stellen von dem Textbuch ab. schliejßt ne
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Amalie Arnheim, Le devin da village von Jean-Jacques Bonuean n. s. w. 701
Die beiden rrbihlcr von Mozart's Jugcnd-f )pcr i>Vw//(7< utui liasiinuie
dürften, außer dem Anteil dui'cli den Zusammenband? mit Mozart, aucli
efj(enes Interesse für sich in Anspruch nehmen. Das Intenneziiu Le denn
(ifi riUafje wird immer f inf ii [größeren historischen "Wert behalten, ni( lit
nur als Dichtiin^r und Komposition des l'hil'isophen Rousseau. Ein jeder,
dt r sich eingehender mit dem französisLlien und deutschen Singspiel l)e-
8c li;iftiL't , wird Housseau's Intennezzo in seine Betrachtungen hinein-
ziehen müssen
nicht mit dem Vaadeville. mm:^«!! mit einer Art WecliseIge8ao{f zwiiehen Bastien und
Baatienne, der sich fcUieOlich zu einem kleinen Duett gestaltet. Dem Dnett folgt
eine Art Tanzlied mit Refrain, die romlc basttenne. Die Worte zu diesem seehsetro-
phigen Liede fehlen in der Partitur, «iv?-! f>1>fr dem Textbuche beij^egeben.
Ii Zur Erkläi'ung der in den Beilagen vorkommeuden Verzierungezeichen siehe
Rousseau '3 Didionnairc de musiquc 1767, Artikel agrinuns. Vergleiche auch Ed-
ward Dannreuther, Ji^meal <tmamentat*ont 2 Binde, 1893/1895.
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702 Amalie Aruheim, Le devin du village von Jean- JMquM AooMeau tt. l w.
Beispiele
aus J. J. Rousseau, Le devin du village.
I. Arie der Coletle (Bc^ne IIS).
Lent et rnique.
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TITT-JTT^^I I ' I
um».
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doux
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i_rr_irfrr|^.^^r|ffrf|^j,
A «(Ott« ^m, ^
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Amtli« Amheim, Le derin du TÜlage von jMa-JMquet Ronwuin u. i. w. ^93
Jai {jtr.du toutmonbonheur; jlai per.du monser.vi . teur.
unii.
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Amalie Arnheim, Ije devin da vülage von Jeui-jMqDM Boqmmu o. w.
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Aauli« AfiilMiin, Le devin da TÜIag« tob JeM^JMqoM BomiMu ti. w. 7Q5
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708 Amalie Arnheim, Le devin da rillage von Jean-Jaoqv«« Boasseaa a. t. w.
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AaaUe Arnheim, Le devin da yillaft von Jeui^Mq«M Boowean u. i. w. 7Q9
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ces.se? Rien nepcut fruerir mon A . mour, et tout augmen.ie
Iba tfis .
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710 Arnheim, Le derin da villtge von JeaD'Jacqaes Routteaa u. s. w.
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tesse.
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J'ai per.
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iu tout mon bonheur: Co. lin mede.
du mon servi . tear; J'ai per. du tout mon bonheur
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Miiii tüjij irirrTniLLPtliii i^ntj
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laisse Co.lin me de. laisse
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AbmU« Anhm, Lt dtfia du vfUtg« tob
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doia Peut.^re il m'aiiDeeii . eore Poar.qaoi nw f uir Mas
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ces.fe? II me cher.ch
&it tant au.tre fois. Le do.vin du Can.
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^Tjirh hpl'^rfppll Pf) Ate
t<»Bfaiti.ci M. de.meiure: il Mit toat;ilsatt.m 1« «ort demaoia
toat;
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mour Je le vois, et je veux m'e.clairjcir hn ce jour.
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Ajnalie Arnheim, Le devin du vüUge von JtMl-Jaoqiiei Bouueaa u. w.
II. Sceue Z^i Le Devin» Colette.
Prelude.
Grave et marque,
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dun» Mt «MT?«
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demijfu
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f //« iU'MVe en upproehant du devin
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▲rnhtiiii, Le deria du viUtf» von Jmn^moqum
III. Arie der Colette.
tt. 1. w. 713
Oolette.
Flutes et Viul.
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8i des ga.la]uide la Til.le jVouae . eou.M lat dis.
ff' ir r r T"if TT-nr r
eouM, Ahtqu'il mCeat i . ie fa . ci.le, de for . mer d*AU.tTes a
rrT^"r=rr~i r r r r ir rii
r 0?^lr7rfiaijll"'^ffffWfi&
renforci k rfo«x
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moars! Mise en ri.ehe de .moi . Bel.ie, Je bril . le.rait tot» les
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jours; de ru . bans et de den . tel.le Je cbar . ge.rais raee a .
r r r "r rrrrTy'^=^
tours. 8i des ga. laue de la vil .le j^Bone 4 . c<ra . M les die
I' J J i 1 1 I r r ir rrTT^S
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Amalie Amheim, Le devin da vilkge von Jean-Jacquea Rousseau u. a w.
r if r r iir ir . !• . I, j j .
coun, Ahlqu'il m'eut ^ . te fa . ci.le de for . merd'autres a . mours.
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j-ir r r r-tf^ r ir JiTyi
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Pour l'a . mour de Tin . fi . db. le, Jai re . fu . se mon bon .
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. maismieuxd . tre moinsbel .le, Et
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eon.ser.ver mon coeur. J'aim&is mieux
e . tremoins bcl.ie
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Et
_^ ^a la Reprise
^ jusqu'au
lui consor.ver mon cocur. Si des galans.. mot fin.
av0e empha$e
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AnaUe AnlMiai, Lt dsvia da vUkg« von Jmm-Jtuaqß&» Bowean «. i. w. 715
lY. Beeiialiv nnd Arie des Devin.
Jevoitf rmdrai le sioi, ee m. ra mon ou.vra . go.
3
Vbiit lemi6iDCgar.dmr ap.pli.questOtttTos MineiPonrTousfkire ai .
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mtrdajrui.ta.i^ feignM d'ai.m«r un peu BBoi]i«.F(Nirv«Mftür«aiiner,
ta . ge Fei . gnte» fei . gn6e d*ai . mer un pea
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L'amoar
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716 Amalie Arnheim, Le devin du viUage ron Je«n-JaoqnM Boamaa o. t. w.
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croit s'il s'inqui.et.to.II s'en.dort s'il est content,
l'amour
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fort doux
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croit s'il s'inqui . et . te,Il s'en.dort s il est coa.tP
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ÄJBoäßM Anhdm, Im d«vui d« villag« tob Jeaa-JaoqMt
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La berftre impeaoo.qMtte rend
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718 AniAlie ArnlMän, Le dem da yiHhg^ fon J<n>JteqMt Itooww o. ■. w.
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L'Amöitrerait iTil ifioqni . el .te,Il t^njäcH il'U est eonjtent; V%xoaat
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L« dtffin du TÜtag« von jMn^MqoM
V. Ariette ajoutde an Derin du vUlage
Par M? PhilMor.
Chant^e derrnnt leurs Majest^s
Par Mr Caillot, le meroredy 9. Mars 1763.
Muderato.
«.a w.
HuutboiB.
Violino I.
Violino U.
Oonü.
Alto col
Baiso.
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Piano
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Ätt Dieu . . qui vous en . ehai .
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ne a.raantoof.Ms vosvoeux
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«.•.w. 721
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S.d.I.M. IV.
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Digitized
722 AiMlie Arnhmm, Le dtvin d« viUtge vod JeiB^MqvM
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AmAti» Arahtim, La dsvin dn vflkg» m JMii-JMqMS Boomm o. t. w. 728
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724 AmUa AmlMÜD, Le ddria du TÜltgt von J«ta-jMq«M Pqiwmu «, t. w.
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me a.ni . menosjeux que tob irwuports a . jouteasescon.
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AnuUi« Arnbmm, Le devin da TiUag« von j6t»JiMtMf
Andante.
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726 AmdUe Anhnm, Lo d«vi& da nUaftt twi Jm^moqtm Iloumwi n. w.
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a pour nout ehar . mer
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Amalie Arnheim, Le devin du TÜllge von Jean- Jacques Rousseau u. s. w.
VI. Bomanee des Colin. (3e^ne
J . . Lent
727
üoUn.
dcmi jru
um«
irh doux
If Couplet.
2# Couplet.
Dans ma ca.bane ob . Bcu.ro toujoan lou.
|>MChamp8ae la Ptai.ri.e re.touraant
8 4
6 6
4
lini de Cadence
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TTic ri'&'nii ii| |i Iii I I
cisnou . vaux,vent,8o.leil, ou froi . du.re, toujourspeine et tra . vaux.
chaque soir, chaque soirplus che . ri . e, jo vieudrai te re . voir.
chaque soir
l;>^'ii7i i|
If irr fi-'f^
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I
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Co.let.te ma bor
du Bo.leil dAiitnoft
ffo . re si tu viens Tha.bi
plid.iiot de-vanuyant le re
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tor,
tour,
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J IJ. i.iJr!
Co.lm daas sa chau
je charjne . rai mes
r r I ^' fT^g
mie . re na neu a re . gret
pei . nee ea ehantani nötre a
ter.
mour.
i'|| "I u 1^ ^/ i'i r I |i I
üiyiiizea by CjüOgle
728 J.'Qt. Frod'liomiDe, Lea Maaioiens FraugaU k Eome il80i^ld03j.
Les Musldei» Franfais ä Borne (1803-1903)
i.-G. Prod'homme.
Au moment oü l'Acad^iiiie de France ä Borne vient de cöl^brer le centenain
de son installution ä la Villa Mi^'dicis, oq peat rapp^er quil ny a qu'un aikle
egalemeut qu'ello y re^oit des musiciens parmi se? pensioimaires: et Toccasioti
mi Sans doute opportune de dresser comme le bilaa de ce qu a produit le
8(^jour (seulement ä demi-ubligatoire il est vrai) d'une centaine de jeuuea
mnsiciens sur le «iol dassiqae des arts» pendaiit le ei^e ^ooiil^.
Chamu» faiaant, en paasant en reTue les nombrenx lanröata, lee preaqaa
aiufli nombreux oubli^s du grand prix de composition musicale d6o&m6 chaque
aniK^e par rAcadt-mie des Beaux-Arts, il nous sern donne de rappeler les
critiques qui, pour ainsi diro d^s son origine, fureiit ädresst-es iv c«tte Insti-
tution. DepuiB 8oixante-dix ans uu moius, eües out ete repetees bien des fois;
mais, nal n ^tant oblig^ d'aeoepter lee btetöoes da prix de Borne, aigomd^bm,
tont le monde oemble d'aecwcdl qua le goavernemeiii fiian^aie n'entei&d faire
k eea peneionnaires de la Villa M^dicis qu*une agrdable viU6giature. CVst
donc une raison de plua, diront Ks optiuiistes. pmir le conserver, dViitnnt
plus qu'uu d^cret recent du miiiistie de i'Instruction publique vient d m\-
mettre les femmes k entrer en löge pour composer la traditiuuaelle cautate,
le «Besame, ouvre'^i!» des laurtots de rAead^mie.
♦ •
Soub Taucieu regime, seuls le | intres et sculpteurs fdepuis 1668), pui4
les architectcg (depuis 1671 ■ t'tuit iit eiivoyes ä l'Academie quc Oolbert re-
nuit dü iuiidor ä Home. Lt»!* Acudeuiies supprimees. comme od sait, pur le
decret de la Convention du 8 aoüt 1793, iureat remplac^es presque iiunte-
diatement par «un Institnt national chairg^ de recueillir les dfeouyertes et
de perfectiouuer les sciencei et les arts.> (art. 298 de la Constitution da
5 fructidor au III). L'arret« cousuluire du 3 pluviose an XI (23 janvier 1803 ,
qui reforma Tlnstitut d'une fayon profonde ot lui donna la Constitution qu'il
a ä peu pr^s conservee depuis un siecle, crea, pur son article 13 et demier,
le grand prix de composition musicale, coucurremment h ceux de peinture,
aonlpture et areliitecture. II devait £tre döcern^e par la aection de nuuiqne
de la quatri^me classe (beanx-arta), aeetion qni comprenait trois membrea,
Mehul, Oretry et Gossec.^}
Jja nnuvelle que les niusiciens allaient » tre, im meme titre que les pein-
tres, admis a concourir pour uu grand prix de Korne, fut favorablement
accneillie et la «Correspondauce des Amateurs musiciens» qui paraisait alors
eona la direetion du citoyen Cocatrix, pnbliait TaTis auiTant, h la reille
1 A la mif^i iutj i'tait jointe la declamation rfj.r''.«(''r!tdf' i)ar ^lole, Preville et
Graudmeuil. Pius tard les artiates dramatiques furent elimincs et remplac^ partrois
masidena.
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J.-G. P^^lioiiuaiev Muncimt IVaa^ab k Borne (1806-190S).
729
du premier concours auquel etaient mlmis, non-senlemont les el^^ves du Con-
eervatoire, mais tons les citoyeus fransais juBÜEant de certaines con-
uaisBaucefl musit jilcs:
<Le gouvernement ayant egoute aux uneouragemens donnds aux vd», ecrivait Co-
catrix, un grand prix d« oompoiiftiott mtimcale. qui procnreva au eompotitottr conrotm^f
ravantagc inappn-cialjle d'etre envsiyr et eiitretenu pendant cinq ans en Italie aax
frais de la Kvj il :i ) u'. la classe des Beaux-Arts de rinstitTit national eharg^e de de-
«eraer lea granUä pnx de peinture, sculpture, arcbitecture, gravure et compositiua mu-
aicale, ouvrira le premiar frnoUdor jxrodiaiii, un conoonia ponr ce dernier prix.
«Les condiüoiu da oonooon tont d'toa Fian^aii on naioialiaä et de n'avoir pas
ploB de 30 an?.
«Lea concurrens se ferout inscrire au aecr^tariai de Tlnstitut national, du 1«^ au
20 thermidor.
«Le prcnucr fructidor, ils senmt ezatnin^i enr la marohe et la thtorie det aocords
pottr savoir s'ils sont admissibles au concours.
«Du 2 au 25 fructidor, ils concourront sur le contrepoint, la fugue uuu scene
dramatiqae compoi^ d*im rfoitaüf oblig^, d*un cantabile, «aivi d*im rMtatif simple,
et tenninte per un alr de mouTement d'un caracU-re prononcii.
«Si le prix est döcerne. il sera exicüU dan« la «^aace pablique de la olasae de«
£eaux-Art8 de Tlnstitut uatioual.» >;
Troi<j mois plus tard, le meme Journal, duns son nunu ru du 22 vt iKit -
niiaire un XII, douuait le uoui du vaiuqueur, proclame dan» la beauce au-
mielle de la dasae des Beaux-Arte, du 8. «La oompositioii qni a obtenti le
prix, est uue seftne d\4.lci/one et (Mir, poesie du cit. Arnatidt, muBique
du cit. And rot, ^löve du Conservatoire, classe du cit. Gossec. Cette Bc^ne
a etö expcut«'»' la fin de la B^ance.» Androt, n^ h Paris » n 1781. eiitiV
au (Honsel vittüire en 1796, prix de contre-point et fugue en lb02, burvecut
peu k son triompbe; la liste des prix de Korne di^bute comme uu n^crologe.
Arriv^ k Borne ü la fin de 1803 oa an commenoemet de Tannte eniTante,
ce jeune homme j mourut le 19 aoüt 1804. II n\ivnlt pas perdn son tempe
et avait tenu h prouver que le s^jour de l'Italie n etait pas nuisible aux
musiciens. Affectioiino de Guglielmi, maftre de chapelle de Saint-Pierre
(qui mourut lui au^ai en 1804), Androt truvailla soua sa direction; il ecrivit
difKrents morceaux d^eglise, dont un Deprofundis qui fut execute lors d'uue
c^r^monie en eon sonvenir, k Saint-Lanrent in Lneina, au moie d'octobre.
II laissait un op4ra inachevd. Le Breton lut une notice ^ur le premier com-
positenr franyais envoyö u Komc. le 14 vcndt'iiiiaire an XJII, h Tlnstituti
il y rn])pel:iit «ju'Androt etait niort d une hemorrhagie, «comine Pergol^se.»
Personne n'ajaut etc juge digne du graud prix Taunee suivante, Androt
n'eut pas de anoceBBeor unmödiat. En reTanche, en 1805, denz lanrtais
ex aequo fnrent envoy^e en Italie: Ferdinand Gasse, natif de Kaples, et
Victor Dourlen qui devint professeur au Conservatoire. La cantate qu^ils
avaietit eu ä composcr t'tait intitulre: ( ujiidon j^euront Fs^dl^. Toos deux
6crivirt'nt {du.s tard ])our iOpera-t 'oinique.
Le suivunt, Guillaume Bouteiller de Paris, n alia pas meme a liomei
1} Corrcsj). de» Äumicur» mmieim»: enlSOl, leooncours d'admissibilite setermina
le 30 (Id., 1804. p. 542 : il coraprenait: im contre-point double k l'octave et
ä 4 parties; un coutre-point double ä la douzicme et ä 4 parties; une
fugue Selon les regle» s^v^res 2 ou 3 sujeta et & 4 voix; enfiu une sc^ue
dramattqne couposee de meme que Tannee prte^dente oü les eoncurrents poavaient
divetopper «toutes les richessea de rhamonie et de la m^lodie».
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730 Prod iiomme, Lea Mosicieiw Fran^ais k Borne a80B-190d).
aj'iint pivt«'!«' entier daus rndniiniätratiuu des druits reuni». Untre sa can-
tate, JlCro et Luituhc^ U duunu au Theatr« Feydeau, le 26 mai 1817, k
Trompeur mn$ 1$ $amir.
AneuD pi'ix n^ayaut t te dt-cernä TaniK^'o suivante, Loub Bluudeau (caii-
tate: Marie Stunrt\ eleve de Baillot et Gossec, fut euvoy6 i Korne eu 1807.
A son retour, il eutra comine altn h rOptTa-Coinique oü il resta ju>'«[u tu
1842. II ecrivit des traites »ur la mu»ique et de la musique de chaujhre.
£n TauBÖe 180*i, parait un nom un peu moius obscur, eelui de Dau»-
Boigne-M^hnl (cantato: Ägw dem» h IMterf)^ neTau et ^l^ve de nilastre
autanr de Joseph. Sfats moms heurcux que celnioci, Joseph Daussoigne,
apr^=' avoir fait repn-senter h grand'peine deux operas'. Aspasir ft Ptrichs
|182() ("t Dru.r Snffttf (lH24i, so retira eii Tielrrique et devint directeur
du Conservfttuire de Liege (1827-18Ü2}; il mourut eu 1875, ä l äge de
quatre-viugt-ciucj ans.
D^airä Martin, dit Beaulien, qui lo rejoignit & Home en 1810 (ean-
tate: Htro et Linmln) n'a laisse un nom dann In biographie musicale qu'l
titre de fondateur de T Associ ation mtiBicaie de rOuest {183d]. 11
v6cut pf mourut in Xinrt 18H8'i.
Jean- iiaptiste Chelard est plus couuu, eutre untres par sou opera de
MmiMK (1827). KUye de Baini, U fit repr^nter pendaat son a4jonr Naple?,
Gomme firent eouvent sea coU^irnes «romains», un op^ra bonffe (1815K Hau
apr^a ]>IusieurB s^jonrs ä ^Imii li. eii 1H28 et 1830^ puia ä Londr«'^. oii il
dirif^ea l'Oju rn alleinand 1HH2-831, il «f» retira en Allemacrne; il devint Ic
predecesseiii lii laszt i lh;i»i-.')0 , comme kapeünieisier ii Weimar, oü il mourut
une dizaiue d annees plus tard.
Jnaqtt'ici, on le voit, l'Institut n^avait pas encore d^coavert pami sei
lanräata, de eompositenr appeI4 par la auite k illttstrer beaueonp rEoole
fran^aise. En 1812 parut < nfin ce premler prodii^o, celui qui dovait etre
rautfiir ihi Zainpa et du l'i' -aft r-('hrfff. I.onis-.los. pii-Keidinaiid "H.'n-li!.
alors »ige de vingt-neuf aus, nMii]M)ita son prix de Kume aveo nur cmtaie
intitulee Louise de La Vfillitrc Apres trois auuees passees a Kume et ä
Naplt!!«, oä il fit repr^aenter La (rioveniu di Enrico QuintOy Harold revint 1^
Paria en 1815, et presque chn<]ne ann^e, il prodoisit un ouvrage au tbeatre;
mais nn aeul acte de lui, lyisthfnir, fut repreaente ä l'Opei i < 'elui i\ae
Berlio/, np]>tl.iit plus tard un • AN'eher des Batignolle.s», mourut trop jeune
ponr Tbonneur tle la musitjue fran(;air<e, un mois iipri^s la preuiiere du JVf-
mu-Chics, partitiou qui t'aisait presager une brillante carrieru (jauvier 1833i.
Panseron, dont la cantate /ftfrmmw (1818) lui permit d*idler Bologne
t-tudier avec Maitei, fut ä aon retour aocompagnateur h rOpera-Comique, oü
il donna trois nctcs; il devint profcsseur au Conaervatoire (1826) et se fit COD-
naitrf 'nrt«Mit pnr des nnvrages didacti«jue.s.
De Koii, 4(u leujjiorta le prix Tannee »uivante avec Atul/ij un <J(ft€r Ic
Danois l'aiilit etre repret>ente u l'Op^ra. Son auteur abandonua la muaique
et ^pouaa la Teuve dn romancier Ducrai-Dumvnil.
Ün peu plua heureux <iuo lui, Benoiat. qui concourat dans Knonr, fut
represent«' ä TOpt ra trente-truis ans apres avoir obtenu son prix L Appanffon,
184S; J't!ii>inrttf. ballet en collaljoration nvor Tln'nphile Guutier. 1851;.
11 est vrai qu i! »Hait chef de chaut k ce theälre pour iequel U ecrivit eu outre
difff^rents ectes de ballet.
Entre lea ann^ea 1816 et 1818, avant d'arriver h Hal4vy, TOici Desire
Digitized by Google
J.-G. Ptodliomme, Lea Muncient Fnm^ais k Bome (tW3-19l») 731
Alexandre Button, que sa cantat« lu Mort (rjdonis Ht euvoyer en Italic
Apres avoir flonn«'' fju^>lf[iTfs pit^TP« nu thrTttre Fcydeau et collabor«' u
M'irquisr (k Brinvülicrs h 1 Uptira, il devint inapecteur des succursaies du
Conservatoire.
Hal6vy fut presque un prodige. Eiitr6 au Oonsemiioire en 1809, a^r<>
s.Miknient de dix ans aprfea e^y etro couvert de lanriers, il conquit son prix
de Rorae ä l äge de vingt aus par sa cantate llcrminie. II »Hait d«'jii dcpuis
trois ans professeur an Conservatoire. Son cbef-d'dMivre la Juiir, rinnt on
sait la reputation universelle, ]>arut ii TOpera le 23 fevrier 1835 et lui ouvrit
rannte saivanie les portes de Tlnatitut
Massin, dit Tnrina, Italien d^origine premier prix ex aeqm avec Hal^yy,
resta en Italie et a laiss^ aumi pen de trace dans la mnsiqae fran^aiae qua
■on coll6gue s'y est fait un nom glorieux — a TOpera.
II iiou« fatit pn«ser environ uue diKnine d'nnnees pour arriver ä fie« rom~
positeuis . iicoiü conuua de uos jours. V oici Simon Leborne , de Bordeaux
{Sojfhcmishf, 1H20), qui en qnalit^ de professeur forma Ini-meme de nombreux
prix de Bome et) comme bibliothdcairef conserva la nrasique de Louis^Fhi-
lippe» de Napoleon in et celle de l'Op^ra; Etienne Hifaut [Diatie et Emly-
mioH^ 18211, qui voyagea non-seulement cn Italic, niais visita Viennf, ^Imii.h
et Dreade et devint chef-d'orchestre ä l'Opern - < 'oniiqne; Lebuurgeois
{(JemüUvc de BrabaiU^ 1822), dont on a peitiu toute trace; Boilly, le fils
du peintre (Pyramc et TTUshi], qui, n'ayaut pm de aucete avec ses op^rae
(11 ne parvint ä se faire jouer h l'Opt^rarOomique que vingt et un ans aprto
Bon prix), devint professeur de piano. Constant £rniel, (jui fut ex aequo
,ivec hii eilt bien »in ouvrasje rp«;u h rCJpera, mais il ne fnt jitmais reprt'sentt' ;
mit' Ouvertüre de sa composition oljfint fi Plnntitiit, cn 1SJ!I, un «succ«'S
d enthousiasmo», dit «la Gazette musicuie» de ri-poque, il se lit un peu cou-
naStre jtl'etranger; ä Pari.s, il fut profeaseur de piano. Balthasar Barbereau
{Affttis Sorely 1824}, apr^s avoir ete Ghef->d*«rdie8tre du Tb^atre-FranQais, fut
professeur au Conservatoire; Guillion {Ari€iiir (hns VUe df Xaxos, 1825),
fit repr^senter un opera ä Venise, se n*tira dr lettr vilh- rt al)aiul(iMn;i la
nuisi(|ue. Paris \Hrntiinii \ 1820 fit intindrt^. unt- oiivfiturc de ricuiutj
cumiiie euvoi de Kuwe eu 18H1; ia uii-rne unnee, il eut uu uuviugc repre-
sentä. J.-B. Guiraud, p^re du compositeur bien eonnu, partit pour la
Nouvelle - Orleans qu('l(|ue temps apr^ avoir remport4 son prix de Borne
{Ofjjßie, 1827). ( •iiillaume Boss-Despröanx eut & mettre en musique pour
son concours de KMine, nne notjvollc verrinn <V Hrnuhnr sujet qui ^tait pro-
pose pour la quatrioiue luis dOjä depuis vingt-cinq ans!
A cette ejjoque, paraissait depuis un an la «Gazette miisicale» de Fetis
qui allait Itre en France le premier organe musical s^rieux. La «Gaeette»
se plaignait avec raison de ces «cantates us^es et d^crepite^^ i)ro{K»ait
aux jeuncs musiciens; dt'j?» eile critiqnait ce prix envoyant des musicions en
Italie, avec des argiiments que nmi"? vorrorm »piolqurs rinn«*es plus tard repris
par Berlioz avec sa vigueur et son ironi« ai;coutiun<'es; par Beriioz qui,
apres avoir ete en concurrence avec lo laureat de 1828, avec Brevost et
Montfort dans Clropatre^ en 1629, oft des seconds prix seulement furent
distribues fi ces deux jeunes gens, allait rcmporter enfin la victoire avec ce
meme Montfort, en pleines joum^es de juillet. Sa cantate de Sardanapale
1) Toir ses Memnires, tome I,
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732
J.-G. Prod'homme, Lea Mundeos Fnui^ k Boue (1806-190CQ.
lut executee le 3U octubit*. Eile ne puaaa pas iiiujx'it^ue et «la Gazette musi-
cale» porta sur eile ce prudent jugement: «Attendona encore quatre ou cinq
ans pour eonnaftni ei juger M, H«etorBorlioi.> L'attente o« fat pM ti longue,
on le saity pniaque, arant de qnittw la Fraoee, Berlioi faUait entendre m
Symphonie fantasHque et d'antres oeuTree de ea eompoHitlon. Qu'on reihe
»m «Menioires" et sa «r'orre««pondnnce», en cette anu^e 1^03 qui col^bre, a
lui aussi, sou centeuaire. Un verra qitelles impre!?!«ions, miisicales et autrr^
fit sur son temperameDt ardent le sejour de 1 Itaüe, et cumment uu jeuiie
mueiiaeii romaatiqtie passait son tempa dans la caanpf^ne lomaine. Son oon-
dieciple Siontfort, ^oiiTit plusieun Optras corniques et un ballet pour l*0|i^
la Qiaä» fnetamorphosre en femme. Proq»er Pr^vost rejoignit aea deux oon*
current^? 1831: il vfimit enrin d»» r»'!nporter le prix avec Bianca Caj^IIo.
Auteiir de plu»ieurh upi^ras c(>iiii(|iie», ilief-d'orchestre au HAvre en lS3ö. :!
partit cinq aus plus tard pour iu Nouvelie -Orleans uü etait deja GuirauJ,
il sejourna de nonveau k Paris de 1862 ä 1867, et retooma en Am^tique
il y monrat le 80 aoftt 1873.
La cantate de Hennann et Kctty valut le prix h Ambroise Thomas,
Igii de vingt-un ans (1832). Celui qui dt^vait a'illuatrer par Migtion^ visita
l*Italie et A'ienno et r<Mih:t ii Paris en 1H;^H, oü il produisit une qnantite
d'operas-comiques qui huni tomb^s daus le plus cruel oubli, apr^ avoir obtenu
des succes souvent prodigieux.
Alphouse Thys eut i\ coniposer conuue cantate U Cotitrebandier cspagnd
(1833), dont le iitre semble pronver comme eelui de la cantate soiTante,
tEnirie m loije^ donnt^e a El wart, que les fournissenra de livrets de Tlnstitut
tentaient de 8'«51oigner de ruTi<i<|ult.'. Thya ne a'eat gll^r^' Ii vre qu^au pro-
fessorat: 51 a cepentlant ecrit plusieurs artes; mnis sotj titre le plus emirient
e»t SU presidence de la Societe dea Autours et Ooiupositeurs qui a rendu de
si grauds Services aux musiciens. Quant & Elwart, dont on conuait de«
ouTrages sur les Concerts, il fut traute ans professeur au Conserratoire (1840-70;
et ne parut an th^ä^ qu^ä Bouen avec un optra en deux aotes, Im Ca^
(ahm (1840).
Alexandre Buulanger, qui i)artit pour l'Italie en decembre 183r>, fit
avec Scrilit.' !e Dlnhlc n Vtcolc et diüV'reuta actos lyriquea. II entra conirue
prolesseur de chant au Cousorvatoiro en 1671. Sou aucceaaeur Frcderic
Boisselot [VtMda]^ ne donna qu'nne pidce an Thi§fttre-Lyrique, N€ touchez
pas ä la Rom (1847), puis se consacra k la direction d*une fabrique de
pianos fondöe por son pere h Marseille, oü il mourat en 1893.
Cfest en octobrc de cttte aun^e quo se place la poUmiqne h laquelle il
a t*te fait iillnsion pius haut, entre un certain Gremanus Lepic et Hector
Berlioz, dans la 'Gazette unisii-ale , dont tnns deux ctaient collaboratenrs.
Lne ordounituce royaie de 1819, qui avait eutre parenthcse ruhaiäät* de treute ä
vingt-cinq ans la limite d*fige maximnm des concnrrents, exigeait qu'un po^e
füt d^livr^ aux lanröats retour dltalie par le direoteur de rOpärarComiqne,
et que, par un toor de favour, Toeuvre füt promptemeait mont^^e. L*Aca-
dt'init" royalf de mn^iqtie. u'rtalt par fontre, tenue h aucune Obligation envers
ies [Ii ix (!<• Kouie. L np. r!i-<."i)niii|ue s executa ([Ueliju»' fois de bonuc gräce,
raais [uis pour tousj il y eut d asse/s uombreuses exceptiuus. » ')
Ij A.-L. Malliut, La Mmiqm au IhäHre (Paris 1863^, p. 3ÜO-30i.
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J.-(jf. Prod'bonuue, Le« Musiciens ^ran^ais ä Home (180ä-l^}.
733
G. Lepic, constoiant qne dMqve lanr^at eofltait k l'Etat 16000 ou
17000 franes, diBnit:
«Le mode da ooneonrt de nmaiqae k Tlnititat n'eet probabtenie&t pM la meOleur,
absolftment pvlant; maii e*eit te plnt ruMimAble en «tteodMit ntionx».
Et relatiTeiiient 1^ 1* pronesae faite am laurtots d*o1»teiur d*£tre joada:
«Ce malheureux concours Mi battu en breche, memo pour les articles qui ne a*y
rattachent quc de loin. Un de ccv articloB por*»' en effet, que TAcaddinie s'engage
H prucurer ä chaque laureat, ä la fin de sa peusion, un poüme d'opära et k le faire
jouer rar tm thdltre. C^Hait II certainement iine difporition foit rationnalle, inait ab»
surde dans la pratique comine beaucoup de choses rationneUaa. Aussi n'a>telle jamaii
»'t-' c'X''*^')t' *?, et Ton fait sonner cettR infraction bien haut, comme si TAcademie avait
ime action queloonque sur aucun thöätre. Cet artide i^est abroge natureUemeni, et
dhB Torigine, conune toate l^giftlation Inapplioable».
A quoi Berlioz repliqua:
«Je VOU8 rüpondrai, Monsieur, que iti, comme vous le pensez, TAcadämie na au-
eune actum qneloonqne sor ancuii th^tN, all« a grand toit da lainar labaistar cetta
promesse, formellement exinimte et imprim^ dau M>n rtglemaat, qui att antra lat
nains de tous les eU-ves.
€parmi les conditions du prinl^gc de TOpera-Cornique, lo ministre de Tint^rieur,
imposa trto-poaHivamant h MM. lat directeurs de ce thÄtra celle d^aaoorder un tonr
de faveur k chaque lfiurt5at pendant les deux deniit res nnn^es de sa pcnsion. Dnnc,
si TAcademie voulait adresser au ministre d'cnergiques reolamations, eile reduirait
les mauvaises volontes des directeurs')».
Deux ans plus tard, ou lisait dans les joumaux de Paris: «L'Academie
daa Baavz-Arta, pranant an consid^ratioii la diffienlt^ qii*oxit las Jannaa lanrtata
qai rariannant de Borna, soit pour obtenir un po^ma, seit pour faire jouar
aaux qui leur out confi^, rAcademie promet, pour le premier po^ma qiii
aera donno a nn grand prix df Horn«« un«» mf'daillf dt* 500 fr.» 2) Od ne
voit gu6re tjue cette determination ait lu (|uel<|U(' i<ft\ t purtique.
Apr^s Boisselet, qui devint incteur de pinuos, Jjouis Desire Besozzi,
daacandant d'nna famüle d^illostoea virtiioBeB bantboiatea et bassonistca, grand
prix avec Marie Stmrt et Mxxio, qui valait ä Oharias Oounod le second prix,
BeHozzi n^aborda paa m^me le th^Mre. Georges Bousquet [La Vendetta^
1838) beneficia en 1844, d'nne Innovation due i\ Au1)er, qui n't-MT de
suite. Le directear du Cunservatoiro avait juit- le jjarti de luire representer
les launiats de Tlnstitut sur iu »ceue de lu rue Bergere. L'Hutcssc dt Lyon^
an un acte, y tat jou^e le 26 mai, et oe fnt la aaule exp^rienoe tent^e en
faveur des prix de Koine. En 1839, voici un des noma lea plus illustres
de la musique fran^aise: Charles Gounod est couronne pour sa cantate
Fernand. U emploie st".- loi<s;ir<i ii visiter Roine, l'Autriche et l'Allematrne.
11 lait executer une ii liome ;1841), un Requieui h Vienn«* (1842j, et
dt'bute, apres avoir, comme on sait, renonce k la carriOre religieuse, eu 1851
seulamant, k TOp^ra: Sapho, öcrit an collaboration a^ec Emile Aug i er, n^eut
(|ue dix-neuf representations. Trois ans plus tard, /" Xon//i sanffUmtef dont
le livret, de Scribe et Delnvigne, avait ete retire li Berlioz, n'en obtient que
onze. La Heine dr Saba |8 fevrier IHH'ii, arriva au chiffre de <iuinzo, enfin
apres un incontestable succes de dix auuees au Theätre>Lyrique, son Faust
1; Jlecue et Gax4tt€ mMieaie, octobre 1830, p. 353-365, 362-363, 370-373, 377-380,
2j*A.>Ti. Malliot, La Munque au Theätrr, p. dOS.
734
J.-ü. Prod'Uunuuc, Les Alusaieus Fiaui^ais a Kuuie »1803-1903,.
est admis k rAcad^mie imperiale de mustque le 3 man 1869. Bomio rt
JuHette (1B67) ne vint Vf rejoiudr« qa*eii 1888, dix ans aprvs Poiyeuete {1 oc-
tobre 1878).
Les dcux titulaires suivauts du prix de Home, Joseph Bazin [Lotj^^c <h
Montfort^ l^i-lOy et Louit», dit Alme Maillurt ^Lionci J'osrari, 1841^,
firent im nom h rOp«ra«Comique, Tun avec te Trompette de Ic PHnce : 1847 .
et avec k Voyage cn Chinr; le seeond arec lea Dragons de Vüktrs, qai jouissent
encore d^uue grande populnrit^ \19 octobre 1856 . Quant h Roger, qui n^ent
pas de successeiir iinnu'-diat f.a T!<'inf l^oir, 1S1_', il n'a cojiserv«.' ancun^
notorirtt' '. los l)iogrnpla:s rii^uorent totulement. Kutre dos concours san« rt-
»ultttt ^lb43 et 184öj, purut Victor Masse ^L^ JinaycUj, dout la JIuU .m
Bidro ^1863) h rOpvra u'arriya qu'& 8a troiai^me repr^sentaiioni mais qoe des
auccto r^p^t^f au Lyrique et & I'0p6r*-Comiqne, dddomniagöreiit amplement
Mentiounon» seulemont Renaud de Vilback, V>x acqUQ de Victor Mas.-i
(Hj; sc Tt'f'iiirin plus tnrd daus dos teures tout-ä-tait inlV'rieui'S. En 1840, tut
CDüiunu«} M. Löoii U astin ol i Vrhistfur: dont l'Oj>öra a reprOsoutö uu
ballet, Ic JÜcc \) juiu 1MH> . II u'tciivit gucre pour le tbeätre et, hivu
que ses ceuvres de musique pure soient peu connues, on doit conütater qa'il
fut un des premiera, parmi noe prix de Borne qui aient tournö leurs racs
du cöiö de la grande musique. Auteur de c{uin8e op^ras-eomiqueSf Louis
])(.ffrs, rniiroj»!!«"' en 1H47 ' L\\iujr ei Tobie\ torinina f^a carrii're coinme di-
recteur du < unservatoire ilt Toulouse, .sa viilo natale ( 1 901 1. Duprato
tuodcJi^ 1848j, peu applau»ii au tbeütxe, deviut [)roi'esseur au Conservatoire
de Paris. En 1849, aacun prix ne fut deceme. En 1860 et 1851, Charlot
qui, apvks de u'rand 8Ucc#B dann aea claBBes, fut couronn^ avec aa cantate
Emma ei fu/hiiihartly ne put parveuir ä se i'aire jouer mnjgi-ö ses fonctiou?
d'jtrcnnipugnateur vi df r!u f rlifint m l'n]i('Ta-(.'omMjUi' : »t Delehelle iV
l'n-<oniitfrj qui eut deux jn tiLeti pieces repn-sentes aux Iloulles et ä 1 Athem-e.
deviut crititjue muäical. Leuuce (.'oheu \Lc lietottr dt: Virtjinie 1852], violü-
niste, dut se Hvrer k l*en8eignement. Galibert [Ia rofher d^lppcnxell, 1853 .
mourut en ]8r)8, apres avoir dottnö iin acte aux Buufl'oä. Adrien Barth«
{Frfii(('4\<ca (Ii Iiiini lä, 1854) env«>yH de lionie uue Judith qui lui valut un
prix de 1500 francs. Sa Finiirip d' Ahifdos ^1805 n'eut jias de >noot''S au Ly-
rique; il se livra ä 1 eneeicuement. Conte Acis rt (taltiUui, 1855; ne fit
gu^re jouer qi^e Bt/jj)'/ ä l Upera-Cornique (1875 ; il fut alto ä TOpera. Apris
une ann^e sti^rile, le oonoours de 1857 envoya h Rome un jeune homme de
dix^neuf ans, Ueorges Bizet, auqnel la gloire, ou seuleuient le succes, devait
otre sl cruelleuu'ut rof'usi- de son vivant. Ni lo Joli>' iillc dt J*<ith, ni
IfJ'nnil'h, ni surtout cette ('armm (|ui a tiiit le tour du moude et peut, ii
juhte titro, ötre cüüsid< ivo cnnune un des rares cbufs-d Oiuvre de uotie nni-
sique moderne, ne fureut upplaudis du grund public avant la mort preuiA-
tun^e du compositonr, perte irreparable pour l'Ecole fran^aiae. Le s^jonr de
Rome inspiru a Bi/et une oeuvre exöoutee aujourd'hui encmo dans lea coli-
certs, la syinplionif Homo. Pendant sou söjour i» la villa Medicis, il euvoya
il 1 Institut un oj>rra-l>outt'o, I)i>n J'ro'ujdo, uu opöra-conxiijue. (Juxln f-t
l Emir et uue ouverture, la L'ltiUiKt d Oasiun. Suu cj: aequo, ( ha rieh Coliu.
que la meme cantate de Burion, Clomt et doHide^ avait iuspire, devint pro-
fesHeur de hautbois au Conservatoire. Iis eurent tous deux pour colUgues:
raiint'e -uivante, Smnuol David J-jdit' . qui se fit jouor a rOpera-Comiqn«
et ä Veutadour, et fut dirocteur general de la musique de« temples iaraMÜtes;
j . by Googl
J.'Q, Prod'lioinme, Lea Miuicifliu Fransais h Borne (1803-1903,.
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puls Knifft liniraud. .^eul exeiiiple dun j>rix de l»'oni' Iiis dun ])rix de
Kouje, t^ui, iw h la Nouvello-Urleaus eu 1837, y avuit lait juuer, au 1853,
le Bai David. De Oniraud, le i^pertoire th«^ätral n^a rien conMrv#, mai» lea
eoncerti jouent < ncore parfois le Camavai, qni fnt ex^cute en 1872. M. Pa^
ladhile, dont T Opera monta /'o/r<> (20 d^mbre 188() , tut lu plu^« prteoc<?
de tfius l«*" ]irix de Kf>me. Entn* hu < 'onservatoire Vu'je de ueuf ans, i)
oWtint Hou prix u seize ants, avec la cantate le ('\ar hint JV. Ii tut ii'jniiit
ä Rom© pur MM. Theodore Dubois [Atahi, IHlil i, aujourd Lui directeur du
Conserratoire, et Boargault-Dueondray {Ijmiie de Mexiere»^ 1862) quL
apr^s avoir ^tö re^u avocat^ entra au Conservatoire en 1860, et s^eet iaii
connaitre par aes Stüdes aar les melodies populairen d»ns lesquelles il a sou"
vent pni-^e son Inspiration. M. Mn^senrt. laureat de admin ä l Air«*
de dix ans a peine au ( 'onservatuire, ejeve de liazin, Kelier et A. Thomas,
u avait que vingt-deux ans lorsf|u'il partit pour l'ltalie; inais il ue borua pas
Bou voyage ^ Rome oa it Naples, et i)rofita de sa bourse pour viaiter PAtitrichef
la HoQgrie et rAUemagne. A l'estb, il dcrivit ses Snim dt btU {1865};
vitirent ensnito les Sri/ns hon;/roisr.<i, an Jieqniern (18()(> , Pompfia oxecute
h. Paris, au Casino, le 24 ievrier 18(>0, et dort il utilisa de'; tV.T_'ni(Mit«
tard pour Us Krinmirü). Son preniier sut'c«-s ä l Tipera, le liot df Uihon
\bl rcpr^entations), date de 1H77; 1 annee suivaute, il etait nomine professeur
an (yonservatoire qa*U abandonna en 1896, apr«8 avoir refusd la aucceaaion
d'A iiiliroise Thomas, #chae h M. Th. Pnboi». Les titres des teuvres de
M. Massenet sont dans toutes les in<^moires, et point n'est hesoin de les
r.tpjiclor. T,p roiirnur< dr- 1 H<i4 oii la cantate (\ Ininhor, execiifMp Ip 18 no-
veiiibre suivant, valut le prix ä Sieg (elevo d'A. Thomas, [)rolcsMeur de chant
de la ville de Paris, mort organtste de (/lignancoiut en 1899), se fit d'apres
nn nonveaa r^glement. Denx döcret», du 13 novembre 1863 ei du 4 mai 1864,
avaient modißä le concotirs qni, an lieu d'etre jng^ par les membres de Tin-
Htitut, le fnt d«''4onnai« pnr un jury de neuf inembres, tiir mi sort sur une
liste presentee pnr ]*' ^tinntendant general df"^ t))<^:'itres et arretee ]far Ir' lui-
uiBtrc Jdecret du 4 mai I8ü4;. «Tous les niii(>ieien8, di9|k08ait i articie l***"
de ce demier d^cret, ages de quinze vingt-ciu(| ans, qu'ils soient ou non
^l&vee dn (^oneervatoire, peuvent concourir au grand prix de Bome^ aprto
avoir reussi dans deux epreuves pr^alables, pourvu fju'ile soient fran^ais.»
J.r iii«*ine articie decidait (ju'il n'y avait «pruii sml crrruid prix, (pir In pen^ion
etait <le <)uatre annees, dont deux j^eulemont devaient »-tre obligatt)irement
pjwsees H Home; le graud prix (iispensait du »ervice niilitaire. ("e reglement
fnt modifi^ de nouveau en 1871, par le d^eret du 13 novembre. qui restitua
ä PAcad^mie des Beaux-Arts le droit de regier les concoure et d'en juger
les resultats, et ramena la liniite d^lge de vingt-cinq ä trente ann.
La nouvelle rt'gleinentation ne semble pas avoir prodtiit d. nuilleurs ni
de |)irc9 efTet^ que les ])rf'r«'d»'utes. Le prix de iHJiö fut attribut* a M. Le-
nepvou, eleve de öavard, dont la cantate, iknaud daiis ks jardim d^Armitlt,
fut execut^e au ('onservatoire le 3 janvier 1866; celui de 1866, ä M. Enule
PesKard IDaUh^ ex^cut^e k POp^ra le 21 ft^vrier suivant) dont la muse
agreal)lr pas eneore dit 8on dernier mot. Apres une aniu'e ßtt rile, l'alsacien
Kmilc Wintzweiler moi-t ä Arcadioü en 1H70 et Alfred l'elletii-r. dif
Kabiitean, trioniphi'rent avec la cantate de ///////'/; eehii-ci envnya de Kunie
uu yWsv/^e de la Mcr J!owje ( 'onservutt)iro, '2',\ mai 1874' et fit joucr aux
Coneerts-Colonne Jiome et Napk.s, suite symphoniqne innpiree par ses sou-
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736 J.'G. Prod humme, Les MusicienB fran^ais ä Korne ^lbU3-lU03j.
venira dltalie. Tandou, prix de 1869 {F^ran^ioiae d» ümttm), tq da
aa Baut^, fat aatoria^ k ne pas quitter la France ; 11 produisit quelques ceuvres
a3nBlphoaiqtte8 et de musique de chambre. Henri Marechal et Charles Le-
f. Ttvrp le remplacereiit h Rome Tannee suivante 'Tj' .Jugfmmt de Dien): 1©
j.reujier envoya de Koma la Nafirife, executee au Couservatoire en 1875 et
fit jouer lea Anioureux de CaÜurim ü rOpera-Comique (8 mai 1876 , Deidamic,
longtemps plus tard h rOp^ra*(lo septembre 1893); son condiseiple Toyagea
non-^nleiiieiit en Italie, mais eucore en Gr^ce et en Turquie. II adresea
de Bome un nouveau Jugemetit de Dieu (Coneervatoire, 23 mai 1874), un
Psaume XXII^ une Suite symphofdqiir^ et Judith 27 mai 18751 A l'Oprra,
il a fait repr^senter Djelma (25 mai 1894). M. Gastou Serpette, \Jeanne
d^ÄrCy 25 üovembre 1871) n'a gu6re ecrit que des oeuvres legeres, pour les
Bouffes, lea Vari^Ms, ete. M. Salvayre [(JakfpaOy 1872), e*esfc, an eoairaire,
essay^f sans grsnd succ^s dans Top^ra (la Zteme de Montsoreau^ 30 janvier 1888;
huit representations). II a t'crlt quehjues oeuvres de concert. M. Paul Png<?t
a fait de meine: s;i cantHte Maxeppa fi t <>x<''cutee au Cbätelet ; plus r^cemmeiit|
l'Op^ra-Comi<iue a doiiuti de lui Bcaucoup de bruit pour rieti (1899).
£ug6ne Ehrhard {Aei9 et OabMe) eut une destui^e peu enfiable. Comme
le premier des prix de Bome, il movrnt en Italie dte la premitoe aaa^ de
ga |K-nsion, k Paretta, pr^s de Florenoe, d*oü il reTenati, malade, Ten la
Villt' Ktcnielle. "Sl. Ai»dr6 Worms or qiii lui j-uccedn. est connu par plu-
sieurs purtitioiis cluirmantes: l'Kn/ant pr<t(Jif/ii<. ]>ni)tomime; CEtotlc^ ballet
(Op^ra, 21 mai 18U7j. 11 serait bien difliciic d iiidiquer les ceuvres de M,
Paul Hillemaeher, prix de 1876 (Judiiäi) oar, depuis 1881, ilnaoett« de
coUaborer avec ton firtoe Lnelen qul ftit envoyA k Borne quatr» ans ]^nt tard
])our JW cantate Fingal. deux maitres ne se sont gu^re fait jouer qu^4
l't'tranper, mais l'Oprra- Comique promrt rine partitifMi 'le (Jirci due u !eur
collaboration. La m^me ann^e que VaIuv des Hillemuclier, M. Vpronge de
La iNux tut aussi envoye en Italie; il ttail aiors accompagnateur hu th^atre
de la Benaissanoe. Le 28 mai 1890, TOp^ra reprteenta de lui Ztärty qtii
n*ent que pen de repr^tentations. Avec Broutin, mort en 1889 directeor
de l'Ecole de musique de Koubaix, M. Samuel Rousseau partit pour Rome
ji la fin de 1878 (cantate: la Filh dr J» j>}ifi'\ Ori"tni-tp ;> Rnijite-Clntüdc,
ou il succ^da h C'»*«Hr Frnnrk. M. 8. Rousseau a iuit extcuter, par ia bociete
des (irandes Auditiuus, M»mwvj ^1892; et, k TOpera, la Cloche du Rhin
(8 juin 1898; neuf repr^aentatioiu). M. Georges Hufi (Mßdiey 1879) s'eat
fait connafta*e surtout dans les concerts, a la Sooi^f4 nationale, au ChAtelet;
le Boi de Paiis (Op^ra, 29 avril 1901) n'a eu que peu de suoo^ moins
Tffnnia Opera-C'oniique, 23 janvier l!>On). T.e roncours de 1881 n'ayant
douue aucun resnltnt. MM. Marty et Piei iie fureut couronnes Tannee sui-
vante [Edith] ; le premier est actuellement cbef d'orchestre de TOpera-Cornique,
apr^B avoir it6 chef des ehceurs k l*Eden (en 1892) et ä la Soci^ des Con-
certs du Conservatotre. T.e second s'est fait connattre, au tbeatre, par un
certaiu nomine de partitions qui comptent panni les plus Importantos de
l'ecole i Olltemporaine. Dt: ^I, Vidal, qui remporta 1<* prix en 1883 avec
k O/atltal' to\, i Opera oü il est chef d'orchestre a donue le ballet de la Mar
ladcttaj joue ceut fois depuis uue dizaine d'annees, grace au livret signd da
directeur Gailhard, et la Burgonde, (]ui n'a pas mftme atteint la dizi^me.
Son cadet, M. Debussy, qui u'nyaut pas la chancc d*6tre n^ toulottsain, a
va le jour simplement k SaintrGermain>en>Laye, est une prenve entre eent
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J.-a Prodliomnie, Les Miuidena Ftuicais k Rome (1808.190B).
737
autres que le prix fle Eome n'est que d une ntilit»* secoudairo dans la can i< re
de compositeur. M. Debussy, upri^s d'iucontestables succöb dans les coDceriä,
u du attendre jusqu'eu 1902 poor Toir aon nom fignrer sur Taifiche de
rOp^m^Gomiqtte. H. Xavier Leronx, qui compte k son actif un certain
Dombre de belies partitions, n'aborda TO^^era qa*en 1901, avec Astartc, qui
a atteint viugt-trois representatlons. De deux ans plus .li/»' ^\^•|• I ii. rtant
ne en iStid, M. Gustave Cliarpen t ier iut envoye a Eonie eu 1885J (can-
tate: L>idün\\ ü adressa de lä ä l'Inatitut Impressions d'ItaliCf la Vic du
FoiU\ «t ce n^eat qa*en 1900 quHl a pu forcer les portes d*un tb^ätre, on
Bait a^ec qael sucods! M. Erlanger {VtXUda^ 1898} a donn« k TOp^rar
Conique Kermaria et U -htif pohtuiis^ longtemps apr^s avoir entendu ses
«•uvres execut^es avec succ^s dans les concerts. MM. Carrand et Rachcflct
{Sinif'U', 18?)n , n'ont pas encore aborde les theatres parisieus, uon plus (jiu'
leurs condisciples plus jeuiies : Charles Sil v er (/'/nferdtV, 1891, qui cepeiidaut
fit joaer rdcemment aa F4e des Keif/cs, troie actes, en proyinee; Bio ch et Büeser
(1893, AnHgone)^ oe dernier, chef dWcbestre de rOp^ra-Comique; Henri
Raband, nn des jeunes qui promettent le plus {Ikgahnt, 1893^, et dont la
Proffff.siou noffurnf et la JP St/mplionip sont des oeuvres dp mnftrc: Tjetorpy
(CVarw*e Jlaiiuwe, 1895), orgntiifte h Haint-Thonias d'Aquiu : i\I()u<ji]ct [Me-
litsinCj 1896; qui se cousacrc ii la uiusique de cbambre; Max d Ülloune
[Fridigondef 1897) qoi, en compagnie de Rabaud, est d4jä aU4 k T^iranger
faire entendre la musique frangaise moderne; L^vad^ et Edmond Malberbe
{CaUirhce, 1899); Florent Schmitt, dont la cantate SV'mfmwt* fiit peu gofit^e
il y a denx nns aii\ f'<'nr»'rfB-'''<>Innne; f';i]ilHf. Knur >A Tjaparn '1!)0S', <\\\\
clöt cette libtc des ceut premierü prix de liouiü et dunt les lauriers leceuts
permettent d'esperer, pour le siecle nouveau, uno plus riche moisson que
ponr celni qui vient de a^^couler.
Combien pen, b^Ias! de tous ces laureat» de jadia ont survt cu daus la
memoire meine des plus vieux de nus dilettantes contemporains ? £u par-
conrant rette liste de cent noms qui parnit interminabfe, ne dirait-on pas
(pi'on erre au milieu d un cimetifere dont les tombes s'efFritent faute de soins
[üeux, dans l'iudifierenco du temps implacable qui passe. £t n'est-il pas plus
pt^nibie eneore qne aurprenant de conatater Tabaence de cea granda nonta:
Felicieii p id, C«''sar Franck, Kiltmard Lalo, Emmanuel Chabrior, Emeat
Royer, Camillo Saint- Saöufi, Vincent d'l ndy? Ajoutons m(*me LtM) De-
libe«. Ceux-lf» ont cunquis tout de meme la gloire et honore leur payg siins
avoir ete rever sous les frais oiubrages de la V^illa Medicis; par des voies
diffSrentea, d'antant plus difficilea qu^iia nWaient paa VeatampiUe officielle si
reebereb^e en Francef ila aont arrivee k leur bat cependant. Et leur exemple,
ai Ton avait entere beaoin d^argament pour attaquer Tinstitution romaine,
semblc An^vr. rnnvninqiijint pour persuader ;"i ses plus Hcluinif's (lt'*ff'n«eur?, ([ue
TEtat n'entend lairc, i"(juini«- on l'a dit au tlcbut de ccttf . tudc, t|u uiie ville-
giature ugreable u quelques bous eldves qui, par hutiard, peuvent avoir du
gf-nie, maia auxqucl», k coup sür, cela ne donne pas plus de talent que de
moyens d^ezistence, apr^a le retour dans la patrie.
Si TEcolc de France i\ Ronie eat un luxe utile, diplomatique mime, oomme
Tjouis XTV iiiniiiif :^ s'en payer, <iu'on la laisse vivr<' en paix, qu'on lui
continue chu«|Ut mint .« sa reute de 150000 fraucs; mais qu'est^il besoiu
d"y euvoycr des ujusiciens?
s. d. I. M. iv. 48
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738 Hugo iJotstiber, Musicaiia in der JSew York Public LibnQ-.
Musicalia in der New York Public Library
mitgetMli von
Hugo Botstiber.
(Wien.j
"Während ratui über ilie inusikHÜscheii Beistände der europiüsi lien Biblio*
thikfii Hclion zit^mlirh *rfii:in infonniert ist, weiß man bisher fast gar nichts
darüber, was alles in uuierikuniächeu BibliotUdkeu, dereu Cä ju eioe stattliche
Anzahl gibt, schlummert.
Die vorliegende X'eröffentlichuug bildet nun daa Krgtbui« einer Durcl»-
foriichuiig der Musik-Abteilung der Lciwx Library zu New York, die ich im
Laufe des letaeten Sommen besuchte. Einen vollstSndigen Katalog des Vor-
handenen ausafeitigen, war selbstverständlich nicht möglich; ihn hier sa
veröffentlichen würde auch weit über den Rahmen dieses Aufsatzes hinaus-
gehen. Ich «fbube aber schon damit einen nicht unwesentlichen Beitrag zur
Muaik-Bibliographie geliefert zu haben, daß ich das ttlr den Historiker Inte-
ressante aufnahm und so den Fundort manches seltenen Dmokee, mancher fiber-
auB wertvollen Handschrift bekannt gebe. Die Lenox Libraiy bildet einen
Zweig der New York J'uhlic Lihrary^ welche letztere aus der Zusammenlaasang
nifhrerer großer, bisln r ^tlbständiger, teil» privater, teils öftVntlicher Biblio-
theken entstanden ist und in Bälde ihr eigenes Heim- v'unw Bnn, der der
groUartigste seiner Art zu werden verspricht — beziehen wird. Den (Truud-
Btock der Miiaik-Al>teUung in der Lenox Library bUdet die sogenannte Drerd
CoUeetiony xueammengetragen und der Lenox Library geschenkt von Joseph
Drexel, einem reichen Kunstfreunde (Sohn eines eingewandert« !) Tirolers'.
Drexel selbst crwarl» ilon weitaus größton Teil der Saninilntig von H. F. Al-
brncht, der im .lahre 1848 als Mitglied des (iermania- Orchesters nach
Amerika kam. Der ei^te Ursprung dieser interessanten Sammlung stammt
also aus Deutschland. Später kamen noch Ankäufe, die Drexel bei der
Versteigerung der BibHotiiek von Edward F. Bimbault, dem englischen
Musikgelehrten, machte, hinzu, und in letzter Zeit wurde die klilni ^Miisik-
Sammlung, die die Astor Library in New York beherbergte, gleichfall» der
Lenox Library einverleibt»
So vorlockend e« auch wfiro, auf finitr«' d»M' vorhandenen T^nri'"«imn iiHhi-r
einzugelien, insbesuiKkiL' die /.ahlreicii vorliegendi n hieuuitbein eiugcljt-ndt'r
zu besprechen, muß ich mir dies doch versagen und mich mit der blußen
Aufsfthlung derselben begnügen. Den Anfang madie ich mit den
Uandschrifteu
und zwar in erster Linie mit den eigenhändig gcnchriebeneu, meistens Mu-
siker-Briefen. In der Sammlung befinden sich nun folgende
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Hugo BoUtiber, Miutcalift in der Kew York PubUo Wany, 739
Autogr
Adam, Brief.
Adnras, Th.. Brief.
Audre, Job., Brief.
Artot, .r., Albam-BUtt (Noten).
Badloli, Brief.
Baron, Brief.
Bazzini, Brief.
Boauchesriay, Brief.
Beethoven :
s) Brief Tom 10. Aug. [1825] an
Holl.
1)) Brief an Ainalio Sebald.
c Skiz'/f'iiblatt Hilf Hki^zen zum Fi-
11 >!u des (/-«/«/-(Quartetts Up. Ib.
BerIio2 :
a) Brief (vom 9. Oct. 1836) an M.
Bunet.
b) Brief ait M. Dietcb.
Bishop, r> Briefe.
Bochsa, Brit'f.
Böhner, Brief.
Bohrer, Brief.
Brendti, Brief.
Cramer, Brief.
Czerny, Brief.
Dolzauer, Brief.
Drouet, Brief.
Ernst, Brief.
P^tis, Brief.
Forkol, Brief.
Fürstenau, A. B., Brief.
Fürstenau, M., Brief.
Haldvy, Brief.
Haydn:
aj Brief vuni 7. May 1780 .
h] Jiied > Ab einst mit Weibes
Schönheit«.
c) Zwei Siitze einer Symphonie-
Partitur: Adagk) 2,4 l)-dur\ Al-
kgro Vi O-dur.
Ben, Brief.
Hummel, Brief.
Jaeli, Brit f.
Kalkbrenner, Brief.
Krebe, Brief.
Xreatser, Brief (Wien, 24. December
1831...
Kullak, Brief.
Laohner, Brief.
aph e n.
Lind, .Teniiy, Zeugnis für einen Diener.
Lindpalntner, Brief.
Lisst:
a) Brief (16. Aug. 1838) an £.Knop.
b) Brief an Conrad,
c) Brief an Mine Plötz.
d) Kino Paiiiturseite aus pincm
Männerchor (Text: Jeder IVeyler
heißet Feind].
Loewe, Brief (31. Mai 1840).
Lortiing, Brief (Leipiig, 28. Mai 1834).
Marsohner, Brief (21. April 1845).
Marx, A B , Brief.
Mendelssohn :
aj Brief,dat.:Düs8eldorf26.0ct.l83a.
h) Brief vom 27. Nov«nber 1834 an
Heinrich BSrmann.
c) Noten -Antograpb (eine Orgel-^
8timmp\
d) Brief vuni 20. Oct. 1Ö3« au Mmo
Sehlein i tz.
e) Brief an G. Generalconsal Claus,
fl Skizxenblatt.
Methfossel, Brief.
Meyerbeer :
a) Brief an Deh n.
b) Brief an Mme Stoltz.
c) Brief an Failoni.
Milder, Anna. Brief.
MoHque, Brief.
MoBcheles, Brief.
Mozart :
a) Bympbouie (Köchel 318). *Sin-
fonia (dabey noch für 2 Clarini)
di Wolfgan'ji) Ainadpo Mozart
d. 26. Apr. 7i). l'artitur und zwei
Trompeten-Stimmen,
bj Stück einer Aiie »Da schlägt die
Abscliiedsstttnde«. Nur Sing-
stimme (Mme Herz) nnd Baß.
Nookomm, 3 Briefe.
Onslow, Brief.
Faer, i^rief.
Paganini, kurze lubchrift auf einer
ibm gewidmeten Polonaise des Gra-
fen Sottyk.
Pleyel, Brief.
Proch, Brii'f.
BeUstab, Brief.
4ö*
cJ by Google
740
Hugo Bototibcr, Maaicalia in der New York Pablio Libnuy.
Selsiiger, Brief.
Boohlits, Brief.
Bomberg, Bamhard, Brief.
Rossini :
a) Brief an den Fürsten Joseph
Poniatofski.
b) Bill et mit der Bitte iiin eine
Karte zu einer Vorstellnng des
Wilhelm Teil.
cj Zusammenstellung seiner Opern
und Orte ihrer Uraufführungen.
Bohmltt, AloyB) Brief.
Sohrödw-Devrient, Brief.
Bohumann, Brief, datiert: Dresden,
11. Sept. 1845.
Spoltr, Brief, datiert: Cassel, 19. Ja-
nuar 1840.
Spontini, 3 Briefe.
Thalberg, Brief.
Verdi, kurzes Billet.
Vlordot-Gtauroia, Panline, Brief.
Vieuxtemps, Brief.
Viotti, Brief.
Wagner, Brief, datiert: Trübschen,
10. November 1867.
Walther, J. G., Brief vom 1. Oct. 1732.
Weber, 0. M., Brief, datiert: Dresden,
18. Mai 1820.
Weber, 't,, Brit-f.
Wieuiawski. Brief.
Außer diesen Antographen finden sich noch eine Reihe anderer Mann-
akripte in der Bibliothek, so vor allem ein
Graduale,
dessen genaue Beschreibung ein der Innenseite des Deckels eingeklebter Aus-
schnitt aus einem Katalog gibt, die ich am besten daher reprodnaiere.
Gratlualr tempore omniu« anni
Square roy. folio; magnificont Manuscnpt un wvy sttmf Volhnn. written in enonnon«
Uoihic lutters and Square musical notes, beuutiluUy orimiueiitud wilh 8 luilitil letters,
historiated vrith Miniatnres of Sacred Subjects and 8 «uperfo Borden, painted with
fi;r(irfs nf 1,'roat dijfTiitaries and their coat? nf arms. aiul of Bin]^, Flowrr-^, In^iocfs etc.,
beautitully illuminatcd in gcdd and colours, as well as decorated with an immense
number of paiiitcd capitals ; old russia with claps.
From the coat« of arms and tbe portraits of the noble penonages, lay and elerioal^
which fiil tlif Viiirders '>( \hh nnyomu^ vohmn'. wo may conclude that it was exociiled
by Order of onc ut the princes wbo assistcd ai the coronatiun of Maximilian as Kmg
of the Romans, although from the costly and magniticeot scale on which the caUi-
gntplH I worked he vn» onablc to ünish bis labour tili seven years later.
Tiie nrimr> of Leonard of Aachen deserves special record as that of a «cribe and
artist of e.\trai»rdinary power.
Am Schluß der Handschrift steht der folirende Vermerk:
F.xemplar Graduale <le toTnj>f»ro totin« uTiiii ('mtiplptum per me frutrem Leonar-
dum de Aquisgrano. Anno dni Millesmio t^ntidringentesimo Nonagesimo quarto. In
die sanctc Gecilie Tirginis et mris. Liceptum vero in Anno nonagesimo tertio. Lk
Octava scti Auguati ep!.
Neben diesem Graduale verdient insbesondere nodi ein
Antiphonale
Erwähnung. Das Titelblatt trügt die Inschrift:
Antiphonale ad usum Canoniconun regnlorum S. Cmcis. Pariiüa Perfectum
et abiolatom Anno Domini 1695.
Auch dieser Handschrift — wegen ihrer ganz wundervollen Iffiniaturen
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Hugo BoUtiber, Muricalük in der New York Pablic Llbraty.
741
vom kunsthistiiil.-i-luMi f^taiidjiHiilNt aus von nußorordentlicbem Interesse —
ist auf einetii Blatt Papier t ine L-rschitpiende haudschriftUclie Beschreibung
beigegtlH ii, dif ich zum Abdrucke briuge.
FoUo maximo. Mauuscrii du 17«ib« Siede sur parchemin veliD de 228 pages,
78 oent. de baut et 66 cent. de largeer. Ce süperbe nMmuserit employ^ au saere de
Charles X est extraordinaire par sa grandeur et la beftlit^ de sts iiiii)iiiturt «; qui sont
an nombre de 272 petitfs et <lo 58 grandcs formees presqur toutcs de ^raiides lettres
initiales et <|uelque8-uues de paniei's de fleurs. La premiere grande miniature repre-
«entant J&us Christ au moment de sa sepnltore est un v^table tableau de nnltre.
Yient cnsuite l'cntourag^c de la preiniöre page, formant tableau toot a^tow et dont
la haute represente les berjjers ä la crecbe morceati digno de Lebrun auqucl ces pein-
tures sout attribueeti. Epoque de Louis XIV vers lÜ8ö a Ib^ö. On remarque egalement
«ux pages 29, 40, 41, 96, 147 des immatiiree d'une ddUcatesae et d*ane exteatioD par^
faitea« entre autres im panier de flenn qoe Redoutö n*eat paa d^aToue.
La couverture en maroquin violet avec omemens aux quatre coins en cuivre dores
porte d'un cotü le cififre de Charles X et de Tautre les mots «Domine salvum fac
Begem». Une gprande plaque au milieu aveo nne croix et des fletirs de Iis, deiuc graads
fennoirs avec serrure doree complotent romement de ce magnifique yolume qui a
quelque rapi'"'-^ avec le boau Manuscrit de la Bibliothequc de Rouen.
Tritt hei <li<'-en beiden Handschrlttfii das r»'iii iiiu>ik;ili8che Tnt(M»'Sse
gegenüber dem kiinstbistorischen mehr in den Hintergrund, so birut die
Bibliothek andererseits eiue Beihe anderer Handnchrifteu , die von hohem
muBikgeschichUidiietn Werte sind. Allen voran lai hier ein Samnelband
ana dem Anfange des 17. Jahrbonderta za nennen : er enthftlt in Partitur
Vokal-Musik des Iß. Jahrhunderts in seltener Reichhaltigkeit. Die Handschrift
ist in Ijcder gebuudoii. (iroß-Fidro-Format, hat aber leider durch Feuchtig-
keit fSeewMsser gelitten. Zweiielhatt ist es, ob sie wirkliih von ihrem
ersten Besitzer geschrieben worden ist, den folgende, auf der ersten Seite
an findende Überschrift angibt:
ffraucie Sambrook his book.
Einige Bemerkungen über diesen ersten Besitzer aowie über die Hand-
schrift selbst finden ^ich auf dem Vorsatzblntte , augenscheinlich von den
sfiätereii Bi'HitzMni, deren Unterschriften sich auch auf der Inuenaeite des
Jiinbundi's timh n. L'eschrielien. Sie lauten*.
}ih. All Leave» ihat are torn out oi tliia book were piain ones and very much
damaged by Sea«water.
Alt the foUowing Musio was wrote oat of the Vaticaa (or Popens Library} at
Borne.
[Von einer anderen Hand geschrieben^ J do not tind any authority for tbia asser*
tion of Doctor Alcoek. John Parker.
The name of Francis Sambroke (the same vhom I snppose to have been former
pf)sse8sor nf this booki i» subscribed to a Copy of Verses printed together with ICl-
ton's S(uui*^t in a ColleetiMn of "('hnipe TNnlmc** put intn Mu?!i< k for three Voices
composcd by Henry & "NVilliani Lawes". — i'ubliahed with an engimved headofXmg
Charles L in 1648.
Wieder eine andere Hand] Francis Sambrooke died 1660 aged 70 and wav buried
in Saiesbury Cathedral. Edward F. Rimbault.
Die >Iiuuisi brift selbst enthält folgende StUcke [Kommeriemng und Autoren
so, wie aio doi-t augefühil. sind];
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«
742
Hugo Bototiber, Motical» in d«r N«w York Pablic lAhnrj,
Orlando di Lasto
» >
» »
ppi
1. Trlstis e» anima
2. Credidi
3. Vota mea
4. Veni in hortuiu
5. Angelus ad PastorQs *
6. In me tranaiernnt
7. Pater nost^r
8. Ti^tt! »'st Johannes
9. Kgi) sum paui«
10. Et punis
11. DiscipUnam
12. At« verum
13. Maria Magdalena
14. Via f'ion lugera
15. Surge Petre
16. Gaude Maria Virgo
17. MttUwet
18. Alma redemptoria
19. Beatus Laurentius
20. Domine Di us meus
21. Lnlla Lnllalne
22. lic still ujy blessed babe
23. Why do I ose ny paper
24. Nil m^na snperi videre [Anonym
(in margine: ex libria Henry 8.
circa i 1520).
» »
Pietro Phil
>
»
»
»
William
rd
25. 2' Part, nie Muaamm naufrugo«
in fine: in laudem Henrici T
(Nr. 24 luul 25 sind über einen
cantus tinnus mit dem Texte:
Henriens Dei gratia Augliae rex.)
26. Aecendere Obristns Ludovicua a
Victoria
27. Ascendit Deu8
28. Dum complereretar
21). Gaude
30. Alma redemptoria
81. Cum beatna Ignatina
32. Tgnifl Crux hostiae
33. Out of the deeps Thomas« Ltipo
34. Hierusalem » »
35. Solva nos > »
36. O Toa omnea > »
37. Miserere mei > #
38. TToiir jiiy prayers » »
39. Heu mihi » »
40. Miserere mei » »
41. Wheu David heard Thomas Wilks
42. (2* Parte) O my
sonne Absalon * »
43. Miserere noatri William Daman
44. Preranujr White
(Lauter geschwärzte Breveu.}
Motetti a 5 di Alfonso Ferrabosco Figliulo.
1. Ego sum.
2. 0 Qomen Jesu.
3. Ego dici.
4. Convertere.
5. Ubbi dao.
6. Libera me.
7. Domine.
8. Noli me procere.
9. Labornvi.
10. Lamentatio.
11. Tribulationem.
12. 0 Domiue.
13. Fortitudo mea.
14. Suatinuit.
Qui consoiabaturme Clemens nonpapa 1 28. 2' }'art) E dicea
23. £ so oome Marenzo 29. Hole e pensoso
Marenso
26. Laura
26. 8i ciiio non veggia
27.11 vago
30. (2'^ parte] Si ch'io mi cred* »
31. Vivo in gnerra [Anonymus]
Motetti di
1. Exaudi Deus.
2. 2''" Pars) Quoniam.
3. In Monte Oliveti.
4. Da Pacem.
5. Tibi aoli.
6. (2^ Para) Ecce enim.
7. Incipit Lamentatio.
Alfonao Ferrabosco il
8. Inclina Domine.
9. Afflictus sum,
10. (2"^'' Pars) Ne derelin-
ques me.
11. Heu mihi.
12. Salva noa.
13. Timor et tremor.
Padre a 6.
14. (2*'*ParBjExaudiDeii8.
15. Domine non seoan-
dum.
16. Dec&ntabat.
17. Gantabo Domino (Gar
non in subdiapente).
biyiiizoa by Google
Hugo Botsfciber, Mnsiciüa in der New York Public Libraiy.
743
Hadrigali a 6.
1. Dolce guerriera.
2. Ma se cur» Topro unde.
3. Grave peu« in Amor.
4. Cosi nell' aspettar.
6. Interdette.
6. J^f lungi del mio Sol.
7. Eii e cb' un nltra voltn.
8. ['i*^-* Tarte) Et hq di vero Amor.
9. Vergine bellu.
10. (2*^^ Parte] Vergine saggla.
11. (S* Parte} Vergine pnra.
12. (4* Parte) Vergine santa.
13. (5* Parte) Vergine sol al mondo.
14. Parte) Vergine chiara.
15. 7* Parte) Vergine quaiiti lagrime.
16. [8'' Parte) Vergine tele.
17. (9* Parte) Vergine in cnt.
18. (10' Parte) Vergine bumaoa.
19. (11* Parfo 11 di s'appressa.
20. Mentii; ch il cor.
21. ' Parte) Quel foco e morto.
22. 8e pur e ver.
23. Qnel aempre acerbo.
24,
25.
26.
27.
28.
29.
30.
31.
32.
83.
34.
35.
36.
37.
38.
39.
40.
41.
42.
4H.
44.
45.
46.
lo vo piangeudo.
(2* Parte 81 ch*» s'io.
Valle che di Lamenti.
(2* Parte] Ben riconosco.
Lasso me.
(2" Parte) Cerco fermar.
Hör vodi Amor.
i2' l'aitt'j Tu sei prigiou.
Non e i&sso.
VoL volere.
Gia disfatt* ha.
Esser non puo.
Benedottu sra 1 fjioruo.
(2* Parte«) Benedette le Voce.
Ogni loco,
O remember not.
Questi eh* inditio.
f^on lagrime.
2^ Varte di Si lugi) Sola Toi.
Fui vicin al coder.
(2'*^ Parte) Hör com' angei.
ohne Text! Di sei Bassi.
ohne Text] Di sei Soprani.
Guillermo Dainau.
Jdadrigali a b di Luua Marenzo.
1. Laura serene.
2. (2* Parte) Le quali.
3. CantaL
4. (2'' Parte) Che la mia
donna.
ö.Baci. (1' Pai-te) Baci
äoavi.
6. {2''Parte)Baciaaior08i.
7. (3*Parte)Bad affamati.
8. (4 ' Parte) Biici cortoHi.
9. ;5^ T*iirte) Baci si mo
iiou mirate.
10. Vivro.
11. Dansana.
12. Per dno coralli.
13. Arsi.
14. (2^ Parte) Lasso.
15. 0 dolorosa.
16. Tutte me squadri,
17. Alii nie.
18. L>ice ia mia.
19. Occhi sereni.
20. Ne feto sdegno.
21. (2» Parte) Tal che.
22. Del rlLo,
23. (2* Parte] Con «iuella
man.
24. Di lagrime.
25. Vattene anima.
'26.Nel pin fio riso.
I 27, La di partita.
I 28, Crudel,
i 29. Deh rinforza.
f 30, Parto da Voi.
1 31. Non e qnesta.
32. Oome ftiggir.
1 33. Ecco ch* il ciel.
34. Ben nii credetti.
35, V^antgirio.
: 36. Meutre lia caido.
Laboravi J a c.
l*uvana Jacomo Aijuilinu Dauo.
üiyiiizoo by Google
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Uttgo Botstiber. Miuicalia in der New York Public Librarj*.
1 . La^fcian lu l'resche.
2. 8i Uli dicesti.
3. U doice mormorio.
4. Alurjr.
5. (2* Part»' I^a Ninfa.
6. (3^ Parte) Oosi con
Ueto.
7. BaciaL
8. (2* Parte) Baciai.
9. Apra.
10. (2*Parte;Quelni»iitre.
1 1 . Pni che voi.
12. io suQ i'erito.
13. Ut re mi fa sol la.
Madrigali a 6 <1 i IMutio l'liilippi.
27. ^PP.lChi vuul viUer.
14. (^ui Hottu uiulii'oBi.
15. Schei'za Madouua.
16. Era in Aqua.
17. Lasao non e moiir.
18. Nero inanto.
19. (^nesta vita,
20. Porta nel Viso.
21. (2*P.] Quando Urauia.
22. (3* P.} £ quando fra
1e rose.
23. Correa veszosameute.
24. l)eh fenna.
25. Nou e piu cor.
26. Non e ferro.
28. (2' Parte; Chi vuul
Teder.
29. {3'P.)ChiTOolTeder.
30. (4* P.) E Chi saper.
31 . Foce da voi,
32. Di perle lagriinose.
33. Chi vi mira.
34. Mentre lier.
36.r2«P.)Mentredidegr.
36. Caiitai.
37. (2' P.) Resto.
38. (2* P.) d"Io 80U ferito
S io t' ho ferito.
Pavan Paaaamesso dl Pietro Philippi h 6.
6 Stucke.
»
s
9
Madrigali a 6 di
1. KftMe la peuna mia Aleswoidro -
Strigio
2. Questi ch* inditio
3. Partiro <ltiTU|ae
4. Dolte Uli bell
5. Alma che da celesti
6. Amor m* tmpenna
7. All* acqua aagra
8. Hör se mi niostra
9. (2=^ P.' Seuto venir » i
10. Krro che pur mi lascio .JoHeppoBiffi i
11. Siele le Muse Francesco Kovigo
piglia ii lauro per la taa Laura.
12. Hör che Tanra FeliceAnerio
13. L'aura che noi circonda »
14. Dnlcissimo riposo »
15. t^uf'ptn clie' 1 cor
16. Ki.sei le piaggie
17. (2* Parte) Non posso
18. Xon poteau
19. Oorae potro
20. Pensfii
21. C<nne iie caldi estivi
22. 8(?stina
(l'P.)aiadi8fattoha
23. V.) Ksser non puo
24. '3' P.; 1 non hebl.i
25. 4' l\ O bella st'nza
26. 1^5'P.) Corraudagrocchi »
»
»
>
>
>
»
»
>
»
*
>
»
>
»
»
diversi Authori.
27. (6* P.) Ma di Stare Feiice An«rio
28. (7* P.) Canon a 8 » »
Io mi diatniggo al sol ^ >
29. S'in osra vivo Orlando di La^^sn
30. Io no piangeudo Audri a liabrii Ii
31. Tirsi Beuedetto l'allaviciui
32. (2*P.)Preno
33. (3'P.)Co8inioriro
34. (1» P.) .Tttdirche
.35. (2* P.J 1 cnpai
36. Oechi leggiadri
37. Chi vi bascia
38. Donna gentile e bella
39. .\venturo!*e spoglie
40. Deh -scenn' il foco.
4t. Crudel peroho
42. Parte la Vita
43. 1 lieti aiuati
44. In boschi Ntnfa
45. ( 1 " P . ) \' a ga Benedetto FaUaTicini
46. (2^ P.) Cosi forse
47. I^arto mi Donua
4 h. (rentil Pastor
49. Ohime e come
50. Rose
51. Vorrei inoetrar
52. Bene luio
53. Doh perche lagrimar
54. Nel dolcc »euo
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Hugo Bototiber, MnaioaliA in der New York Public Libraxy.
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(2^ P.) Quand eüa B. PaUavicini
0 fortuoati »
Sedea fra gigli *
La bell» ehioms lUnaldo del Mel
(2* P.) Le belle mani *
Soura le verdi chiom« >
(2" P.) Et altpri
Poi ciie dfl mio
Sestina
Maudomi un giurno
(2*P.) Indi per alto mar
(3 * P.) lu mi bosclietto novo
{4* P.j Clnara fontan'
(5* P.J Uutt titraaia Feuice
(6» P.) AI fin Vid* io
J^l^.) Canson tu poi
Infelice mio caro
(2* P.) Ahi fiera
Assisso soura
Arsi del Vostr' Amor
»
»
Giulio He-
remlta
I Vaghi fiori >
Donna felice e bell« »
Poi che 1 mio largo »
Amor, se de begl' occhi »
La mia Stellina AgostanoAgazaiari
(2^P.) E mentre per oacir
Care lagrime mie
Pai to Voi
[ > amoroHO
Hör beueveuuto
Meaire da vaghi
Gio. FranoeBCO
Anerio
Thomaao Giglio
Calda pioggia
(2' P.J Vjini Phc«
(i^uaudo fra bulle Niui'e Scipione
»Spavento
De se mostrar Antonio U Yerao
8e qual dolor Autonio 11 Verso
Ahi ciii mi porg' VinoenzoPasseriiii
Oht> Hoave Tomaso (iiglio
iiia primavera Gio. B.^tfista Lu-
catcilo
93.
94.
95.
96.
97.
98.
99.
ICD.
f » 1 ,
02.
03.
04.
05.
06.
07.
08.
09.
10.
11.
12.
13.
14.
15.
in.
17.
18.
19.
20.
21.
22.
23.
24.
25.
26.
27.
28.
29.
30.
lü vidi amor (liovanni di Manju«
La gioveutta Lelio Bertaui
Ohl vttol vedere AntonioOrlandini
Ninfe G-iacbes de Vuert
Verdo lauro Annibal Stabile
(Vpsri bolA'L'rde LeonnrdoMeldert
Meutre io luggia Alessandro Mü-
levill©
Del aeoco incolto Gio. Battista
Moscaglia
Amor che vide Paolo Bellasio
Fuggendo irai HippolitoBaccusio
£t arde ad Amarauta Lelio Ber-
tani
LaVaga Marc^AntonioIngegneri
Laura oon Armonia Comelio Vor-
doncg
Chi crrdo Ginvanni Crocc
bou queati Gio. Giacumo (rastoldi
Soi^ea r Aurora Biualdo del Mel
(2» P.) FiUida mia . » »
Solo e ponsoso Hippolito Baccusi
(2' P.) Si ch'io mi cred >
(r'in tu mia dolce T elio Bertani
Occhi miei Hippuiuu Baccusi
(2'P.)Carelagriuiemie »
Ahi crud^ Amor Hippolito Sabino
T^(>h non piu Giovanni di ]üi3bcque
Amor, Io sent' ' ^ >
Ungionio aP.alo Hi]»pülit() liaccusi
Hör ch ogüi Vouto iloratio Vecchi
Bn le fiorite Tibortio Massaini
Giov. Gabrieli
Giulio Eremita
Giovaiiiii Croce
LiMiu Leoni
Costuuzu Porta
GiuntaquiDori GiovanniOavacdo
AI Folgorante Giovanni Coprario
Ah quelle labra > >
Christ rislncr n^aine WilliamByrd
Clu'ist is riseu » *
Se cantano
Sraerald' ernn
Ovetra l'berbe
Di Pastorali
Da lo spuutar
Madrigali a 8 di Pietro Philippi.
1. (^uesta che co begl.
2. Come potro gia mai.
3. Hör che dal souuo.
4. Donna mi fuggu
5. Se per gridar.
6. Filii leggiadra.
7. (2-' P.j Mesto.
8. (3^ P.j Deh torua Filii.
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746 Hugo BoUtiber, Musicaiia in der New York Public Library.
Die übrigen Blätter sind durcli Eindringen von Fuucbtigkeit ^Seewasüer)
derart beacshädigt, daß sia anlasaiUdi sind.
Zu dieser Handadirift geseUen aich noch einige andere, nicht so umfang-
reiche, von denen aber jede einaelno bedeutendes Interease beanspnidit.
[Die Titel sind hier der Katalogisierung entsprechend gegeben.]
Anthems, Psalms, Sampson & by
Hooper, Hart, Duvy &
Ms. 19. Jhdt.
Ariette Veneaiane. Ms. 18. Jhdt.
Arioati, Attillo.
Cantate e Lezioni [per il Clavicem-
balo] London 1728. Ms. 18. Jlidt.
Blsnglni, Feiice.
Arien und Duette.
2 BSnde. Ms. 18. Jhdt.
A Catalogue
of all tlie Musick-Bookcs that hnve
been priuted in England either for
Voyce or InatmsientB.
Ms. 17. Jhdt.
Ooperario [Cooper], John.
Fancies for two viols and basse.
Ms. 17. Jhdt.
English Songs.
Songs put nnto the yivXi: and lute.
Ms. 17. Jhdt.
Englische Lieder lur Hingstimme und
Baß. ' Sammelba lul.]
Als Komponisten werden genannt:
John Wilson, William Lawes,
Henry Lawes, Thomas Charlis,
John Taylor, Charles Colman,
John Atkin.s, Robert .Johnson,
J" It u n ■( m 1) ol !. M«. 17, Jhdt.
John öamble his Ixjoke
1659 anno douiino.
EntiiiUt Kompositionen von John
Wilby, Henry Lawes, .lohn
Willson, William Lawes, Ixo-
bert Johnson, W. Webb, .Ii»lni
Gamblü, Kobert Smith , Thoma»
Brewer, Walter Yourkuer (?).
Ms. 17. Jhdt
Pammelia.
^lusick s Miscellanie or mlxed varie-
tit! of Pleasant Rouudelays and De-
ligbtful Catciies of 3. 4. 5. 6. 7. 8.
9. 10 Parts etc.
London, Priuted by William Barley
1609.
Handsdiriftliehe Kopie
snsammen gebunden mit
Deuteromelia or the Second Part of
Musick. Melodie etc.
London printed for Thomas Adams
1609. Haudadiriltliche Kopie.
Part-songs and instrumental music
of the lö^** Century.
6 Silinmhefte. Ms. IG. Jhdt.
Enthält Kompositionen von Am-
ner, Batson, Bird, Olemeng
non papa, Deering, East, Gib-
bons, Lupo, Luca Marenxo,
Morley, Mundy, Nicolson,
Smith, Stroffprs, Tallis, Tomp-
kius, Whitr, Wilby. Wilkes.
Vinotilla, Johannes Frauciscus.
Traktat ttber Komposition.
Handsehriftl. a. d. Anf. d. 16. Jhdt.
Virginal music.
Sammelband. Ms. 17. Jhdt.
Enthält Xomiitisitionen von Dr.
Bull, .luhu (übb, Benjamin
Cooseus, Hugh Facy, Chr. Gib-
bons, Orl. Gibbons, Gibbs,
Thomas He ardson, Monsieur La-
bar, Lock, Morcure. ^Ir. Phi-
lipps, John Külu rts. Benjamin
Rogers, Thu. Tomkins, Mon-
sieur Tresor.
Eingeklebt ein Bild vqn Chri-
topher (iibbons. MDOLXIV.
Virginal musio.
Sammelband. Ms. 17. Jhdt.
Knthält Kompositionen von Am-
ner, Bartlet, Bird, Bull, Est,
Farnaby, Gibbons, Holmes^
Mels, Morley, Peter, Tomp-
kins, TL OS. Wealkes.
Virginal muaic.
Music for the Virginal and harp-
Digitizeo by v^ooglc
Hugo BoUtiber, Musicalia in der 2iew York Public Library.
747
sichord, oolleeted hom Queen Eli-
labeth'sYiiginel book ead other Mss.
Ms. 19. Jhdt.
WeeUces, Thomas.
Ayres or IMiuntastiche Spirita for
3 Voiccjj hy Tlio' Woclkes. With
divers Madrigals by Ridi. Deering
& other Autkors.
Ms. 17. Jhdt
Knthiilt uoch Konipo^itioneii von
W. Child, Dceriiig, Richard
Gibbs, Jeffries, Henry Luwea.
Nflch den Handsehriften Terseichne ich folgende
Dniekwerke.
A. Theoretische Werke.
Aaron, Pietro.
Toscanello in musica. NuoTamente
stampato. Vinnegia 1589.
Alttrd» Lambert
De veterum musica über .sinj^uliiris:
In tine accessit Pselli sapientissimi
Mufiica e (irraeco in Latinum . . . .
Schleusingae 1636.
Alitedins, Job. Henr.
Encyclopaedia septem touis distiucta.
H«'i Ixirnae : Nasaoviorum 1630.
Aistediua, J. H.
TeflBplttm musicnm or the musica!
qrnopsis .... etc. Faithfully trans-
lated oat of Latin by J. Bir-
ch en B h II
Loiiduii 1*363.
Aristoxenus.
Aristoaceni harmonieomm elemen-
toram libriin;CI. Ptolem i« i h.n
monicorum, Heu de inusicu lib. Iii
Aristott'lis de oliitctu auditus
fragmentum ex Porpliyrii conimeu-
tarüs. Umuia nunc primum Latiue
conscripta et edita ab Ant. Goga-
▼ino (itavieusi.
V'TM-tiis 1562.
Aristoxenus.
Aristoxenuß, Nicomachus, Alypius
anctores musices antiquisaimi hac-
tenua non e^ti. J. Menrsins
nunc primua rulgavit et notas addi-
dit
Lii^iiiini Hataviirtiiu 1616.
Artuai, Giovanni Maria.
L*arte del eontraponto.
Yenetia 1698, 1600.
Artusi, Giovanni Maria.
L'Artusi OTero delle imperfettioui
deJla modenia musiea. Novamente
stampato.
' Venetia 1600.
Berardi, Anj?elo.
I Documenti Armonici.
' Bologna 1687.
|Berardi, A.
Bagionamenti mutieali.
j Bologna 1681,
Bermudo, Joau.
j (^omi?cn el arte tripharia.
Beurhuäius, i'ridericus.
Erotematum musieae libri duo.
Noribeigae 1580 (?).
Boethius, Anilins M. T. S.
Arithni'-t! M Gcometria et Musica.
V.'iH-fü U92.
BoQthi, Auitii Mnnilii Soverini
Philosophorum et Tlieolugorum priu-
cipis opera omnia.
BasUeae 1570.
Bononoini, G. M.
Musico prattico.
Bologna 1673.
Bontempi, G. A. A.
Historia musica.
Perugia 1695.
Batl«r, Charles.
Principl« s rif Masick.
T-i>ji(lon 1636.
Campion, Thomas.
The art of descaut or composiug of
musidc in parte.
London 1664.
Digitized by Google
748
Hugo BüUtibcr, Muiticaliii in der Mew Vork Public Library.
CapeUs. M. M. F.
Opus M. Capdle de nuptüs philo-
logiae et Mercurii libri duo . . . .
de nni^ica libri Septem.
Viiicenti.ip 1-499.
CaseiodoruB, M. A.
Opera onmia.
Botomagi 1679.
Cmm, Salomon.
Institution hamonique.
Frarufort 1616.
Cleouidas.
Hoc iii volumino haec openi conti-
nentnr: Cleonidae harmonicum in-
troductoriam interprete Q. Valla
Placeutino.
Venetiis 1497.
Descartea, llent*.
Keiiati Des-Cartes musicae compeu-
dium.
FraocoAirti 1695.
DesoarteB, B.
Renatas DeB-Oartes excollcnt com-
pendium of muRirk: witfi nocftsnry
nnd Judicious animudvn sious thore-
upou. By u person ot ijoiiour [i. o.
W. Brouncker Viscount.;
London 1653.
Doni, 0 IV
Oomiteiidio del trattutu de generi e
de iiiodi della muäica.
Doni.
De praestantia musicae yeteris.
Florentiae 1647.
Buolid.
Euclidis rudinirnt.'i iiiu.sir(>. Ejua-
dem Sectio leguluo huimouicae.
Piu'isÜH 1557.
Faber» Gregor.
Musices pracfcicae erotematom li-
bri II.
Ba»iloao 1553.
Fabri, Jacohi Stapalensis Elemenia
zusammen mit
Jorduui ^1 «'iituiaiii Aritiuiietiiicu
Epitome in libros arltbmeticos divi
B <) c t i i .
Bithmimachie ludus.
Pailiisg 1496.
[siehe auch unter LeF^vre d*£tapleB.]
Fludd, Robert.
Tractatui« secundi pars II de templo
innsicae.
In Uppenboimio 1618. ,
FolJaniM» LudoTicns.
Muaioa iheorim.
Venetiis 1529.
Froschius, .Tonmie«?.
Kerum muBicaiuni opuaculum.
Argeutorati 1535.
Pux, J, J.
Gradus ad Parnassum.
Vienna 1725.
Pux, J. J.
Grndti>< ad l'aninssum. Übersetzt
vuu Lureuz Mizler.
Leipzig 1742.
Qaforus, Franchinus.
I*ractica musirae.
Mediolani 1496.
Gaforus, ¥.
Tbeorica mu^ico.
Mediolani 1491
Gaforus, F.
Practica musicae.
V.-notiis 1512.
Galurius.
De harmonia musicoram instrumeu-
torum opus.
Mediolani 1518.
Galilei.
Dialogo deilu uiusica autica et della
moderuu.
Fiorenxa 1581.
OalUotilat, Johann,
Libcllus de compositione cantus.
V!t(1»<rgae 154().
Giauvilla, Bsirtboli)mnoiis de.
lucipiunt tituli librorum et capitu-
lorum venerabilis Bartholomei An-
glici de Proprietät! Ims rerum.
Hurenberge 1483.
Isidorus, St.
Isidorus etbimologarium (?J idem de
summo bouo.
Venetiis 1493.
Le Fevre, Jacques d*£taples [Faber
Stapulensis].
Hugo Botetiber, Mnücalw ia der Kew York Public labraiy.
749
Musicu libris quatuor demonatirata. ,
Parisüs 1552.
LippiuB, Joannes.
Synopsis mnaicae novae.
Argentorati 1612.
Listenius, Kicolau».
Mu«ica ab auibore deuuo re-
cognita.
Lipsiae 1543.
Losiliaao, Yincentio.
Introdnttione ftcilissima et novisni-
ma di ciinto fermO) fignrato etc.
Veiu'tiu 1561.
Meibomius.
Autiquae mut^icae auctores Septem.
Amstelodami 1652.
XengoU, Pietro.
Speculationi de musica.
Bologna lü7ü.
Hersenne, .M.
Harmouicorum libri XII.
Lutetiae Farisiis 1636.
Horley, Th.
A plaine and eaaj introduction to
praöticall mu^icke.
Lniia.n, 1.597, löOÖ.
Naaarre, l'abln.
Fragmentes musicos.
Madrid 1700.
Ornltlioparolias, Andreas.
A. Ornithoparcus bis niici-ologus or
Introduction containing tbe art of
Hinging'. Dijrested intn fonro btxikes.
Also tlitj dimeusion and pertect use
of tbe inonochordi according to Qu-
ido Aretinns. By John Douland,
luteii: ' I
London, i\ Adams 1609. 1
Fapius, AndreaH.
And.Papius (4uuden8is de cousouan-
iiiü sou pro diatessaron libri duo. ,
Antverpiae 1581.
Penna, L.
Li primi albori musicali.
Bologna 1684, 1696.
Playford, .Tohn.
A breele introduction to tbe skill
of luusick.
London 1654.
Playford, .1.
An introduction to tbe skill of
mnsidc.
Ausgaben: London .1687, 1697,
1748.
Ponsio, Pietro.
Dialogo del Ii. M. Don Pitjtro l'on-
tio Parmigiano ove d tratta della
theorica e prattiea di mnsica.
Parma 1595.
Praetoriua, Miclmel.
Syntagma muHicnm.
Wolfenbüttel 1615-1 620.
Printz, Wolfgang Caspar.
Phrygins Mitilenaeus.
Dresden 1696.
FtolemaeuB, ClaudiuR.
Hiimioniconim sive de inusica libri
tres. J. Waliis edidit.
Oxouii 1682.
QnlntUiBnfM, Marens Fabtns.
Quintiliani iustitutionea cum com-
nient. Ii. ^'llllensis: Pomponii: ac
Snlpitii [Herausgegeben von Omni-
bonus Leouicenus.J
Yenetiis 1494*
Baiaeb, Qref^or.
Margaritn ]i1ii1osopbica.
Fribui-Lri 1503, Basileae 1583.
Bhaw, (icoiLT.
Eucbii'idiou utriusque musicae prac-
ticae a 0. R. ex ▼ariis mnsicorum
libris pro pueris in sehola Viteber-
gen.si congestum.
Vit-iuT-j.- I'i-M'), 1546.
Simpson, « hn^t(^Jlln'I•.
A cuuipendiuni of practical niusick.
London 1667, 1678, 1722, 1733.
Tigrini, Oratio.
II conipcndio della musiea.
Venetia 1.")HH.
WilphlingBedoruä, Ambrosius.
Erotemata musices.
Noribergae 1563.
WoUiek, Kicolans.
Opus anreum, Musico cnstigatissi-
in um df« Ln'«'Lr<>riaii;t »«t fiirttnttiva fit-
que coniiapuiitt») simpiici percom-
niode tractans ....
Colonie 1505.
. kj .i^od by Google
I
7öO
Hugo Botstiber, Muiioalia in dur New York Public Libraiy.
Zacconi, Lodovico.
Frattica di Mnsica.
y«Detia 1692.
j Zurlino, G.
I Istitntioni liarmonicho.
i Vonetia 1578.
B. Praktische Mu»ik.
AffP^Oola, Maiiinus.
Ein kui-z deudsch Muslcfi. Mit LXIII
schonen lieblichen Exempeln zu vier
Stimmen verfasset. Gebessert mit
Vm Magnifioal
Wittemberg 1628.
Patrocinium musices. Miwae ali-
quot (jiiiiK|U(' vocum.
Moniichiis MÜLXXXIX,
Lotti, Antonio.
T)iu-tti terzetti e iii;itlri£:aU a piu voci.
Veuezia, A. Bortoli iTitä.
Parthenia or the Maydeuhead of the
fint Mnaidc that ever was printed
for the Vuifinals. CompoMd hj
three famous Masters: AVillijon
Byrd, Dr. .Toll n Bull, aiul IJrlan-
do Gibbons, rrinted for John
Clarke lH5ö.
Außerdom liegen noch ungefähr 50 Bande engUsdier Opern ans dem
18. Jahrhundert, sogenannte BaUodrOperM^ yor.
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Die Vierteljahrshefte der Sammeibande
erscheinen am 1. November, 1. Februar. 1, Mai und 1. August. Schluß
der Redaktion jedob Heftes: ein Monat vor soinoni Erscheinen. Manu-
skripte und andere Sendungen beliebe man zu richten an einen der
Herausgeber: Prof. Dr. Oskar Fleischer^ Berlin W. Motzstraße 17 und
Dr. Johannes W olf, Berlin N. 0. Prenzlauer Allee 30.
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To mä finc, tfais book ihould be retoned on
or before tbe date latt ttampcd bdow
t * t
1
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